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Full text of "Das buch der Deutschen in Amerika"

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L  I  E)  RAR.Y 

OF  THE 

UNIVERS  ITY 

Or    ILLINOIS 

PURCHASED  FROM 
MR.  H.  A.  RATTERMAN 
OF  CINCINNATI  IN  1915 

325.243 
H36b 


I  .H.3. 


Das  Buch  der  Deutschen 

in  Amerika. 


HERAUSGEGEBEN  UNTER  DEN 
AUSPICIEN  DES  DEUTSCH-AMERI- 
KANISCHEN   NATIONAL  -  BUNDES 


PHILADELPHIA: 

WALTHER'S  BUCHDRUCKEREI,  Suedost-Ecke  der  Dritten  Strasse  und  Girard  Avenue. 


909 


COPYRIGHT     1909 
BY 
MAX    HEINRICI. 


^^  AUW  ^^^^ 


H  2.G  A- 


Inhalts-Verzeichniss. 


Seite 

Vorwort 3 

Die  Bedeutung  der  deutschen  Einwanderung. 

Von  Dr.  C.  J.  Hexamer,  Präsident  des  D.  A.  Nationalbundes 7 

Deutsche  Ideale  in  Amerika. 

Von  Prof.  Dr.  IMarion  Dexter  Learned,  University  of  Pennsylvania       19 

Die  ersten  deutschen  Einwanderer,  die  Gruendung  Germantown's  und  Franz  Daniel  Pastorius. 

Nach  Professor  Oswald  Seidenstieker  und  Prof.  M.  D.  Learned.  ...        31 

Uebersicht  ueber  die  Geschichte  der  Deutschen  in  Amerika. 

Von  Professor  A.  B.  Faust,  Cornell  University,  Ithaca,  N.  Y 49 

Das  XVII.  Jahrhundert. 

Das    XVIII.    Jahrhundert.       (Die    Ansiediung    des    deutschen    Stammes 

in  New  York  und  anderen  Kolonien.) 
Die  Kriege  des  XVIII.  Jahrhimderts. 
Die  Eroberung  und  Besiedelimg  des  "Westens. 
Die  Einwanderung  des  XIX.  Jahrhunderts. 

Der  Deutsche  in   den  Kriegen  der  Kolonial-Zeit  und  der  Union. 

Von   Rudolf    Gronau,   New   York 85 

Das  Erwachen  des  Freiheitsgedankens. 

„Zu  den  Waffen." 

Nikolaus  Herchheimer  und  die  deutsche  Bauernschlacht  bei  Oriskany. 

Peter  Mühlenberg. 

Deutscher  Patriotismus  im  [Jnabhängigkeits-Kriege. 

General-Major  De  Kalb  und  sein  Heldentod  in  der  Schlacht  bei  Camden. 

Friedrich  Wilhelm  von  Steuben,  der  Organisator  und  General-Inspektor 

der  amerikanischen  Armee. 
Antheil    der    Deutsch-Amerikaner    an    den    Kriegen    von    1812    und    mit 

Mexico. 

Der  deutsche  Soldat  im  Buergerkrieg. 

Von  AVilhelm  Kaufmann,    Cleveland    ]  23 

Einleitung. 

Der  deutsche  Sieg  in  Llissouri. 

Die  Deutschen  in  Bull  Run  I. 

Die  deutsche  Division. 

BuU  Run  II. 

Chancellorsville. 

Die  Deutschen  als  Sündenböcke. 

Gettysburg 

Im  Westen. 

Von  den  deutschen  Heerführern. 

Deutsche  Conföderirte. 


■'5()ü3nfi 


IV 

Die  Deutschen  in  einzelnen  Kolonien  und  Staaten 155 

Städfc  V)i(l  Orte,  dir  von  Druhchrn  f/ff/riiiitlrf  wurden. 

Die  Deutschen  in  I'i  nnsylranicn. 

Nach   l'i'iiiiypacker,  Seidensticker,   Iludi   und   Rattcrmann 159 

Die  ]\[rnni)niten. 
Lutheraner  und   l\ft\»rniirte. 
üie  Tunker  und  Konrad  Beissel. 
Anhänjrer  anderer  Sekten. 
Die  Deutsehen   und  die   Indianer. 
Die  Deutsrlieu   im   polilisclien  Lehen. 
Ein  deut.scher  Samariter. 
Deutsehe  Feste. 

Die  Deutschen  in  Mari/Ianel. 

Skizze    von    J^.    1'.    Ilenuighausen,    Baltimore 179 

Die  ersten  Deutschen  im  District  CeAumbia. 

Von    Gustav    Bender,    Washington    187 

Die  Deutschin  in   Wtst-Viryinien. 

Von  C.  AV.  Bente,  Wheeling.   W.    Va 190 

Die  erstfn  Deutschen  am   unhren  Mississippi. 

Von   Professor  J.    Ilauno   Deiler I95 

Der  erste  Deutsche. 

John   Law  und  die  ..We.stliehe  Compagnie". 

Kine  deut.selie  Besehreihung  Louisiana 's  aus  dem  Jahre  1720. 

Zehntausend  deutsehe  Einwanderer  auf  der  Reise  nach  Louisiana. 

Französisehe  Kolonisten. 

Ankunft  der  ersten  Ma.s.seneinwandei-ung. 

Deutsehe  in   Pa.seagoula. 

Empfang  und  Versorgung  der  Jlinwanderer. 

Bankerott  und  Flucht  Law 's. 

Die  P\'jmilie  von  Arenshurg. 

Die  neue  deutsehe  Niederlassung. 

Wie  stark  sind  die  Creolen  deutscher  Ahstammung. 

Schicksale  deutschei-  Familiennamen  unter  den  Creolen. 


Die  Deutschen  in  IllineMs. 

Von  Emil  ]\Iaindiardt,  Chicago   211 

Die  Deutschen  in  Missouri. 

Von  Carl  Gundlach,  St.  Louis. 


Religloese,  erzieherische  und  wissenschaftliche  Bestrebungen  der  Deutschen  in  Amerika. 

Die  deutsche  Kirche  und  Gemcindeschule. 

Von    Pastor    Georg   von    Bosse,    Philadelphia 233 

Deutsclic  Katkolilan  in  Ani£rika. 

Von    Dr.    Joseph    Bernt,    Philadelphia 249 

Anfänge  der  katholischen  Kirehe  hierzulande. 
Die  ältesten  deutschen  katholischen  Kirchen. 
Fürst  Gallitzin. 

Deutsch-amerikanische  Bischöfe. 
Deutsch-amerikanische  Orden  . 
Rein  deutsche  katholische  Anstalten. 
Das  deutsche  katholische  Vereinswesen. 
Die  deutsche  katholische  Presse. 
Schluss- Bemerkungen. 

Die  de ut selben  Juden  in  Amerika. 

Von   Felix   Gerson,    Philadelphia 261 

Zwei  Jahrhunderte  deutschen  Unterrichts  in  den  Vereinigten  Staaten. 

Von  L.  Viereck,  New  York 273 

Deutsche  Lehrer  und  Universitaets- Professoren     (154  Biographien)   287 

Deutscher   Einfluss    auf    die    Entivicklung    der    amerikanischen    Medizin 
und  Chirurgie. 

Von  Prof.   Dr.   John   C.   Hemmeter,   Baltimore 323 

Hierzu   45    Biographien    deutscher    Förderer    der    medizniischen    Wissen- 
schaft, 

Deutsch-Amerika  und  die  Kunst. 

Deutsch-amerikanische  Maler,  Bildhauer  und  Architekten. 

Von  Rudolf  Gronau,  New  York   341 

Deutscher  Einfluss  auf  das  Musikleben  Amerika' s. 

Von  0.  G.  Sonneck,  Washington,  D.  C 355 

Deutsche  Dichtkunst  in  den  Vereinigten  Staaten. 

Von  L.  L.  Leser,  Philadelphia 369 

lieber  200  biographische  Notizen. 

Udo  Brachvogel,  Deutsch- Amerika 's  grösster  Balladendichter.     Von  G.  S. 

Viereck,  New  York. 
Deutsch-amerikanische   Dichtungen,   eine   Sammlung   der  besten   Gedichte 

deutsch-amerikanischer  Dichter   (65  Gedichte). 

Das  deutsche  Theater  in  Amerika    421 

Das  deutsche  Theater  in  New  York. 
Das  deutsche  Theater  in  Philadelphia. 
Das  deutsche  Theater  in  Newark. 
Das  deutsche  Theater  in  Cincinnati. 


VI 

Das  dcutselie  Tlu-atcr  in  Cli'vclanil. 

Das  deutsche  Theater  in  Baltimore. 

Das  deutsclie  Theater  in  New  OHeans. 

Das  deutsche  Theater  in  C'hica<?()-.MiIwaukee. 

Das  deutsehe  Tlieater  in  Detroit. 

Das  deutsche  Theater  in  St.  Jjuuis. 

Das  deutsche  Theati'r  in  !St.  l'aul. 

Das  deut.sclie  Tlieater  in  Denver. 

Das  deut.sclie  Theater  in  San    Fi-nieiseo. 

Die  deutsche  Presse  in  Amerika 473 

Einleitung. 

Oeschichli  d( r  deutschen  Presse  im  18.  Jahrhundert. 

Geschichte  dtr  deutsch»  ii  J'r(ss(  in  der  ersten  Hälfte  des  ]f).  Jakrhundfrts. 

Deutsche  Zeitungen  und  ihre  Gründer. 

(Biographien   hervorragender  /^eitung.s-IIcrau.sgeber  und  Geschichte  ihrer 
Zeitungs-Gründungen.) 

Deutsch-amerikanische  Journalisten 562 

Deutsche  in  der  iunrrikanisch(  n  Journaiislik. 

Verzcichniss  der  heute  erscheinenden  deutschen  Zeitungen  und  Blätter 

Deutsche  im  oefFentlichen  Leben,  im  Handel  und  Wandel    595 

Carl  Schurz.    Gouverneur  Kitner.    Gouverneur  Ilahn. 

Deutsche  in  der  Politik-  und  amtlichen  Stellungen. 

Deutsch-Amerikaner  in  der  Armee  und  Marine. 

Deutsche  Männer,  die  sich  verdient  gemacht  haben. 

Deutsche    Handelsherren    und    Financiers.      (Johann    Jacob    Astor    und 

andere.) 
Deutsch-amerikanische  "Captains  of  Lndustry". 

(Henrich  Wilhelm  Stiegel,  Friedrich  Weyerhäuser,   Claus  Spreckels,   die 
Horstmanus  und  viele  andere.) 
Deutsche  Ingenieure,  Chemiker  und  Erfinder.     (Johann  August  Roebliug 

und  andere.) 
Deutsche  Klavier-  nnd  Orgel-Fabrikanten. 
Die  Deutschen  in  der  Eisen-Industrie. 

Die  Deutschen  in   der  Foerslerei  von  Nord-Amerika. 

Nach  Regieruugs-Akten  von  Bund  und  Staaten,  dargestellt  von  Friedrieh 

Baare,  Hazleton,  Pa ggy 

Deutsche  Gesellschaften,   Hospitaeler  und  andere  Wohlthaetigkeits-Anstalten 675 

Der  Deutsche  Roemisch-Katholische  Central-Verein. 

Ein    Beitrag   zur   Ge.schiehte    der   deutschen    Katholiken    der    Vereinigten 

Staaten,   von   Joseph   Matt    70i 

Deutsche  Saenger  und  Turner. 

Die  beiden  gro.ssen  Sängerbünde,  der  Turnerbund  und  andere  Vereine 719 


VII 

Nachtraege   und  sonstige  Artikel. 

(Darunter  „Die  Geschichte  des  Deutschen  Tages",  ., Nikolaus  Lenau  in 
Amerika",  „Deutschland  und  die  Vereinigten  Staaten  in  der  Welt- 
Politik"  751 

Der  Deutsch-Amerikanische  National-Bund  und  seine  Staats-und  Staedte-Verbaende. 

Hierzu  Biographien  Dr.  Hexanier's,  seines  Vaters  Ernst  Hexamer,  der 
Bundesbeamten,  sowie  hervorragender  Beamten  und  Mitglieder  der 
Staats-  und  Städte-Verbände.  —  Die  Frau  im  D.  A.  N.  B.  —  Deutsche 
Unterstützungs-Gesellschaft 781 

Deutsch-Amerikanische  Geschaeftsleute  und  Fabrikanten  und  die    von  ihnen  pegruende- 

ten  Etablissements 883 


BAS  mjcn  pm  deutsch! 


Seitenansicht  de»  am  6.  Oktober    1908  im  Vernon  Park    in  Germantown    am  Tage   des    225jaehrigen  Jubilaeums  der 

ersten  deutschen  Einwanderung  enthuellten  Ecksteins  zum  Pastorius-Denkmal.  ausgefuehrt 

von  dem  Bildhauer  Ollo  Schweizer. 


Seitenansicht  des  am  6.  Oktober   1908  im  Vernon  Park    in  Germantown    am  Tage   des   225)aehrigen  Jubilaeums  der 

ersten  deutschen  Einwanderung  enthuelllen  Ecksteins  zum  Pastorius-Denkmal,  ausgefuehrt 

von  dem  Bildhauer  Otto  Schweizer. 


VORWORT. 


„Das  Buch  der  Deutschen  in  Amerika"  kanische  Geschichtsschreiber,  selbst  deren 
verdankt  seine  Entstehung  dem  225jäh-  bedeutendster,  George  Bancroft,  nicht  aus- 
rigem  Jubiläum  der  ersten  deutschen  Ein-  geschlossen,  ihm  nicht  die  Anerkennung  zu- 
M^anderung ;  es  war  ursprünglich  als  Fest-  theil  werden  Hessen,  auf  die  er  berechtigten 
Schrift  zu  der  grossartigen  Feier  gedacht,  Anspruch  erheben  konnte.  Franz  Löher 
welche  am  6.  Oktober  1908  in  Germantown,  erzählt  in  der  Einleitung  zu  seinem  im 
der  ersten  deutschen  Ansiedlung,  jetzt  einer  Jahre  1847  in  Cincinnati  erschienenen 
Vorstadt  Philadelphia 's,  wo  die  dreizehn  Buche  ,, Geschichte  und  Zustände  der  Deut- 
Familien,  welche  sie  gegründet  hatten,  vor  sehen  in  Amerika,"  er  habe  bei  seinen  Er- 
225  Jahren  gelandet  waren,  mit  der  Ent-  kimdigimgen  nach  historischen  Aufzeich- 
hüllimg  eines  Ecksteins  zum  Denkmal  nungen  über  die  deutsche  Einwanderung  in 
deutscher  Einwanderimg  im  Vernon  Park  den  Vereinigten  Staaten  die  Antwort  erhal- 
in  Germantown,  und  Abends  mit  einer  ten,  das  müsse  „eine  sehr  langweilige  Bau- 
Feier  in  der  ,,Academy  of  Music"  in  Phila-  erngeschichte  "  sein. 

delphia  festlich  begangen  worden  war.    Es  Und     doch     enthält     diese     ,,Bauernge- 

hat   aber   den   Rahmen   einer   solchen   be-  schichte"  sehr  viele  wichtige  und  interes- 

deutend  überschritten  und  ist  zu  einer  um-  sante  historische  Thatsachen,  deren  Kennt- 

f angreichen  Sammlung  werthvoller  Mono-  niss    in    unserer    Zeit    mehr    als    je    ge- 

graphien  geworden,  die  populär  gehalten,  boten  erscheint,  um  die  Wissenden  in  den 

von  hervorragenden  Kennern  der  deutsch-  Stand  zu  setzen,  dem  namenlosen,  erst  in 

amerikanischen      Geschichte      geschrieben,  letzter  Zeit  etwas  herabgestimmten  Anglo- 

eine    anregende    und    zugleich    lehrreiche  Sachsen-Dünkel  entgegenzutreten  und  die 

Lektüre  bilden.     Sie   geben  ein  Bild  der  Selbstüberhebung  und  den  Hochmuth  der 

Geschichte  der  Deutschen  in  Amerika  und  Anglo-Amerikaner     in     die     gebührenden 

ihrer  Verdienste  um  das  Land.  Schranken  zu  weisen. 

Es  ist  stets  der  Fehler  der  Deutschen  in  Geschichtsfälschung  in  Bezug  auf  den 
Amerika  gewesen,  dass  sie  zu  bescheiden  Antheil  des  Deutschthums  an  der  Erschlies- 
waren  und  sich  jene  stolze  Selbstständig-  sung  und  Entwickelung  der  Vereinigten 
keit  nicht  bewahrt  haben,  die  allein  die  Staaten  und  Vertuschen  seiner  Verdienste 
nöthige  Sicherheit  im  Verkehr  mit  Ange-  sind  amerikanischen  Historikern  anschei- 
hörigen  anderer  Stämme  ermöglicht.  Der  nend  zur  Regel  geworden,  und  erst  Henry 
deutsche  Einwanderer  war  von  der  Zeit  William  Elson  hat  in  seiner  1901:  er- 
Franz Daniel  Pastorius'  an  sich  seines  schienenen  vortrefflichen  "History  of  the 
Werthes  nicht  voll  bewusst.  Er  duldete  es,  United  States  of  America"  einen  schwachen 
dass  thatsächliche  und  bedeutende  Ver-  Versuch  gemacht,  der  lange  unterdrückten 
dienste,  die  er  sich  erworben,  der  engli-  Wahrheit  die  Ehre  zu  geben, 
sehen,  der  schottisch-irischen  und  irischen  Die  Herabsetzung  deutscher  Verdienste 
Einwanderung  zugeschrieben  wurden,  und  in  des  britischen  Botschafters  James 
erhob  keinen  Protest  dagegen,  dass  ameri-  Bryce's   Werk   "The   American   Common- 


6 


VORWORT. 


den  hoffentlich  dazu  beitra«ren,  weitere 
Kreise  für  die  Gesehiclite  des  Deutschthums 
in  Amerika  zu  interessieren.  Sie  verdient 
es  wohl,  gekannt  und  gewürdigt  zu  werden, 
denn  sie  bedeutet  ein  Ruhmesblatt  in  dem 
goldenen  Buche  der  Errungenschaften  der 
deutsehen  Rasse,  deren  hohe  civilisatori.sche 


Aufgabe  es  ist.  dem  Fortschritt  auf  allen 
Gebieten  der  Wissenschaft,  der  Forschung, 
der  Erfindimgen,  der  Kunst  und  Technik 
die  Wege  zu  bahnen,  und  die  auf  dem  Felde 
des  geistigen  Wettbewerbs  imd  des  Wahr- 
heits-Ringens die  Palme  vor  allen  anderen 
errungen  hat. 


Philadelphia,  im  Januar   1909. 


MAX   HEINRICI. 


it0  S^öntluttg  hn  hmtBtlxm  iEtttmanörntng. 

i^utsrli^  MmU  in  Amerika* 

^^rmantnmn  0  (ilrünöung  unö  PaatnnuB. 


DR.  C.  J.   HEXAMER 


Die  Bedeutung  der  deutschen  Einwanderung. 

Dr.  C.  J.  HEXAMER,  Praesident  des  Deutsch-Amerikanischen 
National-Bundes,  Philadelphia. 


Nachstehende  Ausführungen  waren  in 
einer  Rede  enthalten,  welche  Dr.  C.  J. 
Hexamer,  der  Präsident  des  Deutsch- Ame- 
rikanischen National-Bundes,  am  1.  August 
1907,  am  Deutschen  Tage  der  James- 
towner  Ausstellung,  gehalten  hat.  Er 
wies  zunächst  darauf  hin,  dass  der  vom 
Kongress  inkorporirte  Deutsch-Amerikani- 
sche National-Bund  anderthalb  Millionen 
amerikanischer  Bürger  deutscher  Ge- 
burt oder  Abstammung  zählt.  Er  erklärte, 
der  1.  August  sei  für  den  Deutschen  Tag 
der  Ausstellung  gewählt  worden,  weil  am 
1.  August  1775  die  Deutsch-Amerikanische 
Unahliängigkeits-Erl-Iänoig  erfolgt  sei.  Sie 
sei  also  fast  ein  Jahr  älter  als  die  nationale, 
welche  am  4.  Juli  1776  erlassen  wurde  und 
den  Geburtstag  der  grossen  amerikanischen 
Republik  bezeichnet.  Die  sogenannte 
„Mecklenburger  Erklärung",  welche  von 
27  Deutschen  von  Älecklenburg  County  in 
Nord-Carolina  am  31.  Mai  1775  in  Char- 
lotte erlassen  wurde,  inhaltlich  grosse 
Aehnlichkeit  mit  der  von  Thomas  Jelferson 
verfassten  nationalen  Unabhängigkeits-Er- 
klärung hatte,  ja  in  einzelnen  markanten 
Schlagworten  und  Wendungen  thatsäch- 
lich  gleichlautete,  aber  nach  Jefferson's 
Aussage  ihm  nicht  bekannt  war  und  erst 
im  Jahre  1819  veröffentlicht  wurde,  werde 
verschiedenerseits  bezüglich  ihrer  Echtheit 
angezweifelt  und  für  eine  Mystification  ge- 
halten, und  solle  deshalb  nicht  berücksich- 
tigt werden. 

„Feststehende  Thatsache  ist  es,"  fuhr 
der  Redner  fort,  „dass  am  1,  August  1775 
die  Vorstände  der  Deutschen  Gesellschaft 


von  Pennsylvanien  und  der  lutherischen 
und  reformirten  Kirchen  Aufrufe  erliessen, 
in  welchen  zum  bewaffneten  Widerstände 
aufgefordert  wurde,  und  die  deutschen  Ko- 
lonisten begannen  zu  exerzieren.  Dass  dieses 
Einexerzieren  nicht  umsonst  war,  zeigte 
sich  bei  den  ,,Thermopylen  des  amerikani- 
schen Freiheitskrieges,"  der  Schlacht  bei 
Long  Island,  als  die  amerikanische  Armee 
durch  die  pennsylvanischen  Schützen  unter 
Oberst  Johann  Feier  Kaechlein,  einem 
Deutschen,  gerettet  wurde.  Ein  amerikani- 
scher Historiker  schreibt :  , .Diese  Leute 
deckten  den  Rückzug  der  amerikanischen 
Armee.  79  ]Mann  ihrer  Kompagnie  wurden 
getödtet,  doch  der  Rest  der  Armee  bewerk- 
stelligte den  Rückzug." 

Es  ist  nicht  überraschend,  dass  misere 
Vorfahren  diese  Haltung  der  Freiheits-Be- 
wegung gegenüber  einnahmen,  denn  ein 
amerikanischer  Geschichtsforscher  hat 
Recht,  wenn  er  behauptet :  ..Der  Uranfang 
der  parlamentarischen  Verfassung  ist  in 
den  Wäldern  Altgermaniens  zu  suchen.  Die 
römischen  Gesetzgeber  fanden  hier  eine  neue 
Staatstheorie.  Für  den  Teutonen  ergeben 
sich  Gesetze  nicht  direkt  vom  Willen  des 
Volkes.  Er  beansprucht  für  sich  ein  ange- 
borenes Recht,  das  der  Staat  schützen 
muss,  das  derselbe  aber  keineswegs  kreirt, 
imd  für  dieses  Recht  ist  der  Germane  be- 
reit, den  Kampf  gegen  die  Welt  aufzuneh- 
men." Dieses  angeborene  Gefühl  zeigt 
sich  wieder  und  immer  wieder  in  unserer 
nationalen  Entwickelung,  wie  ich  in  dieser 
historischen  Darstellung  versuchen  werde, 
sie  zu  schildern,  zwar  nur  unvollkommen. 


10 


DIE  BEDEUTUNG  DER  DEUTSCHEN  EINWANDERUNG  FUER  AMERIKA. 


il.'iiii  dit'  Thaten  iinseivr  Altvordern  \\vg;vn 
im  IStfiube  der  Zi-iten  verborjrt'ii. 

Anjrlo-ainci-ikauischc  Historiker  staunen 
darob.  So  sehreibt  Bancroft  über  die 
Deutselien  in  Amerika:  ..Weder  sie  noeli 
ihre  Xaehkommen  erlioben  je  Anspruch  auf 
aUes.  was  ihnen  f;ebührt.''  Es  ist  behauptet 
worden:  ..Dass  dies  theil weise  der  Ver- 
schiedenheit der  Spraehe  zuzusehreiben 
sei.  theilweise  den  Ras-sen-Instinkten  luid 
erblielien  Tendenzen.  Ruhi^'en  Gemütlies 
sieh  dem  fi-iedlielien  Erwerb  des  Lebens- 
unterhaltes «ranz  hinu'ebend.  bescheiden,  ja 
fast  zajrhaft.  ohne  Ilan^  zu  Sippen,  haben 
sie  zuirelassen.  dass  ihre  atr^rressiveren 
Xachbarn  ihnen  d«'n  gebührenden  Platz  im 
linche  der  Geschichte  verweigerten." 

Es  ist  darauf  hingewiesen  worden,  dass 
vieh'  Deutsche  nach  un.seren  Gestaden  ge- 
konnnen.  wn]  zwar  noch  vor  der  ersten  ei-- 
folgreichen  Einwanderung,  die  in  Philadel- 
l)hia  i\u\  6.  Oktober  168i^  anlangte  und  von 
welcher  wir  die  deutsche  Kolonisation 
luiseres  Landes  genu^iniglich  datiren.  Bei- 
spiele sind:  Tyrker.  der  mit  den  Norwe- 
gern mehrere  Jahrhunderte  vor  Columbus 
nach  Amerika  kam,  und  die  eingegangene 
Ansiedlung  zu  Port  Royal,  Süd-Carolina, 
im  Jahre  1562.  Viele  kamen  vereinzelt  mit 
den  Schweden,  den  Holländern  und  Eng- 
ländern, so  z.  B.  Johann  Lederer,  von 
des.sen  merkwürdiger  Forschungsreise  von 
Marylaiul  nach  P'lorida  ein  Bericht  in  Lon- 
don im  Jahre  1672  venitf entlieht  wurde. 
August  Hennann,  der  für  Lord  Baltimore 
die  Landkarten  zeichnete  und  sieh  in  Bohe- 
mia  ^lanor  niederliess,  war  ebenfalls  ein 
Deutseher. 

Seit  wir  zuverlässige  Census-Beriehte 
haben,  wis.sen  wir,  dass  Deutschland  etwa 
30  Prozent  unserer  sogenannten  ..ausländi- 
schen" Bevölkerung  geliefert  hat,  während 
England  uns  nur  11  Prozent,  eischliesslieh 
der  Einwanderer  aus  Wales,  gab.  P^he  die 
Statistik  uns  zu  Hülfe  kam,  können  wir 
einen  Einblick  in  den  Stand  der  Dinge  in 
einigen  Kolonien,  wie  z.  B.  Pennsylvanien, 


aus  Briefen  gewinnen,  wie  denjenigen  Gou- 
verneur Thomas',  welcher  im  Jahre  1748 
schrieb:  ..Die  Deutschen  in  der  Provinz 
bilden,  wie  ich  glaube,  drei  Fünftel  der 
ganzen  Bevölkerung  und  sind  durch 
Fleiss  und  Sparsamkeit  die  Hauptwerk- 
zeuge  dazu  gewesen,  sie  zu  ihrer  jetzigen 
Blüthe  zu  bringen." 

Ob  im  Dienste  anderer  Nationen,  wie 
Peter  ]\Iinnewit  aus  "We.sel,  der  erste  Gou- 
verneur der  Neuen  Niederlande,  welcher  im 
Jahre  1626  landete,  oder  als  iMassen-Ein- 
wanderer  haben  die  Deutschen  stets  guten 
Gemeinsinn  gezeigt  und  eine  gerechte  AVür- 
digung  der  pei-sönlichen  Rechte  anderer. 
Als  puritanische  Neu-Engländer  unglück- 
liche Quäker,  die  in  ihre  Hände  fielen,  fol- 
terten und  Hexen  verbrannten,  erhob  die 
ei*ste  erfolgreiche  deutsche  Kolonie,  Ger- 
luantown,  jetzt  die  22.  Ward  von  Philadel- 
phia, im  Jahre  1688  Einspruch  gegen  Skla- 
verei— den  ersten  aller  derartigen  Proteste. 

Pennypacker  schreibt  in  seiner  „Ansiede- 
lung von  Germantown",  da.ss  ..jene  Bürger 
vom  Rhein  viel  toleranter  als  die  Purita- 
ner, die  zu  Plymouth  landeten,  viel  duld- 
samer als  die  Quäker,  welche  eine  Stadt 
der  Bruderliebe  gründeten,  die  Sache  allge- 
meiner Toleranz  verfochten,  welche  sich 
in  Amerika  eine  dauernde  Wohn.stätte  er- 
rungen. Sie  fassten  festen  Fuss  auf  dem 
Pfade,  der  vom  dunklen  [Mittelalter  zum 
Lichte  des  19.  Jahrhunderts,  von  der 
Knechtschaft  der  Vergangenheit  zur  Frei- 
heit der  Gegenwart  führte." 

Im  Jahre  1690  errichtete  Wilhelm  Rit- 
tenhaus die  erste  Papiermühle  in  Amerika 
an  einem  Arm  des  Wissahickon,  und  der 
deutsche  Theil  Pennsylvaniens  wurde  ein 
grosses  Publikations-Zentrum.  Vor  der  Re- 
volution wurden  von  den  Deutschen  in 
Pennsylvanien  nu'hr  Druckerpressen  be- 
trieben imd  mehr  Bücher  publizirt  als  in 
ganz  Neu-England.  Es  war  Pastorius.  ein 
Deutscher,  welcher  das  erste  Schulbuch 
schrieb,  es  war  Christoph  Sauer,  ein  Deut- 
scher, welcher  die  erste  Bibel  in  Amerika 


DIE  BEDEUTUNG  DER  DEUTSCHEN  EINWANDERUNG  EUER  AMERIKA. 


11 


aruckte,  und  das  deutsche  Kloster  Ephrata 
hatte  seine  eigene  Druckerei,  Papiermühle 
und  Buchbinderei  bereits  im  Jahre  1745 
und  war  im  Stande,  im  Jahre  1749  eine 
deutsehe  Uebereetzung  des  ..ÜMärtyrer- 
Spiegels"  zu  drucken,  einen  Band  von 
1500  Seiten,  das  grösste  literarische  Unter- 
nehmen der  amerikanischen  Kolonien.  Und 
kein  Geringerer  als  Benjamin  Franklin 
fand  es  nothwendig.  den  Deutschen  da- 
durch entgegenzukommen,  dass  er  deutsche 
Bücher  druckte.  Vor  der  Revolution  gab 
es  in  Pennsylvanien  acht  Zeitungen  in  eng- 
lischer und  zehn  in  deutscher  Sprache.  Die 
Bibel  in  deutscher  Sprache  wurde  in  Ame- 
rika dreimal,  luid  das  neue  Testament  sie- 
benmal verlegt,  ehe  sie  in  englischer 
Sprache  gedruckt  wurden. 

Von  verschiedenen  Historikern  Avird  den 
ersten  deutschen  Ansiedlern  ^Mangel  an 
Bildung  vorgeworfen ;  hierauf  möchte  ich 
erwidern,  dass  mehr  als  75  Prozent  der  Ein- 
wanderer, die  über  16  Jahre  alt  waren, 
schreiben  konnten,  wie  aus  den  Schiffsre- 
gistern jener  Zeit  hervorgeht.  Bedenkt 
man,  dass  damals  das  Analphabetenthum  in 
Europa  vorherrschte,  Deutschland  seit 
mehr  als  einem  Jahrhimdert  unablässig  von 
Kriegen  heimgesucht  war,  und  ferner  die 
Thatsache,  dass  die  Protestanten  mehr  Ge- 
wicht auf's  Lesen  als  auf's  Schreiben  leg- 
ten, so  ist  dies  noch  immer  ein  hoher  Bil- 
dimgs-Prozentsatz. 

Als  Landesvertheidiger  waren  die  Deut- 
schen immer  stark.  Als  in  1756  die  Kolo- 
nien durch  Indianer  belästigt  wurden  und 
das  Parlament  das  königlich-amerikanische 
Regiment  rekrutiren  liess,  bestand  es  der 
INIehrzahl  nach  aus  Deutschen,  die  Offiziere 
eingeschlossen.  Ein  Deutscher,  Conrad 
Weiser,  fimgirte  bei  den  Verhandlungen 
mit  den  Indianern  zu  Easton  als  Dolmet- 
scher. Als  das  i\Iohawk-Thal  von  India- 
nern überlaufen  und  New  York  bedroht 
wurde,  waren  es  die  Deutschen  unter  Ni- 
kolas  Herchheimer,  welche  die  Angriffe  des 
Feindes  zurückschlugen.    Es  war  der  deut- 


sche ^Missionär  Friedrich  Post,  welcher  im 
kritischen  Moment  die  indianischen  Krieger 
nahe  Fort  Du  Quesne  durch  seine  Bered- 
samkeit für  den  Frieden  gewann. 

Der  Ehrwürdige  Geo.  B.  Heckmann  hatte 
Recht,  als  er  schrieb :  ,,Die  Deutschen 
haben  besonders  darunter  zu  leiden,  dass 
ihre  Verdienste  um  den  Ursprung  und  die 
Ausbreitung,  sowie  die  gesellschaftliche  und 
religiöse  Geschichte  der  amerikanischen 
Zivilisation  nicht  gebührend  anerkannt  wer- 
den. Und  dennoch  nahmen  sie  in  den 
Rathsversammlungen  und  in  den  Armeen 
des  Landes  solch'  eine  hervorragende  Stel- 
lung ein,  dass  wir  mit  Wahrheit  behaupten 
können,  dass  kein  gemeinsamer  Aufstand 
der  Kolonien  stattgefunden  haben,  noch  es 
Vereinigte  Staaten  von  Amerika  geben 
würde,  wären  die  Deutschen  in  den  Kolo- 
nien minder  patriotisch  gewesen." 

Um  dies  vollkommen  zu  verstehen,  müs- 
sen wir  bedenken,  dass  bei  Ausbruch  der 
Revolution  Pennsylvanien  mit  der  Metro- 
pole Philadelphia  tonangebend  war.  Penn- 
sylvanien war  schon  damals  zur  Hälfte  und 
darüber,  nach  Schätzimg  Anderer  nur  ein 
Drittel,  germauisirt,  und  auf  dieser  Ko- 
lonie beruhte  die  Sache  der  Freiheit,  von 
der  Haltung  Pennsylvaniens  hing  sie  ab. 
Die  Deutschen  huldigten  fast  allgemein  dem 
Wahlspruch  :  ,,Los  von  England ! ' '  während 
die  sogenannte  ,, bessere"  Klasse,  die  Tories, 
es  mit  den  Engländern  hielt.  Da  es  den 
Anschein  haben  könnte,  als  seien  meine 
Ausführungen  infolge  der  Begeisterung, 
welche  dieser  Anlass  mit  sich  bringt,  zu 
schön  gefärbt,  so  hören  wir,  was  Geo.  W. 
Jones,  eine  Autorität,  "sine  ira  et  studio" 
über  die  damaligen  Deutschen  Pennsylva- 
niens zu  sagen  hat :  ,, Diese  Leute  bedurf- 
ten keiner  Aufsicht  imd  mieden  diejenigen, 
die  derselben  benöthigten.  Sie  bezahlten 
die  Steuern,  selbst  ungerechte,  um  des 
Friedens  willen.  Jeder  derselben  war  ein 
kluger  Staatsmann,  weil  sein  Leben  die 
Wohlfahrt  irgend  eines  Staates  verkörperte 


12 


DIE  BEDEUTUNG  DER  DEUTSCHEN  EINWANDERUNG  FUER  AMERIKA. 


in  seiner  Tugend,  seinem  Fleiss  und  seiner 
Mässitnuig. 

Hierin  liegt  der  Sehlüssel  zum  Ver- 
stiinduiss  des  fri«'dfertigen.  milden.  Heissi- 
gen  und  zurüekludtenden  deut.sehen  We- 
sens. Trotzdem  wird  des  Deutsehen  Fried- 
fertigkeit für  »'iufältig.  seine  Milde  für  töl- 
pelhaft, sein  Fleiss  für  Thorheit  und  seine 
Zurüekhnltung  für  Selhstsui-ht  gehalten. 
Wenn  man  seine  Individualität  nieht  vom 
englischen.  sc-iiottischen  oder  irisehcn 
Standpunkti'  aus  bcurtheilt.  sondern  nur 
den  gesunden  Menschenverstand  als  Kiehter 
entscheiden  läs.st,  so  ergiebt  sich,  da.ss  seine 
Gleichgültigkeit  kohmialer  Gesetzgebung 
inid  Politik  gegenüber  gerechtfertigt  war. 
Bei  den  Teutonen  gilt  pei-sönliche  Klugheit 
höher  als  politische.  Sie  sind  deswegen 
nieht  unpatriotisch  und  .selbstsüchtig,  eher 
das  Gegentheil,  denn  ]\Iänner.  nicht  Staats- 
männer, bilden  einen  Staat.  Di(  ciißlisclicn 
i:<ta(tlsmä)nu  r  (hr  Kolonien  fanden  im 
Patriotismus  der  Deutschen  Pennsylvaniens 
eine  Fclscnburg,  deren  ]Maeht  in  der  Auf- 
rechterhaltung der  Wahrheit  ])eruhte.  wie- 
wohl die  Deutschen  auf  der  Provinzialver- 
sammhnig  keine  Gelegenheit  hatten,  die- 
selbe zu  definiren." 

Im  Jalii-e  ITTf)  bestand  die  Hälfte  der 
Bevölkerung  Pennsylvaniens  aus  Deutschen 
und  Schweizern,  die  in  der  General  Asseni- 
bly  thatsäehlich  gar  keine  Vertretung  und 
nur  wenig  Stimme  in  Regierungsangelegen- 
heiten hatten  und  auch  nicht  wollten. 

Im  Jahre  177.")  beherrschten  die  Tories 
die  Legislatur  und  bildeten  für  Finglands 
Tyrainiei  eine  Stütze.  Die  Deutschen  waren 
bereit,  für  die  Unabhängigkeit  zu  kämpfen, 
obwohl  sie  dafür  zu  stimmen  nicht  berech- 
tigt waren.  Die  amerikani.schen  Patrioten 
wussten,  dass  es  unter  den  Deutschen  keine 
Tories  gab.  imd  beschlossen  daher,  den 
Deutschen  bei  den  allgemeinen  Wahlen 
Stimmrecht  zu  verleihen.  Am  19.  Juni 
377H  erhielt  Penusylvanien  vermöge  einer 
friedlicheji.  doch  kräftigen  Revolution  eine 
neue  Verfa.ssung.   wodurch  die   Deutschen 


das  Stimmrecht  erhielten  und  die  Tories 
kalt  gestellt  wurden. 

Damit  wurde  das  Deutschthum  in  Penn- 
sylvanien  ein  politischer  Faktor,  ohne  dass 
die  Deutschen  zu  ehrgeizigen  Politikern 
wurden.  Oeffentliche  Ehrenstellen  brach- 
ten den  Durchschnitts-Pennsylvania-Deut- 
schen nicht  in  die  Versuchung,  den  alten 
teutcmischen  Grundsatz  aufzugeben:  da.ss 
der  Bürger  der  Beschützer  des  Staates  und 
nicht  dessen  Protege  ist.  Was  Eifer  und 
Emsigkeit  erheischte,  darnach  strebten  sie 
stets.  Sensationelle  Publicität  ist  der  Sen- 
sibilität des  deutschen  Temperaments  an- 
stössig.  In  Zeiten  grosser  Gefahr  haben 
unsere  Staatsmänner  und  Gesetzgeber  deut- 
scher Herkunft  höchst  verantwortliche 
Aemter  bekleidet,  weil  ehrgeizige  Aemter- 
jäger  übergangen  und  nur  die  hervorra- 
gendsten IMänner  in  den  Dienst  gepresst 
wurden. 

Von  der  General-Assembly  erwirkten  die 
Deutschen  im  Jahre  1780  die  xVnnahme  des 
ersten  Gesetzes  zur  allmähligen  Abschaf- 
fung der  Sklaverei  in  Pennsylvanien.  Unter 
den  62  ^Mitgliedern  der  General-Assembly 
des  Jahres  1787  waren  es  zwölf  Deutsche, 
die  den  Ausschlag  gaben.  Unter  der  Füh- 
rerschaft von  Peter  und  Friedrich  ]\lühlen- 
berg  stimmte  jeder  Deutsche  für  die  An- 
nahme der  Konstitution  der  Ver.  Staaten, 
und  Pennsylvanien  war  der  erste  grosse 
Staat,  der  die  Konstitution  annahm. 

„Was  ökonomische,  erzieherische  und 
Fragen  des  persönlichen  Rechts  anbelangt, 
so  ist  der  Deutsche  allzeit  voran  gewesen, 
hat  den  Ausschlag  gegeben  imd  sein  Ziel 
erreicht." 

Doch  zurück  zu  meiner  Skizze ! 

Als  sieh  der  grosse  revolutionäre  Sturm 
erhob  und  es  nothwendig  wurde,  für  die 
Freiheit  zu  kämpfen,  standen  die  deutschen 
Kolonisten  nicht  zurück.  Ein  ]Mann,  der 
nicht  deutscher  Abstammung  ist.  hob  erst 
kürzlich  h(M"vor.  dass  bereits  in  1772  in 
Philadelphia  von  Deutschen  die  ..Patrioti- 
sche Gesellschaft  der  Stadt  imd  des  County 


DIE  BEDEUTUNG  DER  DEUTSCHEN  EINWANDERUNG  EUER  AMERIKA. 


13 


Philadelphia"  gegründet  wurde.  Der 
Zweck  der  Vereinigung  war  der,  den  Wi- 
derstand gegen  die  britische  Herrschaft  in 
den  Kolonien  zu  ermuthigen. 

Als  im  Jahre  1774  das  britische  Ministe- 
rium   wegen    der    Thee-Episode    mit    der 
Schliessung   des   Bostoner   Hafens   drohte, 
beriefen   die   Deutschen   von   Philadelphia 
eine  Versammlung  zwecks  Erörterung  der 
Sachlage   und   ernannten   ein   „Korrespon- 
denz-Komite",     dem    es    oblag,    mit    den 
Landsleuteu  in  den  übrigen  Kolonien  sich 
in  Verbindung  zu  setzen,  damit  sie  sich  auf 
den  unvermeidlichen  Kampf  vorbereiteten. 
Die    Provinzial-Versammlung,    welche    in 
demselben  Jahre  stattfand,  bestand  gröss- 
tentheils  aus  Pennsylvanisch-Deutschen,  da- 
runter    Christoph     Ludwig     und     Georg 
Hubley  von  Philadelphia.  Mathias  Schlauch 
von  Lancaster,  Christian  Schultz  von  Berks, 
Peter    Kaechlein     und    Jac.     Arndt     von 
Northampton    und    Casper    Weitzell    von 
Northumberland.      Noch   stärker   war    die 
Vertretung  der  Deutschen  in  der  im  Januar 
des  nächsten  Jahres  stattgehabten  Konven- 
tion, in  welcher  der  bewaffnete  Widerstand 
gegen  das  „Mutterland"  beschlossen  wurde, 
welches  ihnen  kein  Mutterland  war.     Sie 
waren  nicht  stammesverw^andt  mit  den  Ko- 
lonisten englischer  Abstammung  und  tru- 
gen daher  kein  Bedenken,  gegen  die  eng- 
lische Zwingherrschaft  aufzutreten.   Später 
gab  das  Korrespondenz-Komite  ein  Pamph- 
let   heraus,    worin    es   heisst:      „Dass    die 
Deutschen  Pennsylvaniens  zu  ihrer  Zufrie- 
denheit in  Erfahrimg  gebracht,  dass  das 
Volk  ohngeachtet  der  Rasse,  des  Glaubens- 
bekenntnisses oder  früherer  Nationalität,  ob 
reich  oder  arm,  den  Massnahmen  des  Kon- 
gresses beipflichte  und  dass  die  Deutschen 
besonders  allenthalben  Milizen  organisirten, 
um,  w^o  irgend  benöthigt,  marschbereit  zu 
sein.    Und  diejenigen  Deutschen,  die  nicht 
zu  den  Waffen  greifen  könnten,  werden  auf- 
gefordert,  die    Sache   der   Patrioten   nach 
Kräften  zu  unterstützen." 

Alles  das  trug  sich  zu,  ehe  offene  Feind- 


seligkeiten ausbrachen,  und  als  der  Krieg 
begann,  waren  die  Deutschen  die  Ersten, 
welche  zu  den  Waffen  griffen,  und  die 
Letzten,  welche  dieselben  niederlegten. 
Die  Namensliste  der  Revolutions-Annee 
strotzt  von  deutschen  Namen,  und  viele 
derselben  arbeiteten  sich  zu  hohem  Range 
empor.  Bancroft  sagt  in  seiner  Geschichte 
der  Revolution  :  ,,Die  Deutschen  von  Penn- 
sylvania waren  auf  Seite  der  Freiheit. ' ' 

Anfangs  des  Jahres  1775  organisirten 
die  Deutschen  bewaffnete  Abtheilungen  zur 
Unterstützung  des  Kongresses,  und  am  1. 
August  jenes  Jahres  erliessen  sie  ihre  Un- 
abhängigkeits-Erklärmig. 

Die  Vorstände  der  Deutschen  Gesellschaft 
von  Pennsylvania  und  der  lutherischen  und 
reformirten  Kirchen  erliessen  einen  Aufruf, 
in  welchem  zum  bewaffneten  Widerstände 
aufgefordert    w'urde,    und    die    deutschen 
Vereine  begannen  zu  exerzieren.     jNIichael 
Hillegas,    dessen    Eltern    Deutsche    waren, 
wurde  der  erste  Schatzmeister  der  Vereinig- 
ten Kolonien  und  später  der  Ver.  Staaten 
(dankbare  Pennsylvanier  werden  sein  An- 
denken durch  eine  Statue  im  Staatskapitol 
ehren) .    Solche  ]\länner.  wie  George  Schlos- 
ser,   Jacob    Schreiner,    Jacob    Arndt    und 
Caspar  Weitzell  waren  Führer  revolutio- 
närer Organisationen.     Christoph  Ludwig, 
den  Washington  ,,mein  ehrlicher  Freund" 
nennt,   w^urde   Superintendent   der  Bäcke- 
reien der  Continentalen  Armee.     In  Char- 
leston, S.  C,  organisirte  Michael  Kalteisen 
eine  Kompagnie  deutscher  Füsiliere,  imd 
am  25.  Mai  1776  acceptirte  der  Kongress 
formell  ein  deutsches  Regiment,  welches  in 
Maryland  und  Pennsylvania  rekrutirt  wor- 
den war.     In  Woodstock,  Va.,  vertauschte 
ein  junger  deutscher  Prediger,  Pastor  Peter 
G.  Mühlenberg,  den  Talar  mit  der  Oberst- 
Uniform  eines  deutschen   Regiments.     Er 
wurde     später     in     Anerkennung     seiner 
Tapferkeit  Brigadegeneral  und  dann  Gene- 
ralmajor der  amerikanischen  Armee   (sein 
Denkmal  ziert  die  Ruhmeshalle  des  Natio- 
nal-Kapitols.)     Wir  dürfen  auch  nicht  den 


14 


DIE  BEDEUTUNG  DER  DEUTSCHEN  EINWANDERUNG  FUER  AMERIKA. 


pfloiTtMcht'ii  Kampf  ilt-r  DeiitscluMi  unter 
Ob-'i-st  Xikolas  IKTehheiuier  (dessen  Xanien 
in  unseren  Gesehichtsbüeheni  gewöhnlieh 
als  Ilerkinier  verzeiehnet  steht)  gegen  die 
Briten  und  Tories  bei  Oriskany.  N.  Y..  ver- 
ge&seu.  Das  erste  New  Yorker  Bataillon 
war.  wie  sein  Oberst  Lasher.  hauptsäehlieh 
aus  Deutsehen  zusanuiu'ugesetzt.  während 
Baron  ^Veissenfels.  ein  Deutscher,  andere 
New  Yorker  Streitkräfte  befehligte.  Penu- 
.sylvania  sollte  nie  die  tajiferen  Dienste  von 
Daniel.  .lohn.  Gabriel  und  Joseph  Iliester. 
noch  den  tapferen  Deutschen  J.  P.  Sehott 
und  seine  furchtlosen  Dragoner  vergessen. 

Als  die  Konvention  einen  zuverlässigen 
Drucker  brauchte,  wurde  ein  Deutseher, 
Heinrich  Miller,  ausgewählt. 

Geheiligt  ist  für  jeden  treuen  Amerika- 
ner der  Boden,  auf  welchem  ein  Deutseher. 
Baron  de  Kalb,  sein  Blut  für  unsere  Frei- 
heit vergoss.  l'nd  wie  kann  ein  dankbares 
Volk  die  Dienste  des  Barons  von  Steuben 
verges.sen,  der  die  Kriegskunst  unter  Fried- 
rieh dem  Grossen  gelernt  hatte  und  der 
Organisator  und  General-Inspektor  der  Yer. 
Staaten-Armee  wurde,  der  rechte  Arm 
AVashington's.  wie  er  genannt  wurde,  und 
dessen  Andenken  unsere  dankbare  Nation 
durch  eine  prächtige  Reiterstatue  in  der 
Bundeshauptstadt  ehren  wird  ? 

Im  AVintcr  1776  war  die  Armee  "Washing- 
ton's  auf  ^(»UO  Mann  reduzirt.  Er  wollte 
sich  westlich  von  den  AUeghenies  zurück- 
ziehen, als  gerade  im  letzten  Augenblick 
1500  neue  Rekruten  eintrafen,  durch  die 
"Washington  in  den  Stand  gesetzt  wurde,  die 
Schlachten  von  Princeton  \md  Trenton  zu 
gewinnen.  In  goldenen  Buchstaben  sollte 
es  in  der  Geschichte  des  Landes  eingetragen 
werden,  dass  diese  Rekruten  aus  dem  ger- 
manisirten  Pennsylvanien  kamen.  Als  die 
Soldaten  hungerten,  gaben  neun  Deutsche 
pei-sönlich  Bürgschaft  für  jJ^lOO.OOO — eine 
für  damalige  Zeiten  sehr  hohe  Summe — da- 
mit Lebensmittel  angeschafft  Averdeu 
konnten. 

Als  ]\Iifflin's  Antrag,  es  sollte  Geld  zur 


Anscliatfung  von  ^Vart■en  kollektirt  werden, 
abfällig  debattirt  wurde,  erhob  sich  der 
deutsch-amerikanische  Patriot  Ludwig  und 
sagte  in  gebrochenem  Engli.sch:  ,,Ich  bin 
nur  ein  armer  Pfefferkuchen-Bäcker,  ich 
zeichne  aber  200  Pfund." 

Sind  Sie  je  darauf  aufmerksam  gemacht 
worden,  dass  Johann  Peter  ]\lüller.  ein 
Pennsylvanisch-Deutscher,  für  den  Conti- 
nentalen  Kongress  die  l'nabhängigkeits- 
Erkläruiig  in  sieben  Sprachen  übersetzte? 
Unter  den  damaligen  Amerikanern  hielt 
man  ihn  für  den  einzig  dazu  Kompetenten. 
Ferner  petitionirten  250  Einwohner  von 
Germantown  für  die  Annahme  der  Bundes- 
verfassung, und  dies  war  der  erste  diesbe- 
zügliche Versuch  in  Pennsylvanien. 

Unter  den  19  ^Mitgliedern  der  Pennsyl- 
vania Assembly,  die  dagegen  stimmten,  dass 
die  Konstitution  dem  Volke  zur  Abstim- 
mung unterbreitet  wurde,  befand  sich  kein 
einziger  Deutscher.  Unter  den  43,  die  da- 
für stimmten,  waren  12  Deutsche. 

In  1787  wurden  die  konstitutionellen 
Konventionen  eröffnet.  F.  A.  Mühlenherg, 
ein  Bruder  des  Generals,  wurde  zum  Präsi- 
denten der  Pennsylvania  Konvention  er- 
wählt. Später  wurde  er  Sprecher  des  ersten 
und  dritten  Kongresses,  in  welchem  seine 
entscheidende  Stinnne — es  war  Stimmen- 
gleichheit—am 29.  April  1796  Jay's  Ver- 
trage Gültigkeit  verlieh.  Das  war  eine 
That.  die  von  hohem  moralischem  Muth 
zeugte,  da  er  sich  dadurch  den  Hass  der 
Jingoes  der  damaligen  Zeit  zuzog.  Obwohl 
die  Annahme  der  Konstitution  von  grösster 
AVichtigkeit  für  die  Zukunft  des  Landes 
war,  herrsehten  ernste  Zweifel,  ob  dieselbe 
schliesslich  angenommen  werden  würde.  Die 
Deutsch-Amerikaner  traten  für  deren 
schnelle  Annahme  energisch  in  die  Schran- 
ken. 

In  den  Kriegen  von  1812  imd  1846 
kämpften  viele  Deutsche  tapfer  für  ihr 
Adoptiv- Vaterland.  Fähige  Offiziere  wie 
J.  F.  BaUicr,  A.  :Moore,  O.  Zirkel  und  A. 
Kautz  traten  im  mexikani.schen  Kriege  in 


DIE  BEDEUTUNG  DER  DEUTSCHEN  EINWANDERUNG  EUER  AMERIKA. 


15 


vmsere  Armee  ein.     Und  wenn  der  Dichter 
an  jenen  denkwürdigen  Septenibertagen  in 
Baltimore  so  bang  fragt : 
„0  sprich,  kannst  Du  seh'n  in  der  schwin- 
denden Nacht, 
Was  wir  frevidig  noch  grüssten  im  Abend- 

rothglanze  ? ' ' 
so  ist  es  hauptsächlich  den  Deutschen  zu 
verdanken,  dass  die  Fahne  noch  Avehte. 
General  John  Stricker,  der  Konunandeur 
der  amerikanischen  Streitkräfte,  und  IMajor 
Armistead,  der  Fort  ÄIcHenry  vertheidigte, 
waren  deutscher  Abstamnumg. 

Dann  kam  der  Kampf  für  die  Aufhebung 
der  Negersklaverei;  natürlich  leistete  die 
Rasse,  welche  vor  allen  anderen  in  1688  ge- 
gen die  Knechtimg  ihrer  Mitbrüder  pro- 
testirt  hatte,  ihren  Theil  in  dem  Kampfe 
für  Freiheit.  Um  das  Banner  unserer  Na- 
tion unbefleckt  zu  halten,  opferten  Tau- 
sende von  Männern  deutschen  Blutes  ihr 
Leben.  Sie  starben,  damit  auch  nicht  ein 
Stern  aus  dem  blauen  Felde  gerissen  würde 
und  dass  die  Sterne  und  Streifen  fortfahren 
möchten,  wie  bisher,  zu  wehen 

,,Ueber  der  Heimath  der  Helden 

Im  Lande  der  Frei  'n. ' ' 
Es  ist  eine  wohlbekannte  Thatsache,  dass 
Deutsche  IMissouri  der  Union  retteten.  Im- 
merhin können  sich  nur  Wenige  vorstellen, 
mit  welchem  Enthusiasmus  sie  zu  unserer 
Nationalvertheidigimg  in  jenen  Jahren  des 
mörderischen  Brüder-Kampfes  1861  bis 
1865  herbeikamen  ;  in  diesen  Jahren  dienten 
200,000  von  ihnen  in  den  nördlichen 
Armeen.  Die  ersten  Vertheidiger,  welche 
sich  um  die  Flagge  schaarten,  als  Sumter 
fiel  imd  tapfere  Männer  entsetzt  waren,  die 
ersten  530  Freiwilligen,  welche  die  Stadt 
Washington  betraten,  um  unser  Kapitol  zu 
schützen  und  ' '  Old  Glory ' '  zu  vertheidigen, 
waren  INIänner  aus  den  deutscheu  Gauen 
Pennsylvaniens. 

Trotzdem  waren  es  Werke  des  Friedens, 
in  welchen  die  deutschen  Ansiedler  ihre 
grössten  Triumphe  errangen.  Als  sie  zu  den 
Waffen  griffen,  geschah  dies  nur  im  Zwange 


der  Nothwendigkeit  der  Vertheidiguug  und 
nicht  aus  Lust  zum  Morden — so  kam  es, 
dass  ihre  Felder  blühten  wie  die  Rose  und 
ihre  Farmen,  zu  Gärten  wurden. 

Auf  jedem  Gebiete  des  meuschlichen 
Fleisses  treten  die  Resultate  ihres  Wissens 
und  ihrer  geduldigen  und  anhaltenden  Ar- 
beit zu  Tage.  T.  Coxe's  ,, Ansicht  der  Ver. 
Staaten"  vom  Jahre  179-1:  belehrt  uns,  dass 
der  höchste  Preis  für  vorzüglichen  Druck 
den  Herausgebern  eines  deutschen  Buches 
in  Lancaster  von  der  Penna.  Manuf.  Soc. 
zuerkannt  wurde.  Das  erste  genealogische 
Werk  in  Amerika  wurde  von  den  Herrn- 
hutern  herausgegeben.  Was  'wir  über  die 
Sprache,  Sitten  und  Gebräuche  der  Urein- 
wohner Pennsylvaniens  wissen,  verdanken 
wir  hauptsächlich  den  Ilerrnhutern  Missio- 
nären Zeisberger  und  Heckewelder. 

Die  erste  Geschichte  des  Revolutionskrie- 
ges, die  in  Pennsylvanien  veröffentlicht 
wurde,  wurde  von  Oberst  Bernhard  Hubley 
verfasst  und  erschien  in  Northumberland 
im  Jahre  1806. 

Die  erste  Bibel,  die  westlich  vom  Alleghe- 
nygebirge  herausgegeben  wurde,  erschien 
im  Verlage  von  Friedrich  Goeb  zu  Somerset 
in  deutscher  Sprache  im  Jahre  1814. 

Sie  schufen  die  ersten  Gemälde,  bauten 
die  ersten  Pfeifenorgeln,  legten  die  ersten 
Gemüsegärten  und  sogar  den  ersten  bota- 
nischen Garten  in  Amerika  an,  und  die 
blühendsten  Farmen  und  schönsten  Farm- 
gebäude im  ganzen  Lande  sind  im  Besitze 
und  in  Bestellung  von  Deutschen  und  deren 
Nachkommen.  Das  wird  von  anglo-ameri- 
kanischen  Historikern  und  von  sämmtlichen 
Reisenden  zugegeben. 

Sie  bauten  die  ersten  Wasserwerke  in 
imserem  Lande,  sie  gründeten  die  ersten 
Eisen-Hochöfen,  Glashütten,  Spinnereien, 
Papiermühlen,  chemischen  Fabriken,  Piano- 
fabriken, sie  fertigten  die  ersten  Wand- 
uhren imd  astronomischen  Instrumente  an. 
Schon  im  Jahre  1792  kauften  sie  Kohlenlän- 
dereien  auf  und  organisirteu  die  Lehigh 
Goal   Mining   Company.     Die   Brooklyner 


16 


DIE  BEDEUTUNG  DER  DEUTSCHEN  EINWANDERUNG  EUER  AMERIKA. 


Brücke,  das  ..achti-  WumliT  der  Welt", 
wurde  von  einem  Deutsehen.  Jolunui  Roeb- 
Ymg.  gebaut,  und  der  grossartige  Xevada- 
TiUHiel.  eine  der  staunenerregendsteii  Tn- 
ternehmungeii  iiuf  dem  (Jebiete  der  lagt 
nieiu'kunst.  wurde  von  Adolph  Sutro.  einem 
Deutsehen,  herge.stellt.  l'nd  wenn  Jemand 
zu  sehen  wünseht.  was  die  Deutsehen  und 
ihre  Xaehkommen  heute  noch  im  wirth 
scliaftlichen  Leben  h'isten.  so  braudit  er 
nur  ilie  Zahl  der  deutsehen  Namen  in  den 
Geschäfts- Adressbüchern  anzusehen. 

Was  die  Deut.schen  Pennsylvanien  "s.  w( 
ich  geboren,  anbetrifft,  so  wurden  die  beider 
grö.s.sten  Tel^skope  der  AVeit,  dasjenige  in 
Californieu  von  Jakol)  Lick  von  Lebanon 
und  dasjenige  in  Chicago  von  Karl  T. 
Yerkes  von  Philadelphia  konstruirt. 

Leidy  hat  in  der  AVissenschaft.  Gross  in 
der  Chirurgie.  Cramp  in  der  Schiffsbau- 
kunst Gro.s.ses  geleistet,  und  John  AVanama- 
ker  ist  als  Kaufmann  noch  von  keinem 
Amerikaner  übertroft'en  worden. 

In  unserem  Unterrichts-System  ist  der 
deutsche  Eintluss  vorherrschend  vom  Kin- 
dergarten bis  zur  Universität,  denn  sogar 
der  Name  Ciiiversität  wird  bei  uns  im 
deutschen,  nicht  im  engli.schen  Sinne  ge- 
braucht. 

Die  deutsch-amerikanischen  Lehrer  haben 
illustre  Vorfahren,  zu  deren  ersten  der  ge- 
lehrte Schulmeister  Pastorius,  der  Ansiedler 
von  1688.  welcher,  ausser  in  englischer  auch 
in  deutscher,  spanischer,  französischer, 
italienischer,  griechischer  imd  lateinischer 
Sprache  schrieb,  gehörte,  sowie  der  gedul- 
dige Pädagoge  Christoph  Dock,  dessen 
„Schul-Ordnung"  ,  gesehrieben  im  Jahre 
1770,  die  erste  Abhandlung  über  Pädagogik 
war.  welche  in  Amerika  erschien.  Die 
Deutschen  riefen  die  Sonntagssehulen  in 's 
Leben,  und  Säur  druckte  Sonntagssehul- 
Karten  schon  36  Jahre  früher,  als  das 
System  in  England  durch  Robert  Raikes 
eingeführt  wurde,  welchem  gewöhnlich  das 
Verdienst,  der  Gründer  der  Sonntagsschu- 
len zu  sein,  zugeschrieben  wird.     Denjeni- 


gen, die  da  glauben,  dass  alle  Bildung  aus 
Neu-England  herkomme,  mag  es  interessant 
sein,  dass  das  erste  Seminar  für  junge 
Damen  vcn  den  llerrnhutem  zu  Bethle- 
hem im  Jahre  174!)  eröffnet  wurde.  \'ier- 
inidzwanzig  Jahre  später  wurde  zu  Ply- 
mouth.  Mass..  eine  derartige  Schule  ge- 
plant. Das  Projekt  fiel  jedoch  durch,  denn 
es  wurde  geltend  gemacht,  dass  in  solch' 
einer  Schule  die  Frauen  gelehrter  werden 
könnten  als  ihre  zukünftigen  Gatten! 
Sehullehrerinnen  gab  es  zuerst  in  Pennsyl- 
vanien an  dvn  höheren  Schulen  der  Herrn- 
huter.  Dieselben  errichteten  im  J.dire  1807 
die  erste  Xormalschide  in  Amerika  in  der 
Xazareth  Hall. 

Den  deutschen  Tniversitäten  und  techni- 
schen Hochschulen  haben  wir  eine  immense 
Dankesschuld  abzutragen,  und  ^länner  wie 
Dr.  Andrew  D.  AVhite,  der  frühere  Bot- 
.schafter  in  Deutschland,  und  Dr.  Wm.  T. 
Harris,  der  frühere  Bundeskommissär  für 
Unterrichtswesen,  haben  erklärt,  dass  das 
intellektuelle  Deut.schland  für  uns  ein 
„^Mutterland"  gewesen  ist. 

Viele  wissen  nicht,  welch'  grossen  Ein- 
fluss  die  alten  Sitten  und  Gewohnheiten, 
welche  der  Deutsche  mit  herüberbrachte, 
auf  unser  tägliches  Leben  und  die  kulturelle 
Entwicklung  unseres  Volkes  gehabt  haben. 

Ein  anglo  -  amerikanischer  Historiker 
sagt:  „Sie  (die  Deutschen)  geniessen  die 
einfachen,  gesunden  und  ursprünglichen 
Lebensfreuden.  Sie  sind  minder  versessen 
auf  ]\rode  und  feine  Gesellschaft  und  be- 
herrscht von  irgend  einem  ungehörigen 
Ehrgeiz,  der  die  natürlichen  und  ui-sprüng- 
liehen  Mensehlichkeits-Instinkte  entartet." 
Dem  Deutschen  verdanken  wir  zwei  unserer 
schönsten  Feste,  das  Oster-  und  das  Weih- 
nachtsfest, und  ihm  werden  wir — denn  er 
ist  unter  allen  Völkern  der  demokratischste  ii 
in  seinen  Neigungen  und  Vergnügungen — 
eine  bes.sere  Würdigung  der  W^ahrheit  ver- 
danken, welcher  Herbert  Spencer  Ausdruck 
gab  in  den  Worten :  „Jedem  ^Menschen 
steht  es  frei,  zu  thun,  was  er  will,  voraus- 


DIE  BEDEUTUNG  DER  DEUTSCHEN  EINWANDERUNG  EUER  AMERIKA. 


17 


gesetzt,  er  beeinträchtigt  nicht  die  gleiche 
Freiheit  eines  anderen  ^Menschen." 

Heiichekn — welche  man  nnser  ..nationales 
Laster"  genannt  hat —  hat   den   Deutsch- 
Amerikaner    nicht    angesteckt.      Und    wie 
üemosthenes  könnte  er  sagen  :  ..Und  wer  ist 
es.    der   den    Staat    betrügt?"      Sicherlich 
der  ]\Iann.  der  nicht  redet,  wie  er  denkt. 
Welch'    grösseres    Verbrechen    kann    man 
einem  Redner  zur  Last  legen,  als  dass  seine 
"Worte  imd  seine  Ansichten  nicht  überein- 
stimmen ?     Schriftsteller,  welche  Neu-Eng- 
land  sich  zur  Richtschnur  nehmen,  haben 
oft  auf  die  Unthätigkeit  des  Deutsch-Ame- 
rikaners in   der  Politik  als  einen  Beweis 
seiner  Unfähigkeit  für 's  öffentliche  Leben 
hingewiesen.     Eine  Erklärung  hierfür  so- 
wohl wie  eine  "Widerlegung  des  Vorwurfs 
ist     leicht.        In    erster    Linie     hat     der 
deutsche  Einwanderer  sich  eret  mit  einer 
fremden  Sprache  abzugeben;  zweitens  las- 
sen ihn  seine  Unbestechlichkeit  imd  seine 
Liebe  zur  persönlichen  Freiheit  gegen  die 
Fesseln  strikter  Partei-Kontrolle  rebelliren 
imd  gehorsame  Unterwürfigkeit  unter  die 
Diktate    politischer    Bosse    zurückweisen; 
drittens  findet  er,  da  er  fast  ohne  Ausnahme 
ein  Geschäft  oder  ein  Handwerk  betreibt 
und  von  Natur  aus  einfach,  sparsam  und 
fleissig   ist,    dass    es   sich    besser   für    ihn 
lohnt,  bei  seinem  Gewerbe  zu  bleiben,  als 
sich   ,,den  Boys  anzuschliessen "  und   das 
unsichere  Leben  eines  praktischen  Politikers 
zu  führen.     Die  Deutschen  bereiten  emsig 
wie  Bienen  den  Honig,  den  andere  genies- 
sen.     Dieselben  Gründe,  welche  sie  daran 
hinderten,  eine  glänzende  Rolle  zu  spielen, 
haben  sie  aber  dazu  geführt,  einen  nachhal- 
tigen und  wohlthätigen  Einfluss  auf  unsere 
Politik  im  grossen  Ganzen  auszuüben,  denn 
gerade  aus  den  deutschen  Reihen  rekrutirt 
sich  das  sorgfältige,  konservative  imd  un- 
abhängige Votum.     Der  Deutsch-Amerika- 
ner fordert  keine  politischen  Gefälligkeiten 
und  prostituirt  sein  Votum  für  Niemand. 


Er  will  eine  ehrliche,  gerechte  und  patrio- 
tische Regierung  für  und  durch  das  Volk 
haben  und  fragt  nicht,  was  für  ilui  dabei 
herauskoimnt.  In  den  Worten  des  Dich- 
ters: 

,.Es  ist  besser  für  das  Recht  zu  kämpfen. 
Als  über  das  Unrecht  zu  spotten." 

Er  geniesst  das  Leben,  denn  er  glaul)t : 
,,Dass  es  für  einen  guten  ^Menschen  schäd- 
lich ist.  traurig  zu  sein;"  doch  geniesst  er 
es  mit  Weib  und  Kind,  denn  wo  sich  letztere 
nicht  auch  freuen  können  mit  ihm.  da  hat 
er  seiner  Ansicht  nach  nichts  zu  suchen. 
„„Das,  was  vor  uns  liegt  im  täglichen  Leben 
zu  erfassen,  ist  die  erste  Weisheit. ' ' 

Ja.  es  ist  unsere  Pflicht  als  patriotische 
Amerikaner,  dass  wir  die  edlen  Gaben,  die 
ims  von  unseren  Vorfahren  überkommen 
sind,  festhalten  und  pflegen.  Denn  was 
Griechenland  für  Rom  war,  das  ist 
Deutschland — im  weitesten  Sinne — für  un- 
ser geliebtes  Vaterland,  nur  mit  dem  Unter- 
schied zu  unseren  Gimsten,  dass  der  Grieche 
mit  seiner  Kultur  eine  verderbte  Moral  imd 
ekelhafte  sinnliehe  Laster  nach  Rom 
brachte,  während  der  Deutsche  mit  seiner 
Kultur  in  seine  neue  Heimath  eine  derbe 
Biederkeit  und  ein  reines,  glückliches  Fa- 
milienleben mitbringt. 

Doch  dies  Alles  muss  der  lieben  lugend 
fest  eingeprägt  werden,  denn : 

Kann  man  's  nicht  in  Bücher  binden. 
Was  die  Stimden  Dir  verleih 'n ; 
Gieb  ein  fliegend  Blatt  den  AVindeu, 
JMuutere  Jugend  hascht  es  ein." 

Indem  wir  dies  zu  thim  bestrebt  sind, 
dienen  wir  imserem  Lande  auf  die  beste 
Weise,  denn  ,. Erziehen  heisst:  jeden  Ein- 
zelnen so  zum  gegebenen  gesellschaftlichen 
Typus  heranbilden,  dass  seine  Fähigkei- 
ten entwickelt,  seine  grösste  Brauchbarkeit 
imd  Glückseligkeit  erreicht  werden  und 
dass  zu  gleicher  Zeit  das  höchste  Wohl  der 
Gesellschaft  bewahrt  wird." 


Prof.    MARION    DEXTER    LEARNED. 


/     Deutsche  Ideale  in  Amerika. 


MARION  DEXTER  LEARNED,  Professor  an  der  Universltaet  von  Pennsylvanien. 


Die  deutsehen  Avnrdeu  vor  allen  andren 
Kolonisten  in  Amerika  durch  ihre  Ideale 
geleitet.  Sie  wanderten  nach  der  neuen 
Welt  aus,  um  diese  Ideale  verwirklichen 
zu  können.  Die  romanischen  Ansiedler  in 
Süd-  und  Mittelamerika  suchten  „Eldo- 
rado"— das  Goldland — um  reich  zu  wer- 
den. Die  Kavalierpflanzer  in  Virginien 
wollten  ebenfalls  ihren  materiellen  Zustand 
verbessern.  Die  Holländer  in  Neu-Nieder- 
lancl  gingen  ebenfalls  auf  Profit  aus  und 
wollten  ihren  Handel  nach  der  neuen  Welt 
ausdehnen.  Nur  die  Puritaner,  und  in 
einer  Hinsicht  die  Quäker,  lassen  sich  in 
Bezug  auf  geistige  Ideale  mit  den  deutschen 
Ansiedlern  vergleichen.  Die  Puritaner,  wie 
die  deutschen  Sektenleute  befanden  sich 
unter  dem  schweren  Druck  der  tyranni- 
schen religiösen  Intoleranz  und  suchten 
ein  Asyl,  wo  sie  ungestört  durch  Staat  oder 
Kirche  ihren  religiösen  und  politischen 
Ansichten  gemäss  leben  konnten.  Trotz  der 
schroffen  Gegensätze  in  ihrem  Charakter 
hatten  die  Puritaner  und  Deutschen  diese 
Eigenschaft  gemein,  dass  sie  stets  nach 
einem  geistigen  Ideale  strebten  und  bereit 
waren,  im  Nothfall  für  dieses  Ideal  das 
Leben  zu  opfern.  Das  erklärt  die  führende 
Stellung,  welche  diese  beiden  Elemente  in 
der  kulturellen  Entwicklung  des  amerika- 
nischen Volkes  eingenommen,  ein  Beweis, 
dass  die  höchste  Macht  einer  Nation  nicht 
in  ihrem  materiellen  Wohlstand,  sondern  in 
ihren  kulturellen  Gütern  besteht. 

Die  erste  bis  auf  unsere  Zeit  bestehende 
deutsche  Kolonie  in  Nordamerika  ist  Ger- 
mantown  oder  Germanopolis,  wie  sie  Pas- 
torius,  der  Gründer  der  Stadt,  pedantisch 
nannte.  An  einem  Sommerabende  vor  zwei- 


hundertfünfundzwanzig Jahren,  am  20sten 
August  1683,  segelte  das  kleine  Schiff 
,, America"  mit  etwa  achtzig  Passagieren 
in  den  Hafen  von  Philadelphia  ein.  Die 
kleine  Schaar  Einwanderer  war  schon  ein 
recht  amerikanisch  zusammengesetztes 
Mischvolk,  bestehend  aus  Engländern,  Wal- 
lisern (,,Welschen"),  Holländern  imd 
Deutschen.  Unter  den  Passagieren  war  ein 
jimger  deutscher  Jurist  mit  neun  Beglei- 
tern als  Vorhut  der  späteren  Crefelder  und 
anderer  deutscher  Ansiedler  in  Pennsylva- 
nien. Dieser  Jurist,  Franciscus  Daniel 
Pastorius,  der  Sohn  eines  bekannten  deut- 
schen Juristen,  des  damaligen  Oberrichters 
und  Bürgermeisters  der  alten  Reichsstadt 
Windsheim  in  Franken,  hatte  die  besten 
deutschen  Universitäten  besucht,  in  Winds- 
heim und  Frankfurt  am  Main  und  Umge- 
gend Jura  praktizirt,  lange  Reisen  mit  Bo- 
naventura von  Bodeck  in  Deutschland,  Hol- 
land, England,  Frankreich  und  der  Schweiz 
gemacht  und  auf  dieser  ,, grossen  Tour"  die 
Frivolität  und  den  Luxus  der  damaligen 
feinen  Welt  kennen  gelernt  und  gekostet. 
Aber  diese  frivole  Welt  hatte  er  auch  wäh- 
rend seiner  Reise  als  eitlen  Dunst  verachten 
gelernt  und  war  mit  Freude  in  den  Kreis 
seiner  Pietisten-Gemeinde  in  Frankfurt  zu- 
rückgekehrt. Hier  im  Freimdeskreise,  im 
alten  Saalhof,  hatte  er  sein  Lebensideal  ge- 
funden, das  Ideal  eines  ,, friedsamen  und 
stillen  Lebens",  abgesondert  von  der  eitlen 
Welt.  Dieses  Ideal  eines  isolirten  Lebens 
fand  in  dem  Gedanken  einer  spezifisch 
deutschen  Gemeindeansiedlung  in  German- 
toMTi  Ausdruck.  Schon  die  ersten  deutschen 
Kolonisten  hegten  den  Wunsch,  eine  Stadt 
für  sich  zu  haben,  wo  sie,  abgetrennt  von 


30 


DEUTSCHE   IDEALE   IX   AMERIKA. 


den  Eugläiulciii.  Wallisei-n  uiul  anderen 
eDglisi-hspreehenden  Ansiedlern,  zusaiuiiuii 
wi»hnen  könnten. 

p]rst  uai-h  Ankunft  der  dreizelm  C'refel- 
der  Familien  am  6.  Oktol)er  wai-  Pastorius 
im  Stande,  eine  Kolonie  zu  »rriuulen.  Älit 
den  Crefelder  Käufern  ersuditt  er  Penn, 
den  dent.sclien  Kolonisten  ihr  Land  anzu- 
wei.sen.  was  am  l'iten  Oktober  greschah.  Am 
24slcn  ikssclbin  Monats  gründete  Pastorius 
die  deutsche  AiisicdluiHj,  welche  er  German- 
ioivn  benannte.  Je  naelulem  die  Loosr 
fielen,  erhielten  die  Ansiedler  ihre  Grund- 
stücke und  fin<ren  sofoi't  an.  sich  Iläu.ser  zu 
bauen.  In  kurzer  Zeit  entstand  eine  kleine 
Industriestadt,  die  einzij^e  ihrer  Art  im 
ganzen  Lande.  best(»hend  zum  grossen  Theil 
aus  Leinewebern.  Neun  Jahre  später  be- 
schrieb der  enjrlische  Dichter  Richard 
Frame  die  deutsche  Stadt  in  folgenden 
Vereen : 

The  German-Totci),  of  which  I  spoke  before, 
Whicli  is,  at  Icast,  in  length  one  Mile  and  More, 
Wliere  lives  Ilifih-German  Peoplc  and  Low-Dutch, 
Whose  Trade  in  woavinfj  Linnin  Cloth  is  much, 
Thcre  grows  the  Fla.x,  as  also  yon  may  know, 
That  from  the  same  they  do  divide  the  Tow; 
Their  Trade  fits  well  within  this  Ilabltation, 
We  find  Convenience  for  tlioir  Occnpation. 
One  Trade  brings  in  eniploynient  for  another, 
So  that  we  may  suppose  each  Trade  a  Brother; 
From  Linnin  Rags  good  Paper  doth  derive, 
The  first  Trade  keops  the  socond  Trade  alive: 
Withont  the  first  the  sccond  cannot  l)e, 
Therefore  since  these  two  can  so  well  agree, 
Convenience  doth  approve  to  place  them  nigh, 
One  in  the  Gcrman-Toivn,  'tother  hard  bv. 
A  Paper-Mill  near  Gcrman-Town  doth  stand, 
So  that  the  Flax,which  first  Springs  from  the  Land, 
First  Flax,  then  yarn,  and  then  they  must  begin, 
To  weave  the  same,  whieh  they  took  pains  to  spin. 
Also,  when  on  our  backs  it  is  well  [wor]n, 
Some  of  the  same  remains  Ragged  and  Tom; 
Then  of  the  Rags  our  Paper  it  is  made, 
Which  in  process  of  tinie  doth  waste  and  fade; 
So  what  comes  from  the  Earth,  appeareth  piain, 
The  same  in  Time  returns  to  Earth  again. 

Betrachten  wir,  was  Amerika  dieser  klei- 
nen idealistischen  deutsehen  Ansiedlung 
Germanto\A"n  zu  verdanken  hat.  Hier  ^^Tlrde 
ein  Anfang    zu  der    grossen    industriellen 


Entwickelung  des  Landes  gemacht.  Die 
Lcincweherei  der  Crefelder,  die  Papier- 
mühle lies  lklll(  nhoiisc,  und  einige  Jahre 
später  die  Buchdruckerei  des  Christoph 
Säur,  sind  zu  den  wichtigsten  industriellen 
I'nlf  ni(  hnnuigcn  d<  r  damaligen  Zeit  zu 
rechnen. 

Aber  einen  noch  grö.sseren  Dienst  haben 
die  ersten  Deutsehen  in  Germantown  dem 
amerikanis<'hen  Volke,  ja  der  ganzen 
^lenschheit,  geleistet,  untl  zwar  auf  dem 
Gebiete  des  sozialen  Lebens.  Sie  waren  es, 
welche  schon  fünf  Jahre  nach  ihrer  An- 
kunft in  Amerika  den  imwiderlegbaren 
Protest  gegen  den  schändlichen  Sklavenhan- 
(1(1  eiiileglen.  Weiui  je  den  ei'steii  Deut- 
schen \()ii  (iennaiilown  ein  Denkmal  ge- 
setzt wirtl,  sollten  die  unsterblichen  Worte 
dieses  Protestes  mit  goldenen  Buchstaben 
in  den  Denkstein  eingegraben  werden.  Die 
Webereien,  Papiermühlen  und  Druckereien 
mögen  alle  in  Vergessenheit  gerathen,  aber 
die  Freiheitslehre  dieses  alten  Dokuments 
gewinnt  an  Bedeutsandseit  von  Generation 
zu  Generation  und  darf  wohl  als  das 
höchste  ideale  Gut  betrachtet  werden,  wel- 
ches uns  die  Deutschen  über  das  ]\Ieer  mit- 
brachten. Der  Protest  wurde  an  die 
gleichgesinnte  Quäkergemeinde  in  German- 
town gerichtet  und  blieb  trotz  der  verschie- 
denen Quäkerversanunlungen.  die  er  durch- 
machen musste,  nicht  unbeachtet.  Es  sollte 
nach  hundert  Jahren  dieselbe  Frage  von 
einem  berühmten  Quäker,  AYamer  IMifflin, 
dem  amerikanischen  Kongress  vorgelegt 
und  vertheidigt  werden.  Der  Krieg  mit 
England  im  Jahre  1812  kam  dazwischen, 
aber  nach  dem  Kriege  kam  die  Frage  wie- 
der auf.  und  abermals  traten  deutsche 
Idealisten  wie  Karl  Folien  und  Franz  Lie- 
ber und  später  Karl  Schurz  in  die  Reihe 
der  Verfechter  der  Sklavenbefreiung,  bis 
die  flackernde  Flamme  zu  einem  ver\\üs- 
tenden  Feuer  entbrannte  und  vier  iMillio- 
nen  Neger  befreit  wurden.  Deutsche  Ge- 
lehrte, deutsche  Staatsmänner,  deutsche 
Turner  begeisterten  sich  für  den  ausbre- 


DEUTSCHE   IDEALE   IN   AMERIKA. 


21 


eilenden  Krieg  gegen  die  Skhivei'ei,  und 
viele  besiegelten  ihre  Begeisterung  mit  dem 
Leben.  Es  ist  den  Sehulkindein  noch  nicht 
genügend  gelehrt  worden,  dass  den  stillen, 
quäkergesinnten  Deutsehen  in  German- 
town,  Garret  Ilendericks,  Francis  Daniel 
Pastorius,  Dirck  und  Abraham  op  den 
Graeff,  eine  Ehrenstelle  unter  den  Helden 
des  Bürgerkriegs  gehört.  Wenn  einmal  die 
amerikanische  Geschichte  unparteiisch  ge- 
sehrieben sein  wird,  werden  die  heranwach- 
senden Amerikaner  erfahren,  dass  das 
grösste  Ereigniss  in  unserer  Geschichte 
schon  vor  zweihmidert  Jahren  von  den 
„friedsamen  und  stillen"  deutschen  Idea- 
listen in  Germantown  angeregt  wurde,  und 
mit  der  Hülfe  der  deutschen  Idealisten  der 
ersten  Hälfte  des  nemizehnten  Jahrhun- 
derts vollendet  wurde.  Es  ist  im  höchsten 
Grade  schicklich,  dass  die  Eegicrung  dieser 
Republik  die  alte  deutsche  Stadt  Germax- 
toivn  als  eine  geweihte  Stätte  anerlienne 
und  durch  die  gebührende  Ehre  eines  Na- 
tionaldenkmals auszeichne.  ^lan  kann  mit 
Recht  behaupten,  dass  Germantown  in 
der  amerikanischen  Geschichte  eine  Stelle 
neben  Jamestown  und  Plymouth  Rock  ge- 
bührt. 

Gingen  die  ersten  deutschen  Ansiedler  in 
Germantown  freiwillig  unter  die  pennsyl- 
vanischen  Wilden  in 's  Exil,  so  war  es  ganz 
anders  mit  den  darautfolgenden  sogenann- 
ten „Pf älzern ' ',  welche  nicht  nur  aus  der 
Pfalz,  sondern  aus  Württemberg  und  an- 
deren angrenzenden  Ländern,  durch  Lud- 
wigs XIV.  mordlustige  Soldaten  vertrie- 
ben, sich  unter  den  Schutz  der  englischen 
Regierung  flüchten  mussten.  Auch  das 
Ideal  dieser  Deutschen,  wie  das  von  Pasto- 
rius und  den  Crefeldern,  war  ein  religiöses. 
Die  Pfälzer  kamen  aber,  statt  wie  diese  mit 
einer  organisirten  Landkompagnie,  zum 
grossen  Theil  als  hilfesuchende  Redemp- 
tionisten  nach  Amerika. 

Die  eigentliche  Pforte,  durch  welche 
diese  Pfälzer  nach  der  neuen  Welt  gelang- 


ten, ist  von  den  Historikern  übersehen  wor- 
den. Schon  während  der  letzten  zwanzig 
Jahre  des  17.  Jahrhimderts  hatten  bemit- 
telte Deutsche  —  Deutsch-Schweizer  und 
besonders  Hugenotten  —  ihren  Weg  nach 
New  York  gefunden,  wo  die  Hugenottenan- 
siedlung  New  Rochelle  entstand.  Es  waren 
diese  Hugenotten  die  Vorläufer  der  grossen 
Massenauswanderung  der  Pfälzer  nach 
Nord-Carolina,  New  York,  New  Jersey, 
Pennsylvanien  und  Maryland.  Sie  bildeten 
eigentlich  die  Vorposten  der  Pfälzer  in  den 
damals  entlegenen  Gegenden,  wie  Oley  in 
der  jetzigen  Grafschaft  Berks  und  die  Pe- 
quea  Ansiedlung  in  der  jetzigen  Grafschaft 
Lancaster.  In  den  Jahren  1690 — 1700  fin- 
den wir  Hugenotten  unter  den  Einwohnern 
von  Germantown  und  LTmgegend.  Im  Jahre 
1710  kamen  die  Schweizer  Brüder  Hans 
imd  Christian  Herr  nach  Pennsylvanien 
und  suchten  sich  in  der  Pequeagegend  Land 
aus,  wo  sie  sich  sofort  niederliessen.  Im 
selben  Jahre  kauften  einige  Hugenotten 
imd  Schweizer  ein  grosses  Grundstück  am 
Pequea  und  Hessen  den  Kauf  durch  einen 
noch  erhaltenen  Kaufbrief  bestätigen.  ]\Ian 
mag  sich  wundern,  weshalb  sich  diese  An- 
siedler so  weit  von  Germantown  nieder- 
liessen. Die  Erklärung  ist  sehr  einfach. 
Die  ersten  englischen  Kolonisten  in  Penn- 
sylvanien, y/elche  zum  grossen  Theil  Quä- 
ker waren,  hatten  die  ganze  Gegend  zwi- 
schen Philadelphia  und  dem  Hügelland, 
welches  die  östliche  Grenze  der  jetzigen 
Grafschaft  Lancaster  bildet,  aufgekauft 
und  angesiedelt,  und  es  blieb  den  Deutschen 
nichts  übrig,  als  über  die  Berge  zu  gehen, 
da  das  Land  am  JManatawny-Fluss  schon 
aufgenommen,  oder  wenigstens  angekauft 
war.  So  kam  es,  dass  die  verarmten  und 
vertriebenen  Pfälzer  unter  dem  Schutz  der 
englischen  Regierung  in  den  Fusstapfen 
der  ersten  Hugenotten  nach  dem  Hudson 
gesandt  wurden.  Aber,  da  die  Erfahrungen 
der  am  Hudson  verweilenden  Pfälzer  nicht 
gerade  erfreulich  waren,  gingen  die  meisten 
in  den  folgenden  Jahren  nach  dem  gelobten 


22 


DEUTSCHE   IDEALE  IN   AMERIKA. 


Lande  der  Provinz  William  Penn 's.  Bald 
wimmelte  das  innere  Penn.sylvanien  von 
Pfälzern.  welche  so  zahlreich  ankamen,  dass 
alle  neuen  deut.schen  Einwanderer  der  da- 
maligen Zeit  „Pfälzer"  genannt  wurden, 
obwohl  viele  aus  andren  deutsehen  Ländern 
stammten.  Die  ^lennoniten  und  Omi- 
sehen  hatten  sich  im  Pequea-Tlial  aucli 
reeht  zahlreich  angesiedelt. 

Unter  allen  deut.schen  Stämmen,  welche 
sich  in  Peunsylvanien  niederliessen.  haben 
wohl  die  deutschen  Schweizer  und  Menno- 
niten  die  deutlichsten  Spuren  zurückgelas- 
sen. Ihre  Sitten  und  Gebräuche,  und  be- 
sondei*s  ihre  Trachten  luid  Kcligion.  haben 
sich  in  ihrer  danuiligen  Keinheit  und  Ein- 
fachheit bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten. 

Es  war  aber  die  ]\Iassenauswanderung 
der  armen  Pfälzer,  welche  fast  das  ganze 
Innere  Pennsylvaniens  in  dem  erstaunlich 
kurzen  Zeitraum  von  zwei  Jahrzehnten  be- 
völkerte. So  zahlreich  waren  die.se  Pfälzer 
geworden,  dass  der  Gouverneur  Keith  die 
Befürciitung  aussprach,  dass  Peunsylva- 
nien bald  zu  einer  deutschen  Provinz  wer- 
den möchte.  Selbst  der  weitblickende 
Yankee  Benjamin  Franklin  konnte  seine 
Abneigung  gegen  diese  Deutschen  nicht 
iinterdrücken ;  denn  er  nannte  sie  ein 
bräunliches  Volk  (,,a  tawny  people")  und 
bekannte,  dass  er  den  blonden  Norddeut- 
schen —  den  sogenannten  Sachsen  —  den 
Vorzug  gebe. 

Diese  Pfälzer  aber  waren,  trotz  ihrer  Ar- 
nmth,  die  eigentlichen  Begründer  des  deut- 
schen Landvolkes  in  Peunsylvanien.  Wäh- 
rend die  Schweizer  ihren  Ackerbau  auf 
pennsylvanischen  Boden  verptianzten  und 
sich  hauptsächlich  darauf  beschränkten, 
vertraten  die  Pfälzer  alle  möglichen  Be- 
rufsarten, wie  aus  den  damaligen  Einwan- 
derungslisten zu  ersehen  ist.  Diesen  pfälzer 
Handwerkern  verdanken  wir  die  seltne 
Schreiner-,  Weber-,  ^Maurer-,  Schmiede- 
und  Druckerarbeit  des  IS.  Jahrhunderts  in 
Peunsylvanien.  Fast  alle  Waaren.  welche 
auf  den  Markt  der  Städte  kamen,  wurden 


von  diesen  Deutschen  gemacht.  Der  durch 
Pennsylvanien  Reisende  befand  sieh  da- 
mals, wie  in  einigen  Gegenden  heute  noch, 
in  einer  rein  deut.schen  L'mgebung  und 
hörte  fast  ausschliesslich,  sowohl  in  Städ- 
ten wie  auf  dem  Lande  (..im  BiLsch  und 
Städtl"),  die  pfälzer  ^Mundart.  Was  sich 
die  ersten  Germanto\nier  gewünscht  hat- 
ten, nämlich  eine  abgesonderte  deutsche 
Ansiedluug.  hatte  sich  hier  fast  ohne  Ab- 
sicht verwirklicht,  imd  zwar  in  viel  grösse- 
rem T^nifang. 

Dieses  Pfälzervolk  gehörte  zum  grossen 
Theil  der  lutherischen  und  reformirten 
Konfession  an ;  es  war  in  mancher  Hin- 
sicht viel  liberaler  als  die  ]Mennoniten,  Omi- 
schen.  Dunker  und  andre  Separatisten, 
und  spielte  selbstverständlich  eine  viel  be- 
deutendere Rolle  im  politischen  imd  sozia- 
len Leben  der  Provinz.  Kurz,  es  bildete 
das  fortschrittliche  Element  unter  den 
Deutschen  und  betheiligte  sich  an  der  ma- 
teriellen und  kulturellen  Entwickelung 
Penn.sylvaniens.  Es  wurde  unter  den 
Deutschen,  was  die  Scotch-Irish  imter  den 
englischen  Einwohnern  waren  —  die  Unter- 
nehmenden in  der  Gemeinde. 

Obwohl  die  Handwerker-  imd  Bauern- 
klassen bei  den  Pfälzern  in  überwiegender 
Zahl  vertreten  waren,  fehlte  es  doch  nicht 
an  tüchtigen  geistigen  Führern.  Unter 
ihnen  befanden  sich  Gelehrte,  welche  die 
besten  deutschen  Universitäten  besucht 
hatten.  Künnuerte  sich  das  Volk  im  Allge- 
meinen wenig  um  die  Ereignisse  in  der 
alten  Ileimath,  so  war  es  doch  nichts  desto- 
weniger  eifrig  bemüht,  die  mitgebrachten 
Geistesgüter  in  der  neuen  Heimath  fortzu- 
pflanzen. Jede  Sekte  gründete  bald  eine 
oder  mehrere  Kirchen  u.  Schulen,  wo  deut- 
sche Sprache  gepredigt  und  gelehrt  wurde. 
Auch  wurde  die  religiöse  Literatur  der  Zeit 
gepflegt,  deutsche  Bücher  wurden  gedruckt 
oder  abgedruckt,  und  deutsche  Zeitungen 
wurden  ins  Leben  gerufen.  Der  deutsche 
Scliulmeister  war  mit  dem  deutschen  Hand- 


DEUTSCHE   IDEALE   IN   AMERIKA. 


23 


u-erker  und  Bauern  ausgewandert  und  fand 
in  Pennsylvanien  und  andren  Provinzen 
vielfache  Verwendnng  für  seine  in  Dentseli- 
land  gesammelten  Kenntnisse.  In  den 
Jahren  1710 — 1740  entstanden  etwa  zwan- 
zig deutsche  Schulen  in  Pennsylvanien  — 
ein  Zeichen,  dass  die  Kinder  der  deutsehen 
Kolonisten  nicht  vernachlässigt  wurden. 
Das  erklärt,  wie  Benj.  Franklin,  der  Yan- 
kee-Buchhändler in  Philadelphia,  es  für 
rathsam  finden  konnte,  deutsche  Bücher  zu 
drucken,  wie  kurz  darauf  Chr.  Säur  in 
Gennanto-w-n  eine  fast  rein  deutsche  Presse 
gründen  konnte  imd  Profit  dabei  erzielte; 
wie  es  möglich  war,  dass  in  dem  damals 
entfernten  Ephrata  eine  deutsche  Presse 
gedeihen  konnte.  Diese  Pressen  waren  in 
beständigem  Betrieb  und  lieferten  hunderte 
von  deutschen  Büchern  und  Broschüren  für 
die  damalige  Lesewelt.  Man  erstaunt  heute 
noch  über  die  reichhaltige  deutsche  Litera- 
tur, Avelehe  während  des  18.  Jahrhunderts 
in  Pennsylvanien  gedruckt  wurde,  ein  Be- 
Aveis,  dass  der  geistige  Zustand  der  deut- 
schen Kolonisten  nicht  hinter  dem  der  eng- 
lischen Bewohner  zurückstand. 

Will  man  die  idealen  Bestrebungen  der 
Deutschen  in  Amerika  während  dieser  Zeit 
mit  einem  Worte  bezeichnen,  kann  man  sie 
schlechthin  m^ystisch-religiös  nennen.  Ob- 
gleich Reisende  wie  Gottlieb  Miitelherger 
in  den  50er  Jahren  des  18.  Jahrhunderts 
sich  über  den  unsittlichen  Zustand  dieser 
Deutschen  recht  laut  beklagten,  kann  man 
doch  den  Deutschen  als  Volk  das  Ernst-Re- 
ligiöse nicht  absprechen.  Die  Älassen 
gruppirten  sieh  in  Sekten,  imd  sämmtliche 
Sekten  waren  von  dem  mystisch-religiösen 
Geist  der  Zeit  durchdrimgen.  Selbst  die 
Lutheraner  und  Reformirten  wurden  von 
diesem  Geiste  beeinflusst.  Es  konnte  der 
Einzelne  so  sittenlos  und  lasterhaft  sein, 
wie  er  wollte,  er  konnte  sich  doch  dem 
Zwange  der  herrschenden  religiösen  Mei- 
nung nicht  ohne  Weiteres  entziehen.  Die 
Kanzel  hatte  damals  ihre  Verdammungs- 
maeht  über  den  Sünder  noch  nicht  verloren. 


Es  kommt  noch  häufig  vor,  dass  sich  einer 
nach  langen  Jahren  sündhaften  Lebens  aus 
Furcht  vor  einer  hoffnungslosen  Ewigkeit 
in  den  Schoss  der  Sekte  zu  retten  sucht. 

Die  Deutschen  der  Kolonialzeit,  welche 
sicli  schon  über  die  Grenzen  der  alten  Sitze 
von  New  York  und  Pennsylvanien  bis  in 
das  „grosse  Thal"  der  Allegheny  Gebirge 
und  das  Ohio-Thal  verbreitet  hatten,  waren 
vor  dem  Ausl)ruch  der  Revolution  getreue 
Unterthanen  der  englischen  Regierung. 
Aber  sie  Hessen  sich  eben  so  wenig  wie  die 
englischen  Kolonisten  ihre  Rechte  nehmen. 
In  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhimderts 
lebten  sie  still  und  zufrieden  in  ihrem  länd- 
lichen Glück,  bis  Gouverneur  Keith  seinen 
Alarmruf  ertönen  lie.ss  und  Misstrauen 
gegen  die  englische  Regierung  erregte.  Da- 
zu kamen  die  bitteren  Streitigkeiten  zwi- 
schen den  deutschen  Sekten,  wie  z.  B.  zwi- 
schen den  Herrnhutern  und  Lutheranern. 
In  den  50er  Jahren  machte  die  ,, Society  for 
the  Propagation  of  the  Gospel  in  Foreign 
Lands"  Propaganda,  um  die  Deutschen  zu 
anglisiren.  Durch  die  Bemühimgen  von 
Micliael  Sehlatter  und  andren  in  England 
und  Amerika  wurde  der  Plan  der  ,,Chari- 
table  School  "-Bewegung  ausgearbeitet  und 
ins  Werk  gesetzt.  Die  nöthigen  Gelder 
wurden  zum  grossen  Theil  in  England  ge- 
sammelt, und  eine  Anzahl  Schulen  wurde 
in  den  entlegenen  Gegenden  der  Provinz 
eröffnet.  Dann  brach  infolge  der  hartnäcki- 
gen Opposition  des  antienglischen  Chr. 
Säur  ein  Kulturkampf  aus,  welcher  schliess- 
lich die  nativistischen  Bestrebungen  zu 
Nichte  machte  und  dadurch  eine  unüber- 
brückbare Kluft  zwischen  deutschen  imd 
englischen  Idealen  entstehen  Hess. 

Als  der  französische  Krieg  der  50er 
Jahre  dazwischen  kam,  bewahrten  die  na- 
tionalgesinnten Deutschen  ihre  Treue  der 
englischen  Regierung,  obgleich  sich  schon 
damals  einige  ]\Ieunoniten  gleichgültig  zeig- 
ten und  den  Schluss  des  Krieges  abwarte- 
ten,   um    sich    auf    die    Seite    der    Sieger 


24 


DEUTSCHE   IDEALE   IN    AMERIKA. 


ZU  stellen  uiul  in  ihrem  liiiusliehen  Glüek 
lind  materiellen  AVolilstande  nieht  gestört 
zu  werden. 

Kaum  war  der  französische  Krieg  vor- 
bei, so  begann  die  englische  Regierung,  ihre 
leere  Kasse  mit  amerikanischem  Gelde  wie- 
der zu  füllen  und  den  Kolonisten  dahinzie- 
lendc  Stempel-  und  Theesteuern  aufzubür- 
den. Dadni-ch  wurde  der  wunile  Fleck  der 
Deutsehen  —  die  Geldtasche  —  berührt, 
und  ihr  Protest  licss  nieht  lange  auf  sich 
warten.  Sie  waren  unter  den  allerersten 
Kolonisten,  welche  gegen  das  Vorgehen  der 
englischen  Regierung  eifrig  Einsprache  er- 
hoben. Ganz  besonders  .stark  eiferten  sie 
1768  gegen  die  sogenannte  ..Bill  of  Rights". 
In  diesem  Kamjif  um  die  Rechte  der  Kolo- 
nisten finden  wir  wieder,  wie  zur  Zeit  des 
alten  Säur,  einen  wackeren  deutschen 
Drucker  und  Verleger  an  der  Spitze.  Dieser 
Deutsche  war  der  furchtlose  Henrich 
Miller,  welcher  damals  durch  seine  Zeitimg, 
den  ..Pennsylvanischen  Staatsboten",  das 
wichtigste  deutsche  Blatt  und  eine  der 
ersten  Zeitungen  des  Landes,  das  ganze 
Deutschthum  der  Kolonien  aufbrachte  und 
»norm  viel  zur  Beförderung  der  patrioti- 
schen Sache  beitrug.  Das  waren  die  Vor- 
zeichen des  kommenden  politischen  Stur- 
mes, welcher  in  der  amerikanischen  Revo- 
lution zum  Ausbruch  kam. 

Die  aus  bescheidenen  Anfängen  heran- 
wachsenden amerikanischen  Kolonien  hat- 
ten in  der  Revolution  ihre  Rechte  tapfer 
vertheidigt,  die  Engländer  aus  dem  Felde 
geschlagen  und  in  dem  kiirzen  Zeitraum 
v(m  zwölf  Jahren  eine  feste,  von  den 
gr()ssten  ^Mächten  Europas  anerkannte  Re- 
iuil)lik  gebildet.  Die  meisten  Deutsehen  in 
den  Kolonien  fügten  sich  ohne  AVeiteres  in 
die  neue  Staatsordnung.  Nur  eine  kleine 
Anzahl  ]\Icinioniten  fühlte  sich  verpflich- 
tet, dem  Bürgereid,  den  sie  dem  englischen 
König  geleistet  hatte,  treu  zu  bleiben,  und 
deshalb  ihre  alten  Sitze  in  Pennsylvanien 
zu  verlassen  und  nach  Canada  überzusie- 
deln,   wo    ihre    Xachkommen    bis    auf   den 


heutigen  Tag  Unterthanen  der  englischen 
Regierung  sind. 

Die  amerikanische  Revolution  übte  einen 
gewaltigen  F^inHuss  auf  die  europäische 
Politik  aus.  Schon  Friedrich  der  Grosse 
hatte  seine  Bewunderung  für  die  junge 
Republik  und  deren  grossen  General, 
Geo.  "Washington,  ausgedrückt,  imd  der 
junge  deutsche  Dichter  Friedrich  von 
Scliiller  dem  Kriege  in  Amerika  die  grösste 
Aufmerksamkeit  gewidmet  und  das  ]\Iotiv 
des  Soldatenhandels  in  seinem  Drama 
,, Kabale  und  Liebe"  verwendet.  Auch 
Wieland  brachte  in  seinem  „Deutschen 
]\Ierkur"  regelmässig  Berichte  über  Ame- 
rika und  verbreitete  dadurch  amerikani- 
sche Ideen  in  Deutschland.  Kurz  nach 
dem  Kriege  zollte  Herder  in  seinen  „Brie- 
fen die  Humanität  betreffend"  dem  gros- 
sen Vertreter  der  amerikanischen  Ideen  in 
Europa,  Benj.  Franklin,  reichliches  Lob. 
Die  französische  Revolution,  welche  durch 
die  amerikanische  beschleunigt  wurde,  ver- 
setzte ganz  Europa  in  Schrecken,  und  die 
Napoleonischen  Feldzüge  brachten  alle 
europäischen  Völker  auf  den  Kriegsfuss. 
Die  von  den  Deutschen  in  Amerika  errun- 
gene Freiheit  drohte,  das  Gottesgnaden- 
thum  der  Fürsten  im  alten  Vaterlande  zu 
erschüttern. 

Die  Niederlage  der  Preussen  im  Jahre 
1806  bei  Jena  und  die  Bildung  des 
Rheinbundes  hatten  dem  alten  deutschen 
Reich  ein  schnelles  Ende  gemacht,  da  er- 
schien ein  neuer  Prophet,  der  alte  Turn- 
vater Jahn,  welcher  auf  der  Hasenheide 
bei  Berlin  das  neue  Evangelium  der  körper- 
lichen Erziehung  predigte,  um  ein  neues 
Geschlecht  kräftiger  deutscher  ]\Iänner  zu 
Schützern  des  Reichs  heranzubilden.  Die 
Früchte  dieser  Bewegung  zeigten  sich 
.schon  in  den  siegreichen  Heldentaten  der 
Deutschen  in  der  Schlacht  bei  Leipzig, 
1813,  wo  die  Napoleonischen  Truppen  das 
Feld  räumen  mussten.  Die  Turner  hatten 
sich  schon  gerechtfertigt.  Turnvereine  wur- 
den überall  in  Deutschland  gegründet,  und 


DEUTSCHE  IDEALE  IN   AMERIKA. 


25- 


die  Lehre  der  körperlichen  Erzieluuig  fand 
überall  Anklang.  Aber  dann  kam  der  im- 
glüekliehe  Tag  mit  der  Sand-Kotzebue- 
Affaire  auf  der  Wartburg,  und  bald  darauf 
die  Turnsperre.  Die  Turnhallen  wurden 
geschlossen,  die  jungen  heranwachsenden 
Stützen  der  Reichssache  kamen  in  Verdacht 
und  wurden  eingekerkert,  viele  der  besten 
jungen  Deutschen  mussten  das  Vaterland 
verlassen,  um  ihr  Leben  zu  retten. 
Die  Reaktion  hielt  überall  Wache. 

Nun  beginnt  eine  neue,  ganz  andere 
deutsehe  Auswanderung  nach  Amerika  — 
eine  Auswanderung  von  politischen  Flücht- 
lingen, welche  zugleich  die  Blüthe  und 
Hoifnung  des  deutschen  Vaterlandes 
waren,  denen  doch  nicht  erlaubt  war,  für 
die  vaterländische  Sache  die  Lanze  zu  bre- 
chen. Diese  Deutschen  waren  keine  mysti- 
schen Träumer,  wie  so  viele  der  früheren 
Einwanderer  des  18.  Jahrhunderts,  sie 
waren  ernste  Streber  auf  allen  Gebieten  des 
Lebens  und  widmeten  sich  mit  dem  ganzen 
Herzen  dem  neuen  Adopti\^'aterlande.  Sie 
wollten  das  Alte  und  Veraltete  ganz  nach 
ihrem  Sinne  umschaffen.  Die  Losung  für 
sie,  wie  für  ihre  Landsleute  des  vorigen 
Jahrhunderts  war  Freiheit,  aber  keine  wi- 
derstandslose, passive  freie  Existenz,  wie 
sie  sich  die  Sektenleute  des  18.  Jahrhim- 
derts  minschten.  Diese  neuen  Deutschen 
der  ersten  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts 
waren  ein  freidenkendes  und  freifühlendes 
Volk.  Nach  ihrer  ]Meiniuig  sollte  der 
Staat  ein  Freiheitsverband  sein,  in  welchem 
jeder  Bürger  gleiche  Rechte  und  Privile- 
gien geniesst.  Die  Kirche  sollte  vom  alten 
Zwang  befreit  imd  gereinigt,  die  Schule 
eine  Pflanzstätte  für  liberale  Gedanken  und 
Ideale  werden. 

In  drei  Richtungen  zeigten  sich  in  über- 
raschend kurzer  Zeit  die  Früchte  dieser 
idealen  Freiheitsbestrebungen,  und  zwar 
auf  dem  Gebiete  der  Politik,  Erziehung 
imd  Wissenschaft.  Kaum  waren  diese  po- 
litischen Flüchtlinge  gelandet,  so  fingen  sie 
gleich  an,  ihren  freien  Gedanken,  besonders 


ihren  politi.schen  und  sozialen  Idealen,  Luft 
zu  machen.  Sie  gründeten  deutsche  Zei- 
tungen und  schrieben  auch  für  englische 
Zeitungen.  Sie  nahmen  sofort  Partei  in 
der  amerikanischen  Politik  mid  erklärten 
sich  gegen  die  Sklaverei  imd  den  ,,Know- 
nothingismus"  jener  Zeit.  Unter  den  Vor- 
läufern der  grossen  Auswanderung,  der 
sogenannten  48er.  waren  Flüchtlinge  wie 
der  Oesterreicher  Carl  Postl  (Chas.  Seals- 
field)  und  Deutsche  wie  Carl  Beck,  Carl 
Fallen  (Follenius),  Franz  Lieber  —  jeder 
in  seiner  Art  ein  Vertreter  der  liberalen 
republikanischen  Bestrebungen  in  Europa. 
Sealsfields  Einfluss  beschränkte  sich  kei- 
neswegs auf  seine  literarische  Thätigkeit. 
Obwohl  er  einer  der  glänzendsten  Roman- 
schreiber der  Zeit  war,  griff  er  tapfer  die 
Reaktion  in  Oesterreich  an,  luid  zwar  in 
seinen  ersten  Schriften,  besonders  in 
seinem  .,Austria  as  It  Is".  Während 
Sealsfield  sich  unter  einem  Pseudonym 
nach  Amerika  geflüchtet  und  für  die  Frei- 
heitssache die  Feder  geführt  hatte,  waren 
Folien  und  Lieber  von  Anfang  an  offene 
Verfechter  der  liberalen  Ideen  der  Jalin'- 
schen  Richtung.  Folien  hatte  schon  in 
Deutschland  versucht,  die  deutsche  üniver- 
sitätsjugend  aufzuwecken  und  für  die  neue 
Freiheitsbewegung  zu  begeistern.  Noch  be- 
sitzt sein  berühmtes  Freiheitslied  einen 
unheimlich  bezaubernden  Klang,  wie  die 
französische  ^Marseillaise : 

Brause  du,  Freiheitsstrom 

Lieber  war  ebenfalls  ein  furchtloser 
Patriot  der  neuen  revolutionären  Ordnung 
und  hatte  seinen  Befreiungseifer  im  Grie- 
chenkriege zum  Ausdruck  gebracht,  indem 
er  nach  Griechenland  ging,  um  sich  an  der 
Revolution  zu  betheiligen.  Als  er  aber  zu 
seinem  grossen  Erstaunen  und  Verdruss 
erfuhr,  dass  die  Griechen  selbst  nicht  einig 
waren  und  sieh  nicht  besonders  für  die 
patriotische  Sache  begeisterten,  kehrte  er 
enttäuscht  nach  Rom  zurück  und  richtete 
seine  Schritte  später  nach  Amerika,  dem 


26 


DEUTSCHE  IDEALE  IN  AMERIKA. 


Lande  der  Freilieit.  wo  er  ein  freies  Feld 
für  seine  liest rehuii^en  fnnd. 

Diesen  Vorläufern  foljrten  in  den  .■:50er 
und  40er  Jaliren  die  grosse  I\Iasse  der  Vor- 
ach t  und  vicniger  imd  daiui  der  ISer.  Der 
beständig  waelisende  Strom  deutscher 
Flüehtlinge  brachte  nicht  nur  die  besten 
Kräfte  der  jungen  Generation,  sondern 
auch  die  lihnli,  weh'he  sich  im  alten  Vater- 
lande nicht  verwirklichen  liessen.  //(  das 
)i(  u<  A<lni>lirvaf(rlan(l  mit  und  gritf  eifrig 
in  die  amerikanische  Kulturentwicklung 
ein.  Seihst  die  Zahl  dieser  neuen  Einwan- 
dercM-  wäre  an  sich  von  grosser  Bedeutung, 
wenn  man  die  amerikanischen  Verhältnisse 
der  damaligen  Zeit  in  Betracht  zieht,  einer 
Zeit,  welche  einen  wichtigen  Wendepuid^t 
der  anuM'ikanischen  Nationalökonomie  und 
Geschichte  bildet.  Die  junge  Republik 
hatte  das  alte  ^Mutterland.  England,  zum 
zweiten?nal  geschlagen  imd  stand  als  ein 
stolzer  Sieger  an  der  Schwelle  einer 
grossen  p]poche  ihrer  Entwicklungsge- 
schichte. AVährend  es  sich  im  alten  Europa 
um  konstitutionelle  Freiheit  handelte, 
hatte  Amerika  mit  grossen  wirthsehaftli- 
chen.  ökonomischen,  industriellen  und 
sozialen    Problemen   zu    kämjifen. 

Die  Landivirflisciiafl  der  ersten  dent- 
schru  Ansiedler  bildete  das  Fmidament  des 
amerikanischen  JhieJifJinnis.  Die  Indus- 
trien waren  noch  nicht  mit  dem  neuen  Geist 
des  Dampfes  und  der  neuen  Erfindungen 
belebt.     Der  Conestoga-Wagen  und  der  alte 


im  neuen  Lande.  Der  deutsche  Astor 
erblickte  mit  Seheraugen  die  grossen  ^lög- 
lichkeiten  des  inländischen  Handels  und 
die  grossen  zukünftigen  Handelswege  zwi- 
scIkmi  dem  Atlanti.schen  Ozean  und  dem 
Stillen  Meer  und  gründete  die  Handels- 
stätte  Astoria  an  der  Pacifischen  Küste, 
dadurch  die  "Wege  zeigend,  welche  später 
die  Eisenbahnen  nehmen  sollten.  Derselbe 
Astor  wurde  später  einer  der  ^länner, 
welche  unser  verwirrtes  amerikanisches 
Finanzwesen  in  Ordnung  brachten.  Astor, 
Drcxel  und  Bdmont  sind  Namen,  welche 
noch  jetzt  in  der  Finanzwelt  einen  guten 
Klang  haben,  xmd  ihre  Träger  waren  aus 
Deutschland  eingewandert. 

Auch  un.ser  Indu.strie-  und  Geschäfts- 
weseu  wäre  ohne  die  Deutschen  einfach 
undenkbar.  Sie  gründeten  deutsche  und 
englische  Zeitungen,  unter  deren  Redak- 
teuren sich  ^Männer  befanden  wie  Schnauf- 
fer,  Klauprecht,  Raine,  Eödtcr,  Schäfer, 
Kümelin,  SchönUer,  Georg  Seielensticker, 
WoUenweber,  Preetorius  und  Ottendorfer. 
Unter  ihnen  befanden  sich  grosse  Ge- 
schäfts)nänner  wie  Baum.  Je^hann  Schmidt 
und  ^yiIhebn  Gail,  berühmte  Gelehrte  wie 
Beck,  Folien,  Lieher,  Xordheisner,  Adler, 
Schele  de  Vere,  die  Sellkamps.  Engclmann, 
Blätterma)ni.  Fauch,  List.  Xordhoff,  Bötti- 
cher,  Forsch  und  Schaff.  Ingenieure  wie 
Ililgard  und  Böhling.  Advokaten  wie  Göpp, 
Kribboi  und  Sfallo,  Staatstnänner  und 
Politiker  wie  Bielefeld,  Brentano,  Degener, 


Postwagen  waren  die  Hauptmittel  des  in-  Eickhoff  und  Schurz,  Aerzte  wie  Wiesen- 

ländischen   Verkehrs.     Auf  allen   Gebieten  ihal,    Wesselhöff    und   Hering,   Historiker 

des  amerikanischen  Lebens  mangelte  es  an  wie  Kapp,  Eattermann  und  Oswald  Sciden- 

technischer    und    wissenschaftlicher    Schu-  sticker,  Künstler  wie  Bierstadt,   Eckstein, 

hing,  genauer  Kenntniss  in  den  Gewerben  die  Frankensteins,  Keppler  und  Rindesha- 

iind  vor  Allem  an  Ausdauer  und  unermüd-  eher,  Dichter  wie  Zundt,  Castelhun,  Kirch- 


liehem  Fleiss.  Dies  waren  die  Verhältnisse, 
welche  die  deut.schen  Einwanderer  der 
30er  —  40er  Jahre  hier  vorfanden  und 
deren  Bes-serung  sie  sich  widmeten. 

Betrachten  wir  die  unermessliehen  Ver- 
dienste die.ser  neuen  Deutschen.  Selbst 
die   ersten   Vorläufer  waren   Bahnbrecher 


hof  und  Brühl.  Sie  gründeten  Turnge- 
meiuden,  Gesangvereine,  religiöse  Ge- 
meinden und  Gemeindeschulen.  Sie  führten 
dfis  deutsche  Theaterwesen  in  den  grossen 
Städten  ein.  Kurz,  sie  lieferten  die  Bau- 
steine zu  dem  prächtigen  Nationalbau  des 
amerikanischen  Volkes. 


DEUTSCHE  IDEALE  IN  AMERIKA. 


Die  Folge   dieses  kulturellen   Einflusses 
dieser    deutschen    Einwanderer    war    eine 
völlige    geistige    Umwälzung    in    Amerika, 
welche   eine    ganz   neue    AYendung    in    die 
nationale  Entwicklung  des  Landes  brachte. 
Während    in    den   ersten    Jahren    des    19. 
Jahrhunderts   englische    Traditionen,    eng- 
lische Sitten,  engliscl,ie  Literatur  die  Ober- 
hand gewannen  und  die  siegreichen  Ameri- 
kaner zu  besiegen  drohten,  sahen  sich  die 
Amerikaner  nach  andren  Idealen  um,  und 
zwar    auf    dem    europäischen     Festlande. 
Gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts  nahmen 
sie  die  Franzosen  zum  ^Muster,  aber  nach 
dem  zweiten  Kriege  mit  England  richteten 
sie    ihre    Blicke    nach    Deutschland,    dem 
neuen  Athen  jenseits  des  Rheins.    Sie  hat- 
ten schon  seit   Jahrzehnten   in   den   engli- 
schen    Zeitschriften     und     Büchern     von 
deutscher  Literatur  und  ^V issenscliaft  ge- 
lesen imd  gingen  nmi  im  zweiten  Jahrzehnt 
des  19.  Jahrhunderts  selbst  ins  Land  der 
Dichter  Gessner,  Lessing,  Kotzebue,  Göthe 
und    Schiller.      Schon    1815    gingen    drei 
junge   amerikanische   Studenten   nach   der 
damals  in  England  und  Amerika  bekann- 
testen   Universität,    der    jungen    Georgia 
Augusta    in    Göttingen,    um    ihre    Studien 
fortzusetzen     Die  amerikanischen  Colleges 
—     von     L^niversitäten     im     eigentlichen 
Sinne    war    damals    noch    keine    Rede    — 
waren    kaum    über    den    Studienplan    der 
jetzigen  besten  Vorbereitungsschulen  hin- 
ausgewachsen,     und      die      wissbegierigen 
Amerikaner    hungerten    thatsächlich    nach 
Wissenschaft  und  Kultur.     Was  auf  dem 
amerikanischen  College  in  ziel-  und  zweck- 
loser   Weise    studirt    wurde,    lehrte    man 
an  den  deutschen  Universitäten  nach  der 
strengsten    Methode    und    mit    einem    be- 
wussten  Zweck  und  Ziel ;  kurz,  man  lehrte 
und   lernte   mit    deutscher    Gründlichkeit. 
Das  Resultat  dieser  Gründlichkeit  Hess  sich 
bald  in  den  Leistungen  von  George  Tick- 
nor,  welcher  die  amerikanische  Literatur- 
geschichte  nach   deutschem   INIuster   grün- 
dete,   von    Edward    Everett,    welcher    die 


literarische  Kritik  nach  Amerika  ver- 
I)rtanzte,  und  von  George  Bancroft,  der  die 
amerikanische  Geschichtsschreibung  ins 
Leben  rief,  erblicken  —  alle  glänzende  Bei- 
spiele der  in  Deutschland  herrschenden 
Lehrmethode  und  des  deutschen  For- 
scluingsgeistes. 

Dem  Forscher  und  Kritiker  folgte  der 
Dichter  nach  dem  Lande  der  geistigen 
Ideale.  Longfellow  besonders  verdient 
als  der  beste  Vertreter  aller  deutschen 
Ideale  in  Amerika  hervorgehoben  zu  wer- 
den. Während  die  jungen  Amerikaner 
ihre  Kenntnisse  auf  deutschen  Universitä- 
ten bereicherten,  hatten  Schotten  und  Eng- 
länder, wie  Wm.  Saylor^von  Norwich,  Wal- 
ter Scott.  Coleridge.  W^sworth  und  spä-  -^■^ J 
ter  Carlyle.  die  neuen  deutschen  Ideen 
nach  England  und  durch  ihre  Schriften 
nach  Amerika  gebracht.  Der  letztgenannte, 
Thomas  Carlyle,  hatte  in  erstaunlich  kur- 
zer Zeit  zu  Hause  die  deutsche  Literatur 
kennen  gelernt  und  durch  seine  kernige 
englische  Sprache  und  seinen,  dem  An- 
scheine nach,  germanisirten  Stil  Epoche  in 
England  und  Amerika  gemacht ;  er  wurde 
als  Gründer  der  neuen  Kritik  anerkannt. 

Gleichzeitig  mit  der  Verpflanzung  deut- 
scher Ideale  durch  Schotten  und  Englän- 
der auf  amerikanischen  Boden  kamen  die 
vorachtundvierziger  Deutschen  mit  eben 
denselben  Idealen  herüber.  Beck  lehrte 
klassische  Sprachen  an  dem  Harvard  Col- 
lege, Folien  ertheilte  ebendaselbst  Unter- 
richt in  den  neuen  Sprachen,  besonders  im 
Deutschen,  und  Lieber  bekleidete  eine  Pro- 
fessur zuerst  in  Columbia,  S.  C,  und  dann 
später  eine  ähnliche  am  Columbia  College, 
New  York.  Damit  waren  vor  Schluss  der 
30er  Jahre  die  deutsche  Unterrichtsmethode 
und  Wissenschaft  in  den  höheren  Anstalten 
Amerikas  eingeführt. 

Die  Zahl  der  deutschen  Einwanderer 
wuchs  von  Jahr  zu  Jahr  und  brachte  immer 
noch  dieselben  geistigen  Ideale  mit.  Eben- 
falls wuchs  die  Schaar  der  amerikanischen 
Studenten,    welche    nach    den    deutschen 


28 


DEUTSCH K  IDEAl^H   IX   AMKHIKA. 


liiiviTsitäten  {liltrerti'H  uiul  mit  wisscii- 
sc'haftliclu'ii  Kenntnissen  ivichlich  ausj^c- 
stattet  znriii'kkaiiitMi.  Ans  den  öOcr  Jah- 
ren halx'ii  wir  iioeh  lebende  Gelehrte,  wie 
Goifdiriti  von  der  Harvard  rniversität  imd 
Gildei-sleeve  von  der  J<ilins  Hopkins  Tni- 
versität.  denen  die  jünjjfere  (ienei'ation 
amerikanischer  (Jelehrter  so  maneherlei 
Anreirung  zu  vei-danken  hat. 

Wie  anders  als  im  Anfang  des  vorijjeu 
•Jahrhunderts  sieht  es  heute  auf  tlciii  CJe- 
biete  dei*  amerikanisehen  Erziehung  und 
AVissenschaft  aus!  Das  «ranze  Erziehungs- 
wesen in  Amerika  liat  eine  gewaltige  Tm- 
wälzung  erfahren,  weiche  in  der  Geschichte 
einzig  dasteht.  Neue  riiivrrsitäfi  )i  sind 
)iarh  tliKlscInni  M Hsh  r  ;/( (/rüiiflct  worden, 
uiul  viele  alte  Colleges  nach  eben  dem.selben 
]\Iuster  zu  Tnivei-sitäten  umgestaltet.  Das 
dent.sche  Seminar  und  Laboratorium  haben 
sieh  hier  völlig  eingebüi-gert.  und  die  deut- 
sclie  Dissertation  ist  in  der  Hand  des 
amerikanischen  Kandidaten  in  ein  ganz 
neues  Entwicklungsstadimu  gekommen. 
Fonicitcn  ist  jetzt  die  geistige  Losung  der 
amerikanischen  Universifätni,  und  die  An- 
nguiHj  d(v  deutschen  Hochschulen  macht 
sich  auf  allen  Grhirfen  der  Wissenschaft 
fühlbar,  Was,  zur  Zeit  des  Hunuuiismus, 
Collet  von  Griechenland  sagte:  ., Griechen- 
land ist  über  die  Alpen  gekonnnen",  kann 
man  heute  in  älndicheni  Sinne  von  Deutseh- 
land behaupten:  „Deutschland  ist  nach 
A ni e rika   a usge wa ndert.'/ 

Die  Deutschen  in  Amerika  haben  auch 
noch  andre  Ideale  mitgebracht,  und  zwar 
-  V  soziale  Anschauungen,  welche  sie  in  deut- 
sehen Kreisen  bis  auf  den  heutigen  Tag 
erhalten  haben.  Es  waren  diese  Ideale  die 
Veranlassung  zum  gros.sen  Streit  zwischen 
Deutschen  und  Angloamerikanern  zur  Zeit 
der  „Knownothings",  zwischen  Einwande- 
rern und  Xativisten.  Dieser  Streit  hat 
sich  in  den  letzten  Jahren  wieder  erneut, 
aber  in  einer  ganz  andren  Form.  Damals, 
in  den  50er  Jahren,  war  es  zum  grossen 
Theil  der  blinde  Ha.ss  zwischen  dem  schon, 


wenn  auch  nur  vor  kurzer  Zeit,  angekom- 
menen Engliscli  sprechenden  Aiiicriknner 
1111(1  dem  noch  nicht  liürgerlich  anerkann- 
ten Fremden,  dem  deutschen  p]inwanderer 
—  dem  sogenannten  ,, Alien".  Von  Idealen 
wni-  damals  ^\■enig  die  Red»'.  Das  Gefühl 
und  die  Leidenschaft  waren  die  führenden 
^lotive.  Jetzt  aber  ist  es  ganz  anders.  Die 
Deutschen  des  48er  und  späterer  Zeiten 
haben  sich  schon  lange  eingebürgert  uiul 
gehören  zu  den  anerkannt  besten  Bürgern 
dieser  Republik.  Ihr  Bürgerthum  und 
Ileldenthum  haben  sie  in  zwei  grossen 
Kriegen  an  den  Tag  gelegt.  Sie  sind  keine 
Fremdlinge  mehr;  im  Gegentheil,  viele  von 
ihnen  stehen  schon  in  der  zweiten  Genera- 
tion und  sind  amerikanische  Bürger  von 
Geburt.  Die  Frage  ist  jetzt  eine  rein 
soziale  und  sittliche.  Es  handelt  sich  um 
ein  sittliches  Ideal  —  das  Ideal  der  sittli- 
chen Freiheit.  Der  Streit  ist  in  der  That 
eine  Fortsetzung  des  alten  Kampfes  um 
Freiheit,  den  Pastorius  und  die  drei 
andren,  ähnlich  denkenden  Deutschen  im 
Jahre  1688  in  Germantown  mit  dem  Pro- 
test gegen  die  Negersklaverei  hervorriefen. 
Der  Deutsche  will  gleiche  Freiheit  für 
alle  und  will  nicht  von  den  veralteten 
Ideen  und  Gesetzen  einer  früheren  Zeit 
beherrscht  werden.  Er  will  seine  eignen 
Gedanken  denken,  über  sein  eignes  Ich  ver- 
fügen, aber  zu  gleicher  Zeit  seinem  ^lit- 
menschen  dasselbe  Recht  geben.  Er  eifert 
gegen  allen  unberechtigten  Zwang.  Er  will 
nicht,  dass  eine  Klasse  in  dem  Gemeinwe- 
sen von  einer  andren  heral)gesetzt  werde. 
Er  besteht  auf  ]\lässigkeit  und  Ordnung,, 
vernünftigen  Gesetzen  und  moralisch  sitt- 
lichem Lel)en. 

Hierin  besteht  der  grosse  Unterschied 
zwischen  dem  Ideal  der  neuen  deutschen 
Einwanderer  des  19.  Jahrhunderts  und 
dem  der  früheren  deutschen  Kolonisten  des 
18.  Jahrhunderts.  Während  Letztere  so- 
fort nach  der  Ankunft  in  der  neuen  Welt 
auseinander  gingen  und  jeder  auf  eigne 
Faust  sein  Glück  suchte,  waren  die  späte- 


DEUTSCHE  IDEALE  IX  AMEKIKA. 


29 


ron  Deutschen  bemüht.  Vereinigungen  zu 
gründen  und  gemeinschaftliches  Leben 
aufrecht  zu  erhalten.  Es  ist  dieser  Streit 
in  den  letzten  Jahren  durch  die  Opjiosition 
der  Prohibifionistcn  in  den  Vordergrund 
der  amerikanischen  Politik  getreten.  Wir 
stehen  jetzt  an  einem  wichtigen  Wende- 
punkt in  unsrer  sozial-sittlichen  Entwick- 
lung. AYir  haben  die  Negersklaverei  abge- 
schafft und  im  spanisch-amerikanischen 
Kriege  imsere  Stellung  als  Weltmacht  ge- 
sichert. Wir  sind  materiell  reich  gewor- 
den, aber  wir  sind  doch  iiocli  kein  freies 
Volk.  Der  Kampf  wüthet  noch  zwischen 
den  Klassen  und  ^Massen,  zwischen  Kapital 
und  Arbeit,  zwischen  ,.Blue  Blood"  und 
,,Get  rieh  cßiick".  zwischen  Stadt  und 
Land,  zwischen  Keligion  und  Wissen- 
schaft. In  diesem  heissen  Kampfe  haben 
sich  die  Deutschen  in  die  vordersten  Bedien 
der  Freiheitsverfechter  gestellt.  Ihr  Ideal 
bezweckt  die  Erhaltung  des  Familienlebens, 
und  zwar  nicht  allein  in  den  einzelnen 
Heimstätten,  sondern  auch  im  gesellschaft- 
lichen Verkehr.  Das  erklärt  das  Entstehen 
und  Fortbestehen  der  vielen  Vereine  unter 
den  Deutschen,  wo,  wie  in  Deutschland,  der 
Verein  zugleich  eine  Kestauration  imd  ein 
Familienlokal  ist.  und  nicht  blos  ein  Her- 
renklub mit  geschlossenen  Thüren,  und 
noch  lange  nicht  der  amerikanische 
„Saloon"  oder  die  amerikanische  Bar, 
Avo  man  sein  Schnäpschen  eiligst  ver- 
■schluckt  imd  zur  Thür  hinausschleicht,  da- 
mit man  ja  von  Niemand  auf  der  Strasse 
«rkannt  und  gesehen  wird.  Dieses  deutsehe 
Ideal  gründet  sich  auch  auf  Gemüthlich- 
keit,  jMässigkeit,  freundschaftliches  Zusam- 
mensein, vernünftige  Unterhaltiuig  —  mit 
■einem  Wort  —  auf  vernünftigen,  geselligen 
Umgang  der  Menschen. 

Daher  kommt  der  schroffe  Gegensatz  zwi- 
schen dem  deutschen  Gasthofe  und  dem 
amerikanischen  Hotel.  In  Deutsehland 
findet  man  überall,  selbst  im  Bahnhofe 
«ines  kleinen  Ortes,  eine  gute  Restauration 
mit    massigen    Preisen,    während    man    in 


Amerika  nur  in  den  ko.stspieligsten  Hotels 
zu  einem  unerhörten  Preise  gut  bewirthet 
wird.  Bedenkt  man  die  hunderte  von  er- 
bärmlich schlechten  Hotels  an  der  Küste 
und  in  den  Gebirgen  Amerikas,  mit  denen 
sich,  die  ^Mittelklassen  l)egnügen  müssen, 
so  sehnt  man  sich  nach  einem  einfachen 
deutschen  Gasthaus  im  Sehwarzwald,  wo 
es  noch  nicht  so  weit  gekommen  ist,  dass 
der  Wirth  Himmel  und  Erde  besitzt  und 
sich  Luft  und  Sonnenschein  bezahlen  lässt. 
Gerade  dieses  Ideal  des  vernünftigen  ge- 
sellschaftlichen Zusannnenseins  und  der 
damit  verbundenen  gastwirthschaftlichen 
Einrichtung  hat  für  uns  Amerikaner 
vieles,  was  Nachahmung  verdient. 

Die  Geschichte  des  deutschen  Einflusses 
der  letzten  200  Jahre  in  Amerika  lehrt 
luis,  dass  der  Deutsche  vor  allen  nicht  eng- 
lischen Elementen  durch  seine  idealen  Be- 
strebungen dem  amerikanischen  Volke 
seinen  Charakter  luid  seine  Kultur  aufge- 
stempelt mid  die  grösste  Einwirkung  auf 
die  kulturelle  Entwicklung  der  neuen  Re- 
publik ausgeübt  hat.  Das  geschah  nicht 
allein  durch  direkte  Verpflanzung  von 
Ideen,  Sitten  und  Gebräuchen  nach  Ame- 
rika, sondern  vielmehr  durch  Ausgleichung 
der  Gegensätze  und  allmählige  Annäherung 
der  Rassenelemente.  Das  amerikanische 
Volk  i.st  nicht  deutsch  geworden,  und  eben- 
sowenig ist  das  amerikanische  Volk  eng- 
lisch geblieben.  Es  ist,  wie  seine  Kultur 
eine  Verschmelzung  englischer  und  deut- 
scher Kultur-Elemente  ist,  eine  Vermisch- 
ung englischer  und  deutscher  Volksele- 
mente, welche  so  ineinander  verw^achsen 
sind,  dass  man  es  sofort  als  ein  ganz  neues 
Volk  erkennt.  In  dieser  Annäherung,  Aus- 
gleichung und  Verschmelzung  der  Volks- 
elemente liegt  die  Hoffnung  der  Zukunft 
der  amerikanischen  und  der  deutschen 
Nation. 

Die  herrliche  Feier  der  alten  englischen 
Quakerstadt  Philadelphia  und  der  eben- 
bürtigen deutschen  Stadt  Germantown 
in  den  ersten  Oktobertagen  des  Jahres  1908 


30 


DEUTSCHE  IDEALE  IN  AMERIKA. 


zur  p]rinnening  an  die  vor  225  Jahren  er- 
folgte Stadtwerdung  Pliiladelphia's  und 
das  22r)jähri«re  Jul)iläinn  der  ersten  dent- 
sclicn  Kin\vanderun«i:  liat  hoffentlieli  nieht 
nur  als  Erinneriuig  der  treuen  Hruder- 
liehe  der  ei-sten  englisehen  und  deutsehen 
Ansiedler  in  den  sorgensehweren  Jahren 
der  beiden  Ansiedlungen  gedient,  sondern 


auch  als  Symbol  und  Bürgschaft  für  die 
weitere  friedliche  Entwicklung  dieser 
Stämme  in  der  grossen  amerikanischen 
Kepu])lik.  flögen  sieh  die  Worte,  welche 
Pastori  US  vor  mehr  als  200  Jahren  der 
deutschen  Nachkommenschaft  der  ersten 
Germantowner  zurief,  verwirkliehen !  „Heil 
Dir,  deutsches  Brudervolk!" 


Die  ersten  deutschen  Einwanderer,  die  Gruendung 
Germantowns  und  Franz  Daniel  Pastorius. 

Nach  OSWALD  SEIDENSTICKER  und  Prof.  M.  D.  LEARNED. 


Die  erste  grössere  deutsche  Einwande- 
rimg erfolgte  am  6.  Oktober  1683  und  lan- 
dete in  Philadelphia.  Vielleicht  hätte  na- 
hezu ein  halbes  Jahrhundert  früher  ein  Zug 
von  Deutschen  nach  Amerika  stattgefim- 
den,  wenn  Gustav  Adolph 's  projektirte 
Handels-  und  Kolonisa tions  -  Gesellschaft 
ihre  Zwecke  luid  Ziele  hätte  verwirklichen 
können  und  nicht  durch  des  König 's  Tod 
auf  dem  Schlachtfelde  von  Lützen  am  16. 
November  1632  in 's  Stocken  gerathen 
wäre.  Dieser  hatte  es  bei  seinen  Plänen 
auf  eine  starke  Betheiligung  der  Deutschen 
abgesehen  und  liess  durch  Wilhelm  Usse- 
linx  luiter  Zusicherung  erheblicher  Vor- 
theile  eine  Aufforderung  an  sie  ergehen, 
sich  dem  Unternehmen  anzuschliessen.  Ein 
INIemorial  führt  den  Titel :  „Älercurius  Ger- 
maniae,  das  ist  Sonderbare  Anweisung  für 
Teutschland  Wie  beneben  dem  Allgemeinen 
Wesen  der  Kaufhandel  und  Seefahrt  und 
insgemein  alle  Nahrung  darinnen  sehr  zu 
vermehren  und  zu  verbessern.  Also  dass 
selbige  Lande  hierdurch  zu  ihrem  vorigen 
Flor  luid  Wohlstand  in  Kurtzem  wieder- 
umb  gelangen  mögen."  Es  wird  im  Ver- 
lauf dieser  „Sonderbahren  Anweisung" 
daran  erinnert,  dass  ,, Teutschland  durch 
die  Tyranney  und  Räuberey  wie  auch  das 
wilde  imordentliche  Wesen  des  kaiserlichen 
imd  spanischen  Kriegsvolkes  seiner  Nah- 
rung und  Wohlstandes  beraubt  und  fast 
gänzlich  ruinirt  worden." 

Die  schwedische  Majestät  sicherte  der 
deutschen  Nation  eigene  Geschäftsführung 
und  Ausrüstung  von  Schiffen  nach  Belie- 


ben. LTsselinx  weist  nach,  dass  Deutschland 
bei  dem  Unternehmen  mehr  gewinnen  wer- 
de, als  Schweden.  Gustav  Adolph  erlebte 
die  Verwirklichung  seiner  Pläne  nicht. 
Zu  einer  schwedischen  Niederlassung  in 
Amerika  kam  es  erst,  als  der  in  schwedische 
Dienste  übergetretene  erste  Gouverneur 
von  Neu-Amsterdam,  Peter  ]\Lnuit,  im 
Jahre  1638  mit  den  beiden  Schiffen 
„Schlüssel  von  Colmar"  und  „  Vogel 
Greif"  das  Ufer  des  Delaware  erreichte. 
Unter  den  Passagieren  befanden  sieh  meh- 
rere Deutsche,  doch  war  ihre  Zahl  im  Ver- 
hältniss  zu  den  Schweden  gering. 

Als  der  deutsche  Edelmann  John  Printz 
von  Buchau,  der  unter  Gustav  Adolph  im 
dreissigjährigem  Kriege  ein  Kommando  ge- 
führt hatte,  im  Jahre  1642  als  Gouverneur 
nach  Neu-Schweden  kam,  befanden  sich 
imter  seiner  militärischen  Begleitung  auch 
Leute,  deren  Namen  deutschen  Ursprungs 
waren,  wie  Hans  Lüneburger,  Jürgen 
Schnee  weiss,  Peter  Mai  j  er,  Constantin 
Grüneberg,  Isaac  von  Eysen  u.  a.  m.  Die 
schwedische  Kolonie  umfasste  Delaware 
und  den  angrenzenden  Theil  von  Pennsyl- 
vanien.  Die  Gerichts-Verhandlungen,  die 
in  dem  heutigen  Chester  stattfanden,  imd 
die  Unterhandlimgen  mit  den  Holländern 
wurden  meist  in  deutscher  Sprache  ge- 
führt; auch  die  kirchlichen  Verhältnisse 
weisen  darauf  hin,  dass  die  schwedische 
Kolonie  eine  bedeutende  Anzahl  deutscher 
Ansiedler  aufwies.  Die  Holländer  erober- 
ten später  die  schwedische  Kolonie,  wurden 
aber  im  Jahre  1668  von  den  Engländern 


32  DIE  ERSTEX  DEUTSCHEN  EINWANDERER,  DIE  GRUENDUNG  GERMANTOWN. 


viTilräiijrt.  An  die  Sclnvedenzeit  erinnert 
jioch  die  ..Gloria  l)ei"-  oder  ..Cid  Swcdes'"- 
Kii-elie  im  siidliehen  Theile  des  heutiiren 
Philrulelphia.  den  die  Indianer  ..AVieea- 
eoa"  nannten,  was  sd  viel  wie  ..angreneluner 
l*Iatz"  bedeutet. 

Der  dreissitrjähriire  Kriecf,  dnreh  welchen 
Dentscliland  vollständijr  verwüstet  wDrdcii 
war.  hatte  indes.sen  daselbst  den  Wunsch. 
die  Stätte  der  Greuel  mid  der  reli»iösen  Be- 
drückunir    /u    Nci-lasscn.    inniicr    lebhafter 


sich   unter   Gefahren   aller  Art   ein   neues 
\'aterland  gründen  wollten. 

Darin,  sowie  in  der  Bedrückung  und  Ver- 
folgung der  ausserhalb  der  drei  Konfessio- 
nen, der  Katholiken.  Lutheraner  und  Re- 
forniirten.  denen  durch  den  westphälischen 
Frieden  Religionsfreiheit  garantirt  worden 
war.  stehenden  religiösen  Genieinsehaften 
ist  die  IIaui)tursache  zu  der  Auswanderung 
der  Deutschen  in  grossem  Stil  zu  suchen. 
Die    .Mennoniten.    die    Sehwenkfelder,    die 


werden  lassen.  Die  Leute,  welche  sich 
vollständiger  Verarmung  gegenübersahen, 
hatten  den  ]\Iuth  verloren,  an  der  Stätte, 
welche  den  Niedergang  ihres  Glücks  gese- 
hen, von  Neuem  wiederanzufangen.  Sie 
waren  auf  eine  Auswanderung  angewiesen, 
und  zu  ihnen  gesellten  sieh  die  imzufriede- 
nen  Charaktere,  die  Bedrückten  und  Ver- 
triebenen, die  Glücksjäger  und  Abenteurer, 
welche  der  alten  Ileimath  müde  geworden 
waren  imd  fern  derselben  in  wildem  Ringen 


Pietisten  und  ^Mystiker  sahen  sich  in  den 
stürmischen  Jahren,  welche  unter  den 
Nachwirkungen  des  Krieges  zu  leiden  hat- 
ten, stetiger  Anfeindung  gegenüber.  Die 
Quäker  nahmen  innigen  Antheil  an  ihren 
Brüdern  im  fremden  Lande,  die  ebenso 
wie  sie  steten  Verfolgungen  ausgesetzt  wa- 
ren. Verschiedenen  Quäker-Aposteln  ge- 
lang es,  namentlich  imter  den  Mennoniten, 
deren  Glaubenslehre  jede  Gegenwehr  und 
das    Führen    des    Schwertes,    sowie    den 


DIE  BESTEN  DEUTSCHEN  EINWANDERER,  DIE  GRUENDUNG  GERMANTOWN. 


33 


Schwur  als  Eutheiligimg  des  Namens 
Gottes  verbot,  Anhänger  zu  gewinnen. 

William  Penn  besuchte  zweimal,  in  den 
Jahren  1671  und  1677,  Deutschland.  Er 
richtete  Dankschreiben  an  den  Bürger- 
meister und  Rath  der  Stadt  Danzig  und 
die  Obrigkeit  von  Emden,  in  welchen  er  um 
Duldung  für  seine  leidenden  Freunde  er- 
suchte. Auf  seiner  zweiten  Reise  erwarb 
er  sich  namentlich  unter  den  Pietisten  in 
Frankfurt  am  Main  viele  Freunde,  und  sie 
bildeten  im  Jahre  1682  die  „Frankfurter 
Compagnie",  welche  15,000  Acker  in  Penn- 
sylvanien  ankaufte. 

Am  16.  November  1682  kehrte  ein  junger 
Rechtsgelehrter,  Franz  Daniel  Pastorius, 
geboren  am  26.  September  1651  in  Som- 
mershausen in  Franken,  ein  Sohn  des  spä- 
teren AVindsheimer  Bürgermeisters  Mel- 
chior Adam  Pastorius,  nach  einer  Reise 
durch  verschiedene  Länder  Europa 's,  die 
er  als  Hofmeister  des  Junkers  Johann  Bo- 
naventura von  Bodeck  gemacht  hatte,  nach 
Frankfurt  am  Main  zurück,  um  die  Rechts- 
praxis wieder  aufzunehmen.  Pastorius 
hatte  an  der  Universität  Altdorf  Jurispru- 
denz unter  Professor  Ernestus  Cregelius, 
zugleich  aber  auch  klassische  imd  orienta- 
lische Sprachen  studirt.  Er  bestand  da- 
selbst am  25.  November  1676  sein  Examen, 
prakticirte  zunächst  in  "Windsheim  und 
siedelte  dann  nach  Frankfurt  am  Main 
über.  Er  hatte  übrigens  während  seiner 
Studienzeit  auch  die  Universitäten  Strass- 
burg  und  Basel,  wo  er  sich  mit  der  franzö- 
sischen, und  Jena  besucht,  wo  er  sich  mit 
der  italienischen  Sprache  vertraut  machte. 
Nach  seiner  Ankunft  in  Frankfurt  wurde 
er  durch  Dr.  Herb,  einen  Schwager  Dr. 
Philipp  Jacob  Spener's,  mit  Letzterem  und 
anderen  Pietisten  bekannt.  Seine  Reisen 
mit  Junker  von  Bodeck  führten  Pastorius 
nach  Holland,  England,  Frankreich,  der 
Schweiz  und  einem  Theile  von  Nord- 
deutschland. Sie  dauerten  vom  26.  Juni 
1680  bis  18.  November  1682.  In  seiner  in 
englischer    Sprache    verfassten    Selbstbio- 


graphie, die  sich  wohlerhalten  im  Besitze 
seiner  Nachkommen  befindet,  schreibt  er : 
,,Bei  meiner  Rückkehr  nach  Frankfurt  im 
Jahre  1682  freute  es  mich,  die  Gesellschaft 
meiner  alten  Bekannten  und  christlichen 
Freunde,  die  sich  in  dem  sogenannten 
Saalhofe  versammelten,  wieder  geniessen  zu 
dürfen,  nämlich  Dr.  Spener,  Dr.  Schütz, 
Notar  Fenda,  Jakob  Van  de  Walle,  Älaxi- 
milian  Lersner,  Eleonore  von  ]\Ierlau, 
Maria  Juliane  Bauer  u.  s.  w.  Diese  er- 
wähnten zuweilen  William  Penn  von  Penn- 
sylvanien  und  zeigten  mir  Briefe  von  Ben- 
jamin Furly,  auch  eine  gedruckte  Nach- 
richt über  die  besagte  Provinz ;  endlieh 
konnte  mir  das  Geheimniss  nicht  mehr  vor- 
enthalten werden,  dass  sie  15,000  Acker 
Land  in  diesem  entfernten  Welttheile  kau- 
fen wollten.  Einige  waren  fest  entschlos- 
sen, sich  mit  Familie  imd  Allem  dorthin 
zu  begeben.  Sie  erweckten  in  meiner 
Seele  eine  Sehnsucht,  in  ihrer  Gesellschaft 
zu  verbleiben  und  mit  ihnen  ein  ruhiges, 
gottseliges  und  ehrbares  Leben  in  einer 
wilden  Wüstenei  zu  führen." 

Pastorius  wurde  zum  Agenten  und  Be- 
vollmächtigten der  Gesellschaft  erwählt. 
Er  sollte  die  Bebauimg  des  Bodens  anord- 
nen, Arbeiter  anwerben,  Theile  des  Landes 
an  Andere  abtreten  und  die  jährlichen  Re- 
venuen oder  Pachten  einziehen.  Er  sollte 
im  Verhältnis  zu  letzteren  entschädigt 
w^erden.  Die  Vollmacht  war  unterzeichnet 
von  Jacobus  Van  de  Walle,  Johann  Wil- 
helm Petei-sen  und  seiner  Frau,  geb. 
Eleonore  von  Merlan,  Daniel  Behaghel, 
Johann  Jacob  Schütz,  Caspar  Merian, 
Franz  Daniel  Pastorius. 

William  Penn,  der  übrigens  nebenbei  be- 
merkt, mit  Wühelmine  Marie  Springett 
vermählt  wm;  natte  im  Jahre  1681  es 
durchgesetzt,  dass  ihm  an  Zahlungsstatt  für 
eine  Schuld  von  16,000  Pfund,  welche  die 
britische  Regienmg  an  seinen  verstorbenen 
Vater,  den  Admiral  gleichen  Namens,  zu 
zahlen  hatte,  der  nördlich  von  Maryland 
gelegene  Landstrich,  welcher  dem  Admiral 


34  DIE  ERSTEN  DEUTSCHKX   KINWANDERER,  DIE  GRUENDUXG  GERMANTOWX. 


zvi  VAwm  lU'ii  Xaiiu'ii  PiMinsylvaiiien  i-r- 
lialten  hatte,  als  Lehn  tiejjt'lH'ii  wurde.  Die 
könisli'-lK'  Hestätit-'unfr  dieser  Schenkung' 
erfoljrte  am  4.  Mär/  ItiSl.  Bald  darauf 
ei-sehieu  in  London  eine  Besehreibung 
Pennsylvanien's.  in  welelier  seine  Vorzüge 
für  Auswanderer  gehülirend  liervorgehoben 
wurden,  und  in  Aiusterdani  eine  soh-lie  in 
deutsj'her  Spraehe  unter  f(tlgendeiu  Titel: 
,.Kine  I  Xaeh rieht  |  wegen  der  Landsehaft  | 
Pennsylvania  |  in  |  Anieriea:  |  AVelehe  | 
Jüngstens  luiter  dem  Grossen  Siegel  |  in  | 
r:ngelland  |  an  |  AVilliani  Penn.  &e.  |  Sambt 
den  Fi-eyheiten  und  der  :\Iaeht  ]  so  zu  be- 
höriger I  guten  Regierung  derselben  nötig  ] 
übergeben  woi'den  \  und  |  Zum  Unterricht 
derer  |  so  etwan  bereits  bewogen  |  oder 
noeh  I  möchten  bewogen  werden  |  umb  sich 
Selbsten  darhin  {  zu  begeben  ]  oder  einige 
Bediente  und  Gesinde  j  an  diesen  Ort  zu 
senden  |  hiermit  kund  gethan  wird.  |  Aus 
d«'m  in  London  gedrucktem  und  aldar  bey 
P>en.jamin  Clarck  j  Buchhändlern  in  Geor- 
ge-Yard Lombard-street  befindlichem  |  Eng- 
lischen übersetzet.  ]  Nebenst  beygefügtem 
ehemaligem  im  1675.  Jahr  gedrucktem  | 
Schreiben  des  obcrwehnten  Will.  Penns.  | 
In  Amsterdam  gcdi-uckt  bey  Christoft' 
Cnnn.d.n.  I  Tm  Jahr  1G8L" 

Penn  war  im  Herbst  des  Jahres  1681 
nach  seinem  neuen  Besitz  gekommen.  Vor 
iinn  waren  zwei  Deutsche.  Heinrich  Frey 
und  ein  gewisser  Plattenbach,  nach  Pcnn- 
sylvanicn  gekommen.  In  der  Zeit  vom  8. 
.Mai  l>is  zum  ti.  Juni  UiS;j  kaufte  Pastorius 
in  London  ir),()UO  Acker  Land  in  Pennsyl- 
vanien  für  die  Frankfurter  Gesellschaft. 
Er  fuhr  am  6.  Juni  1683  an  Bord  der 
,, America"  nach  Philadelphia  ab.  Am  20. 
August  langte  er  in  Philadelpiiia  an.  Seine 
Baarschaft  bestand  im  Ganzen  aus  einund- 
achtzig Pfund,  davon  hatte  ihm  sein  Vater 
250  Keichsthaler  und  Junker  Bodeck  20 
Reichstiialer  für  die  Reise  mitgegeben.  AVas 
er  sonst  mitnahm,  zählt  Pastorius.  wie 
folgt,  auf: 


An  Sill)erwerk  nahm  ich  mit  mir: 

Ein  Sackührgen.  .so  ich  in  Engelland  ein- 
tauschte gegen  deme.  welches  mir  Frau 
Banrin  verehrt  hatte. 

Meine  gewöhnlichen  löfel. 

Neun   Dutzend  glatte  knöpf. 

Drey  j)aar  Hembdcr  knöpf. 

An  -Messing  &c. 

Einen  Ring  e.\  Mercurio  coagulato. 

Mein  pettschatt't  mit  silbern  plättg  F  I)  I'. 

Ein  zusammenfaltende  gold  wag  in  kupfer- 
ner Tos. 

Ein  tabac  Tos.    Zwey  Circuln. 

Ein  Sonnenweiser.  Zwey  Schnupftabac 
büchsgen. 

Ein   bleyweis-feder.     Scliueschnallen. 

Ein  metallen  Glöcklein. 

An  Zinn  mid  Blech. 

En    Buttcrbüchs.    dii'    mir    Doctor    Schütz 

zur  reisgedächtniss  gab. 
Zwey    rieb-ei.sgen.      6    Dutzend    zinnerne 

Knöpf. 
Ein  breit  feder-rohr.    Futteral  zur  Tal)ack- 

pfeif. 
Ein  dreyeckigte  büchs.    Hosen  sacken. 

An  Eisen. 

Zwey  Schlüsselring.   Ein  .schuesporn.  Zwey 

Vo  r  h  a  n  gsc  h  1  össe  r . 
Stählerne  Sclnieschnailen. 

An  ]Mes.sern  &c. 

p]in  taschenmesser  mit  schiltkrotteu  helft. 

Ein  andei-s  mit  hirschbeinen  hefft. 

Ein   weisz   niesser  u.   gabel.     Zwey   feder- 

messer. 
Drey  Seheer-messer.    Zwey  Scheeren. 

An  Bein  und  Hörn. 

Ein  heltfenbein.  papier  zu  falten. 
Zwey  Zahnbürstg.     Ein  rothlöfelgen. 
Poudre  beutel  Haubt.  Zwey  biesem  büxgen. 
Schreibzeug.    Zwey  Schnuptabae  Tosgen. 
Etliche  Kämm. 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  EINWANDERER,  DIE  GRUENDUNG  GERMANTOWN. 


35 


An  Gläsern. 

I}in  Perspectib.    Zwey  Ferngläser. 
Ein  paar  äugen  gläser.     Ein  Spiegel. 

An  andern  Dingen. 
Ein  Flinten  röhr,  so  mir  Jacobus  van  de 

Walle  verehrt. 
Ein    Scheerinesser-stein.      Ein    blau    prob- 

steiu. 

An  Linneuzeug. 
JZwolff  neue,  und  etliche  alte  Hembder. 
Acht  Schlaff-  und  Drey  Paruquen  mützgen. 
Sechszehn  lange  Halsbinden. 
Zwolff  weise-  und  acht  gefärbte  nastücher. 
Sechs  paar  weisz  leinen  Strumpf. 
Acht  paar  Socken.     Ein  lange  Handquell. 

An  Kleidern. 
Zwey  gestrickte  Schlaffniützen. 
Zwey  Hauben  aus  schwarzem  Krep. 
Ein  Haub  von  braunem  Krep. 
Zwey  graue  Hut. 
Ein  blauen  ^Mantel. 
Ein  ])raun  tüchern  langen  Oberrock. 
Zwey  lackene  rock  mit  zwey  paar  Hosen. 
Ein  tüchern-  und  Ein  ledern  Camisol. 
Ein   weisz   Zeugen    Camisol.      Ein   ledern 

Gürtel. 
Ein  paar  lederne  Hosen. 
Zwey  paar  lederne  strumpf. 
Zwey  paar  gestrickte  strumpf. 
Ein  paar  Handschue. 
Zwey  paar  Schue.     Ein  paar  Pantofeln. 
Ein  paar  überzihstiefel. 
Noch    hatte    ich    eine    schwartze    reiskist; 

Span.  röhr. 
Ein  heltzern  kistgen. 
Ein  bleyern  Schreibzeug.     Ein  Schwamm. 

Ein  Kehrbür.st. 
ledern   federrohr.     ledernen   garn   Tos.    2 

Riech-büxgen. 

Am  Tage  nach  seiner  Ankunft  in  Phila- 
delphia hatte  Pastorius  sein  Beglaubigungs- 
schreiben dem  Eigenthümer  der  Provinz, 
William  Penn,  unterbreitet  und  war  von 
ihm  sowie  dessen  deutschem  Sekretär  Jo- 


hann Lehenmann  freundlich  empfangen 
worden.  Penn  sandte  ihm  häufig  Einla- 
dimgen  zum  Essen,  zu  Spaziergängen  und 
Ausritten  und  suchte  ihn  sogar  in  seiner 
Hütte  auf.  Er  forderte  ihn  auf,  ihn  mehr- 
mals in  der  Woche  zu  besuchen,  und  er- 
klärte einst  in  Pastorius'  Gegenwart  seinen 
Käthen :  ,,Ich  habe  die  Deutschen  gern  und 
wünsche,  dass  auch  Ihr  sie  lieben  möget." 
Später  stellte  Penn  auf  eine  Anfrage  des 
älteren  Pastorius,  wie  sich  sein  Sohn  in 
Amerika  aufführe,  Franz  Daniel  Pastorius 
das  Zeugniss  aus,  er  sei  ein  nüchterner, 
rechtschaffener,  kluger  und  frommer  ]\Iann. 
der  sich  unter  Allen  des  besten  und  unbe- 
scholtensten Rufes  erfreue.  Zwischen  Pcini 
und  Pastorius  bestand  auch  in  Zukimft  ein 
Verhältniss  gegenseitiger  Hochachtung  und 
Freundschaft. 

Die  erste  grössere  Ansiedler-Gruppe, 
welche  nach  Pennsylvanien  hinüberkam 
und  welche  die  erste  deutsche  Einwande- 
rung darstellte,  bestand  aus  dreizehn  Fa- 
milien. Sie  fuhren  am  24.  Juli  1683  vmi 
Gravesend  an  Bord  der  „Concord"  ab. 
Ueber  die  ,,Mayfiower"  der  deutsehen  Pil- 
grim- Väter,  die  „Concord",  berichtet  der 
Quäker  imd  Londoner  Kaufmann  James 
Claj^poole,  wie  folgt: 

„Das  Schiff  ist  die  „Concord."  Kapitän 
Jeffries,  mit  einer  Kapazität  von  fünfhun- 
dert Tonnen  oder  mehr.  Es  führt  26  Ka- 
nonen und  ist  mit  vierzig  Matrosen  be- 
mannt. Der  Kapitän  ist  ein  sehr  freundli- 
cher und  höflicher  ]Mann  und  ist  sieben  oder 
acht  Mal  an  der  dortigen  Küste  gewesen, 
daher  er  sie  gut  kennt. 

Die  „Concord"  ist  ein  vortreffliche;, 
tüchtiges,  stark  gebautes  Fahrzeug,  für 
Passagiere  bequem  eingerichtet,  das  beste, 
das  nach  Westindien  fährt.  Es  kann  hun- 
dertundachtzig Passagiere  nehmen,  was  e; 
leicht  thun  kann.  Es  misst  auf  dem  Zwi- 
schendeck 180  Fuss  in  Läng(^  und  'A2  Fuss 
Breite.  Für  grössere  Familien  werden  be- 
sondere Räume  eingerichtet,  wo  sie  mit 
ihren  Betten  etc.  für  sich  sein  können.  Was 


3C. 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN   EINWANT)ERER,  DTE  GRUENDUNG  GERMANTOWN. 


di.'  Vcrproviiiiitiniiifr  betrifft.  s(»  werden 
wir  den  .Metz^rer.  Häeker  und  Brauer  sio\hst 
wählen.  Andere  Hequendiehkeiten  und 
Einriehtunfren  zu  erwähnen,  wäre  zu  weit- 
läutijr.  Wejren  der  Kanonen,  die  im  Wegre 
sein  uiöehten.  hat  der  Kapitän  vei-sproehen, 
etwa  ein  Drittel  in  den  unteren  Kaum  zu 
stauen.  Das  Fahrj^'eld  hetrii^'t  fünf  l'fund 
für  l'ersonen  ühi'r  zwölf  .Jahren,  und  füuf- 
zi«r  Shilling:  für  Kinder  unter  zwölf  Jahren, 
ausfren<»ninien  Säutrlinjre  unter  einem  Jahre, 
Klleiiwaaren  werden  zu  vierzig  Shilling  die 
Tonne.  (Jeträid<e  zu  viennidzwanzig  Shil- 
ling die  Tonne  hereehnct.  rntci-  diesem 
Preise  können  Kigenthümer  und  Kapitäne 
weder  l'a.ssagiere  noch  l^adung  nelnnen. 
es  sei  denn  nach  Virgin ien.  Bai'l)adoes  oder 
einem  anderen  IMatze.  wo  Hüekfahi't  sieher 
ist.  Was  für  Artikel  sieh  am  l^esten  zur 
Ausfuhr  eignen,  darüber  kann  ieh  kaum 
eiiu'n  Kath  ertheilen.  aber  Butter  und  Käse 
niöeiiten  am  IMatze  sein,  aueh  Kleidungs- 
.stüeke  für  zwei  oder  drei  Jahre;  Eisenma- 
terialien zum  Hauen.  Handwerkszeug  für 
Arbeiter  jegliehei-  Art.  Stricke.  Fischnetze, 
Flinten,  um  Vögel  und  wilde  Thiere  zu 
jagen,  ete." 

Das  SehifT  hatte  viele  be(iueme  Sehlaf- 
stellen.  auch  einige  l'rivat-Kabinen  für  Fa- 
milien. Vierzehn  Oeiisen.  dreissig  P^'a.ss 
Bier  nebst  hinreichendem  Brod  und  Wasser 
bildeten  den  Proviant.  Die  Reise  dauerte 
ziendich  lange.  Die  ..Concord"  l)ehielt  die 
Küste  von  England  drei  W^ochen  lang  in 
Sicht  und  Idaiiclite  dann  40  Tage,  ehe  Land 
in  Sicht  kam.  Die  Landung  erfolgte  am  6. 
Oktober  1683.  Auf  der  Reise  war  die  Zahl 
der  deutschen  Auswanderer  um  einen  ver- 
mehrt worden.  Johann  Bleickers  wurde 
nändich  initt-rwegs  von  seiner  Frau  mit 
«'inem  Knäblein  beschenkt.  Die  Auswan- 
derer wurden  von  Franz  Daniel  Pastorius 
empfangen.  Tu  den  einleitenden  Worten, 
womit  F.  D.  Pastorius  das  bis  vor  Kurzem 
in  der  Recorder 's  Office  zu  Philadelphia 
aufbewahrte,  dann  in  den  Besitz  der  Histo- 
rischen    Gesellschaft     von     Pennsvlvanien 


übergegangene  „Grund  und  Lagerbuch 
von  Germantown"  eröffnet,  sind  die 
^länner.  welche  an  der  Spitze  der 
deut.schen  Einwanderung  stehen,  der  Nach- 
welt genaiuit  worden.  ..Bald  darauf," 
sagt  Pastorius.  ..den  H.  des  Monats  Oktol)ri}i 
kamen  ebenfalls  in  besagtem  Philadelphia 
an:  Dirk  und  Ilerman  und  Abraham 
Isaaks  ()p  den  (iräff.  Lenert  Arets,  Tünes 
Kunders,  Reinert  Tisen,  Wilhelm  Strepers, 
Jan  Lensen,  Peter  Keurlis,  Jan  Simens, 
Johann  Bleickers.  Abraham  Tünes  und 
Jan  Lücken  mit  dero  respective  W^eibern, 
Kindern  inul  Gesind,  zusannnen  ]'■]  Fa- 
milien." 

Die  Genannten  waren  fast  alle  Familien- 
väter aus  Crefeld,  wo  sich  eine  stark  be- 
drückte Quäker-Gemeinde  befand,  und 
dessen  rnigebung.  Der  Webstuhl  im 
Stadtwai)pen  von  Germantown  hatte  seine 
Berechtigung,  denn  es  waren  der  Mehrzahl 
nach  Leinweber,  die  mit  der  ..Concord" 
nach  Philadelphia  kamen.  Sie  waren  mit- 
einander verwandt  und  verschwägert.  Die 
drei  Op  den  Grafts  waren  Brüder  und 
stammten  aus  einer  alten  mennonitischen 
Familie.  Ihr  Gros.svater  Herman  op  den 
Gräff'  war  einer  der  Unterzeichner  des  im 
Jahre  1632  von  der  Synode  in  Dordrecht 
angenonnuenen  mennoniti.schen  Glaubens- 
15ekenntnis.ses.  Auch  ihre  Schwester  Älar- 
garethe  kam  mit  den  Brüdern.  Wilhelm 
Strepers  war  ein  Vetter  der  Op  den  Gräffs. 
Kunders  und  Arets  waren  mit  Schwestern 
v(m  Strepers  verheirathet,  und  Jan  Stre- 
pers' Frau  war  eine  Schwester  von  Reinart 
Tisen.  Auch  die  anderen  dürften  mit 
einander  verwandt  gewesen  sein. 

Am  6.  Oktober  waren  die  Einwanderer 
gelandet,  am  2-4.  fand  die  Vermessung  statt, 
am  25.  verloosten  sie  die  Baustellen  und 
fingen  an,  die  Keller  auszugra])en.  Noch 
vor  Eintritt  der  kalten  Jahreszeit  waren 
die  Hütten  fertig,  in  denen  sie  den  Winter 
nicht  ohne  ,, Beschwerlichkeit"  zubrachten. 
Es  fehlte  vor  allen  Dingen  an  Nahrungs- 
mitteln.     Es   wurde    sogar   vorgeschlagen, 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  EINWANDERER.  DIE  GRUENDUNG  GERMANTOWN. 


37 


■die  Stadt  statt  Gerinantown  ArinentDwn  zu 
jiennen.  In  dem  Winter  von  1683  imd  1684 
wurden  die  ersten  Heimstätten  fertig  ge- 
stellt. Die  kleine  Niederlassung  erhielt  auf 
die  Kunde,  dass  William  Penn  völlige  Re- 
ligionsfreiheit garantirt  hätte,  beständig 
Zuzug,  namentlich  aus  Crefeld.  ^Mülheim 
und  Krisheim  (Kriegsheim  bei  Worms) 
und  dem  westlichen  Deutschland. 

Die  Einwanderer  hatten  geglaubt,  ihr 
von  der  Gesellschaft  angekauftes  Grundei- 
genthum  in  einem  Stücke  an  einem  schiff- 
baren Flusse  wählen  zu  dürfen,  aber  darin 
wurde  ihnen  nicht  gewillfahrt.  Penn  bot 
ihnen  am  Schuylkill.  etwa  8  Meilen  ober- 
halb der  Stadt,  wo  jetzt  ]\Ianayunk  liegt, 
eine  Strecke  Landes  an :  dies  wurde  wegen 


Elin  Blockhaus,  wie  es  die  ersten  Ansiedler  in  Amerika  bauten. 

allzu  unebenen  Terrains  (..seiner  hohen  Ge- 
bürg halber")  abgelehnt.  Darauf  einigte 
man  sich  über  das  weiter  landeinwärts  gele- 
gene und  flachere  Gebiet,  worauf  German- 
town  erbaut  ist;  ein  Theil  dieses  Landes 
reichte  bis  an  den  Schuylkill;  als  aber  das 
nächste  Jahr  auf  Penn 's  Anordnung  das 
Land  neu  vermessen  wurde,  mussten  die 
Deutschen  es  sich  gefallen  lassen,  dass  der 
an  den  Fluss  grenzende  Strich,  etwa 
eintausend  Acker  enthaltend,  abgeschnit- 
ten wurde.  Die  Grösse  des  Gebiets, 
welches  nunmehr  die  „German  Town- 
ship"  hiess,  betrug  5700  Acker,  also 
etwas  über  Sy^  englische  Quadratmeilen ; 
€S  erstreckte  sich  aber  weit  mehr  in  die 
Tiänge  als  in  die  Breite  und  reichte  noch 


über  den  obern  Lauf  des  W^issahickon,  jen- 
seits von  Chestnut  Hill,  hinaus. 

Von  diesen  5700  kamen  nur  2675  Acker 
auf  den  Antheil  der  Frankfurter  Gesell- 
schaft. In  der  Stadt  Philadelphia,  wo  die 
Bauplätze,  damals  Loose  (Lots)  genannt, 
so  ziemlich  alle  vergeben  waren,  erhielt 
Pastorius  für  die  Gesellschaft  drei  volle 
Stellen  (102  Fuss  breit  und  -100  Fuss  tief) 
im  südlichen  Theile  der  Front  und  Zweiten 
Strasse,  die  ui-sprünglieh  für  William 
Penn 's  Sohn  bestiunnt  waren. 

In  das  Grundbuch  von  Germantown  hat 
Pastorius  in  lateinischer  Sprache  einen 
Gruss  eingetragen,  der  in  Oswald  Seiden- 
sticker 's  Uebersetzung.  wie  folgt,  lautet: 

..Sei  gegrüsst,  Nachkommenschaft !  Nach- 
komm«ischaft  in  Germanapolis !  Und  er- 
fahre zuvörderst  aus  dem  Inhalte  der  fol- 
genden Seite,  dass  deine  Eltern  imd  Vor- 
fahren Deutschland,  das  holde  Land,  das 
sie  geboren  und  genährt,  in  freiwilliger 
Verbannung  verlassen  haben  (oh!  ihr  hei- 
mischen Herde!),  um  in  diesem  waldrei- 
chen Pennsylvanien.  in  der  öden  Einsam- 
keit, minder  sorgenvoll  den  Rest  ihres  Le- 
bens in  deutscher  Weise,  d.  h.  wie  Brüder, 
zuzubringen. 

Erfahre  auch  ferner,  wie  mühselig  es 
war.  nach  Ueberschiffimg  des  atlantischen 
Meeres  in  diesem  Striche  Nord-Amerika 's 
den  deutschen  Stamm  zu  gründen.  Und 
du.  geliebte  Reihe  der  Enkel,  wo  wir  ein 
]\Iuster  des  Rechten  waren,  ahme  unser 
Beispiel  nach.  Wo  wir  aber,  wie  reumüthig 
anerkannt  wird,  von  dem  so  schweren 
Pfade  abgewichen  sind,  vergieb  uns,  und 
mögen  die  Gefahren,  die  Andere  liefen, 
dich  vorsichtig  machen.  Heil  dir.  deut- 
sches Brudervolk  !     Heil  dir  auf  immer ! ' ' 

Das  erste  Gemeindehaus  war  eine  aus 
Fichten-Brettern  zusammengenagelte  Hüt- 
te. Im  Jahre  1686  wurde  in  Germantown 
eine  kleine  Kirche  gebaut,  in  der  alle  Be- 
wohner der  Ansiedlung  gemeinsam  beteten. 
Doch  fanden  dort  auch  in  I]rmangelung 
eines  passenden  Gebäudes  Gerichts-Sitzun- 


38  DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  EINWANDERER,  DIE  GRUENDUNÜ  GERMANTOWN. 


gen  statt,  l'ebrigens  hatte  Pastorius  in  der 
ersten  Zeit  die  Absieht,  die  Kolonie  zu  ver- 
hissen und  nach  Deutsehhind  zurückzukeh- 
ren, wuiile  aber  von  seinen  Freunden  AVm. 
Penn,  Thomas  Uoyd  und  Dr.  Griffith  Owen 
überredet  zu  bU'iben.  Später  scheint  er 
sich  in  sein  Sdiicksal  gefunden  zu  haben, 
als  er  ein  Haus  nacli  dem  anderen  errichten 
sah  und  allmähiig  Zufriedenheit  ihren  Ein- 
zug hielt. 

Am  6.  November  1688  verheirathete  er 
sich  mit  Ennicke  Klostermann,  geboren  am 
15.  Dezember  UiöH  in  ^lülheim  an  der  Ruhr 
als  Tochter  eines  Arztes.  Sie  brachte  in 
die  Ehe  mit : 

^1//     Silh(r(/(l(l.     'M.    Reichsthaler    oder 
1V\).    U)s.   di.sslandisch. 

An  Kleidern  : 

Ein  schwartz  seiden  Kaper,  12s. 

3.  reichleiber, 

1.  paar  zeugerne  Ermel, 

1.  tücheru  hembdroek, 

2.  schwartz  gronrasch  Leibergen, 

1.  schwartz  gronrasehen  Schürtz, 

2.  blaue  röek, 

I.  blau  leinen  Schürtz, 
6.  Sehützeltücher, 

3.  paar  gestrickte  strumpf, 
3.  paar  gestrickte  strumpf, 

2.  paar  .schue,  und  1.  paar  pantofeln. 

An  leinen  Zeug: 

ein  yard  Xesseltuch, 

II.  Ilollaiidsciu'  Elen  fein  linnen, 
8.  hembdcr. 

8.  nastücher, 

3.  bett lacken, 

4.  Servieten, 

5.  halstücher, 

4.  l'nter.sten, 

6.  Kroplappen, 

5.  Sonnentüeher, 
5.  Kappen, 

18.  Dreckmützen. 
An  Hausgeräth : 
eine  neue  kist, 
1.'  Spinnrad  sammt  haspel. 


An  Büchern  : 

Jerem.     Dyckens     würdiger    Tisehge- 

noss.  12s. 
Saldeni  Christliche  Kinder-schuel.  12s. 
Christliches  Gedenkbüchlein.  24s. 
Im    nächsten    Jahre    kaufte    die    junge 
Frau  50  Acker  Land  in  Germantown.    Der 
Ehe  entsprossen   zwei   Söhne,   Johann   Sa- 
muel, geb.  30.  :März  1690,  und  Heinrich, 
geb.   1.  Ai)ril   Uii)2.     Der  ältre  lernte  bei 
Paul    Kästner   die   Weberei,    der   jüngere 
wurde   später   Schuhmacher.      Mit   seinem 
Vater    unterhielt    Pastorius    eine    lebhafte 
Korrespondenz.      Auch    Frau    und    Söhne 
schrieben  häufig  an  ihn. 

Seiner     Religion     nach     war     Pastorius 
Lutheraner;  sein  Vater,  der  Katholik  war, 
hatte  in   Sommershausen  sich  zum  Ueber- 
tritt  zur  lutherischen  Kirche  veranlasst  ge- 
fühlt.    Ob  Franz  Daniel  Pastorius  zu  den 
Pietisten  oder  Quäkern   übergetreten  war 
imd  seinen   Glauben   gewechselt  hatte,  ist 
nicht  bekannt.     Dem  evangelischen  Pastor 
Fabricus  in  Philadelphia  macht  Pastorius 
den  Vorwurf,  dass  er  dem  Trünke  ergeben 
sei    und   sich   um    den    inneren    ^lenschen 
nicht  kümmere.     Das  aber  steht  fest,  dass 
Pastorius  mid  seine  deutschen  P>eunde  die 
Versammlungen  der  Quäker  besuchten.    Er 
fertigte    Kopien   von    Gebet-   und    Ritual- 
Büchern  für  Quäker-Gemeinden  in  Chester, 
New  Castle  und  Bucks  County  an.     Er  er- 
hielt dafür  10  Pfund.    Der  Zuzug  von  wei- 
teren   ^lennoniten    sowie    Reformirten    in 
Germantown  gab  wiederholt  zu  religiösen 
Kontroversen  Anlass. 

Inkorporirt  wurde  Germantown  im  Jahre 
1689.  Im  Jahre  vorher  war  der  Protest  der 
Deutschen  gegen  die  Neger-Sklaverei  er- 
folgt und  der  Quäker- Versammlung  unter- 
breitet worden.  Das  historisch  denkwür- 
dige Dokument,  das  natürlich  in  englischer 
Sprache  abgefasst  und  in  Pa.storius'  Hand- 
schrift geschrieben  war,  lautet  in  deutscher 
Uebersetzung,  wie  folgt : 

„Aus  folgenden  Gründen  sind  wir  gegen 
den     Menschenhandel.       Gibt     es     irgend 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  EINWANDERER,  DIE  GRUENDUNG  GERMANTOWN. 


39 


Jemand,  der  es  zufrieden  wäre,  wenn  ihm 
so  geschähe,  oder  wenn  man  ihn  so  behan- 
delte, nämlich  ihn  verkaufte,  und  für  seine 
ganze  Lebenszeit  zum  Sklaven  machte? 
Wie  erschrocken  sind  viele  auf  der  See, 
wenn  ihnen  ein  fremdes  Schiff  begegnet 
und  sie  fürchten,  es  sei  ein  Türke,  der  sie 
gefangen  nehmen  und  sie  in  der  Türkei  als 
Sclaven  verkaufen  könnte !  In  wie  fern 
aber  ist  Jenes  besser,  als  was  die  Türken 
thun  ?  Eher  ist  es  schlechter  seitens  Derer, 
die  sich  Christen  nennen.  Wir  hören,  dass 
die  meisten  Neger  gegen  ihren  Willen  hier- 
her gebracht  werden,  und  dass  viele  der- 
ben gestohlen  sind.  Sie  sind  allerdings 
schwarz,  aber  wir  begreifen  nicht,  wie  das 
ein  besseres  Recht  gibt,  sie  zu  Sclaven  zu 
machen,  als  weisse  zu  halten.  Es  ist  luis 
gesagt,  wir  sollen  allen  Menschen  thun.  wie 
wir  wünschen,  dass  uns  selbst  geschehe ; 
kein  Unterschied  wird  gemacht  mit  Rück- 
sicht auf  Nation,  Abstammung  und  Farbe. 
Auch  ist  es  gleich,  ob  man  I\Iensehen  stiehlt 
und  raubt,  oder  ob  man  sie  kauft  und  ver- 
handelt. Es  bestellt  hier  zu  Lande  Freiheit 
des  Gewissens,  das  ist  recht  und  vernünf- 
tig; aber  auch  dem  Leibe  kommt  Freiheit 
zu,  es  müsste  denn  ein  Verbrecher  sein, 
was  eine  ganz  andere  Sache  ist.  Aber  da- 
gegen, dass  man  ^lenschen  hierher  bringt, 
sie  raubt  und  gegen  ihren  Willen  verkauft, 
erheben  wir  Einsprache.  In  Europa  müs- 
sen Viele  Unterdrückung  leiden,  des  Gewis- 
sens halber;  hier  unterdrückt  man  Slen- 
schen  von  schwarzer  Hautfarbe. 

,,Wir  wi.ssen,  dass  wir  keinen  Ehebruch 
begehen  sollen ;  es  begehen  aber  ^Manche 
Ehebruch  in  der  Person  Anderer,  indem 
sie  Frauen  von  ihren  Männern  trennen  und 
andern  übergeben.  Einige  verkaufen  die 
Kinder  dieser  armen  Geschöpfe  an  Fremde. 
Ach,  überlegt  doch,  die  ihr  dies  thut.  ob 
ihr  möchtet,  dass  euch  so  geschehe,  und 
ob  dies  mit  dem  Christenthum  überein- 
stimmt. Nicht  in  Holland  und  nicht  in 
Deutschland  geht  man  so  weit.  Es  bringt 
euch    in    schlimmen    Ruf,    wenn    man    in 


Europa  erzählt,  dass  die  Quäker  hier  mit 
JMenschen  verfahren,  wie'' man  dort  mit  dem 
Vieh  verfährt.  Aus  dem  Grunde  haben 
Viele  keine  Lust  und  keine  Neigung  hier- 
her zu  kommen.  Wer  könnte  auch  für  eure 
Sache  einstehen  und  sie  vertheidigen  ? 
Fürwahr,  wir  können  es  nicht,  es  sei  denn, 
dass  ihr  uns  eines  Besseren  belehrt  und 
überzeugt,  Christen  dürfen  dergleichen 
thun.  Was  in  der  Welt  kann  uns  Schlim- 
meres zustossen,  als  wenn  man  uns  raubt, 
stiehlt,  in  fremde  Länder  als  Sclaven  ver- 
kauft, den  ]\Iann  von  Frau  und  Kindern 
trennt?  Und  da  dies  nicht  nach  der  Weise 
ist,  wie  wir  wünschen,  dass  uns  geschehe, 
so  legen  wir  Einsprache  ein  und  erklären 
uns  gegen  den  IMenschenhandel.  Wer  an- 
erkennt, dass  es  unrecht  ist,  zu  stehlen,  der 
soll  auch  das  Gestohlene  nicht  kaufen, 
sondern  vielmehr  dazu  helfen,  dem  Rauben 
und  Stehlen,  wo  möglich,  ein  Ende  zu 
machen.  Jene  ^Menschen  sollten  aus  den 
Händen  der  Räuber  erlöst  und,  wie  in 
Europa,  auf  freien  Fuss  gesetzt  werden. 
Dann  wird  Pennsylvanien  einen  guten  Ruf 
erlangen,  statt  des  schlechten,  den  es  dieser 
Sache  halber  jetzt  in  andern  Ländern  hat. 
Dazu  kommt,  dass  die  Europäer  gern  wis- 
sen möchten,  wie  die  Quäker  ihre  Provinz 
regieren ;  die  meisten  blicken  auf  uns  mit 
neidischem  Auge. 

..Wenn  einmal  diese  Sclaven,  die  num 
für  so  gottlos  und  hartnäckig  hält,  sich  zu- 
sammenrotten, für  ihre  Freiheit  kämpfen 
und  ihre  Herren  und  Herrinnen  ebenso  be- 
handeln, Avie  sie  selbst  von  jenen  behandelt 
wurden,  werden  diese  Herren  und  Herrin- 
nen mit  dem  Schwerte  in  der  Hand  gegen 
die  armen  Sclaven  Krieg  führen?  Ja, 
einige  allerdings  wohl,  aber  haben  die  Ne- 
ger denn  nicht  so  viel  Recht  ihre  Freiheit 
zu  erkämpfen,  wie  ihr  habt,  sie  in  der 
Knechtschaft  zu  halten  ? 

,,Ueberlegt  die  Sache  wohl.  Ist  sie  gut 
oder  schlecht?  Findet  ihr,  dass  es  in  Ord- 
nung ist,  die  Schwarzen  auf  diese  Weise  zu 
behaiulehi,  so  bitten  und  ersuchen  wir  euch 


40 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN   EINWANDERER,  DIE  GRUENDUNG  GERMANTOWN. 


hiermit  in  aller  Liebe,  uns  zu  belehren 
(was  bisher  nie  gresehehen  ist),  dass  näni- 
lieh  Christen  die  Hefufrniss  haben,  so  zu 
verfahren  ;  auf  dass  wir  über  diesen  Punkt 
beruh i^'t  werden  und  unsere  Freunde  und 
Bckannti'  in  unserem  Geburtslande  beru- 
hi^'en.  Jetzt  ist  es  für  uns  ein  schreekli- 
i'her  Gedanke,  dass  man  in  Pennsylvanien 
Mensehen  auf  diese  Weise  kneehtet. 

„So  gesehehen   in  unserer  Versannnlung 
zu  Germantown  am  18.  des  zweiten  Monats 
(d.  Ii.  A|)ril)  1()88.    Der  ^lonats- Versannn- 
lung bei  Kiehard  AVorrell  zu  überweisen. 
(Jarret     Henderieks,     Franeis     Daniel 
i*astorius.    Direk    Op    den    Graft", 
Al)rahaiii   ()|)  den  (rräft'.*" 

In  einer  sehr  diplomatiseh  gehaltenen 
Ei-klärung  verziehteten  die  Quäker  in  ihrer 
General-Vei-sannidung  auf  eine  Be.sehluss- 
fassung  in  Bezug  auf  den  Protest.  Die 
Bedeutung  desselben  ist  an  anderer  Stelle 
gesehildert  worden. 

In  wenigen  Jahren  arbeitete  sieh  das 
fleissige  Volk  von  Germantown  aus  dem 
Gröbsten  heraus,  und  die  neue  Ansiede- 
lung erwarl)  sich  dui'ch  ihi'  freundiiehes 
Aus.sehen  und  den  gewerbliehen  Fleiss  der 
Bewohner  weit  und  ])ivit  einen  guten  Leu- 
mund. 

Dureh  die  JÜtte  der  Stadt  lief  eine  60 
Fuss  breite  Strasse,  die  mit  Pfirsiehbäumen 
eingefasst  war.  Jedes  Wohnhaus  hatte 
einen  Gemüsi^-  luid  Blumengarten,  der  3 
Aeker  mass.  Eine  Querstra.sse.  40  P^uss 
breit,  durehsehnitt  die  Ilauj^tstrasse  und 
am  Kreuzungspunkte  befand  sieh  der 
Marktplatz.  Die  Feldnuirk  lag  nördlich 
und  südlieh  von  der  Stadt. 

Bald  waren  die  Früehte.  welehe  das  er- 
giebige P^rdreieh  lieferte,  hinreiehend,  die 
geringen  Bedürfnis.se  der  Bewohner  zu  be- 
friedigen. Was  sie  von  dem  gezogenen 
Getreide  nieht  selbst  verzehrten,  vertausch- 
ten sie  gegen  andere  nützliche  Artikel. 
Selbst  ein  Handel  mit  dem  Auslande  kam 
schon  sehr  früh  in  den  Gang;  das  von  den 


Lidianeni  gekaufte  Pelzwerk  ging  naeh 
England,  Getreide  und  Vieh  nach  Bar- 
badoes.  Dafür  erhielt  nuui  Zucker.  Syrup^ 
Salz.  Bianntwein.  Mit  den  Indianern 
standen  sieh  die  Deutschen  sehr  gut.  Be- 
.sonders  Pastorius  war  ihnen  sehr  gewogen. 

Gewi.ss  war  es  den  Hlieinländern  eine 
fi'eudige  Ueberra.sehung,  als  sie  fanden, 
dass  die  Weinranke  in  Pennsylvanien  wild 
wuehs.  die  Bäume  des  Waldes  umschlin- 
gend. Sclum  bald  nach  ihrem  Eintreffen 
daehten  sie  daran,  aueh  hier,  in  ihrem 
neuen  Vaterlande.  Reben  zu  ziehen,  und 
mit  dem  Ansuehen  um  Feld-  uiul  Garten- 
sämereien vei'band  Pastorius  1684  den  Auf- 
trag. ,,Weinfexer''  herzuschicken.  So  viel 
versprach  mi\n  sich  vom  Weinbau,  dass  die 
Traube  im  Kath.ssiegel  von  Gernunitown 
einen  Ehrenplatz  erhielt. 

Ein  anderes  Gewächs,  das  in  German- 
town mit  \"(»r]iebe  gezogen  wurde,  war  der 
Flachs,  woran  sich  die  Bearbeitung  dessel- 
ben   durch    Spinnen    inid    Weben    schloss. 

Pastorius  versichert,  dass  das  Ki-])]ü)ien 
der  jungen  Stadt  vornehm; ich  (liesem  In- 
dustriezweige zu  verdanken  sei.  ..Die  In- 
wohner dieser  Stadt,"  sagt  ei-  an  einer 
andern  Stelle.  ..sind  meistentheils  Iland- 
wei-ksleute.  als  Zeug-.  Barchet-  und  Leine- 
weber. Schneider.  Schuster.  Schlosser. 
Zinnnerleute,  die  aber  alle  zumahl  aueh 
mit  Ackerbau  inid  Viehzucht  versehen 
sind." 

Till  die  in  Germantown  angefert  igten 
Stoft'e  abzusetzen,  diente  das  der  P^rank- 
furter  Gesellschaft  in  Philadelphia  zuge- 
hörige Kaufhaus.  ül)er  welches  Pastorius 
die  Oberaufsicht  führte.  Iliei-  lagen  schon 
ein  Jahr  nach  der  Ankunft  unserer  Deut- 
schen die  Produkte  ihres  Gewerbfleisses 
zum  Verkauf  aus.  Auch  die  St  nun  pf  We- 
berei wurde  mit  entschiedeiu^m  Erfolge  be- 
trieben, und  die  Strümi)fe  von  German- 
town hielten  sich  lange  Jahre  im  Philadel- 
phier  Markt  als  ein  gesuchter  und  willkom- 
mener Artikel. 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  EINWANDERER,  DIE  GRUENDUNG  GERMANTOWN. 


41 


Das  Rathssiegel  von  Gerinantown  zeigte 
in  einem  dreiblätterigen  Kleeblatt  eine 
l^^'eintranbe,  eine  Flaehsblütbe  und  eine 
Weber.spule  und  die  lateinische  Inschrift 
„Vinum,  Linum  et  Textrinum"  (der  Wein, 
■der  Lein,  der  Webeschrein).  Dr.  Brühl 
in  Cincinnati  hat  das  Rathssiegel  von  Ger- 
niantown  zum  Gegenstand  des  folgenden 
<jredichtes  gemacht : 

Wie  sinnig  ..Wein,  Lein,  Webeschrein," 
Ja,  Frohsinn.  Ackerbau.  Gewerbe 
Das  soll  der  Deutschen  Banner  sein. 
Das  ihr  Svmbol.  ihr  stolzes  Erbe ! 

Sie  sollen  ihre  heitre  Lust 
Ins  starre  Yankeeleben  tragen. 
Froh  soll  ihr  Herz  in  freier  Brust 
Nach  ächter  deutscher  AVeise  schlagen. 

]Mit  Reben  soll  der  Hände  Fieiss 
Die  waldumkräuzten  Hügel  krönen, 
L^nd,  kosten  sie  der  Traube  Preis, 
Ihr  Lied  das  stille  Thal  durchtönen. 

Die  Axt.  der  Spaten  und  der  Pflug. 
"Sie  seien  ihre  Liebling.swaffen. 
Den  Urwald,  d'rin  der  Wilde  sehlug 
Sein  Zelt,  in  Gärten  umzuschaffen. 

Auch  in  der  Werkstatt  soll  die  Hand. 
Die  ems'ge,  sich  geschäftig  rühren. 
Und,  an  die  Arbeit  fest  gebannt. 
Den  Hammer  und  die  Spule  führen. 

Soll  leiten  der  Paläste  Bau. 

Der  Brücken,  die  das  Dampfross  tragen, 

Der  Dome,  die  in 's  Aetherblau 

INIit  ihren  stolzen  Thürmen  ragen ! 

So  waren  die  deutschen  Einwanderer  in 
kurzer  Zeit  dahin  gelangt,  an  dem  Platze, 
den  sie  sich  zur  Heimath  erkoren  und  ein- 
gerichtet, die  gewohnte  Werkthätigkeit  des 
Taterlandes  ins  Leben  zu  rufen  luid  sich 
der  jungen  Kolonie  William  Penn 's  als 
nützliche  und  geachtete  Glieder  einzurei- 
lien.    Das  Saatfeld  hatte  de)i  Wa'd  gelich- 


tet, Einfriedigungen  durchschnitten  als 
Wehr  und  Grenzscheide  die  Feldmark, 
freundliche  Wohnungen,  mit  Sitzbänken  zu 
beiden  Seiten  der  Thür,  umschlossen  Fami- 
lien, bei  denen  Frohsinn  wieder  eingekehrt 
war,  in  den  Gärten  mischte  sich  der  Duft 
deutscher  Blumen,  aus  mitgebrachten 
Sämereien  entsprossen,  mit  dem  der  einhei- 
mischen ;  Weinrebe  und  Bienenstock  ver- 
hiessen  die  Würze,  deren  sich  die  Altväter 
erfreut  hatten.  Wo  wenige  Jahre  zuvor 
noch  des  Waldes  Schweigen  geherrscht,  da 
schwirrte  das  WeberschitiHein,  da  pochte  der 
Hammer,  da  summte  der  friedliche  Lärm 
der  Werkstatt,  da  ertönte  das  deutsche 
W^ort  zwischen  Alten  und  Jungen,  da 
jauchzten  blauäugige  Kinder,  die  während 
ihrer  unerhört  langen  Ferien  den  Eltern 
bei  der  Arbeit  gerne  halfen. 

Nachdem  Germantown  im  Jahre  1691 
städtische  Gerechtsame  erhalten,  bekleidete 
Pastorius  einmal  das  Amt  des  auf  ein  Jahr 
gewählten  Bürgermeisters  und  neunnull  das 
des  Stadtschreibers. 

Jahrmärkte  fanden  in  Germantown  vcmi 
Jahre  1701  an  alljährlich  statt.  Bei  der 
Ertheilung  des  Bürgerrechtes  war  eine  Ge- 
bühr von  1  Pfund  Pennsylvanisehen  Geldes 
($2.66)  zu  entrichten,  aber  die  Zahlung 
derselben  muss  wohl  beanstandet  oder  ver- 
nachlässigt worden  sein,  denn  ein  Besehluss 
im  Jahre  1702  gewährt  ..den  jetzigen  Be- 
wohnern von  Germantown"  das  Bürger- 
recht frei  mit  der  Verpflichtung,  sich  in 
das  dazu  bestimmte  Bürgerbuch  einzuzeich- 
nen. Die  später  Hinzukommenden  hatten 
6  Shilling  zu  entrichten. 

Pastorius  war  als  Gelehrter,  Sprachkun- 
diger, Schriftsteller  und  Dichter  von 
grosser  Vielseitigkeit,  dabei  war  er  Lehrer, 
Jurist,  Schreiber  und  JMoralist.  Er  gab 
unter  Anderem  eine  Fibel,  eine  Beschrei- 
bung Pennsylvaniens  und  vieles  mehr 
heraus.  Für  Arzt  und  Apotheker  hat  er 
während  seines  Aufenthalts  in  Pennsylva- 
nien  nur  3  Shillinge  ausgegeben.  Er  starb 
in  den  letzten  Tae-en  des  Jahres  1719.    Wo 


42 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  EINWANDERER,  DIE  GRUENDUNG  GERMANTOWN. 


er  begraben  liegt,  weiss  Niemand.  Kein 
Grabstein  bi'zeichnet  die  letzte  Ruhestätte 
des  Grüntiers  Gerniantown's. 

Ueber  hundert  Jahre,  schreibt  Oswald 
Seidensticker.  blirb  Gerniantown,  was  sein 
Name  besagt!',  eine  deut.srhe  Stadt.  Doi't 
predigte  Wni.  Penn  IdSS  in  Tunes  Kun- 
der's  Hause  in  deutscher  Sprache,  und  Ge- 
neral AVashington  wohnte  1793  (Icni  deut- 
schen Gotte.sdienstc  in  der  reforinirtcn 
Kirche  bei.  als  ihn  das  in  Philadelpliia 
grassirende  gelbe  F'ieber  nöthigte.  seinen 
AVohnsitz  zeitweilig  nach  Gennantown  zu 
vei-lcg{>n.  liange  Zeit  war  es  die  erste  Rast- 
stätte der  ileutschen  Einwanderer,  die  nach 
Pcnnsylvanien  zogen  und  sich  über  die 
östlichen   Bezirke,  die  Couutie^  von  3Iont- 


Der  Marktplatz  von  Germanlown  in  frueherer  Zeil. 

goniery.  Berks.  Laneaster,  Lebanon.  York. 
Hucks.  Lehigh  und  Xorthanipt(  n  verbrei- 
teten. Noch  länger  blieb  es  der  ^littel- 
punkt  des  geistigen  Verkehrs,  der  Ort.  wo 
deutsche  Büclier  und  deutsclie  Zeitiuigcii 
herauskamen.  Im  Jahre  1738  errichtete 
Christoph  Sauerdort  eine  deutsche  Drucke- 
lei und  Vei'lagshandlung.  welche  40  Jcdire 
lang  erfolgreich  bestand  und  dann  nur 
durch  eine  gewaltsame  Katastroplie  im 
Strudel  der  Revolution  unterging.  In  Ger- 
mantown  wurde  1748  die  deutsche  Bibel  in 
einer  stattlichen  (^uart-Ausgal)e  gedru<'kt. 
die  erste  Bibel,  die  auf  dem  we-itlichen 
Kontinente  in  einer  europäisclu  n  Spra<'he 
erschien.  Dort  kam  am  20.  August  17:^!) 
das  erste  Zeitungsblatt  heraus,  der  „Hoch- 


deutsch Pensylvanische  Gesehiehtschrei- 
ber",  welcher  den  Reigen  der  deutsch-ame- 
rikanischen Presse  eröffnet.  In  German- 
town  war  die  erste  amerikanische  Papier- 
mühle und  erste  Schriftgicsserei.  Die  In- 
dustrie, welche  die  deutschen  Leineweber 
und  Strumpfwirker  von  1G83  begründet 
hatten,  erfreute  sich  während  des  folgenden* 
Jahi'hunderts  und  darüber  hinaus  des 
besten  Rufes. 

Lange  Zeit  gab  es  dort  Jahrmärkte,  wo 
es  in  deutscher  Weise  beim  Kaufen  und 
Zechen  lustig  herging,  und  der  deutschen 
Kiiulerspiele  auf  den  Stra.ssen  konnten  sich 
noch  vor  einem  Menschenalter  die  älteren* 
Leute  erinnern.  Diese  wussten  auch  von. 
Washington 's  ehrlichem  Freunde,  dem 
Oberbäckermeister  der  Armee,  Chri.stoph 
Ludwig,  zu  erzählen,  der  seine  alten  Tage- 
in Gennantown  verlebte  und  mit  kräftiger 
Stinniie  die  Vorübergehenden  so  munter 
ansprach,  dass  es  von  ihm  hiess:  „Da  kommt 
un.ser  General." 

Jetzt  freilich  ist  Alles  anders  gewoi-den. 
Die  ländliche  Anmuth  zog  die  Stadtbewoh- 
iiei-  von  Philadeljjhia  seit  dem  Anfang  des 
neunzehnten  Jahrhunderts  nach  dem  stillen- 
Gennantown,  und  bald  beschämten  herr- 
liche Landsitze  die  kleinen  moosbewachse- 
nen Steinhäuser  der  alten  Ansiedler.  In 
dei-  Ilauptstrasse  verdrängten  Kaufläden 
die  ehemaligen  Wohnstätten.  Die  wach- 
sende Zahl  der  Anglo-Amerikaner  machte 
dem  Vorwalten  der  deutschen  Sprache  ein 
Hnde.  und  selbst  die  Namen  der  Pioniere,, 
wie  Lücken.  Schumacher,  Jansen,  Kunders, 
nahmen  ein  englisches  Gewand  an,  als 
Lukens,  Shoemaker.  Johnson.  Conrads. 
Pastoiius'  Nachkonunen.  von  welchen  drei 
den  berühmten  Namen  ihres  Vorfahren, 
Franz  Daniel,  führen,  können  des.sen  deut- 
sche Schriften  nicht  lesen.  Das  deutsche 
Germantown  wurde  allmälig  ein  Gegen- 
stand der  Tradition.  Viele,  die  in  German- 
town wohnen,  wissen  sich  von  dessen  Na- 
men erst  seit  der  grossen  deutschen  Feier 
am  6.  Oktober  1908.  dem  Tage  des  225.jäh- 


DIE  BESTEN  DEUTSCHEN  EINWANDERER,  DIE  GRUENDUNG  GERMANTOWN.  4$ 


rigen  Jubiläums  der  ersten  deutschen  Ein- 
wanderimg, Rechenschaft  zu  geben.  Seit 
dem  Jahr  1854  hat  es  aufgehört,  eine  be- 
sondere Ortschaft  zu  sein.  An  die  grosse 
Nachbarstadt  annektirt,  bildet  es  die  22ste 
Ward  von  Philadelphia.  Die  Zustände  der 
alten  Zeit  mutlien  uns  an  wie  ein  verklun- 
genes  Idyll,  eine  traumhafte  Sage.  Aber 
mag  die  pietätlose  Gegenwart,  die  nur  ein 
Auge  für  den  ]\Iarktwerth  des  Grund  und 


Bodens  hat.  in  unserm  Germantown  weiter 
nichts  finden  als  eine  Anzahl  von  Häusern 
und  Baustellen  einer  Ward  von  Philadel- 
phia, für  den  Deutschen  der  Ver.  Staaten 
wird  es  stets  eine  denkwürdige  Stätte  blei- 
ben. geM'eiht  durch  die  Erinnerung  an  die 

'^  -  ... 

Pioniere'  von  1683,  die  sich  hier  eine  neue 

Heimath  in  der  neuen  Welt  schufen  imd 
die  grossartige  Wanderung  der  Deutschen 
nach  Amerika  einleiteten. 


Professor  A.  P.  FAUST. 


htv  BmtBtl^m  in  Ammka. 


DIE  DEUTSCHEN  AUSWANDERER. 


Von  Pastor  J.  HOFMANN.  Baltimore. 


1.  DIE  DEUTSCHEN  PILGER VAETER. 

Das  17.    .Tahrhuxdert. 

Erschein  uns,  vorlieissene  Ferne! 

Du  strahlst  herauf 

Aus  sinkender  Sonne, 

Du  grüssest  uns  aus  dem  Abendsterne. 

Im  dritten  ^lond 
Durchfurcht  der  Kiel 
Unwirtlich  Ackerfeld. 
Doch,  pfluggewohnt. 
Die  Hand  das  Steuer  hält. 

Die  Frauen: 

Versunken  ist  der  Pfad  zur  Heimat 
Im  Wellengrabe. 

Die  Männer: 

Im  Herzen  wahres  Wort 
Und  rein?  Lehr  Avir  tragen: 
Genug  der  Habe! 

Alle: 

Was  sollten  wir  zagen? 
Der  Rettung  Stunde 
Muss  endlich  sehlagen. 

CHORAL : 

'Wallfahrtslied  aus  dem   13.  .Iahrhuxdert. 

In  Gottes  Xamen  fahren  wir. 
Sein  Hilf  und  Gnad  begehreu  wir, 
Des  Vaters  Güte  bei  uns  bleib, 
Bewahr  die  Seel  und  auch  den  Leib, 
Kyrie  eleis! 

2.  DIE  SOELDNER: 

Das  18.  Jahrhundert. 

Wilder  rase,  Sturm,  au  Rah  und  Mast! 
Wilder  wüte,  Meer,  zerschelle 
Deine  fluchbeladne  Last! 


Kannst,  oliiimächt'g,  du   uiclit  si)rengeii 

Unsre  Bande, 

So  zerbrich  den  Kerker! 

Himmel,  bei  der  Hand  voll  Erde 

Aus  g-liebtem  Vaterlande, 

Aiette  uns  die  Manneswürde! 

Unsre  freie  Seele  sühn  im  Tod  • 

.-ile  Schande! 

Soldatenlied  : 
Aus  Schubarts  Kaplied. 
Lebt  wohl,  ilir  Freunde,  sehn  wir  uns 
A'ielleicht  zum  letzten  Mal; 
So  denkt,  nicht  für  die  kurze  Z-it, 
Freundschaft  ist  für  die  Ewigkeit, 
Und  Gott  ist  überall. 

3.  DIE  ACHTUNDVIERZIGER: 
Das  19.  Jahrhundert. 
Frührotglühende  Wellenweite 
Weckt  uns  mit  freudigem  Schauer, 
Scheucht  der  Verbannten, 
Westwärtsgewaudten 
Letzte,  grollende  Trauer. 

An  die  bebende  Brust  ich  drücke 
Fahne,  dich,  teure,  schwarz  rot  and  gold. 
Die  du  zu  Einheit,  zu  Recht  und  Freiheit 
Deutschlands  Söhne  führen  gesollt. 

Heiliges  Zeichen,  du  sollst  uns  geleiten, 
Frei,  die  Befreiten  zum  freiesten  Land. 
Dort  auch  rauschen  die  deutschen  Eichen: 
Freudig  dort   wollen  zum   Bunde  wir  reichen 
Bürger  den  Bürgern  die  Bruderhand. 

Feder  und  Pflug,  die  Waffen  des  Friedens, 
Wollen  wir  füiiren !     Es  ruhe  das  Schwert ! 
Wirkend   wir  pflanzen   konnnendon   Erben: 
Treu  im  Hoffen,  in  Leben  und  Sterben,. 
Bleiben  des  deutschen  Namens  wir  wert. 


4.  AN  DTF-:  VORFAHREN. 
Das  20.  Jahrhundert. 

Vorfahren  ihr! 

Verklärt,  im  Glanz  der  Sonno  steht 
Die   Heimat,  die  im  Wolkenschatten 
Ilir  liesset. 

\'on  ihrer  Vollkraft  lebt  das  Erdrund, 
Und  ihre  Söhne  führt 
l'ralt  Germanenlos 
Xiiin  fernsten  Strand. 


Vorfahren,  seid  gesegnet 
Uns,  die  wir  ernten 
Die  frühe  Aussaat 

Der  unverdrossen  schweigenden  Mühsal  T 
Ihr  wandeltet   Wald  und   Wüste, 
Bezwangt  den  Fels  und  den  Strom, 
Die  Höhen,  die  Tiefen  erschloss  euch 
Kühnhoifende  Tatkraft. 


Doch  freundlich  des  Lebens  Ernste 
Das  heitere  Spiel  der  Kunst  gesellend^ 
Vereintet  Anmut  ihr  der  Würde. 


Uebersicht  ueber  die  Geschichte  der  Deutschen 

in  Amerika.* 

Prof.  A.  B.  FAUST,  Cornell  Universitaet  Ithaca,  N.  Y. 


v 


Der  erste  Dentsehe,  der  den  Boden 
Amerikas  betrat,  Avar  Tyrker,  der  treue  Be- 
gleiter Leif  Eriesons  auf  dessen  Entdeck- 
ungsreise au  der  nordamerikanischen 
Küste.  Dass  die  kühnen  Seefahrer  Islands 
mehrere  Jahrhunderte  vor  der  Entdeckung 
Amerikas  durch  Columbus  den  Versuch 
machten,  auf  dem  Festland  Nordamerikas 
eine  Kolonie  zu  gründen,  unterliegt  keinem 
Zweifel,  nur  über  Ort  und  Zeit  ist  man  im 
l'nklaren.  Vermutlich  war  es  schon  im 
elften  Jahrhundert,  dass  Leif  Ericson,  an 
einem  nicht  näher  zu  bezeichnenden  Kü- 
stenpunkte zwischen  Labrador  und  Neu 
England,  ans  Land  setzte.  Nicht  ohne  Hu- 
mor erzählt  die  nordische  Sage,  wie  Tyrker, 
der  geliebte  Pflegevater  Leifs,  in  der  AVild- 
nis  irre  gegangen  war,  sich  aber  in  sehr  hei- 
terer Laune  befand,  als  man  suchend  auf 
ihn  stiess.  Ganz  gegen  seine  Gewohnheit 
redete  er   in   den   unver.standenen   Lauten 


seiner  ^Muttersprache,  bis  er  auf  nordisch 
die  Erklärung  abgab,  er  habe  Weintrauben 
genossen,  so  wie  er  sie  in  seiner  deutschen 
Heimat  hatte  kennen  lernen.  Leif  Ericson 
liess  vor  der  Abreise  reichlich  AYeintrauben 
einsammeln  und  nannte  ihnen  zu  Ehren 
das  neuentdeekte  Land  ,. "Weinland." 

Zur  Zeit  der  grossen  Entdeckungen  des 
15.  und  16.  Jahrhunderts  waren  die  Bin- 
nenstaaten Europas  gegenüber  den  Län- 
dern entlang  der  atlantischen  Käste  sehr 
im  Nachteil.  Deutschland  litt  noch  dazu 
an  der  unglücklichen  Zersplitterung  in 
kleine  Staaten,  deren  ohnmächtige  Staats- 
kunst sich  nicht  zu  einer  Kolonialpolitik 
hinaufschwingen  konnte.  Dass  man  unter 
den  grossen  Seefahrern  und  Entdeckern 
neuer  Weltteile  wenig  Deutsche  fand,  ist 
deswegen  keine  erstaunliche  Tatsache. 
Desto  mehr  verschaffte  sich  der  wissen- 
schaftliche Zug  des  deutschen  Geistes  Gel- 


*  Quellenangaben  wurden  in  dieser  kurzen  his- 
torischen Uebersicht  wegen  Mangel  an  Eauni  ver- 
mieden. Ein  Quellenverzeichnis  ist  zu  finden  in 
des  ^>rfassers  Werk?  über  das  deutsche  Element  in 
den  Vereinigten  Staaten.  Dasselbe  behandelt  das 
vom  Conrad  Seippschen  Preisausschreiben  gestellte 
Proljlem :  „Das  Deutsche  Element  in  den  Vereinig- 
ten Staaten,  mit  besonderer  Berücksichtigung  des 
politischen,  sittlichen,  gesellschaftlichen  und  er- 
zieherischen Einflusses,"  und  ward  im  April  1908 
mit  dem  ersten  Preise  gekrönt.  Das  Werk  erscheint 
zu  gleicher  Zeit  in  englischer  und  in  deutscher  Aus- 
gabe unter  den  Anspielen  der  Universität  von  Chi- 
cago und  ist  folgendermassen  in  zwei  Teile  ein- 
geteilt : 

I.  Teil :  Die  Geschichte  der  deutsehen  Einwan- 
derer im  17.,  18.,  und  19.  Jahrhundert;  Zeit  und 
Ort  der  Ansiedlungen,  deren  Geschichte;  die  Be- 
teil'gung  der  Deutschen  an  den  amerikanischen 
Kriegen  und  an  der  Eroberung  des  Westens. 

IL  Teil:  Der  Einfluss  des  deutsehen  Elements  in 
den  Vereinigten  Staaten. 


1.  Eine  statistische  Untersuchung  über  die 
Zahl  der  Deutschen  und  deren  Nachkommen  in 
der  Bevölkerung  der  Ver.  Staaten. 

2.  Der  Einfluss  der  Deutschen  auf  die  ma- 
terielle Entwickelung  des  Landes,  (a)  im 
Ackerbau  und  verwandten  Erwerbszweigen; 
(b)  in  der  Manufaktur  und  Technik. 

3.  Der  politische  Einfluss  der  Deutschen. 

4.  Einfluss  auf  Schulen  und  Erziehungs- 
wesen. Kindergarten;  Mittelschulen;  Uni- 
versitäten ;    Privatschulen. 

5.  Einfluss  auf  Kultur  und  Kunst,  (a)  Mu- 
sik; (b)  Malerei;  (c)  Bildhauerei;  (d)  Archi- 
tektur; (e)  Zeichenknnst;  (f)  Theater;  (g) 
Literatur;     (h)  Journalismus. 

6.  Gesellschaftliclier  und  moralischer  Ein- 
fluss. Die  T/ebensfreude;  Vereinsleben;  Tem- 
perenzfrage;  Pflichtgefühl,  Arbeitslust,  Bie- 
derkeit. 


50 


KrXK  (iKScmcilTLICHK    1' KI'.KWSKilT   rKIlKK"    DIK   l>KrT8CIIt:N'    IN    AMKKIKA. 


tuiig  und  Xaiiicii  durch  Ve^hl•eitun^:  der 
neuen  Ideen  im  liücherdrucU  und  in  K.ti- 
tenzeiehnun^en. 

Unter  den  Kosnio^niplifn  und  Karto- 
graphen jener  Zeit  giebt  es  keine  bedeuten- 
deren als  die  Deutsclim.  Maitin  Hehaiiu. 
Mt'reator  ((ierhard  Krenier)  und  iMartin 
"Waldst'enu'iller.  Der  erste,  «reboren  um 
14')!),  aus  einem  altadelij;en  Xürnberircr  (ie- 
sehh'eht,  wurde  14S3  vom  Köni^-  Johann  II. 
von  Portugal  in  die  Kommission  zur  An- 
fertigung eines  Astrolabiums  ernannt.  Im 
folgenden  Jahre  begleitete  er  den  portu- 
giesi.sehen  Seefahrer  Diego  Cao  als  Kosmo- 
graj>h  auf  seiner  neunzehnnionatliehen 
Entdeekungsreise  naeh  der  Westküste  Af- 
rikas. Darauf  begab  er  sieh  naeh  der  a/.ori- 
sehen  Insel  Fayal,  wo  er  die  Tochter  des 
Bürgermeisters  der  dortigen  vlämischen 
Kolonie  ehelichte.  In  den  Jahren  1591-93 
besuchte  ^Martin  Behaini  seine  Vater.stadt 
Nürnberg  und  verfertigte  doi-t  die  1»'- 
rühnite  p]rdkugel,  die  er  der  Stadt  /um 
Geschenk  hinterlie.*is.  Darauf  kehrte  er 
wieder  zur  Insel  Fayal  zurück,  rei.ste  lö06 
nach  Lissalion.  wo  er  in  demselben  Jahre 
starb.  Mit  C'olumbus  und  ]\Iagelhaens 
(]Magellan)  war  Bdiaim  bekannt,  wie  wohl 
auch  mit  den  mei.sten  der  hervorragenden 
Seefahrer  jener  Zeit.  Seine  Kenntnisse 
mögen  wohl  eine  anregende  Wirkung,  aber 
keineswegs  den  bedeutenden  Eintlu.ss  auf 
die  Entdeckung  Amerikas  und  die  Umsege- 
lung  der  Erde  gehabt  haben,  wie  man  ihm 
von  portugiesi.scher  Seite  oft  angedichtet, 
ja  die  Behauptung  aufgestellt  hat,  Behaini 
habe  zeb.n  Jahre  vor  C'olumbus  die  brazili- 
anische  Küste  von  Pernambuco  entdeckt. 
Solehe  rebertreibungen  haben  dem  grossen 
Namen  Behaims  eher  geschadet  als  ihm  bei 
der  Nachwelt  besseren  Klang  verliehen. 

Als  Kosmograph  noch  bedeutender  war 
Mereator,  im  Jahre  1512  zu  Rupelmonde 
(Belgien),  von  deutscher  Abkunft  geboren. 
Er  hatte  den  dentschen  Familiennamen 
Kremer  (Krämer),  den  der  gelehrte  Kar- 
tenzeichner naeh  der  herrschenden  Sitte  ins 


Lateinische  über.setzte.  Er  verfertigte  im 
Auftrag  Karls  V.  eine  Erd-  und  eine  Ilim- 
melskugel  und  übertraf  damit  alle  Vor- 
gänger. Sein  grö.sstes  Werk  aber  war  sein 
Atlas,  wovon  die  erste  Ausgabe  1594  er- 
schien (Duisburg),  abgedruckt  von  Kup- 
fei-platten,  die  er  mit  eigner  Hand  herge- 
stellt hatte.  Andere  deutsche  Kartenzeieh- 
nei-  waren  Schöner  (Globus  1515  und 
1520).  Heisch  (Karte  1518)  nnd  der  Nie- 
derdeutsche Ruysch  (Karte  1508).  Der 
,,({lol)us  .Mundi"  mit  der  Anwendung  des 
Namens  ,, Amerika"  erschien  in  Stra.s.sburg 
1509. 

Entscheidend  .scheinen  die  deulsehen 
Kartenzeichner  auf  den  (iebrauch  des 
Namens  „Amerika"  eingewirkt  zu  haben. 
Den  er.sten  gedruckten  Beweis  liefert  das 
lateinisch  geschriebene  liuch  ,,Cosmogra- 
phiae  Introductio"  (1507)  mit  begleitender 
Karte,  von  Martin  Wahhfcniülhr  (oder 
Waltzemüller),  geboren  14:^0  zu  Freiburg. 
In  dieser  Einleitung  in  die  K(xsmographie 
erscheint  der  Name  „Amerika"  gedruckt 
zum  erstenmale  und  wird  darin  zu  P^hren 
des  Weltenentdeckers  Aniericus  VesputiiLS, 
dessen  Verdienste  aufgezählt  werden,  em- 
pfohlen. 

Das  XVII.  Jahrhundert. 

Spuren  deutscher  Ansiedler  findet  man 
in  den  ersten  am  atlantischen  Küstenstrich 
gegründeten  nordamerikanischen  Kolonien. 
]\Iit  den  Hugenotten,  die  im  Jahre  1562 
bei  Port  Royal  (Süd  Carolina)  eine  bald 
von  den  Spaniern  zerstörte  Kolonie  grün- 
deten, befanden  sich  anch  einige  elsässiche 
mid  hessische  Protestanten.  Die  er.ste  An- 
siedlung  der  p]ngländer,  Jame.stown  in  Vir- 
ginien  (1607).  führte  nach  den  ^Mitthei- 
lungen  des  Captain  John  Smith  auch  einige 
Deutsche  mit.  ..Dutchmen"  werden  sie  ge- 
nannt, worunter  man  wohl  nicht  Holländer 
zu  verstehen  hat,  da  einei*  von  ihnen  spe- 
ziell als  Switzar  (Schweizer)  bezeichnet 
wird.  Sie  gehörten  nicht  zu  den  verkom- 
menen,    arbeitsscheuen     ..Gentli'men "    der 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA.         51 


verfehlten  Kolonie,  sondern  waren  meistens 
Zinunerleute,  die  imter  dem  Druck  der 
müssigen  oberen  Klasse  schwer  zu  leiden 
hatten.  Ihnen  wurde  einmal  der  Auftrag, 
den  König  Powhatan  in  einem  neuerriehte- 
ten  Hause  in  die  Gefangenschaft  zu  locken, 
wobei  sie  ihren  Herren  untreu  wurden,  und 
es  vorzogen,  bei  den  Rothäuten  ihr  Brot  zu 
verdienen.  Diese  Auffassung  ist  leicht  aus 
der  „wahrheitsgetreuen  Reisebeschreibung" 
des  selbstgefälligen  Smith  herauszulesen, 
obgleich  er  die  ..Dutchmen"  mit  Schimpf- 
worten  überladet.  Ihr  Vergehen  erscheint 
weit  geringer  als  die  Untreue  der  ränke- 
vollen Nebenbuhler  des  Führers,  dessen 
Amt  und  Leben  durch  jene  so  oft  gefährdet 
wurde. 

Im  Laufe  des  ITten  Jahrhunderts  fehlte 
es  nicht  an  abenteuerlustigen  Deutschen, 
die  sich  auf  Entdeckungsreisen  in  die  un- 
begrenzte amerikanische  Wildnis  wagten. 
Vater  Hennepiu  erzählt,  dass  der  Württem- 
berger Hiens  (Heinz.  Hans)  den  grossen 
französischen  Pfadfinder  LaSalle  auf  dessen 
^Mississippi fahrt  begleitete,  als  er  im  Jahre 
1687  das  Delta  des  Vaters  der  Ströme  zu 
entdecken  suchte.  ]\Ian  hatte  sich  nach 
Texas  hinein  verirrt,  und  dort  gipfelte  die 
Unzufriedenheit  über  die  AVillkür  LaSalles 
in  dessen  Ermordung.  I\Iit  einem  Verbün- 
deten rächte  dann  Hiens  den  Tod  des 
Führers  an  dessen  ^Mördern  Duhaut  und 
Liotot. 

In  den  meisten  Fällen  war  es  aber  wieder 
der  wissenschaftliche  Drang,  der  den 
Deutschen  auf  Entdeckungsreisen  trieb. 
Der  deutsche  Schweizer  Peter  Fabian  be- 
gleitete 1663  eine  Reisegesellschaft  nach 
Carolina  im  Interes.se  der  ..Engli.sh  Caro- 
lina Company,"  worüber  Fabian  nach  aller 
Wahrscheinlichkeit  den  Bericht  (1665)  ver- 
fa.sste,  da  die  ]\Ieilenrechnungen  nach 
deutsehen  Äleilen  er.scheinen.  Johann  Le- 
derer wurde  in  den  Jahren  1660-70  von  Sir 
William  Berkeley,  Gouverneur  von  Vir- 
ginien,  auf  drei  verschiedene  Reisen,  süd- 
lich und  westlich  vom  James  River  ge- 
schickt.    p]r  schrieb  sein  Tauebucli  auf  La- 


teinisch und  zeichnete  eine  Karte  dazu,  wo- 
raus zu  sehen  ist.  dass  er  bis  an  den  Santee 
River  nach  Süd  Carolina  drang.  Lederer 
wurde  von  den  ihn  im  Stiche  lassenden 
Reisegefährten  übel  verleumdet,  setzte  aber 
seine  Reise  mit  einem  einzigen  indianischen 
Führer  fort  imd  musste  sich,  als  er  uner- 
wartet mit  dem  Leben  zurückkam,  gegen 
seine  Feinde  verteidigen.  Dabei  half  ihm 
Sir  William  Talbot,  Gouverneur  von  Mary- 
land, der  seinen  Verdiensten  und  seiner  Ge- 
lehrsamkeit ein  grosses  Lob  spendete  und 
sich  die  Mühe  gab,  Lederers  Tagebuch  ins 
Englische  zu  übersetzen. 

Unter  den  Deutschen  des  17ten  Jahr- 
hunderts finden  wir  swei  Persönlichkeiten 
ersten  Ranges,  deren  Lebenslauf  epoche- 
machend in  die  Geschichte  der  amerika- 
nischen Kolonien  eingritit',  Peter  ^linnewit 
(]Minuit).  erster  Statthalter  von  Neu- Am- 
sterdam, Gründer  von  Neu-Schweden.  und 
Jakob  Leisler,  Vertreter  der  Volkspartei, 
Gouverneur  von  New  York,  der  Einberufer 
des  ersten  amerikanischen  Kongresses. 

Peter  Minnewit,   geboren   zu  Wesel   am 
Rhein,  kam  1626  mit  fast  unbeschränkter 
]\Iacht  als  Direktor  der  holländisch-ameri- 
kanischen   Kolonie    nach    Neu-Amsterdam. 
Seine  erste  historische  Tat  war  der  Ankauf 
der  Insel  ]\Ianhattan.  die  er  von  den  Indi- 
anern  für   60   Gulden,   circa   $24.   erwarb. 
Er  baute   ein  steinernes   Fort   als   Schutz 
gegen    Indianer    und    führte    einen    Pelz- 
handel ein,  der  mit  den  Puritanern  zuerat 
wetteiferte  und  sie  bald  überflügelte.     Un- 
ter   sehr    günstigen    Bedingungen    kamen 
viele  neue  Kolonisten  aus  Europa,  und  1631 
baute    man    das    Schiff    ..Neu-Niederland" 
von  6-800  Tonnen  Gehalt,  eines  der  gröss- 
ten  Fahrzeuge,  das  zur  Zeit  den  Ozean  be- 
fulir.     Aber  ^Minnewit  erntete  für  sein  er- 
folgreiches Streben  nur  Undank.     Das  Pa- 
tronatenwesen.    nach     dem     gro&se    Land- 
schenkungen  an   bevorzugte   Familien,   die 
sich  verpfiichtet  hatten,   eine  Kolonie  von 
wenigstens  50  Personen  zu  gründen,  über- 
wiesen   wurden,   brachte   die   Gefahr  eines 


WWI¥tR5ITY  OF  ILLINU- 


53 


EINK  GESCHKllTLR'lIK   UEBKKSICITT  UEHEK  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERII-U. 


neuen  Feiulalailols  und  stiftete  selbst  unter 
den  Direktoren  Unfrieden.  Minnewit  stand 
im  Vcrdaeht.  die  neuen  Feudalherren  be- 
«rünstiirt  zu  lial)en,  obirleieh  er  nur  pHieht- 
•retrcu  dfu  AVillen  der  Direktoren  aus- 
«reführt  liattt.  Da  seine  Gegner  die 
Obi-rhand  erhielten,  inusste  er  1631  sein 
Amt  niederle<_'en.  Er  versuchte  sich  in 
Anistei-dain  zu  reehtfertiiren,  konnte  auf 
den  blühenden  Zustand  der  Kolonie  hin- 
weisen, brachte  auf  seinem  Schiffe  5000 
Biberfelle,  die  er  durch  (Jefahren  gerettet, 
fand  aber  unter  den  feindlichen  Direktoren 
keine  Gerechtigkeit,  und  der  entlassene 
(iouvei-neur  wandte  sich   ('i'l)itt<'rt   ab. 

Nun    bot    ]\Iinnewit    seine    Dienste    den 
Schweden  an,  bei   denen   durch  Anregung 
des    genialen    Usselinx    mit    Unterstützung 
des   Königs    Gustav   Adolf    Kolonisations- 
pläne schon  begonnen  waren.    Der  Tod  des 
Königs   störte    aber    die    ehrgeizigen    Ent- 
würfe   der    Schwedischen    Süd-Companie, 
Usselinx  trat  zurück,  und  ]\Iinnewit  erhielt 
dessen    Stelle.      ]\Iit   der   Zustimmung   des 
Kanzlei-s  Oxen.stierna  gab  dieser  den  hoch- 
fahrenden I'länen  der  Schweden  eine  prak- 
tische Wendung.     Va'  wies  auf  das  Gebiet 
zwischen  Xeu-IIolland  und  Virginien,  und 
kam  Ai>ril  des  Jahres  l(j88  mit  zwei  Schif- 
fen imd  fünfzig  wohlversorgten  Kolonisten 
in   der   Delaware   Bay   an,   zur   Gründung 
Neu-Schwedens.     Er  baute  Fort  Christina 
an   der  Mündung  des  ]\Iinquaskill   in   den 
Delaware,  nahe  bei  der  heutigen  Stadt  Wil- 
mington.     Seine  Erfahrung  und  Umsicht, 
seine  Kenntnis  der  Schwächen  seiner  Geg- 
ner, das  An.sehn  des  auf  den  europäischen 
Schlachtfeldern      siegreichen      Schwedens, 
hielt  die  Virginier  im  Süden  und  die  Hol- 
länder im  Norden  in  Schach  und  verbürgte 
der  Kolonie  ein  sicheres  Gedeihen.     Unter 
den    ersten    Ansiedlern    waren    vermutlich 
auch  Deutsche,  da  die  O.stseestädte  Stral- 
sund, Stettin  und  Danzig  regen  Anteil  an 
der  Gründung  der  Schwedischen  Süd-Com- 
panie genommen.    Zum  zweiten  Male  hatte 
IMinnewit  die  Genugthuung,  eine  von   ilun 


gegründete  Kolonie  zur  Blüte  reifen  zu 
sehen.  Er  starb  auf  seinem  Posten  16-41, 
Xeu-Schweden  erhielt  sich  bis  zur  Einver- 
leibung in  Xeu-IIolland  (1655),  unter  dem 
energischen  Stuyvesant. 

Ungefähr  fünfzig  Jahre  später  ward  ein 
anderer  Deutscher,  Jakob  Leisler,  der  ]Mit- 
telpunkt    der    Xew    Yorker    Provincialge- 
schiclite.     In  Frankfurt  a/]\I.  geboren,  kam 
er  1660  im  militärischen  Dienst  der  Hollän- 
dischen Westindischen  Gesellschaft  in  Xew 
York  an,  widmete  sich  aber  bald  dem  Han- 
del.    Seine  Unternehmungen  gelangen  der- 
massen,  dass  er  einer  der  reiclisten  Bürger 
der  Stadt  wurde,  mit  einem  Vermögen  von 
15,000  Gulden.     Durch  Heirat  verbündete 
er  sich  mit  der  holländischen  Aristokratie, 
blieb  aber  ein  ^lann  des  Volkes  und  ward 
durch   seine    Redlichkeit,    Humanität    und 
Festigkeit  zum  Ideal  der  Volkspartei.    Eine 
Volks-  luid  Oppositi(mspartei   ])i!dete  sich, 
als  der  König  von  England,  Jakob  IL,  über 
die  drei  Kolonien  Xew  England,  Xew  York 
und  X'^ew  Jersey  einen  einzigen  Gouverneur 
setzte,  und  zwar  den  unbeliebten  Andrus. 
Als  1688  die  Nachricht  von  der  Vertreibung 
König  Jakobs  eintraf,  wurde  auch  dessen 
Stellvertreter  Lieut.  Gov.  Xicholson  durch 
einen   Volksaufstand   aus   Xew   York   ver- 
trieben, und  der  Volksmann  Jakob  Leisler 
ward  an  die  Spitze  gestellt.    Dieser  erklärte 
sich   bereit,   das  Fort   und  die   Stadt   für 
König  AVilhelm  zu  halten,   bis  ein   neuer 
Gouverneur  herübergeschickt  werde.     Ein 
Sicherheitskomite    wurde    vom    Volke    ge- 
wählt, um  Leisler  beizustehen,  wobei  man 
begreiflicherweise    keine    Aristokraten    zu- 
liess.     Leisler  schickte  einen  Bericht  über 
sein    Verhalten    an    König    AVilhelm,    der 
ihm  leider  keine  Beachtung  schenkte.     In- 
zwischen  nahm   man    in    Xew   York   einen 
Brief    des    Königs    in    Empfang,    der    an 
Lieut.  Gov.  Xicholson  oder  in  seiner  Ab- 
wesenheit an  die  regierende  Macht  in  New 
York  gerichtet  Avar.     Derselbe  erteilte  das 
Recht,    das    Regiment    weiter    zu    führen, 
bis  neue  ^Massregeln  getroffen.     Kraft  des 
Briefes    nahm    Leisler    am    11.    Dezember 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA. 


53 


1689    den    Titel   Lieut.    Governor   an,    und 
schaltete,    nachdem    die    Rädelsführer    der 
Jakobiten  unschädlich  gemacht,  als  allein- 
iger Herrscher.     Kaum  waren  die  inneren 
Feinde    beseitigt,    da    erwuchs    von    aussen 
«ine  grosse  Gefahr,  ein  Krieg  mit  den  Fran- 
zosen und  den  verbündeten  Indianern  un- 
ter der  Führung  des  tapferen  Frontenae. 
Nun  handelte  Leisler  mit  staatsmännischer 
Besonnenheit :  er  berief  einen  Kongress  der 
gefährdeten    Kolonien.      Die    Gouverneure 
von    ]\Ia.ssachusetts,    Plymouth,    Fast    und 
"West  Jersey,  Pennsylvania,  Älaryland  und 
Virginia  wurden  eingeladen,  einen  Plan  der 
Selbstverteidigung    zu    erwägen,     und     es 
tagte  darauf,  anfangs  April  1690,  der  erste 
Kongress  auf  amerikanischem  Boden,  der 
Vorläufer  des  Continental  Congress.     Jede 
Kolonie  wurde  aufgefordert,  im  Verhältnis 
zur  Einwohnerzahl  beizusteuern,  um  einen 
Zug   nach   Canada  zu  stände   zu   bringen. 
INIassachusetts  sollte  ausser  einer  etwas  ge- 
ringeren   Zahl    Truppen    eine    Flotte    zur 
Besetzung  des  St.  Lawrence  Stromes  aus- 
rüsten.    Der  gemeinsame  Kriegszug  blieb 
leider    erfolglos    wegen    der    Zwistigkeiten 
der     leitenden     Kräfte,     und     die     Flotte 
erlitt  infolge  von  Stürmen  und  der  Plan- 
losigkeit  ihrer  Bewegungen   eine  vollkom- 
mene  Niederlage.     Leisler,   dem   das   Ver- 
dienst  gebührt,   die  ersten   aus   dem  New 
Yorker  Hafen  auslaufenden  Schiffe  ausge- 
rüstet zu  haben,  hatte  allein  einen  einzigen 
Sieg   errungen,    die   Wegnahme   von   sechs 
französischen  Schiffen,  die  sich  zu  weit  an 
den  New  Yorker  Hafen  herangewagt  hat- 
ten.   Zur  grossen  Freude  aller  New  Yorker 
kamen  sie  als  Kriegsbeute  unter  den  Ham- 
mer. 

Infolge  des  verunglückten  Zuges  nach 
Canada  entstand  eine  Kriegsschuld,  die 
man  nun  durch  Erhebung  von  Steuern  ab- 
tragen musste.  Diese  Last  gewann  der  Re- 
gierung Leislers  keine  Freunde,  und  als  die 
Anerkennung  seiner  treuen  Dienste  seitens 
des  englischen  Thrones  gänzlich  ausblieb, 
verlor    Leislers    Partei    immer    mehr    an 


Anhängern.     Ein  neuer  Gouverneur,   Col. 
Henry   Sloughter,   wurde  nach  New   York 
entsandt,    um    die    Herrschaft    anzutreten. 
Das    Schicksal    wollte,    dass    dessen    Schiff 
durch    Stürme   von   den   übrigen   getrennt 
wurde,  und  ein  anderes  mit  JNIajor  Richard 
Ingolsby,  dem  zweiten  im  Rang,  zuerst  in 
New  York  ankam.    Dieser  forderte  sogleich 
die  L^ebergabe  des  Forts,  die  aber  Leisler 
verweigerte,  bis  ihm  die  Legitimation  des 
herrischen  Militärs  überreicht  würde.    Alle 
Staats-Dokumente  befanden  sich  aber  auf 
dem  Schiffe  des  Gouverneurs,  und  es  ent- 
stand ein  hartnäckiger  Strassenkampf,  wo- 
bei jeder  der  beiden  Führer  dem   andern 
drohte,    ihn    wegen    Vergiessung    unschul- 
digen   Blutes    verantwortlich    zu    macheii. 
So   erwartete   man   ängstlich   die   Ankunft 
des  Gouverneurs,   der  die   Stadt  von   den 
Unruhen  erlösen  sollte.     Sloughter  erschien 
auch  im  März  1691,  empfing  die  Vertreter 
der    Aristokratie    auf    seinem    Schiffe,    er- 
laubte ihnen  den  Volksführer  anzuschwär- 
zen   und    liess    den    Boten    Leislers    ohne 
Verhör  ins  Gefängnis  werfen.     Nach  Ein- 
nahme des  Forts  wurde  Leisler  verhaftet 
und    von    seinen    zu    Richtern    erhobenen 
Erzfeinden,      darunter     Bayard,      Nicolls, 
Philipse    und   Van    Cortlandt,    wegen    Re- 
bellion,   Eigentumsangriff's    und    unbefug- 
ter Steuererhebung  mit  seinem  Schwieger- 
sohne    Milborne     zum     Tode     verurtheilt. 
Aehnlich  wie  Egmont  und  Hörn  weigerten 
sich  die  Angeklagten,  die  Gesetzmässigkeit 
des     Scheingericht&s     anzuerkennen,     und 
stolz  im  Gefühl  ihrer  LTnschuld  verharrend 
verdarben    sie    ihren    Freunden    die    Mög- 
lichkeit einen  Aufschub  zu  gewinnen.    Die 
Feinde  fürchteten  einen  Aufstand,  dräng- 
ten umsomehr,  den  verhassten  Volkstribun 
zu    beseitigen,    und    bewogen    Gouverneur 
Sloughter,    es    heisst    im    Weinrausch,    das 
Todesurteil  zu  unterzeichnen.    An  der  Ecke 
von    Pearl    und    Centerstrasse    wurde    das 
Schafott  aufgestellt,  und  an  einem  nasskal- 
ten  Maitage,    1691,    fand   die   grauenerre- 
gende   Hinrichtung    statt.       Vor    seinem 


54 


EINE  GESCHICHTLICHE   CEHEHSICHT  l'EHEH   DIE  DEl'TSCHEX    IN   AMERIKA. 


Tode  liiflt  LrishT  eine  Anspnu'lie.  man 
solle  die  rnfj:ertrhtij,H<cit.  tlir  iliiii  wider- 
fahren. ver«ressen.  seine  Asche  solle  jede 
Spnr  der  üblen  Feindseli'rkeiten  der  beiden 
Parteien  vertil»;en.  Doch  war  mit  dem 
Tode  Leislers  nnd  seines  Sehwie^ersohnes 
der  Kam|)f  nicht  zu  Ende.  Sieben  Jahre 
nacliher  war  die  N'olkspartei  wider  oben, 
nnd  unter  Gouverneur  Hellomont  wurden 
die  Gebeine  der  ]\lärtyi-cr  unter  «grossem 
Volksandrantr  im  Kirchhof  der  holländi- 
schen Kirche  feierlich  bestattet.  Nach 
redlieiier  Anstrenjrvui<:  des  jun^n'u  Leislev 
wurde.  l()J)ö.  vom  englischen  Parlament  die 
Anklai^e  «re»ren  seinen  Vater  vollkonnnen 
widerrufen,  seine  llaltun«:  «rutgeheissen, 
luid  das  jran/e  Vermö^'en  der  Familie  zu- 
rückerstattet. In  der  amerikani.sehen  Ge- 
schichte f-^ebührt  dem  ehrlichen  uneiiren- 
nützifien  Dieiu'r  des  Volkes.  Jakob  Leisler, 
der  Ruhm,  dun-h  sein  uiu»bhängiges  Auf- 
treten in  der  Hevolution  und  seine  Beruf- 
un«,'  des  ersten  ron^re.s.ses  im  (Jebiete  der 
VereinifTten  Staaten  das  Prinzip  der 
Selbst  re«;ienni«r  erheblich  geföi'dert  zu 
haben. 

Zu  den  Xachkonunen  Leislers  gehört 
(iouvernein-  .Monis.  .Mitglied  der  Verfas- 
sungsconvention von  1787,  einer  der  bedeu- 
tendsten Staatsmännei-  in  der  Jugendzeit 
der  amerikanischen  Republik.  Des.sen 
Stannnvater  war  dci-  Hugenotte  Abraham 
Morris,  der  die  AVitwc  Miibornes  (geb.  Ma- 
ria Leisler)  heiratete.  Der  Sohn  aus  dieser 
Khe  heiratete  Gertrude  Rynd(>rs.  die  En- 
kelin Jakob  Leislers. 

Xelx'ii  den  Spuren  gi'o.sser  Taten  ward 
das  siebzehnte  Jahrhundert  ereignisvoll 
durch  den  Hau  einer  festgegründeten  Kolo- 
nie, eines  Ausgangspunkts  der  späteren  um- 
fangreichen Einwanderung  des  achtzehnten 
Jahrhunderts.  Die  Griunluug  von  Ocr- 
monfoirn  im  Jahre  1688  l)edeutet  den  Ein- 
tritt (Ifs  (h'utschcn  Volkes  In  die  Koloninl- 
(fcschichtr  Amerikas.  Den  Antrieb  hatte 
1()77  die  Keise  des  Quakers  "William  Penn 
in  die  Rheiidande  ircireben.  uiul  e-.-  wurde 


liald  darauf  in  den  pieti.stischen  Kreisen 
Frankfurts  eine  Gesellschaft  zur  Heförde- 
ruiig  einer  Auswanderung  nach  dem  Lande 
Penns  gebildet.  Da  erschien  zur  rechten 
Zeit  der  rechte  .Mann.  Franz  Dan'ul  l'as- 
torius,  der  im  Verkehr  mit  den  Frankfurter 
Pietisten  von  *h-v  Begierde  hingeri.s.sen 
wurde,  mit  den  gottesfürchtigen  Freunden 
in  dci-  amerikanischen  Wildnis  ,,ein  still 
»nid  christlich  Leben  zu  führen."  Von  den 
Mitgliedern  der  (Jesellschaft  entschlo.ss  sich 
aber  keines  auszuwandern.  Dreizehn  Fa- 
milieidiäupter  der  Mennoniten  in  Crefeld 
wurden  daher  die  ersten  Kolonisten.  Die- 
selben waren  durch  Penns  eindringliche 
Predigten  zu  de.ssen  Lehre  bekelirt.  hatten 
von  ihm  18.000  Acker  Landes  in  Pennsyl- 
vanien  erstanden,  inul  machten  sich  nun 
bereit,  unter  Pa.storius'  Führung  eine 
Kolonie  zu  gründen. 

Mit  einem  Gefolge  dienender  Leute  zog 
Pastorius  sechs  Wochen  im  voraus,  als  be- 
vollmächtigter Agent  der  Frankfurter  Ge- 
sellschaft, von  der  Heimat  fort  und  kam 
am  20.  August  1683  in  Philadelphia  an. 
Die  Crefelder  wurden  durch  Furley.  Penns 
Agent,  von  Rotterdam  abgeschickt  und 
landeten  am  6.  Oktober  desselben  Jahres, 
daher  der  6te  Oktober  in  der  deutschameri- 
kanischen Geschichte  als  der  ..Deut.sehe 
Tag"  festlich  begangen,  und  das  Schiffchen 
,,Coneord"  als  die  deutsche  ,,Mayflower" 
gefeiert  wird. 

Schwere  Arbeit,  bittere  Entbehrungen 
waren  das  Los  der  Kolonie  in  ihren  ersten 
Jahren,  und  Pa.storius  sprach  wehmütig 
lächelnd  von  einem  Arnuni-  statt  German- 
town.  .Mächtig  aber  waren  der  eisenie 
Fleiss  und  die  unermüdliche  Ausdauer  der 
Deutschen,  denn  es  waren  Leute,  wie  sie 
Cai)t.  John  Smith  für  Jamestown  geri> 
hätte  herbei.schatfen  wollen,  Ackerbauer. 
Zimmerleute,  Weber  und  Handwerker. 
Bald  entstand  in  der  Wildnis  ein  freund- 
liches Städtchen,  das  sich  längs  einei- 
IIauptstras.se  dahinzog.  Für  die  Ga.st- 
freundschaft  der  Ansiedlune  war  ein  Motto 


P:IXE  geschichtliche  UEBERSICHT  UEBER  die  deutschen  in  AMERIKA. 


55 


bezeiehend,  das  Pastorius'  BloeUliültc 
zierte:  „Klein  ist  mein  Haus.  Doch  Gute 
sieht  es  fjern.  Wer  gottlos  ist,  Der  bleibe 
fern."  Ebenso  kennzeichnend  für  (Kn 
Wirkunjiskreis  der  strebsamen  Kolonisten, 
war  der  8tadt\vahlsprueh :  ..Vinum.  linum 
et  textrinum".  der  Wein,  der  Lein,  und  der 
Webesehrein ;  denn  sie  zogen  Wein  und 
Flachs  luid  woben  Leinwand:  sie  hatten 
Freude  am  Leben  und  beschäftigten  sich 
mit  Ackerbau  und  Gewerbe.  Die  Webe- 
reien Germantown  wurden  weit  über  die 
Grenzen  der  Provinz  bekannt,  und  guten 
Absatz  aller  Produkte  fanden  die  Deut- 
schen in  ihren  vorbildlichen  Jahrmärkten, 
die  seit  1704  oft  zweimal  jährlich  abgehal- 
ten wurden. 

Durch  die  Papiermühle  von  Willtclm 
Entiinffhansen  {Rittenhouse)  aus  Arnheim. 
Holland,  .stieg  die  industrielle  Bedeutung 
Germantowns.  aber  noch  grösseres  An- 
.sehn  erwarb  die  um  1738  gegründete  Buch- 
druckerei von  Christoph  Säur,  die  sich 
durch  den  ersten  vollständigen  Bibel- 
druck auf  amerikanischem  Boden  verewigt 
hat.  Diese  deutsche  Bibel,  deren  er.ster 
Druck  1743  erschien,  hatte  nur  einen  Vor- 
gänger, die  Ausgabe  (1661-3),  aber  nur 
des  Neuen  Testaments ,  in  indianischem 
Dialekt,  welche  John  Eliot  in  ]\Iassachu- 
setts  zum  Unterricht  seiner  bekehrten  In- 
dianer verfertigen  liess.  Zur  Zeit  des  Er- 
scheines  der  deutsehen  Bibel  Saurs  war  in 
englischer  Sprache  noch  keine  Bibel  in 
Amerika  gedruckt  worden. 

Aber  noch  ein  anderes  ideales  Bestreben 
erhöht  die  Bedeutung  Germantowns  mid 
greift  ereignisvoll  in  die  Kulturgeschichte 
des  amerikanischen  Volkes  ein.  Es  war  der 
Protest  gegen  die  Sklaverei  im  Jahre  1688. 
Denselbe  hatte  seinen  I^reprung  in  einer 
Versammlung  am  18.  April,  deren  Be- 
schluss  dahin  lautete,  die  Verwerflichkeit 
des  ^Menschenhandels  in  der  nächsten  mo- 
natlichen Versammlung  der  Quaker  zur 
Sprache  zu  bringen.  Wegen  seiner  Trag- 
weite und  innern  Berechtigiuig  wurde  der 


schriftliche  Protest  von  der  monatlichen 
an  die  vierteljährliche,  von  dieser  an  die 
Jahresversanunlung  gewiesen.  Der  Be- 
schlu.ss  dieser  höchsten  Behörde  der  Quäker 
lautete:  ..Es  wäre  nicht  als  passend  er- 
achtet worden,  dass  die  Versannnlung  ein 
bestimmtes  Urteil  über  die  Vorlage  aus- 
spreche, da  der  Gegenstand  derselben  zu 
manchen  andern  Angelegenheiten  in  naher 
Bezieluuig  stehe."  Diese  diplomatische 
Abfertigung  einer  heiklen  Frage  konnte 
aber  den  Widerspruch  des  Sklavenhandels 
mit  der  christlichen  Lehre  nicht  entfernen: 
die  Quäker  erklärten  sieh  1715  gegen  den 
überseeischen  Sklavenhandel,  1770  durften 
Sklavenhalter  nicht  zu  Gemeindeäjtesten 
gewählt  werden,  und  im  Banne  der  Ent- 
rüstung gegen  das  Uebel  das  Menschen- 
handels erliess  Pennsylvanien  1780  Gesetze, 
die  nach  und  nach  die  Abschaftung  der 
Sklaverei  in  den  Grenzen  des  Staates  zur 
Folge  hatten. 

Der  Protest  gegen  die  Sklaverei  erschien 
in  der  Handschrift  von  Pastorius,  den  wir 
wohl  auch  als  den  Verfasser  des  einzigarti- 
gen Schriftstücks  betrachten  dürfen.  An 
Bildmig  ragte  er  weit  über  seine  Umgebimg 
hinaus,  war  den  eisten  seiner  Zeit  eben- 
bürtig, hatte  auf  den  Universitäten  Alt- 
dorf, Strassburg,  Basel  und  Jena  die 
Kechte  studiert,  hatte  eine  zeitgemässe 
Meisterschaft  der  klassischen  Sprachen  er- 
reicht, war  aber  nicht  weniger  in  mehreren 
lebenden  Sprachen  bewandert,  wovon  er  in 
seinem  handschriftlichen  Sanunelfolio 
„Bienen.stock "  reichlich  Zeugnis  ablegte. 
Doch  verspürte  er  im  Wissensqualm  die 
Beklemmung  des  im  neunzehnten  Jahr- 
hundert so  oft  erseheinenden  "Lateinischen 
Farmers";  unter  den  schwirrenden  Web- 
stühlen und  geschäftigen  Handwerkern 
Germantowns  empfand  er  die  Beschämung 
des  Gelehrten  vor  den  Praktisch-Gebilde- 
ten, und  iimncher  Seufzer  entstieg  ihm, 
dass  er  nicht  seine  Zeit  verwendet  habe 
auf  „Engenier-Sachen  und  Buchdrueker- 
kunst",  die  ihm  nun  besser  wären  zu  stat- 


56 


EINE  GESCHK-HTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA. 


ten  gekonunon  als  ..alle  Aristotelische  Syl- 
losrisinen,  durch  welche  kein  wilder  ^leusch 
oder  l'nchrist  zu  Gott  «rebraeht.  viel  weni- 
ger ein  Stück  Brodes  erworben  wiu-den 
kann.'"  Tastorius  widmete  lebenslänglich 
seine  besten  Kräfte  dem  Wohl  der  deut- 
schen Kolonie,  bekleidete  zu  verschiedenen 
Zeiten  vielerlei  Aemter.  als  Hürgermeister, 
Stadtschreiber.  Notar.  Jurist  und  als 
Lehrer  ( zuei-st  in  Philadelphia  an  der  eng- 
li.schen  Quäker.schule.  später  an  der  deut- 
schen Schule  in  Germantown).  —  eine  der 
edelsten  Ei*scheinungen  in  der  Geschichte 
der  Deutschen  in  Amerika. 

Unter  den  frühen  Ansiedlern  in  der  Um- 
gegend von  Germantown,  befand  sieh  eine 
Gruppe  religiöser  Sonderlinge  unter  ihrem 
Anführer  JoJtaini  Kclpius  aus  Sieben- 
bürgen. Der  Gründer  des  Ordens  war  der 
Astronom  Zinnnermann,  der  aber  vor  der 
Abreise  starb.  Die  ..Erweckten"  kamen 
](i!)4  an  und  erwarteten  in  der  amerika- 
nischen Wildnis  den  Untergang  der  AVeit 
und  die  Wiederkunft  Christi.  Abgeschie- 
den von  der  Welt  siedelten  sie  sich,  „das 
Weib  in  der  Wüste",  am  Wissahickon  an, 
wo  Schluchten  inid  Höhlen  ihnen  zu  ihi-em 
mysti.sehen  Ritas  dienten.  Auch  bauten  sie 
eine  Sternwarte,  von  woher  sie  zu  ]Men- 
schenleben  und  Häuserbauten  das  Horo- 
skop lasen,  ferner  dienten  sie  ihren  aber- 
gläubi.schen  Alitnicnschen  als  Verfertiger 
von  Talismanen,  Entdecker  unterirdischer 
Erze  luid  Gewässer,  aber  auch  als  Lehrer 
und  Ratgeber.  Ihre  Einsiedelei  befand 
sich  im  gegenwärtigen  Fairmomit  Park  in 
Philadelphia,  wo  Namen  wie  Hermit 
Bridge,  Hermit  Lane,  Hermit  Glen  noch 
auf  die  Spuren  der  mystischen  Brüder- 
schaft wei.s<'n. 

Eine  ähnliche  mystisch-.schwärmerische 
Gemeinde  stiftete  viele  Jahre  später  Con- 
rad Beissel,  der  von  den  Tunkern  ausge- 
gangen, zuerst  mit  seinen  Gläubigen  sich 
am  Conestoga  ansiedelte,  dann  um  der 
Wildnis  am  Coealico  Creek  das  Kloster 
Ephrata  gründete.    Klosterbauten  schieden 


Mönche  und  Nonnen,  eine  strenge  Askese 
und  Arbeitsptiicht  wurden  durchgeführt. 
Der  vielgeptlegte  Chorgesang  der  Gemeinde 
wurde  von  reisenden  Zuhörern  sehr  be- 
wundert und  liefert  das  erste  Beispiel 
eines  gemischten  Chores  und  einer  freier- 
fundenen und  komponierten  Kirchenhynuie 
auf  amerikanischem  Boden. 

Das  XVIII.  Jahrhundert. 

Ueberaus  gross  war  unter  den  deutschen 
p]inwanderern  vor  1750  die  Zahl  der  Sek- 
ten. Die  Unterdrückten  und  Verbannten 
fanden  in  Pennsvvanien  ein  Asvl,  .,um  der 
gütigen  Regierung  und  der  Gewi.s-sensfrei- 
heit  wegen"  (Säur).  Lancaster  County 
füllte  sich  im  ersten  Viertel  des  achtzehn- 
ten Jahrhunderts  mit  dem  fleissigen,  acker- 
bautreibenden Volke  der  ]\Iennoniten. 
Dazu  gehörten  die  Ameniten,  noch  rigor- 
oser in  ihren  Sitten,  nach  ihrem  Apo.stel, 
dem  Schweizer  Amen  genannt.  Diese 
beiden  Zweige  der  ]\Iennoniten  brachten  die 
Grafschaft  Lancaster  zur  dauernden,  gar- 
tenähnlichen Blüte  eines  europäischen  Kul- 
turlandes. Die  Tunker.  deren  Name  von 
der  Art  der  Taufe,  eintunken  (eintauchen), 
abgeleitet  ist,  nahmen  früh  nach  Pennsyl- 
vanien  ihre  Zuflucht.  Sie  Hessen  fast 
keinen  ihrer  Sekte  im  alten  Weltteile  zu- 
rück imd  siedelten  sich  in  Berks  County 
und  am  Conestoga  an.  Zu  ihnen  gehörte 
Peter  Becker  (Baker),  Chri.stoph  Säur  und 
Conrad  Beissel  vor  seinem  Abfall  von  der 
Sekte.  Ferner  gab  es  Schwenkfelder,  eine 
aus  Luthers  Zeiten  stammende  Gemeinde, 
den  Anabaptisten  verwandt,  die  sich  meis- 
tens in  der  Nähe  von  Goshenhoppen  (Mont- 
gomery  County)  ansiedelten. 

Von  weit  grö.sserer  Bedeutung  an  Zahl 
und  Wirkung  wurden  aber  die  drei  protes- 
tantischen Kirchen  der  Lutheraner.  Refor- 
mierten und  Herrn  huter,  besonders  da  sie 
imter  solchen  Führern  wie  ]\Iühlenberg. 
Schlatter  und  Zinzendorf  eine  einheitliche 
Leitung  erhielten.  Die  Vereinigten  Brü- 
der oder  Herrnhuter  (oft,  aber  irrtümlich 


EINE  GESCHICHTLICHE  UKBKRSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEx\  IN  AMERIKA. 


57 


^,Müravians"  genannt)  hatten  sieh  zuerst 
mit  den  Salzburgern  in  Ebenezer  angesie- 
delt, yerliessen  aber,  als  man  von  ihnen 
Militärdienst  erwartete,  die  Provinz  Geor- 
gia lind  gründeten  unter  der  Leitung 
David  XifschnuDDis,  des  Seli\viegerst)hns 
von  Zinzendorf,  ihren  Stannnsitz  Betlile- 
hem  in  Pennsylvanien.  Während  seines 
Aufenthalts  in  Amerika  nmehte  Zinzendorf 
den  Versueh.  alle  Sekten  in  einer  einzigen 
Christliehen  Kirche  zu  vereinigen,  der 
grossgedaehte  Plan  seheiterte  aber  an  der 
Eifersucht  der  die  Obermacht  der  Herrn- 
huter  fürchtenden  Sekten.  Unter  Bischof 
Spangenberg,  der  zwanzig  Jahre  lang  die 
Kirche  der  Vereinigten  ßrüder  leitete, 
gründete  die  Brüdergemeinde  viele  Kolo- 
nien, die  sich  durch  friedlichen  Wandel 
und  Wohlstand  auszeichneten.  Einen 
schönen  Dienst  leistete  die  Kirche  mit 
ihren  Schulen,  besonders  den  sogenannten 
Frauen-Seminarien.  und  hervorragend  über 
alle  andern  Confessionen  waren  die  Ver- 
einigten Brüder  als  ]Missionäre.  Die  In- 
dianer-Kolonie Gnadenhütten  in  Pennsyl- 
vanien, die  späteren  Gründungen  am  IMus- 
kingum  im  Staate  Ohio,  die  Leistungen 
solcher  ^Missionäre  wie  Zeisherger,  Hecke- 
welder,  Post,  Rausclt,  Jungmann,  Sense- 
man)i,  verschafften  den  Vereinigten  Brü- 
dern den  wohlverdienten  Ruhm,  unter 
allen  Indianermissionsversuchen  in  den 
Vereinigten  Staaten  das  Höchste  erreicht 
zu  haben. 

Die  verechiedenen  Sekten,  und  mit  ihnen 
die  Quäker  und  Vereinigten  Brüder,  bilde- 
ten einen  Gegensatz  zu  den  zahlreicheren 
Lutheranern  und  Reformierten.  Sie  ver- 
traten den  Grundsatz  der  Duldung,  des 
Friedens,  der  strengen  Sitten  im  täglichen 
Leben,  sie  führten  keine  Waffen  und  be- 
kleideten keine  staatlichen  Aemter;  Müh- 
lenberg und  Schlatter  dagegen,  Führer  der 
Lutheraner  und  Reformierten,  vertraten 
neben  einer  heiteren  Lebensauffassung  das 
Kämpfen  gegen  alle  feindlichen  Mächte, 
mit  Waffen  in  der  Hand  und  mit  der  Ge- 


walt einer  selbsteingeführten  Gesetzgebung 
im  Rückhalt.  Dieser  Gegensatz  verschärfte 
sich  zur  Revolutionszeit,  da  Kriegs-  und 
Friedensparteien  sich  bildeten.  Als  nach 
schwerem  Kampf  die  wehrhafte  Partei  in 
Pennsylvanien  den  Sieg  davon  trug,  gingen 
die  Sekten  aber  nicht  zu  den  Tories  über, 
sondern  Hessen  aus  ihren  Kornkammern 
der  patriotischen  Sache  Unterstützung  zu- 
Üi  essen. 

Als  Heinrick  MelcJiior  Mühlenberg,  1741, 
nach  Pennsylvanien  kam,  fand  er  verödete 
ZiLstände  und  verwahrloste  Herden.  Er 
bekleidete  zuerst  die  Pfarrerstellen  zu  New 
Hanover,  Providence  und  Philadelphia,  bis 
ein  rasches  Wachstum  immer  mehr  neue 
Kräfte  in  Anspruch  nahm.  Mit  Takt,  Um- 
sicht und  unermüdlicher  Ausdauer  baute 
er  an  einem  Gotteshaus,  das  sich  bald  über 
alle  von  Deutschen  angesiedelte  Landes- 
teile, von  New  York  bis  zum  fernen  Geor- 
gia, erstreckte.  In  seinen  Nachrichten  an 
die  Hallischen  Kirchenväter  berichtet  er 
umständlich  über  alle  kirchlichen  Ange- 
legenheiten, eröff'net  aber  auch  einen  tie- 
feren Einblick  in  das  innere  und  äussere 
Leben  jenes  keimenden  Zeitalters. 

Energisch  und  erfolgreich  wirkte  eben- 
falls Micitacl  Scldatter  an  dem  Bau  der 
deutschen  Reformierten  Kirche  in  Amerika, 
vereinigte  seit  seiner  Ankunft,  1746,  die 
zahlreichen  meistens  aus  der  Pfalz  einge- 
wanderten Reformierten  in  Gemeinden, 
Hess  Prediger  aus  Europa  kommen,  konnte 
aber,  wie  es  anderen  auch  erging,  niemals 
ihrer  genug  finden,  sodass  auf  dem  ein- 
zelnen Seelsorger  ungeheure  Lasten  ruhten, 
die  er  ptlichtgetreu  aber  mühevoll  zu  tra- 
gen suchte. 

Unter  den  zeitgenössischen  Urteilen  über 
die  Pennsylvanisch-Deutschen  (Pennsyl- 
vania-Dutch),  denn  unter  diesem  Namen 
kannte  man  im  18ten  Jahrhundert  wohl  die 
gesammte  deutsche  Einwanderung,  da  sie 
meistens  von  Pennsylvanien  ausging,  giebt 
es  kein  treffenderes  oder  glaubwürdigeres 
Gutachten,  als  das  des  vielseitigen  Arztes 


58 


ElNK  GESf'HICHTMClIK    rKUKKsmiT   I  •  K I '.  K  K"    DIK    DKCTSfll  KX    IX    AMKKIKA. 


Dr.  Ik^njamin  Rush,  rntci-zcicluKM's  dci- 
l'nahhäni^i^keitserklänin^,  Schatzmeisters 
des  Münzaiiits  der  Vei-ciiii'Jften  St;i;itcii. 
"Wie  einst  Taeitus  den  Höinei'ii,  so  hält  er 
den  ('iiiai'ljortien  Ainei'iUanerii  die  \'()rzü<re 
des  (h'Utseheii  Volkes  vor.  mit  Ix'soiuhM'cr 
Betoiiun«r  ihi-es  Fh'isses  und  ilii-er  Kennt- 
nisse als  Aekei-])aner.  ..Die  Di'Utsehen  un- 
tei*seheiden  sich."  sajrte  er.  ..von  den  Hin- 
trewanderten  aiidei-ei-  Nation  un<l  den  Kin- 
gel)oinen  in  foltrender  Weise:  Sie  suchen 
sieii  «rntes  Land  aus.  halten  fest  daran  und 
gehen  ihren  Ansiedlun^en  Dauerhafti«;keit. 
Sie  halten  ihr  Land  von  liaumstnmpfen 
und  Steinen  rein  und  sind  bestrebt,  den 
irrössten  Ertrag  von  .iedem  Acker  Landes 
zu  erzielen.  Der  Eingeborne  ist  verschwen- 
derisch, der  Deutsche  spai-sam  im  (jeschäft 
inid  im  Haushalt.  Er  lä.s.st  sein  Vieh  nicht 
wild  umherlaufen,  sondern  hält  es  unter 
Dach,  heizt  im  Winter  den  Stall  und  spart 
nicht  mit  Nahrung  und  Pflege.  Seine 
Scheunen  sind  noch  imposanter  als  sein 
Haus:  letzteres  wird  in  der  zweiten  Gen- 
eration gewöhnlich  von  Stein  gebaut.  Der 
Deutsche  verrichtet  alle  Arbeit  selbst  und 
wird  dabei  von  seiner  Familie  unterstützt. 
Er  behält  sein  Gut  in  der  Familie  und 
kauft  die  Nachbarn  aus,  dass  sie  wegziehen 
müssen."  Der  Erfolg  des  deutschen 
Hauers  gründete  die  ökonomische  Selbstän- 
digkeit der  Kolonien,  und  seine  Kornkam- 
mern, spricht  Kush.  brachten  dem  Lande 
Millionen  von  Dollars  ein,  machten  die 
Gründung  der  Bank  von  Nordamerika 
(1780)   möglich. 

Aber  auch  in  Industrie  und  Gewerbe 
waren  die  Pennsylvanisch-Deutschen  her- 
vorragend. \m  Kleingewerbe  waren  sie  als 
fertige  Handwerker  liekannt.  im  Handel 
konnte  man  sich  auf  ihre  Ehrlichkeit  im 
Schuldenbezahlen  verlassen,  in  der  In- 
dustrie wirkten  sie  bahnbrechend  mit  iiireii 
]\Iühlen.  Webereien.  Glashütten.  Eisen- 
giessereien.  Papierfabriken  und  iJudi- 
drnckereien.  Baron  Stiegd  gründete.  1758. 
das     Städtchen     ^laimheim     in     Lancaster 


Gounty.  das  ganz  .seinen  grossartigen  in- 
dustriellen rnternehmungen  gewidmet 
war.  seiner  Kisengiesserei.  worin  unter  an- 
derm  die  berühmten  Ofen])latten  verfertigt 
wurde!',  und  seiner  (llasliütte,  der  ereten 
derartigen  (iründunu'  in   retinsylvanien. 

Hin  solcher  Kern  wohnte  in  dein  Volks- 
stannii  der  Pennsylvanisch-Deutschen.  die 
von  Philadelj)hia  aus  rasch  die  Counties 
Montgomery,  Jjancaster  und  Berks  be- 
setzten, sodann  nach  Norden  und  Westen 
über  Lehigh,  Northampton  und  Monroe, 
ferner  über  Lebanon  und  I3auphin  sich  ver- 
breiteten, vom  Susfpiehannah  unauf gehal- 
ten, festen  Fuss  in  York,  (Hnnberland  und 
Adams  Counties  fassten  und  nun  die 
Völkerwanderung  weiter  schoben,  nach 
Maryland  und  Virginien,  über  den  Po 
lomac  ins  Shenandoahtal,  bis  zur  Wasser- 
scheide hinauf  und  weiter,  links  nach  Nord 
Carolina,  rechts  nach  den  Toren  des  Süd- 
westens, Kentucky  und  Tennessee.  Im 
Kampfe  mit  der  ungezähmten  Naturgewalt 
und  im  beständigen  Vernichtungskrieg 
mit  den  streitbaren  Indianern  traten  sie 
siegreich  hervor  als  Verteidiger  der  ameri- 
kanischen Grenze  von  New  York  bis  Geor- 
gia, und  als  Gründer  d^s  landwirtschaft- 
lichen Reichtums  der  Vereinigten  Staaten, 

Die  Änsiedlung  des  deutschen  Stammes 
in  cTcr  Provinz  Xew  York  hat  ihre  besondere 
Geschichte,  deren  Anfänge  nach  der  Hei- 
mat in  der  Rheinpfalz  zurückgehen,  dem 
Herzen  der  deutschen  Auswanderung  des 
18ten  .Jahi'lnuiderts.  Das  schöne  (»arten- 
land  wurde  in  den  unaufhörlichen  Käm- 
pfen des  17ten  Jahrhunderts  das  Opfer  der 
wütenden  Kriegsfurien.  Im  Dreissig.jähri- 
gen  Kriege  wurde  des  Winterkönigs  Land 
zuerst  von  General  Tilly,  darauf  von 
Freund  und  Feind  ohne  T'ntei-schied  be- 
i-aubt  und  verwüstet,  bis  nichts  mehr  zu 
plündern  war.  Hungersnot  und  Seuchen 
taten  das  übrige,  verführten  den  verkom- 
menen Bauern  zum  Leichenraub  oder  trie- 
ben ihn  unter  die  Soldaten.  Nachdem  der 
grosse  Krieg  vorbei  war,  kamen  die  furcht- 


EINE  GESCHICHTLICHE   TEHKUSICHT  CKUKH    DIK   DEUTSCHEN   IX  AMERIKA. 


09- 


baren  V(n'heenni«»'i'ii  der  Kriejiszügc  unter 
Louis  XIV.  ]Man  liess  dem  j^eduldi^tMi 
Bauer  den  Samen  zum  Spott,  daiuit  er  die 
näehste  Ernte  wiedei-  den  Soldaten  zu- 
bereite. Zuletzt  maehte  der  Franzose  die 
sieli  immer  wieder  raseh  erholende  Pfalz 
zur  Wüstenei,  damit  sie  seinen  Feinden 
nicht  zur  Verproviantierung  diene. 

Ausser  den  A'erheerunuen  des  Kriesfs 
kamen  noch  andere  Ih-saehiMi  zur  Auswan- 
derung hinzu.  Das  wüste  Treiben  der 
kleinen  P^'ürsten  (Landesväter  Landesver- 
räter), deren  Schulden  schwere  Abgaben 
von  den  Untertanen  erpressten.  be- 
schleunigte den  Verfall  des  Bauers.  Da 
Karl  Ludwig  noch  auf  dem  Throne  sass. 
bestand  unter  katholischer  Regierung  Keli- 
gionsfreiheit.  Anders  aber  wurde  es  unter 
seinen  Xachfolgern.  denn  wurde  auch  tli'U 
Lutheranern  und  Reformierten  der  .Kirch- 
enbesuch gestattet,  so  hatten  die  Sekten, 
wie  Quäker,  ^Mennoniten,  Waldenser,  auch 
Hugenotten  keine  zugestandenen  Rechte. 

p]s  hatte  der  spanische  Erbfolgekrieg  im 
Jahre  1707  neue  Verheerungen  in  der  Pfalz 
angerichtet,  und  unter  den  Heimatlosen  be- 
fanden sich  Josua  von  Kochertal  und  einige 
sechzig  Pfälzer.  Als  ihnen  die  Erlaubnis 
zum  Auswandern  nicht  gegeben  worden, 
schifften  sie  sich  ohne  den  Pass  des  Kur- 
fürsten nach  England  ein.  Dort  lernten 
sie  die  ^Mildtätigkeit  der  Königin  Anna 
kennen,  als  diese  jedem  einen  Shilling  pro 
Tag  zum  Lebensunterhalt  auszahlen  liess. 
Die  Londoner  „Lords  of  Trade",  zum  Teil 
auch  auf  ihren  Vorteil  bedacht,  schickten 
nun  die  wackem  Auswanderer  als  Pioniere 
und  Orenzvert eidiger  nach  ihrer  Provinz 
New  York.  Dort  gründeten  sie,  1709.  Xew- 
burgh  (Xeuburg)  am  Hudson,  während  die 
ganze  Kolonie  unter  Kochertals  Obhut  ..The 
Palatine  Parish  by  the  Quassaick"  hiess. 
Kocherthal  starb  im  Jahre  1719,  seine 
Xachfolger  waren  Jusfus  Falkner,  (Jhris- 
fopli  Berkennuijer  und  Christian  Knoll. 

Die  den  Kocherthalern  zugekommene  Un- 
terstützung wirkte  auf  die  auswanderungs- 


lustigen Pfälzer  wie  ein  "Willkornmenheis- 
sen.  Xeben  den  vielen  erwähnten  Ursachen 
zur  Auswanderung,  kam  noch  die  inige- 
wöhnliche  Strenge  des  Winters  1708-9 
hinzu.  ,, Vögel  starben  im  Flug,  Tiere  in 
ihren  Höhlen,  und  Menschen  fielen  am 
Wege  hin,"  so  berichtet  Conrad  Weiser  d. 
jüngere  in  seinem  Tagebuch.  Die  Furcht 
vor  Hungersnot  und  die  Hoffnung  auf  ein 
sorgenfreies  Heim  reiften  die  Wanderlust 
in  den  kummervollen  Herzen  der  Pfälzer, 
und  wie  durch  vereinbarten  Entschluss, 
entstand  eine  seltsame  Bewegung  unter 
ihnen,  eine  Strömung  nach  den  Gestaden 
Englands,  um  von  dort  aus  durch  der 
Königin  Anna  Gunst  nach  dem  Lande  der 
Verheissung  geschickt  zu  werden. 

Im  Mai  fingen  die  Pfälzer  an,  in  London 
zahlreich  zu  erscheinen,  bis  Juni  waren  es 
ihrer  5000,  bis  Oktober  13,000,  die  obdach- 
los die  Wohltätigkeit  Londons  in  Anspruch 
nahmen.  Ehrenvoll  löste  der  Brite  das 
schwierige  Problem  der  Beköstigung  und 
Versorgung  der  Tausende.  Der  Anblick 
der  bedürftigen,  zum  Teil  in  Zelten  unter- 
gebrachten Heimatlosen,  flösste  sogar  eini- 
gen auf  Besuch  in  London  ei"scheinenden 
Indianerhäuptlingen  ^Mitleid  ein.  Von 
ihnen  wird  erzählt,  dass  sie  der  Königin 
Anna  zur  Ansiedelung  der  Pfälzer  ein 
Stück  Landes  anboten,  am  Schob arie  ge- 
legen in  der  Provinz  Xew  York,  daher  die 
Pfälzer  dasselbe  als  ein  Geschenk  der  In- 
dianer an  sie  betrachteten  luid  seitdem 
nicht  ruhten,  bis  sie  in  das  gelobte  Land 
gekommen. 

Ungefähr  5000  der  in  Ltmdon  angekom- 
menen Pfälzer  fanden  Arbeit  in  ver- 
schiedenen Gewerben  zu  Wasser  und  zu 
Land,  3800  wurden  als  Kolonisten  nach 
Irland  in  die  (»raf.schaft  .Munster  geschickt, 
etwa  600  zogen  unter  (J raffen rieds  Leitung 
nach  Nord-Carolina,  der  Rest  von  über 
3000  ward  für  die  Provinz  New  York  be- 
stimmt, zur  xVusführung  eines  gros.sartigen 
Planes  dci-  Verfertigung  von  Schiffsharz. 
Teer  und  sonstigen  Flotten  Vorräten,  die 
man  bisher  aus  nordischen  Ländern  hatte 


60 


EINE  GESCHICIITLR'HK  UEHERSICHT  UEBEK   DIE   DEUTSCHEN   IN  AMERIKA. 


importieron    iiiüs.slmi.      Der    neue    frouver- 
neur.  Obei-st   RobiTt   IlniitiT.  war  mit  clor 
Aiisfülinmj;  l)eauftniy:t  uv.d  stit'ss  mit  d  Mi 
auf  /A'hii  Schilien  verpat-ktni  Plal/.i'ni   im 
April    1710    in    die    See.      Es    üeleii    bald 
dunkle    Sehatten    auf    dir    liotViiuii^'svoUeii 
Pläne,  da  773  der  Kolonisten  aul"  der  Reise 
oder  kurz  i-acli  der  Ankunft  den   Sehiffs- 
kranklieilcn  crlau'en.     Ilunter  sehritt  aber 
ent.seho.ssen    vorwärts,    «gründete    East    und 
AVest  Camp  zu  beiden  Seiten  des  Hudson, 
in  der  Nähe  der  jetzigen  Stadt  Khinel)eek, 
und  Hess,  sobald  es  die  Jahreszeit  erlaubte. 
Fiehtenbäume     fällen.       Die     angekauften 
6000  Aeker.  ein  Teil  des  Livingston  IManor. 
hatte  er  von  dem  sehlauen  Robert  Living- 
ston  erstanden,   dem   nun   aueh   die   Bekö- 
stigung der  Pfälzer  kontraktlieh  übergeben 
wurde,  wobei  Livingston  seinen  Eigennutz 
walten  lie.'-s  und  seiiu^i  Reielitum  noch  ver- 
grösserte.      Die   1189  Kolonisten  von   East 
Camp  hatten  allein  den  Zwang  der  Teerraa- 
nufaktur  zu  ertragen,  und  es  regte  sich  bald 
Unzufriedenheit    unter   ihnen.      Teils    war 
ihnen  die  barsche  militärische  Art  der  Lei- 
tung vei'hasst,  teils  glaubten  sie  sich  in  der 
schönen    Hoffnung    auf    freie    Arbeit    mit 
eigenem  Grundbesitz  getäuscht,  da  Gouver- 
neur  ILuiter   ihnen   die   Aussicht   auf   die 
jedem  Pfälzer  nach  bestandener  Arbeit  ver- 
sprochenen vierzig  Acker  verschloss.     Die 
Kolonisten    hatten    ausgezeichnete    Führer, 
unter  ihnen  Johann   Koiixtd   Weiser   (aus 
Gro.ss-An.spach,    Württemberg),    ein    hart- 
näckiger,     ungebeugter      Verfechter      dei- 
Rechte  seiner  Landsleute,  ein  ^Michael  Kohl- 
haas auf  amerikanischem  Boden.     INIit  dem 
Beistand  von  Tru])pen  aus  Albany  wurde 
ein    Ausstand    der    Arbeiter    unterdrückt, 
danach  hörte  alle  Selbsregierung  auf.  und 
East  Camp  wurde  eine  Zwangskolonie.    An 
emsiger  Arbeit  Hessen  es  die  Pfälzer  nicht 
fehlen,  denn  bis  zum  Sonuner  1712  hatten 
sie  100,000  Bäume  umgehauen   und   zube- 
reitet.   Aber  aus  diesen  Fichten  gab  es  an- 
statt 30,000  nur  200  Fässer  Teer.    Aufsehei- 
Cast   war   der   Aufgabe   nicht   gewachsen, 


und  das  Heranziehen  eines  technisch  gebil- 
deten Ausländei's  hatte  man  versäumt.  Die 
Londoner  ..Lords  of  Trade"  verloren  dius 
\'ertrauen  in  Ilunter  und  besonders  in  des- 
sen Ratgebei'  utul  verweigerten  ihm  das 
Zurückzahlen  der  grassen  Sunnnen,  die  er 
aus  sein.em  Pi'ivatvermögen  vorgescho.ssen 
hatte.  Im  September  1712  machte  Cast 
bekannt,  dass  die  Arbeit  eingestellt  werden 
müsse,  da.ss  die  Pfälzer  zum  Broterwei-b  auf 
.■^ich  .'-ellist  angewiesen  wäi'cn,  sich  ai)er  be- 
reit halten  .'••.ollten  auf  unbestimmte  Zeit, 
damit  die  Arbeit  allenfalls  wieder  anfangen 
könne.  Die  Bestüi'zung,  welche  unter  den 
Pfälzern  herrschte,  wurde  nur  durch  einen 
rm.stand  gemildert,  die  Hoffninig  auf  das 
gelobte  Land,  denn  ..hin  nach  Schoharie" 
wurde  ihre  Losung. 

Im  gemeinschaftlichen  Rat  wurde  be- 
schloi-sen,  einige  der  Führer,  darunter  Wei- 
sser und  den  schon  im  Indianerkrieg  be- 
währten Kneiskern,  auf  Kundschaft  auszu- 
schicken. Von  Schenectady  bahnten  sich 
dieselben  einen  Weg  bis  nach  Schoharie, 
wurden  von  den  Indianern  freundlich  em- 
pfangen und  erhielten  die  Krlau])niss  sich 
anzusiede'n.  Etwa  ein  Dutzend  Familien 
lie-.'-en  sich  weder  von  dem  Verbot  des  Gou- 
verneurs, nocli  von  Hunger  und  Kälte  ab- 
sehrecken un.d  zogen  sogleich  nach  Scho- 
harie, wählend  der  Hauptzug  im  ^lärz  1713 
folgte,  ^lan  kaufte  Land  von  den  India- 
n(M-n  und  gründete  sieben  Dörfer,  die  sieh 
vom  kleinen  Schoharie  bis  zum  Cobleskill 
hinzogen  und  Namen  der  Führer,  wie  Wei- 
sersdorf, Kneiskerndorf,  Hartmannsdorf, 
Fuchsdorf  etc.  trugen.  Nicht  alle  Pfälzer 
zogen  mit  nach  Schoharie,  die  mei.sten  blie- 
ben in  der  Nähe  von  Ea.st  Camp  an.sässig, 
gründeten  auf  dem  Lande  des  benachbarten 
Holländers  Beeknmnn  Rhinebeck  (Rhein- 
beek),  ihm  und  dem  vaterländischen  Strom 
zu  Ehren  getauft,  oder  siedelten  sich  in 
Dutche.ss  County  an.  gi-ündeten  nördlich 
davon  Germantown.  andere  Hessen  sich  auf 
der  Westseite  des  Hudson  nieder,  in  West 
Camp,  Kingston  und  E.sopus. 


EINE  GESCHICHTLICHE   UEBEKSICUT  UEBEK  DIE  DEUTSCHEN    IX   AMERIKA. 


Gl 


Die  Leidensgesehic'litc  \v;ir  aber  im  «lelob- 
ten  Lande  noch  nicht  zu  Eiulc.    Gouverneur 
Ilunters  Zorn  über  d-is  ,ueschoitert(>  Tiiter- 
nehnien    wandte    sich    nicht    geg?n    seine 
wirklichen     Feinde,     sondern     geoen     die 
imglüeklichen  Pfälzer.    Einer  Anzahl  Aris- 
tokraten in  Albany  übertrug  er  zu  einem 
billigen  Preise  dasselbe  Land,  das  die  Pfäl- 
zer kürzlich  besetzt  hattei^     SchwL'rer  aber 
war  es  für  die  Käufer,  von  dem  Lnmli'  Be- 
sitz zu  nehmen,  denn  tiot/  Drohungen  aller 
Art   verharrten    die   wackern    Bauern    auf 
ihrem  von  den  Indianern  geschenkten,  von 
der   Königin   Anna    versproehrnen    Besitz- 
tum.   Da  beschlo--en  die  Ffälzer,  ihre  g'ite 
Sache  vor  den  ensr-^ieh'  i^  Thron  z'\  bringen, 
und  schickten  Wci-  er.  S^beff  und  Walrith, 
um  einen  gültigen  Rocht'; ti Lei  zw  vermitteln, 
nach    England.      Sic    schiilten    ?:ieh    heim- 
lich   in    Philadelphia    ein.    fielen    aber    in 
die  Hände  von   Se.^räubem.   woliei   AVeiser 
dreimal  an  den   ^last  gebunden  und  jam- 
mervoll    geschlagen     wurde.       Li     Boston 
landete  das  beraubte   Schiff,  um   das  Nö- 
tigste zur  Weiterreise  einzulegen.    Als  Wei- 
ser und  seine  fiefährten  in  London  ange- 
kommen waren,  wurden  sie  in  e  n  Schuld- 
gefängnis   geworfen.      Weiser    und    Seheff 
hielten  aus,  Wallrath  kehrte  zurück,  starb 
aber  unterwegs.     Sie  wurden  durch  Unter- 
stützung von  Schoharie  von   Schulden  be- 
freit und  legten  schriftlich  ihr^  Klage  ein. 
Das  Ansehen  des  anwesenden  Hunter  galt 
aber  mehr,    und    nach    langem  Ausharren 
mu.sste  auch  Weiser  unverrichteter  Dinge 
die  Rückreise  antreten.    A^ls  er  1723  wieder 
in  Sehoharie  erschien,  herrschte  Uneinigkeit 
unter  seinen  Landsleuten.  Man  disputierte, 
ob   die   recht   günstigen    Bedingungen   der 
neuen    Herren    in    Sehoharie   angenommen 
werden,  ob  man  sich  neue  Ländereien  am 
Mohawk  geben  lassen,  ob  man  den  Zvvistig- 
keiten  der  New  Yorker  Provinz  auf  ewig 
Lebewohl  sagen  und  zu  den  deutschen  Brü- 
dern in  Pennsylvanien  übersiedeln  sollte. 

Der  nnversöhnliche  Johann  Konrad  Wei- 
ser zog  das  letzte   vor  und   wanderte  mit 


grossem  Gefolge,  bepackten  Wagen  und 
gro.'-.'-en  Herden,  nach  Berks  County,  Penn- 
sylvanien. am  'l'ulpehocken  und  Swatara, 
und  gründete  dort  Womelsdorf,  ein  MitteL 
punkt  de3  Friedens  und  blühenden  Lebens. 
Ein  anderer  Teil  der  Pfälzer  konnte  sich 
von  Schoharie,  das  so  lieblich  an  die  Heimat 
zwischen  Taunus  und  Ilardtgebirge  erin- 
nerte, nicht  trennen.  Sie  überwanden 
ihien  (Jroll  und  wurden  unter  annehmbaren 
Bedingungen  handelseinig.  Der  dritte  Teil 
nahm  die  Offerte  des  neuen  Gouverneurs 
Burnett  an,  der  ihnen  schönes  Land  am 
oberen  biloba wk  anbot.  Freilich  hatte  er 
dabei  den  Zweck,  die  östlicheren  Ansiedlun- 
gtn  durch  die  pfälzischen  Grenzwächter  zu 
beschützen  ;  man  konnte  aber  auch  ein  Ent- 
gegenkommen der  Regierung  darin  er- 
blicken. Konr;id  Weisers  Reise  hatte  doch 
Frucht  getragen,  l'nter  der  Führerschaft 
von  Gi'ilaeli  zol'-  ein  gros.scr  Teil  der  Pfälzer 
nördlich,  ins  IMohawktal.  An  beiden  Ufern 
de.;  Fli'.s-es  l)!ühten  bald  ihre  Besitzungen 
auf,  von  Fort  Ilnnter  im  O'-'ten,  b"s  Frank- 
fo:-t  fünfzig  IMeilen  westwärts,  in  den  heu- 
tigen IMontgomery,  Herkimer  und  angren- 
zenden Counties.  Die  Namen  Palatine 
Bridge,  ]\Ianheim,  Oppenheim,  Newkirk, 
German  Fiats  deuten  auf  ihre  Anwesenheit. 

Ein  mit  Recht  gefeierter  Name  unter  den 
im  Jahre  1710  eingewanderten  Pfälzern,  ist 
der  des  Druckers  Johann  Peter  Z enger,  des 
Urhebers  des  ersten  Kampfes  für  die  Frei- 
heit der  Presse.  Er  befand  sich  imter  den 
in  der  Stadt  New  York  zurückgelassenen 
Waisenkindern;  er  wurde  dem  Drucker 
Bradford  in  die  Lehre  gegeben,  und  bei  ihm 
lernte  er  nicht  allein  das  Druckerhandwerk, 
sondern  auch  die  Kun.st,  eine  Zeitung  zu 
redigieren,  denn  Bradford  gab  1725  die 
erste  New  Yorker  Zeitung  „The  N.  Y.  Ga- 
zette" heraus.  Acht  Jahre  später  erschien 
Zengers  ,,The  New  York  Weekly  Journal", 
eine  Oppositionszeitung,  die  der  Volkspartei 
Stimme  verlieh.  Beiträge  der  hervorra- 
gendsten Patrioten  erhöhten  das  Ansehen 
der  reuen  Zeitung,  dei-eu  bei.ssende  Satire 


■i}-. 


KiXR  cKsciiicirrMciiH  ri;iiKHsi(iiT  rKiiiiH  dik  DKrTsniKx  in  amkrika. 


und  kecke  Wahrhcit-streiit'  (l«'r  willkürliclit'ii 
Reo:ienin«;  ein  Dorn  im  Auirc  wurde.  Auf 
(Jrund  der  Veröffentliehunir  /wt'iei-  beson- 
ders scharfer  Artikel  wuide  Zenirer  17:U 
verhaftet  und  vor  (leridit  an«;ekhiirt.  den 
(iouverneur,  den  unniittell)Jiren  Stellver- 
treter des  Köniirs.  in  vei-seliiedt-ncn  ..fal- 
schen, sehJindlifhcM  und  anfrühreriselien 
Schniähsehi-iften"  anireiri-iffen  und  dahei' 
Frieden  und  Lil)i  n  der  Kolonie  <:-efiihi"det 
zu  hahen.  Man  herief  die  Itesten  An- 
wälte (U'r  Provinz,  es  kam  aber  aus  IMula- 
delphia  ein  Ketter,  der  hervorraijende. 
schon  hetat;te  Advokat  Andi-ew  TTaniilton. 
der  nnt  diesem  i'i'ozess  seine  »rrossartige 
Laufbahn  irlänzend  abschloss.  Kr  verfocht 
das  j*i'inzip.  dass  bei  einei-  an<i,('blichen 
Schmähschrift  der  Heweiss  der  Wahrheit 
zugelassen  werden  müsse,  ein  l*rinzip.  das 
erst  1792.  mit  Hinweis  auf  dm  Zenger- 
Prozess  durch  ,.Fox'  Libel  liill"  in  die  eng- 
lisclie  Jurispru(h'nz  eingeführt  wurde.  ]Mit 
Hilfe  von  Hamiltons  siegreichc^r  Verteidi- 
gung begründete  der  Zenger-Prozess  die 
am(»rikanische  Pressfreiheit  und  wirkte 
segensreich  auf  die  Gesetzgebung  des  ^lut- 
terhuuU^s.  Dem  furchtlosen  Zeitung.sher- 
au.sgeber,  der  sein  Verdienst  durch  wört- 
liche Veröffentlichung  der  ganzen  Verhand- 
lungen noch  ei'höhte.  gebührt  die  Ehre, 
zun»  ersten  ]\Iale  der  amerikanischen  Jour- 
nalistik das  Beispiel  eines  furchtlosen  Ver- 
fechters der  öffentlichen  Meinung,  eines 
Vorkümj^fers  der  Freiheit  und  Gerechtig- 
keit gegeben  zu  haben. 

Nach  den  üblen  Erfahrungen  dei-  Pfäl- 
zer  ei-hielt  New  Yoi-k  weuiii-  deutsche  Ein- 
wanderer, und  diesem  ('instand  darf  man 
zum  gro.ssen  Teil  das  Zui'ückbleibcn  New 
Yorks  im  Vergleich  mit  der  sieh  rasch  ent- 
wickelnden Provinz  Pennsylvanien  zu- 
schreiben. Obgleich  die  Häfen  der  Chesa- 
peake  Bay,  Ainiapolis  und  Baltimore,  auch 
Charleston  in  Süd-Carolina,  deutsche  Emi- 
grantenschiffe empfingen,  ei-hielt  doch 
Philadelphia  den  Ijöwenanteil  an  der  deut- 
sehen EinwandeiMuiüT.     Voi-  der  Pcn-olution 


dai'f  man  drei  Perioden  untt'rscheiden  :  die 
erste,  von  lÜSA  — 1710.  bedeutete  den  An- 
fang der  Ansiedlungen  in  Peiin.sylvania 
inid  New  York;  in  dei-  zweiten  Periode. 
1710—27,  verstäi'kte  sich  die  Einwanile- 
rung;  die  dritte  Periode,  1727  —  7").  l)i'achte 
die  Einwanderung  ziun  Höhepuid<t.  da 
jähi-lich  fünf  bis  acht  tausend  Deutsche  an- 
kamen. Das  .lahi-  1727  l)e/eichnete  den 
Anfang  der  letzten  Pei'iode.  weil  man  da- 
mals eine  amtliche  Pi-otokoUierung  der  im 
Hafen  Aid<onnnen(len  einfühlte. 

Als  die  Einwanderung  anfing,  sich  be- 
deutend zu  vergrö.s.sern,  suchten  Agenten 
und  Schiffskapitäne  ihren  Vorteil  daraus 
zu  ziehen.  Anstatt  zu  fallen,  ging  der 
Preis  des  Traiisj^orts  innnei'  mehr  in  die 
Höhe.  Die  \Vei'l)er.  gewölnilich  ..Neulän- 
der" genannt,  nalniien  hüben  und  drü))en 
ihre  Taxen  von  Schiffskapitänen  oder  Un- 
ternehmern und  dazu  noch  das,  was  sie  aus 
den  Auswanderern  selbst  erpi-essen  konn- 
ten. Schlinnn,  wenn  ehi  Unglücklicher  da.s 
Sümmchen  seiner  Ersparnisse  dem  ehrlosen 
Neuländer  anvertraute,  er  nm.sste,  mittellos 
angekonnnen,  sich  zu  jahrelangem  Dienst 
verkaufen  lassen.  iNIit  schweren  goldenen 
Ketten  pnuikend,  schmeichelten  sich  die 
Neuländer  mit  märchenhaften  Erzählungen 
vom  leicht  erworlienen  Wohlstande  bei  den 
schlichten  Bauei-n  ein,  zeigten  ihnen  Briefe 
von  angeblich  wohlhabenden  Jjandsleuten 
im  goldenen  Ameiika  und  l)ahnten  leicht 
auf  verborgenen  Wegen  die  Khein-  und 
Seereise  an.  Der  gefährliche  Neuländer 
wurde  aus  süddeutschen  Ländern  gesetzlich 
verbannt,  die  Verbote  hinderten  ihn  aber 
nicht  in  seinem  heindichen  Treiben.  Sein 
Geschäft  wurde  durch  das  sogenannte  Rc- 
(h')nptio)issijstcm  begünstigt.  Diesem  zu- 
folge konnte  ein  unbemittelter  Auswande- 
rer, nach  seiner  Aid<unft  in  Amerika,  die 
Kosten  seinei'  Heise  a])verdienen.  Er  wui'de 
vom  Schiffskapitän  an  einen  Herrn  ver- 
kauft, dem  er  sich  verpflichtete,  drei  bis 
sieben  Jahre  zu  dienen,  bis  alle  Auslagen 
allbezahlt  wäi-en.    Darauf  ward  er  mit  Klei- 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA. 


63 


dung  und  einer  kleinen  Siinnue  Geldes  ent- 
lassen iukI  Trat  sofort  in  die  Rechte  eines 
Bürgers  ein.  Diese  Einrichtung  schien  zu- 
erst gerecht  genug,  sie  gab  dem  Annen,  wie 
dem  Reichen,  dieselbe  ^Möglichkeit  zur  Aus- 
wanderung. Schon  lange  war  das  System 
in  den  spanischen  und  französischen  Kolo- 
nien eingeführt  worden,  und  seine  Anwen- 
dung auf  die  deutsche  Auswanderung 
seit  1728  beförderte  sie  ohne  Zweifel 
sehr.  Jedoch  der  Unfug  eines  ]\[enschen- 
handels,  die  Ungerechtigkeiten  und  Erpres- 
sungen, worunter  die  Bemittelten  oft  noch 
mehr  litten  als  die  Redemptionisten,  deren 
Tri^nsport  grössere  Profite  möglich  machte, 
nötigti'  zur  Abschaffung  des  Systems.  Viel 
fi'üher  entstand  aber  eine  Gründung  zur 
Abhilfe  vieler  Leiden  der  Einwanderer,  die 
Dnilsche  GfScUschaft  von  Fcnnsijlvünkn. 
176-1,  nach  deren  Vorbild  ähnliche  In.stitute 
in  New  York.  Baltimore  und  Charleston 
folgten.  Nun  durfte  der  Einwanderer  in 
amerikanischen  Gerichten  eine  Klage  erhe- 
ben ;  die  grössten  Uebel  wurden  beseitigt : 
so  das  Verpacken  der  Einwanderer  in  zu 
kleine  Räume,  Avorin  oft  die  Hälfte  einer 
Schiffsladung  zu  Grunde  ging,  Kinder  fast 
obre  Ausnahme:  die  Scheidung  der  Passa- 
giere von  ihrem  Gepäck,  das  auf  anderen 
Schiffen  oder  gar  nicht  nachgeschickt 
wurde :  die  Verantwortlichkeit  der  ge- 
sannnten  Passagiere  für  die  Reisekosten  der 
auf  der  Seereise  Verstorbenen.  Tiotz  aller 
Verbesserungen  blieb  doch  die  Reise  nach 
heutigen  Begriffen  ein  gefahrvolles  Unter- 
nehmen ;  sie  dauerte  in  den  kleinen  Segel- 
schiffen monatelang,  Stürmen  und  Seuchen 
musste  Widerstand  geleistet  werden,  dann 
lauerten  auf  sie  Seeräuber,  die  ihre  Ge- 
fangenen zu  eirem  Sklaventum  unter  tro- 
pischer Sonne  verurteilten. 

Wenden  wir  uns  nach  den  übrigen  atlan- 
tischen Provinzen,  so  finden  wir  in  fast 
allen  einen  Kern  deutscher  xVnsiedlungen 
vor  dei'  Revolutionszeit.  In  AVw  Jorac]i 
feiern  die  Xachkonnr.en  der  ersten  Deut- 
schen das  Jahr  1713  als  den  Anfang  ihrer 


( Jescliiclitc.  Die  meisten  Hessen  sicli  nieder 
in  den  (Jrafschaften  Hunterdon,  Somerset, 
Morris  und  zum  Teil  in  Sussex  und  Warren. 
Die  Städtchen  Newton  und  Lambertville 
bezeichnen  die  ({renze  im  Norden  und  im 
Süden,  Bound  Brook  und  der  Delaware  im 
O.sten  und  im  Westen.  Es  wird  erzählt,  dass 
eine  Anzahl  Deutsche  aus  Wolfenbüttel  und 
Halber.stadt,  von  Stürmen  in  die  Delaware 
Bay  getrieben,  auf  der  Wanderschaft  nach 
New'  York,  ihrem  Ziel,  in  die  annuitige  Ge- 
gend von  Museonetcong  und  Passaic  gekom- 
men seien,  und  sicli  dort  so  wohl  befunden 
hätten,  dass  sie  ein  deutsches  Tal,  German 
Valley,  im  IMorris  County  gründeten. 
Ausser  German  Valley  liegen  die  Ortschaf- 
ten Fox  Hill  (Fuchs  war  besonders  wegen 
seines  vorzüglichen  Weizens  bekannt), 
Lebanon,  New  Germantown,  Unionville, 
Flanders,  Spruce  Run,  Schooley's  ^loun- 
tain,  Pleasant  Grove  im  Herzen  des  alten 
deutschen  Bezirks.  Jeder  Ort  hatte  se'ne 
Lutherische  oder  Reformierte  Kirche,  zu- 
weilen di(mte  dasselbe  Haus  beiden  Konfes- 
sionen, ^lan  widmete  sich  dem  Ackerbau 
imd  fand  einen  blühenden  Ertrag.  Von 
d(ni  alten  Deutsehen  New  Jerseys  stammen 
viele  wohlbcAannte  Famir.en,  wie  z.  B. 
Werts.  Frelinghuysen  und  Rockefellar 
(  Roekefeller).  John  D.  RockrfeUrr,  dessen 
gros.sartige  Stiftungen  in  der  Weltge- 
schichte ihresgleichen  suchen,  dessen  letzte 
Gabe  von  32  Millionen  an  den  Gene,  al 
Edncation  Board  ..die  grösste  Gabe  eines 
^Mannes  in  der  Geschichte  der  IMenschheit 
für  einen  wohlthätigen  Zweck"  gewesen, 
hat  kürzlich  ein  Denkmal  anfertigen  las- 
sen zu  Ehren  seines  Vorfahrs,  Jobann  Peter 
Roekefeller,  der  „im  Jahre  1733  aus 
Deutschland  einwanderte  und  1783  st-irb". 
Das  ^lonument  steht  im  Dorf  Larrison's 
Corner,  nahe  bei  Flemington.  Hunterdon 
County. 

Sogar  in  den  rasch  angesiedelten  Yankee 
Kolonien  finden  wir  Spuren  von  Deutschen. 
In    Maine    gründete   1741    Samuel    Waldo. 
Sohn  eines  ponnnerschen  Edelmannes,  der 


64 


EINE  GESfHICHTLK'HE   rEBEHSK'HT  UEBKK   DIH   DEUTSCHEN    IN   AMERIKA. 


in  Boston  A^cnt  eines  Ilanihuriror  Hauses 
wurde,  das  Städtchen  \Valdol)ui'^'  an  der 
Bfoad  Bay.  Trotz  strcn<j:er  Winter  und  d'v 
Ind'aneikricüf  biet  die  Kolonie  stand  und 
wurde  von  Zn/.üiiU'rn  verstärkt.  Sie  litt 
unter  wiederholten  Streitijrkeiten  weijen 
des  Landeijientmnsreehts  und  verlor  da- 
dureh  viele  Kolonisten,  die  naeh  Süd-Caro- 
lina auswanderten.  Andere  .\n<iedhuit:en 
der  Deutsehen  in  ?^Iaine  befanden  sieh  am 
Kennebee  ( Frankt'ort -Dresden ) .  und  am 
l*ema(|uid   (  Bremen ). 

Die  Kejrierunii'  von  Massachuscffs  wurde 
dureh  die  deut^ehe  Einwandcnnm-  in  Xova 
Seotia  (Liuieiduirii)  aufmerksam  und  Hess 
im  We.sten  der  Provinz  Ansiedhuiiicn  grün- 
den, wovon  Adamsdorf,  Bernardsdorf  und 
Leyden  deutsehe  Namen  tragen,  deren  Ge- 
.schiehte  bis  jetzt  aber  in  Dunkel  gehüllt  ist. 

Von  ganz  anderer  Bedeutung  waren  die 
deutschen  AnsieLllungen  in  Mdri/hiiul  und 
Vlrcjinic)i.  Schon  im  1 7ten  Jahrhun- 
deit  hatten  einzelne  Deutsche  ^Tarvland 
aufgesueiit.  daruntei*  der  Tabakhändler 
Augustin  Ilei-mann,  der  bereits  in  Xeu- 
Amsterdam  eine  bedeutende  Kolle  gespielt, 
in  Mai'vland  C'eeil  County  gründete.  Mit- 
glied des  General  Assend)ly  wurde  und 
eine  Landkarte  der  Provinz  für  Lord  Bal- 
timore zeichnete.  Im  18ten  Jahrhundert 
wurden  aber  die  Deutschen  zahlieieher, 
teils  kamen  sie  in  den  Häfen  von  Aniui- 
poli.s  und  Baltimore  direkt  von  Deutsch- 
land an,  oder  sie  wanderten  von  Pennsylvn- 
nien  herunter  oft  mit  nicht  unbedeutenden 
Rütteln-  versehen,  womit  sie  in  der  Stadt 
Baltinu)re  dem  Handel  und  Gewerl)e  Vor- 
schub leisteten.  Durch  ihren  Beistand 
konnte  Baltinmre  der  früher  gegründeten, 
mit  besserem  Hafen  versehenen  Stadt  An- 
napolis  den  Vorrang  streitig  machen  und 
dieselbe  ])ald  überflügeln.  Drei  der  ersten 
Stadträte  l^altimores  waren  Deutsche, 
einige  der  ältesten  Stra.ssen  führen  noch 
deutsehe  Xamen.  die  ersten  Hotelbesitzer. 
Brauer,  Schlächter,  und  viele  der  Kauf- 
leute waren  Pennsylvanisch-Üeutsche.     Ln 


Revolutionskriege  stellte  Baltimore  selb- 
ständige deutsehe  Komiiauien.  zu  Kiule  des- 
•  lalii  luuideits  stifteten  ilie  Bremer  Kheder 
in  Baltimore  eine  Agentur,  inul  der  regel- 
mässige Verkehr  zwischen  Baltimore  und 
Kuropa  hol)  den  Handel  dei*  Seestadt.  Im 
ÜMtii  .lahi'hnndert  vergrösserte  sieh  der 
Einfluss  der  Deutschen  auf  Handel  und  Ge- 
weibe, bis  das  deutsche  Blut  in  der  Be- 
völkei-ung.-zahl  auf  ein  Drittel  stieg,  aber 
an  der  (leschichte  des  Emporblühen-!  der 
Stadt  einen  noch  grösseren  Antheil  sich  er- 
warb. 

Die  ersten  deutschen  Ansiedler  im  west- 
liehen Maryland  waren,  auf  der  Wander- 
ung von  Penn.sylvanien  mich  \'irginien,  auf 
die  verlockenden  Ländereien  am  IMonocacy, 
in  den  heutigen  Frederick  und  Carroll 
C(mnties  aufmerksam  geworden,  und  Hes- 
sen sich  durch  die  äusserst  günstigen  Be- 
dingungen des  Charles  Lord  Baltimore 
festhalten.  Die  am  weitesten  im  Westen 
Hegenden  Oerter  Ccmogocheague  und  Ila- 
gerstown  waren  deutsche  Ansiedlungen^ 
letztere  von  dem  tüchtigen  Joimthan  Hager 
1762  gegründet.  Dort  verteidigten  sie  die 
Grenzen,  und  mehrere  Familien,  z.  B.  die 
Poes  (Poh)  und  Prathers.  genossen  einen 
besonderen  Ruhm  als  Tndianerbekämpfer. 

Nicht  alle  Ansiedler  kamen  aus  Pennsyl- 
vanien.  Johann  Friedrich  Amelung;  aus; 
Bremen  baute  1784  mit  etwa  'MH)  bis  400 
Kolonisten  seine  am  ^lonocacy  (nahe  bei 
Frederick)  gelegene  Glashütte,  die  von 
Washington  in  einem  Briefe  an  JetTerson-- 
sehr  gelobt  wurde,  und  deren  Produkte, 
feine  Gläser,  Schalen  und  Spiegel  noch  als 
grosse  Schätze  aufbewahrt  werden.  Frede- 
rick wurde  1745  von  den  zehn  Jahre  früher 
in  Annapolis  angekonunenen  Einwanderern 
gegründet ;  sie  standen  untei-  dei-  Führung 
Thonuis  Schleys.  Der  Schullehrer  Schley, 
wie  Ulmer,  wehrhafter  Schullehrer  in  Wal- 
doburg  (Maine),  Ilolzklo  in  Gennantown. 
(Virginia),  Pastorius  in  Pennsylvania, 
lieferte  das  Beispiel  eines  ganzen  ^lannes, 
der  neben  seinem  Lehramt,  beim  ^Mangel  aa 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IX  AMERIKA. 


65 


Geistliehen  Seelsorger,  an  Beamten  Ge- 
sehäftsleiter  der  Kolonie  ward.  Er  wurde 
der  Vorfahr  einer  bedeutenden  Familie,  die 
sich  in  Maryland  und  Georgia  weit  über  die 
Grenzen  eines  heimatlichen  Ruhnu^s  erhob. 
Ein  Sohn  ward  Hauptmann  im  Befreiungs- 
krieg, ein  I]nkel,  Wilhelm  Schley,  Gouver- 
neur  von  Georgia  und  Congressmitglied, 
dessen  Bruder  Richter  der  Supreme  Court 
in  Georgia,  während  von  der  ^laryland 
Linie  Admiral  AVinfield  Scott  Schley  als 
Retter  der  Greely  Nordpolexpedition  imd 
als  Sieger  von  Santiago  sich  den  Dank  des 
ganzen  amerikanischen  Volkes  erworben 
hat. 

Die  erste  deutsche  Ansiedlung  in  Virgi- 
nicn  hiess  Germanna.  Sie  wurde  gegründet 
unter  den  Auspizien  des  Gouverneurs 
Spotswood,  der  für  seine  Eisensehmelzerei, 
nordwestlich  von  Frederieksburg  (im  .jetzi- 
gen Orange  Co.).  erfahrene  deutsche  Ar- 
beiter aus  Westfalen  kommen  liess,  die 
ereten  1714.  spätere,  zum  Teil  aus  AVürt- 
temberg.  1717  imd  1720.  Nachdem  die 
Eisengiesserei  eingegangen,  gründeten  die 
deutschen  Arbeiter  mehrere  Ansiedlungeu, 
die  Reformierten  Germantown  am  Licking 
Run  (Faucjuier  Co.),  die  Lutheraner  eine 
Kolonie  um  Hebron  Church  beim  Zusam- 
menfluss  des  Conway  und  Robinson  River 
(Madisou  Co.).  Der  Strom  der  Einwande- 
rer flo.s.s  in  diesem  Staate  aber  nicht  von 
Osten  nach  Westen,  sondern  von  Norden 
nach  Süd-We.sten,  zwischen  den  Gebirgs- 
ketten der  Blue  Ridge  und  Allegheny 
Mountains.  Von  Pennsylvanien  her  zog  die 
Wanderung  über  die  westlichen  Ansiedlun- 
geu von  ]\Iarvland  zum  Potomac,  und  von 
dort  längs  des  Shenandoah  oder  Opequon 
talaufwärts.  Nach  Braddocks  Niederlage 
(1755)  waren  die  westlichen  An.siedlungen 
Pennsylvaniens  den  Angriffen  der  über- 
mütigen Indianer  ausgesetzt,  und  man 
suchte  eine  geschütztere  Lage,  wie  sie  es  das 
schöne  Shenandoahtal,  auf  zwei  Seiten  von 
hohen  Gebirgsketten  gedeckt,  versprach. 
Der  allererste  Ansiedler  im  Tal  bildete  aber 


eine  Ausnahme  von  der  Regel  des  südlieh 
gehenden  Stromes.  Es  war  Adam  Müller, 
der,  die  Spuren  von  Gouverneur  Spotswoods 
Entdeckungsritt  verfolgend,  von  Osten  her 
durch  Swift  Run  Gap  in  das  Shenandoahtal 
drang  und  1726—27  nahe  bei  dem  jetzigen 
Elkton  sieh  niederliess.  Bald  folgte  aber, 
1732,  Just  US  Hcicl  (Joist  oder  Yost  Hite) 
von  York,  Pa.,  kommend,  mit  seinen  drei 
Schwiegersöhnen  und  mehreren  Freunden, 
im  ganzen  sechzehn  Familien,  die  sich  in 
der  Nähe  vom  heutigen  AVinchester  ansie- 
delten. Robert  Harper  besetzte  1734  die 
[Mündung  des  Shenandoah  in  den  Potomac 
und  wurde  Fährmann,  wie  im  Namen  des 
historischen  Orts  „Harpers  Ferry"  ange- 
deutet ist.  Die  Flut  der  Wanderung  vor 
und  nach  dem  Befreiungskriege  drängte  die 
deutsehen  Ansiedlungen  bis  über  die 
Scheide  des  Tals,  d.  h.  weiter  als  Lexington 
in  Rockbridge  Co.,  aber  auch  durch  die  Ge- 
liirgsschluchten  hindurch  nach  Osten.  Den 
nördlichen  Teil  des  Shenandoahtals  hatten 
die  Deutschen  fast  ganz  inne,  am  südlichen 
Abhang  wohnten  Deutsche  unter  einer  weit 
grösseren  Zahl  Irländer.  Schotten  und 
Hugenotten.  Im  Bürgerkrieg  wurde  das 
fruchtbare  Shenandoahtal  der  Zankapfel 
der  beiden  Heere,  denn  Süden  sowohl  als 
Norden  erkannte  den  Vorteil  der  vollen 
Scheunen  und  der  guten  Verkehrsstrasse, 
die  zwischen  W'ashington  und  Richmond 
über  Lynchburg  führte. 

Nord-  iDid  Süd-Carolina  wurden  gleich- 
falls früh  im  ISten  Jahrhundert  Pflanz- 
stätten deutscher  Kolonien.  Die  Schweizer 
Graffenried  und  ]\Iichael  brachten  im 
Jahre  1710  ungefähr  650  Pfälzer  und 
Schweizer  nach  der  Mündung  der  Flüsse 
Neuse  und  Trent  imd  gründeten  Newbern 
(Neu-Bern)  in  Nord-Carolina.  Weder  der 
Indianerkrieg,  dem  im  ersten  Jahr  der 
zehnte  Teil  der  Kolonisten  zum  Opfer 
fiel,  noch  die  späteren  Wirren,  hervor- 
gerufen durch  Landansprüehe  verschie- 
dener Parteien,  konnten  die  Verbreitung 
der    Deutschen     im     gegenwärtigen     Cra- 


66 


EINE  GESCHICHTIJCIIK   UEliKKSlCIIT  UEBER  IHK  DKUTSt'HEN  IN  AMKRIKA. 


veu  County  verhindern.  Die  Stadt  Cliar- 
leston  beherbergte  die  ersten  Deutsehen 
von  Süd-Carolina,  diente  aber  in  erster 
Zeit  nur  als  Station  der  deutsehen  Kolonien 
im  Innern  der  Provinz,  Saxe-Gotha  \uid 
Oran<rel)nrg.  Diese  hatten  sehon  1737  einen 
daselbst  ansässicren  Pastor,  Charl(\ston  erst 
1759.  Die  ersten  Kolonisten  kamen  1735 
nach  dem  Orangeburg  Distrikt,  Pastor 
{riesscndauncr  folgte  zwei  Jahre  später  mit 
der  dritten  Verstärkung.  Es  waren  arbeit- 
same Ackerbauer  und  Handwerker,  die  bald 
ihr  gutes  Auskonunen  fanden.  "Weiter 
nach  Westen  lag  Saxe-Gotha  (seit  1872 
Lexingtou  genannt),  hundert  englische 
Meilen  von  Charleston  entfernt  auf  dem  ge- 
raden "Wege  durch  Orangeburg.  Den  Na- 
men Saxe-Gotha  hatte  wahrscheinlich  die 
Königin  Anna  gegeben,  und  das  Land  zur 
Kolonisienuig  der  Deutschen  im  Süden, 
wie  Schoharie  zu  ihrer  Heimat  im  Norden, 
bestimmt.  Dies  gelobte  Land  im  Süden 
wurde  von  tüchtigen  Bauern  aus  den 
Rheingegenden,  "Württemberg,  Baden  und 
der  Schweiz  besetzt.  Ihr  erster  Seelsorger 
TJicus  gehörte  zur  Reformierten  Kirche.  In 
Carolina  wurde  die  Kolonialregierung  ge- 
zwungen, zur  l^nterstützung  der  Kirchen 
und  Schulen  beizutragen,  sonst  drohte  man 
nach  Pennsylvanien  oder  einer  anderen 
Provinz  auszuwandern,  wo  alle  Vorzüge  zu 
finden  seien.  Die  Ausdehnung  deutscher 
Kolonien  im  Innern  Süd-Carolinas  lässt 
sich  leicht  ersehen  aus  der  Verbindung 
(Corpus  Evangelicum)  von  fünfzehn  deut- 
schen Kirchen  im  Jahre  1788.  Die  Artikel 
der  Inkorporation  wurden  von  neunzehn 
Predigern  und  Kandidaten  unterzeichnet. 
Ausser  den  fünfzehn  Kirchen  bestand  noch 
eine  einflussreiehe  Gemeinde  in  Charleston, 
wo  das  Deutschthum  sich  durch  die  Grün- 
dung eines  wohltätigen  Versicherungsver- 
eins auszeichnete,  der  „German  Benevolent 
Society"  (1766) .  Ferner  entstand  in  Char- 
leston das  tüchtige  deutsche  Füsilier-Regi- 
ment, das  im  Befreiungskriege  gute  Dienste 
leistete.    Der  im  Süden  vielgeliebte  Dichter 


Timrod  war  der  Nachkomme  eines  Offiziers 
desselben  Namens  in  jenem  Regiment. 

Eine  frühe  aber  bald  eingegangene  Kolo- 
nie in  Süd-Carolina  hiess  Purysburg.  in 
Beaufort  County,  gegründet  1732  viui 
Johann  Peter  Pury  aus  Neuchatel.  Bedeu- 
tend wurde  dieselbe  wegen  ihrer  Seiden- 
zucht, sie  litt  aber  wäiirend  des  Rin'olu- 
tionskriegs  und  erholte  sich  nicht  wieder, 
da  die  Einwohner  nach  den  höher  gelege- 
nen westliehen  Teilen  des  Staates  zogen. 

Eine  interessante  Völkerinsel  findet  man 
im  Innern  Nord-Carolinas,  deut.sche  An- 
siedlungen,  die  um  1750  nicht  etwa  wie  in 
Süd-Carolina  von  der  Küste,  sondern  von 
Norden  her,  vom  fernen  Pennsylvanien  ihre 
Kolonisten  bekonniien  hatten.  Auf  beiden 
Seiten  des  Yadkin  liessen  sie  sich  nieder, 
etwas  östlich  von  den  schottisch-ii-ischen 
Ansiedlungen  am  Catawba,  aber  mit  der 
Zeit  stark  mit  ihnen  vermischt.  ^Man  holte 
in  Pennsylvanien  noch  die  Ernte  ein,  ver- 
kaufte Haus  und  Hof  und  zog  n)it  vielem 
Hab  und  Gut  und  reichlicher  Versorgung 
für  den  Winter,  weit  nach  Süden,  wo  man 
um  wenig  Geld  einen  schöneren  Landbesitz, 
als  man  ihn  in  Penn.sylvanien  sich  hatte 
leisten  können,  ankaufte  imd  in  einigen 
Jahren  grösseren  Wohlstand  errang.  Als 
die  Deutschen  in  Nord-Carolina  keinen 
Prediger  aus  Pennsylvanien  beziehen  konn- 
ten, wandten  sie  sich  mit  Erfolg  an  das 
Consistorium  von  Hannover.  Pastor  Adolf 
Nussmann  und  Lehrer  Gottfried  Arndt 
wurden  ihnen  zugeschickt  imd  erhielten 
lange  die  deutsche  Sprache  und  Sitte  auf- 
recht. Es  wird  berichtet,  dass  man  noch  in 
den  Coimties  Alamance,  Guilford,  David- 
son, Rowan,  Cabarrus,  Stanly,  Iredell,  Ca- 
tawba, Lincoln  im  Jahrzehnt,  1820 — 30,  das 
Pennsylvanische  Deutsch  hat  reden  hören. 

Noch  zu  erwähnei^  ist  die  Ansiedlung  der 
Vereinigten  Brüder  in  Nord-Carolina.  Sie 
hatten  von  Lord  Granville  100.000  Acker 
angekauft,  und  nach  mühevoller  Wahl 
grändete  Bischof  Spangenberg  im  Forsyth 
County,  1753,  den  „Wachovia  Tract".    Der 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IX  AMERIKA. 


()7 


Name  wurde  dem  Lande  zu  Ehren  Zinzen- 
dorfs,  Besitzers  des  irac/m«tales  in  Oester- 
reieh,  gegeben.  Bethabara  wurde  zuerst  ge- 
gründet, dann  Bethany  1759;  1766  fing 
man  mit  Salem  an,  dem  Ilauptsitz  der 
„Unitas  Fratrum"  in  Nord-Carolina.  Zuerst 
baute  man  abgeschlossene  Gebäude  für 
]\Iänner  und  Frauen,  später  aber  wurde  das 
Cölibat  aufgehoben,  und  mehrere  Kolonien 
kamen  dazu.  Im  Jahre  180-1  Avurde  die 
höhere  ^Mädchenschule  in  Salem  gegründet, 
welche  stets  die  Töchter  der  besten  Fami- 
lien des  Südens  anzog.  Salem-Winston  ist 
bis  zum  heutigen  Tag  Hauptsitz  der  Verei- 
nigten Brüder  des  Südens  geblieben ;  das 
friedliche  Leben,  die  schöne  Ostermusik  und 
die  althergebrachten  Sitten  üben  einen 
wohltuenden  Einfluss  auf  die  ganze  Umge- 
bung aus. 

Auch  die  am  weitesten  südliche  Provinz 
■erhielt  beim  ersten  Entstehen  deutsche  Ein- 
wanderer. Eine  Kolonisationsgesellschaft 
«rhielt  von  König  George  I.  im. Jahre  1732 
eine  Vollmacht,  den  südlichen  Teil  von 
Carolina  als  Georgia  zu  besiedeln.  General 
Oglethorpe  gründete  1733  Savannah,  imd 
schon  im  folgenden  Jahr  kamen  die  Salz- 
burger nach  Georgia,  ein  kleiner  Teil  jener 
aus  dem  österreichischen  Erzbistum  Salz- 
burg im  Jahre  1731  verstossenen  Protes- 
tanten, deren  trauriger  Zug  von  Goethe  in 
„Hermann  und  Dorothea"  besungen  ist. 
Der  ]\Iehrzahl  nach  fanden  sie  in  Preussen 
ein  Asyl,  aber  auch  England  brachte  ihnen 
ein  Willkommen  entgegen.  Die  Londoner 
„Society  for  the  Promoting  of  Christian 
Knowledge"  verband  sich  mit  der  Koloni- 
sationsgesellschaft zu  Gunsten  der  Salz- 
burger, und  man  interessierte  auch  Ogle- 
thorpe für  sie.  ]\Ian  machte  ihnen  höchst 
annehmbare  Bedingungen,  und  besonders 
versprach  der  Christliche  Verein  die  Kos- 
ten der  Auswanderer  bis  Rotterdam  zu 
bezahlen  und  ihnen  Kirchen  und  Pastoren 
zu  unterhalten.  Baron  von  Beck,  ihr  Füh- 
rer in  der  Verbannung,  begleitete  sie,  ihre 
"Seelsorger  und  Ratgeber  wurden   Bohhis 


imd  Gronau,  ersterer  damals  Superinten- 
dent, letzterer  Lehrer  am  Ilalleschen  Wai- 
seuhause.  Weihnachten  feierten  sie  in  Lon- 
don, fuhren  einige  Tage  später  ab  und 
kamen  im  ]März  1731  in  Savannah  an,  wo 
sie  mit  Kanonensalven  und  Jubelrufen  der 
am  Strande  versammelten  Einwohner.schaft 
(darunter  einige  Deutsche)  empfangen 
wurden.  Die  AVahl  eines  dauernden  Auf- 
enthalts wurde  den  Führern  freigestellt 
und  fiel  auf  eine  Stelle  am  Savannahfluss^, 
zwanzig  Meilen  von  der  Stadt,  dreissig  von 
dem  Meere  entfernt.  Da  nahmen  sie  einen 
Stein,  nannten  die  Kolonie  Ebenezer,  den 
Stein  der  Hilfe,  imd  sprachen  :  „Bis  hierh'^r 
hat  uns  der  Herr  geholfen."  In  einer  zwei- 
ten Schiffsladimg  kamen  die  nötigen  Ziiu- 
merleute  imd  Handwerker,  an  denen  es  ge- 
fehlt hatte,  eine  dritte,  1736,  brachte  von 
Reck,  der  zu  diesem  Zwecke  sieh  wieder 
nach  Europa  begeben.  Letztere  enthielt 
ausser  achtzig  Salzburgern.  siebenimd- 
zwanzig  Herrnhuter,  unter  der  Führung 
David  Nitschmanns,  auch  einige  Engländer 
imd  Schotten.  An  Bord  war  John  Wesley, 
Begründer  des  ]\Iethodismus,  der  auf  Einla- 
dung Oglethorpes  zur  Bekehrung  der  In- 
dianer und  zur  Plege  der  Religion  in  der 
Kolonie  gekommen  war.  In  seinem  Tage- 
buch erscheint  die  Beschreibung  des  tiefen 
Eindrucks,  den  er  im  Sturm  zur  See  von 
den  Salzburgern  erhalten.  Wütende  Wo- 
gen drohten  jeden  Augenblick  das  Fahr- 
zeug zu  verschlingen,  doch  verhielten  sich 
die  Salzburger  gefasst  und  sangen  Lieder 
und  Psalmen  zur  Ehre  Gottes.  Als  der 
Sturm  sich  gelegt,  fragte  Wesley  einen  der 
schlichten  Leute :  „Hattet  Ihr  keine  Furcht, 
und  auch  nicht  Eure  Frauen  und  Kinder?" 
„Nein,"  war  die  Antwort,  „wir  und  unsere 
Frauen  und  Kinder  fürchten  uns  nicht  vor 
dem  Tode."  Nach  der  Ankunft  verkehrte 
AVesley  viel  mit  Nitschmann  und  den 
Herrnhutern,  und  zwei  Jahre  darauf 
schrieb  er  in  sein  Tagebuch :  ,,Icli  zog  nach 
Amerika,    um    die   Indianer   zu   bekehren, 


68 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN   IN   AMERIKA. 


und    fand,    dass    ii-li    selbst    nicht  bekehrt 

war."      liier   war   jiuf   reli«riöseni  Gebiete 

eine    Küekwirkuiiir   Amerikas   auf  Europa 
geschehen. 

Noch  in  einer  andern  Beziehun«;  erheben 
sieh  die  Salzbnr<rer  ül)er  das  Niveau  der 
meisten  Koh^nisten.  und  zwar  in  der  Skla- 
venfrage. Dit  S(ihhtir<f(r  weigerten  sich, 
Sklaven  zu  halft  n.  als  die  Frajje  an  Georgia 
kam.  Tm  sieh  ans  der  üblen  Lage  zu  ret- 
ten, denn  die  englischen  Kolonien  forderten 
die  Kinführung  der  Schwarzen,  wandten 
sieh  die  Pastoren  Bolzius  und  Gronau  an 
die  heimatliche  Kirche  und  erhielten  von 
ihrem  Ratgeber  II.  S.  Urlsperger  in  Augs- 
bui'g  die  ^Mahnung  nachzugeben,  was  sie 
unter  Zögern  und  Missbilligiuig  .schliesslich 
taten. 

Zwei  -Jaiire  nacli  der  (Jrüiidung  voii  Ebe- 
nezer  verlegten  die  Salzburger  wegen  der 
ungesunden  Lage  des  Orts  ihr  Städtchen 
acht  Meilen  unterhall)  an  den  Savannah 
River.  Neben  Ackerbau,  dem  Ilaupter- 
werb.szweig,  wurde  in  El)enezer  wie  im  nahe 
gelegenen  Pui-ysburg  Seidenzucht  einge- 
führt und  mit  Erfolg  betrieben.  ]\Ian 
schickte  1751  tausend  Pfund  Kokons  vnid 
vicrundsicbzig  Pfinid  roher  Seide  nach 
England.  Die  deutsche  Bevölkerung  Geor- 
gias wuchs  ziLsehencLs  und  zählte  schon  1741 
1200  Protestanten.  Eine  Festung  zum 
Schutze  nach  Süden,  Frederica,  wurde  vom 
Gouverneur  auf  der  St.  Simons  Insel  ge- 
baut, wollin  neu  angekonnnene  Deutsche, 
aber  keim'  Salzburger,  hinzogen.  Den 
Ilerrnhutern  wurde  durch  die  Aufforde- 
rung, an  dem  s])anischen  Krieg  teilzuneh- 
men, Georgia  verleidet,  und  sie  zogen  bald 
alle  nach  Bethlehem.  Pennsylvania.  Das 
Städtchen  Ebenezer  zählte  zur  Zeit  seiner 
grös.sten  Blüte  an  500  Einwohner,  hatte 
einen  regen  Verkehr  mit  Savannah  und  bil- 
dete den  ^Mittelpunkt  der  deutschen  Ansied- 
lungen,  die  sich  längs  des  Savannahflus.ses 
hinzogen,  zwischen  den  Städten  Savannah 
und  Augusta,  im  Westen  vom  Ogechee 
River  begrenzt.    Die  Pastoren  Bolzius  und 


Gronau  .sorgten  bis  zu  ihrem  Lebensende 
unbestritten  für  das  Wohl  der  friedsamen 
Gemeinden  :  nach  ihrem  Tode  entstand  einst 
ein  Kirchen.strcit,  der  vom  Patriarchen 
Mühl(  iilx  nf,  1774 — 75,  während  eines  vier- 
monatliehen  Aufenthalts  geschlichtet  wur- 
de. Er  predigte  in  allen  fünf  Kirchen, 
Savannah.  Bethany,  Jerusalem,  Go-shea 
und  Zion,  machte  ein  Inventarium  des  Kir- 
cheneigentuiiis  luid  Hess  einen  gültigen 
Rechtstitel  auf  den  Landbesitz  ausschrei- 
ben. Im  Revolutionskrieg  wurde  Ebenezer 
von  englischen  Truppen  besetzt,  denn  die 
rege  Teilnahme  der  Salzburger  an  der  Re- 
volution wurde  ihnen  verraten.  Die  Wahl 
des  Salzburgei's  Johann  Adam  Trcntlen 
zum  ersten  ''Provineial  Governor, "  den 
man  zu  einer  Zeit  mit  der  ]\Iacht  eines  Dik- 
tatoi-s  der  Provinz  bekleidete,  liefert  ein 
treffendes  Zeugnis  des  hohen  Ansehens  der 
deut.schen  Bevölkerung  in  Georgia. 

Betrachtet  nuui  auf  einer  Karte  die  Lage 
dei'  deutschen  Ansiedlungen  vor  dem  Revo- 
lutionskrieg, .so  sieht  man.  dass  die  Deut- 
schen sich  einen  übergrossen  'feil  der  besten 
Ländereien  in  den  Staaten  von  New  York 
bis  nach  Georgia  angeeignet  hatten,  dass 
sie  ferner  durch  ihre  Ernten  dem  Lande 
eine  feste  miabhängige  Grundlage  gewähr- 
ten. Die  Ehre  der  Grenz  wacht  ist  in  der 
Geschichtsschreibung  gewöhnlich  den  Iren 
inid  Schotten  überlassen  worden,  forschen 
wir  aber  genau  nach,  so  sind  auf  dem 
langen  Gebiete  der  amerikanischen  Grenz- 
linie eben  so  viele  deutsche  Kolonien  fest- 
zustelh^n.  In  den  Provinzen  Neu-Englands 
war  wohl  das  englische  Element  an  der 
Grenze  wie  im  Innern  am  zahlreichsten, 
anders  aber  war  es  in  New  York.  Dort 
standen  die  deutschen  Ansiedler  am  ]Mo- 
hawk  und  am  Schoharie  am  weitesten  hin- 
ausgeschoben, und  ihre  fruchtbaren  Felder 
und  zahlreichen  Herden  waren  beständig 
das  lockende  Ziel  der  beutesuchenden  Rot- 
häute. Keine  Landschaft  von  Maine  bis 
Georgia  hatte  mehr  zu  leiden  als  sie.  denn  es 
gab  keinen  rüstigeren  Feind  als  die  Six  Na- 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA. 


69 


tions  unter  allen  Indianerstämmen  Nord- 
amerikas. In  Pennsylvanien  teilten  die 
Deutsehen  mit  den  Iren  und  Schotten  die 
Mühseligkeiten  der  AVaclie.  Nach  Brad- 
docks  Niederlage  kamen  die  Schrecken  des 
Grenzkrieges  bis  nach  den  mittleren  deut- 
schen Gebieten.  In  ^Maryland  gab  es  keine 
Ansiedhmgen  weiter  westlich  als  die  deut- 
schen, Hagerstown  und  Conogocheague. 
In  Yirginien  lagen  die  deutschen  Besitzun- 
gen in  den  hohen  westlichen  Tälern  des 
Shenandoah,  Opequou,  Patterson  Creek, 
South  Brauch  of  the  Potomae,  New  River 
und  Great  Kanawha.  und  nur  im  südwest- 
lichen Teil  Yirginiens  hatten  sieh  Iren, 
Schotten  und  Hugenotten  zahlreicher  ange- 
siedelt. In  Nord-Carolina  lagen  Iren  etwas 
weiter  nach  Südwesten  vorgeschoben,  sie  ge- 
währten aber  den  Deutschen  am  Yadkin 
keine  Deckung ;  in  Süd-Carolina  hatten  die 
Deutschen  eine  lange  Grenze  gegen  den 
Stamm  der  Cherokees  zu  verteidigen,  in 
Georgia  standen  sie  bis  nach  Augusta  an  der 
Front. 

Die  Kriege  des  XVIII.  Jahrhunderts. 

In  den  Indianerkriegeu  des  zweiten  und 
dritten  Viertels  das  achtzehnten  Jahrhun- 
derts M'aren  zwei  Deutsche  ihrem  Adoptiv- 
lande  von  ungeheurem  Nutzen,  der  Dol- 
metscher Conrad  Weiser  imd  der  Missionar 
Friedrich  Post.  Conrad  "Weiser  hatte  unter 
ZiLstimmung  seines  Vaters  Johann  Conrad, 
des  Führers  der  Pfälzer,  einen  Teil  seiner 
Jugendjahre,  als  Liebling  des  Häuptlings 
Quagnant,  unter  den  ]\Iohawks  verbracht, 
lernte  viele  Indiauerdialekte  kennen  und 
genoss  das  Vertrauen  der  Iroquois  oder  Six 
Nations.  Schon  1737  gelang  es  ihm,  bei 
Onondaga  (N.  Y.)  im  Auftrage  der  Gouver- 
neure von  Virginien  und  Pennsj'lvanien  die 
Häuptlinge  der  nördlichen  (Six  Nations) 
und  südlichen  (Cherokees  und  Catawbas) 
Indianerstämme  zu  einem  Waffenstillstand 
zu  bewegen.  Im  Sommer  1742  war  er  der 
Hauptvermittler  zwischen  den  siebzig 
Häuptlingen  der  Six  Nations  und  dem  Gou- 


verneur von  Pennsylvanien,  als  man  zwei 
schwierige  Probleme  vor  sich  hatte,  nämlich 
die  Indianer  für  Landraub  zu  entschädigen 
und  ihren  Beistand  gegen  die  Franzosen 
zu  gewinnen.  Drei  Jahre  später  war  er 
wieder  in  Onondaga  und  in  der  weiter 
nördlich  gelegenen  Indianerhauptstadt  Os- 
wego,  um  die  wegen  Länderraub  erzürnten 
Six  Nations  von  einem  Einfall  in  das  ^lo- 
hawktal  abzuhalten.  Im  Auftrag  des  Gou- 
verneurs von  Pennsylvanien  brachte  er  1748 
Geschenke  an  die  Indianer  des  Ohiotals, 
kam  bis  nach  ihrem  Dorfe  Logstown,  west- 
lich von  Pittsburg,  an  der  Grenze  von  Ohio, 
und  veranlasste  die  Indianer,  von  einem 
Bimde  mit  den  Franzosen  abzustehen.  Die 
Erfahrungen  dieser  Reise  kamen  ihm  im 
Kriegsrat  von  1754  sehr  zu  statten,  als 
Deputierte  von  sieben  amerikanischen  Pro- 
vinzen mit  den  Häuptlingen  der  Six  Nations 
einen  Plan  berieten,  zur  Vertheidigung  ge- 
gen die  westlichen  Indianer  und  Franzosen. 
Weiser  hatte  den  Neid  der  Indiauerstämme 
des  Ostens  und  Westens  kennen  lernen  und 
verstand  es  klug,  den  Stolz  der  Iroquois 
aufzustacheln. 

Christian  Friedrich  Post  sprach  den  De- 
laware Dialekt,  kannte  den  Charakter  der 
Indianer  genau  und  stand  bei  ilmen  in  An- 
sehen. Seine  Heirat  mit  einer  Indianerin 
nötigte  ihn,  aus  dem  Amt  eines  ^Missionars 
der  Herrnhuter  zu  treten.  Desto  grössere 
Dienste  leistete  er  als  Gesandter  und  Ver- 
mittler zwischen  den  beiden  Rassen.  Im 
„French  and  Indian  War"  (1756-63) 
Avard  er  einst  nach  der  Delaware-Haupt- 
stadt KushkiLshkee,  nordwestlich  von  Fort 
Duquesne,  gesandt  und  erklärte  den  India- 
nern kaltblütig,  dass  es  in  ihrem  Interesse 
liege,  sich  von  den  Franzosen  zu  trennen, 
denn  der  Sieg  der  heranziehenden  engli- 
schen Armee  sei  gCAviss.  Das  Ergebnis  war 
eine  grosse  Versammlung  der  Delawares, 
3Iohicans  und  Iroquois  mit  den  Weissen  in 
Easton  und  darauf  ein  Friedensbeschlass, 
den  Post  beauftragt  wurde,  den  Ohioindia- 
nem  zu  überbringen.     Nach  vielen  Aben- 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA. 


teuern  gelaiifr  es  ihm  durehzusetzou,  dass 
die  Delawares.  Sliewauoes  und  ]\Iingos  das 
Krie»irsbeil  begruben.  Dadurch  wurde  die 
Einnalnne  von  Fort  Duquesne  gesichert, 
denn  die  Franzosen  räumten  das  Fort,  als 
sie  sich  von  den  verbündeten  Indianer  ver- 
lassen sahen. 

In  demselben  Kriege  w'urde  das  Regiment 
„Royal  Americans"  gegründet  und  unter 
die  Führung  des  Schweizers.  Oberst  Bou- 
<iu(t,  gestellt.  Es  bastand  aus  vier  Batail- 
loiu^n,  zu  je  tausend  ]Mann  ;  fünfzig  der  Offi- 
ziere sollten  ausländische  Protestanten  sein, 
die  Rekruten  wurden  hauptsächlich  aus  der 
deutschen  Bevölkerung  Pennsylvauiens  aus- 
gehoben. Die  Bataillone  dienten  in  allen 
Teilen  der  amerikanischen  Provinzen  aber 
auch  ausser  Landes :  in  Quebec,  Louisburg, 
llavana,  Martinique.  Ihr  schönstes  Ver- 
dienst aber  war  die  Einnahme  von  Fort 
Duquesne  unter  den  Generälen  Forbes  und 
Bouquet,  zugleich  die  Rettung  des  durch 
Braddocks  Niederlage  eingebüssten  Kriegs- 
ruhms. Waren  diese  Feldzüge  eine  Vorbe- 
reitungsschule für  den  Befreiungskrieg,  so 
bildete  dies  Regiment  unter  der  deutschen 
Bevölkerung  einen  militärischen  Kern,  der 
selbständig  und  kriegserfahren  antreten 
konnte,  sobald  man  sich  von  England  los- 
sagte. 

Der  Antheil  am  Befreiungskriege. 

Beim  Ausbruch  des  Befreiungskriegs  war 
etwa  ein  Drittel  der  Bevölkerung  auf  der 
Seite  des  Königs,  in  New-England  und  Vir- 
ginien  war  der  Prozentsatz  der  Loyalen 
kleiner,  aber  in  Georgia  Avar  das  Verhältnis 
fast  gleich  und  gleich.  Sicher  ist  jedoch, 
dass  in  jedem  Bezirk  die  deutschen  Anhän- 
ger des  Königs  weit  unter  dem  Prozentsatz 
der  Tories  des  betreffenden  Distrikts  stan- 
den. Die  deutschen  Ansiedler  gehörten 
nicht  zu  den  Aristokraten,  deren  Glück  von 
der  Gun.st  der  Krone  abhing.  Sie  hatten 
nicht  dieselbe  Pflicht  der  Dankbarkeit, 
nicht  den  Stolz  auf  die  Herrlichkeit  der 
englischen  Nation.     Was  sie  w^aren,  hatten 


sie  mei.stens  ihrer  fleissigen  Hände  Arbeit 
zu  verdanken,  und  wie  alle  Pioniere,  liebten 
sie  ein  selbständiges  Schalten  und  Walten. 
Die  vielen  Sekten,  wie  ]\Iennoniten,  Tnnker 
u.  s.  w.,  denen  ihre  Religion  die  Waffen- 
führung verbot,    winden    deswegen   keine 
Tories,  sie  brachten  der  patriotischen  Partei 
oft  grosse  Opfer,  sie  öffneten  ihre  Speicher 
dem  hungernden   Heere.     Die  llerrnhuter 
in    Nord-Carolina    wurden     beispielsweise 
durch  Zahlung  einer  dreifachen  Steuer  vom 
Kriegsdien.st  entli()l)en.     Dagegen  war  die 
^Mehrzahl  der  Deutschen  kampflu-stig,  und 
viele  gehörten  zu  den  ersten  Aufwieglern, 
darunter  viele  Kaufleute  Philadelphias,  w^ie 
der  Bäcker  Ludwig,  der  Finanzier  Ilillegas, 
der  Drucker  Henry  ]Miller,  dessen  ,, Staats- 
bote" kräftig  in  die  Flammen  blies,  ja  alle 
evangelisch  -  lutherische     und      reformirte 
Kirchenräthe,   Avie   auch   die  Beamten   der 
Deutschen  Gesellschaft  in  der  Stadt  Phila- 
delphia.    Unter  Zustimmung  des  lutheri- 
schen    Patriarchen     Älühlenberg     druckte 
man  eine  vierzig  Seiten  lange,  vom  1.  Au- 
gust 1775  datirte  Broschüre,  die  man  an 
die  Deutschen  von  New  York  und  Nord- 
Carolina   schickte,   zur   Bekanntgabe   über 
die  politische  Situation  und  die  Nothwen- 
digkeit  der  Waffenergreifung,  dass  man  in 
Pennsylvanien    kampfbereit    stände,    dass 
man  ^lilizkompagnien  und  Jäger-Corps  ge- 
gründet, die  sich  bereit  hielten,  sofort  in 
irgend    einen    Landesteil    zu    marschieren. 
Im    Shenandoahtal    hielt    die    fast    ganz 
deutsche  Bevölkerung  von  Woodstock,  un- 
ter dem  Vorsitz  Peter  Mühlenbergs,  eine 
Versammlung,  in  welcher  in  schriftlichen 
Resolutionen     mit     Unabhängigkeit     und 
Krieg  gedroht  wurde.     Dieselbe  fand  am 
16,   Juni    1774  statt,   nur   einige   Wochen 
später    als    die    allererste    derartige    Ver- 
sammlimg  in  Fredericksburg  (Va.)   am  1. 
Juni,  und  zwei  Jahre  vor  der  Unabhängig- 
keitserklärung der  gesammten  Kolonien, 

Deutsche  Regimenter  gab  es  schon  zu  An- 
fang des  Krieges;  das  erste  entstand  nach 
Beschluss  des  Congresses,  1776,  und  wurde 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIH   DEUTSCHEN  IN  AMERIKA. 


von  fünf  Kompagnien  ans  Pennsylvania 
neben  vier  ans  Maryland  gebildet.  Unter 
Snllivans  Oberbefehl  niaehte  das  Regiment 
dessen  Kriegrszng'  gegen  die  Indianer  mit, 
stie.ss  zu  Washingtons  Truppen,  beteiligte 
sieh  an  den  Sehlaehten  von  Trenton,  Prin- 
cetou  und  Brandywine  und  verbraehte  den 
schlinnuen  Winter  1777—78  in  Valley 
Forge.  Armands  Legion  hiess  ein  anderes 
deutsches  Regiment,  das  aus  verschiedenen 
schon  gedienten  Kompagnien  zusammenge- 
setzt war,  z.  B.  Schotts  Dragoner  und  von 
Ottendorffs  Fussvolk.  Das  Regiment  zeich- 
nete sieh  in  den  späteren  Feldzügen  aus, 
bei  der  Belagerung  von  Yorktown  und 
New  York.  Sehr  viele  Deutsche  waren  in 
den  Pennsylvanischeu  Regimentern  I.  bis 
XIII..  wie  man  aus  den  im  ,, Deutschen  Pio- 
nier" gedruckten  Namenslisten  sehen  kann. 
Die  Leibwache  George  Washingtons  be- 
stand zum  grossen  Teil  aus  Deutschen, 
initer  dem  Befehl  des  unter  Friedrieh  dem 
Grossen  gedienten  Preussen,  Major  von 
Tlccr,  der  seine  Leute  meistens  aus  den 
den  Grafschaften  Berks  und  Lancaster  er- 
hielt. Sie  dienten  vom  Frühling  1776  bis 
zu  Ende  des  Krieges.  Die  Gründimg  der 
Füselier-Kompagnie  Charlestons  und  die 
Ernennung  des  Salzburgers  Treutlen  zum 
Gouverneur  von  Georgia  sind  bereits  er- 
wähnt worden.  Das  „Georgia  Council" 
gab  Treutlen  im  Jahre  1778  die  Gewalt 
eines  Diktators,  und  in  der  Ausführung 
seines  Amtes  liess  er  vom  Salzburger, 
Oberst  Ebert,  das  Fort  Frederica  und  zwei 
englische  Kriegsschiffe  erobern. 

ALs  typische  Patrioten  unter  der  deut- 
schen Bevölkerung  jener  Zeit  nennen  wir 
einen  ]\Iann  aus  den  gebildeten  Kreisen 
und  einen  Mann  aus  dem  Volke,  Peter 
Mühlenberg  und  Christoph  Ludwig,  deren 
Schicksale  an  anderer  Stelle  in  diesem 
Buche  geschildert  worden  sind. 

Die  Ansiedler  im  jMohawktal  und  in 
Schoharie  hatten  während  der  Revolutions- 
jahre mit  wenig  Unterbrechungen  die 
Greuel   eines  Grenzkrieges  mit  den   Stäm- 


men der  Six  Xations  zu  ertragen.  Im  vor- 
hergehenden Krieg  gegen  die  Franzo.sen 
waren  sie  Verbündete  gewesen,  luui  aber 
war  es  den  Engländern  gelungen,  die  Iro- 
quois  auf  ihre  Seite  zu  locken.  Die  bunt- 
i'öckigen  Soldaten  der  Briten  und  deren  be- 
stechende Geschenke  schienen  auf  grössere 
]\Iacht  zu  deuten.  Der  Vortheil  der  Beute, 
an  Vieh  und  Getreide,  konnte  auch  leichter 
unter  Feindschaft  mit  den  Ansiedlern  ge- 
wonnen werden.  Engländer  und  Tories 
hetzten  die  Indianer  gegen  die  unglückli- 
chen Ansiedler,  die  nun  nicht  länger  auf 
den  ausbleibenden  Beistand  des  Congresses 
warten  konnten,  sondern  sich  selber  helfen 
nmssten.  I^nter  dem  Oberbefehl  Nikolaus 
Herchheimers  (Herkimer)  organisierte  man 
vier  Bataillone  zum  Schutz  von  Tryon 
County,  vertrieb  alle  Tories,  deren  Anfüh- 
rer Sir  William  Johnson,  Schwager  des  ge- 
fürchteten Indianerhäuptlings  Brant,  die 
befreundeten  ^Mohawks  mit  in  seine  Partei 
zog.  Im  Juni  1777  trat  General  Burgoyne 
seinen  iMarsch  nach  der  Provinz  New  York 
an,  um  dieselbe  von  New-England  abzu- 
schneiden. Oberst  St.  Leger  sollte  nun  von 
Westen  her  die  AIohawk-Ansiedlung  über- 
fallen und  ihre  Ernten  zur  Beköstigung  der 
Burgojaieschen  Armee  nach  Albany 
bringen.  Diesen  Plan  vereitelte  aber 
Herchheimer  mit  seinen  tapferen  Scharen 
dnrch  den  Sieg  bei  Oriskany;  neun  Tage 
nach  der  Schlacht  starb  Herchheimer  an 
einer  in  derselben  erhaltenen  Wmide. 

Unter  den  vielen  ausländischen  Offizie- 
ren, die  vom  Ideal  des  Befreiungskrieges 
angezogen  wurden^  leistete  keiner  dem  ame- 
rikanischen Volke  grössere  Dienste  als 
Friedrich  AVilhelm  Freiherr  von  Steuben. 
Lafayette,  zur  Zeit  seiner  Ankunft  (1777) 
ein  Jüngling  von  zwanzig  Jahren,  mit 
warmem  Herzen  und  offener  Hand,  erhielt 
glänzende  Posten.  Aber  an  wirklichen  fort- 
schrittlichen Leistungen  ward  der  kriegser- 
fahrene Steuben,  ein  Lieblingsschüler 
Friedrichs  des  Grossen,  unter  allen  Gene- 


72 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  l  EBER  DIE  DEUTSCHEN  IX  AMERIKA. 


rälen  im  Frpiheitskrii'*rr  nur  von  Washing- 
ton und  rjreent'  ül)ertroffen. 

Als  zweiter  unter  den  deutschen  Offizie- 
ren ist  zu  nennen  Johann  Kalb,  der  zu 
Hause  ein  sorgenfreies  Leben  verliess.  um 
den  anierikanisehen  Patrioten  ])eizustehen. 
Er  hatte  aueh  im  siebenjährigen  Kriege  ge- 
dient, hatte  Amerika  auf  einer  frühereu 
Reise  kennen  lernen,  war  ein  erfahrener  In- 
genieur und  Topograph.  In  dem  Kriegs- 
zug nach  Süden  unter  General  Gates 
wurde  er  über  die  ^Maryland  und  Delaware 
Truppen  gestellt.  In  der  Schlacht  von 
Caniden  siegte  er  mit  seinen  Regimentern, 
wurde  aber  von  dem  unfähigen  Gates  im 
Stiche  gelassen,  setzte  den  Kampf  bis  zum 
Aeus-sei-steu  fort  mid  starb  den  Heldentod. 

Andere  bedeutende  Xamen  unter  den 
deutschen  Freiheitsfreunden  waren  die 
deutschen  Offiziere  Weedon  (Wieden), 
AYeissenfels.  Ziegler,  Lutterloh,  Schott, 
Kalteisen.  Bei  den  französi.schen  Truppen 
unter  Rochambeau  standen  einige  deutsche 
Regimenter  und  deutsche  Offiziere,  z.  B. 
das  Garderegiment  Zweibrücken  unter  dem 
Befehl  des  Prinzen  Christian  von  Zwei- 
brücken :  Prinz  "Wilhelm  von  Zweibrücken 
war  Obei-st-Leutnant,  Freiherr  Eberhard  v. 
E.sebeck  ]\Iajor,  Graf  Haake  Hauptmann. 
Unter  den  Reitern  des  Herzogs  von  Lauzun 
befanden  sich  viele  Deutsche.  Lauzuns 
R^^iter,  Wiedens  1200  ]\Iili/.soldaten  und 
Armands  Legion  schlugen  General  Tarle- 
ton  in  dem  einzigen  Ausfall,  der  in  der  Be- 
lagerimg  Yorkto\nis  versucht  wurde,  zu- 
rück. Das  Regiment  Zweibrücken  hatte  die 
Ehre,  eines  der  beiden  Forts  zu  er.stürmen ; 
Prinz  Wilhelm  ward  im  Angriff  verwundet, 
Hauptmann  Heinrich  Kalb,  Xeffo  des  in 
der  Schlacht  von  Camden  gefallenen  Jo- 
hann Kalb,  war  der  erste  im  feindlichen 
Fort,  dessen  Einnahme  den  Untergang 
Yorktowns  besiegelte. 

Die  verhassten,  übel  verleumdeten  Hes- 
sen, mit  ihren  tüchtigen  Offizieren  Riede- 
sel, Heister,  Knyphausen  u.  a.  m.  bewährten 


sich  als  tapfere  Soldaten  in  der  Schlacht, 
in  der  Gefangenschaft  als  vortreffliche 
Menschen.  Ungefähr  fünf  bis  .sechs  taiLsend 
(aus  30,000)  mögen  nach  der  Revolution 
sich  in  Amerika  angesiedelt  haben.  Die 
mei.sten  zei-streuten  sich  in  den  deutschen 
Ansiedlungen,  denn  an  andern  Orten  sah 
man  sie  doch  immer  noch  mit  Argwohn  an 

Die  Eroberung  und  Besiedelung 
des  Westens. 

Das  Vordringen  in  den  Westen  .jenseits 
der  Alleghanygebirge  ging  nicht,  wie  man 
wohl  erwartet  hätte,  zuerst  vom  Ohiotal, 
sondern  vom  Südwesten  aus,  d.  h.  von  Ken- 
tucky und  Tennessee.  Hauptursache  war 
die  Feindschaft  der  an  den  XebenHü.ssen 
des  Ohio  ansä.ssigeu  Indianerstämme,  die 
sich  mit  ihren  Erbfeinden,  den  Six  Nations, 
oft  in  blutigen  Kriegen  gemessen  hatten  und 
nun  den  Weissen  jeden  Zoll  breit  Landes 
streitig  machten.  Dagegen  lag  das  Tal  des 
Cumberland  und  Tennessee  zwischen  den 
feindlichen  Indianerstämmen  des  Nordens 
und  Südens:  beide  benutzten  da.s.'ielbe  zu 
ihren  Jagdzügen,  wagten  aber  nicht  es  in 
Besitz  zu  nehmen.  Da  kam  ein  dritter 
]\Ienschen.stamm  und  raubte  ihnen  das  Pa- 
radies der  Jäger,  Kentucky,  „das  dunkle, 
blutige  Gebiet".  Schon  lange  .standen  die 
Weissen  an  den  Toren  des  Südwestens,  an 
den  Quellen  des  Tennessee  und  Grossen 
Kanawha,  machten  schon  vor  dem  Frei- 
heitskrieg Streifzüge,  ja  legten  sogar  An- 
siedlungen an.  wie  Harrod.sburg  1774,  Boo- 
nesboro  1775,  im  bestrittenen  Jagdrevier. 
Als  aber  der  Krieg  mit  der  englischen 
Krone  nicht  mehr  die  Kräfte  der  Koloni- 
sten in  Anspruch  nahm,  strömte  es  unauf- 
hörlich aus  A'irginia  und  Carolina  gen 
Westen  zu. 

Die  ersten  Pioniere,  die  es  am  besten  mit 
Indianern  und  der  W^ildnis  aufzunehmen 
verstanden,  waren  durch.schnittlich  Einge- 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA.         73 


borne,  darunter  Avaron  abor  von  deutsohor 
Abknnft  ebenso  viele  wie  Abkönnnliniie 
anderer  Nationen.  Michad  Sfoiicr  (Stei- 
ner), Vorfalir  der  Kentneky  Stoners.  war 
der  Begleiter  Boones  auf  de.s.sen  frühe.sten 
Streifzügen  imd  hatte  mit  Harrod  vor 
Boone  da.s  Wild  am  Cnmberland  gejagt. 
Kasper  Manskcr  (jNIansko),  ebenfalls  von 
deutscher  Abkunft,  Oberst  der  ^Nliliz.  war 
einer  der  bedeutendsten  Indianerbekämpfer 
in  Tennessee,  dessen  Flinte  „Nancy"  die 
Indianer  wie  ein  Gespenst  des  Todes  heim- 
suchte. Alle  Indianerjäger  des  ganzen 
Landes  übertraf  aber  Ludwig  Wetzel,  der 
Hotspur  des  Ohiotals.  Wenn  auch  nicht 
einige  vierzehn  vor  dem  Frühstück,  so 
tötete  er  doch  über  dreissig  Indianer  mit 
eigener  Hand,  mehr  als  von  den  beiden 
Armeen  von  Braddock  und  St.  Clair  zu 
Fall  gebracht  Avurden.  Ludwig  Wetzeis 
Vater  war  in  der  Pfalz  geboren  und  wurde 
in  der  Gegend  vom  heutigen  Wheeling 
meuchlings  von  den  Indianern  ermordet, 
darauf  tat  der  Knabe  einen  Racheschwur, 
den  er  mit  entsetzlicher  Treue  ausführte. 
Er  Hess  sich  durch  keinen  Friedensschluss 
in  seiner  Indianerhetze  stören,  geriet  des- 
wegen mit  der  Regierung  wiederholt  in 
Konflikt,  verlor  aber  darum  doch  nicht  das 
Wohlwollen  der  rauhen  Pioniere,  deren 
Herzen  er  auch  bei  seinem  späteren  Aufent- 
halt in  Natchez  und  Texas  vollkommen  für 
sich  gewann. 

Im  allgemeinen  gehörten  aber  die  Deut- 
schen und  deren  Nachkonnnen  zur  Klasse 
der  dauerhaften  Ansiedler,  die  das  bessere 
Land  besetzten,  bebauten  und  festhielten. 
In  zeitgenössischen  Urteilen  wird  dieser 
Charakterzug  betont,  so  sagt  z.  B.  der 
Staatssekretär  von  Kentucky,  Toulmin. 
dass  unter  je  zwölf  Familien  neun  Deut- 
sche, sieben  Schottische  und  vier  Irische  ge- 
diehen, während  die  übrigen  zu  Grunde 
gingen.  Aus  den  Nachforschungen  Ratter- 
manns geht  hervor,  dass  wenigstens  zwei 
Drittel  der  wegen  seines  Ackerbaus  und 
seiner  Viehzucht   berühmten   ,,Blue   Grass 


Region"  von  Kentucky  früh  von  deutschen 
Ansiedlern  besetzt  wurden,  besonders  der 
mittlere  und  westliche  Teil.  Darunter 
waren  viele  pensionierte  Soldaten  der  deut- 
schen Regimenter  im  Revolutionskrieg, 
denen  anstatt  Zahlung  vom  Congress  Land- 
schenkungen bewilligt  wurden.  Berichte 
von  reisenden  lutherischen  IMissionären  an 
die  Synode  von  Nord-Carolinas  (1803)  be- 
weisen, dass  die  Deutsehen  Nord-Carolinas 
sich  viel  auf  die  W^anderschaft  nach  Ken- 
tucky und  Tennessee  begaben  und  sehr 
früh  dort  angesiedelt  waren. 

Die  ersten  sich  dauernd  niederlassenden 
Weissen  im  Staate  Ohio  waren  die  IMissio- 
näre  der  Herrnhuter,  Post,  Zeisberger, 
Heckewelder  und  Ettwein.  Post  hatte  es 
schon  1761  versucht,  eine  ^Mission  in  Stark 
County  zu  gründen,  wurde  durch  Pontiacs 
Krieg  vertrieben,  kam  1767  aber  wieder  zu- 
rück. David  Zeisberger  und  dessen  An- 
hänger gründeten  vier  Städte  am  oberen 
IMuskingum  (Coshocton  Co.).  Schönbrunn, 
Gnadenhütten,  Lichtenau  und  Salem.  Diese 
JMissionen  für  christliehe  Indianer  gediehen 
vortrefflich,  zu  Ende  1775  zählten  die  Ge- 
meinden 414  Seelen,  Ackerbau  und  Ge- 
werbe blühten,  eine  Fibel  und  ein  Lesebuch 
wurden  in  der  Delaware-Sprache  für  sie 
angefertigt,  das  Experiment  der  kulturellen 
und  christlichen  Erziehung  der  Indianer 
war  den  ^Missionären  gelungen.  Da  brachte 
ihnen  der  Revolutionskrieg  Unfrieden  und 
Verderben.  Die  westlichen  Indianer  hatten 
mit  den  Six  Nations  gegen  die  Kolonisten 
Partei  genonnnen,  und  die  friedlichen  In- 
dianer waren  zwischen  zwei  argwöhnischen 
feindlichen  IMächten  eingekeilt.  Als  das 
Gebot  der  Six  Nations  eintraf,  die  friedli- 
chen Indianer  tot  oder  lebendig  von  ihren 
Besitzungen  fortzuschaffen,  waren  die 
raublustigen  Wyandots  bei-eit,  den  Befehl 
auszuführen,  und  l)rachten  die  Hilflosen  in 
das  nördliche  Ohio  an  den  Sandusky  Fluss. 
Da  sie  dort  grosse  Not  litten,  wurd(^  einem 
Teil,  etwa  150,  erlaubt,  im  Februar  1782 
einen  Zug  nach  der  Heimat  am  ]\Iuskingum 


?][XK  GESCHICHTLIC'HK  rKBKKSKlir   IKl'.Ki:   DIK   DKITSUHEX   IX   AMETilKA. 


'/AI  iiKK'lien,  um  (Jctreitle  und  Li-lieusiiiittcl 
einzuholen.  AbiT  als  sie  schon  ihfe  Säcke 
zur  Abfahrt  «repackt  hatten,  um  vom  Mus- 
kinfjnni  wieder  nach  dem  Sandusky  /.u  wan- 
dern, w  ui(U':i  di;'  christlichen  Indianer  von 
einer  rohen  Ilorile  Hinterwäldler  iiherfalliii 
und  mit  Frau  und  Kind  erschlayen  und 
skalpiert.  l'iese  .Metzelei,  ein  cwiuer 
Schandfleck  in  der  (Jeschichte  dci'  J-]robe- 
run«r  des  Westens,  fand  keine  Billigung 
unter  den  an«!;eseheneren  Pionieren,  vei'ur- 
sachte  aber  auch  keine  allgemeine  Knt- 
lüstunüf.  denn  den  meisten  erschien  in 
dieser  fui'chtbareu  Epoche  des  \'ernich- 
tun^rskrieirs  Indianer  gleichbedeutend  mit 
Teufel. 

Der  Sieg  blieb  lange  auf  Seiten  der  Rot- 
häute. Die  Expeditionen  der  Generäle 
Ilarmar  inid  St.  Clair  erlitten  entsetzliche 
Niederlagen  und  ermutigten  die  Indianei- 
zu  noch  häufigeren  Au.sschreitungen.  p]nd- 
lich  zwang  der  Feldzug  des  tapferen,  um- 
sichtigen General  Wayne  im  Jahre  17!>4 
den  Indianern  den  Frieden  ab,  und  das  In- 
nere Oliios  ward  eröffnet.  Vorher  hatte 
man  iiui"  gewagt,  an  den  Flussmündungen 
tastend  Fuss  zu  fassen,  so  wurde  IMarietta 
1788  an  der  ^Mündung  des  ^Muskingum  u.nd 
Losantiville  (aus  L  für  Licking.  os  Mün- 
dung und  anti  gegenüber)  1789  der  ]\Iün- 
dung  des  Licking  gegenüber  gegründet.  ]\Iit 
Lo.santiville  stritten  Columbia  und  Cleves, 
alle  drei  am  nördlichen  Ufer  des  Ohio  gele- 
gen und  ungefähr  zur  selben  Zeit  gegrün- 
det, um  die  Herrschaft  des  ]\Iiamitals,  bis 
der  Bau  des  Fort  Washington  bei  Losanti- 
ville zu  dessen  (Junsten  entschied,  aber  der 
Name  wurde,  1790.  in  Cincinnati  umge- 
tauft. ColumhUi  liegt  in  den  (Jrenzen  des 
lieutigen  Cincinnati.  zählte  schon  1792  nach 
Ileckeweldcrs  Tagebuch  1100  Einwohner 
und  wurde  von  Major  Sfitcs  (Steiz),  einem 
Dcufsclicn,  gegründet.  Der  im  Freiheits- 
krieg sehon  verdiente  David  Ziegler  (geb. 
in  Heidelberg  1748)  wurde  1802  zum  ersten 
Bürgermeister  von  Cincinnati  erwählt,  aus 
Dankbarkeit   für  seine  Vertheidigiuig  des 


Ohiotals  gegen  die  übermütigen  Indianei- 
horden  nach  St.  Clairs  Niederlage;  er 
wni-de  im  folgenden  Jahr  einstiiiiinig  wie- 
dei'eiwählt.  Ein  andei'cr  Dciitschci'.  im 
Klsass  gebürtig,  wiiktc  bilnibi-echrnd  in 
den  frühei'en  Jaliicii  ( "iiiciiuiatis.  (\cv  Liciii- 
aie  Kaufnunni  Martin  Bautn,  (\^v  mit  Gene- 
ral Wayne  nach  Ohio  gekonunen  und  da- 
rauf sich  in  Cincinnati  niederliess.  S(in 
..general  störe"  bildete  den  Anfang  eine» 
Vermögens,  das  er  zu  rnternelunungen 
gros.sen  Stiles  anwandte,  (1810)  zum  Bau 
dei-  ersten  Eisengies.serei  des  Westens,  zu 
einer  Zuckerfabrik,  zu  Webereien  und 
Dampf mühlen.  zur  Gründung  eirer  Bank. 
Er  führte  zinn  t-rsten  ^lale  Segelschiffe  im 
Flussverkehr  ein  und  veranstaltete  regel- 
mässige Fahrten  zwischen  Cincinnati  und 
New  Orleans.  p]r  wurde  1807  uiul  1S12 
Zinn  Bürgermeister  erwählt  und  war  I\Iit- 
l)egründer  einiger  ]\IiLsik-  luid  Kunstver- 
eine Cincinnatis.  Er  war  einer  der  ersten 
Landbesitzer  von  Tededej  (Port  Lawrence), 
das  er  als  Endpunkt  einer  Verkehrslinie 
zwischen  Cincinnati  und  den  grossen  Seijn, 
durch  das  ]\Iiamital  befürwortete.  Diesen 
Plan  auszuführen,  gelang  in  späteren  Jah- 
ren den  Fabrikbesitzern  Gross  und  Dietrich, 
die  auf  eigene  Kosten  die  Dayton  und  ^li- 
eh igan  Eisenbahn  von  Dayton  nach  Toledo 
bauten,  eine  Strecke  von  143  ]\Ieilen,  mit 
einem  Kostenaufwand  von  drei  ^Millionen 
Dollars. 

Am  kleinen  Miami  befand  sich  eine  in- 
teressante Kolonie,  „Little  Germany",  de- 
ren Gründer,  Cliristian  WaldscJimidt,  die 
erste  Papiermühle  westlich  von  Virgin ien 
aufsetzte.  Am  grossen  ]\Iiami  gab  es  seit 
General  Waynes  Heerfahrt  die  Städte 
Dayton,  179ö.  und  Germantown.  1814;  letz- 
teres machte  bald  Dayton  den  Rang  streitig, 
der  Canal  von  Dayton  nach  Cincinnati 
(1828)  gab  aber  Dayton  den  Vorrang.  Am 
oberen  ]\Iuskingum  gründete  der  Pennsyl- 
vanisch-Deutsche  Ehcnezcr  Zane  (Zahn) 
das  Städtchen  Zanesville;  er  bahnte  zwi- 
schen    Wheelintr     über     Chillicothe     räch 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA. 


75 


Maysville  (Kentucky)  einen  Weg,  breit  ge- 
nug für  Pack-Pferde,  über  den  die  Post 
zum  ersten  ]\Ial  1797  getragen  wurde.  Die 
eigentlichen  pennsylvaniseh  -  deutsehen 
Counties  in  Ohio  sind :  Stark,  TuscaraAvas, 
Wayne,  Ilolnie.s  und  /um  Teil  Kichland. 
Sie  liegen  südlich  vom  Western  Reserve, 
meistens  von  Neu-Engländern  angesiedelt, 
die  lieber  Viehzucht  (daher  der  Name  Kä- 
si'distrikt),  die  Deutschen  mit  Vorliebe  Ge- 
treidebau zum  riaupterwerbszweig  mach- 
ten. Die  Städte  Canton,  jMassillon,  Alli- 
ance,  ^Minerva  "wurden  von  Deutschen  be- 
gründet, wie  auch  eine  Reihe  anderer  mit 
deutschen  oder  von  den  Sekten  herrühren- 
den biblischen  Namen.  Aus  den  Reisebe- 
schreibungen des  ^lethodistenpredigeis 
Heinrich  Böhm  (1808)  oder  des  Roman- 
schreibers Charles  Sealsfield  (1825-6)  er- 
kennt man,  wie  zahlreich  zu  ihrer  Zeit  die 
Deutschen  im  Ohiotal  gewesen  sein  müssen. 
Bischof  A.sbury,  der  den  deutschredenden 
Böhm  als  Reisebegleiter  mitführte,  er- 
zählte, Böhm  habe  bei  seinen  Predigten 
einen  grösseren  Zulauf  als  er,  weil  jener 
deutsch  predige. 

Obgleich  das  Illinoisgehict  schon  seit 
Jahrzehnten  (1778—1779)  eröffnet  wor- 
den, durch  den  ruhmvollen  Zug  des  Erobe- 
rers Clark,  mit  seinen  deutschen  Adjutan- 
ten Boinnan  und  Helm,  nach  Kaskaskia 
und  Vincennes,  so  entwickelten  sich  Indi- 
ana und  Hlinois  doch  nur  langsam,  wenig 
im  Innern,  höchstens  längs  des  Ohio.  Den 
Nordwesten  verkannte  man  ;  nach  dem  ]Mis- 
sissippi,  der  grossen  Verkehrsader,  steuerte 
man  zu.  Der  sehnliche  Wunsch  der  west- 
lichen Pioniere  im  achtzehnten  Jahrhun- 
dert, die  Eröffnung  des  ]\Iississippi,  wurde 
]803  mit  'dem  Kauf  des  Louisianagebietes 
erfüllt.  St.  Louis  und  New  Orleans  wur- 
den zuerst  das  Ziel,  dann  der  Ausgangs- 
punkt der  Eroberer  des  Westens. 

Erst  um  1830  fingen  die  Deutschen  an 
in  grösserer  Anzahl  in  New  Orleans  zu  lan- 
den, sie  hielten  sich  aber  gewölyilich  wegen 
des  Fiebers  und  der  Sklaverei  nicht  länger 


auf.  Tn  den  llafen.städten  blieben  aber 
inniicr  Kinwandcrer  hängen,  so  zählte  New 
Orleans  im  Jalu-e  1840  an  10,000  Deutsche. 
Da  sie  unljemittelt  waren  und  in  der  Fie- 
berzeit sich  nicht  entfernen  konnten,  füll- 
ten sie  haufenweise  die  nassen  Gräber  der 
Stadt.  Dennoch  gewöhnten  sich  wieder  an- 
dere an  das  Klinui,  besiedelten  das  Gebiet 
des  Red  River,  oder  zogen  nach  den 
Städten  Alexandria,  Natchitoches  und 
Shreveport.  Bei  Little  Rock,  Arkansas, 
siedelten  sieli  Deutsche  an,  unter  der  Füh- 
rung ihres  Pastors  Klingerhöffer,  des 
Freunds  und  Gastwirts  von  Friedrich  Ger- 
sfäcker,  dessen  ,, Regulatoren  in  Arkansas", 
„Flusspiraten  am  ^Mississippi",  „Nach 
Amerika",  ,, Streif-  und  Jagdzüge"  dort 
und  am  untern  Missi.ssippi  nach  der  Natur 
gezeichnet  wurden. 

jMeistens  zogen  aber  die  Deutschen  strom- 
aufwärts, erreichten  St.  Louis,  und  von 
dort  aus  l)esetzten  sie  beide  LTfer  des  Mis- 
souri. Epoche  machte  die  Reise  Gottfried 
Dudens  im  Jahre  182-4,  der  sich  am  J\Iis- 
souri  in  AVarren  County  eine  Farm  kaufte 
und  sie  bebauen  Hess.  Inzwischen  verfasste 
er  eine  romantische  Beschreibung  seiner 
Reise  und  zollte  der  Missouri-Gegend  beson- 
deres Lob,  das  bei  der  grossen  Verbreitung 
des  Buches  eine  bedeutende  AiLSwande- 
rung  nach  ^Missouri  zur  Folge  hatte.  Duden 
kehrte  zurück,  aber  seine  Farm  wurde  der 
^Mittelpunkt  deutscher  Ansiedler  aus  al- 
lerlei Gesellschaftsklassen.  Besonders  viele 
Gebildete  waren  unter  ihnen,  weswegen 
man  der  Ansiedlung  den  Namen  , .Latin 
Settlement"  schenkte.  Viele  der  „lateini- 
schen Farmer"  setzten  aber  ihr  Geld  zu, 
während  der  an  Arbeit  gewöhnte  Bauer 
sein  gutes  Auskonunen  hatte. 

Die  Idee  einer  konzentrierten  Einwande- 
rung in  das  ^Mississippital  entstand  in  dem 
Bunde  der  Freunde  Paul  Ff^llenius  und 
Friedrich  Münch.  Die  beiden  Idealisten 
nahmen  im  Vaterlande  das  Scheitern  aller 
Freiheitsideen    wahr,    konnten    sich    aber 


76 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IX  AMERIKA. 


lange  nicht  zur  "f  ahnen  flucht  igm"  Aus- 
wandcruni;  entscheiden.  l)i.s  ihnen  die 
pol  izei  Helle  .Macht  inierträglich  wurde. 
Sie  fanden  ihre  Kettung  in  dem  Plan,  ein 
neues  freies  Deutschland  auf  amerikani- 
seheiii  Boden  zu  gründen,  wenn  möglich 
einen  ahgesonderten  Staat  /u  bilden,  der 
jährlich  einen  Zuzug  neuer  Einwanderer 
bekommen  .sollte.  So  entstand  die  ,.Gies- 
sener  Gesellschaft'",  ..um  deutschem  Volks- 
leben eine  würdige  Heimstätte  zu  ver- 
.sehaffen".  Im  Jahre  1884  ankommend 
wurde  .sogleich  das  erste  Ziel  der  Kei.se.  der 
Staat  Arkansa.s.  aufgegeben,  man  zog  wei- 
ter nach  St.  Louis  und  verteilte  sich  dort. 
Viele  wandten  sich  rechts  nach  Illinois, 
andere  folgten  Follenius  ujid  ]\Iüneh  nach 
Dudens  idyllischem  Heim  am  ^Missouri.  Nun 
wurde  erst  recht  AVarren  County  das  Zen- 
trum einer  wachsenden  deutschen  Bevölke- 
rung, die  sich  über  die  Counties  St.  Char- 
les. Franklin  und  (ia.seoiiade  erstreckte  und 
bald  auch  die  jetzigen  Counties  St.  Louis. 
Lincoln,  ]\Iontgoiiiery,  (^sage  und  Cole  be- 
siedelte. In  allen  Städten  von  St.  Louis 
bis  Jefferson  Citv.  ja  noch  weiter.  1)is  Kan- 
sas  City,  längs  des  ]\Ii.s.souri.  ist  die  Hälfte 
der  Bevölkerung  eleufscJi.  ^Mächtig  zog  St. 
Louis  die  deutschen  Einwanderer  an,  wurde 
für  den  We.sten,  wa.s  einst  Philadelphia  für 
den  Osten,  der  Ausgangspunkt  der  deut- 
.sclien  Stämme.  St.  Louis  war  zur  Zeit 
viermal  so  gro.ss  als  Chicago,  hatte  zwei 
täglich  erseheinende  deutsche  Zeitungen 
(1845),  hatte  das  ^Monopol  der  Schiffahrt 
auf  dem  ]\Ii.ssi.ssippi.  beförderte  die  Ein- 
wanderung nach  Illinois,  Iowa  und  dem 
bald  mit  Riesenkräften  emporwachsenden 
Nordwesten. 

St.  Louis  gegenüber  auf  der  Illinoisseite 
lag  die  unverge.s.sliche  Kolonie  Belleville, 
111..  ]\Iittelpinikt  der  starken  deutschen  Be- 
völkerung von  St.  Clair  County.  Viele 
Burschenschafter  und  spätere  Achtundvier- 
ziger fanden  sich  dort  zasammen,  die 
Engchnanns,  Dr.  Bimsen.  Tlieoelor  Hilgarel, 
Georg  Neuhoff':  Gustav  Körner  und  Fried- 


}-ic}i  Herlier,  die  sich  auf  der  Universität  im 
Duell  gegenüber  gestanden,  reichten  sieh 
hier  die  Hand:  deutsches  VoUcsleben  hatte 
eine  würdige  Heim.stätte  gefunden,  wenn 
auch  die  Idee  eines  abgesonderten  Staates 
niemals  verwirklicht  wurde.  Die  Deutsehen 
Bellevilles  griffen  auch  in  das  politische 
Leben  des  Staates  ein  (z.  B.  wurde  Gustav 
Ki'iriiir  1852  zum  Vice-Oouverneur  von 
Illinois  erwählt),  wie  auch  ihre  Brüder  am 
Missouri,  denen  man  die  Rettung  des  Staa- 
tes für  die  rnionspartei  (1861)  zuerkennen 
darf. 

Der  Nordwesten  wurde  erst  durch  den 
Indianerkrieg  von  1882,  genannt  Black 
Ilawk  AVar,  für  amerikanische  Ansiedler 
entdeckt.  3ilan  war  nie  auf  das  schöne 
Klima,  den  vorzüglichen  Boden  und  den 
Reichtum  an  ^lineralien  aufmerksam  ge- 
worden. Im  fJahre  1830  war  beispielsweise 
die  Bevölkerungszahl  von  Wisconsin  3635; 
1840  war  .sie  30,945:  1850,  305,391:  1860, 
775.881.  In  jedem  folgenden  Jahrzehnt 
kam  ein  Zuwachs  hinzu  von  etwa  300.000, 
bis  der  Zensus  von  1900  als  Gesanimtzahl 
2,069,042  und  für  das  deutsche  Blut 
709,969  angab.  Ein  ähnliches  Waeh.stum 
erfuhren  auch  die  Staaten  Illinois.  Michi- 
gan und  Iowa,  wurden  aber  noch  von  Min- 
nesota übertroffen.  Zu  dieser  neuen  Bevöl- 
kerung lieferte  Deutsehland  von  allen  euro- 
päischen Ländern  die  grö.s.sten  Ala-ssen,  die 
in  diesem  der  Heimat  ähnlichen  Gebiet  vor- 
trefflich gediehen. 

Der  deutscheste  Staat  im  Bunde  bleibt 
Wisconsin,  mit  seinen  34.4%  deutschen 
Bluts;  auf  die  anderen  Ausländer  kommen 
zasammen  ein  zweites  Drittel,  das  übrige 
Drittel  gehört  den  Eingeborenen.  Für  die 
starke  deutsche  Bevölkerung  herrschen  be- 
sondere Unsachen.  Er.stens  hatte  man  einst 
wie  mit  ]\Ii.s.souri,  den  Plan,  einen  deutschen 
Staat  zu  gründen,  daher  schon  früh  ein 
Hervorheben  der  unbestreitbaren  Vorzüge 
AVisconsins.  Noch  anziehender  wirkten  die 
günstigen  Erfahrungen  der  ersten  Ansied- 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA.         77 


1er  mit  dem  gesunden   Klima,  dem   iiuten 
Boden,  der  die  bekannten  Produkte  Weizen, 
Hafer  und  Roggen  hervorbrachte.    Die  Ver- 
fassung des  1848  eingetretenen  Staates  ge- 
währte dem   Ausländer  schon  nach  einem 
Jahre  die  Bürgerrechte :  es  herrschten  keine 
Schuldenlasten,    deren    Abbezahlung    ihm 
durch  Steuern  abgenötigt  wurde :   mau  gab 
dem  Einwanderer  ein  Grundstück  zu  höchst 
billigem  Preise  ($1.25  pro  Acker)  und  ver- 
kaufte    sogar     gutes     Land     auf    Kredit. 
Aeusserst  wirkungsvoll  war.  von  1852  an, 
die   Ernennung  eines   Einwanderungskom- 
missärs, der  geschäftsmässig  Korresponden- 
zen führte,  in  deutschen  Zeitungen  und  weit 
verbreiteten  Broschüren  die  Schönheit  Wis- 
consins und  dessen  günstige  Bedingimgen 
für    Einwanderer    recht    anschaulich    dar- 
stellte.    Von  seinem  Bureau  in  der  Stadt 
New  York  aus,  konnte  er  den  Einwanderern 
in  mancher  Weise  behilflich  sein,  sogar  Gel- 
der   in    Empfang    nehmen    und    an    ihren 
Bestimnnuigsort  schicken.    In  manchen  Jah- 
ren hatte  Wisconsin,  anstatt  eines  Kommis- 
särs ein  Bureau,  sogar  einst  einen  Agenten 
in  Quebec.     Die  Ehrlichkeit  und  Hilfsbe- 
reitschaft der  Konnnissäre  waren  in  ganz 
Deutschland  bekannt.     In    Wisconsin    sie- 
delten sich  die  Deutschen  besonders  in  den 
östlichen   und   nördlich-mittleren    Counties 
an,  d.  h.   in  den  dicht  bewaldeten  Teilen 
des  Staates.  Obgleich  der  Anfang  schwerer 
war  als  auf  der  Prairie,  so  wusste  doch  der 
deutsche  Bauer,  da.ss  die  besten  Hölzer  auf 
dem  fettesten  Boden  wachsen,  und  er  zog 
den     langsamen,      sichern      Gewinn     dem 
raschen,    ungewissen    vor.      Nach    Jahren 
musste  mancher  schuldenbeladene  Eingebo- 
rene den  kleineren  freien  deutschen  Bauer 
wegen  seiner  Klugheit  beneiden  und  bewun- 
dern. 

Aber  nicht  allein  im  Ackerbau  tat  sich 
der  Deutsehe  hervor,  sondern  auch  in  der 
Industrie,  im  Handel  und  Verkehr  auf  den 
gro.ssen  Binnenseen.  Das  rasche  Empor- 
blühen Milwaukees  und  der  ^Metropole  des 
Westens,  Chicago,  ruht  auf  einer  sicheren 


Grundlage,  die  deutscher  Fleiss  und  deut- 
scher Unternehnunigsgeist  zum  grossen  Teil 
geschaffen. 

Im  fernen  Südwesten,  im  Staate  Texas, 
hatte  eine  deutsche  p]inwanderung  begon- 
nen,  die  sich   an   der  Kultur   des   Bodens 
und  am  texanischen  Befrei ung.skrieg  gegen 
:\Iexico  beteiligt  hatte.     Nun  entstand,  an- 
fangs der  vierziger  Jahre,  zum  dritten  ]Male 
der  Plan,  einen  deutschen  Staat  zu  gründen, 
und  zwar  wählte  man  in  diesem  Falle  ein 
Gebiet,  das  ausserhalb  der  Grenzen  der  Ver- 
einigten Staaten  lag.    In  England  sah  man 
nicht  ungern,  dass  das  Ziel  des  „^Mainzer 
Adelsvereins ' '  Texas  werden  .sollte.    Es  war 
nur  Gewinn  dabei,  wenn  eine  fremde  ]\Iacht 
der  Ausbreitung  der  amerikanischen  Repu- 
blik ein  Hemmnis  in  den  Weg  setzte.    Graf 
von    Castcll,    Adjutant    des    Herzogs    von 
Nassau,  entwickelte  einen  Plan,  nach  dem 
die   AiLswanderung    aus    Hessen    und    den 
Nachbarländern     auf     Texas    konzentriert 
werden  sollte.     Eine  Anzahl  Fürsten  ]\Iit- 
teldeutschlands  zahlten  als  Mitglieder  ihre 
Beiträge  in  die  Kasse  der  Kompagnie.  ^Man 
schickte  18-42  Kundschafter  hinüber,  erhielt 
o-ünstiü-e  Nachrichten  und  kaufte  am  San 
Saba  River  eine  gro.sse,  aber  nicht  gut  ge- 
wählte   Strecke    Landes.      Im    ]\Iai    1844 
schiffte  sich  Prinz  Carl  von  Solms-Braun- 
fels  nach  Texas  ein,  und  150  Familien  in 
drei  Schiffen  folgten  ihm  nach.    Im  Dezem- 
ber kamen  sie  in  Lavaca  Bay  (Indianola) 
an.    wurden    in    Karren,    mit    Ochsen    be- 
spannt, durch  die  Sümpfe  ins  Innere  trans- 
portiert, kamen  im  ]März  1845  an  den  Comal 
River,  wo  Sohns  auf  einem  neu-erkauften 
Land.stück  eine  Stadt  gründete,  das  ihm  zu 
Ehren     genannte     Xcu-Braunfds.        Eine 
zweite  Gruppe  Einwanderer  kam  hinzu,  da 
aber  die  Kasse  erschöpft  war,  Hess  der  Ge- 
neral-Kommissär Solms-Braunfels  die  Ko- 
lonie im  Stich  und  kehrte  nach  Europa  zu- 
rück.    Der  1845  angekonnnene  von  Meuse- 
hach  wurde  nun  auf  den  schwierigen  Posten 
gestellt,  wirtschaftete  klug  mit  den  übrigen 
Besitztümern    und    gründete    das    neunzig 


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EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA. 


Äfeilen  entfernte  Fricdrichshurg.  Da  er- 
hielt er  plötzlich  die  Xaeliiicht.  da.ss  einige 
tausend  neuer  Kinwanderer  vor  Galveston 
ständen.  Als  er  dort  anirekomnien.  fand  er, 
dass  der  Adelsverein  keinen  Dollar  (ieldes 
mit  heriil)er»i:e.sehiekt  hatte,  dass  .so«rar  die 
der  Konipa<;nie  anvertrauten  Gelder  der 
Auswandei'er  aus<rel)liel)en  waren.  Durch 
solche  Naehlässi«rkeit  wurden  sogar  die  Be- 
mittelten allen  Entbehrungen  ausgesetzt. 
]\Ieusebaeh  borgte  mit  ^lühe  etwas  Geld  in 
New  Orleans,  brachte  die  Menschen massen 
nach  und  nach  von  Galveston  bis  nach  In- 
dian  Point,  von  wo  aus  sie  ins  Innere  trans- 
portiert werden  sollten.  Fünfzig  wurden 
vorausgeschickt,  um  einen  Aufenthaltsort 
zu  bereiten,  die  übrigen  wurden  unter 
schlecht  geschützten  Schuppen  und  Hütten, 
von  ihrem  Gepäck  eingeengt,  untergebracht 
und  den  Fiebern,  ]\Iosquitoschwärmen  und 
Unbilden  des  tropischen  Klimas  ausgesetzt. 
Peinige  hundert,  die  Hoffnung  jemals  nach 
Neu-Braunfels  zu  kommen  aufgebend,  bil- 
deten eine  Voluntär-Kompagnie  und  zogen 
mit  der  Armee  der  Vereinigten  Staaten  in 
den  mexikanischen  Krieg.  Derselbe  hatte 
alle  Transportmittel  in  Anspruch  genommen 
und  vergrösserte  noch  die  Beschwerden  der 
Einwanderer,  die,  als  sie  sich  doch  schliess- 
lich aufmachen  durften,  den  ganzen  AVeg 
mit  Leichen  ihrer  Angehörigen  und  Trüm- 
mern ihrer  Habseligkeiten  bedeckten.  Ob- 
gleich die  schlimmen  Erfahrungen  der 
Einwanderer  und  der  Eingang  des 
Adelvereins  den  Plan  einer  Einwan- 
derimg grossen  Stils  vereiteln  konnten, 
so  hörte  doch  die  deutsche  Einwan- 
derung nach  Texas  in  folgenden  Jahren 
keineswegs  auf.  Nach  1848  wurde  das 
Dreieck  zwischen  Seguim,  New-Braunfels 
und  San  Antonio  fast  ausschliesslich  von 
Deutschen  besetzt,  erhielt  wie  in  andern 
deutschen  Distrikten  das  Aussehen  eines 
Gartenlandes,  während  die  Bevölkerung 
den  Ruf  eines  schönen  Ordnungssinns  und 
einer  miLsterhaftcn  Ehrfurcht  vor  dem  Ge- 
setze sich  erAvarb.    Die  grös.seren  Städte  in 


Texas,  Galveston,  Austin.  Houston.  San 
Antonio,  Dallas,  haben  eine  zahlreiche  deut- 
sche Bevölkerung,  deren  Einflu.ss  stets  fülil- 
bar  gewesen.  In  den  Kongi-essmitgliedern 
Giisfar  Schlcicli(r  und  Eduard  I)(  (ji  in  r 
hatten  die  Deutschen  in  Texas  anerkannt 
tüchtige  politische  Führer.  Letzterer  war 
18(1!)  in  Braunschweig  als  Sohn  eines 
Bankiers  geboren,  liess  sich  in  Texas  im 
Jahre  1850  nieder,  war  ein  Freund  des 
Nordens,  verlor  zwei  Söhne,  die  sich  der 
Fnion.sarmee  anschliessen  wollten,  aber  mit 
ihren  Freunden  eingeholt  wurden  und  im 
Kami^fe  mit  den  Konfoederirten  fielen, 
musste  seihst  längere  Zeit  im  Gefängniss  zu- 
biingen.  ehe  er  gegen  Bürg.schaft  entlassen 
wuide.  Er  war  bereits  1860  ^litglied  des 
K<mgresses. 

Im  fernen  Westen  finden  wir  in  frühes- 
ter Zeit  die  Spuren  von  hervorragenden 
Vertretern  des  deutschen  Elements.  Jolin 
Jakob  Astor,  der  deutsche  Grosshändler 
New  Yorks,  gründete  1811  A.storia  in  Ore- 
gon, zur  Ausführung  eines  genialen  Planes, 
das  ^Monopol  des  Pelzhandels  im  Nordwes- 
ten den  Engländern  zu  entrei.ssen.  Sein 
Freund  Washington  Irving  hat  in  seinem 
Buch  „Astoria"  das  grossartige  Unter- 
nehmen geschildert,  das  leider  durch  den 
Krieg  mit  England  zu  Grunde  gehen 
musste.  Kein  Unternelimer  leistete  mehr, 
um  die  Eröffnung  der  Territorien  Montana, 
Dakota  und  Washington  herbeizuführen,  als 
Henry  Vülavd,  Gründer  und  Präsident  der 
Nördlichen  Paeific-Eisenbahn.  Er  war  1835 
in  Speyer  geboren,  kam  1853  nach  Amerika 
und  änderte  seinen  Namen  Hilgard  in  Vil- 
lard. Er  starb  1900.  Der  Deutschamerika- 
ner Henry  L.  Yesler  (geboren  zu  Leiters- 
burg, ]\Id.,)  war  der  Gründer  der  Stadt 
Seattle ;  er  eröffnete  deren  Holzhandel,  auf 
dem  der  Wohlstand  das  Ortes  ruht. 

In  Californien  finden  wir  als  einen  der 
bedeutendsten  Pioniere  in  der  Geschichte 
des  Staates  den  Badenser  Johann  Siitter. 
Er  war  im  Jahre  1803  in  Kadern,  Baden, 
geboren  und  1834  nach  Amerika  gekommen. 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBER8ICHT  UP]HKR  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMKRIKA. 


79 


Als  noch  Californien  unter  mexikanischer 
Herrschaft  stand,  wnv  er  als  Gouverneur 
der  nördlichen  Provinzen  im  Sacramentotal 
■ansässig,  in  seinem  reuen  Helvetia.  Als 
California  amerikanisch  wurde,  ernannte 
man  ihn  zum  Alkalden.  Dem  reichsten 
Mann  in  Californien  ward  aber  das  (llück 
zu  hold,  es  wurde  nämlich  auf  seinem 
Lande  zuerst  das  Gold  entdeckt,  das  Cali- 
forniens  Reichtum  begründete.  Die  Nach- 
rieht konnte  nicht  verheimlicht  werden, 
eine  Horde  Goldsucher  überfiel  seine  Gü- 
ter, verwüstete  seine  Ernten  und  schlach- 
tete seine  Herden.  Sogar  der  Besitz  seines 
Landes  wurde  ihm  streitig  gemacht,  und 
wiederholte  Klagen  konnten  ihm  keinen  er- 
heblichen Ersatz  bringen.  Dass  er  in  hohem 
Ansehen  im  Staate  stand  und  Ehrenposten 
•erhielt,  mochte  ihm  wohl  einige  Genugtu- 
ung verschaffen.  Im  Jahre  1873  liess  er  sieh 
in  Lititz,  Pennsylvanien,  nieder,  wo  er 
sieben  Jahre  später  arm  gestorben  ist. 

Die  Einwanderung  des  XIX.  Jahrhunderts 

Die  Einwanderung  zwischen  den  Jahren 
1790—1820  dürfte  verschwindend  klein  ge- 
wesen sein.  Um  1820  wurde  sie  aber  stark 
genug,  um  Aufsehen  zu  erregen,  und  man 
fing  an,  Statistiken  zu  führen,  zwar  nur  an 
■den  Hauptlandungsorten.  In  jenem  Jahre 
liamen  968  Deutsche  in  den  Häfen  der  Ver- 
einigten Staaten  an,  eine  kleine  Zahl  im 
"Vergleich  mit  den  grossen  Einwanderungs- 
ziffern des  18ten  Jahrhunderts.  Eine  Stei- 
gerung erfolgte  1831—40,  10,000  kamen  in 
dem  Jahre  1832  an,  29,000  im  Jahre  1840, 
im  ganzen  Jahrzehnt  152,000.  In  Deutsch- 
land herrschte  zur  Zeit  eine  Uebervölke- 
rung  in  den  ackerbautreibenden  Gebieten, 
•der  kleine  Handwerker  wurde  durch  das 
Emporkommen  der  Fabriken  ruiniert;  da- 
gegen war  in  Amerika  Arbeiternot,  und  bil- 
liges Land  war  im  weiten  We.sten  zu  haben, 
■der  nun  durch  den  Bau  des  Erie-Kanals 
viel  näher  gerückt  war;  im  Südwesten 
konnte  der  Bemittelte  mit  Baumwollen- 
zucht  sich  raschen  Reichtum  verschaffen. 


^Yieder  kam  eine  Steigenuig  in  den  beiden 
folgenden    Jahrzelintcn,    1840—60,    beson- 
ders in  den  Jahren  1846—54,  als  die  deut- 
sche Einwanderung  alle  andern  überstieg, 
sogar   die    irische.      Von    57.500   stieg   die 
Zahl  bis  215,009,  die  Zahl  der  deutschen 
Eiriwanderer  im  Jahre  1854.     In  den  drei 
Jahren     1852—54     kamen     über     500.000 
Deutsche  nach  Amerika,  dann  fiel  die  Ein- 
wanderung ab.  bis  nach  dem  Bürgerkrieg. 
In  Deutschland  war  (\s  die  Epoche  der  Re- 
volution von  1848,  die  manchen  Sohn  der 
Freiheit    nach    Amerika    brachte.      Dazu 
kamen  Arbeitslosigkeit  und  Missernten,  .so- 
dass   die   Auswanderung    sogar    von    den 
Fürsten    begünstigt    wurde.      Zu    gleicher 
Zeit  eröffneten  die  Eisenbahnen   in   Ame- 
rika   grössere  Gebiete    des  Westens.  Gold 
lockte    nach  Californien,  Grundbesitz    die 
Einsichtsvolleren.     Nach  dem  Bürgerkrieg 
kam  wieder  eine  Hochfluth  deutscher  Ein- 
wanderung.   Von  1866  an  bis  1873  war  der 
Durclischnitt   etwa   130,000  jährlich.     Mit 
dem  finanziellen  Krach    von  1873  fiel  die 
Einwanderung  bis  zur  Hälfte  ab,  hatte  sich 
um  1879  wieder  erholt  und  erreichte  im 
Jahre    1882    den   Höhepunkt   mit  250,630 
deutschen   Einwanderern,   eine  nie  wieder 
erreichte  Zahl.    Bis  1885  dauerte  die  starke 
Einwanderung,   dann  fiel  sie  ab,   erhöhte 
sich  wieder  1891—92,  mit  244,000  in  den 
beiden  Jahren,  erreichte  dann  bald  den  nie- 
dersten Stand,  17,111  im  Jahre  1898,  und 
ist  seitdem  wenig  gestiegen,  z.  B.  28,304  im 
Jahre  1902.     Deutschlands  grossartige  in- 
dustrielle   Entwickelung,    die    wohltätigen 
Versicherungsgesetze  zum  Besten  der  arbei- 
tenden Klasse,  die  Kolonien  in  Afrika,  ver- 
treiben dem  Deutschen  die  Lust  zum  Aus- 
wandern nach  Amerika.    In  Amerika  besteht 
nicht  mehr  die  Lockung  billigen  Grundbe- 
sitzes, und  auf  dem  Arbeitsmarkt  herrscht 
die  Konkurrenz  der  tieferstehenden  Slaven 
und  Südeuropäer,  die  dem  Deutschen  wohl 
nicht   den    Broterwerb    unmöglich    macht, 
aber  doch  sehr  erschwert. 


80 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  ÜEBER  DIE  DEUTSCHEN   IX   AMERIKA. 


In  den  Krie«ren  des  neunzehnten  Jahr- 
hunderts beteiliy:ten  sieh  die  Deutschen  in 
demselben  ]\Iasst'  wie  im  Hev(>lutionskrie5i;e. 
Im  Kriejr  <re«ren  Eiitrland  zo^''  dnidal 
S(ri(k(r  1S14  bei  North  Point  ^reiien  (.Jene- 
ral  Hoss.  (Jeneral  Arniistead  (von  den  Vir- 
j;inier-Deutsehen  abstammend)  hielt  Fort 
IMellenry  «reiren  die  britiselie  Flotte  wäh- 
rend des  An^M-iffs  auf  Baltimore.  Im  Nor- 
den zeiehnete  sieh  General  Walbdch  am  St. 
Lawrence  aus.  In  diesem  Kriey:  wie  in  fol- 
gendi'U  waren  es  jedesmal  deutsehe  Kom- 
pairnien.  die  unter  den  neuentstehenden 
l\e»rimentei'n   zucist   ijebildet   wurden.      Im 


ernannt.  Nach  der  Rückkehr  ward  Quit- 
man  (1850—51)  zum  (Gouverneur  von  ^lis- 
si.ssippi  erwählt. 

Die  Vei'dienste  der  Deutsehen  im  Erhal- 
t(  II  (lif  riiloii  sind  unberechenbar.  Die 
deutschen  Turner  mit  dem  Schwarzen 
Jäger-Korps  retteten  das  Arsenal  in  St. 
Louis,  lösten  Camp  Jackson  auf  und  verei- 
telten durch  ihr  energ:i.sehes  Vorgehen  den 
Plan,  den  Staat  Missouri  den  Konföderier- 
ten zuzuführen.  Zweihunderttausend  in 
Deutschland  (ieboi-ene  waren  im  Bürger- 
krieg unter  den  Soldaten  der  nördlichen 
Armee,  rechnet  man  aber  die  Nachkonnnen 


'  '-  >  1     "9-' .    i*-  t-.i* 


1 


INDIANER    BEIM    ANGRIFF    AUF    WEISSE    ANSIEDLER    IM    NORDWESTEN 


Mc.cikanischen  Krieg  wurden  Ileintzel- 
mann,  Kautz,  Keniper,  Quitman  ehren- 
volle Namen.  Sohn  eines  lutherischen 
Pastors  in  Schoharie,  N.  Y.,  wanderte  Gen. 
.1.  (Jidtnuiti  nach  dem  vielversprechenden 
Südwesten,  spielte  eine  hervorragende 
Rolle  in  der  Politik,  im  Pflanzerleben  und 
in  den  abenteuerlichen  Unternehmungen 
seiner  Zeit.  Im  mexikanischen  Krieg  zeich- 
nete er  sieh  aas  bei  ]\Iontere.v.  Vera  Cruz 
und  Puebla.  ganz  besonders  bei  der  Erstür- 
mung von  Chapultepec  und  der  Einnahme 
von  Mexico.  Der  erste  betrat  er  die  Grand 
Plaza  der  Stadt  ]\Ieriko  und  wurde  da- 
selbst von  General  Scott  zum  Gouverneur 


von  Deutschen  dazu,  so  erhält  man  die  dop- 
pelte oder  dreifache  Zahl  als  die  Beteili- 
gung deutschen  Blutes  am  Kampf  gegen 
Sklaverei  und  Zersplitterung.  Unter  den 
vielen  deutschen  Offizieren,  deren  p]rfah- 
rung  im  europäischen  ^Militärdienst  beson- 
ders am  Anfang  des  Krieges  der  Disziplin 
der  nördlichen  Armee  sehr  zu  statten 
kam,  sind  besonders  zu  nennen  Sigel, 
Ileeker,  Blenker  (die  Leiter  der  Badischen 
Revolution),  Steinwehr,  Willich,  Busch- 
beck, Schurz,  Sehimmelpfeiniig,  Engel- 
mann, Moor,  Dilger  (Artillerist),  Weitzel 
(Ingenieur),  Thielemaun  und  Kautz  (Ka- 
valleristen).   Auf  südlicher  Seite  waren  die 


EINE  GESCHICHTLICHE  UEBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA. 


81 


bekanntesten  Wagener,  Von  Zinken  und 
Von  Boreke  ( Stabsobei-st  des  Reitergenerals 
Stuart).  Unter  den  vielen  deutsehen  Re- 
gimentern im  Bürgerkriege  waren  die  dem 
XI.  Korps  angehörigen  unter  Steinwehr 
und  Sehurz  stehenden  Divisionen  in  allen 
Entscheidungstreft'en  des  Ostens  hervor- 
ragend beteiligt.  Bei  Bull  Run  hielten  sie 
unter  wenigen  Regimentern  der  fliehenden 
Armee  stand ;  in  der  Sehlacht  von  Chancel- 
lorsville  widei*stand  das  10,000  Mann  starke 
XI.  Korps  über  eine  Stunde  lang  den  25,000 
Veteranen  Stonewall  Jacksons;  bei  Gettys- 
burg  hielten  sie  unter  grossen  Verlusten  die 
mächtige  Armee  Lees  einen  Tag  lang  vom 
raschen  Vordringen  ab,  so  dass  das  Heer 
vom  Potomae  sich  sammeln  und  sich  in  sei- 
ner Stellung  befestigen  konnte;  Steinwehr 
wählte  seinen  Posten  auf  Cemetery  Ridge, 
von  wo  aus  seine  Geschütze  den  unermüd- 
lich anprallenden  Feind  inmier  wieder 
zurückwarfen.  Glänzend  Avar  der  Bajo- 
nettangriff derselben  deutschen  Regimen- 
ter in  der  Schlacht  von  Lookout  Mountain 
(Battle  of  the  Clouds). 

In  den  Indianerkriegen  des  neunzehnten 
Jahrhunderts  findet  man  viele  deutsche 
Namen  unter  den  Mannschaften  und  Offi- 
zieren. Den  Heldentod  starb  General 
George  A.  Custer  (Küster),  der  Nach- 
komme eines  in  Amerika  angesiedelten  hes- 
sischen Soldaten.  Im  Bürgerkrieg  war 
Custer  einer  der  schlagfertigsten  Reiterge- 
neräle gewesen,  tat  sich  im  späteren  Dienst 
in  den  Indianerkämpfen  hervor,  wurde 
aber  1876  mit  seiner  kleinen  Schar  von 
200  Mann  von  2500  Sioux  unter  Sitting 
Bull  im  Tal  des  Little  Big  Hörn,  ]Montana, 
überrascht.  Von  den  pennsylvanischen 
R<?gimentern  im  spanischen  Krieg  waren 
wenigstens  15%  Deutschamerikaner,  auf 
den  Schiffen  war  der  Prozentsatz  derselbe. 
Unter  den  Admirälen  waren  Deutschameri- 
kaner Winfield  Scott  Schley,  Albert  Kautz, 
Lewis  Kempf  und  Norman  von  Heldreich 
Farghar.  Schley,  von  einer  deutschen  ]\Ia- 
rylander    Familie    stammend,    rettete    den 


Nordpolfahrer  Greeley  und  sechs  seiner  Ge- 
fährten, schlichtete  als  Kapitän  des  Kreu- 
zers „Baltimore"  einen  Streit  in  Chili,  war 
im  spanischen  Krieg  Befehlshaber  der 
„Flying  Squadron"  und  führte  in  der  Ent- 
scheidungsschlacht von  Santiago  den  Ober- 
befehl. Sogar  des  Admirals  schlimmste 
Feinde  haben  seine  heldenhafte  Haltung 
unter  dem  Kugelregen  der  auf  sein  Schiff 
hinzielenden  gesamten  spanischen  Flotte 
nicht  bestreiten  können. 

Die  Einwanderung  des  neunzehnten 
Jahrhunderts  brachte  neben  einer  Mehrheit 
von  Arbeitern  und  Bauern  eine  grosse  An- 
zahl hervorragender  Männer,  besonders  in 
und  nach  den  Revolutionsjahren  1830  und 
1848.  Dieselben  bildeten  ihre  Landsleute 
heran,  gründeten  Zeitungen,  deren  Sprache 
und  Ideenkreis  einen  grossen  Fortschritt 
bedeuteten.  Im  achtzehnten  Jahrhundert 
wanderten  ungezählte  wegen  ihrfer  Religion 
vertriebene  Deutsche  aus,  im  neunzehn- 
ten kamen  politische  Flüchtlinge.  Diese 
traten  als  politische  Führer  auf,  darunter 
Geisteshelden  wie  Carl  Schurz,  Franz  Lie- 
ber, Gustav  Körner,  Karl  und  Paul  Folien, 
Friedrich  Münch^  Gustav  Schleicher.  Im 
AVesten  fiel  das  deutsche  Votum  schwer  in 
die  Wagschale  zu  Gunsten  Lincolns  und 
der  jungen  republikanischen  Partei.  Kein 
Redner  führte  in  den  Sklavendebatten 
solch  überzeugende  Gründe  vom  allgemein 
menschliehen  Standpunkte  ausgehend  wie 
Carl  Schurz,  keines  Mannes  Urteil  über 
Völkerrechte  \var  in  Washington  so  mass- 
gebend wie  das  Franz  Lieber 's.  Die  Deut- 
schen hielten  fest  an  ihrer  Kultur  und 
brachtien  sie  zur  Geltimg.  Ihre  Turner- 
und Gesang- Vereine  und  das  gesellige 
Treiben  wirkten  erfrischend  auf  die 
ernste,  hastige  Lel>ensführung  des  Ame- 
rikaners. Die  deutsche  Musik  siegte 
in  öffentlichen  Konzerten  und  fand 
ihren  Eingang  in  jedes  amerikanische 
Haus.  Im  neunzehnten  Jahrhundert  war 
aber  das  amerikanische  Volk  empfänglicher 
und  bildung-seifriger   und  half  selbst  in  der 


82       EINE  GESCHICHTLICHE  UKBERSICHT  UEBER  DIE  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA. 

Einführung  des  Besseren ;  nach  eijrener  schichte  der  deutschen  Einwanderung  ge- 
Wahl wurde  von  ihm  selbst  das  deutsche  stattet  jedoch  keinen  Raum  zu  einer  Be- 
Erziehuiigswesen  der  l'niversitäten.  Kin-  sprechung  der  Eintlüsse  des  deutschen 
dergärtcn  und  zum  Teil  der  iMittcl-Sclmlcn  Wesens  auf  die  wei-dende  Ainei-ikanische 
eingeführt.     p]ine  kurze  Uebersicht  der  Ge-  Nation. 


■ii: 


i^r  i^utörh^  tn  hm  Kvit^m  hn 


Der  Antheil  der  Deutschen  am  Unabhaengigkeitskriege. 

RUDOLF  GRONAU,   New  York. 

I. 

Das  Erwachen  des  Freiheitsgedankens. 


Die  zahlreichen  Deutsehen,  welche  wäh- 
rend des  16.  und  17.  Jahrhunderts  nach 
Amerika  auswanderten,  kamen  in  der 
Hoffnung,  dort  nicht  blos  ihre  soziale  Lage 
verbessern  zu  können,  sondern  auch  grösse- 
rer religiöser  und  politischer  Freiheit 
theilliaftig  zu  werden. 

Aber  die  Zustände,  welche  sie  in  den 
englischen  Kolonien  vorfanden,  entspra- 
chen durchaus  nicht  immer  ihren  Erwar- 
tungen. Vornehmlich  die  sozialen  und  po- 
litischen Verhältnisse  Hessen  vieles  zu 
wünschen  übrig  und  forderten  zur  Kritik 
heraus. 

Keine  Einrichtung  mehr,  als  die  überall 
bestehende  Sklaverei,  deren  Ungerechtigkeit 
von  den  streng  religiösen  Deutschen  um  so 
tiefer  empfunden  wurde,  als  sie  mit  den  er- 
habenen Lehren  des  Christentums  in 
schroffstem  Widerspruch  stand.  Nicht  zu- 
letzt waren  es  auch  die  Erinnerungen  an 
die  eigenen,  in  der  alten  Heimat  erduldeten 
schweren  Bedrückungen,  welche  die  Bewoh- 
ner von  Germantown  bereits  im  Jahre  1688 
bestimmten,  gegen  die  abscheuliche  Ein- 
richtung jenen  energischen  Protest  zu  er- 
heben, der  im  Ruhmeskranz  der  Deutschen 
in  Amerika  eines  der  glänzendsten  Blätter 
bildet. 

Unter  den  anderen  IMissständen  traten 
besonders  diejenigen  grell  zu  Tage,  welche 
durch  das  Uebertragen  des  in  Europa  be- 
stehenden Feudalsystems  nach  der  neuen 
Welt  hervorgerufen  worden  waren.  Die 
Ansiedler,   welche  jeden   Fussbreit  Boden 


durch  mühsame  Arbeit,  oft  unter  blutigen 
Kämpfen  erringen  mussten,  empfanden  es 
als  eine  schreiende  Ungerechtigkeit,  dass 
die  englische  Regierung  ungeheure 
Strecken  des  wertvollsten  Landes  durch  ein 
paar  Federzüge  an  bankerotte  Höflinge 
verschleuderte,  die  nur  nach  den  Kolonien 
kamen,  um  die  sich  hier  bietenden  Gelegen- 
heiten zur  Herstellung  ihrer  zerrütteten 
Finanzen  in  der  gewissenlosesten  Weise  aus- 
zunützen. Neben  diesen  Drohnen  gab  es 
Heere  hochfahrender  Beamten,  die  auf  die 
Ansiedler  voll  Ueberhebung  herabblickten. 
Unter  ihnen  befanden  sich  viele,  die  Un- 
kenntniss  des  Englischen  für  gleichbedeu- 
tend mit  Unwissenheit  hielten  und  der  An- 
sicht huldigten,  dass  der  wahre  Mensch  erst 
mit  dem  Engländer  beginne.  Sie  hielten 
es  natürlich  mit  den  Gün.stlingen  der  Re- 
gierung und  bildeten  mit  ihnen  sowie  den 
Geldaristokraten  eine  besondere  Klasse, 
deren  masslose  Selbstsucht  und  Ueberhe- 
bung den  bitteren  Groll  der  Ansiedler  und 
Bürger  hervorriefen. 

Langsam  aber  unaufhaltsam  entwickel- 
ten sieh  Gegensätze,  die  sich  immer  mehr 
vertieften  und  zu  Ende  des  17.  Jahrhun- 
derts im  Entstehen  einer  Volkspartei  offen- 
kundigen Ausdruck  gewannen. 

Bedeuteten  die  schweren  Zwiste  zwischen 
dem  vom  Volk  erwählten  interimistischen 
Gouverneur  Jacob  Leisler  und  der  aristo- 
kratischen Partei  der  Kolonie  New  York 
recht  eigentlich  die  erste  Sclilacht  in  dem 
Kampf  des  amerikanischen  Volks  für  seine 


86 


DER  AXTHEIL  DER  DETTSCHEX  AM  UXABHAEXGIGKEITS  KRIEGE. 


Unabhäiitriirkt'it,  so  wurde  das  ebenso  iiner- 
sehroekciie  Auftreten  des  in  der  {^deichen 
Stadt  lebenden  deutschen  Druekers  Johann 
Pctcr  Zcnfjcr  gegen  die  Kolonialbehörden 
die  Veraidassung  zu  einem  noch  bedeutsa- 
meren Siege.  Dem  amerikani.sehen  Volk 
wurde  eines  seiner  höchsten  Vorrechte,  die 
Pressfreiheit,  erkämpft. 

Die  Gegensätze  zwischen  Volk  und  Re- 
gierung verschärften  sich,  als  die  letztere 
nach  Verdrängung  der  Franzosen  vom 
nordamerikanischen  Kontinent  über  ihre 
eignen  Kolonien  ein  Aasbeut&system  ver- 
hängte, das  notwendigerweise  tiefe  Erbitte- 
rung heraufbeschwören  musste.  Die  für 
die  Kolonien  erlassenen  Gesetze  berücksich- 
tigten nicht  etwa  die  Bedürfnisse  und  be- 
rechtigten Ansprüche  der  Ansiedler,  son- 
dern ausschliesslich  die  Interessen  der  in 
England  lebenden  Kaufleute  nnd  Fabrik- 
herren. Den  Kolonisten  wurde  das  Her- 
stellen aller  indu.striellen  Erzeugnisse  so- 
wie der  Handel  mit  fremden  Nationen  ver- 
boten, um  sie  zu  zwingen,  sännntliehe  Be- 
darfsgegenstände aus  England  zu  beziehen, 
dagegen  alle  eignen  Erzengnisse  dorthin 
abzuliefern.  Kein  Nagel,  kein  Wagenrad 
sollte  in  den  Kolonien  hergestellt  werden 
dürfen.  Die  Anfertigung  von  Kleiderstof- 
fen, Maschinen,  Hüten,  Werkzeugen,  Papier 
u.  s.  w.  war  untersagt.  Infolge  dieser  Vor- 
schriften nnissten  die  Koloni.sten  den  engli- 
sch<'n  Kaufleuten  für  alle  Waaren,  die  sie 
meist  ebensogut  und  billiger  herstellen 
konnten.  Wucherpreise  bezahlen,  während 
sie.  die  nur  mit  dem  ^Mutterland  Handel 
treiben  durften,  für  ihre  eigenen  Stapelpro- 
dukte sich  mit  solchen  Preisen  begnügen 
sollten,  die  von  den  englischen  Kaufleuten 
geboten  wurden  und  weit  unter  denen  des 
internationalen  Marktes  blieben. 

ALs  die  Regierung  die  Kolonien  obendrein 
mit  schweren  Steuern  belastete,  ohne  ihnen 
in  der  gesetzgebenden  Körper.schaft,  dem 
Parlament,  eine  entsprechende  Vertretung 
zuzugestehen,  da  begann  bei  allen  ihrer 
Älanneswürde  bewussten  Amerikanern  der 


Wunsch  zu  entbrennen,  sich  von  dem  un- 
würdigen Druck  loszureissen  und  selbstän- 
dig zu  machen. 

Nicht  zuletzt  in  den  Herzen  der  Deutsch- 
Amerikaner.  Sie  hatten  unter  der  Anmas- 
sung,  Habsucht  und  Geringschätzung  der 
engli.sehen  Beamten  und  Lords  am 
schlimmsten  gelitten.  Sie  hatten  auch  am 
wenigsten  Ursache,  dem  durch  kein  natio- 
nales I^and  mit  ihnen  verknüpften  engli- 
schen Königshause  Treue  zu  halten.  Insbe- 
sondere waren  sie  dem  selbstsüchtigen 
König  Georg  III.  für  keinerlei  Gunstbezei- 
gungen zu  Dank  verpflichtet.  Es  kann  da- 
rum nicht  überraschen,  dass  Deutsche  mit 
an  der  Spitze  der  Protestversammlnngen 
standen,  die  an  vielen  Orten  gegen  die 
^Massnahmen  der  englischen  Regierung  ein- 
berufen wurden. 

So  unterzeichneten  zahlreiche  deutsche 
Kauflente  die  von  den  Handeltreibenden 
der  Stadt  Philadelphia  im  Jahre  1765  erlas- 
sene Erklärung,  dass  sie  fortan  keine  engli- 
schen Waren  beziehen  würden,  wenn  die 
von  der  Regierung  verordnete  ungerechte 
Stempelsteuer  nicht  aufgehoben  werde.  Als. 
bald  darauf  Vereinigungen  zum  Schutze 
der  den  Kolonien  verliehenen  Gerechtsame 
zusammentraten,  bildete  sich  auch  eine 
deutsche  unter  dem  Namen:  „Patriotische 
Gesellschaft  der  Stadt  und  Coioitu  Phila- 
delphia". Sie  bezweckte  ..die  Wahrung  der 
Rechte  und  Freiheiten,  welche  durch  die 
Gesetze  und  Freibriefe  der  Provinz  f&stge- 
setzt  sind,  gegen  jeden  Versuch  selbige  zu 
kränken  und  zu  schmälern,  es  sei  hier  oder 
jenseits  des  Weltmeeres." 

Anstatt  ihre  ]\Iissgriffe  zu  erkennen  und 
gut  zu  machen,  verschärfte  die  Regierung 
ihre  schroffen  Massregeln.  Obendrein 
sperrte  sie  den  Bostoner  Hafen.  Die  Folge 
waren  zahlreiche  Protestversanunlungen  in 
allen  grösseren  Ortschaften.  An  einer  in 
Philadelphia  abgehaltenen  beteiligten  sich 
über  8000  Personen,  darunter  die  ange- 
sehnsten  deutschen  Bürger  der  Stadt. 
Diese  Versanniilung  erwählte  am  18.  Juni 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


87 


1774  einen  Correspondenz-Ansscliuss,  der 
den  Auftrag  empfing,  sich  mit  den  Bürgern 
der  anderen  Kolonien  in  Verbindung  zu 
setzen,  um  gemeinschaftlich  energische 
Massrcgeln  zur  Abwehr  der  englischen 
Uebergriffe  zu  beraten.  Diesem  Ausschuss 
gehörten  die  Deutschen  Cliristoph  Ludwig, 
Georg  Schlossev,  Paul  Engel  und  Michael 
Hillegas  an. 

Für  die  entschiedene  Haltung  der  Deut- 
schen giebt  es  keine  schlagenderen  Beweise, 
als  die  Baschlüsse,  welche  bereits  am  16. 
Juni  1774  von  dem  aus  lauter  Deutschen  be- 
stehenden Sicherheitsausschusse  der  Ort- 
schaft Woodstock  in  Virginien  angenom- 
men wurden.  An  seiner  Spitze  stand 
Pastor  Peter  3Iilhlenl)erg.  Er  war  als  der 
älteste  Sohn  des  Patriarchen  der  lutheri- 
schen Kirche  in  Amerika,  Pastor  Heinrich 
i\[elchior  ^Mühlenberg,  am  1.  Oktober  1746 
in  Trappe  geboren  worden.  Der  Ausschuss 
unterbreitete  der  Versannnlung  folgende 
Beschlüsse : 

„That  we  will  pay  due  Submission  to 
such  acts  of  government  as  his  ]\Iajesty  has 
a  right  by  law  to  exercise  over  his  subjects, 
and  to  such  only," 

„That  it  is  the  inherent  right  of  British 
subjects  to  be  governed  and  taxed  by  re- 
presentatives  chosen  by  themselves  only, 
and  that  every  act  of  the  British  Parlia- 
ment  respecting  the  internal  policy  of 
America  is  a  dangerous  and  unconstitu- 
tional  Invasion    of    our    rights  and  Privil- 


eges. 


,,That  the  enforcing  the  execution  of  the 
Said  act  of  Parliament  by  a  military  power 
will  have  a  necessary  tendency  to  cause  a 
civil  war,  thereby  dissolving  that  union 
which  has  so  long  happily  subsisted  between 
the  mother  country  and  her  colonies;  and 
that  we  will  most  heartily  and  unanimously 
concur  with  our  suffering  brethern  of 
Boston,  and  every  other  part  of  North 
America,  who  are  the  immediate  victims  of 
tyranny,  in  promoting  all  proper  measures 
to  avert  such  dreadfull  calamities,  to  pro- 


cure  a  redress  of  our  grievances,  and  to 
secure  our  common  liberties." 

Diese  an  Bestinnntheit  nichts  zu  wün- 
schen lassenden  Beschlüsse  kamen  nebst 
einer  ausführlichen  Schilderung  der  Ver- 
sammlung in  der  „Virginia  Gazette"  vom 
4.  August  1774  zum  Abdruck  und  erregten 
begreiflicherweise  grösstes  Aufsehen. 

Wie  weit  sie  den  einen  IMonat  später  in 
Philadelphia  zusannnentretenden  „Ersten 
Kontinental  Kongress"  beeinflussten,  lässt 
sich  nicht  mehr  nachweisen.  Wir  wissen 
nur,  da.ss  dieser  gleichfalls  beschloss,  der 
fortdauernden  Bedrückung  Widerstand 
entgegenzusetzen.  Er  forderte  sogar  das 
Volk  auf,  sich  für  den  Notfall  im  Gebrauch 
der  Waffen  zu  üben. 

Die  revolutionäre  Bewegimg  ergriff  auch 
die  in  der  Kolonie  New  York  am  Schoharie 
und  im  IMohawktal  lebenden  Pfälzer.  Sie 
hatten  am  wenigsten  Ursache,  der  Kolo- 
nialverwaltung dankbar  zu  sein.  Waren  sie 
doch  stets  in  der  scheusslichsten  Weise  aus- 
gebeutet und  als  Vorposten  gegen  die 
Feinde  der  Kolonie  benützt  worden,  ohne 
dass  man  ihnen  in  Zeiten  der  Not  geeigne- 
ten Schutz  hätte  zu  teil  werden  lassen. 

Der  leitende  Geist  unter  diesen  Pfälzern 
war  Nikolas  Herchheimer,  derselbe,  welcher 
während  des  Franzosenkrieges  als  Verteidi- 
ger des  von  seinen  Laudsleuten  im  ]\Io- 
hawktal  erbauten  Forts,  das  er  achtzehn 
JNIonate  gegen  die  vereinten  Angriffe  der 
Indianer  und  Franzosen  behauptete,  sich 
die  Sporen  verdiente.  Er  war  im  Jahre 
1728  im  INIohawkthale  als  der  Sohn  des  aus 
der  Pfalz  eingewanderten  Johann  Jost 
Herchheimer,  der  1775  starb,  geboren  wor- 
den. Er  war  einer  der  ersten,  welche 
sich  für  die  Sache  der  Freiheit  erklärten 
und  jener,  am  27.  August  1774  am  Ufer  des 
IMohawk  abgehaltenen  grossen  Protestver- 
sannnlung  beiwohnten,  die  zwar  noch  Georg 
III.  als  rechtmässigen  König  anerkannte, 
aber  die  einseitige  Besteuerung  als  einen 
Eingriff  in  die  Rechte  der  Kolonisten  zu- 
rückwies und  den  bedrängten  Bewohnern 


88 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UXABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


der  Stadt  Boston  pliysisehen  und  morali- 
schen Beistand  verspraeli. 

Bereits  am  IS.  Mai  verkündeten  diese 
Pfälzer  den  in  New  York  und  Albany  zu- 
sanunentretenden  Aiussi-hüssen  von  Frei- 
heitsfrennden  ihren  festen  Entschluss.  alle 
vom  Kontinental-Kongress  empfohlenen 
Massregeln  auszuführen  und  frei  zu  sein 
oder  zu  sterben. 

Am  21.  ^lai  Hessen  sie  die  nachstehende 
Erklärung  folgen:  ,,Auf  einander  angewie- 
sen durch  die  Bande  der  Religion,  Ehre, 
Gerechtigkeit  und  Vaterlandsliebe,  vereini- 
gen wir  uns  in  dem  festen  Vorsatz,  nie  Skla- 
ven werden  zu  wollen,  sondern  unsere  Frei- 
heit mit  Gut  und  Blut  zu  veHheidigen."  — 

Am  2.  Juni  fand  unter  dem  Vorsitz 
Ilercldieimers  die  erste  öffentliche  Ver- 
sannnlung  von  Abgeordneten  aller  Bezirke 
des  ^lohawktales  statt.  Von  den  erschie- 
nenen Abgeordneten  waren  mehr  als  die 
Hälfte  Deutsche.  Ihre  erste  Massregel  be- 
stand im  Einsetzen  eines  Sicherheitsaus- 
schusses zum  Ueberwachen  der  im  Tal  woh- 
nenden zahlreichen  Anhänger  des  König- 
tums, der  sogenannten  Tories.  Zu  diesem 
Zweck  wurden  die  Milizen  des  ]\Iohawkge- 
bietes  auf  die  Stärke  von  fünf  Bataillonen 
gebracht.  Zu  dif.sfn  kamen  noch  ein  Ba- 
taillon Scharfschützen,  drei  Kompagnien 
Jäger  und  eine  Kompagnie  TTülfstruppen. 
Um  die  straffe  Organisirung  dieser  IMacht 
erwarl)  Ilerchheimer  sich  so  grosse  Ver- 
dienste, dass  die  Versannnlung  der  New 
Yorker  Abgeordneten  ihn  zum  Brigadege- 
neral und  Bcft'hlsliaber  aller  westlich  von 
Schenectady  stehenden  ^Milizen  ernannte. 
Die  Anordnungen,  welche  Herchheimer  in 
dieser  Stellung  traf,  schüchterten  die  Kö- 
nigstreuen dermassen  ein,  dass  sie  Hals 
über  Kopf  das  Weite  suchten  und  nach  Ca- 
nada  flohen. 

In  Pennsylvanien,  wo  die  Regierungsbe- 
amten seit  langem  darüber  klagten,  dass  die 
früher  so  friedliebenden  Deutschen  hals- 
starrig und  aufrührerisch  würden,  schürte 
die  zum  Schutz  der  Einwanderer  gegrün- 


dete „Deutsche  Gesellschaft"  das  Feuer.  Im 
Verein  mit  den  Vorstehern  luid  Pastoren 
der  in  Philadelphia  bestehenden  lutherichen 
und  reformirten  Kirehengemeinden  liess  sie 
am  1.  AugiLst  1775  eine  Flugschrift 
drucken,  welche  die  in  den  westlichen  Tei- 
len Pennsylvaniens  sowie  in  den  andern  Ko- 
lonien lebenden  Deutschen  mit  den  Ursa- 
chen bekannt  machen  sollte,  die  den  Konti- 
nental-Kongress bewogen  hätten,  zum  be- 
waffneten Widerstand  gegen  die  englischen 
Unterdrücker  aufzufordern. 

Im  Vorwort  dieser  Flugschrift  heisst  es: 
,.Wir  haben  von  Zeit  zu  Zeit  täglich  mit 
unseren  Augen  gelesen,  da.ss  das  Volk  in 
Pennsylvanien,  Reiche  und  Arme,  den  Ent- 
schluss des  Congresses  approbiren.  Sonder- 
lich haben  sich  die  Teutschen  in  Pennsylva- 
nien nahe  und  ferne  von  uns  sehr  hervorge- 
than  und  nicht  allein  ihre  ^Milizen  errichtet, 
sondern  auch  auserlesene  Corpos  Jäger  for- 
mirt,  die  in  Bereitschaft  sind  zu  marschi- 
ren,  wohin  es  gefordert  wird.  Diejenigen 
unter  den  Teutschen,  Avelche  selbst  nicht 
Dienste  thun  können,  sind  durchgehends 
willig  nach  Vermögen  zum  gemeinen  Besten 
zu  contributiren."  — 

Auch  Heinrich  Miller's  „Staatsbote" 
brachte  einen  feurigen  Aufruf  an  alle  Deut- 
schen, sich  der  Freiheitspartei  anzuschlie.s- 
sen.  ,, Gedenkt  daran,  wie  bitter  die  Knecht- 
schaft war,  die  ihr  in  Deutschland  erfahren 
miLsstet.  Gedenkt  inid  erinnert  die  Euri- 
gen  daran,  daas  ihr  nach  America  gegangen 
seid,  um  der  Dienstbarkeit  zu  entrinnen 
imd  die  Freiheit  zu  geniessen.  Gedenkt, 
da.ss  die  englischen  Staatsdiener  und  ihr 
Parlament  Amerika  auf  eben  den  Fuss  wie 
Deutschland  und  vielleicht  ärger  haben 
möchten." 

Nicht  vergessen  darf  auch  des  gewaltigen 
Einflusses  werden,  den  zahlreiche  deutsche 
Pastoren  auf  ihre  Gemeinden  ausübten, 
indem  sie  von  der  Kanzel  herab  die  be- 
drückte Lage  des  Landes  erörterten  und 
mutig  für  die  Sache  der  Freiheit  eintraten. 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGIGKEITS  KRIEGE. 


89 


Gar  manche,  wie  z.  B.  Pastor  Tlclfenstein 
Ton  Laneaster,  Pa  ,  beschworen  durch  ihr 
offenkundiges  Eintreten  für  die  Sache  der 
Freiheit    bittere  Verfoloungen    seitens  der 
Regierung  über  sieh  herauf.     So  inussten 
•die  beiden   Söhne  des  greisen  Patriarchen 
Älühk^nberg  ihre  Stellungen  in  New  York 
und  Phihulelphia  preisgeben  und  gen  Wes- 
ten  fliehen,  um  drohender  Kerkerhaft  zu 
entgehen.    Für  die  Einlieferung  der  Pasto- 
ren Johann  Wilhelm  Schmidt  von  German- 
town  und  Nevelling  von  Jersey  waren  hohe 
Belohnungen  ausgesetzt.    Der  letztere  hatte 
iiuf  seinen  Grundbesitz  hohe  Anleihen  auf- 
genommen und  das  Geld  dem  Kontinental- 
Kongress    geliehen.     Die    beiden  Prediger 
Weyhcrg    und    Schlatter  mussten  wochen- 
lang in  düstern  Gefängnissen  schmachten. 
Als  sie  aus  denselben  erlöst  wurden,  fanden 
sie,  dass  inzwischen  ihre  Häuser  von   den 
britischen  Soldaten  geplündert  worden  wa- 
ren.   Die  Wohnung  des  Pastors  liahcnJiorst 
in    der    Salzburger    Kolonie    Ebenezer    in 
Georgia  wurde  sogar  niedergebrannt. 

Aber  alle  zur  Unterdrückung  des  Frei- 
heitsgedankens bestimmten  Massregeln  ver- 
mochten das  Feuer  der  Begeisterung  nicht 
mehr  zu  dämpfen.  Zu  mächtig  hatte  die 
von  dem  virginischen  Advokaten  Patrick 
Henry  ausgegebene  trotzige  Losung:  „Give 
me  liberty  or  give  me  death ! "  in  den  Her- 
zen sowohl  der  patriotischen  Amerikaner 
wie  der  Deutschen  gezündet.  Und  als  mit 
den  blutigen  Zusammenstössen  bei  Lexing- 
ton  und  Bunker  Hill  das  Signal  zum  Auf- 
stand gegeben  w^ar,  da  flogen  die  Freunde 
der  Freiheit  allerorten  zu  den  Waffen.  Die 
Deutschen  voran. 

IL 
Zu  den  Waffen. 

Die  Kaufleute  Hessen  ihre  Geschäfte  im 
Stich;  die  Handwerker  schlo.ssen  ihre 
Werkstätten;  die  Bauern  küiinnerten  sieh 
nicht  länger  um  Saaten  und  Ernten;  die 
Grenzbewohner  nicht  um  Jagd  und  Fisch- 


fang, sondern  folgten  dem  dumpfen  Klang 
der  Sturmglocken,  die  überall  zum  Kampfe 
riefen. 

Vortrefflich  charakterisirte  der  Pfarrer 
Helnnith  die  gro.ssartige  Bewegung  in 
einem  an  die  „Hallesehen  Nachrichten"  ge- 
richteten Brief  mit  folgenden  Worten: 
,, Durch  das  ganze  Land  rüstet  man  sich 
zum  Krieg.  Beinahe  jeder  Mann  ist  unter 
den  Waffen.  Der  Eifer,  welcher  bei  diesen 
traurigen  Umständen  gezeigt  wird,  lässt 
sich  nicht  beschreiben.  Wenn  hundert 
Mann  verlangt  werden,  stellen  sich  sofort 
viel  mehr  und  sind  ärgerlich,  wenn  sie  nicht 
alle  genommen  werden.  Quäker  und  ]\Ien- 
noniten  entsagen  ihren  religiösen  Grund- 
sätzen und  nehmen  Teil  an  den  kriegeri- 
schen Uebungen.  Das  ganze  Land  von  Neu- 
England  bis  Georgia  ist  eine  Seele  und  in 
vollkommener  Begeisterung  für  die  Frei- 
heit." 

Es  ist  natürlich  unmöglich,  an  dieser 
Stelle  alle  Phasen  des  Unabhängigkeitskrie- 
ges, an  welchem  die  in  den  englischen  Ko- 
lonien lebenden  Deutschen  so  grossen  An- 
theil  nahmen,  zu  schildern.  Nur  diejenigeij 
Ereignisse  sollen  berücksichtigt  werden, 
bei  welchen  Deutsche  im  Dienst  ihrer  neuen 
Heimat  und  der  Freiheit  zu  handeln  beru- 
fen waren. 

Den  Deutschen  in  Pennsylvanien  rühmt 
der  Vater  der  amerikanischen  Geschichts- 
schreibung, George  Bancroft,  nach,  sie  hät- 
ten alle  auf  selten  der  Freiheit  gestanden. 
Dafür  giebt  es  in  der  Tat  tausende  Belege. 
Einer  der  vollgültigsten  ist  ihre  überaus 
starke  Teilnahme  an  den  revolutionären 
Ausschüssen,  welche  auf  Empfehliuig  des 
Kongresses  in  den  einzelnen  Grafschaften 
die  militärische  Organisation  der  Freiwil- 
ligen oder  sogenannten  „ Associators "  be- 
Avirkten. 

Von  welchem  Geist  die  in  Pennsylvanien 
lebenden  Deutschen  beseelt  waren,  zeigen 
am  klarsten  die  Vorgänge  in  Reading.  Als 
dort  die  jüngeren  Leute  drei  Kompagnien 
Bürgergarde   bildeten.   Hess   es   den   deut- 


90 


DER  ANTHKIL  DER  DEUTSCHEN  AM   UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


sehen  Graubärten  keine  Hiilu'.  Sie  traten 
zu  einer  ..Konipatrnic  der  alten  Männer'' 
zusannnen.  ..Diesel Ix.'  bestellt  ".  so  meldete 
der  daniali«re  ..Pennsylvanisehe  Staatsbo- 
te", „aus  etwa  80  Ilochdeutselien  von  40 
Jahieii  und  darüber.  Viele  von  ihnen  sind 
in  Deutsehland  im  Kriejrsdien.st  «rewasen. 
Ihr  Anführer  ins  Feld  ist  !H  Jahre  alt.  ist 
40  .lalirr  in  I\  rief.'sdiensten  «rewesen  und 
bei  17  liauptselilaehten  :  ihr  Tronnnc^lsehlä- 
^'er  ist  S4  Jahre  alt."  — 

Wo  so  ti(>firehende  Besreistei-untr  für  die 
Saehe  der  Freiheit  herrsehte,  muss  es  als 
.«elbst  verständlieh  er.seheinen,  dass  die 
Deutsehen  auch  einen  grossen  Prozentsatz 
jener  Seharfsehützen  .stellten,  die  nach 
einem  am  14.  Juni  1775  gefassten  Besehluss 
des  Kontinental-Kongre.sses  von  den  Kolo- 
nien Penn.sylvanien,  ^Maryland  und  Virj^i- 
nien  auftrebraeht  werden  sollten.  Pennsyl- 
vanien  sollte  sechs,  die  beiden  letztgenann- 
ten Provinzen  je  zwei  Kompagnien  stellen. 
Anstatt  der  verlangten  800  .Mann  meldeten 
sich  14(i0.  Von  den  neun  Kompagnien,  die 
Penn.sylvanien  ausrüstete,  hatten  vier  aus- 
schliesslich deutsche  Offizieie. 

Sehon  mehrere  Wochen  nach  dem  Erlass 
de.s  Kongre.ssbeschlu.sses  befanden  sich  star- 
ke Abteilungen  .solcher  Scharfschützen  auf 
dem  hunderte  von  Meilen  weiten  Marsche 
nach  Hoston.  zum  IIaupt(iuartier  des  mit 
dem  Oberbefeiil  der  amerikanischen  Armee 
betrauten  (Jenerals  (ieorge  Wa.shington.  Die 
ersten  Seharfsehützen,  welche  sich  dort  mel- 
deten, waren  Deutsche  der  penn.sylvani- 
.sclien  (Jrafschaft  Berks  unter  dem  Befehl 
der  Kapitäne  Nagel  und  Daudel;  kräftige, 
wetterfeste  Gesellen  von  sechs  Fuss  Höhe 
und  darübei-.  Sie  trugen  noch  ihre  aus  der- 
bem Zeug  oder  Ilii'scbleder  gefertigten 
Jagdröcke  sowie  indianische  Leggins  und 
INFoccasins.  Die  über  jeder  lernst  in  grossen 
Ijcttern  zu  lesende  T^osung:  ..Tiiberty  oi- 
Death!"  verkündete  die  einste  Entschlos- 
senheit, welclie  diese  .Männei-  beseelte. 
Ausser  Jagdnie.s.ser  und  Tomahawk  führte 
jeder  seine  eigne  Kiflebüchse,  in  deren  Ge- 


bi-aneh  viele  eine  erstauidiche  Meisterschaft 
erlangt  hatten.  Ihi'  Betragen  war  beschei- 
den :  ihre  Diseiplin  für  die  ganze  Armee  ein 
Vorbild. 

Diesen  Kompagnien  folgten  bald  solche 
aus  andei-(Mi  Teilen  Pennsylvaniens  sowie 
aus  Maryland  und  Virginien.  Die  Vii'gi- 
iiicr  wuideii  von  Kapitän  Dtiiiid  Morgan 
befehligt.  Als  sie  sich  am  17.  Juni  an  einer 
bei  Schäferstown  ( Shephei'dtown )  gelege- 
nen Quelle  versammelten,  kamen  sie  voi- 
ihrem  Abmai-.sch  überein,  da.ss  diejenigen, 
welche  nach  50  Jahren  noch  am  Tjeben 
.''■eien.  an  dem  gleichen  Datum  sich  an  der- 
.selben  Quelle  wieder  einfinden  sollten. 

Dieser  Verabredung  gemäss  .stellten  sich 
am  17.  Juni  1825  vier  Männer  an  der  be- 
zeichneten Stelle  ein:  Die  Brüder  Heinrich 
und  (ieorg  Michel  Bedinger,  der  er.ste  aus 
Virginien,  der  zweite  aus  Kentucky;  ferner 
Feter  Lauck  aus  Winchester  und  GoitJiold 
Hülse  aus  Wheeling.  Die  echt  deutschen 
Namen  dieser  vier  Veteranen  bekunden  aufs 
unzweideutigste,  da.ss  unter  den  berühmten 
jMorgan 'sehen  Scharfschützen  sich  sehr 
viele  Deutsche  befunden  haben  müssen. 

Als  die.se  Abteilung  nach  600  jMeilen 
weitem  ^Marsch  am  10.  August  im  amerika- 
nischen Lager  bei  Cambridge  eintraf,  er- 
s{)ähte  sie  der  gerade  von  einem  Rekognos- 
cirungsritt  zurückkehrende  Wa.shington. 
Ln  (Jalopp  eilte  er  auf  die  Wackern  zu,  und 
als  ihr  Führer  meldete :  ,, Scharfschützen 
vom  i-echten  Ufer  des  Potomac!"  stieg 
Washington  schnell  von  seinem  Ross  und 
schritt,  während  ihm  die  hellen  Freuden- 
ti'äncMi  über  die  Wangen  i-annen.  auf  die 
Virginier  zu,  um  jeden  einzelnen  .seiner 
Xachbai-n  mit  einem  ki'äftigi^i  Händedruck 
zu  bcwillkommen. 

Alle  diese  Schai'fschützen  lei.steten  wäh- 
rend der  bis  zum  17.  März  177()  dauernden 
Belagerung  von  Boston  vortreffliche 
Dienste.  Sie  wurden  an  die  wichtig.sten 
l*unkte  gestellt  mit  der  Weisung,  ihr 
llauptaugenmei'k  auf  die  Beseitigung  der 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


91 


feindlichen  Offiziere  zu  richten,  damit  die 
ihrer  Führer  beraubten  Regimenter  dann 
um  so  leichter  in  Unordnunti'  ^•e])racht  und 
besiegt  werden  möchten.  AVelche  Dienste 
die  Scharfscliützcn  in  dieser  Beziehiuig  leis- 
teten, ist  aus  dem  Verlauf  der  Kämpfe  um 
Boston  bekannt.  Die  überraschend  grosse 
Zahl  der  dort  gefallenen  oder  kampfun- 
fähig gewordenen  englischen  Offiziere  ver- 
anlasste den  Abgeordneten  Burke  im  Par- 
lament zu  dem  erregten  Ausruf:  ., These 
Americans  know  much  more  of  your  arniy 
than  your  return  can  give  them.  They  conp 
it  up,  besiege  it,  destroy  it,  crusli  it.  Your 
officers  are  swept  off  by  the  rifles,  if  they 
show  their  noses. " 

Da  die  deutschen  Grenzbewohner  die  ein- 
zigen waren,  welche  Riflebüchsen  führten, 
so  darf  ihnen  die  in  den  zornigen  Worten 
des  englischen  Abgeordneten  enthaltene 
Anerkennung  in  erster  Linie  gutgeschrie- 
ben werden. 

Jedenfalls  waren  es  diese  von  den  deut- 
schen Scharfschützen  erzielten  Erfolge 
welche  den  Kontinental-Kongress  am  25. 
]\lai  1776  zu  dem  Beschluss  veranlassten, 
ein  rein  deutsches  Bataillon  zu  errichten, 
zu  welchem  Pennsylvanien  und  IMaryland 
je  vier  Kompagnien  stellen  sollten.  Penn- 
sylvanien hatte  bereits  im  Juli  fünf  Kom- 
pagnien vollzählig. 

Dieses  anfangs  von  dem  Obersten  Nikolas 
Hauscggcr,  dann  von  Baron  Arendt  und 
endlich  von  Ludwig  Weltner  befehligte 
Bataillon  zeichnete  sich  zunächst  bei  dem 
kühnen  Ueberfall  der  Engländer  in  Tren- 
ton  aus.  Später  focht  es  mit  bei  Princeton, 
am  Brandywine  und  bei  Germantown.  Es 
ertrug  die  schwere  Leidenszeit  im  Winter- 
lager in  Valley  Forge,  wo  es  der  Brigade 
des  Generals  Peter  ^lühlenberg  angehörte. 
Darauf  ward  es  der  Expedition  des  Gene- 
rals Süll i van  zugetheilt  und  marschirte  mit 
dieser  in  das  Quellgebiet  des  Susquehanna 
und  zum  ^lohawk,  um  die  dortigen  Nieder- 
lassungen gegen  die  Feberfälle  der  mit  den 


Engländern      verbündeten      Irokesen      zu 
schützen. 

Zu  ch'n  regulären  Regimentern,  die 
während  des  Jahres  1776  in  Pennsylvanien 
gebildet  wurden,  stellten  die  Deutschen, 
wie  aus  den  noch  erhaltenen  Li.sten  der 
Pensionäre  des  Unabhängigkeitskrieges  er- 
sichtlich ist,  gleichfalls  einen  gewaltigen 
Anteil  an  Soldaten  und  Offizieren.  Beson- 
ders stark  waren  sie  im  2.,  3.,  5.,  6.  und  8, 
Regiment  vertreten.  Als  am  4.  Juli  1776 
die  Abgesandten  von  53  Bataillonen  sich  in 
der  pennsylvanischen  Stadt  Lancaster  ver- 
sannnelten,  um  zwei  Brigade-Generäle  zu 
wählen  und  über  gemeinsame  IMassregeln 
zu  entscheiden,  ergab  sich  aus  der  Liste 
dieser  Abgeordneten,  dass  ein  Drittel  der- 
selben deutsche  Namen  trug.  Es  fügte  sich, 
dass  in  der  Stunde,  in  welcher  diese  Frei- 
willigen gelobten,  treu  für  die  Sache  der 
Freiheit  einzustehen,  der  in  Philad(4phia 
versammelte  Kongress  die  Unabhängig- 
keitserklärung annahm. 

Die  Deutschen  der  Kolonien  ^Maryland, 
Virginien,  Carolina,  New  York,  Äla.ssachu- 
stets  und  ]\Iaine  standen  in  der  Betätigung 
ihres  Patriotismus  hinter  den  Pennsylva- 
niern  nicht  zurück.  Leider  ist  über  ihre 
numerische  Teilname  wenig  bekannt,  da 
fast  alle  Dokumente  und  Musterrollen  des 
Unabhängigkeitskriegs  im  Jahre  1800  bei 
einer  im  Krieggministerium  ausgebrochenen 
Feuersbrunst  verbrannten. 

In  Charleston,  Süd  Carolina,  organisirte 
der  Württemberger  Michael  Kalteisen  im 
Jahre  1775  eine  aus  lauter  Deutschen  be- 
stehende Kompagnie  Füsiliere,  welche  wäh- 
ren der  ganzen  Dauer  des  Unabhängigkeits- 
kriegs sich  durch  gewissenhafte,  energische 
Dienstleistungen  auszeichnete.  Am  Sturm 
auf  Savannah,  1779,  nahmen  sie  tapfern 
Anteil.  Kalteisen  ward  später  Befehlsha- 
ber des  Forts  Johnson. 

Auch  die  150  Mann  starke  Leibwache 
Washingtons  bestand  ausschliesslich  aus 
Deutschen     der     pennsylvanischen     (iraf- 


«2 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGICxKEITS-KRIEGE. 


Schäften    Berks    und    Lanca-ster.      Ihr   Be- 
fehlshaber war  th'r  preiissisehe  Major  Bnr- 
tholoniiiiis     i'oit     H(tr.      Jakob    M(i/ti)i(/(  r 
<lientt'    als    Hauptmann:  I'liilipp  Strübing 
und  Johiiuu  Mufft  r  als  Lieutenants.     Aus 
-der  Tatsache,    da.ss    viele    Soldaten  dieser 
Leibwache  jrar  ni<'ht   oder  nur  wenig  der 
englischen    Sprache    mächtig    waren,    hat 
man   ge.schhxssen.   da.ss   die   Zusanunensetz- 
ung  der  Leibwache  aus  solchen  sprachun- 
kundigen p]lemcnten  von  vornherein  beab- 
sichtigt gewesen  sei.  weil  es  unter  den  eng- 
lisch sprechenden  Truppen  des  amerikani- 
üchen  Heeres  von  Spionen  imd  Verrätern 
wimmelte.      Die    königstreuen    Tories    be- 
<lienten  sieh  der  infamsten  ^Mittel,  um  ame- 
rikani.sche  Soldaten  und  Offiziere  zum  De- 
sertiren    und    zum    Verraten    militärischer 
Geheimnisse   zu   verleiten.     Ein    Komplott 
lief  sogar  darauf  hinaus,  sieh  der  Person 
"Wa.shingtons  zu  bemächtigen  und  ihn  den 
Tories  auszuliefei'n.     Da  die  Deutsehpenn- 
sylvanier    der    englischen    Sprache    wenig 
mächtig  waren,  so  waren  sie  solchen  Versu- 
-chungen  natürlich  weniger  ausgesetzt. 

Diese  deutsche  Leibwache  begleitete 
AVashington  durch  alle  Fährnisse  des  sieben 
Jahre  währenden  Feldzugs.  Erst  nach  der 
glücklichen  Beendigung  desselben  Avurde 
sie  aufgelöst.  Der  wackere  ]\Ia,jor  von  Heer 
sowie  Hauptmann  ]Meytinger  blieben  nebst 
«inem  Sergeanten,  einem  Trompeter  und 
acht  Gemeinen  bis  zum  31.  Dezember  1783 
im  Dien.st,  um  ihren  geliel)ten  Feldherrn 
wohlbehalten  zu  seinem  in  Virginien  gele- 
geneu Landgut  ]\Iount  Vernou  zu  geleiten. 
Dort  stellten  sie  sieh  noch  einmal  vor 
<lem  General  in  Parade  auf.  Nachdem  sie 
ihm  zum  letztenmal  die  militärischen  Ehren 
erwiesen  hatten,  ritten  sie  schweigend  da- 
von. „Denn",  so  erzählt  einer  der  Vetera- 
nen, ..unsere  Augen  waren  voller  Thränen, 
dass  wir  nun  von  dem  geliebten  Feldherrn, 
dessen  Leiden  und  Lasten  wir  so  lange  ge- 
sehen und  geteilt  hatten,  auf  immer  schei- 
den mussten." 


IIL 

Nikolaus  Herchheimer  und  die  deutsche 
Bauernschlacht  bei  Oriskany. 

Den  wackeren  Pfälzern  des  Mohawktals 
bot  sich  erst  spät  Gelegenheit,  in  den 
Kampf  einzugreifen.  Das  Jahr  llHi  hat- 
ten sie  mit  Vorbereitungen  zur  Vertheidi- 
gung  verbracht.  Denn  sie  wussten  nur  zu 
wohl,  dass  sie  auf  einem  der  wichtigsten 
und  gefährlichsten  Pasten  standen.  Die 
nach  Canada  geflohenen  königstreuen  Eng- 
länder hatten  nämlich  durch  reiche  Ge- 
schenke und  Versprechungen  sämmtliche 
in  der  Kolonie  New  York  hau.senden  India- 
nerstämme für  die  Sache  des  Königs  ge- 
wonnen. Für  die  Amerikaner  war  es  na- 
türlich eine  Frage  von  höchster  Bedeu- 
tung, wenn  nicht  die  Freundschaft,  so  doch 
wenigstens  die  Neutralität  dieser  Indianer- 
stämme, besonders  des  mächtigen  Irokesen- 
bundes, zu  gewinnen.  An  der  Spitze  des 
letzteren  stand  der  den  Weissen  unter  dem 
Namen  Joseph  Brant  bekannte  Kriegs- 
häuptling der  ]\Iohawks,  Thayendanegea. 
Diesen  auf  die  Seite  der  Amerikaner  hinü- 
berzuziehen, wurde  Nikolas  Herchheimer 
im  Sommer  1777  au-sgesendet.  Thayenda- 
negea weilte  damals  in  dem  am  obern  Sus- 
cpiehanna  gelegenen  Indianerdorf  Una- 
dilla.  Von  400  IMiliz-soldaten  begleitet 
brach  Herchheimer  im  Juni  des  genannten 
Jahres  dorthin  auf.  Aber  seine  Hoffnung, 
den  Häuptling  günstig  .stimmen  zu  köinien, 
erfüllte  sich  nicht.  Thayendanegea  liatte 
bereits  seinen  Entschluss  gefasst  und  wäh- 
rend eines  Besuchs  in  England,  wo  man 
ihm  am  königlichen  Hof  die  glänzendsten 
Versprechungen  und  Geschenke  machte, 
sich  für  die  Sache  der  Engländer  entschie- 
den. Obendrein  war  die  augenblickliche 
Lage  der  Amerikaner  zu  ungün.stig.  um 
dem  berechnenden  AVilden  Vertrauen  ein- 
flös.sen  zu  können.  Denn  obgleich  die 
Amerikaner  da  luid  dort  Erfolge  errungen 
hatten,  so  hielten  ihre  Gegner  das  Heft 
doch  noch  fest  in  den  Händen.     Gleichzei- 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


9a 


tig  holten  sie  zu  einem  Ilanptsehlage  ans, 
bei  welchem  dem  Irokesenhäuptling  eine 
Aviehtige  Rolle  zugedacht  war. 

Um  die  aufständigen  Xeu-England  Ko- 
lonien von  den  südlichen  Kolonien  zu  tren- 
nen, so  dass  sie  nicht  länger  einander  unter- 
stützen und  einzeln  leichter  unterworfen 
werden  könnten,  planten  die  Engländer 
einen  dreifachen  Vorstoss  gegen  den  Hud- 
son, an  dessen  [Mittellauf  die  Amerikaner 
sich  festgesetzt  hatten.  Von  Canada  aus 
sollte  General  Burgoyne  mit  8000  i\Iann 
über  den  Georgsee  zum  oberen  Hudson  vor- 
dringen, während  gleichzeitig  eine  starke 
Flotte  von  New  York  aiLS  den  Strom  hin- 
aufsegeln und  die  Rebellen  vom  Süden  aus 
angreifen  sollte.  Der  Obenst  St.  Leger  end- 
lich erhielt  Befehl,  mit  750  Truppen  und 
1000  Indianern  unter  der  Führung  Thay- 
endanegeas  von  AVesten  her  in  das  ]\Io- 
hawktal  einzufallen  und  die  Amerikaner  in 
der  Flanke  zu  fassen.  Glückte  dieser  mei- 
sterhafte Plan,  so  .war  das  Schicksal  der 
Aufständigen  besiegelt  und  die  schnelle 
Unterdrückung  der  Revolution  gewiss. 

Da  Thayeudanegea  an  dem  Gelingen 
keinen  Augenblick  zweifelte,  so  blieben  na- 
türlich die  Bemühungen  Herchheimers, 
ihn  auf  die  Seite  der  Amerikaner  herüber- 
zuziehen, ohne  Erfolg. 

Tatsächlich  hatten  die  Engländer  bereits 
mit  der  AiLsführung  ihres  Planes  begonnen. 
Burgoyne  sowohl,  wie  St.  Leger  befanden 
sich  schon  auf  dem  ]\Iarsch.  Davon  erhiel- 
ten die  Amerikaner  durch  befreundete 
Oneida  Indianer  früh  genug  Kunde.  Zu- 
gleich erfuhren  sie,  dass  Gouverneur 
Hamilton  fünfzehn  indianische  Abteilun- 
gen auf  die  Ansiedler  losgelassen  habe. 

Da  musste  Alles  mobil  gemacht  werden, 
was  Waffen  tragen  konnte.  Denn  glückte 
es  nicht,  die  Feinde  zurückzuschlagen,  so 
war  allen  Ansiedlern  der  Untergang  unter 
den  Tomahawks  und  Skalpirmessern  der 
Rothäute,  unter  den  Bajonetten  und  Ku- 
geln der  englischen  Soldaten  gewiss.  Den 
furchtbaren    Ernst    der    Lage    erkennend, 


richtete  Herchheimer  am  17.  Juli  einen 
Aufruf  an  alle  zwischen  16  und  60  Jahren 
stehenden  Jünglinge  und  ]\Iänner,  sich  un- 
verzüglich in  dem  an  Stelle  der  heutigen- 
Stadt  Ilerkimer  angelegten  Fort  Dayton 
einzufinden,  800  Manu  folgten  dem 
Aufruf. 

Bereits  am  4.  August  meldete  ein  Bote^ 
dass  St.  Leger  mit  seinen  Truppen  und  In- 
dianern vor  dem  am  obern  Mohawk  ange- 
legten Grenzfort  Stanwix  angekommen  sei 
und  mit  der  Belagerung  desselben  begonneu 
habe.  Unverzüglich  liess  Herchheimer  zum 
Abmarsch  blasen,  um  den  Belagerten  zu 
Hülfe  zu  kommen.  An  Oberst  Gan.sevoort,. 
den  Befehlshaber  des  Forts  Stanwix, 
sandte  er  einen  Boten,  um  ihn  zum  gemein- 
samen Handeln  zu  veranlassen.  Gansevoort 
sollte  an  dem  Morgen,  an  dem  die  Pfälzer 
den  Feinden  in  den  Rücken  fallen  wollten^ 
einen  Ausfall  unternehmen.  Drei  rasch 
aufeinander  folgende  Kanonenschüsse  vom 
Fort  aus  sollten  den  Pfälzern  das  Zeichen 
geben,  dass  man  im  Fort  zu  dem  gemein- 
samen Angriff  bereit  sei. 

Leider  glückte  es  dem  Boten  erst  am 
]\Iittag  des  betreffenden  Tages,  die  feind- 
lichen Reihen  zu  durelischleichen  und  in 
das  Fort  zu  gelangen.  Mittlerweile  hatten 
aber  auch  die  Engländer  durch  ihre  india- 
nischen Kundschafter  von  dem  Anrücken 
der  Pfälzer  Kenntniss  erhalten  und  eiligst 
an  einer  engen  Waldschlucht,  die  von  den 
Deutschen  passirt  werden  musste,  einen 
aus  zahlreichen  Scharfschützen  und  meh- 
reren hundert  Indianern  bestehenden  Hin- 
terhalt gelegt.  Der  kriegskundige  Thayeu- 
danegea hatte  die  Stelle  ausgewählt. 

Als  Herchheimer  mit  seiner  Schaar  ge- 
gen neun  Uhr  ]\[orgens  hier  anlangte,  ver- 
riet kein  Zeichen  eine  Gefahr.  In  tiefstem 
Schweigen  lagen  die  unabsehbaren  Urwäl- 
der, durch  die  nur  ein  schmaler,  überaus 
schlechter  Weg  auf  der  rechten  Uferseite 
des  ]\IohaAvk  zum  Fort  Stanwix  führte. 
Kaum  waren  aber  die  Pfälzer  in  die 
Schlucht  eingetret'^n,  als  plötzlich  aus  hun- 


94 


DER  AXTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  rNABHAENOrOKEITS-KRIEGE. 


derten  von  Kehlen  das  grauenhafte  Kricgs- 
greheul  der  Indianer  ertönte.  Im  irleiehen 
Auirenl)liek  krachten  von  allen  Seiten  und 
aus  den  Wipfeln  der  liäunie  niäehti^'e 
Salven  auf  die  Zusannneuiredränjjten.  und 
dann  tauchten  hinter  jedem  Busch,  hinter 
jctlcm  Fels.stück  nackte,  schauerlich  he- 
malte  Wilde  auf.  um  sich  üleich  l'antern 
auf  die  völlig  üherraschten  Deutsehen  zu 
stürzen. 

Nur  ein  Kampf  bis  aufs  Messer  konnte 
die  letzteren  vor  gänzlieher  Vernichtung 
retten.  Diese  Erkenntniss  trieb  sie,  mit  der 
Wut  der  A'erzweiflung  zu  fechten.  Galt  es 
doch  Haus  und  Hof.  Weib  und  Kind  zu 
retten!  Da  entspann  sieh  nun  im  Trwald- 
diekieht  wutknir.sehendes  Ringen,  in  dem 
deutsehe,  durch  harte  Hinterwäldlerarbeit 
gestählte  Kraft  mit  indianischer  Schläue 
und  Gewandtheit  stritt.  ^lit  zerschnittener 
Kehle  oder  zerschlitzter  Brust  sanken 
Weisse  und  Rote  übereinander,  sich  noch 
in  der  Todesstarre  krampfhaft  umschluii- 
gen  haltend.  Gar  mancher  Irokese  wurde 
vom  schnellen  Blei  ereilt,  als  seine  Hände 
giei-ig  dabei  waren,  seinen  gefällten  Gegner 
zu  skalpiren. 

Herchheimer  war  einer  der  ersten,  die 
im  Gemetzel  verwundet  Avurden.  Eine 
Kugel  zer.schmetterte  sein  linkes  Bein  un- 
terhalb des  Knies  und  tödtete  zudem  sein 
Rass.  Aber  er  verlor  nicht  die  Geistesge- 
genwart, sondern  feuerte  mit  lautem  Zu- 
ruf die  Seinen  zu  immer  heftigerem  Wider- 
stände an.  bis  es  ihnen  gelungen  war,  den 
ersten  Anprall  der  Gegner  abzuschlagen. 
Dann  Hess  er  sieh  auf  eine  den  Kampfplatz 
überschauende  Anhöhe  tragen  und  am  Fuss 
eines  Urwaldriesen  niedersetzen. 

Auf  seinen  Satt(d  gestützt,  der  ihn  um- 
schwirrenden Pfeile  und  Kugeln  nicht 
achtend,  .sondern  kaltblütig  die  Pfeife  rau- 
chend, leitete  er  von  dort  den  immer  hefti- 
ger entbrennenden  Kampf,  der  mit  aller 
Verschlagenheit  hinterwäldlerischer  Fecht- 
weise geführt  wurde. 


Auch  die  Deutschen  hatten  .jetzt  hinter 
mächtigen  Bäumen  Deckung  gefunden  und 
suchten  von  dort  aus  ihren  Fe'nden  beizu- 
kommen. Aber  diese  lagen  auf  der  Lauer, 
und  gar  oft  gelang  es  einem  Indianer,  einen 
deutschen  Schützen,  wenn  derselbe  einen 
Schuss  hinter  dem  Baum  hei"  abgefeuert 
hatte,  zu  ereilen  und  niederzuschmettern, 
])evor  jener  Zeit  fand,  seine  Büchse  wieder 
zu  laden.  Der  alte  Herchheimer.  welcher 
die  Taktik  der  Wilden  durchschaute,  po.s- 
tirte  nun  .stets  zwei  ^Fänner  hinter  einen 
Baum,  von  denen  der  eine,  wenn  sein  Ge- 
nos.»-:e  gefeuert  hatte,  sofort  anlegte,  um  den 
anspringenden,  seines  Opfers  sicheren  In- 
dianer niederzuknallen.  Diese  Anordnung 
wirkte  so  sicher  und  ri.ss  so  gewaltige 
Lücken  in  die  Reihen  der  Feinde,  dass  bald 
kein  Indianer  mehr  wagte,  die  alte  Fecht- 
weise anzuwenden. 

Bereits  hatte  das  Gefecht  mehrere  Stun- 
den gedauert,  als  plötzlich  die  Entrländer 
Verstärkung  durch  eine  Abteilung  Königs- 
jäger erhielten.  Unter  diesen  befanden 
sich  viele  königstreu  gebliebene  ehemalige 
Bewohner  des  ]\Iohawktals,  die  mit  den 
englischen  Lords  nach  Canada  geflohen 
waren.  Frühere  Freunde  und  Nachbarn 
erkannten  einander.  Aber  der  bitti'C  Ila.ss, 
der  sie  einst  im  politi.schen  Wortstreit  ent- 
fremdet hatte,  schlug  nun  in  lodernden 
Flammen  empor.  ^Mitten  hinein  in  das  Ge- 
töse krachten  heftige  Donnerschläge.  Von 
den  Kämpfenden  unbemerkt  war  ein 
schweres  (Jewitter  heraufgezogen.  T'nter 
flammenden  Blitzen  und  erderschüttern- 
dem Rollen  sich  über  den  Häuptern  der 
Kämpfenden  entladend  führte  es  durch 
seine  mächtig  niederströmenden  Regen- 
fluten eine  Ruhepause  herbei.  Kaum  aber 
hatten  die  schweren  Wolken  sich  verzogen, 
so  begann  das  Schlachtgetöse  den  triefen- 
den Wald  aufs  neue  zu  durchhallen. 

Da  endlich,  nachdem  das  Gemetzel  schon 
mehrere  Stunden  gedauert  hatte,  erdröhn- 
ten von  Fort  Stanwix  die  von  den  Deut- 
schen    längst     ersehnten     drei     Kanonen- 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGIGKEITSKRIEGE. 


95 


Schüsse.  Sie  erfüllten  die  Pfälzer  mit 
neuern  Kampf esnmt  und  machten  ihr  aber- 
nialiges  Vorgehen  so  unwiderstehlich,  dass 
die  ob  ihrer  schweren  Verluste  bestürzten 
Indianer  unter  den  Klagerufen  „Unah ! 
Unah!''  in  wilder  Flucht  den  Kampfplatz 
verliessen  und  die  englischen  Truppen  mit 
sich  rissen.  Als  sie  im  Lager  vor  dem  Fort 
Stanwix  wieder  anlangten,  fanden  sie,  dass 
es  mittlerweile  von  der  Besatzung  des  Forts 
überfallen  worden  war,  und  dass  diase 
sännntliches  Gepäck,  alle  Papiere  und  fünf 
Fahnen  erbeutet  hatte.  Der  Sieg  der  unter 
Herchheimer  stehenden  Pfälzer  war  schwer 
erkauft,  lieber  240  waren  gefallen :  von 
den  Ueberlebenden  hatten  die  meisten  so 
schwere  Verwundungen  erlitten,  dass  man 
an  eine  Ausnutzung  des  Sieges  nicht  den- 
ken konnte,  sondern  auf  den  Rücktrans- 
port der  Toten  und  Verwundeten  bedacht 
sein  nnisste.  ALs  man  am  8.  August  mit 
denselben  in  den  heimischen  Dörfern  an- 
langte, erscholl  überall  herzbrechendes 
Trauern  und  Klagen,  denn  kaum  war  ein 
Haus,  in  dem  nicht  ein  Angehöriger  tot 
oder  verwundet  lag. 

IManche  Familien  hatten  ihren  ganzen 
IMannesstanun  eingebüsst.  So  waren  5  Bel- 
lingers,  9  Schells,  4  Müllers,  4  WoJilhöfers, 
5  Fuchs,  3  Walrats,  mehrere  Kasts,  Kellers, 
Kostlers,  Dunkels,  Baumanns  und  Demuths 
gefallen, 

Sich  dumpfer  Trauer  hinzugeben,  dazu 
blieb  den  Pfälzern  aber  keine  Zeit,  denn 
noch  war  Fort  Stanwix  nicht  entsetzt  und 
der  Feind  nicht  aus  dem  Lande  vertrieben. 
Nachdem  die  Toten  begraben  worden, 
schlössen  die  noch  waffenfähigen  Männer 
sich  aufs  neue  zusammen  und  zogen,  durch 
€ine  Anzahl  regulärer  Truppen  verstärkt, 
unter  dem  Befehl  des  Generals  Benedikt 
Arnold  zum  zweitenmal  den  Feinden  ent- 
gegen. Als  diese  durch  ihre  Späher  Kurde 
vom  '  abermaligen  Anmarsch  der  Pfälzer 
■empfingen,  licssen  sie,  von  Schrecken  er- 
füllt, Zelte  und  Geschütze  im  Stich  und 
kehrten  eiligst  nach  Canada  zurück.     Die 


geplante  Vereinigung  mit  der  Armee  Bur- 
gojines  war  vereitelt,  und  damit  der  ganze 
FeUlzugspla)!  der  Engländer  gescheiteH. 
Nunmehr  konnten  die  Amerikaner  und 
I*fälzer  ilu'e  gesannute  Kraft  auf  die  Be- 
kämpfung Burgoynes  wenden.  Es  gelang 
ihnen  in  der  Tat,  diesen  so  hart  zu  bedrän- 
gen, dass  er  sich  am  16.  Oktober  mit  seinem 
Heer  bei  Saratoga  ergeben  musste.  Wenn 
damit  der  amerikanische  Freiheitskrieg 
auch  nicht  sein  Ende  fand,  so  war  doch 
eine  der  schlimmsten  Gefahren,  die  seinen 
Erfolg  in  Frage  gestellt  hatten,  glücklich 
abgewendet.  Kein  Geringerer  als  George 
Washington  erkannte  die  Verdienste  der 
Pfälzer  um  diese  glückliche  Wendung  an, 
indem  er  schrieb,  dass  Herchheimer  zuerst 
die  düsteren  Aussichten  des  Feldzugs  im 
Norden  ins  Gegenteil  umgewandelt  habe. 

Leider  erlebte  Herchheimer  diese  von 
dem  grossen  amerikanischen  Freiheitshil- 
den ihm  gezollte  Anerkennung  nicht  mehr. 
Als  er  nach  dem  Kampf  bei  Oriskany  auf 
einer  Tragbahre  nach  seiner  Wohnung  ge- 
bracht worden  war,  fiel  er  einem  jungen 
unerfahrenen  Wundarzt  in  die  Hände,  der 
bei  der  Amputation  des  zerschossenen 
Beines  so  ungeschickt  verfuhr,  dass  der 
wackere  Haudegen  verblutete.  Das  war 
am  17.  August  1777.  Unweit  seines  Hauses 
wurde  er  auf  einem  Hügel  begraben. 

Bereits  im  Oktober  desselben  Jahres  be- 
schloss  der  Bundeskon gress,  500  Dollars  zu 
einem  Denkmal  für  Herchheimer  zu  bewil- 
ligen. Aber  die  immer  heftiger  entbren- 
nenden Kriegs.stürme  drängten  diesen  Vor- 
satz in  den  Hintergrund  und  Hessen  ihn 
allmählig  in  Vergessenheit  geraten.  p]rst 
unser  Geschlecht  erinnerte  sich  der  tapfe- 
ren Helden  des  Mohawktales.  An  derselben 
Stelle,  wo  sie  ihr  Blut  für  ihre  neue  Heimat 
vergo.ssen,  lie-s  der  Geschicht.sverein  der 
Grafschaft  Oneida  einen  stattlichen  Obe- 
lisken errichten.  Auf  seiner  Vorderseite 
verewigt  eine  Bronzetafel  die  Namen  der 
im  Kampfe  umgekonnnenen  Helden.  Zwei 
auf  den  Seiten  des  ^Monuments  eingelassene 


96 


DER  AXTIIEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  ÜNABHAENGIGKEITS-KRTEGE. 


Bronzcrt'liofs  stellen  Seenen  aus  ileiu 
Kampfe  sowie  den  altt-n  Ilerehheinier  dar, 
wie  er  verwundet  am  Fu.s.s  eines  Haumes 
sitzend,  seine  Pfeife  in  der  Iland,  Befehle 
ertheilt. 

Am  12.  November  18JX)  wurde  auch  we- 
nige Seh  ritte  neben  dem  Grabe  Ilerehiiei- 
mers  ein  herrlieher  Obelisk  aus  weissem 
Granit  erriehtet.  "Wie  die  Aufschrift  be- 
kundet, vom  Staat  New  York,  der  seine 
Dankbarkeit  ferner  bewies,  indem  sowohl 
der  Ort,  wo  der  wackere  Pfälzer  creboren, 
wie  auch  die  Grafschaft,  in  der  er  lebte  und 
starb,  mit  seinem  freilich  anglisirten  Na- 
men TTerkimer  belegt  wurden. 

IV. 

Peter  Muehlenberg. 

Beschränkten  die  meisten  deutsehen 
Pastoren  sieh  darauf,  der  Sache  der  Frei- 
heit durch  Schrift  und  Wort  zu  nützen,  so 
kennen  wir  aber  auch  ein  Beispiel,  dass 
ein  Gottesstreiter  seinem  Beruf  entsagte, 
um  als  Soldat  am  Kriege  theilzunehmen.  Es 
war  derselbe  Pastor  Peter  Mühlenberg,  der 
als  Vorsitzender  des  von  den  Bürgern  der 
virginischen  Stadt  Woodstoek  gebildeten 
Sicherluitsaus.schu.sses  jene  denkwürdigen 
Beschlüsse  aufsetzte,  die  als  die  ersten 
öffentlichen  Proteste  gegen  die  j\Ii.ss- 
bräuche  der  englischen  Kolonialregierung 
betrachtet  werden  können. 

Bei  diesen  papiernen  Einsprüchen  Hess 
der  wackere  Pastor  es  nicht  bewenden. 
Denn  bald  nach  dem  Ausbruch  der 
Kämpfe,  im  Januar  1776,  kündigte  er  an, 
dass  er  sein  Amt  niederlegen  und  von  sei- 
ner Gemeinde  Abschied  nehmen  wolle. 
Diese  Nachricht  lockte  zahlreiche  ]\Ienschen 
herbei.  Sowohl  die  Kirche  wie  der  sie  um- 
gebende F'riedhof  waren  mit  Andächtigen 
gefüllt,  die  aus  weiten  Entfernungen  ka- 
men, um  noch  einmal  den  Worten  ihres  ge- 
liebten Seelsorgers  zu  lauschen.  Derselbe 
sprach  in  beredter  Weise  über  die  Pflich- 


ten, die  dir  Bürger  dem  Vaterlande 
schulde,  und  schlo.ss  mit  den  klangvollen 
Worten,  es  gebe  eine  Zeit  zum  Predigen 
und  Beten,  aber  auch  eine  Zeit  zum 
Kämpfen.  Diese  Zeit  sei  jetzt  gekommen. 
Und  nun  folgte  eine  Scene,  die  wohl  einzig 
in  ihrer  Art  da.steht.  Pastor  ]\Iühlenberg- 
warf  seinen  Talar  ab  und  stand  da  in 
voller  Kriegeruniform,  uml)raust  v(m  dent 
Jubel  .seiner  Gemeinde,  deren  Begei.sterung 
in  hellen  Flannnen  aufloderte.  Als  jetzt 
draassen  das  Rasseln  der  Werbetronnneln 
ertönte,  drängten  die  ]\Iänner  zu  Dutzen- 
den herbei,  um  sich  in  die  Li.sten  der  Frei- 
heitsstreiter eintragen  zu  la.ssen  und  ihrem 
Pfarrer  in  den  Krieg  zu  folgen.  Ilochbe- 
tagte  Greise  brachten  ihre  Söhne,  Frauen 
ihre  Gatten,  und  bevor  der  Tag  zur  Neige- 
ging, hatten  sich  dreihundert  Jünglinge 
und  ]\Iänner  zur  Teilname  an  dem  Kampf 
gegen  die  Engländer  verpflichtet. 

Der  wackere  Pa.stor,  der  früher  als  Re- 
krut eines  englischen  Regiments  das  Solda- 
tenleben gründlich  kennen  gelernt  hatte,, 
wurde  mit  dem  Befehl  eines  meist  aus; 
Deutschen  bestehenden  Regiments  betraut. 
An  der  Spitze  desselben  kämpfte  er  ein 
Jahr  lang  in  Virginien,  den  Carolinas  und" 
Georgia,  wobei  er  so  grosse  Fähigkeiten 
entwickelte,  dass  der  Kongre.ss  ihn  am  21. 
Februar  1777  zum   Brigadegeneral  erhob. 

Als  solcher  stiess  jNIühlenberg  mit  seiner 
aus  vier  Regimentern  virginischer  Linien- 
truppen bestehenden  Abteilung  im  ]Mai 
1777  zu  Washingtons  Ilauptarmee  und 
nahm  am  1.  August  an  der  unglücklichen 
Schlacht  am  Brandywine  teil.  Seine  Bri- 
gade deckte  den  Rückzug  und  verhinderte,, 
indem  sie  sich  kühn  der  ganzen  feindlichen 
Macht  entgegenstemmte,  den  .son.st  unver- 
meidlichen Untergang  des  amerikanischen 
Heeres. 

Auch  an  der  Schlacht  bei  Gerniantown 
nahm  Mühlenberg  teil  und  brachte  durch 
einen  glänzenden  Bajonettangriff  den  lin- 
ken Flügel  des  Feindes  zum  Weichen.  Des- 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM   UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


97 


gleichen  bewährte  Feine  Bri<racle  in  der 
Sehlacht  bei  ^Monniouth  ihren  guten  Ruf. 
Später,  nach  mancherlei  Scharmützeln  im 
Süden,  war  es  ^lühlenbei'g  noch  vergönnt, 
bei  dem  letzten  entscheidenden  Schlage,  der 
Belagerung  von  Yorktown,  in  hervorragen- 
der Weise  mitzuwirken. 


ten  Kongre.s.ses;  als  Vertreter  Pennsylva- 
nien.s  im  Hundes.senat  sowie  als  Steuerbe- 
amter von  Philadelphia. 

Für  den  Rest  seines  Lebens  wählte  Müh- 
Icnberg  Philadeljihia  zum  Wohnsitz.  Als 
Präsident  der  dort  bestehenden  ..Deutschen 
Gesellschaft"    während    der    Jahre    1788. 


Die  Schlacht  bei  Germantown  und  der  Kampf  um  das   Chew    Haus. 
General  Muehlenberg  zeichnete  sich  in  der  Schlacht  aus. 
Nach  einer  zeitgenoessischen  Skizze. 


Bereits  bei  den  Bemühungen,  dem  Feind 
den  Rückzug  nach  dem  Süden  abzuschnei- 
den, hatte  Mühlenbergs  Brigade  ausge- 
zeichnete Dien.ste  geleistet.  Später  ge- 
hörte sie  zu  der  Sturmkolonne,  Avelche  die 
linke  Redoute  der  Festungswerke  von 
Yorktown  durch  einen  Bajonettangriff 
eroberte.  In  Anerkennung  dieser  grossen 
Verdienste  wurde  ]Mühlenberg  zum  Gene- 
ralmajor ernannt. 

Nach  der  glücklichen  Beendigung  des 
Feldzuges  suchte  ]\Iühlenbergs  frühere  Ge- 
meinde zu  Woodstock,  ihn  zur  Rückkehr  in 
das  Predigeramt  zu  bewegen,  aber  er  lehnte 
diesen  Ruf  mit  dem  Bemerken  ab,  dass  es 
sieh  nicht  zieme,  dem  Kriegsmann  den 
Pfarrer  aufzupropfen. 

]\rühlenberg  widmete  sieh  nun  dem 
öffentlichen  Leben.  Er  tat  dies  mit  bemer- 
kenswertem Erfolge  als  Vice-Präsident  des 
vollziehenden  Rates  des  Staates  Penn.sylva- 
nien ;  als  ^Mitglied  des  Repräsentantenhau- 
ses während  des  ersten,  zweiten  und  sechs- 


1802  bis  1807  erwarb  er  sich  auch  um  das 
Deutschtum  Penn.sylvaniens  unvergäng- 
liche Verdienste.  Er  starb  an  seinem  61. 
Geburtstage,  am  1.  Oktober  1807.  Oswald 
Seidensticker  widmet  ihm  in  seinen  „Bil- 
dein aus  der  deutsch-pennsylvanischen  Ge- 
schichte" ftjgende  schöne  Worte: 

,,Er  war  von  der  Natur  gewissermassen 
zum  Soldaten  geschaffen  und  glitt  in  diese 
Bestimmung,  sobald  die  Gelegenheit  sich 
bot.  Sein  ]\Iut  und  seine  Entschlossenheit 
paarten  sich  mit  der  ruhigen  L'eberlegung, 
Avelche  die  Lage  richtig  zu  erfassen  Aveiss. 
I^nd  so  fand  AVashington,  mit  dessen  Cha- 
rakter der  seinige  viel  Aehnlichkeit  hatte, 
in  ihm  nicht  allein  einen  vortrefflichen 
Offizier,  sondern  auch  einen  zuverlässigen 
Ratgeber.  In  seinem  Auftreten  war  er 
offen,  liebenswürdig  und  anspruchslos.  Soll 
aber  ein  Zug  genannt  Averden,  der  sein  Le- 
ben, seine  politischen  Grundsätze  und  sein 
innerstes  Wesen  kennzeichnet,  so  war  es  die 
Liebe  zur  Freiheit." 


98 


DER  AXTHETL  DER  DEUTSCHEN  AM   rXABTIAEXCKiKEITSKRIEGE. 


Deutscher  Patriotismus  im  Unabhaen- 
gigkeitskrieg. 

Die  Oesehiehte  hat  manche  Belege  dafür 
aufbewahrt,  dass  die  in   Ani.'rikii  lebenden 
Deutschen    ihren    Nachbarn    anderer    Ab- 
stannnung   weder   an   hochherziger   Opfer- 
willigkeit noch  an  echtem  ITeldennnit  nach- 
standen.   Aus  der  gro.ssen  Zahl  solcher  Be- 
lege greifen  wir  nur  einige  heraus,  welche 
Deutsche   betreltVn,    die   sich   wegen   ihres 
Altei-s,    Geschlechts    oder    ihrer    religiösen 
Grundsätze  nicht  in  der  Lage  sahen,  Feld- 
dienste zu  verrichten,  aber  doch  in  irgend 
einer    Weise    zum    Gelingen    der    grossen 
Sache  beitragen  wollten. 

Die  in  Pennsylvanien  wohnenden  INIenno- 
niten,  Herrnhuter,  Tunker  und  Separisten, 
denen    ihre    Religion    verbot,    Waffen    zu 
führen     oder     Kriegssteuern     zu     zahlen, 
waren  auf  eine  am  5.  November  1775  an 
den  Kongress  gerichtete  Bittschrift  hin  in 
diesen  Ausnahmerechten  bestätigt  worden, 
zumal  sie  sich  verpflichteten,   in   anderer 
Weise  beizusteuern.    Sie  taten  dies,  indem 
sie  während  des  ganzen  Feldzugs  bedeu- 
tende   ]\rengen    von    Getreide,    Lebensmit- 
teln, Kleidern,  Verbandzeug  und  anderen 
notwendigen  Dingen  aufbrachten  und  der 
amerikanischen  Armee  zuführten.     Ferner 
unterzogen  sie  sich  der  Pflege  der  Kranken 
und  Verwundeten.     Bethlehem,  Lititz  und 
Ephrata  waren  die  bedeutendsten  Lazarete 
in  den  :Mittelkolonien.    In  der  erstgenann- 
ten     Herrnhuter      Niederlassung      waren 
sämmtliche    Gebäude    oft    mit    Blessirten 
überfüllt. 

Hier  fand  auch  der  verwundete  La- 
fayette  sorgsame  Pflege.  Als  er  eines  Tages 
den  Besuch  des  aus  Europa  herbeigeeilten 
und  in  das  amerikanische  Heer  eingetre- 
tenen polnischen  Edelmannes  Pulaski  em- 
pfing, bekundeten  die  herrnhutischen 
Schwestern  ihre  lebhafte  Anteilnahme  an 
dem  Unabhängigkeitskampf  dadurch,  dass 
sie  dem  Polen  ein  von  ihnen  selbst  gefer- 


tigtes, reich  mit  Stickereien  verziertes  sei- 
denes Banner  verehrten.  Da.s.selbe  flatterte 
der  von  dem  Freihcitshelden  gebildeten  Le- 
gion in  allen  Gefechten  bis  zum  ruhmvollen 
Tod  Pulaski 's  voran. 

Die  Herrnhuter  der  Kolonie  Lititz  wid- 
meten sich  vornehmlich  der  Pflege  der  am 
Typhus  Erkrankten.  Beim  Ausüben  dieses 
Samariterdienstes  fielen  zwei  herrnhutische 
Aerzte,  fünf  als  Krankenwärter  tätige 
Brüder  und  der  Hülfsprediger  Schmick 
der  gefährlichen  Krankheit  zum  Opfer. 

Mit  den  Herrnhutern  wetteiferten  die 
frommen  Bewohner  des  Klostci"S  Ephrata. 
Nach  der  Schlacht  am  Brandywine  nahmen 
sie  über  500  Verwundete  auf.  Von  diesen 
erlagen  200  den  erlittenen  Verletzungen 
und  wurden  auf  dem  kleinen  Friedhof  des 
Klosters  neben  den  bereits  zur  ewigen  Ruhe 
eingegangenen  Klosterbrüdern  und  Schwes- 
tern begraben. 

Zu  den  Patrioten,  welche  sich  die  Ver- 
pflegung der  im  Felde  stehenden  Truppen 
angelegen    sein    Hessen,    gehört    auch    der 
wackere  Bäckermeister  Christoph  Ludwig. 
Er  war  einer  der  rührigsten  Bürger  Phila- 
delphias und  beteiligte  sich  an  allen  von 
den  Befürwortern  der  Freiheit  beschlosse- 
nen ]\rassuahmen.     Er  war  am  17.  Olrtober 
1720  in  Giessen  geboren  und  von  seinem 
Vater,  einem  Bäcker,  schon  als  Knabe  zum 
Handwerk    angehalten.      >\rit    17    Jahren 
wurde  er  Soldat,  kämpfte  gegen  die  Türken, 
half  IMaria  Theresia  vertheidigen,  leistete 
Kriegsdienste  unter  Friedrich  dem  Grossen, 
fuhr  31/0  Jahre  als  Bäcker  auf  einem  Ostin- 
dienfahrer,  wurde  dann  INIatrose  und  kam 
nach  Philadelphia,  avo  er  in  Laetitia  Court 
eine     Bäckerei     anlegte,     sich     mit     einer 
Wittwe    verheiratete    und    seines    stolzen 
Ganges  wegen,  „der  Gouverneur  von  Laeti- 
tia Court!"  genannt  wurde. 

Als  in  einer  öffentlichen  Versammlung 
freiwillige  Beiträge  zur  Beschaffung  von 
Gewehren  für  die  ^Milizen  gefordert  wurden 
und  die  Sammlung  nicht  recht  in   Flass 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  L'NABHAEXGIGKEITS  KRIEGE. 


99 


kommen  wollte,  rief  Ludwig:  „Herr  Präsi- 
dent, ich  bin  zwar  nur  ein  einfacher  Pfef- 
ferkuchenbäcker, aber  schreiben  Sie  meinen 
Namen  auf  mit  200  Pfund." 

Im  Laufe  des  Jahres  opferte  Ludwig  sein 
ganzes  Vermögen  auf  dem  Altar  seiner 
Adoptivheimat.  Im  Frühling  1777  erhielt 
er  die  verantwortliche  Stelle  des  Ober- 
bäekers  der  Armee.  Als  solcher  öffnete  er 
der  Verwaltung  über  eine  bisher  unbemerkt 
gebliebene  Betrügerei  die  Augen,  Als  ihm 
nämlich  aufgegeben  wurde,  für  jede  hun- 
dert J\rehl  auch  hundert  Pfund  Brod  zu  lie- 
fern>  antwortete  er:  „Nein,  Christoph  Lud- 
wig hat  nicht  die  Absicht,  durch  den  Krieg 
reich  zu  werden.  Aus  hundert  Pfund  ]\Iehl 
bäckt  man  135  Pfund  Brod ;  so  viele  werde 
ich  auch  abliefern."  Von  dem  mit  dem 
]\Iehl  vermengten  Wasser,  Avelches  das  Ge- 
wicht vermehrt,  hatten  Ludwig 's  Vorgän- 
ger geschwiegen  und  den  dadurch  erzielten 
Gewinn  ruhig  eingesteckt.  Washington 
nannte  ihn  seinen  „ehrlichen  Freund". 
Nach  Beendigung  des  Krieges  erwarb  sich 
der  ehrliche  Bäcker  ein  neues  Vermägen, 
welches  er  bei  seinem  Tode  zu  gemeinnützi- 
gen Zwecken  ,  in  erster  Linie  für  die  Er- 
richtung einer  Freischule  für  arme  Kinder 
verwandte.  Sein  Tod  erfolgte  am  17.  Juni 
1801.  Das  „Ludw^ck  Institute"  ist  nach 
ihm,  seinem  Wohlthäter,  genannt. 

Auch  das  Andenken  der  edlen  Frau 
Margarethe  Greider,  geb,  Arkularius  ver- 
dient in  Ehren  gehalten  zu  werden.  Ihr 
]\Iann  in  zweiter  Ehe  war  der  Bäcker  Wil- 
helm Riell.  Er  stand  beim  amerikanischen 
Heer,  imd  mit  ihm  versorgte  sie.  die  Trup- 
pen vier  IMonate  lang  mit  Brod,  ohne  für 
ihre  Dienste  Bezahlung  zu  nehmen.  Oben- 
drein sandte  sie  an  Washington  die  damals 
beträchtliche  Summe  von  1500  Guineen 
zum  beliebigen  Gebrauch  für  die  Armee, 
und  zwar  zu  einer  Zeit,  als  die  Sache  der 
Freiheitskämpfer  infolge  der  unglücklichen 
Schlacht  von  Germantown  verzweifelt  und 
hoffnungslos  zu  sein  schien. 


Aus  den  Tagen  des  Unabhängigkeits- 
kriegs klingen  ferner  die  Namen  dreier 
Heldinnen  herüber,  deren  kühne  Taten  so- 
gar in  vielen  anglo-amerikani.schen  Ge- 
schichtswerken Erwähnung  fanden :  Marie 
Heis,  Elisabeth  Zane  und  Emilie  Geiger. 

Die  erste  betheiligte  sich  an  der  blutigen 
Schlacht  bei  Monmouth.  Ihr  ]\Ianii  .stand 
als  Kanonier  bei  Washington 's  Truppen, 
Um  sich  nicht  von  ihm  trennen  zu  milssen, 
begleitete  sie  die  Armee  ins  Feld  und 
machte  sich  nützlich,  indem  sie  di(^  Ver- 
Avundeten  pflegte  oder  während  der  Ge- 
fechte den  Soldaten  in  einem  mächtigen 
Kruge  (engl,  Pitcher)  Wasser  herbeitrug. 
Nach  diesem  auffälligsten  Stück  ihrer  Aus- 
rüstung war  sie  allen  Soldaten  unter  dem 
Spitznamen  „Molly  Pitcher"  bekannt. 

Bei  ]\Ionmouth  wurde  Molly 's  Gatte  zu- 
gleich mit  mehreren  Kameraden  niederge- 
streckt, so  dass  die  Batterie  infolge  man- 
gelnder Bedienung  ihr  Feuer  einstellen 
musste.  Das  drohte  für  die  Amerikaner 
verhängnissvoll  zu  werden,  da  gerade  jetzt 
die  Feinde  mächtig  vordrangen.  In  diesem 
Augenblick  stürzte  „Molly  Pitcher"  herbei, 
setzte  ihren  Wasserkrug  schleunigst  zur 
Erde,  ergriff  den  ihrem  verwundeten  Gat- 
ten entfallenen  Kanonenwischer,  schwang 
ihn  hoch  in  der  Luft  und  stellte  sich  an  den 
von  ihrem  Mann  innegehabten  Platz  ;in 
dem  Geschütz.  Ein  „Hurrah  für  IMolly 
Pitcher!"  erscholl  aus  hundert  Soldatcn- 
kehlen.  Einen  Augenblick  später  waren 
die  zwischen  den  Bedienungsmannschaften 
entstandenen  Lücken  geschlossen,  und 
gleich  darauf  eröffnete  die  Batterie  ihr 
Feuer  lebhafter  denn  je  zuvor.  Der  An- 
sturm der  Feinde  wurde  siegreich  abge- 
schlagen, 

Elisaheth  Zane>  die  zweite  deutsche  Hel- 
din des  amerikanischen  Unabhängigkeits- 
krieges, war  die  siebenzehnjährige  Schwes- 
ter der  beiden  Ansiedler  Ebenezer  und  Silas 
Zane,  welche  die  ersten  Hütten  der  späteren 
Stadt  Wlieeling  in  West  Virginien  bauten. 


100 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM    UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


Zum  Schutz  der  rasch  aufhlühciuliii  Xic- 
deHassun«:  hatten  ilirc  Bewohner  linen  aus 
seliweren  Haunistännnen  «iczimnierten  Turm 
erriclitet.  Dieser  zu  Elircu  des  Patiioten 
Patrick  Henry  ..F(trt  Henry"  «getaufte  Zu- 
fluchtsort wui'de  im  September  1777  von 
einer  durch  den  britischen  Gouverneur  z:i 
Detroit  aus<resandten  Schar  von  India- 
nern angefaUcn  und  behi^'ci-t.  Die  Situation 
wurde  bedenklich,  a!s  die  Zahl  der  von  dem 


zui-  alliiemeinen  l'eberraschun«;  auch  Elisa- 
l)eth  Zane.  ]Mit  der  f]rklärunt]r.  die  Be- 
satzun<r  (hs  Forts  sei  bereits  zu  sehr  zu- 
samii;en<i('sehmolzen.  als  dass  das  Leben 
eines  der  iMänner  auf's  Spiel  jresetzt  werden 
düife,  verlangte  sie,  dass  man  das  Tor 
öffne,  da  ihr  Leben  weniger  wertvoll  sei. 
Alle  P^inwände  abweisend,  setzte  sie  ihre 
Forderung:  durch  ui-d  wandelte  langsamen 
Schrittes  zu  (h'i-  Hütte,  als  ob  in  den  Wäl- 


Marie  Heis,  geborene  Ludwig,  in  der  amerikanischen  Geschichte  bekannt  als  „Molly  Pitcher  ',   bedient  das 

Geschuelz  in  der  Schlacht  bei  Monmouth. 


Hauptmann  Scliäfer  befehligten  Vertheidi- 
ger  infolge  vieler  Verwundungen  von  42 
bis  auf  12  herabsank  und  obendrein  das 
Pulver  zur  Neige  ging.  Zwar  war  noch  ein 
Fä.sschen  Pulver  in  der  Hütte  der  Zanes 
vensteckt.  AIxt  die  Hütte  big  180  Fuss 
vom  Fort  entfernt  und  war  sanuut  der  zwi- 
schen den  beiden  Gebäuden  befindlichen 
Strecke  dem  Feuer  der  in  den  Wäldern 
vei'borgenen  Indiar.er  ausgesetzt.  Nichts- 
destoweniger musste  man  den  gefährlichen 
Versuch  Avagen.  das  Pulver  zu  erlangen. 
Beim  Ruf  nach   Freiwilliiren   meldete  sich 


dern   ringsum   kein   einziger   Indianer  ver- 
borgen läge. 

Die  Kothäute,  welehe  das  sonderbare  Be- 
nehmen di\s  ^Mädchens  nicht  zu  deuten  wu.ss- 
ten,  lie.s.sen  es  unbelilstigt.  Erst  nachdem 
die  Jungfrau  die  Hütte  betreten  und  bald 
diirauf  mit  dem  unter  einem  Tuch  verbor- 
genen Fä.sschen  erschien,  erkannten  die  Tn- 
dianei-,  um  was  es  sich  handelte.  Aber  ob- 
wohl sie  der  eilenden  Laufes  dem  Fort  Zu- 
strebenden Dutzende  von  Kugeln  nach- 
sandten, erreichte  dieselbe  unversehrt  ihr 
Ziel.  Ihr  kühner  iMut  erfüllte  die  Verthei- 


DEK  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


101 


diger  der  kleinen  Feste  mit  so  grosser  Be- 
geisterung, dass  die  Indianer  an  der  Ein- 
nahme des  Forts  verzweifelten  und  endlich 
abzogen. 

Emilie  Geiger,  die  achtzehnjährige  Toch- 
ter eines  deutschen  Pflanzers  in  Süd  Caro- 
lina, übernahm  es,  eine  wichtige  Botschaft 
des  Generals  Grecne  an  die  unter  IMarion 
und  Sumter  stehenden  Abteilungen  zu  be- 
fördern. Dieser  Auftrag  war  um  so  ge- 
fährlicher, als  feindliche  Patrouillen  das 
ganze  Land  durchstreiften.  Das  ^Mädchen 
wurde  auch,  nachdem  es  zu  Pferde  bei  Cam- 
den  durch  den  Wateree  Fluss  geschwom- 
men, am  zweiten  Tage  von  einer  solchen 
Patrouille  aufgegriffen.  Als  man  abei- 
nichts  Verdächtiges  fand,  liess  man  das 
Mädchen  frei.  Die  Reise  fortsetzend,  konnte 
es  sich  bald  darauf  seines  Auftrags  glück- 
lich entledigen. 

Zu  den  vielen  Deutschen,  die  sich  durch 
Tapferkeit  vor  dem  Feinde  auszeichneten, 
zählen  in  erster  Linie  auch  die  männlichen 
Mitglieder  der  aus  Westphalen  nach  Penn- 
sylvanien  eingewanderten  Familien  Heister 
oder  Hiester.  Fast  alle  nahmen  als  Offi- 
ziere pennsylvanischer  Regimenter  am 
Kriege  teil.  Joseph  Hiester  machte  die  un- 
glückliche Schlacht  auf  Long  Island  mit, 
geriet  in  Gefangenschaft  und  verlebte  auf 
dem  berüchtigten  Schiff  „Jersey"  sowie  in 
dem  Gefängniss  zu  New  York  eine  schwere 
Leidenszeit.  Nach  seiner  endlichen  Aus- 
wechslung trat  er  wieder  in  die  Armee  ein, 
wurde  für  seine  bei  Germantown  bewiesene 
Tapferkeit  zum  Obersten  befördert  und 
brachte  es  nach  Beendigung  des  Kriegs  zu 
hohen  Ehrenstellen. 

In  ähnlicher  AVeise  zeichnete  sich  der 
pennsylvanische  Hauptmann  Kicldein  aus, 
von  dessen  100  Mann  starler  Kompagnie, 
als  sie  "Washingtons  Rückzug  von  Long 
Island  decken  half,  79  fielen.  Auf  diese 
Helden  bezog  sich  ein  amerikanischer  His- 
toriker, als  er  sagte :  „Long  Island  war  das 
Thermopylae  des  Revolutionskriegs,  und  die 


Deutsch-Pennsylvanier  waren   seine   Spar- 
taner." 

Ebenso  hervorragende  Dienste  leistete 
der  in  amerikanischen  Geschichtswerken 
unter  dem  Namen  Weedon  erscheinende 
Georg  Gerhard  von  der  Wieden.  Dieser 
Hannoveraner  war  nach  langen  Kriegs- 
diensten in  Oesterreieh  und  den  Niederlan- 
den mit  dem  Obersten  Heinrich  Bouquet 
nach  Amerika  gekommen.  Als  Lieutenant 
machte  er  mit  den  von  Bouquet  befehligten 
„Royal  Americans"  die  Züge  gegen  das 
Fort  Duquesne  sowie  nach  Ohio  mit.  Beim 
Ausbruch  des  Unabhängigkeitskrieges 
wurde  AVieden  Oberst  des  1.  virginischen 
Regiments.  Infolge  seiner  militärischen 
Kenntnisse  und  der  in  den  Schlachten  am. 
Brandywine  und  bei  Germantown  bewiese- 
nen Tapferkeit  stieg  er  bis  zum  Brigadege- 
neral empor.  Vor  Yorktown  befehligte  er 
die  virginischen  INIilizen. 

Im  Westen  machte  sich  der  deutsche 
Hauptmann  Leonhardt  Helm  als  Befehls- 
haber des  Grenzforts  St.  Vincennes  einen 
Namen.  Als  die  Engländer  mit  grosser 
]\Iacht  gegen  dasselbe  anrückten,  stellte  sich 
Helm,  obwohl  die  ganze  Besatzung  des 
Forts  nur  aiLS  ihm  und  zwei  Gemeinen  be- 
stand, mit  der  Zündstange  an  eine  Kanone, 
gebot  den  Feinden  ,,Halt"  und  fragte, 
welche  Vergünstigungen  sie  der  Besatzung 
einräumen  würden,  wenn  man  das  Fort 
übergebe.  Erst  nachdem  die  Briten  freien 
Abzug  unter  Beobachtung  der  üblichen 
Kriegsehren  zugesichert  hatten,  erschien 
Helm  mit  seinen  beiden  Soldaten  auf  der 
Bildfläche  und  zog  zum  grossen  Aerger  der 
englischen  Befehlshaber  stolz  von  dannen. 

Im  Süden  machte  der  im  Jahre  IT-tl  in 
Rotterdam  von  kurhessischen,  auf  der  Reise 
nach  Amerika  begriffenen  Eltern  geborene 
Alexander  Gillon  von  sich  reden.  In  Char- 
leston zum  angesehenen  Kaufmann  gewor- 
den, rüstete  er  im  INIai  1777  auf  eigene 
Faust  ein  Schiff  aus,  um  die  Briten  zur 
See   zu  beunruhigen.     Zunächst   nahm   er 


102 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UXABHAEXGIGKEITS-KRIEGE. 


ihiu'ii  drei  Kreuzer  weg.  Dann  begab  er 
sieh  naeh  Frankreieh.  mietete  dort  eine 
Fregatte,  die  er  ..South  Carolina"  taufte, 
und  erbeutete  mit  derselben  zahlreiehe 
englische  HandeLssehiffe.  Im  Mai  1782 
l)raeh  er  als  Befehlshaber  eines  grösseren 
fte-schwadei-s  auf  und  nahm  den  Englän- 
dern die  Rahama  Inseln  weg. 

l'iul  ('in  Ibltl  uiitci-  den  deutseh-ameri- 
kanisehen  Patrioten,  welehe  den  Vereinig- 
ten Staaten  während  ihres  Ringens  grosse 
Diciuste  lei.steten.  war  auch  der  wackere 
Michael  IliUcgas,  welcher  während  der 
Jahre  1776  bis  1789  als  Schatzmeister  der 
stets  mit  den  schwersten  finanziellen  Verle- 
genheiten kämpfenden  Bundesregierung 
ohne  Zweifel  eine  der  sorgenvollsten  Stel- 
lungen bekleidete,  die  jemals  von  einem 
Beamten  ausgefüllt  werden  musste.  Er 
war  am  22.  April  1729  in  Philadelphia  von 
deutschen  Eltern,  seiner  Vater  war  ein 
angesehener  Kaufmann,  geboren,  imter- 
stützte  den  Kolonien  mit  seinem  Vermögen, 
war  1781  einer  der  Gründer  der  Bank  of 
North  America,  eifriger  Musiker  imd  starb 
in  seiner  Geburtstadt  am  29.  September 
1804. 

VI. 

General-Major  Kalb  und  sein  Heldentod 
in  der  Schlacht  bei  Camden. 

I'nter  den  europäischen  Nationen,  welche 
den  Vorgängen  des  amerikanischen  Unab- 
hängigkeitskrieges mit  grös.ster  Spannung 
folgten,  stand  Frankreich  obenan.  Es  hatte 
den  Verlust  seines  unter  so  ungeheuren 
IMühen  und  Kosten  aufgebauten  Kolonial- 
reichs Neu-Frankreich  oder  Canada,  das 
ihnen  von  den  Engländern  entrissen  worden 
war,  noch  nicht  verschmerzt,  sondern  war- 
tete sehnsüchtig  auf  eine  Gelegenheit,  um 
sieh  an  seinen  alten  Erbfeinden  für  die 
ihm  zugefügten  Demütigungen  zu  rächen. 

Diese  Gelegenheit  kam,  als  der  Aufstand 
der  englischen  Kolonien  ausbrach.     Schon 


als  die  ersten  Zeichen  einer  Verstinunung 
derselben  gegen  England  bemerkbar  wur- 
den, sandte  die  französische  Regierung 
einen  geheimen  Agenten  nach  Amerika,  da- 
mit derselbe  sieh  über  die  Gesinnung  der 
unzufriedenen  Kolonisten  unterrichte  und 
sie  der  Hülfe  Frankreichs  versichere. 

Dieser  Agent  war  der  als  ]\Iajor  in  fran- 
zösischen Diensten  stehende  Deutsche 
Johann  Kalb.  Derselbe  war  am  20.  Juni 
1721  in  Ilüttendorf  bei  Erlangen  geboren. 
Nachdem  er  den  Kampf  ums  Dasein  als 
Kellner  begonnen,  geriet  er  nach  Frank- 
reich und  trat  hier  in  das  aus  Elsäs.sern  und 
Lothringern  bestehende  Regiment  Löwen- 
dal,  in  dem  er  sich  während  verschiedener 
Kriege  zum  Hauptmann  emporschwang. 

Durch  eine  reiche  Pleirat  und  Erbschaf- 
ten kam  er  zu  Vermögen  und  erfreute  sich, 
später  zum  Ober.st  befördert,  in  Paris  einer 
angesehenen  gesellschaftlichen  Stellung. 

Seiner  gras.sen  Fähigkeiten  Avegen  wurde 
er  im  Jahre  1767  von  der  französischen  Re- 
gierung aaserlesen,  Beobachtungen  über 
die  Zustände,  Gesinnungen  und  Ilülfsmittel 
der  englischen  Kolonien  anzustellen,  wes- 
halb er  sich  im  genannten  Jahre  naeh 
Amerika  begab. 

Sein  Bericht  lautete,  da.ss  die  Unzufrie- 
denheit der  Kolonisten  beständig  waeh.se, 
dass  sie  jedoch  noch  nicht  zur  Rebellion 
reif  seien.  Ei-st  mehrere  Jahre  später  war 
dieses  Stadium  eingetreten,  und  nun  luiter- 
stützten  die  Franzosen  die  Kolonisten  in 
ihren  Bemühungen,  sich  von  England  los- 
zureissen,  wo  immer  sie  konnten.  Ergriff 
die  Regierung  zwar  noch  nicht  offen  Partei 
für  die  Amerikaner,  so  begünstigte  sie  je- 
doch die  Reise  des  jungen  ]\Iarquis  de  La- 
fayette,  der  mit  einer  Anzahl  gleichgesinn- 
ter  Franzosen  im  Jahre  1777  auf  einem 
von  ihm  ausgerü-steten  Schiff  nach  Ame- 
rika segelte,  um  an  dem  bereits  ausgebro- 
chenen Kampf  gegen  die  Engländer  teilzu- 
nehmen. Johann  Kalb,  der  inzwischen 
durch  Ankauf  einer  grossen  Besitzung  ein 
Grand  Seigueur  oder  Baron  geworden,  be- 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  rNABHAEXCTflKETTS  KRIEGE. 


103 


gleitet*-'  den  erst  iieimzelinjährig:en  ]\Iarqnis 
als  Brigadegeueral  der  französiseheu 
Armee. 

Beide  traten  als  General-^Majore  ins 
amerikanisehe  Heer  ein  nnd  nahmen  an 
zahlreiehen  Gefeehten  und  Sehlaehten  teil. 
In  der  Armee  des  General  Gates  wohnte 
Kalb  der  Gefangennahme  de.s  englischen 
Generals  Bnruovnc  hei  Saratoga  bei. 


diesen  gelang,  die  Amerikaner  zu  verjagen. 
Beide  Heere  beobaehteten  einander  und  be- 
zogen beim  Anbruch  des  AVintei*s  ihre  Quar- 
tiere. Nur  gelegentlich  kam  es  zu  Schar- 
mützeln von  untergeordneter  Bedeutung. 

Da  das  Jahr  1780  keine  Aenderung  ver- 
hiess,  so  war  Baron  Kalb  froh,  als  er  mit 
seiner  2000  ^Mann  starken  Division  nach 
dem  Süden  abkommandirt  wurde,  um  Ge- 


BARON    DE    KALB. 


Aus  dem  von  General  Gates  geplanten 
Feldzuge  nach  Canada,  während  dessen 
Lafayette  und  Kalb  den  Oberbefehl  führen 
sollten,  wurde  freilich  nichts,  da  es  an 
Truppen  und  Waffen  gebrach.  Auch  die 
Sommermonate  der  Jahre  1778  und  1779 
ver.striehen.  ohne  dass  sich  dem  tatendur- 
stigen Baron  Kalb  die  ersehnte  Gelegenheit 
bot,  einen  grösseren  Sieg  zu  gewinnen.  Er 
stand  mit  seinen  Truppen  in  der  Umgebung 
von  New  York,  von  wo  die  Engländer  eben- 
.sowenig  vertrieben  werden  konnten,  als  es 


neral  Lincoln  bei  der  Verteidigung  der 
durch  7000  Engländer  belagerten  Stadt 
Charleston  zu  unterstützen.  Doch  ehe  er 
dort  eintraf,  kam  die  Nachricht,  dass  der 
Ort  gefallen  sei.  Baron  Kalb  marschirte 
nun  weiter  nach  Süd-Carolina,  um  aus  den 
]\lilizen  jener  Kolonie  eine  neue  Süd-Armee 
zu  bilden,  die  stark  genug  wäre,  den  12,000 
feindlichen  Truppen  entgegenzutreten. 

Das  war  für  Baron  Kalb  eine  schlimme 
Zeit,  denn  die  Verpflegung  der  Truppen 
war  in  dem  armen  Lande  mit  ungeheuren 


104 


DEK  AXTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UXABHAEXGIGKEITS  KRIEGE. 


Schwierigkeiten  verbunden.  Obendrein  er- 
wiesen sieh  die  Behörden  im  Erfüllen  ihrer 
Verspreehunfren  so  nnznverläs.sig.  dass 
Kalb  fast  /.ur  Verzweifhuifr  gebracht 
wurde.  Verlangte  er  Transportmittel,  so 
blieben  dieselben  regelmä.ssig  aus.  Forderte 
er  die  in  Carolina  zusannnengezogenen  ^li- 
lizen  auf,  zur  IIaui)tarmee  zu  .stossen,  so 
kamen  ihre  Offiziere  den  Befehlen  nicht 
nach,  weil  sie  vorzogen,  auf  eigene  Faust  zu 
kämpfen. 

Unter  diesen  widerwärtiiicn  Verhältnis- 
sen betrachtete  Baron  Kalb  es  als  eine 
wahre  Erlösung,  da.ss  der  Kongre.ss  den 
General  Gates  mit  dem  Oberbefehl  über 
sänniitliehe  im  Süden  stehenden  Truppen- 
abteilungen beauftragte. 

Aber  die  Hoffnung,  dass  Gates  der  im 
Süden  waltenden  Verworrenheit  Herr 
werde,  erfüllte  sich  nicht.  Auch  der  toll- 
kühne Entschluss  des  Generals,  in  grader 
Linie  auf  die  Stadt  Camden  zu  marschiren 
und  die  dort  stehende  englische  Streitmacht 
zu  überrumpeln,  erwies  sich  als  eine  über- 
aus verhängnissvolle  Massnahme. 

Kalb  hatte  gerathen,  dass,  falls  man  den 
Plan  eines  Vorsto.sses  gegen  Camden  beibe- 
halten wolle,  man  auf  Umwegen  dorthin 
vordringen  möge,  welche  durch  fruchtbares 
Gelände  führten,  wo  die  Verpflegung  der 
Armee  leichter  bewerkstelligt  werden 
könne.  Der  ungeduldige  Gates  bestand 
aber  auf  dem  p]inhalten  der  graden  Strasse, 
obwohl  diese  den  ödesten  Teil  Süd-Caro- 
linas durch.schnitt. 

Der  drei  Wochen  dauernde  ^NFarsch  legte 
den  unter  der  grossen  Sonniierhitze  leiden- 
den Truppen  so  schwere  Strapazen  auf. 
dass  viele  unterwegs  zu.sammenbrachen  oder 
desertirten.  Als  man  endlich  vor  Camden 
anlangte,  zählte  das  Heer  nur  noch  2000 
Mann.  Trotzdem  diese  sieh  in  der  denkbar 
schlechtesten  Verfassung  befanden,  wollte 
Gates  einen  nächtlichen  Ueberfall  wagen 
und  setzte  sich  nach  kurzer  Käst  am  Abend 
des  15.  August  in  Bewegung.  Aber  seine 
Gegner  hatten  von  dem  Anmarsch  der  Ame- 


rikaner längst  Kunde  erhalten  und  .sämrat- 
lielie  in  der  Umgegend  befindlichen  Streit- 
kräfte zusaiinnengezogen,  so  dass  sie  ihren 
Feinden  weit  überlegen  waren. 

Zufällig  hatten  auch  sie  den  Plan  ge- 
fasst,  die  Amerikaner  während  der  Nacht 
zu  überrumpeln.  Und  so  fügte  es  sich,  dass 
beide  Heere  in  der  Dunkelheit  unvermutet 
auf  einander  stiessen.  Die  sofort  entbren- 
nenden' Vorpo.stengef echte  zogen  sich  hin 
bis  zum  ^Morgengrauen.  Daini  begann  der 
eigentliche  Kampf,  dessen  Aasgang  von 
vornherein  nicht  zweifelhaft  sein  konnte, 
da  den  gutgenährten,  an  straffe  Diseiplin 
gewöhnten  engli.schen  Truppen  eine  geringe 
Zahl  halbverhungerter,  durch  lange 
]\Iärsehe  und  Ruhr  herabgekommener  ^Nlili- 
zen  gegenüber  stand.  Viele  von  ihnen  waren 
nie  im  Feuer  gewesen.  Diese  warfen, 
als  die  ersten  energischen  Vorstösse  der 
Briten  erfolgten,  augenblicklich  die  "Waffen 
weg  und  flohen,  so  dass  die  das  Centrum 
bildenden  Truppen  Kalbs  sich  bald  allein 
den  Angriffen  der  ganzen  englischen  ]\lacht 
preisgegeben  sahen.  General  Gates,  der 
Stellung  hinter  der  Schlachtlinie  genom- 
men, ergriff  mit  den  ]\lilizen  die  Flucht, 
und  zwar  so  eilig,  dass  er  am  Abend  des- 
selben Tages  bereits  in  der  achtzig  ^Meilen 
entfernten  Ortschaft  Charlotte  sein  Nacht- 
quartier aufschlagen  konnte. 

"Während  er  auf  seine  Rettung  bedacht 
war,  bemühte  Kalb  sich  tapfer,  die  An- 
stürme der  Briten  abzuschlagen.  Zu  diesem 
Zweck  Hess  er  wiederholt  Bajonnetangriffe 
auf  die  Gegner  unternehmen,  wobei  er  so- 
gar eine  Anzahl  Gefangener  machte. 

Die  Flucht  der  ^Milizen  hatte  aber  seine 
linke  Flanke  entblösst.  Kaum  erspähten 
die  Engländer  diese  Schwäche,  als  sie 
gleichzeitig  zu  Front-  und  Seitenangriffen 
übergingen.  Nun  entspann  sich  ein  furcht- 
bares Handgemenge,  in  dem  die  Artierika- 
ner  mit  wilder  Verzweiflung  fochten.  Kalb 
stellte  sich  an  die  Spitze  seiner  Leute  und 
drang  dreimal  gegen  die  Feinde  vor.  Sein 
Pferd    wurde    unter    ihm    erschossen,    er 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEX  AM  UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


105 


selbst  durch  einen  Säbelhieb  am  Kopfe  ver- 
wundet. Nachdem  sein  Adjutant  die  Wunde 
mit  der  Schärpe  verbunden,  stürmte  er  den 
Rotröcken  aufs  neue  entgegen.  Aber  er 
vermochte  den  unulücklichen  Ausgang  der 
Schlacht  nicht  länger  aufzuhalten.  Er 
konnte  nur  noch  die  Soldatenehre  retten. 
AVährend  er  mit  mächtiger  Stimme  die 
Seinen  zum  Angriff  leitete,  ward  er  von 
mehreren  Kugeln  durchbohrt  und  fiel. 
Sein  treuer  Adjutant  warf  sich  über  ihn. 
lim  ihm  das  Leben  zu  retten,  üeber  beide 
brauste  die  Schlacht  hinweg,  die  rasch  ein 
für  die  Amerikaner  ungünstiges  Ende 
nahm.  Sie  verloren  neunhundert  Todte 
und  Verwundete  und  tausend  Gefangene. 

Unter  den  letzteren  befand  sich  der  mit 
elf  Wunden  bedeckte  Baron  Kalb.  Die 
Sieger  behandelten  den  tapferen  General 
mit  grösster  Hochachtung  und  brachten 
ilni  nach  Camden,  wo  sie  ihm  jede  mögliche 
Pflege  zu  teil  werden  liessen.  Aber  am 
dritten  Tage  nach  der  Schlacht  erlag  der 
Held  seinen  so  ehrenvoll  erhaltenen  Wun- 
den. 

Als  der  Kongress  die  Trauerbotschaft 
vom  Tode  Kalbs  empfing,  beschloss  er,  dem 
Gefallenen  ein  Denkmal  zu  setzen.  Das- 
selbe wurde  allerdings  erst  am  100.  Jahres- 
tage seines  Todes  in  den  Anlagen  der  ]\Ia- 
rine-Academie  zu  Annapolis  errichtet.  Es 
trägt  folgende  Inschrift :  „Dem  Andenken 
des  Freiherrn  von  Kalb,  Ritters  des  könig- 
lichen Kriegsverdienstordens,  Brigadiers 
der  französischen  Armee,  Generalmajors  im 
Dienste  der  Yer.  Staaten.  Nachdem  er  mit 
Ehre  und  Ruhm  drei  Jahre  lang  gedient 
hatte,  gab  er  einen  letzten  und  glorreichen 
Beweis  seiner  Hingabe  für  die  Freiheit  der 
]\Iensehheit  und  für  die  Sache  Amerika  's  in 
der  Schlacht  bei  Camden  in  South  Caro- 
lina. An  der  Spitze  der  regulären  Truppen 
von  ^Maryland  und  Delaware  begeisterte  er 
sie  durch  sein  Beispiel  zu  Taten  der  Tapfer- 
keit, wurde  mehrfach  schwer  verwundet 
und  starb  am  19.  August  1780  im  59.  Jahre 
seines  Lebens.    Der  Kongress  der  Vereinig- 


ten Staaten  von  Amerika  hat  ihm  in  dank- 
barer Anerkennung  seines  Eifers,  seiner 
Dienste  und  seines  Ruhmes  dieses  Denkmal 
errichtet. ' ' 

Freiherr  von  Kalb  war  ein  echter  Soldat 
von  scharfem,  praktischem  Verstand,  über- 
aus thätig  und  wegen  seines  freundlichen, 
zuvorkommenden,  offenen  Wesens  beliebt. 
Viele  seiner  Zeitgenossen  betrachteten  ihn 
mit  scheuer  Verehrung,  weil  manche  Züge 
seines  Wesens  unei'klärlich,  geheimnissvoll 
schienen.  Seine  Erlebni.sse  und  Beobach- 
tungen legte  er  in  einer  nur  ihm  bekainiten 
Chiffreschrift  in  einem  grossen  Foliobuch 
nieder,  das  leider  verloren  gegangen  ist. 

Neben  dem  wackern  Nikolas  Ilerchheimer 
ist  Freiherr  von  Kalb  der  zweite  General 
deutscher  Abstannnung,  der  sein  Leben  für 
die  Freiheit  Amerikas  opferte. 

VIL 

Friedrich  Wilhelm  von  Steuben,  der 

Organisator  und  General-Inspektor 

der  amerikanischen  Armee. 

Keine  Beihülfe,  die  den  Amerikanern  in 
ihrem  langen  Ringen  um  die  Unabhängig- 
keit von  fremder  Seite  zuteil  wurde,  erwies 
sich  so  wertvoll,  als  diejenige  eines  preussi- 
sclien  Offiziers,  der  am  1.  Dezember  1777 
im  Hafen  von  Portsmouth  in  New  Hamp- 
shire landete  und  bei  seiner  Einfahrt  durch 
einen  von  sämmtlichen  Geschützen  der 
Festung  und  der  Schiffe  abgefeuerten 
Salut  bewillkommt  wurde. 

Dieser  Offizier  war  Friedrich  Wilhelm 
von  Steuhen,  der  Abkömmling  eines  zum 
L'radel  gehörigen  Geschlechts,  welches  zu 
Anfang  des  achtzehnten  Jahrhunderts  im 
Herzogtum  IMagdeburg  ansä.ssig  war  und 
den  preussischen  Herrschei-n  manchen 
tüchtigen  Soldaten  lieferte.  In  der  Stadt 
^Magdeburg  wurde  diesem  Geschlecht  am 
15.  November  1730  sein  ruhmvollster 
Sprosse  geboren :  unser  Steuben. 


lOti 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM    IX  A1511 A  EXtUCiKElTS-KRIEGE. 


Als  Sohn  ciiu's  i)i'»Mis.si.s{'liiii  IiiLicnirui- 
hanptiiKiiins  Wiir  t-i-  n.icli  Durflihiufcii  «Icr 
Krie»!:.s.schule  in  (l;is  Wwv  Fricdi'ichs  des 
Grassen  einirctivtfii  und  hatte  nih'  Stürme 
des  sieben  jälu'iiieii  Ki'ie.m's  iiiit.u.i'i!iaelit. 
Vor  Priiir  foeht  er  «retren  die  Oesterreieher. 
bei  Hossbiieh  «rej^en  die  Franzosen,  bei  Kay 
und  Kunersdorf  (jejren  die  Ixnssen.  wobei  ei- 
sich  so  auszeielniete,  dass  (h't-  Küiiii;  ihn 
zum  Stabskapitän  und  Flü^cladjutanteii 
erhob.    In  dieser  Eitrensehaft  iiiachte  er  im 


Krie.irsvorräten,    das    Beaufsichtigen    und 
Kinexerziei-en  (hi-  Solchiten  betraf. 

Xacli  Be.'udigini'j:  (h's  Krieges  kam 
Stcubt  n  um  seine  Kntla.ssung  ein,  worauf 
ci-  als  Ilofmarschall  im  Dienst  der  Fürsten' 
V(Ui  Ilohenzoliern-IIechingen  und  des 
.Mai'kgrafen  von  Ba(U'n  tätig  war.  AVährend 
eirei-  im  Jahre  1777  unternonnnenen  lieise- 
<liiich  Fiaiikii'icli  maelite  Steuben  die  Be- 
kanntschaft des  l'i-an/.ösischen  Kriegsminis- 
ters St.  (Jermain  sowie  i\rs  in  Paris  k'benderb 


BARON    FRIEDRICH    VON    STEUBEN 


Gefolge  des  Königs  die  berühmte  Belage- 
rung von  Schweidnitz.  die  eigentliche 
Schlussepisode  des  siebenjähi-igen  Krieges, 
mit. 

Als  Ad.iutant  des  grossen  Monarchen 
wurde  Steuben  nicht  blos  mit  dem  aktiven 
Felddienst,  sondern  auch,  da  er  den  Ver- 
kehr mit  dem  Generahiuartiermeister  zu 
vermitteln  hatte,  mit  allem  vertraut,  was 
die  Verpflegung  grosser  Truppennias.sen, 
das    Beschaffen    und    Instandhalten    von 


amerikanischen  Gesandten  Benjamiö 
Franklin.  Diese  Beiden  suchten  den  er- 
fahi-enen  Offizier  zum  Eintritt  in  die  ame- 
rikanische Freiheitsarmee  zu  bestinnnen. 

Bisher  waren  die  Kolonien  in  ihreni 
Kami)f  gegen  das  ^Mutterland  nicht  beson- 
ders glücklich  gewesen.  Wohl  hatten  die 
Amei-ikaner  in  manchen  Schai'mützeln,  wa 
sie  die  gegen  die  Indianer  geübte  Fecht- 
weise anwenden  konnten,  Erfolge  errungen; 
in  offenen  Feldschlachten  hingegen  wäre» 


DER  ANTHKIT.  DER   DEUTSCHEN  AM   UXABHAENGTGKEITS-KRIEGE. 


107 


sie  von  den  kriey:.sgeühten  Briten  stets  ge- 
schlagen worden.  Daraus  ergab  sich  die 
dringende  Notwendigkeit,  das  amerikani- 
sche Heer  einer  sachkundigen  Organisation 
und  Schuhnig  zu  unterwerfen,  ohne  welche 
es  auf  die  Dauer  schwerlich  siegen  konnte. 

Da  die  Kolonien  über  erfahrene  Truppen- 
führer  nicht  verfügten,  so  beauftragte  der 
Kongress  Benjamin  Franklin,  Verhandlun- 
gen mit  fähigen  europäischen  Offizieren, 
Avelche  die  Organisierung  einer  Armee  be- 
wirken könnten,  anzuknüpfen. 

Dass  zur  Lösung  cinci-  so  schwierigen 
Aufgabe  niemand  so  berufen  sei  als  Baron 
von  Steuben,  der  die  Schule  des  grössten 
Kriegsheldeu  jener  Zeit  durchlaufen  hatte, 
erkannten  Franklin  wie  St.  Germain  bei 
der  Begegnung  mit  demselben  auf  den 
ei"sten  Blick.  AVie  die  preussische  Armee 
durch  den  Glanz  ihrer  Waffentaten  als  die 
erste  Europas  galt,  so  waren  ihre  Offiziere 
als  Lehrmeister  und  Organisatoren  in  frem- 
den Armeen  überall  gesucht.  Ein  Alveus- 
leben  hatte  die  spanische,  ein  Graf  Lippe 
die  portugiesische,  Salis  die  neapolitanische 
Armee  reorganisiert.  Im  russischen  Heere 
waren  Schomberg  und  Hanstein,  im  fran- 
zösi.schen  Pirch  und  Luckner  tätig.  Der 
Gedanke,  das  ungeschulte  amerikanische 
Heer  durch  einen  Offizier  des  grossen 
Friedrich  wirklich  kampffähig  zu  machen, 
hatte  demnach  nichts  Ungewöhnliches. 

Es  bedurfte  keiner  grossen  Ueberre- 
dungskünste,  um  Steuben  zur  Uebernahme 
der  Aufgabe  zu  gewinnen.  Die  Sache  der 
amerikanischen  Freiheitsstreiter  hatte  be- 
reits einen  mächtigen  Widerhall  in  seinem 
Herzen  erweckt.  Aber  manche  Bedenken 
waren  zu  überwinden.  Nach  den  Berichten 
verschiedener,  ins  amerikanische  Heer  ein- 
getretener Franzosen  gehorchten  die  undis- 
ciplinierten,  in  voller  Freiheit  gro.ssgewor- 
denen  amerikanischen  Milizen  nur  ungern 
fremden  Offizieren.  Daneben  galt  es,  die 
starke  Eifersucht  der  amerikanischen  Offi- 
ziere zu  überwinden. 


Diese  Gründe  veranlassten  Steuben,  zu- 
nächst als  einfacher  Freiwilliger,  ohne 
K'aug  und  Gehalt,  nach  Amerika  zu  gehen, 
darauf  rechnend,  dass  man  ihm  eine  seinen 
Fähigkeiten  entsprechende  Stellung  zu- 
weisen werde. 

Gleich  nach  seiner  Landung  in  Amerika 
richtete  er  an  den  Kongress  ein  Schreiben 
folgenden  Inlialts:  ,,Der  einzige  Beweg- 
grund, der  mich  diesem  AVeltteil  zuführt, 
ist  der  Wunsch,  einem  Volke  zu  dienen, 
welches  einen  so  edlen  Kampf  für  seine 
Rechte  und  Freiheit  kämpft.  Ich  verlange 
weder  Titel  noch  Geld.  Alein  einziger  Ehr- 
geiz besteht  darin,  bei  Ihnen  als  Freiwilli- 
ger einzutreten,  mir  das  A^'ertrauen  Ihres 
Oberbefehlshabers  zu  erwerben  und  den- 
selben in  allen  Feldzügen  ebenso  zu  beglei- 
ten, wie  ich  während  des  siebenjährigen 
Krieges  dem  Könige  von  Preussen  folgte. 
Ich  möchte  gern  mit  meinem  Blute  die  Ehre 
erkaufen,  dass  mein  Name  eines  Tages 
unter  den  Verteidigern  Ihrer  Freiheit  ge- 
nannt wird." 

Der  Kongress  nahm  dieses,  von  edler  Be- 
geisterung zeugende  Anerbieten  mit  herz- 
lichem Dank  an  und  erwies  Steuben 
grössere  Aufmerksamkeiten,  als  je  zuvor 
einem  Fremden.  ,,Man  wün.scht  sich  aller- 
seits Glück  zu  der  Ankunft  eines  Alannes 
von  seinen  militärischen  Erfahrungen",  so 
schrieb  der  damalige  Kriegsminister.  , .Seine 
Dienste  sind  uns  besonders  wertvoll  zu  einer 
Zeit,  wo  der  Alangel  an  Disciplin  und  inne- 
rer Verfassung  in  unserer  Armee  aufs 
tiefste  empfunden  und  beklagt  wird." 

Auch  auf  George  AVashiugton  machte 
Steuben  den  besten  Eindruck.  Er  berich- 
tete am  27.  Februar  1778  an  den  Kongress ; 

„Baron  Steuben  ist  im  Lager  ange- 
kommen. Er  ist  offenbar  ein  Edel- 
mann im  vollen  Sinne  und,  so  weit  ich 
urteilen  kann,  ein  Alann  von  militäri- 
schem AVissen  und  AA^elterfahrung." 

Als  Baron  Steuben  beim  Heer  eintraf,, 
war   die   allgemeine   Lage   überaus   düster. 


108 


DER  AXTHKIL  DER  DEUTSCHEN  ANr   UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


Sänuiitlioho  ITaiiptstädte  (lt.s  Landes  lie- 
fandi'ii  sich  in  i1»mi  Händen  der  Briten: 
deS|_'leiehen  behen'sehten  dieselben  die 
ganze  Küste.  Das  kanni  noch  fünftausend 
IMann  starke  anierikanisehe  Heer  hatte  ein 
AVinterhiger  in  Valley  Forire  l)ez();ien.  un- 
fähig,    einen     entseheidenden     Seldag     /u 


lesen,  welehe  Steuben  im  elften  und  zwölf- 
ten Hand  seiner  im  Besitz  der  New  York 
Ilistorieal  Soeiety  befindliehen  Papiere 
niederlegte.  ..Die  Armee",  .so  schreibt  er, 
,.wai-  in  Divisionen,  Brigaden  und  Regi- 
menter eingeteilt,  die  von  (Jeneral-^Iajoren, 
Britrade-Generäb^n  und  Obersten  konnnan- 


Washington  besucht  die  hungernden  und  frierenden  Soldaten  im  Winterlager  in  Valley  Forge. 


führen,  obendrein  der  notwendigsten  Dinge 
und  Nahrungsmittel  entbehrend.  Die  Sol- 
daten besassen  weder  Uniformen,  noch 
Waffen  und  Zeltt\  In  zerri.ssene  Decken 
gehüllt,  vor  Hunger  und  Frost  zitternd, 
hausten  sie  in  armseligen  Blockhütten, 
deren  leere  Fen.sterhöhlen  dem  Regen  und 
Schnee  ungehinderten  Einla.ss  gewährten. 

Um  das  in  der  Armee  herrschende  Chaos 
zu.  verstehen,  muss  man  die  Schilderungen 


diert  wurden.  Der  Kongre.ss  hatte  die  Zahl 
der  Soldaten  für  jedes  Regiment  und  jede 
Compagnie  festgesetzt;  allein  die  ewige 
Ebbe  und  Flut  der  nur  auf  sechs  oder  neun 
^lonate  angeworbenen  Leute,  die  täglich 
kamen  und  gingen,  machten  den  Bestand 
eines  Regimentes  oder  einer  Compagnie 
stets  so  schwankend,  da.ss  die  Worte  Com- 
pagnie. Regiment,  Brigade  oder  Division 
gar  nichts   bedeuteten,   am   allerwenigsten 


DER  AXTHKIL   DER   DKrTSrHKX  AM   UXAHU  A  HNMiKiK  KTl  S  KK"  lEUE. 


109 


einen  ^lasstab  für  die  Berechnung  der 
Stärke  eines  Korjjs  (»der  dci-  Aniice  abga- 
ben. Die  Zahl  iliier  .Mannschaften  war  so 
inigleieh  und  verschieden,  dass  es  unmög- 
lich war,  irgend  ein  [Manöver  auszuführen. 
Oft  war  ein  Regiment  stärker  als  eine  Bri- 
gade. Ich  sah  ein  Regiment  von  dreissig 
]\Iann  und  eine  Compagnie,  welehe  nur  aus 
einem  einzigen  Korporal  bestand !  ¥An  ge- 
naues Verzeiehni.ss  der  ^Mannschaften  eines 
Regimentes  zu  erhalten,  war  sehr  schwierig, 
oft  geradezu  unmöglich. 

Die  Stärke  der  Armee  sollte  monatlich 
festgestellt  werden.  Diese  Operation  ge- 
schah folgendermassen :— jeder  Hauptmann 
fertigte  eine  Liste  meiner  Compagnie  an, 
ohne  Rücksicht  auf  die  Anwesenden  oder 
Beurlaubten.  Er  beschwor  dann  vor  seinem 
Vorgesetzten,  dass  sein  Berieht  nach  bestem 
Wissen  und  Glauben  in  Ordnung  wäre.  Der 
]Musterungsinspekt()r  zählte  die  Anwesen- 
den und  schrieb  den  Beurlaubten  ihren 
Sold  auf  den  Eid  des  Hauptmannes  hin 
gut.  Ich  bin  weit  entfernt  von  der  Vor- 
au-ssetzung,  da.ss  irgend  ein  Offizier  absicht- 
lich Betrug  verüben  wollte :  allein  ich  will 
den  Zustand  einer  Compagnie  etwas  ge- 
nauer prüfen,  woraus  man  dann  einen 
Sehlu.ss  auf  die  sogenannte  Richtigkeit  eines 
derartigen  Rapports  selber  ziehen  kann. 
Die  betreffende  Compagnie  hatte  nur 
zwölf  [Mann  zur  Stelle.  Ein  [Mann,  der 
einem  zweihundert  [Meilen  entfernt  postier- 
ten Offizier  als  Bursche  diente,  war  seit 
achtzehn  [Monaten  abwesend.  Ferner  fehlte 
ein  [Mann,  der  seit  zwölf  Monaten  bei  einem 
Quartiermeister  als  Knecht  arbeitete.  Vier 
[Mann  dienten  seit  ebenso  langer  Zeit  als 
Gehülfen  in  den  Hospitälern.  Zwei  waren 
als  Fuhrleute,  mehrere  als  Bäcker,  Zimmer- 
leute, Schmiede  und  Kohlenträger  beschäf- 
tigt, obwohl  alle  uisprünglich  nur  auf  neun 
[Monate  Dienste  genonnnen  hatten. 

Stand  ein  [Mann  einmal  auf  der  Com- 
pagnieliste,  so  wurde  er  bis  in  alle  Ewigkeit 
als  Glied  derselben  geführt,  er  nuisste  denn 
vor  den  Augen  des  Hauptmannes  desertiert 


oder  gestorben  sein.  Auf  Grund  dieser 
Listen  wurde  aber  die  Stärke  der  Armee 
berechnet  und  Löhnung  und  Proviant  aus- 
«.eteilt.  Die  Soldaten  waren  nach  allen 
Richtungen  hin  verstreut  [Man  hätte  die 
Armee  als  eine  I-Crziehungsanstalt  für  Be- 
diente betrachten  können,  denn  jeder  hielt 
es  für  sein  Recht,  wenigstens  einen  Bedien- 
ten zu  hal)en.  Wir  hatten  mehr  Connnis- 
säre  und  Quartiernie^ster  als  aTe  Armeen 
Europas  zusannnengenommen.  Der  beschei- 
denste derselben  besass  nur  einen  Burschen, 
andere  verfügten  über  zwei,  viele  sogar 
über  drei. 

Ein  Ding  wie  militärische  Di.sc'plin 
existierte  nicht.  Kein  Regiment  war  regel- 
mässig formiert.  Das  ein(^  hatte  drei,  an- 
dere fünf,  acht  oder  neini  Glieder;  das 
canadische  Regiment  besass  deren  .sogar 
einundzwanzig. 

Jeder  Oberst  hatte  sein  eigenes  Exerzier- 
System  bei  sich  eingeführt  -.  der  eine  be- 
diente sich  des  englischen,  der  andere  des 
französischen,  der  dritte  des  preussischen. 
Nur  in  einem  Punkt  herrschte  Einheit,  und 
das  Avar  die  Art  des  [Marsehierens  bei  [Ma- 
növern lind  auf  dem  [Marsch :  sie  bedienten 
sich  alle  des  Reihenmarsches  der  Indianer. 

Urlaub  und  Abschied  wurden  ohne  jede 
Anfrage  bei  den  höheren  Vorgesetzten  be- 
willigt. Befanden  sich  die  Truppen  im 
Lager,  so  blieben  die  Offiziere  nicht  bei 
ihnen,  sondern  wohnten  in  oft  mehreren 
[Meilen  weit  entfernten  Quartieren.  Wäh- 
rend des  Winters  gingen  die  Offiziere  meist 
nach  Hause.  Oft  waren  ihrer  nicht  mehr 
als  vier  beim  Regiment.  Sie  glaubten,  dass 
ihre  einzige  Pflicht  darin  bestehe,  auf 
Wache  zu  ziehen  und  sich  im  Kampf  an  die 
Spitze  der  Soldaten  zu  stellen. 

Der  amerikani.sche  Soldat  kannte  seine 
Watfe  gar  nicht,  hatte  deshalb  kein  Ver- 
trauen zu  ihr  und  benutzte  das  Bajonnet 
höchstens  dazu,  lun  sein  Beefsteak  daran 
zu  braten.  Den  Anzug  der  Truppen  kann 
ich   am   leichtesten   beschreiben,   denn   sie 


110 


DE.l  AXTHEH.  D!:!!   n:;:"IS'  H  i:X   am    IXAr.IIAKXUIOKEITS-KRIKGE. 


Washington  und  Steuben  (zu   Pferde)   und  Lafayelte  in  Valley  Forge. 


waren   im   eijrentlichcn   Sinne   des  Wortes  wollenen   Decken   oder   Bettüberzügen   ge- 

fast     nackend.       Die     wenigen     Offiziere,  macht  waren. 

welche   überhaupt   Röcke   besassen.   hatten  Dass  es  etwas  wie  die  innere  Verwaltung 

solche    von    beliebiger    Farbe    und    jedem  eines  Regimentes  gebe,  war  allen  unbekannt. 

Schnitt.    Bei  einer  grassen  Parade  sah  ich  Infolgedessen  herrschte  überall  die  denk- 

Offiziere    in    Schlafröcken,    die    aus   alten  bar  grösste  Unordnung,  ohne  dass  für  die 


DEK  ANTIIKIL  DER  DEDTSCHEX  AM    INABU AEXGIGKEITS-KRIEGE. 


111 


aufgewendeten  grossi'n  Mittel  ir^rendw^ 
entsprechende  Erirebnisse  zu  seilen  gewesen 
wären. 

80  wenig  die  Offiziere  über  die  Zahl 
ihrer  Leute  Keehensehaft  al)legen  konnten, 
ebensowenig  veriiioehten  sie  dies  über  deren 
"Waffen,  ^Munition  luid  Ausrüstung.  Nie- 
mand führte  Buch  oder  Keehnung,  ausser 
den  die  verschiedenen  Artikel  hei-beisehaf- 
f enden  Lieferanten." 

Aus  anderen  Berichten  wis.«en  wir,  dnss 
es  gebräuclilicli  war.  da.ss  sänuntliche  Sol- 
daten nach  Ablauf  ihrer  neun  Monate 
Avährenden  Dienstzeit  nicht  blos  ihre  Uni- 
formen, sondern  auch  die  Waffen  sowie  alle 
übrigen  Bestandteile  ihrer  Ausrüstung  mit 
nach  Hause  nahmen.  Die  Nachfolger  er- 
hielten dann  aus  den  öffentlichen  Nieder- 
lagen andere.  Da  ein  mit  Bajonnet  ver- 
sehenes Gewehr  nach  amtlicher  Schätzung 
achtzehn  Dollars  kostete,  so  ist  ersichtlich, 
dass  durch  diesen  Brauch  dem  Lande  un- 
nützerweise Kosten  aufgebürdet  Avurden, 
die  sich  auf  viele  ^Millionen  Dollars  be- 
liefen. 

Da  jeder  Kommissär  und  Quartiermei.ster 
von  allen  durch  ihn  verausgabten  Geldern 
Prozente  bezog,  so  wurden  natürlich  keine 
Ausgaben  gescheut,  S(mdern  künstlich  aller- 
hand Bedürfnisse  geschaffen,  für  welche 
nicht  die  geringste  NotM'cndigkeit  vorhan- 
den war.  Aus  gleichen  Gründen  schaffte 
man  obendrein  nicht  die  zweckmässigsten 
sondern  die  teuersten  Gegenstände  für  die 
Armee  an.  Infolge  dieser  beständigen  An- 
zapfungen befand  sich  der  Kongrcss  ewig 
in  Geldverlegenheiten.  Um  denselben  zu 
begegnen,  sah  er  sich  zur  Ausgabe  von  Pa- 
piergeld genötigt.  Den  Kredit  desselben 
nntergruben  die  Briten,  indem  sie  unge- 
heure Älengen  wohlgelungener  Fälschungen 
in  Umlauf  brachten,  soda.ss  viele  Personen 
sieh  weigerten,  Papiergeld  anzunehmen. 
Infolgedessen  trat  eine  derartige  Entwer- 
tung des  Papiergeldes  ein,  da.ss  man  vierzig 
Papierdollars  für  einen  Silberdollar  gab. 
Ein   Paar   Stiefel   ko.stete   vierhundert   bis 


seeiishundert  Dollars.  Der  I\Ionatssold 
eini  s  Soldaten  reichte  gei'ade  zum  Bezahlen 
eines  M  ittagse.ssens. 

Wäre  Bai'on  von  Steuben  nur  ein  dem 
(iold  und  Titeln  nachjagender  Glücksritter 
gewesen,  .so  hätte  er  angesichts  solcher  Zu- 
stände sicher  Kehrt  genuicht.  Aber  er  nahm 
die  ihm  vom  Kongress  angebotene  Stelle 
eines  Generalinspektors  der  Armee  an  und 
begann  .sofort,  die  Trui)pen  einzuexerzieren 
und  solche  Regeln  der  Verpflegung  und 
^^'rwaltung  einzuführen,  wie  sie  damals  im 
preussischen  Heer  üblich  waren. 

Natürlich  fiel  die  Aufgabe,  die  in  völli- 
ger Ungebundeiiheit  aufgewachsenen  Ame- 
rikaner an  Drill,  Subordination  und  die 
Befolgung  militäri.scher  Regeln  zu  gewöh- 
nen, dem  wackern  Steuben  herzlich  schwer. 
Er  eröffnete  seine  Tätigkeit  damit,  da.ss  er 
eine  aus  120  ]\Iann  bestehende,  zugleich 
als  Stabswache  für  den  Obergeneral 
dienende  Lehrkompagnie  bildete.  Zu- 
nächst trug  er  dafür  Sorge,  da.ss  dieselbe 
gut  uniformiert  und  gleichmä.ssig  bewaff- 
net war  und  dadurch  in  ihrem  Erscheinen 
ein  respektables  Au.ssehen  zur  Schau  trug. 
Diese  Truppe  exerzierte  Steuben  in  Gegen- 
wart aller  Offiziere  der  Armee  täglich  zwei- 
mal; Hess  sie  Kolonnen  formieren,  sich  ent- 
falten, mit  dem  Bajonnet  angreifen,  Front 
wechseln  u.  s.  w.  Von  den  leichteren 
Uebungen  führte  er  sie  allmählig  zu  schwie- 
rigeren Bewegungen.  Alle  diese  Manöver 
waren  für  die  jungen  amerikani.schen  Offi- 
ziere und  Soldaten  ein  ganz  neues,  mächtig 
interessierendes  Schauspiel,  zumal  es  einer 
gewi.ssen  humoristischen  Beimischung  nicht 
entbehrte,  da  Steuben  des  Englischen  nicht 
mächtig  genug  war,  um  in  dieser  Sprache 
Befehle  erteilen  zu  können..  Darum  musste 
er  sich  eines  Dolmetschers,  des  Hauptmanns 
Walker,  bedienen,  welcher  die  auf  franzö- 
.sisch  gegebenen  Kommandos  ins  Englische 
übertrug.  Ging  etwas  nicht  nach  Wunsch, 
so  Murde  Steuben  bisweilen  wild  und  be- 
gann in  einem  Kauderwelsch  von  Deutsch, 
Französisch  und  Englisch  zu  fluchen,  wobei 


112 


DER  ANTUKH.   DKR  DKUTSCHEN  AM   rNAbHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


er  vergass.  dass  dii-  Lcuti'  ilin  iii;-ht  \vv- 
staiulen.  Kam  ihm  dies  wictU'r  zum  Be- 
wusstscin,  so  rief  er  seinen  Dolmotsehcr 
herl)ei :  ..Vicns.  niun  ;iiiii  Walkt-i'.  romt'  aiul 
swear  f(ir  im-  in  Knjrlish.  je  nc  puis  plus — 
I  can  fiirsi«  tlirm  no  more— dese  tVllows 
will  ni»t  do  wliat   I  Itide  dem!" 

Die  ühtT  den  Uomisehen  Zorn  des 
waekern  Ilaudeiren  amüsirten  Soldaten  be- 
mühten sieh  aber,  den  Befehlen  naehzukom- 
men,  und  erfüllten  ihre  Pfliehten  so  »rewis- 
senliaft,  dass  bald  ein  iranz  andm-or  Geist 
in  die  .\rmee  einzoii'. 

Das  erjribt  sieh  am  khirsten  aus  einem 
vom  8.  Ajiril  1778  datierten  Brief  des  ame- 
rikaniselun  (ienerals  Seannnel  an  seinen 
Kolle«,'»'!!  (Jeneral  Sullivan  :  —  .. Baron  Steu- 
ben  ireht  uns  mit  einem  wahrhaft  edlen 
Beispiel  voran.  Er  bewährt  sieh  in  allem, 
von  den  ^^'osseii  Manövern  an  bis  in  die 
kleinsten  Einzelheiten  des  Dienstes  als 
vollendeter  Meister.  Offiziere  und  Solda- 
ten l)ewundern  «rleiehmässig  einen  so  ausge- 
zeielmeten  ^lann,  der  unter  dem  »rossen 
jireussisehen  Monarehen  eine  hervori^aüende 
Stellung:  einnahm  und  sich  jetzt  trotzdem 
mit  einer  nur  ihm  eifrenen  Würde  herab- 
lässt,  selbst  einen  Haufen  von  zehn  bis 
zwölf  ]\Iann  als  Exerziermeister  einzuüben. 
Unter  seiner  Leituni;:  machen  Disciplin  und 
(^rdnunfr  in  der  Armee  ganz  ausserordent- 
liche Fortschritte," 

Indem  Steuben  die  einzelnen  ^Mitglieder 
seiner  Lehrabteilung  in  allen  Zweigen  des 
militärischen  Dienstes  unterrichtete  und 
sie  dann  als  Apostel  seiner  Lehre  anderen 
Truppenkörpern  zuteilte,  sah  er  sich  bald 
imstande,  Exerzitien  in  grösserem  ]Mass- 
stabe  auszuführen. 

Als  im  Lager  die  Nachricht  vom  Ab- 
schluss  eines  Bündnisses  mit  Frankreich 
eintraf,  konnte  diese  Freudenbotschaft  auf 
Wunsch  Washingtons  bereits  durch  ein 
grosses  ^Manöver  gefeiert  werden.  Dasselbe 
ging  vortrefflich  vonstatten.  Bei  dem  am 
Abend     folgenden     Festmahl     überreichte 


Washington  Steul)en  i  in  Ilandschreibou, 
welches  seine  Ernennung  zum  General- 
Major  und  General-Inspektor  der  Armee 
enthielt. 

Scll)stvtiständ'.ich  Hess  Steuben  es  sich 
angelegt'u  sein,  auch  eine  tüchtige  innere 
Verwaltung  der  Arniee  ins  Leben  zu  rufen. 
Das  war  um  so  schwieriger,  als  gerade  auf 
diesem  (Jebiet  unbeschreibliche,  durch  Tn- 
kenntnisse  und  Korruption  verursachte  Zu- 
stände herrschten.  Aber  Steuben,  der  als 
Adjutant  des  gi-o.ssen  Friedrich  in  der 
Armeeverwaltung  bedeutende  Erfahrungen 
tresammelt  hatte,  zeigte  sich  auch  dieser 
Aufgabe  gewachsen.  Er  führte  System 
und  Sparsamkeit  ein  und  erliess  für  alle 
Zweige  der  Verwaltung  solche  Vorschrif- 
ten, wie  .sie  nur  ein  damit  dui'chaus  ver- 
trauter Soldat  zu  geben  vermochte. 

]\Iit  welcher  Genauigkeit  Steuben  in 
seinen  Inspektionen  verfuhr,  ergibt  sich 
aus  einer  späteren  Schilderung  seines  Ad- 
jutanten William  North:— ., Ich  sah,  wie  er 
und  seine  Assistenten  eine  aus  dici  kleinen 
Regimentern  bestehende  Brigade  sieben 
lange  Stunden  inspizierten !  Ueber  jeden 
abwesenden  ^lann  mu.sste  Auskunft  erteilt 
werden.  Jede  IMuskete  wurde  geprüft,  jede 
Patrontasche  geöffnet,  sogar  die  Feuer- 
steine und  Patronen  gezählt.  Hierauf 
mussten  die  Tornister  abgenommen,  der 
Inhalt  auf  einer  Decke  ausgebreitet  und 
mit  dem  Verz(Mchniss  des  Notizbuches  ver- 
glichen werden,  um  zu  sehen,  ob  das  von 
den  Vereinigten  Staaten  Gelieferte  noch 
vorhanden  sei,  und  wenn  nicht,  wohin  es 
gekonnnen.  Ilospitalvorräte.  Laborato- 
rien, kurz  alles  mus.ste  der  Inspektion  offen 
stehen.  Da  wurde  manchem  Offizier  bange, 
wenn  er  über  Verluste  oder  Ausgaben  nicht 
genaue  Rechenschaft  ablegen  konnte.  Diese 
monatlich  wiederkehrenden  Inspektionen 
hatten  eine  wunderbare  Wirkung,  nicht 
allein  auf  Oekonomie,  sondern  auch  auf  den 
Wetteifer,  den  sie  unter  den  verschiedenen 
Korps  anfachten." 


DER  AXTIIEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  ÜXABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


113 


Da  Steuben  selbst  in  seiner  Unerniüd- 
liehkeit  imd  Pünktliebkeit  das  beste  Bei- 
spiel des  von  ihm  angewendeten  Systems 
war,  ein  gütiges,  grossmütiges  Herz  besass 
und  persönlich  darüber  wachte,  dass  sowohl 
die  dienstfähigen  Lente  wie  die  Kranken 
gut  verpflegt  wurden,  so  erwarli  er  sich 
sich  trotz  aller  Strenge  nicht  nur  die  Zu- 
neigung seiner  Offiziere  und  Soldaten,  son- 
dern auch  das  unbegrenzte  Vertrauen 
Washingtons.  „Es  wäre  eine  Ungerechtig- 
keit", so  berichtete  derselbe  an  den  Kon- 
gress,  „wollt(^  ich  länger  über  die  Verdienste 
Baron  Steuben 's  schweigen.  Seine  Tüch- 
tigkeit und  Kenntnisse,  sowie  der  un- 
ermüdliche Eifer,  den  er  seit  seinem 
Dienstantritt  gezeigt  hat.  lassen  mich  ihn 
als  einen  bedeutenden  rjewinn  für  das 
Heer  erscheinen." 

Durch  seine  rastlose  Tätigkeit  verwan- 
delte Steuben  die  amerikanische  Armee  in- 
nerhalb weniger  Monate  in  eine  Maschine, 
die  mit  Ruhe  und  Sicherheit  zu  arbeiten  be- 
gann. Die  günstigen  Folgen  zeigten  sich 
bereits  im  nächsten  Frühling,  als  die  Ame- 
rikaner bei  Barren  Hill  und  Stony  Point 
ihren  Gegnern  zuerst  als  wirkliehe  Soldaten 
entgegentraten  und  sie  zum  Rückzug  zwan- 
gen. Noch  auffallender  war  ihr  Verhalten 
am  28.  Juni  1778  in  der  Schlacht  bei 
Monmouth. 

Durch  geschickte  ^Manöver  war  es  Wash- 
ington gelungen,  die  Briten  zum  Aufgeben 
der  Stadt  Philadelphia  und  zum  Rückzug 
nach  New  York  zu  zwingen.  Es  galt  nun, 
die  Abziehenden  zu  bedrängen  und  ihnen 
möglichst  gro.s.se  Verlu-ste  beizubringen. 
Aber  der  mit  dem  Befehl  der  amerikani- 
schen Vorhut  betraute  General  Charles  Lee 
führte,  den  Verrat  der  amerikanischen 
Sache  im  Herzen  tragend,  die  von  Wash- 
ington erhaltenen  Weisunsren  in  so  unbe- 
friedigender  Weise  aus  und  setzte  seine 
Offiziere  durch  Befehle  und  Gegenbefehle 
in  solche  Verwirrung,  da.ss  die  Truppen  den 
heftigen  Stö.ssen  der  Engländer  bald  nicht 
mehr    .«standhalten    konnten.      Ihro    Rück- 


wärtsbewegung   drohte    in    wilde    Flucht 
au.szuarten. 

In  diesem  kritischen  Augenblick  erschien 
durch  eine  von  Lee 's  Offizieren  abge- 
sandte Stafette  herbeigerufen,  General 
Washington  auf  dem  Felde.  Ehe  er  sich 
mit  seinen  eigenen  Truppen  den  vorstür- 
menden Engländern  entgegenwarf,  l)efahl 
er  dem  ihn  begleitenden  Steuben,  die  flie- 
henden Truppen  Lee 's  hinter  der  Schlacht- 
linie zu  sannneln  und  ihm  dann  als  Ver- 
stärkung zuzuführen.  Vom  Erfolg  dieses 
^Manövers  hing  das  Geschick  des  Tages  ab. 

Diese  Aufgabe  löste  Steubini  in  so  glän- 
zender Weise,  dass  er  Washington  bald  da- 
rauf mit  drei  Brigaden  unterstützen  und 
dadurch  die  Entscheidung  herbeiführen 
konnte.  Oberst  Alexander  Hamilton,  wel- 
cher die  Tätigkeit  Steubens  aus  nächster 
Nähe  beobachtet  hatte,  erklärte,  er.st  hier 
habe  er  einen  Begriff  davon  erhalten,  was 
militärische  Disciplin  und  echte  ]\Iannes- 
zucht  wert  seien.  Der  grösste  Erfolg  des 
Tages  bestand  aber  darin,  dass  die  ameri- 
kanische Armee  von  nun  an  von  dem  Be- 
wusstsein  erfüllt  war,  dem  Gegner  ge- 
wachsen zu  sein. 

Während  des  Winters  1778  auf  1779 
arbeitete  Steuben.  um  die  Verwaltung  und 
das  Exerzitium  aller  amerikanischen  Trup- 
penabteilungen so  vollkommen  und  gleich- 
massig  als  möglich  zu  gestalten,  seine  be- 
rühmte ,, Regulation  for  the  Order  and 
Diseipline  of  the  Troops  of  the  United 
States"  aus.  Dieselben  bestehen  aus  25 
Abschnitten,  denen  die  Prinzipien  des 
preussischen  Reglements  zugrunde  liegen, 
die  aber  den  völlig  verschiedenen  amerika- 
nischen Zuständen  in  glücklichster  Weise 
angepa.sst  sind.  Sie  besprechen  sehr  aus- 
führlich die  Bewaffnung,  Ausrü.stnng  und 
Zusammensetzung,  den  Unterricht,  die 
Uebungen  und  IMarschweisen  der  einzelnen 
Truppengattungen  ;  das  Auf.stellen  und  Be- 
dienen der  Feldgeschütze;  das  Anf.schlagen 
der  Lager;  die  Inspektion;  das  Signalwe- 


114 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


sen ;  den  Waehtdienst ;  das  Instandhalten 
der  "Waf fon ;  die  Bt'handlun«;  der  Verwun- 
deten und  Kranken,  sowie  das  Abhalten  von 
Revuen. 

Auf  Empfehlung;:  "Washingtons  billigte 
der  Kongress  dieses  im  Felde  unter  ausser- 
ordcntliehen  Sehwierigkeiten  entstandene 
Werk  und  ordnete  seinen  sofortigen  Druck 
an.  Es  blieb  viele  Jahre  lang  die  Richt- 
schnur der  amerikanischen  Armee  und 
wurde  erst  im  vorigen  Jahrhundert  durch 
andere  Werke  ersetzt,  als  mit  der  Einfüh- 
rung neuer  Waffen  auch  neue  Fechtweisen 
nötig  wurden. 

Ein  Hauptverdienst  Steubens  besteht  in 
der  Schaffung  der  leichten  amerikanischen 
Infanterie,  welche  sich  in  vielen  späteren 
Kämpfen  der  Vereinigten  Staaten  aufs 
glänzendste  bewährte.  Steuben  erkannte 
mit  scharfen  Blick,  dass  die  Fechtwei.se, 
welche  von  den  Kolonisten  im  Kampf 
mit  Indianern  angewandt  wurde  und  bei 
der  jeder  einzelne  unabhängig  von  dem  an- 
dern stritt,  den  Amerikanern  nicht  nur  am 
meisten  zusagte,  sondern  in  dem  an  unge- 
heuren Wildnissen  reichen  Lande  unbe- 
streitbare Vorzüge  besass.  Gebietsstrecken, 
in  welchen  die  in  Europa  übliche  ge- 
schlossene Fechtweise  sich  anwenden  Hess, 
waren  in  Amerika  verhältnissmässig  selten. 
Deshalb  legte  Steuben  bei  der  Organisation 
des  Heeres  das  grösste  Gewicht  auf  die  Bil- 
dung einer  leichten  Truppengattung,  die 
im  Stande  war.  sich  allen  vorkonnnenden 
Terrain.schwierigkeiten  anzupassen  und  zer- 
streute Gefechte  zu  liefern.  Friedrieh  der 
Grosse,  welcher  den  Verlauf  der  amerikani- 
schen Unabhängigkeitskämpfe  mit  äusser- 
ster  Aufmerksamkeit  verfolgte,  adoptierte 
die  von  seinem  früheren  Adjutanten  ge- 
schaffene neue  Truppengattung  und  er- 
zielte mit  derselben  gleichfalls  grosse  Er- 
folge. 

Welch  ungeheuren  Einfluss  Steuben  als 
Ratgeber  Wa.shingtons  auf  die  Gestaltung 
des  Krieges  ausübte,  lässt  sich  kaum  mehr 
feststellen.     Wir  wissen  aber    aus    seinen 


noch  erhaltenen  Papieren,  dass  er  auf  Er- 
suchen des  Oberbefehlshabers  vor  Beginn 
der  einzelnen  Feldzüge  wiederholt  sorg- 
fältig ausgearbeitete  Operationspläne  ein- 
reichte, und  dass  Washington  sich  fast 
stets  nach  ihnen  richtete.  Einige  der  wich- 
tigsten dieser  Vorschläge  sind  im  fünf- 
zeluiten  Kapitel  der  von  Friedrich  Kapp 
verfassten  Lebens.schilderung  Steubens 
wörtlich  abgedruckt. 

Es  lag  in  der  Natur  der  Sache,  dass 
Steuben  den  Wun.sch  hegte,  auch  aktiv  an 
den  Feldzügen  teilzunehmen  und  sich 
durch  Befehl  der  von  ihm  in  die  Künste 
des  Krieges  eingeweihten  Truppen  grösse- 
ren Ruhm  zu  erwerben.  Washington  fand 
diesen  Wunsch  nicht  mehr  als  billig  und 
übertrug  ihm  wiederholt  das  Kommando 
über  grössere  Armeekorps,  mit  welchen  er 
hauptsächlich  im  Süden  operierte.  Leider 
bot  sieh  ihm  aber  dort  keine  Gelegenheit,, 
gegen  die  seinen  Truppen  weit  überlegenen 
und  auch  besser  verpflegten  Engländer 
einen  entscheidenden  Schlag  zu  führen. 
Obendrein  hatte  er  schwer  unter  der  Eifer- 
sucht der  amerikanischen  Generäle  zu  lei- 
den, von  denen  manche,  wie  Arnold,  Lee 
und  Gates,  sich  durch  krankhaften  Ehrgeiz 
zu  den  unwürdigsten  Ränken,  ja  zum  Ver- 
rat der  amerikanischen  Sache  führen 
Hessen.  Wie  Washington  mit  solchen  Miss- 
helligkeiten bitter  kämpfen  nnisste,  so  sah 
auch  Baron  von  Steuben  sich  durch  diesel- 
ben oft  schwer  beeinträchtigt  und  um  die 
erhofften  Erfolge  gebracht. 

Einen  besonderen  Triumph  hatte  das 
Schicksal  für  Steuben  aber  doch  aufge- 
spart und  ZNvar,  als  im  Jahre  1781  die  eng- 
lische Hauptarmee  in  der  virginischen 
Festung  Yorktown  eingeschlossen  wurde. 

Dass  hier  die  seit  Jahren  erstrebte  Ent- 
scheidung des  ganzen  Feldzuges  kommen 
müsse,  erkannte  Steuben  sofort.  Deshalb 
ersuchte  er  Washington,  ihm  Avährend  der 
Belagerung  ein  regelrechtes  Kommando  zu 
übertragen.  Dem  entsprach  der  Oberbe- 
fehlshaber um  so  bereitwilliger,  als  Steuben 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGIGKEITSKRIEGE. 


115 


unter  allen  amerikanischen  Offizieren  der 
einzige  war,  welcher  jemals  die  Belagerung 
einer  Festung  mitgemacht  hatte  (diejenige 
von  Schweidnitz  unter  Friedrich  dem 
Grossen).  Steuben  erhielt  den  Befehl  über 
die  vereinigten  Divisionen  von  Yirginien, 
Pennsylvanien  und  ^Maryland.  ]\Iit  diesen 
nahm  er  im  Contrum  der  Belagerungsarmee 
Aufstellung. 

Es  heisst,  Steuben  habe  auch  die  Pläne 
der  Belagerungsarbeiten  entworfen,  doch  ist 
darüber  nichts  sicheres  bekannt,  da  sämmt- 
liehe  Dokumente  des  Unabhängigkeitskrie- 
ges im  Jahre  1800  bei  einem  im  Kriegsmi- 
nisterium zu  Washington  ausgebrochenen 
Brande  zugrunde  gingen.  Nachgewiesen  ist 
aber,  dass  Steuben  gerade  den  Oberbefehl 
führte  und  mit  seinen  Truppen  die  weitest 
vorgeschobenen  Gräben  innehatte,  als  nach 
manchen  harten  Kämpfen  der  englische 
General  Cornwallis  am  17.  Oktober  die 
Uebergabe  der  Festung  anbot. 

Noch  waren  die  Kapitulationsverhand- 
lungen im  Gange,  als  der  gleichfalls  im 
amerikanischen  Heer  dienende  Franzose 
Lafaj-ette  erschien,  um  Steuben  abzulösen, 
wobei  er  darauf  rechnete,  dass  ihm  die  Ehre 
zufalle,  die  Kapitulationsverhandlungen  zu 
Ende  geführt  zu  haben.  Aber  Steuben 
weigerte  sich,  seinen  Posten  zu  verlassen, 
und  zwar  mit  dem  Hinweis,  es  sei  in 
Europa  Kriegsgebrauch,  dass  derjenige 
Offizier,  welcher  die  ersten  Anerbietungen 
der  Kapitulation  in  Empfang  nehme,  im 
Konmiando  bleibe,  bis  die  Verhandlungen 
beendet  seien. 

Da  Washington  den  Streit  zu  Gunsten 
Steubens  entschied,  so  ereignete  es  sich, 
dass  im  amerikanischen  Unabhängigkeits- 
krieg der  Befehlshaber  der  letzten  briti- 
schen Armee  vor  einem  deutschen  General 
kapitulierte 

Die  Division  Steubens  war  es  auch,  die 
am  ]\Iittag  des  19.  Oktober  zugleich  mit  dem 
im  französischen  Hülfsheer  dienenden 
pfälzischen  Grenadierregiment  Zwei- 
brücken zuerst  in  die  eroberte  Festung  ein- 


rückte und  über  derselben  das  Sternenban- 
ner hisste,  während  die  Pfälzer  das  franzö- 
sische Lilienbanner  entfalteten. 

Wenn  Washington  in  seinem  am  nächsten 
Morgen  erlassenen  Tagesbefehl  der  Ver- 
dienste Steubens  aufs  ehrenvollste  gedachte 
und  denselben  auch  später,  als  die  Auflö- 
sung der  Armee  erfolgte,  in  einem  eigen- 
händigen Brief  seiner  beständigen  Hoch- 
achtung versicherte,  so  waren  diese  Aus- 
zeichnungen um  so  mehr  verdient,  als 
Steuben  die  amerikanische  Armee  auf  ihren 
hohen  Standpunkt  erhoben  und  zum  Sieg 
über  die  Gegner  fähig  gemacht  hatte. 

Selbstverständlich  konnte  die  Tüchtig- 
keit desjenigen,  welcher  die  Armee  im 
Stillen  ausbildete,  nie  in  so  glänzendem 
Licht  erscheinen  wie  die  des  Führers,  der 
diese  Armee  zum  Siege  führte.  So  tritt  auch 
die  Figur  Steubens  vor  der  blendenden 
Erscheinung  Washingtons  zurück.  Darum 
versagen  aber  die  echten  Historiker  unserem 
Steuben  nicht  den  verdienten  Lorbeer,  son- 
dern bezeichnen  ihn  rückhaltlos  als  die 
wertvollste  Hülfe,  welche  die  Vereinigten 
Staaten  in  ihrem  Unabhängigkeitskampfe 
aus  Europa  empfingen. 

Er  war  die  glückliche  Ergänzung  Wash- 
ingtons. Gilt  dieser  als  die  Seele,  als  der 
leitende  Geist  der  grossen  Bewegung,  so 
war  Steuben  der  starke  Arm,  der  ihn  zum 
Dreinschlagen,  zum  Siege  befähigte. 

An  den  wackeren  Kämpen  dargebrachten 
Ehrungen  Hessen  die  dankbaren  Bürger  der 
Vereinigten  Staaten  es  nicht  fehlen.  Penn- 
sylvanien ernannte  ihn  im  Jahre  1783  ziun 
Ehrenbürger  des  Staates  und  verband  mit 
dieser  Auszeichnung  eine  Landschenkung 
von  2000  Acker  in  der  Grafschaft  Westmo- 
reland.  Virginien  übertrug  ihm  15.000 
Acker  zAvischen  dem  IMuskingum  und  gros- 
sen IMiami,  im  heutigen  Ohio.  New  Jersey 
verlieh  ihm  die  lebenslängliche  Nutznie.s- 
sung  einer  grossen  Besitzung  in  der  Graf- 
schaft Bergen,  auf  welche  Steuben  aber  zu 
Gunsten  des  früheren  in  Not  geratenen 
Eigentümers  hochherzig  verzichtete.     Der 


116 


DER  ANTHKIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UXABHAENGIGKEITS-KRIEOE. 


Staat  New  York  schenkte  ihm  am  5.  ^Nlai 
1786  16,000  Acker,  die  mau  zu  eiuer  besou- 
dern,  mit  Steubeus  Xameu  beh-gteu  Sektion 

erhob. 

Nach  der  Auflösung  der  Armee  blieb 
Steuben  in  seinem  Amt  und  erwarb  sich  zu 
seinen  früheren  Verdiensten  neue  durch  die 
l)raktiselien  Vorsehläge,  die  er  für  die  t^r- 
riehtung  eines  .stehenden  Heeres  und  die 
Gründung  einer  Militärakademie  ausarbei- 
tete. 

Beide  p]inrichtungen  hielt  Steuben  zur 
Sicherung  des  Landes  für  unbedingt  not- 
wendig. Im  (Jegen.satz  zu  vielen  andern 
lioeh.stelienden  :\lännern,  die  von  solchen 
Inslitutionen  nichts  wi.ssen  wollten,  weil 
dieselben  mit  den  demokrati-schen  Grund- 
sätzen einer  Republik  unvereinbar,  ja  für 
dieselben  gefährlich  seien.  In  seinen  bis  in 
die  kleinsten  Einzelheiten  ausgearbeiteten 
Vorschlägen,  die  den  vollsten  Beifall 
Wa.shingtons  fanden,  ging  Steuben  von  der 
Voraussetzung  aus,  dass  in  einer  Republik 
jeder  Bürger  im  Gebrauch  der  Waffen  ge- 
übt und  für  die  Verteidigung  seines  Vater- 
landes bereit  sein  müsse.  Er  befürwortete 
deshalb,  das  stehende  Heer  aus  einer  3000 
:Mann  starken  Legion  von  Bunde-struppen 
bestehen  zu  la.ssen,  wozu  1000  Artilleristen 
und  Pioniere,  sowie  21,000  :Miliz.soldaten 
konnnen  .sollten,  sodass  die  Gesammt.stärke 
der  Friedensarmee  sich  auf  25,000  :\Iann 
belaufe. 

Sowohl  dieser  Vorschlag  wie  auch  Steu- 
beus Plan  für  die  Anlage  einer  :Militär- 
schule  wurden  angenommen.  Die  letztere 
wurde  freilich  erst  nach  Steubens  Tode  in 
Westpoint  am  Hudson  geschaffen  und  be- 
steht noch  heute. 

Leider  fand  die  amtliche  Tätigkeit  des 
hochverdienten  ]\Iannes  im  Jahre  1784 
ihren  Abschluss. 

Durch  den  Rücktritt  des  Kriegsmini.sters 
Lincoln  war  das  Amt  desselben  frei  gewor- 
den. Steuben  bewarb  sich  um  das  Amt, 
musste  aber  erleben,  da.ss  man  da.sselbe  dem 
viel  jüngeren  General  Knox  übertrug,  weil 


Steuben  ein  „Ausländer"  sei  und  es  gewagt 
scheine,  einem  solchen  ein  so  wichtiges  Amt 
anzuvertrauen.  ( !) 

Diesen  Vorwand  empfand  der  in  seinem 
ganzen  Fühlen  und  Denken  längst  zum 
Amerikaner  gewordene,  mit  Herz  und  Seele 
für  die  Vereinigten  Staaten  eingenonunene 
Steuben  als  bittere  Kränkung,  als  eine  An- 
zweifelung seiner  Ehrenhaftigkeit.  Er 
reichte  deshall)  am  24.  ^lärz  dem  Kongre.<^s 
seine  Entlassung  ein,  die  am  15.  April  an- 
genommen wurde. 

Leider  wurde  der  Kongress,  der  den 
Groll  des  Ki-iegsmannes  durch  Verleihen 
eines  goldenen  Ehi-endegens  zu  besänftigen 
suchte,  für  Steuben  noch  die  Quelle  ande- 
ren Verdru-sses.  Während  des  Krieges  hatte 
Steuben,  da  der  Kongre.ss  sieh  stets  in  Geld- 
nöten befand,  einen  sehr  gro.ssen  Teil  seines 
eignen  Unterhaltes  und  .seines  Stabes  aus 
der  eignen  Tasche  bezahlt.  Das  ihm  zuge- 
sicherte Gehalt  hatte  er  nur  /.um  klein.sten 
Teil  empfangen.  So  kam  es,  dass  seine 
Forderungen  zu  Ende  des  Krieges  sich  auf 
rund  70,000  Dollars  beliefen. 

Die-^e  Sunune  wurde  Steuben  jahrelang 
vorenthalten.  Denn  auch  nach  dem  Kriege 
war  die  Bundeskasse  beständig  leer.  Hun- 
grige missgünstige  Generäle  umschwärmten 
den  Kongress  und  drängten  sich  mit  ihren 
Ansprüchen  vor.  Sieben  Jahre  nui.sste 
Steuben  mit  Not  und  Sorgen  kämpfen,  ehe 
der  Kongress  ernstlich  an  die  Erfüllung  sei- 
ner Verpflichtungen  Steuben  gegenüber 
herantrat.  Auch  dann  noch  wurde  dem 
wackeren  Kriegsmann  keine  volle  Gerech- 
tigkeit zuteil.  IManehe  Abgeordnete  wollten 
den  rechtskräftigen  Abschlu&s  eines  Ver- 
trages zwischen  dem  Kongress  und  Steuben 
anzweifeln,  um  der  Notwendigkeit,  Steu- 
bens Forderungen  bezahlen  zu  müssen,  ent- 
hoben zu  sein.  Das  erregte  Entrüstung  im 
ganzen  Lande.  Und  als  die  Vorlage  der 
Entschädigung  Steubens  am  7.  ^NFai  1790 
aufs  neue  zur  Verhandlung  kam,  trat  der 
Abgeordnete  Page  mit  folgenden  Worten 
für  dieselbe  ein :  „Dieser  berühmte  Veteran 


DER  AXTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UXABHAEXCrOKEITS-KRIEGE. 


117 


bot  uns  sein  Schwert  unter  so  grossniütigen 
Bedingungen  an  und  leistete  uns  so  wesent- 
liche Dienste,  dass  ich  für  den  Kongress  er- 
röten würde,  falls  die  Ansichten  einzelner 
^Mitglieder  zu  Beschlüssen  erhoben  werden 
sollten.  Es  ist  des  Kongresses  unwürdig, 
dass,  nachdem  er  so  lange  die  Vorteile  dieser 
Dienste  genossen  hat,  er  jetzt  ängstlich  die 
Bedingungen  untersuchen  will,  unter  denen 
sie  angetragen  wurden.  Ich  wäge  sie  nicht 
mit  den  vorgeschlagenen  Dollars  ab ;  ich 
halte  sie  für  bedeutender  als  die  höchste 
Summe,  die  wir  dafür  geben  können.  Wenn 
es  von  mir  abhinge,  eine  Belohnung  für  die 
Opfer  vorzuschlagen,  die  er  brachte,  um 
nach  Amerika  zu  kommen  und  unsere 
Schlachten  zu  schlagen,  so  würde  ich,  da- 
rauf können  Sie  sich  verlassen,  eine  viel 
grössere  Summe  bestinnnen,  als  irgend  einer 
von  Ihnen  vermutet." 

Erst  am  -1.  Juni  1790  wurde  die  uner- 
quickliche Sache  aus  der  Welt  geschafft, 
inid  zwar  durch  den  Beschluss,  Steuben,  so 
lange  er  lebe,  eine  Pension  von  2500  Dollars 
auszuzahlen. 

Den  Rest  seiner  Tage  verlebte  Baron  von 
Steuben  in  der  Stadt  Xcav  York.  Im  Som- 
mer pflegte  er  sein  im  Herzen  des  Staates 
gelegenes  Besitztum  aufzusuchen,  wo  er  in- 
mitten der  grossartigen  Waldwildnis  ein 
geräumiges  Blockhaus  erbauen  liess  und 
seine  Zeit  mit  landwirtschaftlichen  Arbei- 
ten und  wissenschaftlicher  Lektüre  ver- 
brachte. Da  er  nie  verheiratet  war,  so  be- 
schränkte sich  sein  Verkehr  auf  einige  ver- 
traute Diener,  die  ihm  freudig  in  die  Ein- 
samkeit folgten. 

Leider  war  dem  wackeren  Kämpen  kein 
längerer  Lebensabend  beschieden.  Eben 
04  Jahre  alt  geworden,  ward  er  von  einem 
Schlaganfall  betroffen,  dem  er  am  25.  No- 
vember 1794  erlag. 

Seinem  Wunsche  gemäss  wurde  er  in 
seinem  Soldatenmantel,  geschmückt  mit  dem 
unter  Friedrich  dem  Grossen  erworbenen 
hohen  Orden,  begraben,  und  zwar  inmitten 


eines  uralten,  aus  Eichen  und  Buchen  be- 
stehenden Hains,  der  auf  der  höchsten,  alle 
Lande  überschauende  Höhe  der  Grafschaft 
Oneida  liegt  und  dessen  Umrisse,  aus  weiter 
Ferne  gesehen,  den  Glauben  erwecken  könn- 
ten, als  befinde  sich  dort  ein  mächtiges 
Hühnengrab,  einer  jener  mit  Gras  und  Ge- 
strüpp überwucherten  Erdhügel,  wie  sie 
während  vorgeschichtlicher  Zeiten  in  Skan- 
dinavien über  den  Leichen  gewaltiger 
Recken  aufgehäuft  wurden,  um  denselben 
nicht  nur  als  Ruhestätten  sondern  zugleich 
als  würdiges  Malzeichen  zu  dienen  und  die 
Jahrtausende  zu  überdauern. 

Erst  beim  Näherkommen  sehen  wir  den 
vermeintlichen  Hügel  sich  in  zahllose  Baum- 
gipfel auflösen  und  erkennen  voll  Staunen, 
dass  wir  uns  am  Rand  eines  inselgleich  zwi- 
schen den  Feldern  und  ]\Iatten  gelegenen 
Restes  jener  unermesslichen  Wildniss  be- 
finden, welche  noch  zu  Anfang  des  acht- 
zehnten Jahrhunderts  den  ganzen  Staat 
New  York  bedeckte. 

Treten  Avir  in  den  Hain  ein,  so  umfängt 
uns  geheimnissvolles  Dunkel,  und  über  uns 
klingt  seltsames  Raunen  und  Rauschen,  als 
wollten  die  Blätter  daran  mahnen,  dass  wir 
uns  auf  geweihtem  Boden  befinden.  ]\Iäch- 
tige,  vor  langer  Zeit  vom  Sturm  gestürzte 
Urwaldriesen  liegen  umher,  gleich  Helden, 
die  im  grimmen  Kampfe  fielen,  als  es  galt, 
den  erhabenen  Führer  zu  schützen.  Beim 
Hinwegsteigen  über  die  moosüberwucher- 
ten, morschen  Stämme  fallen  die  erstaunten 
Blicke  auf  ein  in  der  Mitte  des  Hains  sich 
erhebendes  Grabmal,  dessen  graue  Quader 
einen  über  einer  abgeflachten  Pyramide 
ruhenden  AVürfel  bilden.  Vier  an  den 
Ecken  des  J\Ionumentes  mit  den  Älündun- 
gen  in  den  Erdboden  eingerammte  Ge- 
schützläufe sowie  einige  Kugelpyramiden 
verraten,  dass  hier  die  Ruhestätte  des 
ruhmvollen  Feldherrn  ist.  Aber  weder  In- 
schriften noch  Jahreszahlen  verkünden,  wo 
derselbe  geboren  wurde,  welche  Taten  er 
verrichtete  und  wann  er  seine  irdische 
Laufbahn  besehloss.     Nur  der  von  einem 


118 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAEXGIGKEITS  KRIEGE. 


Eichenkranz   umgebene    Name    „Steiiben" 
verkündigt,  wer  hier  ruht. 

Die  das  Donknial  uingel)ende  "Wildnis 
ist  nicht  die  Folge  mangelhafter  Fürsorge 
für  das  Grabmal  des  grossen  Todten.  Sie 
entsprang  der  letztwilligen  Bestimmung 
Steubens,  dass  keiner  der  sein  Grab  umge- 
benden Bäume  weggeräumt  werden  solle, 
wenn  sie  einst  fallen  würden.  Sie  sowohl 
wie  die  vom  Sturm  abgerissenen  Aeste  soll- 
ten Symbole  der  Vergänglichkeit  sein,  wel- 
cher das  "Weltall  wie  sännntliche  lebende 
"Wesen  unterworfen  sind. 

Inmitten  seiner  entlegenen  "Waldeinsam- 
keit wird  das  Grab  nur  .selten  besucht,  aber 
der  Name  Steubens  ist  mit  leuchtenden  Let- 
tern in  die  Geschichte  eingetragen  und  wird 
klingen,  so  lange  es  eine  dankbare  Erinne- 
rung gibt. 

Was  Steuben  in  seinem  ersten  an  den 
Kongress  gerichteten  Schreiben  wünschte: 
„dass  sein  Name  dereinst  unter  den  Vertei- 
digern der  amerikanischen  Freiheit  genannt 
werden  möge",  wurde  ihm  voll  und  ganz 
zuteil.  Indem  er  seine  Kräfte  der  jungen 
amerikanischen  Nation  widmete,  verwob  er 
seinen  Namen  unlösbar  mit  dem  grössten 
und  folgenreichsten  Ereigniss  der  moder- 
nen Geschichte,  dem  Unabhängigkeitskampf 
der  Vereinigten  Kolonien. 

Solange  das  Andenken  an  dieses  Ereig- 
niss erhalten  bleibt,  so  lange  wird  auch  das 
Gedächtniss  Steubens  lebendig  bleiben. 

Antheil  der  Deutschamerikaner  an  den 
Kriegen  von    1812  und  mit  Mexiko. 

Die  Kriege,  welche  die  Union  im  19. 
Jahrhundert  gegen  England  und  INFexico 
führen  musste,  gaben  den  Deutschameri- 
kanern überreiche  Gelegenheit,  ihre  be- 
währte Loyalität  gegenüber  der  Adoptiv- 
heimat  aufs  neue  zu  beweisen.  Es  wieder- 
holten sich  dabei  dieselben  Beispiele  hoch- 
herziger Aufopferung  und  Tapferkeit,  an 
denen  die  Deutschen  es  während  der  Kriege 
des  18.  Jahrhunderts  nicht  fehlen  Hessen. 


Die  wichtigsten  Ereignisse  das  im  Jahre 
1812  entbrennenden  Kampfes  mit  England 
spielten  sich  meistens  zur  See  und  an  der 
canadischen  Grenze  ab.  Sie  nahmen  die 
Mithülfe  der  Bevölkerung  wenig  in  An- 
spruch. Diese  Zeit  kam  erst  im  Jahre 
1814,  als  nach  der  für  die  Amerikaner  un- 
glücklichen Schlacht  bei  Bladensburg  die 
Engländer  am  24.  August  die  Bundes- 
hauptstadt "Washington  überfielen  und  das 
Kapitol,  das  Schatzamt,  das  Ai-senal,  die 
Kasernen,  den  "Wohnsitz  des  Präsidenten 
sowie  zahlreiche  Privatgebäude  plünderten 
und  niederbrannten. 

Kühn  gemacht  durch  diesen  Erfolg,  be- 
reiteten die  Briten  einen  ähnlichen  Hand- 
streich gegen  Baltimore  vor.  Diese  Stadt 
war  ihnen  besonders  verha.sst,  weil  von  hier 
aus  zahlreiche  Kaperschiffe  ausliefen,  die 
der  englischen  Handelsflotte  ungeheuren 
Schaden  zufügten.  ..Baltimore  is  the  great 
repository  of  the  hostile  spirit  of  the 
United  States  again.st  England",  so  hatte 
man  im  Parliament  nicht  mit  Unrecht  er- 
klärt. 

Es  war  am  Sonntag,  den  11.  September, 
als  das  aus  70  Fahrzeugen  bestehende  bri- 
tische Geschwader  bei  dem  12  ]\Ieilen  von 
Baltimore  entfernten  North  Point  erschien 
und  7000  unter  dem  Befehl  des  Generale 
Ross  stehende  Fussoldaten  und  Artilleri- 
sten landete.  "Während  die.se  gegen  die 
Stadt  vorrückten,  segelte  das  Geschwader 
die  Patapsco  Bai  hinauf,  um  das  den  Hafen 
schützende  Fort  IMcITenry  zu  erobern.  Aber 
die  Feinde  fanden  die  Bewohner  der  Stadt 
wie  die  Besatzung  des  Forts  wohl  vorbe- 
reitet. Sämmtliche  ^Milizen  standen  unter 
den  Waffen.  Eine  3000  :\lann  .starke  Ab- 
teilung unter  General  Johann  Stricker  (geb. 
1759  zu  Frederick,  ]\Id.,  als  Sohn  des  Ober- 
lieutenant Georg  Stricker  vom  deutschen 
Bataillon  des  Staates  Maryland)  rückte  den 
Engländern  entgegen  und  fügte  ihnen  die 
ersten  schlimmen  Verluste  zu,  Avobei  die 
Scharfschützen  den  General  Ro.ss  so  schwer 
verwundeten,  dass  derselbe  noch  während 


DER  AXTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


119 


des    Rücktransports    nach     den    Schiffen 
«tarb. 

Vor  der  bedeutenden  Uebermacht  muss- 
ten  zwar  die  Truppen  Strickers  sieh  laug- 
sam zurückziehen,  aber  sie  hielten  die 
Feinde  beständig  in  Sehach. 

Am  Morgen  des  12.  September  eröffnete 
<ias  englische  Geschwader  ein  furchtbares 
Bombardement  auf  Fort  McHenry.  Hier 
befehligte  der  Artillerie-]\Iajor  Georg  Arm- 
■stadt  oder  Annistead  (geb.  10.  April  1780 
zu  New  ]\Iarket,  Virginieu,  als  Sohn  des 
Hessen-Darmstädters  Johann  Arnistadt). 
Die  Kanonade  währte  36  Stunden  lang.  In 
•der  Nacht  vom  13.  auf  den  14.  September 
unternahmen  die  Belagerer  auf  Booten  und 
Barken  einen  Sturm  gegen  das  Fort,  wur- 
den aber  von  der  tapferen  Besatzung  mit 
•so  schweren  Verlusten  abgewiesen,  dass  sie 
keinen  zweiten  Angriff  Avagten,  sondern 
sammt  den  Landtruppen  auf  die  Schiffe 
zurückkehrten,  ohne  irgendwelche  Erfolge 
erzielt  zu  haben.  Das  Geschwader  stach 
am  16.  September  Avieder  in  See,  worauf 
die  Bewohner  von  Baltimore  aufatmen 
konnten.  Die  an  jenen  kritischen  Tagen 
von  deutschen  und  amerikanischen  ^Milizen 
Terrichteten  Heldentaten  waren  es,  welche 
Francis  Scott  Key  zu  dem  Lied  „The  Star 
Spangled  Banner"  begeisterten,  welches  die 
Nationalhymne  der  Amerikaner  geworden 
ist. 

Der  Anteil  der  Deutschamerikaner  an 
•der  ruhmvollen  Verteidigung  der  Stadt 
Baltimore  war,  abgesehen  von  den  Leistun- 
gen des  Generals  Stricker  und  des  Majors 
Armstadt,  bedeutend.  Denn  unter  den  Mi- 
lizen der  Stadt  waren  sie,  wie  die  „Histori- 
sche GeselLschaft  von  ^Maryland"  nachge- 
wiesen hat,  ausserordentlich  stark  vertreten. 
Zu  diesen  gesellten  sieh  in  den  Tagen  der 
Bedrängnis  deutsche  ^Milizen  mehrerer 
Nachbarstädte,  die  auf  die  Alarmsignale 
schleunigst  herbeieilten. 

Auch  als  die  Vereinigten  Staaten  ihren 
Streit  mit  ^Mexico  aiLsfochten,  offenbarte 
sich,  wie  Franz  Löher  in  seiner  „Geschichte 


der  Deutschen  in  Amerika"  schildert,  der 
lustige  Kriegsmut  der  Deutsehen  in  herr- 
lichster Weise.  „Dreimal  rief  der  Präsident 
Freiwillige  auf,   und  jedesmal  waren   die 
Deutschen    zuerst    auf   dem    Sammelplatz. 
Beim  ersten  Aufruf  waren  in  St.  Louis  drei 
deutsche  Freischaaren  von  260  :\Linn  acht 
Tage  vor  den  282  Amerikanern  fertig,  und 
135    deutsche    Artilleristen    machten    sich 
bald  darauf  aus  derselben  Stadt  auf.     St. 
Charles   sandte   109    Husaren;   der   kleine 
Ort  Hermann  seine  schmucken  Jäger.  Aus 
New  Orleans  gingen  sofort  600  Deutsche 
zum  Kriegsschauplatz  ab.     In  Cincinnati, 
Louisville,    Columbus,    Dayton,    Pittsburg, 
Buffalo,    Baltimore    und    vielen    anderen 
Städten  zeigten  die  Deutschen  gleiche  Be- 
geisterung.    Unter  den  vielen,  die  sich  in 
diesem  Kriege  auszeichneten,  ist  vor  allen 
Johann  Anton  Quitmann   zu  nennen,   ein 
Sohn  des  aus  dem  Rheinland  stammenden 
Predigers    Friedrich    Heinrich    Quiftnann. 
Unser  im  Jahre  1798  zu  Rhinebeck.  N.  Y., 
geborener  Held  zählte  zu  denjenigen  Ame- 
rikanern, welche  beim  ersten  Aufflackern 
der  Unabhängigkeitsbestrebungen   in   dem 
noch  zu  Mexico  gehörigen   Texas   dorthin 
eilten,  um  den  Texanern  Beistand  zu  leis- 
ten.    Als  im  Jahre  1845  der  längst  erwar- 
tete   Krieg   mit   Mexico    au-sbrach,    wurde 
Quitmann  vom  Präsidenten  Polk  zum  Bri- 
gade-General ernannt  und  der  6000  Mann 
starken  Armee  des  Generals  Taylor  zuge- 
wiesen.    Mit   dieser  beteiligte   er  sich   im 
September    1846    an    der    Eroberung    der 
stark  befestigten,   von   10,000   :\Iexicanern 
besetzten  Stadt  IMonterey.     Quitmann  fiel 
die    schwierige    Aufgabe    zu,    mit    seinen 
Truppen  die  Stadt  von  vorne  zu  berennen, 
während  Taylor 's   Regimenter    die  hinter 
der  Stadt  liegenden  Höhen  erstürmten.  Ob- 
wohl die  in  den  Häusern  und  auf  den  Dä- 
chern   der    Stadt  verschanzten  Mexicaner 
den  Truppen  Quitmanns  einen  wahren  Ha- 
gel von  Kugeln  entgegensandten,  gelang  es 
denselben  doch,  zum  ^Marktplatz  vorzudrin- 
gen und  auf  einer  Turmspitze  die  amerika- 


120 


DER  AXTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGIGKEITS-KRIEGE. 


General  Quitmann  hä  der  ErstuermuDg  von  Chapultepec. 


DER  ANTHEIL  DER  DEUTSCHEN  AM  UNABHAENGICKKITS  KRTEOK. 


121 


nische  Flagge  zu  entfalten.  Dann  folgte 
ein  erbitterter  Kampf,  während  dessen  jede 
Behausung,  jedes  Daeh  erobert  werden 
mnssten,  ehe  die  Mexicaner  sieh  zur  üeber- 
gabe  entschlossen. 

Qnitmann  nahm,  für  seinen  Heldenmut 
zum  General  befördert,  im  Frühling  1847 
an  dem  Bombardement  der  Stadt  Vera 
Cruz  teil.  "Während  General  Scott  die 
amerikanische  Flotte  kommandirte,  befeh- 
ligte Quitmann  die  Landbatterie.  Die 
fürchterliche,  vier  Tage  andauernde  Kano- 
nade endete  mit  dem  Fall  der  Stadt. 

Darauf  zog  Quitmann  mit  der  siegreichen 
Armee  Scott 's  gegen  die  Hauptstadt 
Mexico.  Am  13.  September  erstürmte  er 
zunächst  mit  seiner  Brigade  die  für  unein- 
nehmbar gehaltene  Felsenfestung  Chapul- 
tepec.     Dann  folgte  die  Beschiessung  der 


Hauptstadt  ]Mexic<>  und  am  15.  September 
deren  Einnahme,  worauf  Quitmann  in  An- 
erkennung seiner  vielen  Verdienste  zum 
Gouverneur  von  ^Mexico  ernannt  wurde. 

Nach  dem  Friedenssehluss  leistete  Quit- 
mann  als   Gouverneur  des  Staates   ]\Iissis 
sippi   sowie   als   ^litglied   des   Bundeskon 
gresses  noch   hervorragende   Dienste. 

jNIit  hoher  Auszeichnung  fochten  ferner 
im  mexikani.schen  Kriege  die  deutschen 
Offiziere  August  Moor,  von  Gilsa,  Samuel 
Peter  Ileimclmann,  CJiristian  Steinwehr, 
Julius  Kaith,  Heinrich  Bohlen,  Aelolf  von 
Steinivehr  und  viele  andere.  — 

Den  hier  genannten  war  es  Avährend  des 
furchtbaren  Bürgerkriegs  der  Jahre  1861 
— 1865  besehieden,  zu  den  höchsten  militä- 
rischen Ehrenposten  innerhalb  des  ameri- 
kanischen Heeres  emporzusteigen. 


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Der  deutsche  Soldat  im  Buergerkriege. 

WILHELM   KAUFMANN,  Cleveland,  Ohio. 


Oft  ist  die  freilieh  nie  zu  entscheidende 
Frage  e-estellt  worden,  wek'hes  wohl  die 
schönste  und  ruhmreichste  Ei)izelihat  in 
dem  Wirken  der  amerikanischen  Deutsehen 
sein  möge.  Soll  man  dem  deutsclien  Bauer 
den  ersten  Platz  in  dieser  Rulnneshalle  zu- 
weisen ?  Oder  besitzt  der  deutsche  Kauf- 
mann imd  Industrielle  mit  seinen  zahllosen 
Sehwärmen  geschulter  Arbeitskräfte,  der 
Städteerbauer  inid  Förderer  von  Handel, 
Industrie  und  Gewerbfleiss  ein  besseres 
Anrecht  darauf?  Oder  aber  hat  der  deut- 
sehe Gelehrte  und  dessen  weitverzweigter 
Kreis  von  Ingenieuren,  Technikern.  Schul- 
männern, den  Fachleuten  auf  dem  Gebiet 
des  Bergbaus,  den  Künstlern  u.  s.  w.  dem 
neuen  Vaterlande  das  Beste  dargebracht. 
was  das  alte  Deutschland  zu  geben  ver- 
mochte? —  So  hat  man  oft  gefragt,  ohne 
sich  auf  eine  xVntwort  einigen  zu  können. 
Aber  doch  ist  diese  Frage  durchaus  keine 
müssige  gewesen.  Denn  dass  man  sie  stel- 
len und  ernsthaft  darüber  verhandeln  kann, 
beweist  uns  immer  die  Vielseitigkeit  der 
Befruchtung  Amerikas  durch  Deutschland, 
welches  seit  über  tausend  Jahren  die  ganze 
"Welt  mit  seiner  Kultur  durchtränkt  und 
belebt  hat.  und  welches  auf  das  erste  IMut- 
terland  Nordamerikas,  auf  England,  als 
auf  seine  fruchtbarste  Tochter  hinblicken 
kann. 

Wenn  wir  nun  behaupten,  dass  zu  dem 
deutsehen  Bauer,  zu  dem  Kaufmann  und 
Gelehrten  aus  unserem  Volke,  sich  noch 
«in  viertes  Element,  der  deutsche  Soldat, 
stellen  imd  berechtigten  Anspruch  auf 
Theilhaberschaft  an  jenem  Ruhmeskranze 


erheben  kann,  so  wird  das  zunächst  wohl 
befremden.  Denn  das  AVerk  des  Soldaten 
ist  ja  auf  Zerstörung  gerichtet.  Aber  wenn 
dieses  Werk  die  Grundlagen  zu  einem  noth- 
wendig  gewordenen  Neubau  der  Republik 
schafft,  wenn  durch  jenes  AVerk  ein  böses 
Gift  aus  dem  Volkskörper  ausgeschieden 
wird,  welches  diesen  zu  untergraben 
drohte,  so  kann  man  auch  das  Wirken  des 
Soldaten  als  kulturfördernd  ansehen. 
Durch  den  Ausgang  des  Bürgerkrieges 
wurde  der  Zerfall  der  Republik  verhindert, 
und  sie  sellist  wurde  durch  diese  Blut-  und 
Feuertaufe  auf  hoffentlich  unzerstörbaren 
Stützen  neu  errichtet  und  konsolidirt.  Das 
Bestehen  des  Eiiihcits^ta-äte^  ist  aber  die 
Vorbedingung  jeder  fortschrittlichen  Ent- 
wicklung innerhalb  desselben. 

Welchen  Antheil  der  deutsche  Soldat  an 
dem  Weiterbestehen  der  Union,  an  der  Ver- 
hinderung der  Theilung  des  Landes  in 
zwei  nothwendigerweise  sich  feindlich  ge- 
genüberstehende Sonderstaaten  hat,  das 
soll  hier  in  kurzen  Frarissen  geschildert 
und  den  Lesern  dargelegt  werden.  Ver- 
wiesen wird  dabei  immer  auf  des  Verfassers 
grössere  Arbeit  ,./)/r  Dcutxchf))  Im  Bürger- 
krirc/f",  welche  vor  Kurzem  in  etwa  him- 
dert  deutschen  Zeitungen  Amerikas  er- 
schienen ist  und  später  in  noch  beträcht- 
lich erweiterter  Form  als  Buch  zugänglich 
werden  wird. 

Der  Antheil  der  Deutschen  an  der  Nie- 
derwerfung der  Rebellion  ist  weit  wichtiger 
und  ent.scheidender  gewesen,  als  sich  aus 
der  Zahl  der  deutschgeborenen  Soldaten 
und    aus    deren    Kriegsthaten    nachweisen 


124 


DER  DKUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


lässt.  Wenn  nur  die  Gnippivuncj  der  Deut- 
schen im  Gebiete  der  l'nion  eine  iindere  ge- 
Avesen  wäre,  wenn  sieh  z.  B.  die  Deutschen 
gkMchniiissig  über  das  (janzc  Land  zerstreut 
hätten,  so  hätte  der  Süden  sicheilich  den 
Sieg  davongetragen.  Demi  in  solchem 
Falle  hätte  der  Süden  statt  ÖU  .Millionen 
AVeisse,  deren  sicherlich  zwei  ^Millionen 
mehr  besessen  und  dfr  Xordeii,  statt  wenig 
über  1!»  Millionen,  deren  nur  17.  Was  aber 
hätte  eine  .solche  Kräfteverschiebung  be- 
deutet .'  .Alan  denke  dabei  nur  an  die 
Kriegstage  di-r  ersten  drei  Jahre,  nament- 
lich an  den  Alai  1863. 

Die  ganze  Wucht  der  deutsehen  Einwan- 
derung ist  dem  Norden  zu  Gute  gekommen. 
Von  deutschgeborenen  Einwanderern  und 
Nachkonnnen  früher  eingewanderter  Deut- 
schen lebten  1S60  im  Norden  sicherlich 
sechs  Alillioncn.  AVelclie  A^olkskraft  und 
Kulturkraft  steckte  in  diesem  Stannue! 
Dem  General  Lee  wird  das  AVort  zuge- 
schrieben: ,,Ta1:c  thc  Dutch  out  of  the 
Union  armics  and  ivc  could  wliip  the 
Yankees  easihj."  Ob  das  Lee  wirklich  ge- 
sagt hat.  erscheint  zweifelhaft,  aber  Recht 
hätte  er  wohl  gehabt,  wenn  er  sich  so  ge- 
äussert haben  würde. 

Geborene  Deutsche  wohnten  1860  nach 
dem  Census  in  den  A^er.  Staaten  1,205,694. 
Davon  kamen  auf  den  Norden  und  die 
Grenzstaaten  1,135,313*,  auf  die  elf  Con- 
föderirten  Staaten  nur  70,381  Deutsche. 
Ganz  ähnlich  war  das  A^erhältniss  des  im 
Norden  geborenen  Xachwuchscs  deutscher 
Einwanderer  zu  den  im  Süden  wohnenden 
Deutschnachkonnnen.  Es  gab  5i/4  Alillio- 
nen  Alenschen  deutschen  Stammes  im  Nor- 
den gegen  kaum  eine  halbe  Alillion  dieses 


*)  Genauer:  Freier  Norden  977,722  geb.  Deut- 
sche. Die  vier  Grenzstaaten  Missouri,  Kentucky, 
Maryland  und  Delaware  157,591  geb.  Deutsche.  Da 
aber  die  Deutschen  der  Grenzstaaten  (mit  wenigen 
Ausnahmen  wesentlich  in  ^laryland,  welche  Aus- 
nahmen durch  deutsche  Unionspatrioten  in  Texas 
dreifach  aufgehoben  wurden),  unionstreu  bis  ins 
Mark  waren,  so  kann  man  obige  Gruppirung  als 
richtig  betrachten. 


Stanniies  im  Süden.  Alit  anderen  Worten: 
Es  kämjifti'n  141,^  ^Millionen  »('c7< /deutscheu 
Stanniies  und  öy^  Alillionen  deutschen 
Stannnes  auf  Seiten  der  l'nion.  und  5  Alil- 
lioiicii  Aiigcisacliseii.  Kelten  und  Lateiner, 
sowie  eine  halbe  Million  tleutsclier  Abkunft 
für  die  (Vmföderation.  Dieser  Schätzung 
wii'd  jeder  Keinier  der  Nationalitätsver- 
hältnisse in  den  Ver.  Staaten  zustimmen 
müssen.  A^ielleicht  ist  die  Schätzung  von 
einer  halben  Alillion  teutonischen  Stanniies 
für  den  Süden  noch  etwas  zu  hoch. 

Es  ist  gar  nicht  nothwendig,  auf  den 
vielleicht  Äusschlag-gehenden  Antheil  des. 
deutschen  Elements  an  der  Kriegsentschei- 
dung näher  einzugehen.  Jene  Ziffern  sind 
überzeugend  genug. 

Zunächst  sei  aufmerksam  gemacht  auf 
das  merkwürdig  rechtzeitige  Einsetzen  der 
beiden  grossen  deutschen  Auswanderer- 
ströme. Bald  nachdem  die  erste  grosse 
Einwanderung  reiner  Angelsachsen  in  den 
Jugendjahren  der  Kolonien  um  1650  abge- 
flaut war,  beginnt  um  1683  die  deutsche 
Flüchtlings-  und  Proletarier-Einwande- 
derung  (schon  vorher  waren  zahlreiche 
Deutsche  in  Amerika),  welche  sich  erst 
um  1770  erschöpfte.  Diese  Pioniere,  welche 
Pennsylvanien  und  AVest-AIaryland  in 
einen  Garten  verwandeln,  New  Jersey,  das 
Shenandoah-,  das  Hudson-  und  ]\Iohawk- 
Thal  stark  befruchten  und  selbst  schon 
nach  dem  fernen  Süden  kräftig  vorstossen, 
werden  von  den  englisch  schreibenden 
Historikern  niemals  gebührend  gewürdigt. 
Aber  die  dadurch  bewirkte  Verstärkung 
der  jungen  amerikanischen  Nation  war 
weit  bedeutender,  als  man  allgemein  an- 
nimmt. Alan  lese  darüber  nament- 
lich Rupp.  Sicherlich  war  1775  ein  Fünf- 
tel des  weissen  A^ilkes  in  Amerika  deutscher 
Abstammung.  Hatte  die  A^orsehung  diese 
Leute  nicht  gerade  rechi zeitig  nach  Ame- 
rika geschickt.?  Freilich,  eine  Geschichts- 
schreibung, welche  heute  noch  die  tausend- 
mal widerlegte  Hessenlüge  dem  deutschen 
Volksthum    aufs  Kerbholz    setzt,  wird  die 


DKR  DKrTSCIIR  SOLDAT  IM  BUERORRKRTEOE. 


125 


Kraft,  welche  dieser  Volkseiiisehlag  zur 
Zeit  you  Washingtons  grösster  Noth  bedeu- 
tete, niemals  anerkennen. 

Aber  ebenso  rechtzeitig  setzte  der  zweite 
Strom  der  deutsehen  ^Masseneinwanderung 
gerade  dann  ein,  als  sieh  das  Sturmjahr 
1861  schon  längst  angekündigt  hatte  und 
man  der  Deutsclieii  am  meisten  1)eduri'te. 
Nur  ein  einziges  Jahrzehnt.  1881 — 90, 
brachte  mehr  Deutsche  nai-h  Amerika,  als 
die  Periode  18öl — 60.  unmittelbar  vor  dem 
Kriege.  "Wähi-cnd  dieses  Jahrzehnts  wan- 
derten 951.667  Deutsche  ein.  Rechnet  man 
aber  die  Dentsch-Elsiisser.  die  ferner  sehr 
zahlreichen  Schleswig  -  Holsteiner,  die 
Luxemburger  und  die  über  Canada  einge- 
Avanderten  Deutschen  hinzu,  welche  damals 
fils  Franzosen.  Dänen.  Holländer.  Canadier 
gezählt  worden  sind,  so  ist  es  rund  ri)ie 
Million.'  l'nd  diese  deutsche  Einwande- 
rung birgt  seltsamer  Weise  die  besten 
Kräfte,  welche  die  Union  jemals  von  dem 
germanischen  Theile  ihrer  ^lutterländer 
empfangen  hat. 

AVelche  Volkeskraft  steckte  in  der  ]\Iil- 
lion  deutscher  Einwanderer  von  1850 — 60! 
Darunter  Avaren  600.000  männlichen  Ge- 
schlechts, gemäss  des  Gesetzes,  wonach  auf 
drei  auswandernde  ^Männer  zwei  Frauen 
kommen.  T^nd  von  jenen  600,000  standen 
über  zwei  Drittel  im  Alter  von  15 — 40  Jah- 
ren. Die  Zahl  der  ül)er  50  Jahre  Zählenden 
war  ganz  gering,  die  Zahl  der  Knaben 
unter  15  Jahren  desto  grösser.  Kein  altge- 
gliedertes Volk  kann  soviel  jugendliche 
IMännlichkeit  besitzen,  als  ein  solcher  Aus- 
wandererschwai'in.  und  aus  diesem  Ausnah- 
mezustande erklärt  es  sich  auch,  dass  die 
amerikanischen  Deutschen  einen  so  viel 
grösseren  Prozentsatz  Soldaten  stellen 
konnten,  als  das  in  Amerika  eingeborene 
Volk.  Avelches  verhältnissmässig  weit  mehr 
Frauen.  Kinder  und  ältere  IMänner  barg. 
Und  dann  bestand  jene  INIillion  Deutscher 
zum  grossen  Theile  aus  einer  Auslese  der 
deutschen  Nation.  Die  Veranlassung  dieses 
Völkerstroms  war  die  deutsche  Revolution 


von  1848  gewesen.  An  dieser  hatten  sich 
aber  vornehmlich  die  deutsche  Intelligenz 
und  die  freisimiigen  ]\Iänner  aus  dem  Mit- 
telstande betiieiligt,  die  werthvollsten. 
fortschrittlich  denkenden  Elemente  des 
deut.schen  Volksthums.  Auch  haben  die 
Einwanderer  jenes  Jahrzehnts  A'olklich 
hesser  /usanniiengehalten.  als  ihre  Vorgän- 
ger und  ihre  Nachkommen.  So  wurden 
Viele,  welche  in  Deutscliland  der  Revolu- 
tion noch  fein  gestanden  hatten,  erst  in 
Amerika  Achtundvierziger,  d.  h.  sie  wurden 
dort  zu  freiheitlich  denkenden  ]\Iännern  er- 
zogen in  den  Agitationsschulen,  welche  die 


GENERALMAJOR    W.    S.    ROSECRANS. 

vielen  gei.stig  bedeutenden  Flüchtlinge  in 
der  damals  rasch  aufblühenden  Presse,  in 
den  Turnvereinen  und  in  den  Freimänner- 
Ininden  errichtet  hatten.  Wenn  es  auch 
Avahr  ist.  dass  manche  der  Bestrebungen 
jener  Idealisten  uns  heute  als  Utopien,  oder 
als  Entgleisungen  eines  ungezügelten  Re- 
formeifers anmuthen.  so  hat  jene  Agitation 
die  amerikanischen  Deutschen  doch  vor- 
trefflich für  die  Kriegszwecke  vorbereitet. 
Zu  den  1,135,313  Deutschen  des  Nordens 
kamen  bis  1864  noch  180,000,  und  zwar 
überwiegend  junge  ]\Iänner,  denn  während 
des  Kriegs  Avanderten  nur  wenige  Familien 


126 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


aus.  Beide  Ziffern  ergeben  zusammen 
1,315,313  Deutsehe.  Dieses  Volk  hat 
216,000  deutsehgeborene  rnionskämpfer 
gestellt.  (Siehe  die  Berechnung  in  Kauf- 
manns „Die  Deutsehen  im  Bürgerkriege".) 
Das  ist  eine  fast  beispiellose  militärische 
Lei.stung  und  kommt  derjenigen  Cstpreus- 
sens  während  der  Jahre  1813  und  1815 
durchaus  gleich.  Und  freiwillig  kamen  die 
IMeisten.  denn  unter  den  216.000  Mann 
befanden  sich  nur  36.740  Conscribirte. 

Die  Betheiligung  der  Deutschen  am  Bür- 
gerkriege war  bedeutend  stärker  als  dieje- 
nige jedes  anderen  Volkselementes  in  Ame- 
rika    (mit     Ausnahme     der     Canadier.*) 
Nach  der  Gouldschen  Statistik,  welche  in 
den  amtlichen  Berichten  publizirt  worden 
ist,  liätten  die  Deutschen  in  Amerika,  ge- 
mäss ihrer  Volkszahl,   128,102  jNIann  auf- 
bringen müssen.     Sie  haben  aber  216.000 
Mann  gestellt,  demnach  87,  898  mehr  als 
ihre  Pflichtzahl  betrug,  oder  achtundsech- 
zig   und   ein   halb   Prozent    mehr,   als   sie 
hätten  stellen  müssen !     Damit  wurde  das 
von    den    eingewanderten    Irländem    und 
Engländern  gestellte  Contingent  bedeutend 
übertroffen.    Auch  lässt  sich  leicht  der  Be- 
weis führen,  dass  unter  den  unionstreuen 
Elementen  des  Südens  die  Deutschen  am 
entschieden.sten  und  aufrichtigsten  für  die 
Union   Stellung  nahmen.     In   Texas  sind 
mehrere   hundert   deutsche   Unionsmänner 
im    Kampfe    mit    ihren    seeessionistischen 
Nachbarn  gefallen,  und  viele  Deutsche  aus 
Texas  kämpften  in  Missourier  Kegimentem 
für  die  Union.     In  New  Orleans  war  das 
Misstrauen  der  conf.  Behörden  gegen  die 
Deutschen  so    stark,    dass    man  Letzteren 
nicht  gestattete,  ein  deutsches  conf.  Regi- 


*)  Die  Canadier  sind  nicht  in  demselben  Masse 
ansässig  in  der  Union,  wie  die  Deutschen,  Irländer, 
Erjländer  etc.  Sie  wandern  viel  zwischen  Canada 
und  den  Ver.  Staaten.  In  den  letzten  Kriegsjah- 
ren nahmen  sie  massenhaft  Dienst,  um  die  hohe 
„Bounty"  zu  verdienen.  Als  sog.  „Bounty- Jump- 
ers" (Stellenvertretungs-Schwindler)  waren  sie  ge- 
radezu berüchtigt. 


ment  zu  bilden.  Den  vier  deutschen  Kom- 
pagnien des  Oberst  Reichard  wurden  vier 
irische  Kompagnien  beigegeben,  und  so  das 
20ste  Louisiana  Regiment  geschaffen. 

Zu  jenen  216,000  deutschgeborenen 
Uni<mssoldaten  traten  noch  8000  bis  10,000 
deutsche  Schweizer  und  wohl  gegen  4000 
Deutsch-Oesterreicher.  Letztere  waren  da- 
mals wenig  zahlreich  in  Amerika,  doch 
wurden  durch  den  Krieg  mehrere  hundert 
österreichische  Offiziere  zur  Auswande- 
rung und  zum  Kriegsdienste  für  die  Union 
veranlasst. 

Die  in  Amerika  geborenen  Nachkommen 
deutscher  Einwanderer  werden  bei  obigen 
Angaben  nicht  in  Betracht  gezogen,  doch 
sei  erwähnt,  dass  dieses  bei  Ausbruch  des 
Krieges  weit  über  vier  Millionen  zählende 
Volkselement  in  manchen  Theilen  des  Lan- 
des eigene  Regimenter  gebildet  hat.     Das 
geschah  dort,  wo  diese  Deutschnachkommen 
eigene  Siedlungen  hatten.     So  bildeten  sie 
in  Pennsylvanien  20  Infanterie-  und  vier 
Artillerie-Regimenter.     Das   43ste   Illinois 
Regiment  bestand  ausschliesslich  aus  Söh- 
nen der  deutsehen  Pioniere  von  Belleville. 
Auch  im  westlichen  Theile  Marylands,  im 
Osten  von  Ohio,  in  Wisconsin  konnte  man 
solche    Regimenter   von    Deutschnachkom- 
nien  finden.  —  Doch  kann  man  sagen,  dass 
zwei  Drittel  des  Contingents  von  Wiscon- 
sin (79,260  Mann  mit  drei  Jahren  Dienst- 
pflicht),   ein    gutes    Drittel    der    Ohioer 
Armee    (240,000  ]\Iann),  über  ein  Viertel 
der  Illinoiser  und  Indianaer  (214,000  und 
153,000),  ein  gutes  Drittel  der  Missourier 
(86,000)  aus  geborenen  Deutschen  und  aus 
Nachkommen   deutschen    Stammes   bestan- 
den haben  müssen.     Femer,  dass  fast  ein 
Drittel    der    Mannschaft    der    westlichen 
Heere,  welche  den  jMi.ssissippi,  dann  Ten- 
nessee eroberten  und  endlich  den  grossen 
]\Iarsch  durch  Georgia  und  die  Carolinas 
durchführten,  von  deutscher  Abkunft  war, 
oder  aus   geborenen   Deutschen   bestanden 
hat.    Beweisen  lässt  sich  diese  Behauptung 
allerdings  nicht,  wenn  man  nicht  eine  aus- 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


127 


führliehe  Geschichte  der  deutschen  Besied- 
lung des  Westens  dazu  beibringen  kann. 

Namentlich  bei  den  Deutschen  im  Osten 
zeigte  sich  sofort  die  Neigung,  eigene  Re- 
gimenter zu  bilden.     So  entstanden  in  New 
York  die  fast  nur  aus  geborenen  Deutschen 
bestehenden  Infanterieregimenter  7,  8,  20, 
29,  41.  45,  52,  54,  58  und  64,  einige  halb 
deutsche     Reiterregimenter    und    mehrere 
Batterien  mit  nur  deutschen  ^lannschaften. 
In     Pennsylvanien     waren     rein     deutsche 
Regimenter:   Nr.  21,  27,  73,  74  und  75.     In 
Ohio:  Nr.  9,  28,  37  und  107;  dazu  sieben 
Regimenter,    welche    zu    über    die    Hälfte 
deutsch    waren.      Indiana    stellte    das    be- 
rühmte 32ste   deutsche   Regiment.   Illinois 
die  beiden  Hecker  Regimenter  24  imd  82; 
Wisconsin  Nr.  9  und  26 ;  :\Iissouri  Nr.  1,  2, 
3,  4,  5,  12,  15  (halb  schweizerisch),  17,  39, 
40  und  41.  —  ]Mit  Ausnahme  von  Missouri 
und    Ohio   haben   sich   die   Deutschen    im 
Westen  weit  mehr  auf  andere  Regimenter 
vertheilt,  als  es  Anfangs  im  Osten  geschah. 
Doch  bildeten  sie  in  vielen  Regimentern  be- 
sondere Kompagnien.     Die  meisten   deut- 
schen Regimenter  zogen  mit  der  deutschen 
Kommandosprache  in 's  Feld,  und  mehrere 
trugen  sogar  preussische,  auch  bayerische 
Uniformen.      Doch   wurde   Letzteres   bald 
abgeschafft.  Die  meisten  der  rein  deutschen 
Regimenter  traten  schon  unter  den  75,000 
Mann    des    ersten    Lincoln 'sehen    AiTfrufs 
vom  15.  April  1861  auf.     Ja  es  bestanden 
schon    geschlossene   deutsehe    Truppenkör- 
per, ehe  jener  Aufruf  überhaupt  erfolgte. 
In  ^Missouri  exerzirten  die  Sehwarzen  Jäger 
bereits  im  Januar  1861,  in  Iowa  bildeten 
sieh  um   dieselbe  Zeit   deutsche   Truppen, 
und  die  Turner-Kompagnien  von  Washing- 
ton imd  Baltimore  Avaren  ebenfalls  schon 
vor  dem  Ausbruch  des  Krieges  zur  Stelle. 
Innerhalb  zweier  Tage  nach  dem  15.  April 
hatte  das  9te  Ohio  Regiment  bereits  einen 
Ueberschuss  von  ^Mannschaften.     Das  gilt 
auch  von  den  Turnerregimentern  7  imd  20 
von  New  York,   wie  denn   überhaupt   die 
deutschen  Turner  nicht  allein  die  Ersten 


waren,   welche  sich   für  den   Krieg  bereit 
machten,  sondern  auch  unter  allen  büi 
liehen  Organisationen  in  den  Ver.  Staaten 
diejenigen  waren,  welche  verhältnissmässig 
das   stärkste   Contingent    aus    ihrer   Mitte 
stellten.     Fünfzig  Prozent  aller  deutschen 
Turner  Amerikas  kämpften  für  die  Union. 
Es  wurden  leider  nicht  genug  rein  deut- 
sche Regimenter  gebildet,  und  deshalb  war 
es  unmöglich,  grössere  deutsehe  Truppen- 
einheiten  zu  schaffen.     Von   den   216,000 
deutschen  Soldaten  haben  höchstens  36,000 
in  rein  deutschen  oder  in  wesentlich  deut- 
sehen  Regimentern  gestanden.    Die  übrigen 
180,000  Mann  haben  sieh  zerstreut  unter 
den  Kriegern  anderen  Volksstammes.  Ueber 
eine  einzige,  allerdings  sehr  starke,  deutsche 
Division  kam  man  niemals  hinaus,  imd  nur 
in  Missouri    gab  es  ausserdem    noch  eine 
deutsehe  und  mehrere  halbdeutsehe  Briga- 
den.   Aus  diesem  Grunde  wird  das  Wirken 
der    Deutsehen    auf    den    Schlachtfeldern 
sehr    schwer    nachweisbar,    und    für    sich 
allein  konnten  unsere  Landsleute  keine  der 
grossen    Feldschlachten    gewinnen.      Diese 
Zerstreuung  der  Deutsehen  ist  sehr  zu  be- 
dauern.    Man  wende    da    nicht    ein,  dass 
dieses  ein  amerikanischer  Krieg  war,  dass 
unsere  Landsleute  als  amerikanische  Bür- 
ger zu  den  Waffen  gegriffen  hatten  und 
dass   das  Deutsehthum   dabei   keine   Rolle 
spielte.     Ein  solches  Argument  klingt  zu- 
nächst bestechend,  geht  man  jedoch  näher 
darauf  ein,  so  sinkt  es  zu  einer  tönenden 
Phrase  herab.    Denn  die  Deutschen  hätten 
der    Unionssaehe    sicherlich    noch    bessere 
Dienste  leisten  können,  wenn  sie  massen- 
haft in  grösseren  deutsehen  Einheiten  auf- 
getreten wären,  wenn  sie  mindestens  zwei 
rein  deutsche  Armeecorps,  eins  im  Osten 
und  eins  im  Westen,  gebildet  hätten,  was 
bei  einigem  guten  Willen   (die  Stimmung 
in  Washington  war  zu  Anfang  des  Krieges 
dem  durchaus  nicht  ungünstig)  Avohl  hätte 
geschehen  können.    Ist  es  denn  nur  ein  Zu- 
fall, dass  alle    rein    deutschen  Regimenter 
Elitetruppen  waren  ?    Welcher  hohe  Werth 


il28 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT   TM   BUERGERKRIEGE. 


ist  bei  der  preiissisi-hcn  IIeeri'.s()r»riniisation 
stets  darauf  p:elt'irt  worden,  dass  das  CJefiihl 
der  Landsuianiischaft  jrcpriejrt  wurde!  Krst 
iiaehdeni  sieli  dieses  Prinzip  in  den  Krietren 
von  1864,  1866  und  1870  so  vortrefflich 
bewährt  hatte,  liaben  es  aueh  die  Franzosen 
sieli  zu  eigen  geniaclit.  und  die  Oesterrei- 
cher.  lu'i  denen  es  sehoii  früher  l)estand. 
lud)en  es  el)en falls  weiter  austrehildet.  Die 
Tradition  der  einzelnen  Truppenköriier 
s]»ielt  eine  jifrosse  KoUe  in  der  Feldsehlaeht. 
Das  anierikanisehe  Freiwilliirenheer  ent- 
behrte fast  aller  Traditionen,  deshalb  hätte 
nuui  diejeni«ren  bet.»-ünsti«ien  sollen,  welehe 
sieh  doeh  darboten.  Sehurz  hat  einmal  fol- 
genden Satz  ausgesproehen :  ..In  meinem 
iranzen  Wirken  in  Amerika  bin  ieb  stets  der 
Mahnung  gefolgt,  dass  ieh  meinem  Deutseh- 
thum  keine  Sehande  maehen  dürfe." 
Dieser  Ausspruch  des  grössten  Deutsch- 
Amerikaners  unserer  Zeit  ist  hunderttau- 
senden  von  Landsleuten  aus  der  Seele  ge- 
sprochen, und  er  ist  besondei-s  zutreffend 
für  die  Anschauung  der  deutsehen  Solda- 
ten gewesen.  Das  Zusammenhalten  der 
Deutsehen  in  grossen  und  starken  Einhei- 
ten hat.  wie  der  glänzende  Reeord  der  rein 
deutsehen  Regimenter  zeigt,  nur  Vortheile 
geschaffen.  Tnd  ganz  gewiss  hat  das  Ame- 
rikanerthum  dieser  Soldaten  nicht  darunter 
gelitten.  Die  Veteranenverbände  jener 
deutsclien  Regimenter  beweisen  uns  das 
noch  heute.  Bessere  amerikanische  Patrio- 
ten, als  man  unter  jenen  deutschen  Vete- 
ranen antrifft,  findet  man  anderswo  aueh 
nicht. 

Die  deutschen  ^Mitkämpfer  in  der  Unions- 
armee haben  auch  die  Schlagfertigkeit  der 
letzteren  ausserordentlich  erhöht.  Es  be- 
fanden sich  sehr  viele  alte  Soldaten  nament- 
lich luiter  den  deutschen  p]inwanderern  des 
Jahrzehnts  1850 — 60.  Einzelne  Regimen- 
ter, so  das  8te  und  (bis  41ste  New  Yorker 
Regiment,  bestanden  ausschliesslich  aus 
deutschen  Veterani'n.  und  in  den  ül)rigen 
deutsehen  Regimentern  war  die  Zahl  der 
Gedienten  sehr  hoch.     Jedoch  auch  unter 


den  anglo-amerikanisehen  Ti-upjx'n  war 
vielfach  ein  starker  Stannu  gedienter  Deut- 
scher anzutreffen.  Diese  Leute  avancirten 
rasch  zu  Sergeanten  und  haben  viel  zu  der 
Ausbildung  der  Truppen  beigetragen.  Be- 
sonders viele  erfahrene  Artilleristen  stell- 
ten die  Deutschen,  und  es  war  dieses  eine 
dei-  Pi-sachen,  weshalb  die  l'nions-Ai'tillerie 
derjenigen  des  Feiiules  gleich  zu  Anfang 
des  Kamiifes  beti'ächtlich  ül)erlegen  war. 
Auch  die  üt)i-iircn  Spezialwaffen  waren 
sehr  stark  mit  Deutschen  durchsetzt,  na- 
mentlich das  Ingenieurwesen  mit  tüchtigen 
deutschen  Offizieren.  Nur  einige  dersell)en 
mögen  hier  genannt  wei-den  :  Ilassendeu- 
bel.  Flad.  Weitzel.  Iloffmaiui.  IIaui)t  und 
Xeffers.  In  der  tni)()urai)hischen  Abthei- 
lung wimmelte  es  von  ehemals  (hnitschen 
Offizieren.  Sie  waren  da  stets  überwiegend 
und  zahlreicher  als  die  Anglo-Amerikaner. 
Die    ])esten    Ki'iegskarten    viMvbniken    wir 

Deutschen. 

*       *       *       * 

Wie  die  Deutschen  in  Bi^zug  auf  die  Skla- 
vereifrage gesinnt  waren,  zeigte  sich  bei  der 
Präsidentenwahl  von  1860.  Schon  1856 
hatten  Ohio,  ^Michigan,  Iowa  und  Wiscon- 
sin, in  Folge  des  massenhaften  Uebertritts 
der  Deutschen  von  der  demokratischen  zur 
neuen  i-epublikanischen  Partei,  für  Fre- 
]nont  gestimmt.  1860  stinunten  nicht  nur 
diese  Staaten,  soiulern  andi  Indiana  (13), 
Illinois  (11)  und  ]\Iinnesota  (4  Electoral- 
stimmen)  für  Lincoln.  Letzterer  hat  selbst 
oft  genug  zugestanden,  dass  er  dem  politi- 
schen Umschwünge  der  Deutschen  im 
Westen  seine  Erwählung  verdanke,  und 
Senator  Sumner  hat  diese  Thatsache  eben- 
falls am  25.  Februar  '62  im  Bundessenate 
erwähnt.  Die  ganze  genannte  Staaten- 
gruppe zählte  66  Electoralstimmen.  Hätte 
Douglas  dort  nur  19  Stimmen  erhalten,  so 
hätte  Lincoln  eine  Stimme  weniger  bekom- 
men, als  zur  Erwählung  nothwendig  war, 
und  die  Präsidentenwahl  wäre  ^Mangels 
einer  ^Mehrheit  für  einen  der  vier  Kandida- 
ten durch  den  Kongress  entschieden  wor- 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


129 


den.  Es  wird  behauptet,  dass  damals 
300,000  Deutsehe  in  jenen  sieben  Staaten 
aus  der  demokratisehen  Partei  ausgetreten 
sind  und  anstatt  für  Doughis.  für  Lineoln 
gestinnnt  haben.  Beweisen  lässt  sieh  das 
natürlich  nicht.  Doch  waren  wohl  nicht 
nur  eingewanderte  Deutsche,  sondern  auch 
ein  Theil  ihrer  Xachkomnienschaft  unter 
jenen  300,000  vertreten.  Ausserdem  er- 
theilten  "Wisconsin,  ^Michigan  imd  Indiana 
den  Eingewanderten  damals  schon  nach 
einjährigem  Aufenthalte  im  Staate  das 
Stimmrecht. 

Der  deutsche  Sieg  in  Missouri. 

Die  schönste  und  wichtigste  Kriegsthat 
der  Deutschen  wurde  sofort  nach  Ausbruch 
des  Konflikts  vollbracht.  Da  diese  That  aber 
nicht  mit  einer  grossen  Schlacht  verknüpft 
war,  sondern  eigentlich  aus  einem  vortreff- 
lich durchgeführten  Handstreich  bestand, 
so  wurde  sie  niemals  gebührend  gewürdigt. 
Und  doch,  welche  Tragweite  hatte  dieser 
Sieg !  ]\Iissouri,  ein  Sklavenstaat,  ist  we- 
sentlich dadurch  für  die  Union  gesichert 
worden,  luid  gleichzeitig  wurde  hier  das 
Schicksal  des  Sklavenstaats  Kentucky  mit 
entschieden.  Diese  beiden  Staaten  zählten 
nahezu  zwei  ^Millionen  weissen  Volkes.  Ohne 
das  Eingreifen  der  Deutschen  wären  die- 
selben sicherlich  der  Seeession  anheimge- 
fallen. Dazu  kam  noch  die  ausserordent- 
lich wichtige  Lage  von  Missouri.  Dieser 
Staat  stösst  w'eit  gegen  Norden  vor.  Im 
Besitze  von  Missouri  hätte  der  Süden  leicht 
in  Illinois  und  Indiana  einbrechen  können, 
und  die  Kriegslage  wäre  wahrscheinlich 
eine  ganz  andere  geworden.  Hören  wir 
darüber  General  Graut.  Er  schreibt  in 
seinen  Memoiren,  Band  II,  Seite  465,  wie 
folgt : 

,,]Man  hat  fast  ganz  die  glänzenden  Leis- 
timgen  vergessen,  welche  im  Anfange  des 
Krieges  in  ^Missouri  vollbracht  wurden. 
"Wenn  St.  Louis  damals  von  den  Rebellen 
gekapert  worden  wäre,  so  würde  das  einen 
gewaltigen  Unterschied  in   der  Kriegfüh- 


rung bedeutet  haben.  Es  wäre  eine  furcht- 
bare Aufgabe  gewesen,  St.  Louis  zurückzu- 
erobern, eine  der  schwierigsten,  welche 
einem  Feldherrn  gestellt  werden  könnten. 
Statt  eines  Feldzugs  vor  "Vicksburg  wäre 
dann  ein  solcher  vor  St.  Louis  nothwendig 
gewesen.  Wir  verdanken  die  Rettung  von 
St.  Louis  Frank  Blair  und  Gen.  Lyon, 
hauptsächlich  Blair.  Die  Rebellen  hatten 
unter  dem  "S^orwande  militärischer  Schu- 
lung ihre  ]\Iilizregimenter  nach  einem 
Camp  Jackson  genannten  Lager  (innerhalb 
der  Stadtgrenzen  von  St.  Louis)  geschickt. 
Es  war  nothwendig,  rasch  einen  entschei- 
denden Schlag  zu  thun,  und  dazu  entschloss 
sich  Blair.     Es  waren  dort  einige  reguläre 


CARL    SCHURZ    ALS    REKRUT. 

Truppen  (200  Mann,  nebst  200  Rekruten) 
unter  Lyon.  Blair  rief  seine  deutschen  Re- 
gimenter herbei,  stellte  sich  (imd  diese 
deutsehen  Regimenter)  unter  Lyon 's  Be- 
fehl, ging  gegen  Camp  Jackson  vor,  drohte 
zu  feuern,  falls  die  Rebellen  im  Camp 
Jackson  nicht  kapituliren  würden,  und 
brachte  dann  die  ganze  Bande  als  Gefan- 
gene nach  St.  Louis.  Die  Eroberung  des 
Camp  Jackson  hatte  eine  gute  imd  eine 
schlechte  "Wirkung.  Viele  Unions-Demo- 
kraten wurden  dadurch  gereizt,  sie  erblick- 
ten darin  eine  Verletzung  der  Staaten- 
rechte.    Es  wurde  behauptet,  dass  die  Re- 


130 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT   IM   lU'ERGKRKRIEGE. 


g-ioniiiü-  allzu  scliroff  vorjrt'lie.  Sodann  liat 
die  That.saclio.  dass  l)<  titsciu  dazu  b<  nutzt 
wurdiii.  um  Amerikaner  abzufaiifren  (to 
eoerce  Amerieans)  —  freie  Amerikaner, 
welehe  in  ihrem  eignen  vom  Gouverneur 
des  Staates  eingerichteten  Lager  standen — 
Veranlassung  zu  Tadel  gegeben  (gave 
offense).  Al)er  kein  wirklich  loyaler  ]\Iann, 
dem  die  Union  das  Höchste  war.  hat  jenuils 
jenes  Vorgehen  missl)illigt.  —  Die  Erobe- 
rung jenes  Lagers  rettete  uns  St.  Louis,  er- 
sparte uns  eine  lange  und  schreckliche  Be- 
lagerung der  Stadt  und  war  einer  der  bes- 
ten Erfolge  des  ganzen  Krieges." 

Soweit  die  rein  militärische  Bedeutimg 
des  Sieges  von  St.  Louis  in  Betracht  kommt, 
ist  wohl  Niemand  zur  Beurtheihmg  zustän- 
diger als  Graut,  der  Bezwinger  von  Vicks- 
burg.  Aber  was  soll  man  zu  der  Auffas- 
sung Grant's  sagen  betreffs  der  Rolle,  wel- 
che die  Deutschen  bei  jener  glorreichen 
That  spielten?  Den  ganzen  Ruhm  spricht 
Graut  Herrn  Blair  zu.  die  Deutschen  wer- 
den nur  sozusagen  als  ^Mitläufer  behandelt. 
Blair  rief  „seine"  deutschen  Regimenter 
herbei!!  „Seine"  Regimenter!  Diese 
Truppen  waren  nicht  Blair 's  Schöpfung, 
sondern  ausschliesslich  das  Werk  der  deut- 
schen Patrioten.  L^nd  vor  wem  hat  denn 
das  Rebellenlager  eigentlich  kapitulirt? 
Etwa  vor  Herrn  Blairs  schönen  Augen? 
Gewiss  nicht.  Sondern  nur  vor  den  4200 
deutschen  Bajonetten.  Das  war's  allein, 
wodurch  der  Sieg  errungen  Avurde.  Ohne 
diese  deutschen  Soldaten  war  Herr  Blair 
eine  Null. 

General  Grant  meint,  die  Eroberung  des 
Camp  Jackson  habe  auch  eine  schlechte 
"Wirkung  gehabt,  insofern,  als  sich  wohl- 
meinende Demokraten  darüber  empörten, 
dass  man  ihre  Anschauungen  über  Staaten- 
rechte nicht  geschont  habe,  sowie  dass 
„freie  Amerikaner"  durch  Deutsche  zur 
Kapitulation  gezwungen  Miirden !  "Wenn 
diese  ,, wohlmeinenden  Demokraten" 
unionstreu  waren,  so  hätten  sie  sieh  freuen 
sollen,    dass    es    doch    noch    I\Iänner    gab, 


welche  die  alte  Flagge  retteten.     :\ran  wii-d 
den   Eindruck  nicht  los,  dass  Herr  Grant 
selbst    etwas    ungehöriges    darin    erblickt, 
da.ss  „freie  Amerikaner"  (d.  h.  hier  Rebei- 
len) dui-ch  Deutsche  (d.  h.  hier  Patrioten) 
eingefangen    wui-deii.      Grant   spricht  sich 
ganz    unbefangen    aus    und    hat    sicherlich 
nicht  die  Absicht  gehabt,  die  Deutschen  zu 
beleidigen     und    sie    als     Bürger    zweiter 
Klasse  hinzustellen.    Er  thut  das  aber  doch, 
und   zwar   ganz    unbewusst,   aus   der   dem 
Angloamerikaner    eingeimpften    Anscliau- 
ung   heraus,   dass   der   „Xative"   eine   Alt 
höheres  "Wesen  gegenüber  dem   P^ingewan- 
derten  darstelle.     Es  ist  das  die  durch  Er- 
ziehung und  Gewöhnung  gezeitigte  und  so 
schliesslich  als  etM-as  ganz  Berechtigtes  em- 
pfundene Anschauung  des  Aristokraten  ge- 
genüber  dem   Plebejer;   dieselbe  Ueberhe- 
])ung,    welche   der   deutsche   Junker    dem 
Bürgerstande,  der  ehemalige  Sklavenbaron 
dem  armen  "Weissen  des  Südens  entgegen 
brachte. 

Gewiss,  es  gab  damals  auch  unionstreue 
Angloamerikaner  in  St.  Louis.  Aber  zähne- 
knirschend und  seufzend  standen  sie  bei 
Seite,  als  es  sich  darum  handelte,  der  Ge- 
walt Gewalt  entgegenzusetzen.  Sie  waren 
eingeschüchtert  von  dem  frechen  Treiben 
des  Rebellengouverneurs  Jackson.  Anders 
die  Deutschen.  Die  hatten  seit  Monaten  die 
Krisis  kommen  sehen  und  sich  vorbereitet. 
Unbekümmert  um  die  Folgen  einer  etwai- 
gen Niederlage,  nur  getragen  von  dem  Be- 
wus.stsein,  dass  ihre  Pflicht  als  amerikani- 
sche Bürger  sie  zu  den  "Waffen  rufe, 
nahmen  sie  den  Kampf  gegen  die  gesammte 
Staatsmacht  von  IMi-ssouri  ganz  allein  auf. 
Es  war  das  eine  That,  die  nur  mit  der  Er- 
hebung Bostons  im  Revolutionskriege  ver- 
glichen werden  kann,  obschon  es  in  St. 
Louis  1861  verhältnissmässig  weit  mehr 
Secessionisten  gegeben  hat,  als  es  1775  in 
Boston  Tories  gab. 

Ich  will  Blair 's  ^Mithilfe  nicht  unter- 
schätzen, aber  man  sollte  sein  Verdienst 
auf    das    gebührende    Mass    beschränken. 


DKK  DKUTSCHE  SOLDAT  ^^\  P.T'ERC.KRKRTEGE. 


131 


Dasselbe  gilt  von  Lyon.  i\vv  wie  ein  Löwe 
kämpfend  bei  Wilson  Creck-  den  Heldentod 
fand.  Die  schönsten  Hliitlci-  in  dem  Lor- 
beerkranze, der  in  der  Behanptnnt;:  von  St. 
Louis  errungen  wui'de.  gel)ühren  nicht 
jenen  beiden  ]\lännei-n.  sondern  den  deut- 
sehen Patrioten.  —  .Man  stelle  sieh  vor,  die 
Irländer  hätten  jene  That  vollbracht,  wel- 
ches Aufheben  würde  wohl  davon  gemacht 
werden  ?  Aber  wir  beschämend  bescheidene 
Deutsehe ! ! 

St.  Louis,  damals  die  grösste  Handels- 
stadt des  Westens,  war  Avesentlieh  durch 
den  Dampferverkehr  auf  dem  IMississippi 
gross  und  reich  geworden.  Sein  IMarkt  lag 
vorwiegend  im  Süden.  Und  wohin  die  St. 
Louiser  Waaren  gingen,  dahin  gingen  auch 
die  Sympathien  der  St.  Louiser.  Die 
Stadt  wird  von  Grant  ein  KcbcUonicst  ge- 
nannt, und  Grant  hatte  dort  lange  gelebt. 
Für  den  Staat  Misso^^ri  bedeutete  St.  Louis 
damals  dasselbe,  was  Paris  für  Frankreich 
bedeutet.  Die  Stadt  zählte  fast  ein  Sechs- 
tel der  Bevölkerung  des  Staates,  sie  war, 
abgesehen  von  New  York,  Boston  und  Phi- 
ladelphia, die  reichste  Stadt  des  ganzen 
Landes. 

Als  Lincoln  am  15.  April  75,000  Frei- 
willige aufrief,  zu  welchen  Missouri  4,000 
Mann  zu  stellen  hatte,  sandte  der  Gouver- 
neur Jackson  von  Missouri  sofort  folgende 
Antwort  an  den  Präsidenten : 

„Ihre  Requisition  ist  ungesetzlich,  unkonstitu- 
tionell und  revolutionär,  in  ihren  Zwecken  un- 
menschlich und  teuflisch  und  es  kann  ihr  nicht 
entsprochen  werden.  Nicht  einen  Mann  wird  Mis- 
souri liefern  für  einen  so  unheiligen  Krieg !  ' ' 

Seit  j\Tonaten  hatte  derselbe  Gouverneur 
heindich  für  die  Kebellion  gerüstet,  imd  die 
secession istisch  gesinnte  Legislatur  hatte 
ihn  freudig  imterstützt.  Die  infamsten 
Gesetze  wurden  erlassen,  um  ]\Iissouris  Ein- 
tritt in  die  Rebellion  einzuleiten.  Das  Ent- 
führen eines  Negersklaven  wurde  mit  To- 
desstrafe bedroht ;  St. '  Louis  wurde  die 
eigene  Polizei  genommen,  und  dafür  eine 
nur  aus  Secessionisten  bestehende  Staats- 


polizei eingesetzt.  In  St.  Louis  koiniten 
10,000  Schulkinder  keinen  Unterricht  cm- 
lifangen,  weil  das  für  Bildung.szwecke  aus- 
gesetzte Geld  von  der  Legislatur  zu  Rüs- 
tungen bestinnnt  worden  war.  ^Missouri 
zählte  damals  rund  eine  I\Iillion  Weisse  und 
etwa  lOO.OOO  Sklaven.  Die  deutschgeborene 
Bevölkerung  betrug  1861  höchstens  !)0,(!()() 
Köpfe,  doch  stand  der  in  Amerika  gebo- 
rene Nachwuchs  der  Deutschen  wacker  zu 
seinen  lOltern.  Unsere  Landsleute  in  Älis- 
souri  ^\aren  unionstreu  bis  ins  Mark. 

Das  Deutschthum  der  Stadt  erhielt  von 
den  deutschen  Farmern  der  angrenzenden 
Coimties  Franklin,  Gasconade,  St.  Charles 
und  Warren  sehr  starken  Zuzug,  und 
ausserdem  schickte  Belleville  in  Illinois 
zahlreiche  Hülfstruppen.  So  kam  es,  dass 
die  Deutschen  sofort  mehr  als  die  doppelte 
Anzahl  von  Truppen  stellen  konnten,  als 
Präsident  Lincoln  von  dem  ganzen  Staate 
Missouri  verlangt  hatte.  Schon  am  20. 
April  standen  vier  ganz  deutsehe  Feldregi- 
menter und  eine  Pionier-Kompagnie,  zu- 
sammen 4200  Deutsche,  bereit,  dazu  kamen 
kurz  darauf  noch  das  fünfte  Regiment,  so- 
wie fünf  Regimenter  imd  mehrere  Kom- 
pagnien deutscher  Heirawehr,  im  Ganzen 
über  8500  Mann.  Nach  Börnsteins  Anga- 
ben waren  kaum  hundert  Angloamerikaner 
dabei,  die  ganze  übrige  Mannschaft  be- 
stand aus  Deutschen. 

Aber  es  dauerte  sehr  lange,  bis  diese 
Truppen  Waffen  erhielten.  Dass  dies  end- 
lich am  22.  April  geschah,  verdankt  man 
wesentlich  dem  Einflüsse  des  von  Gen. 
Grant  schon  genannten  Herrn  F.  P.  Blair, 
dessen  Bruder,  IMontgomery  Blair,  Mitglied 
von  Lincolns  Kabinet  war.  Lincoln,  nicht 
vertraut  mit  der  Lage  in  IMissouri,  hat 
lange  geschwankt,  bis  er  die  Erlaubniss  zur 
Bewaffnung  der  Deutsehen  gab.  Erst  als 
Letztere  drohten,  IMissouri  zu  verlassen  und 
sich  dem  Staate  Illinois  zur  Verfügung  zu 
stellen,  erfolgte  die  Bewaffnung. 

In  IMissouri  waren  damals  zwei  Bundes- 
arsenale, ein  kleineres  in  Liberty,  l\Io.,  und 


132 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEüE. 


der  grosse  Waffen  platz  (Areenal)  in  St. 
Louis,  dessen  Beliauptung  schon  deshall) 
von  grösster  AViclititrUeit  war,  weil  nur  von 
dort  aus  die  Freiwilligen  von  Iowa,  Illi- 
nois und  Indiana  ausgerüstet  werden  konn- 
ten. Bewacht  wurde  das  St.  Louiser  Arse- 
nal von  200  Mann  regulärer  Infanterie 
unter  Befehl  von  Capt.  Lyon. 

Der  Rebellengouverneur  Jaekson  hatte 
am  20.  April  das  Arsenal  in  Liberty  über- 
rumpelt und  sieh  die  der  Bundesregierung 
gehörenden  Waffen  angeeignet.  Gleich 
darauf  wollte  Jackson  das  St.  Louiser  Ar- 
senal angreifen.  Um  das  zu  bewerkstelli- 
gen, hatte  er  dicht  bei  St.  Louis,  ungefähr 
dort,  wo  später  der  Weltausstellungspark 
war,  mehrere  tausend  Secessionisten  zusam- 
mengezogen. Aber  kurz  vor  Ausführung 
dieses  Planes  hatten  die  deutschen  Frei- 
willigen endlich  die  Erlaubniss  zum  Ein- 
züge in  das  St.  Louiser  Arsenal  erhalten, 
und  am  23.  April  standen  mehrere  tausend 
gut  bewaffnete  Deutsche  neben  den  200 
]\lann  Lyon 's  zur  Vertheidigung  des  Waf- 
fenplatzes bereit. 

Diese  Truppen  machten  alsdann  einen 
Ausfall  gegen  das  Jackson 'sehe  Lager,  um- 
zingelten dasselbe,  zwangen  die  Besatzung 
zur  Kapitulation,  luid  1010  Mann  nebst  75 
Offizieren  wurden  dort  gefangen  genom- 
men (die  meisten  Rebellen  waren  vorher 
entflohen)  ;  ausserdem  wurden  die  in  Li- 
berty gestohlenen  Waffen  zurückerobert. 
Die  Verluste  des  Tages  wurden  durch  einen 
secession istischen  Mob  verursacht,  von  sog. 
Zuschauern  der  Kapitulation.  Diese  feuer- 
ten auf  die  deutschen  Regimenter,  tödteten 
Capt.  Blendowski  imd  mehrere  Soldaten, 
worauf  die  Trui^pen,  ohne  Befehl,  feuerten 
und  sechzehn  ^Mitglieder  des  Mobs  er- 
schossen. 

Das  war  der  Handstreich,  von  welchem 
oben  gesprochen  wurde.  Dadurch  wurde 
die  Stadt  St.  Louis  gerettet,  ein  grosser 
Theil  der  conf.  Staatstruppen  unschädlich 
gemacht,  das  Arsenal  mit  seinem  unschätz- 
baren Inhalt  der  Union  erhalten,  auch  die 


in  Liberty  gestohlenen  Waffen  zurückge- 
wonnen, mid  vor  allen  Dingen  ein  gr»)s.ser 
moralischer  Sieg  erfochten.  Die  nichtdeut- 
schen unionstreuen  Elemente  in  St.  Louis, 
welche  sich  bis  dahin  nicht  geregt  hatten, 
schöpften  wieder  ^luth,  und  der  secessio- 
nistischen  ^Mehrheit  unter  den  Bürgern 
wurde  ein  heilsamer  Sehreck  eingejagt. 
Dass  dieser  grosse  und  so  wenig  blutige 
Sieg  ausschliesslich  den  Deutschen  zu  ver- 
danken ist,  ersieht  man  am  besten  aus  dem 
Tone  der  zeitgenössischen  Rebellen  presse 
vcm  St.  Louis. 

Einige  der  Führer  des  St.  Louiser 
Deutschthums  in  jenen  ersten  kritischen 
Tagen  des  Bürgerkriegs  mögen  genannt 
werden.  Es  waren  Olshausen,  Börnstein, 
Münch,  Ileeker,  Körner.  Göbel,  Sigel,  Ber- 
nays,  Dr.  Hammer,  Osterhaus,  Hertle.  Dr. 
Weigel,  Dr.  Döhn,  Hugo  Gollmer,  Vize- 
Gouverneur  Hoff  mann  von  Illinois,  C. 
Eberhard  Salomon,  Richter  Krekel,  die 
Engelmanns,  Hilgards  und  Ledergerbers 
aus  Belleville.  Das  Schönste  an  der  Sache 
war,  dass  sich  kein  Streber  unter  den  deut- 
schen Führern  befand,  dass  Niemand  es 
versuchte,  für  sich  Lorbeeren  zu  pflücken, 
dass  alle  diese  wackeren  ]\Iänner  der  von 
jeder  Selbstsucht  freie  Geist  der  Pflichter- 
füllung beseelte.  jMan  wird  in  der  ameri- 
kanischen Geschichte  wenig  Beispiele  einer 
derartig  selbstlosen  Hingabe,  einer  solchen 
Reinheit  der  Motive  und  eines  Idealismus 
finden,  der  so  mit  Klugheit  und  Wachsam- 
keit gepaart  war. 


Nach  jener  Entscheidung  strömten  mas- 
senhaft anglo-amerikanische  Freiwillige  zu 
den  I^nionsf ahnen ;  aus  Kansas,  Iowa  und 
Illinois  kamen  eine  Anzahl  Regimenter 
dazu,  und  die  Deutschen  waren  nun  nicht 
mehr  allein  im  Vordertreffen.  Capt.  (jetzt 
General)  Lyon  übernahm  die  Führung  der 
]\Iissourier  Unionsarmee,  Sigel  war  zu- 
nächst der  Zweite  im  Kommando.  Die 
Hauptstadt    Jefferson    City    wurde    rasch 


DKR   DKUTSCHK  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


133 


erobert,  der  Rel)ellen-G()uverneur  durch 
einen  Unionsmann  ersetzt,  und  am  10.  Au- 
gust kam  es  zu  der  unentseliiedenen  furcht- 
bar blutigen  Sehhieht  von  AYilsons  Creek. 
wobei  die  von  Sigel  geführte  Al)theilung 
aufs  Haupt  geseillagen  und  zersin-engt 
wurde,  während  die  von  Lyon  gefüln-te 
Ilauptniaeht  erst  nach  dem  Rückzüge  der 
Feinde  das  P\^ld  räumte.  Hier  fiel  der  Ge- 
neral Lyon,  und  Sigel  übernahm  für  einige 
Tage  den  Befehl,  wurde  aber  von  Fremont 
abgelöst   und   auch   nach  dessen   Rücktritt 


GENERALMAJOR    FRANZ    SIGEL. 

Übergangen,  denn  der  Westpointer  Curtis 
erhielt  den  Oberbefehl.  Tnter  dessen  Lei- 
tung wurde  an  der  Grenze  von  Arkansas 
und  ^Missouri  am  7.  und  8.  ]\Iärz  '62  die 
Schlacht  von  Pea  Ridge  geschlagen,  welche 
wesentlich  durch  das  Eingreifen  von  Sigels 
Artillerie  mit  einem  glänzenden  Siege  der 
Union  endete.  Hier  trat  auch  Ostrrhaus 
als  Führer  hervor.  Seine  deutsche  Brigade 
stürmte  den  Elkhorn  Pass,  die  Haui)tstel- 
lung  des  Feindes,  nachdem  Sigel  dessen 
Stellung  stark  erschüttert  hatte.  Pea  Ridge 


ist  Sigels  glücklichste  That  während  des 
ganzen  Bürgerkrieges  gewesen.  Da  ihm 
Gen.  Curtis  die  verdienten  Lorbeeren  rau- 
ben wollte,  verliess  Sigel  den  westlichen 
Kriegs-schauplatz  und  erhielt  ein  Korps- 
kommando in  der  Potomac-Armee,  ein 
Wechsel,  der  sicherlich  verhängnissvoll  für 
Sigels  ganze  Wirksamkeit  im  Kriege  ge- 
wesen ist. 

]Mit  dem  Siege  von  Pea  Ridge  war  ]\Iis- 
souri  vorläufig  von  Bedrohungen  des  Fein- 
des befreit.    Der  Schwerpunkt  des  Erfolges 
in  INIi.ssouri  liegt  aber  in  dem  ersten  deut- 
schen Siege  von  St.  Louis. 

Die  Deutschen  bei  Bull  Run  I. 

Al)er  nicht  nur  in  ^Missouri  wurden  bei 
Ausliruch  des  Krieges  rühmenswerthe  deut- 
sche Thaten  vollbracht.  Zunächst  erfolgte 
eine  That,  welche  weit  ireniger  bedeutete, 
als  der  St.  Louiser  deutsche  Sieg,  welche 
aber  den  Deutschen  von  den  Washingtoner 
Behörden  und  von  der  öffentlichen  ]\Iei- 
nung  weit  höher  angerechnet  wurde,  als 
jener  grosse  Erfolg  im  Westen.  Dieser 
zweite  deutsche  Sieg  ereignete  sich  unmit- 
tell^ar  vor  den  Thoren  Washingtons  und 
erschien  als  der  einzige  Lichtblick  in  der 
ungeheuren  Niederlage  von  Bull  Run  I. 
Aus  einigen  der  New  Yorker  und  Pennsyl- 
vanischen  Regimentern  wurde  bereits  Ende 
]Mai  1861  zunächst  eine  deutsche  Brigade, 
später  eine  aus  drei  Brigaden  bestehende 
deutsehe  Division  gebildet,  welch'  letztere 
die  Stärke  eines  kleinen  Armeekorps  besass 
und  über  ]  0,000  Mann  zählte.  Schon  in  der 
ersten  Sehlacht  von  Bull  Run,  21.  Juli 
1861,  war  die  erste  Brigade  dieser  Divi- 
sion, fast  4000  i\Iann,  als  geschlossener 
deutscher  Truppenkörper  unter  Oberst 
Blenker  vereinigt,  nahm  aber  nicht  an  der 
Hauptschlacht  Theil,  sondern  stand  in  der 
Reserve.  In  dieser  Stellung  erwartete  die 
Brigade  die  verfolgenden,  siegestrunkenen 
Conföderirten.  Aber  die  feste  Haltung 
dieser   Brigade   flö.sste  dem  Feinde  einen 


134 


DKR  DEUTSCHE  SOLDAT   IM  BUERGERKRIEGE. 


derartigen  Respekt  ein,  dass  er  die  Verfol- 
gung einstellte  und  naeh  kurzem  Vorjios- 
tenkanipfe  sich  zurückzog.  Später  crkläi'- 
ten  die  Coutoderirten.  dass  sie  vor  einer 
Brigade  regulärer  Truppen  zurückgewi- 
chen seien.  Die  deutsehe  Brigade  wurde 
also  vom  Feinde  mit  den  altberühmten 
Kerntrupi)en  der  Union,  mit  den  „Regulä- 
ren", verwechselt.  In  Washington,  wo  man 
damals  in  tausend  Aengsten  schwebte, 
wurde  die  Blenker'sche  Brigade  alsdann  in 
etwas  überschwenglicher  Weise  gepriesen, 
und  die  Rettung  der  Bundeshauptstadt 
wurde  den  Dcufsdicn  zugeschrieben.  Die- 
ser Ruhm  ist  ein  unverdienter,  denn  gegen 
die  damals  schon  gut  armirten  Forts  von 
Washington  hätte  die  leichte  Feldartillerie 
der  Conföderirten  nichts  ausrichten  kön- 
nen, aus.serdem  war  die  feindliche  Armee 
selbst  so  stark  desorganisirt,  dass  sie  einen 
Sturm  auf  Washingtcm  gar  nicht  unter- 
nehmen konnte.  —  Nur  der  Blenker 'sehen 
deut.schen  Brigade  wurde  nach  der  Schlacht 
gestattet,  mit  klingendem  Spiel  und  fliegen- 
den Fahnen  in  Washington  einzuziehen. 
Diese  Anerkennung  hatte  die  Brigade  wohl 
verdient.  Ihr  Führer  jedoch  gefiel  sich 
etwas  zu  sehr  in  seiner  Rolle  als  ,, Retter  von 
Washington". 

Die  deutsche  Division. 

Die  grösste  deutsche  Truppeneinheit,  die 
einzige  deutsche  Division  der  ganzen  Frei- 
willigen-Armee, hat  leider  stets  imter  einem 
ungünstigen  Stern  gestanden.  Sie  erhielt 
als  Führer  den  Obersten  Ludwig  Bleuler, 
der  wohl  ein  tapferer  alter  Soldat,  aber  für 
jenes  hohe  Kommando  sonst  ganz  ungeeig- 
net war.  Er  besass  wenig  Bildung,  sprach 
'  ein  schauderhaftes  Englisch  und  konnte 
weit  eher  als  Repräsentant  des  deutschen 
,,Saluhn  "-Elements  gelten,  denn  als  Ver- 
treter der  militärischen  Tüchtigkeit  des 
deutschen  Volks.  Es  wurden  auch  sehr 
bald  recht  schlimme  Anklagen  wegen  Un- 
terschlagung gegen  ihn  erhoben,  und  wenn 
man  auch  sagen  kann,  da.ss  Blenker  selbst 


ein  ehrlicher  ^Nlann  gewesen  ist,  so  hat  er  es 
doch  au  der  nöthigen  Aufsicht  einzelner 
Untergebener  fehlen  lassen  und  mit  den  für 
Armeezwecke  bewilligten  Geldern  nicht  in 
der  i'orsehriffsmässigen  Weise  gewirth- 
.schaftet*).  Blenker  wurde  übrigens  ehren- 
voll entlassen,  und  die  gegen  ihn  vorge- 
brachten Anklagen  sind  niemals  untersucht 


GENERAL    LUDWIG    BLENKER. 

worden.     Er  ist  schon  im  zweiten  Kriegs- 
jahre als  armer  Teufel  gestorben. 


*)  Die  Veranlassung  der  Blenker  vorgeworfe- 
nen Unregelmässigkeiten  war  der  ganz  ungewöhn- 
lich starke  Generalstab  der  deutschen  Division. 
Doch  war  es  nicht  Blenker 's  Schuld,  dass  dieser 
Stab  so  gross  war.  Obergeneral  McClellan  schickte 
viele  deutsche  und  österreichische  Offiziere,  welche 
auf  Anstellung  warteten,  zu  Blenker.  Dessen  Stab 
wurde  dadurch  eine  Art  von  "Wartesaal.  Nun  aber 
wurden  die  Wartenden  nicht  besoldet.  Da  es  meis- 
tens arme  Kerle  mit  grossen  Ansprüchen  waren,  so 
kostete  es  Blenker  ein  Heidengeld,  um  die  ihm  zu- 
gewiesenen Offiziere  vor  Hunger  und  namentlich 
vor  Durst  zu  schützen.  Da  der  Obergeneral  ihm 
die  Offiziere  zusciiickte,  so  meinte  Blenker,  dass 
der  Staat  auch  für  deren  Unterhalt  einstehen 
werde.  Das  Auditors-Departement  war  jedoch  an- 
derer Ansicht.  Blenker  war  sicherlich  kein  Betrü- 
ger. ,\ber  er  war,  obschon  ein  Protz,  ein  viel  zu 
gutmüthiger  Kerl  und  er  war  ganz  und  gar  nicht 
„smart".  Uebrigens  war  der  Champagnerkonsum 
bei  Blenker  ein  ganz  riesiger.  Der  Rodensteiner 
hätte  seine  helle  Freude  daran  gehabt. 


DER  D?:UTSCHE  SOLDAT  IM  BUEKOERKKTEGE. 


135 


Die  Stellung  eines  deutsehen  Divisio- 
närs  in  der  Potonuie-Annee  war  eine  be- 
sonders selnvierige.  Die  Westpointer  Offi- 
ziere behandelten  jeden  nieht  ihrem  Kreise 
angehörigen  Kameraden  als  ?]indringling. 
Wer  sieh  als  Deutseher  in  einem  hohen 
Kommando  neben  dieser  Clique  behaupten 
wollte,  musste  neben  tüehtigen  Kenntnissen 
und  einer  imponirenden  Persönlichkeit 
aueh  viel  Takt  und  diplomatisches  Talent 
besitzen.  In  letzterer  Beziehung  hat  auch 
Franz  Sigcl,  der  sofort  nach  Blenkers  Ab- 
gange Corpsführer  in  der  Potomac-Armee 
wurde,  versagt.  Sigel  ist,  obschon  er  ein 
höheres  Konnnando  hatte,  doch,  in  seiner 
Eigenschaft  als  Deutscher,  als  Nachfolger 
Blenkers  zu  betrachten,  denn  er  wurde  der 
höchste  deutsclie  Offizier  der  Potomac- 
Armee.  Sigel  verstand  es  nicht,  sich 
Freunde  unter  den  Westpointern  zu  erwer- 
ben. Er  besass,  wie  auch  sein  Freund 
Schurz  hervorhebt,  etwas  Kaltes  und  Ab- 
weisendes in  seinem  Wesen  und  von  dem 
,,]\Iagnetismus  der  Persönlichkeit",  den  die 
Amerikaner  so  hoch  einschätzen,  keine 
Spur.  Zunächst  freilich  hatten  die  West- 
pointer einigen  Respekt  vor  der  militäri- 
schen Tüchtigkeit,  welche  Sigel  in  der 
Schlacht  von  Pea  Ridge  gezeigt  hatte.  Aber 
dieser  Respekt  schwand  bald  in  dem  tägli- 
chen Verkehr  mit  dem  kleinen,  dürren 
Planne,  der  zu  Pferde  eine  recht  unglück- 
liehe Figur  machte  und  in  seinem  Aeusse- 
ren  mehr  einem  deutschen  Schulmeister,  als 
einem  forschen  ^Militär  glich.  Von  derar- 
tigen Aeusserlichkeiten  ausgehend  bildete 
sich  bald  ein  Uebelwollen  und  eine  ]Miss- 
gunst  gegen  Sigel  unter  seinen  aiiglo-ame- 
rikanischen  Kameraden  heraus.  Aber  nicht 
allein  Sigels  Stellung  in  der  Armee  wurde 
dadurch  beträchtlich  erschwert,  sondern 
auch  die  übrigen  höheren  deutschen  Offi- 
ziere hatten  darunter  sehr  zu  leiden. 

Die  deutsche  Division  selbst  galt  zuerst 
als  eine  der  besten  der  Freiwilligen-Armee, 
und  war  es  auch.  Namentlich  Obergeneral 
ÄlcClellan  hat  sich  ausserordentlidi  günstig 


über  diese  Truppe  ausgesprochen,  und  noch 
in  seinen  später  geschriebenen  ^lemoiren 
klagt  er  darüber,  dass  das  Kriegsdeparte- 
ment ihm  diese  Elitetruppe  nicht  für  sei- 
nen Feldzug  nach  der  Halbinsel  mitgegeben 
habe.  Statt  dessen  wui-de  die  Division  (da- 
mals noch  unter  Blenker)  dem  Heere  zuge- 
tlieilt,  welches  dem  gefürchteten  feindlichen 
General  Jackson  entgegentreten  und  so 
Washington  decken  sollte.  ]Man  .schickte 
die  Deutschen  um  ]\Iitte  ]März  1862  zu  der 
weit  im  Westen  .stehenden  Abtheilung  des 
General  Fremont.  Um  zu  diesem  zu  stossen, 
musste  die  Division  die  unwirthlichen,  da- 
nials  noch  stark  beschneiten  virginischen 
Gebirge  durch(|ueren,  drei  oder  vier  wilde 
Bergketten.  ]Man  hatte  weder  Karten  noch 
Führer.  Die  Soldaten  waren  gar  nicht  für 
einen  Winterfeldzug  ausgerüstet.  Es  man- 
gelte an  allem,  an  geeigneter  Bewaffnimg, 
an  Ambulanzen,  am  Train,  am  Proviant 
und  vor  Allem  an  warmer  Kleidung  und 
Decken.  Dazu  kam,  dass  in  Folge  von 
Brückeneinsturz  und  anderer  Unglücks- 
fälle die  nachgesandten  Ausrüstungszüge 
sich  verzögerten.  So  entwickelte  sich  der 
Schrecke ustnarsch  der  Division.  ^Mehrere 
Wochen  lang  war  jede  Spur  von  den  Deut- 
schen verloren.  Furchtbar  waren  die  Ver- 
luste in  Folge  von  Hunger  und  Kälte,  sowie 
durch  die  Büchsen  der  zahlreichen  feindli- 
chen Buschklepper,  welche  dem  Heere  folg- 
ten. Als  die  Division  endlieh  Ende  April 
bei  Berryville  und  Winchester  im  Shenan- 
doahthale  eintraf  und  von  General  Roseu- 
erans  aufgenommen  wurde,  fehlten  über 
2000  :Maim  von  den  10,000!  Allerdings 
wurde  die  Ausrüstung  nun  vervollständigt, 
und  nach  längerer  Rast  zog  die  Division 
weiter  über  die  Great  Northern  ^lountains 
und  über  das  wilde  Shenandoah-Gebirge 
nach  Romney  im  heutigen  Westvirginien ; 
sodann  in  Eilmärschen  südlich  nach  Peters- 
burg, wo  man  auf  Gen.  Fremont  traf,  und 
endlich  noch  weiter  südlich  nach  Franklin, 
wo  die  Division  eine  Woche  lang  furchtbar 
hungern    nuisste,    weil    die    Proviantwagen 


136 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


am  anderen  Ufer  des  li(ich»resch\v()llenen 
Süd-Potoniac  Flusses  standen.  Da  sieh 
Jaekson  wieder  zurüekj^ezogen  hatte,  so 
mussten  die  Deutsehen,  jetzt  im  Verein  mit 
Fremonts  ührigen  Truppen,  den  firössten 
Theil  des  Anmarseliwejres  zurück  nuiehen. 
\nu  in  (his  Slienandoah-Thal  zu  gehuigen. 
Die  Division  hat  mit  den  viek>n  Irrpingen 
sieherlieh  gejjen  500  ]Meikni.  meistens  im 
Gebirge,  zurückgelegt. 

Endlich,  am  8.  Juni  '62.  kam  die  Division 
in 's  Feuer  bei  Cross  Kcijs.  Va.  Sie  hat  sieh 
mit  Ileldenmuth  gesehhigen.  aber  das 
Ergebni.ss  des  Kampfes  war  unbefriedi- 
gend. Beim  ersten  Angriffe  der  Brigade 
Stahel  gab  der  Oberst  Wutsehel  vom  8.  N. 
Y.  Keg.  vorzeitig  den  Befehl  zum  Vorgehen. 
Mit  gefälltem  Bajonett  stürzten  die  Achter 
(lauter  gediente  deutsehe  Soldaten)  auf 
den  in  einer  AValddeekung  stehenden  Feind 
an  und  wurden  dann  von  Artillerie-  und 
Gewehrfeuer  niedergemäht.  Vei"lust  220 
Todte  und  HOO  ^lann  Verwundete  in 
wenigen  I\Iinuten.  Der  Sturm  wurde  abge- 
sehlagen, und  die  Achter  rissen  auf  ihrem 
Rückzuge  das  45ste  N.  Y.  Regiment  mit 
sieh.  Obsehon  die  beiden  anderen  Regi- 
menter der  Brigade  (27.  Vn.  Buschbeck 
und  41.  X.  Y..  von  Gilsa)  Vortheile  errun- 
gen hatten.  mus.sten  auch  diese  Regimenter 
zurückgezogen  werden  in  Folge  der 
Schlappe  ihrer  Kameraden.  Ein  späterer 
Angriff  der  Brigade  Bohlen  scheiterte 
ebenfalls,  weil  die  Artillerie  in  Folge  eines 
j\Iissverständnisses  nicht  eingriff.  (Siehe 
eingehende  Schilderung  der  Schlacht  von 
Gross  Keys  in  des  Verfassers  grösserer  Ar- 
beit). —  Der  Feind  zog  sich  schliesslich  zu- 
rück, erreichte  aber  doch  sein  Ziel,  einen 
geordneten  Rückzug  über  die  Shenandoah- 
Brücke  bei  Port  Republic. 

Blenker  hat  in  der  Schlacht  von  Gross 
Keys  gar  nicht  mitgewirkt.  Die  vielfach 
verbreitete  Angabe,  dass  Blenker  mit  der 
Steinwehr 'sehen  Reservebrigade  noch 
grosse  Vortheile  erkämpft  habe,  ist  falsch, 
denn  die  ganze  Steinwehr 'sehe  (damals  von 


Koltes  befehligte)  Brigade  hatte  nur  einen 
Verwundeten  !  Blenker  verschwindet  nach 
Gross  Keys  (ebenfalls  AVutschel).  und  am 
Tage  nach  der  Schlacht  trifft  General 
ScJmrz  bei  der  Fremont 'sehen  Armee  ein, 
und  ;iiii  1.  Juli  '()2  tritt  Sigel  als  Gorps- 
führer  iiu  Fremont 's  Stelle.  Schon  fünf 
Tage  s|)äter  löst  Sigel  die  deutsche  Division 
auf,  indem  er  deren  einzelne  Brigaden  den 
anderen  Divisicmen  seines  Armeekorps 
überweist.  Sigel  behauptet,  dass  die  Diffe- 
renzen unter  den  deutschen  Brigadegene- 
rälen die.se  Auflösung  der  Division  ..im  In- 
teresse des  Dienstes"  nothwendig  gemacht 
hätten.  Jedoch  hat  Sigel,  der  erst  e])en 
vom  Westen  eingetroffen  war,  in  dieser 
Sache  sicherlich  voreilig  gehandelt.  Die 
Differenzen  der  Generäle  waren  bereits  im 
Schwinden  begriffen,  und  wenn  das  Inter- 
esse des  Dienstes  eine  Aenderung  ver- 
langte, so  hätte  man  gewiss  leichter  einen 
oder  den  anderen  Brigadegeneral  versetzen 
können,  anstatt  die  dcuische  Division  auf- 
zulösen !  Dass  ein  Deutscher  diese  einzige 
grössere  deutsche  Truppeneinheit  aufge- 
löst hat.  ist  doi)i)elt  l)eklagenswerth.  Die 
HHMsten  der  deutschen  Soldaten  kamen 
allerdings  zu  der  neuen  Division  Schurz. 
Aber  diese  war  mit  Regimentern  anderen 
Volksstannnes  durchsetzt  und  deshalb  nicht 
mehr  deutsch.  Als  Sigel  das  Corps  über- 
nahm, war  Schurz  bereits  Divisionäi-.  — 
Die  Auflösung  der  deutschen  Division  ist 
uin  .so  mehr  zu  bedauern,  als  im  Jahre  1863 
eine  Anzahl  deutscher  Regimenter  ans  dem 
Westen  (darunter  26.  AVisc,  82.  111.  und 
107.  Ohio)  zur  Potomac-Armee  abkomman- 
dirt  wurden  und  so  die  ^Möglichkeit  gegeben 
wurde,  doch  noch  ein  deutsches  Armeekorps 
zu  bilden.  Nachdem  aber  die  deutsche  Di- 
vision einmal  verschwunden  war,  wurde  es 
unmöglich,  eine  noch  grössere  Einheit  zu 
schaffen. 

Bull  Run  II. 
Die    eigentliche    Kriegsgeschichte    kann 
auf  dem  hier  zugemessenen   Räume  nicht 
einmal    angedeutet    werden,    und    deshalb 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  TM  BrERCERKRIEGE. 


137 


muss  ich  darauf  verzichten,  die  besonders 
rühnienswerthen  P^inzeltliaten  deutscher 
Truppenkörper  eing-ehend  zu  schildern, 
denn  solche  Darlegun§ren  würden  ja  nur 
verständlich  im  Rahmen  einer  Kriegs- 
gcscJnchtc.  Was  sich  hier  von  den  Thaten 
imseres  Volksstammes  erzählen  lässt.  kön- 
nen nur  P^ragmente  sein. 

In  dem  grossen  Halbinselfeldzuge  gegen 
Kichmond.  April  bis  Ende  Juli  1862.  unter 
]\IcClellan  kamen  nur  wenige  rein  deutsche 
Regimenter  zur  Geltung,  obschon  sicherlieh 
10  Prozent  der  ]\IcClellan  'sehen  Armee  aus 
geborenen  Deutschen  bestanden  hat.  Wich- 
tiger ist  das  Eingreifen  der  Deutsehen  im 
Pope'schen  Feldzuge.  Juli  und  August  '62. 
Avelcher  mit  der  zweiten  Bull  Run  Schlacht 
endete.  Dabei  führte  Sigel  das  erste  Corps, 
welches  gut  zur  Hälfte  aus  Deutschen  be- 
stand und  noch  alle  Regimenter  der  alten 
deutschen  Division  enthielt.  In  diesen 
Kämpfen  fielen  die  deutschen  Brigade- 
führer General  Bohlen  und  Oberst  Koltes. 
Hier  empfing  Divisionär  Schurz  seine 
Feuertaufe  und  bestand  sie  in  glänzender 
AVeise.  Auch  die  deutschen  Generäle 
Stahel  und  Schimmelpfennig,  die  Briga- 
diers Obersten  von  Gilsa.  Kezyzanowsky. 
Buschbeck  traten  hier  ruhmvoll  hervor.  Der 
deutsche  Artillerieheld  Hubert  Delyrr,  der 
trotz  seiner  vielen  von  der  gesammten  Ge- 
schichtsschreibung anerkannten  Glanztha- 
ten  bis  zum  Ende  des  Krieges  Captain  blieb, 
hat  sich  dort  mit  misterl)lichem  Ruhme  be- 
deckt. —  Dieser  ganze  Feldzug  wurde  je- 
doch von  der  Oberführung  derartig  ver- 
pfuscht, dass  auch  Bull  Run  IL  (die 
Schlacht  fand  auf  demselben  Gelände  statt, 
auf  welchem  das  erste  grössere  Treffen  der 
Gegner  ausgekämpft  wurde)  mit  einer  Nie- 
derlage der  Unicmstruppen  endete.  Es  war 
die  einzige  grosse  Schlacht,  an  welcher 
Sigel  theilgenommen  hat.  Er  hat  sich  hier 
ehrenvoll  ausgezeichnet,  obschon  er  wäh- 
renddes ganzen  Feldzuges  von  Pope  stark 
behindert  worden  ist. 

Durch   einen   Zufall    entdeckt    Sigel    die 


wahre  Stellung  des  feindlichen  Generals 
Jackson  und  greift  dessen  doi>i)elte  Ueber- 
macht  am  Frühmorgen  des  29.  Juli  (bei 
Groveton  und  Sudley  Springs)  an.  Von 
fünf  Uhr  fi'üli  bis  zwei  l'hr  Nachmittags 
haben  Sigels  schon  vorher  al)gehetzte  Trup- 
pen im  Feuer  gestanden  und  wirklich 
Grosses  geleistet.  Namentlich  Division 
Schurz.  dab(M  die  deutschen  Regimenter  74 
und  75  Pa.,  54  und  ^'>S  N.  Y..  wozu  noch 
aus  der  Reserve  die  deutschen  Regimenter 
29  und  {)S  N.  Y.  uiul  73  Pa.  stie.s.sen  (und 
auch  das  irische  Rg.  61.  Ohio,  sich  glänzend 
l)ewährte),  hat  sich  mit  Ruhm  bedeckt.  Sie 
warf  Jackson  aus  dessen  günstiger  Verthei- 
digungsstellung  hinter  dcMu  Eisenbahn- 
damm heraus,  und  die  Schurz 'sehe  Brigade 
Schinnnclpfennig  drang  sogar  noch  weiter 
vor  und  besetzte  die  Farm  Cushing.  Der 
Eisen])ahndannn  wurde  von  den  Schurz '- 
sehen  Truppen,  trotz  der  wüthendstiMi  An- 
griffe Jacksons,  bis  zwei  llir  Nachmittags 
behauptet,  bis  endlich  die  völlig  erschöpften 
und  unter  ]\Iunitionsmangel  leidenden 
Truppen  von  einer  frischen  Brigade  abge- 
löst wurden.  —  Auch  die  deutsche  Brigade 
Stahel  (in  Div.  Schenck)  hat  sich  auf  einem 
anderen  Theile  des  Schlachtfelds  vortreff- 
lich geschlagen,  fand  aber  nicht  so  Gelegen- 
heit zur  Auszeichnung,  wie  die  Schurz '- 
sehen  Truppen.  Die  von  dem  tapferen 
Koltes  geführte  deutsche  Brigade  von 
Steinwehr  wurde  nach  und  nach  Schurz  zu 
Hilfe  geschickt.  Am  Nachmittage  dessel- 
ben Tages  kämpften  andere  Truppen  der 
Pope 'sehen  Armee,  erlitten  aber  trotz 
tapferen  Verhaltens  Niederlagen,  weil  sie 
nicht  rechtzeitig  eingesetzt  wurden. 

In  der  nutzlosen  Schlacht  des  folgenden 
Tages  hal)en  sich  Sigels  deutsche  Trupi)en 
bei  der  Vertheidigung  von  Bets  Hill  und 
Henry  Hill  Avieder  glänzend  bewährt.  Sie 
haben  wesentlich  dazu  beigetragen,  dass  die 
von  der  feindlichen  Armee  Longstreet's  ge- 
I)lante  Umfa-ssung  der  Union.struppen  miss- 
glückte, und  sie  haben  schliesslich  noch  den 
Rückzug    der    völlig    ge.schlagenen    Pope'- 


138 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERO ERKRIEGE. 


sehen  Armee  gedeekt.  Hezüglieh  Sitrels  sei 
noeh  besdiulers  hervor^chol)»!!.  dass  er  an 
diesen  beiden  Ta<ren  vortrefflieh  über  seine 
Ti-nppen  dispunirt  nnil  die  Probe  anf  sein 
Führertab'nt  j^ut  bestanden  hat.  8i«rels  Ver- 
luste betrugen  ein  Viertel  seiner  Mann- 
seh aft. 

In  den  dami  folgenden  Seldaehten  von 
Antietam  und  Frederieksburg  traten  die 
deut.sehen  Regimenter  Sigels  nieht  in 
Aktion.  Doch  haben  in  jenen  Sehlaehteu 
aueh  manelie  ganz-  und  halbdeutsehe  Regi- 
menter gekämpft,  so  unter  Gen.  Weber  bei 
Antietam  namentlich  das  20ste  Turner- 
Regiment  von  New  York,  aueh  das  Tte  Reg. 
de.s.selben  Staates,  die  Artillerie  des  ^lajor 
Arndt  (gefallen),  des  Capt.  Ilexamer  und 
des  ^lajors  von  Kusserow.  Bei  Frederieks- 
burg verlor  das  deut.sehe  Tte  X.  Y.  Reg. 
unter  Oberst  von  Sehach  die  Hälfte  seines 
Bestandes. 

CHANCELLORSVILLE. 

1.,  2.,  3.,   f.  Mai   1863,  östlicher  Kriegsschauplatz. 

Der  neue  Oberführer  der  Potomac-Armoe,  Gene- 
ral Hooker.  will  mit  125,000  Mann  den  conf.  Gene- 
ral Lee  (61,500  Mann)  aus  dessen  fester  Stellung 
von  Marye's  Hill  (hinter  Fredericksburg)  heraus- 
manöveriren  und  Lee  in  dem  offenen  Gelände 
hinter  Marye's  Hill  die  Entscheidungsschlacht  auf- 
zwingen. Die  Ausführung  des  Planes  missglückt, 
weil  Hooker  bei  dem  ersten  Zusamment reifen  mit 
dem  Feinde  (1.  Mai)  in  die  Waldwildniss  von 
Chancellorsville  zurückweicht  und  nun  in  der  De- 
fensive zu  kämpfen  hat.  Die  dreitägige  Schlacht 
kann  hier  nicht  behandelt  werden;  uns?re  Auf- 
gabe kann  nur  in  der  Schilderung  des  entsetzlichen 
Schicksals  von  Hooker 's  elftem  Armeekarps  be- 
stehen. Denn  dieses  Corps  galt  als  das  deutsche 
Corps,  obschon  von  den  11,500  Mann  nur  -1600 
geborene  Deutsche  waren. 

Das  elfte  Corps  war  wesentlich  das  Si- 
gel'.sehe  des  Pope 'seilen  Feldzuges  von 
1862.  Gen.  Stahel  war  abgegangen  (zur 
Kavallerie)  ;  hinzugekommen  waren  die 
drei  rein  deutsehen  Elite-Regimenter  82. 
111.  (Hecker),  26.  AVise.  aus  Milwaukee  und 
]07.  Ohio  aus  Cleveland.  Aber  Sigcl  führte 
das  Corps  nicht  mehr.  p]r  hatte  resignirt, 
weil   er  sieh   zurückgesetzt   fühlte.      Sigel 


hatte  in  letzter  Zeit  eine  sog.  Graiid  Divi- 
sion l)efehligt  (Corjjs  11  und  12).  Die 
Grand  Divisions  wuiden  aljer  aufgelöst,  uiul 
die  frühere  Eintlieilung  in  Armeekorj>s  trat 
wieder  ein.  Von  den  übrigen  Führern  der 
Grand  Divisions  war  Ilooker  jetzt  Oberge- 
neral, Sumner  war  todt.  Franklin  hatte 
frülier  allgedankt.  So  war  Sigel  der  Ein- 
zige unter  den  vier  Befehlshabern  von 
Grand  Divisions,  der  in  die  neue  Eintliei- 
lung nicht  hineiii]ias.ste.  Lincoln  konnte 
für  Sigel  aber  keine  Ausnahmestellung 
schaffen.  So  bot  er  ihm  das  elfte  Armee- 
korps (also  im  Wesentlichen  Sigels  früheres 
Kommando)  an.  Aber  Sigel  liess  seine 
persönlichen  Angelegenheiten  Herr  werden 
über  seinen  Patriotismus.*)  Er  lehnte  ab 
und  begab  sieh  damit  in  eine  Art  von 
Selbstverbannung,  welche  ein  ganzes  Jahr 
andauerte  und  Sigel  die  schönste  Gelegen- 
heit zur  Auszeichnmig  raubte.  Je  weniger 
man  über  Sigels  damaligen  Rücktritt  sagt, 
desto  besser.  Er  sell)st  hat  diese  Thorheit 
ja  bitter  genug  bereut.  Wie  mag  Sigel  ge- 
gen sich  selbst  gewettert  haben,  als  er  das 
furchtbare  Sehicksal  seiner  alten  Kamera- 
den erfahren  hatte. 

An  Stelle  Sigels  trat  der  Teniperenzfana- 
tiker  und  Kirchenmann  0.  0.  Howard  an 
die  Spitze  des  elften  Corps.  Als  Schurz 
diese  Ernennung  erfuhr,  wollte  er  sich  mit 
seiner  ganzen  Division  in  ein  anderes  Corps 
ver.setzen  lassen,  besann  sich  aber  schliess- 
lich eines  Besseren.  Howard  war  gewiss 
kein  Heuchler.  Er  war  fromm  aus  innerer 
Ueberzeugung,  wie  es  ja  viele  amerikani- 
sche Generäle  waren.     So  der  conf.   Held 


^)  Anglo-amerikanische  Generäle  in  weit  höhe- 
ren Stellungen,  als  Siegel  sie  bekleidet  hat,  handel- 
ten ganz  anders.  Di<>  ehemaligen  Obcrgeueröle  der 
Potomac-Armee,  McDowell,  Burnside  und  Hooker, 
wirkten,  nach  ihrer  Absetzung,  später  als  Corps- 
führer und  sahen  nichts  Schimpfliches  darin.  Auch 
McClellan  wäre  nach  seiner  Absetzung  als  Olier- 
general  sicherlich  mit  einem  wenitrer  hohen  Kom- 
mando bedacht  worden,  wenn  er  nicht  schon  früh- 
zeitig auf  die  demokratische  Präsidentschafts- 
Xomination  für  186-1  hingearbeitet  hätte. 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRTFXtE. 


139 


Jackson,  der  stmulenlan^i:  auf  di'u  Knieen 
rang,  ehe  er  in  die  Selilaeht  zog ;  so  dessen 
grosser  Kamerad  Lee  und  auch  viele 
Unionsgeneräle.  Aber  diese  frommen  Krie- 
ger waren  im  Ilauptheruie  Soldaten. 
Howard  aber  war  das  nur  imXchoibcrufe, 
wie  sich  bald  zeigen  wird.  In  der  amerika- 
nischen Freiwilligen-Armee  spielt  die  Per- 
sönlichkeit eines  früheren  Führers  eine 
grosse  Rolle.  Die  Deutschen  im  elften 
Corps  waren  in  der  Schule  der  48er  Frei- 
geister gewesen,  und  das  sagt  genug.  ^lit 
dem  frommen  Kirehenmanne  Howard  hät- 
ten sie  sieh  wohl  noch  abgefunden,  aber  der 
Temperenzler  Howard  war  ihnen  wider- 
wärtig. Diese  Stimmung  steckte  auch  die 
Irländer  imd  die  Angloamerikaner  im  11. 
Corps  an,  und  wenn  General  Howard  die 
Fronten  abritt,  öffnete  sich  kein  Soldaten- 
mund zum  herzlichen  Zurufe  (Cheers)  — 
so  sagt  Schurz,  Divisionär  unter  Howard, 
und  Schurz  war  doch  immer  dabei. 

Howard  brachte  noch  zwei  Fremde  in  das 
Corps.  Gen.  DeA^ens  wurde  Divisionär  (ne- 
ben Schurz  und  Steinwehr),  imd  Barlow 
wurde  Brigadier  an  Stelle  eines  mit  dem 
Corps  verwachsenen  Offiziers.  Auch  diese 
Ernennungen  machten  böses  Blut.  Die 
Elfer  hassteu  alle  drei  Neulinge,  Howard, 
Devens  und  Barlow  (den  Letzteren  mit  Un- 
recht). Die  Soldaten  begriffen  auch  da- 
mals nicht,  dass  Sigel  aus  freien  Stücken 
resignirt  hatte.  Sie  betrachteten  Howard 
(mit  Unrecht)  als  einen  Eindringling.  So 
schwand  bei  den  Soldaten  des  Corps  das 
Vertrauen  in  die  Oberführung. 
*       *       *       * 

Dieses  elfte  Corps  bildete  den  äussersten 
rechten  Flügel  der  Hooker 'sehen  Aufstel- 
limg  in  der  Waldwildniss  von  Chancellors- 
ville.  Es  war  weit  auseinandergezogen, 
weil  die  Wälder  eine  kompakte  Aufstellung 
verhinderten  und  der  Train  und  die  Vieh- 
heerden  viel  von  dem  offenen  Lande  in 
Anspruch  nahmen.  Die  äusserste  Spitze 
bildete  Division  Devens,  dessen  Brigade  von 
Gilsa  zur  Hälfte  im  dichten   Buschwalde 


steckte.  Hinter  Devens  stand  Division 
Schurz;  auf  der  Hawkins  Farm,  mehr  nach 
Norden  zu  hinter  Schurz:  Division  von 
Steinwehr.  Die  meisten  Regimenter  stan- 
den an  der  Landstrasse,  welche  das  Gebiet 
durchzieht.  Die  Front  hatte  das  Corps 
nach  Süden  gekehrt ;  dahin  waren  auch  die 
wenigen  Schanzwerke  gerichtet,  welche 
man  aufgeworfen  hatte,  und  die  Vorposten- 
kette deckte  ebenfalls  die  Südfront.  Nur 
Division  Steinwehr  hatte  eine  Anlehnung 
an  das  benachbarte  12te  Corps.  Die  meisten 
Truppen  Howards  waren  völlig  isolirt. 

General  Jackson 's  Kundschafter  hatten 
diese  exponirte  Stellung  des  11.  Corps  er- 
kannt, und  Jackson  erhielt  von  Gen.  Lee  die 
Erlaubniss,  mit  30,000  ^lann  einen  I'mge- 
huugsmarsch  anzutreten,  der  diese  Trup- 
pen in  die  ganz  mibeschützte  westliche 
Flanke  des  11.  Corps  bringen  sollte.  Früh- 
morgens am  2.  ^lai  rückte  Jackson  zu  diesem 
]\Iarsche  ab.  Es  war  ein  überaus  kühnes  Un- 
ternehmen, denn  die  61,000  Conföderirten 
wurden  dadurch  in  drei  Haufen  getheilt. 
10,000  :\Iann  blieben  in  Marye's  Hill  bei 
Fredericksburg  stehen,  um  das  Unioncorps 
Sedgwick  zu  beobachten.  Lee  selbst  mit 
21,000  ]ilann  stand,  etwa  in  der  :\Iitte  zwi- 
schen Fredericksburg  und  Chancellorsville, 
allein  der  viermal  überlegenen  Hooker  'sehen 
Hauptmacht  gegenüber,  und  Jaclcson's 
30.000  :Mann  marschirten.  Dieser  Marsch 
wird  von  Hooker  genau  beobachtet.  Man 
konnte  durch  das  Fernglas  die  conf.  Regi- 
menter zählen  und  genau  erkennen,  dass 
Jackson  nur  Ambulanzen  und  ]\Iunitions- 
wagen  bei  sich  hatte.  Zuerst  glaubt  Hooker 
an  eine  L^mgehung  und  an  eine  vom  Feinde 
geplante  Ueberrumpelung  des  11.  Corps. 
Bald  aber  (von  10  Thr  früh  an)  ist  Hooker 
der  2Ieinung,  dass  sich  der  Feind  nach 
Gordonville  zurückziehen  will.  Nun  aber 
stand  Lee  doch  noch  (am  Tabernacle)  vor 
Hooker 's  Front!  Lee  musste  sich  durch 
die  Absendung  eines  Theils  seiner  Armee 
geschwächt  ha])en.  AVas  wäre  nun  natür- 
licher gewesen,  als  dass  sich  Hooker 's  un- 


140 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


geheure  rebenunclit  auf  die  21.000  3Ianu 
Lee 's  gestürzt  liättc'  Al)er  nichts  clernr- 
tiges  geschieht.  Dagegen  geseliieht  etwas 
ganz  Anderes.  Ein  grosser  Theil  der 
Hooker 'sehen  Armee  wird  gegen  11  l'hr  am 
2.  Mai.  als  Jaekson  schon  einen  Vorsprung 
von  fast  fünf  Stunden  hat.  diesem  nadige- 
sehickt.  l^enutzt  werden  dazu  die  Trui>pen. 
wciclie  die  Verbindung  des  abseits  stehen- 
den 11.  Corps  mit  der  Ilauptnuiclit  bihlen, 
Tbeih^  des  ."?.  und  12.  Corps.  So  ist  das  ge- 
fährdete 11.  Corps  um  Mittag  vollsfändig 
isolirt,  in  ganz  falscher  Stellung  im  dicksten 
Buschwalde.  Aber  das  Vngla  üblichste 
passirt  um  4  Chi'  .\achmittags.  Die  Brigade 
Barlow  vom  11.  Corps,  2,950  ]\Iann,  die 
einzige  Heservc  dieses  Corps,  wird  eben- 
falls al)komnmndirt  und  den  Trui)pen. 
welelie  Jaek.son  ,, verfolgen"  sollen,  beigege- 
ben. Somit  zählte  das  Ute  Corps  nur  noch 
8500  Mann,  als  Jackson 's  30.000  :\Iann  über 
dasselbe  herfallen  !  Ilooker's  Dispositionen 
waren  genau  so.  als  liabe  er  die  Vernichtung 
.seines  rechten  Flügels  herbeiführen  wollen. 

Aber  die  Dummheiten  des  Oberführers 
werden  von  Corpsfühi-er  Howard  und  des- 
sen Divisionär  Devens  womöglich  noch 
übertroffen.  Von  11  l'hr  an  laufen  von 
den  Vorposten  bei  Howard  imd  Devens 
^Meldungen  ein.  dass  starke  feindliche 
iMassen  im  Westen  des  11.  Corps  auftreten. 
IMajor  Schieiter  meldet,  dass  er  die  Kom- 
mandos der  feindlichen  Offiziere  gehört 
habe.  IMajor  Rice  schickt  vier  Boten  nach- 
einander mit  ähnlichen  ^Meldmigen,  Oberst 
Friend  hat  die  Feinde  selbst  gesehen,  Ge- 
neral Schinnnelpfennig  berichtet  Aehnli- 
ches,  desgleichen  Oberst  Lee.  Captain 
Dilger  reitet  ins  Vorderterrain  und  erhält 
Feuer  vom  Feinde.  Aber  Corpsführer 
Howard  glaubt  alles  das  nicht.  Sein  Freund 
Devens,  dessen  Truppen  den  ersten  Stoss 
des  Feindes  aushalten  müssen,  schreit  die 
Offiziere,  welche  jene  Meldungen  bringen, 
an  und  nennt  sie  Feiglinge!  General 
Schurz,  der  schon  .seit  dem  frühen  ^Morgen 
wegen  eines  IVberfalls  besorgt  ist,  bettelt 


förndich  bei  seinem  Chef  Howard  darum, 
dass  die  Division  Devens  eingezogen  werile 
und  dass  sieh  das  ganze  Corps  auf  dem 
freien  Felde  der  Hawkins  Farm  zur  Ver- 
theidigung.  mit  der  Front  nach  Westen, 
aufstellen  möge.  Es  war  nocli  um  2  dir 
Nachmittags  Zeit  genug  dafür  vorhanden. 
Howard  will  nichts  davon  wissen.  ..das 
Dickicht  im  Westen  könne  keine  Truppe 
durchbrechen",  meint  Howard,  und  alles 
l)lei])t  beim  Alten.  Schurz  erhält  nur  die 
Erlaubniss,  drei  seiner  Regimenter  die 
Fnmt  wechseln  zu  lassen,  so  dass  sie  gegen 
Westen  zu  forinii't  werden.  Auch  Stein- 
wehr befürchtet  schon  am  ^lorgen  Schlim- 
mes. Er  lässt  seine  Division  Barlow  Schan- 
zen mit  der  Front  nach  Westen  aufwerfen. 
Aber  als  die  Brigade  Barlow  um  4  Chi-  al)- 
konnnandirt  wird,  begleitet  von  Steinwehr 
diesell)e  auf  Befehl  Howards,  denn  Stein- 
wehr kennt  das  Terrain.  Auch  Howard 
selbst  reitet  mit,  so  dass  weder  der  Corps- 
führer noch  der  eine  Divisionär  bei  ihren 
Trui^pen  sind,  als  der  Ueberfall  erfolgt. 

Viele  Stunden  sind  verflo.ssen,  bis  Jack- 
son zum  Sprunge  bereit  ist.  Um  5.15  ]\Ii- 
nuten  bricht  er  los.  überrennt  v.  Gilsas 
Vorposten  und  die  beiden  von  dessen  Re- 
gimentern, welche  an  der  Strasse  stehen. 
Ln  Walde  kämpft  Oberst  von  Gilsa  mit  den 
beiden  andern  Regimentern  seiner  Brigade 
etwa  10  ]\linuten  lang.  Dann  droht  ihm 
T'mgehung,  und  er  muss  zurück.  Die  Ohio 
Regimenter  75  und  25  nehmen  v.  Gilsa  auf. 
und  ein  weiterei-  Widerstand  wird  Jackson 
entgegengesetzt.  Aber  wieder  wird  der 
tapfere  Haufen  umgangen  imd  muss 
zurück. 

Die  meisten  ünionsregimenter  standen  an 
der  Chaussee,  alle  mit  verkehrter  Front. 
Links  und  rechts  von  der  Chaussee  dichter 
Wald.  Nur  auf  der  Strasse  können  sich 
die  Truppen  formiren.  Aber  eine  ]\Iasse 
von  Nichtkombattanten,  Trainsoldaten  mit 
Wagen,  Viehtreiber,  ^lusikbanden  und 
Tross  Hüchten  die  schmale  Strasse  entlang, 
durchbrechen  die  sich  aufstellenden  Regi- 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT   IM   BUERGERKRIEGE. 


14L 


menter,  und  eine  entsetzliehe  Konfusion 
tritt  ein.  Von  allen  Seiten  feuert  der  Feind 
in  die  wirren  Haufen  auf  der  Strasse.  In- 
nerhalb 15  ^Minuten  ist  die  ganze  Division 
Devens  auf  der  Flucht. 

Hinter  Devens  stand  Schurz.  Auf  dieje- 
nigen seiner  Regimenter,  die  sich  in  Eile 
jetzt  formiren  (61.  Ohio  und  75.  Pa.)  stür- 
men die  Devens 'sehen  Flüchtlinge  los, 
durchbrechen  Schurz'  Reihen  und  reissen 
Viele  mit.  Die  meisten  Schurz 'sehen 
Regimenter  stehen  aber  nördlich  von 
der  Strasse  auf  Hawkins'  Felde.  Hier 
hält  Schurz  fünfzehn  ^Minuten  Stand. 
Schrecklich  sind  seine  Verluste.  Oberst 
Peisner  wird  erschossen,  Oberst  Hecker 
verwundet,  dessen  ]\Iajor  Roishausen 
schwer.  Das  26ste  Wisconsin  Regiment, 
lauter  Deutsche  aus  ]\Iihvaukee,  blutet 
furchtbar,  ebenfalls  Hecker 's  82.  111.  sowie 
das  82.  Ohio  imd  das  119.  und  56.  N.  Y. 
Bald  rückt  der  Feind  auch  von  Norden 
gegen  Schurz,  und  dieser  muss  zurück,  oder 
wird  umzingelt.  Er  fällt  in  die  von  Bri- 
gade Barlow  aufgeworfenen  Schanzen  zu- 
rück. Wenn  nur  die  2950  ]\Iann  Barlows 
noch  dort  gestanden  hätten ! !  Aber  sie 
waren  anderthalb  Stunden  früher  abkom- 
mandirt  worden ! 

Die  zweite  Brigade  Steinwehrs  unter 
Buschbeck,  27.  und  73.  Pa.,  129.  imd  157. 
New  York,  drei  deutsche  und  ein  anglo- 
amerikanisches  Regiment,  stand  in  süd- 
wärts gekehrten  Schanzen  südlich  der 
Strasse  auf  Doudall's  Farm.  Diese  Brigade 
wurde  von  der  Panik  nicht  beeinflusst. 
Buschbeck,  der  eigentliche  Held  von  Chan- 
eellorsville,  sieht  sofort,  dass  ihm  seine 
Schanzen  gegen  einen  vom  Westen  vor- 
dringenden Feind  nichts  nützen.  So  zieht 
er  in  die  nach  Westen  gerichteten  sog.  Bar- 
low'sehen  Schanzen,  welche  auch  über  die 
Strasse  hinwegführen,  und  trifft  dort  mit 
den  ebenfalls  dahin  geflüchteten  Resten  der 
Division  Schurz  zusammen.  Hier  hat 
Buschbeck  (mit  Schurz)  den  Feind  drei- 
viertel Stunden  aufgehalten  und  hat  einen 


völlig  geordneten  Rückzug  angetreten,  als 
ihm  iiiclit  nur  von  Norden,  sondern  auch 
von  Südwesten  Umfassung  drohte.  Die 
conf.  Brigaden  Ramseur  und  Colquit, 
welche  vom  Südwesten  aus  vordrangen, 
hatten  sich  um  eine  Stunde  verspätet  und 
rückten  erst  um  7  Uhr  gegen  Busehbeck 
vor.  Hätte  jene  Verspätimg  nicht  stattge- 
funden, so  wären  diese  beiden  conf.  Briga- 
den direkt  auf  die  Schurz 'sehe  Stellung  ge- 
troffen und  hätten  Schurz 's  Truppen  in 
der  Flanke  gehabt. 

Bald  nach  Buschbeck 's  Rückzug  kommt 
der  ganze  Jackson 'sehe  Angriff  zum  Ste- 
hen. Die  Conföderirten  Avaren  erschöpft. 
Seit  4  Uhr  früh  waren  sie  unterwegs.  Der 
lange  Anmarsch  (15  Meilen),  das  Durch- 
schreiten des  Dickichts,  dann  der  fast  zwei- 
stündige Kampf  hatten  die  Leute  ver- 
braucht. Es  i.st  nicht  wahr,  dass  Jackson 
durch  den  Angriff  der  Unions-Division 
Berry  zum  Halten  gebracht  wurde.  Berry 
kam  kaum  auf  800  Yards  an  die  Spitzen 
des  Feindes  heran.  Das  elfte  Corps  hat 
nicht  die  geringste  Unterstützung  erhalten. 
Es  hat  ganz  allein  gekämpft,  imd  glorreich 
hat  es  gekämpft.  Und  ein  Zufall  wollte  es, 
dass  wesentlich  die  deutschen  Theile  des 
Corps  den  Kampf  führen  mussten.  Von 
den  8500  ]\Iann  wurden  während  knapp 
zwei  Stunden  1500  getödtet  oder  verwun- 
det, nur  1100  Mann  wurden  gefangen. 
Buschbeck 's  Widerstand  war  eine  der 
glänzendsten  Einzelthaten  des  Bürgerkrie- 
ges. Busehbeck  hatte  nur  eine  einzige  Ka- 
none, diese  aber  wurde  von  Held  Dilger  be- 
dient. Die  Artillerie  konnte  in  diesen  Wäl- 
dern wenig  nützen  und  wurde  bis  auf  Dil- 
gers  Geschütz  zurückgeschickt. 

Die  Deutschen  als  Suendenboecke. 

Am  3.  j\Iai  wurde  die  grosse  Armee 
Hooker 's  von  Lee 's  weit  geringerer  Macht 
auf's  Haupt  geschlagen  und  am  4.  ]\Iai 
erlitt  Hooker 's  Corps  Sedgewick,  welches 
Lee  von  Fredericksburg  aus  in  den  Rücken 
fallen  sollte,  (30,000  ]\Iann)  eine  schreckli- 


142 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT   IM    HrERGEHKRIEGE. 


ehe  XifdiTiag-f.  liul  iiiiclulcni  dies  Alli-s  «re- 
sehehen  war.  behaiiptt'ti'  die  Westpoiuti*r 
Clique  (Generäle  Hooker.  Haneoek.  Siek- 
Ics.  AVari'fii  u.  s.  \v.  ).  dii  /)<u1>iche}i  Jtäftrn 
die  ganze  Niederlage  rerschuhlct!.'*)  lud 
diese  un«reheijre  Lü^'e.  welehe  erfunden 
wurde,  lun  die  rnfälii«rkeit  dci-  Westpoin- 
ter  Offiziere  zu  versehleiern.  wurde  im 
ganzen  Lande  geglaubt.  Weil  8500  in  un- 
günstip:ster  "Weise  aufgestellte,  vollständig 
isolirte  Soldaten  die  ]>lötzlieh  über  sie  her- 


*)  Es  ist  ekelhaft,  auf  diese  Beschuldigungen 
einzugehen.  Die  Soldaten  der  übritren  Corps  (na- 
mentlich des  Sickles  "sehen  dritten)  vorhöhnten 
ihre  unglücklichen  Kameraden  vom  elften.  Ober- 
general Hooker  wollte  das  Corps  auflösen  und 
wurde  nur  durch  politische  Gründe  daran  verhin- 
dert. Nach  vielen  Jahren  behauptete  er  noch,  die 
Deutschen  seien  wie  eine  Heerde  Büffel  davonge- 
rannt.  An  Lincoln  berichtete  Hooker  sofort  nach 
der  bchlacht,  er  würde  gesiegt  haben,  wenn  ihn 
das  elfte  Corps  nicht  im  Stiche  gelassen  hätte. 
Corpsführer  Howard,  neben  Hooker  der  nächste 
Schuldige,  gestand  in  einem  Kriegfsrathe  am  4. 
Mai  zu,  sein  Corps  habe  sich  „schlecht  benom- 
men". Die  Presse  wüthete  gegen  die  Deutschen 
in  schandhafter  Weise.  Einige  Blätter  forderten, 
dass  man  die  Ueberlebenden  des  Corps  todt- 
schiessen  solle!  Horace  Greeley  meinte,  man 
solle  das  Corps  „decimiren ' '.  In  seiner  Kriegsge- 
schichte „The  American  Conflict",  erschienen 
1877,  hcisst  es,  die  Division  Schurz  habe  sich 
schon  zurückgezogen  („perhaps  fled  is  the  apter 
Word"),  ehe  der  Feind  in  Sicht  war  (und  gerade 
Schurz  kämpfte  fünfzehn  Minuten  auf  dem 
Hawkins-Felde  und  dann  noch  dreiviertel  Stunden 
neben  Buschbeck).  In  den  zahllosen  Regimentsge- 
schichten wimmeln  die  greulichsten  Lügen  über 
die  Deutschen  bei  Chancellorsville.  und  in  vielen 
Leitfäden,  welche  beim  Geschichtsunterrichte  be- 
nutzt werden,  stehen  heute  noch  ähnliche  Märchen. 
Erst  später  finden  sich  anglo-amerikanische  Ge- 
schichtsschreiber, welche  die  Anschuldigungen  ge- 
gen die  Deutschen  zurückweisen  und  die  wahren 
Schuldigen,  Hooker,  Howard  und  Devens,  nennen. 
So  Doubleday  (Scribners  Sammlung),  Bates, 
Dodge,  Underwood,  am  besten  und  gründlichsten 
Augustus  C.  Hamlin,  ehemals  Medical  Inspector 
des  11.  Corps  und  ein  Neffe  des  Vizepräsidenten 
Hamlin  von  Maine.  Diese  Schriften,  vornehm- 
lich Hamlin 's  Werk,  erschienen  1896,  auf  welches 
sich  auch  Schurz  in  seinen  Memoiren  am  meisten 
stützt,  sind  hier  benutzt  worden,  neben  vielen  Pri- 
vatmittheilungen von  Veteranen  an  den  Verfasser. 


fallciidni  :j().(l()()  .Mann  Jacksons  niclit  zu- 
i-üekgesehlagen  haben,  deshalb  sollte  der 
ilreifägige  Kaini»f  von  Chaneellorsville  ver- 
loi'en  worden  sein!  Die  Sehlaeht  vom  2. 
.Mai  war  ein  Einzelkaiiipf  des  elften  Corps. 
Die  ungeheuren  Niederlagen  des  .'1  und  4. 
^lai  hatten  mit  jeiHMii  Einzelkampfe  gar 
nichts  zu  thun.  Auch  die  preussisehe  Garde 
hätte  zurück  müssen,  weini  sie,  in  ähnlieh 
tölpelhafter  Weise  aufgestellt,  von  einer 
fast  vierfachen  Cebernuicht  ])l()tzlieh  ange- 
fallen worden  wäre.  Eine  Armee  von 
Löwen  wird  gesehlagen,  wenn  Esel  ihre 
Führer  sind.  —  Der  einzige  Erfolg  der 
Union  bei  Chaneellorsville  war  der  Tod  des 
conf.  Generals  StonewaU  Jackson,  nächst 
Lee  der  beste  Führer  des  Feindes.  Aber 
Jackson  wurde  am  Abende  des  2.  Mai  von 
seinen  eigenen  Truppen  verwundet,  welehe 
ihn  in  der  Dunkelheit  mit  einem  Unionsof- 
fizier verwechselt  hatten. 

Vom  elften  Corps  waren  am  Abende  des 
2.  ]\Iai  völlig  intakt:  Brigade  Barlow  (die 
nicht  am  Kampfe  Theil  genommen  hatte), 
Brigade  Buschbeck,  trotz  der  furchtbaren 
Verluste  noch  über  1000  ]\Iann  stark,  und 
über  die  Hälfte  der  Division  Schurz,  von 
ihrem  Führer  noch  während  des  Abends 
reorganisirt.  Das  Corps  hätte  am  3.  Mai 
wieder  mit  gegen  7000  ]\Iann  an  der 
Sehlacht  theilnehmen  können,  denn  auch 
starke  Reste  der  Division  Devens  waren 
wieder  geordnet.  Aber  sie  wurden  nicht 
mehr  verwendet.  Ebenfalls  kamen  die 
Corps  I  und  V  nicht  zum  Schlagen.  Hooker 
konnte  sich  nicht  entschliessen,  seine  Re- 
serven einzusetzen  (ein  Fehler,  der  den 
meisten  Westpointern  eigen  ist),  und  so 
mussten  gegen  42,000  Unionstruppen  der 
Vernichtung  ihrer  Kameraden  am  3.  und  4. 
Mai  (abgesehen  von  einer  Division  des 
Corps  V)  zusehen,  ohne  einen  Schuss  ab- 
zufeuern. Diese  Zaghaftigkeit  im  Ein- 
setzen der  Reserven  ist  neben  den  geschil- 
derten Fehlern  der  Oberführung  die  Ur- 
sache der  Niederlage  gewesen. 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT   IM   BUERGERKRIEGE. 


143 


GETTYSBURG. 

Kurzo  Skizze. 

1.,  2.,  3.  Juli  ISii.s.  Lee  ist  zum  zweiton  ^lalc, 
mit  SO. 000  Mann,  nach  Maryland  und  Pennsylva- 
nien  vorgestossen,  um  woniöirlieh  riiiladelplüa  zu 
erobern,  und  im  Besitze  dieser  Stadt  den  Xorden 
zur  Anerkennung  der  Conföderation  und  zum 
Frieden  zu  zwingen.  Ihm  tritt  mii  100,000 
Unionstruppen  der  neue  Uberü;eneral  Meade  (an 
Stelle  des  abgesetzten  Hooker)  entgegen.  —  Get- 
tysburg  (das  alte  deutsche  Götzburg)  liegt  in 
Süd-Pennsylvanien,  hart  an  der  ^larylander 
Grenze.  Wichtiger  Strassenkreuzungspunkt.  Lee 
will  dort  sein  stark  zerstreutes  Heer  sammeln. 
Auch  Meade  will  sieh  den  wichtigen  Platz  sichern. 
So  streben  beide  Heere  .ienem  Orte  zu  und  zwar 
ohne  zu  wissen,  dass  der  Gegner  die  gleiche  Ab- 
sicht hat.  Gettysburg  wird  eine  weder  von  Lee 
noch  von  Meade  gesuchte  Begegnungssclüacht.  Die 
wichtigste  Position  dieses  Feldes,  der  einer  Fisch- 
angel ähnelnde  langgezogene  Rücken  des  Fried- 
hof shügels  (direkt  hinter  der  Stadt  Gettysburg) 
liegt  aber  der  Anmarschlinie  der  Union  günstiger 
und  wird  auf  Anrathen  des  deutschen  Generals  von 
Steinicehr  besetzt.  Auf  diesem  Höhenzuge  sam- 
melt sich  nach  und  nach  das  ganze  Heer  Meade 's, 
findet  dort  eine  wunderbare  Vertheidigungsstel- 
lung  und  zwingt  Lee  zum  Angriffe  auf  dieselbe. — 
Lee  hätte  den  Hügel  am  Abend  des  1.  Mai  leicht 
stürmen  können,  aber  sein  Unterführer  Ewell  ver- 
sagte. Letzterer  wollte  seine  übermüdeten 
Truppen  schonen.  Das  Glück  ist  der  L^^nion  in  die- 
sen kritischen  Tagen  ausserordentlich  günstig  ge- 
wesen. —  Am  1.  und  am  Morgen  des  2.  Juli  be- 
sitzt Lee  eine  L'ebermacht,  denn  der  Aufmarsch 
der  Conföderirten  vollzieht  sich  rascher,  als  derje- 
nige der  Gegner.  —  L^^eber  Gettysburg  sind  Bände 
geschrieben  worden.  Wir  werden  die  grosse  Nie- 
derlage der  Conföderirten  hier  in  wenige  Sätze 
zusammendrängen. 

1.  Juli  Frühmorgens  trifft  Reiterdivision 
Buford  westlich  von  G.  auf  die  sorglos  an- 
marschierenden Spitzen  Lee 's.  Ein  hinhal- 
tendes Gefecht  entspinnt  sich.  Niemand 
ahnt,  dass  es  der  Anfang  der  grössten  Feld- 
sehlaeht  des  Bürgerkrieges  ist.  10i/>  Uhr 
trifft  Unionscorps  I  ein.  Der  Kampf  wird 
ernsthafter.  Unionsgeneral  Reynolds  fällt, 
die  conf.  Brigade  Archer  wird  gefangen. 
1214  Uhr  treffen  die  im  Eilmarsch  an- 
rückenden Truppen  des  11.  Corps  ein.  Aber 
nur  zwei  Divisionen  desselben  gehen  neben 
Corps  I  in  die  Schlacht.    Division  v.  Stein- 


wehr l)leil)t  auf  dem  Friedhofshügel  in  Re- 
serve. Gen.  Howard  ül)eniimiiit  an  Rey- 
nolds' Stelle  die  Ül)erfülirung.  Schurz 
führt  das  elfte.  l)oul)le(lay  das  ei-ste  Corps, 
Scliurz's  zwei  Divisionen  ( Scjiimmclpfen- 
nig  und  Barlow)  zählen  60(K)  ^lann.  Si-hurz 
steht  im  freien  Felde  ohne  jede  Deckung. 
Durch  das  Ungestüm  Barlow 's  wird  dessen 
Division  viel  zu  weit  vorgeschoben.  Es 
entstehen  Lücken  in  der  Unionslinie,  aber 
durch  das  treffliche  Schiessen  der  Batterie 
Dilger  wird  der  Feind  stark  zurückgehal- 
ten. Doch  hat  derselbe  um  2  LThr  schon 
30.000  :\[ann  gegen  die  16.000  Unionstrup- 
pen in  Stellung,  und  stündlich  treffen  neue 
Divisionen  des  Feindes  ein. 

Den  aussichtslosen  Kami)f  hätte  ein  er- 
fahrener Oberführer  schon  um  2  Uhr  ab- 
gebrochen. Aber  Howard  lässt  seine  Sol- 
daten stehen.  Schurz 's  Truppen  konnnen 
dem  Feinde  so  nahe,  dass  sich  die  Geg- 
ner in  die  Augen  sehen  können.  Erst  um 
4  Uhr  erfolgt  der  Rückzug.  Dieser  wird 
bei  einigen  Regimentern  zur  Flucht.  Li 
den  Strassen  von  Gettysburg  werden  viele 
von  Schurz 's  Truppen  gefangen.  Der 
durch  einen  Kolbenschlag  betäubte  General 
Schimmelpfennig  entgeht  wie  durch  ein 
Wunder  diesem  Schicksal. 

Von  Steinwehr  nimmt  auf  dem  Fried- 
hofshügel die  Reste  der  beiden  Corps  auf. 
Auch  das  erste  Corps  hat  stark  gelitten  und 
heldenmüthig  gekämpft.  Furchtbar  bange 
Stunden  folgen.  Wenn  jetzt  der  Feind 
stürmen  würde!  Ewells  Truppen  stehen 
ja  in  der  Stadt,  unmittelbar  unter  den  auf 
der  niedrigen  Anhöhe  postirten  Trünunern 
der  beiden  Corps.  Aber  Ewell  rührt  sieh 
nicht  (ganz  gegen  den  Wunsch  Lee 's).  In 
der  Abenddänunerung  trifft  dann  das  XII. 
Unionscorps  bei  den  Kameraden  vom  I. 
und  XI.  Corps  ein,  und  die  Gefahr  ist 
überstanden. 

2.  Juli  Morgens.  Lee  hat  noch  innner 
eine  starke  I\^berlegenheit.  aber  nützt  die- 
selbe zu  spät  aus,  oder  vielmehr  der  zum 
Angriff  befohlene  Gen.   Longstreet  zögert 


144 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


mehrere  Stumlen  mit  der  Aust'ülinm^  des 
Befehls.  So  entwiekehi  sieh  die  fiir^-ht ba- 
ren Kämpfe  im  AVeizenfelde,  Pfirsieh- 
Garten.  in  der  ..Teufelshöhle"  und  am 
Little  Round  Top  (linker  Flü^'el  der 
Unionsstellunfr)  erst  pegen  5  Ihr  Xaehmit- 
tags.  Jetzt  hat  Meade  den  grösseren  Theil 
seines  Heeres  herangebraeht  und  kann  den 
Punkten,  wo  Longstreet  angreift,  starke 
Reserven  zusenden.  Der  Angriff  seheitert 
unter  nngelieuren  Opfern  auf  beiden  Sei- 
ten. Aueh  ein  Angriff  auf  den  Friedhofs- 
hügel und  benaehbarteu  Culp-Hügel  (eonf. 
Corps  Ewell)  wird  von  Corps  XI,  XII  und 
I  abgesehlagen.  Dabei  haben  sieh  die 
deutsehen  Regimenter  unter  Schurz  und 
Steinwehr  vorzüglich  gehalten. 

3.  Juli.  Naeh  einem  furchtbaren  Artil- 
leriekampfe führt  Lee  seine  Sturmhaufen 
(an  der  Spitze  die  eben  eingetroffene  Elite- 
Divisi(m  Pickett)  zum  Hauptangrilfe  auf 
das  Centrum  der  Cemetery  Ridge  vor.  Dies 
ist  wohl  der  kritischste  Augenblick  des  gan- 
zen Bürgerkrieges  gewesen.  Die  Stürmen- 
den, welche  zunächst  eine  Ebene  von  II/2 
jNIeilen  Breite  durehlaufen  müssen,  gelan- 
gen liis  in  die  Brustwehren  der  Yertheidi- 
ger,  werden  aber  unter  ungeheuren  Ver- 
lusten abgeschmettert.  Damit  ist  die  grösste 
Feldschlacht  des  Bürgerkriegs  entschieden. 
p]s  gelingt  Lee,  ohne  nenneswerthe  Ver- 
folgung über  den  noch  dazu  hochgeschwol- 
lenen Potomac  zu  entkommen.  Verluste 
der  Union:  2,834  Todte,  13,709  Verwun- 
dete, 6,643  Vermisste.  Conföderirte :  2,665 
Todte,  12,599  Verwundete,  7,464  Ver- 
misste. Doch  .ist  letztere  Angabe  wahr- 
scheinlich zu  niedrig.  Die  Conföderirten 
haben  ungefähr  30  Prozent,  die  ünions- 
kämpfer  25  Prozent  ihrer  Mannschaft  ver- 
loren. 

IM  WESTEN. 

Skizze.  —  Der  Krieg  im  Westen  war  zunächst 
auf  Sicherung  von  Missouri  und  Kentucky  ge- 
richtet. Alsdann  galt  es,  den  Mississippi  für  die 
Union  zu  gewinnen.  Die  Stundung  wurde  von 
Farragut  durch  einen  überaus  kühnen  Handstreich 
der  Flotte  genommen,  und  schon  Anfang  Mai  war 


New  Orleans  in  den  Händen  des  Unionsgenerals 
Butler.  Von  ähnlichem  Glück  war  die  Eroberung 
des  Stromgebietes  in  der  Gegend  der  Ohio-Mün- 
dung begünstigt.  Columbus,  Kv..  das  eonf. 
,.(Jil>raltar  des  Westens",  musste  geräumt  werden. 
Island  Nr.  10  wurde  erobert,  dann  fielen  rasch 
Memphis  und  Cairo.  Die  Kanonenbootflotte  ging 
auf  den  Tennessee-  und  ("umberland-FIüssen  vor. 
Fort  Henry  fiel  und  bald  darauf  nach  heissem 
Kampfe  unter  Grant  das  starke  Fort  Donelson  be- 
reits am  16.  Februar.  Die  erste  gros.sc  Schlacht 
des  Krieges  wurde  am  6.  und  7.  April  1862  bei 
l'ittsburg  Landing  (Shiloh)  geschlagen  und,  nach 
herben  Misserfolgen,  infolge  des  ^Eingreifens  des 
General  Bück  für  die  Union  gewonnen.  Es  folg- 
ten die  Kämpfe  um  Corinth,  die  grossen  Schlach- 
ten von  Perryville  und  Murfreesboro.  Trotz 
mancher  Rückschläge  war  ein  stetes  Vordringen  in 
Tennessee  bemerkbar.  Am  4.  Juli  '63  kapitulirt 
Vicksburg  und  damit  ist  der  Mississippi  völlig  in 
den  Händen  der  Union.  Die  westlich  des  Flusses 
gelegenen  Theile  von  Louisiana,  ferner  Texas  und 
Arkansas,  sind  vom  Hauptsitze  der  Rebellion  abge- 
trennt. Die  Union  drängte  nun  ostwärts  in  Ten- 
nessee vor.  Trotz  der  furchtbaren  Niederlage  von 
Chickamauga  (18.— 21.  Sept.  '63)  wird  das  Ziel 
erreicht :  Chattanooga  wird  nach  den  Unionssie- 
gen von  Lookout  Mountain  und  Missionary 
Ridge  (24.  und  25.  November  '63)  erobert,  und 
Knoxville  wird  entsetzt.  Jetzt  ist  Tennessee  ganz 
in  den  Händen  der  Union  (spätere  Kämpfe  bei 
Franklin  and  Nashville  Mitte  Dezember  1864),  und 
S]ierman  beginnt  Anfang  Mai  1864  seinen  welt- 
berühmten Feldzug  gegen  Georgia,  erobert  At- 
lanta, marschirt  nach  Savannah  an  der  atlanti- 
schen Küste,  und  von  dort  (Januar  bis  April  '65) 
durch  Süd-  und  Nord-Carolina,  um  Grant  vor 
Richmond  die  Hand  zu  reichen.  Ehe  Letzteres 
eintritt,  kapitulirt  Lee  bei  Appomatox  Courthonse, 
(9.  April  '65),  und  damit  ist  der  Krieg  that- 
sächlich  beendet.  —  Der  westliche  Krieg  ist  eine 
Umfassungsmassregel  grossen  Stils  gewesen.  Vom 
Westen  aus  wurde  die  Conföderation  in  zwei 
Stücke  gespalten  und  so  eines  wesentlichen  Theils 
ihrer  Hilfsquellen  beraubt.  Ein  durch  vier  Jahre 
sich  hinziehendes  Vorwärtsdrängen  ist  dieser  west- 
liche Krieg,  dessen  Schauplatz  so  gross  ist  wie 
Deutschland,  Frankreich  und  Oesterreich  zusam- 
mengenommen. Vom  Westen  aus  wurde  die  Con- 
föderation immer  mehr  eingeschnürt,  immer  mehr 
nach  Osten  zurückgedrängt.  Wesentlich  ist  an 
diesen  Siegen  die  Flotte  betheiligt  gewesen,  deren 
Wirken  im  Bürgerkriege  überhaupt  eine  weit 
grössere  Bedeutung  besitzt,  als  meistens  zuge- 
standen wird. 

An  diesen  Erfolgen  im  Westen  ist  unser 

Volksstamm  ausserordentlich  stark  bethei- 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


145 


ligt  gewesen.  Aber  es  ist  ganz  iinniöglich, 
diesen  Antheil  im  Einzelnen  nachzuweisen, 
denn  gerade  in  den  westlichen  Heeren  war 
die  Zerstreuung  der  Deutschen  unter  den 
Soldaten  anderer  Volksstännue  besonders 
stark.  Nur  eine  (fast)  deutsehe  l^rigade 
(die  alte  Osterhaus 'sehe  unter  Wangelin) 
trat  im  Westen  auf.  Allerdings  gab  es  viele 
deutsche  Regimenter  auch  im  Westen,  aber 
Recriments-Einheiten    sind    zu    klein,    um 


Der  deutsche  General  Schöpf  hielt  sich 
lange  am  Cumberland  Flusse  gegen  eine 
grosse  Uebermacht  des  conf.  Generals  Zol- 
likofer  (schweizerischer  Abstammung). 
Schöpf  wurde  daini  durch  General  Thomas 
verstärkt  und  Thomas,  der  Held  von 
Chickamauga,  übernahm  die  Führung.  Am 
19.  Januar  1862  entwickelte  sich  die 
Schlacht  von  Mill  Springs,  Ky.  Zollikofer 
wurde  auf's  Haupt  geschlagen,  er  selbst  er- 


ANGRIFF    DES    9.    OHIOER    REGIMENT    BEI    MILL    SPRING 


Entscheidimgen  zu  bringen.  Einzelne  Er- 
folge der  Deutschen  gleich  im  Anfange  des 
Feldzugs  traten  jedoch  sehr  hervor.  Eine 
der  ersten  Siegesnachrichten  war  der 
Kampf  von  Theilen  des  Willich 'sehen  32. 
Ind.  Regiments,  unter  von  Trebra,  bei 
Mumfordsville,  Ky.,  am  17.  Dez.  '61.  Der- 
selbe endete  mit  dem  Zurückwerfen  einer 
fünffachen  Uebermacht  von  2000  texani- 
schen  Reitern.  Hier  zeigte  sich  zum  ersten 
Male  der  Werth  gründlich  ausgehüdeter 
Truppen.  Das  Gefecht  war  nur  klein, 
aber  seine  Folgen  waren  gross,  denn  durch 
den  Sieg  der  Deutschen  wurde  die  Brücke 
über  den  Greene  River,  Ky.,  gesichert,  über 
welche  das  Nordheer  marschiren  niusste. 
Ein  grösserer,  wesentlich  deutscher  Sieg 
erfolgte  bald  darauf: 


schössen,  seine  grosse  Uebermacht  zer- 
sprengt. (Man  nennt  diese  Schlacht  „das 
westliche  Bull  Run".)  Errungen  wurde 
dieser  Sieg  durch  einen  ungemein  mächti- 
gen Bajonettangriff  des  9ten  deutschen 
Ohio  Reg.  (Turner  von  Cincinnati),  imter- 
stützt  vom  2ten  ]\Iinn.  Reg.,  welches  zu 
einem  Drittel  deutsch  war.  Willich  war 
auch  der  Exerziermeister  des  9ten  Ohio 
Reg.  gewesen. 

Beim  Sturm  auf  Fort  Donelson  sind  meh- 
rere deutsche  und  halbdeutsehe  Regimenter 
betheiligt  gewesen,  bei  Shiloh  ist  deutsches 
Blut  in  Strömen  geflossen.  Hier  erlitt  das 
43ste  111.  Reg.,  bestehend  aus  den  Nachkom- 
men der  deutschen  ..Lateiner"  in  Belle- 
ville,  furchtbare  Verluste.  Hier  fiel  der 
deutsche    Brigadier    Raith,    sowie    Oberst 


146 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  TM  BUERGERKRIEGE. 


Gerber,  hier  luaehte  das  32ste  Ind.  Reg. 
unter  AVillii-irs  Führung?  einen  Angriff, 
der  in  allen  Kriegsgesehiehten  als  eine  echte 
Heldenthat  «rerülunt  wird.  Auch  in  den 
Kämpfen  um  C'orinth  (wo  sieh  der  deutsehe 
Ingenieur  Oberst  von  Sehrader  glänzend 
auszeichnete),  bei  Perryville  und  ^lurfrees- 
boro  (wo  Brigadier  Schäfer  fiel  und  Gen. 
AVillich  abgeschnitten  und  gefangen,  aber 
bald  ausgewechselt  wurde)  haben  die  deut- 
sehen Kegimenter  mit  grosser  Bravour  ge- 
kämpft. 

General  Osfcr1ia)(s.  der  nach  seinen 
Kämpfen  in  Missouri  lange  den  undankba- 
ren Dien.st  im  westlichen  Arkansas  hatte, 
tritt  in  den  Kämpfen  um  Vicksburg  sehr  in 
den  Vordergrund.  Kr  führt  ein  selbst- 
•ständiges  Komuumdo  am  Black  River  und 
lö.st  die  Aufgabe,  eine  Verproviantirung 
der  Festung  zu  verhindern,  in  glänzender 
"Weise.  Seine  Division  Wangelin  gehört  zu 
den  Truppen,  welche  bei  den  unglücklichen 
Stürnu^n  auf  Vicksburg  am  weitesten  vor- 
drangen und  am  meisten  zu  leiden  hatten. 

Bei  Chickamauga  hat  sich  das  9.  Ohio 
Reg.  so  glänzend  ausgezeichnet,  dass  Gene- 
ral Thomas  dasselbe  als  einziges  unter  allen 
seinen  Regimentern  besonders  belobt.  Die 
Neuner  eroberten  eine  vom  Feinde  genom- 
mene Unionsbatterie  zurück  und  gaben 
gleich  darauf  den  Ausschlag  beim  Zurück- 
weisen eines  conf.  Angriffs  auf  die  Bri- 
gade, zu  welcher  dieses  deutsche  Regiment 
gehih-te.  Es  verlor  aus  500  ]Mann  elf  Offi- 
ziere und  237  Mann  an  Todten  und  Ver- 
wundeten, die  stärksten  Verluste  unter 
allen  Regimentern.  Auch  das  lote  schwei- 
zerisch-deutsche Regiment  von  ^Missouri  hat 
sich  unter  Conrad  hier  glänzend  geschlagen. 
"SVillich's  Brigade  hatte  furchtbar  gelitten, 
aber  sie  musste  noch  den  Rückzug  der  gan- 
zen Thomas 'sehen  Armee  decken.  —  Die 
Hälfte  der  Osterhaus 'sehen  Truppen, 
welche  den  Lookout  Berg  stürmten,  waren 
Deutsche  (^Mittheilung  von  Osterhaus  an 
den  Verfasser),  und  ausserordentlich  stark 
waren  unsere  Landsleute  bei  dem  Sturme 


auf   ]\Ii.ssionary   Ridge   betheiligt.      (Siehe 
unter  AVillich.) 

Infolge  eines  Zufalles  trafen  auf  den 
Schlachtfeldern  um  Chattanooga  mehrere 
der  berühmtesten  deutschen  Offiziere  der 
Potomnc-Armee  mit  ihren  deutschen  Ka- 
meraden von  der  westlichen  Armee  zusam- 
men. Wir  finden  hier  Schurz,  Buschbeck, 
Stein  wehr.  Krzyzanowski  und  Hecker  von 
der  Polomac- Armee  und  Osterhaus,  Wan- 
gelin, AVillich,  Laibold,  Conrad  mid  Andere 
von  den  westlichen  Heeren,  allerdings  in 
verschiedenen  Corps  wirkend.  Auch  meh- 
rere der  deutschen  Elite-Regimenter  beider 
Unionsheere  betheiligten  sich  an  den  ruhm- 
vollen Sehlachten.  Das  45.  N.  Y.  unter 
]Ma.jor  Koch,  das  26.  Wisconsin  Regt,  unter 
Winkler,  Hecker 's  82.  Illinois  Regt.,  die 
75er  Pennsylvanier  unter  Ledig,  das  58.  N. 
Y.  unter  Isenbach.  das  68.  X.  Y.  unter  v. 
Steinhausen.  Buschbeck 's  altes  Regiiu  ■  jt 
Xo.  27,  Pa.,  unter  Riedt,  das  37.  Ohio  uriter 
Siber,  dazu  Wiedrich's  Batterie  aus  Buf- 
falo  und  natürlich  Dilger's  Batterie  "J", 
leichte  Ohio  Artillerie  (die  war  stets  dabei, 
wo  es  zu  kämpfen  galt.)  sowie  die  Ohioer 
Batterie  ..K"  aus  Dayton  (Capt.  Sahm)  — 
kämpften  hier  vereint  mit  der  alten  Oster- 
haus'.sehen  Brigade  (3.,  12.  und  17.  Mo. 
und  44.  0.)  ;  dem  2.  und  15.  Mo.  Regt.,  mit 
Kämmerling's  9.  Ohio  imd  mit  Erdelmey- 
er's  32.  Ind.  Regt.  Ausserdem  waren  an 
diesen  Kämpfen  viele  halbdeutsche  Regi- 
menter betheiligt,  welche  ich  hier  nicht  auf- 
führen kann.  W^ahrscheinlich  haben  die 
Truppen,  welche  die  glänzenden  Siege  am 
Lookout-Berge  mid  bei  Missionary  Ridge 
errangen,  zu  fast  einem  Drittel  aus  Deut- 
schen und  aus  Deutschnachkommen  be- 
standen. Schurz  befehligte  hier  mehr  nicht- 
deutsche, als  deutsche  Regimenter,  und  in 
der  ganzen  Division  Steinwehr  befand  sich 
nur  noch  ein  rein  deutsches  Regiment  (das 
27.  Pa.) 

An  dem  Sherman 'sehen  Marsche  durch 
Georgia  w^aren  die  meisten  der  oben  ge- 
nannten Regimenter  betheiligt,  einige  wur- 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKKIEGE. 


147 


den  mit  der  Thomas 'sehen  Armee  nach 
Tennessee  zurückgeschickt  und  haben  bei 
den  Orten  Franklin  und  Nashville  ge- 
kämpft. Bei  vielen  Kegimentern  ist  die 
Dienstzeit  abgelaufen.  Diejenigen  Vete- 
ranen, welche  weiter  dienen,  treten  in  neue 
Regimenter;  auch  sind  die  Divisions-  und 
Brigade- Verbände  verändert,  so  dass  man 
viele  Details  beibringen  müsste,  um  zu  sa- 
gen, wo  die  alten  deutschen  Kampfgenossen 
jetzt  stehen.  Doch  findet  man  sie  meistens 
im  15ten  Corps  (welches  Osterhaus  von 
Atlanta  ab  führte)  und  im  20sten  Corps, 
das  aus  der  Verschmelzung  der  beiden 
Corps  XI  und  XII  entstanden  ist.  Beson- 
ders ausgezeichnet  haben  sich  wiederholt 
die  ]\[issourier  Brigade  unter  Wangelin. 
ferner  die  INIilwaukeer  Deutschen  (26. 
Wisc.)  imter  Winkler  und  die  81er  111. 
unter  Oberst  Edward  Salomon  (kein  Veb 
wandter  der  vier  Brüder  Salomon).  In 
den  Kämpfen  am  Keseuaw  Berge  und  in 
den  Entscheidungsschlachten  von  Peach- 
tree  Creek  und  Atlanta  haben  diese  deut- 
schen Truppen  vortreffllich  gekämpft,  aber 
auch  entsetzliche  Verluste  erlitten.  Für 
weitere  Einzelheiten  fehlt  es  hier  leider  an 
Eaum. 

Von  den  deutschen  Heerfuehrern. 

Die  Zahl  der  deutschgeborenen  General- 
stabsoffiziere betrug  dreihundertunddrei- 
undsechzig.  Von  diesen  erreichten  sechs 
den  höchsten  Rang  in  der  Freiwilligen- 
Armee:  Osterhaus,  Sigel,  Schurz,  Stahel, 
Weitzel  imd  Kautz  wurden  Generalmajore ; 
drei  andere :  Willich,  von  Steinwehr  und 
Friedrich  Salomon  erhielten  den  Titel  Ge- 
neralmajor. Dazu  siebenundachtzig  deutsch- 
geborene Brigadegeneräle,  einschliesslich 
derjenigen  Obersten,  welche  diesen  Rang 
nur  als  Kompliment  erhielten. 

Der  bedeutendste  deutsche  Heerführer 
ist  Peter  Joseph  Osterhaus  gewesen.  1823  in 
Koblenz  geboren,  lebt  er  noch  in  voller  Rüs- 
tigkeit in  Duisburg.  Er  diente  von  der  Pike 
auf,    kämpfte    vmunterbrochen    über    vier 


Jahre  bis  zum  Frieden.  Betheiligt  an 
vuruiichlre issig  Schlachten:  Als  Major  bei 
"Wilson  Creek,  ]\Io.,  als  01)erst  mid  Briga- 
dier bei  Pea  Ridge,  Ark.,  dann  als  Divisio- 
när  auf  einem  undankbaren  und  gefährli- 
chen Posten  in  Arkansas,  stets  mit  grosser 
Auszeichnung  kämpfend.  Hervorragend 
betheiligt  bei  Vicksburg,  wo  er  (am  Black 
River)  ein  wichtiges  selb.stständiges  Kom- 
mando hatte,  ferner  bei  den  Stürmen  auf 


GENERAL-MAJOR  OSTERHAUS  IM  84.  LEBENSJAHRE. 

Vicksburg.  Sodann  der  glänzende  Sieg 
am  Lookout-Berg,  Verfolgung  des  Feindes, 
Kämpfe  bei  IMissionary  Ridge  und  na- 
mentlich bei  Ringgold,  Ga.  —  Marsch 
durch  Georgia.  0.  führt  das  15te  Armee- 
korps von  Atlanta  nach  Savannah.  Zuletzt 
Generalstabschef  des  Gen.  Canby  in  Mo- 
bile. Osterhaus  konnte  Aveder  politischen 
noch  deutschvolklichen  Einfluss  geltend 
machen.  Sein  Aufrücken  ist  ausschliesslich 
die  Folge  eignen  Verdienstes.     ]\Iannhardt 


148 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  INf  BUERGERKRIEGE. 


behauptet,  dass  der  Feind  iliiii  den  Eliren- 
titel  des  amerikanischen  Bayard,  des  Rit- 
ters ohne  Furcht  und  Tadel,  gegeben  habe. 
Damit  ist  Osterliaus  am  irlücklichsten  ge- 
schiklert. 

Franz  Sifjcl  ist  derjenige  deutselie  ]\Iili- 
täi".  der  sdion  im  ei-stcn  Kriegsjalire  Gene- 
ralma.joi-  und  gkMch  (hu-auf  Corpstuhrer 
wird.  Ijctzteres  wesentlich  auf  Grund 
seines  cnf  schiede  iku  Auftretens  in  der 
Sehlacht  von  Pea  Ridge,  Ark.  Am  1.  Juli 
'62  wird  Sigel  Nachfolger  Fremout's  und 
Führer  des  1.  Corps  der  Pope 'sehen  Poto- 
mac-Armee.  Leitet  die  zweite  Bull  Rim 
Schlacht  ein  (29.  Juli),  wobei  sich  nament- 
lich seine  Division  Schurz  glänzend  aus- 
zeichnet. Sigels  Führung  an  diesem  'Mor- 
gen (5  Uhr  früh  bis  2  Uhr  Nachm.)  wird 
mit  Recht  gerühmt.  Auch  am  folgenden 
Tage  (30.  Juli)  schlugen  sich  seine  Trup- 
pen mit  grosser  Ausz<Mchnung  bei  der  Yer- 
theidigung  von  I^old  Hill  und  Henry  Hill 
luid  deckten  dann  den  Rückzug  der  Pope'- 
scheu  Armee.  Pea  Ridge  mid  Bull  Run  II 
waren  die  beiden  Glanztage  in  Sigels  Lauf- 
bahn, dazu  der  sehr  gut  durchgeführte 
Rückzug  bei  Carthage,  Mo.  Dem  stehen 
leider  gegenüber  die  Niederlagen  von  Wil- 
son's  Creek  (Sommer  '61)  und  New  Market 
im  Shenandoah-Thale  (15.  Mai  '64),  beide 
Niedei-higen  unter  Sigels  selbstständiger 
Führung.  Sigels  eigentlicher  7ir/e(/srecord 
ist  folgender:  April  '61  —  ^März  '62  Kam- 
pagne in  ]\Iissoiu'i.  ] .  Juli  '62  —  30.  August 
'62  der  Pope 'sehe  Feldzug;  ]\Iai  '64  wenige 
Wochen  im  Shenandoah-Thale.  Später 
noch  ein  unblutiger,  aber  von  Sigel  gut  ge- 
führter Stellungskampf  am  Potomac  bei 
Earley's  Einbruch  in  jNIaryland  (Sommer 
'64).  Sigel  befehligte  von  Herbst  '62  — 
Frühling  '63  eine  Grand-Division  (Armee- 
korps n.  mid  12.),  diese  hatte  aber  nur 
Garnisondienst  (Washington)  und  war  bei 
Fredericksburg  in  der  Reserve.  Dann 
rcsignirte  Sigel  und  brachte  sieh  dadurch 
um  die  besten  Gelegenheiten  zur  Auszeich- 
nung.    Sein  Wiederauftreten  im  ]\Iai    '64 


ist  nur  als  eine  Epi.sodc  anzu.schcn.  Genau 
betrachtet  ist  Sigels  eigentliche  Kriegslauf- 
bahn eine  weit  kürzere  gewesen,  als  dieje- 
nigen seiner  hervorragenden  deutschen  Ka- 
meraden. —  Sigel  war  ein  ausserordentlich 
tapferer  j\Iann  und  bei  seinen  Soldaten  be- 
liebt. Er  ist  von  der  in  der  Potomae-Armee 
herrschenden  WestjKunter  Clif|ue  stark  be- 
hindert worden,  andererseits  muss  aber 
auch  betont  werden,  dass  er  kein  Talent  be- 
sass,  um  sich  den  in  der  Potonuic-Armee 
herrschenden  Zuständen  einigennassen  an- 
zupassen. Das  Nähere  darüber  in  des  \'er- 
f assers  ausführlicher  Arbeit  ,,Die  Deut- 
schen im  Bürgerkriege". 


GENERALMAJOR    CARL    SCHURZ. 

Carl  Schurz.  Sigels  Wirken  im  Bürger- 
kriege wird  von  den  Deutschamerikanern 
meistens  iVöerschätzt,  dagegen  i.st  Schurz 's 
Kriegsrecord  von  seinen  Landsleuten  viel- 
fach nicht  nach  Gebühr  gewürdigt  worden. 
Das  mag  darin  liegen,  dass  uns  Schurz  we- 
sentlich in  seiner  bürgerlichen  Laufbahn 
als  grosser  Deutschamerikaner  näher  getre- 
ten ist,  doch  spielten  auch  andere  Gründe 
dabei  mit,  welche  der  Verfasser  an  anderer 
Stelle  darlegt.  Schurz  ist  aber  auch  als 
Militär  glänzend  hervorgetreten.  Nur  am 
ersten  Schlachttage  von  Gettysburg  hat 
Schurz  ein  Armeekorps  geführt,  sonst 
konnte  er  nur  als  Divisionär  wirken.  Seine 
Feuertaufe  bei  Bull  Run  II  hat  Schurz  mit 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


149 


den  höchsten  Ehren  bestanden.  Wäre  bei 
ChaneeUorsville  der  Rath  des  „Civilisten" 
Schurz  befolgt  worden  (Zusanunenziehiing 
des  11.  Corps  und  Aufstellung  desselben  in 
kompakter  Schlaehtlinie  mit  der  Front 
nach  Westen),  so  wäre  der  2.  Mai  '63  wahr- 
scheinlich der  schönste  Ehrentag  der  Deut- 
schen im  Bürgerkriege  geworden,  denn  der 
ganze  Verlauf  des  Jackson 'sehen  Ueber- 
falles  beweist,  dass  die  Vertheidiger  in  ge- 
schützter Stellung  und  auf  den  Kampf  vor- 
bereitet, sehr  wohl  die  Uebermacht  hätten 
zurück\Aerfen  können,  denn  diese  Ueber- 
macht konnte  in  Folge  der  Terrainschwie- 
rigkeiten erst  nach  imd  nach  zur  Geltung 
kommen,  und  ausserdem  waren  die  Angrei- 
fer schon  zwölf  Stunden  auf  den  Beinen 
gewesen  und  demnach  stark  verbraucht.  — 
Auch  Schurz 's  Haltung  bei  Gettysburg 
ist  eine  höchst  rühmenswerthe  gewesen.  Im 
Westen  kam  Schurz  eigentlich  nur  noch  bei 
dem  Xaehtgefechte  von  Wauhatchie  in  Ak- 
tion; bei  Missionary  Ridge  stand  er  in  Re- 
serve, bei  Knoxville  kam  es  überhaupt  nicht 
mehr  zum  Kampfe.  Dann  wurde  Schurz 
im  Winter  '63 — '64  nach  Xashville  abkom- 
maudirt  und  resignirte  im  Frühling  '6-i, 
um  sich  auf  Lincolns  Wunsch  der  Politik 
wieder  zu  widmen. 

Julius  Sfahcl  (Deutschungar),  der  rich- 
tige Name  ist  Graf  Ferenzi,  trat  bei  Gross 
Keys  als  Brigadier  hervor,  später  ruhmvoll 
in  der  Schlacht  von  Bull  Run  II.  Dann 
ging  er  zur  Reiterei  über,  seiner  alten  Lieb- 
lingswaffe, und  hat  da  zunächst  als  Reorga- 
nisator  der  Kavallerie,  dann  besonders  im 
Shenandoah-Thal  glänzende  Waffenthaten 
geleistet.  Bei  Piedmont  schwer  verwvmdet 
(Sommer  '64)  wirkte  er  später  wesentlich 
als  Exerziermeister.  Lebt  noch  als  rüstiger 
Greis  in  New  York. 

Gottfried  Weitzcl  und  August  V.  Kautz 
kamen  beide  zeitig  nach  Amerika  und  be- 
traten die  militärische  Laufbahn  im  regu- 
lären Heere.  Weitzel  war  einer  der  tüch- 
tigsten Ingenieure  der  Armee,  Kautz  einer 
der   berühmtesten    Reiterführer.      Weitzel 


zog  als   Erster   in   die  geräumte   Rebellen- 
hauptstadt Richmond  ein. 

Adolf  von  St  ein  wehr  war  wahrscheinlich 
der  am  gründlichsten  vorgebildete  deutsche 
^Militär  in  Amerika.  Aber  die  Führung 
einer  Brigade  oder  einer  Division  behagte 
ihm  nicht.  Er  Hess  sieh  während  der  ersten 
Kriegsjahre  beständig  vertreten,  wirkte 
aber  stets  im  Hauptquartier  (leider  viel  zu 
sehr  im  Stillen)  als  Berather  der  Komman- 
direnden.  Von  Steinwehr 's  einzige  Kampf- 
that  ist  mit  Gettysburg  verknüpft.  Aber 
das  war  auch  eine  Grossthat. 

August  (von)  Willich  ist  der  ]Marschall 
Vorwärts  des  Bürgerkriegs.  Vorzüglicher 
Organisator  und  Exerziermeister.  Die  bei- 
den deutschen  Heldenregimenter  Nr.  9, 
Ohio  und  32,  Ind.  sind  von  Willich  gedrillt 
worden.  AVar  schon  ein  Fünfziger,  als  der 
Tanz  losging.  Aber  im  Kampf  stets  ein 
Jüngling.  Allen  voran.  Held  von  Shiloh, 
von  Chickamauga  und  namentlich  von 
Missionary  Ridge.  In  letzter  Schlacht 
hatte  Wlllieh  Befehl,  am  Fusse  der  Höhe 
liegen  zu  bleiben.  Aber  ruhig  zu  liegen, 
wenn  die  Kugeln  sausen,  das  konnte  AVillich 
nicht.  So  ging  er  die  Höhe  hinan,  ohne  Be- 
fehl. Und  seine  neun  Regimenter  folgten 
dem  Alten.  Das  steckte  die  benachbarten 
Brigaden  und  Divisionen  an,  und  Alle  klet- 
terten sie  nun  ohne  Befehl  in  die  Höhe. 
Und  ehe  man  es  recht  wusste,  war  man  auch 
oben  und  hatte  die  Conföderirten  geschla- 
gen. Aehnliche  Heldenthaten  hat  W.  aucn 
bei  Chickamauga  vollbracht,  aber  sie  treten 
nicht  so  sehr  hervor.  Dort  hat  W^illich  auch 
den  Rückzug  gedeckt.  Er  war  es  auch,  der 
die  Pässe  in  den  wilden  Bergen  südlich  von 
Chattanooga  eroberte,  durch  welche  nach- 
her die  Rosencrans'sche  Armee  marschiren 
konnte.  Vor  der  Schlacht  von  ^Missionary 
Ridge  stürmte  Willich  den  Orchard  Hill, 
wo  später  das  Hauptquartier  Grants  war. 
Am  Anfange  des  Shennan 'sehen  ^Marsches 
durch  Georgia  trifft  eine  Kugel  den  alten 
Helden  in. der  Schulter  so  schwer,  dass  er 


150 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


seinen    Defien     (-1.    ]\l5ii     '64)    niederlegen 
niuss. 

Friedrich  Salomon.  Es  waren  vier  Brü- 
der SaloMion.  Friedrieh  der  Generalmajor 
,,bv  Brevi't,"  der  Ix'deutcndste.  Die  an- 
deren  waren  Eberiiard  S.,  Obei-st  des  9. 
AVise.  Reg.,  Edward  Salomon,  1862  Gouver- 
neur von  Wisconsin  (der  letzte  noch  lebende 
Ä'rjVf/sgouverneur)  luid  ein  vierter  Bru- 
der, der  gemeiner  Soldat  war.  —  Friedrieh 
S.  ist  der  Sieger  von  Helena.  Ark..  und  ein 
tapferer  und  umsichtiger  Führer  in  der 
undankbaren  Red  River  Kampagne  (im 
Südwesten)  gewesen.  Ist  viel  zu  wenig  ge- 
würdigt worden,  da  Salomon's  Kriegs- 
tliaten  sich  auf  einen  abgelegeneu  Schau- 
platz beschränkten. 

Das  waren  die  deutsehen  Generalmajore. 
Von  den  deutsehen  Brigadiers  könnten  wir 
in  grösserem  Rahmen  viel  erzählen. 
Da  ist  Buschheck  zuerst  zu  nennen;  der 
Held  von  Chancellorsville,  wurde  leider 
nicht  Generalmajor,  obschon  er  es  sicher- 
lieh verdient  hätte.  Dann  von  Schimmel- 
pfennig, alter  preussischer  Offizier,  Freund 
und  quasi  militärischer  Lehrmeister  von 
Schurz;  aber  ein  bedauernswerther  Pech- 
vogel. Schimmelpfennigs  Brigade  hat 
Jackson  bei  Bull  Run  II.  über  den  Eisen- 
bahndamm hinaus,  bis  über  die  Farm 
Cushing  verjagt,  auch  am  zweiten  Tage 
sich  glänzend  geschlagen.  Wüthend  über 
die  schmachvolle  Beschimpfung  der  Deut- 
sehen nach  Chancellorsville  Hess  sich  v.  Seh, 
in  das  lOte  Armeekorps  versetzen.  Vor 
ihm  kapitulirte  dann  später  der  deutsche 
cong.  General  Wagener  in  Charleston.  — 
Vorher  kämpfte  Schimmelpfennig  glänzend 
bei  Chancellorsville  und  am  ersten  Tage 
von  Gettysburg.  Verwimdet  dort,  flüchtete 
er  sich  in  einen  Schweinestall,  um  der  Ge- 
fangenschaft zu  entgehen,  und  sass  dort, 
umwogt  von  der  Schlacht,  zwei  lange  Tage, 
bis  er  befreit  wurde.  Starb  nach  dem 
Kriege  an  den  Folgen  der  schrecklichen 
Strapazen.  Von  den  deutschen  Brigadiers 
fielen  in  der  Schlacht  Bohlen,  Kaltes.  Baith, 


Schäfer  und  Zook,  fünf  der  Besten.  Dann 
sind  von  den  Brigadiei-s  zu  nennen  in  der 
Potomac- Armee  zunächst  von  Gil.sa  und 
Krzyzanowski,  tapfere  Führer,  beide  blie- 
ben nur  Obersten,  ersterer.  weil  die  Prin- 
zessin Salm — Salm  gegen  v.  Gilsa  intri- 
guirte  (sie  erzählt  das  selbst),  und  Letzte- 
rer, weil  keiner  der  Senatoren  den  polni- 
schen Xamen  aussprechen  konnte  (oder 
wollte),  als  Krzyzanowski  von  Lincoln  dem 
Senat  als  General  v<H'geschlagen  wurde. 
Auch  der  verdienstvolle  ..Kriz"  starb  bald 
nach  Friedensschluss.  Weitere  tüchtige 
Brigadiers  im  O.sten  waren  Ma.r  von  Weher, 
der  Held  von  Antietam,  Fricelrich  Hecker 


BRIGADIER    FRIEDRICH    HECKER. 

(nur  bei  Chancellorsville  imd  Chattanooga 
hervorgetreten),  Minelel  von  New  Jersey, 
G.  R.  Paul,  j\Ioor  von  Ohio,  von  Härtung, 
von  Schack. 

Im  W^esten  traten  hervor  als  Brigade- 
führer Hugo  von  Wangelin,  einer  imserer 
Besten,  treuer  Waffengenosse  von  Oster- 
haus,  Führer  der  westlichen  deutschen  Bri- 
gade. Reg.  3,  12,  17  :Missouri  und  44  Ohio, 
mehrfach  schwer  verwundet,  verlor  einen 
Arm,  aber  blieb  bei  der  Fahne,  bis  ilm  eine 
andere  Kugel  bei  Atlanta  kriegsunfähig 
machte;  sodann  Adolf  Engelmann,  Bern- 
hard Laiholdt,  Joseph  Conrad,  Louis  Wag- 
ner, Schöpf,  von  Blessing.  Erdelmeyer  (32. 
Ind.),    Kämmerling    (9.    Ohio)    und.    ganz 


1 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BÜERGERKRIEGE. 


151 


hervorragend,  F.  C.  WinJdei'  (26.  AVisc. 
Ht4denregiinent,  wek-lies  imter  1000  Älann 
fast  zweihundert  Todte  verloren  hat).  — 
Die  berühmtesten  deutseheu  Ingenieur- 
Offiziere  waren  Hassendeubel  (gefallen), 
Hoffuiann,  Flad  und  Haupt ;  im  General- 
stab haben  mit  Auszeichnung  gedient : 
Meysenburg,  Asmussen  und  Albert. 

Ganz  ausserordentlich  viele  deutsehe 
Artillerie-Offiziere  haben  im  Bürgerkriege 
ruhmvoll  gewirkt.  Der  tüchtigste  Artille- 
rist der  Armee  war  ein  Deutscher,  Capt. 
Hubert  Dilgcr,  ehemals  badischer  Offizier, 
lebt  noch  als  Farmer  in  Virginien.  —  So- 
dann Oberst  Pilsen,  Phil.  Daum,  Landgm- 
ber  (wegen  seiner  Schnelligkeit  der  ..flying 
dutchman"  genannt),  L.  Hoff  mann, 
Wölfle,  Mann,  Bahr  (t),  Pfänderer.  In 
der  Potomac-Armee  Oberst  Arndt  (t); 
Leppicn,  Hcxamer,  v.  Puttkamer,  v.  Kusse- 
row.  Schirmer,  Wicdrich,  Römer,  Gust. 
Wagner,  Nöcker  u.  s.  w. 

Deutsche  Conföderirtc.  Es  ist  nicht  fest- 
zustellen, wie  viele  geborene  Deutsche  in 
der  conf.  Armee  gekämpft  haben.  Viel- 
leicht waren  die  meisten  unserer  Landsleute 
im  Süden  unionstreu.  Eine  grosse  Zahl, 
namentlich  aus  Texas  und  Louisiana,  wo 
das  Deutschthum  am  stärksten  war,  flüch- 
tete nach  dem  Norden.  Bei  der  scharfen 
Konskription,  die  im  Süden  betrieben 
wurde,  mag  die  Zahl  der  Deutschen  in  der 
Rebellenarmee  doch  gegen  10,000  Älann  be- 
tragen haben.  Doch  ist  die  Zahl  der  conf. 
deutschen  Offiziere  nicht  unbedeutend  ge- 
wesen. 

Der  hervorragendste  conf.  Deutsche  ist 
Oberst  Heros  v.  Borcke.  Er  kam  aus  Preus- 
sen,  um  in  die  conf.  Armee  einzutreten. 
Seine  Leistungen  wurden  vom  conf.  Kon- 
gress  durch  ein  Dankesvotum  belohnt,  und . 
sein  Schlachtschwert  hängt  als  eine  Art 
Reliquie  im  Kapitol  zu  Richmond.  —  v. 
Borcke 's  Freund,  der  preussische  ]Major 
Scheibert,  kommt  wesentlich  als  ]\Iilitär- 
schriftsteller  in  Betracht.  Als  Generäle 
dienten   die   Deutschen  Büchcl   imd  Hen- 


ningsen.  Ersterer  ist  ruhmvoll  gefallen. 
Y.  Buchholz  war  Chef  der  Artillerie.  Die 
Obersten  Reichard  und  von  Zincken  führ- 
ten das  20ste  Louisiana  Regiment,  wel- 
ches halb  deutsch  war.  Auch  die  berühmte 
AVashington  xVrtillerie  von  New  Orleans 
hatte  einen  starken  deutschen  Einschlag. 
Desgleichen  war  das  1.  Art.  Reg.  von  Süd- 
Carolina  sehr  stark  mit  Deutschen  durch- 
setzt. Ihr  Führer  war  Oberst  Johann  A. 
Wagener  (mit  Generalsrang),  ein  echter 
deutscher  Yolksmann,  auch  als  Schrift- 
steller und  Dichter  geschätzt.  Er  ist  blu- 
tenden Herzens  in  den  Krieg  gezogen.  Das- 
selbe lässt  sich  sagen  von  seinem  Freunde 
Bleichers,  von  dem  hervorragenden  Schul- 
mann und  Geschichtsforscher  H.  Schu rieht 
aus  Virginien,  von  Gustav  Schleicher  aus 
Texas,  welcher  später  so  lange  und  so 
tüchtig  im  Kongresse  gewirkt  hat  und  Avel- 
chem  Garfield  eine  herrliche  Gedächtniss- 
rede widmete.  Älehrere  Deutsche  haben 
in  hervorragenden  Civilstellungen  während 
der  Kriegszeit  im  Süden  gewirkt.  So  war 
C.  G.  Memyninger  der  Finanzminister  der 
Conföderirten,  M.  Schele  de  Ver,  aus  Pom- 
mern gebürtig,  einer  der  bedeutendsten  Ge- 
lehrten des  Südens,  Professor  an  der  vir- 
ginischen  Universität.  Er  befehligte  ein 
conf.  Regiment  und  war  im  diplomatischen 
Dienste  der  Conföderation  thätig.  Der 
hervorragendste  und  geistig  bedeutendste 
Deutsche  des  Südens  war  Karl  Minnigerode 
aus  Hessen,  Pastor  der  St.  Pauls  Episeopal 
Kirche  in  Richmond,  welche  von  Jefferson 
Davis,  General  Lee  mid  allen  Häuptern  der 
Rebellion  besucht  wurde.  ]\I.  beherrschte 
die  englische  Sprache  so  gut  wie  die  deut- 
sche. Er  war  der  berühmteste  Kanzelred- 
ner des  Südens.  Im  Norden  nannte  man 
ihn  den  „Beichtvater  der  Seee-ssion",  weil 
M.  nach  dem  Kriege  oft  das  Gefängniss  von 
Jefferson  Davis  besuchte,  um  dem  Ex-Prä- 
sidenten das  Abendmahl  zu  reichen.  Der 
Einfluss  IMinnigerodes  auf  seine  Umgebung 
ist  ein  sehr  grosser  gewesen.  ]\I.  war  inner- 
lich kein  Freund  der  Sklaverei.    Er  musste 


152 


DER  DEUTSCHE  SOLDAT  IM  BUERGERKRIEGE. 


in  Deutschland  mehrere  Jahre  im  Gefäng- 
nisse schmachten,  weil  er  dieselben  Gesin- 
nungen zur  Schau  getragen  hatte,  wie 
Gustav  Könier  und  Fritz  Reuter.  —  ]\Iinni- 
gerode  war  ein  Staatenrechtler  extremster 
Färbung.  Das  geht  aus  vielen  seiner 
Schriften  und  Reden  hervor.  Er  hat  sicher- 
lich sehr  stark  auf  seine  deutschen  Lands- 
leute gewirkt  imd  viele  derselben  veran- 
lasst, für  Virgiuicn,  für  die  neue  Ileimath, 
einzutreten.  —  Uebrigens  hatten  unsere 
Landsleute  kaum  eine  Wahl.  Wenn  sie 
nicht  freiwillig  unter  die  Waffen  traten, 
so  wurden  sie  durch  die  grausamen  Kon- 
skriptionsgesetze dazu  gezwungen.  Wäh- 
rend der  letzten  Kriegsjahre  war  jeder 
Weisse  vom  16.  bis  zum  60.  Jahre  dienst- 
pflichtig, imd  in  Richmond  gab  es  ein  Re- 
giment, welches  das  silbergraue  hiess,  weil 


die  ^lehrzahl  der  Mannschaft  an  der  Grenze 
des  Greisenalters  stand. 

*       *       *       * 

Das  letzte  Kriegsjalir  braucht  hier  nicht 
wi'iter  behandelt  zu  werden,  denn  unsere 
Landsk'ute  treten  alsdann  zu  wenig  in 
deutschen  Trupiieneinheiten  hervor.  Aber 
gekämpft  haben  sie  für  die  Union  bis  zum 
letzten  Schuss.  Sie  standen  jetzt  aber  zer- 
streut unter  Kameraden  anderen  Stammes; 
über  180,000  Deutsche  haben  überhaupt 
nur  in  solcher  Zerstreuung  gefochten.  Von 
dieser  grossen  Mehrheit  unserer  Deutschen 
meldet  aber  ,,kein  Lied,  kein  Heldenbuch". 
Sie  theilen  sich  mit  den  übrigen  mehr  als 
zwei  ^Millionen  Unionskämpfem  in  denje- 
nigen Ruhm,  den  Alle  verdienen,  welche 
die  Zerstückelung  der  Republik  verhindert 
haben. 


ÜHtrtrt  Olnlumhta,  ÄMt-Hirgim^tt,  am 
Uiit^r^u  HtBBtBatppt,  in  äUinnia  n.  iMiöönnri. 


Staedte  und  Orte,  die  von  Deutschen 
gegruendet  wurden. 


Die    deutschen    Einwanderer    gründeten 
zahlreiche  Dörfer  und  Städte  in  dem  Gebiet 
der  jetzigen  Vereinigten  Staaten,  jedoch  ist     1710: 
es  charakteristiseli.  dass  nur  wenige  dieser 
Gründungen  ihren  ursprünglich  deutschen 
Charakter  behielten.     Sie  verfielen  ebenso 
wie  die  Nachkommen  ihrer  Gründer  dem 
Amerikanisirungs-Prozess,  der  sich  unauf-      1713 ; 
haltsam    vollzieht.      Von    den    zahlreichen 
Orten  und  Städtchen  —  zu  einer  grossen 
Städte-Gründung  hat  es  die  deutsche  Ein- 
wanderung als  solche  nicht  gebracht,  soviel      1714 : 
sie     auch     dazu    beitrug,     amerikanischen 
Städten   einen   grossstädtisehen   Charakter 
zu     geben     und     sie     zu     Riesen-Handels-      1717 : 
Centren  zu  entwickeln  —  haben  nur  ganz 
wenige  ihre  ursprüngliche  Art  bewahrt  imd 
sind    deutsch    geblieben.      Aber    auch    sie 
dürften  in  nicht  zu  langer  Zeit  ihren  deut- 
sehen Charakter  einbüssen  imd  zu  amerika- 
nischen Städten  in  vollem  Sinne  des  Wortes 
werden.     Unter  ihnen  nehmen  die  hervor-     1719 ; 
ragendste    Stelle   ein  i     Hermann   in   ]\Iis- 
souri  luid  Egg  Harbor  City  in  New  Jersey. 
Eine  chronologische  Aufzählung  von  deut-     1721 : 
sehen    Einwanderern    gegründeter    Städte 
und    Ortschaften    darf    indessen    in    dem     1722 : 
j.Buch  der  Deutsehen  in  Amerika"  nicht 
fehlen   und   soll   deshalb   hier   eine    Stelle     1723 
finden. 

Deutsche  Ansiedlungen  und  Orts- 

Gruendungen.  1725 

1683:  Gennantown  in  Pennsylvanien  durch 

Pastorius  und  die  Crefelder. 
1702 :  Skippack  (:Montgomery  County,  Pa.)      1728  ; 

durch  deutsche  ^Mennoniten. 
1709:  Neu-Bern    (Xewbern),   Nord-Caroli-      1729 

na,  gegründet  von   Graffenried  und 

Michel. 


Newburg  am  Hudson  in  New  York 
durch  Pfälzer. 

Gründimg  von  Rhinebeck  und  Ger- 
mantowai  auf  dem  Ostufer  des  Hud- 
son durch  Pfälzer. 
Ansiedlung  von  ]\Iennoniten  am  Pe- 
cpiea  Fluss  in  Lanca.ster  County,  Pa. 
Besiedlung  des  Schoharie-Thales  in 
New  York  durch  die  von  ihren  ur- 
sprünglichen Siecilimgen  am  Hud- 
son verdrängten  Pfälzer. 
Deutsche  Ansiedlungen  an  den 
Ufern  des  Rappahannock  in  Virgi- 
nien  und  Gründung  von  Germanna. 
Trappe  und  Goschenhoppen  in 
IMontgomery  County.  Pa.,  durch 
deutsche  Lutheraner  und  Refor- 
mirte. 

Lutheraner  aus  dem  Elsass  und  der 
Pfalz  siedeln  sich  in  Spottsylvania, 
Va.,  an. 

New   Hanover    (Falkner 's   Swamp), 
]\Iontgomery    County.    Pa.,    Ansied- 
lung deutscher  Lutheraner. 
Deutsche  Ansiedlungen  am  luiteren 
Älississippi. 

Indianer  treten  Land  am  ^Mohawk  in 
New  York  an  deut.sche  Ansiedler  ab. 
Uebersiedlung  vieler  Deutschen  vom 
Schoharie   nach   dem   ]Mohawk-Dist- 
rikt.     Andere  ziehen  nach  dem  Tul- 
pehocken in  Berks  County,  Pa. 
Deutsche  Siedlungen  am  westlichen 
Ufer     des      SiLsquehanna    (  Kreutz 
Creek)  in  Pennsylvanien. 
Earlto\\'n,  Laneaster  County,  Pa.,  ge- 
gründet von  Hans  Graf  (Earl). 
Conrad  Weiser  siedelt  sich   in   der 
Nähe   des   heutigen   Womelsdorf   in 
Berks  Countv,  Pa..  an. 


150 


CHRONOLOGIE  DEUTSCHER  ANSIEDLUNGEN   JN   AMERIKA. 


1730:  Deutsehe   Ansiedlunjr   in    Isloiioeacy, 

Maryland. 
1732:  Schweizer  unter  .loluinn  Peter  Pury 

aus  Xeufehatel   ^'runden    Pni-ysl)urg 

in  Süd-Carolina. 

Deutsche  lutherisehe  Ansiedliuig  iu 

Karitan,  N.  J. 

Deutsche  Ansiedlungen   im   Shenan- 

doah-Thal  in  Virginien. 

Er.ste     deutsehe     Kirehe     auf     dem 

AVest-Ffer   des   Monocacy   in    :Mary- 

land. 
1733:  Aus  der  Heiniath  vertriebene  Salz- 
burger Protestanten  gi-ünden  Ebene- 

zer  bei  Savannah  in  Georgia. 
1734:  Deutsehe    Ansiedhiugen    in    Lehigh 

County,  Pa. 

Deutsehe    lutherisehe    Gemeinde    in 

Charleston,  S.  C. 
173Ö:  Gründung  des  Klosters  Ephrata  in 

Laneaster  County,  Pa. 

Ileri'nhuter  unter  Bisehof  Spangeu- 

berg  siedeln  sieh  in  Georgia  an. 

Deutsche  und  Sehweizer  die  ersten 

Kolonisten   in   Orangeburg   County, 

S.-C. 
1740:  forste  deutsehe  Ansiedlung  an  Broad 

Bay.  :\Ie..  Waldboro. 
1741  :  Gründung  von  Bethlehem  und  Naza- 

reth  an  der  „Gabel  des  Delaware"  in 

Pennsylvanien     durch     Ilerrnhuter 

imter    den    Bischöfen    Nitschmann 

und  Spangenberg. 

Schätfertown    in    Lebanon    County, 

Pa..  durch  Schäfer. 
1746 :  Ilerrnhuter- Ansiedlungen     am     Ma- 

honing  Creek,  Pa. 
1751 :  Zweite      deutsehe      Ansiedlung      in 

Broad  Bay,  i\Ie. 
1753:  Ilerrnhuter  -  Ansiedlung    Wachovia 

in  Nord-Carolina. 
1757:  Lititz      in      Pennsylvanien      durch 

Ilerrnhuter  imter  N.  Seidel  imd  J. 

Reuter. 
1758 :  Gründung    von    Manheim    in    Lan- 
easter  County   durch   ..Baron"     F. 

W.  Stiegel. 


Deutsche  lutiierisehe  Kirche  in  Bed- 
minster,  \.  J.,  eingeweiht  durcli 
Pastor  Mühlenberg. 

17t)l  :  Wiiiiamsburg  (jetzt  Jonestown)  in 
Lebanon  County,  Pa.,  von  Deutschen 
gegründet. 

p]rste  IIerrnhuter-]\Iission  in  Stark 
County,  0.,  gegründet  von  Fred. 
Post. 

1762:  Deutsehe  Siedlungen  in  Womels- 
dorf,  Berks,  und  Allentown,  Lehigh 
County.  1^1. 

Ilagerstown  in  Maryland,  genannt 
nach  Jonathan  Hagar,  seinem  ersten 
Ansiedler. 

1763:  Gründung  von  Ilummelstown  in 
Daui)hin  County,  Pa.,  und  Hano- 
ver  in  York  Coimty,  Pa. 

1765 :  Pfälzer  und  Württemberger  siedeln 
sich  in  Süd-Carolina  an. 

1768:  ]\Iyerstown,  Lebanon  County,  Pa., 
gegründet  von  Isaac  ]Myers. 

1770:  Gründung  von  Friedensdorf  in  Ohio 
durch  David  Zeisberger  als  Heim 
für  die  Friedens-Gemeinde. 

1772 :  Deutsche  Ansiedlungen  in  der  Re- 
gion der  Blauen  Berge. 
Gründung  von  Schönbrunn  am  Tus- 
carawas  in  Ohio  durch  Zeisberger. 
Gnadenhütten  und  Salem,  Ilerrn- 
huter-Ansiedlungen  am  oberen  ]Mus- 
kingum  in  Ohio. 

1773:  Waldoborough,  Broad  Bay.  ]Me., 
eine  deutsche  xVnsiedlung,  erhält  Ge- 
meinderechte. 

1774:  Berlin  in  Somerset  County,  Pa.,  ge- 
gründet von  J.  Keffner  mid  anderen. 

1781 :  :Mary  Ileckewelder,  die  Tochter  eines 
deutschen  Herrnhuter  -  ]Missionai"S, 
am  16.  April  als  das  erste  weisse 
Kind  nördlich  vom  Ohio  geboren. 

1785:  Lewisburg    in    Union    County,    Pa., 
gegründet  v(m  Ludwig  Derr. 
Selinsgrove  in  Snyder  County,  Pa., 
gegründet  von  Kapt.  A.  Selin. 

1793:  New  Berlin  in  Union  County,  Pa., 
gegründet. 


CHROXÜLUCJIE  DErTSCHEK  AXSIEDLL'NGEN    IN   AMERIKA. 


157 


1837  ; 

1838; 
1839  : 
1840 
1841 


1795:  „Gerniany",  die  erste  deutsehe  An- 
siedlim«:  im  ]Miami-Thale  in  Oliio  ge- 
gründet. 

1796:  Orwigsburg    in    Sehnylkill    County. 

Pa..  gegründet   von   I'eter  (^rwig.  1832 

1797 :  Deutsehe  siedeln  sieh  in  Ilighhnid. 
]Miaini  und  Jefferson  County,  0.,  an. 

1798:  Vevay  in  Indiana  von  Sehweizern 
gegründet. 

1801 :  Laneaster,  0.,  von  Pennsylvauiseh- 
Deutsehen  gegründet. 

1805:  Die  aus  Württemberg  im  Jahre  1804 
eingewanderten  Anhänger  Georg 
Rapp's,  die  ,.Rappisten",  gründen 
Harmony  in  Butler  County,  Pa. 

1806 :  Deutsehe  Ansiedlung  von  Luthera- 
nern und  Reformirten  in  Boone 
County,  Ky. 

1813 :  Lebanon  County  in  Pennsylvanien 
organisirt.  Der  östliehe  Theil  des- 
selben fast  ausschliesslieh  von  Deut- 
schen besiedelt. 

1815:  Die  Rapp'sehe  Kolonie  „Harmony" 
bei  Pittsburg  wird  verkauft  luad 
„New  Harmony"  in  Indiana  ge- 
gründet. 

1817 :  Württembergische   Separisten  imter 
Joseph    ^Michael    Bäumler    gründen 
Zoar  in   Ohio  auf  kommunistischer 
Grundlage. 
GermautOMTi  in  Ohio  gegründet. 

1819  :  Einwanderer  aus  Hannover  gründen 
Vandalia  in  Illinois. 

1823 :  Bastrop  am  Colorado  in  Texas,  ge- 
gründet von  Baron  von  Bastrop. 

1824:  Die  Rapp'sehe  Kolonie  „New  Har- 
mony" in  Indiana  wird  an  Robert 
Owen  verkauft  und  „Economy"  in 
Beaver  Coimty.  Pa.,  gegründet. 

1828 :  Oberst  Jacob  Weiss  gründet  Weiss- 
port an  der  Stelle  von  Gnadenhütten      1845 
und  Fort  Allen,  Pa. 

1831 :  Proli    aus    Offenbach,    ein    Schwind- 
ler,   der   sich   „Graf   Leon"   nennt, 
wandert  mit  seinen  Anhängern  nach      1846 
Pennsylvanien  aus  und  lässt  sich  in 


1842 


1843 


1844 


der   Nähe   der    Rapp 'sehen   Kolonie 
nieder. 

Schweizer  Ansiedlung  in  Ilighland. 
Illinois. 

Deutsche  p]iiiwanderung  in  St.  Clair 
County,  111. 

Erstes  Blockhaus  in  Green  County, 
Wis.,  errichtet  von  Funke. 
Erstes  Blockhaus  in  Calumet  Coun- 
ty. Wis.,  errichtet  von  Westfal. 
Stallotown   (^Minster),  New  Bremen 
imd    New    Glandorf    in    Ohio    von 
Deutschen  gegründet. 
Die    Stadt    Hermann    in    Gasconade 
County,  ]Mo.,   gegründet   von   Deut- 
schen aiLS  Philadelphia. 
New   Alsace    (Neu-Elsass)    und   Ol- 
denburg in  Indiana  gegründet. 
Nueva  Helvetia  gegründet  von  Kapt. 
Sutter  in  Californien. 
Starke     Einwanderung    von     Deut- 
schen in  Wisconsin. 
Gründung  der  sozialistischen  Kolo- 
nie    „Teutonia"     durch     den     von 
Pastor  H.  Ginal  in  Philadelphia  ge- 
gründeten    Gewerbe  -  Verein      (Be- 
glückimgs   -   Verein)      in     ]\IcKean 
County,  Pa. 

i\Iennonitische  Ansiedlungen  in  Elk- 
hard  County.  Ind. 

Eben  Ezer  bei  Buffalo,  N.  Y.,  ge- 
gründet von  der  Gesellschaft  der 
deutsehen  „Inspirirten". 
Zweite  Einwanderimg  von  Alt-Lu- 
theranern imd  Ansiedlungen  in  Wis- 
consin. 

St.  :Mary's  in  Elk  County,  Pa.,  ge- 
gründet von  deutschen  Katholiken. 
Bethel  in  IMissouri,  eine  kommu- 
nistische Kolonie  von  Deutschen  in 
Cincinnati,  gegründet  von  Dr.  Keil. 

Wartburg     in     Ost-Tennessee,     von 
Deutschen  gegründet. 
New  Braun f eis  in  Texas,  eine  Kolo- 
nie des  deutschen  Adelsvereins. 
Friedriehsburg  in   Texa.s  vom  deut- 
schen Adelsverein  gegründet. 


158 


CHRONOLOGIE  DEUTSCHER  ANSIEDLUXGEX  IN  AMERIKA. 


1848:  Starke  Einwaiuk'ruu^  von  Deut- 
sclieu  in  AVist-onsin. 

1849:  Das    „Goklfiebcr"    veranlasst    viele      1855; 
Deutsehe  aus  allen  Theileii  der  Ver- 
einigten Staaten  zur  Auswanderung 
naeh  Californien. 

1850:  Deutsehe  Ausiedlungen  in  ^Michigan.      1856; 

1851 :  "Walhalla,  eine  deutsehe  Kolonie  in 
Süd-Carolina. 

1852:  Buftalo  City.  Wisc.,  von  der  deut- 
selien  Arbeiter-Liga  in  Cincinnati 
gegründet. 

1853 :  Teil  City,  eine  Schweizer  Siedlimg, 
in  Indiana. 

1854:  New  l'lm  in  ^Minnesota,  eine  Grün-     1857: 
düng  deutscher  Turner.     (Indianer- 


Ueberfall  am  28.  August  1862.  Viele 
Bürger  getödtet.) 

Vjgg  Ilarbor  City,  New  Jersey,  von 
Deutsehen  gegründet,  die  sich  zur 
„Gloueester  Land  and  City  Associa- 
tion" vereinigt  hatten. 
^Marathon  County,  Wisc,  von  Deut- 
sehen aus  Pittsburg  besiedelt. 
Aurora  in  Oregon,  eine  kommu- 
nistiselie  Ansiedlung,  von  Dr.  Keil 
gegründet. 

Die  kommunistische  Kolonie  Ebene- 
zer    wird    nach    Jowa    verlegt    und 
nennt  sich  Amana. 
Annaheim   in   Süd-Californien,   eine 
deutsche  Kolonie. 


Die  Deutschen  in  Pennsylvanien. 

Mit  Zugrundelegung  der  Forschungen  Ex-Gouverneur  Pennypacker's,   Prof.  Oswald  Seidensticker's, 

C.  F.  Huch's  und  H.  A.  Ratlermann's. 


Zweihimdert  und  füufimdzwauzig  Jahre 
waren  am  6.  Oktoljer  1908  vergangen,  seit- 
dem die  erste  grössere  Sehaar  von  Deut- 
sehen ihren  Fuss  auf  amerikanischen,  und 
zwar  auf  peunsylvanischen  Boden  setzte. 
„Das  "Waldland  des  Penn"  (Pennsylvania) 
ist  als  die  eigentliche  "Wiege  des  Deutsch- 
thums  in  Amerika  zu  betrachten,  denn  hier 
war  es.  wo  der  Frankfurter  Rechtsgelehrte 
Franz  Daniel  Pastorius  Germantown.  der 
Deutschen  Stadt,  die  erste  deutsche  An- 
siedluug  gründete,  hier  war  es  auch,  wo 
die  erste  deutsche  Kirchenschule  in  Ame- 
rika und,  einige  Jahrzehnte  später,  die 
erste  deutsche  Zeitimg  in  der  neuen  "Welt 
gegründet  Avurde. 

In  der  Kolonialzeit  stellte  Gouverneur 
Thomas  den  Deutschen  das  Zeugniss  aus. 
sie  hätten  die  Provinz  Pennsylvanien  zu 
ihrer  Blüthe  gebracht.  Andere  schätzten 
die  Deutschen  minder  hoch,  so  namentlich 
der  deutsche  Geograph  Ebling  in  seinem 
berülimten  "Werke  ..Die  Geschichte  imd 
Erdbeschreibung  von  Nordamerika",  der 
sie  auf  rund  100,000  unter  etwa  200,000 
Bewohnern  der  Kolonie  bezifferte.  Soviel 
steht  jedenfalls  fest,  dass  zur  Zeit  der  Un- 
abhängigkeitskämpfe die  deutsche  Sprache 
in  Pennsylvania  mindestens  so  viel  Bedeu- 
timg hatte  wie  da.s  Englische.  Bei  der 
entscheidenden  Abstimmung,  ob  Englisch 
oder  Deutsch  Staatssprache  werden  sollte, 
ergab  sich  Stimmengleichheit.  Der  deut- 
sche Sprecher  ^lühlenberg  entschied 
schliesslich  für  das  Englische,  von  der  Er- 
wägung ausgehend,  dass  unter  13  Staaten 
sich  nicht  einer  durch  eine  andere  Sprache 


absondern,  sondern  seine  Sonderwünsche 
dem  allgemeinen  "W  olil  fall  rtsint  er  esse  un- 
terordnen müsse. 

"Wie  gross  die  Macht  des  Deutschthimis 
im  späteren  ..Keystone  "-Staate  zur  Kolo- 
uial-Zeit  war,  ersieht  man  vielleicht  am 
deutlichsten  aus  dem  "\^erhalten  Benjamin 
Franklins  ihm  gegenüber.  Dieser  kluge 
Politiker  wusste  ganz  genau,  dass  er  ohne 
die  Deutschen  nichts  ausrichten  könne,  imd 
daher  war  er  es,  der  durch  eine  Zeitimg 
Eintluss  auf  sie  zu  gewinnen  suchte.  Er 
gründete  1732  die  ., Philadelphia  Zeitung", 
die  erste  deutsche  Zeitung  in  Amerika. 
Als  sein  Blatt,  das  es  nur  auf  50  Abonnen- 
ten gebracht  hatte,  nach  einigen  ^Monaten 
schon  wieder  einging,  entrüstete  er  sich 
nicht  ganz  mit  Unrecht,  über  die  ,,diunmen 
deutschen  Hinterwäldler "  ( "  German 
Boors"),  die  seinem  kühnen  Adlertluge 
nicht  zu  folgen  vermochten.  Diese  Leut- 
chen hatten  in  der  That,  im  Guten  wie  im 
Schlimmen,  mit  den  afrikani.sehen  Buren 
eine  gewisse  Familien-Aehnlichkeit  imd 
brachten  durch  ihre  Dickköpfigkeit  selbst 
so  geduldige  Landsleute  wie  jenen  Land- 
geistlichen  aus  dem  Bruschthale  in  "\^er- 
zweiflimg,  der  seine  Abschiedspredigt  mit 
folgenden,  an  Deutlichkeit  nichts  zu  wün- 
schen übrig  lassenden  Worten  schloss: 
..Gott  regiert  die  "Welt  imd  Dummheit  die 
Bnisch  "Walley  (vom  englischen  „Valley": 
Thal),  und  die  meischte  kann  mee's  im 
Agesicht  lese.  Als  Calver  (Kälber)  haw 
ich  sie  agenomme,  als  Ochse  miiss  ich  sie 
verlasse!  In  Gottes  Namen,  Amen!"  Es 
ist  daher  auch  ein  Unrecht  gegen  das  An- 


160 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENNSYLVANIEN. 


denken  an  Benjamin  Franklin,  wenn  man 
ihn  wegen  seiner  erregten  Aenssernng 
über  die  ..Buren"  zum  üeutschfeinde 
stempeln  will,  da  er  sieh  im  Gegentheil  nm 
die  deutsehe  Saehe  ausserordentlieh  ver- 
dient gemacht  hat. 

\Villiam   Penn,  der  Gründer  von    l'enn- 
sylvania,     suehte     sein     Land     mögliehst 
sehnell  zu  besiedeln  und  eriirt'nete  es  Allen, 
dit'    sieh    ihres    Glaubens    wegen    verfolgt 
sahen.     PLx-Gouverneur  Samuel  W.  Penny- 
paeker,   der  von   deutsehen   und   holländi- 
schen   Ansiedlern    Germantown's.    nämlieh 
Ilendriek   Pannebeeker.   Abraham  Op  den 
Graeff.     Cornelius     Tyson,     Paul     Küster, 
Ilendriek  Seilen.  Hans  Peter  Umstat  und 
Peter  Conrad,  abstammt,  hat  darauf  hin- 
gewesen,  dass  Deutsehe   Urheber  der  Be- 
wegung waren,  die  zur  Kolonisirung  Penn- 
sylvauien's  führte.    Um  das  Jahr  1520  ent- 
stand imter  den  Anhängern  des  schweizer 
Reformators  Zwingli   eine   Sekte,   die   für 
völlige    Trennung   von    Kirche   und    Staat 
eintrat,  gegen  den  Krieg  und  Schwur  sich 
aussprach    und    für    friedliches    Beieinan- 
derwohnen   war.       Ihre    Anhänger    wur- 
den verfolgt,  und  viele  von  ihnen  auf  dem 
Scheiterhaufen    verbrannt.       In    Holland 
wurden    die   Wiedertäufer,    welche    gegen 
die  Taufe  von  Kindern  uud  für  die  von 
Erwachsenen  sich  aussprachen,  von  jNIenno 
Simons  zu  einer  Kirchengemeinschaft  ver- 
einigt, welche  nach  ihm  sich  Mennoniten 
nannte.      Auch   Kaspar    Schwenkfeld   aus 
Schlesien  vertrat  ähnliche  Ansichten.     Die 
Quäker  stützten  ihre  Lehre  auf  die  religiö- 
sen    Ueberzeugungen      dieser      religiösen 
Sekten.     Penn  hatte  aus  diesen  Gründen 
eine  besondere  Vorliebe  für  die  Deutschen, 
unter  denen  er  für  die  Quäker  neue  An- 
hänger zu  gewinnen  suchte. 

Die  Folge  seiner  ]\Iissionsthätigkeit  in 
Deutsehland  war  die  erste  deutsche  Ein- 
wanderung in  Pennsylvanien.  die  am  6.  Ok- 
to])er  1683  in  Philadelphia  landete  und 
unter  Pastorius'  Leitung  Germantown 
gründete.    Die  Gründung  von  Germantown 


ist  in  einem  anderen  Kapitel  dieses  Buches 
ausi'ührlich  behandelt  worden.  Die  Ein- 
waiulerung  nahm  bald  einen  für  die  dama- 
ligen   Verkehrs- Verhältnisse    riesigen    Um- 


fang an. 


Die  Mennoniten. 


Schon  im  Jahre  1702  wurde  von  M(  iiiio- 
niten  Skippack  in  ^Nlontgomery  County  an- 
gelegt.    Sechs  Jahre  später  konnte  die  aus 
52  Mitgliedern  bestehende  Mennoniten-Ge- 
meinde  in  Germantown  ihr  erstes  Gemein- 
dehaus   errichten.      Es    folgten    solche    in 
Skippack.    Conestoga.    Great    Swamp    uud 
.Manatany.  Im  Jahre  1730  wurde  das  Ge- 
meindehaus in  Franconia  Township,  ^Nlont- 
gomery    County,    errichtet.      Die   Besiede- 
lung  von  Lancaster  Comity  durch  Deutsche 
und  Schweizer,  der  IMehrzahl  nach  ]\Ienno- 
niten,  nahm  ihren  Anfang  im  Jahre  1709. 
Zuerst  Hessen  sie  sich  am  Pequea-Fluss  nie- 
der.    In  so  grossen  Schaaren  langten  sie 
luid  andere  Deutsche  in  den  Jahren  1714 — 
17  in  Pennsylvanien  an,  dass  Gouverneur 
Keith  um   die   britische   Vorherrschaft   zu 
sorgen    anfing.      Im   Jahre    1727    war   die 
Einwanderung  der  Mennoniten  besonders 
stark.      Auch   als   Pioniere    der   Industrie 
waren    sie    eifrig    thätig.      So    errichtete 
der  Mennonit  Kurtz  im  Jahre  1726  eine 
Eisengiesserei  am  Octorara  Creek  in  Lan- 
caster   County.      Im    Jahre    1770    waren 
4.000   Mennoniten   in   Pennsylvanien.   und 
Lancaster  eine  bedeutende  Stadt.  Im  Jahre 
1811  führte  der  Führer  der  Reform-^Menno- 
niten,  Pastor  Herr,  eine  striktere  Disziplin 
ein.  Ex-Gouverneur  Pennypacker  schreibt : 
,.Es  ist  oft  für  merkwürdig  gehalten  wor- 
den, dass  die  Bevölkerung  von  Lancaster 
County  in  ihren  Ansichten  öffentlichen  An- 
gelegenheiten   gegenüber   so    radikal    ver- 
schieden  ist  von   der  von   Berks   County. 
Diese   IMeinungs-Verschiedenheit   geht   auf 
die  Zeit  der  Ansiedlung  zurück.    Es  waren 
in  den  beiden  Counties  verschiedene  Sor- 
ten von  Deutschen.  Die  Leute  in  Lancaster 
Coimty  liebten  von  jeher  den  Frieden,  da 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENNSYLVANIEN. 


161 


sie  Meunoniten  waren,  während  die  Be- 
wohner von  Berks  County.  welche  deutsche 
R^forniirte  luid  Lutheraner  waren,  mehr 
an  Kampf  und  Streit  zur  Erlangung  ihrer 
Rechte  glaubten.  Sie  differirten  in  der 
Politik  in  der  Kolonial-Zeit,  und  sie  diffe- 
riren  bis  auf  den  heutigen  Tag." 

Lutheraner  und  Reformirte. 

Natürlieh  machten  auch  Lutheraner  und 
Reformirte,  welche  beständig  durch  starken 
Zuzug  aus  der  Heimath  verstärkt  wurden, 
eifrig  sich  an 's  Werk,  neue  Ansiedlungen 
zu    gründen.      Zunächst    erstreckten    sich 
ihre    kolonisatorischen    Bemühungen    auf 
das  an  Philadelphia  angrenzende  Montgo- 
mery  Coimty.    Trappe  imd  Goschenhoppen 
waren    die    ersten    Siedlimgen.      Die    alte 
lutherische  Kir.che  in  Trappe  und  das  Ge- 
meindehaus   der   ]\Ienuoniten   in    Germau- 
town  sind  die  ältesten  bis  auf  unsere  Zeit 
erhaltenen  Kirchen.     Im  Jahre  1719  grün- 
deten   die    Lutheraner    in    New    Hanover 
(Falkner 's      Swamp)       iu      Montgomery 
Coimty    eine    Gemeinde,    die   von   Johann 
Heinrich     Sprögel    fünfzig    Acker    Land 
zum  Geschenk  erhielt.     Dort  Avurden  bald 
darauf  eine  Kirche  imd  ein  Schulhaus  er- 
richtet.     Ueberhaupt    folgten    Gemeinde- 
schulen   fast   überall    der    Grimdimg   von 
deutschen  Kirchen  auf  dem  Fusse.    In  der 
er.sten  Zeit  bedienten  .sich  oft  Lutheraner 
imd  Reformirte  derselben  Audachtshäaser. 
Als  erster  Prediger  der  Letzteren  iu  Mont- 
gomery County  trat  1720  Johann  Philipp 
Böhm  auf,  der  fünf  Jahre  später  die  erste 
reformirte   Kirchenordnung   für   Amerika 
verfasste.     Der  erste  lutherische  Geistliche 
in  Amerika  war  Justus  Falkner,  der  im 
Jahre  1700  mit  seinem  Bruder  Daniel  nach 
Philadelphia  gekommen  war  imd  bestimmt 
wurde,    seine   in   Deutschland    gemachten, 
aber    nicht    abgeschlossenen    theologischen 
Studien  hier  praktisch  zu  verwerthen.    Er 
wurde  im  Jahre  1703  in  der  alten  Schwe- 
denkirche in  Wicaco  (dem  jetzigen  Soutli- 
wark    in    Philadelphia)     ordinirt,    siedelte 


später  nach  New  York  über,  wo  er  als  einer 
der    Nachfolger   Jo.sua   von    Kochersthal 's 
Führer  der  Pfälzer  wurde.    Er  starb  im 
Jahre  1725  in  New  York.     Im  Jahre  1723 
begann    ein    gro.sser    Zug    der    deutschen 
Lutheraner  imd  Reformirten  von  Schoharie 
in  New  York  nach  Tulpehocken  in  Berks 
County.    Dort  wurde  1727  die  erste  luthe- 
risclie    Kirche    errichtet.      In    demselben 
Jahre  langte   auch   Georg  Michael   Weiss, 
Prediger  der  Reformirten  Kirche,  in  Phila- 
delphia an  und  übernahm  die  Gemeinde  in 
Skippack.     Conrad  Weiser,  der  berühmte 
Indianer-Unterhändler,    über    dessen    Le- 
ben.sschicksale  an  anderer  Stelle  berichtet 
wird,      lie.ss      sich      in      der      Nähe      des 
.jetzigen  AVomelsdorf  in  Berks  Coimty  nie- 
der.    Das  war  im  Jahre  1729;  aus  dem.sel- 
ben  Jahre  wird  die  Gründimg  einer  luthe- 
rischen Gemeinde  in  dem  zehn  Jahre  vorher 
besiedelten    Trappe    gemeldet.      Auch    in 
Lancaster    gewannen    die    Lutheraner    an 
Boden,     dort     predigte     Johann     Kaspar 
Stöver  der  Jüngere.    In  Indianafield,  Mont- 
gomery County,  wurde  von  den  Luthera- 
nern im  Jahre  1730  eine  BlockhaiLs-Kirche 
gebaut.    Ein  gemeinsames  Schulhaus  wurde 
von     Lutheranern     und     Reformirten     in 
Goschenhoppen,  :\Iontgomery  Coimty,  Pa., 
im  Jahre  1732  errichtet.     Die  Berg-Kirche 
iu   Lebanon    County   wurde   ebenfalls   ge- 
meinsam von  den  Bekennern  beider  Kon- 
fessionen benutzt.     In  Philadelphia  diente 
ein  Holzgebäude  an  Areh  Str.  Lutheranern 
und  Reformirten  im  Jahre  1734  als  An- 
dachtsstätte.   In  Philadelphia  war  die  erste 
lutherische  Kirche  die  St.  Michael's  Kirche, 
zu  Avelcher  der  Grundstein  im  Jahre  1743 
gelegt    imd    die    1748    eingeweiht    wurde, 
während   die   erste   Reformirte   Kirche   in 
Philadelphia,  die  sogenamite  „Ilexagonal"- 
Kirche,    im   Jahre    1747    errichtet    wurde. 
In«  York,  Lancaster  und  Lebanon  Counties 
breiteten  sich  Lutheraner  und  Reformirte 
sehr   .schnell    aus.      Eine   strengere    Schei- 
dung   der    beiden    Kcmfe.ssionen    erfolgte 
erst,  als  „der  Patriarch  und  Gründer  der 


162 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENNSYLVANIEN. 


lutherischoii  Kirche  iu  Amerika",  Pastor 
Heinrieh  ^lelehior  ]\Iülilenl)er^'.  welcher  im 
Jahre  1741  von  den  lutherisehen  Gemein- 
den Phihuleli)hia,  New  Ilanover  nnd  l'ro- 
videuee  naeh  Amerika  berufen  worden 
war,  in  Phihidelphia  um  25.  November 
nächsten  Jahres  anhingte.  Ev  liielt  fest  an 
dem  lutherischen  Glaubensbekenntniss  und 
wünschte  keine  Verschmelzung  mit  den 
Reformirten.  Auch  der  Organisator  der 
reformirten  Kirche  in  Pennsylvanien, 
Pastor  ^lichael  Schlatter,  der  im  Jahre 
174G  angelangt  Avar,  war  Gegner  einer 
Kirchen-Union.  Er  berief  am  12.  Oktober 
eine  Konferenz  von  reformirten  Geistlichen 
nach  Philadelphia,  welcher  etwa  ein  Jahr 
später  die  erste  SjTiode  folgte.  Die  Luthe- 
raner hielten  ihre  erste  Synode  im  Jahre 
1748  in  Philadelphia  ab,  und  nahmen  eine 
„Kirchen-Agende"  an.  Die  Ankunft  meh- 
rerer lutherischer  und  reformirter  Geistli- 
ehen in  Philadelphia  gestattete  eine  stren- 
gere Scheidung  der  beiden  Konfessionen. 
Dass  aber  trotzdem  ^Mangel  an  Geistli- 
chen vorhanden  war,  geht  wohl  am  besten 
daraus  hervor,  dass  die  lutherische  Ge- 
meinde in  York,  Pa.,  einen  Redemptionis- 
ten,  d.  h.  einen  Einwanderer,  der  die 
Kosten  seiner  Ueberfahrt  hier  abverdienen 
musste,  kaufte,  um  die  Dienste  eines  Seel- 
sorgers zu  verrichten.  Des  IMannes  Name 
war  Schwcrdfcger.  Von  den  vielen  Kir- 
chen, welche  in  den  nächsten  Jahren 
von  Lutheranern  imd  Reformirten  gebaut 
wurden,  hat  die  1754  gebaute,  fünf  Meilen 
von  Lebanon  entfernte  Ziegelkirche  eine 
Berühmtheit  erlangt.  Die  lutherische 
Kirche  hatte  im  Jahre  1759  in  Penn- 
sylvanien 22  Gemeinden.  Pastor  Hand- 
schuh, der  Nachfolger  des  im  Jahre  1765 
verstorbenen  Pastors  P.  Brunnholtz  von  der 
St.  Michael's  Kirche  in  Philadelphia,  taufte 
in  einem  Jahre  326  Kinder  und  hatte  -fOO 
Kommunikanten.  1765  zählte  die  lutheri- 
sche Kirche  in  Philadelphia  700  Familien- 
Häupter.  Der  Grundstein  zu  einer  der 
grössten  deutschen  Kirchen  Philadelphia 's, 


der  Zions-Kirche,  wurde  am  16.  !Mai  1766 
gelegt;  sie  wurde  am  15.  Juni  1769  einge- 
weiht. Das  lutherische  Schulhans  an  Cherry 
Strasse,  in  dem  am  2.  Weihnachtstage 
1764  die  Deutsche  Gesellschnft  von  IVnn- 
sylvanicii  gegründet  wurde,  wai-  vier  .Jahre 
vorher  erriclitet  worden,  ebenso  die  ..Ger- 
iiiantown  Akademie".  Den  Gottesdienst  in 
dvv  Zi(ms-Kirche  besuchte  später  \VasJii)ig- 
toii,  der  übrigens  seinen  Xaiiien  ,.Vairr  des 


Das   lutherische  Schulhaus   in   der  Cherry  Strasse   in  Philadelphia, 

in    welchem    am    Nachmittag    des    zweiten    Weihnachtstage    1 764 

"Die  Teutsche  Gesellschaft   zu    Philadelphia    in    der    Provinz   von 

Pennsylvanien"  gegniendet  wurde. 

Vaterlandes"  von  einem  Deutschen  erhielt, 
der  1779  einen  Kalender  in  Lancaster 
herausgab,  auf  dessen  Titelblatt  die  Ruh- 
mcgöttin  mit  einem  Bilde  Washington 's 
in  der  einen  Hand  und  einer  Trompete  in 
der  anderen  dargestellt  war;  aus  der 
Trompete  drangen  die  "Worte  hervor: 
„Des  Landes  Vater."  In  der  Zions-Kirche 
wurde  auch  die  von  der  ,,Philosophical 
Society"     veranstaltete     Trauerfeier     an- 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENNSYLVANIEN. 


16S 


lässlich  des  Ablebens  Benjamin  Franklin 's 
im  Jahre  1792  abgehalten. 

Die  Sprachenfrage  kam  in  den  lutheri- 
schen Kirchen  Philadelphia 's  am  Anfange 
des  vorigen  Jahrhunderts  auf.  Im  Jahre 
1803  wurde  von  den  Gemeinden  beschlos- 
sen, am  ausschliesslich  deutschen  Gottes- 
dienst festzuhalten.  In  der  Zions-Kirche 
kam  es  der  Sprachenfrage  wegen  im  Jahre 
1805,  sowie  1815  zu  ernstlichen  Kontlikten ; 
Pastor  Helmuth  mahnte  beständig  zur  Auf- 
rechterhaltimg  der  deutschen  Sprache  in 
Kirche,  Schule  und  Haus.  Die  erste  luthe- 
rische Kirche  in  Peunsylvanien,  in  welcher 
Englisch  gepredigt  wurde,  war  die  1809 
eingeweihte  St.  John 's  Kirche  in  Phila- 
delphia. 

Auch  die  reformirte  Kirche,  welche  im 
Jahre  1792  ihre  Yerbindmig  mit  der  Sy- 
node in  Holland  gelöst  hatte,  vermochte  nur 
mit  schwerer  ]Mühe,  die  deutsche  Sprache 
aufrecht  zu  erhalten.  So  schieden  die 
deutsch  sprechenden  ^Mitglieder  der  ersten 
deutschen  Reformirten  Kirche  an  Race 
Strasse  in  Philadelphia  aus  derselben  im 
Jahre  1817  aus  imd  gründeten  eine  neue 
Gemeinde,  die  Salem-Kirche.  Dasselbe  er- 
eignete sich  einige  Jahre  später  in  Lan- 
caster.  Der  Plan,  den  schon  Graf  Zinzen- 
dorf  vergeblich  durchzuführen  versucht 
hatte,  eine  Vereinigimg  der  lutherischen 
imd  deutschen  reformirten  Gemeinden  der 
Ver.  Staaten,  war  im  Jahre  1822  wieder  zur 
Debatte  gekommen,  gelangte  jedoch  nicht 
zur  Ausführung. 

Die  Gründung  eines  theologischen  Semi- 
nars war  bereits  im  Jahre  1785  diskn- 
tirt  worden.  Namentlich  trat  der  im  Jahre 
1770  gelandete  Pastor  Johann  Christoph 
Kunze,  der  in  Philadelphia  in  1773  eine 
höhere  Schule  eröffnet  hatte,  lebhaft  dafür 
ein.  Er  war  bei  ]\Iühlenberg 's  Rücktritt 
1779  Rektor  der  lutherischen  Kirche  ge- 
worden. Er  war  in  Artern,  Sachsen,  im 
Jahre  1744  geboren,  verheirathete  sich  mit 
einer  Tochter  Pastor  Mühlenberg 's  mid 
wurde  im  Jahre  1780  Professor  der  orien- 


talischen Sprachen  an  der  Pennsylvania 
Universität.  Später  erhielt  er  eine  Beru- 
fung an  die  Columbia  Universität  in  New 
York,  wohin  er  im  Jahre  1784  übergesiedelt 
war.  Gleichzeitig  war  er  ein  vorzüglicher 
]\Iathematiker,  denn  er  hatte  diesen  Zweig 
des  Wi.ssens  in  Leipzig  neben  Theologie 
studirt.  Er  befürwortete  den  Unterricht 
deutscher  Kinder  in  englischer  Sprache. 
Im  Jahre  1807  starb  er.  Er  hat  das  erste 
lutherische  Gesangbuch  in  englischer 
Sprache  herausgegeben. 

Die  Gründung  des  lutherischen  theologi- 
schen Seminars  in  Gettysburg,  Pa.,  tiel  in 
dasselbe  Jahr  wie  die  des  reformirten  in 
Carlisle.     An  das  Seminar  in  Gettysburg 
wurde  1830  Professor  Ernst  Ludwig  Ha- 
zelius  berufen,  der  in  Neusalz,  Schlesien, 
im   Jahre    1777    geboren   war,    unter   den 
Herrnhutern    studirte,    sich    besonders    in 
klassischen    Sprachen    auszeichnete,    1800 
an  das  Herrnhuter  Seminar  in  Bethlehem 
Pa.,  kam,  in  Philadelphia  eine  nicht  ren- 
table Privatschule  gründete,  dann  an  das 
Hartwiek-Seminar  im  Staate  New  York  be- 
rufen Avurde.     Aus  Gettysburg  schied  er 
nach   dreijähriger   Thätigkeit,   um   Rektor 
des  Prediger-Seminars  in  Lexington,  S.  C, 
zu    werden.      Er    wirkte    daselbst    bis   zu 
seinem  am  20.  Februar  1852  erfolgten  Tode. 
Sein  Hauptwerk  war  „Die  Geschichte  der 
lutherischen  Kirche  in  Amerika  von  ihrem 
Anfang  im   Jahre   1685  bis   1842."     Der 
hervorragendste  Lehrer  an  dem  reformirten 
Seminar  in  ^Mercersburg,  Pa.,  war  der  in 
Chur  in  der  Schweiz  im  Jahre  1819  gebo- 
rene, aber  an  den  Universitäten  Tübingen, 
Halle  und  Berlin  gebildete  Philipp  Schaffn- 
er war  im  Jahre  1844  einem   Rufe  nach 
Amerika  gefolgt.    Er  wirkte  später  in  New 
York  am  Union   Theological  College.     Er 
war  ein  bed^^utender  Kenner  der  Kirchen- 
Geschichte.  Er  starb  in  New  York  im  Jahre 
1893.    Er  hat  viele  "Werke  verfasst  und  war 
noch  in  seinem  Todesjahre  auf  dem  Reli- 
gions-Kongress  in  Chicago  für  eine  Eini- 
gung der  Christenheit  eingetreten. 


164 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENNSYLVANIEN. 


Die  Herrnhuter. 

Einen  sehr  grossen  Antheil  an  der  Be- 
siedlung und  Erschliessung  Pennsylva- 
nien's  hatten  neben  den  deutsehen  ]\Ienno- 
niten,  Lutheranern  und  Refonnirten  die 
Herrnhuter.  Als  erster  Missionar  langte 
der  1704  in  Klettenburg.  Preussen.  gebo- 
rene und  in  Jena  theologisch  gebildete 
Auf/ust  (ioiühh  Spange nherg  an.  Er  war 
vorher  in  AVestindien  und  in  Georgia  als 
IMissionar  thätig  gewesen.  In  der  Nähe  von 
Savannah  hatte  er  eine  Kolonie  gegründet. 
Er  wurde  im  Jahre  1744  Bischof  imd  hatte 
16  Jahre  lang  die  Leitimg  der  Angelegen- 
heiten der  Sekte  in  Amerika  in  Händen. 
Er  wurde  nach  Europa  zurückgerufen  und 
starb  iin  Jahre  1792  in  Bartheisdorf. 
Saehsen.  Sein  Hauptwerk  war  ..Idea  Fidel 
Fratrum  oder  kurzer  Begriff  der  christli- 
ehen Lehre  in  den  evangelischen  Brüderge- 
meinden." 

Spangenberg  folgten  im  Jahre  1740  viele 
Herrnhuter  nach,  welche  sich  in  Georgia 
angesiedelt  hatten,  aber  in  Gewissens-Kou- 
flikte  mit  der  Kolonial-Regierung  geriethen. 
Im  November  1741  langte  Graf  Zinzendorf, 
der  Gründer  der  Sekte,  in  Philadelphia  an. 
Es  begann  nun  eine  rege  Kolonisations- 
Thätigkeit.  An  der  „Gabel  des  Delaware" 
wui-den  von  Spangenberg  und  Nitschmann 
5.5()()  Acker  Land  gekauft  imd  darauf 
Bethlehem  und  Nazareth  gegründet.  Zin- 
zendorf kehrte  nach  vergeblichen  Versu- 
chen. Lutheraner  und  Reformirte  mit  den 
Herrnhutern  zu  einer  evangelischen  Ge- 
meinschaft zu  vereinigen,  nach  Europa  zu- 
rück. Im  Jahre  1742  wurde  der  Eckstein 
der  Herrnhuter-Kirche  an  der  Race  und 
Broad  Strasse  in  Philadelphia  gelegt,  Beth- 
lehem wurde  das  Centrum  einer  kommu- 
nistischen Brüderschaft,  die  bis  zum  Jahre 
1762  bestand.  Der  regen  ]\Iissions-Thätig- 
keit  der  Herrnhuter,  sowie  dem  Zuzüge, 
den  sie  von  Europa  erhielten,  gelang  es, 
Gemeinden  in  Lititz.  Lansaster,  York,  am 
Mahoning    Creek   zu   gründen.      Aber   sie 


begnügten  sich  nicht  damit,  in  den  schon 
vorhandenen  Ansiedlimgen  oder  in  der 
Nähe  derselben  festen  Fuss  zu  fassen,  sie 
drangen  weiter  nach  Westen  vor,  gründe- 
ten Friedenshütten  in  Bradford  County 
imd  waren  die  Ersten,  welche  nach  Ohio 
vordrangen.  Friedensdorf,  Schönbrunn  am 
Tusearawas.  Gnadenhütten  und  Salem  am 
oberen  ]\Iuskingum  sind  die  ersten  Ansied- 
lungen  in  Ohio.  Das  erste  weisse  Kind, 
das  nördlich  vom  Ohio-Flusse  geboren 
wurde,  war  ^lary  Heckewelder,  die  Tochter 
eines  Hermhuter-Missionars.  Sie  erblickte 
am   16.   April   1781   das   Licht   der  Welt. 

Das  Hauptverdienst  der  Herrnhuter  be- 
stand darin,  dass  sie  es  verstanden,  Ein- 
tiuss  auf  die  Indianer  zu  gewinnen.  Ihre 
Missionäre  bekehrten  viele  Indianer.  Sie 
eigneten  sich  deren  Sprache  an  und  mach- 
ten sich  mit  den  Sitten  und  Gebräuchen  so- 
wie ihren  Ansichten  vertraut.  Besondere 
Verdienste  nach  dieser  Richtimg  hin  er- 
warben sich  Da  viel  Zcishergcr,  der  im  Jahre 
1721  in  ^Mähren  geboren,  in  Herrnhut 
in  Sachsen  erzogen  worden  war  und  zuerst 
in  Georgia,  dann  in  Pennsylvania  wirkte. 
Vom  Jahre  1743  bis  zu  seinem  im  Jahre 
1808  in  der  von  ihm  gegründeten  Kolonie 
Schönbrunn  in  Ohio  erfolgten  Tode  war  er 
unermüdlich  im  Interesse  der  Indianer 
thätig.  Seine  diesbezüglichen  Dienste  ste- 
hen in  der  Geschichte  des  Landes  ohne 
Gleichen  dar.  Wie  grosser  Beliebtheit  er 
sich  unter  den  Indianern  erfreute,  geht 
daraus  hervor,  dass  er  zum  Häuptling  der 
Irokesen  ernannt  und  in  die  Stammes- 
gemeinschaft der  Delawaren  aufgenommen 
wurde.  Seinem  persönlichen  Einfiuss  ist 
es  zu  verdanken,  dass  er  die  Delawaren  ver- 
hinderte, sich  ihren  früheren  Verbündeten 
anzuschliessen  und  gegen  die  um  ihre  Frei- 
heit kämpfenden  Amerikaner  die  Waffen 
zu  ergreifen.  Nach  dem  ^Massaker  einer 
Schaar  von  christlichen  Indianern  bei  Gna- 
denhütten im  Jahre  1782  führte  er  den 
Rest  seiner  Schützlinge  nach  ^Michigan, 
dann      nach      Canada      mid      schliesslich. 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENNSYLYANIEN. 


165 


im  Jahre   1798   zum   Tuscarawas,   wo   die 
Ortschaft   Goschen   gegründet  wurde.     Er 
gab  eine  Fibel   in  der  Delaware   Sprache 
und    ein    AVörterbuch    derselben    heraus. 
Sein  fähiger  Gehilfe  in  der  Indianer-]\Iis- 
sion  war  der  im  Jahre   1743   in  Bedford, 
England,    von  deutschen  Eltern    geborene 
Johann  Göttlich  Ernst  Heckeiveldcr.     Als 
lljähriger  Knabe  war  er  nach  Pennsylva- 
nien  gekonnnen.  wurde  Herrnhuter-Geistli- 
cher  und  1771  Gehilfe  David  Zeisberger's. 
Fünfzehn  Jahre  war  er  als  Älissionar  in 
Ohio  thätig.    In  den  Jahren  1792  mid  1793 
war   er  behilüich.   Verträge   zwischen   den 
Vereinigten    Staaten   und   den    Indianern, 
I)ei  denen  er  sehr  beliebt  und  geachtet  war, 
abzuschli essen.     Im  Jahre  1810  kehrte  er 
nach  Bethlehem,  Fa.,  zurück,  wo  er  bis  zu 
seinem  im  Jahre  1823  erfolgten'  Tode  sich 
mit  Abfassung  seiner  Beobachtungen  imd 
Erfahrungen  unter  den  Indianern  lieschäf- 
tigte.    In  deutscher  und  englischer  Sprache 
erschienen  folgende  AVerke  von  ihm:  ,,Ein 
Bericht  über  die  Geschichte,  die  Sitten  und 
Gebräuche     der     Indianer-Völker,     welche 
einst  Pennsylvanien  und  die  benachbarten 
Staaten  bewohnten";  „Geschichte  der  Mis- 
sonsthätigkeit   der  Hermhuter  imter   den 
Delaware-      und      ]\Iohegan  -  Indianern ' ' ; 
,, Namen,    welche    die    Lenni-Leuape-    und 
Delaware-Indianer   den    Flüssen,    Strömen 
und  Ortschaften  gaben".  Ebenso  zeichnete 
sich  Friedrich  Post  als  Indianer-Missionar 
aus  und  machte  im  Jahre  1758  die  Indianer 
bei   Fort   Du   Quesne   den   Franzosen   ab- 
spenstig. 

Auch  als  Gründer  von  höheren  Lehr- 
An.stalten  zeichneten  sieh  die  Herrnhuter 
aus.  In  seiner  ,,Universal-Geschichte  und 
Geographie"  stellt  ihnen  Paine  des  Zeug- 
niss  aus,  dass  zu  damaliger  Zeit  (1799)  die 
Herrnhuter-Schulen  die  besten  im  Lande 
waren.  So  gründeten  sie  eine  Knaben- 
schule in  Nazareth  und  eine  ^Mädchenschule 
in  Bethlehem,  sowie  ,, Linden  Hall",  eine 
höhere  Töchterschule,  in  Lititz. 


Die  Tunker  und  Konrad  Beissel. 

Die  erste  Einwanderimg  der  unter  dem 
Namen  Tunker  bekannten  Sekte,  die  an  die 
Ueberleibstaufe,      an      das      Untertunken, 
glaubten,   erfolgte  unter  Alexander  Mack 
im  Jahre  1719.    Im  Jahre  1729  trafen  wei- 
tere  Tunker,   dreissig  Familien,  ein.     In- 
zwischen   hatte    Konrad    Beissel,    der    im 
Jahre    1690    in    der    Pfalz    ge])oren    war, 
Bäckergeselle  wurde,  Musik  trieb,  sich  zu 
einem    passablen    Geiger   ausgebildet    und 
die  Universität  Halle  besucht  hatte,  von  wo 
er  im  Jahre  1720  wegen  Abhaltens  von  Er- 
weekuugs- Versammlungen  verbannt  worden 
Avar,  nach  kurzem  Aufenthalte  in  German- 
town,    wohin    er    ausgewandert    war,    und 
nach    dreijährigem    Einsiedler-Leben    am 
:Mühlbach  in  Lancaster  Comity,  die  Ueber- 
zeugung  gewonnen,  der  Samstag  und  nicht 
der  Sonntag  müsse  als  Tag  des  Herrn  ge- 
feiert werden.  Er  kehrte  nach  Germantown 
zurück  und  schloss  sich  dort  den  Tmikern 
an.      Er    predigte    die    Ehelosigkeit    und 
gründete  im  Mai  1725  die  Sekte  der  Sieben- 
täger.     Im  Jahre  1732  zog  er  sich  wieder 
in   die   Einsamkeit   am   Cocalico-Fluss   zu- 
rück,   aber   seine   Anhänger   folgten   ihm, 
und  dort  gründete  er  im  Jahre  1735  das 
Kloster  Ephrata  in  Lancaster  County.     Er 
selbst  wurde  „Vorsteher".    Im  Jahre  1740 
wurde    in    Ephrata    die    erste    Sonntags- 
Schule  für  die  Kinder  der  nicht  zum  Klos- 
ter gehörigen  Leute  von  Ludwig  Höcker  ge- 
gründet, und  von  Beissel  Privat-Eigenthum 
für  eine  Sünde  erklärt,  also  der  Kommu- 
nisnuis   etablirt.      In   seiner    interessanten 
Skizze  „Ephrata,  eine  amerikanische  Klo- 
stergeschichte"  hat   Oswald   Seidensticker 
über    Beissel    und    seine    Gründung    Ge- 
naueres erzählt.     Nachdem  er  die  Revolu- 
tion der  Eckerlins  zu  nichte  genuicht  hatte, 
blieb   Beissel  bis  zu  seinem   Tode,   am   6. 
Juli    1768,    unbeschränkter    Herrscher    in 
Ephrata.    Bald  darauf  verfiel  das  Kloster. 
Was  es  besonders  berühmt  gemacht  hat, 
ist  seine  im  Jahre  1745  gegründete  Drucke- 
rei, aus  der  etwa  100  Bücher  hervorgingen. 


166 


DIE  DEUTSCHEN  IX  TENNSYLVANIEN. 


Das  grössto  "Werk,  dass  in  der  Kloster- 
Druckeroi  entstand  und  zn«jclei('li  das 
unifangreiehste  war.  das  vor  der  Revolution 
erechien,  ist  ein  Neudruck  des  von  dem  PIol- 
länder  Van  Braght  geschriebenen  Buches 
„Der  Blutige  Sehauplatz  oder  ^Märtyrer- 
Spiegel".  Es  wi'rden  darin  die  Schicksale 
und  Leiden  der  ^lärtyrer  der  ^lenuoniten 
gesehildert.  Der  damalige  Prior  des  Klos- 
ters, Peter  Füller,  war  ersucht  worden,  es 
aus  dem  Holländischen  in 's  Deutsche  über- 
setzen und  drucken  zu  lassen.  Mit  der  Be- 
aufsichtigung der  Uebersetzung  betrauten 
die  IMennoniteu  Dielman  Kolb  und  Hein- 
rich Funk.  An  dem  l.oOO  Seiten  starken 
Buche  setzten,  druckten  und  banden  fünf- 
zehn ^Mönche  drei  Jahre  lang. 

Anhaenger  anderer  Sekten  und  Glaubens- 
Bekenntnisse. 

Ferner  kamen  nach  Pennsylvanien  An- 
hänger der  „Inspirirten"  imd  anderer  Se- 
paristen  im  Jahre  1726,  1730  Sehwenkfel- 
der,  denen  ein  Jahr  später  weitere  Glau- 
bensgenossen an  Bord  des  „St.  Andrew" 
folgten,  Swedenborger  unter  Bülow  und 
Reichenbach  1788,  welche  sieh  in  Lancaster 
niederliessen.  Ferner  wurden  in  Pennsyl- 
vanien gegrimdet  „Die  evangelische  Verei- 
nigung", von  Jacob  Albrecht  1800,  daher 
„Albrechtsleute"  genannt,  imd  die  ..Verei- 
nigten Brüder  in  Christo",  von  Philipp  W. 
Otterbein. 

Die  ersten  latholischen  Gemeinden  ent- 
standen 1741  in  Goschenhoppen,  ]\Iontgo- 
mery  County,  gegründet  von  Pater  Schnei- 
der, 1745  die  St.  :Mary's  Kirche  in  Lan- 
ca.ster.  1762  die  neue  katholische  Kirche  in 
Lanca.ster,  die  heilige  Dreifaltigkeits-Kirche 
an  6.  und  Spruce  Str.  in  Philadelphia 
1788,  eine  katholische  Kirche  in  Reading 
1791  und  andere  mehr. 

Die  erste  jüdische  Gemeinde,  die  in 
Pennsylvanien  sich  sammelte,  war  die 
Rodef  Shalom  in  Philadelphia  im  Jahre 
1780.  Zwei  Jahre  später  wurde  daselbst 
ein  Tempel  gebaut.    Im  Jahre  1783  beklag- 


ten sich  die  Juden  in  Penn.sylvanien,  dass 
in  dem  Entwurf  der  Konstitution  ihnen 
wichtige  bürgerliche  Rechte  versagt  wären. 

Die  Deutschen  und  die  Indianer. 

Mit  den  Lenni  Lenapes  aus  dem  Stannne 
der  Dela waren,  welche  einen  Theil  von 
Pennsylvanien  bewohnten,  kamen  die  fried- 
liebenden Quäker  und  Deutschen  ganz  gut 
aus.  Sie  waren  im  Stande,  ihre  Ansied- 
lungen,  die  zunächst  in  der  Nähe  von  Phi- 
ladelphia sich  befanden,  innner  weiter  hin- 
auszuschieben, und  hatten  bereits  den  gan- 
zen östlichen  Theil  des  späteren  Staates  be- 
siedelt, als  die  Indianer  anfingen,  mit  we- 
niger AYohlwollen  als  bisher  die  Eindring- 
linge imd  die  Eroberer  ihrer  Jagdgründe 
zu  behandeln.  Es  Avaren  nicht  mehr  die 
gutmüthigen  und  friedliebenden  Lenni 
Lenapes,  denen  Pastorius  ein  so  gutes  Zeug- 
uiss  ausgestellt  hat,  mit  denen  es  die  deut- 
schen Pioniere  zu  thun  hatten,  sondern  ein 
kriegslusteriges  Volk,  der  unter  dem  Na- 
men ,, Sechs  Nationen"  bekannte  Indianer- 
Bund,  zu  dem  allerdings  auch  die  Dela- 
waren  gehörten. 

In  dieser  Zeit  greift  ein  Deutscher  in  die 
Geschichte  nicht  allein  Pennsylvanien 's, 
sondern  der  gesammten  Kolonien  ein.  der 
sich  in  den  Verhandlungen  mit  den  India- 
nern von  geradezu  unschätzbarem  Werthe 
erwies:  Konracl  Weiser.  Die  nachstehende 
kurze  Skizze  ist  einer  Biographie  Konrad 
Weiser 's,  einem  Beitrage  des  Sekre- 
tärs des  Deutschen  Pionier- Vereins  von 
Philadelphia,  Herrn  C.  F.  Huch,  in  den 
]Mittheilungen  des  Vereins  entnommen, 
welche  für  die  deutsch-amerikanische  Ge- 
schichte von  bleibendem  Werthe  sind.  Da- 
nach wurde  Konrad  Weiser  am  2.  Novem- 
ber 1696  in  Astädt  im  württembergischen 
Amte  Herrenberg  als  Sohn  Johann  Konrad 
Weiser 's  geboren.  Ueber  denselben  ist  in 
Prof.  Faust 's  ausführlicher  Darstellung 
der  Geschichte  der  Deutschen  in  New  York 
berichtet  worden.  In  Amerika  langte  die 
Familie  Weiser  am  13.  Juni  1710  an.    Als 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENNSYLVANIEN. 


167 


löjähriger  Knabe  wurde  Kourad  von  dem 
Häuptling  Quagnant  in  dessen  Stamm  auf- 
genommen und  erlernte  die  ]\Ioha\vk- 
spraehe.  Er  verheirathete  sieh  am  22.  No- 
vember 1720  im  Hause  seines  Vaters  mit 
Anna  Eva.  Der  Familien-Namen  dersel])en 
ist  nicht  bekannt.  Die  Vermuthung,  dass 
sie  ein  Iiulianer-Mädehen  war.  erseheint 
unbegründet.  Ihre  Tochter  heirathete 
Pastor  ]Mühlenberg.  und  dessen  Nachkom- 
men zeigten  keine  Spuren  indianischer  Ab- 
stammung. Weiser  lebte  mehrere  Jahre 
miter  den  Indianern  als  Landmann.  Im 
Jahre  1729  folgte  er  seinem  Vater  und  des- 
sen Landsleuten,  die  im  Jahre  1723  bereits 
nach  Berks  County,  Pa.,  übergesiedelt 
waren,  imd  liess  sich  in  der  Nähe  des  heuti- 
gen Womelsdorf  nieder.  Von  dem  Jahre 
1731  an  begann  seine  Thätigkeit  als  Unter- 
händler zwischen  den  Kolonien  und  den 
verschiedenen  Indianer  -  Stännnen.  Als 
solcher  diente  bis  dahin  den  ,, Sechs  Na- 
tionen" der  Oneida-Iiäuptling  Schikelli- 
ney,  der  in  der  Gegend  des  heutigen  Slia- 
niokin,  Pa.,  wohnte.  ]\Iit  diesem  begab  sich 
Weiser  1731  nach  Philadelphia  und  wurde 
zum  Indianer-Agenten  der  Kolonie  er- 
nannt. Auch  die  Kolonien  New  York,  Vir- 
ginien  imd  ^Maryland  nahmen  seine  Dienste 
in  Anspruch.  Als  die  „Sechs  Nationen" 
im  Jahre  1736  eine  drohende  Haltung  an- 
nahmen, war  Konrad  Weiser  der  Friedens- 
Vermittler.  Im  nächsten  Jahre  drohte  ein 
Krieg  der  Choctaws  und  Cherokesen  im 
Süden  mit  den  nördlich  wohnenden  ,, Sechs 
Nationen".  Weiser  wendete  denselben  ab. 
Auch  im  Jahre  1743  gelang  es  seinem  Ein- 
flüsse bei  den  Indianern,  die  er  in  Shamokin 
und  Onondaga  aufsuchte,  sie  von  der  Zer- 
störung der  Ansiedlungen  abzuhalten.  Als 
Dolmetscher  war  er  im  nächsten  Jahre  in 
Lancaster  in  den  Verhandlungen  mit  den 
„Sechs  Nationen"  thätig.  Dasselbe  geschah 
im  Jahre  1750  und  in  1753.  Es  ist  Wei- 
ser's  EinHuss,  sowie  demjenigen  des  Ilerrn- 
huter-^Iissionars  Friedrich  Post  im  höheren 
Masse  als  den  Bemühungen  des  britischen 


Superintendenten  der  Indianer  -  Affairen, 
William  Johnson,  der  von  amerikanischen 
Historikern  dafür  die  alleinige  Anerken- 
nung erhalten  hat,  zu  danken,  dass  die  von 
den  Franzosen  angebahnte  Waffenbrüder- 
schaft der  ihnen  befreundeten  Algonquins 
mit  den  Irokesen  nicht  zustande  kam. 
Wäre  das  geschehen,  so  hätte  der  im  Jahre 
1754  ausgebrochene  Kolonialkrieg  zwischen 
England  und  Frankreich,  der  sogenannte 
..French  and  Indian  War",  der  englischen 
Herrschaft  in  Amerika  ein  Ende  gemacht. 

Der  Friede  zu  Aachen  im  Jahre  1748 
hatte  die  Frage  einer  genauen  Grenzreguli- 
rmig  der  Kolonien  England 's  und  Frank- 
reich's  in  Amerika  offen  gelassen.  Beide 
]\lächte  beanspruchten  das  Ohio-Thal.  Die 
britische  Kolonie  Virginien  behauptete,  das 
Ohio-Thal  gehöre  zu  ihrem  Territorium, 
Als  die  Franzosen  es  von  Canada  aus  be- 
setzten, wurde  George  AVashington,  der 
damals  21  Jahre  alt  \md  General-Adjutant 
der  ]\Iiliz  von  Virginien  war,  von  Gouver- 
neur Dinwiddie  an  den  französischen  Kom- 
mandanten von  Fort  Le  Boeuf.  an  der 
Stelle  des  heutigen  Erie,  mit  einem  Schrei- 
ben gesandt,  in  welchem  formell  Protest 
gegen  die  Anlage  des  Forts  erhoben  wurde. 
Ein  Deutscher,  Namens  Theodor  Gist,  war 
AVashington 's  Führer.  Der  Protest  war 
fruchtlos. 

Vergebens  versuchte  Gouverneur  Din- 
widdie. die  Kolonien  von  der  Gemeinschaft- 
lichkeit ihrer  Interessen  und  der  Nothwen- 
digkeit  vereinten  Handelns  zu  überzeugen ; 
vergebens  bemühte  sich  Benjamin  Franklin 
auf  dem  Kongress  in  Albany,  1754.  eine 
I''^nion  der  Kolonien  zu  Stande  zu  bringen. 
Hatte  schon  das  Jahr  eine  beständige  Be- 
unruhigung der  Ansiedler  gebracht,  so 
wurde  die  Gefahr  akut,  als  General  Brad- 
dock  in  der  Nähe  von  Fort  Duquesne.  am 
ZusammenHuss  des  Alonongahela  und  Al- 
legheny,  mit  .seinen  dreizehnhundert  Mann 
am  9.  Juli  1755  eine  vollständige  Nieder- 
lage erlitten  hatte.  Sechshundert  india- 
nische Verbündete  der  aus  300  :\Iann  be- 


168 


DIE  DEUTSCHEN  IX  PENNSYLVANIEN. 


stehenden,    schnell    geschlagenen    französi- 
schen Abtheilung  führten  Braddock's  Nie- 
derlage herbei,  der  zu  eigensinnig  war,  um 
dem   Käthe  Washington 's.   die   iiulianisehe 
Taktik    anzunehmen    und    aus    gedeckter 
Stellimg  anzugreifen,   gemäss  zu  handeln. 
Die    Folge    ihrer    glänzenden    "Waffenthat 
war    eine    ühermüthige    Siegestrunkenheit 
der  Indianer,  welehe  die  Ansiedhmgen  in 
der  Nähe  der  Blauen  Berge  in  Virginien 
und  Pennsylvanien  überfielen.  plünderteUv 
die  Bewohner  mordeten  imd  skalpirten  und 
ihre    Häuser    und     Scheunen     in     Brand 
steckten.     Vierhundert  Deutsche  marschir- 
ten  nach  Philadelphia  und  verlangten  von 
der  Assembly  wirksamen  Schutz.     AYieder 
nuisste    "Weiser    helfen    und    wurde    zum 
Oberst  der  in  Berks  County  zu  rekrutiren- 
den   Freiwilligen    ernannt.      Er    hatte    an 
einem  Tage  200  ]\Iann   zusammen,  sandte 
50  ^Nlann*  zur  Vertheidigung  des  Swatara- 
Passes  ab  und  marschirte  mit  den  anderen, 
die  unterwegs  Verstärkungen  erhielten  und 
der  ]\Iehrzahl  nach  mit  Büchsen  bewaffnet 
waren,  zum   Susquehanna  nach  Lancaster 
County.      Der   drohende    Einfall    der    In- 
dianer unterblieb,  und  Weiser  kehrte  mit 
seiner   Schaar  zum    Schutze  der  Ileimath 
zurück.      Im    nächsten   Jahre   wurden    die 
Indianergreuel  noch  schlimmer.    Die  Deut- 
schen litten  besonders  schwer.    Das  „Royal 
American   Regiment",   das   fast   ganz   aus 
Deutschen  bestand,  wurde  geschaffen,  und 
Blockhäuser  und  Forts  auf  Weiser 's  Rath 
an  den  Grenzen  von  Berks  und  Lancaster 
County    errichtet.      Er    selbst    suchte    in 
Easton  mit  den  Indianern  zu  unterhandeln 
und  sie  zum  Frieden  zu  bestimmen.     Erst 
im  Jahre  1757  gelang  es  endlieh,  die  India- 
ner, die  in  Berks,  Lebanon,  Lancaster  und 
anderen  Counties  Raul).  ]Mord  und  Brand- 
stiftung verübt  hatten,  zum  Frieden  zu  be- 
stinnnen.     Weiser  starb  auf  seiner  Farm 
bei  Womelsdorf,  Pa.,  am  13.  Juli  1760.  Auf 
dem  einfachen  Grabstein  befindet  sich  fol- 
gende, halbverwitterte  Inschrift : 


Dieses  ist  die  Ruhe-Stätte  des  weyl. 
geachten  ^I  Conradt  Weisers'.  Der- 
selbige  geboren  1696,  den  2.  November 
im  Amt  Herrenberg  im  Wittenberger 
Lande  und  gestorben  1760  d.  13.  Julius 
ist  alt  geworden  64  Jahr  3  'M.  3  W. 
6  T. 

Wie  ersichtlich  i.st  eine  Sprachsünde  dem 
Anfertiger  des  Grabsteins  passirt.  Es  war 
das  Württemberger  Land,  aus  welchem 
Konrad  Weiser  stammte.  Die  Indianer 
nannten  ihn  Tarachawagon  und  behaupte- 
ten, dass  die  eine  Hälfte  seines  Herzens 
dem  rothen  ^NFanne  gehöre,  die  andere  dem 
AVeissen,  und  dass  dadurch  Beiden  Vor- 
theile  erwüchsen. 

Wenn    auch    zwischen    Franzosen    und 
Engländern     Frieden     geschlossen     wurde 
und  der  in  Paris  1763  zu  Stande  gekom- 
mene   Vertrag    der    französischen    Territo- 
rial-Herrschaft     in     Amerika     ein     Ende 
machte,  so  hatten  doch  die  England  nicht 
freundlich    gesinnten    Indianer   nicht    das 
Kriegsbeil  begraben.     Die  Zerstörung  der 
Indianer-Stadt   Kittanniug   am   Allegheny 
hatte  zwar  den  Rothhäuten  den  Stützpunkt 
ihrer  Raub-  imd  ^Mordzüge  in  die  Kolonie 
Pennsylvanien  genonnnen.  aber  als  Ptmtiac, 
aus  dem  Stannue  der  Ottawas,  denen  sich 
fast  alle  Stännne  der  franzosenfreundlichen 
Algonquins,    sowie    die    Senecas    von    den 
„Sechs    Nationen"    angeschlossen    hatten, 
seine    grossartig    inscenirte    Verschwörung 
zur      Ueberrumpelung      aller      englischen 
Grenzforts  und   Ermordung  ihrer   Besatz- 
ung in 's  Werk  setzte,   da  wurden   ausser 
den    Ansiedlungen    an    den    grossen    Seen 
auch  diejenigen  Virginien 's  und  Pennsyl- 
vanien's    schwer     bedrängt     und     erlitten 
grosse    Verluste    an    ^Menschenleben    und 
Eigenthum.     Erst  drei  Jahre  später  waren 
die  Indianer-Unruhen  beendet.     Aber  die 
furchtbarste    Indianer-Heimsuchung   sollte 
erst  mehr  als  zehn  Jahre  später  kommen. 
Im  nördlichen  Theile  des  mittleren  Penn- 
sylvanien   liegt    zwischen    zwei    Bergzügen 
ein      prächtiges      Thal,      das      ..Wyoming 


DIE  DEUTSCHEN  IN  TENNSYLVANIEN. 


169 


Valley",  durehströnit  vom  Sustiueliaiina. 
Ueber  den  Besitz  hatten  sieh  die  beiden  Ko- 
lonien Pennsylvanien  und  Conneetieut.  die 
es  beide  beanspruehten,  nieiit  einigen  kön- 
nen. Das  Thal  war  besiedelt  worden  und 
zu  blühenden  Feldern  und  Fluren  durch 
den  Fleiss  der  Kolonisten  gediehen.  Im 
Sommer   1778   tiel    eine   aus   nach    Canada 


nahmen  mit  Frau  inid  Kind  Zutlucht  in 
..Forty  P^ort",  dem  heutigen  Wilkesbarre. 
Vierhundert  ]\Iann  grift'en  am  3.  Juli  1778 
die  ^Eindringlinge  an,  wurden  aber  voll- 
ständig gesehlagen.  Der  britische  Befehls- 
haber meldete,  dass  ..227  Skalpe"  genom- 
men wurden,  wofür  er  natürlich  die  In- 
dianer  verantwortlich   machte.     Viele   Ge- 


DAS     WYOMING     MASSAKER     Gerr.aelde     von  F.  O.  C.   Datley 
Copyright   1905.  by  John  D.  Morris  &  Co. 


vertriebenen  Tories  und  Indianern  beste- 
hende Bande,  nachdem  sie  die  German 
Fiats  und  Cherry  Valley  in  New  York  ver- 
heert hatte,  in  das  Wyoming-Tlml  ein.  Sie 
war  1.100  ]\Iann  stark,  darunter  700  India- 
ner. Die  Ansiedler,  deren  waffenfähige 
jüngere  Mannschaft  zum  Theil  der  Kon- 
tinental-Armee   sich     an^re.schlos-in     hatte. 


fangene  wurden  gefoltert,  eine  Grausani- 
keit,  an  welcher  sich  auch  die  ,,Squaws", 
die  Indi.anerfrauen.  betheiligten.  Die  reber- 
lebenden waren  in  das  Fort  geflohen,  muss- 
ten  sich  aber  am  nächsten  Tage  ergeben. 
Dann  begann  das  [Massaker  von  Neuem.  Die 
Indianer  bekünnnerten  sicli  in  ilirer  Blut- 
gier nicht  um  das  von  dem  britischen  An- 


170 


DTE  DEUTSCH  KX  IX  PEXXSYLVAXIEN. 


führer,  Oberst  .lolm  liutlfi-.  ire^ebene  Ver- 
spn'C'lu'ii.  Wri-  iiiiiiici"  viTinochti'.  tloli  in 
die  Wälder  und  luicli  ili'ii  näclisteii  Ausiod- 
lungen.  Hundert  Frauen  kamen  infolge 
der  Strapazen,  des  St-hrei-kens  und  di's 
Manirels  an  Xahrunfrsniitteln  in  dem 
Sumptlande  um.  das  seitlier  die  ..Schatten 
des  Todes"  t;enannt  wird.  Die  erfolglose 
Vertheidigun«.'  des  Wyomin^r-Thales  leite- 
ten Oberst  Zebuion  Butler  und  ein  Deut- 
seliei-.  Namens  Ilollenbaeli.  Nachdem  die 
Indianer  und  ilire  sehurkisehen  Verbüude- 
trn  in  Xi'w  York  von  General  Sullivan  bei 
Newtown  gesehlajren.  ül)er  40  Indianer- 
Dörfer,  sowie  die  p]rnte  verbrannt  worden 
waren  und  Oberst  Broadhead  im  Thale  des 
Alleglieny  in  Pennsylvanien  eine  ähnliche 
Straf-Expedition  ausgefühi-t  hatte,  hörten 
in  Pennsylvanien  die  Indianer-Unruhen 
auf.  Auch  New  York  blieb  davon  ver- 
schont. 

Die  Deutschen  im  politischen  Leben. 

Im  politischen  Leben  haben  die  Deut- 
schen in  der  Kolonialzeit  Pennsylvanien 's 
einen  gewissen  Eintluss  ausgeübt,  der  nicht 
luiterschätzt  werden  dai-f.  Im  Jahre  1700 
war  das  erste  Naturalisations-Gesetz  von 
der  A.s.send)ly  ei-lassen,  aber  fünf  Jahre 
später  wieder  aufgehoben  worden.  Im 
Jahre  1706  wurden  150  Deutsche,  welche 
sich  zweiundzwanzig  Jahre  im  Lande  be- 
fanden, auf  ihren  Antrag  hin  vom  Provin- 
cial-Rath  zu  Bürgern  gemacht.  Durch  eine 
Special-Akte  der  Assend)ly.  zum  Gesetz  er- 
hoben am  28.  September  1709,  wurde  auch 
Pastorius,  der  Gründer  Germantown 's,  mit 
achtzig  deutschen  Landsleuten  naturalisirt. 

Da  die  Zahl  der  Deutschen,  welche  ein- 
wanderten, immer  grö.s.ser  wurde,  begannen 
die  Briten  um  ihre  Vorherrschaft  besorgt 
zu  werden.  Es  wurde  deshalb  1729  von 
der  Assendjly  eine  Gesetzvorlage  passirt, 
welche  einen  „Einfuhr-Zoll"  auf  Einwan- 
derer festsetzte.  Offenbar  aber  sahen  die 
Herren  Gesetzgeber  die  Thorheit  dieser 
Massnahme    ein    und    widerriefen    sie    im 


nächsten  Jahre  bereits.  Das  ei*ste  allge- 
meine Naturalisations-Gesetz  wurde  im 
•lahre  1740  passirt.  Im  Jahre  1743  wurden 
in  Philadelphia  allein  304  Deutsche  natu- 
ralisirt. 

Besonders  ereignissreich  für  die  deutsche 
Einwanderung  war  das  Jahr  1749,  in  wel- 
cliem  IJ.OoO  I)(  ulschr  in  Philadelphia  lan- 
deten. Die  Besorgniss.  dass  die  Provinz 
vollständig  gennanisirt  werden  könnte, 
stieg  beständig.  Dass  die  Deutschen  der 
damaligen  Zeit  angethane  Beleidigungen 
niclit  uidx'merkt  vorübergehen  Hessen,  ging 
aus  dem  Widerstände  hervor,  welchen  sie 
Benjamin  Franklin 's  Assembly-Kandida- 
tur  entgegensetzten. 

Dass  sie  in  der  Zeit  vor  dem  Unabhän- 
gigkeits-Kriege vollzählig  auf  Seiten  der 
P^reiheitsfreunde  standen  und  die  Vor- 
stände der  Deutschen  Gesellschaft,  der 
lutherischen  und  reformirten  Kirche  in 
Philadelphia  bereits  am  1.  August  1775  in 
Philadelphia  einen  Aufruf  erliessen  und  zu 
bewaffnetem  Widerstände  gegen  die  Be- 
drücker aufforderten,  ist  früher  erwälmt 
worden,  ebenso  ihre  Bereitschaft,  für  die 
heilige  Sache  der  Freiheit  ihr  Blut  zu  ver- 
giessen. 

Als  die  Einnahme  Philadelphia 's  durch 
die  Briten  im  Jahre  1777  bevorstand,  ver- 
liessen  viele  Deutsche  die  Stadt,  da  sie  von 
den  Feinden  keine  gute  Behandlung  er- 
warten konnten.  Die  Engländer  wandelten 
die  deutschen  Kirchen  in  Hospitäler  um. 
Die  St.  Peter 's  Kirche  in  Barren  Hill, 
]\rontgomery  County,  benutzten  sie  sogar 
als  Pferdestall.  Auch  die  deutschen  Kir- 
chen in  Pottstown  und  Reading  wurden  als 
Hospitäler  verwandt.  Erst  im  Jahre  1782 
konnte  die  Zions-Kirche  in  Philadelphia 
ihrer  Bestinunung  wiedergegeben  werden. 
An  dem  furchtlosen  Agitator  für  Freiheit 
der  Kolonien,  Heinrich  Miller,  rächten  sich 
die  Engländer  dadurch,  dass  sie  sein  Eigen- 
thum  wegnahmen  und  fortschleppen  Hessen. 

Welche  Verdienste  die  Deutschen  Penn- 
sylvanien's    sich    um    die    Annahme    der 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENNSYLVANIEN. 


171 


Bundes- Vorfassimo:  erworben,  deren  lUO- 
jähri^es  Jubiläum  im  Jahre  1887  in  Phi- 
ladelphia in  grossartiger  Weise  gefeiert 
wurde,  ist  in  einem  anderen  Kapitel  darge- 
legt worden. 

Selbstverständlieh  betheiligten  sieh  die 
Deutsehen  am  4.  Juli  1788  an  der  ersten 
grösseren  Feier  des  Unabhängigkeits-Tages 
in  Philadelphia. 

Aber  Dankbarkeit  ist  nie  die  starke 
Seite  von  Republiken  gewesen,  imd  das 
mussten  aueh  die  Deutschen  empfinden. 
Die  Partei  der  Föderalisten,  deren  siegrei- 
cher Präsidentschafts  -  Kandidat  John 
Adams  am  4.  ^lärz  1797  inaugurirt  worden 
war,  passirte  Gesetze,  welche  gegen  die 
Ausländer  sich  wandten.  Ein  Ausländer, 
welcher  sich  der  Aufreizung  des  Volkes 
verdächtig  gemacht  hatte,  sollte  ohne  AVei- 
teres,  ja  ohne  Prozess  und  Angabe  der 
Gründe,  vom  Präsidenten  ausser  Landes 
gewiesen  werden  können.  Auch  sollten 
Ausländer  erst  nach  l-ljährigem  Auf- 
enthalt das  Bürgerrecht  erlangen.  ]\lehr 
noch  empörte  die  deutschen  Farmer  von 
Lehigh,  Berks,  Bucks  und  Northampton 
Counties  die  Land-  und  Haus-Steuer.  Die 
Land-Steuer  sollte  nach  dem  Werth  des 
Besitzes  festgestellt,  während  die  eines 
Hauses  nach  der  Zahl  und  Grösse  der 
Fenster  bestimmt  werden  sollte.  Es  kam 
im  Jahre  1798  zu  einem  Aufstande  unter 
Führung  von  Johann  Fries.  Der  Präsident 
sandte  Truppen  in  die  Aufruhr-Distrikte. 
Die  Empörer  wurden  auseinander  getrie- 
ben, imd  John  Fries  gefangen  genommen 
und  zum  Tode  verurtheilt,  aber  von  Präsi- 
dent Adams  begnadigt.  Die  ,, Alien  Act", 
deren  Ausführung  dem  Präsidenten  ob- 
lag, blieb,  da  Adams  kein  radikaler  Reak- 
tionär war,  ein  todter  Buchstabe  und  trat 
zwei  Jahre  später  aus.ser  Kraft. 

Der  erste  Bürger  deutschen  Stammes,  der 
zum  Gouverneur  von  Peunsfjlvanieu,  und 
zwar  im  Jahre  1808,  gewählt  Ax-urde,  war 
Simon  Snyder  (Schneider)  ;  der  zweite 
Joseph   Riester    (1820)  ;   der   dritte   John 


Andrew  SShultzr  (Schnitze),  früher  L*astor 
einer  deutschen  Gemeinde  (1823)  ;  der 
vierte  Joseph  Kitner  (1835),  der  von  einer 
aus  Schlesien  stannnenden  angebliehen 
Adelsfamilie  abstannnte,  den  Bau  der 
Pennsylvania-Bahn  förderte,  für  das  Volks- 
schul-System  eintrat  und  ein  Verfechter 
der  Sklaven-Befreiung  war;  der  fünfte 
Franz  K.  Shu)ik  (1845)  ;  der  sechste  John 
Frederic  Hart  rauft,  der  zweimal  nach  dem 
Bürgerkriege  Gouverneur  war  und  dessen 
hauptsächlichstes  Verdienst  in  der  Reorga- 
nisati(m  der  ]\liliz  bestand. 

Bundes-Senator  war  Albert  Gallatin 
(1793—1794),  der  im  Jahre  1761  in  Genf 
in  der  Schweiz  geboren,  1782  am  Harvard 
College  französischen  Unterricht  gab,  in 
Fayette  County,  Pa.,  einen  Laden  etablirte, 
sich  in  der  kon.stituirenden  Versaunnlung 
von  Pennsylvanien  auszeichnete,  als  ]Mit- 
glied  der  Legislatur  gegen  das  Bundes- 
Accise-Gesetz  auftrat,  seines  Sitzes  im  Bun- 
des-Senat  verlustig  erklärt  wurde,  weil  er 
vor  weniger  als  neun  Jahren  Bürger  gewor- 
den war,  indirekt  sich  an  der  Whiskey-In- 
surrection  betheiligte,  von  1795  bis  1801 
Kongress-oMitglied  war,  der  Führer  der  Re- 
publikaner im  Kampfe  gegen  die  Födera- 
listen wurde,  von  1801  bis  1813  als  Schatz- 
amts-Sekretär der  Vereinigten  Staaten 
fungirte,  dann  im  diplomatischen  Dienst 
als  Gesandter  in  Paris  und  später  in  Lon- 
don sich  hervorthat,  im  Jahre  1828  nach 
New  York  übersiedelte,  wo  er  Präsident  der 
ersten  National  Bank  und  einer  der  Grün- 
der der  New  York  I^niversität  wurde,  die 
,,  American  Ethnological  Society"  in 's 
Leben  rief  \uid  am  12.  August  1842  starb. 
Er  gilt  als  einer  der  hervorragendsten 
Financiers  der  Ver.  Staaten,  deren  Staats- 
schuld er  wesentlich  reducirte.  Ebenfalls 
Bundes-Senator  war  Michael  Leih,  von 
deutschen  Poltern  m\  Jahre  1759  in  Phila- 
delphia geboren.  Als  ^Mitglied  des  Bundes- 
Repräsentantenhauses  machte  er  besonders- 
Gallatin  Opposition.  Er  wurde  Bundes- 
Senator  im  Jahre  1808.    Er  schied  aus  dem 


172 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENNSYLVANIEN. 


Amte  im  Februar  1814  aus.  um  Post- 
meister in  Philadelpliia  zu  werden.  Gene- 
ral-Postmeister Granir^T,  der  ihn  trotz  der 
Opposition  des  Präsidenten  dazu  ernannt 
hatte,  wurde  seines  Amtes  entsetzt,  und  es 
wurde  bestimmt,  dass  in  Zukunft  P^rnen- 
nuntjen  zu  Postmeistern  vom  Präsidenten 
ausijehen  sollen. 

KongTess-]\Iit^lieder  deutseher  Alistam- 
mung  von  Pennsylvanien  waren  ausser  den 
beiden  genannten  :  Israel  Jacobs,  Friedrich 
Conrad,  Adam  Sci/bcrt,  Johann  Hahn. 
Jacob  Krebs,  Johann  Bitter,  David  liiitchi, 
Win.  E.  Lehmann,  Meyer  Strauss;  letzterer 
wai-  in  Deutsehland  geboren,  als  T.iähriger 
Knabe  mit  seinen  F.ltern  naeh  Pottsville, 
Pa..  gekommen  und  ^yar  später  als  Zei- 
tungs-Herausgeber und  Advokat  in  Phila- 
delphia thätig. 

Als  ;iiii  14.  Dezember  1790  Washington's 
irdische  Laufbahn  zum  Absehluss  kam, 
fand  in  der  deutsehen  Zions-Kirehe  am  26. 
Dezember  in  Philadelphia  auf  Veranlas- 
sung der  Regierung  eine  grosse  Trauerfeier 
statt.  In  seiner  Gedenkrede  charakteri- 
sirte  General  Henry  Lee  den  Entschlafenen 
mit  den  Worten:  "First  in  war.  first  in 
peace  and  first  in  the  hearts  of  his  country- 
men."  Die  Kirche  war  zu  klein,  um  die 
Älenge  der  Trauernden  zu   fassen. 

An  dem  Kriege  gegen  England  (1812), 
dem  Seminolen-Kriege  (1837),  dem  ..Bnek- 
shot  War"  (1839),  dem  Kriege  gegen 
Älexico  (1846).  und  namentlich  am  Bür- 
gerkriege war  die  Betheiligung  der  Deut- 
schen Pennsylvanien 's  und  ihrer  Nachkom- 
men eine  sehr  bedeutende. 

Auf  den  Kampf  der  Deutschen  im  Inter- 
esse von  Gesetzen  zum  Schutze  der  Einwan- 
derung ist  bei  der  Geschichte  der  Deutschen 
Gesellschaft  von  Pennsylvanien  hingewie- 
sen worden.  Der  andere  grosse  Kampf  be- 
traf die  Sprachenfrage,  später  waren  es  die 
Einführung  des  Turn-Unterriehts  und  in 
neuester  Zeit  die  Prohibitions-Propaganda 
resp.  die  der  Vorläuferin  derselben,  der 
Local  Option,  welche  die  Aufmerksamkeit 


der  Deutschen  fanden  und  ihr  politisches 
Eingreifen  nothwendig  machten. 

Schon  beim  Ausbruch  des  französisch- 
indianischen  Krieges  war  von  dem  Provost 
der  l'niversität  von  Pennsylvanien,  Wil- 
liam Smith,  die  Befürchtung  ausgesprochen 
worden,  die  Deutschen  könnten  dem  Lande 
ihre  Sprache  sowie  Gesetze  geben,  und  sie 
verdächtigt  worden,  es  mit  den  Franzosen 
zu  halten.  Angesehene  Deutsche  protestir- 
ten  dagegen  in  einer  Eingabe  an  den  Gou- 
verneur. 

Bes(mders  nahmen  sich  die  deutschen 
Kirchen,  welchem  Glaul)ens])ekenntniss  sie 
auch  dienten,  der  deutschen  Sprache  an, 
und  ihren  Bemühungen,  sowie  denen  der 
deutschen  Presse  ist  es  vor  allen  Dingen  zu 
danken,  dass  erstere  erhalten  blieb,  selbst 
im  Anfange  des  vorigen  Jahrhunderts,  als 
die  deutsche  Einwanderung  fast  ganz  auf- 
hörte oder  doch  so  gering  war.  dass  sie 
kaum  noch  in 's  Gewicht  fiel. 

Den  grössten  Erfolg  erzielten  die  Deut- 
schen, als  es  den  Bemühungen  der  beiden 
deutschen  Geistlichen  Joh.  Chr.  Kunze 
und  Caspar  Weiberg  gelang,  den  Verwal- 
tungsrath  der  Universität  von  Pennsylva- 
nien am  10.  Januar  1780  zur  Annahme  des 
folgenden  Beschlusses  zu  bewegen : 

,,Dass  ein  deutscher  Professor  der  Philo- 
logie angestellt  werde,  dessen  Ptiicht  es  sein 
soll,  die  lateinische  und  griechische  Sprache 
durch  Yermitthoifj  der  Deutschen  sowohl 
in  der  Akademie  wie  in  der  Universität  zu 
lehren." 

Interessant  sind  die  Ansichten  des  er- 
wähnten Pastor  Kunze,  des  ersten  deut- 
schen Professors  an  der  Universität.  Er 
sagte  am  29.  September  1782  in  einer  Rede : 
,,In  einem  Lande,  darinnen  es  noch  an  ge- 
lehrten Aemtern  fehlt,  \uid  darinnen  nur 
das  Handwerk  und  die  Ilandelschaft  einen 
güldenen  Boden  haben,  müssen  wir  anfan- 
gen, die  Armen  zu  Gelehrten  zu  machen, 
wenn  wir  so  viel  vom  europäischen  Gefühl 
noch  in  uns  haben,  dass  uns  das  L^rtheil  der 
Welt  über  unsere  Einsichten  nicht  gleich- 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENNSYLVANIEN. 


173 


gültig  ist."  ,.lt-'h  kann,"  heisst  es  an  einer 
Stelle,  „von  der  vcrnuiUdichcn  Dauer  loise- 
rer  Sprache  in  Amerika  einem  Jeden  gern 
seine  ^Meinung  lassen.  Mir  kommt  es  )iicht 
tvahrscheinlich  vor,  dass  sie  je  wieder  aus- 
stirbt. Im  Lande  sieht's  nicht  aus,  wie  in 
der  Hauptstadt." 

Das  deutsehe  „Institut"  der  Univereität 
ging  jedoch  im  Jahre  1787  ein,  und  Pastor 
Helmuth,  der  es  geleitet  hatte,  wurde  Pro- 
fessor der  deutsehen  Sprache.  Zur  He- 
bimg der  Kenntniss  der  deutschen  Sprache 
und  Ptlege  derselben  wurde  im  Jahre  1789 
die  Mosheimische  Gesellschaft  in  Philadel- 
phia gegründet,  ein  literarischer  Verein 
von  Jünglingen,  welcher  sich  die  Pflege  der 
deutsehen  Sprache  zur  Aufgabe  machte. 
Zwei  Jahre  vorher  war  „Die  Deutsche 
Hochschule"  in  Lancaster  (Franklin  Col- 
lege) gegründet  worden,  luid  sie  mag  dem 
deutschen  Institut  der  Universität  Abbruch 
gethan  haben. 

In  der  Folge  hatte  die  deutsche  Sprache 
einen  schweren  Stand.  Vergeblich  suchten 
eine  zweite  ^Mosheimische  Gesellschaft  und 
in  Reading  die  ..Deutsche  literarische  Ge- 
sellschaft" neues  Interesse  an  der  Erhal- 
tung der  deutschen  Sprache  hervorzurufen. 
Auch  in  die  Kirchen  wurde  der  Sprachen- 
kampf verlegt.  Er  führte  zur  Trennung 
von  deutschen  Gemeinden,  und  selbst  die 
Deutsche  Gesellschaft  von  Pennsylvanien 
gebrauchte  von  1818 — 59  Englisch  als  Ge- 
sehäftssprache. 

Allmählich  hörte  auch  die  deutsche  Ein- 
wanderung über  Philadelphia  auf,  wenn- 
gleich eine  beständige  Zunahme  der  deut- 
sehen Bevölkerimg  der  Stadt  zu  verzeich- 
nen war.  Schon  vor  1848  Avurde  sie  auf 
über  50.000  Seelen  geschätzt. 

Sehr  Avenig  befriedigend  hatte  sich  bis 
zum  Anfang  der  dreissiger  Jahre  des  vori- 
gen Jahrhunderts  die  Lage  des  Deutsch- 
thums  gestaltet.  Es  war  keine  Nacht  der 
materiellen  Trübsal,  welche  es  umgab,  aber 
eine  geistige  Dunkelheit  lagerte  auf  ihm. 
Ein      ungenannter      Deutsch  -  Amerikaner 


schildert  in  seinem  von  der  ,, Alten  mid 
Neuen  Welt"  in  Philadelphia  im  Jahre 
1836  verötfentlichten  Tagebuche  die  Ver- 
hältnisse, die  er  10  Jahre  früher  bei  seiner 
Ankunft  in  Philadelphia  unter  den  Deut- 
schen vorfand.  Da  die  Charakteristik  auch 
heute  noch  zum  Theile  wenigstens  zutriflft, 
mag  sie  hier  eine  Stelle  finden.  Sie  lautet : 
,, Seine  (des  Deutschen)  Grösse  steht  so 
deutlich  der  "Welt  vor  Augen,  dass  noch 
kern  einziges  Volk  es  wagte,  sie  ihm  streitig 
zu  machen.  Im  Gegentheil,  es  beeifern 
sich  alle  Bessern  und  Edleren  der  Nationen, 
ihn  unangetastet  auf  der  Himmelshöhe  zu 
lassen,  in  die  er  sich  emporgeschwungen 
hat.  Doch  er  selbst  kennt  sich  am  wenig- 
sten. Er  trägt  ein  Königsgewaud  imd 
sieht  es  nicht.  Er  herrscht  durch  die  ^Nlacht 
seines  Geistes  und  hat  doch  das  Ansehen 
eines  sich  schmiegenden  Sklaven.  Ein  Krö- 
sus, behängt  er  sich  mit  fremden  Lumpen. 
Die  vier  kleinen  Wörter:  ich  hin  ein  Deut- 
scher! kommen  nur  selten  vor  sein  Gemüth 
in  ihrem  vollen  Wohlklang  und  Gewicht. 
In  dieser  Hinsicht  schien  es  mir  lange  Zeit 
hindurch,  als  ob  der  Deutsche  der  neuen 
Welt  noch  sehliefe.  Es  gibt  rühmliche 
Ausnahmen.  Im  Allgemeinen  aber  sind 
dumpfe  Trägheit  imd,  fast  möchte  ich 
sagen,  exemplarische  Gleichgültigkeit  gegen 
die  Grösse  seiner  alten  Heimath  die  vergan- 
gene Geschichte  der  Deutschen  in  Nordame- 
rika. Selbst  Philadelphia,  einer  der  ersten 
und  ältesten  Stapelplätze  einwandernder 
Deutschen,  macht  hierin  keine  Ausnahme." 

Die  Vorachtundvierziger,  welche  die  De- 
magogen-Verfolgungen, sowie  die  Nachwir- 
kimgen  der  erfolglosen  freiheitlichen  Be- 
strebungen in  der  Pfalz,  Hessen,  Württem- 
berg, Dresden,  Frankfurt,  Göttingen  und 
anderen  Städten  imd  Ländern  und  oft 
grundlose  Verdächtigungen  aus  der  Hei- 
nuith  vertrieben  hatten,  waren  eifrig  be- 
müht, ihre  geistig  zurückgebliebenen  Lands- 
leute zu  fördern  und  das  höhere  Kultur- 
leben ihnen  zu  erschliessen.  das  im  alten 
Vaterlande  nach  der  Befreiung  vom  napo- 


174 


DIE  DEUTSCHEN  IX  PENNSYLVANIEN. 


leoniseht'U    Joche    sit-h    g:elteiKl    gemacht 
"hatte 

Die  erste  Konvention  dditschtr  Bürger 
der  Vereinigten  Staaten,  die  am  18.  Okto- 
l)er  1837  in  Pittsburg  zusammentrat,  zählte 
Delegaten  aus  Pennsylvanicn.  Ohio.  New 
York.  .Missouri  und  Maryland.  „Als  her- 
vorragendste Figur  derselben",  schreibt 
Kattermann.  ..sowohl  was  Geist  als  auch 
Einriuss  betraf,  stand  Franz  Joseph  Grund 
da.  neben  Albert  Gallatin  und  Karl  Schurz 
imbedingt  der  bedeutendste,  wenn  auch 
nielit  erfolgreichste  deutsch-amerikanische 
Politiker.  Er  war  im  Jahre  1798  in 
Klosterneuburg  bei  Wien  geboren  und  kam 
1827  nach  Amerika.  Schon  wenige  Jahre 
später  treffen  wir  ihn  als  Professor  der 
.Mathematik  an  der  „Harvard  Universität" 
in  Cambridge,  ^lassachusetts,  wo  er  auch 
(1833)  seine  ,,:Mathematischeu  Lehrbü- 
cher" herausgab.  Nach  kurzem  Aufenthalt 
in  New  York  Hess  er  sich  in  Philadelphia 
dauernd  nieder.  Er  verfasste  hier  ein 
,Jjeben  und  Wirken  Martin  Van  Buren 's" 
und  nahm  an  dem  Präsidentschaftswahl- 
kampf des  Jahres  1836  auf  Seiten  der  De- 
mokraten lebhaft  Theil.  Er  gewann  den 
Ruf  des  bedeutendsten  deutschen  Yolksred- 
uers  in  den  Vereinigten  Staaten.  Präsident 
Van  Buren  ernannte  Grund  noch  während 
der  Pittsburger  Konvention  zum  Ver.  St. 
Konsul  in  Antwerpen,  wohin  er  sofort  nach 
Schluss  derselben  abreiste.  Im  Jahre  1839 
trat  Grund  zur  Whigpartei  über,  gab  in 
Philadelphia  eine  deutsche  Zeitung  „Der 
„Pennsylvanisch-Deutsche"  im  Interesse 
dereelben  heraus  \uid  redigirte  zu  gleicher 
Zeit  eine  englische  Whig-Zeitimg  „The 
Standard".  Auch  sehrieb  er  mm  ein  „Le- 
ben des  Volkskandidaten  William  Henry 
Harrison",  das  sowohl  in  deutscher  wie 
englischer  Sprache  erschien.  Nach  der 
Erwähhmg  Harrison 's  ernannte  dieser  ihn 
zum  Konsul  in  Bremen,  von  wo  er  jedoch 
bereits  im  Jahre  1842  zurückkehrte.  Seit- 
dem war  Grimd  wieder  eifriger  Demokrat 
und  Avurde  der  deutsche  Wortführer  der 


Partei  in  den  Präsidentschaftswahlen  von 
1844.  1848.  1852,  1856  mul  18ÜÜ.  In  der 
Kampagne  vom  Jahre  1860  trat  er  gegen 
Lincoln  für  Stephen  A.  Douglass  ein  und 
bereiste  als  Redner  für  ihn  das  Land. 
Douglass  fa.sste  eine  grosse  freundschaft- 
liciie  Zuneigung  zu  ihm.  Auf  dessen  Rath 
kaufte  er  Grundbesitz  in  Chicago,  der 
später  Grund *s  Wittwe  und  Sohn  zu  gros- 
sem Reichthum  verhalf.  Als  er  im  Jahre 
1863  die  politische  Herrschaft  der  republi- 
kanischen Partei  auf  längere  Zeit  gesichert 
glaubte,  entschloss  sich  Grund  zu  einem 
abermaligen  Parteiwechsel.  Er  redigirte 
damals  die  demokrati.sche  Zeitung  ..The 
Age"  in  Philadelphia.  p]nde  September 
1863  erschien  er  in  der  ,, Union  League"  da- 
selbst und  erklärte  in  feuriger  Rede  seinen 
L^ebertritt  zur  republikanischen  Partei. 
Natürlich  erregte  die  Fahnenflucht  des 
,, hervorragendsten  deutschen  Demokraten 
des  Landes"  grösste  Sensation;  die  Repu- 
blikaner begrüssten  sie  mit  Jubel,  während 
die  Demokraten  den  Renegaten  in  Acht  und 
Bann  thaten.  Grund  fühlte  sich  plötzlich 
seines  Lebens  nicht  mehr  sicher,  mid  als  am 
Abend  des  29.  September  die  Demokraten 
der  Stadt  die  Anwesenheit  General  ]Mc- 
Clellan's  zu  einer  grossen  Demonstration 
benutzten,  der  Fackelzug  vor  Grimd's 
Hause  in 's  Stocken  gerieth  imd  lauter  Un- 
willen laut  wurde,  glaubte  Grund,  es  sei  ein 
Sturm  auf  sein  Haus  beabsichtigt,  floh 
durch  die  Hinterthüre  in  die  nächste  Poli- 
zei-Station, bat  athemlos  um  Hilfe  und 
brach  dann,  von  einem  Schlaganfall  getrof- 
fen, zusammen.  Ehe  ärztliche  Hilfe  zur 
Stelle  war,  hatte  er  ausgelebt.  Grimd  war 
eine  elegante  Erscheinung  und  huldigte 
Napoleon 's  I.  Grundsatz,  der  bekanntlich 
für  Tafelfreuden  und  Frauen  eine  grosse 
Schwäche  besass.  Er  sprach  ausser  deutseh 
imd  englisch,  fliessend  französisch,  italie- 
nisch und  spanisch,  war  sehr  belesen,  da- 
bei war  er  witzig  und  hatte  stets  eine  pas- 
sende Anekdote  zur  Hand.  Als  politi- 
scher Redner  war  er  von  grosser  Bedeutung- 


DIE  DEUTSCHEN   IX  TENNbYLVANIEN. 


175 


,. Seine  Worte  sind  Sehniiedelunnmer-Sehüi- 
ge".  erklärte  Charles  Summer." 

Der  Senior  des  Konvents  war  Friedrich 
Karl  Speyerer,  ein  Bruder  des  1882  in 
AVeingarten  in  Württemberg  gestorbenen 
Pfarrers  Elias  Speyerer  und  seit  1812  in 
Beaver  County,  Fa.,  als  Farmer  ansässig. 
Er  war  in  der  Heimath  Advokat  gewesen, 
aber  seine  seharfe  Kritik  des  Rheinbundes 
machte  ihn  bald  den  Behörden  verdächtig, 
und  so  tloh  er,  wie  so  viele  deutsche  Fatrio- 
teu,  nach  Amerika.  Er  ,, verbauerte"  aber 
fluch  als  Farmer  nicht,  sondern  blieb  bis  in 
sein  hohes  Alter  geistig  frisch,  ein  stattli- 
cher alter  ]\Iann  mit  weissem  Haar,  blühen- 
den Wangen  und  flannnenden  Augen  mid 
ein  warmer  Kämpfer  für  die  deutsche 
Sache. 

Ein  Parlamentarier,  mit  allen  joarlamen- 
tarischen  Regeln  vertraut,  war  Peter  Kauff- 
mann,  geboren  im  Oktober  1800  in  jNIünster- 
IMaifeld  bei  Koblenz,  Schulmeister  von  Be- 
ruf und  seit  1820  in  Amerika.  Im  Jahre 
1831  liess  er  sich  in  Canton,  0.,  nieder, 
redigirte  anfänglich  die  von  Johann  Georg 
Sala  gegründete  und  später  von  ihm  erwor- 
l)ene  deutsche  Zeitung  daselbst,  versuchte 
durch  Kalender  populäre  Philosophie,  eine 
Art  von  unverdautem  „Hegelianismus",  im 
Volke  zu  verbreiten,  war  ein  eifriger  Poli- 
tiker auf  demokratischer  Seite  imd  starb  in 
1869  in  Canton,  0. 

Andere  hervorragende  ]Mitglieder  waren 
der  aus  Bramischweig  stammende  protes- 
tantische Qe\st\\ch^^¥^nlelm Steinmeier,  der 
Cleveland  vertrat.  Er  wurde  vom  Herzog 
begnadigt,  kehrte  1838  nach  Braunsehweig 
zurück,  wo  er  die  höchsten  geistlichen 
Stellen  später  bekleidete;  der  1808  in  Al- 
tenburg geborene,  in  Bern  und  Leipzig  zum 
Juristen  ausgebildete  und  nach  kurzer  Haft 
in  Leipzig,  wo  seine  Verhaftung  wegen  de- 
magogischer Umtriebe  erfolgt  war,  im 
Jahre  1834  nach  Amerika  entflohene  ^Y^l- 
helm  Weber,  der  anfänglich  in  Belleville, 
111.,  ansässig  war,  dann  Redakteur  des  , .An- 
zeiger des  Westens"  in   St.   Louis  wurde 


und  daselbst  1852  als  Friedensrichter  starb; 
der  aus  Görlitz  gebürtige  und  im  Jahre 
1886  in  Sullivan  County,  X.  J.,  gestorbene 
erste  Redakteur  der  ,.Xew  Yorker  Staats- 
Zeitung"  (1834)  G.  A.  ycumaHn;  der  in 
Urach,  Württemberg,  geborene,  in  Tübin- 
gen zum  protestantischen  Theologen  ausge- 
bildete, seit  anfangs  der  dreissiger  Jahre  in 
Peinisylvanien  und  Ohio  als  Pfarrer  thätige 
und  später  in  Cincinnati  als  Zeitungs-Re- 
dakteur ansässige  Georg  Walker,  den  im 
Jahre  1849  die  Cholera  dahinraffte;  der 
Humorist  der  Konvention,  der  im  Jahre 
1813  in  Ulm  geborene,  seit  1836  als  Jour- 
nalist und  Buchhäiuller  in  Philadelphia 
ansässige  W.  L.  J.  KidcrUn,  der  nach  kur- 
zem Aufenthalt  in  Cincinnati  und  seiner 
Verheirathung  mit  einer  reichen  Amerika- 
nerin nach  Philadelphia  zurückkehrte, 
amerikanischer  Konsul  in  Zürich  war, 
später  württembergischer  Konsul  in  Phila- 
delphia, wo  er  im  Jahre  1877  als  Ritter  des 
württembergischen  Kronen-Ordens  starb ; 
der  berühmte  Erbauer  der  Drahtseil- 
brücken über  den  Niagara,  den  Ohio  bei 
Cincinnati,  den  East  River  zwischen  New 
York  und  Brooklyn,  Johann  August  Böh- 
Ung,  geboren  zu  IMühlhausen  in  Thüringen 
1806,  gestorben  in  New  York  1869;  der 
1804  im  Stifte  Borstel,  Fürstenthum  Osna- 
brück, wo  sein  Vater  Stiftsprediger  war, 
geborene  Dietrich  Hermann  Heinrich  Wil- 
helm Möllmann,  der  1831  Prediger  in  Alba- 
ny,  N.  Y.,  dann  in  Cincinnati  wurde  und 
am  7.  ]\Iai  1840  daselbst  starb,  nachdem  er 
ein  Jahr  vorher  die  ,, Norddeutsch-Lutheri- 
sche Gemeinde"  gegründet  hatte;  der  badi- 
sche Flüchtling  Friedrich  E.  Zerrlaut,  der 
in  1835  nach  New  York  gekommen  war, 
dort  den  ,, Herold"  redigirte,  später  nach 
Baltimore  übersiedelte,  avo  er  eine  Buch- 
handlung betrieb;  der  im  Jahre  1832  nach 
Amerika  gekommene  Theodor  ümhstädter, 
Sohn  des  Posthalters  Johann  Umbstädter 
aus  Neustadt  an  der  Hardt,  der  vielgesuch- 
ter Advokat  in  Cleveland  und  später  in 
Pittsburg  war,  und  der  Berichterstatter  der 


176 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENN«YLVANIEN. 


Konvention,  der  in  ISll  in  Plattenburg, 
Westfalen,  fjehori'ne  uiul  nach  pliilosdphi- 
sehen  Studien  in  Marhiirtr  lS;3:i  nai-h  Ame- 
rika «rckoiniiiene  Dr.  Willnltn  Sciunölc.  der. 
naclidt'iii  er  sich  in  lMiilati('li)liia  als  Zei- 
tnnjrs-Hedakteui'  versucht,  an  der  honiöo- 
l)athisciit'n  Schule  in  AUcntow  ii.  Ta..  Medi- 
zin siudirtc  und  1S87  als  Arzt  und  Schrift- 
leiter medizinischer  Fachzeit un^-cn  in  l'lii- 
ladi'lphia  starb. 

Die    Konvention    führte    zur    Annahme 
fol«renden  Heschlus.ses : 

..In   allen   Staaten,   Couuties  und  Town- 
ships.   wo  es  Bedürfniss    und    ausführbar 
ist   und    mit    dem  AVolile    der  respcktiven 
Staaten    st)\v()hl    als    mit    dem    AW)hk-    tler 
Uniijn.  die  zu  erhalten  unser  höchstes  Prin- 
zip i.st,  vereinigt  werden  kann,  soll  auf  ge- 
richtliches Verfahren  in  der  deutsehen  ne- 
ben der  englischen  Sprache,  Anstellung  von 
Beamten,    die    beider    Sprachen    mächtig 
sind,  und  auf  Veröifentlichung  aller  beste- 
henden und  noch  zu  erlassenden  Gesetze  in 
deutscher  Sjirache  gewirkt  werden,  und  die 
Konvention  soll  dies  mit  allen  ihr  zu  Ge- 
bote    stellenden      Rütteln      unterstützen." 
Ferner  wurde  einer  Schulkonunission  um- 
fassende   Vollmacht    ertheilt,    Gelder    zum 
Zweck  der  Gründumj  eines  cleutsch-ameri- 
kanischen  Lchrer-Semiuars  zu  sammeln  mid 
durch  eine  Adresse  an  die  Deutsehen  des 
Landes  zu  Beiträgen  aufzufordern.   Ferner 
wurden     alle     Eingewanderten     ermahnt, 
möglichst  1)ald  l>ürgerrechte  zu  erwerben. 
Auf  der  anderen   Seite  sei   es  THicht  der 
Deutschen,  nach  Kräften  zu  verhüten,  dass 
iNIissbrauch  mit  den   Einwanderungs-  und 
Einbürgerungsgesetzen     getrieben     würde. 
Die    Uebensehififung    gemeiner  Verbrecher 
aus  Europa  müsse  verhindert  werden,  und 
die  Deutselien  der  Seestädte  wurden  auf- 
gefordert, den  Behörden  nach  Kräften  da- 
bei  behülflieh  zu  sein ;   politische  Flücht- 
linge  aber  dürften  nicht   zur  Verbreeher- 
klasse  gerechnet  werden.     Dem  Xativismus 
und  der  eben  damals  entstandenen  "Native- 
American  "-Partei  wurde  mit  Schärfe  ent- 


gegengetreten. Jede  Partei,  die  auf  reli- 
giösen, sektionellen  oder  Klassen-l'nter- 
seliieden  ihre  E.xistenz  behaupte,  sei  zu  be- 
kämpfen. Es  sei  Pflicht  der  Deutschen,  so- 
wie aller  freisinnigen  Bürgt'r  in  ilen  Ver- 
einigten Staaten.  ..bei  der  Wahl  öffentlicher 
Peamten  keinem  Kandidaten  ihre  Stinnne 
zu  geben,  der  den  bestehenden  Einwande- 
rungs- und  Einl)ürgerungsgesetzen  feind- 
lich gegnüber  stehe".  Die  deutsche  Presse 
des  Landes  wurde  zur  thätigen  Alithülfe 
dieser  Bestrebungen  aufgefordert.  Die 
Vertagung  des  Konvents  erfolgte  am  25. 
Oktober.  Es  wurde  beschlossen,  am  18. 
Oktober  1838  Avieder  zusammenzutreten.  ' 

Auf  die  A'erhandlungen  und  lieschlüsse 
dieser  ersten  Konvention  deutscher  Bürger 
der  Vereinigten  Staaten  ist  deshalb  an  die- 
ser Stelle  eingehend  Bezug  genonnnen  wor- 
den, weil  die  dort  angeregten  Ideen  luul 
Bestrebimgen  in  vieler  Beziehung  grundle- 
gend waren  für  den  erst  mehr  als  60  Jahre 
später  gegründeten  Deutsch-Amerikani- 
schen National-Bund ;  die  Anregungen, 
welche  auf  dem  ersten  Pittsburger  Konvent 
gegeben  wurden,  dem  im  nächsten  Jahre 
ein  zweiter  ebendaselbst  folgte,  fanden 
durch  ihn  ihre  Verwirklichung.  Der  zweite 
Pittsburger  Konvent  führte  zum  Ankauf 
des  von  dem  Offenbacher  Proli.  genannt 
Graf  Leon,  bei  Phillipsburg  erworbenen 
Landbesitzes  zum  Zwecke  der  Errichtung 
eines  deutsehen  Lehrer-Seminars,  das  im 
Jahre  18-10  inkorporirt  wurde. 

Natürlich  gab  auch  in  den  grösseren 
Städten  l'ennsylvanien  's  mit  starkem  deut- 
schen Bevölkerungs-Elemente,  namentlich 
in  Philadelphia,  die  deutsche  Revolution  im 
Jahre  1848  zu  lebhaften  Sympathie-Kund- 
gebungen inul  zu  glänzendem  Empfange 
der  Freiheitskämpfer  wie  Friedrich  Hecker 
und  Anderen  Anlass.  Auch  Gottfried  Kin- 
kel's  Aufforderung  zu  Beiträgen  für  den 
Revolutions-Fonds  blieb  nicht  unbeachtet. 
An  der  grossartigen  Samndung  von  Liebes- 
gaben für  die  Verwundeten  imd  Kranken 
der  im  Jahre  1870 — 71  gegen  Frankreich 


DIE  DEUTSCHEN  IX  PEXXSYLVANIEN. 


177 


kämpfeiulfii  deutschen  Arnieeu.  welche 
über  eine  ^Million  Dolhirs  ergab,  betheilig- 
ten sich  die  Deutschen  Pennsylvanien's  in 
hervorragender  Weise.  Hei  der  AVeltaus- 
stelluug  in  Philadelphia  im  Jahre  1876 
waren  deutsch-aiueriUmiische  Arbeit  imd 
deutsch  -  auierikanischcr  rnternehmungs- 
geist  bedeutende  Faktoren.  Die  Errvmgen- 
schaften  des  Deutsch-Amerikanischen  Cen- 
tral-Bundcs  von  Peunsylvanien,  die  haupt- 
sächlich in  Einführung  des  Turn-ünter- 
richts  in  den  öffentlichen  Schulen,  sowie 
Abweisung  der  Prohibitions-Bewegung  be- 
standen, sind  an  anderer  Stelle  ausführlich 
behandelt  worden. 

Ein  deutscher  Samariter, 

In  der  furchtbaren  Gelbfieber-Epidemie, 
weiche  Philadelphia  in  den  Jahren  1793, 
1707  und  1798  heimsuchte,  wurden  1,003 
^litglieder  der  lutherischen,  484  der  refor- 
mirten  und  1S6  der  römisch-katholischen 
Kirche  dahingerafft.  Als  Furcht  und  Ent- 
setzen alle  Gebote  der  Humanität  über  den 
Haufen  geworfen  hatten  und  alle  Bande 
<ler  Ordnung  gelöst  waren,  erboten  sich  der 
]\Iilliouär  Stephen  Girard  imd  der  von 
deutschen  Herrnhutern  abstammende  Peter 
Helm,  die  Aufsicht  über  das  Pesthaus  in 
Bushhill  und  über  die  Kranken  in  Privat- 
häusern zu  übernehmen.  Furchtlos  erfüll- 
ten sie  die  selbstübernomraene  Pflicht  an 
der  Stätte  des  Grauens  und  des  Todes. 

Deutsche  Feste. 

Die  grosse  Betheiligung  der  Deutschen 
an  der  ersten  Una])hängigkeits-Feier  in 
Philadelphia  am  4.  Juli  1788  ist  schon  er- 
wähnt worden. 

Der  Sieg  der  Deutschen  in  der  Schlacht 
bei  Leipzig  wurde  von  Deutschen,  Hollän- 
dern und  Schweizern  am  14.  Februar  1814 
gefeiert.  Ein  Herr  Herrmann  hatte  zur 
Feier  des  Tages  sogar  einen  Blücher- 
Marsch  komponirt. 

Am  24.  Juni  1840  feierten  die  Deutschen 
Philadelphia 's  das  vierhimdertjährige  Ju- 


l)11äum  der  Erfindung  der  Buchdrucker- 
Kunst  mit  einer  Parade,  der  sich  ein  Ban- 
kett im  Gray 's  Ferry  Garden  an.schloss. 
Lagerbier  gab  es  übrigens  damals  noch 
nicht.  Es  wurde  erst  1842  von  Joliaiui 
Wagner  in  Philadelphia  gebraut. 

Das  ei-ste  allgemeine  Sängerfest  fand 
vom  15. — 18.  Juni  1850  in  Philadelphia 
statt  imd  führte  zur  Gründung  des  Nord- 
östlichen Sängerbundes. 

Das  erste  allgemeine  Turnfest  wurde 
vom  29.  bis  30.  September  1851  auf  Lemon 
Hill,   Philadelphia,  abgehalten. 

Am  25.  Dezember  desselben  Jahres 
wurde  zu  Ehren  Kossuth's,  des  ungarischen 
Patrioten,  ein  grosser  Fackelzug  von  deut- 
schen Vereinen  veranstaltet. 

Wie  in  allen  grösseren  Städten  wurde 
auch  in  Philadelphia  am  10.  November 
1859  der  100.  Geburtstag  Schiller 's  gefei- 
ert, und  zwar  in  der  „Academy  of  Music". 
G.  Remak  hielt  die  deutsche,  W.  Fumess 
die  engli.sche  Festrede,  während  das  musi- 
kalische Programm  in  der  Auft'ührung  des 
Romberg 'sehen  Chorwerks  „Die  Glocke" 
bestand. 

Am  14.  imd  15.  September  1869  wurde 
der  hundertste  Geburtstag  des  grossen  Na- 
turforschers, Alexander  von  Humboldt,  ge- 
feiert. Der  Grundstein  zu  seinem  Denkmal 
im  Fairmount  Park,  das  am  4.  Juli  1876 
enthüllt  worden  ist,  wurde  am  14.  gelegt 
und  am  folgenden  Tage  eine  grosse  Feier 
in  der  Academy  veranstaltet. 

Das  Friedensfest  anlässlich  der  Beendi- 
gung des  deutsch-französischen  Krieges 
war  die  grossartigste  Demonstration  des 
Deutschthums  des  Landes.  Es  fand  in 
Philadelphia  am  15.  Mai  1871  statt. 

Nicht  minder  bedeutend  war  das  Bi-Cen- 
tennial  der  deutschen  Einwanderung  am 
6.  Oktober  1883,  von  der  die  Feier  des 
Deutschen  Tages  herrührt. 

Das  grossartigste  Fest  in  den  letzten 
Jahren  nach  der  Enthüllung  des  Schiller- 
Denkmals,  später  des  Goethe-Denkmals,  des 


178 


DIE  DEUTSCHEN  IN  PENNSYLVANIEN. 


Bimdes-Sängerfestes    im    Jahre    1897,    des  22r)jährige  Jubiläum  der  ersten  deutsehen 

Bundes-Turnfestes  im  Jahre  1900  und  des  Einwanderung  am  6.  Oktober  1908  und  die 

hundertsten  Gedenktages  des  Todes  Schil-  feierliehe    Enthüllung   des    Ecksteins   zum 

1er 's,  sowie  der  Eröffnung  des  Deutschen  Pastorius-Denkmal    im    Vemon    Park    ia 

Theaters  am  16.  September  1906.  war  das  Germantown. 


Die  Deutschen  in  Maryland. 

Skizze  von 
L.   P.   HENNIGHAUSEN,   Baltimore. 


Der  grosso  Antheil  der  Deutschen  au  der 
Besiedlung  imd  Eutwioklimg  des  Staates 
Maryland  ist  bis  jetzt  weder  gründlieh 
erforscht  noch  genügend  erörtert  worden, 
jedoch  immer  von  den  Bewohnern  des 
Staates  bereitwillig  anerkannt.  "Wohl  in 
keinem  Staate  von  Nord-Amerika  hat  das 
deutsche  Element,  ohne  seine  Identität 
aufzugeben  oder  zu  verleugnen,  sich  mit 
den  anderen  Bewohnern  so  amalgamirt 
wie  in  diesem  Staate.  AYir  haben  keine 
Statistik  der  Einwanderer,  welche  sich  im 
Staate  niedergelassen,  und  müssen  Sclüuss- 
folgerungen  aus  geschichtlich  begründeten 
Thatsachen  ziehen.  Ehe  die  deutsche  Ein- 
wanderung im  Jahre  1732  begann,  war 
Älarjdand  eine  höchst  unbedeutende  Ko- 
lonie. Im  Jahre  1633  gegründet,  von  aus- 
schliesslich englischen  Ansiedlern,  hatte 
sie  nach  Verlauf  von  56  Jahren,  in  1689, 
nur  imgefähr  2.5,000  EinM'ohner.  Nach  der 
Restauration  der  Stuarts  in  England  hörte 
die  englische  Einwanderung  faktisch  auf. 
In  den  nächsten  21  Jahren  bis  1710  ver- 
mehrte sich  die  Einwohnerzahl  um  5000 
Personen,  und  in  1733  betrugen  alle  männ- 
liche Einwohner  über  15  Jahre,  Neger  mit 
eingerechnet,  31,170.  Es  waren  unter  diesen 
eine  geringe  Zahl  Deutsche.  Die  Sekte  der 
Labadisten  des  Städtchens  "Wieward  in 
Friesland  unter  der  Führung  von  Peter 
Schlüter,  Jasper  Dankers  und  Johannes 
Moll  hatte  am  11.  August  1681:  von  Augus- 
tin Herrmann  3750  Acker  Land  im  jetzigen 
Cecil  County  erworben  und  mit  mehr  als 
100  Personen  besiedelt.  Darunter  waren 
viele  Deutsche.  Die  Sekte  zerstreute  sich 
im  Laufe  der  Jahre;  strenge  Zucht,  harte 
Arbeit  imd  magere  Kost  behagte  ihnen 
nicht,  imd  in  1724  waren  nur  die  Führer 
Inhaber  aes   ganzen   Landsitzes  von  3750 


Acker.  Peter  Schlüter  war  ein  reicher 
]\Iann  geworden ;  Dankers  und  ]\Ioll  ver- 
kauften ihre  Antheile  an  Schlüter. 

August  in  Herrmann,  ein  Deutsch-Böh- 
me, 1621  in  Prag,  Böhmen,  geboren,  erhielt 
eine  gute  Erziehung  und  ging  als  junger 
Mann  nach  Amsterdam,  wo  er  in  die 
Dien.ste  der  Holland  West-Indischen  Com- 
panie  trat  und  damit  um  das  Jahr  1613  in 
Neu- Amsterdam  (jetzt  New  York)  landete. 
Er  nahm  schon  1649  eine  hervorragende 
politische  Stellimg  ein  und  heirathete  1650 
die  reiche  Kaufmannstochter  Jannek  Yer- 
lett,  eine  nahe  Verwandte  des  Gouverneurs 
Peter  Stuyvesant  von  Neu- Amsterdam.  Er 
kam  als  politischer  Agent  1659  nach  Virgi- 
nien  imd  Hess  sich  1660  in  Marjdand  nie- 
der. Am  17.  September  1663  erhielt  er  von 
der  Gesetzgebung  von  ^Maryland  das  Bür- 
gerrecht. Im  Jahre  1660  machte  er  Lord 
Baltimore  den  schriftlichen  Vorschlag,  um 
die  Grenzstreitigkeiten  mit  den  angrenzen- 
den Kolonien  zu  regeln,  eine  genaue  Karte 
seiner  Ländereien  auszuarbeiten,  für  5000 
Acker  Land  Belohnung.  Der  Vorschlag 
wurde  angenommen  und  ausgeführt.  Herr- 
mann erhielt  1663  sein  Patent  für  die 
5000  Acker,  in  Cecil  County  an  den  Ufern 
des  Elk'  Flusses  gelegen.  Er  erweiterte 
diesen  Besitz  durch  Ankauf  von  Lände- 
reien auf  ungefähr  20,000  Acker  imd 
nannte  ihn  ,,Boheraian  Maaor",  worauf  er 
sich  mit  seiner  Familie  niederliess.  Ilerr- 
mann  hatte  kein  Glück  mit  der  Ansiedlung 
der  Labadisten  auf  seinem  Gebiet.  Sein 
ältester  Sohn  Ephraim  schloss  sich,  gegen 
den  Willen  des  Vaters,  der  Sekte  an,  ver- 
liess  das  väterliche  Haus  und  versuchte, 
seinen  Bruder  Casparus  und  seine  Schwes- 
tern ebenfalls  demselben  zu  entfremden. 
Herrmann  gibt  in  seinem   Testament,   er- 


180 


DIE  DEUTSCHEN  IN  MARYLAND. 


rit-htet  lGb4  und  Kodicill.  cn'lffia't  1G86, 
Ausdruck  üln-i-  dio  Vt'rirruugen  seiner 
Kinder. 

?]in  \V(»lilli;il)t'nder  Deutsrlu-r  Xaineus 
"NVillinni  Hlaukenstein,  Gent,  kaufte  im 
Jahre  1G85  vierhundert  Aeker  Land  iu 
Ceeil  County,  ebenso  kauften  Johann  Falk- 
ner und  Martin  Falkner  Land  für  baares 
Geld.  Der  interessanteste  deutsche  Ansied- 
ler dieser  frühen  Zeit  in  ^Maryland,  dessen 
Naehkoninien  noch  im  Staate  leben  sollen, 
ist  Johann  Leckrer,  ein  Gelehrter,  der 
französisehen.  italienischen  und  klassischen 
Spraclien  mächtig:,  jedoch  nur  uothdürftig 
der  englischen  Sprache.  Er  kam  im  Jahre 
ltU)9  nach  Virginien,  um  den  kürzesten 
"Weg  über  Land  nach  Indien  zu  entdecken. 
I\Ian  war  zur  Zeit  allgemein  überzeugt,  dass 
Indien  hinter  dem  Alleghen}'  Gebirge  liege. 
Es  gelaug  ihm,  Sir  William  Berkeley,  zur 
Zeit  Gouverneur  von  Virginien,  zu  bewe- 
gen, im  Laufe  der  nächsten  zwei  Jahre  drei 
Expeditionen  auszurüsten,  welche  imter 
Lcdercr's  Leitimg  den  Pass  durch  die  Ge- 
birge nach  Indien  erforschen  sollten.  Le- 
derer war  ein  mutiger  Manu.  Er  erreichte 
die  Gebirge  und  wandte  sich  südlich  bis 
Florida.  Seine  Berichte  über  die  Sitten, 
Gebräuehe,  Eeligion  imd  politische  Ein- 
richtmig  im  Leben  der  verschiedenen  In- 
dianer-Stänuue,  welche  er  besuchte,  sind 
sehr  interessant.  Auf  seiner  dritten  und 
letzten  Expedition  in  das  Gebirge  bekam 
seine  Eskorte  es  mit  der  Angst  imd  verliess 
ihn  schmählich,  sich  zurück  in  die  Kolonie 
flüchtend.  Hier  verunglimpften  die  Feig- 
linge den  Mann,  welchen  sie  in  der  Gefahr 
verlassen  hatten,  beschuldigten  ihn  der  Un- 
ehrlichkeit, sowie  dass  er  durch  die  grossen 
Kosten,  welche  die  Forschungsreisen  verur- 
sachten, die  Kolonie  in  Schulden  stürze. 
Lederer  fühlte  sein  Leben  bedroht  und 
flüchtete  nach  ^Maryland,  sich  unter  den 
Schutz  von  Lord  "William  Talbot,  dem 
Sekretär  der  Provinz,  stellend.  Lord  Tal- 
bot untersuchte  genau  die  erhobenen  Be- 
schuldigungen und  fand  dieselben  im  wahr. 


Er  besi'luvibt  Lederer  als  einen  l)eschcide- 
nen.  intelligenten  und  sehr  gelehrten 
.Mann,  welcher  viel  Unrecht  erlitten  habe 
und  nur  Bewunderung  verdiene.  Er  nahm 
ilui  in  Schutz  und  wurde  sein  Freund,  un- 
terhielt sich  viel  mit  ihm  und  übersetzte 
seine  Reiseberichte,  welche  Lederer  in  latei- 
nischer Sprache  geschrieben,  ins  Englische 
und  Hess  das  Buch  im  Jahre  1072  in  Lon- 
don drucken  unter  dem  Titel  „The  Disco- 
veries  of  John  Lederer  in  three  several 
marches  from  Virginia  to  the  west  of  Car- 
olina and  other  parts  of  the  Continent. 
Begun  in  ]\Iarch  1669  and  ended  in  Sep- 
tember 1670,  Together  with  a  general  map 
of  the  whole  territory  he  traversed.  Trans- 
lated  out  of  Latin  by  Sir  AVilliam  Talbot. 
Baronet.  &c."  Lederer  erzählt  in  dem 
Buche,  dass  er  in  der  Indianerstadt  Ake- 
natzy  einen  fremden  Indianer  von  dem 
fernsten  Nordwesten  getroffen  habe,  wel- 
cher ihn  über  die  gro.sse  Entfernung  des 
Landes  aufklärte.  Ein  Exemplar  des 
Buches  befindet  sich  in  der  Kongress-Biblio- 
thek  in  Washington.  Lederer  wurde  im 
Jahre  1671  naturalisirt  und  wolmte  in  Tal- 
bot County,  ^Maryland,  wo  noch  Nachkom- 
men von  ihm  leben.  Andere  Deutsche, 
welche  vor  1732  hier  waren,  nahmen  be- 
scheidenere Stellungen  im  Leben  ein. 

Da  die  Besiedlung  Marylands  weit  hinter 
dem  schnell  aufblühenden  Pennsylvanien 
zurückblieb,  erliess  Charles  Lord  Balti- 
more, Eigenthümer  der  Provinz  ^Maryland, 
am  zweiten  März  1732  eine  Proklamation, 
worin  er  einer  jeden  Person  mit  Familie, 
welche  sich  binnen  dreier  Jahre  ansiedeln 
würde,  zweihundert  Acker  fruchtbaren 
Landes,  zwischen  den  Flüssen  Potomac  und 
Susquehanna  gelegen,  ohne  Kosten  und 
nach  Ablauf  der  drei  Jahre  zu  vier  Schil- 
ling I\Iiethe  pro  Jahr,  für  jede  hundert 
Acker,  anbot ;  sowie  einer  jeden  ledigen 
Person,  männlich  oder  weiblich,  im  Alter 
von  fünfzehn  bis  dreissig  Jahren,  einhun- 
dert Acker  desselben  Landes,  unter  den- 
selben   Bedingungen.      Die    ersten    Jahre 


IHE  DEUTSC'HEX  IN  MARYLAND. 


181 


solltoii  frei  von  j(»«i:lii'lu'r  T.ixc  sein,  mit  der 
VcrsicluM-unjr.  ilass  die  Ansiedler  alle 
Keehte  und  Freiheiten  in  ^laryland  genies- 
sen  sollten,  welche  in  irgend  einer  anderen 
Kolonie  in  Amerika  gewährt  würden. 
Lord  Baltimore  hatte  mit  dieser  Prokla- 
mation die  Absieht,  einen  Theil  der  deiit- 
.sehen  Einwandernng.  welche  nach  Penn- 
sylvanien  strömte,  nach  Mni-yland  zu  len- 
ken, und  hatte  damit  einen  bedeutenden 
Erfolg.  Schon  im  nächsten  Jahre  wurde  von 
aus  Pennsylvania  eingewanderten  Deut- 
schen am  ^lonocacy  Fluss  eine  deutsche 
Kirche  errichtet.  In  1735  kamen  ungefähr 
einhundert  deutsche  Familien  direkt  von 
der  oberen  Rhein-Gegend  und  siedelten  sich 
in  der  Nähe,  ungefähr  zehn  Meilen  unter- 
hall) der  erwähnten  Kirche,  wo  später  in 
17-J-ö  die  Stadt  Frederick  angelegt  und  in 
1748  zum  Countysitz  erhoben  wurde,  an. 
Unter  diesen  hundert  Familien  war  der 
Schullehrer  und  Organist  Johann  Thrnnas 
Seide i),  welcher  das  erste  Haus  in  Frede- 
rick erbaut  haben  soll.  In  Ermanglung 
eines  ordinirten  Predigers  leitete  er  den 
Gottesdienst  der  Deutsch-Reformirten  Ge- 
meinde. Der  ^lissionar  ^Michael  Sehlatter, 
welcher  Frederick  in  1747 — 48  besuchte, 
erklärt,  dass  Schley  ein  sehr  gebildeter  und 
fähiger  ^lusiker  und  Lehrer  sei.  William 
Schley,  in  1825  Oberriehter,  in  1832  Kon- 
gressmitglied, in  1835  Gouverneur  von 
Georgia  ;  John  Schley,  Richter  des  obersten 
Gerichtshofs  in  Georgia;  Oberst  William 
Schley  im  Bürgerkrieg;  der  berühmte  Ad- 
miral  AVinfield  S.  Schley  und  andere  be- 
rühmte ]\Iänner  de.s  Namens  sind  Nach- 
konniuMi  dieses  Schullehrers  von  Frede- 
rick. Nach  den  Berichten  von  Pastor 
iMelchior  ]Mühlenberg  von  der  Lutherischen 
Kirche,  welcher  in  1747  Frederick  l)esuch- 
te,  uiul  des  erwähnten  Pastors  Sehlatter, 
müssen  in  den  Jahren  1747 — 48  bereits 
über  eintausend  Deutsche  im  Thal  des  Mo- 
nocacy  sich  niedergelassen  haben ;  die  An- 
siedlung  der  Deutschen  erstreckte  sich 
schon    danuils   von    Baltimore   bis    an   die 


westliclic  (Ji-enze  des  Staates.  William 
Eddis.  ("in  Engländci-  und  Beamter  des 
(«ouverneurs  Eden,  welcher  1769  bis  1776 
^Maryland  bereiste,  sdirciljt  in  seinen  Brie- 
fen an  einen  Freund  in  EIngland,  veröf- 
fentlicht in  London  1792  unter  dem  Titel 
,, Letters  from  America",  dass  hauptsäch- 
lich die  Einwanderung  der  Deutschen,  wel- 
chen er  grosses  Lob  spendet,  gewaltig  die 
Bevölkerung  von  ^Maryland  vermehrt  imd 
Wohlstand  geschaffen  hat;  dass  sie  mas- 
senhaft ihr  Vaterland  verlassen  und  hier 
sich  eine  bessere  Existenz  gegründet  haben. 

Gouverneur  Eden  von  ^Maryland  in  sei- 
nem Bericht  vom  29.  Januar  1773  an  Lord 
Dartmouth  in  England  schreibt :  ,,In  Folge 
der  Ermunterung  durch  Gesetze  (Statutes) 
haben  sich  sehr  viele  Deutsche  in  den 
Grenz-Counties  von  ^laryland  angesiedelt. 
Sie  sind  durchschnittlich  ein  flcissiges.  hart 
arbeitendes  Volk.  Viele  von  ihnen  haben 
bedeutendes  Eigentum  erworben.  Sie 
haben  eine  Wildniss  in  eine  fruchtl)are, 
wohlhabende  Gegend  verwandelt.  Das 
Beispiel  und  der  wohlthätige  Einfluss 
ihres  aussergewöhnlichen  Fleisses  haben  in 
nicht  geringem  Grade  die  anderen  Ein- 
wohner zur  Nachahnumg  angeregt.  Dass 
sie  ein  äusserst  nützliches  Volk  sind  und 
allgemeine  Achtung  verdienen,  ist  von 
Allen,  welche  mit  ihnen  bekannt  sind,  an- 
erkannt." Die  er.steu  deutschen  Ansiedler 
im  westlichen  ^Maryland  kamen  direkt  von 
Pennsylvania,  später  jedoch  in  grosser  Zahl 
auf  Schiffen,  welche  in  Annapolis  landeten. 
Die  Schiffsregister  von  Annapolis  sind 
zerstört,  und  nur  die  von  1753  bis  zum  16. 
Januar  1755  wurden  gerettet.  In  diesen 
Jahren  landeten  1060  deutsehe  Emigran- 
ten auf  vier  verschiedenen  Schiffen  in  An- 
napolis. Lord  Cecilius  Calvert,  Sekretär 
des  Lord  Baltimore,  sandte  ein  Schrei- 
ben an  die  Schiffsagentur  in  Annapolis, 
worin  er  diese  Emigranten,  welche  sich 
nach  Frederick  County  begeben  wollten, 
besonderem  Schutz  und  Futerstützung 
empfahl,  voi-  Allem   verlangte  er.  dass  sie 


182 


DIE  DEUTSCHEN  IX  MARYLAND. 


nicht  übervortheilt  würdi'U,  weil  die  Zu- 
nahme dieser  Emigranten  sehr  \vü!isehens- 
werth  sei ;  Alles  möglielie  solle  gethan  wer- 
den, sie  in  der  "Wald  ihrer  Niederlassung 
zufrieden  zu  stellen.  Nach  diesen  mageren 
Berichten  ist  wohl  anziniehinon.  dass  die 
grös.sere  Zahl  der  deutschen  p]inwanderer 
in  der  Koloiiialperiode  in  Annapolis  lan- 
dete. Nach  dem  Frieden  des  Unabhängig- 
keits-Kriegs wandte  sich  diese  Einwande- 
rung ausschliesslich  der  inzwischen  auf- 
blühenden Stadt  Baltimore  zu. 

Jonathan  Hager,  welcher  von  der  Pfalz 
einwanderte  und  1747  durch  einen  Akt  der 
Gesetzgebimg  sein  Bürgerrecht  erlangte, 
erwarb  zwischen  den  Jahren  3739  bis  6-4 
käuflich  2488  Acker  Land  in  "Washington 
Coimty,  worauf  er  im  Jahre  1762  die 
schnell  aufblühende  Stadt  Hagerstown 
gründete.  Hager  nannte  sie,  seiner  Gattin 
zuliebe,  ,,Elizabethtown".  aber  nach  seinem 
Tode  verordnete  die  Gesetzgebung  des 
Staates,  dass  die  Stadt  den  Namen  ihres 
Gründers  Hagerstown  erhalte.  Hager 
wurde  1771  und  1773  als  INIitglied  der  Ge- 
setzgebimg erwählt  und  starb  hochgeachtet 
und  allgemein  betrauert  im  Jahre  1775. 
Eine  Anzahl  der  vornehmsten  Familien  in 
]\Iaryland  heutigen  Tages  beanspruchen, 
Nachkommen  von  Hager  zu  »sein.  Die 
grosse  ]\Iehrzahl  der  Deutschen  wohnte  auf 
ihren  Farmen ;  Pastor  Wildbahn  von  der 
Lutherischen  Kirche  zum  Beispiel  hatte 
acht  Landgemeinden  in  Baltimore  County 
in  der  Kolonialperiode  imter  seiner  geist- 
lichen Obhut.  Grössere  Ansiedlimgen  und 
Sammelpunkte  der  Deutschen  waren  nebst 
Frederick  und  HagerstoN\Ti  noch  George- 
toAni.  Sheperdsto^^-n,  Krügersto^^^l,  Thomas 
Creek,  Sharpsburg,  Point  Creek,  Owens 
Creek,  St.  John.  Littleto^vn,  ]Mechanics- 
to\\'n,  Union  Bridge,  Emmitsburg,  West- 
minster.  ^Manchester  in  Carroll  Coimty,  wo 
1760  die  erste  Liith.  Kirche  errichtet 
wurde,  besonders  aber  die  Stadt  Balti- 
more. Baltimore,  die  jüngste  der  grossen 
Städte    an    der    Ost-Küste    von    Amerika, 


hatte  im  Jahre  1752  nur  ungefähr  zweihun- 
dert Häuser.  Gouverneur  Sharji  berich- 
tete am  2.  Mai  1754  an  Lord  Baltimore  in 
England : 

„Ich  habe  seit  meiner  Ankunft  die  Gele- 
genheit wahrgenommen,  die  Stadt  Balti- 
more zu  besuchen,  Avelche  in  der  That  das 
Aussehen  des  blühendsten  Ortes  der  Pro- 
vinz hat ;  doch  meinen  Erwartungen  hat  sie 
nicht  entsprochen,  denn  sie  kann  weder  an 
Zahl  der  Häuser,  noch  in  der  Bevölkerung 
mit  Annapolis  rivalisiren  und  was  die  Lage 
betrifft,  so  steht  sie  weit  hinter  dieser 
Stadt  zurück.  "Wenn  man  jedoch  die  Han- 
delsverhältnisse  und  das  weite  Hinterland 
berücksichtigt,  so  stellt  sich  die  Sache  weit 
günstiger  für  Baltimore.  "Würden  einige 
reiche  Herren  sich  dort  niederlassen  und 
sich  dem  Handel  widmen,  so  würde  es  bald 
ein  blühender  Ort  werden,  aber  weil  bis 
jetzt  wenige,  ausser  den  Deutschen,  welche 
im  Allgemeinen  wohlhahend  sind,  sich  dort 
niedergelassen  haben  und  sich  anzusiedeln 
Neigimg  zeigen,  so  befürchte  ich,  dass  aus 
dem  Ort  nicht  viel  werden  wird." 

Goiiveraeur  Sharp  gehört  nicht  unter 
die  Propheten ;  das  damalige  Annapolis 
war,  wie  heutigen  Tag 's,  die  Hauptstadt 
von  Maryland  mit  einer  fast  rein  engli- 
schen Bevölkerung  und  ist  eine  kleine 
Landstadt  von  etlichen  Tausend  Einwoh- 
nern geblieben.  Baltimore,  zum  grossen 
Theil  von  Deutschen  gegründet,  besiedelt 
imd  bewohnt,  ist  die  reiche  ]\Ietropole  des 
Südens  mit  über  600.000  Einwohnern  ge- 
worden. Im  Jahre  1750.  als  Baltimore  nur 
25  Häuser  und  weniger  wie  200  Einwohner 
zählte,  bildete  sich  die  erste  Deutsch-Re- 
formirte  Gemeinde.  Die  Deutsch-Lutheri- 
sche Gemeinde  baute  1756  das  erste  Schul- 
haus. Die  zweite  Kirche,  welche  in  Balti- 
more errichtet  wurde,  war  eine  deutsche, 
imd  sclmell  entwickelte  sich  der  Wohlstand 
mit  Vermehrung  der  deutschen  Einwohner- 
zahl. In  1764  wurde  die  erste,  und  zwar 
eine  deutsche  Druckerei  von  Xicholas  Has- 
selbach  in  Baltimore  errichtet ;  es  bestan- 


DIE  DEUTSCHEN  IX  MARYLAND. 


183 


den  drei  deutsehe  Gemeinden.  Die  Yolks- 
zähhmi?  ^larylandes  in  1761  ergab  16-4,007 
Einwohner,  ungefähr  100,000  mehr  als  in 
1733.  Da  keine  nennenswerthe  Einwan- 
derung von  anderen  europäischen  Län- 
dern, ausser  den  deutsehen,  in  diesen  Jah- 
ren verzeiclinet  ist,  so  ergibt  sieh,  dass 
diese  starke  Vermehrung  in  28  Jahren 
hauptsächlich  den  Deutschen  gutgeschrie- 
ben werden  muss.  Bei  Ausbruch  des  Un- 
abhängigkeits-Kriegs war  die  deutsche  Be- 
völkerung auf  Seiten  der  Amerikaner.  Die 
Deutschen  waren  besonders  imwillig,  dass 
sie,  trotzdem  sie  ihre  eigenen  Schulen  imd 
Kirchen  imterhielten,  noch  Kirchensteuer 
au  die  englische  Hochkirche  zahlen  niuss- 
ten.  Pastor  ]\Ielchior  ^Mühlenberg  imd 
Andere  hatten  vergeblich  darüber  bei  dem 
Gouverneur  Beschwerde  geführt.  Viele 
der  englischen  Bewohner  neigten  sieh  auf 
die  Seite  Englands;  es  wurde  Militär  von 
den  westlichen  deutschen  Counties  nach 
den  südlichen  englischen  Counties  gesandt, 
um  die  militärische  Organisation  der 
Tories  zu  Gunsten  Englands  zu  verhindern. 
Major  Ludwig  ^Yeltner  von  Frederick 
kommandirte  das  deutsche  Bataillon,  wel- 
ches in  Frederick  Coimty  gebildet  wurde, 
er  wurde  später  Oberst  des  achten  Mary- 
land Regiments;  in  seinem  Regiment  war 
der  spätere  General  John  Sfricler  Capi- 
tain,  welcher  sich  in  der  Schlacht  von 
North  Point  (1814)  auszeichnete;  Chris- 
tian Orendorff,  ein  reicher  Einwohner  von 
Frederick,  war  Major  des  sechsten  Regi- 
ments. Doktor  Karl  Frieder  ich  ^yiesen- 
thal,  Gründer  der  medizinischen  Fakultät 
in  Baltimore,  war  General-Arzt  der  Mary- 
lander Truppen.  Eine  deutsche  Militär- 
Kompagnie  wurde  1776  in  Baltimore  orga- 
nisirt.  Capt.  Peter  Mackenheimer,  George 
P.  Keeport  (Kuhbord),  John  Lohr,  Christ. 
Meyers,  Samuel  Gerock,  John  Lindenber- 
ger,  John  Mackenheimer,  John  Ritter  imd 
George  Cole  sind  als  Offiziere  der  deut- 
schen Kompagnie  verzeichnet.  John 
Mackenheimer  wurde  später  Oberst.  Ausser 


dieser  war  noch  eine  deutsche  Jäger-Kom- 
pagnie, von  welcher  mir  die  Namenliste 
fehlt.  Kurz  nach  Friedensschluss  kamen 
Einwanderer-Schiffe  nach  Baltimore,  da- 
runter mit  Deutschen,  welche  als  Redemp- 
tionisten  auf  fünf  Jahre  Dienstzeit  zur  Be- 
zahlung ihrer  Ueberfahrt  verkauft  wur- 
den. Die  dadurch  entstehenden  Uebel- 
stände  veranlassten  im  Jahre  1783  die  Bil- 
dung der  Deutschen  Gesellschaft  von  ]Ma- 
ryland  (in  Nachahmung  der  Deutschen  Ge. 
Seilschaft  von  Pennsylvania)  zum  Schutz 
imd  zur  Unterstützung  der  Einwanderer. 
Karl  Friederich  Wiesenthal  war  Präsident, 
Conrad  Zollikofer  Sekretär  und  Dr.  Wil- 
helm Zollikofer  Arzt.  Die  Gesellschaft 
wirkte  sehr  segensreich,  hat  Himderttau- 
sende  von  Dollars  für  Unterstützimg  und 
Schutz  von  armen,  hilfebedürftigen  und 
kranken  Deutschen  ausgegeben  imd  ist 
auch  heutigen  Tags  in  blühendem  Zastand. 
Da  die  grosse  nationale  Landstrasse  (Na- 
tional turnpike)  von  Baltimore  durch  ]\Iary- 
land  über  das  Allegheny  Gebirge  bis  Wheel- 
ing  am  Ohio  Fluss  von  der  nationalen  Re- 
gierung gebaut  und  unterhalten  und  damit 
der  beste  Weg  nach  den  westlichen  Staaten 
eröffnet  wurde,  so  wurde  Baltimore  der 
beliebte  Einwanderimgshafen  für  Deut- 
sche nach  dem  Westen.  Nach  den  Büchern 
der  Deutschen  Gesellschaft  wurden  von 
den  Jahren  1833  bis  1876  (frühere  Jahr- 
gänge nicht  vorhanden)  272.218  (kleine 
Kinder  nicht  gerechnet)  deutsche  Einwan- 
derer in  Baltimore  gelandet,  von  welchen 
viele  v(m  der  Deutschen  Gesellschaft  mit 
Rath  und  That  unterstützt  wurden. 

In  1783  landete  hier  Johann  Jacob  Autor, 
welcher  sich  nach  kurzem  Aufenthalt  nach 
New  York  begab.  1784  landete  Johann 
Friederich  L.  Amelung  mit  einer  Anzahl 
Glasbläser  und  begab  sich  nach  dem  IMo- 
nocacy  Fluss,  Frederick  County,  wo  er  die 
erste  Glashütte  in  Maryland  errichtete  und 
im  Jahre  1796  nach  Baltimore  verlegte. 
Die  erste  Zuckersiederei  in  Baltimore 
wurde  1796  von  den  Deutschen  Gartz  und 


184 


DIE  DflUTSCHEN  IN  MARYLAND. 


Leopold  errriclitct.  Die  grosse  Handels- 
firma Von  Kiipf  und  Ansl)aeli.  Schiffs- 
rheder  imd  Tabakexport,  wurde  ]7!J5  hier 
etablirt.  Von  allem  Anfanire  an  war  das 
Kleingewerbe,  Bäcker,  Schläfliter.  Sehuli- 
iiiaehcr,  Sclnieider.  Tischler,  Küfer  u.  s.  w. 
in  deutsehen  Händen,  und  so  ist  es  geblie- 
ben bis  zum  heutigen  Tag.  Deutsehe  Aerzte 
nahmen  damals  und  bis  in  jüngster  Zeit 
geachtete  Stellungen  in  Baltimore  ein.  Es 
bestand  in  1790  in  Baltimore  eine  grosse 
deutsch-reformirte,  zwei  lutherische,  eine 
Baptisten-  und  eine  Dunkard-Gemeinde. 
Die  erste  gesetzgebende  Körperschaft  des 
Staates  fas.ste  1787  und  1789  den  Beschluss, 
dass  Gesetze  in  die  deutsche  Sprache  über- 
setzt und  Exemplare  in  Frederick,  AVash- 
ington  und  andern  Counties  vertheilt  wür- 
den. In  1792  veröft'entlichte  Samuel  Sauer 
eine  deutsche  Zeitung  und  druckte  in  den 
Jahren  1795  bis  1801  zehn  verschiedene 
deutsche  Bücher  Der  Xame  der  ersten 
deutschen  Zeitmig  in  ^Maryland  war  ,,]Mary- 
land  Staatsregister '\  die  zweite  „Der  Neue 
Unparteiische  Bote",  welcher  mit  dem 
Staatsregister  vereinigt  wurde.  In  Frede- 
rick imd  Ilagerstown  waren  im  ISten  Jahr- 
hundert deutsche  Druckereien,  welche  deut- 
sche Zeitungen  und  Bücher  veröffentlichten. 
Xicholas  Reitenbauer,  Nicholas  Tschudi, 
John  Schultz  im  18ten  Jahrhundert  imd 
Schäffer  und  ^Maund  im  ersten  Viertel  des 
19ten  Jahrhunderts,  waren  die  deutschen 
Buchhändler  in  Baltimore;  Schäffer  und 
Alaund  publizirten  ein  Gesangbuch  imd 
andere  deutsche  Bücher.  Peter  Frick  war 
1797  der  Präsident  des  ersten  Stadtraths 
der  Stadt  Baltimore.  Im  Jahre  1806  be- 
stand der  Stadtrath  aus  sechzehn  :\Iitglie- 
dern.  worunter  folgende  zehn  Deutsche 
waren,  nämlich :  Iste  Ward,  George  Decker, 
Henry  Stauffer;  2te  Ward,  Jacob  Small; 
3te  Ward,  William  Lorman ;  4te  Ward, 
George  P.  Keeport  (Kuhbord)  ;  5te  Ward, 
Baiser  Schäffer,  John  Schrim ;  6te  W^ard, 
John  :\Iiller;  7te  Ward,  Ludwig  Ilerring, 
Friedrich  Schäffer.     Der  genannte  Jacob 


Small.  Vicej)räsident  der  Deutschen  Gesell- 
schaft, wurde  1826  zum  Bürgermeister  der 
Stadt  Baltimore  auf  vier  Jahre  gewählt. 
3  792  errichtete  Daniel  Barnitz  die  erste 
Bierbrauerei  in  Baltimore.  Einen  rühm- 
lichen Antheil  nahmen  die  Deutschen  von 
^Maryland  an  dem  Krieg  von  1812  bis  1814, 
besonders  in  der  Vertheidigung  der  Stadt 
Baltimore  gegen  den  Angriff  des  britischen 
Heeres  und  der  Kriegsflotte  am  12.  und  14. 
September  1814.  General  John  Stricker, 
ein  Vicepräsident  der  Deutschen  Gesell- 
schaft, kommandirte  eine  Brigade,  welche 
im  Vordertreffen  in  der  Schlacht  von 
North  Point  stand.  Major  George  Arm- 
stead  von  der  Ver.  Staaten  Artillerie,  von 
deutscher  Abkunft,  kommandirte  in  Fort 
]\IcHenry  während  des  Bombardements. 
Der  kommandirende  britische  General  Ross 
fiel  in  der  Schlacht,  und  seine  Armee  zog 
sich  zurück.  Die  Baltimorer  Jäger,  kom- 
mandirt  von  Captain  Sadtler ;  die  LTnion- 
Jäger  unter  Captain  Bader;  die  ^Maryland 
Artillerie  unter  Capt.  Jacob  Bär  von  Fre- 
derick; die  Hagerstowner  Freiwilligen,  die 
Franklin  Artillerie  unter  Capt.  Joseph 
]Meyers;  Steiner 's  Artillerie  von  Frederick 
und  die  Grauen  Jäger,  lauter  Deutsch- 
Amerikanische  ]\[iliz  -  Organisationen,  wa- 
ren in  der  Sehlacht  betheiligt.  Deutsche 
waren  in  jedem  Regiment.  Oberst  Henry 
Amich  kommandirte  ein  Regiment.  Die 
Capitaine  Daniel  Schwazauer,  Georg  Stee- 
ver,  Haubert,  iMichael  Peters,  Andrew 
Smith,  John  ]\Iatthews,  John  D.  ]Miller, 
Thomas  Warner,  Andreas  E.  AVarner, 
Henry  Aleyer  kommandirteu  Kompagnien. 
Capt.  Alichael  Spangler  mit  seiner  Kom- 
pagnie von  York  und  Capt.  Fred.  ^Metzger 
mit  seiner  Truppe  von  Hanover,  Pennsyl- 
vania, waren  zu  Hülfe  geeilt  und  nahmen 
Theil  an  der  Schlacht. 

Die  deutsehe  Einwanderung  nach  Mary- 
land wurde  durch  den  Unabhängigkeits- 
krieg, 1776  bis  1782,  und  durch  die  napo- 
leonischen und  englischen  Kriege,  1792  bis 
1815,  unterbrochen  und  damit  auch  zum 


185 


DIE  DEUTSCHEN  IN  MARYLAND. 


grossen  Theil  die  geistige  Verbindung  zwi- 
schen der  Knltnrentwieldnng  des  alten 
Vaterlandes  und  der  Deutsehen  in  Ame- 
rika. Die  Jahre  181(j,  1817  und  1818  waren 
im  nördliehen  Europa,  besonders  Deutsch- 
land, durch  schlechte  Ernten  Ilungerjahre. 
Durch  bittere  Noth  getrieben,  wanderten 
in  dem  Jahre  1817  bis  18  60,000  Personen 
nach  Amerika,  wovon  viele  in  Baltimore 
landeten.  Die  meisten  dieser  Einwanderer 
hatten  kein  Geld,  um  die  kostspielige 
Ueberfahrt  zu  bestreiten,  und  verpHichteten 
sich,  das  Fahrgeld  als  Redemptionisten  bei 
ihrer  Ankunft  hier  abzuverdienen.  Die 
Redemptionisten  wurden  unter  dem  Gesetz 
zu  fünf  Jahren  Dienst  verdingt  und  ge- 
wöhnlich öffentlich  versteigert ;  es  war 
natürlich,  dass  bei  diesem  Verfahren  oft 
Unrecht  und  Grausamkeiten  vorkamen.  Die 
Deutsche  Gesellschaft,  welche  in  der  Zwi- 
schenzeit Avenig  oder  nichts  zu  tliun  hatte, 
reorganisirte  sich  aus  den  älteren  Einwoh- 
nern iukI  sammelte  in  der  ersten  Versamm- 
lung, Februar  1817,  von  ihren  149  ^litgiie- 
dern  die  Smnme  von  2000  Dollars,  und 
später  regelmässige  Beiträge  zur  Unter- 
stützung und  zum  Schutz  der  deutschen 
Einwanderer.  Die  Gesellschaft  hatte  solch 
grossen  Einfluss,  dass  sie  schon  in  der 
nächsten  Gesetzgebung  ■  von  ^Maryland, 
Februar  1818,  Gesetze  zur  Regelung  des 
Redemptionistensystems  und  zum  Schutz 
der  Einwanderer  erlangte.  Ein  Registra- 
tor  mit  ausreichender  Gewalt  sollte  vom 
Gouverneur  ernannt  werden,  um  bei  der 
Ankunft  eines  jeden  Schiffes  mit  Einwan- 
derern jeden  Verdingungskontrakt  der  Re- 
demptionisten gesetzlich  festzustellen,  zu 
beglaubigen  und  genau  Buch  darüber  zu 
führen,  sowie  sonstigen  Schutz  den  Ein- 
wanderern zu  gewähren.  So  lange  das  Re- 
demptionistensystem  bestand,  wurden  nur 
Älänner,  'von  der  Deutschen  Gesellschaft 
empfohlen,  von  dem  Gouverneur  des 
Staates  zu  diesem  Amte  ernannt.  Die  Ge- 
sellschaft erwirkte  auch  in  späteren  Jahren 
und  bis  in  die  neueste  Zeit  vom  Staate  Ge- 


setze zum  Wohl  und  Schutz  der  deutschen 
p]inwand('i-t'r.  In  den  letzten  Jahren  wur- 
den ungctalir  150  arme  Wittwen  mit  400 
l)is  öUU  Waisenkindern,  alle  Xaehkonniien 
von  Deutsehen,  durch  monatliche  Beiträge 
II.  s.  w.  unterstützt. 

An  Industrie  und  Handel  haljen  die 
Deutsehen  der  Stadt  einen  grossen  Anteil. 
Der  Tabakhandel  ist  fast  au.sschliesslieh 
in  ihrem  Besitz,  die  Namen  der  Firmen 
Gail  &  Ax,  Gebrüder  :\Iarburg,  F.  W.  Felg- 
ner, Fabrikanten  von  Rauchtabak;  A, 
Schumacher  ifc  Co.,  Gieske  &  Nieman,  IL 
Lantz  &  Co.,  Tabak-Exporteure,  und  die 
Handelshäuser  Gebrüder  Boninger,  W. 
Dresel  &  Co.,  Geyer  &  Wilkins,  Von  Kapf 
&  Arens  und  zahlreiche  Andere  sind  weit 
über  die  Grenzen  des  Staates  bekannt.  Die 
Deutschen  haben  die  bedeutendsten  Piano- 
fabriken dahier,  worunter  die  1836  gegrün- 
dete ..Knabe 'sehe  Fabrik"  einen  Weltruf 
erlangt  hat.  Anton  Weiskittel  war  der 
Gründer  einer  Eisengiesserei,  J.  B.  Adt 
hat  eine  grosse  IMaschinenfabrik. 

Unter  die  ersten  Rhederfirmen  der  Stadt 
gehörten  im  18ten  und  19ten  Jahrhundert 
Von  Kapf  &  Anspach,  Louis  Brantz,  F.  W. 
Brune  &  Söhne  und  Andere.  Von  deut- 
schen Zeitungen,  die  in  Baltimore  zeitwei- 
lig herausgegeben  wurden,  sind  mir  be- 
kannt: Marvland  Staatsregister  1792,  Der 
Neue  Unparteiische  Bote  1796,  Die  Balti- 
more Post  1799,  ^Maryland  Deutsche  Zei- 
tung 1822.  Die  geschäftige  Martha  1838, 
Der  Demokratische  AVhig  1839,  Der  Deut- 
sche Correspoudent  1841,  Die  Fackel  1846, 
Der  Baltimore  Herold  1849,  Der  Baltimore 
Wecker  1851,  Die  Katholische  Volkszei- 
tung 1860,  Der  Lutherische  Kirchenfreund 
1865,  Der  Fortschritt  1881,  Die  Maryland 
Staatszeitung  1869,  Das  Baltimore  Jour- 
nal 1882,  Der  Neue  Deutsche  Correspcm- 
dent  1868,  Der  Volksfreund  1879,  Die 
Biene  1885,  Die  Turnzeitung  1856,  sowie 
eine  Anzahl  belletristischer  und  religiöser 
Blätter  von  kurzem  Bestand. 


186 


DIE  DEUTSCHEN'  IX  MARYLAND. 


In  Hagerstown  hatten  Johann  Gruber 
und  in  Frederiek  G.  Bartüris  Ende  des 
ISten  imd  in  der  ersten  Hälfte  des  19ten 
Jahrhundertes  deutsche  Buehdruekereien, 
welche  Zeitungen.  Bücher  und  Kalender 
herausgalx'n.  Der  Hagei*sto\nier  Kalender 
erscheint  heute  noch,  nacii  mehr  als  125 
Jahren,  in  deutscher  und  englischer 
Sprache.  In  1836  wurde  „Der  Lieder- 
kranz", der  erste  deutsche  Ge.sangverein  in 
Baltimore,  gegründet ;  die  Zahl  der  Ge- 
sangvereine ist  jetzt  mehr  denn  15.  Die 
Zahl  der  deutschen  Gemeinden  ist  über  45, 
die  deutschen  Privat-  und  Kirchenschulen, 
welche  sehr  zahlreich  waren,  sind  mit  we- 
nigen Ausnahmen  eingegangen.  Seit  1874 
eröffnete  die  Stadt  fünf  grosse  englisch- 
deutsche Freischulen  mit  48  deutschen  und 
63  englischen  Lehrern,  worin  selbst  die 
Schulbücher  und  ^Material  kostenfrei  an  die 
Schüler  geliefert  werden.  ]Mit  dieser  libe- 
ralen öffentlichen  Einrichtung  konnten 
weder  Privat-  noch  Gemeinde-Schulen  kon- 
kurrireu.     Die  englisch-deutschen  Schulen 


werden  von  ungefähr  5000  Schülern  be- 
sucht. Das  deutsche  Vereins-  und  Logen- 
wesen ])lüht  in  Baltimore  wie  in  anderen 
amerikani.sdien  Gros.s.städten.  Die  Ein- 
wandenuig  von  Deutsehen  ist  seit  den  letz- 
ten 25  Jahren  gegen  früher  sehr  gering. 
Die  Ehen  zwischen  Deutschen  imd  Ameri- 
kanern englisclier  Abkunft  sind  so  häufig, 
dass  sie  keine  Aufmerksamkeit  erregen. 
Söhne  von  Deutschen  werden  in  den  Kon- 
gress,  Senat  und  die  Gesetzgebung  gewählt 
und  können  fliessend  deutsch  sprechen. 
Auf  der  obersten  Gerichtsbank  der  Stadt 
sitzen  Kichter,  welche,  wenn  es  nöthig  ist, 
Prozess  -  Verhandlungen  in  deutscher 
Sprache  führen.  Die  Deutschen  haben  ein 
grosses  AVaisenhaus,  ein  Altenlieim  und  das 
deutsche  St.  Joseph 's  Hospital,  welche 
Zierden  der  Stadt  sind.  Es  werden  viele 
Generationen  in  ^Maryland  vergehen,  ehe 
das  Deutschthum  erloschen  ist,  imd  für 
immer  ist  sein  Einfluss  auf  die  Kultur  der 
Bevölkerung  des  Staates  gesichert. 


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Die  ersten  Deutschen  im  District  Columbia. 

Von  GUSTAV  BENDER,   Washington,   D.  C. 


Die  deiitsehgeboreno,  rielitig'er  tjosagt,  die 
im  lieutig-en  Deutschen  Keiehe  geborene 
Bevölkerung  des  Distrikts  Columbia,  denn 
die  aus  Oesterreicli,  der  Schweiz  und  an- 
derswoher stammenden  deutschsprechen  den 
Distriktsbewohner,  zusammen  vielleicht 
200,  sind  in  den  nachstehenden  Ziffern 
nicht  einbeg-rift'en,  hat  in  dem  Jahrzehnt 
vor  der  letzten  Censusaufnahme  (1900),  in 
welchem  das  eingewanderte  Deutschthum 
in  den  von  Deutschen  am  stärksten  besie- 
delten Staaten  New  York,  Wisconsin,  Illi- 
nois, Pennsylvanien,  Ohio,  Kansa.s,  ]Mis- 
souri,  Michigan,  Iowa,  Kentucky  und  Loui- 
siana sich  vermindert  hat,  um  annähernd 
100  Köpfe  zugenommen.  Sie  bildete  im 
Jahre  1900  mit  5857  gegen  5778  in  1890 
ungefähr  den  fünfzigsten  Theil  der  Ge- 
sammtbevölkerung.  Das  ist  gewiss  kein 
hoher  Prozentsatz.  Immerhin  aber  ist  das 
deutsche  Element  von  allen  ausländischen 
Nationalitäten  im  Distrikt  Columbia  nicht 
nur  am  zahlreichsten,  sondern,  man  darf  es 
ohne  Ueberhebung  sagen,  auch  am  besten 
vertreten.  In  manchen  Geschäftsbetrieben, 
wie  in  dem  der  Fleischer,  Bäcker,  Wirthe 
und  Schneider,  die  vor  drei  oder  vier  Jahr- 
zehnten fast  ausschliesslich  in  deutschen 
Händen  lagen,  stellen  die  eingewanderten 
Deutschen  heute  noch  ein  hervorragendes 
Kontingent;  die  Besitzer  mehrerer  der 
grössten  Ladengeschäfte  sind  in  Deutsch- 
land geboren,  und  die  Zahl  derer,  die  in 
verschiedenartigster  Thätigkeit  der  Bun- 
des- oder  der  Distriktsregierung  dienen,  geht 
hoch  in  die  Hunderte.  Bezüglich  der  letzt- 
erwähnten Klasse  unserer  Landsleute  darf 
jedoch  eine  Bemerkung  nicht  unterdrückt 
werden.  So  ehrenvoll  es  für  die  Deutschen 
ist,  dass  gerade  solche  Stellen  im  öffentli- 


chen Dienste,  in  denen  fachmännisches  Wis- 
sen und  stetige  gewissenhafte  Arbeit  erfor- 
derlich sind,  vielfach  mit  Deutschen  be- 
setzt sind,  so  bedauerlieh  ist  es,  dass  von 
den  deutschgeborenen  Regierungsangestell- 
ten nicht  wenige  ihr  Deutschthum  sehr  ge- 
ring achten,  wenn  nicht  ganz  verleugnen. 

Am  stärksten  war  die  Zunahnie  des 
deutsch-amerikanischen  Elementes  auch 
hier  in  dem  Jahrzehnt  zwischen  1850  und 
1860.  In  diesem  Zeitraum  stieg  die  Zahl 
der  deutschgeborenen  Distriktsbewohner 
von  415  auf  3222.  In  jene  Jahre  fällt  auch 
die  Entstehung  der  ersten  deutschen  Ver- 
eine, von  denen  der  Turnverein,  der  sich 
zuerst  sozial-demokratischer,  später  Cohim- 
hia  Turnverein  nannte,  und  der  WasJiing- 
toit  SüngerhiDid  heute  noch  blühen  und  ge- 
deihen. Ueber  die  ältesten  Deutschen  im 
nachmaligen  Distrikt  Columbia  hat  Dr.  H. 
Christian  Strack,  der  Redakteur  der  einzi- 
gen jetzt  noch  hier  erscheinenden  früher 
täglichen,  jetzt  wöchentlichen  deutschen 
Zeitung,  des  ..Washington  Journal",  in 
zwei  Vorträgen,  die  er  vor  der  „Deutschen 
Historischen  Gesellschaft  für  den  Distrikt 
Columbia"  hielt  und  die  in  den  ..Berich- 
ten" dieser  Gesellschaft  veröffentlicht 
sind,  die  Ergebnisse  sorgfältiger  Forschun- 
gen zusammengestellt,  von  denen  ich  die 
hauptsächlichsten  hier  in  Kürze  mittheilen 
will. 

Um  ein  volles  Jahrhundert  älter  als  die 
Bundeshauptstadt  ist  das  heute  unt^r  dem 
Namen  West-Washington  das  Westende 
derselben  bildende  Georgeto^\^l.  denn  dieses 
im  Jahre  1751  gegründete  Town  entstand 
auf  dei"selben  Stelle,  auf  welcher  schon  im 
Jahre  1690  scliottisch-irische  Einwanderer 
sich  angesiedelt  hatten.     Sein  rasches  Auf- 


188 


IHK   KRSTKN  DEUTSCHEN    IM   DISTKKT  COLUMBIA. 


l)lühen  vcrdankto  (l;is  iuhil'  Ciciiu'iiiwr.si-n 
einer  stai'keii  Hiii\\;m(leriin<r  Deutselier.  die 
theils  von  Amiapolis,  theil.s  über  t'redei'iek 
aus  älteren  deutselieii  Orten  Pennsylva- 
niens.  wie  Laneaster  >iiid  lieadinjr.  und  aus 
den  in  den  damaligen  Indianerkrie.2:en  ver- 
lieerten  westlichen  ( Irenzdistrikten  Penn- 
sylvaniens  dorthin  kamen.  Am  Ende  des 
seciisten  .lahrzeiuits  des  18.  Jahrhunderts 
gab  es  in  (ieorgetown  mehr  Deutsehe  als 
BürLTiM-  andei-er  Nationalitäten.  Beweis 
dafür  ist.  dass  die  ei'ste  Kirelie,  welche  dort 
(17ü8)  erbaut  wurde,  eine  deutsche  luthe- 
rische Kirche  war.  Heute  noch  steht  da, 
wo  inmitten  eines  Begräbnissplatzes  die 
älteste  Stätte  deutscher  Gottesverehruug  in 
Georgetown  augelegt  wurde  (au  der  Ecke 
der  :V2.  und  (^  Strasse,  Nordwest.)  eine 
lutiieri.sche  Kirche:  aber  sie  hat  längst  auf- 
geiiört.  deutsch  zu  sein. 

Kurz  ehe  GeorgetoAvn  sein  erstes,  ein 
deutsches.  Gotteshaus  erhielt,  hatte  Jakob 
Funk,  ein  Deutsch-Schweizer,  auf  einem 
Theil  des  drei  Jahre  vorher  von  ihm  ei-stau- 
denen  (ieländes,  zwischen  dem  Potomac 
und  dem  Tiber,  ein  Towu  angelegt,  das  er 
Hamburg  nannte,  das  aber  ihm  zu  Ehreu 
,,Fuuktown"  genannt  wurde. 

Von  den  '2'.V.)  Bau.stellen  gingen  110  in 
den  Px'sitz  von  Deutschen  aus  Georg(^town, 
Ale.xandria  und  Bladensburg  über. 

nie  älteste  deutsche  Kirche  <1im'  heutigen 
Bundeshauptstadt  steht  auf  derselben 
Stelle  tles  alten  Eunktown,  welche  dessen 
(iründer  den  lutheri.schen  Bewohnern  als 
Baustätte  für  $ö  verkauft  hatte,  und  es  ist 
fast  gewiss,  da.ss  der  Gruiul  und  Boden, 
auf  welchem  heute  das  „AVei.sse  Haus" 
steht,  zu  dem  Grundl)esitz  Funk 's  gehörte. 
Der  grösste  Theil  des  Distrikts  Columbia, 
soweit  die  Regierung  ihn  nicht  für  sich  re- 
servirt  hatte,  befand  sich  allerdings  im  Be- 
sitz nicht-deutscher  Eigeuthümer,  von 
denen  manche  ganze  ,.S(|uares"  liesassen ; 
aber  der  Zahl  nach  waren  die  deutschen 
Landeigenthümer,  obschon  keiner  von  ihnen 


mehr  als  eine  einzige  Baustelle  sein  nannte,, 
bei  Weitem  in  der  Mehrheit. 

Der  Ausl)rucli  der  Revolution  war  wohl 
der  Hauptgrund,  da.ss  ausser  einem  Haus, 
das  Funk  für  sich  selbst  baute,  keiner  der 
l^au.stellenlx'sitzer  auch  Hausbesitzer 
wurde. 

Im  Jahre  17i)l  beschlo.ss  nach  langem 
Hin-  und  Herreden  der  Kongre.ss,  dass  die 
Federal  City  an  der  gegenwärtigen  Stelle 
angelegt  werden  sollte.  Präsident  George 
AVashington  hatte  die  ersten  drei  Kommis- 
säre eingesetzt.  L'Enfant's  Stadtplan  war 
fertig,  und  es  wurde  nun  uothwendig.  Ar- 
beiter für  die  ersten  Regierungsgebäude, 
das  ..Kongresshaus''  und  das  ,. Präsiden- 
tenhaus", herbeizuschatfen.  Am  fi.  ]\Iärz 
1792  schrieb  Staatssekretär  Thonuis  Jef- 
ferson  an  die  Konnnissäre  einen  Brief,  in 
dem  die  folgende  Stelle  vorkommt :  ,. Halten 
Sie  es  nicht  für  rath.sam.  Deutsche  und 
schottische  Hochländer  in  gro.'-,ser  Zahl  zu 
importiren  .'  AVenn  Sie  die  EinfuJir  von 
Deutscheu  billigen  und  eine  gute  Bezugs- 
(juelle  wissen,  so  bedienen  Sie  sieh  dersel- 
ben, wenn  nicht,  dann  Icann  ich  Ihnen  zu 
einer  verlielfen." 

Bezugnehmend  auf  di<\sen  Brief  seines 
Staatssekretärs  schrieb  zwei  Tage  später 
(ieorge  Washington  an  Dr.  David  Stuart, 
einen  der  drei  Kommi.ssäre:  ..Der  von 
Herrn  Jefferson  angeregte  Gedanke,  Deut- 
sche und  Hochländer  als  Handwerker  und 
Arbeiter  einzuführen,  ist  meiner  Ansicht 
nach,  von  einem  ökonomischen  Stand])unkt 
aus,  sehr  beachtenswerth.  auch  wird  ja  da- 
durch die  Bev()lkerung  des  Platzes  ver- 
mehrt." 

"Wir  Avi.ssen  nicht,  in  welchem  Umfange 
damals  Deutsche  nach  AVashington  gezogen 
worden  sind.  Bis  zum  Jahre  1798  aber 
stand  zwischen  der  E  und  F  und  der  24. 
und  25.  Strasse.  Nordwest,  ein  altes  Farm- 
haus, das  als  Enngrantenhaus  für  deutsche- 
Ai-l)eiter  eingerichtet  und  stets  voll  besetzt 
war. 


dip:  kkstkx  J)KIT8cui-:n  im  distkict  culumbia. 


189 


Deutsche  Kanfleute  ans  Georgetown  wa- 
ren die  ersten,  welolic  in  Wa.sliin<;ton  Kanf- 
läden  erött'neten.  Ein  DentseluT  iiauiens 
Klieber  richtete  in  der  näclisten  Nähe  des 
„Weissen  Hauses"  die  erste  l^äckerei  in 
Washington  ein ;  ein  Deutscher  namens 
Ililtzheinier  erötfnete  ein  Kleiderg(\schäft 
au  Greeuleaf's  Point;  ein  tleutscher  Huch- 
binder  namens  Stettineus  war  einer  der 
Ersten,  der  mehrere  Baustellen  an  Penn- 
sylvania Avenue  für  Geschäftszwecke 
kaufte  und  in  einem  der  ersten  Häuser,  die 
dort  aufgeführt  worden,  führte  ein  Deut- 
scher namens  Heinz  ein  Blechwaarenge- 
schäft;  der  erste  Drucker,  der  sich  in  der 
Bundeshauptstadt  niederliess,  war  ein 
Deutscher  namens  Graff. 

Im  Jahre  ISOO  eröffnete  ein  Deutscher 
namens  Betz  in  einem  alten  zweistöckigen 
Holzhaus  an  der  F  Strasse,  zwischen  der 
13.  und  1-4.  Strasse,  die  erste  Schenke,  und 
-an  der  Südseite  der  Pennsylvania  Avenue, 
nahe   der   Neunten    Strasse,    g-ründete   ein 


Deutschei-     iiaiiicns     Herfoi'd      die     erste 
l^rauerei. 

Diese  Namen  von  Deutsehen,  die  schon 
in  den  ei\sten  Jahren  nach  der  Gründung 
von  Washington  sich  dort  Geschäfte  gi'ün- 
(Iclcii,  liessen  sieh  leicht  verzehnfachen, 
al)(_'r  diese  wenigen  mögen  genügen,  um  die 
Behauptung'  zu  rechtfertigen,  dass  unsere 
Landsh'ute  schon  an  der  frühesten  Ent- 
wickelung  der  Bundeshauptstadt  einen  her- 
vorragenden Antheil  gehabt  haben.  Das- 
selbe gilt  von  alh'U  folgenden  Jahrzehnten 
bis  in  die  Gegenwart.  Es  dauerte  freilich, 
wie  schon  oben  angedeutet,  bis  in  die  ]\Iitte 
des  vorigen  Jahrhunderts,  ehe  unter  dem 
Einflu.ss  der  Achtundvierziger  Einwande- 
rung auch  hier  die  Deutschen  das  Bedürf- 
niss  empfanden,  sich  in  Vereinigungen 
enger  zusannnenzuschliessen,  und  erst  in 
dem  letzten  Jahrzehnt  des  vorigen  Jahr- 
hunderts brach  sich  innerhalb  dieser  Ver- 
einigungen die  Erkenntniss  Bahn,  dass  sie 
alle  zu  einer  Zentral-Organisation  gehören 
sollten. 


m^f^smif! 


"  V. . 


^fetA      *        " 


iSag&Mniirt- 


nji  nnwLMW— iJ^iqjL»<knaw>.i>W'ui.i'i  if^  iniiiWWiwatf-.*.a»*^*Tg*^' 


Die  Deutschen  in  West-Virginien. 

Von  C.  W.  BENTE.  Wheeling.  W.  Va. 


Wer  die  l'reinwohner  von  West-Vir- 
ginien waren,  ist  in  Dunkel  gehüllt.  Es 
waren  nicht  die  Indianer,  sondern  eine  Na- 
tion oder  Ra.sse  von  Grabhügelbauem,  denn 
von  sok-hen  Bauten  finden  wir  Spuren  im 
ganzen  Staate,  und  der  Mamniuth-Grab- 
hügel  der  Wheelinger  Vorstadt  Moundsville 
i.st  der  grö.s.ste  seiner  Art  in  den  Vereinig- 
ten Staaten. 

Sechzig  Jahre  vergingen  .seit  der  Grün- 
dung von  Jamestown,  ehe  eines  Wei.ssen 
Auge  irgend  einen  Tlieil  von  West-Vir- 
ginien erblickte.  Aber  im  Jahre  1670  zog 
Johann  Lederer,  ein  Deutscher,  im  Dienste 
des  englischen  Gouverneurs  Berkeley  von 
Virginien.  mit  seiner  Truppe  von  zehn 
Eii<.'liiji(leni  und  fünf  Indianern  auf  eine 
Entdeckungsreise  nach  Westen  und  kam 
den  Rappahannok  hinauf  zu  den  Blauen 
Bergen,  von  deren  Rücken  er  das  Shenan- 
doahthal  erblickte  und  den  Grossen  Nord- 
berg und  andere  West-Virginische  Berg- 
riesen erspähte.  Sechsundvierzig  Jahre 
vergingen,  bis  Virginien  wieder  einen  Gou- 
verneur hatte,  der  sich  für  westliche  Ent- 
deckungsreisen interessirte.  Es  war  Alex- 
ander Spottswood,  der  im  Jahre  1716  selbst 
mit  einer  Expedition  auszog,  vom  Thale 
Shcnandoah,  den  er  Euphrat  nannte,  im 
Namen  König  Georgs  des  Ersten  Besitz  er- 
griff und  bei  .seiner  Rückkehr  nach  Wil- 
liam.sburg,  dem  Regierungssitze  von  Vir- 
ginien, den  Orden  der  Transmontanen  oder 
Ritter  vom  Goldenen  Hufeisen  gründete, 
indem  er  jedem  seiner  Begleiter  und  allen, 
die  sich  verpflichteten,  eine  ähnliche  Expe- 
dition zu  imtemehmen,  ein  kleines  goldnes 
Hufeisen  mit  der  Inschrift  "Sic  jurat 
transcendere  montes"  schenkte.  Die  Be- 
siedelung  des  Staates  durch  Weisse  sollte 


nun  nicht  mehr  lange  auf  sich  warten  las- 
sen. Im  Jahre  1727  Hess  sich  ein  Walli.ser, 
Namens  ^Morgan,  in  der  Nähe  von  Bunker 
Hill  in  Berkeley  County  nieder,  und  noch 
im  selben  Jahre  kreuzten  Deutsche  aus 
Pennsylvanien,  die  aus  Mecklenburg 
stammten,  den  Potomac  bei  der  sog.  ,, Al- 
ten Packpferd-Furt"  und  gründeten  eine 
Meile  weiter  westlich,  am  südlichen  Ufer 
des  Flusses  ein  Dorf,  das  sie  Mecklenburg 
nannten.  Reges  deutsches  Leben  ent- 
wickelte sich  dort,  deutsche  Kirchen  und 
Schulen  erblühten,  eine  lutherische  imd 
eine  reformierte,  und  alle  Gemeinderaths- 
verhandlungen  wurden  in  deutscher 
Sprache  geführt. 

Das  Land,  auf  dem  die  neue  Ansiedelung 
gegründet  wurde,  bildete  einen  Theil  des 
riesigen  Gebietes,  welches  dem  Lord  Fair- 
fax verliehen  worden  Avar.  Den  ersten 
Siedlern  folgten  bald  andere  Deutsche  aus 
der  Gegend  von  Lancaster  und  Philadel- 
phia, und  bis  zum  Jahre  1736  hatte  sich 
eine  beträchtliche  Kolonie  auf  dem  herrlich 
gelegenen  Platze  eingefunden,  den  sie  als 
ihre  Heimstätte  erkoren  —  ein  sanft  wellen- 
förmiges Plateau  hoch  ü]>er  dem  Flusse,  mit 
zahlreichen  Springbrininen,  die  sich  damals 
wie  jetzt  aus  dem  Kalkgestein  ergo.ssen,  eine 
Gegend  fruchtbar  und  einladend  und  reich 
gesegnet  von  der  Natur.  Als  Lord  Fair- 
fax seinen  Rechtstitel  auf  das  Land  geltend 
machte,  bezahlten  die  ehrlichen  ,,Squatter" 
ihm,  was  er  verhingte,  und  es  gibt  viele 
werthvolle  Farmen  dort,  die  niemals  ver- 
kauft wurden,  sondern  sich  vom  Vater  auf 
den  Sohn  während  einhundert  und  fünf- 
undsiebenzig  Jahre  vererbt  haben.  Andere 
Kolonisten  kamen  von  Zeit  zu  Zeit,  darun- 
ter manche  direkt  von  Deutschland.    Unter 


DIE  DEITSCHEX  IX  WEST-VIRGIXIEX. 


191 


diesen  befanden  sieh  viele  tüchtige  Hand- 
werker. AVeber.  Hutmaeher.  Se-hreiner. 
Töpfer.  Gerber  u.  s.  w..  die  ihr  Gewerbe 
dort  zu  hoher  Blüthe  brachten. 

Im  Jahre  1762  war  die  Ortschaft  so  an- 
gewachsen, dass  die  Bürger  sich  veranlasst 
sahen,  sich  an  die  Legislatur  in  "Williams- 
burg zu  wenden,  welche  auf  ihr  Ersuchen 
das  ..To\\-n  ^leeklenburg.  im  County  Fi-ede- 
riek*'  inkorporirte. 

Die  erste  Kirche,  welche  die  deutschen 
Siedler  bauten,  war  eine  lutherische.     Es 
war  die  ei-ste  Kirche,  welche  auf  AVest-Vir- 
ginischem  Boden  errichtet  wurde.     Schon 
1735  wurde  im  neuen  Aleckleuburg  deutsch- 
lutherisch    gepredigt.      In    den    fünfziger 
Jahren  jenes  Jahrhimderts  wurde  die  Ge- 
meinde   permanent    organisirt.    und    seit 
1765    liegen    Berichte    über   regelmässigen 
Gottesdienst    vor.      Der    erste    angestellte 
Prediger   war   Pastor   Bauer.      Bedeutend 
entwickelte  sich  die  Gemeinde  unter  dem 
Pfarrer  Johann  David  Jung,  der  1790  aus 
Pennsylvanien  nach  Mecklenburg  berufen 
^^-urde  und  grosse  Thatkraft  und  Energie 
besass.    Er  unternahm  den  Bau  einer  neuen 
backsteinernen  Kirche  und  führte  das  Pro- 
jekt erfolgreich  durch.     Ein  sehr  solider 
Bau  wurde  errichtet,  in  welchem  noch  bis 
zum    heutigen    Tage    die    Gemeinde    ihre 
Gottesdienste  hält.     Er  ist  mehrmals  reno- 
virt    worden,    aber    der    Hauptbau    steht 
noch,  wie  er  zuei*st  errichtet  worden.    Auf 
einem  anderen  Bauplatze  ist  die  Gemeinde 
jetzt  dabei,  eine  neue  moderne  Kirche  zu 
errichten.    Die  Xamen  derjenigen  Gemein- 
deglieder, die  sich  im  Jahre  1795  um  den 
Kirchenbau    besonders    verdient    machten, 
sind    Heinrich    Büdinger    sen..    Heinrich 
Kuckes,    Afartin    Endler.    Philipp    Kleber. 
Nikolaus   Hahn.   ^lartin   AVohlfarth   u.   A. 
Viele   Xachkommen  von   diesen   sind  noch 
heute  Glieder  der  Gemeinde.    Die  Kirchen- 
bücher wurden  bis  zum  Jahre  1817  in  deut- 
scher Sprache  geführt. 

Bald  nach  der  lutherischen  bildete  sich 
eine  deutsche  reformirte  Gemeinde;    diese 


war  vollständig  organisirt  im  Jahre  17S0, 
als  Pastor  Alichael  Schlatter  zum  ständigen 
Pastor  berufen  wurde.  Auch  die  Refor- 
mirten  errichteten  ein  solides  backsteiner- 
nes Gotteshaus  mit  einem  Thurm  aus 
Stein.  Als  letzterer  fertig  war.  liess  man 
eine  neue  Kir^^hengkxke  aus  Frankreich 
kommen,  die  unter  grossen  Feierlichkeiten 
eingeweiht  wurde.  Im  Laufe  derselben 
\mrde  dii  Glocke  umgikihrt  u)hI  mit  Loud- 
w(in  gffiiUi.  Zuerst  genossen  daraus  die 
Vorsteher  dann  die  übrigen  Glieder  der  Ge- 
meinde. Manche  sollen  so  oft  davon  ge- 
nippt haben,  dass  sie  umtielen.  So  wird 
ntx4i  heute  erzählt.  Die  reformirte  Gi*- 
meinde  führte  ihre  Protokolle  in  deutscher 
Sprache  bis  zum  Jahre  ISOS. 

Dass  sich  in  den  ersten  Zeiten  Lutheraner 
und  Reformirte  noch  gut  vertragen  ha- 
ben, erhellt  daraus,  dass  sie  zusammen  eine 
deutsche  Pfarrschule  unterhielten,  die.  so- 
weit bekannt,  die  älteste  Schule  im  Gebiete 
des  Staates  AVest-Virginien  war.  Die  Kos- 
ten des  Gebautes  waren  durch  freiwillige 
Beiträge  von  Gliedern  der  beiden  Kirchen 
aufgebracht  worden. 

Obschon  fast  zweihundert  Jahre  ver- 
tiossen  sind,  seit  die  ersten  Deutschen  da<i 
jetzige  Shepherdstown  gründeten,  so  bilden 
die  Träger  ihrer  Xamen  noch  jetzt  die  an- 
gesehensten und  eintlussreichsten  Bürger 
der  Stadt,  und  fast  alle  setzen  ihren  Stolz 
darin,  ihren  Stammbaum  von  den  deut- 
schen Pilgervätern  abzuleiten.  Freilich 
sind  die  Xamen  im  Laufe  der  Zeit  vielfach 
umgeändert  worden ;  aus  Endler  wurde 
Eutler.  aus  Büdinger  Bedinger.  aus  Kuckes 
Cookus.  aus  Schneider  Snyder.  aus  Baier 
Byers.  aus  Linck  Link,  aus  Ronymus  Rone- 
mous,  aus  ^löller  Aloler.  aus  Hendrik 
Ilcndricks.  aus  Bauer  Bowers  u.  s.  w.  Die 
alte  Stadt  hat  sich  in  hundert  Jahren  wenig 
geändert,  und  viele  Häuser  stehen  noch,  die 
schon  über  hundert  und  fünfzig  Jahre  alt 
sind. 

In  Xeu-Mecklentnirg  waren  1784  Georg 
Washington  und  andere  berühmte  ^länner 


i92  DIE  DEUTSCHEN  IN  WEST-VIRGINIEN. 

zugegen    ln'i    der   <  rfolfjnicht  ii    Probefahrt  Tjouis  "Wetzel   befand  sich   unter  den  Pio- 
des  JaiiKs  Bumsey^schcH  Bootes,  des  ersten  nieren,    die    sieh    ihnen    anschlössen.      Die 
Dampfbootes    in    der    AVett.      AVeh-lie    Be-  Härten    und    Gefahren    des    PionieHebens, 
deutung  der  Ort  zu  jener  Zeit  hatte,  erliellt  (h'iien  diese  [Männer,  uiul  bald  auch  Frauen 
daraus,  dass  ei- 17!K)  sit'h  d<n-uni  bewai"b.  die  unter    iluien.    unterworfen    -waren,    geben 
Statte  der  Bundesregierung  der  Vereinig-  ihnen  ein  Anreelit  darauf,  dass  ihre  Namen 
ten  Staaten  zu  werden.     ITDS  wusste  es  ein  in   der  Oesehiehte  erhalten  ])leiben.     1774 
,,I)roininenter''  Bürger,  ..Ca|)taiir"  Thomas  bi-achcii    die     I iidiaiiei-feiiulseligkeiten    am 
Shepherd.   der   von   einem   biederen   ^leek-  ärgsten   aus,   wie  man  allgemein  annimmt, 
lenburger     Namens     Schäfer     abstammte,  infolge  des  grausamen  ]\[assakres  zu  Yellow 
durchzusetzen,  dass  der  Name  ^Mecklenburg  Creek,  zwisclien   Pitts1)urg  und  Wheeling, 
in     Slieidierdstown     umgewandelt     wurde,  dem   die  Familie  Logan's,   des  berühmten 
Unter  diesem  Namen  ist  es  jetzt  die  älteste  IIäui)tlings  des  ]Mingo  Stammes,  zum  Op- 
Stadt    in    "West-Virgin ien.      Seit    vierund-  fer  fiel.     Die  blutige  Allianz  der  Indianer 
dreissig  .Jahren  ist  es  der  Sitz  eines  Zweiges  mit    dvn   Briten    folgte   bald    darauf,    und 
der     Staats-Nornud.schule     von     West-Vir-  damit  hub  der  langwierige  Grenzkrieg  au, 
ginien.    Jene  ganze  Gegend  ist  historischer  der  jeden  Hügel  und  jedes  Thal  in  dieser 
Boden;  an  der  ^Mündung  des  kleinen  Ca-  Gegend  zu  Scenen  blutiger  Grausamkeiten 
copon  kreuzte  General  Braddock's  Armee  machte  und  erst  mit  dem  Jahre  1782  zum 
den  Potonuic  auf  dem  ^Marsche  nach  dem  Abschlüsse  kam,  als  Col.  Zane  und  seine 
T'nglücksfelde  von    ]M(mongahela.   und  ge-  Braven    die    Hauptmacht    des    heimtücki- 
genüber  von  Shepherdstown,  in  IMaryland,  sehen  Feindes  mit  solcher  Bravour  zurück- 
ist das  reizende  kleine  Antietam-Thal,  das  schlugen,    dass    ihm    das    Wiederkonnuen 
sich  auf  innner  einen  Platz  in  der  ameri-  gründlich    verleidet    wurde.      Zwar    hörte 
kanischen  Geschichte  bewahren  wird,  und  man  auch  nach  dieser  Zeit  noch  von  ver- 
Harper's  Ferry  ist  jedem   Schulkinde   in  einzelten     Ueberf allen     durch     zerstreute 
den  Vereinigten  Staaten  bekannt.     jMäch-  „Kundschafter",    doch    sorgte    die    Trefif- 
tige  Heere  rangen  einst  um  die  Obergewalt  Sicherheit  eines  "Wetzel  und  anderer  guter 
an  diesen  "ufern,  aber  längst  hat  des  Poto-  Schützen  dafür,   dass  diese  ,,Scouts"  im- 
mae's  stolze  Fluth  den  Blutfleck  jener  Zeit  mer  weniger  wurden. 

hinweggespült  und  grüsst  auf  beiden  So  standen  denn  die  Wiegen  des  Deutsch- 
Seiten  seines  Laufes  nur  ein  ejeeinigtes  ^hums  von  Westvirginien  in  dem  nordöst- 
Brudervollc.  liehen  imd  dem  nordwestlichen  Zipfel  des 
[Mittlerweile  war  auch  der  nordwestliche  Staates,  die  zwischen  [Maryland  und  Virgi- 
Theil  des  Staates,  der  sich  seither  des  nien,  zwischen  Ohio  und  Pennsylvanien  ein- 
grössten  Fortschrittes  zu  erfreuen  hatte,  gekeilt,  der  östliche,  bez.  nördliche  ,, Pfan- 
der Besiedelung  erschlossen  worden,  und  nenstil"  genannt  worden  imd  "Westvirgi- 
auch  an  diesem  Pionier-Kulturwerke  haben  nien  den  Namen  des  „Panhandle-Staates" 
Deutsche  hervorragendsten  Antheil  ge-  gegeben  haben.  In  den  dreissiger  Jahren 
nommen.  Im  Jahre  1770  wurde  "Wheeling,  des  letzten  Jahrhunderts  erhielt  unser 
die  [Metropole  des  Staates,  an  einer  Stätte,  Deutsehthum  stärkeren  Zuzug  aus  frischer 
die  durch  die  Indianerkriege  und  den  Be-  Einwanderung,  der  sich  zumeist  nach 
freiungskrieg  berühmt  wurde,  gegründet.  AVheeling  wandte,  das  seither  die  führende 
Mitglieder  der  Familie  Zane  (Zahn),  die  Rolle  in  der  Geschichte  des  Deutschthums 
das  Jahr  zuvor  die  Gegend  ausgekund-  im  Staate  innegehabt  hat,  obschon  auch  in 
schaffet,  nahmen  die  .sog.  „Tomahawk-  Parkersburg,  wo  im  Jahre  1910  der  Gerraa- 
Besitzergreifmig"  dort  vor.    Der  Deutsche  nia-Gesangverein    sein    goldenes    Jubiläum 


DIE  DEUTSCHEN  IN  WEST-VIEGINIEN. 


193 


feiern  wird,  in  der  Universitätsstadt  ]\Ior- 
gantown,  wo  der  Coneordia  Turnverein 
seine  eigene  prachtvolle  Halle  besitzt  und 
ein  blühender  Zweig  des  Deutsehen  Unter- 
stützungs-Bundes sich  befindet,  in  Elkins, 
in  der  Staatshauptstadt  Charleston,  in  der 
Schweizer  Niederlassung  Helvetia  in  Ran- 
dolph  Couuty  und  an  manchen  andern 
Plätzen  Pflegestätten  des  Deutschthums 
sich  befinden. 

Die  ersten  deutschen  Vereinigungen  in 
Wheeling,  von  denen  wir  wissen,  waren 
kirchlicher  Art.  Bis  in  das  Jahr  1832 
lässt  sich  die  Sammlung  der  ersten  deut- 
schen Gemeinde  verfolgen,  aus  der  sich  die 
jetzige  blühende,  noch  ganz  deutsche  St. 
Johannes-Gemeinde  entwickelte  und  von 
der  sich  im  Laufe  des  Jahres  mehrere  an- 
dere deutsche  Gemeinden  abzweigten.  Im 
Jahre  1835  bildete  sich  eine  deutsche  ]\Ie- 
thodistengemeinde  in  "Wheeling,  welche 
1839  die  erste  deutsche  Methodistenkirche 
der  "Welt  erbaute,  die  noch  heute  ein  Wahr- 
zeichen der  Stadt  AVheeling  ist.  Bereits 
1808  war  der  ]\Iethodistenpfarrer  Heinrich 
Böhm  als  "Wanderprediger  dort  gewesen, 
und  1811  wurde  der  „Oestliche  Wheelinger 
Bezirk"  von  den  Methodisten  etablirt,  als 
dessen  erste  Beamten  Pfarrer  Simon  Lauch 
imd  Aeltester  Jacoh  Gniber  fungirten.  Im 
Jahre  1806,  als  TVheeling  inkorporirt 
wurde,  finden  wir  Friedrich  Beymer  als 
Mitglied  des  ersten  Gemeinderathes  der 
Stadt,  und  in  seiner  Gastwirthschaft, 
welche  die  beste  des  Ortes  war,  wurden  die 
Gemeinderathssitzungen  abgehalten. 

Da  in  jenen  ersten  Zeiten  unsere  deut- 
schen Landsleute  einen  schweren  Stand 
hatten  in  dem  Kampfe  um 's  Leben  in  frem- 
dem Lande,  so  war  es  naturgemäss,  dass 
der  erste  weltliche  Verein,  den  sie  gründe- 
ten, ein  Verein  zur  gegenseitigen  Hilfe- 
leistung war.  So  wurde  denn  18-4-1  der 
Deutsche  Unterstützungsverein  gegründet. 
Es  folgten  bald  mit  dem  Erstarken  des 
Deutschthums  Gesang-,  Tum-  imd  Bauver- 
eine in  grosser  Zahl,  und  bereits  um  das 


Jahr  1860  sehen  wir  das  Deutschthum  so 
frisch  und  fröhlich  emporblühend,  dass  es 
im  Staude  war,  ein  glänzend  durchgeführ- 
tes Bezirkssängerfest  zu  geben,  dem  sich 
später  das  zweite  Wheelinger  Sängerfest 
von  1885  und  neuerdings  das  dritte,  vom 
Jahre  1906,  zugesellten. 

Während  des  Bürgerkrieges,  der  die  Ab- 
trennimg imseres  Staates  von  dem  Rebel- 
lenstaate  Virginien  mit  sich  brachte,  stan- 
den unsere  Deutschen  zum  grössten  Theil 
fest  zur  Sache  der  Union,  obschon  es  auch 
unter  den  Deutschen  an  Anhängern  der 
Sezession  nicht  fehlte ;  so  diente  von  den 
beiden  Söhnen  des  damaligen  Pfarrers 
Friedrich  der  eine  im  Unions-,  der  andere 
im  konföderirten  Heere.  ^Mehrere  deutsche 
Kompagnien  A\T^irden  gebildet,  die  sowohl 
im  offenen  Feld,  wie  in  dem  an  der  Grenze 
zwischen  Süd  imd  Nord  so  wichtigen 
Patrouilledienst  dem  deutschen  Namen 
Ehre  machten.  Der  enge  Rahmen  dieses 
Aufsatzes  verbietet  auch  hier  näher  auf  die 
Leistimgen  dieser  Braven  einzugehen. 

^Mächtig  strebte  das  Deutschthum  in  den 
siebziger  und  achtziger  Jahren  empor.  Wir 
erwähnen  aus  dieser  Periode  die  grosse 
Siegesfeier  von  1871,  die  grossartig  ge- 
plante und  durchgeführte  erste  Deutsche- 
Tag-Feier  von  1883  und  die  Agitation  zu 
Gunsten  des  Deutsch-Amerikanischen  Leh- 
rerseminars, die  die  Erwerbung  von  drei 
Antheilscheinen  des  Seminars  durch  das 
Wheelinger  Deutschthum  zur  Folge  hatte. 
Nach  der  Feier  des  Deutschen  Tages  im 
Jahre  1890  trat  ein  merklicher  Rückschritt 
ein,  bis  mit  der  Deutschen-Tag-Feier  von 
1900  und  der  bald  darauf  folgenden  Grün- 
dung des  Centralbundes  eine  neue  Epoche 
eingeleitet  wurde. 

Auch  in  geschäftlicher  und  industrieller 
Beziehimg  hat  unser  Deutschthum  stets 
einen  guten  Namen  gehabt,  und  deutscher 
Gewerbfieiss  steht  hier  in  hohen  Ehren. 
Wir  erwähnen  aus  der  Fülle  des  ims  zu 
Gebote  stehenden  Materials  nur  die  drei 
Weltfirmen :  die  grossen  Kalikowerke,  die 


194 


DIE  DEUTSCHEN  IN  WEST-VIRGINIEN. 


von  den  Pionieren  Stifel  gegründet  und 
von  ihnen  und  ihren  Naehkonunen  zu  einem 
Riesengesehäfte  ausgebildet  wurden ;  das 
Sehenk'sehe  Fleisehversandtgesehäft ;  die 
Ilofi'niann 'sehe  Gerberei,  ferner  die  Deut- 
sehe Feuerversieherungsgesellschaft  unter 
Leitimg  des  Hm.  F.  Riester;  die  Brauin- 
dustrie, imter  deren  bedeutenden  Vertre- 
tern die  HII.  Anton  Reymann  und  Col. 
Heinrieh  Sehmulbach  hervorragen.  Auch 
im  Bankwesen,  in  der  Töpferei-,  Emaille-, 


Glas-   und   Eisenindustrie   sind   die   Deut- 
sehen vertreten. 

Schon  der  erste  deut.sch-amerikanisehe 
Xationalkonvent.  der  in  Pittsburg  im  Ok- 
tober 1837  abgehalten  wurde,  aber  leider 
oluie  permanente  Resultate  blieb,  war  von 
Wheeling  aus  mit  Hm.  Andreas  Schwarz 
beschickt  Avorden,  während  die  gegenüber- 
liegenden Ohioer  Counties  Belmont  und 
^Monroe  durch  Hm.  Joseph  Jenny,  bezw. 
Hrn.  Andr.  ]\Iühlemann  vertreten  waren. 


Die  ersten  Deutschen  am  unteren  Mississippi. 

J.  HANNO  DEILER, 

Professor  Emeritus  der  Tulane  Universitaet  in  New  Orleans. 


Der  erste  Deutsehe  am  miteren  ]\Iissis- 
sippi  war  einer  der  letzten  Gefährten  des 
kühnen  Reisenden  nnd  Entdeckei's  La  Salle, 
und  da  auch  die  Gründung  der  ersten  deut- 
sehen Colonie  in  die  älteste  Zeit  fällt,  wollen 
wir  zuerst  einen  flüchtigen  Blick  in  die  Ge- 
schichte der  Entdeckung  der  Mississippi- 
Mündung  und  der  Besitzergreifung  der 
nördlichen  Golfküste  werfen. 

Schon  mit  der  zweiten  Reise  des  Colum- 
bus  (1-193)  war  Spanien  durch  die  Ent- 
deckung von  Cuba,  Haiti,  Portorico,  Domi- 
nica, Jamaica  und  Guadeloupe  Herr  des 
Golfes  von  ]\lexiko  geworden.  Zwanzig 
Jahre  später  kam  Ponee  de  Leon  nach  Flo- 
rida, und  1519  begann  Cortez  die  Erobe- 
rung des  Aztekenreiches  Mexiko. 

In  demselben  Jahre  unternahm  ein 
anderer  Spanier,  Pineda,  von  Jamaica  aus 
eine  Fahrt  zur  Umschiffung  Floridas,  das 
man  damals  noch  für  eine  Insel  hielt,  und 
kam  dabei,  da  er  die  nördliche  Golfküste 
entlang  immer  westwärts  segelte,  an  die 
Küste  von  ]\Iexiko.  Auf  dieser  Reise  muss 
Pineda  am  Mississippi  vorüber  gefahren 
sein,  ohne  die  durch  Sandbänke,  Treibholz 
und  Gebüsch  versperrte  ]\Iündung  des  Stro- 
mes bemerkt  zu  haben.  Von  dieser  Reise 
datieren  aber  die  Ansprüche  Spaniens  auf 
die  ganze  nördliche  Golfküste  von  Florida 
bis  Älexiko. 

Zweiundzwanzig  Jahre  später  begann 
De  Soto  seinen  abenteuerliehen  Zug  von 
Florida  ins  Innere,  auf  welchem  er  den  Mis- 
sissippi zwar  entdeckte,  aber  auch  sein  Grab 
darin  fand,  worauf  ÄIoscoso  mit  den  Trüm- 
mern der  Expedition  den  Strom  hinabfuhr 
und  endlich  auch  die  spanischen  Besitzun- 
gen im  Golf  erreichte.  Das  war  die  erste 
Entdeckung  der  ]\rississippi-]\ründung,  die 
aber  ohne  praktische  Folgen  blieb,  da  140 


Jahre  lang  keine  zweite  Fahrt  dahin  unter- 
nonnnen  wurde. 

Inzwischen  hatten  die  Franzosen  sich 
(1608)  in  Canada  festgesetzt  und  den 
oberen  ]\Iississippi  entdeckt  und  auch  be- 
fahren, aber  74  Jahre  vergingen,  ehe  La 
Salle  dem  Strom  von  oben  herab  in  seinem 
ganzen  Laufe  folgte,  die  IMüudung  er- 
reichte und  dort  am  9.  April  1682  das 
ganze  ]\Iississippital  für  Frankreich  in 
Besitz  nahm  und,  seinem  König  zu  Ehren, 
"Louisiana"  nannte.  Dann  kehrte  er  auf 
demselben  Wege  nach  Canada  zurück  und 
ging  nach  Frankreich,  um  zu  berichten  und 
seinen  Plan,  durch  den  ]\Iississippi  eine 
Verbindung  zwischen  Canada  und  dem 
Golfe  herzustellen  und  den  Handel  mit  den 
Indianern  dieses  weiten  Gebietes  durch  An- 
lage mehrerer  Forts  für  Frankreich  zu 
sichern,  dem  König  zu  unterbreiten. 

Seine  Vorschläge  fanden  Beifall  und 
am  24.  Juli  1684  segelte  er  mit  einer  Flo- 
tille  unter  dem  Commando  Beaujeau's  von 
La  Rochelle  nach  dem  Golf  von  jMexiko  ab 
mit  der  Absicht,  von  dort  aus  in  den  Älis- 
sissippi  einzufahren  und  dort  eine  franzö- 
sische Niederlassung  zu  gründen. 

Auf  dieser  Reise  wurde  im  Hafen 
Petit  Gouave  auf  San  Domingo  zu  längerem 
Aufenthalt  gelandet.  San  Domingo  war 
damals  schon  seit  mehr  als  50  Jahren  das 
Hauptquartier  der  Buccaniere,  deren  Ge- 
werbe eigentlich  schon  von  a'tersher,  be- 
sonders aber  seit  der  Zeit,  als  die  spani- 
schen SilberschiflPe  von  INFexiko  und  Peru 
und  die  vielen  Handelsbeschränkungen  zum 
Schmuggel  und  zur  Seeräuberei  geradezu 
herausforderten,  als  ein  legitimes  Geschäft 
galt,  von  der  hochachtbaren  Kaufmann- 
schaft gar  mancher  Handelsstadt  betrieben, 
von  vielen  den  höchsten  Ständen  Angehö- 


196 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  AM  UNTEREN  MISSISSIPPI. 


rigen  durch  Stelhinjr  oder  Ausriistuni?  von 
SchirtVn  gefördert  und  von  allen  als  eine 
hoehwillkonnuene  Einnahmequelle  betrach- 
tet wurde.  Franzasen,  Enirländer  und 
Holländer  fanden  sich  in  San  Domingo  /u- 
samnien,  und  auch  Deutsehe,  die  in  den 
wilden  Traditionen  des  aOjährigen  Krieges 
aufgewachsen  waren,  schlugen  sich  zu 
ihnen.  In  dieser  Gesellschaft  gaben  sich 
XjR  Salle's  Leute  den  gröbsten  Ausschwei- 
fungen hin,  so  dass  viele  dem  Fieber  erla- 
gen inid  neue  :Mannschaften  angeworben 
werden  mussteu. 

Der  erste  Deutsche. 

Unter  diesen  Neugeworbenen  befand 
sich  auch  ein  Deutscher,  ein  deutscher  Buc- 
canier,  ein  Kanonier,  der  nur  unter  dem 
Namen  „Hans''  bekannt  war.  Die  Fran- 
zosen .schreiben  den  Namen  „Ilieus",  was 
in  Anbetracht  der  Veränderungen,  welche 
deutsche  Namen  unter  den  Händen  der 
Franzosen  zu  erleiden  pflegen,  ebenfalls 
Hans  bedeuten  mag,  aber  der  Holländer 
Ilennepin,  ein  Zeitgenosse,  nennt  ihn  aus- 
drücklich „Hans",  und  alle,  die  ihn  per- 
sönlich kannten,  sind  darin  einig,  dass  er 
ein  Deutscher  war. 

T.a  Salle's  Versuch,  die  :\lississippi- 
Mündung  vom  CJolf  aus  zu  finden,  niisslang. 
Er  geriet  an  die  texanische  Kilste,  wo  er, 
von  dem  Commandanten  seiner  Flotille  ver- 
lassen und  durch  Unfälle  aller  seiner 
Schiffe  beraubt,  den  verzweifelten  Ent- 
schluss  fasste,  mit  16  auserlesenen  Gefähr- 
ten Überland  von  Texas  nach  Canada  zu 
mai-schieren  und  dort  für  .seine  in  einem 
Fort  zurückgela-ssenen  Colon isten  Hilfe  zu 
holen. 

Einer  der  auserlesenen  16  war  Hans, 
der  deutsche  Buccanier,  ein  Beweis  dafür, 
dass  La  Salle  ihn  für  einen  ]\Iann  hielt,  auf 
den  man  sich  verlassen  konnte. 

Ueber  zwei  Jahre  lang  schlug  sich  die 
kleine  Schaar  durch  die  Schreekni.sse  der 
Wildnis,  bis  sie  in  die  Nähe  der  Westgrenze 
des    heutigen  Staates  Louisiana  kam,    wo 


wegen  der  übergrossen  Strenge  des  Führers 
unter  einem  Theil  der  Mann.schaft  eine  Ver- 
schwörung entstand  und  La  Salle  von  dem 
Franzosen  Duhaut,  der  die  Führerschaft 
selbst  an  sich  reissen  wollte,  meuchlings  er- 
mordet wurde. 

Dem  ^Mörder,  vor  dem  sich   alle  fürch- 
teten, trat  aber  der  Buccanier  Hans  entge- 
gen, und  der  Pater  Athanasius  Douay,  ein 
Augenzeuge,  berichtet  darüber  folgendes: 
„Jene,  die  den  ]\Iord  ihres  Comman- 
„danten  und  Führers  am  meisten  be- 
„dauerten,  hatten  sich  alle  dem  Hans 
„angeschlassen,  der  zwei  Tage  darauf 
„die    Gelegenheit    ergriif,    Mord    mit 
„Mord  zu  bestrafen.       In  unserer  Ge- 
,,genAvart    schoss    er    den    Mörder   La 
„Salle's   mit    einer   Pi.stoh^   ins    Herz. 
„Der  starb  auf  der  Stelle,  ohne  Beichte 
„und    ohne    auch    nur    den    Namen 
„„Jesus    und    Maria""    anrufen    zu 
„können.      Hans  wollte  auch  noch  den 
„L 'Archeveque  niedersehi essen,  um  den 
„Tod  La  Salle's  vollständig  zu  rächen, 
„aber  Joutel  besänftigte  ihn." 

Als  sich  die  kleine  Schaar  dem  franzö- 
sischen Arkansas  Posten  am  Mississippi 
näherte,  wo  dem  Hans  für  seinen  Racheakt 
das  Gefängni.ss  drolite,  beschloss  er,  sich  den 
Coenis  Indianern,  die  er  eben  auf  einem 
siegreichen  Zug  gegen  einen  feindlichen 
Stamm  geführt  hatte,  anzuschliessen.  Ehe 
er  aber  seine  Gefährten  verliess,  verlangte 
er  von  diesen  ein  in  lateini.scher  Sprache 
geschriebenes  Zeugnis,  dass  er  an  dem 
Morde  La  Salle's  unschuldig  gewesen  sei. 
Das  erhielt  er  auch,  und  .seine  Gefährten 
ehrten  sein  Gedächtniss.  indem  sie  dem 
Fluss,  an  welchem  das  Dorf  der  Coenis 
Indianer,  seine  künftige  Heimat,  lag,  den 
Namen  ..Hans  River"  gaben. 

Von  den  letzten  Gefährten  La  Salle's 
erreichten  nur  wenige  Canada. 

Und  nun  vergingen  zehn  Jahre,  ehe 
wieder  Schritte  zur  Gründung  einer  fran- 
zösischen Niederlassung  an  der  nördlichen 
GolfkiLste  getan  wurden.     Endlich  aber,  im 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  AM  UNTEREN  MISSISSIPPI. 


197 


Jahre  1698,  segelte  der  Canadier  Iberville 
mit  vier  Schiffen  von  Brest  ab.  Er  fand, 
dass  sieh  in  der  Zwischenzeit  die  Spanier 
auf  der  Stelle  des  heutigen  Pensacola  fest- 
gesetzt hatten.  Aveshalb  er  weiter  westlich 
segelte  und  bei  seiner  am  13.  Februar  1699 
erfolgten  Ankunft  in  der  Biloxi  Bay  da, 
wo  heute  das  Städtchen  Ocean  Springs, 
Miss.,  steht,  ein  Fort  erbaute.  Von  dort 
aus  fand  er  am  2.  ]\Iärz  1699  die  Einfahrt 
in  den  ^Mississippi,  wo  er  auf  dem  ersten 
hohen  Land  ebenfalls  ein  Fort  errichtete. 
Die  Hauptniederlassung  wurde  aber  „Fort 
Louis  de  la  Louisiane",  das  heutige  Mo- 
bile, Ala.  Und  hier,  oder  vielmehr  zwi- 
schen der  dem  Hafen  von  Mobile  vorlagern- 
den ,,Dauphine  Insel",  der  Bay  von  Biloxi 
und  der  nahen,  mit  einem  ausgezeiclmeten 
Hafen  versehenen  Golfinsel  ,,Ship  Island" 
(J.  aux  Vaisseaux)  coucentrierte  sieh  in 
den  näclisten  20  Jahren  das  Leben  der  Co- 
lonie  Louisiana,  hier  spielten  die  Haupter- 
eignisse, und  hier  landeten  auch  die  ersten 
Deutschen. 

Die  Franzosen  begingen  anfangs  den 
grossen  Fehler,  dem  Ackerbau  keine  Auf- 
merksamkeit zu  schenken.  Zwei  Jahre  nach 
der  Gründung  von  ^Mobile  zählte  die  ganze 
Civilbevölkerung  Louisianas  erst  23  Fami- 
lien mit  10  Kindern,  die  den  Strand  ent- 
lang in  Hütten  mit  Palmetto-  oder  Stroh- 
dächern wohnten,  fischten,  jagten  und  wohl 
auch  Gärtchen  vor  ihren  Wohnungen  hat- 
ten, sich  im  übrigen  aber  auf  die  Pro- 
viantschiffe von  Frankreich  verliessen.  ]\Ian 
könnte  auf  dem  saudigen  Boden  der  Golf- 
kilste  nichts  ziehen,  hiess  es.  Aber  die  In- 
dianer hatten  doch  Korn,  Bohnen  u.  s.  w.  ? 
Die  Wahrheit  ist,  dass  die  französischen 
Colonisten  nicht  arbeiten  wollten,  und  die 
damaligen  Gouverneure  haben  in  ihren  Be- 
richten auch  bitter  darüber  geklagt. 

Und  so  blieb  es  auch,  als  1712  der 
französische  Kaufmann  Crozat  die  Verwal- 
tung übernahm.  Er  bekam  das  Handels- 
monopol auf  15  Jahre,  sah  sich  aber  schon 
nach    5  Jahren  veranlasst,    den  Regenten 


von  Frankreich  um  Aufhebung  des  Ver- 
tvags  zu  bitten,  welche  dieser  auch  be- 
willigte. 

John  Law  und  die  "Westliche 
Compagnie." 

Dann  kam  die  „Westliche  Compagnie" 
(von  1719  an  die  „Indische  Compagnie" 
genannt)  an  die  Reihe,  deren  leitender 
Geist  der  berüchtigte  schottische  Finanzier 
John  Law  war.  Diese  Gesellschaft  erhielt 
ausser  dem  auf  25  Jahre  lautenden  Han- 
delsmonopol das  Privilegium  der  unbe- 
grenzten Aktienausgabe  und  das  Recht, 
Land  nicht  nur  bedingungsweise  abzulas- 
sen, sondern  auch  zu  verkaufen,  wogegen 
sie  verpflichtet  war,  während  der  Vertrags- 
zeit Avenigstens  6000  Weisse  und  3000  Ne- 
ger einzuführen.  Für  den  Werth  der 
Aktien  bürgten  die  zwar  noch  nicht  ent- 
deckten, voraussichtlich  aber  unermessli- 
chen  Mineralschätze  Louisianas,  die  fabel- 
hafte Produktionskraft  des  Bodens,  die 
man  ebenfalls  noch  nicht  kannte,  und  die 
zu  erwartenden  ungeheuren  Einkünfte  aus 
dem  Handelsmonopol. 

L^m  alle  diese  Quellen  gehörig  auszu- 
beuten, sollte  nun  auch  der  Ackerbau  im 
Grossen  betrieben  werden.  Zu  diesem 
Zweck  wairden  reichen  Franzosen  grosse 
Strecken  Landes,  sogenannte  „Conzessio- 
nen",  bewilligt  mit  der  Bedingung,  die 
nötigen  Arbeiter  zur  Cultivierung  des  Bo- 
dens nach  Louisiana  zu  bringen. 

Der  grösste  Conzessionär  war  John 
Law  selbst,  der  Direktor  der  Compnijni'^, 
der  sich  am  untern  Arkansas,  ungefähr  da, 
wo  der  Buccanier  „Hans"  sich  von  seinen 
Gefährten  getrennt  hatte,  ein  Territorium 
von  12  Meilen  im  Geviert  bewilligen  liess, 
das  zu  einem  Herzogtum  erhoben  wurde. 
Er  verpflichtete  sich,  1500  Arbeiter  dahin 
zu  bringen  und  zum  Schutz  derselben  ge- 
gen die  Indianer  eine  Compagnie  Dragoner 
zu  unterhalten. 

Als  tüchtiger  und  weltkundiger  Ge- 
schäftsmann wusste  Law,  dass  zum  Erfolg 


198 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  AM  UNTEREN   MISSISSIPPI. 


seines  Unternehmens,  neben  trenüjiendeni 
Kapital,  auch  Ansiedler  frehörten,  die  ar- 
beiten konnten  und  auch  wollten.  Und  da 
ihm  die  Erfahrungen  nicht  unbekannt  sein 
konnten,  die  man  in  Louisiana  in  der  Ver- 
i;;an5,M'uhcit  mit  französischen  Colonisten 
gemacht  hatte,  bcsciiloss  er,  für  seine 
eigene  Con.zession  ausschliesslich  deutsche 
Banernfamilien,  Elsässer,  Pfälzer  und 
Lothringer  anzuwerben. 

Es  wurde  jetzt  also  eine  grossartige 
Agitation  ins  Werk  gesetzt,  einestheils  mn 
die  Bemittelten  zum  Aktienzeichnen  und 
Ankauf  von  Ländereien  zu  bewegen,  an- 
dernteils  um  die  Armen  zu  veranla.ssen, 
sich  als  Arbeiter  für  die  Conzessionen  an- 
werben zu  lassen.  Nach  dreijähriger 
Dienstzeit  sollten  auch  die  Angeworbenen 
Land  erhalten  und  damit  Gelegenheit  be- 
kommen, reich  zu  werden. 

Eine  deutsche  Beschreibung  Louisianas 
aus  dem  Jahre   1 720. 

Auch  in  Deutschland  erschienen  da- 
mals Flugblätter  und  Broschüren  mit  Aus- 
zügen aus  Briefen  von  Colonisten,  und  eine 
solche,  1720  von  „J.  Fried.  GledLschens 
seel.  Sohn",  Leipzig,  in  zweiter  Auflage 
herausgegebene  „Beschreibung  des  an  dem 
grossen  Flu.sse  ^Missi.ssippi  in  Nord-Ame- 
rika gelegenen  herrlichen  Landes  Loui- 
siana" erzählt,  „dass  durch  den  grossen 
Avanturier  Chri.stophum  Columbum  eine 
grosse  ]\renge  derer  Europäer  ausserhalb 
Europam  nach  Americam  getrieben  wor- 
den, sonderlich  nach  denen  damalen  annoeh 
unbekannten  Ländern".  Die  Ausdehnung 
der  Colonie  wird  folgendermassen  be- 
schrieben : 

„Die  Gräntzen  von  Louisiana  sind 
„gegen  ^Morgen  Florida  und  Carolina, 
„gegen  Norden  aber  Virginien  und 
„Canada.  Die  nordischen  Gräntzen 
„sind  gantz  unbekannt.  An  1700 
, .passierte  ein  Canadier  ^Mr  le  Sueur 
„den  Fluss  St.  Ludewig  (]\Ii.ssissippi) 
„und  zwar  auf  die  700  INIeilen  hinauf. 


„Es  ist  aber  von  dieser  Gegend  noch 
„ein  Di.strict,  der  über  100  Meilen 
„austrägt,  bekanndt.  Dannenhero  fast 
„zu  vermuthen,  da.ss  sich  dieses  Land 
„bis  an  den  Polum  arcticum  erstrecken 
, .möchte. " 

Der  Boden  wird  als  ,, ungemein-ange- 
nehm" geschildert.  Vier  Ernten  im 
Jahre.  „^lan  kann  sich  den  Ueberflu-ss 
dieses  Landes  nicht  gro&s  genug  einbilden." 
Es  giebt  darin  auch  Wild,  das  jeder 
schiessen  darf: 

„Leoparden,  Bären,  wilde  Ochsen, 
„Wölfe,  Rehe-Böcke,  ganze  Compag- 
„nien  von  Indiani.schen  Ilünern, 
„Schnepfen,  Turtel-Tauben,  Iloltz- 
„Tauben,  Wachteln,  Biber-Ottern, 
„^Marter,  wilde  Katzen,  Papegoyen, 
„Trappen,  Enten,  Rebhüner  und 
„anderes  Gevögel,  welche  ich  jetzund 
„nicht  beschreiben  kan." 

Am  nützlichsten  seien  die  Rehböcke, 
,,und  treiben  die  Frantzosen  ein 
„starkes  Negotium  mit  denen  Rehfel- 
„len,  so  sie  von  den  Barl)aren  einhan- 
„deln.  Vor  eine  solche  Haut  giebt 
,,man  zehn  oder  zwölf  bleyerne  Ku- 
o-eln." 

Die  Hauptsache  aber  waren  die  ]\Iinen: 
„Das  Land  ist  mit  Gold-,  Silber-, 
„Kupffer-  und  Bley-lMinen  angefül- 
„let.  Will  man  ^linen  suchen,  so 
„darf  man  nur  in  das  Land  der  Nat- 
„chitotcher  gehen.  Wir  werden  hier 
„gantz  gewiss  stücke  von  Silber-ISIinen 
„aus  der  Erde  ziehen  können :  Nach 
„denen  ]\Iinen  wollen  wir  Kräuter 
„und  Gewächse  für  die  Apotheker 
„suchen,  die  Wilden  werden  uns  die- 
„selben  bekannt  machen.  Bald  wer- 
„den  wir  heilsame  ^Mittel  vor  die  aller- 
„gefährlichsten  Blessuren  antreffen, 
„ja  auch  untrügliche  wie  man  vor- 
„giebt.  vor  die  Früchte  der  Liebe." 
(So  soll  ein  Marineoffizier  an  eine 
Dame  (  !)   geschrieben  haben.) 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  AM  UNTEREN  MISSISSIPPI. 


199 


Die  Aktien  der  Conipafjnie  stiegen  bis 
auf  den  (lOfaehen  Nennwert  und  entfaeh- 
ten  eine  unerhörte  Spekulationswut.  Auch 
die  Agitation  im  Elsass,  in  Lothringen 
und  in  der  Pfalz  trieb  Früchte,  so  dass 
bald  Tausende  sich  zur  Reise  nach  Frank- 
reich und  Louisiana  rüsteten. 

Zehntausend  deutsche   Einwanderer  auf 
der  Reise  nach  Louisiana. 

Deutsche  Geschichtsschreiber  behaupten, 
dass  damals  10,000  Deutsche  nach  Loui- 
siana ausgewandert  seien.  10,000  Deutsche 
mögen  die  Heimat  verlassen  haben  mit  der 
Absicht,  nach  Louisiana  zu  gehen,  aber  in 
Louisiana  angekommen  sind  sie  nicht. 

3000  darf  man  als  die  Wahrscheinlich- 
keitszahl  für  die  in  "der  John  Law 'sehen 
Periode  in  Louisiana  gelandeten  Deutschen 
annehmen.  Das  sehliesst  aber  immer  noch 
nicht  aus,  da.ss  10,000  auf  die  Reise  gingen. 
Lesen  wir  doch,  dass  damals  alle  nach 
französischen  Hafenplätzen  führenden 
Strassen  mit  Deutschen  bedeckt  waren  und 
viele  unter  den  Strapazen  und  Entbehrun- 
gen der  Laudreise  zusammenbrachen  und 
starben.  Auch  sollen  in  den  französischen 
Hafenstädten,  wo  keine  Vorbereitungen 
für  ihren  Empfang  getroffen  waren  und 
die  Leute  zusammengepfercht  und  unge- 
nügend genährt  oft  monatelang  auf  die 
Abfahrt  der  Schiffe  warten  mus.sten,  epide- 
mische Krankheiten  unter  ihnen  ausgebro- 
chen sein  und  eine  grosse  Zahl  hinwegge- 
rafft haben.  In  den  alten  Trauregi-stern 
von  Louisiana,  wo  ja  stets  die  Eltern  der 
Brautleute  angegeben  sind,  heisst  es  oft, 
dass  diese  im  Hafen  von  L 'Orient  oder  in 
La  Rochelle  in  Frankreich  gestorben  seien. 
Andere  mögen,  der  Xot  und  des  langen 
Wartens  müde,  in  Frankreich  Arbeit  ge- 
sucht haben  und  dort  geblieben  sein. 

Und  erst  die  VerliLste  auf  der  Seerei.se! 
Die  dauerte  auf  Segelschiffen  oft  5  bis  6 
Monate,  und  wenn  schon  kräftige  Leute 
auf  einer  solchen  mit  gro.ssen  Entbehrun- 
gen und  Strapazen  verbundenen  Reise  sich 


hinlegten  und  starben  —  wie  mag  es  da 
erst  den  in  den  Hafen-städten  ausgehun- 
gerten \uul  geschwächten  bei  der  elenden 
Verpflegung  und  dem  Mangel  an  Trink- 
wasser in  den  stinkenden  Schiffsräumen 
ergangen  sein !  Einmal  kamen  V(m  200  an 
Bord  gegangenen  Deutschen  nur  40  in 
Loui.siana  an. 

Auch  waren  Krankheiten  und  Hunger 
damals  nicht  die  einzigen  Gefahren  einer 
Seereise.  Zu  jener  Zeit  hausten  im  Golf 
von  Mexiko  noch  die  Buccaniere,  die  auf 
die  Einwandererschiffe  Jagd  machten,  weil 
diese  ausser  den  Passagieren  oft  grosse 
^Mengen  Provisionen,  AVaffen  und  ^Muni- 
tion  für  die  Truppen  und  auch  Geld  an 
Bord  hatten,  und  manches  Schiff,  das  zwi- 
schen Frankreich  und  Louisiana  lief,  ist 
verschollen  geblieben. 

Franzoesische  Kolonisten. 

Ausser  John  Law,  der  nur  Deutsche 
anwarb,  betrieben  auch  die  ,, Westliche 
Compagnie"  und  die  andern  Conzessionäre 
die  Agitation,  diese  aber  fast  nur  in  Frank- 
reich. "Wie  es  da  zuging,  beschreibt  der 
Chevalier  Champigny : 

„Man  las  die  Armen,  die  Bettler  und 
„die  Prostituierten  auf  und  brachte 
„sie  mit  Gewalt  auf  die  Schiffe.  Bei 
„ihrer  Ankunft  in  Louisiana  wurden 
„sie  verheirathet  und  erhielten  Land 
„zugewiesen.  Aber  das  Faulenzerle- 
,,ben  von  drei  Vierteln  dieser  Leute 
,, hatte  sie  zum  Ackerbau  untauglich 
„gemacht.  Die  meisten  starben  im 
,, Elend  oder  kehrten  nach  Frankreich 
„zurück  und  brachten  solche  Ideen  mit, 
,,wie  ihr  Mi.sserfolg  sie  ihnen  eingab. 
,,Die  schrecklichsten  Gerüchte  über 
„den  ]Missi.ssippi  begannen  sich  bald 
„in  der  Oeffentlichkeit  zu  verbreiten 
„und  zwar  zu  einer  Zeit,  als  deutsche 
„Colonisten  an  .seinen  Ufern  neue  und 
„äussenst  erfolgreiche  Niederlas-sungen 
„errichteten.  Diese  Ländereien,  welche 
,,noch  immer  von  ihren  Nachkommen 


200 


DIE  EKSTEX  DEFTSCHEX  AM  I'XTEREN  MISSISSIPPI. 


„bebaut  werden,  bilden  den  besteulti- 
„vierten      und      bevölkertsten       Teil 
„unserer  Colonie,  und    ich    betrachte 
„die  D  e  u  t  s  eh  e  u  und  die  Canadier 
„als  die  Begininder  aller  unserer  Nie- 
„derlassunf^en    in    Louisiana." 
Die     Klagen     der     Conzessionäre     und 
selbst  der  „We.stl.  Conipaynie''  über  dieses 
Gesindel  wurden  denn  aueh  bald  so  häufig 
und  dringend,  dass  die  französische  Regie- 
rung am  5.  Mai  1720  solche  Deportationen 
verbot,  so  dass  die  französi.sche  Einwande- 
rung \(m  dieser  Zeit  an  bedeutend  zurück- 
ging    und     die     deutsche     die     Oberhand 
gewann. 

Ankunft  der  ersten  Masseneinwanderung. 

Als  das  Datum  der  ersten  ]\Iassenein- 
wanderung  mu.ss  der  25.  August  1718  an- 
gesetzt werden.  An  jenem  Tage  landeten 
von  den  Schiffen  „La  Vietoire",  „La 
Duehe.ss  de  Noalles"  und  ,.]\Iarie"  in  Loui- 
siana, das  damals  nur  700  Einwohner 
zählte,  800  Personen,  so  dass  die  Bevölke- 
rung der  Colonie  an  diesem  einem  Tage 
mehr  als  verdoppelt  Avurde.  Wie  viele 
Deutsche  sich  unter  diesen  befanden,  lä.sst 
sich  nicht  sagen.  Da  aber  mehrere  Con- 
ze.ssionen  genannt  werden,  wohin  damals 
Leute  geschickt  wurden,  und  die  Kirchen- 
bücher Namen  von  Deutsehen  aufweisen, 
die  auf  jenen  Conze.ssionen  dienten,  mu&s 
angenommen  werden,  dass  Deutsche  dabei 
waren.  Auch  für  die  Law 'sehe  Conzes- 
sion  scheinen  damals  Leute  gekommen  zu 
sein ;  denn  Le  Page  du  Pratz  sagt,  nachdem 
er  die  Opfer  Law 's  im  Hafen  von  L 'Orient 
auf  „beinahe  1000"  und  die  in  Biloxi  auf 
„über  200"  geschätzt:  „gar  nicht  von  jenen 
zu  reden,  die  zur  selben  Zeit  mit  mir 
herüberkamen."  Und  Dupratz  kam  auf 
einem  der  drei  Schiffe  mit  den  800  Ein- 
wanderern. 

Im  Frühjahr  und  Sommer  1719  ruhte 
die  Einwanderung  nach  Louisiana,  weil 
zwischen  Frankreich  und  Spanien  Krieg 
ausgebrochen     war.        Die     französischen 


Truppen  von  Louisiana  nahmen  Pensacola, 
verloren  es  aber  wieder  an  die  Spanier  und 
eroberten  es  zum  zweiten  ]\Ial.  Auch  vor 
Dauphine  Island,  wo  sich  Conzessionäre 
mit  ihren  Leuten  befanden,  erschien  eine 
spanische  Flotille,  welche  die  Insel  12  Tage 
lang  cinschlo.ss.  Die  Mannschaft  eines 
spanischen  Kanonenbootes  plünderte  das 
auf  dem  Strand  liegende  (Jut  der  Conzes- 
sionäre, wurde  aber  bei  einem  zweiten  Ver- 
such von  den  französischen  Soldaten,  In- 
dianern und  den  Leuten  der  Conzessionäre 
in  die  Flucht  geschlagen. 

Im  Oktober  1719  wird  gemeldet,  dass 
das  Schiff  „Les  Deux  Freres"  eine  gros.se 
Anzahl  (un  grand  nombre)  Deutscher  bei- 
derlei Geschlechts  „mit  vielen  Effekten  und 
AVaaren  aller  Art,  die  ihnen  gehörten", 
nach  Ship  Island  gebracht  habe.  Diese 
Leute  müssen  keine  Arbeiter  für  Law  ge- 
wesen sein;  denn  nach  dem  zu  urtheilen, 
was  sie  mitbrachten,  waren  sie  bemittelt 
und  beabsichtigten,  sich  unabhängig  anzu- 
siedeln. 

Im  November  1719.  als  das  Haupt- 
quartier der  Compagnie  nicht  mehr  auf 
Dauphine  Island  bei  ^Mobile,  sondern  in 
Alt-Biloxi,  dem  heutigen  Ocean  Springs, 
war,  Hess  man,  da  ein  Teil  des  alten  Forts 
abgebrannt  war,  den  Wald  auf  der  andern 
Seite  der  Bay  von  Biloxi  klären,  wobei, 
wie  Dumont  berichtet,  eine  Compagnie 
stännniger  deutscher  Soldaten  tätig  war. 
Woher  die  deutschen  Soldaten  kamen,  er- 
fahren wir  aus  dem  „^Memoire  pour  Du- 
verge",  wo  es  heisst,  dass  man  eine  Com- 
pagnie von  210  Schweizer  Pionieren  nach 
der  Colonie  gesandt  habe.  Sie  holzten  das 
Land  ab,  bauten  ein  Fort,  HäiLser  und 
Barracken  für  Soldaten  und  Offiziere,  Ma- 
gazine und  „sogar  eine  Cisterne".  Dieser 
Ort  wurde  „Neu-Biloxi"  (es  ist  das  heutige 
Biloxi,  Miss.)  genannt,  und  dahin  be- 
schloss  die  Compagnie  am  20.  Dezember 
1720,  ihr  Hauptquartier  zu  verlegen.  Auch 
der  Gouverneur  Bienville  nahm  am  9. 
September  1721  dort  seinen  Wohnsitz,  ver- 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  AM  UNTEREN   MISSISSIPPI. 


201 


legte  ihn  aber  schon  im  Augiist  1722  nach 
New  Orleans. 

Die  Schweizer  bildeten  von  da  an  bis 
zur  spanischen  Periode  (1769)  einen  inte- 
grierenden Teil  der  französischen  Truppen 
in  Louisiana.  Sie  erhielten  regelmässig 
Nachschub  und  viele  von  ihnen  siedelten 
sieh  nach  Ablauf  ihrer  Dienstzeit  an.  Es 
war  sogar  Regel,  jährlich  je  zwei  Soldaten 
jeder  Schweizercompagnie  Land,  Aus- 
rüstung und  Rationen  zu  geben,  um  ihnen 
die  Gründung  eines  Hausstandes  zu  er- 
leichtern. Wie  die  Kirchenbücher  (Trau- 
und  Sterberegister)  ausweisen,  waren  die 
meisten  ..Schweizer"  Deutsche  aus  allen 
Gegenden  des  alten  Vaterlandes  unter 
schweizerischen  oder  elsässischen  Offizie- 
ren. Von  letzteren  ist  Philipp  Grondel 
aus  Zabern  als  der  grösste  Haudegen  und 
gefürchtetste  Duellant  der  ganzen  Colonie 
berühmt  geworden.  Er  wurde  Chevalier 
des  Militärordens  vom  Hl.  Ludwig  und 
Commandant  des  Hallwyl  Regiments. 

Zu  Anfang  des  Jahres  1720.  so  be- 
richtet Penicaut  weiter,  kamen  7  Schiffe 
mit  über  4000  Personen.  ..sowohl  Franzo- 
sen als  Deutschen  und  Juden".  Es  waren 
die  Schiffe  .,La  Gironde",  „L'Elephant", 
„La  Loire",  ..La  Seine",  ,,Le  Droma- 
daire",  „La  Traversier"  und  „La  Venus". 
Da  das  Schiff  .,Le  Dromadaire"  die  ganze 
Ausrüstung  für  die  Law 'sehe  Conzession 
an  Bord  hatte,  wird  Mr.  Elias,  der  jüdische 
Geschäftsagent  Law 's,  mit  seinen  Gehilfen 
mitgekommen  sein.  Aus  demselben 
Grunde  dürfen  wir  annehmen,  dass  auch 
ein  Teil  der  mit  diesen  Schiffen  angekom- 
menen Deutsehen  für  Law  bestimmt  war. 

Und  am  16.  September  desselben  Jahres 
brachte  das  Schiff  ..La  Profonde"  wieder 
240  für  Law  bestinnnte  Deutsche. 

Deutsche  in  Pascagoula. 

Im  Januar  1721  kamen  300  Colonisten 
für  die  Conzessionen  der  ^Madame  Chau- 
mont  in  Pa.seagoula  u.  a.  Da.selb.st  befand 
sich  schon  früh    eine,    wahrscheinlich  auf 


den  Trünnnern  des  Chaumont 'schon  oder 
eines  andern  Unternehmens,  vielleicht  aber 
auch  auf  Grund  eigener  Conzessionen  er- 
standene deutsche  Colonie.  Der  engli.sche 
Capitän  Ronuin  fand  dort  1772  bei  dem 
deutschen  Farmer  ,, Krebs"  Baumwolle  luid 
eine  von  Krebs  selbst  erfundene  „Roller 
Cotton  Gin",  wohl  die  erste  Cotton  Gin  in 
Amerika ;  und  in  demselben  Jahre  heisst  es 
bei  der  Beschreibung  eines  grossen  Stur- 
mes, da.ss  er  ..bei  Krebs  und  den  Deutschen 
in  Pascagoula"  am  ärgsten  gewüthet  habe, 
Hugo  Ernestus  Krebs  stanmite  aus  Neu- 
magen an  der  ^losel.  Er  hinterliess  14  er- 
wachsene Kinder,  deren  Nachkommen  die 
alte  ,, Krebs-Farm"  in  Ea.st  Pascagovda 
auch  heute  noch  besitzen. 

Am  3.  Februar  1721  kamen  wieder  147 
Schweizer,  Soldtruppen  in  französischen 
Diensten. 

Empfang  und  Versorgung  der  Einwanderer. 

Eine  rasche  Vermehrung  der  Bevölke- 
rung eines  Gemeinwesens,  besonders  eine 
Verdoppelung  derselben  an  einem  einzigen 
Tage,  wäre  selbst  für  die  tüchtig-ste  Ver- 
waltung eme  Quelle  von  Verlegenheiten 
und  es  Avürde  der  sorgfältigsten  Vorberei- 
tungen und  der  ausgiebigsten  Beschaffung 
und  Aufspeicherung  von  Lebensmitteln 
schon  im  voraus  bedürfen,  um  die  Ernäh- 
rungsfrage befriedigend  zu  lösen.  Aber 
auf  Dauphine  Island  und  an  der  Biloxi 
Bay,  wo  die  Direktoren  der  Westlichen 
Compagnie  regierten,  avo  man  zu  leben 
pflegte,  wie  die  Lilien  auf  dem  Felde,  nie- 
mand säte,  niemand  erntete  und  alles  auf 
die  Proviantschiffe  von  Frankreich  war- 
tete, die  oft  genug  ausblieben,  so  dass  man 
die  Soldaten  zu  den  Indianern  in  die  Wäl- 
der schicken  musste,  damit  sie  dort  ihren 
Unterhalt,  so  gut  es  gehen  mochte,  mit  der 
Angelrute  und  der  Jagd  fänden,  da  war 
nichts  zum  Empfang  der  Einwanderer  ge- 
schehen. Sil  wurden  an  Land  gesetzt,  wo 
gelinde  Hungersnoth  der  permanente  Zu- 
stand der  Bevölkerung  war,  und  wo  man 


202 


DIE  ERSTKN  DKrTSCiTEX  AM   rNTEREN    MISSISSIPPI. 


den  Conzessionären  selbst  ikh'Ii  die  /.\ini 
Unterlialt  der  eiirenen  Arbeiter  init<rebraeli- 
ten  eigenen  Provisionen  we«rnabni.  um  sie 
unter  die  hiuiirernden  Soldaten  zu  vi-rtei- 
len,  so  dass  die  Einwanderer  von  dem  leben 
nuissten.  was  sii'  in  der  heissen  Sonne  am 
Strande  fiu'ien  und  von  dem  Korn,  das 
ihnen  die  liiloxis.  Paseairoulas.  Choctaws 
und   MobiU'   Indianer  vielU'ieht  schenkten. 

Die  Einwanderer  nnissten  monatelang 
auf  Dauphine  Island  und  an  der  Riloxi  Bay 
lieiren,  wo  sie  massenweise  verhungerten 
oder  an  epitlemisehen  Krankheiten  starben. 
Man  darf  annehmen,  dass  an  beiden 
Plätzen  zusammen  ebensoviele  den  Tod  fan- 
den, wie  auf  hoher  See.  Viele  starben 
aueh,  sagt  Dumont.  „weil  sie  in  ihrem 
Hunger  Pflanzen  assen,  die  sie  nicht  kann- 
ten, und  di-^  statt  Kräfte  zu  geben,  den  Tod 
herbeiführten,  und  die  meisten,  die  man 
zwischen  den  Haufen  von  Austernsehalen 
todt  fand,  waren  Deutsche."  Inzwischen 
lasren  die  P]ffekten  der  Conzessionäre  und 
der  Einwanderer,  den  Elementen  und  der 
Sonne  preisgegeben,  in  grossen  Haufen  auf 
dem  Sande.  Von  dem  Schweizer  Kolly, 
der  für  seine  bei  Xatchez  gelegene  Plan- 
tage 70  Arbeiter  hatte  konnnen  lassen, 
heisst  es  ausdrücklich,  dass  er  mit  seinen 
Leuten  ein  ganzes  Jahr  in  Biloxi  liegen 
musste.  und  die  zu  Anfang  des  Jahres  1720 
angekommene  Austattung  für  die  Law'- 
sche  Conzession  samt  der  Ausrüstung  für 
die  Dragonereompagnie  —  eine  Ladung, 
deren  Werth  auf  eine  Million  Livres  ge- 
schätzt wurde,  lag  in  Biloxi  15  :\Ionate  im 
Freien,  bis  das  Schiff  „Le  Dromadaire" 
im  :\Iai  1721  auf  Befehl  des  Gouverneurs, 
aber  gegen  den  Protest  des  Direktoriums, 
nach  der  ]\Iissi.ssippi-;Mündung  fuhr.  Eine 
Folge  dieser  Verzögerung  war,  dass  auf  der 
Law 'sehen  Conzession  erst  im  August  1721 
mit  dem  Klären  und  Bepflanzen  der  jedem 
Arbeiter  zugetheilten  vier  Arpents  begon- 
nen werden  konnte. 

Kein  Wunder,  wenn  sich  unter  .solchen 
Verhältnis.sen  alle  Bande  der  Ordnung  zu 


lösen  drohten  und  die  vollkommene 
Anarchie  mir  durch  barbarische  Strafen 
verhindert  werden  konnte.  Eine  Com- 
pagnie  Schweizer  zwang  in  Abwesenheit 
ihres  Hauptmanns  den  Kapitän  der  Barke 
„Elisabeth",  sein  Schiff  zu  wenden  und 
sie  zu  den  Spaniern  nach  Havana  zu  brin- 
gen, eine  andere  ging  zu  den  Engländern 
nach  Südearolina.  Auch  die  Schweizer  in 
Port  Toulouse,  oberhalb  ^lobile,  empörten 
sich.  Diese  wurden  aber  gefangen  genom- 
men und  auf  indianische  Weise,  durch  Zer- 
schmetteruno: der  Schädel,  getödtet;  einen 
von  ihnen  packte  man  in  ein  Fass,  das- 
durchgesägt  wurde,  und  ein  armer  Teufel 
von  einem  r.ungernden  deutschen  Einwan- 
derer, der  sich  am  Proviant  im  ^Magazin 
vergriffen  hatte,  wurde  vom  Superior 
Council  verurtheilt,  fünfmal  unter  dem 
Kiel  eines  grossen  Schiffes  hinweg  durchs 
Wasser  gezogen  zu  werden. 

Unter  solchen   Verhältnissen  kamen   die- 
deutschen    Einwanderer    in  Louisiana   an, 
und  trotz    des    grässlichen    Elends  kamen 
immer  noch  mehr. 

Am  1.  März  1721  kamen  die  zwei 
Schiffe  ,.Les  Deux  Freres"  und  ,.Le  Fou- 
droyant",  die  zusanniien  40  Deutsche  für 
die  Law 'sehe  Conzession  brachten.  Die 
andern  160,  die  noch  an  Bord  gegangen 
waren,  waren  auf  der  Seereise  gestorben  — 
..verhungert",  meint  Charles  Patton 
Dimitry. 

Ende  Mai  1721  brachte  das  Schiff  „St. 
Andree"  100  deutsche  Familien,  die  nicht 
für  Law  bestimmt  waren,  sondern  sich  un- 
abhängig ansiedeln  wollten.  Sie  wurden 
auf  verschiedene  Conzessionen  am  Älissis- 
sippi.  die  ihnen  bewilligt  worden  waren,  ge- 
bracht, und  man  gab  ihnen  Neger  mit.  um 
ihnen  zu  helfen. 

Wenige  Tage  darauf  landete  das  Schiff 
,,La  Durance"  noch  einmal  100  deutsche 
Familien  vor  der  inzwischen  angelegten 
Niederlassung  New  Orleans,  die  auf  Conzes- 
sionen im  Illinois  District.  am  oberen  ]\Iis- 
sissippi,  vertheilt  wurden. 


DIE  EKSTEX  DEUTSCHEN  AM  UNTEREN   MISSISSIPPI. 


20S 


Endlich  kam  am  4.  Jniii  1721  das 
Schiff  „Porlefaix",  das  letzte  der  Law'- 
schen  Schilfe,  mit  330  meist  deutschen  Ein- 
wandereren für  Law 's  Conzession.  Ein 
anderes,  gleichfalls  für  Law  ))estimmtes 
Schiff  erreichte  nämlich  sein  Ziel  nicht 
mehr.  Es  war  ,,La  Garonne",  von  welcher 
„La  Venus"  am  15.  Juli  1721  berichtete, 
dass  es  mit  mehr  als  300  sehr  kranken  (tres 
malades)  deutschen  Law-Leuten  an  Bord 
in  der  Nähe  der  Samana  Bay  auf  San  Do- 
mingo von  Buccanieren  wefrgenonnnen  wor- 
den sei.  Was  aus  den  300  kranken  Deut- 
sehen geworden,  hat  man  nie  erfahren. 

Bankerott  und  Flucht  Law's. 

]\Iit  dem  Schiff  ..Portefaix",  so  be- 
richtet La  Ilarpe,  traf  in  Louisiana  auch 
die  Nachricht  von  dem  Bankerott  und  der 
Flucht  Law's  aus  Frankreich  ein.  Der 
Agent  am  Arkansas  Fluss,  Le  Yens,  wei- 
gerte sich,  die  Anordnungen  der  Com- 
pagnie  zu  befolgen  und  das  L^nternehmen 
auf  Rechnung  derselben  weiterzuführen. 
Und  da  man  diesen  Mann  trotzdem  in  seiner 
Stellung  beliess  (er  wurde  erst  im  ]März 
1722  durch  Dudemaine  Dufresne  ersetzt) 
ereignete  es  sich,  dass  die  Deutsehen  am 
Arkansas  Fluss  in  der  Zwischenzeit  weder 
von  der  einen,  noch  von  der  andern  Seite 
Unterstützung  erhielten,  um  sich  bis  zur 
ersten  Ernte  halten  zu  können,  und  dass 
sie,  um  ihr  Leben  zu  fristen,  gezwungen 
waren,  sich  an  die  Sothuis  und  die  Arkan- 
sas Indianer,  ihre  einzigen  Freunde,  um 
Hilfe  zu  wenden  und,  als  auch  da  die  Vor- 
räthe  auf  die  Neige  gingen,  alles  im  Stich 
lassen  und  auf  und  davon  gehen  mussten. 

Sie  beschlossen  denn  auch  (es  muss 
Ende  Januar  oder  im  Februar  1722  gewe- 
sen sein),  die  Conzession  zu  verla.ssen,  und 
fuhren  auf  dem  ^li.ssissippi  nach  New 
Orleans  herab.  Nur  47  Personen  blieben 
zurück,  die  La  Harpe  am  20.  ]\Iärz  1722  bei 
seiner  Ankunft  am  Arkan.sas  vorfand.  Als 
er  aber  von    seiner    ]\Ii.ssion  am  21.  April 


wieder    an    denselben    Ort    zurückkehrte, 
waren  auch  diese  fort. 

Die  plötzliche  Ankunft  der  Flotille  der 
Deutschen  vom  Arkansas  Flu.ss  nui.ss  für 
die  New  Orleanser  keine  geringe  Ueberra- 
schung  gewesen  sein.  New  Orleans  war 
damals  noch  in  seinen  allerei-sten  Anfängen 
und  scheint  mehr  einem  Mining  Camp  als 
einer  Stadt  geglichen  zu  haben.  Der  Li- 
genieur  Pauget,  der  im  ]\Iärz  1721  hinge- 
kommen war,  um  die  Stra.ssen  auszulegen, 
fand  dort  unter  den  Bäumen  und  im  Busch 
nur  eine  Anzahl  mit  Palmettoblättern  oder 
Cypressenrinde  gedeckter  Hütten,  wie  Jäger 
und  Fischer  sie  aufzustellen  pflegen,  und 
der  Jesuit  Charlevoix  schrieb  von  dort  am 
10.  Januar  1722,  also  unmittelbar  vor  der 
Ankunft  unserer  Landsleute  vom  Arkansas 
Fluss,  da.ss  New  Orleans  ein  wilder,  einsa- 
mer, noch  beinahe  ganz  mit  Bäumen  und 
Röhricht  bedeckter  Platz  von  ungefähr  100 
Hütten  sei,  mit  zwei  oder  drei  Häusern,  die 
keinem  französischen  Bauerndorf  zur 
Zierde  gereichen  würden,  einem  grossen 
hölzernen  Waarenhaus  und  einem  armse- 
ligen Laden,  dessen  eine  Hälfte  man  dem 
lieben  Herrgott  geliehen  habe,  den  man 
aber,  nachdem  er  kaum  eingezogen,  schon 
wieder  hinaushaben  wolle,  um  ihn  in  einem 
Zelt  unterzubringen.  New  Orleans  zählte 
damals  noch  keine  200  Einwohner,  während 
die  von  Arkansas  herabgekommenen  Deut- 
schen die  Bevölkerung  der  Stadt  an  Zahl 
bedeutend  übertrafen.  Aber  Gouverneur 
Bienville  legte  sich  ins  ^Mittel  und  bot  alles 
auf,  sie  zum  Bleiben  zu  bewegen. 

Das  Resultat  der  Unterhandlungen  war: 

1)  dass  die  Deutschen  jetzt  in  der 
Nähe  von  New  Orleans  reiches  Al- 
luvialland zum  Eigciithum  er- 
hielten ; 

2)  dass  man  ihnen  Ackergeräte, 
Vieh  und  Vorschü-sse  in  Waaren 
und  Provisionen  gab; 

3)  dass  der  Geschäftsführer  am  Ar- 
kansas abiresetzt  und  den  dort  zu- 


204 


DIE  EKSTKX  DEL'TSCIIEX  AM  UNTEREN   MISSISSIPPI. 


rüokgebliebenen  Deutschen  Hilfe 
gesandt  wurde; 
4)  dass  man  einen  Deutschen,  Karl 
Friedrich  von  Aronsburg.  einen 
früheren  schwedischen  Offizier, 
zum  ^liliz  -  Commandanten  und 
Amtsrichter  der  zu  gründenden 
neuen  deutschen  Niederlassung 
ernannte. 

Die  Familie  v.  Arensburg. 

Da  die  Familie  v.  Aren.sburg  für  uns 
sehr  wichtig  ist  und  über  die  Abstammung 
derselben  bisher  Zweifel  herrschten,  soll  sie 
hier  eingehend  behandelt  werden. 

Adelige  Familien  sind  gewöhnlich  nach 
ihrem  Stammsitz  benannt.  Es  giebt  nur 
zwei  ,. Arensburg".  Ein  Schloss  Arens- 
burg liegt  bei  Bückeburg  in  Schaumburg- 
Lipi)e,  Deutschland.  Ein  zweites  ist  auf 
der  Insel  Oesel  im  ^Meerbusen  von  Riga.  Da 
Riga  1202  von  Deutschen  gegründet  wur- 
de. Tausende  von  Deutschen  —  Colonisten, 
Handwerker  Kaufleute,  Priester  und  viele 
Ritter  —  sich  dort  niederliessen  und  das 
Land  bis  1520  vom  Orden  der  Deutschen 
Ritter  beherrscht  wurde,  kann  es  keinem 
Zweifel  unterliegen,  dass  Aren.sburg  bei 
Riga  nach  einem  Bückeburger  Ritter  von 
Arensburg  benannt  wurde. 

Die  Insel  Oesel  kam  1645  an  Schwe- 
den, und  da  der  ]\Iilizcommandant  und 
Amtsrichter  der  Deutschen  in  Louisiana 
vor  seiner  Auswanderung  Offizier  in  schwe- 
dischen Dien.sten  war,  ist  anzunehmen,  dass 
er  der  jüngeren,  der  baltischen  Linie  der 
Familie  von  Arensburg  angehörte  und  also 
deutscher  Abstamnnuig  war. 

Seine  Frau  war  eine  Schwäbin,  Ihr  Fa- 
milienname war  ^Margarete  „Metzer",  und 
nach  der  Familientradition  .stammte  sie 
aus  Württemberg.  Unsere  Hi.storiker  be- 
richten ferner,  dass  mit  Arensburg  noch 
dreüssig  schwedische  Offiziere  nach  Loui- 
siana gekonnnen  seien.  Da  die  Heimat 
Arensburg 's  1721.  also  serade  im  Auswan- 
derung.sjahre,  rassisch  wurde,  ist  anzuneh- 


men, dass  viele  in  Livland,  Esthland  und 
Ingermanland  geborene  deutsche  Offiziere, 
die  bis  dahin  auf  der  schwedischen  Seite  ge- 
gen Russland  gefochten  hatten,  das  Exil  der 
Russifizierung  vorzogen  und  auswanderton. 
Es  werden  also  auch  die  oO  „schwedischen" 
Kam<_'i-aden  .Vrensl)urg's  deutsche  Offi- 
ziere aus  den  baltischen  Provinzen  gewesen 
sein. 

Karl  Friedrich  von  Arensburg  diente 
über  40  Jahre  als  ]\Iilizcommandant  und 
Amtsrichter  ,.au.x  Allemands"  und  wurde 
1765  zum  Chevalier  des  IMilitärordens  vom 
Hl.  Ludwig  ernannt.  Er  starb  am  18.  No- 
vember 1777.  Seine  Frau  war  ihm  am  13. 
Dezember  1776  vorau.sgegangen.  Sie  hin- 
terliessen  eine  sehr  zahlreiche  Nachkommen- 
schaft. 

Die  neue  deutsche  Niederlassung. 

Der  den  Deutschen  zugewiesene 
Distrikt  beginnt  20  ^Meilen  oberhalb  New 
Orleans  und  zieht  sich  gegen  30  ^Meilen  auf 
beiden  Ufern  des  ]\Iississippi  hinauf.  Das 
Land  unmittelbar  am  Fluss  ist  wegen  des 
dort  bei  jeder  L^eberschwemmung  zurückge- 
lassenen Erdreiclis  ziemlich  hoch,  in  einer 
Entfernung  von  2  bis  3  ^Meilen  vom  ]Missis- 
sippi  wird  es  aber  tief  und  geht  in  die  mit 
Cypressenwaldungen  bestandenen  Sümpfe 
über.  Es  ist  also  auf  jeder  Seite  des 
Flusses  immer  nur  ein  Streifen  von  zwei 
l)is  drei  ]\leilen  Breite  culturfähig.  Aus 
diesem  Grunde  wird  dort  das  Land  auch 
nur  nach  der  FliLssfront  gemessen  und  zu 
jedem  Arpent  (192')  Front  gehören  40 
Arpents  in  die  Tiefe.  Das  ist,  was  in  den 
Besitztiteln  „die  gewöhnliche  Tiefe"  ge- 
nannt wird. 

Der  District  wurde  bei  seiner  Grün- 
dung „La  Cote  des  Allemands",  gewöhnlich 
aber  nur  ,,Aux  Allemands"  genannt.  In 
der  spaniscUen  Zeit  (von  1769  an)  war  der 
Name  des  Hauptortes  ,.E1  Puerto  de  los 
Alemanes".  und  als  der  Distrikt  getheilt 
wurde,  gab  es  eine  .,Primera  Co.sta  de  los 
Alemanes"    und    eine    „Segunda    Costa". 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  AM  UNTEREN   MISSISSIPPI. 


205 


Seit  1802  heisst  der  untere  Theil  „St. 
Charles  Parish"  und  der  obere  „St.  John 
the  Baptist  Parish".  Beide  zusammen 
bilden  „The  German  Coast". 

Und  so  gingen  denn  die  schwergeprüf- 
ten deutschen  Bauern  wieder  in  die  Wild- 
nis, halfen  ihrem  Commandanten  ein  Fort 
bauen,  das  sie,  ihm  zu  Ehren,  (er  wird 
wohl  ihr  fähigster  Anwalt  bei  den  Unter- 
handlungen gewesen  sein)  „Karlstein" 
nannten,  und  begannen,  das  Land  zu 
klären. 

Was  es  heisst,    dort    eine  Wilduiss    zu 
lichten,  das  kann  nur  der  ahnen,  der  den 
südlichen  Urwald  kennt,  den  Urwald  auf 
mannstiefem  schwarzem  Alluvialgrund,  den 
jede  Ueberschwemmung  des  IMississippi  mit 
neuem  reichem  Schlamm  bedeckt.     Älillio- 
nenfaches  Keimen  weckt   da    die    südliehe 
Sonne  in  jedem  Fussbreit  Boden.     Riesige 
Lebenseiehen  mit  langen  Moosbärten  stehen 
wie  seit  Ewigkeiten  und  spotten  der  Axt. 
Dazwischen    dichtes  Gehölz,    Gebüsch  und 
Gesträuch  und  ein  wahrer  Filz  von  krie- 
chenden, sich  wändenden,  schlingenden  und 
emporkletternden    Pflanzen,    unter    deren 
Schutz  eine  Welt  von  menschenfeindlichem 
Getier    und    Gewürme    haust.       Sengende 
Hitze,    Leoparden,    Bären,  Panther,  wilde 
Katzen,  Schlangen  und  Alligatoren  und  die 
Miasmen   der   mit   dem   Pflug   geöffneten 
jungfräulichen    Erde    verbanden  sich  mit 
den  das  ]\Ienschenwerk    hassenden  Fluten 
des  Mississippi  zum  Kampf  gegen  die  deut- 
schen Colonisten. 

Die  ersten  deutschen  Pioniere  litten 
von  Ueberschwemmungen,  wie  eine  am  17. 
Mai  1722  an  das  Superior  Council  gerichtete 
Eingabe  beweist,  in  welcher  Jakob  Foltz, 
ein  deutscher  Colonist,  erklärt,  dass  er  in 
Folge  einer  Ueberflutung  seiner  „habita- 
tion"  durch  den  Mississippi  von  der  Arbeit 
einas  ganzen  Jahres  nur  drei  Fass  Reis  habe 
ernten  können,  sich  darum  in  grosser  Not 
befände  und  um  leihweise  Ueberlassung 
einiger  Fass  Reis  bitten  müsse,  damit  er  mit 
seiner   Frau    und    seinem    Kinde    bis    zur 


nächsten  Ernte,  bei  welcher  er  alles  wieder 
zurückerstatten  wolle,  leben  könne. 

Und    auch    die     Indianer    waren     eine 
Quelle  beständiger  Sorge,  besonders  um  das 
Jahr  1729,  als  die  Xatchez  die  Franzosen 
im  Fort  Rosalie  (jetzt  Natchez,  Miss.)  ma.s- 
sakrierten,  und  noch  1748  wird  von  einem 
Ueberfall    der   Deutschen    durch    Choctaw 
Indianer    berichtet.      Es    mussten    darum 
selbst  die    Frauen    und    JNIädchen  im  Ge- 
brauch der  Waffen  geübt  sein,  und  auf  ent- 
legenen Plätzen,  wo  man  auf  freistehenden 
hohen   Bäumen   Observationsposten    einge- 
richtet hatte,  pflegten,  wenn  die  Männer 
auf  die  Felder  gingen,  Frauen  und  Mäd- 
chen, Gewehr  im  Arm,  in  die  Kronen  der 
Bäume  hinaufzusteigen  und  Ausschau  nach 
dem  Sumpf  hin  zu  halten,  aus  welchem  die 
Rothäute  sich  heranzuschleichen  pflegten, 
um  die  ]\Iänner  auf  dem  Felde  bei  nahen- 
der Gefahr  durch  Alarmschüsse  zu  warnen. 
Aber     trotz      aller      Drangsale      haben 
deutscher     j\Iut,     deutscher     Fleiss     und 
deutsche  Ausdauer  auch  in  diesem  Kampfe 
gesiegt    und    dem    Boden    nicht    nur    die 
knappe  Notdurft,    sondern    im  Laufe  der 
Zeit  sogar    hohe    Prosperität  abgerungen, 
und  schon  bald  nach  dem  ersten  schweren 
Kampfe     berichten     Reisende,    einen    wie 
freundlichen     Eindruck    die    auf    beiden 
LTfern  des  ^Mississippi  in  endloser  Reihe  da- 
stehenden hübschen  Häuser  der  Deutschen 
auf  sie  gemacht  hätten  und  wie  die  Deut- 
schen an  den  Samstagen  mit  schwerbelade- 
nen Ruderböten  den  Älississippi  hinab  nach 
New  Orleans  zu  fahren  pflegten,  um  dort 
am  Sonntag  Morgen  auf  der  Stelle  des  heu- 
tigen    französischen     Marktes     ihre     Pro- 
dukte :  Gemüse,  Korn,  Reis,  Tabak  und  In- 
digo zu   verkaufen,    und    wie  sie  die  New 
Orleanser,  die  ja  nichts  produzierten  und 
auf  die  Proviantschiffe  von  Frankreich  an- 
gewiesen waren,  durch  ihre  Zufuhren  mehr 
als  einmal    vor    schwerer  Hungersnot  be- 
wahrten. 

In    New    Orleans    Hessen    sie    anfangs 
auch  ihre  Kinder  taufen,  dort  fanden  die 


206 


DIK  ERSTEN  DEUTSCHEN  AM  UNTEREN  MISSISSIPPI. 


Trauunfren  statt.  Leider  sind  die  meisten 
der  New  .Orleanser  Kirehenbiielier  l)ei  dem 
grassen  Feuer  vom  21.  ^lärz  1788.  welehem 
856  liäiiser  zur  Beute  wurden,  verbrannt, 
und  aueh  die  l^üeher  der  17^0  von  den 
Deutsehen  in  ihrem  eij^enen  Distrikt,  dem 
heutigen  St.  Charles  Farish,  erbauten  soge- 
nannten „Roten  Kirehe"  —  136  Jahrgänge 
—  sind  1877  beim  Brand  des  Pfarrhauses 
verloren  gegangen. 

Aber  die  der  1770  im  oberen  Teil  der 
deutselien  Küste,  im  St.  John  the  Baptist 
Parish,  erbauten  Kirche,  deren  erster 
Pfarrer  ein  Deutscher  war,  der  Kapuziner- 
pater Bernhard  von  Limbach,  sind  uns  er- 
halten geblieben. 

Das  waren  die  ersten  Deutsehen  am 
unteren  [Mississippi.  Ihre  Nachkommen 
sind  die  Creolen  deutscher  Abstammung. 

Creolen  sind  die  Nachkommen  der  vor 
dem  Jahre  1803,  also  in  der  Colonialperio- 
•de,  aus  Europa  in  Louisiana  eingewander- 
ten weissen  Bevölkerung.  Sehr  zu  betonen 
ist  „der  w^  e  i  s  s  e  n  Bevölkerung",  weil  es 
Leute  giebt,  welche  dem  Louisiana  Creolen 
eine  IMischung  von  kaukasischem,  afrikani- 
schem und  indianischem  Blut  nachsagen. 
Eine  solche  Deutung  des  "Wortes  ,,Creole" 
mag  für  die  Creolen  auf  den  westindischen 
Inseln,  in  Centralamerika,  Mexiko  und 
Südamerika,  für  die  Nachkommen  der 
s  p  a  n  i  s  eh  e  n  Colonisten,  die  ihre  Rasse 
nicht  rein  bewahrten,  gelten,  nicht  aber  für 
die  Creolen  Louisianas.  Louisiana  war  eine 
französische  Colonie,  in  welcher  schon 
am  10.  September  1724  der  berühmte  „Code 
Noir"  promulgiert  w'urde,  welcher  das  Ver- 
liältniss  der  Weissen  zu  den  Schwarzen 
regelte  und  Heiraten  zwischen  ihnen 
strenge  verbot  und  mit  schweren  Strafen 
ahndete.  Selbst  der  aussereheliche  Bei- 
schlaf zwischen  Angehörigen  der  beiden 
Rassen  war  untersagt,  und  wenn  eine 
"Sklavin  von  ihrem  Herrn  ein  Kind  bekam, 
musste  dieser  300  Livres  Strafe  zahlen,  und 
wurde  die  Negerin  nebst  ihrem  Kind  Eigen- 
thum   des   Haspitals.       Neben   der  gesetz- 


lichen Strafe  folgte  solchen  Verl)in(lungen 
auch  stets  der  soziale  Bann  und  die  Niclit- 
anerkennung  der  solchen  Ehen  entsprun- 
genen Kinder, durch  die  Familie. 

Wie  stark  sind  die  Creolen  deutscher 
Abstammung? 

Auf  diese  Frage  muss  mit  einem  viel 
missbrauchten,  hier  aber  angebrachten 
Ausdruck  geantwortet  werden  —  „wie  der 
Sand  am  Meere".  Die  Kirchenbücher  von 
St.  John  weisen  nämlich  unanfechtbar 
nach,  dass  sich  die  Deutschen,  besonders 
aber  die  alten  Colonisten,  eines  ganz  wun- 
derbaren Kindersegens  erfreuten.  Es 
seheint,  als  ob  der  Himmel  sie  für  die  vielen 
Todten,  die  sie  vor  und  nach  ihrer  Ankunft 
in  Louisiana  beweinen  mussten,  auf  diese 
Weise  wieder  habe  entschädigen  wollen. 
Zehn  und  zwölf  Kinder  in  einer  Familie 
waren  nichts  Aussergewöhnliches.  14,  16, 
18  und  einmal  sogar  22  kamen  vor. 

Und  dabei  hatte  es  mit  der  Versorgung 
der  zahlreichen  Töchter  nicht  die  gering- 
sten Schwierigkeiten,  da  in  der  Colonie  ein 
gros.ser  Mangel  an  Frauen  herrschte.  So 
gross  war  die  Noth,  dass  man  in  Paris  ein- 
mal Prostituierte  aus  den  Spitälern  zusam- 
menholte und  nach  Louisiana  sandte,  um 
die  Colonisten  mit  Frauen  zu  versorgen. 
Nach  dem  Census  vom  23.  November  1721 
—  das  war  zur  Zeit,  als  die  Deutschen  noch 
am  Arkansas  waren  —  kamen  im  Distrikt 
New  Orleans  auf  je  100  ]\Iänner  nur  31 
Frauen  und  19  Kinder. 

Kein  Wunder  also,  wenn  gerade  die 
Söhne  der  besseren  französischen  Familien 
bei  dem  grossen  ]\Iangel  an  passenden  fran- 
zösischen IMädchen  unter  den  moralisch  und 
physisch  kerngesunden  und  von  ihren  I\Iüt- 
tern  zu  tüchtigen  Hausfrauen  herangezo- 
geneu deutsehen  Mädchen  Umschau  hielten, 
und  diese  gewöhnlich  noch  sehr  .jung,  oft 
schon  im  Alter  von  14  und  15  Jahren  hei- 
rateten. 

Von  der  aus  Deutschland  stammenden 
Familie  Ileidel    (jetzt    „Haydel"),  deren 


DIE  ERSTEX  DEUTSCHEN  AM  UNTEREN  MISSISSIPPI. 


207 


Nachkoinniiii  so  zahlreich  sind,  da.ss  einer 
-derselben  sagte :  ,.]\Ieine  Familie  kann  ganz 
-allein  einen  Parish  (ein  County)  bevöl- 
kern", haben  in  den  fünf  Generationen 
weibliehe  Glieder  in  nicht  weniger  als  74 
verschiedene  französische  Familien  gehei- 
ratet, und  nur  sehr  selten  blieb  es  zwischen 
zwei  Familien  bei  einer  einzigen  ehelichen 
Verbindunsr. 

Ja,  selbst  in  die  exclusivsten  Kreise,  in 
•die  Beamten-  und  reichsten  Kaufmannsfa- 
milien drangen  die  deutschen  IMädchen  ein, 
sie  wurden  die  Frauen  altadeliger  französi- 
scher und  spanischer  Offiziere  und  Cheva- 
liers, in  deren  Nachkommen  das  deutsche 
Blut  noch  immer  weiterfliesst. 

Nur  ein  einziges  Beispiel.  Weibliche 
Nachkommen  des  Milizcommandanten  und 
Amtsrichters  der  Deutschen,  Karl  Fried- 
rich von  Arensburg  (jetzt  „d'Arens- 
bourg"),  der  selbst  Offizier  und  Chevalier 
war  und  dessen  Familie  sich  darum  die 
Kreise  der  Standesgenossen  öffneten,  hei- 
rateten in  die  Familien  de  la  Chaise,  de  la 
'Tour,  de  Lagrue,  de  Villere,  de  L'homme, 
'de  Yaugine,  d'Olhond,  Laland  d'Apremont, 
-de  Boisclair,  de  Livaudais,  de  Blanc,  de  la 
Barre,  de  Lery,  de  la  Vergne,  de  Buys, 
Porstall,  Trudeau,  Perret,  St.  Martin,  Mon- 
tegut,  Lanaux,  Beauregard,  Duverje,  Ur- 
•quardt,  de  Reggio,  Rathbone,  Durel,  Lumi- 
nais,  Bermudez,  Bouligny,  Suzeneau,  le 
Breton  und  Tricou. 

Als  der  spanische  General  O'Reilly 
Xouisiana  im  Jahre  1769  das  spanische 
■Joch  aufzwängte,  wählte  er  seclis  der  her- 
vorragendsten Bürger  aus,  die  er,  um  die 
Bevölkerung  einzuschüchtern,  ersehiessen 
liess.  Unter  diesen  waren  nicht  weniger 
als  drei,  welche  Frauen  aus  deutschen  Fa- 
^nilien  hatten  : 

Joseph  Milhct,  der  reichste  Kauf- 
mann der  Colonie,  hatte  eine  IMar- 
garethe  Wiltz,  deren  Vater  aus 
Eisenach  und  deren  Älutter  aus 
Frankenthal  im  Königreich  Sach- 
sen stammte; 


Marquis,    der  Oberct)mmandant  der 
Aui.ständischen,    welcher    Louisi- 
ana zu  einer  Republik  nach  dem 
Muster  der  Schweiz  machen  woll- 
te, hatte  die  Tochter  eines  elsässi- 
schen    Offiziers,    Gregor    Volant 
aus  Landsee  bei  Strassburg,  und 
Joseph  de  Villere,  unter  dessen  Com- 
mando  die  Deutschen  1768  gegen 
die     Spanier     marschiert     waren, 
hatte     eine     Enkelin     des     alten 
d'Arensbourg  zur  Frau, 
^leistens    nahmen    die    deutschen    ^läd- 
chen  aber  deutsche  IMänner,  und  ganze  Fa- 
milien heirateten    ineinander    hinein,  was 
dafür  spricht,  dass  die  Ehen  in  der  R(^gel 
glücklich  gewesen  sein  müssen.       Um  ein 
Beispiel  anzuführen,    heirateten    von  den 
zehn  Kindern  eines    Jakob    Troxler  nicht 
weniger  als  acht  in  die  Familie  Heidel. 

In  solchen  Familien  erhielt  sich  auch 
die  deutsche  Sprache  am  längsten.  Creolen 
erzählten,  dass  ihre  Grosseltern  noch 
deutsch  verstanden,  wenn  sie  es  auch  nicht 
mehr  lesen  und  sehreiben  konnten,  weil  es 
an  der  Küste  der  Deutschen  nie  deutsche 
Lehrer  gab. 

In  Folge  der  vielen  verwandtschaftli- 
chen Beziehungen  zu  französischen  Fami- 
lien und  der  Sitte  der  Creolen,  fast  immer 
in  die  Verwandtschaft  zu  heiraten,  ist  aber 
auch  in  jenen  Familien,  die  drei  Generatio- 
nen reindeutsch  geblieben  waren.  Franzö- 
sisch zur  [Muttersprache  geworden. 

Aber  einzelne  deutsche  Wörter  kann 
man  gelegentlich  noch  hören,  besonders 
Namen  von  Lieblingsspeisen,  ,,die  die  Gross- 
mutter noch  kochen  konnte,  die  aber  heute 
niemand  mehr  machen  kann".  Auch 
deutsche  Personennamen  sind  in  verstüm- 
melter Form  erhalten  geblieben,  wenn  man 
auch  ihren  Ursprung  heute  nicht  mehr 
kennt.  So  heisst  es  z.  B.  in  der  Familie 
Ileidel,  dass  der  erste  in  Louisiana  gebo- 
rene Heidel  „Anscopp"  geheissen  habe. 
Er  hiess  ,.TTansjakob"  und  aus  dem 
„Hansjakob"  ist  nach  der  bei  den  Fran- 


208 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  AM  UNTEREN  MISSISSIPPI. 


zosen  üblichen  Abwerf uug  des  anlautenden 
„h"  „Anscopp"  geworden.  Aehnlieh  ging 
es  mit  „Anipete",  das  „Ilanspeter"  be- 
deutet. 

Am  sehnelisten  ging  es  mit  der  deut- 
sehen Sprache  abwärts,  wenn  ein  junger 
Deutseher  eine  Französin  heiratete.  Da 
wurde  überhaupt  gar  nicht  mehr  deutsch 
gesprochen,  und  auch  die  bei  den  Deutschen 
übliclien  Voriuunen  verschwanden  da  schon 
in  der  ersten  Generation,  weil  jetzt  auch 
die  französische  Mutter  und  ihre  Ver- 
wandten bei  der  Namengebung  berücksich- 
tigt werden  nuissten.  Statt  Hanspeter, 
Ilansjakob,  Hansmichel,  Andre  und  Mat- 
this  nannte  man  die  Buben  der  deutschen 
Bauern  Sylvain,  Ilonore,  Achille,  Anatole, 
Valcourt,  Lczin,  Ursin,  ]\Iarcel,  Sympho- 
rion,  Onesiphort  und  Onesime.  Statt  Anna 
]\Iarie,  Barbara,  Katharina,  Veronika,  Ur- 
sula und  ^larianne  hiessen  die  ]\rädchen 
der  Deutschen  Hortense,  Corinne,  Elodie, 
Enphemie,  Felieite,  Melicerte,  Desiree,  Pe- 
lagie,  Constance,  Pamela  n.  s.  w.,  und  nach 
der  französischen  Revolution  hatte  beinahe 
jede  Familie  ihre  Marie  Antoinette. 

Schicksale  der    deutschen    Familiennamen 
unter  den  Creolen. 

Sehr  zu  bedauern  sind  die  Verände- 
rungen, welche  die  deutschen  Familien- 
namen erlitten  haben.  i\Iit  Ausnahme 
zweier,  „Wiltz"  und  „Keller",  ist  die 
Schreibweise  überall  geändert  worden.  Es 
wissen  die  Nachkommen  der  Deutschen 
heute  nicht  mehr,  wie  die  ursprünglichen 
deutschen  Namen  ausgesehen  haben. 

Zur  Aenderung  der  deutschen  Fami- 
liennamen haben  verschiedene  Umstände 
beigetragen,  am  meisten  aber  wohl  der, 
dass  viele  der  alten  deutschen  Colonisten 
nicht  schreiben  konnten.  Ihre  Jugend  war 
ja  noch  in  die  ersten  fünfzig  Jahre  nach 
dem  30jährigen  Krieg  gefallen,  wo  es  in 
Deutschland  wegen  der  allgemeinen  Zerstö- 
rung und  Verwilderung  mit  den  Schulen 
recht  kläglich  bestellt  gewesen  sein  muss. 


Es  war  also  nicht  ihre  Schuld.  Und  da  sie 
ihren  Kindei-n  nicht  sagen  konnten,  wie  die 
Namen  gesehrieben  wurden,  nuissten  diese 
sieh  an  das  halten,  was  ihnen  französische 
oder  spanische  Lehrer  oder  Priester  sagten, 
und  was  sie  in  amtlichen  Schriftstücken 
fanden.  Lehrer,  Priester  und  Beamte  hör- 
ten die  deutschen  Laute  aber  durch  franzö- 
sische oder  spanische  Ohren  und  schrieben 
sie  nieder,  wie  sie  glaubten,  dass  man  sie 
französisch  oder  spanisch  schreiben  sollte. 
Dazu  kam,  dass  Lehrer,  Priester  und  Be- 
amte jener  Zeit,  wie  die  noch  vorhandenen 
Dokumente  beweisen,  in  ihrer  Sprache 
selbst  nicht  recht  sattelfest  waren.  Endlich 
sprachen  die  Deutschen  ihre  Namen  nicht 
lautgereeht  aus,  sondern  nach  dem  heimi- 
schen Dialekt. 

Dafür  als  Beispiele  die  drei  Namen 
„Schaf",  „Schön"  und  „Manz".  In  Süd- 
deutschland, woher  die  Leute  kamen,  wird 
„o"  dunkel  ausgesprochen,  so  dass  es  sich 
dem  „o",  nähert,  und  der  süddeutsche 
Bauer  sagt  nicht  „meine  Schafe",  sondern 
„meine  Schof  ".  Und  so  schrieben  denn  die 
Franzosen  statt  Schaf  ,,Chauff".  So  ist 
der  Name  heute  noch,  doch  sprechen  ihn  die 
Creolen  jetzt  wie  deutsches  „Schauff "  aus. 
Aus  ,,Sch«c\n",  das  wohl  ,, Schelm"  gespro- 
chen wurde,  machten  sie  „Chesne"  und 
,,Chaigne",  und  ,,]\Ianz"  w'urde  nach  der- 
selben Regel  zu  ,,Montz". 

Viele  Aenderungen  in  der  Schreib- 
weise der  deutschen  Familiennamen  folgen 
dem  allgemeinen  Gesetz  der  Lautverschie- 
bung. ]\ran  pflegte  also  Laute,  die  mit 
demselben  Sprachorgan  erzeugt  werden, 
gegen  einander  auszutauschen. 

Auch  Tauf-,  Orts-  und  Spitznamen 
wurden  zu  Familiennamen.  Die  Tochter 
eines  Jakob  Helfer  wurde  bei  ihrer  Trau- 
ung als  ,,]\Iademoiselle  Yocle"  eingetragen, 
weil  man  den  Vater  statt  Jakob  „Jockl"  zu 
heissen  pflegte. 

Johannes  Ettler  pflegte  seinen  Namen 
„aus  Colmar"  beizufügen.  Daraus  wurde 
„dit    Cowmar",  „alias    Colmar",   und    als 


DIE  ERSTEN  DEl'TSCHEX  AM  UNTEREN   MISSISSIPPI. 


209 


seine  Tochter  Agnes  starb,  liiess  sie  „Ines 
Colnmr". 

]\lerkwürdi;i:  waren  die  Schicksale  das 
Namens  „Hof mann".  Die  Formen:  Ofman, 
Anfman,  Eanfman,  Ilanfman,  Ophnian, 
Oghman,  Oman,  Ilochman,  Ilaukman, 
Hacmin  und  Ocmane  sind  nicht  die  einzi- 
gen Wandlungen,  die  er  erfuhr.  Die  Fa- 
milie kam  aus  Baden,  und  so  folgte  auf  den 
Namen  oft  der  Vermerk  „de  Bade".  ]\Iit 
der  Zeit  verlor  sich  die  Erinnerung  an  die 
Bedeutung  des  „de  Bade"  aber  und  wurde 
ein  neuer  Familienname,  „Badeau",  da- 
raus. 

Die  älteste  Tochter  eines  Hofmann 
heiratete  einen  ]\[ann  namens  „Achtziger", 
dessen  Name,  der  für  einen  Nichtdeutschen 
allerdings  sehr  schwer  zu  schreiben  ist,  viel 
Kopfzerbrechen  gemacht  zu  haben  scheint. 
Man  liest  Ilacksiger,  Oxtiger,  Oxtixer, 
Harxstinger,  Astringer  und  Haxsitper, 
aber  schon  früh  schrieben  die  Beamten 
statt  Achtziger  „Quatrevingt",  dem  sie 
den  ursprünglichen  Familiennamen,  so  gut 
sie  konnten,  als  „alias"  anhängten.  Da 
nun  die  älteste  Tochter  des  Hofmann  ^Ma- 
dame  Quatrevingt  hiess,  scheint  man  die 
jüngere  Schwester  scherzweise  ,,i\Iademoi- 
selle  Quarante"  genannt  zu  haben.  Denn 
der  Name  blieb  ihr,  und  als  sie  heiratete, 
schrieb  man  ins  Trauregister  „Mademoi- 
selle  Quarante,  alias  Hocman". 

Auch  der  Name  „Zweig"  ist  übersetzt 
worden.  ]\Ian  schreibt  heute  „La  branche". 
Die  Familie  stammt  aus  dem  Bistum  Metz 
in  Lothringen.  Am  Ende  des  Ehekontrak- 
tes heisst  es,  dass  der  Bräutigam  nicht 
schreiben  könne.  Dadurch  erhielt  der  fun- 
girende  Notar,  der  den  Namen  ,, Zweig" 
auch  nicht  schreiben  konnte,  eine  Gelegen- 
heit, die  Familie  in  ,,Labranche"  umzu- 
taufen. Die  Tradition  von  der  deutschen 
Abstammung  hat  sich  in  der  Familie  ,,La- 
branche"  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhal- 
ten. Glieder  derselben  konnten  auch  noch 
den  alten  Namen  „Zweig"  sagen,  sprachen 


ihn  aber  „Sweig"   (mit  sehr  sanftem  An- 
laut) aus. 

Endlich  sei  noch  ein  Name  erwähnt, 
den  man  heute  „Sechsschneider"  aus- 
spricht. p]s  heisst,  es  seien  sechs  Brütlcr 
namens  „Schneider"  nach  Louisiana  ge- 
kommen, und  man  habe  jeden  von  ihnen 
einen  der  sechs  Schneider  genannt.  So  sei 
der  Name  entstanden.  Diese  Tradition  ist 
aber,  wie  so  manche  andere,  falsch:  dcini 
der  erste  Pfarrer  von  St.  John,  der  d  e  u  t- 
s  c  h  e  Kapuzinerpater  Bernhard  von  Lim- 
bach (1772—1775),  der  selbst  die  schwie- 
rigsten deutschen  Namen,  wenn  auch  nicht 
so,  wie  heute  üblich,  so  doch  immer  lautlich 
richtig  schrieb,  trug  den  Namen  „Scheck- 
sclmeider"  ein. 

Die  Creolen  deutscher  Abstammung 
bilden  auch  jetzt  noch  einen  grossen,  wenn 
nicht  den  grössten  Teil  der  Bevölkerung  in 
den  Parishes  St.  Charles  und  St.  John  the 
Baptist,  aber  früh  schon  breiteten  sie  sich 
auch  über  die  angrenzenden  Distrikte  aus. 
Zuerst  gingen  sie  nach  St.  James  hinauf, 
wo  sich  manche  auch  mit  den  Acadiern 
vermischten,  dann  nach  Ascension  bis  zu 
dem  Städtchen  Donaldsonville.  Von  dort 
läuft  ein  110  ]\Ieilen  langer  Wasserarm 
vom  ]\Iississippi  nach  dem  Golf,  der  Bayou 
Lafourche,  an  dessen  Ufern  reiches  Allu- 
vialland liegt.  Dorthinab  zogen  sie,  und 
zwi.schen  Donaldsonville  und  Thibodeaux 
ist  wohl  keiji  Ort,  wo  ihre  Namen  nicht  zu 
finden  wären.  Auch  am  Bayou  Teche  und 
in  anderen  Gegenden  Hessen  sie  sich  nieder, 
und  das  AVort  „Teche"  soll  von  „deutsch" 
stammen. 

Aber  grosse  Veränderungen  sind  im 
Laufe  der  Zeit  mit  ihnen  vorgegangen. 
Nicht  so  sehr  im  Typus.  Noch  innner  fin- 
det man  urgermanische  Gestalten  unter 
ihnen,  die  das  aufgenonunene  fremde  Blut 
nur  durch  ihr  lebhafteres  Temperament 
verrathen ;  noch  immer  giebt  es  blonde 
Haare  und  blaue  Augen,  wenn  in  manchen 
Familien  die  beiden  Typen,  der  germani- 
sche und  der  romanische,  auch  nebeneinan- 


210 


DIE  ERSTEN  DEUTSCHEN  AM  UNTER KN   MISSISSIPPI. 


der  herzugehen  scheinen ;  auch  der  reiche 
Kindersegen  ist  geblichen;  noch  immer 
zeigt  der  Cieole  deutscher  Abstauiinung, 
wenn  er  im  allgemeinen  auch  schlanker  ge- 
worden ist,  den  kräftigeren  Körperbau,  und 
die  weit  und  breit  verzweigte  Familie  ,,L" 
liefert  auch  heute  noch  dieselben  Riesen 
wie  damals,  als  die  Urgrossväter  die 
Aeadier  zu  Paaren  trieben,  wenn  diese  von 
St.  James  herabkamen,  um  das  samstäg- 
liche  Tanzvergnügen  der  Deutschen  zu 
stören. 

Die  Verändennigen  beziehen  sich 
vielmehr  auf  ihre  ökonomische  Lage.  Durch 
den  Bürgerkrieg  haben  sehr  viele  Familien 
mit  ihren  Sklaven  auch  ihren  ganzen 
Grundbesitz,  die  Quelle  ihres  Reichthums, 
verloren.  Sie  haben  also  das  Loos  der  an- 
dern Creolen  geteilt,  indess  haben  sie,  dank 
ihrer  anererbten  Tatkraft,  auch  den  zu 
ihren  Ungunsten  veränderten  Verhältnis- 
sen eine  Existenz  abgetrotzt  und  sich  mit 
der  neuen  Zeit  abgefunden.  Und  jetzt, 
nachdem  der  durch  den  Bürgerkrieg  unter- 
brochene, in  den  letzten  20  Jahren  aber 
wieder  energisch  betriebene  Eisenbahnbau 
in  Louisiana  ^lillionen  Acker  neuen,  frühen' 


unzugänglichen  Landes  der  Cultur  geöff- 
net, nachdem  Handel  und  Industrie  einen 
hohen  Aufschwung  genonnnen  halben,  und 
der  Bau  des  Panama-Canals  New  Orleans 
sowohl,  wie  dem  Staate  Louisiana,  eine  un- 
geahnte Aera  der  Prasperität  verbürgt,  ist 
auch  für  die  durch  den  Krieg  so  schwer  be- 
troffenen Creolen  wieder  eine  bessere  Zeit 
im  Anzug,  und  viele  derselben  befinden 
sich  in  der  Tat  schon  jetzt  w'ieder  auf  dem 
Weg  zum  AYohLstand. 

Aber  ihr  goldenes  Zeitalter  ist  doch 
vorüber  und  wird,  so  wie  es  war,  nie  mehr 
wiederkehren.  Das  wissen  sie  auch,  und 
darum  wenden  sich  ihre  Gedanken  mit  Vor- 
liebe der  Vergangenheit  zu.  Auch  ihrer 
deutschen  Abstamnnmg  gedenken  sie  noch 
gern,  und  wenn  sie  heute  wehmütig  auf  das 
Land  hinblicken,  das  ihre  Ahnen  einst  der 
Wildnis  und  dem  ^li.ssis.sippi  abgerungen, 
das  auch  ihnen  gehörte,  has  heute  aber  an- 
dere bebauen,  dann  sagen  sie  noch  immer 
mit  Stolz :  „Wir  sind  die  Nachkommen 
jener  Deutschen,  die  aus  der  Wildnis  hier 
ein  Paradies  geschaffen,  wie  Louisiana  nie 
ein  zweites  b'csass." 


Die  Deutschen  in  Illinois. 


EMIL  MANNHARDT.  Chicago. 


Schon  unter  den  Franzosen,  welche  zur 
Zeit,  als  General  George  A.  Clarke  durch 
die  Einnahme  von  Kaskaskia  und  Vineen- 
nes  das  Gebiet  von  Illinois  für  Virginien 
eroberte,  so  ziemlich  dessen  einzige  weisse 
Bewohner  waren,  befanden  sieh  dort 
einige,  wenn  auch  wenige,  Deutsche.  Und 
zwar  sowohl  unter  den  Soldaten  und  Offi- 
zieren, wie  imter  den  höheren  Beamten. 
Zumeist  waren  es  wohl  Elsässer;  doch  von 
Einem,  dem  Richter  Fhilipp  Engel,  wissen 
wir,  dass  er  ein  Hessen-Darmstädter  Avar. 
Kaimi  mehr  als  ein  Dutzend  Deutsehe 
Hessen  sich  während  des  letzten  Jahrzehnts 
des  achtzehnten  und  während  des  ersten 
Jahrzehnts  des  neunzehnten  Jahrhunderts 
in  Illinois  nieder,  und  aus  dessen  zweitem 
Jahrzehnt  ist  nur  die  Niederlassimg  eines 
deutschen  ]\Iaurers  in  Belleville  und  die 
dreier  Schweizer-Familien  in  der  Nähe 
dieses  Ortes  festgestellt. '  Dagegen  hatte 
während  dieser  30  Jahre  eine  ziemlich  an- 
sehnliche Einwanderung  deutscher  Nach- 
kommen aus  Nord-  und  Süd-Carolina,  Ala- 
bama, Kentucky  und  Tennessee,  zum  Theil 
auch  aus  Pennsylvanien  und  A^'irginien 
stattgefunden,  —  Nachkommen,  welche 
noch  der  deutschen  Sprache  oder  der  penn- 
sylvanischen  Abart  derselben  mächtig 
waren.  Denn  sie  bildeten  Kirchengemein- 
den, in  denen  noch  bis  in  die  vierziger  luid 
fünfziger  Jahre  hinein  deutsch  (imd  eng- 
lisch) gepredigt  wurde.  Von  einer  in 
Union-County  wissen  war  sogar,  dass  sie 
erst  im  Jahre  1869  ihre  bis  dahin  deutsche 
Gemeinde-Verfassung  durch  eine  in  engli- 
scher Sprache  abgefasste  ersetzte. 

Das  dritte  Jahrzehnt  brachte  einige  sehr 
tüchtige  Landwirthe,  welche  die  Eingebo- 
renen den  diesen  bis  dahin  unbekannten 
Weizenbau  lehrten,  nach  dem  südlichen 
Illinois;    wie    überhaupt  dieses    vor  dem 


Jahre  1830  fast  ausschliesslich  von  der  Ein- 
wanderung, der  inländischen  wie  ausländi- 
schen, aufgesucht  wurde.  Im  mittleren  imd 
nördlichen  Illinois  gab  es,  weil  diese  Gegen- 
den noch  nicht  von  den  Indianern  gesäu- 
bert waren,  nur  erst  wenig  vorgeschobene 
weisse  Niederlassungen  an  den  Flüssen 
(Alton,  Quincy,  Beardstown,  Peoria, 
Kickapoo,  Springfield),  bei  den  Bleigru- 
ben in  und  um  Galena,  imd  die  aus  wenigen 
Hütten  bestehende  um  das  Fort  Dearbom 
herum  am  Michigan-See  —  das  zukünftige 
Chicago.  Unter  der  bunten  Grubenbevöl- 
kerung in  und  bei  Galena  befanden  sich 
einige  Deutsche  und  Schweizer;  der  erste 
Bürgermeister  des  Ortes  hiess  Stahl  und 
war  von  deutschen  Eltern  in  Baltimore  ge- 
boren worden.  In  Beardstown  hatte  sich 
der  bedeutende  Geschäftsmann  und  Städte- 
gründer Franz  Arenz  (geb.  in  Blankenburg 
im  Regierungsbezirk  Cöln  und  1827  nach 
Amerika  gekommen)  niedergelassen. 

Erst  das  vierte  Jahrzehnt  brachte,  wie 
in  die  sämmtlichen  ]\Iittelstaaten,  so  nach 
Illinois,  eine  bedeutende  deutsche  Einwan- 
derimg. Und  das  südliche  Illinois  wurde 
besonders  begünstigt  durch  die  Niederlas- 
simg einer  beträchtlichen  Zahl  hochgebil- 
deter und  studirter  ]\Iänner,  welche  durch 
die  trüben  politischen  Verhältnisse  in  der 
Heimath  und  die,  der  verunglückten  revo- 
lutionären Erhebung  von  1833  folgende, 
politische  Verfolgimg  zur  Auswanderung 
getrieben  waren.  Sie  übten  nicht  nur 
durch  ihre  hohe  Bildimg  auf  ihre  Umge- 
bimg einen  aufldärenden  imd  verfeinern- 
den Einfluss  aus,  sondern  machten  sich  als 
Aerzte  {Trapp,  Berclielmann,  Reuss),  als 
hohe  Beamte  (Gouverneur  Körner),  als 
bahnbrechende  Pädagogen  (Georg  Bim- 
sen), als  hervorragende  Forscher  und  Ge- 
lehrte {Wislicenus,  Georg  Engelmann,  Ju- 


212 


DIE  DEUTSCHEN  IN  ILLINOIS. 


lius  und  Eugen  Wohhniar  Ilihjard),  als 
bedeiittnide  Fiiiaiizinämu'r  {Eduard 
Ahcud,  lliunj  Villard)  und  als  taptVre 
Soldaten  und  Heerführer  im  Bundeskriege 
(Eiigflmann.  Gaugcliu,  Kirchcr  u.  A.) 
nicht  nur  iiu-er  näheren  Tnifrebung  nütz- 
lich, sondern  wurden  zum  Theil  für  das 
ganze  Land  von  hervorragender  Bedeu- 
tung. Ungefähr  zu  gleicher  Zeit  mit  die- 
sen, die  sich  Belleville  und  Umgebung  zum 
"Wohnsitz  erkoren,  kamen  nach  ]\Iadisou 
County  die  KöpfU  und  Suppuirr  aus  der 
Schweiz  und  legten  den  Grund  zu  den 
grossen  schweizer  Niederlassungen  in 
jenem  County.  Gegen  Ende  des  vierten 
Jahrzehnts  erhielt  das  südliche  Illinois 
noch  einen  starken  Zuzug  von  Lutheranern, 
einige  davon  Sachsen,  die  mit  dem  Bischof 
Stephan  gekommen  waren,  meist  aber  pom- 
mersche  Bauern,  die  der  von  Friedrich  Wil- 
helm IIL  von  Preussen  dekretirten  Ver- 
schmelzung des  reformirten  und  lutheri- 
schen Bekenntnisses  aus  dem  Wege  gingen 
und  die  sich  meist  in  den  südlichen  Coun- 
ties  Washington,  Randolph  und  ^Monroe 
niederlies.sen.  Nach  dem  Black  Hawk- 
Kriege,  wälirend  dessen  Chicago  in  der 
Person  des  ^Marketenders  und  Bäckers 
Matthias  Megcr  seinen  ersten  bleibenden 
deutschen  Bewohner  erhielt,  begann  auch 
die  Einwanderung  Deutscher  in  die  nörd- 
liche Hälfte  des  Staates  einen  Anlauf  zu 
nehmen.  Als  Chicago  1837  Stadt  wurde 
und  seine  ersten  Beamten  wählte,  zählte 
man  unter  den  Wählern  bereits  18  Deut- 
sche. In  dem  nordwestliehen  Winkel  von 
Cook  County  und  den  angrenzenden  Thei- 
len  von  Du  Page  County  li essen  sich  seit 
1834  eine  Anzahl  Bauern  aus  dem  westli- 
ehen Hannover  imd  dem  Schaumburgi- 
schen nieder,  die  schon  1837  gemeinsam 
mit  den  Chicagoer  Protestanten  eine  eigene 
Gemeinde  bildeten,  welche  am  1.  Januar 
1839,  dem  erhaltenen  Kirchenbuche  zu- 
folge, über  100  ]\Iitglieder  zählte.  Ueber- 
haupt  bildet  das  Jahr  1837  den  Ausgangs- 
punkt   der    kirchlichen    Gemeindebildung 


unter  den  Deutschen  in  Illinois.  In 
C^uincy  lindet  sich  eine  protestantische  und 
eine  katholische,  in  Belleville  eine  katho- 
lische luid  eine  freie  protestantische,  in 
Washington  Coimty  eine  lutherische  Ge- 
meinde. 

Der  Bau  des  Hlinois-lMichigan-Kanals 
führte  Ende  der  dreissiger  und  in  den  vier- 
ziger Jahren  eine  Anzahl  deutscher  Arbei- 
ter in  den  nördlichen  Theil  des  Staates,  aus 
denen  später  Ansiedler  wurden.  Das  Ende 
des  fün1t(Mi  und  das  .sechste  Jahrzehnt 
brachten  viele  Achtundvierziger,  zum  Theil 
hochgebildete  ^Männer,  von  denen  einige, 
wie  Georg  Schneider,  Lorenz  Brentano, 
Caspar  Butz,  Rössler,  Wilhelm  Rapp  und 
Hermann  Raster  (dieser  kam  freilich  erst 
nach  dem  Bürgerkriege  nach  Illinois),  sich 
einen  nationalen  Namen  gemacht  haben. 
Der  ]\Iehrzahl  nach  aber  waren  es  tüchtige 
Bauern.  Handwerker  und  Geschäftsleute. 
Da  in  Illinois  noch  viel  gutes  Land  billig 
zu  haben  war,  zog  es  besonders  den  deut- 
sehen Bauernstand  mächtig  an,  und  in- 
folge davon  auch  den  Handwerker,  dem  in 
den  schnell  aufhlülienden  kleinen  und 
grossen  Städten  sicherer  Verdienst  in  Aus- 
sicht stand.  Im  siebenten  Jahrzehnt 
brachte  nach  dem  Bürgerkriege  das  wäh- 
rend desselben  angenommene  Ileimstätten- 
gesetz  eine  neue  starke  landwirthschaft- 
liche  Einwanderung ;  an  den  gro.ssen  deut- 
schen Einwanderungen  der  siebziger  und 
achtziger  Jahre  nahm  Illinois  in  gleichem 
Masse  Theil,  wie  der  übrige  Norden. 

Die  deutsche  Einwanderung  in  Illinois 
stellte  sich  in  den  einzelnen  Jahrzehnten 
nach  einer  auf  die  jedesmaligen  Bestände 
an  deren  Ende  gegründeten  Berechnung 
wie  folgt : 

Bis  1840:  10,356 

Von  1841  bis  1850:     36,678  J 

Von  1851  bis  1860:  143,290  ^ 

Von  1861  bis  1870:     87,855 

Von  1871  bis  1880:     88,284 

Von  1881  bis  1890:  143,220 

Von  1891  bis  1900:     82,171 


A 


DIE  DEUTSCHEN  IN  ILLINOIS. 


213 


Im  Jahre  1900  hatte  der  Staat  Illinois 
nach  der  auitliehen  Volkszählung  jenes 
Jahres  •4.7;34.873  weisse  Bewohner.  Davon 
waren  359,679  eingewanderte  Deutsehe  — 
Reiehsdeutsehe,  Deutseh  -  Oesterreicher, 
Deutseh  -  Schweizer  und  Luxemburger  — 
die  auch  in  den  oben  angeführten  Ziffern 
eingeschlossen  sind.  Nicht  eingeschlossen 
darin  sind  die  Ungarn,  vcm  denen  die  grosse 
]\Iehrzahl  gute  Deutsche  sind,  und  auch 
nicht  die  aus  dem  deutschen  Reiche  kom- 
menden Polen,  von  denen  ein  beträchtlicher 
Theil  deutsche  Gesittmig  angenommen  hat. 
Deren  Zahl  betrug  allein  in  Cook  County 
im  Censusjahre  34,285. 

Zu     diesen     eingewanderten     Deutschen 
kamen  934,149  deutsche  Nachkommen  der 
deutschen  Einwaudermig  des  letzten  Jahr- 
himderts,  wovon  der  Volkszählung  zufolge 
650,070  auf  die  von  deutschen   Eltern   in 
den  Vereinigten  Staaten  geborenen  Kinder, 
der  Rest  von  284,879  auf  die  Enkel  imd  Ur- 
enkel derselben  entfallen.    Im  Ganzen  also 
belief  sich  der  von  der  deutschen  Einwan- 
derung des  19ten  Jahrhunderts  zur  Bevöl- 
kermig   von    Illinois    gestellte    Antheil    im 
Jahre  1900  auf  1.293.828  oder  26.S3  Pro- 
zent der  weissen  Bevölkerung.    Das  ist  aber 
noch  lange  nicht  der  Gesammtantheil  deut- 
schen Blutes  daran.     Denn  auch  die  Nach- 
kommen  der   deut.schen    Einwanderer   des 
17ten      imd      18ten      Jahrhimderts      sind 
in    Illinois    in    grosser    Stärke    vertreten. 
Ihren  Antheil  an  der  Hand  amtlicher  Er- 
hebungen   zu    ermitteln,    ist    leider    nicht 
möglich,    denn    in    den    amtlichen    Volks- 
zählimgsberichten   sind  sie   selbstverständ- 
lich,   wie  auch    die  Enkel    der  im  letzten 
Jahrhundert    Eingewanderten,   als   Kinder 
einge])orener     Eltern     aufgeführt.       Giebt 
auch  der  Census  an,  wie  viele  der  im  Jahre 
1900   in   Illinois   wohnenden   Personen    in 
anderen    Staaten   geboren   sind,   so   würde 
selbst  die  Kenntniss  des  Verhältnisses  der 
Bevölkerung    deutscher    Abstannnung    zur 
Gesammtbevölkerung     in     diesen     Staaten 
nicht  genügen,  um  den  Antheil  deutschen 


Blutes    an     diesem    Zuzüge    festzustellen. 
Denn  die  deutschen  Naclikommen  scheinen, 
wie    die    Besiedlungsge.schichte    des    Nord- 
west gebiets  deutlicli  beweist,  sich  in  Ame- 
rika die  deutsche  Wanderlust  bewahrt  zu 
haben.     Nachweisbar  befanden  sich  unter 
denen,  welche  im  ersten  Drittel  des  19ten 
Jahrhunderts  aus  Nord-Carolina  nach   Il- 
linois   übergesiedelt    sind,    ein    reichliches 
Drittel    deutscher    Nachkommen,    und    die 
haben    natürlich    wegen    ihres    fast    hun- 
dertjährigen   AVohnsitzes    im    Staate    eine 
zahlreiche  Nachkommenschaft  gezeugt.    Es 
verdient    hervorgehoben   zu    werden,    dass 
einige  dieser  Familien  sich  rein  deutsch  er- 
halten haben.     Von  den  Nachkonnnen  der 
Deutschen,  welche  einst  das  Shenandoah- 
Thal  in  Virginien  und  das  westliche  ^lary- 
land  bebauten  und  bevölkerten,  und  von 
dort  verschwunden  sind,  haben  sich  viele 
in   Illinois   angesiedelt.     So   befindet  sieh 
eine  bedeutende  Niederlassimg  von   Dim- 
kers  deutscher  Abstammung  im  illinoiser 
County   Ogle.     Besonders    stark    war  der 
Zuzug  dieser  deutschen  Nachkommen  aus 
Pennsylvanien,  Virginien  imd  ^Maryland  in 
den  Jahren  1840  bis  1860.    Das  ergiebt  sieh 
aus    den    geschichtlichen    Aufzeichnimgen 
der   einzelnen    Counties.      Und   sie   waren 
in   dem   noch   menschenleeren    Staate   vor 
Anderen    willkommene    Gäste,    sowohl    als 
tüchtige   xVckerbauer,   wie   ganz   besonders 
die    Pennsylvanier    als    Handwerker    und 
^Mechaniker.     Fast  immer  findet  man  ihre 
Geschicklichkeit    gerühmt,    und    besonders 
wird  hervorgehoben,   dass  sie   ihre   "Werk- 
zeuge mitbrachten.     Denn  an  solchen  man- 
gelte es  auch  noch  in  den  fünfziger  Jahren 
so  sehr,  dass  in  manchen  Gegenden  die  Axt 
alle   andern   ersetzen   und   alle   Arbeit   des 
Tischlers     und    Zimmermanns    verrichten 
musste.     Die  ^Mehrzahl  der  ersten  INIühlen 
im  Staate  scheint  von  Deutsch-Pennsylva- 
niern  angelegt  worden  zu  sein.    In  Chicago 
und  Umgegend  wohnen  mehrere  Nachkom- 
men von  Deutschen  aus  dem  ^lohawk-Thal, 
deren  Ahnen  unter  Ilerckheimer  fochten. 


214 


DIE  DEUTSCHEN   IX   ILLINOIS. 


Aber  ist  auch  die  Zahl  difser  deutschen 
Naehkoiumen  nicht  an  der  Hand  amtlicher 
Erhebungen  festzustellen,  so  lässt  sie  sieh 
doeh  mit  einiger  Sieherheit  aus  dem  INIi- 
schimgsverhältniss  berechnen,  das  im  Jahre 
1830  unter  der  amerikanischen  Bevölke- 
rimg  bestand.  Naeh  solcher  in  den  D.  A. 
Geschicht.sblättern,  Band  4.  Heft  3.  veröf- 
fentlichten Berechnung,  an  deren  annä- 
hernder Richtigkeit  zu  zweifeln  bis  dahin 
kein  Anlass  vorliegt,  stellt  sich  dieser  deut- 
sche Antheil  auf  674.089,  und  bringt  den 
gesammten  deutschen  Antheil  an  der 
weissen  Bevölkerimg  von  Illinois  auf 
1,967,926  oder  41.56  %  der  weissen  Bevöl- 
kerimg. 

Jedoch  nicht  die  Älenge  giebi  den  Aus- 
schlag, sondern  das  Thun.  Was  haben  diese 
vielen  Deutsehen  und  deutschen  Nachkom- 
men in  Illinois  für  Illinois  und  dadurch 
für  das  ganze  Land  geleistet '? 

Nim,    gar    Manches.      Zuächst    hat    der 
deutsehe  Bauer  einen  ganz  hervorragenden 
Antheil      an      der      landwirthschaftlichen 
Blüthe  des  Staates.  Rühmte  man  schon  den 
Deut.sch-Pennsylvaniern     nach,     dass     sie 
ihre  Farmen  in  besseren  Zustand  zu  brin- 
gen und  darin  zu  erhalten  wus.sten,  als  ihre 
Nachbarn,  so  ward  dasselbe  Lob  in  noch 
höherem  j\Iasse  von  absolut  imparteiischer 
Seite  den  im  vorigen  Jahrhundert  einge- 
wanderten deutschen  Bauern  zu  Theil.  — 
AVenn   in   den  zehn  Jahren  von   1850  bis 
1860  der  Bestand  des  angebauten  Landes 
in  Illinois  sich  fast  verdreifacht,  der  Werth 
der  Farmen  auf  das  Vierundeinhalbfache 
steigt,  Illinois  als  Korn-  und  Weizen-Pro- 
duzent an  die  erste  Stelle  rückt,  die  But- 
terfabrikation von  ein  auf  achtimdzwanzig 
Millionen  Pfund  klimmt,  während  die  Be- 
völkerung sich  nur  verdoppelt,  so  darf  man 
wohl    dieses    ausserordentliche    Ergebniss 
zum  guten  Theil  auf  Rechnung  der  hun- 
derttau.send  fleissigen  und  tüchtigen  deut- 
schen Bauern  setzen,  Melche  das  Jahrzehnt 
dem  Staate  gebracht  hatte.     An  der  He- 
bung der  Viehzucht,  deren  Werth  auf  das 


Dreifache  gestiegen  war.  und  der  des  Wei- 
zenbaues, dessen  Ertrag  von  9  auf  24  Mil- 
lionen Busheis  erhöht  war,  hatten  sie  jeden- 
falls den  Hauptantheil.  Denn  der  Wei- 
zenbau war  den  Amerikanern  im  allgemei- 
nen noch  eine  unbekannte,  und  die  Vieh- 
zucht zum  Zwecke  der  ^Meierei  eine  zu 
mühsame  Sache. 

Aus  dem   Census  geht  hervor,   dass  im 
Jahre  1900  22.43  Prozent  aller  Farm-Heim- 
stätten in  Illinois  von  Deutschen  und  deren 
Kindern  bewirthschaftet  wurden,  und  dass 
sie  von  22.01  Prozent  derselben  die  Eigen- 
thümer  waren.     Durch  die  Enkel  und  die 
Nachkommen  der  deutschen  Einwanderim- 
gen  früherer  Jahrhunderte  steigt  der  deut- 
sche Antheil  an  der  Farmbewirthschaftung 
auf  47.79,   der  am  Farmbesitz   auf  47.53 
Prozent.     Darnach  ist  ein  Zweifel   daran, 
dass   die   deutschen   Bauern    den   grössten 
Antheil  am  Wohlstände  von  Illinois  hatten 
und  haben,  nicht  gut  mehr  möglich.    Auch 
steht  ein  Rückgang,  wenigstens  so  weit 'das 
eingewanderte  deutsehe  Element  in  Frage 
kommt,  nicht  zu  befürchten.     Denn  immer 
noch  werden  eingewanderte  Deutsche  erst 
Pächter  und  dann  Besitzer  von  amerikani- 
schen  Farmen,    auf   denen   sie   zuerst    als 
Knechte  gedient  hatten.     Der  Farmbesitz 
in  der  LTmgegend  von  Chicago  —  in  Cook, 
Du  Page  und  Will  County  —  geht  mehr 
und  mehr  in  deutsche  Hände  über,  imd  es 
gie])t  wenigstens  ein  Township,  in  welchem 
alle  Farmen  Deutsclien  gehören,  und  eine 
Anzahl,  denen  das  gleiche  Schicksal  bevor- 
steht.    Im  südlichen  Illinois,  in  Washing- 
ton,    Madison,     St.     Clair     imd     Monroe 
County,  macht  sich  eine  ähnliche  Erschei- 
nung geltend. 

Aus  dem  Census  geht  femer  hervor,  dass 
die  im  19ten  Jahrhundert  eingewanderten 
Deutschen  imd  ihre  hiergeborenen  Kinder 
einen  ihren  Antheil  an  der  Bevölkerung 
übersteigenden  Antheil  an  der  Familien- 
bildung (25.92%)  haben:  Auf  der  Fa- 
milie aber  beruht  die  Sicherheit  des  Staates, 
und  der  Besitz  der  eigenen  Wohnstätte  ist 


UTE  DEUTSCHEN  TX  TTJ.TXOTS. 


215 


«ines   der  sichersten   Kennzeieheu   solideu 
Bürgerthiims. 

Den  sehr  bedeutenden  Antheil  des  deut- 
schen Elements  in  Illinois  am  Handel  imd 
an  der  Industrie  zu  bestinnnen,  ist  äusserst 
schwierig.  Denn  der  Census  giebt  für  die 
Betheiligimg  der  einzelnen  Elemente  an 
diesen  Dingen  nur  Anhaltspunkte,  und 
deren  sehr  geringe.  Und  der  Gegenstand 
der  Untersuchung  ist  ein  so  umfangreicher 
und  so  sehr  verzweigter,  dass  selbst  bei 
deren  Beschränkung  auf  einzelne  Zweige 
oder  Lokalitäten  jedes  Ergebniss  der  wün- 
schenswerthen  Genauigkeit  entbehren 
wird.  Auch  die  gewiegtesten  Finanzleute 
Chicago 's  z.  B.  —  ^Männer,  die  seit  einem 
halben  Jahrhundert  imd  darüber  im  Bank- 
geschäft thätig  sind  imd  an  der  Spitze 
grosser  Bank-Institute  stehen  —  erklären, 
dass  die  Bestimmung  des  deutschen  An- 
theils  auch  nur  am  allgemeinen  Geschäfts- 
Kapital  Chicago 's  zu  den  Unmöglichkeiten 
gehöre.  Doch  giebt  einer  derselben  zu,  dass 
wenn  man  diesen  Antheil  auf  ein  Drittel 
schätze,  man  sich  auf  der  sicheren  Seite  be- 
finden werde.  Das  stimmt  mit  der  allge- 
meinen Annahme  überein.  Aber  ob  diese 
für  Chicago  richtig  ist,  imd  ob  sie  auch 
für  den  ganzen  Staat  Illinois  zutrifft,  da- 
für müssen  wir  versuchen,  einige  hindeu- 
tende Belege  zu  finden. 

Einen  solcher  Belege  sollten  die  Credit- 
nachschlagebücher  bieten.  Aus  ihnen 
sollte  man  die  Grösse  des  Geschäftskapitals 
imd  des  Credits  der  Firmen  ermitteln  kön- 
nen. Aber  es  ist  leicht  ersichtlich,  dass 
auch  diese  Quelle  nur  annähernde  Ergeb- 
nisse liefern  kann,  sobald  man  in 's  Auge 
fasst,  wie  viele  Deutsche  als  Voll-  oder 
Theilbesitzer  hinter  Firmen  und  Corpora- 
tionen  stehen,  deren  Namen  man  es  nicht 
ansehen  kann.  Aber  immerhin  wird  diese 
Quelle  eine  Hülfe  sein.  Weitere  Hülfe 
muss  in  den  Adressbüchern  gesucht  werden, 
wo  solche  existiren.  Und  endlich  müssen 
•einzelne  bekannte  Thatsachen  als  Finger- 
■zeige  herangezogen  werden. 


Ziehen    wir    letztere    zuerst    heran    und 
wenden  wir    uns    zunächst    zur  Industrie, 
zum   grüs.sen  und  kleinen   Gewerbe.     Von 
ihrem  ersten  Eintreffen  an  waren  die  deut- 
schen   Handwerker   ihrer   Geschicklichkeit 
und  Ausdauer  halber  gesuchte  Leute,  und 
in  Folge  des  guten  Verdienstes  und  ihres 
Strebeus  vorwärts  zu  kommen,  bald  in  den 
Stand  gesetzt,  sich  selbständig  zu  machen. 
Wie  die  ersten  den  Grund  legen  halfen  zu 
den  grossen  Industrien  von  heute,  so  halfen 
die    später    kommenden    diese    Industrien 
ausbauen.     Die  grosse  Einwanderung  der 
achtziger  Jahre  bestand  zum  überwiegen- 
den Theile  aus  geschickten  Handwerkern, 
die  für  die  Entwicklung  der  Grossind iistrie 
von  grossem  Nutzen  wurden.     Nicht  etwa 
nur  als  Arbeiter:  Deutsche  Ingenieure  in 
Chicago      (Hemberle,      Lassig,      Gottlieb, 
Meyer,    Binder   u.    A.)    haben    einen    sehr 
grossen     Theil     der     grossen     Eisenbahn- 
Brücken  des  Landes  konstruirt,  wie  z.  B. 
die  Pittsburger  Brücke  über  den  ]\Iononga- 
hela,  die  Mississippi-Brücken  bei  La  Crosse 
und  Quincy,  die  Missouri-Brücken  bei  At- 
chison,   Glasgow  und  Omaha,   die  Riesen- 
brücke über  den  Hudson  bei  Poughkeepsie, 
mehrere  der  grossen  Viadukte  der  Pacific- 
Bahnen,  und  wahrscheinlich  die  ]\Iehrzahl 
der  kleineren  eisernen  Brücken   aller  von 
Chicago  westlich  führenden  Bahnen.     Ein 
deutscher  Kunsttischler  hat  den  Pullman- 
Wagen  zwar  nicht  erdacht,  aber  dem  ersten 
die  erste  Einrichtimg  gegeben  und  sie  aus- 
geführt.    Einige  der  grossen  Illinoiser  In- 
dustriellen auf  den  Gebieten  der  Wagenfa- 
brikation,   der    Eisenindustrie,    der    Gelb- 
giesserei,  der  Eismaschinenfabrikation,  der 
Kupferschmiedekunst,  der  Holzindustrieen, 
der  Pianofortefabrikation,  der  feinen  ]Mö- 
belfabrikation  und  Office-Einrichtung  sind 
Deutsche.      Die   Backstein-Fabrikation    ist 
zu  fünf  Sechstel  in  deutschen  Händen.  Auf 
den  Gebieten  der  Graveurkimst,  der  Litho- 
graphie, des  Stahlstichs,  des  Buntdrucks, 
nehmen  Deutsche  die  erste  Stelle  ein.  Dass 
die  Illinoiser  Brauereien  mit  ganz  wenigen 


216 


DIE  DEUTSCHEN  IN  ILLINOIS. 


Ausnahmen  von  Deutschen  pe^ründet  wor- 
den sind  und  Deutsclien  freh()ren.  ist  wohl 
kaum  besonderer  Erwähnung  werth.  Alle 
Braumeister  sind  entweder  eingewanderte 
Deutsehe  oder  auf  den  zwei  Chieagoer 
Brauerschulen  vorgebildete  Söhne  von 
solchen.  In  der  grossen  elektrischen  In- 
dustrie, welche  die  Neuzeit  gebracht  hat, 
stehen  Deutsche  an  der  Spitze  der  wissen- 
schaftlichen Leitung.  In  fast  allen  Be- 
trieben, die  deren  Mitwirkung  erfordern, 
sind  die  Chemiker  Deutsche  oder  deutsche 
Nachkommen.  Die  grösste  Zinkschmelze 
des  Landes  (in  La  Salle),  die  grösste  Fa- 
brik von  Wasserleitimgs-Einrichtimgen,  die 
grösste  Glukose-Fabrik  (beide  in  Chicago) 
sind  von  Deutschen  gegründet  und  in  deren 
Besitz.  Die  grösste  Gerberei  in  Chicago  ist 
in  den  fünfziger  Jahren  von  einem  Deut- 
schen gegründet,  der  seinen  Namen  vereng- 
lischt hat.  Die  Kleiderfabrikation  liegt, 
wie  im  ganzen  Lande,  so  in  Illinois,  in  den 
Händen  von  Deutschen  jüdischer  Abkunft. 

"Was  die  Baukunst  imd  das  Baugewerbe 
betrifft,  so  waren  die  deutsehen  Architek- 
ten, welche  ]\Iitte  der  fünfziger  Jahre  sich 
einstellten,  so  ziemlich  die  ersten,  welche, 
wenigstens  in  Chicago,  das  Bauwesen  auf 
eine  wissenschaftliche  Grundlage  stellten ; 
sie  nahmen  Jahrzehnte  lang  unter  ihren 
Collegen  den  ersten  Platz  ein  und  genies- 
sen  auch  heute  noch  durchweg  grosses  An- 
sehen. Schwerlich  hat  es,  bis  in  die  neueste 
Zeit  hinein,  irgend  eine  irgendwie  bedeu- 
tende Architekten-Ofifice  gegeben,  in  wel- 
cher nicht  Deutsche  als  Zeichner  imd  Be- 
rechner angestellt  gewesen  wären.  Fast 
bis  zum  Ende  des  19ten  Jahrhunderts 
waren  die  Hausbau-Unternehmer  (Maurer, 
Zimmerer,  ]Maler)  in  überwiegender  Zahl 
Deutsche,  und  sie  nehmen  auch  heute  noch 
einen  bedeutenden  Prozentsatz  darunter 
ein.  Die  bedeutendste  Steinhauer-,  die  an- 
gesehenste Stuckatur-Kontraktoren-Firma 
sind  Deutsche;  die  für  diesen  Zweig  bahn- 
brechende riesige  Northwestern  Terra  Cot- 


/«-Fabrik    i.st    ein    rein    deutsches    Unter- 
nehmen. 

Wenden  wir  uns  zum  Handel,  so  finden 
wir.  da.ss  drei  der  Chicagoer  Riesenbazare 
im  Mittelpunkte  der  Stadt  (The  Fair,  The 
Boston  Store,  Rothschild  &  Co.)  von  Söh- 
nen eingewanderter  Deutschen  gegründet 
worden  sind,  und  ihren  Familien  gehören. 
In  mehreren  andern  ist  deutsches  Kapital 
stark  vertreten.  Die  bei  weitem  grosse 
^Mehrzahl  gleicher  Geschäfte  in  den  Aussen- 
bezirken  ist  in  deutschen  Händen,  und  es 
giebt  darunter  einige,  die  an  Grösse  des 
Umsatzes  denen  im  Centrum  nur  wenig 
nachstehen.  In  allen  Mittelstädten  des 
Staates  sind  die  grösseren  Geschäfte  dieser 
Art  im  Besitz  von  Deutschen.  Das  Juwe- 
liergeschäft ist  im  ganzen  Staate  vornehm- 
lich in  deutsehen  Händen;  die  selbständi- 
gen Uhrmacher  sind  fast  sämmtlich  Deut- 
sche, desgleichen  fast  alle  Kürschner.  Doch 
es  Avürde  zu  weit  führen,  alle  einzelnen  Ge- 
schäfte und  Gewerbe  auf  diesen  Punkt  zu 
untersuchen. 

Gross  ist  die  Zahl  der  Deutschen,  die  in 
grossen  amerikanischen  Unternehmungen 
als  Geschäftsführer  oder  Abtheilungschefs 
leitende  Stellungen  einnehmen.  Der  Prä- 
sident der  grössten  Buch-  und  Schreibma- 
terialien-Handlung Chicago 's  und  viel- 
leicht des  Landes  ist  ein  Deutscher.  Eine 
der  grossen  Rhedereien,  w-elche  den  Ver- 
kehr zwischen  Chicago  und  den  Häfen  am 
Michigan-See  und  Superior-See  vermitteln, 
ist  vor  mehr  als  40  Jahren  von  Deutschen 
gegründet  worden,  die  oder  deren  Söhne 
auch  heute  noch  die  Leitung  und  den 
Hauptantheil  haben.  Dass  in  den  illinoiser 
deutschen  Versicherungs  -  Gesellschaften, 
deren  es  mehrere  giebt,  Deutsche  an  der 
Spitze  stehen,  und  dass  ihre  Chieagoer  Ver- 
treter Deutsche  sind,  ist  selbstverständlich, 
doch  ist  auch  ein  Deutscher  General -Ge- 
schäftsführer der  westlichen  Abtheilimg 
der  „Aetna"  von  Hartford.  Ein  Deutscher 
ist  westlicher  Hauptgeschäftsführer  der 
Sanford  Map  Co.,  eines  der  grössten  Ge- 


DIE  DEUTSCHEN  IX   ILLINOIS. 


21; 


Schäfte  dieser  Art  in  den  Ver.  Staaten.  Ein 
Dentseher  i.st  Vice-Präsident  des  ersten 
Geld-Instituts  von  Chicago,  der  First  Na- 
tional Bank,  und  zugleich  Präsident  der 
Bankers-Association  von  Illinois.  An  meh- 
reren anderen  Chicagoer  Banken  befinden 
sich  Deutsche  in  gleicher  oder  ähnlicher 
Vertrauensstellung.  ^Mehrere  bedeutende 
Privatbanken  Chicago 's  sind  deutsche.  In 
Peoria.  Quincy  und  Belleville  nehmen  die 
deutschen  Banken  den  ersten  Platz  ein. 

Nach  Bess  „Geschichte  der  Deutschen  in 
Peoria"  waren  dort  von  1,459  Kleinhänd- 
lern und  etablirten  Handwerkern  im  Jahre 
1905  766  oder  52.50  Prozent,  und  von  128 
Grossgeschäften  und  Fabriken  78  oder  fast 
61%  Deutsche.  Der  deutsche  Bevölke- 
rungsantheil  in  Peoria  beträgt  aber  nur 
knapp  28%.  In  Quincy  sind  von  961  auf- 
geführten Geschäften  544  oder  58.61% 
deutsche,  und  davon  entfallen  49.63%  auf 
das  Klsingeschäft.  Der  deutsche  Bevölke- 
rungsantheil  in  Quincy  beläuft  sich  auf 
nicht  mehr  als  38%.  —  In  Freeport,  dem 
Hauptort  von  Stephenson  County,  sind 
von  373  aufgeführten  Geschäften  206  oder 
55.22%  deutsche  und  45.11%  davon  deut- 
sehe Kleinge.schäfte.  In  anderen  ]\Iittel- 
städten  stellen  sich  diese  Prozentsätze  auf: 
Aurora  42.16  und  35.45;  Alton  43.55  und 
40.71;  BeardstoAra  56.59  und  42.63%r.  In 
der  Staatshauptstadt  Springfield,  deren 
deutsehe  Bevölkerung  nur  18.75%  beträgt, 
— es  ist  in  allen  diesen  Angaben  nur  auf 
das  der  Einwanderimg  des  19ten  Jahrhim- 
derts  entstammende  Element  Bezug  ge- 
nommen—  sind  nach  dem  klassitizirten 
Adressbuch  von  1902  von  702  Geschäften 
362,  also  50%,  deutsche. 

Auch  in  den  kleineren  Orten  von  Illinois 
ist  der  Prozentsatz  der  deutschen  Ge- 
schäftsleute fast  durchweg  erheblich  höher, 
als  der  des  deutschen  Elements  darin.  In 
96  mit  A  beginnenden  Orten  mit  zusammen 
43,628  Einwohnern,  welche  über  68  der  102 
illinoiser  Counties  vertheilt  sind  und  wo- 
runter nur  vier  Orte  mit  mehr  als  2000 


Einwohnern  sind,  waren  im  Jalire  1907  von 
2010  Geschäften  611  oder  30'/;  deutsche. 
Imd  diese  96  Orte  liegen  zum  grossen  Theil 
in  Counties  mit  sehr  geringer  deutscher 
Bevölkerung.  "Wie  natürlidi  herrscht  in 
diesen  kleinen  Orten  der  Kleinhandel  vor, 
und  nur  1.85%  von  den  auf  die  Deutschen 
entfallenden  30%  können  dem  Grossge- 
sehäft  zugezählt  werden.  Aber  das  Ge- 
sammtverhältniss  zwischen  Gross-  und 
Klein-Handel  wird  in  diesen  Orten  kaum 
ein  anderes  sein.  Unter  diesen  96  Orten 
sind  22,  allerdings  sehr  kleine.  —  blosse 
"Wegkreuzungen  —  welche  gar  keine  deut- 
sche Geschäfte  aufweisen.  Ob  es  Orte 
giebt,  die  nur  deutsche  Geschäfte  haben, 
bedarf  noch  der  Ermittlung,  sicher  ist, 
dass  gerade  die  stark  deutschen  kleineren 
Orte,  wie  Belleville.  Teutopolis,  Millstadt, 
0 'Fallen,  ]Mascoutah,  Lebanon  u.  a..  in 
stark  deutschen  Counties,  da  sie  nicht  mit 
A  anfangen,  in  den  obigen  Angaben  nicht 
vertreten  sind.  Sie  würden  den  Durch- 
schnitt erheblich  erhöht  haben. 

An  die  Aufgabe,  in  gleicher  Weise  wie 
in  den  angeführten  ^Mittelstädten  den  deut- 
schen Antheil  an  dem  Riesengeschäft  Chi- 
cago's  zu  ermitteln,  hat  sich  Schreiber 
dieses  noch  nicht  heranwagen  können.  Dass 
er  am  Kleingewerbe  sieher  grösser  ist  als 
der  deutsche  Bevölkerungsantheil,  dafür 
mag  als  Beleg  gelten,  dass  nach  einer  da- 
mals vorgenommenen  Zählung  im  Jahre 
1899  41%  aller  Grocer  und  64'^;  aller  :Metz- 
ger  in  Chicago  Deutsche  waren.  Das  heu- 
tige Verhältniss  wird  wohl  in  der  Folge  der 
starken  Zunahme  der  slavischen  imd  ita- 
lienischen Einwanderung  ein  wenig,  wenn 
auch  nicht  viel,  zu  Ungunsten  der  Deut- 
schen geändert  sein.  Dass  der  deutsche 
Antheil  am  Grossgeschäft  seinem  Bevölke- 
rungsantheil zum  mindesten  gleichkommt. 
i.st  eine  bereclitigte  Annahme.  (Das  älteste 
Grossgeschäft  in  Groceries,  Ilnirif  SchöU- 
köpf,  gegründet  1855.  ist  ein  deutsches.) 
Unter  den  gros.sen  FleischhändkM-n  sind  die 
Deutsehen    stark    vertreten ;    der    grossten 


218 


DIE  DEUTSCHEN  IX   ILLINOIS. 


einer,  der  kürzlich  verstorbene  Xcison 
Morris,  war,  trotz  seines  ano:enoinnienen 
englischen  Namens,  ein  geborener  Baier. 

Aus  allen  diesen  Angaben  lässt  sieh  ohne 
Zwang  der  Sehluss  ziehen,  dass  der  Antheil 
der  Deutschen  an  der  Volkswirth.sehaft  von 
Illinois  sich  auf  sieher  ein  Drittel,  und 
M-ahrscheinlieh  auf  sehr  viel  mehr  beläuft. 

Die  Stärke  des  deutsehen  noch  deutseh 
sprechenden  Elements  spiegelt  sieh  in  der 
Statistik  der  religiösen  Gemeinden  und  der 
Vereine. 

Was  letztere  betrifft,  so  fanden  sich,  so- 
weit es  sich  ermitteln  Hess,  im  Jahre  1900 
in  Illinois  vor:  255  Gemeinden  der  zur 
;Missouri-Synode  gehörigen  Lutheraner, 
(in  Chicago  31)  femer  74  zur  Wartburg- 
Synode  und  20  zur  deutschen  Iowa-Synode 
gehörige  lutherische;  209  evangelische;  124 
ausschliesslich  deutsche  und  in  der  Diözese 
Belleville  noch  10  katholische  Gemeinden 
mit  überwiegend  deutscher  ^Mitgliedschaft. 
auch  giebt  es  zahlreiche  deutsche  Gemein- 
den der  evangelischen  Gemeinschaft  (Al- 
brechtsbrüder), der  bischöflichen  Metho- 
disten, der  protestantischen  ^Methodisten, 
einige  reformirte,  Baptisten  und  iMenno- 
niten  Gemeinden.  Eine  bemerkenswerthe 
Thatsache  ist,  dass  nicht  nur  die  Prediger 
dieser  deutschen  Gemeinden  eingewanderte 
Deutsche  oder  Söhne  von  solchen  sind,  son- 
dern dass  in  den  englischen  Gemeinden 
fast  aller  dieser  Bekenntnisse  die  deutschen 
Nachkommen    in    grosser    Zahl    vertreten 


sind.  —  in  besonders  grosser  bei  den  Luthe- 
ranern, Baptisten  und  Methodisten. 

Von  diesen  Gemeinden  haben  die  der  Lu- 
theraner und  der  Katliolikcn  ohne  Aus- 
nahme, die  Evangelischen  in  vielen  Orten, 
Gemeindeschulen,  in  denen  die  deutsche 
die  Haupt-Unterrichtssprache  bildet.  Die 
Lutheraner  haben  aus.serdem  höhere  Lehr- 
anstalten zur  Heranbildung  von  Predigern 
und  Lehrern  in  Springfield,  Addison  und 
Carthage,  die  Evangelischen  in  Elmhurst, 
die  Katholiken  in  Quiney.  Die  Letzteren 
haben  sieh  sehr  um  die  Allgemeinheit  ver- 
dient genmcht  durch  die  Errichtung  vieler 
Krankenhäuser ;  alle  grösseren  Bekennt- 
nisse haben  ihre  Altenheime  und  Waisen- 
häuser. Alle  diese  Gemeinden  sind  in 
volkswirthschaftlicher  Beziehung  von  nicht 
geringer  Bedeutung,  hauptsächlich  durch 
ihre  Förderimg  der  Baukimst  und  des 
Kunstgewerbes.  Ihre  Kirchen  sind  meist 
die  schönsten  und  kostbarsten  ihrer  Orte, 

Die  deutsche  Presse  ist  in  Illinois  vertre- 
ten durch  13  tägliche,  48  wöchentliche,  2 
halbwöchentliche,  4  zweiwöchentliche  oder 
halbmonatliche  Zeitungen,  10  Sonntags- 
blätter und  8  religiöse  ^Monatsschriften. 

Wie  im  ganzen  Lande  giebt  es  in  Illinois 
eine  gewaltige  Anzahl  deutscher  Vereine, 
die,  abgesehen  von  den  von  ihnen  geförder- 
ten Zielen,  wie  die  Kirchengemeinden, 
grosses  zur  volkswirth.schaftlichen  Ent- 
wickelung  des  Staates  beigetragen  haben.. 


Die  Deutschen  in  Missouri. 


Von  KARL  GUNDLACH,  St.  Louis. 


Einer  etwas  unsiehereu  Ueberlieferimg 
zufolije  war  der  erste  weisse  ]\Iann.  der  den 
Boden  des  jetzigen  ^Missouri  betrat,  ein 
deutseher  Landskneeht.  den  der  Entdeeker 
De  Soto  als  Knndsehafter  voranssehiekte. 
und  der  zuerst  den  ^Mississipjii  mit  Angen 
sah.  die.se  Entdeckung  aber  unter  den 
Pfeilen  der  Indianer  mit  dem  Tode  büssen 
musste.  Ein  ganz  liübselies  Geschiehtchen. 
aber  bewiesen  ist  es  nieht,  weini  auch  im- 
merhin möglieh,  denn  seit  die  Deutsehen 
Ulli  der  Bildtläehe  der  AVeltgesehiehtebühne 
erschienen  sind,  sind  sie  auch  immer 
dabei  gewesen,  so  oft  etwas  gutes  imd  leider 
auch  so  oft  etwas  sclfechtes  in  der  Welt 
geschah.  Besonders  in  damaligen  Zeiten 
trieben  sich  Deutsche  in  aller  Herren 
Diensten  herum,  und  manclier  Flüchtling 
uns  dem  grossen  deutschen  Bauernkriege 
mag  sieh  wohl  auch  luiter  den  Abenteurern 
befunden  haben,  die  nach  Amerika  ver- 
sehlagen wurden.  Ihre  Spur  ist  freilieh 
nicht  nachzuweisen,  und  so  bleibt  auch  das 
Geschichtehen  von  dem  ersten  Entdecker 
■des  ^Mi.ssissippi  eine  hübsche  Sage;  den 
Ruhm  hat  De  Soto  und  ein  Grab  im  Vater 
der  Ströme  dazu.  Bei  der  Geschichte  der 
folgenden  Entdeeker  und  Ansiedler  sind 
"vvolil  kaum  Deutsche  gewesen,  luid  erst  nach 
der  Aufnahme  des  Staates  in  die  Union 
rückte  Mi.ssouri  in  den  Gesichtskreis  derer, 
die  sich  aus  ihrem  Yaterlande  fort  sehnten, 
nachdem  sie  erkannt  hatten,  dass  das  deut- 
sche Volk  seinen  Befreiung.skampf  gegen 
Napoleon  nur  gekämpft  hatte,  um  die  eine 
Knechtschaft  mit  der  andern  zu  vertau- 
schen, und  dass  man  dem  Volke  die  blutig 
erkämpfte  Freiheit  vorenthielt.  Von  da  ab 
setzt  eine  lebhafte  Einwanderung  nach 
Amerika  imd  besonders  nach  den  unbe- 
•siedelten  Staaten  des  Westens  ein. 


Der  erste  Ansiedler,  dessen  Xaiue  in  der 
Geschichte  ]Missouri's  erscheint,  ist  der 
Rheinländer  Gotlfricd  Duden,  der  im 
Jahre  1824  mit  einem  Freunde  Louis  Evers- 
inaini  in  St.  Louis  er.schien  und  sii-h  im 
Fennne  O.sage-Thal.  im  jetzigen  Warren 
County,  niederliess,  in  der  Nähe  der  Stelle, 
wo  heute  das  Städtchen  Dutzow  liegt.  Er 
hielt  es  allerdings  nui-  drei  Jahre  aus  und 
ging  dann  nach  Deutschland  zurück,  aber 
er  verbreitete  dort  in  Wort  und  Schrift 
wunderbare  Geschichten  über  die  Herrlich- 
keit des  neuen  Landes  und  gab  damit  den 
Anstoss  zu  weiterer  Einwanderung.  Schon 
1832  finden  wir  in  der  Xähc  seines  verlas- 
senen Landsitzes  neue  deutsche  Ansiedlei". 
vornehme  gebildete  Familien,  wie  von  Bock 
und  von  Marfds.  Bock  legte  das  Städtchen 
Dutzow  aus.  und  bald  zeigte  sich  deutsches 
Leben  in  der  Gegend:  am  18.  ]Mai  1834 
wurde  der  erste  deutsehe  Verein  gegründet, 
imter  dessen  Stiftern  sich  Namen  finden, 
die  in  der.  Geschichte  der  deutschen  Ein- 
wanderung den  besten  Klang  haben,  wie 
Rasmus,  Behrens  und  Iluttawa.  Und  nun 
kam  die  ,,Giessener  Auswanderungsgescll- 
schaft''.  und  mit  ihr  liekam  das  Deutsch- 
tum in  ^Missouri  erst  seinen  festen  Halt  und 
eine  sichere  Grundlage  für  die  Zukunft. 
Ja,  man  sagt  nicht  zu  viel,  wenn  man  be- 
hauptet, dass  ihr  vorzugsweise  die  Ent- 
wickelung  des  industriellen  und  politischen 
Lebens  des  Staates  zu  verdanken  ist.  Denn 
die  Gründer  und  ^litglieder  dieser  Gesell- 
schaft waren  h()chgel)ildete  Leute,  die  es 
verstanden,  in  geistiger  Beziehung  das  ein- 
gewanderte deutsche  Element  zusammen  zu 
halten.  I\Iänner  wie  Friedrich  Münch  und 
Paul  Folie ni US  waren  nicht  von  der  Sorte, 
die  ihr  Deutschtum  verleugnen  kcmnten, 
und  ihr  Beispiel  wirkte  auch  noch,  nach- 


220 


DIE  DEUTSCHEN   IN   MISSOURI. 


dem  sich  die  Einwanderun^stjesellsehaft — 
sie  kam  im  Jahre  183-1:  an — über  eine  ge- 
meinsame Ansicdlung:  nieht  einigen  konnte 
und  sich  zerstreute.  Ein  Tiieil  blieb  in  St. 
Louis,  ein  anderer  siedelte  nach  Illinois 
über, ,  und  der  Rest  liess  sich  an  beiden 
Ufern  des  ]\Iissouri  nieder.  Zu  ilen  letz- 
teren gehörte  auch  Friedrich  Münch,  der 
in  Dutzow  seinen  "Wohnsitz  aufschlug  und 
dann  als  Landwirth,  AVeinlKUier  und 
Schriftsteller  eine  rührige  Thätigkeit  ent- 
faltete und  auf  die  Entwickelung  des  deut- 
schen ?]lementes  wie  auch  auf  die  Ent- 
wickelung des  ganzen  Staates  einen  ge- 
radezu bestimmeiulen  Eintiuss  gewann. 
]\lan  kann  an  der  Figur  dieses  ^lannes 
nicht  vorübergehen,  ohne  ihr  einen  langem 
Blick  zu  widmen. 

In  einem  stillen  Pfarrhause  stand  seine 
"Wiege ;  in  dem  Dorfe  Xiedergemünden  in 
der  dannstädtischen  Provinz  Oberhessen, 
wurde  er  am  29.  Juni  1799  geboren,  und 
er  war  nach  einer  trefflichen  wissenschaft- 
lichen Erziehung  bereits  wohlbestallter 
Pfarrer  und  Nachfolger  seines  Vaters,  als 
ihn  die  Ueberzeugung  von  der  Hoffnungs- 
losigkeit der  politischen  Zustände  seines 
"S^aterlandes  veranlasste,  alles  von  sich  zu 
werfen  und  im  Auslande  sein  Glück  zu 
suchen  imd  die  Freiheit,  die  einem  Planne 
von  hoher  Gesinnung  in  Deutschland  da- 
mals versagt  war.  So  gründete  er  mit  Paul 
Follenius  die  "Giessener  Auswanderungs- 
ge.sellschaft"  und  ging  dann  selbst  mit  in 
das  neue  Land,  und  zwar,  hauptsächlich 
durch  Dudens  glänzende  Berichte  veran- 
lasst, in  die  Gegend,  wo  jener  gelebt  hatte. 
Aber  ancli  unter  den  grössten  IMühselig- 
keiten  und  Entbehrungen,  welche  die  ersten 
Jahre  dieses  Lebens  in  der  AVildni.ss  mit 
sich  brachten,  l)etlieiligte  er  sich  luiermüd- 
lich  an  der  Entwickelung  des  geistigen 
Lebens  des  ]\Ii.s.sourier  Deutschthums  und 
trat  mit  unerschrockener  Energie  für  die 
freie  Entwickelung  des  Staates  selbst  ein, 
vor  allem  für  Abschaffung  der  Sklaverei. 
Das  letztere  war  kein  ungefährliches  Be- 


ginnen, deini  ^lissouri  war  als  Sklaven- 
staat in  die  Tnion  aufgenommen  inid  hatte 
infolgedessen  durcli  die  Einwanderung 
wolllabender  Sklavenhalterfamilien  aus 
den  ö.stlichen  Staaten  eine  starke  südlän- 
dische Bevölkerung  erhalten,  die  sieh  als 
..Xative  Americans"  gegen  die  Einwan- 
dei'ung,  vor  allem  gegen  die  deutsche 
Einwanderung  richteten.  Münchs  Leben 
war  daher,  besonders  in  den  ersten  Zeiten 
des  Bürgerkriegs,  nieht  selten  bedroht,  al- 
lein er  liess  sich  nicht  entmuthigen  und  trat 
mannhaft  für  die  Sache  der  Union  ein.  _ 
Das  erwarb  ihm  das  Vertrauen  seiner  ]\Iit-  1 
bürger  in  einem  Grade,  dass  ihn  sein  Dis- 
trikt in  1862  in  den  Senat  der  Staatsgesetz- 
gebung wählte,  in  der  er  bis  1866  blieb. 
Später  zog  er  sich  mehr  und  mehr  zurück, 
wenn  er  auch  noch  mehrere  öffentliche  Aem- 
ter  bekleidete  und  überhaupt  als  Schrift- 
steller rastlos  bis  an  sein  Lebensende 
(1884)  thätig  blieb.  Besonders  als  Mitglied 
der  Staatseinwanderungsbehörde  wirkte  er 
viel  Gutes. 

Diese  Einwanderung  liatte  sich  nämlich 
bedeutend  entwickelt,  theils  durch  Ein- 
wanderungsge.sellschaften,  theils  auch  durch 
einzelne  Zuzügler  aus  Deutschland  wie  aus 
dem  Osten.  Die  letzteren  bestanden  aller- 
dings, wie  sch(m  bemerkt,  meist  aus 
Sklavenhaltern,  daneben  aus  ärmeren  Far- 
mern, englischen  wie  deutschen,  die  sich 
mit  ihren  vielen  Kindern  und  noch  mehr 
Hunden  überall  zer.streut  ansiedelten  und 
ein  zum  Theil  wenig  Avünschenswerthes  Be- 
völkermigselement   bildeten. 

Ungleich  werthvoller  für  die  Entwicke- 
lung des  Staates  waren  die  deutschen  Ein- 
wanderungen seitens  der  thüringischen,  in 
]\[ühlhausen  gegründeten,  Gesellschaft,  der 
die  Gebrüder  Rohling  und  Karl  Angelrodt 
angehörten.  Letzterer  siedelte  sich  bereits 
1832  auf  der  Südseite  des  ]\Iissouri  bei 
Lewis  Ferry  an.  in  welcher  Gegend  sich 
dann  in  den  folgenden  Jahren  weitere 
deiitsche  Ansiedler  einfanden.  Er  war 
1799  bei  ]\lühlhausen  in  Thüringen  geboren, 


DIE  DEUTSCHEN  JX  MISSOURI. 


221 


wurtle  Eigroiithüincr  einer  \\\)llsi)imiL'rei, 
IMitglied  des  Laiultages  der  preussiseheu 
Provinz  Saehsen,  erregte  dureh  seine  frei- 
sinnige Gesinnung  Anstoss  und  wanderte 
ans.  Xaeh  einem  niissglüekten  Versueh  als 
Farmer,  siedelte  er  nach  St.  Louis  über, 
wo  er  Chef  eines  grossen  Handelshauses 
und  Konsul  Preussen's,  anderer  deutscher 
Staaten  und  Oesterreich's  wui-de.  Si'inen 
Lebensabend,  der  im  Jahre  186!)  zum  Ab- 
schluss  kam,  verbrachte  er  in  Karlsruhe  in 
Baden.  Andere  Einwanderer  Hessen  sich 
am  Cape  Girardeau  am  IMississippi  nie- 
der. Sie  traten  bereits  im  Jahre 
1838  zusanuuen  und  erliessen  energische 
Beschlüsse  gegen  den  Versuch  der  „Native 
Americans",  die  liberalen  Xaturalisations- 
gesetze  zu  ändern,  und  l)ildeten  einen 
Wachsamkeitsausschuss,  dessen  Aufgabe  es 
sein  sollte,  gegen  alle  I^ebergriffe  der  Na- 
tivisten  thatkräftig  einzuschreiten.  INIan 
sieht,  das  deutsche  Element  begann  sehr 
frühzeitig  sich  zu  fühlen. 

Das  zeigte  sich  auch  bei  einer  andern  Ge- 
legenheit. Die  deutschen  Ansiedler  hatten 
sich  nämlich  inzwischen  stark  nach  Westen 
hin  ausgebreitet  und  überall  Niederlas- 
sungen gegründet  und,  nicht  zu  vergessen, 
Kirchen  gebaut.  Protestantische  wie 
katholische  Gemeinden  finden  wir  seit  1837 
bereits  in  den  westliehen  Counties.  Dort 
hatten  sich  um  dieselbe  Zeit  die  :\Iormonen 
niedergelassen,  besonders  im  Jackson 
Coimty,  so  wie  in  den  Counties  Clav,  Cald- 
well  und  Davies,  wo  sie  die  Stadt  Far  West 
gründeten.  Das  Leben  dieser  Heiligen  der 
letzten  Tage  erregte  aber  sehr  bald  das 
Aergernis  der  umwohnenden  Ansiedler, 
imd  so  kam  es  zu  Reibereien  und 
Streitigkeiten.  Schliesslich  ward  die  Er- 
bitterimg der  Bevölkerung  so  gross,  dass 
die  ]\Iormonen  weichen  nuissten.  Das  war 
nicht  zum  gering.sten  Theile  den  deutschen 
katholischen  Gemeinden  zu  danken. 

Zu  derselben  Zeit  war  eine  neue  Einwan- 
derun gsgesellschaft  angelangt.  Am  19. 
Februar   1839  landete  eine  grosse   Gesell- 


schaft deutseiicr  Kiin\  andcixT,  auf  vier 
Dampfern  kotinnend,  in  St.  Louis.  Das 
waren  die  Alt-Lutheraner,  die,<?ich  von  hier 
aus  w  'itcr  am  ^Mississippi  nhwärts  nieder- 
lie.s.sen  und  die  Städtchen  Wittcnhenj  und 
Ältc»bnr<j  gründeten.  Diese  Gemeinden 
sind  allerdings  infolge  des  Sinkens  der  ]\Iis- 
sissij>[)i-Schitfahrt  in  der  Entwifkelung  zu- 
rückgcblielx'n,  hal)en  abci*  ilire  deutsche 
Sprache  dafür  auch  Ijcwahrt  und  trotz  un- 
günstiger Vei'hältni.sse  ein  Bild  deutschen 
Fleis,ses  und  deutscher  Tüchtigkeit  gegeben. 
Der  Rest  dieser  Gesellscliaft.  der  in  St. 
Louis  zurückblieb,  hat  sich  aus  kleinen  xVn- 
fängen  zu  einer  der  bedeutendsten  Kirchen- 
gemeinschaften von  ^Missoui'i,  Ohio,  Illi- 
nois u.  s.  w.  entwickelt,  der  auch  in  dem 
Concordia-Verlag  in  St.  Louis  einen  eige- 
nen Vei'hig  und  Druckerei  besitzt. 

Neben  diesen  gesellschaftlichen  P^inwan- 
derungen  ging,  wie  besagt,  die  Einwande- 
rung einzelner  Familien  oder  mehrerer  in 
Verbindung  her,  die  sich  theils  in  St.  Louis 
niederlie.ssen,  theils  sich  Plätze  aussuchten, 
wo  ihnen  das  Land  gefiel.  Das  waren, 
ebenso  wie  die  IMitglieder  der  Giessener  Ge- 
sellschaft, meist  gebildete  Leute,  die  miss- 
muthig  über  die  Geschicke  des  Vaterlandes 
das  Ideal  einer  freiem  Existenz  und  ein 
idyllisches  Leben  im  Urwalde  suchten,  wo- 
hin .sie  allerdings  nicht  immer  pas.sten.  Die 
Brüder  Heinrich  und  Älhcrt  Kayser 
(ersterer  1811,  letzterer  1815  in  St.  Goars- 
hausen  am  Rhein  geboren)  machten  in 
dieser  Beziehung  trübe  Erfahrungen.  Sie 
kamen  im  Jahre  1833  nach  ^Missouri  und 
siedelten  sich  in  der  Nähe  von  Angelrodts 
Farm,  32  :Meilen  von  St.  Louis,  zwei  :Meilen 
südlich  vom  ^Missouri  an,  massten  aber 
nach  fruchtloser  harter  Arbeit  nach  zwei 
Jahren  das  Farmerleben  aufgeben.  Hein- 
rich Kayser  ging  nach  St.  Louis,  wo  er  mit 
Zeichenunterricht  und  :\rusik.stnnden  sein 
Leben  fristete,  bis  ihm  seine  Fälligkeiten  — 
er  war  Architekt  von  IlaiLs  aas  —  eine 
Stelle  als  erster  Assistent  des  späteren  Ge- 
nerals Robert  E.  Lee  vom  Ingenieurkorps 


222 


DIE  DEUTSCHEN  IX  MISSOURI. 


bei  den  Flussregnli runden  ik'S  ^lississippi 
verschafften.  Später  wnrtle  er  Zivilinge- 
nieur  der  Stadt  St.  Lonis  und  bekleidete  im 
Lanfe  der  Zeit  noch  andere  Aemter.  Dabei 
wai-  t'r  stet.s  für  die  Entwickelnng  des 
Dent.schthunis  in  Mi.s-sonri  thäti«r  nnd 
machte  sich  nm  die  I'tlege  der  Musik,  die 
ja  ganz  in  deutschen  Händen  lag,  sehr  ver- 
dient. Albert  Kayser  wurde  in  St.  Louis 
Advokat.  Aehnlich  wie  ihnen  erging  es 
dem  mit  der  Giessener  Gesellschaft  ins 
Land  gekommenen  David  Göbel,  einem  ge- 


Das  Denkmal  General  Franz  Sigel's  in  St.  Louis. 

lehrten  Mathematiker,  der  sich  aber  trotz 
seiner  Mathematik  nicht  im  Urwalde  zu- 
recht finden  konnte.  Er  war  im  Jahre  1788 
in  Kol)urg  geboren,  wohin  er  als  Greis  zu- 
rückkehrte und  1872  starb.  Sein  Sohn 
Gert  hatte  mehr  Glück.  Das  war  ein 
Mann  der  That,  der  die  Axt  zu  schwin- 
gen verstand  imd  mit  der  Feder  um- 
zugehen wusste.  der  in  der  Gesetzgebung 
wacker  für  die  Abschaffung  der  Skla- 
verei eintrat  und  in  seinem  Buche : 
„Länger  als  ein  ^Menschenleben  in  IMissou- 
ri"  eine  unvergleichliche  Schilderung  des 


Lebens  der  ersten  deutschen  Einwanderer 
und  der  amerikanischen  Hinterwäldler  gab, 
einen  interessanten  Beitrag  zur  Kulturge- 
schichte der  westlichen  Staaten  und  zur 
politischen  Geschichte  des  Staates  ]\Iis- 
souri. 

Aueh  in  St.  Charles  auf  der  Xordseite 
des  Missouri,  einer  alten  französischen  An- 
siedlung,  hatten  sich  zu  Anfang  der 
dreissiger  Jahre  gebildete  deutsche  Fami- 
lien niedergela.ssen,  wie  die  des  Ilofraths 
Weber,  Bertram  Kribben,  Dr.  Krug,  Dr. 
Behrens  u.  a.  Einer  der  bedeutendsten 
dieser  Ansiedler  war  unstreitig  Arnold 
Krekel,  der  im  Jahre  1815  bei  DiLsseldorf 
geboren,  1832  nach  Amerika  kam,  als  Far- 
mer anfing  und  zuletzt  Bundesrichter  in 
Mis.s()uri  war.  Er  gründete  1850  den  „St. 
Charles  Demokrat",  den  er  selbst  lange 
Jahre  redigirte  und  in  welchem  er  entschie- 
den für  die  Abschaft'ung  der  Sklaverei 
eintrat. 

AU  diese  Einwanderung  von  zum  Theil 
liochgebildeten  Deutschen  fand  im  An- 
fange der  dreissiger  Jahre  des  vorigen  Jahr- 
hunderts statt  und  erreichte  ihren  Höhe- 
punkt zwischen  den  Jahren  1882  und 
1835.  Mit  dem  Jahre  1848  nahm  sie 
einen  neuen  Aufschwung,  und  auch  dies- 
mal brachte  sie  einen  bedeutenden  Zuwaclis 
an  Intelligenz  und  Bildung,  der  nun  aller- 
dings vorzugswei.se  der  Stadt  St.  Louis 
selbst  zu  gute  kam.  Dem  Farmerleben 
wandten  sich  zwar  innner  noch  manche 
Gebildete  zu,  aber  doch  ward  mehr  und 
mehr  St.  Louis  das  Ziel  der  neuen  Einwan- 
derer. Auf  das  Land  zogen  jetzt  mehr  die 
wirklichen  Bauern,  die  sich  seit  den  fünf- 
ziger Jahren  einfanden  und  sich  über  den 
ganzen  Staat  verbreiteten.  Die  Leute 
machten  freilich  noch  nicht  von  sich  reden, 
da  sie  sich  wenig  um  Politik  kümmerten 
und  sich  hauptsächlich  darauf  beschränk- 
ten, es  im  neuen  Lande  zu  einer  gesicherten 
Existenz  für  sich  und  ihre  Nachkommen  zu 
bringen.  Für  die  Entwickelung  des 
Deutschthums  in  unserem  Staate  sind  sie- 


DIE  DEUTSCHEN  IN  MISSOURI. 


223 


von  wenig  Bedeutung.  Sie  hielten  wohl  an 
der  deutsehen  Sprache  fest,  hatten  auch 
wenig  Zeit  und  Gelegenheit,  sieh  um  die  Er- 
lernung einer  andern  zu  künniiern,  aber, 
wenn  sie  nicht  durch  die  kirchlichen 
Verhältnisse  einen  Halt  bekommen  hätten, 
würden  wohl  doch  die  meisten  in  der  eng- 
lischen Umgebung  aufgegangen  sein.  In 
dieser  Beziehung  hat  die  deutsche  Geist- 
lichkeit durch  Gründung  von  deutschen 
Schulen  sich  ein  hohes  Verdienst  um  die 
Erhaltung  deutscher  Sprache  und  deut- 
schen "Wesens  überhaupt  erworben.  Zum 
Theil  kamen  ja  schon  bei  den  Gesellschafts- 
einwanderungen, wie  z.  B.  bei  den  Alt- 
Lutheranern,  Geistliche  mit  ins  Land,  und 
von  diesen  Gemeinden  aus  wurden  auch  in 
andern  Gegenden,  wo  nur  immer  genügend 
Deutsche  vorhanden  waren,  deutsche  Kir- 
chengemeinden gegründet.  Sodann  ent- 
wickelte der  Katholizismus  eine  rührige 
Thätigkeit,  und  deutsche  Priester  waren 
allerorten  bemüht,  Kirchen  und  Schulen  zu 
gründen  und  zu  erhalten.  Diesem  Um- 
stände ist  es  zu  verdanken,  dass  sich  auf 
dem  Lande  noch  ein  gut  Theil  der  Bevölke- 
rung deiTtsch  erhalten  hat.  Leider  ist  aber 
infolge  der  Entwickelung  des  staatlichen 
Schulwesens  darin  in  der  neueren  Zeit  ein 
Umschwung  eingetreten.  Durch  die  Grün- 
dimg von  staatlichen  Schulen  werden  die 
Kircheuschulen  beeinträchtigt,  weil  die 
Farmer  immer  mehr  ihre  Kinder  in  die 
öffentlichen  Schulen  schicken,  wo  sie  voll- 
ständig verenglisiren  und  lernen,  sich  ihrer 
deutschen  Abstammung  zu  schämen.  Es  gibt 
eine  ganze  Anzahl  deutscher  Farmerfami- 
lien, die  es  zu  etwas  gebracht  haben  und  gar 
nicht  nöthig  hätten,  auf  die  englische  Be- 
völkerung Rücksicht  zu  nehmen,  in  deren 
Familien  nur  noch  von  der  Grossmutter 
deutsch  gesprochen  Avird.  Die  lieben  Enkel- 
chen sträuben  sich  mit  Händen  und  Füssen 
gegen  jedes  deutsche  "Wort  und  bestreben 
sieh  auch  in  anderer  Hinsicht  echt  ameri- 
kanisch zu  werden.  Dahin  gehört  auch  die 
Verachtung  des  Landlebens  und  die  Sehn- 


sucht nach  der  Stadt.  Um  gerecht  zu  sein, 
es  gibt  auch  noch  eine  ganze  Aneahl  deut- 
scher Farmerfamilien,  die  sich  deutsche 
Sprache  und  Sitte  und  die  Liebe  zur 
Scholle  bewahrt  haben,  und  das  sind  die  ge- 
bildetsten unserer  Landbewohner,  die  es 
auch  am  weitesten  gebracht  haben  und  die 
weder  selbst  noch  ihre  Kinder  daran  den- 
ken, die  Farm  zu  verlassen.  ^Man  findet  in 
]\[is.souri  Farmhöfe,  die  sich  den  schönsten 
der  Welt  an  die  Seite  stellen  können.  Leute 
aus  der  Stadt,  die  solche  Farmhöfe  sehen, 
bekommen  Lust  zum  Landleben,  und 
mancher  würde  sich  keinen  Augenblick  be- 
denken, hinauszuziehen,  wenn  er  nicht  an 
die  Arbeit  in  der  Stadt  durch  seine  knappe 
Vermögenslage  gebunden  wäre.  Jeder 
sehnt  sich  eben  nach  dem,  was  ihm  vom 
Schicksal  versagt  ist. 

Einen  bedeutend  stärkeren  Halt  als  an 
dem  Farmer  hat  das  Deutschthum  an  dem 
Theil  der  Einwanderer,  die  sieh  in  den 
Städten,  hauptsächlich  in  St.  LouLs  selb.st, 
niedergelassen  haben  und  den  Ilaupttheil 
der  Arbeiterschaft  bilden.  Hand  in  Hand 
mit  der  Entwickelung  der  Industrie  ging 
auch  die  Einwanderung  der  deutschen  Ar- 
beiterschaft in  die  Städte.  Ein  grosser 
Theil  dieser  Leute  kam  ja  auch  vom  Lande 
und  war  im  Besitze  einer  verhältuissmäs- 
sigen  Bildung,  unterschied  sich  also  schon 
dadurch  bedeutend  von  der  englischen  Ar- 
beiterschaft, die  zum  Theil  aus  dem  Osten, 
zum  Theil  aus  den  Fabrikdistrikten  Eng- 
lands kam.  Das  erklärt,  weshalb  die  Ar- 
beiterschaft von  St.  Louis  eine  verhältniss- 
mässig  hohe  Stelle  in  der  Geschichte  des 
Deutschthums  unseres  Staates  einnimmt 
und  weshalb  unsere  Stadt  in  Bezug  auf  ihre 
geistige  Entwickelung  zu  den  ersten  der 
Union  zählt.  Infolge  des  geistigen  Ein- 
flusses des  hochgebildeten  Theiles  der 
ersten  Einwanderung  hat  das  deutsche  Ele- 
ment hier  einen  gewissen  vornehmen  An- 
strich bekommen,  der  durch  geschäftlichen 
Erfolg  und  dadurch  herbeigeführte  ge- 
sichertere    Lebensstellung     eines     grassen 


^n 


DIE  DEUTSCHEN  IN  MISSOURI. 


Tlu'ils  der  BevölkLn-uny  oiiion  festen  Halt 
gewonnen  hat. 

Die  EntAvii'keluny  des  Städtewi'sens  in 
[Missouri  entsi)raeh  der  Besehaft'enheit  des 
Landes  und  der  Verhältnisse.  Die  frueht- 
baren  Gegenden  westlieh  von  St.  Louis  am 
]\Iis.souri  entlang  waren  vorwiegend  in  den 
Händen  der  sklavenhaltenden  Bevölkerung, 
und  dcshiill)  gelang  es  den  deutschen  Ein- 
wamlerrrn  nur  vereinzelt,  geschlossene  An- 
siedlungen  zu  bilden.  Es  gelang  ihnen 
allerdings,  längs  des  ^Missouri  eine  Anzahl 
freundlicher  Landstädtchen  ins  Leben  zu 
rufen  oder  doch  wenigstens  bereits  vorhan- 
dene Städtchen  so  zu  sagen  in  deutsche  um- 
zuwandeln, aber  die  eine  Zeitlang  waltende 
Städtegründungsmanie  brachte  es  meist 
nicht  weit  über  den  schön  gezeichneten 
rian  hinaus,  wie  z.  B.  die  Gründung  von 
Dortnnnid  durch  Julius  MaUinckrodt,  der 
dann  seine  Stadt  in  eine  Baumschule  ver- 
wandelte, womit  er  mehr  Glück  hatte.  Auch 
andere  von  Deutschen  gegründete  Städte, 
wie  das  obengenannte  Dutzow,  blieben  in 
den  Anfangsgründen  der  Entwickelung 
stehen  und  nur  das  von  der  s.  g.  Philadel- 
phiaer Gesellschaft  gegründete  Hermann 
nahm  einen  grösseren  Anlauf  und  ent- 
wickelte sich  zu  einer  hübschen  deutschen 
Stadt. 

Was  aber  den  Deutschen  durch  selbstän- 
dige Gründungen  nicht  gelang,  das  erreich- 
ten sie  zum  Theil  in  den  von  Englisch-Ame- 
rikanern  gegründeten  Städten,  in  denen 
bald  die  Bevölkerung  einen  starken  deut- 
schen Einschlag  bekam.  In  Jefferson  City, 
Boonville,  Lexington  Avidmeten  sieh  die 
Deutschen  meist  dem  Handel  oder  betrieben 
ein  Handwerk  und  waren  selbst  von  der 
sklavenhaltenden  Bevölkerung  gern  gese- 
hen. In  St.  Jo.seph  und  Kansas  City  brach- 
ten es  die  Deutschen  zu  einer  gewissen  vor- 
tretenden Geltung,  die  sie  allerdings  in 
letzterer  Stadt  im  Laufe  der  Zeit  wieder 
eingebüsst  haben.  Die  Schuld  daran  trägt 
freilich  ein  Theil  der  Deutschen  .selbst,  der 
sich  aus  geschäftlichen  oder  son.sti gen  Rück- 


siehtcn  diMii  Deutscht hum  entfremdete  und 
in  der  engli.schen  Bevölkerung  aufging, 
Uebrigens  ist  ein  grosser  Theil  der  bedeu- 
tenderen geschäftlichen  Unternehnnnigeu 
der  Stadt  von  Deutschen  gegründet  und 
noch  in  ihren  Händen,  und  das  deutsche 
X'ereinsleben  ist  ein  sehr  gemüthliches, 
wenn  es  auch  keine  besonders  hervorra- 
gende Rolle  spielt.  In  andern  Städten,  wie 
Springtield,  Sedalia,  Augusta,  "Washington, 
bilden  die  Deutschen  einen  bedeutenden 
Prozentsatz  der  Bevölkerung,  ja  einige  da- 
von Avie  Washington  könnte  man  ebensowie 
St.  Charles  fast  deutsche  Städte  nennen. 

Das,  Avas  in  allen  diesen  Städten  und 
Städtehen  den  Ilaupthalt  des  Deutsch- 
thums  bildet,  ist  das  deutsche  Vereinswe- 
sen. Man  mag  dagegen  eiuAvenden,  Avas 
man  Avill,  die  überall,  avo  Deutsche  in  grös- 
serer Zahl  beisammen  sind,  bestehenden 
Turn-  und  Gesangvereine  tragen  mit  das 
meiste  zur  Pflege  deutscher  Sprache  und 
deutschen  Wesens  bei. 

Eine  schlimme  Zeit  hatte  das  Deutsch- 
thum  zu  bestehen,  als  sich  die  Gegensätze 
zAvischen  Süd  und  Nord  inuner  mehr  zu- 
spitzten und  schliesslich  zum  Bürgerkrieg 
führten.  Ein  Avichtiges,  ja  entscheidendes 
Element  in  diesem  Kampfe  zu  Gunsten  des 
Deutschthums  brachte  die  bereits  erAvähnte 
EinAvanderung  der  s.  g.  Achtundvierziger. 
Sie  kam  gerade  früh  genug,  um  sich  mit 
den  politischen  und  sozialen  Verhältnissen 
des  Staates  vertraut  zu  machen  und  das 
Stimmrecht  zu  erwerben,  so  dass  sie  mit 
vollen  Kräften  für  die  Sache  der  Union  ein- 
treten konnte.  Von  der  PräsidentenAvahl 
im  Jahre  1860  an,  aa'o  die  meisten  Stimmen 
für  Lincoln  fielen,  und  dem  thatkräftigen 
entschlossenen  Auftreten  der  deutschen 
Turner  in  St.  Louis,  Avodurch  diese  Stadt 
der  Union  erhalten  blieb,  bis  zum  Ende  des 
Krieges  haben  die  Achtundvierziger  eine 
entscheidende  Rolle  gespielt.  Damit  ver- 
lassen wir  aber  auch  das  Gebiet  der  Spe- 
zialgeschichte,  und  Namen  wie  Sigel,  Schurz 
u.  a.  gehören  der  Geschichte  der  Vereinig- 


DIE  DEUTSCHEN  IX  MISROrRI. 


225 


ten  Staaten  an,  ebenso  wie  der  Bürgerkrieg, 
auf  den  wir  deshalb  hier  auch  nicht  näher 
eingehen  können. 

Das  Feld^  auf  dem  die  gebildete  deutsche 
Einwanderung  ihre  ganzen  Kräfte  entfal- 
ten konnte  und  auch  entfaltete,  war  eni 
friedliches.  Wissenschaft,  Kunst  und  In- 
dustrie boten  den  rührigen  Geistern  Gele- 
genheit, den  sozialen  Aufbau  des  Staatos 
zu  fördern  und  ihm  ihren  Stempel  aufzu- 
drücken. 

Vor  allem  war  es  die  deutsche  Presse,  die: 
seit  den  vierziger  Jahren  schnell  zum  Kno- 
tenpunkt aller  geistigen  Bestrebungen  des 
Deutschthums  in  Älissouri  wurde  nnd  sich 
besonders  in  St.  Louis  sehr  bald  in  selbstän- 
diger "Weise  entwickelte.  Am  31.  Oktober 
1835  erschien  die  erste  Nummer  des  „An- 
zeiger des  Westens",  gegründet  von  Chris- 
tian Bimjyage  und  von  ihm  in  Verbindung 
mit  B.  J.  von  Festen  herausgegeben.  Im 
Februar  des  folgenden  Jahres  ging  aber  die 
Redaktion  bereits  in  die  Hände  von  ^Yil- 
helm  Weber  über.  Er  war  im  Jahre  1808 
in  Altenburg  geboren,  wurde  als  Student 
politischer  Umtriebe  verdächtigt,  entfloh 
aus  dem  Gefängniss  imd  kam  nach  Ame- 
rika. In  St.  Louis  war  er  zuerst  als  Biblio- 
thekar thätig,  ehe  er  Redakteur  wurde.  Mit 
ihm  trat  die  Zeitung  mitten  in  das  soziale 
und  politische  Leben  des  Staates  ein,  und 
das  war  ein  kampfreiches  und  gefährliches 
Leben.  Weber  hatte  sich  durch  scharfe 
Kritik  eines  an  einem  Neger  durch  den 
Feuertod  vollzogenen  LjTichgerichts  die 
]\Iissbilligung  der  englischen  Zeitungen  zu- 
gezogen. Er  wurde  daran  erinnert,  dass 
er  nur  „das  Gastrecht  der  Grossmuth"  als 
Fremdgeborener  geniesse.  Seine  Druckerei 
sollte  zerstört  werden,  aber  AVeber  bewaff- 
nete sich  und  seine  Arbeiter  und  zog 
Freunde  heran,  und  sein  entschlossenes 
Auftreten  verleidete  dem  Pöbel  den  beab- 
sichtigten Gewaltstreich.  In  einer  Zu- 
schrift an  das  englische  Blatt,  das  ihn  be- 
sonders angegriffen  hatte  und  in  der  er  im 
besten    Englisch    seinen    Artikel    rechtfer- 


tigte, cikliirtc  er:  ..Wie  sehr  wii-  tiurh  d\e 
Güte  und  Grösse  des  amerikanischen  Vol- 
kes zu  sehätzen  wissen,  so  hängen  wir  doeh 
keineswegs  von  dersell)en,  sondern  von  uns 
sell)st  und  vrm  den  ^Mitteln  ab.  die  wir  uns 
dui'eli  unsi-e  Fähigkeiten,  so  gering  sie  auch 
sein  mögen,  zu  ver.schaffeii  wissen.  Wir 
fordern  nur.  was  uns  die  (Je^ctze  des  Lan- 
des zugestehen,  und  wenn  wii-.  um  der  Fi-ei- 
heit    wi]l(>n    verbannt,    a's    Flüditlinge    an 


FRANZ    HASSENDEUBEL.    ArzI   der    Missouri-Freiwilligen. 

diese  gastliehen  Ufer  steigen,  um  unter  frei- 
sinnigen Gesetzen,  unter  einer  vernunft- 
mässigen  und  glücklichen  Verfassung  zu 
leben,  so  kommen  wir  nicht  als  Bettler,  um 
persönliche  Güte  und  Grossnnith  anzu- 
sprechen, sondern  als  ^länner,  welche  die 
Freiheit  zu  würdigen  wissen  und  stets  be- 
reit sind,  sie  im  Verein  mit  jedem  Bürger 
des  Landes  zu  vertheidigen."  Weber  .schied 
im    Jahre    1850    aus    dem    ,, Anzeiger    des 


226 


DIE  DEUTSCHEN  IX  MISSOURI. 


Westens"  und  starb  im  Jahre  1852,  dem 
Gründun^sjcihre  des  gemeinen  Ordens  der 
„Know-Xt)things",  der  Xativisten.  ..Der 
Anzeiger  des  Westens"  Miirde  unter  Arthur 
Olshauscn,  Heinrich  Bönistciu,  Karl  Dän- 
zcr  imd  ('.  L.  Bcrnays  weitergefülirt.  Die 
Stürme  des  Bürgerkrieges  brachten  das 
Bhitt  im  Jahre  1863  zwar  auf  kurze  Zeit 
zum  Sehweigen.  Karl  Dänzer  brachte  es 
aber  noch  im  selben  Jahre  wieder  auf  die 
Beine  und  führte  es  in  mustergültiger  Wei- 
se durch.  Neben  dem  „Anzeiger  des  Wes- 
tens" erschienen  von  1838  an  eine  ganze 
Anzahl  deutscher  Zeitungen  in  St.  Louis 
selbst  wie  auch  in  den  andern  Städten,  wo 
das  deutsche  Element  zu  einer  gewissen 
flacht  gekommen  war.  Die  „Tribüne"  von 
Friedrich  Krctschmcr,  der  „Antipfaff" 
und  ..Vorwärts"  von  Hermann  Koch,  der 
,3Ii.ssouri  Demokrat"  und  die  von  Paul 
Folie nius  begründete  „Waage"  hielten  sieh 
freilieh  nicht  lange,  ebensowenig  Glück 
hatten  ,.Der  Reformer"  und  die  „St.  Louis 
Zeitung".  Länger,  von  1844  bis  1852, 
hielt  sich  die  ..Deutsche  Tribüne".  Die 
ersten  Blätter,  die  ausser  dem  „Anzeiger 
des  Westens"  kräftig  gegen  die  Sklaverei 
auftraten,  Avaren  das  in  Hermann  von 
Eduard  Mühl  und  Strehly  im  Juni  1845 
zuerst  herausgegebene  ,,TTermanner  Wo- 
chenblatt" und  ,,Der  Lichtfreund",  die 
aber  beide  mit  dem  Tode  des  Redakteurs 
eingingen,  im  Jahre  1854.  ]\Iühl,  der  im 
Jahre  1800  bei  Zittau  geboren  und  Theo- 
logie studirt  hatte,  musste  wegen  zu  frei- 
sinniger Ideen,  die  ihn  verdächtig  gemacht 
hatten,  nach  Amerika  auswandern,  wo  er 
zuerst  in  Cincinnati  als  Prediger  wirkte 
und  dann  nach  Hermann  übersiedelte. 
Von  1850  bis  1860  traten  dann  in 
St.  Louis  ins  Leben:  „Unsere  Zeit", 
die  aber  schon  in  1851  wieder  ein- 
ging; das  , .Katholische  Sonntagsblatt". 
das  1852  in  den  noch  heute  beste- 
henden „Herold. des  Glaubens",  das  Organ 
der  Katholiken,  überging;  die  „Freien 
Blätter",     ein     Organ     freireligiöser    An- 


schauungen, von  1851  bis  1853 ;  die  „Tages- 
chronik", die  mit  Ernst  Kargau  1863  in 
den  „Anzeiger  des  Westens"  aufging;  die 
,,Demokrati.sche  Presse",  die  als  ..^li.ssouri 
Zeitung"  in  1854  einging;  das  Witzblatt 
,,Die  Lichtputzc",  horaiLsgegeben  von 
Hammer  und  Bchr,  dem  Börnstein  ein<^ 
zweite  ..Lichtputze"  entgegensetzte;  ,, Deut- 
sche Blätter",  die  es  aber  nicht  über  die 
erste  Xununer  hinausbrachten,  welches 
Schicksal  die  „Unterhaltungsblätter"  theil- 
ten.  Als  Tageblatt  erschien  neben  d(Mu 
„Anzeiger  des  Westens"  von  1855  an  das 
„St.  Louis  Volksblatt",  da.s  in  1857  einging. 
In  demselben  Jahre  1857  erschien,  von  Karl 
Dänzer  und  Friedrich  Wenzel  herausgege- 
ben und  redigirt,  die  ,, Westliehe  Post",  die 
thatkräftig  für  die  Grundsätze  der  damals 
eben  erst  ins  Leben  tretenden  republikani- 
schen Partei  eintrat.  Nach  Wenzels  Tode 
und  Dänzers  Rücktritt  übernahmen  in  1860 
Theodor  Olshausen  und  Lischer  das  Blatt. 
1865  trat  Emil  Preetorius  an  Olshausens 
Stelle  in  die  Redaktion  ein,  die  er  von  1867 
in  Gemeinschaft  mit  dem  von  Detroit, 
]\Iicli.,  nach  St.  Louis  übergesiedelten  Kurl 
Scliurz  führte.  Letzterer  trat  später  aus 
der  Redaktion  aus  und  widmete  sich  ganz 
der  Politik.  In  der  Zeit  der  siebziger  und 
achtziger  Jahre  wuchs  die  ..Westliche  Post" 
allmählich  den  andern  Blättern  über  den 
Kopf,  und  im  Jahre  1898  gelang  es  Dr. 
Emil  Preetorius,  den  „Anzeiger  des  Wes- 
tens", der  vorher  schon  die  „Tribüne"  und 
das  „Tageblatt"  aufgesogen  hatte,  mit  der 
„Westlichen  Post"  zu  vereinigen,  die  nun 
mit  den  „^lississippi-Blättern",  (Sonntags- 
ausgabe) die  grösste  deutsche  Zeitung  des 
Westens  ist.  Von  den  anderen  Zeitungen 
hat  sich  nur  die  im  Jahre  1872  gegründete 
„Amerika",  eine  katholische  Tageszeitung, 
gehalten.  Der  1852  gegründete  , .Herold  des 
Glaubens",  das  offizielle  Organ  der  Katho- 
liken, i.st  ein  Wochenblatt;  die  „St.  Louis 
Abendschule"  erscheint  alle  14  Tage.  Von 
den  Versuchen,  die  an  andern  Plätzen  des 
Staates  mit  der  Herausgabe  deutscher  Zei- 


DIE  DEUTSCHEN  IN  MISSOURI, 


227 


tungen  gemacht  wurden,  sind  ausser  den 
bereits  erwähnten  1845  in  Hermann  veröf- 
fentlichten „Ilermanner  AVoehenblatt"  und 
,. Lichtfreund"  noch  der  im  Jahre  1853  in 
Jefferson  City  herausgegebene  „Jefferson 
City  Demokrat",  der  „Götter  Freund  und 
Pfaffen  Feind"  von  Bäsei  in  Hermann,  der 
von  Arnold  Krekel  in  St.  Charles  gegrün- 
dete „St.  Charles  Demokrat"  und  der 
,, Franklin  Courier"  von  Heine  in  Franklin 
herausgegeben  zu  nennen.  Ferner  „Der 
Wächter  am  ]\Iis.souri"  in  Boonville,  die 
„AVestliche  Presse"  in  Cape  Girardeau, 
„Ilermanner  Volksblatt  und  Gasconade 
Zeitung"  in  Hermann,  die  „Kansas  City 
Presse"  in  Kansas  City,  ein  Tageblatt,  das 
„St.  Joseph  Volksblatt"  in  St.  Joseph,  das 
„Sedalia  Journal"  in  Sedalia  und  eine  An- 
zahl kleinerer  Wochenblatter.  Besonderer 
Erwähnung  verdient,  dass  der  „Puck",  das 
einst  weltberühmte  deutsch-amerikanische 
Witzblatt,  das  später  in  New  York  seinem 
Jüngern  englischen  Bruder  zum  Opfer  fiel, 
im  Februar  1871  hier  in  St.  Louis  das  Licht 
der  Welt  erblickte. 

Auch  auf  dem  Gebiete  des  Schulwesens 
gingen  die  Deutschen  früh  selbständig  vor. 
und  alle  bedeutenden  kirchlichen  Gemein- 
den der  verschiedenen  Bekenntnisse  grün- 
deten ihre  eigenen  deutschen  Schulen, 
Ausserdem  bestand  früher  eine  freie  deut- 
sche Schule,  die  „Tönsfeld 'sehe",  die  aber 
eingegangen  ist.  Ferner  besteht  an  der 
Washington  Universität  ein  Lehrstuhl  für 
deutsche  Sprache  und  Literatur,  gestiftet 
von  ÄdolpJius  Busch. 

In  Bezug  auf  gemeinnützige  Stiftungen 
sind  die  Deutschen  allewege  mit  in  den  vor- 
dersten Reihen  gewesen  und  haben  sich  an 
allen  dergleichen  An.stalten  in  hervorra- 
gender Wei.se  betheiligt.  Als  rein  deutsche 
Stiftungen  sind  zu  nennen :  Das  „St.  Louis 
Altenheim",  malerisch  auf  einem  Felsen- 
hügel am  ^Mississippi  .südlich  von  der  Stadt 
gelegen;  das  „Samariter  Altenheim"  und 
vier  deutsehe  Waisenhäuser.  Und  im  St. 
Louis  Park  erhebt  sich,  von  dem  deutschen 


Brauereibesitzer  Karl  G.  Stifel  geschenkt, 
das  Standbild  unserers  Nationaldicht^is 
Schiller,  unstreitig  eine  der  schönsten  Zier- 
den der  Stadt. 

Zu  diesen  Zierden  gehören  zum  Theil 
auch  die  von  deutschen  Kirchengemeinden 
erbauten  Kirchen,  das  lutherische  Coneoi-- 
dia-Seminar,  sowie  all  die  grossartigen  (Je- 
l)äude,  die  der  deutsehen  Wirksamkeit  auf 
industriellem  Gebiete  zu  verdanken  sind, 
u.  a.  die  verschiedenen  Brauereien,  unter 
denen  die  von  Anheuser-Busch,  die  grös.ste 
Brauerei  der  Welt.  Ferner  die  Halle  des 
Liederkranz-Clubs  und  die  Hallen  der 
grösseren  Turnvereine.  Ihnen  wird  sich 
hoffentlich  bald  auch  ein  neues  deutsches 
Theatergebäude  würdig  anreihen,  worin  das 
deutsche  Schauspiel  und  die  deutsche  Oper 
eine  bleibende  Stätte  finden  sollen.  Eine 
deutsche  Konzerthalle  wird  wohl  ein  Traum 
bleiben,  weniger  durch  die  Schuld  der  deut- 
schen Bürger,  als  infolge  der  internationa- 
len Wirksamkeit  der  ]\lusik,  die  alle  Bevöl- 
kerungskreise durchdrungen  hat  und  des- 
halb von  den  Deutschen  nicht  abgesondert 
gepflegt  werden  kann. 

Während  die  deutsche  Presse  und  das 
deutsche  Theater  in  ihren  kulturellen  Wir- 
kungen auf  das  deutsche  Element  be- 
schränkt blieben  und  auch  beschränkt  blei- 
ben müssen,  der  Natur  der  Sache  nach,  sind 
auf  dem  Gebiete  der  IMusik  hier  wie  überall 
in  der  AVeit  die  Deutschen  nicht  nur  Bahn- 
brecher gewesen,  sondern  haben  auch  bis 
jetzt  eine  fast  unbeschränkte  Herrschaft 
ausgeübt.  I\Iit  der  ]\Iusik  war  es  bei  den 
englisch-amerikanischen  Ansiedlern,  gelinde 
gesagt,  sehr  dürftig  bestellt;  der  Engländer 
ist  von  Haus  aus  ein  ganz  unmusikali- 
scher Gesell,  und  besonders  die  alten  Puri- 
taner waren  nichts  weniger  als  musik- 
freundlich. Hier  in  Ari.s.souri  und  besonders 
in  St.  Louis  und  den  Orten,  wo  Franzosen 
sich  angesiedelt  hatten,  stand  es  wohl  etwas 
besser,  aber,  weini  auch  in  den  französischen 
Familien  die  ]\Iusik  eine  gewi.sse  Rolle  als 
Unterhaltungsmittel  spielte,   das  musikali- 


228 


DIE  DEUTSCHEN  IX  MISSOURI. 


scIk'  Lelx-n  fing  doch  iMgcntlieh  erst  mit  dem 
EintrettVn  der  Deiitseheii  an.  AVenn  man 
sagt,  wo  vier  Deutsche  zusammen  kommen, 
gründen  sie  einen  (Jesangverein,  so  schicsst 
man  damit  nielit  allzuweit  vom  Ziele.  So- 
wohl in  Kirchen  wie  in  weltlieluMi  Vereinen 
wurde  hii'r  frühzeitig  .Musik  und  (Jesang 
geptiegt,  im  Jahn-  lJ>;JS  der  erste  Singver- 
ein und  im  folgerden  Jalire  von  Kari  Bal- 
vur  das  ei-ste  Orchester  gegründet,  das  zum 
Theil  aus  Berufsnnisikern.  ziun  Theil  aus 
Dilettarten  bestand.  Kurz  darauf  gründete 


MAJOR    LEO    RASSIELR.    St.  Louis.    Mo. 

Heinrich  Weber,  der  von  seiner  Farm  bei 
St.  Charles  nach  St.  Louis  übergesiedelt 
war,  eine  Gesangsehule.  Das  erste  grössere 
Streichorchester  wurde  unter  dem  Namen 
„Polyhymnia"  von  deutschen  Bürgern  ins 
Leben  gerufen.  Von  da  ab  spielt  die  Musik 
im  gesellschaftlichen  Leben  von  St.  Louis 
eine  erste  Rolle,  hörte  aber  auch  damit  auf, 
ein  Sonderbesitz  der  Deutschen  zu  sein. 
Allerdings,  die  ausübenden  Kün.stler  wie 
Musiklehrer   sind    mit    nur   sehr    wenigen 


Aiusnahmen  Deutsche,  auch  sind  die  meisten 
bedeutenderen  ]\Iu.sikgeschäfte  von  Deut- 
schen gegründet  und  geführt,  allein  die  von 
den  besser  gestellten  englisch-amerikani- 
schen Bürgern  gegründeten  musikalischen 
und  Gesangvereine  haben  mit  dem  Deutsch- 
thum  nicht  das  gering.ste  zu  thun,  und  die 
deutsche  Sprache  ist  in  diesen,  zum  Theil 
sehr  vornelunen  Vereinen,  ein  unbekanntes 
Ding.  Auch  in  den  nuisikalischen  Unter- 
riehtsanstalten  der  Stadt,  die  ebenfalls  von 
Deutsehen  ins  Leben  gerufen  sind  und  noch 
unter  deutscher  Leitung  stehen,  zählen 
als  ihr  Lehrerpersonal  fa.st  ausschliesslich 
deutsche  ^lusiker,  aber  der  Unterricht  wird, 
um  den  vielen  englisch  redenden  Schü- 
lern zu  gefallen,  meist  in  englischer  Sprache 
ertheilt.  Die  deutsche  Sprache  bleibt  auf 
die  deutschen  Gesangvereine  beschränkt, 
welche  sich  der  Pflege  des  deutschen 
Liedes  widmen.  Deren  giebt  es  allerdings 
eine  ziemliche  Zahl,  von  denen  einige  im 
deutschen  gesellschaftlichen  Leben  eine 
Rolle  spielen.  Im  allgemeinen  wiederholt 
sieh  in  St.  Louis  dasselbe,  was  uns  im  gan- 
zen Lande  begegnet :  die  Deutschen  haben 
das  miLsikalische  Leben  begründet  und  spie- 
len auch  selbst  als  ausübende  Künstler  die 
erste,  fa.st  einzige  Rolle,  in  seinen  Wirkun- 
gen aber  ist  die  ^IiLsik  nicht  auf  das 
Deutsehthum  beschränkt  geblieben,  sondern 
hat  sich  auf  das  ganze  Volk  erstreckt.  Da 
haben  also  die  Deutschen  einen  vollständi- 
gen Kultursieg  errungen. 

Die  eigentliche  Stütze  und  Pflege  findet 
die  deutsche  Sprache  ausser  in  der  deut- 
sehen Presse  vonviegend  in  den  deutschen 
Gesangvereinen  und  dem  deutschen  Thea- 
ter. In  den  Gesangvereinen  wird  auch  hier 
wie  im  ganzen  Lande  nur  deutsch  gesungen 
und  auch  deutsch  gesprochen,  ebenso  ist  die 
offizielle  Sprache  in  den  Turnvereinen  die 
deutsche,  allein  hier  wendet  sich  die  Jugend 
mehr  und  mehr  der  englischen  Sprache  zu, 
und  nur  durch  die  altern  IMitglieder  hat 
deutsche  Sprache  und  Literatur  einen  Halt. 
Es  ist  das  Verhängniss  des  Deutschthums 


DIE  DEUTSCHEN  IN  MISSOURI. 


229 


unsen's  franzen  Tjaiules,  dass  ps  nicht  im 
Stande  ist,  sich  die  Jugend  zu  erhalten, 
wenigstens  nieht  im  grossen  Ganzen,  wenn 
aueli  im  Einzelnen  die  Erziehung  in  vielen 
deutschen  Familien  durch  PHege  deutscher 
Sprache  und  Literatur  sieh  auszeichnet 
luid  so  eine  kräftige  Stütze  des  Deutsch- 
thiims  bildet. 

Das  deutsche  Theater  ist  hier  -wie  überall 
das  Schmerzenskind  derer,  denen  es  um  das 
Gedeihen  deutschen  Wesens  zu  thun  ist. 
Dass  es  gelungen  ist,  dem  deutschen  Thea- 
ter hier  eine  Stätte  zu  bereiten  und  allzeit 
zn  erhalten,  das  haben  wir  eben  der  zahl- 
reichen gebildeten  deutschen  Einwande- 
rung zu  danken,  die  dem  Deutschthum  ja 
auch  in  der  Familie  eine  sichere  Stätte  be- 
reitet hat.  Eine  Geschichte  des  deutschen 
Theaters  können  wir  hier  ebensoAvenig  brin- 
gen wie  eine  Geschichte  der  deutschen  Ge- 
sang- lind  Turnvereine,  nur  soviel  sei  noch 
bemerkt,  dass  der  Bau  eines  neuen  deut- 
schen Theaters  im  Wei'ke  ist,  um  St.  Louis 
wieder  einen  ^Mittelpunkt  für  seine  geisti- 
gen Bestrebungen  zu  schaffen.  Wieder, 
denn    schon    mehrfach    hat    die    deutsche 


Kiuist  hier  ein  eigenes  Heim  gehabt,  wie 
in  dem  Kapitel  ül)er  ..Das  deuts'-lie  Th(?ater 
in  Amerika"  dirgethan  wird.  Die  Vorbe- 
reitungen für  den  Bau  eiiu's  eigenen  Hau- 
ses sind  getroffen,  und  d.i  wii'd  dann  hof- 
fentlieii  audi  die  deutsehe  Oper  wieder 
neben  dem  Schauspiel  eine  bleibende  Stätte 
finden. 

Es  war  ein  weiter  Weg  von  der  ersten 
Blockhütte  in  den  Trwäldei-n  am  Mis.souri 
bis  zu  den  .stolzen  Farmhöfen,  den  behagli- 
ehen Wohnhäusern,  den  Bildungs-  und 
Wohlthätigkeitsanstalten  und  den  glänzen- 
den Fabriken  der  .stolzen  Metropole  des 
Westens.  Leicht  fürwahr  ist  dieser  Weg 
den  deutschen  Ansiedlern  und  ihren  Kin- 
dern und  Xachkonunen  nieht  geworden;  sie 
haben  arbeiten  und  i'ingen  und  dulden  und 
bluten  müssen,  aber  sie  haben  sich  durch- 
gerungen und  etwas  ganz  Erkleckliches  vor 
sich  gebracht.  Das  macht,  weil  sie  den 
deutschen  Idealismus,  den  sie  aus  der  alten 
Heimath  mit  herübergebracht,  sieh  bewahrt 
haben,  den  lieben  Idealismus,  der  das  Leben 
verschönt  und  es  erst  zum  Leben  macht. 


i 

i 

I 


Iratrrbungnt  in  ^tntathm  in  Amerika. 


Slul^alt. 


9ir  örutsrl)c  iKirrl)?  m\h  (6rmrtuöpörl|ulp, 

Pastor  Q»rarg  van  ÜJiisar. 

irutßrhr  IK'atbnltkrn  in  Antprika. 

fr.  ilflBpf  «mit. 

Sic  öputsrlipu  Juöptt  tu  Amerika. 

Ifeixx  (Srramt. 

Hhtpt  Ilahrhunöprl  öntlflrl|pu  Ilntprnrl|ta   in  öptt 
Brrrtutijtpn  i>taatpn, 

?j.  Biprrrk. 

Ifittsrl^r  ICrlirrr  imö  üanmrr  öpr  3iisBPusrI|aft, 

m.  fiptnriri. 


iBrutsrhrr  tiuflusa  auf  h\t  iEulluirkliuig  örr 
IRpötiiu  uuh  (EbtrurgtP. 

Prof.  Jnhti  C  l^rmmrtrr. 


Die  deutsche  Kirche  und  Gemeindeschule. 

GEORG  von  BOSSE,  Pastor  der  St.  Paulus  Kirche  in  Philadelphia. 


]\Iit  deu  Bedürfnissen  unserer  Zeit 
sind  auch  die  Anforderungen,  Avelehe  an 
den  Mensehen  gestellt  werden,  gestiegen. 
Ueberall  sind  die  höchsten  Kräfte  anzu- 
spannen, inn  nicht  in  dem  allgemeinen 
"Wettlauf  nueh  hochgesteckten  Zielen  zu- 
rückzubleiben. Vereinigung.  Zusammen- 
schluss  von  Kräften,  die  entweder  ihrer 
inneren  Xatur  nach  zusammengehören 
oder  doch  V(enigstens  das.selbe  Ziel  verfol- 
gen, ist  auf  allen  CTcbieten,  dem  kirchlichen, 
sozialen,  politischen  u.  s.  w.  heute  die  Lo- 
sung. Unsere  Tage  haben  den  Zweibund, 
den  Dreibund,  den  Pangermauisnms,  Pan- 
slavisnnis,  Panamerikanismus,  die  Arbei- 
ter-Unionen, Trusts  u.  s.  w.  gezeitigt,  sie 
haben  uns  auch  den  eleuisch-eimenkeinischen 
Xationalbund  gebracht,  den  Zusammeu- 
schlu-ss  allei-  Deutsch-Amerikaner  in  den 
Vereinigten  Staaten,  eine  der  stärksten 
Vereinigungen,  die  je  unter  Deutschen  be- 
standen hat.  Die  Zeiten  sind  vorbei,  hof- 
fentlich für  immer,  da  ein  einzelner  Verein 
meinte,  grosse  Aufgaben  lösen  zu  können 
und  da  man  um  recht  minderwertiger  Prin- 
zipienfragen willen  sich  zersplitterte  oder 
gar  gegenseitig  befämpfte  und  seine  schöne 
Kraft  unnütz  vergeudete.  Nicht  Sonderin- 
tere.ssen  gilt  es  mehr  in  er.ster  Linie  zu  ver- 
folgen, sondern  ein  gro.sses  allen  Deutsch- 
Amerikanern  gemeinsam  am  Herzen  liegen- 
des Ziel,  und  das  ist  die  Erhaltung  und 
Pflege  des  Deutschtums,  deutscher  Spra- 
che, deutschen  Geistes  und  deutscher  Kul- 
tur. Dass  deutsche  Kirche  und  Gemeinde- 
schule das  gleiche  Ziel  verfolgen,  ja  sogar 
gras.ses  geleistet  und  erreicht  haben  in  der 
Beziehung,  wer  wollte  es  in  Abrede  stellen  ? 

Zwei  grosse  Weltanschauungen,  zwei 
Lebensanschauungen  stossen  heute  in  allen 


Erdteilen  auf  einander  und  ringen  inii  die 
Vorherrschaft  auf  der  Erde,  es  sind  die 
germanische  und  die  englische,  gew-Ähnlich 
anglo-sächsische  genannt. 

Der  Kampf  ist  auch  in  den  Vereinig- 
ten Staaten  entbrannt  und  wie  in  Ru.s.sland, 
in  Ungarn,  in  Brasilien,  so  stehen  auch  in 
den  Vereinigten  Staaten  deutsche  Kirche 
und  Gemeinde-schule  in  den  vorder.sten 
Reihen  und  kämpfen  insbesondere  um  deut- 
sches Christentum  und  deutsche  Frömmig- 
keit und  damit  um  deutsche  Sprache  und 
deutschen  Gei.st. 

Obschon  "Weltreligion,  d.  h.  nicht  ge- 
bunden an  ein  bestimmtes  Volk,  Land  oder 
eine  bestimmte  Sprache,  sondern  eine  Reli- 
gion für  alle  ]Menschen,  hat  das  Christen- 
tum doch  luiter  "Wahrung  der  Grundwahr- 
heiten ein  wunderbares  Anpassungsvermö- 
gen. Es  pa.sst  sich  dem  Charakter  eines 
jeden  Volkes  an  und  zeigt  sich  in  seinen 
äusseren  Formen  und  der  äusseren  Betäti- 
gung von  Seiten  seiner  Anhänger,  in  der 
Frömmigkeit,  in  mannigfaltigster  "Weise. 

i\Ian  kann  daher  wohl  reden  von  engli- 
schem Christentum  und  engli.scher  Fröm- 
migkeit. Wie  der  Engländer  au.sserordent- 
lich  selb.stbewus.st,  ja  anmassend  als  Mensch 
auftritt,  so  auch  als  Christ.  In  seinen 
Augen  gilt  nur  das  als  wahres,  echtes  Chri- 
.stentum,  was  englisches  Gepräge  trägt. 

Daraus  erklärt  es  sich,  dass  die  engli- 
sche Heilsarmee  glaul)te,  auch  in  Deutsch- 
land ihren  Einzug  halten  zu  müssen,  dass 
englisch-amerikanische  Kirchenkörper  Tau- 
.sende  von  Dollars  bewilligten  zur  ,. Bekeh- 
rung" der  Deutschen  in  Deutschland 
selbst,  dass  ein  Dr.  Pierson  von  Philadel- 
phia in  dem  Blatte  „]\Iissionary  Review  of 
the  World"  schreibt :  „Man  lasse  diese  Aus- 


234 


DTE  DErTSClIK   KIlMrH  l'NO  C  KM  KFX  DKscnrEE. 


länder  (wdiuiitfi-  natürlich  auch  die  Deut- 
schen) die  Anierikanischo  (so  viel  wie  Ku;^- 
lisehi?)  Relifjion  annehmen,  ehe  man  ihnen 
die  Rechte  des  amerikanischen  Hürj;ertums 
einräumt",  daher  das  stete  Drängen  nach 
Veranjjlisirun^  der  deutschen  Cicmeiiulen 
in  den  Vereniiy:ten  Staaten,  denn  es  ist  eine 
Tatsache,  da.ss  mit  Einführuiii:'  der  euiili- 
schen  Sjirache  meist  auch  englischer  Geist 
und  eny:lisches  Christentum  einziehen. 

Dieses  euglische  Christentum  al)er, 
welche  Züge  weist  es  auf  im  Unterschiede 
vom  deutschen?  Es  würde  zu  weit  führen, 
allen  Einzelheiten  nachzuspüren  und  nach- 
zuweisen, wie  das  englische  mehr  in  die 
Weite,  das  deutsche  mehr  in  die  Tiefe  geht, 
jenes  mehr  nach  aussen  hervortritt  und  die- 
ses sich  mehr  in  die  Stille  zurückzieht,  wie 
die  englische  Reformation  asketische  Stren- 
ge, düsterer  Ernst  und  Unfreiheit  des 
Denkens,  für  die  es  eigentlich  keine  Wis- 
senschaft gibt,  kennzeichnen,  während  in 
der  deutschen  Reformation  bei  tiefster 
Frömmigkeit  menschliche  Freude  und 
menschlicher  Genuss,  der  in  Wissenschaft, 
Poesie  und  ^NFusik  herrliche  Güter  den 
^Menschen  vei-ehrte,  gewaltet,  wie  dem  Eng- 
länder das  Chri-stentum  sich  vornehmlich 
als  eine  soziale  ^Macht  darstellt,  während  es 
dem  Deutschen,  ihm,  dem  Gemütsmenschen, 
in  erster  Linie  eine  Herzenssache  ist. 
Nur  auf  zwei  l)esonders  hervortretende 
Züge  möchten  wir  kurz  hinweisen,  die  vor 
allem  den  Unterschied  des  englischen  nnd 
des  deutschen  Christentums  zeigen,  das  ist 
Sahhat ismus  und  Tcmpercnz.  In  diesen 
beiden  Punkten  steht  das  englische  Chris- 
tentum auf  dem  Boden  des  alten  Testamen- 
tes mit  seinem  Gesetz,  das  deutsche  Chri- 
stentum auf  dem  Boden  des  neuen  Testa- 
mentes mit  seiner  Freiheit. 

Ueber  den  englischen  Sabbat  ist  schon 
viel  geredet  und  geschrieben  worden,  dafür 
und  dawider. 

Eines  steht  fest,  einen  Tag  der  xVus- 
spannung,  der  Ruhe  nnd  f]rholung  bedarf 
nach  einer  gewissen  Anzahl  von  Arbeitsta- 


gen jeder  .Alensch  und  jedes  Volk.  Die 
Vereinigten  Staaten  haben  deshalb  auch 
einen  solchen  Tag  festgesetzt,  es  hätte 
irgend  ein  Tag  sein  können,  da  aber  allge- 
mein der  Soinitag  als  ein  .solcher  bereits 
galt,  so  li;it  man  ihn  gleichfalls  erkoren. 

In  unserem  Lande,  wo  Staat  und  Kirche 
getreinit  sind,  sollte  der  Staat  auch  nur 
das  eine  Interesse  im  Auge  haben,  ilem 
Volke  einen  Tag  der  Ruhe  und  Erholung 
zu  bieten,  und  sollte  zufrieden  sein,  wenn 
er  dieses  erreicht.  Es  ist  aber  ein  Unrecht, 
wenn  der  Staat  einem  Teil  der  Kirche  zu 
Liebe  solche  Gesetze  erlässt,  durch  die  jeg- 
liche pcj'sönliche  Freiheit  vernichtet  wird, 
indem  selbst  die  einem  Chri.sten  am  Sonn- 
tag erlaubten  Genüsse  und  Erholungen 
verboten  werden,  und  es  ist  ein  L'nrecht 
von  Seiten  dieses  einen  Teiles  der  Kirche, 
wenn  er.  nm  seinen  religiösen  Ansichten 
vom  Sabbat  Geltung  zu  verschaffen,  die 
Gewalt  des  Staates  anruft. 

Nach  Ansicht  der  deutschen  Kirche,  und 
sie  steht  dabei  voll  und  ganz  auf  neute- 
stamentlichem  Grund  und  Boden,  bezeich- 
net nicht  et\\a  die  vollkommene  Ruhe  die 
rechte  Feier  des  Sonntags,  sondern  das  sei- 
nem Gott  dienen.  Bei  diesem  Gottesdienst 
ist  aber  jeglicher  Zwang  auszuschliessen, 
denn  bei  einem  Zwang  würde  von  Anfang 
an  das  fehlen,  was  allein  zum  Gottesdienst 
treiben  soll  und  den  Gottesdienst  erst  zu 
einem  rechten  macht  —  die  Liebe. 

Die  falsche  Auffassung  vom  Sonntag  ist 
die  Quelle  all  der  I^ngereimtheiten,  wie 
sie  sich  so  vielfach  bei  englischen  Kirchen- 
leuten finden.  Tausende  von  fronnnen 
Amerikanern  tun  nichts  am  Sonntag  und 
halten  es  für  eine  gro.s.se  Sünde,  einen  Brief 
zu  sehreiben  oder  einen  Spaziergang  zu  ma- 
chen, aber  das  ist  w'ieder  keine  Sünde,  wenn 
reiche  Pastoren  im  Sommer  die  Kirchen  ein- 
fach zuschlie.ssen  luid  auf  Wochen  ins  Land 
gehen,  und  auch  das  ist  keine  Sünde,  wenn 
dieselben  Leute  oft  dem  Zeitungsmann  ihre 
Predigten  am  Sonntag  geben  und  der  Setzer 
am  Sonntagnachmittag  und  -abend  arbeiten 


I 


DIE  DKrTSClIR   KTRCIII-:  UND  (JKMEIXDESCHULE. 


235 


muss,  um  den  Lesern  iiiit/utheilen,  was  sie 
am  Sonntag  Lrepredigt  haben. 

Als  aber  deutsche  Gemeinden   in  l'hihi- 

Idelphia  an  einem  Sonntage  in  einem  sehö- 

Inen    Park   ein   ]\Iis.sionsfest    abliielten    und 

maelilier  sieh  an  einem  einfachen  Essen  und 

[einer  Tasse  Kaffee  auch  leiblich  erquickten, 

da  erschien  in  einem  englischen  Blatt  ein 

gewaltiger    Protest    gegen    solche  Sabhat- 

scJiHiidioif/.' 

Aehnlich,  wie  mit  dem  Sabbatismus  ver- 
hält es  sich  mit  dem  Temperenztum. 

Eins  steht  auch  da  wieder  fest,  rechte 
Massigkeit  sollte  in  allen  Dingen  geübt  wer- 
den, das  ist  eine  Forderung,  welche  die 
Sittlichkeit  und  Wohlanständigkeit  an 
jeden  ^Menschen  stellt.  Völlige  Enthaltsam- 
keit von  diesem  oder  jenem  Genussmittel  ist 
dem  anzuraten,  dem  es  an  Leib  oder  Seele 
zum  Schaden  gereichen  würde.  Verkehrt 
ist  es  aber  wieder,  Avenn  man  deswegen,  weil 
eine  Anzahl  von  Leuten  nicht  ]Mass  und  Ziel 
halten  können,  nun  ein  Verbot  von  Genuss- 
mitteln für  alle,  auch  für  die,  welche  ihre 
Selbstbeherrschung  nicht  verlieren,  ergehen 
lässt,  denn  der  Mis-sbrauch  hebt  den  rechten 
Gebrauch  nicht  auf:  unkonsequent  ist  es, 
wenn  man  sich  dann  auf  ein  bestimmtes  Ge- 
nussmittel, wie  z.  B.  das  alkoholische  Ge- 
tränk versteift  und  nur  dieses  verbietet  und 
andere,  die  vielleicht  ebenso  missbraucht 
werden,  den  ^Menschen  zum  Gebrauch  lässt; 
grundverkehrt  ist  es  ferner,  wenn  die  engli- 
sche Kirche  die  völlige  Enthaltsamkeit  von 
alkoholischen  Getränken  als  ein  Ilauptkenn- 
zeiehen  des  Christentums  ansieht  und,  um 
die  ^Menschen  zur  völligen  Enthaltsamkeit 
zu  zwingen,  den  weltlichen  Arm  des  Staates 
zur  Hülfe  anruft.  Die  deutsehe  Kirche  — 
und  sie  steht  auch  da  wieder  auf  biblischem 
Boden  —  verwirft  irgend  ein  weltliches  Ge- 
setz, das  alle  zur  völligen  Entlialtsamkeit 
zwingt  oder  vielmehr  zwingen  will,  und 
wenn  sie  die  Forderung  der  Massigkeit  und 
zwar  in  allen  Dingen  stellt,  so  sieht  sie  in 
dem  massigen  Genuss  selbst  alkoholischer 
Getränke  keine  Sünde  und  keinen  Mangel 


eines  wahren  ehri.stlichen  Lebens.  Das  Mit- 
tel aber  zur  Erreichung  rechter  ^Milssigkeit 
und  zwar  in  allen  Dingen,  liegt  für  sie  in 
der  Erzichuiifj.  Sie  will  fnir  Menschen 
heranziehen,  die  Herr  über  sich  selbst  blei- 
ben und  die  nicht  nöthig  haben,  sich  Fe.s.seln 
zur  Zügelung  der  Begierden  anzulegen  oder 
vielmehr  anlegen  zu  lassen.  Die  deutsche 
Kirche  ist  auch  eine  Feindin  der  Erschei- 
nungen, die  einseitigem  erzwungenem  Sab- 
batismus und  Temperenztum  notwendiger 
Weise  folgen,  namentlich  der  Heuchelei. 
Es  ist  dem  deutschen  Charakter  nichts  wi- 
derwärtiger und  verächtlicher,  als  gerade 
diese  I'ntugend,  und  auch  darin  steht  der 
Deutsche  dem  Stifter  der  christlichen  Reli- 
gion besonders  nahe,  der  ja  gleichfalls 
nichts  mehr  gegeisselt  hat.  als  gerade  die 
Heuchelei. 

Xach  alledem  ist  es  erklärlich,  wenn 
deutsche  Pastoren  schon  um  des  willen 
kämpfen  für  Erhaltung  der  deutsehen 
Kirche,  weil  mit  Darangalie  der  deutschen 
Sprache  und  des  deutschen  Gottesdien.stes 
eben  ein  anderer  Geist  in  die  Gemeinde  ein- 
zieht. 

Das  hat  auch  jener  einfache  Dorfpfarrer 
in  Xeuendettelsau  (Bayern)  Wilhelm  Lohe 
erkannt,  der  seinen  ausgewanderten  Pfarr- 
kindern und  Glaubensgenossen  die  herrli- 
chen AVorte  nachrief:  ..Ihr  seid  Deutsche. 
p]ine  schöne  Sprache  habt  Ihr  über  den 
Ozean  gerettet.  Im  Gewirr  der  Sprachen, 
die  man  jen.seits  spricht,  ist  keine  schöner. 
Behaltet,  was  Ihr  habt !  Ihr  habt  durch 
Gottes  Gnade  das  gute  Teil  .  .  .  Eure 
Sprache  ist  neben  Eurer  Kirche  Euer  gröss- 
tes  Kleinod,  das  Ihr  in  die  "Wüstenei  Eurer 
Wälder  mit  herübergenommen  habt.  Ueber- 
legt  wohl,  was  Ihr  verliert,  wenn  Ihr  diese 
edle  Gabe  Eures  Gottes  undankbar  dahin 
werfet!  Wir  wollen  es  p]uch  mit  grossen 
Buchstaben  vor  Augen  malen.  ]\Iit  Eurer 
Sprache  verliert  Ihr  Eure  Gescliiehte.  Eure 
Lieder,  die  bis  in  den  Hinnnel  wiederklin- 
gen. Eure  Katechismen,  die  ihresgleichen 
nicht  haben,  Eure  Po.stillen,  die  so  herzlich 


230 


DIE  DEUTSCHE  KIRCHE  UND  GEMEINDESCHULE. 


siml.  Faivc  Krhiiuiiiiirshüchcr,  dir  so  kind- 
lich beti-n,  Euro  ^'aiize  heiniatliclu'  Litera- 
tur, die  ireistliehe  und  jede  andere,  endlieh 
Eurer  Väter  Sinn  und  Ait.  ja  auch  die  Ach- 
tung diesseits  \\\u\  jenseits  hei  den  Zeitge- 
nossen ;  denn  der  ist  wahrlieh  keiner  Aeh- 
tung  Mcvt,  der  seine  Erstgeburt  für  ein 
Linsengerieht  dahingibt.  — Dannn  behaltet, 
was  Ihr  habt!  Behaltet  es  für  Euch  und 
Eure  Kinder!  In  Euren  Häusern,  in 
Euren  Dörfern,  in  Euren  Städten,  in  Euren 
Sehulen.  in  Euren  Kirchen,  in  Euren  Syno- 
den lel)e  und  herrsche  die  deutsche  Sprache 
Eurer  deutsehen  Kirche,  das  beste  Wort  des 
besten  Sinns,  der  schönste  Laut  zum  edel- 
sten Gedanken.  Ferne  aber  bleibe  von  Euch 
die  Strafe,  die  sich  an  Verachtung  Eurer 
Muttersprache  knüpft.  Denn  wahrlich,  ein 
Deutscher,  der  nicht  deutsch  ist,  ist  ein  ge- 
strafter ]Mann  auf  Erden,  weil  ihm  alle  Pri- 
vilegien, die  ihm  Gott  vor  den  Nationen  aus 
Gnaden  gab,  entwendet  und  —  mit  nichts 
erstattet  werden  können." 

An  Kaiiii)f  um  deutsche  Sprache  und 
deutschen  Geist  hat  es  in  vielen  deutschen 
Gemeinden  und  manchen  deutschen  Syno- 
den nicht  gefehlt.  Es  scheint  nun  einmal 
die  Bestinnnung  des  Deutschen  zu  sein,  dass 
er  allüberall  um  seine  Selbständigkeit,  seine 
Eigenart  und  Sprache  kämpfen  mu.ss,  und 
am  heftigsten  oft  gegen  die  Abgefallenen 
seines  eigenen  Stammes. 

Die  leidige  Sprachenfrage  hat  schon 
manche  (icmeinde  in  ihren  fJrundtesten  er- 
schüttert. Bereits  in  den  ersten  deutsch- 
lutherischen Gemeinden  Philadelphias  kam 
sie  auf,  und  schon  damals  wurden  die 
Gründe  geltend  gemacht,  die  noch  heute 
vorgebracht  werden  :  Wir  leben  in  Amerika, 
einem  Englisch  sprechenden  Lande,  und  da- 
her ist  es  nöthig,  dass  auch  die  Gottes- 
dienste in  englischer  Sprache  abgehalten 
werden  ;  den  alten  Deutschen,  die  kein  Eng- 
lisch kennen,  mag  noch  deutscher  Gottes- 
dienst zugestanden  werden,  aber  für  die 
Jugend  ist  englischer  unbedingt  nötig,  sonst 
geht  sie  der  Gemeinde  und  der  Kirche,  zu 


der  sie  von  i-eehtswegen  gehören  sollte,  ver- 
loren. 

Die  Sprachenfrage  schuf  dann  auch  eine 
aiulere  Frage,  nändieh  die,  ob  eingewan- 
derten oder  eingeborenen  Predigern  der 
Vorzug  zu  geben  sei  bei  der  Berufung  au 
deutsche  Gemeinden,  da  die  Erfahrung 
lehrt,  da.ss  die  eingewanderten  meist  fester 
am  Deutschtum  halten,  als  die  eingebore- 
nen. .Muss  man  in  Zeiten,  da  das  eigene 
Land  den  Bedarf  an  Predigern  nicht 
decken  kann,  auch  notgedrungen  .seine  Zu- 
flucht zu  eingewanderten  nehmen,  so  ist 
der  Grundsatz  des  engli.sch  gesinnten  Teiles 
der  Kirche  doch  stets :  ,,we  nnist  have  a 
nativc  ministry". 

Um  einer  deutschen  Gemeinde  das  Da- 
sein noch  saurer  zu  machen,  fängt  man  häu- 
fig mitten  im  Bereich  einer  deutschen 
Kirche  eine  englische  ^Mission  an  und  sucht 
vor  allem  die  Kinder  an  sich  zu  locken. 

Leicht  wird  es  den  deutschen  Pastoren 
und  Gemeinden  mit  der  Erhaltung  des 
Deutschthujiis  nicht  immer  gemacht,  und 
mancher  deutsche  Pastor  und  manche  deut- 
sche Gemeinde  haben  schliesslich  den 
Kampf  aufgegeben  und  sind  ins  engli.sche 
Fahrwasser  liinübcrgesegelt. 

Aber  tausende  haben  doch  festgestan- 
den und  haben  durch  alle  Stürme  hindurch 
ihr  Deutschthum  gerettet.  ^Manche  haben 
auch  in  den  Kämpfen  gelernt,  wie 
man  für  die  Zukunft  neuen  Anstürmen  ge- 
gen das  Deutschthum  zu  begegnen  hat. 

So  ging's  z.  B.  in  Reading.  Pa.  Dort 
wurde  vor  etwa  hundert  Jahren  eine  rein 
deutsche  Gemeinde  gegründet,  aber  bald 
nach  der  Gründung  wurden  Stimmen  laut, 
die  das  baldige  Aussterben  des  Deutschen 
prophezeiteji  und  rieten,  bei  Zeiten  für  das 
Englische  zu  sorgen.  So  wurde  denn  dem 
deutsehen  Pfarrer  ein  englischer  Ililfspre- 
diger  zugesellt.  Als  der  deutsche  Pfarrer 
starb,  wurde  der  engli.sche  TTilfsgei.stliehe 
Ilauptpastor  und  ihm  ein  deut.scher  Ililfs- 
geistlicher  beigegeben.  Auf  die  Dauer  liess 
sich    das    Verhältniss    nicht    halten,    man 


DIE  DEUTSCHK  KIRCHE  UND  GEMEINDEsrilULE. 


237 


sagte,  ein  Pastor  ist  genug,  uiul  da  ja  doch 
alle  englisch  verstehen,  so  geben  wir  dem 
deutschen  llilfsgeistlichen  den  Laufpass 
und  machen  die  Gemeinde  ganz  englisch. 
Nun  wachten  aber  die  guten  Deutschen 
auf.  sie  fühlten  sich  in  ihrer  Kirche  nicht 
mehr  daheim  und  merkten,  dass  ein  ganz 
anderer  Geist  jetzt  dort  regierte.  Sie  pro- 
testirten.  doch  das  half  nichts.  Bisher  hatte 
man  den  noch  Deutsch-Gesiiniten  geschmei- 
chelt und  ihnen  alle  möglichen  Verspre- 
chungen gemacht,  nun  man  aber  das  Heft 
in  der  Iland  hatte,  wies  man  ihnen  lachend 
die  Türe.  So  nnissten  sie  denn  abziehen, 
ohne  dass  ihnen  ein  Cent  für  die  Kirche, 
die  sie  gebaut  hatten,  ausbezahlt  wurde.  Sie 
gründeten  eine  neue  Gemeinde  unter  dem 
deutschen  Pfarrer,  dem  man  den  Stuhl  vor 
die  Türe  gestellt  hatte.  Durch  Erfahrung 
klug  gemacht,  trugen  sie  nun  aber  Sorge, 
da.ss  die  deutsche  Sprache  und  der  deutsche 
Geist  erhalten  blieben.  Sie  gründeten  eine 
Gemeindeschule  und  nahmen  in  ihre  Ge- 
meindeverfassung  die  Bestimmung  auf. 
dass  in  den  Gottesdiensten  und  der  Sonn- 
tagsschule nur  die  deutsehe  Sprache  in 
Gebrauch  sein  dürfe.  Die  Gemeinde  wuclis 
luiter  der  treuen  Arbeit  des  Pastors,  der 
noch  heute  seines  Amtes  in  ihr  waltet,  und 
steht  heute  da  als  eine  der  grössten,  rein 
deutschen,  besitzt  eine  prachtvolle  Kirche, 
ein  grosses  Schulhaus,  einen  eigenen  Gottes- 
acker mit  Kapelle  und  ist  eine  Pflegestätte 
deutscher  Sprache  und  deutschen  Geistes. 

Will  man  das  Deutschtum  in  einer  Ge- 
meinde auf  die  Dauer  erhalten,  so  muss 
notwendiger  Weise  in  der  Beziehung  für 
den  Xachivuchs  gesorgt  werden,  sonst  ist 
alle  Liebesmühe  vergebens.  Darum  ist  aber 
auch  die  deutsche  Kirche  hierzulande  eine 
der  Ilauptstätten  zur  Pflege  und  Erhaltung 
des  Deutschtums  geworden,  weil  sie  durch 
ihre  Schulen  und  Bildungsanstalten  gerade 
die  Kinder  und  die  Jugend  in  deutscher 
Sprache  und  deutschem  Geiste  erzieht. 

Anfangs  gab  es  in  Amerika  nur  solche 
Schulen,    die    unter    kirchlicher    Aufsicht 


standen.  Die  Puritaner  sollen  die  erste 
Schule  gegründet  haben,  nach  anderer  An- 
gabe gebührt  den  holländi.sch-reformierten 
Ansiedlern  dies  Verdienst.  Als  die  Luthe- 
raner einwanderten,  war  ihre  erste  Sorge, 
für  sich  und  ihre  Kinder  Kirche  und 
Schule  zu  errichten.  So  hatte  die  schwe- 
disch-lutherische Gemeinde  zu  Chri.stina  im 
Jahre  1699  eine  Gemeindeschule  mit  einem 
eigenen  Tjchrer. 

Ileinrii'h  ^Ick-hior  .Mühlcnberg.  der  Pa- 
triarch der  lutherischen  Kirche  in  Amerika, 
und  seine  ^Mitarbeiter  schenkten  der  Ge- 
meindeschulsache gleichfalls  be-sondere 
Aufmerksamkeit,  und  auf  der  ersten  S.vno- 
dalversannnlung,  die  1748  in  der  deutschen 
ev.-luth.  ]\richaelis-Kirche  zu  Philadelphia 
stattfand,  wurde  jede  Gemeinde  gefragt, 
wie  es  mit  den  Schulen  stehe.  Im  Jahre 
180-1  berichteten  26  Gemeinden  über  89 
Schulen,  1813  waren  es  161  Schulen  in  52 
Gemeinden  und  1820  wurde  aus  84  Gemein- 
den über  206Parochialschulen  berichtet.  Die 
deutsche  Zions-Kirche  in  Philadelphia  allein 
unterhielt  4  Schulen.  Diese  deutsch-luthe- 
rischen Gemeindeschulen  in  Pennsylvanien, 
Nord-Carolina.  Virginia  und  andern  Kolo- 
nien haben  in  jener  Zeit  wesentlich  zur 
Volksbildung  beigetragen  und  christliehen 
Sinn  und  deutche  Sprache  erhalten  und  ge- 
fördert. 

Der  deutsche  Schulmeister  hat  sich  eben 
damals  schon  bewährt.  Vor  allem  waren 
es  in  der  Kolonialzeit  vier  Schulmeister, 
deren  Namen  der  Vergessenheit  entrissen 
werden  sollten  und  daher  an  dieser  Stelle 
Erwähnung  finden  mögen.  Der  eine  war 
Johann  Ulmer,  der  Schulmeister  von  Wald- 
boro  (jetzt  zum  Staate  Maine  gehörig), 
einer  deutschen  Niederlassmig,  als  deren 
leitender  Geist  er  sich  jahrelang  erwies. 

Der  andere,  Johann  Thomas  Schley  aus 
der  Pfalz,  baute  das  erste  Haus  der  nach- 
maligen Stadt  Frederick  in  Maryland 
und  war  ein  halbes  Jahrhundert  lang  die 
Stütze  der  deutschen  Schule,  Gemeinde  und 
Kirche.    Als  Schlatter,  der  Pionier- Apastel 


238 


DIE  DEUTSCHE  KIRCHE  UND  GEMEIXDESCHULE. 


der  re  formiert  eil   Kirclie   in   Amerika,   ilin ' 
auf  seinen  Keiseii  diirehs  Land  kennen  ye- 
leriit  hatte,  schrieb  er  über  ihn  :     ,,Es  ge- 
reicht dieser  Gemeinde  zum  srrossen  Vorteil^ 
dasssie  den  besten  Schulmeister  hat,  den  ic], 
in  Amerika  kennen  Gelernt  habe.''    Der  hi 
lühmtcste  Xachkommc    (hs  Pfälzcr  Schul 
mcistcrs  i'on  Frederick  ist  A(Jmiral  ^V^^i- 
ficlcl  Scott  Schhy,  dn-  Sia/rr  von  Sa)ifiar/\>. 

Der  dritte  war  Ludwig  Höcker,  ein 
vertrauter  Freund  Christoph  Sauer 's,  des 
berülimten  Druckers  von  Oermantown,  mit 
dem  er  zu  der  dortigen  Tunker-Gemeinde 
gehörte.  Höckers  Wirken  -wird  in  Sauers 
Abnanach  von  1752  in  dem  bekanten  Dialog 
mit  einem  Neuankömmling  über  die  Vor- 
züge des  Lebens  in  der  Kolonie  Pennsylva- 
nia eingehend  geschildert  und  gebührend 
gewürdigt. 

Als  vierter  ist  Christoph  Dock  zu  nen- 
nen, der  gleichfalls  Sauers  Freund  und  ]\Iit- 
arbeiter  war.  Er  ist  der  Verfasser  der 
ersten  Schriften,  die  in  Amerika  über  Schul- 
wesen und  Erziehungsmethoden  veröffent- 
licht wurden  —  sell)stverständlicli  ur- 
sprünglich in  deut.scher  Sprache.  Seine 
Schulordnung  ist  mehr  als  ein  halbes  Jahr- 
hundert massgebend  gewesen,  w^eit  über  die 
Grenzen  Pennsylvanieus  hinaus.  Dock,  ein 
bescheidener  und  gottesfürchtiger  ]\rann. 
schrieb  sie  auf  Sauers  Veranlassung  und 
vollendete  sie  im  Jahre  1750.  Er  lieferte 
das  ]\ranuskript  an  Sauer  ab,  jedoch  unter 
der  Bedingung,  dass  sie  erst  nach  seinem 
Tode  veröffentlicht  werde.  Erst  im  Jahre 
1769  gab  er  dem  Drängen  seiner  Freunde 
nach  und  Avilligte  in  die  Veröffentlichung 
ein.  Das  "Werk  war  sofort  vergriffen  und 
eine  zweite  Auflage  erfolgte  im  nächsten 
Jahre.  Es  würde  zu  weit  führen,  auf  die 
Lehrmethoden  Docks  näher  einzugehen ;  ihr 
"Wert  lag  darin,  dass  Dock  sich  mit  jedem 
einzelnen  seiner  Schüler  in  geistige  Berüh- 
rung setzte,  jeden  einzelnen  nach  seiner 
Eigenart  behandelte  und  erzog,  und  nicht 
nur  das,  er  suchte  auch  einen  geistigen  Ver- 
kehr der  Kinder  unter  sich  herbeizuführen. 


Wie  .sehr  ihm  das  geistige  und  leibliche 
Wohl  seiner  Schüler  am  Herzen  lag,  das  hat 
er  noeli  in  s(  iner  Todesstunde  bewiesen.  Er 
ptlegte  nach  Schluss  der  Schulstunden  eine 
Zeitlang  allein  im  Schulhause  zu  verweilen 
und  für  das  Wohlergehen  seiner  Schüler  zu 
beten.  Eines  Abends  im  Herb.st  1771  fand 
man  ihn  im  Schulzimmer  tot  auf  den 
Knieeii  liegend,  mit  den  Händen  gefaltet 
über  dem  Xamensverzeichnis  seiner  Pflege- 
befohlenen. 

Es  war  damals  eine  Zeit,  wo  das  Deut- 
sche in  Blüte  stand  und  Englische  sogar 
eine  Verdeutschung  Penn.sylvaniens  be- 
fürchteten. Dann  aber  kam  das  Freischu- 
lensystem. Im  Jahre  1838  weigerten  sieh 
von  10(10  Schuldistrikten  noch  239  dem 
nachzukommen,  doch  nach  und  nach 
brachte  das  Freischulsystem  im  Verein  mit 
den  Folgen  des  Freiheitskrieges,  überhand- 
nehmender kirchlicher  Gleichgültigkeit, 
dem  ^Mangel  an  nötigen  Lehrkräften  und 
verminderter  Einwanderung,  der  Gemein- 
deschule und  mit  ihr  der  deutschen 
Sprache  und  deutschen  Kirche  den  Unter- 
gang. Ganze  Synoden  wurden  damals  ver- 
englisiert.  _ 

Und  nicht  nur  in  der  Kirche,  überall 
stand  es  damals  traurig  um  das  Deutsch- 
tum. Doch  die  Zeiten  sollten  sich  ändern. 
Ein  neuer  Einwanderimgsstrom  von  Deut- 
schen ergoss  sich  nach  Amerika,  diesmal 
vornehmlich  nach  dem  Westen.  Neben 
den  sogenannten  Achtundvierzigern  kamen 
auch  viele  kirchlich  gesinnte  Deutsche — es 
entstanden  die  Synoden  von  Buffalo,  ^lis- 
souri,  Iowa,  Wisconsin,  von  Texas,  ]Michi- 
gan,  ^Minnesota,  lauter  rein  Deutsche,  und 
wie  diese  Synoden  zum  Teil  wuchsen,  kann 
man  daraus  ersehen,  dass  die  ^Missouri 
Synode  allein  von  1847-1893  357,153 
Glieder  sammelte.  Diese  lutherischen 
Deutschen  ebenso  wie  die  katholischen 
teilten  mit  den  freigerichteten  Achtund- 
vierzigern die  Ansicht,  dass  der  öffent- 
lichen Schule,  als  einer  Einrichtung  des 
von  der  Kirche  getrennten  Staates,  ihr  reli- 


DTE  DEl'TSCHE  KIRCHE  UND  GEM  KI  X  DESCHULE. 


239 


gionsloser  CharaktiM-  ilurc-haus  gewahrt 
bleiben  müsse,  um  aber  doch  ihren 
eigenen  Kindern  eine  religiöse  Erziehung 
angedeihen  zu  lassen,  war  von  Anfang  an 
ihr  Augenmerk  darauf  gerichtet,  in  jeder 
Gemeinde  auch  eine  Gemeindesehule  zu  er- 
bauen, ^lan  gründete  Seminare  zur  Her- 
anbildung von  Lehrkräften,  und  wo  kein 
Lehrer  zu  haben  war.  unterrichtete  der 
Pa.stor  in  der  Schule.  In  diesen  Gemeinde- 
schulen wurde  selbstverständlich  der  deut- 
sehen Sprache  neben  der  englischen  ihr  ge- 
bührender Platz  zugeteilt^  und  so  sind  denn 
gerade  sie  segensreiche  Pflegestätteu  des 
Deutsclitums  geworden. 

L^m  eine  Ahnung  zu  bekonunen,  was  hier 
geleistet  wird,  betrachte  man  folgende  Sta- 
tistik vom  Jahre  1907 : 

Die  ]\Ii.ssouri-Synode  hat  2018  Gemeinde- 
sehulen.  933  Lehrer,  96,96i  Schüler. 

Die  Vereinigte  Deutsche  Synode  354  Ge- 
meindeschulen, 131  Lehrer,  28,092  Schüler. 

Die  Wisconsin-Synode  240  Gemeinde- 
sehulen,  105  Lehrer,  20.892  Schüler. 

Die  ^Minnesota-Synode  80  Gemeindeschu- 
len, 21  Lehrer,  5800  Schüler. 

Die  ^Michigan-Synode  18  Gemeindeschu- 
len, 3  Lehrer,  800  Schüler. 

Die  Nebraska-Synode  16  Gemeindeschu- 
len. 2  Lehrer,  600  Schüler. 

Diese  Synoden,  die  gemeinsam  die  soge- 
nannte Svnodal-Konferenz  bilden,  haben 
also  insgesammt :  2706  Gemeinde.schulen, 
1195  Lehrer  und  153,148  Schüler. 

Da,  Avo  kein  Lehrer  angestellt  ist,  unter- 
richtet, wie  schon  gesagt,  der  Pa.stor. 

Die  deutsche  Ohio-Synode  hat  279  Ge- 
meindeschulen, 91  Lehrer,  9664  Schüler. 

Die  deutsche  Iowa-Synode  471  Gemeinde- 
schulen, 39  Lehrer,  11.467  Schüler. 

Dazu  kommen  noch  kleinere  Synoden 
wie  die  von  Texas,  von  Buffalo  u.  s.  w. 
Auch  die  evangelische  Synode  pflegt  das 
Gemeindeschnlwesen. 

Im  Osten  des  Landes  steht  es  in  der  Be- 
ziehung leider  lange  nicht  .so  g-ün.stig.  so 
weist  z.  B.  die  grosse  Pennsylvania  Synode 


nur  29  (ieiiK-indeschulen  mit  51  Leinvren 
und  1619  Seliülern  auf,  die  New  York  Sy- 
node 96  Gemeindeschulen,  69  Lehrer  und 
4563  Schüler. 

Die  gräs.ste  Gemeindeschule  im  Westen 
hat  eine  zur  Missouri-Synode  gehörende 
Gemeinde  in  Chicago,  es  unterrichten  da 
neun  Lehrer  929  Schüler,  und  zwar  morgens 
in  deutscher  und  nachmittags  in  englischer 
Sprache. 

Im  O.sten  besitzt  die  blühendste  Gemein- 
deschule die  St.  Paulus-Gemeinde  in  Phila- 
delphia. Hier  war  es  Pastor  F.  Wi^tchan 
gewesen,  der  unermüdlich  auf  den  Wert 
der  Gemeindeschule  als  rechte  Pflanzstätte 
auch  des  Deutschtums  hingewiesen  und 
dem  die  Hebung  seiner  eigenen  Schule  be- 
sonders am  Herzen  gelegen  hatte.  Sie  zählte 
1907  bei  vier  Lehrkräften  283  Schüler. 

Natürlich  dürfen  diese  Gemeinde.schulen 
hinter  den  öffentlichen  Schulen  nicht  zu- 
rückbleiben und  müssen  in  jeder  Beziehung 
den  höchsten  Anforderungen,  die  an  eine 
heutige  Schule  gestellt  werden,  genügen. 
Das  tun  sie  aber  auch,  ja,  übertreffen  als 
zweisprachige  und  als  nach  deutschen  Er- 
ziehungsgrundsätzen geleitete  ohne  Frage 
die  öffentlichen  Schulen.  Die  Schulausstel- 
lung  der  ]Missnuri-Synode  auf  der  Weltaus- 
.stellung  in  St.  Louis  1904  war  damals  Be- 
Aveis  dafür.  Eine  derartige  Aus.stellung 
geschah  zum  erstenmal  in  der  Geschichte 
der  Kirche  und  des  Landes,  und  sie  hat  von 
allen  Seiten  her  hohe  Anerkennung  und 
Bewunderung  gefunden.  Es  waren  daran 
261  über  27  Staaten  unserer  Union  verbrei- 
tete Stadt-  wie  Landschulen  beteiligt,  und 
im  ganzen  hatten  460  Lehrer,  darunter  22 
schulehaltende  Pastoren,  und  37  Lehrerin- 
nen ausgestellt.  Die  Schularbeiten  ujnfass- 
ten  :  englische  Spracharbeiten,  (ieschiehte 
der  A^'ereinigten  Staaten,  Arithmetik,  (ieo- 
graphie,  Keligion,  deutsche  Spraeliarbeiten, 
Physiologie,  Zoologie,  Botanik.  Weltge- 
schichte, Schönschreiben  in  beiden  Spra- 
chen inid  Zeichnen. 


240 


DIE  DEl'TSrHE  K1K(  IIK   rM>  CiKMinXDESCllULE. 


Auch  ilas  lA'Invi-si'iiiiiiar  zu  Aiklison, 
III  .  tlio  sfit  1>.'>4  ht'stfhfncle  syiiodalo  An- 
stalt zur  Ausbilduujr  von  Gcnu'incloschul- 
li'hriTn.  am  il«'i-  in  don  U-tzten  20  Jalin-n 
71!»  Lehrer  herv(»ri,'0«rnnjron  sind,  liatte  re- 
p'lniässiirt'  Khissi'iiarln'iti'n  und  ExaiiM>nar- 
heiten  ausgestellt,  ausserdem  fand  der  Besu- 
cher SOO  photttirraphisehe  AbhiMuiiixen  von 
Sehuluehäuden  und  ^'an/.<'n  SeliulUlassen 
sowie  Bilder.  Insehrift(>n  und  Zeiehniui^en 
nls  WaiuLschniueU  dii'sor  hoehinteressanton, 
lehrreiclKMi  und  verdienstvollen  Schulaus- 
Ktellun^'  vor. 

Der  enirlisehe  Teil,  der  Tausende  von 
Sehülerarheiten  umfasste,  konnte  sich  nach 
faehniänniseheni  Urteil  mit  den  Arbeiten 
der  besten  öffentlichen  Sclnileu  messen, 
während  der  deutsehe  Theil  den  Vergleich 
mit  deutschländischen  Schulen  nicht  zu 
fürchten  brauchte.  Pls  war  der  Beweis  ge- 
liefert, dass  in  zwei  Sprachen  gleich  gute 
Hesultate  erzielt  werden  können. 

Dieser  Schulaustcllung  wurde  denn  auch 
vom  Preisrichter-Kollegium  der  ^Yeltaus- 
stellung  die  goldene  ^ledaille  zuerkannt. 

Aehnlich  verhält  es  sich  mit  den  katholi- 
schen Pfari-schuh'n.  Die  Deutschen  hielten 
von  .ieher  fest  an  der  katholischen  Pfarr- 
schulc  und  wo  eine  deutsche  Gemeinde  ent- 
stand, durfte,  wenn  es  inunor  möglich  war, 
die  Pfari-schule  nicht  fehlen,  und  so  sind 
sie  PHegestätten  des  Deutschtums  geworden. 

An  Angriffen  auf  diese  Gemeindeschu- 
len, die  nuui  als  unamerikani.sch  hinstellte, 
hat  es  von  nativisti.scher  Seite  aus  nie  ge- 
frhlt.  So  wogte  im  Herbst  18!)0  in  Illinois 
und  Wisconsin  ein  gewaltiger  Kampf  um 
die  Gemeindt^chule.  als  das  berüchtigte 
Kdwards-  und  Bennet-(Jesetz  erschien,  das 
den  deutschen  Kirchenschulen  den  Garaus 
machen  sollte.  Es  standen  aber  damals  die 
Lutheraner  und  Katholiken  treu  Schulter 
an  Schulter,  und  ihren  vereinten  Kräften 
gelancr  es.  das  Gesetz  zu  Fall  zu  bringen. 

In  Saginaw,  Michigan,  sah  sich  ein  eng- 
lisch-amerikanischer Frauenverein  bemüs- 
sigt.  feierlich  an  alle  dortigen  Schulen  ame- 


rikanische Fahnen  zu  verschenken,  mit  der 
darauf  in  englischer  Sprache  angebrachten 
Ijisehrift:  ..One  Country,  One  Flag.  One 
]>anguage. "  Zugleich  bestimmten  die  Ge- 
berinnen, die  Sehulkinder  .sollten  diesen 
Spruch  stets  beim  Aufhissen  der  Flagge 
laut  aussprechen.  Als  dann  ein  deutsch- 
lutherischer  Pfarrer,  dessen  Gemeinde  auch 
eine  deutsch-englische  Gemeindeschule  un- 
terhält, sich  weigerte,  eine  solche  Gabe  an- 
zunehmen, da  gabs  ein  mächtiges  Ilallo, 
und  eine  Abordnung  des  besagten  Frauen- 
vereins erschien  im  Pfarrhause,  um  den 
Bewohner  wegen  einer  angeblichen  Belei- 
digung des  Sternenbanners  zur  Rede  zu 
stellen.  Doch  der  Pastor  Hess  sieh  nicht 
einschüchtern,  sondern  entgegnete  den  allzu 
patriotischen  Damen:  „Wir  haben  ja  ein 
Land  und  eine  Fahne.  AVarum  also  noch 
darnach  verlangen?  Was  aber  die  eine 
Sprache  betrifft,  so  scheint  es  mir,  dass  sieh 
da  allerlei  hinter  dem  Vorhang  abspielt. 
Diese  Frage  von  der  einen  Sprache  spukt 
im  ganzen  Lande  herum.  INIan  versucht  ein- 
fach, alle  Sprachen  ausser  der  englischen 
aus  den  Schulen  zu  verdrängen,  und  würde 
gern  alle  Schulen  aufheben,  in  denen  auch 
eine  nicht  englische  Sprache  gelehrt  wird. 
Gern  würde  man  uns  zwingen,  nur  eine 
Sprache  zu  sprechen  und  nur  eine  Sprache 
zu  lehren.  Ist  das  gerecht  und  ehrlich?  Ich 
weigere  mich  entschieden,  die  Fahne  anzu- 
nehmen, es  sei  denn,  dass  .jener  Spruch 
vorher  von  ihr  entfernt  wird."  Die  Ab- 
ordnung der  Knownothing-Frauen  zog  dar- 
nach mit  langen  Nasen  wieder  ab. 

Da.  wo  eine  deutsche  Gemeinde  keine  Ge- 
meindesehule  hat,  unterhält  sie  doch  eine 
deutsche  Sonntagsschule,  die  freilich  nicht 
die  Gemeindesehule  im  entferntesten  er- 
setzen kann,  aber  gleichwohl  auch  an  ihrem 
Teile  zur  Pflege  des  Deutschtums  beiträgt 
und  jedenfalls  eine  noch  weit  grössere  Zahl 
von  Kindern  erreicht,  als  die  Gemeinde- 
schule es  tut. 

Durch  deutsche  Sonntagsschul-Bibliothe- 
ken,  deutsehe  Lieder,  deutsche  Kinder-  und 


I 


DIE  DEUTSCHE  KIECHE  UND  GEMEINDESCHULE. 


241 


Jugendblätter  sucht  man  dann  weiter  Sinn 
und  Verständniss  für  die  deutsche  Sprache 
zu  wecken.  Pastoren,  die  es  treu  meinen, 
halten  wohl  auch  eine  deutsche  Samstag- 
schule und  suchen  im  Konfirmandenunter- 
rieht  die  Kinder  in  deutscher  Sprache  zu 
fördern.  In  den  Singchören,  die  mit  ihren 
deutschen  Liedern  den  Gottesdienst  ver- 
schönern, und  in  den  Jugendvereinen  ist 
ein  weiteres  Feld  zur  Pflege  des  Deutsch- 
tums gegeben  und  dann  vor  allem  in  dem 
deutschen  Gottesdienst  selbst  mit  dem  deut- 
schen Gotteswort,  den  deutsehen  kräftigen 
Chorälen  und  dem  deutschen  Geist,  der  in 
dem  deutschen  Gottesdienst  nicht  etwa  eine 
Unterhaltung,  sondern  eine  Erbauung  sieht 
und  sich  daher  frei  hält  von  allen  sensa- 
tionellen und  in  ein  Gotteshaus  nicht  hin- 
eingehörenden Dingen. 

Zu  erwähnen  sind  noch  die  deutschen 
"Waisenhäuser,  sowie  die  deutschen  Lehran- 
stalten, wie  Colleges,  Seminare,  in  denen 
weitere  Tausende  in  deutschem  Geist  erzo- 
gen Averden. 

Es  ist  das  alles  eine  stille  Arbeit  im  Ver- 
borgenen, aber  gleichwohl  eine  äusserst  se- 
gensreiche, und  jeder  in  Vorurteilen  nicht 
befangene  Beobachter  muss  zugeben,  dass 
die  deutsche  Kirche  trotz  aller  Schwierig- 
keiten und  Anfeindungen  grossartiges  für 
die  Erhaltung  des  Deutschtums  geleistet 
hat  und  noch  heute  ein  Hort  deutscher 
Sprache  und  deutschen  Geistes  ist.  Und  das 
ist  um  so  höher  anzuschlagen,  als  die  in 
einer  Staatskirche  aufgewaclisenen  einge- 
wanderten Deutschen  an  ein  systematisches 
freiwilliges  Geben  nicht  gcAvöhnt  waren 
und  meist  auch  hier  in  den  ersten  Jahren 
schwer  um  ihre  Existenz  zu  kämpfen  hat- 
ten. Aber  sie  haben  Millionen  von  Dollars 
gern  und  willig  geopfert  und  opfern  sie 
noch  heute  zur  Erhaltung  ihrer  deutschen 
Kirche  und  Schule. 

Vergessen  wollen  wir  auch  nicht,  dass, 
während  die  deutschen  Landeskirchen  so 
gut  wie  nichts  zur  geistlichen  Versorgung 
der  ausgCAvanderten   Deutschen   getan  ha- 


ben, es  etliche  Persönlichkeiten  waren,  die 
ein  warmes  Herz  für  die  auswandernden 
Glaubensgenossen  hatten  und  ihnen  Geist- 
liche nachsandten,  allen  voran  ein  August 
Hermann  Franke,  dessen  Liebeswerk  sich 
auch  auf  die  zu  Anfang  des  achtzehnten 
Jahrhunderts  nach  Amerika,  namentlich 
nach  Penn.sylvanien,  ausgewanderten  Deut- 
schen erstreckte.  Aus  seinen  Anstalten 
gingen  die  Älänner  hervor,  denen  das  deut- 
sche Volk  so  viel  verdankte,  ein  Heinrich 
IMelchior  IMühlenberg,  Brunnholtz,  Kurtz, 
Handschuh,  Heinzelmann  und  andere,  die 
als  lutherische  Prediger  in  Pennsylvanien, 
Virginien,  JMaryland  und  New  Jersey 
wirkten  und  die  grössere  Zahl  der  ausge- 
wanderten Deutschen  zu  Gemeinden  orga- 
nisierten und  deutsche  Schulen  errichteten. 
Diese  Geistlichen  sandten  Berichte  über 
ihre  Amtstätigkeit  an  das  iMutterhaus  in 
Halle,  und  dort  Avurden  sie  im  Verlage  des 
Frankeschen  Waisenhauses  gedruckt  und 
als  Buch  herausgegeben  unter  dem  Titel : 
„Kurtze  Nachricht  von  einigen  evangeli- 
schen Gemeinden  in  America",  allgemein 
bekannt  geworden  unter  dem  Namen  :  „Hal- 
lesche Nachrichten".  Vor  einigen  Jahren 
ist  ein  Neudruck  dieser  Halleschen  Nach- 
richten erschienen,  sie  sind  neben  den  von 
den  Reformierten  herausgegebenen  Berich- 
ten (Urlsperger)  die  besten,  aber  leider 
fast  die  einzigen  zuverlässigen  Quellen  über 
die  grossartige  deutsche  Besiedlung  Penn- 
sylvaniens. 

Mitte  des  neunzehnten  Jahrhunderts  war 
es  dann  der  bereits  erwähnte  Pfarrer  Wil- 
helm Lohe  in  Neuendettelsau,  der  sich  der 
hauptsächlich  nach  IMichigan  auswandern- 
den Deutschen  annahm,  auch  die  Pastoren 
Harms  in  Hermannsburg  (Provinz  ILanno- 
ver)  und  Jensen  in  Breklum  (Provinz 
Schleswig)  sowie  die  IMi.ssionsanstalt  in 
Basel  taten  in  der  Beziehung  manches.  In 
neuster  Zeit  ist  ein  Johannes  Paulsen  zu 
nennen,  der  in  den  achtziger  Jahren  in 
seinem  Pfarrdorf  Kropp  bei  Schleswig  ein 
Predigerseminar    zur  Ausbildung    junger 


242 


Dil:  DtL  TSCHE  KIRCHE  UND  OEMEINDESCHULE. 


Leute  zu  lutherisclu'ii  (1  eist  liehen  für  die 
deutsehen  CJenioinden  in  Amerika  i,'riuulete 
und  seitdem  treten  200  Kandidati-n  herüber- 
sinulti>.  die  mit  grossem  Sejjen  an  teilweise 
erat  von  ihnen  gej?ründeteii  dfiitsehcn  (le- 
UH'inden  wirken  und  tü«htit,'e  Verfeehter 
des  Dfutsi'hthums  sind.  In/.wisclitMi  haben 
ja  fn'ilifh  di«*  t'inz«'lnfn  Kinhenkiii'ix'r  in 
Amerika  ihro  oigenrn  Anstaltt-n  zur  Ausbil- 
dung; juniri-r  Leute  zu  Ueistliehcn  ge«3'rün- 
det.  ab«'r  tlooh  ist  es  «rerade  für  unsere  rein 
deutschen  (Jemeinden  im  Ost«'n  des  Landes, 
wo  der  Veren»:lisierun<xsi)rozess  anschei- 
nend leichter  vor  sich  geht,  als  im  Westen, 
noch  heute  nötiir.  dass  sie  solche  ^liinuer 
als  (iristliehe  bekommen,  die  in  Deutsch- 
land ihre  Ausbildung  empfangen  und  ein 
fi-stes  deutsches  Herz  halx'n. 

Wenn  es  auch  natürlich  ausserhalb  des 
Kaiimens  dieser  Arbeit  liegt,  die  Entwicke- 
lung  der  deutschen  Kirche  in  Amerika  von 
ihren  ei-sten  Anfängi-n  an  zu  verfolgen,  so 
würde  doch  ein  wesentliches  Stück  fehlen, 
wenn  nicht  der  heutige  Stand  und  die  heu- 
tiire  Maebtausdehnung  der  deut,sch*?u 
Kirche  in  den  Vereinigten  Staaten  kurz  Fa- 
widuiuiiL'  fände. 

Alle  kleineren  kirehlieben  Oemein.schaf- 
tcn.  die  namentlich  in  der  Kolonialzeit  blü- 
hende «h'ufsehc  Gemeinden  hatten,  wie  Tun- 
kt r.  Minnonitcn,  Schwenk  fehler,  Herrn- 
hiifir  u.  s.  w..  sind  zu  keiner  grösseren 
Bedeutung  gekommen  und  im  Laufe  der 
Zeit  fast  ganz  verenglisirt,  wenigstens  in 
den  Städten,  während  sie  auf  dem  Lande 
noch  hie  und  (h>  an  der  Sprache  ihrer  Väter 
und  den  alten  einfachen  Gebräuchen  in 
ihren  Gotte.s<lienst<Mi  mit  grosser  Zähigkeit 
festhalten.  Die  Ilerndiuter  (Moravians) 
geben  sogar  noch  ein  deutsches  Blatt  „Der 
Brüder  Bot  sehn  fter"  in  Bethlehem,  Pa., 
ihrer  alten  Ansiedlung.  heraus. 

Die  Gemeinschaft  der  Vcreinieftcn  Brüehr 
in  Christo,  gegründet  von  dem  1726  in  Dil- 
lenburg. Xa.s.sau,  geborenen  Philipp  Wil- 
hflm  Otterbein  (daher  auch  Otterbeinleute 
genannt)  zählt  gegenwärtig  gegen  270.000 


Glieder,  aber  meist  englische.  Sie  besitzen 
eine  grosse  Druckerei  und  einen  Verlag  in 
Dayton,  Ohio,  wo  auch  ,,Dcr  fröhliche  Bot- 
schafter", das  Organ  der  Deutsehen,  er- 
scheint. (Otterbein  wurde  am  4.  Juni  1726 
in  Dillenburg.  Nassau  geboren,  war  mit  23 
Jahren  Prediger  und  wurde  von  Schlatter 
zur  Auswanderung  nach  Amerika  veran- 
lasst, wo  er  1752  in  Lancaster,  Pa.,  seine 
Wirksand<eit  begann.  Er  begründete  eine 
Gemeinschaft  mit  demokratischen  Grund- 
sätzen, welcher  er  den  angeführten  Namen 
gab.  Er  starb  im  Jahre  1813.  Ilarbaugh 
bestreitet  übrigens,  da.ss  er  jemals  aus  der 
Reformirten  Kirche  au.sschied.) 

Die  Evangelische  Gemeinschaft,  gegrün- 
det von  dem  1769  bei  Pottstown,  Pa.,  gebo- 
renen Jakob  Albrecht,  einem  kerndeutschen 
]\Ianne,  verfügt  über  eine  Gliederzahl  von 
etwa  160,000,  von  denen  die  Hälfte  deutseh 
sind.  Ein  blühendes  Verlagsge.schäft  in 
Cleveland  Ohio,  gibt,  den  „Christlichen 
Botschafter"  und  verschiedene  Jugendblät- 
ter heraus.  (Albreeht  war  der  erste  Bi- 
schof der  Gemeinschaft.  Er  starb  im 
Jahre  1808.) 

Die  deutsche  Presbyterianerkirche,  in  den 
vierziger  Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts 
entstanden,  zählt  zur  Zeit  153  Gemeinden 
mit  gegen  13,000  Gliedern,  sie  unterhält 
ein  deutsches  Seminar  zu  Bloomfield,  N.  J., 
und  eine  deutsche  presb.yterische  Schule  zu 
Dubuque,  Iowa.  An  deutschen  Blättern 
erscheinen :  „Der  Presbytcrianer",  wöchent- 
lich herausgegeben  in  Dubuque,  und  der 
„Deutsche  Evangelist"  in  Brooklyn,  N.  Y., 
ferner  der  Sabbeitschul-F reund,  ein  deut- 
scher Kalender,  und  etliche  kleinere 
Blättchen. 

Die  deutsche  Baptistenkirche,  die  im 
Jahre  1853  erst  25  Gemeinden  mit  864 
Gliedern  zählte,  hat  jetzt  268  Gemeinden 
mit  26,274  Gliedern.  Es  besteht  ein  deut- 
sches Predigerseminar  in  Rochester,  N.  Y., 
und  ein  grosses  Verlagshaus  in  Cleveland, 
Ohio,  wo  die  deutschen  Blätter:  .„Der 
Scnelbote",    „Jugend-Eerolel",    „Der  mun- 


DIE  DEUTSCHE  KIRCHE  UND  GEMEINDESCHULK. 


243 


tere    Sacmann",    ''Unsere    Kleinen"    und 
etliche  andere  erscheinen. 

Die  deutsche  Methodistenkirche  wurde 
von  dem  ans  Württemberg  eingewanderten 
Wilhelm  Xast  1835  begründet.  Sie  hat 
zurzeit  gegen  70,000  Glieder  und  etwa  1000 
Gotteshäuser.  In  Berea,  Ohio,  unterhält 
sie  ein  deutsches  College  und  eine  AVaisen- 
anstalt.  Die  in  dem  methodistisehen  Vcr- 
lagshaus  von  Jenniiigs  und  Graham  in  Cin- 
cinnati  erscheinenden  deutschen  Blätter 
haben  fast  alle  eine  grosse  Verbreitung  ge- 
funden, so  der  wöchentlich  erscheinende 
„Christliche  Apologet e"  über  25,000  Leser, 
die  ]\Ionatsschrift  „Haus  und  Herd"  etwa 
9000,  die  „Sonntagsschul-Glocke"  30,000. 
(Wilhelm  Nast  war  im  Jahre  1807  in  Stutt- 
gart geboren,  wanderte  1828  nach  Amerika 
aus,  wurde  Lehrer  der  deutschen  Sprache 
an  der  Militär- Akademie  von  West  Point, 
dann  Professor  der  hebräischen  Sprache  am 
Kanyon  College,  Ohio,  methodistischer 
Reise-Prediger,  Gründer  der  ersten  deut- 
schen j\Iethodisten-Gemeinde  in  Cincinnati 
und  starb  im  Alter  von  über  80  Jahren  in 
Berea.) 

Die  reformirte  Kirche  in  Amerika  ver- 
dankt ihre  Gründung  dem  1716  in  St. 
Gallen,  Schweiz,  geborenen  und  1746  in 
Philadelphia  gelandeten  Michael  Schlatter. 
Von  den  jetzt  bestehenden  8  Synoden  gelten 
drei  noch  als  deutsch.  Diese  zählen  343 
Pastoren,  414  Gemeinden  und  64,089  Glie- 
der. Die  deutsche  Lehranstalt  ist  das  3Iis- 
sionshans  in  Sheboygan,  Wis.,  mit  seinen 
drei  Teilen,  dem  Theologischen  Seminar, 
dem  Kollegium  und  der  Akademie.  In  dem 
deutschen  Central  Publishing  House  zu 
Cleveland,  Ohio,  erscheinen  „Die  Kirchen- 
zeitung", „Der  Missionshote",  „Das  Ver- 
gissmeinnicht"  und  „Der  Lämmerhirte". 
(Schlatter  hatte  schon  nach  einjähriger 
Wirksamkeit  eine  Synodal- Versammlung 
abhalten  können.  Nach  einer  Agitations- 
Reise  nach  Europa,  um  Geistliehe  und 
Gelder  für  die  reformirte  Kirche  in  Ame- 
rika   zu    gewinnen,    gründete    er    Schulen, 


wurde  später  Kaplan  im  Royal  American 
Regiment,  liess  sich  in  Chestnut  Hill  bei 
Philadelphia  nieder,  wo  sein  Haus  von  bri- 
tischen Soldaten  im  Unabhängigkeits- 
Kriege  gänzlich  ausgeplündert  wurde,  und 
starb  am  1.  November  1790.) 

Die  Deutsche  Evangelische  Synode  von 
Norda^nerika  datiert  vom  Jahre  1840.  Sie 
hat  Fühlung  mit  der  Evangelischen  Landes- 
kirche in  Preussen  und  ist  fast  ganz  deutsch 
geblieben.  Die  Zahl  der  Pastoren  beläuft 
sich  auf  955,  die  der  Gemeinden  auf  1218. 
Diese  Synode  weist  auch  über  300  Gemein- 
deschulen auf,  in  denen  230  Pa.storen  und 
108  Lehrer  und  Lehrerinnen  gegen  10,000 
Kinder  unterrichten.  Wo  keine  Gemeinde- 
schule besteht,  Avird  eine  deutsche  Sonntag- 
oder auch  eine  Samstagschule  gehalten.  Die 
Lehranstalten  sind  das  evangelische  Predi- 
gerseminar bei  St.  Louis,  Mo.,  und  das  Pro- 
seminar in  Elmhurst,  111.  In  dem  grossen 
Eden-Verlagshaus  erscheinen  „Der  Frie- 
densbote" mit  gegen  30,000  Lesern,  „Der 
Missions  freund",  „Die  Kinderzeitung"  mit 
über  50,000  Lesern,  „Der  Deutsch-Amerika- 
nische Jugendfreund",  „Unsere  Kleinen" 
mit  etwa  20,000  Lesern  und  verschiedene 
andere  Blätter. 

Es  folgen  nun  die  zwei  Kirchengemein- 
schaften, welche  die  grösste  Anzahl  deut- 
scher Gemeinden  aufzuweisen  haben,  das 
sind  die  lutherische     und  die  katholische. 

Die  lutherische  Kirche  hat  über  zwei  INIil- 
lionen  Glieder,  von  denen  sich  909,000  der 
deutschen  Sprache  im  Gottesdienst  be- 
dienen. 

Von  den  drei  grossen  lutherischen  Kir- 
chenkörpern ist  die  General  -  Synode,  die 
sich  aus  25  Einzelsynoden  zusanunensetzt, 
fast  ganz  englisch,  nur  zwei,  die  Wartburg- 
und  die  Nebraska-Synode,  gelten  noch  für 
ganz  deutsch,  die  Synode  von  New  York 
und  New  Jersey  ist  zur  Hälfte  deutsch,  in 
den  übrigen  finden  sich  nur  vereinzelt  deut- 
sche Gemeinden.  Das  Organ  der  Deutschen 
ist  der  „Lutherische  Zionshote". 


244 


DIK  DEUTSCHK   KIRCHE  UND  GEMEIXDESCHULE. 


Das  Gcitcral-Konzil  unifnsst  12  Einzelsy- 
nodi'ii,  davon  sind  die  von  New  YorU.  von 
C'anada  und  dw  .Manitoha-Synode  t,'anz 
deutsch.  Dii*  alt«-  Mutti'isynode.  die  penn- 
sylvanischi',  deivn  (J runder  Heinrich  Mel- 
chior MühUnhmj  wnr,  weist  neben  etlielieu 
gniss«'n  rein  dentsehen  selir  viele  dentsch- 
en^lisehe  (.Jenieinden  anf.  Ein  deutsches 
College  besteht  in  Hoehcster,  X.  \ ..  (Wag- 
ner College).  An  jrrösseren  deutsehen  Blät- 
tern erseheinen  das  ^.Lutherische  Kirchcn- 
bhill".  ,.I>er  lutherische  Herold"  und  das 
,.K<iuii(lische  Kirche nblatt'',  ausserdem  „Si 
Loiih",  tler  .Jitf/oitl-Freund".  „Illustrierte 
Juf/i  nflhliitt( r"  und     „KinderliUHtchcn". 

(  llfini'ieh    .Melfhioi*    .Miihlcnbery;    wurde 
am  S.  September  1711  in  Eimbeek.  Hanno- 
ver, geboren.     Trotz  seiner  dürftigen  Ver- 
hältni.sse  gelang  es  ihm,  wenn  aueh  erst  im 
Alter  von  24  Jahren,  in  Göttingen  Theolo- 
gie   zu    studireii.      Franke    zog    ihn    nach 
Halle,  wo  er  auch  in  dem  Waiseuhause  un- 
tt'rriciitete.      Mühlenberg    war    im    Jahre 
M'W)  in  Leipzig  ordinirt  worden  und  begab 
sich    auf    \'eraidassung    der    Pietisten    in 
Halle  nach   Amerika.     Im  Jahre  1742  be- 
gab sieh  Mühlenberg  nach  der  von  vertrie- 
benen   Salzburger    Protestanten   gegründe- 
ten Kolonie  El>enezer  in   Georgia,   im  Xo- 
vend)er  kam   er  nach   Philadelphia,   wo  er 
die  Michaelis-Gemeinde  sammelte  und  dann 
die  Gemeinde  ..an  der  Trappe''  gründete, 
wo  er  eine  kleine  Kirche  baute.     Er  grün- 
dete 174S  ..Das  deutsche  evangelisch-luthe- 
rische   .Ministerium    von    Pennsylvanien", 
um  der  Missionsarbeit  des  Grafen  Zinzen- 
dorf.  des  Gründers  der  Herrnhuter,  entge- 
genzuwirken.    Xicolaus  Ludwig.  Graf  von 
Ziuzrndorf  und    Pottendorf.   war   am    26. 
^fai    17(X)    in    Dresden    geboren       Er    war 
schon    als    Kind    mit    Spener.    dem    Wort- 
führer   der    Pietisten,    bekannt    geworden, 
wurde    sechs  Jahre    lang    v<m   Franke  in 
Halle  erzogen,  bereiste  später  Holland  und 
Frankreich,     gestattete     den      mährischen 
Prüdein.  die  bitter  ihres  Glaubens  wegen 
verfolgt  wurden,  sich  auf  seiner  Besitzimg 


in  der  Ober-Lausitz  niederzulassen  und  die 
Kolonie   ..Herrnbut"  zu  gründen.      Xach- 
(lem   er  unter  tinirirtem   Namen   Theologie 
studirt  und  ordinirt  worden  war,  wurde  er 
im  Jahre  1736  als  gefährlicher  Religions- 
Neuerer  aus  Sachsen  verbannt,  gründete  in 
Holland.  Esthland  und  Livland  Herrnhu- 
ter-Kohmien.    wurde    1739    auf    Veranlas- 
sung  König   Friedrich   Wilhelm 's    l.   von 
Preussen  Bischof  der  mährischen   Brüder, 
begab   sich   1741   nach   Amerika,   gründete 
Bethlehem,   kehrte   1743  nach   Europa   zu- 
rück und  starb  am  9.  ]Mai  1760  in  Herin- 
hut,  Sachsen.     ]\Iühlenberg's  Gegnerschaft 
gegen  Zinzendorf 's  Bemühungen,  eine  reli- 
giöse Gemeinschaft  aller  Deutschen  Penn- 
sylvanien's    herbeizuführen,     hatte    darin 
seinen  Grund,  dass  er  das  lutherische  Be- 
kenntniss  rein  erhalten  wollte.     Er  musste 
viel  herumreisen,  um  den  begonnenen  Aus- 
bau der  lutherischen  Kirche  in  Amerika  zu 
fördci-n      und      Zwistigkeiten      beizulegen. 
Während  des  Krieges  hatte  er  von  den  Bri- 
ten, die  ihn  und  die  Seinen  als  Freunde 
der   Unabhängigkeit    kannten,    viel    Unge- 
mach zu  erleiden.    Er  starb  am  7.  Oktober 
1787,  nachdem  er  8  Jahre  vorher  sein  Amt 
niedergelegt    hatte.      Er    wurde    auf    dem 
Kirchhof  der  noch  vorhandenen  Kirche  in 
Trappe   beerdigt,   neben   ihm   ruhen   seine 
Frau,  eine  Tochter  des  bekannten  Indianer- 
Unterhändlers    Konrad    AVeiser.    und    sein 
Sohn   Peter,   der  berühmte  General.      Ein 
anderer  Sohn,  Heinrich  Ernst  :\Iühlenberg, 
war  ein  berühmter  Botaniker,  ein  dritter, 
Friedrich    August.     Sprecher    des    ersten 
Bundes-Kongresses. ) 

Die  Synoclal-Konferenz,  die  aus  8  Einzel- 
synoden besteht,  ist  fast  ganz  deutsch  und 
dabei  der  ejrösste  lutherische  Kirchenkör- 
per, sie  zählt  2444  Pa.storen,  3101  Gemein- 
den und  643.599  kommunizierende  Glieder, 
dabei  2385  Gemeindeschulen,  1071  Lehrer 
und  125,499  Schüler.  Die  zur  Synodal- 
Konferenz  gehörige  grosse  ]\Iissouri-Synode 
(1847  gegründet)  hat  an  An.stalten  3  Col- 
leges, je  eins  in  Fort  Wayne,  Ind.,  IMilwau- 


DIE  DEUTSCHE  KIRCHE  UND  GEMEINDESCHULE. 


245 


kee,  Wis.,  und  St.  Paul,  ^Minu.,  sowie  zwei 
Progymuasien,  eins  in  Addison,  111.,  und 
eins  in  Seward,  Nebr.,  ferner  2  Predigerse- 
minare, das  Coneordia  Seminar  in  St.  Louis 
und  eins  in  Springfield,  111.  Sie  unterhält 
ausserdem  eine  ganze  Reihe  AYaisenhäuser, 
Altenheime  und  Hospitäler.  In  dem  Con- 
eordia Publishing  ITouse  zu  St.  Louis,  Mo., 
dessen  Ueberschuss  (in  drei  Jahren  allein 
207.071  Dollars)  für  Synodalzwecke  ver- 
wandt wird,  erseheinen  luiter  vielen  ande- 
ren deutschen  Veröffentlichungen  „Der 
Lutheraner"  in  40,000  Exemplaren,  „Lehre 
und  Wehre",  „Lutherisches  Kindcrhlatt", 
„LntJierisches  Jugendblatt",  „Missionstau- 
be". Diese  Missouri-Synode  ist  wohl  der 
best  organisierte  und  dabei  deutscheste 
Körper.  Amerikanischer  Kirchengeist  hat 
hier  fast  gar  keinen  Eingang  gefunden. 
Alles,  Pastoren  wie  Gemeindeglieder,  Er- 
waclisene  wie  Kinder,  sind  wie  aus  einem 
Guss.  Ausserordentlich  tüchtige  INIänner 
hat  aber  auch  gerade  diese  Synode  gehabt, 
wie  Ferdinand  Wilhelm  Walther,  1811  in 
Sachsen  geboren  und  1839  nach  Amerika 
gekommen,  der  erste  Professor  an  dem  Con- 
eordia Seminar  in  St.  Louis  (gestorben  da- 
selbst am  7.  Mai  1887),  sowie  Prof. 
Dr.  F.  Fieper  und  Dr.  S.  L.  Graehner 
(geb.  am  10.  Juli  1849  in  Frankentrost, 
IMiehigan,  gestorben  am  7.  Dezember  1904). 
Trotzdem  die  ]\Ii.ssouri-Synode  sehr  strenge 
in  Lehre  und  Praxis  ist,  hat  sie  ein  AA^'achs- 
tum  aufzuweisen,  das  an  das  "Wunderbare 
grenzt,  nicht  zum  wenigsten  Dank  ihrer 
trefflichen  Gemeindeschulen  und  Erzie- 
hungsanstalten. Die  übrigen  zur  General- 
Konferenz  gehörigen  kleineren  Synoden  be- 
sitzen das  weit  berühmte  College  in  Water- 
town,  Wis.,  ein  Seminar  in  IMilwaukce, 
"Wis.,  und  ein  Lehrerseminar  in  New  T^lm. 
Minn. 

Von  den  sogenaimten  alleinstehenden 
lutherischen  Synoden  sind  als  durchaus 
deutsche  noch  zu  nennen:  Die  Ohio-Hipiode 
mit  556  Pastoren,  733  Gemeinden  und 
110,877  Gliedern  sowie  279  Gemeindeschu- 


len, 91  Lehrern  und  9664  Schülern.  Pre- 
digerseminare bestehen  in  Columbus,  Ohio, 
luid  St.  Paul,  i\linn.,  ein  College  in  Colum- 
bus, Ohio,  und  ein  Lehrerseminar  in  Wood- 
ville,  Ohio.  Ilauptblatt  ist  die  „Lutherische 
Kirchenzeitung" . 

Die  Iowa-Synode  mit  487  Pa.storen,  927 
Gemeinden  und  99,895  Gliedern,  sowie  471 
Gemeindeschnlen,  39  Lehrern  und  11,467 
Schülern.  Ein  Predigerseminar  befindet 
sich  in  Dubuque,  la.,  ein  College  in  Clinton, 
la.,  und  ein  Lehrerseminar  in  Waverly,  la. 
Organ  der  Synode  ist  das  „Kirchenhlatt". 

Weitere  rein  deutsche  aber  kleinere  Syno- 
den sind  die  Buffalo-,  die  Immanuel-  und 
die  IMichigan-Synode.  Ausserdem  gibt  es 
noch  eine  Anzahl  unabhängiger,  d.  h.  in 
keiner  Synodal  -  Verbindung  stehender 
deutsch-lutheri.scher  Gemeinden. 

Eine  besondere  Stellung  nahmen  die 
„Deutsche  Evangelische  Protestantische 
Kirche  in  Amerika"  mit  etwa  40  Predigern 
und  52  Gemeinden  und  „die  evangeUsch- 
protestantische  Prediger-Konferenz"  mit 
21  Gemeinden  und  der  gleichen  .^ahl  Pre- 
diger ein.  Beide  Vereinigungen  vertreten 
auf  kirchlichem  Gebiet  eine  freiere  Rich- 
tung, sind  aber  gute  Stützen  des  Deutsch- 
tums und  verfügen  zum  Teil  über  grosse 
deutsehe  Gemeinden  mit  prächtigen  gottes- 
dienstlichen Gebäuden. 

Einen  Hauptbestandtheil  der  katholi- 
schen Kirche  in  den  Vereinigten  Staaten 
bildet  der  Deutsche.  ]\Ian  hat  den  deut- 
schen Katholiken  schon  manchmal  das  Le- 
ben recht  sauer  gemacht  iiiul  sie  zu  tre- 
ten gesucht,  aber  sie  lial)en  stets  mann- 
haft um  ihr  Volkstum  gekämpft  und  unter 
tüchtigen  Führern  und  treuen  deutschen 
Priestern  doch  ihre  ^Machtstellung  be- 
hauptet. In  einem  ausführliehen  Artikel 
ist  in  diesem  Huche  über  die  deutschen 
Katholiken  berichtet  worden. 

Kirchlich-kommunistische  Anstalten. 

Der  Vollständigkeit  hall)er  seien  hier 
auch  die  deutschen  Ansiedlungen.  die  nach 


246 


DIK  DEL'TSCHE  KIRCHE  UND  GEMEIXDESCHULE. 


koinnmnistischen  Grumlsiitzon  polcitot  wer- 
den, cenannt. 

Obenan,  schon  der  Zalil  drv  Hctlieiligrteu 
nach,  steht  die  der  ,,ltisi)iriir(in"  in  Iowa 
(eine  Ansiedlunp  findet  sich  auch  in  Ca- 
nadaV  Von  Deutschland  1S42  aus«rewau- 
<l.'rt.  kauften  .sie  sich  zuerst  8  .Meilen  von 
iJutTalo.  N.  Y.,  an  uird  gründeten  die  Ort- 
schaft Ehenezer.  Dank  ihrem  Fleisse  wur- 
den sie  bahl  wohlhabend.  Da  ihr  Gebiet  zu 
kk^in  wurde,  verkauften  sie  aHes  und  zogren 
in  den  Jahren  1855—1864  nach  Iowa,  wo 
sie  in  einer  schönen  Geirend.  78  ^Feilen 
westlich  von  Davenport.  25.0(11)  Acker  Land 
erwarben  und  die  .  frnuze  Ansiedlung 
Aniaiia  nannten.  Sie  lcj.Mcn  sieben  Ort- 
schaften an:  Aniana  (Ilauptsitz).  Ost-. 
AVest-.  Süd-,  Mittel-  und  Ober-Amana 
und  Ilomestead.  Die  Zaiil  der  ]\Iit- 
glieder  beläuft  sich  auf  uiifrefähr  1,800, 
deren  rnifran«rssprache  nur  die  deutshe 
ist  und  sein  darf.  Alles  ist  hier  streng 
nach  konnnunistischen  Grundsätzen  einge- 
richtet :  Keiner  hat  einen  Besitz  für  sich, 
Allc.s  besitzen  sie  gemeinschaftlich.  Jeder 
einzelnen  Familie  ist  ein  liacksteiidiaus  zu- 
gewie.sen ;  die  öfTentliehen  gemeinschaftli- 
ehen Gebäude,  meist  aus  Holz  errichtet, 
sind:  Sclunieden,  Sattlerei,  zwei  Wollspin- 
nereien, drei  Schäfereien,  eine  Stärkefa- 
brik, eine  Kattundruckerei,  eine  Seifensie- 
derei, zwei  Mühlen,  vier  Brauereien  u.  s.  w. 
Ihren  Gottesdien.st  halten  sie  in  Versamm- 
liuigslokalen  ab.  die  einfach,  ohne  allen 
Luxus  eingerichtet  sind.  In  besondei"s  da- 
zu geballten  Häusern  werden  die  ]\Iahl- 
zeiten  gemein.schaftlich  eingenommen.  Die 
Kleidung  bei  beiden  (Jeschlechtern  ist  sehr 
einfach.  Die  obei-ste  Leitung  der  Gesamnit- 
gemeinde  liegt  in  den  Händen  eines  Präsi- 
denten, dem  ein  Vize-Präsident,  ein  Sekre- 
tär und  ver-schiedene  Aelteste  beigegeben 
sind.  Die  letzteren  versehen  auch  das  Amt 
ein(^  Kichtei-s  und  Lehrei-s.  "Wer  sich  der 
Gemeinde  an.schlie.ssen  will,  muss  freiwilligr 
konunen  und  .sein  ganzes  etwaiges  Vermö- 
gen in  die  gemeiu.sehaftliche  Kasse  zahlen; 


will  er  sich  wieder  trennen,  so  erhält  er 
sein  eingezahltes  Vermögen  ohne  Zinsen 
zurück.  Die  Mitglieder  halten  fest  zusam- 
nu'u.  uiul  ihre  Kolonie  ist  im  blühendsten 
Zustande. 

Als  Begründer  der  Inspirirten,  die  181-4 
zui'rst  als  religiöse  Gemeinschaft  auftraten, 
gelten  Ebirhard  Ludwig  Gruher  und  Jo- 
hann Friedrich  Rock,  ersterer  ein  früherer 
lutherischer  Geistlicher,  letzterer  ein  Pas- 
torssohn. Sie  erhielten  ein  A.syl  im  Jahre 
1830  in  Hessen,  wurden  aber  auch  dort  ver- 
folgt und  beschlossen  auf  Grund  einer  ,. In- 
spiration" eines  ihrer  Führer,  Namens 
Christian  Metz,  die  Auswanderiuig  nach 
Amerika.  Die  Sekte  ist  gegen  ]\Iilitär- 
zwang,  Kriegsdienst  und  gerichtliehen  Eid. 

Ebenfalls  deutschen  Ursprungs  ist  die 
Gemeinde  der  Kommunisten  von  Zoar,  Tas- 
carawas  County,  im  östlichen  Ohio,  halb- 
wegs zwischen  Cleveland  und  Pittsburg. 
Die  Gemeinde  Avar  ursprünglich  von  einem 
gewissen  Joseph  Bäumler  in  Württemberg 
gegründet,  nach  dem  die  Glieder  noch  heute 
oft  Bäumler  oder  ,.Bimmler"  genannt  wer- 
den. Im  Jahre  1817  kam  die  Gemeinde 
nach  Philadelphia  und  zog  von  da  nach 
Ohio,  wo  sie  unter  Leitung  des  AVürttem- 
bergers  Auber  und  des  Baiern  Ackermann 
die  Kolonie  Zoar  gründete.  Sie  blühte 
.schnell  auf,  und  die  Teilhaber  wurden  alle 
wohlhabend.  Alle  Einkünfte  flies.sen  in 
eine  gemeinschaftliche  Kasse,  die  von  er- 
Mählten  Beamten,  drei  Trnstees  und  einem 
Ausschüsse  von  fünf  Bürgern  verwaltet 
Avird,  und  diese  Beamten  liefern  allen  An- 
gehörigen der  Niederlassung  Wohnung,  Le- 
bensmittel, Kleidung.sstücke  u.  s.  w.  Sie 
haben  keinen  Prediger,  am  Sonntag  liesst 
gewöhidich  einer  der  älteren  Einwohner  ein 
Kapitel  aus  der  Bibel  und  knüpft  daran 
einige  Betrachtungen.  Fast  alle  Lebensbe- 
dürfnisse werden  in  der  Kolonie  hergestellt ; 
auf  Viehzucht  wird  grosse  Sorgfalt  ver- 
wandt, auch  ein  geräumiges  Gasthaus  wird 
von  ihnen  gehalten.  Berühmt  sind  die 
schönen  Gärten  Zoars,  welche  unter  Auf- 


DIE  DEUTSCHE  KIKCHE  UND  GEMEIXDESCHULE. 


247 


sieht  des  sehwäbisehen  Kunstgärtners 
Simon  Beuter  stehen.  Die  Sprache  der 
Kolonie  ist  durchweg  die  deutsehe. 

Eine    dritte    deutsche    Kommunistenge- 
meinde  i.st  „Economy"  am  rechten   Ohio- 
Ufer  in  Beaver  Co.,  Pa.  Der  Gründer  die- 
ser   religiösen    Gemeinschaft,    deren    An- 
hänger    sich     Harmoniten     nennen,     war 
Georg  Rapp,  ein  Württemberger.  Er  war 
im  Jahre  1757  in  ]Maulbronn  geboren.  Er 
kam  1803  mit  der  Gemeinde  nach  Amerika 
und  gründete  zuerst  in  Butler  Co.,  Pa.,  die 
Kolonie  Harmonij.  Später  zog  man  nach  In- 
diana und  kaufte  am  Wabash-Fluss  27,000 
Acker.    Als  der  bekannte  englische  Sozialist 
Robert  O^-en  im  Jahre  182-4  diese  ganze  An- 
siedlung  Rapp  für  einen  grossen  Preis  ab- 
kaufte, zog  er  nach  Beaver  Co.,  Pa.,  und 
legte  Economy  an.    Der  Ort  ist  freundlich 
gebaut,  hat  etwa  200  Häuser,  darunter  ein 
schönes  Schulhaus  und  eine  Kirche,  und  ist 
sehr    wohlhabend    geworden    durch    Woll- 
und  Flanellfabriken,  Gerbereien  und  Obst- 
zucht.   Als  Rapp  am  7.  August  1847  starb, 
hinterliess     er    ein     Riesenvermögen,     das 
1892  sieh  bis  auf  50  ^Millionen  Dollars  ver- 
mehrt hatte.     Vor  einigen  Jahren  wurde 
die  Gemeinde  als  solche  aufgelöst. 

Ehemalige  Mitglieder  der  Rapp 'sehen 
Gemeinde  trennten  sieh  1840  unter  Füh- 
rimg des  früheren  ]\Iodewaarenhändlers 
Keil  aus  Darmstadt  und  gründeten  die 
ebenfalls  auf  Gütergemeinschaft  fussende 
Kolonie  Bethel,  40  Meilen  von  Hannibal  in 
Missouri.  In  den  sechziger  Jahren  rief 
Keil  eine  Zweigansiedlung  in  Aurora,  Ore- 
gon, ins  Leben.     Beide  Kolonien  gelangten 


zur  grössten  Blüte,  und  wenn  auch  heute 
die  kounuimistischen  Bande  gelockert  sind, 
so  hält  die  Blüte  doch  an.  Das  Deutsche 
wird  auch  in  den  drei  letzgenannten  Kolo- 
nien in  Ehren  gehalten. 

Schlusswort. 

Wir  sind  am  Ende;  wenn  auch  niu-  kurz 
skizziert,  wird  der  Leser  doch  gewiss  ein 
ungefähres  Bild  von  der  ]\Iacht,  Ausdeh- 
nung und  Arbeit  der  deutschen  Kirche  in 
den  Vereinigten  Staaten  erhalten  haben. 

]\Iit  der  deutschen  Kirche  sind  Tausende 
anderer  deutscher  Vereine  und  Gemein- 
schaften bemüht,  das  Deutschtum  zu  hegen 
und  zu  pflegen,  und  -das,  was  jeder  an 
seinem  Teile  wirkt,  will  der  deutsch-ameri- 
kanische Nationalbimd  vereinigen  zu  einer 
grossen,  gewaltigen,  achtunggebietenden 
JMacht  gemäss  des  Wortes  „e  pluribus 
unum ' '. 

Aber  eins  dürfen  und  wollen  wir  nicht 
vergessen  —  alle  Arbeit  ist  nur  verlorene 
Liebesmüh',  wenn  nicht  das  deutsche  Haus, 
die  deutsche  Familie  eine  Pflegestätte  des 
Deutschtums  ist.  Hier  liegt  die  Quelle  der 
Kraft,  hier  das  Geheimnis  des  Erfolges, 
hier  die  Gewähr  einer  verheissungsvollen 
Zukunft,  hier  der  Grundstein  des  Bollwer- 
kes gegen  alle  Angriffe.  Darum  an  Euch 
die  Mahnung,  Ihr  deutsehen  Väter  und 
]\Iütter,  erziehet  Eure  Kinder  in  deut- 
schem Geist  und  lehrt  sie  die  deutsche 
Sprache,  Euch  zur  Freude,  Euren  Kindern 
zum  Vorteil,  der  deutschen  Kirche  und  all 
den  deutschen  Vereinen  zum  Heil  und  dem 
ganzen  Lande  zum  Segen. 


Deutsche  Katholiken  in  Amerika. 

Dr.  JOSEF  BERNT,   Philadelphia. 


Die  Aufgabe,  in  kurzer  Zeit  und  in  einem 
knapp  bemessenen  Räume  einen  geschichtli- 
chen Ueberblick  über  die  Anfänge,  die 
Fortscli ritte  und  die  gegenwärtigen  Ver- 
hältnisse der  deutschen  Katholiken  unseres 
Landes  zusammen  zu  stellen,  ist  sehr 
schwierig,  denn  die  Quellen  für  eine 
solche  Arbeit  sind  noch  niemals  gesammelt 
worden  und  sind  nur  ganz  zerstreut  in  einer 
von  Pater  l^onaventura  Hammer  aus  dem 
Franziskaner-Orden  im  Jahre  1897  in  deiit- 
sclier  Sprache  herausgegebenen  „Geschichte 
der  katholischen  Kirche  in  den  Vereinigten 
Staaten  Xord-Amerikas",  in  Aufsätzen  der 
deutschen  katholischen  Presse  und  in  Fest- 
schriften, die  bei  Gelegenheit  von  kirchli- 
chen Feierlichkeiten,  grösseren  Versamm- 
lungen deutscher  katholischer  Vereine,  Ju- 
biläums-Feierlichkeiten und  ähnlichen  An- 
lässen erschienen  sind,  zu  finden.  Denn 
auch  die  katholischen  Deutsch-Amerikaner 
unseres  Landes  haben  den  grossen  Fehler 
ihrer  übrigen  deutsch-amerikanischen  ~SUt- 
bürger  Ijegangen,  dass  sie  ihr  Licht  unter 
den  Sclieffel  gestellt  haben,  sich  ihren  Eng- 
lisch sprechenden  Glaubensbrüdern  unter- 
ordnen Hessen  und  erst  in  neuester  Zeit  an- 
gefangen haben,  sich  ihrer  ^Machtstellung 
bewu.'^st  zu  werden  und  sie  geltend  zu 
machen.  Sie  haben  eine  lange  Reihe  her- 
vorragender Bischöfe.  Priester,  Ordens- 
leute beiderlei  Geschlechtes  und  Laienmän- 
ner aufzuweisen,  welche  nicht  allein  ihrer 
Kirche  gro.sse  Dien.ste  geleistet,  .sondern  sieh 
als  treue  amerikanische  Bürger  und  Bürge- 
rinnen erwiesen  haben.  Um  die  Pflege,  die 
Erhaltung  und  die  Fortpflanzung  der 
deutschen  ^Muttersprache  unter  ihren  Nach- 
kommen haben  sie  sich  ausserordentliche 
Verdienste  erworben,  denn  v(m  allem  An- 
fange an  haben  sie  mit  ihren  Kirchen  deut- 


sche Pfarrschulen  verbunden,  in  welchen 
auf  den  Unterricht  in  der  deutschen 
Sprache  gro.sser  Werth  gelegt  und .  es  als 
eine  wichtige  Aufgabe  angesehen  wurde, 
den  Kindern  nicht  allein  die  katholische 
Religion  und  weltliche  Kenntni.sse  zu  leh- 
ren, sondern  ihnen  auch  deutsche  Treue, 
deutsche  Sitte,  deutsche  Biederkeit  un<l 
deutsche  (Jemüthlichkeit  einzupi-ägen. 

Als  allgemein  bekannt  darf  vorausgesetzt 
werden,  da.ss  nicht  die  katholischen  Spanier 
unter  Christoph  Columbus,  sondern  ein 
katholischer  germanischer  Volksstannn  die 
Ehre  beanspruchen  kann.  Amerika  zuerst 
entdeckt  und  besiedelt  zu  hnbi'u.  Denn 
bereits  um  das  Jahr  1000.  fa.^t  volh«  500 
Jahre  vor  Columbus,  waren  die  Xormannen 
unter  Leif.  dem  Sohne  Erichs,  des  Rothen. 
von  Island  aus  nach  (Grönland  gckonnren 
und  bis  zu  den  heutigen  Xeu-England- 
Staaten  vorgedrungen.  Ihnen  folgten 
bald  ^Missionäre  nach,  die  in  diesem  Gebiete 
katholische  Gemeinden  gründeten.  In  d"r 
IMitte  des  14.  Jahrhunderts  verfielen  aber 
diese  ersten  christlichen  Niederla.ssungen 
unseres  Landes  und  bliel)en  von  da  an  ver- 
schollen. 

T^nter  den  Spaniern,  die  sich  mit  und 
nach  Columbus  nach  dem  heutigen  Gebiete 
der  Ver.  Staaten  begeben  haben,  mögen  viel- 
leicht einzelne  deutsche  Katholiken  gewesen 
sein,  es  fehlen  aber  darüber  zuverlässige 
Nachrichten. 

Anfaenge  der  katholischen  Kirche 
hier  zu  Lande. 
Die  Anfänge  der  Geschichte  der  katholi- 
.schen  Kirche  unseres  Landes  liegen  in 
der  Kolonie  ^larylaml.  die  von  Lord  Balti- 
more, einem  Katholiken,  im  Jahre  1634  be- 
gründet   wurde   und   den    unvergänglichen 


250 


l)i:rT8CHK  KATHOLIKEN  IN  AMERIKA. 


Huhni  bositzt,  (lii>.s  in  ihr  im  .liiliiv  l<i4y  die 
ei-ste  ToU'iauz-Akti'  i'ilnssi'ii  wurde,  die 
anordnete,  „dass  Niemand,  der  den  Cilauben 
an  Jt«iun  l'hristiim  bekennt,  auf  injend  eine 
Wei.m«  seiner  reliiriö.'^en  An.siehten  wejjren 
beunrubii.'t  oder  verfnlirt  oder  in  der  freien 
Keliirionsübuni:  ^'eliindert  werden  .soll." 
Kine  ähnliehe  TohM-anz-Akte  erhielt  die 
Kolonie  Penn.sylvania  unter  Wni.  Tenn  im 
Jahre  HiSL'.  und  desshalb  fanden  die  Ka- 
tholiken in  diesen  beiden  Kolonien  eine 
Frel.stätte.  während  sie  in  den  meisten 
übriiren  Kolonien  nur  «rediildet  oder  .so<rar 
dureh  mehr  oder  minder  strenire  Poenal<ie- 
setze  verfolirt  wurden.  VoU.ständiire  reli- 
piö.se  Freiheit  erhielten  sie  aber  aueh  in 
diesen  beiden  Kolonien  erst  naeh  Annahme 
der  rnabhänjii^^'keit.s-Erkliirunu:  im  Jahre 
177t).  Diesen  Umständen  ist  es  zuzusehrei- 
ben, da.ss  sieh  unter  den  ei-sten  deutsehen 
Ansiedlern  unseres  r>andes  nur  wenige  deut- 
sehe Katholiken  befanden.  So  wird  berieh- 
tet.  dass  unter  dem  grossen  Sehwarme  von 
Deut.sehen.  der  im  Jahre  1701)  in  London 
eintraf,  um  Transportation  naeh  Amerika 
zu  finden,  über  4(>(>l)  Katholiken  waren. 
])i«>s('n  wui-de  aidieimgegeben,  entweder 
Protestant i.seh  zu  werden  und  des  königli- 
chen Schutzes  theilhaftig  zu  bleiben  oder 
in  ihr  Vaterland  zuriiekzukehren.  Das 
Letztere  wählten  MöS4. 

Die  ersten  katholischen  ^lissionäre, 
welche  naeh  .Maryland  kaim-n.  waren  Jesui- 
ten. Deshalb  war  auch  dci-  erste  kirch- 
liche Obere,  den  die  katholische  Kirche  in 
unserem  Lande  erhielt.  Johannes  Carroll, 
der  erste  ajxKstolische  Präfekt  und  nachma- 
lige Bischof  und  Erzbischof  von  Baltimore, 
ein  Jesuit.  Jesuiten  waren  die  ersten 
Mi.ssionäre,  die  nach  Pennsylvanien  kamen 
und  unter  den  B«'wohnern  dieser  Kolonie 
zerstreut  eine  Anzahl  von  Katholiken,  meis- 
tens deut.sehe  Pfäl/.er.  vorfanden. 

Die  aeltesten  deutschen  katholischen 

Kirchen. 
^y^e  älteste  katholische  Kirche  des  Staates 
Pennsvlvanien.  die  im  Jahre  1732  gegrün- 


dete  St.  Jasef.s-Kirche  in  AVillings  Alley  in 
Philadeli)hia.  ist   heut  zu   Tage  wohl   eine 
engli.sche  Kirche,  aber  zur  Zeit  ihrer  (Ji-ün- 
(lung  bestand  di<'  ^lehrzahl  ihrer  ^Mitglieder 
aus     deut.sehen     Katholiken.       l'nter    den 
ältesten   Seelsorgern   dieser   Kirche   finden 
wir  desshalb  auch   mehrere   mit   deutschen 
Namen,  wie  llarding,  Fleming  und  Oräs-sl. 
Aueh  Pater  Farmer,  der  von  1758  bis  1786 
Pfarrer  von   St.  Josefs  gewesen  war.   wa^ 
ein  Deutscher,  denn  er  hatte  ursprünglich 
Steinme.ver  gehei.ssen.    Dieser  Priester  ent- 
faltete eine  ausgedehnte  Thätigkeit,  grün- 
dete im  westlichen  Penn.sylvanien  mehrere 
Kirchen,  drang  bis  nach  New  York  vor  und 
gab  in  der  Stadt  New  York  den  ersten  An- 
stoss  zur  Gründung  einer  deutschen  katho- 
lischen Oemeinde.     Er  genoss    die    grö&ste 
Achtung,     denn     seiner    Leichenfeier     (er 
starb  am  17.  Augu.st  1786)  wohnten  fast  die 
gesammte  protestantische  Geistlichkeit,  die 
^Mitglieder  der  philosophischen  Gesellschaft, 
die  Professoren  und  ..Tru.stees"  der  Univer- 
sität und  Bürger  aller  religiösen  Bekennt- 
nisse bei.     Die  erste  rein  deutsche  katholi- 
sche Kirche  der  Stadt  Philadelphia  ist  die 
im  Jahre   1788  gegründete  Kirche  zur  hl. 
Dreifaltigkeit  an  der  6.  und  Spruce  Strasse, 
das  letzte  öffentliche  Gebäude  in  Philadel- 
phia, zu  dessen  Baue  die  damals  übl-chen 
roth    und    schwarz    glasirten    Ziegeln    ver- 
wendet wurden.     Das  ehrwürdige  Gebäude 
ist    heute    noch    in    s(»inem   ursprünglichen 
Zustande    erhalten    geblieben ;    es    erinnert 
der  IMangel  eines  Thurmes  an  die  Zeiten,  in 
denen  die  Katholiken  nur  geduldet  waren. 
Diese  Kirche  ist  die  ]Mutterkirche  von  elf 
rein-deutschen  katholischen  Gemeinden,  die 
heute  in  Philadelphia  bestehen. 

Eine  andere  alte  deutsche  Kirche  in 
Pennsylvanien  ist  die  im  Jahre  1741  ge- 
gründete Kirche  zum  hl.  Herzen,  heute  zu 
Tage  zum  Allerh.  Sakrament,  in  dem  ehe- 
maligen Goshenhoppcn.  das  später  Chureh- 
ville  genannt  wurde  und  heute  Bally  heisst. 
Auf  dem  Friedhofe  dieser  Kirche  findet 
man  heute  noch  alte,  aus  dem  18.  Jahrhun- 


DEUTSCHE  KATHOLIKEN  IX  AMERIKA. 


251 


dert  staiuinende  Grabsteine  mit  deutsehen 
Inschriften.  Die  deutsehe  St.  Marien-Kirehe 
in  Laneaster,  Pa..  wurde  im  Jalire  1745  ge- 
gründet. Im  Jahre  1757  soll  die  Zahl  der 
deutsehen  Katholiken  im  Staate  Pennsyl- 
vania 900  betragen  haben. 

Fuerst  Gallitzin. 

Als  (J runder  der  deutsehen  katholischen 
Kirchen  im  westlichen  Pennsylvaiiien  er- 
scheint der  russische  Fürst  Diiiiitri  Gal- 
litzin. geboren  im  Haag  am  22.  Dezember 
1770,  als  Sohn  der  geistreiehen  Fürstin 
Adellieid  Amalia  Gallitzin,  die  den  gefeier- 
ten [Mittelpunkt  des  ,,]\IÜKstersehen  Freun- 
deskreises" gebildet  und  gegen  Ende  ihres 
Lebens  die  katholische  Religion  angenom- 
men hatte.  Der  junge  Fürst,  der  schon  als 
Kind  ein  russisches  Offizierspatent  erhalten 
hatte,  wurde  äusserst  strenge  erzogen  und 
sehr  abgehärtet.  Nach  dem  "Wunsehe  seines 
Vaters  sollte  eine  Reise  durch  Xord-Ame- 
rika  seine  Ausbildung  vollenden.  Die  erste 
Xachricht.  mit  weleher  der  junge  Reisende 
seire  Familie  in  Europa  überraschte,  war 
die  p]rklärung,  „dass  die  geistige  Xoth  der 
Katholiken  in  Nord-Amerika  ihn  bestimmt 
habe,  sich  mit  Leib  und  Seele,  Hab  und 
Gut,  dem  Dienste  Gottes  und  dem  Heile  des 
Nächsten  zu  weihen".  Die  Ver.  Staaten 
hatten  damals  eben  in  Johannes  Carroll  von 
Baltimore  ihren  ersten  Bisehof  erhalten ; 
ihm  zur  Seite  standen  einige  aus  Deutsch- 
land inid  Frankreich  gekommene  Priester, 
unter  welchen  der  Emigrant  Nagot,  früher 
Dii-ektor  des  Pariser  Seminai-s  von  St. 
Sulpice.  hervorragte.  Ein  französischer 
Theologe,  Bastin,  und  Fürst  Gallitzin 
vollendeten  als  die  Erstlinge  der  katholi- 
schen Kirche  in  Nord- Amerika  unter  Na- 
gots  Leitung  ihre  theologischen  Studien. 
Gallitzin  empfing  am  16.  ]\Iärz  1795  die 
Priesterweihe.  Der  Vater  freute  sich  der 
Charakterstärke  seines  Sohnes  und  äus.serte, 
„wenn  ein  junger  ]Mann  von  solcher  Geburt 
und  solchen  Aussichten  sich  zum  Priester- 
thunie  entschlies.se,  müsse  er  auf  alle  irdi- 


schen Pläne  verzichten  und  entweder 
]\Iönch  oder  wie  Dimiti'i  Mi.ssionär  wer- 
den". Da  in  den  wenigen  katholischen  (ic- 
meinden,  welche  bis  dahin  bestanden,  nach 
den  protestantischen  Vorbildern  das 
Trustee-System  vorherrschend  war,  und 
diese  sogenannten  ,,Trustees"  die  Kirche 
als  ihr  Eigenthum  und  den  Priester  als 
ihren  bezahlten  Diener  ansahen,  so  fasste 
Fürst  Gallitzin  den  Plan,  im  Frwalde  eine 
neue,  nach  katholischen  Grund.»«ätzen  einge- 
richtete Kolonie  zu  gründen.  Er  zog  auf 
die  Höhen  des  Alleghany-Gebirges  und 
gründete  an  der  AVa.sserscheide  des  Ohio 
und  Susquehanna  den  Ort  Loretto.  wo  er 
von  1799  bis  zu  seinem  Tode,  am  (5.  Mai 
1840,  als  Vater.  Freund.  Helfei-  und  Seel- 
sorger mit  der  grö.ssten  Selbstaufopferung 
und  unter  unsäglichen  blühen  und  Be- 
schwerden wirkte  und  von  da  aus  in  St. 
Joseph 's,  St.  August  in  und  Carrolltown 
ähnliche  Kolonien  gründete.  Auch  als  i-eli- 
giöser  Schriftsteller  entfaltete  er  eii:e 
fruchtbare  Thätigkeit. 

Die  älteste  deutsche  katholische  Kirche 
der  Stadt  New  York  ist  die  St.  Nikolaus- 
Kirche  an  der  Zweiten  Strasse,  zwischen 
Avenue  A  und  1.  Avenue,  die  im  Jahre 
1833  gegründet  wurde.  Es  würde  zu  weit 
führen,  in  jedem  einzelnen  Staate  der 
Union  die  alten  Kirchengi'üudungen  deut- 
scher Katholiken  anzuführen,  aber  es  mag 
genügen  zu  sagen,  dass  sie  in  allen  Staaten 
unseres  Landes  vertreten  sind  und  in  allen 
grösseren  Städten  eine  grössere  oder  gerin- 
gere Anzahl  deutscher  Gemeinden  besitzen. 

Deutsch-amerikanische  Bischoefe. 

Die  deutschen  Katholiken  hal)en  ihi-er 
Kirche  eine  .stattliche  Zahl  hervorragender 
Erzbi.schöfe  uiul  Bischöfe  gegel)en.  Unter 
den  Verstorbenen  mögen  erwähnt  wei-den 
der  er.ste  Bischof  und  p]rzl)ischof  Martin 
Ilenni  von  iNIilwaukee,  ein  deutscher 
Schweizer;  der  zweite  Erzl)ischof  von  ^Fil- 
waukee,  IMichael  Ileiss,  ein  Bayer;  der 
dritte  Erzbischof  \ou  Mihvaukee,  Friedrich 
Katzer,    ein    Obei'österreieher :    der    zweite 


DEUTSCHE  KATHOLIKEN  IX  AMERIKA. 


Kizbisciu.f  von  Orogoii  City,  "Wiii.  II.  Gross, 
als  Sohn  arutsclicr  Kit. tu  in  liültiniore  {ge- 
boren; lU'r  ci-sti'  liiscliof  von  Detroit, 
Frii'ilri<'li  lU'sc,  ein  Wcstfale,  und  der  erste 
dentsehe  Priester,  der  in  den  Ver.  Staaten 
zur  hisehöfliehen  Würde  erhoben  wurde; 
der  vierte  Bisehof  v«)n  Philadelphia,  Johann 
Neponnik  Neiunann,  ein  Deutsehböhnie; 
der  ei-ste  Hisehof  von  Alton,  Heinrich  Da- 
niinn  Jiniker,  ein  IiOthrin«:er ;  der  erste  Bi- 
schof von  Fort  Wayne,  Johannes  II(>inrieh 
Luoi-s,  ein  Oldenburtror ;  der  erste  Bisehof 
von  (iH'en  Bay.  Jos.  .Meleher,  ein  Wiener; 
der  /weite  Bi.sehof  von  Covin<rton,  Augf.  ^I. 
Töl»be,  ein  Hannoveraner;  der  zweite  Bi- 
sehof von  Alton,  l*eter  Jos.  Baltes,  ein 
Rheinpfälzer;  der  dritte  Bi.sehof  von 
Detroit,  Kaspar  Ileirnieli  Borjress,  ein  01- 
denbur<rer;  der  zweite  Bisehof  von  Fort 
Wayne.  Josef  Dwengrer,  als  Sohn  deutscher 
Eltern  in  Ohio  ircboren;  der  /weite  Bischof 
von  (Jreen  Bay,  Franz  Xaver  Krautbauer, 
ein  Bayer ;  ilei-  apostoli.sehe  Vikar  von  Nord- 
Minni'sota,  Hupert  Seidenbusch,  ein  Bayer; 
der  zweite  Bi.sehof  von  Xesqually,  Aegidius 
Jünirer.  ein  Hheinländer ;  der  zweite  Bi- 
sehof von  Tia  Crosse,  Kilian  Flasch.  ein 
Bayer;  der  erste  Bischof  von  AVilininirton, 
Del.,  und  sechster  Bi.sehof  von  Savannah. 
Thomas  A.  Becker,  als  Solni  deutscher 
Kitern  in  Pittsburg  geboivn ;  der  erste  Bi- 
.sehof von  Leavenworth  und  Kansas  City, 
Ludwig  ^r.  Fink,  ein  Bayer;  der  dritte  Bi- 
sehof von  Cleveland,  Ignatius  F.  Horst- 
mann, als  Sohn  deutscher  p]ltern  in  Phila- 
delpliia  geboren;  der  vierte  Biscliof  von 
Xashviile  uiul  dritter  Bischof  von  Fort 
Wayne,  Jos.  KadcMnacher,  als  Sohn  deut- 
scher Kitern  in  ^lichigan  geboren ;  der 
dritt«'  Bi.scliof  von  ^larquettc,  Jolinnnes 
Vertin,  ein  Krainer;  der  dritte  Bi.scliof  von 
Newark,  Winand  ?klichael  Wigger,  als 
Sohn  deutscher  Kitern  in  d<'r  Stadt  Xew 
York  geboren;  der  erste  Bi.sehof  von  St. 
Clond.  Otto  Zardetti.  ein  Schweizer;  der 
erste  Bischof  von  Fall  River,  :\Iichael 
Stang,  ein  Baden.ser. 


Unter  den  gegenwärtig  in  den  Ver. 
Staaten  wirkenden  Erzbiscliöfen  und  Bi- 
sehöfen befinden  sich  die  folgenden  Deut- 
sehen :  Der  vierte  Erzbischof  von  ]Milwau- 
kee,  Sebastian  Gebhard  ^le.ssiner,  ein 
Schweizer ;  der  vierte  Erzbischof  von  Cin- 
einnati,  Heinrich  ^Möller,  als  Sohn  deut- 
sehei-  Eltern  in  Cincinnati  geboren;  der 
vierte  Bischof  von  Fort  Wayne,  Ilennann 
Jos.  Alcrding,  als  Sohn  deutscher  Poltern  in 
Xewjioi't,  Ky.,  geboren;  der  vierte  Bischof 
von  Maiupiette,  Friedrich  P^is,  ein  Khein- 
länder;  der  Biscliof  von  Nord-Carolina, 
Leo  Ilaid,  als  Sohn  deutscher  Eltern  in  St. 
Vincenz,  Fa.,  geboren ;  der  erste  Bischof 
von  Bellcville,  Johainies  Janssen,  ein 
Hheinländer;  der  zweite  Bischof  von  Den- 
ver, Xikolaus  W.  j\Iatz,  ein  Elsässer;  der 
erste  Bischof  von  Grand  Rapids,  Heinrich 
Jos.  Richter,  ein  Oldenbnrger;  der  erste 
Bischof  von  Superior.  Augn.st  F.  Schinner, 
als  Sohn  deutscher  Eltern  in  ^Milwaukee  ge- 
boren ;  der  dritte  Bischof  von  La  Cro.sse, 
Jakob  Schwebach,  ein  Luxemburger;  der 
er.ste  Bischof  von  Lead,  Süd-Dakota,  Jo- 
hann Stariha,  ein  Krainer;  der  vierte  Bi- 
.sehof von  St.  Cloud,  Jakob  Trobee,  ein 
Krainer.  und  der  Hülf.sbi.schof  Jos.  INI. 
Koudelka  von  Cleveland,  ein  Dentsch- 
böhme. 

Die  Zahl  der  deutsch-amerikanischen 
Priester  unseres  Landes  dürfte  ungefähr 
2700  betragen.  Rein-deutsche  katholische 
Kirchen  bestehen  in  unserem  Lande  unge- 
fähr 1200;  es  befinden  sich  unter  ihnen 
nicht  wenige  Prachtbauten,  die  sowohl  hin- 
sichtlich der  Reinheit  des  Stiles,  wie  auch 
in  Bezug  auf  reiche  und  geschmackvolle 
Ausstattung  den  schönsten  Gotteshäusern 
der  Alten  Welt  an  die  Seite  gestellt  werden 
dürfen.  So  wenig  es  bis  jetzt  gelungen  ist, 
die  Zahl  der  Katholiken  unseres  Landes  ge- 
nau festzustellen,  ebenso  wenig  i.st  es  bis 
jetzt  möglich  gewesen,  die  Zahl  der  deut- 
schen Katholiken  auch  mir  aiuiähernd  fest- 
zustellen. Xacli  der  Zahl  ihrer  Kirchen 
imd  Priester  sollten  sie  ungefähr  ein  Fünf- 


DEUTSCHE  KATHOLIKEN  IX  AMEEIKA. 


253 


tel  der  gesanimton  katholischen  Bevölke- 
rnn«r,  die  nach  freilich  nicht  sehr  verlässli- 
chen  (Quellen  nahezu  14,000,000  betragen 
soll,  erreichen. 

Deutsch-amerikanische  Orden. 

Da  von  allem  Anfange  an  unter  den  deut- 
schen Katholiken  unseres  Landes  ein  gros- 
ser ^langel  an  Priestern  herrschte,  der  lange 
Zeit  durch  aus  der  Alten  Welt  eingewan- 
derte deutsche  Priester  gedeckt  werden 
musste,  wurden  viele  deutsehe  Ordenspries- 
ter nach  den  Ver.  Staaten  verpHanzt,  deren 
Orden  im  Laufe  der  Jahre  eine  grosse  Ver- 
breitung erlangt  haben. 

Die  Benediktiner  von  Xursia  wurden  von 
dem  Abte  Bonifatius  Wimmer  aus  dem 
Kloster  IMetten  in  Bayern,  Diözese  Regens- 
burg, nach  Nord-Amerika  verpflanzt.  Am 
16.  Dezember  1846  landete  Pater  Wimmer 
mit  vier  Studenten,  die  später  Priester  wur- 
den, und  vierzehn  angehenden  Laienbrü- 
dern auf  Einladung  des  damaligen  Bischofs 
O'Connor  von  Pittsburg  und  ging  nach 
dem  westlichen  Penn.sylvanien,  wo  sie  in 
St.  Vincenz,  Westmoreland  County,  ein 
Kloster  gründeten,  das  bereits  am  24.  Au- 
gust 1855  zu  einer  Abtei  und  später  zu  einer 
Erzabtei  Avurde.  In  dem  damit  verbunde- 
nen Priester-Seminar  wurden  viele  Welt- 
und  Ordeuspriester  herangebildet,  und  von 
diesem  ]\Iutterkloster  aiLs  die  Benediktiner- 
Abteien  in  Collegeville,  INIinn.,  in  Atchison, 
Kansas ;  in  Belmont,  N.  C. ;  in  St.  Bernard, 
Cullman  Co.,  Ala. ;  in  Chicago,  111.,  und 
Priorate  in  Canada  und  im  Staate  Wash- 
ington gegründet,  die  gegenwärtig  über 
400  Patres  zählen  und  eine  Universität  und 
mehrere  Priester-Seminare  unterhalten. 

Eine  zweite  Benediktiner-Niederla.ssung 
in  unserem  Lande  wurde  im  Jahre  1853 
von  dem  berühmten  Benediktiner-Kloster 
in  Einsiedeln  in  der  Schweiz  gegründet. 
Das  Mutterhaus  dieser  Gründung  befindet 
sich  in  St.  ^Feinrad  in  Spencer  Co.,  In- 
diana. Von  dort  aus  wurden  in  Spieler- 
ville.  Arkansas ;  Covington.  Kentucky ; 
Richardton,  Nord-Dakota,  und  Mt.  Angel, 


Oregon,  neue  Abteien  gegründet,  in  denen 
zusammen  190  Patres  tliätig  sind. 

Von  den  deutschen  Franziskanern  wur- 
den vier  Niederlassungen  gegründet.  Das 
Mutterhaus  der  von  der  Tiroler  Provinz  im 
Jahre  1844  nach  Cincinnati  entsendeten 
Franziskaner  befindet  sich  in  St.  Bernard 
bei  Cincinnati ;  es  wurde  damit  eine  Ge- 
nossenschaft von  Brüdern  des  dritten  Or- 
dens verbunden,  welche  den  Unterricht  in 
verschiedenen  Pfarrschulen  übernahmen. 

Im  Jahre  1858  kamen  dann  Franziskaner 
aus  der  säclLsisch-wcstfälischcn  Ordenspro- 
vinz nach  Alton,  111.,  und  im  Jahre  1878 
Franziskaner  aus  der  bayrischen  Ordens- 
provinz in  [München  nach  Louisville,  Ky. 
Die  kurhessischen  Franziskaner,  welche  der 
preussische  Kulturkampf  nach  den  Ver. 
Staaten  verschlagen  hat,  haben  in  den  Diö- 
zesen Newark,  N.  J.,  und  Ogdensburg,  N. 
Y.,  einen  neuen  Wirkungskreis  gefunden. 

Die  Kapuziner  kamen  im  Jahre  1857 
nach  unserem  Lande.  Ihr  ^Mutterhaus  be- 
findet sich  in  Calvarv,  Fond  du  Lac  Co., 
Wisconsin.  Diese  Avaren  aus  der  Schweiz 
gekommen ;  es  folgten  ihnen  dann  Ange- 
hörige der  bayerischen  Kapuziner-Provinz, 
deren  ^Mutterhaus  sich  in  Pittsburg  befin- 
det, und  später  kamen  rheinisch-westfäli- 
sche Kapuziner,  welche  der  preussische 
Kulturkampf  aus  ihrer  Heimat  vertrieben 
hatte.  Die  Zahl  dieser  Kapuziner-Patres 
beträgt  gegeuAvärtig  ungefähr  130. 

Die  deutschen  Karmeliter- Patres  wurden 
im  Jahre  1864  von  dem  Kloster  Straubing 
in  Bayern  nach  den  Ver.  Staaten  ver- 
pflanzt und  zählen  gegeuAvärtig  in  den 
Staaten  Pennsylvanien  und  Kansas  zwei 
Prioriate. 

Die  deutsehen  Jesuiten  wurden  im  Jahre 
1868  in  den  Ver.  Staaten  eingeführt,  indem 
die  zwei  bis  dahin  von  Jesuiten  aus  New 
York  pastorirten  Gemeinden  in  Buffalo, 
N.  Y.,  von  deutschen  Jesuiten  übernommen 
wurden.  Sie  besitzen  zwei  im  hohen  An- 
sehen stehende  höhere  Lehranstalten  in 
Buffalo,  N.  Y.,  und  Prairie  du  Chien,  Wis. 


254 


ÜKl'TSrHE  KATHOLIKEN   IX  AMERIKA. 


Di»'  »-rsten  UoiUnipt'"''''''"  kaiiHMi  im 
Juli  1S:VJ  nach  Amerika.  <1<h*Ii  kuiiiiti'n  s'w 
i-i-st  im  .Jaluv  \s:V.)  in  Pittshiir,-:  einen  f<'sten 
WohiLsit/  erlan^ren  uml  sieh  kl.isteilieli  ein- 
lirhtrn.  l'm  die  Seelsoi^'e  der  deutsehen 
Katholiken  »nid  die  innere  Mission  haben 
sie  sieh  jrnvsse  Verdienste  erworben.  Sie 
he.sit7.en  jetzt  zwei  Provinzen  mit  325 
Patn-.s  und  vereehen  in  nielireren  -rrossen 
Städten  un.sen's  Landes.  wi<'  in  Philadel- 
phia. New  York.  Haltimon>.  i'ittsbnr'r.  C'iii- 
fiiL'o.  Haston  u.  s.  w.  blühende  Cemeinden 
und  Ix'sitz.-n  mehrere  vortrefflieh  einjjerieh- 
tete  Studien-Anstalten  iiii.l  Mis.sion.shäiiser. 

Die  Väter  vom  kostbaren  Blute  oder  San- 
truini.sten  kamen  im  Jahre  1843  iiiuli  Ame- 
rika. Sie  bejrannen  ihre  Thäti^'keit  in  Ciii- 
cinnati  und  verbreiteten  sich  von  da  aus 
naeh  mehn-ren  westliehen  Diözesen. 

Währt-nd  des  Kulturkampfes  kamen  fer- 
ner noeh  die  Väter  vom  hl.  Geiste,  deren 
Mutterhaus  sieh  in  Cornwells,  Bnel«  Co., 
Pa..  bffindet.  und  die  Väter  vom  Göttlichen 
Worte  aus  Steyl  in  Holland,  deren  ^Mutter- 
haus  sieh  in  Teehny,  Cook  Co..  111..  befin- 
det, naeh  den  Ver.  Staaten. 

Auch  die  Väter  und  Brüder  ]\Iariä,  eine 
im  Klsass  bestehende  relifriöse  Genossen- 
schaft, welche  sich  den  rnterricht  der  Ju- 
gend als  Auf^'abe  frestellt  hatte,  eröffneten 
im  Jahre  1850  in  Dayton,  Ohio,  eine  ameri- 
kanische Niederlassung,  welche  seit  dieser 
Zeit  einen  irro-ssen  Anfschwnnrr  genommen 
.  hat. 

Ferner  verdienen  noch  erwähnt  zu  wer- 
den die  Alexianer-Brüder,  die  im  Jahre 
18r>5  von  dem  Mutterhan.se  in  Aachen  ent- 
sendet wurden,  um  in  Chicago  eine  neue 
Niederlassung  zu  eröffnen,  und  in  dieser 
Stadt  wie  auch  in  Klizabeth.  X.  J.,  gro.sse 
Hospitäler  eröffnet  haben.  In  Cskash, 
Wis..  leiten  sie  seit  dem  Jahre  1879  ein 
grasses  Haspital  für  Gei.steskranke  und 
Nervenleidende. 

T'nter  den  Pa.ssioni.sten,  den  Dominika- 
nern. Lazaristen  und  den  Priestern  vom 
hl,  Kreuz  befinden  sich  ebenfalls  manche 


tU'Utsche  Priester,  die  hie  und  da  unter  den 
Deutschen,  luuipt.sächlich  in  sprachlich  ge- 
mischten (iemeinden,  wirken.  Auch  unter 
den  Christlichen  Scludbrüdern  befindi'n 
sich  viele  Deutsche,  die  an  mehreren  grassen 
deutschen  Pfarrschulen  die  Knabenkla.ssen 
mit  dem  grö.ssten  Erfolge  unterrichten. 

\'«in  den  katholi.schen  deutschen  Frauen- 
Genossenschaften  haben  mehrere  eine 
grosse,  fa.st  das  gesannnte  Gebiet  unseres 
Landes  umfa.ssende  Ausdehnung  erlangt. 

Auf  Veranlassung  der  Redemptoristen 
kamen  die  Schulschwestern  von  Xotre 
Dame  im  Jahre  1847  aus  ^München  in  die 
Diözese  Pittsburg.  Von  da  aas  gründeten 
sie  ein  Kloster  in  Baltimore,  und  1850  be- 
lief  sie  Büschof  Henni  nach  ^Milwaukee. 
Die  Genos.senschaft  breitete  sich  so  ra.sch 
aus,  dass  sie  bereits  im  Jahre  1876  in  zwei 
Provinzen  getheilt  werden  konnte.  Diese 
Schwestern  haben  in  33  Diözesen  der  Ver, 
Staaten  und  in  einer  Diözese  in  Canada 
264  Niederla.ssungen,  in  welchen  3368 
Schwestern  und  Novizen  thätig  sind. 

Die  Armen  Schwestern  des  hl.  Fran- 
ziskus aus  Aachen  kamen  im  Jahre  1858 
nach  Cincinnati,  wo  sie  ein  Krankenhaus 
eröffneten,  das  seit  dieser  Zeit  wiederholt 
vergrössert  werden  nuisste.  Gegenwärtig 
leiten  sie  in  Hoboken,  X.  J. :  Jersey  City, 
X.  J.:  Brooklyn,  N,  Y..;  New  York,  X.  Y.; 
Quincy,  111.;  Covington,  Ky. ;  Dayton, 
Ohio,  und  Cincinnati,  Ohio,  mehr  oder  w^e- 
niger  gro.s.cc  Hospitäler,  in  denen  sie  jähr- 
lich 30.000  Kranke  verpflegen. 

Die  Schwestern  des  dritten  Ordens  des 
hl.  Franziskus  der  Genossenschaft  von 
Oldenburg  wurden  im  Jahre  1850  von 
Wien  aus  naeh  Amerika  verpflanzt.  Ihr 
erstes  Kloster  er.stand  in  der  deutschen 
Ansiedelung  Oldenburg  im  Staate  Indiana. 
Sie  zählen  heute  etwa  700  Schwestern  und 
Xovizen,  welche  in  mehreren  westlichen 
Diözesen  den  Unterricht  in  Pfarrschulen 
ertheilen. 

Die  Franziskanerinnen  des  dritten  Or- 
dens aus  Colpe  in  Westfalen  wurden  durch 


DEUTSCHE  KATHOLIKEN  IN  AMERIKA. 


255 


den  Kulturkampf  aus  Preussen  nach  Ame- 
rika vertrieben.  Im  Jahre  1S75  eröffneten 
sie  in  Lafayette,  Indiana,  ein  Krankenhaas 
und  übernahmen  dann  aueh  den  Selndun- 
terricht  in  einer  deutsehen  l*farrschule 
dieser  Stadt.  Bereits  im  Jahre  1896 
machte  dieses  Ho.sj)ital  einem  mit  allen 
modernen  Verbesserunjren  ausjrestatteten 
Neubau  Platz.  Die  Zahl  dieser  Schwestern 
beträgt  gegenwärtig  ungefähr  750  und  sie 
sind  in  13  Diözesen  thätig. 

Im  Jahre  1853  landeten  in  New  York 
mehrere  Schwestern  vom  hl.  Dominikus 
aus  Regensburg,  um  in  Nord-Amerika  eine 
Mission  zu  gründen.  Sie  Hassen  sich  in 
AVilliamsburg,  Brooklyn,  N.  Y..  nieder  iind 
übernahmen  die  Leitung  der  Schule  der 
Dreifaltigkeits-Kirche.  Später  übernah- 
men sie  auch  die  Leitung  des  St.  Katharina- 
Haspitals.  Sie  besitzen  jetzt  24  Niederlas- 
sungen, meistens  in  der  Diözese  Brooklyn, 
und  zählen  ungefähr  400  Schwestern  und 
Novizen. 

Die  Schwestern  L^nserer  Lieben  Frau 
kamen  im  Jahre  1874  aus  Cösfeld  in  West- 
falen nach  Cleveland,  wo  sie  eine  deutsche 
Pfari-schule  übernahmen.  Dann  über- 
nahmen sie  eine  deutsche  Pfarrschule  in 
Covington,  Ky.,  die  später  der  Mittelpunkt 
der  amerikanischen  Häuser  dieser  Genos- 
senschaft wurde,  in  der  in  31  Niederlassun- 
gen 300  Schwestern  wirken. 

Die  Geno.ssenschaft  der  Schwestern  der 
Christlichen  Liebe  (Mallinckrodt-Schwes- 
tern),  die  im  Jahre  1849  von  Pauline  von 
Mallinckrodt,  der  Schwester  des  deutschen 
Reich.stags-Abgeordneten  Hermann  von 
Mallinckrodt,  gestiftet  worden  w^ar,  besitzt 
in  unserem  Lande  zahlreiche  Niederlassun- 
gen. ALs  der  preiLSsische  Kulturkampf 
auch  die  Niederla.s.sungen  dieses  Ordens  in 
Preussen  zu  zerstören  drohte,  wandten  sich 
die  Blicke  der  Oberin  nach  den  Yer.  Staa- 
ten, denen  sie  einen  Besuch  abstattete;  sie 
wählte  Wilkes-Barre  in  Pennsylvanien  als 
den  für  eine  solche  amerikanische  Nie- 
derlassung   am    besten    geeigneten    Platz 


aus.  Der  im  Jahre  1878  begonnene  Klo.ster- 
hiin  wurde  im  Jahre  1895  vollendet.  Diese 
neue  Ordensgründung  erlangte  schnell 
eine  grosse  Yerbreitung.  Die  Zahl  der 
Schwestern  beträgt  gegenwärtig  ungefähr 
700.  Sie  ertheilen  in  54  Pfarrschulen 
ungefähr  17.000  Schulkindern  rnterricht. 
Der  von  dem  Bi.schofe  Johann  Nepoiinik 
Neumann  ursi)rünglich  als  ein  rein  deut- 
scher Orden  gegründete  Orden  der  Schwes- 
tern vom  dritten  Orden  des  hl.  Franziskus, 
dessen  ^Mutterhaus  sich  ursprünglich  in 
Philadelphia  befand  und  dann  nach  Glen 
Riddle,  Pa.,  verlegt  wurde,  hat  in  den  letz- 
ten Jahren  seinen  rein  deutschen  Charakter 
verloren,  aber  eine  ausserordentliche,  fast 
das  ganze  Gebiet  der  Yer.  Staaten  umfas- 
sende Yerbreitung  erlangt.  Die  Zahl  der 
Schwestern  beträgt  gegenwärtig  1500. 
Sie  leiten  in  ungefähr  25  Diözesen  Pfarr- 
schulen, Krankenhäuser  luid  verschiedene 
Wohlthätigkeitsanstalten,  wie  das  St. 
Marien-  und  St.  Agnes-Hospital  in  Pliila- 
delphia  und  Hospitäler  in  Reading  und 
Lancaster. 

Rein  deutsche  katholische  Anstalten. 

LTnter  den  vielen  grösseren  und  kleineren 
Lehranstalten,  Hospitälern  und  anderen 
"VYohlthätigkeits-An.stalten,  die  bis  auf  den 
heutigen  Tag  ihren  rein  deutschen  Cha- 
rakter bewahrt  haben,  verdienen  besonders 
drei  hervorgehoben  zu  werden :  das  Sale- 
sianum  in  St.  Francis  bei  ]\Iilwaukee,  Wis. ; 
das  Josephinum  in  Columbus,  Ohio,  und 
das  Leo-Haus  in  New  York,  N.  Y. 

Das  Salesianum  in  ]Milwaukee  verdankt 
sein  Entstehen  hauptsächlich  dem  uner- 
müdlichen Eifer  des  Dr.  Jos.  Salzmann,  der 
im  Jahre  1847  aus  Oesterreich  nach  ]\Iil- 
waukee  gekommen  war  und  in  allen  Theilen 
des  Landes  Gelder  sammelte,  um  nahe  Mil- 
waukee  ein  deutsches  Priester-Seminar  zu 
gründen.  Dieser  im  Jahre  1855  begonnene 
Bau  konnte  bereits  im  Jahre  1856 
vollendet  werden ;  es  wurde  damit  im 
Jahre  1870  ein  Lehrerseminar  verl)unden, 


25t> 


DEUTSCHE  KATHOLIKEN  IN  AMERIKA. 


ZU  (lein  Köiiiir  Ludwig  <l«  r  Kiste  vdii 
HaviTii  riiK*  Summe  vom  :UKM)  (iuldcn  bei- 
gfstinuTt  hatte.  Dieses  Seminar  zälilt  lieute 
284  Studenten.  .Mit  diesem  I'rie.ster-Semi- 
nar  sind  eine  deutselie  katlioliseli»'  N(>rm;il- 
sehule  (,das  I.rlirer-Seminar) .  eine  kauf- 
männisehe  Sehule.  zwei  Waisenhäuser,  eines 
für  Knal)en,  das  andere  für  Miidclien.  und 
eine   Tanl>sHnnmen-Ans1;dt    verbunden. 

Das  .IcKs.-phinum  in  Cttlumbus,  Ohio,  ist 
eine  (Iründuni:  (h's  deutsehen  Priesters  Jos, 
Jessin^'.  der  im  Jahre  1873  mit  der  lleraus- 
jjabe  eines  he.seheidenen  deutsehen  katholi- 
sehen  Wochenblattes,  des  „Ohio  Waisen- 
freund", der  lieute  eine  }j;ras.se  Verbreitung 
erlangt  hat.  begann,  um  mit  des.sen  Ein- 
nahmen ein  Waisenhaus  für  katholische 
Knaben  zu  unterhalten.  Dieses  AVaisen- 
haiis  wurde  später  von  l'omeroy  nach  Co- 
luml)us.  Ohio,  verlegt  und  erlangte  rasch 
eine  grosse  Hlüthe.  Nicht  allein  besorgen 
die  Zöglinge  dieser  Anstalt  den  Satz  und 
den  Druck  des  ..Ohio  Waisenfreund",  son- 
dern es  ist  mit  ihr  auch  eine  bedeutende 
Kunst.sehule  verbunden,  in  der  Statuen, 
Kanzcli).  Altäre  u.  .s.  w.  hergostellt  werden, 
die  man  heute  bereits  in  vielen  Kirchen 
unseres  Landes  finden  kann.  Im  Jahre 
ISSS  wurde  mit  diesem  Waisenhause  ein 
Kollegium  zur  Heranbildung  mittelloser 
deutscher  Knaben  und  Jünglinge  für  den 
Priestei-stand  verbunden.  Dieses  Kolle- 
gium zählt  IHG  Studenten. 

Das  Leo-Haus  in  New  York  verdankt 
seine  Gründung  der  Feier  das  goldenen 
Priesterjubiläunis  des  Papstes  Leo  des 
Dreizehnten  im  Jahre  1887  und  wurde  aus- 
.schlie.sslich  aus  Beiträgen  der  deutschen 
Katholiken  unseres  Landes  erbaut,  um  als 
Heim  für  deutsche  katholi.sche  Einwan- 
derer in  New  York  zu  dienen.  Es  hat  in 
dieser  Beziehung  eine  sehr  segensreiche 
Thätigkeit  entfaltet. 

Das  deutsche  katholische  Vereinswesen, 

Das  deutsche  katholi.sche  Vereinswe.sen 
hat  eine  gros.se  Blüthe  erlangt  und  beson- 


ders in  den  letzten  Jahren  durch  eine  ge- 
schlo.ssene,  fast  alle  Staaten  der  Union  um- 
fas.sende  Organisation   eine   grosse  Bedeu- 
tung  gewonnen.      I);i    .lueli    die   deutschen 
Katholiken  die  Nothwendigkeit  erkannten, 
sich    gegenseitig   zur    gegen.seitigen    Hilfe- j 
leistung  in  Krankheits-  und  Todesfällen  zuj 
vereinigen,    wurden    schon    frühzeitig    mit 
vielen    deutschen    katholischen    (Jemeinden 
deutsche    Unterstützungs- Vereine    verbun- 
den, die  einen  ausgesprochenen  katholischen] 
Charakter  trugen  und  deshalb  nur  deutsche 
Katholiken  als  Mitglieder  aufnahmen.  Be- 
reits   im    Jahre    1854    erkannten    mehrerei 
dieser  Vereine    die    Nothwendigkeit   eines 
engeren      Zusammenschlusses ;     es     tratei 
deshalb  im  Jahre  1855  auf  eine  vorher  er- 
gangene Einladung  siebzehn  solcher  Ver- 
eine aus  St.  Louis.  ]Mo. ;  Rochester,  N.  Y. 
Buffalo,  N.  Y. ;  Wa.shington,  D.  C. ;  Alieg- 
heny.    Pa. :    Birmingham,    Pa.;    PittsburgJ 
Pa  .    und    Baltimore,   Md.,   zusammen,   uml 
einen    Central-Verein    der    deutschen    r( 
misch-katholischen   Unterstützungs- Vereine 
zu   bilden.      Es   entstand   auf  diese   Weise 
der  „Deutsche  r.  k.  Central-Verein".     Lth 
sprünglicher    Zweck    dieses    Vereines    w; 
neben  der  Stärkung  des  katholischen  Be- 
Avusstscins  vor  allem  die  materielle  Hilfe- 
leistung der  Vereine  untereinander.    Später 
Avurde    dieses  Programm    dahin  erweitert^ 
dass  dieser  Central-Verein  für  alle  katholi- 
schen Interessen  im  Sinne  der  katholischer 
Kirche  eintreten    und    in    allen  wichtigei 
Zeit-    und    Streitfragen    Stellung    nehmei 
und  besonders  auf  sozialem  Gebiete  seiner 
Einfluss  geltend  machen  soll.    Dieser  Cen- 
tral-Verein hält  alljährlich  Delegaten-Verj 
Sammlungen   ab,   die   eine  immer  grössere 
Bedeutung  erlangten,  da  sich  allmälig  die 
IMehrzahl  der  deutschen  katholischen  Ver-] 
eine  unseres  Landes  diesem  Central-Verein« 
anschlo.ss   und  sich   seine  Versammlungen 
nach  dem  Vorbilde   der   Generalversaram- 
lungen   der    Katholiken    Deutschlands    zu 
grossartigen  Kundgebungen  der  deutschen 
Katholiken  unseres  Landes  gestalteten,  in 


DEUTSCHE  KATHOLIKHX  IX  AMERIKA. 


257 


denen  die  wielitijrsten  Ta«resfraji:en  eiiiffe- 
heud  erlörtert  werden.  Ganz  besonders 
aber  hat  sieh  der  Central-Verein  um  die  Er- 
haltung der  deutsehen  Spraehe  und  des 
deutselien  Wesens  verdient  greniacht.  Eine 
grosse  Stärkung  erhielt  er  durch  die  in  den 
letzten  Jahren  erfolgte  Gründung  von 
Staatsverbänden.  In  den  meisten  Staaten 
der  Union,  in  welchen  eine  grössere  Anzahl 
deutscher  katholischer  Vereine  zu  finden 
ist,  wurden  diese  zu  besonderen  Staatsver- 
bänden vereinigt,  welche  auf  jeder  Ver- 
sannnlung  des  Central-Vereines  durch  De- 
legaten vertreten  sind  und  dadurch  mitein- 
ander in  eine  enge  Verbindung  treten.  Nach 
dem  letzten  amtlichen  AiLsweise  zählte  der 
Central-Verein  nahezu  100,000,  über  31 
Staaten  der  Union  vertheilte  :\Iitglieder. 
Ausserdem  bestehen  noch  in  mehreren 
grösseren  Städten  unseres  Landes,  wie  in 
Philadelphia,  Pittsburg,  Buffalo,  New  York 
u.  s.  w.,  besondere  A^erbände  der  in  diesen 
Städten  bestehenden  deutschen  katholischen 
Vereine.  Es  giebt  ausser  diesen  Unter- 
stützungs-Vereinen an  vielen  deutschen 
katholischen  Kirchen  Jünglings-,  Gesel- 
len-, Literatur-,  dramatische  und  ähnliche 
Vereinigungen,  welche  ihren  Alitgliedern 
harmlose  Unterhaltung  in  geselligen  Zu- 
sammenkünften bieten.  Auch  werden  in 
der  neuesten  Zeit  grosse  Anstrengungen  ge- 
macht, die  deutschen  Katholiken  unseres 
Landes  nach  dem  Vorbilde  des  Volksver- 
eins für  das  katholische  Deutschland  in 
einem  grossen  Volksverein  zu  sammeln, 
dessen  Hauptaufgabe  darin  bestehen  soll, 
die  :\litglieder  zum  Verständniss  der 
sozialen  Frage  zu  führen,  damit  sie  auch  an 
der  Lösung  dieser  ungemein  wichtigen 
Tagesfrage  erfolgreich  mitarbeiten  können. 

Die  deutsche  katholische  Presse. 

Die  deutsche  katholische  Presse  hat  in 
den  letzten  Jahren  eher  Rückschritte  als 
Fortschritte  gemacht,  hat  jedoch  dabei  nur 
das  Schicksal  der  weltlichen  deutschen 
Presse  getheilt,  die  in  den  letzten  Jahren 


dasselbe  Schicksal  gehabt  iuit.  Die  deutschen 
katholischen  Tageszeitungen  in  Cincinnati, 
Pittsburg,  Philadelphia  und  New  York 
nuLssten  nach  einem  theilwei.se  langen  Be- 
stände aus  ver.schiedenen  Ursachen  ihr  Er- 
scheinen ein.stellen.  Heute  zu  Tage  be- 
sitzen die  deutschen  Katholiken  nur  noch 
zwei  tägliche  Zeitungen:  die  „St.  Louis 
Amerika",  ein  blühendes  und  weit  verbrei- 
tetes IMorgenblatt,  und  den  „Buffalo 
Volksfreund",  der  als  Abendblatt  erscheint 
und  ebenfalls  stark  verbreitet  ist. 

Die  erste  deutsehe  katholische  Zeitung, 
die  in  den  Ver.  Staaten  erschienen  ist,  war 
der  ,, Wahrheitsfreund"  in  Cincinnati,  der 
im  Jahre  1837  von  dem  nachmaligen  Erz- 
bischofe  Henni  von  Milwaukee,  der  damals 
deutscher  Pfarrer  in  Cincinnati  war,  ge- 
gründet wurde,  aber  im  Jahre  1907  sein 
Erscheinen  einstellen  nmsste  und  mit  dem 
„Ohio  Waisenfreund"  verschmolzen  wurde. 
Auch  das  nächstälteste  katholische  Wochen- 
blatt, die  ,, Katholische  Kirchenzeitung", 
die  im  Jahre  1846  in  Baltimore  gegründet 
und  1851  nach  New  York  verlegt  wurde, 
musste  im  Jahre  1882  ihr  Erscheinen  ein- 
stellen. Dasselbe  Schicksal  traf  auch  an- 
dere deutsche  katholische  Wochenblättei-. 

Heute  zu  Tage  bestehen  noch : 

Der  „Herold  des  Glaubens"  in  St.  Louis 
seit  dem  Jahre  1850. 

Die  „Katholische  Volkszeitung"  in  Bal- 
timore seit  dem  Jahre  1860. 

Das  „Katholische  Wochenblatt"  in  Chi- 
cago seit  dem  Jahre  1860. 

Der  „Katholische  Glaubensbote"  in 
Louisville,  Ky.,  seit  dem  Jahre  1866. 

Der  „Wanderer"  in  St.  Paul,  Minnesota, 
seit  dem  Jahre  1867. 

Die  „Luxemburger  Gazette"  in  Dubu- 
que,  Iowa,  seit  dem  Jahre  1871. 

Der  „Ohio  Waisenfreund"  seit  dem 
Jahre  1873.  ]\lit  diesem  Woehenblatte 
wurde  im  Jahre  1907  der  Cincinnati 
„Wahrheitsfreund ' '  venschmolzen. 

Die  „Nord-Amerika"  in  Philadelphia 
seit  dem  Jahre  1873. 


2/18 


DEUTSCHE  KATHOLIKEN   IX   AMERIKA. 


Der  „Nordstern"  von  St.  Cloiul,  :Minn.. 
seit  dem  Jahre  1874. 

Die  ..Iowa"  von  Du])U(Hn\  INIinn.,  seit 
dem  Jahre  l.s74. 

Die  ..Stimme  der  AVahrlifit"  iu  Detroit, 
Mich.,  seit  dem  Jahre  187'). 

Die  ,.Chri.st liehe  Wodie"  in  Bnffalo  seit 
dem  Jahre  1875.  .Mit  (lir.snn  Woehenbhitte 
wurde  vor  mehreren  Jain-en  die  im  Jahre 
18")!  ztieret  erschienene  ..Aurora"  ver- 
sehmolzen. 

Die  „Colnmliia"  in  Mihvaukee.  .seit  1873. 

Das  ..Katlioli.sehe  Familienbhitt"  in 
IMttshur^'  seit  dem  Jahre  1880. 

Das  ..Sternenl)anner"  in  Evansville,  In- 
diana, seit  dem  Jahre  1880. 

Das  ..Katholi.sehe  Sonntag.sblatt"  in 
Chieajiro  .seit  dem  Jahre  1881. 

Die  ..(Moeke"  in  Indianapolis,  Indiana, 
seit  dem  Jahre  1892. 

Das  „Exeelsior"  in  ^lilwankee  seit  dem 
Jahre  1884. 

Der  „California  Volksfrennd"  in  San 
Franeiseo  seit  dem  Jahre  1896. 

Ausserdem  liest  eben  noch  eine  deutsche 
katholi.sehe  JuL'endschrift  nnd  mehrere  in 
deutscher  Sprache  enseheinende  Erbanungs- 
Blätter,  die  meistens  monatlich  erscheinen 
und  von  katholischen  Ordensanfrehörigen 
lierausiregeben  werden  Für  die  Reform 
der  katholischen  Kirchenmusik  wirkt  dir 
seit  dem  Jahre  1874  in  St.  Francis  bei 
Milwaukce  in  deutscher  Sprache  anschei- 
nende ..Caecilia". 

Schluss-Bemerkungen. 

Dieser  blühende  Stand  der  deutschen 
Katholiken  un.seres  Landes  verdient  um  so 
grüssere  Anerkennimg.  da  es  ihnen  wahrlich 
nicht  leicht  gemacht  wurde,  ihn  zu  erringen 
und  bis  auf  die  Gegenwart  zu  behaupten. 
Im  Anfange  hatten  sie  mit  einem  gro.ssen 
Mangel  an  deutschen  Priestern  und  der 
grös-sten  Armuth  zu  kämpfen,  und  viele  der 
grässten  katholi.schen  Gemeinden  und  An- 
stalten haben  auf  die  ärmlichste  Welse  be- 
gonnen und  hatten  die  grässten  Schwierig- 


keiten zu  bewältigen,  blanche  von  ihnen 
hätti'ii  sich  ohne  die  Hilfe  der  ]\Ii.ssions- Ver- 
eine in  Deut.scliland  und  deut.scher  katholi- 
scher ^Monarchen  nicht  behaupten  können. 
Später  kainen  dann  Anfeindungen  verschie- 
dener All.  .Mit  wenigen  Ausnahmen  ))rach- 
ten  die  irländi.schen  Bischöfe  den  deutschen 
Katholiken  kein  besonderes  Wohlwollen 
entgegen,  und  einzelne  von  ihnen  gingen  so 
weit,  dass  sie  die  deutschen  Katholiken  in 
iln-en  Diözesen  mit  Gewalt  amerikanisiren 
wollten  oder  versuchten,  ihnen  nicht  ihrer 
Nationalität  angehörige  PfaiTcr  aufzu- 
drängen. Die  Gründung  neuer  deut- 
scher Gemeinden  wird  meistens  iiin-  ungern 
gesehen  und  sehr  erschwert.  Dazu  konnnt 
noch  die  unbestreitbare  That.sache,  da.ss 
trotz  der  deutschen  katholi.schen  Pfarr- 
schulen ein  gro.sser  Theil  der  heranwachsen- 
den Jugend  nicht  allein  der  Kirche,  sondern 
auch  dem  Deutschthum  vollständig  ent- 
fremdet wird,  was  sogar  in  manchen  rein 
deutschen  Gemeinden  zu  der  leidigen  Ge- 
pflogenheit geführt  hat,  dass  ausser  der 
deutschen  sonntäglichen  Predigt  noch  eine 
kurze  englische  Predigt  gehalten  werden 
niuss.  Es  gibt  zwar  Schwarzseher,  die  be- 
haupten, dass  es  keine  übermässig  lange 
Zeit  dauern  werde,  bis  die  deutschen  katho- 
lischen Kirchen  und  An.stalten  hier  zu 
Lande  dem  Aussterben  nahe  sein  werden, 
aber  diese  Zeit  wird  noch  lange  auf  sich 
warten  la.ssen.  Denn  fast  in  jeder  grö.sseren 
deutschen  katholischen  Verein.sversannn- 
lung  kann  man  junge  ^Männer  sehen,  die 
mit  jugendlicher  Begeisterung  in  die  Fuss- 
stapfen  ihrer  Vorfahren  treten  und  in 
der  von  ihren  Eltern  ererbten  deutschen 
Sprache  nicht  allein  für  die  Interessen  der 
katholi.schen  Kirche,  sondern  auch  für  die 
Ei"haltung  der  deutschen  Sprache  und 
Sitte  kämpfen.  Die  deutsch-amerikani- 
schen Katholiken  mit  ihren  zahlreichen 
Kirchen, Pfarrschulen,  höheren  ünterrichts- 
Austalten,  Hospitälern.  AVaisenhäu-sern, 
Vereinen  und  Zeitungen  bilden  einen  so  be- 
deutenden und  einflussreichen  Bruchtheil 


DEUTSCHE  KATHOLIKEN  IN  AMERIKA. 


259 


unserer  deiitseh-amerikanischen  Bovölko- 
rnn<T.  dass  jeder  Rück«:antr  in  ihrer  Mitte 
auch  auf  das  ge.saniinte  Deutsehtlmni  un- 
seres Landes  einen  luiehst  naehtheiliiren 
Einfluss  aiLsüben  iniLsste,  doeh  sollten  auch 
sie  in  ihrem  eigenen  Interesse  nicht  allein 
ihre  katholischen  Interessen,  sondern  auch 


ihre  deutsch  -  amerikanischen  Interessen 
sorgfälti.u:  hüten,  denn  je  prrösser  und  stär- 
ker der  p]influss  der  Deutsch-Amerikaner 
in  unserem  Lande  werden  wird,  desto  fester 
und  sicherer  wird  auch  die  Stellung  der 
deutschen  Katholiken  unseres  Landes  sich 
gestalten. 


DR.    ISAAC    M.    WiSE. 
der  Vater  der  juedischen  Refcrm-Bewegung  in  Amerika. 


Die  deutschen  Juden  in  Amerika. 

FELIX  N.  GERSON.  Philadelphia. 


Die  Grossmaeht-Stellung.  welclie  Ame- 
rika sich  in  dem  verhältnissmässig  kurzen 
Zeitraum  seiner  politischen  und  industriel- 
len Existenz  unter  den  Nationen  der  Welt 
errungen  hat.  verdankt  es  zum  nicht  gerin- 
gen Theile  der  ^Mitwirkung  seiner  jüdischen 
Bürger.  Seit  den  Tagen  der  Geburt  un- 
seres Landes  hat  an  dessen  nationaler  Ent- 
wicklung das  jüdische  Volk  einen  hervorra- 
genden Autheil  genommen.  Juden  gaben 
das  Geld  her,  durch  welches  die  Reise  des 
Columbus  ermöglicht  wurde,  und  unter 
Denen,  welche  ihn  auf  seiner  ersten  aben- 
teuerlichen und  gefahrvollen  Fahrt  über 
das  unbekannte  Weltmeer  ])egleiteten,  be- 
fanden sich  mehrere  Juden.  An  den  ersten 
Anfängen  unseres  ausländischen  Handels 
waren  die  Juden  hervorragend  betheiligt ; 
mit  ihrem  Kapital  wurde  die  Holländisch- 
Westindische  Handelskompagnie  gegrün- 
det, und  unter  den  Importeuren  und  Ex- 
porteuren Neu-Amsterdams  waren  sie  die 
bedeutendsten  und  hervorragendsten  Kauf- 
leute, und  ihre  Namen  hatten  auch  in  den 
ersten  Annalen  des  Philadelphiaer  Handels 
einen  gar  guten  Klang.  Was  der  Jude  für 
die  Sache  der  amerikani.schen  Revolution 
that,  lehrt  die  Geschichte  unserer  Nation. 
Seine  finanzielle  Unterstützung  der  Kolo- 
nial-Bewegimg  Avurde  vom  Kongress  in 
glühenden  Worten  anerkannt. 

Seit  jenem  denkwürdigen  Tage  im 
Jahre  1654.  als  eine  Gesellschaft  von  drei- 
undzwanzig  Juden  auf  der  ,.St.  Caterina" 
Brasilien  verliess,  um  später  in  New- 
Amsteraam  zu  landen,  ist  Amerika  für  den 
Juden  ein  Zufluchtsort  und  ein  Land  der 
Verhei.ssimg.  Was  die  Toleranz  der  neuen 
Welt  den  Juden  gab,  das  haben  diese  reich- 
lich an  Amerika  zurückgezahlt,  indem  sie 
demselben  mit  zu  seinem  Reichthum.  seiner 
Macht  und  seinem  Ruhme  verbal fcn.     Tm 


Jahi'e  16<)1  wurde  Asser  Levy  durch  den 
Erwerl)  von  Grundeigenthum  in  New 
Amsterdam  der  erste  jüdische  Bürger  in 
Amerika.  \'(tn  jenem  Tage  an  bis  auf  den 
heutigen  hat  der  Jude  jederzeit  —  bei 
jeder  Krisis  —  die  Sache  dieses  Landes  zu 
seiner  eigenen  gemacht,  da  er  weiss,  dass 
er  selbst  einen  wesentlichen  Theil  des 
amerikanischen  Volkes  ausmacht.  Der  Jude 
hat  sich  als  Amerikaner  im  vollsten  Sinne 
des  Wortes  erwiesen,  obwohl  er  in  seinem 
Innersten  — seinem  Glauben  und  seiner 
Religion  nach  —  Jude  geblieben  ist. 

Die  ersten  jüdischen  Ansiedler  in  den 
Ver.  Staaten  kamen  aus  Spanien  und  Por- 
tugal, von  wo  sie  durch  die  Judenverfolg- 
ungen des  Jahres  1492  vertrieben  worden 
waren.  Lange  Jahre  hindurch  bildeten 
sie  allerdings  einen  verhältnissmässig 
kleinen  Theil  der  Bevölkerung,  da  die  weit 
stärkere  deutsche  Einwanderung,  welche 
mit  Ende  des  17.  Jahrhunderts  begann, 
:Mitte  des  18.  Jahrhunderts  das  Ueberge- 
wicht  erlangt  hatte.  Um  die  Zeit  der  Revo- 
lution kamen  Juden  aus  Deutschland  und 
Polen,  welche  Schutz  vor  der  Verfolgung 
suchten,  nach  Pennsylvanien,  liessen  sich 
in  verschiedenen  Theilen  des  Staates 
nieder  und  nahmen  thätigen  Antheil  au 
dessen  Entwicklung.  Eine  weitere  starke 
jüdische  Einwanderung  brachte  der  allge- 
meine Nothstand  in  Süddeutschland  wäh- 
rend der  napoleonischeu  Kriege,  und  zahl- 
reiche deutsche  Juden  suchten  daher 
Zuflucht  in  Amerika,  ^^nl  da  ab  nahm  die 
Einwanderung  stetig  zu  bis  zum  deutsch- 
französischen Kriege  im  Jahre  1S70. 

Die  erste  Gemeinde-Bildung  unter  den 
deutschen  Juden  unseres  Landes  war 
die  in  Philadelphia  erfolgte  Gründung 
der  „Deutsch-Jüdischen  Rodeph  Shalom- 
Ge-sellschaft".  welche  am   12.  August  1S02 


262 


DIE  DEUTSCHKN  JLDEN   l.N   AMEKiKA. 


einen  Chart«'r  crlii.'lt.  Die  Xebengesetze 
dieser  Ges«'lls(lialt.  welche  im  Jahre  1810 
eutwi>rfen  und  »ntri'uoinincn  wurden,  tra- 
gen die  Unterschrift  folgender  Mitjrlicdcr: 
A.  B.  Cohen.  Michael  Levy.  Abraham  Hart, 
Abraham  Gumperts.  Abraham  Moses,  A. 
Stork,    L.    AUcn.    >b)s.'s    Al)raliam.    Isaae 


Emanuel  Oppenheimer,  Mayer  Ulman,  J. 
Stuttgard.  Abraham  Joseph  und  A.  Shoyer. 
Die  ersten  Gottesdienste  fanden  auf  der 
Nordseite  der  Pear  Strasse,  (welche  sieh 
westlich  von  der  Dock  Str.  bis  zur  Dritten 
Stra.s.se,  zwischen  "Walnut  und  Spruee  Str., 
hinzog)   statt.     Diese  Gesellschaft  war  die 


DR.    HENRY    BERKOWITZ. 
der  ieizige  Rabbiner  der  aeltesten  von  deutschen  Juden  gegruendeten  Gemeinde  in  den  Ver.  Staaten. 

^larks,  Elias  Ilyni'man.   Benedict  Nathan,      Vorläuferin  der  heutigen  Rodeph  Shalom- 


Lyon  Cadet  (der  Gros.svater  der  Frau  Wil- 
liam B.  HackenburgK  Alexander  Benja- 
min, Abraham  Eliezcr  Israel,  Levi  Abra- 
ham, Jacob  de  Lange.  Moses  Spyers,  L.  ]\I. 
Goldsmit.  ^laver  Arnold,  Simon  Caufman, 


Gemeinde,  deren  prächtige  Synagoge  an 
der  Ecke  der  Broad  und  Mt.  Vernon 
Stras.se  steht  und  deren  Seelsorger  Rev.  Dr. 
Henry  Berkowitz  i.st.  Die  Rabbiner  dieser 
Gemeinde  erwarben  sieh  mehr  als  nur  loka- 


DIE  DEUTSCHEN  JUDEN  IN  AMERIKA. 


263 


len  Ruf.  Unter  ihnen  befand  sieh  Jaeob 
Frankel,  gebürtig  aus  Grünstadt  in  Bayern, 
sowie  der  verstorbene  ]\Iarcus  M.  Jastrow 
aus  Posen,  einer  der  hervorragendsten 
jüdischen  Gelehrten  seiner  Zeit. 

Andere  deutsch-jüdische  Gemeinden  ent- 
standen in  der  Folge  rasch  nach  einander 
in  Philadelphia,  in  New  York,  sowie  in 
den  grösseren  Städten  des  Westens.  In 
New  York  wurde  die  erste  deutsch- jüdische 
Gemeinde  im  Jahre  1825  gegründet,  wäh- 
rend in  Philadelphia  die  Beth  Israel-Ge- 
meinde im  Jahre  1840  in 's  Leben  gerufen 
wurde.  Aber  schon  lange  vor  dieser  Zeit 
spielten  die  deutschen  Juden  in  Charleston, 
Süd-Carolina,  eine  wichtige  Rolle.  Zu  Be- 
ginn des  19.  Jahrhunderts  hatten  die  dorti- 
gen deutschen  Juden  die  damals  grösste 
Gemeinde  in  den  Ver.  Staaten  gebildet,  und 
viele  ihrer  ^Mitglieder  bekleideten  hohe  poli- 
tische Aemter,  so  z.  B.  ]\Iayer  ]\Ioses,  der  im 
Jahr  1810  in  die  Staatslegislatur  von  Süd- 
Carolina  gewählt  wurde. 

Eine  religiöse  Organisation  deutscher 
Juden  in  Philadelphia,  die  sich  im  Laufe 
der  Jahre  wohl  zur  grössten  und  hervorra- 
gendsten ihrer  Art  in  Amerika  entwickelte, 
wurde  im  Jahre  1847  gegründet.  Es  ist 
die  Reform-Gemeinde  Keneseth  Israel,  an 
deren  Spitze  heute  der  als  Kanzelredner  im 
ganzen  Lande  rühmlichst  bekannte  Rabbi 
Dr.  Joseph  Krauskopf  als  Seelsorger  steht, 
und  (leren  Tempel  —  eines  der  grossar- 
tigsten Bauwerke  seiner  Art  —  an  der 
Broad  Strasse,  oberhalb  Columbia  Avenue, 
sieh  erhebt. 

Es  ist  nicht  die  xVbsicht  des  Schreibers 
dieses  Artikels,  hier  die  vielen  religiösen 
und  erzieherischen  Institute  aufzuzählen, 
welche  ihre  Entstehung  den  deutschen 
Juden  in  Amerika  verdanken.  Es  soll  viel- 
mehr nur  darauf  hingewiesen  und  dabei 
hervorgehoben  werden,  wie  diese  ]\Iänner 
und  Frauen  allmälig  einen  der  wichtigsten 
Faktoren  und  integrirenden  Bestandtheile 
unserer  Nation  bildeten  und  zu  deren  fort- 
schrittlicher  Entwicklung   in   nicht   gerin- 


gem Masse  beitrugen.  Auch  ist  es  nicht 
möglich,  hier  an  dieser  Stelle  die  vielen  Er- 
rungenschaften deutscher  Juden  während 
der  letzten  anderthalb  Jahrhunderte,  in 
denen  sie  die  Geschichte  und  die  Grösse  der 
amerikanischen  Naticm  bilden  und  schaffen 
halfen,  einzeln  aufzuzählen. 

Ein  deutscher  Jude  von  weitestgehendem 
Eintlu-ss  imd  ein  Gelehrter  von  internatio- 
nalem Rufe  war  Isaac  Leeser,  welcher 
jahrelang  der  ]Mikveh  Israel-Gemeinde  in 
Philadelphia  als  Rabbi  vorstand.  Derselbe 
wurde  im  Jahre  1806  in  Neuenkirchen,  in 
der  preussischen  Provinz  Westfalen,  gebo- 
ren und  folgte,  erst  23  Jahre  alt,  im  Jahre 
1829,  dem  von  Philadelphia  aus  an  ihn  er- 
gangenen Rufe  an  die  Gemeinde  ^likveh 
Israel.  Als  Seelsorger  derselben  nahm  er 
in  der  Folge  an  der  Gründung  fast  aller  be- 
deutenden jüdischen  Anstalten  und  Insti- 
tutionen in  Philadelphia  theil.  Er  war  der 
erste  Rabbi,  welcher  die  Predigt  in  engli- 
scher Sprache  in  den  Synagogen  einführte, 
imd  ihm  hauptsächlich  verdanken  die 
Hebrew  Education  Society,  das  Jüdische 
Hospital,  die  ursprüngliche  Jewish  Publi- 
cation  Society  of  America,  sowie  die  Union 
of  Philadelphia  Jewish  Charities  ihre  Ent- 
stehung. Fünfundzwanzig  Jahre  hindurch 
(von  1843—1868)  gab  Rabbi  Leeser  „The 
Occident  and  American  Jewish  Advocate" 
heraus.  Eines  seiner  wichtigsten  Ver- 
dienste um  das  Judenthum  in  Amerika  war 
seine  englische  Uebersetzung  des  gesanun- 
ten  hebräischen  Bibeltextes,  ein  Werk,  an 
dem  er  18  Jahre  lang  arbeitete. 

Eine  andere  hervorragende  Gestalt  in 
der  Geschichte  der  deutschen  Juden  in 
Amerika  war  Isaac  M.  ^yisc,  der  Vater  der 
jüdischen  Reformbewegung  hierzulande 
und  Gründer  des  Ilebrew  Union  College  in 
Cincinnati,  der  Centralkonferenz  amerika- 
nischer Rabbiner,  der  Union  of  American 
Congregations  und  vieler  anderer  natio- 
naler jüdischer  Organisationen.  Bei  seinen 
Bemühungen  zur  Gründung  der  reformir- 
ten  jüdischen  Kirche  in  diesem  Lande  stan- 


264 


DIK  DELTSLJIRX  .irPKX   TN   AMHKIKA. 


den  Kaltl)i  Wisr  noch  zw.'i  andi're  horvor- 
raK'i'iidc  Deutsche  —  die  Rabl)iner  David 
Einhorn  und  Sanunl  Hirsch  —  fähig  zur 
Seite.  IJeide  hatten  früluT  die  Kanzel  im 
Tempel  der  Gemeinde  Keneseth  Israel  in 
Plnla«lel|)liia  iinu'.  Kahhi  Sannu'l  Hirsch 
war  der  Vater  des  Rev.  Kmil  O.  Hirsch,  zur 
Zeit  Hahhi  des  Sinai-Tempels  in  (Miicafro 
und  Professor  der  semitischen  Sprachen 
im  der   Inivci-sität   jener  Stadt. 

Von  den  Juden,  welche  in  den  Tagen  der 
amerikanischen  Rev<)luti<m  die  Saehe  der 
amerikanischen    rnahhängigki'it    thatUriif- 


wurde  17!>4  Oberstlieutenant  der  Xational- 
garde  von  l'ennsylvania)  gehörten  zu  den 
1*4  jüdischen  Offizieren,  welche  sich  in 
jenem  Kriege  besonders  auszeichneten. 
Nicht  weniger  als  öO  Juden  nahmen  am 
Kriege  v(m  1S12  \uul  ca.  GO  am  mexikani- 
schen Feldzuge  theil.  Zwischen  7,0(10  und 
S.0(»0  Juden  machten  den  Bürgerki-ieg  mit, 
einzelne  mit  ganz  besonderer  Auszeich- 
nung. Fast  alle  diese  waren  deutsche 
Juden.  1  iiter  den  jüdischen  Offizieren  be- 
fanden sich  0  Generäle.  18  Oberste.  8 
Oberstlieutenants,   40   ."Majore   1200    Il.nipt- 


DAS   JUEÜISCHE   HOSPITAL    UND    HEIM    IN    PHILADELPHIA. 


tig  unterstützten,  waren  die  meisten  Deut- 
sche, resp.  deutscher  Abstamnnmg.  Unter 
den  .Mätuiern.  welche  im  Jahre  1765  die  in 
Philadelphia  angenommenen  ..Xon-Impor- 
tation "-K«';solutionen  (gegen  jede  englische 
Einfuhr)  unterzeicluu'ten.  befanden  sich 
mindestens  acht  Philadelphier  Juden,  und 
fünf  deutsche  Juden  unterzeichneten  die 
17»i!)  in  New  York  gefassten  äluilichen  He- 
.sehlüs.se.  Nicht  weniger  als  100  jüdische 
Ortiziere  und  Mannschaften  dienten  im 
Revolutionskriege.  Oberst  David  S.  Fiaiiks 
und    Lieutenant    Tsaac    Franks    (Letzterer 


leutc  uwd  Rittmeister  (Captains),  325 
Lieuteimnts.  48  Adjutanten  und  25  ]Militär- 
äi-zte.  Im  spanisch-amerikanischen  Kriege 
fochten  auf  Seiten  der  Amerikaner  59  jüdi- 
sche Offiziere  und  2.402  Unteroffiziere  und 
Mannschaften,  sännntlich  Juden,  mit.  Die 
meisten  dei's(^ll)en  waj'cn  deutscher  .\b- 
stannnung. 

Von  der  Zeit  an.  da  Georgia  noch  eng- 
lische Kolonie  imd  ein  Jude  deren  Gouver- 
neur war.  und  seit  Ilaym  Salomon  dem 
schwindenden  Kredit  des  Revolutions-Kon- 
gre.s.ses    wieder    aufhalf    uiul    aus    eigener 


DIE  DEUTSCHEN  JUDEX  IX  AMERIKA. 


265 


Tasche  einige  der  hervorragendsten  Führer 
jener  Zeit  unterstützte  (wodurch  allein 
deren  werthvolle  Dienste  dem  Lande  er- 
halten blieben)  bis  zu  dem  Augenblick,  da 
Präsident  Roosevelt  Herrn  Oscar  S.  St  raus 
in  sein  Kabinet  berief  (als  Sekretär  des 
Department  of  Connnerce  and  Labor) 
haben  deutsche  Juden  ununterbrochen  in 
den  verschieden.stcn  öffentlichen  Stellungen 
dem  Lande  ihre  Dienste  gewidmet. 

Fünf  Juden  —  drei  derselben  Deutsche, 
resp.  deutscher  Abkunft  —  wurden  bis 
jetzt  in  den  Bimdessenat  gewählt,  während 
das  nationale  Rei)räsentantenhaus  bisher 
ca.  40  Juden,  und  zwar  fast  durchweg 
Deutsche,  zu  seinen  ^Mitgliedern  zählte. 
Eines  der  hervorragendsten  derselben,  das 
noch  jetzt  dem  Hause  angehört.  Herr 
Henry  Gohlfogle  von  New  York,  hat  sich 
durch  seine  Bemühungen,  die  russischen 
Behörden  zur  Anerkennung  amerikanischer 
Pässe  im  Besitze  von  Juden  zu  zwingen, 
ganz  besonders  hervorgethan. 

Aber  nicht  allein  im  Felde  oder  in 
öffentlicher  politischer  Stellung  hat  sich 
der  deutsehe  Jude  in  Amerika  ausgezeich- 
net —  auch  auf  allen  andern  Gebieten 
menschlicher  Thätigkeit.  in  der  "Wissen- 
schaft. Kunst  und  Literatur,  sowie  im  be- 
ruflichen Leben  hat  er  Grosses  geleistet  und 
viel  zur  nationalen  Entwicklung  des  Lan- 
des beigetragen.  Viele  unserer  hervorra- 
gendsten Aerzte.  medizinischen  Schrift- 
steller und  Professoren  an  medizinischen 
Hochschulen  sind  deutsche  Juden.  Der 
Advokaten-Stand  hat  zahlreiche  Namen 
deutscher  Juden  aufzuweisen,  und  gar 
mancher  berühmte  Rechtsgelehrte  befindet 
sich  darunter.  In  der  Skulptur  sind  die 
Namen  von  Ezekiel.  Keyser  und  Cohen  gar 
wohl  bekainit.  In  der  ^Malerei  sind  vor 
allem  zu  neinien  Tjouis  Tjoeb.  Max  und 
Albert  Rosenthal.  Henry  Mosler.  Albert  E. 
Stemer  und  Leo  ]\Iielziner.  I'nter  den 
Karikaturenzeichnern  ragen  Henry  ^Meyer 
und  F.  Op]K'r  hervor.  Bernard  Berens(ni 
ist  einer  der  bedeutendsten   Kunstki-itiker 


der  Gegenwart,  und  Chas.  Waldstein  eine 
anerkannte  Autorität  auf  dem  Gebiete  der 
altkla.ssischen  Kun.st.  Von  den  namhaften 
Erfindern  in  den  Ver.  Staaten  sind  Emil 
Berliner  (Erfinder  des  Telephon-LTebertra- 
gers),  sowie  die  beiden  Brüder  Louis  Ed- 
ward Levy  und  Ma.x  Levy  von  Philadelphia 
(Erfinder  eines  photographischen  Kupfer- 
druck-Verfahrens) deutsche  Juden.  Be- 
rühmte Architekten  sind  Dankmar  Adler 
von  Chicago  und  Arnold  W.  Brunner  in 
New  York. 

Unter  den  Juden,  welche  als  Professoren 
an  Universitäten  thätig  sind,  stehen  obenan 
]\r.  Bloomfield  und  J.  H.  Hollander  an  der 
Johns-Hopkins  Universität ;  Franz  Boas, 
Richard  Gottheil  und  E.  K.  A.  Seligman  an 
der  Columbia  ;  ^Morris  Loeb  an  der  Univer- 
sität von  New  York;  ^Morris  Jastrow  und 
Leo  S.  Rowe  an  der  Universität  von  Penn- 
sylvania ;  Joseph  Jastrow  an  der  Univer- 
sität von  Wisconsin  :  Charles  Gross  in  Har- 
vard; Ernst  Freund  an  der  L^niversität 
Chicago  und  Isidor  Loci)  an  der  Universität 
von  ^Missouri.  Simon  Flexner  ist  einer 
unser  hervorragendsten  Pathologen  und 
Direktor  des  Rockefeller  Institute  of 
Medical  Research. 

Auf  dem  Gebiete  der  Literatur  und  des 
Journalismus  sind  die  deutschen  Juden  so 
stark  vertreten,  dass  nur  einige  wenige  der 
bedeutendsten  Namen  hier  aufgezählt  wer- 
den können,  darunter  Emma  Lazarus,  die 
Dichterin  ;  ]\Iichael  Heilprin.  Angelo  Heil- 
prin  und  Louis  Heilprin.  Redakteure  und 
Encyklopädisten :  Ainiie  Nathan  :\Iayer; 
Emma  Wolf  und  :Mary  Wolfenstein.  Ro- 
manschriftstellerinnen; ^lordecai  M.  N"ah 
und  Fabian  Franklin,  Journalisten  ;  Simon 
Wolf  und  Herbert  Friedenwald.  Ge- 
schichtsschreiber. 

In  der  Haute  Finance  haben  sich  die 
Bankiers  Jacob  Schiff  und  die  Seligmans 
hierzulande  einen  Xauien  erworben,  der 
dem  der  Rothschilds  in  Euroj^a  gleich- 
kommt. 


*.'66 


DIK  DKUTSniKN  .TTDEX  TN  AMERIKA. 


In  all  (itii  ^Tossfu  (ü'sc  hilft  Seen  tren  vom 
atlaiitisclu'ii  bis  zum  pazitisrhcn  Ozean 
halM'M  JiuUmi  j;r()ssartifre  Fal)rikunt«'rneh- 
meii  trcjrrüiidet  und  leiten  dieselben  ;  riesige 
„Department-Stores"  in  New  York.  IMiila- 
delphia.  Chieapo.  Haltimore,  San  Fran- 
eiseo  und  ainlern  Städten  tra«ren  die  Namen 
deut.seh-jütliseher  Finnen,  die  in  d<Mi  iran- 
zen  Ver.  Staaten  bekannt  sind. 


seines  wohlbekannten  Präsidenten  Williain 
li.  Uack(  ubnrg  legen  beredtes  Zeugniss  ab 
für  den  Wohltliätigkeits-  und  Barndierzig- 
keits-Sinn  der  Juden.  Im  Jahre  186")  v(m 
einem  Komite,  bestehend  aus  den  Herren 
Ma.r  TlidUii  inicr,  Abraham  Suhbfrgcr, 
Sohnmni  lloßlu  imrr,  h'apliad  Tdicr,  Lewis 
Ellin(/(r,  Sannid  \V(il  und  Isaac  Lrrscr 
gegründet,  nmfasst  dieses  grossartige  IIos- 


WILLIAM    B.    HACKENBURG. 


Was  die  ileut.sehen  Juden  in  Amerika 
mit  der  Erriehtung  und  (Jründung  von 
Wnhlthätigkeits-Anstalten  gcthan  liaben, 
dürfte  indess  wold  mein*  zu  dem  Kufe,  in 
welehein  sie  bei  ihren  Mitmenschen  stehen, 
beigetragen  ha])en,  als  all  iiire  mehr  mate- 
riellen Erfolge  in  der  Geschäftswelt.  An- 
stalten und  Institute  wie  z.  1>.  das  Jüdische 
Hospital  in  Philadelphia  unter  der  Leitung 


pital  heute  zehn  Gebäude : — ein  allgemeines 
Krankenhaus;  ein  Heim  für  alte  und  ge- 
brechliche Israeliten;  die  ..Mathilde  Adler 
Dispensary"  (Polyklinik  für  Unbemittel- 
te), das  Lueien  ]Moss  Ilome  für  Unheilbar- 
Kranke  jüdischer  Keligion.  die  ,, Henry  D. 
Frank  ^lemorial  Synagogue";  das  Gug- 
genheim-Gebäude für  Privatpatienten  ;  das 
..Eisner    Home    for    Nurses"    (Heim    für 


DIE  DEUTSCHEN  JUDEN  IX  AMERIKA. 


267 


Krankenwärterinnen)  ;  das  Loeb'sehe  Ge- 
bäude für  Operationen ;  das  Fleischer  So- 
larium (Sonnenrauni  für  Patienten),  sowie 
vier  Isolir-Gebäude.  Die  jälirliehen  Aus- 
gaben für  das  Jüdische  Hospital  belaufen 
sieh  auf  nahezu  $125,000.  Etwa  7000 
Patienten  werden  im  Durchschnitt  jedes 
Jahr  in  diesem  Hospital  behandelt. 

Eine  andere  Phihulelphier  ^lusteranstalt. 
die  von   deutschen    Juden    gegründet   luul 


grössert  worden  und  kann  über  200  Kinder 
aufnehmen. 

Aehnliche  Anstalten  und  Institute  wie 
das  Jüdische  Hospital  und  das  Jüdische 
Waisenheim  werden  von  Juden  in  jeder 
grossen  Stadt  des  Landes  unterhalten.  Wir 
haben  diese  beiden  nur  herausgegriffen, 
weil  es  ^luster-Anstalten  sind,  deren  Kuf 
sich  über  die  ganzen  Ver.  Staaten  verbreitet 
hat. 


LEO    LOEB. 


grösstentheils  auch  von  ihnen  unterhalten 
wird,  ist  das  ,,Jewish  Foster  Home  and 
Orphan  Asylum"  in  Germantown.  welches 
seine  Entstehung  der  im  Jahre  1850  erfolg- 
ten Anregung  einer  bekannten  Phihulel- 
phier Jüdin,  Rebecca  Gratz,  verdankt.  Der 
überaus  tüchtige  Präsident  dieser  Anstalt, 
Herr  Leo  Loch,  ist  seit  1892  ununterbro- 
chen im  Amte.    Das  Heim  ist  kürzlich  ver- 


Deutsclie  Juden  begannen  schon  zu  An- 
fang des  verflossenen  Jahrhunderts  mit  der 
Gründung  der  grossen  Verbrüderungen 
und  Oi-dcn,  die  sich  als  mächtige  Hilfe  zur 
Förderung  des  Fortschritts  luid  des  Ein- 
flusses des  amerikanischen  Judenthums  er- 
wiesen haben.  Der  grösste  und  bekann- 
teste dieser  Orden  ist  der  B'nai  H'rith 
(Bundessöhne),  der  im  Jahr  1843  in  Phila- 


2m 


DIK  TiEUTSCHEN  JUDEN    IX    AMKHIKA. 


d«'l|.liia  ^r.'jrründt't  wurclt'.  Dieser  Orden 
iinterliält  WaiseiihJiuser.  Hospitäler  und 
Schulen  in  vielen  Städtt-n  der  Tnion.  Di»' 
B'nai  B'ritli  ül)er«:iil)en  im  Jahr  1S7G  der 
Stadt  JMiilach'lphia  die  Statue  der  religiö- 
sen Freiheit,  das  Werk  des  liildlwiuors 
Moses  Kzekiel.  das  im  Fairmount  Park,  in 
der  Nähe  der  .Mem(»rial  Hall.  Aufstelhniir 
fan«!.  Andere  jüilisehe  Orden.  (Jesellsehaf- 
ten  und  Verhrüderun«ren  in  diesem  Lande 
folirten  ra.se h  ;  die  meisten  derselben  wur- 
«len  von  deutsehen  Juden  «rejrründet. 

Kine  herv«)rra«rende  Fiirui'  unter  den 
amerikanisehen  Juden  deut.sehor  Gehuit  ist 
liuhfrr  Mayer  Suhhnycr  von  Philadel- 
I»hia.  der  infolire  seiner  gros.sen  Gelehrsam- 
keit und  infoljre  seiner  unermüdlichen  Thä- 
tit.'keit  auf  allen  Gebieten  jüdischer  Arbeit 
heute  wohl  der  hervorra^rendste  und  ange- 
sehenste Jud«'  iTi  den  «ranz(Mi  Ver.  Staaten 
ist.  Richter  Sulzberircr  ist  der  Organisator 
und  Voi-sitzende  des  ..American  Jewish 
Connnittee".  Voi-sitzender  des  Publika- 
tions-Komites  der  ..Jewish  Publication 
So<*iety  of  America"  und  der  leitende  Geist 
des  kürzlich  gegründeten  ..Dropsie  College 
for  Hebrew  &  C'ognate  Learning",  dessen 
Präsident  Dr.  Tyrus  Adlci-.  Kiclifer  Sulz- 
bergers  Cousin,  i.st. 

Die  edle  und  hochherzige  Gabe  des  ver- 
storbenen Harons  ]\Iaurice  v.  Hirsch  —  ein 
Fonds  von  .t^.öl »().()(((»  niit  einer  Jahres-Zu- 
weisung  von  .i<l  20.000  zur  Unterstützimg 
jüdischer  Einwanderer  in  Amerika  —  ist 
in  den  Händen  eines  amerikanischen  Ver- 
waltungsrat lies  (Tioard  of  Trustees")  inid 
ist  zur  ?]rrichtung  einer  landwirthschaftli- 
chen  Schule  für  jüdische  Knaben  und  ]Mäd- 
ehen  in  Woodbine.  N.  J..  sowie  zur  Grün- 
dung jüdischer  Kolonien  im  südlichen 
Theile  des  Staates  New  Jei-sey  verwendet 
worden.  Cnter  den  ursprünglichen  Trus- 
tees  dieses  Fonds  In-fanden  sich  die  leiten- 
den deut.sehen  Juden  des  Landes,  die  Her- 
ren Richter  Maver  Sulzberger  und  "William 


man  und  Dr.  Julius  Goldman  von  New 
Yoi'k.  Die  Kolonie  in  Woodbine.  X.  J.,  ist 
die  grös.sti'  dei'  mit  dem  (leide  des  Haron  v. 
Hirsch  gegründeten  Kolonien  im  südlichen 
New  Jersey.  Das  Anwesen,  welches  einen 
Landkomplex  von  ö.OOO  Acres  umfasst. 
wui-<le  im  Jahre  lHf)l  käuflich  erwor!)en. 
F>inigc  Jalii-e  spiitt'r  folgte  die  Gründung 
einer  weiteien  Schule  füi"  Laiidwii'thscliaft 
und  für  Heranbildung  tüchtiirer  Farmer 
und  Leiter  vt  n  Kolonien.     Hs  war  dies  die 


RICHTER  MAYER  SULZBERGER. 

..National  Farm  School"  in  Doylestown. 
Pa.  Der  Gründer  derselben  ist  der  be- 
kannte f\abbi  Dr.  Josej>h  Krauskopf.  Seel- 
sorgei-  der  Gemeinde  Kene.seth  Israel  in 
Philadclpliia.  Tn  jener  Schule  erhalten 
jüdische  Knat)en  und  junge  Leute  gründ- 
liche wissenschaftliclie  Anleitung  und  Aus- 
bildung in  allen  Zweigen  der  Landwirth- 
schaft.     Die  bisher  mit  diesen  Schulen  er- 


zielten Resultate  waren  im  höchsten  Grade 
B.  Hackenburg  von  Philadelphia;  Jacob  befriedigend.  Die  von  Rev.  Dr.  Krauskopf 
H.  Schiff.  !Mayer  S.  Isaacs.  Emanuel  Leb-      gegründete    National-Farmschule    in    Doy- 


DIE  DEUTSCHEN  JUDEN  IN  AMERIKA. 


269 


lestowii  wiiJ  voll  Juden  im  ganzen  Laiido 
unterstützt  und  macht  von  Jalir  zu  Jahr 
grössere  Fortsehritte. 

Xieht  zu  untersehätzen  ist  endlieh  der 
deutseh-jüdisehe  Eintluss  auf  die  Entwiek- 
lung  vieh'r  wichtiger  Pliaseii  amerikani- 
schen Lebens.  Dass  die  deutscheu  Juden 
mit  den  Deutsch-Amerikanern  anderer 
Konfessionen  zusammen  inmitten  unserer 
grossen  amerikanisclien  Nation  ein  neues 
Vaterland  gefunden  haben,  ist  überall  und 
allenthall)cn  ersichtlich.  Leben.  Hab  und 
Gut.  ja  sogar  ihre  geheiligte  Ehre  haben  sie 
oft  bereitwillig  und  opferfreudig  für  ihr 
Adoptiv-Vaterland  und  dessen  Wohlfahrt 
auf's  Spiel  gesetzt,  und  überall  sind  sie  als 
wahre,  gesinnungstreue  und  patriotische 
Amerikaner  bekannt  und  werden  als  solche 
geschätzt  und  geachtet.  Was  die  deutschen 
Juden  für  dieses  Land  waren  und  sind, 
wird  einst  in  der  Geschichte  der  Ver. 
Staaten  willig  anerkannt  werden.  Es  war 
ihre  Pt^icht  und  Aufgabe  in  kritischen 
Zeiten,  in  den  Tagen  der  Prüfung  und 
Trübsal  im  alten  Vaterlande  ihren  Tausen- 
den von  Glaubensgenossen,  welche  in  spä- 
teren Jahren  durch  grausame  und  bittere 
Verfolgung  aus  dem  östlichen  Europa  ver- 
trieben wurden,  den  Weg  hierher  an  die 
Gestade  dieses  Landes  der  Zuflucht  und  der 
Freiheit  zu  zeigen  und  ihnen  hier  eine 
freundliche  Aufnahme  möglich  zu  machen. 
Dass  sie  diese  ihre  Pflicht  und  Aufgabe 
wohl  erfüllten,  das  zeigt  die  Geschichte 
ihrer  Wohlthätigkeits-Anstalten  sowie  des- 
sen, was  sie  im  Dienste  der  IMenschheit  ohne 
Zögern  und  ohne  Murren,  stets  zu  neuen 
Opfern  bereit,  geleistet  haben.  Und  heute 
sind  sie  als  ein  wesentlicher  Bestandtheil 
unserer  grossen  amerikanischen  Nation, 
noch  ebenso  unablässig  und  opferwillig  be- 
müht, die  neuerdings  wieder  aus  ihrem  Va- 
terlande vertriebenen  Glaubensgenossen 
dem  Lande  zuzuführen,  das  ihnen  selbst 
ein.st  eine  Freistätte  bot  und  in  dem  sie  eine 
neue,  bessere  und  schönere  Heimath 
fanden. 


Der  in  den  Vereinigten  Staaten  und  über 
deren  (Jrenzen  hinaus  bekannte  Rabbiner, 
Schriftsteller  und  Förderer  jüdischer  He- 
strebungen,  Dr.  Joseph  Krauskupf,  wurde 
am  21.  Januar  1858  in  Ostrowo,  Preu.s.sen, 
geboren  und  kam  im  Jahre  1872  nach  Ame- 
rika. Er  absolvirte  im  Jahre  1888  die  l'ui- 
versität  Cincinnati  und  bestand  zu  gleicher 
Zeit  die  Rabbiner-Prüfung  im  ..Ilebrew 
TTnion  College"  ebenda.selbst,  v(m  dem  er 
zwei  Jahre  später  den  Doktor-Titel  erhielt. 
Nachdem  er  in  Kansas  City,  Mo.,  als  Rab- 
biner gewirkt  hatte,  wurde  er  im  Jahre 
1887  an  die  Reform-Gemeinde  Keneseth 
Israel  in  Philadelphia  berufen,  der  er  noch 
jetzt  vorsteht.  Er  gründete  die  „Jewish 
Publication  Society  of  America",  ferner 
die  „National  Farm  School"  bei  Doyles- 
town,  Pa.,  deren  Präsident  er  heute  noch 
ist.  In  ihr  werden  Kna1)en  prakti.sch  und 
theoretisch  in  der  Landwirthschaft  unter- 
richtet. Die  Schule  hat  grcxs.se  Erfolge  auf- 
zuweisen und  ist  eifrig  bemüht,  das  An- 
sehen der  Landwirthschaft  zu  heben  und 
Lust  und  Liebe  dazu  zu  erwecken.  Dr. 
Krauskopf  wurde  im  Jahre  1898  zum  ]Mit- 
giiede  der  Spezial-Kommission  ernannt,  die 
nach  Cuba  gesandt  wurde,  um  dort  hilf- 
reich zu  wirken.  Im  Jahre  1900  wurde  er 
vom  landwirthschaftlichen  Departement  der 
Vereinigten  Staaten  zur  Pariser  Ausstel- 
lung als  Spezial-Kommissär  gesandt,  um 
über  die  Ausstellungen  der  landwirth- 
schaftlichen Schulen  zu  berichten,  sowie 
solche  zu  besuchen  und  darüber  dem  De- 
partement Bericht  zu  ei^tatten.  Im  Jahre 
1903  wurde  Dr.  Krauskopf  zum  General- 
Direktor  des  „Isaac  ]\I.  Wise  IMemorial 
Fund"  erwählt,  der  auf  eine  Höhe  von 
if!400.000  gebracht  werden  sollte,  um  die 
nöthigen  Mittel  zum  Unterhalt  des  ,,Hebrew 
Union  College"  zu  erhalten.  Im  Jahre 
1904 — 5  war  Dr.  Krauskopf  Präsident  der 
Centralen  Konferenz  amerikanischer  Rab- 
biner. Er  ist  der  Verfasser  folgender 
Werke  und  Schriften :  „Jews  and  Moors 
in  Spain";  „Evolution  and  Judaism";  „A 


270 


DIK  DEUTSCHEN  JUDEX   IX   AMERIKA. 


Hiil)his  Impn'ssions  of  Oht'nniniicr^'aii  Pas- 
sion IMay":  ..Soiiu«  iikhUm-h  Hnititudcs" : 
„Thr  Si'wn  Atri-s  of  Man'*:  ..<>M  Trnth  in 
New  Hooks":  ..So<-i(>ty  iind  Its  Morals": 
..Sonic  Isnis  of  T(»-(la\  ":  ..(ilcaniiijjs  fn.ni 
Onr  Vinfvanl";  ..Pn-judict'— Its  ({«Miosis 
nnd  Kxodiis**:  ..Froiii  .Ifsus  tlu'  Man  to 
Christ  tlu'  Doity":  ..Tho  Service  Manual": 
..The  Scrvic.-  Witual":  ..The  School  Ser- 
vice":  ..The   Kiddush":   ..Th.-   Sed.r   Srr- 


vice 


DK.   JOSKPH   KKALSKOPK. 


Twentv-one  series  of  Sundav  dis- 


courses  18H7— 1!»08". 

Henry  B<rhnuHz  wurde  am  IS.  März 
1857  in  Pittsbiw»r.  l*a..  «relwren.  absolvirte 
die  dortige  ,.Ccntral  Ili^di  SchcM)!",  studirte 
an  der  ..Cornell  rnivci-sity"  in  Ithaca, 
N.  V.,  und  aljsolvirte  da.s  ..llcbrew  Tnion 
CoUcjio"  in  f'incinnati.  Nachdem  er  als 
Kabbiner  an  jüdischen  Gemeinden  in  ^Mo- 
bile,  Ala..  und  Kansas  City.  Mo.,  jrewirkt, 
wurde  er  an  die  Rodeph  Shalom  Gemeinde 
in   Philadelphia,   Pa.,  berufen,  der  er  seit 


dem  Jahre  ISÜ'J  vorsteht.  Er  ist  der  Grün- 
der und  Kanzler  der  ..Jcwish  Chautaiujua 
Society"  seit  18!»:^  Mitjrlied  des  ,. Board  of 
Governors"  des  ..llel)rew  Union  College", 
.Milirlicd  des  PubliUations-Koniites  der 
...lewisli  Publieation  Soeiety",  des  Exeku- 
tiv-Komiti's  der  Central-Konferenz  ameri- 
kanischer Kabbiner.  Vize-Präsident  der 
Friedens-Gesellschaft  von  Penn.sylvanien 
und  dci-  ..Playirfoinuls  Association  of  IMii- 
ladclpliiü".  sowie  ein  eifriger  Förderer  er- 
zielu'ri.scher,  wohlthätiger  und  religiö.ser 
Bestrebungen.  Auf  eine  p]inladung  der 
...lewish  Study  Soeiety"  besuchte  er  Eng- 
land im  Jahre  1900  und  1904  und  veran- 
lasste die  in  Ramsgate  in  dem  von  Sir 
Moses  Montefiore  gegründeten  „College" 
all.jäliilich  stattfindenden  Sitzungen  der- 
selben. AiLSser  zahlreichen  Beiträgen  für 
.jüdische  und  andere  Zeitschriften  .stanunen 
von  ihm  folgende  Schriften:  ..Bible 
Ethics",  1883;  „First  Union  Ilebrew 
Reader"  and  ..Second  Union  Hebrew 
Reader",  1883;  „Judaism  and  the  Social 
Question",  1888:  „The  Pulpit  :\ressage", 
1892:  „The  Open  Bible",  1896— a  guide  to 
a  choice  of  reading  from  the  old  Testament, 
taking  aceount  of  the  eritical  standpoint; 
..Kiddush.  Sabl)ath  Sontinient  in  the 
Home",  illustrated,  1898. 

Maijer  Sulzhorjer,  präsidirender  Richter 
in  Philadelphia,  wurde  am  22.  Juni  1843  in 
Ileidelsheim,  Baden,  geboren.  Er  kam  als 
Kna])o  mit  seinen  Eltern  nach  Philadel- 
]>hia.  .studirte  Jurisprudenz,  ist  Mitglied 
der  American  Philosophical  Society,  der 
TTistorical  Society  of  Pennsylvania  und  der 
American  Oriontal  Society.  Er  hat  sich 
grasso  Verdienste  um  das  Judenthum 
Amerika 's  erworben. 

William  Bowcr  Ilackoihurg  wurde  am 
2.  Juni  1837  von  deutschen  Eltern  in  Phila- 
del pliia  geboren.  Er  erhielt  bei  seiner  Voll- 
jährigkeit einen  Antheil  an  dem  grossen 
Shawl-  und  Ellenwaaren-Gesehäft  seines 
Vaters,  das  er  nach  dessen  Tode  im  Jahre 


DTE    DEUTSCHKX    JUDKN    IX    AMKKIKA. 


271 


18()2  allein  fühi'tc.  An  allen  ji'ulisehen  He- 
strebim^en  nahm  er  in  hervorrafrender 
"Weise  Antheil. 

Jacob  Hmri)  t^chiff  \s\  nicht  allein  einer 
der  hervorrajrendsten  -Inden  in  Amerika, 
sondern  aueh  einer  der  hedeiitentlsten  Fi- 
naneiers  unserer  Zeit.  Er  wurde  im  Jahre 
1847  in  P^rankfurt  am  ]\Iain  g:eboren  und 
kam  im  Alter  von  IS  Jahren  nach  Aiiu'rika. 
wo  er  sich  in  Xi'w  York  niederliess.  Er 
wurde  ^Mitglied  der  weltbekannten  Ban- 
kiers-F'irnui  Kuhn.  Loeb  &  Co.,  gehört  dem 
Direktorium  grosser  Finanzinstitute.  Eisen- 
bahnen, der  AVestern  Unicm  Telegraph  Co.. 
Lebensversieherungsgesellsc'haften  ete.  an. 
ninnnt  lebhaften  Antheil  an  Kunst  und 
Wissenschaft,  gründete  das  ..Jewish  Theolo- 
gieal  Seminary".  das  Semitische  ^Museum 
der  Harvard  Universität,  ist  Präsident  des 
]\Iontetiore  Home  for  Chronic  Invalids. 
Trustee  des  ..Baron  de  Hirsch  Fund",  Mit- 
glied von  Kunst-  und  wissenschaftlichen 
Gesellschaften  und  ein  erprobter  Rathgeber 
der  Bundes-Regierung  in  wichtigen  finan- 
ziellen Fragen    Er  wohnt  in  New  York. 

SaJomon  Schi)idle)\  der  Superintendent 
des  „Leopold  Morse  Home  for  Infirm 
Hebrews  and  Orphanage"  in  Mattapan. 
Mass..  ist  als  Philantrop  wie  Schriftsteller 
gleich  bedeutend.  Er  wurde  am  24.  April 
1842  in  Neisse  geboren,  kam  im  Jahre  1871 
nach  Amerika,  war  Rabbiner  in  Boston  bis 
1894.  wurde  Superintendent  der  dortigen 
„Federation  of  Jewish  Charities"  und  er- 
hielt 1899  das  Amt,  in  welchem  er  segens- 
reich wirkt.    Yen  seinen  Schriften  sind  zu 


nennen  :  ..Messianic  Expectations  and 
.Modei'ii  Judaism".  ..Y(tnng  AVe.st.  a  Sequel 
to  Bellamy's  Looking  Hackward"  und  Ar- 
tikel in  ,,The  Ai'ena". 

Isidor  Singer,  der  Redakteur  der  ..Jewish 
Encyclopaedia ",  wurde  in  ^VeisskirchcIl  in 
Mähren  am  10.  November  1859  geboren, 
studirte  an  den  Universitäten  Wien  nnd 
Berlin,  promovirte  1883,  gab  in  Wien  ein 
Jahr  lang  die  ,, Allgemeine  Oesterreichische 
Literaturzeitung"  heraus,  ging  als  Sekretär 
und  Bibliothekar  des  ehemaligen  fran/ö- 
sischeji  Botschafters  in  Wien,  des  Grafen 
Alexandre  Foucher  de  Careil,  nach  Paris, 
wurde  [Mitglied  des  Press-Bureaus  des  fran- 
zösischen xVuswärtigen  Amtes,  war  einei- 
der  hervorragendsten  Yorkämpfer  des  Ju- 
denthums  der  anti-semitischen  Bewegung 
gegenüber  und  kam  im  Jahre  1895  nach 
Amerika,  um  hier  sein  Lebenswerk,  die  Re- 
daktion der  ,,  Jewish  Encyclopaedia", 
durchzuführen.  Ausserdem  ist  er  der  Re- 
dakteur der  ,. Encyclopaedia  of  Compara- 
tive  Theology".  Yon  seinen  Schriften  sind 
zu  nennen:  ,, Berlin.  Wien  imd  der  Antise- 
mitismus", „Presse  und  Judenthum",  „Sol- 
len die  Juden  Christen  werden?",  ..Briefe 
berühmter  christlicher  Zeitgenossen  über 
die  Judenfrage".  ..Die  beiden  Elektren- 
Humanistische  Bildung  und  der  klassische 
I^nterrricht".  ..Auf  dem  Grabe  meiner 
.Mutter"  (in 's  Hebräische  übersetzt  von 
Salomon  Fuchs),  „Der  Kampf  der  Juden 
um 's  Recht",  ausserdem  zahlreiche  Ueber- 
setzungen  französischer  Werke  in 's  Deut- 
sche und  Schriften  in  französischer  Si)ra- 
che.   Singer  wohnt  in  New  York. 


PROF.  JOHN    W.    BURGESS. 

der  erste  amerikanische  Austausch-Professor, 

von  der  Columbia-Universitaet  in  New  York,  geb.  am  26.  August  1844.  Er  hielt  1906  Vorlesungen 
an  den  Universitaelen  Berlin,  Bonn,  Jena  und  Leipzig  ueber  die  ,, Verfassungsgeschichte  der  Vereinigten 
Staaten  von  der  Begruendung  der  Kolonien  bis  zum  Jahre  1876"  und  leitete  seminaristische  Uebungen 
zur    ,, Verfassungsgeschichte    der  Vereinigten  Staaten  und    deren    Auslegung  durch  das  Oberbundesgericht. 


Zwei  Jahrhunderte  deutschen  Unterrichts 
in  den  Vereinigten  Staaten. 

L.  VIERECK,  New  York. 


Die  Geschichte  des  deutschen  Unterrichts 
in  unserem  Lande  lässt  sicli  ungezwungen 
in  drei  Entwickluugsepochen  eintheilen, 
die  charakteristische  Unterschiede  aufwei- 
sen, nämlich: 

1)  Vom  Beginn  des  18.  Jahrhunderts 
bis  zum  Jahre  1825, 

2)  Vom  Jahre  1825  bis  zum  Jahre  1868, 
und 

3)  Vom  Jahre  1868  bis  zur  Gegenwart. 
Es    soll    nachstehend    vereucht    werden, 

«ine  jede  dieser  Epochen  zu  charakterisie- 
ren imd  zugleich  aus  ihr  die  wichtigsten 
Thatsachen,  die  zur  Beurtheilung  heranzu- 
ziehen sind,  in  Kürze  anzuführen.  Wer 
eingehender  belehrt  sein  will,  möge  die  in 
cler  Anmerkung  angeführten  grösseren 
Arbeiten  des  Verfassers  über  das  nämliche 
Thema  selbst  nachlesen.* 

Die  erste  Epoche  ist  charakterisirt  durch 
■die  Kirchenschulen  der  deutschen  Kolo- 
nisten vom  Ende  der  Kolonialzeit,  durch 
■die  ersten  „Entdeckungsreisen''  einzelner 
hervorragender  Amerikaner  zu  Studien- 
zwecken nach  Deutschland  und  endlich  die 
ersten  schüchternen  Ansätze,  die  an  ein- 
zelnen höheren  Lehranstalten  gemacht  wur- 
den, um  den  deutschen  Unterricht  that- 
sächlich  als  Lehrgegenstand  einzuführen. 
Auf  letztere  gehe  ich  hier  nicht  näher  ein, 
weil  sie  sich  sämmtlich  nur  als  eine  vor- 


*  Vergl.  des  Verfassere  unter  dem  glei- 
chen Titel  bei  Friedrich  Vieweg  u.  Sohn 
in  Braunschweig  1903  erschienenes  Buch 
,j  und  die  Abhandlung  ,,German  Instruction 
in  American  Schools"  im  U.  S.  Bureau  of 
Education,  Report  of  the  Commissioner 
■of  Education  for  1900-1901   (Chapter  U). 


übergehende  Erscheinung  heraiLsstellten. 
Um  so  nachdrückliclier  muss  dagegen  auf 
die  Kirchenschulen  und  ,, Entdeckungsrei- 
sen" hier  verwiesen  werden. 

Die  meisten  deutschen  Einwanderer  der 
Kolonialzeit  hatten  aus  religiösen  Motiven 
ihr  Vaterland  verlassen,  nämlich  weil  sie 
daheim  in  der  freien  Ausübung  ihres  Be- 
kenntnisses beeinträchtigt  wurden.  So 
strömten  denn  Pietisten,  Mennoniten,  Dun- 
ker. Herrnhuter,  Quäker,  aber  auch  Refor- 
mirte,  Lutheraner  und  zuletzt  noch  Katho- 
liken ins  Land,  denen  es  vor  allem  darum 
zu  thim  war,  sich  ganz  frei  nach  ihrer 
Ueberzeugung  Kirche  imd  Schule  einzu- 
richten. Bis  zum  Aii^gange-des-l-S,  Jahr- 
hunderts lag  in  Deutschland  das  Lehramt 
ausnahmslos  in  den  Händen  der  Geistli- 
cjien,  die  regelmässig  auch  eine  Lehrerprü- 
fung zu  bestehen  hatten.  Es  lag  also  nahe, 
dass  zunächst  die  Gemeinden,  die  mit  ihren 
Seelsorgern  zusammen  auswanderten  — 
wie  das  öfters  geschah  —  sieh  eigene  Kjx^ 
clienschulen  einrichteten,  imd  später  auch 
die  anderen  deutschen  Gemeinden,  soweit 
sie  es  verraochteu,  diesem  Beispiele  folgten. 
Das  war  um  so  mehr  am  Platze,  als  seitens 
der  englischen  Kolonialverwaltung  dem 
Volksunterricht  so  gut  wie  gar  keine  Pflege 
zutheil  wurde,  und  die  Kinder  der  Kolo- 
nisten meist  nur  so  weit  Gelegenheit  hat- 
ten, sich  irgendwie  unterrichten  zu  lassen, 
als  ihre  eigenen  Väter  für  Schulgründung 
Sorge  trugen. 

Soweit  sich  feststellen  Hess,  hat  Pasto- 
riiis  die  erste  deutsche  Kirchenschule  1702 
in  Germantown  begründet.  Man  unter- 
richtete dort  die  Kinder  sowohl  im  Engli- 
schen wie  im  Deutschen  ^z  eine  Grundlage, 


u- 


I 


274         ZWKI  JAlIKUrNDKRTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN. 


der  m;m  auch  in  tlt-r  Fi.lp-  strts  treu  blieb. 
Die  bcrühmti'  Schiiluriliiuug  des  „deutsch- 
aiiuTikaiiischcn  Pestalozzi"  —  wie  ein  be- 
kannter amerikaniseher  Pädafjojre  den  Men- 
nonilenb'lirer  Vhnstoplur  Dock  bezeich- 
nete —  steht  auf  demselben  Standpunkte.  ! 
und  bis  zum  heutifjeu  Tage  dürfte  sich  , 
darin  nichts  geändert  haben.  Doch  scheide 
ich  lue  Kirchenschuh'n  hier  aus.  weil  da- 
rüber ein  bi'Sdiulcrer  Autsatz  in  diesem 
Buche  den   Leser  unterrichtet. 

Miilili  nb(  nj.  der  als  Schüler  des  be- 
rühmten Franke 'sehen  Pädagogiums  nach 
Pennsylvanien  ausgewandert  war.  fühlte 
sich  17().'{  veranlasst,  seine  beiden  Söhne  zu 
Franke  dem  Jüngern  nach  Halle  auf  die 
Universität  zu  schicken.  Das  waren  wohl 
die  ersten  amerikanischen  Studenten  auf 
deut.schen  Hochschulen  und  wahrscheinlich 
auch  für  einen  langen  Zeitabschnitt  die 
einzigen.  Denn  erst  die  denkwürdige 
Reise,  die  Binjamin  Franklin  1766  nach 
(iottingcn  unternaiun.  hatte  es  zur  Folge, 
da.s.s  die  Amerikaner  auf  die  deutschen 
Tniversitäten  aufmerksam  wurden.  Bis  da- 
hin war  es  überhaupt  etwas  ganz  Ausser- 
ordentliches, dass  jemand  zur  p]rlangung 
einer  gelehrten  Bildung  nach  p]uropa 
hinüberging,  und  dann  waren  Oxford  und 
Cambridge,  oder  aber  eine  schottische  Uni- 
versität das  Ziel  d«'s  Unternehmens. 

Hannover  stand  damals,  gleich  Nord- 
amerika, unter  englischem  Szepter,  und 
dieser  Umstand  mag  dafür  mitl)estimmend 
gewesen  .sein,  dass  Franklin  nach  Göttingen 
kam.  Er  wohnte  dort  einer  Sitzung  der 
Akademie  der  Wi.s.senschaften  bei  und  Hess 
sich  alle  Universitätseinrichtungen  genau 
erklären.  Das  brachte  ihn  auf  den  Plan, 
den  er  hier  .schon  fa.sstc  und  mit  den  deut- 
schen Gelehrten  diskutirte.  daheim  eben- 
falls eine  gelehrte  Schule  zu  gründen,  die 
gewis.sennas.sen  das  „amerikanische  Göttin- 
gen" abgeben  sollte.  Diesen  Gedanken 
verwirklichte  er  dann  auch  1779,  wo  —  auf 
sein  Betreiben  —  das  städti.sche  öffentliche 
Kollegium  von  Philadelphia  in  die  Univer- 


silät  von  I'i  nnsylvanien  umgewandelt  und 
dieser  zugleich  auch  eine  eigene  „Deutsehe 
Fakultät''  beigegeben  wurde.  Ein  Student 
dieser  Universität,  Benjamin  Smith  Barton 
von  Lancaster,  war  dann  der  erste  Anglo- 
amerikaner, der  1789  die  Universität  Göt- 
tingen bezog  und  dort  mit  seinem  Namen 
das  sog.  amerikanische  Koloniebuch  eröff- 
nete. Aber  erst  viel  später,  nämlich  von 
1815  bis  1817,  fand  er  in  den  Neu-Englän- 
dern  Edward  Everett  und  George  Ticknor 
Nachfolger,  denn  Deutschland  war  zu  jener 
Zeit  nach  der  glaubhaften  Versicherung 
von  Henry  Adams  „den  Amerikanern 
ebenso  unbekannt  wie  China."  Es  be- 
durfte daher  auch  grosser  Anstrengungen 
von  Seiten  Everetts,  um  bei  der  Harvard 
es  durchzusetzen,  dass  George  Bancroft  von 
seiner  Alma  JNIater  ein  Reisestipendiura 
nach  Göttingen  erhielt  und  dort  als  vierter 
amerikanischer  Student  von  1818  bis  1820 
verweilen  durfte.  Bancroft  versuchte  es 
dann  nach  seiner  Rückkehr,  gemeinsam  mit 
seinem  Göttinger  Studiengenossen  Cogswell 
in  der  Round  Hill  School  eine  Art  von 
deutschem  Gymnasium  zu  errichten,  hatte 
damit  aber  ebenso  \venig  Glück  wie  die  Ge- 
brüder Divight,  die  einen  ähnlichen  Ver- 
such in  New  Haven  unternahmen. 

Cogswell  und  Bancroft  waren  die  ersten 
Amerikaner,  die  dem  Beispiele  vieler  her- 
vorragender Engländer  folgten  und  nach 
Weimar  reisten,  um  Goethe  ihre  Hochach- 
tung auszudrücken.  Cogswells  erster  Be- 
such erfolgte  am  27.  März  1817  und  führte 
dazu,  dass  der  junge  Amerikaner  und  der 
damals  fast  schon  70jährige  Dichterfürst 
mehrere  Jahre  hindurch  einen  brieflichen 
und  persönlichen  Verkehr  mit  einander 
pflegten.  Goethe  freute  es  ungemein,  dass 
die  amerikanische  Intelligenz  anfing,  sich 
mit  deutscher  Sprache  und  Literatur  zu  be- 
fassen. Das  befestigte  seine  unumstössliche 
Ueberzeugimg.  dass  die  Amerikaner  auch 
son.st  noch  die  Welt  durch  ihre  Leistungen 
in  Erstaunen  versetzen  würden.  So  be- 
merkte  er  zu   Eckermann,   dass   die   Ver. 


ZWEI  JAHRHUNDERTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN.        275 


Staaten  es  sieh  gewiss  nicht  würden  ent- 
gehen hissen,  selbst  einen  Wasserweg  zwi- 
schen dem  Golf  von  ^Mexiko  und  dem  Stil- 
len Ozean  herzustellen.  Um  seiner  Hoch- 
achtung vor  der  ..Fördenmg  einer  vor- 
nehmen und  gediegenen  Ausbildung  ihrer 
Zöglinge"  Ausdruck  zu  geben,  deren  sich 
Harvard  seit  „einer  so  langen  Reihe  von 
Jahren"  beflissen  habe,  stiftete  er  dieser 
ältesten  amerikanischen  Universität  ein 
Exemplar  seiner  sämmtlichen  Werke  mit 
einem  eigenhändigen,  höchst  schmeichel- 
haften Geleitschreiben.  Diese  Bücher  sind 
noch  heute  in  der  Universitätsbibliothek 
vorhanden,  w^o  sie  als  eine  Art  Heiligthum 
gehütet  werden. 

Die  zweite  Epoche  beginnt  mit  der  Ein- 
setzung eines  deutschen  Gelehrten  in  die 
Professur  für  moderne  Sprachen  an  der 
neuerrichteten  Universität  von  Virginien 
imd  dem  noch  folgenschwereren  Schritte, 
dem  Professor  Karl  Folien  die  Ertheilung 
von  Unterrieht  in  seiner  ]\Iuttersprache  am 
Harvard-Kollegium  zu  gestatten.  Inner- 
halb der  43  Jahre  dieses  Abschnittes  wan- 
dern fast  drei  Millionen  IMenschen  in  die 
Ver.  Staaten  ein,  die  sich  des  Deutschen 
als  Verkehrssprache  bedienen,  darunter 
viele  Tausende  von  akademisch  gebildeten 
Männern.  Es  entstehen  nicht  nur  zahl- 
reiche deutsche  Privatschulen  in  den  ver- 
schiedenen Landestheilen,  sondern  man 
entschliesst  sich  auch  in  vielen  Städten  mit 
starker  deutscher  Bevölkerung,  in  den 
öffentlichen  Volksschulen  den  deutschen 
Unterricht  einzuführen.  In  dieser  Zeit  be- 
ginnt man  auch  an  den  besten  höheren 
Lehranstalten  des  Landes  mit  der  Einfüh- 
rung fakultativen  deutschen  Unterrichts, 
nachdem  —  zum  Theil  auf  dem  Umwege 
über  England  und  Frankreich  —  deutsche 
Unterrichtsmethoden,  deutsche  Literatur 
und  deutsche  Wissenschaft  den  Gebildeten 
näher  bekannt  geworden  waren.  Wesent- 
lich wirkte  zur  Herbeiführung  dieses 
Standes  der  Dinge  der  Umstand  mit,  dass 


die  deutschen  Hochschulen  je  länger  desto 
mehr  von  amerikanischen  Studenten  fre- 
quentirt  wurden  und  zwar  mit  der  Wir- 
kimg, dass  sieh  letztere  nach  ihrer  Heim- 
kehr meist  für  eine  amerikanische  Unter- 
richtsreform nach  deutschem  Vorbilde  ge- 
radezu begeisterten. 

In  den  Jahren  1818  und  1819  hatte  ein 
namhafter  New  Yorker  Pädagoge,  Griscom, 
eine  Studienreise  nach  Europa  gemacht 
und  über  seine  Beobachtungen  ein  Buch 
veröffentlicht,  das  wie  kein  zweites  in  der 
ersten  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  Eintiuss 
auf  das  amerikanische  Unterrichtswesen 
gewinnen  sollte.  Das  bezeugt  u.  a.  auch 
kein  Geringerer  als  Thomas  Jeffcrson,  mit 
dem  Hinzufügen,  dass  er  die  darin  enthal- 
tenen Winke  bei  Einrichtung  der  Univer- 
sität von  Virginien  benutzt  habe.  ]\Ian  hat 
darin  also  den  Schlüssel  für  das  nicht  un- 
wichtige Ereigniss  zu  suchen,  dass  der 
deutsche  Gelehrte  Dr.  Blättermann  dorthin 
als  erster  Professor  der  modernen  Sprachen 
an  einer  amerikanischen  Universität  beru- 
fen wurde.  Leider  dauerte  diese  Lehrthä- 
tigkeit  aber  nur  15  Jahre,  nämlich  von 
1825  bis  1840.  Man  scheint  dem  freisinni- 
gen I\Ianne  aus  ähnlichen  Gründen  wie 
später  Franz  Lieher  am  South  Carolina 
Collegium  das  Leben  verleidet  zu  haben, 
so  dass  er  abdankte.  Glücklicherweise 
hatte  zu  jener  Zeit  aber  der  Süden  schon 
längst  nicht  mehr  die  Bedeutung  für 
unser  Land,  wie  zur  Zeit  des  Unabhängig- 
keitskrieges, und  die  gleichzeitigen  Vor- 
gänge in  Neuengland  waren  deshalb  von 
weit  grösserer  Bedeutung,  als  diese  uner- 
freulichen Vorgänge  im  Süden. 

Der  als  Burschenschafter  in  Deutsch- 
land kompromittirte  Karl  Folien  (oder 
Follenius)  war  im  Jahre  1825  nach  Boston 
gekommen,  um  sich  dort  durch  Ertheilung 
deutschen  Unterrichts  zu  ernähren.  Auf 
Ticknor's  Betreiben  wurde  ihm  gestattet, 
an  der  Harvard  selbst  einen  deutschen 
Kursus  zu  eröffnen,  für  den  es  anfänglich 


276 


ZWHI  .lAllKHUNDKKTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN. 


schwer  genug  hielt,  ganze  acht  Tlu'ilneh- 
mer  zusammenzutrominelii.  Aber  Folien 
verstand  es,  den  Entliusiasnius  seiner 
Schüler  tlun-h  seine  Rezitationen  aus 
Schiller.  (Joethe.  Herder  und  Theodor 
Körner  zu  erwecken  und  sieh  dadurch 
einen  grosseren  Wirkungskreis  zu  erobern. 
Schon  18:W  wurde  ihm  von  der  Univei-si- 
tätsleitung  eine  regelrechte  Professur  für 
deutsche  Sprache  luul  Literatur  verliehen. 

Folien  trat  sein  neues  Amt  mit  einer 
Rede  über  „Die  Bedeutung  des  Studiums 
der  deutschen  Sprache  und  Literatur"  an, 
in  der  er  unter  anderem  folgendes  bemer- 
ken durfte: 

„Die  Schätze,  die  in  den  deutschen  Bü- 
chern enthalten  sind,  entgehen  jetzt  nicht 
mehr  der  Aufmerksamkeit  des  Publikums, 
vielmehr  nimmt  man  an  ihnen  dasselbe  ver- 
ständnissvolle Interesse  wie  an  allen  übri- 
gen Erscheinungen,  die  das  "Wissen  zu  be- 
reichern  luid  den   Geist  zu  vertiefen  ver- 
spreciien.     An   dieser   Universität,   an   der 
früher   die   deutsche   Literatur  unter   der 
Rubrik  ..non  legimtur"  (d.  h.  werden  nicht 
gelesen)     flgurirte,     wurde     kürzlich     die 
Bibliothek    \un    eine    beträchtliche    Anzahl 
von   wert  h vollen   deutschen  "Werken  berei- 
chert,    die     Tniversitätsdruckerei     druckt 
selbst  Bücher  in  deutschen  Lettern,  und  die 
Zahl   der  Studenten,  die  Deutsch  treiben, 
beläuft  sich  .schon  auf  durchschnittlich  50 
in    jedem    Semester.      Ausserdem    gibt    es 
jetzt  schon  deutsche  Lehrer  und  deutsche 
Bücher    an    allen    bedeutenderen    Plätzen 
dieses  Landes.     "Während  man  mir  glaub- 
haft versichert,  dass  sich  speziell  in  Boston 
vor  etwa  50  Jahren  noch  nicht  eine  einzige 
deut.sche    Grammatik    oder    ein    rieutsches 
Wörterbuch   auftreiben  liess,   gibt  es  jetzt 
dort    genug   Leute,    die    Deutsch    sprechen 
können,    und    noch    mehr,    die    wenigstens 
Deut.sch  zu  lesen,  sowie  in  das  Verständniss 
der  gelesenen  Bücher  voll  und  ganz  einzu- 
dringen vermögen.    Und  gar  manche  deut- 
sche Klassiker  haben  ihren  Weg  bis  in  die 


Privatbibliotheken    der    Gebildeten    gefun- 
den!" 

Dieser   gewaltige   Fortschritt    hatte   sieh 
also    in    der    kurzen    Zeitspanne    von    fünf 
Jahren  vollzogen,  innerhalb  deren  es  hier 
Fi>llen   vergönnt   war,  seinen    EinHuss  auf 
die  akademische  Jugend  auszuüben.     Aber 
leider   sollte    seine    Wirksamkeit    hier   nur 
noch  fünf  Jahre  dauern.     Da  er  sich  bei 
der  Abolitionistenbewegung  für  seine  Stel- 
lung  zu   stark   agitatorisch    betheiligte   — 
er  erliess  einen  Aufruf  gegen  die  Sklaven- 
halter, der  wegen  seines  leidenschaftlichen 
Tones    peinliches   Aufsehen   erregte   —   so 
wurde  ihm  die  weitere  Lehrthätigkeit  ver- 
boten.    Aber  das  konnte   glücklicherweise 
den    einmal    ins    Rollen    gebrachten    Stein 
nicht  mehr  auflialten.     Schon  1838  begann 
hier  der  alte  Göttinger  Student  und  welt- 
berühmte  amerikanische   Dichter  Longfel- 
low     seine     ausgezeichneten     Vorlesimgen 
über  Goethe 's  ..Faust",  die  dazu  führten, 
dass  sie  mit  der  Zeit  auf  allen  amerikani- 
schen Universitäten  Eingang  fanden,  und 
die  gebildeten  Amerikaner  sich  nicht  nur 
im  ,, Faust"  sehr  gut  auskennen,  sondern 
sich  sogar  an  der  einschlägigen  Spezialfor- 
schung    lebhaft    betheiligen.      Ausserdem 
führte  die  intimere  Bekanntschaft  mit  der 
deutschen  Sprache  zum  Studium  der  deut- 
schen klassischen  Literatur,  die  man  jetzt 
in  Neuengland  erst  in  ihrer  Ursprache  ken- 
nen lernte.     Dieses  Studium  aber  belebte 
dann  wieder  die  grosse  schaffende  Periode 
der   amerikani^clien   Literatur,   die    durch 
die   Namen   Longfelloiv,   Margaret   Fidler 
und   die   sogen.    Transszendentalisten   ver- 
treten wird. 

„Sie  schöpften  alle,"  sagt  darüber  ein  so 
kompetenter  Beurtheiler  wie  es  Prof. 
Learned  zweifellos  ist.  „entweder  indirekt 
durch  Carlyle  oder  gleich  direkt  aus  dem 
deutschen  Quell  und  schufen  in  prosaischer 
oder  metrischer  Form  eine  wahrhaft  schöne 
amerikanische  Nationalliteratur,  wie  sie  die 
Folgezeit  nie  wneder  erreicht  hat.  Long- 
fellow  als  Vermittler  der  deutschen  Poesie 


ZWEI  JAHRHUNDERTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN.        277 


in  schöner,  reiner  poetischer  Form  behaup- 
tet noch  den  höchsten  Platz  unter  unsern 
Dichtern,  so  gerade  da,  wo  der  Amerikaner 
den  grossen  Dichter  verkennt ;  in  der  ., Gol- 
denen Legende"  erscheint  er  ein  würdiger 
Nachahmer  und  Interpret  des  Altmeisters 
Goethe.  Seine  ganze  Auffassung  der 
Christustrilogie  ist  Goethesch  und  echt 
deutsch,  obgleich  er  den  Stoff  theilweise 
dem  amerikanischen  Leben  entnahm.  Was 
wäre  Emerson  ohne  Kant,  was  wären  die 
Transszendentalen,  ]\Iargarct  Puller,  die 
anderen  Concorder  Dichter  und  die 
Schwärmer  der  Brook  Farm  ohne  diese 
deutsche  Anregung?  Es  war  kulturelle 
Geschichte,  dass  der  grosse  Philosophen- 
essayist Emerson  einen  deutschen  Schüler 
haben  sollte,  wie  Hermann  Grimm.  Von 
William  E.  Channing  bis  James  Rüssel 
Lowell  ist  der  deutsche  Einfluss  auf  unsere 
Literatur  unverkennbar,  und  imsere  gröss- 
ten  Dichter  haben  bewusst  oder  unbewusst 
unter  diesem  Einflüsse  gedichtet  und  ge- 
schrieben. Wo  eine  Rückkehr  zu  rein  eng- 
lischen Vorbildern  stattgefunden  hat,  ist 
der  ]\Iangel  an  schöpferischer  Kraft,  poeti- 
scher Tiefe  imd  kulturhistorischer  Auffas- 
sung leicht  bemerkbar.  In  dieser  Periode 
der  deutschen  Anregung  in  Neuengland 
haben  wir  die  Anfänge  amerikanischer 
Germanistik  zu  suchen,  aus  der  unsere  Ge- 
schichtsschreibung, imser  späteres  akade- 
misches Erziehimgswesen,  unsere  Gym- 
nastik, unsere  ]\Iusik,  zum  Theil  unser  For- 
sehungstrieb  auf  dem  Gebiete  der  Natur- 
wissenschaft, unsere  liberale  Tendenz  in 
Theologie  und  Religion,  besonders  die 
sogen.  ,,neue  Kritik",  unsere  Philosophie 
und  zum  grossen  Theil  unsere  schöne  Lite- 
ratur und  angehende  literarische  Kritik 
direkt  oder  indirekt  erwachsen  sind.  Von 
dieser  Zeit  an  war  Deutschland  für  den 
gebildeten  Amerikaner  ein  zweites  Athen, 
und  der  Strom  der  amerikanischen  Studen- 
ten nach  Deutschland  wuchs  von  Jahr  zu 
Jahr." 


Zu  den  Faktoren,  die  den  deutsehen  Ein- 
fluss auf  die  Gestaltung  der  amerikanischen 
Zivilisation  vergrösserten,  sollte  höch.st 
merkwürdigerweise  auch,  wenigstens  indi- 
rekt, die  französische  Julirevolution  zählen 
und  zwar  durch  folgende  eigenartige  Ver- 
kettung der  Umstände :  Das  Bürgerkönig- 
thum  entsandte  im  ]\Iai  1831  den  berühm- 
ten Gelehrten  luid  Philosophen  Viktor 
Cousin  nach  Deutschland,  um  dessen  Un- 
terrichtssystem eingehend  studieren  zu 
lassen.  Sein  zweibändiger  Bericht  erregte 
in  der  ganzen  Welt,  namentlich  in  Frank- 
reich und  England,  .so  grosses  Aufsehen, 
dass  man  zunächst  1834  eine  englische 
Ueber.setzung  davon  veranstaltete.  In  Ame- 
rika aber  fand  dieses  Londoner  Buch  eine 
so  ungewöhnlich  lebhafte  Nachfrage,  dass 
eine  New  Yorker  Firma  einen  Nachdruck 
davon  unternahm.  Dadurch  sollte  aber  die 
Cou.sin'sche  Arbeit  für  die  Gestaltung  des 
Unterrichtswesens  in  dem  sich  entwickeln- 
den Westen  der  Union  von  der  weitesttra- 
genden  Bedeutung  werden. 

Gerade  zu  dieser  Zeit  nämlich  war  die 
Staatenbildung  in  Michigan  so  weit  ge- 
diehen, dass  man  dort  an  die  Organisation 
des  öffentlichen  Schulwesens  herantreten 
konnte.  Hierfür  hatte  ein  hochbegabter 
Sonderling,  der  Richter  Woodward,  ein  bis 
auf  die  Namengebimg  originelles  System, 
nach  dem  alles  von  unten  bis  oben  organi- 
sirt  werden  sollte,  ausgetüftelt.  Leider 
konnte  zwar  sein  „Epistemii  System"  aus 
nahe  liegenden  Gründen  in  diesem  jungen 
Gemeinwesen  nicht  durchgeführt  werden, 
aber  der  Rev.  John  D.  Pierce,  dem  als 
höchsten  Schulbeamten  des  Staates  die 
Einrichtung  der  neuen  Staatsuniversität  in 
Ann  Arbor  übertragen  wurde,  betrachtete 
es  unter  der  Einwirkimg  des  Cousin 'sehen 
Berichts  als  seine  Aufgabe,  das  deutsehe 
Unterrichtswesen,  so  gut  es  ging,  dem 
amerikanischen  Wesen  anzupassen.  Die 
Studenten  .sollten  hier  als  freie  Erwachsene 
behandelt  werden,  denen  man  die  akademi- 
schen   Bildungsgelegenheiten  zum   niedrig- 


278 


ZWEI  JAHRHUNDERTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN. 


sten  ühcrhaupt  iiir.«;lielien  Entpolt  zur  Ver- 
fü<runp  stollto.  PVnior  borilto  man  sich, 
unter  dorn  Nanim  llot-hsclmlen  (High 
Sohools)  ein  System  von  Vorbereitungs- 
s<'hulen  zu  sehaflfen.  ohne  deren  Abgangs- 
zeugniss  in  der  Kegel  niemand  zur  Univer- 
sität selbst  zugelassen  werden  sollte;  man 
schuf  also  Anstalten,  die  einen  ähnlichen 
Zweck  wie  in  Deutschland  die  Gynmasien 
erfüllen  .sollten. 

Präsident  Tlennj  0.  Tappan,  der  Xach- 
folg«'r  von  Pieree,  sorgte  dafür,  dessen 
Gründung  einer  deutschen  Universität 
immer  ähnlicher  zu  gestalten.  Aus  diesem 
Grunde  schafTte  er  vor  allem  die  seltsame 
Einrichtung  ab.  die  Lehrstühle  an  die  ver- 
.sehiedenen  Religionsgemeinschaften  gleieh- 
mä.ssig  zu  vertheilen.  und  bemühte  sieh 
statt  de.s.sen,  die  tüchtigsten  Lehrkräfte  zu 
gewinnen.  So  berief  er  Andrew  D.  White 
zur  Professur  der  Geschichte  und  engli- 
schen Literatur,  den  Astronomen  Brünnoic, 
einen  der  besten  Schüler  von  Encl<e  aus 
Hcriin.  zur  Leitung  der  Sternwarte,  und 
Ilfnry  S.  Friese  zur  Professur  der  alten 
Si)ra<'hcn.  Und  seine  Nachfolger,  nament- 
lirh  Dr.  K.  0.  Haren  (1863  bis  1869)  und 
J.  li.  An(iell  (seit  1871),  traten  in  seine 
Fu.sstapfen  und  brachten  die  Institution 
dadurch  zu  ihrer  jetzigen  sehr  angesehenen 
Stellung. 

Der  leider  zu  früh  verstorbene  B.  A. 
TTinsdnlr.  der  hier  den  Lehrstuhl  für  Pä- 
dagogik innehatte,  fa.sstc  die  Bedeutimg 
seiner  Universität  für  das  amerikanische 
Unterrichtswesen  in  folgende  AVorte  zu- 
sammen :  ,,Die  L'^niversität  von  ^Michigan 
ist  zum  Vorbilde  geworden,  dem  alle  spä- 
teren, wirklich  bedeutenden  Staatsuniver- 
sitäten mehr  oder  weniger  genau  nachge- 
bildet wurden.  Man  hat  schon  früher  da- 
rauf hingewiesen,  dass  es  die  Staatsimiver- 
sitäten  waren,  die  dem  u-dtlichoi  Faktor 
zu  seinem  Einflu.ss  auf  die  höhere  Bildung 
verhalfen.  Diese  Thatsache  in  Verbindung 
mit  ihren  verhältnis.smä.ssig  reichen  Hilfs- 
quellen  hat  diesen   Institutionen  in  vielen 


westlichen    Staaten    einen    mächtigen,    wo 
nicht  nui.s.sgebenden  Eiufluss  verschafft." 

Man  kann  diese  tonangebende  Macht  der 
Universität  von  Ann  Arbor  wohl  kaum 
besser  beleuchten,  als  mit  dem  Hinweis, 
da.ss  sich  durch  sie  den  deutschen  Ideen  im 
allgemeinen  und  dem  deutschen  Unterricht 
im  besonderen  thatsächlich  der  ganze 
Westen  erschloss.  Freilich  wäre  dieses  Re- 
sultat wohl  schwerlich  zu  verzeichnen  ge- 
wesen, wenn  sich  nicht  zugleich  nach  Been- 
digung der  Revolutionswirren  und  mit  dem 
Fortschritt  der  Ozeandampf schitfahrt  zu 
einem  Massenbeförderungsmittel  die  deut- 
sche Eimcanderung  in  geradezu  riesigen 
Dimensionen  entwickelt  hätte.  Es  mögen 
in  der  Zeit,  um  die  es  sich  hier  handelt, 
gegen  drei  Millionen  Deutsche  nach  den 
Ver.  Staaten  gekommen  sein.  Das  Gros 
derselben  zog  sich  aber  gerade  nach  dem 
mittleren  "Westen,  avo  es  sich  namentlich  in 
Ohio,  Indiana,  ^Missouri,  Kentucky,  Illi- 
nois, Wisconsin,  ^Minnesota  und  Michigan 
schaarenweise  niederliess.  Da  dieses  neue 
Bevölkerungselement  i  n  der  Regel  ent- 
schlossen war,  an  seiner  ^Muttersprache 
festzuhalten,  so  entstanden  jetzt  vielfach 
deutsche  Vereins-  oder  Privat  schulen,  die 
im  Gegensatz  zu  den  bereits  erwähnten 
deutschen  Kirchenschulen  einen  rein  welt- 
liehen Charakter  trugen. 

Schon  im  Jahre  1837  war  in  Piftshurg 
eine  von  sieben  Staaten  aus  beschickte 
deutsche  Nationalkonvention  zusammenge- 
treten, die  u.  a.  beschlossen  hatte,  ein 
deutsches  Lehrerseminar  ins  Leben  zu 
rufen.  Aber  obgleich  $3000  zu  diesem 
Zwecke  zusammenkamen  und  damit  in  Phi- 
lippsburg thatsächlich  ein  solches  Institut 
eingerichtet  worden  war,  zeigte  es  sich,  dass 
die  Zeit  dafür  noch  nicht  reif  war.  Das 
Interesse  daran  erkaltete  ziemlich  schnell 
wieder,  und  das  Seminar  ging  ein.  Um  so 
günstiger  entwickelte  sich  der  deutsche  Un- 
terricht in  Ohio.  Die  „Deutsche  Emigran- 
tenschule", die  1836  in  Cincinnati  aus  Pri- 
vatmitteln begründet  worden  war,  gewann 


ZWEI  JAHRHUNDERTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN.        279 


unter  der  Leitung  von  tüchtigen,  in 
Deutschland  aasgebildeten  Lehrkräften 
eine  solche  Bedeutung,  dass  man  auch  in 
diesem  Staate  sich  entschloss,  das  deutsche 
System  des  öffentlichen  Unterrichts  nach- 
zuahmen. Professor  Calvin  0.  Stowe  wurde 
zu  dessen  näherem  Studium  nach  Europa 
entsendet  und  später  die  preussischen  Un- 
terrichtsverordnungen dem  Staatsschulge- 
setze von  Ohio  von  1839  zu  Grunde  gelegt. 
Darin  wurde  u.  a.  verordnet,  dass  in  ge- 
mischtsprachigen Bezirken  thunlichst 
deutschsprechende  Lehrer  angestellt,  in 
allen  Schulen  aber  bei  genügender  Bethei- 
ligung deutsehe  Lehrkurse  eingerichtet 
werden  sollten.  Dem  Beispiele  von  Ohio 
und  Michigan  folgten  dann  auch  baldigst 
die  Nachbarstaaten,  namentlich  Indiana, 
Wisconsin  und  Illinois,  die  seitdem  zu  einer 
so  ausserordentlichen  Blüthe  gelangten. 
Je  besser  die  Schulen  in  einem  Staate  sind, 
desto  besser  sind  dessen  Bürger  und  die 
von  diesen  geleiteten  Verwaltungen. 

Alle  diese  Fortsehritte  wurden  sehr  we- 
sentlich durch  zwei  Faktoren  beeinflusst, 
deren  Wirksamkeit  sich  um  die  Mitte  des 
vorigen  Jahrhunderts  besonders  bemerkbar 
machte :  die  wachsende  Zahl  amerikanischer 
Studenten  an  deutschen  Universität e7i  und 
die  sog.  Achtundvierziger  Einwanderung. 
Auf  erstere  werden  wir  noch  im  Schlusska- 
pitel dieser  Abhandlung  zurückkommen 
und  erwähnen  hier  nur  noch  den  späteren 
Unterrichtskommissär  der  Ver.  Staaten, 
Dr.  M.  T.  Harris,  der  als  einfacher  Lehrer 
seine  Laufbahn  begann,  um  es  dann  unter 
dem  Einfiuss  gründlicher  deutscher  wissen- 
schaftlicher Bildung  zu  einem  der  bedeu- 
tendsten Schulreformer  in  ganz  Amerika 
zu  bringen.  Er  war  es  auch,  der  in  Mis- 
souri den  deutschen  Unterricht  einführte 
Tind  in  St.  Louis  zu  einer  nicht  wieder  er- 
reichten Blüthe  brachte. 

Aber  daran  besteht  wohl  kein  Zweifel, 
dass  ohne  die  deutsche  Masseneinwande- 
rung um  die  IMitte  des  vorigen  Jahrhun- 
derts die  amerikanische  Unterrichtsreform 


sieh  niemals  in  so  wirksamer  Weise,  wie  sie 
thatsächlich  erfolgte,  hätte  verwirklichen 
können.  Namentlich  wird  man  den  Ein- 
fiuss der  ,, Achtundvierziger"  auf  die  ge- 
sammte  amerikanische  Entwicklung,  be- 
sonders aber  auf  die  Erschliessung  des  so 
unvergleichlich  blühenden,  von  über  30 
i\Iillionen  ]\Ienschen  bevölkerten  ,, mittleren 
Westens"  der  Union,  schwerlich  über- 
schätzen können.  Man  stösst  häufig  selbst 
da  auf  ihre  Spuren,  wo  man  es  am  wenig- 
sten erwartet  hatte,  und  findet  sogar  heu- 
tigen Tages  noch  manche  in  erstaunlich 
geistiger  und  körperlicher  Frische  ihres 
Berufes  waltend.  Ein  angloamerikanischer 
Beurtheiler  kleidet  seine  bewundernde  An- 
erkennung ihrer  Leistungen  in  folgende 
Sätze : 

,, Diese  Deutschen  gründeten  eine  kräf- 
tige deutsch-amerikanische  Presse  sowohl 
für  Defensiv-  wie  für  Offensivzwecke. 
Einige  von  ihnen  träumten  sogar  von  einem 
grossen  deutschen  Freistaat  in  Amerika. 
Aber  die  meisten  imter  ihnen  waren  I\Iän- 
ner  mit  kühlen  Köpfen,  die  unverwandt 
ihre  Blicke  auf  die  Zukunft  der  grossen 
Republik  richteten.  Sie  nahmen  die  Anti- 
sklavereisache  auf  und  brachten  bewun- 
dernswerthe  Opfer  für  die  Erhaltung  der 
amerikanischen  Union.  Sie  verpflanzten 
die  neuen  Turnvereine  in  dieses  Land  und 
belebten  die  Pflege  gymnastischer  Uebun- 
gen,  die  ihrerzeit  schon  Beck,  Folien  und 
Lieber  eingeführt  hatten,  von  neuem,  in- 
dem sie  den  Grundsatz  befürworteten,  der 
inzwischen  zu  einem  der  Grundprinzipien 
der  amerikanischen  Erziehimg  geworden 
ist,  dass  ^Mannhaftigkeit  das  Rückgrat  der 
Stärke  einer  Nation  bedeute.  Sie  führten 
den  Geist  und  die  wissenschaftlichen  !Me- 
thoden  ihres  Vaterlandes  ein,  wobei  viele 
selbst  wichtige  Faktoren  in  dem  amerika- 
nischen Bildungswesen  abgaben.  Sie  führ- 
ten die  deutsche  Kunst,  besonders  aber 
deutsche  ]\Iusik,  bei  uns  ein,  indem  sie  die 
Amerikaner  zu  Bewunderern  der  reichen 
Melodien  des  deutschen  Gesanges  machten 


280 


ZWKI  .FAHKIirNPERTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN. 


und  so  die  Meister  der  itidieniselien  Oper 
venlräugten.  Sie  inaugurirteii  mit  einem 
Worte  eine  neue  Acra  deutschen  Einflusses 
auf  das  amerikanische  Leben,  und  wir  sind 
als  Nation  jetzt  auf  dem  Ilöliepunkt  dieser 
grossen  deutsehen  Wiedergeburt." 

Die  dritte  Epoelie  wird  mit  der  Grün- 
dung der  Cornell-  und  der  Johns  Ilopkins- 
rniversitäten  eingeleitet.  Letztere  sieht 
gleieh  bei  ihrer  Organisation  die  Fakjiitä- 
teneintheilung  vor,  stützt  sich  bei  iiiren 
Arbeiten  auf  deutsehe  Methoden  und  ver- 
ansehaulieht  auch  sonst  die  Thatsache,  dass 
der  hohe  liildungswcrtli  der  deutschen 
Sprache  und  Literatur  jetzt  als  allgemein 
anerkannt  gelten  darf.  Nicht  nur  folgen 
die  seitdem  neubegründeten  Universitäten, 
namentlich  Chicago  und  die  Lcland  Stan- 
ford jr.-Universität  dem  hier  gegebenen 
Beispiele,  sondern  es  treten  auch  die  be- 
deutendsten älteren  Kollegien,  wie  Har- 
vard, Yalc  und  Columbia,  in  einen  Um- 
wandluugsprozess  in  derselben  Richtung 
ein.  Mau  fängt  jetzt  damit  an,  schon  bei 
der  Aufnahme  in  alle  erstkla.ssigen  Kolle- 
gien den  Nachweis  geivisser  deutscher 
Ke7intnisse  zu  verlangen  und  auch  bei  der 
Entla.ssung  von  der  Universität  keine 
höheren  akademischen  Grade  mehr  zu  ver- 
leihen, wenn  die  Kandidaten  sich  nicht 
wenigstens  so  weit  mit  der  deutschen 
Sprache  vertraut  gemacht  haben,  um  die 
deutschen  Bücher  luid  Zeitschriften,  deren 
sie  zu  ihrem  Studium  benöthigen,  in  der 
Originalsprache  zu  verstehen.  Diese 
jüngste  P^ntwicklungsperiode  i.st  aber  noch 
keineswegs  al)geschlos.sen,  vielmehr  scheint 
sie  dahin  führen  zu  wollen,  dass  man 
durchaus  deut.sche  Studien  zu  einem  obliga- 
torischen Bestandtheilc  der  akademischen 
Bildung  (College  Education)  erhebt  und 
damit  zugleich  bewirkt,  da.ss  die  Vorberei- 
tungs.schulen  ausnahm.slos  dem  nunmehr 
unentbehrlichen  deutschen  Unterrichte  bei 
ihren  Lehrplänen  die  grösste  Berücksiehti- 
ginig  zutheil  werden  lassen. 


Die  Eröft'nung  der  Corncll-Universität, 
die  am  7.  Oktober  1868  zu  Ithaca,  N.  Y., 
erfolgte,  darf  insofern  als  epochemachend 
gelten,  als  der  Gründer,  Esra  Cornell,  der 
den  Grundstock  dazu  hergab,  Prof.  Andrew 
D.  White  in  deren  Einrichtung  völlig  freie 
TTand  liess,  und  dadurch  deutsche  Studien 
und  Lehrmethoden  in  noch  nie  vorher  da- 
gewesener Weise  in  den  Vordergnmd  tra- 
ten. Der  berühmte  Gelehrte  imd  Diplo- 
mat schrieb  darüber  dem  Verfasser: 

,,Ich  möchte  bemerken,  dass  der  deutsche 
Unterricht  seit  der  Zeit,  wo  ich  auf  einer 
Hochschule,  einem  Kollegium  und  einer 
Universität  meine  Studien  absolvirte, 
grosse  Proportionen  angenommen  hat.  In 
meinen  Jünglingsjahren  hatten  selbst  die 
tonangebenden  Universitäten  in  den  Ver. 
Staaten,  wenn  überhaupt,  dann  nur  in  sehr 
bescheidenem  Umfange  Kurse  in  der  deut- 
sehen Sprache  und  Literatur  aufzuweisen. 
Was  geboten  wurde,  lag  ganz  ausserhalb 
aller  gewöhnlichen  Studienkurse  und  fand 
nur  wenig  Beachtung.  Im  Jahre  1853,  wo 
ich  an  der  Yale-Universität  graduirte, 
hatte  man  den  Studenten  überhaupt  gar 
keinen  deutschen  Unterricht  zu  bieten,  und 
doch  war  diese  Universität  die  zweitwich- 
tigste im  ganzen  Lande. 

Seit  der  Zeit  hat  aber  eine  geradezu  über- 
raschende Entwicklung  Platz  gegriffen. 
Als  ich  im  Jahre  1865  den  Organisations- 
plan der  Cornell-Universität  vorlegte,  legte 
ich  als  deren  erster  Prä,sident  besonderes 
Gewicht  auf  die  Einführung  des  Unter- 
richts in  deutscher  Sprache  und  Literatur, 
und  seit  der  Eröffnung  der  Universität  im 
Jahre  1868  hat  sie  eine  besondere  Pflege 
gefunden.  Speziell  zu  dem  Zwecke,  um  In- 
teresse an  ihr  zu  erwecken,  berief  ich  einen 
der  w^ärmsten  Vertreter  der  deutschen  Lite- 
ratur, den  verstorbenen  Baijard  Tailor,  um 
Vorlesungen  über  den  Gegenstand  zu  hal- 
ten, und  berief  eben.so  einige  ständige  Pro- 
fessoren und  Lehrer,  um  die  regelmässigen 
deutschen  Unterriehtskurse  abzuhalten.  An- 
dere grosse  In.stitute  thaten  dasselbe,  und 


ZWEI  JAHRHUNDERTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN.        281 


jetzt  ist  die  Sache  so  weit  gediehen,  dass 
ein  derartiger  Unterrieht  in  den  Lehrplä- 
nen von  so  zienüieh  allen  besseren  Lehran- 
stalten einen  sehr  wichtigen  Bestandtheil 
bildet." 

Wie  sehr  letzteres  zutrifft,   beweist  na- 
mentlich die  genau  acht  Jahre  später  er- 
folgte Gründung  der  Johns  Hopkim  Uni- 
versität in  Baltimore,  bei  der  —  natürlich 
mit  den  durch  die  besonderen  amerikani- 
schen    Verhältnisse     gebotenen     Verände- 
rungen —  das  deutsche  ^Muster  bewusst  als 
Vorbild  gegolten  hat.     Sie  ist  mit  einem 
„College"     verbunden,     dessen     Lehrkurs 
etwa  den  drei  Oberklassen  eines  deutschen 
Gymnasiums   entspricht.      Das    Reifezeug- 
niss  dieses  Kollegiums  berechtigt  ohne  wei- 
teres   zur    Aufnahme    in    die    Universität. 
Beim  Studiensystem  der  letzteren  wurden 
von  vornherein  Privatissima-  und  Seminar- 
kurse vorgesehen,  wie  sie  in  Deutschland 
üblich  sind.     Der  Lehrkörper  wurde  vom 
Präsidenten     Gilman     ausschliesslich     aus 
Lehrern  zusammengesetzt,  die  in  Deutsch- 
land studiert  und  dort  auch  ihr  Doktor- 
examen gemacht  hatten,  zum  Theil  auch  in 
Deutschland  das  Licht   der  Welt  erblickt 
hatten,   wie   der   Assyriologe   Paul   Haupt 
und    der    Philologe    Julius    Gühel.      Die 
Gründimg  der  Johns  Hopkins  wurde  auch 
in  deutschen  L^niversitätskreisen  sehr  bald 
als  ein  bedeutendes  wissenschaftliches  Er- 
eigniss   anerkannt.      So   schrieb    im   Jahre 
1887  der  Rektor  der  Heidelberger  Univer- 
sität, Professor  Kühne,  einen  Brief  an  Prä- 
sident   Gilman,     in    dem    sich    folgender 
Passus  findet: 

,, Johns  Hopkins-LTniversität  haben  wir 
schon  bei  ihrem  Eintritt  und  als  wir 
Kenntniss  erhielten  von  ihrer  vortrefflichen 
Organisation,  als  eine  wissenschaftliche 
Schwester  der  Neuen  Welt  mit  besonderer 
Freude  begrüsst,  vollends  nachdem  sich  die 
neue  Anstalt  durch  ihre  ausgezeichneten 
Leistungen  überall  die  grösste  Anerken- 
nung erworben  hat.  Unser  altes  Heidel- 
berg hat  damit  beim  Antritt  seines  sechsten 


Jahrhunderts  einen  neuen  und  jungen 
Freund  erworben  imd  wer  weiss,  ob  es  nicht 
dereinst  von  dem  jugendkräftigen  Genos- 
sen übertiügelt  wird.  Wie  es  aber  auch 
kommen  mag:  lernen  kann  man  immer  ge- 
genseitig, und  ich  kann  den  Wunsch  nicht 
unterdrücken,  da.ss  die  Zöglinge  unserer 
Universitäten  öfters  Gelegenheit  finden, 
sich  bei  Ihnen  umzusehen,  wie  es  Ihre 
Landsleute  bei  uns  thun." 

Dieser  Brief  ist  ein  schönes  Zeugniss  da- 
für,  dass  die  deutschen   Akademiker  ihre 
amerikanischen  Kollegen   als  einen  durch- 
aus gleichberechtigten  ^litbewerber  in  der 
grossen   internationalen    Gelehrtenrepublik 
ansehen  wollen,  obgleich  die  letzteren  erst 
seit  verhältnissmässig  kurzer  Zeit  um  die 
Palme    zu    ringen    begonnen    haben.      Die 
Amerikaner    haben    offenbar    den    grossen 
Vortheil,  ohne  von  irgendwelchen  Ueberlie- 
ferungen   zurückgehalten   zu   werden,   von 
den  Errungenschaften  aller  älteren  Kultur- 
völker zu  ihrer   eigenen   Förderung   einen 
ganz  beliebigen  Gebrauch  machen  zu  kön- 
nen, und  sie  haben  diese  Gelegenheit  treff- 
lich ausgenutzt.  Einstweilen  wissen  aber  ge- 
rade die  tüchtigsten  Lehrer  und  Leiter  der 
amerikanischen    Hochschulen    am    besten, 
dass  sie  noch  sehr  viel  von  Deutschland  zu 
empfangen  haben  und  gerade  die  deutsche 
Sprache  eins  der  wichtigsten  Medien  bildet, 
um   die   Geistesschätze   zu  heben,   die   hier 
verwerthet  werden  sollen.     Das  belegt  fol- 
gende   bemerkenswerthe     Stelle     in    einer 
Rede  des  Präsidenten  Gilman  an  seine  Stu- 
denten : 

„Wie  im  Mittelalter  das  Lateinische,  so 
ist  heute  dm  Deutsche  die  Sprache  der  Ge- 
lehrsamkeit und  Bildung,  und  kein  Student 
kann  auf  diese  Anspruch  machen,  wenn  er 
das  Deutsche  nicht  vollkommen  be- 
herrscht." 

Gilman  sagte  damit  keineswegs  etwas, 
was  vom  Standpunkt  der  übrigen  Universi- 
tätsleiter unserer  Landes  wesentlich  ab- 
wich. Im  Gegentheil  betonte  Charles  M. 
Eliot,  der  Präsident  der  Harvard,  in  einer 


282        ZWEI  .lAIlKHUNDERTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN. 


Aufsehen  orn'frondon  Rede  über  die  Aufgra- 
ben der  modernen  Bildung;,  dass  Franzö- 
sieh  und  Deutsch  el)onso  luierlässliehe  Stu- 
dienobjekte für  den  ainerikanisehen  Stu- 
denten abj;eben  niüssten.  wie  seine  Landes- 
spraehe.  und  erfoljrte  im  gleichen  Sinne 
Ende  Dezember  ISS;?  die  Gründun jr  des 
modernen  Philoloycn  Verbandes  („^lodern 
Languatre  Association  of  America").  Diese 
vt'rlan«rtc  in  ihren  prundlegrenden  Satzun- 
gen ausdrücklich,  dass  alle  Studenten,  be- 
vor sie  selbst  nur  in  ein  Kollegium  Auf- 
nahme gefunden,  schon  die  Pvlcmente  des 
Französischen  uiul  Deutschen  bewältigt 
haben  müsstcn. 

Man  hätte  in  amerikanischen  Universi- 
tätskrei.sen  schwerlich  daran  denken  kön- 
nen, .schon  an  die  Vorbereitungsschulen  zu 
den  hölieren  Lehranstalten  derartige  An- 
forderungen zu  .stellen,  wenn  sich  nicht  die 
deutschen  Lehrer  im  ganzen  Lande  seit 
Langem  bemüht  gehabt  hätten,  in  deren 
Lehrpläne  deutsche  ^lethoden  und  vor 
allem  auch  deutschen  Sprachunterricht  ein- 
zuführen. Diesen  wichtigen  Zwecken  diente 
der  seit  dem  Jahre  1870  bestehende  „Natio- 
nale deutsch-amerikanische  Lehrerhund". 
Uel)er  die  Ziele  imd  die  bisherigen  Erfolge 
der  Bundesthätigkeit  ging  dem  Verfa.sser 
von  einem  der  namhaftesten  Bundesmit- 
glieder folgende  gedrängte  Uebersicht  zu. 
Danach  erstrebte  der  Bund 

1.  Die  Einführung  von  Kindcrrjnrten 
nach  den  Prinzipien  von  Pestalozzi  und 
Fnibel.  wie  sie  seit  1870  auch  bei  den 
anglo-amerikanischen  Pädagogen  immer 
mehr  Anerkenniuig  gefunden.  In  Detroit 
wurde  z.  B.  einer  der  ersten  Kindergärten 
durch  den  Bund  etablirt ;  in  ^Nlilwaukee  ist 
mit  dem  Seminar  sowohl  ein  Kindergarten 
wie  eine  Kindergärtnerinnenschule  ver- 
bunden. 

2.  Die  Einführung  des  Turnunter- 
richts in  den  Lrhrplnn  der  öffentlichen 
Schulen.  In  denjenigen  Städten,  wo  dieser 
besteht,  ist  seine  Einrichtung  auf  Betreiben 
des  Bundes  erfolgt,  der  hierin  namentlich 


auch  von  den  deutschen  Turnvereinen 
wärmstens  unterstützt  wurde. 

3.  Die  Einfülirung  des  Ilandfertigkeits- 
unterrlchts  in  den  Volksschuloi.  Es  ist 
hinlänglich  bekannt,  dass  der  Turn-  wie  der 
Ilandfertigkeitsunterricht  in  den  Schulen 
von  Deutschland  längst  eingeführt  sind. 
Alle  fortgeschrittenen  Pädagogen  sind  aber 
darüber  einig,  auch  für  Amerika  diese  Re- 
form zu  verallgemeinern,  deren  günstige 
"Wirkungen  ja  auch  in  diesem  Lande  hin- 
länglich erprobt  sind. 

•4.  Der  Bund  hat  stets  mit  grösstem 
Nachdrucke  dahin  gewirkt,  die  früher  in 
Amerika,  namentlich  in  den  Distriktschu- 
len herrschende  Methode  des  mechanischen 
Auswendiglernens  durch  die  deutsche  zu 
ersetzen,  die  dahin  zielt,  das  Verständniss 
für  den  Unterriehtsgegenstand  planmässig 
zu  erschliessen  und  das  Denkvermögen  der 
Schüler  zu  entwickeln. 

5.  Der  Bund  hat  sieh  stets  bemüht,  das 
rcheru'uchern  der  iveihlichen  Lehrkräfte, 
die  Uelerfüllung  der  Lehrklassen  und  die 
Beschränkung  des  Unterrichts  auf  die  be- 
rühmten drei  R's  (Lesen,  Schreiben  und 
Rechnen  von  ,,read",  ,,write"  und  „arith- 
metic")    abzusehaifen. 

6.  Der  Bimd  hat  endlieh  die  Noth wen- 
digkeit einer  seminaristischen  Ausbildung 
der  Lehrkräfte,  der  Beaufsichtigung  der 
Schiden  durch  kompetente  Fachleute, 
sowie  den  Xutzcn  eines  mehrsprachigen 
Unterrichts,  besonders  im  Englischen  imd 
Deutschen,  stets  betont  und  das  Publikum 
darüber  aufzuklären  gesucht. 

Behufs  Ausführung  dieses  Programms 
hatte  der  Lehrerbund  seine  ganze  That- 
kraft  daran  gesetzt,  das  so  lange  geplante 
Deutsche  Lehrerseminar  endlieh  zu  ver- 
wirklichen. Seine  Eröffnung  erfolgte  1878 
in  Milwaukee,  wo  es  mit  einer  Vereins- 
sehule,  einer  deutsch-englischen  Akademie 
und  einer  Tumlehrerbildungsanstalt  ver- 
bunden wurde.  Letztere  ist  neuerdings 
vom  Seminar  wieder  abgetrennt  und  nach 
Indianapolis  verlegt  worden.     Das  Lehrer- 


ZWEI  JAHRHUNDERTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN.        283 


Seminar  selbst  hat  sieh  aber  fast  seit  31 
Jahren  durch  alle  Sehwieriujkeiten  durch- 
zuwinden gewusst,  obgleich  es  an  chroni- 
scher (bisher  leider  noch  immer  nicht  ge- 
hobener!) Finanznoth  zu  leiden  hatte.  Hier 
wci'den  jahraus  jahrein  nach  deutschem 
System  Lehrer  für  die  Volks-  und  Sekun- 
därschulen   ausgebildet,    und    es    seh  webt 


gen  zu  einer  dauernden  Einrichtung  er- 
hoben wurden,  so  ist  sie  auch  in  der  Bezie- 
liuiig  vorbildlich  geworden,  dass  sie  die 
grösste  und  leistungsfähigste  deutsche  Fa- 
kultät in  dem  ßewusstsein  unternahm,  da- 
durch „zur  Pflege  deutscher  Ideale  in  Ame- 
rika beizutragen."  Es  ist  darüber  in  einer 
für  die  Weltaus-stellung  in  Chicago  verfass- 


DAS    DEUTSCHE    LEHRER-SEMINAR    IN    MILWAUKEE. 


seinen  Leitern  als  Ziel  vor,  aus  dem  jetzigen 
Institute  noch  einmal  eine  deutsch-ameri- 
kanische Normalschule  im  höchsten  Sinne 
dieses  Wortes  zu  entwickeln.  Möge  sich 
dieser  herrliche  Gedanke  auch  verwirk- 
lichen ! 

Wie  die  „Harvard"  die  erste  Tniversität 
war,  an  der  überhaupt  deutsche  Vorlesun- 


ten  kleinen  Denkschrift  folgendes  zu  lesen: 
„Während  der  ganzen  Zeit  von  Follens 
Rücktritt  (1835)  bis  zu  der  Berufung  des 
Prof.  Hedge  (1872)  befand  sich  die  Ab- 
theilung in  stagnirendem  Zustande,  und 
selbst  unter  des  letzteren  Amtsführung 
litt  sie  an  unzulänglichen  Lehrkräften  imd 
beschränkten  Zielen.     Allmählich  aber  ist 


284        ZWKI  JAIlKIirNDKKTE  DEUTSCHEN   UNTERRICHTS  TN  DEN  VER.  STAATEN. 


«•in  riiiscli  willig'  (liidiinli  lu'rlu'igefühi't 
wui-iUmi.  (lass  tiiif  An/Jihl  L«'lin'r  an  die 
l'nivtM-sität  iH'nitV'ii  \\t)r(lt'ii  sind,  die  ob- 
\V(thl  sir  i'int'  tr>*«>s.st'  MaiiiiifrfaltiirUfit  von 
Interfs.s('ii  auf  dein  Gebit'te  der  Literat ur- 
^e.schichte  \irid  IMiilolttjiie  vertreten,  sich 
di'im<»<-li  in  dem  einen  lie.streben  verbunden 
fübb'U.  /u  der  Pflefre  der  deutsehen  Ideale 
in  Amerika  beizutratren.  Dadun-li  hat  die 
deut.sehe  Abtheilunf;  der  Harvard  Tniver- 
sität  einen  Grad  von  faeluuä.ssiger  Ausbil- 
dung' und  Tüehtifikeit  erreicht,  welcher  ihr 
tlas  Hecht  fjibt.  besondirc  Heachtung  von 
selten  d»'r  deut.sch-anierikanischen  Bevölke- 
rung und  aller  derer,  denen  die  P^ördermig 
deut.scher  Studien  am  Herzen  liegt,  zu  er- 
warten." 

Die  Küekwirkung  des  Entstehens  derar- 
tiger deutsclit'r  Sf udienabtbeilungen  zeigte 
sieb  alsbald  in  der  starken  Zunahme  des 
deutschen  Studiums  au  den  Sekundärschu- 
len. Es  beschäftigten  sich  beispielsweise 
in  Massachusetts  mit  dem  Deutschen  im 
Studienjahre 

IHHJ)— i)0:  34,208  =  11.48  Prozent  der 
Oesanuntzahl, 

1S!I7— 98:  78.01)4  =  14.25  Prozent. 

IJjOO— Ol  :  1  ()(>.( »(!(»=  20  Prozent  (ge- 
schätzt. 

Aebniicb  düi-ftc  sich  der  Fortschritt 
auch  anilcrwärts  gestaltet  haben,  und  es 
kann  als  feststehend  gelten,  dass  die  deut- 
schen Studien  an  den  höheren  Lehranstal- 
ten seit  tler  .Jahrhundertwende  nicht  ab-, 
sondern  vielmehr  stark  zugenonnnen  haben. 
Einen  umfänglichen  Beweis  dafür  anzu- 
treten, würde  hier  natürlich  viel  zu  weit 
führen.  Nur  auf  die  p]ntwicklung  in  Kali- 
fornicn  soll  hier  noch  kurz  Bezug  genom- 
men werden,  zinnal  sie  in  gewisser  Bezie- 
hung für  die  Vorgänge  im  ganzen  Westen 
typisch  ist. 

..Die  deutsche  Lehrervereinigung  von 
Kalifornien"  (heisst  es  in  einem  interes- 
.santen  Hundschreiben  dieser  Gesellschaft 
von  1897).  ,,die  sich  aus  den  Professoren 
des  Deutschen  an  beiden  Universitäten  und 


den  Lehrern  an  den  verschieden.sten  höhe- 
ren Lehranstalten  dieses  Staates  zusanunen- 
setzt.  untersuchte  kürzlich  die  Verhältnisse 
des  deutsclicii  Tuterrichts  an  unseren  Se- 
kundärschulen mit  dem  Ergebnisse,  dass 
gegenwärtig  nur  an  35  von  den  bestehenden 
SO  Hochschulen  deutscher  Unterricht  er- 
theiit  wii-(l.  Es  wurde  ferner  festgestellt, 
dass  von  den  7163  St-hülern.  die  an  den  35 
Iloch.schulen  mit  deutschem  Unterricht 
vorhanden  sind,  nur  918  oder  weniger  als 
12  Prozent  im  Deutschen  thatsächlich  un- 
terrichtet werden,  während  alle  7163  Schü- 
ler lateinischen  Unterricht  geniessen,  ob- 
gleich wahrscheinlich  nicht  mehr  als  ein 
Drittel  von  ihnen  später  eine  Universität 
beziehen  dürfte. 

..Angesichts  dieser  Thatsachen  bittet  Sie 
die  Lehrervereinigung,  die  von  dem  grossen 
erzieherischen  Nutzen  deutscher  Studien 
durchdrungen  ist.  Ihre  Aufmerksamkeit 
auf  folgende  Punkte  zu  lenken : 

„Vor  allem  sind  es  zahlreiche  praktische 
Gründe,  die  für  die  schleunige  Einführung 
des  Deutscheu  in  den  Lehrplan  der  Hoch- 
schulen sprechen.  Angesichts  des  grossen 
I Prozentsatzes  von  Deutschen  in  der  Bevöl- 
kerung dieses  Landes  und  angesichts  der 
ständig  zunehmenden  Handelsbeziehungen 
zwischen  Amerika  und  Deutschland  hat  die 
Kcnntniss  der  deutschen  Sprache  für  Ge- 
schäftszwecke einen  unschätzbaren  Werth. 
In  allen  grossen  Geschäftshäusern  unseres 
Landes  werden  junge  Leute,  welche  die 
deutsche  Sprache  beherrschen,  bei  der  Stel- 
lenvergebung solchen  vorgezogen,  die  kein 
Deutsch  verstehen. 

„Ferner  ist  es  eine  wohlbekannte  That- 
sache.  dass  auch  ]\Iänner.  die  in  solchen  Be- 
rufen, wie  z.  B.  als  Anwälte  oder  Aerzte 
thätig  sind,  gerade  so  gut  von  einer  prakti- 
schen Kenntniss  des  Deutschen  Nutzen 
ziehen.  Und  es  ist  kein  Grund  ersichtlich, 
weshalb  unsere  Hochschulabiturienten, 
nachdem  sie  von  einem  tüchtigen  Lehrer 
drei  Jahre  unterrichtet  wurden,  nicht  ge- 
nügende Kenntniss  im  Sprechen  erlangen 


ZWEI  JAHRHUNDERTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN. 


285 


sollten,  um  sich  dadurch  die  grossen  prak- 
tischen Vortheile  dieser  Kenntniss  zu 
sichern. 

„Aber  auch  der  rein  erzieherische  Werth 
des  deutschen  Studiums  muss  als  gleich 
gross  betrachtet  werden,  besonders  für  die- 
jenigen Ilochschulabiturienten,  welche  die 
Univei-sität  beziclien.  Es  gibt  gegenwärtig 
keinen  Zweig  der  Wissenschaft,  worin  nicht 
Deutschland  unstreitig  vor  allen  übrigen 
europäischen  Nationen  den  Vorrang  bean- 
spruchen dürfte,  und  deshalb  ist  es  für  die 
Studenten  in  jedem  Zweige  des  Universi- 
tätsstudiums imerlä-sslich.  dass  sie  wenig- 
stens Deutsch  zu  lesen  verstehen.  Als  Kon- 
sequenz hiervon  ist  es  bei  allen  tonange- 
benden Universitäten  dieses  Landes  gestat- 
tet, Deutsch  an  Stelle  einer  der  alten  Spra- 
chen beim  Eintrittsexamen  zu  setzen." 

Das  Rimdschreiben  schloss  mit  dem  Hin- 
weise, dass  es  nur  eine  Frage  der  Zeit  sei, 
dass  jede  Universität  die  Kenntniss  des 
Deutschen  offizieU  für  die  Aufnahmeprü- 
fung vorschreiben  werde,  und  hatte  dann 
auch  den  Erfolg,  dass  seitdem  der  von  der 
Vereinigung  vorgeschlagene  dreijährige 
deutsche  Lehrkurs  für  den  Vorbereitungs- 
unterricht angenommen  mid  die  Zahl  der 
Sekundärschulen,  die  deutschen  Unterricht 
ertheilen,  sich  stark  vermehrte.  Gleichzei- 
tig machten  sieh  im  ganzen  Lande  die  Wir- 
kungen der  „Deutschen  Konferenz''  gel- 
tend, die  1896  in  New  York  zusammenge- 
treten war.  Dieses  Vorgehen  bezweckte, 
für  alle  Universitäten  einheitliche  Grund- 
lagen Zinn  Studium  des  Deutschen  zu 
schaffen,  und  man  erreichte  es  schon  1898, 
dass  sich  zunächst  22  höhere  Lehranstalten 
zusammenthaten,  um  einen  einheitlichen 
Aussehuss  für  die  Aufnahmeprüfungen 
einzuführen.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass 
wir  dadurch  dem  grossen  Ziele,  das  Deut- 
sche zu  einem  obligatorischen  Be.standtheil 
unserer  akademischen  Bildung  zu  machen, 
wiederum  ein  grosses  Stück  näher  gerückt 
sind! 


Ganz  besonders  mögen  aber  auch  dafür 
noch  zwei  Faktoren  in  die  Wagschale  fal- 
len, von  denen  der  eine  schon  seit  etwa 
einem  Jahrhundert  wirkt,  der  andere  aber 
ganz  neueren  Datums  ist:  der  immer  noch 
.so  zahlreiche  Besuch  höherer  deutscher 
Lehranstalten  durch  amerikanische  Studen- 
t(n  auf  der  einen,  der  gegemeitige  Profes- 
soren- und  Lehreraustausch  auf  der  ande- 
ren Seite.  Auf  letzteren  glaube  ich  hier 
nicht  weiter  eingehen  zu  sollen,  da  seine 
Bedeutung  wohl  schon  jedem  Leser  dieses 
Artikels  bekannt  sein  dürfte.  Dagegen 
mag  es  nicht  überflüssig  sein,  über  die 
ausserordentliche  Einwirkung,  die  von  den 
ehemaligen  deutschen  Studenten  unter  den 
Amerikanern  auf  die  Denkweise  des  ganzen 
Landes  ausgeübt  wird,  noch  zum  SchliLss 
eine  Bemerkung  anzufügen.  Am  12.  No- 
vember 1898  fand  auf  Anregung  des  welt- 
bekannten grossen  Finanzgenies  James 
Pierpont  Morgan  im  ]\Ietropolitan  Club  zu 
New  York  ein  Bankett  statt,  bei  dem  sich 
zwischen  30  und  40  ehemalige  Göttinger 
Studenten  zusammenfanden.  ]Man  hatte 
bei  den  Einladimgen  festgestellt,  dass  da- 
mals nicht  weniger  als  225  alte  Göttinger 
noch  lebten,  von  denen  die  grosse  ]\Iehrzahl, 
nämlich  137,  dermalen  an  amerikanischen 
Universitäten,  eine  Lehrthätigkeit  ausüb- 
ten, also  ganz  unmittelbar  den  akademi- 
schen NachAvuchs  beeinflussten. 

Es  dürfte  ganz  unmöglich  sein,  die  Fülle 
gei.stiger  Beziehimgen  zwischen  Deutsch- 
land und  Amerika  zu  erschöpfen,  die  allein 
diese  ..Göttinger"  rep rasen tiren.  Nun  ist 
aber  Göttingen  nur  eine  unter  einem  paar 
Dutzend  deutscher  Hochschulen !  Vor 
1850  fanden  da  neben  Göttingen  besonders 
Berlin  und  Ilalle  Berücksichtigung,  später 
kamen  dann  noch  Leipzig,  München,  Hei- 
delberg, Freiburg,  Würzburg  und  andere 
in  Aufnahme.  Präsident  Thwing  von  der 
Western  Reserve-Univei*sität  schätzte  schon 
vor  mehreren  Jahren  die  Gesammtzahl 
derer,  die  drüben  studierten,  auf  etwa  700 
im  Semester.     Die  genaue  Ziffer  mag  sieh 


2«ö 


ZWEI  JAllHUrXDERTE  DEUTSCHEN  UNTERRICHTS  IN  DEN  VER.  STAATEN. 


schwer  feststcllfii  lassen,  insolrni  aiu'h 
viele  teohni.si-lu'  IhK-hscIuilt'ii.  Kunstakade- 
inien  und  jihiilicho  höhere  I3ildun«rsanstal- 
t«'ii  in  Deiitsehland.  Oesterreieli  und  der 
Schweiz  üher  ein«'  ainerikanisehe  Student- 
schaft  verführen.  Für  die  liedeutiui^'  des 
akadenii.sehen  Hleinents  aus  Amerika 
spricht  al)er  auch  der  rinstand.  dass  be- 
reits mehrfach  hochmoderne  ..Landsmann- 
schaften" sicli  zusanuneufrcfunden  haben. 
anin-ikanisvliv  Stuth  lüini'crciuc  an  deut- 
schen IlochschuU'n.  die  es  sich  zur  zeitge- 
niä.s.scn    Aufgabe   steHcn.    die   zu    Studien- 


zweckeu  aus  der  Neuen  Welt  Eingetroffe- 
nen in  ihre  neue  Umgebung  einzuführen 
Ganz  bestimmt  kann  man  aber  in  den  Ver. 
Staaten  selber  viele  Tausende  von  Vollblut- 
amerikanern lebend  antreffen,  die  sich  ge- 
rade so  gut  und  so  gern  an  die  schönen 
Zeiten  an  ihrer  deutschen  ,.alma  mater" 
erinnern,  w^ie  die  speziell  erwähnten  ..alten 
Herren"  im  ..Metropolitan  Club",  und  in 
der  Regel  auch  darauf  bedacht  bleiben,  die 
kulturellen  Beziehungen  zwischen  den  bei- 
den ihnen  wichtigsten  Nationen  zu  fördern. 


Deutsche  Lehrer  und  Universitaets-Professoren. 


Wie  in  der  interessanten  Abhandlung 
Herrn  L.  Viereck 's  hervorgehoben,  hat  der 
Deutsehe  im  Unterrichtswesen  der  Verei- 
nigten Staaten  eine  grosse  Rolle  gespielt 
und  sich  nicht  allein  als  Lehrer  sowie  als 
Reformator  des  Schulwesens  ausgezeichnet, 
sondern  auch  als  Universitäts-Lehrer  und 
Mann  der  "Wissenschaft  Grosses  geleistet. 

Unvergesslich  bleiben  wird  in  der  Ge- 
schichte des  amerikanischen  Unterrichtswe- 
sens Karl  Folien,  der  die  ersten  deutschen 
Vorträge  an  der  Harvard-Universität  hielt 
und  deutsches  Turnen  in  der  Neuen  Welt 
einführte.  Geboren  am  4.  September  1796 
in  Romrod  bei  Giessen,  wo  sein  Vater  Land- 
richter und  Hofrath  war.  hatte  Folien  als 
Student  am  Kriege  gegen  Napoleon,  1813, 
theilgenommen,  dann  nach  beendeten  Stu- 
dium sich  in  Jena  als  Privat-Dozent  der 
Jurisprudenz  niedergelassen.  Das  Attentat 
Karl  Sand 's,  der  am  23.  März  1819  in 
Mannheim  den  russischen  Polizei-Spion  luid 
Bühnendichter,  Geheimrath  A.  von  Kotze- 
bue,  erdolcht  hatte,  kompromittirte  auch 
Folien,  der  ebenso  wie  der  am  20.  Mai  1820 
hingerichtete  Attentäter  ein  eifriges  ]\Iit- 
glied  der  Burschenschaft  war.  Folien  tloh 
nach  der  Schweiz,  erhielt  in  Basel  eine  Pro- 
fessur, musste  aber  1824  mit  seinem 
Freunde  Dr.  Karl  Beck  nach  Amerika  aus- 
wandern, als  die  preussische  Regierung 
seine  Auslieferung  verlangte.  Er  wurde 
Lehrer  der  deutschen  Sprache  an  der  Har- 
vard -  Universität,  gab  Privat  -  Vorlesun- 
gen über  römisches  Recht,  verfasste  eine 
deutsch-englische  Grammatik,  die  jahrelang 
für  die  beste  galt,  errichtete  1826  die  erste 
Turnschule  in  den  Vereinigten  Staaten, 
wurde  dann  erster  Professor  für  deutsche 
Sprache  und  Literatur  an  der  Harvard-Uni- 
versität im  Jahre  1830,  büsste  drei  Jahre 
später  dieselbe  seiner  lebhaften  Agitation 


im  Interesse  der  Anti-Sklaverei-Gesellschaft 
wegen  ein,  wurde  Unitarier-Prediger  und 
kam  auf  der  Rückreise  von  New  York  nach 
Boston  beim  Brande  des  Dampfers  „Lex- 
ington"  am  13.  Februar  1840  um 's  Leben. 

Die  nachstehenden  Biographien  von 
deutschen  ]\Iännern,  die  um  das  Unter- 
richtswesen  unserer  neuen  Heimath,  sowie 
das  wissenschaftliche  Leben  derselben  sich 
verdient  gemacht  haben  oder  zur  Zeit  darin 
sich  bethätigen,  bilden  ein  Ruhmesblatt  in 
der  Geschichte  Deutsch- Amerikas  und  sind 
eines  ihrer  stolzesten  Kapitel.  Hinzuge- 
fügt wurden  biographische  Notizen  über 
einige  der  amerikanischen  Austausch-Pro- 
fessoren. Beginnen  wir  mit  Karl  Folh-n's 
Freunde : 

Der  am  19.  August  1798  zu  Heidelberg 
geborene  Karl  Beck  kam  durch  seinen  Stief- 
vater, den  Theologieprofessor  de  Wette, 
1810  nach  Berlin,  wo  er  seine  Studien  ab- 
solvirte.  Da  sein  Stiefvater  der  Begünsti- 
gung staatsgefährlicher  Umtriebe,  wie  man 
sie  in  der  Burschenschaftsbewegung  er- 
blickte, verdächtig  schien,  wurde  er  seines 
Amtes  entsetzt  und  musste  nach  der 
Schweiz  auswandern.  Hier  kam  Beck  mit 
Folien  in  nächste  Berührung  und  schloss 
sich  dem  Freunde  an,  als  dieser  nach  Ame- 
rika flüchtete.  Gleich  nach  seiner  Ankunft 
in  New  York  gab  er  die  Erklärung  ab,  ame- 
rikanischer Bürger  zu  werden,  und  die  Re- 
publik hat  jedenfalls  keinen  treueren  Bür- 
ger wie  ihn  besessen.  1830  hatte  er  vorüber- 
gehend eine  eigene  Lehranstalt  zu  Philipp- 
town  am  Hudson  geleitet,  sonst  aber  seine 
Lehrthätigkeit  bis  zu  eintretender  Invali- 
dität als  Professor  der  lateinischen  Sprache 
an  der  Harvard  ausgeübt.  Nachdem  er  der 
Universität  Lebewohl  gesagt  hatte,  widmete 
er  sich  mit  unermüdlichem  Eifer  .seinen 
Pflichten  als  Staatsbürger  und  seinen  Pri- 


28S 


DKl-TSrilK   LKHRKK    IND   UNI  VERSITA  ETSPROFESSOREN. 


vatstud'u'ii.  Zweimal  wiinl»'  «r  /.um  Mit- 
glifiU'  «Irr  Staatslf^rislatiir  iTwiihlt.  zut?loich 
war  er  Mitirliiil  Vfi-schit'doiirr  frclt-lirtcr  Ge- 
srllsrhaftj-n  uiid  tinan/irlh'r  rütt'riu'linmn- 
gcn.  Ih'utsi'hlaiul  Itcsmlit«'  er  dreimal, 
theils  zur  Krlioluu^'.  thcils  literarischer 
Zwecke  wc^jcu.  Heim  Aushriich  des  Hür- 
gerkricires  konnte  den  melir  nis  <)()jährif;en 
Greis  nichts  ahhalfen.  in  ein«'  Kompa^Miie 
von  Camliriil^'c  als  (Jemeiner  einzutreten, 
und  willig;  unterzog  er  sich  den  schweren 
Ptlichten  eines  Soldaten.  Seines  hohen 
Alters  w»"pen  wunh*  ihm  jedoch  bei  der 
Einmustcrunfr  der  Eintritt  in  die  Armee 
von  den  Behörden  vcrwci»rert.  Er  ent.schä- 
digte  sich  dafür,  da.ss  er  Hunderte,  völlig 
nnsperüstet.  in  das  Feld  sandte.  Seine 
Wohlthätijjkeit  kannte  überhaupt  keine 
Grenzen. 

Am  1!).  März  1866  raffte  ihn  ein  Schlag- 
anfall plötzlich  aus  dem  Leben,  als  er  mit 
seiner  Tochter  einen  Spazierritt  unternahm. 
Die  ihm  gewidmeten  Nachrufe  bewiesen. 
welche  Ehre  er  dem  deutschen  Namen  in 
Amerika  gemacht  liatte. 

Der  erste  wirkliche  Profes.sor  des  Deut- 
schen an  einer  amerikanischen  Universität, 
Gtnrf/  lilätlt  rniaini.  darf  gewiss  an  dieser 
Stelle  nicht  übergangen  werden.  Von  Ilaus 
aus  Jurist  —  er  promovirte  als  Dr.  juris 
utriusque  in  Göttingen  —  wfmdte  er  sich 
später  der  Philologie  zu  und  zwai-  mit.  sol- 
chem Erfolge.  <lass  er  einen  Kuf  als  Pro- 
fes.sor  nach  Oxford  erhielt.  Von  dort  kam 
er  182.')  an  die  Staats-! 'niversität  von  Vir- 
gin icn.  Hier  beschäftigte  er  sich  neben 
seiner  Lehrthätigkeit  besonders  mit  der 
deutschen  ujid  angelsächsischer.  Sprachver- 
gleichung. Wie  oben  envähnt.  verliess  er 
im  Jahre  1840  sein  Amt.  Seine  Amts- 
nachfolger waren  der  frühere  Arzt  Dr.  med. 
Karl  Kreutzer  und  Dr.  phÜ.  Maximilian 
Schrie  de  Vere.  Geboivn  in  Schweden  von 
einer  aus  Pommern  stammenden  Familie 
im  Jahre  18*J0.  studirte  Schele  in  Honn  luid 
Berlin,  wurde  preu.ssischer  Regierungs-Re- 
ferendar in  Minden,  wanderte  1842  aus. 
redigirte    in    Philadelphia    die   ..Alte   imd 


Neue  Welt",  wurde  Prut'e.s.sor  der  moder- 
nen Sprachen  an  der  Virginia  Universität, 
wai-  diplomatischer  Agent  der  Konfödera- 
tion in  Deutsehland  während  des  Bürger- 
krieges, nahm  dann  .seine  Proitssur  wieder 
auf.  Aus  .seiner  vielseitigen  literarischen 
Thätigkeit  sind  vortreffliche  Ueitcrsetzungen 
Spiclhagen  "scher  Roni.nie  zu  nennen. 

Der  zu  den  bedeutendsten  Männern  unter 
alh'n  Deutsch-Amerikanern  zählende  Jo- 
Jiaini  Bernhard  Stalio, der  am  16  März  1823 
im  Oldenburgischen  als  der  Sohn  eines 
friesi.schen  Schul lehrers  geboren  worden 
war,  wirkte  in  Amerika  ein  Jahrzehnt 
(18.'W — 49)  als  Lehrer,  verfasste  ein  deut- 
sches „A  B  ('-  Buchstabir-  und  Lesebuch" 
und  war  17  Jahre  lang  Examinator  der 
Lehramts-Kandidaten  für  die  ötfentlichen 
Schulen  Cincinnati's,  wo  er  sich  1839  nie- 
dergelas.sen  hatte.  Nach  einer  mehrjährigen 
Thätigkeit  am  St.  Johns  College  in  New 
Vork  und  Arbeiten  philo.sophi.se hen  Inhalts 
kehrte  er  nach  Cincinnati  zurück,  studirte 
die  Rechte,  wurde  1853  Ricliter,  wandte 
sich  dann  der  Advokatur  zu,  vertheidigte 
die  Turner  gegen  die  Knowtiothings  vor 
Gericht,  trat  gegen  den  Religionsunterricht 
in  öffentlichen  Schulen  ein,  betheiligte  sich 
lebhaft  an  der  Politik,  wurde  1888  von  Cle- 
vcland  zum  Ver.  St.  Gesandten  in  Rom  er- 
nannt.    Er  ist  im  Jahre  1900  gestorben. 

Der  im  Jahre  1793  zu  Frankfurt  a.  i\I. 
geborene  Georg  Bunsen,  w'elchor  in  seiner 
Vaterstadt  vierzehn  Jalire  lang  ein  päda- 
gogisclies  Institut  im  Geiste  Pestalozzi 's  ge- 
leitet hatte,  kam  18.34  nach  Belleville.  111., 
wo  er  eine  ]\Iuster-Schule  gründete  und  als 
^litglied  der  Staats-Schulbohörde  sich  be- 
sondere Verdienste  um  das  Schulwesen  er- 
warb. Er  richtete  die  Staats-Normal- 
Schule  in  Bloomington,  111.,  ein.  Im  Jahre 
1874  starb  er. 

Zu  den  bedeutendsten  Universitätsleh- 
rern in  der  Geschichte  der  Vereinigten 
Staaten  gehört  der  am  18.  ]\Iärz  1800  in 
Berlin  geborene  Franz  Lieber,  der  im 
Kriege  gegen  Napoleon,  1815,  verwundet 
worden   war,   für  die   Hellenen   gekämpft 


DEL'TSClir^;   LKURKK    UND   UNIVERSITAETS-PROFESSOREX. 


289 


hatte  und  nach  längerer  Haft  wegen  Be- 
theiliguug  au  der  Burschenschaft  im  Jahre 
1827  ausgewandert  war.  Er  kam  auf  Ver- 
anlassung seines  Studienfreundes  Folien 
nach  Boston.  Er  bearbeitete  unter  Heran- 
ziehung geeigneter  Kräfte  das  Brock- 
haus'sehe  Konversations  -  Lexikon  für 
Amerika  unter  dein  Titel  "Encyclopaedia 
Americaua  based  on  the  Conversations 
Lexicon".      Nach   fünfjähriger   Arbeit   er- 


(1857).  "Wähivnd  des  Bürgerkrieges  war 
er  Lincoln  's  Berather  in  Fragen  des  Völker- 
und  Kriegs-Rechts.  Von  epochemachender 
Bedeutung  war  jedoch  seine  —  im  Auf- 
trage des  damaligen  kommandirenden  Ge- 
nerals Hallcck  —  unternommene  Kodifika- 
tion des  humanen  Kriegsrechts,  die  als 
..Generalorder  Xr.  100"  pubüzirt  und  an 
alle  Stabsoffiziere  der  Armee  vertheilt 
wurde.     Die  Kritik  würdigte  diese  Arbeit 


FRANZ    LIEBER. 


schien  das  13  Bände  starke  Werk.  Im 
Jahre  1835  wurde  er  Professor  der  Ge- 
schichte und  Staats-Wissenschaft  am  South 
Carolina  College  in  Columbia,  S.  C,  ver- 
fasste  die  Werke  „]\Ianual  of  Political 
Ethics"  (2  Bände),  „Legal  and  Political 
Hermeneuties"  (1  Band)  und  ..Civil 
Liberty  and  Selfgovernment"  (2  Bände). 
Diese  Werke  sicherten  ihm  die  Berufung 
an  die  Columbia  Universität  in  New  York 


mit  Recht  als  ein  ^Meisterwerk  ersten 
Ranges,  das  unter  anderen  auch  Bluntschli 
als  Anhang  zu  seinem  ..^lodemen  Völker- 
recht" veröffentlichte. 

Liehers  Wirksamkeit  an  der  Columbia, 
die  er  bis  zu  seinem  —  am  2.  Oktober  1872 
erfolgten  —  Tode  fortsetzte,  war  deshalb  so 
erfolgreich,  weil  er  sich  deutscher  Lehrme- 
thoden bediente  und  es  stets  ins  Auge 
fasste,  vor  allem  das  Verständniss  des  be- 


290 


DEUTSCHE   LEHRER   UND  UNIVERSITAETS-PROFESSOREN. 


handelten  Gegenstandes  l)ei  seinen  Sehülern 
zu  erwei'ken.  Am  Ende  jeder  Stunde  1)6- 
zeiehnete  er  die  Stellen  aus  vr ischiedenen 
grossen  Autoren,  die  vor  der  nächsten  Lehr- 
stunde gelesen  werden  sollten.  Alle  Defi- 
nitionen, Eigennamen  und  Daten  wurden 
von  ihm  selb.st  an  die  schwaiw  Tafel  ge- 
.sehrieben,  um  nieht  falseh  verstanden  zu 
werden.  Jeder  Student  niusste  für  seine 
Disziplinen  sieh  ein  gut  gebundenes  No- 
tizbuch anlegen,  in  dem  freie  Seiten  für 
wichtige  Nachträge  offen  blieben.  So  wusste 
er  das  Interes.se  seiner  Studenten  stets 
wach  zu  erhalten,  und  die  Art  seines  Ver- 
kehrs mit  ihnen  bewirkte  es.  dass  sie  stets 
mit  grosser  Liebe  und  Achtung  an  ihm 
hingen. 

M.  R.  Thaifcr,  der  iliin  am  13.  Januar 
1873  in  der  ..Histori.scben  Gesellschaft  von 
Penn.sylvanien"  einen  begeisterten  Nachruf 
widmete,  rühmte  von  ihm.  er  sei  ein  echter 
Anu^rikaner  gewesen,  obgleich  er  mit  gan- 
zer Seele  an  dem  Lande  seiner  Geburt  hing. 
Er  sei  nie  blind  gewesen  gegen  die  Fehler 
der  Amerikaner,  die  er  zu  verbessern 
suchte.  So  ist  er  zum  ]\Iu.ster  eines  Deutsch- 
Amerikaners  geworden,  der  nie  vergessen 
soll,  dfi.ss  er  aus  Deutschland  stammt,  aber 
ebensowenig,  was  er  seinem  Adoptivvater- 
lande  schuldig  geworden  ist. 

Eine  treffliche  kurze  Biographie  Lichcrs 
lieferte  Rechtsanwalt  F.  W.  Eolls  in  New 
York  Cgeb.  am  1.  Juli  1857  in  Pennsylva- 
nien.  gestorben  am  23.  Juli  1903),  Mitglied 
der  amerikanischen  Abordnung  zum  Haa- 
ger Friedenskongresse,  in  einem  1882  ge- 
haltenen Vortrage,  der  danach  als  beson- 
dere Broschüre  ei-schien. 

Als  Professor  des  Civilrechts  hat  sich 
Christian  Eosdiun  ausgezeichnet,  der  zu  den 
bedeutendsten  Deutsch  -  Amerikanern  zu 
rechnen  ist.  Er  wurde  am  10.  August  1803 
in  Thedinghausen  bei  Bremen  geboren.  Aus 
unbekannten  Gründen  ging  er  als  IGjähri- 
ger  Knabe  auf  das  Bremer  Segelschiff  ..Ju- 
piter" und  kam  mit  diesem  am  11.  Juli 
1820  in  New  Orleans  an.  wo  ihn  der  Heraus- 


geber des  ..Louisiana  Advertiser",  der  einen 
Lehrling    brauchte,    gegen    Erlegung    der 
Licberfahrtskosten    auslöste    und    auf    21/2 
Jahre  als  Redemptionisten  zugewiesen  er- 
hielt.    Roselius  warf  sich  vom  ersten  Tage 
an   mit  allem   Eifer  auf  das  Studium  der 
englischen  Sprache  und  nachdem  er  darin 
genügende  Fortschritte  gemacht  hatte,  be- 
nützte er  jede  freie  Stunde,  besonders  die 
Nächte    (er  .schlief  auf  einem   Bett   luiter 
den   Setzkästen)    zur  Lektüre   der   Gesetz- 
bücher,  welche  zu  Nachschlagezwecken   in 
der  Druckerei  gehalten  wurden.    Nach  Ab- 
lauf   seiner    Dienst-    imd    Lehrjahre    trat 
Roselius    beim    „Louisiana    Courier"    als 
Setzer  ein  und  1827  verband  er  sich  mit  ]\Ic- 
]\[icken    zur    Herausgabe    des    „Halyeon", 
eines  litterarischen   AVochenblattes.     Nach 
sechs  jNIonaten  zog  er  sich  von  diesem  aber 
wieder  zurück.     Er  widmete  sieh  seinem 
Lieblingsstudium  nun  ganz  in  der  Office  des 
Advokaten  Davezac.  und  am  23.  Jiuii  1828 
wurde  er  nach  glänzend  bestandenem  Exa- 
men zur  Praxis  zugelassen.     Schon   1836 
wurde  er  allgemein  für  den  besten  „Civi- 
lian"  des  Staates  gehalten.    "As  a  civilian 
he  was  the  front  figure.     He  would  have 
graeed  a  seat  on  the  bench  of  the  United 
States  Supreme  Court",  sagte  Judge  J.  Ad. 
Rozier  von  ihm,  als  er  bei  der  Gedächtniss- 
feier im  November  1873  ihm  einen  Nach- 
ruf widmete.  1841  Avurde  Roselius  in  die  Le- 
gislatur des  Staates  gewählt,  doch  nahm  er 
seinen  Sitz  nur  kurze  Zeit  ein.  da  ihn  Gou- 
verneur   Roman    zum    General  an  walt    des 
Staates  ernannte.     1845  und  1852  war  er 
^litglied    der    Staatskonventionen.       1861 
sandten  ihn  seine  Konstituenten  mit  über- 
wältigender  ]Majorität   in   die   sogenannte 
Secessionskonvention.    wo    er    eine   heftige 
Rede  gegen   die   Secession   hielt  und  sich 
Aveigerte.  die  Secessionsordinanz  zu  unter- 
zeichnen.    1864  wurde  Roselius  wieder  in 
die  Staatskonvention  gewählt,  doch  zog  er 
sich  wegen  des  den  ^Mitgliedern  abverlang- 
ten Eides  schon  am  zweiten  Tage  zurück. 
Von  nun  an  nahm  er  kein  politisches  Amt 


DEUTSCHE   LEHRER   UND   UNIVERSITAETS-PROFESSOREN. 


291 


mehr  an.  Von  1850  bis  1873  war  er  Pro- 
fessor des  Civilreehtes  an  der  Staatsuniver- 
sität (der  jetzigen  Tulane  Universität),  in 
welcher  Stellung  er  mit  Auszeichnimg 
wirkte.  Am  deutschen  Leben  hat  Roselius 
nie  theilgenommen.  Er  vermied,  öffent- 
liche Lokale  zu  besuchen,  und  lebte  ganz 
seinen  Studien  und  seiner  Familie.  Wenn 
die  Deutschen  aber  seines  Rathes  und  seiner 
professionellen  Hilfe  bedurften,  dann  konn- 
ten sie  stets  auf  ihn  zählen.  Er  starb  am 
5.  September  1873. 

Grosse  Verdienste  um  die  Einführung 
des  deutschen  Unterrichts  hat  sieh  Dr. 
Friedrich  Rölkcr  erworben.  Er  wurde  1809 
in  Osnabrück  geboren  und  nach  absolvirtem 
Gymnasium  zu  :Münster  seminaristisch  aus- 
gebildet. Nachdem  er  einige  Zeit  in  Osna- 
brück gelehrt  hatte,  kam  er  ]\Iitte  der 
dreissiger  Jahre  an  die  öffentliche  Schule 
nach  Cinciunati,  welche  Stellung  er  indes- 
sen mit  der  eines  Oberlehrers  an  der  katho- 
lischen Dreifaltigkeitsschule  vertaiLschte. 
1843  in  den  Schulrath  gewählt,  brachte  er 
es  durch  sein  massvolles,  aber  rastloses 
Arbeiten  dahin,  dass  diese  Behörde  ihre 
feindselige  Haltung  gegenüber  dem  deut- 
schen Sprachunterricht  fallen  Hess  und 
ihm  in  der  Folge  in  den  öffentlichen 
Schulen  mehr  Raum  gab.  Bald  danach 
konnte  Eölkcr  den  Triumph  erleben,  dass 
die  Schulen  mit  deutschen  Klassen  im  Eng- 
lischen bessere  Resultate  lieferten  als  die 
einsprachlichen  Volksschulen.  1846  bis 
1847  fungirte  er  als  Schul-Examinator. 
Dann  wurde  er  Arzt.  Er  gilt  als  Begrün- 
der des  deutschen  Unterrichts  in  den  Schu- 
len Cincinnati 's. 

Unterstützt  wurde  er  in  seinen  Bestre- 
bungen von  dem  1803  in  Württemberg  ge- 
borenen und  nach  Studium  der  Rechte  in 
Tübingen  1836  ausgewanderten  Notar  und 
deutsch-amerikanischen  Journalisten  Au- 
gust Eenz. 

Grosse  Verdienste  um  die  deutsch-ameri- 
kanische Geschichtsforschung  erworben  hat 
sich  Dr.  Oswald  Seidensticker.    Er  war  als 


Sohn  eines  Advokaten  am  3.  :Mai  1825  in 
Göttingen  geboren.    Sein  Vater,  Dr.  Georg 
Pricdrich   Seide nstickcr,    war   ein    Gesin- 
nimgsgenosse  der  berühmten  Göttinger  Sie- 
ben und  musste  wegen  „hoehverrätherischer 
Handlungen"  15  Jahre  im  Kerker  zubrin- 
gen, um  dann  1846  nach  Amerika  auszu- 
wandern.    Er  hatte  Napoleon 's  Zug  nach 
Russland  als  österreichischer  Offizier  mit- 
gemacht.     Oswald    Seidensticker   widmete 
sich    in    Philadelphia    mit    grossem    Eifer 
dem    Studium    der    Medizin    und    später 
der  Philosophie  und  Philologie.   Sein  Vater 
starb    am    24.    Dezember    1862.      Nachdem 
Oswald        Seidensticker        in        Brooklyn 
imd  Philadelphia  eigene   Schulen   geleitet 
hatte,  wurde  er  1867  an  die  Universität  von 
Pennsylvanien  berufen,  um  hier  die  deut- 
sche Professur  zu  bekleiden.     Dieses  Amt 
hat  er  bis  an  sein  Leben.sende  (10.  Januar 
1894)  mit  dem  grössten  Erfolge  versehen. 
Seidensticker  zählt  unbedingt  zu  den  nam- 
haftesten     deutsch  -  amerikanischen     Ge- 
schichtsforschern. Seine  Beiträge  im  „Deut- 
schen     Pionier"      von      Cincmnati,      im 
„Deutsch-amerikanischen  ]\Iagazin"  Ratter- 
manns und  im  „Pennsylvania  IMagazine  of 
History"  sind  von  grösstem  AVerthe.     Er 
verfasste  folgende  Bücher:  „Geschichte  der 
Deutschen  Gesellschaft  von  Pennsylvanien 
1764     bis      1876",      Philadelphia!      1876. 
,,Ephrata,    eine    amerikanische    Klosterge- 
schichte."    Cinciunati,   1883.     ,.Die  erste 
deutsche  Einwanderung  in  Amerika."  Phi- 
ladelphia 1883.     ,, Bilder  aus  der  deutsch- 
pennsylvanischen  Geschichte."    New  York 
1886.     ,,German-American  Events,  princi- 
pally  of  Pennsylvania,  up  to  1870.  Collected 
and   chronologically   arranged  by   Oswald 
Seidensticker."    Philadelphia   1882.     „The 
First  Century  of  German  Printing  in  Ame- 
rica, 1728—1830."  Philadelphia  1893. 

Obwohl  nicht  deutscher  Abstammung 
wäre  die  Liste  deutscher  Lehrer  und  Uni- 
vereitäts-Professoren  in  den  Vereinigten 
Staaten  nicht  vollständig,  wollte  man  einen 
unerwälint  lassen,  der  durch  seine  Versen- 


2«2 


DKrTScHK    LKHRKR    l'ND   UXIVERSITAETS-PKOrKSSOREN. 


kuiifr  in  (loiitsclif  Spriii'lic.  dtMitsclu'  Litci-a- 
tur,  (Iriitscht's  \V«'st'ii  iiiul  die  Gescliiclit»' 
des  Dt'utschtliums  in  Amerika  ein  anirrika- 
nischer  Deutscher  tr«'\vorden  i^t.  Professor 
Marion  Dcxtcr  Lcanud  von  der  P«  imsyl- 
vanin-Univorsität.  die  treue  Stütze  aller 
deutsehen  Bestrebunjren. 

Geb(»ren  am    !•'.  -luli    ISÖT  /u    Dover   in 
Delaware,  «rra.lnirti'  er  ISTii  i;i  Wilminirton 


1SS4  setzte  er  seine  Spraehstudieu  an  der 
.loluis  Ilopkins-riiiversität  und  im  folgen- 
de ii  .lalire  an  iWv  Tniversität  Leipzig  fort 
Als  ..Fellow  "'  der  Johns  Hopkins  für 
neuere  Sprachen  verweilte  er  1886  wie- 
derum in  Deutsehland.  Er  promovirte 
ISST  zum  Dr.  phil.  an  der  Johns  Hopkins, 
wo  er  etwa  ein  Jahrzehnt  (1886  bis  1895) 
;iii  der  deutschen  Fakultät  eine  erfolgreiche 


PROF.    OSWALD    SEIDENST ICKER,    hervorragender  deutech-amerilcanischer   Geschichtsforscher 
und    Professor   des  Deutschen   an   der   Universitael   von   Pennsylvanien. 


und  trat  dajiu  in  das  Dickinson-Kollegium. 
liier  erwarb  er  sicii  den  Magistc  rgrad  aber 
erst  1884.  da  er  sein  Fachstutüum  mehrfach 
unterbrach,  um  eine  höhere  Lehrthätigkeit 
als  Akademiedirekt<tr  (1878  bis  1879)  und 
Professor  der  Sprachlehre  am  ^Villiams- 
porter  Seminar  (1880  bis  1884)  auszuüben. 


Lehrthätigkeit  ausülite.  1895  übernahm  er 
dann  die  ordentliche  Professur  und  Lei- 
tung der  deutschen  Abtheilimg  an  der 
Tniversität  von  Pennsylvanien.  Er  hat 
eine  Reihe  von  deutsch-amerikanischen  Ge- 
schichtsforschungen veröffentlicht.  Sein 
neuestes.  1908  erschienenes  Werk,  führt  den 


DEUTSCHE  LEHRER  UND  UNIVERSITAETS-PROFESSOREX. 


293 


Titel  „The  Life  of  Francis  Daniel  Pasto- 
rius,  the  Foimder  of  Gennantown".  Von 
seinen  Schriften  sind  ausserdem  noch  zu 
nennen:  „The  Pennsylvania-Gernuin  Dia- 
leet",  Baltimore  1889;  „The  Saga  of  Wal- 
ther of  Aquitaine",  Baltimore  1889;  „An- 
fänge der  deutschen  Kultur  in  Amerika", 
Baltimore  1894;  „The  German- American 
Turner  Lyric",  Baltimore  1895 

„Wenn    das   Deutsch-Amerikanerthum", 
schreibt  H.  A.  Rattermann,  „die  Reihe  der- 
jenigen IMänner  mustert,  denen  es  beson- 
deren   Dank    schuldig    ist,    weil    sie    den 
eigenen  Yolksgeist  aas  der  starren  Lethar- 
gie emporrüttelten,  in  der  er  zu  versinken 
schien,    so    nuiss    in    erster    Reihe    auch 
Friedrich    Kapp    genannt    werden.      Hat 
doch  Kapp  mit  seinen  deutsch-amerikani- 
schen   Geschichtswerken,    sowie    mit    dem 
kritisch-ätzenden  Volks-  und  Sittenschilde- 
rungen   dieses    Landes    das    Selbstgefühl 
unseres  Elements  wieder  neu  erweckt,  und 
zugleich    den   Blick    der   Denker   auf   uns 
gerichtet,  so  dass  nunmehr  frisches  Leben 
unser  Volk  durchströmt."  Friedrich  Kapp 
wurde   am   13.   April   182-1   zu   Hamm   in 
Westfalen    als    der   Sohn    des    Gymnasial- 
Direktore    Dr.    Friedrieh    Kapp    geboren. 
Letzterer    war    ein    politisch    und   religiös 
freisinniger  ^Mann,  ein  begeisterter  Schüler 
Hegel's,   der  den   früh  seiner  Mutter  be- 
raubten Sohn  mit  liebender  Sorgfalt  erzog. 
Im  Jahre  1842  bezog  Friedrich  Kapp  als 
Studiosus  der  Jurisprudenz  die  Universität 
Heidelberg.     Er  wurde  dort  mit  Ludwig 
Feuerbaeh    und    Berthold    Auerbach    be- 
kannt.    Im   Sommer   1844   siedelte   er   zu 
weiterem  Studium  und  Absolvirung  seiner 
einjährigen  Dienstpflicht  nach  Berlin  über. 
Am  7.  April  1845  bestand  er  sein  AiLskul- 
tator-Examen,  trat  in  den  Justizdienst  ein, 
wurde   Referendar,   gab   aber  den   Staats- 
dienst auf,  als  die  Bewegung  von  1848  auch 
ihn  erfasste.     Er  begab  sich  nach  Frank- 
furt am  Main,  wo  er  als  Korrespondent  für 
mehrere  Zeitungen  thätig  war.     Er  wurde 
Sekretär    des    „Kongresses    der    Demokra- 


ten", deren  Präsident  Julias  Froebel  war. 
Der  September{)utseh,  der  mit  der  Ermor- 
dung   General    von    Auerwald's    und    des 
P'ürsten  Lichnowsky  endete,  an  dem  Kapp 
aber  nicht   t  heil  hatte,  veranlasste  ihn   zur 
L\^bersiedlung  nach  Paris,  wo  er  Lehrer  im 
Hause  Alexanderllerzen's  wurde.  Er  kehrte 
1849  nach  Deutsehland  zurück,  begab  sich 
da  im    nach   der  Schweiz,  siedelte  aber   im 
^lärz  1850  nach  Amerika  über,   als  auch 
die  Eidgeno.ssenschaft  die  Ultra-Radikalen 
nur    ungern    sah.      Seine    Braut,    Louise 
Engels,   Tochter    des   Konnnandanten   von 
Köln,  General  Friedrich  Engels,  folgte  ihm 
später  über 's  :\reer,  und  in  New  York  fand 
die  Trauung  statt.    :\rit  Franz  H.  Zitz  und 
Julius  Froebel  begründete  Kapp  die  Advo- 
katen- und  ül)erseeische  Kollektions-Firma 
Zitz,   Kapp   &   Froebel.      Er  wandte  sich 
der  Politik  zu,  war  eine  Zeit  lang  Redak- 
teur     eines      neuen      sozialdemokratischen 
Blattes,  der  ..New  Yorker  Abendzeitung", 
die    von    einer    „Association    der    Schrift- 
setzer" ins  Leben  gerufen  war,  gab  die 
Stelle  aber  bald  auf.     Er  Avurde  „Whig", 
schrieb  zahlreiche  Artikel  für  die  Partei, 
grössere    Abhandlungen   über   die    „politi- 
schen Parteien  in  den  Vereinigten  Staaten" 
und  „Die  Sklavenfrage".     Die  Gründung 
der   Partei    der    „Republikaner"    au.s   den 
Trümmern       der       zusannnengebroehenen 
„Whig"   und    ,.Know    Xothing"    Parteien, 
mit  Hinzutritt   derjenigen   „Demokraten", 
die  der  Diktatur  des  allzuviel  fordernden 
Südens  nicht  mehr  willig  gehoreamen  woll- 
ten, brachte  auch  Kapp  mit  in  den  Vorder- 
grund der  Politik.     Sein  Buch  stellte  ihn 
in  die  R^ihe  der  gegen  die  Sklaverei  agiti- 
renden  Schriftsteller,  und  er  selbst  schloss 
sich,  nachdem  er  als  amerikanischer  Bürger 
sich    hatte    naturalisiren    lassen    (8.    März 
1855),    der    neugegründeten    republikani- 
schen  Partei   an,   in   welcher  er  als  einer 
der     leitenden     Politiker     über     fünfzehn 
Jahre   und    bis   zu  seiner   Rückkehr  nach 
Europa  wirkte.    Er  hat  nur  zwei  politische 
Aeniter   bekleidet,   das   eines   Präsideuten- 


294 


DEUTSCHE  LEHRER  UND  UNIVERSITAETS-PROFESSOREN. 


EK'ktoi-s  1860  und  eines  Einwanderuugs- 
Koniniissärs  für  New  York  1867 — 70.  Im 
Jahre  1870  kehrte  er  nach  Deutschland 
zuriiek,  wurde  1872  Reiehstajrsniitglied. 
Während  des  deutsch-französischen  Krie- 
ges war  er  in  Berlin  Vertreter  des  deutseh- 
anicrikanischcii  ITilfs-Ausschusses,  der  rie- 
sip>  Suninu'M  nach  der  alten  Heimath 
sandte.  Im  Kcichstaf?  war  er  zueilst 
^litfilicd  der  national-liberalen,  dann  der 
deutsch-freisinnigen  Partei.  Am  29.  Okto- 
ber 1884  erlag  er  der  Diabetes,  Aus 
Kapp 's  Schriften  sind  ausser  den  schon 
genannten  anzuführen :  ..General  von 
Steuben",  „Generalmajor  von  Kalb",  ,,Der 
Soldatenhandel  deutscher  Fürsten  nach 
Amerika",  „Geschichte  der  Sklaverei  in 
d<'n  Ver.  Staaten",  „Friedrich  der  Grosse 
und  die  Vereinigten  Staaten",  „Justus 
Erich  Hollmann"  und  die  viel  angefoch- 
tene „Geschichte  der  Deutschen  im  Staate 
New  York  bis  zum  Anfang  des  neunzehnten 
Jahrhunderts". 

Johann  Hanno  Deilcr  wurde  am  8. 
August  1849  in  Altoetting,  Ober-Bayern, 
geboren,  war  Schullehrer  in  Bayern  und 
wurde  1871  als  Vorsteher  an  eine  deutsche 
Schule  in  New  Orleans  berufen.  Er  lan- 
dete am  22.  Januar  1872  in  New  York.  Im 
Jahre  1S79  wurde  er  Professor  des  Deut- 
.scht'u  an  der  University  of  Louisiana  (jetzt 
Tulanc  l'niversität).  Er  liess  sich  beson- 
ders die  PHege  des  deutschen  ]\Iännerge- 
sangs  unter  seinen  Landsleuten  in  New 
Orleans  angi'legen  sein  und  suchte  fördernd 
auf  (leren  geistiges  Leben  einzuwirken. 
Seit  einer  Keihe  von  Jahren  i.st  er  Präsi- 
dent der  Deutschon  Gesellschaft  in  der 
Il.ilbmondstadt.  Va'  gründete  den  New 
Orleans  Quartett  Club,  einen  der  besten 
Gesang- Vereine  des  Südens.  Da  er  selbst 
nnisikalisch  gebildet  ist,  wurde  er  dessen 
Dirigent.  Piof.  Deiler  leitete  die  Massen- 
chöre beim  grassen  Sängerfest  des  Nord- 
amerikanischen Sängerbundes  im  Februar 
1890  in  New  Orleans,  welches  zu  einem 
gro-ssartiuen  Erfolge  sieh  gestaltete.     Prof. 


Deiler  wohnte  dem  4.  Allgemeinen  Deut- 
schen Sängerbundfest  in  Wien  1890  und 
dem  5.  in  Stuttgart  1896  bei  und  fand  als 
Redner  eine  geradezu  enthusiastische  Auf- 
nahme. Seit  1890  ist  er  Präsident  des 
Nordamerikanischen  Sängerbundes.  Be- 
sonders gro.ss  sind  seine  Verdienste  um  die 
Erforschung  der  Geschichte  der  Deutschen 
des  Südens.  p]r  gründete  das  Archiv  für 
deutsche  Geschichte.  Im  Jahre  1907  legte 
er  sein  Amt  als  Prof&ssor  der  deutschen 
Sprache  und  Literatur  an  der  Tulane  Uni- 
versität, das  er  28  Jahre  in  verdienst- 
vollster Weise  bekleidet  hatte,  nieder,  um 
sich  ganz  seinen  literarischen  Arbeiten  zu 
widmen.     Erschienen  sind  von  ihm : 

1.  Germany's  Contribution  to  the  pre- 
scut  Population  of  New  Orleans.  With  a 
Census  of  the  German  Schools.  A  paper 
read  before  seetion  C  of  the  New  Orleans 
Academy  of  Sciences,  April  27,  1886. 
(Vergriffen.) 

2.  Das  Redemptionssystem  im  Staate 
Louisiana.  Sally  Müller,  die  weisse  Skla- 
vin.   2.  Auflage,  1901. 

3.  Zur  Geschichte  der  Deutschen  Kir- 
chengemeiuden  im  Staate  Louisiana.  Mit 
einem  Census  der  New  Orleanser  deutschen 
Schulen  und  der  fremdgeborenen  Bevölke- 
rung von  1850  bis  1890.    1894. 

4.  Louisiana,  ein  Heim  für  deutsche  An- 
siedler.    1895.     (Vergriffen). 

5.  Geschichte  der  Deutschen  Gesellschaft 
von  New  Orleans.  ]\Iit  einer  Einleitung: 
Die  Europäische  Einwanderung  nach  den 
Vereinigten  Staaten  von  1820  bis  1896.  Ju- 
biläumsschrift.   1897. 

6.  Die  Europäische  Einwanderimg  nach 
den  Vereinigten  Staaten  von  1820  bis 
1896.    Separatausgabe.    1897. 

7.  Eine  vergessene  deutsche  Kolonie. 
Eine  Stimme  zur  Vertheidigimg  des  Grafen 
de  Leon,  alias  Proli,  alias  Bernhard  Müller. 
1901. 

8.  Geschichte  der  New  Orleanser  Deut- 
schen Presse.    I.  Theil.    1901. 


DEUTSCHE  LEHRER  UND  UNIVERSITAETS-PROFESSOREN. 


296 


9.  Die  ersten  Deutschen  am  unteren  Mis- 
sissippi und  die  Creolen  deutscher  Ab- 
stammung.   1904. 

10.  The  Settlement  of  the  German  Coast 
of  Louisiana.    1908. 

Zu  den  anerkannt  bedeutendsten  Ken- 
nern der  amerikanischen  Verfassungsge- 
schichte gehörte  ein  Deutsch-Russe,  der  am 
7.  Juni  18-41  in  Fellin,  Livland,  geborene 
Hermann  Eduard  von  Holst.     Er  studirte 


an  Schem's  Deutsch-Amerikanischem  Kon- 
versations-Lexikon. Im  Jahre  1872  wurde 
er  Professor  der  Geschichte  an  der  Univer- 
sität Strassburg,  von  wo  er  zwei  Jahre 
später  an  die  Universität  Freiburg  im 
Breisgau  berufen  wurde.  Er  wurde  in  den 
badischen  Landtag  gewählt,  dessen  Vice- 
Präsident  er  später  wurde.  In  dem  Win- 
ter-Semester 1878—79  und  im  Jahre  1884 
besuchte  er  studienhalber  die  Vereinigten 


FRIEDRICH    KAPP. 


in  Dorpat  und  Heidelberg  und  wurde  im 
Jahre  1866  Ilaaslchrer  in  St.  Petersburg, 
Im  folgenden  Jahre  wurde  er  jedoch  eines 
der  russischen  Regierung  anstössigen  Flug- 
blattes wegen  verbannt  und  wanderte  nach 
Amerika  aus.  Er  wurde  Lehrer  in  einer 
kleinen  Privatschule  in  New  York,  hielt  in 
der  Präsidentschafts-Kampagne  von  1868 
einige  politische  Reden  und  war  ^Mitarbeiter 


Staaten.  Im  Jahre  1892  erhielt  er  den 
Lehr.stuhl  der  Geschichte  an  der  neuge- 
gründeten „University  of  Chicago".  Im 
Jahre  1900  zwang  ihn  seine  angegriffene 
Gesundheit  nach  Frciburg  zurückzukehren, 
wo  er  am  20.  Januar  1904  starb.  Sein  her- 
vorragendstes Werk  ist  „Verfassung  und 
Demokratie  der  Vereinigten  Staaten  von 
Amerika"   (in  5  Abthoilungcn  von  1873 — 


296 


DEUTSCHE  LEHRER  UND  UNIVERSITAETS-PROFESSOREN. 


91),  eine  überaiLs  fälii.uH'  Darstellung  der 
politischen  G(«('hichto  AiiHM-ika's  vom 
föderalistischen  und  Anti-Sklaverei-Staud- 
punkte aus.  Gleiclit'alls  eine  bedeutende 
Arbeit  Hermann  von  Holst 's  ist  „Das 
Staatsrecht  der  Vereinigten  Staaten  von 
Amerika"  (1885)  ;  ferner  sind  zu  nennen 
die  Biographien  Jolm  C.  Calhoun's  und 
John  Brown 's  und  ..The  French  Revolution, 
Tested  by  ^lirabeau's  Career"  (1894). 

Der  Herausgeber  des  zwölf  bändigen 
„Deutseh  -  Amerikanischen  Conversations- 
Lexicons"  war  Alexander  Jacob  Sehern. 
Geboren  im  Jahre  182()  in  AVostphalen, 
studirte  er  an  den  Universitäten  Bonn  und 
Tübingen,  bethätigte  sieh  dann  als  Redak- 
tfur  in  seiner  Ileimath  und  kam  im  Jahre 
l.söl  nach  Amerika.  In  den  Jahren  1854 
bis  1860  war  er  Professor  der  hebräischen 
und  der  modernen  Sprachen  am  Dickinson 
College  in  Carlisle,  Fa.,  legte  aber  seine 
Lehrthätigkeit  nieder,  um  sich  ganz  seiner 
Lieblingsbeschäftigung,  der  Statistik,  nnd 
schriftstellerischen  Arbeiten  zu  widmen. 
Von  1874  bis  zu  seinem  im  Jahre  1881  er- 
folgten Tode  war  er  Hilfs-Superintendent 
der  New  Yorker  Schiden.  Ausser  statisti- 
schen Kalendern  gab  er  im  Verein  mit  Rev. 
George  R.  Crooks  ein  lateinisch-englisches 
Schullexicon  nnd  mit  Henry  Kiddle  eine 
„Cyclopaedia  of  Education"  heraus.  Auch 
war  er  einer  der  Redalstteure  von  ,,The 
Methodist"  und  „The  :Methodist  Quaterly 
Review". 

In  Basel  am  20.  Februar  1850  geboren 
wurde  der  frühere  Superintendent  des  mo- 
dernen Sprachunterrichts  in  den  öffentli- 
chen Schulen  Chicago 's,  Dr.  Gustav  Zim- 
incrnuinn,  der  b&sonders  sich  um  Deutsch- 
Amerika  verdient  gemacht  hat  durch  seine 
Bücher  , .Deutsch  in  Amerika",  „Beiträge 
zur  (Jeschichte  der  deutsch-amerikanischen 
Literatur"  und  das  einzig  empfehlens- 
werthe  Werk  über  amerikanische  Ge- 
schichte in  deutscher  Sprache  „Vierhundert 
Jahre  amerikanischer  Geschichte". 


Kutw  Fianckc,  Professor  der  deutschen 
Kultur-Geschichte  und  Kurator  des  Germa- 
nischen ^Museums  an  der  Harvard-Univer- 
sität, wurde  am  27.  September  1855  in  Kiel 
geboren.  Er  studirte  in  Deutschland  imter 
Giesebrccht  und  promovirte  1878  in  Mün- 
chen. Nachdem  er  unter  auderem  zwei 
Jahre  lang  unter  Waifz  als  "Mitarbeiter  an 
den  ..]\I(mumenta  Germaniae  historica" 
thätig  gewesen,  wurde  er  188i  nach  Cam- 
l)ridge  berufen,  wo  er  seinen  Hauptberul" 
darin  erblickt,  deutsche  und  amerikanische 
Kultur  zu  versöhnen.  In  diesem  Sinne 
mögen  folgende  Schriften  von  ihm  beson- 
ders hervorgehoben  w^erden :  „Social  Forces 
in  German  Literature",  1896.  „Glimpses 
of  :\Iodern  German  Culture".  1898.  ..His- 
tory  of  German  Literature"  1901.  „The 
Germanic  ^Museum  of  Harvard",  1906 
und  „German  Ideals  of  To-day".  1907. 
Zur  Goethe-Gedächtnissfeier  in  New  York 
und  Cleveland  hielt  er  die  äusserst  interes- 
sante Festrede  über  „Goethes  Vermächtniss 
an  Amerika",  in  der  er  die  mannigfachen 
Beziehungen,  die  zwischen  Goethe  und  dem 
geistigen  Leben  Amerikas  bestanden  haben 
und  auch  noch  heute  bestehen,  in  geistrei- 
cher Weise  beleuchtete.  Er  ist  unter  An- 
derem Ehrendoktor  der  juristischen  Fakul- 
tät der  Staats-Universität  von  Wisconsin. 

Das  Germanische  Museum  an  der  Har- 
vard, das  zweite  seines  Namens  in  der 
Welt,  ist  die  bildliche  Darstellung  des  ein- 
heitlichen Ursprungs  der  germanischen 
Stämme.  Es  verkörpert  jene  Bestrebun- 
gen, welche  in  dem  deutsch-amerikanischen 
Professorenaustausch  einen  persönlichen, 
nicht  minder  nachhaltigen  Ausdruck  finden. 
Es  ist  ein  Denkmal  der  Kulturgemeinschaft, 
welche  die  Völker  Deutschlands  imd  Ame- 
rikas verknüpft.  Schon  1901  wurde  auf 
Anregung  Professor  Kimo  Francke's,  des 
Kurators  des  ]\Iuseums,  eine  verhältnis.s- 
mässig  bescheidene  Summe  zur  Durchfüh- 
rung der  Idee  diesseits  des  Ozeans  gesam- 
melt. Im  selben  Jahre  verkündete  der 
deutsche   Kaiser   seine   grossartige    Sehen- 


DEUTSCHE  T.ETTT^ET^  T^XD  UNIVERSiTAETS-PROFESSOREN. 


297 


kling  für  das  Musi'uiii,  welche  im  iiäelisleii 
Jalire  im  Hause  Professor  ^Münsterbergs 
der  Universität  formell  übergeben  wurde. 
Kurz  darauf  hielt  I*rofessor  Franeke  eine 
viel  beachtete  Anspi-aehe  im  Königliehen 
Kunstgewerbenniseinii  zu  Berlin,  in  dei-  ei- 
anregte,  dass  das  deutsehe  \'(ilk.  (lein   liei- 


Inil  iiuf,  und  so  wiu'de,  wenigstens  nach 
dem  Berichte  des  Präsidenten  Elicjt  die 
Grundlage  zu  dem  Professorenaustausch 
gelegt. 

Das  (iermanische  ^luseum  besteht 
heute  eine  kurze  Spanne  von  Jahren;  den- 
niieli  eiilhäll  es  bereits  nielir  .\aehbildungon 


PROF.    KUNO    FRANCKE. 
der    Cruender    des    Germanischen    Museums    der    Harvard    Universitaet. 


spiel  des  Monarchen  folgend,  auch  seiner- 
seits ein  Seherflein  zur  Bereicherung  des 
Unternehmens  beitragen  solle.  ]\Iit  der 
Zeit  Hessen  sich  Vorlesungen  rcichsdeut- 
scher  Gelehrten  mit  dem  Museum  verbin- 
den. Ministerialdirektor  Althoff,  der  bei 
der  Debatte  zugegen  war,  griff  die  Idee  so- 


deutseher  Kunstschätze  als  irgend  ein  an- 
deres Universitätsmuseinn.  Von  Karl  dem 
Grossen  bis  zum  zehnten  Jahrhundert,  vom 
I\Iittelulter  bis  zu  Dürer,  llolbein  und 
Peter  Vischer  sind  Skulptur,  Malerei  und 
Kunstgewerbe  vertreten.  Die  Reforma- 
tionszeit, die   Renaissance  und,  soweit  wie 


298 


DEUTSCH K  LEHRER  UND  UNR'ERSITAETS-PROFESSOREN. 


mö^'licli.  selbst  dit*  Modornc.  kurzuni  jode 
wichtitr«'  Stufe  in  (in-  Kiitwiekhuig  deut- 
scher Kultur  und  Kunst,  sind  hier  veran- 
s»'haulieht.  Ohuolil  das  Museiun  nur  zwei 
Ta<re  der  Woche  (h'iii  Puhlikuni  otTen  steht, 
haben  l)ereits  hunderttausende  von  liesu- 
clu'i-n  die.se  Sehatzkanuner  unvergänglicher 
Wert  he  hesuelit.  Schon  .ji'tzt  jedoch  ist 
das  .Museum  fnindistcns  (hriwal  zu  klein, 
um  die  Kunstwerke,  die  es  beherbergt,  ge- 
bührend zur  Geltung  zu  bringen.  Vm. 
seinen  Zweck  erfüllen  zu  können,  ist  für 
das  .Museum  ein  neues  Gebäude  geplant,  da 
eine  gros.se  Kultur  nur  in  einem  entspre- 
chenden (tcbäuile  wirk.sam  in  ihrer  histo- 
rischi'u  Entwicklung  vor  Augen  geführt 
werden  kaini. 

rrofc.s.sor  JI(  niiann  Colliiz,  seit  1907 
Prnfes.sor  der  germani.schen  Philologie  an 
der  Johns  Hopkins-Universität  in  Balti- 
more, kam  im  Jahre  1886  nach  Amerika, 
nachdem  ei-  ein  Jahr  lang  Privat-Dozent 
für  Sanskrit  und  vergleichende  Sprachwis- 
senschaft in  Halle  gewesen  war.  Er  wurde 
hier  Professor  an  der  trefflichen  Frauen- 
HcK'h.schule  zu  Bryn  Mawr  in  Pennsylva- 
nien.  Geboren  am  4.  Februar  1855  in 
Bleckedi'.  Hannover,  .studirte  Collitz  in 
(;öttiny:cn  uiul  Berlin.  Er  hat  sich  durch 
verschiedene  bedeutende  wis.senschaftliche 
Arl)eiten  in  der  Gelehrtenwelt  einen  Na- 
men gemaclit.  Er  ist  Vize-Präsident  des 
Germanischen  ^Museums  der  Harvard-Uni- 
versität. 

Iliins  Karl  Gihühcr  v.  Jarjcmann,  Chef 
der  AbthciJung  für  moderne  Sprachen  an 
di-r  Harvard-Universität,  ist  in  Grottkau 
(Schlesien)  geboren.  Er  begann  seine 
Stiulien  in  Leipzig  und  beendete  sie  an 
der  Johns  Hopkins-Univei-sität.  Früher 
Präsident  der  „.Modern  Language  Associa- 
tion" und  Mitherausgeber  der  „^Modern 
Languages  Notes",  entfaltete  er  für  die 
wichtige  Gesellschaft  eine  umfangreiche 
Thätigkeit.  Von  1886  bis  1889  wirkte  er 
als  Professor  der  deutschen  Sprache  und 
Literatur  an  der  Universität  von  Lidiana 


und    wurde    von    dort   an   seinen   jetzigen 
I Nisten  berufen. 

Profes.sor  der  Psychologie  an  der  Har- 
vard Universität  ist  der  am  1.  April  1863 
in  Danzig  geborene  Hugo  Mün>,tcrh ()•(),  der 
.seine  Studien  in  Genf,  Leipzig  und  Heidel- 
berg absolvirte  und  nach  mehrjähriger 
Lehrthätigkeit  an  der  Universität  Freiburg 
im  Breisgau  an  die  Harvard-l'niversität  im 
Jahre  1892  berufen  wurde.  Er  trat  lebhaft 
für  die  Anknüpfung  und  Festigung  freund- 
.schaftlicher  Beziehungen  zwischen  Deutsch- 
land und  den  Vereinigten  Staaten  ein  und 
organisirte  den  internationalen  Gelehrten- 
Kongress  in  der  St.  Louiser  AYeltausstel. 
lung.  Er  verfasste  etwa  200  Essays,  ferner 
erschienen  von  ihm:  „Beiträge  zur  experi- 
mentellen P.sychologie ",  „Grundzüge  der 
Psychologie",  „Psychology  and  Life", 
„Eternal  Life",  „Science  and  Italism", 
..Philosophie  der  Werthe",  „American 
Traits".  ..Der  Amerikaner"  und  1908  ein 
Buch,  da.s  sich  mit  den  Deutschen  in  Ame- 
rika befas.st  und  „Aus  Deutsch-Amerika" 
betitelt  ist.  Als  Dichter  hat  er  sich  unter 
dem  Pseudonym  Hugo  Terberg  mit  Erfolg 
versucht. 

Der  bekannte  Lehrer  der  ,, politischen 
und  sozialen  Ethik"  an  der  Columbia  Uni- 
versität in  New  York,  Felix  Adler,  erblickte 
in  Alzey,  Deutschland,  am  13.  Augu.st  1851 
das  Licht  der  Welt,  kam  1857  mit  seinen 
Eltern  nach  Amerika,  studirte  an  der  Co- 
lumbia Universität  und  machte  sein  i)hilo- 
sophisches  Doktor-Examen  1872  in  Berlin, 
war  Professor  der  hebräischen  und  orien- 
tali.schen  Literatur  an  der  Cornell  Univer- 
sität, gründete  1876  die  ,,New  York  Society 
for  Ethical  Culture"  und  Avurde  dann  Pro- 
fessor der  Ethik  an  der  Columbia  Univer- 
sität. Er  verfasste  „Creed  and  Deod", 
„The  :\roral  In.struction  of  Children", 
„Life  and  Destiny"  und  „Marriage  and 
Divorce". 

Professor  des  Deutschen  an  der  Univer- 
sität New  York  wurde  im  Jahre  1846  der 
1821  in  Leipzig  geborene,  aber  als  12jähri- 


DEUTSCHE  LEHRER  UND  UNIVERSITAETS  PROFESSOREN. 


299 


ger  Knabe  nach  Amerika  gekommene  Georg 
J.  Adler.  Er  studirte  in  New  York.  Als 
Professor  wirkte  er  bis  zum  Jahre  1854. 
Sein  „German-English  Dietionary",  seine 
„German  Grammar",  sein  3Ianual  of  Ger- 
man  Literature"  sind  noch  heute  im  Ge- 


in  New  York  ansässig  ist.  hervorgethan. 
Er  hatte  das  Gymnasium  in  Hannover  be- 
sucht, sich  dann  der  Offiziei-s-Karriere  zu- 
gewandt und  den  deutsch-französischen 
Krieg  als  Seconde-Lieutenant  mitgemacht. 
Bald  nach  demselben  siedelte  er  nach  New 


PROF.    HANS   VON   JAGEMANN, 
von  der   Harvard   Universitaet,   Chef   der   Abtheilung   der   moderne   Sprachen. 


brauch.    Er  starb  im  Jahre  1868  im  Irren- 
hause in  Bloomingdale,  N.  Y. 

Als  Lehrer  der  deutschen  Sprache  und 
Mitarbeiter  an  G.  J.  Adler 's  „German- 
English  Dietionary"  hat  sieh  der  am  3.  Mai 
1849  in  Deutschland  geborene  Eduard 
Althmis.  der  seit  Anfang  der  70er  Jahre 


York  über,  wo  er  als  Lehrer  der  deutschen 
Sprache  an  verschiedenen  Privatschulen 
thätig  war. 

In  Washington  wirkte  von  1882—96  als 
Leiter  des  deutschen  Unterrichts  der  in 
Halle  an  der  Saale  geborene  Veteran  des 
deutsch  -  französischen     Krieges     Wilhelm 


300 


DEl'TSCHK    LKUHKK    VSU    IM  VKKSITAETSPROFESSOBEX. 


Bernhardt,  dt-r  an  tltr  rnivi-isitäl  Liii)zig 
IMiilolo^'io  studirt  halt»'  iiiul  im  Jahre  1881 
nach  den  Vcr.  Staaten  «.'fkoninien  war.  Ya' 
verfiussto  Sehull)iu'lK'r  zun»  rnterricht  der 
deut.selien  Sprache  und  eine  deutsche  Lite- 
ratur-! icschichtc  Besonders  verdient  sio- 
niaeht  hat  er  sieh  als  IIeraus«reber  von 
Sehul-Au.s^rahen  deutscher  Prosawerke  uiid 
Dicht un^'en  mit  erklärenden  Ainnerkun-reu 
in  en*;liseher  Sprache.  Er  ist  in  Wasli- 
inyton  an.sä.ssitr. 

l*r(ifes.sor  iV's  Khivier-rntei-richts  und 
der  Musik-Theorie  an  der  Syraeu.se  Univer- 
sität ist  der  in  Sehwerin,  Mecklenburg,  im 
Dezember  1864  geborene  WilJirhn  B<  rwald. 
Kr  hatte  an  den  Konservatorien  in  Mün- 
elien  und  Stuttgart  unter  Riieinberger  und 
Faisst  studirt.  Auch  als  Kapellmeister 
und  Komponist  hat  er  mit  ?]i-folg  sich  ver- 
suciit.  Kl-  kam  im  Jahre  189'J  iiacli 
Amerika. 

Als  katholischer  Schriftsteller  liat  sich 
einen  Namen  gemacht  der  Lehrer  am  Ca- 
nisius-KoUegium  in  Buffalo.  Franz  Betten, 
geboren  am  26.  Api-il  lSG:i  in  "Woeklum, 
Kreis  Arnsberg,  "Westfalen.  Er  über- 
setzte die  Jugendsehriften  Francis  James 
Finn's  ..Tom  Plavfair",  „Perev  Wvnn", 
J.Ada  Merton"  etc.  in 's  Deutsche  und  ver- 
fa.sste  den  Katalog  der  katholischen  "Werke 
in  der  Butl'aloer  Stadtbibliothek. 

Professor  der  Biologie  an  der  Tulane 
Univei-sität  in  New  Orleans  ist  Dr.  Georg 
Emjin  Beyer.  Am  9.  September  1861 
in  Dn^den  geboren,  war  er  ein  Schüler 
Dr.  Alfred  Brehm's.  des  bekannten  Verfas- 
sers des  „Thierleben  ",  des  f]ntomologen  Dr. 
Otto  Staudinger  und  des  Botanikers  Dr. 
Engelhart.  Nach  Forschungsreisen  durch 
Central-  und  Süd- Amerika  lie.ss  er  sieh  im 
Jahre  1883  in  New  Orleans  nieder.  Er 
wurde  im  Jahre  1899  ordentlicher  Profes- 
sor an  der  genannten  Universität.  Er  ver- 
fasste  werthvolle  natunvi.ssenschaftliche 
"Werke,  sowie  den  Berieht  der  nach  "\'^era 
Cruz.  Mexico,  gesandten  Gelbfieber-Kom- 
mission. 


Profes.sor  ilcr  Anthropologie  an  der  Co- 
lumbia-Universität in  New  York  ist  der  am 
9.  Juli  1858  in  .Minden.  "Westfalen,  gebo- 
rene Franz  Boas.  Er  studirte  in  Heidel- 
berg, Bonn  und  Kiel.  In  1883  und  1884 
erforschte  er  Battin's  Land,  dann  .studirte 
er  die  Indianer  in  Britiseh-Columbia  und 
leitete  die  Operationen  und  Publikationen 
der  Jesup 'sehen  Xord-Paeific-Expedition. 
Er  docirte  an  der  Universität  Berlin,  dann 
an  der  Clark  Universität  in  "Worce.ster, 
Ma.ss.,  war  erster  Assistent  der  anthropolo- 
gischen Abtheilung  des  naturwi.s.senschaft- 
licheii  [Museums  in  New  York,  deren  Ku- 
rator er  1900  wurde.  Seit  1898  i.st  er  Pro- 
fessor der  Anthropologie  an  der  Columbia- 
L'niversität  in  New  Y'ork.  Er  ist  [Mitglied 
der  bedeutendsten  anthropologischen  Ge- 
sellschaften Europa 's.  Die  Resultate  seiner 
Forschungen  hat  er  in  einer  R<'ihe  von 
AVerken  niedergelegt,  von  denen  die  meisten 
in  engli.scher  Sprache,  ..Baffin  LaiuU'  und 
„Indianische  Sagen"  in  deutscher  Sprache 
geschrieben  sind. 

Mitglied  des  Verwaltungsrathes  der  imv 
Jahre  1850  in  Columbus,  O.,  gegründeten 
Capital  University  und  langjähriger  Lehrer 
an  derselben  ist  Pastor  Ernst  Adolf  Böhme, 
geboren  am  11.  Mai  1848  in  Zittau,  Sach- 
sen. Er  ist  auch  Präsident  des  deutschen 
theologi.schen  Seminars  in  der  Staats- 
TTauptstadt  von  Ohio.  Er  war  mehrere 
Jahre  Redakteur  der  ,, Kinderfreude"  und 
der  „Kirchenzeitung".  Er  wirkt  als  Pastor 
an  der  [\Iartin  Luther  Kirche  in  Youngs- 
town,  0. 

Oskar  Bolza,  der  Professor  der  IMathe- 
matik  an  der  Universität  von  Chicago  ist, 
erblickte  am  12.  [Mai  1857  in  Bergzabern, 
Deutschland,  das  Licht  der  Welt.  Er  stu- 
dirte in  Berlin,  Heidelberg,  Stra.s.sburg  und 
Göttingen.  Er  ist  [Mitglied  der  ,, American 
IMathem.  Society"  und  der  „Deutschen 
Mathematiker-"Vereinigiing". 

Seit  1883  ist  Professor  des  Deutschen  am 
Hamilton  College  in  Clinton.  N.  Y.,  der 
am  15.  Dez.  1850  in  "Pilsen  (Hannover)  ge- 


DEUTSCHE   LEHRER    UXD   UNIVERSITAET.S-PROFESSOREN. 


301 


borene  IIcniKUin  Carl  (horij  Brandt.  Er 
wirkte  eine  Zeit  laiiy  an  dei-  Johns  Hopkins 
Universität.  Er  ist  unter  anderem  der  Ver- 
fasser eines  dentseh-en^Iisehen  und  enij:- 
lisch-deutsehen  AVörterl)uelu's. 

Als    Redakteur    der    Zeitsehriften    „The 
Open  Court"  und  „The  ^fonist",  sowie  als 


Greifswahic  und  Strassbury.  wai-  Ober- 
lehrei-  am  königlichen  Kadetten-Korps  in 
Dresden,  kam  ISSI  naeli  Amerika,  wo  er 
zuerst  als  Lehrer  und  Sehrift.steller  und 
seit  1887  als  Redakteur  wirkte.  Nament- 
lich interessant  sind  seine  Abhandlini^'en 
und   Essays  über  Buddha  und  den  Budd- 


PROF.    HUGO    MUENSTERBERG, 
von   der    Harvard   Universitaet,   der  um   den   Professoren-Austausch  sich   verdient   gemacht   hat. 


Philosoph  und  Schriftsteller  hat  sich  der 
in  La  Salle,  111.,  ansüssige  Paul  A.  Carus 
eine  hei-vorragende  Stellung  erworben.  Er 
\vurde  als  Sohn  des  späteren  General- 
Superintendenten  Gustav  Carus  am  18. 
Juli  1852  in  Ilsenburg  im  Harz  geboren, 
studirte    an    den    Universitäten    Tübingen, 


hisnms,  sowie  die  chinesische  Philosophie 
und  chinesisches  Denken,  Leben  und  Sit- 
ten :  er  schreibt  in  englischer  Sprache,  ist 
Älitglied  der  „American  Oriental  Society" 
und  anderer  gelehrter  Gesellschaften. 

Als  Austausch-Professor  an  der  Harvard- 
U^niversität   wirkte    von    1907 — 8  Dr.   Paul 


302 


DEUTSlHK   LKHRKK    IM)    IM  VKKSITAETS-PROFESSOREX. 


deinen.  Professor  der  Kunst-Geschichte  an 
der  l'niversität  Bonn.  Er  erl)lickte  am  31. 
Oktober  ISG«)  in  Sommerfeld  ihis  Licht  der 
Welt,  studirte  in  Leip/i«r.  lionii  inid  Strass- 
l)ur«r  und  wurde  1!><>"J  l'rote.ss(.r  in  Jioiui. 
nachdem  er  dn-i  .lahre  huij?  Professor  der 
Kun.st-Oescliichte  und  Literatur  an  der 
Kunst-Akademie  in  l)üs.sehh)rf  gewesen 
war.  Kr  beschäfti<rt  sich  haupt.sächlicli  mit 
th'ut.schcr  Kunst. 

Henry  Cohn  war  1847  in  Breslau  ffeboren, 
aber  schon  als  Knal)e  hier  ein<rewandert.  Er 
graduirte  1870  am  New  Yorker  Columbia 
College,  um  später  noch  drei  Jahi'e  in  Ber- 
lin CJeschichte.  Pliilosophie  und  Germa- 
nistik zu  Studiren.  Nach  einer  Lehrthätig- 
keit  an  verschiedenen  höheren  Schulen 
wurde  er  1876  Profes.sor  am  Amherst  Col- 
lege in  Ma.ssachusetts,  um  später  die  — 
bis  an  sein  Lebensende  äusserst  erfolgreich 
bethätigte  —  Leitung  der  deutschen  Ab- 
theilung an  der  „Sonuneruniversität"  zu 
Chautau(|ua  zu  übernehmen.  Seit  1893  bis 
zu  seinem  7  Jahre  später  erfolgten  Tode 
war  er  Ililfsprofessor  des  Deutschen  an  der 
Northwestern  L^uiversität  in  Evanstön  — 
Chicago. 

Vom  Jahre  1888  bis  zu  seinem  lOO-i  er- 
folgten Tode  hat  sieh  Verdienste  um  das 
deutsche  Lehrer-Seminar  in  INIilwaukee  der 
am  20.  August  1841  in  Emmerichenhain 
im  Na.ssauischen  geborene,  im  Seminar  in 
Usingen  ausgebildete  und  im  Jahre  1864 
ausgewanderte  Emil  DappricJt  erworben. 
Er  wurde  später  Lehrer  der  Naturwissen- 
schaften an  der  Hochschule  in  Belleville, 
111.,  und  daiui  Schul-Superintendent  von 
St.  Clair  Co.  Im  Jahre  1888  wurde  er 
nach  ^lilwaukee  berufen. 

Ebenso  wie  Professor  Learned  ist  Prof. 
Robert  Waller  Dcering  als  ein  Vorkämpfer 
für  deut.sche  Sprache  in  Amerika  zu  be- 
zeichnen. Er  lehrt  germanische  Sprachen 
und  Literatur  an  der  Western  Reserve  Uni- 
ver.sity  in  Cleveland,  0.,  seit  1892.  Geboren 
in  Hogansville,  Ga.,  am  27.  Juni  1865,  er- 
hielt er  seine  wissenschaftliche  An.sbildung 


an  der  Vanderbilt  University  in  Nashville, 
Tenn..  und  in  Leipzig,  wo  er  1889  promo- 
virte.  Er  lehrte  zuei-st  an  der  Vanderbilt 
l'niversität  und  dann  an  der  Western  Re- 
.serve.  Er  hat  Schiller 's  „Wilhelm  Teil" 
und  Goethe 's  ..Egmont"  mit  erklärenden 
.\iimerkungen  lierausgegeben.  Er  veröf- 
fentlichte ausserdem  /ahlreiche  Monogra- 
phien in  fachwissenschaftlichen  Blättern. 

Am  ..Ilebrew  Tnion  College"  in  Cincin- 
nati.  ()..  ist  seit  dem  Jahre  1891  Professor 
Gutthanlt  Deutsch  thätig.  der  am  31. 
Januar  1859  in  Kanitz,  ^lähren,  geboren 
wai-.  Im  Jahre  1903  wurde  er  Direktor  des 
College.  Er  hatte  in  AVien  und  am  Jüd. 
Theol.  Seminar  in  Breslau  studirt  und  war 
im  Jahre  1891  nach  Amerika  berufen 
worden. 

Ein  hervorragender  Deutsch-Amerikaner 
ist  der  in  Milwaukee,  Wis.,  ansässige  prak- 
tische Arzt  imd  Präsident  des  nordameri- 
kanischen Bundes  der  freien  Gemeinden, 
F.  Werner  Dodel,  geboren  am  19.  Februar 
1850  in  Affeltrangen,  Kanton  Thurgau  in 
der  Schweiz.  Er  studirte  in  Zürich,  war 
Lehrer  in  der  Schweiz,  in  England  und 
von  1875  in  Amerika.  Im  Jahre  1894—97 
studirte  er  Medizin  am  Wisconsin  College 
of  Physicians  and  Surgeons,  Aveil  er  als 
Lehrer  vielfach  seiner  freigeistigen  An- 
schauungen wegen  angefeindet  wurde. 
Seine  Schriften  sind  namentlich  in  den 
freien  Gemeinden  bekannt. 

Lehrer  der  deutschen  und  französischen 
Sprache  in  den  Schulen  New  York 's  ist  der 
am  1.  Juni  1835  in  Strassburg  im  Elsass 
geborene  Adolf  Brey spring.  Er  hat  zahl- 
reiche Schulbücher  verfasst. 

Professor  der  Zoologie  an  der  Indiana 
Universität  in  Bloomington,  Ind.,  seit  1891 
ist  der  in  Flehingen,  Deutschland,  im 
Jahre  1863  geborene  Carl  H.  Eigenmann. 
Er  hat  namentlich  über  Fische  viele  Ab- 
handlungen geschrieben. 

Ein  hei-A^orragender  Pädagoge  und  fach- 
wissenschaftlieher  Schriftsteller  ist  der 
Vorsteher    der    „Woodycliff    School"    in 


DEUTSCHE   LEHRER    FXD   UNI  VERSITA  ETSPROFESSOREN. 


303 


South  Orange.  X.  J.,  Wilhelm  Julius 
Eckoff,  geboren  in  Hamburg  am  24.  März 
1854.  Er  absolvirte  das  dortige  Lehrer- 
Seminar,  studirte  dann  an  der  „Sehool  of 
Pedagogy"  der  Universität  der  Stadt  New 
York  und  erhielt  den  philosophischen  Dok- 
tor-Titel von  der  Columbia-l^niversität.  Er 
wirkte  eine  Zeit  lang  als  Direktor  des  ,.Co- 
legio  National"  in  Granada.  Niearagua. 
und  als  Professor  der  Philosophie  und  Pä- 
dagogik an  der  Universität  von  Colorado, 
sowie  als  Professor  der  Pädagogik  an  der 
Universität  von  Illinois. 

Arnold  Emch,  geboren  am  24.  März  1871 
in  Ilessigkofen  in  der  Schweiz,  ist  seit  1902 
Professor  der  Mathematik  an  der  Univer- 
sität von  Colorado  in  Boulder,  Colo.  Er 
schrieb  ,.Au  Introduction  to  Projective 
Geometry". 

Präsident  der  Northwestern  Universität 
in  "Watertown,  Wis.,  seit  1870  ist  der  am 
25.  Juni  1841  in  Hannover  geborene  und 
im  Jahre  1863  nach  Amerika  gekommene 
lutherische  Theologe  Aiigust  Friedrich 
Ernst,  der  mehrere  Jahre  lang  Präsident 
der  Vereinigten  Synode  von  Wisconsin, 
Älinnesota  und  ^Michigan  war. 

Präsident  des  Lutherischen  Seminars  in 
St.  Paul  und  Professor  der  Theologie  seit 
dem  5.  Januar  1885  ist  der  in  Anspach- 
Uringen  am  17.  IMai  1842  geborene  Heinrich 
Ernst.  Sein  theologisches  Examen  hat  er 
am  Concordia  College  in  St.  Louis  be- 
standen. 

A.  B.  Faust,  Professor  des  Deutschen  an 
der  Cornell-Universität  in  Ithaca,  N.  Y., 
und  früher  in  gleicher  Stellung  an  der 
Wesleyan-Universität  in  ^Midietown,  Conn., 
wurde  1870  in  Baltimore,  >Md.,  geboren, 
studirte  an  der  Johns  Hopkins-Universität, 
wo  er  1892  als  Dr.  phil.  promovirte.  Seit 
1896  leitete  er  die  deutsche  Abtheilung  an 
der  AVeslej^an-Universität.  L'nter  seinen 
Schriften  dürfte  die  Biographie  des  , .Dich- 
ters beider  Hemisphären",  Charles  Seals- 
field,  am  meisten  interessiren.  Für  seine 
„Geschichte  des  Deutschthums  in  Amerika" 


erhielt    er    anfangs    des    Jahres    l!)()8    den 
ersten  Preis  in  Höhe  von  $3.000. 

Als  l*rofessor  des  Deutschen  wirkt  am 
IVnnsylvania  State  College  der  von  deut- 
schen Eltern  in  Bernville,  Berks  County, 
Pa.,  am  3.  Jimi  1864  geborene  und  am 
Lafayette  College  in  Easton.  Pa.,  gebildete 
Daniel  Fchr. 

Voi-steher  des  deutschen  T'nterrichts  an 
den  ölfentlichen  Scliulen  Cinciiniati's  ist 
der  am  16.  August  1849  in  Lübeck  gebo- 
rene und  1864  ausgewanderte  H.  H.  Fiel:. 
Ehe  er  sich  dem  Lehrfach  widmete,  war  er 
journalistisch  thätig.  Eine  seiner  Arbeiten: 
,,Die  Ptlege  des  Schönheitssinnes  in  der  Er- 
ziehung" wurde  vom  Lehrerbund  preisge- 
krönt. Verdienstvoll  ist  auch  seine  Abhand- 
lung über  „Die  deutsch-amerikanische 
Dichtung".  Der  Lehrerbund  wählte  ihn 
im  Juni  1909  auf  dem  Konvent  in  New 
York  zu  seinem  Präsidenten. 

An  Dr.  Ziegfeld 's  „Musical  College"  in 
Chicago  seit  1905  A^rkt  Kapellmeister 
Alexander  von  Fielitz,  der  am  28.  Dezem- 
ber 1860  in  Leipzig  das  Licht  der  Welt  er- 
blickte, das  Konseiwatorium  in  Dresden  ab- 
solvirte und  in  Zürich,  Lübeck,  Leipzig 
imd  später  am  Stem 'sehen  Konservatorium 
in  Berlin  thätig  war. 

Professor  der  germanischen  Sprachen 
und  Literatur  an  der  L'^niversität  von  Ne- 
brasca  in  Lincoln  ist  der  in  Württemberg 
am  12.  März  1857  geborene  Lorenz  Fosslcr. 
Er  ist  seit  1872  in  Amerika. 

Professor  der  Rechte  an  der  Universität 
Chicago  ist  der  am  30.  Juni  1864  in  New 
York  geborene,  aber  in  Deutschland  erzo- 
gene Ernst  Freund,  der  seine  Studien  in 
Berlin  und  Heidelberg  sowie  an  der  Colum- 
bia T^niversität  in  New  York  absolvirte. 
Ln  Jahre  1892  wurde  er  Dozent  an  letztge- 
nannter Universität  und  ward  1894  nach 
Chicago  berufen. 

Ludwig  E.  Fürbringer  ist  Professor  der 
Theologie  am  evangelisch-lutherischen  Con- 
cordia-Seminar  in  St.  Louis.  Er  wurde  am 
29.  Älärz  1864  in  Francemuth,  Mich.,  gebo- 


304 


DEUTSCIIK   LKIlKKi;    IM»    IM VF:ks1TAKTS-PRüFESS0REX. 


ren.  Sein  Vat«'r  war  l'astor  dasclltst  uml 
stamnito  aus  einer  alten  .luristen-Faniilie  in 
(Jera.  Keuss  j.  L.,  während  die  Alutter.  p-b. 
A^nes  Hünj:er.  einem  alt<'n  Pastoren-Ge- 
sehh'eht  im  Köni«?reieh  Sjiehsen  an.i;ehörte. 
l'rofessor  wurile  Ludwi«;  Fürbrin^'er  im 
.lalire  ISW.i. 

Ei-ster  Hilfs-liibliotliekar  an  der  „Public 
Library"  in  (*hieajj:o  ist  der  am  81.  Aujrust 
1S4'J  in  Stuttgart  «jeborene  Ernst  F.  L. 
(iauss.  Er  kam  aLs  17jährii?er  nach  Ame- 
rika, diente  in  der  rnions-Armee  in  den 
.Jahren  1801 — ()3,  wurde  dann  (Jeistlieher, 
war  von  1S74 — 78  im  Kirehendienst  des 
Kantons  Zürieh  in  der  Scliwei/,  war  Pastor 
in  (Jalena.  111..  und  ist  seit  1887  erster 
Ililfs-Hibliothekar  in  Chieago.  Er  zeich- 
nete sich   namentlich   als   Uebersetzer   au.s. 

Julius  (iöbd  wurde  1857  in  Frankfurt 
a.    .M.    tri'boren.    .studirte    Philosophie    und 
Sanskrit    in    Leipzig    und    Tübingen,    kam 
daini    mit    seinem    Vater,    dem    bekannten 
deut.seh-amerikanischen  Pädagogen  Ludwig 
(ii)b(l.  naeh  Amerika  und  erhielt  bald  einen 
Ruf  an  die  Johns  Hopkins.     Sehr  erfolg- 
reich   waren    .seine    deutsehen    öffentliclien 
Vorträge  über  Literaturgeschichte  in  den 
Jahren  1886—87.    Von  1888  bis  1892  redi- 
girte  er  das   ., Belletristische   Journal"   in 
New  York,  darauf  wirkte  er  an  der  neuge- 
gründeten Leland  Stanford  jr.-Universität 
in   Californieii.     1894  gelang  'es  ihm,  den 
Ankauf    der     berühmten     Rudolf     Hilde- 
brand'sehen    liibliothek   für   diese   Univer- 
sität durclizu.setzen.     Nach  einer  längeren 
Wirksamkeit    an    der   Harvard-Universität 
folgte   er   einem   Rufe   an   die   Universität 
Chicago.    Von  seinen  zfihlreichen  Schriften 
dürften  die  folgenden  für  das  grosse  Publi- 
kum am  interessantesten  sein :  „Ueber  die 
Zukunft     unseres     Volkes     in     Amerika", 
..Faust-Studien",  „Zur  Geschichte  der  Sieg- 
friedsage".     Seine    Festrede    zur    Fichte- 
Feier  fand  überall  gros.sen  Beifall. 

Professor  der  Chemie  an  der  Landwirth- 
sehaftlichen  Schule  des  Staates  ]\Iassachu- 
setts  in  Amhcrst  seit  1869  ist  der  am  13. 


Juni  1827  in  Naumburg  geborene  und  an 
der  Tniversität  (Jöttingen  wissen.schaftlich 
gebildete  Kiirl  Anton  (jOfssmanii.  p^r  war 
im  Jahre  l,sr)7  nach  den  Ver.  Staaten  ge- 
kommen und  war  zuerst  in  Zuckerfabriken 
und  anderen  indu.striellen  Betrieben  als 
Chemikei-  thätig. 

Dapprich's  Naehfolger  nach  dessen  Tode 
im  Jahre  1904  als  Direktor  des  Deutsch- 
Amei-ikanisehen  Lehrer-Seminars  und  der 
Deutsch- Englischen  Akademie  in  ^lilwau- 
kee.  AVise.,  wurde  der  am  18.  Juli  ISfJl  in 
Zduny.  Prov.  Posen,  geborene  Max  Alfred 
August  Grichsch.  Er  war  naeh  Absolvi- 
rung  des  königlichen  Lehrer-Seminars  in 
Bunzlau.  Schlesien,  im  Jahre  1890  nach 
Amerika  ausgewandert,  wo  er  zuerst  in 
Cincinnati  und  dann  in  .Mihvaukee  thätig 
war.  Er  ist  ein  eifriger  Vertheidiger  der 
Beibehaltung,  beziehungswei.se  Einführung 
des  deutschen  Si>rachunterriehts  in  den 
öfTentliclien  Schulen  und  Redakteur  der 
.Monatsschrift  für  deutsche  Sprache  und 
Pädagogik. 

Profes.sor  an  der  deutschen  Abtheilung 
der  Yale  Universität  wurde  im  Jahre  1897 
der  1863  in  New-Haven  geborene  Gustav 
Grüner.  Er  hat  an  der  Yale  Universität, 
.sowie  in  Berlin  und  ]\Iünchen  studirt. 

Seit  1900  wirkt  an  der  Universität  von 
Nebraska  in  Lincoln  als  Professor  der  deut- 
schen Literatur  der  am  4.  Oktober  1872  in 
Indianapolis  von  deutschen  Eltern  gebo- 
rene Paul  II.  G rummann. 

Professor  der  Physik  an  der  Staats-Uni- 
versität von  Iowa  in  Iowa  City  seit  1905 
ist  der  in  Hannover  am  5.  IMärz  1866  gebo- 
rene, an  den  Universitäten  Strassburg, 
Berlin  und  :\Iarburg  gebildete  und  1892 
nach  Amerika  gekommene  Karl  Eugen 
Guthc.    Sein  Spezialfach  ist  Elektrizität. 

Direktor  des  Obser^^atoriums  der 
„Georgetown  University"  in  Washington 
seit  1888  ist  der  am  6.  März  1847  in  Bre- 
genz  am  Bodensee  geborene  Astronom 
Johann  Georg  Hagen.  Er  studirte  in 
:Mün.ster  und  Bonn  und  trat  1863  in  den 


DEUTSCH t:   hi:ilKEK    lyiD   UNiVKlJSiTAi:T«-i'KUi''E««UKl-:N. 


305 


Jesuiten-Ortlon  ein.  Im  .Inhri'  1880  kiiiu 
er  nach  Amerika.  Von  seinen  Werken  sind 
zu  nennen  :  ,. Synopsis  der  Höheren  ^lathe- 
matik",  „Atlas  Stellaniiii  Vai-ialiiliiiin'". 
(Beobaclituniren  veräiidcrlieher  Sterne j. 

Professor  der  Psyeliologie  an  der  Chi- 
cago Normal  Sehool  ist  der  am  20.  Oktober 
1836  in  Glaris  in  der  Sehweiz  geborene 
Dr.  Wilhelm  Nikolaus  Ilailmann.  Er  hatte 


Schulen,  Superintendent  des  Schul-Unter- 
rifhts  in  Dayton,  O.  Er  hat  zahlreiche 
Sehriften  verfasst  ül)er  Anschauungsunter- 
i-icht,  Geschichte  der  Pädagogik,  Kinder- 
garten-Pflege, Jugend-Erziehung  u.  s.  w. 
Er  ist  in  Chicago  ansässig. 

Professor  der  semitischen  Sprachen  und 
Direktor  des  orientalischen  Seminars  der 
Johns  Hopkins  Universität  seit  1883  ist  Dr. 


PROF.    DR.    WILLIAM    HAUSSMANN. 

der  Verfasser  des  Protestes   gegen    Botschafter  James  Bryce's  Herabsetzung  der  Deutschen   in  Amerika 
und  Verkleinerung  ihrer  kulturellen  Verdienste  in  dessen  Lehrbuch    "The  American  Commonwealth". 


Medizin  und  Naturwissenschaften,  sowie 
Pädagogik  studirt.  Er  war  Direktor  der 
„German  and  English  Academy"  in  Louis- 
ville,  Ky.,  Direktor  der  „German  and 
English  Academy"  in  Milwaukee,  Direktor 
des  „Deutsch- Amerikanischen  Seminars" 
in  Detroit,  Schul-Superintendent  in  La 
Porte,  Ind.,  Superintendent  der  Indianer- 


Paul  Haupt.  Er  hatte  am  25.  November 
1858  in  Görlitz,  Schlesien,  das  Licht  der 
Welt  erblickt.  Er  studirte  in  Leipzig, 
Glasgow  und  Berlin,  war  1880—83  Privat- 
dozent in  Göttingen  und  wurde  im  letztge- 
nannten Jahre  zum  ausserordentlichen 
Professor  der  Assyriologie  daselbst  er- 
nannt.    Im   gleichen   Jahre   wurde   er  an 


30« 


DKUTSdlK   LKIIKKH   UND   UNIVERSITAETS-PROFESSOREX. 


die  .lolins  Hopkins  berufen  inul  war  bis 
zinii  .liilire  \Hf<\)  an  beiden  l'niversitäten 
tbiiti}.'.  niinili«-b  im  Sommer  in  (Jöttinjjen 
und  im  Winter  in  lialtimore.  Prof.  Haupt 
ist  Kbren-Kurator  tb'r  bistoriseh-arehäolo- 
i;iseben  Abtbeilunjr  des  Ver.  St.  Xationiil- 
Rlnseums  in  Wasbiiiirton.  besonders  ])e- 
rülniit  «rewonb'U  ist  er  dureb  die  Heraus- 
<:abe  dir  ,.l'oIyebrome-Bil)le".  einer  kriti- 
selieii  .\us«,'abe  (b's  bebräiselien  Textes  des 
Alten  Testaments  neb.st  einer  neuen  enjrli- 
seben  l'elH'rsetztni^  (b'ssell)en  mit  erklä- 
reiKb'u  Ainnei-kun^'eii.  Das  Ei<renartiu:e  an 
dieser  Bibehiusj^abe  bestebt  (birin,  dass  ver- 
sebiedene  Farlx-n  verwandt  worden  sind, 
um  die  einzelnen  (^ueUen  und  Bestand- 
Ibeib'  in  (b'u  Büebern  des  Alten  Testaments 
kbii-  zu  untersebeiilen.  Die  Hearl)eitung 
eines  jeden  derselben  war  einem  beson- 
deren Kenner  überwie.sen  worden.  Unter 
Haupt  *s  as.svrisehen  lieiträijen  sind  liervor- 
zubeben  seine  Ausgrabe  des  „Ximrodepos" 
(Tbe  (}il«ramesb  Epie).  „Akkadiselie  und 
sunu*risebe  Keil.sebrifttexte".  ..Die  akkadi- 
.sebe  Spraebe",  „Sunun-isebe  Familien-Ge- 
setze" und  anderes  nu'br.  .Mit  Friedrieb 
l)elit/-seb  «riebt  Haupt  die  in  Leipzig  er- 
sebeinenden  ..Heiträge  zur  Assyriologie  und 
semiti.selien  Spraebwisseuscbaft ' '  beraus. 

Willidiii  IlaKssnuiini  wuivle  in  Stuttgart 
am  4.  Mai  ISTO  geboren,  kam  im  Herbst 
1880  mit  seinen  Elteni  und  drei  Brüdern 
naeb  l'biladelpliia,  l)esuebte  die  öft'entlieben 
Sebulen  und  absolvirte  die  Knabenboeb- 
sebub'  im  Jujii  1888.  Er  versuebte  sieb 
eine  Zeit  lang  als  Handelsgebilfe,  wurde 
jedoeb  dureb  seiiini  ältesten  Bruder,  den 
in  deutseb-amerikaniseben  Kreisen  woblbe- 
kannten.  für  alle  Bestrebungen  der  Deutseb- 
Amerikaner  begeisterten  und  tbatkräftig 
eintretenden  Sekretär  des  ^Musik-Komites 
der  Vereinigten  Sänger  von  Philadelphia, 
in  den  Stand  gesetzt,  die  ibm  niebt  zusa- 
gende kaufmännisebe  Laufbahn  mit  der 
akademiseben  zu  vertausehen.  Er  bezog  im 
Herbst  181)1  die  Univei-sität  Johns  Hopkins 
(Baltimore),  bestand  ein  Jahr  darauf  sein 


Baeealaureatsexamen  und  maehte  den 
Doktor  im  Juni  18!!.").  Ei-  war  als  Lelirt'r  an 
folgenden  Anstalten  thätig:  Southern 
Fenuile  College.  Petersburg,  Va.  (1895 — 
96)  ;  Burlington  Aeadeniy,  Burlington, 
X.  J.  (1896—97)  ;  Allegbeny  High  Seb(.ol, 
Allegbeny.  Pa.  (1897 — Jan.  1901)  ;  Central 
High  Sehool.  Philadelphia  (von  .lau.  1!)(»1.) 
Seinen  Erfolg  im  Lehrberufe  und  die 
geaehtete  Stellung,  welche  er  nunnu'hr  inne 
liat.  verdaidvt  er  hauptsäehlieh  seiner 
^lütter,  eiiu'r  Frau,  die.  nachdem  der 
Vater  wenige  Wochen  imeh  Landung  d(;r 
Familie  dem  tückischen  Tyj^bus  erlag, 
durch  eine  Arbeits-  imd  Opferwilligkeit,  wie 
nuin  sie  selten  findet,  es  ihren  Söhnen  er- 
möglichte, der  Vortheile  einer  höheren 
Bildung  thcilhaftig  zu  werden  und  sieh 
emporzubringen.  Seine  Uebei-setzung  der 
Genealogie  der  ]\Ioral  von  Friedrich  Nietz- 
sche weist  zwar  als  Erstlingsversuch  eines 
allzubegeisterten  Schülers  eines  grossen 
Kleisters  nicht  abzuleugnende  Schwächen 
und  Mängel  auf.  dürfte  aber  dennoch  ihren 
Platz  neben  anderen  im  Schoose  der  Zu- 
kunft liegenden  Uebertragungen  dieses 
^Meisterwerkes  dialektischer  Vortragskunst 
behaupten.  Für  Leser  des  vielbewunderten 
und  vielgeseholtenen  Dichterdenkers  dürfte 
es  noch  von  Interesse  sein,  dass  Haus- 
mann's  Uebersetzung  der  „Geburt  der  Tra- 
gödie" —  des  p]rstlingswerkes  des  Philoso- 
l)hen  —  im  ^lai  1909  erschienen  ist. 

Bibliothekar  an  der  Lenox  Library  in 
New  York  ist  Richard  Ernst  Hdhig.  Er 
erblickte  am  15.  September  1870  in  Frau- 
kenberg in  Saelisen  das  Licht  der  Welt. 
Der  Tod  seines  Vaters  im  Jahre  1883 
machte  den  Plan,  in  Deutschland  zu  studi- 
ren,  undurchführbar.  Im  August  1884  kam 
ITelbig  nach  Amerika  und  vollendete  seine 
Avisseuschaftliche  Ausbildung.  Er  erwarb 
sieh  ein  grosses  Verdienst  durch  die  An- 
lage der  Deutsch-Amerikanischen  Sannn- 
lung  der  Bibliothek. 

Otto  Heller  ist  Professor  und  Lehrer  des 
Deutschen  an  der  Washington-Universität 


DEUTSCHE   LEHRER   UND   UNIVERSITAETSPROFESSOREN. 


307 


ZU  St.  Louis.  Er  wurde  am  15.  Juii  1863 
geboren,  besuchte  das  Gyninasiuiu  in  Brüx, 
Oesterreich,  später  in  Dresden,  studirte  in 
Chieap:o,  Berlin,  ^München,  wirkte  seit  1886 
als  Dozent,  dann  als  Professor. 

Professor  der  lateinischen  Sprache  und 
Literatur  am  College  der  City  of  New  York 
ist  Dr.  Carl  Georg  Herhermann,  geboren 
am  8.  Dezember  1840  in  ^Münster,  West- 
falen ;  er  kam  mit  seinen  Eltern  als  elfjäh- 
riger Knabe  nach  Amerika.  Er  absolvirte 
(las  College  St.  Francis  Xavier  in  New 
York,  war  bis  zum  Jahre  1869  Lehrer  des- 
selben und  wurde  dann  an  das  College  der 
Stadt  New  York  berufen.  Herbermann  ist 
Präsident  der  U.  S.  Catholic  Historical 
Society,  Chef-Kedakteur  der  „Catholic  En- 
cyclopaedia ' ',  Herausgeber  lateinischer 
Texte,  Verfasser  des  „Business  Life  in 
Ancient  Rome"  und  L'^ebersetzer  von  Thor- 
modus Torfaeus'  oder  Thormodr  Torfa- 
son's  „Historia  Yinlandiae  xVntiquae", 
einer  im  Jahre  1705  erschienenen  Ge- 
schichte des  alten  Vinland,  der  von  Island 
aus  entdeckten  Küste  von  Amerika. 

Der  Lehrstuhl  für  deutsche  Sprache  an 
der  berühmten  Frauen  -  Universität  in 
Poughkeepsie,  N.  Y.,  dem  ., Vassar  College", 
nimmt  Ottilie  Hcrliolz  ein,  geboren  am  31. 
Januar  184'4  in  Ost-Preussen.  Sie  absol- 
virte die  höhere  Töchterschule  und  das  Leh- 
rerinnen-Seminar in  Thorn,  West-Preussen, 
kam  1872  ols  Lehrerin  der  deutschen 
Sprache  an  die  Volksschulen  Cincinnati's, 
wurde  1890  Lehrerin  der  deutschen  Sprache 
am  Vassar  College  und  erhielt  zwei  Jahre 
später  die  Professur.  Sie  hat  später  an  der 
Berliner  Universität  studirt. 

Professor  der  Agrikulturchemie  an  der 
Staats-L'niversität  von  Californien  in  Ber- 
keley, Cal.,  Direktor  der  dortigen  Ver- 
suchsstation, Inhaber  der  Liebigsmedaille 
für  Verdienste  um  die  Landwirthschaft, 
Ehren-Doktor  der  Universitäten  von  Michi- 
gan, Columbia  und  ^Mississippi  und  einer 
der  hervorragendsten  fachwissenschaftli- 
ehen Forscher  ist  Eugen  IV.  Tlilgard,  gebo- 


ren am  5.  Januar  1833  in  Zweibrücken  in 
der  Kheinpfalz.  Seine  Mutter  stammte 
von  dem  Ilofprediger  der  Königin  von 
Xavarra  (um  1550)  Peter  Toussaint  de 
Beaumont  ab,  dessen  Sohn  Ilofprediger 
und  später  Rektor  der  Universität  Heidel- 
berg war.  Seine  Poltern  wanderten  mit  ihm 
und  7  andern  Kindern  im  Jahre  3  835  nach 
Amerika  aus,  landeten  in  Xew  Orleans  und 
liessen  sich  in  Belleville,  111.,  nieder.  Der 
Vater  Eugen 's,  Theodor  Erasmus  HiUjard, 
war  Ober-Appellations-Gerichtsrath  gewe- 
sen. Er  wanderte  der  unerquicklichen 
politischen  Verhältnisse  Avegen  aus,  beschäf- 
tigte sich  auf  seiner  Farm  bei  Belleville 
mit  Obst-  und  Weinzucht,  gründete  .,Free- 
dom"  in  ]\Ionroe  County  luid  West-Belle- 
ville,  brachte  seinen  Lebensabend  in  Hei- 
delberg zu  und  starb  im  Alter  von  82 
Jahren.  Ein  älterer,  am  7.  Januar  1825  ge- 
borener Bruder  Eugen 's,  Julius  Erasmus 
Hilgarel,  war  ein  hervorragender  Civii-In- 
genieur,  ]\Iitglied  der  Küsten-Vermessungs- 
behörde, Chef  des  Bureaus  der  Gewichte 
und  Masse  des  Schatzamts-Departements, 
Delegat  zur  internationalen  metrischen 
Kommission,  die  1872  in  Paris  tagte,  1881 — 
85  Superintendent  des  Küsten-Vermes- 
sungs-Dienstes, eine  Zeit  lang  Präsident 
der  „American  Association  for  the  Advan- 
cenient  of  Science"  und  starb  im  Jahre 
1891. 

Eugen  W.  Hilgard  Avurde  1849  nach 
Europa  gesandt  und  kehrte  im  Jahre 
1855  nach  Amerika  zurück,  nachdem  seine 
Studien  durch  20-monatliclien  Aufenthalt 
in  ]\Ialaga  gesundheitshalber  luiterbrochen 
worden  waren.  Er  wurde  Land-Vermesser 
des  Staates  ^Mississippi,  dann  Professor  der 
Chemie  an  der  Staats-Universität  daselbst 
und  1875  Professor  an  der  Staat.s-Uui- 
versität  von  Californien,  wohin  er  sich  ge- 
simdheitshalber  begeben  hatte.  Seine  Un- 
tersuchiuigen  über  Geologie,  Physik  und 
Chemie  des  Bodens,  Botanik  und  Bedeu- 
tung der  natürlichen  Vegetation  für  Boden- 
.schätzung,  Einfluss  des  Klimas  auf  die  Bil- 


30S 


DEUTSCHK  I.KHRKR  VSD  UNIVERSITAETS-PROFESSOREX. 


duiig   und    Zusan.iiH'nsi.tzunt;    des    licdens      sciiscliaitlichcr  Leiter  der  von  ihm  veran 


sind  cpoeheiiiat'heml  p'wordm. 

Viel  anjjefeindet  wehren  der  V(tn  ilmi  eiit- 
deekteu  ..Teini)el-nil)lii»tli<'k  V(.n  Xippur" 
wurde  in  den  letzten  .hiliren  der  bedeutende 
Assyriologe,  Professor  Ilcnnaun  Vollral 
Ililprecht,  Lehrer  der  assyrischen  und  se- 


st.ilteteii  E.\i>editioii  naeh  Xippur  im  Jahre 
ISSS.  Die  Resultate  dersel])en  wurden  von 
Trof.  Ililpreeht  veröffentlicht.  In  1892— 
93  reorganisirte  er  die  babylonische  Abthei- 
lun^  des  kaiserlich  ottomanischen  Museums 
in  Konstantinopel.    Zahlreich  sind  die  Ab- 


PROF.    HERMANN   V.    HILPRECHT,   von  der   Univenilael  von   Pennsylvanien. 


mitischen  Sprachen  an  der  Universität  von 
Pennsylvanien.  Er  wurde  am  28.  Juli  1859 
in  Hohonerxleben,  Deutschland,  geboren, 
studirte  Theologie,  Philologie  und  Rechte 
an  der  Universität  Leipzig,  wurde  Kurator 
der  semitischen  Sektion  des  Museums  der 
Universität   von   Pennsylvanien    und   wis- 


handlungen  und  faehwissensehaftlichen 
Werke  Hilprecht's,  der  durch  hohe  Orden 
und  Ernennung  zum  Mitgliede  hervorra- 
gender gelehrter  Gesellschaften  ausgezeich- 
net wurde. 

Einer  der  bedeutendsten  Chemiker  und 
Lehrer  der  Chemie  ist  der  in  Lunden  in 


DEUTSCHE   LEHRER   UND   UNIVERSITAETS-PROFESSOREN. 


309 


Holstein  am  2.  Dezember  1836  geborene 
Gustav  Detlef  Iliiirichs.  Seit  1903  ist  er 
Professor  der  Chemie  an  der  medizinischen 
Fakultät  der  St.  Louis  Universität,  nach- 
dem er  schon  im  Alter  von  25  Jahren  als 
Professor  der  Chemie  und  Physik  an  die 
Staats-Universität  von  Iowa  berufen  wor- 
den war.  Von  1889  an  wirkte  er  als  Pro- 
fessor der  Chemie  an  dem  College  of  Phar- 
maey  in  St.  Louis.  Er  führte  Klassen- 
Kurse  für  Laboratorium-Arbeit  ein.  Er 
gründete  1875  das  erste  staatliche  Wetter- 
Observatorium  in  den  Vereinigten  Staaten 
in  Iowa  City.  Als  Sachverständiger  wird 
er  mehrfach  von  den  Bundes-  und  Staats- 
Behörden  herangezogen.  Er  hat  zahlreiche 
wissenschaftliche  Abhandlungen  verfasst, 
und  zwar  in  deutscher,  dänischer,  englischer 
und  französischer  Sprache.  Er  ist  ]\Iit- 
glied  zahlreicher  chemischer  Gesellschaften. 

Der  am  22.  Mai  1852  in  Luxemburg  ge- 
borene Dr.  Emil  G.  Hirsch,  der  als  Profes- 
sor der  rabbinischen  Literatur  und  Philo- 
sophie an  der  Universtät  Chicago  wirkt, 
nachdem  er  an  der  Pennsylvania-Universi- 
tät, sowie  in  Leipzig  und  Berlin  studirt 
und  als  Rabbiner  in  Baltimore,  Louisville 
und  Chicago  gewirkt  hatte,  hat  zahl- 
reiche Monographien  verfasst  und  gilt  als 
einer  der  hervorragendsten  Redner  der  Ver- 
einigten Staaten. 

Professor  der  chinesischen  Literatur  an 
der  Columbia-Universität  in  New  York  ist 
der  am  16.  April  18-15  in  Gräfentonna, 
Sachsen-Gotha,  geborene  Dr.  Friedrich 
Eirth.  Er  studirte  an  den  Universitäten 
Leipzig,  Berlin,  Greifswald  und  Rostock. 
Im  Jahre  1890  erhielt  er  den  preussischen 
Professor-Titel.  Von  1870—97  stand  Dr. 
Hirth  in  dem  Dienst  der  chinesischen  Zoll- 
verwaltung. In  China  selbst  machte  er 
sich  mit  der  Sprache  und  Literatur  des 
Landes  bekannt.  Er  hielt  darüber  in  ]\Iün- 
chen  Vorträge.  Hirth  's  umfassende  Kennt- 
niss  von  Land  und  Leuten  in  China  veran- 
lasste Reichskanzler  Bülow  im  Jahre  1900 
ihn   in   Bezug  auf  die  von   China   zu   foi*- 


dcrnde  Kriegs-P]ntschädigung  zu  konsul- 
tiren.  An  die  Columbia-Universität  wurde 
Prof.  Hirth  im  Jahre  1902  berufen.  Die 
Kaiserliche  Akademie  der  Wissenschaften 
in  St.  Petersburg  und  die  Königlichen 
Akademien  in  ^München  und  Budapest  er- 
nannten ihn  zu  ihrem  ^Mitgliede,  andere 
zum  Ehren-  und  korrespondirenden  Mit- 
gliede.  Dr.  Hirth  hat  in  deutscher  Sprache 
folgende  chinesische  Studien  veröffent- 
licht :  „Chinesische  Studien ' ',  „Die  Länder 
des  Islam  nach  chinesischen  Quellen", 
„Fremder  Einfluss  in  der  chinesischen 
Kunst",  „Ueber  die  einheimischen  Quellen 
zur  Geschichte  der  chinesischen  Malerei" 
und  anderes  mehr  in  deutscher,  sowie  in 
englischer  Sprache.  Hirth 's  im  Jahre 
1907  erschienene  „Ancient  Ilistory  of 
China"  verdient  besondere  Hervorhe- 
bung. Hirth  ist  Kanzler  des  russischen 
Stanislaus-Ordens,  sowie  Ritter  des  Zäh- 
ringer Löwen-,  des  Franz  Josef-  und  des 
Ernestinischen  Hausordens. 

Karl  Frieelrich  Eichard  Hochdörfer  ist 
seit  1891  Professor  der  modernen  Sprachen 
an  dem  mit  Recht  renommirten  Wittenberg- 
College  zu  Springfield,  Ohio.  Geboren 
185-4  in  i\Iagdeburg,  studirte  er  in  Berlin 
und  Halle  und  folgte  nach  mehrjähriger 
erfolgreicher  Lehrthätigkeit  1884  einem 
Rufe  nach  Amerika.  Er  promovirte  1888 
an  der  Harvard-Universität  auf  Grund 
einer  interessanten  Arbeit,  betitelt  „Obser- 
vations  on  the  Language  of  the  Court  of 
Love".  Während  der  Sommerferien  dozirt 
Hochdörfer  auch  an  der  Universität  von 
Chicago. 

Wenn  auch  nicht  direkt  als  Universitäts- 
Lehrer,  so  doch  als  Mann  der  Wissenschaft 
ausgezeichnet  hat  sich  Dr.  Friedrich  Hoff- 
mann. Er  galt  als  Autorität  auf  dem  Ge- 
biete der  Pharmacie  nicht  allein  in  Ame- 
rika, sondern  auch  in  Deutschland.  Im 
Jahre  1832  in  Wriezen  an  der  Oder  gebo- 
ren, studirte  er  Pharmacie,  dann  Botanik 
und  Por.stwissenschaften.  Im  Jahre  1862 
k;ini    er    nach    Aiiicrilca.    ('tal)Iii'tt'    sich    in 


310 


DEUTSCHE   LEHRER   l'XD   UNIVERSITAETS-PROFESSOREX. 


New  York  nls  aiialytisclicr  CluMiukor,  hc- 
känipfte  als  Saelivfi-stämlifrcr  mit  Erfolg 
(las  an>r«'l)li<'lu'  Monopol  dw  französischen 
Anilin-Farl)«'n-Fal)rikant('n,  war  anoh  als 
faclnvisscnschaftlicluT  Lt'hivr  thätig,  be- 
trit'l»  ]{')  Jahre  lang  in  New  York  eine  Apo- 
theke, war  Sachverständiger  des  staatliehen 
Gesnndheitsaiiites  von  New  York  und  ent- 
schiedener (legner  aller  Patent-^fedizinen 
und  (Jeheiinniittel.  Sein  llandbueh  für 
Prüfung  der  Arzneimittel  war  ein  epoche- 
mnehendes  Werk,  das  eine  Reihe  von  Auf- 
lagen erlebte.  Er  gründete  1882  die  „Phar- 
maeeutisehe  Rund.schau".  die  er  14  Jahre 
lang  dirigirte.  Er  wurde  vielfach  ausge- 
zeichnet, so  auch  durch  Verleihung  der 
Ilelmholtz-Medaille  und  Ernennung  zum 
Ehren-Präsidenten  der  ..American  Pharma- 
ceutical  Association ' '. 

Ahxanih  r  Riidtilf  Benno  Ilohlfeld  ^vurde 
am  29.  Dezember  1865  in  Dresden  geboren 
und  studirte  l'hilosophie.  Philologie  und 
Gi'.sehichte  in  Leipzig,  wo  er  1888  ]n'oiiio- 
virte.  Nachdem  er  seine  Studien  in  Eng- 
land und  Frankreich  fortgesetzt  hatte,  kam 
er  als  Lehrer  dt'V  neueren  Sprachen  1889 
nach  Amerika  und  zwar  an  die  Vanderbilt- 
Universität  in  Xashville.  Tenn.,  die  ihn 
bald  zum  Profes,sor  und  Dekan  der  Fakul- 
tät aufrücken  liess.  Trotzdem  folgte  er 
1901  einem  Rufe  an  die  Staats-Universität 
von  AVisconsin  in  Aladison.  Wis..  als  Leiter 
der  deutschen  Abtheihuig.  da  sich  ilnu  hier 
ein  weit  aussicht.svol leres  Feld  eröffnete. 
Hohlfeld  hat  verschiedene  Arbeiten  veröf- 
fentlicht; seine  Doktordis.sertation  behan- 
delte die  alt<»nglischen  ^Mysterienspiele.  Er 
veröffentlichte  Schulaasgaben  deutscher 
Literaturwerke  und  lieferte  wissenschaft- 
liche Beiträge  in  zahlreichen  amerikani- 
schen und  deut.schen  Zeitschriften.  Er  ist 
Mitglied  gelehrter  Gesellschaften  in  Ame- 
rika, England  und  Deutsehland. 

77.  IIuss.  Profes.sor  des  Deutschen  an  der 
Schule  der  Wis.senschaften  zu  Princeton, 
New  Jersey,  ist  1847  in  Thüringen  gebo- 
ren, studirte  seit  1867  und  promovirte  1870 


in  Jena.  Tm  auch  die  romanischen  Spra- 
chen gründlich  zu  erlernen,  verweilte  er 
längere  Zeit  in  Genf,  Florenz  imd  Neapel 
und  wirkte  .sechs  Jahre  lang  als  doitscher 
Lehr(>r  in  Rom.  Von  hier  wurde  er  nach 
Princeton  berufen,  wo  er  imter  anderem 
auch  I\Ius.se  zu  zahlreichen  Schriften  fand. 

Am  13.  August  1861  in  "\Vai*schau  als 
Sohn  des  Rab])iners  ^Marcus  J.  Ja.strow,  der 
später  in  Mannheim.  Worms  und  Philadel- 
phia wirkte  und  im  Jahre  1903  hochge- 
achtet starb,  geboren  wurde  Morris  Jastrow, 
Jr.,  Professor  der  semitischen  Sprachen  an 
der  LTniversität  von  Pennsylvanien.  Er 
studirte  an  letzterer  von  1877 — 81  und  an 
deutschen  Universitäten  bis  1885.  Er  be- 
schäftigte sich  besonders  mit  Studien  über 
die  Religion  Babyloniens  und  Assyriens 
und  hat  mehrere  diesbezügliche  Werke  ver- 
ütit'entlicht.  Er  ist  ^Mitarbeiter  von  Ha.st- 
ings'  Dictionary  of  the  Bible,  der  Encyclo- 
paedia  Biblica,  ,,The  Jewisch  Encyclopae- 
dia",  des  ..Journal  of  the  American  Orieu- 
tal  Society"  und  der  ..Zeitschrift  für  Assy- 
riologie".  Er  gilt  als  Autorität  auf  dem 
Gebiet  der  Religion,  Sprache  und  Literatur 
semitischer  Völker. 

Docent  der  deutschen  Literatur-Ge- 
Geschichte am  Bryn  ]Mawr  College  in  der 
Nähe  von  Philadelphia,  Pa.,  ist  Dr.  Chr. 
Karl  Detlev  Jessen,  gelx)ren  am  13.  Juli 
1872  in  Winnemark,  Schleswig-Holstein. 
Er  war  1892  nach  Amerika  ausgewandert. 
Er  studirte  an  der  L'niversität  Chicago,  von 
1898—1901  in  Kiel  und  Berlin,  envarb  an 
letztgenannter  Universität  den  philosophi- 
schen Doktorgrad,  wurde  Docent  an  der 
Harvard  Universität  und  1904  Lehrer  der 
deutschen  Literaturgeschichte  an  der 
Frauen-Hochschule  in  Brj'n  IMawr.  Er 
verfa.s.ste  zalilreiche  Essavs  über  Literatur 
und  Politik,  sowie  über  die  Beziehungen 
zwischen  Deutsehland  und  Amerika.  Er 
ist  ]Mitarl>eiter  der  ..New  Yorker  Staats- 
Zeitung",  Vossischen  Zeitung"  in  Berlin, 
des  „Boston  Transcript",  ]Mitglied  der 
Goethe      Gesellschaft      in      Weimar,      der 


DEUTSCHE  LEHRER  UND  UNIVERSITAETS-PROFESSOREN. 


311 


„Modern  Langnage  Association",  der 
„Deutsehen  Bibliographischen  Gesell- 
schaft" u.  a.  m. 

Professor  des  Deutschen  an  der  Univer- 
sität von  Illinois  in  Urbaua,  111.,  wurde 
Gustav  F.  Karsten,  1859  in  Westpreussen 
geboren ;  er  studirte  in  Leipzig.  Königs- 
berg, Heidelberg  und  Tübingen  germani- 
sche imd  romanische  Philologie,  wirkte  als 
Dozent  in  Genf,  wurde  1886  an  die  Staats- 
Universität  von  Indiana  berufen  und  dann 
als  Leiter  der  Departements  der  modernen 
Sprachen  und  Professor  des  Deutschen 
nach  Urbana.     Er  stai'b  im  Januar  1908. 

Harry  Frederick  Keller,  Chemiker  und 
Direktor  des  wissenschaftlichen  Unterrichts 


Dr.    H.    F.    KELLER. 

an  der  Central  High  School  in  Philadel- 
phia, wurde  am  15.  Dezember  1861  zu  Phi- 
ladelphia als  dritter  Sohn  von  Dr.  Wilhelm 
C.  C.  Keller  und  Augaste  ]\Iarie,  geb. 
Cramer,  geboren.  Er  erhielt  den  ersten 
Unterricht  an  einer  Privatschule,  dann  im 
Gymnasium  in  Darm.stadt;  später  zwei 
Jahre  lang  in  den  Public  Schools  seiner 
"Vaterstadt  und  studirte  vier  Jahre  an  der 
Universität  von  Pennsylvanien  da.selbst. 
Er  graduirte  als  B.  S.  1881,  bekleidete  dann 
zwei  Jahre  Stellungen  als  analvti-scher  Che- 


miker und  Probirer  in  verschiedenen  Hüt- 
tenwerken. Von  1883 — 1885  war  er  As- 
sistent und  Lehrer  der  analytischen  Chemie 
an  der  Universität  von  Pennsylvania;  stu- 
dirte dann  weiter,  erst  im  Laboratorium 
von  Prof.  Fresenius  in  Wiesbaden,  dann 
an  der  Universität  Strassburg,  wo  er  1888 
als  Dr.  phil.  nat.  promovirte.  Von  1888 
bis  1890  war  Dr.  Keller  Dozent  der  Chemie 
an  der  Universität  von  Pennsylvania ;  von 
1890  bis  1892  Professor  der  Chemie  und 
Probirkunde  am  Michigan  College  of  Mines 
zu  Houghton ;  seit  1892  Professor  der 
Chemie  und  seit  1894  Direktor  des  wi.s.sen- 
schaftlichen  Unterrichts  an  der  Central 
High  School  in  Philadelphia.  Er  ist  ver- 
heirathet  seit  1892  mit  Henriette  Marie, 
geb.  Hexamer  (Schwester  von  Dr.  C.  John 
Hexamer).  Er  i.st  ]\Iitglied  von  amerika- 
nischen und  deutschen  chemischen  Gesell- 
schaften, der  American  Philasophical 
Society  und  des  Franklin  In.stitute,  sowie 
der  Deutschen  Gesellschaft  von  Pennsyl- 
vanien; Verfa.sser  und  Herausgeber  ver- 
schiedener Lehrbücher  der  Chemie  und 
vieler  Beiträge  zu  Fachzeitschriften  auf 
den  Gebieten  der  Chemie,  ^Mineralogie  und 
Physik.  Seit  ca.  20  Jahi-en  ist  er  auch 
thätig  als  Analytiker  und  Sachverständiger 
in  der  chemischen  Indastrie,  der  IMetallur- 
gie  und  geologischen  Praxis. 

L.  R.  Klemm  wurde  1845  zu  Düsseldorf 
geboren  und  zum  Lehrer  ausgebildet.  Er 
kam  1866  nach  den  Vereinigten  Staaten, 
wo  er  an  verschiedenen  Schulen  thätig  war. 
In  Cleveland  avancirte  er  zum  Inspelctor 
der  deutschen  Klassen  an  allen  Elementar- 
schulen. Während  seiner  Amtsthätigkeit 
(1870  bis  1880)  stieg  die  Zahl  der  am  deut- 
sehen Unterrieht  sieh  betheiligenden  Volks- 
schüler  von  600  auf  8000.  Nachdem  er 
mehrere  Jahre  in  Cincinnati  am  städtischen 
Lehrerseminar  gewirkt,  studirte  er  in 
Europa  die  Schulsysteme  der  wichtigsten 
Länder  gründlich  und  berichtete  darüber 
in  der  amerikanischen  Fachpresse.  Zu- 
rückgekehrt wurde  er  Rektor  der  techni- 


312 


DEUTSCHE   LEHRER   UND   UXIVERÖlTAETS-PKOFESSOKEN. 


sehen  Schule  in  Ciiu-iniiiili  und  viui  dort 
1889  als  Spezialist  im  ausländischen  Schul- 
wesen au  diis  Bureau  of  P^ducation  in 
TS'ashington  beruf «'U,  wo  er  noch  heute 
thätig  ist.  Seine  Verdienste  um  die  Grün- 
dung des  deutsch-amerikanischen  Lehrer- 
Bundes  wie  des  deutschen  Lehrer-Seminars 
in  Milwaukee  stehen  mihestrittcn  da.  Als 
Verfasser  zahlreicher,  stark  verbreiteter 
Schulbücher,  sowie  von  Berichten,  die  für 
die  Entwiekelung  des  amerikanischen 
Schulwesens  von  grosser  Bedeutung  waren, 
besonders  in  den  ..Reports  of  the  Commis- 
sioner  of  Education",  verlieh  ihm  die  De 
Pauw-Universität  in  Greenea.stle,  Ind.,  das 
Doktordiplom  in  der  philosophi.sehen  Fa- 
kultät honoris  causa.  Dr.  Klemm  ist  seit 
1879  auch  Professor  der  Didaktik  an  der 
Howard-Universität  in  Washington. 

Der  am  28.  August  1841  in  Garbenheim 
bei  "Wetzlar  geborene  frühere  Schul-Super- 
intendent  von  Evansville,  Indiana,  Karl 
Knoriz  studirte  Philosophie  und  Germa- 
nistik in  Heidelberg  und  wurde  1863  als 
Lehrer  nach  London  berufen.  Von  hier 
kam  er  1864  nach  Amerika.  Als  Lehrer  an 
der  Schule  des  Detroiter  Seminarvereins 
nahm  er  Veranlassimg.  die  Indianerspra- 
chen der  dortigen  Gegend  zu  studiren.  1868 
wurde  er  von  Detroit  als  Profes.sor  der 
deutschen  Sprache  und  Literatur  an  die 
Hochschule  zu  Oskosh,  Wisconsin,  berufen. 
1871  übersiedelte  er  nach  Cincinnati.  wo  er 
die  deutsche  Abtheilung  am  städtischen 
Lehrerseminar  übeniahm  und  1874  auch 
den  5.  Jahrgang  des  ,.Deutsehen  Pionier" 
redigirte.  Von  da  ging  er  zuerst  nach  In- 
dianapolis, dann  nach  Johnstown  in  Penn- 
sylvanien.  wo  er  als  Sprecher  der  freien 
Gemeinde  fiuigirte.  1882  übersiedelte  er 
nach  New  York,  wo  er  als  Privatgelehrter 
nur  seinen  literari.schen  Arbeiten  lebte,  bis 
er  sich  1892  zur  Uebemahme  des  Amtes  in 
Evan.sville  entschloss.  Er  legte  dasselbe 
Ende  des  Jahres  1905  nieder  und  siedelte 
dann  nach  North  Tarrj'to\vn.  N.  Y.,  über, 
wo  er  literarisch  thätig  ist.    Knortz  ist  un- 


bedingt der  fruchtbarste  und  auch  vielsei- 
tigste deutsch-amerikanische  Schriftsteller. 

lu  Willstädt,  Baden,  wurde  am  12.  ]\Iai 
1844  Prof.  Dr.  Georg  August  König  gebo- 
ren, der  seine  Studien  in  Karlsruhe,  Hei- 
delberg, Berlin  und  Freiburg  machte  und 
1872  Ililfs-Professor  der  Chemie  und  ^le- 
tallurgie  an  der  L^niversität  von  Pennsylva- 
nien  wurde.  Im  Jahre  1892  wurde  er  an 
das  ..^lichigan  College  of  Mines"  in 
Iloughton,  ]\Iich.,  berufen. 

Präsident  des  ,,Hebrew  Union  College" 
in  Cincinnati  ist  der  am  10.  Mai  1843  in 
Fürth  in  Bayern  geborene  Dr.  Kaufmann 
Kollier,  der  die  Rabbinerschulen  in  Mainz 
und  Altona  und  die  Universitäten  ]\Iün- 
chen,  Berlin  und  Leipzig  besucht  hatte  imd 
1869  als  Rabbiner  nach  Detroit  berufen 
wurde.  Nachdem  er  in  Chicago  und  New 
York  als  solcher  gewirkt,  wurde  er  1903 
Präsident  der  von  Dr.  Isaac  M.  W^ise  ge- 
gründeten Rabbiner-Schule,  des  Hebi-ew 
Union  College.  Er  ist  Mitredakteur  der 
„Jewish  Enc3^clopaedia ".  In  Chicago 
führte  er  den  Sonntagsgottesdienst  ein  und 
kämpfte  für  Fortschritt,  Refonn  und  frei- 
wi.ssen.sehaftliche  Forschung. 

Seit  dem  Jahre  1871  ist  Sprachlehrer  am 
Stevens  Institute  of  Technology  in  Ilobo- 
ken  der  am  28.  ^März  1846  in  Darmstadt 
geborene  Carl  Friedrich  Kröh,  der  als 
zweijähriges  Kind  mit  seinen  Eltern  nach 
Philadelphia  gekommen  war,  Chemie  und 
Physik,  sowie  deutsehe  Sprache  und  Lite- 
ratur .studirt  hatte,  von  1866—68  als 
Redakteur  am  ..Philadelphia  Demokrat" 
thätig  und  Lehrer  des  Deutschen  und 
Französischen  an  der  Lehigh  Universität 
in  South-Bethlehem,  Pa.,  gewesen  war. 
Seine  Lehrmethode  richtet  ihr  Augenmerk 
darauf,  dass  der  Schüler  in  der  fremden 
Sprache  denken  lernt.  Er  hat  zahlreiche 
Unterrichtsbücher  geschrieben. 

Der  ordentliche  Professor  der  Philo- 
sophie an  der  Universität  Breslau,  Eugen 
0.  K.  Kühnemann,  geboren  am  28.  Juli 
1868  in  Hannover,  hat  in  Amerika  interes- 


DEUTSCHE   LEHRER   UND   UNIVERSITAETS-PROFESSOREN. 


313 


saiite  Vorlesungen  im  Jahre  11)08  gehalten. 
Er  machte  namentlieh  Sehiller.  Herder 
und  andere  Heroen  der  deutschen  Literatur 
zum  Gegenstande  seiner  fesselnden  Vor- 
träge. 

An  der  Illinoiser  Staats-rniversität  in 
ürbana  wirkt  als  Docent  der  deutschen 
Sprache  der  von  deutschen  Eltern  am  5. 
März  1879  in  Sedalia.  ^lo..  geborene  C. 
Julius  Kulhner,  der  an  der  Harvard-Uni- 
versität, sowie  in  Heidelberg  studirt  hat. 

Professor  der  romanischen  Sprachen, 
namentlieh  der  spanischen  und  portugiesi- 
schen Literatur  und  Volkskunde,  au  der 
Yale  L^niversität  in  New  Ilaven,  Conn., 
ist  der  am  22.  September  1853  in  Wartach, 
Kauton  St.  Gallen  in  der  Schweiz,  gebo- 
rene Dr.  Hennj  E.  Laug,  dessen  Vater 
wegen  Betheiligung  an  der  revolutionären 
Bewegung  des  Jahres  18-48  seine  Heimath 
"Württemberg  verlassen  und  Geistlicher, 
sowie  Führer  des  kirchlichen  Liberalismus 
in  der  Schweiz  geworden  war.  Seine  Stu- 
dien hatte  Henry  R.  Lang  in  Zürich  und 
Strassburg  gemacht.  Er  ist  Mitglied  vieler 
gelehrter  Gesellschaften. 

]\Iit  einer  Enkelin  des  verstorbenen  Füh- 
rers der  freireligiösen  Bewegung  in  Ame- 
rika und  Gründers  und  Sprechers  verschie- 
dener freier  Gemeinden  Schünemann-Pott, 
Ida  Louise  Denicke,  verheirathet  ist  der 
Professor  der  Astronomie  und  Geodäsie  an 
der  Staats-Universität  von  Californien  in 
Berkeley  Armin  0.  Lcuschner,  der  am  16. 
Jan.  1868  in  Detroit,  INIich.,  von  deutschen 
Eltern  geboren  wurde  und  seine  Studien 
am  königliehen  Wilhelms-Gymnasium  in 
Kassel,  ferner  an  den  Universitäten  ]\Iichi- 
gan,  Californien  und  Berlin  machte. 
Seine  Doktor-Dissertation  lautete:  „Bei- 
trag zur  Kometenbahnbestimmung".  Er 
machte  sein  Doktor-Examen  im  Jahre  1897 
in  Berlin. 

Docent  der  griechischen  und  römischen 
Kunst-Geschichte  an  der  Harvard-Univer- 
sität ist  der  am  1.  August  1870  auf  dem 
Rittergut    seines    Vaters    bei    AVandichow, 


Ponuuern.  geborene  Edmund  li.  0.  von 
Mach,  der  nach  beendetem  Schulstudium 
in  Deutschland  im  Jahre  1891  nach  Ame- 
rika gekonnnen  wai-  und  an  der  Harvard- 
Universität  studirt  liattc.  Er  verfasste 
unter  Anderem  ein  Handbuch  der  griechi- 
schen und  römischen  Skulptur. 

Professor  der  romanischen  Sprachen  an 
der  Leland  Stanford  Jr.  Universität  in  Ca- 
lifornien seit  dem  Jalire  1893,  INFitarbeiter 
der  Fachzeitschrift  ,,:\rodern  Philology", 
:\Iitglied  von  gelehrten  Gesellschaf- 
ten, Herausgeber  französischer  und 
spanischer  Textbücher,  ist  der  am  20. 
Oktober  1862  in  Breslau  geborene  und  an 
der  Johns  Hopkins  Universität  wis.sen- 
schaftlich  gebildete  Johann  Ernst  Matzke. 
In  Limden  in  Schleswig-Holstein  gebo- 
ren Avurde  am  12.  3Iärz  1865  Ernst  11. 
Mensel,  Professor  der  germanischen  Philo- 
logie an  der  unter  dem  Namen  Smith  Col- 
lege bekannten  Frauen-Universität  in 
Xorthampton.  :\Iass.  Er  absolvirte  das 
Gymnasium  in  Husum,  kam  dann  nach 
Amerika  und  studirte  an  der  Universität 
in  Ann  Arbor,  ]\Iich. 

Als  Aegyptologe  hat  sich  der  am  10. 
Oktober  1860  in  Lyck,  Ost-Preussen,  gebo- 
rene Carl  Eduard  Moldenke,  der  an  der 
Columbia  Universität  in  New  York  und  in 
Strassburg  im  Elsass  studirte,  wo  er  im 
Jahre  1884  promovirte,  einen  Namen  ge- 
macht. Er  Avar  in  Strassburg  ein  Schüler 
des  berühmten  Aegyptologen  Johannes 
Dümichen.  ]Moldenke,  der  in  Watchung, 
N.  J..  ansässig  ist,  sehrieb  „The  Egyptian 
Origin  of  Our  Alphabet",  „Egyptian  ("la.s- 
sics"  u.  a.  m. 

Jacob  Isidor  Momhert,  der  am  6.  Novem- 
ber 1829  in  Cassel  geboren  und  seit  1882  in 
Paterson,  N.  J.,  literarischen  Arbeiten  ob- 
liegt, hatte  nach  kurzer  geschäftlicher  Tliä- 
tigkeit  in  London  dort,  in  Berlin  und  Hei- 
delberg studirt,  war  Geistlicher  der  bischöf- 
lichen i)rotestantischen  Kirche  geworden 
und  hatte  als  .solcher  in  Canada  und  den 
Vereinigten  Staaten  gewirkt.     Von  1870 — 


314  DEUTSCHE   LEHRER    UND   UNIVERSITAETS-PROFESSOREN. 

7;')     war    ov     Pastor     der     amt'rikaiiischt'ii  Iclii-ttT  (ü'si'llschafton.     Er  schrii'b:  .,Asia 

Kirclu"  in  Drcsilrii.     Xacli  seiner  Küikkehr  anil    p]iirope    after    the    Egyptian    ^lonu- 

nat'h  Amerika  war  er  Geistlieher  in  Jersey  nients",  „The  Love  Poetry  of  the  Ancient 

City  und  dann  in   Passaie.  N.  .1..  gewesen.  Egyptians"  und  andere  Werke. 

Er  sehrieh:    ..Authentic    llistory    of    liMii-  Arnold   Eduard  Ortma)in   wurde  am  8. 

caster     C'«)..      Pa.".      ..Faith      X'ictorious"  April  1S().'{  in  Magdeburg.  Preussen,  gebo- 

(Lehensl)esehreil)ung     des     Areliidiakonus  ren.      Er  studirte  Xaturwi.ssensehaften  an 

.lohaini    Ebel    in    Königsberg).   ..llandbook  den   Universitäten  Jena,  Kiel  und  Strass- 

of  English  Version  of  the  Bil)le".  „(Jreat  l)urg.     In  Jena  erhielt  er  1885  die  philoso- 

Lives".  ..Sliort    llistory  of  the  Crusades"  j)liis('be    Doktorwürde;    er    genügte    im    5. 

und   veröfTentlichte  einen   wörtlichen   Neu-  Thüringischen    Infanterie-Regiment    seiner 

druck  von  William  Tyndale's  IT):?!)  ei-schie-  ]\lilitärpriicht,    wurde   Lieutenant   der   Re- 

ncnen  ..Five  Pooks  of  Moses"  u.  a.  m.  serve,  machte  als  Zoologe  und  Paläontologe 

Professor  der  .Mathematik  an  der  ..Uni-  die  wissen.schaftliehe  Expedition  nach  Zan- 

vei-sity  of  Washington"'  in  Seattle.  Wasli..  zibar.    Afrika,    1890 — 1    mit    und    kam    im 

ist    Dl-,    h'olx  rl    E.    Moritz,   der    in    Chris-  Jahre  189-1  nach  den  Ver.  Staaten.    Er  war 

tiansthal  bei  Iladersleben  in  Schleswig  ge-  ^litglied    der    ..Princeton    Arctic    Expedi- 

l)oren  wurde,  mit  ll'  Jalin-n  nach  Amerika  tion"  (Parry  Relief)  im  Jahre  1899.  Er  ge- 

kam.  zuerst  als  Farm-Arbeiter  und  Lehr-  hört  mehreren  gelehrten  Gesellschaften  an 

junge  thätig  war.  im  17.  Lebensjahre  sich  und  ist  seit  1903  Kurator  des  ^Museums  der 

Studien  zuwandte,  in  Chicago.  Lincoln  und  wirbellosen  Zoologie  und  Paläontologie  am 

Stra.ssburg  studirte.  Profes.sor  am  Ilastings  Carnegie   Institute   in    Pittsburg.      p]r   hat 

College  in  Nebraska  und  1904  an  der  Uni-  mehrere   fachwissenschaftliehe  Werke  und 

vei*sität  Washington  wurde.  Abhandlungen  in  deutscher  und  englischer 

Seit  1S92  Lehrer  der  neueren  Sprachen  Sprache  verfasst. 

in   Lockport.   X.   V..  ist  der  1867   in  Bett-  Professor  der  semitischen  Sprachen  und 

Weiler  bei    Rohrbach   in   Lothringen   gebo-  Literatur  und  Willard  Ives  Professor  der 

rene  Alexis  Victor  Mario  Müller,  der  nach  englischen  Bibel  an  der  Universität  Syra- 

Absolvirung    seiner    ]\Iilitärzeit    in    Zwei-  cuse.  N.  Y.,  i.st  der  am  8.  Januar  1863  in 

bi-ückcn  und  seminaristischen  Studien  zu-  Breslau  geborene  Dr.  Ismar  John  Perifz. 

erst   im   Kaufmannsgeschäft  seines  Vaters  Er   absolvirte   das   Friedrichs-   und   Elisa- 

thätig  war  und  daini   luu-li   Amerika  aus-  beth-Gymnasium   in  Breslau,  trat  1885  in 

wanderte,  wo  er  seine  unterbrochenen  Stu-  London  zum  Christenthum  über,  besuchte 

dien  fortsetzte.     Er  war  1!)03 — 5  Sekretär  das  Drew  Theologische  Seminar  in  ]\Iadison, 

des  Deut.sch-Amerikanischen  Lehrerbimdes.  N.  J.,  wirkte  als  Seelsorger  an  Kirchen  der 

In    Philadelphia  ansässig  ist  der  Orien-  New   Yorker   Konferenz   der   bischöflichen 

talist  \V.  Mar  Miilhr,  der  am  15.  Mai  1862  IMethodisten  -  Kirche,     studirte     semitische 

in   Gleissenberg   geboren    wurde.      p]r  stu-  Sprachen  und  Literatur  an  der  Ilan^ard- 

dirte  an  den  Universitäten  Erlangen,  Leip-  Universität  und  wurde  1896  Professor  der- 

zig.    Berlin    und    München.      In    den    Ver.  selben    an   der   Syracuse-Universität. 

Staaten  ist  er  seit  1888  ansässig.     Er  hat  Professor   der   Theologie    am    Concordia 

wiederholt    bei    archäologischen    Forschun-  Lutherischen  Theologischen  Seminar  in  St. 


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'??' 


gen  in  Aeg>-pten  mitgewirkt  und  wurde  im  Louis  ist  seit  dem  Jahre  1887  der  in  Pom- 
Jahre  1904  vom  Carnegie  Institute  in  mern  am  27.  Juni  1852  geborene  Franz 
Washingtim  dorthin  gesandt.  Er  ist  Mit-  August  Otto  Pieper,  seit  1899  General-Prä- 
glied der  American  Oriental  Society,  des  sident  der  Lutherischen  Synode  von  Mis- 
Philadelphia  Oriental  Club  und  anderer  ge-  "feouri.  Ohio  und  anderen  Staaten.     Er  hat 


DEUTSCHE   LEHRER   UND   UNIVERSITAETS-PROFESSOREX. 


316 


eine  Reihe  theologischer  Schriften  in  deut- 
scher nnd  englischer  Sprache  veröffentlicht 
und  ist  Redakteur  von  „Lehre  und  Wehre". 

Von  deutschen  Eltern  in  Providence. 
R.  I.,  im  Jahre  1870  geboren  wurde  Cmi 
C.  Pletha,  Professor  der  Finanz-Wissen- 
schaft und  Statistik  an  der  l'niversität  von 
Californien  in  Berkeley.  Er  studirte  an 
der  Bonner  Tniversität  und  in  Göttingen. 

Der  erste  Rektor  des  reformirten  Predi- 
gei-seniinars  in  ^Nlercei-sburg,  Pa.,  des  1835 
gegründeten  ^larshall  College,  Friedrich 
August  KuucJi.  war  am  27.  Juli  1806  zu 
Kirchbach  in  Kurhessen  geboren  Avorden. 
Sdion  im  Jahre  1830  war  er  Professor  der 
Theologie  in  Giessen  geworden  und  wurde 
1831  nach  Pleidelberg  berufen,  musste  aber 
vor  Antritt  des  neuen  Amtes  fliehen,  weil 
er  demagogischer  Umtriebe  verdächtigt 
war.  Er  starb  am  2.  ]\Iärz  1841.  Seine 
,.Phylosophy"  war  ein  früher  sehr  viel  be- 
nutztes Lehrbuch.  Das  ]Marshall  College 
wurde  später  mit  dem  Franklin  College 
zum  Franklin  and  ^Marshall  College  in  Lan- 
caster.  Pa..  vereinigt. 

Deutscher  Abstammung  ist  der  am  27. 
Februar  1858  in  Nittany.  Pa..  geborene 
Professor  der  ^Mechanik  und  Dekan  der 
Ingenieur-Schule  des  Pennsylvania  State 
College  Louis  E.  Reher.  Er  war  Kommis- 
sär von  Pennsylvanien  für  die  Pariser  und 
die  Chicagoer  Weltausstellung. 

Als  Sohn  des  Pa.stors  Georg  Reinscli  in 
IMilwaukee  wurde  im  Jahre  1869  der  Pro- 
fe.s.sor  des  Staatsrechts  an  der  L'niversität 
von  Wisconsin  in  Madison  Faul  S.  Reinsch 
geboren. 

Professor  Albert  Hugo  Rennert,  Lehrer 
der  romanischen  Sprachen  an  der  L'niver- 
sität  von  Pennsylvanien,  wurde  als  Sohn 
des  begabten  Uebersetzers  deutscher  Ge- 
dichte in 's  Englische  und  Besitzers  einer 
grossen  Cigarren-Fabrik  in  Philadelphia 
Hans  Rennert  am  6.  ]\Iai  1858  geboren. 
Er  studirte  an  der  L'niversität  Pennsylva- 
nien, in  Göttingen  und  Freiburg  im  Breis- 
gau und  wurde  im  Jahre  1885  Professor. 


Er  beschäftigt  sich  hauptsächlich  mit  spa- 
nischer Literatur. 

Austausch-Professor  an  der  Universität 
Berlin  im  Jahre  1907  war  Theodore  ^yil- 
liam  Richards,  geboren  am  31.  Januar 
1868  in  Germantown,  Pa.,  als  Sohn  des 
Landschafts-  und  ]\Iarine-]\Ialei-s  William 
Trost  Ridiards  und  der  Dichterin  Anna 
Matlack  Richards.  Er  studirte  in  Har- 
vard. Göttingen.  ^lünchen  und  Leipzig 
Chemie  und  arbeitete  praktisch  in  Dresden. 
Einen  Ruf  als  ordentlicher  Professor  an 
die  Universität  in  Göttingen  schlug  er  aus. 
An  der  Harvard-Universität,  an  der  er  seit 
1903  die  Stelhmg  eines  Direktors  der 
chemischen  Abtheilung  einninunt,  wirkt  er 
seit  1888. 

Der  Hilfs-Profes.sor  der  deutschen  Philo- 
logie an  der  Staats-L'niversität  von  Wis- 
consin in  I\Iadison.  Wis.,  Edwin  C.  L. 
Roedder,  wurde  am  8.  April  1873  in  Xie- 
derwasser  im  Badischen  Schwarzwald  ge- 
boren ;  er  besuchte  die  L'niversität  Heidel- 
berg und  später  die  Staats-Univei-sität  von 
^Michigan  in  Ann  Ar])or,  nachdem  er  im 
Jahre  1892  nach  Amerika  übergesiedelt 
war.  Im  Jahre  1900  wurde  er  an  die 
Staats-L^niversität  von  Wisconsin  berufen. 

Als  Orientalist  und  Philologe  hat  sich  der 
in  Pasadina,  Californien.  ansässige  Fried- 
rich Otto  Roehrig  einen  Xamen  gemacht.  Er 
erblickte  in  Halle  an  der  Saale  am  19.  Juni 
1819  das  Licht  der  AVeit,  studirte  an  den 
Universitäten  Halle,  Leipzig  und  Paris 
orientalische  Sprachen  und  ^Medizin,  erhielt 
vom  kaiserlichen  Institut  von  Frankreicli 
den  Valney-Preis,  war  1841  Attache  der 
preussischen  Gesandtschaft  in  Konstantin- 
opel, wurde  Professor  am  Coli.  Beziers  in 
Frankreich,  hielt  1851  Vorlesungen  an  der 
königl.  Orientalischen  Akademie  in  Paris, 
wurde  1853  IIilfs-Bil)liothekar  der  A.stor- 
Bibliothek  in  New  York,  1858  Profes.sor  der 
Materia  ]\Iedica  und  Therapeutik  am  Medi- 
cal  College  in  Philadelphia,  diente  von 
1861—67  als  Militär-Arzt  in  der  V.  St. 
Armee,  erhielt  1868  vertretungsweise  den 


816 


DEUTSCHE   LEHRER  UND  UXIVERSITAETS-PROFESSOREN. 


Posten  eines  Hibliothekai-s  in  tlciii  Hurt'üu 
des  (Jeneral-Arztei?  der  V.  St.  Armee  in 
\Vasliinjrt(.n.  war  von  1869—1885  Professor 
des  Sanskrit  nnd  der  neueren  orientalisehen 
Sprachen  an  der  C'ornell  Tniversität  in 
Itliaka.  N.  Y..  wurde  1886  Lehrer  der  semi- 
tisehen  Spraelien  und  orientalisehen  Philo- 
logie an  der  Leland  Stanford  Jr.  l'niver- 
sität.  Kr  ist  ^lit^'lied  verschiedener  orien- 
talischer Gesellschaften.  Kitter  des  Medji- 
die-Ordens  und  hat  sieh  auch  als  Kom- 
ponist für  Klavier  aus{j:ezeiehnet. 

In  Ann  Arbor,  Mich.,  ansässig  ist  der 
Geologe  und  Paläontologe  Carl  Ludwig 
Homintfir,  geboren  am  31.  Dezember  1820 
in  Schnaitheim,  AVürttemberg.  Er  studirte 
Chemie  und  I\Iedizin  in  Tübingen,  erhielt 
ein  Staats-Stipendium  zur  Durchführung 
zoologischer  Studien.  Sie  führten  ihn  1848 
nach  den  Vereinigten  Staaten.  Hier  prak- 
tizirtc  er  25  Jahre  lang  als  Arzt,  wandte 
sieh  aber  dann  ganz  seinem  Lieblingsstu- 
dium, der  Geologie  und  Paläontologie,  zu. 
Er  ist  Inhaber  der  Verdienst-^NIedaille  der 
königliehen  Akademie  in  Münehen. 

Langjähriger  Präsident  des  deutsch-ame- 
rikani.sehen  Lehrerbundes,  eifriger  Förde- 
rer des  deutschen  Lehrer-Seminars  in  Mil- 
waukee  und  seit  1879  Professor  des  Deut- 
schen an  der  Staats-Universität  von  Wis- 
consin war  der  am  10.  September  1842  ge- 
borene M^ühclm  Heinrich  Eosenst enget,  der 
1865  einem  Rufe  zur  Leitung  einer  Privat- 
schule in  St.  Louis  gefolgt  war  und  eine 
segensreiche  Thätigkeit  entfaltete. 

Um  das  Forstwesen  des  Staates  Penn- 
sylvanien  verdient  gemacht  hat  sich  der 
von  Deutschen  abstammende  und  am  9. 
Ajtril  1839  in  ]\IcVeytown,  Pa.,  geborene 
Professor  der  Botanik  an  der  Pennsylvania 
Universität  Joseph  T.  liotlirock. 

Präsident  des  Calvin  College  in  Cleve- 
land.  O.,  das  hauptsächlich  durch  seine 
Bemühungen  gegründet  wurde,  ist  der 
Achtundvierziger  Hermann  Julius  Ruete- 
nik,  geboren  am  20.  September  1826  in 
Denierthiii.  Deut.schland,  er  studirte  Theo- 


logie in  Halle.  Die  deutsche  Revolution 
vcranlas.ste  ihn  zur  Auswanderung  nach 
Amerika.  Kv  wui-dc  im  Jahre  1852  Geist- 
licher der  Keformirten  Kirche,  lehrte  und 
amtirte  in  Easton,  Pa.,  Tifflin,  O.,  und  ^lis- 
sion  Ilouse.  AVis.  Er  schrieb  ..Erlebnisse 
eines  deutschen  l'farrers  in  Amerika", 
,, Feine  Bildung".  ..Settlement  im  Busch", 
..Kirchengeschiclite",  ,,Gennan  Grammar", 
..Indianer-CJcschichten",  ., Pioneers  of  the 
Reformed  Church  in  America",  ,, Berühmte 
deutsche  Vorkämpfer  für  Fortschritt,  Frei- 
heit und  Friede  in  Nord-Amerika". 

l^m  die  deutsch-amerikanische  Ge- 
schichtsforschung hat  sich  grosse  Ver- 
dienste erworben  der  am  22.  November 
1842  in  Philadelphia  von  deutschen  Eltern 
geborene  Julius  Fricelrich  Sachse,  der  [Mit- 
glied der  Historischen  Gesellschaft  von 
Pennsylvanien  und  der  Penusylvania- 
German  Society  ist. 

In  Deutschland  im  Jahre  1853  geboren 
ist  der  Astronom  der  Staats-Universität  von 
[Michigan  in  Ann  Arbor,  John  Martin 
Schäberle;  er  war  Lehrling  in  einer  Chica- 
goer [Maschinen-AVerkstätte.  als  er  den  P"nt- 
schluss  fasste  zu  studiren.  Er  machte  die 
p]xpeditionen  zur  Beobachtung  der  Son- 
nenfinsterniss  nach  Cayenne.  Chile  und 
Japan  im  Auftrage  des  Lick '.sehen  Obser- 
vatoriums mit.  Er  hat  zahlreiche  Beiträge 
für  astronomische  Fachzeitungen  geliefert. 

Präsident  von  ,,The  Je^vnsh  Theological 
Seminary  of  America"  in  New  York  ist 
Professor  Dr.  Salomon  Schechter,  der  Ent- 
decker von  Genizah  bei  Kairo.  Er  war, 
ehe  er  nach  Amerika  kam.  Docent  an  der 
Universität  Cambridge  in  England  und  bis 
zum  Jahre  1902  Professor  des  Hebräischen 
am  L"^niversitv  College  in  London.  Er  war 
1849  geboren  und  hatte  an  den  Universi- 
täten Wien  und  Berlin  studirt. 

Forstmeister  luid  Direktor  der  Forst- 
Akademie  in  Biltmore,  S.  C,  ist  der  am 
25.  [März  1868  in  Darmstadt  geborene  G.  0. 
('.  Scheuch,  dem  im  Jahre  1905  der  Titel 
„Grossherzoglich  -  Hessischer    Oberförster" 


Dh:L'T8CllK   LKliKKH    LND    L"-\i\  EliSlTAETS-PROFESSORKX. 


317 


verliehen  wurde.  Er  stiulirte  Cameralia 
und  Forstwissenschaft,  erhielt  in  Giesscn 
den  philosophischen  Doktor-Titel,  naclidem 
er  die  Prüfung  „sunuiia  cuiu  laude"  be- 
standen hatte,  luid  übernahm  im  Jahre 
1895  die  Leitung  der  Vanderbilt 'sehen 
Foi"sten  in  Biltmore.  wo  er  drei  Jahre 
später  eine  Forstakademie  gründete.  Er 
schrieb  ..Forstlich-finanzielle  Probleme". 
„Grundriss  der  Forstpolitik",  ..Forstliche 
Verhältnisse  der  Vereinigten  Staaten". 
„Forstliche  Vorlesungen  über  Waldbau. 
Forstbenutzung  und  Holzmesskunde". 

Seit  1887  wirkt  als  Professor  der  Natur- 
wissenschaften am  Franklin  and  ]Marshall 
College  in  Lanca.ster,  Pa.,  der  am  21.  Sep- 
tember 1859  in  Weissenfeis  in  Preussen  ge- 
borene Richord  Franz  Conrad  Schiedt.  Er 
studirte  Mathematik,  Zoologie  und  Chemie 
an  den  Universitäten  Erlangen  und  Berlin, 
dann  Theologie  in  Laneaster,  Pa.,  und  er- 
warb die  philosophische  Doktor-Würde  an 
der  Universität  von  Pennsylvanien.  Er  hat 
mehrere  wissenschaftliche  Werke  und 
solche  erzieherischen  Inhalts  verfasst. 

Hugo  Karl  Schilling,  geboren  am  28. 
März  1861  in  Saalfeld,  Sachsen-lMeiaingen, 
bezog  1878  die  Universität  Leipzig;  hielt 
sieh  1880  bis  1882  in  England  und  1882  bis 
1883  in  Paris  auf  zur  Vervollkommnung 
in  den  neueren  Sprachen ;  von  1883  bis  zu 
seiner  Doktorpromotion  im  Jahre  1885  in 
Leipzig  war  er  Schüler  Zarnckes,  Hilde- 
brands, Eberts  imd  Wülkers.  1886  bis  1891 
wirkte  er  als  Professor  der  modernen  Spra- 
chen am  Wittenberg  College  in  Springfield. 
Ohio;  1891  bis  1901  war  er  Hilfs-Professor 
des  Deutschen  an  der  Harvard-Universität 
in  Cambridge,  Massachusetts;  seit  1901 
Professor  der  deutschen  Sprache  und  Lite- 
ratur an  der  Staats-Universität  von  Cali- 
fomien  in  Berkeley. 

Professor  der  modernen  Sprachen  an  der 
Universität  von  Oregon  in  Eugene,  Ore., 
ist  Dr.  Friedrich  Georg  Gottloh  Schmidt. 
Geboren  am  17.  November  1868  in  Bayern, 
studirte  er  in  Erlangen  und  dann  an  Johns 


Hopkins  in  Baltimore.  Im  Jahi-e  1896  war 
er  stellvertretender  Lehrer  der  deutsehen 
Sprache  am  Cornell  College  in  Ml.  N'ernon, 
Iowa,  war  als  Lehrer  in  verschiedenen 
Theilen  der  Ver.  Staaten  thätig.  machte 
ausgedehnte  Keisen  und  nahm  dann  die  er- 
wähnte Professur  an.  Er  i.st  unter  Anderem 
^Mitglied  des  Vereins  für  bayerische  Volks- 
kunde und  I\Iundartforschung.  Er  schrieb 
eine  Abhandlung  über  die  ..Ricser-^Tund- 
art"  und  gab  deutsche  und  französische 
Dichtungen  mit  erläuternden  Anmerkungen 
heraus. 

Der  ausserordentliche  Professor  der  ger- 
manischen   Philologie   an    der   Universität 
Chicago     Hans     M.     Schmidt-Warte  nhcrg 
wurde  am  16.  Januar  1861  in  Cöslin.  Pom- 
mern, geboren,  kam  nach  dem  Besuch  der 
Universitäten  Jena,  Berlin  und  Strassburg 
im  Jahre  1885  nach  Amerika,  wo  er  an  der 
Cornell-Universität  seine  Studien  beendete. 
Nach     Lehrthätigkeit     in     Nord-Carolina, 
New  York,  Utah,  Süd-Dakota  und  ^Nlissis- 
sippi  kam  er  im  Jahre  1893  nach  Chicago. 
Geboren  1861  zu  Oppeln,  studirte  Her- 
mann Schönfeld  in  Berlin,  Breslau,  Leipzig, 
Paris  und  St.  Petersburg.     Seine  amerika- 
nische  Lehrthätigkeit   für  moderne   Spra- 
chen eröffnete  er  1888  an  der  Brown-T Uni- 
versität  in   Providence,   wirkte   dann   von 
1891  bis  1893  an  der  Johns  Hopkins,  um 
1894  die  Professur  des  Deutschen  und  der 
europäischen    Geschichte    an    der    Colum- 
bian-Universität  zu  übernehmen.     In   der 
Zwischenzeit   war   er  Ver.    St.   Konsul   in 
Riga  und  machte  von  dort  aus  weite  Stu- 
dienreisen.    Als  Frucht  dieser  Reisen  er- 
schien sein  Buch  über  „Höhere  Erziehung 
in   Russisch-,   Oesterreichisch-  und  Preus- 
sisch-Polen ".      Schönfeld   hat   auch   sonst 
eine  Reihe  von  Schriften  veröffentlicht,  so 
über    Brants    „Erasmus",    ,.Erasmus   und 
Rabelais",   über   „slavische  Literatur  und 
Geschichte",  „die  Ziele  der  grossen  sibiri- 
schen Eisenbahn",  „Germ.  Histor.  Prose", 
„Leopold  von  Ranke",  „Maria  Stuart"  etc. 
Schönfeld  ist  Mitarbeiter    von  Brockhaus' 


318 


DKrTSCHK  LKHRER  UND  UNIVERSITAETS-PROFESSOREN. 


K.inversatioiisicxikoii.  Er  lehrt  in  Wash- 
in«rton  (U'utschc  luitl  kniitincntalc  Ge- 
schiclltr. 

I'ntfrssttr  (li'r  Matlu'iiiatiU  an  ilcr  „New 
York  rniversity"  ist  Dr.  Arthur  SchuUzc, 
«Icr  am  'MV  März  18(il  in  Dcutsdilancl  gebo- 
ren war  und  seine  Stndifii  an  ili-n  l'nivcr- 
sitäten  Leip/.ijj:.  Berlin  und  Kid  al)solvirt 
hatti'.  Kr  war  Lehrer  der  Mathematik  an 
der  Friedrieh  Werder 'sehen  Ki-alsehule  in 
lierlin,  Assistent  im  Staats-Ber*rwerks- 
Ilureau  in  San  Francisco.  Lehrer  der 
Mathematik  an  der  Ilohokem-r  Akademie, 
daini  an  der  Stanton-IIochshule  luid  der 
ILiiidels-IIoehschule  in  New  York.  Er  ist 
der  Ertindi-r  des  Dynamischen  Heizappa- 
rats (Dynamie  Heatpr)  und  Verfasser 
fachwis.sensehaftlieher  Abhandlungen. 

In  dem  von  Friedrich  dem  Grossen  für 
protestantische  Böhmen  im  Regierungsbe- 
zirk Potsdam  gegrüiuleten  Dorfe  Xowawes. 
das  übrigens  über  12.000  Einwohner  zählt 
und  das  Mutterhaus  der  auf  Hebung  der 
geistigen  wie  matei-iellen  Zustände  der  Be- 
völkerung hinarbeitenden  Oberlin-Vereine 
I)esitzt,  wurde  am  3.  Februar  1840  August 
ScIniKzr  geboren,  der  nicht  allein  als 
Lehrer  und  als  Theologe  Bedeutung  hat, 
sonth'rn  auch  als  einer  der  Vorsteher  der 
llerndiuter  in  Amerika,  Schriftsteller  und 
lu'ilakteur.  Er  ab.solvirte  das  Pädagogium 
der  Brüllergemeinde  in  Niesky,  Schlesien, 
daiMi  das  theologische  Seminar  in  Guaden- 
t'eld.  Er  war  ein  Jahr  lang  Lehrer  an  der 
französi.schen  Akademie  in  Lausanne  in 
der  Schweiz,  wirkte  dann  in  Niesky,  wurde 
Brofes.sor  und  sjiäter  Präsident  des  ,,]Mora- 
vian  College  and  Theologieal  Seminary"  in 
B<'thlehem.  Pa..  wai'  zwölf  Jahre  lang  einer 
der  drei  Vorsteher  und  Leiter  der  Ilerrn- 
huter  in  Amerika.  Redakteur  des  „Brüder- 
Botschafter",  stellte  ein  neues  deutsches 
Gesangbuch   zusannnen.   gab   in   englischer 


Eskimo-Sprache  im  nordwestlichen  Alaska, 
t'inen  ..Führer  im  alten  Ilerrnhuter  Fried- 
hof in  Bethlehem"  und  theologische  Schrif- 
ten.    Er  wohnt  in  Bethlehem,  Pa. 

Professor  der  ^Mathematik  an  der  l'ni- 
versität  von  Pennsylvanien  ist  der  Deutsch- 
Russe  ./.  ./.  Schwatt.  Er  wurde  am  18. 
Juni  1S()7  in  Mitau,  Kurland,  geboren.  Er 
ist  ^litglied  des  „Vereins  Deutscher  Mathe- 
matiker" und  hat  sich  namentlich  durch 
Febersetzung  bekannter  deutscher  mathe- 
matischer Werke  ausgezeichnet. 

Professor  der  landwirthschaftlichen 
Chemie  an  dei-  Fniversität  von  ]\Iissouri  in 
Colunihia.  Mo.,  sowie  Chemiker  der  land- 
wirthschaftlichen Versuchs  -  Station  da- 
selbst ist  Paul  Schweitzer,  geboren  am  16. 
]\Iärz  1840  in  Berlin.  Er  machte  seine 
chemischen  Studien  in  Göttingen.  1865 
wurde  er  Assistent  am  Polytechnischen 
Institut  in  Philadelphia.  1866  an  der  Berg- 
werksschule am  Columbia  College  und  1872 
Professor  an  der  Universität  von  ]Mis- 
souri.  Er  erhielt  die  goldene  ]\Iedaille  bei 
der  Pariser  W^eltausstellung. 

Jahre  lang  im  städtischen  Schulwesen 
]\Iilwaukee's  thätig.  so  auch  als  Superin- 
tendent der  Schulen,  ist  Heinrich  Otto 
Budolf  Siefert,  geboren  am  11.  Februar 
1841  in  Grabenstein,  Reg.  Bez.  Cassel,  und 
seit  1855  in  Amerika.  Er  hat  unter 
Anderem  auch  ein  ..Liederbuch"  für 
Schul  zwecke  herausgegeben. 

Professor  der  Chemie  am  Baltimore  Col- 
lege of  Dental  Surgery  seit  1888  ist  der  am 
20.  Februar  1844  in  Eberstadt,  Hessen,  ge- 
borene, an  der  Universität  Giessen  wissen- 
schaftlich gebildete  und  seit  1870  in  Ame- 
rika befindliche  Dr.  Wilhelm  Simou.  Be- 
sonders bekannt  wurde  er  durch  sein 
„^lanual  of  Chemistry ' '. 

Zu  den  festesten  Stützen  des  Deutsch- 
thums  in  Amerika  gehört  der  als  Festred- 


nnd   deutscher   Sprache   den    Katechisnuis  ner  bei  deutschen  Feiern  gesuchte  Profes- 

der  Hermhuter  heraus,  schrieb  „Die  Mis-  sor  der  Theologie  am  Lutheran  Theologieal 

sionsfelder  d<'r  Erneuerten  Brüderkirche",  Seminary  in  ]\It.  Airy,  Pa.,  Philipp  Fried- 

eine     Grammatik     und     "Wörterbuch     der  rieh   Adolf   Theodor   Späth.     Geboren   in 


DEUTSCHE  LEHRER  UND  UNIVERSITAETS-PROFESSOREX. 


319 


Esslingen,  AVürtteniberg,  am  29.  Oktober 
18.S!),  ahsolvirte  er  1S()1  die  Universität 
Tübingen,  war  Ilaiislebi-er  in  der  Familie 
des  IIerzoj;s  von  Argyle  in  Sehottland, 
wurde  ISB-l  an  die  Zions-Kirehe  in  Phila- 
delphia berufen,  dann  an  die  St.  Johainiis 
Kirehe  daselbst  und  1873  an  das  Luthe- 
rische Theologisehe  Seminar.  Sein  Pasto- 
rat behielt  er  Jahre  lang  bei.  Er  war  acht 
.lahre  lang  Präsident  des  General-Konzils 
der  evangeliseh-lutherisehen  Kirehe  in 
Amerika.  Er  war  Redakteur  des  „Ju- 
gendfreund", ist  ]\Iitarbeiter  der  ..Luthe- 
i-iin  Eneyelopaedia".  der  ..Protestant  Real- 
Eneyelopaedia",  der  ..Lutheran  Chureh 
Review".  Verfasser  von  theologischen 
Schriften,  der  ..Liederlust"  und  ,, Saat- 
körner" und  Komponist  von  Kirchenlie- 
dern. 

Professor  der  Theologie  an  dem  1848 
gegründeten  Iowa  College  in  Grinnell,  la., 
ist  der  in  Wien  am  1.  November  1866  ge- 
borene Eduard  Ä.  Steiner,  der  an  den 
Tniversitäten  Heidelberg,  Göttingen  und 
Herlin  studirt  hat.  Er  wirkte  an  mehreren. 
Kongregationalisten  -  Gemeinden,  bis  er 
1903  an  das  erwähnte  Kongregationalisten 
Kollegium  berufen  wurde.  Unter  seinen 
Schriften  sind  zu  nennen :  „Tolstoy  the 
Man". 

Professor  der  Theologie  und  des  Deut- 
schen an  der  Capital-Universität  in  Co- 
lumbus,  0.,  ist  Dr.  Friedrich  Wilhelm 
Stdlhorn,  geboren  am  2.  Oktober  1841  in 
Hannover.  Er  erhielt  seine  theologische 
Bildung  in  Amerika,  war  Professor  an  der 
Northwestern  T'^niversity  in  Wisconsin  und 
am  Concordia  College  in  Fort  AVayne,  Ind., 
ehe  er  nach  Columbus  berufen  Avurde.  Er 
redigirte  Jahre  lang  die  ,, Lutherische  Kir- 
ehenzeitung"  und  die  ..Theologische  Zeit- 
blätter". Er  sehrieb  ,,Kurzgefasstes  Wör- 
terbuch zum  Griechischen  Neuen  Testa- 
ment", ..Die  Pastoralbriefe  Pauli  über- 
setzt und  erklärt"  u.  A. 

Wenn  auch  nicht  als  Universitätslehrer, 
so  doch  als  Forscher  auf  dem  Gebiet  der 


Zoologie  und  Verfasser  zahlreicher  Ab- 
handlungen über  Protozoen  und  Mollus- 
koiden  ist  iler  am  27.  September  1846  in 
Solothuin  in  der  Schweiz  geborene 
Victor  Shrki  bekannt,  der  in  Hern  und 
München  ^Medizin  studii't  und  an  erstge- 
nannter Universität  promovirt  hatte.  Seit 
September  1883  ist  er  in  Amerika  an- 
sässig, und  zwar  seit  Jahren  in  New  Phila- 
delphia, 0.  Er  ist  ^Mitglied  der  ..Ohio 
Aca<leiii.\-  of  Sciences"  und  der  ..Deutschen 
]\r;dakozo()logisehen  (von  ]\Ialacoz();i  — 
Weicht hiere)  Gesellschaft". 

In  Iloboken.  N.  J.,  am  26.  ]\Iai  1867  von 
deutschen  Eltern  geboren,  aber  in  Deutsch- 
land erzogen,  wo  er  das  Realgymnasium  in 
Karlsruhe,  sowie  die  Univei^sitäten  Berlin 
und  Göttingen  besuchte,  wurde  der  Profes- 
sor der  Chemie  an  der  Universität  von 
Chicago.  Julius  Stieglitz,  der  seit  1892  da- 
selbst thätig  ist. 

Johann  Ludwig  Tellkampf  war  1804  zu 
Bückeburg  geboren,  studirte  Jurispi-udenz 
und  Hess  sich  1835  in  Göttingen  als  Privat- 
dozent nieder.  ]\Iit  den  ,. Göttinger  Sieben" 
verliess  er  aber  diese  Universität  und  folgte 

1838  einem  Rufe  als  Professor  der  Staats- 
wissensehaften  und  deutscher  Lehrer  an  das 
Union  College  in  Schenectady,  New  Yoi-k. 
Dort  erfreute  er  sich  sehr  am  Lerneifer 
seiner  Schüler.  1844  wurde  er  in  gleicher 
Eigenschaft  an  die  Columbia  nach  Xew 
York  berufen,  wo  er  bis  1846,  dem  Jahre 
seiner  Rückkehr  nach  Deutschland,  thätig 
blieb.  Er  bemühte  sich  während  dieser 
beiden  Jahre  besonders  um  die  Entwicke- 
lung  des  New  Yorker  Volkssehulwesens 
und  die  Herstellung  der  Dampferverbin- 
dung New  York — Bremen.  Er  wurde  1846 
ordentlicher  Professor  der  Staatswissen- 
schaften an  der  Universität  Breslau  und 
starb  in  Berlin  als  INIitglied  des  Herren- 
hauses am  16.  Februar  1876.  Sein  am  27. 
April  1812  geborener  Bruder  Theodor  kam 

1839  nach  Amerika.  Er  war  Arzt  und  be- 
schäftigte sich  besonders  mit  dem  Studium 


320 


DEUTSCHE  LEHRER  UND  UNFV'ERSITAETS  PROFESSOREN. 


der  Stnifanstaltfii.    Er  war  ein  Ge<?ner  der 
Einzelhaft. 

Im    liuniU'stliciist    wirkt    dvr  liedentende 
Astronom  nn<l   (M'odiit   (Klo   Ilihfard  Titt- 
7)inini.    der    von    dcutsclien     Eltern — seine 
.Mutt.T  war  eine  «r»'l»»ren»'  Ilil^'ard— in  der 
deutsfhrn    Ansiedlunitr    l^'Uevillr.    111..    am 
20.   Auf,Mist    isr)()  «jehoren   war.      Seil    (l<in 
.lahre   18()7   i.st   er  besehäftigt   im   Kii.sten- 
und  (Jeodäti.sehfii   Hiin-au  der  Bnnde.s-Ke- 
piernn^'.     Tittmaim  wurde  als  Ililfs- Astro- 
nom    dt'r     wi.ssensehaftliehen     Expedition 
zur   lii'ohachluuir   d''s    V(Mins-Durcliy;anges 
nach   Japan    1.S74   l)eijregel)en.      Er  leitete 
mehren'    Kü.sten  -  Vermessnngs  -  Expeditio- 
nen,    wurde     zum     Studium     der     IMasse 
nnd     Oewiehte.     nanientlieh     des     nietri- 
sehen    Systems,    nach    London,    Paris   und 
Berlin     t^e.sandt.     w;ir     Delegat    der    Ver. 
Staaten    zur    internationalen    geodätischen 
Konferenz    in    Berlin.    1895,    ist    ^Mitglied 
liervorragcnder  geodätischer  Gesellschaften 
und  seit   1000  Superintendent  des  ,,U.  St. 
Coast  and  Geodetic  Survey".    Er  war  Ver- 
treter  der   Ver.    Staaten    bei    der   Alaska- 
Grenz  -  Kegulirung.      Tittmann    wohnt    in 
"NVa.shington. 

Im  Jahre  1846  in  Dresden  geboren,  be- 
suchte Kufhlf  Tombo  sen.  die  Kreuz.schule, 
das  Gymna-sium  seiner  Vaterstadt,  imd 
bezog  im  Jahre  1865  die  Universität  Leip- 
zig, wo  er  unter  F.  W.  Ritschi.  Georg  Cur- 
tius  und  Friedrich  Zarncke  Philologie  stu- 
dirt«'.  Er  wurde,  nachdem  er  im  Steno- 
graphen-Konkurrenz-schreibeu  in  Berlin  ge- 
siegt hatte,  in  das  stenographische  Bu- 
reau des  Norddeutschen  Reichstags  berufen 
und  gehörte  demselben  während  des  kon- 
stitnircnden  und  des  ersten  ordentlichen 
Reichstags  an.  Im  AVinter  1868  siedelte  er 
von  Leipzig  nach  Berlin  über,  wo  er  seine 
Studien  fortsetzte  und  im  Jahre  1869  die 
Staatsprüfung  pro  facultate  docendi  be- 
stand. Im  Jahre  1870  promovirte  er  auf 
Gnind  einer  Dissertation  zum  Dr.  phil. 

Als  Gefreiter  im  7.  Brandenburger  In- 
fanterie-Regiment   No.    60    nahm    er    am 


deutsch-frmizösischen  Kriege  theil  und 
kehrte  im  Sommer  1S71  wohlbehalten  in 
die  Ileimath  zuriu-k.  Darauf  war  er  eine 
Reihe  von  Jahren  als  Lehrer  an  höheren 
Sehulen  in  Eschwege  und  Barmen  thätig, 
nahm  aber  gelegentlich,  soweit  sein  Beruf 
das  gestattete,  die  alte,  liebgewonnene  Thä- 
ligkeit  als  praktischer  Stenograph  wieder 
auf  und  stenographirte  in  Provinzialland- 
tagen,  Stadtverordneten  -  Versammlungen, 
Gerichtsverhandlungen  u.  s.  w. 

Auch  in  New  York,  wo  er  sich  im  Jahre 
1883  niederliess.  konnte  er  sich  der  faszini- 
renden  stenographischen  Thätigkeit  nicht 
entziehen.  Er  nahm  also  im  Jahre  1884 
freudig  Antheil  an  der  Gründung  eines 
..Gabelsberger  Stenographen-Vereins"  da- 
selbst, -welcher  sich  die  Pflege,  Verbrei- 
tung und  den  Unterricht  in  dem  deutschen 
Stenographiesystem  Gabelsbergers  sowie 
der  Richter 'sehen  Uebertragimg  desselben 
auf  das  Englische  zur  Aufgabe  gemacht 
hat.  Er  leitete  ihn  in  den  letzten  Jahren 
ununterbrochen  als  Vorsitzer.  Es  ist  dem 
Verein  gelungen,  den  Namen  des  genialen 
Erfuiders  der  deutschen  Stenographie  nicht 
nur  in  New  York,  sondern  in  ganz  Amerika 
zu  Ehren  zu  bringen,  und  er  glaubt  damit 
ein,  w^enn  auch  recht  bescheidenes  Stück 
deutscher  Kulturarbeit  in  diesem  Lande  ge- 
leistet zu  haben 

Tombo 's  Hauptthätigkeit  war  jedoch  im 
neuen  Vaterland  dem  deutschen  Unter- 
richt gewidmet,  und  er  hat  nicht  nur  zahl- 
reiche Privatschüler  in  der  deutschen 
Sprache  ausgebildet,  sondern  auch  in  Schu- 
len, Vorbereitungsklassen  und  Colleges  er- 
folgreichen Unterricht  ertheilt.  Gegen- 
wärtig lehrt  er  am  Adelphi  College  in 
Brooklyn.  Von  1898—1905  gehörte  er  der 
deutschen  Abtheilung  von  Columbia  an. 
Auch  ist  er  Vorsitzender  des  Vereins  deut- 
scher Lehrer  von  New  York  und  Umgegend. 
Der  Begründer  der  empirischen  ]\Iinera- 
logie  in  Amerika,  Gerhard  Troost,  war  zwar 
von  Geburt  Holländer,  denn  er  wurde  in 
Herzogenbusch  in  der  jetzigen  niederländi- 


DEUTSCHE  LEHRER  UND  UNIVERSITAETS  PROFESSOREN. 


321 


sehen  Provinz  Xord-Brabant  im  Jahre  1776 
geboren,  doeh  im  innersten  Herzen  deutsch, 
wie  er  am  Besten  dadurch  bewiesen  hat. 
dass  er  in  Nashville.  Tennessee,  eine  Deut- 
sehe Gesellschaft  gründete,  deren  Präsident 
er  mehrere  Jahre  war.  Er  rief  auch  einen 
deutsehen  Leseverein  in 's  Leben,  dessen 
Bibliothek  er  bedeutende  Schenkungen 
machte.  Seine  wissenschaftlichen  Metho- 
den waren  deutsch,  denn  er  war  in  Freiberg 
ein  Sehüler  Abraham  Gottlob  Werner 's  ge- 
wesen, des  Begründers  der  Geologie  oder 
Geognosie,  der  Wissenschaft  von  der  Zu- 
sammensetzung imd  dem  Bau  der  Erde  als 
eines  aus  organischen  Stoffen  bestehenden 
Weltkörpers.  Troost  hatte  vorher  an  den 
Universitäten  Leyden  und  Amsterdam  ]\Ie- 
dizin  studirt.  Im  Jahre  1809  wurde  er,  als 
er  sieh  mit  einer  wissenschaftlichen  Expe- 
dition auf  der  Fahrt  nach  Java  befand, 
von  einer  englischen  Kaperschiff-]Mann- 
schaft  gefangen  genommen  und  nach  Dün- 
kirchen gebracht.  Von  dort  begab  er  sieh 
nach  Paris  und  setzte  unter  Hauy.  dem 
Begründer  der  wissenschaftlichen  Krystal- 
lographie,  seine  Studien  fort.  Auf  der 
Reise  nach  Holländisch-Ostindien,  die  er 
über  Amerika  machte,  wechselte  er  das  Ziel 
seiner  Fahrt  imd  liess  sich  in  den  Verei- 
nigten Staaten  nieder.  Zwei  Jahre  lang 
gehörte  er  der  Owens 'sehen  Kommiuiisten- 
Gemeinde  in  New  Harmony,  Ind.,  an.  Er 
wurde  einer  der  Gründer  und  der  erste 
Präsident  der  Academy  of  Natural  Sciences 
in  Philadelphia,  war  Professor  der  ]Mine- 
ralogie  und  Chemie  an  dem  College  of 
Pharmacy  und  am  Philadelphia  ]\Iuseiun 
und  wurde  1828  als  Professor  der  Chemie, 
Geologie  und  ^Mineralogie  an  die  neuge- 
gründete „Cumberland  University"  in 
Nashville  berufen.  Er  hat  eine  „Geologi- 
sche Vermessung  der  Umgegend  von  Phi- 
ladelphia" verfasst  und  andere  Werke.  Er 
gründete  die  erste  Alaun-Fabrik  in  den 
Vereinigten  Staaten  in  Cape  Sable,  Md.  Er 
starb  im  Jahre  1850  in  Nashville.     Seine 


^Mineralien-Sammlung  soll  die  grösstc  uinl 
vollständigste  in  den  Vereinigten  Staaten 
gewesen  sein. 

Als  Kthnologe  imd  Arcliäologe,  sowie  be- 
sonders durch  seine  archäoh)gischen  For- 
schungen in  Peru  und  anderen  südameri- 
kanischen Ländern  hat  sich  der  in  Dresden 
am  25.  März  1856  geborene  Friedrich  Max 
Vhde  einen  Nanuni  erworben.  Er  lehrt 
an  der  Universität  von  Californien  in 
Berkeley,  Cal.  Er  hat  archäologische  und 
sprachwissenschaftliche  Beiträge  zu  faeli- 
wissenschaftliehen  Zeitschriften  geliefert. 
Seine  Studien  hatte  er  in  Göttingen  und 
Leipzig  gemacht. 

An  der  George  Washington  Universität 
ist  der  am  18.  November  1872  geborene 
Carl  WilJidin  August  Veditz  als  Professor 
der  National-Oekonomie  und  Sociologe 
thätig.  Er  hatte  an  der  Universität  von 
Pennsylvanien,  in  Halle,  Berlin.  Leipzig 
und  Paris  studirt.  Er  ist  Mitglied  einer 
Reihe  gelehrter  Gesellschaften,  darunter 
der  ,, Internationalen  Vereinigimg  für  ver- 
gleichende Rechtswissenschaft"  in  Berlin, 
sowie  amerikanischer  Korrespondent  der  in 
Paris  erscheinenden  ,, Revue  Germani(iue". 
Er  schrieb  in  deutscher  Sprache:  ,,Thü- 
men's  Wortlehre",  veranstaltete  die  ameri- 
kanische Ausgabe  von  Charles  Gide 's 
,,Principes  d 'economic  politique"  imter 
dem  Titel  ,.Political  Economy"  und  ver- 
öffentlichte 1904  .,The  American  Revo- 
lution". 

Lehrer  am  ,, College  of  the  City  of  New 
York"  ist  seit  Ende  der  90er  Jahre  der 
am  14.  Dezember  1851  in  Meseritz,  Posen, 
geborene  Dr.  phil.  Titus  Voelkel.  Er  stu- 
dirte  in  Königsberg,  Caen  und  Paris,  war 
Oberlehrer  am  Lehrerinnen-Seminar  in 
Wolfenbüttel,  Sprecher  der  Freien  Ge- 
meinde in  ^Magdeburg,  Flüchtling  in  der 
Schweiz  und  von  1894 — 96  Sprecher  der 
Freien  Gemeinde  in  Braun.schweig,  von  wo 
aus  er  nach  Amerika  übersiedelte.  Er  ist 
Schriftführer  des  A.  D.  Sprachvereins  und 
Verfasser  mehrerer  Schulbücher. 


322 


DEUTSCHE  LEHRER  UND  UNIVERSITAETSPROFESSOREN. 


In  Miidison  wirkt  als  Professor  der 
deutschen  Philologie  an  der  Staats-Univer- 
sität von  Wisconsin  Ernst  Karl  Johann 
Heinrich  Voss,  {jeboren  am  13.  Oktober 
1860  in  Hutzow.  Mecklenburg-Schwerin. 
Er  besuchte  die  Universitäten  Rostock, 
Marburg  und  Leii)zig,  kam  nach  einjähri- 
gem Aufenthalte  in  England  im  Jahre 
1889  nach  Amerika  und  wirkte  als  Lehrer 
des  Deutvschen  in  Saginaw.  ]Mich.,  und 
später  an  der  Staats-Universität  von  ]\Iichi- 
gan  in  Ann  Arbor.  In  den  Jahren  1893 — 95 
vervollständigte  er  seine  Studien  an  der 
Univei-sität  Leipzig,  wo  er  promovirte. 
worauf  er  von  1896  an  als  aasserordentli- 
cher  und  von  1901  an  als  ordentlicher 
Professor  an  der  Staats-Universität  von 
Wi.sconsin  lehrte. 

In  Unkei-sdorf  bei  Dresden  am  31.  ]\Iai 
1851  geboren  wurde  der  Professor  der 
deutschen  Sprache  und  Literatur  am  Wil- 
liams College  in  Williamstown.  ]\Iass., 
Georg  M.  ^y^hl.  Er  studirte  in  Halle  und 
Leipzig. 

Ein  deutsch-russisch-jüdischer  Sprach- 
foi-scher  und  Gelehrter  ist  der  an  der  Har- 
vard-Universität wirkende  Professor  der 
slavischen  Sprachen,  Uebersetzer  der  Werke 
Tolstoi 's.  Verfasser  einer  „Anthology  of 
Russian  Literature".  der  ,.Yiddish  Litera- 
ture  in  the  Xincteenth  Century"  und  Her- 
ausgeber von  Moritz  Rosenfeld 's  Ghetto- 
liedern  in  Prosa-TelHM-setzung.  Lto  Wi(  ncr. 
Er  war  am  26.  Juli  1S(;2  in  Russland  ge- 
boren, studirte  in  Warschau  und  Berlin 
und  wirkte  eine  Zeit  lang  als  Lehrer  der 
ileutsclifii  ninl  romanischen  Si)rachen  an 
der  Universität  von  ^Iis.souri.  Professor 
Wiener  v'ehört  zu  den  vielseitigsten  Lin- 
gui.sten  der  Gegenwart. 

Gelmren  am  4.  September  1866  in  Oester- 
reieh  empfing  Max  Winkhr  seine  Schulbil- 
dung   in    Cincinnnti    luid    besuchte   später 


die  Ilarvard-T'niversität.  an  der  er  1889 
graduirte.  Er  lehrte  dann  bis  1892  an  den 
Universitäten  von  Kansas  und  ^lichigan, 
wo  er  zum  Dr.  phil.  promovirte.  Ein  Jahr 
studirte  er  noch  in  Berlin  und  kehrte  1893 
an  die  Universität  von  Michigan  in  Ann 
Arbor  zurück,  wo  er  seitdem  ununterbro- 
chen thätig  ist.  1902  wurde  er  definitiv 
Leiter  der  dortigen  deutsehen  Abtheilung. 
Er  gab  unter  anderen  deutsche  klassische 
Dramen  mit  erklärenden  Anmerkungen 
heraus. 

Lehrerin  am  Wellesley  College  in  Wel- 
lesley,  Mass.,  ist  die  am  12.  August  1871  in 
Kassel  geborene  Natalie  WippUnger.  wel- 
che in  Bern  ihr  Abiturienten-Examen  be- 
stand, nach  einem  Besuch  von  Vorlesungen 
in  England  und  an  der  Sorbonne  in  Paris, 
in  Freiburg  und  Leipzig  studirte  und  an 
letztgenannter  Universität  den  Titel  „doc- 
tor  philosophiae"  erwarb.  Seit  1900  wirkt 
Dr.  W^ipplinger  in  Amerika. 

Eine  Zeit  lang  Lehrer  an  der  Harvard 
Universität  war  der  berühmte  deutsche 
Chemiker  Johannes  Wisliceniis,  geboren 
1835  in  Kleineichstädt.  Provinz  Sachsen. 
Er  studirte  in  Halle  und  kam,  als  sein 
Vater  Gustav  Adolf  Wisliceniis  (1803 — 
75),  der  wegen  Betheiligung  an  der  Bur- 
schenschaft 1824  zu  12  Jahren  Festung 
verurtheilt  worden  war,  von  denen  er  fünf 
absitzen  musste,  in  dem  Jahre  1853  zwei- 
jähriger Haft  wegen  seiner  Broschüre 
..Die  Bibel  im  Lichte  der  Bildimg  unserer 
Zeit"  durch  die  Flucht  sich  entzog,  nach 
Amerika.  Als  der  ältere  Wislicenus.  der 
in  Iloboken  eine  Schule  gegründet  hatte, 
im  Jahre  1856  nach  Europa,  und  zwar  der 
Schweiz,  zurückkehrte,  begleitete  ihn  .sein 
Sohn.  Er  lehrte  an  dem  Polytechnischen 
Institut  in  Zürich  und  später  an  den  Uni- 
vei"sitäten  Würzburg  und  Leipzig.  Er 
starb  im  Jahre  1002. 


Deutscher  Einfluss  auf  die  Entwickelung  der 
amerikanischen  Medizin  und  Chirurgie. 

Von  Dr.   med.  JOHN  C.  HEMMETER.   Dr.  phil.  Dr.  L.   L.,   Professor  der  Physiologie 

an  der  Universitaet  von  Maryland,  Baltimore. 


In  einer  Nation,  in  welcher  die  ange- 
wandten und  industriellen  Fähigkeiten  der 
Rasse  solch'  ein  eretaunliches  Entwicke- 
lungsstadium  erreicht  haben,  wie  in  den 
Vereinigten  Staaten,  liegt  die  grosse  Ge- 
fahr vor,  dass  man  die  Thatsaehe  aus  dem 
Auge  verliert,  dass  Handel,  Industrie  und 
das  Geschäft  im  Allgemeinen  nicht  in  sich 
selbst  abgeschlossene  Dinge  sind,  sondern 
dass  sie  von  der  intellektuellen  und  kultu- 
rellen Entwickelung  der  Rasse  abhängen. 
Wenn  wir  in  den  Irrthum  verfallen,  in- 
dustrielle und  kommerzielle  Entwickelung 
als  die  höchsten  zu  erstrebenden  Ziele 
anzusehen,  dann  verfallen  wir  in  den 
zweiten  Irrthum,  den  hauptsächliclisten 
Zweck  des  menschlichen  Lebens  in  dem 
unablässigem  Ringen  nach  materiellem 
Erwerb  zu  suchen.  Der  göttliche  jMeister 
und  die  grössten  Lehrer  der  ^Menschheit 
haben  zu  allen  Zeiten  und  unter  allen  Na- 
tionen uns  die  Hinfälligkeit  dieser  Idee 
dargethan.  Erwerb  ist  das  Ziel,  das  ein- 
zige Streben  des  erhabenen  Ich 's.  Es  ist 
ein  individueller  und  egoistischer  Zug.  Bis 
zu  einem  gewissen  Grade  mag  dieser  Zug 
unter  den  Verhältnissen,  unter  denen  un- 
sere Rasse  gegenwärtig  lebt,  nothwendig 
sein.  Wenn  man  mich  fragen  würde,  wo- 
rin der  wichtigste  Einfluss  der  deutschen 
gebildeten  Klassen  auf  die  Entwickelung 
der  grossen  amerikanischen  Nation  bestand, 
würde  ich  antworten,  dass  es  das  Aufrecht- 
erhalten hoher  Ideale  der  ^NForal  war,  und 
dass  ^Moral  Selbstkontrolle,  Selbstüberwin- 
dung und  die  Unterordnung  individueller 
und  persönlicher  Neigungen  unter  die 
Mächte  bedeutet,  welche  die  Hebung  der 
Rasse  als  Ganzes  anstreben. 


Es  ist  eine  unentschiedene  Frage,  ob  die 
Geschichte  den  ^Mann  macht,  oder  ob  der 
Mann,  d.  h.  die  mächtige  Persönlichkeit,  die 
Geschichte  macht.  Auf  dieselbe  Weise 
könnten  wir  fragen,  ob  unsere  deutsch- 
amerikanischen  Bürger  die  amerikanische 
Geschichte  gemacht  oder  zu  ihr  beigetragen 
haben,  oder  ob  die  amerikanische  Geschichte 
die  schlunnnernden.  männlichen  Eigen- 
schaften der  Deutschen,  welche  sich  in 
diesem  Lande  angesiedelt  haben,  erweckte. 
Bei  Beantwortung  dieser  Frage  wird 
wahrscheinlich  keine  strenge,  feste  Grenze 
gezogen  werden  können,  denn  die  Deut- 
schen haben  Geschichte,  und  die  Geschichte 
hat  Deutsche  in  diesem  Lande  gemacht. 
Dies  ist  besonders  wahr,  wenn  wir  von  dem 
Einfluss  der  Deutschen  und  Deutsch-Ame- 
rikaner auf  die  Entwickelung  der  amerika- 
nischen Medizin  und  Chirurgie  sprechen. 
Denn  selbst  in  der  Wksenschaft,  speziell  in 
der  ^Medizin,  hat  sich  bisher  eine  gefähr- 
liche Neigung  der  amerikanischen  Aerzte 
geltend  gemacht,  sich  zu  sehr  an  die  ange- 
wandte ^Medizin  anzulehnen.  Es  sind  dies 
die  Phasen  der  Wissenschaft,  welche  mehr 
Aussichten  auf  eine  sofortige  Beloh- 
nung gewähren.  A])er  der  Deutsche  ist  d<'r 
Vorkämpfer  des  IdealisnuLS  in  seinem 
wahi-sten  und  edelsten  Sinne.  Andere 
Rassen  mögen  sich  selbst  im  Interesse  d<'r 
Wissenschaft,  der  Kunst,  der  :\Ioral  oder 
des  allgemeinen  Fortschritts  erschöpfen, 
aber  sie  nuichen  diese  Anstrengungen  und 
suchen  diese  Kenntnisse,  um  Nutzen  aus 
ihnen  zu  zielu-n.  Sie  .suchen  die  Kunst,  da- 
mit sie  gefalle,  die  IMoral.  damit  sie  den 
Komfoi-t  der  Menschlichkeit  herbeiführe; 
und  sie  suchen  die  Wissenschaft,  damit  sie 


324 


DKUTSCHEK    EINFLUSS    AUF    MEDIZIN    UND   CHIRURGIE. 


ir«;i'iul  ein  praktisclii's  Kecultat  einl)rinirt. 
alxT  ilcr  wirklich  «irbildctc  Di-utsdu'  stn'l)t 
nach  (lern  Sdiüncn.  dem  Ciutcn  und 
Walircn  um  seiner  seihst  wilh'ii;  niclit. 
weil  es  nüt/lieh.  sondern  weil  es  ethisch 
und  dauernd  werthvoll  ist:  nicht,  weil  es 
Very:nüiren  macht,  .snndei-n.  wi-il  ilie  PHieht 
jedem  int«'llijrenten  menschliehen  "Wesen 
gebietet,  mitzuwirken  an  dem  Aufbau  einer 
Welt  von  bh'ibendem  Werthel  AVerthe  im 
ethi.schen.  intellektuellen  und  subjektiven 
Siinie.  Das  war  tier  Erfoljz  der  Ai-beit  der 
Deutsehen  auf  medi/.ini.schem  (iebiete  in 
unsen-m  Lande.  Wann  innner  ein  wissen- 
schaftlich trebildeter  deutscher  ]\Ianu 
an  (h'r  Lösun«;  eines  J'roblems  bez.  der 
men.sehliehen  Ka.s.se  theil^enommen  hat, 
wurdt'  die  EntdeckunjJT  jremaeht,  da.ss  intel- 
lektuelle Kultur  einen  in  die  Augen  sprin- 
genden Hi-folg  auf  die  Bethätigung  ameri- 
kanischen Lebens  hervorgebracht  hat.  Das 
ist  ein  gro.sser  Segen  für  das  amerikanische 
Volk,  uuil  es  nmss  bitter  lieklagt  werden, 
dass  die  Einwanderung  dieser  hochge- 
bildeten und  freiheitliebenden  Klasse  von 
Deutschen,  die  zwischen  1848  und  1870  in 
unser  Land  kamen,  sich  so  stark  vermindert 
hat.  aber  doch  gewährt  Deutschland  noch 
eine  Quelle  starker  Intellekte,  moralischer 
wie  intellektueller  Leuchten.  In  diesem 
Sinne  ist  Deut.schland  eine  Missionärin  der 
Wissenschaft  und  Kultur! 


Wähi-end  des  Kevolutionskrieges  war  der 
deutsche  Arzt  und  Chirurg  mit  seinen  an 
den  berühmtesten  Tniversitäten  Deut.sch- 
lands  gewonnenen  wi.ssenschaftlichen 
Kenntnissen  von  den  Amerikanern  sehr  ge- 
sucht. Hierzu  kam  die  ludürliche  Neigung 
der  Aerzte,  freiheitlich  gesinnt  zu  sein, 
denn  wer  .sollte  die  unanfechtbaren  Rechte 
der  Mensehen  bes.ser  ver-stchen,  als  der 
Aiv.t.  der  sich  das  schwierige  Studium  des 
Körpers  und  der  Seele  als  Brotei-wei-b  er- 
koren hat.' 

Nachdem  der  Kevolution.skrieg  zu  Ende 
und  die  "Wunden  des  Kampfes  geheilt  wa- 


ren, wurden  diese  AFänner  noch  nüt/lichei-, 
nicht  nui-  um  Leiden  zu  mildern  und  Krank- 
heiten zu  bekämpfen,  .sondern  durch  ihren 
erzieherischen  Eintiuss  nnd  bei  der  Grün- 
dung von  Hildungsanstalten.  Wie  weitrei- 
chend der  Eintlass  der  deut.sch-amerikani- 
.schen  Aerzte  in  dei-  früheren  (Je.schichte 
unseres  Landes  war.  hier  zu  schildern, 
würde  über  den  Kahmen  dieser  kurzen  Ab- 
handlung weit  hinausgehen.  Dieser  Artikel 
müsste  sich  dann  auch  in  eine  Beschreibung 
von  Einzelheiten  einlassen  —  die  trockenste 
CJeschichte,  die  man  sieh  denken  kann.  Ich 
möchte  hier  nur  einen  I'mri.ss  der  Haupt- 
personen und  der  Resultate  geben.  Dabei 
würde  es  aber  weder  recht  noch  prakti"<ch 
sein,  wollte  ich  nicht  die  Namen  einiger 
dieser  grossen  deutsch-amerikanischen  Pio- 
niere der  ]\Iedizin  und  Chirurgie  erwähnen. 
Oiebt  es  doch  unter  ihnen  ^Männer,  welche 
sogar  noch  in  unserer  Zeit  als  Leuchten  der 
Wi.ssenschaft  und  medizinischen  Tüchtig- 
keit gelten  und  in  den  besten  Anstalten 
der  medizinischen  AVissenschaft  und  des 
Fortschritts  leben  und  wirken. 

Unter  den  Aerzten  im  Staate  New  York 
war  Dr.  David  Hosak,  Herausgeber  des 
er.sten  medizinischen  Journals  in  den  Ver. 
Staaten.  Er  war  in  New  York  1769  von 
deutschen  Eltern  geboren,  studirte  in 
Princeton,  Philadelphia  und  Europa,  wurde 
Profes.sor  der  Hebanimekunst  am  neu  ge- 
gründeten "College  of  Physicians  and  Sur- 
geons"  in  New  York.  Er  starl)  im  Jahre 
1835.  I^nzählige  tapfere  Wohlthäter  der 
^Menschheit  deutscher  Abkunft  waren  thä- 
tig  im  Staate  New  York,  und  einige,  welche 
den  Grund  zu  wissenschaftlicher  .\rbeit 
und  zur  Hebung  der  Ileilkunst  gelegt 
haben,  leben  noch  heute,  wie  z.  B.  Lange, 
C.  Hcrtcr,  S.  J.  Meltzer  und  A.  Jacobi. 

In  Schenectady  im  Staate  New  York 
wurde  vor  einigen  Jahren  ein  IVfonument 
für  den  hervorragenden  deutsch-amerika- 
nischen Arzt  von  Spltz(r  (die  Amerikaner 
nennen  ihn  de  Spitzer)  errichtet.  Mein 
Freund    Professor    Frei.    "Wilkens,    früher 


DEUTSCHER    EIXFLUSS    AUF   MEDIZIN   UND   CHIRURGIE. 


325 


am  „Union  College"  zu  Sehenectady, 
jetzt  an  der  Columbia  Universität,  New 
York,  tlu'ilt  mir  mit,  dass  von  Spitzer  Ge- 
neral-Stab.sarzt  bei  den  Kolonial-  und  den 
Revolutionstruppen  des  Staates  New  York 
gewesen  ist.  Die  Stadt  New  York  hat  eine 
berühmte  deutsch-medizinische  Gesellschaft, 
mit  über  300  [Mitgliedern  und  Dr.  //.  J. 
Bohlt  als  Präsidenten,  der  die  ..Deutsche 
^Medizinische  ]\Ionats.schrift"  da.selbst  her- 
ausgiebt.  Der  grosse  Chirurg  und  Anatom 
Kaspar  Wister,  berühmt  in  der  medizini- 
schen Geschichte  Philadelphias,  war  deut- 
scher Abkunft.  1761  daselbst  geboren.  Pro- 
fessor der  Anatomie  imd  Chirurgie  an  der 
Pennsylvania  Universität,  Verfasser  des 
berühmten  Werl«  ,.A  System  of  Anatomy" 
und  war  bis  zu  seinem,  im  Jahre  1818  er- 
folgten Tode  Präsident  der  "American 
Philosophical  Society"  als  Nachfolger 
Thomas  Jcfferson's.  Die  meisten  hervor- 
ragenden Aerzte  in  Philadelphia  sind  heut 
entweder  Deutsche  oder  von  deutscher  Ab- 
kunft. 

Das  hervorragende  chirurgische  Genie 
Nicholas  Senn,  Professor  der  Chirurgie 
an  der  Universität  von  Chicago.  Autor  von 
zahlreichen.  epochemachenden  Werken 
und  speziellen  Arbeiten  über  Chirurgie, 
wurde  in  Buchs  in  der  Schweiz  im 
Jahre  1844  geboren,  kam  1853  nach 
Amerika,  studirte  ]\Iedicin  in  Chicago  imd 
München,  wurde  1888  Professor  der  Chi- 
rurgie und  machte  als  General-Arzt  des  6. 
Korps  den  Krieg  mit  Spanien  mit.  -/. 
Loeh,  der  angesehene  Professor  der  Phy- 
siologie an  der  Universität  von  California, 
Forseher  in  Phvsiologie  und  Verfa.sser  von 
"Werken  von  fundamentaler  Wichtigkeit, 
war  bei  Bonn  am  Rhein  geboren,  und  zwar 
im  Jahre  1859.  Er  studirte  in  Berlin, 
München  und  Strassburg,  wurde  1891  als 
Hilfs-Professor  der  Biologie  an  das  Bryn 
Mawr  College  berufen  und  kam.  nachdem 
er  auch  in  Chicago  thätig  gewesen  war, 
1902  an  der  Universität  von  Califoraien. 
In  den  Neu-England-Staaten,  besonders  in 


Boston,  war  die  deutsche  Bevölkerung 
innncr  klein,  woraus  es  sich  auch  erklärt, 
dass  in  den  Annalen  der  Bastoner  medizi- 
nischen Bibliothek  kein  Record  über  deut- 
sche Aerzte  gefunden  werden  kann. 

Der  eintlussreichste  deutsche  Arzt, 
welcher  für  den  Fortschritt  der  Medizin  im 
Staate  [Maryland  während  des  18.  Jahr- 
hunderts thätig  war,  war  Dr.  C  F.  Wicscn- 
thal ;  er  wurde  1726  in  Preussen  geboren 
und  Hess  sich  1755  in  Baltimore  nieder.  E.s 
wird  von  seinen  Verwandten  behauptet, 
da.ss  er  Leibarzt  von  Friedrich  dem  Gros- 
sen war,  das  i.st  jedoch  geschichtlich  nicht 
festzustellen.  1776  wurde  er  zum  Arzt 
im  Range  eines  [\Iajors  im  1.  [Maryland  Ba- 
taillon unter  General  Smallwood  ernannt. 
Erwiesen  ist.  da.ss  er  die  erste  medizini.sehe 
Schule  in  Baltimore,  welche  sich  an  der 
Ost  Fayette  Str..  zwischen  Gay  und  Frede- 
rick  Stra.sse,  befand,  gründete.  Diese 
Schule  hörte  zu  bestehen  auf.  als  die  medi- 
zinische Abtheilung  an  der  Universität  von 
[Maryland  gegründet  wiu'de.  Wiesenthal? 
Einfluss  behauptete  einen  hohen  Platz,  so- 
wohl des  durch  ihn  gegebenen  Beispiels 
wegen,  als  infolge  seiner  Rechtlichkeit. 
Er  war  der  angesehenste  deutsche  Arzt 
in  [Maryland  im  18.  Jahrhundert.  Er 
veröffentlichte  niemals  etwas,  doch  sind 
einige  Berichte  über  Fälle  vorhanden, 
welche  Zeugniss  ablegen,  dass  er  ein  ge- 
schickter Chirurg  war.  Er  wurde  in 
schwierigen  Fällen  während  der  Revo- 
lution von  französischen  Aerzten  häufig 
konsultirt.  —  Sein  Sohn  Andrew  genoss 
seine  Ausbildung  im  St.  Thomas-Hospital, 
London,  1786—1789,  und  war  ein  bekannter 
Lehrer  der  Anatomie;  auch  hatte  er  einen 
Ruf  als  Chirurg.  Er  führte  seines  Vaters 
anatomische  Schule  bis  zu  seinem  frühzei- 
tigen Tode  im  Jahre  1798  weiter.  Er  war 
der  Entdecker  des  ..Syngamus  Trachialis" 
—  ein  Parasit,  welcher  die  „Vermiceous 
Tracheo  bronchitis"  bei  dem  Geflügel  ver- 
ursacht. Das  Avar  die  erste  Entdeckung 
des   Parasiten   einer  ansteckenden   Krank- 


326 


DEUT«C1JEK    KIM'LL'.SÖ    AUF  MKDIZIN    VSD  C'HIRURCJIE. 


heit  in  Ainorika.  Sein  Artikel,  datirt 
1797,  welcher  iiacli  seinem  Tode  im  Lon- 
doner niediziniseli-j)hysikaliselu'n  flournal 
1799  erschien,  war  seine  einzi«re  Veröftent- 
lichnng.  —  Dr.  Carl  Friedrich  AVicsen- 
thal  war  ein  eifri«:t'r  Lutheraner,  und  die 
erste  lutherische  Kirche,  welche  in  Balti- 
more gebaut  wurde,  dankt  ihren  Bestand 
zumeist  der  Liberalität  und  Enerjjfie  dieses 
Arztes.  Dr.  Wiesenthal  war  auch  Phisi- 
dcnt  Ulli!  Aiv.f  (Ici-  Deutschen  Gesellschaft 
von  Baltimore  in  1784. 

Dr.  Conrad  Sniall  war  ein  her\'orragen- 
der  lU'utscher  Arzt  im  letzten  Theile  des  18. 
Jahrhunderts,  er  war  auch  Quarantaine- 
Arzt  in  Baltimore. 

Drei  von  den  Gründern  der  medizinisch- 
chirurfrischen  Fakultät  von  jMaryland 
waren  Deutsche :  Jacob  Schnively,  Peter 
"Waltz  von  Washington  County  und  JoJni 
Tlurmas  Schaaf  von  Annapolis  und  später 
von  Georgetown.  Schaaf  war  der  hei-vor- 
ragondste  von  ihnen;  geboren  in  Frederick 
County  in  1752  von  deutsehen  Eltern, 
praktizirte  er  in  Annapolis.  Er  war  der 
erste  Schatzmeister  der  medizinisch-chirur- 
gischen Fakultät  17t>9 — 1801  und  resig- 
nirte  in  1801,  war  ^Mitglied  vom  Governors 
Council  1798 — 1800,  Verwaltungsrath  vom 
„St.  Johns-College",  Annapolis  1802,  sie- 
delte nach  Georgetown  über,  war  einer  der 
Gründer  der  medizinischen  Gesellschaft 
vom  Distrikt  Columbia  in  1819  und  Vize- 
präsident vom  Columbia-Institut.  Er  prak- 
tizirte viele  Jahre  in  Georgetown  und  starb 
dort  am  3.  :\Iai  1819.  Er  wurde  auf  dem 
Kongrcss-Friedhof  in  Wa.shington  beer- 
digt; seine  Grab.schrift  trägt  die  Inschrift 
„Alumnius  Edinburgh",  doch  erscheint 
sein  Name  nicht  unter  den  Graduirten  die- 
ser Universität.  Dr.  Samuel  Baker  von  der 
Univei-sität  von  Maryland  und  Gründer  der 
medizinisch  -  chirurgischen  Fakultät  von 
Maryland,  war  der  Sohn  eines  Deutschen. 

Eine  Anzahl  von  deutschen  Namen  er- 
scheint in  den  Annalen  unter  den  Präsi- 
denten   der   medizinisch-chirurgischen    Fa- 


kultät von  Maryland.  Da  sind  z.  B.  M.  S. 
und  Jakob  Bär,  C.  IL  Ohr,  W.  M.  Kemp, 
Miltenberger,  G.  II.  Kohe,  und  unter  den 
vier  Präsidenten,  Ritchie,  Diifenderfer, 
Humrickhause  und  Neuhauser;  Lange  und 
Dr.  Schweinitz  sind  unter  den  Ehrenmit- 
gliedern genannt.  —  Da  sind  viele  deutsche 
Namen  unter  den  2400  Eingetragenen  in 
der  Biographie  der  medizinisch-chirurgi- 
schen F"akultät  von  Maryland,  wie  A.  B. 
Arnold,  Ileldman,  Iloffman,  L.  H.  Steiner, 
Simon.  Stenecke,  Dunkel,  Uhler,  Swope, 
(Schwab?)  Bencke,  Wiss,  Zeller,  Zollick- 
hoffer.  Salzer,  Reuling,  Pape,  Laub,  Klüber, 
John  Morris  (Moritz).  Keerl  (hessischer 
Chirurg,  gefangen  bei  Trenton),  Uhl  (Chi- 
rurg w^ihrend  der  Revolution),  Frick, 
(Georg  und  Charles)  Hitt,  Morris  Wiener, 
Hintze,  Gleitsman,  Erich,  Ealer,  Cob- 
lenz  (?),  Brune  (?),  Böi-stler  (?),  Bantz, 
Morawetz,  Fred.  Reinhard,  Mathieu,  Gom- 
bel,  Schapiro,  Seidner,  Aaron  Friedenwald 
und  seine  Söhne  Julius  Friedenwald,  Harry 
Friedenwald,  Gichner,  Sebald  und  ein  Heer 
von  anderen.  Die  Deutschen  beanspruchen 
Geo.  Frick  als  einen  geborenen  Deutschen, 
aber  er  wurde  in  Baltimore  geboren.  Es 
ist  erstaunlich  zu  sehen,  wde  viele  Chirurgen 
Avährend  der  Revolution  Mitglieder  der 
medizinisch-chirurgischen  Fakultät  waren. 
Dr.  W.  C.  Kloman.  ein  Deutscher,  geboren 
in  Eschwege,  Hessen,  diente  als  Chirurg 
während  des  Bürgerkrieges  und  praktizirt 
noch  heute  in  Baltimore.  Dieser  gelehrte 
Arzt  ist  ein  ausgezeichneter  Linguist ;  seine 
prächtige  Uebersetzung  von  „Rindfleisch 's 
Pathologie"  gibt  Zeugniss  von  seiner 
gründlichen  klassischen  Bildung;  er  diente 
in  Mahon's  Brigade  (General  Anderson 's 
Corps)  im  6.  Virginia  Regiment  der  konfö- 
derirten  Armee. 

Sir  Henry  Sumner,  ]\Iaine.  sagte  in  Be- 
zug  auf    die    Griechen :      ,, Einem   kleinen  ij 
Volke   war   es   gegeben,   die   Anfänge   des  i] 
Fortschrittes   zu  schaffen,   das   waren   die 
Griechen :     mit     Ausnahme     der     blinden 
Kräfte  der   Natur,   bewegt  sich  nichts  in 


DEUTSCHER    EINFLUSS    AUF   MEDIZIN    UND   CHIRURGIE. 


327 


dieser  Welt,  das  nicht  «ri'ieehischen  Ur- 
sprung hat."  Diese  Behauptung,  wie  alle 
allgemein  oratorischen  Ausdrücke,  muss 
„cum  grano  salis"  genommen  werden.  Da 
sind  viele  Sachen  in  dieser  Welt  zu  unserer 
Zeit,  welche  sich  bewegen,  und  nicht  grie- 
chischen l'rsprungs  sind.  Alle  die  prakti- 
schen Anwendungen  von  Dampf,  Licht, 
Wärme  und  Elektrizität,  welche  so  unmess- 
bar  den  Zustand  der  jMenschheit  im  20. 
Jahrhundert  verbessert  haben,  sind  keines- 
wegs griechischen  Ursprungs.  Der  moderne 
Fortschritt  in  der  ^Medizin  und  Chirurgie 
ist  fast  ganz  deutschen  Ursprungs.  Ich 
will  durchaus  nicht  die  Leistungen  des 
Pasteur-Institutes  in  Paris  oder  des  In- 
stitutes für  experimentale  ^Medizin  in 
St.  Petei-sburg,  oder  die  verdienstli- 
chen Forschungen  unseres  eigenen  Landes 
übersehen,  aber  die  Arbeiten  dieser  For- 
schungs-Laboratorien sind  nur  kleine 
Bruchstücke  im  modernen  medizinischen 
Fortschritt.  Sogar  in  jenen  Fällen,  wo 
von  einem  Forscher  einer  anderen  Nationa- 
lität ein  wichtiger  neuer  Beitrag  gebracht 
wird,  zeigt  es  sich,  dass  oft  seine  Schuliuig 
und  Erziehung  von  Deutschland  her- 
rührt. Jedermann,  der  dort  lange  genug 
gelebt  hat.  um  in  das  Leben  der  deutschen 
Rasse  einzudringen,  hat  Vertrauen  zu  der 
Zukunft  Deutschlands,  des  Landes  der 
wissenschaftlichen  AYiedergeburt,  welches 
für  viele  Amerikaner  ein  zweites  Vaterland 
geworden  ist ! — Besonders  bewahrheitet  das 
sich  l)ei  ^Medizinern.  AYo  immer  wir  eine 
grosse  Anzahl  von  Deutschen  in  einer 
amerikanischen  Stadt  finden,  da  finden  wir 
auch  zahlreiche  Aerzte  und  Chirurgen  ent- 
weder deutsch  von  Geburt,  deutscher  Ab- 
st^mnnuig  oder  von  deutscher  Erziehung. 
Die  Stadt  New  York  hat  325,000  geborene 
Deutsche,  und  wenn  wir  andere  hinzufügen, 
deren  beiderseitige  Eltern  Deut.sche  waren, 
kann  man  die  grosse  Zahl  mehr  als  verdop- 
peln. Thatsächlich  sind  ein  Fünftel  dieser 
grassen  Metropole,  welche  S^-j  ^Millionen 
Einwohner  zählt,  entweder  geborene  Deut- 


sche, oder  sie  hatten  deutsch  geborene 
Eltern.  In  Baltimore  giebt  es  125,000 
Deutsche;  in  Cincinnati  ist  ein  Drittel  der 
Bevölkerung  deutsch,  oder  107,000  sind 
deutscher  Abstammung.  In  Chicago  ist  es 
ein  Fünftel,  oder  um  genau  zu  sein, 
362,000  von  einer  totalen  Bevölkerung  von 
1,700,000  sind  Deutsche  im  obigen  Sinne. 
Ein  Drittel  der  Bevölkerung  von  St.  Louis 
und  die  Hälfte  der  Bevölkerung  von  Mil- 
waukee  sind  Deutsche.  So  wie  wir  dem 
deutschen  Volke  verpflichtet  sind  für  des- 
sen charakteri.sti.sche  Gewissenhaftigkeit,  so 
sind  wir  ihm  auch  für  dessen  Ehrlichkeit, 
guten  Glauben,  Aufrichtigkeit,  Ernsthaftig- 
keit, seinen  Geist  der  Wahrheit  und 
Treue  im  Ausdruck  in  Sachen  der  Wissen- 
schaft verpflichtet,  und  das  amerikanische 
Volk  schuldet  ihm  Dankbarkeit,  nicht  nur 
weil  es  die  ersten  Pioniere  der  ^Medizin  und 
Chirurgie  uns  gegeben,  sondern  in  der 
Folge  Inspiration  zum  gründlichen  me- 
dizinischen Studium  geliefert  hat,  welches 
ununterbrochen  seit  der  Gründung  unserer 
grossen  Nation  gepflegt  wurde. 

Vor  allem  Andern  müssen  wir  bedenken, 
da.ss,  um  den  richtigen  AVerth  der  Ver- 
dienste der  deutsch-amerikanischen  Aerzte 
zu  würdigen,  wir  nicht  allein  mit  einer  kri- 
tischen Betrachtung  der  medizinisch-chirur- 
gischen Thätigkeit  allein  uns  begnügen 
sollen,  sondern  es  ist  unsere  Pflicht,  auch 
den  Einfluss  auf  allgemeine  Erziehung  in 
Betracht  zu  ziehen,  denn  in  einem  neuorga- 
nisirten  Lande  sind  gewöhnlich  Aerzte  die 
er.sten  ^Männer  der  Bildung  und  Kutlur, 
und  sie  sind  es,  welche  die  Anfänge  der  all- 
gemeinen Kultur  mit  sich  bringen. 


Im  Anschluss  au  die  trefflichen  Ausfüh- 
rungen des  Herrn  Verfassers  des  vorstehen- 
den Aufsatzes  möge  hier,  gewi.ssermassen 
als  bescheidener  Beitrag  zur  Vervollständi- 
gung des  Obigen,  ein  Rückblick  in  eine 
gleichfalls  zum  Theil  nicht  mehr  lebende 
Generation  gestattet  sein,  in  eine  Genera- 


328 


DEl'TSCHKR    KINFLUSS    AUF   MKDIZIX    UND   CHIRURGIE. 


tioii  voll  herülimten  deutsohon  Vorkämpfern 
für  Fortschritt.  Freiheit  und  Friede,  die 
ein  .stattliche.s  Kontin«:ent  von  deutsehen 
Aer/ten  ireliefcrt  liat.  die  nicht  nur  zur  Aus- 
übun«:  ihrer  Kunst  luid  AVis.senschaft  hier- 
herkamen, sondern  im  Lande  der  Freiheit 
auch  eine  alliremeine  kulturelle  ^Mission  er- 
füllt haben.  Hiniire  dieser  braven  :\Iänner 
seien  hier  kurz,  skizzirt : 

Der  Vater  der  Homöopathie  Amerikas, 
Kohstantiu  IIiri)i(/.  wurde  am  1.  Januar 
1800  in  Oschatz.  Sachsen,  geboren  und  stu- 
dirte  ^^edizin.  Er  war  ein  enthu.siastischer 
Forscher,  weswegen  ihn  seine  Regierung 
schou  1826  nach  Südamerika  sandte,  um 
das  Pflanzen-  und  Thierreieh  wissenschaft- 
lich /u  erforschen.  Secks  Jahre  später 
löste  er  .sein  Verhältniss  zur  Regierung,  zu- 
mal ihm  der  Auftrag  geworden  war.  ein 
Buch  gegen  die  eben  aufgekonnuene  ITo- 
ni(>opathie,  speziell  gegen  Ilahnemann's 
Werke,  zu  .schreiben.  Saulus  wurde  zum 
Pajilus.  Hering  ein  begeisterter  Anhänger 
Hahnemann 'scher  Lehren.  Tu  Paramaribo 
wurde  Hering  mit  Dr.  Bute,  einem  Arzt 
und  ^lissionär.  bekannt,  der  ihn  veran- 
las.ste.  1832  nach  Philadelphia  zu  reiseji. 
Dorthin  verpflanzte  er  auch  die  Lehre 
Hahnemann's.  die  schliesslich  viele  Anhän- 
ger fand.  Er  starb  da.selbst  am  23.  Juli 
1880  in  hohem  Alter,  geachtet  und  hoch- 
geehrt. 

Wtlhchu  WcsscJhöft  studirte  in  Jena 
^ledizin.  nuisste  aber  nach  der  Schweiz  und 
später  nach  Amerika  flüchten,  lebte  bis 
1840  in  Penn.sylvanien  als  liomöopathiseher 
Arzt  und  lehrte  als  Professor  an  dem 
homöopathischen  College  in  Allentown.  das 
er  zusanunen  mit  Hering  1836  gegründet 
hatte,  das  aber  wegen  ^langels  an  ^litteln 
einging;  dann  ging  er  nach  Boston,  wo  er 
als  Arzt  hoehbetagt  starb. 

Boberf  Wcssrlhöft  kcmnte  erst  nach  15- 
jähriger  Freiheitsstrafe  Amerika 's  ga.stlich 
Gestade  erreichen.  Er  folgte  dann  seinem 
Bruder  "Wilhelm  nach  Boston  und  begrün- 
dete von  dort  aus  die  in  den  Ver.  Staaten 


zu  grosser  Berühmtheit  gelangte  Wasser- 
heil-Anstalt zu  Brattleboro,  Vermont,  nach 
deren  Vorbild  viele  andere  ähnliche  Heil- 
anstalten in  allen  Staaten  der  Union  be- 
gründet worden  .sind. 

Eduard    Florenz    Rivinus,    Spross    einer 
angesehenen    deutschen    (Jelehrten-Familie, 
wurde  am  1.  Januar  1802  in  Düben  in  der 
])reussischen  Provinz  Sachsen  geboren.     Er 
studirti-    in    Leipzig    ^Medizin,    kam    seiner 
liberalen  (iesinnung  wegen  mit  den  Behör- 
den in  Konflikt,  musste  seine  Studien  al)- 
brechen    und    machte    auf    einer    Fu.ssreise 
durch    Norddeutschland,     Dänenuirk    und 
p]ngland     botanische     Forschungen.       Er 
schrieb   ein    182-4   in   Leipzig   erschienenes 
Buch  über  England  und  kam  im  Sonuner 
1825  nach  Amerika,  wo  er  in  Philadelphia 
im  Jahre  1830  seine  medizinischen  Studien 
beendete.     Während  der  Cholera-Epidemie 
1832  wirkte  er  an  dem  auf  .seine  Anregung 
hin      gegründeten      Cholera-Hospital      mit 
grö.sster    Aufopferung.      Er    verheirathete 
sich   mit   Elizabeth   Caldwell,  der  Tochter 
des  Bundes-Geriehts-Aktuars  David   Cald- 
well.     Eine  seiner  Töchter   ist   die   Gattin 
des     Philadelphia 'er     Advokaten     H.     S. 
Cai*sou.      Besonders   verdient    machte   sich 
Rivinus    durch    die    Herausgabe    einer    in 
Ticipzig  erschienenen  Zeitschrift  über  Ame- 
rika. „Atlantis",  in  welcher  er  zuverlässige 
Nachrichten  belehrenden  Inhalts  über  seine 
neue  Heimath  veröffentlichte.    Es  sind  nur 
drei  Bände  der  ,, Atlantis"  erschienen,  da 
die  sächsi.sche  Regierung  sie  unterdrückte. 
Im  Jahre  1837  wurde  Rivinus  Kon.sul  in 
Dresden,  ein  Amt,  das  er  zwei  Jahre  lang 
bekleidete.    Er  unterstützte  den  Enkel  Ben- 
.iamin  Franklin 's,  Alexander  Dallas  Bache, 
bei  der  Organisirung  des  „Girard  College" 
in  Philadelphia.     Er  praktizirte  später  in 
Wa.shington  und  West-Chester,  Pa.,  über- 
setzte    Tiedemann's     „Psychologie"     und 
Baron    Sarcy's    ..^Militärische    Chirurgie", 
widmete  sich  seit  1856  in  Germantown  ganz 
wissen.schaftlichen  Studien,  namentlich  der 
Botanik,  und  .starb  am  14.  Februar  1873 


DEUTSCHKR    KrXFI>rss    Al'F    MKT)i::i\    rXD   ciriHlKc;! 


32"J 


in  dem  südfranzösist-hen  Badeort  Ilyeres, 
wohin  er  sieh  seiner  angeorrift'enen  (iesund- 
lieit  \ve;/en  bey:eben  hatte.  Priec  liat  ei- 
klärt,  es  wären  nur  Wenige  so  tief  in  den 
Geist  der  englischen  Sprache  eingedrungen 
wie  Rivinus. 

h'arl  Aloys  Lützcnbnrg  wurde  am  5.  Juli 
1805  in  Verona  geboren,  jedoch  im  Elsass 
erzogen.  Im  Jahre  1819  wanderte  er  mit 
seinem  Vater  aus  und  studirte  in  Amerika 
^Medizin,  besonders  Chirurgie.  Iin  Jahre 
1829  wurde  er  als  Wundarzt  in  New 
Orleans  angestellt.  ALs  v^>r  vom  gelben  Fie- 
ber ergriffen  wurde,  heilte  er  sich  selbst  er- 
folgreich durch  Blutentziehuiig,  eine  von 
ihm  selbst  erdachte  ^Methode.  Später  un- 
ternahm er  eine  mehrjähri-je  Studienreise 
nach  allen  europäischen  Hauptstädten  und 
ihren  Hospitälern.  Nach  New  Orleans  zu- 
i'ückgekehrt,  wurde  er  zum  Dekan  des  ]Me- 
dieal  College  erwählt.  Er  gründete  ein 
Spital,  das  seinen  Xamen  erhielt.  Er  starb 
leider  schon  1848  an  Herzkrankheit. 

Im  Jahre  1822  wurde  in  Würzburg, 
Bayern,  Eduard  G.  F.  Derech  geboren, 
welcher  seine  Studien  auf  der  Universität 
München  beendete  und  dann  von  seiner 
Regierung  mit  einer  Sendung  nach  Wien 
beauftragt  wurde.  Im  Herbst  1849  führte 
er  eine  Anzahl  Auswanderer  iiach  Ame- 
rika. Hier  liess  er  sich  in  ^Icnroe,  i\Iich., 
als  Arzt  nieder,  wo  er  eine  lohnende  Praxis 
fand,  sich  aber  auch  eifrig  an  dei- 
Politik  betheiligte.  Er  gab  mehrere  Jahre 
lang  ein  republikanisches  Blatt  heraus  und 
trug  viel  zur  Erwählung  von  Abraham  Lin- 
coln bei,  zu  dessen  Elektoren  er  gehörte. 

Ein  Achtundvierziger  ist  der  aus  Sulz- 
burg in  Baden  am  19.  Nov.  1825  gebürtige, 
in  Detroit  ansässige  Arzt  Hermann  Kiefer. 
Er  hatte  an  den  Universitäten  Freiburg. 
Heidelberg,  Prag  und  Wien  ^Medizin  stu- 
dirt.  Zur  Auswanderung  gezwungen,  lie.ss 
er  sich  im  Oktober  1849  als  Arzt  in  Detroit 
nieder.  Er  war  bis  zum  Jahre  1902  Pro- 
fessor der  Medizin  an  der  Universität  I\Ii- 
chigan.      Am    politischen    Leben    nahm    er 


lebluifteii  Antheil.  Von  1883 — 88  war  er 
Ver.  Staaten  Konsul  in  Stettin.  Was  Dr. 
Kiefer  ülsAizt  ganz  besonders  auszeichnete, 
war  seine  Hilfsbereitschaft  armen  Patien- 
ten gegenüber,  für  welciie  er  mit  der 
liebenden  Sorgfalt  und  Opferwilligkeit 
eines  Vaters  sorgte.  Als  ei-  sieli  viui  der 
Praxis  zui'üekzog,  zeigte  es  sich  erst,  welche 
grosse  Verehrung  er  genoss.  Er  war  als 
Arzt  im  vollen  Siinu'  des  Wortes  ein  Wohl- 
thätei"  dei'  ^lenschheit  gewesen. 


PROF.  DR.  G.  E.  E.  WEBER,  Ckveland,  O. 

Nachdem  er  vor  mehreren  Jahren  am 
Abend  einer  Ehrung,  die  ihm.  dem  glän- 
zenden Chirurgen  und  Förderer  und  Be- 
reicherer der  ärztlichen  Wissensdiaft,  dii- 
Aerzte  des  Staates  Ohio  erwiesen,  das 
Opfer  eines  Sehlaganfalls  geworden,  ver- 
bringt Dr.  (hisiav  K.  E.  Wdxr  seinen 
Lebensabend  in  Zurückgezogenheit  auf 
seinem  stillen  Landsitze  in  Willoughby  l>ei 
Cleveland.  Er  wurde  als  Sohn  des  Uni- 
versitätsprofessors Weber,  der  sieh  als 
Chirurg  und  Verfasser  hervorragender 
medizinischer  Werke  einen  Namen  gemacht 


330 


DKUTötllEK    hllNFLUö«    AlF    MEDIZIN   UND  CHIRURGIE. 


hatte,  am  2t).  Mai  182S  in  Bonn  am  Rli«'iii 
jfeboren,  absolvirtc  das  dortige  Gymna.sium 
und  bezog  dann,  mn  Medizin  zu  studiren. 
die  Universität  sein«  r  Vaterstadt,  ein  Stu- 
dienpenosse  v(m  Carl  Schurz,  der  damals 
den  Kechtsstndien  oblajr.  Die  Aufre<;unf; 
d«'s  Kfvolutinnsjalires  liess  den  feurifren 
.Iün«rlintr  nicht  rulien ;  es  trieb  ihn  mit 
Macht  in  die  Welt  hinaus,  und  er  wan- 
derte 1840  nach  Amerika  aus.  wo  er  sich 
zunäehst  in  der  Nähe  von  8t.  Louis  nie- 
derliess.  tun  sieh  der  Landwirthsehaft  zu 
\vi(bnen.  Doeh  bald  trieb  ihn  der  Drantr. 
seinen  Wis.sens.schatz  zu  erweitern,  nach 
Kurn|»ii  zurück,  wo  er  in  Wien.  Paris  und 
Amsterdam  seine  medizinischen  Studien 
zum  Abschluss  braehte.  Im  Jahre  1853 
kehrte  er  nach  Amerika  zurück,  wo  er 
.sieh  zunäehst  mit  seinem  in  New  York 
wnhnhaften  Bruder,  ebenfalls  einem  Arzte, 
a.s.soeiirte.  Nach  dessen  Tode  übernahm  er 
die  Praxis  allein,  die  derart  an  Ausdeh- 
nung frewann.  dass  er  sie  wegen  Ueberar- 
beitung  temporär  aufgeben  musste.  Als  er 
auf  einer  Krholungsreisc  Cleveland  be- 
rührte, wohin  sein  Ruf  als  Arzt  und 
Chirurg  schon  gedrungen  war.  wurde  er 
veranlasst,  dort  bleibenden  Sitz  zu  nehmen. 
Er  «-rhielt  eine  Profes.sur  am  ..Cleveland 
Medieal  College^',  die  er  von  1856  bis  1863 
inne  hatte.  Nach  dem  Ausbruch  des  Bür- 
gerkrieges ernainite  der  damalige  Gouver- 
neur Tod  ihn  zum  Generalarzte  der  ]Miliz 
des  Staates  Ohio,  in  welcher  Eigenschaft 
er  auf  den  Schlachtfeldern  so  Hervorra- 
gendes leistete,  dass  ihm  der  Kriegsmi- 
nister Stanton  in  einem  eigenhändigen 
Seil  reiben  seinen  Dank  für  seine  glänzen- 
den Verdienste  aussprach.  Aber  der  Feld- 
dienst hatte  die  Ge.sundheit  Dr.  Weber 's 
derart  untergraben,  dass  er  den  Dienst 
quitt iren  mus.ste.  So  kehrte  er  nach  Cle- 
veland zurück  und  nahm  seine  Praxis 
wieder  auf.  Von  nah  und  fem  kamen 
Patienten  herbei,  um  sich  von  diesem  be- 
deutenden Chirurgen  behandeln  zu  lassen. 
Das   veranla.sste    ihn    zur    Gründung    de.s 


„Charity  Hospital  Medieal  College",  dem 
er  .seine  Dienste  unentgeltlich  widmete; 
später  wurde  dieses  College  mit  der 
..Wooster  Cniversity"  verschmolzen.  Als 
Oj)erateur  genoss  Dr.  Weber  einen  benei- 
denswerthen  Ruf,  der  sich  über  das  ganze 
I>and  erstreckte.  ]\Iit  sicherer  Hand  und 
geübtem  Auge  verband  er  eine  Ruhe  und 
Kaltblütigkeit,  die  die  ärztliche  Welt  ge- 
radezu in  Erstaunen  versetzte.  Dr.  W^eber 
hat  auch  zwei  wichtige  Erfindungen  ge- 
macht. Die  erste  ist  eine  neue  Methode, 
bei  Operationen  die  Aterien  zu  schliessen 
und  Verblutung  zu  verhüten,  wodurch  das 
Eindringen  fremder  Substanzen  in 's  Blut 
verhindert  wird,  was  leicht  Blutvergiftung 
zur  Folge  haben  könnte.  Die  zweite  Er- 
findung ist  eine  iMethode  zur  Entfernung 
von  Geschwülsten,  Tumors,  aus  der  Speise- 
röhre. Im  Juli  1897  wurde  Dr.  Weber 
vom  Präsidenten  ^McKinley  zum  Konsul  in 
Nürnberg  ernannt,  und  mehrere  Jahre  be- 
kleidete er  diesen  Posten  zu  hoher  Ehre 
seines  Adoptivvaterlandes.  Bei  all  seinen 
Verdiensten  zeichnete  sich  Dr.  Weber,  eine 
Zierde  seines  Standes  und  seines  deutschen 
Stammes,  stets  durch  Bescheidenheit  und 
Anspruchslosigkeit  aus.  Wie  viele  Arme 
gedenken  stets  dankbar  des  edlen,  hilf- 
reichen ]\Iannes,  der  ihnen  im  entgeltlich 
seinen  Beistand  hat  angedeiheu  lassen. 

Ahraliam  Jacohi.  der  Xe.stor  der  deut- 
sehen Aerzte  in  Amerika,  erblickte  am  6. 
]\Iai  1830  in  Hartum,  We.stphalen,  das  Licht 
der  Welt.  Er  besuchte  von  1842  bis  zum 
]März  1847  da.s  Gymnasium  in  ^Minden,  stu- 
dirte  in  Greifswald,  Göttingen  und  Bonn 
^Medizin  und  wurde  im  ]März  1851  an  der 
letztgenannten  Laiiversität  zum  Doktor  pro- 
movirt.  In  den  Communisteu-Prozess  ver- 
wickelt, sa.ss  er  von  1851  bis  zum  November 
1852  als  „Hochverräther"  in  den  Zucht- 
häusern von  Berlin  \uid  Köln  in  Untereu- 
chungshaft.  Nach  Beendigung  dieses  Pro- 
zesses wurde  er  wegen  ]\Iajestätsbeleidigung 
zu  Gefängnisshaft  venirtheilt  und  sa.ss  bis 
zum  Sommer  1853  in  den  Gefängni.ssen  von 


DEUTSCHER    E1NFLU88    AUF    M  EDI /IN    l'ND   dl  1  KT  Ix'(;lE. 


331 


Minden  und  Bielefeld.  Nach  Ablauf  seiner 
Strafzeit  */m^  er  nach  Eny:land  und  von 
dort  im  Herbst  1853  nach  New  York,  wo  er 
sieh  als  praktischer  Arzt  niederliess.  Im 
Jahre  1860  wurde  er  Professor  der  Kinder- 
krankheiten am  New  York  ]\Iedical  College, 
und  1869  am  New  York  College  of  Phy- 
sicians and  Surgeons.  Dabei  war  er  auch 
Arzt  am  Deutsehen  Hospital,  am  ]\Iount 
Sinai-  und  am  Kinderhospital  (Infant 
Hospital)  in  New  York. 

Unter  der  Masse  von  litei'arischeu  Arbei- 
ten Dr.  Jacobi's  sind  ausser  zahlreichen 
Beiträgen  zu  verschiedenen  medizinischen 
Zeitschriften  namentlich  zu  nennen  die  in 
Gemeinschaft  mit  E.  Noeggerath  heraus- 
gegebenen „Contributions  to  ]\Iidwifery, 
and  Diseases  of  Women  and  Children,  with 
a  Report  on  the  Progress  of  Obstetrics,  and 
Uterine  and  Infantile  Pathology  in  1858" 
(New  York  1859)  ;  „Dentition  and  its  De- 
rangements"  (New  York  1862)  ;  ..The  Rai- 
sing  and  Education  of  Abandoned  Children 
in  Enrope,  with  Statistics  and  General  Re- 
marks  on  that  Subject"  (New  York  1870). 
Von  1868—1871  war  Dr.  Jacobi  Mitheraus- 
geber des  American  Journal  of  Obstetrics, 
and  Diseases  of  Women  and  Children. 

Von  grösseren  Werken  Dr.  Jacobi's, 
welche  meist  auch  in 's  Deutsehe  übersetzt 
wurden,  sind  zu  nennen :  , .Infant  Hygi- 
ene"; „Diphtheria";  „Therapeutics  of 
Infancy  and  Childhood";  ..Infant  Diet"; 
„Intestinal  Diseases"  etc.  Auf  dem  Ge- 
biete der  Kinderheilkunde  hat  Dr.  Jacobi 
sich  einen  Weltruf  erworben. 

Die  Staats-Universität  von  ^Michigan 
(Ann  Arbor)  ehrte  den  hochverdienten  Ge- 
lehrten und  Arzt  1898  durch  Verleihung 
des  Titels  L.  L.  D.  (Doktor  beider  Rechte), 
und  die  T^niversität  Columbia  (New  York) 
ernannte  ihn  zAvei  Jahre  später  zum  Doctor 
utrius(iue  juris  honoris  causa.  Seit  1902 
ist  er  Professor  emeritus  des  New  York 
College  of  Physicians  and  Surgeons. 

Prof.  Dr.  Jacobi  bekleidete  im  Laufe  der 
Jahre  zahlreiche  hohe  Ehrenämter;  so  z.  B. 


war  er  PrJLsident  der  New  York  State  Medi- 
cal  Society  (1882);  Präsident  d.'r  X.  V. 
Acadcmy  of  Medicine  (1885— '89)  ;  Ver- 
sitzender der  amerikanischen  Kommi.ssion 
auf  dem  14.  Internationalen  Aerzte-Kon- 
gress  in  JMadrid.  im  Jahre  1903. 

Trotz  seiner  mehr  als  78  Jahre  versieht 
Prof.  Dr.  Jacobi  noeh  inuner  eine  ausge- 
dehnte  Privatpraxis.     Mit   dem   vei-storbe- 


DK.  JOSEPH  SPIEGELHALTER.  5i.   Loui».   Mo.. 

geslorben  am  7.  Juni    1909. 

\un   Call   Schurz  verl)aii(l    ihn   eine   iiuiige 
Freund.seliaft. 

Dr.  Joseph  SpiccjclIiaUa;  der  Senior  der 
deutschen  Aerzte  von  St.  Louis,  .starb  am 
7.  Juni  190!)  im  Alter  von  75  Jahren.  Es 
dürfte  schwer  fallen,  in  St.  Louis  eine  Per- 
.sönlichkeit  zu  finden,  die  sich  grö.s.serer 
Achtung  erfreute,  als  Dr.  Spiegelhalter.  Er 


332 


DEUTSCHKIJ    KINFIJSS    ACF     MKDIZIN    l'-\I>   <  H I  HlKMil  10. 


war  «'iiKT  iliT  (iründci-  des  ..Ai-inii  des 
AVestens",  dos  „Lirdcrkranz".  und  dfs 
..rnion  Clul)"  und  <:i'hörU'  ein  lialbes  Jahr- 
hund.rt  dem  „St.  Loui.s  Turnverein"  an, 
in  dem  «-r  wiederholt  da.s  Amt  des  cnsten 
Spreehei-s  bekleidete.  Ferner  war  tr  Mit- 
jrlied  de.s  ..Frank  V.  Ul.iir  Po.sten.s".  der 
..Loyal  L«'«rion"  uiul  der  ..Soeiety  of  tlif 
Army  of  tlie  Tenne.s.see*'.  und  war  Sehatz- 
iin'ister  des  Franz  Si^'el  Denkmal-Vereins; 
nu.s.st  rdem  «rehörte  er  einem  halben  Dutzend 
ärztlieher  tnid  .son.stijrer  wis.sensehaftlieher 
Vereine  an.  .foseph  Spieirellialtei-  war  1S.'34: 
in  Oberndorf.  ^VürttelnberJr.  jreboren  und 
kam  1S,')4  nach  Amerika.  Nachdem  ir  im 
Osten  ein  paar  Jahre  in  einer  Apotheke 
frearl)eitet.  wandte  er  sieh  naeh  Sit.  Louis 
und  .studirte  hier  Medizin.  (Jerade  als  er 
.seine  Studien  beendet  hatte,  brach  der  Bür- 
«rerkrieir  aus.  und  er  trat  unter  (ieneral 
Peter  Ostcrhaus.  einem  intimen  Freunde, 
in  die  rnions-Armee.  Xach  dem  Kriege, 
den  er  bis  zum  Sehluss  mitmachte,  wurde 
er  zum  städtischen  .\rzt  ernannt  und  be- 
kämpfte als  .solcher  auf's  AVirksamste  die 
CholtM-a-Epidemie  des  Jahres  1866.  Seine 
damali«ri'  Thätigkeit  trutr  ilun  zweimal  hin- 
tereinandei-  die  Erwählung  zum  Coroner 
ein.  Dann  studirte  er  drei  Jahre  an  deut- 
sehen rniversitäteii.  und  nachdem  er  zu- 
rückgekehrt wai-.  wurde  er  ^litglied  des 
Ocsundheitsrathes.  dem  er  elf  Jahre  lang 
angehörte.  Ri.s  wenige  Wochen  vor  seinem 
Tode  versall  ei-  noch  leirelmässig  seine  rie- 
sige Praxis,  bis  ihn  ein  Augenleiden  zwang, 
das  ITaus  zu  hüten. 

lanac  Adler,  der  Profe.s.sor  der  klinischen 
Pathologie  an  der  New  Yorker  Polyclinie 
School.  wurd«'  in  Alzey.  Deutschland,  am 
6.  April  1849  geboren,  kam  mit  den  Seinen 
1857  nadi  Amerika.  Er  studirte  iledizin 
an  der  Columbia  Cniversität  in  New  York, 
sowie  in  Heidelberg.  Wien.  Prag  und  Ber- 
lin. Er  promovirte  1871  in  Heidelberg. 
Er  ist  besuchender  Arzt  und  Pathologe  des 
Deutschen  Hospitals  in  New  Yoik. 


Der  in  Erfurt.  Deutschland,  am  11. 
Februar  1S65  geborene  Arzt  und  Ortho- 
päde Erust  Hermann  Arnold  war  im  Jahre 
188-4  nach  Amerika  gekommen.  Er  wurde 
in  INIilwaukce  zum  Turnlehrer  ausgebildet, 
bestand  an  der  Yale  l'niversität  in  New 
llaven.  Conn.,  1894  sein  medizinisches 
Doktor-Examen,  .studii'te  ein  Jahr  lang  an 
den  rniversitäten  Halle  und  Leipzig  luid 
wurde  Lehrer  der  orthopädischen  Chirur- 
gie an  der  Yale  rnivcrsität.  Ausserdem  ist 
er  Leiter  der  Xcw  llaven  Normal  School 
of  (iynnia-stics  und  Hilfsredakteur  von 
„]\lind  and  Body".  Er  hat  mehrere  Werke 
verfa.«.st.  so  „Elementary  Apparatus 
Works".  „^lanual  of  School  Cyinnastii-s" 
und  ..(lymna-stic  Games". 

Als  Befürworter  von  Bädern  bei  der  Ge- 
.sundheitsptiege  und  Krankenbehandlung, 
sowie  als  Gegner  der  übermässigen  Anwen- 
dung von  Arzneien  hat  sich  Dr.  Simon 
BarucJi.  Professor  der  Wa.sserheilkunde  an 
der  New  Yorker  Po.st  -  Graduate  School 
einen  Namen  gemacht.  Ei-  wurde  am  29. 
Juli  1840  in  Schwersenz  in  der  preussi- 
schen  Provinz  Posen  geboren,  besuchte  das 
königliche  Gynuiasium  in  Posen,  kam  nach 
Amerika  und  absolvirte  das  ..^ledical  Col- 
lege of  Virginia"  1862.  Er  war  :\Iilitär- 
Arzt  in  General  Lee 's  Armee  und  wurde 
auf  den  Schlachtfeldern  von  South  Moun- 
tain. :\ld..  und  Gettysburg,  Pa  ,  gefangen 
genommen,  als  er  Vi'rwundeten  ärztliche 
Hilfe  brachte.  Nach  dem  Kriege  prakti- 
zirte  er  als  Arzt  in  Camden,  S.  C,  und 
siedelte  1881  naeh  New  York  über,  wo  er 
als  Spezialist  für  chronische  Krankheiten 
sich  bald  einen  Namen  machte.  Er  dia- 
gno.stizirte  den  ei-sten  Fall  perforirender 
Appendicitis.  der  erfolgreich  operirt  wurde, 
und  zwar  1889.  Seine  beiden  Werke  ..Uses 
of  Water  in  Modern  Medicine"  und  „The 
Prineiples  and  Practiee  of  Hydrotherapy" 
sind  auch  in  Deutschland  in  deutscher 
Sprache  verlegt  worden. 

An   der  Washington   Universität   in    St. 
Louis  lehrt  der  im  Jahre  1837  in  Clausthal 


DKUTSCHER    EINFLUSS   AUF    MEDIZIN    UND  CHIRURGIE. 


333 


geborene  Prof.  und  Dr.  Med.  Gustav  Bohiii- 
gartdi,  der  seit  dem  1.  Januar  1850  in  Ame- 
rika ansiissig  ist  und  Assistenz-Arzt  in  der 
Ver.  St.  Flotte  war,  seit  187o  Physiologie 
und  seit  1887  ^Medizin. 

Als  Chinii-y  zeiclnict  sit'h  aus  der  am  4. 
April  18r)()  in  Xeckar«iemünd,  Deutsehland, 
geboi-ene  und  nach  Ahsulvinnig  seiner  me- 
dizinisehen  Studien  an  den  Universitäten 
Heidelberg,  Berlin  und  Jeiui  im  .lahre  1882 
nach  den  Vereinigten  Staaten  gekonnnene 
Dr.  Carl  Beck,  der  als  Professor  der  Chi- 
rurgie an  der  New  York  Pbst-(Jraduate 
Sehool  wirkt,  .sowie  am  St.  ^lark's  und  am 
Deutsehen  Hospital  thätig  ist.  Er  ist  Prä- 
sident des  Vereins  alter  deutscher  Studen- 
ten in  Amerika,  sowie  Mitglied  gelehrter 
Gesellschaften.  Er  verfasste  „Manual  on 
Surgieal  Asei)sis'".  „Text  Book  on  Frac- 
turts",  ,,Die  Röntgenstrahlen  im  Dienst 
der  Chirurgie".  „Roentgen-Ray  Diagnosis 
and  Therapy",  ..Röntgenehirurgie".  „Prin- 
ciples  of  Surgieal  Pathologie". 

Sanitäts-IiLspektor  der  Bundes-^NIarine 
ist  der  am  28.  Oktober  1850  in  Saehsen  ge- 
borene Heinrich  Gustav  Beyer.  Er  bestand 
im  Jahre  1876  sein  medizinisches  Doktor- 
Examen  am  ]\Iedieal  College  des  Bellevue 
Hospitals  in  New  York  und  trat  in  das 
Sanitäts-Korps  der  Marine  ein.  Seit  1904 
ist  er  Profes.s()r  der  Hygiene  an  der  Naval 
Medical  Schoi)l  in  Washington  und  hält 
Vorlesungen  über  Kriegsschiff-Hygiene  an 
der  ^larine-Kriegssehnle  in  Newport,  R.  I. 
Er  wohnt  in  Washington. 

Als  Gynäkologe  geniesst  ein  vorzügliches 
Renomme  der  am  24.  Juni  1856  in  Berlin 
geborene  Dr.  Hermann  J.  Bohlt.  Er  prak- 
tizirt  seit  1879  in  New  York  und  ist  seit 
1891  Spezialist  für  Frauenkrankheiten.  Er 
hat  verschiedene  Apparate  und  Instru- 
mente, sowie  einen  Operations-Tisch  für 
Unterleibs-Chirnrgie  erfunden,  der  in  der 
Pariser  Weltansstellung  1900  eine  Medaille 
erhielt.  Er  ist  Professor  der  Gynäkologie 
an  der  New  Yorker  Post-Graduate  Sehool, 
Arzt    in    verschiedenen    Hospitälern    und 


Präsident     der     Deutsehen     Medizinischen 
( Jesellschaft  von  New  York. 

Einer  der  Mitl)egründer  der  deutschen 
Polyklinik  in  New  York  und  Aiv.t  an  ver- 
schiedenen Hospitälern  der  Stadt  ist  der 
am  15.  Juli  1840  in  Sclilüchtern,  im  preuss. 
Kegierungsbezirk  Ka.ssel,  geborene  Dr. 
Carl  Eduard  Dcnhard,  der  im  Jahre  1874 
au  der  Universität  der  Stadt  New  York 
sein  medizinisches  Doktor-Examen  bestaiul. 
Er  ist  Mitglied  einer  Anzahl  fachwisseii- 
sehaftlicher  (Jesellschaften. 

In  Oe.sterreich  am  12.  November  1864 
geboren  wurde  der  bekannte  New  Yorker 
Kinder-Arzt  Dr.  Louis  Fischer,  der  in  New 
York  und  Berlin  seine  wi.ssenschaftliche 
Aus])ildnng  erhalten  hatte.  Er  i.st  unter 
Anderem  besuchender  Arzt  der  Kinder- 
Abtheilung  des  Deutschen  Hospitals  in 
New  York.  Er  hat  zahlreiche  Beiträge 
zur  Behandlung  der  Diphtheritis,  der  Kin- 
derkrankheiten und  Kinder-Ernährung  ge- 
sehrieben. Sein  bekanntestes  Werk  ist 
„Infant  Feeding  in  Health  and  Disease". 

Professor  der  orthopädischen  Chirurgie 
an  der  l'niversität  Cincinnati  ist  der  von 
deutschen  Eltern  in  Cincinnati  am  17. 
August  1868  geborene,  an  den  Univei-sitäten 
seiner  Ileimathstadt,  sowie  in  Würzburg, 
Strassburg,  Berlin  und  Wien  gebildete  Dr. 
Albert  H.  Freiberg.  Er  ist  Verfa.sser  meh- 
rerer fachwissensehaftlicher  Abhandlun- 
gen. 

Spezialist  für  Hantkrankheiten  und  Pro- 
fessor an  der  „New  York  Sehool  of  Clinical 
Medieine"  ist  der  in  Berlin  am  5.  April 
1859  geborene  Dr.  WiUuhn  Samuel  Gott- 
heil. Seinen  wissenschaftlichen  Ruf  be- 
gründet haben  folgende  Werke:  „Illustra- 
ted  Skin  Disea.ses".  „^Manual  of  General 
Ilistology"  und  „Syphilis". 

Zum  Hilfs-General-Arzt  in  der  Ver.  St. 
Armee  gebracht  hat  es  der  aus  Oesterreieh 
stannnende  und  am  4.  Dezember  1828  ge- 
geborene Dr.  Anton  Heger.  Er  trat  im 
Jahre  1856  in  das  Sanitäts-Otlizier-Korps 
der  Ver.  St.  Armee  und  erhielt  am  13.  ^lärz 


3;u 


DELTSCHKR    KIXFLL'S«    AUF   MEDIZIN   UND   CHIRURGIE. 


1865  für  triMU'  und  verdienstvolle  Dienste 
während  dts  Krieges  den  Rang  eines 
Oberst-Lientenants.  Am  '2.\.  April  1904 
wnrde  er  zum  Range  eines  Hrigade-Ciene- 
rals  heftirdert  und  pensionirt.  Dr.  Heger 
starb  in  Washington  am  L'4.  Januar  li)ü8. 
Prof.  Dr.  Jii/in  ('.  Hininnhr  wurde  am 
2').  April  1S»).S  in  Baltimore.  Md.,  geboren. 
Kl-  war  der  Sohn  des  in  1850  aiLs  Bayern 
inieh  Amerika  eingewanderten  Johann 
Ilemmeter.  weleher  viele  Jahre  lang  Gene- 
ral TaNsa  gier- Agent  der  ..Baltiniore-Ohio- 
Bahn"'  für   Kinwandci-i'i-  \vai-  und  /.u  den 


ProJ.    Dr.    JOHN    C.    HEMME.TER. 

^litbegründern  und  Direktoren  des  „Allge- 
meinen Deutschen  Waisenhauses"  und  der 
„Allgemeinen  Deutsehen  (Jrei.senheimath" 
gehörte.  Er  besuehte  das  königl.  (Jymna- 
sium  zu  Wiesbaden.  In  ISS-J:  erhielt  er  auf 
der  Universität  Maiyland  den  Grad  als 
Doktor  der  Medizin  und  in  1890  erhielt  er 
von  der  Johns  Hopkins  Fnivei-sität  den 
Titel  als  Doktor  der  Philo.sophie.  Dann 
nahm  er  unter  Du  Bois  Reymond  einen 
Nachkursus  in  Physiologit«  an  der  I'niver- 
sität  zu  Berlin  und  in  Chemie  im  Fresenius- 
Laboratoriinn  in  Wiesbaden  dureh.  Seine 
Praxis  als  Arzt  begann  Dr.  Ilemmeter  1884 


als  Oberarzt  des  Bayview-Asyls  bei  Balti- 
more. Den  Bemühungen  Dr.  Hemmeter's 
war  es  zu  verdanken,  dass  genügend  Mittel 
aufgebracht  wurden,  das  klinische  Labora- 
torium des  Hospitals  der  Maryländer  Uni- 
versität aaszurilsten.  Er  ist  Professor  der 
Physiologie  und  klinischer  Professor  der 
Medizin  in  der  ^laryländer  Univei*sität  seit 
1908.  Dr.  Hemmeter's  klinische  experi- 
mentellen Forschungen  auf  dem  Gebiete 
der  Krankheiten  der  Verdauungsorgane 
haben  seineu  Namen  in  der  ganzen  medizi- 
nischen Welt  vortheilhaft  bekannt  ge- 
macht; seine  zahlreichen  Abhandlungen 
über  dieselben  sind  in  amerikanischen, 
französischen  und  deutschen  Journalen  er- 
schienen. Er  hat  viele  werthvolle  Werke 
veröffentlicht,  die  bekanntesten  darunter 
sind :  „Die  organischen  Erkrankungen  des 
Magens",  1897;  „Magenleiden".  820 
Seiten  Octav,  1.  Ausgabe  1898,  4.  Ausgabe 
1905;  „Krankheiten  des  Darmes",  2 
Bände,  1901.  Im  Juni  1905  wurde  ihm  von 
der  Fakultät  des  St.  Johns  College  in  An- 
napolis  der  Titel  eines  Ehreu-Doktors  der 
Rechte  verliehen  und  ein  lebensgrosses 
Gemälde  von  ihm  selbst,  welches  der  Künst- 
ler Herr  Louis  Dietrich  gemalt  hat.  wurde 
Prof.  Dr.  Hemmeter  von  seinen  Kollegen 
und  früheren  Schülern  überreicht.  Ein 
grasses  und  werthvolles  Werk  über  physio- 
logische Anatomie  wurde  ihm  von  Dr.  Erd- 
man  H.  Brand  von  New  York  gewidmet. 
Viele  seiner  Schüler  sind  bedeutende 
Lehrer  an  anderen  T^niversitäten  geworden. 
Als  homoeopathiseher  Arzt  hat  sich  der 
am  5.  September  1811  in  Solingen  geborene 
Karl  Julius  Ilrmprl  einen  Namen  von 
nationaler  Bedeutung  gemacht.  Er  studirte 
in  Paris  und  sjniter,  nach  seiner  Ueber- 
siedlung  nach  Amerika  im  Jahre  1835,  an 
der  New  York  University.  Im  Jahre  1857 
wurde  Dr.  Hempel  Professor  der  Arznei- 
mittellehre am  Hahnemann  INIedical  College 
in  Philadelphia.  Später  praktizirte  er 
in  Grand  Rapids,  ]\Iich.,  wo  er  im  Jahre 
1879  starb.    Er  war  auch  als  Schriftsteller 


DEUTSCHER    EIXFLUSS    AUF  MEDIZIN    UND   ('lirRTROIE. 


335 


bedeutend.  Schon  als  Student  in  Paris 
war  er  bei  der  Herausgabe  von  Miehelet's 
„History  de  la  France"  behilflich.  Er 
übersetzte  Ilahnemann's  ..Chronische 
Krankheiten"  imd  Jahn 's  ,. Geisteskrank- 
heiten". Besonders  hervorragend  ist  sein 
„System  of  ^lateria  Medica  and  Therapeu- 
tics".  ,,The  Science  of  Honioeopathy  "  und 
„Christendoni  and  Civilization". 

Als  Augenarzt  und  Professor  der  Oph- 
thalmologie an  der  Chicagoer  Polyclinic 
und  am  Rush  ^ledical  College  daselbst  hat 
sich  ausgezeichnet  Dr.  Carl  Ferdinand 
Hotz,  geboren  am  12.  Juli  1843  in  Wert- 
heim in  Baden.  Er  studirte  in  Jena  und 
Heidelberg.  An  letzterer  Universität  pro- 
movirte  er  in  1865.  Nachdem  er  in  der 
süddeutschen  Armee  den  Krieg  zwischen 
Preussen  und  Oesterreich  1866  mitgemacht 
und  weitere  Studien  für  sein  Spezialfach, 
Augen-  und  Ohrenheilkimde,  an  den  Uni- 
versitäten Berlin.  Wien,  Paris  und  London 
gemacht  hatte,  kam  er  im  Jahre  1869  nach 
den  Vereinigten  Staaten  und  liess  sich  in 
Chicago  nieder.  Seit  Jahren  ist  er  Direk- 
tor der  Oeffentlichen  Bibliothek  in  Chicago. 

Am  9.  Oktober  1869  wurde  in  Suhl, 
preuss.  Regierungsbezirk  Erfurt,  der  Pro- 
fessor der  Magen-  und  Unterleibs-Krank- 
heiten an  der  Post-Graduate  Medical 
School  des  Districts  Columbia  in  Wa.sh- 
ington,  D.  C,  Dr.  Franz  August  Richard 
Jung  geboren ;  er  machte  an  der  Univer- 
sität Leipzig  sein  medizinisches  Staats- 
Examen.  Der  Zar  verlieh  ihm  den  Sta- 
nislaus-Orden. 

Grosse  Verdienste  um  die  Bekämpfung 
der  Schwindsucht  hat  sich  als  ^Mitglied 
des  Direktoriums  und  der  Exekutive  der 
„National  A.ssociation  for  Study  and  Pre- 
vention  of  Tuberculosis"  Dr.  Arnold  Carl 
Klvhs  in  Chicago  erworben.  Er  war  am 
17.  März  1870  in  Bern  in  der  Schweiz  ge- 
boren, studirte  Minlizin  an  den  Uiiiversi- 
täten  Zürich.  Berlin,  Kiel,  Würzburg. 
Bern  und  Basel,  bestand  1898  daselbst  das 


StaatsExamen,  promovirte  18!>4  in  Hasel, 
war  A.ssistent  der  Polyklinic  in  Basel  und 
des  Pathologischen  Instituts  in  Zürich, 
hielt  sieh  Studien  halber  in  London  und 
Paris  auf  und  liess  sich  1897  in  Ciiicago 
nieder,  wo  er  sich  bald  einen  XanM-n  zu 
machen  wusste.  Er  hat  mehrere  A})hand- 
lungen  verfasst,  die  sich  auf  Bekämpfung 
der  Schwindsucht  beziehen. 

Als  Augenarzt  und  Professor  der  Oph- 
thalmologie an  der  Columbia  Universität  in 
New  York  hat  sich  der  am  17.  ]\Iärz  1832 
in  Dauborn,  Preussen,  geborene  und  an  den 
Universitäten  Giessen,  London  und  Paris 
gebildete  Dr.  Hermann  Knapp  einen  Namen 
gemacht.  Er  war  Professor  in  lI(Mdelberg 
von  1864 — 68,  siedelte  dann  nach  New  York 
über,  gründete  das  „New  York  Ophthal- 
mie and  Aural  In.stitute"  und  richtete 
die  Archive  für  Augen-  und  Ohren-Heil- 
kunde ein.  Er  lehrte  zuerst  an  der  Univer- 
sität New  York  und  dann  bis  1902  an  der 
Columbia  Universität. 

Einen  Weltruf  als  Spezialist  für  Tuber- 
kulose hat  sieh  Dr.  S.  Adolf  Knopf  in  Xew 
York  erworben,  dessen  berühmtes  Werk 
..Die  Tuberkulose  als  Volks-Krankheit  luid 
deren  Bekämpfung"  von  der  Konunission 
des  Tuberkulose-Kongress  vom  Jahre  1900 
publizirt  imd  in  fünfzehn  Sprachen  ühci-- 
setzt  wurde.  Die  englische  Uebersctzuug 
wui-de  von  dem  Verfasser  selbst  besorgt. 
Dr.  Knopf  wurde  am  27.  November  1857 
in  Halle  an  der  Saale  geboren,  promovirte 
1890  an  der  Sorbonne  in  Paris,  nachdem  er 
zwei  Jahre  vorher  das  Bellcvue  ^Medical 
College  in  New  York  absolvirt  hatte.  Er 
ist  besuchender  Arzt  mehrerer  Lungenheil- 
anstalten  in  New  York  und  Umgegend. 
Direktor  der  ,, National  A.ssociation  for  the 
Study  and  Prevention  of  Tuberculosis", 
Laureat  der  ^Medizinischen  Akademi'  iu 
Paris  und  Eliren-Mitglied  vieh'r  medizini- 
scher Gesellschaften.  Kr  liat  zahlreiche 
Beiträge  zui-  Bekämpfung  dci-  Schwind- 
sucht und  deren  Behandlung  in  Anstalten 
und  in  der  Familie  veröffentlicht. 


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DEUTSCHER    EINFLUSS    AUF    MEDIZIN    UND   CHIRURGIE. 


Als  Arzt.  iiu'ilizinisi-luT  Schriftsti'llrr 
uiul  fa('h\vis.st'nschaftli('lu'r  Lflircr  liat  sich 
Dr.  Adolf  Köhhr  in  !*ittsl)ur^'.  Pa..  ans- 
pozoiclinct.  (liT  am  'Ml  OktdluT  IS"),')  in 
^Vi^^:i•s\\ vi.  Kantdll  licin  in  der  Sclnvciz. 
gi'hori'ii  wnrdt'.  Kv  «'rliielt  seine  wissen- 
schaftliehe AushiKlnnjr  in  den  Vereinigten 
StaatiMi,  wo  er  seit  1879  praktizirt.  \'oii 
1885  bis  ]})(>;}  war  er  l'rofessor  der  Arznei- 
mittel-Lehre am  IMttshnrg  College  of  Phar- 
niaey.  Er  war  mehrere  Jahre  lang  Redak- 
teur der  ..l'ittshurg  Medieal  Review"  und 
s|>äter  des  ..Pennsylvania  .Medical  Jour- 
nal". Als  Arzt  erfreut  er  sieh  eines 
gros.sen  Wirkungskreises,  der  sieh  auch  auf 
mehrere  Hospitäler  erstreckt. 

Als  Elektro-Therapeut.  einer  der  ersten 
E.xperimenteure  mit  X  Strahlen  in  den 
Vereinigten  Staaten.  Ertinder  zahlreicher 
Apparate  und  In.strumente.  fachwis.sen- 
sehaftlieher  Sehriftsteller,  Dichter  und 
Arzt  hat  sich  der  am  22.  November  1871  in 
Hannover  geborene  Dr.  F.  S.  Rolle  her- 
vorgethaii.  Er  wohnt  in  Brooklyn,  N.  Y. 
Mitarbeiter  des  ..Rockefeller  Institute  for 
Medical  Research".  Präsident  der  ,, Society 
for  Biology  and  .Medicine"  und  der  ,, Ame- 
rican Gastro-Enterological  Association", 
konsultirender  Arzt  des  Ilarlein  Hospitals, 
Mitglied  vieler  gelehrter  Gesellschaften 
und  \'erfasser  zahlreicher  Abhandlungen 
über  Biologie.  Physiologie  und  iMedizin  i.st 
der  in  Russland  am  22.  .Alärz  1851  gebo- 
rene und  in  Königsberg  in  Preussen  ge- 
biltlete  Dr.  N.  J.  Mdtzer.  VjV  hat  seinen 
Wohnsitz  in  New  York. 

In  Niederweningen  bei  Zürieh  in  der 
Schweiz  wurde  im  Jahre  186<i  der  jetzige 
Direktor  des  patlialogisch-p.sychiatrischen 
Instituts  des  New  Yorker  Staat.s-Hospitals 
und  Profes.sor  der  Psychiatrie  an  der  niedi- 
zini.sehen  Fakultät  der  Cornell  I'niversität 
in  Ithaca,  X.  Y..  Adolf  Mrifrr,  geboren.  Er 
hat  in  Paris.  Edinburgh.  Lond(»M.  AVien  und 
Zürich  .studirt  und  siedelte  im  Jahre  1892 
nach  den  Vereinigten  Staaten  über,  wo  er 
zunächst   an   der  Chieagoer.   dann   an   der 


Clark  rniversität  in  Worcester,  ^Mass., 
lehrte.  Seit  1902  betindet  er  sieh  in  Xew 
York. 

Professor  dw  speziellen  Pathologie  am 
Ilahnemann  Medical  College  in  Philadel- 
phia war  lange  Jahre  der  am  11.  Mai  1820 
in  Sachsen  geborene,  in  1848  nach  Ame- 
rika gekommene  Dr.  ('.  G.  Haue.  Er  hat 
sich  auch  als  homoeopathischer  Schrift- 
.steller  ausgezeichnet. 

Von  deutschen  Poltern  stanu-it  der  in  Phi- 
ladelphia am  5.  Februar  1855  geborene,  da- 
selbst als  Profe.s.sor  der  Physiologie  wir- 
kende Dr.  tjdward  T.  Reichert,  der  in  Phi- 
ladelphia. Berlin,  Leipzig  und  Genf  .seine 
Universitätsstudien  absolvirt  hat  und  zahl- 
reiche medizinische  und  wissenschaftliche 
Artikel  verfasste. 

Professor  der  Augen-  und  Ohrenheil- 
kunde am  Baltimore  ]\Iedieal  College  i.st 
seit  1886  der  in  Romrod,  Hessen,  am  11. 
November  1839  geborene  Dr.  Gconj  Rcu- 
lh\(j.  Er  promovirte  in  Giessen  im  Jahre 
1865,  .studirte  Augenheilkunde  in  Berlin 
und  Wien  und  später  in  Paris,  war  preus- 
sischer  Militär  -  Arzt  im  ö.sterreichischeu 
Kriege  1866  und  kam  im  Jahre  1868  nach 
Baltimore.  Er  erfand  mehrere  Instrumente 
für  Augen-  und  Ohren-Chirurgie,  schrieb 
eine  Reihe  fachwissenschaftlicher  Abhand- 
lungen und  ist  JNIitglied  der  Ophthal mologi- 
sehen  Gesellschaft  in  Heidelberg  und  der 
Amerikanischen  Gesellschaft  für  Kehlkopf- 
luid  Ohrenheilkunde. 

Professor  der  ^Medizin  an  der  „Post 
Graduate  ]\Iedieal  School "  in  New  York  ist 
der  am  4.  November  1839  in  Rulila,  Thürin- 
gen, geborene  und  an  der  Universität  Jena 
gebildete  Dr.  Achilles  Rose.  Er  hat  sich 
aus.ser  mit  medizinischen  Forschungen  auch 
mit  solchen  der  griechischen  Sprache  seit 
Konstantin  dem  Grossen  beschäftigt. 

Als  einer  der  Uebersetzer  von  Ziems.sen's  «I 
..Handbuch  der  speziellen  Pathologie  und  ij 
Therapie"  hat  sich   gro.s.se  Verdien.ste  um  i| 
die  medizinische  Wissenschaft  in  Amerika 
erworben   der  am   11.   September  1839   in 


DEUTSCHER   EINFLUSS   AUF   MEDIZIN  UND  CHIRURGIE. 


387 


Wien  geborene  Dr.  Eduard  Wilhelm 
Schauffler,  der  seit  1869  in  Kansas  City 
praktizirt.  Er  ist  einer  der  Gründer  des 
Kansas  City  Medical  College,  an  welchem 
€r  Professor  der  Prinzipien  und  Praxis  der 
Medizin  ist.  Er  war  1859—60  Ililfs-Sekre- 
tär  der  V.  St.  Gesandtschaft  in  Konstan- 
tinopel und  machte  den  Bürgerkrieg  als 
Lieutenant  und  Adjutant  und  später  als 
Captain  im  127.  N.  J.  Freiwilligen-Regi- 
ment mit. 

Als  medizinischer  Schriftsteller  und  Ver- 
fasser mehrerer  werthvoller  Werke  hat  sich 
■der  in  Pittsburg  von  deutschen  Eltern  ge- 
borene und  in  Philadelphia  seit  1893  an 
■der  Pennsylvania  Universität  als  Professor 
■der  klinischen  Medizin  thätige  Dr.  Alfred 
Stengel  einen  Namen  gemacht. 

E.  Gustav  Zinke,  M.  D.,  Moirde  am  29. 
Mai  1846  zu  Spremberg  geboren  und  trat, 
für  den  Seemannsberuf  bestimmt.  1862  in 
•die  Königl.  Preussische  Marine  ein.  Nach 
acht  Jahren  quittirte  er  den  Dienst,  kam 
nach  Amerika  und  Hess  sich  in  Cincinnati 
nieder,  wo  er  sich  dem  Studium  der  Me- 
•dizin  widmete.  Seine  Studien  absolvirte  er 
1875  am  Ohio  Medical  College,  zu  dessen 
Lehrkörper  er  seit  1876  gehört.  Zinkes 
"Werdegang  als  Arzt  ist  der  Werdegang  des 
Self-]\Iade  IMan,  das  Resultat  angestreng- 
testen Fleisses,  nie  erlahmenden  Pflichtge- 
fühls und  strengster  Selbstdisziplin.  Nach- 
•dem  er  drei  Jahre  lang  als  Assistent  in  der 
Augen-  und  Ohrenheilkunde  gelehrt  hatte, 
trat  er  in  jenen  Zweig  des  medizinischen 
Wissens  über,  in  welchem  er  die  grössten 
Erfolge  erringen  und  in  gewissem  Sinne 
l)ahnbrechend  wirken  sollte :  Frauenleiden 
und  Geburtshilfe.  Nachdem  er  von  1879  bis 
1888  als  Assistent  in  diesen  Fächern  thätig 
gewesen  war,  übernahm  er  den  klinischen 
Theil,  wurde  1891  zum  Hilfs-Professor  und 
1896  zum  ordentlichen  Professor  der  Ge- 
burtshilfe und  klinischen  Frauenkrankhei- 


ten ernannt.  Neben  seiner  angestrengten 
Lehrthätigkeit  fand  er  Zeit  zu  schriftstelle- 
rischen und  humanitären  Werken,  fülirte 
dabei  viele  schwierige  Operationen  aus.  die 
seinen  Ruf  w(Mt  über  die  Grenzen  der  hei- 
mathlichen  Scholle  trugen.  Im  Jahre  1888 
begründete  er  die  externe  obstetrische 
Klinik  des  Ohio  Medical  College,  1892  das 
Ohio  Maternity  Hospital  und  seit  1888  steht 
er  als  Präsident  an  der  Spitze  des  ärztlichen 
Stabes  des  Deutschen  Evang.  Prot.  Diako- 
nissen-Hospitals, dessen  Gründung  mit 
seiner  Initiative  zu  danken  ist.  Als  Chirurg 
hat  Zinke  in  Cincinnati  den  ersten,  für 
Mutter  und  Kind  erfolgreichen  Kaiser- 
schnitt und  Schamfugenschnitt  ausgeführt 
(1893).  Im  Jahre  1900  entwickelte  er  vor 
einem  Aerzte-Kongress  in  Cleveland  seine 
Ansicht,  dass  der  Kaiserschnitt  für  gewisse 
Fälle  von  Placenta  Praevia  gerechtfertigt 
sei.  Nach  zwei  Jahren  war  seine  Idee  sieg- 
haft durchgedrungen,  die  nun  als  richtig 
auch  von  deutschen  Autoritäten  anerkannt 
wird.  Dr.  Zinke  gehört  verschiedenen 
medizinischen  Gesellschaften  des  Landes 
an  und  hat  in  denselben  die  höeiisten 
Ehrenstellen  bekleidet.  Seine  chirurgische 
Thätigkeit  umfasst  mehrere  tausend  Opera- 
tionen, die  Zahl  seiner  Geburtsfälle  geht 
über  4000.  Er  lag  in  den  ersten  16  Jahren 
seiner  Thätigkeit  der  allgemeinen  Praxis 
ob,  hat  sich  alx^r  seit  18  Jahren  nur  der 
Geburtshilfe,  Gynaekologie  und  Al)(l()iiiinal- 
Chirurgie  gewidmet.  Viele  seiner  geh'hrten 
Abhandlungen  und  Vorträge  haben  ihren 
Weg  in  massgebende  medizinische  Lehr- 
bücher gefunden.  Das  Ohio  ^Medical  Col- 
lege, zu  dessen  Professoren  er  zählt,  ist  die 
medizinische  Abtheilung  der  Universität 
Cincinnati.  Ausser  seiner  Alma  mater  ver- 
dankt Zinke  sein  AVissen  und  Können 
eifrigen  Studien,  denen  er  an  den  medizini- 
schen Ilochscliulen  zu  Paris.  Wien,  London, 
Birmingham  und  New  York  obgelegen  hat. 


t' 


X 


"^^.M^ 


SCHILLER-DENKMAL    IM    ST.     LOUIS    PARK. 


i^utarlj-Ammka  uttö  hit  SCuttöt 


Subaltfi-HrrErtrlnüBö. 


..Drutfirb-Amrrtkauisrhr  iHalrr.  lilöhaitpr  mtö  Ktt[\\Ukttt\* 

Van  £u^iilf  (Gronau. 

„Sputßrlirr  Etufluss  auf  öaa  iHusikkbni  Am^rikaa" 

Bon  (9.  <^.  &onnprk. 

„Drutarhp  Sirl^tkunat  in  hnx  Hpretmgtpn  ^taat^n" 

Van  H.  C  CpBrr. 

„lliJn  fBrarhlmijpl.  Snttarh- Amerika  a  groraaler  iSaUaöenötrl|tn" 

Hon  (6.  &.  Bierprk. 

,.SfitlarI|-Amprtkaniarhp  Sirhtungpn" 
,.9aa  önüarhr  ühpattr  tu  Amerika" 


Deutschamerikanische  Maler,  Bildhauer  und  Architekten. 

Von  RUDOLF  GRONAU.  New  York. 


Der  erste  deutsche  Künstler,  welcher 
nach  Nordamerika  verschlagen  wurde, 
dürfte  der  im  Jahre  1700  in  Danzig  gebo- 
rene Maler  Johann  Valentin  Haidt  gewe- 
sen sein.  Er  hatte  in  Rom,  Florenz,  Paris 
und  London  studirt,  war  dann  in  Beziehun- 
gen zu  den  Herrnhutern  getreten  und  im 
Jahre  1754  nach  ihrer  in  Pennsyivanien  ge- 
gründeten Niederlassung  Bethlehem  ausge- 
wandert. Dort  schuf  er  bis  zu  seinem  im 
Jahre  1780  erfolgten  Tode  zahlreiche  bibli- 
sche Gemälde  und  Bildnisse,  von  denen 
manche  noch  heute  zu  sehen  sind.  Ein  ge- 
schickter, besonders  bei  den  Patriziern  der 
Stadt  Philadelphia  beliebter  Portraitmaler 
war  auch  der  1776  zu  Lancaster,  Pa.,  gebo- 
rene Jacob  Eichholtz.  Im  Jahre  1844  Hess 
sich  Präsident  Van  Buren  von  einem  in 
Düsseldorf  ausgebildeten  und  in  St.  Louis 
ansässigen  Maler  portraitiren,  von  Philipp 
Gerke,  einem  Sohne  des  in  ]\Iadison  County, 
111.,  ansässigen  Dr.  H.  Ch.  Gerke.  dessen  bei 
Perthes  erschienener  ,, Nordamerikanischer 
Rathgeber"  viele  werthvolle  Aufklärung 
über  Land  und  Leute  in  Amerika  giebt. 
Philipp  Gerke 's  Portrait  fand  allgemeinen 
Beifall.  Er  schuf  auch  einige  geschicht- 
liche Gemälde,  starb  aber  schon  im 
Jahre  1848. 

In  der  ersten  Hälfte  des  19.  Jahrhun- 
derts traten  in  den  Vereinigten  Staaten 
drei  in  Deutschland  geborene  Künstler  auf, 
deren  Namen  in  der  Geschichte  der  amerika- 
nischen Malerei  stets  Ehrenplätze  behaup- 
ten werden:  Emanuel  Lciitze,  (geb.  1816 
in  Schwäbisch  Hall)  ;  Karl  Ferdinand 
Weimer,  (geb.  1829  in  dem  Dorf  Röttchen 
bei  Bonn)  und  Albert  Bierstadt,  (geb.  1830 
in  Solingen). 

Alle  drei,  von  denen  jeder  nach  einer  an- 
deren  Richtung  die  amerikanische  Kunst 


beeinflussen  sollte,  kamen  in  frühester  Ju- 
gend nach  den  Vereinigten  Staaten.  Hier 
empfingen  sie  auch  die  ersten  Anregungen 
und  Anleitungen  für  ihren  Beruf.  Später 
zogen  sie  nach  der  berühmten  rheinischen 
Malerstadt  Düsseldorf,  um  ihre  Ausbildung 
zu  vollenden. 

Jahrelang  dort  verweilend  und  engen 
Verkehr  mit  Schadow,  Lessing,  Achenbach 
und  anderen  berühmten  Künstlern  unter- 
haltend, entwickelten  sich  die  drei  Deutsch- 
Amerikaner  zu  trefflichen  Meistern,  deren 
Gemälde  in  Composition,  Technik  und  Par- 
bengebung  zwar  unverkennbar  die  dama- 
lige Düsseldorfer  Schule  verraten,  durch 
die  gewählten  Motive  aber  sich  von  allen 
anderen  Bildern  derselben  unterscheiden. 
Tief  hatten  in  den  Herzen  der  drei  jungen 
Künstler  die  mächtigen  Eindrücke  ihrer 
Adoptivheimat  Wurzel  geschlagen.  Ihre 
Seelen  waren  durchtränkt  mit  der  grossen 
Vergangenheit  der  neuen  Welt,  ihr  Geist 
erfüllt  mit  den  von  wilder  Romantik  um- 
kleideten Gestalten  der  Indianer  und  Wald- 
läufer, der  grossen  Entdecker,  Eroberer 
und  jener  hochherzigen  Helden,  die  wäh- 
rend des  Unabhängigkeitskampfes  die  Be- 
wunderung der  ganzen  Älensehheit  errun- 
gen hatten.  Und  für  alle  diese  verlocken- 
den Figuren  bildeten  die  jungfräulichen 
Landschaften  Ur-Amerikas  den  passenden 
Hintergrund.  Kann  es  überraschen,  dfiss 
die  drei  Künstler  diese  ihnen  vorschweben- 
den Gestalten  und  Landschaften  mit  Vor- 
liebe auf  die  Leinwand  zu  bannen  suchten? 

Ertwnuel  Leutze,  der  im  Jahre  1841  nach 
Düsseldorf  pilgerte,  fühlte  sieh  zunäclist 
durch  die  hehre  Figur  des  Weltentdeckera 
Columbus  mächtig  angezogen.  Sein  erstes 
in  Europa  geschaffenes  (Jemälde  zeigt  den- 
selben vor  dem  hohen  Rat  in  Salamanca. 


342 


DEUTSCHAMERIKANISCHE  MALER,  BILDHAUER  UND  ARCHITEKTEN. 


Es  erregte  so  grosses  Aufsehen,  dass  der 
Kuastvercin  das  Bild  sofort  für  seine 
Saimnlung  erwarb. 

Noch  inehrmals  besehäftigte  sich  Lentze 
mit  dorn  (Jrnuesen.  Er  stellte  ihn  dar  im 
(Jt'spräch  mit  seiner  hohen  (iünnerin,  d^r 
KöiiiL'in  I.sabella:  ferner  seine  Heimkehr 
von  der  i'i-sten  Entdeckungsreise,  und  auch 
im  Kerker,  mit  Ketten  belastet.  Das  letzte 
Bild  trug  Leutze  in  Brüssel  eine  goldene 
Mt'dailh'  ein   und  machte  ihn   in   Amerika 


Es  zeigt  uns  das  ^Morgengrauen  eines 
frostigen  Wintertags.  Durch  eine  wolken- 
überhangene  öde  Landschaft  wälzt  der  De- 
laware seine  mit  Eisschollen  bedeckten 
Fluten.  Auf  roh  gezinunerten  Ruderbooten 
arbeiten  sich  kräftige,  den  Stempel  der 
Entschlossenheit  auf  ihren  Stirnen  tra- 
gende Gestalten  durch  die  brodelnden  Ge- 
wässer. Tm  vordersten  Boot  steht  hochauf- 
gerichtet der  unvergleichliche  ITeld  des  Be- 
freiungskrieees,  seinen  klai'cn  Blick  in  die 


\X  ASHINGTONS    UEBERGANG    UEBER    DEN    DELAWARE.-Gemaelde   von    Emanuel    Leutze. 


berühmt.  Darauf  folgte  ein  mächtig  wir- 
kendes Gemälde:  Die  ei-ste  Landung  der 
Normannen   in   Amerika. 

Leutze 's  glänzendste  Schaffenszeit  fällt 
in  die  Jahre  1845  bis  1858.  Während  die- 
ser Periode  ent.stand  auch  sein  berühmtes 
Gemälde  ..Washingtons  Tebergang  über 
den  Delaware",  ein  Bild,  das  bis  jetzt  von 
keinem  anderen  amerikani.schen  Ilistorien- 
gemälde  an  Grösse  der  Auffa.«sung  erreicht, 
geschweige  denn  übertroffen  worden  i.st. 


Ferne  sendend.  Jede  der  zahlreichen,  auf 
diesem  Riesenbild  veranschaulichten  Ge- 
stalten atmet  den  tiefen  Ernst  jener  Zeit, 
von  der  Thomas  Paine  sagte:  „These  are 
the  times  that  try  men's  souls. " 

Das  herrliche  Gemälde  trug  seinem  Ur- 
heber die  grosse  preiLssische  ^Medaille  für 
Kunst  und  Wissenschaft  ein.  Während  es 
selb.st  einen  Ehrenplatz  in  der  Gallerie  des 
New  Yorker  Kunstkenners  Marshall  0. 
Roberts    erhielt,   wanderten    durch   Stahl- 


DEWPSCHIAMERIKANISCHE  MALER.  BILDHAUER  UND  ARCHrTHK'TEX. 


343 


stich  und  ,Steiij(drnek  hergrest eilte  Naehbil- 
duDgen  in  vielen  hunderttansenden  Exeni- 
plaiseji  in  alle  Pflliiste  land  Hütten  der  Ver- 
einicrten  Staaten.  Ueberall  mit  p:leieher  Be- 
geisterun^r  aufirenoninien,  wurde  das  Bild 
im  wahren  Sinne  des  Worts  zu  einem  Xa- 
tionalirut  des  amerikani.sehen  Volkes.  Zu 
Anfano;  des  20.  Jahrhunderts  ginii'  das  (Jc- 
mälde  in  den  Besitz  des  ,,iIetropolitan  Mu- 
seum of  Art"  der  Stadt  New  York  über, 
unter  dessen  Perlen  es  eine  der  köstlichsten 
ist. 

Die  meisten  späteren  Arbeiten  Leutze's 
sind  durch  ihre  Einverleibuna:  in  Privat- 
gallerien^für  das  grosse  Publikum  so  gut 
wie  verlören  gegangen.  Aber  er  schenkte 
dem  amerikanischen  Volk  noch  eine  glän- 
zende Gabe,  indem  er  im  Auftrag  der  Bun- 
desregierung im  Kapitol  zu  Washington  ein 
gewaltiges  AVandgemälde  schuf,  dem  das 
geflügelte  Wort  zu  Grunde  liegt :  ..West- 
ward the  star  of  empire  takes  its  way!" 
Das  Bild  veranschaulicht  einen  Zug  jener 
kühnen  Westfahrer,  die  um  die  ]\Iitte  des 
19.  Jahrhunderts  mit  Axt  und  Spaten,  mit 
der  Büchse  und  den  zum  Bergbau  benötig- 
ten Werkzeugen  die  Felsen gebirge  über- 
schritten, um  an  den  Küsten  des  Grossen 
Ozeans  neue  Staaten  und  Gemeinwesen  zu 
gründen.  Jede  einzelne  Figur  des  mächti- 
gen Gemäldes  ist  ein  IMeisterwerk  an 
charakteristischer  Auffassung  und  Zeich- 
nung. Von  fern  her  über  die  unermessli- 
chen  Steppen  kommen  in  den  mit  allerlei 
HaiLsgerät  beladenen  Planwagen  die  West- 
fahrer gezogen.  Entschlo.ssene,  wolilbewaff- 
nete,  von  Trappern  geleitete  ]\ränner  ver- 
leihen der  Karawane  den  nötigen  Schutz. 
MüLsam  ist  der  Zug  durch  die  pfadlosen, 
an  Gefahren  reichen  Gebirge.  Aber  bald 
ist  der  schwierige  Uebergang  vollendet, 
denn  schon  haben  einige  der  jungen  Leute 
die  Höhe  des  Passes  erklommen  und  lassen 
ihre  strahlenden  Blicke  über  die  in  golde- 
nem Sonnenglanz  schwinunenden  Gefilde 
des   AVestens   schweifen,    die    den    Freude- 


trunkenen  wie  ein  Land  der  VerheiKsuns: 
erscheinen.  '  •  . 

Unstreitig  war  P^manut'l  Lrutze  der  be- 
deutendste amerikanische  Historienmaler 
des  19.  Jahrhunderts.  Ein  neuerer  Kunst- 
kritiker urteilt  über  Leutze  im  September- 
heft 1879  des  „Harper's  -Magazine"  folgen- 
dermassen :  ,,He  was  a  man  who  was  cast 
in  a  large  mould.  capable  of  a  grand 
enthusiasm,  thoroughly  imbued  with  a 
patriotic  love  for  the  land  and  its 
history  and  the  spirit  of  its  institutions; 
aspiring  to  grasp  soaring  Ideals.  Althongh 
his  ai-t  was  often  at  fault,  it  makes  us  feel, 
notwithstanding.  that  in  contemplating  his 
works  we  are  in  the  presence  of  a  colo.ssaI 
mind.  He  drew  from  wells  of  seemiiigly 
inexhaustible  inspiration.  He  was  Byronic 
in  the  impetus  of  his  genius,  the  rugged, 
incompleteneas  of  his  style,  the  magnificent 
fervor  and  rush  of  his  fancy,  the  epic 
grandeur  and  energy.  dash  and  daring.  of 
his  creations.  To  him  we  owe  our  best 
hi.storical  art  previous  to  1860." 

Leutze  starb  am  17.  Juli  1863  in  Wash- 
ington 

Weit  kürzer  als  seine  Laufbahn  war  die- 
jenige von  Karl  Ferdinand  Weimer  bemes- 
sen. Die  Eltern  desselben  hatten  sich  nach 
ihrer  im  Frühjahr  1844  erfolgten  Einwan- 
derung in  St.  Louis  niedergela.ssen.  dem 
damaligen  Ausgangspunkt  der  gen  Westen 
ziehenden  Handelskarawanen.  Trapper  und 
Indianer  gehörten  damals  in  den  Strassen 
dieses  Orts  zu  den  alltäglichen  Erscheinun- 
gen. Ihr  phantastischer  Anblick  entfachte 
in  dem  für  die  wilde  Romantik  des  Gren- 
zerlebens empfänglichen  Jüngling  eine 
schier  unwiderstehliche  Neigung,  die  nack- 
ten Formen  der  Indianer,  ihre  maleriscluMi 
Kostüme  und  eigenartigen  Gebräuche  in 
Bildern  festzuhalten.  Alehrere  Reisen,  die 
er  als  Dampfbootanstreicher  auf  dem  Mis- 
sissippi und  Missouri  zurücklegte,  brachten 
ihn  mit  den  Rothäuten  in  nähere  Berüh- 
rung, befestigten  aber  auch  seinen  Ent- 
schluss,   ^laler   zu   werden   und   die   bunte 


S44 


DEUTSCHAMERIKANISCHE  MALER,  BILDHAUER  UND  ARCHITEKTEN. 


"Welt  des  ^Vestt'ns  zu  verewijjen.  Dass  ihm 
die  nötijxe  künstlerische  Ausbildung 
niaii^le.  einpfaiid  er  sehinerzlieh.  Deshalb 
wandte  er  sieh,  als  ein  ^.düeklieher  Zufall 
ihm  eine  kh'ine  Krbsehaft  bescherte,  nach 
Dü.sseldorf,  um  unter  der  Leitung  Leutze's, 
der  gerade  damals  Triumphe  feierte,  die 
Mängel  auszugleichen.  In  Düsseldorf  schuf 
Weimer  einige  .seiner  besten  Gemälde,  da- 
runter ,.Das  gefangene  Schlachtrass".  Das 
Kiuistwcrk  zeigt  das  herrliche  Reittier  eines 
im  Kampf  gefallenen  amerikanischen  Offi- 
ziell, das  unter  heftigem  AViderstreben  von 
den  Mördern  seines  Herrn,  einigen  wildaiis- 
sehenden  Indianern,  davongeführt  wird. 

Ein  zweites  Gemälde  veranschaulicht 
eine  auf  dem  Kriegspfad  befindliche  india- 
nische Streiftruppe,  die  am  Rand  eines 
kleinen  Bächleins  rastet. 

Als  fertiger  Künstler  kehrte  Weimer  im 
Jahre  1855  nach  St.  Louis  zurück,  um  nun 
alljährlich  Reisen  unter  die  am  Mi.ssouri 
hausenden  Indianenstämme  auszuführen 
imd  Studien  zu  sanuneln,  die  er  im  Winter 
zu  neuen  Gemälden  verwertete.  Den  Un- 
tergang der  roten  Rasse  vorau.ssehend, 
stellte  er  sich  die  Aufgabe,  ihre  Typen, 
Trachten  und  Sitten  so  getreu  wie  möglich 
wiederzugeben  und  so  der  Nachwelt  ein 
Bild  d<T  rrbewohner  Amerikas  in  ihrer 
wilden  Natürlichkeit  zu  überliefern. 

Leider  wurde  der  hoch.st rebende  Kün.stler 
inmitten  dieser  Arbeit  im  November  1863 
vom  Tode  abberufen.  f]r  musste  die  Vollen- 
dung seiner  Aufgabe  späteren  ^Meistern, 
einem  Frederick  Remington,  Charles 
Sehreyvogel  und  anderen  Darstellern  des 
wildwe.stlichen  Lebens  überlassen,  als  deren 
Vorläufer  Weimer  zu  betrachten  ist. 

Die  Poltern  Alhert  Bierstadt's  hatten  nach 
ihrer  Einwanderung  sich  in  New  Bedford, 
Mass..  niedergelassen.  Im  Athenäum  des 
benachbarten  Boston  empfing  der  junge 
Biei-stadt  seine  erste  künstlerische  Ausbil- 
dung, die  er  später  in  Düsseldorf  vollendete. 
Aber  er  schlug  in  seinem  Schaffen  eine 
andere  Richtung  ein,  wie  Leutze  und  Wei- 


mer. Hatten  diese  die  amerikanische  Ge- 
schichte, die  bunte  Menschenwelt  des  fernen 
Westens  als  Domäne  erkoren,  so  wandte 
Bierstadt  gleich  nach  seiner  Rückkehr  in 
die  Vereinigten  Staaten  sein  ganzt«  bedeu- 
tendes Können  darauf,  die  jungfräuliche 
Schönheit  und  überwältigende  IMajestät  der 
amerikanischen  Landschaft,  in.sbesondere 
des  fernen  Westens,  darzustellen.  Das  hatte 
vor  ihm  kein  Künstler  versucht.  Die  erha- 
benen Scenerien  der  Felsengebirge  kannte 
man  nur  aus  den  dürftigen,  farl)lo.sen  An- 
deutungen, welche  die  rauhen,  für  die 
Schönheiten  der  Natur  kaum  empfängli- 
chen Kulturpioniere  zu  geben  im  stände 
waren.  Deshalb  wirkten  die  herrlichen 
Gemälde,  die  Bierstadt  im  Jahre  1863  als 
Früchte  einer  mit  dem  General  Lander 
nach  den  Felsengebirgen  unternommenen 
Expedition  ausstellte,  auf  die  kun.stliebende 
Welt  geradezu  als  Offenbarungen.  Sie 
waren  der  Avirksamste  Protest  gegen  die  be- 
sonders bei  den  Europäern  fast  zum  Dogma 
gewordene  Annahme,  dass  Amerika  ein 
reiz-  und  poesieloses  Land  sei,  wo  kein 
Vogel  singe,  keine  Blume  Wohlgeruch  ent- 
wickle und  wo  es  keine  Natursehönheiten 
gebe. 

Dem  mächtigen  Gemälde  „Landers 
Peak"  liess  Bierstadt  zahlreiche  andere 
folgen,  welche  die  wunderbaren  Hochge- 
birgsketten der  Sierra  Nevada,  die  erhabe- 
nen Granitdome  und  FeLskathedralen,  die 
rauschenden  Wasserfälle  des  Yosemite- 
Thales,  die  Schneekuppen  der  ]\Iounts 
Shasta  und  Hood,  die  Farben glorien  eines 
Sonnenuntergangs  am  goldenen  Thore  ver- 
anschaulichten. 

Ein  Bild  erregte  grösseres  Staunen  als 
das  andere.  Und  bei  jedem  steigerte  sich 
die  Bewunderung  für  den  unerschrockenen 
Künstler,  der  es  wagte,  in  die  damals  noch 
von  tausenden  Gefahren  wimmelnden  Wild- 
nisse des  fernen  W^estens  einzudringen,  um 
mit  seinem  Zauberpinsel  ihre  Wunder  auf 
die  Leinwand  zu  bannen. 


DEUTSCHAMERIKANISCHE  MALER,  BILDHAUER  UND  ARCHITEKTEN. 


345 


Bierstadt  war  kein  Künstler,  der  sich 
damit  begnügte,  die  Natur  einfach  abzu- 
schreiben und  die  Formen  der  Landschaf- 
ten photographisch  getreu  zu  copiren. 
Gleich  den  grossen  Düsseldorfer  Meistern, 
welche  seine  Lehrer  und  Genossen  waren : 
Schirmer,  Lessing  und  Achenbach,  bemühte 
er  sich,  die  Seele,  die  Stimmung  der  Land- 
schaft zu  erfassen  und  festzuhalten.  Das 
ist  ihm  in  vielen  seiner,  in  heroischem  Stil 
komponirten  und  wunderbar  effektvollen 
Bildern  vortrefflich  gelungen.  Der  , .Sturm 
in  den  Felsengebirgen",  die  ,, Einfahrt  in 
die  Bai  von  San  Francisco,"  „Ein  Abend 
am  ]\Iount  Tacoma"  und  manche  andere 
Bilder  gehören  zu  den  bedeutendsten  Wer- 
ken der  Landschaftsmalerei  des  19.  Jahr- 
hunderts. 

Man  hat  Bierstadt  .,den  Entdecker  des 
malerischen  "Westens"  genannt.  jNIit  vollem 
Recht.  War  er  doch  der  erste  jener  Künst- 
ler, welche  die  erhabenen  Scenerien  des  fer- 
nen Westens  der  ^Menschheit  in  farbensprü- 
heudeu  Meisterwerken  vorführten.  Un- 
zweifelhaft verdanken  die  hervorragendsten 
dieser  Interpreten :  Thomas  Moran,  Tho- 
mas Hill,  Julian  Rix  u.  a.  sehr  viel  dem 
mächtigen  Einfluss,  den  Bierstadt  durch 
seine  Schöpfungen  auf  die  amerikanische 
Landschaftsmalerei  ausübte.  Er  starb  am 
19.  Februar  1902  in  New  York. 

Den  aus  dem  Hannoverschen  stammen- 
den Theodor  Kaufmann,  einen  „Achtund- 
vierziger", hat  man  den  „Historienmaler 
des  Bürgerkriegs"  getauft.  Sein  grosses 
Gemälde  ,,Farragut"  mit  der  Unterschrift: 
„Damn  the  torpedoes,  go  ahead  boys!" 
wurde  in  vielen  tausend  Nachbildungen 
verbreitet.  Auch  die  beiden  Gemälde  „Lin- 
colns Ermordung"  und  ,,Sherman  am 
Wachtfeuer"  werden  von  Vielen  zu  den 
besten  künstlerischen  Schöpfungen  gezählt, 
welche  auf  amerikanischem  Boden  ent- 
standen seien.  Er  war  im  Jahre  1814  in 
Uelzen,  Provinz  Lüneburg,  geboren,  war 
1855  nach  Amerika  gekommen,  hatte  den 


Bürgerkrieg  mitgemacht  und  wohnte  später 
in  Boston. 

Auch  zu  den  Künstlern  der  Neuzeit  lie- 
ferte das  Deutschamerikanertum  manche 
treffliche  Vertreter.  Zum  Beispiel  den  fein- 
sinnigen Robert  F.  Blum  (geb.  1857,  gest. 
1904)  dessen  „Japanische  Zuckerwaaren- 
händler",  ein  Meisterwerk  an  scharfer 
Charakteristik  und  blendender  Farbenge- 
bung,  zu  den  besten  modernen  Bildern  des 
Metropolitan  Museum  of  Art  in  New  York 
gehört. 

Ferner  Arthur  Thomas,  der  das  Gerichts- 
gebäude der  Stadt  South  Bend,  Indiana,  die 
Memorial  Hall  zu  Columbus,  Ohio,  das  Rat- 
haus zu  St.  Louis,  sowie  die  Wohnsitze  zahl- 
reicher amerikanischer  Kunstfreunde  mit 
herrlichen  Frasken  zierte.  LTnd  weiter  den 
New  Yorker  Charles  Schreyvogel,  dessen 
überaus  lebendige  Scenen  aus  dem  westli- 
chen Soldatenleben  ihm  rasch  einen  hochge- 
achteten Namen  machten.  Er  war  1861  am 
4.  Januar  geboren,  studirte  in  ^München 
unter  Franz  Kirchbaeh  und  Carl  ^Nlarr  und 
ist  in  Hoboken,  N.  J.,  ansässig. 

Sein  erstes  bedeutendes  Bild  ,,ÄIy 
Bunkie"  zeigt  einen  seines  Reittieres  ver- 
lustig gewordenen  Kavalleristen,  der  von 
einem  rasch  herbeisprengenden  Kameraden 
aufgenommen  und  aus  dem  Kampfgewühl 
getragen  wird.  Ein  zweites  ebenso  beweg- 
tes Bild  veranschaulicht  den  erbitterten 
Kampf  um  ein  mit  Palisaden  umgebenes 
westliches  Fort,  dessen  Besatzung  bereits 
auf  ein  kleines  Häuflein  zusanunenge- 
sehmolzen  ist.  Schon  beginnen  die  von  allen 
Seiten  anstürmenden  Rothäute  die  hölzerne 
Umfassung  zu  ersteigen  und  versuchen,  die 
tapferen  Verteidiger  durch  hereingesclileu- 
derte  Feuerbrände  zu  vertreiben. 

Die  Gemälde  „IIow  Cola".  „The  Dis- 
patch  Bearer",  ,,Breaking  through  the 
Circle"  und  viele  andere  erregten  sowohl 
durch  die  ausserordentliche  Lebendigkeit 
der  Aktion,  wie  Sicherheit  der  Zeicluiung 
und  die  Klarheit  des  Kolorits  gleichfalls 
gerechte  Bewundenmg. 


34« 


1)EUT«(H.\MKKMKANLSCHE  MALER,  BILDHAUER  UND  ARCHITEKTEN. 


Der  iKTÜhmte  Kariknturonzeiohiier  Th/)- 
mas  Nast  lieferte  ineliren'  (^el^^eniälde.  von 
welchen  der  ..Au.sniars«'h  des  7.  New  Yorker 
Re«rinients  am  19.  April  ISfil"  sowie  „Lin- 
colns Kinzuj;  in  Riehniond"  die  bekannte- 
sten sind.  Das  »M-st':<'nannte.  in  AiitVas.siniir 
und  Farbeii'rt'liMn.'r  vor/.ü<rliche  Bild 
s.'liniüekt  die  Waffenhalle  des  jrenannten 
He^'inients.  Kr  war  im  Jahre  1840  in 
Landau  in  Bayern  jreboren.  doch  wander- 
ten seine  Eltern  l>ereits  im  -lahre  1846 
nach  Amerika  aus.  Schon  als  Ujähriger 
.Tun.ire  fand  er  als  Zeichner  Besehäftijiung 
für  Frank  L(>slie's  Ulustrated  Xewspaper. 
Er  war  Schlachtenmaler  im  Kriesre  (ia- 
rii)aldi*s  in  Italien,  kehrte  dann  nach 
Amerika  zurück  und  zeichnete  Bilder  aus 
dem  Bürjrerkriegre  für  ..Harper's  Weekly". 
Er  starb  am  7.  Dezember  1002  in  Guya- 
(|uil.  P^cuador.  wohin  er  als  amerikanischer 
(leneral-Konsul  gesandt  worden  war. 

.\och  ein  anderer  deutsch-amerikanischer 
Karikatnrenzeichner  hat  sidi  ciucii  Weltruf 
ci-wurbcu.  Kr  licfcit  Beiträge  ausser  für 
amerikanische,  für  deutsche  (..Fliegende 
Blätter"),  französische  und  englische  AVitz- 
blätter  und  .Monatsschriften.  Ks  ist  der  in 
Worms  am  Rhein  am  IS.  Juni  1868  gebo- 
rene Ilcnrij  Mnifir.  der  im  Jahi'e  L'->S7  in 
Cincinnati  seinen  wahren  Beruf  entdeckt 
hatte.  Kr  wohnt  in  New  York.  Er  hat 
sieh  auch  als  humoristischer  Schriftsteller 
mit  Erfolg  versucht,  und  seine  ..Autobio- 
grajihie  eines  Affen"  und  ..Phantasien  in 
,.na — IIa''  haben  manch  fröhliches  Lachen 
hervorgerufen,  also  ihren  Zweck  erfüllt. 

Zu  den  Darstellern  des  kriegerischen 
Lebens  gehört  der  Deutsch-Pennsylvanier 
Peicr  Ixothfrmfl,  dessen  bedeutendstes  Ge- 
mälde die  Schlacht  bei  Gcttysbiu'g  veran- 
schaulicht. Das.selbe  befindet  sich  in  der 
Älemorial  Hall  im  Fairmount  l'ai-k  in  Phi- 
ladelphia, seine  ..Einschiffung  Columbus" 
in  der  Pennsylvania  Academy  daselbst. 
deren  Direktor  er  von  1847  bis  18");")  war. 
Von  seinen  Gemälden  sind  ferner  zu  nen- 
nen :     ..Columbus    vor    Königin    Isal)ella" 


und  ..Die  Christlichen  Märtyrer".  Roth- 
ermel  war  in  Nescopack.  Pa..  \\\\  Jahre 
1817  geboren.  Er  starb  in  der  Nähe  von 
Pottstown.  Pa..  im  Jahre  1895.  Seine 
Technik  lässt  manches  zu  wünschen  übrig, 
wenn  ihm  auch  ein  gewisses  Konipositions- 
talent nicht  abzusprechen  ist. 

Zu  den  Schöpfern  hervorragender  alle- 
gorischer Darstellungen  zählt  der  Hanno- 
veraner Friedrich  Diclmann,  der  seit  1899 
den  Ehrenpo.sten  eines  Präsidenten  der 
,, National  Academy  of  Design"  in  New 
York  bekleidet.  Er  lieferte  die  Entwürfe 
zu  den  IMosaikbildern  ,, Geschichte  und 
Mythologie"  in  der  Kongre.ssbibliothek  zu 
Washington  und  der  Sparbank  zu  Albany, 
N.  Y.  Ferner  die  Wandgemälde  im  (Je- 
bäude  des  „Evening  Star"  in  Wa.shington. 
Er  war  im  Jahre  1847  in  Hannover  gebo- 
ren, kam  früh  nacli  Amerika,  war  von  1866 
— 72  Topograph  und  Zeichner  im  V.  St. 
Ingenieur  -  Departement,  studirte  dann 
unter  Wilhelm  Diez  in  München  und  er- 
öffnete im  Jahre  1876  ein  Studio  in  New 
York. 

In  der  Kongre.ssbibliothek  finden  wir  fer- 
ner ein  bedeutendes  Gemälde  des  früher  in 
St.  Louis,  jetzt  in  Wa.shington  lebenden 
Karl  Gutherz.  „Das  Lieht  der  Civilisation". 

Er  war  1844  in  der  Schweiz  geboren,  kam 
mit  seinen  Eltern  1851  nach  Amerika, 
wurde  in  Cincinnati  erzogen,  begann  in 
:Memphis,  Tenn..  1866  die  Ausübung  der 
^Malerei,  studirte  in  Paris,  Brüs.sel  und 
Rom.  kehrte  1872  nach  ^leniphis  zurück, 
gründete  die  St.  Louis  School  of  Fine  Arts, 
lebte  dann  12  Jahre  in  Paris,  empfing  Aus- 
zeichnungen für  Gemälde  von  der  Philadel- 
phia'er  und  der  Pariser  Weltausstellung, 
kehrte  nach  den  Ver.  Staaten  zurück,  war 
:\Iitglied  der  Kunst-Jury  der  St.  Louis 
Weltau-sstellung  1904  und  siedelte  dann 
nach  Washington  über. 

T^nter  den  deutsehamerikanischen  Land- 
schaftern erwarben  sieh  Gottfried  Fran- 
henstein.  Wilhelm  Sotnitag,  Hermann 
Füchsel    und   J.    H.    T  wacht  mann    grossen 


DEUTSCHAMERIKANISCHE  MALER,  BILDHATER  UND  AB<JHlTJiKTKN. 


347 


Ruf.  Frankensteins  Gemälde  vom  Niagara 
Fall  veranlassten  durclrihre  teehnis<?li,eiVol- 
lendung  sogar  die  Kunstkritiker  Englands 
zu  begeisterten  Lobpreisungen.       !  i 

]\Iihvaukee  war  der  Wohnsitz  des  Rhein- 
länders Heinrich  Viandcn.  Seine  jMotive 
entlehnte  er  mit  Vorliebe  den  amerikaui- 
sehen  Wäldern,  deren  stille  Feierlichkeit 
untl  herbstliehe  Farbenpracht  er  mit  gros- 
sem Geschick  wiederzugeben  verstand. 

Rudolf  Gronau  (geb.  1855  in  Solingen) 
wandte  sich  der  künstlerischen  Ausbeutung 
des  fernen  Westens  zu.  Durch  seine  in  der 
..Gartenlaube",  der  ..Leipziger  Illustrirten 
Zeitung"  sowie  dem  Prachtwerk  ..Von 
Wunderland  zu  Wunderland"  veröffent- 
lichten Zeichnungen  nach  der  Natur  wur- 
dt'ii  die  grossartigen  Landschaften  des 
Yellowstone  National -Parks.  der  Bad 
Lands,  des  Columbia,  des  Yoseniite  Thals, 
des  Grand  Canyons  des  Colorado  u.  s.  w. 
in  Deutschland  zuerst  bekannt.  Sein  l)e- 
deutend.stes  Gemälde  ..Ein  Rencontre  in 
den  Felsengebirgen"  veranschaulicht  den 
Zusannnenstoss  einer  wandernden  Indianer- 
horde mit  Goldsuchern,  die  inmitten  einer 
wildzerklüfteten  Gebirg.slandschaft  am 
Green  River  campiren.  Ein  zweites  Ge- 
mälde trägt  den  Titel  ..Sonnenuntergang 
der  roten  Ra.sse".  Es  zeigl  einen  an  den 
Grabstätten  seiner  Vorfahren  sitzenden 
Sioux  Lidianer,  dessen  Blicke  von  hohem 
Hügel  herab  über  ein  vom  Glanz  der 
Abendsonne  übergossenes  Flu.sstal  schwei- 
fen, durch  welches  eben  ein  Eisenbahnzug 
—  das  Symbol  der  der  roten  Rasse  den  Un- 
tergang bringenden  Civilisation  —  dahin- 
eilt. 

Als  Portrait-  und  Landschaftsmahn-  und 
Professor  an  der  ..Yale  School  of  Fine 
Arts"  wirkt  der  in  Bremen  am  25.  Juni 
1839  geborene  Johann  Hdnrich  Niemeyer. 
Er  studirte  in  Pai  is  unter  hervorragenden 
Meistern.  Er  ist  in  New  Haven,  Conn.. 
ansässig. 

Von  den  innerhalb  der  Vereinigten 
Staaten  lebenden  deutschen  Künstlern  sind 


ferner  Richard  PotUiAist,  John  Ehninger, 
John  Evers,  li.  Launitz,  Edward  Kuntze, 
Alfred  Kappes,  B.  F.  Reinhardt,  Alexander 
Wüst,  Albert  Groll,  Louis  Kronberg,  die 
Porträtisten  Johann  Oerke,  Emil  Fuchs, 
Adolf  Müller  l'ry,  Paul  Sclingtr,  Karl  L. 
Brandt.  W.  J.  Baer,  Wdhelm  Funk,  die 
Tiermaler  Karl  Rungius,  E.  H.  Osthaus  und 
die  Illustratoren  Louis  Loch  (gestorben 
12.  Juli  1909).  Max  F.  Klepper,  Joseph 
Legendecker,  Erich  Pape,  F.  Schell  und 
Blumenschein  zu  erwähnen. 

Unter  den  '  im  Auslande  ■  Schaffenden 
deutschamerikanischen  ^lalern  errangen 
vor  allen  Tohy  Rosenthal  (geb.  1848  in  New 
Haven.  Conn.)  als  Schöpfer  zahlreicher 
feinsinniger  GenreV)ilder,  sowie  Carl  Marr 
igeb.  1858  inMilwnnkee)  hochanircsehcn.' 
Namen.  ]Marr  erhielt  seine  künstlerische 
Erziehung  in  Deutschland  und  lebt  seit 
zwei  Jahrzehnten  als  Profes.sor  an  dei- 
Kunstakademie  zu  München.  Seine  hervor- 
ragendste Schöpfung  ist  das  im  Besitz  sei- 
ner Vaterstadt  ]\Iilwaukee  befindliehe  Ko- 
lossalbild „Die  Flagellanten".  Es  stellt 
einen  Zug  jener  von  religiösem  Wahnsinn 
befallenen  Sektirer  da,  die,  sieh  sell)st 
den  schwersten  Kasteiungen  unterwerfend, 
zu  den  eigenartigsten  Erscheinungen  des 
christlichen  :\Iittelalters  gehörten.  Das 
IMuseum  der  Stadt  New  York  besitzt  ein 
„Ahasver"  benanntes  Bild,  welches  den  in 
die  Betrachtung  einer  an  den  Strand  ge- 
spülten ]\rädchenleiche  versunkenen  „ewi- 
gen Juden"  darstellt. 

Gemälde  des  im  Jahre  18(i(")  in  Detroit 
sreborenen  Gari  Mdch)  rs  zieren  die  Galle- 
rien  zu  Dresden,  ^München,  Berlin.  Paris 
und  Philadelphia.  Obendivin  trug  dieser 
Künstler  die  höchsten  Auszeichnungen  im 
Pari.ser  Salon  und  anderer  Ausstellungen 
davon.  Seiner  Hand  entstannrt  auch  der 
kür.stlerisehe  Schnniek  eine.s  Saales  der 
Kongressbibliothek  zu  Washington.  Für 
das  hohe  Ansehen,  welches  (Jari  Melchers 
auch  im  Au.slande  genie.s.st.  spricht  gewiss 
die  Tatsache,  da.ss  er  im  Jahre  190S  zum 


348 


DKUTSCUAMKKIKANISCHE  MALER,  BILDHAUER  UND  ARCHITEKTEN. 


Proft-ssor  an  der  Akademio  zu  "Weimar  er- 
niiniit  wurde. 

Der  im  .Jahre  IMl  zu  New  York  «geborene 
Iienry  Moslir  sehuf  viele  küstliehe  Genre- 
bilder, darunter  eine  dem  Älu^eum  seiner 
Vaterstadt  tjfehöri<;e  „Hochzeit  in  der  Bre- 
ta^'ue". 

Der  im  .I.ihrc  1858  pleiehfalls  in  New 
York  «^eborne  Charles  F.  Ulrich  malte  das 
in  der  Coreoran  Art  (Jallerie  zu  Washing- 
ton befindliche  Bild  ,.ln  the  Land  of 
l^romi.se",  welches  da.s  Treiben  in  der 
früheren  New  Yorker  Einwandererstation 
Ca.stle  (Jarden  aufs  lebhafteste  veranschau- 
licht. p]in  zweites  Werk  desselben  Künstlers 
„Die  Glasbläser  in  Burreno"  ist  Eigentum 
des  „Metropolitan  Art  MiLseums"  seiner 
Vaterstadt.  Den  in  Europa  bestehenden 
amerikanischen  Kün.stlerkolonien  gehören 
ferner  Hermann  Haitwich,  Walter  Gay 
und  manche  andere  Maler  deutsehamerika- 
iiischcr  AbstanuiuHig  an. 

****** 

Kaum  minder  zahlreich  als  die  deutsch- 
amerikanischen  Maler  sind  die  deutsehame- 
rikani.schen  Bildhauer.  Der  erste  deutsche 
Bildhauer,  der  in  den  Vereinigten  Staaten, 
wenn  auch  wenige  Jahre  wirkte,  war  ein 
Schüler  Schadow's,  dei-  in  Berlin  im  Jahre 
1787  geborene  Friedrich  Eckstein,  der  im 
Jahre  1825  in  Cincinnati  eine  Kimst-Aka- 
demie  eröffnete,  die  jedoch  nach  seinem 
Tode  in«  Jahre  1832.  der  durch  Cholera 
verursaciit  wurde,  einging.  Der  ]\Ialer 
(rollfried  Frankcnst(  i)i  eröffnete  sie  im 
Jahre  1888  wieder,  doch  erfreute  sie  sich 
keines  längeren  Bestandes.  Ein  Schüler 
Eckstein 's  war  Iliram  Powers,  dessen 
„Griechische  Sklavin"  und  „Eva  an  der 
Quelle"  als  bedeutende  Kunstwerke  gelten 
können.  Ein  anderer  deutscher  Bildhauer, 
der  in  Amerika  sich  einen  Wirkungskreis 
suchte  und  1835  nach  Philadelphia  kam, 
war  ein  Schüler  Thorwaldsen's,  des  grossen 
dänischen  Meisters,  der  1800  in  Dresden 
geborene  Ferdinand  Pcttrich.  Seine  Grab- 
denkmäler für  den  Laurel  Hill  Friedhof  in 


Philadelphia  und  andere  Werke  erregten 
Auf.sehen.  Präsident  Tyler  berief  ihn 
nach  Washington,  um  ein  Denkmal  des  Va- 
ters der  Republik  zu  schaffen.  Das  At- 
tentat eines  italienischen  Bildhauers,  das 
Pettrich.  der  im  Weissen  Hause  in  der 
Familie  des  Präsidenten  selbst  liebevolle 
Aufnahme  und  Pflege  fand,  fast  das  Leben 
gekostet  hatte,  und  der  Mangel  geeigneter 
Bewilligung  für  die  Durchführung  des 
Planes  veranlassten  Pettrich  nach  Europa 
zurückzukehren.  Leider  boten  sich  Bild- 
hauern bei  dem  noch  wenig  entwickel- 
ten Kunstsinn  der  amerikanischen  Bevölke- 
rung nicht  gar  zu  häufig  Gelegenheiten,  ihre 
Fähigkeiten  zu  zeigen.  Denn  die  seltenen 
Aufträge  beschränkten  sieh  in  der  Haupt- 
sache auf  schmucklose  Monumente  für 
Friedhöfe  und  auf  einzelne  Kriegerdenk- 
juale. 

Trotz  dieser  ungünstigen  Verhältnisse 
schufen  Franz  Meynen  in  Philadelphia, 
der  später  dort  Photograph  wurde, 
Ephraim  Kaiser  in  Cincinnati,  der  roman-  ' 
tisch  veranlagte  Franz  Xaver  Dcngler  in  ' 
Boston,  der  hochbegabte  Christoph  Paulus, 
der  knorrige  Henry  Bacrer,  die  gedanken- 
reichen Georg  Hess  und  Caspar  Buherl  in 
New  York  manche  vortreffliche  Gruppen 
und  Büsten. 

13ie  umfangreichste  Arbeit  Buberl's  sind 
fünf   gewaltige   Bas-Reliefplatten    für  dast 
Garfield-Denkmal   in   Cleveland.     Sie  ver- 
anschaulichen  mit   ihren   über   100  lebens-» 
gnxssen  Figuren  Scenen  aus  dem  Leben  des- 
Präsidenten  :  Garfield  als  Dorfschullehrer/ 
als   Depeschenträger   im   Bürgerkrieg,   alsl 
Volksredner,  als  Präsident  und  als  ]\Iärty- 
rer  auf  dem  Sterbelager. 

Ferner  stammt  eine  vor  dem  National-i 
Museum  zu  AVashington  errichtete  Kolassal-l 
gruppe,   „Columbia   als   Schirmherrin   der 
Industrie,  Kunst  und  Wissen.schaft",  vonn 
Buberl's   Hand.      Für   das   Patentamt   zu 
Washington   lieferte  er    die    allegorischen 
Gruppen  „Elektrizität  und  ^Magnetismus", 
., Feuer  und  Wasser",  „Erfindung  und  lu- 


DEUTSCHAMERIKANISCHE  MALER,  BILDHAUER  UND  ARCHTTEKTEN. 


349 


dustrie",  „Ackerbau  und  Bergbau". 
Ausser  manchen  anderen  Allegorien,  Krie- 
ger- und  Schlachtendenkniälern  fertigte 
Buberl  für  die  Regierung  von  Venezuela 
ein  Standbild  des  Ritters  Ponce  de  Leon, 
des  durch  seine  erfolglose  Suche  nach  dem 
Jungbrunnen  berühmt  gewordenen  Ent- 
deckei-s  von  Florida. 

Ueinnch  Baerer  modellirte  die  beiden 
Kolossalbüsten  Beethovens  im  New  Yorker 
Central  Park  und  im  Prospect  Park  zu 
Brooklyn.  Ferner  Portraitbüsten  des 
Brückenbauers  Johann  August  Roebling, 
des  Dichters  John  Howard  Payne,  eine 
Statue  des  Generals  G.  K.  Warren,  ein 
Schubert-Denkmal  u.  s.  w.  Er  starb  im 
Dezember  1908  nach  längerem  Leiden.  Er 
war  im  Jahre  1837  in  Kirchheim  (Hessen- 
Kassel)  geboren  und  hatte  die  Kunst- Aka- 
demie in  i\Iüncheu  besucht.  Joseph  Sibhel 
in  New  York  lieferte  für  zahlreiche  ka- 
tholische Kirchen  Statuen  von  Heiligen  und 
Aposteln,  desgleichen  biblische  Gruppen, 
von  denen  manche  an  Schönheit  des  Auf- 
baus und  Innigkeit  der  Empfindung  sich 
mit  dem  besten  vergleichen  lassen,  was  auf 
diesem  Gebiete  in  Europa  geschaffen 
wurde. 

Von  einem  wirklichen  Aufschwung  der 
Bildhauerkunst  in  Amerika  kann  man  erst 
reden,  seitdem  mit  den  Ausstellungen 
zu  Chicago.  Omaha,  Buffalo,  St.  Louis  und 
Portland  für  die  Kleister  des  IMeissels  die 
längst  ersehnten  Gelegenheiten  kamen,  ihr 
Können  zu  bethätigen.  An  der  Aus- 
schmückung der  gewaltigen  Paläste  und 
Festplätze  hatten  die  deutschamerikani- 
schen Bildhauer  einen  hervorragenden  An- 
teil. Dem  aus  Wien  eingewanderten  Karl 
Bitter,  der  in  New  York  rasch  Fuss  gefasst 
hatte,  fiel  sogar  die  Oberleitung  sämmtli- 
cher  Bildhauer- Arbeiten  für  die  Aus- 
stellungen zu  Buffalo  und  St.  Louis  zu. 
Bereits  für  diejenige  zu  Chicago  hatte  er 
den  Skulpturenschmuek  des  Verwaltungs- 
gebäudes geliefert.  Für  Buffalo  schuf  er 
zwei  mächtige,  die  Triumphbrücke  des  Fest- 


platzes zierende  Bannerträger  auf  bäumen- 
den Rossen.  In  St.  Louis  war  das  hochra- 
gende, zur  Erinnerung  an  den  Ankauf 
Louisiana 's  bestimmte  Louisiana  Purchju-e 
Monument  sein  Werk.  Auf  dem  Gipfel 
trug  es  die  Friedensgöttin;  an  seinem 
Sockel  waren  entzückende  allegorische  und 
historische  Gruppen  zu  sehen.  Zu  den 
neuesten  Schöpfungen  Bitters  gehört  ein 
in  der  Stadt  New  York  aufgestelltes  Reiter- 
standbild des  Generalmajors  Franz  Sigel. 
Karl  Theodor  Franz  Bitter  wurde  am  6. 
November  1867  in  Wien  geboren,  studirte 
an  der  dortigen  Kun.st-Akademie  und  kam 
1889  nach  Amerika.  Er  wurde  vielfach 
ausgezeichnet.  Bitter  ist  in  Weehawken, 
N.  J.,  ansässig. 

Einem  Landsmann  Bitter 's,  dem  Wiener 
Isidor  Konti,  wurde  gleichfalls  auf  den  ge- 
nannten    Ausstellungen     Gelegenheit     ge- 
geben, seiner  reichen   Phantasie  die  Zügel 
schiessen  zu  las.sen.    Es  fielen  ihm  die  Auf- 
gaben zu.  in  Buffalo  den  Tempel  der  Musik 
mit  den  Gestalten  der  Musen,  in  St.  Louis 
die    grossen    Kaskaden    mit    über    zwanzig 
Gruppen  anmutiger  Nymphen,  ausgelasse- 
ner Kobolde  und  fabelhafter  Seeungeheuer 
zu  schmücken.      Er  entledigte  sich  dieser 
Aufträge    mit    überraschendem    Geschick. 
Von      anderen      umfangreichen      Gruppen 
Konti 's  lenkte  „Das  despotische  Zeitalter" 
auf  der  grossen   Skulpturenausstellung  zu 
New   York   die  Aufmerksamkeit   auf  sich. 
Sie  zeigt  einen  finster  blickenden   Tyran- 
nen, dessen  schwerer  Wagen  von  keuchen- 
den   Sklaven    gezogen    wird.      Ein    furien- 
haftes  Weib  treibt  die  unter  ilii-em  harten 
Loos  fast  Zusammenbrechenden  mit  schar- 
fen Geisseihieben  zu  den  äu.sser.sten  Kraft- 
anstrengungen an.     Konti  ward  am  9.  «luli 
1862  in  Wien  geboren,  bezog  bereits  als  17- 
jähriger  die  dortige  Kunst-Akademie  und 
beendete    seine    Studien    an    der    Meister- 
schule    Prof.     Karl    Kundmann 's.      Nach 
längerem    Aufenthalt    in    Rom    war   er    in 
Wien    thätig,   bis   er   1890   nach   Amerika 
kam.    Er  wohnt  in  New  York. 


350 


I)K!'T8('H.\MEHIKANISrHE  MALER.  BILDHAIKK    IND  ARCHITEKTEN. 


Kill  jimlt'n'r  Landsmann  und  Studiengc- 
iMissc  Hittfi-'s.  (l.T  Wit'nor  Max  Manch, 
wirkt»'  «rl('i<'lifall.«<  in  C'lii('a«;o  und  St.  Loui.s 
mir.  Von  .seinen  Arbeiten  in  der  letztj^e- 
nannt.n  Stadt  sind  l)e.s<)nder.s  eine  Statue 
von  (iobi'lin.  dem  Seli.ipfer  der  naeh  ihm 
benannten  Tapi-s-serie-Indastrie,  und  die 
«;rnppe  ..Der  Fortseliritt.  die  Theorie  und 
Praxis  willkommen  heissend",  zu  erwäh- 
nen. .Maueh  .sehuf  die.selben  für  den 
IIanptein<:an«:  der  Masehinenhalle. 

Dt-r  in  C'ineinnati.  Ohio,  von  deut.schen 
KItein  im  Jalire  1855  geborene  Charles 
Iliiii!/  Mihdus  gehört  zweifellos  zu  den 
fruchtbarsten  und  erfolgreieh.sten  amerika- 
nisehen  Hildliauern  der  Neuzeit.  Nachdem 
er  (Te  Kirl.  Akademie  zu  München  durch- 
lauft n  lind  nach  der  Rückkehr  in  die  Hei- 
mat seinen  dauernden  Wohnsitz  in  New 
V(»rk  genommen,  schuf  er  zahlreiche  kraft- 
v(tlle  Kun.stwerke,  die  in  den  vei-schieden- 
.sten  Städten  der  Union  Aufstellung  fan- 
ileii.  Da.s  Kapitol  zu  Washington  besitzt 
die  Standbilder  (Jarfield\s.  Allen 's  und  ]\Ior- 
ton's.  Die  Kongre.ssbil)liothek  enthält  die 
Statuen  von  Mases  und  GibV)on.  Aasserdem 
befindet  sich  in  Washington  das  von  Nie- 
haus geschaffene  Denkmal  für  den  berühm- 
ten Ilonneopathen  Ilahnemann.  In  Muske- 
gon,  Michigan,  sind  die  IMonumente  Lin- 
coln's  und  Farragnt's  zu  sehen;  in  Cänton. 
Ohio,  ein  Denkmal  McKinley 's;  in  India- 
napolis das  Denkmal  des  Präsidenten  Ilar- 
rison.  Auf  der  Weltausstellung  zu  St. 
Loiiis  war  Xiehaus  durch  eine  gro-ssartige 
Ap(»theose  auf  Ludwig  IX.,  König  von 
Frankreicji.  vertreten,  die  später,  in  Bronze 
gegossen,  eine  bleibende  Erinnerung  an 
jene  Weltausstellung  wurde.  Au&ser  die- 
sen Hauptwerken  .schuf  Niehaus  zahlreiche 
Reiterstat iK'ii.  Kriegermonumente,  Bü.sten 
uml  andere  Kunstwerke,  die  diesem  tüchti- 
gen Deut.si'hamerikaner  die  gebührende 
Beachtung  sichern.  Zu  bemerken  ist  noch, 
da.ss  Niehaus  für  eine  Statue  „Die  entflie- 
hende Zeit"  in  München  die  enste  Medaille 
erhielt,  die  .ie  einem  Amerikaner  von  einer 


deutschen     Kunst-Akademie    zugesprochen 
worden  war. 

Kine  der  ergreifendsten  Gruppen  der 
Weltau.sstellung  zu  St.  Louis  war  un.streitig 
Adolf  \\'(  iitntaiui's  ..De.stin.v  of  the  Hcd 
Man".  Sie  veran.sehaulichte  den  unauf- 
haltsamen Niedergang  der  roten  Rasse.  Der 
ern.ste  Zug  wurde  durch  einen  riesigen 
Büffel  eröffnet,  jenes  G&schöpf,  de.s.sen 
E.xistenz  füi-  das  Dasein  der  Urbewohner 
Amerikas  von  so  ungeheurer  Bedeutung 
war.  Der  Büffel  verfiel  zuerst  der  Ausrot- 
tung. Ihm  folgen  die  ernsten  Krieger,  die 
Häuptlinge,  der  Medizinmann  und  die 
unter  ihrer  Bürde  seufzende  Squaw.  l'nd 
mit  ihnen  entschwebt  ]\Ianitu.  der  über  den 
Wolken  thronende  „Grosse  Geist",  die 
einstige  Hoffnung  der  roten  Rasse.  Adolph 
Alexander  Weinmann  wurde  am  11.  De- 
zember 1870  in  Karlsruhe,  Baden,  geboren 
und  in  New  York  erzogen.  Er  ist  ein 
Schüler  ]\Iartin.v's,  Augustus  St.  Gaudens' 
und  Olin  French's.  Seit  1891  ist  er  in  New 
York  als  Bildhauer  ansässig. 

Den  Gegensatz  zu  dem  niederdrückenden 
AVerke  Weinmann 's  bildete  Friedrich  G. 
Roth  's  überaus  lebendige  Danstellung  eines 
.seine  wild  dahinstürmenden  Ro.s.se  antrei- 
benden römischen  W^agenlenkers.  Friedrich 
Georg  Richard  Roth  wurde  im  April  1872 
in  Brooklyn.  N.  Y.,  geboren,  erhielt  seine 
Schulbildung  in  Bremen,  seine  künstleri- 
sche Ausbildung  an  den  Kunst-Akademien 
in  Wien  und  Berlin.  Er  ist  in  White 
Plains,  N.  Y.,  ansässig. 

Ilenrij  Linder,  Hennj  Augustus  Lukc- 
ma)i,  Bruno  Louis  Timm,  Carl  Heber,  A. 
Schaff  und  Albert  Jägers  sind  die  Namen 
anderer  deutsehamerikaniseher  Bildhauer, 
die  mit  Werken  auf  den  Weltaasstellungen 
zu  Chicago  und  St.  Louis  vertreten  waren. 
Von  diesen  erhielt  in  neuester  Zeit  der  aus 
p]lberfeld  stammende  Jägers  den  Auftrag, 
auf  Kosten  der  Bundesregierung  ein  Denk- 
mal des  Generals  Friedrich  Wilhelm  von 
Steuben  für  die  Stadt  Washington  auszu- 
führen.   Der  Entwurf  zeigt  den  Feldherrn 


I>F,rTSCHAMERIKANISrHE  MALER.  BIl.DHArKR   rXT)  ARCrnTEKTEX. 


351 


iu  der  Zfit,  wo  er  im  Winterlager  zu  Valley 
For«i:e  mit  dem  ^Einexerzieren  der  amerika- 
nischen Soldaten  begann.  Seine  Fifjur,  ein- 
fach und  riihitr  dargestellt,  die  linke  Hand 
leicht  a\if  das  Schwert  gestützt,  ist  die  eines 
inspicirenden  Militiiis.  Die  Feldbinde  ge- 
mahnt an  Stenbens  Dienste  unter  Friedrich 
dem  (ir(xs.sen.  Steubens  Lebensarbeit,  die 
Heranbildung  der  amerikani.schen  Armee, 
ist  durch  eine  am  Sockel  des  Denkmals  an- 
gebrachte Gruppe  verbildlicht,  die  einen  er- 
fahrenen Krieger  darstellt,  der  einen  Jüng- 
ling im  Gebrauch  des  Schw^erts  unterrichtet. 
Die  Gruppe  der  anderen  Seite  stellt  die 
„Amerika"  dar,  welche  ein  Mädchen  an- 
weist, einen  Zweig  zu  Steubens  Andenken 
auf  Amerikas  wachsenden  Baum  des 
Ruhmes  zu  jn-opfen.  Albert  Jägers  wurde 
am  28.  :\Iärz  1868  in  Elberfeld  geboren. 
Seit  18iK)  ist  er  Bildhauer;  er  ist  in  Xew 
York  ansä-ssig. 

Auch  bei  der  Ausschmückung  der  Kon- 
gressbibliothek zu  Washington  waren 
deutschamerikanische  Bildhauer,  darunter 
Alhcrt  Wcincrt,  F.  W.  Riickstuhl,  Philipp 
Martiny,  Theodor  Baur  und  Niehaus  be- 
teiligt. Ruckstuhl  lieferte  die  Statuen 
Solon's,  Goethe 's,  jMackauley 's  und  Frank- 
lin's ;  Baur  die  Allegorie  „Religion"  und 
Martiny  die  figürlichen  Darstellungen  der 
I  Erdteile  Amerika,  Europa,  Asien  und 
!  Afrika.  Von  den  genannten  wurde  Fred. 
Wellington  Ruekstuhl  am  22.  :\rai  1853  in 
Breitenbach  im  ELsass  geboren.  Er  kam 
als  Kind  mit  seinen  Eltern  nach  St.  Louis, 
studirte  acht  Jahre  lang  in  Paris.  Eine 
seiner  Statuen  ist  diejenige  General  John 
F.  Hartranft 's  auf  dem  Kapitol-Hügel  in 
Harrisburg,  Fa.,  andere  Bildwerke  des 
Künstlers  haben  in  St.  Louis,  New  York, 
Baltimore,  Little  Rock,  Ark.,  und  Colum- 
bia, S.  C,  Aufstellung  gefunden.  —  Philip 
Martiny  wurde  am  19.  :\Iai  1858  im  Elsass 
geboren,  studirte  in  Paris,  wurde  später 
ein  Schüler  St.  Gaudens'  und  i.st  in  New 
York  an.sä.ssig. 


Von  den  nicht  .sehr  zahlreichen  Architck- 
turwerken  Amerikas,  welche  mit  Recht  An- 
spruch auf  da.s  Prädikat  ,, schön"  erheben 
können,  entstammen  einige  der  besten 
deutschen  und  deutschamerikanischen  Ba>i- 
meistern. 

Die  Gebrüder  ff  nid  in  Xew  York  ent- 
warfen den  aus  Braunsandstein  aufgeführ- 
ten, vornehm  wirkenden  Doppel  pal  ast  der 
[Millionäre  Vanderbilt;  die  deutschen  In- 
haber der  Firma  Ddrmos  &  Cordes  schufen 
die  herrliche  Halle  des  Gesangvereins 
„Arion"  zu  Xew  York.  ff<  xrij  Ilnrdfnherq 
lieferte  die  Entwürfe  zu  den  Xew  Yorker 
Riesengasthäusern  ,, Waldorf  -  Astoria", 
,,]\Ianhattan"  und  ,. Dakota". 

Otto  Eidlitz  löste  in  seinem  Entwurf  für 
den  bis  an  die  Wolken  ragenden  Palast  der 
Xew  Yorker  ..Times"  die  äusserst  schwie- 
rige Aufgabe,  mit  solchen,  in  erster  Line 
dem  Xützlichkeitsprinzip  dienenden  Hoch- 
bauten künstlerische  Schönheit  zu  ver- 
binden. 

Der  gleichfalls  in  X^ew  York  lebende 
Architekt  Iloruhostel  erdachte  die  Pläne 
für  die  von  Andrew  Carnegie  gestiftete 
Techni.sche  Hochschule  zu  Pittsburg.  Der 
Deutschamerikaner  Schmidt  erbaute  das 
Rathaus  der  Stadt  Cleveland;  Ernst  Ilel- 
fenstcllcr  das  ,, Star-Gebäude"  und  die 
neue  Halle  des  ,,Liederkranzklubs"  in  St. 
Louis.  IL  C.  Koch  i.st  der  Architekt  des 
schönen  Rathauses  der  Stadt  ]\Iilwaukee, 
Tuid  Alfred  C.  Clan  der  Erbauer  der  dorti- 
gen Bibliothek  sowie  derjenigen  zu  ]\Iadi- 
son,  Wisconsin. 

Von  hervorragender  Bedeutung  als 
Architekt  ist  der  in  Wimpfen  am  17.  !März 
1850  geborene  und  in  St.  Louis  ansässige 
Carl  Theodor  Linlx,  dier  iu  Heidelberg, 
London  und  Paris  Studien  gemacht  hatte. 
Die  grösste  Bahnhofs-Anlage  der  W>lt 
(St.  Louis  Union  Station)  ist  nach  seinen 
Plänen,  für  welche  er  den  ersten  Preis  er- 
halten hatte,  und  unter  seiner  Aufsicht 
gebaut  worden.  Er  war  konsultirender 
Architekt  beim  Rathaus-Bau  in  St.  Louis, 


362 


DEUTSCHAMKKIKANISCHE  MALER,  BILDHAUER  UND  ARCHITEKTEN. 


erbaute  das  „Missouri  State  Ilouse"  und 
zahlrciclu*  andere  Gebäudr  in  St.  Louis  und 
Unif;e^'end. 

Auch  die  riäne  /n  der  herrliehen  Kon- 
pr»'sshil)|it»thek  in  \Vashin^'t(tn.  I).  ('..  ent- 
sprauiren  deutsehamerikanisehen  Meistern  : 
dem  im  .Jahre  1S41  zu  Seitendorf  in  Schle- 
sien i;ehorenen  I'oiil  Johannes  Pelz  und  dem 
Wiener  Johann   L.   S<  hniitnn  ijcr. 

Pelz  kam  schon  in  früher  .lu^'end  nach 
Amerika  und  wurde  hier  ein  Schüler  das 
aus  Holstein  stammenden  Architekten 
Detlef  liienau.  welcher  in  New  York  ein 
Atelit'r  autV'esehlafren  hatte.  Später  vollen- 
dete pelz  si'ine  Studien  in  Berlin  und 
Par's.  Im  Jahic  l'^liT  lie.ss  er  sieh  in  Wash- 
infrton  nieder  und  lieferte  der  Bundesreprie- 
runjr  zahlreiche  Entwürfe  für  Leuchttürme. 
Kr  entwickelte  dabei  solche  P^ijrenart,  da.ss 
im  Jahre  1873  das  Leuehthausamt  für  di&se 
Zeiehn\ni«ren  auf  der  Wiener  Weltauastel- 
lung  den  ersten  Preis  erhielt. 

Tm  jene  Zeit  verband  Pelz  sich  mit  dem 
gleichfalls  seit  länjreren  Jahren  in  Wash- 
ington an.sä.s.sifr  «lewordenen  Baumeister 
Johann  L.  Schmitmeyer.  Als  im  Jahre 
1873  der  Hundcskongre.ss  einen  Wi^ttbe- 
werb  um  Entwürfe  für  ein  neues  Kongress- 
Bibliotheksgebäude  au.s.schrieb,  beteiligten 
die  Beiden  sich  an  dieser  Konkurrenz  und 
trugen  mit  ihren  Plänen  über  28  ^litbewer- 
ber,  darunter  die  hervorragendsten  Bau- 
künstler Amerikas  und  Fluropas,  den  Sieg 
davon.  Sic  behaupteten  denselben  auch,  als 
das  Bibliothek-Konunittee  im  Jahre  1874 
weitere  Bewerber  zuliess.  deren  Zahl  auf 
40  anwuchs. 

13  Jahre  lang  blieben  darauf  Schmit- 
meyer und  Pelz  mit  der  steten  Verbasse- 
rung  ihrer  Pläne  beschäftigt.  Ferner  un- 
ternahmen sie  Stud'f^n reisen  nach  Europa, 
um  die  Einrichtungen  der  dort  bestehenden 
gros.sen  Bibliotheken  mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung auf  Licht.  Heizung  und 
Feuerfestigkeit  kennen  zu  lernen.  Be- 
währte Einrichtungen  gebührend  l)each- 
tend,  nahmen  die  beiden  Architekten  auch 


zahlreiche  neue,  praktisch  scheinende  Vor- 
schläge an  und  schufen  durch  Verschmelz- 
ung alter  Erfahrungen  und  zeitgemä.sser 
Neuerungen  eine  ]\Iusterbibliothek,  wie  sie 
augenblicklich  in  der  Welt  einzig  dastehen 
dürfte. 

Auch  in  künstlerischer  Hinsicht  ist  das 
Gebäude  un.streitig  das  schönste  der  Verei- 
nigten Staaten.  Mit  seiner  herrlichen,  im 
italienischen  Renai.ssancestil  gehaltenen  Fa- 
cade  ,  mit  seiner  goldüberkleideten  Kuppel 
macht  es  sogar  neben  dem  gewaltigen  Ka- 
pitol  einen  bedeutenden  p]indruck.  Gera- 
dezi;  glänzend  ist  seine  innere  Gestaltung 
und  Ausstattung.  Die  Treppenaufgänge 
und  Korridore,  die  zahlreichen  Säle  und 
Versammlungsräume,  vor  allen  die  mäch- 
tige Rotunde,  bieten  das  Bild  verschwende- 
rischster, in  ihrer  Farbentönung  zugleich 
unbeschreiblich  harmonischer  Prachtentfal- 
tung. Aus  drei  Weltteilen  schleppte  man 
die  kostbarsten  ]Marmorarten  herbei,  um 
jene  Symphonie  von  Goldbraun,  Malachit- 
grün und  anderen  Farbentönen  zu  erzielen, 
welche  jeden  in  diesen  Raum  Eintretenden 
bezaubert. 

Die  im  Innern  120  Fuss  hohe  und  100 
Fuss  weite  Rotunde  wird  bei  Tage  durch 
acht  mit  den  Wappen  der  Bundesstaaten 
geschmückte  Oberlichtfen.ster  von  je  31 
Fuss  Breite,  Abends  durch  eine  den  ^lit- 
telpunkt  der  Kuppel  bildende  elektri.sche 
Sonne  erleuchtet.  Die  300  Lesern  Raum 
bietenden  Lcsetisehe  sind  kreisförmig  um 
eine  die  Mitte  einnehmende  erhöhte  Tri- 
büne angeordnet,  auf  welcher  der  Ober- 
bibliothekar mit  seinem  Stabe  thront. 

IManche  andere  Rotunde  mag  gewaltigere 
Bauverhältnisse  aufweisen.  Sicher  aber 
übertrifft  keine  diese  in  Anlage  und  Aus- 
stattung. 

Angesichts  dieses  in  jeder  Hinsicht  voll- 
kommenen Architekturwerkes  ist  es  um  so 
tiefer  zu  beklagen,  dass  seine  Ausführung 
für  die  L^rheber  eine  Quelle  schwersten 
Verdrusses  wurde.  Es  hatte  13  Jahre  ge- 
dauert, ehe  die  Pläne  der  Firma  Schmit- 


DEUTSCHAMERIKANISCHE  MALER,  BILDHAUER  UND  ARCHITEKTEN. 


353 


raeyer  und  Pelz  vom  Kongress  angenom- 
men wurden.  Bevor  man  den  l'rhebern 
die  Ausführung  des  Baus  übertrug,  lösten 
sie  auf  besonderen  Wunsch  des  Kongress- 
aussehusses  ihre  Geschäftsverbindung,  wo- 
rauf Schmitmeyer  die  Ernennung  zum 
ersten,  Pelz  zum  zweiten  Architekten  er- 
hielt. Aber  schon  im  Jahre  1888  wurde 
Schmitmeyer  seiner  Stellung  enthoben  and 
die  Leitung  des  Baues  dem  Chef  des  Inge- 
nieurkorps der  Vereinigten  Staaten,  Gene- 
ral T.  L.  Casey,  übertragen.  Da  dieser 
wegen  seiner  lediglieh  militärischen  Aus- 
bih^ung  nicht  fähig  war,  den  Bau  künstle- 
risch zu  leiten,  so  behielt  er  Pelz  als  Archi- 
tekten bei.  Erst  nachdem  dieser  die  Ent- 
würfe für  die  gesammte  innere  Aus- 
schmückung der  Bibliotek  geschaffen  hatte, 
erhielt  auch  er  seinen  Abschied,  da  man 
„eines  Architekten  nicht  länger  bedürfe". 

Dass  dieser  Grund  nur  ein  Vorwand  war, 
um  einen  ^Mitarbeiter  zw  beseitigen  und  eine 
andere  Person  an  des.sen  Stelle  zu  setzen, 
zeigte  sich,  als  Casey  bald  darauf  seinen 
25jährigen  Sohn,  welcher  in  Paris  architek- 
tonische Studien  betrieben  hatte,  zum  Ar- 
chitekten ernannte  und  denselben  mit 
einem  weit  höheren  Gehalt  als  dem  Pelz 
gewährten  bis  zur  Vollendung  des  Bau- 
werkes im  Jahre  1897  beibehielt. 

Natürlich  figurirt  Casey  Jr.  auf  der 
über  dem  Eingang  der  Bibliothek  ange- 
brachten Inschrifteutafel,  welche  die  Na- 
men der  Erbauer  verewigt,  auch  als  einer 
der  Urheber  der  Bibliothek.  Diese  Tafel  hat 
folgenden  Wortlaut : 


"Erec'ted  under  tbe  Acts  of  Congrcss  of 
April  15,  1886,  October  2,  1888,  and  Maicli 
2,  1889,  by 

Brig.  Gen.  Thos.  Lincoln  Casey,  Chief  of 
Engineors.  T'^.  S.  A. 

Bernhard  E.  Green,  Supt.  and  Engineer. 
John  L.  Smithmeyer,  Architekt. 
Paul  .J.  Pelz,  Architekt. 

Edwnrd  IVTirr-o  Cnsov,  Architeet." 


Gegen  diese  unberechtigte  Teilung  des 
künstlerischen  Anspruclis  erhoben  die  Ar- 
chitekten Schmitmeyer  und  Pelz  Einwand. 
Aber  nui-  mit  dem  Erfolg,  dass  der  Präsi- 
dent und  der  Sekretär  des  „American  In- 
stitute of  Architects"  folgende  Erklärung 
abgaben:  „We  are  familiär  wilh  this 
building,  from  the  beginning  to  the  present 
time,  and  feel  that  no  one  can,  with  pro- 
priety  or  honest}',  be  entitled  to  the  credit 
as  architects  of  this  building  except  J.  L. 
Smithmeyer  and  Paul  J.  Pelz.  They  have 
devoted  the  best  years  of  their  lives,  from 
1873  to  1893,  in  perfecting  the  plan  and  in 
designing  the  exterior  and  interior  of  that 
building." 

Die  Zeitschrift  „Architecture  and  Build- 
ings" bemerkte  in  ihrer  Nunnner  vom  3. 
April  1897  dazu:  „It  looks  queer  to  pro- 
fessional men  that  the  names  of  the  pay- 
master  who  drew  the  money  for  the  bnikl- 
ing  out  of  the  Treasury  on  his  signature 
and  the  clerk  of  the  works  or  Superinten- 
dent, with  the  supernumerary  and  super- 
fluous  title  of  engineer  (as  if  there  had 
been  anything  to  „engineer"  in  the  build- 
ing, save  the  appropriations  in  Congress) 
appear  above  those  of  the  architects,  who 
created  it  in  their  minds  and  who  are  in 
truth  the  fathers  of  the  structure.  Why 
does  there  appear  a  line  of  demarkation 
below  the  Chief  of  Engineers,  putting  the 
architeet  ,, below  the  salt"  as  it  were?  — 
It  must  be  remembered  here  that  the  advent 
of  General  Casey  was  at  a  time.  when 
^Messre.  Smithmeyer  &  Pelz  had,  likc  Co- 
lumbus,  already  discovered  America;  their 
plans  were  complete  and  ready  to  be  pro- 
ceeded  with." 

Aber  nicht  blos  um  die  Wahrung  ihres 
geistigen  und  künstlerischen  Eigentums 
mussten  die  Architekten  kämpfen,  .sondern 
auch  um  die  materielle  Entschädigung  für 
ilue  jalirzehntelangen  Bemühungen.  Denn 
bis  /.um  Jahre  1908  waren  ihre  auf  108.000 
Dollars  sich  bemessenden  Ilonorarforde- 
rungen  noch  unerledigt.    Und  Schmitmeyer 


354 


DEUTSCHAMERIKAXISCHK  MALER.  BILDHAUER  UND  ARCHITEKTEN. 


starb  am  V.i.  März  1!)08  im  Providence- 
II(xspital  zu  Washingrttni.  ohne  die  reclit- 
mä.ssifje  Aiierkeiinungr  seiner  Leistungen  er- 
lebt zu  haben. 

Ausser  seinen  Plänen  für  die  Kongress- 
Bibliothek  schuf  Pelz  das  CoUegegebäude 
zu  Georgetcnvn.  die  Caniegie-Bibliotek  und 
die  Musikhallt'  in  Alleghenv.  Pa. ;  das 
Chamberlin  Hotel  in  Old  Point  Comfort, 
Va. ;  die  Ibxspitäler  zu  Ilot  Springs,  Ark. 
Desgleiehen  erregten  seine  Entwürfe  zur 
Grant-^^emorialbrüeke  über  den  Potomac 
bei  Washington  sowie  für  ein  neues  Präsi- 
dentsehaft.sgebäude  im  ganzen  Lande  Auf- 
sehen und  allgemeinen  Beifall.  Eine  seiner 
letzten  Leistungen  war  die  grossartige  Ma- 


schinenhalle   der    Weltausstellung    zu    St. 

Louis. 

•         *         *         *         * 

Unsere  Zusammenstellung  erhebt  keinen 
Anspruch  auf  Vollständigkeit.  Sie  dürfte 
aber  genügen,  um  zu  zeigen.  da.ss  die  Leis- 
tungen der  in  den  Vereinigten  Staaten  le- 
benden deutsehen  und  deutschamerikani- 
.schen  Maler,  Bildhauer  und  Architekten 
sowohl  in  quantitativer  wie  qualitativer 
Hinsicht  bedeutende  sind.  ^Manche  ihrer 
Werke  zeichnen  sich  durch  Grösse  der  Auf- 
fassung, Gedankenreichtum  und  echt  meis- 
terhafte Durchführung  aus  und  werden  in 
der  Geschichte  der  amerikanischen  Kunst 
stets  Ehrenplätze  behaupten. 


Das  Washington-Denkma!  Rudolf  Siemering's  im 
Fairmount  Park  in  Philadelphia. 


Deutscher  Einfluss  auf  das  Musikleben  Amerikas. 

O.  G.  SONNECK,  Washington. 


]\Ian  begeht  in  deutsch-amerikanischen 
Kreisen  vielfach  den  Fehler,  dem  IMusikle- 
hen  unseres  Landes  nur  insoweit  wirklichen 
Wert  beizumessen,  als  es  von  deutscher 
^lusik  und  deutschen  INIusikern  beeinflasst 
AV'orden  ist.  Nicht  dass  man  diesen  Einfluss 
überechätzt  —  das  wäre  angesichts  der  ge- 
schichtlichen Thatsachen  verzeihlich  — 
aber  man  unterschätzt,  was  an  unserem 
•eigentümlichen  ^Musikleben  undeutsch  ist, 
und  missbilligt  fast  den  musikalischen  Un- 
abhängigkeitstrieb in  denen,  die  sich  nun- 
mehr als  Amerikaner  fühlen.  Das  kann 
-der  deutsehen  Sache  in  Amerika  nicht 
nützen  und  es  schadet  ihr,  wenn  viele  Deut- 
sche, die  auch  sonst  im  täglichen  Leben  zu 
amerikanischen  Einrichtungen  und  Sitten 
keine  rechte  Fühlung  gewinnen  können,  in 
Wort  und  Schrift  sieh  nach  den  nnisikali- 
schen  Fleischtöpfen  Deutschlands  zurück- 
sehnen und  über  das  Älusikleben  Amerikas 
die  Nase  rümpfen,  soweit  es  nicht  deut- 
schen ]\ lustern  folgt.  Dabei  vergessen  sie, 
dass  auch  im  MiLsi kleben  Deutschlands 
nicht  alles  fest  und  sicher  gefügt  ist.  Auch 
dort  wird  heutzutage  die  IMusik  vielfach 
nicht  als  Kunst  sondern  als  Geschäft  be- 
trieben. Auch  dort  reicht  der  musikalische 
Horizont  eines  grossen  Teils  der  Bevölke- 
rung nicht  über  Bierkonzerte,  ]\Iilitärmusik 
und  den  manchmal  etwas  anfechtbaren 
Wert  des  Liedertafelstils  hinaus,  und 
durchaus  nicht  jeder  Deutsche  besitzt  Ver- 
ständniss  für  die  Meisterwerke  der  Genies, 
die  Deutschland  zum  Volke  der  Denker, 
Dichter  und  Musiker  gemacht  haben.  Es 
wird  auch  in  deutsch-amerikanischen  Krei- 
sen, oder  richtiger  in  amerikanisch-deut- 
schen Kreisen,  oft  nicht  scharf  genug  unter- 
schieden, in  wie  weit  die  IMusikbethätigung 


der  Deutschen  in  Ajuerika  einen  mittelba- 
ren oder  nur  unmittelbaren  Einfluss  auf 
das  gesammte  ^Musikleben  unseres  Landes 
ausgeübt  hat  und  noch  ausübt.  Ferner  darf 
man  nicht  übersehen,  dass  im  Durchschnitt 
die  Bildungsstufe  der  deutschen  p]inwan- 
derer  der  letzten  Jahrzehnte  nicht  auf  der 
Höhe  der  Generation  eines  Karl  Schurz 
steht,  soweit  diese  Einwanderer  in  ernsten 
musikalischen  Dingen  mitzählen.  Jeden- 
falls scheint  es  mir  wenigstens  kein  Zufall 
zu  sein,  dass  die  teilweise  unbedingte  Vor- 
herrschaft deutscher  Musik  und  deutscher 
IMusiker  hierzulande  in  runden  Ziffern  erst 
um  das  Jahr  1850  zum  Durchbruch  kam. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  da.ss  die  Deut- 
schen des  siebzehnten  Jahrhunderts  ihre 
Volkslieder,  ihre  Choräle,  überhaupt  ihre 
Liebe  zur  IMusik  mit  über  den  Ocean  tru- 
gen, aber  auf  das  ^Musikleben  des  Landes 
hätten  sie  schon  deswegen  keinen  nennens- 
werten Einfluss  aasüben  können,  weil  im 
engeren  Sinne  ein  solches  bis  gegen  die 
Mitte  des  achtzehnten  Jahrhunderts  hier 
überhaupt  nicht  bestand.  Dann  entfaltete 
es  sich  ra.sch.  indessen,  und  das  ist  zum 
Venständnisse  der  weiteren  Entwickhnig 
von  Wichtigkeit,  ganz  nach  englischem 
]Muster.  Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  diese  an 
und  für  sich  schon  einleuchtende  Thatsache 
des  näheren  zu  belegen.  Genug,  da.ss  seit 
der  Einführung  von  (iffentlichen  Konzer- 
ten und  Oper  in  Gestalt  der  sogenannten 
, .bailad  operas"  am  das  Jahr  1730  unser 
Musikleben  bis  tief  in  das  neunzehnte  Jahr- 
hundert einen  vorwiegend  englischen 
Stempel  trug  imd  dass  diese  Farbe  trotz 
der  mächtigen  und  erst  in  allerletzter 
Zeit  wieder  abnehmenden  deutschen  Bei- 
mischung nicht  verblichen  ist.    Dass  wir  im 


35« 


DKrTSCHKR   EINFLl'SS  All'  DAS   MISIKIJOHKN   AMKKIKAS. 


arhtzchntt'!!  Jahrhimdcit  al)i'r  ein  wirkli- 
ches Miisiklfbi'iJ  lu'Siisscn,  wciiiirstcns  für 
srewisso  Z\vt'i«ri'  der  Musik,  ist  rrst  währeml 
der  U'tztrn  .lalirc  uii/wcidciitiu'.  j;e\visscr- 
iiiasst'ii  ilokunicntarisch,  bowicsen  wordtMi. 
VorluT  wurde  das  (Jef.'eiitheil  anjr(MU>inineii. 
1111(1  Amerika  ..<»1"  the  oldm  lim**"  jiiiit  als 
ein  I.aiid  primitivster  Psalmodie.  .M.iii 
wird  darum  verstehen,  wie  eine  falsehe  ^e- 
sehiehtliehe   Tersp-ktive  es  erlaubte,   aueli 


da  es  sieh  nachweisen  lässt,  da.s.s  unser  An- 
teil, wenn  aueh  zu  all«'rerst  in  bescheidenem 
.Masse,  bis  an  die  "Wurzeln  des  amerikani- 
schen Musiklebens  zurückreicht.  Freilich 
nicht  in  der  Weise,  dass  man  Konrad  Bels- 
scl  und  seiner  kuriosen  Ephrata-Gemeinde 
ii'iiendwelehen  nnisikalischen  ICinfluss  zu- 
gesteht, oder  den  der  ^lährisehen  Brüder  zu 
l^ethlehem  und  anderswo  auf  ihre  engere 
und   weitere   Umgebung  zu   breit   ansetzt. 


J.   FRED  WOLLE. 


den  deutschen  Anteil  .ni  der  f]!;twieklun.i: 
i'ines  amerikanischen  [Musiklebens  einer- 
seits sozusatren  nur  in  der  Verkürzunii'  /'i 
sehen.  anderers''its  in  unnatürlicher  Ver- 
gr<j.sserunir.  da  man  gewohnt  war.  (h'u  An- 
fanir  zu  sehr  in  den  zeitlichen  Vordergrund 
zu  rücken. 

Statt  die  Berieht iirung  der  gescjiiehtli- 
ehen  Perspektive  zu  bedauern,  sollten  wir 
Deutsch-Amerikaner   uns   darüber   freuen. 


Dass  Benjamin  Franklin,  Samuel  Adams, 
(Jeorge  Washington  und  andere  geistig 
bedeutende  Amerikaner  der  Kolonial- 
Periode  einen  tiefen  Eindruck  vom  ~Sln- 
sikleben  dieser  Kern-Deutschen  gewan- 
nen, wissen  wir.  ebenso  dass  dieses  Musik- 
leben in  Haus.  Kirche,  Feld  und  in  mehr 
künstlerischem  Sinne  in  dem  nach  guter 
deutscher  Art  um  1750  in  Bethlehem,  ihrer 
ITauptansiedlung.    gegründeten    Collegium 


DEUTSCHER  EINFLUSS  AUF  DAS  MUSIKLEBEN  AMERIKAS. 


357 


Musicum  wirklich  hlülite.  worunter  niclit 
eine  Musiksehule  sondern  eine  ^lusik- 
gesellsehaft  zu  verstehen  ist.  Jedoeli,  wer 
nur  einigermassen  die  Geschichte  dieser 
tüchtigen,  sittenstrengen  und  doch  so  le- 
bensfrohen Gemeinde  kennt,  weiss,  warum, 
ausser  durch  einzelne  ^litglieder,  ihr  Ein- 
fluss  auch  in  musikalischen  Dingen  sicli 
nicht  weit  über  die  Grenzen  ihrer  Nieder- 
lassungen erstreckte,  und  erst  durch  den 
begeisterten  Bach-Kultus  unter  Fred  Wolle 
in  weiteren  Kreisen  Aufsehen  erregte.  Der 
deutsche  Einfluss  ist  anderswo  und  in  einer 
anderen  Richtung  zu  suchen. 

Wie  macht  sich  ein  solcher  Einfluss  gel- 
tend? Zunächst  durch  die  ]\Iusik,  die  ge- 
pflegt wird,  dann  durch  die  INIusiker,  die  sie 
ausüben,  und  überhaupt  durch  musikalische 
Einrichtungen,  Gebräuche  u.  s.  w.  Wendet 
man  diese  Anatomie  auf  die  obige  Behaup- 
tung an,  dass  im  achtzehnten  Jahrhundert 
das  amerikanische  ^Musikleben  sieh  ganz 
nach  englischem  ]\Iuster  entwickelte,  so 
kommen  paradoxerweise  wir  Deutsch-Ame- 
rikaner von  selber  zu  unserem  geschichtli- 
chen Rechte— Mit-Paten  des  amerikani- 
schen ^Musiklebens  genannt  zu  werden.  ]Man 
weiss,  welch  ungeheuren  Eindruck  Händel 
und  vielleicht  nicht  durchweg  zum  Nutzen 
der  englischen  ]\Iusik  auf  England  ausge- 
übt hat,  wie  er  fast  als  erster  Deutseher, 
obwohl  nicht  als  Deutscher  sondern  als 
quasi  italienischer  Komponist,  ein  Gegenge- 
wicht gegen  die  Italiener  bildete.  Da  ist  es 
bezeichnend,  dass  sein  "Messias"  ausser- 
halb Englands  mit  nur  einer  oder  keiner 
Ausnahme  zum  ersten  ^Male  in  Amerika  ge- 
geben wurde,  und  zwar  1770  zu  New  York. 
Dieselben  engen  Beziehungen  zwischen  dem 
Mutterlande  und  den  Kolonien  machten 
sich  auch  bei  anderen  deutschen  IMeistern 
geltend,  die  in  England  festen  Fuss  ge- 
fasst  hatten.  Auch  sie  kamen  in  Ame- 
rika neben  den  englischen,  italienischen 
und  französischen  Komponisten  zu  Gehör. 
Nicht  so  sehr  mit  ihren  Gesangswerken, 
denn  auf  dem  Gebiete  waren  und  blieben 


die  hiesigen  Verhältnisse  lange  primitiv 
oder  beschränkten  sich  naturgemäss,  und 
namentlich  in  der  Oper,  auf  englische  Er- 
zeugnis.se,  sondern  mit  ihrer  Instrumental- 
musik. JohaiDt  und  „Carlo"  Stamitz  und 
die  anderen  Vertreter  der  Mannheimer 
Schule  fanden  liier  einen  lauten  Anklang, 
und  (^s  dauerte  nicht  lange,  bis  Haydn  den 
Ehrenplatz  auf  den  Programmen  einnahm, 
in  gemessenem  Ab.stande  luii  ihn  herum 
viele  andere  deutsche  Komponisten  wie 
Abel,  der  „Londoner"  Bach,  Pleyel,  Stei- 
helt,  Wranitzky,  Pichl,  Andre,  Dittersdorf, 
Hoffmeister  u.  s.  w.  Ja,  selb.st  Gluck  und 
Mozart  waren  im  achtzehnten  Jahrlumdert 
in  Amerika  durchaus  nicht  unbekannt. 

Unter  den  IMusikern,  die  zur  musikali- 
schen Bildung  der  Amerikaner  beitrugen, 
überwogen  natürlich  die  Briten.  In  der 
ersten  Hälfte  des  Jahrhunderts  begegnet 
man  nur  vereinzelten  Deutschen,  wie  z.  B. 
dem  wanderlustigen  Carl  Theodor  Pachel- 
hcl,  der  vielleicht  ein  Verwandter  seines 
illustren  Namensvetters  war.  Der  Letztere, 
Johann  Pachelbel  war  im  Jahre  1653  in 
Nürnberg  geboren.  Er  war  hervorragend 
als  Organist  und  Komponist,  ein  Schüler 
Heinrich  Schwemmer 's,  studirte  in  Alt- 
dorf, Regensburg  und  Wien  und  starb  als 
Organist  der  St.  Sebaldus-Kirche  in  Nürn- 
berg im  Jahre  1706.  Er  förderte  die  Kir- 
chenmusik und  führte  in  Deutschland  eine 
Art    Ouvertüre    für    das    Pianoforte    ein. 

Nach  und  nach  mehren  sich  deutsehe 
Namen  und  bezeichnenderweise  nicht  nur 
in  Pennsylvania.  Allerdings  muss  man 
vorsichtig  sein  und  nicht  stets  hinter  einem 
deutsch  klingenden  Namen  olnie  weiteres 
einen  deutschen  Musiker  wittern,  wie  im 
Falle  Jacob  Leonard's,  der  mit  einem  ande- 
ren zusammen  in  den  sechziger  Jahren  zu 
New  York  eine  Art  IMusikschule  gründete. 
Dagegen  können  keine  solchen  Zweifel  auf- 
steigen angesichts  Hermann  von  Zedwitz's 
Originalgenie,  weiland  preussischer  Lieute- 
nant, Schornsteinfegermei.ster,  ^Musiker, 
Oberstlieutenant    im    Freiheitskriege    und 


358 


DEUTSCHER  EINFLUSS  AUF  DAS  MUSIKLEBEN  AMERIKAS. 


schliesslich  ganz  tremcincr  Vorräter  an  der 
amerikaniseheii  Sachr.  In  dieselbe  Zeit 
und  später  pehört  l'hilip  liath,  deutscher 
Militär-Kapellmeister  in  en«:lischen  Dien- 
sten, der  hier  erwähnt  zu  werden  verdient, 
weil  er  einer  der  beiden  Kandidaten  für 
die  Urhebei-schaft  des  „President  Mareh" 
ist,  den  175>S  Josi-ph  Ilopkinson  als  nuLsi- 
kalische  rnterlaire  für  die  Xationalhyiiuie 
„Ildil  Columbia"  benutzte.  Während  des 
Krie«:es  erstand  dem  deutschen  ^lusikele- 
niente  ein  Zuwachs  aus  den  Reihen  solcher 
Hessen,  die  unser  Ijand  ihrer  eiirentlichen 
Heimat  vorzogen,  und  nach  dem  Kriege 
kamen  bald  deutsche  ^Musiker  zu  Dutzen- 
den hierher,  ohne  indessen  den  Engländern 
die  Führerrolle  streitig  machen  zu  können. 
"Wir  dürfen  z.  B.  den  bedeutendsten  ]\Iusi- 
ker  Amerikas  jener  Zeit.  Alexander  Rei- 
nagh.  nur  auf  dem  Umweg  über  seine 
üsterreicliischen  Vorfahren  den  unseren 
nennen.  Dagegen  sind  solche  nennenswerte 
Älusiker  wie  der  Kirchenchorleiter  Heim 
zu  Philadelphia.  Ilupfeld.  die  van  Hagen, 
Johann  Christoph  Möller,  Hans  Gram,  die 
Gilfert  und  andere  ohne  Zweifel  Deutsche. 

Was  „rank  and  file"  in  Orchestern 
anbelangt,  so  besitzen  wir  zeitgenössische 
Zengni.s.sc  dafür,  dass  sie  schon  damals 
stark  auf  die  Deutschen  angewiesen  waren, 
und  weiHi  man  di«-  alten  Adre.s.sbücher 
durchblättert,  i.st  man  förmlich  über- 
ra.scht,  so  vielen  Deutschen  unter  den  Mu- 
sikern und  Musiklehreiii  zu  begegnen. 
Ein  Künstler  bedarf  der  Erwähnung, 
weil  sein  Einfln.ss  weit  in  das  neunzehnte 
Jahrhundert  hineinreichte  :6'o///»V&  Graup- 
ner. Weiland  Hannoverscher  Regiments- 
oboist kam  er  1795  nach  Amerika  und  Hess 
sieh  nach  einigen  Jahren  in  Bo.ston  nieder, 
wo  er  als  Virtuase.  Miisiklchrer  und  ]\Iit- 
gründer  einer  ..Philharmonie  Societv" 
(1810  oder  1811  —  1824)  ganz  unzweideutig 
einer  der  wichtigsten  Pioniere  deutscher 
Kunst  in  Amerika  wurde.  Graupner  war 
auch  zeitweise  ^lusikverleger,  und  diase 
Thatsache  führt  niunittelbar  zur  Beobach- 


tung, wie  überhaupt  schon  damals  im  Mu- 
sikhandel und  namentlich  im  amerikani- 
schen Instrumentenbau  die  Deutschen  eine 
mitführende  Rolle  spielten.  Es  ist  sogar 
Thatsache.  dass  bereits  im  Jahre  1799  (oder 
1800)  die  deutsche  Weltfirma  Breitkopf  & 
Ilärtf-l  mit  Hutter  in  Lancaster,  Pa.,  ame- 
rikanische Oe.schäftsverbindungen  an- 
knüpfte. 

Was  ganz  besonders  die  Instrumenten- 
bauer anbetrifft,  geht  nuin  wohl  kaum 
fehl,  in  Henry  Neering,  mit  dem  die  Vestry 
der  Trinity  Church  zu  New  York  schon 
1703  in  Unterhandlungen  wegen  einer 
Orgel  stand  und  den  wir  darum  als  den 
ersten  amerikanischen  Orgelbauer  betrach- 
ten dürfen,  einen  Deutschen  zu  sehen.  Die 
Unterhandlungen  zerschlugen  sich,  indes- 
sen gehört  die  Ehre,  für  Trinity  Church 
die  erste  Orgel  gebaut  zu  haben  (1739 — 
1740)  doch  einem  Deutseh- Amerikaner, 
nämlich  Johann  Gottlob  Klemm.  Ihm 
ging  anscheinend  in  Philadelphia  ein  ge- 
wisser Matthias  Zimmermann  mit  dem  Bau 
einer  Orgel  voraus,  und  ihm  folgte  eine 
ganze  Reihe  deutscher  Orgelbauer,  von  de- 
nen nur  Daviel  Tannenberg  besondere  er- 
wähnt sei.  Auf  dem  Gebiete  des  amerika- 
nischen Klavierbaus  gilt  Johann  Behrend 
als  der  Pionier,  da  er  nachweislich  1775 
bereits  ein  Pianoforte  baute,  doch  ist  es 
nicht  ausge.schlossen,  dass  David  Wolhaup- 
t<  r  in  New  York,  ebenfalls  ein  Deutscher, 
ihm  diesen  Ehrenplatz  streitig  machen 
darf.  Jedenfalls  ragte  aber  an  Wichtigkeit 
für  diese  Industrie  ein  dritter  Deutscher, 
Charles  Albrecht  in  Philadelphia,  weit  über 
sie  beide  hinaus.  Als  Curiosum  sei  schliess- 
lich erwähnt,  dass  Johann  Jakob  Astor  als 
Klavierhändler  den  Gnuid  zu  seinem  Ver- 
mögen in  Amerika  legte. 

Dies  war  die  Signatur  des  achtzehnten 
Jahrhunderts.  ^lit  Absicht  wurde  länger 
bei  dieser  Periode  verweilt,  weil  nur  so  die 
Logik  des  stetig  imd  schliesslich  wie  eine 
Sturmflut  anwachsenden  deutschen  Ein- 
flusses auf  das  amerikanische  ^Musikleben 


DEUTSCHER  EINFLUSS  AUF  DAS  MUSIKLEBEN  AMERIKAS. 


359 


zum  Vorschein  kommt.  Dem  Historiker 
bietet  darum  das  ueimzehnte  Jahrhundert 
nur  insofern  neue  Gesichtspunkte,  als 
die  Gunst  der  Bedingmigen  uns  erhiubte, 
dort  deutsche  Absenker  zu  püanzen,  wo 
bislier  der  Boden  für  uns  brach  lag. 
Das  ausgehende  achtzehnte  Jahrhundert 
und  das  erste  Viertel  des  neunzehnten 
standen  unter  dem  Banner  Händeis  und 
Haydns,  was  schon  (unter  Graupner 's  er- 
fahrener ^Mitwirkung)  in  der  Gründung 
der  berühmten  und  epochemachenden 
„Handel  and  Haydn  Society"  im  Jahre 
1815  einen  beredten  Ausdruck  findet.  Nun- 
mehr traten  zu  Vater  Haydn  nach  und 
nach  ]\Iozart,  Beethoven,  Weber,  jNIendels- 
sohn,  Schumann,  Brahms,  Wagner,  Bach 
(der  ewig  moderne)  und  die  anderen  deut- 
schen ]\Ieister,  welche  die  Neue  Welt  wie  die 
alte  deutscher  Tonkunst  unterthänig  mach- 
ten. So  selbstverständlich  ist  dies,  dass  es 
eigentlich  der  Erwähnung  nicht  bedarf. 
Immerhin  wäre  es  eingehenden  Studiums 
wert  zu  veranschaulichen,  dass  dieser  Ein- 
fluss  deutscher  Kunst  in  Amerika  mehr 
Quellen  entsprang  als  anderswo,  nämlich 
nicht  nur  durch  die  eingeborenen  Ameri- 
kaner und  die  eingewanderten  Deutschen, 
sondern  immer  noch  wie  früher  auf  dem 
Umwege  über  England.  Wenn  z.  B.  ]\I()- 
zart's  Figaro  1823.  seine  Zauberflöte  1832, 
Weber 's  Freischütz  und  Oberon  schon  1825 
bez.  1827  und  Beethoven 's  Fidelio  1839  hier 
zu  (Jehör  kamen,  so  waren  das  nicht  deut- 
sche Aufführungen,  weder  in  Sprache  noch 
Geist,  sondern  englische,  fast  möchte  man 
sagen,  Paraphrasen.  Es  drückt  sich  darin 
unzweideutig  die  geschichtliche  Thatsache 
aus,  da.ss  auf  dem  Gebiete  der  Oper  die 
Deutschen  noch  eine  lange  Strecke  wan- 
dern sollten,  bis  sie  die  englische  Oper  aus 
dem  Felde  schlugen  und  Gleichberechtigung 
neben  Italienern  und  Franzosen  errangen. 
Ei-st  1855,  wenn  ich  nicht  irre,  wurde  deut- 
scher Oper  auf  deutsch  eine  kurze  Saison 
in  Niblo's  Theater  in  New  York  gewidmet. 
Als  einer  der  wichtigsten  ^Marksteine  in  der 


Geschichte  deut.schcr  Musik  auf  ainrrika- 
nischem  Boden  nni.ss  daini  die  Aufführung 
von  „Fidelio ' '  in  der  New  Yorker  Academy 
of  Music  am  29.  Dezember  1856  unter  Carl 
Bergmann  gelten.  Derselbe  echt  deutsche 
Künstler,  dessen  Verdienste  um  deutsche 
Kunst  in  Amerika  allzusehr  in  den  Schat- 
ten von  Theodor  Thomas  gestellt  worden 
sind,  führte  Richard  Wagners  Tannhäuser 
zum  ersten  Siege  in  Amerika  im  Jahre 
1859,  \uid  elf  Jahre  sj)äter  machte  er  einen 


LEOPOLD   DAMROSCH. 

weiteren  Ver.sui-h.  im  alten  Bowery  Stadt- 
theater deutsche  Oper  hier  einzubürgern. 
Bemerkenswert  ist  ferner  ein  ähnlicher  Ver- 
such vdu  Carl  Änschütz  1862,  der  ^Madame 
rappcnUiim  1878,  Adolf  Xeuendorf's 
..Walküre- p]xperiment",  G.  Carlhny's 
Er.stauffühi'uug  des  ,. Fliegenden  Hollän- 
der" in  IMiiladelpliia.  bemerkenswert 
schliesslich  die  Goncert-  und  niauehmal 
auch  Bühuenauffühiungeii  tleutscher 
Opern  durch  die  deutsehen  (Jcsangve reine, 
jKinieiitlieh  des  .Mittelwestens.     Doch  über 


360 


DEUTSCHER  EINFLUSS  AUF  DAS  MUSIKLEBEN  AMERIKAS. 


rein  doutsohe  Kreise  dran^'en  diese  Ver- 
suche nicht  weit  hinaus,  und  nach  wie 
vor  blühte  die  Perversität  der  Inipresarii, 
deutsche  Meisterwerke  den  Amerikanera 
auf  italienisch  von  z.  T.  deutschen  Künst- 
lem  vorsini;en  zu  lassen.  Ph-st  der  Külm- 
heit  Leopold  Damrosch's  glückte  es  am 
Ende  seiner  se<;ensreichen  Laufbahn,  diesen 
Unfiii;  zu  unterjLrraben.  ]\Iit  seiner  Besitz- 
erprcifun«;  des  Metropolitan  Opera  liouse 
brach  für  die  deutsche  Oper  im  Jahre  188-4 
eine  neue  Zeit  an,  in  der  des  genialen  Anton 
Seidl's  That,  1888|89  allen  Schwierigkeiten 
zum  Trotz  die  Xibelungen-Trilogie  durch- 
gesetzt zu  haben,  stets  ein  ^Markstein  bleiben 
wird. 

Auf  dem  Gebiete  der  Chor-  und  In.stru- 
mentalinusik  lagen  die  Dinge  einfacher, 
weil  hier  seit  den  Tagen  Frederick  Ame- 
lung's  ..Apolloninn  Society''  (Pittsburgh. 
1807)  die  Amerikaner  deutscher  und  engli- 
scher Zunge  sich  in  der  Pflege  deutscher 
Kunst  stützten  und  ergänzten.  Dass  auf 
dem  Gebiete  der  Chormusik  :\reisterorato- 
rien  wie  z.  H.  Haydn's  Schöpfung  bereits 
1816.  ^rendels.sohn 's  ..Paulus"  gar  1838. 
also  nur  zwei  Jahre  nach  der  Düsseldorfer 
Taufe  des  Werkes,  und  Schumann 's  „Para- 
dies und  Peri"  1848  (imter  H.  C.  Timm 
zu  Xew  York)  fast  durchgängig  in  der 
Landessprache  gesungen  wurden,  liegt  in 
der  Natur  der  Dinge.  Ja.  es  fragt  sicli,  ob 
nicht  die  Kulturaufgabe  deutscher  Oper  in 
Amerika  eine  bes.sere  Lösung  gefunden, 
wenn,  wie  überall  sonst  in  der  Welt  ausser 
in  London,  auch  in  Amerika  die  Landes- 
sprache zur  offiziellen  Sprache  im  Opern- 
leben gemacht  worden  wäre,  wie  das  einer 
der  (allerdings  verunglückten:  „American 
National  Opera  Company"  1886)  Lebens- 
träiune  von  Theodor  Thomas  gewesen  ist. 
Hunderttausende  von  Deutschen  hätten 
freilich  eine  Einbusse  an  ihrem  Kunstge- 
nüsse und  an  ihrem  Gefühl  der  Stannnesge- 
meinschaft  erlitten,  aber  IMillionen  nur  des 
Englischen  mächtiger  Amerikaner  hätten 
gewonnen. 


Es    ist    dies    Spraeh-Problem    einer    der 
Gründe,  warum  der  eigentümlich  deutsche 
]\Iännergesangverein  mehr  nur  einen  mit- 
telbaren Einfiuss  ausgeübt  hat.    Die  Deut- 
schen selber,  ob  hier  geboren  oder  einge- 
wandert, haben  natürlich  an  diesem  Kunst- 
zweige   einen    der    allerstärksten    Anhalte 
gefunden,  um  deutsches  Wesen  zu  pflegen 
und   sich    ihrer    Zusammengehörigkeit    be- 
wu-sst  zu  bleiben.     In  diesem  Sinne  besitzt 
der  feucht-fröhliche  ]\Iännergesang  für  die 
Geschichte    des  Deutschtums     in  Amerika 
und  dessen  :\Lacht  im  Rate  der  Staaten  eine 
Wichtigkeit,  mit  der  selbst  der  wenig  san- 
geslustige   aber    um    so    stimmengierigere 
Politiker  rechnen  muss.     Schon  die  That- 
sache,  dass  die  Deutschen  das  :\Iännerge- 
sangvereinswesen,     recht    eigentlich     auch 
im    Vaterlande    erst  eine  Blüte    des  neun- 
zehnten  Jahrhunderts,  mit  einer  fast   un- 
heimlichen Schnelligkeit  hierher  verpflanz- 
ten und  ausbreiteten,  beweist,  welche  Not- 
wendigkeit sie  dieser  Verquickung  des  an- 
genehmen  mit  dem   nützlichen  auf  ameri- 
nischem  Boden  beimassen.     'Sinn  bedenke, 
was  das  besagen  ^^•i]].  wenn  im  fernen  Wes- 
ten, in  St.  Louis,  schon  1838  ein  deutscher 
;Männergesangvei-ein       gegründet      wurde, 
wenn   Philadeliiliia  und  Baltimore  bereits 
1846  an  ein  Zusannnenwirken  denken  konn- 
ten und  wenn  bereits  1849.  also  vier  Jahre 
nach  dem  ersten   Sängerfeste  in  Deutsch- 
land, die  Dinge  auf  amerikanischen  Boden 
so  lagen,  dass  durch  Zusanunensehluss  von 
Cincinnati.  Louisville,  IMadison,  Ind.,  das 
erste   Sängerfest   des   Nordamerikanischen 
Sängerbundes    in     Cincinnati    stattfinden 
konnte.     Es  wäre  eine  mehr  als  dankbare 
Aufgabe,    einmal    eine    zusammenfassende 
Geschichte  des  deutschen  ^Männergesange.s  in 
Amerika  zu  sehreiben,  aber  an  dieser  Stelle 
ist  es  nicht  einmal  meine  Aufgabe,  die  wich- 
tigsten Daten  zu  erwähnen.     Die  Ansicht, 
da.ss    die    deutschen    ^lännergesangvereine 
auf  das  amerikani.sehe  ^Musikleben  in  weite- 
rem Sinne  nur  einen  mehr  mittelbaren  Ein- 
fiuss und  einen  geringeren  als  die  minder 


DEUTSCIIHR   KIXFLUSS  AUF  DAS   MrsiKLKHKX   AMKHIKAS. 


361 


zahlreichen  (ilce  Clubs  und  ähnliehe  .Män- 
nergesangvereine nach  englischem  Muster 
gehabt  haben  und  haben,  wird  auf  lebhaf- 
ten Widerspruch  stossen.  Indessen  stehe 
ich  mit  dieser  Auffassung  der  Dinge  durch- 
aus nicht  vereinzelt  da.  Dass  die  deutsehen 
Männergesangvereine  aber  auch  einen  nen- 
nenswerten unmittelbaren  p]influss  gehabt 
haben,  das  wird  kein  vernünftiger  ^Men.seh 
leugnen.  Der  macht  sich  jedoch  nicht  so- 
wohl durch  die  rein  deutsehen  Vereine  gel- 
tend als  durch  solche,  die,  wie  etwa  der 
Washington  Sängerbund,  eine  stark  angel- 
sächsische oder  irische  Färbung  tragen,  und 
ganz  besonders  durch  die  Sängerfeste. 
Schon  durch  das  Aufgebot  riesiger  Sänger- 
massen und  überhaui)t  ihrer  Dimensionen 
wegen  locken  die  Feste  viele  Tau.'-ende  an 
und  treiben  sie  in  dsn  Bann  deutsehen 
Sanges  und  deutscher  Gemütlichkeit,  die 
sich  sonst  für  den  ..Dutchman"  nur  inter- 
essieren, wenn  sie  ihn  für  politische  Zwecke 
ausbeuten  könmn,  und  die  nicht  daran 
denken  würden,  sebst  die  ehrgeizigsten 
und  schönsten  Concerte  der  einzelnen  Ver- 
eine zu  besuchen,  ^lag  aber  dieser  Ein- 
fluss  mittelbar  oder  unmittelbar  sein,  je- 
denfalls ist  er  vorhanden.  Er  .sickert  durch 
und  erstreckt  sich  b's  auf  die  Universitäten, 
wo  eine  ganze  Anzahl  der  beliebtesten  Lie- 
der aus  dem  Schatze  deutscher  Studenten- 
und  Volkslieder  geborgt  worden  ist. 

A.uf  dem  Gebiete  der  In.strumental-]Musik 
konnte  sich  weder  das  Sprachen-  noch 
irgend  ein  anderes  Probleii)  in  die  uneinge- 
schränkte Pflege  deutscher  Kunst  hinein- 
drängen. 

Ohne  Schwierigkeit  und  —  sei  es  ruhig 
eingestanden  —  ohne  die  sonst  stellenwese 
bemerkbare  und  begreifliehe  Auflehnung 
der  Angel-Sachsen  gegen  die  teutoniselu 
"S'orherrschaft,  konnte  sieh  hier  der  deut- 
sche Einfluss  breit  ausfluten  Es  ist  merk- 
würdig, wie  z.  B.  in  der  Kammermusik  be- 
reits um  1750  zu  Philadelphia  der  deutsche 
Dr.  Kuhn  neben  Francis  Ilopkinson  und 
Governor  Penn  als  Pfle<;er  dieser  Kunstgat- 


tung genannt  wird,  die  erst  gegen  Mitte  des 
neunzehnten  Jahrhunderts  aus  der  „Kam- 
mer" in  den  öffentlichen  Concertsaal  ver- 
l)flanzt  wurde.  Und  wieder  waren  Deut- 
sche unter  den  Ilauptbahnbrechern,  z.  B. 
der  (1838)  allzu  früh  gestorbene  Daniel 
Sc}ilrsingcr  und  Männer  wie  Kirchhoefer, 
Rak( mauu.  Schmidt,  KoclUrr.  Von  ihnen 
zu  der  Propaganda  auf  diesem  intimsten 
aber  auch  „schwer.sten "  IMusikgebiete  von 
Theodor  Eisfeld  (1851),  Theodor  Thomas 
Ca)i  Bergmann  und  Genassen  (1855),  des 
reiselustigen  und  vorwiegend  deutsehen 
„Mendelssohn  Quintet  Club"  (lb49)  wnr 
es  nur  ein  kurzer  Schritt.  Was  seitdem  das 
Spiering  Quartett  im  Westen,  das  Kneisel 
Quartett  im  Osten,  um  nur  zwei  der  alier- 
wichtigsten  deutschen  Kunst lei-vereinigun- 
gen  zu  nennen,  für  das  ^Musikleben  Ame- 
rikas bedeutet  haben,  das  bedarf  des  nähe- 
ren Hinweises  wahrlich  nicht. 

Auf  dem  Gebiete  der  Orehesteriinisik 
liegen  die  Dinge  ganz  ähnlich.  Orchester 
kamen  und  gingen,  blühten  und  verblüh- 
ten in  Ost  und  West.  Wahr.scheinlich  wären 
Beethoven  und  die  anderen  Grossmeister 
der  Symphonie  eben.so  unaufhaltsam  ohne 
die  deutschen  Dirigenten  und  Orchester 
durchgedrungen,  aber  jedenfalls  nicht  mit 
der  Sturmeseile,  wie  es  thatsäehlich  gesche- 
hen i.st.  ]\Ian  erregt  Staunen  in  Eui-opa 
nicht  nur,  sondern  auch  unter  den  Deutsch- 
Amerikanern  neuerer  Jahrgänge,  wenn 
man  ihnen  mittheilt,  da.ss  Beethoven 's  Er.ste 
schon  1821  von  der  Musical  Fund  Society 
in  Philadelphia  gegeben  wurde,  dass  dies 
wahrscheinlich  nicht  einmal  die  erste  Auf- 
führung in  Amerika  war,  da^ii^ Schmidt  1841 
in  Boston  die  erste  und  fünfte  Symphonie 
Beethoven 's,  ^Mozart's  Jupiter,  Mendels- 
sohn *s  Schottische  gab,  oder  die  epochema- 
chende New  Yorker  Philharmonische  Ge- 
sell.schaft  die  Neunte  Symphonie  bereits 
1846:  und  es  wäre  ein  leicht(\s,  nachzuwei- 
sen, dass  nicht  nur  dieses  1S42  gegründete 
co-operative  Orchester,  sondern  auch  die 
anderen  berühmten    und    in    ihr.M-  Zusam- 


362 


DEUTSCHER  EINFLUSS  AUF  DAS   MUSIKLEBEN  AMERIKAS. 


nieiistflluii«:  vorwic^'i'iul  deutschen  Orches- 
ter, ob  in  Chicago,  Cinciuuati.  St.  Loiii.s, 
Milwaukee,  Hoston.  Pittsburjrli,  Philadel- 
phia, oft  vielen,  mauchnial  den  meisten  inid 
nicht  .selten  allen  herüluiitcn  Orchestern 
de.s  Vaterlandf.s  mit  der  l'ropa^'anda  für 
neue  Werke  deutscher  und  fremder  Meister 
v()ran«:e«ran«ren  sind.  Ma^  sieh  dieser  That- 
bestand  auch  zum  Teil  auf  den  Wunsch  des 
Amerikaners.  ..up  to  date"  zu  .sein,  zurück- 
führen la.ssen  und  auf  die  Thatsache,  da.ss 
tniser  Land  auf  ein  viel  älteres  Musikleben 
zurückblickt,  als  man  gewöhnlich  annimmt, 
immerhin  ist  es  bezeichnend.  da.ss  seit  etwa 
18r)()  fa.st  aus.schliesslich  deutsche  Dirigen- 
ten und  Orehesternuisiker  diesem  Wunsche 
Kechnung  getragen  haben.  Jedenfalls  wäre 
die  Entwicklung  im  Westen  nicht  so  bei- 
spiellos rasch  vor  sich  gegangen  ohne  die 
Pionierarbeit  solcher  reisenden  Orchester 
wie  Carl  Eckardt's  „Saxonia",  August 
Fries'  „Lombardi"  und  Carl  Bergmann'' s 
noch  viel  wichtigeren  „Germania  Orches- 
ter". Sie  ebneten  die  AVege  für  solche 
Männer  des  Westens  wie  Hans  Balatka,  die 
nicht  nur  den  guten  Willen  besa.ssen.  wirk- 
lieh gros.ses  zu  leisten,  sondern  auch  die 
nötige  Künstlerschaft.  Damit  soll  keines- 
wegs das  Verdienst  der  Ur-Pioniere,  wie 
Julius  Dgrcnfurth,  Henry  Ahner.  Julius 
Unger  (Chicago).  Frederick  Amelung 
(Pittsburgh),  ^Vilhelm  Feltow  (Cincin- 
nati).  Williebn  liohifn,  Joh.  Georg  ^Vessel- 
hoeft,  Egmont  Froihlich,  B.  Fuchs  (St. 
Louis )  und  vieler  anderer  im  geringsten 
verkleinert  werden. 

Wenn  es.  wie  gesagt,  selbstvenständlicli 
ist.  da.ss  deut.sche  Musik  in  Amerika  eine 
zweite  Heimat  fand,  was  auch  ohne  ]\Iillio- 
nen  deutscher  Einwanderer  hier  wie  in 
Ru.ssland  geschehen  wäre,  so  i.st  es  ganz  ge- 
wi.ss  nicht  ebenso  selbstverständlich,  da.ss 
gerade  die  Deutschen  als  Dirigenten  und 
Orehesternuisiker  die  flacht  an  sich  geris- 
sen haben,  noch  dazu  aasser  dem  normalen 
Verhältnisse  zu  dem  an  und  für  sich  sehr 
beträchtlichen  deutschen  Elemente  im  ame- 


rikanischen Volke.  Selbstverständlich  höch- 
stens im  Westen,  wo  der  Deutsche  nicht  wie 
im  0.sten  auf  breite  angel-sächsische  Fun- 
damente stiess,  sondern  selber  erst  die  Fun- 
damente    legen     niusste.     Nichts     gleiches 
liLsst  sich  aus  der  Musikgeschichte  herbei- 
ziehen ausser  der  Vorherrschaft  der  Italie- 
ner in  Europa  im  achtzehnten  Jahrhinidert.^ 
.Mit    diesem    grund.sätzlichen    Unterschiede 
jedoch,  dass  die   Italiener  aus-serhalb  Ita- 
liens    immer     Italiener,     Fremde    blieben,, 
während  die  Deutschen  hier  zu  guten  Ame- 
i"i kauern  werden  konnten  und  wurden.  Ihre 
Söhne  gar  (man  denke  nur  an  Wallt r  und 
Frank    Damrosch)    unterscheiden    sich    in 
nichts  au-sser  im  Namen  von  Vollblut-Ame- 
rikanern.    Die.se  Anpa.ssungsfähigkeit    ist 
ein  Grund,    warum    der    Amerikaner    das 
deutsche    ]\Iusik-Joch    ohne    viel     ^furren 
trägt.     FAn  anderer  entspringt  dem  natür- 
lichen Gefühl  der  Dankbarkeit.    ]\Ian  frage 
nur  Amerikaner,  die  sich  nicht  in  deutschen 
Kreisen  bewegen  und  die  ein  bisschen  ]Mu- 
sikgeschichte    getrieben    haben,    wem    das 
.Musikleben    ihres   Landes   im   neunzehnten 
Jahrhundert  am  meisten  zu  verdanken  hat 
ausser  Männern    wie    Uriah  C.  Hill,  John 
Know^les    Paine.    John    Sullivan    Dwight, 
Benjamin  C.  Lang,  Albert  A.  Stanley,  Wil- 
liam Lawrence  Tondins.  William  C.  Wood- 
bridge   und    Lowell    Mason,    deren    beider 
Verdienste  um  die  Schulmusik  schliesslich 
auf    Pe.stalozzischen    und  Nägelischen   Ge- 
danken fu.s.sen,  sie  werden,  glaube  ich,  nen- 
nen:  Henry  C.  Timm.  Hans  Balatka,  Carl 
Bergmann.  Leopohl  Damrosch,  Carl  Wolf- 
Zerrahn.  Anton  Seiell,  Fritz  Scheel,  Theo- 
dor Thomas.     Namentlich  der  letztere,  ob 
im    rechten   Verhältnisse  zu   anderen   oder 
nicht,  lebt  im  Angedenken  des  amerikani- 
schen   Volkes    wie  kein    zweiter    deutscher 
Musiker;  denn  der  ?]indrnck.  den  v.  Bülow, 
Rubinstein   mid   die   genialen   Gesangsmei- 
ster und  ^leisterinnen  deutscher  Zunge  auf 
unser  Volk  gemacht  haben,  war  ja  schliess- 
lich   nur    vorübergehender    Natur.      W^ir 
jüngeren,    die    wir    Theodor    Thomas    viel- 


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3ü4 


DEUTSCHKR  EIXFLUSS  AUF  DAS  MUSIKLEBEN  AMERIKAS. 


K'iclit  nur  iuii  VauW.  am  Ziele  seiner  Lauf- 
hal.n  «:eli»">Jt  lialien.  können  luis  kanni  einen 
reehten  Hefri  iff  von  dem  Seiren  machen,  den 
t'f  «restiftet,  »nid  erst,  weini  die  Krinnerunjr 
an  ihn  inneren  mn-iikalischi'n  Veteranen 
die  Zunp'  löst.  iM-me-iscn  wir.  was  Amerika 
diesem  ^'n>s.s(n  Verkünder'dentseher  Kunst 
willip  verdankt. 

I'eber  die^eiii  Ilcroenkultns  dürfen  wir 
aber  nieht  ih-u  Antheil  ühei-sfhen.  ih-n  die 
z-ddlosrn  (h'ntschen  Mnsikh'hrer  an  (hi-  niu- 


WILHELM   GERICKE, 
drt  Unoaehrige  Ldter  des  Bodoner  Simphonie-Orchesters. 

sikali.*^clu-n  Kr/.it'liinH_'  (h'r  amerikanisehi  n 
Jntrend  ^rehal)t  hal)i'n.  .soweit  sie  os  h'rnten, 
ihre  Methoden  vernünftig'  und  zweckmäs- 
sijr  dem  am»  rikani.schen  Vollvseliarakter  an- 
znpa.sst-n  inid  soweit  sie  nicht,  was  h'ider 
hänfi<r  «resehchen.  deutsche  (Jründliehkeit 
und  deutsche  (Jewi.ssenhaftiirkeit  aus  (ie- 
sehäftsintcre.sse  dem  ..llumhuir"  opferten. 
Auch  <larauf  dürfen  wir  Deutsch- Amerika- 
ner mit  Stolz  liinwtM.scn.  da.«s  unter  den  be- 
deutendsten ^Insik.sehulen  des  Landes  die 


deutschen  Gründungen  einen  ehrenvollen 
Platz  einnehmen  und  dass  z.  B.  Dr.  Flo- 
re »er  ZiajfchVs  ..Chicago  IMnsieal  College" 
aueli  sclion  zeitlich  sich  neben  dem  ,.\ew 
England  Conservatory  of  ]\Insic"  sehtn 
la.s.sen  kann,  da  beide  seit  18(37  bestehen. 

Selbst  wenn  all  dies  nicht  dei-  Fall  wäre, 
so  hätte  doch  der  deutsche  ]\Iusik-.. Profes- 
sor"  unauslöschlich  seinen   Stempel   made 
in  GcniKiin/  uns  Amerikanern  aufgedrückt. 
.Mit  vereinzelten  Ausnahmen  haben  nämlich 
die  bedeutendsten  amerikanischen  Kompo- 
nisten ein  gut    Teil    ihres  Handwerks  auf 
deutschen  Conservatorien  gelernt.    Das  hat 
liii-  die  Entwicklung  eines  amerikanischen 
.Musikstils  in  dem  Sinne,  wie  es  einen  nor- 
wegischen, ru.ssischen,  französischr'n.  deut- 
schen u.  s.  w.  giebt.  ganz  gewi.^s  seine  Schat- 
ten.seiten  gehabt,  aber  Thatsache  bleibt  es 
nun  einmal  doch,  da.ss  zum  mindesten  die 
k-ompositorische     Technik     eines     Dudley 
Huck.    John    Knowles    Paine,    CJeorge    W. 
Chadwick,    Edward    ]Mac  Dowell.  Iloratio 
Parker.  Henry  K.  ITadley.  T:thell)ert  Nevin, 
Fi-ederick   S.   Converse  u.   a.   zum   grossen 
Teile  aus  Deutschland  stammt.  Und  deutsch 
ist  nicht  nur  die  Technik,  sondern  offenbar 
auch  das  Blut  solcher  bedeutenden  ameri- 
kanischen Komponisten  wie  Henry  Schoe- 
nefeld,  Johann   H.   Beck.,  Ernest  Bichard 
Krocgcr,  Adolph  M.  Foerster,  Bruno  Oslar 
KU  in.     Nicht  nur  dies,  hunderte,  ja  tau- 
sende tüchtiger  amerikanischer  Instrumen- 
talisten    haben    sich    in    Deutschlaiul    ihre 
Küi\stlerschaft    erworben,   wiewohl    sie   be; 
Ijicht  b(»sehen,  bei  den  in  Amerika  ansässi- 
gen Virtuosen  und  Theoretikern  genau  das- 
selbe hätten  lernen  können. 

I^nter  ]\Iusiklehrer  versteht  man  gewöhn- 
lich nur  den,  der  einem  unter  ohrenzerreis- 
senden  Martern  Tonansatz,  Anschlag, 
Strich  beibringt.  ^lan  vergi.s.st  oft.  dass 
ernst  zu  nelnnende  ^Musikkritiker  und 
]\Iusikschriftsteller  —  nicht  solche,  deren 
Feder  meist  schamlos  offener  oder  geschickt 
verdeckter  Reklame  dient  —  ebenso  bean- 
spruchen dürfen,  Volkserzieher  genannt  zu 


3Ü6 


DEUTSCHKR  EINFLUSS  AUF  DAS  MUSITCLEBEN   AMERIKAS. 


werdi'ii.  Wt'iii!  iiimii  in  (li;'st'ni  Sinne  dar  in 
dtMikt.  \vi,'  lii'ilsain.  aufUIän-nd.  bt'lt'hreiid 
nel)o:i  rincin  nwiirlit.  Ilal«-.  Ilcndcrson. 
Apthorp.  Aldrich.  MäniMT  wi»*  Karl  M»mz, 
V.u\\\  l/<'l)liiiir.  <Justav  Kol)!).-.  I'hili|)  II. 
Goepp.  Lnnis  ('.  Kl.son.  Ilrniy  T.  Fiiick. 
Henry  Kdward  Kn'lil)i<'I  auf  das  anicrika- 
nisclu'  Volk  «rt'wirkt  halM'ii.  so  jcnchtct  ohne 
weiteres  ein,  wie  auf  ilieseiii  (Jehiete  der 
deiit.selie  Kinfluss  nieht  irerin^^  irewesen  ist. 
Fast  nn'x'hte  man  eiruMi  der  Pioniere  unter 
den  .Musikhistorikern  Amerikas,  nämüeh 
<]en  höehst  verdien.stvolien  Komponisten 
und  Diriirenten  Frederick  L.  Richter,  in 
diese  Phalanx  reehnen.  wenn  dem  nieiit  die 
kit/.Iiehe  Thatsaehe  widerspräehe.  dass  er 
zu  französischer  Zeit  in  Strasshuror  geboren. 
Dairejren  dürft  ii  wir  nieht  zu  viel  Wesens 
von  den  zahlreichen  Musikzeitschriften 
deutscher  Zuiitre  maclien.  die  in  Amerika 
entstanden.  Sie  haben  nie  einen  nennens- 
werten Kinfluss  auf  amerikanische  Verhält- 
nisse ausgeübt,  und  es  ist  ganz  zweifellos, 
da.ss  z.  H.  die  Thätigkeit  eines  Augu.st 
Spanuth  an  der  New  Yorker  Staatszeitung 
mehr  erzieheri.sehen  Wei't  füi-  unser  Land 
gehabt  hat.  als  all  diese  deutsehen  Musik- 
zeit.sehriften  z\isanwnengenommen. 

In  der  Einleitung  dieses  Auf.satzes  wurde 
darauf  hingewiesen,  wie  schon  gleich  zu 
Anfang  dei-  Entwickhnig  Deutsche  auf  dem 
Gebiete  des  Musikhandels  und  des  Musik- 
baues ein  gewicht iires  Woi-t  mitredeten. 
Statt  leiser  wiii'de  dieses  Woit  mit  der  Zeit 
lauter.  Es  genüge  in  einem  Aufsatze,  der 
die  Kraft  des  deutschen  Einflu.sses  nur 
skizzenhaft  andeuten  kann,  zu  behaupten, 
dass  innner  ein  noch  unverhältnissmä.esig 
grosser  Teil  der  amerikanischen  ]\Iusikin- 
dustrie  in  deut.seh-amerikani.schen  Händen 
ruht.  Man  liUst  amerikani.sche  Musikverle- 
ger Revue  pa.ssieren.  und  wenn  man  engli- 
sche Namen  wie  John  Chiirch,  Oliver  Dit- 
son  auf  die  eine  Wagschale  legt,  dann  wie- 
gen auf  der  andern  solche  wie  Schirmer, 
Schmidt,  Fischer  gewiss  ebenso  schwer. 


lud  gleichfalls,  wenn  solch  genialen  Kla- 
vierbauern englischei-  Abkunft  wie  Jonas 
Chickering  der  verdiente  Tribut  gezollt 
woi'den  ist.  dann  mag  der  Deutsch-Ameri- 
kaner mit  Stolz  auf  ebenso  alt-ehrwürdige 
und  vielleicht  noch  weltbekanntere  Namen 
wie  Steinwaij  und  Knabe  hinweisen,  die  auf 
amerikanischem  Boden  eleutsche  Geschäfts- 
urd  deutsche  Er'findungsgabe  zu  p]hren  ge- 
bracht haben. 

Die  musikalische  Landeskunde  Amerikas 
liegt  bekanntlich  noch  sehr  im  Argen.  We- 
nig ist  geschehen,  um  in  zuverlässiger  Dar- 
stellung die  Musikgeschichte  der  wichtige- 
ren Städte,  namentlich  des  Westens,  zu- 
gänglich zu  machen.  Das  Gebiet  i.st  viel  zu 
gewaltig,  als  da.ss  o\n  einzelner  es  unter- 
nehmen könnte,  sich  als  geschichtsschrei- 
benden  Gewährsmann  für  das  ganze  Land 
auszurufen,  obwohl  derartige  an  sich 
verdienst V()lle  und  gut  gemeinte  Versuche 
natürlich  gemacht  worden  sind.  Erst  wenn 
einmal  die  Ortsgeschichte  unparteiisch  ins 
Reine  gebracht  worden,  kann  der  metho- 
disch geschulte  Allgemein-Historiker  hof- 
fen, die  richtige  Summe  der  Geschehnis.se 
zu  ziehen.  Voraussichtlich  wird  dann 
manche  Verschiebung  in  unseren  landläufi- 
gen Ansichten  erfolgen,  gewisse  Persön- 
lichkeiten werden  in  den  Hintergrund  und 
andere  in  den  Vordergrund  rücken,  und 
wahrscheinlich  wird  der  Antheil  des  angel- 
sächsischen Elementes  auch  im  Westen 
stärker  betont  werden  müssen.  Aber  eine 
gänzliche  Umwertung  der  Werte  ist  kaum 
denkbar,  und  der  Anteil  der  Deutschen 
wild  gewiss  nie  an  Klang  verlieren.  Was 
auch  im  Rate  der  Historiker  beschlossen 
werden  mag,  wir  Amerikaner  deutscher 
Abkunft  werden  in  d»^'  ^Musikgeschichte 
des  Landes  nie  unseren  Ehrenj)latz  ver- 
lieren. Das  legt  Ptlichten  auf,  das  sollte 
uns  antreiben,  auf  musikalischem  Gebiete 
solche  deutsche  Kulturerrungenschaften 
und  Kulturhebel  nutzbar  zu  machen,  die 
uns  hier  noch  fehlen.  Der  Musikwissen- 
schaft in  deutschem  Sinne  und  nach  deut- 


DEUTSCHER  EINFLUSS  AUF  DAS  MUSIKLEBEN  AMERIKAS. 


3ü7 


scher  Art  einen  Wirkunt^skreis  auf  ameri- 
kanischen Hochschulen,  wo  sie  gänzlich 
fehlt,  zu  schaffen,  wäre  eine  dieser  Aufga- 
ben. Eine  andere  die,  den  Herren  Politi- 
kern einmal  begreiflieh  zu  machen,  dass 
Musik  nicht  nur  zu  Verdauungszwecken 
und  zum  Zeitvertreib  da  ist.  Dass  die 
Deutsehen  ein  Musik- Volk  sind,  das  wissen 
sie  wohl,  aber  sie  wissen  nicht,  da.ss  die 
Deutschen  es  nie  in  dem  Masse  ohne  staat- 
liche   und    städtische    Unterstützung    der 


Tonkunst  geworden  wären.  Und  wenn  das 
ästhetische  oder  kulturelle  Argument  nicht 
zieht,  dann  sollten  die  Amerikaner  deut- 
scher Abkunft  sie  mit  dem  Hinweise  auf 
den  ökonomischen  und  geschäftlichen  Vor- 
theil  umstimmen,  den  staatliche  und  städti- 
.sche  Opern  und  Musikschulen,  und  als 
höchstes  Ziel  eine  National-Oper  und  ein 
National-Conservatorium,  unserem  Lande 
in  allerreichstem  Masse  ermöglichen  und 
bringen  würden. 


l.O.NRAD   K.REZ. 

der  Dichter  des  liefempfundenen  Gedichts  „An  mein  Vaterland' 
der  herrlichsten  Schocpfung  deutsch-amerikanischer  Poesie. 


Deutsche  Dichtkunst  in  den  Vereinigten  Staaten. 

Von  L.  L.  LESER.   Philadelphia. 


Das  Vorhandensein  eines  reichen  Ge- 
mütslebens bei  den  Deirtsehen  ist  wo^och 
Älter  als  die  deutsehe  |€j.iltiir.  Aus  sagen- 
haftester Vorzeit  sind  uns  Gebräuche,  hei- 
lige Handlungen  überliefert,  die  den  Stem- 
pel eines  ausgeprägten  Sinnes  für  Verin- 
nerlichung,  Veredlung  der  Geschehnisse 
•des  menschlichen  Daseins  tragen.  Die  her- 
ben, wundervollen  Mythen  des  nordischen 
Götterhimmels,  die  herrlichen  Drapas  der 
Scalden,  das  uralte,  sinnige  Volksmärchen, 
vor  allem,  das  ewig  junge,  von  Anbeginn 
-ZU  Anbeginn  ertönende  Volkslied,  alles 
alles  liefert  beredtes  Zeugniss,  dass  Sinn 
und  Gefühl  der  Germanen,  selbst  in  primi- 
tiven Verhältnissen,  nach  Höherem,  Reine- 
rem verlangte,  als  es  das  rohe  Tagesleben 
tietet. 

IMochte  nun  der  Deutsche  innerhalb  der 
•Grenzen  des  Heimatlandes  verbleiben, 
mochte  ihn  "Wage-  und  Wanderlust  weithin 
über  den  Erdball  führen,  überall  trug  er 
■das  ureigne  Erbe  der  Väter,  das  deutsche 
Gemüt,  die  deutsche  Innigkeit,  in  alle 
-Zonen  und  Verhältnisse.  Wie  oft  ist  über 
•diese  Verinnerlichung  gehöhnt  und  gespot- 
tet, Lst  sie  uns  gar  zum  Vorwurf  gemacht 
worden,  —  sie  hat  sich  allen  Anfeindungen 
zum  Trotz  unentwegt  da  behauptet,  wo  der 
Deutsche  in  Wort  und  Gesinnung  ein  Kind 
seiner  Heimat  blieb,  wie  stark  er  sich  auch 
•den  ihn  umgebenden  Verhältnissen  ange- 
passt  haben  mochte. 

Allüberall  wohin  die  Kinder  Germanias 
auch  die  Schritte  lenkten,  trugen  sie  ein 
Stücklein  jenes  Nibelungenhortes,  der 
deutsche  Poesie  heisst,  mit.  Nicht  darf  es 
also  Wunder  nehmen,  dass  das  gewaltige 
Land,  welches  zuerst  Normannen  betraten, 
•ehe  der  grosse   Genuese   es  endgültig  der 


staunenden  Mit-  und  Nachwelt  darbot, 
fast  nur  ein  Vierteljahrhundert  später,  be- 
reits der  deutschen  Dichtkunst  ein  Plätz- 
chen auf  diesem  neu  erworbnen  Boden  ein- 
räumte. 

Vor  ungefähr  siebzig  Jahren  wurde  in 
Amsterdam  durch  Friedrich  ]\Iüller  der 
Brief  eines  dem  Namen  nach  unbekannten 
deutschen  Abenteurers  veröffentlicht,  der 
unter  Ferdinand  Cortez  nach  jMexico  und 
Yucatan  gelangt  war.  Die  „Newzeit" 
nennt  sich  dieser  Bericht  des  verschollnen 
Wanderlustigen,  der  die  Unternehmungen 
Cortez'  sowie  das  Land  und  seine  wilden 
Bewohner  schildert.  Um  1520  ist  dieser 
merkwürdige  Brief  geschrieben,  d&ssen 
Schlussworte  ungefähr  lauten  :  „Derjenige 
so  dissen  Brieff  schreibet,  ist  in  Gesell- 
schaft eines  Ritters  in  India  gefahren,  hiess 
Fernand  Cortez."  Schon  zwölf  Jahre 
später  erschien  ein  zweites  derartiges 
Schreiben,  —  die  Erzählung  des  Ulmers 
Nicolaus  Federmanns  des  Jüngeren,  der 
seine  Abenteuer  und  Erfahrungen  in  Vene- 
zuela mitteilt.  Das  Buch  ist  1536  in  Ha- 
genau  gedruckt  und  von  hohem  Interesse.— 
Ein  drittes  Werk,  welches  beweist,  dass  die 
deutsche  Feder  von  jeher  so  vielfach  und 
schneidig  geführt  wurde,  wie  das  deutsche 
Schwert,  ist  die  „Zeitung  aus  India"; 
welche  zwar  erst  gegen  Ende  des  achtzehn- 
ten Jahrhunderts  aufgefunden  wurde,  doch 
schon  1541  geschrieben  ward.  Sie  erschien 
im  ersten  Bande  des  „Historisch-Litterari- 
schen Magazins"  des  weiland  Johann 
Georg  :\Ieusel  und  hat  den  letzten  Gouver- 
neur der  Deutschen  in  Venezuela  zum  Ver- 
fasser. Das  war  der  Junckherr  Philipp 
von  Hütten,  ein  Neffe  Ulriclis  von  Hütten. 
Auch  Mendoza's   Feldzug  in  Argentinien 


370 


DEL'TSCHK   DK  llTKLNiST  IX  DKN   VEREIiXIGTEN  STAATEN. 


fand  eiiK'  nusfürlii-ho  BeselUTibuiiL'  (luirli 
eini'ii     Deutschen.       ririeli     Schiiiidt     nus 
Straubing'  Ix-rielitet  darüber  in  seinen   Rei- 
sen nneh  drni  Kio  d«'  Iü  Plata.  \ö\n).     Sio:is- 
niiuid    FeiiM-alx'nd    drM<-ktt'    fllichr    Jahre 
spät.'i-   das    Werk,    w.-lchcs   .■]■    Itis    zu    vier 
Aufla-rt-n  hnu-hle.         Hans  Stade "s  „Fahr- 
ten in  Brasil  im"  er.seliifn.'U  heim  VeHetrer 
Weiirand   Hau  in   Frankfurt    1557   und  er- 
lebten   nielirfaeht'    AufhiLren.    -   Johannes 
Lederer 's  Hei.sen   in  d'ii   .Mh'irhany  (Jebir- 
gen  in  deji  Jahren  l(i(i!»  — 70  waren,  wenn- 
gleich   lateini.sch    jtreseh  rieben,    eine    Gabe 
deut.seher  Schriftstellerei.     Schon  1672  er- 
.schien     eine    enirli.sche     rel)erset/un<r    der 
wertvollen  Arbeit  iti  London.     Der  deut.sch- 
anierikani.sehe    Dichter    inid    Schriftsteller 
Udtlo-maiiii    übei-trug    das    lateinische    ins 
deutsehe  und  veröffentlichte  das  AVerk  im 
„Pionier".  —  AVenn  aueli  diese  ersten  Ver- 
fa.sser  deut.seher  ArV)eiten  ihren  bleibenden 
Wohnsitz  nicht  auf  amerikanischem  Boden 
hatten,  .so  liefern  sie  doch  den  volljrülti^en 
Beweis,  da.ss  selb-st  unter  rauhen,  ja  gefahr- 
vollen   Lebensbedin<runii:en    der    Trieb,    das 
(Jesehaute    uiul    Erlebte    dichterisch    fest- 
zuhalten,   den    Deutschen   von    Alters    her 
treulich    überall     hinbegleitete.    —    Diesen 
mehr  oder   minder   abenteuernden   Reisen- 
den  folgte  wenigt^  Jahre  später  die  erste 
Woge    deutscher    Einwanderung    in    Ame- 
rika.     Bestand    dies    Häuflein    Men.schen 
auch  zum  grö.s.sten  Teil  nur  aus  armen  We- 
bern,  .so   verlies.sen    doch   die    meisten    von 
ihnen    die    Heimat    aus    idealen    (Jründen: 
um  des  Glaubens  willen.    Wenn  auch  nichts 
davon  bekannt  ist,  dass  unter  den  dreizehn 
ersten  deutschen  Familien,  die  in  Amerika 
einwanderten,    sich    ein  Dichter  befunden 
habe,  .so  kann  man  dctch  den  wackern  Cre- 
feldern.   di<'   am   (i.   Oktober   1BS3   auf  der 
„Coneord"  in  Pliiladelphia  eintrafen,  kei- 
neswegs die  .iahrlnuidertalte  deutsehe   In- 
nigkeit   absprechen.       Ihnen    war    bereits 
etwas  früher,  wenn  auch  im  selben  Jahre, 
ein   dichterisch   reich   Beanlagter,   der   am 
26.   September   1651    in    Sommerhausen   in 


Franken  geborne  Franz  Daniel  Pastorius, 
der  Gründer  der  ersten  deutschen  Ansied- 
huig  in  Amerika,  voi-ausgegangen.  Seine 
eolonisatori.sche  Tätigkeit  tat  seiner  Vielsei- 
tigkeit als  Autor  keinen  At)hruch.  I^eider 
.sind  viele  seiner  Schriften  vei-loren  gegan- 
gen. Eine  (icdichtsanunlung,  sowie  zahl- 
reiche Abhandlungen  ül)er  Geschichte, 
(Geographie  und  dergleichen  liefern  den 
Beweis  von  der  reichen  Begabung  dieses 
Bahnbrechers  deutsehei-  ("ultur  in  Ame- 
rika. 

Die  er.ste  Hälfte  des  achtzehnten  Jahr- 
hunderts brachte  eine  Anzahl  Gedichte  des 
religiösen  Schwärmers  Conrad  lid.ssel 
(l(j()0— 1768).  Er  kam  aus  der  Pfalz  nach 
Ainerika,  wo  er  zuer.st  seinem  Gewerbe  als 
Jiäcker  nachging  und  später  die  erste  deut- 
sche Druckerei,  in  dem  von  Pa.storius  ge- 
gründeten Germantown.  einrichtete.  Er 
stiftete  das  Klostei-  Ephrata.  um  völlig 
.seinen  religiö.sen  Neigungen  zu  leben.  35 
Brüder  und  22  Schwestern  lieferten  neben 
ihm  Beiträge  zu  AVerken  wie:  ,,Der  Zioni- 
tische  Weihrauchshügel",  „Das  Gesang  der 
einsamen  und  verla.ssnen  Turteltaube'*, 
„Paradiesisches  Wunderspiel,  welches  in 
den  letzten  Zeiten  und  Tagen  in  denen 
Abend-Ländischen  AV  elt-Theilen  als  ein 
Vorspiel   der   Neuen-Welt    hervorgethan ". 

Der  Siebenbürger  Johann  Kelpius  (1668 
—  1708)  kam  1694  nach  Germantown,  doch 
mass  ihm  dieser  aufblühende  Ort  zu  welt- 
lich gew'csen  sein,  denn  er  zog  sich  in  die 
Einsamkeit  am  Wissahickon  zurück.  Hier 
gründete  er  mit  einigen  Gesinnungsgenos- 
sen eine  kleine  Gemeinde,  die  ,,Das  Weib 
in  der  Wüste"  genannt  wurde,  nach  Capi- 
tel  112,  Vers  1—6  in  der  Offenbarung  Jo- 
hannis.  Kelpius'  Verse  sind  ganz  im  Sinne 
seiner  pietistischen  Zeitgeno.ssen.  Zwei 
seiner  Iland.schriften,  deutsehe  Briefe  und 
ein  lateinisches  Tagebuch,  sind  noch  vor- 
handen. Von  ihm  sind:  „Das  paradoxe 
und  .seltsame  Vergnügen  der  göttlich  Ver- 
liebten", „Ein  verliebtes  Girren  der  trost- 
losen   Seele    in    der    Alorgendämmrung'V 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


371 


„Bittersttsse  Naehts-Odo  der  sterbenden, 
jedoch  sieh  vergnügenden  Liebe"  und 
iiianehes  andre. 

Xaeh  dieser  Periode  meist  kirchlicher 
Dichtungen  ist  ein  gewi&ser  Stillstand  im 
poetischen  Sehaffen  der  Eingewanderten 
/.u  bemerken.  Unterlag  doch  das  ganze 
gros.se  Land  den  ungeheuerlichsten  rmwäl- 
zungen.  und  wenn  sich  auch  die  Deutschen 
durch  Tapferkeit.  Opfermut  und  Hingabe 
wärend  dieser  ganzen  Zeit  auszeichneten, 
so  sind  uns  nur  wenige  Proben  dichterischer 
Betätigung  überkommen.  Erst  nach  dem 
ersten  Viertel  des  vorigen  Jahrhunderts 
beginnt  der  Strom  deutscher  Poesie  auf 
amerikani.schem  Boden  wieder  zu  flie.ssen, 
imd  eine  imabsehbare  Anzahl  von  Ein- 
wanderern, darunter  sogar  bedeutende 
Geister,  hat  eine  Fülle  deutschen  Dich- 
tens der  neuen  Heimat  entgegengebracht. 
Der  Anführer  dieser  gewaltigen  Schaar, 
die  ununterbrochen  bis  zum  heutigen  Tage 
in  poetischer  Form  ihr  Bestes  der  Welt 
gab,  ist  Franz  Lieher.  Eine  Biographie 
des  berühmten  Deutsch-Amerikaners  ist  an 
anderer  Stelle  in  diesem  Buche  veröffent- 
licht. Von  seinen  Werken  sind  hier 
„Tagebuch  in  Griechenland",  ,,Wein-  imd 
Wonnelieder",  ,,  Erinnerungen  an  Nie- 
buhr"  und  andres  zu  nennen.  Der  „Deut- 
sche Pionier"  brachte  viele  seiner  Dich- 
tungen. 

Friedrich  Münch,  (1799—1884)  Nieder- 
gemünden.  Oberhessen,  der  „dem  deut- 
schen Volksleben  über  dem  atlantischen 
Ozean  eine  würdige  Heimstätte  verschaffen 
wollte",  kam  1838  in  Gesellschaft  zahlrei- 
cher Auswanderer  in  Missouri  an.  Unter 
seinen  mannigfachen  Werken  befinden 
sich:  „Ueber  Religion  und  Christenthum", 
„Der  Staat  Missouri".  ,, Geisteslehre  für 
die  heranreifende  Jugend"  imd  andres. 
(Ausführlichere  Skizze  unter  „Die  Deut- 
schen in  Missouri.") 

Ludivig  Storck,  (1803—1883)  hatte,  be- 
vor er  1834  nach  Amerika  kam,  als  „Frem- 
denlegionär" den  französischen  Feldzug  in 


Algier  mitgemacht.  Ein  bedeutender 
Sprachkundiger,  war  er  als  Lehrer  und  an 
Zeitschriften  tätig.  Er  .starb  in  grosser 
Not  in  South-Bethleliem. 

Jakoh  Svhtnidf,  redigirte  in  den  zwan- 
ziger Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  den 
..Ohio  Adler"  in  Lanca.ster,  Ohio,  später 
den  „Adler  des  AVastens"  in  Pittsburg.  Er 
ist  der  Verfa.sser  i'ieler  Gedichte. 

Der  Redacteur  der  er.sten  deutschen  Zeit- 
schrift in  Charleston,  S.C,  des  „Teutonen", 
war  Johann  Andreas  Wagcn^r,  (1816  — 
1876).  In  Sievern  bei  Bremen  geboren, 
wanderte  er  1831  aus.  Er  arbeitete  unab- 
lässig an  der  Hebung  des  Deutschtums. 
Ein  Kämpfer  im  Secessionskriege  brachte 
er  es  bis  zum  General  in  der  conföderirten 
Armee,  später  wurde  er  ]\Iayor  von  Char- 
leston. Seine  ..Geschichte  der  Deutschen  im 
Süden"  wurde  im  „Pionier"  veröffentlicht. 

Clemens  Hnmnur.  katholi.scher  ]\Iissions- 
priester,  aus  der  Nähe  von  Prag  gebürtig, 
kam  1838  nach  Amerika.  Fast  dreissig 
Jahre  an  der  Marienkirche  in  Cincinnati 
tätig,  kehrte  er  in  die  Heimat  zurück  und 
starb  1878  in  Prag. 

Robert  Giemen,  (1816—1869)  Geistli- 
cher, wanderte  1838  aus.  „Blätter  aus  der 
Kirchengeschichte".  ..Robert  Wiclaf"  und 
andres. 

Carl  von  Schmidt-Bür geler  (1820—1875) 
auf  Gut  Bürgelen  bei  Weimar  geboren,  kam 
1846  nach  Amerika,  war  zuerst  Schauspie- 
ler, später  Journalist.  Er  focht  mit  Aus- 
zeichnung im  Bürgerkriege. 

Paul  Schmidt  (1811—1876),  Alten- 
schlirf,  Hessen,  wanderte  1831  aus  und  war 
ein  Vorkämpfer  für  deutsche  Sprache,  gab 
in  Pennsylvanien  und  Ohio  deutsche  Zei- 
tungen heraus.  Während  des  Krieges  war 
er  Sheriff  und  Älarschall  im  St.  Charles 
County,  ]\Io.  „Erstes  Lehr-  und  Lesebuch 
für  die  deutsehen  Volksschulen  in  Nord- 
amerika", „Gedichte". 

Ludwig  August  Wollenweher  (1807 — 
1881),  „der  Alte  vom  Berge".  Als  einer 
der  Veranstalter  des  Hambacher  Festes  im 


372 


DEUTSCHE  DKIITKrN.ST  IX  DEN   VEREINIGTEN  STAATEN. 


Jahre  1832  war  er  zur  Flucht  gezwimgi-n 
Er  rettete  sieh  nach  P'rankreich.  von  da 
nach  Holland  und  fuhr  über  Amsterdam 
nach  Pliiladelphin.  liier  fand  er  keinerlei 
Beschäftigung  und  durchzog  Pennsylvania 
nach  Arbeit  suchend.  P^r  kehrte  nach  IMii- 
ladelpliia  zurück,  und  da  er  in  seiner  Hei- 
mat. Ixheini  bei  Zweil)rüeken.  das  Bueh- 
druckergewerbe  erlernt  hatte,  fand  er  He- 


nach  Heading  und  b&sehäftigte  sieh  aus- 
.sehlies-slich  mit  litterarisehen  Arbeiten. 
Von  ihm  sind:  ..Gila,  das  Indianermäd- 
chen", „Freuden  und  Leiden  in  Amerika", 
..General  Peter  ^lülilenberg"  und  anderes 
mehr. 

Carl  Ilciiing,  (1816—1883)  Weissen- 
fels,  ein  Schumacher  von  Gewerbe,  kam 
1854   nach   Amerika.     Er  siedelte  sich  in 


JULIUS    HOFMANN,     Baltimore. 


schäftigung  in  der  Stadt  New  York.  Bald 
darauf  gründete  er  selbst  in  i'hila- 
delphia  ein  Wochenblatt  „Der  Freimütige" 
und  dann  die  später  täglich  erschei- 
nende Zeitung  ,,Der  Demokrat".  Im 
Jahre  1853  verkaufte  er  die  Zeitung  an 
seinen  Schwager  Hoffmann,  dem  sich  dann 
Dr.  E.  ^lorwitz  anschloss.  Einige  Zeit  da- 
rauf ging  Wollenweber  nach  Lebanon.  dann 


Charleston,  S.  C.  an.     Er  hinterliess  viele 
sinnige  Dichtungen. 

Carl  Friedrich  Eberhard  Backhaus, 
(1808—1871),  Petershagen.  Er  kam  1834 
nach  Cincinnati,  wo  er  eine  Apotheke  eröff- 
nete. Gedichte,  Erzählungen  und  einige 
Lu.stspiele.  Carl  de  Haas,  ein  Schulmann 
aus  dem  Wupperthale,  kam  Anfangs  der 
vierziger     Jahre     nach     den     Vereinigten 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


373 


Staaten.  War  eine  Zeit  lang  Theaterdirek- 
tor in  Detroit.  Sein  Buch  ,, Nordamerika, 
Wisconsin,  Winke  für  Auswanderer"  er- 
regte grosses  Aufsehen.  Er  starb  1875  in 
Fond  du  Lac,  Wise.  Fried  rieh  Faucr, 
Moritz  ^Victler,  Friedrich  Luedeking,  Max 
LiUenthal,  Heinrich  von  Martels,  Leopold 
Albeiii,  Carl  Aidenbach,  Carl  Weiters- 
hausen —  auch  einer  vom  Hambacher 
Fest  — ,  Heinrich  A.  Bielefeld,  sie  alle 
haben  Gedichte  gemacht.  In  Deutsehland 
geboren,  in  jungen  Jahren  ausgewandert, 
haben  sie  eine  tiefe,  unauslöschliche  Ver- 
ehrung für  die  alte  Heimat  im  Herzen,  und 
dieses  Gefühl  findet  oft  einen  ebenso  ele- 
mentaren wie  ergreifenden  Ausdruck  in 
ihren  Dichtungen.  Es  ist  eine  stattliche 
Schaar,  diese  sogenannten  „Vorachtund- 
vierziger", und  fast  ein  Jeder  hat  sowohl 
dem  Lande  seiner  Geburt  wie  seiner  Wahl 
zur  Ehre  gereicht. 

Die  folgenden  biographischen  Notizen 
über  deutsch-amerikanische  Dichter  und 
Schriftsteller  sind  dem  bekannten  Werke 
„Deutseh  in  Amerika",  Beiträge  zur  Ge- 
schichte der  deutsch-amerikanischen  Lite- 
ratur, von  Dr.  G.  A.  Zimmermann,  dem 
langjährigen  Superintendenten  der  deut- 
schen Abtheilung  der  öffentlichen  Schulen 
von  Chicago,  entnommen.  Das  Buch  ist 
eine  Fundgrube  für  alle  diejenigen,  welche 
sich  eingehender  mit  der  deutsch-amerika- 
nischen Literatur  beschäftigen  wollen.  Die 
Notizen  wurden  ergänzt  durch  die  Mitthei- 
lungen in  der  deutsch-amerikanischen  An- 
thologie, welche  von  Dr.  Gotthold  August 
Neeff  in  Ellenville,  N.  Y.,  unter  dem  Titel 
„Vom  Lande  des  Sternenbanners"  im  Ver- 
lage der  Winter 'sehen  Universitäts-Buch- 
handlung in  Heidelberg  herausgegeben 
worden  ist,  sowie  durch  eigene  Ermitte- 
lungen. 

Die  Reihe  der  Achundvierziger  führt 
Caspar  Butz  an  (1825-1885).  Ein  Sohn 
der  roten  Erde,  in  Hagen  geboren,  kam  er 
1854  nach  Amerika.  Seine  Beteiligung  am 
Aufstande  hatte  ihn  aus  der  Heimat  ver- 


trieben, hl  Chicago  nahm  er  Anteil  an  den 
politischen  Kämpfen  und  an  der  Bildung 
der  republikanischen  Partei.  Man  wählte 
ilin  1857  in  die  Legislatur.  Während  des 
Bürgerkrieges  lieh  er  seine  Feder  der  guten 
Sache  und  schuf  in  jener  bewegten  Zeit 
einen  Teil  seiner  besten  Werke:  „Gedichte 
eines  Deutsch-Amerikaners"  und  vieles 
mehr. 

Carl  Heinrich  Schnauf f er,  (1823—1854) 
Heimsheim;  ein  Kämpfer  im  badischen 
Aufstande,  flüchtete  nach  Baltimore.  Hier 
gründete  er  den  „Baltimore  Wecker". 
,,Cromweir',  "Totenkränze"  und  andres. 

Carl  Heimen,  (1809—1880)  Greven- 
broich bei  Düsseldorf,  wurde  von  Bonn  we- 
gen rebellischer  Reden  relegirt,  ging  nach 
Batavia,  machte  sich  aber  nach  seiner  Rück- 
kehr so  viele  politische  Feinde,  dass  ihm 
sogar  die  SchM'eiz  das  Asylrecht  entzog.  Er 
floh  nach  New  York,  ging  aber  beim  Aus- 
bruch der  Revolution  1848  nach  Deutsch- 
land zurück,  musste  abermals  fliehen  und 
kam  1850  nach  den  Vereinigten  Staaten.  Er 
ist  der  Begründer  des  „Pionier".  „Ge- 
dichte" und  vieles  andre. 

August  Becker,  (1814 — 1871)  Hochweis- 
sel  in  Hessen ;  schloss  sich  geheimen  Ver- 
bindungen an,  die  ihm  eine  vierjährige 
Haft  eintrugen.  Betheiligte  sich  1848  am 
Ausstand  und  floh  1852  nach  Amerika, 
redigirte  den  ,, Baltimore  Wecker",  die  ein- 
zige Anti-Sklaverei-Zeitung  in  I\Iai'yland, 
Avard  beim  Ausbruch  des  Secessionskrieges 
Feldkaplan  des  Steuben-Regiments  von 
New  York,  war  drei  Jahre  im  Felde,  wurde 
dann  Avieder  Redakteur  des  „Wecker"  und 
redigirte  später  in  Cincinnati  verschiedene 
Zeitschriften.  Wilhelm  Bothacker,  (1828— 
1859)  ein  Badenser,  den  gleichfalls  die  Be- 
teiligung am  Aufstande  aus  Studium  und 
Heimat  vertrieb,  floh  1850  nach  Amerika. 
An  verschiedenen  Blättern  in  Pittsburg 
und  Cincinnati  tätig,  läclielte  ihm  das 
Glück  in  der  neuen  Heimat  nicht,  er  starb 
in  traurigen  Verhältni.ssen.  Mclas  MiUhr, 
(1809—1875)    Langenau  bei   Ulm.     Auch 


374 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


ihn  er«rriff  die  1848or  Bcwojiung  und  er 
floh  in  die  Schweiz,  dann  18r>:3  nach  New 
York.  Dort  war  er  Schriftsetzer  und 
trründete  dann  ein  eiirenes  G&schäft. 
„Lieder"  und  andres.  Gustav  Wil- 
helm Kismlohr.  ( ISll  — 1881)  Lörrach  in 
Baden,  wurde  wegen  .seiner  Beteilifjung  am 
Aufstände  des  lloeliverrats  angeklagt,  floh 
nach  Texas.  p]r  hatte  in  Halle  und  Heidel- 
berg Theologie  .studirt.  wirkte  in  Amerika 
in  Neu-Braun f eis.  Tex.,  Cineinnati,  0.,  und 
Dallas.  Tex.  ..Christliehe  Lyra",  eine  Pe- 
trarca rehci-stezung  und  andivs. 

Wohl   der  hedevjtcndste  untr  den   Män- 
nern,   welche    die    48er    Bewegung    nach 
Amerika  vei-sehlug.  war  Friedrich  Ha^ssnu- 
trk.  Geboren  am  8.  Oktober  1832  zu  Wien, 
betheiligte   sich   als   ^Mitglied   des    Studen- 
tenkorps an  der  Achtundvierziger  Revolu- 
tion, wurde  leicht  verwundet  und  kam  1849 
nach    Amerika,    wo   er   sich    in    Cineinnati 
niederliess.       Ei-    widmete    sich    hier    der 
Journalistik,  gab  längere  Zeit  den  ..Hoch- 
wächter"   heraus;    gründete,    in    Gemein- 
schaft mit  einem  gewissen  Karl  Obermann 
den  ..Frei-]\Iänner-Verein":  begann  von  da 
ab  seine  Thätigkeit  als  Volksredner  in  allen 
Thcilen    der    Vereinigten    Staaten.      1857 
widmete  sich  Hassaurek  der  Rechtspraxis; 
erwarb   sich   eine   glänzende   Klientel,    be- 
theiligte sich  aber  nebenbei  lebhaft  an  der 
Politik;    half    die    republikanische    Partei 
gründen;  war  18fi()  und  1868  Delegat  auf 
den  republikanischen  National konventionen 
zu  Chicago  und  wurde  18G1  vom  Präsiden- 
ten Lincoln  zum  Gesandten  in  Ecuador  er- 
nannt.    1865  kehrte  Hassaurek  nach   den 
Ver.    Staaten    zurück    und    übeniahm    die 
Redaktion    des    ..Cineinnati    Volksblattes", 
nachdem  er  sich  einen   halben   Antbeil  an 
der   Zeitung    erwoH)en.      Er    hat    zwei    in 
englischer    Sprache    erschienene    gediegene 
Werke     verfas.st :      ,.Four     Years     am(mg 
Spanish-Americans"   luid    ..The   Secret   of 
the    Andes".    welche    beide    in 's    Deutsche 
übei-setzt    wurden,    sowie    eine    Sammlung 
von  Gedichten  in  deutscher  Sprache  unter 


dem  Titel  „Welke  Blüthen  und  Blätter" 
herausgegeben.  Als  Volksredner  und  Jour- 
nalist hatte  Hassaurek  unter  den  Deutsch- 
Amerikanern  kaum  seines  Gleichen.  Er 
sprach  mehrere  Sprachen  und  besass  in 
der  englischen  Sprache  dieselbe  Fertigkeit 
und  Gewandtheit,  wie  in  der  deutsehen.  Er 
begab  sich  anfangs  der  achtziger  Jahre 
nach  Europa  imd  starb  am  3.  Oktober 
1885  in  Paris. 

Eine  der  interessantesten  Frauengestal- 
ten in  Deutsch-Amerika  ist  Mafhihh  Fran- 
ziska Äiineke.  Geboren  als  Tochter  einer 
angesehenen  katholischen  Familie.  Namens 
Giesler,  am  3.  April  1817  in  Blankenstein 
an  der  Ruhr,  heirathete  sie.  10  Jahre  alt, 
einen  Herrn  von  Tabouillot,  von  dem  sie 
sich  jedoch  ein  Jahr  später  scheiden  Hess. 
Ihre  umfangreiche  Bildung  und  ihr  schrift- 
stellerisches Talent  befähigten  sie,  ..Das 
Westfälische  Jahrbuch",  für  welches  auch 
Levin  Schücking  und  Ferdinand  Freilig- 
rath  Beiträge  lieferten,  zu  redigiren.  Lii 
Jahre  1847  heirathete  sie  den  früheren 
preu.ssisehen  Artillerie-Offizier  Fritz  An- 
neke.  Während  der  politischen  (Jefangen- 
schaft  desselben  gründete  sie  die  ,.Neue 
Kölniische  Zeitung"  und  dann  eine  für 
Frauen-  und  Arbeiter-Rechte  eintretende 
,, Frauenzeitung".  Beide  wurden  prompt 
unterdrüclct.  Sie  betheiligte  sich  mit  ihrem 
]\ranne  an  der  Revolution  luid  zog  mit  dem- 
selben, hoch  zu  Ross,  an  der  Spitze  der 
pfälzischen  Revolutions-Armee  in  Karls- 
i"uhe  ein.  Als  politische  Flüchtlinge  kamen 
die  Gatten  1849  nach  Amerika.  Sie  grün- 
dete 1852  in  Milwaukee  die  „Deutsche 
Frauenzeitung",  w^elche  sie  später  nach 
New  York,  dann  Jersey  City  und  Newark 
verlegte.  Infolge  ihrer  längeren  Krankheit 
ging  die  Zeitung  ein.  Von  1860 — 65  lebte 
Frau  Anneke  als  Korrespondentin  des 
,,Belletristi.schen  Journals"  und  der  ..Illi- 
nois Staats-Zeitung"  in  der  Schweiz.  Sie 
gründete  nach  ihrer  Rückkehr  in  ^lil- 
waukee  eine  Privat-Mädchenschule.  Sie 
starb  am  25.  November  1884  nach  schwerem 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


375 


Leiden.  Sie  war  eine  Frau  von  Geist  und 
edlem  Charakter.  „Produkte  der  rothen 
Erde",  ..Das  Geisterhaiis  in  New  York" 
(Roman). 

Eduard    Dorsch.     (1822—1887),    wurde 
ebenfalls    durch    das    Sturmjahr    luerher 


gels,  nahm  am  Auf.stande  Teil,  floh  1853 
nach  Amerika.  Er  machte  den  Bürger- 
krieg mit,  wurde  sofort  zum  Oberst  er- 
nannt und  war  später  General  -  Adju- 
tant von  ^lissduri.  ,, Gedichte"  und  andres. 
Hans  Ilcrnunui  Behr,  1S18  in  Köthen  ge- 


^^ 


L-. 


Lii.lviyAug\M!l!fiiwi'l)iT    ümruul  JIit  AUi- \om  l'i.-nrr 
rirmiiliT  di'S.niilauclplii.i  ilfiiinkriit." 


FflljfMlJt 


LUDWIG    AUG.     WOLLENWEBER.     ..Der    Alte    vom    Berge". 


vertrieben.  Er  hatte  in  iNIünchen  und 
"Würzburg,  seiner  Geburtsstadt.  ]\Iedizin 
studirt.  Er  praktizirte  in  IMonroe,  Mich. 
Er  war  einer  der  Lincoln-Elektoren.  ,.Aus 
der  alten  und  neuen  Welt"  und  vieles  mehr. 
Albert  Sigel^  (1827  —  1884)  Sinsheim, 
Baden,   ein   jüngerer  Bruder  General    Si- 


boren.  machte  grosse  Reisen  nach  Austra- 
lien, Afrika  u.  s.  w..  nahm  am  Aufstande 
Teil  und  kam  1850  nach  Amerika.  Er  war 
Arzt  und  später  Professor  am  Pharmaccu- 
tischen  Colleg  in  St.  Francisco.  „Ge- 
dichte". Der  Schleswigtu-  Friedrich  Lexow 
(geb.  1827)   wurde  wcgtMi  politischer  Agi- 


376 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


tation  zii  aelit  jäh  rigor  Zuchthausstrafe  ver- 
urtheilt.  wurdo  aber  zu  t'in.jäliriger  Fes- 
tungshaft begnadigt.  1853  wandte  er  sich 
nai'h  New  York,  wo  ihn  sein  Vetter  Rudolf 
Lexow  bei  seiner  Zeitschrift  „Belletristi- 
sches Journal*'  anstellte.  „Gedichte"  und 
vieles  andre.  liudolf  Lexow  war  am  10. 
Januar  1823  in  Schleswig  geboren,  kam  in 
den  vierziger  Jahren  nach  Amerika  und 
gründete  die  erwähnte  Zeitschrift. 

Otto  Brcthaucr,  (1832-1882)  Unter- 
franken, gleichfalls  durch  die  Revolution 
vertrieben.  Trotz  harter  Lebensschieksale 
ein  unverwüstlicher  Humorist.  „Aus  meiner 
Mappe".  Friedrich  Otto  Dresel  (1824— 
1881)  Detmold,  wurde  wegen  Hochverrats 
zu  zwei  Jahren  Zuchthaus  verurteilt,  floh 
1849  nach  Baltimore.  Politisch  tätig,  musi- 
kalisch und  schriftstellerisch  hoch  begabt, 
machte  er  wegen  verfehlter  Spekulationen 
seinem  Leben  ein  Ende.  „Oscar  Weiden", 
preisgekrönter    Roman,    und  vieles  mehr. 

Conrad  Krcz,  1828  in  Landau  geboren, 
wnirde  wegen  Teilname  am  badischeu  Auf- 
stande in  contumaciam  zum  Tode  verur- 
teilt. Er  floh  1850  nach  Amerika.  Jurist 
von  Hause  aus,  Hess  er  sich  in  Sheboygan, 
"Wisconsin,  nieder  und  wurde  später  zum 
Staatsanwalt  gewählt.  Am  Bürgerkriege 
theilnehmend  brachte  er  es  bis  zum  Bri- 
gadegeneral und  wandte  sich  nach  Fine- 
densschliLss  wieder  der  Advokatur  zu. 
Er  wurde  1886  von  Cleveland  zum  Bundes- 
Steuer-Kollektor  in  Milwaukee  ernannt. 
1892  wurde  er  Stadt-Anwalt  von  Milwau- 
kee und  1895  Gerichts-Kommissär.  Er 
starb  am  8.  März  1897.  Unter  seinen  Dich- 
tungen sind  ganz  besonders  hervorragend: 
„An  mein  Vaterland",  „Der  Flüchtling", 
,,Der  Landstreicher",  ,, Entsagung  und 
Trost",  „Die  deutsche  Muse  in  Amerika" 
u.  s.  w. 

Unter  den  zahlreichen  bedeutenden  und 
gebildeten  ^läuneni,  die  das  Jahr  1848 
vertrieb,  sind  noch  zu  nennen :  Emil 
Dietzsch  (1829—90),  Edmutid  Märklin 
(1816-92),    Julius    Dresel    (1816-91)*. 


Carl  Adolf  Pohlc  {1S13— 59),  Albert  Wolff, 
1825  geboren,  Theologe,  später  Redakteur 
der  ,, Volkszeitung"  in  St.  Paul,  ]\Iinn. 
Theoelor  Hielscher,  1833  in  Nimptsch, 
Schlesien,  der  Lessings  „Nathan  der 
Weise"  aus  dem  Deutschen  und  das 
„Buch  der  Schöpfung"  aiLs  dem  He- 
bräischen meisterhaft  übersetzte.  Emil 
Querner  (1839 — 86),  Adalhert  Höpkc,  der 
zuerst  Goldsucher  in  California  war  und 
sieh  später  als  Arzt  und  Journalist  einen 
Namen  machte,  bis  ihn  der  Tod  im  Jahre 
1873  abrief.  Henricus  vom  See,  eigentlich 
Wilhehn  Dilg,  1837  in  Nierstein  am  Rhein 
geboren,  kehrte  1884  nach  Deutschland  zu- 
rück. Rudolf  Puchner,  1829  geboren  in 
Beutelsbach,  Württemberg,  ausgewandert 
und  ansässig  in  Neu  Holstein,  Wisconsin. 
Auejust  Steinlein  (1823—92),  Trier,  Lehrer, 
1843  nach  New  York,  ^vu^de  Buchdrucker, 
Gründer  einer  deutschen  Zeitung  in  La 
Crosse,  Wis.,  setzte  Einführung  deutschen 
Unterrichts  durch,  später  Advokat. 

Der  1816  geborne  Maler  und  Bildhauer 
Heinrich  Berger  und  Joseph  Zentmcyer 
(1826—89),  seit  1853  in  Philadelphia  an- 
sässig, Verfertiger  ausgezeichneter  ]\Iikros- 
kope,  de&sen  goldner  Humor  allen  seinen 
Freunden  zu  Gute  kam,  schliessen  deu  Rei- 
gen der  Dichter  und  Schriftsteller,  die  in 
der  frohen  Hotfnung,  in  Amerika  das  Ideal 
verwirklicht  zu  sehen,  das  ihnen  die  Hei- 
mat nicht  gewährte,  ihr  Vaterland  ver- 
liessen.  Vielen  lachte  das  Glück,  viele  ver- 
schlang das  Leben,  aber  keiner  entäusserte 
sich  seines  besten  Erbteils,  —  des  deut- 
schen Idealismus.  —  Dass  die  Neuzeit  den 
vergangnen  Tagen  in  Bezug  auf  ihre  Geis- 
teshelden nicht  nachsteht,  ist  wol  mit  gu- 
tem Gewissen  zu  behaupten. 
Auch  die  Nachfolger  der  hier  einst 
Zuflucht  Suchenden,  die  sich  im  Geiste 
eins  mit  der  Heimath  ihrer  Väter  fühlten, 
haben  ihr  reichlich  Teil  zur  Verherrlichung 
und  Verbreitung  deutschen  Empfindens  in 
Po&sie  und  Prasa  beigetragen,  so  dass  eine 
überreiche     Fülle     deutsch-amerikanischer 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


377 


Dichtkunst  Zeugniss  dafür  ablegt,  welche 
Höhe  deutsches  Wort  und  Wissen  hier  er- 
klommen haben. 

Zuerst  sei  Heinrich  A.  Kattermann  ge- 
nannt. In  Ankum.  Westfalen,  am  14.  Okto- 
ber 1832  geboren,  kam  er  1846  nach  Ame- 
rika. Zuerst  Ziegelbrenner,  dann  ]\Ialer, 
später  Inhaber  eines  Spezereigeschäftes, 
war  sein  Leben  ein  müliseliges.  Es  gelang 
ihm  1874  die  Leitung  des  ..Pionier"  zu 
übernehmen,  die  er  bis  1885  inne  hatte. 
Das  Blatt  ging  zwei  lahre  später  ein.  Rat- 
termann gründete  1886  das  „Deutsch- 
Amerikani.sche  ^Magazin ' ',  von  dem  indessen 
nur  ein  Jahrgang  erschien.  Seine  Gedichte 
veröffentlichte  Rattermaun  unter  dem  Pseu- 
donym ..Hugo  Reimmimd".  Besonders 
dankenswerth  sind  Rattennann 's  Beiträge 
zur  deutsch-amerikanischen  Geschichte  und 
die  vielen  Anregungen,  die  er  nach  dieser 
Richtung  hin  gegeben  hat.  Er  wohnt  in 
Cincinnati. 

Dr.  Gustav  Brühl,  unter  dem  Namen 
Kara  Giorg  (serbisch:  der  schwarze  Georg) 
bekannt,  1826  in  Herfort  geboren,  ver- 
fa.s.ste:  ..Poesien  des  Urwaldes"  und 
andre  Dichtungen  von  wilder  Schönheit, 
geachteter  Arzt  imd  Gelehrter  in  Cincin- 
nati.    Er  starb  am  16.  Februar  1903. 

Der  1829  geborene  Wiener  Heinrich  Bin- 
der ist  eigentlich  noch  unter  die  48er  zu 
rechnen.  Er  Avanderte  1852  aus,  wurde 
Redacteur  der  ..111.  Staatszeitung"  und 
später  Chef-Redakteur  des  „Puck".  Er 
starb  in  New  York  im  Jahre  1901.*  Jo- 
hann W.  Dietz,  1835.  Köln,  kam  1854  nach 
Amerika ;  zuer.st  in  Druckereien  arbeitend, 
schwang  er  sich  schnell  empor.  Er  war  es, 
dem  die  Einführung  des  deutscheu  Sprach- 
unterrichts in  einem  Teil  der  öffentlichen 
Schulen  in  Chicago  zu  verdanken  war. 
„Herb.stblätter"  nennt  sich  eine  Gedicht- 
sammlung von  ihm. 

Julius  Loch,  1822  in  Edenkoben.  Rhein- 
pfalz, geboren,  siedelte  1860  als  Kauf- 
mann nach  New  York  über.  ,.Gediehte" 
und  andres.    Otlo  Weiden,  eigentlich  P.  J. 


Reuss.  Fulda,  1834.  ging  1851  nach  New 
York ;  er  machte  den  Bürgerkrieg  als  Arzt 
mit.  „Carl  der  Zwölfte".  Drama,  und 
vieles  andre.  Gottfried  Worch,  (1810— 
81)  Vatterode  bei  Mansfeld;  erfreute  sich 
Tieck's,  Fou<[ue's  und  Alexander  von  Hum- 
boldt's  Protektion,  kam  1853  nach  Ame- 
rika, wo  er  als  Gelegenheitsdichter  sein 
Leben  fri.stete.  ,.Zeitgesänge"  und  andres. 
Georg  Hess,  1832  in  Pfungstadt  geboren, 
wanderte  1850  aus.  kehrte  1877  in  die 
Heimat    zurück.      „Kirehweihfreuden"    u. 


JOHANN   B.  HLRTZOG. 

s.  w.  Pliilipi)  Ilcinilxiili,  1S27.  .Mainilu''m. 
siedelte  1851  nach  Amerika  über.  ..Die 
Waise"  und  andres.  Er  starb  in  IMiiladel- 
phia.  wo  er  seit  dem  -Jahre  1852  ansässig 
war.  und  zwnr  im  .hilii-c  l!»<>2.  Friedrich 
Grill.  1838  aus  Kusel  in  der  l'falz.  h.'teiligte 
sich  am  Bürgerkriege  als  Offizier.  ..Ge- 
dichte". 

Ferdinand  Moras  wurde  1821  in  Dovein 
bei  Aachen  geboren.  ..Gedichte  und 
Randzeichnungen".      Er    kam    1854    nach 


378 


DErTSCHK   DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


Philadflpliia.  }r»üii(l«'ti'  eine  litlu>j.'raplii- 
sche  Anstalt.  Kr  starb  daselbst  im  -laliii' 
1908. 

Einer  der  licrvoiTajrtMidsten  dcntsch- 
aim'i-ikaMisclH'M  Dichter,  wenn  nicht  der 
bed»'Uti'ndste.  ist  Tlitodor  }\  irchlioff.  1828 
in  l'etersen.  I Inistein.  <;eboren,  bereits  auf 
dem  Oynuiasiuni  \'erfasser  vieler  iyrisehei- 
Gedichte,  machte  den  sehleswitj-liolsteini- 
schen  Krie<r  184!l  mit  untl  wanderte  naeii 
Heendi'.'tni«;  desselben  aus.  Nach  abwech- 
selndem Aufenthalt  in  St.  Louis.  Davenport. 
Ilulmesville.  O.syka.  :Miss..  Clarksville.  Tex., 
.\ew  Oi'leans.  Altona  und  Kiel,  wo  sein 
\'ater  Bürgei-meister  war.  kehrte  ei-  1863 
nach  den  Vereinigten  Staaten  zurück.  Von 
New  York  rei.ste  er  über  Panama  nach  San 
Franci.sco,  lie.ss  sich  daini  in  The  Dalles, 
Ore..  nieder,  wo  er  bald  ein  einträuliches 
Geschäft  irründete.  Durch  Nicaragua 
reiste  er  nach  Xew  (^i-leans :  er  hielt  sich  bi.s 
18»)?  im  Süden  auf.  inachte  dann  die  be- 
schwei'liehe  Stage-Rei.se  nach  Idaho,  war 
dui't  und  in  Oregon  geschäftlich  thätig  und 
licss  sich  18(i!)  in  San  Francisco  nieder. 
Sechs  .lahre  lang  betrieb  er  eine  Engros- 
llandlung  vmi  (;oldwaaren  und  Schmuck- 
sachen. Dann  widmete  er  sich  literai-i- 
sehen  Arbeiten,  machte  weite  Reisen,  die 
ihn  auch  nach  den  Santlwich-Inseln  führ- 
ten, und  starb  am  2.  :\lärz  1899  in  San 
Francisco.  Kr  lieferte  Beiträge  für  ..Die 
Gartenlaul)e".  ..Daheim''.  ..Deutsche  Blät- 
ter". ..(Jegenwart"  u.  s.  w..  ..Californische 
Kulturbilder"  und  vieles  mehr.* 

Ernst  Anton  Zlnidf.  1819  in  (ieor^'cn- 
berg  bei  .Mindelheiin  in  Württemberg  gebo- 
ren, studirte  in  München  Philosophie  und 
Jurisprudenz,  kam  l8r)7  nach  Amei-ika.  wo 
er  in  (ireenbay.  AVi.seonsin.  die  ..(^reenbay 
P(wt"  herausgab.  Redigirte  daiui  die  von 
Otto  Kuppius  geleitete  Zeitung  ..(Jradaus" 
in  Milwaukee  und  war  Mitarbeiter  an  Zei- 
tungen in  St.  Louis  und  Minneapolis.  In 
Jefterson  City,  wo  er  den  Lebensabend  bei 
seinem  Sohne  zubrachte  und  im  Mai  1897 
starb,    gab    er    deutschen     l'nterrieht     an 


Volksschulen.  ,, Einsame  Stunden",  dra- 
matische Dichtungen.  Festspiele  und 
vieles  andre.*  Jdliob  Hcintz,  1833, 
Alze.v.  Ile.ssen.  .Möbelfabrikant  in  New 
York,  eifriger  Turner;  ,.Aus  ]\Iussestun- 
den".  Hugo  Andriessen,  1843.  Langen- 
berg  bei  Düsseldorf,  Apotheker  in  Beaver, 
Pa.;  Gedichte*.  Anton  Thorniählen,  ge- 
boren im  .Jahre  1829  in  Varel,  Grossherzog- 
thum  Oldenburg,  seit  18r)t)  in  Milwaukee; 
„L'nser  tägliches  Brod  gieb  uns  heute"  und 
andres.  Emil  Sufro  Schückhuj,  Aachen, 
1832,  wanderte  1800  aus,  seit  1858  Kauf- 
mann in  Baltimore;  Gedichte.  Ernst  licin- 
hohl  Sohjcr,  (1820—1866)  Stettin,  kam  mit 
Kassuth  nach  Amerika.  „Assistant  Regis- 
ter" des  Schatzamtes  in  Washington, 
D.  C,  unter  Präsident  Lincoln ;  ,,Das 
Staatensy.stem  in  Europa"  und  andres. 
Victor  I'nrhL  1820,  Bremen,  kam  1S62 
nach  Amerika,  kehrte  später  wieder  in  die 
Ileimath  zuinick,  ..Jakob  Leisler"  und 
andres. 

Frirdrich  Carl  Castelhiin,  1828,  Ni>rd- 
lieim  bei  Worms,  wanderte  1846  aus.  stu- 
dirte in  Amei-ika  und  Deutscliland  .Medi- 
zin, praktizirte  als  Arzt  in  St.  Louis  und 
eine  Zeit  lang  in  San  Francisco;  ., Ge- 
dichte".*   Er  starb  im  Jahre  1905. 

Jidins  Brnck.  1833,  Brieg  in  Schle- 
sien. War  Assistenzarzt  im  New  Yoi-ker 
Steuben-Regiment  während  des  Bürger- 
ki-ieges,  praktizirte  in  Newark.  N.  J.,  war 
eine  Zeit  lang  Redakteur  der  „Zickel'schen 
Zeitschriften",  ging  1889  in  die  Heimath 
zurück.  ,, Bunte  Blüthen",  Festspiele  und 
andres.  Frirdrich  Albirt  Schmidt,  1852, 
Hilchenbach,  Westfalen,  übersiedelte  1872, 
wohnte  in  Louisville.  später  in  St.  Loui.s 
und  Cincinnati  und  starb  daselbst  als  Fär- 
liereibesitzer  1890.  (Jedichte  und  Ueber- 
setzungen,  darunter  eine  vorzügliche  von 
Edgar  Ellen  Poe 's  „The  Raven".  Max 
El)rrhardt,  1843,  Germersheim,  kam  1852 
nach  New  York,  studirte  Jurisprudenz,  war 
Advokat  in  Cincinnati,  siedelte  1868  nach 
Chicago   über.      Gedichte,   kulturgeschicht- 


DEUTSCIIK  DU  HTKIINST  IN  DKX   VEREINIGTEN  STAATEN. 


379 


liehe  AbhancUungen,  „Deut.sfch-anierikani- 
sche  Geschiehtssehroibung"  und  andres. 
Otto  Körting,  (1840—78).  De.ssau.  bekann- 
ter Geiger,  wandte  sich  1870  naeli  Ame- 
rika, erster  Violinist  bei  Theodor  Thomas, 
Concertmeister.  ]\Iusikk^hrer  und  Kritiker 
in  Cineinnati.  Rudolf  Knimann,  Pseudo- 
nym Rudenz  Edehvaeht.  geboren  1848,  Cin- 
einnati, Ohio,  praktischer  Arzt  in  Batavia, 


Bremen,  wanderte  1854  nach  den  Vereinig- 
ten Staaten  aus.  Kehrte  später  in  die 
Heimat  zurüek.  „Gediehte".  Paul  Label, 
SchauspiekM-  und  Komiker,  später  auch 
Journalist  in  Baltimore,  verfiel  in  Schwer- 
mut und  töc^tete  sich  .selbst.  ,, Gedichte". 
Ilnyo  Schlag,  (1836 — 86)  Sangershausen  a. 
d.  Ilaardt,  1868  ausgewandert,  Setzer, 
starb   in   New   York.      „Thomas   IMünzer", 


F.   H.   LOHMANN. 


Ohio.  Gedichte.  Theodor  Häring,  1833, 
Frickenhau.sen,  Baiern,  wanderte  1860  aus, 
machte  den  Bürgerkrieg  als  Arzt  mit,  prak- 
tizirte  in  Green  Bay,  Wis.,  Bloomington, 
111..  La  Grange,  111.  „Gedichte".  Adolf 
Pohlc,  P.seudonym  Julius  Blume,  Bautzen 
1848,  kam  1851  nach  Amerika,  zuerst 
Geistlicher,  dann  Apotheker  in  St.  Louis. 
Gedichte.      Heinrich    Lange,     (1836 — 74), 


Trauerspiel.  WilJtehn  Riggert,  1852,  Sta- 
dorf  bei  Hannover,  wanderte  1873  aus. 
Er  ist  in  Brooklyn,  N.  Y.,  ansässig.  „Stun- 
den der  Dämmerung".  Frank  Silier,  1835, 
St.  Petersburg,  kam  1850  nacli  Amerika. 
Milwaukee,  Wis.,  im  Winter  in  Gotha.  Fla., 
wo  er  Orangenzucht  betrieb.  „Rei.sebriefe 
aus  dem  Süden".  ..The  Song  of  Manitoba 
and  other  Poems",  und  vieles  andre.     Otto 


SSO 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN   VEREINIGTEN  STAATEN. 


Souhron,  Brenu'ii,  184(5.  kam  als  Kind  nach 
Amerika,  in  Milwaukee.  Bearbeiter  deut- 
scher Dniint-n  für  englische  Bühnen,  Dra- 
mendichter. ..fieidenseliaften",  ..Entrel 
von  Trenton"  und  vieles  mehr.  Julius 
(iugler,  184S.  Stutti;art.  1854  nach  Ame- 
rika.   Uebersetzer  von  Ilerwcgh's  Arbeiter- 


Edfjar,  1865,  Berlin,  1883  amgewandert. 
Er  ist  in  Brooklyn,  X.  Y.,  ansässig;  viele 
seiner  Arbeiten  in  „Deutsch-amerikanische 
Dichtung"  abgedruckt.  Maurice  Reinhold 
von  Shni.  ..l'roletarierlieder". 

Willibald  Wincklcr  wurde  im  Jahre  1838 
in   ^lagdeburg,   Provinz   Sachsen,   geboren, 


FRIEDRICH    MICHEL. 


Liedern  ins  Englische.  Besitzer  einer 
grossen  lithographischen  Anstalt  in  ^lil- 
■Nvaukee.     „Gedichte"  und  andres. 

Friedrich  Michel,  1865.  Ingweiler.  Elsass. 
1881  ausgewandert,  besitzt  in  New  York  ein 
Damenhüte-Ge.schäft.  Beliebt  als  Hccita- 
tor.    „Asraklänge"  und  aiidies.*  Friedrich 


begab  sich  1855  nach  Kairo,  Aegypten, 
.schrieb  eine  Grammatik  des  Vulgär-Ara- 
bischen, kam  1863  nach  New  York, 
bereiste  Mexiko  als  Berichterstatter  der 
..Kölnischen  Zeitung",  wurde  von  Kaiser 
^laximilian  ausgewiesen,  war  journa- 
listisch    thätig     in     Chicago,     Milwaukee, 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IX  DEX   VEREIN  KiTKX  STAATEX. 


H81 


1/ 


starb 
Jahr 

Ilallberger's    gefolgt 

Aegypten",    „Lieder 

',    „Vier    Sehreckens- 


Cincimiati      und      Baltimore     und 
1871     in    Stuttgart,    wohin    er    ein 
vorher    einem    Rufe 
war.      Gedichte,    ..In 
eines    Wandervogels ' 

tage  in  New  York'',  historische  Novelle, 
„Schulze  und  ^Müller  in  Amerika",  ,,Die 
deut.schen  Klein.städter  in  Amerika'",  ., Ma- 
ximilian's  I.  letzte  Tage",  ein  Trauerspiel, 
u.  a.  m.  Friedrich  ir.  Hess  (Friedrich 
Adolf  Hasselt)  1838,  Hamm.  1858  ausge- 
wandert, machte  als  Arzt  den  Bürgerkrieg 
mit,  später  in  Baltimore  und  Cincinnati. 
starb  1877.  ,,Eine  neue  IMagdalenc". 
BudoJf  Thomann  (1847—90),  Lüneburg, 
wanderte  1870  aus.  Redakteur  des  ..C;tli- 
fornia  Demokrat"  in  San  Francisco.  „Ta'- 
ben  und  Taten  von  Johannes  Schaute,  alias 
John  Shoddy". 

Leopold  von  Scheuch,  (1843 — 86),  Hei- 
delberg, wanderte  1868  aus,  nachdem  er  das 
glänzende  Elend  des  Offizierslebens,  dem  er 
sich  nach  verschiedenen  Universitäts- Jah- 
ren zugewandt,  kennen  gelernt  hatte.  Nach- 
dem er  auf  einer  Farm,  dann  in  einer  Zie- 
gelei gearbeitet  und  sich  als  Lehrer  ver- 
sucht hatte,  wurde  er  Journalist,  zuerst  im 
Westen ;  dann  übernahm  er  die  Redaktion 
der  ,,N.  J.  Freien  Zeitung"  in  Newark  und 
wurde  1876  Redakteur  des  „Puck"  in  New 
York,  in  welcher  Stellung  seine  geniale  Bi^- 
gabung  voll  zur  Geltung  kam.  Er  starb  am 
13.  April  1886.  Emil  A.  Knotser,  Wien, 
kam  1873  nach  Amerika,  war  Redakteur 
v^  des  „Seebote"  in  ]Milwaukee  und  seit  1886 
des  „Puck"  in  New  York.  Er  starb  am  28. 
April  1888.  „Die  seligen  Eltern",  Schau- 
spiel, und  andres.  Patd  Julius  Immergrün, 
1833,  Riede  bei  Bremen,  1869  in  New  York 
gelandet.  „Herz,  Welt  und  Vaterland" 
und  andres.  Curt  Tiersch,  1845,  Eiben- 
stock, wanderte  1871  aus,  Redakteur  in 
Kansas  City.  ,, Gedichte".  Fritz  zur 
Windmülücn,  1853,  Rastede,  Oldenburg, 
kam  1876  nach  Amerika,  Redakteur  des 
„Demokrat"  in  Lancaster,  0.,  ,, Heimat  und 
Fremde". 


Ein  Schriftsteller,  Gelehrter  und  l'hi- 
lanthroi)  von  mehr  als  nationaler  Bedeu- 
tung ist  der  Bibliothekar  der  Astor-Biblio- 
thek  in  Xcw  Yoi'k.  Hirniann  Iiosen(h(d, 
geboivn  am  6.  Oktober  1843  in  Friedrich- 
stadt, Kiu'land.  Im  Jahre  1881  kam  er 
nach  Amei'ika  und  gründete  als  Sekretär 
der  Baron  II ii-sch 'sehen  Gesellschaft  die 
erste  Ackerl)au-Kolonie  für  russische  Ju- 
den, r.nd  zwar  in  i.ouisi.nia,  der  weitere  in 
Süd-I)al<i)la  nid  .\e\v  Jersey  folgten.  Fm 
Jaliie     l(S}i2     wuide     Ro  enthal     von     der 


\/ 


DR.  B.  A.  B.AER. 

„Great  Northern  Railway"  nach  dem 
fernen  Osten  gesandt  und  erstattete  im 
Jahre  1893  Bericht  über  seine  in  Japan, 
China  und  Korea  angestellten  p]rhebungen. 
In  1893—94  war  er  Sekretär  der  Deutsch- 
Amerikanischen  Reform-Liga.  Ev  gaV)  mit 
Conrad  Nies  „Deutsch-Amerikanische  Dich- 
tung" heraus.  Seit  1885  liefert  er  Beiträge 
für  die  „New  Yorker  Staats-Zeitung".  Er 
ist  Redakteur  des  „Ilebrew  :\Ionthly  Intel- 
ligencer"  in  New  York,  wurde  durch  Ver- 
leihung   der    Rothe-Kreuz-Medaille    ausge- 


382 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN   VEREINIGTEN  STAATEN. 


zeichnet.  Redakteur  dt-r  nis.sisehon  Ab- 
tlu'ilun«r  ih'V  ..Jewish  Kiicyclopaedia"  imd 
•Mitjrlied  der  Kaiserl.  Kussisrlicn  Wai.sen- 
haus-CJe.sellschaft.  Husriitlial  übersetzt  f 
/mii  ersten  .Male  ans  dem  liel)räisehen  Ur- 
text in 's  Deutsehe  „Ki»heb'th  oder  Worte 
des  Sannnlers",  das  aus  dem  4.  oder  :]. 
.lahrhnnih'rt  v.  Chr.  stammendt'  liueli  des 
Alten  Testaments,  das  Sah)mo  als  Weis- 
heit.slehn'r  auftreten  liisst.  daher  Prediger 
Salomo;  ferner  stannuen  von  Rosenthal 
..IJed  der  Lieder''  und  eine  Tebersetzung 
von  Hugo  Ganz's  ..Das  Land  der  Käthsel" 
( Russland). 

Kihinrd  F.  L(  ijli,  L^-K),  Meimers,  Sachsen- 
.Meinintren,  L^^bl  ausgewandert.  Er  .starb 
als  Redakteur  des  „Deut.sehen  Corre.spon- 
denten*"  in  lialtimore  am  L'.  Juli  l!K)l. 
Zweifellos  war  Leyli  einer  der  bedeutend- 
sten Sehrift.steller  und  Poeten,  welche  die 
deut.sch-amerikanisehe  Journalistik  bese.s- 
sen.  Auch  als  Uebersetzer  lei.stete  er 
(Jrosses.  Vorzüglich  gelungen  i.«t  .seine 
l'ebertragung  des  „Star  Spangled  Ban- 
ner". „Der  Tannhäuser''  und  vieles  mehr. 
.Mitarbeiter  der  „Gartenlaube",  „Grenzbo- 
ten'' u.  s.  w.* 

WHInhn  Kcilmann,  1845,  Ilechtsheini  bei 
Mainz.  Journalist  und  Redakteur  in  In- 
dianapolis und  p]vansville.  Lid.  ..Ilerzcns- 
blüten"  und  vieles  andre.  Seine  F'estcan- 
tate  zur  Columbasfeier  1892  wurde  preis- 
gekrönt. Hrrmaun  Detcrmann,  1841, 
Amsterdam,  wanderte  1870  aus,  Redakteur 
in  Evansville.  Lid ,  und  Columbus.  O. 
P.sendonym  Willibald  Roland.  „Gedichte". 
Emil  I).  Kanjaii,  1832.  Grünberg  in  Schle- 
sien. Bis  zu  seiner  Erblindung  1888  ^Lt- 
redakteur  der  ..Westlichen  Past".  Er  starb 
im  Jahre  1907  in  St.  Louis,  (iedichte  u.  s. 
w.  Wilhrlm  Fcistkorn,  1847,  Steimbke  bei 
Hannover,  machte  den  deutsch-französi- 
schen Krieg  mit  und  kam  1872  nach  Ame- 
rika. Redakteur  in  St.  Louis,  .später  in 
Cleveland.  ]\Iilwaukee.  Chicago,  Baltimore 
und  dann  wieder  in  Chicago.  Georg  Jura- 
schek,  1853.  Grünberg,  1885  ausgewandert, 


.starl)  1908  in  New  York,  wo  er  Jahre  lan«' 
joui-nalistiseh  thätig  war.    „Liederbuch  der 
ehri.stlielieii   Israeliten".     Carl  Keutcr-Kcr- 
<l<r.    lS(i4,    Wiedeiibrück,    kam    1883    nach 
.\i'w    Orleans,    dann    in    Californien,    Xew 
York,  Detroit   und  Fort  Wayne,  Ind.     (ie- 
dichte.     Joseph  Alexander  Seehaum,  1846, 
Warschau,  wanderte  1873  aus,  ]Miisiklehrer 
in  Chicago,  Ilerau.sgeber  des  seiner  bitter- 
bösen   Satire    und    seines    beissenden    Sar- 
kasmus  wegen  bekannt  gewordenen  humo- 
ristischen   Wochenblattes    ..Tamtam",    das 
bei    seinem    vor   einigen    Jahren    erfolgten 
Tode      einging.        „Durcheinander"      und 
vieles  andre.     Carl  Lorenz,  1858,  Stuttgart, 
1880    nach    Amerika,    Journalist    in    Xew 
York,  dann  in  Cleveland.  ..Welke  Blätter". 
Carl  Knortz,  1841,  Garbenheim  (Wahlheim 
in    Werthes   Leiden),    wanderte    1864   aus. 
Studirte    die    Indianersprachen,    zeitwei.se 
Redakteur  des  „Pionier".  Cincinnati,  jetzt 
in     Evansville,     Ind.       Er     ist     Verfas.ser 
zahlreicher  Werke.     „Märchen  und  Sagen 
der    Nordamerikani.schen     Indianer"    und 
vieles  mehr.*     M'iJh(hn  Müller,  1845,  Hep- 
penheim, kam   1866   nach  den  Vereinigten 
Staaten,  zuerst  Lehrer  in  Indianapolis  und 
Cincinnati,  nach  Schenk 's  Tode  Redakteur 
des  „Puck",  trat  krankheitshalber  zurück, 
jetzt  in  Arlington,  X.  J.     „Scabiade,  oder 
Leben    und    Taten    Fritz    Schäbigs"    und 
andres.    Hermann  von  Wahlde,  1846,  Xeu- 
enkirchen,       Oldenburg,       verliess       1866 
Deutsehland.     Organist,    dann    Lehrer    in 
Louisville    und    Cincinnati.      „Gedichte".* 
Heinrich  H.  Fick,  1849,  Lübeck,  kam  1864 
nach  Xew^  York,   dann  Lehrer  in   Cincin- 
nati, Chicago  und  wieder  in  Cincinnati. Ge- 
dichte.     Wilhehn  Alpers,   1851,   Harburg, 
verliess  1871  Deutschland,  Lehrer  in  Xew 
York.     „Die  Heldenbraut".     Carl  Theodor 
Eben,   1836,   Ravensburg,  kam   1853  nach 
Amerika.       „Grammatik     der     englischen 
Sprache"  und  vieles  mehr.     Er  ist  in  Phi- 
ladelphia   ansässig.      Vortrefflicher    Ueber- 
setzer.    Georg  Herrmann,  1840,  Württem- 
berg, verliess  Deutschland   1867,  Direktor 


DEUTSCHE   DK'HTKrNST    IX   DHN    VKh'KIN  ICTEX  STAATEN. 


383 


cltM-  (U'utseh-ainerikanisclun  Seininarselnilo 
in  Detroit.  ..Lyrische  Blätter"  und  andres; 
ist  zugleich  Komponist.  Mn.r  Hcmpcl.  1868. 
Dresden,  verliess  1881  die  Heimat.  Lehrer 
in  Omaha.  Neb.,  und  St.  Louis.  .Turner- 
lehen'". Hermann  Niilildiid.  IH'.V.],  (irolmde 
in  Hannover,  kam  18().S  naeh  Amerika. 
Lehrer  in  Chicago.  ..Aehrenlese"  und 
andrus. 


sehen  Dichtunjr ".  ..Die  Volkerstiedel".  ..Die 
Hache  (liM-  Wiildci'".  prrisirekrönt.  BaUi- 
iiioici-  Blumt  iispit'le,  und  vieh'.s  mein-.* 
Plillipp  W.  HicUcl,  1839,  Weinheim.  ISÖÖ 
aus«re\\andt*rt.  kehrte  1871)  nach  Dciilsch- 
hmd  /urüek.  ,.IIeimatklän«re.*  Johannes 
Itadolf.  lS."):i.  Schreiherhau.  verlie.ss 
Dent.vfhhiiid  1875  und  wurde  Pastor  (h-r 
deiitst'li-jire^ln-terischen    (iemeinde    in    Lli- 


HERMANN    ROSENTHAL. 


Conrad  Nies,  der  im  Jalire  1862  in  Alzey 
geboren  war  und  Deutschhind  1883  ver- 
lassen hatte,  ist  zweifellos  einer  der  form- 
gewandtesten deutsch-amerikanischen  Lyri- 
ker. Er  war  Schauspieler.  Reisender,  Leh- 
rer, Mitarbeiter  von  Zeitungen  und  erfolg- 
reicher Recitator.  Herausgeber  der  inzwi- 
schen   eingegangenen    ..Deutsch-amerikani- 


zal)ctli,  X.  .J.  „(iedichte".  Emil  Sclniei- 
der,  1835.  ]\lühlberg  an  der  Elbe.  Machte 
d(=n  schleswig-holsteinischen  Krieg  1864 
mit.  Verliess  1874  die  Heimat,  ging  1886 
zurück.  Pseudonym :  E.  Sartorius.  „Das 
Wort  der  Wahrheit"  und  vieles  mehr. 
Aufjust  Johann  Berens,  1843,  Hamburg, 
kam    1877    nach    Amerika.      Evangeliseher 


sw 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


(JeistlieluT.  aiiitirtc  in  Miniusota  Lake, 
.Minii..  Wasliinj^'ton.  Mn..  uii«l  Kliiiliui'st. 
III  ..Frühlin«rsl)«)ti'n"  uiul  andres.  lUdro 
lliji  lt.  IS«)!».  Wiesbaden.  ( Jeistliehei-.  Wurde 
liSSIl  l'a.st()r  in  HiLrhland.  JH..  seil  1S!U  in 
St.  Louis.  ...\in  (iolf  von  Mexieo"  und 
viele.s  andre,  ./oliiiini  C.  EhirJiard,  1S27, 
Bern,  kam  ISöH  naeh  .\nierika.  foelit  im 
Hürjrerkrieire.  l'astor  in  \Vheelin«r.  dann  in 
St.  Lituis.  ..Abend^rlocken""  und  andre.s. 
/•'.  11'.  fh  rzhcrycr.  IcS')!!.  Baltimore,  Pa.stor 
in  Ilanuiiond.  Ind.  ..Deut.sehe  Verdienste 
um  un.ser  Land"  und  andres,  (intilkh  C. 
Ii(  rkt  ni(  i<  r,  Pittshurir.  CJei.stlieher,  Avurde 
iSSf)  Direktor  des  "Wartburir  Waisenhau.ses 
in  Mount  Vernon.  X.  V.  (iediehte.  F.  W. 
A.  Lief  cid,  1H;U,  Tjud\vii:.sfelde.  wanderte 
1866  aus.  Pa.stor  in  Lynnville.  Ind.  „Ern- 
tekranz" und  andre.s.  Carl  H.  Rohe,  1846, 
Syraeu.se.  X.  V.  Pastor  in  Joliet,  III., 
Detroit.  ^lieh..  und  Columbus.  O  .  Redak- 
teur der  „Lutherischen  Kirchenzeitung", 
...Morjrenrrlocken"  und  andres.  L.  H. 
St<  i>ltv,  18-11,  ]Maar,  Hessen,  kam  1856  nach 
Amerika.  Pa.stor  an  der  2.  deutsch-refor- 
mirten  Gemeinde  in  Cleveland,  0,  „Frei- 
heit. Oleichlieit,  Brüderlichkeit",  ein  Tier- 
Gedicht.  Ferdinand  Schreiher,  1831,  ]\[ar- 
bur«r.  verlie.ss  Deut.scldand  18ö6,  katholi- 
scher Gei.stlicher  in  Ilavana,  111.  ,, Klänge 
aus  Kom"  und  andres.  Wilhelm  Färber, 
1841.  Sonneborn  bei  PJlberfeld.  kam  1863 
naeh  Amerika.  Pfarrer  in  St.  Louis,  ge- 
storben am  18.  April  1905.  „Ilerb.stblu- 
men.*  Eurjcn  Funckcn,  1831 — 1889,  kam 
als  apastolischer  ^lissionar  nach  Amerika. 
Gründer  des  gros.sen  deutschen  Waisen- 
hau.se.s  in  St.  Agatha.  Ont.,  Canada,  avo  er 
starb.  Gedichte  und  andres.  Ferdinand 
Hundt,  1835,  Attendorn,  Westfalen,  ver- 
liess  1859  die  Heimat.  I*riester.  Rich- 
mond.  Indiana.  ,,]\Iaienlieder"  und  andres. 
Alexander  Bcrejhold,  1838.  St.  ^Margare- 
then,  Steiermark,  ging  1864  nach  Amerika, 
Priester  in  Belle  Plaine,  Gründer  einer 
katholischen  Gemeinde  in  New  Um.  dann 
in  St.  Paul.     ..Indianer-Rache"  oder  „Die 


Schreckenstage  von  Xew  Ulm",  ,,Prairie- 
i'osen"  und  andres.  Minna  Klecherg. 
( 1844 — 1878)  Elmshorn,  kam  1866  naeh 
Amerika.  Gedichte.  Marie  liaihle,  Unter- 
Insingen,  Württemberg,  Alton,  111, 
..Deutsch-Amerika"  und  andere  Gedichte. 
Hella  Fiehincj,  (1832—1878)  Warmenau, 
Hannover,  kam  1850  nadi  Amerika,  Gattin 
des  P"'riedeiisrichters  Fiebing  in  ]\Iihvaukee. 
Gedichte.  Fauline  Widenmann,  1839, 
Stuttgart,  kam  1840  nach  Amerika,  Gattin 
von  August  Widenmann,  Ann  Arbor,  Mich. 
, .Lieder  und  Gedichte"  und  andres.  Fanny 
Gumpert,  (1809 — 82)  Bernburg,  verlie-ss 
Deutsei: '"jd  1856.  Ihre  Gedichte  erschie- 
nen in  Leitungen  Philadelphia 's,  wo  sie 
Avohnte.  Dorothea  Böttcher,  Schwerin,  kam 
1876  nach  Amerika.  Evan.ston,  HL,  dann 
in  Chicago  Lehrerin.  ,,Die  Erbschleiche- 
rin" und  andres.*  Heinrich  Harhaugh, 
1817,  AVainsboro,  Pa.  Begabter  Dialekt- 
dichter. Professor  der  Theologie  am  ]\Ier- 
cersburg  (Pa.)  Seminar,  starb  am  28.  De- 
zember 1867.  „Harbaugh's  Harfe".*  Hein- 
rich Fischer,  Washington,  Pa.,  gleichfalls, 
neben  vielen  andern,  Dialektdichter.  „Kurz- 
Aveil  und  Zeitvertreib,  odder  Pennsylva- 
nisch-deutsche  Folkslieder"  und  andres. 
Ferdinand  ^y.  Lafrenz,  1,859,  Fehmarn, 
wanderte  1873  aus.  Erst  Lehrer  in  Chica- 
go, dann  in  Cheyenne,  Wyo.,  und  in  Ogden, 
Utah.  „Nordische  Klänge".  Vorwort 
dazu  von  Klaus  Groth.  Alfred  Arnemann, 
1835,  Domaine  Eibingen  bei  Hannover, 
kam  1854  nach  Amerika.  Lehrer  in  Omaha, 
Neb.  „Feierabend".  Carl  Munter,  1831, 
Verchen  in  Pommern,  ging  1854  nach  New 
Orleans.  Pastor  in  Delaware,  Ripley  Co., 
Ind.  „Das  Oekumenische  Concil"  und 
andres.  Wilhelm  Diescher,  1844,  Hamburg, 
1882  ausgewandert.  Herausgeber  der 
„Extra  Po.st",  Brooklyn,  N.  Y.,  gestorben 
1907.  „Erstlingsblüten"  und  andres. 
Nicolaus  F.  Butenscliön,  Holstein,  geboren 
anfangs  der  vierziger  Jahre,  kam  als  junger 
]\rann  nach  New  York,  starb  daselbst  1888. 
„Uns'  Modersprak".     Georg  Asm.us,  1830, 


DPJUTSCHE  DICHTKUNST  TN  DKN  VEREINICTflN  STAATEN, 


385 


(ii(S.«^en.  verliess  die  Ilciniat  1862.  Berg- 
werks Sachverständiirci'  in  New  York. 
,./.  nierikanisehes  Skizzeiibüchele"  und 
vichs  andre.*  Jolunut  Mari  in  Bürckle, 
\S'2,  Plattenhardt.  Württeniberfr,  1859 
a  is^ewandert.  in  New  Bremen.  O.. 
Redakteur  des  ..Vetter  ans  Sehwaben". 
„Veilchen"  und  vieKs  mehr.  Xicofniia 
('.onn(t\  1835,  Lnxembur*r,  wanderte  18()5 


wandert.  (Jras.«es  Weingesehäft  in  San 
Francisco.  (Jedichte.  Alexander  Conze, 
(1819 — 47)  Biickebur-r.  fiel  im  mexikani- 
schen Krie«re  in  dir  Schlacht  bei  Buena 
Vista.    Gedichte. 

Gustav  Herrbvandt,  geboren  1819  in 
Reutlingen.  Wegen  Betheiligung  am  Auf- 
stande v«m  1848  sieben  Monate  auf  dem 
IIohcM-Aspcrg   gefangt'ii.    kam    1850    nach 


FRAU  L.   L.   LESER.   Philadelphia. 


aus,  Redakteur  der  ..Luxemburger  Gazet- 
te" in  Dubuque,  la.  „Prairieblumen"  und 
andres.*  Johann  Baptistc  Nnu,  (1859 — 
91)  Luxemburg,  kam  1880  nach  Amerika. 
Gedichte.  Xicolaus  Eduard  Becker,  1842, 
Wormeldingen,  wanderte  1854  aus,  Frie- 
densrichter in  Dubuque,  la.  (Gedichte. 
Bernhard  Bellmann,  lebte  in  den  fünfziger 
Jahren  in  Cincinnati.  Gedichte.  Carl 
Bundschu,    1842,    ^Mannheim,    1864    ausge- 


Amerika.  Gründer  des  ,, Schwäbischen  "Wo- 
chenblatts" in  New  York  1876,  das  einen 
grossen  f]rfolg  erzielte.  Er  starb  am  2(5. 
^lai  1896.  ..Das  Lob  der  Schwaben"  und 
andres.  Sein  Bruder  Robert  Ileerbrandt 
starb  am  9.  April  1909.  Er  war  ebenfalls 
am  „Schwäbischen  Wochenblatt"  betheiligt. 
Johann  />'.  Ilrrtzog,  1831,  Bechthcim  bei 
Worms,  wanderte  1856,  nachdem  er  in 
Giessen  studirt  hatte,  aus.    War  Bibliothe- 


386 


Di:iTMCIIK   I>I«  iriKINST   INDEX   VEKEIXlCTKN  STAATEN. 


kar  diM-  Dcutschm  ( Jcscllschfift  in  IMiiliuld- 
phi.i  1111(1  li'iti'tc  (Init  dir  (l»Mitsch-aiiU'rik;i- 
nisclu*  Alx'iitlscliuli'.  s^wii-  i-iiu'  \au\H'  Zt*it 
rtorirciidi'  DiMitsch-Aiiu'rikanischt'  Schul«*. 
Er  starl)  am  iL'.  Scptfinhcr  liMll.  (Ic- 
dicht«'.  Lt'lirl)üclifr  und  vieles  andre* 

Ein  luTvorratrender  «reistlieliei-  Diditei- 
ist  Pati'P  liouovi  ulutd  HatnuHr.  .Mitijlied 
des  MiiKtriten-Ordens ;  er  wirkt  in  Fort 
Wayne.  Ind.  Kr  li.it  .iiissei-  (tedichten  ein 
Schau.spiel  ..('»»hnnlnis"  geschrieben,  sowie 
Lehensl)c.schreil)uniren  von  IIeilij;en,  reli- 
giöse Ahhandlungeii  und  anderes.  Er 
wurde  in  Durniei-sheini.  Baden,  im  Jahre 
1842  gehören,  kam  aber  .schon  4  Jahre 
später  mit  .seinen  Eltern  nach  Amerika. 

Ernst  Oflo  Ilnpp,  1841.  Ahtshagen  in 
Pommern,  kam  18Ü()  naeh  Amerika,  kehrte 
1875  in  die  Heimat  zurüek.  „Unter  dem 
Sternenhannei'"    und    vieles    andre.* 

Franz  L.  .X.ighr,  1849.  :\Iühldorf  in 
Sachsen,  als  Kind  naeli  Amerika,  Theo- 
loge. Präsident  des  St.  Paul's  College  der 
PiseliiiHiehen  ]\Iethodisten-Kirehe  in  St. 
l'aui  Park.  M\uu.  ..Rei.se  in  den  Himmel" 
und  viele.s  mehr.*  Carl  August  PätJi, 
Zemmin.  Pommern,  kam  1878  nach  Ame- 
rika, l*astor  der  unabh.  evang.  Innnanuels- 
Kirehe  in  Chicago.  „Deutsche  Lebensbil- 
der" und  andres.*  Heinrich  Pfäfflin. 
1842.  Schweigern.  Württemberg,  wanderte 
18(i()  aus.  Zuerst  Lehrei-,  dann  Redakteur 
an  der  „R^ehe.ster  Al)endpast"  in  Roehes- 
ter,  X.  Y.  Gedichte.  Ernst  Wilhelm 
Pieper,  Löbegallen,  Ostpreussen,  (1828 — 
93)  machte  den  Krieg  gegen  Oesterreich, 
1866,  als  Landwehroti'izier  mit,  wanderte 
im  Herbst  1866  aus.  Er  war  16  Jahre  lang 
Chef-Redakteur  des  ..Seebote"  in  Mil- 
waukee.  wo  er  1893  starb.  Gedichte. 
Johann  Hermann  R.  Peffelt,  (1811—89) 
Bramsche  an  der  Hase,  wanderte  1856  aus. 
Lehrer  in  New  York  und  IToboken.     ..Dieh- 


t  untren". 


Gertrmle  Bhcdc  (Pseud.  Stuart  Sterne). 
geboren  am  10.  August  1845  in  Dresden, 
seit   1850   in   Amerika,    hat    in   ensliseher 


Sj)i-ache  gedichtet.  Besondei-s  bekannt  ge- 
worden ist  ihr  Roman  ..The  Story-  of  Two 
Lives".     Sie  starb  in  Brooklyn  1905. 

Lnn  nz  h'ohr.  1846,  Rheinpfalz,  kam  1869 
nach  Amerika.  Zuerst  Lehrer.  1884  Chef- 
Redakteui"  des  ..Kvansville  Demokrat". 
Gedichte. 

Heinrich  Bosshard,  dei-  Dichter  des 
..Sempacher  Liedes",  das  dem  reichen 
Schatze  dei-  Dichtung  des  Schweizervolkes 
eine  köstliche  Perle  zufügte,  wurde  am  11. 
Ai>ril  1811  zu  Bolstern,  im  Kanton  Zürich 
gelegen,  geboren  und  nachdem  er  die  Volks- 
.schule  seines  Heimatlisortes  ab.solvirt  hatte, 
bezog  er  das  Lehrerseminar  zu  Küssnaeht, 
sich  für  den  Beruf  eines  Jugendbildners 
vorzubereiten.  17  Jahre  lang  war  er 
später  an  der  Schule  zu  Schwamendingeu 
thätig.  Ein  Lnngenleiden  zwang  ihn  im 
Jahre  1849  der  Lehrthätigkeit  zu  entsagen, 
die  ihm  jährlich  das  „fürstliche"  p]in- 
kommen  von  500  Franken  sicherte.  Fa' 
wandte  sich  ganz  der  Bienenzucht  zu.  aber 
unbefriedigt  von  dem  monotonen  Leben 
imd  im  Besitze  einiger  Geldmittel,  bereiste 
er  das  weite  Gebiet  der  Ver.  Staaten,  imd 
als  Frucht  dieser  Streifzüge  ei*schienen 
seine  vielgelesenen  Reisebriefe.  Auch  die 
Abwechselungen,  mit  welchen  Reisen  ver- 
bunden .sind,  führten  zu  einem  Gefühl  der 
Uebersättigung  und  dem  Verlangen  nach 
Ruhe.  Amerika  wurde  alsdann  seine  Hei- 
math und  abseits  von  belebten  Heer-  und 
Yerkehrsstrassen  war  der  Jura  bei  High- 
land. 111.,  wie  geschaffen  dazu,  das  zu  ge- 
währen, was  er  suchte.  Er  widmete  sich 
dem  Weinbau  und  der  Bienenzucht ;  er 
starb  im  April  1877.  Dem  Dichter  des 
,. Sempacher  Liedes"  wurde  in  Highland 
ein  Denkmal  errichtet ;  Prof.  Albert  Peter 
aus  St.  Louis  war  der  Präsident  der  Denk- 
nuil-Kommission.  Die  Enthüllungsfeier 
fand  am  14.  Juni  1909  statt. 

Adolf  Strodtmann,  (1829—79)  Flens- 
burg, kam  1852  nach  Amerika.  Buchhänd- 
ler in  Philadelphia,  dann  Journalist  in 
Xew   York   und    anderen    Städten,    kehrte 


DKrTSCÜK   DKHTKrXST   IX  DKX   XKRKIXKiTHN  STAATEN. 


387 


1856  nach  der  Heimat  zurück,  stai-h  in 
Berlin.  Tebersetzer.  Anierikani.sche  Antlio- 
lojrie;  Gedichte  und  vieh's  mehr.*  ('ml 
Aiu/Kst  Tih-ch( ,  (1808 — 86)  Brandenhurir. 
1858  aus<rewandert,  Pa.stor  in  Cineinnati. 
starb  in  Chicago,  (jedichte,  ..Deutschhnids 
Befreinnp:",  'ri-auei-.spicl.  Cnrl  rtu/itr, 
1855.  Bonn,  wanderte  1S77  aus.  JourUfdi^t 
in    Chicauo    untl    St.    Ijoui.s,    später   .'«^tädti- 


rnioK.^-Armee.  Journalist  in  Chicajio,  dann 
St.  Louis.  Cediehte  u.  s.  w.  Willirlm  Apel, 
1860.  Elvershausen.  .seit  1887  in  Amerika, 
Buchdrucker,  ..(Jermania".  Milwaukee.  Ge- 
dichte. Aufjiisf  F.  Aiujustiii,  1868.  Penz- 
lin.  kam  1884  nach  Amerika.  Pa.stor  in  Kau 
(Mair.  Wis      (iedichte. 

H(  ftliohl  A.  Bat  r  wurde  am  3.  ]\Iärz  1867 
in  Bi-uchsal.  Baden,  tictxtren.     Er  wanderte 


DR.  GOTTHCLD  AUGLST  NEEFF. 


«eher  Beamter  dase:i)st.  Geilichte.  Willirlm 
Vocke,  Preussisch-Minden.  1889.  kam  1857 
nach  Amerika,  kämpfte  im  Büi'gerkrieire, 
Journali.st.  dann  Advokat  in  Chica^n). 
Uebersetzer  deutscher  Dichter.  Redner. 
„Handbuch  der  Rechtspflege  in  den  Ver. 
Staaten".  Gedichte.  Ludwig  Willich,  Frei- 
herr von  Pöllnitz.  18-40,  Darmstadt,  erst 
Offizier   in    der   deutschen,   später    in    der 


vor  einer  Reihe  von  Jahren  nach  Amerika 
aus.  war  /uei\st  in  San  Fi-ancisco  und  ist 
jetzt  in  Philadelphia  ansässig.  Er  ist  ]\rit- 
ai'beiter  aller  hervorragenden  humoristi- 
schen Zeitschriften  und  mit  Humoresken 
und  Novellen  in  vielen  deutschen  Zeit- 
schriften vertreten.  Er  ist  Redakteur 
des  deutsehen  Departements  der  ,, Phila- 
delphia  Press".     Verschiedene  seiner  Ge- 


388 


I)P:UTSI"HE  DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


dichte  sind  von  den  besten  Komponisten 
I  vertont.  Er  ist  Ileraustrcber  und  Redak- 
teur der  ..(Jlocke"  und  wurde  zweimal  bei 
den  KtUner  Blumenspiclen  \nid  mit  zwei 
I'reisen  beim  Baltimorer  ausgezeichnet. 
Von  ihm  erschienen  sind  bis  jetzt  folgende 
Werke:  ..Die  Grafen  von  Manderscheid." 
Epos;  „Leidenschaften."  Schauspiel  in 
drei  Aufzügen:  ..M«'ine  Lieder."  Gedichte; 
..Herzens-  Angelegenlu'iten."-  Amerikani- 
.sche  IIum()resken  und  Novellen.  Erster 
liand  ;  ..Wilde  Ko.sen".  Gedichte;  ..Zeitkin- 
der." Gedichte;  ..Xette  Geschichten."  Ame- 
likani.sche  Humoresken  und  Novellen.  2. 
Hand:  ..Engel  und  Teufel."  Kriminal- 
Roiium.  Autorisirte  Bearbeitung;  ..War' 
nicht  die  Liel)e."  Gedichte.  3.  AuHage ; 
..Das  Milli(»när-Habv."  Kriminal-Roman. 
Autorisirte  Bearbeitung:  ..Meister  Er- 
hard." Ein  Sang  aus  früher  Kaiserzeit. 
Epos.  In  Vorbereitung  befinden  sich: 
..Wilde  Rosen."  Neue  Gedichte.  2.  Bnid; 
..Der  Weg  zum  Herzen."  Novelle;  ..Sie 
mu.ss  nachgeben."  Amerikanische  Humo- 
resken und  Novellen.  3.  Band;  ..Der  Ku- 
chen Preis-Konte.st"  und  andere  amerika- 
nische Humoresken.  4.  Band;  ..Das  lachen- 
de Grab"  und  andere  amerikanische  No- 
vellen. 5.  Band.  Sein  Lustspiel  ..Das  stei- 
nerne Herz"  wurde  anfangs  des  Jahres 
1908  im  Deutschen  Theater  in  Philadelphia 
mit  Erfolg  aufgeführt. 

EwdJd  F.  Bnrfpmnni,  1860,  Sehwartau 
bei  Lübeck:  .seit  1888  in  Amerika,  Ilaupt- 
zeiehner  der  Hlinois  Central  in  Chicago. 
Gedichte.  /•;.  Wdshiiujton  Banich,  New 
York,  1869,  Mediziner,  Vorlesungen  litera- 
rLschen  Inhalt.s  an  der  Columbia  Universi- 
tät in  deut.scher  Sprache.  „Gedichte"  und 
andres.  Carl  Ferdinaud  Bauer,  1869, 
Crailsheim.  1883  au.sgewandert.  Professor 
am  Proseminar  der  deut.schen  evangelischen 
Synode  in   Elndiurst.  TU.     Gedichte. 

Hrrnianii  WHIhIih  Iliinrirh  Bmifpius, 
geboren  am  17.  Fel)ruar  1861  zu  Heil- 
bronn, trat  als  onlentl.  Studirender  in  die 
Stuttgarter     Techni.sche     Hochschule     ein. 


Kam  1882  nach  Amerika.  Hier  sind  seine 
Schicksale  Wechsel  volle  gewesen.  Er  ist 
gegnwärtig  Zeitungskorrespondent  und 
Zeichner.  Er  wohnt  in  Atlantic  City.  X.  J. 
..Welt.stromlieder",  „Dichtungen"  und 
sein  neuestes  illustrirtes  Buch  über  ameri- 
kanische Landschaften  ..Stimmen  der 
W^asser".  das  die  eigenartigen  Schönheiten 
der  amerikanischen  Land  ;chaftsgebilde 
poetisch  verklärt. 


CONRAD   NIES. 

Doktor  Clara  L.  Xicolajf.  geboren  in  Ber- 
lin am  27.  Februar  18f3,  erhielt  ihre  Aus- 
bildung daselbst.     Ging  später  auf  einige 
Jahre  nach  England,  wo  sie  theils  lehrte, 
theils  studirte.     Kam  im  Jahre  1897  nach 
Amerika.     Wohnt  seitdem,  mit  kurzen  Un- 
terbrechungen,   in    Philadelj^hia.      Promo- 
virte  zum   ..Doctor   Philosophiae"  an  der» 
University   of   Pennsylvania   am    17.   Junii 
1907.   nachdem   sie  einige  Jahre  zuvor  am 
derselben       Hochschule       den       ..^Magister« 
Artium"    erlangte.      Unterrichtet    an   ver- 
schiedenen Schulen  alte  und  neue  Sprachen 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


389 


and  ist  seit  drei  Jahren  am  Bryn  iMawr 
College  angestellt.  Gedichte,  Novellen, 
Skizzen,  wissenschaftliche  Abhandliuigen.* 
Georg  von  Bosse,  geb.  1862  in  Helmstädt, 
wanderte  1889  aus.  Zur  Zeit  Pastor  in 
Philadelphia,  Pa.  Gedichte.*  Paul  Brand- 
ner, 1852,  Weissdorf  in  Baiern,  kam  1883 
nach  Amerika,  Architekt  in  New  York  seit 
1890.  Johannes  Braun,  1857,  IMarienwer- 
der,  verliess  die  Heimath  1885.  Dr.  Phil.. 
Cor  US,  1852,  Ilsenburg,  kam  1884  nach 
Amerika.  (Ausführliche  Biographie  an  an- 
derer Stelle.)  „Helgri  und  Sigrun"  u.  vieles 
mehr.  Hans  Demuth,  1868,  St.  Wendel, 
kam  1893  als  Zeitungs-Korrespondent  zur 
Weltausstellung  nach  Chicago,  Herausge- 
ber und  Redakteur  des  Wochenblatts 
„Nachrichten-Herold"  in  Sioux  Falls,  S.  D. 
Gedichte.*  Martin  Drescher,  1863,  Witt- 
stock, wanderte  1891  aus.  Redakteur  in 
Chicago.  „Gedichte"  und  andres.*  Gcorij 
Edward,  1869,  Giessen,  wanderte  1893  aus, 
Professor  Northwestern  University,  Evans- 
ton,  111.  „Symphonien"  und  andres.  AmaUe 
von  Ende,  1856,  Warschau,  kam  als  Kind 
nach  Amerika,  New  York,  ^Mitarbeiterin 
der  „N.  Y.  Staats-Zeitung",  Schriftstelle- 
rin.    ..Vier  Lieder"  und  andres. 

Edna  Fern,  (Fernande  Richter),  1861, 
Rössing  bei  Hannover,  wanderte  1881  aus, 
Gattin  des  Arztes  Dr.  Geo.  Richter  in  St. 
Louis.  ,, Märehen",  „Gedichte"  und  vieles 
mehr.*  Carl  August  Fickeissen,  1847, 
Pfalz,  wanderte  anfangs  der  siebziger  Jahre 
aus,  Grundeigenthums-]\Iakler  -in  Brook- 
lyn, N.  Y.  Gedichte.  Joseph  Erhardt 
Fischnaller,  1862,  Innsbruck,  wanderte 
1884  aus.  Gedichte.  Kuno  Francke,  1855, 
Kiel,  1883  an  die  Harvard  University  in 
Cambridge,  Mass.,  als  Professor  berufen. 
Gedichte  und  andres.*  Julius  Göbel,  1857, 
Frankfurt  a.  M.,  kam  als  Kind  nach  Ame- 
rika. „Gedichte".  Martha  Gödel,  Her- 
ford, Westfalen,  kam  1894  nach  Philadel- 
phia, seitdem  in  die  Heimat  zurückgekehrt. 
„Gedichte".*  Constantin  Grehner,  Bronn- 
bach, 1830,  kam  1875  nach  Amerika,  Päda- 


goge, Oberh'lircr  an  di-n  Schulen  Cincio- 
nati's.  Gedichte  und  andres.  M.  Green- 
hlatt,  1842,  Tann  a.  d.  Röhn,  wanderte  1866 
aiLs,  war  IT  Jahre  Chef-Redakteur  des 
„California  Demokrat"  in  San  Francisco. 
Gedichte  und  anderes.  Carl  Gundlach, 
1852,  Springstille,  Schmalkaldcn.  wan- 
derte 1887  aus,  Journalist,  Philadelphia, 
dann  in  St.  Louis.  Verfasser  von  Romanen 
und  Dramen.'  ,,(iedichtc".  Friedrich  Adolf 
Harter,  1843,  Bärwalde,  1856  ausgewan- 
dert, machte   den   Bürgerkrieg  mit.   Deut- 


FRAU    FERNANDE   RICHTER.    PSEUDONYM 
EDNA    FERN. 

scher  Buchhändler  in  Chicago.  „Erinne- 
rungen aus  dem  Kriege"  und  andres.  Ernst 
Henrici,  Berlin,  1854,  kam  1902  nach  Ame- 
rika, seitdem  nach  Deutschland  zurückge- 
kehrt. Bedeutender  Dramatiker.  Gründer 
des  Baltimorer  Blumenspiels,  Foi-scher  und 
Recitator.  „Aztekenblumt^"  und  vieles 
andre.*  Adidbrrt  von  Hiifiir,  Xei.sse,  1836, 
wanderte  1862  aus,  focht  im  Bürgerkriege, 
wurde  bei  Fredericksburg  schwer  verwun- 
det. Journalistisch  thätig  an  der  ..(Jernia- 
nia"   in   Los  Angeles.     Gedichte      Mfnd 


390 


DETTSrHK   DKIITKUNST  IN  DKN    \  KKKIXIGTKN  STAATEN. 


.•111  aiicliMvr 
iiiul  andres. 
]S«J7;  18J)8 
Fi'csiu).     C'al. 


Walttr  IliUlthmiuL  lS«i2.  Schkcuditz.  l'ic- 
vinz  Sarhst'ii.  (.Jclstlichcr.  waiidcrtf  ]8i(Ü 
ein.  Pastor  in  Circcnficld.  -Ma.ss.  .,Ge- 
dii'hte".*  Julius  Iloffmauu,  184Ö.  Worms, 
kam  1881  nach  Amerika.  Praktischer  Arzt 
in  New  York.    Gediclite. 

Friedriih  von  Höhlt.  Ilainburjr.  1860, 
wanderte  1SS2  ein.  Denver.  Coh).  Ge- 
dichte, llihmit  /'.  HoUcr,  1871.  St.  :Mar- 
gareten  in  Holstein,  wanderte  181)5  ein. 
(Ausführliche  Hi(»<rrapliic 
Stelle.)  ,.S{)härenreiireii "" 
Luiz  Ilurn.  Gei-daueii. 
einjrewandert.  Tastor  in 
„Stinnnmi^swellen  ". 

Ein  freisti^  ;.mii/.  hcsniidcrs  hei'\or- 
ragender  Deutscii-Amerikancr.  ja  zwei- 
fellos der  bedeutendsten  einer  in  der 
jüngeren  Generation  deutscher  Vor- 
kämpfer ist  Julius  Hof  Uta  tili,  ireboren  zu 
Friedberg  in  der  AVetterau.  1865,  studirte 
Theologie.  Philosophie.  Germanistik  und 
Geschichte  in  Giessen.  188!)  an  die  Zions- 
Gemeinde  von  Baltimore  berufen.  Lizeii- 
tiat  der  Theologie,  ehrenhalber,  der  Uni- 
versität Gie.ssen.  Gedichte.  Ii)(i7.  Hedeu- 
tender  Redner.  Lehi-er  an  der  Johns 
Hopkins  Universität. 

Friedrich  ^\'ilhclnl  IJnir,  1835,  Schwerte 
in  Westfalen,  seit  mehr  als  zwanzig  Jahi'cn 
in  Amerika.  Dr.  pliil..  Bergwerks- Inge- 
nieur. Gründer  von  Gi-aphitville.  X.  (\ 
(iedichte.  Amiu  J\  irclish  in.  Pi'üm  in  der 
Eifel.  kam  ls68  nach  Amerika.  Chicago, 
(iedichte  und  andres.  (iior<j  I\<n}h.  1861), 
Heppenheim.  1886  eingewandert,  katholi- 
.scher  Geistlichei-  in  Xeier.  .Mo.  Gedichte. 
Fililxrt  Korndörfir.  Darmstadt.  1860, 
wanderte  1886  ein.  Importeur  von  Apothe- 
kerwaaren  in  New  York.  Gedichte.  Laura 
Willnhnini  Krich.  Suhl.  Thüringen,  lebt 
in  Haekensack.  X.  J.  Cedielite.  August 
Lanff«.  1867  in  P^lfsen.  Westfalen.  Geist- 
lieher.  kam  18;i(>  nach  Amerika.  Pastor 
einer  der  grös.sten  deutschen  Gemeinden 
des  Landes,  der  evang.  St.  Johannes-Kirche 
in  Evansville.  Ind.     ..Aus  stillen  Stunden" 


und  andres.  Ernst  Eduard  L<  nicke,  1844. 
Pasewalk.  kam  1861)  nach  Amerika,  Buch- 
händler in  New  York,  Chef  der  P'irma 
Ijemcke  &  Büchner.  Theilhaber  der  Braun- 
seliweiger  Verlagsfirma  B.  Westermann  & 
Co.  In  Deutsch.  Knglisch  und  Französisch 
..Creation-Re-Creation  ". 

/•'.  //.  L(dnnann.  1848,  Eckernförde,  1857 
eingewandert.  Er  kam  mit  seinen  Eltern 
nach  Texas,  wo  er  zur  Zeit  le])t.  Er  war 
als  deiitsclier  Lehrer  mit   Lrfolg  thätig.   Im 


GEORG  VON  SKAL. 

Jahre  1908  veröffentlichte  er  ein  Bändchen 
Gedichte  unter  dem  Titel  „Texasblüthen", 
die  viel  Schönes  enthalten.  Besonders  be- 
merkenswertli  sind  die  Gedichte  ..Glück'^ 
und  ..().  deutsches  Lied''.  Ausserdem  ..Die 
deutsche  Sprache".  Carl  Eugen  Gustav 
Lorenz.  1858.  Stuttgart,  kam  1880  nach 
Amerika.  ..Welke  Blätter".  Fred.  R. 
Minuth,  1854.  Ostpreussen.  Fast  zwanzig 
Jahre  in  Amerika.  ..Ihr  Verbrechen"  und 
andres.* 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN   VEREINIGTEN  STAATEN. 


391 


Lotta  L.  Leser,  geb.  Xieolay.  wurde  am 
15.  September  18(j4  in  Berlin  geboren.  Ihre 
erste  Novelle  ...Johannistag"  erschien  im 
Jahre  1880  in  der  Sonntagsbeilage  der  Ber- 
liner ..Volkszeitnng"  im  Dniek.  Dem 
schlössen  sieh  zahlreiche  Novellen.  Skizzen. 
Märehen  und  dergleichen  an.  L.  L.  Leser 
lieferte  Beiträge  an:  ..Sehorer's  Familien- 
blatt". ..Post".  ..Norddeutsehe  Allgemei- 
ne", ..Staatsbürgerzeitung".  ..Deutsches 
Tageblatt".  ..Volkszeitung".  ..^lontags- 
blatt",  „Stuttgarter  ]\Iusikzeitung".  ..Mün- 
chener Jugendblätter"  etc.  Im  Jahre  1888 
hei  rat  bete  sie  Dr.  Victor  Leser  aus  Phila- 
delpliia.  ging  mit  ihm  im  Jahre  1892  nach 
Amerika;  sie  wohnt  seitdem  in  Philadel- 
l)liia.  Sie  erhielt  von  der  ..Glocke"  in 
Chicago  den  ersten  Preis  für  eine  deutsch- 
amerikanische Humoreske,  von  der  Redak- 
tion der  ..Deutschen  Hausfrau"  in  Mil- 
waukee  den  zweiten  Preis  für  eine  kurz«' 
Novelle.  Ihre  Dramen  ..Naiiiego''  und 
„]Maskenfreiheit ".  sowie  ihr  ]Märchenspiel 
„Schön-Rothtraut"  und  das  Volksstück 
„Die  Glücksucher  in  Amerika"  (Im  Lande 
der  Lotophagen)  wurden  in  Philadelphia 
aufgeführt.  ..Schön-Rothtraut"  sowie  ein 
Band  Novellen.  ..Das  zerrissene  Bild  und 
andere  Erzählungen"  erschienen  im  Jahre 
1904  in  Buchform. 

Ä.  0.  Müller.  1845.  Altmark.  1899  einge- 
wandert. Leiter  des  deutschen  Unterrichts 
an  den  deutschen  Schulen  in  Davenport.  Im. 
„^lüllerlieder".  Hiifjo  Miui.sterb(  rg.  18(j:}. 
Professor  an  Harvard.  ]Mass.  Psychologi- 
sche und  ethische  Arbeiten.  Gedichte,  hei-- 
ausgegeben  unter  dem  Pseudonym  Hugo 
Terberg.* 

Gotthold  Aiigitsf  yo  lf\  New  York.  lS(i(i. 
Geistlicher  in  Ellenville.  N.  V.  Heraus- 
geber von:  ..Im  Lande  des  Sternenban- 
ners", „Primula  veris"  und  vieles  andre.* 
Pastor  Neef  starb  am  20.  Juli  1909. 
Nicolaus  Jr)h(i)uies  Otto,  Filsch  bei  Trier, 
1871.  wanderte  1895  aus.  katholischer 
Geistlicher   in    Chicago.      ..Stille   Weisen". 

Jos( ph  Bainer,  Kaltem.  Tirol.  1845.  kam 


18(57  nach  Amerika,  seit  1887  Rektor  des 
Salesianum.  d<'s  bekannten  Priester-Semi- 
nai's  in  St.  Francis.  Wis.  Wurde  1904  zum 
Ilausprälaten  Pins"  X.  ernannt.  „Jubel- 
klänge aus  Amerika",  Gedenkblatt  zum 
Papst.jubiläum,  und  andres.  Ernst  Richard, 
1859.  Bonn,  wanderte  188:i  aus,  Lehrer  an 
der  Cohuiibia  Cniversität  in  .New  York. 
..Alte    (Jeschichten    aus    dem    Mohawktal " 


Hl  NR^'   F.   URHAN. 

und  andres.  Mallliids  lüihr.  /«■iniiier  liei 
Trier.  184(i.  wanderle  18»)8  ein.  Kedakleur 
des  ..Volksfreund"  in  Buffalo.  N.  Y..  dann 
General-Agent  d<'r  ( Jeniiaiiia-iiebensversi- 
chennigsgesellscliaft  (lasell)st.  ..Am  Nia- 
gara", (instar  Iionnnd.  Königseggewald, 
\Vürttemberg.    wanderte    1877    ein.      .New 


392 


DEUTÖCHt:  DICHTKUNST  IN 


dichte.       Johamns     Krtisf     littthi  nstrinrr, 
tur.  1860.  8t.  Louis.  M.»..  katholi.sclicr  (icist- 
licIitT  in   Frederickstown.   Mo.     ..IiMliancr- 
.sommer"   und   andn-s.      Elisabeth    Rudolf, 
Dresden,     leht     in     lialtinioiv.       Gedichte. 
Friedrich      Ilditrich      Saun-,      Wiesl)aden. 
18«;!,  verlie-ss  Deutsehhind  1882.    Gediehte. 
Chniens  Auffust   Schlüter,   1837.   Nordkir- 
chen. AVestfahMi.  1872  eintrewandert.  l'far- 
rer  am  St.  Joseph   Hospital   in  Lancaster. 
Pa.     „Natur  und  Gnade".     Grorf/  M.   A. 
Schöner.  IStU.  Steinach.  Baden,  wanderte 
18J>0  ein.  katholischer  Geistlicher  in  Roches- 
tcr.  Pa.,  Sachverständiger  der  kirchlichen 
Architektur.     ..Deutsche  Weisen  aus  Ame- 
rika".    Heinrich    Christian    Strack,    1848. 
Keiskirchen,    nes.sen,    wanderte    1884    ein. 
Redakteur     des     ..Wasliington     Journal". 
Gediehte.    Johanms  WiUuhn  TJiciss,  18(53. 
Zelionopol.  ]*a.  Lutherischer  Geistlicher  in 
Los   Antreles.    Cal.   ..(Jeptlückt    am    "Wege" 
mit   Zeichmnigen   des   Verfassers.    ..In   der 
Feiei-stunde"  und  andres.     Martha   Toeii- 
Jitz.  1872,  Breslau.  Gattin  des  Arztes  Di-. 
Ma.\    Toeplitz.    lelit    in    New    York.      Ge- 
dielite.      Carrie    Freifrau     von     Vcltheini- 
Ilülse,  Beirut,  Syrien,  lebt  in  Berkley,  Ca- 
lifornien.       Gediehte  *       (ic<tr<j     Siflcester 
Viereck,  1884,  ^München,  seit  1897  in  Ame- 
rika.    „Gedichte"  und  vieles  andre.*     Jo- 
hann Bernhardt  Vinckc,  1854.  Ileede  a.  d. 
Ems,  kam  1873  nach  Amerika.    Verlor  sein 
Lelx'ii  beim  Unterganir  der  ..Elbe"  am  30. 
Jaiuiar  1805.     Gedichte.*     Hermann   Wei- 
gand,   1858.   Halbei-stadt.    wanderte    1887 
aus.      Geistlicher.     Gedichte.     Carl   Chris- 
tian   Wendel,  1857,  Bierstedt  bei  Wiasba- 
den,   lebt  in   Brooklyn.     Gedichte.*     Paul 
Wienand,  1857,  Zellin  a.  d.  Oder,  1869  aus- 
gewandert.     Prediger   der    deutschen    ref. 
Christus-Kirche    in    Brooklyn.    N.    Y.     Ge- 
dichte.    Stanislaus  vo)i    Wiszcewsly,  1875. 
Stolp  in  Ponunern.  lebt  in  New  York.    Ge- 
dichte. Friedrich  A.  M'ifneken,  1866,  Ober- 
schlesien, lebt  in  San  Francisco.     Gedichte. 

Georg    von    Skal    wurde    in    Posen    im 
Jahre  1854  geboren,  ehemaliger  deutscher 


DEN   VEREINIGTEN  STAATEN. 

York.  (ieriiiania-Lebensversicherung.  _  Ge-y 
Offizier;  wanderte  1876  aus.  Versuchte 
zuerst  auf  mannigfache  Weise  sein  Heil  in 
iWv  neuen  rmgebung.  wurde  dann  Redak- 
teur der  New  Yorker  Staats-Zeitung,  spä- 
ter Rechnungskommis.sär  der  Stadt  New 
York.  Vertreter  des  Berliner  Lokalanzei- 
gers und  nerausgel>er  der  Zeitschrift 
..America".  Hervorragender  Redner.  Ge- 
dichte. Skizzen  etc.  ..Das  amerikanische 
\'o]k"  und  vieles  mehr.* 

Hugo  Bcrtsch,  1851.  ]\Iai-garethcnhausen 
im    Schwarzwald ;    lebt    als    Kürschner    in 


ALBERT  PULVERMACHER. 

Brooklyn.  N.  Y.  ..Die  Geschwister"  und 
andres.  Rudolf  Cronau,  Solingen.  1855, 
lebt  in  New  York.  Bekannter  Rei.sen- 
der  und  Vortragskünstler.  ^litarbeiter 
an  zahlreichen  bedeutenden  Zeitschriften. 
,.Tm  wilden  Westen"  und  vieles  mehr, 
Ernst  Freijhurger,  Karlsruhe.  1858.  wohnt 
in  New  York;  Redakteur.  Erzählungen 
und  andres.  P.  Hann,  Horiz  in  Bihiiien, 
1855,  wohnt  in  New  York.  ..Anspruchs- 
lose  Geschichten"   und   andre;.      Theodor 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


393 


Hoster,  Winnweiler,  Rheinpfalz,  1854  ge- 
boren. Früh  ausgewandert,  lebt  in  New 
York.  Herausgeber  des  „Scientific  Ame- 
rican". Emil  Klässig,  1881  in  New  York 
geboren,  sehrieb  Skizzen  und  andres.  Vitiis 
Völkel  wurde  im  Jahre  1849  in  Wirsitz  in 
Posen  geboren,  wohnt  jetzt  in  New  York. 
„Aberglaube  und  Bilder"  und  andres 
mehr. 


Rei.sebiklern  aus  der  alten  Ileimath.  Skiz- 
zen über  bedeutende  Frauen  und  andres 
mehr.  Albert  Pulvermaehtr,  1866  in  Hrom- 
berg  geboren,  studirte  zuerst  Medizin, 
machte  später  philologische  und  litterari- 
sche Studien.  War  eine  Zeit  lang  in  Paris 
j\Iax  Nordaus  Anmnuensis;  wanderte  1892 
aus.  Nacheinaiuler  am  ..Pittsburger  Volks- 
blatt",  der   ..lIol)okener   Al)endpost"    und 


ADOLPH  SCHAFFMEYER. 


V 


Henry  F.  Urban,  in  Berlin  geboren. 
Humorist  und  Satyriker,  ein  Nachkomme 
von  Johann  Heinrich  Voss.  Mitarbeiter 
an  vielen  bedeutenden  Zeitschriften  in 
Deutschland  und  Amerika.  ..Im  Dollarlan- 
de". ..Maus  Lula"  und  vieles  andere 
mehr.*  Marie  Jüssen,  in  ]\Iadison.  Wis- 
consin, geboren.  Seit  1904  Redactrice 
der  ..Deutschen  Hausfrau"  in  Mil- 
waukee.       Verfasserin     einer     Reihe     von 


dem  .,Xcw  Yorker  Morgen-Journal"  thätig, 
wurde  er  1897  Redakteur  und  Dramaturg 
der  „New  Yorker  Staats-Zeitung".  Sinn- 
sprüche und  andres*.  Frau  Louise  Lübbe, 
in  der  Altmark  geboren,  le])t  in  Chicago 
Verfas-serin  zahlreicher  Novellen  und  Ge- 
dichte. Adolf  Sehaff'meijer,  wohnt  in  New 
York.  Redakteur  der  ..New  Yorker  Staats- 
Zeitung".  Verfa.sser  mehrerer  bedeuten- 
der Romane,  sowie  der  mit  gro.s.sem  Erfolge 


894 


DKrTSfUK   l>h  IITKCNST   IX  DKN   VKKKINIGTEN  STAATEN. 


{;('<.'('h('iii'li    DiiiiiH'ii  :    ..\)rv     IliTi-     l'ücoii". 
,.Khrlicln'  .Mcnsclicn"  uiul  aiulrrs. 

JfiniKiini  Ah.rnn<l<r.  (irüiulcr  (U's 
iiiifaiiirs  <It's  .lalircs  llKiü  rin«rt'^an fernen 
„KcIki"  in  N't'W  V«ti*k.  (h-r  sich  seihst  in  fol- 
fr«'ntlri-  Weis«'  si'hihh'i-t  :  ..In  l'oiiiiiii-i  n  ire- 
hon'ii  vor  rüiifuiulvitTzigr  Jahri'ii.  Hcsudite 
die  (Jyninasicti  in  Stolp  uiul  Daii/i«;  und 
hatte  eine  Zeit  lan^'  die  Ahsielit.  TheohtjJrio 
zu  studiren.  Ks  schien  niii'  nach  reitiicher 
l'ehei  leirun«:  indessen  hesser.  als  Schi'it't- 
stelh'i-  die  Welt  aus  den  Anj;elii  /u  liehen. 
Sic  hlieh  aher  drin,  ohwold  ich  zu  dem 
/wecke  im  .lahre  1S81  speziell  nach  .\iiic- 
rika  kam.  liier  t'ühi'te  mich  sein-  hald 
mein  Kismet  der  Tajrespresse  zu.  Ich 
wuchs  mit  (h'm  ..New  Yorker  Herold"  auf. 
arl)eitete  mieh  zu  h'itender  Stelluuir  empor 
und  schied  nach  nahezu  zwanziir.iährijici- 
Thäti<rkeit  von  (h-r  Stätte  einer  Wirksam- 
keit, der  meine  tranze  Lielte  gdiört  hat. 
(irüiKh'te  (huui  ein  ei«renes  Hlatt.  (his  .\e\v 
^'|>ri<c|•  ..Mcho" ".  heute  im  siehenten  -lalire 
sein«'s  Hesteliens.  \V;is  ich  von  meiner 
früliesten  Kiiuh'i'zeit  an  je  fresündi^t.  hahe 
ich  als  (Icutschii-  Zeit  un^sherausy;el)ei' 
reichlich  al>«rehüsst.  (ieschriehen  hahe  ich 
ausser  einem  halhcn  hundei-t  kleinerer 
Skizzen  nur  i'iiic  auch  nicht  sehr  srrosse 
Novelle,  die  mir  heute  laujtre  nicht  mehr  so 
sehr  iniponirt.  wie  in  der  Stunde  ihrer  Ge- 
hurt. (Jedichtet  hahe  ich  meistentheils  nur 
Karnevals-l'oesie  und  die  dichte  ich  noch. 
Hermann  Alexander." 

Einer  der  herufensten  unter  den  dcul- 
schen  Dichtein  und  Schriftstellern  unserer 
neuen  Ilcimath  war  zweifellos  Holti  il 
Iidizd.  der  wohl  eine  kurze  Würdi^'uu«:? 
viidicnt.  Kr  war  am  '21.  danuar  1S41>  zu 
\V«'ilenau  im  Schwarzwald  gehören.  Kr 
verlor  friih  die  .Mutter,  mit  dem  \'atcr 
verhand  ihn  nicht  viel  (}emeinsames.  Zum 
Theoloiren  hestiiumt.  hezo^  Rohert  Reitzel 
die  Fniversität  IIeid(>lherir.  Im  Jahre 
1870  kam  er  nach  .\merika  uiul  schlui? 
sich  mühsam  als  ..(irüner"  mit  allen  Arten 
von  Heschäfti'.''un^eii  durch.     Die  dahei  ire- 


sammeltcn  Krfahrun^en  verötf entlieht*'  er 
später  im  ,, Armen  Teufel"  unter  dem 
Titel:  ...Mx'uteuer  eines  Grünen."  Unab- 
hän^n^'keit  imd  Leidenschaft  für  die  Frei- 
heit sind  di<'  Fundamente  des  Charakters 
von  Keitzel.  Sic  hrachten  ihn  in  Kontlikt 
mit  der  Kiiche.  Das  Knde  war.  dass  er  den 
Talar  jranz  auf  die  Seite  lei;tc.  Kr  hefrann 
ein    AVandeilchi  n    als    ..Iveisercdncr ".       In 


DR.    WILLIAM    L.    ROSENBERG. 

Tunivereineu  und  radikalen  Ge.sell.sehaften 
war  er  sehr  helieht. 

Tu  Detroit  wurde  es  ihm  Ende  1SS4 
durch  Heihilfe  von  Freunden  luöirlich  ^e- 
iiiacht.  ein  Hlatt  herauszujtrehen.  ,,Der 
Arme  Teufel":  erste  Nummer  erschien 
am  (1.  Dezemher  1884.  „Der  Arme  Teufel" 
war  nicht  nur  hi'lieht.  er  wurde  gelieht, 
und  jede  Nummer  wurde  freudig  erwartet. 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN   VEREIN ICTEN  STAATEN. 


395 


Reitzel  schrieb  iiielit  luu-li  (Miiem  Pro- 
gramm; er  gab  sieh  selbst  und  viele  fan- 
den,   es   sei    das   sehüner   und   grösser   wie 


eiu      I*rogrannn. 


Er      vermittelte      den 


Deutsch-Amerikanern  die  Literatur  des 
Jüngsten  Deutsehland:  Karl  Plenkell,  J. 
H.  ^laekay,  AVedekiud,  Hauptmann.  Auch 
machte  er  sie  mit  amerikanischen  Denkern, 
wie  Emerson  und  Thoreau.  bekannt.  Seine 
eigene  Prosa  ist  wohl  die  beste,  die  in 
Deutsch-Amerika  geschrieben  worden  ist. 
Aber  er  wollte  nicht  nur  ein  Schöngeist 
sein ;  ül)er  Allem  stand  ihm  der  Kampf 
für  die  Freiheit,  und  zwar  nicht  für  die 
phrasenreiche  ..politische  Freiheit".  Die 
genügte  ihm  nicht.  Er  wt)l)  sich  sein 
eigenes  Freiheits-Ideal. 

Unheilbare  Krankheit  warf  Reitzel  Jahre 
hindurch  auf  das  Schmerzenslager.  Aber 
ob  er  auch  physisch  schwer  litt,  seinem 
„A.  T."  erhielt  ei'  doch  den  alten  Humor 
und  die  .junge  Frische.  Am  81.  März  1898 
starb  Reitzel  in  Detroit. 

Karl  Kiiicp.  Xcwfirk.  X.  J..  geboren  am 
6.  Oktober  1845  zu  Hannover,  seit  1866  in 
Amerika.  Gründete  in  Xewark  ein  Engros- 
Geschäft.  Verfasser  der  Begrüssungs- 
Hyiinie  zum  21.  Xational-Sängei-fest  und 
der  Gedichtsanniilung  ..Durch  Sturm  und 
Sonnenschein  in  vierzig  Jahren." 

ir.  L.  lioscnberg.  geboren  10.  Januar 
1850  in  Deutschland.  (Westfalen)  von 
lutherischen  Eltern.  AVar  als  Lehrer  des 
Lateinischen  lange  Jahre  tliätig,  schrift- 
stellerte  dazwischen  und  liess  seine  ersten 
Gedichte  im  Jahre  1880  in  Frankfurt  a.  AI. 
erscheinen..  AVanderte  im  Jahre  1881  nach 
den  A^r.  Staaten  ein.  warf  sich  hicn-  auf 
das  Studium  der  Xational-Oekonomie  und 
nachdem  er  in  Hostcm  zwei  Jahre  als  Lehrer 
angestellt  gewesen,  ti-at  er  ins  politische 
Zeitungsfach  über,  zuerst  in  Ciiicngo.  dann 
in  Xew  York,  später  in  {Mnciiuiati  und  vom 
Jahre  1898  ab  in  Cleveland.  wo  er  im  Jahre 
1901  eine  Anstalt  für  Sprachgebrechen  und 
geistig  zurückgebliebene   Kinder   eröffnete. 


Seine  Begabung  für  dii'  Bühnendich- 
tung bewies  H(»senbei-g  (hin-li  mehrere 
Werke.  ..('ramblcton "  (isti!));  ..Auf  der 
Aloralwoge" ;  ..Der  Fiiedensstifter"  und 
„Der  Ileld  von  San  Juan  Hill"  sind  die 
Titel  einiger  seint^-  di'aiiuitischen  Erzeug- 
nisse, welche  den  allgemeinen  Beifall  der 
Zuhörer  fanden.  In  ;ill  diesen  Werken  be- 
handelt der  Dichter  soziale  Tliemata  mit 
einem  ]).sychologischen  rntergriuide.  Ho- 
senberg, der  viel  gereist  und  ein  überreiches 


HLHMANN   .ALEX.ANDF.R. 

Leben  hinter  sich  hat.  ist  luizweifelhaft 
einer  der  vielseitigsten  Schriftsteller  der 
deutsch-amerikanischen  Literatur.  Seine 
Erzählungs-Sanunlung  ..Aus  dem  Reiche 
des  Tantalus"  (ISSS.  /iiii.-li>  f;ind  irrossen 
Anklang. 


Seit  fast  vier  Jalirlninderli'ii  fliegt  nun 
ununterbrochen  der  dentsdie  Gei.stesfunke 
hinüber  nach  der  neuen   Weit,  die   längst 


396 


DKUTSCHK  DICHTKUNST  IN  DEN  VEREINIGTEN  STAATEN. 


keine  neue  mehr  ist.  Dn  ist  es  nicht 
zu  verwundern,  da.ss  deut.sehes  Ilandleln 
und  Denken.  Wirken  und  Empfinden,  ein 
starker  Faktor  im  amerikaniselien  Leben 
wurde.  Xoeh  «rrösser  als  er  bereits  ist,  sollte 
er  freilich  werden,  wenn  der  Deutsche  seine 
allzuirros.se  Bescheidenheit  abwürfe.  — 
l'nd  docii.  trotz  iliescr  scheuen  Zurück- 
haltung ist  die  dcutsclie  Dichtkun.st  nuith- 
voll  auf  dem  ihr  unirünstiurcn  Boden  Ame- 


rikas emporgeblüht.  ]\Iag  auch  die  über- 
reiche Schaar  deutscher  Autoren  in  den 
Vereinigten  Staaten  Sterne  allererster 
Grösse  unter  den  Ihren  zählen,  so  ist  das 
ehrliche  Ringen  auch  der  bescheidner  Be- 
gabten, gewiss  mit  grösster  Genugthuung 
zu  betrachten,  denn  sie  sind  die  treusten 
Wahrerdeutschen  Empfindens,  die  Banner- 
träger deutscher  Ideale  auf  fremdem  Bo- 
den, diese  deutsehen  Dichter  in  Amerika. 


DEUTSCHE  DICHTKUNST  IN  DEN   VEREIN  IGTEN  STAATEN. 


W, 


UDO  BRACHVOGEL. 
Deutsch-Amerikas  groesster  Balladendichter. 


Udo  Brachvogel  ist  eine  der  bekanntesten 
litterarisehen  Persönlichkeiten  Deutsch- 
Amerika 's.  Er  wurde  im  Jahre  1835  ge- 
boren, hat  sich  aber  die  ewige  Jugend- 
lichkeit des  Poeten  gewahrt. 

p]r  studierte  die  Rechte  in  Jena  und 
Breslau,  gab  in  Wien  ein  Bändchen  viel- 
versprechender „Jugendgedichte ' '  heraus 
und  kam  in  1866  nach  den  Vereinig- 
ten Staaten,  wo  er  eine  Zeitlang  ^Mitredak- 
teur  der  „Westlichen  Post"  in  St.  Louis 
war  und  später  die  Redaktion  des  seiner- 
zeit blühenden  „Belletristischen  Journals" 
in  New  York  übernahm,  in  dem  viele  seiner 
Gedichte  erschienen  sind. 

Der  jüngeren  Generation  ist  er  am  bes- 
ten als  Prosaist  bekannt.  Sein  Roman 
„King  Corn",  der  bereits  verschiedentlich 
in  Zeitungen,  aber  nie  in  Buchform  erschie- 
nen ist,  schildert  die  Beziehungen  des 
Menschen  zur  Erde  mit  einer  Intimität,  die 
an  Zola 's  gewaltiges  Werk  ,.La  Terre"  er- 
innert. Ein  weiterer  Roman  von  Bedeu- 
tung ist  „Irregang  auf  der  Prärie".  Be- 
sonders kraftvoll  ist  in  dieser  Erzähliuig 
die  Beschreibung  eines  Blizzard,  wie  auch 
in  der  Poesie  die  grossen  Regungen  der 
Natur,  die  Feuersbrunst  und  der  Orkan  zu 
den  Lieblingssujets  des  Verfassers  gehören. 
Es  verdient  der  Erwähnung,  dass  Brach- 
vogel es  war.  der  Bret  Harte 's  erste  Arbei- 
ten in 's  Deutsche  mustergültig  übersetzte, 
wie  er  überhaupt  ein  meisterhafter  Ueber- 
setzer  ist.  Zum  Dank  hierfür  und  in 
warmer  Anerkennung  seiner  Verdienste  hat 
ihm  der  Amerikaner  seinen  ersten  grösseren 
Roman  als  ..Udo  Brachvogel,  Esq."  zuge- 
eignet. Ferner  verdient  hier  noch  bescm- 
derer  Erwähnung  die  ergreifende,  in  Ver- 
sen geschriebene  ,, Novelle  der  Künstlerin". 

Brachvogel's  Poesien  liegen  unbegreifli- 
cher W^eise  nicht  in  Buchform  vor.  Doch 
selbst  auf  die  wenigen  in  Anthologieen  ent- 


haltenen Proben  hin  erklärt  ein  Kritiker 
vom  Rufe  eines  Carl  Busse  Udo  Brachvogel 
für  den  bedeutendsten  deutsch-amerikani- 
schen Dichter.  Wie  weit  dies  zutrifft,  kann 
die  Kritik  erst  entscheiden,  wenn  der 
jugendfrische  Greis  seine  Gedichte  gesam- 
melt herausgegeben  hat.  Doch  nach  den 
Manuskripten  und  Ausschnitten,  wcldie 
der  Dichter  liebenswürdigst  zur  Verfiigiuig 
stellte,  ist  es  unzweifelhaft,  da.ss  wir  ihm 
den  Lorbeerkranz  unseres  grössten  Halla- 
den-Dichters nicht  vorenthalten  köjincn. 

Er  hat  Verve,  Farbenpracht,  Musik.  Bil- 
der, wie  kein  anderer  unserer  Poeten.  Seine 
Lehrmeister  waren  Rückert  und  Freilig- 
rath,  denen  er  ein  würdiger  Schüler  ist. 
Für  ihn  ist  die  Sprache  ein  Toninstrument 
und  eine  Palette.  Er  macht  die  gewagtesten 
Experimente  oft  mit  grossem  Erfolg. 
Allerdings  muss  gesagt  werden,  dass  sein 
Gefühl  für  das.  was  schön  klingt  \uid  sich 
farbenprächtig  ausnimmt,  gelegentlich  sein 
Sprachgefühl  überwiegt.  In  dem  Bestre- 
ben, nie  dagewesene  Effekte  zu  schaffen, 
wird  das  kunstvolle  Schnitzwerk  manchmal 
zur  Schnörkelei,  die  Kunst  erkünstelt.  Doch 
das  ist  bei  dieser  Dichter.schule  unvermeid- 
lich und  bei  Brachvogel  durch  den  Erfolg 
glänzend  gerechtfertigt. 

Er  ist  bewusster  in  seinen  künstlcrisclicn 
Absichten,  als  irgend  ein  anderer  deut.sch- 
amerikanischer  Dichter,  er  grübelt  oft 
Tage  lang  über  einem  W^orte  nach,  denn  er 
wei.ss,  dass  es  in  jedem  Falle  innner  mir 
ein  Wort  giebt,  das  das  richtige  ist. 

Wäre  Brachvogel  nur  gross  in  äusserlich 
künstlerischen  Effekten,  so  wäre  das  aner- 
kennenswertii  genug  und  würde  ihn  hoch 
über  das  Heer  der  meisten  unserer  Poeten 
stellen.  Denn  die  Form  —  parado.x  wie  es 
kling«'!)  mag  —  ist  die  Seele  der  Kunst. 
Brachvoirel  hat  der  Seele  audi  einen  Kör- 
per   gegeben.       Seine    Stiiiimungi'n.    seine 


398 


ItKrTSlUK   I>I<  IIIKINST    IN   DKN    XKKKINKiTKN   STAATKN. 


Sujfts  sind  «'ijrt'iiartiir  und  |>;ickt*ii(l.  Ks 
sind  nur  ^moss«-  niäclitijrt'  Thcinata.  meist 
mit  :mtik«'m.  Iiistorischcni  nint<M-«;rund. 
dir  ihn  Jinzirlicn.  d«  r  lii-.ind  I^oms.  l*«M*se- 
polis.  Ljikrrtia.  Ilaninhai.  Na|)(»lt'nn  und 
Kh'opatra.  Mit  kühnem  (Jritl'  wählt  rv  das 
riclitiirr  .Moment  im  Lehen  seiner  Ilehli'ii. 
in  «rluthyitUe  Vei-se  kh'i(h't  er  sein  Lied. 

Ks  ist  katnn  möirlicli.  dem  Diehtei-  in 
dem  l\ahmen  diest-s  kurzen  Aufsatzes  ge- 
?-ei-ht  zu  wi'iden.  Es  erseheint  nur  statt- 
haft, einifje  seiner  hedeutendsten  (iediehte 
kurz  anzufüliren.  Da  ist  vor  alh-m  die 
meisterhafte  und  weithin  bekannte  S<'höp- 
funjr  ..Ktimische  Xaeht".  AVie  alle  Braeh- 
V()«rersehen  (Jediehte  ist  sie  verhältnissmäs- 
si«;  lanir.  I'nser  Uiehter  seheiut  eben  Poe 's 
Ansieht,  dass  ein  poeti.sches  Kunstwerk,  tun 
zu  wirken,  einer  s;ewis.sen  Länge,  von  etwa 
hunch-rt  N'ersen  l)edürfe.  zu  theilen.  Es 
lässt  sieh  manches  für  dieses  Prinzip  sagen, 
wenn  man  sieh  auch  der  Ansieht  nieht  ver- 
schlies.sen  kann,  da.ss  hier  und  da  die 
Längen  ein  wenig  ermüden,  dodi  trägt  uns 
bei  Braelivogel  die  gluthvoUe  Spraelie 
darüber  hinweg.  Des  Xero  bhmder  Lieb- 
ling liest  den  Virgil  ihm  vor. 

,.r><>cli  jiliitzlicli  schweigt  <les  Liel)lings  Stimme, 
llinül)  zum  Kaiser  sinkt  sein  Haupt  — 
„l'm.sonst  hier  brechen  meine  Schwingen, 
Sieh  vor  dem  Dichter  mich  vergehn, 
Soll  icli  sein  Lied  dir  würdig  singen, 

Miiss  ich  erst  Troja  brennen  seh 'n " 

Da  zuckt  es  um  des  Weltherrn  Stirne, 
„Dein   Wahnsinn,  Knabe,  sei  gestillt." 

Und  während  Ronui  in  Flammen  ver- 
sinkt, greift  der  junge  Sänger  zur  Leyer: 

„Jetzt    kann    ich    den    Vergil    versteh  "n. " 


Pyroteehnische  Effekte  sind  es  auch,  die 
der  Dichter  in  dem  wenig  bekainiten  .,Per- 
sepolis"  mit  gewaltiger  Kraft  zu  benutzen 


weiss,  wo  der  Ammonide  der  Hetäre  Thais 
verspricht,  im  Brande  der  Stadt  das 
Abendroth  noch  einmal  zurückzuzaubem, 
ehe  er  sie  verlässt. 

..riid  die   Krde  wir(l  erschrecken, 
Al)er  jauchzen    wird   dein   Herz." 

..Kosen  am  .Nil"  reiht  sieh  diesen  Gedich- 
ten würdig  an.  o})wohl  hier  die  Effekte 
manchmal  zu  sehi-  den  Eindruck  des  Ge- 
suchten machen.  Es  sind  aber  Zeilen  in 
dem  Gedichte,  die  einen  mit  Staunen  und 
Bewunderung  erfüllen,  würdig  der  Köni- 
gin, die 

.. — Rom  wohl  zweimal  trug  im  Haar 
An  einem  Feste  des  Anton." 

„Capua''  ist  in  der  Form  vielleicht  das 
gelungen.ste  der  Brachvogel 'sehen  Gedichte 
und  enthält  einige  neue  Effekte: 

„Die   trotz  'gen    Häupter,    welche 
Kein  Alpenschnee  verletzt, 
Schnee   der   Orangenkelche 
Beugt  und  begräbt  sie  jetzt." 

Wenn  Brachvogels  Gedichte  erscheinen, 
und  sie  müssen  erscheinen,  werden  sie 
nicht  verfehlen,  grosses  Aufsehen  zu 
machen.  Sie  haben  alle  einen  seltsamen 
Reiz,  eine  .starke  Individualität,  und  wir 
können  vielleicht  nicht  besser  thun.  als  mit 
ein  paar  Zeilen  aus  einem  Brachvogel'schen 
Gedichte  „Die  wohlriechende  Kerze"  zu 
schliessen.  die  den  grandio.sen  Flug  seiner 
Poesie  trefflich  charakterisieren: 

„Ich  seh  vor  mir  im  Myrtenschimmer 
Aus  meiner  Phantasien  Schacht, 
Aufsteigen  jene  alte  Pracht, 
Davon  das  Echo  wie  Gebet 
Um  ausgegrabne  Tempel  weht." 

G.  S.  Viereck. 


Deutsch-amerikanische  Dichtungen. 


AN  DIE   FKKUXDE,   WKU'HK   DION   GARTEN 
BESUCHEN. 

It'li  finde  in  der  weiten  Welt 

Nichts  denn  nur  Aufruhr,  Krieg  und  Streit. 

In   meinem  engen  Gartenfeld 

Lieh,   Friede,  Ruh   und    Einigkeit. 

^fein'    Blümlein  fectiten   niininerniclii-. 

Was  ilnien  alles  auch  geschieht; 

Sie  wissen  nichts  von  Gegenwehr, 

Kein  Waffen  man  da   jemals  sieht, 

Druml)'  acht  ich  ihr  (iesellschaft  hoch 

I'nd  hin  hei  ihnen  gern  allein. 

Gedenke  oft,  dass  Christi  Joch 

Will  ohne  Räch'  getragen  sein. 

Frait:  Dcuiirl  Pastorius. 


Wie  ist  mir  so  wohl. 

Wenn  ich 's  sagen  soll. 

Ich  kann  's  nicht  vor  Liebe  nennen, 

Was  in  mir  vor  Brunst  thut  brennen. 

Wenn   ich  's   sagen   soll : 

Ich  bin  der  Liebe  voll. 

Ich  bin  verliebt,  ich  kann  's  nicht  hehlen, 

0  reine,  keusche  Himmelsbraut! 

Ich  will  von  deiner  Lieb'  erzählen. 

Die  sich  mit  mir  im  Geist  vertraut. 

Denn  deine  Treu  hat  mich  bewogen, 

Dass  ich  dir  gebe  alles  hin: 

Du  hast  mich  ganz  in  dich  gezogen 

Und  hingenommen  meinen  Sinn. 

Conrad  Beissel. 


O  quälende  Liebe!     O  süsseste  Plag! 
Verkürze  die  Zeiten!   lass  kommen  die  Stund! 
Verlege,  verschiebe  nicht  länger  den  Tag, 
Denk  an  den  getreuen,  gnädigen  Bund, 
Und  mache  denselben  für  alle  Welt  kund! 

Johann  Kelj'ius. 


AN   MARIE. 
(Süd-Carolina   1849). 

Dein  Ring! — Das  ist  so  trüb  im  ^Menschenleben, 
Dass  sie  vergessen — nicht  im  Hader  scheiden. 
Nicht  missverstehend,  sich  bedächtig  meiden; 
Dass  sie  der  kleinen  ^fühe  sich  entheben. 
Der  besten  Lebensblume  das  zu  geben, 
Was  jeder  Halm  bedarf,  soll  er  nicht  leiden. 
Sic  soh'n,  wie  Jahre  tief  und  tiefer  schneiden. 
Wenn  Seelen  sich  nicht  mehr  und  mehr  verweben 
Sie  kennen  schon  die  reichen  Liebesgarben 
Und  lassen  Liebe  doch  verwelkend  darben, 
Nachlässig,   was  verbunden    war,   sich   trennen. 
Und  so  vergessen  Herzen,  sich  zu  nähren. 
Die  aber  können  sich  des  Grams  nicht  wehren. 
Die  das  Vergessen  nicht  vergessen  können. 

Franz  Lieber. 


FAST   ALLEIN    .Nocif. 
(Januar  1S77). 

^yie  oft  in  trautem  Freundeskreise, 
Vor  vielen   Jahren   da   und   dort, 
Verflog  die  Zeit  in  lieit 'rer  Weise 
Bei  Scherz  und   andi   hei   ernstem   Wurt ! 

Der  lieben  Menschen  waren  viele 
Mir  nahe  durch  ein  enges   Band: 
Wir  rangen  nach  dem  gleichen  Ziele. 
Wir   waren   eins   mit    Herz    und    Hand. 

Wo  sind   sie   hin,   fast   Alle,   Alle 
Mir  nun  entrückt,  doch  einst  so  nah? 
Bin,  der  ich  noch  auf  PJrden  walle. 
Bin   ich  allein,  allein  noch  da? 

So  fliegt  zu  längst  entschwund  'nen  Zeiten 
Mein  Geist  zurück  und  fraget  wohl. 
Ob  ich  allein  noch  länger  streiten 
Und  leben,  athmen,  streben  soll. 

Wann  wird   auch   meine  Stunde  schlagen. 
Der  ich  so  viele  scheiden  sah  ?  — 
Ich   werde  straucheln   nicht   und   zagen. 
Wenn  gleich  fast  nur  allein  noch  da. 

Ich  klage  nicht;  es  muss  vergehen. 
Was  ist,  —  verjüngt  muss  alles  sein, 
Lasst  Winde  meinen  Staub  verwehen. 
Ein  Andrer  uim.mt  die  Stelle  ein. 

Friedrich  Münch. 


FAHRT  AUF  DER  WESER. 

Motto:    Schau    um    dich   her,   du   siehst    in    weiten 

Fernen 
\ur   JVa.sser  und  des  Himmels  Spur, 
Doch  sehau  hinauf,  dort  über  jenen  Sternen, 
Dort  ivohnt  der  Vater  der  \atur. 

Rings   umwallt   von   weissbeschäumten    Wogen 
Und  vom  Hauch  der  Lüfte  fortgezogen, 
Gleitet  ruhig  schwebend  wie  der  Friede 
„Amphitrite' '. 

Und  nach  den  Wolken  streben  ihre  Masten, 
Tief  im  Räume  rulin  die  schweren  Lasten 
Vuii   in   Höh'  uml   Tiefe  winuneln   ihre 
Passagiere. 

Die  sich  an  des  Vaterlandes  Plagen 
Satt  geseh  'n   und  übersatt  getragen. 
Und  dem  Sclavenjoche  zu  entfbelien. 
Weiter  ziehen. 

Paul  Schmidt. 


400 


DKrTSCH-AMEKIKANISCHK   DK  ITirNGEN. 


KU     HIN     K    PRNNSYLVAENIER. 

Ich    hin   i-   l't'niisvKiiiiicr 

Driifl"   liiii    ii'li   stolz   un    fr.ili. 

Da»  Land  is  schö.  <1«'  Loiit '  sin  nett, 

IVi  Tst-hinks!   ic-li  mac-li '  sohior  en 'ge  Wett, 

'S  hiots  kl'  Laiul  iUt  Welt. 

Mir  stainmc  viiini  ilc  Di-utsrlu'  Irt, 
Druff  bin  ii'h  a  recht  stolz, 
Dil-   Dciitsrlie  sin  uTg  brave   Lcut, 
Sin  sj>arsani.  flcissiy  iin  j;f8uliout, 
yio  biet  ke  Volk  der  Weltl 

Da  jjnek   nur  ens  tlrn  (Jarte  an. 
Wir    l'cnnsylvänir   iiesst, 
Warlist  (lo  net  alles  sfhö  un  jjiit 
Viu\   hot  net   jeder  jj'sundes   Blut. 
'S  biets  kt'  ImimI  dir  WrU! 

Un  net  ailenig  uf  der  Erd ' 
Wachst  alles  schön  un  gut, 
A  drunne  gebts  so  viel  ihr  wollt 
Kohle.  Eise  —  nieh '  werth  wie  Gold. 
'S   liiets  ke  Land  der  Welt. 


Ludwig  August  Wollenweber. 


Da   lienimt  kein   Bergsturz,  kein  blinkender  See, 

Fern  grüsst  sie  im  Osten  das  Land, 

Die  .Niauern  der  Städte,  die  grüne  Höh' 

Umzieht  sie  mit  silbernem  Band. 

Durch  tobenden  Sturz,  durch  Höhlen  und   Nacht 

Bricht  sie  herrlich  und  strahlend  her, 

Sie  schaukelt  dii'  Brigg  und  die  tanzende  Yacht 

Mit  Schätzen  beladen  zum  Meer. 


So    auch     die     Menschheit,    durch     Kampf 

Schlacht 
Wird  sie  siegreich  zieh  'n   ihre  Bahn, 
In  der  Zukunft  frei,  in  Glanz  und  Pracht 
Vergisst   sie   den  Streit,   den    Orkan. 
Niagara 's  Donner  an   meinem   Ohr, 
Im    Herzen   die   Hoffnung  der  Zeit, 
So  brachen  gewaltsam   die   Worte  hervor. 
Die  ich    Euch,  ihr  Känipfer  geweiht! 

Caspar  Butz. 


ERINNERUNG. 

Der  Schein  und  Wirklichkeit  vereint, 
Der  Spiegel,  drin   das  Alte  .iung. 
Das  Todte  lebend  dir  erscheint, 
Er  heisst  Erinnerung. 

Karl  neiu.~en. 


und 


AM    NIAGARA.     (1852). 
(Unter  dem  Tafelfelsen). 

Vom   Fels«'n  sickert  es  tropfenweis 

In  langsam  einförmigem  Tact, 

Nur  vor  mir  schäumt  er  wie  siedendheiss 

Der  tobende  Kataract  — 

Hoch  oben  die  ragende   Felsenwand 

Ein  Baidat  hin  für  das  Haupt, 

So  sitz  ich,  den  (Jriffel  in  der  Hand 

Vom  N'ebi'l  des  Sturzes  umstaubt. 

Welch   ein   Dichtersitz!      Mir  zu   Füssen  liegt 

Die  sprudelnde   Wasserwelt. 

Uebcr  Klippen,  die  sie  im  Kampf  besiegt, 

Stürzt  sie  wild,  wie  ein  zürnender  Held. 

In   ewigem   Hingen,  in   stetem    Kampf 

Hat  sie  Bahn  bis  zum  Meer  sich  gemacht, 

Der    Nebelschleier   ihr   l'ulverdampf, 

Ihr  Tosen  der  Donner  der  Schlacht. 

Und   allein    im   wilden,   tosenden  Streit 
Sitz  ich  einsam   am   Felsenhang, 
Gedenke  des  grossen  Kampfes  der  Zeit, 
Den  gekämpft   wir  nun  schon  so  lang. 
Niagara 's   Lauf  und   der   Menschheit  Loos 
Ein  ewiger  Kampf  um  die  Bahn; 
Zur  Bahn  der  freien  Entfaltung  getrost 
Und    wild   str«>l)en   beide   hinan. 

Hernieder  stürzet   des  Stromes  Lauf 

Den  Felsen  mit  donnerndem  Krach. 

Hoch   sprudelt    der   (iischt.   die   Woge   wallt   auf, 

Dann  stürzt   sie  der  anderen   nach. 

Kein  Hemmen,  kein  Halte  n,  hinab  die  Bahn, 

Sie  trctzet  dem  hemmenden  Stein, 

TTnd  stolz  und  brausend  zum  Ocean 

Wälzt  sie  siegesgewiss  sich  hinein. 


UMWOELKTE    TAGE. 

Graiiuunflorte    Nebeltage, 
Wolil    und    Weh'    ist   eure    Trübe, 
Passt  so  gut  zu  meinem  Trübsinn, 
Passt  zu  meiner  toten  Liebe. 

Wenn  nur   nicht  die  böse  Sonne 
Dieses  traute  Düster  störte. 
Und    dem    nachterfüllten    Auge 
Seinen   Thränenflor  verwehrte. 

Sonne,  bist  so  bitterböse 
Mit  dem  beissend  scharfen  Lichte; 
Spottest  nur  mit  deiner  Helle 
Meiner   düsteren   Gedichte. 

Friedrich  Hassaureck. 


WUNSCH. 

Lasst  meinen  T>eib  von  Feuersgluth  verzehren, 
Wenn  iliin  entwichen   Leben   und    Bewegung! 
Mich  schaudert  vor  der  kalten  Gra besiegung 
Und  vor  dem  Loos,  die  Würmer  nur  zu  mehren. 

Gönnt  mir  zuletzt  des  Scheiterhaufens  Ehren! 
Gleicht  doch  der  (Jeist  auch  einer  Flammenregung, 
Die  freudig  loht  zu  hehrer  Weltausfegung, 
Wenn  Uebermuth  und  Knechtsinn  sie  verzehren. 

Die  Sonne  legt  allabendlich  sich  nieder 
Auf  jenen  Brandjifülil,  den  aus  Wolkenroth 
Der  flieh 'nde  Tag  aufschichtet  immer  wieder. 

Von  ihr  umleuchtet  lasst  nach  meinem  Tod 
Von   Feuersgluth   verzehren   meine  Glieder, 
Das  Gold  in  Gold  mein  Leib  zum  Himmel  loht. 

Eduard  Dorsch. 


DEUTSCH  AMERIKANISCHE  DICHTUNGEN. 


401 


DEN  TURNERN. 

Reckt  euch  und  streckt  mit  Macht — doch  geistig 
auch  müsset  ihr  ringen; 

Blosses  Klettern,  bedenkt,  habt  ilu  mit  Affen  ge- 
mein. 

AN    EINEN    SATYRIKER. 

Schwinge   die   Geissei   nicht   der  Satyre,   wenn   du 

nicht  Geist  hast ; 
Wolle  Mephisto  nicht  sein,  wenn  du  nur  Grobian 

bist ! 

AN    EINEN    „HUMORISTEN". 

So  mancher  dünkt  sich,  Humorist  zu  sein  in  Schrift 

und  Rede, 
Und    ist    doch    nur    zu    jeder    Frist     'ne    giftge- 

BchwoUne  Kröte. 

Otto  Brethauer. 


DAS    REICHSPANIER.     (1870). 

Willkommen,  schwarz-roth-weiss  Panier! 

Weh '  stolz  voran,  wir  folgen  dir, 

Zu  kämpfen  und  zu  siegen! 

Ein  blut  'ger  Lorbeer  schmückt  dich  schon. 

Voran!     Bald  wird  des  Franken  Thron 

In  Schutt  und  Trümmer  liegen! 

Auf,  auf  zum  Kampf  I     Die  Loosung  sei : 

Ein  ein'ges  Deutschland,  stark  und  frei! 

Was  wir  gehofft,  nur  still  gedacht. 
Des  Feindes  Spott   hat  's  wahr  gemacht : 
Es  giebt  ein  Deutschland  wieder! 
Kein   Preussen,    Baden,   Baierland ; 
Am  Rhein  wie  an  der  Nordsee  Strand, 
Allüberall  nur  Brüder. 
Auf,  auf  zum  Kampf,  die  Losung  sei: 
Ein  ein'ges  Deutschland  stark  und  frei! 

Ob  schwarz-roth-weiss,  ob  schwarz-roth-gold ; 

Das   Banner  Deutschlands  ist  entrollt 

Gefahr  mag  dräu  'n,  Verderben, 

Wir  achtens  nicht,  ziehn  in 's  Gefecht 

Mit  Sang  und  Klang  für  deutsches  Recht, 

Für  's  Vaterland   zu  sterben ! 

Auf,  auf  zum  Kampf,  die  Losung  sei : 

Ein  ein'ges  Deutschland  stark  und  frei! 

Friedrich  Otto  Dresel. 


AN     MEIN     VATERLAND. 

Kein  Baum  gehörte  mir  von  deinen  Wäldern, 
Mein  war  kein  Halm  auf  deinen  Roggenfeldern, 
Und  schutzlos  hast  du  midi  liinausgetrieben, 
Weil  ich  in  meiner  Jugend  nicht  verstand, 
Dich  weniger  und  mehr  micli  selbst  zu  lieben. 
Und  dennoch  lieb  ich  dich,  mein  Vaterland! 

Wo  ist  ein  Herz,  in  dem  nicht  dauernd  bliebe 
Der  süsse  Traum  der  ersten  Jugendliebe? 
Und  heiliger  als  Liebe  war  das  Feuer, 
Das  einst  für  Dich  in  meiner  Brust  gebrannt. 
Nie  war  die  Braut  dem  Bräutigam  so  theuer, 
Wie  du  mir  warst,  geliebtes  Vaterland! 


Hat  es  auch   Manna   nicht  auf  dich  geregnet, 
Hat  doch  dein  Himmel  reichlich  dich  gesegnet. 
Ich  sah   die   Wunder  süillicherer  Zonen 
Seit  ich  zuh'tzt  auf  deinem  Boden  sfan<l. 
Doch  sciiöner  ist  als  I'ahnen  und  ("itmnen 
Der  Apfell)aum   in   meinem    N'aterland ! 

Land  meiner  Väter!  länger  nielit  das  meine, 
So  heilig  ist  k<'in  Boden  wie  der  deine. 
Nie  wird  dein   Bild  aus  meiner  Seele  sehwinden, 
Und  knüpfte  mich  an  dich  kein  lebend   Band, 
So  würden  mich  die  Toten  an  dich  binden, 
Die  deine  Erde  deckt,  mein  Vaterland! 

O  würden  Jene,  die  zu  Hause  blieben, 
Wie  deine  Fortgewanderten   dieh   lielM^n, 
Bald  würdest  du  zu  einem  Heiehe  wer<len. 
Und  deine  Kinder  gingen   Hand  in  Hand, 
Und  machten  dich  zum  grössten  Land  auf  Erden, 
Wie  du  das  beste  bist,  o  Vaterland! 

Conrad  Krez. 


SONST    UND    JETZT. 

Einst   schweift   ich   im    Land   der   Romantik, 
Ein  irrender  Ritter,  umher. 
Bald  stritt  ich  mit  Bären  und  Drachen, 
Bald  fuhr  ich  in  's  leuchtende  Meer. 

Mit  Gnomen  versah  ich  die  Wälder, 
Mit  singenden  Nixen  den  Strand, 
Mit  tanzenden  Elfen  den   Mondschein  — 
Wie  hat  sich  das  Blättclien  gewandt.  — 

Fort  sind  die  phantastischen  Träume, 
Die  Ungeheuer  sind  tot ; 
Nun  kämpf  ich,  ein  deutscher  Philister, 
Den  Kampf  um  das  tägliche  Brot. 

Von  Grotte.  Hügel  und  Buschwerk 
Zog  längst  der   Kobold   aus; 
Zwei  muntere  .Tungen  rumoren 
Dafür  jetzt  durch  Garten  und   Haus. 

Und  singt  die  Mama,  so  hüpfen 
Sie  flüchtig  wie  Elfen  im  Moos; 
Wie  bricht  in  der  Badewanne, 
Der  plätschernde  Jubel  erst  los! 

Den  Zauber  der  Waldromantik 
Ersetzt   mir   des  Christbaums  Pracht, 
Wenn  aus  sechs  glückliciien  Augen 
Der  Himmel  entgegen  mir  lacht. 

Edmund  Märllin. 


VERGAENGLICHKEIT. 

Es  war  noch  nie  ein  Erdentraum 
Voll  Glück  und  Seligkeit. 
Der  sich   niciit  allzu  bald  vermischt 
Mit  Schmerz  und  tiefem  Leid; 
Der  sich  nicht  losriss  von  dem  Herz, 
Das  er  durch  Wahn  bethört, 
Und  das  die  wilde  Leidenschaft 
Dann  rettungslos  verheert. 


402 


DKrTSCH  AMKRIKANISCHE  DICHTUNGEN. 


Es  war  not-li  nie  tiii  trolics  Any, 

Das   TliräiK'ii    nidit    nft'iillt, 

l'nd   (U'sst'n   lii-it 'irr  Strahl   noch  nie 

Ein  Trauerflor  iiinliiiilt. 

Wir  8»'h 'n  die  schönste  Hliimo  blüh 'n  — 

Sic  wi'lkt  lind  ist  dahin;  — 

Wir   suchen   einen   Stern   und   seh 'n 

Nur    Nacht,    wo   er   einst    scliien. 

Es  war  noch  nie  ein  edles   Herz, 
Ein    (ieist    voll    Werth    uml    Kraft. 
Dem    für   sein    hohes   Streben    niciit 
Die  Welt  nur  I'ein  ^joschafft,  — 
^Vio  oft  verbirj^'t  ein  T>orbeerkranz, 
Der  hehr  die  Stirn   umflicht. 
Ein   ödes    Her/    und   einen    (Jeist, 
Der    in    X'erzweifluu!,'    bricht. 

Es  war  noch  nie  —  uml  wird  nie  seiu  — 
.■\nf    Erden   eine   Zeit. 
Wo  sich  von    W.mIiu   und    Leidenschaft 
Die    Menschheit    yanz   befreit. 
Wohl    wechselt    alles,   doch   es  wird 
Nur  schmider  Lüye   Kaub  — 
l'nd   weit    vom   Ziele  sinken   die 
•Tahrhunderte   in  Staub. 

Ailolith  WaUich. 


Ar.scIlIK!)     \()N      DKrTSCIILAND. 

„Wir  ztiyeii    hinali   den    Khein. 
Die   Andern   lachten   und   sangen, 
Doch  mir  die  Thränen,  die  Thränen  mir 
In    mi'ine    .\uyen    s|)ranfjen. 

Die   .\ndern  tranken   froh  den  Wein, 
Der   Eine,  der  sidilug  die  Zither, 
Mir  war  es.  als  s[irängen  die  Saiten  all', 
l'ml  der  Wein,  er  schmeckte  mir  liittor. " 

Adolph  Pitchner. 


A  rs  W  A  N 1 )  EK  EKS      SCHICKSAL. 

Wohl   mag  die  Jugend   sich   in   Hoffnung  wiegen, 
Die  ahnungsvoll,   wie   märchenhaft    Geläut 
In  Träumen  uns  auf  ödem  Pfad  erfreut. 
Wenn  wir  vom  Vaterhaus  ins  Weite  fliegen. 

Du  gehst  und  ringst,  um  spät  vielleicht  zu  siegen. 
War's  dann  dein  Himmel,  was  die  Fremde  beut? — 
Du  f l(di 'st  ilie  Heimat — ach!  und  kehrst  du  heut', 
Wo  schlägt  ein  Herz,  dich  warm  noch  anzu- 
schmiegen ?  — 

Ich  möchte  lieber  drum   im  A'aterland 
Sei's  nur  ein  engbescheiden  Eons  erwerben, 
Doch  mir  die  Se«-! '  im  Hauch  der  Heimat  baden. 

Als  schwer  mit  Schätzen  einer  Welt  beladen. 
Getrennt  auf  ewig,  dort  am  fernen  Strand, 
Sehnsinlit    im   Tbi/.n.  in  .lir   Knimdc  sterben. 

J  tili  US  Dresel. 


BAU     AUF     DICH     SELBST. 

Bau  auf  dich  selbst!       Verlass  dich  nie  auf  .\ndre. 
Dass  sie  des  Lebens  Last  dir  helfen  tragen! 
Des  Kindes  Fuss,  damit  es  sicher  wandre 
Von    Stuhl    zu    Stuhl,     muss    selbst     die    Schritte 

wagen. 
Dass  festen  Tritt's  es  einst  zu  gehen  wisse 
Und  man 's  nicht  stets  auf   Händen  tr:igen  müsse! 

Bau  auf  dich   selbst!    .Mit    Iroiiem   Selbstvertrauen 
Ergreift  der  Steuermann  des  Kuders  Speichen; 
Auf  eig'nen  .\rm  und  Scharfblick  muss  er  bauen. 
Will  er  im  Sturm  den   siclieiii  Tort  einreichen; 
Mit  Schiffbruch  aber  würd '  die  Fahrt   wohl  enden. 
Wollt  er  sich  bittend  erst  an  .Andre  wenden! 

Bau    auf    dich    selbst!      Die    Menschen     sind    gar 

wankend, 
Seh  'n  sie  das  Glück  von  dir  hinw eggezogen. 
Wie  mancher,  dir  sein  eigen  Wohl  verdankend. 
Hat  in  dem   rnglück  dich  \-erlassen  und  betrogen! 
Die  meisten  sind  ja  nur  voll   Lug  und  Tücke 
Und  fragen  nichts  nach  AndeiiT  (iesciiicke! 

Bau  auf  dich  selbst!   Trag  keines  Andern  Ketten, 
Ob  sie  vom   feinsten   (iolde   auch   getrieben. 
Kannst  du  dir  nur  die  eigne  Achtung  retten. 
Ob  Bettler,  bist  ein   Krösus  du  geblieben. 
Und  ob  vom  Schicksal   noch  so  schwer  geschlagen, 
Darfst   du   das    Haupt   doch   stolz  erhoben  tragen! 

August  Sfeinlciii. 


AN     DEN     LENZ. 

Rondeau. 

Du  holder  Lenz,  du  breitest  deine  Schwingen 
Nun  wieder  über  Feld  und  Fluren  aus, 
Und  im  Gefolge  eilest  du,  zu  bringen 
Den  Frohsinn  frisch  erneut  in  jedes  Haus. 
Verschwunden    ist    des    Winters    Wiiulgebraus. 
Und  in  die  freie  Luft  lockt  uns  hinaus 
Der  Vögel  Scliaar,  die  frohe  Weisen  singen. 
Der  Blumen  Pracht,  die  rings  umher  entspringen. 
Geschmückt  mit  Perlen  frischen  Morgenthaus. 
Dies   alles,    alles   konntest    du    vollbringen. 
Du  holder  Lenz. 

Drum  wollen  wir  erneut  dein   Loblied  singen. 
LTnd  für  den  ersten  frischen   Blüthenstrauss. 
Der  Vögel  erstes  Lied,  das  sie  uns  bringen. 
Durch  deine  Ciunst,  o  Lenz!  soll  laut  erklingen 
Ein  Lobgesang  heut  froh  von  Haus  zu  Haus 
Dem   holden  Lenz! 

Heinrich  A.  nultcrman». 


TUPAC     AMARU. 

Auf  den  Bergen  lohen  Feuer, 
Auf  den  Bergen  grau  und  nackt. 
Vom  Geklüft,  ein  Ungeheuer, 
Tobt   der   wilde   Kataract. 
Wie   Demanten    in    den    Fluthen 
I^litzt  der  grelle  Wiederschein, 
Und   der  Flamme  lichte  Gluthen 
Leuchten  weit  ins  Land  hinein. 


DErTSCII  AMERIKANISCH K  DK  HTrXC  KX. 


403 


In  dem  Staul».  in   dtii   ilic'  Wogen 
Beim  gewagten  Sprung  zersprülin. 
Spiegelt   sieh    ein    liegenliogen. 
Wie   beim   Abendsonneiiglüliii. 
Auf  den   Hergen   lolien   Feuer, 
Auf  den   Bergen  naekt  und  grau, 
Leueliten  auf  ein  alt  (ieniäuer, 
Hines   Inkatenux'ls   J^au. 

Wild    gespenstische    Gestalten 
Lagern   in  dem  Andenthal. 
Jede  Stirn  in  finstern   Falten, 
Jedes   Aug'   ein    Blitzesstrahl. 
In  des  Tempels  nuirschen  ^lauern, 
Halten   die   Kaziken   Kath. 
l'nd   die    Krieger   draussen    lauern, 
Mordgewohnt,  auf  blut'ge  That. 

In  dem  ernsten  Hänptlingskreise 
(Jleisst  der  goldnen  Krüge  Israelit, 
Drin  nach  hergebrachter  Weise 
Hold  der  (Jeist  des  ]\Iaises  lacht, 
Einer  hebt  sich  aus  der  Mitte 
Dessen  Haupt  die  Llautu  ziert, 
Wie  es  einst  der   Incas  Sitte, 
Als    das   Scepter    sie    geführt. 

„Freunde,  der  von  hehren  Ahnen, 
Euern   Fürsten   ich   entstammt, 
Kief  evich  ]wr  zu  meinen  Fahnen, 
Drauf  ihr  strahlend  Wappen  flammt, 
^lir  hat  das  Geschick,  das  herbe, 
Herrscherstab    geraubt    nnd    Thron, 
A'on  den  Bäubern  heischt  sein  Erbe 
Jetzt   der  Sonne  letzter  Sohn. 

„Abenteurer,   nngerufen. 
Brachen  sie  in  unser  Land, 
Stiessen  von  des  Thrones  Stnfen 
Seinen  Herrn  mit  frecher  Hand. 
Ohne  Hirten  ward  die  Heerde 
Leicht   der    Frevlen    Beutepreis, 
Beutepreis   die   Heimaterde, 
Beutepreis  der  Hände  Fleiss. 

„Die  den  Gott  der  Liebe  lehrten. 
Raubten  Glauben  nns  nnd  Gut, 
Die  wir  schier  als  Brüder  ehrten. 
Lechzten  schnöd '  nach  unserm  Blut. 
Fluch   und   Tod   der   fremden   Horde. 
Die  nns  knechtet,   unterdrückt. 
Die  nicht  schreckt  vor  feigem  Morde, 
Und  mit   Fesseln  uns  beglückt! 

,,Hier  stand  Yiracocha's  Bildniss 
In  des  Tempels  heil  'gem  Raum, 
Der  auf  C'hita's  rauher  Wildniss 
Meinem  Ahn  erschien  im   Traum. 
Der  ihm  Krieger  schuf  aus  Steinen, 
Ihm,  ein  Heiland,  half  zum  Sieg, 
Helfen  wird  er  jetzt  den  Seinen, 
Helfen  im  Vernichtungskrieg. 

„Seht,  dort  glänzt  sein  Regenbogen, 
]\reiner  Väter  Wappenzier, 
IIa.  der  Gott  ist  uns  gewogen, 
Auf   zum   Kampfe,   folget   mir. 
Auf   der   Sonne    Tempelstättcn 
Lacht   der  Freiheit   Morgenroth, 
Auf  nach  Cuzco,  sprengt  die  Ketten, 
Trinket   auf  der  Christen   Tod!" 


Also    sprach    mit    /cirnesgrollen 
Sprach    der   stolze    Inkaspross. 
Dem  das  Wort  wie  Donnerroileu 
Bebend  von  den  Lipjien  lloss. 
Jeder  greift  mit  Gier  zum  Becher, 
Wie  auf  Beute  stürzt  der  Weih', 
Cnd  im  ernsten   Kreis  der  Zecher 


Driilint    dei 


Hacheschrei. 


,, Fluch  und  Tod  den  Christen!  "  .schallt  es 
Laut  und  lauter  in  der  Rund'; 
„Fluch   und   Tod   den  Cliristenl"   hallt  es 
Ans    des    Felsenkindes    Muinl. 
Jauchzend   ziehn   hinan  die  Schaaren 
An  dem  steilen  Felsenhang, 
Zu  befreien  die  Stadt  tier  Laren 
Von   des   Fremdenjoches  Zwang. 

Bald   verstummet    in   der    Ferne 
Ihres   Racherufs   Choral, 
Freundlich  funkeln  hell  die  Sterne 
In  das  düstre   Andenthal. 
Auf  den  Bergen  glimmen  Feuer, 
Auf  den  Beigen  nackt  und  grau, 
Stille  ruhet  das  Gemäuer, 
Stille  ruht   aer   öde  Bau. 

Kara  Giorg  {Dr.  Gustav  Brühl). 


DEX  VETERANEN. 

Am    Gräberschmückungstag. 

Entrollt  die  Fahnen,  die  geweht  im  Krieg, 
Zerfetzt  von  Kugeln,  schwarz  vom  Pulverdampfe, 
Die  euch  vnrangeweht,  als  ihr  den  Sieg 
Errangt    im    rühmlichen    Befreiungskampfe! 

Schaart  um  die  Banner  euch  und  zieht  hinaus 
Zu  jener  Stätte,  wo  im  letzten,  süssen, 
Traundosen  Schlaf  vom  Kamjtfe  ruhen  aus 
Die  Kameraden,  um  sie  zu  begrüssen. 

Streut  Blumen  jedem  Tapfern,  der  da  gab 
Sein  Herzblut,  um  die  Union  zu  retten. 
Bekränzet   jedes    Freiheitsstreiters    Grab, 
Der  brechen  half  die  schwarzen  Sdavenketten! 

Doch  wenn  ihr  an  den  Gräbern  sie  geehrt, 
Die  sich  den  Dank  der  Republik  erworben, 
Dann  denkt  auch  jener,  die  am  öden  Herd 
Verlassen  und   in  bittrer  Not  gestorben. 

(iedenket  ihrer,  dass  in  eurer  Brust 
Sich  rege  das  (Jefühl  für  ihresgleichen, 
Dass  ihr  gelobt :   auch  »Ti'.s'.sr/i  Sdaven  musst 
Menschlich  die  Hand,  die  helfende,  ilu  reichen. 

ITnd    dann    begrabt    den    Hass!    Löscht    aus    den 

Brand, 
Den    Feige   neu   zu   schüren   nie  ermüdim; 
Ihr  Tapfern  reicht  den  Tapferen  di(>  Hand  — 
Die  Bruderhand  der  Norden  reich '  dem  Süden. 

Heinrich  Binder. 


CALIFORNIA. 

Warum  du  mir  lieb  wardst,  du  Land  meiner  Wählt 

Dich  liebt  ja  der  warme  Sonnenstrahl, 

Der  aus  Aeitherstiefe,  azurrein. 

Deine  Fluren  küsst  mit  goldenem  Schein! 


404 


DEUTS(  II  AMKRIKANISCHt:  DICHTUNGEN. 


Dich  liebt  ja  des  Südens  balsaniisehe  Luft, 
Die  im  Winter  dir  sclicnkt  dt-n  Hliithendiift, 
Deine  Feliler  si-lunüekt   mit  smaragdenem  Kleid, 
Wenn 's  friert  im  Osten  und  stürmet  und  schneit! 


Ob  auch  die  Heimat  noch  so  fern, 
Im   Herzen   steht  's  geschrieben  : 
Stets  leuchtet  uns  ein  jjolduer  Stern, 
Ihr   I.icd    ist    uns  geblieben! 


Dich  liebt  ja  das  Meer,  das  „Stille"  genannt. 
Das  mit   Silber  umsäumet   dein   grünes  Gewand, 
Das  ilich  sehützend  umarmt,  mit  sclnvellender  Lust 
Dich  wonniglich  presst  an  die  wogende  Brust!   — 
Wie  dein    Meer,  wie  der   Lüfte   Balsamhauch, 
Wie  die  Sonne  di<'h  liebt,  so  lieb  ich  dich  auch. 
Deine  Söhne  zumal  —  ihr  rasclu>s  Blut. 
Pulsierend  in   fri)hem   Lebensmuth, 
Deine  Töchter,  mit   Wangen  frisch  und  gesund, 
Die  Seele  im  .\uge.  zum  Küssen  der  Mund. 

Warum  du  mir  lieb  bist .' — Ni<'ht  ist  es  dein  Gold, 

Du  Land,  wo  die  westliche  Woge  rollt. 

Ich  wählte  zur  Heimat  diesen  Strand, 

Weil  ich  offne,  warme  Herzen  hier  fand. 

Weil  fremd  hier,  der  niedere,  kleinliche  Sinn, 

Der  nur  streikt  und  trachtet  nach  kargem  Gewinn, 

Weil  die  eigene  Kraft  hier  den  Mann  erprobt, 

Nicht  ererbtes  Gut  den  Besitzer  lobt. 

Eine  Welt  für  sich,  voll  Schönheit,  trennt 

Dich  die  hohe  Sierra   vom  Continent: 

Doch  schlugst  du  mit  eiserner  Brücke  den  Pfad 

Ueber  wolkentragender   Berge  Grat 

Und  täglich  vernimmst  du  am  goldnen  Port 

Von  den  fernsten  Gestaden  der  Völker  Wort. 

Du  bewahrtest  das  Feuer  der  .Tugend  dir, 

Den  Geist,  dem  Arbeit  des  Lebens  Zier, 

Der  wagt  und  ringet  und  nie  verzagt. 

Und,  wo  es  sich  zeiget,  das  Glück  erjagt. 

Ja!    ich  liebe   dich,  blühendes,  westliches  Land, 
Wo  die  neue,  die  schöne  Heimat  ich  fand, 
Wer  früge  wohl  noch,  der  ilich  Herrliche  sah. 
Warum  du   mir  lieb,  California? 

Theodor  Kirchhoff. 


DAS     DEUTSCHE     LT  ED. 

Blau    ist   der   Himmel,   lau   die  Luft, 
Man  hört  's  im  Wähle  rauschen. 
Die  Rose  sehnt  sich,  ihren  Duft 
Für    Lieder    auszutauschen. 

Aus  höchsten   Zweigen   schallt   herab 
Ein   tausendfaltig   Singen; 
Jed'  Vöglein  will  zur  Morgengab 
Sein   Liebesliedchen   bringen. 

Nestvögelchen    selbst    möchten    gern 
Die  kleinen  Schwingi-n   lüften; 
Es  locket  ja  von  nah  und   fern 
Aus  Büschen  und  aus  Lüften. 

So   (juillt's   auch   aus   der   Menschenbrust 
Beim    Frühlings- Auferstehen : 
Bald  klagt  es  leis  voll  süsser  Lust, 
Bald   braust's   wie   Sturmeswehen. 

Das  Lied  —  das  Lied  — das  deutsche  Lied, 
Gleich   ewig  frischen    Bronnen. 
Entströmt  es  heilig  dem   (Jemüth 
Voll   Macht,   voll   hoher   Wonnen. 


Schall ',  deutsches  Lied,  durch  alle  Welt, 
So  weit   die  Sonne  scheinet! 
Du  bist  es.  das  uns  froh  erhält. 
Als  Brüder  uns  vereinet! 

.Stark  ist  im  Kampf  der  deutsche  Mann, 
Hat   manchen  Sieg  errungen; 
Doch,  deutsches  Lied,  in  deinem  Bann 
Wird  jedes  Herz  bezwungen! 

Frisch  auf,  ihr  Sänger,  singet,  singt, 
Columbia  lauscht   den   Tönen! 
Wo  man  der  Freiheit  Banner  schwingt. 
Wird   man   den  Sänger  krönen. 

Ernst  Atito)i  Zündt. 


DAS     IST      EIN     SELIG      WANDERN. 

Das  ist  ein  selig  \>  andern! 
Der    Eine    folgt    dem    Andern ; 
So  geht  's  bergauf,  bergab.  — 
L^^nd  blüthest  wie  die  Ros'  du 
Doch   sinkest   in   den   Schoos   du 
Des  Tod  's,  —  ins  kühle  Grab. 

Dein  Dichten  und  dein  Trachten, 
Ein   Sehnen   war's,  ein  Schmachten; 
Ein  Ringen   für  und   für. 
Begeistert  Idealen 
Bist  du  gefolgt  —  nur  Qualen, 
Enttäuschung  wurde  dir! 

Du  hast   gelebt,  gelitten ; 
Im   Kampfe   mitgestritten. 
Weil  Unrecht  dich  empört.  — 
Nach  allem  Leid  und  Tvummer 
Sehnst  du  oich  nur  nach  Schlummer,  — 
Den  kein   Erwachen  stört. 

Das  ist  ein  ewig  Wandern ! 
Der  Eine  folgt  dem  Andern. 
Man  keucht  bergauf,  —  und  dann 
Bergab   geht  's   immer  schneller.   — 
Dein  Blick  wird  immer  heller :  — 
Dich  blendet  mehr  kein  Wahn! 

Hugo  Andriessen. 


EIN     GRUENER. 

Nicht  s'ammst  vom  Harz  du  oder  Schwarzwald 

Nicht  Vjeugte  dich  der  Alpen  Föhn. 

Du  bist  ein  Neuweltsohn,  dich  sandten 

Der  Alleghanies  wald  'gc  Höhn. 

Und  dennoch  blickst  du  auf  mich  nieder 

In  deinem  grünenden  Gewand, 

Als  kämst  du  eben  grün  von  drüben 

Wo  einst  auch  mir  die  Wiege  stand. 


DEUTSCH-AMEKIKANISCHE  DK  HTUNGEN. 


405 


Wie  Blut  umspielte  deine  Almen 

Der  Kothaut  Lagert'euergliit, — 

Es  wird  um  dich   verklärend  fliessen 

Der  Weihnaehtskerzen  Sill)ertlut. 

Sei  mir  gegrüsst.  Amerikaner, 

Vom   .Strahle   deutsehen   Lielits   geküsst, 

Wie  uralt  auch  dein  Landesstammliaum, 

Sei  mir  als  Grüner  froh  gegrüsst! 

Und    wo   V(uu   deutsehen   Wort   umklungen, 

Du  in  der  Armut  eugt-m  Raum, 

Wo  in  des  Keichthiims  gold  "nem  Prachtsaal 

Du  flammen  wirst  als  Weihnachtsbaum : 

O  mache  auch  den  letzten  Winkel 

Und  auch  das  letzte  Herz  erhellt, 

Im    Lichterglanz   der  alten   Heimat, 

Im    Huffnungsgrün    der   neuen    Welt! 

Doch  wo  umtost  von  fremden  Lauten 
Du  strahlen  wirst  im   Feuerkleid, 
O  strahle  ihnen  in  das  Herz  auch, 
Das  ganze  Herz  der  Weihnachtszeit! 
Und  wie  gering  und  ungeschickt  auch 
Der  Schmuck,  der  dir  beschieden  ist; 
Vergiss  es  nicht,  du  bist  ein  Grüner 
Und  darum  ein  Erobrer  bist! 

Ja,  ein  Erobrer  und  ein  Sieger, 

So  wandle  deinen  lichten  Gang 

Uns  aber  sei  und  bleib  auf  immer 

Ein  voller,  ganzer  Heimatklang. 

Was  mit  ins  neue  Land  wir  brachten 

Gemütvoll  tief  und  flammend  kühn, 

Das  lehr'  uns  wahren!      Des  zum  Pfände, 

Du  Grüner,  bleib  uns  ewig  grün! 

Udo  Brachvogel. 


AN        MEINE     KINDER. 

Hegt   die   deutsche   Sprache, 
Hegt  das  deutsche  Wort; 
Denn  der  Geist  der  Väter 
Lebt   darinnen   fort. 
Der  so  viel  des  Grossen 
Schon  der  Welt  geschenkt. 
Der  so  viel  des  Schönen 
Ihr  in 's  Herz  gesenkt. 

Was  ein  Lessing  dachte, 
Was  ein  Goethe  sang, 
Ewig  wird's  behalten 
Seinen   guten   Klang. 
LTnd  gedenk  ich  Schillers, 
Wird  das  Herz  mir  warm : 
Schiller  zu  ersetzen, 
Ist  die  Welt  zu  arm. 

Theuer,  meine  Kinder 
Sei  uns  dieses  Land; 
Doch  an  Deutschland  knüpfet 
Uns  der  Sprache  Band. 
Wahrt  der  Heimat  Erbe, 
Wahrt  es  Euch   zum   Heil ; 
Noch  den  Enkelkindern 
Werd'  es  ganz  zu  Theil! 

Wenn   dereinst  entfallen 
Mir  der  Wanderstab, 
Wenn  ich  längst  schon  ruhe 
In   dem   kühlen   Grab: 


Was  die  Gunst   der   Muse 
Freundlich   mir  beschied, 
Ehrt  es  meine  Kinder, 
Ehrt  das  deutsche   Li,-,] ! 

Pflegt   die   deutsche  Sprache, 
Hegt  das  deutsdie  Wort; 
Denn  der  Geist  der  Väter 
Lebt   darinnen   fort. 
Der  so  viel   des  Grossen 
Schon  der   Welt   geschenkt, 
Der  so  viel  des  Schönen 
Ihr  in  's  Herz  gesenkt. 

Friedrich  Carl  Castelhun. 


DIETRICHS      DIENSTWERBUNG. 

(Aus  König  Rothers  Brautfahrt.) 

Vervehmt  und  vertrieben 
Enterbt  und   entehrt, 
Ist  nichts  mir  geblieben 
Als  du   nur,   mein  Schwert! 
Du  Schwert  meiner  Ahnen, 
Das  Helden  bezwang, 
In  der  Hand  meines  Vaters 
Die   Herrschaft  errang, 
Dir,  hunischer  König, 
Sei's  künftig  geweiht! 
Für  dich  will  ich  's  schwingen. 
Für  dich  soll  's  erklingen 
Zu  jeglicher  Zeit. 

Den  Inseln  des  Meers  hat 
Geblitzet   dein   Stahl; 
Die   Feinde   am   Festland 
Zerstreute  dein  Strahl. 
Du  Schwert  meines   Vaters, 
Du  Stolz   seiner  Hand, 
Schriebst  scharf  seinen  Namen 
Auf    feindlichen    Strand; 
Errangst  ihm  den  Ruhm  in 
Unsterblichem   Sang 
Du  Freude  der  Feldschlacht, 
Du  Trost  auf  der  Deckwacht, 
Mit  dir  in  der  Thing-Acht 
Ist  niemals  mir  bang. 

Gefallen    in    Schlachten, 
Verschollen   zur   See, 
Ist  all  meine  Sippe 
Vereinsamt  ich  steh'. 
Mein  einziges  Erbe 
Bliebst  Siegbringer,  du! 
Und  du  wirst  noch  mein  sein. 
Legt  man  mich  zur  Ruh  . 
So  wie  wir  uns  beide 
Einander  geweiht  — 
Noch  in  spätesten  Tagen 
Wird  man  singen  und  sagen, 
Wie    wir    Schlachten    g,'schlagen 
Zu   unserer   Zeit! 

Eduard  F.  Leyh. 


LACHE! 

Tiefes   Leid    bleicht    deine   Wange, 
Und  dein   Blick  wird  täglich  trüber; 
Ruhig.    Freund;    wie  alles  Andre, 
Geht   dein   Leben   auch   vorüber. 


406 


DEUTSCH- AM  ERIKANISCHE  DICHTUNGEN. 


Tausondo  lu-lohtor  Körpor 
Kreisen    in    «lein    Woltt-nraiime; 
Sic   vorsoll  winden    und    ihr    Dasein 
Glich  nur  einem  kurzen  Traume. 

Gräm  '  dich  nicht,  der  Dinye  Kreislauf 
Kehrt  sieh  nicht  an  deine  Klage. 
Keines    Menschen    Denkerstirne 
Löst   des  Lehens  schwarze   Frajje. 

Keine   Thrän'   dem    Gegenwart 'jjen, 
Dem    Vergang 'nen    nnd    Zukunft 'gen. 
Merk',  am  schnellsten  naht  der  Erdqual 
Sohluss.  dem   lachenden   Vernunft 'gen! 

Karl  Kttortz. 


DIE     RACHE     DER     WAELDER. 

Des  Nachts,  wenn  die  Sonne  im  Meere  entschwand. 
Und  die  Wolken   im  .Sturme  jagen. 
Da  geht  in  den  Lüften  ein  Brausen  durchs  Land, 
Wie  geächteter  Rechte   Klagen. 

Aus  den  Catskills  kommt  "s.  wo  die  Eichen  wehn 

Aus  Pennsylvaniens   Gebreiten, 

Von  den  Tannen  von  Minnesotas  Seen, 

Aus  Texas'  waldigen   Weiten, 

Aus  den   Führen  und  Fichten  bricht  es  hervor 
In  Coloradas  Gesteinen, 
.Vus  den   Rotholzriesen   am   golil 'neu  Thor, 
.\ns  den  ('«'dern   in    Floridas   Hainen. 

.\us  Ost  und  West,  aus  Süd  und  Nord. 
Durch   Klüfte  und   Felsen   und    Felder 
Erschwillt  er  im  donnernden  Sturmaceord : ! 
Der  Racheruf  der  Wälder. 

„Wir  wuchsen  und  wuchsen  viel  tausend  Jahr 
Bei   der   Wildniss   rotem   Sohne; 
Wir  boten  ihm  Obdach  und  Waffe  dar, 
Und  lji«'be  ward  uns  zum  Lohne. 

Wir  sprossten  in  Frieden,  wir  grünten  in  Ehr', 
Wir  schützten  und  schirmten  die  Lande. 
Da  brachen  die  Bleichen  waldein  übers  Meer 
LTnd  lösten  die  lieiligen   Bande. 

Sie  danken  uns  Heimat,  sie  danken  uns  Herd, 
Die    Bleichen,   die    Feigen,    die    Feinen, 
Doch   d.-inkhis  verwüsten,  von    Habgier  verzehrt, 
Das  Mark  sie  von  Wäldern  und  Hainen! 

I'ns  Hüter  des  Hochlands,  uns  Wiichter  der  Seen, 

Der  Vorzeit  heilsj.endende  Erben. 

Sie  fällen  uns  herzlos,  in  frevlem  Vergehn, 

Um  Haufen  von  Gold  zu  erwerben; 

Doch  eh'  wir  zerbrodien,  .-ils  hbli.ses  Gut, 

Der  Habsucht  uns  fügen  zum  Dache, 

Hört.  Sturm,  uns,  und   Erde  und  Feuer  und  Flut. 

Euch  rufen  herl>ei  wir  zur  Rachel 

Ihr  seid   uns  Genossen   seit   ewiger  Zeit; 
Die  Urkraft  verlieh  euch  die  Waffen. 
Drum  sollt  ihr  Vergeltung  im  rächenden  Streit 
Am  Werk.'  der  Menschen  uns  schaffen. 


Was  immer  gezimmert   aus  unserm  Gebein, 
Der  Städte  Getürni  und  Gemäuer, 
Reiss  CS  ein,  du.  o  Sturm,  reiss  es  ein,  reiss  ein! 
Verzehre  in  Flamme  es  Feuer  I 

Die  Brücken  der  Ströme,  die  Schiffe  im  Meer 
Mit   unserm    Herzblut    errichtet. 
Verschling'  sie,  o  J'lut,  bis  Weile  und  Wehr 
A'erstrudclt,  verstrandet,   vernichtet! 

Verschütte,  o  Erde,  du,  Mine  und  Schacht, 

Die  unserm  Schose  entragen!   .  .  . 

Auf!   auf!    ihr  Genossen  der  Nacht,  zur  Schlacht, 

Bis  die  Werke  der  Menschen   zerschlagen!"  .  . 

So  hallt  es  und  schallt  es  im  nächtlichen  Chor 
Durch   Klüfte  und    Felsen   und   Felder, 
Vom  Hudson   landein  bis  zum  gold 'nen  Tor; 
Der  Schrei   der  geächteten   Wälder.  — 

Und  täglich  und  stündlich  erstarrt   uns  das  Blut, 
Wenn  neu  uns  die  Kunden  umwogen, 
Dass  Sturmwind   und   Erde,  dass  Feuer  und  Flut 
Die  Rache  der  Wälder  vollzogen. 

Konrad  Xiess. 


BUSCH     UN     SCHTEDTEL. 
(In   pennsylvanisch-deutscher   Mundart.) 

Dheel  Buschleit  hen  keen  Lusclit  darheem, 
Sie  hänkere  noch  der  Schtadt. 
Vor  mci  Dheel.  ich  hab  immer  noch 
Kee  Noschen  so  gehatt. 

'S  mag  gut  gennng  im  Schtedtel  sei'  — 
Geb'  mir  das  griene  Land; 
Do  is  nit  alles  Haus  un  Dach 
Net  alles  Schtross  un  Wand. 

Was  hat  mer  in   der  Schtadt  for  Freed? 
'S  is  nix  als  Lärm  un  Jacht, 
M'r  hot  kee  Ruh  de  ganze  Dag, 
Kee  Schloof  de  ganze  Nacht. 

De  Buwe  gucke  matt  un  l)lee(h; 
De  Mäd  sin  weiss  un   dinn; 
Se  hen  woll  scheene  Kleider  a '. 
'S  is  aber  ni.\-  recht  's  drin. 

De  Schtadtleit  sin  so  zimberlich; 
Se  rege  schier  nix  a'; 
Sie  brauche  net  ihr'  weisse  Hend. 
Aus  Forcht,    's   kummt   eppes  dra'! 

Mir  is  zu  wenig  Grienes  do, 

Kee  Blumen,  un  kee  Beem; 

Wann  ich    'n  Stund  im  Schtedtel  bin. 

Dann  will  ich  widder  lieem. 

Heinrich  Harbaugh. 


Al\S 


„AMERIKANISCHES    SKIZZENBUE- 
CHELE". 


Die  Kunst  macht  Fortschritt,  ganz  brillante 
Pianos  giebt 's  hier  mehr  wie  drauss; 
Gott  was  e  Land  for  Dilettante 
Vom  Tanzbär  bis  zum  weisse  Haus! 


DEUTSCH-AMERIKANISCHE  DIL  UTUNGEX. 


407 


Wie  glorreich  siu  doch  die  Skulpture ! 
In  Griechenland  war  nix  so  scheen, 
Indianer,  herrliche   Figure, 
Die  vor  die  Tabaksläde  stehn. 

Die   Bildhauer   vollbringe   Thatv' 
In  Bronze  und  in  Marinelstein, 
Das  will  jedoch  nicht  recht  gerathe, 
Am  beste  Hesse  se  das  sein, 

Die  blase  auf  den  Leonardo, 

Auf  Angelo  und  Rafael, 

Was  die  gekonnt,  kann  jeder  Xarr  do 

Und  jeder  Anstreichergesell. 

Und  was  se  jetzt  for  Kirche  baue, 
Davon  träumt  drauss  kein  Architekt; 
Sechs  Styl  in  einem  kann  nier  schaue  — 
Ein  ganz  unglaublicher  Effekt! 

Ich  hör'  es  ist  normännisch-jonisch, 
Mit  dorische  Rokokozöpp. 
Und  indisch-gothisch-babylonisch- 
Romanische  Alhambraknöpp. 

Bei  euch  ist  alles  steif  und  enge. 
Ihr  sucht  in  dem  System  das  Heil, 
Wogege  hier  die  Leute    hänge 
Durchaus  an  gar  keim  Vorurteil. 

In  Opern  sind  wir  vorzugsweise 
Ganz  ausserordentlich   verwöhnt, 
Da  man  uns  oft  für  niedre  Preise, 
Von  drüben  eine  Stimme  lehnt. 

Gern  mag  ich  's  englisch  Lustspiel  höre 
LTnd  's  Drama  könnt  vortrefflich  sein, 
Nur  thunse  eim  mit  Klatsche  störe, 
Brüllt  einer  recht  pathetisch  dreiu. 

Das  wahre  Xationaltheater 
Is  gar  e  sehenswerthes  Spiel, 
Se  heule  wie  gequetschte  Kater 
Und  tanze  wie  die  Löffelstiel. 

Nur  Neger  spiele  se  da  wacker. 
Und  das  gefallt  den  Leuten  sehr, 
Wenn  nur  an  dene  schwarze  Racker 
Noch  was  zu  persif lire  war ! 

Bei  Künste  is  noch  anzuführe. 
Und  ich  thu 's  wirklich  mit  Genuss; 
Nur  hier  verstehn  se  das  Balwire, 

Un  wie  mer  Stiwel  putze  muss. 

Gcorc)  Asmus. 


Ueber  deinen  Zinnen  schweben 
Hohre  Geister  alter  Zeit, 
Deren  hohes,  edles  Streben 
Deinem    Hulinie   war  geweiht. 
Ja,  von  eurem  treuen  Walten 
Zeugen  alle  Herzen  laut; 
Nimmer  wird  die  Liel)  erkalten 
Die  euch    Klireiitmipel    baut. 

Der  zum  Segen  mild  erhoben 
Noch  die  Rechte  auf  uns  hält. 
Von  den  hohen  Sternen  droben 
Blickt   am    weiten    Himmelszelt: 
Jliiu  zum  Preise,  ihm  zum  Lohne 
Stimmet   an  den  vollsten   Tun! 
WiUigis,  dir  sei  die  Krone 
Hier,  und  vor  des  Ew'gen  Thron. 

Preisend   sei 'st  auch   du   besungen, 
Der  der  Bürger  höchstes  Gut 
Treu  gewahret  und  gerungen 
Gegen    Feindesübermuth. 
Sieh,  es  prangen  deine  Saaten 
Trotz  dem  wilden  Streit  der  Zeit! 
Wie,    Walpodcn,  du  gerathen. 
Blühen  wir  durch  Einigkeit. 

Und  es  ruht  im  hohen  Dome 
Ein  geliebter  Sängergreis. 
Der  in  seines  Lieder  Strome 
Sang  der  edlen  Frauen  Preis. 
Dich   beweinend,   schweben   Geister 
Um  die  stille,  kühle  (iruft; 
Frauenlob,   du    hehrer    Meister, 
Schlummre  unter  Rosenduft ! 

Lasst  den  letzten  Sang  erschallen. 
Der  sich  jubelnd   aufwärts  zieh'. 
Ihm,  dem   Ersten  unter  .\llen. 
Der  den  Worten  Schwingen  lieh; 
Der  das  Licht  vom  stillen  Herde 
Weithin  trug  in 's  ferne  Land: 
Gutenhcrg,  dir  jauchzt  die  Erde, 
Der  die  Kunst   der  Künste  fand ! 

Lasst  denn  hoch  die  Herzen  schwellen! 
Strfimet  aus  im   IJodesuuith 
Sprudelnd  des  Gesanges  Wellen, 
Brausend   wie   dos   Rlieines   Fhith ! 
Denn  in  nie  erbliclnier  Schöne 
Steht  die  Hohe  prangend  da. 
Und  es  jub^'ln  deiiK^  S-inne* 
Heil  dir.  Heil,  ^^()glIlltia! 

Johann  B.  Eertzog. 


DAS      GOLDXE      MAINZ. 

Frei  lass  ich  mein  Lied  ersehallen. 
Denn   ich  bin  ein  Sohn   des  Rheins, 
Aber  dich  sing  ich  vor  allen. 
Mein  geliebtes,  goldnes  ^lainz! 
Denn  in  nie  erblichner  Schöne 
Stehst  du  stolz  und  praiig<^iid  da. 
Und  es  jubeln  deine  Söhne: 
Heil  dir,  Heil,  Moguntia! 


EIN  HOCH  DEM  RECHT  —  DER  SKLAVEREI 
DEN     TOD. 

Zur    Erinnerung    an    die    New    Yorker    Volksver- 
sammlung  der   Deutsch-Amerikaner  am 
L5.   Oktober    IS.IS. 

Ein  Geisteraufruhr  tobt  im  g.nizeu  Lande, 
Verkündend  eine  tatenreiche  Zeit; 
Es  brechen  der  Parteien  alte  Bande, 
Und  deutsche  Männer  sind  voran  im  Streit, 
Verlnindet  gegen  Sklavendicnstes  Schande, 
Für  Menschenliebe  und  (ii-rechtigkeit. 


408 


DErTSni  AMERIKANISCHE  DICHTUNOEX. 


Es  sammeln  sich  dor  Froiheit  od]o  Söhne, 

Die  tief  >;efülilt   der    l'ntenlrütlvten   Not; 

In  Narlit  nn<l  Not  erbrausen  ernste  Töne: 

„Ein  Hoeh  «lern  Recht  —  der  Sklaverei  den  Tod!  " 

Da  wird  es  Licht;   in  ^olduniflnssner  Schöne 

Erglüht  des  andtrn   T;ij;cs   Mor^'enrot. 

Vernichtet  steh  "n  die  Spötter  und   die   Feigen, 
Die  nie  vertraut  dem  sittlichen  Gehalt, 
Der  wol  dem  Volke,  niemals  ihnen  eigen, 
Und  eben  jetzt   im  Ruf  zur  Tat  erschallt, 
Da  müssen  Bosheit.  List  und  Lüge  schweigen, 
Die  Heuchelei  und  jede  Truggestalt. 

Mit  Macht  voran  du  Kern  des  Volks  und  Hüter 

Der  walin-n   Freiheit   und  (Jerechtigkeit ! 

Du  hast   erkannt,  dass  alle   Menschenhrüder 

Durch   Satan,  den   Rebellen,  jäh  entzweit; 

Auf,  kühn  ans  Werk — und  Trotz  dem  Höllenwüter, 

Bis  dieses  Land   von  seiner  Schmach  befreit! 

Nur  dann  wird  Friede  auf  der  Erde  wohnen 
Und  Arbeitslust,  die  reichsten  Segen  bringt, 
Wenn  Menschlichkeit   in   Hütten  und  auf  Thronen 
Als  höchste  Herrscherin  das  Scej)ter  schwingt; 
Der  Geist  der  Duhluiio  alle  Nationen, 
Zum  Heil  der  Welt  erlösend  erst  durchdringt! 

Es  zündet  schon;  des  Geistes  Funken  sprühen, 
Ein  heiiger  Odem  hat  sie  angefacht! 
Der  Lebensbaum  der  Freiheit  soll  erblühen, 
Im  Lichte  strahlen  nach  der  langen  Nacht  .  .  . 
Ihr  Trägen,  die  erschlafft  in  Werktagsmühen, 
Vernehmt  den  Donnersturm  der  Zeit  —  erwacht! 

Philipp  Haimbach. 


Kein  Himmel,  um   darin  zu   beten, 
Auf   Erden   ihm   kein  .lagdgebiet, 
Wohin    die    Freiheitssehnsucht   flieht  — 
O  Volk,  so  bist  du  ganz  zertreten! 

Ernst  Otto  IIopp. 


DIE     PRAIRIE. 

Wie  Gottes  ewige  Gedanken 
Unendlich,   masslos,   vor   uns   liegen, 
So  sieht  man  sonder  Zahl  und  Schranken 
Das  Gras  sich  auf  den  Steppen  wiegen. 
Von  Duft  umwoben,  fern  und  einsam, 
Der  Sonnenball  im  Westen  schwebt, 
Das  Auge  Gottes,  das  da  lebt. 
Wo  Erd'  und  Himmel  scheint  gemeinsam. 

Der  Sturmwind,  wenn  er  fernhin  bringet 

Des  Wi'lteiigeistes  ew  'ge   Lieder 

Er  ist's  allein,  der  sie  durchdringet. 

Der  sie  durchstürmet  hin  und  wieder. 

Wenn   er   aufschirrt   die   schnellen   Rosse, 

Hei,  was  ein   schwanker,  lust'ger  Ritt! 

Nur    der   Gedanke    flieget    mit 

Und  folgt  der  Wolken  wildem  Trosse. 

Da  hört  man  feur'ge  Melodien 
Die  öde  Steppenwelt  durchbrausen, 
Der   Indianer   der   Prairien 
Hört  oft  des  Geistes  wildes  Sausen: 
Vom  grossen  Geist  verlass  'ne  Spuren 
Zn  spüren  meint  er  in  der  Brust, 
Die  sonst  des  Odems  nur  bewusst, 
Des  Freiheitsgeistes  dieser  Fluren. 

Nun  man  den  (iarten  ihm  genommen. 
Wo  wird  er  fürder  geh 'n  zu  jagen? 
Kaum  sind  zum   Herzen   ihm  gekommen 
Des  ew  'gen  Paradieses  Sagen. 


O     DU     MEINE     LIEBLICHE     LIEBE. 

Es  war  dort  unter  dem  Lindenbaum, 
Da  träumt'  ich  seligen   Frühlingstraum; 
Sie  hielt  den  Becher  in  weisser  Hand, 
Ich  aber  jauchzte  in  's  helle  Land : 
„Dein  Wohl  du  liebliche  Liebe !  ' ' 

Es  war  dort  unter  dem  Lindenbaum, 
Da  hab'  ich  begraben   den  .Tugendtraum; 
Kein  Stern  erhellte  die  kalte  Nacht, 
Als  sie  die  Aeugelein   zugemacht, 
Die  bleiche,  sterbende  Liebe. 

Nun  sitz'  ich  unter  dem  Lindenbaum, 
Und  denk '  an  den  flüchtigen  Liebestraum, 
Bei  Nacht  und  bei  Tage,  bei  Tag  und  Nacht! 
Mein  Ein  und  mein  Alles,  gut  Nacht,  gut  Nacht! 
Leb  wohl,  du  liebliche  Liebe! 

Adolf  Strodtmann. 


RINGEN. 

Ich  darf  die  Tränen,  die  aus  den  Tiefen  so  plötz- 
lich quellen. 

Nicht  fliessen  lassen. 

Ich  muss  die  Perlen,  die  warmen,  flüchtigen,  ge- 
dankenhellen. 

In  Dämme  fassen. 

Ich  würde  sonst  ja  in  ihren  Fluten 
Im  Leid  ersterben. 

Ich  könnte  sonst  ja  in  Sturmfeuergluten 
Nicht  Himmel  werben. 

Sei  stark  und  treu,  Herz!     Sei  Stahl,  mein  Wille, 
Dem  Wandelbaren !     Dem   Ewiggeist  'gen 
Allein  das  Siegen! 

Wilhelm  Heinrich  Benignus. 


SIC      TRANSIT     GLORIA     MUNDL 

(St.  Louis  1904). 

Hoch  seh  ich  ragen  jene  stolze  Stadt, 
Umgeben  von  des  Waldes  grünem  Kranz;  — 
Was  nur  des  Menschen  Geist  ersonnen  hat, 
Hier  zeigt  es  sich  in  wunderbarem  Glanz. 

Ein  edles  Ringen  um  des  Ruhmes  Krone 
Umschliesst   in    friedlichem   Verein 
Die  grossen  A'ölker  jeder  Zone, 
Vom  Mississippi  bis  zum  Nil  und  Rhein. 

Und  Abends,  wenn  die  dunkle  Nacht 
Den  Schleier  webt  um  all  dies  Schöne, 
Dann  glüht  es  auf  in  märchenhafter  Pracht, 
Dass  rings  das  Licht  des  Menschen  Werke  kröne. 


DEUTSCH-AMERIKANISCHE  DICHTUNGEN. 


409 


Doch  liort'h!     Schon  hör'  ich  Aextc  sausen 
Hernieder  auf  den  stolzen   Bau. 
Mein  Herz  erfasst  ein  banges  Crausen. 
Ach,  der  Zerstörung  Werk  ich  scliau. 

So  Grosses  auch  der  Mensch  vollbracht, 
Für  eine  Ewigkeit  stehts  niemals  da, 
Laut  die  Vergänglichkeit  nur  höhnend   lacht: 
Sic  transit  mundi  gloria. 

Georg  von  Bosse. 


DEUTSCHAMERIKANER. 

Der  deutschen  Heimat  fremd  gc\Yorden, 
Kein  echtes  Kind   dem  fremden  Land, 
Ob  auch  im  Süden  oder  Norden 
Dein    Wanderfuss    die   Ruhe    fand. 

Dein  Kinderglaube  ging  verloren  — 
Du  lerntest:   Lebensziel  sei  Gold. 
Und  dennoch  klingt  Dir  's  in  den  Ohren 
Vom  Glück,  wie  Du  es  einst  gewollt. 

Des  Lebens  wunderhohe   Weise, 
Die  Dir   gerauscht   der   deutsche  Wald 
Zur  Jugendzeit,  —  die  kaum  noch  leise 
In  Deiner  Seele  wiederhallt. 

Und   das,  worauf  Dein   Hoffen  baute: 
Die  Kinder  —  achten,  wo  Du  liebst, 
Sie  kennen  Deiner  Heimat  Laute, 
Doch  fremd   ist  ihnen,  was  Du  giebst. 

Du  liebst  das  Land,  das  sie  geboren. 
Du  liebst  die  Luft,  die  sie  umweht 
Und  Dich;   doch  ist  der  Weg  verloren, 
Auf  dem  Ihr  eng  zusammengeht. 

Im  tiefsten  Herzen   deutsch  geblieben, 
Und  doch  so  fremd  dem  deutschen  Blut, 
Kein   rechtes  Hassen,   rechtes   Lieben, 
Das  ist  der  Fluch,  der  auf  uns  ruht!  — 

Edna  Fern. 


Der    Kinderglaube  ging  dalnn, 
DiMi   liätti'ii  wir  ancli  dort   vcrlmen; 
Dass   Lebensziel   nur   Gt>ldgewinn, 
Die  Lehre   findet   off'ne   Ohren 
Nidit   nur  im   neuen    He'matliland, 
Auch   drülien    wird   sie   anerkannt. 
Doch   wird's  der   l^elire   nie  gelingen. 
In  Aller  Herzen  einzudringen. 

Der  Lebenskampf  ist  härter  hier, 
Da  gilt's,  die  Zeit  nicht  zu  versäumen; 
Auf  Pusten  stehen  müssen  wir 
Und    finden    selten   Zeit    zum    Träumen. 
ITnd  in  dem   Kampf  m;incii '  armer  Thor 
Sein  Herz  und  sein  Ciemüth  verl-.r; 
Manch '  Andrer  wusst  's  auch  zu  erhalten 
Trotz  aller   feindlichen   Gewalten. 

Die  Kinder,  ja,   da  stimm'   ich  bei. 
Sind  meistens  aus  der  Art  geschlagen; 
Doch  ob  dies  zu  lieklagen  sei, 
Ist  nicht  so  unliedingt  zu  sagen. 
Wo  alles  Deutsche  ausgewischt. 
Der  letzte  Hoffnungsstrahl  verlischt; 
Doch  öfters  an  der  Art,  der  neuen, 
Kann  unser  Herz  sich  nur  erfreiien. 

Weit  freier  fühlt  sich  hier  das  Kind 
Und  sucht  schon  jung  sein  Recht  zu  wahren, 
Erfasst,  was  brauchbar  ist,  geschwind. 
Geht  sichrer  schon  in  jungen  .laiiren. 
Wenn  dann  Gemüth  echt  deutscher  Art 
Mit  Freiheits-Thatendrang  sich  paart. 
Wird  es  den  rechten  Weg  schon  finden. 
Was   schön,   was  nützlich,   zu   verbinden. 

Ob's  Kind  auch  öfters  seitwärts  schweift, 
Ihr  könnt   den   Weg  zusammen   gehen. 
Beacht ',  was  in  ihm  blüht  und  reift. 
Versuch '  sein  Denken  zu  verstehen 
Und   präg'   der  jungen   Seele  ein. 
Stets  edel,  echt  und   wahr  zu  sein. 
Was  Du   ihm   Gutes   dann  gegeben 
Vom  Deutschen,  wird  stets  in  ihm  leben. 

Karl  Kniep. 


DEUTSCH-AMERIKANER. 

Eine  Erwiderung  auf  Edna  Fern's  gleichnamiges 
Gedicht. 

Es  ist  nur  theilweis  recht  und  wahr. 
Was  Du  von  Lieb'  und  Hass  gesungen. 
Die    neue    Heimath    hat   uns   zwar 
Manch '    neue    Ansicht    aufgezwiingen ; 
Dass   minderwerthig,  uns  gelehrt. 
Gar  manches,  was  wir  einst  geehrt; 
Gelehrt,  das  Lieben  und  das  Hassen 
Dem  neuen  Felde  anzupassen. 

Warum  sollt '   lau   die  Liebe  sein. 
Die  wir  zur  neuen   Heimath   fassen. 
Der  wir  hinfort  die  Kräfte  weih  'n  ? 
Was  zwingt  uns,  lau  zu  sein  im  Hassen 
Von  Allem,  was  den  Fortschritt  hemmt. 
Von   Allem,   was  sich  störrig  stemmt 
Entgegen   jedem   edlen   Ringen, 
Der   Menschheit   bess'res  Loos   zu   bringen? 


AN     DAS   AMERIKANISCHE     VOLK. 

Wach  endlich  auf  in  hellem  Zorne, 
Amerikan 'sches   ^'olk,   wach   auf, 
Duld  nicht,  dass  man  zum  Sklavenmarkte 
Die  Freiheit  länger  schleppt  zum  Kauf  — 
Die  Buren  halfst  du  schweigend  hetzen 
Verzweiflungsvoll  von   Hof  und  Gut, 
Von  deinem   Sternenbanner  träufelt 
Der   Filipinos   Freiheitsblut. 

Was  kümmern  dich  Rumäniens  Juden  t  — 
Denk  erst  an  deine  eigne  Not! 
Es  wollen  deine  eignen  Söhne 
Zuerst    Gerechtigkeit    und    Brot; 
Es  fordern  hunderttausend  Streiter, 
Trotz  Bajonett  und  I'ulverdampf, 
Verzweiflungsvoll,    und    docii    geduldig, 
Ihr  Recht  im  grossen    Menschlieitskampf. 

Wenn  Ihr  beim  traulichen   Kamine 
Zum  leckern   Mahl  euch   niedersetzt. 
Dann   liegt   vielleicht    tief  in   der   Erde 
Der  Bergmann  wimmernd,  bhitzerfetzt; 


410 


DEUTSCH  AMERIKANISCHE  DICHTUNGEN. 


Urul   wiilircixl  etirt>   Kinder  spioloii 
In    liluiiit'ii    und    im   .Sonneusi-licin, 
Da  schleicht   ans  dürft  'gor  Brottorhütte 
Sein  .Tünpst<>r  Moich  don  Schailit  liinoin. 

Und    weil    ihr,    hart«'    ManiiiKinsfürsteu, 
Mit    ihror  Arbeit    Hlut   oiuh   labt. 
Und   stolz    in    glänzender    Karosse 
Zu  euren  7'runkpalästeii  trabt. 
Drum    fordern    liuiiderttausend    Stroiker 
Almosen   nicht  - —  nur  ihren   Lohn, 
Sie  käm|)fen  auch  um  Sonnenschein 
Für  Haus  und  Weib  und  Sohn. 

Zu  lange  hast  du  schon  gezaudert 
.\merik:inisclie    Nation, 
Zu   lange  hast   du  schon  geduldet 
Der  Mammonsfürston  grininion  Hohn; 
Wie  einst  der   Heiland  ans  dem   Temj>oI 
Die   Seeleidiändler   zürnend    trieb. 
So  wache  auf  in   heil  'gem   Zorne, 
Wenn  dir  die  eigne  Freiheit   lieb! 

O  hüte   dich   vor  düstorn    Augen, 
Daraus    der    Hunger    drohend    blitzt! 
Heiz"  länger  nicht  die  wilde  Hestie, 
Die   sj>rungl)ereit    im    Menschen    sitzt. 
Die,  wenn   sie  hungernd   losgelassen. 
Verstohlen  um  ihr  Opfer  kreist 
Und,   wenn    sie   einmal    Blut    geroelien, 
Wild    alles   blindlings   niederreisst. 

O  wecke  nicht  die  Rachegeister 

Der  blut 'gen  Revolution, 

Und  wahr"  der  Menschheit  Ideale 

Der   künft 'gen   (ieneration ! 

Befreit  hast  du  die  se]nc(ir~eii  Sklaven 

In  hoissem  Streit  und  Pulverdampf, 

Um  irri.ssr  Sklaven  nicht  zu  schaffen, 

Focht  aus  den  neuen   Menschlieitskampf ! 

Hans  Dem  Utk. 


DKR     VAGABUND. 

Fiel  es  dem  (ilück  am   Endo  ein. 
Nach   mir  auszublicken. 
Fand  es  mich  sitzen  am  Wiesei. rain. 
Wo  die  Veilchen  nicken. 

Blies  ich  behaglich  den  blauen  Rauch 
Meiner  Pfeife  ins  Weite, 
Schatten  bot  mir  ein  Brombeerstrauch, 
Labung  der  C^uoll  zur  Seite. 

Stutzte  das  filück.     Wie  goldne  Perl 

Sah  ich 's  im   .\ug  ihm  blitzen. 

Und  mit  dem  Wort:  „Du  glückiichor  Kerl!" 

Liess  er  mich  lachend  sitzen. 

Miirtiii    Drescher. 


GRUESS    DK  II,    MEIN    VATERHAUS. 

Grüss    dich,    mein     \aterhaus. 

Zieh   in   die   Welt    hinaus. 
Leichtbeschwingt,  wie  da   zieht   der   Vögloin  Heer. 

Steh  mit  der  Sonne  auf. 

Folg'  ihr  im  Sit>geslauf, 
Weit    über   Borgeshöh 'n   und   über 's   Meer. 


Fand'  ich  der  Länder  Pracht, 

Schön,  wie  die   Märchennacht, 
Lockt   mich   ihr   Zauber   auch   heimisch   und   mild. 

Tief  in  der  Seele  ruht 

Rein,  wie  ein   Gottgobet, 
Hoiniathland,    Vaterland,    immer   dein    Bild! 


DIE    KLEINEN    LIEDER,    DIE    ICH    SCHUF. 

Die    kleinen    Lieder,    die    ich    schuf, 
Sind  Kinder  meiner  Seele, 
Und   da   von    Menschengoist   erdacht. 
Nicht  gänzlich   frei  von   Fehle. 

Wenn  wa.s   lyiich  freute,  Freude  schafft 

Dem  trauernden  Gemüthe, 

Und    wenn    mein    Lied    mitfühlen    lässt. 

Was  mir  im  Herzen  glühte. 

W^enn    eine    Seele    mich    versteht, 

Ein   Herz  ich   aufgerichtet, 

Dann   hab '   ich   nicht   umsonst   gelebt, 

Und    nicht    umsonst    gedichtet. 

Berthold  A.   Barr. 


MITTAG. 

Ich  stehe  auf  felsiger  Halde 
Urwildniss  Aveit   und   breit,  — 
Es  rauscht  über'm  dunkeln  Walde 
Rauschen  der  Ewigkeit. 

Sonnenwogen  ergiessen 
Sich  wallend   talauf,  talab, 
Und   Riesenschatten   fliessen 
Schweigend   die   Felsen   hinab. 

Es  gleitet,  gleitet,  gleitet, 
Hinab  der  Erde  Leid, 
Und  rings  liegt  ausgebreitet 
Staunen   und   Seligkeit. 

Kitno  Francke. 


DIE      FRIEDENS-HEXE. 

War  einstmals  eine  alte  Hex 
Au  meinem  Kreuzweg  gesessen! 
Es  hat   das  klapperdürre  Gewächs 
Mit  Grünaugen  mich  fast  gefressen. 

Sie  blickte  mir  forschend  auf  Stirn  und  Hand. 
Starrt  totkalt  mir  in  die  Augen 
Und  sprach  in  den  Wind  und  kratzt  in  dem  Sand 
Hexsprüche,  die  nichts  taugen: 

„Wirst  finden  auf  Erden,  du.  du,  du, 

In  Süd,  West,  Ost  und  Norden, 

Auf  Bergen  und  Meeren  nicht  Rast  noch  Ruh, 

W^irst  deinen  Frieden  morden." 

„Schweig  still,  Dürrhoxe,  was  freut  oder  plagt 
Meine   Unrast  dich  oder  Frieden? 
Hab'  nimmer  noch  nach  Ruh  gefr.'igt.  — 
Geh,  Hex,  deine  Suppen  sieden  !  ' ' 

Der  Sturm   will   tosen   mit   sausender   Hast, 

Die  Flamme  will  fressen  und  zehren. 

Und   die   Memmen   nur  wimmern  nach   Fried   und 

Rast 
Und  lecken  sieh  ihre  Schwären. 


DEUTSCH-AMERIKANISCHE  DICHTLNUEN. 


411 


Dass  sie  Frieden  pred  'gen  und  beten  um  Ruh, 
Bis  Mark  und  Bein  ihnen  rotten. 
Und  die  Herzen  rotten  beim  Gohl  in  der  Truh, 
Und  die  Seelen  wie  Eintagsmotten. 

In  Kampf  und  Not,  bei  Tag  und  Nacht, 

Bis  das  letzte  Morgenrot  dämmert: 

Meine  Seele  versehrieb  ich  dem  Gott  der  Schlacht, 

Der  das  eherne  Schicksal  hämmert. 

Wann    klingt   die    Trompete,    wann    ruft   sie    zum 

Streit, 
Wann  grünen   die  Lorbeer-Reiser? 
Wann  trag  ich  noch  einmal  dein  Ehrenkleid, 
Mein  Vaterland,  mein  Kaiser  ? 

Will  nicht  um  Leben,  um  Gut  und  Geld, 

Will  um  Krieg  und  Sieg  nur  werben: 

Du  Herr  der  Schlachten,  du  Sturmgott  der  Welt, 

Lass  mich  keinen  Strohtod  sterben! 

Ernst  Henrici. 


DAS    DEUTSCHE    VOLKSLIED. 

Du  hast  mit  deiner  schlichten  Weise 
Mein  Herz  gebracht  in  deinen  Bann ; 
Dass  ich  aus  deinem  Zauberkreise, 
Der  mich  umschlingt  so  lieb  und  leise, 
Mich  nimmermehr  befreien  kann. 

Es  sang  mit  deinem  süssen  Klange 
Die  Mutterliebe  mich  zur  Ruh ; 
War  noch  so  tränennass  die  Wange, 
Die  Mutter  sang!     Und  beim  Gesänge 
Sehloss  mir  der  Schlaf  das  Auge  zu. 

Beim  frohen  Reigen  um  die  Linde 
Erklangst   du   in   der  Sommernacht. 
Der  Liebste  sang's   dem   schmucken  Kinde, 
Der   Wanderbursch    im   Morgenwinde, 
Und  der  Soldat  auf  stiller  W^acht. 

Da  ich  nun  fand  auf  fremder  Erde 
Nach  langem  Wandern  Ruh  und  Rast, 
Bliebst  du  in  Treue  mein  Gefährte, 
Und  bist  an  meinem  neuen  Herde, 
Du,  deutsches  Lied,  mein  liebster  Gast. 

Alfred  Walter  Hildebrandt. 


HERBST     UND     FREMDE. 

Grau  ist  der  Himmel,  Regen  rieselt  nieder. 

Die  Bäume  kahl,  und  traurig  rauscht  der  Wind, 

Ich  sitz'  in  fremder  Klause,  sinne  wieder. 

Wie  Lenzestage  schnell  entschwunden  sind, 

Und  schau   hinaus  ins  trübe   Herbsteswehen. 

Dabei  wird  mir  ums  Herz  so  herb  und  weh;   — 

Mir  ist,  als  ob  in  der  Natur  Vergehen 

Mein  eignes  Schicksal  ich  hier  vor  mir  seh.  — 

Der  Heimat   fern   und   fern   von   meinen  Lieben, 

Steh  einsam  ich  hier  in  der  Welt  Gewühl. 

Der  Kampf  um 's  Dasein   hat   mich    fortgetrieben. 

Und  steter  Kampf  nur  bleibt  der  Weg  zum  Ziel. — 

Zn  enge  wird  mir 's  in  der  öden  Klause, 

Hinaus  zum  Meere  lenk'  ich  meinen  Fuss; 

Dort,  bei  der  Wogen  und  des  Sturms  Gebrause, 

—Tönt  dieser  Laut  doch  wie  ein  Heimatsgruss!  — 

Will  ich  nach  Herzensfrieden  wieiler  suchen. 


Vor  mir  das  Meer:  die  Wogen  schäumen  wild; 

Fast  klingt  es  hier,  als  ob  ein  zornig  Fluchen 

Dem   weisen    Walten    der    Natur   cnt(|uillt. 

Auf  einem  Felsblock  setze  ich  mich  nieder, 

Schau  zu  der  Brandung  majestät  'schem  Spiel : 

So  höre  ich  wie  einst  im  Geiste  wieder 

Das  klagend  Wort  von  dem  verfehlten   Ziel : 

„Was  schreibt  die  Woge  in  den  Sand  ? 

Sie  schreibt  hinein  ihr  bittres  Leiden, 

Ihr  ewig  Kouunen,  ewig  Scheiden, 

Die  kurze  Rast  am  teuren  Strand. 

Ich  aber  starr  ins  Meer  hinaus.  — 

Mein  selig  Hoffen,  freudig  Lieben  — 

Ich  hab  es   in   den  Sand   geschrieben. 

Die  nächste  Welle  löscht  es  aus. 


Die  nächste  Welle  löscht  es  aus.  — 

So  hallt  es  traurig  mir  im  Herzen  wieder.  — 

Die  nächste  Welle  löscht  es  aus. 

Und  Schwemmt  drückt  mein  letztes  Hoffen  nieder. 

Da  tönt  ein  Laut  durch  Sturm  und  Wogenliraus, 

So  süss  wie  einer  Mutter  Wiegenlieder: 

Dein  selig  Hoffen,  freudig  I^ieben 

Es  ist  nicht  in  den  Sand  geschrieben, 

Und  keine  Welle  löscht  es  aus. 

Mag  auch  des  Schicksals  Brandung  tnseii. 

Den  Nachen  führe  nuithvoll  fort 

Zur  Heimat  und  den  Lieben.     Dort, 

Wenn   du  auf  sonn  'ger  Haide  liegst 

Und  still   dich  im  Vergessen  wiegst. 

Werden  linde 

Frühlingswinde 

Die  Sorg'   dir  von   der  Stirne  kosen."  — 

Fred.  R.  Minnth. 


SO     KOMM     NUR     STURM. 

Schon  durch   die  Sonne   schwarze  Wolken   gehn. 
Heiss  über  die  wogenden  Präriegräser  wehn 
Sturmbange  Präriewinde.  .  .  .  Prärieföhn! 

Und  trotz  des  Sonnenscheins!  ...  in  tiefster  Seele 
Schon    schau    ich    Wnlkenschichten,    —    schwarze, 

scheele,  —  ,      ^  ,  i   i 

Die  künden:    Schicksals  heisser  Föhn  nicht  fehle ! 

So  komm  nur  Sturm,  ich  steh  mit  finstern  Brauen 
Fest  in  der  Seele  Nacht  und  wogendem  Grauen:  — 
Werd'  dir  in  dein  Cyklopenauge  sdiauen ! 

Gotthold  Auau.^it   Xecff. 


LETZTE     LIEBE. 

Du  bist  die  Tropensonne,  denMi   Flammen 
Des  Spätherbsts  Laub  versengen  auf  der  Flur. 
Die  Knospen  fallen  bald  zu  Staub  zusammen. 
Der  Wind  verweht  der  letzten  Blüten  Spur. 

Du  bist  die  Tropensonne,  deren  Glufen 
Im   müden   Herzen   neue  liUSt   entfacht ; 
Die  Wunden  brennen,  und  es  muss  verbluten 
Bei  all  dem  Glänze  deiner  Strahlenpracht. 

Hermann  Fosenthal. 


412 


DKUTSCHAMERIKANISCIIK   DK  HTUNGEN. 


ZWKI      THIPTYCHEN, 
J. 

1.  .s'/(/j-.  dir  Strom  des  Todes. 

Gcbnu-lu-n   kauert   ich   an   seiner   Flut. 

Ks  starrte  (l<'r  Fels, 

Mein   Seufzen   allein   belebte 

Den    si'lianri),'   stiiinineii. 

Zu    nieiiieii    Kiisscn    laj; 's   «h-ni    Auge    tot. 

Nur  wenn  die  schwar/e  Fläelie 

Fnhörhar  fernen  Schlag 

llcrübcrtrug. 

Starb  gurgelnd   Well  um   Wrlle  aui  fie;stein, 

('nd    ieli! 

(ileiehwie  der  Erde  glühend   Innres 

Den  Herg  versetzt,  das  Tal  zerreisst, 

Warf  niieh  Verzweiflung 

In  uiarkvrrzeliniider  Heimsuchung  Qual. 

Sie   brach   mich   nieder, 

Sie  ris«  mich  empor, 

Sie  zwang  mir  die  Hände,  bebend 

Nach  <l«'m  Erlöser  Tod. 

Charon!    schrie  ich. 

l'nd    siebenfach    kam    mir    der    Schrei    gedoppelt 

wieiier; 
Doch  bracht  er  nicht 
Den  schattenentführenden  Nachen. 

2.     Litlu,  der  atrom  des  l'crgessens. 

Hiesst,  ihr  Tränen, 

Hiniiet  reicher! 

Letzte  Quellen  verborgener  Tiefe, 

Steiget  herauf! 

Hreiter,  ra.scher,  geschwellt  von  euch, 

Kausche  der  Strom,  der  mich  trage 

Weit  Von  dem  Menschen,  um  den  ich  weine; 

Mich  rette  vor  mir; 

IHnweg  mich  führe,  von  jenen  Zeichen  hinweg. 

Da  ich  .lugend  begrub  und  Unschuld! 

Ach  wie  hab  ich  mit  nacht 'gen  Tränen 

Ich  sein   Holz  genetzt! 

Wie  h:ib  ich  den   Himmel  angervifen 

l'm  das  Wunder,  dass  es  grüne! 

Doch  es  steht  in  fluchbeladner  Dürre, 

Und  der  Reue  rote,  heisse 

(ilut  verzehrt  die  Tränen, 

Die  ich  weine. 

3.     Pha.\on,  der  Strom  des  Lebens. 

Herr,  ich  versinke!     Gläubig  halb 

Und  halb  noch  zweifelnd  stiess  ich  's  aus. 

Er  aber  hälts,  erbarmend,  nicht   für  Kaub 

Die  sünd  'ge  Hand  zu   fassen, 

Und  mit  ihm  wandle  ich 

Nun  des  lebendigen  Wassers 

Heruhigten  Spiegel. 

Aus  der  Ufer  ewigem  Grün 

Zu  meiner  Seite 

Ertönen  Lieder. 

Und  singen  Christo  als  einem  Gotte. 

Und   wann  sie  das   Höchste  ausgesungen, 

Wird  ihr  Schluss  zu  neuem  .\nfang: 

..Ich  war  tot,  und,  siehe  ich  bin  lebendig!" 

Und  wie  die  Muschel  des  Meeres  Kauschen 

Geheimnissvoll  erinnernd   festhält. 

So  lebt  in  mir  d  r  Druck  seiner  Hand 

Und  das  Wort  des  Lebens. 


II. 

DAS  SEUFZEN  DER  KREATUR. 

Auf    ToiinenccI:.   in    den    Alleifhenies    von   Pennsyl- 

vanien. 


Letztes  hingehauchtes  Glühn  des  Sonnenrotes 

Zerrinnt   an  des   Urwalds  Tannen, 

Drohen   hoch. 

Wehniütig  nun   dem  .\ben<l  entgegen 

Leuchten  die  Gründe,  die  der  Tag  vergass 

Nebelleiber  stehen  auf  und  recken 

Lange,  schlanke  Arme  um  den    Herg, 

Drunten  tief 

Der  aber  steht  starr,  und  seine  Bäume  reglos. 

Nur  die  Zitterpappel  fröstelt  am  Waldrand. 

Dann  wird  es  Nacht, 
Stille,  tiefe,  weite  Nacht. 

Mir  aber  ist,  als  rüste  irgendwo 
Sich  ein  verborgner  Feind 
Und  nähme  mir  ein  Liebes, 
Das  mir  teuer  ist  auf  Erden. 

2. 

Ein  langer,  hohler  Schrei  — 

Wie  zornig  und  doch  wieder  mitleidsvoll  — 

Vom  Tale  her! 

Des  Frachtzugs  schwarzer  Wurm 

Biegt  fauchend  um  den  Waldessaum. 

Sein  einzig  Riesenauge  droht. 

Und  unter  seinem  Dräuen  wächst 

Die  Finsterniss. 

Sein  Atem  steigt  in  Stössen,  angstvoll. 

Als  ringe  seine  Brust 

Mit  unerhörter  Last, 

Bis  seines  Zornes  Gischt 

Verloren  ist  im  Nebelmeer. 

Dann  wieder  fällt  der  Berg 
In  düstres  Schweigen, 
Das  die  Sprache  ist  des  Steins, 
Des  unerlösten. 

3. 

Da  regt  s:chs  hinterm  Berge 

Von  neuem  Glanz. 

Der  Mond  geht  auf. 

Allein  nicht  wohlig  weich 

Schmiegt  sich  der  Felsenrücken  seinem  Leuchten! 

Hart  ragt  der  Stein,  verfinstert, 

TJnd  scharf  zerschneidet 

Der  Eiche  knorriges  Geäst  die  blasse  Scheibe. 

Sie  aber  steigt,   als  wolle   der  .starren   Umarnumg 

Sie  entfliehen. 

Und  grösser  nur  stiert  aus  dem  Einen 
Glutleeren   Auge  m'ch  an 
Das  Rätsel  dieser  Nacht. 

Julius  Hofmann. 


FUER    FEIND    T'ND    FREUND. 

Mir  bleibe   fern   der  T'nkenchor  der  Heuchler, 
Mir  bleibe  fern,  wer  lächelt   stets  und  witzelt. 
Mir  bleibe  fern,  wen  nur  Gemeines  kitzelt, 
Mir  ])leiben  fern  die  Hündler  und  die  Schmeichler! 


DEUTSCH  AMERIKANISCHE  DK^HTUNGEN. 


413 


Ich  lieb'  sie  niclit,  die  stets  bedächt'g  Weisen, 
Auch  niflit,  die  stets  das  Ross  des  Pathos  reiten. 
Auch     nicht,     die    jammern     stets    von    schlechten 

Zeiten. 
Auch  nicht,  die  stets  im  selben  Ringe  kre'sen. 

Ich  lob  mir  leichte,  lustige  Gesellen, 
Die  gerne  sind,  wo  volle  Becher  winken, 
Und  gern  der  Schönheit  an  den  Busen  s'nken, 
Doch  die  auch,  wenn  zum  Kampf  die  Hörner  gellen. 

Begreifen  unsrer  Zeit   gewalt  'ges   Ringen, 
Im   Herzen   heil'gen    Zornes  Springquell    tragen, 
Der  Freiheit  ihre  Schlachten  helfen  schlagen  — 
Und  köstlich  Herzblut  ihr  zum  Opfer  bringen. 

Robert  Reitzel. 

(Dieses  Gedicht   bildete   eine   Art   Einleitung  in 
der  ersten  Nummer  des  ,.A.   T.") 

MEIN  HERZ. 

Mein  kleines  Herz,  wie  bist   du   gross! 
Wie  viele  Wünsche,  wie  viele  Träume 
Begrubst  du  schon  in  deinem  Schooss  — 
Und  aus  den  Gräbern  immer  wieder 
Sprosst  neues  Leben,  Blumen,  Lieder. 

Mein  grosses  Herz,  wie  bist  du  klein ! 

Du  kannst  nicht  fassen,  kannst  nicht  halten 

In   dir  die  Liebeswonne   dein. 

Du   überquillst   und   kündest   Allen, 

Welch   Glück   vom   Himmel    dir    gefallen. 

Mein  kleines  Herz,  wie  bist   du  gross! 
Was  durch  das  Weltall  schafft  und  wirket, 
Der   Gottheit   Geist   hältst   du  im  Schoos, 
Du  baust   dir,   selber  Gott  geworden, 
Den   schönsten   Tempel   aller   Orten. 

Mein  grosses  Herz,  wie  bist   du  klein! 
Du,   das   sich   so   unendlich   fühlet. 
Ein  schwacher  Körper  schliesst  dich  ein; 
Du   sehnst   dich   über   Thal   und    Hügel 
Doch  ach!    es  fehlen   dir  die   Hügel. 

O  Herz,   mein   Herz,   doch   bist   du   reich ; 
Denn   du   hast   andre  dir  errungen. 
Die   dir   an    Freiheitssehnsucht   gleich. 
Und   die   in   Thränen   um   dich   klagen, 
Wenn   du  einst   aufgehört   zu   schlagen. 

Robert  Reitzel. 


NOCTLTJNO. 

In  stiller  Nachtt 

Wachen   die   träumenden   Herzen   al' 

Aus  der  schweren  Ruhe  des  Tages  auf. 

Mit  Zauberinacht 

Locket    und    singt    ein    verklungner    Schall    — 

Und    am   Himmel   kreiset    der   Sterne    Lauf, 

In  stiller  Nacht. 

Der  Tag  ist  laut  und  hell  —  er  übertönt 
Manch   leises  Lied   und   manche  st'ile   Frage; 
Am  Tage  scheiden   Herzen  unversöhnt. 
Die   Räder   sausen    und    der   Hammer   dröhnt. 
Des    Lebens    heisse    Schlacht    gehört     dem    Tage. 


Doch    wenn    die    Nacht    dt-m    tiefen    Thal    entsteigt 
Im    Fliederduft,    im    bleiciieii    Mondi  sstrahle. 
Wenn   s'e   die    lang    vt-rgi-ssncn    Bild.'r   zeigt. 
Manch    liebes    .\ntiitz    sich    herniederneigt. 
Und    Frieden   strömt   aus   ihrer  Silherschale. 

In   stiller   Nacht,  da   geht   ein   Düft.^n   schwül, 
Das   stillet    unser   Sehnen,    unser   Wuhnen, 
Der    Brunnen    rauscht    geheimnissvnl!    und    kühl, 
Traumelfen    schweben    über   deinem    Pfühl    — 
Die    alte    Zeit    he'scht    ihren    Zoll    vt  n    Thränen. 

In  stiller  Nacht 

Wachen    die   Todten    des   Herzens   all. 

Und  lächeln  und  winken  und  sehn  dich  an, 

Und    flüstern  sacht 

Wie   langsam   sterbender   Wiederhall. 

Das  ist  der  uralte  Zauberbann  — 

In  stiller  Nacht. 

C.   L.   Nicolaji. 


ICH     ZWINGE     DICH     GLUECK. 

Ich  zwinge  dich  Glück! 
Und   willst  du  entfliehen, 
Nicht   nah   ich  dir  lockend 
Mit    Schmeichelbemühen 
Nein,  rauh   fass  ich  dich 
Mit   gewaltsamer   Hand, 
Du   musst,  ob  gezwungen 
Auch    halten   mir   Stand 
Und   wenden   zu   mir  dich 
Und  kehren  zurück  — 
Ich  zwinge  dich  Glück! 

Ich   zwinge  dich  Glück  — 
Denn  ich  weiss,  wer  verzagt, 
Der  muss  dich  verlieren, 
Gewinnen  nur,  der  wagt! 
Fest,  fest,  drum  erfass  ich 
Dein  schimmernd  Gewand 
Und  halt  dich  —  ob  reisst  auch 
Der    brechliche    Tand    — 
Dass  nimmermehr  weiche 
Dein  strahlender  Blick  — 
Ich  zwinge  dich  Glück! 

Carrie    Freifrau    von    reltheim-IIülse. 


DIE       ROTE     BLUME. 

Es  war  in  den  Tagen,  den  Tagen  der  Rosen, 
Da  küsstest  von  Kummer  das  Herz  du  mir  frei! 
Jetzt  blühen  im  Garten  die  Herbstzeitlosen, 
Und  Herbstzeitlosen  bekränzen  uns  zwei: 
Gestorben  die  Liebe,  das  Glück  und  der  Mai, 
Und  kalt  ist  und  trostlos  ein  ieglicher  Ort, 
Die  Tage  der  Rosen  sind  längst  vorbei: 
Und  die  rote  Blume  ist  längst  verdorrt. 

Einst  wollte  allewig  die  Lippen  ich  küs.sen, 
Die  rot  wie  der  Mantel  der  Königin  sind, 
Einst  glaubt'  ich  allewig  dich  lieben  zu  müssen, 
Mein  traumschönes,  braunes,  liebreizendes  Kind, 
In  den  Kronen  der  Bäume  da  raschelt  der  Wind, 
Er  trägt  in  die  Ferne  die  Blätter  hinfort, 
Die   Liebe  erstirbt;    und    der  Sommer   verrinnt; 
Und  die  rote  Blume   ist    längst  verdorrt. 


414 


DKI'TSCH-AMERIKANISCHE  DICHTUNGEN. 


Wir  lialun  vom  lloni;,'  .Icr  Liobo  gegessen, 
Wir  liabni  gctrunkfii  tltii  .SoniuMisolicin. 
Wir  hiiht'ii  <lio  Srhiüsscl  zum  Garten  besessen, 
Wo  hliilirt  .11.'  Kose  so  rot  wie  der  Wein. 
Da  stalil   Hill  ein  goldi  nes  Vögeiein, 
Es  lilitl»  unsrer  Li«  l.e  iiielit  Zutlnent  noeli  Tlort, 
Es  lierbstelt  <la  tlrinnen  wie  <iraussen  im   Uniii: 
Und  die  rote  Hlume  ist  längst  verdorrt. 
Es  ändert  «las  Seliieksal  nielit  Elfe  noch  l\i, 
leli   finile   nie   mehr   das  erlösende   Wort. 
Nichts    zaubert    Verg:in;,Mics    wieder    herbei: 
t'iul  di<'   inte    r.lniue  ist    längst   verdorrt. 

Gcotuj  Si/lrester  Viereck. 


ES     snih'ITT 


IHK     SIKNDK 
NACHT. 


DURCH     DIE 


Es  sehritt  die  Sünde  diireli  die  Nacht 
Die  .julischwüle,  sternenhelle 
In  nieinem  Innern  rief's:  „Hab  acht, 
Uml   hüte  dich  \iir  ihr,  Cicselle!" 

l)o(di  weh!       \'erw(uren  war  mein  Sinn, 
Und  alle  iuein(>  l'ulse  klopften. 
Zu   ihren   Füssen  sank  ich   hin 
Und    tausend   süsse   (üfte   tropften. 

.Aus  ilin>s   Hauches    Feuerghit 
Hab   (iötterwonnen   ich   gesogen. 
Wihl  tobte  rascher  .Tugend  Blut 
Und  heisser  Leidenschaften  Wogen. 

Du  hast,  berückend   schöne  ilaid, 
Der  Stunde  Cdück  mir  nur  beschieden 
Und  nahmst  mir  meine  Seligkeit 
Und    meines    Herzens   tiefen    Frieden. 

Friedrich  Michel. 


LIEBE. 


Ist   Liebe  nur  ein   flüchtig  Rauschen, 
Wie    WinrU'swehn    im    Huciienliain,   — 
SobaM    wir   es   erlauschen. 
Hat's  aufgehört  zu  sein? 

Oder  gleicht  sie  dem  Funken,  der  zündet, 
Der  seinen   Weg  zum  Herzen  findet,  — 
Der  glimmt  und  glüht  und  nie  erlischt. 
Den    selbst    kein    Tod    verwischt? 

Johann  Bernhadt  VincJce. 


NOVEMBERNACHT. 

Sanft  klagend  dringen  leise  durch  die  Nacht 
Mir  Clockenkliinge  fernher.     Stille,  sacht 
Schleicht   sich    Erinnrung   weich   um    meine  Seele, 
Die  Trauer  zieht  durch  mein  Gemüt,  als  fehle 
Mir  ein  verloren  fJlück.     Es  schweben  wieder 
Der  Heimat  Klänge  aus  den  Lüften  nieder, 
Im  Schmeichelton.  vom   Winde  liergetragen; 
Und   Zitterharfen,    unsichtl>ar   geschlagen, 
Die  wecken  neue  Sehnsucht  nach  der  Ferne. 
Hoch  über  mir  ziehn  ihre  Hahn  die  Sterne 
Durchs   ungeniessne    All    in    hehrer    Pracht. 
Kalt  schauernd  weht  die  Luft:      Novembernacht! 

Carl  Christian  Wendel. 


„FUEK'      DAS      l!l«  11      DER      DEUTSCHEN." 

Des   .lahrliuiiderts   (iedaiik<':    Evolution, 

Das    \(ilk    im    Werden:    Unkel   Sam 's    Nation, 

Der   Entwicklung  Faktoren:   ein   Babylon, 

Der  Willkomiiieiistcii    Einer:   Deutschlands  Sohn. 

.llbcrt   I'iihcrnuichcr. 


SPIELE. 

Nun  bist  du  sanft  und  liiclieliid  eingeschlafen, 
Du    liebes    Kind. 

Dein  kleines  P.ocit   /.cht   in  den  stillen  Hafen, 
Dein   Tag  zerriiiiil. 

Und   all    (lein   Junges   frohes    l'iipixnsiiielen 
Ist  nun  \-orbei. 

Und  all  die  Blumen  rings,  die  dir  gefielen. 
Zerknickt    der    Mai. 

Und   iiieiniils   wieder   sattelst   du   zum  Reiten 
Dein  Schaukelpferd, 

Und  niemals  wieder  wird  mit  Schularbeiten 
Dein    Herz   beschwei-t. 

Und  di'iiie  Schwester  geht  allein  zum  (iarten 
Mit  bangem  Schritt ; 

Sie  soll  nie  wieder  dich  zum  Spiel  erwarten, 
Du  spielst    nicht   mit. 

Du  liegst  nun  still  und  friedlich,  wie  in  Träumen, 
So  träume   zu   ...    . 

Und  sorg  dich  nur  iiiclit  um  dein  Spielversiiumen 
Und   deine   Ruh. 

Die   frohen   Spiele   s|i!(leii    wir    nicht    langt»; 
Glaub,  liebes  Kind. 

Dort  auf  dem  erlisten,  weiten   Lebeusgange 
Weht  rauh  der  Wind. 

Durchs    Leben    gelm,    lieisst    kämpfen    uml    hcisst 

leiden 
Tief  bis  auf's  Blut,  — 

Und  wer  als  Kind  von  seinem  Spiel  kann  scheiden, 
Der  hat  es  gut. 

Hugo  Terberg,  (Prof.  Hugo  Münsterberg.) 


EIN    ABSCHIED. 

Xiiu   wird   es   still    und    traurig 

In  Heide  und  (ndieg. 

Eiskalte   Nebel   suchen 

Sich  durch  das  Tal  den  Weg  — 

Und  ich  muss  alles  lassen. 

Was  mein  vor  langer  Zeit, 

T'^nd  wandern  muss  ich,  wandern, 

Gott  weiss  alhin.  wie  weit. 

Das  ^lühlrad  ist  zerbrochen. 
Im  Winde  knarrt  das  Tor. 
I"nd   auf   dem   stillen   Teiche 
Verfault  der  Kahn  im  Rohr; 
Die  Blumen  sind  verdorben 
Schon  lange  vor  der  Zeit, 
Die   Welt   wie   ausgestorben, 
Und  jeder  Pfad  verschneit. 


DEUTSCH-AMERIKANISCH K   DI«  imNciKN. 


415 


Am   Wi'ge  draussen  liegen 
Zwei  Gräber  unterm  Sclinee  — 
Da  miiss  ich   nodi  vnriilier. 
Wenn  ich  nun  wandern  <jeli ". 
Da  grab  icli  ans  dem  (irunde 
Mir  eine   Handvoll   Sand, 
Die  will  ieli  mit  mir  tragen 
Hinaus   ins   fremde    Land. 

Und   Eine  mag  wo!   weinen. 
Weil  sie  verlassen   blieb  — 
I)()(di  morgen,  acli.  schon  morgen 
Herzt   sie  ein   ander   Lieb  — 
Dann  ist  mir  nichts  geblieben, 
Und  alles  still   und   leer  — 
Ach  Gott,  mein  (Jott,  dann  habe 
Ich  k«'in(>  Hi'im;it   mehr! 

0(01(1  Edward. 


DIE     FK.VXZEH. 

Unter   den    LindiMi    in    Berlin   — 

Ein   Herbstxormittag  warm  und   klar  — ■ 

Heim   Glase   Bier   sitzt   im   Cafe 

A^ergnügten    Sinns    ein    Freundespaar. 

Der  eine  spricht,   im   grauen   Bart, 

Mit  hellem  Aug"   nml  sonngebräunt: 

„Yes  —  mit  der  alten   Vaterstadt 

Ist  's  doch  so  'n  eigenes  Ding,  mein  Freund. 

Ich  war  in  ganz  Boerlin  herum, 

Vom  Siden  aus  (pier  nach   Norden, 

Doch  fihl  ich  gar  niciit  mehr  daheim. 

Bin  ein   Fremdling  hier  geworden." 

Unter  den  J^inden   in    Berlin 
Der   Kahle   spricht   und   lacht   dabei: 
„Na  ja  —    's  is  weit  ieber  dreissig  Jahr, 
Dass  wir  aus  Frankreich  kamen,  wir  Zwei. 
Du  jingst  dann  jleich   nach  Amerika, 
Das  Jlück,  es  hat  «lir  dort  jelacht, 
Du   hasts  zu  einem    Haufen  Jeld 
L'^nd  sojar  zu   Hans  und   Hof  jebracht. 
Und  doch,  dass  du  ein  Vankee  wardst, 
Wird  deine   Freunde  schmerzen  — 
Sag.  Ma.x.  is  denn  fir  Deutschland  nu 
Kein  Raum  mehr  in   deinem  Herzen?" 

„Well."  meint  der   Max.   ..b"i   uns  zu  Land 
Da  kennt  man  nicht  so  die  blasse  Noth; 
Der  Aermste  noch  hat  sein  Sandwich  dort  — 
Heissts  auf  deitsch  nicht  belegtes  Butterbrodf 
Und  der  Eine  ist  dort  dem  Andern  gleich  — 
Ich  bin  soviel  wie  der  X'aenderbilt  I 
Und  niemand  wird  ins  Zuchthaus  gesperrt, 
Weil  Roosevelt   er    'neu    Esel  schilt. 
No  sir  —  I'm  now  an  American! 
Ich  .sch^vör  auf  die  Streifen  und  Sterne  — 
Doch   horch,   klingt   das  nicht  wie   Musik 
Von  irgend  wo  aus  der  Ferne?" 

Der  kahle  Fritz  zieiit  seine  Uhr, 
„Es  wird  woU  die  Wachtparadc  sein  — 
Erinnerst  du  Dich  ?     Zur  Mittagszeit 
Ziehn  sie  ins  alte  Schloss  hinein. 
Noch  heute  ist  's  wie  um  siebzig  einst, 
Wo  wir   Beide,  die  nischt  jetrennt. 
Ins  alte  Schloss  gezogen  sind 
Mit  dem  Kaiser  Franz-Rejiment. 
Trink  aus.     Wir  sehens  uns  mal   an. 
Wie  se  um  die  Ecke  biejen  — 
Trotzdem  Du  heute  ein    Vankee  bist, 
Macht  Dir 's  vielleicht  dnrli  Ver.inüjen!  " 


Unter  den   Linden   in    Berlin 

Steht   der  Graubart   ans   Vankeelan.l. 

Da    kommt's    die    Strasse    schon    herauf 

Und    sprüht    im   Sonneid.rand : 

Die  Trommel  rollt.  <lie  I'feife  sdirillt, 

\'(tran    dii'   .lungenSchaar. 

Die    „Franzer"   sind 's,   sein    Regiment, 

'!r:id   wie's  um  Siebzig  war! 

l'nd    näher   noch   —  ein    l'auk<'nschlag, 

Der   S(hellenbaum    gen    Himmel!    — 

Und  der  l'ariser   Einzugsmarsch 

Jauchzt    über   das   Gewimmel. 


Und    das    ist    Ma.xens    Lieblingsmarsch, 

Sie  spielten  einst    ihn   vor  der  Schlacht, 

Wo  ihn  des  Feindes  Säbelhieb 

Fast  um  den  linken  Arm  geluacht. 

Sie  spielten   ihn.  wie   mit    Hurrali 

Am    Hügel    sie   vorbeimarschirt. 

Wo  Wilhelm  droben,  hoch  zu   Hoss, 

Die  Sieggekrönten  salntirt. 

Und  plötzlich  —  seht  den  (Jraubart  doch! 

Ist  er  im  Schwärme  drinnen. 

Der  mit   den   Franzern   froh  stolziert, 

Und   zieht   im   Schritt   von   hinnen. 


Die  Brust  heraus,  den   Bauch  herein, 

Marschirt  der   Vankee  tapfer  mit. 

Und   jubelnd   braust   der    Einzugsmarsch, 

Und   klipp  und  klapp  geht   Ma.xens  Tritt. 

„Max  bist  Du  toll."  ruft  Fritz  ihm  zu 

Und  zieht  vergeblich  ihm  am  Rock, 

l^nd  klipp  und  klajip  geht  Maxens  Schritt, 

Wie  ein  (Jewehr  trägt  er  den  Stock. 

Der  Kaiser.'.'  —  „Rieht'  euch!  Augen  links!  " 

Schnarrt  es  die  Reihen  nieder. 

Hei,  fliegt  dem  Yankee  da  das  Bein  — 

Germania  hat  ihn   wieder! 

Henry   F.    Vrban. 


DIE     WEIHE     DES      WLIXES. 

Auf  den  Bergen  hoch  am  Rheine  wächst  der  echte 

deutSv-he  Wein, 
Und   er   saugt    vom   Sonnenscheine   täglich   Feuer- 

gluten  ein. 
Emsig  aus  der  tiefen    Erde   zielnn   seine   Wurzeln 

Kraft. 
Dass   er   süss    und    milde    werde,    trinkt    er    dunkler 

Wolken    Saft. 
Aber  dass  von  allen   Arten  so  ganz  anders  er  ge- 
deiht. 
Was   ihm   seinen    wunderzarten.   zaub«>rischen   Duft 

verleiht. 
Der  ein  Netz  aus  goldnen  Fäden  uns  um  Herz  und 

Sinne  spinnt. 
Und  mit  seiner  Würze  jeden  für  der  Schöhcit  Licht 

gewinnt. 
Dess'     geheimnissvolles     Walten     in     Gesang     und 

Liedern    lebt. 
Der   uns   hilft,   das   zu  gestalten,   was   in   Träumen 

uns  unisclnvcbt. 
Das  sind   Bilder,  die  erstehen   in   der  lichten  Som- 

mernicht. 
Wenn  die  Winde  la^itlos  wehen  und  kein  menschlich 

Auge  wacht. 


4iri 


DEUTSCH-AMKRIKANISCTIF  DirTITrxnEX. 


Wenn   Ifis  zitt.-riKi   in   der   Fi-rno   AhtMi(lKl«»fkehen8       Sorgsam  hüten  sie  vor  Sehädon,  vor  Gewürm,  da3 

Ton  verklingt  .  kriv.lit   iin  I   sdileiclit. 

T'nd  der  (ihuiz  der  ersten  Sterne  durch  den  dunklen       Weicher  Wurzel  feine  Fäden,  dass  kein  Unheil  sie 


Himmel  dringt ; 

Wenn  im  Mondlifht  silbern  schimmert  wie  verstei- 
nert   Lied   der   l'om 

Und  wie  Hüss'ge  Perlen  flimmert  krauser  W^ellen 
Spiel  im  Strom; 

Knorriges  tJeäst  der  Eiche  auf  die  Wiesen,  licht- 
l>estr-ihlt. 

Schwankende,  gespenstergleiche  schwarze  Schatten- 
risse nmlt ; 

Wenn  verfalln.'r  Hurgen  Keste  in  des  Forstes 
tiefem  Urün 

Lichtbegossen,  als  ob  Feste  man  dort  feiert,  blen- 
dend glüh  'n  — 

Dann  l>eginnt  es  sich  zu  regen,  knarrend  tut  sich 
auf  d;is  Tor, 

Die  im  tiefen  Schlaf  gelegen  treten  hinter  ihm 
hervor. 

Sind  für  eine  kurze  Stunde  aus  der  ew 'gen  Haft 
befreit. 

Schnell  erweckte  sie  die  Kunde:  ..Heute  wird  der 
Wein  geweiht." 

Licht  erglänzt  in  den  Ruinen,  neu  belebt  sich  altes 
Sehioss, 


erreicht. 

Dichter,  bunter  das  Gedränge,  und  gewaltig  steigt 

empor 
Aus  der  vielgestalt  'gen   Menge  ernster,  feierlicher 

Chor. 
,. Grüne,    saft 'ge.    kräft 'ge    Rebe,    die    du    kühlen 

Trank  uns  gab.st, 
Gut  'ger  Götter  Wille  gebe,  dass  du  viele  Menschen 

labst. 
Unser  Trachten,  unser  Denken,   unser   längst  ver- 
gang 'nes  Sein 
Wollen    wir    dir    heute    schenken,    flössen    es    den 

Trauben  ein. 
Was  die  \'orzeit  auch  erlebte,  Liebe,  Freude,  He.-- 

zelei<l. 
Was  zu   Sagen   sie  verwebte,  sei   dem    neuen   Wein 

geweiht. 
Alle,  die  mit  reichen  Händen  einst  beschenkte  Vater 

Rhein, 
Segen  kamen  sie  zu  spenden  seinen  Gauen,  seinem 

Wein." 
Da  —  ein  Hahnenschrei  verkündet,  dass  im  Ost  d'e 

Sonne  steigt. 


Von  den  Fackeln  grell  beschienen  regt  im  Burghof       Schnell  die  Geisterscliaar  verschwindet,  einsam  liegt 

sich  .1er  Tross.  die  Flur  und  schweigt. 

Klirrend  sprengt   in  schwerer  Rüstung  stolzer  Rit- 


terschaar  durchs  Land, 
Von    des   hohen    Söllers   Brüstung    winkt    zum    Ab- 
schied  zarte   Haml. 
Blondgelockt   .lung  Siegfried   schreitet,   längst   ver- 

gass  er   Kampf  und  Streit, 
Zärtlich  Chrimhild  ihn  geleitet,  frei  von  Gram  und 

Herzeleid. 
In    gestickten    Prachtornaten     zielit     die    Klerisei 

heran, 
Fürsten,  Helden,  deren  Taten  unvergesslich,  folgen 

dann. 
Gelle   Rufe  der  Walküren   tönen   jauchzend   durch 

die  Luft, 
Karl,  den  gross<>n  Kaiser,  führen  treue  Diener  aus 

der  Gruft. 
Einsam    schleicht    der    grimme    Hagen,    noch    im 

Tode  unversöhnt. 
Von  den  Wellen  hergetragen  Rheines  Töchter  Lied 

ertönt. 


Längst  gestiirzte  Götter  schweben  auf  den  Wolken 

nun  herbei 
Von  dem  Fels,  bekränzt  mit  Reben,  lockt  das  Lied 

der  Loreley, 
Und    es    nah  'n    mit    schnellen    Schritten    alle,    die 

für 's   Vaterland 
Seit    Jahrhunderten    gestritten     um     des    heil 'gen 

Stromes  Strand. 
Jeder,  der  am   holden   Flusse  Lieder  dichtete  und 

sang. 
Dem  hier  mit  dem  irstri}  Kusse  Liebe  in  die  Seele 

dr:ing. 
Wer  dem  echten,  sorglos  tollen  Leichtsinn  einmal 

nur  erlag, 
Wein  und  Frohsinn  schlürft '  in  vollen  Zügen  einen 

einz  'gen  Tag, 
Heute   kommt   er.     Und   im  tiefen,   feuchten   Erd- 
reich regt  es  sich. 
Gnomen,    die    schon    lange    schliefen,    weckt    der 

rauhe  Alberich. 


Wer    in    weihevollen    Stunden    Wein    aus    grünem 
Römer  trank. 

Hat    die    Zauberkraft   empfunden,    die    bis   in   die 
Seele  drang. 

Was   wie   fernes   Glockenläuten   durch    Gemüt   und 
Sinne  zieht, 

Kann    das    klare    Auge    deuten,    das    verborg 'ne 
Schätze  sieht. 

Nicht     die    Elemente     schenkten    uns     allein    den 
goldnen  Saft, 

Alle  deutschen  Stämme  senkten  in  ihn  ihre  ganze 
Kraft. 

Und  was  mild  und  doch  gewaltig  uns  geheimniss- 
voll  umfängt. 

Farbenprächtig,    vielgestaltig    sieh    durch    Nebel- 
schleier drängt. 

Uns  umschwärmt  wie  lichte  Falter,  wenn  die  ers'c 
Rose  blüht. 

Tönend  bald  wie  heil  'ger  Psalter,  bald  wie  jauch- 
zend '  Liebeslied  — 

All'  das  ruht  im  duft 'gen.  klaren  Weine,  der  am 
Rhein  gedieh. 

In  dem  Sammelquell  der  wahren,  heil  'gen  deutschen 
Poesie. 

Georg  von  Skal. 


MAERCHEXGRUSS. 

Waldeinsamkeit  und  stille  Waldesnacht, 
Ein  leichter  Nebel  streift  den  Ilügelrand.  — 
Im  tiefen  Dunkel  eine  Felsenwand, 
Darüber  scheint  der  Moml  in  Silberpracht. 
Gigantisch  ragt  des  Forsts  zerrissner  Schatten 
Bis  in  den  Himmelsdom,  den  schimmernd  matten. 

Es  spiegelt  sich  sein  Bild  im  lichten  See, 
Der  n^gungslos  zu  meinen  Füssen  ruht. 
Erloschen   ist   des   Tages   Lebensglut. 
Die  Nacht  durchzittert  es  wie  frostig  Weh. 
Ein  Klageruf  ertönt  aus  nahen  Zweigen, 
Die  sich  herab  zum  Wasserspiegel  neigen. 


DEUTSCH-AM  KR  IRANISCHE  DICHTUNGEN. 


417 


Durch  meine  Seele  zieht  ein  süsser  Traum. 
Die  Welt  und  ihre  Sorgen  liegen   fern, 
Entrückt,  wie  der  verklärte  Abendstern, 
Der  freundlich  scheint  im  weiten,  stillen  Raum. 
Ein  fremder  Zauber  hält  den  Geist  umfangen. 
Das  Herz  erfüllt  ein  seliges  Verlangen. 

Da  plötzlich  sass  im  bleichen  Dämmerlicht 

Auf  langem  Ast  vor  mir  ein  holdes  Kind, 

Das   lächelnd   sich   im   leisen    Abendwiml 

Die  Locken  strich  vom  liebliciien  Gesicht. 

Zwei  grosse,  helle  Augen  ruhten 

Auf  ros 'gen  Füsschen,  plätschernd  in  den  Fluten. 


Jetzt  wandte  sie  den  klaren  Blick  nach  mir, 
Erhob  die  kleine  Hand  zum  neck 'sehen  Gruss 
Und  warf  mir  zu  den  aHcrlicbsten   Kuss: 
„Was  hast  du  Menschenkind,  zu  suchen  hier? 
Icli  bin   das   Märchen  aus  vergangnen  Zeiten," 
Und  Hess  sich  in  des  See 's  Tiefe  gleiten. 

Ja,  schönes  Märchenkind,  was  wollt'  ich  dort? 
Schon  zeigt  der  Silberfaden  sich  im  Haar. 
Doch  ist  das  Herz  noch  wie  es  einstens  war, 
Und  träumt  von  dir  und  liebt  dich  immerfort, 
Entfliehe  nicht,  o  du,  mein  einzig  Lieben! 
V^jn  allem  bist  allein  du  mir  geblieben. 

Carl  Eugen  Gustav  Lorenz. 


DAS  ALTE  SCHULHAUS  AN  DER  KRICK. 


AUS  HARBAUGH'S  HARFE. 


Heit  is  's  'xäetly  zwansig  Johr, 

Dass  ich  bin  owwe  naiis; 
Nau  bin  ich  widder  lewig  z'rick 
T^n  schteh  am  Schulhaus  an  d'r  Krick, 

•Tuscht  neekseht  an 's  Dady's  Haus. 

Ich  l)in  in  hunncrt  Heiser  g'west, 
Vun  ^Märbelstee'  un  Brick, 

Un  alles  was  sie  hen,  die  Leit. 

Dhet  ich  verschwappe  eenig  Zeit 
For's  Sehulhaus  an  der  Krick. 


Wer  mied  deheem  is,  un  will  fort, 

So  loss  ihn  numme  geh' — 

Ich  sag  ihm  awwer  vorne  naus 

Es  is  all  Humbuk  owwe  draus, 

Un  er  werd's  .sei wert  seh'! 

Ich  bin  draus  rum  in  alle  f]ck', 
]\I  'r  macht  's  jo  ewwe  so ; 
Ilab  awwer  noch  in  keener  Schtadt 
Uf  e'mol  so  viel  Freed  gehat 
Wie  in  dem  Schulhaus  do. 


418 


DEUTSCH-AMERIKANISCHE  DICHTUNGEN. 


Wie  heomelt  mich  da  alles  a'I 

loll  sditt'li.  UM  (U'llk.  Uli  jruck ; 

üu  was  ich  schier  vorgressc  liab. 

Kuninit  wiiltlcr  z'rick  wie  aus  seim  Grab, 
Un  sehtcht  d«»  wii-  cn  Schpuck! 

Des  Krickh'  sclii)it'lt  verbei  wie 's  hot, 
AVo  idi  noch  jr'schjjielt  hab  dra ' ; 
\hi  unuer  seUe  Ilolh'rbiscli 
Do  schpieU^  nocli  die  kU'ciic  Fisch, 
So  schniiirt  wie  sclli  Zeit. 


Die  lautre  Desks  rin<;s  an  der  Wand — 

Die  ^rose  Schieler  drum  ; 
rf  eener  Seit  die  grose  Mäd. 
l'n  dort  die  Buwe  net  so  bleed — 

Guk,  wie  sie  piepe  rum ! 

Der  jMeesehter  watscht  sie  awwer  scharf, 

Sie  gewe  besser  acht : 
Dort  seller,  wo  loHetters  schreibt 
Un  seller,  wo  sei  Schpuchte  treibt, 

Uu  seller  Kerl  wo  lacht. 


Der  Weissccch  sditeht  noch  an  der  Dhier — 

flacht  Schatte  iwwer's  Dach: 
Die  Drauwerank  is  ah  noch  grie' — 
Un's  Amschel-Nescht — guk  juscht  mol  lii' — 
0  was  is  dess  en  Saeh ! 


Die  Grose  uu  die  Kleene  all 

Sin  unner  eener  Ruhl ; 
Un  dess  is  juscht  der  rechte  Weg: 
Wer  Ruhls  verbrecht,  der  nemmt  die  Schleg 

Odder  verlosst  die  Schul. 


Die  Schwalme  sclikippe  iwwer's  Feld, 

Die  veddei-scht  is  die  beseht! 
Un  sehnseht  du  dort  am  Giebeleck 
*N  Haus  vun  Schtojiple  un  vun  Dreck? 
Seil  is  eu  Sehwalme-Xescht. 


Inwennig,  um  der  Offe  rum 

Hocke  die  kleene  Tschäps, 
Sie  lerne  artlich  hart,  verschteh, 
Un  wer  net  wees  sei'  A  B  C — 
Sei'   Ohre  kriege  Räpps. 


Die  Jimge  leie  allweil  schtill. 

Un  schlofe  alle  fescht. 
Ward  bis  die  Alte  kriege  Werm 
No'd  herscht  du  awwer  gross  Gelerm- 

Vun  ]\Ieiler  in  dem  Nescht! 

Ja,  alles  dess  is  noch  wie 's  war 
Wo  ich  noch  war  en  Buh ; 

Doch  anner  Dings  sin  net  meli  so, 

For  alles  dhut  sich  ennere  do 
Wie  ich  mich  eiiiieic  dliu. 


S  'is  hart  zu  hocke  uf  so  Benk — 

Die  Fiess,  die  schteli'n  net  \ii- 
En  Mancher  kriegt  en  weher  Rick 
In  sellem  Schulhaus  an  der  Krick, 
Un  fiehlt  gans  krenklich  druff. 


Die  arme  Drep !  dort  hocke  se 
In  Misserie — juscht  denk! 
Es  is  kee'  Wuuuer — nemm  mei 
Dass  se  so  wenig  lerne  dort. 
Uf  seile  hoche  Benk. 


AVort— 


Ich  .scliteh  wie  Ossian  in  seim  Dhal 
l'n   seh   in 's  Wolkeschpiel, — 

Bewegt   mit  Freed   un   Trauer — ach! 

Die  Dhrene  kumme  wann  ich  lach! 
Kansclit  denke  wie  ich  fielil. 


Mit  all  was  mer  so  sage  kann. 

War's  doch  en  guti  Schul; 
Du  Anseht  keen  ]Meeschter  so,  geh,  such- 
Der  seifre  kann  durch 's  ganze  Buch, 
Un  schkippt  keen  eeni   Ruhl. 


Do  bin  ich  gange  in  die  Schul,  Bees  war  er!  ja,  dess  muss  ich  g'schteh; 

Wo  ich  nodi  war  gans  Idee';  G 'wippt  hot  er  numme  zu; 

Dort  war  der  :Meescliter  in  seim  Schtuhl,  Gar  kreislieh  gute  Ruhls  gelehrt 

Dort  war  sei'  Wip.  un  dort  sei'  Ruhl, —  Un  wer  Schleg  kriegt  hot,  hen  se  g'heert, 

Ich  kann's  noch  Alles  seh'.  Hot  eppes  letz  gedhu'. 


DEUTSCH-AMERIKANISCHE  DICHTUNGEN. 


419 


Wann 's  Dinner  war,  im  Schul  war  aus, 

Nor'd  hot  mer  gut  gefiehlt; 
Dheel  is  'n  Balle-Gehni  gelunge, 
Dheel  hen  mitnanner  Rehs  g'schprunge, 
Un  Dheel  hen  Sold'seher  g'sehpielt. 

Die  grose  jNIäd  hen  ausgekehrt — 

Die  Buwe  nausgeschtaabt ! 
Zu  helfe  hen  en  Dheel  pretend. 
Der  ]\Ieeschter  hot  sie  naus  gesendt: 

Die  Ruhls  hen 's  net  erlaabt. 

Die  kleene  Mäd  hen  Ring  geschpielt 

Uf  sellem  Waasum  da; 
Wann  grose  jNIäd  sin  in  der  Ring — 
'S  is  doch  en  wunnervolles  Ding! — 

Sin  grose  Buwe  ah! 

Die  Grose  hen  die  Grose  'taggt, 

Die  Kleene  all  vermisst! 
Wie  sin  se  g'schprunge  ab  un  uf, 
Wer  g'wunne  hot,  verloss  dich  druf, 

Hot  dichdiglicli  gekisst! 

Am  Chrischdag  war  die  rechte  Zeit — 

Oh  wann  ich  juseht  dra'  denk! 
Der  ]\Ieeschter  hen  mer  naus  geschperrt, 
Die  Dhier  im  Fenschter  fescht  gebärrt— 
"'Nau,   Meeschter,   en   Geschenk!" 


Nor'd  hot  er  awwer  hart  browirt, 

Mit  Fors  zu  kumrae  nei'; 
Un  mir  hen,  wie  er  hot  gekloppt, 
'N  Schreiwes  unne  naus  geschtoppt, 

"Wann 's  seinseht,  d<mii   kannscht   du 
rei!" 

Nau  hüt  der  ^leesehter  i-aus  gelänst. 
Gar  kreislich  schiepisch    'gui-kt! 
Eppel  un  Keschte  un  noch  meh', 
'S  war  juschtement  in  fäet  recht  schee', 
Mir  hen 's  itiit  Luschte  g 'schluckt. 

0  wuh  sin  nau  die  Schieler  all, 

Wo  hawe  do  gelernt? 
'N  Dheel  sin  weit  ewek  gereest, 
Vum  ünglick  uf  un  ab  gedscheest, 

Dheel  hot  der  Dodt  geärnt! 

Mei  Herz  schwellt  mit  Gedanke  uf, 

Bis  ich  schier  gar  verschtiek  I 
Kennt  heile,  's  dhut  m'r  nau  so  leed, 
Un  doch  gebt 's  mir  die  greeschte  Freed, 
Dess  Schulhaus  an  der  Krick. 

Gut  bei !  alt  Schulhau-s — Echo  ki-eischt 

Gut  bei !     Gut  bei !   zurick ; 
0  Schulhaus!     Schulhaus!    muss  ich  geh', 
Un  du  schtehscht  nor'd  do  all  allee', 

Du  Schulhaus  an  der  Krick! 


Oh  horcht,  ihr  Leit,  wu  nooch  mir  lebt. 

Ich  schreib  eich  noch  des  Schtick: 
Ich  warn  eich,  droh  eich,  gebt  doch  Acht 
Un  nemmt  uf  immer  gut  enacht. 

Des  Schulhaus  an  der  Krick ! 


HEINRICH    CONRIED. 


der    als    Schauspieler,     Regisseur    und    Direktor    in    der    deulsch-amerikanischen 

Thejier  -  Geschichte     eine     hervorragende     Rolle    spielte     und     mehrere    Jahre 

Direktor    der    ., Metropolitan    Opera    Co."    war. 


Das  Deutsche  Theater  in  Amerika. 


Die  ersten  Anfänge  des  deutschen  Thea 
ters  in  den  Vereinigten  Staaten  von  Ame- 
rika datiren  zurück  auf  den  Ausgang  der 
dreissiger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts. 
Ein  geistiges  Erwachen  im  Leben  der 
Deutsclien  war  angebrochen,  als  nach  dem 
Hambacher  Fest  am  27.  ^lai  1832,  einer 
grossen,  für  ein  einiges  Deutschhind  mit 
republikanischer  Verfassung  Propaganda 
machenden  Volksversammlung,  politische 
Verfolgungen  begannen  und  viele  hochge- 
bildete I\Iänner  zur  Flucht  und  Uebersied- 
lung  nach  Amerika  sich  veranlasst  fühlten. 
Sie  gründeten  deutsche  Zeitungen  und  b"- 
sassen  nicht  allein  Geist  und  Kenntnisse, 
sondern  auch  das  ehrliehe  Streben,  das  bür- 
gerliche, sittliche  und  wissenschaftliche 
Leben  der  Deutschen  zu  veredeln  und  ein 
Band  zwischen  den  Fortgewanderten  imd 
der  alten  Heimath  zu  knüpfen,  deren  geis- 
tige Errungenschaften  hier  imbekannt 
waren  oder  doch  nicht  die  Anerkennung 
und  Werthschätzung  fanden,  die  sie  im 
reichsten  ]\ lasse  verdienten. 

Natürlich  ergab  sich  daraus  auch  das 
Verlangen,  die  Schöpfungen  der  dramati- 
schen Literatur  Deutschland 's  durch  Auf- 
führungen auf  den  weltbedeutenden  Bret- 
tern einer  grösseren  Anzahl  von  Lands- 
leuten zugänglich  zu  machen  und  dafür 
Interesse  zu  erwecken.  Zunächst  musstc 
man  sich  mit  Dilettanten-Vorstellungen  be- 
gnügen. ]\Ian  konnte  um  so  weniger  daraa 
denken,  Aufführungen  zu  veranstalten,  die 
vor  der  Kritik  bestehen  konnten,  als  '^s 
nicht  allein  an  schauspielerisch  gebildeten 
Kräften  fehlte,  sondern  auch  keine  Bühnen 
zur  Verfügung  standen,  die  auf  einen  sol- 
chen Namen  Anspruch  machen  konnten. 
Im  Hintergrunde  von  Bierstuben  wurden 
„Bühnen"  improvisirt,  und  in  den  rauchi- 


gen Räumen  suchten  kunstbegeisterte  Dilet- 
tanten dem  Publikum  die  Vorzüge  deut- 
scher dramatischer  Dichtungen  mit  dem 
Aufwände  des  ihnen  zu  Gebote  stehenden 
Talents  vor  Augen  zu  führen.  Willielm 
Müller  erzählt  in  einem  Artikel  über  das 
deutsch-amerikanische  Theater,  der  in  dem 
unter  dem  Titel  ,. Amerika"  im  Jahre  1886 
erschienenen  Buche  zum  Abdruck  gelangt 
ist.  dass  in  Indianapolis  anfangs  der  acht- 
ziger Jahre  noch  ein  danuils  als  Wagenre- 
mi.se  benutztes  Holzgebäude  gezeigt  wurde, 
in  welchem  auf  einer  etwa  10  Fu.ss  breiten 
und  8  Fuss  tiefen  Bühne  ein  hünenhafter, 
mit  gewaltigem  Organ  begabter  Herr  von 
Adlerberg  als  Teil  den  verhängnissvollen 
Apfelschuss  ausführte  und  später  den 
Tyrannen  Gessler  bestrafte.  Dass  der  l)e- 
rühmte  Felsenvorsprung  eine  alte  "Waaren- 
kiste  war.  dass  die  Waffe  des  kühnen 
Schützen  die  Brust  Gessler 's  berührte  und 
Teil,  da  er  sich  auf  so  kurze  Distanz  zu 
schiessen  schämte,  den  grausamen  Vogt  mit 
dem  Kolben  seiner  Armbrust  ersehlug, 
störte  die  Illusion  der  Zuscliauer  nielit  in; 
Geringsten.  Obgleich  ihnen  die  f^inrich- 
tung  der  Bühne  Shakespeare 's  vernnithlieli 
unbekannt  war.  besas.sen  sie  doch  die  leb- 
hafte Phantasie  der  Zeitgenossen  des 
Schwans  von  Avon. 

In  New  York.  Philadelphia.  Cineinnati, 
New  Orleans  und  St.  Louis  fanden  in 
den  vierziger  Jahren  des  vorigen  Jahr- 
hunderts nur  vereinzelt  Tiieatervorstel- 
lungen  statt.  Dass  es  in  denselben  an 
komischen  Zwischenfällen  nicht  felilte.  da- 
für diene  als  Beispiel  ein  Gesehiclitchen, 
das  E.  D.  Kargau  in  seinem  Buche  „St. 
Louis  in  früheren  Jahren"  erzählt.  Dort 
waren  für  die  ei-ste  deutsche  Voi-stellung. 
Avelche  im  Jahre  1842  stattfand.  Schiller 's 


422 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


„Räuber"  gewälilt  worden.     :\Iit  der  Ein- 
nalinie  des  Abends  wollte  iiiiin  dem  völlig 
mittellos  angelangten  Schauspieler  Rudolf 
Riese  eine  ausreiehende  ünterstütziuig  ge- 
währen.    Der  Speisesaal  eines  Kosthauses, 
in  welchem  mau  eine  sehr  i)rimitive  Bühne 
errichtet    hatte,    dii-nte    als    Theaterlokal. 
Riese    gab    den    Karl    ]\Ioor,    die    übrigen 
Rollen    waren    durch    Dilettanten    besetzt. 
Aber  eine  Amalia  fehlte.     Kein  weibliches 
Wesen    war    zu    finden    gewesen,    welches 
sich  zur  Darstellung  der  Räuberbraut  her- 
bei las.sen  wollte.     Vor  dem    letzten    Akte 
weigerte  sich   Riese  jedoch   auf  das  Ent- 
schiedenste, ohne  eine  Amalia,  von  der  bis 
dahin  nur  gesprochen  worden  war,  die  aber 
doch    auf    der    Bühne    erstochen    werden 
musste,  weiter  zu  spielen.    Die  Köchin  des 
Hauses  wurde  daher  in  aller  Eile  in  ein 
weisses  Kleid  gesteckt  und  auf  die  Bühne 
geschoben,  um  den  Todesstoss  zu  empfan- 
gen ;  da  sie  aber  nicht  vorschriftsmässig  zu 
Boden  fiel,  versetzte  ihr  Riese  einen  wuch- 
tigen Schlag,  der  die  erwünschte  Wirkung 
nicht  verfehlte. 

Das    Repertoire    der    ersten    deutschen 
Theatervorstellungen    in    Amerika    wurde 
von  Kotzebue  beherrscht.    Das  erklärt  sich 
zum  Theil  wohl  daraus,  dass  er  im  Anfang 
des     vorigen     Jahrhunderts     eine     unum- 
schränkte   Herrschaft    über    die    englische 
Bühne  ausübte.  ..^Menschenhass  und  Reue", 
,,Rollas    Tod",    „Der    natürliche    Sohn". 
„Bruder    Moritz",    ..Gustav   Wasa",    „Die 
Macht  der  Verläumdung",  „Der  häusliche 
Zwist".    ..Falsche    Scham"   waren    Reper- 
toirestücke aller  englischen  Bühnen.     Ja, 
Bayard   Taylor  behauptete   in   seiner   Ge- 
schichte   der    deutschen     Literatur,     dass 
Kotzebue    das    grösste    dramatische    Genie 
wäre,  welches  Europa  seit  Shakespeare  her- 
v(»rgebraeht  habe.     Von  anderen  deutschen 
Bühnendichtungen,  die  in  T^ebersetzungen 
auf    der    amerikanischen    Bühne    in    der 
ersten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  ge- 
geben   wurden,    seien    erwähnt    Heinrich 
Zschokke's  „Abälino.  der  grosse  Bandit", 


einige  Schiller 'sehe  Dramen,  die  jedoch 
keine  besonders  günstige  Aufnahme  fan- 
den, Birch  -  PfeitTer'sche  Stücke  und 
Halm 's  „Der  Sohn  der  Wildniss". 

Uebrigens  war  die  junge  amerikanische 
Republik   dem    Theater   nicht    günstig   ge- 
sinnt.   Unter  englischem  Regime  wurde  die 
Schaubühne,    nachdem    am    5.    September 
1752     in     Williamsburg,     der     damaligen 
Hauptstadt  von  Virginien.  zum  ersten  Male 
in    Amerika    von    berufsmä,ssigeu    Schau- 
spielern    eine     Theater-Vorstelliuig,     und 
zwar  Shakespeare 's  „Kaufmann  von  Vene- 
dig", gegeben  worden  war,  begünstigt.    Die 
Väter  der  Republik  betrachteten  sie  nicht 
als  „moralische  Anstalt"  im  Schiller 'sehen 
Sinne,  sondern  unterdrückten  sie,  weil  „die 
Pflege  der  Künste  zu  einer  Verschlechte- 
rung der  Sitten  führe,  das  Freiheitsgefühl 
der  Bürger  schwäche  und  die  Existenz  der 
Republik  gefährde".     Erst   in   den   aller- 
letzten Jahren  des  achtzehnten  und  zu  Be- 
ginn   des    neunzehnten    Jahrhunderts    be- 
quemte man  sich  zu  etwa.s  weniger  puritani- 
schen    Ideen     und     gab     Avenigstens     das 
Theater  frei.    Es  ist  aber  heute  noch  vielen 
Geistlichen  in  Amerika  ein  Dom  im  Auge. 

Anfangs  der  vierziger  Jahre  des  vorigen 
Jahrhunderts    fanden   in    Bierhallen   oder 
bisweilen    auch    in    wirklichen     Theatern 
deutsche     Theatervorstellungen     in     New 
York,   Philadelphia.   Hoboken,   Cincinnati, 
St.  Louis  und  anderen  Städten  statt.     Es 
waren    nur   wenige   berufsmässige    Schau- 
spieler vorhanden,  aber  desto  mehr  Dilet- 
tanten, die  aus  „künstlerischem  Ehrgeiz" 
einander  Konkurrenz  machten  und  zwei,  ja 
drei  Theater  errichteten,  wo  für  eins  kaum 
ein  genügendes  Publikum  vorhanden  war. 
Unter  den  verschiedensten  Namen  tauchten 
sie  auf.  so  gab  es  in  Philadelphia  im  Laufe 
weniger  Jahre  einen  ..Dramatischen  Unter- 
haltungsverein", ein  ..Deutsches  Liebhaber- 
Theater",  eine  „Thalia  Gesellschaft",  eine 
„Germania    Gesellschaft",   eine   „Urania", 
eine    „Concordia",    einen    „Schiller    und 
Gcpthe  Verein",  ein  ..Deutsches  National- 


DAS  DEUTiSCHE  THEATER  IN  AMKKIKA. 


423 


Theater"  und  ein  ..Deutsches  Theater", 
welche  der  dramatischen  ]\Iuse  nach  ihrer 
Art  Tribut  darbrachten  und  an, die  Unter- 
stützung des  Publikums  appellirten. 

Sie  beschränkten  sich  übrigens  nicht  auf 
Theatervorstellungen,  sondern  suchten  in 
anderer  "Weise  dem  I'nterhaltungsbedürt!- 
niss  Genüge  zu  ,thun.  So  wurden  Ver- 
losungen arrangirt,  um  das  Publikum  an- 
zulocken. In  Philadelphia  winkten  Bilder 
und  Spiegel  dem  glücklichen  Gewinner,  in 
St.  Louis  einmal  sogar  ein  fetter  Hammel. 
Dampfer-Exkursionen  und  ländliche  Feste 
waren  im  Sommer  ein  beliebtes  ]\Iittel,  um 
dramatischen  Aufführungen,  welche  die 
Hauptnunnner  des  Programmes  waren, 
Publikum  zuzuführen.  Die  Eintrittspreise 
zu  Theatervorstellungen  waren  sehr  ver- 
schieden, ^lan  begnügte  sich  anfangs  mit 
25  Cents.  In  Bierhallen  wurden  10  Cents 
für  einen  Herrn  und  zwei  Damen  verlangt, 
und  dafür  gab  es  in  der  ersten  Zeit  noch 
zwei  Glas  Bier.  Später  wurde  bei  10  Cents 
Eintrittsgeld  nur  ein  Glas  Bier  gratis  ge- 
geben. Otfenbar  wurde  die  dramatische 
Kost,  die  es  als  Zugabe  gab,  höher  be- 
werthet.  In  wirklichen  Theatern  waren 
75.  50,  25  und  12i/£>  Cents  die  üblichen 
Preise. 

Nach  dem  Revolutionsjahre  18-48  wurden 
auch  deutsche  Berufs-Schauspieler  hier 
häufiger,  und  damit  beginnt  eine  Aera 
deutscher  dramatischer  Kunst  in  Ame- 
rika, welche  vor  dem  Bürger-Kriege  sogar 
zu  grosser  Blüthe  gelangte.  Statt  einmal 
wöchentlich  gab  es  in  New  York,  Philadel- 
phia und  St.  Louis  täglich  deutsche  Auf- 
führungen. Namhafte  Kräfte  wurden  von 
der  alten  Heimath  herangezogen,  und 
ihre  Gastspiele  fanden  auch  vor  dem  ame- 
rikanischen Publikum  Gnade.  Es  war  ein 
reges  deutsches  Theaterleben  in  der  neuen 
Heimath  erblüht,  als  der  Bürgerkrieg  dem- 
selben ein  Ende  machte,  da  auch  von  den 
Schauspielern  nicht  wenige  der  Union  ihre 
Dienste  anboten  und  mit  in 's  Feld  zogen. 
Es  dauerte  geraume  Zeit,  bis  sich  die  deut- 


sche dramatische  Muse  wieder  Geltung  ver- 
.schaffen   konnte.      Erst   nach   dem   siegrei- 
chen deutsch-französischen  Krieg,  der  den 
deutschen   Xationalslolz   auch  der   Fortge- 
wanderten   mächtig    anregte,    erstand    das 
deutsche    Theater    in    Amerika    zu    neuer 
Blüthe.     Es  hatte  dann  seine  „Aufs  und 
Abs"  wie  so  vieles  im  amerikanischen  Le- 
ben.     Es   bü.sste   numchen    Vorposten   ein, 
den   es  jahrelang  standhaft   und   oft   mit 
gro.ssen    Opfern   vertheidigt    hatte;     heute 
haben   nur  New  York,   Philadelpiiiti.   Cin- 
cinnati,    Davenport,    ]\Iilwaukee.    Chicago 
und  St.  Louis  deutsche  Theatervorstellun- 
gen.     Um   der   Geschichte    des    deut.schen 
Theaters  in  Amerika  gerecht  zu  werden,  ist 
es  nothwendig,  sein  AVerden  und  Entstehen 
in  den  Städten  zu  schildern,  in  welchen  es 
festen   Fuss   fasste  und   besondere   Glanz- 
perioden   erlebte.      Für   die   Anfänge   des 
deutschen  Theaters  in  New  York  und  Phi- 
ladelphia waren  die  Alonographien  von  C. 
F.  Huch  in  den  ^Mittheilungen  des  Deut- 
schen Pionier- Vereins  von  Philadelphia  die 
Hauptquelle,     ferner     der     Eingangs     er- 
wähnte Aufsatz  "Wilhelm  ]\Iüller's,  dei-  aucl; 
die  deutschen  Theater  in  anderen  Städten 
der  Union  bis  zum  Jahre  1884  behandelt, 
für  St.   Louis  das  erwähnte  Buch  E.    D. 
Kargau 's,  für  die  weitere  Geschichte  des 
deutschen    Theaters    in    Philadelphia    die 
chronologischen  Aufzeichnungen  des  lang- 
jährigen Theater-Sekretärs  S.  Renmk  uii  1 
für  die  deutsch-amerikani.sche  Theater-Ge- 
schichte bis  zur  Gegenwart  Korresponden- 
zen  der   deutschen   Theaterblätter   „N.   Y. 
Figaro"  und  ..X.  Y.   Echo".     AVerthvolle 
Informationen     verdankt     der     Verfa.sser 
ausserdem  Herrn  Carl  Pletz  vom  ,.Cinciu- 
natier  Volksblatt"  und  in  Bezug  auf  das 
deutsche  Theater  in  New  York  dem  Stadt- 
Redakteur    der    „Staats-Zeitung".     Herrn 
Arthur  G.  Abrecht.  Beginnen  wir  mit  New 
York. 

Das  deutsche  Theater  in  New  York. 

Im  Jahre  1840  wurde  der  erste  Versuch 
gemacht,    ein    deutsches    Theater    in    New 


424 


DAS  DKUTSCHK  THKATKR   IX  AMERIKA. 


York  ZU  ^TÜiuU'n ;  er  sehlug  fehl,  da  es  an 
einem  geeigneten  Lokal  und  guten  Kräften 
mangelte.  Vereinzelte  Vorstellungen  waren 
jinloeh  bis  zum  Jahre  ISrtO  nieht  selten.  Die 
Herren  K.  Riese,  F.  Wiese  und  Dietz  ver- 
anstalteten dieselben  in  dein  nur  fünfhun- 
dert Zuschauer  fa.ssenden  Franklin  Theater 
an  der  C'hatham  St.  Im  Jahre  1850  wurde 
von  W.  Ilermaiui  in  Mager 's  Konzerthalle 
in  der  Elizabeth  Stra.sse  ein  Deutsches 
Theater  gj'gründet.  das  längeren  Be.stand 
hatte.  Iiules.sen  befriedigte  weder  Lokal 
noch  Darstellung.  Neue  Männer  und  neue 
Theaterlokale  bewarben  sieh  um  die  Gunst 
des  Publikums,  aber  ohne  besonderen  Fa'- 
folg.  Fas.sert.  Burgthal.  Stein.  Alexander 
Pfeitfer  vom  Manidu'imer  Iloftheater.  Otto 
Hoym.  lienroth.  Eduard  Krüger,  Alexan- 
ilcr  IMeyel  versuehten  in  den  nächsten 
Saisons  nach  einander  ihr  Glück  als  Direk- 
toren. ;il»ei-  mit  ebenso  negativem  Erfolge 
wie  der  eigentliche  Pionier  der  deutschen 
Bühne  im  Osten  der  Vereinigten  Staaten. 
"\V.  ITermann.  der  schliesslich  entniuthigt 
der  Neuen  Welt  den  Rücken  kehrte  und 
sieh  wieder  nach  Deutschland  begal). 

In  der  Wintersaison  1853 — 54  konnte 
endlich  von  Eduard  Ilamann  im  Charles- 
Theater  an  der  Bowery.  im  ]\Iittelpunkt  des 
deut.sehen  Viertels,  das  erste  ständige 
deutsehe  Theater  New  York 's  eröffnet  wer- 
den. Durch  das  Engagement  der  ersten 
Liebhaberin  Elise  Hehl  aus  Darmstadt  und 
des  vorzüglichen  Komikers  Wilhelm  Bött- 
ner,  sowie  durch  abgerundete  Vorstellungf^n 
wurde  das  Interesse  des  Publikums  wach- 
gerufen und  dem  rnternehmen  ein  Erfolg 
gesichert.  Der  schon  erwähnte  Otto  Hoym. 
der  von  seinen  Gastspielreisen  nach  dem 
Westen  zurückgekehrt  war.  übernahm 
später  die  Spielleitung,  und  Elise  Hehl 
wurde  seine  Frau.  Das  nicht  unbedeutende 
Vermögen  derselben  setzte  das  junge  Paar 
in  den  Stand,  in  Gemeinschaft  mit  Hamann 
einen  alten  Circus  an  der  Bowery  in  ein 
neues  Theater  umzubauen,  das  den  Namen 
„Netv  York  Si  mit -Theater"  erhielt  und 
etwa  zehn  Jahre  lang  bestand.     Die  mäch- 


tig aufgeblühte  deutsche  Presse  wusste  die 
Freude  an  deutschen  Vorstellungen  in 
innner  weitere  Kreise  des  Deutschthums  zu 
tragen  und  der  deutschen  Schauspielkunst 
eine  bleibende  Stelle  zu  sichern.  Die  deut- 
sche Bühne  New  York 's  gab  Vor.stelhuigen, 
deren  sich  kein  Iloftheater  zu  schämen  ge- 
habt haben  würde.  Das  Personal  bestand 
aus  zwanzig  Herren,  zwölf  Damen,  .sowie 
aus  einem  Chor  von  zwölf  männlichen  und 
acht  weiblichen  ^Mitgliedern.  Im  Stadt- 
Theater  wurde  auch  Sonntags  gespielt. 
Opern-Vorstellungen  erhöhten  gelegentlich 
die  Freude  an  dem  Besuch  des  Stadtthe-j- 
ters  und  trugen  zur  Bereicherung  des  Re- 
pertoires bei.  Als  Otto  Hoym  bei  Ausbruch 
des  Bürgerkrieges  als  Ilauptnmnn  im  42. 
Regiment,  N.  Y.  F.,  in 's  Feld  zog.  konnte  er 
die  LTeberzeugung  mit  sich  nehmen,  dass 
für  seine  Frau  reichlich  gesorgt  sei. 

,. Durch  das  Emporblühen  des  Stadtthea- 
ters," schreibt  Herr  Huch.  ..wurden  noch 
andere  Unternehmungen  ins  Leben  geru- 
fen, und  selbst  in  Vereinskreisen  fand«:'n 
dramatische  Vorstellungen  statt,  um  das 
Verlangen  danach  zu  befriedigen.  Wie  aus 
den  Anzeigespalten  des  „Beobachters  am 
Hudson"  zu  ersehen  ist,  gab  es  im  Jahre 
1858  in  New  York  noch  die  nachstehend  ei'- 
wähnten  Theater,  bei  denen  jedoch  der 
Bierverkauf  die  Haupteinnahmequelle  ge- 
wesen zu  sein  scheint.  So  betrug  der  Ein- 
tritt in  Eustachis  Volkstheater  in  der  Vier- 
ten Strasse  nur  zehn  Cents,  wofür  man  ein 
Glas  Bier  erhielt.  Das  gleiche  Eintritts- 
geld, bei  Verabreichung  eines  Glases  Bier, 
wurde  im  Deutschen  Volksgarten-Vaude- 
ville-Theater  und  Wintergarten  von  Herren 
erhoben,  während  Damen  und  Kinder  frei 
waren.  G.  Gustav  war  hier  Regisseur  und 
Schleicher  JMusikdirigent.  Sogar  nur  sechs 
Cents  ko.steten  der  Eintritt  uiul  ein  Glas 
Bier  in  G.  Lindenmüllers  Odeon  und  Na- 
tional-Lokal-Theater.  wo  E.  Schimonski 
Bühnenleiter  war,  und  in  Busams  Fortuna- 
Halle,  wo  Damen  frei  waren.  In  Fayos 
^Fuseum  und  Lokal-Theater  war  der  Ein- 
tritt   ganz    frei.      Ferner    bestanden    noch 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  I\  AMEK'TKA. 


425 


Hoyms    Theater    mit    K.    Iloym    und    Ila- 
mann   als    Eigenthüniem    iiinl    Direktoren, 
sowie  C.  Ilartinanns  Theater  mit  W.  Voli< 
hind  als  Regisseur." 

Otto  von  Hoijm,  der  die  Schauspieler  aus 
dem    „Theilungs  -  Sehmieren  -  Verhältniss" 
befreite  uiul  regelrechte  Theater-Zustände 
schuf,    war    Sohn    eines    Kammerherrn    in 
Gera,  hatte  als  Offizier  Sehiffhruch  gelitten 
und  war  nach  Amerika  gekommen.     Seine 
schauspielerische   Begabung,   sein    Regieta- 
lent, sein  prächtiges  Organ  und  seine  wahr- 
haft adonisartige  äussere  Erscheinung  prä- 
destinirten  ihn  zum  Erfolge  auf  der  Bühne, 
und  er  bliel)  auch  nicht  aus.     Tioyni  war 
di'r    Liebling    des    weiblichen    Publikums, 
und  das  war  von  vornherein  bestimmend  für 
den  guten  Besuch  des  Theaters.     Als  Otto 
von  Hoym  in  den  Krieg  gezogen  war.  hatte 
er  das  :\Iallieur,  in  dem  siebentägigen  Ge- 
fecht bei  White  Oak  Swamp,  Ya.,  in  die  Ge- 
fangenschaft  der  Konföderirten   zu   gera- 
then.     Er  wurde  nach  längerem  Aufenthalt 
in  dem  berüchtigten  Libby-Gefängniss  aus- 
getauscht und  als  Held  in  New  York  ge- 
feiert.   Er  konnte  bald  darauf  in  das  ..Xeue 
Stadttheater''  einziehen,  das  aus  dem  frühe- 
ren Yolksgarten,  Xo.  45 — -47  Broadway,  ent- 
standen war  und  am  6.  September  1864  mit 
„Der  Graf  von  Schwerin"  unter  der  Direk- 
tion von  Hoym  und  Hamann  eröffnet  wurde. 
Das.selbe   hatte   3,500   Sitze   und   war   das 
(jrösste  Theater  der  Yereinigten  Staaten  zu 
daiiuiliger  Zeit.    Und  das  ^lerkwürdigste  an 
diesem  Riesenkunsttempel  war.  dass  er  an 
sehr   vielen  Abenden    bis    auf   den    letzten 
Platz  besetzt  war.     :Man  hatte  damals  noch 
Geld  für 's  deutsche  Theater  übrig  und  sah 
im    Besuche   desselben    fast    ein    Lebensbe- 
dürfniss.      Wie    sich    die    Zeiten    geändert 
haben!     Im  Yorderhause  des  Theaters  be- 
fand sich  Hartmann 's  Hotel,  daneben  das 
„Cafe   National"    mit    der    Logel in g 'sehen 
Konditorei,  der  gesellige  Sammelplatz  des 
Theater-]*ublikums.  Ein  Augenleiden  zwang 
Hoym,  sich  im  Jahre  1867  vom  Theater  zu- 
rückzuziehen.    Er  kehrte  mit  seiner  Gattin 


und  einem  Yermögen  von  !)!4(l,0()()  nach 
Deutschland  zurück,  wo  er  in  Xürnlx'rg  im 
Jahre  1878  gestorben  ist.  Seine  Gattin 
überlebte  ihn  nahezu  zwanzig  Jahre. 

Im  „Neuen  Stadt-Theater"  trafi-n  M;irie 
Methua-Scheller.  das  Zerboni.sche  Ehepaar, 
ferner      Daniel      Bandmann.      WillieJmine 
Rhode,  Oskar  Guttmaini   und   Andere  auf. 
Die  Sai.son  1865 — 66  erhielt  in  der  Hotten 
Berliner    Soubrette    Ottilie    Genee.    deren 
si)rühender  Witz  und  weibliche  Komik  das 
Publikum  enthusiasmirten,  einen  zugkräfti- 
gen :\lagneten.     Ihr  folgte  in  der  näch.sten 
Saison   Bogumil   Dawison.   der   damals   47 
Jahre  alt  war,   in  der  vollen    Reife  seiner 
glänzenden  Charakterisirungskunst  uiul  der 
erschütternden    ]\Iacht   seines   ergreifenden 
Spiels.     In   diesem   Winter  war  es,  als  in 
New  York  mit  Dawison  zusannnen   Edwin 
Booth   in    ,.Othe!h)"   auftrat.      Die   beiden 
grossen  Künstler  spielten  abwechselnd  die 
Titelrolle    und    den    ,,Jago".    der    eine    in 
deutscher,  der  andere  in  englischer  S]iraclH'. 
und     Frau     ]\Iethua-Scheller     sprach     als 
„Desdemona"    die    Scenen    mit     Dawison 
deutsch,  die  mit  Booth  englisch.      Damals 
hatte    Dawi.son    auch    die    ei-sten    ..jf^KKiO- 
Abende"  zu  verzeichnen,  und  das  bei  Ein- 
trittspreisen, bei  denen  der  theuerste  Piatz 
im     Hause    75    Cents    kostete.       Dawison 
schloss    sein     Gastspiel     Mitte     April     als 
„Lear".      Niemand    ahnte,    dass    es    sein 
letzter  Bühnen-Abend  sein  würde  und  dass 
der    Wahnsinn,    dessen    grausige    Realistik 
als  die  Offenbarung  eines  schauspielerischen 
Genies  in  seiner  höchsten   Form   erschien, 
ein    Yorläufer    der    geistigen    Nacht    sein 
.sollte,    welcher    der    gros-se    Künstler    bald 
nach    seiner    Rückkehr    nach    Deutschlaiul 
unrettbar  verfiel. 

Nach  Hoym 's  Ausscheiden  aus  der  Direk- 
tion blieb  Eduard  Ilninann  alleiniircr  Di- 
rektor. Er  war  seines  Zeichens  Zimmer- 
mann gewesen  und  hatte  später  in  der 
Bi'oome  Stras.se  eine  Porzeüan-Impoit- 
Handlung  etablirt.  Er  war  ein  Original. 
Das  deutsche  Theater  ging  ihm   über  a'!es 


426 


DAS  DLL  TbCHE  TIIFATEB  IX  AMERIKA. 


tn>tz  sfinor  Knauserigkeit.  Einmal  im 
Jahre,  an  seinem  Benefiz,  trat  er  se!l)st  auf. 
und  zwar  gewöhnlieh  in  .W'stroy's  Zauber- 
ptisse  ..Lunipaei-Vagahundus".  in  welcher 
er  die  Titeln^Ue  .sehon  aus  dem  (innide 
spielte,  weil  der  Darsteller  naeh  dem  1.  Akt 
fertig  ist.  Er  konnte  dann  an  die  Kas.se 
eilen  und  naehzählen.  wie  die  Eiiniahmen 


det  se  heinahe  platzten",  ärgerte  sieh  der 
stets  berlinernde  und  etwa.s  lispelnde  Herr 
Direktor  nicht  wenig.  Uebrigens  verlor 
Ilamann  später  sein  ganzes  Venna?gen  und 
starb  anfangs  der  siebziger  Jahre  im  bit- 
tersten Elend. 

Nach   Iloyiii    wurde   ein   junger  Wiener 
Bankierssohn.    II»  nun  im    Ro.^fyihrrfi.    auch 


D.AS  DEUTSCHE   IR\I.\G   PLACE   THE.ATER    IN    NEW   ^  ORK 


standen.  Einmal  machte  er  eine  Aus- 
nahme: erspielte  den  ..Mauerpolier  Kluck" 
im  „Fest  der  Handwerker"  luid  blieb  derart 
stecken,  dass  Frau  Hübner.  die  noch  in 
Elizabeth.  N.  J.,  lebende  Schwester  der 
Frau  HojTn.  seine  ganze  Rede  sprechen 
musste.  Er  revanehirte  sieh,  indem  er  ihr 
ein  Paar  weisse  Atlasschuhe  schenkte,  l'eber 
die  „andern   Fratzen,  die  jelacht   hatten. 


der  ..schöne  Rosenl>erg"  genannt.  Ha- 
mann's  Mitdirektor.  Zu  dem  Ensemble  ge- 
hörten unter  Anderen  die  hervorragenden 
und  später  berühmt  gewordeneu  Schauspie- 
lerinnen Magda  Irs^'hick  und  Eugenie 
Schmitz.  Unter  den  Gästen  sind  zu  nennen 
Hermann  Hendrichs.  Auguste  von  Baern- 
dorf.  Friedrich  Haase.  das  Ehepaar  L'Ar- 
ronge.    mit    dem    Suppe 's    Operette    ..Die 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IX   AMERIKA. 


427 


schöne  Galatho"  ihren  Siegeszng  bis  San 
Franeiseo  niaclite.  Marie  Seebaeh  und 
Andre. 

Die  Gäste  waren  sieherlirh  Meister  ihrer 
Kunst,  aber  sie  kosteten  auch  viel  Geld, 
mehr  als  die  ^lehreinnahinen  reehtfertis^- 
teu.  Die  Unkosten  steigerten  sieh  bedeu- 
tend, als  der  1843  in  Hamburg  geborene, 
aber  seit  seinem  12.  Jahre  in  Amerika  wei- 
lende und  zum  ^lusiker  ausgebildete  Adolf 
Ncucudorff  als  Kapellmeister  des  Stadt- 
theaters mit  Opernvorstellungen  grössten 
Stils  begann.  Er  gab  ausser  französischen 
und  italienischen  Opern  in  der  Saison  1870 
— 71  Wagner 's  ..Taiinhäuser'',  dessen  ei*ste 
amerikanische  Aufführung  am  4.  April  1859 
unter  Carl  Bergmann  "s  Leitung  im  alten 
Stadt-Theater  erfolgt  war.  Xeuendorff 
war  es.  der  ..Lohoujriu"  zuerst  in  den  Ver- 
einigten Staaten  zur  Aufführung  brachte. 
Die  Vorstellung  fand  am  3.  April  1871  statt. 
Theodor  Habelmann  sang  die  Titelrolle. 
Vierling  den  „Telramund".  Franosch  den 
„König".  "Wilhelm  Formes  den  ..Heer- 
rufer". Frau  Frederici  die  ..Ortrud"  und 
Frau  Louise  Lichtmay  die  ..Elsa".  Xeuen- 
dorff' hatte  sich  allerdings,  um  die  Auf- 
führung zu  ermöglichen,  kein  Gewissen 
daraus  gemacht,  die  Partitur  für  ein 
Orchester  von  zwanzig  ]Manu  zusammen- 
zustreichen, aber  es  klang,  das  Publikum 
war  zufrieden  und  hatte  einen  musika- 
lischen Genuss  erhalten,  der  ihm  bei 
einem  pietätvolleren  Kapellmeister  über- 
haupt versagt  geblieben  wäre.  Das 
hohe  C  Theodor  AVachtel's,  der  als  Gast 
von  Xeuendorff  engagirt  worden  war, 
kostete  so  bedeutende  Summen,  dass  trotz 
eines  riesigen  äusseren  Erfolges  das  Schick- 
sal des  Stadttheaters  besiegelt  wurde  und  es 
im  Jahre  1872  versteigert  werden  musste. 
Es  ^^^^rde  zu  einem  englischen  Theater,  das 
den  Xamen  ..Windsor  Theater"  führte. 
Emil  von  der  Osten,  der  später  gefeierte 
erste  Held  und  Liebhaber  der  Dresdener 
Hofbühne,  spielte  dort  den  ..Geschundenen 
Raubritter",  und  zwar  unter  der  Direktion 


keines  Geringeren,  als  des  jetzigen  grossen 
Opern-Impresario  Oskar  Ilammcrstcxn. 

In  Berlin  1847  geboren,  seines  Zeichens 
Cigarrenmat-her.  w;ir  Ilaiiunerstein  der 
richtige  :\rann  für  Amerika.  Xachdem  er 
mit  dem  ..Geschundenen  Raubritter",  der 
sich  auch  als  lustige  Parodie  auffa.s.scn 
Hess,  ein  kleines  Vermögen  gemacht,  wurde 
er  Cigarren-Fabrikant  und  erfand  die 
Formen  für  die  .Massen-Fabrikation  von 
Cigarren.  Sie  werden  heute  noch  ge- 
braucht und  bringen  ihrem  Erfinder  all- 
jährlich ein  recht  anständiges  Sümmchen 
ein.  Gleichzeitig  war  Hammerstein  Redak- 
teur einer  Tabak-Zeitung  und  erwarb  ein 
grosses  Vermögen  in  glücklichen  Grundei- 
genthums-Spekulationen  in  Ilarlem.  Dort 
baute  er  sein  erstes  Theater,  das  Harlem 
Opera  House.  eine  wahre  Goldgrube.  Er 
liess  das  ..Columbia"  folgen,  dann  a.sso- 
ciirte  er  sich  mit  Koster  &  Bial  und  baute 
ein  prächtiges  Haus  in  der  34.  Strasse. 
Die  Firma  blieb  aber  nicht  lange  bestehen. 
Hammerstein  liess  sich  auskaufen,  und  aus 
Hass  gegen  .seine  früheren  Kompagmms 
baute  er  als  Konkurrenz-I^nternehmen  das 
..Olympia".  Beide  mussten  ihren  Banke- 
rott anmelden.  Freunde  kamen  Hammer- 
stein zu  Hilfe.  Er  baute  das  ..Republic" 
(Belasco)  und  das  ..Victoria",  um  endlich 
seine  Befähigung  zum  Opern-Impresario  zu 
erkennen  und  der  grossen  Oper  in  Xew 
York  im  ..^Manhattan"  und  in  I*hiladelphia 
im  .Philadelphia  Opera  House"  glänzende 
Heimstätten  zu  errichten. 

Das  Windsor  Theater  brannte  anfangs 
der  achtziger  Jahre  ab.  sammt  Ilartmann's 
Hotel,  wurde  aber  wieder  aufgebaut.  Im 
Jahre  1898  wurde  es  zu  einem  ..yiddischen" 
Theater  und  1908  abgebrochen,  um  Raum 
für  die  Zugänge  zur  neuen  Manhattan- 
Brücke  zu  schaffen. 

Xeuendorff  wurde  1872  Opern-Dirigent 
in  der  „Academy  of  Music".  Er  gab  unter 
anderen  den  ..Holländer"  und  zum  ersten 
Mal  in  Amerika  ..Die  Walküre".  Frau 
Eugenie   Pappenheimer  sang   „Senta"   im 


428 


DAS  DEUTSCHE  THEATKW   IN   AMERIKA. 


„Ilolländrr"  luul  die  „liniiihiUit'"  in  d.T 
am  2.  April  1S72  stattjr<'habtrn  Ei-stanf- 
fühniiig  der  ..Walkün-".  Der  spätere 
Hrooklyner  (lesaiijrvereiiis-l)irijieiit  August 
Hisi-luitT  saiijr  den  ..Sie«rniuntr'. 

Als  \Viederl)ejrründer  des  d»'Utsehen 
Theatei-s  erschien  1S74  Adolf  Xeuendorff 
anf  dem  IMaii.  Kr  liatte  ein  kleines 
Theater  in  Tammany  Hall  pachten 
können.  das  er  initer  dem  Namen 
(Jermania-Tiieater  unter  ^län/A-nden  Auspi- 
eii-n  eröt^'nete.  Die  Lajje  war  vortrefHieh. 
Pariser  Sittenkomödien  v»in  Sardou  und 
dem  jünjreren  Dumas  gerade  sehr  beliebi, 
luul  das  Knsemble,  das  in  Gustav  Scheren- 
I)erg  einen  };anz  vorzüglichen  Regisseur 
hatte,  für  die  Dai-stellung  solcher  Bühnen- 
dichtungen wie  geschaffen.  Gäste  wie* 
Fanny  .lanauscheck.  Lina  I\Iayr.  ]\Iagda 
Irschick  und  Karl  Sontag  erhöhten  das 
Interesse  am  Germania-Theater,  dessen 
Zukunft.  trotZAlem  der  beschränkten  Zahl 
der  Sitze  wegen  nur  .^800  als  höchste  Tages- 
einnahme erzielt  werden  konnten,  gesichert 
ei-seliien.  Da  wurde  NeuendorflP's  grösster 
Triumph  der  Wendepunkt  seines  Glücks 
und  der  Beginn  zum  Niedergehen  seines 
Sternes. 

p]r  liatte  seine  komische  Oper  ..Der  Rat- 
t«'nfänger  von  Hameln"  zur  Aufführung 
gebra«'ht.  luid  zwar  mit  geradezu  phänome- 
nalem Krfolgel  Das  Werk  ei-lebte  eine 
solche  Reihe  von  Wiederholungen  vor  aus- 
verkauftem Hause,  wie  es  einem  deutschen 
Theaterstück  in  New  York  noch  nie  passirt 
war  und  wie  man  es  auch  nicht  für  möglich 
gehalten  hätte.  Aber  es  war  ein  Danaerge- 
•schenk  des  Schicksals!  AVenn  XeuendorlT 
bisher  ein  zwar  bescheidenes,  aber  iunner- 
hin  genügendes  Auskoiiunen  bei  dem 
Schauspiel  gefunden  hatte,  so  verdrehte 
ihm  der  Erfolg  .seiner  Oper  den  Kopf,  und 
er  sah  iiui-  noch  dai'in  sein  Heil.  Dass 
auch  sein  Kai>ellmeister-  und  Musiker- 
Ehrgeiz  erwachte,  ist  begreiflich. 

Das  kleine,  bescheidene  Haus  in  der  14. 
Strasse  wurde  verlassen,  und  man  zog  in 


Wallack 's  Theater,  und  das  war  sein 
Verderben.  Seine  nächste  Oi)er  war  ein 
Fehlschlag,  die  Kosten  waren  luigeheuer, 
ein  Konkurrenztheater  entstand,  und 
schliesslich  musste  XeuendorfT  das  l'nter- 
nehmiMi  aufgeben.  Das  war  wohl  der 
häi-teste  Schlag,  der  ihn  in  seinem  wechsel- 
vollen Dasein  getroffen  hatte,  hing  an 
seinem  Germania-Theater  doch  sein  ganzes 
Leben,  sein  ganzes  Sein  und  Fühlen  ! 

Noch  einmal  versuchte  er  es  mit  der 
deutschen  Kunst  im  Apollo-Theater,  aber 
sein  Stern  war  erloschen  —  nach  kaum  vier- 
zehntägigem Bestehen  mus.ste  er  das  Thea- 
ter wieder  schliessen.  Und  doch  hätte  es 
gerade  Neuendorlf,  wie  kein  anderer,  ver- 
dient, in  seinem  rnternehmen  von  den 
Deutschen  New  Yorks  unterstützt  zu  wer- 
den, denn  sie  hatten  gerade  ihm  viele 
künstlerische  Genüsse  zu  verdanken. 

Es  war  Adolf  Xeuendorff.  der  sich  zu- 
erst daran  wagte.  ..Die  Walküre"  (1872) 
zur  Aufführung  zu  ('ringen;  er  war  es.  der 
Wachtel  herüberbrachte ;  er  war  es.  der  die 
Bekanntschaft  von  Künstlern  wie  Fr. 
Haase,  Karl  Sontag.  Paul  ine  Lucca  und 
vieler  anderer  vermittelte,  und  wenn  es  dei 
Wohlthätigkeit  galt,  dann  wandte  man  sicli 
nie  vergebens  an  ihn  —  er  war  immer  be- 
reit, mit  allen  seinen  Rütteln  für  einen 
guten  Zweck  in  die  Schranken  zu  treten.. 
Seine  Gutmüthigkeit  und  seine  Nachgiebig- 
keit den  weiblichen  [Mitgliedern  seines 
Theaters  gegenüber,  die  „Das  Direktor- 
chen" um  den  Finger  wickeln  und  stets 
von  allen  Strafgeldern  sich  losbitten  konn 
ten.  trugen  dazu  bei.  die  Disziplin  zu  unter- 
graben, und  ])eeinträchtigten  dadurch  den 
künstlerischen  Erfolg  nicht  unwesentlich. 
Welcher  Beliebtheit  aber  sich  Adolf  Xeuen- 
dorff erfreute,  das  zeigte  die  Riesen-Menge, 
welche  sich  am  7.  Dezember  1897  in  der 
Beethoven-  ]Männerchor-Halle  in  Xew  York 
eingefunden  hatte,  um  dem  Todten  die 
letzte  Ehre  zu  eiweisen.  An  Zeichen  auf- 
richtiger ;Mittrauer  hat  es  Adolf  Neuen- 
dorff 's     Wittwe,     der     früheren     W'iencr 


DAS  DKUTSCHK  TIIKATKR  TX  AMERIKA. 


429 


Prima-Donna  Georgine  von  Jaiiuschowsky, 
wahrlich  nicht  gefehlt.  Xeucndorff  hat  in 
der  deutschen  Theater-  und  Musik-Ge- 
schichte des  Landes  sich  einen  Platz  er- 
run«ren.  der  bisher  von  keinem  anderen  er- 
reicht worden  ist. 

Im  Frühling  1879  hatte  (Just;iv  Amherg. 
der  damals  zum  er.stfu  Ma!e  in  Xew  York 
auftauchte,  im  „0!d  Bowery  Theater"  eine 
Anza'.l  VI  n  Sonder- VorstelhMi^jcn  gegeben, 


NEW  YORKER  STADT  THEATER. 

die  so  erfolgreich  waren,  dass  Wilhelm 
Kramer.  der  Besitzer  des  Hauses  und  des 
daneben  liegenden  ..Atlantic  Garden"  mit 
Mathilde  CotreUy  und  Gustav  Andierg  in 
Verbindung  trat  und  ihnen  das  Haus  als 
Heim  der  deutsehen  ]Muse  anbot.  Kramer 
hatte  den  „xUlantic  Garden",  ein  Name, 
dei-  älteren  deutsehen  Einwanderern  wohl 
unvergesslieh  ist,  Ende  der  sechziger  Jahre 
von  dem  ..Revolutionär"  und  Bierwirth 
Lindenmüller  gekauft,  der  einen   Ehrgeiz 


darin  erblickt  hatte,  in  seinem  Li.kai  nur 
Träger  hochadeligcr  Namen,  vom  Freiherrn 
und  Baron  aufwärts,  als  Kellner  zu  be- 
schäftigen. Kramei-  wusste  aus  dem 
Lokal  bald  den  ersten  Kcmzertgarten  von 
Amerika  zu  machen.  Am  Vor-  inid  .\ach- 
mittag  spielte  ein  Orchestrion,  das  erste 
seiner  Art  in  Amerika.  Abends  aber  <las 
erste  New  Yorker  Damen-Orchester.  Leere 
Biergläser  wurden  nicht  geduldet,  und 
ein  möglichst  gro.sser  Konsum  von  Frank- 
furtern wai-  ei'wünscht.  \n\  September 
IST!)  wurde  das  neue  deutsche  Theater  unter 
Direktion  Mnfliihh  Cntrflhj's  eröffnet.  Sie 
war  ein  Import  Xeuendorff's  gewesen,  der 
sie  für  das  Germania-Theater  im  Jahre 
1S75  engagirt  hatte.  :Mathilde  Coti-elly  war 
in  Hamburg  als  eine  Toehter  des  Orchester- 
Dirigenten  der  grossen  Oper.  Wilhelm 
Meyer,  geboren,  hatte  schon  als  Sieben- 
.jährige  ihr  Debüt  auf  den  weltbedeutenden 
Brettern  als  „Georgette"  in  „Drei  Tage  aus 
dem  Leben  eines  Spielers"  gemacht,  dann 
in  Stendal  in  allen  möglichen  Rollenfächern 
sieh  versucht  und  war  mit  15  Jahren  die 
anerkannte  Soubrette  des  Berliner  Vaude- 
villes.  ]Mit  1(J  Jahren  heirathete  sie  den 
damals  bekannten  Cirkuskünstler  Georg 
Cotrelly  und  zog  mit  ihm  nach  St.  Peters- 
burg. Nach  drei.jähriger  Ehe  verlor  sie  den 
Gatten  und  kehrte  als  19jährige  .junge 
Wittwe  mit  einem  zwei  Jahre  alten 
Söhnchen  nach  Berlin  zui'ück.  Erst  im 
Jahre  1873  setzte  sie  sich  durch.  Sie 
wurde  Soubrette  des  AVallner  Theaters  in 
Berlin,  wo  Karl  Heimerding  sie  unter 
seine  Fittiche  nahm.  Lu  Germania-Theater 
in  Xew  York  debutirte  sie  als  ,,]\Iargarethe" 
in  ,, Ehrliche  Arbeit".  Sie  blieb  zwei  Jahre 
lang  dort,  nuichte  dann  Gastspiel-Reisen  bis 
nach  Californien,  wo  sie  sich  als  ,,Fatinitza" 
zum  ersten  ]\Iale  auf  der  englischen  Bühne 
versuehte.  Dann  wurde  sie  Direktorin. 
Heinrich  Conried  wai-  unter  ihrer  Direk- 
tion Regisseur,  vor  ihm  L'Hame.  Sie  legte 
1881  die  Direktion  nieder.  Carl  Hermann 
und    Gustav    Amberg    wurden    ihre    Xaeh- 


430 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IX  AMERIKA. 


fol^er.  .Miitliildi'  Cotrclly  j.mii^'  auf  Gast- 
spiel-Reisen. In  New  York  scliloss  sie  sich 
der  ..MeCaull  ()|>era  ('(»."  an  und  trat  am 
21.  OktolMM-  1882  als  ..Irene"  im  ..Spitzen- 
tucli  (iiT  Köni^rin"  auf.  Dif  (n'sellsehaft 
hatte  frr(>.s.se  Erfoljje  zu  verzeichnen,  dann 
aber  crfolfTte  ein  Zusainnienbruch.  mid 
Mathilde  ('otrelly  verlor  ihr  fjanzes  Ver- 
mooren. Sic  schloss  sich  darauf  englischen 
Truiipcn  an.  Einmal  versuclitc  sie  in 
Philadelphia  das  Park-Theater  für  dent.sche 
Vorstellun«rcn  zu  gcwimien.  abei-  die  \'('r- 
liandlungen  zersehlugen  sieh.  ^Mathilde 
Cotrclly  mimt  heute  noch.  Den  Sommer 
bringt  sie  auf  ihicr  Farm  in  Maywood, 
X.  .1..  /AI.  Sic  i.st  in  dritter  Ehe  mit  einem 
Amerikaner.  Xamcns  "Wilson,  vcrheirathet. 
Von  ihi'cm  zweiten  ]\Ianne.  einem  gewissen 
Weste,  hatte  sie  sich  scheiden  lassen.  Ihr 
einziger  Sdhn  starb  vor  mehreren  Jahren 
als  hochangesehener  Bankier. 

Mit  And)erg  und  Conricd  treten  zwei 
Männer  in  die  Geschichte  des  deutschen 
Theatere  der  Vereinigten  Staaten  von  Ame- 
rika, deren  Lebenslauf  auf  allgemeines  In- 
teres.se  Anspruch  machen  kann. 

Giistar  Amhcrg  ^v^rde  vor  GO  Jahren. 
]849,  in  Böhmen  geboren,  hatte  sich  in 
vielen  Erwerben  versucht,  so  soll  er  ,,Ad- 
vance  Agent"  eines  Circus,  Leiter  deutscher 
^Militärkapellen  etc.  gewesen  sein,  bis  er  auf 
die  Idee  kam.  Theater-Direktor  zu  werden. 
p]r  leitete  8  Jahre  lang  das  Thalia-Theater, 
dann  das  Deutsche  Amberg-Theater  am 
Irving  Place,  gab  Operetten  im  Terrace 
Garden  und  übernahm  für  die  Saison 
1899—1900  das  Germania-Theater,  in  wel- 
chem er  die  Truppe  des  Stettiner  Theater- 
Direktors  Resemaim  gastiren  liess.  Seine 
achtjälirige  Direkt ion.scpoche  im  Thalia- 
Theater  war  eine  Glanzzeit  in  des  AVortes 
vollster  Bedeutung  in  der  X.  Y.  Theaterge- 
schiehte.  In  jene  Periode  fallen  die  glän- 
zendsten Aufführungen  von  Schauspielen, 
Operetten  und  Opern  mit  geradezu  vor- 
züglichen Ensembles  und  berühmten  Gäs- 
ten,   an   welche   Kunst freimde   noch    jetzt 


mit  Enthusiasmus  zurückdenken.  Auf  der 
Bühne  des  Thalia-Theaters  traten  unter 
seiner  Direktion  die  berühmtesten  Künstle- 
rinnen und  Künstler  der  zeitgenössischen 
deutschen  Bühne  auf.  Hier  entzückte  eine 
Geistinger  das  Publikum  in  der  Vollkraft 
ihres  Könnens,  durch  Darbietungen  auf 
dem  Gebiete  der  Operette,  der  Posse,  des 
Dramas,  die  noch  jetzt  unerreicht  da- 
stehen, liier  absolvii-te  Adolph  Sonneiithal 
sein  erstes  Gastpiel.  und  der  leider  seiner 
Kun.st  so  früh  entri.ssene  Friedrich  Mitter- 
wurzer  riss  das  Publikum  zur  höchsten  Be- 
wunderung hin ;  und  welche  Triumi)he 
feierten  hier  Ernst  Possart  und  Ludwig 
Barnay!  Am  17.  April  1888  traten  sie 
sogar  zusammen  im  „Kaufmann  von  Vene- 
dig'' auf.  Anlass  war  das  100.  Aufti-eten 
Possart 's  als  Gast.  Er  wurde  riesig  gefeiert. 
Gertrude  Giers  spielte  die  ,,Portia". 

Dazu  kommen  alle  die  Erstaufführungen 
der  Operetten,  die  damals  in  Europa 
Furore  machten  und  hier  gleich  glänzende 
Wiedergabe  fanden  ;  erwähnt  seien  :  ,,Der 
Bettelstudent",  ,. Boccaccio",  ..Trompe- 
ter", „Nanon"  und  zahlreiche  andere. 

Am  1.  Dezember  1888  fand  die  Eröffnung 
des  Amberg-Theaters  am  Irving  Place 
statt.  Es  war  mit  Wm.  Steinway's  Gelde 
erbaut  worden.  Auch  hier  verfolgte 
Amberg  sein  Prinzip,  dem  Publikum  das 
Beste  zu  bieten,  was  auf  dem  ,. Dramatischen 
]\larkt"  zu  finden  war,  sowohl  in  Bezug 
auf  Novitäten  wie  hinsichtlich  eines  treff- 
lichen Ensembles  imd  berühmter  Gäste  — 
und  ohne  zugkräftige  Gäste  kann  nun  ein- 
mal ein  deutsches  Theater  in  New  York 
anscheinend  nicht  bestehen. 

Herr  Amberg  brachte  im  Laufe  der 
Jahre :  Possart.  Barnay.  Sonnenthal,  Mit- 
terwurzer,  INIatkowsky.  Kainz.  Geistinger, 
Giers,  Barkany.  Irschick,  Botel,  Jimker- 
mann,  Thomas  und  Andere.  Dazu  kam 
noch  1890 — 1  das  geradezu  glänzende 
Gastspiel  des  ]\Iünchener  Ensembles  unter 
]\rax  Ilofpaur.  Es  ergab  45  ausverkaufte 
Vorstellungen.    Ferner  das  Gesammt-Gast- 


DAS  DEUTSCHE  THEATER   IN   AM  Elfi  KA. 


431 


spiel  der  Plattdeutsehen,  der  Seldiersee'er 
Bauernspieler,  der  Tegernsee'r  und  des 
Reseniann  'sehen  Ensembles. 

Noch  glänzender  erging  es  Heinrich 
Conried  in  Amerika.  Geboren  am  18.  Sep- 
tember 1855  in  Bielitz  in  Oe.sterreiehiseh- 
Sehlesien,  als  Sohn  Joseph  und  Hertlia 
Cohn's,  sollte  er.  wie  sein  Vater,  Weber 
werden.  Xaehdem  er  die  Oberrealsehule  in 
Wien  besucht,  entsehloss  er  sieh  für  den 
kaufmännisehen  Beruf  und  fand  Anstel- 
lung in  einer  Bank.  Er  besuchte  fieissig 
das  Theater.  Im  Jahre  1872  wurde  er  mit 
<lem  Hof  Schauspieler  Leo  Friedrich  be- 
kannt und  trat  in  dessen  Yortragsschule 
<-in.  Bei  einer  festlichen  Veranstaltung  der- 
selben, bei  welcher  Conried  ,,Die  Kraniche 
des  Il)ykus"  vortrug,  wurde  Dr.  Förster, 
der  Oberregisseur  des  Burgtheaters,  auf  ihn 
aufmerksam  und  erniuthigte  ihn,  zum 
Theater  zu  gehen.  Strakosch  und  der  da- 
mals allmächtige  Heinrich  Laube  nahmen 
sich  des  jimgen  Kunst-Eleven  auf  Föi'ster's 
Empfehlung  an.  Bei  einem  Vortragsabend 
im  Saal  der  ,.grünen  Insel"  deklamirte  er 
Francois  Coppee's  „Strike  der  Schmiede" 
mit  solchem  Erfolge,  dass  ihn  Dingelstedt 
zwei  Tage  später  zum  Probespiel  im  Burg- 
theater aufforderte.  Dasselbe  fiel  zu  Gun- 
sten des  Kunstjüngers  aus,  und  im  Januar 
1873  erhielt  der  im  19.  Lebensjahre  Ste- 
hende einen  dreijährigen  Kontrakt  an  das 
erste  deutsche  Theater.  Ein  Nervenfieber 
verhinderte  ihn  am  sofortigen  Auftreten. 
Am  28.  Februar  aber  betrat  er  die  geweih- 
ten Bretter  als  einer  der  ,. Argonauten"  in 
Grillparzer's  ,, Argonautenzug". 

Nach  einem  Engagement  am  Berliner 
Xational-Theater  unter  Direktor  Buchholz 
wurde  Conried  1876  von  Dr.  Förster  als 
erster  Charakterspieler  für 's  Leipziger 
Stadttheater  gewonnen.  Ein  Streit  während 
eines  Barnay-Gastspiels  führte  Conried  von 
Leipzig  an  das  Stadttheater  in  Bremen. 
Finanzielle  Schwierigkeiten  zwangen  den 
Direktor  zum  Niederlegen  seines  Amtes. 
Conried  sprang  in  die  Bresche  und  leitete 


das  Theater  so  erfolgreich,  dass  nielit  allein 
die  ^Mitglieder  ihre  Gagen  erhielten,  son- 
dern sogar  ein  Feberschass  erzielt  wurde. 
1878  wurde  Conried  von  Xeuendorff  als 
Oberregisseur  an  das  Germania-Thi-atcr  in 
New  York  engagirt.  Er  trat  am  17.  Sep- 
tember 1878  zum  ersten  ]\Iale  in  Aim'rika 
und  zwar  als  „Gringoire"  auf.  Die  Gunst 
des  Publikums  eroberte  er  sich  als  „Franz 
Moor".  In  nächster  Saison  machte  er  eine 
Gastspiel-Tournee  und  wurde  dann  Oberre- 
gisseur des  Thalia-Theaters.  Zwei  Jahre 
lang  war  er  der  artistische  Leiter  des 
Casino  und  organisirte  englische  Operetten- 
Truppen.  Am  1.  Mai  1893  wurde  er  Direk- 
tor des  Irving  Place  Theaters.  I]r  vermit- 
telte als  solcher  dem  deutschen  Thcater- 
Pul)likum  die  Bekamitschaft  liervorragcii- 
der  Künstler  und  Künstlerinnen.  Beim 
Besuch  des  Prinzen  Heinrich  von  Prcussen 
in  X'^ew  York  fand  im  Irving  Place  Theater 
eine  Gala-Vorstellung  statt,  welcher  der 
hohe  Gast  der  amerikanischen  Xation  bei- 
wohnte. Vorher,  am  23.  Februar  1898, 
hatte  Conried  sein  silbernes  Schauspieler- 
Jubiläum  feiern  können  und  war  in  gross- 
artiger Weise  ausgezeichnet  worden.  Im 
Jahre  1903  wurde  Conried  der  Xachfolger 
^Maurice  Grau 's.  Er  führte  zum  ersten 
]\Iale  in  Amerika  im  ^Metropolitan  Opera 
House  Wagner 's  ..Parsival"  auf.  Bei  dem 
Gastspiel  der  Oper  in  San  Francisco  büsste 
er  infolge  des  Erdbebens  riesige  Summen 
ein,  und  die  weitere  Aufführung  ili-r 
,,Salome"  verbot  das  Direktorium  des 
^letropolitan  Opera  Ilouse.  Im  Jahre  1908 
legte  Conried  auch  die  Direktion  des 
Opernhauses  nieder,  die  des  Irving  Place 
Theaters  hatte  er  schon  früher  aufgegel)en. 
Er  begab  sich  seiner  schwer  angegritfeiien 
Gesundheit  wegen  in 's  Ausland.  In  hieran 
in  Tirol  ist  er  am  27.  April  1909  gestorben. 
Am  20.  Mai  fand  in  New  York  eine  grosse 
Trauerfeier  im  Metropolitan  Opera  Ilouse 
statt.  Conried,  der  Ritter  mehrerer  Orden 
war,  hatte  sieh  m  Jahre  1888  mit  Augusta 
Sperling    verhcirathet.      Der    Ehe    ist    ein 


432 


1)A8  DEUTSCHE  THEATER   IN   AMERIKA. 


Sohn   t'iitsprosst'ii,   dt-r  im   .Inliiv   1!H)8  die 
Cohiiiihia-riiiversität  absolvirt  hat. 

Nacli  iVirsvv  kiiizcn  Abschweifung  von 
der  (»»'.srliichto  des  diMitschen  Theaters  New 
Vork's.  die  in  Anbetracht  der  Bedeutung 
Ici-  bei.lcii  .Mäinier  für  das  Theaterleben 
nothweudig  erschien,  kann  die  geschicht- 
liche Darstellung  des  deutschen  Theaters 
in  New  York  fort?_'csef/t  werden.  In  der 
i'rsten  Saison  unter  lleniiann  und  Ani- 
berg  im  Thalia-Theater  trat  Marie  Gei.stin- 
ger  als  Gast  auf.  und  wälirend  sie  unter 
And)erg's  Führung  ihren  Triumphzug 
durch  das  Land  machte,  gastirte  an  der 
Howery  Kathi  Schratt.  In  der  Saison 
]g^2 — S'^.  als  Tewele  und  Knaalc  in  New 
York  gastirten.  bereiste  eine  vortreffliche 
Operetten-Gesellschaft  das  Land.  Es  folg- 
ten ein  Gastspiel  Ludwig  Barnay's  im  klas- 
sischen Drama  in  New  York,  und  eine 
Tom  nee  Josephine  Gallmeyer 's  mit  einer 
Possentruppe  durch  die  grösseren  Städte 
des  Landes,  die  .iedoch  zu  keinem  nennens- 
wcrthcn  Erfolge  sieh  gestalten  wollte.  Di"' 
Geldopfer  waren  viel  zu  gross,  und  ant 
Ende  der  Saison  sehied  Karl  Hermaini 
aus  der  Direktion. 

.Mit  Beginn  der  Spielzeit  1884 — 85  war 
Gustav  Aniberg  der  Leiter  des  Thalia- 
Theatei-s.  Ilennann  hatte  seine  Direktions- 
Ei-fahrungen  mit  .tlUO.OOO  theuer  erkauft. 
Als  Gä.ste  traten  im  Tlialia  -  Theater 
Magda  Irschick,  Herr  Friese  luid  An- 
tonie Janisch  vom  AViener  Burgtheater 
auf.  Auf  Grund  einer  Vereinbarung  zwi- 
schen den  Herren  Amberg  luid  Conried 
fand  unter  Leitung  des  Letzteren,  begin- 
nend mit  dem  it.  März  1885,  ein  auf  H 
Abende  festgesetztes  Gastspiel  von  Adolph 
Sonncnthal  statt.  Gegeben  wurde :  .,Uriel 
Acosta",  „Vater  und  Sohn",  ,,Ein  verarm- 
ter Edehnann",  ..Handet".  ..Fronumt  jr. 
und  Riesler  sen.".  „Lorbeerbaum  und  Bet- 
telstab" und  ,.Der  Marcpiis  von  Villemer". 
Gleichfalls  unter  Leitung  Conried 's  fand  in 
dieser   Saison   in   Xiblos  Garden   die   Auf- 


führung von  Poole  und  Gilmore's  Au.s;tat- 
tungs.stück  ,,Die  sieben  Raben"  statt. 

Die  Saison  1885 — 86  erötfnete  Direktor 
And)erg  im  Thalia-Theater  mit  ..Czar  uiul 
Zinnnermann".  Friedri<'h  ]\Iitterwurzer 
und  Lori  Stubel  gastirten,  letztere  im  ,, Boc- 
caccio" und  ,,Der  AValzerkönig".  Die  Ab- 
schiedsvorstellung .Alitterwurzer's  fand  am 
28.  3Iärz  unter  Leitung  von  Dii-ektor  Am- 
berg statt. 

In  demselben  Winter  liatte  der  Charak- 
terdarsteller   Emanuel    Lederer   zusanniien 


DAS  „NEUE  STADT  THEATER"  l.\  NEW  YORK. 

mit  der  bekannten  Theater-Agentur  Bloch 
in  Berlin  ein  Bureau  zur  Vertretung  der 
Interessen  deutscher  dranmtischer  Schrift- 
steller in  Amerika  ei'öffnet. 

Die  Saison  1886 — 87  brachte  m;  Thalia- 
Theater  dreissig  Vorstellungen  des  voll- 
ständigen Lustspiel-En.sembles  dt^  Berliner 
Residenz-Theaters.  Im  Concordia-Theater 
an  Avenue  A  wurde  unter  der  Direktion 
von  Frl.  Lori  Stubel  gespielt. 

Direktor  Amberg  führte  seinem  Publi- 
kum in  der  Saison  1887 — 8S  vier  auserle- 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


433 


seue  Gäste  vor,  nämlich  die  Herren  TLcin- 
rich  Böte},  Ernst  Possart,  Augwit  Junker- 
mann und  Emil  Thomas.  Vom  2.  bis  14. 
Januar  1888  veranstaltete  Heinrieh  Con- 
ried  im  Star-Theater  ein  Gastspiel  der 
Frau  Hedwig  Niemann-Raahe,  sowie  vom 
12.  bis  24.  ]\Iärz  in  der  Aeademy  of  Music 
gemeinsam  mit  Direktor  Hermann  das 
Absehieds-Gastspiel  Ludwig  Barnay's. 

Während  des  Sommers  1888  gab  Amberg 
Vorstellungen  im  Terrace-Garden.  Am 
1.  Dezember  1888  eröffnete  Amberg  am 
Irving  Place  sein  „Deutsches  Amberg- 
Theater",  wo  während  der  Saison  fol- 
gende Künstler  als  Gäste  auftraten: 
E.  Possart,  Joseph  Kainz,  Felix  Schweig- 
hof er,  Frau  Claar-Delia,  Ilka  Palmay  aus 
Wien  und  Frl.  Constanze  Bonita  aus 
Köln.  Direktor  L.  Hangen  leitete  wäh- 
rend des  W^inters  ein  Unternehmen,  welches 
den  Namen  Neues  Deutsches  Volks- 
Theater  führte. 

Im  Sommer  1889  gab  Direktor  Amberg 
deutsche  Opernvorstellungen,  während  im 
Central-Turnverein  unter  der  Direktion  der 
Herren  Schultheis,  Kierschner  und  Walter 
Theater  gespielt  wurde.  Im  Winter  des- 
selben Jahres  fanden  im  Amberg-Theater 
Gastspiele  von  Carl  Schnitze  mit  seiner 
ganzen  Ge.sellschaft  sowie  von  Herrn  F.  J. 
Braekl  statt. 

Die  Saison  1890 — 1  sah  im  Am])erg- 
Theater  wieder  eine  Keihe  berühmter 
Gäste,  nämlich:  Joseph  Kainz,  Adalherf 
Matkowsky,  Marie  Barkany  und  Emil  Tho- 
mas. Im  Thalia-Theater  gaben  die  Gebrü- 
der Rosenfeld  Vorstellungen.  Sie  brachten 
die  „Meininger" ;  echt  waren  an  ihnen  die 
Austattung,  sowie  die  Ma.ssen-Scenen.  Auch 
in  der  Imitation  waren  die  „Meininger",  zu 
denen  unter  anderen  Pfeil  und  Kober,  sowie 
die  Haverland  gehörten,  eine  Offenbarimg 
der  Regiekunst  für  Amerika.  In  der  Saison 
1891 — 2  wurden  Krisengerüchte  bezüglich 
der  Direktion  des  Amberg-Theaters  laut. 
Im  Sommer  1892  folgte  eine  kurze  Operet- 


ten-Saison unter  Xeuendorff.  Dci"  Winter 
1892—1898  brachte  den  erwarteten  Dirck- 
tions-Wechsel,  denn  an  Stelle  des  llerni 
Aml)erg  waren  Leo  von  Raven  und  ^lax 
Mansl'eld  getreten.  Hei  iinien  gastirte  das 
ge.sammte  Berliner  „Emil  Thomas  En.sem- 
hlc",  während  Herr  Conried  ein  Gastspiel 
der  Ferency'schen  Opcrctt  enge  Seilschaft 
arrangirt  hatte. 

Der  Winter  1893—94  findet  Herrn  Con- 
ried im  Irving  Plaee-Theater,  wo  er  eine 
Reihe  von  Jahren  bleiben  und  welches  er 
zu  hoher  Blüthe  bringen  .sollte.  Tnter 
seiner  Leitung  gastirte  die  Ferency '.sehe 
Operetten-Gesellschaft.  Noch  ein  zweites 
Ereigniss  hatte  diese  Saison  zu  verzeich- 
nen: Adolph  Philipp  zog  in  das  Germania- 
Theater  ein,  wo  er  sich  mit  seiner  New 
Yorker  Lokalpos.se,  „Der  Corner-Grocer", 
rasch  die  Gunst  des  Publikums  zu  erwerben 
verstand.  In  Niblo's  Garden  gaben  in 
diesem  Winter  die  ,, Liliputaner"  unter  der 
Direktion  der  Gebrüder  Rosenfeld  ein  Gast- 
spiel. 

Das  Jahr  1894  und  der  folgende  Winter 
verliefen  ereignisslos.  Im  Sommer  spielte 
die  Ferency-Truppe  im  Terrace-Garden,  im 
Winter  H.  Conried  und  A.  Philipj»  in  ihren 
resp.  Müsentempeln.  Das  nächste  Jahr 
brachte  insofern  eine  Abwechslung,  als 
Amberg  die  Schlierseer  Bauernspieler  im 
Äletropolitan  Opera  House  gastiren  liess. 

Der  Sommer  1896  brachte  zunächst  Vor- 
stellungen der  Conried-Ferency-Truppe  im 
Terrace-Garden  und  später  ebenda  Lust- 
spiele und  Possen  einer  Gesellschaft,  die 
unter  Leitung  der  Herren  Ad.  Philipp  und 
L.  V.  Raven  stand.  Während  des  Winters 
gastirte  bei  Conried  Frau  Agnes  Sorma,  bei 
Philipp  Marie  Geistinger.  Die  Winter- 
Saison  1897—98  wurde  im  Irving-Place- 
Theater  durch  Gastspiele  von  Agnes  Sorma 
und  Frau  Julie  Kopaczi-Karczag  aus- 
gefüllt. 

Adolph  Sonnenthal  kehrte  im  nächsten 
Winter  zu  Direktor  Conried  zurück,  und 
dieser  Umstand  veranla.sste   auch   Adolnb 


434 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


riiilipp  zu  ^Miiz  besondei-s  grossen  Austrcn- 
^un^'cn. 

Felix  Scliwcifrhofer  erfreute  während  des 
Wintei-s  18!>U— IJMIU  die  New  Yorker  durch 
ein  (}asts|iit'l  im  Trvinir-l'iaee-Tlieater.  Im 
Germania-Theater  liatte  Gustav  Amberg 
Herrn  IMiili|)|)  als  Direktor  abgelöst,  und 
bei  ihm  wan-n  Anna  Führing  und  die 
Trupi»«'  Il<irii  Lrnii  Resemann's  zu  Gaste. 
Mit  Beginn  der  Saison  1901 — 02  kehrten  zu 
Conried  die  Fereney-Truppe,  und  in  das 
Germania-Theater  Adolph  Philipp  zu- 
rück. Di«'  nächste  Saison  war  insofern 
bedeutungsvoll,  als  bei  Conried  zum  ersten 
Male  Fl  nliitaiKl  Hoini  Ga.stn)llen  gab, 
wiilircnd  .-im  Schlüsse  d«'s  AVinters  das  Ger- 


DAS  THALIA-THEATER  IN  NEW  YORK. 

mania-Thcatcr.  in  welchem  Gustav  Am])erg 
wiedei-um  das  Seepter  geführt  hatte,  zu 
existiren  aufhörte. 

\\\v  haben  uns  nunmehr  bis  zum 
Schlu.sse  des  .lalires  lOOti — 07  au.ssehliess- 
lieh  mit  Herrn  ('<mried  und  dem  Irving- 
Plaee-Theater  zu  beschäftigen.  1903 — 04 
gastirten  Frau  Odiloii  und  die  Herren 
Bonn  und  Clirisliatis.  11 104 — 05  fand  eine 
grasse  Sehillerfeier  .statt,  während  als  Gä.ste 


Bonn,  Christians,  Waiden  und  Frl.  Bar- 
scscii  auftraten.  Zahlreich  waren  die  Lor- 
beeren, welche  Herr  Conried  in  der  Saison 
1905 — 06  erntete.  Zunäch.st  verdient  das 
Gastspiel  von  Frl.  AbarhattcU  P]rwähnung, 
dann  das  der  Frau  Arnold,  das  von  Marie 
Reisenhofer  sowie  der  Herren  Christians 
imd  Waiden.  Ausserdem  ward  Herrn  Con- 
ried die  Ehre  zu  theil,  Herrn  Dr.  Ludwig 
Fulda  als  seinen  persönlichen  Gast  in 
seinem  Kunsttempel  begrüssen  zu  dürfen. 
Das  Jahr  1906 — 07  war  das  letzte  der  Herr- 
schaft Conried 's  am  Irving-Place.  Es 
brachte  das  Thaller 'sehe,  .sowie  Anna  Dir- 
kens-Gastspiel.  Der  scheinbar  unver- 
wüstliche Direktor  hatte  durch  die  vor 
einigen  Jahren  erfolgte  Uebernahme  der 
Leitung  des  ^Metropolitan  Opera  House 
an  Stelle  des  Herrn  ^Maurice  Grau,  dessen 
Geschäfte  er  neben  denen  des  eigenen 
Theaters  führte,  sich  zu  viel  zugemuthet, 
denn  noch  vor  Schluss  der  Saison  brach  er 
körperlich  vollständig  zusammen  und 
musste  seiner  glänzenden  Laufbahn  auf  un- 
absehbare Zeit  Yalet  sagen.  An  seine  Stelle 
trat  der  Schriftsteller  Br.  Maurice  Baum- 
fehl, doch  sollte  dessen  Thätigkeit  in  Con- 
i'icd's  Theater  nicht  von  Dauer  sein,  weil 
er  sich  mit  höher  fliegenden  Plänen  trug. 
Tn  kurzer  Zeit  gelang  es  ihm,  von  kapi- 
talkräftigen Deutsch  -  Amerikanern  die 
Büttel  zur  Errichtung  eines  neuen  Kunst- 
tempels in  der  oberen  Stadt  aufzubringen, 
inid  schon  mit  Beginn  der  Saison  1908 — 09 
konnten  er  und  der  Wiener  Hofschauspieler 
Euqen  Burg  das  ..Neue  Deutsche  Theater" 
an  59.  Strasse  und  IMadison  Avenue  als 
Bühnenleiter  beziehen.  Als  Gäste  waren  von 
ihnen  für  die  Saison  die  Herren  Emaniiel 
Reicher  und  Conrad  Dreher,  der  Lieb- 
lings -  Schauspieler  Bismarek's,  engagirt. 
Leider  kam  es  anfangs  des  Jahres  1909  zu 
Differenzen  zwischen  den  Direktoren, 
denen  sieh  H.  Blitz  zugesellt  hatte.  Die 
Heri-lichkeit  kam  vor  Schlu.ss  der  Sai- 
•son  zu  Ende,  mid  das  Neue  Deutsche  The- 
ater   hörte    als    solches    zu    existiren    auf. 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


435 


Die  Leitung  des  Irving-Plaee-Theaters  lag 
in  der  Saison  1908—1909  in  den  Hän- 
den des  Direktors  Oiio  Weil,  welcher  sich 
als  Gast  den  Schauspieler  Otto  Gebühr  vom 
Hoftheater  in  Dresden  verschrieben  hatte. 
Für  die  Saison  1909 — 10  wurden  von  dem 
Pächter  des  Irving  Place  Theaters.  August 
Lüchow,  Theodor  Burgarth  imd  Carl 
Wilhelm  als  Direktoren  gewonnen. 

„On  revient  toujours  ä  ses  premiers 
aniours"  mag  Adolph  Philipp  gedacht 
haben,  als  er  mit  Beginn  der  Saison 
1908 — 09  nach  der  Metropole  des  Ostens 
zurückkehrte,  um  im  ,, Schwarzen  Adler", 
ebenfalls  in  der  oberen  Stadt,  seine  Lokal- 
possen, die  ihre  Zugkraft  anscheinend  noch 
nicht  eingebüsst  haben,  imd  die  er  noch  um 
ein  Erkleckliches  vermehrt  hat,  zu  geben. 


In  Brooklyn  wurden  unter  Leitung  von 
L.  Stefano  1884 — 85  Vorstellungen  gege- 
ben. Das  nächste  Jahr  sah  Minnie  Raaber 
als  Leiterin ;  sie  wurde  von  Direktor  L. 
G.  Böhm  abgelöst,  welcher  auch  dreimal 
wöchentlich  in  Jersey  City  imd  Paterson 
spielte.  Dann  war  es  mit  der  Herrliclikeit 
der  Kirchenstadt  als  selbständiger  Pfie- 
gestätte  des  deutschen  Theaters  zu  Ende, 
denn  der  L^mstand,  dass  im  "Winter 
1898 — 99  die  Tegernsee'r  unter  Amberg 's 
Leitung  einen  kurzen  Abstecher  nach  der 
„Schlafstube  New  Yorks"  unternahmen, 
fällt  kaum  in 's  Gewicht. 

An  theatralischer  Bethätigimg  in  Buffalo 
fehlte  es  bei  dem  regen  geistigen  Leben  und 
der  numerischen  Stärke  des  dortigen 
Deutschtums  schon  in  frühen  Jahren  nicht. 
Im  Jahre  1884  wurde  im  Germania- 
Theater  unter  Leitung  von  Fräulein 
Dora  ]\Iundt-]\Iühlbach  gespielt.  Im  zwei- 
ten Jahre  führte  ein  Herr  von  Gühlen 
die  Direktion  und  gab  als  erste  Vorstel- 
lung: ..Anna  zu  dir  ist  mein  liebster 
Gang".  Derselbe  Herr  leitete  den  Thes- 
piskarren auch  in  den  beiden  nächsten 
Jahren,  gab  jedoch  in  87 — 88  nur  acht 
Vorstellungen,  nach   welchen   das  Theater 


geschlo.ssen  wurde.  Von  1888  ab  stand  das 
deutsche  Theater  unter  folgenden  Direk- 
tionen :  SS  Richard  Stolte,  89  Alexander 
Varena.  90 — 93  Heinrich  Jentsch,  95 — 97 
L'Hame  &  Baureis,  97 — 98  ,, Theaterver- 
ein", 98—99  Frau  Anna  Diehl-Franosdi 
zusammen  mit  der  Theatcrgesellschaft  von 
Cleveland.  In  der  Sai.son  1906 — 07  gab  die 
Gesellschaft  des  Herrn  Vollmar  und  der 
P>au  Piunk  in  Buffalo  und  Rochester  Vor- 
stelhmgen. 

Das  deutsche  Theater  in  Philadelphia. 

Deutsche  Vorstellungen  gab  es  in  Phila- 
delphia den  Aufzeichnungen  Hermann 
Nachtigall 's,  des  jetzt  im  National  Soldici-s 
Home  in  Virginien  seinen  Lel)en.s- Abend 
beschliessenden  Divisions-Schreibei-s  Carl 
Schurz 's,  zufolge  schon  vor  dem  Jahre 
18-40.  "Der  deutsche  dramatische  Untcr- 
haltungsverein "  fühlte  sich  veranla.sst,  von 
Zeit  zu  Zeit  den  Familien  und  Freunden 
seiner  j\Iitglieder  etwas  vorzumimen.  Bei 
den  Versuchen  war  der  "Wille  natürlich 
mehr  zu  loben  als  die  Kräfte,  we'che 
sie  ausführten.  Der  erste  Schauspieler, 
welcher  in  der  Stadt  der  Bruderliebe  auf- 
trat und  eine  Benefiz-Vorstellung  V(>ran- 
staltete,  war  ein  gewisser  Alwin  Boll.  der 
am  27.  September  1842  im  Saale  des  Herrn 
Zimmermann  in  der  Lätitia  Court  zwischen 
Front  und  2.,  sowie  ]\Iarket  und  Chestiuit 
Strasse,  unter  Mitwirkung  des  genaimten 
Vereins  "Toni  oder  die  Schreckensnacht 
auf  Sankt  Domingo",  die  Dramatisirung 
einer  Erzählimg  von  Theodor  Körner,  zur 
Aufführimg  brachte.  Die  Zwischenpausen 
füllte  ein  Fräulein  Friedauf  durch  Tänze 
aus.  In  der  Folge  fanden  verschiedentlidi 
Vorstellungen  statt,  die  jedoch  lediglich  v<m 
Dilettanten  gegeben  wurden.  Eine  gute 
Truppe  unter  Leitung  der  Herren  W.  Dietz 
und  "W.  Herrmann  fand  im  Jahre  1848  wie 
ein  dem  Deutschthum  der  Stadt  von  der 
„Freien  Presse"  gegebener  Rüffel  zeigt, 
nicht  die  Unterstützung,  welche  sie  ver- 
diente.    Bei   der   Abschiedsvorstellimg    in 


436 


DAS  DKl'TtsCHE  THFATER  IX  AMERIKA. 


Wt'k'irs  Xatiitiiiil  Circus  am  -l  .Iiini  1848 
§;al)  die  Trupiu'  ..Ilinko.  ilcr  Fiviknecht" 
von  Cliarlottt'  Hirch-Pfi'iffcr  iiiid  die  Aii- 
gely'sche  I\)sse  ..l'aris  in  roimncrn" 
Zwischen  Imiden  Stücki'ii  sang  oin  Männcr- 
quartclt.  und  am  Schluss  tnigr  dor  "Opern- 
sänjrcr"  Uccr  dir  Marseillaise  vor.  Ein 
,, Deutsches  Lichliabcr-Thcatfr"  und  ..Die 
Thalia-Ciesellschaft "  hatten  im  weiteren 
Verhalt"  tles  Jahres  ehenso  wenig  Erfolg. 
liall  und  Kni-Lotterie  suchten  vergeblich 
das  Tultlikum  zu  lehhaftei-riii  Besuche  der 
Vorstellungen  zu  veranlas.sen.  Im  Jahre 
18;')!  wurden  unter  G.  Anton 's  Leitung  im 
Chestnut  Street  Theater  Schiller 's  „Wil- 
helm Teil"  uiul  Kleist 's  ..Käthchen  von 
lleiihronn"  vor  sehr  gut  besetzten  Häusern 
gegeben.  Xachdeni  die  dramatische  Ge- 
sellschaft Thalia  von  Baltimore  unter  W. 
Rullmainrs  Leitung  durch  Antführuugen 
von  ..Dr.  Wespe"  und  „Kabale  und  Liebe" 
vergeblich  eine  grös.sere  Theaterfreude  zu 
erwecken  versucht  hatte  und  verschiedene 
dramatische  Vereine  unter  der  ^Mitwirkung 
von  Berufsschauspielern,  wie  C.  Fayaux. 
August  Ilöniing.  Louis  Hochheim,  C.  Bur- 
niester.  Paul  Dupree,  J.  Dardenne,  sieh 
gegenseitig  Konkurrenz  zu  machen  bestrebt 
gewesen  waren,  wurde  am  20.  August  1855 
im  Mclodeon  in  der  Chestnut  Strasse,  über- 
halb der  6.,  ein  täglich  spielendes  deutsches 
Theater  unter  Wilhelm  Biittner's  Leitimg 
enifl'net,  das  als  ein  entschiedener  Fort- 
schritt sich  darstellte.  Die  Vorstellungen 
wurden  dann  nach  dem  City  ]\Iuseum,  einer 
zu  einem  Theater  umge])auten  I/niversalis- 
tenkirche,  in  der  Callowhill  Strasse  unter- 
halb der  5.  verlegt.  Die  zweite  Spielzeit 
fand  unter  der  Direktion  Brimo  Berndt's 
statt.  Es  wurden  unter  dem  Namen  „Sa- 
cred  Concerts ' '  aueli  Sonntagsvorstellungen 
gegeben.  In  den  Jahren  1855,  1856  und 
1857  waren  die  Voi-stellungen  im  Allge- 
meinen gut  besucht.  Es  fehlte  nicht  an 
vollen,  ja  ausverkauften  Häusern.  Das 
deutsch-amerikanische  Stück  , .Fürsten  zum 
Lande   hinaus"   wurde    fünfmal    gegeben. 


Zu  den  darin  dargestellten  Personen  ge- 
hörten König  Friedricli  Wilhelm  IV.  von 
Preussen,  König  Ludwig  von  Bayern  und 
der  Berliner  Revolutionär  uiul  spätere  New 
Yorker  Bierwirth  Liiulciuuüller,  der  einer 
der  Vorstellungen  beiwohnte.  Von  Schil- 
ler'sehen  Di-amen  wurden  ..Wiliielm  Teil" 
,,Die  Räuber",  ..Maria  Stuart"  mehr  als 
zweimal  aufgeführt ;  ausserdem  wurden 
von  klassischen  Stücken  gegeben :  ..Wal- 
lenstein's  Lager",  „Wallenstein 's  Tod", 
„Die  Jungfrau  von  Orleans",  ..Fiesco" 
und  „Don  Carlos"  von  Schiller.  Goethe 's 
,.Götz  von  Berlichingen",  Lessing's  „Na- 
than der  Weise"  und  Shakespeare 's  ,. Ham- 
let" und  „Othello".  Die  meisten  Auf- 
führungen, nändieh  acht,  erlebten  ,,Lum- 
paci  Vaga])undus"  und  „'s  Lorle",  Schil- 
ler's  ,,Die  Räuber"  sieben.  Ausserdem  er- 
zielten mehr  als  zwei  Vorstellungen  :  ..Käth- 
chen von  Heilbronn",  „Till  Eulenspiegel" 
,. Einen  Jux  will  er  sieh  machen",  .,Der 
Glöckner  von  Notre  Dame",  „Deborah", 
,,Wenn  Leute  Geld  haben",  ,,'s  Lorle  aus 
dem  Schwarzwald",  ,,Die  Lichtensteiner", 
„Ben  David",  „Ein  Prophet",  Das  Donau- 
weibehen", ,,Der  Verschwender",  „Die 
Räuber  auf  Maria  Culm",  ,, Unter  der 
Erde  und  im  ersten  Stock",  „iMoses", 
,, Robert  der  Teufel",  ,, Königin  Margot", 
„Staberle",  „Die  Jüdin",  „Die  Töchter  Lu- 
cifers",  ,,Der  fliegende  Holländer",  das 
Melodrama  ,,Domi,  der  brasilianische  Affe", 
von  W.  Böttner,  „Die  Grabesbraut".  ,,Ingo- 
niar",  ,,Der  Turm  zu  Nesle",  ,, Humoristi- 
sche Studien",  ,,Don  Cjpsar  de  Bazan", 
,,Die  Karlsschüler",  ,, Gaston  oder  die 
eiserne  Maske",  „Kean",  ,,Pfefferrösel", 
,, Steffen  Lauger",  ,, Bajazzo",  ,,Zopf  und 
Schwert"  „Marie  Anne",  ,,Preciosa", 
,, Doktor  Fausts  Zauberkäppchen",  „Der 
Lumpensammler  von  Paris",  ,,Der  Wirr- 
warr", ,.IIinko",  ,, Rochus  Pumbernickel", 
,, Hunderttausend  Taler",  ,.Drei  Tage  aus 
dem  Leben  eines  Spielers",  ,,]\Iutter.segen", 
,,]\Iensclienhass  und  Reue",  ,,Der  Alpen- 
könig",   ,,Lucretia    Borgia",    „Griseldis", 


DAS  DEUTSCHE  THEATER   IX  AMERIKA. 


437 


„Sfhloss  Greifensteiii".  niid  ..Das  Fest  (In- 
Handwerker". 

Das  Verzeiehniss  wunle  der  llucirsclu'u 
SUizze  über  das  deutsche  Tlieater  in  Phila- 
delphia entnommen.  Es  eharakterisirt  den 
Gesehmaek  des  deutschen  Theater-Publi- 
kums jener  Zeit.  Der  später  zur  englischen 
Bühne  übergegangene  Daniel  Bandmann  de- 
butirte  in  Philadelphia  im  April  des 
Jahres  1857  mit  grossem  Erfolge,  und  um 
dieselbe  Zeit  wurde  im  deutschen  Theater 
sogar  eine  Oper  aufgeführt.  ..Der  Barbier 
von  Sevilla",  mit  Herrn  Knmfeld  und 
Frau  ]\Iartini  d'Ormi  in  den  Hauptrollen 
und  unter  Mitwirkung  der  Herren  Oehr- 
lein.  Xeufeld  und  Klein.  Ein  glänzender 
Erfolg  war  das  Gastspiel  Herrn  Otto 
Hoym's  und  Frau  von  New  York  in  „Die 
Waise  von  Lowood".  Glänzend  verlief  das 
mehr-abendliehe  Gastspiel  der  Bergmann- 
'schen  Operntruppe  in  der  ..Academy  of 
^lusic".  bei  welchem  nur  deutsche  Opern 
gegeben  wurden. 

Da  der  erwähnte  Daniel  Bandmann  einer 
der  wenigen  deutschen  Schauspieler  ist. 
wenn  nicht  der  einzige,  welche  mit  ihrer 
Kunst  das  englische  Publikum  sich  erober- 
ten, so  ist  eine  biographische  Skizze  wohl 
am  Platze. 

Daniel  Eduard  Bandmann  war  am  1. 
November  1840  in  Hessen-Cassel  geboren. 
Er  trat  als  Schauspieler  zuerst  im  Deut- 
schen Theater  in  New  York  und  Philadel- 
phia auf.  kehrte  im  Jahre  1859  nach 
Deutschland  zurück  und  trat  mit  Erfolg 
am  Hoftheater  in  Neu-Strelitz,  in  Prag, 
Wien  und  Budapest  auf.  Im  Jahre  1862 
kehrte  er  nach  New  York  zurück,  wo  er  im 
Deutschen  Theater  als  „Hamlet",  „Shy- 
lock".  „Richard  III.",  „Mephisto"  und 
„Narciss"  Furore  machte.  Im  folgenden 
Jahre  wandte  er  sich  der  englischen  Bühne 
zu  und  gastirte  in  Niblo's  Garden  in  New 
York  als  ..Shylock",  „Othello",  „Jago", 
„Richelieu"  und  „Narciss".  Auf  Gastspiel- 
touren in  England,  Irland,  Schottland, 
Au-stralien,   Indien,   China  und  Singapore 


fand  er  die  .schmeichelhafteste  Anerken- 
nung. Loi-d  Lytton  schrieb  für  ihn  ,,The 
Kightful  Ileir".  Tom  Taylor  ,.l)ead  or 
Alive".  Er  war  der  erste  Darsteller  von 
Robert  Louis  Stevenson 's  .,Dr.  Jekyll  aiul 
^Ir.  Ilyde".  Im  Jahre  lSi)()  zog  er  sich 
von  der  Bühne  zui'ück  mid  wurde  N'ieh- 
züchter  und  Bergwerksbesitzer  in  .Missoula. 
[Montana.    Er  starb  am  23.  Noveml)er  1!)(>5. 

Im  August  1857  eröffneten  Böttner  und 
Serges  das  deutsche  Theater  wieder,  doch 
erst  das  Gastspiel  des  Iloym 'sehen  Eiie- 
paares  vom  New-  Yorker  Stadttheater  im 
Oktober  lirachte  grössere  Sunnnen  in  dit 
an  Mangel  an  Einnahmen  krankende  The- 
aterkasse. Nur  der  Besuch  der  Sonntags- 
Vorstellungen  war  ein  guter,  an  den  an- 
deren Abenden  waren  leere  Sitze  die  Regel. 
Böttner  gab  am  Schluss  der  Saison  die 
Direktion  auf.  Die  neue  Spielzeit  stand 
unter  der  Leitung  von  Meaubert  und 
Josue.  Zur  Eröff'nimg  dichtete  Oswald 
Seidensticker  den  Prolog.  Ein  Theil  des- 
selben mag  hier  eine  Stelle  linden : 


Ob  auch  clor  Deutsche  in  die  Fremde  zieht, 

Ilim  folgt  der  Frohsinn,  folgt  das  deutsche  Lied. 

Sciiickt  ihn  nach  Grönland  oder  der  Türkei, 

Er  bleibt  der  Dichtkunst,  der  Musik  doch  treu. 

Er  liel)t  aucli  unsre  Kunst,  die  nirgends  fehlt, 

"\^  (j  Bildung  reclit  das  ganze  X'olk  beseelt. 

]\Iit  Eurer  Gunst  ermutigt  unser  Spiel, 

Euch  zu  gefallen  ist  ja  unser  Ziel. 

Kommt  zu  uns,  deutsche  Freunde,  zaudert  nicht, 

Denn  hört  nur,  wie  die  Muse  zu  Euch  spricht. 

Komm    her,    sagt    sie,    du    Mann,    der    wirkt    und 

schafft. 
Hier  wirst  du  deiner  engen  Welt  entrafft. 
Dein  Geist,  gebeugt  vom  ew'gen   Einerlei, 
Wird  durch  den  Kuss  der  Muse  wieder  frei. 
Hier  bei  dem  Wechselspiel  von  Ernst  und  Scherz 
Verjüngt,  Ijelebt  sich  dein  gedrücktes  Herz. 
Fnd  du,  der  Mann,  der  ins  Geschäft  vertieft, 
Das  Buch  des  Habens  und  des  Sollena  prüft, 
Sei  nicht  allein  aufs  Business  ver])icht. 
Die  Noten  sind  der  Güter  höchstes  nicht. 
Du  weisst  es  ja,  sobald    '\w  Panik  droht, 
Verwandeln  deine  Noten  sich  in  —  Not; 
Und  ist  dein  Herz  in  deiner  Brust  nicht  warm. 
Beim  vollen  Beutel  bist  du  bettelarm. 
Erfrische  deinen  Geist  am  Musensiöcl 
T'nd  sju-kulicrc  aucii    'mal  in  —  Gefühl. 
Komm,  deutsche  Frau,  hier  atme  freier  auf, 
Vorülier  ist  des  Tagewerkes  Lauf. 
Hier  findest  du  nach  überstandner  Last 
Mit  dem  Gemahl  Erh<'iterung  und  Rast. 
Du  bist  willkommen.     Durch  der  Frauen  Gunst 
Verfeinert  und  veredelt  sich  die  Kunst. 


438 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


Auch  dich,  o  deutsches  Mädchen,  lad '  ich  ein, 

In  diesem  Hause  oft  ein  (Jast  zu  sein. 

Wenn  du  die  Welt  in  ihrem  Spiegel  kennst, 

So  täuscht  dich  nicht  der  Schein,  der  golden  glänzt. 

Hier  wird  der  Lauf  der  Welt  dir  ofifenbart 

I'nd  bittere  Erfahrung  dir  erspart. 

I).><-li  hält  hei  dir  dies  Argument  nicht  Stich, 

So  hab'  ich  noch  ein  andres  Wort  für  dich. 

Vielleicht  hast  du  von  Liebe  schon  gehört, 

Die  alle  Welt  beseligt  und — betört. 

Wie  sie  den  einen  überglücklich  macht 

I'nd  Höllenfeuer  für  den  andern  facht. 

Du  wüsstest  von  der  liiebc  gern  noch  mehr, 

Denn  dies  Kapitel  int  'ressiert  dich  sehr. 

Nun  denn,  vertraulich  flüstr'  ich  in  dein  Ohr: 

Hier  kommt  in  jedem  Stück  von  Liebe  vor. 

Ob  's  was  zu  lachen  oder  weinen  gibt. 

Verlass  dich  drauf,  es  wird  dabei  geliebt. 

Die  poetiselie  ^Mahnung  Oswald  Seiden- 
st ieker 's  hatte  jedoch  keine  dauernde  Wir- 
kung. Der  Besuch  war  kein  guter.  Be- 
zeichnend für  den  Geschmack  des  Publi- 
kums i.st  der  T'mstand.  dass  das  Zauber- 
spiel ,. Kohlenpeter"  sieben  Aufführungen 
erlebte,  während  eine  Festvorstellung  zum 
Besten  eines  Schiller-Denkmals  so  leer  war, 
dass  der  Direktion  ein  Deficit  von  zehn 
Dollars  daraus  erwuchs.  Die  nächste  Sai- 
son, ]859 — 60,  unter  Josue's  Leitung 
brachte  nur  einige  Lichtpunkte  in  finan- 
cieller  Beziehung,  die  Gastspiele  des 
Iloym'schen  Ehepaares  und  Fi'l.  Antonie 
Grahn's  von  New  York.  Vom  7.  Januar  an 
spielten  die  Schauspieler  auf  eigene 
Rechnung.  Schon  Ende  Februar  löste  sieh 
die  Truppe  auf.  Ein  Philadelphiar  Lokal- 
und  Original-Stück  von  Otto  AVittmer. 
..König  Gambrinus  und  Fürst  Alkohol",  in 
welchem  die  Bekehrung  vom  Schnaps- 
zum  Bier-Gen uss  tuid  Trink-  und  Sauf- 
Seenen  die  Hauptsache  waren,  hatte  die 
Sai.son  nicht  zu  retten  vermocht.  Im 
Sommer  1860  wurde  in  drei  Lokalen  Thea- 
ter gespielt  und  ebenso  im  Winter  auf  6L 
Der  Bürger-Krieg  hatte  natürlich  ein 
völliges  P^rkalten  der  Theaterfreude  zur 
Folge,  dem  Böttner's  Schwiegersohn,  Gus- 
tav Ostermann.  vergcl)lich  entgegenzuar- 
beiten versuchte.  In  den  nächsten  Jahren 
wurden  deutsdie  Theatervorstellungen  nur 
als  Gratisbeigabe  zum  Bierkonsum  in  zwei 
Lokalen  gegeben.  Ln  Jahre  1866  waren 
Gastspiele  von  Otto  Hoym  und  Frau,  sowie 


Mitgliedern  des  New  Yorker  Stadttheaters 
tuul  im  November  ein  fünfmaliges  Auftre- 
ten Bogumil  Dawi.son's  die  f]reignisse  im 
deutschen  Theaterleben.  Das  Gastspiel  der 
Härting 'sehen  Thalia-Gesellschaft  von  New 
York,  welches  am  18.  Januar  1867  im  Deut- 
sehen Theater  an  Callowhill  Strasse  statt- 
finden sollte,  wurde  nicht  gerade  günstig 
eingeleitet  —  der  Eisenbahnzug  der  Truppe 
blieb  im  Schnee  stecken,  und  es  dauerte 
vierzig  Stunden,  ehe  sie  von  Nlew  York  in 
Philadelphia  anlangte.  Härting  zog  sich 
bald  zurück,  und  die  Herren  F.  Ahlfeld 
und  F.  Lohmann  übernahmen  die  Direk- 
tion, ohne  in  der  am  6.  April  nothge- 
driuigen  geschlossenen  Spielzeit  finanzielle 
Erfolge  erzielt  zu  haben. 

Bemerkenswerth  war  es.  dass  die  Gast- 
spiele der  Tragödin  Fanny  Janauschek.  die 
bekanntlich  später  zur  englischen  Bühne 
übertrat  imd  am  29.  November  liXH  in 
Brooklyn,  N.  Y..  im  Alter  von  über  74 
Jahren  starb,  im  December  1867,  im  April 
1868  und  im  März  1869  sich  eines  lebhaften 
Besuches  erfreuten  und  den  Beweis  liefer- 
ten, dass  hervorragend  gute  .schauspiele- 
rische Leistungen  bei  den  Deutschen  Pliila- 
delphia's  die  gebührende  Würdigung  fin- 
den. Auch  ein  Gastspiel  IMarie  Seebach 's, 
der  einstigen  Gattin  des  Tenoristen  A.  Nie- 
mann, der  am  3.  August  1897  ver- 
storbenen Gründerin  des  ^larie  Seebaeh- 
Stifts  für  bedürftige  Bühnenkünstler  in 
Weimar,  im  November  1870  war  ein  Er- 
folg. Dasselbe  lässt  sich  von  den  Opernvor- 
stellungen sagen,  welche  anfangs  des 
Jahres  1866  von  Grover's  Deutscher  Opern- 
truppe, im  Mai  des  folgenden  Jahres  von 
einer  Gesellschaft  imter  Julius  Bernstein 
und  Adolph  Neuendorff  —  zu  ihr  gehörten 
unter  anderen  Theodor  Habelmann.  der 
spätere  und  inzwischen  verstorbene  Diri- 
gent des  Brooklyner  Sängerbundes  Wil- 
helm Groeschel,  die  Brüder  Carl  und  Theo- 
dor Formes,  von  denen  der  erste  ein  vor- 
züglicher Bass-Sänger  und  brillanter 
Schauspieler  im  Jahre  1889  in  San  Fran- 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IX  AMERIKA. 


439 


ciseo  starb,  während  Theodor  auf  der 
Tournee  zeitweilig  seine  Stimme,  einen 
prächtigen  und  vollen  Tenor,  einbüsste, 
nach  "Wiedergewinnung  derselben  wahn- 
sinnig wurde  und  im  Jahre  1874  in  einer 
Heilanstalt  bei  Bonn  von  seinen  Leiden  er- 
löst wurde  —  im  Januar  und  März  1871 
von  ]\Iax  ]\Iaretzek  und  einer  guten  Truppe, 
im  Deeember  1871  und  Anfang  1873  von 
Adolf  Xeuendorff  mit  Theodor  Wachtel  als 
„Star"  gegeben  wurden. 

In  das  Jahr  1867  fällt  die  Gründung  der 
Gesellschaft  „The  German  Theatre  of 
Philadelphia",  mit  Th.  A.  Demme  als  Prä- 
sident, Chas.  Bonn  als  Sehatzmeister, 
zwecks  Errichtung  eines  eigenen  deutschen 
Theatergebäudes.  Das  Unternehmen  kam 
nicht  zustande,  die  Aktionäre  verloren 
Alles. 

Innerhalb  kurzer  Zeit  brannten  zwei  The- 
ater, in  denen  deutsche  Vorstellungen  ge- 
geben wurden,  nieder,  das  Callowhill- 
Strassen-Theater  im  November  1868,  das 
jedoch  bald  wieder  aufgebaut  imd  von  Otto 
Hoym  und  Ottilie  Geuee  vom  New  Yorker 
Stadttheater  als  Concordia-Halle  am  18. 
November  1869  eröffnet  wurde,  und 
ein  provisorisches  deutsches  Theater  an 
Coates  (jetzt  Fairmount  Avenue)  und 
Franklin  Strasse  (jetzt  ^Männerchor-Halle) 
am  8.  März  1870  eine  Stunde  vor  der  Vor- 
stellimg  von  Hebbers  ..Genoveva".  Die 
Concordia-Halle,  die  Turnerhalle  an  3.  und 
Willow  Stra.sse,  und  Ladner 's  Militär-Halle 
in  der  3.  Strasse,  das  spätere  Germania- 
Theater,  waren  die  Plätze,  in  welchen  in 
den  nächsten  Jahren  der  deutschen  Muse 
gedient  und  ihr  von  einem  ,. verehrlichen 
Publikum"  mit  der  Gabe  des  Gambrinus 
gehuldigt  wurde.    Von  den  Darstellern,  die 


lungen  der  im  Entstehen  begriffenen  Tages- 
zeitung „Gazette"  einen  Namen  machte 
und  am  1.  Oktober  188ö  starb.  Seine 
Gattin,  Amalie  Serges-Chius.  die  erst« 
Heldinnen  dai-stellte,  in  Oktober  1846  im 
Jo.sephstädtischen  Theater  in  Wien  zum 
ersten  Male  aufgetreten  war.  am  20.  Okto- 
ber 1871  ihr  25jähriges  Schauspieler-Jubi- 
läum nach  fast  ununterl)r()chen('r  16jähri- 
ger  Thätigkeit  in  Philadelphia  feierte  und 
im  Jahre  1003  in  Edwin  Forrest  Home,  wo 
sie  ihren  Lebensabend  beschloss,  verschied, 
Oberregisseur  Rudolf  Beckier,  der  heute 
noch  in  Philadelphia  ansässig  ist,  Älarie 
Dardenne,  die  im  Mary  Drexel  Home  ihren 
Erinnerungen  lebt,  und  Max  Brückmann, 
der  es  später  zu  grossem  Wohlstand 
brachte,  natürlich  nicht  als  deutscher 
Schauspieler,  und  auf  weiten  Reisen  oder 
in  seinem  Tusculum  in  Philadeljihia  dem 
Dasein  die  besten  Seiten  abzugewinnen 
sucht. 

Charakteristisch  für  den  Geschmack  des 
Publikums  ist  es,  dass  H.  Börnstein's 
Lebensbild  ., Deutsehe  Einwanderer  in 
Philadelphia  oder  Der  Schutz  der  Deut- 
schen Gesellschaft",  Geza  Berger 's  Sen- 
sations-Drama ,. Barbara  Ubryk  oder  Das 
Verbrechen  im  Nonnenkloster  zu  Krakau" 
imd  desselben  Verfassers  Lel)ensbild  mit 
Gesang  ,,Die  Geheimnisse  von  New  York 
oder  Die  Jesuiten  in  Amerika"  die  zahl- 
reich.sten  Wiederholungen   erlebten. 

Geza  Berger,  deutsch  -  amerikanischer 
Schauspieler,  Theaterdichter  und  Journa- 
list, wurde  am  5.  Dezember  1842  in  l*re,ss- 
])urg,  Ungarn,  geboren.  Besuchte  die  So- 
chotzka'sche  Wiener  Theatersehule  durch 
drei  Jahre  und  wurde,  18  Jahre  alt,  von 
Direktor  Wallheim   als  jugendlicher  Cha- 


in dieser  Zeit  sich  redlich  bemühten,  dem      rakterspieler    für    das    Haml)urger    Stadt- 


deutschen Theater  Freunde  zu  gewinnen, 
sind  zu  erwähnen  Heinrich  Serges,  ein 
früherer  Officier,  der  erste  Helden,  Ilelden- 
väter  imd  Characterrollen  spielte,  später 
durch  seine  humoristischen  Schilderungen 
der      Central  -  Polizei  -  Stations  -  Verhand- 


theater engagirt.  Er  .sollte  kurz  darauf  am 
]\reininger  Hoftheater  engagirt  werden.  Die 
Verhandlungen  scheiterten  jedoch  an  seiner 
,, Knabengestalt".  Lii  Jahre  1862  wurde 
er  von  Direktor  Strampfer  für  das  Theater 
a.    d.    Wien    engagirt.      In    den    nächsten 


440 


DAS  DEUTSCHE  THEATER    IX   AMERIKA. 


Jahren  spielte  er  auf  den  verschiedensten 
Bühnen  Oesterreieli's.  wo  er,  seiner  Wan- 
derlust \ve«ren.  hald  als  der  ..kleine,  uiistäte 
lierp-r"  allenthailten  bekannt  war.  Im 
Jahre  IS»;.")  zo^'  er  nach  Ihnnhur^'.  jrründete 
ein  humoristisches  Wochenblatt  augusten- 
burgi.seher  TentU'nz,  ..Ihnnburger  Buniler" 
betitelt,  wodurch  er  «las  Wohlwollen  des 
IIerzot.'s  Christian  v.  Augustenburg,  des 
Vaters  des  Prätendenten,  sieh  erwarb. 
je(h)cii  aus  Wandsbeck,  seinem  Wohnort, 
von  der  |)reussischen  Polizei  ausgewiesen 
wurde.  Heim  Ausbruch  des  preussisch- 
österreieiiisclien  Krieges  ging  er  nach 
Es.sek.  wo  er  im  Verein  mit  dem  Buchhänd- 
ler Carl  Lehmann  die  erste  deutsehe  Zei- 
tung Slavoniens  gründete.  Im  Jahre  1869 
kam  er  nach  New  York,  wo  er  von  Hamann 
&  Rosenb(>rg  als  „Intriguant-Charakter- 
spieler"  für  das  Stadttheater  engagirt 
wurde.  Hier  schrieb  er  das  Sensations- 
stück ..Barbara  ri)ryk",  welches  den  gröss- 
ten  Ka.s.senerfolg,  den  je  ein  deutsches 
Stück  in  Amerika  aufzuweisen  hatte,  er- 
zielte. Ausserdem  hat  er  die  Sensations- 
stücke „Geheimnisse  von  St.  Louis",  ,,Auf, 
nach  Cuba",  ,, Massenmörder  Thomas". 
„Die  Armen  und  Reichen  von  Cincinnati" 
verfas.st.  Im  Jalire  1872  war  er  als  Regis- 
seur am  New  Yorker  Stadttheater  thätig. 
wo  er  das  erste  grosse  deutsche  Ausstat- 
tungs.stück  in  Amerika.  ..Uriella  und  Sata- 
nas", in  Szene  setzte.  Als  Schauspieler 
war  er  an  den  deutschen  Bühnen  in  New 
Orleans,  Chicago.  St.  Louis,  IMiiladelphia 
und  viele  Jahre  in  Cincinnati  thätig. 
Im  Jahre  1886  wandte  er  sieh  wieder  der 
Journalistik  zu,  seit  welcher  Zeit  er  als 
Kentuckyer  Editor  dem  ,.Cincinnatier 
Volksblatt"  angehört.  Er  ist  Ehrenmit- 
glied des  Schleswig-IIolsteinischen  Unter- 
stützungs-Vereins in  Cinciiuiati. 

Eine  wirkliehe  Besserung  in  den  The- 
ater -Verhältnis.sen  Philadelphia 's  trat  erst 
ein,  als  am  1.  September  1874  die  Herren 
Gottlob  Hammer  und  Henry  Oberkirsch 
die  Tunierhalle  übernahmen  und  wirklich 


gute  Vorstellungen  mit  ausgewähltem  Per- 
sonal gaben.  Zu  ihm  gehörte  der  Charak- 
ter-Darsteller Fritz  Weilenbeck  vom  Na- 
tional-Theater  in  New  Orleans,  der  auch 
als  Maler  nicht  l'nbedeutendes  leistete  und 
am  n.  Januar  1897  hochbetagt  starb. 

Oberkii*sch  und  Hammer  führten  das 
Theater  in  der  Turnerhalle  bis  zum  30.  Mai 
1877.  worauf  es  an  Holfelder  und  August 
Schmidt  überging.  Dagegen  übernahm 
Ilaiinner  am  4.  August  1877  Ladners  ]Mili- 
tärhalle  luul  nannte  sie  Germania-Theater. 
Sie  wurde  im  April  1880  geschlossen,  nach- 
dem sie  aber  zu  einem  regelrechten  Theater 
umgebaut  und  eingerichtet  worden  war,  be- 
gann am  15.  September  1881  eine  neue 
Spielzeit,  Hammers  letzte,  die  am  6.  ]\lärz 
1882  endete.  Hammer  war  aus  Württem- 
berg eingewandert,  wo  er  am  30.  Juli  1835 
geboren  war.  Er  starb  als  vermögender 
]\Iann  am  25.  September  1895  in  Phila- 
delphia. Inzwischen  hatte  Robert  Tagg 
am  18.  Dezember  1880  die  Concordia- 
Halle  als  Operetten-Theater  eröffnet,  das, 
gleichfalls  nach  einem  L^mbau,  im  Septem- 
ber 1881  von  B.  Reinach  als  Direktor  über- 
nommen wurde.  Die  Direktion  des  Ger- 
mania-Theaters übernahmen  am  18.  Sep- 
tember 1882  Conried  und  Hermann  vom 
New  Yorker  Thalia-Theater,  traten  sie  je- 
doch schon  im  Dezember  an  Alexander  Kost 
ab,  der  sie  bis  zum  31.  April  1885  führte 
und  dann  das  Concordia-Operetten-Theater 
von  J.  F.  Betz  übernahm,  das  am  22.  ^lärz 
1886  geschlossen  wurde. 

Um  das  Germania-Theater  aufrecht  zu 
erhalten,  setzte  sich  dessen  Eigenthümer, 
Chas.  Theiss,  mit  Alexander  AVurster  in 
Verbindung,  der  es  infolgedessen  am  16. 
September  1885  wieder  eröffnete  und  ihm, 
in  künstlerischer  Beziehimg  höchst  erfolg- 
reich, bis  zum  25.  April  1891  als  Direktor 
vorstand.  Dann  übernahm  es  Georg  Ileine- 
mann  und  gab  darin  Vorstellungen  vom  30. 
September  1891  bis  zum  5.  Mai  1893.  Ihm 
folgte  Adolf  Binkert  als  Direktor,  der  das 
Theater  am  25.  September  1893  mit  einem 


DAS  DEUTSCHE  THEATER   L\   AMERIKA. 


441 


von  J.  1^.  Ilertzog  «jedit'htoten  und  von 
Fräulein  Olga  Walburg  vorgetragenen 
Prolog  und  dem  Stüeke  „Gro.ssstatltlut't " 
eröffnete,  aber  bald  zurüektrat,  worauf  die 
vereinigten  Sehauspieler  weiter  spielten. 
Der  näehste  Direktor  war  Jos.  E.  Metzger, 
der  am  27.  September  1894  die  Vorstel- 
lungen begeinn,  die  jedoeh  sehon  am  1. 
Februar  1895  aufhörten. 

Als  Fnieum  verdient  die  Art  und  Weise 
Ei'wähnung.  wie  in  der  Saison  1890 — 91  das 
Sonntags-Gesetz  umgangen  wurde.    Es  fan- 


ALEXANDER    WURSTER 

den  ,.Saered  Coneerts"  an  30  Sonntagen 
statt,  an  welchen  keine  Billete  verkauft 
werden  durften.  Es  wurde  dasselbe  Ver- 
fahren eingesehlagen,  wie  in  Wana- 
nuiker's  Kirche,  d.  h.  die  Sitzanweiser 
l)rachten  die  Leute  an  ihre  Plätze  für  50 
Cts.  oder  25  Cts.  und  gaben  denselben  einen 
reservirten  Sitz.  Auf  der  Gallerie  wurde  in 
der  Zwischenpause  mit  einem  Hut  in  der 
Hand  gesammelt. 

Hervorzuheben  sind  aus  dieser  Zeit  ge- 
legentliche Gastspiele  der  Truppe  Adolf 
Neuendorff's,    dessen     ,, Rattenfänger    von 


IlaiiK'ln"  im  Januar  1882  im  Chestnut 
Sti-asscii  Theater  eine  ganze  Woche  hin- 
durch vor  ausverkauften  Häusern  gegei)en 
wurde,  die  25malige  Auirührung  der  Ope- 
rette „I'inafore"  unter  Gottlob  Ilammer's 
Direktion,  die  glänzende  Aufnahme  Ma- 
thilde Cotrelly's  in  „See-Kadett",  das  En- 
gagement des  Sängers  .Alax  Heinrich,  der 
Berliner  Possen-Soubrette  Anna  Wagner, 
der  gefeierten  Rivalin  Ernestine  Wegcner's 
und  jetzigen  Eigenthümerin  einer  Villa  in 
Secane  bei  Philadelphia,  des  Opeivtten- 
Tenors  und  späteren  Komikers  Gustav 
Adolfi.  dessen  Begräbniss  vom  Gernuuiia 
Theater  aus  am  16.  Oktober  1890  zu  einer 
Trauerkundgebung  des  ganzen  Deutsch- 
thums  der  Stadt  Anlass  gab,  Ga.stsjiiele 
Lori  Stubel's,  ]\Iarie  Geistinger's,  Fried- 
rich Haase's,  Leon  Resemann's,  Ado'f  Rö- 
sicke's.  Magda  Ir.sehick's.  Friedrich  Mitter- 
wuizer's.  Hertha  Fiebach's.  der  jetzigen 
Wittwe  Oberst  ^larkbreit's  von  Cincinnati, 
das  25jährige  Schauspieler-Jubiläum  Alex- 
rnder  Wurster 's  am  5.  Dezendjer  1889  mit 
ihm  selbst  in  der  Titelrolle  des  bekannten 
Lustspiels  ,,Dr.  Wespe",  das  25jäh- 
rige  Schauspieler  -  Jubiläum  Direktor 
Georg  Heinemann 's  am  22.  April  1893  in 
der  Academy  of  ^lusic  mit  ^Mathilde  Co- 
tie!ly  als  Gast  in  ..Pusere  Don  Juans",  die 
Aufführung  eines  amerikani.schen  Volks- 
stückes am  3.  Juni  1883  ..Im  gelobten 
Lande  Amerika"  und  die  38malige  Auffüh- 
rung des  deutsch-amerikanischen  Lebens- 
bildes ..Die  Grünhörner"  unter  der  Direk- 
tion ^Metzger  von  Hans  Dobers-Kissling, 
der  in  der  Saison  1908 — 9  wieder  als  Ope- 
retten-Tenor in  Philadelphia  engagirt  war. 

Nach  dem  1.  Februar  1895  trat  eine  lange 
theaterlose  Zeit  ein.  bis  eine  deutsche  Zei- 
tung, die  ..Philadeljdiia  Gazette",  die  Agi- 
tation für  Wiedererrichtung  einer  deut- 
.sehen  Schaubühne  mit  grosser  Energie  und 
Beharrlichkeit  aufnahm.  Auf  Anrathen 
Siegfried  Remak's  wurde  ein  deutscher 
Theater- Verein  gegründet,  der  durch  Siche- 
rung von  Abonnements  und  Aufbringung 


44: 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


eines  Garantie-Fonds  einem  tüehtifren  Di- 
rektor den  nöthijrt'ii  Srlmtz  vor  finanziellen 
Vrrlust.Mi  bi.'t.'M  sollte.  Die  Herren  Dr. 
J.  C.  llexaiiier.  Arno  Leonhardt  mul  Hans 
Weniger  stellten  sieh  an  die  Spitze  des 
Deutsehen  Theater- Vereins,  und  bald  war 
derselbe  so  weit  erstarkt,  dass  er  im  Jahre 
lixn  .\le.\ander  Wurster,  der,  am  9. 
Februar  1S43  als  Sohn  eines  Geistlichen  in 
Frankfurt  a.  M.  geboren,  seit  1866  in  Ame- 
rika weilte,  in  allen  (rrös.seren  Städten  der 
l'nion  n»it  Ausnahme  vom  New  York  deut- 
.sehe  Theater  geleitet  hatte  und  sieben 
Jahre  lang,  bis  zum  Jahre  1891  Direktor 


Tegernsee'er  und  des  Resemann 'sehen  p]n- 
sembles  unter  Amberg 's  Leitung  stattgefun- 
den. Es  wurde  als  deutsches  Theater 
im  September  1901  eröffnet.  Während 
zweier  Saisons  wusste  Herr  Wurster  mit 
einer  guten  Truppe,  welche  an  allen  Wo- 
chentag-Abenden imd  am  Samstag  Nach- 
mittag spielte,  künstlerische  sowohl  wie 
finanzielle  Erfolge  zu  erringen.  Leider  sah 
er  sieh  am  Schluss  der  zweiten  Saison  im 
Mai  1903  aus  Gesundheitsrücksichten  ge- 
zwungen, die  Leitung  des  Theaters  nieder- 
zulegen. In  seinem  Abschieds-Schreiben 
an  den  Theater- Verein  sagte  er: 


Das  Deutsche  Theater   in    Philadelp'nia.   von   Deutschen   fuer   Deutsche  erbaut. 


des  Germania-Theaters  in  Philadelphia  ge- 
wesen wai*.  vei-anlasst^n  konnte,  aus  seinem 
Tuskulum  in  Waukeegan.  111..  nach  der 
Stadt  der  Bruderliebe  zu  kommen  und  die 
Leitung  des  neuerstandenen  deutschen 
Theaters  zu  übernehmen.  Das  alte  Arch 
Street  Theater  der  verstorbenen  Frau  John 
Drew,  einer  berühmten  anierikanischen 
Schauspielerin,  deren  Söhne  John  und 
Sidney  Drew  zu  den  liekanntesten  Darstel- 
lern der  amerikanischen  Bühne  gehören, 
wurde  gemiethet.  Es  hatten  daselbst  in 
1899  und  1900  Ga.stspiele  der  Adolf  Phi- 
lipp'sehen  Gesellschaft  von  New  York,  der 


..Ich  habe  bewiesen,  dass  Philadelphia  ein 
täglich  spielendes  deutsches  Theater  erhal- 
ten kann,  und  das  ohne  Garant iefonds.  Ich 
habe  bewiesen,  dass  es  hier  genug  Freunde 
der  deutschen  Kunst  giebt,  welche  AVillens 
sind,  ihre  deutsche  Bühne  am  Leben  zu  er- 
halten." 

Alexander  Wurster  starb  bald  darauf  am 
19.  Dezember  1903  in  Waukeegan.  Er  war 
einer  der  Pioniere  der  deutschen  Theater- 
Di.  ektoren  in  Amerika  und  hat  sich  grosse 
Verdienste  erworljen.  Sein  Nachfolger  als 
Direktor  des  Deutschen  Theaters  in  Phila- 
delphia wurde  Herr  Carl  Saake,  dem  eine 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA 


443 


fast  lebenslängliche  Erfahrung  im  Hülmen-  dem    Hijou-Thcatfr.  aber  die   Gegend  war 

wesen,    wenn    auch    nicht    als    ausübender  dem  finanziellen  Erfolge  ungünstig. 

Künstler,  zur  Seite  stand.    Als  die  Besitzer  Carl   Saakc    war   am    20.    Juni    184G   in 

des  Arch  Street  Theaters  einen  bedeutend  ^lannheim   in   Baden   geboren.     Er  erhielt 


Innen-Ansichl    des    Deutschen    Theate  s   in    1  liiiadelpi.u. 


höheren  Pachtzins  für  die  nächste  Saison  in  seiner  Vaterstadt  eine  gute  Schul- 
unter Direktion  Saake  verlangten,  verlegte  bildung  und  wai-  dort,  nachdem  er  \'ür 
derselbe  die  deutschen  Vorstellungen  nacli      den   Kaufmannsstand  vorgebildet   war.  bis 


444 


DAS   DHrTSnii:  TIIHATKK    IX    AMKRIKA. 


ZU  siincni  2(1.  Lchfiisjahrt'  Buclihaltcr  in 
uiui'iii  jrinsscu  Gi'si'hiirt.  lS7;i  siedelte  er 
iiaei»  IMiiliulelphiii  ülx-r  iiiul  irrüiidete  da- 
selbst das  »rrusse  Ktistüm-CJeseliäft.  das  er 
noch  heute  betreibt.  Kr  ist  ein  wohllialK'U- 
der  Manu  «geworden. 

Als  Aufanirs  iles  .lahres  i:i04  eine  Wie- 
derpaehtun«r  d<'s  Areli  Street  Theaters  des 
htiiieren  Pachtzinses  wegen  nicht  mehr  in 
Frage  kam.  wurde  bescidossen.  ein  eigenes 
deutsches  Theater  zu  bauen.  Die  „German 
Theatr«'  Kealty  Company ""  wurde  urgani- 
sirt.  lue  Ausgabe  von  Aktien  in  Höhe  von 
$ir)().()(>()  zu  $10  pro  Stück  beschlossen  uiul 
Yen  iid)arungen  getrot^'eii.  um  diu'ch  Auf- 
nahme einer  Hypothek  von  -i^llKl.CKH)  die 
für  den  Ankauf  eines  Grundstücks,  den 
Hau  des  Theaters  und  seiner  Nebengebäude 
zur  Verfügung  stehende  Sunniie  auf  eine 
Viertel-Million  Dollars  zu  bringen. 

Nachdem  ein  Grundstück  an  der  Girard 
Avenue  und  Franklin  Street  erworben 
worden  wai".  wurde  unter  Leitung  des 
jungen  ileutsch-amerikanischen  Architekten 
Carl  P.  Berger,  dessen  Vater  als  Theater- 
maler sich  einen  Namen  in  Auieiika  ge- 
macht hat,  mit  dem  Bau  begonnen.  Es 
staiul  ein  Bauplatz  von  114  Fuss  an  der 
über  100  Fuss  l)reiten  Girard  Avenue  zur 
Verfügung  mit  einer  Tiefe  von  192  Fuss  an 
der  Franklin  Str.  Das  voriuindene  Eck- 
Gebäude  wurde  in  ein  grosses  Hotel,  welches 
den  Namen  ..Hotel  Schiller"  erhalten  hat, 
luiigebaut.  die  nicht  benfHhigten  unteren 
Hiiuiidichkeiten  in  Laden-Lokale  umgewan- 
delt, durch  die  Mitte  des  Ganzen  ein  impo- 
santes Eingangsportal  zum  Theater  selbst 
geführt  und  für  möglichst  gewinnbringende 
Ausnützung  der  vorhandenen  Räundichkei- 
ten  gesorgt. 

Das  eigentliche  Theaterge])äude  hat  an 
der  Franklin  Street  eine  Front  von  73  Fuss, 
und  zu  beiden  Seiten  befinden  sich  die  Gal- 
lerie-fjingänge.  Treppen  inid  Feuerthürme. 
Drei  sechs  Fu.ss  breite  Thüren  führen  in  die 
V(»rhalle.  Das  Theater  bietet  1.556  Per- 
sonen  Sitzplätze ;   Stehplätze  sind   in   den 


Theatern  Philadelphia 's  nicht  gestattet, 
weil  alle  (iänge  und  Ausgänge  freig"halten 
werden  müssen.  Die  Bühne  ist  74  Fuss 
1)1  eil  uHil  hat  eine  Tiefe  von  40  Fuss.  Sie 
hat  an  beiden  Seiten  Ausgänge,  die  in  die 
beiden  Seitenhöfe  führen.  Das  Theater  ist, 
ebenso  wie  das  grosse  Portal  an  der 
Girard  Avenue,  aus  feuersicherem  Mate- 
rial hergestellt.  Die  Zahl  der  Treppen,  Thü- 
ren und  Ausgänge  ist  eine  so  grosse,  djiss 
es   in   zwei    Minuten   geleert  werden   kaini. 

Für  den  Baustil  war  dem  Architekten 
die  Renaissance  massgebend.  Im  Zu.schau- 
erraum  sind  Alt-Elfenbein.  Crenu»  und 
Grün,  mit  Anflügen  von  Roth,  Violett  und 
Rosa  die  vorherrschenden  Farben.  Von 
den  hellen  Tönen  der  Decke  geht  das  Kolo- 
rit zu  dem  lebhaften  Grün  der  Wände  über, 
mit  welchem  das  Dunkelgrün  des  Teppichs 
harmonirt.  Das  Hellgrün  und  Rosa  der 
Draperien,  die  Elfenbein-Farbe  der  reich 
ornamentirten  Rang-  und  Logen-Brüstun- 
gen, sowie  der  Prosceniums-Säulen  stehen 
im  wohlthuenden  Kontrast  zu  der  übrigen 
dekorativen  Ausstattung  des  Inneren.  Die 
Fresko-I\Ialereien  der  Knppeldecke  versinn- 
bildlichen in  vier  Gruppen  Lustspiel, 
Schauspiel,  Drama  und  Po.sse,  die  Gruppen 
über  dem  Proscenium,  dessen  Bogen  42 
Fuss  breit  und  34  Fuss  hoch  ist,  die  Poesie 
und  Musik. 

So  bildet  das  Ganze  einen  herrlichen 
Tempel  der  deutschen  ]Muse.  ein  prächtiges 
Denkmal  deutscher  Kunst,  denn  zu  de>n 
Bau  wurden  so  weit  wie  möglich  d.nitsche 
Männer  herangezogen.  Der  Architekt, 
Herr  Berger,  ist  deutscher  Abstamnuuig, 
ebenso  der  Baumeister,  Herr  Raymond 
Ralf,  welcher  die  Pläne  des  Architekten 
ausgeführt  hat.  Die  prächtigen  Fresken 
wurden  von  einem  deutschen  Künstler, 
Herrn  Frank  Sima,  geschaifen.  und  die 
Scenerien  von  Herrn  Armbruster  genialt, 
einem  deutschen  Dekorationsnuder  aus  Co- 
hunbus.  O.  In  pietätvollem  Gedenken  an 
den  grössten  Dramatiker  der  klassischen 
Periode  der  deutschen  Literatur  wurde  der 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN   AMERIKA. 


445 


erste  Spntenstieh  zum  deutschen  Theater 
am  9.  ^lai  1905  vorurenommen,  dem  hun- 
dertsten Todestage  Friedrieh  von  Schil- 
ler's.  Das  Programm  der  Feier  hatte  in 
Orchester-  und  Gesang- Vorträgen,  einem 
von  Frau  L.  L.  Leser,  einer  in  Philadelphia 
ansässigen  Schriftstellerin,  die  auch  mit 
dramatischen  Arbeiten  mit  Erfolg  vor 
die  Oeflfentlichkeit  getreten  ist.  verfass- 
ten  Prolog  und  einer  Festrede  Dr.  C.  J. 
Ilexamer's  bestanden.  Der  damalige,  in- 
zwischen verstorbene  deutsche  Botschafter 
in  Wa.shington.  Baron  Speck  von  Stern- 
burg, sandte  durch  die  ..Gazette"  dem 
Deutschthum  Philadelphia 's  nachstehenden 
telegraphischen  Glückwunsch : 

Washington,  D.  C,  9.  Mai  1905. 

German  Daily  Gazette,  Philadelphia. 

Den  hochverehrten  Bürgern  deutscher 
Abkimft  sende  ich  zu  dem  heute  begon- 
nenen patriotischen  Werke  meinen  auf- 
richtigsten Glückwunsch.  'Möge  dasselbe 
die  Traditionen  des  Vaterlandes  heilig 
hüten,  nach  Wahrheit  und  nach  Schön- 
heit ringen,  nur  das  Göttliche  und  Hehre 
erstreben  und  den  Kampf  aufnehmen 
mit  dem  Schlechten  und  Gemeinen. 

Sternburg. 

In  feierlicher  Weise  wurde  dann  am  4. 
Juli,  dem  Geburtstage  der  amerikanischen 
Nation,  die  Grundsteinlegung  zum  Theater- 
bau vorgenommen,  imd  am  15.  September 
1906  konnte  die  Eröffnimg  stattfinden,  bei 
welcher  Botschaftsrath  Graf  Ilatzfeldt  eine 
kurze  Ansprache  hielt  und  versicherte,  dass 
der  Kaiser  an  dem  vollendeten  Werke  die 
freudigste  Theilnahme  nehme.  Die  erste 
Saison  im  eigenen  Heim  der  deutschen 
Muse  stand  unter  Leitvmg  Direktor  Saa- 
ke's,  dem  als  Ober-Regisseur  Albert  Schrn^- 
der  vom  königlichen  Theater  in  Potsdam 
zur  Seite  stand. 

Die  Erfahrungen  der  Sai.son,  welche  am 
15.  Mai  1907,  also  nach  achtmonatlicher 
Spielzeit  schloss,  hatten  gelehrt,  dass  das 
deutsche  Publikum  sein  Theater  ebenso  wie 


das  amerikani.sche  hauptsächlich  be.sucht. 
um  sich  zu  amüsiren.  Die  Posx-.  der 
Sehwank,  das  Lustsjjiel  und  eventuell  noch 
das  Volksstück  erwiesen  sich  iiifol «redessen 
als  bedeutend  zugkräftiger  als  Schauspiel 
unil  Drama.  Dem  Zuge  des  amerikani- 
schen Lebens  nach  sinnfälliger  Unterhal- 
tung im  Theater  musste  auch  das  deutsche 
Theater  folgen.  Es  musste  seinen  Spiel- 
plan erweitern,  um  der  Konkurrenz  der 
amerikanischen  Theater  begegnen  zu  kön- 
nen. Die  neuen  Direktoren,  Max  Hanisch, 
der  seit  Jahren  in  Amerika  mit  grossem 
Erfolge  auf  deutschen  Bühnen  wirkt,  und 
sein  Kompagnon  beschlossen,  dem  Zuge  der 
Zeit  und  dem  Geschmack  des  Publikums 
Rechnung  zu  tragen  und  die  Operette  auf 
den  Spielplan  zu  setzen. 

Es  gelang  tlurch  II«*ranziehung  geeigneter 
Solo-Kräfte,  sowie  durch  Bildung  eines  aus 
Schülerinnen  des  deutschen  Gesangmeisters 
Carl  Schachner  und  berufsmässigen  Cho- 
risten geworbenen  Chors  ein  treffliches  Ope- 
retten-Ensemble zusammenzu-stellen.  wel- 
ches den  finanziellen  Erfolg  der  Saison  zu 
sichern  wusste.  Als  Kapellmeister  wurde 
August  Rodemann  gewonnen,  der  fi-üher 
.stellvertretender  Dirigent  des  Philadelphia 
Symphonie-Orchesters  war,  das  zur  Zeit 
unter  Leitung  Carl  Pohlig 's  steht,  des 
früheren  Stuttgarter  Hof-Kapellmeisters. 
Folgende  Operetten  wurden  in  der  Saison, 
welche  am  14.  September  1907  mit  Schil- 
ler's  ,,  Jungfrau  von  Orleans"  eröffnet 
wurde  und  am  30.  :\Iai  1908  schloss.  gege- 
ben :  ..Zigemier-Baron",  ,. Bettelstudent". 
..Don  Ca-sar".  ..Fledermaus",  „Boccaccio". 
„Fatinitza",  ..Gasparone".  „Die  schöne 
Galathe",  „Flotte  Bursche"  und  „Das  ver- 
wunschene Schloss".  Die  Vorzüge  der 
deutschen  Operetten-Musik  eroberten  auch 
das  amerikanische  Pu])likum,  welches  dem 
deutschen  Theater  in  noch  nie  dagewesener 
Weise  seine  Gunst  ziiwandte.  die  ül)rigens 
nicht  auf  die  Operetten-Vorstellungen  be- 
schränkt blieb.  Eine  Nach.saison  brachte 
drei  Wochen  lang  au.sverkauftc  Häuser  der 


AAC> 


DAS  DELTbLllE  THEATER  IN  AMERIKA. 


L«'harVhenOpon*tto..Dielusti^'oAVittvve".  Ensembles  in  Newark.  X.  J..  und  in  Bal- 

Aber   aiu-h    das    Scha\ispiel    iiikI    Lustspiel  tinioic   Md. 

waren  nicbt   vernacblässi^n   wordt-n.  Das  deutscbe  Theater  in  Philadel pbia  hat 

Um  das  Interesse  des  literarisdi  irel)ilde-  die  finanzielle  Depression,  welehe  sieh  in  der 

ten    und    amerikanischen     Publikiniis    am  Saison  IJIOT— 8  in  den  Vereinigten  Staaten 

deiitsohen    Theater   zu    heben,    fand   am    2.  in   füiill)arster  Weise  g-eltend  machte,  gut 

und  4.  -Montag  im  Monat  ein  sogenannter  überstanden.     Seine  Zukunft  erscheint  ge- 

literarisch. -r  Abend  statt,  an   welchem  die  sichert.        Die      S-iisen      1908—9.      welche 


Direktor      MAX    HANISCH    vom    Deutschen   Theater   in    Philadelphia. 


moderne  Bühnendichtung  zu  Worte  kam. 
Das  Repertoire  setzte  sich  ausserdem  aus 
bekannten  älteren  Lustspielen,  Schwänken 
und  Pos.sen  zusammen.  Auch  zwei  erfolg- 
reiche L^rautTührungen  gab  es:  Frau  Lotta 
L.  Leser 's  deutsch-amerikanisches  Yolks- 
stück  ..Die  Glücksucher  in  Amerika"  und 
Dr.  Berthold  A.  Bär 's  Lustspiel  ..Das  stei- 
nerne Herz"'.     Dazu  kamen  Gastspiele  des 


unter  alleiniger  Direktion  von  ]Max  Ha- 
nisch stand,  erhielt  eine  weitere  Bereiche- 
rung des  Repertoires  durch  Aufnahme  der 
Spiel-Oper. 

Am  18.  JMai  (russischen  Styls)  1863  in 
St.  Petersburg  in  Russland  als  Sohn  des 
Kaiserlieh  russischen  Hofschauspielers  An- 
ton Hani.sch  geboren,  spielte  Ma.r  Hanisch 
am     Hoftheater    in     St.     Petersburg    von 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


447 


seinem  4.  bis  12.  Jahre  Kinderrollen,  dann 
kleine  Bursehenrollen.     Er  besuehte  bis  zu 
seinem   14.   Jahre  die   .,Eng:lisehe   Heimle" 
daselbst.      Seine   grosse   Liebe   zu   Pferden 
zog    ihn    zur    Kavallerie.      Er    bat    seinen 
Sehwager,    Dr.    Alexander    von    Lysareh- 
Königk-Tollert    (den  Mann  seiner  ältesten 
Sehwester),    der   ein   Freund    des   Grafen 
Sievers,    des    Direktore    der    Kaiserlichen 
Reitschule,  war,  seine  Aufnahme   in  diese 
Schule  zu  erwirken.    Er  wurde  nach  einem 
Sonder-Examen   aufgenommen,   und  sclion 
am  näclisten  Tage  ging  der  Reitunterricht 
an.     Nach  zwei  Jahren  hatte  er  jedoch  ge- 
nug davon  und  durfte  durch  Vermittelung 
des  Grafen   Sievers  wieder  austreten.     Er 
hatte  es  bis  zum  Portepee-Jimker  gebracht. 
Dann  versuchte  er  sich  in  der  Bildhauer- 
kunst und  ^Malerei.    Das  Maltalent  hatte  er 
von  seinem  Vater  geerbt,  aber  keine  Lust 
zum  ]Malen  gehabt.     Er  kam  in  eine  grosse 
Monumentmeisslerei.  wo  sehr  gute  italieni- 
sche  ]\Ieister  engagirt   waren.      Sein   Chef 
hatte  ihn  sehr  gern,  und  so  durfte  er  den 
Marmor  massenhaft   ruiniren.     Ein  schla- 
fender Engel  war  das  Einzige,  was  er  zu 
Stande  brachte.     Er  wurde  sehr  billig  ver- 
kauft und  steht  auf  dem  Wolkowo-Fried- 
hofe  in  St.  Petersburg.     Kurz  vor  seinem 
18.  Geburtstage  rieth  ihm  die  ]\Iutter,  zum 
Theater  zu  gehen.     Er  war  sofort  einver- 
standen, und  sein  Vater  verschaffte  ihm  ein 
Engagement  bei  Direktor  Fritz  Guutau  in 
Halle  a.  S.  Stadttheater.    Bei  dem  Direktor 
hatte  auch  Max  Hanisch 's  Vater  angefan- 
gen, ungefähr  32  Jahre  früher.    Von  Halle 
a.  S.  kam  er  an  das  Grossherzogliche  Hof- 
theater in  Oldenburg,  wo  er  für  Liebhaber- 
und   Naturbiirschen-Rollen    engagirt    war. 
Nach  dreijährigem  Aufenthalt  in  Deutsch- 
land ging  er  wieder  nach  St.  Petersburg 
zurück,  wo  er  unter  der  Direktion  Wladi- 
mir Arbenin's  am  kleinen  Kais.  Ilofthea- 
ter  engagirt  wurde ;  er  verblieb  dort  drei 
Jahre.     Er   spielte    in    russischer  Sprache 
das    Fach    der    Naturburschen    und    sang 
Tenorbuffoparthien.    Dann  zog  es  ihn  wie- 


der nach  Deutschland,  und  war  wiederum 
sein  erstes  Engagement  in  HaHe  a.  S.,  wo 
er    im    Ganzen    vier  Jahre  war.     Weitere 
Kngagements  waren:  Breslau,  Lobet lieater, 
drei   Jahre;   Königsberg.   Freiberg,   Ca.ssel, 
Riga,  Weimar,   Kiel,   Hannover.     In   Frei- 
l)erg  in  Sach.sen  lernte  er  seine  Frau.  Eiiiilie 
Schönfeld,     kennen,     welche     damals     die 
ersten  Versuche  als  Soubrette  machte.  Von 
Hannover  wurden  Hanisch  und  Frau  nach 
Amerika  engagirt.  und  zwar  an  das  Grand 
Opera     House     in     Cineinnati.     Direktion 
Louise    Schmied.      Dann    gingen    sie    nach 
New  York  an  das  Germania-Theater,  später 
nach   Philadelphia.  Dii-ektion  Wurster,  wo 
sie  mit  Unterbrechung  einer  Winter-Saison 
blielien,  welche  sie  in  St.  Louis  bei  der  Di- 
rektion   Heinemann    &   AVelb    verl)rachten. 
Mit  denselben  machten  sie  auch  die  Mexiko- 
Tournee  mit.     Die  Mitglieder  der  Truppe 
waren   die   ersten   deutschen   Schauspieler, 
welche  in  ]\Iexiko  deutsche  Komixlie  spiel- 
ten.    Im  Jahre  1907  übernahm   Herr  Ha- 
niseh  mit  einem  Kompagnon  das  Deutsche 
Tlicater  in  Philadelphia  und  führt  seit  Be- 
ginn   der    Saison    1908 — 9    die    Direktion 
allein.     Besonderen  Erfolg  erzielte  er  mit 
einer  Operette  „Die  lustige  AVittwe  in  zwei- 
ter Ehe",  welche  er  im  Verein  mit  dem  Ka- 
pellmeister  des   Deutschen   Theatei-s.    Carl 
von  AVegern.  komponirte  und  deren  Auf- 
führungsrecht er  an  einen  amerikanischen 
Theatcr-I'nternehmer  verkaufte. 

Das  deutsche  Theater  in  Reading  und 
Pittsburg. 

In  Reading  wurde  am  17.  Februar  1858 
ein  deutsches  Theater  eröffnet.  Das.selbe 
hatte  jedoch  nicht  lange  Bestand.  Es  wur- 
den indessen  gelegentlich  in  der  Hauptstadt 
von  Berks  County  deutsche  Vor.stellungen 
gegeben,  so  eine  in  der  Saison  1906 — 7  von 
Direktor  Saake  von  Philadelphia. 

In  Pittshurg  gab  es  eine  Zeit  lang  ein 
ständiges  deut.sches  Theater,  so  in  der  S-ii- 
son  1886—87  unter  Direktion  Herrn  Juliu.s 


448 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IX  AMERIKA. 


Ilt'nnaiiii's.  ISST — SS  unter  Direktion 
Ilcrni  II  Ilansold's.  K'mvu  woiteren  Ver- 
sucii  mit  einem  stiinditren  Theater  in  der 
Rauehstadt  iiiaelite  Direktitr  J.  Junker  in 
der  Saison  liHH — 2.  Seither  sind  daselbst 
keine  ständi^'en  deutschen  Theater  zu  ver- 
zeichnen gewesen. 

Das  deutsche  Theater  in  Newark. 

Die  Schauspielkunst  in  Xeuark  la^.  wie 
die  ..New  Jersey  Freie  Zeitunj;"  in  ihrer 
hochinteressanten  Fest- Ausgabe  anlässlich 
ihres  .")( »jährigen  He.stehens  —  sie  wurde  im 
Jahre  1858  gegründet — berichtet,  anfäng- 
lich in  den  Händen  eines  deutschen  Ver- 
eins, des  ..Humor".  In  den  60er  Jahren  je- 
doch kamen  berühmte  europäische  Künst- 
ler von  New  York  nach  Newark  und  gaben 
im  ..Opernhaus"  Vorstellungen,  die  jedoch 
mehr  Heifall  als  Dollars  einbrachten.  So 
traten  Adelaide  Ristori.  Fanny  Janaii- 
.schek  und  Hermann  Hendrichs  auf.  Dann 
lieferten  Adolf  Neuendorff,  Gustav'  Ain- 
berg,  Heinrich  Conried  und  Adolf  Philipp 
mit  ihren  Gesellschaften  Vorstellungen  in 
der  Academy  of  Music.  jetzt  Blaney's  Thea- 
ter, der  Sängerhalle,  jetzt  Krueger  Audito- 
rium, dem  jetzigen  Empire  und  dem 
Newark  Theater.  Der  Besuch  dieser  Vor- 
stellungen liess  sich  anfangs  recht  gut  an. 
fiel  aber  sehr  ab.  als  das  Publikum  merkte. 
da.ss  es  durch  rücksichtslose  Kürzungen  und 
Besetzen  der  Rollen  durch  Kräfte  ..zweiter 
Garnitur"  getäuscht  wurde. 

In  den  80er  und  90er  Jahren  hatte 
Newark  ein  ständiges  deutsches  Theater 
unter  Direktion  der  Ik-rren  Lothar  und 
Schober,  sowie  unter  der  des  Herrn  Adolf 
Heine.  Die  Gesellschaft  der  Herren  Lothar 
und  Schol)er  war  eine  recht  leistungsfähige 
und  allgemein  beliebte,  soda.ss  die  Direkto- 
ren, die  ausserdem  Gastvorstellungen  in 
Paterson.  Stapleton  und  Union  Hill  gaben, 
auf  ihre  Rechnung  kamen.  Leider  ver- 
anla.s.ste  ein  Rivalitätsstreit  der  Gattin- 
nen der  Direktoren.  Lina  Lothar- AValdau 


und  Lina  Kindt.  eine  Autiösung  der  Gesell- 
schaft. Es  folgte  dann  die  Zeit  der  Gast- 
spiele Conried  "s.  Philipp 's  und  Wurster 's 
und  das  rnternehmen  des  Herrn  Heine, 
welches  gleichfalls  nicht  von  langer  Dauer 
wai'. 

Nach  einer  mehrjährigen  theaterlosen 
Zeit  nahm  sich  daini  im  Herbst  1902  der 
Deutsch-Amerikanische  Central-Verein  der 
deutschen  Muse  an.  schloss  einen  Kontrakt 
mit  dem  Direktor  des  deutschen  Theaters 
in  Philadelj)hia.  Alexander  Wurster,  ab 
und  gab  einnuU  monatlich  im  Empire 
Theater  deutsche  Vorstellungen.  So  lange 
Direktor  Wurster  an  der  Spitze  der  Phila- 
delphiaer Gesellschaft  .stand,  war  der  Be- 
such ein  derartiger,  dass  der  Central-Ver- 
ein mit  einem  Ueberschuss  abschloss,  wel- 
cher den  deutsch-englischen  Schulen  zu 
Gute  kam.  Herr  Carl  Saake  übernahm  das 
deutsche  Theater  in  Philadelphia,  sowie  die 
Vorstellungen  in  Newark.  Es  trat  dann 
eine  einjährige  Pause  ein.  In  der  Saison 
1906 — 7  spielte  wieder  Herrn  Saake 's 
Truppe  und  in  der  Saison  1907 — 8  die  der 
Direktoren  Hanisch  und  Co.  Die  letzte 
Saison,  welche  am  26.  April  1908  zu  Ende 
ging,  endete  mit  einem  für  den  Central- 
Verein  namhaften  Defizit.  Während  der- 
selben veranstaltete  der  Verein  zwei  Vor- 
stellungen monatlich,  ein  Experiment,  wel- 
ches sich  nicht  bewährte.  In  der  Saison 
1908—1909  gab  die  Burg-Baumfeld 'sehe 
Truppe  von  New  York  Vorstellungen. 

Jersey  City  Heights  genoss  während  des 
Jahres  1901  den  Vorzug  einer  eigenen 
Bühne  unter  Leitung  des  Herrn  Henry 
Jentsch. 

In  Hohokoi  spielte  in  der  Saison  1888 — 
89  Direktor  S.  Pleus  im  Thalia-Theater,  und 
im  folgenden  Jahre  Direktor  S.  Cronheim 
im  Germania-Theater.  Die  Saison  1892 — 
93  brachte  Gastvorstellungen  des  Personals 
vom  New  Yorker  Amberg-Theater  an  Ross- 
IIoboken-Theater.  In  1907  gastirte  im 
Lyrie-Theater  die  Truppe  von  Philadelphia. 


DAS  DEUTSCHE  THEATER   IX   A.MKKIKA. 


449 


Das  deutsche  Theater  in   Bahimore. 

Im  Jahre  1850  bestand  in  Baltimore  eine 
dramatische  Gesellschaft  Thalia,  die  unter 
\V.  Huttmann's  Leitung  gute  Vorstellungen 
gal).  Doch  inuss  sich  das  Geschäft  nicht 
hczahlt  haben,  denn  in  Januar  1851  siedelte 
sie  nach  lMiiladcli)hia  über,  wo  sie  sich 
nach  einigen  Vorstellungen  autiöste.  Die 
Bemühungen  des  Concordia  Clubs.  Balti- 
more ein  ständiges  deutsches  Theater  zu 
geben,  schlugen  ebenfalls  fehl.  Als  Eduard 
Ilärting  in  New  York  mit  seinem  Lustspiel- 
Ensemble  im  Jahre  1866  vor  der  Konkur- 
renz des  dortigen  Stadttheaters  die  Segel 
streichen  musste.  siedelte  er  nach  Baltimore 
über,  doch  war  trotz  guter  Aulfühnuigen 
der  Besuch  nicht  ausreichend,  um  die  Exis- 
tenz des  deutschen  Theaters  zu  ermöglichen. 
Ebenso  imgünstige  Erfahrungen  nuichten 
seine  Nachfolger,  die  Direktoren  Scheeren- 
berg  und  Meisel.  Seither  wurden  wohl  ver- 
schiedene Versuche  gemacht,  die  deutsche 
Bühne  zu  neuem  Leben  erstehen  zu  lassen 
mid  zu  erhalten,  aber  sie  waren  vergeblich, 
Baltimore  nnisste  sich  auf  gelegentliche 
deutsche  Gastspielvorstellungen  beschrän- 
ken. Direktor  Saake  von  Philadelphia 
veranstaltete  zwei  in  der  Saison  1906 — 7, 
sein  Nachfolger  zwei  Operetten-Aufführun- 
gen in  der  folgenden  Spielzeit  ohne  nen- 
nenswerthe  p]rfolge,  während  1908 — 9  das 
Bhiladelphiaer  Ensemble  einige  gutbe- 
suclite  Gastspiele  gab. 

Das  deutsche  Theater  in  New  Orleans. 

In  New  Orleans  waren  schon  1843  zwei 
ständige  deutsche  Theater  vorhanden,  das 
eine  an  der  Old  Levee,  zwischen  Barracks 
und  Hospital  Str..  unter  Direktion  Rudolf 
Riese  und  ^ladame  Thielmann  ;  das  zweite 
in  der  Vorstadt  Lafayette.  dem  heutigen  4. 
Distrikt,  dem  F.  Brooks  1849  an  Camp  und 
Boydras  Str.  noch  ein  drittes,  .,Das  Neue 
Deutsehe  Theater",  zufügte.  Sie  gingen 
später  wieder  ein.  Am  30.  Dezember  1852 
hatte  New  Orleans  einen  interessanten  Be- 
such:    Lola  .Alontez,  die  in  Schottland  ge- 


borene  „spanische"   Tänzerin,   die  sich   in 
das   Herz   Kihiig   Ludwig's   I.   von    Bayern 
hincingetanzt    und    durch    ihre    Frechheit 
und   die   unumschränkte   politi.sche   Macht, 
die   sie    ausübte,    in    .München    einen    Auf- 
stand  veranlasst   hatte.      Sie   trat    in    .New 
Orleans  in  einem  von  ihr  .selbst  verfas.stcu 
Stück.    ..Lola     .Montcz    in    Bayern",    auf. 
Hanno  Deiler  erzählt  von  diesem  Gastspiel: 
..In  New  Orleans  figurirte  Lola  Monte/,  in 
Skandalen,    selbst    vor    Gericht    wurde   sie 
<-itirt.    wo    .sie    „leichten    Schrittes,    gleich 
einer  Gazelle,  in  den  Saal  gehüpft"  kam. 
Dem  Geschäftsführer  des  Placide  Theaters, 
der  sie  verklagte,  weil  sie  ihm  einen  Fuss- 
tritt   versetzt    um!    ihn    einen    Schuft    und 
Schurken  genannt  hatte,  erwiderte  sie  im 
Gericht:  „Ach.  das  sind  Sie  ja  noch  immer, 
mein  Lieber!"    Gegen  den  Richter  drückte 
sie   l)eim    Anl)lick   der   grossen    Zu.schauer- 
menge     ihr     Bedaueiii     aus,     nicht    $2.00 
Entree  verlangt  zu  haben;  den  Advokaten 
der  Gegenpartei  nuichte  sie  mit  ihrem  Re- 
destrom  die   Haare  zu   Berge  stehen,   und 
ihre   frechen    Bemerkungen   riefen   oft  ein 
schallendes    Gelächter    hervor,    in    welches 
„Bench    and    Bar"    einstimmten.    —   Auf 
dem  ]\Ii.ssissippi-Dampfer,  auf  welchem  sie 
von    New   Orleans   abreiste,    verlangte   sie, 
dass  ihrem  Schosshündchen   an   der  Table 
(THote  ein  eigener  Sitz  neben  ihr  reservirt 
werde.     Und  da  dies  nicht  geschah,  wollte 
sie  den  Kapitän  auf  ihre  AVeise  abkanzeln. 
Dieser  verzog  keine  Aliene.  bückte  sich  aber 
nieder,  packte  den  Köter  beim  Genick  und 
warf  ihn  in  den  Missi.ssippi  hinaus,  und  als 
er  an  die  nächste  Haltestelle  kam,  setzte  er 
auch      die      wuthsehnaubende      Lola      ans 
Land."  Lola  starb  übrigens  im  53.  Lebens- 
.jalu'e  am   16.  Januar  1861    in   Astoria  bei 
New  York. 


-( 


New  Orleans'  gro.sse  dreitägige  Schiller- 
Feier  im  November  185i).  aulässlich  de.s 
100.  Geburtstages  des  Dichterfürsten, 
brachte  am  Vorabend,  am  9.  November, 
eine  Festaufführung  der  „Räuber"  nuten- 
der Regie  G.  PL  Braun 's.     Sie  sollen  eine 


450 


DAS   DKrTSCHK  TIIHATKR    l\    A.MKinKA. 


ausiifi'zcichncti'    Wicdcrjralu'    ^'cfuiulcn    lia- 
ben.     Im  .lalin-  ISIK»  ci-öffnctc  Wm.   liöll- 
ncr.      frülicr      Direktor     in      IMiiladclpliia. 
mit    einer    friiteu     Truppe    ein    cleutsehes 
Theater.     Es  wurde  dort  aueli  Sonutajrs  ge- 
spult.      Sein     Scli\\ie«rersolni     C)steniiann 
üliernahui  später  die  Direktion,  uaehdeiu  in 
den   Krie^rs. jähren   eine    Interhreehunj;  der 
deut.selien    Vorstell  untren    eingetreten    wai-, 
die  auch  nadi   Beendigung  der  Feindselig- 
keiten zwischen  Nord  und  Süd  fortdauerte. 
Ei-st  als  Frau  Methua-Seheller  dort  grosse 
Erfolge  erzielt  hatte,  gestaltete  sich  die  Zu- 
kunft des  deutschen  Theaters  rosiger.     (Die 
tretiliche    Schauspielerin    erlag    im    Jahre 
1S77  im  Memphis  dem  gelben  Fieber.)     Die 
Firma  Schneider  und  Zuber])ier  erbaute  ein 
deutsches  Theater,  das  unter  Ostermann 's 
Direktion  gestellt  wurde.     In  der  Spielzeit 
1868 — 9    war    (»in    glänzender    financieller 
Erfolg  zu  verzeichnen,  der  in  der  näehsten 
Saison  Gustav  Ostermann  zu  kostspieligen 
und  nicht  rentablen  E.xperimenten  veran- 
lasste, die  dazu  führten,  dass  er  im  Jahre 
1M(I  die  Direktion  niederlegen  musste.     Da 
warf  sieh  ein   aus  den   reichsten   und  an- 
gesehensten Deutsehen  der  Stadt  gebildeter 
..Xationalklub"    in    die    Bresche   und   ver- 
pflichtete  sich    zur    Pflege    des    deutschen 
Di-amas    und    zur    Aufrechterhaltung    des 
Theatei's.     welches     den     stolzen      Xanien 
..Deut.sches  National-Theater"  führte.     Es 
wurden  Gelder  in  genügender  Höhe  depo- 
nirt.  um  ein  eventuelles  Deficit  bis  $10.000 
zu  decken.    Oskar  Guttmann  übernahm  mit 
einer    vortrefflichen    Truppe    die    Leitung, 
veranstaltete  abgerundete  und  künstlerisch 
bedeutende   Vor.stellungen.    stellte   ein    ab- 
wechlungsreiches      Repertoire      auf      und 
machte  die  griksten  Anstrengungen,  um  das 
Publikum  für  das  deutsche  Theater  zu  in- 
teressiren.   aber,    nachdem   das   Strohfeuer 
der  anfänglichen  Theater-Begei.sterung  ver- 
flogen war.  trat  eine  Apathie  ein,  die  dem 
Nationalklub  schwere  Opfer  auferlegte  und 
ihn  schliesslich  veranlasste,  den  hoffnungs- 
losen Kampf  zur  Bekehrung  des  Banausen- 
thums    aufzugeben.      Bald    darauf    büsste 


New  ( )i'leans  sein  deutsches  Theater  ein.  das 
einige  Jahre  lang  eine  Kunststätte  von  her- 
\<»i-ragender  liedeutung  gewesen  war. 

Das  deutsche  Theater  in  Cincinnati. 

In  Cincinnati.  ()..  wo  schon  früh  ein 
reges  geistiges  Leben  unter  den  Deutschen 
sich  entwickelte,  datirten  die  Anfänge  des 
deutschen  Theaters  von  den  vierziger 
Jahren  her.  Zunächst  waren  es  Dilettanten- 
Vorstellungen,  welche  zur  geistigen  An- 
regung des  Deutschthums  beitrugen.  In 
der  zweiten  Hälfte  dei'  fünfziger  Jahre  ent- 
stand in  der  ..Freie  ^länner-I lalle"  eine 
deutsche  Bühne,  auf  welcher  mehrmals  in 
der  Woche  deutsche  Vorstellungen  statt- 
fanden, die  xVnerkennung  fanden  und  sich 
der  Futerstützung  des  Publikums  erfreu- 
ten. Der  Bürgerkrieg  machte  auch  in  Cin- 
cinnati der  deutschen  Bühne  ein  Ende. 
Xach  demselben  übernahm  die  Turnge- 
r-einde.  wie  in  Philadelphia,  die  Pflege  der 
;1  'utschen  Kunst.  Sie  sicherte  sich  die 
Dienste  mehrerer  Berufs-schauspieler, 
welche  sich  durch  Dilettanten  ergänzten 
und  im  Theatersaal  der  Turnhalle  anfangs 
dreinud  wöchentlich,  dann  nur  Sonntags 
deutsche  Vor.stellungen  veranstalteten. 

Das  Jahr  1877  bildete  insofern  einen 
Wendepunkt  in  der  Geschichte  des  deut- 
schen Theaters  in  Cincinnati.  als  Anton 
Föllger,  der  in  St.  Louis  unter  Heinrich 
Boprnstein  seine  ersten  schauspielerischen 
Erfolge  errungen  hatte,  die  deutschen  Vor- 
stellungen von  der  Turnhalle  nach  Robin- 
son's  Opernhaus  verlegte.  In  der  näehsten 
Saison  wurden  unter  Direktion  von  Hein- 
rich Wallner,  einem  Sohne  von  Franz  Wall- 
ner, der  in  Berlin  im  Jahre  1864  das  Wall- 
ner-Theater gegründet  hatte,  besonders 
Posse  und  Schwank  gepflegt.  Die  gefeierte 
Tragödin  Marie  Wolff,  deren  ..Deborah" 
den  älteren  Freunden  des  deutschen  Thea- 
ters in  Amerika  noch  in  Erinnerung  sein 
dürfte,  übernahm  darauf  die  Direktion  und 
gab  mit  einer  ganz  vorzüglichen  Truppe  in 
Robinson 's    Opernhause   vortreffliche    Vor- 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


4Ö1 


Stellungen,  die  sieh  zwjir  eines  t,niten  Be- 
suehes  erfreuten,  aber  nieht  im  Stande 
waren,  die  Saison  zu  einem  finanziellen  Er- 
folge zu  gestalten.  Trotzdem  Hess  sich 
Alexander  Wurster  nieht  abhalten,  sein 
Glüek  in  Ciueinnati  zu  versuchen.     Er  gab. 


Sehmid,  als  Leiter,  welcher  auch  in  der 
verflossenen  Sai.son  (1908—09)  die  Di- 
rektion führte.  Aus  seiner  Thätigkeit  ver- 
dient hervorgehoben  zu  werden,  dass  er  in 
1904 — 5    eine    erfolgreiche     Schiller-Feier 


arraugii-te  und  zu  Beginn  des  Jahres  19<)(i 
wie  überall,  wo  er  das  Direkt ionsscepter  ge-      Herrn  Dr.  Ludwig  Fulda,  der  in  allen  Städ- 


führt  hatte,  gute  Vorstellungen,  aber  auch 
ilmi  leuchtete  kein  guter  Stern,  zumal  da 
infolge  der  Agitation  der  Fanatiker  meh- 
rere Sonntags- Vorstellungen  von  der  Poli- 
zei kurz  vor  Beginn  inhibirt  wurden. 

Julius  Collmer  übernahm  später  die 
Direktion.  Er  führte  am  7.  Januar  1884 
eine  deutsch-amerikanische  Bühnendich- 
tung zum  er.sten  jMale  auf:  W.  Müller 's 
Charakterbild  „Ein  lateinischer  Bauer". 
Noch  eine  zweite  Uraufführung  gab  es 
während  derselben  Saison.  Der  „Phoenix 
Club"  liess  auf  eigene  Kosten  eine  neue 
deutsehe    Operette,    deren    Verfasser    und 


ten  mit  deutschem  Theater  beim  Besuch 
derselben  durch  Aulführung  einrr  seiner 
Bühnen-Dichtungen  geehrt  wurde,  als 
Ehrengast  der  Stadt  Cincinnati  empfangen 
durfte. 

Die  nachstehenden  biograj)hischen  Skiz- 
zen dürften  interessiren  und  hier  einen 
Platz  verdienen : 

Julius  Collmer  wurde  in  den  dreissiger 
Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  in  der 
Rheinpfalz  geboren.  p]r  genoss  eine  sehr 
gute  Erziehinig  und  widmete  sich  früh- 
zeitig der  Bühne.  War  an  bessern  deut- 
schen Bühnen  engagirt,  viele  Jahre  in  Lue- 
Komponist  dem  Deutsch-Araerikanerthum  beek  als  Charakterspieler  und  Intriguant. 
angehören,  aufführen.  Es  war  die  Oper  Kam  1866  nach  Amerika  und  wurde  zu- 
„Sichelha^ngen"  von  L.  Röscher  und  Ernst  nächst  von  der  Direktion  Hamann  &  Ro- 
Troy,  Musik  von  A.  Nembach.  Letzterer,  senberg  für  das  New  Yorker  Stadttheater 
ein    namhafter    Komponist    im    mittleren     engagirt.    1870  ging  er  nach  St.  Louis  und 

war  daselbst  von  1871  bis  73  Rcgi.sseur. 
Dann  kam  er  nach  Cincinnati,  wo  er  sich 
im  alten  Turnhallen-Theater  durch  eine 
unvergleichlich  inscenirte  Egmont-Vorstel- 
lung  einführte.  Diese  brachte  ihm  Gast- 
spiele in  Chicago,  Älilwaukee  und  St.  Louis 
ein.  1880  associirte  er  sich  mit  Isenstein 
und  Wurster,  die  dann  auf  gemeinschaft- 
liche Rechnung  die  Saison  in  Milwaukec, 
Chicago  und  St.  Louis  leiteten  und  ScliilT- 
bruch  erlitten.  Collmer  kehrte  nach  Cin- 
ciniuiti  zurück  und  bekam  das  Thejiter, 
dank  dei-  Beihülfe  seiner  Freimaurer-Brü- 
dei'.  Im  Cinciniuiti  war  er  längere  Jahre 
im  Kompagniegeschäft  mit  Philip  S::u'ir- 
srhina  thätig.  Anfangs  der  neunziger 
Jahre  ging  er  nach  St.  Paul,  wo  er  das 
Theater  übernahm  und  auch  .starb.  Collmer 
war  mit  der  deutschen  Sängerin  und 
Schauspielerin  Nielsen  verheirathet,  wel- 
cher Ehe  zwei   Kinder  entsprossen.      Eins 


Westen,  ist  vor  mehreren  Jahren  in  Cincin- 
nati gestorben.  Die  Librettisten  weilen 
noch  unter  den  Lebenden. 

In  1885  führte  wie  im  Vorjahre  Herr 
Julius  Collmer  die  Direktion.  Die  Auf- 
führungen fanden  im  Grand  Opera-House 
statt.  Friedrich  Mitterwurzer  gastirte. 
Im  Jahre  1888  trat  Herr  F.  Szwirschina  als 
]\Iitdirektor  ein.  und  Frl.  IMarie  Wolff  trat 
in  Gastspiel-Rollen  auf.  In  den  nächsten 
drei  Jahren  wechselten  die  Direktionen 
Molchin  &  Heinemann  resp.  Collmer  & 
Szwirschina  mit  einaiider  ali.  bis  im  Jahre 
1890—91  Herr  .Alolchin  der  alleinige  Herr 
war.  Von  1892  bis  1896  leitete  Herr  Szwir- 
schina die  deutsche  Bühne,  und  dann 
wurde  er  durch  Fräulein  Louise  Schraid 
abgelöst,  welche  bis  zum  Ende  der  Saison 
1902  Vorstellungen  im  Grand  Opera-House 
gab.  An  ihre  Stelle  trat  in  der  darauffol- 
genden   Saison    ihr    Bruder,    Herr    E.    0. 


452 


DAS  DKITSi  IIK  TlIKATEK    IX    AMKKIKA. 


dieser    Kinder,    eine    Tm-lilfi-.    ijrehört    der 
en«rliselien  Bühne  jiu. 

l'Inlip  SzwirscliiHa  kam  im  Jahre  186S 
mit  seiner  (Jattin.  der  vorzüjrli'ht'ii  Sdiau- 
spielerin  Mari»*  Krhe.  narh  Amei-ika.  naeli- 
dem  rr  in  l'rovinzstädten  Bayerns  iiml 
auch  in  .München  als  Schauspieler  aut^etre- 
ten  war.  liier  war  er  in  Huffalo  und 
Detroit  als  Re^'is.seur  und  Schauspieler 
und  spiitei-  in  (Meveland  auch  als  Direktor 
thäti«r.  Im  .Jahre  1877  kam  er  nach  Cin- 
einnati,  wo  er  unter  der  Direkticm  von 
Wallner.  Ka^'all  und  Tettenhorn  als  Regis- 
seur für  das  deutsche  Theater  in  Robin- 
son "s  Opendiaus  engatrirt  wurde.  Seine 
gründliche  Kenntniss  des  Theaters,  sein 
stark  ausgeprägter  Kunstsinn,  stellen  ihn 
in  die  ei*ste  Reihe  der  deutseh-amerikani- 
sehen  Hühneideiter.  Seine  Inszenirung  des 
Goethe 'sehen  ..Faust"  in  Cineinnati  war 
eine  Meisterleistung,  wie  sie  in  diesem 
I.<ande  kaum  ihres  Gleichen  fand.  Er 
wirkte  am  deutschen  Theater  in  Cineinnati 
in  den  Jahren  1878 — 1885.  Im  Herbst 
18SJ)  übelnahm  er  in  Gemeinschaft  mit  dem 
Schauspieler  Jul.  Collmer  die  Direktion  <les 
deutschen  Theaters  im  Grand  Opera  lloiise, 
welche  bis  1889  währte.  Im  Herbst  1892 
übernahm  Szwii-schina  die  Direktion  auf 
eigene  Rechnung  und  führte  dieselbe  bis 
1897.  als  er  sich,  nachdem  er  Tausende  für 
die  deut.sehe  Kunst  geopfert  hatte,  von  der 
Direktion  und  der  deutschen  Bühne  für 
innner  zurückzog. 

Das  deutsche  Theater  in  Cleveland. 

Die  Geschichte  des  deutschen  Theaters 
in  Cleveland  l>eginnt  am  13.  Juni  1855  mit 
einer  klassisehen  Vorstellung.  Sehiller's 
..Räuber"  wurden  gegeben,  denen  am  11. 
April  1857,  also  nahezu  zwei  Jahre  später, 
die  zweite  klassisehe  Vorstellung,  Sehiller's 
Freiheitsdrama  ..Wilhelm  Teil",  folgte. 
Kritik  wurde  nicht  geübt.  Zwisehen  diesen 
beiden  ..klassischen"  Ereignis.sen  lag  die 
Saison  unter  Direktion  H.  F.  Bonnet 's  im 
deutsehen     Xational-Theater     in     Potter 's 


Block  an  Ontario  Strasse.  Der  Regis.seur 
hie.ss  Xaver  Strasser.  die  erste  Liebhaberin 
w;ir  eine  Frl.  Körner.  Nach  der  Vorstel- 
lung gab  es  stets  ein  Tanzkränzchen.  Als 
KröflFmnigs- Vorstellung  wurde  gegeben: 
..Der  Thurm  von  Xesle"  oder  ..Die  ge- 
krönte ^lörderin",  Drama  von  Th.  Dünkel. 
Eine  Vorstellung  ohne  Ritterstiefel,  Burg- 
verliess  und  Sehwertgerassel  war  zu  jener 
Zeit  in  Deutsch-Amerika  anseheinend  nieht 
denkbar.  Eben.so  wenig  durfte  im  Titel 
«'in  ..oder"  fehlen.  Das  Repertoire  wies 
Stücke  mit  folgenden  vielversprechenden 
Titeln  auf:  ..Otto  von  AVittelsbach"  oder 
..Der  Kaisermord  zu  Bandierg",  ..Die 
Räuber  auf  .Maria  Culm"  oder  ..Die  Kraft 
des  Glaubens",  „Hans  Sachs"  oder  „Der 
Kaiser  und  der  Schuster",  ,.Der  Graf  von 
Burgund"  oder  ..Die  Liebe  in  der  AVild- 
niss";  ja  sogar  bei  der  Posse  gab  es  ein 
..oder",  wie  folgender  Titel  zeigt:  ..Der 
Wirrwarr"  oder  ..Herr  Timotheus  Sebas- 
tian von  Langsam".  Die  Direktion  seheint 
mit  dem  Publikum  bisweilen  Schwierig- 
keiten gehabt  zu  haben,  denn  auf  dem 
Theaterzettel  wurde  in  fetter  Schrift  be- 
kannt gegeben,  dass  „Ruhestörer  ein  für 
allemal  ausgewiesen  werden  und  nie  mehr 
Zutritt  haben".  Zur  Weihnachtszeit,  als 
das  Geschäft  tlau  ging,  kündigte  Herr 
Bonnet  folgende  Attraktion  an : 

„Bruno,  der  Eisenkneeht"  oder  .,Die 
Vehme  vorm  Blutgerüst".  Während  der 
Vorstellung:  Verloosimg  eines  ausgewach- 
senen, reichverzierten  Lammes!  Das  in 
dem  Schauspiel  vorkonnnende  Lamm  wird 
nach  Schluss  des  4.  Aktes  öffentlich  ver- 
loost  und  zwar  erhält  eine  jede  erwachsene 
Person,  die  eine  Eintrittskarte  für  25  Cents 
löst,  ein  Freiloos!  Das  mitwirkende  Schaf 
wird  den  Abend  für  das  geehrte  Theater- 
publikum zum  genussreichsten  der  Saison 
machen,  weshalb  man  bittet,  die  Vorstel- 
lung ja  nicht  zu  versäumen,  um  ein 
brechend  volles  Haus  zu  machen  I ' ' 

Der  Herr  Direktor  kannte  offenbar  sein 
Publikum.     Der  besagte  Hannnel  hat  ihn 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


4.'i3 


nicht  auf  den  Hund  gol)r<U'ht.  Von  der 
„zufriedenen  Theater-Gesellschaft"  wurde 
am  ,. dritten  Osterfeiertage"  sogar  ein  Ball 
veranstaltet,  bei  welchem  ,,für  gute  Speisen 
und  die  besten  Getränke,  sowie  gute  IMusik 
und  strenge  Tanzordnung  garantirt" 
wurde.  Was  gutes  zu  essen  und  zu  trinken 
und  aus.serdem  Tanz !  Kann  man  mehr 
verlangen  ?  Der  vei*storbene  Heinrich 
Conried  sagte  einmal  zu  dem  Verfasser: 
„Wenn  Sie  in  Amerika  bei  täglichen  deut- 
schen Vorstellungen  gut  besuchte  Häuser 
haben  wollen,  müssen  Sie  dem  verehrlichen 
Publikum  bei  25  Cents  Entree  ein  Beef- 
steak und  mindestens  zwei  Glas  Bier  gratis 
geben!  Dann  vielleicht  „unterstützt"  es 
die  deutsche  Kunst." 

In  nächster  Saison  gab  Bonnet 's  Nach- 
folgerin. Frau  Keller,  statt  der  „Blut-  und 
Eisen  "-Stücke  ^lärchendichtungen.  wie 
„Azarel"  oder  ..Der  verlorene  Sohn", 
„Der  Alpenkönig"  oder  „Der  Misan- 
throp" ..Die  Loreley"  oder  „Die  Nymphen 
des  Rheins",  ,,Uriel"  oder  ,,Der  Liebes- 
dämon". Nach  jeder  Vorstellung  stieg  die 
erste  Heldin  und  Liebhaberin  von  der 
Bühne  in  den  Zuschauerraum  und  ver- 
theilte  duftige  Blumensträusschen  an  das 
entzückte  Publikum.    Auch  ein  Genuss ! 

Die  Frau  Direktorin  hatte  zahlreiche 
Nachfolger.  Die  deutschen  Zeitungen 
kümmerten  sich  nicht  sonderlich  um  das 
Theater.  Wiederholt  wurden  Vorstellun- 
gen, wie  folgt,  abgefertigt:  ,,Wir  waren 
gestern  verhindert,  der  Aufführung  beizu- 
wohnen, es  soll  aber  ganz  nett  gewesen 
sein."  Bei  Regenwetter  ging  das  deutsche 
Publikum  damals  schon,  wie  noch  jetzt, 
nicht  in 's  Theater.  Einmal  hatte  sich, 
es  war  unter  der  Direktion  von  Doeblin 
Ende  der  sechziger  Jahre,  wirklich  Publi- 
kum an  einem  Regenabend  eingefunden, 
aber  es  musste  nach  Hause  geschickt  wer- 
den, weil  die  Schauspielerinnen  nicht  er- 
schienen waren.  Sie  hatten  geglaubt,  dass 
bei  dem  Regenwetter  doch  Niemand  in 's 
Theater  kommen  ^AÜrde. 


Philip  Szwirschina,  der  1872  die  Direk- 
tion übernahm  mid  sieben  Jahre  lang  die 
deutsche  Bühne  leitete,  brachte  neues 
Leben.  Er  bot  ein  klassisches  und  moder- 
nus Repertoire ;  tüchtige  Kräfte,  deren 
Leistungen  auch  vor  der  Kritik  Ix-stflicii 
konnten,  und  wus.ste  sich  ein  Publikum 
heranzuziehen.  Eine  besonders  glückliehe 
Idee  Szwirschina 's,  der  noch  in  Ciii- 
cinnati  seinen  Erinnerungen  lebt,  waren 
die  von  ihm  arrangirten  Kinder- Voi-stel- 
lungen,  deren  Wiedereinführung  unserm 
jetzigen  deutschen  Theater  -  Direktoren 
nicht  dringend  genug  empfohlen  werden 
kann.  Szwirschina  gewann  dafüi*  die 
Kinder  der  angesehensten  Deutschen  der 
Stadt  und  erweckte  auch  in  der  heran- 
wachsenden deutsch-amerikanischen  Gene- 
ration Interesse  und  Verständniss  für  das 
deutsche  Theater. 

Schliesslich  aber  kam  es  zu  einem  Krach, 
veranlasst  durch  die  Rivalität  zweier  Kon- 
kurrenzblätter, die  auch  das  Pei-sonal  des 
Theaters  in  zwei  feindliche  Lager  theilte. 
Der  Komiker  sang  auf  der  Bühne  Spott- 
verse auf  seinen  Direktor,  und  Szwirscliina 
entliess  sein  gesammtes  Personal.  Nach 
einem  IMonat  hatte  er  eine  neue  Truppe  um 
sich  gesammelt,  welcher  die  Entlassenen 
Konkurrenz  machten.  Zwei  deutsclie 
Theater  waren  zu  viel  für  Cleveland.  und 
Ende  der  siebziger  Jahre  schlössen  beide 
ihre  Thore. 

Erst  1884  entstand  wieder  ein  deutsches 
Theater  unter  der  Direktion  Wolkenstein 
und  Goldschmidt.  Aber  die  Herren  rück- 
ten mit  der  Kasse  schon  anfangs  der  Sai- 
son aus,  nachdem  sie  an  einem  Sonntag 
Nachmittags  ,, Wilhelm  Teil"  und  Abends 
,, Gebrüder  Bock"  gegel>en  hatten.  Als 
Gast  war  bei  ihnen  Theodor  ^lühlbach- 
Mundt,  ein  Sohn  der  bi-rühmten  Verfas- 
serin historischer  Romane,  Loui.se  Mülil- 
bach,  aufgetreten.  Richard  Stolte.  Hein- 
rich Jentsch  &  Carl  von  Wegern  und  dann 
Jentsch  allein  versuchten  sich  als  Theater- 
leiter, aber  mit  so  negativem  Erfolge,  dass 


454 


DAS  DEUTSCHE  THEATEK  Ui  AAIEKIKA. 


nach  der  SaisoTi  1889 — 90  die  deutsche 
Bühne  in  C'leveland  zn  existiren  aufhörte. 
Erst  1896  versuclite  sieli  wieder  Frau 
Anna  Franoseh-DieliK  welche  naive  Rollen 
mit  viel  Geschick  luid  Anuiuth  spielte,  als 
Direktorin.  Sie  brachte  unter  Anderen 
Theodor  BoJlniann  und  Christian  Schober 
mit.  Alwr  der  Erfolg  blieb  aus.  und  nach 
zwei  Saisons  trat  sie  zurück.  Im  Frühjahr 
1899  wurde  ein  deutscher  Theater- Verein 
gegründet,  und  am  27.  September  über- 
nahm Alexaniler  Wurster  das  Direktions- 
Seepter.  Er  blieb  zwei  Saisons;  ihm  folgte 
Alexander  Sandory,  der  in  der  Saison 
1903 — t  von  Fritz  Xolte  abgelöst  wurde, 
der  in  einer  zu  einem  Theater  umgebauten 
Kirche  Vorstellungen  gab.  ^lit  der  Saison 
schloss  das  „Neue  Deutsehe  Theater". 
Seither  musste  sich  Cleveland  mit  gele- 
gentlichen Ga.stspiel  -  Vorstellungen  der 
Truppe  von  Cincinnati  begnügen. 

Das  deutsche  Theater  in  Chicago  und 
Milv^aukee. 

Die  Geschicke  des  deutschen  Theaters  in 
Chicago  und  Milwaukee  sind  so  eng  mit 
einander  verknüpft,  dass  sie  nur  in  der 
ersten  Zeit  des  Bestehens  von  einander  ge- 
trennt werden  können.  Seit  mehr  als  20  Jah- 
ren liegt  der  künstlerische  Schwerpunkt  des 
deutschen  Theaters  beider  Städte  in  Mil- 
waukee.  Die  späteren  Versuche,  Chicago 
ein  selbständiges  deutsches  Theater  zu 
geben,  endeten  in  jedem  Falle  mit  finanziel- 
len Verlusten  für  die  Unternehmer. 

In  Chicaffo  war  .schon  1852 — 53  unter 
Direktion  des  aus  Flen.sburg  stannnenden 
Direktors  Adolf  Benroth,  der  später  mit 
seiner  ganzen  Familie  in  New  Orleans  dem 
Gelbfieber  erlag,  und  1853 — 54  unter 
Direktion  Kurz  in  deutscher  Sprache  ge- 
mimt worden.  Auch  das  Thielmann 'sehe 
Ehepaar  hatte  in  den  fünfziger  Jahren 
Direktion  geführt.  Dann  hatten  vor  dem 
Jahre  1871  in  verschiedenen  Vereinshallen, 
darunter  im   „Deut.schen   Hause",   Gesell- 


schaften mit  mehr  oder  weniger  stark  aus- 
geprägtem  dih'ttiintischem    Charakter  sich 
gegenseitig  Konkurrenz  gemacht.   Das  Re- 
pertoire bewegte  .sich  in  denselben  altehr- 
würdigen Geleisen  wie  in  den  ersten  zwan- 
zig Jahren  der  deutschen  Theater  in  New 
York  und  Philadelphia.  Da  trat  der  eigent- 
liche Begründer  des  deutschen  Theaters  in 
Chicago,  Alexander  Wurster,  auf  den  Plan 
und  eröffnete   in   der   „Aurora-Turnhalle" 
mit  einer  ausgezeichneten  Gesellschaft  ein 
neues  deut.sches  Theater.     Er  hatte  Erfolg 
und  verlegte  in  nächster  Saison  die  Vor- 
stellungen  nach   einem   grossen   englischen 
Theater.    Der  Neubau  der  Stadt  nach  dem 
grossen  Brande  vom  8.  bis  10.  Oktober  1871 
hatte  Tausende  von  Arbeitern,  welche  hohe 
Löhne  verdienten  und  von  dem  Grundsatze 
ausgingen  ..Leben  und  leben  la.ssen",  nach 
der  Stadt  geführt.     „Alle  Geschäfte",  er- 
zählt   Wilhelm    ]\Iüller    in    seinem    schon 
mehrfach     erwähnten     Artikel     über     das 
deutsche    Theater,    „erfreuten    sich    eines 
ungewöhnlichen  Aufschwungs.     Die  israe- 
litische Einwohnershaft,  die  In  allen  ameri- 
kanischen   Städten    das    verhältnissmässig 
stärk.ste  Kontingent  der  Besucher  deutscher 
Theater  bildete.  Avandte  dem  neuen  Fnter- 
nehmen  ihre  volle  Gunst  zu.    Unter  diesen 
Umständen  sah  sich  der  Direktor  drei  Jahre 
lang  befähigt,  mit  tüchtigen  Kräften  das 
moderne   Lustspiel   in   grosser  Vollendung 
zu    kultiviren    und    auch    anderen    Kunst- 
formen Rechnung  zu  tragen,  ohne  da.ss  der 
Schatten  eines  zu  erwartenden  Deficits  von 
vornherein  die  Schaffensfreude  verdüsterte. 
Emil  Höchster  arbeitete  nach  Wurster  im 
gleichen  Sinne  und  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung    des     klassischen      Repertoires 
weiter,  ohne  jedoch   dieselben   finanziellen 
Erfolge  zu  erzielen." 

.,Im  Herbst  1882  vereinigten  sich  die  Di- 
rektoren von  Chicago,  St.  Louis  und  Mil- 
waukee,  die  Herren  Isenstein,  Wurster  und 
Collmer,  um  die  geschäftliche  und  künstler- 
ische Leitung  der  drei  Bühnen  nach  gewis- 
sen   Vereinbarungen    gemeinschaftlich    zu 


DAS  DEUTSCHE  THEATER   IN   AMERIKA. 


4Ö5 


zwei    K(>llkui-I-('IlZ-('llfrl-|i,.|i|iH.||.   (|;is    ..Dcut- 

sclic  Tliciitci-"'  uuXvv  Leitung  von  Georg 
Isciistciii  und  S.  Selig,  sowie  das  „Apollo 
Tlu'jilei-"'   unter   .M.   Xeuinann.     Tni  .lahre 


ülji'nielunen.  Dui'<-Ii  \\'r\venduiig  dersel- 
ben Künstler  an  den  versehiedenen  Bühnen 
hoffte  man  nieht  allein  die  Reti'iehskosten 
zu  verringern,  sondein  audi  ein  iiiainiieli- 
faltigeres  Repertoire  bieten  und  dem  Ver-  18S7  fand  eine  Interessen-Vei-sehmel/.ung 
fangen  des  Publikums  naeh  .neuen' Darstel-  zwisclicn  llci-rn  Selig  und  der  Direktion 
lern  Reehnung  tragen  zu  können.  Das  Ex-  der  Herren  Weib.  Kiduiid  und  \Va<-hsner 
perinient  erwies  sieh  als  ein  vei-fehltes,  denn  V(.n  .Milwaukee  statt,  wodureh  der  künst- 
sehon  naeh  zweinionatliehem  Bestehen  Iciisclie  Schwerpunkt  des  1 'nternehmens 
löste  sieh  die  Firma  auf.      Isenslein   führte      nach       .Milwaukee      verlegt      wui-de.        Zu 


JULIUS    RICHARD,     Milwaukee. 


das  Theater  in  Chieago  weiter,  Collmer 
wandte  sieh  nach  Ciueinnati,  und  St.  Louis 
nuisste  für  den  Rest  der  Saison  mit  gele- 
gentliehen Vorstellungen  vorlieb  nehmen." 
Auch  die  folgenden  Saisons  in  Chieago 
standen  unter  Georg  Lsenstein's  Direktion. 
Die  Saison  1885 — 6  wurde  mit  ..Durehge- 
gangene  AVeiber"  (M-ötf'net.  Ein  Gastspiel 
Friedrich  ]\Iitterwurzer's  wai-  das  Haupt- 
ereigniss.     Die  Spielzeit   lS8ti — 87  brachte 


gleicher  Zeit  hatte  sieh  in  tler  ,,Aurt)ra 
Turidndle"  eine  deutsche  Bühne  etablirt, 
auf  welchei-  untei-  ih'\-  Aegide  der  Frau 
Schaund)urg  und  des  Ilei-rn  L.  Schindler 
Vorstellungen  gegeben  wui'den.  Das  Jahr 
1888 — 89  findet  die  deutsche  Bühne  in  Mac- 
Vi<'kers  Theater  unfi'i'  alleinigei-  Leitung 
der  Herren  AVelb.  Richard  uiul  Wachsnt'r 
von  ^Milwaukee.  Zu  gleicher  Zeit  .jed«»ch 
spielte  ein  En.semble  unter  Ilerm  L.  Neu- 


466 


DAS  DEl-TSCHK  THEATER  IN   AMERIKA. 


manu  in  Germania-Theater,  wo  Herr  Au- 
gust Junkermann  als  Gast  auftrat.  1889 — 
90  gaben  sowohl  die  Mihvaukeer  Direk- 
toren, wie  aueh  Herr  Neumann  deutsche 
Vorstelhmgen.  Im  nächsten  Jahre  be- 
herrsehten  die  Herren  von  Milwaukee  wie- 
der das  Terrain  allein.  Sie  hatten  als  Gäste 
zunächst  Herrn  Kmil  von  der  Osten,  dann 
„Die  ^lünchuer''  und  endlich  „Die  Lili- 
putaner". Im  Jahre  1891  war  Julius 
Richard  dem  Direktorium  durch  den  Tod 
entris.sen  worden,  welches  aus  den  Herreu 
Weib  und  Wachsner  bis  zum  Jahre  1899 — 
1900  fortbestand.  In  den  nächsten  Jahren 
wurde  im  Schiller-Theater  gespielt.  Eine 
glänzende  Schillerfeier  in  der  Saison 
UK»-1 — 5  und  ferner  Gastspiele  hervor- 
gender  Künstler  mid  Künstlerinnen,  die 
unter  der  Direktion  Weib  und  Waehsner 
und  sjiäter  unter  letzterem  allein  von  ]\lil- 
waukce  aus  gastirten.  waren  besonders  be- 
nu'rkenswerth. 

Julius  Eichard  war  im  Jahre  1880 
als  Regisseur  nach  St.  Louis  engagirt  Avor- 
den.  Er  war  ein  ausgezeichneter  Clmrak- 
terdarsteller  und  vorzüglicher  Spielleiter. 
Später  übernahm  er  gemeinsam  mit  Weib 
und  Wachsner  die  Direktion  in  ^lilwaukee- 
Chicago.  Der  grosse  künstlerische  Erfolg 
der  ersten  Jahre  wurde  Richard  zuge- 
schrieben. Er  starb,  wie  erwähnt,  im 
Jahre  1891.  Er  war  im  Jahre  1848  in 
Hannover  geboren,  sollte  auf  Wimseh  der 
Eltern  Seidehändler  werden,  ging  jedoch 
im  Alter  von  20  Jahren  zur  Bühne  und 
errang  bedeutende  Erfolge.  Er  war  ]Mit- 
glied  des  Iloftheaters  im  klassischen  Wei- 
nutr.  als  er  dem  Rufe  nach  Amerika  folgte. 

In  Milu-nul-cr  hatte  sich  seit  ^Mitte  des 
vorigen  Jahrlnuiderts  ein  reges  Interesse 
für  deutsche  Bühnendichtung  und  Schau- 
spielkunst kuudgethan.  Im  Jahre  1856 
hatten  sich   Louis   und   ^larie  Pelosi.   das 


und  waren  dort  mit  Erfolg  aufgetreten. 
Ebenso  waren  daselbst  p]duard  Ilärtiug 
und  Hedwig  Hesse  von  New  York  im  Jahre 
1863  mit  otfenen  Armen  empfangen  worden 
und  hatten  reussirt.  Später  wurde  dann 
das  Milwaukee  Stadttheater  nacli  dem 
Plane  des  Salzburger  Stadttheaters  gebaut, 
und  dort  führte  ..Papa  Kurz",  wie  der 
Pionier  der  dramatischen  ]\Iuse  im  Nord- 
westen \t»n  den  Jüngern  Thalia 's  genannt 
wurde.  Jahre  lang  das  Regiment.  Unter 
seinem  Nachfolger  Julius  Collmer,  der 
sieben  Jahre  lang  Direktor  in  Milwaukee 
war.  entfaltete  sieh  dort  ein  reges  Theater- 
interesse. Alle  klassischen  Dramen  und 
alle  modernen  Stücke  von  Bedeutung  wur- 
den von  tüchtigen  Darstellern  dem  Publi- 
kum vorgeführt.  Es  wurde  zweimal  wöch- 
entlich —  am  ^Mittwoch  und  Sonntag  — 
imd,  wenn  Gäste  engagirt  waren,  auch  am 
Freitag  gespielt.  Selbstverständlich  suchte 
auch  in  Milwaukee  wie  in  anderen  Städten 
eine  unvernünftige  Konkurrenz,  die  von 
Schauspielern  unter  Zuziehung  von  Dilet- 
tanten auf  Vereinshallen-Bühncn  dem  legi- 
timen Theater  gemacht  wurde,  den  finanzi- 
ellen Erfolg  desselben  nach  Kräften  zu 
beeinträchtigen. 

Als  Collmer  sich  nach  Cincinnati  ge- 
wandt hatte,  übernahm  ein  Herr  Aronson 
das  Stadttheater.  In  der  Saison  1885 — 6 
gastirte  bei  ihm  Friedrich  ^Mitterwurzer. 
In  1884  hatten  Richard.  Weib  &  Wachsner 
das  Deutsche  Theater  übernommen. 

In  der  nächsten  Saison  wurden  reguläre 
Vor.stellungen  von  der  Direktion  Richard, 
Weib  und  Wachsner  im  Stadt-Theater  ge- 
geben. Dieselbe  Direktion  veranstaltete  im 
nächsten  Jahre  im  Stadt-Theater  die  Er.st- 
aufführung  von  ..Das  lachende  ^Milwaukee" 
und  bot  ihrem  Publikum  einen  besonderen 
künstlerischen  Genuss.  indem  sie  die  königl. 
sächsische  Schauspielerin  Anna  Haverland 


Künstlerpaar,  welches  später  der  deutschen  für  ein  Gastspiel  engagirte.    Im  Jahre  vor 

Bühne  St.  Louis'  eine  so  werthvolle  Stütze  her  hatte  eine  Truppe  unter  Leitung  von 

werden  sollte,  von  Philadelphia  nach  dem  Wilhelm     Fleck     im     Thalia-Theater    mit 

Deutsch-Athen    am    ^lichigan-See   begeben  Fräulein   Emma   Abbott   als  Gast  gespielt 


DAS  DEUTSCH p]  THEATHK  l.\   AMHKIKA. 


•l.-,7 


und  am  Weihnachts-Abend  „Com"  zur 
Aufführung:  trcliracht.  In  1887 — 88  wurde 
in  demselben  Theater  unter  der  Leitun»;  der 
Herren  Fritz  Plitzi^ratli  und  Dröjrer  gre- 
spielt.  Im  AVinter  1888 — 81)  tinden  wir  im 
Stadt-Theater  die  Herren  Weib.  Richard 
und  Waehsner  und  im  Thalia-Theater 
Herrn  K.  Alexander  als  Hühnenleiter. 
1889  spielten  die  erstgenannten  Herren  im 
deutsehen.  1890  im  Stadt-Theater. 


LEON    WACHSNER,    Milwaukee. 

Im  Jahre  1891  verblieben  die  Herren 
Weib  und  Waehsner  in  der  Direktion  im 
deutschen  Theater  und  hatten  das  Glück, 
ihren  Gönnern  Joseph  Kainz  als  Gast  vor- 
stellen zu  köinien.  In  dem  Theater  wurde 
in  den  folgenden  Jahren  unter  derselben 
Direktion  gespielt,  und  es  ereignete  sieh 
nichts  Erwähnenswerthes  bis  zum  Jahre 
1897.  welches  durch  ein  Gastspiel  der  Frau 
Agnes  Sorma  l^edeutung  gewann.  Die 
nächste  Saison  bot  Gastspiele  von 
Em:mnel  Reicher,  Adolph  Sonnenthal  und 


(Im  ..Tegernseeni'".  Die  Saison  1900 — Ol 
l)rachte  die  Erüffuiuig  des  Pabst-Theaters, 
in  welches  Herr  Lcnn  Wachsner.  nachdem 
Herr  Weib  ausgeschieden  war,  als  AUein- 
heri'scher  einzog.  Von  späteren  Ereigiiis- 
si'U  verdient  inn-  die  glänzende  Schillerfeier 
in  der  Saison  190-1—")  Ei-wähnuiig. 

Direktoi-  Leon  Waehsner  i  i-c-te  Wachs- 
manu  1  wurde  am  l'J  .März  1,^.')4  in  Stettin 
geboren.  Kr  widmete  sich  dt-m  Kauf- 
mannsstand  ntid  kam  im  Jalif  1880  nach 
Amei'ika.  Kv  w.'.v  nui-  mit  uei^imii-n  (Jcld- 
mitteln  ausgerüstet,  und.  ila  er  in  dei-  Hei- 
math  schon  in  Dilettantentheatern  aufge- 
treten war,  kam  er  auf  den  Gedanken,  auch 
hierzulande  sein  Glück  auf  den  weltbedeu- 
tenden Hrettei-n  zu  versuchen.  Am  "J"). 
September  1880  trat  er  in  Williamsbui'g. 
Xew  Yoi-k,  in  dem  bescheidenen  Theatci- 
der  Frau  Direktor  Hulda  Freud.'uthal,  und 
zwar  in  .MosenthaTs  Trauerspiel  ..Isabella 
(^rsini"  als  Vittorio  Capella  auf.  Intimen 
Bekannten  zeigte  der  Direktor  Wachsner 
zuweilen  den  vergilbten  Zettel  seints  De- 
büts und  fügte  dann  in  seiner  liebenswür- 
digen Weise  hinzu,  dass  er  schon  in  dieser 
tragischen  Rolle  den  Beweis  geliefert  ha])e. 
dass  er  sich  zmn  Komiker  eigne.  Xun  galt 
es  von  der  Pike  auf  im  Bühnendienst  zu 
wirken  und  den  trüben  Tagen,  mit  sechzehn 
Dollars  monatlicher  Gage,  folgte  endlich 
Sonnenschein,  als  ihn  Direktor  Adolf 
Xeuendorff  vom  Germania-Theater  in  .\ew 
York  als  Lude  in  der  Po.sse  „Ihre  Familie" 
von  Engels-Stinde  spielen  sah  und  ihn  so- 
fort für  seine  Bühne  gewaini.  Balil  retrte 
sich  in  dem  .iungen  Künstlei-  dci"  Wunsch, 
den  Zug  nach  dem  Westen  auzuti-eten.  Mit 
Friedi'ich  Ilaase  unti'i-nahm  Direktor  N'eu- 
endoi-ff  eine  Kün.stlerfahrt.  die  auch  Mil- 
waukee in  sich  schlo.ss.  Mit  dieser  Trupp«' 
trat  Leon  Wachsner  dort  zum  erstenmal, 
und  zwar  im  ehemaligen  Academ.v-Theater. 
auf.  Ein  längeres  Engagement  folgte  dann 
für  ;\Iilwaukee  im  Jahre  1880.  wo  damal> 
Herr  Otto  O.sthoft'  im  Schlitz-Park  e-ncr 
deut.sclien      Tlieatergesellschaft      vorstii:d. 


4Ö8 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN   AMERIKA. 


I),T  WiiitiT  1>!82— 8:^  führfe  ilm  nach 
Chicii^'»»  zur  Dircktinii  ColliiuT,  Isiaistrin 
und  \Vur.st«T.  lli<T  wiirdni  Julius  Richard, 
Ferdinand  Weih  und  L»'<>n  Wachsncr  mit 
cinandtT  bekannt,  die  dann  am  1».  Sent.  ni- 
hei-  1S^4  das  so«.'enannte  alte  Stadttlieater 
an  der  Dritten  Strasse  in  Milwankee  üher- 
nahnien.  Von  Anfang'  an  la.ir  die  «;p.sehäft- 
lieh«'  Leitunjx  des  rnternehniens  in  Waelis- 
ner's  Händen.  Auf  der  liühne  erwarb  er 
sieh  immer  mehr  «lie  (iunst  der  Zuschauer 
durch  tue  (Je.staltunir  erster  komischer 
Hollen.  Da  entstand  sein  Schuster  Weiuelt 
in  ...Mein  I.eojiold".  Miselxk  in  ..Sehöne 
rn^'arin".  Marnj)»'  in  ..Stal).strompeter". 
Striese  in  ..Haub  der  Sabinerinnen  ',  um 
nur  einiire  zu  erwähnen. 

Am  IS  April  ISilO  wur(h>  mit  einem 
(Jastspiil  vdii  Direktor  Passart  von  .Mün- 
chen als  Kiinijr  Lear  das  alte  Stadttheater 
für  iniiner  geschlossen. 

Am  17.  Sei)tember  18D0  eröffnete  sochnin 
(bis  neue  Stadt  theat  er  an  der  Oneida 
Strasse  seine  Pforten  mit  (ioethes  E«rniont. 
Hier  feierte  am  20.  April  18i)4  Direktor 
Wachsner  mit  seinem  daniali^en  Kollegen 
Ferdinand  Weib  (bis  zeluijährig'e  Dii'ck- 
tionsjubiläum.  Dem  Theater  wai-  kein 
lan«res  Leben  beschieden.  Es  ging  in 
Flanuneu  auf. 

.\n  seiner  Stelle  wurde  das  gegenwär- 
tige Pabsttheater  enichtet.  Direktor  Leon 
Waehstn-r  war  am  P2.  Mai  lSi)4  eine  Ehe 
mit  Mary  Litt,  (h-r  Tochter  des  Direktors 
vom  Hi.jou  Opera  Ilouse.  eingegangen,  die 
ihm  den   Lebensabend  verschönern   half. 

Im  Frühjalir  lüOO  schied  sodatui  Direk- 
tdi-  Will)  aus  (h-r  Dii'cktion  und  von  nun 
an  übernahm  Direktor  Lion  Wachsner 
allein  die  Leitung. 

Als  aktives  Mitglied  liatte  sieh  Direktor 
Wachsner  immer  mehr  von  der  Bühne  /.u- 
rückgezogen.  Nur  eine  Holle  nahm  er  noch 
hier  und  da  zum  Auftreten  vvahi-.  Den 
(Jiesecke  im  ..Weissen  Höss'l"  spielte  er 
noch.  Es  knüpfte  sich  füi-  ihn  daran  eine 
angenehme  Erinnerung.     Kr  war  in  ihr  in 


der  alten  Heimath  aufgetreten,  in  Marien- 
bad, wo  er  sommerlich  zur  Kur  sieh  aufzu- 
hallen pflegte.  Die  deutsclic  Presse  hat 
ihm  damals  alles  ].,ol)  dafür  gespendet,  abei- 
nur  intimen  Freunden  gewährte  ei'  einen 
Eiid)lick  in  die  darüber  erschienenen 
schmeichelhaften  Kritiken.  Eine  weitere 
(ienugthuung  wurde  ihm  zutheil  durch  die 
Verleihung  des  Kronenordens  im  Oktober 
lilöf).  Noch  einmal  hatte  er  sieh  vorge- 
nommen als  Künstler  vor  das  Pul)likum  zu 
treten.  Am  20.  April  1!»0!)  wäre  er  25 
.Jahre  Direktor  gewesen.  An  seinem  Jubi- 
läumsabend wollte  er  in  ..Kurmärker  und 
Pikarde"  auftreten,  eine  seiner  Glanz- 
rollen verklungener  Zeiten.  Y.H  war  ihm 
nicht  beschieden.  Ein  Herzschlag  raffte 
ihn  am  Samstag,  den  20.  F'ebruar.  kurz, 
vor  11  Uhr  Abends,  im  Schlafwagen  vor 
Huffalo.  auf  dem  Heimwege  von  New  York 
nach  Milwaukee  begriffen,  dahin.  Seine 
AVittwe  führte  die  Direkti<m  weiter. 

Das  deutsche  Theater  in  St.  Louis. 

Schon  in  der  Einleitung  wurde  erwähnt, 
dass  die  erste  deutsche  Theater- Vorstellung 
in  St.  Louis  im  Jahre  1S42  Schiller "s  Ju- 
genddrama ..Die  Räuber"  bot,  mit  dem 
Schauspieler  Riese  als  ..Karl  ^loor".  Dilet- 
tanten übernahmen  dann  die  Pflege  der 
dramatischen  Kunst,  unter  ihnen  der  Ad- 
vokat Christian  Kribben,  sein  Bruder  Wil- 
helm, der  Steuermann  auf  einem  Missis- 
sipi)i-Dampfer  war,  Henry  Lischer,  Wil- 
helm .Mackwitz  und  andere  mehi'.  Eine 
Thalia-Gesellschaft  gab  drei  Jahre  hin- 
durch mit  gewissen  Unterbrechungen  Vor- 
stellungen. Direktor  Strasser,  dessen  Frau 
und  Tochter  ebenfalls  der  Bühne  angehör- 
ten, erölTnete  eine  mit  einigen  Luftlöchern 
versehene  Bretterbude  im  Arsenal-Park  im 
Jahre  1851  unter  dem  euphemistischen 
Namen  „Sommertheater".  Dann  gab  der 
St.  Louis  Sängerbund,  der  älteste  Gesang- 
verein der  Stadt,  unter  ]\Iitwirkung  des- 
Schauspielers und  Sängers  Benrodt  eine 
Heihe  von  Vorstellungen,  deren  erste  „Der 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  ]N  AMEHIKA. 


4.^9 


Ih'inithsaiiti-a^'  auf  Ilelgoland"  war.      Im 
Jalire  iJ^öii  gründete  der  Ileraus^a'lx'i-  und 
Redakteur    des    ,, Anzeiger    des    Westens", 
Heinrieh    Boernstein,    die    ..Philodraniati- 
sehe  Gesellsehaft".  welche  die  ]^asis  bildete 
für  die  erste  ständige  deutsehe  IMiliiu'  dci- 
Stadt  im  ..St.  Louis  Opernhaus".     Boern- 
stein war  Direktor  imd  spielte  ebenso  wie 
seine  Frau  Marie  häutig  mit.     Es  wurden 
.sogar  unter  Leitung  des  tüchtigen  Musikers 
Adolph   AVillhartitz   Opern   gegeben.      Der 
100.    Geburtstag    Schiller 's,    1859.    wurde 
eine  ganze  Woche  lang  gefeiert  und  wäh- 
rend derselben  ..Kabale  und  Liebe".  ..Die 
Räuber".   ..^Maria  Stuart",   „Wallenstein 's 
Tod",  „Wilhelm  Teil"  und  „Fiesco"  gege- 
ben.    Es  wurde  an  jedem  Abend  gespielt, 
auch  im  Sommer.  Die  Sonntags-Einnahmen 
deckten    das   Defizit   der    weniger   gut   be- 
suchten   Vorstellungen    an    Wochentagen. 
Da   inhibirte  ein  AVillkürakt   der  secessio- 
nistisch  gesinnten  Polizei  am  14.  März  1861 
die  Sonntags- Vorstellungen.    Ohne  die  war 
ein  Fortbestand  des  Theaters  nicht  möglich, 
und  dei-  Ausbruch  des  Bürgerkrieges  that 
das    Uebrige.      Boernstein    zog    als    01)erst 
in 's  Feld  und  mit  ihm  verschiedene  seiner 
Schauspieler.      Später    wurde    im    Apollo- 
Theater  und  im  Xational-Theater.  das  im 
April    1866    durch   Feuer   zerstört   wurde, 
unter  der   Direktion   von   Wilhelm   Koser, 
Hannes   Lewens   und    Ant(m    Foellger   ge- 
spielt.    Es  gastirten  während  der  Zeit  Otto 
Hoym,   Eduard   Ilaerting.   Hedwig   Hesse, 
Ottilie  Genee  aus  Berlin.  Herr  und  Frau 
Pelosi.  der  Komiker  Julius  Ascher  und  die 
damalige  jugendliche  Gesangssoubrette  Jo- 
hanna    Claussen.     welche     den     tüchtigen 
Schauspieler   Julius   Koch    heirathete   und 
später   als   komische    Alte    in    den    meisten 
deutschen    Theatern    des    Landes    engagirt 
war.    Nach  dem  Brande  des  Xational-Thea- 
ters    verlegte    Koser    seine    Vorstellungen 
nach    den    Varietes,    wo    auch    Emil    uiul 
Louise  von   der   Osten   gastirten.      In   der 
Saison    1867-68    waren    unter    Anderen    in 
St.   Louis   Alexander   Kost,   der  später    in 


IMiiladelpliia  Diicktor  wui'de.  und  K\n'l 
Lasswitz  engagirt.  Gastspiele  Fanny  Ja- 
nauscheck's  .Marie  Seel)ach's  und  des 
L'Arronge 'sehen  l'aaics  erhüliten  die 
Freude  am  deutschen  'riie;it«r.  Im  .M;ii 
ISfiS  übernahm  Alf'ons  von  Zei-lmni.  des.sen 
Gattin  eine  gute  Gesangssoul)!"elte  war.  die 
Direktion.  Er  starb  im  .\ugus1  d«'s.selben 
Jahi'es,  und  .seine  junge  (iattin.  welche  den 
Tod  des  geliebten  Matnies  ni<'lif  überleben 
konnte,  beging  Selbstmord.  Ein  Gast- 
spiel der  Tragödin  Fiau  von  Haeindorf  im 
Anfang  1869  ergab  ein  finanzij'll  günstiges 
Resultat.  Eine  Operetten-Saison  unter 
Kapellmeister  Schrainni  war  ei-folgreich. 
weniger  gut  schnitt  Direktor  .Julius  Her- 
mann, ein  Sänger  von  Profession,  mit 
Opernvoi-steliungen  ab.  Im  Juni  1872  wie- 
dei'holte  er  den  Versuch,  und  er  sowohl  wie 
sein  Nachfolger  in  der  Direktion.  Theodor 
Hal)elmaini,  erzielten  Erfolge.  Anderthall) 
Jahre  lang  hatte  St.  Louis  eine  stehende 
deutsche  Oper,  deren  treffliche  I^eistungen 
allgemeine  Anerkennung  fanden. 

Im  Oktober  übernahm  Louis  Pelosi  die 
Direktion.  Ei'  wie  seine  Frau  waren  in 
St.  Louis  sehr  helieht  und  fülirlen  neun 
Sai.sons  hindui'cli.  allei-dings  mit  l'nterbre- 
ehungen.  veraidasst  durch  Reisen  nach 
Deutschland  und  gelegentliche  Kuhepausen. 
die  Direktion.  Im  Jahi-e  1884  starb  Fi-au 
Pelosi.  nachdem  sie  und  ihr  Gatte  im  .lalire 
1879  ihr  25jähi-iges  Schauspieh'i--.Iul)iläum 
hatten  feiern  können,  und  bald  darauf  zog 
sich  dei-  trauei-nde  Gatte  \-on  der  Bühne 
zurück.  Am  Schluss  der  ersten  Pelosi '- 
sehen  Saison  wurde  ein  von  l)i-.  -lohn 
Ilartnuum  von  St.  Louis  verfasstes  Stück 
..Die  deutsche  Landwehr  odei-  die  Belage- 
rung von  Strassburg"  unter  .Mitwirkung 
der  Simi)son 'sehen  Battei'ie  und  dei-  (Jarde- 
rianen  aufgeführt  und  erzielte  einen 
grossen  Erfolg.  Dasselbe  gilt  von  einer 
anderen  rrautführung.  <Ut  des  von  dem  St. 
Louisei-  Diehtei-  .1.  (i.  Woeiiier  vei-fassten 
Schaus|)iels  ..Skla\in".  Später  wurden  in 
St.   Louis  novh  zwei   l  ■rautführuniren  gege- 


■im 


DAS  DEUTSCHE  THEATER   IN   AMERIKA. 


ben:  Unter  Ilonnann  Riottc's  wenif;  glüek- 
licluM-  Direktion  in  der  Saison  18J)0— 1,  die 
in  seehs  MonatfM  in  nenn  verscliiedenen 
Lokalitäten  si)it'ltf  und  dn-cn  «rrüsstes  Lei- 
den eint'  von  Dcntscldand  initheriiherore- 
Itraehte  lier/lieh  scldeehte  Opem^esellschaft 
war.  das  anierikanisrhf  Sitti-uliild  ..Sihyl" 
von  Clias.  (iildclians  inid  in  der  Saison 
IIKC, — (i  Hans  Kissiinjr's  cnerjriseh  abgre- 
Icinites  ..Schwcinctien"  -  Lnstsi)iel  ..Die 
Ironnne  Helene". 


GEORG    HEINEMANN. 

Hs  wnrdf  irt'wiiindicli  nur  Sonntags  im 
Olynipic  Theater  jjespicll.  in  einzelnen  Sai- 
sons jedoch  aneh  zweimal  wöehentlieh  im 
Apollo-Theatei-.  l'elosi's  fjrösste  Stütze 
war  der  Komiker  .Max  Lnl)e.  de.ssen  Gattin 
Josephine  elienfalls  sehr  gut  gefiel.  Tm 
Sommer  1875  wurden  im  Apollo-Theater 
unter  Habelmann's  Leitung  mit  Karl 
Formes  als  Gast  wieder  Opern  gegeben. 
In  der  Saison  1S76 — 7  spielte  Alexander 
Wurster  mit  seiner  Gesellschaft  Sonntags 
im  Olympie  und  machte  glänzende  Ge- 
schäfte.     In    der   nächsten   Saison    machte 


Wurster  den  Pelosis  Koid<nrrenz.  Sein  Re- 
gisseur war  der  spätere  Redakteur  des  .,Da- 
veni)oi't  Demokrat".  Gustav  Donald.  Von 
187!)  an  war  Direktor  Rieckhoff  der  Leiter 
des  deutschen  Theaters  in  St.  Louis.  In 
der  Saison  1881 — 2  erschien  Wurster  wie- 
dei-  auf  dem  Plane  mit  dem  Ilof.schauspie- 
1er  Karl  Sontag  aus  Hannover  und  der  Ge- 
sangssoubrette Anna  Wagner  als  Hauptat- 
traktionen. Das  mehrwöchentliche  Gast- 
spiel der  Geistinger 'sehen  Operetten- 
Truppe  unter  Andjerg's  Leitung,  sowie  ein 
achttägiges  Gastspiel  Friedrich  Ilaase's 
Ihat  ihm  bedeutenden  Abbruch,  während 
Rieckhoff  auf  einer  Gastspieltournee  im 
Staate  grosse  Summen  einbüsste. 

Hill  Operetten-Theater  im  Sommer  1882 
erlebte  einen  schmählichen  Krach,  trotzdem 
die  Soubrette  Alwine  Heynold  nach  der 
Flucht  des  Direktors  die  Leitung  der  Ge- 
schäfte übernahm.  Die  Direktionsthätig- 
keit  der  Brüder  Victor  und  Hugo  Sarner, 
des  Komikei's  ..Fdtlie"  Schmitz  und  Her- 
mann Kiotte's  waren  kein  Erfolg.  Die 
Saison  1893 — 4  wurde  im  Germania-Thea- 
ter von  Alexander  Wurster  eröffnet;  er 
liracli  jedoch  die  zweite  ])lötzlich  ab.  sodass 
die  Schauspieler  sich  genöthigt  sahen,  auf 
eigene  Rechnung  weiter  zu  spielen.  Daim 
folgten  einige  Saisons,  in  welchen  Vorstel- 
lungen bald  in  diesem,  bald  in  jenem  Thea- 
ter gegeben  wurden.  Das  war  schlinnn, 
sclilinnner  al)er  waren,  wie  die  ,, Westliche 
Post"  schrieb,  die  gegebenen  luid  nicht  er- 
füllten Versprechungen,  die  Enttäuschung 
der  Abonnenten,  die  für  ihr  Geld  keine  ent- 
sprechende Gegenleistung  erhielten.  Der 
Kredit  des  Theaters  sank  von  Jahr  zu  Jahr. 

Da  ergriff  Georg  Heinemann  im  Jahre 
1898  die  Zügel  der  Leitimg  und  ging  mit 
frischem  Muthe  an  die  schwierige  Aufgabe, 
das  fast  ganz  geschwundene  Ansehen  der 
deutschen  Bühne  St.  Louis'  wieder  zu  he- 
ben. Es  galt  einen  schweren  Kampf,  ins- 
besondere in  der  zweiten  Saison,  als  dem 
muthigen  Leiter  noch  eine  Konkurrenz 
durch  Frau  Anna  Diehl-Franoseh  im  Ger- 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


4ül 


inai:ia-Theater  entstand.  Aber  er  verza^rte 
nicht,  kämpfte  niiithit;  weiter  luul  hatte 
bakl  die  Genuj.'tlniuntr.  dass  sich  ch'r  lie- 
siu'li  der  Vorstellungen  lanjj:saiii.  aber  ste- 
tig, inib.  dass  auch  das  dem  deutschen 
Theater  entfremdete  bessere  Pu])lil\uiii  sich 
wieder  einzustellen  betrau n,  ins])es()ndere 
na<"lideiii  im  .J^dlre  1900  durch  di  n  Eintritt 
des  Herrn  Ferdinand  AVell).  früher  .Mit- 
direktor   d<M-    ho'haniresehcneii     deutsehen 


FERDINAND   WELB.    St.    Louis.    " 

Bühne  in  ^lilwaukee,  das  allgemeine  Ver- 
trauen i:i  die  Direktion  eine  mächtige 
Stärkung  erfahren  hatte.  Sorgsame  Aus- 
wahl der  Gesellschaft,  gut  und  sorgfältig 
vorbereitete  Vorstellungen  und  kluge  Spar- 
samkeit, wo  solche  ohne  Schädigung  des 
künstlerischen  Ansehens  der  Vorstellungen 
ausgeübt  werden  konnte,  wirkten  zusam- 
men, um  wieder  einen  festen  Grund  für 
das  Theater  zu  schaffen,  das  auch  während 


der  Wcitausstellungszeit  vor  <lcii  Gästen 
aus  der  alten  Ileimatli  mit  Khini  bestehen 
k(»nnte.  l'nd  nicht  einmal  das  ewige  Wan- 
dern vom  Olyiiipic  nach  dem  ()<|e(»ii  mid 
vom  Odeon  wieder  nach  dein  (Mympic 
konnte  seinen  I^estand  gefährden. 

Ileinemann  iiielt  streng  darauf,  dass 
neben  dei-  künstlerischen  auch  die  ge- 
schäftliche Ehi-e  seines  rnternehmens 
fleckenlos  ei-haiten  werde,  und  erwarl)  sich 
währeiul  seiner  lOjährigen  Direkt ions-  und 
Schauspieler-Thätigkeit  in  St.  L(»uis  ein 
Heer  von  Freunden.  Ein  Glanzpunkt  in 
(Jeo.  lleinemainrs  Direktions  -  Thätigkeit 
war  eine  (Jastspielreise  seines  durch  Max 
Ilanisch  und  Emilie  Schönfeld  von  Phila- 
delphia verstäi-kten  p]nsend)les  naeli  Mexico 
nach  Schluss  der  Saison  11104 — 5  unter 
Aegide  des  Impresario  II.  M.  Campbell. 
Zweifellos  müssen  die  Leistungen  vortreff- 
lich gewesen  sein,  sonst  wüi-de  der  deutsche 
Gesandte.  Freiherr  von  Wangenheim,  ein 
ständige)-  Besucher  der  Vorstellungen,  die 
im  Hidalgo-Theater  der  Stadt  ^Mexico  statt- 
fanden, nicht  wiederholt  Gelegenheit  ge- 
nommen haben,  der  Direktion  imd  ihrer 
wackeren  Künstlerschaar  .seine  vollste  An- 
erkennung auszusprechen.  Auch  in  Pueblo 
und  Guadalajara  wurde  mit  grossem  Er- 
folge gespielt.  Die  Truppe  war  die  erste 
deutsche  Schauspieler-Gesellschaft,  die  in 
der  Xach])ar-Republik  gastirte. 

Eine  würdige  Schiller-Feier  wai'  in  der 
genannten  Saison  veran.staltet  worden. 
Herr  Heinemann  starb  Anfangs  Februar 
1908;  sein  Ableben  wurde  allgemein  be- 
trauert. Die  Saison  1908 — 9  stand  unter 
der  alleinigen   Leitung  Ferdinand  Weib 's. 

Feber  ileinemann 's  Lebenslauf  .stehen 
nur  verhältnissmässig  dürftige  Notizen  zur 
Verfügung.  Er  selbst  war  viel  zu  .sehr  ein 
]\Iensch  der  Gegenwart,  um  viel  von  .seiner 
Vergangenheit  zu  reden,  wenn  er  auch 
gerne  und  unterhaltend  von  seinen  Wan- 
dertagen in  Wisconsin  redete,  wo  die  deut- 
schen Künstler,  besonders  die  von  Milwau- 
kee,   früher  allsommerlich   Kunstreisen   zu 


46S 


DAS   DKl-TSCHK  THKATKK  IX  AMKKIKA. 


uiiterijrhiiu'ii  pricjrt.-n.  IleiuiMiianii  war  im 
.Fahrt'  1S47  als  S(»liii  cim's  Militärarztes  in 
Itrrliii  p'lM>r«'n.  «miut  seiner  Brüder  ist 
HofsrhauspieU-r  in  Hannover,  ein  anderer 
(Jeriehtsrath  in  Berlin,  wälirend  ein  dritter 
in  CliieaUM  wohnt.  (Jou-jr  Ileineniaiui  er- 
n'irhte  ein  Alter  von  (il  .lahreii.  Selion  in 
.seiner  .lu^rendzeit  zeigte  er  eine  ans^'e- 
s|»nM-hene  Neipini«:  znr  Bühne,  dir  er. 
naelnleni  »-r  heranirewaehsen.  au«h  tuljrte. 
luul  halil  führte  ihn  sein  Wandertrieb 
üIht's  Meer,  wo  er  znnäeh.st  im  Jahre  1869 
in  rhiladelphia  auftrat  und  dann  unter 
Direktor  Ciuttniann's  Leitung;  in  New 
Orleans  s|)ielte.  Im  Jahre  1881  finden  wir 
ihn  als  «resrhätztes  Mitfilied  des  Chieago- 
Mihvaukeer  Ensembles  unter  der  Direktion 
Collmer  &  Isenstoin.  wo  er  aueh  seinen 
nachnialifjen  Partner  Weib  kennen  lernte. 
Später  spielte  er  unter  Wurster  in  St.  Louis 
und  lMiiladel|)hia,  um  dann  naeh  kurzer 
Direkti<»n.s-Thäti{rkeit  in  Cincinnati  die  Lei- 
tung des  deut.sehen  Theaters  in  Philadel- 
phia zu  übernehmen.  Als  er  dieser  Thätig- 
k<'it  müde  «ri'worden  war.  sa^e  er  der 
Bühne  auf  einijre  Zeit  Valet.  Er  übernahm 
als  Pächti'r  das  Belleview-Hotel  in  f]lkhart 
Lake  vHid  sj)ätt'r  l'o|»f's  Hotel  in  She- 
Imy^'an.  Dann  wunlr  dri-  Reiz  des  Ram- 
penlichts wieder  zu  mäehtig  in  ihm.  und  er 
übernahm  die  Direktion  in  St.  Louis. 

FtnlinniKl  Wrlh.  in  1852  in  Fraidvfurt 
a.  M.  «rebitren.  ursprüiifrlieh  Architekt, 
betrat  die  Bühne  seiner  Vaterstadt  im 
Jahre  1S72.  Als  Schauspieler  war  er 
thätin  in  Salzburg  (1874);  Budai)est 
(1875);  (lastspiel reisen  mit  Albin  Swobo- 
da's  Cie.sell Schaft  nach  Triest  und  Venedig 
(1876)  :  später  Hoftheater  in  Meiningen. 
Stadtthejiter  Basel  (1878)  ;  Hoftheater 
Oldenburg  (1879);  Otto  Devrients  Faust- 
AufTührungen  im  Berliner  Xationaltheater 
(Sonniier  1880)  ;  Stadttheater  in  Königs- 
berg (1880—81).  Weib  kam  naeh  Ame- 
rika im  Herbst  1881  an  die  vereinigten 
deut.sehen  Theater  von  ]\Iilwaukee  und 
Chicago,  Direktion  Collmer  und  Isenstein. 


als  Schauspieler,  später  auch  als  Regisseur. 
Er  übernahm  im  Jahre  1884  im  Verein  mit 
Julius  Richard  und  Leon  Waehsner  die 
Direktion  des  Deutschen  Theaters  in  Mil- 
waukee.  welches  im  Jahre  1886  mit  dem 
Deutschen  Theater  in  Chicago  vereinigt 
wurde.  Im  Jalire  1900  trennte  sich  Weib 
von  Wachsner  und  übernahm  im  Herbst 
desselben  Jahres  im  Verein  mit  Georg 
Ileinenuinn  die  Direktion  des  Deutschen 
Theatei-s  in  St.  Louis.  1900—01  Olympic 
Theater.  1901—03  Germania-Theater,  1903 
—04  Odecm,  1!)04 — 05  wieder  Olympic 
woran  sich  eine  Gastspielreise  durch  Alt- 
]\Iexiko.  die  ersten  deut.sehen  Schauspiel-  , 
Vorstellungen  auf  dem  Boden  der  Repu- 
blik, anschloss.  1905 — 08  wurde  wieder  im 
Odeon  gespielt,  dessen  Direktion  er  seit 
Heinemann's  Tod  (Februar  1908)  allein 
weiterführt,  in  der  Hoffnung  auf  das  im 
Herbst  1910  zu  eröffnende  neue  deutsche 
Theater  in  St.  Louis. 

Das  deutsche  Theater  in  Detroit. 

Philip  Szwir.schina  entdeckte  Ende  der 
sechziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts 
die  Eignung  Detroit 's  zur  Heimstätte  der 
deut.sehen  ]Muse.  Er  eröffnete  da.selbst  in 
einer  Vereinshalle  eine  deutsche  Bühne,  der 
er  den  Namen  Stadttheater  gab.  Bis  zum 
Schlüsse  der  Saison  1871 — 2  war  ei-  in 
Detroit  thätig;  er  konnte  mit  einem  Ueber- 
schuss  von  dannen  ziehen  und  verlegte 
seine  Thätigkeit  nach  Cleveland.  E^ 
wurde  auch  nach  Szwirsehina  in  Detroit 
deutsche  Komödie  gespielt,  namentlicli 
liess  sich  der  Thalia  Theater- Verein  dir 
Pflege  der  deutscheu  Bühne  angelegen 
sein.  Im  Herbst  1888  wurde  der  Komikei- 
Karl  Schmidt  Direktf)r  des  Deutschen 
Theaters.  Auch  in  der  Saison  1889—9«' 
führte  erdas  Direktionsseepter.  Im  W^inter 
1892/93  wurde  in  der  Germania-Halle 
unter  Leitung  des  Turnvereins  gesi)iel1 
gleichzeitig  aber  gab  in  der  Arbeiter-Hall' 
Direktor    Chr.    F.    :Meyer    Vor.stellungen. 


DAS  DEUTSCHE  THEATEK   I\   AM  KKl  Ka. 


4ti3 


Diese  müssen  wohl  von  Erfolg  gekrönt  ge- 
wesen sein,  denn  wir  finden  denselben 
Herrn  aneh  wälu-end  der  folgenden  Saison 
an  der  Spitze  des  deutsehen  Theaters.  In 
den  näehsten  Jahren  versuchten  sieh  ver- 
schiedene Direktoren  in  Detroit,  darunter 
Theodor  Bollniann  in  den  Saisons  11)00 — 1 
und  1!M)1 — 2.  aber  keinem  blühte  ein  wii-k- 
lieher  Erfolg;  so  hörte  denn  Detroit  auf. 
deutsehe  Theaterstadt  zu  sein.  In  dei- 
Saison  1903—4  gab  Direktor  Fritz  Nolte 
von  Cleveland  in  Detroit  sechs  Yoi-stel- 
luugen. 


Zelte  in  dci-  (Maus  Groth-IIallf  aufgeschla- 
gtMi  liatle.  lierrschte  Direktor  Fritz  Singt-r. 
Wälirend  der  Spielzeit  1!)04 — ().')  leitete 
Direktor  Seiiober  für  den  Thcalcrvcrein 
das  Institut,  von  1905  bis  1!K»7  di-r  N'crcin 
selbst. 

In  letztgenanntem  .fahre  übernahmen  die 
Herrin  Ackermann  und  Wengefeld  die 
Direktion.  Nach  der  in  künstlerischer  inid 
finanzieller  Hinsicht  äusserst  erfolgreichen 
ThcMtersaison  1907 — 08  entschlossen  sich 
die  Direktoren  Aekermaiui  ntid  Wengefeld. 


Das  deutsche  Theater  in  Davenport. 

Eine  fruchtbare  Pfianz.stätte  der  theatra- 
lischen ]Muse  ist  seit  Anfang  der  60 'er 
Jahre  Davenport  gewesen,  wo  fiott  deutsche 
Komödie  gespielt  wurde,  ohne  dass  jemals 
ein  Schauspieler  einen  Cent  Geld  einge- 
büsst  hätte.  Ein  ernstes  Streben  im  Dienst 
der  Kunst  fand  beim  Publikum  die  erfor- 
derliche Anerkennung.  Besonders  erfreu- 
lich gestalteten  sich  die  Theater- Vorstel- 
lungen Davenport 's.  als  Gustav  Donald,  der 
frühere  Regi.sseur  Direktor  Wurster 's. 
luich  Davenport  kam  und  sich  die  Pfiege 
des  Deutschen  Theaters  angelegen  sein 
Hess.  Das  hat  er  auch  in  seiner  späteren 
Stellung  als  Redakteur  des  „Davenport 
Demokrat"  redlich  und  mit  grossem  Ver- 
ständniss  gethan.  Im  Jahre  1885  begann 
der  plattdeutsche  Verein  mit  der  Veran- 
staltung regelmässiger  Sonntag.s- Vorstel- 
lungen, und  Herr  John  Hill,  der  Besitzer 
der  Turnhalle,  fungirte  gleichzeitig  als 
Direktor.  In  der  Saison  1888—89  führte 
ein  Herr  Neumann  die  Direktion,  ihm 
folgte  von  1889  bis  1901  Direktor  Berthold 
Kraus.  Diese  Vorstellungen  fanden  in  d<'r 
Turnhalle  statt.  Während  der  Saison 
1!)0;5 — i  behei'bergte  Davenport  sogar  zwei 
Theater-Unternehmen  in  seinen  .Mauern. 
Das  eine  unter  dem  I'rotektorat  des  Thea- 
tervereins, wurde  vom  Direktor  Schmalii- 
feldt   geleitet;    im   anderen,    welches   seine 


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DIRECTOR   HANS   WENGEFELD.    D.vcnpori. 

dem   Di'utschthum  Daveni»ofts  das  'i'licatcr 
auf  eine  weitere  Spielzeit  zu  ei-ha".ten. 

Das  leistungsfähige  Personal  war  um 
zwei  Künstli'i-  vermehrt  und  das  (ii-and 
Opera  House.  dessen  alleinigei-  Pächter 
Diicktni-  Ackeruuiini  war.  vollständig  mo- 
dernen Ansprüchen  gemäss  rennvii-t.  so 
(hiss  dasselbe  unstreitig  zu  den  scli("n-;fen 
Tlieatein  im  Staate  Iowa  gehött.  Die  liisle 
^Vv  .Vbonneiiten  war  eine  überaus  grosse, 
trotz  Ak'Y  Eiliöliung  der  Preise,  welche 
zwischen  -tl-^O  und  I^")  Cents  variirlen.  und 


4U4 


DAS  DErTSCHK  THKATKH   IN   AMERIKA. 


dii'  jährliclu'  SuhvciitidM  von  (iÖiiiktii  ili-ut- 
scher  Kunst   war  aiif  .1:^  di.pp.'ltc  crliüht 

\vortl«*n. 

Direktor  tl« /<(/*/W«/  uiinlf  am  *-'•").  'luui 
1S»;S  in  Cass.-!  als  dt-r  Sühn  liochancicsehe- 
ner  KltiTn  p-hom».  Nadi  Absolvirung  des 
«h.rtipMi  (iviiinasiunis  war  .r  znni  Offizicrs- 
IxTuf  ans»'rs«'lirn.  Alu-r  Wii-  LiclH»  zur  dar- 
strlli'ndrn  Kunst  war  so  ^'ross,  dass  er  nacli 
H.Tlin  ^'in«.^  um  dramatischen  ('ntcrricht 
zu  ni'hmt'U.  Nach  fincm  .lalirc  licrcits 
putlii'ss  ihn  s.iri.'  Kchnucisti-rin  als  ., fertig?"' 


DIKLCIOK    CÜETZ    ACKERMANN,    Davenport. 

und  «T  imicht«'  in  seiner  Vaterstadt  Cassel 
sein  Dehnt.  Ks  fol^rten  Engagements  in 
Aachen,  Dresch-n.  Ilambur»,  Rostock,  Xeu- 
Streütz,  Danzig  u.  s.  w.  Er  machte  Gast- 
s|)ieltourne(  n  durch  Kussland.  Serbien,  die 
Türkei  inid  ging  für  die  Saison  1JKI6 — 07 
nach  Amerika,  an  das  de\itsche  Theater  zu 
Cineinnati.  Im  darautToIgenih-n  Frülijahr 
lernte  er  Herrn  Ackermann  kennen. 

I)irekt(»r  Arhrrmnun.  mit  richtigem 
Namen  Constantin  Muth,  wurde  am  18. 
Dezember   1878   in    lierlin   geboren.      Sein 


Vater  war  Rittergutsbesitzer  in  Russiseh- 
l'olen,  seine  Mutter  die  Zweitälteste  Toch- 
ter des  berühmten  und  hoch  geachteten 
Professors  Carl  Chaubeau,  Lehrer  am 
königl.  franz.  G.vnuiasiinn  zu  Berlin  und 
Erzieher  seiner  königl.  Hoheit  des  Prinzen 
Friedrieh  Carl  von  l'reus.sen.  Bis  zu 
seinem  (i.  dahie  lebte  Herr  Ackermann  mit 
seinen  Eltein  auf  Reisen.  Schon  als 
•huige  spürte  er  den  tiefen  Drang  zur 
Huhne,  stand  ai)er,  so  schnuM'zlieh  es  auch 
für  ihn  war,  von  seinem  Vorhaben,  Kün.stler 
zu  werden,  ab,  weil  seine  iMutter  nicht  da- 
mit einverstanden  war.  So  wurde  er  Land- 
wirth ;  diente  bei  der  reitenden  Abtheilung 
tles  Feld-Artillerie-Reginu^nts  Xo.  74  zu 
Wittenberg  an  der  Elbe  sein  Jahr  ab,  ging 
darauf  wieder  auf  Güter  als  Verwalter  in 
Stellung,  sah  aber  schliesslich  ein,  dass  er 
zum  Landwirth  kein  Talent  habe,  und  ging 
rasch  entschlossen  nach  Amerika,  um  unge- 
stöi-t  nur  der  Kunst  leben  zu  können.  Nach 
Engagements  in  New  York  und  St.  Louis 
kam  er  nach  Davenport,  wo  er  zwei  Saisons 
dem  Deutsehen  Theater  als  [Mitglied  ange- 
hörte, um  dann  glücklicher  Ehemann  und 
thatkräftiger  Direktor  des  Theaters  zu 
werden. 

Das  deutsche  Theater  in  Denver. 

Die  einzige  Stadt  im  Minenstaate  Colo- 
rado, in  welcher  Thalia 's  Dienst  gepflegt 
wird,  ist  Denver.  Dort  gab  im  Winter 
1884  85  ein  Herr  Klotz  mit  einer  Dilet- 
tantentruppe deutsche  Theater- Vorstellun- 
gen. Dieses  Unternehmen  seheint  sich  je- 
doch keines  langen  Lebens  erfreut  zu  haben, 
denn  erst  die  Saison  1889 — 90  berichtet  von 
einem  deutschen  Theater,  welches  unter 
Leitung  des  Direktors  Louis  York  Vor- 
stellungen in  der  Turnhalle  gab.  Bis  1903 
fanden  dann  nur  vorübergehend  Auffüh- 
rungen statt.  Diese  Pause  war  jedoch  zu 
rühriger  Agitation  für  die  Bildung  eines 
deutschen  Theater- Vereins  benutzt  worden, 
der    in    dem    genannten    Jahre    gewisser- 


DAS  DEUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


465 


masson  als  Girant  eines  deutsehen  Masen- 
tenipels  in  Aktion  trat  und  heute  noch 
existirt. 

In  den  Saisons  1903—04  und  1 904— 05 
führte  unter  seinem  Patronate  Herr  Victor 
Neuhaus  das  Scepter,  welcher  in  letztge- 
nannter Saison  eine  würdige  Schiller- 
Feier  arrangirte.  ]Mit  Beginn  der  Saison 
1905  übernahm  der  Theater- Verein  selbst 
die  Leitung  und  hat  sie  auch  heute  noch 
inne.  Im  ersten  Jahre  wurde  in  Elitsch's 
Garten,  seit  1906  wird  in  der  Turnhalle 
gespielt. 

Das  deutsche  Theater  in  St.  Paul. 

In  St.  Paul,  Minn.,  gab  im  Winter 
1886/87  der  Theater-Direktor  Fr.  Stampfer 
aus  Wien  erwähnenswerthe  Vorstellungen. 
Die  Saison  1890—91  brachte  Gast- Vorstel- 
lungen der  Riehard,  Weib,  Wachsner 'sehen 
Gesellschaft.  In  der  Spielzeit  1892—93 
wird  von  einer  „Vereinigten  Gesellschaft 
von  ]Minneapolis  &  St.  Paul"  berichtet, 
welche  unter  der  Leitung  von  Theodor 
Bollmann  spielte,  der  sich  später  auch  in 
Detroit  versuchte  und  dann  Regisseur  in 
Philadelphia  war.  Er  war  später  in  New 
York  und  Cincinnati  thätig. 

Eine  längere  Pause  scheint  eingetreten 
zu  sein,  denn  erst  im  Winter  1903/04  hat 
eine  Gsellschaft  unter  Leitung  von  Wilhelm 
Maeurer  in  der  Mozart-Halle  sechs  deut- 
sche Vorstellungen  gegeben.  Im  Jahre  1905 
wurde  mit  Direktor  Julius  Eisemann,  der 
früher  in  Philadelphia  und  anderen 
Städten  mimte,  an  der  Spitze  eine  „Stock- 
Company"  gegründet,  welclie  Avährend  des 
Winters  spielte,  gleichzeitig  aber  auch  in 
.Minneapolis  zehn  Sonntags-Vorstellungen 
gab.  Direktor  Eisemann  stand  auch  wäh- 
rend der  Saison  1906—07  an  der  Spitze  des 
deutschen  Theaters,  hatte  aber  mit  der  Kon- 
kurrenz eines  zweiten  Unternehmens  zu 
kämpfen,  welches  unter  Direktor  Hahn  in 
der     ]\Iozart-Halle     Vorstellungen     veran- 


staltete. In  der  Saison  1908 — 9  gaben 
Schauspieler  aus  Milwaukee  in  St.  Paul  gut 
besuchte  Gastspiele. 

Das  deutsche  Theater  in  St.  Francisco. 

Das  Verdienst,  das  deutsche  Theater  in 
San  Fi-ancisco  aus  dem  Stadium  diT 
,, Schmiere"  zur  llölie  eines  Kunstinstituts 
emporgelio])en  zu  haben,  gebülii-t  Ottiiie 
Genee.  Fünfzehn  Jahi-e  liiiig  Iml  diese 
seltene  Frau  das  deutsehe  Tiieater  in  ziel- 
bewusster  Weise,  mit  grosser  f^nergie  und 
immer  i'egem  Vertrauen  auf  eine  bessere 
Zukunft  geleitet.  Sie  hatte,  als  sie  im 
Jahre  186S  sich  entschloss,  in  der  Stadt  am 
goldenen  Thore  deut.sche  Tlieatervorstellun- 
gen  zu  geben,  besonders  unter  dem  Mangel 
eines  geeigneten  Lokals  zu  leiden,  daiui 
kam  ein  Theaterbrand  hinzu  und  schliess- 
lich der  Sonntagszwang,  der  ihr  wie  den 
deutschen  Theater-Di i-ektoren  in  den  meis- 
ten anderen  Städten  des  Landes  die  besten 
Einnahmen  entzog.  Doch  sie  lie.ss  sich 
nicht  entmuthigen.  Sie  kämpfte  weiter, 
um  der  deutsehen  Kunst  eine  würdige 
Stätte  zu  schaffen.  ,.Die  heitere,  wie  die 
ernste  Äluse,  das  klassische  Drama,  wie  die 
moderne  Operette  fanden  verständige  PHe- 
ge.  Ausgangs  der  Saison  1881  unternahm 
Frau  Genee  mit  ihrer  Gesellschaft  eine 
Rundreise  durch  die  gi'össeren  Städte  des 
Landes  und  gab  auch  in  New  York  Vorstel- 
lungen, die  anerkennende  Beurtheilung 
fanden.  Ol^schon  ein  gewisser  Tlieil  der 
Deutschen  San  Francisco 's  dem  Unterneh- 
men mit  unverbrüchlicher  Treue  zur  Seite 
stand,  war  die  Zahl  derselben  doeli  iiieht 
ausreichend  genug,  das  finanzielle  Gedeihen 
des  Theaters  zu  sichern. 

Am  Ende  der  Saison  1883  sah  sich  Frau 
Genee  veranlasst,  den  theatralischen  Ilerr- 
scherstab  nii'derzulegen  und  der  Stadt  am 
goldenen  Thore  Lebewohl  zu  sagen." 

Einem  San  Francisco 'er  Blatte,  welches 
die  Gründe  hiefür  erörterte,  entstammen 
folgende  Zeilen:  „Je  höher  die  Anforde- 
rungen werden,   welche  das   Publikum   an 


46U 


DAS   DKrTSrllK  THKATKIv'    IN    A.MKHIKA. 


da.s  Thnit»T  st.'llt.  ihm  so  ^'ioss.t  sind  ili»' 
Ki»sttMi ;  (li<*  linittiM'inualiiiM'ii  Mfilu'ii  abt-r 
im  [wsU'U  Kall»'  (lifscllM'ii.  und  dtr  Nftto- 
«Ttrau  wird  iiimuT  jri'riiifrt'r.  Di»'  Ausjra- 
\h'U.  w«'1('1u'  mit  dt'P  L«'itun};  eines  d«'utsehen 
Theat«'i-s  in  San  Franeis«-»»  verknüpft  sind. 
Htelu-n  7M  «len  Kinnahni»'!!  nielit  in  einem 
ri«'litiu»'n  Verliältnisse ;  p'hen  die  Gesehälte 
lirdlant.  s.»  kann  di«'  Direktion  eben  ho- 
st.'li»'n.  sind  diesell)en  alter  nur  einiger- 
nnissen  t\n\\.  so  wird  (Jeld  verloren,  und  ein 
n'^'neriselu-r  Sonntair  kostet  mehr,  als  einige 
jfnt  lM'sn<'ht»'  Voi-steilnnp'n  an  Hein«rewinn 
al>werf«'n.  Die  Salaire  der  Schauspieler 
sind  liier  l)ere»'htigtermassen  höhei".  als  in 
Europa.  al)»'r  »1er  ix'kuniäre  Nutzen,  den 
die  Direkt i»»n  aus  der  Thätijjrkeit  ihrei- 
Kraft»'  ziehen  kann,  ist  ein  viel  greringerer. 
In  Kuntpa  zahlt  eine  Direktion  ihren 
Sehaus|»ielern  füi"  einen  aus  di-eissig.  resp. 
einunddreissig  Arbeitstagen  bestehenden 
M»inat  eine  Monatsgage ;  unter  hiesigen 
Verhältnis.sen  erhält  der  Sehauspieler  für 
ein  viernudiges  .Vuftreten  mehr,  als  er  in 
Deut.schland  bekäme,  wenn  seine  Direktion 
ihn  .i»'den  Abend  im  Monat  besehäftigte, 
j»'«l»'n  AImmuI  sein  Talent  ausbeutete.  liier 
nl)er  ist  ein  .s(hle»hter  Theaterabend  an  und 
für  sieh  eigentlieh  ein  unersetzlicher  Ver- 
lust, was  das  Risiko  des  Unternehmers  be- 
deutend erhöht.  Mit  den  Gä.sten  hat  die 
Dir.'ktion  erst  reeht  ihre  Xoth.  Gute  Gäste 
machen  g<'wöhnli<'h  sehr  hohe  Ansprüche, 
so  da.ss  <ier  Keingewinn  für  die  Direktion 
Ihm  einem  äusserst  erfolgreichen  (Jastspiel 
nur  ein  sehr  geringi'r  ist." 

(»ttilie  (Jcnee.  welche  mit  so  viel  Aus- 
dau»'r  und  Kinistl)egeistenuig  im  Interesse 
<icr  d.'utsc|i»'n  liühne  in  Amerika  wirkte, 
ist  die  T»M'hter  des  verstorbenen  Danziger 
Theaterdirektors  (Jenee  und  die  Schwester 
d«'s  ()perett»'nk»»mponisten  Richard,  wie  des 
Literaturliist»»rikers  Rud<»lph  Genee.  Sie 
wiinle  am  4.  August  ]S:iti  in  Dresden  gebo- 
ren uinl  begjnin  ihre  schauspielerische 
Thätigk«'it  in  Kinch-rrolleji  an  der  Bühne 
ihres    Vaters.      In     Berlin    getiel    sie    als 


Soubrette  und  pikante  Darstellerin  von 
IIos»'nrolIen.  Zahlreiche  Gastspiele  machten 
sie  in  Xortideutsehland  sowie  in  Wien  be- 
kannt. Im  Jahre  1865  heirathete  sie  in 
Dresden  einen  bayerischen  Ottizier,  Namens 
Fi-itsch.  und  reiste  mit  ihm  nach  Amerika, 
wo  sie  eine  (lastspieltournee  bis  San  Fran- 
cisco initernahm.  Dort  wurde  sie  Direk- 
torin des  deutschen  Theaters.  Nach  ihrer 
Rückkehr  nach  Europa  im  Jahre  1884  trat 
sie  in  Berlin  in  älteren  komischen  Rollen 
auf.  bis  sie  der  Bühnenthätigkeit  entsagte 
und  sich  ausschliesslich  der  Lehrthätigkeit 
widmete,  die  im  engeren  Zusammeiduuige 
mit  den  Eleven  des  königlichen  Schauspiel- 
hauses steht. 

Bezeichnend  für  den  Ausgang  der  Saison 
in  San  Francisco  nach  dem  Scheiden 
Ottilie  Genee 's  ist  folgende  Notiz: 

„Das  deutsche  Theater  wurde  nach  der 
letzten  Vorstellung  geschlossen.  Die  Direk- 
toren Hirsch  &  Bajack  haben  vergeblich 
Alles  gethan.  um  es  zu  retten." 

In  1885  und  1886  leitete  das  Theater  Di- 
rektor Franz  Reinau.  und  im  letzgenannten 
Jahre  gastirte  Franz  .Alitterwurzer.  In  den 
Jahren  1887  und  1888  stand  Ottilie  G(-ner 
nochmals  der  deutschen  Bühne  vor.  Ge- 
spielt wurde  vom  16.  Juli  bis  zum  16.  De- 
zendser.  Im  letzteren  Jahre  absolvirte 
Fräulein  Mathilde  Cotrelly  ein  Gastspiel. 
1889  fungirte  Heinrich  Maret,  1891  die 
Herren  Becker,  Kahn  &Hirsch  als  Bühnen- 
leiter, während  im  Jahre  1893  unter  Fritz 
Ilitzigraths  Leitung,  mit  ^Maurice  .Alorri- 
son  als  Gast,  gespielt  wurde.  In  den  beiden 
nächsten  Jahren  leitete  Direktor  Benno 
Hirsch  das  Theater,  an  welchem  im  zweiten 
Jahre  die  Conried'sche  Gesellschaft  vom 
Irving  Place  Theater  in  New  York  gastirte. 
Im  Jahre  1899  .sehen  wir  Frau  Fabricius- 
Müller,  1908  Herrn  Jul.  Ascher  und  Frau 
Fleischer-Kahle  an  der  Spitze  des  iMusen- 
tempels.  Während  des  letzteren  Jahres 
gab  aber  auch  eine  Truppe  unter  Leitung 
des  Herrn  Hugo  Breitter  in  der  Turnhalle 
Vorstellungen,   wie   auch    im   nächstfolgen- 


DAS  DKUTSCHE  THEATER  IN  AMERIKA. 


467 


den  -Jahre.  Während  desselben  (1904) 
^ab  das  Alanieda-Lustspiel-Ensenible  im 
('(.lunil)ia-Theater  deutsehe  Vorstellungen, 
während  zum  UeberHusse  noeh  eine  Truppe 
der  Frau  Fleischer-Kahle  spielte.  Diese 
Dame  führte  übrigens  aueh  die  Direktion 
im  nächsten  Jahre,  in  dem  ausser  der 
ihrigen  noch  drei  Gesellschaften  im  Felde 
waren,  nändich.  Henry  Maret  im  Volks- 
theater. Arthur  Becker  im  Columbia  Thea- 
ter und  Hugo  Breitter  in  der  Eintracht- 
halle. Von  all  den  Genannten  behauptete 
sich  nur  Direktor  Maret  auch  im  folgenden 
Jahre. 

Theater-Vorstellungen  in  anderen 
Staedten. 

Verfügbare  Nachrichten  über  deutsches 
Hühnenwesen  in  Omaha.  Xebr.,  datiren  bis 
zum  Jahre  1884  zurück;  damals  stand  ein 
Fräulein  Spahn,  die  in  Figur  und  Sprache 
der  Geistinger  glich,  der  deutschen  Som- 
merbühne vor.  Ihrem  Ensemble  gehörten 
einige  frühere  Mitglieder  des  Thalia-Thea- 
ters in  New  York,  darunter  die  Herren 
P\ils.  Bechtel  u.  a.,  an.  Es  wurden  Sonn- 
tagsvoi-stelhmgen  gegeben.  Im  Winter 
1885  wurde  das  dortige  deutsche  Theater 
gegründet  und  die  Leitung  desselben  den 
Herren  Selig  und  :\Iolchiu  übertragen.  Der 
Winter  des  nächsten  Jahres  brachte  deut- 
sche Vorstellungen  im  Turnverein,  während 
im  Winter  1887/88  die  Herren  Baureis  und 
Puls  die  Direktion  führten.  Im  Sommer 
.  1888  erstand  ein  Bühnen-Unternehmen  mit 
Herrn  :Molchin  an  der  Spitze.  Im  W^inter 
desselben  Jahres  stand  das  deutsche  Thea- 
ter, dessen  Vorstellungen  im  „Wintergar- 
ten" stattfanden,  unter  der  Leitung  von 
Peter  Goos. 

In  Kansas  Citxj,  ^Mo.,  wurde  im  Jahre 
1885/86  und  schon  vorher  unter  Herrn 
Varena  Theater  gespielt.  Als  erste  Vorstel- 
limg  ging  „Die  Toc^hter  des  Herrn  Fabri- 
eius"  in  Scene.     Eine  zweite  Saison  wurde 


im    Winter    1888/89    unter    Herrn   Julius 
Herrmann 's  Leitung  absolvirt. 

Boston,  die  ..Stadt  der  Iiitelligcn/".  l«-- 
sitzt  kein  ständiges  deutsclies  Theater,  wohl 
al)er  einen  deutschen  TheatiT-N'crein.  di  r 
zum  ersten  Male  in  190:{— 1904  \'(.r- 
stellungen  in  der  Turnhalle  gai).  In  den 
beiden  folgenden  Wintern  wui-de  im  Dud- 
ley  Street  Opera  House  gespielt. 

In  Indianapolis  wagte  sich  dt-r  doi-tige 
Turnverein,  welcher  zu  diesem  Zwecke 
einen  dramatischen  Klub  gegründet  hatte, 
während  des  Winters  1901  02  zuerst  mit 
einigen  Vorstellungen  vor  die  Oetlentlich- 
keit.  Der  Erfolg  war  so  ermuthigend.  dass 
der  Plan,  einen  deutschen  Theater- Verein 
zu  gründen,  bald  feste  Gestalt  annahm. 
Der  Verein  war  bereits  im  Jahi-e  1905  so 
kräftig  an  Kapital  und  ^Mitgliedern,  dass 
er  in  diesem,  wie  in  dem  nächsten  Winter 
den  Direktor  Schmid  von  Cinciniuiti  für  je 
sechs  Vorstellungen  engagiren  konnte. 
Auch  das  St.  Louiser  Ensemble  gastirte 
dort. 

In  Evansville  gastirte  während  des  Win- 
ters 1905/06  gleichfalls  die  Theatergesell- 
schaft von  Cincinnati. 

Natürlich  fanden  auch  in  anderen 
Städten  gelegentlich  Theater-Voi-stellungeu 
statt,  so  in  Belle ville  und  Proria,  111.,  in 
Clinton  und  Piain  Vitw,  Mich.,  in  Gnl- 
veston  und  Austin,  Tex. 

Lonisi'illc,  Ky..  konnte  sich  sogar  in  den 
siebziger  Jahren  einer  ständigen  deutsciieu 
Oper  rühmen,  die  in  der  Liederkranzhalle 
mehrmals  während  der  AVoche  Vorstellun- 
gen gab.  Im  ersten  Jahre  prosperirte  das 
rnternehuK'n,  im  zweiten  arningirte  die 
Direktion  Gastspiele  in  den  benachbarten 
Städten  und  erlitt  dadurch  bedeutende 
Verluste.  Der  Liederkranz  liess  sich  die 
Oper  monatlich  $2.000  kosten  und  lieferte 
ausserdem  Bühne  und  Orchester.  In  der 
Saison  1875—6  gab  es  in  Louisville  vor- 
zügliche deutsche  Theater- Vorstelliuigeu. 


468 


DAS  DKl'TSCHE  TIIHATER  IN  AMERIKA. 


Hat  das  deutsche  Theater  in  Amerika 
eine  Zukunft  ? 

Das  ist  in  trrosscn  rmiissni  die  Ge- 
.s«'hi«-htt'  des  »Icutsclifii  Theaters  in  Aiiie- 
rikn.  die  wohl  erpäii/f  und  i'iwt'ittTt  wer- 
den kann,  aher  im  Allirenieinen  ein  riclitiges 
Bihl  des.selheii  jriel)t.  Die  ()l)iir.  Darstelhmg 
hat  jrt'zeijrt.  dass  (bis  deutsche  Theater  in 
dt'ii  V.'rriniirtrn  Staaten  auf  sc'iwanUfndem 
Moden  stt'ht  und  von  Zutalli^'keiten  ab- 
hänjrt.  deren  oft  verliän«;nissv'tlle  Wirkung 
man  bisher  nicht  in  «reeigneter  Wei.se  einzu- 
dännnen  vei-stan<len  hat.  Auf  d:is  Deutseh- 
thuni  alh'in  kann  sich  ein  täirli'h  si)ielendes 
Theater  nieht  stützcMi.  Ersteres  genügt 
nicht,  um  ihm  die  erforderlichen  Existenz- 
Mittel  zu  gewähi-en.  wenn  es  nur  auf  Wo- 
chentag-Vorstellungen angewiesen  ist  und 
Hin  Sonntag  geschlossen  bleiben  niuss.  Die 
Zukunft  des  deutsehen  Theaters  wäre  ohne 
Zweifel  in  den  Städten  (h'V  Inidii.  in  wel- 
chen täglich  gespielt  wird,  gesichert,  wenn 
der  Sonntag  freigegeben  würde;  aber  da- 
ran ist  nicht  zu  deidvcn  :  im  Ovgentheil,  es 
sind  alle  Anzeichen  voi'handen,  dass  auch 
dort,  wo  es  bisher  nicht  besteht,  ein  Verbot 
der  Sonntags-Vorstellungen  i.i  Kürze  er- 
las.sen  werden  wird. 

Die  in  täglich  spielenden  deutsehen  Thea- 
tern gemaehten  Erfahrungen  ergaben,  dass 
das  gebildete  Amerikanerthum,  welches  der 
deut.sehen  Sprache  zum  Theil  wenigstens 
mächtig  ist.  das  deutsche  Theater  ganz  gern 
besucht  inid  es  als  Bildungs-Stätte  betrach- 
tet, in  welcher  es  nicht  allein  seine  Spracli- 
kenntnis.se  bereichern,  sondern  sich  auch 
mit  den  sittlichen  Anschauungen  des  deut- 
schen Volkes  und  seinem  gesellschaftlichen 
Leben  bekannt  machen  kann.  In  keiner 
Form  der  Poesie  spiegelt  sich  das  Charakte- 
ristische des  Volksthums  einer  Rasse  so  klar 
und  gewissermas.sen  greifbar  wieder,  wie  im 
Drama,  in  der  Bühnendichtung  überhaupt. 
Das  Theater  ist  deshalb  ein  j.»anz  vorzüg- 
liches Mittel  ziun  Studium  einer  Nation. 
ein  Anschauungs-Unterricht,  der  haftende 
Eindrücke   hinterläs.st.      Sicherlich    würde 


dei-  gel)il(lete  Amerikaner  in  seiiuMu  eigenen 
Lande  ileni  deutschen  Theater  noch  viel 
nu'hr  Beachtung  schenken,  wenn  die  oft 
i-echt  guten  schauspielerischen  Leistungen, 
die  darin  geboten  werden,  in  einem  Kahiiien 
sich  zeigten,  der  seinem  in  dieser  l>ezie- 
hung  sehr  ver-wöhnten  Gesclnnacke  nur 
halbwegs  ents|)räche.  Leider  aber  liegt  in 
der  mangelhaften  Ausstattung,  den  weni"» 
stil-  und  stimmungsvollen  Bühnenl)ildein. 
den  bisweilen  geradezu  lächerliehen  Ana- 
chronismen des  ^Milieu  imd  der  Dürftigkeit 
und  rnbeholfenheit  der  Komparserie  ein 
Felller  dei"  deutselien  Theater  in  Aiiiei-ika, 
dem  selbst  von  tüchtigen  Bühnenleitern  zu 
wenig  Gewicht  beigemessen  wird.  Die 
Zeiten  der  Shakespeare-Bühne  sind  in  der 
jungen  Repulilik.  die  dem  Theater  erst  im 
Anfang  des  vorigen  Jahi-hunderts  wider- 
willig eine  gewisse  Duldung  gewährte  da 
es  ihrem  puritanischen  Geiste  nicht  als 
Volks-Erziehungsmittel  erschien,  nicht  be- 
kannt gewesen.  Sie  lernte  die  Schaubühne 
erst  kennen,  als  sie  in  Europa  ihren  Ent- 
wicklungsgang abgeschlossen  hatte  und  auf 
den  hohen  AVerth  dekorativer  Wirkungen 
nicht  mehr  verzichtete.  Der  Amerikaner 
will  sehen,  um  zu  glauben,  was  er  von  der 
Bühne  herab  hört.  Er  würde  zu  einem  be- 
gei.sterten  Bewunderer  der  deutschen 
Schauspielkunst  werden,  wenn  sie  etwa.s 
mehr  von  den  Principien  bei  Auflführun;? 
namentlich  klassischer  Stücke  sich  leiten 
lassen  wollte,  die  der  Herzog  Georg  IL  von 
Meiningen  aufgestellt  hat  luid  deren  ver- 
ständnissvolle Durchführung  die  mit  vcr- 
hältnissmässig  geringen  ^Mitteln  untei-hal- 
tene  Truppe  eines  kaum  mehr  als  10,0(W 
Einwohner  zählenden  Landstädtchens  zu 
einer  europäischen  Berühmtheit  machte. 

Die  Lehrer  der  höheren  Bildungs-Anstal- 
ten haben  in  den  letzten  Saisons  angefan- 
gen, ihren  Deutsch  lernenden  Schülern  und 
Schülerinnen  den  Besuch  der  Aufführungen 
klassischer  Dramen  im  deutschen  Theater 
besonders  zu  empfehlen.  Der  gute  Rath 
hat  Beachtung  gefunden  und  die  studirende 
Jugend  veranlasst,  in  grosser  Zahl  bei  sol 


DAS  DEUTSCHE  THEATEK   IN   AMERIKA. 


4(iy 


chen  Anlässen  eins  deutsehe  Theater  zu  be- 
suchen.    Wüi-tlen  Schiller 's  und  Les.sing:'s 
Bühnendichtungen    in    sorg-fkltigster    Ein- 
studirunjr.  tadeUoseni  Zusaunnenspiel  und 
in  irecijrneteni  Rahmen  gegeben,  so  könnten 
die    Direktoren    mit    Bestimmtheit    darauf 
rechnen,    die    gebildete    amerikanische   Ju- 
gend dem  deutschen  Theater  zu  gewinnen, 
und  das  würde  der  Zukunft  der  täglichen 
deutschen  Bühne  eine  freudigere,  weniger 
trübe  Perspective  eröffnen,  als  sie  ihr  unter 
jetzigen  Verhältnissen  beschieden  ist.     Es 
wäre  nicht  nöthig,  den  kostspieligen  Aus- 
stattmigs-Aufwand  zu  machen,  den  Direk- 
tor :\Iaurice  Baumfeld  in  New  York  in  der 
Saison   1907—8   für   „Götz  von   Berlichin- 
gen"  aufbot;  die  Mittel  unserer  deutschen 
Theater-Direktoren  reichen  dazu  nicht  aus, 
aber  auch  mit  kleinen  Summen  lässt  sich 
in  der  Welt  des  Scheins  eine  grosse  Wir- 
kung erzielen,  natürlich  wenn  der  betref- 
fende Direktor  bereit  ist,  sie  zu  wagen,  um 
zu  gewinnen.     INIit  dem  einfachen  „Her- 
ausbringen von  Stücken"  ist  es  nicht  ge- 
than.  wenn  num  der  deutschen  Kunst  und 
Hühnendichtimg  im  fremden  Lande  unter 
dessen  Eingesessenen  Freunde,  Bewunderer 
und  Vierehrer  erwerben  will.  Auch  fehlt  es 
deutschen  Schauspielern  hierzulande  niclit 
selten    an    der   richtigen    Erkenntniss    der 
Missi(m.  zu  der  sie  auf  dem  vorgeschobenen 
und  der  Ileimath  fernen  Vorposten  deut- 
scher Kunst   berufen  sind,  imd  der  Ver- 
pflichtungen, welche  sie  auferlegt.     ]Mehr 
als   einer   von    ihnen    hat    aufgehört,   von 
künstlerischem  Streben,  das  allein  in  den 
höchst   erreichbaren    Leistungen    Befriedi- 
giuig  findet,  beseelt  zu  sein,  und  ist  zu  einem 
Kunsthandwerker  geworden,   der  nur  das 
unumgänglich     zulässige     Pensum     Arbeit 
leistet,  um  zur  Erhebung  der  Gage  am  1. 
und  16.  jeden   :\Ionats  berechtigt  zu  sein. 
Natürlich  sind  derartige  uidierufene  Jün- 
ger Thalia 's  der  deutschen  Bühne  in  Ame- 
rika, MO  jeder  bis  zur  Erschöpfung  arbeiten 
und  sich  mühen  muss,  um  seine  Stellung  zu 
behaupten    und    sich    durchzusetzen,    ein 
Hennnsehuh,  hindern  ihre  gedeihliche  Fort- 


entwicklung luid  werden  zu  Todtengräbern 
ihrer  Zukunft. 

Es  ist  ein  irriger  (jiaul»'  dcutschci-  Thea- 
ter-Direktoren, dass  das  deutsche  Publikum 
an    dem    klassischen    Drama  kein   Gefalleu 
mehr    findet.        Der     Beginn     der    Saison 
1908 — 9  hat  dafür  den  Beweis  geliefert:  In 
Xew  York 's  neuem  deutsciiein  Theater  er- 
wies   sieh     Schiller 's    Jugenddrama    „Die 
Räuber"  als  das  zugkräftigst."  Stück,  und 
in     Philadelphia    wurde    ..Wilhelm    Teil" 
dreimal  vor  ausverkauften!  Hause  gegeben. 
Es  ist  damit  aber  ein  weiterer  Grund  gege- 
l)en,  auf  die  Einstudirung  der  werthvollsten 
Dichtungen  der  deutschen  Bühne,  die  heute 
wie  vor  hundert  Jahren    ein    begeistertes 
Publikum  finden,  iiielit  die  geringste  Sorg- 
falt, sonderri  die  allergi-össte  zu  verwenden, 
damit  alle  in  ihnen  steckende  Wirkungen 
herausgeholt  wei-den  und  so  dem  Publikum 
ihr  hoher  und  bleibender  AVerth  voll  und 
ganz  erschlossen  wird.     Zur  Zeit  der  natu- 
ralistischen   ITochtluth,    in    dei-en    Zeichen 
das  Theater  der  deutschen  Reichshauptstadt 
vor  etwa  18  Jahren  stand,  zogen  „Wallen- 
stein"   im    königl.    Schauspielhause    inid 
„Faust",   1.   und   2.    Theil,   im   Deutsehen 
Theater  allabendlich  übervolle  Häuser,  uiul 
wir  hier  in   Amerika   empfinden   noch  ur- 
sprünglicher  und   sind    für   das    wahrhaft 
Grosse  und  Schöne  noeh  empf;inglicher  wie 
unsere    mehr    blasirten    Rassegeno.ssen    im 
kaiserlichen  l^erlin. 

Selbstverständlich  nuiss  das  Repertoire 
des  deutschen  Theaters  in  den  beiden 
Städten  Amerika 's,  in  welchem?  täglidi  ge- 
spielt wird,  New  York  und  Phihi.lelphia 
(in  letzterer  Stadt  allerdings  nicht  am 
Sonntag).  al)wechslungsreich  sein  und 
Allen  etwas  bringen,  deiui  seni  Publikum 
ist  trotz  der  numerischeu  Stärke  <les 
Deutschthums  nicht  so  gross,  wie  es  wün- 
schenswerth  und  zu  erwarten  wäre.  Es 
müssen  deshalb  in  jeder  Woche  ein,  ja  zwei 
neue  Stücke  gegeben  werden,  nnd  die  ernste 
wie  die  heitere  Dichtung  zu  ilirem  Rechte 
kommen.  Direkt<.r  Wurster  erzielte  z.  B. 
am  Freitag  Abend  im  Arch  Str.  Theater  in 


DA.S   l»i:i-TS.  IIK  TIIKATKR    IN    A.MIlUiKA. 


470 


Philadi'li'hia  fast  stets  si-hr  -iif  l)rsuclite 
HäuMT.  iml.'iii  rr  Wnwrv  Lustspirli'.  die 
an  i\i'u  (Jcsflimatk  (U-r  K«'l>il«l«'t('n  deutschen 
Juden  apiM'llirten.  autrülm-ii  liess.  Sie 
wan-n  ein  dankbares  IMihliUiiiii.  denn  die 
Voi-stellnn^'en  vr'i'i-'«'"  ^>'>'^-  ^^■''''  ^^''^  Stück 
an  «len  beiden  el-sten  Abenden  der  Woelie 
seine  ..(Jeneral-I'rolM'n""  et  lebt  l\atte  und 
einp'spielt  war,  was  sieh  luii  so  b'iehter  be- 
werkstellip'U  liess.  als  am  .Montag'  und 
Dienstajr  nur  ein  versehwiiuh-nd  kU^ines 
Pultlikuni  sieh  einzusteUen   ptiejzte. 

l'm  aber  die  deutseh-anierikanisehe  Ju- 
gend, die  Söhne  und  Töehler  deutscher 
Kitern.  deren  Kenntniss  der  deutschen 
Sprai'he  in  (h'r  ül)erwie,u:enden  Mehi'zahl  der 
FäMe  bedauerliehe  Lücken  aufweist  und  die 
deshalb  in  enjrliseiien  Theatern  sieh  woliler 
fühleu.  (h'iii  (h'utsehen  Tlieater  zu  Freun- 
den und  Besu<'liern  zu  «rewiniu'ii.  luit  sich 
nichts  als  besseres  Mittel  erwiesen  als  <bis 
in  der  Saison  1007 — 8  in  Philadelphia  mit 
den  aller«rünstiirsten  Resultaten  unternom- 
mene Experiment  deutscher  C>peretten-Auf- 
t"ührun«;en. 

Das  Interesse  am  deutschen  Theater 
erhielt  einen  ne\icn.  kräftigen  Impuls; 
dem  Melodien-Keichthum  und  dem  musika- 
lischen und  textlichen  AVerthe  der  deut- 
sehen Operette  fjetrenüber  versasjte  die 
frühere  Anziehuntrskraft  (h-r  sot;enannten 
..Comic  0|)eras"  dci-  amerikanischen 
Bühne. 

Kine  lnlcrcsscn-\'i'reini^'un,Lr  der  deut- 
schen Theater  IMiiladelpbia's  uiul  New 
York 's.  wo  das  lebenstahi«rere  deutsclic 
Theater   die    Konkurrenz    des    anderen    ja 


schon  abtjestossen  hat.  wäi'e  am  IMatze. 
Dadui'ch  wÜ!-(le  es  möiriich  werden,  deut- 
sche ()peretten-Voi-stellun«ren  in  beiden 
Städten  zu  fjeben.  Das  deutsche  Schau- 
spiel könnte  (hiiui  eine  sorjrtait irrere  Hin- 
studirunjr  erhalten  als  bisher.  Auch 
sollten  sich  im  Laufe  der  Saison  (jast- 
s|)iel-\'orstelliuif;en  in  Städten  mit  starkem 
Deutsehthum,  die  kein  eigenes  (Unitsches 
Tlieatei-  haben,  veranstalten  lassen,  wcim 
die  Sache  nur  einigernuissen  richtig  ange- 
fasst  würde  uiul  alle  Zweige  des  Deutsch- 
Amerikanischen  Xationalbundes  sich  zu 
energischer  Agitation  dafür  aufraffen 
wollten. 

Die  Hauptsache  aber  ist  ein  eigenes 
Heim  der  deutselien  Muse  zu  einem  Paeht- 
zinse,  der  den  Verhältnissen  angenies-sen 
ist  und  den  möglichen  t]innahnuMi  ent- 
si>richt.  Eine  befriedigende  Lösung  für 
diese  schwierigste  Lebensfrage  (h'r  täglich 
spielenden  deutschen  Bühne  wäre  zu  fin- 
den, weiui  unter  wohlhabenden  und  gebe- 
freudigen Deutsehen  die  erf()rd<M'liche  Agi- 
tation geuuieht  würde.  Ferner  muss  — 
und  das  kann  nur  mit  Hilfe  der  in  engli- 
seher  Spraehe  erseheinenden  Zeitungen  ge- 
schehen, die  allerdings  nur  wid(  rwillig  ihre 
Spalten  dem  deutschen  Theater  öffnen  — 
das  gebildete  Amerikanerthum  ihm  zuge- 
führt werden.  Es  wird  als  Publikum  erhal 
ten  bleiben,  wenn  die  Direktoren  ihre 
Pflieht  erfüllen  und  bis  in 's  Detail  sorg- 
fältig einstudirte  uiul  gut  inscenirte  Auf- 
führungen den  Freunden  deutscher  Kunst 
l)ieten  wollten,  welch"  ictztci'c  auch  iler 
Amerikaner  zu  schätzen  und  zu  ehren  weiss. 


iir  Ö0ut0rl}0  JPr^öö^  m  Amerika. 


3lulialtö-lfrr2rtrbmBB. 


Allijfmriur  iBcmrrluimicu  urbcr  „üp  öputörl|  -  amertkamsrhr 
llrrssr".  ^  Dir  (Brsrbtrlilr  örr  rratni  örutsrl)pn  Zritungru  in 
Ainrrika.  J-  3ir  iEntluirhlunri  örr  örutsdirn  Hriluitgrn  im  19. 
Jlabrliuniirrt.  J-  (ßrsrliirbt^  örutsrl|rr  dagra  -  2rilmtgrn  \xv^ 
^linuraphirn  ibrrr  1§rrausi;rbrr.  ^  l^rrborragrttör  örutsrl]- 
amrrikauiörbr  Jüurualistrn.  jß»  BuUatarnöiörs  Urrjrirbuiss 
örr  örulsrhru  2ritmuiru  in   öru  Urrriniötru   ^taatrn.    «^     ^ 


Die  Deutsche  Presse  in  Amerika. 


Die  deutsche  Presse  in  den  Vereinigten 
St;iattii  tlürfte  den  Höhepunkt  ihrer  Ent- 
wicklung erreicht  haben.  Die  Gründung: 
neuer  deutscher  Tages-Zeitungen  ist  nicht 
walirscheinlich.  im  Gegentheil  ist  in  den 
letzten  Jahren  ihre  Zahl  wesentlich  zusain- 
iiiengeschrunipft.  Während  im  Jahi'e  1883 
ileiii  Koweirschen  „American  Xewspaper 
Directory"  nach  die  Zahl  der  deutschen 
Tages-ZeitungTn  82  betrug,  führt  dieselbe 
Quelle  für  das  Jahr  1908.  also  25  Jahre 
si)äter.  nur  67,  genau  so  viel  wie  im  Jahre 
1873.  an.  von  denen  mehrere  im  Laufe  des 
.Jahres  ihr  Erscheinen  eingestellt,  resj). 
sich  mit  anderen  lebenskräftigeren  deut- 
schen Tages-Zeitungen  konsolidirt  haben. 
Ihre  Zahl  stellt  sich  jetzt  auf  60. 
Der  Hauptgrund  dieses  numerischen  Rück- 
ganges der  deutschen  Tages-Zeitungen  in 
den  Vereinigten  Staaten  ist  jedoch  weniger 
darin  zu  suchen,  dass  sie  an  Eintiuss  und 
Leserpublikum  verloren  haben,  als  viel- 
mehr in  der  totalen  Aenderung  ihrer  Le- 
bensbedingungen und  den  bedeutend  ge- 
steigerten Ansprüchen,  die  an  ihren  Inhalt, 
namentlich  an  ihren  Xachrichten-Dienst, 
gestellt  werden.  In  früheren  Jahren  wurden 
im  Osten  der  Union  zwei  und  drei  Cents 
für  die  einzelne  Nunnner  der  Tages-Zei- 
tung  vei-langt  und  willig  bezahlt.  Dafür 
wurde  ein  vier  Seiten  starkes  Blättchen  ge- 
liefert, das  mit  geringen  Kosten  herge- 
stellt werden  konnte.  Es  ergab  sich  au.s 
den  Eingängen  des  Zeitung.sverkaufs  ein 
Teberschuss  für  den  Herausgeber  über  die 
Kosten  der  Her.stellung  hinaus,  die  danmls 
der  weit  geringeren  Arbeitslöhne  der 
Setzer  und  Pressleute  wegen  bedeuteiul 
niedriger  waren.  Jetzt  kosten  nur  wenige 
Zeitungen  im  Osten  mehr  als  einen  Cent 
und  ihre  Seitenzahl  ist  verdoppelt,  ja 
verdreifacht  worden.     Dabei  sind  die   Pa- 


pierpreise enomi  gestiegen.  Es  hat  sich 
infolgedessen  eine  wesentliche  Aenderung 
des  Nährbodens  des  deutschen  Zeitung.sge- 
schäfts  vollzogen.  Die  ILiausgeber  sind 
völlig  auf  die  aus  de  n  Annoncen  sich  erge- 
benden Einiuduiien  angewiesen  und  müs.sen 
einen  starken,  oft  veizweifelten  Kamjjf  \nil 
die  E.xistenz  ihres  Blattes  führen.  Dass 
die  Mittel,  die  dabei  in  Anwendung  kom- 
men, nicht  inniier  die  besten  sind,  i.st  er- 
klärlich. Einzelne  deutsche  Zeitungen 
haben  den  Boden  gefumlen,  auf  welchem 
sie  sieh  behaujiten  können,  luul  bewahren 
trotz  aller  Anfeindungen  ihic  Stellung. 
Sie  werfen  den  Eigenthümern  reichliehen 
Gewiini  ab,  während  amlere  trotz  einer 
langen  Periode  des  Gedeihens  uiul  allge- 
meinen Ansehens  sich  nicht  zu  halten  ver- 
mochten. Sie  waren  nicht  etwa  iniialtlicli 
minderwerthig  geworden,  die  Leistungen, 
die  sie  in  sich  begriffen,  hatten  sich  nicht 
verringert,  sie  hatten  innner  noch  ihi-eii 
Leserkreis  und  vielleicht  sogar  eintluss- 
reiche  Freunde  und  Gönner,  ja  sie  mochten 
sogar,  vom  reinjouinalisti.schen  Standpunkt 
aus  betrachtet.  Besseres  leisten  als  ihre 
Konkurrenz,  aber  sie  hatten  tlen  inniiren 
Kontakt  mit  der  grossen  ]\Iasse  des  Deutsch- 
thums  verloren  und  damit  ihre  Popularität. 
Der  deutsch-anuM'ikanische  Herausgeber, 
welcher  weiss,  wi«'  er  die  Ma.sse  für  sein 
Blatt  gewinnt,  hat  stets  begiündete  Aus- 
sicht auf  Erfolg,  trotz  offener  und  unver- 
hohlen bekannter  Abneigung  .selbst  promi- 
nenter deutscher  l^ürger  gegen  seine  Zei- 
tung. Ja.  je  mehr  die  Anfeindungen, 
gleichviel  ob  aus  iier.söin  liehen  .Motiven 
entsprungen  oder  begründi't  in  der  l'eber- 
hebung  des  alles  besser  wissen  wollenden 
Emporkönunlings,  der  es  zu  etwas  ge- 
bracht hat  und  daraus  folgert,  sein  l'rtheil 
— und  das  allein — müsse  massgebend  sein. 


^.^  IHK   DKlTSi  IIK   I'U'KSSK    IN    AMKUIKA. 

zuiM'hiiM-ii.  (li-sto  iiK'lir  wini  <li.'  Z.'ituuir  jr»--  V..rsti'llmi'r  von  in  ilin-n   Kiwnrtuiu^cii  e;,.. 

Ii'si'n;    um    sc.    klanT    wird    ;iIht   ;in«-li    lu'i  täuschten  und  von  .'iuer  scharfen  Kuukur- 

«Icn    CJ«viicrn    die    Krkeiuituiss.    dass    man  ivn/.    an    «lic    WautI    jredrückten    Zeituii^s- 

uhiie    deiitsclic    Zeituutreu     nicht     bestellen  Ileraus^reheni    uiul    den    ludivistisch   an}?e- 

kann.  dass  sie  uu/crtrenidich  sin<l  mit  dem  haucliten    Amerikanern,    welche   jedes   Zei- 

(fi'wieht    lUid    der    pitlitischcu    uml    in    «re-  chen    von    voi-ülieri:ehender   Scliwäche   und 

wisser  lieziehuuir  auch  sozialen   iiedeutuns  erlahmeiuleni    Knthusiasmus   falsch   deuten 

d.'s  Dcutschthums  in  Amerika.  — uiul    stets    zu    rngunsten    des    Deutsch- 

Von  der  Presse  unserer  Heimat h  ist  ein-  thums. 

mal    jresit«rt    woiden :     ..Die    ehrsanu'    und  Ich    ^dauhe    die    l'eberzeugunj;    ausspre- 

tapfere  Üuchdruckerswitih.  die.  ihren  kl-i-  du  ii    zu    können,    dass    die    ZJukunft    der 

neu  Hetrieli  uml  die  Leistunjrsfähi«:keit  der  deutsehen    Presse    in    Amerika    auf    .Jahre 

ererbten   |)aar  (^uet.schen   auszunützen,   he-  hinaus  fresichert   ist.  trotzdon   ihr  numeri- 

lierzt  ihr  Klättchcn  irründet.  das  im  Laufe  scher    Bestand   von   Jahr  zu   Jahr  zurück- 

der   Me;rel>eidieiten   duicli   (Juust   der    l'm-  ^'eht.     Die   Zahl   der  deutsehen    Ta^res-Zei- 

stände    zum     Welthlatt    wird,    die    *rehöi-t  tun,ir<'n — und   nui'   von    üukmi    ist   jetzt   die 

länjrst  und  für  ewii;  der  Leiren<h'  an      Es  Wedt — wird    nach    2")   Jahren    yranz   hedeu- 

ist  auch  in  utulenkliclK'r  Zeit  kei»»  Fall  zu  teiul     mehr     zusammengeschrumpft     sein,  ~ 

verzeichnen  gewesen,  dass  ein  Journal  sieh  aber  (pialitativ  werden  die  im   Felde  blei- 

erst   in   kleinerem   l'mfange   Vertrauen   ge-  benden.  um  nicht  das  Schicksal  ihrer  weni- 

wann    und    einen    Leserkreis   sich   sicherte,  ger    lebensfähigen    Schwestern    zu    theilen, 

«Icr  ihm  auch  getreu  blieb,  wenn  es  danach  das    reiclilicli    ersetzen,    was    die    deutsche 

seiinMi    l'mfani:   erweiterte.      Das   hat   sich  Tages-Presse    (piantitativ    eingebüsst     hat. 

schon  lange  ni<-ht  meiir  begeben."  Wenn  jede  amerikanische  Grossstadt  oder 

Lud  das.  was  J.  J.  David  im  Obigen  in  jeder  Staat  mit  zahlreichem  Deutschthum 
seiner  tret!"lichen  Monographie  ..Die  Zei-  ^uich  nur  eine  deutsche  Tages-Zeitung  auf- 
tung".  die  als  fünfter  liand  der  Martin  zuweisen  haben  sollte,  so  wird  letztere  dein 
KuImt  sehen  Samiidung  sozialpsychologi-  v.irklich  vorhandenen  Bedürfni.ss  vollstän- 
schcr  Monographien  im  Jahre  UM)?  in  t^i^  genügen  können,  wenn  sie  sich  be- 
Frankfurt am  Main  erschienen  ist.  von  den  uiüht.  auf  der  Höhe  der  Zeit  zu  stehen, 
Zeitungen  unserer  deutschen  Heiuuith  be-  "ikI  ihre  Herausgeber  den  redaktionellen 
hauptet  hat.  gilt  heutzutage  auch  von  den  Thcil  dem  Verhältniss  der  Steigerung 
dejitschen  Tages-Zeitungen  in  Amerika,  ihrer  xVnzeigen-p]innahmen  entsprechend 
weini  allerdings  für  sie  die  Zeit  <*rfolgrei-  mein-  sich  kosten  lassen.  Die  unbe- 
cher  (Jründungen  von  ganz  kleinen  An-  schränkte  Herrschaft  der  Scheere  und  des 
rängen  iins  noch  nicht  in  legendärer  Ferne  Kleistertopfes,  dei-  wichtigsten  Hilfsmittel 
iicirt.  Die  Kosten  einer  lebensfähigen  einei*  deutsch-amerikanischen  Redakti(»n. 
deutschen  Zeitungsgründung  sind  immer  müsste  ilann  ein  Ende  finden  ;  damit  würde 
höher  geworden.  Es  gehört  ein  sehr  he-  aber  auch  die  Zeit  des  ..literarischen  Pira- 
dentendcs  Kapital  dazu,  inn  sie  zu  ermög-  tenthiuns".  des  rücksichtslosen  Xaeh- 
lichcn.  und  wer  würde  das  auf's  Spiel  drucks,  aufhören,  dem,  mit  drei  Aus- 
setzen angesichts  der  rnsicherheit  des  Ei--  nahnuMi  vielleicht,  sännntliche  deutsch- 
folges  und  des  beständigen  Klagens  über  amerikanische  Tages-  und  Sonntags-Zei- 
den  angeblichen  Rüi-kgang  des  Deutsch-  tungen  sich  ergeben  haben, 
thums  in  Amerika?  Ich  habe  von  einem  Zur  Zeit.  luid  das  hat  auch  Prof.  Hugo 
..angeblichen  Rückgänge"  gesprochen.  Münsterberg  von  der  Hai'vard  Universität 
denn  in  Wirklichkeit  existirt  er  nur  in  der  in   Cambridge  in  seinem   Ende  des  Jahres 


DIK    DKl'TSCHK   I'KIOSSK    IN    AMF.inKA. 


47/) 


llldS  erschienenen  Hnclie  ..Ans  Deutseli- 
Anierika"  erklärt,  ist  es  selileehtei'(lin«rs  uii- 
iiiöirlieli.  (lass  die  (lentseh-aniei'iUanisclie 
ZeitnniTs-Literatnr  ilie  Last  von  Honoraren 
an  die  Antoren  tragen  könnte.  Dieselben 
kämen  übrigens  hanptsäehlieli  hei  kleinen 
Novellen  und  Erzählungen.  Humoresken. 
Witzen.  Seherzen,  gesehiehtliehen  und 
sonstigen  wissensehaftliehen  Beiträgen  in 
Frage,  denn  der  moderne  deutsehe  Hoiiian. 
soweit  ei-  in  Mareel  Frevost.  i\Iaui)assant 
und  aiulern  Franzosen  seine  Vorhildei* 
sucht,  das  Sexuelle  und  Animalische  allzu 
sein-  in  den  Vordergrund  treten  lässt  oder 
in  allzu  freigeistigem  und  frivolem 
Fahrwasser  sieh  bewegt,  kommt  für  die 
deutsch-amerikanische  Tages-  und  Sonn- 
tags-Zeitung, die  vor  allen  Dingen  ein  Fa- 
iiiilienblatt  sein  will  und  sein  muss.  über- 
hau|)t  nicht  in  Frage.  Es  würden  nur 
wenige  deutsch-amerikanische  Sonntags- 
hlatt-Kedakteure  es  wagen.  Sudernuuni 's 
..Das  Hohelied"  oder  ähnliche  Erfolge  des 
modernen  deutschen  Hüehermarktes  nach- 
zudi'ucken. 

Aber  was  einzelnen  Tages-  und  Sonntags- 
Zeitungen  unter  gegebenen  Umständen 
eventuell  noch  möglich  wäre,  nämlieh  die 
Zahlung  von  Honoraren,  würde  für  die 
grosse  Masse  der  kleinen  deutsch-amerika- 
nischen Wochenzeitungen  ein  Ding  der  Fn- 
niöglichkeit  sein.  Ein  allgemein  gültiges 
Xachdrucksverbot  würde  sie  von  der  Bild- 
Häche  verschwinden  lassen  zum  ungeheuren 
Schaden  des  deutschen  Bewusstseins.  dei' 
deutsciien  Sprache  und  der  deutschen  Kul- 
tur. „Die  in  dem  Lande  zerstreute  Millio- 
iienmasse  der  Deutsch- Amerikaner",  hebt 
Prof.  .Münsterberg  in  dem  erwähnten  Buche 
sehr  richtig  hervor.  ,,will  die  kleiiuMi  Lokal- 
blätter mit  den  Neuigkeiten  über  den  eige- 
nen Gesang-  und  Turn-Verein  und  den  von 
Platten,  für  zahlreiche  Blätter  gemeinsam 
gedruckten  Erzählungen.  Ronuuien.  feuille- 
toiiistisehen  Artikeln  und  humoristischen 
Beiträgen  als  Zugabe.  Verschwinden  diese 
vielhuiidert    Blätter,    so    verschwindet    aus 


Inuulerttansend  Familien  das  Lel/.tc.  was 
^i<'  iiiit  dem  Dentschthum  änsserlich  ver- 
l>indet.  Die  Kinder  ziehen  ja  längst  vor. 
nur  englisch  zu  sprechen,  wie  sie  es  in  der 
Schule  gewohnt  sind;  die  eingewandelten 
Hltern  verlieren  selbst  tägli«-h  mehr  die 
Fnergie.  das  Deutsche  festzidialten,  in  d;us 
unaufhaltsam  das  be(|ueiiiei'e  Hngüseh  ein- 
dringt. Die  deutsche  Zeitung,  vor  allem 
das  deutsche  Somitagsblatt.  ist  noch  t|e|- 
letzte  feste  Boden  :  ist  der  auch  erst  hinweg- 
gespült, dann  bleibt  von  der  deutsehen 
Sprache  in  solchem  Kreise  nichts  übi-ig.  Es 
ist  ja  traurig  genug,  zu  sehen,  wie  .lahr  für 
.lahr  die  deutschen  Zeitiuigen  am  Wege  um- 
siidcen  und  liegen  bleiben:  auch  (bis  geistig 
ödeste  Blättchen  hatte  da  seine  Kultur- 
Aufgabe  für  die  Erhaltung  des  Dentscli- 
thums.  und  die  Blätter  waren  gar  nicht 
einmal  so  öde,  weil  dei-  Nachdruck  auch 
gutes  Material  umsonst  vei-schat^^'te.  AVer 
die  Ptlege  dei'  deutschen  Spi-ache  im  Heim 
der  deutsch-anu'rikanischen  Masse  erludten 
wi  1.  der  uuiss  den  deutsch-amerikanischen 
Zeitungen  die  Wege  ebnen  und  nicht  (hirch 
Frheberschutzgesetze  unübersteigbare  Mau- 
ern in  den  Weg  bauen." 

Die  dentsch-anuMÜkanischen  Schriftstel- 
ler vor  der  Konkurrenz  di'r  deutschen  zu 
schützen,  würde  sieh  kaum  empfehlen,  denn 
die  wirklichen  Talente  werden  von  den 
Tages-Zeitungen  zui-  Hedaktittus-Ai-beit 
herangezogen  uiul  behalten  mir  wenig  Zeit 
zu  schriftstellerischer  Bethätigung.  Eine 
.schöngeistige  Literatur  in  Deutsch-Amerika 
durch  Schutz  gegen  deutsciie  K(»nkurrenz 
gi'ossziehen  zu  wollen,  wäi'c  ein  von  vorn- 
herein verfehltes  Fntei'fangen.  denn  die 
Leistungsfähigkeit  un-eier  Dichter  und 
Schriftsteller  wäre  nicht  Ix'deutend  ninl 
ergiebig  genug,  um  einen  erzwungi'uen 
Verzicht  auf  lieimathliche  Erzeugnisse  nicht 
bald  sehnu'rzlieh  em|)tiiMlen  zu  lassen.  Der 
\'(Mlust,  den  deutsche  Schriftsteller  durch 
den  honorar'osen  Nachdrui-k  in  Amerika  zu 
erleiden  glauben,  hat  nur  in  der  VoiNte!- 
lung  riesige   Dimensiendi  angenonniicn.  in 


4:«i 


DIE  DEUTSCllK  PRESSE  IN  AMERIKA. 


W  iikliflikiii  i>i  tr  Kiium  «It-r  Rt-df  wcrtli. 
«Ifiin  (las  ^'i'hildt'tr  DtMifsi-htliuiii  Aincrilo's 
kauft  Hnmaiii'  rtr.  in  liudilnnii.  iiiitl  für 
li'tztrrc  kniniiit  «Irr  Naclulriick  kaiiiii  in 
Betrurlit.  hat  sotrar  iM'iiialic  franz.  aiitV'e- 
hört.  Di»*  hit'si^'cn  IioIh-ii  ArluMtslöliiic  und 
HiM-sti'lluntJskostcii  macluu  «l«  n  Naclidiuck 
dcutscli.'r  BücluT  in  jrutrr  Ausstattung 
nirht  protitaln'l.  Anjln-iscits  ist  dit'  stets 
l)ori'it\villif.'st  ^M-atis  «rcwälirt«'  Kcklanic 
weicht'  die  dfutscli-anit'rikanischcn  Zcituii- 
jrt'n  ni'urn  deutschen  literarisehen  Erzeuy- 
nissrn  /u^Mite  kommen  lassen,  auch  etwas 
werth.  weil  sie  das  einzijre  Mittel  ist.  den 
•;el»ildt'ten  Deiitseh-Amerikaner.  der  dcut- 
.srhe  liüfher  kauft,  zu  erreiehen.  „Je  iiiclii- 
nai-hp'di-uekt  wird,  desto  mehr  Aussieht  ist 
vorhanden,  den  Verfall  des  deutsehen  Kul- 
turiruts  in  Amerika  aufzuhalten",  he- 
liaupti-t  Prof.  .Münsterher^.  und  welch' 
Wissender  und  mit  ilen  einschlägigen  Ver- 
hält nis.stn  Vertrauter  würde  das  be- 
streiten ? 

Sil  sclir  auch  die  dcutsch-aiucrikanischcn 
Tages-  und  namentlich  Sonntags-Zeitungen, 
so  weit  ihr  feuilletonistiseher  und  unterhal- 
tender Theil  in  Betracht  kommt,  von  der 
Ileimath  al)hängig  sind  und  in  dei'en  litei'a- 
riseher  Produktivität  die  starken  AVurzeln 
ihrer  Kraft  sehen  müssen,  auf  rein  journa- 
listischem Gebiete  sind  sie  ihren  deutschen 
Si-hwestern  in  mehr  als  einer  I^eziehung 
entschieden  überlegen.  In  der  Schnellig- 
keit, mit  welcher  die  deutsch-amerikanische 
Tages-Zeitung  die  wichtigsten  Begebenhei- 
ten <ler  Welt  in  ausführlichen  Depeschen 
ihren  Lesern  mittheilt,  wird  sie  von  keinem 
deutsehen  Blatte  Übertroffen  und  von  den 
wenigsten  erreicht.  Ereignisst*,  welche  der 
deutsch-amerikanisehe  Leser  am  Früh- 
st üekstiseh  in  seiner  Zeitung  in  ausführli- 
cher Schildennig  am  nächsten  Morgen 
.schon  liest,  theilen  die  deutschen  ihren 
Lesern,  wenn  überhaupt,  nur  in  wenigen 
Zeilen  und  Worten  mit.  In  der  Behand- 
lung und  Berichterstattung  von  lokalen 
Begebenheiten   kann   die    Presse  der  alten 


llciuiath  noch  recht  viel  von  ihrer  deutsch- 
;uiici'ik;.nisehen  Schwester  lernen.  (Jcrade 
im  Inkali  n  Tlieile  deutscher  Zeitungen  in 
Amerika  wii'd  in  jedem  Falle  Gutes,  von 
einigln,  die  ül)er  einen  Stat)  wii-klich  lic- 
gabtcr  .Mitarbeiter  verfügen,  sogar  IIei'V(»r- 
ragendes  geleistet.  Das  erstreckt  sich  nicht 
allein  auf  das  wirkliche  Xeuigkeits-Budget, 
soiulern  auch  auf  die  Berichterstattung 
übel'  Vereins- Versammlungen.  Festüchkei- 
ten.  Theater.  Konzerte  und  Oper.  Was  nach 
dieser  Richtung  hin  von  der  deutsch-ame- 
rikanischen Tagespresse  erreicht  wird, 
grenzt  au  das  Wunderbare  und  stellt  einen 
Aufwaiul  von  Arbeit.  Routine  und  jour- 
nalistischer Fi.xigkeit  dar.  den  man  in 
Blättern  der  Ileimath  nur  ausnahmsweise 
findet. 

I'nd  dabei  herrscht  in  deutsch-amerika- 
nischen Zeitungs-Stuben  das  ehrliche  Be- 
streben, möglichst  gutes  Deutseh  und  einen 
guten  Stil  zu  schreiben.  Gewiss  laufen  bei 
der  Schnelligkeit,  mit  welcher  Nachrichten 
zu  Pajner  gebracht  werden.  u]id  häufig 
auch  der  ]\Iasse  der  zu  bewältigenden 
Arl)eit  wegen  ein  geläufiger  englischer 
Ausdruck,  eine  englische  Satzkonstruktiim 
und  eine  nicht  ganz  einwandsfreie  Rede- 
wendung mit  unter,  aber  in  den  grösseren 
deutsch-amerikanischen  Zeitungen  wird 
fast  au.snahmslos  ein  recht  gutes  Deutsch 
geschrieben,  das  in  vielen  Fällen  sogar 
besser  ist,  als  das  des  oft  recht  armseligen 
lokalen  Theils  der  Zeitungen  unserer  Ilei- 
math. Nicht  selten  erheben  sich  die  Lokal- 
berichte deutsch-amerikanischer  Blätter  zur 
Höhe  feuilletonischer  Darstellung  und  las- 
sen, wo  die  geschilderten  Vorgänge  es  ge- 
statten, auch  den  Humor  zu  seinem  Rechte 
konnnen,  wodurch  sie  sich  vortheilhaft  un- 
terscheiden von  dem  trockenen  Poüzeibe- 
richt-Stil  der  Lokahuicbrichten  deutscher 
Blätter. 

Die  Fülle  von  Begabung  und  die  Viel.sei- 
tigkeit  positiven  Wissens,  die  in  den  Leit- 
und  den  Spezial-Artikeln  deutsch-amerika- 
nischer Tages-  und  Sonntags-Zeitungen  sich 


DIE  DKUTSCHE  PRESSE   I\   AMERIKA. 


477 


kiui(I.iri,'lti  11.  kl  iiiu'ii  mii-  von  (It'iijcnii'cii  voll 
».-ewüidiy:t  werden,  welelie  in  dei-  La.i^e 
.sind,  sieh  darül)er  zu  inforniiren  und  Ver- 
(jleielie  mit  dem  {inzustellen.  was  in  der 
Presse  der  Ileimath  geleistet  w  iid. 

Eines  aber,  was  die  ileutseh-aiiicrikani- 
selie  Journalistik  besonders  eharaktei-isirt 
und     \-on     dem     Deutsehthum    Amerika 's, 


dakteure  (lentscli-amcrikanisclicr  Zcitunirt-n 


kaum  am   IMatze. 


Die  Geschichte  der  deutschen  Presse 
in  Amerika. 

Die    Gesehiehte    dn-    di-utseh-amerikani- 
sehen   Pre.sse  ist  mii-  um   42  .lalii-e  Jünger 


wenn  üln-rhaupt.  lange  nieht  gebührend  ge-      '^^^    ''"'    '^^'^    ameiikiMiischfii.       Das    erste 


würdigt  wird,  das  ist  ihr  opferungsfreudi- 
ger Enthusiasmus  für  die  deutsehe  Sache 
und  di'u  dornenvollen,  an  wirkliehen  Freu- 
den so  armen  und  so  enorme  Anforderun- 
gen an  Körper  und  Geist  stellenden  Beruf, 
der  nur  den  Allerwenigsten  ein  sorgenfreies 
Leben  und  ein  gutes  Gehalt  gewährt,  die 
]\Ieisteu  aber  zwingt,  für  eine  sechstägige 
Arbeitswoche  mit  oft  recht  langen  Arbeits- 
tagen sieh  mit  einem  Lohn  zufrieden  zu 
geben,  der  durrhschnittlich  bedeutend  ge- 
ringer ist.  als  derjenige  der  in  den  Zeitun- 
gen beschäftigten  Schriftsetzer,  welche  für 
eine  fünftägige  Arbeitswoche  bei  strikt 
achtstündigem  Arbeitstage  .$21  und  mehr 
verdienen.  Dieses  ^lissverhältniss  zu  Un- 
gunsten geistiger  Arbeit  sollte  geändert 
werden,  denn  der  deutsch-amerikanische 
Journalist,  der  Jahre  lang  in  treuer  Arbeit 
für  sein  Blatt  sich  bemüht,  verdient  es, 
dass  seine  Leistungen  höher  eingeschätzt 
und  besser  bezahlt  werden. 

Eins  noch  erscheint  wichtig,  ja  der  gröss- 
ten  Beachtung  werth ;  das  ist  Förderung 
deutsch  -  amerikanischer  Geschichtsforsch- 
ung seitens  deutscher  Zeitungen.  Es  kann 
nach  dieser  Richtung  hin  nidit  genug  ge- 
than    werden,    denn    jedes    Steinchen,    das 


Blättehen,  welches  anf  amerikanischem 
Boden  gedruckt  winde,  ei>:chien  am  25. 
September  1690.  als  Benjamin  Harris  in 
Boston  in  winzig  kh'inem  Format  scijn' 
„Public  Occurrenees"  veröffentlichte,  l^as 
erste  deutsche  Blatt  in  Amerika,  die  ..I'lii- 
IndclpJiia  Zcituii;/",  erschien,  allerdings 
nur  in  wenigen  Nummern,  im  Jahre  17.S2. 
und  kein  geringerer  als  Benjamin  Franklin 
war  der  Drucker.  Allerdings  brachte  es  die 
Zeitung  zum  grossen  Aerger  des  rnterneh- 
mers  nur  auf  fünfzig  Abonnenten,  und  das 
hat  der  grosse  I\Iann  den  Deutschen  i*enn- 
sylvanien's  nie  vergel)en.  Eine  deutsche 
Zeitung  von  längerem  Bestände  gründete 
Christoph  Säur  in  Germantown  im  Jahre 
1780,  nachdem  er  ein  Jahr  vorher  dasell)st 
eine  Druckerei  angelegt  und  znm  ersten 
]\Iale  deutsehe  Schriftzeichen  in  Amerika 
verwandt  hatte.  Die  deutsch-amei-ikanisehe 
Presse  des  18.  Jahrhunderts  entstand  in 
Pennsylvanien,  der  Wiege  der  deutsehen 
Einwanderung,  und  war  darauf  l)eschränkt. 
Da  sie  eine  Fülle  kulturhistorischen  ]\Iate- 
rials  enthält,  erscheint  es  angebracht,  näher 
auf  sie  einzugehen.  Oswald  Seidensticker's 
Darstellung  der  Anfänge  des  deutsch-ame- 
rikanischen Zeitungswesens  sind  die  naeh- 


lierl)eigetragen  wird,  und  jeder  Artikel,  der  folgenden  Auszüge  entnommen,  welche  zu- 

zur  Bereicherung  der  leider  in  den  minsten  ^'^'i^'l^    PJri«'»    Einblick    gewähren    in    die 

Fällen  traui'ig  geringen  deutsch-amerikani-  deutsch-amerikanische    Volk.sseele    des    18. 

sehen  Geschichtskenntni.sse  der  Leser  dient,  Jahrhunderts  und  wertlivoUen   Aufsehhiss 

sollte     hochwillkommen     sein     und     einen  geben    über   den    Bildungs.stand   der  dcnt- 

Ehrenplatz  gewissermassen  in  der  Zeitung  sehen     Bewohner    Pennsylvanien 's,    deren 

erhalten.      Journalisten,    die    für    deutsch-  Rassegenossen    in    andern    Kolonien    resp. 

amerikanische  Geschichte  kein  Ver-ständniss  Staaten  sicherlich  kein  höher  entwickeltes 

haben  und  sie  vernachlässigen,  sind  als  Re-  Geistesleben  aufweisen  konnten. 


478 


DIK  DKL'TSC'HE  PRESSE  IN   A.MKWIKA. 
Im    18.  Jahrhundert. 


1  7  ."5  !)  Ix'^'iiiiii  CJnistoph  Sam-  in  Gci'- 
iiiantowii  (lif  Hci-aus^abc  des  anfaiijürs  drci- 
monatlich,  später  nionatlicli  erscheinenden 
Die  deutschen  Z.'itunj:s-(Jründnnjren  in  Blattes  ,J)rr  Ihnluhuische  PcHiisijlvaiii. 
I'.'iinsylvanien  iiii>^'cn  liier  in  clironolo^ri-  sehr  (iisvhiclifssclnrihrr^'  oder  „Soininlu)ig 
scher  Vol^'e  einen  IMat/  finden.  Sie  wnr-  irirlififfrryaclniclihii  aus  drin  Xaltir-  und 
den  erst  niüjrlich.  nachdem  Willicltii  Kit-  Kinhoi-Rdcli".  Dann  erhielt  das  seit 
tin^'hnyscii  die  erste  |'a|>i»'rmülile  in  Ame-  dem  7.  März  1747  gewöhnlich  zweimal 
rika  im  .lalire  ltil»>  an  einem  Arme  des  monatlich  (M-scheinende  lilatt,  das  ur- 
\Vis.sahickoii  errichtet  hafte  und  im  Laufe  sprünfrlich  l"?  Zoll  lanjr  und  i)  Zoll  ])reit 
»h-r  Zeit  im  Sfande  war.  auch  Druck-I'apier  war.  den  Xaiiu^n  ..Penn.sylvanische  He- 
/.n  liefern.  richte  o(h'r  Sammlunji:  wichti^rer  Xachrich- 


Dir  enle   Papiermuehle,    von   Wilhelm    Rillinghuysen    (Rillenhouse)    an   einem   Arme 
de»   Wissahickon,    Cermanlown,    1690    errichtet. 


Ma«r  hier  in  cIironolo«rischer  Anordnunfjj 
das  Knfstehcn  der  (h'utschen  Presse  in 
Amerika  kurz  skizzirt  wenh'ii.  (Jrundle- 
«rend  dafür  waren,  wie  schon  vorher  er- 
wähnt, die  Aufzeichnnn«ren  Oswald  Seiden- 
stieker's.  Danach  entstanden  deutsehe 
ZeitnnpMi  zeitlich  in  foljjender  Keihen- 
fol<;e: 

1  7  3  2  wurde  die  erste  deutsche  Zeitung 
in  Amerika,  die  „Philadelphia  Zeitung", 
von  Benjamin  Franklin  gegründet.  Sie 
war  nur  von  kurzem  Bestände. 


ten  aus  dem  Xatur-  und  Kirchen-Reich". 
Schon  1751  liatte  die  Zeitung  4.00(1  Abon- 
nenten, und  die  Fulirleute  beschwerten 
sich  über  die  grossen  Packete.  Säur 's 
Sohn,  der  nach  seines  Vaters  Tode  im 
•lahre  1758  des.sen  Geschäft  übernahm,  gab 
ihr  den  Titel :  ..Germantovvner  Zeitung 
oder  Sammlung  wahrscheinlicher  Nach- 
richten aus  dem  Xatur-  und  Kirchen- 
Reiche,  wie  auch  auf  das  allgemeine  Beste 
angesehene  nützliche  Unterrichte  und  An- 
iiierkun<ren."     Von    177ö   an   erschien   die 


DIE  DEUTSCHE  PRE88H   IN   AMKIilKA. 


479 


Zcituntr  wöclu'iitlich  zum  nUm  PriMs»*  von 
3  Shilliiij;  pi'o  -liilii".  Di«'  AlMdiiiciitcu 
waiTM  vielfacli  siiumiirt'  Zaiilci-.  In  Laii- 
caster  waren  solche,  die  dreizehn  Jahri; 
hin":  das  Abonnement  schuldeten,  l^eitar- 
tikel  pTJih  es  nicht,  wohl  aher  Korrespon- 
denzen, in  denen  anjresehene  Hürii:er  die 
öffentlichen  An^eleijenheiten  beleuchteten. 
(Quellen  für  die  der  Hauptsache  nach  aus 
KriefTsnachrichten  l)estehenden  Mitthei Inn- 
igen waren  die  eufrlisehen  Wochenblätter. 
Es  kamen  merkwürdige  Uebersetzungs- 
hlüthen  vor.  und  über  Ereignisse,  die  in 
Europa  sich  abgespielt  hatten,  wurde  erst 
in  fünf  oder  sechs  ^Monaten  berichtet.  Be- 
sonders beschäftigte  sich  Säur 's  Blatt  mit 
der  Einwanderung.  und  gegen  die 
Schrecken  des  Transports  trat  es  energisch 
ein.  al)er  nicht  mit  dem  prätentiösen 
,.wir".  sondei-n  mit  dem  bescheidenen 
„man"  oder  ..der  Drucker".  Eine  Xotiz 
in  der  Zeitung,  wie  man  l^riefe  in  dama- 
liger Zeit  befördern  musste,  ist  interessant. 
Sie  schildert  die  „Briefheförderung  nach 
Deutschland",  wie  folgt: 

..Es  geht  alle  ]\Ionat  ein  Post-Scliilif  von 
England  nach  Xen-York  und  wieder  hin- 
aus. Wer  dann  einen  Freund  in  London 
hat,  der  den  Brief  empfängt  nnd  weiter 
nach  Holland  sendet  nnd  dieser  Engellän- 
der einen  Freund  in  Holland  hat.  der  den 
Brief  empfängt  und  bezahlt  bis  Colin  und 
einen  Freund  in  Eranckfort,  der  den  Brief 
empfängt,  bezahlt  nnd  weiter  sendet,  der 
kann  seinen  Brief  selber  zu  Philadelphia 
auf  die  Post  legen.  Ein  einfacher  Brief 
kostet  15  Pens  nach  Neu-YorJi.  Hernach 
biss  Engelland  18  Pens.  Das  kan  er  in 
I'hiladflpliia  bezahlen.  Hernach  muss  sein 
Freund  18  Pens  biss  Holland  bezahlen  und 
sein  Freund,  der  ihn  empfängt  und  weiter 
sendet,  der  bezahlet  etwa  18  Pens  biss 
Colin.  Ein  doppelter  Brief  oder  ein  Um- 
sehlag nm  den  Brief  macht  doppelt  Preiss. 
Wenn  dieses  mangelt,  so  bleibt  der  Brief 
schon   in    Lmidnn    liesjen.      Weiss   d(M-   Hol- 


länd)  r  seine  Auslagen  nicht  zu  itekommen, 
so  bleibt  der   Brief  in   Holland  liegen." 

Kl)en  so  Übel  bestellt  wai-  es  mit  dem 
Keisen.  Wer  sich  jetzt  von  Philadelphia 
nach  Xew  York  begeben  will,  hat  tägiicli 
oder  wenigstens  sechsmal  die  Woche  die 
Wahl  unter  ein  |»aai-  Dutzend  Zügen,  luid 
der  Schnellzug  legt  die  Strecke  in  zwei 
Stunden  zui'ück.  I'nd  niui  soll  uns 
Chrstoph  Säur  .sagen  :  U'/(  num  im  Jahn 
17 ')i  von  Philadelphia  nach  .\<  n-  Yarl:.  fnhr. 

,,Wei'  von  Philadel|)hia  nach  .\ew  York 
reissen  oder  wer  Güter  oder  Waai-en  dahin 
senden  will,  der  findet  alle  .Montag  und 
Dienstag  ein  Marckschitf  an  der  Wasser- 
strass  am  Krukket  Billet  Wartf ;  der  Capi- 
tain  oder  Kleister  davon  .\ike>lai(s  Ceorge 
loschieret  dabey  im  Wirthshaus  zur  Köni- 
gin Alma  und  fähret,  (wan  der  Wind  oder 
das  Eis  nicht  hindert)  dass  er  den  .Mitt- 
woch nach  Bordentown  kommt  Allda 
konnnen  die  ^lenschen  oder  die  Waaicn  auf 
einem  verdeckten  Post-Wagen  den  Don- 
nerstag nach  Amboy  auf  die  Ferry.  da- 
selbst hält  Abraham  Wthh  ein  beiniemes 
Marckschiff",  das  fähret  Freytag  nach  Xeu- 
York.  I'nd  alle  Freytag  und  Samstag 
loschiert  ein  anderer  Schiffer.  Carl  Taglnr 
in  eben  dem  gemeldten  Wii-thshaus  umi  hat 
eine  Schalupp  an  demselben  Warff" 
u.  s.  w. 

Mit  besonderer  Befriedigung  wird  am  "J. 
Januar  17(U  darauf  hingewiesen,  welche 
vorzügliche  Gelegenheit  man  .jetzt  habe, 
nach  lieading  zu  fahren  und  Zeitungen 
dorthin  zu  versenden.  Im  Winter  ging  alle 
vierzehn  Tage,  im  Sommei-  aber  eijunal 
jede  Woche  der  ..neue  Po.st wagen"  nach 
der  jungen  Stadt  in  Berks  County.  Frei- 
tag ^Morgen  fuhr  er  bei  Leonard  Milchir  in 
der  Zweiten  Strasse  ab  und  kam  Samstag 
Abend  bei  Adani  Wiflwann  in  Heading  an. 
Der  Fahrpreis  war  10  Schillinge  ($1.:^:^) 
und  der  Reisende  hatte  -Jd  IM'd.  Gepäck 
frei. 

Die  jetzt  in  Aiiu'rika  verpönte  Lotterie 
wni-de    .".f^'entlif'h    betriehen,    wie    aus    .Mit- 


480 


niK  DKUTSCHP]  PRESSE   IN   AMERIKA. 


(frPf  (2fitf  Don  (^^rifiopl)  3aur'ft  ^titünm,  Jlo.  1,  dorn  20.  «uflufl  1739. 


fnfp(ü(intf(^t 


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amminng 

^ic!)n(j<r  *^achncbftf:    auß  ocm  9?arur « i.nD  >\Ma}':n*3;eid) 
j^^rfjcö  Stiicf  2lug!»|l  lo /  1759 


<Bcncigrer  fi.€(<r 

)^fl<«Tanöern2(^9dfreni;  Denen  Die 
0röbe  unb-fubfflleQB^ftt)^  fcge-^ 
rwrtrtrt  €briOcn  Dienet,  ifl  r.icbr 
Dcr^fvjnaflcDcr'B^tvt^.  (^uvi* 
^iriiriinDv^ccjicrOcganc  offf  n?ii5  iicucö 
311  (^auen.  ju  •/^orcn'unD  ju  ^iffn^ 
Tiucl)  iu  ^Sa^cn  ^'efcm  ^IfhcnienfifciKii 
©i'i|]  rftii  ein  Opff^l' zubringen  mir  ?lus(«? 
S^biixtc^  ^i<f5fr  Qlammlurtg/ ,  ift  man  qani? 
n'd)r  iriüenö/  nof^rrmincr,  fifb  fe(bl>  Pamir 
uciuhrt'ifi'n/  cÜprOiiihni  unD'i5?u?i(fn  ju 
!itd)cn,  fon^ern  trrti  mnn  fbmahlen  ucr^ 
Iprocbni»  Dtc  nij$(ict)flf  unD  n?id)riq|]r  (^c^» 
fchtcbre  u  ^c.qcbcnbertfn  hffiinr  jumofbcn/ 

-tyinn  fu  N'n9}?enfd)fn  juObrmuiiD05t^ 
lichrr  PommeTT/öffferö  ncfiffin^inDrucf  unD 
OTnrhDftriffn  errcqrn,  atö  I)inqc  Die  Da 
fo^ffijii  *»ö«*onvmni  fp  »t^olre  miin  Dann 
!if*rij^if^ln«nyrt|tfng  nincbcp/  mif  fclcf)en 
^r^tn.^iffcr.'3'oifro  m  DjcfemunDanDcrnf 
%0rt*%iUtilüreIicl)unDiurcrkifr3acfcf;t9l 


hen.  m  -Hoffnung  c6  rocrDc  mclK  ol)nc  einw 
aen  'D'^ui^cn,  mcniöll  Der  ?lufn?fcfun3  unD 
Deö^^lu|frd)aucnöbci?  einigen/  Diecölef  .> 
fd)nffcn  2lud)  möc^en  n)ol)l  fünffti^  ei> 
n^^^tnmcrcfunq'cn  unD  Dcr3^ic  Dienliche 
giiigcn  crnfldcbenC^jcmuf  bcin  jum^acl)(tni 
ncn/  oDer  aiict)  iiH>bl  einige  nufnd^tige  ^Inf« 
njorr  Darauf  ju  gcben/in  i)crgfeicf)cnÖam6 
limg  herausgegeben  n^evDcn.  ^crÄ.c(e: 
lebe  ivobi/  uttö  brauch  ce  wie  er  (oW,. 

'l[^rr  tt>eni(^  ^Af)ren  Wvre  mw/  Daf  öfi* 
perfi^ttifT  unDDcT  Curcfegrpfffp  5\rifv^ 
harren ;  taum  harfe  Derpcrfl^aner  nur  Den< 
CürcPengrieDc,  fo  ^arte  er  mir  Dcni  grof» 
rncgct  njtegegfnmdrri3  ^iicg-,  unDtJct 
Koimfchr  Ä^Tler  Ijarre  fflttm'SnlifivmD 
Hilf  Dem  .^ön.'g  von  5ran<^fid>/  fo  gmc5 
er  fanir  tXlafcau  gegen  Die  ^urcPett  "wln- 
fnngö  tJiciovifirten  Die  tnofcoiriter  an 
hn  (Lürcf  01 ;  ba(D  menDcre  fiel)  Daö  ^(art 
um/  unD  ftegren  Die  Citrcf  c«/  ;eDoct)  fieljed 
/lenoc^  be^txrfeitö  miteinonDcr  ju  ü^^^^- 
5if fo  a«^  ö«r  Ä<i7fnr  mit  DcmCörcffn/ 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


481 


theilimgen  des  Blattes  hervorgeht.  Selbst 
die  Assenibly  von  Pennsylvanien  bezalilte 
aus  dem  Ertrage  einer  Lotterie  5250  i*t'und. 
Die  Deutsche  Gesellschaft  bediente  sich 
desselben  IMittels  zur  Aufbringung  der 
nöthigen  Fonds  zur  Bezahlung  ihres 
Grundstücks. 

Auch  die  Anzeigen  des  „Hochdeut- 
schen Geschichtsschreibers"  haben  einen 
kulturellen  Werth.  "Wirths-  und  Vergnü- 
gungs-Anzeigen gab  es  darin  nicht.  In 
Philadilphia  irar  in  jedem  grösseren  Hause 
eine  WirtMscIiofl.  Festlichkeiten  in  deut- 
schen Kreisen  gab  es  nur  in  der  Familie, 
und  Theater  waren  verpönt.  Gefundene 
Artikel,  Waaren,  „verseelte"  Dienstleute, 
d.  s.  Einwanderer,  die  ihre  Ueberfahrt  ab- 
verdienen nuissten,  entlaufene  „Serven", 
durchgegangenes  Vieh,  eine  ausgerissene 
Gattin,  für  deren  Schulden  der  Ehemann 
sich  nicht  haftbar  erklärt,  die  er  aber  nicht 
wieder  haben  will,  werden  angezeigt.  P.ei 
einigen  Kolonisten-Frauen  scheint  das  Aus- 
reissen  chronisch  geworden  zu  sein.  Den 
.\nzeigen  zufolge  passirte  das  ]\Ialheur 
einem  Planne  sogar  siebenmal. 

Damals  schon  wurde  die  deutsche 
Sprache  durch  Aufnahme  und  Verdrehung 
amerikanischer  Worte  verunziert.  So  wur- 
den aus  „Bonds"  (Schuldverschreibungen) 
„Banden",  aus  „plantation"  ., Planta- 
sche", für  ..Klingel"  wurde  „Bell"  ge- 
sagt und  der  Name  des  Gasthauses  ..TJising 
Sun"  sogar  in  „Reisende  Sonne"  ..ver- 
deutscht". Es  wurden  von  1759  an  sogar 
schon  rohe  Holzschnitte  für  Anzeigen  ver- 
wandt, um  sie  mehr  hervorzuheben.  Die 
Säur 'sehe  Zeitung  ging  im  Jahre  1777  ein, 
als  ;nif  Veranlassung  des  Kongresses  das 
Eigenthum  Säur 's,  der  im  Verdachte 
stand,  auf  Seiten  England 's  zu  stehen,  kon- 
fiszirt  wurde. 

Es  war  der  Sohn  Säur 's,  der  den  Ver- 
lust des  ererbten  väterlichen  Geschäfts  er- 
lebte. Er  hiess,  wie  sein  Vater,  Christoph 
Säur.  Der  ältere  Säur  wurde  im  Jahre 
1693  in  Laasphe,  einem  Städtchen  an  der 


Lahn,  im  jetzigen  westfälisclicn  Regie- 
rungsbezirk Arnsberg,  gcbon-n.  Saur's 
(Jeburtsstadt  hatte  es  19U5  auf  2.:U2  Kin- 
wohner  gebracht.  Säur  war  nidit  Schnei- 
der von  Profession,  sondern  hatte  eine  ge- 
lehrte Erziehung  erhalten  und  in  Halle 
Medizin  studirt.  Dort  hatte  er  sich  auch 
mit  der  Buchdruckerei  beschäftigt.  Seine 
religiösen  Ueberzeugungcn  veranla.sstcu 
ihn  im  Jahre  1724  zur  Auswanderung  nach 
Pennsylvanien,  wohin  er  .seine  Frau  und 
sein  drei  Jahre  altes  Söhnchen  Christoph 
mitbrachte.  Erst  im  Jahre  1731  lic.ss  sich 
Säur  in  Germantown  nieder.  Eine 
Druckerei  eröffnete  er  im  Jahre  173fS  und 
druckte  zunächst  mit  deutschen  Lettern, 
die  er  aus  der  Schriftgies.serei  von   Hein- 


*'i:    "> 


Das  Saur'sche   Haus   in   Germantown. 

rieh  Ehrenfried  Luther  in  Frankfurt  am 
Main  bezogen  hatte,  den  ersten  deutschen 
Kalender,  der  den  Titel  führte  „Der  Hoch- 
deutsch Amerikanische  Kalender".  Das 
war  der  erste  deutsche  Druck  in  .\mcrika. 
Nach  seiner  Zeitungs-Gründung  und  der 
Drucklegung  der  ersten  vollständigen  Bi- 
belausgabe in  Amerika,  und  zwar  in  deut- 
scher Sprache,  nahm  Säur  auch  den  Druck 
englischer  Texte  auf.  Später  verband  er 
mit  seiner  Druckerei  eine  Papiermühle, 
eine  Schriftgiesserei.  die  erste  in  Anu-rilca, 
und  eine  Druckerschwärze-Fabrik.  Auc-h 
die  Anfertigung  eiserner  Oefen  wird  ihm 
zugeschrieben.  Er  .starb  am  25.  September- 
1758.  Sein  1721  geborener  Sohn  Christoph' 
wurde  sein  Nachfolger.     Er  veröffentlichte; 


482 


zwfi  w.-itciv  HilK'l-Ausgalx'ii  17(Ui 
177(1.  txiiiiuh'tc  (Isis  erste  religiöse  Hlatt 
unter  (Ifiii  Naiiu'U  ..Geist lidies  Magazin" 
luul  bemühte  sieh  eitrig  um  die  Gründung 
der  ..Gennnntown  Akademie",  in  welcher 
I)euts<-h  und  Kngliseh  gelehrt  wurde.  Naeh 
der  KonJiszirung  .seines  Kigeiithinns  ging 
es  Säur  sehr  schlecht .  Kr  starb  am  2(5. 
August  17S4  in  Armuth. 

17  4  3    erseheint    eine    neue    Zeitung    in 


nii;  DKlTölHE  PRESSE   IN   AMHHIKA 
inid 


tiuig  erschien  alle  zwei  Woehen.  Sie  hatte 
einen  Doppeltitel:  „Die  Lancastcr'sche 
ZiilutKj"  oder  ,,E{n  kurzer  Begriff  der 
haupfsäcJilichsien  Ausländisch-  und  Ein- 
heimischen Xeuigkeiten"  und  „The  Lan- 
casfcr  Gazette ;  Or  A  Compendium  of  the 
Most  Material  Foreign  and  Home  Xcws." 
17  5  5  :  Unter  den  Auspizien  der  ,.Cha- 
!-ity  Scliool  8oeiety"  veröffentlichten  Hen- 
jamin  Franklin  und  Anton  Arndjruster  die 


lMiiladel|)hia.  „Hns  Ilochdrutsrhe  Pennsijl-     J'h iladelphische    Zeitung".      Die    Gesell- 


ranischi  Journal",  gedruckt  und  heraus- 
gegeben voll  Jnstph  CreUius.  Dieselbe  be- 
stand nicht  lange.  Crellius  verliess  später 
IMiiladelphia  und  wurde  Auswanderungs- 
Makler  unter  dem  Titel  „Connnissarius  für 
Neu-Kngland".  Er  betrieb  neben  der  Zei- 
tung auch  eine  Abendscluile  im  AVinter 
und  einen  Handel  mit  alli'rlei  gangbaren 
Waaren. 

1  7  4  .S  Hess  Gotthart  Armbrustcr,  der  bei 
Saiu'  drucken  gelernt  hatte,  eine  deutsche 
Zeitung  ei*seheinen.  Der  Name  derselben 
i.st  nicht  erhalten.  Sein  Bruder  Anton  war 
ihm  bei  der  Herstellung  des  Wochenblattes 
behiltlieh.  Letzterer  übernahm  1752  das 
Geschäft.  Heide  waren  aus  [Mannheim  ge- 
liürtig  und  174:}  eingewandert.  Ob  die 
Ziitung  schon  vor  17r)2  eingegangen  ist, 
wird  nicht  mitgetheilt. 

1  7  •')  0  gab  Johann  Böhm,  ein  nach  Phi- 


sehaft  hatte  den  Zweck,  ,,die  Deutschen  in 
Pennsylvanien  mit  Schul-  und  Religions- 
Unterricht  zu  versorgen".  Säur  war  da- 
gegen. Das  Blatt  wurde  von  dem  luthe- 
rischen Geistlichen  Johann  Friedrich 
Handschuh  redigirt.  der  bei  seiner  kleinen 
luthcrisclien  Gemeinde  nicht  genug  erwai-b. 
um  sich  und  seine  Familie  zu  erhalten.  Es 
diente  den  Interessen  der  lutheri.schen  und 
reformirten  Kirche  und  brachte  unter 
Anderem  Nachrichten  über  den  Indianer- 
krieg, unter  dem  die  Deutschen  an  der  da- 
maligen Grenze  so  schwer  zu  leiden  hatten. 
Armbruster,  der  sich  1758  von  Franklin 
getrennt  hatte,  fallirte  zwei  Jahre  später, 
gab  aber 

17  6  2  eine  neue  Zeitung  heraus.  „Die 
Phil  adelphische  Fama",  die  jedoch  zwei 
Jahre  später  einging.  Er  starb  im  Alter 
von  79  Jahren  in  1796.    Er  arbeitete  Jahre 


ladclphia  gekonunener  Kupferdrucker  und      lang  als  Gehilfe  für  andere  Drucker. 


.seit  1749  Benjamin  Franklin 's  Kompag- 
non, eine  neue  Zeitung  heraus,  die 
,,Fama"  genannt  war.  Er  gerieth  in  eine 
Kontroverse  mit  Säur,  der  gegen  höhere 
Bildung  war.  weil  Jesu  Jünger  auch  unge- 
schult waren.  Böhm  starl)  im  folgenden 
rlahr.  luid  damit  erlischt  die  ..Fama". 

17  5  1  wurde  von  Franklin  eine 
„Deutsch-  und  Englische  Zdlung"  heraus- 
gegeben. 

Kaum  war  in  PhiladeliJiia  eine  doppel- 
j.praehige  Zeitung  erschienen,  so  wurde 
auch  in  Lancaster  von  H.  ^lüller  und  S. 
Holland  eine  solche  herau.sgegeben.  ^lüller 
oder  Miller  zog  sich  bald  zurück.    Die  Zei- 


Kräftiger  entwickelte  sich  die  in  dem- 
selben Jahre  publizirte  Wochenzeitung 
Heinrich  Miller 's,  der  1776  Drucker  des 
Kongresses  wurde,  „Der  Wöchentliche  Phi- 
ladelphia Staatsbote".  Miller  war  nach 
Säur  der  erste  erfolgreiche  deutsche  Zci- 
tungsherausgeber  und  offenbar  ein  geistig 
bedeutender  und  gebildeter  ^lann.  Gebo- 
ren in  Rhoden  in  Waldeck  kam  er  mit 
seinen  Eltern  im  13.  Lebensjahre  in  die 
Schweiz,  erlernte  die  Buchdruckerei,  hielt 
sich  in  Zürich,  Leipzig,  Altona.  London. 
Amsterdam,  Basel,  Genf,  Tübingen.  Ham- 
burg, Amsterdam,  London,  Paris  und  wie- 
der in  London  auf,  wo  er  mit  dem  Grafen 


DTK  DRUTSniK  I'KESSK    [N   AMKKIKA. 


483 


Zinzi'ndorf  bekannt  wurde  niul  mit  ihm 
und  dessen  Begleitern  nach  Philadelphia 
reiste.  Am  29.  November  1741  landeten  sie. 
Im  August  174:2  kehrte  Füller  auf  Ersu- 
chen Zinzendorf's  naeh  Europa  zurüek, 
überbrachte  Briefe  naeh  Herrnhaag.  wo 
er  die  Gemeindedruekerei  einrichtete  und 
die  Vorsteherin  des  Sehwesterchors,  Jo- 
hanna Dorothea  Blaumer.  eine  sehr  gebil- 
dete Dame,  heirathete.  Er  wurde  wieder 
von  der  Reiselust  ergriffen,  die  ihn  nach 
England,  Schottland  und  Irland  führte, 
fuhr  1751  mit  Spangenberg  uikI  andern 
Herrnhutern  nach  Philadelphia,  erhielt 
wie  beim  ersten  Aufenthalt  in  Philadelphia 


tcn"  wai-  eine  sciir  anständige,  die  Sdiritt 
gefällig  und  von  reichlicher  Auswahl  für 
verschiedene  Zwecke,  der  Druck  sauber, 
das  Papier  stark.  Tm  Januar  17(18  änderte 
sich  der  Titel  in  ..Du-  Wnchcntlichc  Penn- 
stfli'anisclie  Staalsholi'"  und  wiederum  im 
]\Iärz  1775  in  „Ilcnrich  Millers  Pennsylva- 
vischer  Sfanlshole".  Vom  letztgenannten 
Datum  bis  zum  26.  Juli  1776  erschien  der 
,, Staatsbote"  wöchentUeh  zirrimal  aiil'  hal- 
bem Bogen.  Beim  Herannahen  der  Krisis, 
welche  der  Gang  der  Ereignisse  ankün- 
digte, leistete  der  Herausgeber  (birch  diese 
Aenderung  seinem  gespannten  Leseimbli- 
kum    ohne    Zweifel    einen    gros.sen    Dienst. 


die  Zusage  von  Beschäftigung,  kehrte  aber      Keine   der   englisehen   Zeitungen  erschien 


1754  abermals  nach  Europa  zurück.  Seine 
Frau  trat  in  das  Schwesterhaus  in  Bethle- 
hem ein  und  gab  bis  zu  ihrem  am  6.  April 
1779  erfolgten  Tode  Unterricht  im  Fran- 
zösischen und  im  Aquarell-Zeichnen.  Naeh 
sechsjährigem  Aufenthalt  in  London,  wo 
er  Prof.  ^Müller's  Berichte  über  die  russi- 
schen Entdeckungen  im  Polarmeor  über- 
setzte und  druckte,  kehrte  er  1760  nach 
Philadelphia,  wohin  er  seine  Presse  mit- 
nahm und  wo  er  sich  dauernd  niederliess, 
zurück.  Er  druckte  in  englischer,  hollän- 
discher, lateinischer  und  deutscher 
Sprache. 

In  der  ersten  Nvimmer,  welche  am  18. 
Januar  1762  erschien,  verspricht  der  Her- 
ausgeber in  einem  Vorworte  an  den  ..Gün- 
stigen Leser",  seinen  deutschen  Landsleu- 
ten mit  einer  ivohl-einge richteten  deutschen 
wöchentlichen  Zeitung  treulich  und  nach 
bestem  Vermögen  zu  dienen.  ,,ohne  die 
Geldschneiderei  zu  seinem  eigentlichen 
Augenmerk  zu  machen".  Schon  in  dieser 
ersten  Ankündigung  gibt  Füller  seinen 
Ueberzeugungen  warmen  Ausdruck.  Ein 
Chri.st,  der  Alles  zu  Gottes  Ehiv  thun  solle, 
könne  durch  eine  Zeitung  nicht  nur  den 
allgemeinen  Nutzen,  sondern  auch  selbst 
die  Ehre  Gottes  befördern,  und  dieses  Ziel 
erklärt  er  sich  entschlossen,  seiner  Zeitung 
zu  stellen.    Die  Ausstattung  des  ,,Staatsbo- 


damals  ntrhr  als  finnial  dir  Woche. 

Das  Blatt  muss  eine  grosse  Girkulation 
gehabt  haben.  Es  war  nicht  allein  in  ganz 
Penn.sylvanien,  sondern  auch  in  New 
Jersey,  New  York,  ]\raryland.  Virginien. 
Süd-Carolina,  Georgia  und  Xeu-Schi>ttland 
(und  zwar  in  Halifax)  zu  haben.  Mit  Säur 
hatte  ]\liller  oft  Kontroversen,  namentlich 
,  als  dieser  vor  der  I^inwanderung  gewarnt 
hatte.  [Miller  war  ein  begeisterter  Frei- 
heits-Freund. ]\Iiller's  historische  That  be- 
stand darin,  dass  er  zuerst  den  Erlass  der 
Unabhängigkeits-Erklärung  veröffentlichte, 
früher  als  englische  Zeitungen,  und 
durch  die  Schriftzeichen  die  Bedeutunir 
derselben  hervorhob,  während  die  eiiu'li- 
schen  Zeitungen  davon  in  ganz  gewöhnli- 
ehen Lettern  Notiz  nahmen.  Der  Vierte 
Juli  1776  fiel  auf  einen  Donnerstag.  Frei- 
tags kam  keine  englische  Zeitiniir  heraus, 
und  so  war  denn  der  ..Staatsbote",  der 
Dienstags  und  Freitags  erschien,  das  erste 
Blatt,  welches  die  Annahnu»  der  Unabhän- 
o-iHseits-Erklärung  meldete,  freilich  nur  in 
Foi-m    folgender   Schlussjioti/. : 

„Philadelphia,  den  5ten  July.  Gestern 
hat  der  ACnTBAUE  COSdUEtiS  dieses 
VESTEX  LANDES  die  Vcninigten  Colo- 
nicn  FliEYE  und  VS  ABU  AFACJdE 
STAATES  <rl:liinl. 


481 


DIE  DKUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


„Dit'se  Doi'larati«)!!  in  Kn^'lisch  ist  in  der 
l'n'sse:  si«'  ist  datirt.  tlcii  4.  Jiily  177«).  und 
wird  h«Mit.'  oder  iiiorircn  im  Driu-k  er.schei- 

nen." 

Die  "IN'nnsylvjinia  Evcnin^'  Post"  vom 
»i.  .luli  hra.'lito  den  Text  d.T  Krklärung 
vollständig'.  alMT  in  ^'an/  •rfwühnlichein 
Druck  inmitten  andcnT  Nadiriclitcn.  Das- 
s«'IIh'  trilt  von  drr  VfrötTfiitlichunp  dcrsol- 
hrn  am  10.  .Tuli  im  "  rcnnsylvania  Jour- 
nal" und  in  der  "  IN'unsylvania  Gazette". 
Die  deutsche  «rut  al)«,'efasste  Uebersetzung 
der  rnal>liän«rit:keit.s-Erk]ärun^  findet  sicli 
im  ..Staat.sl)«)ten"  vom  i).  Juli  (Dienstag) 
auf  volii-r  Seite  in  stattlicher  Schrift  mit 
irros.sem  Kopfstück.  Dies  enthält  die 
W.-rfe: 

..Im  CoiKjnss.  <h  II   i.  Juli/  J77(l. 

EISE    EUKLAEKUyO 

durch   die   lu Präsentanten   der 

Vcriini(ft(  n  Staatt  n  von  America 

im  General    ('  o  n  g  r  e  s s  versamnu'lt.'' 

.\ls  die  Engländer  Philadelphia,  das  sie 
am  l2<i.  Se|)t.  1777  be.setzt  hatten,  verwüste- 
ten, nuisste  Miller  lliehen.  Seine  Drucke- 
rei wiu'de  fortgenonniien.  Erst  ;;m  •). 
August  177s  konnte  Miller  seine  Zeitung 
wieder  herausgehen.  Am  2Ü.  Mai  1770 
theiltc  er  den  Lesein  mit.  dass  er  seines 
hohen  Alters  wegen  —  er  war  nahezu  80 
Jahre  alt  —  die  Herausgabe  des  ..Staats- 
bott'u''  aufgebe.  Ei-  starl)  in  Bethlehem 
am  A].  .März  17S2.  Audi  als  Dichter  hat 
er  sieh  nicht  ohne  Erfolg  versucht. 

17  7  7.  bald  nach  dem  p]inzuge  der  Eng- 
länder luid  ihrer  deutschen  Hilfst ruppen 
in  Philadelphia,  erschien  eine  neue  deut- 
.sche  Zeitung,  nämlich  ../>rr  Pcnnsiftvani- 
stlu  Staats  -  C'ourirr  oder  einlaufende 
Worin  nt lieh 0  .\achrichten'\  1777 — 1778. 
Tiiter  dem  Namen  erschien  in  i'arantiiese 
folgende  Notiz:  Diese  Zeitung  wird  alle 
^Vochen  herausgegeben  von  Christoph 
Säur,  jun.  und  Peter  Säur  in  der  Zweiten 
Strasse  zu  Philadelphia.  Sie  trat  ohne 
jeden    Vorbehalt    für  die   Sache   der   Eng- 


länder und  gegen  die  ,, Rebellen"  ein.  Sie 
düi-ftc  hauptsächlich  für  die  deutschen 
Hilfstruppen  im  Solde  der  Engländer  be- 
stimmt gewesen  sein:  die  Hessen,  Ansba- 
cher, Braunschweiger  und  Baireuther.  die 
etwa  4,000  bis  -l.OOO  Mann  stark  waren. 
C'hristoiih  Säur  wird  deshalb  auch  von 
Heinrich  Miller  „der  deutsche  Drucker 
des  Gen.  Howe"  genannt.  ,,Die  Perle  aller 
loyalen  Herzensergiessungen,  die  sich  im 
.,Staats-Cüurier"  vortinden",  schreibt  Os- 
wald Seidensticker,  ,,ist  folgendes  Gedieht,  | 
dessen  plumpe  Naivität  wirklich  unbe- 
zahlbar ist: 

Gespraech    zweier    Bauern    in    Tolpchocken    des    Abends 

bey  einem  Glass  Wisky  und  gutem   Hickory  Feuer, 

am    1.  May    1778. 

Was  neues  gibt  es  wohl,  was  sagen  die  Rebellen f 
Was  spricht  die  soliniide  Rott,  samnit  ihren  Spies- 

gesellen  ? 
Sie  sagen   zwar  nicht  viel;   allein  ihr  Tluiii   und 

Wesen 
Kann  jedermann  sogleich  aus  einem  Bilde  lesen   i] 

Von  einem  Bösewicht  in  Lancäster  erdacht. 
Erzehle   mir   es   doch,   Avie    hats   der   Schelm   ge- 
macht ? 
Kr  stellte  Wasi-hington  auf  einem  Throne  vor. 
Wie  weiter?  rede  fort,  komm  sage  mir's  ins  Ohr.  '| 

Der  König  liegt  vor  ihm,  auf  einem  Knie  gebogen,  i] 
Und  dies  ist  würcklich  wahr?     Herr,  es  ist  nicht 

gelogen. 
Und    was    noch    ärger    ist,    er    soll    mit    Fingern 

zeigen. 
Der    König    möge    doch    das    andre    Knie    auch  l| 

beigen. 

Ist    das   nicht   unverschämt?      Den    Frevel    niuss  «| 

man  strafen. 
Heisst   das   ein  freyes  Volk?     Nein  —  Sie  sind  <J 

Congress  Sclaven. 
Auf!     Auf!     ihr  Briten  auf!     Ihr  Hessen  frischen 

Muth! 
Marschirt  nur  hurtig  vor;  des  Königs  Sacli  stt  ht 

gut. 

So  lang  als  Sonn  und  Mond  den  Erden  Ball  be- 
scheinen 

Die  Ströme  Delawar  und  Sehulkill  sich  vereinen, 

Bis  dass  der  Bau  der  Welt  und  Firmament  ver- 
alten 

Soll  Britens  Helden  Hand  den  Scepter  aufrecht  >| 
halten. 

Die  beiden  Saurs  begaben  sieh  nach  dem 
Abzug  der  Howe 'sehen  Armee  nach  New 
York  ebenfalls  dahin.    Christoph  Säur,  ge- 
boren   1754,    erhob    nach    Beendigung   des 


DIE  DEUTSCHE  PKESiSK    IN   AMERIKA. 


485 


Krieges  bei  der  britischen  Regierung  An- 
spruch auf  Entschädigung  und  erhielt  in 
S>t.  John.  New  Brunswick,  die  SteHe  eines 
Postnieistei-s  und  Druckers.  Er  gab  dort 
die  ..Royal  Gazette"  heraus,  siedelte  1799 
nach  Baltimore  über,  avo  sein  Bruder  Sa- 
muel Säur  eine  Druckerei  betrieb,  und 
starb  daselbst  am  ^^.  Juli  1799.  Peter 
Säur,  geboren  am  8.  Januar  1759.  wurde 
Arzt  und  starb  im  Jahre  1784  auf  Cat 
Island.  "Westindien,  am  gelben  FiebiM-. 

17  7  8  erschien  in  Lancaster  ..Das  Pcnn- 
sylvanische  Zeitungshlaf'  oder  ..Samm- 
lung Sowohl  Ausicärtig-  als  Einheimischer 
Neuigkeiten",  herausgegeben  von  Frantz 
Bailey  in  der  Königsstrasse.  Lancaster. 
Dort  tagten  der  Kongress  und  die  Staats- 
behörden. Der  VoUziehungsrath  hatte  am 
27.  Januar  1778  auf  eine  Bittschrift  ange- 
sehener deutscher  Bürger  beschlossen, 
wöchentlich  500  Exemplare  der  deutschen 
Zeitung  zu  kauf  in  und  zu  vertheilen.  Das 
erwähnte  ..Blat"  erschien  am  4.  Fe])ruar 
1778,  ging  aber  ein.  als  am  24.  Juni  1778 
bereits  die  staatliche  Unterstützung  auf- 
hörte. 

17  7  9.  Von  kurzem  Bestände  seheint 
die  von  John  Dunlap.  dem  Herausgeber 
des  ..Pennsylvania  Packet",  publizirte 
deutsche  Zeitung  gewesen  zu  sein. 

In  demselben  Jahre  traten  zwei  ^Männer 
in  IMiiladelphia  mit  einem  Zeitungs-Unter- 
nehiiien  vor  die  Oeffentlichkeit.  das  den 
Titel  führte:  ..Philadclphischcs  Staatsre- 
gister, enthaltend  die  neuesten  Nachrich- 
ten von  den  merkwürdigsten  In-  und  Aus- 
ländischen Kriegs-  und  Friedens-Angele- 
genheiten nebst  verschiedenen  anderen  ge- 
meinnützigen Anzeigen",  Melchior  Steiner 
und  Carl  Cist.  Ersterer  war  aus  Winter- 
thur  in  der  Schweiz  gebürtig  und  im  Jahre 
1749  mit  seinem  Vater.  Johann  Conrad 
Steiner,  einem  Geistlichen  der  Reformirten 
Kirche,  nach  Amerika  gekommen.  Er  er- 
lernte bei  H.  Miller  die  Buchdruckerei  und 
gründete  1775  mit  Carl  Cist.  der  in  der  Re- 


dakticm  des  „Staatsbitten"  angestellt  war. 
ein  eigenes  Ticschäft. 

Die  neue  FiiMiia  dcbütirtc  mit  Verlagsar- 
tikeln von  äus.serst  revolutionärer  Fär- 
bung, wie  Thomas  Paine's  „Common 
Sense"  in  deutscher  Cebersetzung  und  des- 
sell)cn  Verfas.sers  ..American  Crisis"  im 
Original.  Die  englische  Regienuig  .soll 
über  dies  Pamphlet  so  entrüstet  gewesen 
sein,  dass  sie  dem  Sheriff  Befehl  gab,  es 
öffentlich  von  Henkers  Hand  verbrennen 
zu  lassen.  Aber  das  Volk,  iieisst  es, 
lö.schte  das  Feuer  aus  und  warf  die  Beam- 
ten mit  todten  Hunden  und  Katzen.  —  Als 
die  Engländer  in  Philadelphia  einrückten. 
war  es  den  beiden  A'erlegern  nicht  ge- 
heuer, und  sie  fanden  es  rathsam,  wie  der 
alte  Henrich  Miller,  ihre  Sicherheit  in  der 
Ferne  zu  suchen. 

Die  Ausstattung  des  ..Staatsregisters" 
war  bei  AVeitem  schöner  als  die  der  gleich- 
zeitigen Zeitungen  in  englischer  Spraciie. 
Das  Fornmt  war  16^  bei  lOi  Zoll,  und 
die  Einzehuunmer  kostete  ..zwey  Schillinge 
und  sechs  Pens".  Das  Blatt  war  drei- 
spaltig gedruckt,  und  seine  grcsse  deut- 
liche Schrift  machte  einen  guten  Ein- 
druck. .\ur  Eigennamen  wurden  mit 
grossen  Anfangsbuchstaben  im  Text  ge- 
druckt. Der  enorm  hohe  Preis  (65  Cents 
pro  Exemplar)  erklärte  sich  daraus,  dass 
der  Werth  des  Papiergeldes  damals  derart 
gesunken  war.  dass  man  ein  Paar  Stiefel 
mit  600  Dollars  bezahlte.  Abgelöst  wurde 
das  ..Staatsregister"  durch  die 

..Gemein niUzige  Ph iUulelph ische  Corre- 
spondenz".  die  v«m  1781—1797  erschien; 
Herausgeber  war  ^lelchior  Steiner.  Die 
erstv^  Nummer  wurde  am  2.  Mai  1781  publi- 
zirt.  Das  Format  war  Folio  16  x  9U, 
Zoll.  Die  beiden  früheren  Kompagnons 
Steiner  und  Cist  hatten  sich  getrennt.  Die 
ersten  Redakteure  der  ..Corresi^ondenz" 
waren  die  lutherischen  Prediger  J.  C 
Kunze  und  J.  H.  C.  Helmuth.  Sie  erhiel- 
ten ein  Jahresgehalt  von  je  133:',  Dollars. 
Ausser  Tagesnachrichten  Itraciite  die  neue 


4R«> 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


Z«'it\in^  Knirtonmf;«'!!  iilli-rlci  Frafrt'ii.  zu- 
meist in  Form  von  Zuschriflfn.  ilif  /n 
Kontrovt'i-si'n  Anhiss  •rillten.  Dif  iMeln-zalil 
difs.T  ..Kinfjt'sinidts"  dinllf  von  tli-n  Re- 
daktoun'u  «jt'scIirii'lM'n  worden  sein.  Die 
Int.'i-srhril'ten  ,Xrnsor'\  „Curiosus", 
..IMiilantliropus",  ..Satyric-us".  ..IMiiloiier- 
iiiaiuis",  ..ViTus".  ..l'ancfjyrista"  etc.  ver- 
rif'then  kla.ssisclie  Kilduiifr.  und  die  war 
damals  wie  heute  unter  den  Deutsehen  i'lii- 
ladelphia's  recht  rar.  Oswald  Seiden- 
stieker  sehreiht  üher  die  ..Zusciiriften  "  der 
..('orres|>oiidenz'*:  „Zudem  liahen  jene 
Beiträge  eine  auflallende  Aelndiehkeit  im 
.Stil:  es  ist  die  spröde,  etwas  stelzenhafte, 
gezierte  Sehreihweise  der  vorklassischen 
l*eriode,  das  hedäehtige  Ausholen,  die 
milde  Sehalkhaftijrkeit,  die  plauderhaften 
Krfrü.s.se  zur  ..Kelusti^'ung  des  Verstandes 
nntl  ties  Witzes".  Der  Sturm  und  Drang, 
der  das  Seliriftwesen  in  Deutsehland  er- 
sehütterte  und  um.schul".  hatte  seine  Wel- 
len noch  nicht  an  das  diesseitige  Ufer  ge- 
worfen. Die  Gegen.stände.  worüber  sich 
diese  allzu  redseligen  Aufsätze  verbreite- 
ten, waren  theils  sittlich-religiöser  Art 
(Massigkeit,  innere  Glaubwürdigkeit  der 
ehristliehen  Fieligion  u.  dgl.),  theils  Fragen 
der  Zeit,  der  Politik,  der  Finanzwirth- 
seliaft.  der  Vei-waltung;  eben  so  erhielt  die 
Stellung  der  Deutsehen  einige  Beachtung. 
Z\ir  Veränderung  kamen  auch  wohl  anti- 
kisiren(h'  Stücke  (wie  Gespräch  des  So- 
krates  und  der  Timoklea)  und  rührende 
Krzählungen  (..Antonio  und  Angelina,  ein 
Bild  der  Treue  urul  Grossmuth,")  vor. 
Nur  wenige  Jahre  indes.sen  wahrte  die 
,.('orresi)ondenz"  diesen  halb  doktrinären, 
halb  feuilletonist ischen  Zug.  Dann  sank 
sie  in  einen  bequemen  Schlendrian  zurück 
und  beschränkte  sich  vornehmlich  auf  die 
aus  dem  Englischen  übersetzten  Neuigkei- 
ten. Man  darf  wohl  vermuthen,  dass  der 
Rücktritt  Kunze 's  und  Ilelmuth's  von  der 
Keihiktion  mit  dem  lahmeren  Gange  der 
Zeitung  zusammenhing.  AVir  wollen  un- 
sere Leser  nicht  mit  „Stilblüthen"  belästi- 


gen, gelMMi  aber  doch  ein  Beispiel,  um  zu 
zeigen,  wie  gedankenlos  drauf  losgeschrie- 
ben wurde.  Als  der  Ehrwürdige  Iliiiirich 
Melchior  Mühh  nhcry  1787  gestorben  war, 
widmete  ihm  die  ..Correspondenz"  einen 
Nachruf,  worin  es  heisst :  ,, Seine  erblassten 
Gebeine  wurden  am  10.  Oktober  in  Provi- 
dence  zur  Kühe  gebracht."  —  Einen  fri- 
.schen  Anlauf  nahm  die  ..Correspondcnz" 
im  Oktober  1790.  Melchior  Steiner  hatte 
einen  neuen  Redakteur  gewonnen  mid  ver- 
sprach sich  von  dessen  AVirksamkeit  einen 
.so  entschiedenen  Aufschwung  der  Zeitung, 
dass  er  diese  nimmehr  unter  dem  Namen 
,,Neue  Philadel phische  Correspondenz"  er- 
scheinen und  ihre  laufende  Nummer  wieder 
von  vorn  anfangen  Hess.  Zu  gleicher  Zeit 
kam  die  Zeitung  nunmehr  zweimal  die 
^Voche  heraus.  Der  Name  des  Redak- 
teurs, welcher  das  Blatt  auf  eine  ganz 
neue  Bahn  lenken  sollte,  ist  uns  nicht 
überliefert.  Vielleicht  war  es  Carl  Fried- 
rich Kelche,  der  im  Januar  1790  den  „Gene- 
ral-Posthot en"  gegründet  hatte,  diesen  aber 
schon  Ende  Juni  desselben  Jahres  aus 
^Mangel  an  genügender  Unterstützung  wie- 
der aufgeben  musste. " 

Dieser  neue  Redakteur  schrieb  gewandt, 
war  über  europäische  Ereignisse  und  Zu- 
stände gut  orientirt  imd  veröffentlichte 
— zum  ersten  ^IMale  in  der  Geschichte  der 
deutsch-amerikanischen  Zeitung — wirkliche 
Leitartikel.  Wahrscheinlich  veranlasste  ein 
abermaliger  Redakteurwechsel  das  Zurück- 
sinken der  ,, Correspondcnz"  in  den  alten 
Schlendrian.  Am  23.  jMai  1792  erschien  die 
,, Correspondcnz"  wieder  nur  einmal 
wöchentlich.  Im  November  des  genannten 
Jahres  associirte  sich  Steiner  mit  dem  an- 
gesehenen Papier-  und  Buchhändler  ^1. 
Kämmerer,  der  1789  Präsident  der  ..Deut- 
schen Gesellschaft",  1793  der  , .Deutschen 
republikanischen  Gesellschaft"  und  1792 — 
94  .Mitglied  der  Assembly  war.  Das  Blatt 
erschien  wieder  unter  dem  Namen  ..Phila- 
delphisehe  Correspondcnz".  Nachrichten 
aus  deutschen  Zeitungen  wurden  bisweilen 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE   IN  AMERIKA. 


487 


darin  abgeclnu-kt.  aber  häutig;  erst  'J  l)i.s  12 
Monate  später.  Üen  grossen  Ereignissen  in 
Europa  gegenüber  beobaehtete  das  Blatt 
eine  stumpfe  Gleiehgültigkeit.  Es  wurde 
immer  matter  und  kleinmüthiger,  ein  Spie- 
gelbild des  Niedergangs  des  Deutsehtluims 
in  Philadelphia  am  Ende  des  achtzehnten 
Jahrhunderts.  Die  Zeitung  dürfte  bald 
naeh  der  am  20.  Juni  1797  erschienenen 
und  noch  erhaltenen  Xunnuer  eingegangen 
.sein. 

Der  frcnizösisclicn  Hevulution  gegenüber 
l)e\vahrte  die  ,,Correspondenz"  eine  völlig 
inditferente  Haltung.  Selbst  die  Hinrich- 
tung Ludwig 's  XVI.  gab  ihr  zu  keinem 
Konunentar  Anlass.  Um  so  interessanter 
ist  ein  Bericht  über  das  Gastmahl  der 
Beut  scheu  Gesellschaft  an  ihrem  28.  Stif- 
tmigsfest.  am  26.  Dezember  1792.  An 
Enthusiasmus  fehlte  es  dabei  nicht.  Dem 
Herzog  von  Braunschweig,  dem  „Anführer 
der  Sclaven".  wurde  Bourgoyne's  Schick- 
sal gewünscht.  Auch  die  biederen  Deut- 
schen in  l'hihKlelphia  ergriff  ein  Freiheits- 
taumel. ]\Ian  tanzte  um  Freiheitsbävnue, 
geschmückt  mit  der  französischen  Trico- 
lore  rnid  dem  Sternenbanner,  und  sang  nrit 
Begeisterung  die  Marseillaise.  Dem  Bür- 
ger P^dmond  Charles  Genet,  dem  im  April 
1793  in  Philadelphia,  der  damaligen 
Hauptstadt  des  Landes,  eingetrotfenen  Ge- 
sandten der  französischen  Republik,  der 
durch  seine  Unverschämtheit  selbst  Wash- 
ington in  Harnisch  ])rachte,  überreichte  die 
„Deutsche  Republikanische  Gesellschaft" 
ein  Huldigirngsschreiben,  in  welehenr  die 
Unterzeichner  erklären,  die  Betrachtimg 
schmerze  sie,  „dass  eine  Nation,  von  der  wir 
al)stammen.  in  der  Verschwörimg  gegen 
Freyheit  den  Ton  angeben  musste".  Genet 
erwiderte,  die  Verantwortung  für  den  Krieg 
gegen  Frankreich  trüge  nicht  das  deutsche 
Volk,  sondern  dessen  Tyrannen. 

Xativistische  Eoguiigen  gab  es  schon  am 
Ende  des  18.  Jahrhunderts.  In  der  „Cor- 
respondenz"  legte  „ein  Deutscher"  dage- 
gen   Verwahrung    ein    und    erklärte,    die 


Deut.schen  seien,  zum  Tlieile  wenigstens, 
für  diese  Geringschätzung  verantw(»rtlich, 
weil  , .manche  imter  ihnen  aus  üimunhcit 
ilinr  Xationalität  sich  schäincn.'"  Selbst 
dem  in  Amerika  geborenen  zweiten  Sohne 
Pa.stor  ^lühlenberg's,  Friedrich  A.  .Mühleu- 
l)erg,  dem  Sprecher  der  Assembly,  wurde 
.seine  deutsche  Abstamnumg  zum  Vorwurf 
gemacht.  Die  Vei'hunzung  der  .schönen 
deutschen  ^Muttersprache  seitens  der  Deut- 
schen in  Amerika  durch  Aufnahme  engli- 
scher Worte  und  Redewendungen  ver- 
spottet schon  Johann  David  Schöpf,  der 
17S:3  und  1784  die  Vereinigten  Staaten  be- 
r-eiste.  Er  spricht  von  „geradebrechtem 
^Mischmasch"  und  ,, Bastard  -  Kauiler- 
welsch".  Lessing,  Schiller  und  Goethe 
waren  den  Deutschen  in  Amerika  am  Ende 
des  achtzehnten  Jahrhunderts  unbekannte 
Gi'össen.  Als  Kuriosum  verdient  ange- 
führt zu  werden,  dass  eine  englische  Ueber- 
setzung  von  ..Werther 's  Leiden"  in  Phila- 
delphia wohl  in  englischer  Uebersetzung  zu 
haben  und  in  deutschen  Zeitimgen  an- 
gezeigt war.  nicht  a1)er  im  deutschen 
Original. 

W^ie  lange  die  an  jedem  Dienstag  und 
Freitag  Abend  erscliienene  „Fennsylrani- 
sche  ('orrcspondonz"  Heinrich  Schweitzer's 
bestand,  ist  nicht  bekannt.  Sie  dürfte  mit 
dem  Jahre  1799  eingegangen  sein.  Ausser- 
dem ist  zu  nennen  die  1790  von  Friedrieh 
U.  Reiche  herausgegebene  Zeitung  „Der 
Gencral-Posthothc  an  die  deutsche  Xation 
in  America''.  Das  Blatt  war  nur  von 
kurzem  Bestände.  In  dem  Prospekt  hatte 
der  Gründer  erklärt,  die  Ausgewanderten 
müssten  sich  namentlich  vor  Knauserei  in 
Ji'zuej  auf  Erziehung  und  Erziehungsmittel 
hüten  und  selb.st  den  Schein  meiden,  „als 
halje  unser  Vaterland  nur  La.stträger  und 
Packesel  in  die  Fremde  entsandt." 

Ausserdem  wurden  in  Pennsylvanien  am 
Ende  des  18.  Jahrlumderts  noch  folgende 
Zeitungen  gegründet : 

1787:  Am  8.  August  die  „Neue  Unpar- 
thevisehe  Zeitung"  in  Laneaster. 


488 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE   IN   AMERIKA. 


1788:  Am  \>.  F.'l)niar  <li.'  ..NVuc  l'npar- 
thfyisk'ho  Zfitunj?"  in  lu-adiiifr. 

1793:  Eine  deutsche  Zeitung  in  Eastou. 

1704:  Die  „Uopartheyisehe  Ilarrisburg 
Zeitung"  in  Harrisburg,  welelie  später  den 
Titel  ..Ilarrishurger  .Morgenrot he"  erhielt. 

179Ö:  Eine  „Deutsehe  Zeitiuig"  in  York. 

17%:  Am  29.  XovemlMT  der  „l\tadin(j 
Aiihr".  die  älteste  deutsche  Zeitung  in  den 
Vereinigten  Staaten,  welehe  noeh  heute  be- 
stellt. 

17!i!L-  Am  25.  Mai  ,.I)er  Laueaster  Cor- 
respondent". 

1801  :  In  Easton  der  ,.Xorthainpton  Cor- 
respondent",  ein  lilatt.  des.sen  letzte  Xuni- 
mer  am  21.  Mai  190;i  erschien. 

Zu  erwähnen  ist.  dass  ausserhalb  Penn- 
sylvanien's  nur  in  einem  Staate  am  Ende 
des  achtzehnten  .Jahi-hunderts  deutsehe 
Zeitungen  ci-sehienen.  nämlich  in  Marij- 
iaml.  und  zwar  waren  es  das  von  Samuel 
Säur  herausgegel)ene  ..Maryland  Staatsre- 
gister" und  ..Die  Baltimore  Post". 


Geschichte  der    aeltesten    deutschen  Zei- 
tung in  Amerika,  des    „Reading  Adler." 

Die  älte.ste  deut.seh-amerikanische  Zei- 
tunir.  der  ..Reading  Adler",  der  im  Jahre 
17!Mi  gcfrründet  wurde,  erhielt  am  26.  Juni 
1  :>()!>  einen  neuen  Eigeiithümer.  Das  Blatt 
kam  damit  aus  dem  Besitz  einer  Familie, 
<len'n  Angehi.rige  es  ganz  oder  theilweise 
fast  von  seiner  Gründung  an  geleitet  hat- 
ten. Auch  das  Festhalten  an  dem  ererbten 
Besitz  i.st  eharakteristiseh  für  das  Deutseh- 
thum  Penn.sylvanien's.  bei  welchem  sich 
die  deut.sehe  Sprache,  wenn  auch  in  kor- 
rumpirter  Form,  seit  der  Zeit  der  ersten 
Si.MlIungen.  also  über  zweihundert  Jahre 
lang,  erhalten  hat.  Der  neue  Besitzer  des 
..Reading  Adler"  ist  Herr  John  Weiler, 
der  Nachfolger  des  Veteranen  der  deut.sch- 
amerikanisehen  Jounialistik  in  Amerika, 
des  der  wohlverdienten  Ruhe  pflegenden, 
ülx-r  86  Jahre  alten  Herrn  Wilhelm  Rosen- 
thal,   in    der    Herausgabe   der    täglich    er- 


scheinenden ..Reading  Post",  des  Sonntags- 
blattes „Die  Biene",  genannt  nach  dem 
Schiff,  mit  welchem  Rosenthal,  sein  Grün- 
der, vor  60  Jahren  nach  Amerika  kam,  und 
des  Organs  des  Ordens  der  TTarugari  „Die 
Deutsche  Eiche".  Die  Firma  Ritter  &  Co., 
die  frühere  Eigenthümerin  des  ..Reading 
Adler",  löste  sich  auf.  da  ihr  Chef,  Milford 
X.  Ritter,  sieh  seiner  angegriffenen  Ge- 
sundheit wegen  vom  aktiven  Geschäft  zu- 
rückziehen wollte. 

Es  war  im  November  1796,  als  von  Jacob 
Sehneider  und  Georg  Gerris  die  erste 
Nummer  eines  neuen  deutschen  Blattes 
herausgegeben  wurde,  und  zwar  unter  dem 
Titel  ,,Der  Unpartheyisehe  Reading  Adler". 
Das  Büd  eines  Adlers  befand  sich  zwischen 
dem  zweiten  und  dritten  Worte  des  Titels. 
Der  Adler  hatte  in  seiner  Klaue  eine  Rolle, 
auf  welcher  das  Wort  „Freyheit"  stand. 
Das  Blättchen  war  dreispaltig  und  16  bei 
24  Zoll  gross.  Der  am  29.  Novend)er  publi- 
zirten  ei-sten  Nummer  folgte  die  zweite  erst 
am  10.  Januar  1797.  Von  da  an  ist  das 
Blatt  regelmässig  am  Dienstag  jeder  Woche 
erschienen,  nur  wurde  der  ursin-üngliehe 
Titel  schon  in  den  ersten  Nummern  in 
„Reading  Adler"  geändert.  An  Gerris' 
Stelle  trat  am  29.  Juni  1802  ein  Neffe 
Schneider 's,  ein  praktischer  Drucker,  Na- 
mens John  Ritter,  in  die  Firma  ein.  welche 
den  Namen  Schneider  &  Ritter  erhielt. 
Zwei  Jahre  später  zog  sich  Schneider  vom 
Geschäft  zurück,  und  Ritter 's  Schwager. 
Carl  A.  Kessler,  wurde  dessen  Kompagnon. 
Der  Name  der  Firma  wurde  John  Ritter  & 
Co.  Kes.sler  starb  im  Jahre  1823,  Ritter, 
der  von  1843  bis  1847  Kongress-Mitglied 
war.  im  Jahre  1851.  Chas.  Ke..s.sler,  ein 
Neffe  John  Ritter 's  übernahm  das  Blatt 
und  leitete  es  bis  zum  1.  April  1864.  als  er 
das.selbe  an  William  S.  Ritter,  einen  Ver- 
waiulten,  der  im  Jahre  1820  als  Setzer- 
lehrling in  die  Offiein  des  Adler  eingetreten 
war  und  sich  allmählich  hinaufgearbeitet 
hatte,  übertrug.  Derselbe  a.ssociirte  sieh 
mit    Jesse    G.    Hawley    unter    der    Firma 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMKRIKA. 


489 


Ritter  &  Co.  Sie  «rründeten  im  Jahre  1868 
den  „Daily  Eagrle"  und  kauften  später  die 
Woehenzeitung  „Reading  Gazette  and  De- 
mocrat".  welehe  sie  als  ,,Weekly  Eagle" 
herausgaben.  Im  Jahre  1874  trennten  sieh 
die  Kompagnons.  Herr  Ritter  lieliielt  den 
„Reading  Adler",  und  Herr  Hawiey  über- 
nahm die  beiden  englischen  Blätter.  Im 
Jahre  1876  erhielt  der  ..Adler"  ein  statt- 
liches Druekerei-Gebäude  an  6.  und  Coui-t 
Strasse  in  Reading. 

Der  neue  Eigenthümer  lässt  den  ..Read- 
ing Adler"  naeh  wie  vor  erseheinen,  wenn 
aueh  einige  Aenderungen  vorgenommen 
wurden. 

Die  älteste  in  englischer  Sprache  erschei- 
nende Zeitung,  die  ..Portsmouth  Gazette", 
ist  nur  um  vierzig  Jahre  älter  ah  ihre 
deutseh(>  Kollegin  in  Reading. 


Die  deutschen  Zeitungen  in  der  ersten 
Haelhe  des    19.  Jahrhundert?. 

In  den  drei  ersten  Jahrzehnten  des  19. 
Jahrhunderts  waren  deutsche  Zeitungs- 
Gründungen,  die  sich  allerdings  fa.st  aus- 
schliesslich auf  i*enn.sylvanien  beschränk- 
ten, nichts  Seltenes,  aber  sie  verschwanden 
der  ]\Iehrzahl  nach  fast  ebenso  schnell,  wie 
sie  entstanden  waren.  Die  einzigen  Zei- 
tungs-Gründungen dieser  Zeit,  welche  heute 
noch  bestehen,  sind  der  im  Jahre  1810  in 
AUentown  zuerst  erschienene  „Vnahliängige 
Keijublikaucr"  (zur  Zeit  von  Wm.  Schlech- 
ter herausgegeben)  und  der  ebendaselbst 
1812  gegründete  AUentown  „Friedensbote''. 
Sie  niüs.sen  neben  dem  ,. Reading  Adler" 
als  die  „Patriarchen  der  deutschen  Presse 
in  Amerika"  bezeichnet  werden.  Der 
„AUentown  Friedensbote"  wird  von  der 
„Welt-Bote  (gegründet  1854)  Publishing 
Co."  herausgegeben. 

Von  den  vielen  Blättern,  welche  kamen 
and  gingen,  gewann  nur  eines  eine  wirkliche 
Bedeutung,  ja  war  in  vieler  Beziehung 
bahnbrechend  und  vorbildlich  für  die 
deutsche  Presse  in  xVmerika,  nämlich  die  in 


Philadelphia  lu'rau.sgegcbcne  Wochenst-lirift 
„Die  Alte  und  die  Xcue  Will",  weldit'  am 
4.  Januar  1834  zuerst  erschien  und  bald 
darauf  ihn'ii  Titel  in  ..Alte  und  .Neue 
Welt"  umänderte.  Der  Herausgeber  der- 
selben. Johann  (i(org  W(sselhöft,  war  am 
•M).  Juni  1805  in  Meyendorf.  Amt  Hagen. 
Haiuiover,  geboren.  Er  wollte  Theologe 
werden,  aber  die  ^Mittel  des  Vaters  reichten 
dazu  nicht  aus.  luid  so  wurde  er  zu  seinen 
Oheimen  Fromann  und  Wesselhöfl.  die  in 
Jena  die  Fromann 'sehe  Buchhandlung  iiiul 
Buchdi'uckerei  betrieben,  in  die  Lehre  ge- 
geben. Nachdem  er  im  Jahre  1>24  die 
Lehrzeit  beendet,  griff  ei-  nach  alter  deut- 
scher Sitte  zum  Wandei"stab.  war  aN  Buch- 
drucker in  Frankfurt  am  I\Iain.  in  LDudim. 
Brüssel,  Paris,  in  der  Schweiz,  in  Siid- 
deutschland.  Magdel)iirg  und  Berlin  thätig 
und  be.schloss  nai-h  einem  missglüekien 
Vei'such,  sich  in  Hannover  selbst  ständig  zu 
machen,  seinem  nach  Anu^rika  der  Verf:)l- 
gungen  der  [Mainzer  Untersuchungs-Ko.M- 
mission  wegen  geflüchteten  Freunde  rnd 
Vetter.  Dr.  Wilhelm  Wesselhöft.  zu  folg.'U. 
Nachdem  er  sich  mit  Johanna  IMonses  ver- 
heirathet  hatte,  kam  er  nach  r)2tägiger 
stürmischer  TVberfahrt  am  31.  Oktober 
1832  in  New  York  an.  von  wo  aus  er  si'-h 
zunächst  zu  Dr.  Wesselhöft  nach  Bath. 
Pa..  begab.  In  Xazareth.  Pa.,  wurde  ihm 
sein  einziger  Sohn  Wilhelm  geboren.  Er 
besuchte  Philadelphia.  Baltimore.  New 
York  und  I^oston  und  Hess  sich  schliesslich 
(1833)  in  Philadelphia  nieder,  weil  er  die 
Stadt  der  Bruderliebe  als  den  ..Zentral- 
punkt deutschen  Lebens"  erachtete,  „von 
welchem  durch  sein  und  gleichgesinnter 
Männer  Wirken  auf  ein  neues  verjüngtes 
Leben  in  der  deutschen  Bevölkerung  hin- 
gearbeitet werden  sollte."  Wes.selh:)ft 
kaufte  die  Ritter 'sehe  Druckerei  und  Bu-h- 
handlung;  er  fülirte  wirklieh  gute  deut- 
sehe Bücher.  Zweiggeschäfte  wurden 
schim  in  den  dreissiger  Jahren  in  New 
York  (Wilhelm  Radde).  in  Cincinnati. 
Baltimore,   New   Orleans  und    Washington 


490 


DIE  DEUTSCHE  PKESSE  IN   AMERIKA. 


m'j.'rümli't.       Wrssclluift     reiste    viel     uiul 
knü|»fte  inr..lp'ilcs.m'n  Ik'/iehnn^'eii  zu  den 
luTVorra^emlstt-n    tl."utsch«'ii    Miinncin    des 
Lniid.'s    an.      An    alU-n    deuts.-licn    Bcstre- 
hunjren     nahm    er    w.Tkthätij;«!!     Antlieil. 
Kr  war  iler  erste   Präsident   des  im  .lahre 
IS.U    in     lMnladt'l|)liia    «;cj„MÜndeten     Hil- 
(lunp<-V«'n'ins.  aus  welchem  am  1">.  De/cui- 
ber  IS.T)  drr  erste  deutsch»'  ?ilännery:esan«r- 
Verein.   der  ..Mäniu'rchor"    (durch    1'.    -M. 
WolsietTer  in 's  LelM'ii  frerufen)   entspranjj. 
Die   K<»htnie   Hermann   in    Missouri   zählte 
ihn    zu    iliren    (Jründern.      Kr    war    eilrij; 
bestreht.     die     Dcjjtschen     zu     einiiren,     die 
Muttersprache    zu    erhalten    und    das    An- 
sehen des  deutseben  Namens  zu  heben.     Er 
war  keindeutsch  und  übte  ein  wohlthuen- 
des    Gejren«rewicht    solchen    Deutschen    ge- 
frt'UÜber    aus,    welche    bcmülit    wai-cii.    ihr 
Vulksthum   so  schnell    wie   möglich   aufzu- 
gellen, ja  ihre  Abstanunun«;  so^rar  vei'leug:- 
neten.     Dem   Präsidenten  Tyler  unterbrei- 
tete er  den  Plan,  ein  anu-rikaniscbes  Gene- 
ral-Konsulat  für  «ranz  Deutschland  zu  er- 
richten.    Ks  solle  die  Kinwanderune  retreln 
nnd     die     Auswand<M-er    über    Land     luid 
Leute  in   der   .Neuen   Welt   belehren.     Der 
Präsident  verwies  ihn  an  den  Kongress.  Ob 
der    N'orschlag    demselben    jemals    unter- 
breitet   wonh'U    ist.    lässt    sich    nicht    fest- 
stellen,     hu  .lahre  LS:^8  verlor  Wesselhöft 
seine  Frau.     Die  in  demselben  Jalirc  hei-- 
einbrecheiule   linanzielle   Krisis,   die   l)is  in 
das  .lahr  1S44  dauerte,  zwan«.'  ihn  zur  Auf- 
gabe seines  Geschäfts  in  Philadelphia.     Kr 
siedelte    nach    St.    Louis    über,    wo    einer 
seiner  lirüder  etablirt  war.  Seine  Schwester 
w<»hnte    in    Hermann.    Mo.,    seine    Tochter 
Johanna    in    .Mascontah    bei    Belleville.    IH. 
Vnn    1S4:J— 5;i    betrieb    \Ves.selh(ift    in    St. 
Louis  eine  linchhandhnu;  und  Schreibma- 
terialien-Handlun«,'.   reiste  im    Hei'bst    1S54 
nacli  der  Heimat h   und  kehrte  zwei  Jahre 
später     imch     Amerika     zurück,     um     die 
letzten    Jahre    seines    Lebens,    die    ilnrch 
schweres      körperliches      Leiden      getrübt 
waren,  abwechselnd  bei  der  Schwester  imd 


der  Tochter  zu  verbringen.  Am  24.  Januar 
185!)  starl)  ci-.  Auf  dem  Friedhofe  in  Her- 
mann fand  iler  wackere  deutsche  Mann  die 
letzte  Rubestätte. 

.\iil"   Johann    Georg    Wesselhöft 's    LcIk^u 
und  Wirken  ist  an  dieser  Stelle  ausführlieh 
eingegangen  worden,  weil  das  Blatt,  dessen 
Gründer    nnd     Herausgebei-    er    wai-.    wie 
schon    (ilicn    licrvoi-gehoben.    bahnbrechend 
und  vorbildlich  für  die  deutsehe  Presse  in 
Amerika  wurde.     Die  obigen  Mittheilungen 
sind     der     Selbstbiographie     Wesselhöft 's 
entnonnnen.    welche    in    Gustav    Körner's 
Werk  ..Das  deutsche   Klement  in  den  Ver- 
einigten Staaten  von  Nor(buuerika.     1S18 — 
1848"    Verwendung    fand.       Bezeichnend 
ist,   dass   die   „Alte   und   Neue   Welt"   in 
ihrer    einen    AVoebennummer    mehr    Lese- 
stoff enthielt,   als  die   damals   in   Deutsch- 
land      erscheinenden       Tageblätter.       die- 
..Augslmrger    Allgemeine    Zeitung"    viel- 
leicht ausgenommen,  in   einei-  Woche  ent- 
hielten.     Sie    erschien    l)ereits   im   zweiten 
Jahie  ihres  Bestehens  in  Gross-Royal  For- 
nuit.      Die    erste    Seite    brachte    rnterlial- 
tungslektüre:  kleine  Novellen  und  Erzäh- 
lungen   neuerer    deutscher    und    französi- 
scher Schriftsteller,  biographische  Notizen. 
Mittheilungen  naturwissenschaftlichen  und 
kulturhistorischen     Inhalts    und    Gedichte 
der    deutschanuM  ikanischen    ]\Iuse.      Euro- 
päische Nachrichten,   deutschen  Zeitungen 
und    den     euroi)äischen     Korrespondenzen 
amerikanischer     Blätter     entnonnnen.     Be- 
richte   des    Korrespondenten    der    ,. Alten 
und  Neuen  Welt"  in  Frankfurt  am  IMaiu 
über  deutsche  politische  Verhältnis.se.  Aus- 
züge aus  Botschaften  des  Präsidenten  der 
Vereinigten  Staaten  und  des  Gouverneurs 
\<)ii  Pennsylvanien,  sowie  aus  den  Debatten 
des    Kongresses    und    Reden    bedeutender 
amerikanischer  Staatsmänner  und  Artikel 
belehrenden    Inhalts    über    die    Gasehichte 
des  neuen   Vaterlandes   füllten   die  zweite 
Seite,    während    die    dritte    amerikanische 
Nachrichten,    solche    über    Philadelphiaer 
Lokal-Ereignisse  und  Korrespondenzen  aus 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IX  AMERIKA. 


491 


dem  Inlande  aufwies.  Die  vierte  Seite  war 
Anzeigen  irewidinet.  Das  Blatt  war  Ui'iii 
ausgesprochenes  Partei-Organ ;  es  hatte 
eine  Seliwenkung  von  der  Whigpartei  zur 
Denu)kratie  gemacht,  vermied  es  jechx-h. 
durch  allzu  scharfe  Sprache  sich  Gegiu'r 
unter  den  Deutschen  zu  nuichen.  Seine 
Haupttendenz  bestand  darin,  das  Deutsch- 
thum  zu  stärken  und  zu  einigen,  und  ein- 
seitige Partei-Politik  war  damals  wie  auch 
heute  noch  dazu  das  allerungeeignetste 
Mittel. 

Die  ,,Alte  und  Neue  Welt"  bestand  bis 

zum  Jahre  1843  und  zählte  zu  ihren  Re- 

I  dakteuren.  ausser  dem  Herausgeber,  C.  L. 
I  ... 

I  Walz,    Samuel    Ludvigh    und    ^laxunilian 

I  Sehele  de  Vere.  Sie  Avar  freisinnig  in 
Politik  und  Religion,  befleissigte  sich  einer 
gewählten  Ausdrucksweise,  hielt  sich  fern 
von  allen  Rohheiten  der  Hemdsärmel- 
Journalistik,  zeigte  lebhaftes  Interesse  für 
Homöopathie  und  Wasserheilkmide,  zeich- 
nete sich  durch  IMässigung  und  milde  Be- 
urtheilung  selbst  ihrer  Gegner  aus  und 
war  mit  Erfolg  bemüht,  den  verschiedenen 
Bildungsstufen  ihrer  Leser  gerecht  zu 
werden.  Daraus  erklärt  sich,  dass  die 
„Alte  und  Neue  Welt"  eine  Verbreitung 
in  allen  Theilen  der  Vereinigten  Staaten 
gewann,  wie  sie  kein  anderes  deutsches 
Blatt  jener  Zeit  erreichte.  In  den  Städten 
des  Ostens  und  Südens,  in  den  weit  aus- 
wärts liegenden  Ansiedlungen  des  Nord- 
westens, war  sie  lange  Jahre  der  stets 
willkommene  Wochengast,  und  ihr  Ein- 
fluss  auf  Gesinnung  und  Gesittung  des 
deutschen  Elementes  kann  kaum  über- 
schätzt werden.  Für  die  Geschichte  der 
Deutschen  während  jener  Zeit  ist  sie  eine 
ausgiebige,  ja  unentbehrliche  Quelle.  Auf 
ihrer  Titelvignette  befanden  sich  folgende 
Verse : 

In  freier  Schrift  und  Rede 
Tliiit  hier  der  Geist  sich  kund; 
Pressfreiheit  ist  für  jede 
Freiheit  der  Schirm,  der  Grund. 


Hier  darf  kein  Zuiiij^licrr  dräuen 
Mit  seinem   Maciitj,'('l)ot ; 
Wir   liiiiuclii'ii    niciits  zu   scheuen 
Als  das  (icsctz  lind  (Jott. 

Die  erste  (iciitsrhf  Zeitung  jiiisscrhalb 
i'iiinsylvanicn 's  und  Maryland's  war  ,.I>tr 
Deutsche  Beobaclili  r".  der  in  (";ml((u.  ().. 
im  Jahi-e  1S21  gcgi-iindct  wurde.  ;i1mt 
nicht  mehr  erscheint.  Die  erste  deut seile 
Zeitung  in  IMttsburg.  P;i..  „Der  Stent  des 
]V(slrtis",  erschien  in  demselben  Jalire. 
wie  die  erste  dcut.sche  Zeitung  in  Ciueiii- 
nati  „Die  Ohio  ('hronik'\  nändich  im 
Jahre  1826.  Von  den  ersten  deutschen 
Zeitungsgründungen  in  Ohio  hatte  Bestand 
das  18H6  in  (.'incimmti  gegründete  ..('iii- 
cinnatier  Volkshlall".  In  demselben  Jahre 
erschien  auch  der  ..Freiheitsfreund"  in 
Pittsburg. 

Xew  York 's  Deutschthum  empfau<l  erst 
verliältni.'>:suiässig  .^pät  die  Xothwendigkeit 
eines  in  deutscher  Sjiraehe  geschriebenen 
und  gedruckten  Blattes.  Die  erste  deutsche 
Zeitung  in  New  York,  die  „Xew  YorUer 
St(iats-Zeitung'\  trat  am  24.  Dezeiid)er 
1834  zuerst  voi-  die  Oetfentlichkeit.  Eine 
Bedeutung  erhielt  auch  die  im  Jahre 
1843  in  Xew  York  publizirte  Zeitung  „Die 
„Sch)ieUpost". 

Das  Deutsclithum  St.  Louis'  und  l'm- 
gegend  erhielt  die  erste  deutsche  Zeitung 
im  „Anzeiger  des  Westens",  der  am  31. 
Oktober  1835  zuerst  erschien. 

Der  erste  Versuch  mit  der  Herausgabe 
einer  deutschen  Tages-Zeitunti  wurde  im 
Jahre  183(i  in  Philadelphia  von  Ad.  Siigc 
gemacht,  doch  war  das  Blatt  „Dir  Beolmeh- 
ter  e,vn  Delaware"  nui-  \iin  kurzem  Be- 
stände. Im  nächsten  Jahre  uuu'hte  L.  .\. 
W^ollenweber  in  Philadelphia  abermals  mit 
der  von  ihm  gegründeten  Zeitung  „D(r 
Freisinni(j(  "  di'u  Versuch  der  Etabliruug 
einer  deutschen  Tagespresse.  Aber  auch 
dies  Experiment  schlug  fehl.  Auch  Burk- 
hard &  Rottenburg  erlebten  mit  der  am 
27.  August  1838  begonnenen  täglichen 
Ausgabe    des    eiriiL'c     .Monate    voi'her    als 


492 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


\VtK-lu-nl)hitt  u'.'irr-iiiidi^trn  J'hUa<Ulphia 
Demokrat"  riii  Fiask...  Erst  1S;W  wiirdf. 
hIs  WoIIi'Mwi'Imt  .iImtiiwiIs.  uiul  zwar  mit 
dein  ..Drmoknit'".  <len  Vei-such  machte, 
«'inr    «l.'utsclu'    Ta^'.'s-ZtMtunj;    hcraus^t'^c- 


WiscDiisin's  erstes  deutsches  Blatt  wurde 
1S44  tregründet.  Es  war  das  in  ^lilwaukee 
puhlizirte  „Wisconsiu  Banner".  1851 
folgte  die  von  Kohhnaun  und  Broeg  ge- 
gründete    „VolkshaUe",    die    später    den 


JH'ii.    «las    Feld    der    Tages-Puhlicistik    der      Namen  „Seebote"  erhielt.     ,,Der  Seebote" 


deiits<'hcn     l'ifss.'     in     Amerika     dauernd 
erobert. 

Die  erste  deutsche  Zeitung  in  Butt'alo. 
N.  Y..  ../>•/•  Wilthiirtfi  r",  wurde  im  Jahre 
\H'M  gegründet.  In  demselben  Jahre  ent- 
stand in  Cineiniiati  au<-h  das  rrst(  hatlto- 
UmIk  ih  utsilK  lilnlf  des  Landes.  „Der 
Wahrhfitsfreiind".  ..!>' r  rliristlichf  Apo- 
loffftf",  das  deutsehe  Organ  des  Methodis- 
mus, wurde  in  Ciiu-innati  im  nächsten 
Jahre  gegrüiuli't. 


wurde  vor  einigen  Jahren  mit  dem 
..Herold"  verschmolzen.  Die  Herausgeber 
desselben,  die  ..Gerinania-ITerold  Asso- 
ciati<m",  verötl'ent liehen  auch  die  ..(ierina- 
nia-Aliendpost"  und  die  ..Sonntags-Post", 
^lilwaukec's  Bestand  an  Tages-  und 
Sonntags-Blättern. 

Die  erste  deutsche  Zeitung  in  Cleve- 
land.  „Der  Wächter  am  Eric",  wurde  1852 
gegründet. 

Texas   erhielt   seine  erste   deutsche  Zei- 


.\ls  erstes  deutsehes  Blatt  in  Illinois  ist      tung    in    dem    1852    erschienenen    Blatte 
iler  im  Jahre  1S40  gegründete  „Freiheits-      „Xeu-Braunsfeh  Zeitung". 


hotf  "  in  1^'lleville  zu  verzeichnen,  dem 
ebendasell).st  1S44  „Ihr  Beobachfer",  1845 
„l>i  r  Chicüffn  Viillcsfreund"  und  1S46  die 
„Illinois     Staats  -  Zeitung"     in      Chicago 

folgten. 

Das  älteste   deutsche   Blatt   [Maryland 's, 
../>'/•   Htutsche    Comsponflent"   in    Balti- 


Californien's  erste  und  noch  .jetzt  l)e- 
stehende  deutsche  Zeitimg,  „Dir  CaUfiiniia 
Detnohrat",  wurde  von  Louis  Ilähnleu 
1851  in  San  Francisco  gegründet. 

Die  einzige  deutsehe  Tages-Zeitung, 
welche  der  Staat  New  Jersey  heute  aufzu- 
weisen   hat.    aber    eine    recht    bedeutende, 


niore.    wurde   im    Jahre    1841    von    Oberst      Anirde  von  Benedict  Prieth  1858  gegründet. 


Frietlrieh     Raine    gegründet.       Die    erste 
Nnmmer  erschien  am  b.  Februar. 

Die  erste  deutsche  Zeitung  in  Louis- 
ville.  Ky..  war  die  1S41  gegründete  „Volks- 
biilnit  ",  welcher  184f)  der  „Louisville 
Anzeiger"  folgte,  eine  der  verbreitetsten 
deut.sehen  Zeitungen  des  Laiules. 

Der  Staat  Louisiana  erhielt  sein  erstes 
deut.sches  Blatt  im  Jahre  1839.  Es  führte 
di'ii  Namen  „Der  Deutsche"  und  wurde 
in  .\ew  Orleans  publizirt.  Es  erschien 
später  in  Deutsch  und  Englisch  und  ging 
bald  ein.  Zahlreiche  andere  deutsche  Zei- 
tiujgen  kamen  und  gingen.  Den  längsten 
Bestand  hatte  die  184S  gegründete  „Xew 
Orteanser  Deutsche  Zeitung". 

Im  Jahre  1848  erhielt  die  Bundeshaupt- 
stadt die  erste  deutsche  Zeitung.     Redak- 


Es  ist  die  „New  Jersey  Freie  Zeitung". 


Die  New  Yorker  Presse  von  1849-1851. 

Der  Herausgeber  des  ..California  Demo- 
krat". Herr  Friedrich  Hess,  hat  für  ..Das 
Buch  der  Deutschen"  folgende  interessante 
]\Iittheilungen  übersandt : 

,,Da  meine  Erinnerungen  an  die  X.  Y, 
Deutsche  Presse  von  anno  1849 — 1853  noch 
warm  sind,  so  dürfte  vielleicht  Folgendes 
für  Ihr  Werk  von  Interesse  sein.  Während 
dieser  Jahre  erschienen  daselbst : 

Die  „Tägl.  N.  Y.  Staats-Zeitung"  mit 
dem  Sonntagsblatt,  genannt  ,.Der  Frei- 
schütz". Das  Geschäfts-  als  auch  das 
Setzerlokal  befanden  sieh  in   '49  in  einem 


kleinen  Hinterhaus,  No.  11  Frankfort  Str., 
teur  dersell)en  war  Alfred  Schücking.  Ihr  gegenüber  French  Hotel.  Herausgeber  war 
Name  war  „Der  Deutsche  in  Amerika".  Jacob  Uhl,  der  geschäftlich  als  auch  tech- 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


Asr.i 


nisch  auf's  Beste  von  seiner  Gattin  unter- 
stützt wurde.  Es  war  auch  einst  eine  Zeit, 
dass  sich  Frau  Uhl  mit  dem  Austra^'cn  der 
Zeitungen  besehäftigte.  und  zwar  in  den 
40er  .Jaliren.  Satz  und  Redaktion  des 
„Freischütz"  hig  einzig  in  den  Händen  des 
Setzers  Stephan  bis  1851.  Stephan  ging 
indess  einst  an  die  ,. Spree" — er  fehlte  von 
Montag  bis  Donnerstag.  Herr  und  Frau 
Uhl  fühlten  sich  wegen  der  kommenden 
Sonntags-Xummer  beunruhigt.  Stephan 
erklärte  indess  am  Donnerstag,  dass  das 
Blatt  so  gut  wie  immer  erscheinen  würde. 
Das  Blatt  erschien,  aber  Stephan  hatte  die 
Notiz  gebracht,  dass  wegen  des  hochinteres- 
santen Lesestoffes  die  letzte  Nununer  fast 
gänzlich  vergriffen  und  auf  allgemeines 
Verlangen  erseheine  der  Satz  von  letzter 
Woche  nochmals ! 

Die  Gesannntautlage  der  Staats-Zeitung 
war  1849  circa  4.500.  Der  „N.  Y.  Demo- 
krat" (IL  Schlueter,  Herausgeber)  er- 
schien mit  dem  Sonntagsblatt  ,,Der  Beo- 
bachter am  Hudson".  Zur  Zeit  hatte  der 
„Beobachter"  die  grösste  Auflage  von  allen 
deutschen  Zeitungen  New  Yorks  und  im 
gleichen  Gebäude.  No.  77  Chatham  Strasse, 
wurde  auch  die  tägliche  ..Schnellpost"  ge- 
druckt, C.  .Magnus,  Herausgeber.  Sowohl 
der    ..N.     Y.     Demokrat"     als     auch     die 


„Sehnellpost"  hatten  über  ;{,0(»0  Antlage. 
1850  wurde  die  „N.  Y.  Abend-Zeitung" 
(Sonntagsblatt  ..Atlantische  Blätter")  ge- 
gründet. Herausgeber  war  eine  Ass(»ei;i- 
tion  von  12  Buchdruckern.  Das  Blatt  hatte 
nach  kurzem  Krsclieinen  bereits  eine  .\iit- 
lage  von  :i200  Kopien.  Zu  den  Redakteu- 
ren luid  literarischen  .Mitarbeitern  zähl- 
ten die  IJesten.  (ii<'  je  eine  deutsche  Zeitung 
Amerikas  aufzuweisen  hatte.  Hs  waren: 
Dr.  Carl  Dilthey,  Dr.  Magnus  Gross.  Anton 
Eickhoff".  Feiuier  von  Feiiiii'i)er'.'.  Di-. 
Schele,  später  Professor  an  der  liiiversität 
von  Virginia,  Dr.  Gottfried  Kellni-r.  Louis 
Didier,  Victor  Wm.  Fröhlich  und  ..last  bnt 
not  least"  Hermann  Raster,  später  Redak- 
teur der  „niinois  Staats-Zeitung".  Die 
,, Abend-Zeitung"  hatte  aber  keine  Mittel 
zur  Verfügung,  und  Lneinigkeit  der  Aktio- 
näre trug  nach  mehrjährigem  Bestehen 
zum  Verfall  des  Blattes  bei. 

1851  erschien  auch  in  New  York  ..Der 
•Zuschauer"  als  Wochenblatt.  Herausgeber 
und  Redakteur  war  der  wohlbekannte  48er 
Gustav  Struve. 

1851  wurde  auch  daselbst  die  ..Criminal- 
Zeitung",  später  ,, Belletristische  Blätter", 
von  Rud.  Lexow  gegrüiulet.  Das  Blatt  war 
sorgfältig  redigirt  und  hatte  zur  Zeit  be- 
deutenden Erfolg  zu  verzeichnen." 


494 


DIE  DKrTScm-:  pressk  i\  amekika. 


Deutsche  Zeitungen  und  ihre  Herausgeber. 


Naclistflu'iKl  <li<'  (icschifhti"  rini^'cr  bc- 
kmmtfii  (Icutsfli-aiiu'riUMiii.scIu'ii  Ta(;<s-Z<  i- 
tuii(/iii  und  liiotrraphit'ii  iliirr  1  InausirclxT. 
so  wi'it  sie  UMS  zur  Vrrfiiiruiiir  standen.  In 
spätoron  AuMaiit-n  des  Ihii-hcs  soll  dieses 
Kapitel  er^rän/t  und  vervollstiindiirt  wer- 
ilen.  Für  <lie  Heilienfi)l,«re  der  niiehsteheii- 
den  Zeitunjrs-(Jesehiehten  und  Hiojrrapliieii 
waren  die  Namen  der  Staaten  in  al|)liaheti- 
selH'r  Ani)rdinniir  niassirebend.  in  denen  die 
hetretTenden   Blätter  erseheinen. 

..Sie  wirkten  nanientlieli  in  zweierlei 
Hiehtun^r:  aufklärend  und  belehrend  für 
das  Deutseht hnni  luid  kämpften  für  Recht 
und  Wahrheit  im  reehtliehen.  patriotischen 
Sinne.  Diesen  Charakter  der  deutselien 
Zeit  untren  hat  sieh  tue  deutseh-amerika- 
nische  l'resse  bis  auf  den  heutiiren  Tag  be- 
wahrt und  ist  trotz  aller  Stürme,  die  in  der 
Foltre  über  das  I^and  brausten,  nicht  von 
dem  vorgesteckten  Ziele  al)gewichen.  In 
jeder  wichtigen  Zeitepoche  war  sie  das 
Mundstück  der  liberalen  Seite  gegen  die 
rndiddsamkeit.  dämiifte  den  Sturm  der 
Leitlenschaft.  wenn  es  zum  Heile  des  Lan- 
des war.  aller  zog  gar  kräftig  vom  Leder-. 
wenn  Fanatismus.  Heuchelei  und  ein  un- 
verschämter Afteriiatriotisnuis  sich  geltend 
zu  machen  versuchten.  Keine  deutsche 
ZcHiniff  in  (liisiiii  LamU  hat  jetnah  die 
Sklaverei  zu  verfheidif/i  n  rrrsuchl,  die 
Seeession  gebilligt,  oder  je  zu  einem  Kriege 
mit  dem  Auslande  gerathen  oder  gar  ge- 
hetzt. Dabei  war  der  Ton  der  deutschen 
Fres.se  inniier  ein  moralischer,  und  selbst 
w«'nn  sie  Donnerkeile  austheilte.  hielt  sie 
sich  .stets  in  den  (irenze>i.  die  der  Anstand 
gebietet,  rnciidüdi  heilsam  und  wirksam 
war  der  KinHuss.  den  sie  vor  allem  in  der 
letzten  Hälfte  des  verflossen eii  Jahrhun- 
derts au.sübte.  ja  sie  liildete  ganz  direkt  das 
moralische  Gewissen  des  Landes  wodurch 
selltst  die  unskru|)ellose  englische  Presse  im 
Zaume  gehalten  wurde.     Sie  war  nicht  nur 


der  getreue  Eckart  des  Deutschtluuiis.  son- 
dern (lei-  ganzen  Nation,  und  alle  Anfein- 
dungen ihi'ei-  iiiäehligen  Stiefschwester,  der 
englischen  Presse,  vermochten  sie  nicht  '| 
irre  zu  machen  an  ihrem  Heruf.  oder  die 
eingeschlagene  Bahn  zu  verla.ssen.  Ihr  ge- 
l)ührt  die  hohe  Ehre,  dem  Lande  und  der 
.Nation  in  Xoth  uiul  in  (icfahr,  mochte  diese 
nun  von  äusseren  odei-  von  inneren  Feinden 
di-ohen.  durch  ilu'e  mächtige  Stiiiune  und 
durch  ihren  Wahrheitsnuith  die  grö.ssten 
Dienste  geleistet  zu  haben,  indem  sie  in 
solcher  Zeit  die  Gemüther  aufrüttelte,  be- 
geisterte und  enttlanunte.  und  so  zum  Ge- 
lingen jeder  grossen,  edlen  und  rechten 
That  beitrug.  Heute  steht  sie  in  ihrem 
sittlichen  Ernste  hoch  über  der  seichten, 
demoralisireuden  englischen  Presse  mit 
deren  Wust  unverdaulicher,  geistiger  Sur- 
rogate imd  kolossalen  Geschmacklosigkeit, 
die  sich  namentlich  in  der  Hlustration  breit 
nuicht.  und  einer  Sensationssucht,  die 
ruhige  Prüfung  nicht  kennt.  Der  Daseins- 
zweck der  englischen  Presse  ist  rein  mate- 
rieller Natur,  also  der  erzieherische  ein  ij 
völlig  verfehlter.  Die  Presse  soll  das  Volk 
zu  sich  heranziehen,  ihm  gewissernuissen  ein 
Leitstern  sein,  aber  sie  darf  sich  nicht  zur 
Schmeichlerin  der  Unwissenheit  und  des 
Unge.schmacks  machen.  Dies  thut  die  eng- 
lische Presse  aus  rein  materiellen  Gründen  »| 
vielfach,  und  das  Resultat  ist  keine  Fort- 
bildung des  Volkes,  sondern  viehnehr  eine 
Verflachmig  seines  Denkens,  eine  Verwir- 
rung seiner  Begriffe,  kurz  eine  moralische  •{ 
Vergiftung.  Die  deutsche  Presse  tritt  be- 
lehrend und  ermahnend  auf.  frei  von  aller 
Sensation  und  wirkt  im  wahren  Sinne 
volkserzieherisch.  Eine  solche  Presse  nuiss 
segensreich  wirken  nicht  nur  füi"  (hisjenige  'j 
Bevölkerimgselement.  in  dessen  Sprache  sie 
geschrieben  ist,  sondern  auch  für  die  T^ür- 
ger  englischer  Zunge.  Eine  solche  Presse 
hat  nicht  nur  eine  journalistische,  sondern 


DIK  DEUTSCHE  PRESSE   J.\   AMEKIKA. 


4&5 


aiu'h  i'ine  literarische  Hedeiitunir.  denn  sie 
wirkt  fördernd  und  l)ildend  im  weitesten 
Sinne!" 


CALIFORNIEN. 

„California   Demokrat"  in  St.  Francisco. 

Die  erste  deutsehe  Zeitung,  welelie  in 
<üalifoinien  gegründet  wurde,  war  die 
„Tägliehe  Cal.  Staats-Zeitung".  Sie  ver- 
•dankte  ihr  Entstehen  besonders  Jacob  F. 
Häluilrn.  Derselbe  kam  1849  von  Philadel- 
phia nach  Californien,  war  Ilutmaeher  von 
Profession,  doch  widmete  er  sich  daselbst 
ausschliesslich  der  Politik.  Er  verliess  San 
Francisco  im  Jahre  1851.  sicherte  sich  dann 
in  Philadelphia  alles  nöthige  ]\[aterial  zur 
Herausgabe  des  Blattes,  sowie  auch  Redak- 
teur und  Setzer.  Um  das  Blatt  so  bald  wie 
möglich  erscheinen  zu  lassen,  wurden 
Presse  sowie  auch  Typen  per  Dampfer  via 
Panama  nach  San  Francisco  versandt.  Die 
Fracht  über  den  Isthmus  allein  betrug  25 
Cents  pro  Pfund.  Zur  Beförderung  der 
Fracht  über  den  Isthmus  wurden  zwei 
Ochsen  sowie  auch  einige  INIaulesel  ver- 
wandt. Das  Blatt  erschien  in  vorzüglich- 
ster Ausstattiuig  bereits  vor  Ende  des 
Jahres  1851.  Die  Eigenthümer  waren 
•Jacob  F.  Hähnlen  und  Benjamin  F.  Waltz. 
Die  Grösse  des  Blattes  war  -l-seitig.  5 
Spalten  zur  Seite,  der  Abonnementspreis 
betrug  50  Cents  pro  Woche.  Die  Kosten 
■der  Herausgabe  waren  zur  Zeit  enorm ;  die 
"Setzer  erhielten  anfangs  ^2  pro  1000  m, 
was  indessen  bald  in  Anbetracht  der  finan- 
■zlellen  Lage  auf  $1.50  pro  1000  m  herab- 
gesetzt v>urde.  Das  Gehalt  des  Vormanns 
war  $75  pro  Woche. 

Kurze  Zeit  nach  der  Herausgabe  ging 
•das  IMatt  bereits  in  die  Hände  einer  Aktien- 
-Gesellschaft  mit  .$10.000  baar  einbezahltem 
Kapital  über,  und  nach  1  V-jährlichem  Be- 
stände ging  es  ein.  1853  kauften  Rechts- 
anwalt John  A.  Reichert  (früher  Sheriff 
in    Chicago)     und     C.     F.     Becherer    das 


l)ruckerei-]\Iaterial  und  gründeten  die  täg- 
liche „Freie  Presse"  (republikanisch).  Fast 
zur  selben  Zeit  wurde  der  „California  De- 
nujkrat"  gegründet.  DieHerausgcbcr  wann 
Dr.  F<v(Uiuin(l  von  Ltxhr,  (Idhrr chl,  .\(i(- 
inauH.  liuli  und  \V(i<jn(r.  FiitdricU  IIis<; 
war  seit  Gründung  des  ..Demokrat"  da- 
selbst tliätig,  bis  er  im  Jahre  1856.  kaum 
18  Jahre  alt,  Herausgeber  des  libittes 
wurde,  wiihitiid  Di-.  h\  \(in  Loclir  liis  zu 
seinem  Tode,  1877,  Redakteur  blieb.  Die 
„Freie  Presse"  stellte  ihr  Erscheinen  nach 
kaum  11  ojährlichem  Bestehen  ein. 

185-4  wurde  das  tägliche  ..San  Franci.sco 
Journal"  gegründet.  Herausgeber  waren 
A.  Brauer  &  Co,  Redakteure  di-r  Ix'kannte 
18-t8er  Dr.  Jul.  FrochH,  .lul.  Koin  und 
Karl  Krug.  1856  wurde  das  l^latt  mit  dem 
„California  Demokrat"  verschmolzen. 

1857  wurde  das  „S.  F.  Journal"  .Xn.  2 
(Herausgeber  L.  Jacobi  &  Co.)  gegründet. 
Auch  erschien  im  selben  Jahre  ,,Die  S.  F. 
Abend-Zeitung",  Herausgeber  C.  Behrens. 
Beide  Blätter  stellten  die  Herausgabe  nach 
kurzem  Bestehen  ein. 

1858  ei'schien  die  „S.  F.  Abendpost", 
Herausgeber  Ilerzer,  Schindler  &  Huefner. 
Jul.  Loewy  und  Leo  Elsesser  Redakteure. 
1904,  nach  fast  35jährigem  Bestehen  er- 
schien die  letzte  Xunnner. 

1893  wurde  das  „S.  F.  Tageblatt"  ge- 
gründet und  endete  1902  mit  einem  finan- 
ziellen Verlust  von  circa  .$30.000. 

Ausser  diesen  täglichen  deutschen  Blät- 
tein  ei-scheinen  in  San  Francisco  folgende 
deutsche  Wochenschriften  : 

..Die  Demokratische  Presse",  C.  A. 
rhrig.  HerausgelxM-. 

„Cal.  Journal".  Redakteur  Friedri.-h 
Schünemann-Pott,  vormals  Sprecher  der 
Philadelphia  Freien  Gemeinde. 

„Humorist",  Redakteure  Rud.  Tliomnn 
und  Max  Uohnlieim. 

„Cal.  Volksfreund",  sowie  versrlii.'dene 
andere,  die  indessen  alle  schon  vm-  dem 
Bi-ande  das  Zeitliche  segneten. 


41Hi 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


lOOH.    iiarh    (Ifiii     i:i(ll)fl»<ii     iiiul    'l''iii  Der  Herausgeber  des  „Cal.  Demokrat". 

HraiuK    .'rs.-hH'ii    dn    „Cal.     Dniiokrat"  Herr     Friedrich     Hess,     wurde     1837     in 

kiirzf  zVit  wiM-hcntlicli.  l)is  die  auf  telegra-  Cohlenz   a.    R.   geboren,   langte  mit  seinen 

phisrlu-iii  W.'p'  be.stt'lleten  Setz-Masehinen  Kit.  in  1S4!I  in  New  York  an,  trat  im  Jahre 

und    \V.'b-l*res.s('   eintrafen.      Ks   gereieht."  ISöU  als  Setzer-Lehrling  und  p:xpedient  in 

d.MU   HcrausgelH'r  zur  bcsdndcren   Fremh'.  die  „N.  Y.  Abend-Zeitung"  ein,  wanderte 

da.ss  »lie  Wi.'dt'rhrransgalM'  der  Tages-Aus-  naeh  fast  dreijähriger  T^ehrzeit  18.')3  nach 

ir)ih«'  vin   d<n    l;iiii.'.i;ilii'iirfn    FituihIch    des  ralif(uni('Ji  und  ist  fast  volle  00  Jahre  bei 


FRIEDRICH    HESS. 
Hetausgeber    des    ,, California    Demokrat' 


lilattfs  mit  Jubfl  hfgi'üsst  wuidc       Es  ist      der  deutsehen  Presse  Amerikas  thätig.  Hess 


jetzt  die  einzige  deutsehe  Zeitung  iu  San 
Frr.neiseo.  Kurz  naeh  dem  Brande  war  die 
Herausgabe  mit  grossen  Sehwierigkeiten 
verbunden.  Die  Herstellung  des  Blattes 
fand  zum  Theil  in  San  Franeiseo,  in  Oak- 
land  als  aueh  in  Berkelev  statt. 


war  1856  :\Iitglied  des  S.  F.  Yigüanz- 
Komites.  war  langjähriges  ^Mitglied  des 
Direktoriums  der  Allgemeinen  Deutschen 
Unterstützungs-Gesellsehaft  und  ist  einer 
der  Gründer  der  Deutschen  Spar-  und 
Leihbank    von    San    Franeiseo.      Er    war 


I 


DIE  DEUTSCIIK  I'KEiS8E   IN   AMKK'IKA. 


497 


vier  Jahre  lanj;.  von  1868  bis  72,  Scliiil- 
Direktor  vdii  Alamcda.  woselbst  cliireh  sein 
Beiiiübcn  der  deutselie  Unterrieht  einge- 
führt wurde.  Er  feierte  am  20.  Juli  1909 
im  Kreise  seiner  Familie  und  Enkel  auf 
seinem  Landsitz  Pine  Crest.  Xapa  Co..  in 
bester  Gesundheit  seinen  73.  Geburtstag. 

Oligleieh  Herr  Hess  immer  noch  seine 
Dienste  dem  ,,Cal.  Demokrat"  widmet,  be- 
findet sieh  die  gesehäftliche  Leitung  iu  den 
Händeu  seines  Sohnes,  Frederiek  Hess  jr. 
Derselbe  ist  aueh  Expert-Linotype-^Iasehi- 
nist.  Ihm  war  es  zu  danken,  dass  der  „Cal. 
Demokrat"  die  erste  Zeitung  in  San  Fran- 
cisco war,  deren  Satz  vermittelst  Setz-]\Ia- 
schinen  hergestellt  wurde.  1892  beendete 
er  seine  Lehrzeit  in  der  ]Mergenthaler 'sehen 
Setzmasehiuen-Fabrik  zu  Brooklyn,  N.  Y., 
•und  brachte  die  ersten  Setz-Masehinen  nach 
San  Francisco. 


ILLINOIS. 

„Illinois  Staats-Zeitung"  und    ,, Freie 
Presse"  in  Chicago. 

Die  ,, Illinois  Staats-Zeitung"  wurde  im 
Jahre  1846  von  dem  New  Yorker  Schrift- 
setzer B.  R.  Höfgen  als  bescheidenes 
"Wochenblättchen  ins  Leben  gerufen.  Bald 
fand  das  junge  Unternehmen  jedoch  in 
Herrn  Franz  A.  Hoffmann,  damals  Pfarrer 
in  dem  benachbarten  Dunkley  Grove,  eine 
tüchtige,  kräftige  Stütze.  Zwei  Jahre 
später  assoziirte  sich  der  gerade  aus 
Deutschland  eingetroffene  Dr.  Helmuth  mit 
Höfgen,  und  am  27.  April  1848  erschien 
die  erste  Ausgabe  der  neuen  ., Illinois 
Staats-Zeitung".  Nach  vierzelmmonatiger 
Thätigkeit  übergab  Dr.  Hemiuth  die  Re- 
daktion Herrn  Arno  Voss,  und  dieser 
wurde  nach  kurzer  Zeit  von  Hermann 
Kriege,  einem  Schriftsteller  von  Ruf,  ab- 
gelöst. Nachdem  die  Redaktion  dann 
wieder  an  Dr.  Helmuth  übergegangen 
war,   wurde  im  Jahre   1852   Herrn   Georg 


Si'iincidiT  aus  St.  Louis  die  redaktionelle 
Leitung  des  Blattes  übertragen  und  dieses 
selbst  in  eine  Tageszeitinig  umgewandelt. 
Die  Zeitung  entwickelte  sich  von  da  ab 
kräftig.  Als  nach  Beendigung  des  Krieges 
Ili'iT  Silmeidei-  in  diplomatischer  Sendung 
nach  Däneiiuirk  ging,  verkaufte  er  die 
Staats-Zeitung  an  Herrn  Lorenz  Brentano, 
von  dem  Herr  A.  C.  Ilesing  später  den 
halben  Geschäftsantheil  erwarb.  Dieser  be- 
rief Herrn  ^Vilhclm  Kapp  in  die  Redaktion. 
Im  Jahre  1867  wurde  llcn-  Ilesing  allei- 
niger Eigenthümer  der  Zeitung  und  über- 
trug dem  hochbegabten  deutschen  Schi-ift- 
steller  Ilernuinn  Raster,  der  sich  bereits  in 
New  York  einen  sehr  geachteten  Xanien 
auch  als  deutsch-amerikani.scher  Journalist 
gemacht  hatte,  die  redaktionelle  Leitung. 
Im  Jahre  1901  wurde  die  ,, Illinois  Staats- 
Zeitung"  mit  der  „Chicagoer  Freie  Presse" 
unter  der  geschäftlichen  und  journalisti- 
schen Leitung  des  Herrn  Richard  ^lichaelis 
ver.schmolzen.  Bald  darauf  zog  sich  Herr 
^Michaelis  vom  Geschäfte  zurück,  und  an 
seine  Stelle  traten  Herr  Walter  R. 
^Michaelis  und  Herr  Ilorace  L.  Brand, 
welche  heute  die  Eigenthümer  sind.  Re- 
dakteur ist  Herr  Albert  Schaedlich. 

Die  ,, Chicagoer  Freie  Presse"  wurde  im 
Herbst  1871  von  dem  Journalisten  Richard 
^Michaelis  als  illustrirtes  Wochenblatt  ge- 
gründet. Nach  dem  grossen  Feuer,  das 
Chicago  zerstörte  und  dem  auch  die  Ein- 
richtung des  Blattes  zum  Ojifer  fiel,  be- 
gann Herr  [Michaelis  das  schwere  Werk 
ohne  neniu^nswerthe  ^Mittel  von  neuem. 
Ti'otz  der  schier  unüberw'ndlichen  Schwie- 
i-igkeiten  wagte  er  die  Herausgabe  eines 
Tageblattes,  r.nd  da..K  seinem  eisernen 
Fleisse,  seiner  Umsicht  und  journalisti- 
schen Begabung  gelr.ug  das  Werk.  Herrn 
[Michaelis  stand  während  dieser  Zeit  als 
treueste  und  thatkräftigste  Mitarbeiterin 
seine  Gattin,  die  weithin  bekannte  und 
hochgeschätzte  Schriftstellerin  Frau  Clara 
Michaelis,  zur  Seite.  Zu  den  Redakteuren 
des  Blattes  trehörte  u.  a.  der  spätere  Redak- 


498 


t«'ur    ilfs    ..l'iuk".    l.t'opolil    Srlu'nk. 
Jahiv  IIMH  Nvurih'  die  ..Freie  Presse"  mit 
il.-r  ..Illinois  Staats-Zeituiig"  versi-hniolzen. 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 
Im 


DtT    oben     iTW  ahnte     (ifofff     SchiKÜUr, 
p,.»M.ren  am   VI   Dezember  1S2:^  zu  l'irma- 


naeli  Amerika  aus,  gab  zuerst  in  Pottsville, 
Pa.,  ,,Die  Leuehtkugeln"  heraus,  ein  puli- 
tisehes  Wochenblatt,  das  ganz  kurzen  Be- 
stand hatte,  und  kaufte  sieh  dann  eine 
F^arm  bei  Kalamazoo,  Mieh.  Bis  zum  Jahre 
185!)    blieb    er    für    die    WcW    versehollen, 


M-ns.  übei-sicdclte  im  .Jahre  1851   als  poli-  ,|.jjj,j  ^vandte  er  sieh  nach  Chieago,  kaufte 

tischer  Flüehtling  naeh  St.  Louis,  wo  er  ni  ^,j^.     Hälfte     des     Eigenthumsreehts     der 

Oenieinsrhaft  mit  seinem  Bruder  die  „Neue  min^is  Staats-Zeitimg",  die  unter  .seiner 

Zeit"    in 's     I.cIh'U     rief.       In     18o2     kani  j^ej^^i^g  ginen   grossen  Aufsehwung  nahm 

Sehneider  an   die  ..Illinois  Staatszeitung"  ^^^^,    Brentano   schon    1867    in    den    Stand 

naeh  Chicago,  wandelte  diese  in  eine  tag-  ^g^^te,  durch  Verkauf  seines  Antheils  sich 

liehe  Zeitung  um.  verfocht  niit  Nachdruck  ^^^  ^^j^^.  wohlhabender  Mann  von  allen  Ge- 

die  republikanischen   Prinzii^ien.  war  18.)6  ^,.i^:jf|^jj    zurückzuziehen.      Er   wurde   von 

Delegat   zur  ersten   republikanischen   Kon-  ^^/^^^^^^^     dankbaren      Mitbürgern      in     die 


ventiou  in  Illinois,  ebenso  zur  Xationalkon- 
vention  (185())  in  Philadel|)hia.  1860  war 
er  abermals  Delegat  zur  Xationalkonven- 
tinii.  wurde  unter  Lincoln  Konsul  /.u  Tlel- 
singör.  1862  verkaufte  er  seinen  Antheil 
an  <ler  ..Ills.  Staatszeitiuig"  und  wurde 
gleichzeitig  zum  Inlandsteuerkollektor  für 
den  Chicagoer  Distrikt  ernannt.  Später 
wvn-de  Schneider  Prä.sident  der  ..Illinois 
Savings  Institution",  zog  sich  von  der 
Journalistik  fast  ganz  zurück  und  nahm 
seit  1871  auch  am  politischen  Leben  wenig 
Antheil  mehr.  Er  starb  am  16.  September 
1905  in  Colorado  Springs. 


Als    Hedaklt'ur   der 
tung"    hat     während 


Staats-Legislatur,  zum  Präsidenten-Elek- 
toreu  und  in  den  Kongress  gewählt.  Im 
Jahre  1872  wurde  er  zum  Konsul  in 
Dresden  ernannt.  Nachdem  er  1876  in 
den  Kongress  gewählt  worden  war  und 
dieser  Ehrenptlicht  genügt  hatte,  siedelte 
er  nach  Deutschland  über,  wo  er  lange 
Zeit  in  Stuttgart  ansässig  war  und  1891 
starb. 

Anton  Caspar  Hesing  war,  wenn  auch 
keiner  der  gebildetsten,  doch  einer  der  be- 
deutendsten Deutschen,  welche  die  Einwan- 
derung des  neunzehnten  Jahrhunderts  nach 
Amerika  gebracht  hat.  Geboren  am  6. 
Januar  1823  in  Vechta  im  Grossherzog- 
des    Bürgerkrieges     thum  Oldenburg  als  Sohn  eines  Gasthofbe- 


.lllinois   Staats-Zei- 


Lorrnz  lirnitano  der  Sache  der  Union 
gros.se  Dienste  geleistet.  Geboren  1812  in 
Maiuiheim  und  an  den  Universitäten  Hei- 
«lelberg  und  Freiburg  zum  Juristen  ausge- 
bildet, wjirde  Brentano  in  das  Frankfurter 
Parlament  1848  gewählt.  An  der  Revolu- 
tion in  Baden  betheiligte  er  sich  nicht. 
wjirdj'  aber  nach  der  Flucht  des  Grossher- 
7ogs   am    14.    Mai    1849   vom    ..Landesaus- 


sitzers,  lernte  er  als  solcher  schon  früh 
den  Umgang  mit  Menschen.  Da  er  aber 
beide  P]ltern  früh  verlor,  und  das  väter- 
liche Erbe  verkauft  wurde,  wanderte  er 
mit  Zustiuunung  .seines  Vormimds  im  Jahre 
1840  über  Bremen  und  Baltimore  nach 
Cincinnati  aas,  wo  schon  viele  seiner 
Landsleute  wohnten.  Dort  wurde  er  Gro- 
cerv-Clerk.   Grocer   und   Hotelbesitzer,   ge- 


schuss"  an   die   Spitze  der  provisorischen  rieth  sehr  bald  in  das  politische  Getriebe 

Regierung  gestellt.    Da  er  für  Ausbreitung  und  nahm  an   der  Gründung  der  Freibo- 

der  Revolution  nichts  that.  wurde  er  den  den-Partei    in    Cincinnati    einen    sehr   leb- 

Radikalen     verdächtig,     der     ..Landesaus-  haften   xVntheil.      Besondere   Freundschaft 

schuss"  errichtete  schon   am   1.  Juni  eine  verband    ihn    mit    Emil    Klauprecht.      Im 

neue   provisorische   Regierung,   und   Bren-  Jahre  1854  siedelte  er  mit  seiner  kleinen 

tano  üvh  in  die  Schweiz.    1850  wanderte  er  Familie  nach  Illinois  über  und  eröffnete  in 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


499 


diMU  wenitre  ]\Ieilen  nordwestlich  von  Chi- 
cago liegenden,  jetzt  einen  Tlieil  davon 
hildendeii  Town  Jetferson  eine  Ziegelbren- 
nerei, der  aber  die  Krisis  von  1857  und 
»lie  derselben  folgende  gänzliche  Einstel- 
lung der  Bauthätigkeit  in  Chicago  ein 
Ende  machte.  Er  kam  dann  nach  Chicago, 
.schlug  sich  als  Verkäufer  durch,  machte 
sieh  ]H)litisch  einen  Namen,  indem  er  in 
der  siebenten  Ward,  auf  der  Xordseite,  die 
weit  überwiegend  von  Deutschen  bewohnt 
war,  in  der  aber  trotzdem  bei  den  Wahlen 
ijnmer  nur  Irläuder  hineingezählt  worden 
waren,  durch  einen  geschicken  Schachzug 
den  Deutschen  zum  Siege  verhalf:  wurde 
Ilülfs-Sheriff  und  schon  1860  zum  Sheriif 
von  Cook  County  gewählt  und  hat  in 
dieser  Stellung,  die  er  zu  voller  Zufrieden- 
heit ausfüllte,  bei  Beginn  und  während  des 
Bürgerkrieges  eine  rastlose  Thätigkeit  in 
der  Anwerbung  von  Rekruten  und  Be- 
schaffung von  Opfergaben  für  die  Ver- 
wimdeten  und  Kranken  entwickelt.  Präsi- 
dent Lincoln  achtete  seine  Thätigkeit  so 
hoch,  dass  er  ihm  das  Amt  des  Provost- 
Marshalls  anbot,  doch  lehnte  er  dasselbe, 
wie  andere  ihm  später  angetragene  Bun- 
desämter ab. 

Nach  Ablauf  seiner  Amtszeit  als  Sheriff 
kaufte  Hesing  den  Antheil  von  Georg 
Schneider  an  der  ,. Illinois  Staats-Zeitung", 
später  auch  den  von  Lorenz  Brentano,  wo- 
durch er  deren  alleiniger  Besitzer  wurde ; 
wandelte  sie  in  eine  Aktien-Gesellschaft  um 
und  übergab  die  redaktionelle  Leitung  an 
Hermann  Raster. 

Nachdem  Ilesing,  bis  dahin  der  aner- 
kannte Führer  der  Republikaner  in  Cook 
County,  in  der  Wahl  von  1869  eine  Nie- 
derlage erlitten  hatte,  trat  er  eine  auf 
mehrere  Jahre  berechnete  Reise  nach 
FiUropa  an.  Er  befand  sich  in  Berlin,  als 
der  deutsch-französische  Krieg  ausbrach. 
Als  dort  die  ersten  amerikanischen  Liebes- 
gaben eingetroffen  waren,  verwendete  er 
sich  sofort  lebhaft  für  weitere  und 
grössere    Sendungen,    erhielt    solche    und 


brai-litc  sie  dann  selbst  veriiiittel.st  eines 
Sonderzuges,  der  ganz  unter  seiner  Füh- 
rung stand,  nach  dem  deutschen  Ilaupt- 
(luarticr  im  Felde. 

p]r  war  noch  drüben,  als  das  Feuer  die 
„Illinois  Staatszeitung",  all'  seinen  sonsti- 
gen Besitz  und  den  des  grö.ssten  Thcils 
seiner  Le.ser  vernichtete.  Zurückeilend 
entwickelte  er  eine  em.sige  Thätigkeit  bei 
dem  Wiederaufbau  seiner  Zeit\nig  und  der 
Stadt  Chicago  und  trat  sofort  wieder  an 
die  Spitze  der  republikanischen  Organisa- 
tion des  County  sowohl,  wie  des  Staates. 
Nachdem  aber  im  Jahre  1872  durch  den 
Bürgermeister  ^ledill  der  Versuch  ge- 
macht worden  wai-.  Chicago  der  Sonntags- 
freiheit zu  berauben,  verband  er  die  frei- 
sinnigen Elemente  der  Demokraten  und 
Republikaner  zur  Volkspartei  und  erfoclit 
in  der  Bürgermeisterwahl  von  1873  mit 
einer  in  Chicago  noch  nie  dagewesenen 
^Mehrheit  einen  glänzenden  und  nachhal- 
tigen Sieg  für  den  offenen  Sonntag,  der  der 
Stadt  bis  heute  erhalten  ist. 

Seine  Hülfe  bei  der  Wahl  einer  wesent- 
lich demokratischen  County-Verwaltung 
und  sein  und  der  „Illinois  Staatszeitung" 
Eintreten  für  Tilden  im  Jahre  1876  zogen 
ihm  begreitiicher  Weise  den  Ha.ss  der  Re- 
publikaner zu.  Sie  bewirkten  seine  Nieder- 
lage, als  er  von  den  Demokraten  als 
County-Schatzmeister-Kandidat  aufgestellt 
war,  indem  sie  auf  ihre  Kosten  einen  demo- 
kratischen Gegen-Kandidaten  (Irländer) 
in 's  Feld  führten  und  rächten  sich  weiter, 
indem  sie  ihm  nachwiesen,  von  den  Chi- 
eagoer  Branntweinsteuer-Hinterziehungen 
eine  Abgabe  bezogen  zu  haben.  Niclit  zur 
Beschönigung,  sondern  der  Gerechtigkeit 
halber  sei  erwähnt,  dass  Ilesing  sich  da- 
mals in  verzweifelter,  finanzieller  Lage  be- 
fand. Durch  zu  gros.ses  Vertrauen  in  die 
Geschäftsführer  einer  von  ihm  gegründeten 
gro.ssen  Hobelmühle  war  er  in  Wechsel- 
schulden von  mehr  als  einer  Viertel-Million 
Dollars  gerathen  ;  und  diese  Abgabe  wurde 
ihm    angeboten    als    Entgelt    für   den    ver- 


500 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IX   AMERIKA. 


nu'ii.tlü'lu'ii  Srlmtz.  cU-n  n-  durch  seinen 
Kintluss  in  Wnshiii^rton  d.Mi  Hirnnern  ge- 
p>n  eine  rntei-sueliuntr  jrewäliren  kiinne. 
Kr  wurde  zu  Gefüniriiisstnif.'  ver\irtlieilt. 
aln  r   njn 


Co."  und  der  Gründer  der  „Freie  Presse" 
und  des  ..Daheim''  in  Chicago  gewesen. 

Kiehard   C.   .Michaelis  entstammte  einer 
alten  ])renssisehen  Juristen-.  Offiziers-  und 


h    wenijren    .Monaten    v»»ni    Präsi-      Gutsbesitzer-Familie,    und    wurde    am     1 

September  1839  in  Genthin,  Provinz  Saeli- 
sen.  geboren.     Sein  Grossvater  von  väterli- 
ciici-     Seite     tiel     als     Rittmeister     in     dei 
Schlaeht    von    Sahnnanca.    sein    Grossvater 
inütterlieherseits.      Pilegard.      starb,      zniii 
Heere    <les    Feldmarsehalls    Blücher    gehö- 
rend,  als  Lieutenant   in   der  Sehlacht   vnti 
Ucllc-Allianee  den  Heldentod.     In  Danzij:. 
wohin    sein     Vater    als    Amtsrichter    ver 
s(>tzt    wurde,   mit   seiner   herrlichen    ümgc 
bung  verlebte  der  junge  Richard  seine  Kita 
benzeit.     Er  besuchte  das  Gymnasium  ibi- 
selbst.       Nachdem     er     das     Abiturienten 
Examen  gemacht,  seiner  einjährigen   Mili- 
tärpflicht    genügt     und     kurze     Zeit     die 
Fniversität  besucht  hatte,  widmete  er  sich 
sch(m    frühzeitig   der   Journalistik.      Seine 
Artikel  und  kleinen  Novellen  fanden  gros- 
sen Anklang,  das  Feld  wurde  ihm  aber  zu 
eng.  er  sehnte  sich  nach  grösserer  Thätig- 
keit.  wurde  von  der  Wanderlust  ergriffen 
und  kam  im  Jahre  186-4  nach  Amerika.     Er 
suchte  den  Urwald  auf  und  blieb  im  Nord 
Westen.      Die   hier  gewonnenen    Eindrücke 
legte  er  später  in  einer  interessanten  und 
fesselnden    Erzählung    ..Die   Ansiedler   am 
Cottonwood  Flusse"  nieder,  in  welcher  die 
Schreckenstage  von  Neu-Flm  in  ^linnesota 
während  des  Indianer-Ueberfalls  in  packen- 
der   Weise    geschildert    worden    sind.      Da 
kam   das  Jahr  1866,  und  ^Michaelis   reiste 
nach    dem    alten    Yaterlande    zurück    und 
machte  den  Feldzug  gegen  Oesterreich  mit 
Auszeichnung     mit.       Nach     Schluss     des 


deuten  Graut  begmuligt. 

Hcgreitlieherweise  schädigte  diese  Ange- 
legeidieit  seinen  politischen  Eintluss  und 
.sein  Ansehen.  Er  ging  in  Folge  dessen 
Ende  der  siebziger  Jahre  nach  Sonora  in 
Mexiko,  wo  er  eine  Silb-rgrulie  ankaufte 
diH-h  rentirte  sich  das  luternehmen  nicht. 

Zurückgekehrt  widmete  er  sich  haui>t- 
sächlich  philanthropisehen  Werken.  Er 
brachte  das  geplante  Deutsche  AUculnini 
zu  Stande  und  errichtete,  wesentlich  aus 
eigenen  Mitteln,  das  „Ilouse  of  Provi- 
d.-ncf".  eine  Aiistalt  zur  zeitweiligen  Fn- 
Icrkunft  nach  Chicago  gekonunener.  stel- 
lensuchender Mädchen.  Auch  war  er  thätig 
bei  der  Gründung  des  St.  Fllisabetii-IIospi- 
tals  auf  der  Nordwestseite.  Ferner  gründete 
er  eine  Villen-Kolonie  am  Heaver's  Lake 
in  Wisconsin,  die  ausschlies.slich  Chicagoer 
I)«'Utschen  zum   Sommer-Aufenthalt  dient. 

Hesing  war  ein  Mann  von  imponirender 
Gestalt.  Seine  hauptsächlichen  Eigen- 
schaften waren  eine  grosse  Herzensgüte, 
ein  .sofort  einnehmendes  Wesen,  eine  grosse 
redneriscjie  Hegabung.  ein  scharfer,  durch- 
dringender Verstand,  grosse  organisatori- 
sche Hegabung  luid  ein  eiserner  Wille.  Das 
Deut.sehthum  Chicago 's  und  des  Nord- 
west<'ns  hat,  .seit  er  vom  politischen  Schau- 
platz abtrat,  keinen  Mann  gehabt,  der  mit 
solcher  Thatkraft  und  solchem  Erfolge  für 
seine  Interes.sen  eingetreten  ist.  Er  starb 
i\u\  :n.  März  189ö. 


Krieges  wurde  er  Redakteur  der  in  Berlin 
Einer     der     hervorragendsten     deutsch-     von    Strousberg    herausgegebenen    ..Post" 


HTnerikanisehen  Journalisten  und  überzeii 
gungst reuest en    Vorkäinj^fer   des    Deutsch- 
thums  schied  am  13.  April  1909  aus  unseren 
Reihen,  als  Richard  C.  Michafli:^  die  Augen 
zum  ewigen   Schlummer  schloss.     Er   war 


und  verheirathete  sich  dort  am  2.  Juli  1867 
mit  Fräulein  Clara  Leist.  einer  hochgebil- 
deten jungen  Dame.  Das  junge  Paar  ent- 
schloss  sich,  etwa  ein  Jahr  nach  der  Hoch- 
zeit, nach  Amerika  zu  reisen,  und  hier  fand 


seit  1901  Präsident  der  „Illinois  Publishing     :\Iichaelis  in  der  Redaktion  des  „Seebote' 


DIE  DEUTSCHE  l'KES8E  IN   AMHIMKA. 


501 


in  Milwaiikee  Beschäftigung.  Der  Besitzer, 
Herr  Deuster,  übertrug  ihm  die  Redaktion 
der  von  ihm  in  Chicago  gekauften  „t'nion", 
und  so  siedelte  das  junge  Paar  schon  1869 
dorthin  über.  ]\Iichaelis  wirkte  in  seiner 
Stellung  mit  grossem  Erfolge,  als  aber 
Deuster  die  Zeitung  verkaufte,  bchagte  das 
dem  jungen  Journalisten  nicht,  luul  er  be- 


ringen ^Mitteln  die  ..Freie  Presse",  zu- 
nächst als  Wochenblatt.  Viele  Anfein- 
dungen wiu'deii  ihm  zu  Theil,  aber  sein 
AVirken  wui-de  anerkannt,  und  bald  konnte 
die  ,, Freie  Presse"  als  tägliche  Zeitmig  er- 
scheinen, worauf  als  Sonntagsblatt  das 
..Daheim "  hinzukam.  Seine  Lebensge- 
fährtin unterstützte  ihn  durch  treue   Mit- 


RICHARD  C.  MICHAELIS. 

Gruender  der  „Freien  Presse"  und  des  „Daheims"  in  Chicago  und 
Praesidenl  der  „Illinois  Publishing  Co." 


schloss,  sich  nunmehr  in  seiner  neuen  llei- 
math  selbstständig  zu  machen. 

Alle  Vorbereitungen  zur  Herausgabe 
einer  neuen  Zeitung  waren  getroffen,  da 
brach  im  Oktober  1871  das  grosse  Feuer 
aus,  und  in  Folge  dessen  wurden  die  Pläne 
durchkreuzt.  Aber  Richard  :\Iichaelis  be- 
sass  Wagemuth,  Schaffenskraft  und  Ener- 
gie, und  so  gründete  er  mit  nur  ganz  ge- 


ailx'it,  und  die  Sonntags-Plaudereien  der 
„Frau  Clara"  waren  eine  ganz  vorzügliche 
Frauen-Lektüre,  die  für  die  Leserinnen 
eine  Quelle  der  Belehrung,  der  freundli- 
chen Unterweisung  und  guter  und  l)efol- 
genswerther   Rathschläge.    war. 

Die  „Freie  Presse"  gewann  an  EinMuss 
und  Bedeutung,  und  als  im  Frühjahr  1!I<»1 
die  „Illinois  Staats-Zeitung"  mit  ihr  kon- 


502 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


solidirt  wurd.-.  trat  Hi.-l.anl  Mi.-lia.-lis  an  pon  das  Gebahren  der  „Gelben"  aufzu- 
die  Spitze  der  n.'n  ^'es<-hanVnen  Illinois  treten.  Im  März  fand  die  gro.sse  Protest- 
Publishing'  Co.  Seit  Jahren  war  .seine  Ge-  vei-sammlung  im  Auditorium  statt,  und 
sundheit  jediM'h  sehon  untergraben,  und  so  dem  von  den  Deutsehen  Chicagos  gegebenen 
verkaufte  er  seinen  Antlieil  an  der  Illinois  Heispiele  folgte  das  Deutsehthum  in  fast 
Publi.shing   Co.   seinem   Sohne    un.l    Herrn  allen    grossen    Städten    des    Landes.      Die 


Ili.raee    L.     lirand.    zwei    hier    geborenen 
jungen  Deut.selu'U. 

Hiehard  Michaelis  war  ein  .Alann  von 
viel.seitiger  Begabung  und  Bildung.  Er 
besa.ss  in  hohem  Grade  die  werthvolle  Fä- 
higkeit der  klaren,  .saehliehen  und  überzeu- 
genden Dai-stellung  und  gehörte  zu  den 
bestunterrieliteten  Journalisten.  Älit  her- 
vorragenden Staatsmännci-ii  diesseits  und 
jen.seits  des  Ozeans  und  mit  leitenden 
Gei.stern  auf  den  Gebieten  der  Politik.  Wis- 
.»•ensehaft,  Kunst  und  Finanz  sowie  des  Han- 
dels und  Verkehi-s  .stand  er  in  regem,  ver- 
trautem Gedaidxenaustauseh.  Seiner  ge- 
waltigen Arl)eitskraft  stand  eine  unermüd- 
liche .\rbeit.slust  zur  Seite.     Er  vertrat  das 


Wirkung  ist  nicht  ausgeblieben,  und  diese 
Protestversannulungen  bilden  gewisser- 
massen  einen  \Vendej)unkt  in  der  Ge- 
sell iclite  des  Deutsch- Amerikanerthums. 
Richard  Michaelis  trat  nur  ungern  in  der 
Oetfentlichkcit  auf.  Dun  angetragene 
Aemter  nahm  er  aus  Prinzip  nicht  an.  um 
seine  politische  Unabhängigkeit  nicht  auf's 
Spiel  zu  setzen.  Va'  führte  eine  scharfe 
Feder.  al)er  er  bekämpfte  seine  Gegner  mit 
ott'enem  Visir.  ganz  gleicbgiltig,  welche 
Folgen  das  für  ihn  persönlich  mit  sich 
l)i'ingen  mochte;  er  hatte  den  Muth  der 
Ueberzeugung  in  allen  Dingen,  und  in  ihm 
hat  das  Deutsch-Amerikanerthum  einen  un- 
entwegten   Vorkämpfer   für   deutsche   Sit- 


INDIANA. 


staatserhaltende  Prinzip  und  war  von  tief  ^™-  c^e^tsche  Art  und  deutsche  Lebensan- 
inm-rlieher  Religiosität.  Trotzdem  entzog  schauungen  verloren. 
er  sich  in  keiner  Weise  dem  Eintiuss  des 
gesunden  Fort.schritts,  nur  mit  dem  reber- 
modernen vermochte  er  sieh  nicht  zu  be- 
freunden. Er  war  ein  dem  Lande  seiner 
Wahl  auf's  Treueste  ergebener  Bürgei-  und 
hing  d(K-h  mit  allen  Fasern  seines  Herzens 
an  dem  Latule  seiner  Gebui't.  Es  Avar 
stets  .s»'in  eifrigstes  Bestreben.  Alles,  was 
in  .seinen  Kräften  stand,  zur  Erhaltung  der 


Deutsche  Presse  von  Indianapolis. 


Die  deutsche  Presse  in  der  IIaui)tstadt 
des  Hoosier-Staates  hatte  ein  weciiselvoües 
Dasein.  Nachdem  schon  vorher  Versuche 
gemacht  worden  waren,  ein  lebensfähiges 
Freundschaft  zwischen  Deutschland  und  Organ  für  das  mit  jedem  Jahre  kräftiger 
den  Vereinigten  Staaten  beizutragen.     Als     gewordene  Deutsehthum   von    Indianapolis 


erscheinen  zu  lassen,  wurde  1852  von 
Herrn  Valentin  Putsch  eine  Aktien-Ge- 
sellschaft organisirt,  welche  die  erste 
dauernde  deutsche  Zeitung  in  Indianapolis 
gründete.  Das  Blatt  erschien  unter  dem 
Xamen  ..Indiana  Freie  Presse";  Chas. 
Beyschlag  war  sein  erster  Redakteur.  Nach 
Richard  Michaelis  der  Erste,  der  die  Her-  einigen  Jahren  übernahm  Herr  Richard 
ausgeber  d.-r  anderen  deutschen  Zeitungen  Henninger  da.s  Blatt  und  führte  es  bis 
aufforderte,  sich  mit  ihm  zu  verbinden  und      zum  Jahre  1864. 

einen    Aufruf    an    das    Deutsehthum.    zu-  Dann   ging   das   Blatt    an    eine    Aktien- 

näehst  Chicagos,  zu  erlassen,  in  blasse  ge-      Gesellschaft    über,    an    deren    Spitze    die  • 


im  Winter  von  1898 — 9!»  die  gelbe  Pres.se 
des  Landes,  besonders  auch  in  Chicago,  in 
blinder  Sympathie  für  England's  Inter- 
es.sen  alles  Deutsche  verhöhnte  und  gera- 
dezu daraufhin  zu  wirken  schien,  einen 
Krieg  der  Vereinigten  Staaten  mit  Deutseh- 
land    vom     Zaune    zu     brechen,    da     war 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE   IN  AMERIKA. 


503 


Herrin  Hermann  Lieber,  Post  und  Dr. 
Homburg  standen.  Naeh  dem  Rebellions- 
kriege übernahm  Herr  Engelbert  Metzger 
die  „Indiana  Freie  Presse"  und  verwan- 
delte sie  in  ein  tägliches  Blatt,  das  unter 
dem  Namen  „Täglicher  Telegraph"  er- 
schien. Herr  Äletzger  übertrug  den 
,,Telegraph"  wieder  an  eine  Aktien-Gesell- 
schaft, an  deren  Spitze  die  Herren  Adolph 
Fiey  und  Jacob  iNIetzger  standen.  Im 
Jahre  1869  ging  der  „Telegraph"  an  die 
Gutenberg  Co.  über,  deren  Haupt-Aktio- 
när und  Präsident  Herr  Adolph  Seiden- 
sli(I:(  r  war.  Herr  Seidensticker  zog  sich 
im  Jahre  1882  von  dem  Geschäft  zurück, 
und  Herr  Ilarnj  Tliudimn  übernahm  die 
Leitung  desselben. 

Im  Jahre  1881  gründete  Herr  Philip 
Rappaporf  ein  tägliches  Nachmittagsblatt 
unter  dem  Namen  „Indiana  Tribüne", 
welches  er  bis  zum  Jahra  1900  besass  und 
redigirte.  Im  IMai  1900  übertrug  er  das 
Blatt  an  Herrn  August  Tamm.  der  es  im 
Jahre  1902  mit  dem  ..Täglichen  Tele- 
graph" konsolidirte,  und  die  Gutenberg 
Co.  liess  dann  beide  Blätter  unter  dem 
Titel  „Telegraph  und  Tribüne"  als  Nach- 
mittagsblatt erscheinen.  Seit  dem  Tode 
des  Herrn  Thudium  im  Jahre  1907  ist 
Herr  August  Tamm  der  Präsident  der 
Gutenberg  Co. 


„Freie  Presse-Staats-Zeitung", 

Fort  Wayne,   Ind. 

Ft.  Wayne  zählt  65,000  Einwohner,  und 
die  deutsche  Bevölkerung  der  Stadt  beträgt 
volle  60  Prozent  der  Gesammtbevölkerung. 
worin  eingewanderte  Deutsche  und  Nach- 
kommen von  Deutschen  einbegriffen  sind. 
Aus  diesem  Grunde  darf  Ft.  Wayne  als  eine 
deutsche  Stadt  bezeichnet  werden.  Auch  in 
Ft.  Wayne  entwickelten  die  Deutschen 
ganz  dieselben  guten  Eigenschaften,  die  sie 
überall  auszeichnen.    Sie  Hessen  sich  in  Ft. 


Wayne  und  Allen  County  in  grosser  Zahl 
nieder,  und  früh  schon  schlössen  sich  die 
eingewanderten  Deutschen  zu  Gemeinden 
zusannnen  und  nai-lidem  die  Kirche  gebaut, 
nachdem  der  Pfarrer  oder  Pa.stor  ange- 
stellt wai-,  war  das  nächste,  eine  Schule  zu 
gründen.  Und  so  kam  es,  dass  Ft.  Wayne 
so  viele  deutsche  Genu^inden  mit  so  vielen 
Kirchenschulcn  hat.  in  denen  die  Kinder  in 
der  Religion  sowohl  als  auch  in  den  allge- 
mein bildenden  Fächern  erzogen  wei-den, 
und  zwar  in  deutscher  Sprache,  meistens 
Avenigstens. 

Die  erste  deutsche  Zeitung  in  Ft.  Wayne. 
der  ,,F<)rt  Wayne  Demokrat",  erschien  in 
der  ersten  Woche  im  August  1856  zum 
ersten  Male.  Das  ^Material,  ind.  der  Presse, 
wurde  von  Dayton.  Ohio,  \)vv  Kanal,  der 
im  Verkehr  damals  eine  grosse  Rolle  spielte, 
nach  Ft.  Wayne  gebracht.  Nach  zwei  Jah- 
ren ging  die  Zeitung  in  den  Besitz  von 
Herrn  Xcubrrt  übei'.  der  in  1858  die  ..In- 
diana Staatszeitung"'  gegründet  hatte.  An- 
fangs der  60er  Jahre  ging  die  Staats-Zei- 
tung in  den  Besitz  des  Herrn  Johaiui  l>. 
Sarnighauscn  über,  der  dieselbe  im  .lahre 
1877  täglich  ei-scheinen  liess  und  bis  zu 
seinem  im  November  1901  erfolgten  Tode 
ununterbrochen  herausgegeben  hat.  Sar- 
nighauscn, der  am  31.  Oktober  1818  in 
Brake,  Hannover,  geboren  wai-.  war  Garni- 
sonsprediger gewesen,  ehe  er  1860  nach 
Amerika  kam.  Er  wurde  zweimal  in  den 
Staats-Senat  vim  Indiana  gewählt  uiul  war 
Vorsitzender  der  Staats-Unterrichts-Kom- 
mission.  Bis  zum  September  li»08  wurde 
die  Staats-Zeitung  dann  von  llerni  .\.  L. 
Griebel  liei'ausgegeben  und  daiui  von  der 
Ft.  Wayne  „Freie  Presse"  aufgekauft  und 
mit  derselben  verschmolzen. 

Die  Fort  Wayne  „Freie  Pres.se"  wurde 
im  Jahre  1888  von  Herrn  Otto  Cumnurow 
gegründet  und  von  demselben  im  Jahre 
1895  an  die  Ft.  Wayne  Freie  Presse  Co. 
verkauft.  Eine  Anzahl  der  angesehensten 
Deutschen    Ft.    Wayne 's    sind    Aktionäre 


504 


DIK  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


dit'stT  (iesellschaft.  Fort  AVayne  hatte  für 
zwei  (li'titM-lic  tä^lielie  Zcituntrcn  kein  ge- 
nüpemles  Feld.  Au.h  war  der  Gegensatz 
der  Tendenzen  zwisehen  ihnen  nicht  gross 
genujr.  um  zwei  Zeitungen  zu  reehtfertigen. 

Die    ..Freie    Presse-Staats-Zeitung"    er-     sehe  Presse  besessen.    Der  „Demokrat"  er- 
freut sii-h  nicht  allein  eines  gros.sen  Leser-      schien    zum    erstenmal    am    15.    November 


IOWA. 

„Der  Demokrat"  in  Davenport  und 
Henry  Lischer. 

Davenport  hat  schon  früh  eine  gut  deut- 


HERMANN    MACKWITZ, 

dri    Leiter    der    .. freie- Presse-Slaals-Zeilung"    in    Fori    Wayne,    Ind. 


kreises  in   Ft.  Wayne  iiiid   Allen   County,      1851,  nur  15  Jahre  nach  der  Gründung  der 


sondern  im  ganzen  nördlichen  Indiana.  Seit 
im  Jahre  1895  lleii-  Hermann  Maekwitz  die 
Leitung  der  Zeitung  übet  nahm,  hat  die- 
.selbe  an  EinHuss  stets  zugenonnnen  und 
zählt  heute  zu  den  besten  täglichen  Zeitun- 
gen des  Landes. 


Stadt.  Das  Wagniss  wurde  von  Theodor 
Giilich  unternommen,  der  in  1848 — 50  für 
die  deutsehe  Volkssaehe  und  besonders  für 
Schleswig-Holsteins  Freiheit  gekämpft  und 
L'-eblutet  hatte.  Die  deutsehe  Bevölkerung 
und  die  deutsehe  Presse  haben  sich  von 
jeher  hier  günstig  beeinflusst  und  gestützt, 


DIE  DEUTSCH K  PK K88 IC   IN   AMKKIKA. 


505 


iiml  beide  wurden  dadureh  zu  einem  Kul- 
tureleinent.  welehes  dem  g-anzen  Gemein- 
wesen seinen  eigenartigen  Stempel  dauernd 
aufgedrüekt  hat.  Während  des  aehtund- 
fiinfzig.jährigeu  Bestehens  des  „Demokrat" 
hat  Henry  Liseher  fast  48  Jahre,  von  1856 
bis  zu  seinem  in  1903  erfolgten  Tode,  ziel- 
bewusst,  rechtschaffen  und  allseitig  erfolg- 
reich an  der  Spitze  des  Blattes  gestanden. 

Geboren  am  10.  Juli  1828  zu  Weingarten 
in  der  bayrischen  Pfalz,  kam  Henry  Lischer 
mit  seinen  Eltern  schon  in  1835  nach  Ame- 
rika. Die  P^'amilie  siedelte  sich  auf  einer 
Farm  in  St.  Clair  County.  Illinois,  an.  in 
einem  der  geistig  rührigsten  ^littelpunkte 
des  vorachtundvierziger  Deutsch-Amerika- 
nerthums.  Schon  in  seinem  14.  Jahre  trat 
er  bei  der  englischen  Zeitung  ..Republican" 
in  St.  Louis  als  Lehrling  ein,  und  ein  Jahr 
später  ging  er  zu  dem  von  dem  bekannten 
oesterreichischcu  Patrioten.  Schauspieler 
und  Schriftsteller  Heinrich  Boernstein  her- 
ausgegebenen ..Anzeiger  des  Westens" 
über.  Nachdem  er  einen  Theil  des  ]\lexi- 
kanischen  Krieges  in  einem  Dragoner-Regi- 
ment mitgemacht  hatte,  kehrte  er  nach  Be- 
endigung dieses  Krieges  nach  St.  Louis  zu- 
rück, wurde  Vormann  in  der  Druckerei  des 
„Anzeiger"  und  behielt  die  Stelle  bis  1856. 
Im  Api-il  jenes  Jahres  kam  Lischer  nach 
Daveniwtt  und  kaufte  gemeinschaftlich  mit 
Theodor  Ohhausen,  ehemaligem  ^Mitglied 
der  provisorischen  Regierung  von  Schles- 
wig-Holstein, die  Zeitung  ..Der  Demokrat". 
Im  Sommer  1860  jedoch  kehrten  Beide  zu- 
rück nach  St.  Louis,  das  ihnen  ein  besseres 
Feld  der  Thätigkeit  zu  bieten  schien,  und 
erwarben  die  einige  Jahre  vorher  von  Cai"l 
Dänzer  gegründete  „Westliche  Post".  Dro- 
hende Wolken  ballten  sich  über  der  Nation 
zusannuen,  und  bald  kam  der  Bürgerkrieg 
zum  Ausbruch,  viele  Geschäftsunterneh- 
mungen lähmenrl.  denen  eine  starke  füh- 
rende Hand  fehlte.  Auch  die  Existenz  des 
„Demokrat"  in  Davenport  war  ernstlich 
bedroht.  Lischer  hatte  noch  einen  grossen 
Theil  des  Kaufpreises  zu  fordern,  und  um 


einen  schweren  Verlust  abzuwerulen,  ver- 
kaufte er  seinen  Antheil  an  der  ..Westl. 
l\)st"  an  Olshausen  und  nahm  im  .Juni 
1861  wieder  Besitz  vun  der  Davenporter 
Zeitung,  für  deren  Fortbestehen  er  die 
nöthigen  Anordnungen  traf,  worauf  er 
wieder  nach  St.  Louis  zurückkehrt«-,  um 
seine  Dienstzeit  als  Gaptain  einer  ..ll..iiie 
Guard"  Company  zu  beendigen.  Im  Au- 
gust kam  er  dann  mit  Familie  dauernd 
nach  Davenport.  Er  rettete  nicht  nur  die 
inzwischen  von  einem  Tageblatt  in  ein  W.,. 
chenblatt  verwandelte  Zeitung  vor  dem  l'n- 
tergang,  sondern  traf  auch  ungesäumt  V(»r- 
kehrungen.  um  sie  wieder  als  Tageblatt 
herauszugeben.  Er  gewann  für  die  Redak- 
tion den  ausgezeichneten  freisinnigen  Ji  us 
Pctcr  StiboJt,  einen  Schleswiger.  und  dieser 
hat  den  Posten  bis  zu  seinem  Tode  in  ISST 
vorzüglich  bekleidet.  Die  folgenden  se«'lis 
Jahre  wurde  die  politische  Redaktion  von 
Gnstai'  Donald,  und  seit  1893  wird  sie  von 
Aug.  P.  Eicht  er  geführt,  der  seit  25  Jahren 
dem  Stabe  des  ..Demokrat"  angehört.  G. 
Donald  steht  dem  lokalen  und  .Manfi-ed 
^lainhardt  seit  lSf)4  dem  Depesclientln'il 
vor.  Die  Zeitung  erscheint  in  tlici  Ausga- 
ben, einer  täglichen,  halbwöchentlichen  untl 
wöchentlichen.  Sie  hat  eine  sehr  gr<>sse 
Verbreitung  und  bedeutende  Lintluss- 
sphäre.  Es  entstantlen  allmälig  neuartige 
[Methoden  in  allen  Geschäften,  denen  auch 
die  Zeitung  sich  nicht  entziehen  konnte. 
Lischer  glaubte,  sich  ihnen  nicht  mehr 
recht  anpa.ssen  zu  können,  und  in  ISSO 
übertrug  er  den  Haui)ttheil  der  geschäftli- 
chen Leitung  auf  seinen  Sohn  Eduard.  Ein 
Jahrzehnt  später  organisirte  er  mit  sei!>en 
drei  Söhnen.  Oscar.  Fdu-ird  und  F'-ed.  die 
.,H.  Lischer  Printing  Co.".  deren  Haupt 
und  geistiger  Leiter  er  blieb,  bis  er  am  7. 
l)ezend)er  1903.  nachdem  er  noch  wenige 
Stunden  vorher  in  anscheinend  guter  (Se- 
sundheit  einer  Sitzung  des  Direktoriums 
der  Deutschen  Sparbank  l)eigewohnt  hatte, 
einem  Herzschlag  erlag. 


«06 


DIK  DEUTSCH K  PRESSE  IN  AMERIKA. 


Im  .laluv  ISiy'.i  hatte  Ilfir  Lischer  sieh  türliehen  Auhificn  in  gleieher  Riehtung 
mit  Frl.  Amin  VolInitT  verheinitlift.  Die  kräftig  entwickelt.  lOr  wnrtle  bei  dem  deut- 
Khe  war  fine  ülM-raus  glückliche.  Sie  sehen  Liel)hal)ertheater  in  St.  Lonis  eine 
wurtic  am  1<».  .Mär/  ISül  durch  den  Tod  der  werthvoUe  Kraft  und  lei.stete  sowohl  dort 
IJattin  gelö.st.  Vier  Kinder  üherlelien  die  als  auch  später  in  Davenport,  wo  er  hei  dem 
Kltcrii  —  aiis.ser  den  bereits  genannten  drei  in  1855  ins  Leben  getretenen  deutsehen 
Siihnen  noch  eine  Toeliter.  Hanna.  Gattin  Thealerverein  die  künstlerisehe  Leitung 
des  .\rehitckten  F.  (i.  Clau.sen.  übernahm,    in   vielen    Charakterrollen   sehr 

Von  seinem  be.sonderen  Beruf,  von  den  IV'deutendes.  Dieser  Verein  löste  sieh  in 
Aufgal)en  und  d.'r  Würde  der  Pres.se  daehte  1872  auf.  Das  deutsche  Theater  wurde  jc- 
Li.seher  sehr  hoch,  und  er  hal  die-;e  Würde      ^],„,i,  durch  Direktor  John  Hill  mit  Berufs- 

sehauspielern  weitergeführt  uiid  steht  heute 
noch,  nach  Ö-4  Jahren,  unter  der  Direktion 
von  Ackermann  &  AVeng(>feld  auf  der  Höhe 
der  Kunst. 

Kurz  erwähnt  .sei  noch,  dass  Lischer  auch 
auf  anderen  Gebieten  viel  Erspriessliches 
gelei.stet  hat.  AVo  es  die  Gründung  oder 
Stärkung  industrieller  oder  finanzieller  Un- 
ternehmungen gemeinnütziger  Art  galt, 
stellte  er  bereitwillig  seine  ^Mittel  und  Ta- 
lente in  deren  Dienst.  Er  war  einer  der 
Gründer  und  ein  Vierteljahrhundert  lang 
der  Präsident  der  Deutschen  Sparbank,  des 
grös.sten  Finanz-Instituts  in  Iowa,  und  er 
war  an  einer  Anzahl  anderer  I^nternehnum- 
gen  betheiligt,  die  für  das  ganze  Gemein- 
wesen von  Xutzen  sind.  Es  war  seine  Ei- 
genart, sich  nicht  vorzudrängen.  Er  liat 
Aemtei-  nie  gesucht;  aber  er  entzog  sich 
auch  nicht  seiner  Verantwortlichkeit  als 
Bürger,  wenn  seine  Dienste  verlangt  wur- 
den. Ausser  anderen  Ehrenstellen  hat  er 
mehrere  Jahre  das  Amt  eines  Stadtrathes 
und  eines  Schulrathes  bekleidet  und  darin 
werthvolle  Dienste  geleistet.  Er  war  eine 
jener  ruhigen  Kräfte,  beständig,  wirksam 
und  anregend,  aber  niemals  aufdringlich. 
Klarer  Verstand  und  Willenskraft  waren 
mit  seltener  Herzensgute  vereint.  Er  war 
ein  Deutsch- Amerikaner  im  besten  Sinne 
des  Wortes,  denn  bei  ihm  waren  die  besten 
Eigenschaften  der  beiden  so  nahe  ver- 
wandten imd  doch  so  verschiedenartigen 
Volksstämme  auf's  schönste  verschmolzen. 


HENR'i'    LISCHER. 
der   Unoaehrigv   FJBcnlhucmrr  d«   Davenporter   ..Demokral". 

und  seine  Pnabhängigkeit  stets  und  nach 
jed«'r  Richtung  gewahrt.  Er  wai-  mein-  ;ils 
ein  erfolgreicher  Geschäftsmann.  Va-  war 
ein  mustergiltiger  Vertreter  seines  Berufs 
und  mit  den  besten  Bürgertugenden  ausge- 
.stattet.  Der  Fingang  in  der  freiheitlichen 
und  gros.szügigen  rmgehung  .seiner  Ju- 
gendzeit und  s|>ät«'r  mit  dem  künstlerisch 
und  idealisti.seh  veraidagten  Boernstein  ist 
auf  den  jungen  Li.scher  unzweifelhaft  von 
nachhaltigem  EinHuss  gewe.st'ii.  l'nter 
<liesem   haben   .sieh  seine  vortretTliehen   na- 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN   AMERIKA. 


607 


KENTUCKY. 


„Louisville  Anzeiger"  in  Louisville. 

Die  Gründung  des  „Louisville  Anzeiger" 
^el  in  eine  bewegte  Zeit.  Von  Enttäu- 
;8chung  erfüllt  über  zerronnene  Ideale 
wandten  sieh  1849  viel  Tausende  der 
neuen  Welt  zu,  um  hier  zu  finden,  was 
ihnen  im  alten  Vaterlande  vorenthalten 
geblieben  war.  Viele  der  Enttäuschten 
kamen  nach  Louisville.  Eine  plänesehwan- 
gere  Stimmung  der  Deutschen  trat  ein.  und 
•das  Bedürfniss  himmelstürmenden  Geistes. 
sich  Luft  zu  machen.  Avar  die  Ursache  der 
Gründung  verschiedener  deutscher  Zei- 
tungen, darunter  der  , .Louisville  Anzei- 
ger", dessen  Gründer  Doeru  und  Scheffer 
waren. 

Die  Gründer  hatten  indessen  einen 
höchst  schwierigen  Stand,  denn  mit  den 
geistigen  Errungenschaften  hielt  das  finan- 
zielle Ergebniss  ihrer  Thätigkeit  keines- 
wegri  gleichen  Schritt.  Drei  tägliche  Zei- 
tungen rangen  miteinander  im  Kampfe 
um 's  Dasein  —  Beobachter,  Herold  des 
Westens  und  Anzeiger,  dazu  kam  noch 
Carl  Ileinzen  mit  seinem  scharf  geladenen 
Pionier. 

In  der  Redaktion  waren 
nalisten.  wie  John  Rittig. 
von     Schleinitz.     ^I. 


von 


bekannte  Jour- 
Paul  Wolf,  E. 
Xostiz.  Jeup, 
Sehirach.  Stierlin,  Wittich  u.  A.  abwech- 
selnd t  hat  ig. 

Im  Jahre  1877  wurde  das  Unternehmen 
in  eine  Aktiengesellschaft  umgewandelt 
und  als  solche  bis  auf  den  heutigen  Tag 
weitergeführt. 

Fünfzig  Jahre  deutschen  Zeitungslel)ens 
sind  eine  Seltenheit  auf  amerikanischen 
Boden,  namentlich  im  Süden  des  Landes, 
wo  die  Verhältnisse  ungünstiger  liegen,  als 
anderswo.  Das  goldene  Jubiläum  des  An- 
zeigers wurde  daher  durch  die  Herausgabe 
emer  bis  jetzt  unübertroffenen  Riesennum- 
mer, eines  achtspaltigen,  128  Seiten  um- 
fassenden   Folios,    dem    Ereigniss   entspre- 


chend, begangen,  in  der  sich  besonders  die 
geschichtliche  Abtheilung  auf  die  reich- 
haltigste Weise  auszeichnete. 

Zum  bOsten  Jahrgange  erschien  wie- 
derum eine  Festnummer,  die  sich  ihrer 
Vorgängerin  würdig  zur  Seite  stellt. 

Gegenwärtiger  Präsident  der  Anzeiger 
Co.  ist  Herr  G.  S.  Schuhmann,  dessen 
Thätigkeit  im  Blatte  sich  auf  5(j  Jahre 
erstreckt. 

Die  Redaktion  leiten  die  Herren  Carl 
Neumeyer  und  L(mis  E.  Stein.  Geschäfts- 
führei-  sind  die  Herren  Ilerrmann  V. 
Cohn  und  L.  C.  Schuhmann. 


\ 


HENRY   S.    CCHN. 

der  am  18.  ]\Iärz  1903  aus  dem  Leben 
schied,  wurde  1844  in  Hamburg  geboren. 
Im  Jahre  1859  wanderte  er  na<'h  Amerika 
aus  und  ai'beitete  als  Scbriftsetzei-  an 
deutschen  Zeitungen.  ]\lit  Ki  Jahren 
nmchte  er  für  die  Sache  der  Union  den 
Bürgerkrieg  mit.  wo  er  als  Leutnant 
schwer  verwundet  wurde.  Kr  war  zweit- 
höchster Beamter  des  ..Anzeiger"  bis  zu 
seinem  Tode.  Ein  vielseitig  gebildeter 
]Mann    und   treffsicher   Kenner   der    .Musik. 


508 


DIK  DKrTSCHK  PRESSE  IN  AMERIKA. 


war  .r  vor  AlIiMii  fin  Deutscher,  der  an 
nlli'ii  «l«'Mts<'li.'ii  l5.'stn'l)M:i'jr<n  li-Miaftcn 
\uu\  lu'iv.trni^'tiulfii  Aiitlicil  iialiiii.  Am-li 
war  rr  Aldfiiiiiin  nii.l  im  Stahr  zweier 
( JiiiivtiTU'ir.  r. 


Roschäftijrunj;.  Als  der  Kric«;  anshraoh. 
•rriuHlctc  er  mit  EdiiniiKl  Iia|i|)  das  ..Louis- 
villc  VolUshlatt "'.  Dii'  ll»'iaiis«;el)('r  eines 
englischen,  dei-  l'nion  frenndlichrn  Blattes 
waren,  um  .Mit'.'-lieder  der  Assoeiirten 
Presse  weiden  /.n  können.  ^'e/,wnns,'en.  das 
Volksblatt  anznkanfen.  das  nun  unter  dem 
veränderten  Xameii  ..I'niin  Presse"  an 
der  Seite  der  ( ngliselu  n  Ausarabe  als 
dentselie  Al)entlzeitnn<;  erschien. 

(}.  S.  Sehnlnnann  wurde  nun  Theilhahor 
der  Accidenz-Druckerei  des  Anzei^rer  und 
l)ei  Gründung  der  Anzeiger-Coinpa^nie 
deren   Sekretär  und   Schatzmeister.     Beim 


G.    P.    LOtKN. 

(lehoren  1S2!)  in  Nassau,  kam  ei"  mit 
seinen  Kitern  schon  als  Knahe  nach  Louis- 
ville.  wo  er  in  die  Di-uckerei  des  „Beobach- 
ter am  Ohio"  als  Schi-iftsetzerlehrling 
eintrat.  Nach  vollendetei"  LelH'zeit  grün- 
<lete  er  gemeinsam  mit  Seheffer  den 
..Louisvilh'  Anzeiger". 

Als  Ijctzterer  austrat,  führte  Doern  als 
aiieinigt'r  Eigenthümer  das  Internehinen 
erfolgreich  weiter  bis  zum  dahre  1S77.  wo 
eine  Aktiengesellsciiaft  das  ({eschäft  über- 
mdim.  deren  Präsident  er  bis  zu  seinem 
im  nä<-hsten  dahre  erfolgten  Tode  blieb. 
Sein  Nachfolger  wurde  Mai'tin  Born- 
häger.  bisheriger  Geschäftsführer  des 
.Nnzeiu'ei-.      Biiinhäger  starb   1884. 


G.  S.  Sehnhm;  nn  kam  1858  nach  Ame- 
rika inid  fand  als  l^ijiUiriger  Kind)e  als 
Setzerlehrling  in   der  Anzeiger  -  Druckerei 


G.    S.    SCHUHMANN. 

Tode  des  Präsidenten  .Martin  Bondiägei 
wurde  er  dessen  Nachfolger  im  Amte,  da.*- 
er  nun  ül)er  fünfundzwanzig  Jahre  mit 
Erfolg  verwaltet. 

MARYLAND. 


Deutsche  Zeitungen  in  Baltimore. 

I'eber  die  P^ntstehung  und  die  Verbrei 
tung  der  deutschen  Presse  in  Baltimen 
entnehmen    wir    einer    Skizze    des   verstor 


Dil-:  DKrTSCTIK  l'KKSSK    IX  AMEIMKA. 


509 


benen  Rcclakttniis  drs  ..Dmitschen  Corres- 
pondcnt"   Ed.   F.    l.cyli   foltrendc   Notizen: 

Dil'  erste  deutsche  Zeitnno;  in  Baltimore 
liiess  ..Baltimore  Post"  r.iid  hcsijiiid  um 
das  -laln-  17;)!);  dieselbe  winde  \()n  einem 
Pennsylvanier,  Xameiis  Samuel  Sanr, 
herausreofelitn.  Dann  erschien  ei-st  wieder 
1821  eine  dentsciie  Zeitnnrr  unter  dem 
Namen  ...Alai-yländische  Deutsche  Zei- 
tung", die  von  J.  T.  Ilanzsche  g:edruckt 
wurde.  Das  nächste  deutsche  Zeitungsun- 
ternehmen  war  die  Herausgabe  eines  Wo- 
chenblattes unter  den  Titel  ..Die  geschäf- 
tige ^Martha",  welche  von  dem  in  der 
.Mitte  der  1830er  Jahre  hier  eiugewander- 
cn  Wilhelm  Raine  und  dessen  Sohn  Wil- 
lielm  in  1838  veröfiPentlicht  wurde.  Dieses 
IVättcheu  wurde  in  1840  nach  Dayton,  0.. 
verlegt,  wo  es  noch  viele  Jahi-e  als  ..Christ- 
licher Botschafter"  erschien.  Der  ältere 
Raine  hat  auch  die  Ehre,  das  er.ste  deut- 
sche politische  Blatt  herausgegeben  zu 
haben;  denn  er  druckte  in  1839  ein 
Kampagneblatt  unter  dem  Titel  ..Dei- 
d.MHokrati.sche  \Vhig",  das  a1)er  ebenfalls 
nach  der  damaligen  Kampagne  wieder 
einschlief,  wie  alle  oben  erwähnten  Zei- 
tungen. In  jener  Zeit  traf  Fritz  Raine, 
«'in  anderer  Sohn  des  erwähnten  Zeitungs- 
veteranen, aus  Deutschland  ein.  und  dieser 
gab  am  6.  Februar  1841  das  Wochenblatt 
..Der  Deutsche  Correspondent"  heraus.  Im 
Jahre  1844  wurde  ein  Tageblatt  aus  dem 
Wochenblatte  gemacht,  doch  dauerte  das 
Tageblatt  nicht  lange,  sondern  fiel  zurück 
auf  ein  Wochenblatt,  dann  kam  es  zvvei- 
und  dreimal  wöchentlich  heraus,  bis  in 
1847  von  Neuem  ein  Versuch  gemacht 
wurde,  der  sich  als  ein  erfolgreicher  er- 
wies. Ein  Philadelphier,  Nanunis  Sanuid 
Lvdvifjh,  machte  in  den  Jahren  1836,  1839 
und  1849  verschiedentliche  Versuche, 
deutsche  Zeitungen  in 's  Leben  zu  rufen, 
doch  missglückten  dieselben  sännntlich. 

Im  Jahre  1849  gab  S.  IMaclea  eine 
Quartalsschrift  unter  dem  Titel :  „Didaska- 
lia.  Vierteljahrsschrift  für  Geist,  Gemüth 


und  Pu])'izität  ".  l..-iai!s.  Als  Drucker  des 
l")(i  Seitin  starken  Heftes  nennl  sich 
Friedrich  Raine,  dei-  in  (h-mseüxii  auch 
seine  „deutsche,  en;rli.«clie  und  franzisische 
l^uch-  r.nd  Kunst-Druckerei"  anzeigt. 
Maclea  seheint  auch  eine  Buchhandlung 
betrieben  zu  haben,  denn  er  nnnon  -irte 
zahli  eiche  Werke  zum  \'ei-k:iuf.  Eine 
Notiz  diesei-  Zeitschrift  belehit.  dis;  \Vm. 
Raine,  der  1841  als  Jditherausgeber  des 
..Correspondenten"  erwähnt  wird,  in  Chil- 
licothe,  0.,  untei-  dem  .\amen  ..Der  Ohio 
Correspcmdent"  und  ..('hillicuthe  Anzei- 
ger" mit  F.  T.  Zanders  ein  Wocheid)latt 
gegründet  hat. 

^laclea  ting  in  der  Zweiten  Strasse, 
nahe  der  Post,  eine  Wirthschaft  an.  und 
doit  starb  er  um  die  iNlitte  der  fünfziirer 
Jahre. 

Schon  vor  Madea  hatte  Di'.  .1.  (i.  Koch 
eine  wissenschaftliche  AVochensdirift  unter 
dem  Titel  „^Minerva"  herausgegel)en. 

Im  .lahre  1S4I)  wurde  ein  andei'es  Tag- 
blatt unter  dem  Titel  ..Der  Baltimore 
Herold"  von  .den  Buchdruckern  ('.  W 
Schneidereith  und  Theodor  Kroji  vei-- 
öff'entlicht.  dessen  Redaktion  der  geist- 
Dr.  ]\I.  AViener  übernomnu'n  hatte.  Später 
zog  sich  Herr  Schneidereith  von  dem  Fn- 
ternelnnen  zurück;  desgleichen  verlor  Herr 
Kroh  die  Lust  und  liess  das  Blatt  nach 
einigen  Jahren  wieder  eingehen.  Der  in 
der  Zwischenzeit  hier  eingewanderte  Karl 
Heinrich  Schitauffer  gab  dann  den 
„AVecker"  heraus,  und  als  Herr  Schnauf- 
f-r  iu  1803  starb,  führte  seiue  Wittwe  das 
Blatt  weiter,  bis  sie  ihren  Schwager  W. 
Scliiiauffcr  heirathete,  dei-  daini  damit  sein 
Glück  versuclite.  In  1S7S  ging  der 
..Wecker"  als  Tagblatt  ein  und  wurde  als 
Wochenblatt  weitergeführt,  als  welches  er 
jetzt  noch  erscheint.  Von  den  genannten 
Zeitungsveteranen  ist  nur  noch  Herr  ('.  W. 
Schneidereith  am   Leben. 

Die  Versuche,  in  Baltimore  deutsehe 
Zeitungen  zu  gründen,  sind  zwar  sehr 
zahlreich  gewesen,  haben  aber  am-h  grosse 


510 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


4 


Opfer  crfonliTt.  Sowi-it  sich  eniiitt.'ln 
lii«ss.  wunlcii  folf.'«'Ti(l»'  Zcituiifrcn  iia<'li 
«'iiiiUHlcr  j;f<;rüii(lt't :  In  lS4(i  ..Die 
FiU'ki'l".  IliTiiiistrcbcr  Saimicl  Liulvi^h ; 
in  184*)  ..Minerva".  Ih'raus«rebor  Joseph 
KiK-h  (ein  Hand  dieser  Zeitunji  findet 
.sieh  lUH'h  im  Besitze  des  Herrn  Sehneide- 
reith):  in  18.')2  ..Das  neue  VateHand", 
Ileraustreher  Dr.  F.  Dieffenbaeh :  in  1854 
,.Tnrn«'rzeitunt;',  Redakteur  Wiii.  Rapp. 
später  ('hiea«r();  in  18r)()  ..Monatsschrift 
der  neuen  Kirche".  Ilerausjjeber  Pastor  A. 
().  Hrickiiianii:  in  lS(i:i  ..Ghx'ke  am  Soun- 
lat?",  IIerausjrel)er  C.  W.  Rchneidereith ; 
in  1864  „Der  Leuehtthurm  ■".  Ilerausireber 
C.  W.  Sehneidereitli :  in  18(i7  ..Belletristi- 
sche Blätter",  Herausgeber  Willibald 
Winkler:  in  1809  ..Der  neue  Correspon- 
dent",  Herausgeber  Dr.  E.  H.  Makk  und 
später  Ed.  P.  Levh  (ein  Tageblatt)  ;  in 
1870  ..Die  Maryländer  Staatszeitung",  Ed. 
F.  Ijeyh  und  später  F.  Polmeyer  (ein  Ta- 
geblatt) ;  in  1873  „Aus  beiden  Welten", 
Herausgelwr  R.  Wehrhan ;  in  1873  „Protes- 
tantische Volkszeitung",  Herausgeber  F. 
Donner:  in  1873  ..Die  Biene  von  Balti- 
more", Herausgelx'r  Sigmund  Jünger;  in 
1878  „Das  deutsche  Familienblatt",  Her- 
ausgeber C.  G.  Schlögel  und  Sohn:  in  1879 
„Baltimore  Volksfreund",  Herausgeber 
Sigmund  Jünger  (ein  Tageblatt)  ;  in  1881 
„Der  Fortsehritt",  Herausgeber  J.  Rosen- 
feld; in  1881  „Volksfreund  und  Biene", 
Herausgeber  Signnuid  Jünger:  in  1882 
..Baltimorer  Argus",  Herausgeber  Otto 
Stutzbach;  in  1893  ..Vorwärts",  :\Ionats- 
.s<'hrift  des  Turnvereins  „Vorwärts",  wel- 
che zwei  Jahre  bestand  luid  gut 
war. 


tungsgeschäfte   mit    Ausnahme      des  deut-i 
sehen    Wochenblattes    ..Katholische    Volksn 
Zeitung"  und  des  englischen   Nachmittag- 
blattes  ..World",  beide  an  der  Nord  CaU 
vert    Stra.sse.    vernichtet.      Der    ..Deiitsehel 
Correspondent "  inid  das  ..Journal"  konn 
ten  am  7.  Fel)ruar  nicht  erscheinen.     Miü 
Hülfe    der    Setzmaschinen    der    ..World '^ 
und    geliehenem    ]\Iaterial    aus    der    Buch^' 
druckerei     der     Firma     Sehneidereith 
Söhne    an    der    Sharp    Strasse    wurde   der. 
..Deutsche     Corespondent"     theihveise     in 
deutschen    und   theihveise    in    lateinischer» 
Bueh.staben   hergestellt,  bis  in  verhältniss■^ 
massig  kurzer  Zeit   wieder  einige  Setzraai 
schinen    aus    New    York    erlangt    worder» 
wai-en.     Das  Bureau  war  in  Klemm 's  Ci- 
garrenladen  an  der  Nord  Calvert  Strasse] 
eingerichtet    worden    und   zog   dann    nach] 
Nr.  411  St.  Paul  Strasse  um.    Das  Grund 
stüek    des    ,, Deutschen    Correspondenten''^ 
an   der   Ecke  von   Baltimore   Strasse  und 
Post    Office    Avenue,    jetzt    Customhous«, 
Avenue,  wurde  für  ein   Theater  verkauftlj 
Das   ..Baltimore   Journal"   zog  nach   denr'l 
..Labor-Lyceum "   in    Nr.    1011    Ost    Baltil 
more    Strasse,   nachdem    die   Zeitung   ein«! 
Zeit     lang     mit     Plülfe     von     deutscher« 
Druckereien   in    Süd-Baltimore   hergestelH 
worden    war.      Das    ,, Bayerische    Wochen*! 
blatt"      zog      in      dasselbe      Lokal.      Delj 
,, Wecker"   fand   ein   Heim   an    der   Sarar" 
toga,  nahe  Charles  Strasse. 


„Der  Deutsche  Correspondent". 


dii'igirt 


,,Der   Deutsche   Correspondent"  ist  di< 
älteste    und    die    tonangebende    deutsch« 
Zeitung  in  Baltimore,  ]\Id..  eines  der  ver 
Diese  sänniitlichen  Zeitungen.  Tagel)lät-      breitetsten    Tageblätter    südlich    von    Nev 


ter  und  Wochenzeitungen,  sind  nach 
längerer  (»der  kürzerer  ?]xistenz  wiedcM- 
eingeschlafen.  Als  letzte  ging  ,.  Volks- 
freund und  Biene"  durch  den  Tod  des 
Herausgebers  Sigmund  Jünger  in  1901  ein. 
Bei  dem  gros.sen  Brande  in  1904  wurden 
sämmtliche    englische    und    deutsehe    Zei- 


York.  Der  Correspondent  ist  und  wai 
von  seiner  Gründung  im  Jahre  1841  ai 
streng  demokratisch.  Oberst  Friedricl 
Raine  war  der  Gründer.  Das  Blatt  er 
schien  im  Anfang  als  Wochenzeitung 
wurde  aber  bald  eine  tägliche  Ausgabi 
und  erwarb  sich  einen   Ruf  als  gut  redi 


DIE  DKUTSCHE  l'KESSK   IN   AMERIKA. 


51  f 


giite  Zeitiiig  im  ganzen  Lande.     Dem  Ta-  am   ]:i  .Mai   1822  in  der  Stadt  Preussiseh- 

geblatt     wurde     später    ein     interessantes  .Minden.  We.sti)hal.'n.  geboren.   In  .Münster 

belletristisches  Sonntagsblättehen   hinzuge-  erlernte  er  die  Huehdrm-kerkunst.  und  im 

fügt.     Dann   folgte   die   regelmässige   Wo-  Jahre    1S4()   f(tlgte   i-r  seinem    bereits   vier 

chenausgabe    des    „Deutsehen     Correspon-  Jahre   früher  ausgewanderten    Vater   Wil- 


denten" für  die  Landbewohner,  die  eine 
,  grosse  Verbreitung  in  .Maryland.  Peinisyl- 
I      vanien.    Delaware,    Virginien    und    West- 

Virginien  fand.  Vom  Jahre  1898  an  wird. 
I     dem    Zeitgeist     Reehnung    tragend,     auch 


heim  Raine  nach  Baltimore.  Im  nächsten 
Jahre  schon  gründete  er  den  „Deutsehen 
Correspondenten".  Oberst  Raine  ent- 
wickelte sich  in  kurzer  Zeit  zu  einem  ge- 
wandten     und      weitsehauenden      Journa- 


FRIEDRICH    RAINE, 
der   Gruender  des   ,, Deutschen   Correspondenten". 

ein    gro.sses    Sonntagsblatt    herausgegeben,  listen,    der    es    vei-stand,    gute    Mitarbeiter 

„Der    Deutsche    Correspondent "    hat    seit  heranzuziehen,   von    welchen   hier  der   un- 

seinem    nahezu    siebzigjährigen     Bestehen  vergessliche     deutsch-amerikanische    Jour- 

sehr  viel  für  das  Deutschthum   in   ]\Iary-  nalist  Eduard  Leyh  erwähnt  werden  mag, 

land  gethan;  er  trat  stets  für  Freiheit  und  der  im  Jahre  1901  leider  zu  früh  aus  dem 

Recht,    für   demokratische    Prinzipien    ein  Leben  schied. 

und  blieb  der  Fahne  immer  treu.  Den  militärischen  Titel  „Oberst"  erhielt 

Der  Gründer  des  „Deutschen  Correspon-  Friedrich    Raine    bereits    im    Jahre    lS<iS 

denten".    Oberst    Friedrich    Raine,    wurde  durch    Gouverneur    Bowie    von    .Maryland. 


512 


KIK  DKnscUH  PKh:SSE    IX   AMERFKA. 


«1«T  iliii  an  seiiH'ii  Stal)  ('iiniuitf.  In  il'Ui- 
si'Wu'U  Jahn"  war  rv  auch  Mitu'lictl  dfs 
riNtt'ii  Hatlis/\vri«rt's  des  Uait iiiKirtT  Slailt- 
i-atlis  als  Vcrtn'tiT  d.-r  ü.  Ward.  ÖluTst 
RaiiH"  war  «laiiials  schon  cim-r  dir  dciiK»- 
kratischcn  Führer  in  Stadt  und  Staat.  uikI 
im  .lahrc  ISSö  hcloluitc  rräsidcut  Grovcr 
(Mevchind    ilui    mit    dem    (Jcncral-Konsu!- 


2.  .Mär/  ls;U  in  Prcussisch-.Mindcn  fjeho- 
rcM  wurde,  ist  12  .Jahre  jünjrer,  als  der 
Gründer.  Iiei  welchem  er  als  Jünfrlinf?  in 's 
Geschäft  eintrat.  p]r  frründete  dann  ge- 
nieinsehaftlieh  mit  seinem  Schwager  W. 
l'oimeyei"  eine  Huelidrurkrrei  in  Halti- 
iiifire.  .Xacii  seinei-  \>rheirathung  mit 
Frl.     K:iche!     M.     l-rundi«re,    der    Toehti-r 


EDUARD    RAINE. 

der    gegenwaertige    Herausgeber    und    Eigenthuemer    des 
,, Deutschen    Correspondenten". 


l'osteii  in  Heriin.    Kr  stall)  im  Jahre  1903. 
ohne  Leihes-Krhen  zu  hinterlassen. 

..Der  Deutsche  Correspondent"  ging 
nach  dem  Tode  i\vs  Gründers  in  den  Besitz 
von  dessen  ,iün«r:tem  Bruder,  P^duard 
Haine,  üher,  welcher  die  Zeitung  schon 
seit  1885,  als  Ohcrst  Haine  die  f^rneiniung 
zum  General-Konsul  in  lierlin  erhielt, 
geleitet  hatte.  Der  neue  Besitzer  des 
,. Deutsehen  Correspondenten".  welcher  am 


eines  in  !\Iai-yland  wohlbekannten  Ge- 
sehäftsmannes.  ging  ei*  nach  dem  Süden, 
um  in  Haleigh,  X.  C.  eine  Zeitung  heraus-- 
zugeben,  doeh  zwang  ihn  Krankheit  in  der 
Familie,  nach  Baltimoi-e  zurückzukehren. 
Im  Jahre  1858  ging  er  dann  nach  Ports- 
mouth.  Ohio,  wo  er  den  heute  noch  gutste- 
henden ,,Portsniouth  Correspondenten" 
gründete,  den  er  sehr  bald  zu  hohem  An- 
sehen brachte.     Zu  gleicher  Zeit  gab  er  in 


DIK  DKUTSCIIK   I'HKSSK    IX    AM  i:i>  I  KA. 


513 


Irontoii.  Ohio,  ciiu'  Zeitung  unter  doni 
NaiiHMi  ..Dt'i-  Ilci'old"  und  in  Riplcy, 
Ohio,  das  Wochenblatt  ..Correspondent" 
heraus. 

Mit  diesen  drei  Zeitungen  unterstützte 
er  damals  die  denkwürdige  Douglas-John- 
son-Kanipagne  in  ISOO,  woi-auf  er  sich  den 
Kriegs-Demokraten  anseliloss.  In  lU'U 
Kriegs.jahren  liatte  er  sieh  so  angestrengt. 
dass  er  am  Xervenfieber  erkrankte.  Wäh- 
rend seiner  mehrmonatliehen  Krankheit 
hatten  sieh  die  Angestellten  in  seinen  Ge- 
schäften zu  Tronton  und  Ripley  der  Armee 
angeschlossen,  und  die  Zeitungen  waren 
eingegangen,  nur  der  „Correspondent"  in 
Portsmouth  bestand  noch.  Er  begann  mit 
neuer  Energie  und  war  sehr  erfolgreich ; 
er  begrüiulete  neben  seiner  Zeitung  eine 
Buch-  und  Papierhandlung  und  bereiste 
Ohio  im  Interesse  des  56.  und  des  106. 
Regiments,  welche  neue  Rekruten  ver- 
langten. 

Anfangs  der  siebziger  Jahre  kam  er  auf 
Wunsch  seines  Bruders  nach  Baltimore. 
Seit  dieser  Zeit  hat  Herr  Raine  ein 
grosses  Interesse  an  dem  geschäftlichen 
Leben  der  ]Monumentenstadt  genonnnen. 
In  der  Politik  ist  er  stets  ein  treuer  Demo- 
krat geblieben,  ohne  .jemals  ein  ött'entliehes 
Amt  bekleidet  zu  haben.  Nur  ein  einziges 
.Mal  bewarb  er  sich  um  die  Nomination  für 
das  Amt  eines  AVaisenrichters,  doch  unter- 
I  lag  er  in  der  Primär-Wahl.  Trotzdem 
miterstützte  er  dann  als  guter  Parteimann 
seinen  Gegner,  welcher  auch  erwählt  wurde. 

MICHIGAN. 


„Die  Detroiter  Abendpost"  und  ihr 
Gruender  August  Marxhausen. 

Die  Detroiter  ,, Abendpost",  tägliche  und 
Sonntagsausgabe,  wurde  von  August  ^Nlarx- 
hausen  gegründet,  und  ihre  erste  Nummer 
erschien  am  ">.  September  1868,  nachdem 
I  der  Herausgeber  seit  dem  Jahi-e  1866  ein 
Wochenblatt,   „Familienblätter",   publizirt 


hatte.  Die  letzteren,  die  jetzt  zweimal  die 
Woche  erscheinen,  behielt  er  hei.  und  sie 
werden  noch  heute  in  Verbindung  mit  der 
täglichen  ..Aliendpost"  herausgegeben. 
Vorher,  d.  li.  voi-  der  Gründung  der  ..Fami- 
lien-Blätter", wai-  August  .Marxliausen 
Miteigenthümer  des  täglichen  ...Mii-higan 
Journal",  das  er  dreizehn  Jahre  mit 
seinem  Bruder  herausgab.  Xaclulcm  die 
Brüder  sieh  getrennt,  erschienen,  wie  ge- 
sagt, zuerst  die  ..Familien-Blältei-".  inul 
aus  diesen  erwuchs  das  Tageblatt,  die 
,, Abendpost".  Dieselbe  hatte  anfänglich 
mit  grossen  Schwierigkeiten  zu  kämpfen, 
aber  mit  Energie  und  eisernem  Fleisse 
hielt  sie  der  Herausgeber  über  Wasser. 
Fnd  bald  braclien  l)essere  Tage  für  das 
.junge  Blatt  an.  Es  wuchs  und  gedieh, 
überflügelte  bald  seine  Konkurrenten,  und 
ist  heute  das  erste  und  meistgelesenste 
Blatt  deutscher  Sprache  in  ^Michigan. 

Die  ..Abendpost"  ist  mit  den  besten 
Schnellpressen,  modernsten  Stereotypier- 
Apparaten,  ^lergenthaler  -  Setznuischinen 
und  sonstigen  vorzüglichen  mechanischen 
Einrichtungen  ausgerüstet  und  wird  in 
einem  grossen  vierstöckigen  Gebäude, 
Eigenthum  des  Herausgebers,  publizirt. 
Sie  ist  ein  vielgesuchtes  Anzeigeiniiedium 
und  nimmt  unter  den  Blättern  ]\Iichigans. 
ganz  gleich  in  welcher  Sprache  sie  er- 
scheinen, eine  der  ersten  Stellen  ein.  Sie 
gehört  natürlich  der  Associirten  Presse  an 
und  hat  einen  vorzüglichen  Nachrichten- 
Dienst. 

August  Marxliausoi  wurde  am  '2.  .\piil 
1833  in  Kassel  geboren.  Er  verlor  .seinen 
Vater  sehr  früh  und  trat  daher  schon  als 
zwölfjähriger  Knabe  in  di(>  Ilotop'sche 
Druckerei  in  Kassel,  in  welcher  er  bis  zu 
seincMU  18.  Lebensjahre  blieb,  die  Bueh- 
und  Zeitungsdruckerei,  Schriftsetzerci  u. 
s.  w.  gründlich  erlernend.  Im  Jahre  IS.l^ 
wanderte  er  mit  seinem  älteren  Bruder 
Conrad  nach  Amerika  aus  und  übernahm 
die  technische  Leitung  der  New  Yorker 
Handelszeitung,    an    der   er   al)er   nur   e'm 


514 


DIK  DKrTSfUK  PRKSSE  IN  AMERIKA. 


.lahr  blirh.  d«  du'  HrüiliT  im  .laliiv  1853 
fiiirn  Huf  nju'h  Detroit  frhicltcn.  um  hi«'r 
rin  .Irutsclu's  lilatt  /u  h'itcu.  Dit'  P«»liti- 
.S4-h,'  lliiltiui«:  ilifscs  lilattt's.  w.'l.lif  von 
(li'ii  Diri'ktori'U  fiiifr  Aktirufri'st'llschaft  be- 
stimmt wunU-,  koiivt-nirtt'  <1(M1  Brüdfiii 
iii.-ht.  Sie  traten  /uriieU  und  •rrümleteu 
im  .lahre  1S:>4  eine  ei«.'eue  Zeitun^r.  das 
„Miehi^rau  .lounuil". 

Dreizehn  .lalwe  Miel)  Au^'ust  Marxlmu- 
wn  Mit«'i^renthümer  tles  Hlattes.  dann 
«luittirte  er  und  «;al)  im  Jahre  18H6  ein 
\V<»eh«'nl)hitt.  die  „Familien-Blätter",  her- 
aus, weleiiem  zwei  dahre  später  ..Die 
Detroiter  Aheudpost "  folgte,  mit  welcher 
er  jflänzeiul  erfoljrreieh  war  und  die  unter 
Si'iner  Leituufj  hlülit  und  gedeiht. 

August    Marxhausen    ist    ein    in    Detroit, 
ja     in     ganz     .Michigan,     hoehangesehener 
Mann,  der  .sieh  des  Vertrauens  des  Pul)li- 
kums.  hesoiulers  des  Deutsehthums.  in  un- 
Ix'sehränktem    Ma.s.se   erfreut.      Wiederholt 
sind    ihm    lukrative    politische    Stellungen 
otTerirt    worden,   aber  er  hat  sie  alle  aus- 
jfesehlagen.    mit    Ausiudnne    der    Mitglied- 
whaft  der  uid)esoMeten  Park-Konnnissi(m, 
in  weh-h"  letzterer  er  acht  Jahre  zu  hoher 
Zufriedenheit    der    Bürgerschaft    amtirte. 
Drfiinal  wai-  ri-  Vertreter  des  ersten  Kon- 
pn*s.sdistriktes  von   Michigan   in  den  repu- 
blikanischen   Staats  -  Konventionen,    1872, 
1!«M(   und    1IK)8.      In    der  letzt   erwähnten 
musste   er  sich   v<'rtreten   lassen,   da   seine 
(Jattin.  mit  der  er  in  fünfzigjähriger  glück- 
liehster  Elle  gelebt  und  mit  der  er  am  10. 
Oktolwr    1!»07    die    Goldene    Hochzeit    ge- 
feiert   hatte,    schwer    erkrankt    war.      Sie 
sollte  nicht  wieder  genesen.     Am  20.  Juni 
wjirde    die    Getreue    ihm    durch    den    Tod 
entrissen.     Es  war  ein  schwerer  Schlag  für 
ihn.  ein   Schlag,  den  er  heute  noch  nicht 
verwunden  hat,  nie  verwinden  wird. 

In  Detroit  erscheint  ferner  als  Tages- 
Z«'itung  das  „Midiiifnii  Vnlksh1att'\  wel- 
ches über  ')()  Jahre  besteht,  eine  gros.se  Ver- 
breitung in  Stadt  und  Staat  hat  und  von 
einer  Aktien-Gesellschaft  publicirt  wird. 


MINNESOTA. 

„St.  Paul  Taegliche  Volkszeitung". 

Die  CJcschichte  der  „St.  l'aul  Täglichen 
Volkszeitung"  ist  in  gewis.sem  Sinne  die 
Geschichte  der  deutschen  Presse  in  St. 
Paul  und  im  Staate  Minnesota  und  zum 
guten  Thcil  auch  die  Geschichte  der  deut- 
.schen  Presse  des  ganzen  Nordwestens.  Mit 
der  Entwicklung  des  Landes  geht  natur- 
gemä.ss  die  Entwicklung  seiner  Pres.se 
Hand  in  Hand,  und  in  einem  Landestheile, 
wo  die  Deutschen  so  viel  zur  Förderung 
der  Kultur  beigetragen  haben,  konnte  es 
nicht  lange  dauern,  bis  sie  ihr  eigenes 
Organ  besassen. 

Bereits  im  Jahre  1855  erschien  die  erste 
deutsche  Zeitung  als  unabhängig  demokra- 
tisches Unternehmen  \md  hiess  ..Minne- 
sota Deutsehe  Zeitung",  das  erste  deut.sche 
Blatt  im  Staate,  die  Redaktion  wurde 
Herrn  Albert  ^yolff  anvertraut  Nach  ihm 
übernahmen  die  Herren  Hermann  du 
Brisson  und  Carl  Passavant  das  Blatt, 
aber  das  dauerte  nicht  lange,  und  noch  im 
Herbst  desselben  Jahres  ging  das  Blatt  an 
Herrn  Samuel  Ludvigh,  bekannt  imter  dem 
Spitznamen  „Fackelludwig",  hergeleitet 
v(m  einem  Blatte  ,,Die  Fackel",  das  von 
ihm  herausgegeben  worden  war,  über,  der 
ihren  Namen  am  1.  Mai  1858  in  ,,]\Iinne- 
sota  Staatszeitung"  umänderte. 

Die  deutsche  Zeitung  hatte  schon  da- 
mals keinen  geringen  Eintiuss  in  der 
Stadt  und  Umgegend  gewonnen  und 
spielte  eine  recht  hervorragende  Rolle  in 
der  Politik  der  jungen  Stadt  und  des 
Staates.  Dann  kauften  Albert  Wolff  und 
Theodor  Sander  das  Blatt.  Die  beiden 
Herren,  von  denen  der  eine  ein  erfahrener 
Geschäftsmann,  der  andere  ein  bedeuten- 
der Schriftsteller  und  Journalist  war, 
setzten  ihre  ganze  Kraft  daran,  und  ihnen 
gelang  es,  die  „Minnesota  Staatszeitung" 
weit  über  die  Grenzen  des  Staates  hinaus 
zur  Geltung  zu  bringen. 


I 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


51S 


Till  die  rJ<ihi\'s\V('iuK'  cU's  Jahivs  18ö() — 
n?  erl)lickte  eine  zweite  deutsehe  Zeitung 
in  St.  Paul  das  Lieht  der  Welt,  wobei  Herr 
rhilipp  Ri>h)\  der  ehemalige  Herausgeber 
der  „Ptalzisehen  Volkszeitung",  Gevatter 
stand.  Er  nannte  sie  „Volksblatt".  Im 
-lahre  18G1  trat  Herr  Rohr  das  Blatt  an 
Herrn  Carl  H.  Licnau  al).  der  mit  fester 
Hand  eingriff  und  die  Redaktion  und  Ge- 
sehäftsführung  mit  Ge.sehiek  und  Erfolg 
weiterführte.  Seiner  Energie,  l^msieht 
und  rastlosen  Thätigkeit  verdankt  ^liinie- 
sota  seine  erste  tägliche  Zeitung,  die  im 
Jahre  ISGG  mit  dem  wöchentlichen  ,, Volks- 
blatt" erschien.  Allerdings  Avar  die  Zeit 
noch  nicht  reif  für  ein  grosses  Unter- 
nehmen dieser  Art,  denn  die  Zeitung  ging 
zui-ück  und  musste  im  Jahre  1869  wieder 
aufgegeben  werden ;  Lienau  zog  sich  an- 
derer Geschäfte  halber  zeitweilig  von  der 
Leitung  der  Zeitung  zurück,  die  in  Herrn 
Gustav  Leiters  Hände  überging. 

Es  lag  in  der  Natur  der  Sache,  dass  von 
den  beiden  bestehenden  deutschen  Zei- 
tungen jede  der  andern  den  Rang  ab- 
laufen wollte ;  das  Resultat  war  eine  bit- 

(tere  Fehde,  unter  der  beide  Blätter  litten. 
Als  einziger  Ausweg  erschien  die  Ver- 
schmelzung der  feindlichen  Blätter,  die 
denn  auch  im  Jahre  1877  vorgenommen 
wurde.  ]\Iau  bildete  eine  Aktiengesell- 
schaft, welche  für  das  neue  Blatt,  das  nmi 

I  jeden   Tag  als  Morgenzeitung  herauskam, 

Iden  Namen  ,, Volkszeitung"  annahm,  ein 
-Xame,  den  die  Zeitung  seitdem  mit  Ehren 

I  geführt  hat. 

Es  war  immerhin  ein  gewagtes  Unter- 
nehmen, das  sich  die  Gründer  vorge- 
nommen hatten.  Die  erste  Nummer  der 
täglichen  Ausgabe  der  „Volkszeitung"  er- 

.  schien  am  Sonntag,  den  9.  Septeml>er 
1877,  als  vierseitiges,  siebenspaltiges  Blatt, 
gerade  zur  Zeit  des  russisch-türkischen 
Krieges.  Die  Redaktion  ruhte  wieder  in 
den  bewährten  Händen  von  Herrn  Albert 
Wolff.  Herr  Lienau  übernahm,  als  der  ge- 
schäftliehe   Erfolg    ausblieb,    die    Zeitung 


auf  cigmc  Rechnung  und  (Jcfalir.  Kr 
wandelte  die  ..\^llkszeitung"  aus  einem 
Morgen-  in  ein  Abendblatt  um  und  ge- 
staltete sie  zu  ciiiciii  modernen,  allen  ge- 
rechten Anforderungen  iiitsprechenden 
Blatte,  das  sich  im  Laufe  der  Zeit  nicht 
nur  einen  ausgebreitetiMi  Leser-  und  An- 
zeigerkreis, sondern  auch  eine  einHu.s.s- 
reiche  Stellung,  besondei-s  im  politischen 
Leben  der  Stadt  und  des  County's  <'rwarl). 
Eine  Reihe  von  Jahren  machte  die 
,,  Volkszeitung"  ununterbrochen  stetige 
Fortschritte;  der  ganze  Nordwesten  er- 
freute sich  einer  Aera  der  bedeutendsten 
Prosperität,  und  selbstverständlich  bekam 
auch  die  deutsche  Zeitung  ihren  Theil  da- 
von ab.  Dann  aber  kam  der  Rückscidag. 
Das  Land  ging  durch  die  schlinnnste 
wirthschaftliche  Panik  seiner  Geschichte; 
die  Farmer  und  Kautleiite  hatten  kein 
Geld,  und  wie  es  innner  in  schlechten 
Zeiten  der  Fall  zu  sein  pflegt,  war  es  auch 
hier  die  Presse,  welche  zuei*st  unter  dem 
allgemeinen  Rückgang  zu  leiden  hatte. 

Nun  brach  für  die  „Volkszeitung"  eine 
Periode  des  Kampfes  an,  wie  sie  in  der 
Geschichte  des  Zeitungswesens  selten  da- 
gewesen sein  dürfte.  Infolge  von  politi- 
schen Spaltungen,  die  unter  dem  Stabe 
der  Zeitung  einrissen,  wurde  sie  au  den 
Rand  des  Verderbens  gebracht.  Um  jene 
Zeit,  im  Jahre  1895,  endigte  der  bisherige 
Redakteur  Albert  Wolff  auf  tragi.sche 
Weise,  und  das  Blatt  verlor  in  ihm  eine 
nur  schwer  zu  ersetzende  Kraft.  Dazu 
kam  noch,  dass  Herr  Carl  IL  Lienau  sich 
aiulerer  Geschäfte  halber  nach  Californien 
begab  und  die  unter  dem  allgemeinen  Ge- 
schäftskrach schwer  leidende  Zeitung,  die 
auch  infolge  ihrer  schwankenden,  politi- 
schen Haltung  täglich  an  Lesern  verlor, 
seinem  Sohne  Theodor  A.  Lienau  übergab. 
Als  im  September  1897  das  Blatt  in 
schwerer  finanzieller  Krisis  sich  lx>fand 
und  seine  Aktiemäre  durch  eine  geschickt 
eingeleitete  Intrigue  ihres  Besitzes  ver- 
lustig gehen   sollten,   gelang  es   Herrn    F. 


516 


DIE  DKl'TSCHE  PRESSE  IX  AMERIKA. 


W.  BjTpiH'irr.  »las  Blatt  .j«'(l«'ii  Abend  nii- 
uiiterbnM-lu'ii  fi-si-hfinfii  zu  lassen,  bis 
fiieh  sehlies-slieh  die  Geliebte  in 's  Mittel 
lehrten  und  für  jede  der  beiden  Parteien 
einen  Ma.ssenverw alter  ernannten. 

Nun  lM'strei)te  sieb  die  Partei,  an  deren 
Spitze  Herr  SebetTer  und  Herr  Berifineier 
standen,  die  ZeitunjT  von  der  La.st  der 
.Mas-senverwaiter  zu  befreien  und  wieder 
auf  eijrno  Füs.se  zu  stellen.  Herrn  Berg- 
lueier  ^relanf»  es.  sieb  mit  den  (iläubitreru 
der  Zeitung;  in 's  Kinvernebinen  zu  setzen 
uiul  am  M.  Dezember  1S!>7  die  Autliebun«; 
tler  .Mas.senver\valtung  zu  erlangen. 

Der  Streit.  I)ei  dem  es  an  dranuitiseben 
Zwisebenfälleii  und  der  Anwendung 
heroiseb.'r  .Mittel  niebt  feblte,  maebte 
damals  ein  riesiges  Aufseben :  die  ongli- 
s<'ben  Zeitiuigen  batten  Tag  für  Tag  spal- 
teidange  Artikel  über  tlen  Kampf,  den  die 
deiitsebt'  Tagespres.se  der  Stadt  um  ibr 
Leben  fübrte.  was  verursaebte.  dass  die 
..Vttlkszeittnig"  weit  über  die  Grenzen  des 
Staati's  binaus  bekannt  wurde.  Tnd  als 
dann  <ler  Kampf  mit  dem  Siege  der  guten 
Saebe  endete,  feblte  es  niebt  an  allseitiger 
Anerkennung.  un<l  aueb  das  deutsebe  Lese- 
publikum wandte  sieb  seiner  Zeitung  wie- 
<ler  zu.  die  von  mm  an  unter  Leitung  des 
Herrn  F.  W.  Bergmeier  stand. 

Der  L  .Fanuar  ISOS  i.st  eigentlieb  der 
zweite  Geburtstag  der  täglieben  ..Volkszei- 
tnng".  die  von  jenem  Tage  an  allen  An- 
feindiuigen  und  Sebwierigkeiten  zum 
Trotz  unter  der  Leitung  ibres  Herausge- 
bers Herrn  F.  \V.  Bergmeier  Sebritt  für 
Sebritt  kämpfend  sieb  vorwäits  arbeitete 
und  bereits  naeb  wenigen  .Jabicn  niebt  nur 
den  verloreneu  Boden  ziirüek-,  sondern 
nueh  neues  Territorium  dazu  erobert  batte. 
Kine  neue  Aktiengescllsebaft.  bestebeiul 
aus  tüebtigen  (iesebäftsmjinnern.  batte  die 
Zeitung  übernonunen ;  als  Präsident  trat 
Herr  Albert  SebetTer  an  ibre  Spitze  und 
stand  dem  neuen  rnterjiebmen  nu^brere 
Jahre  lang  vor. 


Die  ..Volkszeitung"  gehörte  zu  den 
ei-sten  Zeitmigeu  des  Landes,  welehe  die 
moderne  Setzmasehine  einführten  und  es 
damit  möglieb  maebten.  ihren  Lesern  nicht 
nur  eine  klarer  gedruckte,  .sondei-n  ;nieh 
inbaltreiebere  Zeitung  zu  geben. 

Im  Februar  ÜHI.S  siedelte  die  ., Volkszei- 
tung" naeh  der  5.  und  Minnesota  Strasse 
über. 

Im  Jabi-e  1005  starb  Herr  F.  W.  Berg- 
meiei-  und  an  die  Spitze  des  Blattes  trat 
sein  Bruder.  Herr  Dr.  F'ritz  Bergmeier, 
während  die  Gattin  des  Verstorbenen, 
Frau  Clara  Bergmeier,  das  Amt  der 
Schatzmeisterin  und  Sekretärin  überiudun. 
Im  Juni  1909  ist  die  ..Volkszeitung"  in 
ihr  neues  Heim,  ein  vierstöekiges  Steinge- 
bäude, in  der  Nähe  des  Union-Babidiofe» 
umgezogen. 


MISSOURI. 


Die  ,, Amerika"  in  St.  Louis, 

die  leitende  deutsch -katholische  Zeitung  des  Westens. 

l^nter  den  in  den  Vereinigten  Staaten  er- 
scheinenden deutsehen  Zeitungen  nimmt 
die  A))(crika  seit  ihrer  Entstehung  eine 
eigene  Stellung  ein.  AVie  es  in  Deutsehland 
niebt  zum  wenigsten  der  Kulturkampf  war, 
der  die  Nothwendigkeit  einer  eigenen 
Presse  fürs  katholische  Volk  hervortreten 
lie.ss,  so  drängte  auch  hierzulande  da.s.selbe 
Ereigniss  die  deutschen  Katholiken  dazu, 
ihre  Presse  durch  Gründung  von  Tageblät- 
tern zu  verstärken,  weil  die  deutsche  Tages- 
Presse  sich  spezifi.sch  anti-katholisch  gebär- 
dete.  Hätte  jene  sich  damals  bereits  der 
Neutralität  befleissigt.  die  sie  heutzutage 
beweist  —  die  „Amerika"  wäre  höchst 
wahrscheinlich  nie  ins  Dasein  getreten. 
Da  nun  die  Dinge  so  lagen,  entschloss  sich 
in  St.  Louis  im  Jahre  1S72  eine  Anzahl 
Alänner.  ein  Tageblatt  zu  gründen,  das  die 
Angritfe  der  Gegner,  Stoss  mit  Gegenstoss, 


I 


DTE  DEUTSrilF:  PKKSSK   IN   AMKI.'IKA. 


517 


I)arir('n  sollte.  Und  die  Saehe  liess  sieh 
jallerdinjrs  zu  Anfang  g:ut  an;  das  Kapital 
war  rasch  gezeichnet,  das  Direktorium  ohne 
Schwierigkeit  gel)ildet  aus  Mäiniri-n.  die  im 
öffentlichen  Leben  eine  geachtete  luul  füh- 
lende Stellunir  einnalin;en. 


DAS  HEIM  DER  „AMERIKA"  IN  ST.   LOUIS. 

Seitdem  sind  37  Jahre  ins  Land  gezogen, 
ron  denen  die  ersten  zehn  der  neuen  Griin- 
llung  manche  Stürme  brachten,  da  es  den 
^eitern  des  Unternehmens  nicht  am  guten 
jiVillen    fehlte,    wohl    aber   an    Erfahrung. 


die  dann  im  liaufe  der  Jahre  erst  erkauft 
werden  musste.  Die  zähe  Ausdauer  uiul 
unentwegte  Opferfreiuligkeit  gewisser  Di- 
rektoren halfen  jedoch  über  alle  Schwierig- 
keiten liinwcg.  so  dass  die  Amerika  seit 
mehreren  Jalirzehnten  l)ereits  auf  einer 
durchaus  gesicherten  Tuterlage  ruht,  wa.s 
durch  die  Thatsache  bestätigt  wird,  dass 
die  Gesellscliart  in  dei-  Lage  war.  ein  für 
ein  englisches  Zeitungsunterneluiien  er- 
bautes Gebäude  aus  eigenen  ]\Iitteln  zu  kau- 
fen, in  das  vor  zwei  Jahren,  nachdem  der 
I>au  von  Grund  auf  umgestaltet  worden 
war.  ih'V  Kinzug  gehalten  wurde. 

In  (lei-  Festnuuniier  der  Zeitung,  die 
nacli  vollendetem  Umzug  in 's  eigene  Heim 
\-eröffentlicht  wurde,  hei.sst  es:  „"Während 
mancher  Schwarzseher  glaubt,  mit  dem 
Läuten  des  Sterbeglöckleins  für  die  deut- 
sche l're.sse  unseres  Landes  beginnen  zu 
sollen,  liat  der  Verwaltungsrath  der 
Gerinan  Literary  Society  im  85.  Jahre  des 
lU'stehens  des  von  dieser  Gesellschaft  ver- 
rftVntlichten  lUattes  beschlossen,  diesem, 
durch  den  Ankauf  und  Neuausstattung 
eines  für  Zeitungszwecke  geeigneten  Ge- 
bäudes, eine  neue  Grundlage  der  Existenz 
zu  schaffen,  deren  Ende  heute  iuiabsehl)ar 
ist.  Seit  einem  lialben  ]\Ienschenleben 
haben  manche  der  im  Direktorenrath  un- 
serer Gesellschaft  sitzenden  ^länner  sozu- 
sagen die  Hand  am  Puls  des  deutschen  Zei- 
tungswesens in  Amerika.  AVeit  davon  ent- 
fernt, böse  Vorzeichen  des  allgemeinen 
Niedergangs  der  deutschen  Presse  im  allge- 
meinen und  ihres  Blattes  im  besonderen  zu 
erblicken,  die  es  ihnen  hätten  ratlisam  er- 
scheinen lassen,  wie  vor  einem  Sturm  die 
Segel  zu  reffen,  glaubten  sie  in  der  unent- 
wegten Unterstützung  des  ausgedehnten 
Leserkreises  der  Amerika  die  Maluiung  er- 
blicken zu  müssen,  die  Zukunft  des  Blattes 
so  zu  gestalten,  dass  es  auch  den  Ansprü- 
chen zu  genügeti  vermöge,  die  unsere  Zeit, 
an  eine  tägliche  Zeitung  zu  stellen,  sich  ge- 
wöhnt hat." 


518 


DIK  DKrTSCHE  PRKSSK   IN   AMERIKA. 


Seitdem   ist   übt  r  das  Ljiml   ein«'   wirth- 
Rohaftlii'ho  Krise  jjckoiumcn  :  trotzdiMii  liat 
der  Dirrktorenrath  seine   Heseliliisse  nicht 
zu  iHMViien  ^'elial)t.     Aiieli  lieilte  noell  bliel<t 
uum  an  der  „Anurika"  fn.lijreniuth  in  die 
Zukunft,    im    liewusstsein.    dass    die    Zei- 
tUMff  die  Ix^sten  Aussiebten  hat.  norli  viele 
Jahre  die  Fahne  des  Deutsehthunis  lioehzu- 
halten.      Dass   das    Hbitt    so    ganz    lebens- 
fähig  Ist,   ist   nieht   zuletzt   das  Verdit^nst 
der  Männer,  die  .seit  Jahren  im  Direktoreii- 
rathe  sitzen  und  dessen  materielle  Daseius- 
bedini:.  ng     f«'st     <re>rründet     haben.       Zu 
nennt'u   wären   da   Herr   Win.   Druhe,   der 
.seit  mehr  als  dreissig  Jahnii  Präsident  der 
Gesellsehaft  ist:  sodaiui   Msgr.  Goller  und 
die    Herren    Jos.    Gunnnei-sbaeh.    von    der 
Welttinna  H.  Herder,  G.  L.  Götz  und  F.  J. 
Renuners.     Ihnen  haben  sieh  zugesellt  im 
Laufe   der   Jahre:    Generalvikar   0.   J.    S. 
H«M.g.  Arthur  Preuek,  Jos.  J.  Kulage.  John 
Peitmeior  —  der  Geschäftsführer  des  lin- 
ternehnuMis  —  und  F.  P.  Kenkel.  der  gegen- 
wärtige Chefredakteur  der  Amerika.  Seine 
Vorgänger    in    diesem    Amte    waren    der 
hoehangesehene    Dr.    Eduard    Preuss,    der 
diesem  Blatte  gleich  zu  Anfang  das  Anse- 
hen   seines    Namens    lieh,    um    ihm    dann 
dreissig  Jahn^  lang  sein  tiefes  Wissen  und 
seine  grosse  Arbeitkraft  zu  weihen.     Dass 
das  Hlatt   t(mangebend   wurde,   das  geach- 
tetste    luul    angesehenste    Pressorgan    der 
deut.schen   Katholiken   in   den   Vereinigten 
Staaten,  verdankt  nuui  zum  grossen  Theil 
dii^em    .Mainie.      Als    er    starb.    ül)ernahm 
sein    trefflicher    Snhn    Arthur    Preuss    — 
über   di«'   Grenzen   unseres  Landes  hinaus 
als  Herausgeber  der  ..('atholic  Fortnightly 
Review""     bekannt — die     Redaktion     der 
Amfrika,    die    niederzulegen    ihn    Gesund- 
heitsrücksichten   zwangen.      Darnach    trat 
am  1.  Mai  IDOö  der  gegenwärtige  Inhaber 
die  Stelle  an,  der.  wie  Herr  A.  Preuss.  in 
Amerika  geboren  ist.    Denn  auch  das  ist  an 
unserem    Blatte    bemerkenswerth :    hierzu- 
lande sind  gel)<)ren   dessen   Chefredakteur, 
der  Lokalredakteur  und  mehrere  Berichter- 


statter, iniil  last  but  not  least.  der  Ge- 
schäftsführer, so  dass  die  Amerika  heute 
mit  besonderem  Recht  ein  von  Deutsch- 
Amerikanern  für  Deutsch-Amerikaner  ge- 
leitetes Blatt  genannt  werden  darf. 


„Die  Westliche  Post"  in  St.  Louis 

und  Emil  Preetorius, 

ihr  langjaehriger  Herausgeber. 

Eine  der  markantesten  Gestalten  unter 
den  Deutsch-Amerikanern  des  ganzen  Lan- 
des, einer  ihrer  berufensten  Führer,  ein 
]Mann,  der  allezeit  nach  dem  Höchsten 
strebte  imd  die  idealen  Güter  der  ]\Iensch- 
heit  über  die  materiellen  stellte,  ein  Typus 
und  Vorbild  im  höchsten  Sinne  des  Wortes 
— das  war  Emil  Preetorius.  Es  sind  fa.st 
vier  Jahre  her,  dass  er  von  uns  gegangen ; 
aber  die  Lücke,  die  sein  Hinscheiden  ge- 
lassen hat,  ist  noch  nicht  wieder  ausgefüllt 
und  wird  auch  nieht  wieder  ausgefüllt  wer- 
den. Der  ^Menschenschlag,  zu  dem  Emil 
Preetorius  und  seinesgleichen  gehörten, 
stirbt  aus!  Ein  halbes  Jahrhundert  lang 
hat  er  für  die  TVohlfahrt  imd  für  die  Ent- 
wicklung seiner  Adoptivheimath  in  den 
vordersten  Reihen  gekämpft  und  sich  eine 
Stellung  im  Rathe  der  Weisen  der  Nation 
errungen,  die  in  ihrer  Art  fast  einzig  war. 
Präsidenten  und  Gouverneure  und  Bür- 
germeister, und  nieht  blos  die  seiner  eige- 
nen Partei,  sind  zu  ihm  um  Rath  gekom- 
men ;  sie  haben  ihn  erhalten  und  es  nicht 
zu  bereuen  gehabt,  wenn  sie  ihn  befolgten. 
Wie  oft  hat  er  uns  nicht  selbst  in  den 
letzten  Jahren  gefehlt ! 

Enul  Preetorius  war  ein  Sonnenkiiul, 
seine  W^iege  stand  in  der  Ileinuith  des 
fröhlichen  und  ebenso  tapferen  Spielman- 
nes Volker:  in  Alzey  erblickte  er  am  15. 
:\Iärz  1827  das  Licht  der  Welt.  Der  Rhein 
und  die  Nibelungenrecken  erfüllten  die 
Träume  .seiner  Jugend ;  in  Giessen  trank  er 
aus  dem  Borne  der  Wissenschaft  und  er- 
warb sien,  noch  ein  Jüngling,  den  Doktor- 


DIK   I)i:iTS(  IIK   I'KESSH    IX   AMKHIKA. 


519 


hut.     Dann  ergriffen  den  jungen  Stürmer  Man  kaini  vdii  Dr.  Kmil  l'reetoriiis  sagen, 

die  Wogen  der  Achtundvierziger  Begeiste-      dass  er,  als  er  starl).  keinen  Feind  liinter- 
rung  und  warfen   ihn  sohl i esslieh,   wie  so      Hess.     Er  war  weielien  Herzens,  sonnigen 


viele  andere,  an  die  Gestade  der  Neuen 
Welt.  Seit  1853  war  er  ein  Bürger  von 
St.  Louis,  und  in  all  der  Zeit  bis  zu  seinem 
Tode  ist  er  sich  selbst  treu  geblieben  — 
treu  im  Streben  nach  der  wahren  Freiheit, 
ti'eu  in  der  Liebe  zur  neuen  Heimath,  treu 


Gemüths.  von  einem  gesunden  ()i)timisinus 
ganz  ei-füllt.  eine  frische,  fröhlielie  Käiiip- 
fernatur.  Er  verstand  es,  seine  Klinge 
schneidig  zu  führen,  wo  es  noththat.  aber 
er  wirkte  nie  vei-letzend.  Er  konnte  in 
einem   Satze  von  zwei  bis  drei  Zeilen  den 


DR.    EMIL    PREETORIUS. 


im  Kampfe  für  das  Wahre,  Schöne  und 
Gute.  Sein  vornehmstes  Kampfesmittel 
aber  war  die  Zeitung,  die  er  seit  1864  lei- 
tete, die  „Westliche  Post",  das  Kind  seines 
Geistes,  der  Stolz  seines  Vollbringens,  das 
heilige  Vermächtniss.  das  er  bei  seinem  am 
19.  November  1905  erfolgten  Tode  seinem 
würdigen  Sohne  Rdward  L.  Preetorius  liin- 
terliess. 


Kern  einer  Frage  so  sehai-f  hervorheben, 
dass  der  Leser  aus  diesem  einem  Satze 
mehr  l^elehrung  seliö|)fte  als  aus  manchem 
spaltenlangen  Artikel.  Fnd  ebenso  ver- 
stand er  es,  ^Menschen  und  I)ing<'  kurz  und 
knMi)p.  aber  aueii  ebenso  treffend  zu  elui- 
rakterisiren.  Gerade  in  den  kurzen  «'dito- 
riellen  l?eniei-kungen,  die  seine  Erfindung 
waren    uiul   worin  er  unerreicht    geblieben 


i 


520 


DIE  DEL'TSCHE  PRESSE  IN  A.MKRIKA. 


ist,  beruliti'  soiiio  journalistische  Bedeu- 
tung in  h('rv()rra<;eiuU'in  Masse.  Von  lan- 
p-n  Aldiantllunp'n  war  er  kein  Fivund. 
Ja.  wenn  es  an*s  Keden  ^'injr.  da  stellte  er 
seinen  Mann;  da  strömten  ihm  die  Gedan- 
ken zu  aus  nnei'schö|)flichem  Quell,  und  es 
fcliltrn  ihm  auch  nicht  die  Worte,  um  sie 
klar  und  packend  /um  Ausdruck  /u  brin- 
P«Mi.  so  dass  er  ilit'  Hörer  mit  sich  fortriss 
im  Sclnvunire  der  eigenen  He«;eisterung. 
Dabei  überra.schte  er  immer  und  innner 
wieder  sell)st  .seine  nächsten  Bekannten 
durch  den  von  einem  nie  versagenden  Ge- 
dacht niss  getragenen,  erstaunlichen  Um- 
fang seines  Wissens,  seine  seltene  Belesen- 
heit nicht  allein  in  dichterischen,  sondern 
auch  in  wissenschaftlichen  Werken  aller 
Art.  und  durch  die  Ai-t  und  Weise,  wie  er 
alles  (Jclesene  selbständig  verarbeitete. 
Nicht  vollständig  wäre  diese  Skizze,  wenn 
wir  neben  und  über  den  Vorzügen  seines 
Gei.stes  diejeniiren  seines  Herzens  ver- 
gäs.sen.  seine  gewinnende  Liebenswürdig- 
keit, seine  herzliche  Theilnahme,  seine 
freundliche  Xachsicht.  seine  opferwillige 
Nächst  cid  iebe. 

So  lebt  sein  jiild,  umstrahlt  vom  Glo- 
rienschein der  Liebe,  bei  Allen  fort,  die 
ihn  kannten,  bei  Gattin.  Tochter  und 
Sohn,  bei  Freunden  und  Vertrauten  und 
nicht  zum  Wenigsten  bei  denjenigen,  die 
das  Glück  hatten,  bei  ihm  in  die  journa- 
listische Schule  zu  gehen  und  ..seines  Geis- 
tes einen  Hauch  zu  verspüren".  Können 
sie  auch  nicht  hoffen,  ihm  je  zu  gleichen, 
so  Werden  sie  es  docli  nie  müde  werden. 
ihm  nachzueifern. 


NEW   JERSEY. 


Die  „New  Jersey   Freie  Zeitung" 
und  ihr  Gruender  B.  Prieth. 

Vor  mehr  als  einundfünfzig  Jahren,  am 
25.  April  1858,  zu  einer  Zeit,  in  der  es  ein 
AVagniss  war.  ein  deutsches  Blatt  herauszu- 
geben, wurde  die  ..Xew  Jersey  Freie  Zei- 


tung" von  Herrn  Benedict  Prieth  in 
Newark.  New  Jersey,  gegründet.  Freiheit. 
Recht.  Wahi'heit  bildeten  das  Motto  des 
neuen  Blattes,  damals  wie  auch  heute  noch. 
Das  Unternehmen  gedieh  ti-(»tz  der  schwe- 
ren Zeiten,  die  dem  Kriege  voi-ausgingen. 
und  wurde  trotz  aller  Anfeclitungen  bald 
eine  politische  ]\Iaclit  in  der  Stadt  wie  <iii 
Staate,  besonders  als  sein  Besitzer  und  Hc- 
dakteur,  Herr  Benedict  Prieth.  es  in  den 
Dien.st  der  republikanischen   Pai-tei  stellte. 


B.   PRIETH— Gruender  der  "New  Jeney  Freie  Zeituog". 

und  ihm  damit  seine  Signrdur  für  alle 
Zeiten  gab.  Das  Banner  führt  sie  auch 
heute  noch,  aber  trotzdem  ist  die  ..Freie 
Zeitung"  nie  zur  Partei-Sklavin  herabge- 
sunken. Wann  immer  verbleiulete  Führer 
in  die  Rechte  des  Volkes  eingreifen  wollten, 
machte  sie  gegen  solche  Männer  Front  mul 
vertheidigte  das  bedrohte  Prinzip!  —  Ein 
Sonntagsblatt  war  der  erste  Schritt  vor- 
wärts, den  das  neue  Unternehmen  that.  Es 
war  freilich  nur  ein  kleines  Blättchen,  12 
Zoll  hoch  und  9  Zoll  breit,  aber  es  blieb 


DTE  DErTi=?f"TTF:  PRESSE  T\  AMEPTKA, 


521 


niflit  htiiirt'  so,  und  stobt  heute  mit  seinen 
30  und  mehr  Seiten  an  Lesestoff,  Illustra- 
tionen und  Anzeigen,  sowie  der  Beilage 
„Für  die  Damenwelt  "  den  besten  deutsehen 
Uliittem  nieht  naeh.  —  Im  Jahre  1873  be- 
zoiT  die  ..Freie  Zeitung"  ihr  eigenes  Heim 
in  7ö  Market  Str.,  wo  sie  blieb  bis  zu  dem 
gelegentlieh  ihres  goldenen  Jubiläums  im 
Jahre  1908  stattgehabten  Umzug  in  ihr 
neues  Heim,  das  dcuischc  Hauft,  225  Wash- 
ington Str.  Xaeh  dem  im  Jahre  1879  er- 
fol'iten  Tode  des  Gründers  des  Blattes, 
Herrn  Benedict  Prieth.  übernahm  dessen 
vVittwe.  Frau  Theodora  Prieth.  die  l^ei- 
tung  des  Unternehmens  und  führte  sie  mit 
steigendem  Erfolge  bis  ihre  Söhne  heran- 
gewaehsen  waren  und  das  Werk  der  Eltern 
fortführen  konnten.  Bei  der  25.  Jubiläums- 
feier konnte  das  Blatt  auf  eine  trotz  aller 
Anfeindung  und  erl)itterter  Kcmkurrenz 
überaus  erfolgreiehe  Thätigkeit  hinweisen, 
und  sah  eine  glänzende  Zukunft  vor  sich. 
Und  diese  hat  sieh  erfüllt.  Unter  den  ge- 
genwärtigen Besitzern  des  Blattes,  Herr 
Benedict  Prieth  trat  im  September  1893 
in  die  Gesehäftsleitung  ein.  und  sein  jün- 
gerer Bruder  Herr  Edwin  Prieth  im  Jahre 
1900,  wuchs  das  Blatt  in  jeder  Hinsicht. 
Seit  dem  am  30.  Januar  1906  erfolgten 
Tode  der  Frau  Theodora  Prieth  sind  die 
beiden  Herren  die  alleinigen  Eigenthümer 
der  Zeitung.  —  Ein  neues  Heim  wurde  ge- 
baut und  zur  Feier  ihres  50jährigen  Be- 
stehens gab  die  „Freie  Zeitung"  eine  l-iO 
Seiten  umfassende,  reich  illustrirte  Jubi- 
läums-Nummer heraus,  die  in  Bezug  auf 
Inhalt  imd  Ausstattung  zu  dem  Besten  ge- 
hört, was  jemals  in  der  Richtung  von  einem 
deutschen  Blatte  in  Amerika  geleistet 
wurde  I 

Die  „New  Jersey  Freie  Zeitung"  ist  ein 
achtseitiges  Blatt,  das  je  nach  Bedarf  auf 
zehn,  zwölf  und  mehr  Seiten  vergrössert 
wird.  Sie  behauptet  heute  im  Staate  New 
Jersey  das  Feld  als  einzige  deutsche,  täg- 
lich erscheinende  Zeitung.  Inhaltlich  frei 
von   allem,   was   in    die   deutsche   Familie 


nicht  geliört.  ist  die  „Freie  Zeitung"  in 
dem  hall)en  .Jahrhuiulert  ihres  Bestehens 
geblieben  ein  Hort  deut.sehen  Wesens, 
deutscher  Sitte,  Sprache  und  Kultur.  Das 
ist  die  Bahn,  die  der  Gründer  des  Blattes 
wies,  und  die  soll  weiter  verfolgt  werden 
unter  seinen  Söhnen  und  ihren  Xaeliknm- 
men  im  Kampfe  für  Freiheit.  Keeht  und 
Wahrheit ! 

Herr  lii^mdicl  J'riith  war  im  August 
1857  nach  Amerika  gekommen.  Ei-  war  in 
Graun.  Tirol,  geboren  und  für  die  juristi- 
sche Laufbahn  bestimmt  gewesen.  Ei*  halle 
in  Insbruck,  Graz  und  Wien  studirt.  in 
der  österreichischen  Kaiserstadt  wai-  er  im 
Jahre  1848  der  dortigen  Studenten-Legion 
beigetreten  ;  dafür  sehiekte  ihn  die  österrei- 
chische Regierung  mich  Niederwerfung  der 
Revolution  als  politischen  Gefangenen  auf 
die  Festung  Salzburg.  Ende  184!)  win-de  er 
in  seiner  Heinuith  Graun  internirt.  Endlieh 
freitrelassen.  verdiente  sieh  Herr  Prieth  die 
jcmrnalistischen  Sporen  zuerst  an  der  ..Bo- 
zener Zeitung"  und  als  Mitarbeiter  des 
..Bund"  in  Uern,  setzte  daiui  aber  seine 
Studien  in  :\Iünchen  und  Tübingen  fort 
und  erlaugte  an  der  zuletzt  genannten  Uni- 
versität die  Würde  eines  Doktor  der  Reehte. 
Es  ist  begreitlich,  dass  auch  für  diesen  Mäi- 
tvrer  des  Freiheits-Gedankens  die  alte  \\  i-lt 
keine  Anziehungskraft  mehr  besass.  llei-r 
Prieth  wandte  sich  nach  Amerika  und 
siedelte  sich  sofort  in  Newark  an.  Die  Vor- 
liebe für  Politik,  seine  rhetorisehen  imd 
journalistischen  Talente  führten  ilui  hier 
ganz  von  selbst  zu  dem  Berufe  eines  Hedak- 
teurs und  Publizisten,  luul  so  kam  der  Plan, 
in  Newark  eine  Zeitung  herauszugelien.  zur 
Ausführung.  In  dem  Antritts-Artikel  <ler 
„New  Jersey  Freie  Zeitiuig"  vom  2«!.  Apnl 
1858.  betitelt  „Freiheit,  Reeht  und  Wahr- 
heit", legte  er  seinen  Hauptgrundsatz  in 
den  Worten  fest:  „Das  deutsehe  Element 
in  unserer  Gemeinde  Newark  und  im  Staate 
New  Jersey  zin-  Anerkennung  mid  Geltmig 
zu  bringen",  und  treu  hat  er  dieses  Gelülnli' 
bis  zu  seiner  letzten  Stunde  gehalten. 


522 


DIK  DEUTSCHE  TRE 

NEW   YORK. 


Die  deutschen  Zeitungen   Buffalo's. 

DiT  L'.  Di-zimiiIht  1S:{7  w.ir  dtT  (Jcburts- 
tau  (Ut  t'i-stcn  (Icntsclun  Zfitun^'  in  Buf- 
failo.  eines  Wocluiihlattcs.  das  unter  dem 
Titel  ..Der  Weltliürjrer"  von  iU'or^  Zahm 
aus  Zweihi'üeken.  der  das  Huehdrueker- 
Gesehäft  erU'rnt  liatt«-,  später  al)er  Sehul- 
lehn-r  p'wordeii  war.  Iiei-ausfjefjeljen  und 
anfan«rs  von  Ste|»lian  Molit»»r.  l)ald  jedoeh 
von  dem  Herausfxeher  seihst  redifjirt 
wunh'.  Zahm  war  kurz  vorlier  vnii  New 
York  nach  ButTah»  frekommen. 

Die  Zeitunjr  hraehte  an  (h'r  Spitze  ihrer 
Spalten  folj;en(U'  ..Ankündi^'ung".  gewis- 
s«'nnassen  als  Reehtfertigung  ihres  Er- 
scheinens: 

„Die  Anzahl  tdr  deutschen  Bevölkerung 
Villi  ButValu  hat  sich  in  den  letzten  vier 
otler  fünf  .fahren  so  l)edeutend  vermehrt, 
und  die  kommerziellen  sowie  die  politi- 
schen Verhältnisse  dieser  Stadt  erhielten 
für  die  hier  wohnenden  Deutschen  eine  so 
IimIjc  Hcdentinig.  dass  man  das  Erscheinen 
einer  Zeitung  in  deutscher  Sprache  längst 
schon  als  dringendes  Bedürfniss  fühlte.  Ihr 
Zweck  ist  Belehrung  dci-  Deutschen  üher 
die  Politik  des  Landes  und  Mittheilung  der 
wichtigsten  amerikanischen  und  europäi- 
schen Begehenheiten.  Da  Belehrung  der 
Leser  eine  ihrer  Haupt rücksichten  ist,  so 
wird  sie  sich  keiner  hesonderen  Partei  an- 
.schliessen,  sondern  uiud)hängig  und  unpar- 
teiisch jene  Grundsätze  zu  entwickeln 
su«'l»en.  welche  zur  Aufrechterhaltung  der 
Verfassung  nothwendig  sind.  Iti  wichti- 
geren politischen  Fragen  sollen  die  An- 
sichten heider  Part«'ien  mitgetheilt  weiden. 
um  dii-  Leser  in  den  Stand  zu  setzen,  ihr 
eigenes  l'rtheil  zu  fällen.  Entschieden 
wird  sie  sich  gegen  die  ungerechten  Ver- 
folgungen der  eingewanderten  Europäer 
erklären  und  dieselhen  auf  .jene  Rechte 
aufmerksam  machen,  welche  ihnen  Ver- 
fassinig  uiul  Gesetze  zugesichert  haheu." 


S8E   IN   AMERIKA. 

In  einer  ..Erklärung''  auf  der  zweiten 
Seite  des  Blattes  werden  diese  Ansichten 
noch  des  weiteren,  wie  folgt,  erläutert: 
..Wii-  wünschen  nicht  so  vei-standen  zu 
werden,  als  sei  es  unsere  Absicht ,  die  Deut- 
schen V01-  der  Theilnahme  an  den  politi- 
schen Parteien  zu  warnen,  oder  zu  einer 
gleich  unparteiischen  Stellung  zu  ermun- 
tern. In  einer  demokratischen  Re])ul)lik 
niuss  jeder  Bürger  Parteimann  sein,  er 
iniiss  sieh  zu  einei"  der  leitenden  Parteien 
hekennen.  wenn  nicht  sein  Eintluss  und 
seine  Bedeutung  als  Bürger  verloren  gehen 
soll."  Aber  trotz  des,  in  der  ..Ankündi- 
gung" ausgesprochenen  Bestrebens,  dass 
die  Zeitung  ..sich  keiner  besonderen  Partei 
anschliessen  werde",  zeigte  sie  von  vorn- 
herein mehr  Hinneigung  zur  demokrati- 
schen Partei  als  zur  Whigpartei. 

Ueber  die  Zustände  in  den  Vereinigten 
Staaten  heisst  es:  „Trotz  der  Vortrefflich- 
keit  ihrer  Verfassung  und  trotz  ihres  uner- 
schöpflichen Schatzes  von  Hilfscpiellen 
treten  nicht  selten  Stockungen  und  Zerrüt- 
tungen der  Geschäfte  ein,  welche  ihre- 
störenden  und  drückenden  Wirkungen 
über  die  ganze  Union  und  alle  Bürger- 
klassen erstrecken.  Die  meisten  dieser 
Tebel  entspringen  aus  dem  gebrechlichen 
Zustande  der  Banken  und  dem  damit  ver- 
bundenen störenden  Geldumlauf." 

Die     Schilderung     der     in     Deutschland' 
herrschenden   Zustände   unter   der   Rubrik 
„Ueberblick   über  die   politischen   Verhält- 
nisse der  verschiedenen  Staaten"  verdient, 
hier   der   Erwähnung,   da   sie  die   Ursache- 
dor  starken   Einwanderung  der  Deutsehen 
in     den     dreissiger     Jahren     darlegt;     sie- 
lautet:     „Deutsehland,  das  seit  seiner  Zer- 
trümmerung durch  Napoleon  als  geschlos- 
si'ues  Reich  aus  der  Reihe  der  Staaten  ver- 
schwunden   ist,    befindet    sich,    Iwherrscht 
von    vierunddreissig    Monarchen,    gedrückt 
von  Schaaren  beamteter  Diener,  der  Press- 
freiheit   und    der    Tvlittel    beraubt,    seinen 
Bewohnern    die    wünsehenswerthe   Aufklä- 
rung zu  geben,  in  einem  beklagenswerthen 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE   I\   AMERIKA. 


ö'.'a 


politischen  Zustande.  Der  Deutsche  Bund, 
gebildet  aus  Gesandten  der  verschiedenen 
deutschen  Höfe,  übt  unter  dem  EinHus.se 
von  Oestreich  und  Preussen.  den  l)eiden 
mächtigsten  Häuptern,  eine  Militär-Ge- 
walt, die  Gesetze.  Eide  und  heilige  Zusa- 
gen unter  die  Füsse  tritt,  jeden  freien  Auf- 
schwung stört  und  allen  P\)rtschritten  des 
Zeitgeistes  entschlossen  und  beharrlieh  ent- 
gegentritt." 

Das  ..Lokale",  das  auch  in  der  Folge 
sehr  stiefmütterlich  behandelt  wird,  ent- 
hält nur  vier  ]\Iittheilungen :  Einen  kurzen 
Bericht  über  einen  verheerenden  Sturm, 
der  Butt'alo  und  Umgegend  am  22.  Novem- 
ber heimgesucht  hatte;  einen  andern,  über 
ehie  ..Patrioten  "-Versannnlung.  die  an- 
lä.s.slich  der  in  Kanada  ausgebrochenen  Un- 
ruhen gehalten  worden  war.  Die  dritte 
Mittheilung  beklagt,  „dass  es  mit  dem 
Geldumlauf  vielleicht  nirgends  so  schlecht 
steht  wie  in  Buffalo.  da  Banknoten  aus 
diesem  und  den  östlichen  Staaten  zu  den 
seltenen  Erscheinungen  gehören."  Der 
vierte  Bericht  weist  darauf  hin.  dass  in  der 
näch.stcn  Woche  die  Gerichtssitzungen  be- 
ginnen, und  ermahnt  die  Leser,  die  ihre 
Erklärung.  Bürger  werden  zu  wollen,  noch 
nicht  abgegeben  haben,  diese  Pflicht  nicht 
aufzuschieben,  mit  den  Worten  schliessend  : 
„Wem  es  bekannt  ist,  dass  die  Partei  der 
geborenen  Amerikaner  darauf  abzielt,  die 
Bürger-Aufnahme  der  Einwanderer  zu  er- 
schweren oder  womöglich  gar  aufzuheben, 
der  wird  die  Wichtigkeit  und  Xothwendig- 
keit  einer  ungesäumten  Anmeldung  er- 
kennen." 

Beiläufig  .sei  hier  bemerkt,  dass  das 
Treiben  der  „Natives",  die  sich  um  die 
Jahre  1836  und  1887  in  den  grösseren 
Städten  zu  Vereinen  organisirten,  viel  dazu 
beitrug,  die  Deutschen  zu  vereinigen  und 
zu  geschlossenem   Widerstände   anzuregen. 

Aus  dem  ]Marktl)ericht  der  ersten  Num- 
mer des  Blattes  ist  zu  ersehen,  dass  Kar- 
toffeln 25  Cents  pro  Büschel  kosteten. 
Schinken    12i/,    Cents   das    Pfund,    frische 


Butter  lii  Cents,  gesalzene  Butter  ]:{ 
Cents.  Hickoryholz  $2.50  bis  .+:{.  Eichen- 
holz .'f;2  bis  i^'I.'iO  dir  Klafter.  Kchl.ii 
kamen  damals  hier  n«»i-h  nicht  zur  Ver- 
wendung. Noch  bis  in  den  Anfang  <l.-r 
siebziger  .Tiihre  behalf  man  sich  in  vielen 
Häusern  mit  Ilulzfeuerung  für  <leM 
Küchenofen.  Mit  dem  Erlö.schen  der 
Holzfeuer  ist  auch  die  einst  sehr  blühende 
und  zahlreiche  ..Zunft"  der  Holzliacker 
erloschen. 

Depeschen  gab  es  zu  jener  Zeit  nicht. 
Die  erste  Telegrapheidinie  von  Buffalu, 
die  mit  Albany  elektrische  Verbindung 
herstellte,  wurde  er.st  am  8.  Juli  1S4(;  er- 
öffnet. Die  europäischen  Xaeli  richten 
waren  von  vier  bis  sechs  Wochen,  die 
Washingtoner  Nachrichten   acht   Tage  alt. 

In  der  neunten  Nummer  des  ..Weltbür- 
ger" ersucht  der  Herausgeber  die  aus- 
wärtigen Subskribenten,  ihr  Subskrip- 
tionsgeld portofrei  einzusenden,  und  be- 
gründet dieses  Ersuchen  mit  d<'m  Hin- 
weis auf  die  Thatsache.  dass  er  für  einen 
Brief,  der  eine  Michiganer  i)>l-N()te  ent- 
hielt. 50  Cents  Porto  und  für  die  Note  20 
Cents  Diskcmto  zu  zahlen  hatte. 

In  der  ersten  Nununer  des  dritten  Jahr- 
ganges mahnt  der  Herausgeber  die  säumi- 
gen Zahler,  falls  sie  nicht  Baargeld  leisten 
können,  sich  mit  Lieferung  von  Butter. 
Käse.  Eiern.  Kraut.  KartotTeln.  KNibeii. 
Erbsen.  Linsen.  Bohnen.  Fleisch.  .Melil. 
Geflügel  oder  sonstigem  ..Essbaren"  abzu- 
finden, wenn  sie  ihre  Namen  nicht  auf 
einer  ..schwarzen  Liste",  die  verötfent lieht 
werden  soll,  prangen  sehen  wo'hn.  Diese 
Drohung  wurde  bald  darauf  ausgeführt. 
Die  ,, schwarze  Liste"  enthielt  etwa  zwanzig 
Namen  von  Leuten,  welche  die  Stadt  ver- 
lassen hatten,  ohne  ihre  Zeitung<schuld  zu 
begleichen. 

George  Zahm,  der  Eigen!  hünier  des 
..W^eltbürger".  wurde  am  2S.  SepteiidH'r  in 
dem  Town  Cheektowaga.  fünf  Meilen  von 
Buffalo.  bei  der  Errichtung  eines  Frei- 
heits])aumes    durch    das    Fallen    desselbeiT 


5. '4 


IHK   DKlTtJCllK   I'I.'KSSK    IN    AMKK'IKA. 


.Ulf  (Irr  St»'lh'  «rctiMlt.'t.  ]]v  war  4.")  Jaliic 
all  p'wonlni.  Der  Traut*rziifr.  der  srinciii 
Sar';«'  fol^rtr.  war  di-r  «;rösstt'.  der  l)is  dahin 
«liirch  die  Strassen  liuffalo's  sich  lu'wcjrt 
hatte. 

.Milte  S.'ptenihrr  1S4S  frltlickt«'  ..Der 
Fn-ie  Demokrat"  das  Lieht  (h'r  Welt. 
I)ess«'n  IIerans«.'eher  war  Karl  Ksslin«r<'r. 
ein  Hnehhändh-r.  Das  lihitt.  das  nach 
t»innndeinhall).jährit;eni     Bestehen     in     (hii 


iinlei-  th'V  l-'iniia  lirunek.  Held  &  Company 
versehniolzen.  jedoch  als  Wochenhlatt  des 
..Demokrat  "  heihehalten. 

Fi-iedrich  Ileld.  dei-  am  20.  Dezember 
ISIS  in  Hechtoldsheim,  Hessen- Darmstadt, 
gi'horeii  war.  kam  als  zwölfjährij/er  Knabe 
mit  seinen  Hltein  nach  liuffalo.  liald  da- 
rauf ri  hielt  ei-  Desehäftigun»  beim  ..Welt- 
biii«rer"  als  Zeitnngsträger,  erlernte  dann 


FRIEDRICH    HELD, 
der   ventorbene   Herausgeber  des   ..BuSalo   Demokrat". 


liesitz  von  Jacob  Knapp  nnd  Carl  ile  Haas 
gelangte,  wnrde  im  Anfange  1850  in  ..Der 
BnfFalo  Demokrat"  umgetauft.  Im  No- 
vember des.selben  Jahres  verkaufte  Herr 
Knapp  .seinen  Antheil  an  der  Zeitung  an 
Frifdrich  Hrhl.  Bald  darauf  erschien 
das  Blatt  täglich. 

Am   18.   April    ISö.i   wurde   ..Der  Welt- 
bürger"   mit    dem     ..Buffalo     Demokrat" 


die    Schriftsetzerei    und    wurde   schliesslich 
Theilhaber  an  dem  Blatte. 

In  18Ö9  löste  de  Haas  seine  Verbindung 
mit  Brunck  &  Held.  Am  1.  Januar  1875 
schied  Dr.  Brunck  aus  der  Firma,  und 
Friedrich  Held  blieb  der  alleinige  Eigen- 
thümer  der  Zeitung.  Nach  seinem  Tode 
wurde  der  ..Demokrat"  eine  Zeit  lang  von 
seiner   Wittwe   betrieben,   bis   er  von  dem 


DIK   DKrTSCllK   l'RKSSK    IX    AMKHIKA. 


525 


zwi'itt'ii  Sohne  des  verstorhi  neu  Frank  ('. 
B.  Ileld,  dem  jetzigen  Eigenthiiiuer.  ül)ei- 
noininen  wurde. 

„Der  Buffalo  Telegraph",  ein  Wochm- 
l.latt.  kam  am  :l  .Mai  185;}  als  Tagehhitt 
heraus,  unter  der  Firma  ^liUer  ^^  Bender. 
Später  wurde  Philip  IT.  Bender  aUeiniger 
Eigenthümer.  I\!it  dem  Entstehen  dei- 
repuhjikaniseheu  Partei  fand  diese  im 
..Telegraph"  einen  eifrigen  Kämpfer. 
Während  des  Re])elli()nskrieges  erseliien  die 
Zeitung  längere  Zeit  als  [Morgen-  und 
Abendblatt.  Von  Ph.  II.  Inender  ging  der 
„Telegraph"  in  den  Besitz  v(m  Friedrich 
Geib  über,  gab  aber  bald  dai-anf.  in  1S78. 
sein  Dasein  auf. 

..Der  Lügenfeind",  ein  Woehenblatt. 
herausgegeben  von  J.  ]\Iarle,  machte  in 
1850  als  Organ  der  Freien  Christliehen 
Gemeinde  sein  Erseheinen.  Er  hielt  sieh 
im  Kampfe  um 's  Dasein  zwei  Jahre.  Einen 
zweiten  Versueh,  ein  Blatt  ähnlicher  Ten- 
denz herauszugeben,  miternahm  im  8ep- 
tendjer  1853  G.  Scheibel.  der  Sprecher  der 
Freien  Gemeinde,  mit  der  ..]\Iorgenröthe". 
Auch  diese  verblich  nach  kurzer  Zeit. 
„Der  Lichtfreund",  von  F.  E.  Egenter  in 
1855  herausgegeben,  ebenfalls  ein  Organ 
der  Freien  Gemeinde,  hatte  keinen  besseren 
Erfolg.  Er  brachte  es  nur  auf  aclitzehn 
Nummern. 

C.  Wiechmanu  begann  im  Jahre  1853 
die  Verötf'entlichung  einer  katholischen 
Wochenzeitung,  ..Aurora".  Nach  seinem 
am  2.  Dezember  1898  erfolgten  Tode  über- 
nahm sein  Sohn  J.  D.  Wiechmann  die  Lei- 
tung des  Blattes,  das  später  mit  der 
..Christlichen  Woche"  verschmolzen  wurde. 

Friedrich  Reinecke,  ein  erfahrener 
Drucker,  der  im  Jahre  1852  aus  dem 
schönen  Thüringerlande  nach  Buffalo  kam, 
Hess  im  Oktober  1853  ein  Wochenblättchen, 
das  mit  Holzschnitten  ausgestattet  und 
aussehliesslich  der  Unterhaltung  gewidmet 
war,  unter  dem  Titel  ..Humoristischer 
Volksfreund"  erscheinen.  Der  Erfolg 
dieses  Unternehmens  ermuthigte  den  Iler- 


ausgel)ei-.  ein  grösseres  Woclicnlilalt .  ..Dit- 
l5ut1'alo  Allgemeine  Zeitung",  zu  verötTent- 
lichen.  Die  erste  .\umiiier  des  neuen 
Blattes  ei'sehicii  am    17.   .Mai    lS5(i. 

Im  Septciiibei'  iSliO  vei'wandejte  sieh 
..Die  UiitValo  Allgemeine  Zeitung"  in  die 
„I^utlalo  Freie  Pi'esse".  Das  Blatt  wurtle 
nach  dem  Tode  Friedrich  Reineeke's, 
1S()().  \-on  dessen  Sohne.  Ottomar  Reinecke, 
zuerst  allein,  nach  einem  Jahi'e  mit  Franz 
II.  Zesch  als  Ge.schäftsgenossen.  weiter 
geführt.  In  1872  erschien  ..Die  ButValo 
Freie  Presse"  als  tägliche  Zeitung.  Sie 
wai"  stets  und  ist  noch  heute  unter  ihren 
jetzigen  I^esitzern  Reinecke  &  Zesch  eine 
treue  Befürworterin  der  Prinzipien  der 
republikanischen  Partei. 

„Amerikanischer  Beobachter"  war  der 
Titel  eines  halbwöchentlich  ei-scheinenden 
Blattes,  das  von  James  B.  Colgrove  im 
xVuftrage  der  Amerikanischen  Partei  von 
Erie  C(mnty  während  des  Präsident- 
schafts-AVahlkampfes  von  1850  zur  Cnter- 
stützung  ^lillard  Fillmore's,  des  Kandida- 
ten dieser  Partei,  herausgegeben  wiu-de. 
Das  Blatt  verfehlte  seinen  Zweck  vollstän- 
dig, da  sich  die  Deutschen  von  den  Xati- 
visten  nicht  ködern  Hessen. 

.,Der  Buft'alo  Patriot",  ein  tägliches 
.Morgen])latt,  dessen  Herausgeber  Friedrich 
Vogt  und  Joseph  Young  waren,  er- 
freute sich  im  Februar  1S57  eines  kurzen 
Daseins. 

Im  Jahre  1863  untei-nahmcn  .Xauerl. 
Ilansmann  &  Co.  die  Verötfentlichung  des 
„Buft'alo  Journal",  das  nach  wenigen  .Ah)- 
naten  seines  Bestehens  von  Ph.  II.  Bender, 
dem  Herausgeber  des  ..Buft'alo  Telegraph", 
aufgekauft  und  mit  diesem  Blatte  ver- 
schmolzen wurde. 

In  lS(i7  machte  die  „Central  Zeitiuig", 
ein  katholisches  Wochenblatt,  von  Joseph 
Iloag  herausgegeben,  ihr  Erscheinen.  Das 
Blatt  wurde  nach  vierjälwigem  Bestehen 
vom  IIerausgel)er  na<-h  New  York  verlegt, 
wo  es  nach  einigen  Wochen  einging. 


526 


DIF  DKrTSCHE  PRESSE  IX  AMERIKA. 


Kirche  gewidmetes  Wochenblatt,  das  in 
1877  von  Berner  &  ]M essner  heransgegeben 
wurtlc.  crscliien  nach  einigen  IMonaten 
unter  dem  Titel  ..VolUslilatt  für  Stadt  und 
Tjaiid"  als  iiolitisch-nnabhängige  tägliche 
Zeitung. 

Um  jene  Zeit  gab  es  in  Uuffalt>  sechs 
deutsche  Tageblätter,  nändich :  ..Demo- 
krat", ..Freie  Presse".  ..Volksfreund", 
..Täglicher  Republikaner".  ..Tägliche  Tri- 
büne"  und  das  ..Volksblatt".  Das  war 
offenbar  des  Guten  zu  viel.  Die  ..Tägliche 
Tribüne"  und  ,.üer  Tägliche  Republika- 
ner" verschwanden  von  der  BildHäche. 
Das  ..Volksblatt  für  Stadt  und  Land" 
schloss  gegen  p]nde  Januar  1880  seine 
Laufbahn  als  tägliche  Zeitung. 

„Die  Arbeiterstimme  am  Erie",  eine 
Sonntagszeitung,  herausgegeben  und  redi- 
eirt  von  Paul  Ko])erstein.  dem  früheren 
Redakteur  der  ..Buffalo  Tribüne",  trat, 
wie  ihr  Titel  besagte,  für  die  Interessen 
der  Arbeiter  ein.  Die  „Stimme"  ver- 
stummte, nachdem  sie  sich  vom  ]\Iai  bis 
Ende  November  1878  hatte  hören  lassen. 

Ln  Herbst  1885  wurde  die  ..Buffaloer 
Arbeiterzeitung"  von  einer  Aktien-Gesell- 
schaft, dem  ..Arbeiter  Zeitungsverein",  als 
Wochenblatt  gegründet,  und  im  September 
1897  in  eine  tägliche  Zeitung  umgewan- 
delt, die  anfangs  als  ^Morgenblatt.  nach 
einigen  Wochen  als  Abendl)latt.  später 
Z.'itung  unter  dem  Titel  .".Der  Tägliche  .i^^^<'C'^i  ^^'p^^^^'  «^^  Wochenblatt  erschien 
Republikaner",  deren  erste  Nummer  am  ^"i^^  "'»^'l^  J^'tzt  ereeheint. 
1').  Oktober  1875  erschien.     Am  1.  Januar  ..Die   Sonntagspost",   ein   von   Hermann 

1878  ging  das  Eigenthumsrecht  der  Zei-  Hoffnuinn  herausgegel)enes  und  von  ihm 
tung  auf  die  ..Gennan  Republican  Printing  sehr  fähig  redigirtes.  humoristisches  Sonn- 
Association"  über.  tagsblatt.  das  dem  geselligen  Verkehr,  dem 

Tin  November  desselben  Jahres  verkaufte  Treil)en  in  Sänger-.  Turner-  und  Sehau- 
«lie  ..Gi'rman  Republican  Printing  Asso-  spieler-Kreisen  besondere  Aufmerksamkeit 
ciation"  ihr  Zeitung.sgeschäft  an  Reineeke  schenkte,  erlo.sch  mit  dem  Tode  des  Heraus- 
&  Zcseli  und  die  Venirt'eiitlichung  des  gebers  im  Januar  1896  nach  fünfjährigem 
..Täglichen     l\i'i'»'^l'l<»nei'"    wurde    einge-      Bestehen. 

stellt.  „Der  Buffalo   Herold",   ein   auf  Aktien 

..Die  Hvangelische  Gemeindezeitung",  gegründetes,  dem  Fortschritt,  der  Unter- 
ein   den     Interessen    der    jirotestantischen      haltung.    Belehrung    und    dem    deutschen 


Eine  Anzahl  katlu»lischer  Bürger  be- 
schlos.sen  im  Sommer  1868.  eine  Gesell- 
schaft, bestellend  aus  deut.schen  Katlioli- 
ken.  zu  bildi'n  und  eine  tägliche  politische 
Zeitung  herauszugeben,  welclie  die  Rechte 
eines  jeden  Bürgei-s  in  politischer,  ge- 
.sehäftlichcr  und  religiöser  Beziehung  ver- 
treten und  nichts  entlialten  soll,  was  der 
wahren  katholischen  Lehre  entgegen  ist. 
Di»,  (iesellsehaft  Hess  sich  als  ..Butt'alo 
German  Printing  Association"  inkorpori- 
ren  und  gab  die  ei-ste  Nununer  ihrer  Zei- 
tunir.  ..ButVah»  Volksfreund",  am  L 
Aiigust  1868  heraus. 

Im  Februar  1875  erschien  die  erste  Num- 
mer einer  zw<'iten  katholischen  Wochen- 
schrift. ..Die  Christliche  Woche"  benannt. 
Das  Blatt,  zum  Besten  des  Deutschen 
Römiscii-Katholischcn  Waiseidiauses  her- 
au.sgegeben.  wurde  von  Rev.  I*.  Joseph  ]\I. 
Sorg  bis  zu  seinem  Tode  in  1888.  und 
wird  seitdem  von   F.  X.  SchiftVrli  redigirt. 

Die  erste  Sonntagszeitung.  ..Der  Sonn- 
tag-Herold", wurde  im  September  1875 
von  der  Firma  Haas.  Nauert  &  Klein  in 's 
Leben  gerufen,  ging  aber  nach  etwa  acht 
Monaten  ein. 

Eine  Spaltung  im  Lager  der  tleutschen 
Republikaner  veranlas.ste  Ismar  S.  Ellison, 
der  Hedakteur  der  ..Buffalo  Freie  Presse" 
gewesen  war.  l>is  er  die  Redaktion  des 
Sonntag-Herold's  kurze  Zeit  übernahm. 
zur     H«'rausgal)e     einer     republikanischen 


DIE  DEUTSCH !•:  PRESSE   FX   AMERIKA. 


527 


Wreinslohon  g:e\\idiiietes  Woehenhhitt.  ;iiii 
15.  März  1S!)7  geboren,  wurde  Anfang 
Jjmuar  von  Joseph  ]\Iosler  &  ('o.  ühci-- 
nominen  und  einige  ]\Ionate  spätei-  mit  dci- 
..Buffaloer  Arbeiterzeitung"  verselnnolzen. 


Die  „New  Yorker  Staats-Zeitung'*, 
Oswald  Ottendorfer  und  Herman  Ridder. 

Die  erste  Nummer  der  „Xcic  Yorker 
Sfaafs-Zeitung"  erschien  am  24.  Dezem- 
ber 18;U.  Die  Herausgabe  eines  Wochen- 
blattes war  von  einer  Anzahl  von  Deut- 
schen, die  eine  Aktien-Gesellschaft  ge- 
gründet hatten,  beschlossen  worden.  C. 
Braker  stellte  es  in  einem  Zimmer  des 
Hauses,  No.  99  Nassau  Str.,  her.  Die 
Aktien-Gesellschaft  löste  sich  jedoch  bald 
auf.  und  Gustav  Adolf  Xeumann,  der  im 
lioheu  Alter  auf  seiner  Farm  in  Sullivan 
County,  N.  Y.,  starb,  wurde  der  Eigeu- 
thümer. 

Im  Jahre  1845  verkaufte  G.  A.  Neu- 
maini  die  Staats-Zeitimg,  die  inzwischen 
zweimal  umgezogen  Avar.  nämlich  nach  7 
Frankfort  Str.  und  13  Chrystie  Str.,  und 
seit  einem  Jahre  dreimal  wöchentlich  er- 
schien, an  Jacob  TJU.  Er  war  im  April 
1806  in  Würzburg  geboren  und  nach  Theil- 
nahme  am  Ilambacher  Fest  1832  über  Eng- 
bind nach  Amerika  ausgewandert.  Er 
gründete  in  No.  11  Frankfort  Str.  eine 
Druckerei  und  kaufte,  wie  schon  erwähnt, 
später  die  „Staats-Zeitung".  Unterstützt 
von  eeiner  Frau,  die  1837  nach  Amerika 
gekommen  war  und  die  er  im  Jahre  1839 
geheirathet  hatte,  konnte  Uhl  bald  nach 
Uebernahme  der  Zeitung  es  unternehmen, 
sie  täglich  herauszugeben.  Das  erste 
eigene  Heim  der  Staats-Zeitung  befand  sich 
in  No.  214  William  Str.  Es  war  im  Jahre 
1850  errichtet  worden.  Die  Einstellung 
von  zwei  Doppel-Cylinder-Pressen  mit 
Dampfbetrieb  war  Beweis  von  der  Prospe- 
rität der  „Staats-Zeitung",  der  Jacob  Tbl 
ani    14.    Januar    1849    ein    Sonntagsblatt, 


„Dt'v    Fn'iscbütz".    b-'ig.-g.-b.-n    batt.-.      im 
April  1S52  starb  Jacob  Tbl  und  hint.-Hi.-ss 
auss-M-    sciiici-     Wittwe    sechs    unmündigt' 
Kiiuler.       Aber    die     wackere     und     khigr 
Frau  wusste  die  Zeitung,  der  sie  im  .Jahre 
1857  ein   für  damalige   Vcriiällnis.se  gross- 
artiges neues  Heim  in  .Xo.  17  Chathain  Str. 
gab.  mit  Erfolg  weiterzuführen.     Im  .Ijiiire 
1859  vermählte  sie  sich  mit  Osinihl  Otttn- 
(lorfcr.  der  im  Jahre  1S51  in  die  H.xjx-dition 
des  Blattes  eingetreten  und  1S5S  /um  Clief- 
Kedakteur    aufgerückt     war.       Kr     führte 
nach   dem    im    April    1884  erfolgten   Tode 
seine,-  Frau,  der  an   ihrem   Begräbniss  die 
in  der  Geschichte  New  York 's  nodi   nicht 
dagewesene  Ehrung  zutheil  wurde,  da.ss  die 
Fahnen  auf  allen  öffentlichen  Gebäuden  auf 
Halbnuist     wehten,     die     ..Staat.s-Zeitung" 
allein    weiter,    getreu    der    Devise    Gustav 
AdoL^'     Neumann 's:      „Vorwärts!      Schon 
Stillstand   ist   Rückschritt  "     Die   Autlage 
der  ..Staats-Zeitung"  war  bereits  anfangs 
der    sechziger    Jahre    auf    fünfzigtausend 
Exemplare  gestiegen.    Das  allen  Deutschen, 
die  in  früheren  Jahren  New  York  besucht 
haben,      bekannte      „Staats-Zeitungs  "-Ge- 
bäude  an    der   Brooklyner   Brücke   wurde 
1873  errichtet.     Dasselbe  wurde  später  für 
Verbesserungen   von   der   Stadt   angekauft, 
und  1908  übersiedelte  die  ,, Staats-Zeitung" 
nach    ihrem    jetzigen    Heim,    182    William 
Strasse.    Eine  völlig  neue  Einrichtung  traf 
die  ..Staats-Zeitung"  1885  damit,  da.ss  sie 
in  Berlin  ein  eigenes  Bureau  errichtete  luni 
direkt   Nachrichten    aus    Deutschland    und 
Oe.sterreieh-rngarn.  olnie  den  l'mweg  über 
London,  bezog.    ,,The  Associated  Press"  ist 
später   ihrem    Beispiel   auf   Drängen    ihrer 
Abonnenten  unter  den  deutschen  Zeitungen 
des    Landes   gefolgt.      42   Jahre    lang    war 
Oswald  Ottendorfer  das  geistige  Haupt  der 
„Stants-Zeitung".      Als    er    im    Dezember 
1900      gestorlxMi      war.      wurde      flimitiii 
Kiddcr.  der  am    1.  Januar  1891    nach    Kr- 
wert    einiger    Aktien    des    fast    ganz    inj 
Familien-Besitz  befindlichen  rnternehmens 
in    die    ,, Staats-Zeitung"   eingetreten    war. 


528 


DIK  DKrTSClIK  PRKSSE    IN    AMKHIKA. 


deri'n  Lfitcr.  Ilir  Tojälirijrt's  .Iiihiläuin 
pilt  iiiii  1«;.  April  rMi.')  Aiiliiss  zu  einer 
jrn»s>;.n  Kliniiis;  «Ifs  DtMitsehlliuins  von 
CinKs-NfW   Vitrk  sowie  <les   Liindes. 

Osivahl  Othmlorfu-.  dessen  XiMiieii  stets 
unter  den  ei-sten  «reuiumt  wird,  wenn  von 
den  hervorrn«:endsten  Deutstli  -  Anieiika- 
nern  die  Ixcde  ist.  war  zwar  nielit  der  Be- 
jrrüniler.  jdier  der  Schöpfer  der  Gnisse  und 
B.'deut\uiir  der  ..New  Yorker  Staats-Zei- 
tuujr".  (iehoren  am  2().  Fehninr  lM'(i  in 
Zwittau.  .Mähren,  ahsolvirte  er  die  Seliulen 
seiner  Vaterstadt  und  hezog  dann  die  Tni- 
versitäti'U  von  Wien  und  Prag,  wo  ei-  sich 
dem  Kechts.studium  zuwandte.  Seine  Tni- 
vei-sitätszeit  tiel  in  die  Sturm-  und  Ürang- 
jahre.  die  üher  Kuropa  dahiid)rausten  und 
aUe  Staaten  mächtig  erschütterten.  Auch 
Oswald  (^ttendorfer  crfasste  der  Völker- 
frühling.  und  als  im  März  1848  der  Auf- 
stand gegen  das  Metternich'sche  Regiment 
loshraeh.  stand  er  mitten  unter  den  von 
Freiheitsliehe  erfüllten  Kämpfern  auf  den 
Barrikaden.  Als  Wien  im  Oktober  fiel, 
tlüchtete  Oswald  Ottendorfer  nach  Leipzig. 
An  dem  herühmten  Dresdener  Aufstand  \m 
Mai  184!)  und  der  badischen  Revolution  im 
Sonuner  desselben  Jahres  sehen  wir  Osw'ald 
Ottendorfer  mit  jugendliehem  Feuereifer 
theilnehmen  und  dann,  nach  dem  Nieder- 
werfen des  Anf.standes.  als  Flüclitling  das 
harte  Brod  der  Verbannung  essen.  Tm 
Exil  erwachte  die  Ileimathsliebe  so  stark 
in  ihm.  dass  er  der  (lefahr  langei-  Einkei-ke- 
rung  niclit  ai-htete  und  nach  Wien  zurück- 
kehrte, liier  unisste  er  erkennen,  dass 
seine  aufwallende  Begeisterung  inid  sein 
?]intreten  für  P"'reiheit  und  Volksrechte  ihn 
eines  kostbaren  Gutes,  der  Ileimath  und 
des  Vaterlandes,  beraubt  hatten.  Er  wandte 
sich  nach  Amerika  und  kam  1850  in  New 
York  an  —  freimdlos.  ohne  Büttel,  der 
Landessprache  nicht  mächtig.  Er  nahm 
einen  Platz  als  Arbeiter  in  einer  F'abrik  an. 
in  der  nur  Irländer  beschäftigt  waren.  Ob- 
wohl harter  Körperarbeit  völlig  unge- 
wohnt,  hielt  er  mit  eiserner  Willenskraft 


mehrere  Monate  in  dieser  Stellung  aus. 
Dann  glückte  es  ihm.  in  der  OfiMce  der  N.  Y. 
Staats-Zeitung  eine  bescheidene  (Merkstelle 
zu  erhalten.  Nach  wenigen  Jahren  wurde 
er  in  den  Redaktionsstab  der  Zeitung  auf- 
genoiiinicii.  zu  deren  geistigem  Leiter  ei* 
sich  alsbald  aufschwang.  Mit  der  Ge- 
schichte dieses  grossen  journalistischen  In- 
stitutes ist  der  Name  Oswald  <  )tlcndoi'fer 
auf  das  engste  verwebt ;  ihm  vei'dankt  die 
X.  Y.  Staats-Zeitung  heute  in  erster  Reihe 
ihre  glänzende  und  einflussvolle  Stellung. 
Als  Oswald  Ottendorfer  die  Kontrolle  üt)cr 
die  Zeitung  erhielt,  liezitferte  sich  ihre  Auf- 
lage kaum  über  5000  Exemplare. 

Nachdem  Herr  Oswald  Ottendorfer  im 
Jahre  1859  durch  seine  Ileirath  mit  der 
Wittwe  des  früheren  Besitzers  Jakol)  Uhl 
auch  Eigenthümer  des  Blattes  geworden, 
beschränkte  er  sieh  nicht  darauf,  mit  der 
Feder  für  die  Wohlfahrt  des  Landes  einzu- 
treten, sondern  begann  alsbald,  an  der 
Politik,  speziell  an  den  konnnunalen  Liter- 
essen New  Yorks,  thätigen  Antheil  zu 
nehmen.  Oeffentliche  Aemter.  so  mannig- 
fach sie  Herrn  Ottendorfer  auch  angetra- 
gen wurden,  hat  er  beharrlieh  zurückge- 
wiesen. Dennoch  liess  er  sich  bereit  finden, 
während  der  Jahre  1873  und  1874  im  Board 
of  Aldernien  zu  dienen,  vornehnilidi  um 
hier  Gelegenheit  zu  haben,  seine  Ansichten 
über  ^Municipal-Verwaltung  zum  Ausdruck 
zu  bringen.  Dass  er  die  Arbeit  und  nicht 
Aemter  nnd  Einkünfte  suchte,  das  beweist 
die  Thatsache.  dass  er  das  ihm  als  Alderman 
zustehende  Gehalt  von  $4000  pro  Jahr  zu- 
rückwies, weil  er  dasselbe  ausser  allem  Ver- 
hältniss  zu  den  damit  verbundenen  Leistun- 
gen erachtete.  Eine  Kandidatur  für  das 
Amt  des  ^Nlayor  der  Stadt  New  York,  die 
wiederholt  in  seinem  Bereiche  war,  hat 
Herr  Ottendorfer  aus  Rücksicht  auf  seinen 
geschwächten  Gesiuidheitszustand  ablehnen 
müssen.  Tm  Jahre  1880  war  er  gezwungen, 
zur  "Wiederherstellung  seiner  stark  er- 
schütterten Gesundheit  auf  längere  Zeit 
nach   Europa   zu   reisen.      Bevor   er  New 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


529 


York  verliess,  gestaltete  er  die  N.  Y. 
Staats-Zeitung  in  ein  Aktien- rnternehnien 
UHU  dessen  halben  Antheil  er  zusammen 
mit  seiner  Gattin  behielt,  wälirend  d\e 
andere  Hälfte  unter  deren  Kinder  vertheilt 
ward.  Obgleieh  sein  Gesundheitszustand 
sich  besserte,  irelangte  er  doch  nie  wieder 
in  den  Vollbesitz  seinei*  physi.sehen  Kräfte 


Gemeinsam  mit  seiner  unverf^esslielieu 
Gattin  hat  Herr  Oswald  Ottendorfer  eine 
wahrhaft  g:rossartige  Wohlthäti»;ki'it  «Mit- 
faltet,  welche  seinem  .\amen  als  IMiilan- 
thi-op  unverjj:än<rliches  Andenken  sichert. 
Das  schönste  Denkmal  für  dieses  von 
reinster  und  edelster  Menschenliebe  getra- 
gene Wirken  Oswald  und  Anna  Ottcndnr- 


OSWALD    OTTENDORFER. 


und  zog  sich  daher  von  Jahr  zu  Jahr  mehr 
von  der  aktiven  Thätigkeit  zurück.  Er  starb 
am  15.  Dezember  1900.  Einer  der  aufrich- 
tigsten und  wärmsten  Verehrer  Ottendorf 's 
war  der  verstorbene  Ex-Präsident  Grover 
Cleveland,  der  sein  Urthei  über  ihn  in  die 
Worte  zusammenf asste :  "I  look  to  him  as 
to  a  father." 


fer's  hat  Carl  Schurz  ihnen  gesetzt  in  der 
unvergleichlich  meisterhaften  Gedächtniss- 
rede, die  er  an  der  Bahre  der  am  1.  April 
1884  verstorbenen  Frau  Anna  Ottendorfer 
hielt  und  welche  verdient,  dass  wir  sie  hier 
bleibend  festhalten : 

„Wenn    menschliche    Grös.se    darin    be- 
steht, dass  man  unter  den  obwaltenden  Be- 


530 


DIK  DKUTSCHK  I'KESSE    IN   AMKKIKA. 


(liiiKuupii  di-v  Kxisteiiz  tlas  Hostmöpliehe 
h-istet,  so  war  Atnia  Oitonlorfir  wirklich 
fine  pnisse  Frau.  Ihre  Leistun^'sfähi^'kcit 
srhien  l)»'schränkt  zu  sciu  nur  tlun-h  die 
(tn'UZfn  ihr.'s  Wirkun^'skrt'iscs.  An  ihrer 
Wiejre  hat  nicht  das  hlinde  Glück  ^'estan- 
den.  Das  alte  Vaterland,  von  welchem  sie 
auswanderte,  jrah  ihr  weder  eine  aus.serge- 
w.ihnliche  liildun«r.  noch  materielles  Ver- 
miijren  mit  auf  den  Wegr.  Als  sie  vor  48 
.lahrcn  an  dieser  Küste  landete,  besass  sie 
nicht.s.  als  gesundes  Blut,  einen  hellen  Ver- 
stand, einen  starken  AVillen  und  ein  braves 
Herz.  Das  war  das  Kapital,  aus  dem  Alles 
entstand,  was  sie  greworden  ist  und  frethnn. 
p' Wonnen  und  peschatTen  hat. 

Wie    sie    im    Verein    mit    ihrem    ersten 
Gatten    Schwieritrkeiten.    welche   sieh    dem 
mittellosen   Einwanderer  entgegenzustellen 
pflegen,   mit   resolutem   Streben   überwand 
und  allmälig  einen  kleinen   Besitz  erwarb 
und  den  Grund  und  Boden  zu  einem  jour- 
nalistischen Institut  legte;  wie  sie  dann,  als 
Wittwe.  ohne  männliche  Hilfe,  mit  schar- 
fem,  sicherem    Blick    in    die   Zukunft    sah 
inid    deren     M(»glichkeiten     erkamite    und 
dann,  auf  das  eigene  Urtheil  und  die  eigene 
Kraft  vertrauend,  dieses  Institut  festhielt 
und    es    mit    erstaunlicher    Umsieht    und 
rastloser   Thätigkeit    zu    ausserordentlicher 
Prosperität   und  Macht   entwickelte,  schon 
ehe  ihr  trefflicher  Gatte,  mit  dem  sie  die 
letzten     fünfundzwanzig    Jahre    glücklich 
vereinigt     war.    dem    I'nternehmen    seine 
fähige  und  ers|)riessliche  Leitung  gab;  wie 
sie  Alles  das  that.  bot  ihre  Laufbahn  ein 
Kcltenes    Exemjiel    nicht    günstiger   (ilücks- 
laune,  sondern  eines  durch  ungemeine  Klug- 
heit. Thatkraft  \uid  Ausdauer  ehrlich  ver- 
dienten  und   gewoinienen    Erfolges. 

Aber  wir  finden  darin  viel  Höheres  noch. 
Lehrt  dieses  Beispiel,  wie  ein  umsichtig 
praktischer  Sinn  mit  Ehren  Viel  erwerben 
mag.  so  lehrt  es  um  so  mehr,  wie  ein  edles 
Herz  das  von  dem  Einzelnen  Erworbene 
Allen  Zinn  Segen  nmcht.  Man  darf  wohl 
die  Achsel  zucken  über  diejenigcMi.  welche 


mit  emsiger  Selbstsucht  Dollar  auf  Dollar 
häufen,  um  dann  das  Gewonnene  entweder 
mit  noch  grösserer  Selbstsucht  als  un- 
tai»tbaren  Schatz  für  sich  zu  bewahren,  oder 
es  in  roher  Genusssucht  zu  vergeuden,  oder 
mit  brutaler  Selbstüberhebung  zur  Schau 
zu  stellen.  Aber  die  höchste  Achtung  ver- 
dient der  edelpraktische  Sinn,  der  im 
Kleinen  .sammelt,  um  im  Grossen  zu  geben, 
der  das  Kleine  erwirkt  und  zu  Rathe  hält, 
um  das  Gro.sse  zu  leisten. 

Und    mui    blicken    wir    auf    ihr    Wirken 
zurück.     Das   war  nicht   das   eigennützige 
Streben  nach  Gewinn,  des  blossen  Besitzes 
wegen.      Das   war   auch    nicht    jene   testa- 
mentarische   Wohlthätigkeit.    welche,    wie 
schätzbar  sie  auch  sein  mag.  an  den  Gütern 
dieser  Welt  festhält,  so  lange  die  ^löglich- 
keit  des  Selbstgenusses  bleibt,  um  sie  dann, 
wie  das  Geschenkte,  dem  Spiel  des  Zufalls 
in  einer  ungewissen  Zukunft  zu  überlassen. 
Auch  war  es  nicht  die  leichtfertige  Genero- 
sität, welche,  wenn  auch  reichlich,  aber  oft 
halb  gedankenlos  von  angehäuftem  üeber- 
fiuss  hergiebt.  zuweilen  weil  sie  nicht  Nein 
sagen  kann,  oder  weil  reifliches  Ueberlegen 
Zeit    nehmen    und    Alühe    machen    würde. 
Nein,  die  AVohlthätigkeit  dieser  Frau  war 
die  Frucht  der  denkenden  Sorge,  die  mit 
gewissenhafter  Untersuchung  das  Feld  aus- 
kundschaftet,   auf   welchem   die   Gabe  die 
besten  Früchte  tragen  kann,  und  die,  wenn 
dieses  Feld  gefunden  ist,  mit  um  so  volleren 
Händen  giebt,  und  auch  dann  immer  noch   i 
sorgt  und  plant  und  wacht,  damit  die  aus- 
gestreute   Saat   gut    bestellt   und   gepflügt 
werde,   eine   ebenso   weise   als   grossherzige 
Wohlthat.   die   fürstlich   spendet,   ohne  zu   ' 
verschwenden.     So  finden  wir  denn  diese 
Frau,    noch    ehe    sie    reich    war.    inmitten 
ihrer  Erwerb.sthätigkeit.  im   Kleinen  Rath 
und  Hilfe  schatfend.   wo  sich   Gelegenheit 
und  Alöglichkeit  bot ;  dann  in  Vereinen  und    ] 
Ausschüssen  nicht  allein  als  thätiges,  son- 
dern   als    leitendes,    regierendes    Element, 
und    endlich    mit    der    warmen    Lust    des 
Helfen-Ki'nnens  ihre  Hunderttausende  her- 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


531 


g('l)eiul,  hier  um  liiltloson  Frauen  ein  be- 
lia^lic'lies  Obdach  zu  schaffen,  zum  An- 
denken an  ihre  gestorbene  Toehter;  da  um 
den  Unterrieht  in  der  deutsehen  Sprache, 
die  der  echt  deutsehen  Frau  stets  theuer 
blieb,  zu  fördern,  zum  Gedäehtniss  ihres 
gestorbenen  Sohnes  —  denn  jeder  Sehiek- 
salssehlag,  der  sie  selbst  traf,  war  ihr  stets 
ein  Anstoss,  das  Schicksal  Anderer  zu  luil- 


die  f^rziehung  Deutscher  in  Amerika  zu 
erleichtern  ;  und  dazwischen  zahllose  Wohl- 
thaten.  ausgestreut  mit  ungesehener  Hand, 
bei  denen  die  linke  nicht  wusste,  was  die 
rechte  that.  Alles  dies  das  Werk  eines 
hellen  Verstandes,  von  einem  grossen  Her- 
zen erwärmt,  luul  eines  grossen  Herzens, 
von  einem  hellen  Verstände  geführt  und 
bewacht. 


HERMAN    RIDDER, 


dem  oder  zu  verschönern ; — dann  um  das 
deutsehe  Krankenhaus  in  New  York  durch 
den  Frauen-Pavillon  zu  erweitern ;  dann 
um  dem  Dispensary  ein  neues  Gebäude  zu 
schaffen ;  dann  um  das  deutsehe  Spital  in 
Newark  von  seiner  Schuldenlast  zu  be- 
freien ;  dann  um  durch  Unterstützung  von 
Schulen  und  Seminarien  und  durch  Stif- 
tungen mannigfaltiger  Art  nah  und  fern 


Und  nun  ist  dieses  thätige,  reiche  Leben 
zu  Ende.  Der  letzte  Rest  ihrer  einst  so 
gewaltigen  Arbeitskraft  war,  in  Sehmerz 
und  Hinfälligkeit,  noch  dem  schriftliehen 
Verkehr  mit  Denen  gewidmet,  welchen  sie 
(hites  gethan.  Sie  konnte  in  der  That 
sterben  mit  dem  Bewasstsein,  nicht  um- 
sonst gelebt  zu  haben.  Denn  nicht  allein 
hat  sie  die  Thränen  vieler  Elenden  getrock- 


532 


DiK  i)i:rTS(  11I-:  i-kesse  ix  amkhika. 


lu-t.  iii.-lil  :ill.-iii  iiiaiu-li.T.stivlH'mU'u  Fähig-  Es  wurden  dw  uöüügvu  Schritte  gcthan, 
k.it  lU'ii  \\Vgtr.Tl)iu't.snn(liM-n  sii' hat  Allen  (Jruiul  und  Hod.ii  in  sehr  «resümier  und 
ein  leuehtendes  Meispiel  <:eset/t  als  Inspi-  sehiiner  Lage  ;in  Amsterdam  Avenue  \nid 
ration  für  edlen  Khrgei/.  Wer  das  gethan,  190.  Strasse,  nahe  dem  Ilarlem  River,  er- 
der hat  nieht  nur  die.  welehe  die  helfende  worhen  und  das  Werk  naeh  dreijähriger 
Haml  uinnittelhar  fühlen.  glüeUlieher,  snn-  rühriger  ThätigUeit   mit  einem   Kostenauf- 


dern  auch  die  Welt  l)e.sser  genuieht.  His  in 
die  weite  Ferne  ist  der  Huf  ihrer  hülfrei- 
eh«MJ  Tugend  gedrungen.  Die  Kaiserin  des 
mäehtigsten  lieielies  der  alten  Welt  hat  sieh 
.selh.st     geehrt,     indem    sie    der    sehliehten 


wände  von  über  H^öOO.OOO  am  19.  November 
IS^si)  vollendet.  Ilei'i-  Eduard  Tbl.  Frau 
Anna  Woerishöf^'ei-,  Fi-au  f^nnna  Sehalk 
und  Frau  Kiedl  von  Riedenstein,  die  Kin- 
der  der   verschiedenen    Frau    Ottendorfer, 


(Jrösse  dieser  repid)likanisehen  Bürgerin  leisteten  reichliche  Beisteuern  zu  diesem 
den  Tribut  ihn-r  Aehtmig  zollte.  Vnd  nun 
k«)nmit  von  nah  und  fern  die  Stinune  trau- 
ernder Verehrung,  und  es  ist,  als  drängten 
sieh  ungezählte  Tausende  heran,  um  ihr 
den  Kranz  der  I)aid<bai'keit  auf  das  Orab 
zu  legen.  Die  Keiehen  luid  ^läehtigeii 
mögen  auf  diese  Bahre  sehauen  und  sieh 
fragen:  Wer  möchte  nieht  in  ähnlichem 
(ieiste  gelebt  haben,  um  so  zu  enden? 
Weleli'  herrlicheres  Monument  giebt  es,  als 


Institute  ächter  ^Menschenliebe,  das  auf  ein 
gesegnetes  Wirken  zurückblickt. 

Ein  reiches,  erfolggekröntes  Leben  — 
ganz  in  den  Dienst  des  Guten  und  Edlen 
gestellt  —  kam  mit  Oswald  Ottendorfer 's 
Tode  zum  Abschluss.  rnauslösehlieh  siml 
die  Verdienste,  die  er  sich  um  das  Deutsch- 
thum  in  mannigfachstei*  Beziehimg  erwor- 
ben. Den  tiefen  EinHuss  von  Oswald 
Ottendorfer 's  Wirken  wird  man  noch  auf 


Weiui  unser  \'olk  .seine  Wohlthäter  auf- 
zählt, wenn  die  Deutschen  Amerika 's  Die- 
jenigen nennen,  auf  die  sie  mit  dem 
liöehsten  Stolz  hinweisen,  so  wird  sicher- 
lieh der  Xame  Anna  Ottendorfer  stets  in 
dei-  ei-sten  Reihe  stehen.  Ihr  Andenken 
wird  für  inuner  gesegnet  bleiben,  wie  ihr 

Werk." 


) 


die  .schönen  Thaten.  die  sie  überleben!  Generationen  hinaus  empfinden,  das  Blei- 
bende, das  er  geschaflPen,  sichert  seinem 
Namen  auch  in  der  Nachwelt  Gedenken 
und  wird  ,,die  Spur  von  seinen  P]rden- 
tagen"   unvergänglich  festhalten. 

Der  jetzige  Leiter  der  „New  Yorker 
Staats-Zeitnng"  ist  Bcrman  Eiddcr,  der 
am  5.  ]\lärz  1851  von  deutschen  Eltern  in 
New  York  geboren  war.  dort  die  Schule 
Die  grosse  Schöpfung  werkthätigster  besuchte,  als  11-Jähriger  seine  geschäft- 
Xächstenliebe,  welche  Anna  Ottendorfer  liehe  Karriere  als  Laufjunge  begann,  zwei  |i 
begoiuien.  ihr  Gatte  hat  sie  in  ihrem  Sinne  Jahre  später  bei  einer  Versicherungs-Gesell- 
weitergeführt  und  gro.ssartig  vollendet.  Da  sehaft  Beschäftigung  fand,  mit  20  Jahren 
sieh  die  alte  Isabella-lleimath,  welehe  am  bereits  Versicherungs-Agent  war,  1878  eine 
1.').  ;\I;ii  ls75  zum  Andenken  an  Frau  Ot-  Wochenzeitung  ..Katholisches  Volksblatt"  j 
tendorfer's  Tochter,  Isabella  Uhl,  für  alte,  und  1886  die  „Catholic  News"  gründete 
hilflose,  alleinstehende  deutsche  Frauen  in  und  im  Jahre  1890  ^litglied  des  Venval- 
Astoria  gegründet  worden  war,  für  das  tungsraths,  Schatzmeister  und  Geschäfts- 
stetig waelisende  Bedürfni.ss  als  unzu-  führer  der  ..New  Yorker  Staats-Zeitung" 
länglieh  erwies,  beschlass  Herr  Oswald  wurde.  Er  hat  als  unabhängiger  Demo- 
Ottendorfer.  ein  neues  Asyl  errichten  zu  krat  an  der  Politik  in  hervorragender 
lassen,  das  auch  alten,  hilflosen  ]\Iännern  Weise  Antheil  genommen  und  war  Schatz- 
eine Heimath  bieten  sollte,  und  damit  zu-  meister  des  demokratischen  National- 
gleich ein  Haspital  für  chronische  Invali-  Komites,  das  Bryan's  Prä-sidentschafts- 
den   und   Rekonvaleseenten    zu   verbinden.     Kampagne  im  Jahre  1908  leitete. 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMEIUKA. 


533 


„Herold",   ,,Gross-New  Yorker  Zeitung"      nml  mit  vcivintcn  Kräften  auf  neuer,  brei- 
und   „Revue"  ^^^^^  Bush  weiterzustrchcn. 

und  ihr  Herausgeber  C.  B.  Wolffram.        ,  ^^^'T'^   '^'"    ^"""^"^'^'»•^'•^    <'""    Tit.I 

(1er    tnihereil     heidcn    ZeitUM«reii,     ..Kevue" 

und  ..H('<il»ii(liter  am  lludsuji"  hcihchiclt, 
ersehieu  das  Ta^ehlatt  iinii  unter  d.'ni 
Xamen  ..Xew  Yorker  Zeitun«;". 

Als  dann  im  .Jahre  18S(),  wälirend  der 
Gartield-Kampa^ne,  sieh  die  Xuthweiidirj. 
keit  eines  (hnitsehen  Xaehmittays-lilattes 
geltend   machte,   da   erhob   der   im   Verlag 


Im  Jahre  184(5  war  von  Wilhelm  Schlü- 
ter der  ..Xew  Yorker  Demokrat"  gegrün- 
det worden.  Das  Blatt  maehte  langsame 
und  bescheidene  Fortsehritte,  namentlich 
nachdem  das  deutsche  Sturmjahr  der  Ein- 
wanderung gebildeter  deutscher  Männer 
einen  so  mächtigen  Impuls  gegeben  hatte. 
Im  Jahre  1856  war  der  ..Xew  Y'orker 
Demokrat"  in  den  Besitz  Friedrich 
Schwedler 's  übergegangen.  Er  verstand 
es  sein  Blatt,  mit  dem  ,. Beobachter  am 
Hudson"  als  Sonntagsblatt,  nicht  nur  be- 
deutend zu  vergrössern.  scmdern  auch  ein 
Vermögen  damit  zu  erwerben.  "Während 
des  Secessi(mskrieges  trat  der  ..Demokrat" 
wacker  für  die  Befreiung  der  Sklaven  und 
Erhaltung  der  Union  ein.  Im  Jahre  1876 
wurde  das  Blatt  Eigenthum  Wilhelm 
Player 's.  der  demselben  den  Xamen  ..Allge- 
meine Zeitung"  gab,  da  „Demokrat"  für 
ein  strannn  republikanisches  Blatt  luige- 
eignet  erschien.  Gegen  die  fast  er- 
drückende Konkurrenz  der  ..Staats-Zei- 
tung'' war  jedoch  schwer  anzukämpfen. 

Xun  bestand  ausser  den  beiden  genann- 
ten Zeitungen  danuils  in  Xew  York  noch 
ein  deutsches  Tageblatt,  das  von  Herrn 
Charles  Berthold  Wolit'rani  herausgege- 
bene ..X.  Y.  Journal",  welches  das  Ver- 
dienst für  sieh  in  Anspruch  nehmen  darf, 
die  .jetzige  Aera  der  illustrirten  Tageszei- 
tungen vorausgeahnt  und  eingeleitet  zu 
haben,  denn  es  brachte  täglich  der  Zeit 
angemessene  Bilder,  und  so  primitiv  die- 
selben auch  waren.  Bahn  gebrochen  hat 
das  Blatt  in  dieser,  jetzt  von  fast  allen 
Zeitungen  befolgten  Richtung  ohne  alle 
Frage. 

Im  Jahre  1878  trat  ein  neuer  Wende- 
punkt ein.  Die  Herausgeber  der  „Allge- 
meinen Zeitung"  und  des  „Jcmrnal"  be- 
schlossen,  ihre   Zeitungen   zu    konsolidireu 


CHARLES    BERTHOLD    WOLFFRAM. 

der  Herausgeber  der  ..Zeitung"  ei-sehei- 
nende  „Xew  Y'orker  Herold"  zuerst  sein 
l*anier. 

Zu  Anfang  nur  als  Kampagne-Blatt  be- 
absichtigt, erwarb  sieh  der  neue  Streiter 
im  Feld  so  rasch  den  Bei  lall  der  Le.ser, 
dass  er  hotfnungsvoll  als  Bewerber  um  die 
dauernde  Gunst  des  Publikums,  das  ..dem 
kleinen  Herold",  wie  das  Blatt  genannt 
wurde,  schnell  lieb  gewann,  in  der  gefähr- 
lichen Arena  des  journalistischen  Konkur- 
renzkampfes vei-bleibeu   konnte. 


534 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


J 


Uebor  dtMu  ..Ileroltl"  ist  das  Morgen- 
blatt, die  „N.  Y.  Zeitung",  später  ..Gross- 
New  Yorker  Zeitung",  nicht  vergessen 
mler  vernachlässigt  worden.  Der  Preis 
desselben  wurde  ebenfalls  auf  1  Cent 
herabgesetzt  imd  die  „New  Yorker  Zei- 
tung" war  das  erste  deutsehe  Morgenblatt, 
das  in  den  ganzen  Vereinigten  Staaten  für 
einen  Cent  in  tlic  Iländc  der  Leser  ge- 
langte. 

Die  „Revue",  das  Sonntagsblatt,  hat 
sieh  den  Ruf  eines  tretTlichen  Faniilien- 
blatts  erworben  und  „vorwärts  innner, 
stillsteh 'n  nimmer"  ist  ihr  Wahi*sprueh. 
Im  April  1S1)7  konnten  die  drei  Blätter  ein 
eigenes,  gerämniges  Heim  in  22  und  24 
Nord  William  Str.  beziehen. 

Der  Mann,  welchem  die  drei  Blätter 
ihren  Erfolg  hauptsächlich  verdanken, 
Clinrlrs  Ii<  rlhold  M'olffrani.  wurde  im 
.lahre  1S48  in  Stolpe  in  Ponunern  geboren. 
Er  war  früh  nach  Amerika  gekonnnen. 
Sein  Lehrmeister  war  sein  Onkel,  Dr. 
E(hiard  Morwitz.  der  Herausgeber  des 
„Philadelphia  Demokrat",  gewesen. 

Seine  harmonische  geschäftliche  Verbin- 
dung mit  Obei-st  Mayer  wurde  durch  den 
Tod  dieses  Pioniers  des  deutschen  Zei- 
tungswesens in  New  York  erst  gelöst.  Die 
ureigenste  Schöpfung  Charles  Berthold 
W(»ltTram's  i.st  der  „Herold",  den  Namen 
aber  verdankt  er  der  Gattin  desselben. 
Der  „kleine  Herold"  kam  sofort  in  aller 
Leute  Mund.  Noch  jetzt  zeigt  das  Blatt, 
de.s.sen  grosser  Leserkreis  alle  Schichten  des 
Deutschthums  umfasst,  die  charakteristi- 
schen Merkmale,  welche  dem  Wesen, 
Denken  \md  Fühlen  seines  Gründers  eigen 
sind.  Mehr  zielbewus.ste  und  fördernde 
Arbeit  ist  selten  von  dem  Besitzer  einer 
deutsehen  Zeitung  auf  sein  Blatt  verwen- 
det worden,  luid  noch  heute  ist  Herr 
Wolffram  ebenso  unverdrossen  auf  dem 
Posten  wie  zu  der  Zeit,  als  der  „Herold" 
zuerst  in  den  Strassen  New  York 's  er- 
.schien. 


OHIO. 

Cincinnati's  deutsche  Zeitungen  und  der 
langjaehrige  Praesident  des  „Cincinnatier 
Volksblattes'*,  Oberst  Leopold  Markbreit. 

Von  den  in  Cincinnati  gegründeten  deut- 
schen Tages-Zeitungen  bestehen  zwei:  Die 
„Cincinnati  Freie  Presse"  und  das  „Cin- 
cinnaticr  Volkshlatt",  welches,  1836  ge- 
gründet, für  sich  das  Verdienst  in  An- 
spruch nimmt,  die  älteste  deutsche  Tages- 
zeitung zu  sein.  Zu  deren  Herausgebern 
luid  Redakteuren  haben  viele  berühmte 
Deutsch- Amerikaner  gehört.  Der  im  Juli 
1!)()9  verstorbene  langjährige  Präsident  der 
„Cincinnatier  Volksblatt  Publishing  Co.", 
Col.  Leopold  Markbreit,  war  sogar  :\Iayor 
der  Stadt,  ein  vollgültiger  Beweis  dafür, 
wie  hoch  im  Ansehen  er  stand. 

Col.  Leopold  Markhrcit  wurde  in  Wien 
geboren  und  kam  als  sechsjähriges  Kind  mit 
seinen  Eltern  im  Jahre  1848  nach  Cincin- 
nati. Seine  Erziehung  genoss  er  in  San- 
dusky,  Cincinnati  und  in  Philadelphia, 
worauf  er  im  Anwaltsbureau  seines  Halb- 
bruders Fr.  Hassaurek  die  Rechte  studirte. 
Nach  seiner  Zulassung  zur  Anwaltspraxis 
praktizirte  Herr  Markbreit  als  jüngerer 
Partner  des  nachmaligen  Generals  und 
Präsidenten  der  Vereinigten  Staaten  R.  B. 
Hayes.  Die  Firma  liiess  Hayes  &  ]\Iark- 
breit,  und  das  Geschäftslokal  befand  sich 
an  der  südöstlichen  Ecke  der  Court  und 
]\Iain  Str.  in  Cincinnati.  Diese  Theilhaber- 
schaft  war  jedoch  nicht  von  langer  Dauer, 
da  bei  Ausbruch  des  Bürgerkrieges  beide 
Theilhaber  dem  Ruf  zu  den  Waffen  folgten. 
Herr  Markbreit  trat  als  „Sergeant-Älajor" 
beim  28.  Ohioer  Freiwilligen-Regiment 
(dem  zweiten  deutschen  Freiwilligen-Regi- 
ment) ein  und  wurde  sofort  nach  dem 
Treffen  bei  Carnifex  Ferry  wegen  bewie- 
sener Tapferkeit  zum  zweiten  Leutnant  be- 
fördert, worauf  er  in  rascher  Aufeinander- 
folge zum  ersten  Leutnant,  Regiments- Ad- 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


635 


jutanten,   Brigade-Adjutanten   und  zuletzt  viele      :Monate      in      di-r      Gefangenschaft 

zum  Assistent-Adjutant-General  mit  Kapi-  sehmaehtete. 

tänsrang  avaneirte.     Er  diente  unter  den  Xaeh  seiner  Rückkehr  aus  dem   Kriege 

Generälen  jMoor,  Crook,  Roberts,  Cox  und  wurde    Herr   Markbreit    von    der   Bürger- 

Averill,  machte  viele  Schlachten  mit  und  schaft   Cincinnatis  zweimal  zu  einem  ver- 

war  stets  der  Liebling  seiner  Vorgesetzten  antwortlichen    Amte    erwählt,    nämlich    zu 

und  Kameraden.     Leider  wurde  seine  niili-  dem   des    Clerks   des    Poli/.eig.'richt.s.      Die 


COL.    LEOPOLD  MARKBREJT. 


tärische  Laufbahn  durch  den  sogenannten  Gouverneure  Cox  und  Ilayes  verliehen  ihm 

„Salem  Raid"  Averill's,  d.  h.  durch  dessen  den  Oberstenrang  und  ernannten  ihn  zum 

Einfall    in    konföderirtes    Territorium    zur  Mitgliede  ihres  offiziellen  Stabes.    Im  April 

Zerstörung   von    Eisenbahnen,   Brücken   u.  18(59  wurde  er  zum  Gesandten  an  Bolivia 

s.  w.  beendet,   da  er  gefangen   genommen  ernannt,  und  während  seines  Aufenthaltes 

und   nach   Libby    gebracht    wurde,    wo    er  in  die.ser  Republik  besuchte  er  die  verschie- 


o3ö 


DIE  DEUTSCHE  I'KESSE   IN   AMKHIKA. 


denen  LamlfstheiK*  uiul  inachto  dii^o  lan- 
pon    H<'isrii   iiifol«;»'   Maii^'i-ls  an   Verkehrs- 
stnussiri     in     Holivia     fast     dnn'liwo«:     zu 
I'l'iTilt'.    l)«'r  Sitz  (Irr  (li'sandtscliaft  befand 
sich    nicistcntht'ils    in    der    Hauptstadt    La 
raz.  und  hier  war  Herr  Maikbrcit  Augen- 
zeuge vei'seliiedener.  zum  Theil  sehr  bluti- 
ger Revolutionen.     Bei  solehen  (Jelegenhei- 
ten  besehützte  er  oft  mit  eigener  Lebensge- 
fahr d;i.s    Lfbt'ii    und    Kigeiitliuin   der  Mit- 
glieder tier  gestürzt«'!!  Kegiei-inig,  welelie  in 
dt-r     anierikaniselien      ( Jesandtschaft      Zu- 
Huei!t  g»'su('ht  hatten.     Tni  Jalü'e  ISll  i-et- 
tete  er  Mariaiio  Donato  Munoz,  dem  Pre- 
!!!ier!iiinister    des    gestürzten     Pi'äsidenten 
Mt'lgajero,  das  Leben.     ]\Iunoz  hatte  sich 
in    die    amerikanisehe    (lesandtsehaft    ge- 
flüehtet.  von  wo  aus  er  dann  seine  Flucht 
nach    IVru   l)ewerkstelligte.     AVäie   er   der 
siegreichen  I'a!-tei  in  die  Hände  gefallen,  so 
wäi-e  sein  Leben  verwii'kt  gewesen,  und  der 
Pöbel  hätte  ihn  unsti-eitig  in  Stücke  zerris- 
sen,  da   er   der   bestgehasste   ]Mann   seiner 
Pa!-tei    war.      In    den   Jahren    1873 — 1875 
machte  Herr  Markbi-eit  ausgedehnte  Reisen 
in  Südamerika,  sowie  in  Europa  und  kehrte 
dann    nach    Cinciiniati    zui-üek,   wo    er   im 
Mäi-z    187")    Theilhal)er    der    Cincinnatier 
Volksblatt  Co.  wui'de.  die  ihn  zum  Sekretär 
und  (Jeschäftsfühi-er  erwählte.  Li  dieser  Ei- 
genschaft war  er  bis  zum  Jahi-e  1886  thätig. 
Am  ;3L  Janua!-  1882  wu!-de  er  vom  Prä-si- 
denten  Arthur  zum  Hilf.sschatzmeister  der 
Vei-einigten  Staaten  und  Vo!-steher  des  Un- 
tersehatzamts  in    Cincinnati    ernannt   und 
verwaltete  dieses  Amt  in  so  mustei-giltiger 
Weise,  <lass  ei\  trotz  des  Administrations- 
wechsels, auch  unter  dem  Präsidenten  Cle- 
veland    im   A!nte   blieb,   ])is   am    16.   März 
1886    sein    Amtstermin     abgelaufen    war. 
Nach  dem  im  Jali!-.'  1885  erfolgten  Ableben 
des    p!-äsident«'n    der    Cincinnatier    Volks- 
blatt   Co.,    F.    Hassaurek.    wnrde    Oberst 
Markbi-cit  zum  Pi-äsidenten  und  Geschäfts- 
führer des  rnternehmens  el'^vählt  und  be- 
kleidete diese  Ae!nter  bis  zum  Tode.     Seit 
dem     Jahre     1896     war     Herr    :^L^l•kbreit 


.Mitglied  der  Wa.s.serwerks-Kommission,  die 
den  Bau  der  grossartigen  neuen  Wa.sser- 
werke  geleitet  hat.  Lii  Jahre  1907  ehi'ten 
ihn  seine  ^litbürgei-  dui-ch  Erwählung  zum 
.Mayor  der  Stadt.  Ani  29.  Juli  1887  ver- 
mählte sich  Herr  Markbi-eit  mit  Fräulein 
Bertha  Fiebach,  mit  der  er  in  der  denkbar 
glücklich.sten  Ehe  lebte.  Herr  Markbreit 
war  Mitglied  der  Loyal  Legion,  einer  der 
Gründer  des  Deutschen  Altenheims,  ]\Iit- 
glied  des  Queen  City  Clubs,  der  G.  A.  R. 
und  Ehrenmitglied  mehrei-er  deutscher 
Vereine.     p]r  starb  am  27.  Juli  1909. 


„Waechter  und  Anzeiger" 

in  Cleveland,  und  die  Gruender  des 

„Waechters  am  Erie". 

Der  ..Wächter  und  Anzeiger"  in  Cleve- 
land. der  bei-eits  am  9.  August  1902  den 
fünfzigsten  Gedenktag  des  ersten  Erschei- 
nens des  ..AVächters  am  Erie"  durch  eine 
Goldjubiläums-Ausgabe  feiern  durfte,  die 
nach  dem  übereinstimmenden  Urtheil  der 
gesammten  deutschen  Presse  des  Landes  die 
grösste,  schönste  und  reichhaltigste  der  bis 
dahin  herausgegebenen  Gedenkausgaben 
war.  ist  aus  der  im  Jahre  1893  erfolgten 
Verschmelzung  des  ..Clevelander  Anzei- 
gers" (nebst  „Deutscher  Presse")  mit  dein 
..Wächter  am  Erie"  hervorgegangen.  Er 
hat  sich  seitdem  eines  stetigen  Wachsthuiiis 
erfreut  und  sich  in  der  Clevelander  Zei- 
tungswelt, in  geschäftlicher  sowohl  wie  be- 
sonders in  politischer  Hinsicht,  eine  Stel- 
lung erobert,  mn  die  ihn  selbst  grosse  eng- 
lische Blätter  beneiden. 

Die  erste  Nummer  des  ..Wächters  am 
Erie"  erschien  am  9.  August  1852.  Die 
Hauptgründer  des  Blattes  waren  der  da- 
nuilige  Vize-Gouverneur  Jacob  ]\Iüller  und 
Herr  Louis  Ritter,  und  als  erster  Redakteur 
wurde  August  Thieme  berufen.  Die  Zei- 
tung, die  stets  ein  unabhängiges  demokrati- 
sches Volksblatt,  im  Gegensatz  zur  Partei- 
kleppereidemokratie   jener   Tage    war,   er- 


DIE  Di:rT8(JllE   l'KKSSH   IN    AM  KIM  KA. 


537 


seinen  {nitanirlieh  zweimal,  sjjäter  (liciinal 
in  tler  Woehe.  nm  ilann.  seit  (lein  21.  Sep- 
tember 1866,  dauernd  als  tägliehes  l'latt 
herausgegeben  zu  werden.  Sie  trat,  ihicm 
Charakter  treu  bleibend,  für  die  nengebil- 
dete  rejniblikanisehe  Partei  ein.  weil  diese 
diei\Ienscheni-e('hte  auf  ihre  Fahne  gesehrie- 
ben, und  unterstützte  sie  bis  zur  zweiten 
Grant-Kampagne,  in  der  sie  sieh  für  Iloraee 
Greeley  in  die  Sehranken  warf.  Später,  a's 
die  re])ublikanisehe  Partei  in  ihr  Gegenthcil 
umschlug,    kehlte    das    Blatt    wicdci-    zur 


CHAS.    W.    MAEDJE, 
der  Praesident  der  Waechter  und  Anzeiger  Co.,  Cleveland,  O. 

demokratischen  Partei  zurück  und  unter- 
stützte 1876  wacker  Tilden  gegen  llayes. 
Wie  der  „Wächter  am  Erie"  ein  unab- 
hängig demokratisches,  so  war  der  „Cleve- 
lander  Anzeiger"  in  seinen  besten  Jahren, 
unter  AVilhelm  Kaufmann,  ein  unabhän- 
giges republikanisches  Organ.  Und  in  Be- 
zug auf  politische  Unabhängigkeit  wandelt 
der  „Wächter  &  Anzeiger'',  in  Xational- 
und  Staatsfragen  die  neudemokratischen 
Grundsätze  vertretend,  in  den  Fusstapfen 
seiner  Vorgänger. 


I  IM  das  (ieschätt  /.ii  ei-weileiii.  grüiulete 
'riiieiiie  im  .lahre  ISTI  die  ..Wächter  am 
Hi-ie  Piiriliiig  Co."  uiul  übernahm  im 
Februar  1S7!>.  nach  Autlösung  der  alten 
(lesellschaft.  pei'söidich  die  Zeitung,  die 
nach  seinem  im  Dezember  desseli)eu  Jahres 
erfolgten  Tode  von  Jacob  Müller  und  <iessen 
(JcsiiHiungsgenossen  weiter  geführt  wurde. 
Im  Jahre  1882  ging  die  Leitinig  des  Ge- 
schäfts in  die  Hände  der  ..Wächter  am  Erie 
riililishiug  Co."  über  und  blieb,  seit  188!) 
uiitei-  der  absoluten  Kontrolle  von  Cha.-..  W. 
Älaedje.  dei-  die  ganzen  Aktien  aufgekauft 
und  die  Gesellschaft  neuorganisirt  hatte,  in 
ihrem  Besitz,  bis  zu  der  am  2.  Oktober  1893 
erfolgten  Vei'schmelzung  der  deut.schen 
Tageblätter  zu  dem  ..Wächter  Ü:  Anzeiger", 
der  seitdem  von  der  Consolidated  News- 
paper  Company  herausgegeben  wird.  Redi- 
girt  wurde  der  ..Wächter  am  Krie"  nach 
Thieme's  Tod  von  Julius  KiU'zer.  Carl 
("laussen,  der  zweimal  als  Schriftleiter  fini- 
giite.  Dr.  Christian  llori.x.  Ei-nst  Kluss- 
in;:nn  und  L.  1\  Korth. 

Der  ..Clevelander  Anzeiger",  im  .Jahre 
1871  durch  Heinrich  Gentz  ins  Leben  ge- 
rufen, erschien  anfangs  dreimal  die  Woclie. 
Im  folgenden  Jahi-e  ging  das  Blatt  in  die 
Hände  einer  Aktiengesellschaft  über,  die  es 
hauptssächlich  der  Grant-Kamiiagne  halber 
erwarb  uiul  es  noch  im  selben  .lahi-e  ;in  die 
Firma  Böhm.  Kraus  c^  Co.  abtrat.  Von  da 
an  erschien  der  ..Anzeiger"  als  Tageblatt. 
Im  Jahre  1877  übernahm  Wilhelm  Kauf- 
mann die  geschäftliche  Leitung  der  Zei- 
tung, die  1886  Moi'genblatt  wurde  und  es 
bis  zum  7.  August  18!)0  blieb,  um  dann  wie- 
der als  Xachmittagsblatt  heranszukonnnen. 
Kedigirt  wiirde  der  ..Anzeiger"  von 
Gustav  Balzer.  Dr.  Bernhard  Füller.  Wil- 
helm Kaufnunin.  Fritz  Glogauer  und  Carl 
Arnold. 

Das  Direktorium  der  ..Genmui  Consoli- 
dated Newsi)ai)er  Co.".  welche  .seit  dem 
2.  Oktober  1898  den  ..Wächter  &  Anzeiger" 
herausgiebt,  besteht  gegenwärtig  aus  folgen- 
den   Hern-n:   Chas.   W.   Madj.-.   Präsident 


■538 


DIE  DLUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


und  Ocsi'häftsfühn'r;  IL-nnann  Sehinidt. 
Viz.'-Priisith'nt ;  .J.  F.  Groth.'.  Sekri'tär; 
Wilh.'lm  Kaut'miiiui  und  f'arl  Raid.  Ht'di- 
pirt  wurdf  der  ..Wächter  Ä:  Aii/.t'i«;i'r"  von 
Carl  ('laus.s.'n.  I'aul  Wolff.  dann  zeitweilig 
wieder  von  Carl  C'lausseu,  Carl  Arnold  und. 
seit  den»  August  lSf)().  von  Simon  Ilickier. 
Gleiehzeitig  mit  der  Konsolidirung  des 
„Wäelitei-s  am  Krie"  und  des  ..Clevelander 
Anzeigers"  erfolgte  aueh  die  Versehmel- 
zung  der  mit  den  beiden  Zeitungen  verbun- 
<lenen  Steredtypplatten-.  Tiiiienseiten-.  Rei- 


JACOB    MUELLER, 

einer  der  Cniendet  des   ..Waechters  am  Erie"   in  Cleveland  O., 
und  Vize-Gouverneur  von  Ohio. 

lagen-  und  Matrizen-Lieferungsgesehäfte  zu 
der  „German  Press  &  Plate  Company",  die 
von  den  folgenden  Direktoren  und  Beamten 
geleitet  wird:  Wilhelm  Kaufnunm.  Präsi- 
dent und  Geschäftsführer;  Carl  Raid.  Vize- 
Präsiilent  und  fungirender  Gesehäftsfüh- 
rer;    Otto    Dereum.    Sekretär;    Chas.    W. 


Jacob  Müller,  einer  der  Gründer  des 
..AVäehters  am  Eri»»"  in  Cleveland,  wurde 
1S22  zu  Alsenz  in  der  Rheinpfalz  geboren 
und  wandte  sieh  naeh  Volleiulung  seiner 
juristisehen  Studien  der  Reehtspraxis  zu. 
Als  die  französisehe  Februar-Revolution  im 
Jahre  1848  ausgebrochen  war  und  er  sich  in 
den  Dienst  des  Volkes  gestellt  hatte,  wurde 
er  von  der  provisorischen  Regierung  in 
Kaiserslautern  zum  Civilkommissär  für  den 
Hezirk  Kirchheindiolanden  ernannt.  Nach 
Niederwerfung  des  Aufstandes  ging  er  in 
die  Schweiz,  von  wo  er  sich  nach  kurzem 
Aufenthalt  naeh  Amerika,  und  zwar  gleich 
nach  Cleveland.  wandte.  Im  Jahre  1854 
eröffnete  er  mit  Louis  Ritter  und  Benjamin 
Beavis  eine  Advokatenfirma  und  im  Jahre 
1858  die  Germania  Fire  Insurance  Com- 
pany, das  erste  deutsch-amerikanische  In- 
stitut dieser  Art  in  den  Vereinigten  Staaten, 
das  er  bis  zum  Jahre  1869  leitete.  Als  be- 
geisterter Fortsehrittsmann  bethätigte  er 
sich  an  allem,  was  der  geistigen  Entwick- 
lung nützte;  in  vielen  Vereinen  war  er  her- 
vorragend thätig.  und  das  li])erale  deutsche 
demokratische  Element  wählte  ihn  im 
Jahre  1856  in  den  Stadtrath.  Als  Anti- 
Sklaverei- und  ..Free  Soil' '-Delegat  wohnte 
er  der  berühmten  Pittsburger  Konvention 
bei.  Als  Delegat  nahm  er  auch  an  der  Kon- 
vention Theil,  die  Lincoln  nominirte,  und 
er  stimmte  als  Delegat  gegen  die  "Wieder- 
aufstellung Grant's  im  Jahre  1868.  Im 
Jahre  1871  wurde  er  zum  zweithöchsten 
Staatsamte  in  Ohio,  dem  des  Vize-Gouver- 
neurs, gewählt.  Nach  Vertagung  der  Cin- 
cinatier  K(mvention  trat  ^lüller  aus  der 
republikanischen  Partei  aus  und  schloss 
sich  der  Oppositionspartei  an.  Unter 
Grover  Cleveland  wurde  er  im  Jahre  1885 
zum  General-Ktmsul  in  Frankfurt  a.  M.  er- 
nannt, welches  Amt  er  im  Jahre  1889  nie- 
derlegte.    Mit  der  Feder  und  dem  Worte 


Maed.je  und  Hermann  Lahrheim.     Die  im 

Jahre  1S!I5  in  Davenport.  la.,  gegründete  war  er  stets  bereit,  für  Recht  und  Wahrheit 

Filiale  steht  unter  der  Leitung  des  Herrn  zu    kämpfen,    und   noch    in   seinem    hohen 

John  Trauffer.  Alter  hatte  er  sich  die  geistige  Elastizität 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE   IN  AMERIKA. 


539 


•der   Jugend   bewahrt.      Er   starb    am    31. 
August  1905. 

Louis  Bitter  wurde  am  29.  Januar  182G 
in  Kirt'hheimbolanden  (Rheinpfalz)  gebo- 
ren und  besuchte,  nachdem  er  das  Gymna- 
;sium  in  Speyer  absolvirt  hatte,  die  Univer- 
sitäten Würzburg  und  Heidelberg.  In 
ersterer  Stadt,  wo  er  die  Rechte  studirte. 
traf  ihn  die  Revolution  von  1848,  an  der  er. 
wie  tausend  andere  Studenten,  sich  aktiv 
mit  der  Muskete  betheiligte.    Nach  Xieder- 


LOUIS    RITTER, 
einer  der  Gruender  des  ..Waechterj  am  Erie"  ia  Cleveland. 

werfung  der  Erhebung  in  der  Pfalz  und 
Baden  ging  er  1849  nach  der  Schweiz,  von 
wo  er  nach  den  Ver.  Staaten  auswanderte. 
Auch  hier,  in  Cleveland.  studirte  er  die 
Rechtswis.senschaft  und  ward  1854  zur 
Praxis  zugela.ssen ;  er  associirte  sich  mit  der 
Firma  Ritter,  Müller  &  Beavis.  Kaum  in 
in  diesem  Berufe  thätig,  begann  er  die 
Agitation  gegen  die  Sklaverei  der  Neger,  an 
•der  er  sich  mehr,  als  seinen  persönlichen 
Interes.sen  dienlich  war.  betheiligte.  Xacli- 
■dem  er  von  1861  bis  1862  als  Ililfs-Steuer- 


einnehmer  fungirt,  trat  .-r  im  Miirz  18G4 
als  Freiwilliger  in  das  M.  Ohiucr  Infanterie- 
Regiment  ein.  betheiligte  sich  mit  ihm  an 
dem  Feldzuge  des  Generals  Sherman  in 
Georgia  und  der  Einnahme  V(»n  Atlanta  inid 
Savannah,  sowie  an  dem  Zuge  dureh  Süd- 
und  Nord-Carolina  und  ward  als  erster 
Lieutenant  am  Sehlus.se  des  Krieges  in 
Louisville,  Ky..  ausgemu.stert.  Seine  Feld- 
zugs-Erfahrungen  hat  er  in  einer  Abhand- 
lung niedergelegt,  die  sieh  unter  dem  Titel 


AUGUST    THIEME. 

Erster    Redacteur    und    spaeier    Eigenthuemer    des 
,,Waech(en  am  Erie"  in  Cleveland. 

..Das  37.  Ohio-Regiment"  in  dem  V(»n 
Whitelaw  Keid  herausgegebenen  Ges-.'hi-'hts- 
werke  findet.  Nach  ilem  Kriege  gründete 
er  die  Hemlock  Coal  Co.  in  Perry  County. 
Ohio.  Ferner  war  er  jahrelang  im  Gruiid- 
eigenthums-  und  Versicherungsgesehäfte 
thätig.  wovon  er  sich  erst  in  den  letzten 
Jahren  des  Lebens  zurückzog.  Werthvolle 
Beiträge  für  die  Pres.se  lieferte  er  ülter  die 
Gold-  und  Silberwährungsfrage,  als  diese 
das  Land  bewegte.  Er  starb  am  3.  Februar 
1902. 


540 


l»Ii;   DKrTSfHK  I'RKSSE   IN    AMKRIKA. 


Aiiffitst  Thiinu.  iK-r  erste  Ke.l.ikteur  des 
„Wäehters  am  Krie".  wurde  1S22  in 
Lfi|'/,i»r  trehoreii.  stiulirte  Thet»lo«rie.  t-rwarl) 
siell  <len  Titel  .'ilies  Doktors  iler  IMlilosopllie. 
widmete  sieh  «lern  Lehrfach,  hegeisterte  sieli 
für  die  freiheitlichen  Mestrebun^'eii  des 
.lahres  1S4H  und  trehörte  bald  zu  (h'U  I>ei- 
tein  der  revolutionären  Bewehrung  in 
Sachsen,  wo  er  auch  Wortführer  jener  De- 
putation war.  welche  Ilriurich  XIT.  von 
I\cuss-(Jreiz-Schleiz-Lot)en.stein  (bis  Verspre- 
chen einer  Konstitution  abzutrotzen  ver- 
sui'hte.  Nach  der  staiulrechtlichen  Eniior- 
dunir  seines  Fn-uniU's  Robert  Hluin  wunb' 
er  an  «lessen  Stelle  ins  deutsehe  Parlament 
jrewählt,  wo  er  als  (bis  .jünsTste  Mitglied 
seintMi  Sitz  auf  der  äussersten  Linken  ein- 
nahm. Nach  der  Niederwerfung  des  Auf- 
standes tlüchtete  er  als  Mit|;lied  des  Stutt- 
«rarter  Humpf|)arlaments  und  Organisator 
des  Landsturms  nach  (b'r  Schweiz,  von  wo 
er  im  Herbst  1S4!>  nach  den  Vereinigten 
Staaten  ging.  In  Puffalo  ernährte  er  sicli 
einige  Jahre  als  l'rivatb-luer  und  Journa- 
list und  siech'lte  im  Jahre  1852  naeh  Cleve- 
land  über,  wo  rv  die  He(bd<tion  des  ..Wäch- 
ti'i-s  am  Hrie"  ülu'rnahm.  An  den  geistigen 
Bestrebungen  (b-s  Deutschthums  nahm 
Thieni«'  einen  hervorragenden  Antheil.  und 
als  er  am  L").  Dezendier  1879  starb,  ris; 
sein  Tod  in  die  Reihen  der  begabten 
deutsch-amei  ikanischen  J(»urnalisteu  eine 
gros.se  Lücke. 


Columbus'  deutsche  Zeitungen. 

Zu  den  ältesten  und  einflussreichsten 
Zeitungeu  des  Staates  Ohio  gehört  sicher- 
lich das  in  der  Hauptstadt  des  an  Bevölke- 
rung drittgrössten  Staates  der  Union  er- 
scheinende Tageblatt  „K.rprfss  &  Wfst- 
bnt(".  mit  seinen  jounutlistischen  Neben- 
erzeugnissen, „Ohio  Soniita<fs(/ast'\  ,, halb- 
wöchentlicher \V<sth(tt(  ''  und  ..wöchent- 
liche Columbus  Kspnss".  Die  Geschichte 
dieses  von  der  German  American  Publish- 


ing Co.  .jetzt  herausgegebeuen  Blatte--, 
weiches  im  Jahre  1})(<8  dui'ch  Vereinigung 
des  .J'<i<jl\(h(  n  W(stbot("  luid  der  ..T<i<;- 
lichfii  Colutnbus  Express"  ciucn  neuin 
Aufschwung  uixl  seinen  jetzigen  Namen 
ei-hielt.  geht  nahezu  70  Jahre  zurück,  in- 
dem der  ..Westbote"  im  Jahre  184:^  von 
dem  genialen,  deutschen  Journalist«  n. 
Herrn  Friedrich  Fieser,  mit  Hilfe  der 
finanziellen      riiterstütziTug      von      Hi-rin 


FRIEDRICH    FIESER. 

Jacob  Reinhard,  gegründet  wurde.  Der 
in  .seiner  Politik  starr  demokratische 
.,Wcsibof('\  welcher  anfänglich  halb- 
wöchentlich,  später  jedoch  dreimal  die 
Woche  erschien,  mit  seiner  über  den 
ganzen  Staat  verbreiteten  AVochenaus- 
gabe,  erhielt  im  Jahre  1878  einen  Kon- 
kurrenten in  dem  „Ohio  Soiiiifafjsgast", 
einer    S'  nntags-Zeitung,    die    von    Herrn 


Leoiihard  HirscJi,  einem  tücliti^eii  .loiir- 
iialisteii.  der  schon  bedeutende  Krfahrunij 
im  Zeitunjrsfaeh  in  Deutschland,  En^rland 
und  in  diesem  Lande  zu  New  Yoi-k.  St. 
I.ouis  uiul  hei  (U'm  alten  ,,\V( siholc"  ge- 
sammelt, jiejjründet  wuide  i;iul  s(t  er- 
t\)lgreich  war.  dass  dem  ..SoiiHku/sf/asI" 
im  Jahre  1890  ..die  tätrliche  Coliiiithiis 
Express"  beigefügt  wui'de.     Heide  letztere 


Dil-:  di:l:t8uiie  i-KK^yK  in  a.mkinka. 

denen     Händen 


54I 


LEONHARD    HIRSCH. 

Hlätter   verfolgten    eine    unabhängig-repu- 
blikanische Politik. 

Nachdem  die  ursprünglichen  Eigenthü- 
nier  des  Westboten,  welcher  nach  der 
..Express"  ebenfalls  täglich  herauskam,  in 
den  achtziger  Jahren  gestorben  waren, 
ging  dessen  Gesehäftsleitung  in  die  Hände 
der  Söhne  von  Herrn  Reinhard  über,  und 
lag  die   Redaktion   desselben   in    verschie- 


<iiM-n     war    (las    cnist    .so 
nuichtige      Zeit  ungserzeugniss.      besonders 
nachdem  es  sich  in  ih-y  ralmn-Kampagne 
den   Golddemokraten    in    die   Acmc   gewor- 
fen   hatte,    so    wenig    erfolgreich,    dass    es 
schliesslich    Iiaid<erott    machte      Ks   wurd.« 
später    an    auswärtige    Eigcnlhiimcr    aus- 
verkauft,   kränkelte    jedoch    fortwährend, 
bis    endlich     im    Augu.st     1  •)():{    die     \'er- 
schnudzung       beider       Konkurrenzblätter 
unter  dem  Xamen  „Express  &  Wrstbotc'' 
mit     Herrn     Leonhard     Hii-sch     als     Ge- 
schäftsleiter   und    Ciu'fredakteur   erfolgte. 
Leider  konnte  Letzterer  die  Früchte  seiner 
Thätigkeit  nicht  lange  geniessen.  denn  ihn 
raffte  der  luierbittliche  Tod  aus  der  Voll- 
ki-aft  seines  Schaffens  im  letzten   Sommer, 
am  ]:l  August  IfKKS.  mich  nur  ganz  kurzer 
Krankheit      dahin.        Die      Leitung      von 
„Express     &      Wesihote"     gelangte     nach 
Herrn  Ilir.scirs  Tode  in  die  Hände  seiner 
drei  Söhne,  welche  das  l^latt.  das  seit  seiner 
Konsolidation     von     einer     Aktien-Gesell- 
schaft   The    German-Anurican    Tuhlishinfi 
Co.  veröffentlicht  wird,  mit  grossem  Erfolg 
leiten,     wobei     Herr    Gu.stav     Hii-sch     als 
l'räsident.     Herr    ]\Iax    Hirscli    als    Vize- 
Präsident   und   Superintendent,   und    Herr 
Ralph    Hirsch    als    Schatzmeister    dienen, 
welchen      Herr      Caspar      Reitelbach      als 
Sekretär  der  Gesellschaft  zur  Seite  steht. 
Xelx'ii    dem    Tageblatt    „Express   &    ^^'<si- 
hofe"  und  dem  „Ohio  Somitnefsf/ast"  gibt 
obige  Gesellschaft  noch  den  ..Halbwöchent- 
lichen   Wesibote"   und   die   ..Wöchentliche 
Express"  heraiis. 


Dayloner  Volkszeitung  in  Dayton,  O., 
und  ihr  Gruender  J.  Georg  Neder. 

Die  ..Daytoner  Volks-Zeitung"  wui-dc  im 
Frühjahr  1866  von  J.  Georg  Neder  als 
Wochenblatt  gegründet,  erschien  im  selben 
Jahre  nocli  zweimal  wöchentlich,  später 
dreimal  in  der  Woche,  während  des  deutsch- 
französischen Krieges  täglicii  und  von  1876 
an  in  täglicher  und  wöchentlicher  Ausgabe. 


542 


DIK  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


i),r  (irüiul.T.  Il'ir  .1.  (ü'or^'  Ncder.  war 
am  15.  .luni  1828  in  Klost.T  Tlinll)a.  Land- 
perii-ht  llaiiiiiirl^nrtr  in  Havi-rn.  txi'homi 
uii.l  .rhiclt  »'in.'  grdi.'genf  BiUhin^'  in  ver- 
si'hiedfn.'ii  Lehranstalten.  Er  widmete  sieh 
der  Jonrnalistik  nnd  priin.h'te  schon  im 
Jahre  isr)4  eine  Zeitnn^'.  this  ..Würzhurfrer 
•Iiinrnal".  das  hcnt»'  noeli  erscheint.  Im 
.Jahre  18«;2  wanderte  Georj;  Neder  mit 
.seiner  P'aniilie  naeh  Amerika  ans.  wo  er  sich 
in  HntTaht.  X.  V..  niederliess  nnd  a's  Redak- 
teur an  dem  tä^rliehen  „BnfTalo  Telejjrraph" 
thäti^'  war.     Während  der  zweiten  Lincoln 


J.   GEORG   NEDER. 


dete  Georg  Neder  im  Jahre  1873  in  Verbin- 
dung mit  dem  fähigen  Schriftleiter  James. 
McLain  Smith  eine  tägliche  engli.sche  Zei- 
tung, die  er  aber  nach  drei  Jahren  nach 
grossen  finanziellen  Opfern  an  einen  Kon- 
kurrenten verkaufen  musste.  Für  eine  frei- 
sinnige politisch-selb.ständige  englische  Zei- 
tung schien  die  Bevölkerung  nicht  reif  ge- 
nug zu  sein.  Nach  dieser  Zeit  widmete  sich 
Georg  Xeder  au.sschliesslich  der  ..Volk.s- 
Zeitung",  die  er  zu  einem  der  bedeu- 
tendsten und  einfiussreichsten  Blätter  in 
Oliio  zu  machen  wusste.  Was  er  für  recht 
und  gut  hielt,  fand  seine  Unterstützung  in 
Wort,  Schrift  und  That.  Er  war  immer  au 
der  Spitze,  wenn  es  sich  darum  handelte, 
die  Interessen  des  Deutsehthums  zu 
wahren ;  ein  mannhafter  Kämpe,  wenn  es 
galt,  Angriffe  und  Uebergriffe  abzuwehren 
und  die  Angreifer  in  die  Schranken  zurück- 
zuweisen. 

Nach  dem  Tode  seiner  Frau.  ^Marianne, 
geb.  Eckert,  aus  Zell  am  ]\Iain,  gründete 
Plerr  Neder  noch  die  Sonntagsbeilage  der 
täglichen  Zeitung,  „Gedenkblätter"  ge- 
nannt, ein  acht  Seiten  grosses  Blättchen  in 
Buchfonnat,  das  jede  Woche  ein  Bild  eines 
verstorbenen  Lesers  nebst  Lebensbeschrei- 
bung bringen  soll. 

Leider  hatte  Herr  Neder  das  Unglück, 
schon  in  der  vierten  Nummer  das  Bild 
seines  eigenen  zweiten  Sohnes  Maximilian 
veröffentlichen  zu  müssen,  der  im  Alter  von 
nicht  ganz  40  Jahren  den  Seinen  entrissen 
wurde.  Dieser  Sohn  hatte  seinem  Vater  als 
praktischer  Buchdrucker  bei  dessen  ver- 
schiedenen Unternehmungen,  worunter 
auch   die   Herausgabe   eines   Adressbuches 


Wahlkampagne   im   Jahre   1864  sehen  wir 

(Jenrg  Neder  bereits  als  Herausgeber  einer 

deut.sch-amerikanischen    Zeitung,    denn    er 

hatte  in  ganz  aus.serordentlich  kurzer  Zeit 

die  engli.sche   Sprache   erlernt,   wobei   ihm 

sein  Studium  der  alten  Sprachen  sehr  zu      für  die  Stadt  Daj'ton,  treu  zur  Seite  ge- 

statt.'U  kam.  und  gal)  in   Verbindung  mit      standen.      Ein    Jahr   später,   am    19.   Juli 

Dr.  Storck  das  ..Buffalo  Journal"  heraus.      1895,  starb  Georg  Neder  nach  monatelan- 

Diese  Zeitung  ging  nach  dem   Tode  Lin-     gern  Leiden  und  wurde  unter  grosser  Be- 

eoln's  wieder  ein.     Nachdem  Georg  Neder      theiligung  der  deutschen  Bevölkerung  auf 

sich  in  Dayton  lieimisch  gemacht  und  die      dem    Calvarien    Friedhofe    an    der    Seite 

..Volks-Zeitung"     infolge     der     danuiligen      seiner  Gattin  bestattet. 

starken    Einwanderung   sieh    einen    ausge-  Das  Geschäft   ging  dann   in  die  Hände 

(lehnt. 'ii    T^cs.Tkreis  erworben   hatte,   grün-      der  Geschwister  Neder  über,  die  das  Blatt 


DIE  DEUTSCHE  PEESSE  JN   AMERIKA. 


5-13 


mit  gutem  Erfolge  bis  zum  lieutigen  Tage 
weiter  geführt  haben  und  auch  die  „Ge- 
denkl)lätter".  den  Manen  ihres  Vaters  ge- 
widmet, in  dessen  Sinne  weiterführen. 

An  der  Spitze  der  Redaktion  und  der 
allgemeinen  Leitung  des  Geschäftes  stehen 
jetzt  die  Brüder  Edward  und  IMoritz  Xeder. 


Die  deutsche  Presse  Toledos 

und  der  Nestor  ihrer  Redakteure, 

C.  J.  Vordtriede. 

Am  27.  Dezember  1853,  also  vor  46 
Jahren,  wurde  die  ,, Toledo  Express", 
wenn  auch  vorerst  unter  anderem  Namen 
und  zwar  als  ,,Ohio  Staatszeitung"  gebo- 
ren. An  ihrer  Wiege  standen  vier  ]\Iän- 
ner,  welche  die  Reaktion,  die  dem  Frei- 
heitssturm folgte,  der  Anno  '48  durch  die 
deutschen  Gauen  brauste,  über 's  ]\Ieer 
nach  den  Ver.  Staaten  getrieben  hatte. 
Diese  Gründer  des  Blattes  waren  die 
Herren  Emil  L.,  Guido  und  Joseph  E. 
Mar.r  und  Heinrich  M.  Hausschild.  Gegen 
Ende  1854  siedelte  Heinrich  M.  Haus- 
schild nach  Bremen  über,  wo  er  Besitzer 
einer  bedeutenden  Diiickerei  wurde.  Am 
2.  Juni  1856  wurde  das  Blatt  vergrössert 
und  vom  2.  Juni  1856  bis  20.  Mai  1857 
unter  dem  Titel  „Toledo  Express"  ein 
Tageblatt  publizirt,  für  welches  dann  Herr 
Julius  Vordtriede,  welcher  zeitweilig 
für  die  „Ohio  Staatszeitung"  thätig  war, 
als  Redakteur  engagirt  wurde.  Im 
Februar  1857  änderte  man  den  Namen  der 
wöchentlichen  ..Ohio  Staatszeitung"  in 
„Wöchentliche  Express"  um,  wobei  das 
Blatt  in  die  Hände  des  Herrn  Joseph  E. 
Marx  überging,  während  Herr  Guido  ]\Iarx 
als  Redakteur  fungirte.  Als  ersterer  im 
Jahre  1864  zum  Konsul  in  Amsterdam  er- 
nannt wurde,  verkaufte  er  die  „Express" 
an  die  Toledo  Commercial  Co,  von  welcher 
Herr  Joseph  Bender  das  Blatt  im  Jahre 
1866  käuflich  übernahm. 


Am  !).  Oktober  1871  wurde  die  Publi- 
kation der  täglichen  ,,?]xpn'ss"  wicdt-r  auf- 
genonnnen.  und  Herrn  Julius  Vordtriede. 
der  inzwischen  als  Rethikteur  des  „Huffalo 
Telegraph"  in  Buffah»  mit  grossem  Er- 
folge tiiätig  war.  die  Leitung  des  Blattes 
übertragen. 

An  der  Spitze  von  „The  Express  i'ub- 
lishing  &  Trinting  Co."  steht  seit  Jahren 
Herr  Henry  C.  Vordtriede.  Fa.st  in  jedem 
Jahre  wurde  eine  Formats- Vergrö.sserung 
vorgenommen  und  nicht  weniger  als  drei 
Zeitungen,  die  beiden  Wochenl)lätter 
„Freie  Presse",  welche  in  Bowling  Green, 
und  ,,Die  Nachrichten",  welche  in  Toledo 
erschienen,  sowie  das  Tageblatt  „Toledo 
Freie  Presse"  aufgekauft.  Als  Herr 
Julius  Vordtriede,  welcher  die  redaktionelle 
Leitung  lange  Jahre  hindurch  geführt 
hatte,  erkrankte,  wurde  Rudolph  Bartt- 
lingck,  welcher  an  den  hervorragendsten 
deutsch  -  amerikanischen  Organen  thätig 
war,  als  Chef-Redakteur  engagirt.  Nach 
dem  am  30.  Juli  1893  plötzlich  erfolg- 
ten Ableben  Rud.  Barttlingck's  fungirte 
der  damalige  Lokal-Redakteur  der  ..Ex- 
press", Joseph  F.  Schreiber,  l)is  zum 
29.  August  desselben  Jahres  als  redaktio- 
neller Leiter,  um  wenige  ]\Ionate  darauf  den 
Posten  definitiv  zu  übernehmen. 

Das  ,, Express  "-Gebäude,  welches  sich  an 
der  nordö.stlichen  Ecke  von  Jackson  Avenue 
und  St.  Clair  Strasse  erhebt,  ist  in  der 
modernsten  Weise  ausgestattet  und  mit 
seiner  künstlerisch  ausgestatteten  Front 
eine  Zierde  der  ganzen  Naehbarsehaft.  Es 
legt  in  seiner  Weise  beredtes  Zeugniss  ab 
von  der  Bedeutung,  dem  Eintluss  und  der 
Blüthe  der  deutsehen  Presse  im  nordwest- 
lichen Ohio. 

Carl  Julius  Vordtriede  wurde  am  25.  De- 
zember 1820  in  Enger,  Westphalen.  gebo- 
ren. Kaum  6  Jahre  alt.  verlor  er  seinen 
Vater  und  wurde  vim  den  Grosseltern  Koer- 
ner.  welche  damals  in  Lage,  P'ürstenthinii 
Lippe-Detmold,  wohnten,  anfgenonunen. 
Bis  zum  Jahre  1835  l)esnelite  er  die  Privat- 


514 


DIE  DKUTSCHK   I'HKSSK   IN   AMKKIKA. 


„„,1  V..lkssclml«"n  j.'iHT  Stadt  iiii.l  wunlr 
im  .lahiv  1S40  Zil^rlintr  des  (Kinnasiuiiis  in 
Dftmold.  Na.'h  h.'staii(l«'n<'iu  Ahiturii-ntcn- 
Exam.'ii  stiulirtt"  er  auf  (l»'r  riiivcrsitiit 
lifi-liii  IM»iIo|..«ri.'  und  ThcDloiji»'.  Im  .lalm- 
ISI.')  iM-stand  rr  s.in  «i-stos  throlojrisches 
Exanu'U  in  Münstrr  und  naiun  kuiz  daiauf 
v'mv  StrlluiiK  als  llauslclinT  l)fi  tl»'in  als 
radikal  lu-kannt.'n  Justi/.rath  David  Cmnc- 


cins  n.dun  er  an  den  politischen  Btnvcfjun- 
irin  der  di  nkwürdijren  Jahi-e  1S4S — 4!) 
re:j:en  Antheil  riul  waiulte  sieh  sehliesslich 
mit  ^(1  vielen  seiner  Zeitgenossen  iin  Jahre 
isr>()  nach  Auu^rika,  wo  er  am  7.  Juni  dessel- 
ben Jahies  und  zwai  in  New  York,  landete. 
Die  Familie  Grcneweg.  der  es  aueh  in  der 
.iltiu  Ileiin.-.th  zu  (  ng  geworden  war.  kam 
mit  ihm  rnd  <:-i'ii;ciiis;im  mit   ihr  wählte  er 


CARL  JUUUS   VORDTRIEDE, 

der   Nolor  des  deutschen   Journalismus    in   Nord-Ohio, 
Schulmann   und   Schriftsteller. 

1820-1899. 


weg  in  Güterslohe  an.  Durch  (hm  EinHuss 
dieses  Mannes  .sagte  er  der  Theologie  Ade 
und  widmete  sich  ernsten  philosophischen 
Studien. 

Bald  trat  Vordtriedc  von  politischer 
Seite  aus  in  den  Vordergrund.  Als  Vor- 
sitzer des  demokratischen  Volksvereins  in 
Güterslohe  und  später  auch  des  Kreisver- 


Germantown  bei  Dayton,  0.,  als  seinen 
ersten  Wohnsitz.  Bald  hatte  er  aueh  in 
seiner  neuen  Heimath  festen  Fuss  gefasst 
und  wurde  zuerst  Lehrer  an  einer  deutsch- 
evangelischen  Schule,  um  später  in  dersel- 
ben Eigenschaft  an  der  dortigen  Hoch- 
schule zu  fungiren.  Sein  Gehalt  war  nur 
ein  geringes  und  betrug  300  Dollars  pro 


DIE  DEUTSCH K  PRESSE   IX   AMEHIKA. 


545 


Jahr,  für  damalige  Zeiten  aber  eine  an- 
nehmbare Summe.  Im  Herbst  185:3  nahm 
Herr  Vordtriede  eine  Stellung  als  Lehrer 
der  deutsehen  Sprache  in  Toledo  an.  redi- 
'  girte  dann  später  die  wöchentliche  ..Ohio 
Staatszeitung",  dann  von  1855 — 57  die 
j.Toledo  Express",  um  schliesslich,  im  Jahre 
1858,  die  Leitung  des  ..Buflfalo  Telegraph" 
zu  übernehmen.  Bis  zum  Jahre  1872  leitete 
er  diese  Zeitimg.  folgte  jedoch  in  letztge- 
nanntem Jahre  dem  Rufe  seines  Freundes 
Bender,  kehrte  nach  Toledo  zurück  und 
übernahm  die  Redaktion  der  ..Toledo  Ex- 
press". Diese  führte  er,  bis  er  sich  in  Folge 
schwächlicher  Gesundheit  gezwungen  sah, 
nachdem  er  fast  21  Jahre  an  deren  Spitze 
gestanden,  sich  mit  leichteren  literarischen 
Arbeiten  zu  begnügen. 

Am  2-4.  Januar  1899  rief  der  Tod  Herrn 
Vordtriede  ab.  Der  Verstorbene  spielte 
auch  im  politischen  Leben  in  seinem  neuen 
Vaterlande  eine  hervorragende  Rolle  und 
war  u.  A.  einer  der  fünf  Kommissäre, 
welche  vom  Gouverneur  des  Staates  New 
York  ernannt  wurden,  um  den  Freibrief 
für  die  Stadt  Buffalo,  N.  Y.,  auszuarbeiten. 


PENNSYLVANIEN. 


Die  „Philadelphia  Gazette"  und  ihr 
Gruender,  Carl  Theodor  Mayer. 

^lit  Carl  Theodor  Mayer  schliesst  die 
Reihe  derjenigen  deutschen  Zeitungs- 
gründer, denen  es  gelang,  mit  ganz  gerin- 
gen ^Mitteln  ein  grosses  Zeitungsunterneh- 
men zu  gründen.  Langsam  war  der  Weg 
hinauf,  und  als  er  endlich  sein  Blatt,  die 
.,Philadelphia  Gazette",  auf  eine  sichere 
Basis  gestellt  und  ihre  Zukunft  gesichert 
hatte,  entriss  ihn  der  Tod  seinem  Wir- 
kimgskreis.  seinen  Familienangehörigen 
und  Freunden.  Seine  "Wittwe,  eine  ener- 
gische und  mit  dem  deutschen  Zeitungswe- 
sen in  Amerika  und  den  Anforderungen 
deutscher    Leser    vertraute    Frau,    welche 


schon  ihrem  Planne  eine  wirksame  Stuetze 
in  den  Anfängen  der  „Gazette"  gewesen 
war  und  ihr  das  wurde,  was  Frau  Aniui 
Uhl-Ottendorfer  der  „New  Yorker  Staats- 
Zeitung"  gewesen  war,  und  seine  Söhne 
führten  nach  seinem  Tode  die  ..Gazelle" 
fort  und  machten  sie,  nadidem  die  K(m- 
kurrenz  des  „Philadelphia  Demokrat"  aus 
dem  P^elde  gesehlagen  war.  zur  verbrei- 
tetsten  und  einflussreichsten  Zeitung  Penn- 
sylvanien's. 

Es  hat  für  den  Gründer  des  Blattes  und 
seine  treue  Gattin  Kämpfe,  Mühen  und 
Sorgen  genug  gekostet,  ehe  es  gelang, 
aus  dem  kleinen  Nachmittagsblatte,  dessen 
erste  Nummer  unter  dem  Titel  ..Philadel- 
phia Neue  Zeitung" — der  Titel  wurde  ein 
Jahr  später  in  ,. Philadelphia  Gazette"  ge- 
ändert— am  25.  Januar  1879  veröffentlielit 
wurde,  eine  Zeitung  zu  schaffen,  die  den 
Anforderungen  genügt,  weldie  an  ein 
modernes  Tageblatt  gestellt  werden.  Carl 
Theodor  Mayer  war  ein  Mann,  der  sieli 
durchzusetzen  wusste.  Alle  Chancen,  die 
sich  dem  Vorwärtskonunen  seines  jungen 
Zeitungs-Unternehmens  boten.  wu.s.ste  er  in 
geschickter  Weise  auszimutzen  und  es  in 
den  Vordergrund  des  Interesses  zu  stellen. 
]\Ian  sprach  von  seinem  Blatte;  es  scheute 
sich  nicht,  ungeschminkt  die  Wahrheit  zu 
sagen,  wie  sein  Herausgeber  sie  erkannt", 
und  die  geradezu  verblüffende  Offenheit, 
mit  der  er  auch  den  Prominentesten  ge- 
genüber aus  seinem  Herzen  keine  ^lörder- 
grube  machte,  Hessen  das  deutsche  Publi- 
kum mit  Spannung  erwarten,  was  die  neue 
Zeitung  zu  sagen  haben  würde.  Mit  dem 
Erfolge  kamen  auch  die  nöthigen  Kapita- 
lien zur  Erweiterung  des  Unteniehmens. 
Im  Jahre  1891  wurde  die  "Gennan  Daily 
Gazette  Publishing  Co."  gegründet. 

Da     Fortschritt     stets     Carl      Theodor 
]\rayer's   Losung  war,   so  besehl(>ss    »r  die 
Herausgabe    eines    deutschen    Cerilblalt'^'s 
Als  solches  erschien  am  12.  April  1800  die 
„Morgen-Gazette".      Das    Bhtlt    fand    so- 
fort, da  die  anderen  deutsehen  Zeilungen 


546 


DIi:   DKl-TSlUK  PRESSE   IN   AMERIKA. 


thcuror  wan-ii.  einen  prossen  Leserkreis, 
wenn  es  zuniiehst  aiuOi  in  kleinem  Format 
ei-sehien  mul  nur  einen  Tinfanfr  von  vier 
Seiten  liatte.  Aln-r  sflion  seeiis  .lalire 
später  war  «laraus  ein  Blatt  von  aelit  und 
mehr  Seiten  rmfanir  p-wonlfn.  Ilaiid  in 
Ilan.l  mit  di-r  stetijren  Erweiterung  des 
Leserkreises  wuelis  au<-li  dii'  Anzeigen]);!- 
tronage.  der  feste  Hüt-kli.ilt  rim-r  modernen 


ki'iicn  ihrer  Fülirer  oft  in  freimütli irrster 
Weise  gegeisselt  wurden,  einen  Halt  am 
deutsehen  Leseri)ul)likuin  «gewann,  der  ge- 
radezu phaenomenal  genannt  werden 
muss.  Im  März  1896  erschien  noch  eine 
\  iei-te  Ausgabe,  die  ..Pennsylvania  Staats- 
Gazette",  ein  "Wochenblatt,  das  besonders 
tiii'  die  Landdistrikte  des  Staates  bestinunt 
ist.     Unter  den  Xachfolgern  Carl  Theodor 


CARL    THEODOR    MAYER. 


Zeitung  Der  Erfolg  dci-  ..^Morgen-Ga- 
zette"  zeitigte  ein  neues  Unternehmen:  Er 
veranlasste  Carl  Theodor  Mayer  im  Dezem- 
ber 1892  zur  Herausgabe  der  ..Sonntags- 
Gazette",  welehe  durch  ihre  Spezial-Arti- 
kel,  die  unter  dem  Titel  „Lokal-Plauderei 
von  unserem  unverantwortlichen  Kicker" 
erschienen  und  in  denen  soziale  ]\Iissstände 
in  dentseh(>n   Kreisen   und  Ungeschicklich- 


IMayer's  in  der  Geschäftsführung  der 
,.German  Daily  Gazette  Publishing  Co." 
haben  die  verschiedenen  Publikationen,  die 
ihr  Gründer  geschaffen,  glänzende  Fort- 
sehritte gemacht.  Am  15.  i\Iai  1908 
wurde  der  „Philadelphia  Demokrat",  der 
von  Wollenweber  gegründet  und  dessen 
Redakteur  jahrelang  Dr.  G.  Kellner  gewe- 
sen war,  von  der  „German  Daily  Gazette 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE   IN   AMERIKA. 


647 


Publishing  Co."  käuflieh  erworben  und 
nn  Stelle  der  ,. Abend-Gazette"  als  Nach- 
mittatrs])latt  publizirt. 

Carl  Theodor  Mai/rr  war  am  10.  No- 
vember 1843  in  Freiburg  im  lireisgau  ge- 
l)oren.  Er  hatte  schon  früh  seine  Poltern 
verloren  imd  wurde  daher  in  einem  katho- 
lisehen  Waisenhause  in  strengster  Weise 
erzogen.  Nachdem  er  die  nöthige  Reife  er- 
langt hatte,  wurde  er  in  der  Freiburger 
Universitäts-Buchdruckerei  in  die  Lehre 
gegeben  und  erlernte  das  Schriftsetzer- 
Handwerk.  Nachdem  er  sich  in  Freiburg 
verheirathet  hatte,  kam  er  im  Herbst  1866 
mit  Frau  und  Kind  nach  Amerika.  Er 
betrieb  in  mehreren  Städten  Pennsylva- 
nien's  Buchdruckereien  und  gab  in  Wilkes- 
Barre  eine  deutsche  Wochenzeitung  heraus. 
Im  Jahre  1878  siedelte  er  nach  Philadel- 
phia über,  wo  er  anfangs  des  nächsten 
Jahres  das  1^1  att  gründete,  welches  er  zu 
■einer  der  grössten  und  erfolgreichsten 
■deutschen  Zeitungen  des  Landes  zu  gestal- 
ten wusste.  Er  starb  am  18.  Juni  1900 
nach  längerem  schwerem  Leiden  in  Atlantic 
City,  wohin  er  sich  zur  Wiederherstellung 
«einer  Gesundheit  begeben  hatte.  Er  war 
zweifellos  einer  der  besten  Tj'pen  des 
deutsch-amerikanischen  ,,self-made  man" 
und  brachte  das  zur  Zeit  Unmögliche  fertig, 
aus  einer  mit  ganz  unbedeutenden  ^Mitteln 
gegründeten  deutschen  Zeitung  ein  Blatt 
XU  machen,  das  unter  die  ersten  gezählt 
wird,  wenn  die  Schöpfungen  der  deutsch- 
amerikanischen Journalistik  aufgezählt 
werden. 


Der  „Philadelphia  De^tokral",  als  des- 
sen langjähriger  Chef  -  Redakteur  Dr. 
Kellner  fungirt  hatte  und  der  im  Jahre 
1838  von  Hermann  Burkhardt  und  Georg 
Rotten.stein  gegründet  wurde,  hat  dadurch 
historische  Bedeutung  für  Deutsch-Ame- 
rika, dass  er  die  erste  deutsche  Tageszei- 
tung gewesen  ist ;  schon  in  den  ei'sten  Num- 
mern ihrer  Wochenzeitung  konnten  die 
Herausgeber    ankündigen,    dass    ihr    Blatt 


täglich  <'i-s('heinen  würde.  Das  geschah 
auch,  aber  bereits  anfangs  1S3;>  ging  die 
Zeitung  ein.  L.  A.  W(jllenweber.  dessen 
Bild  und  Biographie  in  dem  Kapitel  ., Deut- 
sehe Dicht k\uist  in  Amerika"  verütTent- 
lieht  worden  sind,  gründete  in  demselben 
Jahre  ein  dreinuil  wöchentlich  ei-scheinen- 
des  Blatt  unter  dem  Namen  „Der  Demo- 
krat". 

Das  Blatt  wurde  im  Janiuir  1S43  mit 
dem  von  /•'.  W.  Thomas  herausgegelx*- 
nen  ,, Anzeiger  der  Deutschen"  unter  dem 
Namen  „Der  Demokrat  und  Anzeiger  der 
Deutschen"  verschmolzen.  Wollen  weher 
verkaufte  die  Zeitung  18.32  an  John  S. 
Jloffmann,  der  sich  1854  mit  Dr.  Eduard 
J.  Morwitz  »nter  dem  Firmanamen  Hoff- 
mann &  ^lorwitz  verband,  und  nun  erst 
erhielt  der  „Philadelphiaer  Demokrat",  wie 
die  Zeitung  seit  einigen  Jahren  genannt 
wurde,  den  amerikanisch-deutschen  Namen 
„Philadelphia  Demokrat".  Sie  war,  iiirem 
Namen  getreu,  anfangs  ein  demokratisches 
Blatt  und  hielt  noch  1860  und  später  zur 
demokratischen  Partei.  Nachdem  Hoffmann 
sich  im  Jahre  1873  zurückgezogen  hatte, 
führte  Dr.  :\Iorwitz,  der  am  12.  Juni  1815 
in  Danzig  geboren  war,  in  Halle  imd  Ber- 
lin ]\Iedizin  studirt  hatte  und  anfangs  der 
fünfziger  Jahre  nach  Amerika  gekommen 
war,  das  Geschäft  weiter  und  nach  seinem 
Tode  sein  Sohn  Joseph  Moi-witz.  der  im 
Jahre  1897  die  Demokrat  Publishing  Co. 
«'rundete.  Von  dieser  erwarb  die  German 
Daily  Gazette  Publishing  Company  im 
Frühjahr  1908  den  „Philadelphia  Demo- 
krat" und  gab  ihn  vom  18.  Mai  an  als 
Abendblatt  heraus.  Von  den  vor  18r)0  in 
Philadelphia  entstandenen  deutschen  Zei- 
tungen ist  sie  die  einzige,  die  noch  fortb«'- 
steht  und  im  September  1909  siel)zig  Jalire 
alt  wird;  denn  die  von  /•'.  IV.  Thomas  im 
Jahre  1848  gegründete  „Freie  Pre.s.se". 
deren  ei-ster  Redakteur  M'ilhclm  liosoifhal 
war  und  die  sich  1806  der  jungen  republi- 
kanischen Partei  anschloss,  ging  nach  sie- 
benunddreissigjährigem  Bestehen  eui. 


548 


DIK   DKrTSCIli:    I'RKSSE    IN    A.MKHIKA. 


Friedrich  W Hin  Im  Tliomns  wurdf  am  10. 
.Iimi  1808  in  Srobarh  «rfhorcn,  rineni  Dorfi' 
in  Thünnj;en.  Als  sriii  Vatt-r.  d«  i-  ..Hiir«,'- 
niüller".  «rcstorbcn  war,  kam  tlfr  T.jähriirc 
in  ili«'  WaistMiaiistalt  in  Xonlliansni.  wo  er 


Im  Jährt'  1837  trat  Thomas  mit  seiiiier 
.iun«ren  Frau  und  seinem  Freunde  Fried- 
i'ieh  "Woreh,  dem  späteren  Vormann  der 
Xt'W  Yorkei-  Staats-Zeitun^r,  die  Reise  nach 
Amerika    an.    und    /war    im    Zwisehendeek 


eine  vor/üirlieli«'  Kr/.iehnni:  eihidt.  Xaeli  iles  SchitT'cs  ..Hui'iiiah"  von  IIaml)uri:  nach 
siint-r  Konfirmation,  im  vierzehnten  Le-  Xew  Voi-k.  'i'homas  war  im  .lahi'c  1S;}8 
iMii.sjahn'.    trat    er.    mit    di-n    besten   Zeuj?-      an   dem    von    Burckhardt   und    Hottenstein 


^ 


FRIEDRICH    WILHELM    THOMAS, 
nach  der  einzigen  erhaltenen  Photographie  mit  einem  »einer  Soehne. 

ni.ssen  versehen,  als  Setzerlehrlin«;  in  eine  jrcgründcten  ..Philadelphia  Demokrat"  be-  •] 

Huchdruckfn.i.  .sehäfti^t.       Dieser    war     aufänglich    kein 

Xaeh  Hcen<li-unjr  seiner  Lehrzeit  begann  tägliches  Blatt,  sondern  wurde  es  erst  am 

Thomas,  nahezu  neunzehn  Jahre  alt.  seine  'Ml  August  1838  mit  der  fünfzehnten  Num- 

Wand.'rung    durch    einen     irro.sscn     Theil  ukt   durch    Thomas,   nach   seiner   eigenen 

Deutschlands,  um  die  Welt  zu  sehen  und  Angabe,  „indem  er  sich  unterzog  mit  einem 

sich  in  seinem  Gewerbe  zu  vervollkonnnnen.  Buben,    Paul    Ketterlinus,    denselben    mit 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


549 


■wenisrer  Hülfe  von  Burkhardt  zu  setzen." 
Im  Jahre  1839  gab  er  mit  Samuel  Ludvigh 
eine  Woehensehrift,  ,,Der  Wahi-heits.su- 
«her"  heraus,  deren  freisinniger  Inhalt 
bei  der  kirehliehen  Partei  aber  so  heftige 
Opposition  fand,  dass  das  Blatt  mit  der 
fünfzehnten  Nummer  aufgegeben  Amrdc 
Im  Jahre  1840  gelang  es  Thomas,  in  Ver- 
bindung mit  Worch,  eine  Druckerei  zu  er- 
richten unter  der  Firma  Woreh  und  Tho- 
mas. Sie  gaben  etwa  Anfang  1841  eine 
musikalische  Monatsschrift  heraus  unter 
dem  Titel :  , .Auswahl  beliebter  deutscher 
Arien"  (Populär  Airs  of  Germany)  mit 
■deutschen  und  englischen  Texten,  nebst 
Pianoforte-Begleitung.  Leider  hatte  die 
Liebe  zur  ]\Iusik  unter  den  Englischameri- 
kanern noch  nicht  die  Höhe  erreicht,  um 
eine  solche  ziemlich  ko.stspielige  musikali- 
sche ]\ronatsschrift  mit  Erfolg  absetzen  zu 
können,  und  nach  Verlauf  von  sechs  Mo- 
naten wurde  sie  eingestellt. 

Am  6.  Juli  1842  begann  Thomas  die 
Herausgabe  einer  täglichen  deutschen  Zei- 
tung unter  dem  Titel  „Allgemeiner  Anzei- 
ger der  Deutschen",  aber  schon  am  26.  Juli 
verband  er  sich  mit  J.  G.  Klenek  und  am 
17.  September  trat  noch  Worch  dazu,  wo- 
rauf die  Herausgeber-Firma  F.  W.  Thomas 
&  Co.  hiess.  Der  Anzeiger  bestand  nur  bis 
zum  14.  Januar  1843,  an  welchem  Tage 
die  letzte  Nummer  erschien,  da  L.  A.  Wol- 
lenweber ihn  käuflich  erworben  hatte,  um 
ihn  mit  dem  von  ihm  herausgegebenen  De- 
mokraten zu  verschmelzen. 

Der  strebsame  Thomas  ruhte  nicht  lange, 
denn  schon  am  11.  März  1843  begann  er 
abermals  eine  Zeitung  unter  folgendem 
Titel:  „Minerva.  Ein  Wochenblatt  für 
Literatur,  Kunst,  Wissenschaft  und  Welt- 
ereignisse. Gedruckt  und  heraiLsgegelx'U 
von  F.  W.  Thomas,  No.  105  Callowhill 
Strasse,  Philadelphia."  Sie  erschien  drei- 
mal wöchentlich  unter  der  Redaktion  von 
Dr.  C.  J.  Koch.  Am  13.  Juli  1844  sah  sich 
Thomas  jedoch  genöthigt,  ,,die  Minerva  auf 
einige  Zeit  einzustellen". 


Im  Jahn-  184")  publizierte  Thomas  liefe- 
rung.sweise  eine  „Volksbibliothek  der  deut- 
schen Klassiker",  von  der  wegen  mangel- 
hafter L'nterstützung  nur  zwei  Bände  er- 
schienen. Besseren  Phfolg  liatte  er  im 
Jalire  1847  mit  der  HeraiLsgabe  einer  treft"- 
licheii  l'ebersetziuig  der  theologischen 
Werke  Thonuis  Paiues,  danuiter  „Das  Zeit- 
alter der  Vernunft",  zu  der  der  Ilationa- 
listen-Prediger  Heinrich  Ginal  die  Vorrede 
geschrieben  hatte  und  die  mehrere  Autlagen 
erlebte. 

Die  politische  Umwälzung  der  achtiuid- 
vierziger  Bewegung  in  Europa,  deren  Ein- 
fluss  sich  auch  in  den  Vereinigten  Staaten 
bemerkbar  machte,  veranlasste  Thomas  im 
Jahre  1848  nochmals,  die  Herausgabe  einer 
deutschen  Zeitung  zu  wagen,  die  er  „Die 
Freie  Presse"  nannte.  Sie  erschien  an- 
fänglich zweimal  wöchentlich  und  ei-st  spä- 
ter täglich.  Ihre  erste  Nummer  erschien 
am  27.  Mai.  Die  Freie  Presse  vertrat  in 
den  ersten  Jahren  ihres  B(\stehens  vorzüg- 
lich die  Interessen  der  damaligen  soge- 
nannten Arbeiterpartei,  seit  1856  diejeni- 
gen der  republikanischen  Partei. 

Besonders  bekannt  und  verdient  machte 
sich  Thomas  durch  die  Hcrausrjnhc  deut- 
scher Klassiker,  denn  er  hat  dadiu-ch  zu 
ihrer  Einführung  bei  dem  deut.sch-amerika- 
nischen  Publikum  und  zur  Hebung  der  Bil- 
dung des  deutschen  Elements  in  den  Ver- 
einigten Staaten  sehr  viel  beigetragen.  An- 
fänglich war  dei-  Al)satz  dieser  Werke  nicht 
sehr  gross,  aber  allmählich  entwickelte  sich 
daraus  ein  l)edeutender  Verlag.  Es  gehör- 
ten dazu  die  sämmtlicheii  Werke  Schillei-s, 
Goethes,  Lassings,  IlautVs  und  Van  der 
Veldes,  Zschokkes  Novellen  \nid  Dichtun- 
oen,  Shakespeares  dramati.sche  Werke, 
iibersetzt  von  Schlegel  und  Tieck.  Spindlers 
Ausgewählte  Schriften,  A\ierbachs  Dorfge- 
schichten, Paines  Werke  in  «ieut.s.-her 
üebei-setzung,  Christoph  Schmi.ls  Vdkscr- 
zähhmgen.  nebst  einer  grassen  Anzahl  an- 
derer Schriften  verschiedenen  Inhalt.s. 
meistens   Komane   und   Novellen,   darunter 


550 


DUO  DKrTsciii-:  tkioösk  in  amekika. 


auch  Oiikrl  'rtlin ".s  Hütte,  nach  (h-iii  Engli- 
schen frei  hearbeitet  von  Adolf  Strodt- 
niaini.  <ianz  besonderen  Erfolg  hatte  die 
.lubiläunisausgabe  von  Ilnniholdts  Kasnios, 
die  im  Jahre  18(i!)  erschien  und  der  (iele- 
gi'uheit  würdii;  ausgestattet  war.  Der  Ab- 
satz zählte  nach  tausonden  von  p:xeniplaren 
und  war  angeblieh  bedeutender  wie  der  Ge- 
saninitv.M-lag  der  Cotta 'sehen  Ausgabe  des 
Kosmos  in  Di'utschland.  In  der  Absieht, 
diese  literarischen  Schätze  auch  den  Unbe- 
mittelten ztigänglich  zu  machen,  publizirte 
Thonuissie  lieferungsweise  zu  ausserordent- 
lich i)illigen  Preisen.  Er  stiess  bei  diesen 
rnternelunungen  freilieh  auf  grosse 
Sehwierigkeiten  und  bittere  Konkurrenz, 
konnte  aber  deshalb  um  so  stolzer  und  zu- 
versielitlicher  auf  die  Erfolge  seines  ar- 
beitsamen Li'bens  zurückblicken. 

Er  starb  am  7.  Septend)er  ]877,  nachdem 
er  in  den  letzten  .Jahren  so  leidend  gewesen 
war,  dass  sein  'r<»d  schon  längere  Zeit  er- 
wartet wurde.  Die  Freie  Presse  ging  1885 
in  den  Morwitz 'sehen  Besitz  über  und  ein 
Jahr  später  ein. 

In  Thomas  verlor  das  Deutschthum  in 
den  N'creinigten  Staaten  einen  seiner  be- 
deutendsten Vertreter,  der  durch  sein  kräf- 
tiges Wirken  auf  dem  Gebiete  der  deut- 
schen Literatur  in  diesem  Lande  Grosses 
pelei.stet  hat.  Durch  die  Einführung  der 
billigen  Kl a.ssiker  -  Ausgaben,  als  deren 
Pionier  er  unzweifelhaft  zu  betrachten 
ist,  wurde  der  Erhaltung  dei-  deutsehen 
Sprache  in  Amerika  ein  wesentlicherer 
Dienst  erwiesen,  als  durch  irgend  ein  an- 
deres Besti'cben  auf  kulturliistorischem  Ge- 
biete, untergeordnet  einzig  vielleicht  nur 
dem  mächtigen  Einflüsse  von  Kirche, 
Schule  und  Presse.  Sein  Andenken  ver- 
dient deshalb  in  Ehren  gehalten  zu  werden. 


Wohl  der  Veteran  der  deutsch-amerika- 
ni.schen  Journalisten  ist  der  im  Jahre  1823 
in  Xordhausen  geborene  W\lhchn  Rosen- 
thnl,  der  seinen  Lebensabend  in  Reading, 
Pa..   beschlies.st.      Er   war   im    Jahre    1847 


Der  Herausgeber  des  ,, Philadelphia 
Sonntags- Journals",  AYühelni  Rcgenspitr- 
ger,  wurde  am  20.  August  1834  in  Berlin 
geboren.  Sein  Vater  betrieb  ein  Textil- 
Gesehäft.  Während  seiner  ]\Iilitär-Zeit  in 
Küstrin  wurden  mehrere  Lieder  des  jungen 
^lannes  von  Musik-Direktor  IMackrodt  koni- 
ponirt  und  finden  sich  noch  in  Soldaten- 
Liederbüchern.  Er  machte  die  ]\Iobilma- 
chung  von  1859,  sowie  den  Krieg  gegen 
Dänemark  1864  mit.  Im  Jahre  3866  fuhr 
er  auf  einem  Segelschiffe  von  Bremen  mit 
Frau  und  Kind  nach  New  York,  wo  er 
nach  siebenwöchentlicher,  stürmischer 
Teberfahrt  anlangte.  Nachdem  er  in  New 
Brunswick,  N.  J.,  Philadelphia  und  Fort 
Washington  thätig  gewesen  war,  siedelte  er 
nach  San  Francisco  über,  wo  er  ^litbe- 
gründer  und  Sekretär  des  später  eingegan- 
genen Gesangvereins  ., Deutscher  Männer- 
chor" wurde.  Nachdem  er  in  den  Redak- 
tionen des  „California  Journal",  der  ..San 


nach    Amei-ika    gekommen.      Y.Y    war    der 
erste  Redakteur  der  im  Mai  1848  gegrün- 
deten   „Freien    Presse"    in    Philadelphia.      I 
Später  war  er  in  der  Redaktion  des  ,,Phila-      | 
delphia   Demokrat"  thätig  und  übernahm      ,' 
IStiü  die  des  ,, Reading  Adler",  der  ältesten, 
in    den    Vereinigten    Staaten    bestehenden 
deutschen    Wochen  -  Zeitimg.      Im    Jahre 
1864  gründete  er  ,,Das  Banner  von  Berks"^ 

1867  das  Sonntagsblatt  ,.Die  Biene",  ge- 
nannt nach  dem  Schiffe,  mit  welchem  er 
iKnli  Amerika  gekommen  war.     Im  Jahre 

1868  gründete  er  die  Tageszeitung  „Die 
Reading  Post"  imd  im  folgenden  Jahre 
„Die  Deutsche  Eiche",  das  offizielle  Organ 
des  Ordens  Ilarugari.  Sämmtliche  von 
Rosenthal  in  Reading  gegründete  Blätter 
bestehen  noch.  Sie  gingen  im  Jahre  1908 
in  den  Besitz  Herrn  John  Weiler 's  über. 
Am  28.  März  1898  feierte  Rosenthal  das 
fünfzigjährige  Journalisten-Jubiläum.  Das 
gab  Anlass  zu  vielfachen  Ehnnigen  seitens 
seiner  ^Mitbürger  in  der  grossen  Industrie- 
Stadt  von  Berks  County. 


i 


DIK   DKUTSC'IIK  PKESSK   IN    A  M  KK'I  KA. 


561 


Friinci-sco  Abeiulpost ""  und  ilcs  ..S;m  Ffaii- 
cisco  Humorist"  tliätig  gcwesou  wai-.  kehrte 
er  1877  naeli  Pliiladelphia  zurüek  und 
kaufte  1881  ilas  ..Philadelphia  Sonntag.s- 
Jourual"';  seine  darin  unter  dem  Xaiuen 
..Bierhannes"  erseheinenden  humoristi- 
schen lieiträge  und  Gedichte  finden 
grossen  Beifall.  Er  hat  auch  in  aiuleren 
Zeitungen  des  Landes  häufig  Gedichte  und 
humoristische  Skizzen  und  Berichte  ver- 
ötfcntlicht.  Wilhelm  Kegenspurger  ist  einer 
der  Gründer  und  lang.jähriger  Schatz- 
meister des  Philadelphia  Journalisten-Ver- 
eins. Als  Schatzmeister  des  National-Ver- 
handes  deutsch-amerikanischer  Schriftstel- 
ler und  Journalisten  ist  er  den  ^Mitarbeitern 
aller  grösseren  deutschen  Zeitungen  in 
Amerika  bekannt. 


„Volksblatt  und   Freiheits-Freund" 
in  Pittsburg. 

Der  ..Freiheits-Freund"  wurde  im  Jahre 
183-1:  von  Ilenrv  Rubv.  mit  Victor  Scriba 
als  Redakteur,  in  Chambersburg,  Pa..  ge- 
gründet und  im  Jahre  1836  von  dort  nach 
Pittsburg  verlegt,  nachdem  Scriba  den  An- 
theil  Ruby's  übernonnnen  hatte.  Im  Jahre 
18-1!)  erwarb  sich  Louis  Xcfb  einen  Antheil 
an  dem  Blatte,  während  William  Nerh,  der 
den  Antheil  Scriba 's  an  sich  brachte,  im 
Jahre  1850  in  die  Firma  eintrat.  Beide 
Herren  standen  übrigens  schon  seit  dem  Be- 
stehen des  Blattes  in  Verbindung  mit  dem- 
selben, da  sie  als  Lehrlinge  und  Setzer  in 
der  Druckerei  der  Zeitung  beschäftigt 
waren.  In  dem  ,, Freiheits-Freund"  ging 
1860  der  im  Jahre  1842  von  J.  G.  Backofen 
gegründete  „Courier"  auf,  nachdem  der- 
selbe vorher  von  Backofen  an  Heinrich 
Bauer  verkauft  worden  war.  Bauer  trat 
der  Verlagsfirma  als  ^Mitglied  bei,  und  die- 
selbe hiess  fünf  Jahre  lang  Neeb,  Bauer 
&  Co.,  bis  Bauer  1865  nach  Baden  zurück- 
kehrte. Der  Firmatitel  wurde  dann  in  L.  & 
W.  Neeb  umgeändert. 


Inter  der  Leitung  des  späteren  Staats- 
Senators  John  X.  Xeeb.  der  —  obwidij  hier 
geboren  —  ein  Deutscher  V(»n  eejitem  Selirot 
luid  Kniii  genannt  werden  könnt«-,  liel'and 
sich  der  ..Freiheits-Freund"  in  seiner 
P.lütliezeit.  Xaeh  dem  allzu  fi-iilicn  Tudc 
des  Seiuitors  Neeb  (185)3)  und  dem  Ableben 
der  Ilei-ren  Louis  luid  William  Xeeb  (1896 
resp.  18!)!))  kam  eine  \'erschmelz\nig  des 
..Freiheits-Freund"  mit  dem.  unter  der 
fähigen  Leitung  der  Gel)rü(ler  Is(i(i<  E.  und 
Louiü  Hirsch,  rapide  wachsenden  .  i'itts- 
burger  Volksblatt"  zu  Stande. 

Das  ..\'olksblatt "  wurde  im  .lahre  1859 
von  Carl  Friedrich  Baiitr  gegründet,  der 
vorher  Redakteur  des  ..Freiheits-Freund" 
gewesen,  aber  mit  dem  obengenannten  Hein- 
rich Bauer  nicht  verwandt  war.  C.  F. 
Bauer  blieb  Eigenthümer  des  Blattes  bis 
1885.  als  er  in  die  Redaktion  des  Milwau- 
kee-IIeroid  eintrat,  und  Mar  Schambinj 
das  ..Volksblatt"  übernahm.  Bauer  starb 
in  ]\lihvaukee  im  Jahre  1888.  Herr  Seham- 
berg war  damals  österr.-ung.  Konsul  in 
Pittsburg  und  übergab  die  Leitung  der  Zei- 
tung den  Gebrüdern  1.  K.  und  Louis  Hirsch. 
Konsul  Schamberg  zog  sich  später  ins  Pri- 
vatleben zurück,  ging  18!)()  nach  Deutsch- 
laiul  und  starb  1901  in  .Meran,  Tirol,  l'nter 
der  energischen  Fühnnig  der  Gebrüder 
Ilir.sch  begann  das  ..Volksblatt"  mehr  und 
mehr  von  dem  bisher  durch  den  ..Freiheit.s- 
Freund"  beherrschten  Boden  zu  gewiiuien, 
bis  schliesslich  im  Februar  1901  die  oben 
erwähnte  Verschmelzung  der  beiden  Zei- 
tungen und  die  Gründung  einer  Verlagsge- 
sellschaft unter  dem  Titel  Neeb-Hirsch 
Publishing  Co.  erfolgte.  Seitdem  ei*sclieinen 
die  vereinigten  Zeitungen  unter  dem  Titel 
„Volksblatt  &  Freiheits-Freund"  als  .Mor- 
gen-. Soiuitags-  und  AVochcn-Blatt.  Die 
thatsächlichen  Leiter  sind  auch  jetzt  noch 
Herr  I.  E.  Hirsch,  als  Vize-Präsident  uiul 
Redaktions-Leiter,  und  Herr  Louis  Hirsch 
als  Geschäftsführer.  Ersterer  wurde  1859 
in  Minnesota.  Letzterer  1862  in  Pitt.sburg 
von  deutschen  Eltern  geboren,  und   Beide 


55i 


DTK  DETTSCHE  PRESSE  IN   AMERIKA. 


halH*n  eine  frrüiulliehe  deutst-lu-  Hrzichuii^ 
genossen.  Die  anilereu  Jieanifen  der  Ver- 
latrsfrcsell.srhaft  sind:  11.  A.  Neeb  (,S(»lui 
des  vi'i-sttirlw'nen  Herrn  Louis  Neeb),  Prä- 
sident ;  Charles  W.  Neeb  (St.hn  des  verstor- 
benen William  Xeeb).  Sekretär;  Charles  B. 
MeLeau,  Sehatzuieister. 


Von  anderen    deutschen  Blaettern. 


Di.'  Zahl  der  deut.sehen  Blätter,  welehe 
einmal  oder  mehrmals  wöehentlieh,  zwei- 
wöehentlieh  und  monatlieh  erseheinen,  ist 
iR'deutend.  Nai-hstehend  sind  einige  Pu- 
I)lil<ationen  luid  deren  Gesehiehte  kurz 
skizzirt.  Das  seiner  Zeit  bedeutendste  Wo- 
ehenblatt  sei  hier  zuerst  erwähnt  und  in 
Verbindung  damit  die  Biographie  seines 
(Jründers  und  langjährigen  Leiters  veröf- 
fentlicht.    Es  sind: 

„Belletristisches  Journal"  und  sein 
Gruender  Rudolph  Lexow. 

Am  M'k  .lull  litO!)  schied  in  Brooklyn. 
X.  Y..  ein  -Mann  hochbetagt  aus  dem 
Ix'bcn.  des.sen  Blatt  im  deutscli-amerikani- 
schen  Leben  einst  eine  grosse  Kolle  gespielt 
hat  —  Rudolph  Lexow,  der  Gründer  der 
..Criminal-Zeitung",  des  späteren  ..Belle- 
tri.stisi'hen  Jounials".  Das.selbe  hat  zur 
Zeit  des  Bürgerkrieges  imd  bis  anfangs  der 
neunziger  Jahre  hinein  einen  hervorragen- 
den Hang  unter  den  deutsehen  Woehen- 
ZeiHnig<'n  eingenommen  und  einen  gro.ssen 
und  heil.samen  Einfluss  in  deutseh-amerika- 
nisclien  Kreisen  ausgeübt.  Die  Konkurrenz 
der  billigen  und  doch  rei<')il'.altigen  Sonn- 
tagsblätter hatt«'  die  Zirkulation  des  ..BeUe- 
tri.stisehen  Jounials".  das  10  Cents  per 
Xunuiier  kostete,  in  inigünstigster  Weise 
l)eeintlus.st. 

Hudolpji  T^i'xow  war.  wie  schon  an  an- 
derer Stelle  erwähnt,  am  K».  Januar  1821 
in  Tönning  in  der  später  dem  preussiseben 
Staate  angegliederten  Provinz  Schleswig- 
Holstein   geboren.     Xaebdem   Lexow   seine 


Tniversitätsstudien  iu  Kiel  beendet  hatte, 
nahm  er  thätigen  Antheil  an  der  revolutio- 
nären Bewegung  des  achtundvierziger 
Jalu-es.  was  zur  Folge  hatte,  dass  er  gleich 
vielen  anderen  Söhnen  der  deutsehen  Erde 
Hieben  und  dem  Vaterlande  den  Rücken 
kehren  musste.  Er  wandte  sich  zunäciist 
nach  England,  wo  er  seine  Lebensgefährtin 
fand,  folgte  dann  dem  Beispiele  anderer 
Flüclitlinge  und  begab  sieb  nacb  Amerika, 
wo  er  eine  neue  dauernde  Heimath  finden 
sollte.  Seburz.  Sigel,  Blencker  und  viele 
Andere  waren  seine  Leidensgefährten,  die 
fast  alle  der  Tod  hinweggeratft  bat.  so  dass 
er  in  den  letzten  Lebensjahren  zu  dem 
kleinen  Häuflein  überlebender  Achtund- 
vierziger gehörte,  welelie  die  Erinnerung 
an  jene  bedeutsame  Zeit  der  deutseben  Ent- 
wicklungsgesebiebte  waeb  hielten. 

In  den  Vereinigten  Staaten  wandte  sich 
Lexow  von  Anfang  an  der  Journalistik  zu. 
Die  Freiheitsliebe,  die  ihn  in  der  Heimath 
beseelt  hatte,  machte  ihn  zu  einem  eifrigen 
Anhänger  des  Unionsgedankens  und  der 
Sklavenemanzipation,  und  um  diesen  Ideen 
namentlich  unter  den  Deutsch-Amerika- 
nern weiteste  Verbreitung  zu  geben,  grün- 
dete er  die  ..Criminal-Zeitung",  später 
,.Belletri.stisches  Journal"  genannt,  das 
fast  ein  IMensehenalter  hindurch  in  Blüthe 
stand  uiul  seiner  ^Mission  in  vorzüglichster 
Weise  gerecht  wurde.  Neben  der  redigi- 
renden  Thätigkeit  arbeitete  Rudolph 
Lexow  eifrig  an  mehreren  umfassenden 
literarischen  Werken,  unter  denen  eine  (ic- 
schichte  des  Bürgerkrieges,  der  -ISer  Auf- 
staiulsbewegung  und  zahlreiche  Novellen 
hervorzuheben  sind. 

Lexow  gehörte  zu  jenen  deutschen  Ein- 
wanderern früherer  Tage,  die  sich  beson- 
ders bestrebten,  ihre  Landsleute  mit  den 
Gewohnheiten.  Grundsätzen  und  dem 
Geiste  der  Einrichtungen  der  neuen  Hei- 
math bekannt  zu  machen,  die  sie  nicht  nur 
die  Rechte,  sondern  auch  die  Pflichten  als 
Amerikaner  lehrten.  So  stark  auch  seine 
Lielie  für  die  alte  Heimath  blieb,  für  die 


DIE  DKrTSCHE  PRESSE  IX  AMERIKA. 


553 


Adoptivheiinath  hegte  er  die  festeste  Loya- 
lität lind  den  ehrliehsten  Patriotismus. 

Eine  grosse  Anzahl  hervorragender  Jour- 
aalisten  und  Schriftsteller  waren  für  Ru- 
dolph Lexow's  Blatt  thätig.  Im  Jahre 
1874  hatte  er  sieh  mit  dem  bekannten 
deutseh-amerikanisehen  Sehriftsteller  Udo 
Brachvogel,  der  nach  Lexow's  Ausseheiden 
-aus  dem  rnternehmen  im  Jahre  1880  es 
.bis  1887  allein  führte,  assoeiirt.  Dann 
waren  Mar  Jacgerhnher  und  Dr.  Julius 
Goehel  bis  in  die  ^Mitte  der  neunziger  Jahre 
bemüht,  das  ..Belletristisehe  Journal"  im 
-Sinne  seines  Gründers  weiterzuführen.  Es 
wird  noch  in  Hoboken.  X.  J.,  herausgege- 
ben, allerdings  in  völlig  veränderter  Form. 


Der  „Puck"    und  Joseph  Keppler. 

Der  Erste,  welcher  farbige  ..Cartoons" 
in  Amerika  einführte,  war  Joseph  Keppler; 
er  war  am  1.  Februar  1838  in  Wien  gebo- 
ren, studirte  an  der  dortigen  Kunst-Aka- 
demie, ging  zur  Bühne  und  wurde  Schau- 
spieler  und    Sänger,    kam    1868    nach    St. 
Louis,  wo  er  in  seinen  ]\Iussestunden  ]\Ie- 
(lizin    studirte.    und    gab    dort    das    humo- 
ristisch-satirische    Witzblatt     ..Puck"     in 
deutscher  Sprache  heraus.     Dasselbe  ging 
ein,   und   Keppler   übersiedelte   nach    New 
York,  wo  er  von  1872  bis  1877  als  Karika- 
turen-Zeichner an  Frank  Leslie's  Tllustra- 
ted  Xewspaper  beschäftigt  war.     Er  associ- 
irte  .sich  mit  Ad.  Schwartzmann  und  gab 
abermals  in  deutscher  Sprache  den  ..Puck" 
heraus.     Die  farbigen  Kartons  des  Blattes, 
in   welchen  politische   Ereignisse   und   her- 
vorragende   Staats-:Männer    in    humoristi- 
scher Weise  und  zwar  mit  geschickter  Be- 
nutzung  antiker   und   geschichtlicher    ^\o- 
tive  und  Anpassung  auf  das  moderne  Leben 
behandelt  wurden,  fanden  solchen  Anklang, 
■dass  die  Herausgeber  1877  das  Blatt  auch 
in    englischer    Sprache    erscheinen    Hessen. 
Keppler  starb  am   19.  Februar  18!)4.     Im 
-Jahre  1897  ging  die  deutsche  Ausgabe  des 
..Puck"  ein. 


Das  „Washingtoner  Journal"  und  sein 
Herausgeber,  Werner  Koch. 

Ein    Veteran    iV-v    deutschen    i'n'ss»-    in 
Amerika   ist   der   Herausgeber  des  ..Wash- 
ington  .Joiu-nai".    Werner  Koch.     .\u\    l:{. 
April    18:U    in    Alsfeld.    Gi'os.sherz(.gthum 
Hessen,    geboi-en.    kam    er   im    Jjihre    IS.l.'i 
nach    Washington.    1).    ('.      Xaeli    zweijäh- 
rigem   Dien.st    auf    einem    WalHschfänger 
kehrte  er  zu  Begiini  des  Jalires  LS.")!)  nach 
Washington    zurück    nnd    gründete   am    2. 
April   eine  deutsehe  Zeitung,   das   ..Wash- 
ingtoner Intelligenzblatt",   welches   in  der 
Lincoln-Kampagiu'  täglich  ei-schien.     18():i 
wurde  die  Zeitung  vergrös.sert  urul  erhielt 
den  Xamen  ..Columbia".     Seit  1873  wur-de 
die   ..Columbia"   mit   einer   anderen   deut- 
schen  Zeitung  verschmolzen   und   hat  seit- 
dem   den    Xamen    ..Washington    Joiunial" 
geführt.     Bis  zum  Jahre  1883  ei-sehien  das 
Blatt    täglich,    ward    aber    später    in    ein 
Wochenblatt    verwandelt.      ^länner.    deren 
Xamen  in  der  Geschichte  der  deutsch-ame- 
rikanischen Journalistik  wohlbekaiuit  sind, 
haben    zeitweilig    die    SchrifthMtung    der 
Koch'sehen     Zeitung     geführt,     so     Louis 
Schade.     Karl     Roeser.     L.     Ki-onheimer, 
Gallus   Thomaini.   Alfred   Schücking   u.   a. 
Xur    einmal    erfühl*    das    Ei-sdieinen    des 
Blattes  eine  kurze  rnterbrechung;  das  war 
während    des    Bürgei-krieges.    als    Werner 
Koch,    ein   enthusiastischer   Anhänger   der 
Unionssache,    mit    dem    58.    Xew    Yorker 
Freiwilligen-Regiment  in 's  Feld  zog.  Xaeh 
dem    Kriege    luihiii    ei-    die    publizistische 
Thätigkeit    wiedei-    von    Xeuem    auf.      .Mit 
eiseiruM"   Willenskraft    widmi'te    Koch    sieh 
seinem      Beruf,      kämpfte     die     zahllosen 
Schwierigkeiten     niedei-     nnd     setzte    sieh 
durch,  nienmls  entmutliigt  nnd  si-lbst  nach 
schweren  Schlägen,  die  ihn  hie  und  da  ge- 
troffen haben,  stets  mit  inn'ntwegtem  Oi)ti- 
mismus  sich  wieder  hinaufarbeitend.       Zu 
Anfang  war  er  Redakteur,  Setzer,  Drucker, 
Träger   und    Kollektt»r.   alles   in   einer   Per- 
son; noch  in  seinem  75.  Leliensjahre  luihm 


554 


l>IK   DKI'TSCIIK  PRESSE  IN   AMKUIKA. 


w  CS  mit  tlfiii  .lüiit^stfii  am  Sftzerkasten 
auf.  S.'in  7.'i.  ({cburtslaf,'  jral)  den  ange- 
s«'li«'iist«Mi  Dciitsclu'u  der  liun(l<'s-IIaui)t- 
stadt  Aiilass  zu  tMiicr  fjrossiu  Kliruutr  des 
wat-kcrfii  Vorkämpfers  drutsdicr  Hestre- 
huujft'M  und  der  dcutsciR'n  Muttersprache. 


„Der  Birmingham  Courier". 

In  Alaliama  wiril  ilcr  Deutsehe  Taj.'  in 
Fnlire  der  Ajjitatioii,  welche  für  die  Ein- 
fidirunj;  dieses  Festes  seitens  der  dortigen 
Woehen.schrift  „Der  Birmingham  C<»n- 
rier".  die  an  jedem  Sonnabend  in  Hir- 
minghain,  Ahi..  erscheint  und  deren  Abon- 
nementspreis nur  einen  DoHar  pro  Jalir  be- 
trägt, bis  jetzt  mindestens  in  drei  Städten 
gefeiert:  Birmingham.  Cnllman  imd  Mo- 
bih'.  In  Biriuingham  bestellt  die  jährliche 
F'eier  in  einem  akademischen  Fe.ste,  an 
dem  sich  nicht  nnr  deutsche  Kreise,  son- 
dern auch  die  besten  Klassen  der  Anglo- 
Amerikaner  betheiligen.  Vorsitzender  des 
Fest-K(»mites  ist  seit  Jahren  Herr  Emil 
Lesser.  llerausgelx'r  und  Redakteur  des 
..Birmingham  Couriers";  es  ist  der  Thä- 
tigkeit  dieses  Blattes  zu  verdanken,  dass 
die  deutsehe  Sprache  als  Lehrgegenstand 
in  der  öfTentlichen  Schule  Binningham's 
eingeführt  wurde,  dass  jener  Schule  sei- 
tens der  Deut.seh-Amerikaner  Birming- 
hanrs  eine  Bibliothek  deutscher  Klassiker 
gestiftet  ward,  dass  die  Interessen  und 
Rechte  mittelloser  Einwanderer  in  vielen 
Fällen  geachtet  und  vertreten  wurden.  Der 
..Birmingham  Courier"  i.st  nicht  nur  die 
älteste  deutsehe  Zeitung  in  Alabama,  son- 
dern auch  die  eintlussreichste.  Er  ist  poli- 
tisch unparteiisch  und  erfreut  sich  einer 
geschäftlichen  Prosperität,  die  von  wenigen 
Zeitungen  des  Südens  erreicht  wird.  Der 
Redakteur  ist  ^litglied  der  Bundesbehörde 
des  Xordamerikanisehen  Sänger-Bundes, 
Präsident  des  südlichen  Bezirkes  jenes 
Bundes,  ebenso  erster  Sjirecher  des  Südli- 
chen Central-Turn-Bezirkes  und  des  Deut- 
schen   Turn-Vereins   in    Birminffbam.      Kv 


hat  erst  in  diesem  Jahre  ein  Buch 
seiner  Erlebnisse,  die  unter  dem  Namen 
..Euro]iäische  Reise-Briefe"  von  ihm  im 
..Birmingluun  Courier"  veröffentlicht  wur- 
den, und  zwar  im  Verlage  des  ..Birming- 
ham Couriers",  herausgegeben.  AVer  Aus- 
kunft über  Alabanui  will,  abonnire  auf  den 
..Birmingham  Courier".  Wem  die  Ver- 
hältnisse in  Birmingham,  der  am  schnell- 
sten wachsenden  Stadt  im  Süden,  mit  ihrem 
unermesslichen  Reichthum  repräsentiren- 
den  ^lineral-Gürtel  interessiren,  der  abon- 
nire auf  den  ..Birmingham  Courier".  Wer 
das  deutsche  Publikum  Alabamas  ereichen 
will,  der  animncire  im  ..Birmingham 
Courier". 


Die  „Iowa  Reform",  Davenport,   Iowa. 

Am  12.  Juli  1884  ward  die  zuerst 
wöchentlich  erscheinende  deutsehe  Zeitimg 
„Iowa  Reform''  von  Adolph  Petersen  ge- 
gründet, dessen  Bruder,  Gerhard,  bald 
nachher  als  geschäftlicher  Theilhaber  in 
das  Unternehmen  eintrat.  Das  ,,Sternen- 
Banner",  ein  1876  von  H.  ]Malthey  und 
Sohn  in  's  Leben  gerufenes  Blatt,  ward  bald 
erworben  und  die  „Iowa  Reform"  danni 
und  bis  zum  heutigen  Tage  zweimal 
wöchentlich  herausgegeben.  Sie  ist  seit 
Jahren  eine  der  vorzüglichsten  deutschen 
Zeitungen  im  Staate  Iowa.  Sie  liefert  an 
gutem  Original-Lesestotf  weit  mehr  als 
irgend  eine  der  übrigen  im  Staate  erschei- 
nenden deutschen  Zeitungen,  die  tägliche 
Zeitung  ausgenommen.  Seit  Anfang  lf)08 
wird  ihr  Satz  mittelst  Linotype-^Iaschine 
hergestellt,  wie  denn  überhaupt  die  tech- 
nische Ausstattung  der  ., Reform"  eine 
mögliehst  vollkonnnene  ist. 

Die  ., Reform",  die  namentlich  in  der 
Stadt  Davenport  und  Umgegend  eine 
grosse  Verbreitung  hat,  führt  mit  uner- 
müdlicher Ausdauer  den  Kampf  für  Frei- 
heit und  ]\Ien.schen würde,  und  gegen  die 
Feinde  der  persönlichen  Freiheit  geht  sie 


DIE  DEUTSCHE  PKKSSE   IN   AMKK'IKA. 


665 


Sfharf.   uneniiüilacli    i  lul   mit   allen   Ar<;ii-  viilc      das      (Jyiiiiiasimii      ..Latiiia"      der 

meiiten  clor  ^esiuuU'ii  Vorniuift  vor.  Fraiickc 'sehen    Stii'luii«;eii    in    Halle  a.   S., 

An  der  Redaktion  sind  z.  Z.  die  Herren  studirte  auf  drr  rniversität  Leipzitr  Jun«, 

Adolph    Petersen    (in    Ang-eln.    Sehleswig-  grin^'  auf  der   liiiversiläl    Halle  znm   Stu- 

Hülstein.  gebürtig  und  im  Jahre  1872  als  dium  der  Matlicinalik.   IMivsik  und  Xatur- 


12jähriger  Knabe  nach  Amerika  gekom- 
men) und  Joli.  Jebens  (in  Tondern, 
Sehleswig-Holstein.  gebürtig)  thätig.  ]\lit 
der    Leitung    der    tediniselien    Abth(Mliing 


wissenseiiaften  iilxi-  und  hestanil  in  diesen 
Wissensehaften  sein  Staats-Exauien  auf  der 
Universität  .Marburg,  erlangte  di»rt  1S84 
die    facultas    doi-mdi    in    .Mathematik    umJ 


O.    A.    HOFFMANN. 


sind  die  Herren  Gerhard  Petersen  und  Au- 
gust Westphal  betraut.  Die  Gebrüder 
Petersen  führen  ihr  Geschäft  im  eignen 
Gebäude:  526  westl.  2.  Strasse,  Davcn- 
port,  la. 

„Der  Sioux  City  Volksfreund". 

Der  Herausgeber  des  ,, Sioux  City  Volks- 
freund",  Oscar   Arthur   Hoff  mann,   absol- 


Physik  für  beide  I'rimen,  war  darauf  an» 
Königliehen  (Jymiuisium  zu  ?^rfurt  Candi- 
datus  probandns.  In  Halle  diente  er  als 
Einjähriger,  bestand  das  Offiziers- Examen 
und  vollzog  eine  Tebinig  als  Vize-Feld- 
webel der  Reserve  in  Gera.  Im  April  1885 
nahm  er  Trlaub  nach  Amerika,  woselbst 
Verwandte  grossen  Erfolg  gehabt  hatt«'n. 
er  reiste  direkt  nach  Sioux  City  und  kaufte 


5.56 


DIK   DHIT-SCHK   I'HKSSK   IN   AMKKIKA. 


Kim!.'  188H  d.'ii  ..Si,.ux  City  Volksfmmd", 
^ilir  «h'Utsrllf  Zritiin^'.  di«'  'T  •i»'ut<'  noch 
l.'it.'t.  Kr  ist  A.  II.  (Alter  Herr)  des  aka- 
iloinisch-mathtMii.  Vereins  der  Inivoi-sität 
Halle  a.  S.  und  Mitiilied  des  A.  II. 
Vereins  in  dauernder  Liel)e  für  sein  Lieb- 
lin^'sStudinni  der  Matlieniatik  und  i'hysik. 
In  Halle  auf  der  Latina  war  er  in  den 
rrinien  Schüler  iles  (telieiiiirath  Prof.  Dr. 
MutT.  der  .j.-t/t  Direktor  von  Seludpforta 
ist.  In  Amerika  hatte  er  mit  dem  ..S.  C. 
Volksfreuinl"  trotz  panz  enormer  Sehwie- 
rinkeit.-n  Krfol^':  er  war  Mitjrlied  des 
4'.\ekutiven  Komites  <les  Nationalen  Deut- 
schen Tajres  auf  der  Weltausstellung'  zu 
St.  Louis,  wo  er  Carl  Si-hurz.  Botschafter 
von  Sternbnrjr.  Dr.  Preetorius  und  andere 
hervorra«rende  Mäinier  kennen  lernte.  In 
Amerika  widmete  er  sieh  aussehlies.slieh 
seinem  Zeitiui^gesehäft  und  wurde  durch 
sene  (tritrinelleii  Artikel  weit  und  breit 
bekannt. 


„Die  Abendschule"  und  ihr  Herausgeber. 

Der  Hefiründer  des  P^rfolges  der  „AbeixI- 
srliuh"  in  St.  Louis.  Louis  Laiif/f,  wurde 
am  2J).  September  1820  im  Sächsischen  ge- 
boren, trat  nnt  14  Jahren  bei  einem  Tisch- 
ler in  die  Lehre,  kam  nach  New  York, 
erlernte  das  Schrift  setzen,  gab  mit  Caspar 
liutz  zusanunen  in  Detroit  das  "Wochenb'att 
..Die  Michigan  Staats  -  Zeitung"  heraus 
und  gelangte  184f)  nach  St.  Louis.  Im 
.lahre  1S.">4  war  in  HuH^'ah»  ein  für  die 
chri.stliche  Familie  bestinniites,  zweimal 
nutnatlich  erscheinendes  Platt.  ..Die  Abend- 
.scliule".  gegründet  w<»rden.  Es  wurde 
18")»;  Tuich  St.  Louis  verlegt.  Das  Blatt 
wollte  ni<-ht  recht  in  die  Höhe  kommen, 
und  schliesslich  erstand  es  Lange  für  i|^200. 
Das  war  im  .Jahre  18()1.  Heute  ist  ..Die 
Abendschule",  welche  reich  illustrirt  i.st. 
das  gelesen.ste  deutseh-amerikani.sche  Fami- 
lienblatt. Auf  Lange's  Anregung  wurde 
das  ..Concordia  Publishing  Ilouse"  ge- 
gründet.    Kr  starb  am  2«i.  September  1893. 


„Der  Herold  des  Glaubens" 

wurde  1850  zu  «S7.  Louis  gegründet,  inn  die 
Angriife  der  Achtundvierziger  gegen  die 
Religion,  besonders  gegen  die  deutschen 
Katholiken,  abzuwehren.  Er  hat  sieh  in 
diesen  59  Jahren  zu  einem  der  einHuss- 
reiclLsten  Organe  der  Deutschen  in  Amerika 
ausgebildet  (Auflage  1908:  36.300  Exem- 
plare), ist  von  25  Erzbi.schöfen  und  Bi.schö- 
fen    approbirt    und   bildet   die   bevorzugte 


9-:' 


Mf  ■<v«lM<«r  9.  n*U$€9€m. 


Lektüre  des  hocliw.  Klei'us  und  der  Laicii- 
welt.  besonders  der  Waststaaten. 

Der  Ilfrold  des  Glauhetis  erscheint 
wöchentlich,  acht  Seiten  grössten  Format«; 
.stark,  kostet  in  den  Ver.  Staaten  .1i2  pro 
Jahr,  nach  Europa  $2.50,  ist  auf  das 
Sorgfältigste  redigirt,  enthält  anerkannter- 
nias.sen  mehr  Original-Lesestoff  als  irgend 
ein  ein.sehlägiges  Blatt:  in  .jeder  einzelnen 
Xummer  eine  Fülle  des  belehrendsten  und 
untei-haltendsten    Lesestot^'es.    wöchentliche 


DIE  DEUTSCHE  PRESS K   IN   AMKHIKA. 


557 


Orijrinal-Korro.spoiulenzon  aus  versehiedo- 
iicii  CJegenden  Deutschlands  und  Oester- 
reic'h.s,  die  neuesten  Produkte  katholischer 
Romanschriftsteller,  gediej^nMien  ]\Iarktbe- 
richt,  Rundschau  über  die  intei-essantesten 
Ereijrnisse  des  In-  und  Auslandes,  reichhal- 
tige kirchliche  Nachrichten  etc.  Die  wich- 
tigen Tagesfragen  werden  in  klarer  und 
übersichtlicher  Weise  besprochen.  Auch 
eine  Spalte  Humoristisches  ist  in  jeder 
Xununer  enthalten. 

Als  Gratis-Prämie  erhalten  die  Abonnen- 
ten alljährlich  den  FamUienfrcund-Kulcn- 
d(i\  den  reichhaltig-sten  und  schönstausge- 
statteten  Kalender  Amerikas^  vom  Herold 
des  Glaubens  selbst  herausgegeben. 

Seit  1875  hat  die  staatlieh  inkorporirt? 


Abonnenten;  ..l'nsere  Kleinen"'.  1:{.,S44 
AI).;  ..Lektionshefte".  27.225  Abnehmer; 
„Deutsch-Amerikanischer  Jugeiulfreund", 
6.058  Ab.)  ;  dazu  kamen  Kirchenagende. 
Ev.  Katechismus,  Ev.  Gesjingbuch.  Schul- 
bücher, der  .,Evang.  Kalender"  ( Verl)rei- 
tung:  45,000  Ex.)  etc.  Der  Verlag  big  zu- 
erst in  den  Händen  des  Synocbilpräses  A. 
Baltzer.  von  1880— 18;)0  in  denen  des 
Fast.  R.  Wobus  in  St.  Charles  (gest.  am  5. 
Nov.  1894).  Am  1.  Jjinuar  1890  wurde  ein 
eigenes  Verlagsgeschäft  gegründet,  drei 
Jahre  später  ward  dann  ein  Gebäude  für 
den  Verlag  an  Franklin  Ave.  gemiethet, 
und  wiederum  drei  Jahre  nachher,  im  Mai 
1896.  konnte  das  eigene  Verlagshaus  an  der 
Chouteau  Ave.,  No.  1716—18,   (50  x  120, 


German  Printing  &  Publishing  Association,      niit  ebenso  grossem  Bauplatz  nebenan)  be- 


Temple  Gebäude,  St.  Louis,  Mo.,  die  Her- 
ausgabe des  Herold  des  Glaubens  über- 
nommen. Präsident  ist  Herr  Joseph  Gum- 
merebaeh,  der  amerikanische  Vertreter  der 
Herder 'sehen  Verlagshandlung  in  Frei- 
burg: Geschäftsführer  seit  1878  Herr  Louis 


zogen  werden.  Es  erhielt  den  oben  stehen- 
den Namen.  Im  unteren  Stockwerk  ist  der 
prächtige  Laden.  Pressraum  und  die 
Packerei ;  im  zweiten  der  Setzersaal  mit 
vier  Setzmaschinen  und  Lagerraum ;  im 
dritten  (seit  Febr.  1901)   di ^  Binderei.  Im 


Willenbrüek. 


Blankemeier :  Chef redakteur,  Herr  Clemens      Sommer  1906  wurde  in  Chicago.  Lakeside 

Building,  Cor.  Clark  und  Adams  Str..  ein 
Zweiggeschäft  eröffnet.  Die  Zahl  der 
Augestellten  belief  sich  ]\Iitte  Novendjer 
1908  auf  56  Personen,  wozu  noch  drei 
Redakteure  kommen.  Die  Eiiuiahmen  be- 
liefen sich  im  Jahre  1907  auf  $128.480.53, 
davon  wurden  .$31.000  an  die  Synodalkas.se 
abgegeben.  Die  Bücher  eigenen  Verlags 
betragen  über  100.  Englische  Blätter  und 
Kirchenbücher  werden  in  neuerer  Zeit 
auch  herausgegeben. 

Im  Jahre  1890  berief  das  Verlagsdirekto- 
rium Hrn.  A.  G.  Toennies  zum  Verlagsver- 
walter und  übernahm  zugleich  de.ssen  Buch- 
handlung. Derselbe  steht  heute  noch  dem 
bedeut(Mid  vergrössert<Mi  Gi'sehäft  vor.  Im 
Jahre  1896  wurde  der  ..Frieden.sbote"  in 
ein  Wochenblatt  umgewandelt.  Die  Auf- 
lage beträgt  über  27.000  Ex.  Redakteure 
waren  die  Professoren,  resp.  Pastoren 
Binner.  A.  Irion.  A.  Baltzer  (Synodal- 
präses), Dr.  R.  John.  Am  15.  Dezeiid)er 
1898  übernahm  P.ist.  Wm.  Tino.  Jinii/k  die 


Die  Publikationen  des  „Eden  Publishing 
House"  in  St.  Louis,   Mo. 

Die  deutsche  Kirche  in  Amerika  bedarf 
zur  nöthigen  Herstellung  und  Verbreitung 
ihrer  literarischen  Erzeugnis.se  eines  Ver- 
lagshauses. Dieser  Erkenntniss  konnte 
sich  die  „Deutsche  Evang.  S.ynode  von 
Nord- Amerika "  (zuerst  ..Deutscher  Evang. 
Kirchenverein  des  Westens",  dann  ., Evang. 
Synode  des  AVestens"  genannt)  nicht  ver- 
schliessen.  Zehn  Jahre  nach  ihrer  Grün- 
dung, nämlich  am  1.  Januar  1850,  erschien 
der  ..Friedensbote",  der  heute  noch  Syno- 
dalorgan ist.  Die  Zahl  der  herausgegebenen 
Blätter  mehrte  sieh  beständig  („Theol. 
Zeitschrift";  ..Deutscher  Missionsfreund", 
jetzt  beinahe  12,000  Abonnenten  zählend; 
..Christi.  Kinderzeitung",  vom  1.  d.  ]\Its. 
mit   28,543,   vom    15.   d.   Mts.   mit   20.301 


558 


Redakt  ionsarlx-it  iiin  ..l"ri 
,.I)i'uts«'li.  MissiMtistn-uiul"  uiul  dein 
„Evanp.  Kalciulcr"  im  V'Tla«rsliiiusc :  er 
vei"si«'ht  diese  aii<li  lu'ute  iincli.  Im  Jahre 
1001  wurde  eine  weitere  OHiee  für  Pastor 
Karl  Kisslintf.  den  Kedakteiir  d  r  ..('lirist- 


DIK  DKFTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA 
edensboteii" 


wüeheiitliehe  Aufhi|re  '.MM)  Ex.)  und  dem 
..Evaii^.  ('ompaiiion",  dem  Bniderblatt  der 
..C'lii-.  Kinderzeitung"  (Autlage  am  1.  des 
Monats  6238,  vom  15.  des  Monats  4160). 

So     hat     sieli     das     ..F^den     Publishing 
Ilouse",  das  zugleieli  auch  eine  Sortiments- 


DAS    GEBAUEDE    DES    ..EDEN    PUBLISHING    HOUSE"    IN    ST.    LOUIS.    MO. 

liehen  Kinderzeitung"  und  der  ..Lektions-  Buehhandlung  ist  und  ausser  Büchern  auch 
hefte  für  die  l)il)lisehe  Ges-hichte"  (Auf-  kirchliche  Scheine,  Karten  für  die  Sonn- 
lag«» der  letzteren  'i'M\A)  eingerichtet.  Im  tagsschulen  etc.  herausgibt,  zu  einer  Zen- 
Juli  11)06  übernahm  Past.  ,ftil.  IldrstniaHit  trale  der  synodalen  und  allgemeinen  Lite- 
die  Arbeit  am  ..Messenger  of  Peace".  dem  ratur  entwickelt,  von  der  ein  grosser  Ein- 
Bruderblatt    des    ..Friedensboten"     (zwei-  fluss  auf  die  ganze  Synode  ausgeht. 


DIE  DEUTSCHE  TRESSE  IN  AMERIKA. 


659 


„Der  Deutsche  Vorkaempfer"  und  seine 
Herausgeber  Louis  und  Geo.  S.  Viereck 


Die  in  Xiir  York  seit  Neujahr  li)07  er- 
scheinende ^lonatssehrift  ,Mcr  Deutsche 
Vorkämpfer''  war  ursprünjjlieli  nui-  dazu 
bestimmt,  als  Organ  der  deutselisj)reehen- 
den  Gruppen  der  „Neuen  Einwauderungs- 
Sehützlinge"  zu  dienen,  sie  hat  aber  sehr 
bald  ihren  Inhalt  wie  ihr  Programm  in 
^iner  Weise  erweitert,  dass  die  Bezeichnunsr 
„Organ  der  Deutschen  in  Amerika'',  die 
ihr  mehrfaeh  beigelegt  worden  ist,  nicht 
unberechtigt  erscheint.  Die  Zeitschrift 
berichtet  von  allen  Einzelheiten  der 
deutschen  Bewegung  in  Amerika,  vom 
EinHuss  deutscher  Kultur  auf  die  neue 
Welt  und  von  allen  Vorgängen,  die  für 
Deutsche  im  Auslancie  von  Interesse 
sind.  Regelmässige  Korrespondenzen  aus 
Deutschland  halten  zugleich  die  Leser  über 
die  wichtigeren  Ereignisse  in  der  alten 
Heimat  auf  dem  Laufenden,  während  ein 
reichhaltiger  Unterhaltungsteil  auch  die 
Frauen  zu  fesseln  weiss.  „Der  Deutsche 
Vorkämpfer"  ist  reich  illustrirt,  bringt  in 
jedem  Jahrgang  einen  interessanten  Ori- 
ginalroman und  die  allseitig  als  ein  vor- 
treffliches Werk  anerkannte,  hier  zum 
ersten  ^Male  veröffentlichte  „Geschichte  des 
deutschen  Volkes"  von  Willy  Westen  in 
Fortsetzungen. 

Die  hervorragendsten  Deutschamerika- 
ner, Schriftsteller  wie  Konrad  Nies, 
Prof.  Hurjo  Münsterherg,  Prof.  Kuno 
Francke,  Edna  Fern,  G.  von  Bosse,  Dr.  C. 
J.  Hexamer,  Professor  Dr.  Lcarned,  Prof. 
Faust,  Prof.  Heller,  Rev.  J.  Rotheiisteiner, 
Pastor  Xeeff,  Hermann  Bosenthal,  Prof. 
Tomho  (Vater  und  Sohn)  und  gar  viele 
Andere  sind  häufige  IMitarbeiter  des  Blat- 
tes, aber  auch  IMänner  wie  Prof.  John  W. 
Burgess  von  der  Columbia,  Geh.  Rath 
(roldberger  von  Berlin.  Prof.  Dr.  Ernst 
Henrici,  Leipzig,  Ludwig  Fulda  und  andere 
Berühmtheiten  zählen  zu  dessen  Kontribu- 
enten. 


Tebcr  die  speziellen  Ziele  <i,'s  ..Deutsehen 
Vorkämpfers"  unterrichtet  der  Programm- 
Artikel  in  der  ersten  Xunuiier  der  Zeit- 
schrift, in  dem  u.  A.  Folgendes  au.sgetuhrt 
wird  : 

..Dt-r  Deutsche  Vorkämpfer"  will  die 
Amerikaner  deutscher  Abstammung  an- 
spornen, den  ihnen  vom  1\  niiu-nolhiiigl imi 
hingeworfenen  Fehdehandschuii  aufzuneli 
men  und  für  die  volle  Gleichberechtigung 
der  naturalisirtcn  mit  den  im  Lande  selbst 
geborenen  Bürgern  furchtlos  und  energisch 
einzutreten.  In.sbe.sondere  will  er  es  durch- 
setzen, da.ss  die  eingewanderten  Deutsehen 
vor  Zurücksetzung  durch  beschränkte  Xa- 
tivisten  bewahrt  werden. 

„Der  Deutsche  Vorkämpfer"  wili  nicht 
etwa  eine  besondere  deutsche  Partei  schaf- 
fen, wohl  aber  um  alle  natui-alisirten  Deut- 
schen in  diesem  Lande  ein  festes  Baiul 
schlingen,  sie  unablässig  daran  eriiniern, 
dass  sie  drüben  eine  gemeinsame  alte  Hei- 
mat besitzen  und  hier  eine  gewaltige  Kul- 
turmission zu  erfüllen  ha])en.  Die  .junge 
amerikanische  Naticm  wird  nur  dann  wirk- 
lich und  dauernd  an  erster  Stelle  stehen, 
wenn  jede  ältere  Nation  ihi-e  besten  Eigen- 
schaften und  ihre  höchsten  kultui-ellen  Ei-- 
rungenschaften  auf  sie  überträgt.  - 

Es  ist  durchaus  in  den  Verhältni.ssen  l)e- 
gründet,  dass  die  Amerikaner  deutschen 
Ursprungs  zumeist  einer  der  alten  Parteien 
angehören,  teils  aber  Sozialisten  oder  Un- 
abhängige sind.  Das  will  und  kann  ..Der 
Deutsche  Vorkämpfer"  nicht  ändern.  Aber 
jeder  in  Deutschland  sen)st  geboi-ene  oder 
von  Deutschen  ab.stammende  Bürger  sollte 
niemals  vergessen,  da.ss  es  gewisse  gemein- 
same Interessen  sind,  die  jeder  Deutseli- 
amerikaner  unter  allen  Umstäiulen.  weiui 
er  nicht  selbstmörderi.seii  verfahren  will, 
hochhalten  und  in  dei-  Oeffentliehkeit  vei-- 
treten  muss.  Der  aufgeklärte  und  loyale 
Amerikaner  wird  auch  seinen  eingewan- 
derten Mitbürger  nur  dann  achten,  wemi 
dieser   nicht   feige  seine  eigene   Herkunft 


6G0 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


vrrlcutriH't.    sich    Jilsd    iiirdriirt'i-    ciTiscliiitzt 
wie  iU'U   im   Inliiiid»'  (iclxtri'iu'ii. 

Der  schlinniist»'  Wiilrrsafhcr  des  Deutsch- 
tuiiis  in  Anu'rika  ist  daher  aiu-h  die  (i!>  ich- 
<fUtl(/k(lt  in  tl(  n  eigenen  h'cihen,  dif  oft 
p'miK'  zum  V»'rniti'  di  r  cnfroivn  Lands- 
U'ut»'  führt.  Dafr»'«;»'!!  will  ..Der  Deutsche 
Vorkämpfer'*  natürlich  in  ei-ster  Linie 
Front  machen  und  zn  dem  Zwecke  die 
Lanen  kräftig'  aufrütteln.  Aher  gleich  da- 
nach konnnt  der  fmsfur  G<  ist  der  Know- 
nothini/s.  der  jetzt  wieder  gar  bedenklieh 
nmgeht  nnd  v(tn  einem  Ende  des  Konti- 
nents zum  andern  die  Geister  beeinflusst. 

Die  alten  Knownothings  des  vorigen 
.lahrhunderts  fassten  ihre  Absichten  in  das 
Schlagwort  „Antcrika  für  die  Amerikaner" 
zusammen,  verbrannten  die  katholischen 
Kirchen  und  suchten  die  deutschen  Turn- 
hallen zu  zei*stören.  Die  neuen  Know- 
nuthings  arbeiten  mit  minder  groben,  aber 
(bifiir  desto  gefährlicheren  Mitteln.  All- 
überall agitiren  sie  für  die  Abschaffung  des 
d«nitschen  Unterrichts  in  den  öflfentlichen 
Schulen  und  für  die  Wiederbelebung  der 
veralteten  Sonntagsgesetze.  Sie  wirken  ge- 
gen die  persönliche  Freiheit  durch  Einfüh- 
nuig  der  l'rohihiiion  und  agitieren  gegen 
die  Zulassung  der  Fremden  durch  grösste 
Be.selu'änkung.  wo  nicht  durch  das  Verbot 
dt  r  Hinivand(  runfj 

Wir  wollen  in  jeder  Weise  als  vollberech- 
tigte Bürger  der  Republik  behandelt  wer- 
den, die  als  solche  mindi\stens  ebenso  viel 
persönliche  Freiheit  beanspruchen  als  die 
Bürger  irgend  eines  anderen  Gemeinwe- 
sens auf  dem  Erdenrunde.  Wir  verbitten 
uns  deshalb  jede  polizeiliche  Bevormun- 
dinig  nach  der  Richtung,  dass  man  uns  vor- 
sehreibt, was  wir  überhaupt  oder  an  ge- 
wissen Tagen  geniessen  oder  nicht  geniessen 
st)llen.  Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass 
der  Alkoholmissbrauch  durch  Prohibitions- 
gesetze nicht  etwa  beseitigt,  sondern  im 
Gegenteil  nur  noch  gefördert  wird. 

Wir  verlangen  femer  zum  Besten  der 
Ge.sammtheit.  da.ss  unsere  Kinder  deutschen 


Cntirrichf     in     den     öffentlichen     Schuletr 
empfangen  können.  Gro.ss  und  Klein  aber 
sich  an  jedem  Sonntag   in  echt  deutscher 
Weise  seines  Da.seins  erfreuen  darf.     Wir 
verlangen  endlich,  dass  Jeder,  der  arbeiteik 
kann  und  will,  ungehindert  in 's  Land  kom- 
men darf,  es  sei  denn,  dass  er  sich  durch 
begangene    ehrlose    Verbrechen    der    Aus- 
zeichnung, ein   Bürger  dieser  grossen  Re- 
l)ul)lik  werden  zu  düi'fen.  unwert  gemacht 
hat. 

Wir  werden  es  als  unsere  heilige  PHicht 
ansehen,  alle  Bestrebungen  zu  unterstützen, 
die  auf  Förderung  der  überlieferten- 
Freundschaft,  sowie  auf  Herbeiführung 
eines  besseren  gegenseitigen  Verständnisses 
zwischen  Deutschland  und  Amerika  abzie- 
len. Es  giebt  in  Wahrheit  keine  andere 
Nation,  die  durcli  ihre  ganze  Kultur  der 
amerikanischen  näher  stände  als  die  deut- 
sehe, nachdem  so  viele  ]\Iillionen  Deutscher 
in  der  werdenden  amerikanischen  Nation 
aufgegangen  sind,  deutsche  Geistesein- 
flüsse seit  einem  ]\Ienschenalter  auch  hier 
entschieden  vorherrschen  und  die  höchsten 
amerikanischen  Bildungsanstalten  sieh 
immer  mehr  nach  deutschen  A^orbildem  re- 
formirt  haben.  Das  Leitmotiv  des  Blattes, 
ist  und  soll  stets  bleiben : 

"Germans  to  the  front!" 

Herausgeber  und  Gründer  des  „Deut- 
schen Vorkämpfers  ist  Herr  Louis  Viereck, 
geb.  21.  III.  1851,  Berlin.  Er  absolvirte 
das  Friedr.  Wilhelm  Gynuiasium  in  Berlin, 
studirte  in  I\larburg  und  Berlin  Jura  und 
Cameralia,  nahm  als  freiwilliger  Kran- 
kenpfleger Theil  am  Feldzug  gegen  Frank- 
reich. Am  10.  IX.  73  wurde  er  Referendar 
in  Eberswalde,  war  dann  in  Berlin  und 
Frankfurt  thätig.  gerieth  als  Leiter  der 
zum  Schutze  Eng.  Dühring's  —  seines 
blinden  Lehrers  —  unternonnnenen  Be- 
wegung ins  soeialistische  Fahrwa.s.ser, 
schied  1878  aus  dem  Staatsdienst  aus, 
da  man  ihn  fälschlich  beschuldigte,  mit 
dem  Verbrecher  Nobiling  bekaont  ge- 
wesen   zu   sein,    wurde   Anfang   1879   aus. 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE   IN   AM  KU  K.\. 


5(51 


Berlin  ausgewiesen.  1879 — 80  war  er 
Leiter  iler  Genossensehafts  -  Druekerei  in 
Leipzig,  untc'inalun  mit  dein  verstorbenen 
Reiehstagsabg.  Fritsehe  eine  soz.-dem.  Agi- 
tatiousreise  durch  d.  Ver.  Staaten,  81 — 93 
Münelien.  (Herausgeber  der  Südd.  Post, 
des  Rechts  auf  Arbeit,  des  Südd.  Postillon 
und  der  ^Müncli.  Post),  1884  Reichstagsabg., 
Leipzig — Land.  86 — 87  m.  Bebel  9mouatl. 
Haft.  Zwickau  (Teilnehmer  an  einer  ge- 
heimen Verbindung).  87  Massregelung 
durch  d.  Parteitag  von  St.  Gallen,  beteiligte 
sich  an  der  Schriftst.  Pens.-Anstalt,  ]\Iün- 
eheu,  96  Auswanderung  n.  d.  Ver.  Staaten 
von  Amerika,  1901  Bürgerrecht,  1898 
stand.  Korr.  d.  Berl.  Tageblatt,  07  Her- 
ausg.  von  ..Der  Deutsche  Vorkämpfer", 
Monatsschrift  für  deutsche  Kultur  in 
Amerika. — Verfasste  Denkschrift  z.  Grün- 
dung d.  Pens.-Anstalt  deutscher  Jour- 
nalisten u.  Schriftsteller  93 ;  Fridjof  Nan- 
sen am  Nordpol,  97 ;  German  Instruction 
in  American  Schools  (im  Auftrag  der 
amerik.  Bundesregierung),  02;  2  Jahr- 
hunderte deutschen  Unterrichts  in  den 
Ver.  Staaten.  03 ;    Leitfaden  für  deutsche 


Einwanderer.  03;  Der  neue  Süden  und  die 
deutsche  Einwanderung  (in  Vorbereit.) 
Viereck  ist  Ehren-Mitgl.  des  Münch.  Jour- 
nalisten- und  Schriftstclli'r-Ver..  des 
deutsch.  Vereins  d.  Tniv.  Columbia — New 
York.  ^Mitbegründer  des  V('rl)andes  de\it- 
.scher  Schriftsteller  in  Amerika  und  der 
neuen  Liga  zum  Schutz  der  Einwanderer. 
1175  Broadway.  New  York,  V.  S.  A. 

Georg  iSylvcstcr  Viereck,  geb.  3L  De/l)r. 
1884,  ist  der  Sohn  von  Louis  Viereck,  der 
sich  trotz  seiner  jungen  Jahre  bereits  in 
zwei  Sprachen  als  Dichter  und  Schriftstel- 
ler einen  in  der  Literatur  bekannten  Na- 
men gemacht  hat.  G.  S.  V.  ist  der  Verfa.s- 
ser  folgender  Publikationen:  1.  Gedichte, 
1904 — Progressive  Printing  Co;  A.  Game 
at  Love  and  other  Plays,  1906 — Brentano, 
N.  Y.  &  Washington ;  Niniveh  und  andere 
Gedichte,  1906,  Cotta,  Berlin  und  Stutt- 
gart; The  House  of  the  Vampire,  1907 — 
Moffat  &  Co.  Beim  „Deutschen  Vor- 
kämpfer" ist  er  Leiter  des  Feuilletons. 
Sein  berühmter  Roman  ..Im  Hause  des 
Vampyrs"  ist  im  Blatte  zum  ersten  Male 
deutsch  ver()ifentlicht  worden. 


662 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


Hervorragende  deutsch-amerikanische 

Journahsten. 


Bereits  in  tlcr  Hinleituiijr  dieser  Artikel- 
ivihe  wurde  erklärt,  dass  der  deutseh-anie- 
rikanisehe  .Jouinalist  hm»re  nielit  die  allge- 
meine Anerkenmin^'  findet,  die  diesem 
ptliehttreuestcn  nnd  iH'freistertsten  Vor- 
kämpfer des  Deutsehtliums  in  Amerika  ge- 
bührt. Kr  hat  für  die  deutsehe  Sprache, 
das  deutsehe  Lied  und  die  deutseh-ameri- 
kanisehe  Gt'sehichtsforsehung  unendlieh 
viel  «rethan  und  thut  es  heute  mit  ebensol- 
elien  Eifer  wie  seine  Kollegen,  die  vor  ihm 
den  sehweren  Kampf  für  Erhaltung  deut- 
scher Kulturgüter  in  Amerika  gekämpft 
haben. 

Ohne  die  deutsche  Presse  könnte  auch 
die  deutsehe  Kirclie  die  deutsehe  Sprache 
in  Amerika  nicht  vor  Verfall  bewahren. 
Dadun-h.  dass  die  deutsch-amerikanische 
I*res.se  die  Verbindung  mit  der  Ileimath 
aufrecht  und  in  ihren  Lesern  durch  das 
lebendige  deutsehe  AVort  das  deutsche  Em- 
pfinden rege  erhält,  übt  sie  eine  so  grosse 
Macht.  Wenn  einmal  deutsche  Zeitungtrn 
in  den  Vereinigten  Staaten  nicht  mehr  be- 
stehen sollten,  wird  auch  die  deutsche 
Sprache  hier  zu  Grabe  getragen  sein. 

Es  ist  leider  nicht  möglich,  alle  bedeu- 
tende deutsche  Journalisten  in  diesem 
Buehe  zu  nennen  m\(\  die  Erinnerung  an 
sie  in  kurzen  l»i(»grapln.schen  Skizzen  für 
die  Mit-  inid  Nachwelt  festzuhalten.  Einer 
ganzen  Anzahl  von  ihnen  ist  unter  den 
dentseli  -  iniierikanisehen  Dichtem  und 
Seiiriftstellein  gedaeht  worden.  Andere, 
die  einen  besonders  liervorragenden  Platz 
in  der  Ge.sehiehte  der  deutsch-amerikani- 
.schen  Pres.se  einnahmen,  sollen  hier  er- 
wähnt werden. 

Beginnen  wir  mit  zwei  Idealisten  und 
Freiheits-Kämpfern,      deren      wechselvolle 


Lebensschicksale  wohl  eine  eingehendere 
Schilderung  verdienen,  zumal  .sie  als  ^län- 
ner,  die  stets  den  ]\Iuth  ihrer  Ueberzeugung 
hatten,  vorbildlich  auch  für  künftige  Gene- 
rationen sein  sollten:  Es  sind  Gottlieb 
Theodor  Kellner  und  Carl  Daniel  Douai. 


Gottlieb  Theodor  Kellner. 

Gottlieb  Theodor  Kellner  wurde  am  27. 
August  1819  zu  Kassel  im  ehemaligen  Kur- 
hessen geboren,  wo  sein  Vater  Finanzbeam- 
ter war.  Er  studirte  von  1840  bis  1845 
Rechts-  und  Staatswi.ssenschaften,  Ge- 
schichte und  Philosophie  in  ^Marburg  und 
Heidelberg  und  lieferte  Gedichte,  belle- 
tristische und  politische  Skizzen  für  Diugel- 
stedt's  „Salon"  und  Gutzkow 's  „Tele- 
graph". Als  Rechtskandidat  1845  in  Kas-  ' 
sei  mit  literarischen  und  .Journal istiseheu 
Arbeiten  beschäftigt,  wurde  er  wegen  Theil-  | 
nähme  an  der  Stiftung  deutsch-katholischer 
Gemeinden  nebst  Professor  Bayrhoffer  von 
Marburg  und  wegen  verschiedener  Auf- 
sätze in  Biedermann 's  „Monatsschrift" 
über  die  Ständeversammlungen  in  Kurhes- 
sen, in  Untersuchung  gezogen  und  liabili- 
tirte  sich  infolgedessen  1846  an  der  Univer- 
sität Göttingen,  nachdem  er  dort  Doktor 
der  Philosophie  geworden,  als  Privatdozeut 
für  Politik  und  Staatswissenschaften.  Seine 
Habilitationsschrift  lautete  „Zur  Geschichte 
des  Phvsiokratismus",  und  seine  Vorle- 
sungen hielt  er  über  Politik,  französische 
Staats-  und  Rechtsgesehichte,  sowie  über 
die  Systeme  des  Sozialismus  und  Kommu- 
nismus. 

Beim  Ausbruch  der  Revolutitm  im  Jahre    >^ 
1848   kehrte   Kellner   nach    Kassel    zurück     " 
und    stiftete    dort    mit    Heinrich    Ileyse, 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  TN   AMKUIKA. 


563 


sfinem  Vetter  und  Jugendfreunde,  den 
demokratisch-sozialen  Verein.  Zu  gleicher 
Zeit  gab  er  „Hessenlieder"  und  mit  Hein- 
rieh Heyse  ein  demokratisch-soziales  Pro- 
gramm heraus.  Auch  gründete  er  „Die 
Hornisse",  die  zuerst  wöchentlich,  dann 
täglich  erschien,  und  bei  ihrer  Unter- 
drückung an  9000  Subskribenten  hatte.  Im 
Jahre  1850  wurde  Kellner  von  Bockenheim 
in  den  kurhessischen  Landtag  gewählt  und 
war  ^Mitglied  des  permanenten  landständi- 
schen Ausschusses. 

Als  nach  dem  Gefechte  bei  Brouzell  (8. 
November  1850)  die  Bimdestruppen,  Bay- 
ern und  Oesterreicher,  am  22.  Dezember 
1850  in  Kassel  einrückten,  waren  die  beiden 
Redakteure  der  Hornisse,  Kellner  und 
Heyse,  am  meisten  gefährdet,  da  der  Groll 
des  Feldmarschall-Leutnants  von  Leiningen 
sich  besonders  gegen  diese  richtete,  so  dass 
er  an  der  Gasthoftafel  zu  Fulda  öffentlich 
erklärte :  ..Sobald  ich  nach  Kassel  gekom- 
men bin,  lasse  ich  die  Redakteure  der 
Hornisse  an  die  Kanonen  binden  und  todt- 
sehiessen."  Die  beiden  Redakteure  ver- 
liessen  Kassel  noch  vor  dem  Einrücken  der 
Bundestruppen,  welche  die  Druckerei  der 
Hornisse  zerstörten.  Kellner  begab  sich 
zunächst  nach  Bremen  und  dann  nach  dem 
Klostergute  "Wormeln  bei  "Warburg  (Pader- 
born), wo  er  und  Heyse  im  Hause  des 
ihnen  befreundeten  und  gesinnungsver- 
wandten Gutsbesitzers  Blomeyer  gastliche 
Aufnahme  fanden.  Doch  Avährend  Heyse 
nur  kurze  Zeit  dort  blieb,  vermochte  Kell- 
ner sich  nicht  von  seiner  Gattin  zu  trennen 
und  blieb  in  seinem  abgelegenen  Zu- 
fluchtsorte, um  hier  ihre  öfteren  Besuche 
zu  empfangen.  Sein  Versteck  wurde  ent- 
deckt, Kellner  verhaftet  und  an  die  kur- 
fürstliche Regierung  ausgeliefert,  worauf 
er  in  der  Nacht  vom  13.  auf  den  14.  August 
1851  als  Gefangener  in  das  Kastell  zu 
Kassel  abgeführt  wurde,  dessen  Festigkeit 
und  Lage  hart  am  Fuldaflusse  jeden 
Fluchtversuch  unmöglich  zu  machen  schien. 


Dennoch    gelang   es   am    Alicnd   des    i;j. 
Februar   1852,   gerade  sechs  Monate  nach 
seiner    Einkerkerimg,    Kellner    aus    seiner 
Haft  zu  befreien.     Es  war  nämlich  seiner 
Gattin   Regina,  geborene  Hess,  mit  der  er 
sich  nach  seiner  Rückkehr  von  Göttingen 
verheirathet  hatte,  und  ihren  beiden  Brü- 
dern   gelungen,    den    Gefreiten    Friedrich 
Zinn  und  einige  andere  Freunde  mid  Ge- 
sinnimgsgenossen  für  den  Flucht  plan  zu  ge- 
winnen. Zinn  benutzte  seine  öftere  Wache 
im    Kastell,    um   sich   AVachsabdrüeke    des 
Schlüssels  zur  Zelle  Kellners  zu  verschaffen, 
und  konnte  so,  wenn  er  vor  der  Zelle  auf 
Posten  stand,   mit   ihrem   Insa.s.sen    in   un- 
mittelbare Verbindung  treten.    Am  Aiorgen 
des    13.    Februar    gelang    es    ihm,    durch 
Tausch  mit  einem  anderen  Gefreiten,   für 
diesen  die  Kastellwache  zu  beziehen.     Dort 
wandte  er  sich  an  den  wachthabenden  l'n- 
teroffizier  mit  der  Bitte,  ihm  zu  gestatten, 
zur  Feier  seines  Geburtstages  seine  Kame- 
raden auf  der  Wache  zu  bewirthen.   was 
dieser  auch  erlaubte.     Es  wurde  weidlich 
gezecht,  und  man  fand  es  nicht  auffallend, 
als  Zinn  vorschlug,   auch  die  auf  Posten 
stehenden  Kameraden  an  der  Geburtstags- 
feier  theilnehmen    zu   lassen.     Zinn   erbot 
sieh,  selbst  auf  Posten  zu  stehen.     Darauf 
schloss  er  die  Zelle  Kellners  auf  und  führte 
ihn  zum  Walle.     Ein  Boot  ruderte  heran. 
Kellner  Hess  sich  hinmiter,  und  mit  wenig 
Ruderschlägen   war  das  gegenüberliegende 
Ufer  erreicht.     Hier  warteten  zwei  Män- 
ner, von  denen  der  eine  Architekt  Hesse, 
Kellner 's    Schwager,    war,    imd    führten 
ihn  nach  einem  Wagen,  der  in  vollem  Jagen 
zum   Thore  hinaus  in  der  Richtung  nach 
Paderborn   fuhr,   wo  Kellner  gerade  noch 
zeitig  genug  ankam,   um   mit  dem   Eisen- 
bahnzuge nach  Belgien  zu  fahren. 

Zinn  ging  zu  einer  befreundeten  Wittwe, 
die  ihm  sechs  Wochen  lang  in  ihrer  Woh- 
nimg ein  sicheres  und  verschwiegenes 
Versteck  gewährte,  von  wo  er  sicli  dann 
nach  Hamburg  und  von  dort  nach  einiger 
Zeit    nach    London    begab,    wo    er    in    der 


664 


Dil;   DKl-TSCHf:  PRESSE   IN   AMERIKA. 


I)nifk«'n'i    für  Staiitsnotrn   rint'   Stfll»'   als 
DruckiT  fand. 

Die  KuiuK'  von  drr  frlücklii-hen  Fliulit 
der  iK'idt'n  vcrbnMti'to  sich  wie  ein  Lauf- 
feuer dun-h  die  Stadt.  An  demselben 
MMr«re!i  um  neun  Ihr  hatte  sieh  das 
Krieirsp'rieht  versammelt,  um  «refr»Mi  Kell- 
ner kriefJTsjjeriehtlieh  zu  verhandeln,  ihn 
\vef;en  Iloehverratiis  zu  vernehmen  und  zu 
K'benslänjilii-her  Festuui-'sstrafe  zu  verur- 
theilon.  Kr  kam  jedoeh  nieht.  aber  statt 
dessen  die  Naehrieht  von  der  Flucht.  Kei- 
terpatrouillen  jaj;ten  bald  zu  allen  Thoren 
hinaus.  Die  Telepra|)heiulrähte  nach  Frank- 
furt   und    Kisenach    waren   zei-schnitten.  so 


COTTLIEB    THEODOR    KELLNER. 

dass  der  Tclc<;i'ai)h  an  jenem  Morgen  völlig 
versagte.  Man  erliess  sofort  zwei  Steck- 
briefe, worin  für  die  Ergreifung  Kellners 
500  und  für  die  Zinns  300  Thalor  ausge- 
setzt waren.  Wie  grimmig  erbost  der  Kas- 
seler Hof  über  die  gelungene  Flucht  des 
verha.s.sten  ..Aufrührers''  war,  geht  daraus 
hervor,  da.ss  er  seine  Frau  verhaften  liess, 
und  dass  der  Komiker  Birnbaum,  der  auf 
der  Huhne,  einen  Gastwirth  darstellend, 
verzweitljingsvnll    in    die   AVurtc    ausgebro- 


chen wai':  ...Jetzt  ist  mir  auch  der  Kellner 
durchgegangen  und  hat  für  300  Thaler 
Zinn  mitgenommen!"  für  seinen  Theater- 
witz brununen  musste.  Kellner  blieb  auf 
Drängen  der  kui'liessischen  Regierung,  die 
von  der  preu.ssi.schen  unterstützt  wurde, 
eine  Zeit  lang  in  Antwerpen  internirt.  .,Es 
war  die  trübste  Zeit  meines  Lebens", 
pflegte  er  zu  sagen,  ..da  zu  der  Sorge  um 
meine  persönliche  Zukunft  auch  die  I'nge- 
wissheit  über  das  Schicksal  von  Frau  mul 
Kindern  kam."  Als  endlich  seine  Frei- 
las.sung  erfolgte,  ging  er  mit  seiner  Frau, 
die  inzwischen  aus  Kassel  entflohen  war, 
und  seinen  Kindern  nach  Amerika.  In 
New  York  hielt  Kellner  zuerst  Vorlesungen, 
gründete  dann  die  Wochen-  imd  spätere 
Tageszeitung  ,, Reform",  in  der  er  mit  Eifer 
demokratische  Grundsätze  verfocht.  Ln 
Jahre  1856  kam  er  nach  Philadelphia  und 
übernahm  die  Redaktion  des  ,, Philadelphia 
Demokrat ' '. 

Er  betheiligte  sich  eifrig  an  allen  deut- 
sehen Bestrebungen.  Der  ]\Iännerchor  er- 
nannte ihn  am  9.  November  1881  zu  seinem 
Ehrenmitgliede.  Dr.  Kellner  bekleidete 
mehrere  Jahre  das  Präsidentenamt.  In 
seinen  Reden  betonte  er,  dass  durch  ]\Iusik 
und  Gesang  die  Gesittung  gefördert  und 
die  Zeit  angebahnt  werde,  wo  kein  Polizei-, 
kein  Temperenz-  imd  Sonntagszwang  mehr, 
sondern  nur  edle,  humane  Herzensbildung 
die  Geselligkeit  und  den  durch  die  Kunst 
gefeiten  massigen,  heiteren  Lebensgenuss 
regeln  würde. 

Als  der  Deutsche  Pionier- Verein  am  28. 
Dezember  1882  beschloss,  im  Jahre  1883 
zur  Erinnerung  an  die  vor  zweihundert 
Jahren  stattgefundene  erste  deutsche  Ein- 
wanderung ein  Fest  zu  feiern,  das  Präsi- 
dent Oswald  Seidensticker  schon  in  der 
Jahresversammliuig  am  27.  Januar  1882  be- 
fürwortet hatte,  Avar  Kellner  Berichter- 
statter des  zu  diesem  Zwecke  ernannten 
Ausschusses.  Auch  bei  den  Vorarbeiten 
für  das  Fest,  das  vom  6.  bis  zum  9.  Oktober 
1883  in  grossartiger  Weise  gefeiert  wurde 


DIE  DKI'TSCIIH   l'HKSSK    IN    A.M  KK'I  KA. 


566 


und  (Iciii  i'iiurli.sfh  i-o(leiul('ii  Ainerikancc- 
thiini  die  Gleii-hberechtiguiiy  dci-  Dentschon 
dui'cli  den  historischen  Umzug  glänzend  vor 
Augen  führte,  war  er  äusserst  tliätig.  Er 
war  deutscher  Festredner  bei  der  Feier  in 
der  ]\Iusikakademie.  Dieses  Fest  wird  als 
die  erste  Feier  des  „Deutschen  Tages" 
I)etrachtet,  der  auf  Anregung  Kellners  und 
durch  die  Bemühungen  des  Nationalbundes 
zui-  Jahresfeier  der  Deutschen  geworden  ist, 
nicht  l)los  in  Philadelphia,  sondern  in  den 
ganzen  Vereinigten  Staaten.  Kellner  war 
für  grosse  Volksfeste  begeistert,  wie  über- 
haupt für  die  Bethätigung  der  Bedeutung 
des  hiesigen  Deutschthums  in  grossen 
ötf entlichen  Kundgebimgen. 

Auch  für  die  Gründung  eines  ständigen 
deutschen  Theaters  trat  Kellner  entschieden 
ein.  In  der  That  befürwortete  er  alle  Un- 
ternehmen, die  zur  Aufrechterhaltung  imd 
Verbreitung  deutsehen  Wesens  beitrugen. 
Er  Hess  keine  Gelegenheit  vorübergehen, 
dem  eingewanderten  Element  die  Wichtig- 
keit einzuprägen,  treu  zu  deutscher  Spra- 
che, deutschem  Sang  und  deutschen  Sitten 
zu  halten.  Aber  bei  alledem  war  er  ein 
begeisterter  Bürger  seiner  neuen  Ileimath, 
deren  freiheitliche  Institutionen  er  in  über- 
zeugung-streuer  AVeise  vertheidigte. 

Am  27.  August  1889  vollendete  Kellner, 
noch  thatkräftig  und  jugendlich  im  Geiste, 
sein  siebzigstes  Lebensjahr,  und  in  An- 
erkennung seiner  vielfachen  Verdienste  um 
das  Deutschthum  wurde  ihm  von  seinen 
Freunden  ein  Ehrengeschenk  überreicht, 
bestehend  in  einer  goldenen  Uhr  mit  Kette 
und  einem  Diplom  in  Goldrahmen.  Ferner 
brachten  ihm  die  Turner  und  Sänger  am  12. 
Dezember  einen  Fackelzug  und  eine  Sere- 
nade. 

Noch  am  12.  :\Iai  1898  wohnte  Kellner 
einer  Sitzung  des  ^lännerchors  bei.  Am 
H.  .Mai  erkrankte  er  plötzlich,  und  am 
Nachmittag  des  nächsten  Tages  trat  Läh- 
mung mit  Bewusstlosigkeit  ein.  Zwei 
Stunden  später  entschlief  Gottlieb  Kellner 
sanft    und    schmerzlos.      Sein    Begräbniss 


fand  am  l!l.  M;ii  statt.  Ein.M-  schlichten 
Feier  im  Trauerhause  folgte  unter  äusserst 
zahlivicher  Betheiligung  eine  (ifrentli.-hc  in 
der  Halle  ih'v  Deutschen  (Je.sellschaft.  bei 
der  die  Ilcn-en  ('.  .1.  Ifcxanicr.  .1.  15. 
Ilertzog.  Edmund  Wolsietfer.  Mayor  Char- 
les F.  War\vi<-k.  Louis  Ilollcr  und  John 
Weber  ergreif eiule  Ansprachen  hielten,  nnd 
die  durch  den  Gesang  des  Männen-hors  und 
des  Jungen  .Männerchors  erhöht  wurde. 
Dann  ging  der  grossartige  Leichenzug  nach 
dem  Mount  Vernon  Friedhofe,  der  letzten 
Ruhestätte  des  wackeren  deutschen  Mannes. 
Eine  Ehrung  wurde  ihm  noch  nach  seinem 
Tode  zutheil;  auf  Anregung  des  .Mäinier- 
ehors  wurde  über  seinem  Gralx'  ein  Denk- 
nml  gesetzt  und  am  6.  Oktober  190ti  unter 
grosser  Betheiligung  von  Vereinen  und 
Freunden  enthüllt. 


Carl  Daniel  Douai. 

Zu  der  nachstehenden  liiographie  schrieb 
ein  Freund,  dessen  Vermittlung  der  Her- 
ausgeber dieselbe  verdankt :  ,, Wunderbar, 
was  die  Idealisten  geleistet  haben!"  Die 
Leser  werden  diese  Ansicht  theilen.  Der 
^lann.  der  diese  Bewunderung  hervorruft. 
ist  Dr.  Carl  Daniel  Douai;  geboren  am  22. 
Febr.  181!)  in  Altenburg,  studirte  er  Theo- 
logie und  l*hilologie  in  Leipzig,  war  5  Jahre 
Hauslehrer  in  Russland,  gründete  eine 
Real-  und  Progymnasialschule  in  Alti-n- 
burg  und  Fortbildungsvereine  für  Arbei- 
ter, stand  an  der  Spitze  der  freisinnigen 
Partei  des  Herzogthums  in  1848  und  setzte 
gründliche  Reformen  durch.  Des  Auf- 
ruhrs angeklagt  aber  freigesprochen,  ein 
Jahi-  in  zwei  Pressprozessen  gefangen  ge- 
halten und  V(m  der  Regierung  verfolgt, 
wanderte  er  im  Jahi'c  lsr)2  nach  Amci-iUa 
aus.  und  zwar  nach  Texas.  .\ls  i.t'hrci- 
und  Dirigent  des  Gesangvereins  in  .\cm- 
Braunfels  thätig,  wurde  ihm  die  Redakt i(»n 
der  ..Texas  Staats-Zeitung"  in  San  Anto- 
nio angetragen,  welche  er  am  8.  Januar 
IS.")!?  annalnn.     Die  Zcitnng  war  eine  wür- 


Ötki 


DIE  DEUTSCHE  TRESSE  IN  AMERIKA. 


dige  Vertreterin  des  Deutseht hiiins  von 
Texas.  Sie  \v\irile  vort refflieh  redi^irt  und 
bot  den  interessantesten  Lesestoff"  sowohl  in 
deut.seher  wie  in  en^rliseher  Spraehe.  Schon 
damals  nah  es  in  W.  st -Texas  eine  Partei, 
welche  ^'e^'en  die  Sklaverei  agitirte.  mit 
dorn  Nel)en«reiianken.  West  -  Texas  von 
Texas  ahzut rennen  nml  zu  einem  P^reistaat 
zu  ma«hen.  An  der  Spitze  der  Bewegung 
standen  die  Deutsehen  Kiolte.  Theissen,  Dr. 
Vohl.  OttoMuir  von  Hehr,  Prof.  Ernst  Kapp, 
Dr.  Tiieodor  Ilertzherc:.  Jidius  Dresel,  Jo- 
seph ririeh  u.  A.  Die  Bewegung  kulmi- 
nirte  in  der  Konvention,  die  im  ^lai  1854 
in  San  Antonio  stattfand  und  den  Be- 
sehluss  fas.ste,  „dass  die  Sklaverei  ein  Uebel 
sei  und  abgeschafft  werden  müsste." 

Die  „Texas  Staats-Zeitung"  wurde  nach 
und  nach  ziuu  Organ  dieser  Partei  und 
brachte  abolitionistische  Artikel  nicht  blos 
in  deutscher,  sondern  auch  in  englischer 
Sprache.  Selbstverständlich  verursachten 
diese  Artikel  eine  ungeheure  Aufregung 
unter  den  Amerikanern,  und  die  anglo- 
amerikanische  Presse  begann  einen  erbit- 
terten Kampf  gegen  die  Zeitung.  Der 
Knuwnothing  -  Fanatismus  hatte  in  1855 
.seinen  Höhepunkt  erreicht.  In  San  Anto- 
nio namentli<-h  hatten  sich  die  gefährlich- 
sten Charaktere  der  Knownothing-Partei 
angeschlos.sen,  und  prominente  Demokraten 
sowohl  wie  die  Führer  der  Deutschen  wur- 
den mit  dem  Tode  bedroht.  Eines  Tages 
verl)reitete  sich  das  Gerücht,  die  Know- 
notliings  beabsiclitigten.  das  Gebäude  der 
deutschen  Zeitung  zu  stürmen  und  die 
Prps.se  zu  zerstören.  Tn  weniger  als  einer 
halben  Stunde  war  das  Zeitungsgebäude 
von  oben  bis  unten  von  bewaffneten  Deut- 
schen und  auch  einigen  Anu'rikanern  be- 
.setzt,  die  .sämmtlich  entschlossen  waren,  die 
deut.sche  l*res.se  bis  zum  letzten  Athemzuge 
zu  vertheidigen.  Die  Knownothings  hatten 
sich  in  der  That  auf  dem  Plaza  versam- 
melt und  berathschlagten,  was  sie  thun 
sollten.  Als  sie  hörten,  dass  die  Deutschen 
auf  ihren  Angriff  vorbereitet  waren,  hielten 


sie  es  für  klüger,  ihr  Vorhaben  aufzugeben. 
Noch  mehrere  Tage  und  Nächte  musste  das 
Zcitmigsgebäude  bewacht  werden,  bis  die 
Staatswahl  vorüber  war  und  die  gründliche 
Niederlage  der  Knownothings  die  Ruhe  im 
Ijande  wieder  herstellte. 

Als  aber  der  Abfall  für  den  Bestand  des 
Blattes  bedenklich  zu  werden  drohte,  wurde 
auf  Verlangen  des  Herausgebers  eine  Vcr- 
sannulung  der  Aktionäre  zusammenberu- 
fen, um  über  die  zukiüiftige  Haltung  der 
Zeitung  endgültige  Bestimmungen  zu  tref- 
fen, und  obgleich  die  ^Mehrheit  derselben 
sich  mit  der  Art  und  Weise,  -sne  das  Blatt 
zu  der  Konvention  und  ihrem  Sklavereibe- 
sehlusse  Stellung  genommen  hatte,  einver- 
standen erklärte,  wurde  dennoch  der  Ver- 
kauf der  Zeitung  beschlossen.  Dr.  Douai 
wurde  der  Käufer  des  Blattes.  Eine  Zeit 
lang  hatte  es  den  Anschein,  als  ob  dieser 
Beweis  von  wahrhaft  sittlichem  ]\Iuthe  be- 
sonders den  amerikanischen  Gegnern  eine 
Art  Anerkennung  vmd  Achtung  abgezwun- 
gen hätte,  manche  derselben  hatten  die 
Ueberzeugung  gewonnen,  dass  es  um  den 
Douai  'sehen  Abolitionismus  in  "Wirklichkeit 
doch  nicht  ganz  so  schlimm  bestellt  war,  wie 
die  deutschen  Verleumder  des  Blattes  es 
sie  glauben  machen  wollten ;  es  trat  eine 
kurze  Ruhepause  ein,  während  welcher  das 
Blatt  von  deutscher  wie  von  amerikanischer 
Seite  verhältnissmässig  unbehelligt  blieb 
und  auch  materiell  wieder  aufzublühen  be- 
gann. Jedoch  war  dies  nur  von  kurzer 
Dauer. 

Douai 's  Stellung  war  inzwischen  unhalt- 
bar geworden.  Die  Feindseligkeiten  der 
Amerikaner  gegen  ihn  und  seine  Zeitung 
wuchsen  mit  jedem  Tage.  Dazu  kam,  dnss 
ein  grosser  Theil  seiner  Abonnenten,  sowie 
Annoncen  von  ihm  abfiel,  und  er  bekam  es 
endlieh  satt,  den  offenbar  nutzlosen  Kampf 
weiter  zu  führen,  und  verkaufte  die  Zei- 
tung im  Jahre  1856.  Es  sei  aber  hier  er- 
wähnt, dass  die  Neger  ihn  nicht  vergessen 
hatten,  denn  im  Jahre  1866  erhielt  er,  nach 
New  York  geschickt,  ein  Zeitungsblatt,  des- 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN   AMKKIKA. 


5f57 


sen  erster  Artikel  lautete:  „Diese  von  Ne- 
gern geeignete,  redigirte  und  gesetzte  Zei- 
tung wird  auf  derselben  Presse  gedruckt, 
auf  welcher  Dr.  Adolf  Douai  zuerst  in 
Tex<is  die  Neger-Emanzipation  verfocht. 
Sei  ihm  das  der  Dank  der  farbigen  Rasse, 
dass  sie  seine  Bemühimgen  für  ihre  Frei- 
heit im  Andenken  hält". 

Gleich  darauf  verliess  er  Texas  und  ging 
nach  dem  Norden.  Seine  spätere  Karriere 
in  Boston  als  Mitarbeiter  an  Carl  Hein- 
zen's  , .Pionier",  dann  als  Lehrer,  seine 
Uel)ersiedelung  nach  New  York,  wo  er 
]860  Redakteur  des  „New  Yorker  Demo- 
krat" wurde,  jedoch  vorzog,  die  Direktor- 
stelle an  der  lioboken  Akademie  anzuneh- 
men, welche  unter  seiner  Leitung  eine 
Blüthe  erreichte,  welche  sie  später  nie 
übertroft'en  hat,  dann  die  Gründung  seiner 
eigenen  Schule  (Douai  Institute)  am 
Broadway  und  41.  Strasse  sind  bekannt. 

Ln  Jahre  1870  übernahm  er  die  Redak- 
tion der  „Arbeiter-Union",  welche  von 
fünf  deutsehen  Gewerkschaften  gegründet 
war  und  durch  ihn  zu  einem  täglichen 
Blatte  umgestaltet  Avurde,  jedoch  nach  l^^ 
Jahren  ihr  Erscheinen  einstellen  musste 
wegen  der  feindseligen  Haltung  des  Blattes 
dem  deutsch-französischen  Kriege  gegen- 
über. Er  wurde  bald  darauf  zum  Direktor 
der  Green  Street  Schule  in  Newark,  N.  J., 
gewählt  und  wirkte  hier  bis  1876.  Seine 
Thätigkeit  an  dieser  Schule  ist  rühmlichst 
bekannt,  es  sei  beiläufig  erwähnt,  dass  die 
Zahl  der  Schüler  in  kurzer  Zeit  von  198 
auf  450  stieg.  Dann  nahm  er  eine  Einla- 
dung an,  in  Irvington,  N.  J.,  eine  anglo- 
amerikanische  Lehr-Anstalt  zu  gründen, 
für  welche  Aktien  gezeichnet  waren,  die 
aber  infolge  der  Panik  zu  Grunde  ging.  Im 
Jahre  1878  übernahm  er  die  ]\Iitarbeit  an 
der  am  28.  Januar  gegründeten  ,,N.  Y. 
Volkszeitung",  wo  er  bis  zu  seinem  am  21. 
Januar  1888  erfolgten  Ableben  thätig  war. 

Mit  Leidenschaft  Lehrer,  griff  er  zur 
Schriftstellerei  nur,  wenn  ihm  nichts  weiter 
übrig  blieb.     Beim  Schulehalten  verlor  er 


sechsmal  sein  ganzes  Vermögen  ohne  eigene 
Schuld,  weil  er  seine  privati'U  Ucberzeu- 
gungcn  niclit  verbergen,  seine  pädagogi- 
schen Grundsätze  nicht  opfern  wollte.  Als 
Schriftsteller  ist  er  in  weiteren  Kreisen 
bekannt,  denn  als  Lehrer,  und  doch  hat  er 
über  5000  Kinder  unterriehtct  und  in  der 
Hauptsache  ihre  Vorbildung  vermittelt; 
darunter  waren  bei-ühmt  gewordene  und 
ausgezeichnete  IMenschen.  Seine  journa- 
listischen und  belletristischen  Arbeiten  hier 
aufzuzählen,  wäre  kaum  möglich,  \niter  den 
bedeutenderen  mögen  die  folgenden  ge- 
nannt werden:  ,,Die  wilde  Jagd",  ein  Ro- 
man, der  im  Jahre  1869  in  der  ,, Westliehen 
Post"  erschien,  „Fata  INIorgana",  für  wel- 
chen Roman  er  den  ei-sten  Preis  in  Amerika 
erhielt,  „Die  Goldene  Hochzeit",  welche  im 
Jahre  1881  im  „Philadelphia  Tage])latt" 
erschien,  ,,Der  Amerika-^Iüde"  und  zahl- 
reiche andere  Novellen  iind  Skizzen. 


Aus  der  langen  Reihe  der  Aiuh'ren  haben 
die  Biographien  der  nachfolgend  genann- 
ten Journalisten  besonders  Anspruch  auf 
allgemeines  Interesse. 

Paul  Loeser, 

der  langjaehrige  Chef-Redakteur  der  New  Yorker 
Staats-Zeitung. 

Paul  Loeser,  der  40  Jahre  lang  an  der 
Schriftleitung  der  „Staats  -  Zeitung"  in 
hervorragender  Stellung  thätig  gewesen, 
war  am  23.  Juli  1833  als  der  zweite  Sohn 
des  kgl.  württ.  OV>er-Finanzraths  Loeser  in 
.Ludwigsburg  geboren,  besuchte  das  Gym- 
nasium in  Stuttgart  und  U-ao^  nach  rühm- 
lich bestandener  Abiturientenprüfimg  die 
Universität  Tübingen,  um  die  Rechte  zu 
Studiren.  Im  Sommer  1854  wanderte  er 
nach  Amerika  aus,  wo  er  zuerst  in  New 
York  den  üblichen  harten  Kampf  gebil- 
deter deutscher  Einwanderer  mit  dem 
Leben  muthig  aufnahm.  Nach  kurzem 
Aufenthalte  da.selbst  b.'gab  er  sich  nach 
Buffalo  und  trat  in  die  Re.lnktion  des  d.w- 


5<iS 


I>Ii:   DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


tijren  „Oi'iiiokrat"  »-in.  zujrli'itli  aber  auch, 
\\\v  damals  inu-h  Itci  aim'rikaiiisclicn  Jour- 
nalisten vii'lfacli  iU)licii.  ilie  ..schwarze 
Kunst"  des  Sehriftsetzens  iTfolgreieh  er- 
lernend. So  hat  Paul  Loeser  im  amerika- 
nischen Zeitunjrsfath  von  der  Pike  auf  ge- 
dient und  war  in  allen  Zweigen  seines 
Dienstes  /.n   Hause. 

Im  Janimr  1859  folgte  er  einem  ehren- 
vollen Hufe  an  die  ..Xew  Yorker  Staats- 
Zeitung",  deren  Kedaktionsstal)e  er  zu- 
näehst  4  Jahre  angehörte,  um  diese  Stel- 
lung vorübergehend  mit  einer  hervorra- 
gernlen  Posititm  an  der  ..New  Yorker  Ilan- 
dels-Zeitung"  zu  vertausehen.  Da  Oswald 
Ottendorfer,  der  Herausgeber  und  Chef 
der  ..Xew  Yorker  Staats-Zeitung",  iuzwi- 
sehen  aber  die  werthvolle  Kraft  Loeser 's 
sehätzen  gelernt  hatte,  so  wusste  er  den- 
selben zu  bestimmen,  an  sein  Blatt  zurück- 
zukehren. Fnd  seit  1864  hat  Paul  Loeser 
dem  Stabe  der  „New  Yorker  Staats-Zei- 
tnng"  inunit erbrochen  angehört,  erst  als 
Lnkal-Kedakteur,  dann  in  der  Eigenschaft 
eines  Leitartiklers  und  zuletzt,  seit  langen 
Jahren,  als  stellvertretender  Chef-Redak- 
teur und  vertrauter  und  erprobter  Freund 
und  Herather  der  Herausgeber  des  Blattes. 

186H  vermählte  sich  Paul  Loeser  mit  Frl. 
Ottilie  Wunderlich,  der  ältesten  Tochter 
des  verilienten  deutschen  Arztes  Gerald 
Wunderlieh  in  New  York,  und  lebte  mit 
ihr  in  glüeklichster  Ehe,  welcher  drei 
talentvolle  Söhne  entsprossen ;  von  den 
Sühnen  starb  der  älteste  im  jugendlichen 
Alter,  der  zweite.  Dr.  Hermann  Loeser, 
lebt  als  praktischer  Arzt  in  Südafrika, 
während  der  jüngste,  Paul,  seit  Jahresfrist, 
nach  Absolvirung  des  Realgymnasiums  in 
Stuttgart,  einen  Vertrauensposten  in  einem 
New  Yorker  Geschäftshause  bekleidet.  Seit 
."^lärz  1888  war  Paul  Loeser  Wittwer. 

Ein  gleich  nach  dem  Bürgerkriege  von 
ihm  geschriebenes  Buch  „Leben  Lincoln 's" 
erregte  s.  Zt.  berechtigtes  Aufsehen  und 
fand  unter  den  Deutschen  der  Ver.  Staaten 


starke  Verbreitung;  es  blieb  die  einzige 
grössere  literari.sche  Arbeit,  zu  deren  Voll- 
endung Paul  Loeser  in  seinen  spärlichen 
Mussestunden  die  nöthige  Sammlung  fand. 
Seine  gediegenen  Leitartikel  über  wirth- 
.schaftliche  und  politische  P^'ragen  legen 
Zeugniss  ab  von  seiner  grossen  journalisti- 
schen Befähigung. 

Die  letzten  zwei  Jahre  seines  arbeitsamen 
Lebens  waren  durch  schweres  körperliches 
Leiden  dermassen  getrübt,  dass  er  die  Re- 
daktionsgeschäfte zunächst  einschränken^ 
endlich  aber  ganz  aufgeben  nni.sste.  Von 
den  Nachwehen  einer  im  "Winter  1898 — 99 
glücklich  überstandenen  Lungenentzün- 
dung sollte  er  sich  nie  wieder  erholen.  Er 
starb  am  12.  November  1900.  drei  Wochen 
nachdem  er  pensionirt  worden  imd  aus  der 
Schriftleitung  des  Blattes  ausgeschieden 
war. 


New    Yorker  Staats-Zeitungs-Redakteure. 

Alfred  Phüippi  wurde  am  17.  Juli  1849 
in  Berlin  als  Sohn  eines  angesehenen  Ban- 
kiers geboren.  Er  besuchte  das  Fr.-W. 
Gymnasium  seiner  Vaterstadt  und  trat 
dann  als  Lehrling  in  die  Planer 'sehe  Buch- 
handlung ein.  Nach  Beendigimg  der  Lehr- 
zeit und  kurzem  Aufenthalt  in  Graz  und 
Ravensburg  wanderte  er  nach  Amerika  aus 
und  Hess  sieh  1876  in  New  York  nieder. 
Zuerst  in  der  Zickel 'sehen  Buchhandlung 
tliätig.  Avandte  er  sieh  bald  dem  journa- 
listischen Berufe  zu,  war  zuerst  an  der  von 
Hermann  Bartsch  begründeten  ,. Gegen- 
wart", dann  am  „Illustrirten  Sonntags- 
Joumal"  und  am  ..Belletristischen  Jour- 
nal" beschäftigt  und  kam  dann  an  die  „N. 
Y.  Staats-Zeitung".  Er  war  dort  zuerst 
als  Theaterrezensent,  dann  als  Assistent 
des  Redakteurs  des  Sonntagsblattes,  Abra- 
ham Speich,  thätig,  dem  er  nach  dessen 
Tode  im  April  1897  als  Redakteur  folgte. 
Er  starb  am  6.  Februar  1906.  Sein  Bruder 
ist  der  Dramatiker  Felix  Philippi. 


DII>:  DHrTSCMK  l'HKSSK    IN    AMKK'IKA. 


5ül^ 


Johann  Ivitlijj,  Kcnlakteur  des  Souutags- 
l)latts  der  ..X.  V.  Staats-Zeitung",  starb 
plötzlieli  am  IS.  .luiii  '[SS')  an  Bord  des 
Xordd.  Lloyddainpfers  ., Neckar"  auf  der 
Falirt  von  Southanipton  iiaeh  Bremer- 
haven. Er  war  am  26.  ]März  182!)  zu  Prag 
geboren,  wo  er  aueb  die  Recbte  studirte. 
Als  junger  Student  hatte  er  im  Verkehr  mit 
Alfred  Meissner  und  Andern  regen  Antbeil 
an  den  Bestrebungen  Jungdeutsehlands  auf 
dem  Gebiete  der  Poesie  genonnnen.  Seine 
ersten  politisehen  Artikel  sehrieb  er  bereits 


1848  für  die  „Prager  Abendzeitung' 


In 


Prag,  später  in  "Wien,  in  Dresden  und  end- 
lieh in  Baden  nabm  er  an  der  revolutionä- 
ren Bewegung  theil  und  gerieth  schliesslieb 
am  Bodensee  in  Gefangenscbaft.  Nach 
mehrmonatiger  Kerkerhaft  in  Stoekaeh 
glüekte  ihm  ein  kühner  Fluchtversuch.  Er 
wurde  später  in  Prag  von  einem  Kriegs- 
gericht in  contumaciam  zum  Tode  verur- 
theilt,  als  er  schon  sicher  auf  amerikani- 
schem Boden  weilte. 

Nachdem  er  eine  Zeitlang  ein  romanti- 
sches Wanderleben  in  der  Schweiz  und  in 
Italien  geführt,  ging  Rittig  bei  dem  allge- 
meinen Aufbruch  der  Genfer  Flüchtlings- 
Kolonie,  infolge  des  Staatsstreichs  Napo- 
leons, über  Havre  nach  New  Orleans 
und  verbrachte  dann  5  Jahre  im  Süden 
und  Westen    Amerikas.    Am   7.   November 

1852  erschien  die  erste  Nummer  des  von 
ihm  gegründeten  „Unabhängigen"  in  Cin- 
cinnati.    worauf   er,   nachdem    dies   Organ 

1853  an  den  Cincinnatier  Arbeiterverein 
übergegangen  war.  in  die  Redaktion  des 
„Deutschen  Republikaners"  eintrat,  die  er 
über  ein  Jahr  lang  leitete. 

Von  dem  idealen  Gedanken  ausgehend, 
dass  die  Hebung  der  deutschen  Sprache 
und  Bildung  vo)n  Theater  statt  von  der 
Presse  ausgehen  müsse,  wandte  er  sich  der 
Bühne  zu.  Als  Regisseur  und  Direktor 
"vvar  er  in  ]\Iilwaukee,  Chicago  und  New 
Orleans  thätig,  kehrte  aber  im  Herbst  1857 
zum  journalistischen  Berufe  zurück.  Vom 
November  1857  bis  zum  Ausbruch  des  Bür- 


gerkrieges an  (In-  ...\.  V.  Staats-Zcitiuig" 
beschäftigt,  zog  er  daiui  als  Ki-iegs-Korre.s- 
pondent  in 's  F<'ld,  gründete  1862  das 
..N.  V.  .Journal",  dessen  liedaktion  er  am 
Ende  des  Krieges  niedei-legte.  um  wii-der 
luicli  dem  Westen  zurückzukehren.  Dort 
war  er  an  ver.schiedenen  grösseren  Blättern 
als  Journalist  1  hat  ig.  bis  er  1S73  an  die 
,,N.  Y.  Staats-Zeitung"  zurückkehrte.  Zehn 
Jahre  lang,  bis  zu  seinem  Tode,  redigirte 
er  das  Sonntagsblatt  der  Staats-Zeitung. 
Im  Verlage  von  Iv  Sieigei-  ».^  Co..  New 
York,  erschienen  „Federzeichnungen  aus 
dem  amerikanischen  Stadtleben"  von  Jo- 
hann Rittig. 


Ahrahatn    Sprich    wurde    am    2.    Januar 
1840  in  Tjuch.singen,  Kanton  Glarus,  gebo- 
ren und  starb  am  25.  A\)n\  18!)7  in  New 
York.      Er   war   der    Sohn    eines    Bäckers. 
Nachdem    er    die    Volksschule    seines    Ge- 
burtsortes besucht,  setzte  er  seine  Studien 
an  der  Secundärschule  in  Schwenden  fort 
und  trat  1856  in  das  aargauische  Lehrer- 
Seminar  ein.     Nach  Absolvirung  de.s.selben 
im  Jahre  1858  erhielt  er  eine  Lehrerstelle 
an  der  Primärschule  in  l^onnyswyl,  Kanton 
Aargau,   begab   sich   aber  schon    ein   Jahr 
si)äter  nach  der  fraiizösiselien  Schweiz,  um 
sich  mit  der  französischen  Sprache  gründ- 
lich   vertraut    zu    machen.      Nach    kurzem 
Aufenthalt     in     Payei-ne    wurde    er    zum 
Lehrer  der  deutschen  Sprache  am  dortiger» 
College    gewählt    untl    siedelte    nacii    iVj 
Jahi-en  nach  Zürich  über,  wo  er  /um  Ilülfs- 
lehrer  am  Waisenhaus  gewälilt  worden  war. 
Hier  hatte  er  reichlich  Gelegenheit,  seine 
Kenntnisse  zu  erweitern.     In  seinen  vielen 
Freistunden  besuchte  er  tleissig  die  Vorle- 
sungen an  der  Cnivensität  und  trieb  dane- 
ben Privatstudien  in  alten  Sprachen.  Nach 
einem   mehrjährigen    Aufenthalt    in   Zürich 
nahm   er  eine  Lehrerstelle  in   Glanis  und 
später  eine  an  der  Sekundärschule  in  Stet- 
stall     an.        Trübe      Familienverhältnisse 
nöthigten  ihn  zur  Resigiuition.    Er  ging  als 
Lehrer   der    französisclieii    Sprache   an   die 


67Ü 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


laiidwirthsrhafflirli.'  Schul.-  in  Ilo.liburfr  als  Spozial-Knrrespondent  der  ,.Xeu-IIan- 
in  Badfii.  spätt-r  in  prlrifluT  Eisj^enschaft  noversehen  Zeitung",  des  damaligen  amt- 
nach  llorp-n.  und  wanderte  von  da  nach  liehen  Organs  der  preussisehen  Regierung 
Amerika  aus.  wo  er  an  vei-schiedenen  Lehr-  in  Hannover,  in  New  York  an.  Für  das 
nnstalten  als  Lehrer  thätig  war.  l»is  er  1873  Hlatt  lieferte  er  regelmässig  Feuilleton- 
an  <ler  ..N.  Y.  Staats-Zeitung"  Anstellung  hriefe.  die  ..unter  dem  Strich"  abgedruckt 
fand  und  wine  Kräfte  diesem  Blatte  mit  wurden.  Daneben  wirkte  er  als  Rechts- 
kurzen rnterbre«'hungen.  in  den  letzten  ^'2  praktikant  im  Hureau  des  damaligen  Hun- 
.laliren.  1885 — !)7.  als  Redakteur  des  Sonn-  deskommissärs    AVilliam     T.     Ilotfman     in 


tagsblattes.  widmete. 

Am  L»<».  April  lSf)7  erlitt  Speich  beim 
Verla-sscn  des  ..Staatszeitungs"-r)iel)äudes. 
von  einem  plötzlichen  Schwindelanfall  er- 
fasst.  infolge  eines  Sturzes  einen  Beinbruch. 
Man  brachte  den  Schwerverletzten  zuerst 
nach  dem  Hudson  Str.  Hospital,  von  wo 
er  .später  nach  dem  St.  Francis  Hospital 
an  der  ö.  Stra.sse  überführt  wurde.  An- 
fangs hattt'u   die  Aerzte  begründete  Hoff- 


Hüboken. 

Nachdem  ihn  eine  Artikelreihe,  die  er 
für  den  ..Beol)achter  am  Hudson",  das 
Sonntagsblatt  des  „N.  Y.  Demokrat",  ge- 
schriel)en.  erfolgreich  in  die  deutsch-ameri- 
kaiiiselie  Zeitungswelt  eingeführt  hatte,  gab 
er  die  Absicht,  sich  der  Anwaltskarriere  zu 
widmen,  ganz  auf  und  wurde,  was  er  bis 
zum  letzten  Augenblick  geblieben  ist,  Jour- 
nalist.   Ende  1869  trat  er  in  die  Redaktion 


nung  auf  Hei-stellung  des  Verletzten,   als  des  „X.  Y.  Demokrat"  ein.    Dr.  Schwedler, 

aber  dann  eine  Lungenentzündung  hinzu-  der   Chef-Redakteur   dieser  Zeitung,   hatte 

trat,    begannen    die   Aerzte   ern.stliche    Be-  alle  Ursache,  sich  über  die  neue  Kraft  zu 

furcht ungeu   zu   hegen,   welche  sich   leider  freuen,    denn    die    luiter    der    Spitzmarke 


bewahiheiteten.  Am  25.  April.  Morgens, 
starb  Speich,  eine  \Vittwe  und  eine  un- 
mündige Tochter  hinterlas.send. 


..Suburbanische  Korrespondenz"  v(m  Stü- 
renburg  geistreich  und  brillant  geschrie- 
benen, einer  gehörigen  Dosis  des  attischen 

Salzes     nicht     entbehrenden     Plaudereien 

Caspar  SlüniibKnj  wurde  am  2().  August  li^^tten   die   Cirkulation   der   Zeitung  ganz 

1843    in    Aurich.    Ost-Frie.sland.    geboren,  beträchtlich  gehoben.     Als  Redakteur  des 

Als  Sohn  eines  der  hervorragendsten  hau-  ••-\'-    ^'-     Demokrat"    schrieb    Stürenburg 

noverschen    Juri.sten    jener   Zeit    für    den  gerne   gelesene   New  Yorker   Skizzen  und 

Staat.sdienst     bestinuiit,     besuchte    er    das  Noveletten,  wie  auch  Theater-  und  ]\Iusik- 

Gymnasiinn   seiner   Vaterstadt   und  später  Recensionen,     die     durch     formvollendete 

das  in  Stade,  wo  er  1862  (bis  Reifezeugnis«  Sclireibweise  sich   auszeichneten,   ihn   aber 

erhielt.      Nachdem    er    in    Göttingen    und  ^"'''^  zu  einem  der  gefürchtetsten  Kritiker 

Berlin    Jurisprudenz    studirt,    trat    er    im  niachten. 

Jahre  1M66,  kurz  vor  Ausbruch  des  Krieges,  Im   Jahre   1876   wurde   Stürenburg  von 

gegen  den  Willen  seiner  weifisch  gesinnten  Herrn   Oswald  Ottendorfer  als  ^lanaging- 

F'amilie  als  Avantageur  in  die  preussische  Editor    an    die    „New    Yorker    Staats-Zei- 

Armee  ein   und   wurde  dem   6.   westphäli-  tung"  berufen.    An  der  Ausgestaltung  der 

sehen    Infanterie-Regiment    No.    öö    zuge-  Zeitung  zu  einem  Weltblatte  hat  er  regen 

tbeilt.     Keine  liefriedigung  im   Soldaten-  Antheil  gehabt.     U.  a.  verdankt  auch  die 

lelx'n  findend,  zog  er  nach  Beendigung  des  ständige  Rubrik  „Briefkasten"  seiner  Ini- 

Krieges  des  K^inigs  Ror-k  aus  und  ging  An-  tiative  ihr  P^ntstehen.  Als  ein  schweres  ner- 

fang  1867  als  Weltausstellungs-Korrespon-  vöses    ^Magenleiden    ihn    für    Nachtarl>eit 

dent   für  verschiedene  deutsche  Zeitimgen  unfähig  machte,  legte  er  im  Jahre  1886  die 

nach   Paris.     Im    Sommer   1868   langte   er  Stelle  als  .Managing-Editor  nieder.  Alsdann 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


571 


war  er  als  Leitartikler,  Kunstkritiker, 
Peuilletonist  und,  von  1892—1905,  als  Re- 
dakteur des  „Abendblattes  der  N.  Y.  Staats- 
Zeitung"  thätijr,  bis  er  aussi-hliesslich  für 
das  ,,8onntagsl)latt"  jene  regelinässig:  er- 
scheinenden Aufsätze  lieferte,  die  seinen 
Namen  überall  zu  einem  bekannten  und 
geachteten  machten.  Vor  Jalireu  venJft'ent- 
lichte  er  unter  dem  Titel  „Kleindeutsch- 
land"  in  Buchform  Skizzen  aus  dem  New 
Yorker  Alltagsleben,  die  mehrere  Auflagen 
erlebten,  und.  nominell  mit  E.  Steiger, 
zwtM  Bände  „Auskunft  und  Rath  für 
Deutschamerikaner",  als  Frucht  seiner 
Erfahrungen,  die  er  als  langjähriger 
„Brief kastenmann"  gesammelt  hatte.  Stü- 
renburg  starb  am  2(i.  ]\Iärz  1909. 


Andere  hervorragende  Zeitungsleute. 

Im  Nachstehenden  sind  einige  der  be- 
kanntesten Namen  in  Deutsch-Amerika 
genannt,  deren  Träger  zu  den  hervorra- 
gendsten Deutsch-Amerikanern  gehören. 
In  der  Geschichte  Deutsch-Amerika 's  wer- 
den Dänzer,  Eapp,  Raster  und  KiunrUn 
•stets  einen  Ehren-Platz  einnehmen.  Aber 
auch  die  neben  ihnen  hier  genannten 
Kollegen  haben  bewiesen,  dass  sie  ihren 
Beruf  nicht  verfehlt  hatten,  und  waren 
und  einzelne  sind  noch  heute  die  Banner- 
träger des  Deutschthums  in  Amerika. 


Carl  Dänzer,  bekannter  Journalist  in  St. 
Louis,  geb.  1826  im  Grossherzogthum 
Baden,  studirte  die  Rechte,  bestand  das 
"Staatsexamen  imd  hatte  sich  in  Heidelberg 
schon  als  Privatdozent  etablirt,  als  die 
Revolution  in  Baden  ausbrach,  an  der 
•er  sich  betheiligte.  Nach  der  Niederlage 
•der  Aufständischen  flüchtete  er  nach  Ame- 
rika, wo  er  bald  die  journalistische  Lauf- 
l)ahn  einschlug  und  IMitredakteur  der 
„Westlichen  Post"  in  St.  Louis  wurde.  \n- 
^angs  der  60er  Jahre  wurde  Dänzer  Redak- 
teur und  Eigenthümer  des  ..Anzeiger  des 


Westens".  Er  t'rwart)  sich  d.-u  Ruf  ein.'s 
fähigen,  unersehrockeuen  Journalisten.  Kr 
starl)  am  22.  September  190G. 


Chefredakteur  der  „Germania''  in  .Mil- 
waukee  ist  Dr.  Hermann  DiimUmj,  der 
auch  als  Pädagoge  sich  ausgezeichnet  hat. 
Geboren  am  5.  Oktober  1845  in  Schoene- 
beck  in  Preassen,  studirte  er  an  den  Univer- 
sitäten Berlin  und  Heidelberg,  promovirte 
1866,  machte  den  Krieg  gegen  Oesterreieii 
mit.  wurde  zum  Reserve-Lieutenant  beför- 
dert und  kam  1868  nach  Amerika.  Er 
wirkte  als  Lehrer  der  [Mathematik  jui  der 
lutherisehen  Hochschule  in  .Milwaukee, 
als  Professor  der  ]\Iathematik  und  Natur- 
wis.senschaften  an  der  ,. Normal  Sehool"  in 
Addison,  111..  und  schliesslich  am  Coneordia 
College  in  Fort  Wayne,  Ind.  Schon  .seit 
1878  redigirte  er  das  in  St.  Louis  erschei- 
nende Familienblatt  ..Die  Abendschule". 
Er  schrieb  ..Graded  Te.xt-Book  of  Arith- 
metik", „Animal  Life",  ..Physiology  for 
Colleges",  „Bismarck  and  His  Time". 
Chefredakteur  der  ,. Germania"  ist  Dr. 
Dümling  seit  September  1899. 


Der  Verfas.ser  des  lesenswerthen  Buches 
„In    der    neuen    Heimath.     Geschichtliche 
Mittheilungen  über  die  deutschen  Einwan- 
derer in  allen  Theilen  der  l'nion".  welches 
im  Verlage  von  E.  Steiger  &  Co.  erschienen 
ist,  Anton  Eiekhoff,  ninunt  einen  sehr  her- 
vorragenden    Platz     unter     den     deutsch- 
amerikanischen Journalisten  ein.     Geboren 
in  Westfalen  am   11.  September  1S27  und 
schon   seit   seinem    16.   Jahre   schriftsti'lle- 
risch  thätig.  wurde  er  politisch  verdä<-htig. 
wanderte    aus    und    kam    nach    84tägiger 
Reise  am  1.  Januar  1S47  in  New  Orleans 
an.       Als     SchitTsarbeiter    auf    Dampfern 
lernte  er  den   Mississippi,   Arkansas.   Ohio 
und   Missouri   und   deren   Ufer-Ansiedlun- 
gen    kennen.      Bereits   im    nächsten   Jahre 
fand  er  jedoch  eine  Stelle  als  Lehrer  an  der 
von    Jesuiten    gegründeten    „University   of 


572 


IHK  DEl'TSCHK  l'RKSSK    IN   AMHKIKA. 


St.  I.ouis".  Kr  «riüiMli't»'  im  Soiniiu'r  tU'sscl- 
I..-I1  .lahn-s  dir  ..St.  houist-r  Zfituiiy".  di«' 
im  näi'hstrn  .lalin'  (l<'i-  Cluilcra  und  eiiuvs 
j:ro.<st'n  Ft-iu-iN  \V('«r<'ii.  wrlchf  lähmciul  auf 
di'ii  CM'schäft.sv'an«:  cinwiikttii.  ilir  Krscliri- 
Mfii  <'in.st«-lltt'.  Nath  kurzer  Thätiirkcit  in 
I)iiliu<|n«'.  la..  und  Lduisvilic.  Ky..  kam 
Ki.-kliotr  nach  N.'w  York,  wo  «'r  als  Hrdak- 
tcur  an  «l<'r  ..AluMid-Zcitun^'".  an  iWv 
..Staats-Zcitunfj".  am  ..Journal"  und  an 
«l.'r  ..l*n's.se"  l)('schät'ti<rt  war.  Während 
des  Krieges  winde  ihm  die  Fürsor^r«'  füi- 
tlio  Verwundeten  der  New  Yorker  Regi- 
nu-nter  anvertraut.  Später  war  er  Coroner 
von  Xi'w  York  und  Kongress-lMitglied. 


Redakteur  der  ..C'hiea^o  Abendpost"  seit 
dem  .lahre  ISSD  ist  der  am  lö.  Juli  1857  in 
Deutsehland  jreborene  Fritz  (HofjaiK  r.  Er 
kam  im  Jahre  1S77  nach  Amerika.  Mit 
deut.seh-amerikanisclun  Zeitungen  steht  er 
seit  dem  Jahre  1879  in  Verhindun<j:.  Er 
«iründete  die  ..  Ahendpost "  im  Jalire  1889. 


M(i;iiiiis  (jinss,  geboren  28.  September 
1S17  in  Fulda.  IIes.sen.  studirte  in  Giessen 
Xaturwissen.schaft.  besonders  Chemie,  und 
später  dasselbe  Fach  in  Marburg.  Gross 
kam  184()  nach  den  Vereinigten  Staaten 
inid  lie.ss  sich  zuerst  in  8t.  Louis  nieder. 
wo  er  ein  industrielles  rnternehmen  grün- 
dete; wurde  Korrespondent  der  New 
Yorker  „Sehnellpost"  und  des  ..Anzeiger 
des  Westens";  gab  später  in  Louisville  und 
Cincinnati  deutsche  Zeitungen  heraus:  war 
darauf  in  New  York  und  Philadelphia  joui'- 
nali.stisch  thätig;  betheiligte  sich  in  Wort 
und  Schrift  demokratischerseits  an  der 
Politik,  war  von  ISfJO— 1869  Redakteur  der 
politischen  Abtheilung  der  ..New  Yorker 
Staats-Zeitung"  und  hat  sich  um  die  Ein- 
fühnuig  der  deutschen  Sprache  in  den 
öffentlichen  Schulen  der  Ver.  Staaten 
gros.s«'  Verdienste  erworben. 


1800  in  Missouri,  studirte  in  ^lünchen 
Philologie  inid  Kunst;  sehloss  sieh  der 
Achtundvicrzi^'ci-  Pewt^gung  an;  mus.ste 
nach  der  Schweiz  tlüchten ;  wurde  zum 
Tode  vcrurtheilt.  das  rrtheil  auch  ,.in 
etfigie"  vollzogen;  kam  1852  nach  Ame- 
lika  ui;<l  Hess  sieh  in  Chicago  als  Advokat 
nieder :  wurde  1854  Redakteur  der  „Ills. 
Staatszeitung";  praktizirte  später  einige 
Zeit  als  Advokat  in  Dubuque.  1859  kam 
Ilillgärtner  nach  St.  Louis,  wirkte  hier 
zuerst  als  IMitredakteur  an  der  ..WestL 
Post",  dann  als  Redakteur  des  ..Anzeigers 
des  We.stens";  kämpfte  in  "Wort  und 
Schrift  für  die  Abschaffung  der  Sklaverei 
lind  winde  kurz  vor  seinem  Tode  mit  einem 
Bundesamte  betraut.  Seine  Freimde  haben 
Ilillgärtner  in  St.  Louis  ein  Denkmal  ge- 
setzt. 


HfiiiricJi  Huhn,  geboren  3.  IMärz  1880  in 
der  bayerischen  Pfalz,  kam  1849  als  Flücht- 
ling nach  Amerika  ;  war  an  verschiedenen 
deutschen  Zeitungen  thätig;  wurde  1866 
zum  ^litglied  der  Staatsgesetzgebung  von 
^Missouri  erwählt  und  übernahm  später  die 
Redaktion  des  ..Stein  des  Westens"  zu 
Belleville,  Ills.     Er  ist  noch  dort  ansässig. 


Gen.  JlilhfiirtiK  r,  geboren  im  April  \^'1\ 
in   der   Rheinpfalz,  gestorben   23.   Oktober 


Emil  Klauprcchf,  einer  der  gewandtesten 
deutsch-amerikanischen  Journalisten  und 
Schriftsteller,  geboren  1815  in  ^lainz;  kam 
als  17jähriger  Jüngling  nach  Amerika  und 
Hess  sich  1837  in  Cincinnati  nieder,  wo  er 
Besitzer  einer  lithographischen  Anstalt 
wurde.  Später  erhielt  Klaiii)i"echt  die  Re- 
daktion des  ..Cincinnati  Republikaner" 
bekleidete  diese  Steile  neun  Jahre  mit 
grossem  Erfolg  und  schrieb  nebenbei  einen 
Roman:  ..Geheimnisse  von  Cincinnati",. 
ausserdem  auch  ein  historisches  Werk: 
..Die  Pioniere  des  Ohio-Thaies".  Von. 
1856 — 64  war  Klauprecht  :\Iitredakteur  des 
..Cincinnatier  Volksblatt",  wurde  zum 
Konsul  in  Stuttgart  ernannt  und  verblieb' 
nach  Ablauf  seines  Amtstermines  in» 
in  Europa,  wo  er  starb. 


DIE  DEUTSCH  K  PRH88E   IN   AM  KIM  KA. 


573 


Eduard  Hubert   .Vakk,   geboren   am   23.  1865    iia.li     IMiiliidclpliia.    w«.    w    in    .l.-,- 

August  1832  in  Ungarn:  studirtc  in  IVstli  Fabrik  v..m  R.  &  U.  A.  WriglK  und  spät.-r 

und  Wien:  entwiekelte  in  iMu-opa  eine  viel-  in    dnvn    ( J.-schiifts-Officc    Anstellung    ci- 

seitige     jcmrnalistisehe     Tbiitigkeit :     kam  biHt.      Am    1.   Januar   1869   trat   er  unter 

1866  nacb  Amerika,  war  zuerst  als  Lebier  Di-.  Kellner  als  Hericlitci-statter  in  die  Ke- 

thätig,    sebrieb   nebenbei    für   versebiedene  daktion  des  IMiil.  Demokrat  ein.  wurde  vier 

bedeutende   europäi.sebe   Zeitsebriften.   gab  ^b)nate  später  als  L<.kal-Redakt.-ur  an  <len 

niebreie     in     deutscher     und     ungariseber  ..Haltimore    Wecker"    und    im    März    1S72 

Terfasste  Werke  heraus,  wurde  Zeitungsre-  dureb     Wilhelm     Kapp    an     die    ..Ilünuis 


HINRICH    EMIL   MANNHARDT. 


•äakteur  in  Chicago,  Cincinnati.  iinftalo 
und  Newark  und  war  in  derselben  Eigen- 
•sehaft  zu  Rochester,  N.  Y..  thätig. 

Hinrich  Emil  Mannhardt  wurde  am  22. 
Februar  1841  als  Sohn  des  Predigers  der 
Hennoniten-Gemeinde  in  Danzig.Ja^ob  IM., 
geboren,  erhielt  eine  klassische  und  tech- 
nische Erziehung  und  kam  Ende  1865  nach 
Amerika  und  nach  sechswöcbentlicbem 
Aufenthalt    in    Xew    York    im    Dezember 


Staat.szeitung"  als  liericblei-statter  geru- 
fen; wurde  deren  L(»kal-Kedakleur  1874; 
Redakteur  des  Sonntagsblattes  („I^pi* 
Westen")  1880  und  nach  Raster 's  Fortgang 
erster  Hülfs-Redakteur  des  Tageblattes. 
Als  Redakteur  des  Sonntagsblattes  be- 
mühte er  sieh,  die  deutsch-amcrikanischf 
Literatur  zu  wecken  und  zu  fördern.  Er 
nahm  an  allen  deut.schen  liest  rebungen 
eifrigen  Antbeil:  war  in  Philadelphia  Mit- 


574 


DIE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


jrlii'tl     uimI     lÜMidtlifkar    dos    Deutschen 
liibliotlitk-Vereins.     einer     der     Gründer 
eines  deutschen  S>('hiich-Klul»s  und  Mit|?lit'd 
d«'r  Deutschen  Gesdlscliaft  von  Pennsylva- 
nicn  ;  erhielt   in   Msiltimore  eine  ötl'entliche 
Anerki-nnunj;    für    sein    Wirken    für    den 
Erfolj,'  der  Fair  zum  Hesten  der  Verwun- 
(h'ten    des    (h'utsch-französiselien     Krieges 
und   hatte  in   Cliicap)  einen   Ilauptantheil 
an  (h'r  ()r<ranisation  (h'r  Deutsch-Amerika- 
nischen Lehrertafje  in  18S1  und  1905,  und 
des  Sän};erfestes  von   1881.     Er  war  dort 
einer    <h'r    (i runder    des    ..Gesellig-wissen- 
schaftlichen  Vereins"  und  in   den   letzten 
Jahren  seines  Besteliens  dessen   Präsident, 
Gründer    des    Deutscli-Englischen     Sehul- 
Vereins    und    des.sen    Präsident    bis    an 's 
Ende,  kurze  Zeit  Präsident  des  Deutschen 
Press-Klubs,    Direktor   der   Deutschen   Ge- 
sellschaft und  drei  Jahre  lang  ^Mitglied  des 
Verwaltungsrat hs   der   öffentlichen    Diblio- 
tliek.     Er  rief  im  Oktober  19UG  den  Chica- 
g(K'r  Zweig- Verband   des   D.   A.   National- 
Hnndes  in 's  Leben.     Nachdem  die  „Illinois 
Staatszeitung"  nach  dem  Tode  der  beiden 
Besitzer    Ilesing    und    Raster    in    andere 
lläiule  überging,  gründete  er  1900  die  D. 
A.    Historische    Gesellschaft    von    Illinois, 
deren    Sekretäi-    und    Redakteur    der    von 
ihr    herausgegebenen     ..Geschichtsblätter" 
er  heute  noch  ist. 


Carl  Mcinckc,  geboren  in  Oldenburg  1837 
als  Sohn  eines  hochstehenden  Arztes,  stu- 
dirte  nach  Absolvirung  des  heimathlichen 
Gynniasiums  in  Leipzig  ^ledizin,  widmete 
sich  aber  dabei  mehr  und  mehr  ästhetischen 
und  literarischen  Studien.  Schon  mit  21 
Jahren  kam  er  nach  Amerika  und  trat  in 
New  York  1859  in  die  Le.xow'sche  Redak- 
tion des  „X.  Y.  Belletristischen  Journals". 
-Mit  zeitweiliger  rnterbrechung  von  zwei 
Jahren.  1862 — 64,  die  er  wieder  in  Europa 
und  auf  Reisen  in  Anu'rika  verbrachte,  ge- 
hörte er  derselben  in  ei-sjiriessHcher  feuille- 
tonistischer  und  kritischer  Thätigkeit  bis 
1875  an,  in   welchem  Jahre  ein  unglückli- 


cher Revolverschu.ss  seinem  Leben  ein  Ende 
machte.  Er  war  auch  ^Mitarbeiter  der  Leip- 
ziger ..Grenzboten"  und  von  „Ueber  Land 
und  Meer".  Einige  seiner  poetischen  und 
humori-stisehen  Arbeiten  erschienen  gesam- 
melt in  dem  Büchlein:  „Frühlings-Kuren, 
p]ine  .Mineral  wässrige  Centralpark-  und 
Charakter-Studie  in  schlechten  Hexame- 
tern abgefasst,   (New  York)   1869." 


Moritz  Mrijer,  geboren  1815  zu  Halber- 
stadt, kam  1849  nach  Amerika,  gründete 
1815  die  „New  Yorker  Ilandelszeitung'* 
und  machte  dieses  Blatt  zu  einem  der  ein- 
tlussreichsten  und  verbreitetsten  Ilandels- 
blätter  der  AVeit.  Er  übersiedelte  anfangs 
der  achtziger  Jahre  nach  Berlin,  wo  er 
hochbetagt  starb.  Der  jetzige  Herausgeber 
der  „Handels-Zeitung"  ist  Mayer  Auer- 
hach. 


Stephan  Molitor,  geboren  5.  Januar  1806 
in  Oberfranken,  studirte  Philosophie  in 
Würzburg ;  kam  1 830  nach  Amerika,  wurde 
1835  Redakteur  der  ..New  York  Staats- 
Zeitung",  war  in  Philadelphia  und  Buflfalo 
(„Der  Weltbürger")  ebenfalls  als  Schrift- 
leiter thätig  und  siedelte  1837  nach  Cincin- 
nati  über,  wo  er  bald  alleiniger  Besitzer 
des  ,,YolksbIatt"  wurde,  welches  er  später 
an  Gustav  Hof  und  Aloritz  Jacobi  abtrat, 
^lolitor  starb  am  25.  Juli  1873. 


Theodor  OlsJiausni.  geboren  am  19.  Jimi 
1802  zu  Glückstadt,  nahm  an  der  Schles- 
wig-Holsteinschen  Bewegung  regen  An- 
theil;  kam  1851  nach  den  Ver.  Staaten; 
wirkte  in  Davenport  und  St.  Louis  journa- 
listisch und  nahm  mit  grosser  Wärme  die 
Sache  der  Union,  namentlich  kurz  vor  Be- 
ginn und  während  des  Bürgerkrieges,  wahr. 
1865  kehrte  Olshausen  nach  Europa  zurück 
und  starb  am  31.  .Alärz  1869  zu  Hamburg. 


Wilhelm   Rapp,   eine  der  hervorragend- 
sten Erscheinungen  der  deutsch-amerikani- 


DTE  DEUTSCHE  PRESSE  IN  AMERIKA. 


575- 


schen  Journalistik,  wurdi'  am  14.  Juli  1828 
in  Württemberg  gel)oren.  Die  freiheit- 
liche Bewegung  des  Jahres  1848  riss  den  in 
Tübingen  studirenden  jungen  Theologen  in 
ihren  Strudel.  Er  wurde  im  Jahre  184!) 
auf  der  Flucht  an  der  Schweizer  Grenze 
verhaftet  und  auf  den  Hohenasperg  ge- 
sandt. Nach  Wiedererlangung  der  Frei- 
heit versuchte  er  sich  in  der  Schweiz  als 
Lehrer,  wanderte  1853  nach  Amerika  aus, 
übernahm  die  Redaktion  der  „Turner-Zei- 
tung", welche  danuils  in  Philadelphia  er- 
schien und  mit  der  er  1855  nach  Cineinnati 
übersiedelte,  worauf  er  Redakteur  und 
Mit-Eigenthümer  des  „Wecker"  in  Balti- 
more im  Jahre  1857  wurde.  Er  war  durch 
seine  Verbindung  mit  der  ., Turner-Zei- 
tung" und  Erwählung  zum  Präsidenten 
des  Xordamerikanischen  Turnerbundes  im 
ganzen  Norden  bekannt  geworden.  p]r 
wurde  es  noch  mehr  durch  seine  begeister- 
ten Aitikel  für  die  junge  republikanische 
Partei,  der  er  sich  gleich  nach  ihrer  Grün- 
dung angeschlossen  hatte. 

Bei  Ausbruch  des  Bürgerkrieges  trat  er 
energisch  für  die  Union  ein,  was  der  kon- 
föderalistische Baltimorer  Pöbel  dadurch 
rächte,  dass  er  das  Lokal  des  Blattes 
stürmte.  Rapp  vermochte  sich  nur  mit 
Mühe  zu  retten,  wandte  sich  nach  Chicago 
und  trat  dort  in  die  Redaktion  der  „Illi- 
noiser Staats-Zeitung"  ein.  Lu  Jahre  1866 
kehrte  er  nach  Baltimore  an  den  ,, Wecker" 
zurück.  Von  A.  C.  Hesing  wurde  Rapp 
bewogen,  als  Hermann  Raster 's  ^Mitarbeiter 
in  die  Redaktion  der  „Illinoiser  Staats- 
Zeitung"  wieder  einzutreten.  Das  war 
anfangs  des  Jahres  1872.  Rapp  fand  den 
richtigen  Ton  für  die  grosse  ]\Iasse,  die  er 
zu  fesseln,  zu  i)acken  und  zu  l^egeistern 
vermochte.  Nach  Raster 's  Tode,  am  25. 
Juli  1891.  wurde  Rapp  vollständig  der 
Leiter  des  Blattes.  Als  solcher  trat  er 
energisch  gegen  die  deutschfeindlichen 
Wühlereien  unserer  Anglo-Sachsen  auf.  Er 
starb  am  1 .  März  1907. 


feiner  der  iH'diMitcndstcn  dfutsdi-anieri- 
kanischen  Journalisten  war  zwcifcUo.s  Ho- 
iiKiini  h'ash  r.  Er  war  am  li.  Mai  1827  im 
llerzogthum  Anhalt  geboren,  studirte  in 
Leipzig  und  P.crlin  Philologie,  Geschichte 
und  Xaturwis-scnschaft,  nahm  an  den  48er 
Bewegungen  theil  uml  mu.sstc  in  P'olge 
dessen  1851  nach  Amerika  übersiedeln,  wo 
er  zuerst  Landwirthschaft  trieb,  dann  in 
Buti'alo  und  später  in  New  York  jounialis- 
tisch  wirkte.  In  letzterer  Stadt  redigirte 
Raster  die  „Abendzeitung",  schrieb  aber 
nebenbei  Korrespondenzen  für  einige  der 
angesehensten  Zeitungen  Deutschland 's. 
1867  siedelte  er  nach  Chicago  über,  um  die 
Redaktion  der  „Illinois  Staatszeitung"  zu 
übernehmen.  In  dieser  Stellung  hat  Raster, 
der  später  auch  IMiteigcnthümer  des  Blattes 
wurde,  viel  Gutes  gewii-kt  und  einen  ent- 
scheidenden Eintiuss  auf  Politik  und  Leben 
ausgeübt.  Auch  in  Europa  geno.ss  Raster 
den  Ruf  eines  gewandten  Journalisten. 
W^enn  auch  der  Ton  seiner  Schreibweise  zu- 
weilen etwas  derb,  sein  Auftreten  seinen 
Gegnern  gegenüber  oft  nicht  von  Leiden- 
schaft frei  erschien,  so  ist  die  Lauterkeit 
seiner  Beweggründe  dennoch  nie  von 
irgend  ehier  Seite  in  Zweifel  gezogen  wor- 
den.    Raster  starb  am  25.  Juli  1891. 


Emil  Rothc,  1826  in  Preussisch-Schlesien 
geboren,  studirte  in  Breslau  luid  Berlin  die 
Rechte,  nahm  1848  an  der  Studenten  Ver- 
sammlung auf  der  W^artburg  theil.  kam 
1849  nach  den  Vereinigten  Staaten,  Hess 
sich  zuerst  in  Watertown,  Wis.,  als  Advokat 
nieder,  betheiligte  sich  bald  an  der  Politik, 
wurde  mehrere  JMale  in  die  Staatsgesetzge- 
bung von  Wisconsin  gewählt,  bekleidete  in 
der  Folge  wiederholt  das  Amt  eines  Rich- 
ters, siedelte  1869  nach  Cineinnati  über, 
um  die  Redaktion  des  ..Cineinnati  Volks- 
freund" zu  übernehmen,  uml  praktizirte 
dann  als  Advokat.  Er  starb  am  27.  April 
1895  in  Cineinnati. 


57« 


Dil-:   DKCTSCHK  PKKSSK   IN    AMKHIKA. 


h'iirl  (Instar  li'iinn  liii,  dt-r  (JrüiuU'r  des 
„C'inrimiatitT  Volkshlatl ".  war  am  IJ). 
Mai  1S14  in  Ilcillintim  .«rt'hiiicn.  XaclKli'iii 
or  tiviniiasial-Uililiinir  jrcintsscii.  kam  t-r 
18:{2  iiarh  IMiiladclpliia  und  ISü:}  nach  Cin- 
cinuati.  Kr  half  dio  ..Deutsche  Gesellschaft 
von  Cincimuiti"  «rründcn  und  icdi^i'irte 
län«H're  Zeit  das  von  ihm  183G  j;e*rründete 
„Volkshlatt  ".  iOr  \\Mi-dc  mehrere  iMale  in 
<lic  Staats-Lc^islatur  jrcwählt.  Eine  An- 
z^ihl  von  Ehrenämtern  wurde  ihm  zutheil. 
Später  zofT  er  sich  von  der  Politik  und  dem 
ötVeutlichen  Lehen  zurück  und  widmete  sich 
auf  seinem  Landsitze  hei  Cincinnati  schi'ift- 
stelleri.sehen  Arlieiten.  Er  starh  am  16. 
.Fanuar  ISiXi.  l-]r  ist  auch  fiii-  Zeitungen 
in  enjrlischer  Sprache  ^litarheiter  gewesen. 


\V(ilf(;ainj  Scliooih.  geboren  5.  E'ebruar 
IS.'H  in  Oherschwahen.  besuchte  die  Gym- 
nasien in  Ehingen  und  Ellwangen,  bezog 
im  Jahre  1851  die  Universität  Tübin- 
gen, wanderte  aber  schon  im  darauf  fol- 
genden Jahre  nach  Amerika  aus.  Nach 
einem  Aufenthalte  von  etwa  fünf  Jahren 
in  New  Y(u-k  siedelte  Schoenle  naeh  Cincin- 
nati über,  wo  er  sieh  der  Journalistik  wid- 
mete und  auch  seinen  dauernden  Aufent- 
halt nahm.  Im  Jahre  1802  trat  Schoenle 
als  Sergeantmajor  in  das  KKi.  Ohio- Volon- 
tärregiment ein  und  wurde  im  Jahre  1865 
mit  dem  Regiment  als  Kapitän  ausge- 
mustert. .Xacli  Beendigung  des  Krieges 
kehrte  Schoenle  alsbald  wieder  zu  seinem 
frühei-cn  Berufe  zurück  und  nahm  neben- 
bei stets  regen  Antheil  an  den  i)olitischen 
Bewegungen  und  Bestrebungen  seines 
Adoptivvaterlandes.  Im  Jahre  1878  wurde 
er  von  Ilayes  zum  Ver.  St.  Handelsagen- 
ten in  Geestemünde-Bremerhaven  ernannt 
und  im  Jahre  1880  zum  V.  St.  Konsul  in 
Barmen.     Er  .starb  am  .'1  Januar  1902. 


fangs  als  Lehrer,  später  als  Advokat ;  grün- 
dete 1865  die  „Freie  Presse  für  Texas", 
später  das  englische  Blatt  ,.San  Antonio 
l'].\pii'ss".  kämpfte  unerschrocken  für  die 
Prinzipien  der  repubjikani.schen  i*artei  und 
hat  neben  seinen  vielseitigen  journaüsti- 
.sclien  Ai'beiten  auch  .schriftstellerisch,  na- 
mentlich als  Novellist  und  Kulturhistori- 
ker, gewii-kt.  Er  .starb  am  H).  September 
1888  zu  San  Antonio. 


Eine  ,, Allgemeine  Weltgeschichte"  vom 
radikal  republikanischen  Standpunkte  aus, 
sowie  ,,Das  öffentliche  Recht  des  Deutschen 
Keichs",  eine  , .Geschichte  der  drei  Volks- 
erhebungen in  Baden"  und  „Das  Revolu- 
tion.s-Zeitalter"  hat  Gustav  von  Struve  ge- 
schrieben, der  1805  in  ^lünchen  geboren, 
bei  dem  Einfall  in  Baden  im  Jahre  1848 
in  Staufen  gefangen  und  zu  fünfjähriger 
Haft  verurtheilt  wurde.  Er  enttioh  nach 
der  Schweiz,  kam  von  dort  nach  England 
und  1851  naeh  den  Vereinigten  Staaten. 
Er  versuchte  sich  in  New  York  zunächst 
als  Zeitungs-Herausgeber.  Das  Blatt  führte 
denselben  Titel  wie  das,  welches  er  vor  der 
,  Revolution  in  Mannheim  gegründet  hatte: 
„Der  Deutsche  Zuschauer".  Es  ging  l)ald 
ein.  Er  trat  beim  Ausbruch  des  Bürger- 
krieges als  Offizier  in  's  8.  New  Yorker  Frei- 
willigen-Regiment ein.  schied  aber  1863 
aus,  als  Prinz  Solm-Solm  an  Blenker's 
Stelle  Oberst  wurde.  Nach  der  Amnestie 
reiste  Struve  nach  Deutschland.  Er  hielt 
sich  in  Stuttgart  und  Coburg  auf  und 
starb  1870  in  Wien. 


Auffust  Sitnitnu;/.  geboivn  1880  zu 
Brandenburg,  studirte  in  Berlin  Philologie, 
kam  ls.-)l  nach  Te.xas.  wirkte  daselbst  An- 


John  Weimann,  geboren  am  22.  Novem- 
ber 1849  in  Berlin  als  Sohn  des  Oberbm- 
desgerichtsraths  Alexander  Weimann.  er- 
freute sich  einer  vorzüglichen  Erziehung, 
die  ihm  einiMi  reichen  Schatz  universellen 
Wissens  auf  die  Lebensreise  mitgab.  Er 
begaiui  seine  journalistisch  -  literarische 
Thätigkeit  nach  dem  deutsch-französischen 
Kriege,   den   er   als   Einjährig-Freiwilliger 


DIK   DKl'rscilK   I'K'Kssi:   IN   A.MKHIKA. 


o<  I 


im  :{.  CiarcU'reginiciit  initmaclilc  als  .Mitar-  l'asslc  er  die  pjinxlistis.-li.-  i'<.ssr  ..Di,.  .M,.i. 

Ix'itor    ani^esehener     (lentsehcr     Zcitiinircn  iiin«rcr    koimncii ".    dir    im    Tlmliii-Tli.'jif.T 

und   Zoitschriftcii    und    sii'dcltc    im    Jahre  unter  (Jusfav   AndK'rir's   Direktion   j:rnss.Mi 

]HSO  nach  New  York  über,  wo  er  seitdem  Krfolg  hatte.     Khenso  erfnltrn.i,.|i  wa,-  sein 

fast    ununterbrochen    als    Journalist    und  \'olksstü(k  ...\e\v  Yorker  Kinder",  das  im 

Schriftsteller  thätig  war.  zuerst  als  Redak-  ( Jennania-Theater    von     Direktor    Adolph 

fi'ur    der    Ziekersehen    Zeitschriften    und  Philipp   /.ur   AutlFührung   gebraeht    wurde, 

der  von  Ilerniaiui  Bartsch  heraustregebenen  sowie  eine   Anzahl    von    Einaktern,   die   im 

..Gegenwart",  dann  als  Kunstkritiker  der  Germania-Theatei-    und    im     ii-vini:    l'bice 


JOHN    WEIMANN. 

.,Xew  Yorker   Staats-Zeitung",   später  als  Theater   unter   Ileini-ich    Conried's    Direk- 

Redakteur  der  ,,Xew  Yorker  Revue"  und  tion   gegeben   wurden.      Ausserdem    hat   er 

nachher   zuerst    als    Redakteur    der    Soiui-  zusannnen     nnt     Artliui-    SchoenstadI     die 

tagsausgabe    des    .,]Morgen- Journals"    und  Libretti      zu      den      ()j)ei-etten      ..Yaid<ee 

schliesslich    als    Chef-Redakteur    desselben  Doodle".   Musik   von    Ludwig    Knglaender. 

Blattes,  welche  Stellung  er  jetzt  inne  hat.  und    ..Johannisnacht".    Musik    von    I'ao 


Seine  schriftstellerische  Begabung  hat  er  Gallieo.    geschrieben.       Kr    ist     einer    dei- 

sowohl  als  Lyriker  durch  zahlreiche  pocti-  Gründer  des  New  Yorker  Deut.sehen  1'res.s- 

sche    Gaben    wie    als    Dramatiker    gezeigt.  Klubs,  in  dem  er  mehrfaeh  das  .\mt   eines 

Unter  dem   Pseudonym    AV.    Erbinieh   ver-  \'ize-Bi;isidenten  bekleidete  und  welehen  er 


oTS 


DJK   |)i:i-TSCIIK   lM{i:S8H   IN   AMHIMKA. 


i-iiic  Zeit  l:m«r  ini.-li  als  jrfs.-liiiftsfülin'ndt'r 
l'rjisi(l«'!it  Icitt'tc.  sowif  clM'n falls  einer  der 
(iriimler  des  \'erl)aildes  delllselier  Srlirift- 
steller  in  Amerika,  der  ihn  im  -lahrc 
l'KIS  zinii  Präsidenten  wählte.  Seiner  Ehe 
mit  Kat herine  Kocker  sind  zwei  Kinder. 
flu  Stihn  uud  eine  Tt»eliler.  entsprossen. 


Deutsche  in  amerikanischer  Journalistik. 

Tnter  den  zahlreiclim  Deutsehen,  die  in 
der  amerikanisehen  .lournalistik  thätiir 
waren  (»der  sind,  seien  liier  dio  bedeutend- 
sten penannt. 

In    der    Gesehiehte    dos    amerikanisdien 
ZeituufTswesens     spielen      weiiiire      .Männer 
eine     lierv(>rra«rendere    KoUe     wie    Joseph 
I'tililzo-,  d«'r,  obwohl  in  Buda-Post,  Ungain, 
und  zwar  am  10.  April  LS47  geboren,  doch 
zu   den    Dentseli-Auierikanern    zu    rechnen 
ist.    Im  Jahre  ISCA  wanderte  er  naeh  Ame- 
rika aus  iHid  diente  bis  zum  Ende  des  Bür- 
gei'krieges  in  einem  Bundes-Kavallerie-Re- 
j.'iment.    Er  kam  naeh  St.  Louis  und  wurde 
1868    Berichterstatter    für    Carl    Schurz 's 
„Westliche    Post''.      Später   wurde   er   Re- 
ilakteur   und   Miteigenthüiner  des   l^lattes. 
Xaclulem     er     Rechtswissenschaft     studii't 
und   ziii-    Ausübung   der   Advokatur   zuge- 
lassen worden   war.   wurde  er  1869  in  die 
Staats-TiCgislatiir  gewählt.    Er  war  Delegat 
zu  dem  am  1.  Mai  1S72  in  C'incinnnti  abge- 
haltenen Konvent   der  liberalen  Republika- 
ner,  der   auf   Ilorace    Greeley's   Veranlas- 
sung  viii-  dem   regulären   republikanischen 
National  -  Konvent     eird>erufen     war.     um 
eine      abermalige      Xominirung      General 
(Jrant  's   zum    Bräsidentschafts-Kandidateu 
zu  vereiteln.  Bei  der  ().  Abstinnnung  wurde 
ITorace    (Jreeley    nominirt.      l'ulitzer    war 
dann   Delegat  zur  Verfassungs-Konvention 
von     Mis.souri     1S74.       Tu     ISTfi — 77     war 
rnlitzer    Korrespondent     der    New    York 
..Sini"    in    Washington.      Im    Jahre    1878 
kaufte  er  die  St.  Louis  ..Dispatch",  verei- 
nigte }*ie  mit  ..The  Evening  Post"  zu  „Post- 


Dispat<'h"  und  machte  dai-aus  ein  einthiss- 
reiclies  lUatt.  Im  Jahre  1883  erwarb  er 
die  New  Volk  ..Woi'ld".  die  unter  seiner 
Leitung  einen  riesigen  Aufschwung  nahm 
und  zahlreiche  Abojuienten  gewaiui.  Dem 
Kongress,  in  welchen  er  im  Jahre  1S84  ge- 
wählt worden  wai'.  gehörte  er  nur  kurze 
Zeit  an.  um  sich  ganz  seiner  Zeitung  zu 
widmen.  Tni  Jahre  1003  .stiftete  er 
.^kLOOO.OOO  für  eine  Journalisten-Scinde  am 
Columbia  College  in  New  Yoi-k  und  ver- 
|)llichtet(^  sich  zu  eitiei-  weitei'en  Schenkung 
xou  eiiu^r  ÖMillion.  sobald  die  Schule  mit 
Ei-folg  im  Gange  sein  werde. 


Auch  Alhcrt  I'iditzcr.  der  Bruder  des 
vorigen,  der  am  10.  Juli  IS.II  in  ;\[ako, 
riigarn,  geboren  und  1867  nach  Amerika 
gekonnnen  war.  wo  er  zuenst  in  Leaven- 
worth.  Kansas,  als  Lehrer  des  Deutschen 
thätig  war.  hat  in  der  Redaktion  eines 
deutschen  Blattes,  nändich  der  „Illinois 
Staats-Zeitung"  in  Chicago,  seine  journa- 
listische Ausbildung  genossen.  Ei-  war  dort 
von  1869 — 71  thätig.  war  d;um  in  New 
York  bis  1882  für  diei  „Sun"  und  später 
den  „Herald''  thätig, 'gründete  das  ,,Mor- 
ning  Journal",  dem  er  auch  eine  deutsche 
Ausgabe  ,,Das  ^Forgen-Journal"  gab,  lei- 
ti^te  die  Blätter  bis  1895  und  verkaufte  sie 
dann,  seiner  angegriffenen  Gesundheit 
wegen,  an  Ilearst,  welcher  der  englischen 
Ausgabe  den  Namen  ,,New  York  Ameri- 
can "  gab.  l*ulitzer  wohnte  in  Paris;  er  hat 
einen  Roman  in  fi-anzösischei"  Sprache 
geschrieben:  ,.Le  Roman  de  Prince 
Eugene."  Er  endete  am  3.  Oktober  190!)  in 
AVien  durch  eigene  Hand  in  einem  Anfall 
you  Geistesstörung. 


Der  Redakteur  des  Baltimorer  ..Ameri- 
can", Wilhelm  Friseh,  der  mit  seinen 
Poltern  im  Jahre  1865  nach  Baltimore  ge- 
kommen war,  ist  ein  Deutseh-Oesterreieher. 
p]r  wurde  1854  geboren.     Seit  dem  Jahre 


Dil-:   DKrTSCIIK    l'l.'KSSK    IN    A  M  KKI  K.\. 


5TH 


1S72  stellt  er  mit  dnii  ..Aiiicriciin  "  in  \'rr- 
hiiuluni;.  /iiorst  als  Hoi-ichtiM-stattcr,  dann 
als  jxtlitiseluM-  Kedaktcur  und  AVasliing- 
toiior  Korrespondent  und  seit  1881  als 
..Managinjr  Editor".  In  seinen  ^lussestmi- 
den  ?il>t  er  Arbeitern  und  Arl)eiterinnen 
freien  rntcri-iclit  in  Geselii('lit(>  und  Lite- 
ratur. 

Als  Redakteur  des  in  Xew  York  iTsehei- 
nenden  ..Christian  Herald"  und  als  Wolil- 
tiiäter  der  AFensehheit  hat  sieh  Lmiis 
Klopsch,  jieboren  am  iMi.  .März  IS.l'J  in 
Lühben,  Preussen,  als  der  Solui  eines 
Arztes,  einen  AVeltruf  ei-worben.  Er  war 
als  Knabe  nach  New  Yoi-k  gekonnnen  und 
wurde  dort  erzogen.  Er  wurde  Besitzer 
des  ..Chri.stian  Herald"  und  sammelte 
dureli  diesen  nahezu  vier  ^Millionen  Dollars 
für  lluugerleidende  in  Russland.  Indien, 
Kuba,  Schweden,  Finnland  und  China,  so- 
wie grosse  Getreide-Sendungen.  Der  Kö- 
nig von  England  und  der  IMikado  zeichne- 
ten ihn  besonders  aus. 


Einer  der   Deutschen,   welche   es   in   der 
amerikanischen  Journalistik  zu  grosser  Be- 


diMitung  gi'ltraclil  li.dicn.  isl  hnrl  \nnlliulf, 
der  allerdings  .seine  Erziehung  in  .\nierika 
erhaltm  liat.  Er  wurde  im  .lalire  ]H'M)  in 
JMwitle  in  Westfalen  gelmn-n.  kam  als 
").jähriger  Knabe  mit  seinen  Eltern  na.-h 
Amerika,  wurdi-  in  Cineinnali  eiv.ogcn. 
fuhr  neun  JahiM'  lang  auf  Ki-iegs-  und  Ilan- 
delsschitfen  zur  See.  wai-  18.'):^  bis  IHöT 
für  verschiedene  Zeitungen  thätig.  gehr»r1e 
dann  dem  Redaktions-Staite  von  ..Ilarper's 
^Veekly"  uinl  der  ..New  York  Evening 
Post"  an.  hcn-isti-  ISTI  bis  187M  Califoi-- 
nieii  und  Ilawai  und  wurde  daini  Km-rc- 
s])ondent  des  ..New  Ynyk  Herald"  in  Wasli- 
ingtdii.  Er  starb  im  -luli  1!>(>1  in  ('alif(»r- 
nien.  Ausser  Schilderungen  des  Lebens  an 
Bord,  itolitischeii.  .soziologischen  und  i"eli- 
giösen  Abhandlungen  hat  er  ein  Buch  ver- 
fasst.  das  den  Titel  ..l'olities  fitr  Y(»ung 
Aniericans"  führt  und  aueh  heute  noch 
sein-  werthvoU  und  nutzbringend  ist.  Xord- 
holf  war  in  Cincinnati  von  Dr.  .\ast.  dem 
Vater  des  deut.schpn  ]Methodismvis.  erzogen 
worden  und  lehrte  kurze  Zi'il  au  einem 
.Methodi.sten-College  in  Indiana  deutsehe 
Sprache. 


Deutsche  Zeitungen  in  Amerika. 

Deutsche  Tages-Zeitungen.  Kenim-hi/. 

Loiiisvillo:— ..Anzoijror",    I.onisvill.«    An/.oii'iT   i 'o 
1S4!». 

Californicn.  

S:in    Fraiifisfo: — „r.'ilifurnia   Demokrat",   ('alifor-  MnijiUind. 

iiia  J)eiii.   Piibl.  Co.,  IS.')!,  konsolidiit   liMi;!  mit 

..Abend-Post"      und      .»California     .Tournal"  '--'If  nnore:— „Der    Deutsche    Correspondent ' '.    Kd- 
(letztere?  Woehonblatt).  "•"<•   l^aine.   ].S41. 


Colorado.  Mir  In  (/an. 

roit:,—  „/ 
1867. 
Co.,   18Ö7. 


Denver:— „Colorado     Herold",     Harburg    &     Co.,       Detroit:,—  „Abend-Post".      Auj/iist      Marxhanseii 
"^^'O.  1867.       _,.Miclii}jan      Volksblatt",      Mich.      V. 


Illinois. 


Miiiiw.sold, 


Aurora:— „Volksfreund",  Peter  Klein,  189Ö. 

Belleville:— „Post    und    Zeitung",    P.    &    Z.    Publ        ''^'''"^    Paul :  — „Voiks/.eitnng ",    W    l'riiit.    \    l'ul.l. 
Co.,   „Post"   3884,   „Zeitung"   1849.      „Tage-               *'"•'  ^■^"'• 
blatt  und  Arbeiter-Zeitung",  Fred.  W.  Kraft.  

1884. 

Chicago:— „Abendpost",     Abendpost     Co.,     1889.  Mi.-isoiiri. 

..Arbeiter-Zeitung",  Chicago  Arbeiter-Zeitung       ,, 

Publ.    Co.,    3877.      „Der    Tägliche    Republika-        '^»»sas  City :-,. Presse ".  J'hil.   Dietzgen.   1SS.1. 

ner",  G.  F.  Harmever.  1890.     „Freie  Presse ",      '^aint    Joseph :— ..Volksblatt  ".    Adolph    Schrader 

Illinois  Publ.  Co.,   187].     ..Illinois  Staats-Zei-  ^866. 

tung",  Illinois  Publ.  Co.,  1847.  o.  •„.    t  ,„•  .•,..,, 

*  ■  Sinnt    l^oiiis: — ...Amerika     .    (u-rman    Kiterarv    So- 

Peoria:— „Demokrat",     B.     Cremert     &      Rriider,  ciety  of  St.   l.ouis.    lH7l'.      „Westliche   p',,st  ". 

1860.     „Sonn«",  L.  l*h.  Wolf,   1879.  (i'crm.-ui  Ameiii-.-tn  Press  .\ssociation,  1.S.".7. 

Quincy: — ..Germania",    Henrv    Bornmanu,   Germa- 
nia Print.  &  I'ubl.  Co.,  1874.  


A  <  ('■   Jirscii. 


Indiana  Xewark: — ..\e\\   .Tersev  Freie  Zeitung",   Benedic» 

Prieth,  1S.18. 

Kvan.sville:— „Demokrat",  F.  W.  Lauenstein,  1864.  

Fort  Wayne: — „Freie  Presse-Staats-Zeitung",  kon- 

solidirt   am    lö.   September   1908.   Fort   Wayne'  Ar«-    )<)/7,. 

Freie    Presse    Publishing    Co.     (früher    ..Freie 

Presse",    gegründet     18S0:     „Indiana    St;iafs-  Alli;iriy: — ..Freie   Blätter".    Viignst    Miggiii'l.    I  sti'J. 

•      Zeitung",   gegründet    1877).  ,, Täglicher   Ilerolir'.  AIIi.miv   Ilcruld  Ck.,   Hfjs. 

Indianapolis: — „Telegrajili    uiul    Triliüiie",    (iuten         I'.nfi':ilc>: — ..Deiiiokrat  ".     F.     c.      j{.     ilcl.l.     is:t7. 
berg  Co.   (früher  getrennte  Blätter).  ..I'nie     Presse",     b'cincckf     Je     Z«"««-!!.     1n."»."i. 

..N'olksfreniid",    B.    \'.    Piinting  Co..    1S()S. 


Iowa. 


New       Vork: — „Das       Morgen  .lonrnaT '.       W.       IC. 

Hearst.    1  S9(l.    „St.-iats  Zeitung ",    N.    \.  St.    '/.. 

Corp.,    l.S.i4.    „Abendblatt    der    .\.    V.    StaatH 

Zeitung",   N.   Y.  St.   Z.  <'(...   1H92.   ..Volks  Zoi- 

—  '  tun«'".     Socialistic     Co  (»iterative     Pnl)l.     .\sj».. 

mann,  die   \  olksfreund  Publ.   Co.,   18(50.  ,^-;      „Leitung".  N.   V.  Zeit.   Print.  Je   Pnbl. 

Davenport:— .,Der   Demokrat",   II.    Lischer   Print.  Co..   1S4.').      ..Herold".    V.    V.  Z.   P.  \    P.  <'o.. 


Burlington:— ..\'olksfreund— Tribüne",    Carl    Loh 
mann,  die   Volksfreund  Publ.   Co.,   18(50. 

enport: — .,Der   Demokrat",   II.    Lischer   Print 
Co.,  1857.  1880 


582 


DIK  DKCTSCHK  rRKSSK   IN   AMKKIKA. 


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|..,..l.,.„,,.r._  .AlK-ii.l    l'o-i  •  •.     i;...l."st,«r     Gcrman 

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Deutsche  Sonntags-Zeitungen. 


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S;in    l'i;iiicis('o:- — ..falifoniia    Di-iuokrat ",  s.   T.  Z. 


Illinois. 


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Clevelaiul:— ..Wä<-lifer     <m.l     .VTizei^er 


WiU-litor 


I'.illi-villo:—  ..Der   Trcu-Biiiul".  Sonntagsblatt  von 

„TageMatt   und   Arbeiter-Zeitung". 

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,.  ,1       •.         .»       /'„„„„n      x'nwunanpr  Hdirt.       ..KathoHschcs    Sonutagsblatt ",    Wm. 

"•'c^ThrV      ''  '  ^e^^«paper  Kuhlmann,  1881.  ^ 

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BelU'ville: — „Tageblatt       und       .VrheiterZeituiig" 

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Bloomiiigton  : — „.Tournal ' '. 

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5S4 


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Ih'h".  Ernst  Eln-1,  !!•"'-.     ..<  >r<lt'.'islilatt  dor  Ha-  'r,.n<'   Haiito: — .lounial  ". 

runnri  tl»>s  Staat.-s  Illinois",  I.ichtner  I'rinting 

Co..  1.SS7.  

Danvilli'-  — ..I)<'iit-i.li..    Z.inniL'".    ^^■'ll•    '•.    Bryant, 

)S74.  ^0'^«- 

K'ist  St     Louis* —  Ost  St.   l,<i;iis('r  /.eil  un;i  " '. 

"■     '.   ■  "'.  „"  ,  ,  ....     .  ,,      ,    II    I  •,..>,  oiiiw,r«t       Jircda: — „Ostfriesische     Nachrichten"      (dreimal 

Etlin«l.am:-..Wk8l.iaft     .   AM-rt    II.   („.nonhorst  ,„„„,,tli,i,),  L.   Ilündling.  1SS2. 

.,',,",,,  •    ••     \      I.'    v..ii.i,i..i-         l'.iirliiii;ton: — -„Volksfreiiiid  Tribüne ",     Carl     Loh- 

El«.«:-  ..Herold    und   (.-nnan.a        A.     ■ .   ^chad...  J  -^^   V„lksfreund  Publ.  Co.",  1860. 

IsyL     ..Deuts.he  /i-itiui),'     ,  ..l  hr    .  '   "  '  • 

,.   .,    ,.     ,    ,   I.,  ,..,..u- ,..„111,1  •  ■     \iiirn.4t       '.iin)]!: — „Demokrat     .     \\  in.     Siingerfeld,     „Dem. 
EvanHton:— „Katholischer  .MiKendtienn.l     .  .Viigust  ^^^.^       \ssüc  "    ]874  ,    „         ■ 

Hentr..  1«7S.  .-..., 

Frreport:— ..Dentscdier  AnzeiK«'"- "  "•   ^^'^    '••   Wagner 

Jt  Söhne.  lSi>3. 


Cascade: — „Katholischer    Wächter",    J.    P.    Kir- 
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18S1. 


Ö88 


DIK  DKrTSCHK  l'KKSSK   IX   AM  Kl.'l  KA. 


<'liarli>Mt<in : 
IS.-.:'.. 


South  Liiiolina. 
,l)inits»'lu>     Zoitniiß*'.     Albert     Orth. 


Stiiilli  Pii.'.old. 

Kuri'ka:  -  ..Dio   Kiiroka  Tost  * '.  O.  .1.  Koo,   ISSM. 
Horr«»id: — „Caiiipholl  C'oiinty  Naciirioliten  ",  R.  M. 
Slonim.  lOn.i. 

Java:— „lIoroM".  «arl   F.  Cloinont.  100.".. 

Sioiix     FaÜ!«:     —    ..Nachrichten — Herold",    Hans 

Demnth.    l^OO. 
^■,•,Ilkl..l>  •    -..I);iki.ta   Freie   Presse". 


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Print.  Co.,  1888. 

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Print.  Co.,  1887. 

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1892.  ..Volksfreund",  L.  C.  V.  Co.,  1890. 
..Herold  &  \olksfreund  ".  L.  C.  V.  Co.,  187(5. 
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Nord-Stern   Assoc,    1901. 

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1898. 

^Larshfield:— ,.Dcmokrat",   D.   Publ.    Co..    1884. 

Medford:— ,.Der  Waldbote",  Gernian  Publ.  Co., 
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Dil-:  iJKU'i'sciii-:  i'in;ssi;  in  amkimka. 

Mfiiaslia: — .,Winnobago    Auzoijfcr",    J.    C.    Kliii-  /„„.„ 

kor,  ]881. 
Mririll:— ..Wis.'i.iisiii     Tli;ill.(.t.' ' ',    Otto    Hiisi'iiiilil.       ' ''•<li"-     li;;i|.i.|s :      ..Inua     ]\,s\\     \\,u\\     (.'mm. 111, 


öS» 


]8SS. 


issi 


.\lihv:mkco:~.,Aek('r-      (uul      (iartciiliau  Zcitmijr '  •,       « 'Imtoii :— ..Aiizri^cr  "     [<li;  ui,,il    in„-li,  „th,  h  , ,     l\ 
ISOS»,  The  Herold  Co.       „Amerikaiüsclic  Turn  (ioniiaiiii.    Dormaiiii  &   '  i.iiissi'ii.    IS«)«», 

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is7i'.     ..Der  (Jernumia  Reporter",  A.  Wetzel.  «Ü:    Drutlcr.    is7(i. 

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niauia    l'uld.    Co.,    1873.      „Der    Landniann ", 

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sior''    (rüm.-kath.),  E.  P.  C,   18SG.   „Freiden-       huuisvillr:      ..Anzciirer ' ",  L.    \n/    C. 
ker".  Freid.  P.  Co..   1872.      .,Xatio]ial   Refor- 
mer'",  Robert  Schilling,   1880;     „Rundschau"  

(luth.).    Germania    Publ.    Co.,    ISSO.      ..Krzie- 


hungs-Blätter ' '.  Masyarhus,lt,s. 

nkr: — ..New    I-Inglaml    Rund 
\nierican    Printing   Co..    iss:;. 


Monroe: — „Green  County  Herold",  Robert  Kolilc. 

2§77_  üiilyokr: — ..New    I-Inglaml    Rundsciian  ".    (!<,'rnian 


Xeillsville: — „Der     Deutseh-.Vmerikancr ",     R.     F. 

Rabenstein,    1880.  .  

New    Glarus: — „Der    Deutsch-Schweizerische    (Cou- 
rier",  John  Tlieller,  1897.  Michii/an. 

Oskkosh:  — ..Das  Dienstags-Blatt",  Allen  &  Weid-       ,  .  ...         , 

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Publ.   Co.,   1860.  t,     i        ,  ^.,.,,      ^j.--         .,Mi,.i,ig:n.      V,.lk-M:itt  "  •.      M:.-!^ 

1>I  .1  T^        i>)      /-i      T-.       r      TT      -n      rn       -IT-  i  i  \'olksblatt     Cn..      IS.'l.".. 

l'Ivmoutli: — ..Post",  C.  F.  &  H.  F.  T.  A\  andorsiu- 

bcn.  188Ö.  

Port;ige:  —  ..Rundschau      und      Wecker",      Frank 

Hi'idt.   lS7-i.  Miiuusolii. 

Port     Washington: — ..Herold".     W.     B.     Krause.        Mauk.ito:  —  ..Post". 

189(5.      ..Zeitung",  Carl   Fehlandt,   18öü.  

Hacine: — ..Correspondent ",  Hcury  Bonn,  188.3. 

Sank   Citv:— .,Pionier   &   Presse",    S.    C.    P.    Co..  Missouri. 

189(1. 

„  ,,   .  .  .,,  ^  T^         ,     „       ..        ^  ^^t.    Lnuis:    -..AiniTika     .   Gernian    Literarv   Society 

Sehleisingerville: — ..Der  Botschafter   ',      Gustav  nf  S^     \  o\\<^     1^72 

.Meister.  1897.  

Shawano: — ..Volksbotc   und   Wochenblatt",   V.    P..  

Co.,  188Ö. 

Sjiarta:— „Monroe     County     Demokrat".     ,1.      !'.  -^'''^   ^  ^""'''' 

Rice,  1860.  l,,Mk|i..rt  :      ..\V.»li.Mibl;.tt  ".  .lulius  St.dl.   isa.'.. 

Watertown:— ..Weltbürger",     AVeltb.     Publ.     Co..       K',„.i,ester:-   ..Abend  Post ".    R.    Germ.    Pnbl.    Co.. 


18, 


)•!. 


is.-,i. 


Westbend  : — „Beobachter",     "^Vashington      Countv 
Publ.   Co..   1880. 

Wcyauwega:  —  .,Die    Deutsche    Chronik",    C.    F.  ^'"^• 


Crane,  1898. 


Zweimal  woechentlich  erscheinende 
Blaetter. 


(■(.bnnbus:— ..Der     Westbote".     Germ:iii  Amrriean 

Publ.    &    l'rint.    Co..    1880. 
S;iud\iskv:-    ..D<Mnokr:it ".  Wm.   F.  Senn.   ISC.l. 


Tr.nis. 


Dallas:-   ..Xnid  T.'x.is   Presse".  C    l\    AH.Tniaim. 
Illinois.  1^!"- 

Quincy:— „Germania".  G.  P.  &  P.  Co..  1874. 

Hock     Island:— .,Rück     Islaiul— Moline     Volkszei-  irisconsin. 

tung",  V.  J.  Peter,  187Ö.  ,  ,  ...    ,.        ,•       wvu 

*     '  '  A|.pli'ton:  — ..(iegenw:irt      .    (.eg.    (  o..    l^'^.•. 

—  P.iuntain   City :  — ..Xor.lwestlicher  Courier". 

Indiana  Nrayville:-..r)odge     County     B.-.nn.-r"      Tl.e     K 
^"^'^""''-  Schwartz    Print.    Co..    1897.      ..Dodg.-    Coiinfv 

Evansville:— „Demokrat".  F.  W.  I.auenstcin,  1864.  IMonier",  .lacob  Müller.   1><7(;. 


ÖW) 


Dil:  i)i:uTScnK  i'Ki:s8i-:  jx  a.mijkika. 


Milwaukff:— ..(JiTiimiiia",  Gor.  riihl.  Co.,  1872. 
..Herold",  (JiTinaiiiii  lltTold  Ass..  1S54.  ..Der 
Soohntf  und  dor  Sonntii^js  Hoto ".  Coliimliia 
ruhl.  Co.,  ISöl.  „Wisconsin  lianniT  und 
Volksf  round  ".  Col.  Publ.  Co.,  1844.  „Deutsclio 
Warte".  Ccrniania  Pnld.  Co.,  1874. 

^<llel»oygan:-..Z.•itun^;".  Sh.   V.  Co..   1880.     ..Na- 
tional    Demokrat     und     Piynioutli     Corrcspoi' 
dont".  Dem.  Print.  Co..  I.sr,s. 

WauMiu: — .,I>«'r  Deutsche  l'ionier".  Paul  F. 
Stolze,  1882.  „Wochenblatt",  II.  T.  Heise, 
1871. 


Alle  zwei  Wochen  erscheinende  Blaetter. 


St. 


liiiiiis:- 


.1/ I.V.SO»;"'. 
,( 'liristlichc    Kiiiiier-Zeitung". 


New  Yor\\. 

New  York:— .,\'cr.  Staaten  Ordens-  und  Vereins- 
Reviie  ' '. 

Ohio. 

Borca: — ..Deutsch  .\merikanischo  Zeitschrift  für 
Theologie  und  Kirche".  Tlieol.  Faculty  of 
Xast   Seiniiiai'v.    1S7!». 

Cleveland:— „Der  Evangelische  Bundsbote",  Mat- 
till  &-  S.and.  ISOG. 


Uli  HO  ix. 


Chicago:— ..Lutherischer  Zioinbotc".     ..Die  Weser  Wisconsin. 

Nachrichten  ". 

o.nkpark: — ..Nachrichten  aus  Schleswig-Molstein  ",  I-^a  Crosse: — „Yolksrath",  Nordstern  Ass.,  1905. 

II.  Kaul.   ISSS.  :\Filwaukoe:--..Ceiiieiiide-Blatt    (Luth.). 


Missouri. 

St.  Louis:  — ..Die  Abendschule",  ill.  Farn.  Bl., 
Louis  Lange  Publ.  Co.,  IS.i:!.  ..Der  Luthera- 
ner", Concordia  Publ.   House,   1844. 


Xrw  York. 

.New    Vork:— „Bahn  Frei",    New    York    Tum  Ver- 
ein, 1882. 


Ohio. 


Cleveland  : — „Deutsch  -  Amerikanische    Krieger-Zei- 
tung", Rudolf  von  Ahlefeld,  189.5. 


Deutsche  Monats-Schriften. 


Illinois. 

Germaa    Valley: — ,.Dor   Mit;ir])eiter ",  Eev.   A.  F. 
Beyer,  1890. 

Tecluiy  : — ...\merikaiiisches     :\rissioiisblatt ",    röm.- 
kath.,    h'ov.    ilerman   Kiciiarz,    1902. 


Massachusetts. 

Boston: — ,.Der    Herold     der    Christian    Science", 
Christ.  Sc.   Publ.  Society,   1902. 


Deutsche  Halbmonats-Schrift 


en. 


Illinois. 
Highland:— „Das  Neue  Blatt",  Wm.  C.  F.  Kicdel, 


Indiana. 

Indianapolis:  --..Deutsch    -    Amerikanische    Buch- 
drucker Zeitung",  Hugo  Miller,   1873. 


Missouri. 

St.  Louis: — „Bote  der  Neuen  Kirche",  Sweden- 
borg. Carl  A.  Nussbaum,  18ö4.  „Deutsch- 
Amerikanischer  .Tugend-Freund",  evangel., 
Eden  Publ.  House.  1890.  „Evangelisch-Luthe- 
risches Schulblatt",  Concordia  Publ.  House, 
1865.  „Für  die  Kleinen",  Concordia  Publ.. 
House,  1895.  „Kinder-  und  .Tugend- Blatt", 
luth.,  Concordia  Publ.  House,  1872.  „Tjchre 
und  Wehre ' ',  theol.,  Concordia  Printing  j 
House,  1854.  ,. Magazin  für  TCvang.-JjUther, 
Homiletic",  theol.,  Concordia  Publ.  House,  , 
1896.  „Missions-Taube",  Concordia  Publ.  , 
House,  1878. 


Minnesota. 

Stillwater:— ..Der    Hermaims-Sohn     im     Westen" 
F.  C.  Neunieier,  1891.  ' 


New  Yorl: 

New  York: — ,,Der  Amerikanische  Bierbrauer",  A. 
Schwarz      Söhne,      1868.        „Deutscher     Vor- 
kämpfer",    Viereck     Publishing     Co.,     1175    I 
I^roadwav. 


DIK  DEUTSCHK  l'KKKSK   IN   AMKUIKA. 


:.<»i 


Ohio. 

C'incinnati: — „Der  Sondbote"  (röm.-kath.),  The 
Franciscanor  Fatliers,  1S73.  ..TIaus  und 
Herd''  (nietli.-cpisc),  Jennings  &  Graham, 
1872. 

Clcveland: — ,.T)or  Jugond-IIerold",  P.  Rothe, 
]S89.  „Der  :Missionsbote",  Central  Tiibl. 
Ilouse,   1884. 


Oregon. 

.\rt.    Angel: — „Der    Armen-Seolen-Freund ",    Bene- 
dictine  Fathcrs. 


Pennsylvania. 


Lancastor: — „Xciikirchenblatt  ",    Lmiis    II.    Tafel, 
(Jerman     .Missi(in:irv     l'niDii    of    New    ('hiirch' 

1SS7.  ■  ' 

Ivrading:— „Der    Sonntagsgast",    O.    X.    Wcnncr, 
1.S71. 


T(xa.t. 

Dallas: -..IVld  und  Flur",  F.  &  F.  i*.  Co. 
San   Antonio: — „Der  Herniannssohn  ". 


It'isconsin. 

Ilaniliurg: — „Der     GeflügelZiiehf.r ' '.     I».     ('..     Z. 
Publ.  Co.,  1888. 

Mihvaukee: — „Die    Deutsche    Hausfrau",    Hausfr. 
Publ.   Co.,   1904. 


Allentown: — ..Der  Jugend-Freund",  S.  L.  Brobst,       Saint    Francis: — „Caecilia"(mus.),    John    Siegen- 
1847.  berger,  1874. 


592 


DIK  DKUTSCHK  l'KKSSK   IX   AMERIKA. 


Suatrn  und  Truitonrn 


lacglichc-    ^onnl«^^5-         3mal 


Alle 


Halb- 


Zfilungcn   Zcilungcn  wocchfnil.  wocchenll.  wocchenll.    Wochen     monatlich 


Monatlich 


Ge»an 


ahi 


AIit1»iiii:i 

Arkansas 

<'nlit'(>riii:i 

Cüluraild    

Connei'tifiit    

Delawan-    

Klori.la    

(it'orjjia    

Iilalio    

Illinois   

Iiiiliana   

Iiiwa    

Kansas   

Kontiiikv    

Ix)iiisianM 

Maine 

Maryland  

Mrissailinsotts 

Micliij;aii    

Minnesota    ... 

Mississippi    

Missouri   

Montana    

Nt'braska    

Ncvaila    

Xow  Ilanipsliiro  .... 

X«'\v  .Tcrsi  V    

Xfw  York    

Nortli  (  arolina    

North  Dakota    

Ohio    

Oklahoma    

Orcjjon    

IN-nnsylvania     

Hliodf   IslaiKJ    

Sonth  ( 'arolina    

South   Dakota    

Tennessop    

Texas    

T'tah    

Vi'rniont    

Virginia  

Wrst  Virginia    

Wisconsin    

Wyoming    

Distrii-t  of  Columliia 

New  Mexico   

Arizona   

Alaska    

Hanau    

SiiMinii'    


II 
3 
2 


I 
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1 
1 
4 


60 


2 
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3 


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6 


18 


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29 


2 

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1 
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12 
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12 
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14 

21 

1 

14 


13 
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1 

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62 

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33 

12 

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0 

0 


17 

18 
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39 
1 

17 
0 
0 

15 

56 
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3 

68 
6 
3 

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1 
1 
5 
3 

24 
1 
0 
1 
2 

81 
0 
1 
0 
0 
0 
0 


785 


TagesZoitungcn  in  41   Städten  iiiid  IS  Staaten. 

Sonntags  Zeitungen  in  24  Städten  und  13  Staaten. 

;!mal  wikdientl.  Zeitungen  in  G  Städten  und  4  Staaten. 

2mal   wöchentl.   Zeitungen    in   15  Städten  und  12  Staaten. 

Imal  wiM-h.'ntl.  Zeitungen  in  29.1  Städten  und  :U]  Staaten  un.i  1   im  District  of  Colunilüa. 

Alle  zwei  Woelien  ersi-lieineiule  Blätter  in  5  Stallten  und  4  Staaten. 

2mal  monatl.  Blätter  in  9  Städten  und  6  Staaten. 

.Monats-Blätter  in   16  Städten   und   9  Staaten, 

In  nenn  Staaten  sind  keine  deutsehe  Zeitungen  verhauden.  nämlieli  in  Idaho,  T.ouisiana.  Maine, 
Mississippi,   Nevada,   New   Hampshire,   North   Carolina,   Vermont  und   Wyoming. 


i^utörbr  im  nrffnttlirlunt  SIrlunt, 


CARL    SCHURZ, 

der   im   ocffentlichen    Leben   der   Vereinigten    Staaten   hervorragendste   und 
bedeutendste   Deutsch-Amerikaner. 


Deutsche  im  oeffentlichen  Leb 


en. 


Carl  Schurz,  unbestritten  der  bedeutendste  Deutsch-Amerikaner. 


Von  don  letzten  Ausläufern  der  Riesen- 
Sl.idt  X(nv  Yoi'k  niclil  idlzinveit  entfei'id 
lic.ut  ;ml"  grüner  ITölio  ein  Aeker  Gottes, 
dess'  Krdreieh  gar  köstlichen  Samen  ])ii'L't. 
"Sleepy  Hollow"  nennen  die  Leute  das  so 
maleriseli  am  Ostufer  des  TTudson  Strouu^s 
über  dem  Städtehen  Tan-ytown  sich  hin- 
ziehende Gefilde  mit  seinen  yrünen  Bän- 
iiicii.  seinen  üppigen  Strjiuchern.  seincMi 
saftigen  Rasen,  seinen  inariiiorncii  Dciik- 
/.('ichen  an  mit  niunicn  geschinück-tcn  Grä- 
hcin.  Gar  mancher  wackere  ]\Iann  ruht  in 
diesen  ..Höhlen  des  Schlummers"  \(iii 
einem  l)ewegten  nnd  ai'beitsreichen  Lehen 
aus.  gar  manchen  in  die  Tafeln  der  Ge- 
.schichte  mit  (»luMnem  Griffel  tief  und  nn- 
verlöschlich  eingegrabenen  Xamen  liest  auf 
den  weissen  Steinen  der  Wanderer  im 
langsamen  Schreiten  durch  den  melancholi- 
schen Frieden  des  Ruhei)latzes  der  T(xlten. 
nianchen  Namen  guten  und  goldechten 
Klanges.  Einer  Chronik  des  Bürgerkrieges 
gleicht  dieser  Friedhof  mit  seinen  Tleldeii- 
giäbern.  in  denen  Führei-  und  Kämpfer  in 
fast  allen  grösseren  Aktionen  des  gewalti- 
gen Ringens  zwischen  feindlichen  Brüdein 
zum  ewigen  Schlaf  gebettet  liegen. 

Ein  kleiner  Hügel  ragt  inmitten  dei- 
Gräberstatt  empor,  wie  geschaffen  zur  Auf- 
nahme eines  ganz  Grossen,  eines,  der  selbst 
in  dieser  illustren  Gesellschaft  von  bedeu- 
tenden ^Männern  noch  Anspruch  auf  beson- 
dere B(vichtung  und  Ehi'ung  erheben  darf, 
^wei  Xadelbäume  breiten  ihr  stai'res  Geäst 
über  das  Blumenbeet  aus.  unter  dem  di-i 
Grosse  schhnnmei-f.  uinl  zu  TTäupten  des 
sehlichten  Gral)es  erhel)t  sicli  wuchtig  u\\(\ 
breit,  einfach  und  zierlos  ein  Granitblock, 
von  des  Steinmetzen  kinuligei-  Hand  ■.o\ 
einem     dei-ben     Pyramiden-Stumi)f     zug«-- 


•i'"'>ieii.  I'iid  ;iii  ,i,.r  iJjisis  des  (irabmales, 
auf  hcivoilicteiidei-  Sehriff tafcl  steht  ein 
.\aiiie  —  .sonst  nichts;  kein  Gcburt.s-,  kein 
Sterbe-Tag.  kein  Titel,  k.-in  L..bspru.-Ii. 
kein  Wort,  das  ;ds  Kpitaph  gedeutet  wei-- 
den  könnte,  .\ielits  weiter,  als  d.-r  Xanie — 
Schui'z. 

•Xichts  als  der  .Xaiiie  Schurz,  und  d«'r 
genügt  als  Gi-absehrift  für  ewige  Zeit-n. 
Alles  Andere  wjire  überflüssig,  ja  sogj.r 
störend.  .\ls  im  l-'rüliroth  des  14.  .Mai  liKKi 
dei-  grosse  Staatsmann.  Soldat  und  IMiilo- 
so|)li  hinunterging  in 's  unbekannte  Land, 
als  die  Zeitungen  dcy  .Metr(tpole.  d«»r  Tele- 
graph luul  das  Kabel  es  aller  AVclt  kurz 
und  kna])p  vei-kündefen  :  Schurz  ist  todt  — 
da  gab  es  in  beiden  iremisphäreu  keinen 
.Arejischen  \dn  durchschniff lieber  liilduuL', 
der  nicht  gewusst  hätte,  dass  Amerika,  dass 
die  deutsche  Xafion  i-inen  dei-  Edclsf-n 
nnd  Grössten  verloicn.  Hüben  wie  drüben 
füllte  man  lange  Spalten  mit  Xachrufen. 
die  gelesen  wurden  oder  ani-h  nicht.  Was 
verschlug  es,  wenn  sie  nicht  gele.s«'n  wui- 
den  .'  AVer  Schurz  war.  wusste  Jedei".  was 
ei-  in  seinem  langen  Leben  gewirkt  mid  g«'- 
than,  wusste  .feder.  und  was  dann  von 
emsigen  Forschein  an  interessanten  Details 
aus  dem  Lebenslaufe  des  .Mannes  hei-vorge- 
hoben  wurde,  das  trug  höchstens  dazu  bei. 
das  I^ild.  das  man  von  ihm  im  Herzen  tr\ig. 
zu  vei'vollsfändigeii.  auf  das  l'orfrät  die 
letzten  Lichter  zu  setzen.  .\ls(»  wozu  noch 
laiiL'c  Worte  machen.'  ..Schurz  ist  f(»dt  " — 
an  die  Ti-agik  dieser  drei  Worte  konntv« 
nichts  heranreichen.  — 

Was  an  Carl  Schurz  Sterbliches  war. 
nahm  .Mutter  Erde  in  ihren  Sclioss  auf. 
Das  Andere,  was  an  ihm  war.  das  Cnnr'ss- 
barc.     rnfassbare.    .\lles.    was    sein    klan-r 


Ö'J« 


nKl'TS(Hi:   IM   OKFFKNTLICIIKN   l.KHEN. 


(leist  ncsi'liatTcn.  Mifl»  in  «It'i-  WAt  zuriu-l: 
als  Vrniiäfhtiiiss  für  koinnicndi'  Ge- 
schlrclit«'!-.  l'iul  weil  in  (l«'i-  iiH'iiscliliclK^n 
Natur   tirf  irefrrüiidct    dir   Vorclinni^'   für 


^vährend  Schurz  nach  der  Schweiz  entkam. 
Ihm  Avnr  das  Lohon,  nachdem  seine 
Freunde  standreclitlich  erscliossen  waren, 
nichts  mehr  werth,  docli"  schmerzte  es  ihn 


das  ErlialMMic.  das  Sdiöne  wurzelt,  weil  mit  tief,  seinen  Freund  nnd  Lehrer  in  der 
dem  AMflicti  .'incs  Orossen  seine  frueht-  Zuchthausjaeke  zu  wissen.  Va'  heschloss, 
hi-inp'iide  freist ijrc  Wirksamkeit  noch  lange  ihn  zu  befreien.  Sicherlich  war  der  Ent- 
nicht  ei-storhen  ist.  weil  die  ^Menschen  ein  schluss  für  einen  hilflosen  .jungen  Flucht- 
Gefühl  der  Dankbarkeit  gegen  den  Dahin-  ling  ein  mehr  als  gewagter,  aber  Schurz 
gesehiedenen  empfinden,  haben  sie  es  nicht  wollte  lieber  sein  Leben  lassen,  als  noch 
dabei  bewenden  las.sen.  mit  der  letzten  Erd-  länger  seinen  Freund  in  Gefangenschaft 
schölle,  die  auf  d«'n  Sarg  rollte,  ihr  letztes  ^vissen. 


Lcbewold  mitzusenden,  nein,  sie  hatten 
sich  vorgenoMMuen.  dem  Namen  Carl  Schur.; 
aucii  in  anderer  AVeise  ihren  Tribut  zu 
zollen. 

Carl    Scliurz    war    der    jüngste    der    im 
Sezessionskriege  thätig  gewesenen  Achtund- 
vierziger.    Fr  wurde  am   2.  ^lärz  1829  in 
Liblar    in    der    Nähe    von     Köln    geboren, 
und  studirte  Geschichte  und  Philosophie  an 
»jer    rnivei-sität    Uonn.      Dort    lehrte   Pro- 
fessor Kinkel,  der  in  die  jugendlichen  Ge- 
müther seiner  TTöi-er  liberale,  freiheitliciie 
(icsiMiiungen     pli;iii/te.       Tm     Jalire     18-18 
lirach   <lie   K'evolut ioii    ans.    und   der  .junge 
Schurz    betheiligte    sieli    ati    ihr    mit    den 
Waffen  in  der  Hand.     Der  Aufstand  wurd'^ 
nicdergesehlagen.  und  Sehui'Z  musste  nach 
Baden  fliehen.     Dort  war  damals  der  An[- 
stand  noeh  im  (ian^n'.     Sehui'z  trat  in  das 
\'(»lksheer    ein    und    wurde    Adjutant    des 
Gencralstabschefs  uiul  Konnnandanten  der 
Festung  Kastatt.     liier  traf  er  wieder  mit 
Kinkel,    seinem    früheren    Lehi'er.    zusam- 
men :  Kinkel  hatte  seine  ihn  hochschätzen- 
den llüi-er  zum  AVidei-stand  gegen  die  Re- 
giennig  geleitet  und  sich  mich  dem  ]Miss- 
lingen    des    rheinischen     Aufstandes    nach 
liaden  geflüehtet.    Abel'  auch  hier  nnterlaj: 


Unter  angenonnnenem  Namen  begab  sich 
Schurz  nach  de»-  Festung  Spandau,  bestach 
die  AVächter  des  Gefangenen,  traf  alle  Vor- 
bereitungen für  die  Flucht  nach  England, 
und  im  November  1850  war  das  erstaun- 
liche AVagestück  gelungen.  Kinkel  ging 
von  London  nach  Amerika,  sein  Retter 
jedoch  blieb  noch  mehrere  Jahre  am 
Strande  der  Themse,  bis  es  auch  ihn  nach 
dem  Lande  der  Freiheit  zog.  avo  er  sich  zu- 
nächst in  AYatertown.  AVis.,  niederliess. 

Kaum  einem  Sterblichen  wohl  war  es  wie 
Schurz  beschieden,  schon  bei  seinen  Lebzei- 
ten von  seincMi  IMitbürgern  die  Anei-ken- 
nung  zu  linden,  die  dem  armen  Verbainiten 
in  verhältni.ssmässig  kurzer  Zeit  nach 
seiner  Ankmift  im  Lande  der  Freiheit  zu 
theil  wurde.  Allerdings  lagen  die  Yerhiill 
nisse  für  Schurz  besonders  günstig.  Eine 
mächtige  Bewegung  brauste  durch  das 
Land.  Die  jüng.st  gegründete  republikani- 
sche Partei  hatte  der  Sklaverei  den  Krieg 
bis  auf  das  Alesser  erklärt,  nnd,  wie  alle 
Achtundvierziger,  schlos.s  auch  er  sich  der 
jungen  repnl)likanischen  Partei  an.  Im 
Jahre  1856  bereits  sehen  Avir  ihn  auf  der 
politischen  Rednertribüne,  von  der  h(U-ab  er 


der  Aufstand,  nur  die  Festung  Rastatt  hielt      Roden  für  Fremont  hält.     Im  Jahre  1858 

fand  der  grosse  politische  Zweikami)f  zwi- 
schen Stephan  Douglas,  dem  nördlichen 
(liberalen)  Demokraten,  und  Abraham 
Lincoln  in  Illinois  statt^  in  dem  sich  beide 
um  die  AVürde  eines  Bundes-Senatoi-s  die- 
ses Staates  bewarben.  Beide  bereisten  den 
Staat     als     „Stump-Redner"     zusammen, 


Stand.  Sie  wurde  eingeschlossen,  nnd  am 
f).  Juli  begann  das  Bomliardeinent.  \ls 
<lie  belagerten  die  (Jewissheit  iihingt 
hatten,  dass  alles  verloren  sei,  ergaben  sie 
sich.  Kommandant  Tiedemann  nnd  dreis- 
sig  Genossen  wurden  erschossen,  Kinkel  zu 
leben.slänglidiem     Zuehthause    verurth 'ilt, 


DEUTS<'III-:    IM   OKFFKNTLK  1I|;n    I.I:|{|.;X. 


-.»: 


wälireiid  das  ganze  amerikanische  Volk  mit 
atluMiiloser  Spannung  dem  Ixcdokampfe  die- 
ser seiner  sehärfsten  Denker  und  beredte- 
sten Kedner  lausehte,  denn  es  handelte  sieh 
dai'uni,  ob  der  Nordwesten  mit  dem  Osten 
vei-einigt  gegen  den  sklavenhaltenden  Sü- 
den vt»rgehen  sollte,  oder  nieht.  Hei  diesem 
Titanenkampt'e  betheiligte  sieh  aueh 
Schurz,  und  zwar  fast  immer  in  englisehei- 
Sprache,  die  er  bereits  völlig  bemeisterte. 
Grosses  Aufsehen  erregte  Ijesonders  seine 
Rede  in  Chicago  über  den  ,, unvermeidli- 
chen Konflikt".  Douglas  ward  damals  er- 
wählt, obwohl,  alle  Stinnnen  zusammenge- 
reehnet,  Lincoln  eine  ^Mehrheit  von  öOOO 
Stimmen  hatte.  Es  war  aber  die  Einthei- 
lung  der  Wahlkreise  für  ihn  ungünstig. 

Die  junge  republikanische  Partei  rüstet.? 
.sich  nun,  ermuthigt  durch  das  Resultat 
dieses  Kami)fes,  auf  die  bevoi-stehende  Prä- 
sidentenwahl. Sie  wusste  aber,  dass  sie  zu 
ihrem  Siege,  besonders  im  Nordwesten,  der 
deutschen  Stimmen  bedurfte,  und  die  Deut- 
schen waren  bisher  in  grosser  ^Mehrheit  mit 
den  Demokraten  gegangen,  weil  dieselben 
sich  den  Einwanderern  und  ihren  Rech- 
ten gegenüber  freundlieh  gezeigt  hatten, 
während  die  Whigs,  die  Vorgänger  der  Re- 
publikaner, stark  nativistisch  angehaucht 
waren.  Um  den  Republikanern  bei  den 
Deutschen  Eingang  zu  verscha fiten,  musste 
nun  der  Beweis  angetreten  werden,  das3 
sie  nieht  nativistisch  gesinnt  seien.  Gele- 
genheit bot  sich  hierzu,  als  im  Frühjahre 
1859  in  Boston  das  nativistische  Zwei- 
Jahrs-Amendement  betrieben  wurde,  mit 
der  Bestimmung,  dass  Einwanderer  erst 
zwei  Jahre  nach  Erwerbung  des  Bürger- 
rechts stimmfähig  .sein  sollten.  Auf  Einla- 
dung der  republikanischen  Partei  ging 
Schurz  nach  Boston,  das  Amendement  zu 
bekämpfen,  ein  Auftrag,  dessen  er  sich 
erfolgreich  erledigte.  Noch  klarere  Stel- 
lung nahm  die  Partei  bei  ihrem  National- 
Konvent  in  Chicago  1860,  zu  dessen  Dele- 
gaten Schurz  gehörte  und  im  Auftrage  des 


einverleil)1<':     ..|)i,.    icpublikaiii.s.li..    l'.-.rtei 
ist  jeder  I  iniiiKlcniiig  der  .Xatiirali.sations- 
(ie.setze   (icf    l'iiidii   ddci-   irireiid   eines  ein- 
zelnen   Staates    abhol.l.    .Iiinh    weiclir    ,li,. 
I)ishei'  den  Einwanderern  aus  fremden  Län- 
dern bewilligten  Bürgerrechte  verkürzt  oder 
Ix'eint  rächt  igt  werden  könnten,  sie  i.st  viel- 
iiiehi-  dafür,  den  Heciilen  aller  Klas.sen  von 
Bürgern,  mögen  sie  eingeboren  oder  natnra- 
lisirt  .sein,  vollen  Schutz  angedeihcn  zu  las- 
sen, .sowohl  im  In-  wie  im  Auslande".     .\nf 
(licsciii     Konvent     wurde    bekanntlich    i^in- 
eoin    iiominii-t.      Schurz   war    .Mitglied   de-s 
Ausschusses,    welcher    Lincoln    in    Spring- 
field   von  seiner  Nomination    in    Keinitniss 
setzte.      Eifrig    redete    er    in    dem    Wahl- 
kampfe  für    ihn,    obwohl   er    ui-si)i-ünglich 
nicht  für  ihn  gestimmt  hatte.     Ajii  berühm- 
testen ist  .seine  Kede.  die  er  im  August  in 
St.  Louis  über  den  „bevoi-stehcnden  l'ntcr- 
gang  der  Sklaverei"  hielt.  In  Anerkeinnuig 
dieser  Dienste  ernannte  ihn    Lincoln  nach 
seiner  Wahl  /.um  Gesandten  in  Spanien,  wo 
Schurz  von  der  Königin  Isabella  mit  holien 
Ehren  empfangen  wurde.     Es  litt  ihn   in- 
dessen nicht  lange  auf  dem  verhält ni.ssmsLs- 
sig  unthätigen  Posten,  während  daheim  der 
furchtbare     Sezessionskrieg     wüthete     und 
immer  gefahrdrohender  wurde.     Er  kehrte 
zurück   und  übernahm   die  Fühi'ung  einer 
Bi'igade  unter  Geiiei-al    Sigel.   welcher  da- 
mals   in    der    Potomac-Armee    mitkämpfte 
Dadurch  hatte  er  Antheil  an  drei  gnxs.sen 
Schlachten  :  an  der  zweiten  am  Bull   IJun. 
wo  die  von  Poi)e  schlecht  geführte  Potomac- 
Armee    eine    gi'ossc    Niederlage    erlitt    mid 
Sigel  den  Rückzug  nach  Ccntrcville  deckte; 
an    der    Schlacht    bei    Chancellorsville.    wo 
(lenei-al  llodker  über  den  Uapidan  zurück- 
gedrängt wurde,  und  an   dei-  Schlacht  bei 
Gettysburg,  wo  ]\Iea<le  die  in  riiuisylvanicn 
eingefallenen  Konföderirten  zurücktrieb. 

Nieht  lange  nachher  wurde  Schurz  zum 
General-Major  ernannt,  worauf  er  seiner 
jiöhereii  Stellung  entsprechend  seine  Fähig- 
keiten    in    erheblich   grösserem   ^la.sse  zur 


Konventes  seiner  Platform  folgenden  Satz     Geltimg  bringen  konnte. 


598 


DKrTScmO  IM  ÜEFI-^ENTLICHEN  LEBEN. 


Wälin-ml  (Ifs  K ri«'}j:o.s  benutzte  Scliuiv. 
jfdi'  (M'l»'};»'iilirit.  wi'lclic  sich  hot.  um  im 
Xordi'ti  l)t'i  «.Tossi'U  Volk.svc'r.siimmluii.i,'('U 
«lif  ({i'iniithcr  auf  die  (iiiisse  der  liewej^uujj; 
hin/uweisen.  die  in  nichts  friösseirni  be- 
st ehe,  als  der  Aufhehun«;  der  Skhiverei. 

Zweifelhxs  war  Schurz  im  neuen  V;iter- 
lande  vom  (Jlück  mehr  l)e<rünstijrt.  als  drü- 
ben, aber  an  Konflikten  hat  es  ihm  auch  hier 
ni«*ht  «renianjrt'lt.  Präsident  Andrew  John- 
.soii  verlanjrte.  (hi.ss  die  in  Hebelliou  gewe- 
senen Staaten  auf  di-m  Civilwege  wieder  in 
«lie  l'nion  aufgerionnnen  werden  sollten, 
während  der  K()n«ri'e.ss  der  Ansicht  war, 
da.ss  dies  unter  der  Aufsicht  der  ]\Iilitärbe- 
liörden  L'cschehen  solle.  Jolni.son  .sandte 
Schurz  nach  dem  Süden,  um  die  Verhält- 
nisse zwischen  Wei.ssen  und  Farbigen  zu 
initersuchen.  Sein  Bericht  war  sorgfältii'; 
und  erschöpfend,  fiel  aber  durchaus  nicht 
luu'h  dein  Wunsehe  des  Prä-sidenten  aus, 
weswegen    er    luiterdrückt    werden    sollte. 

In  den  nächstfolgenden  Jahren  finden 
wii-  Cai'l  Schurz  wieder  bei  und  in  seinem 
«'igen! liehen  Berufe  als  Literat,  sei  es  als 
Hedakteur  und  Eigenthümer  gros.ser  Zei- 
tungen oder  als  Korrespondent  für  .solche, 
docli  auch  in  diesem  Berufe  findet  er  keine 
dauei-nde  Befriedigung.  Er  kehrt  nach 
Deutschland  zurück  und  hat  dort  die  ewig 
denkwürdige  Unterredung  mit  I^ismarck  — 
der  ehemalige  Revolutionär  mit  dem  Ver- 
treter des  konservativsten  Regierungsi)rin- 
zips  im  alten  Eui-opa.  Dei-selbe  Schurz,  der 
17  Jahre  vorher  bei  Xacht  und  Nebel  als 
ZuchthaussträHing  hatte  fliehen  mü.ssen, 
wird  vom  ersten  Minister  als  Freund  em- 
pfangen - —  so  IkiIk-u  sich  die  Zeiten  ge- 
ändert. 

Bald  darauf  erwählt<'  die  Legi.slatur  von 
.Mis.souri  Schurz  zmn  i^unde.s-Senator,  und 
somit  war  er  es.  der  es  als  erster  Deutsch- 
Amerikaner  zu  dieser  Wüi-de  gebracht  hat. 
Noch   aber   hatt»'   er   den    (;ipfel    nicht    er- 

klonnnen.  ei-  .sollte  n(»ch  höhei-  stei<r<'n.  

CJrant   war  Präsident.     Dieser  machte  dei: 


Versuch,  die  Insel  San  Domingo  den  Ver- 
einigten Staaten  anzugliedei-n.  Futer  .sei- 
ner Verwaltung  wurden  den  Fi-anzo.seii 
während  des  Krieges  mit  Deutschland  Waf- 
fen verkauft,  (irant  huldigte  dem  drund- 
.satze.  da.ss  ei-  zu  seiner  i*arfei  unbedingt 
stehen  müsse.  Diesen  Standpunkt  theilte 
nun  Sclnirz  ganz  und  gar  nicht,  .so  zwar. 
da.ss  er  zunächst  eine  unabhängige  Stel- 
lung eiiin.-ihiii  und  dann  für  eine  neue,  die 
liberal  -  republikani.schc  J'artei.  agitirte. 
Dieselbe  hielt  im  Jahre  1872  einen  Kon- 
vent in  Cinciiniati  ab.  Schurz  wurde  zum 
Vorsitzenden  gewählt.  Doch  wurde  der 
l'iiisidentschaftskaiulidat.  Tloi-ace  fireelev. 
im  AVahlkampfe  geschlagen. 

Sehein  bar  gesehlagen   und  erfolglos  trat 
im  nächsten  Jahre  Schurz  seine  dritte  Kei.sc 
nach  Europa  an.  Er  war  aber  nur  .scheinbar 
geschlagen.      Als    bei    der    näcli.sten    Wahl 
Hayes  Präsident  wurde,  sah  er  sich  nach 
gemässigten  :Mäiniei-n   um,  die  ihm   helfen 
sollten,  .sein  Amt  in  jener  Zeit  gegenseitiger 
Ei'bitterung     in     versöhnlicher,     unpartei- 
ischer Weise  zu  verwalten,  mid  er  glaubte 
für  den   Posten   des  Sekretärs  des   Innern 
keinen   geeigneteren   :\Iann   finden   zu  kön- 
nen,  als    Carl    Schurz,    welcher   durch   die 
That  bewiesen  hatte,  da.ss  er  für  die  (irund- 
sätze  seiner   Partei   zwar   grosse   Opfer  zu 
bringen    vermöge    nnd    dass    ei-    für   seine 
Freunde   alles  Avagen   könne,   da.ss  er  sich 
aber  auch  den  ^luth  per.sönlieher  Ueberzeu- 
gung  zu  wahi-en  im  Stande  .sei.    Schurz  hat 
das  in  ihn  gesetzte  Vertrauen  wohl  zu  wür- 
digen   gewusst    und    auch    gerechtfertigt. 
Ihm  und  seiner  Verwaltung  verdanken  die 
Vereinigten    Staaten    die    Idee    der    ("ivil- 
dienst-Reform,  die  Idee,  mich  welcher  die 
Aemter  nicht  eine  Beute  der  jeweilig  am 
Ruder  befindlichen  Partei  .sein,  sondern  von 
einem   fähigen,   ei-falirenen   Beamten.stande 
veiwaltet  werden  .sollten.    Es  war  natürlich 
nicht  zu  erwarten,  da.ss  eine  solch  umwäl- 
zende Idee  sich  .sofort  hätte  Bahn  brechen 
können,  denn  gut  Ding  will  Weile  haben. 
Aber  dass  die  Anregiui^  beim   amerikaui- 


DEUTSCH  K  T^r  OKFFKXTLK'HKX    [.KliFV 

•  599 

sclHMi  Volke  auf  fru.-l.tharen   Boden  .efal-  kann   i.l.   n.il    ,rnt..,M   (Jewiss,-,.   insol-n.   in 

len    .st    und    da.ss    l.esunders    ,lie    deutsei,-  AnspruH.  nelnn.-n.  als  ...ir  1...!  IMheili.Mn..^ 

an.enl<an.schen  Bürger  «li.  ( "i  vildienst-Re-  an  i;ir..n,l„.l,..M  AnHe^,enh..il,.n  als  d-uts-h 

form  tur  wunsehenswerllu  für  ausführbar  -ehnr-n..,,,      Uü,-.,.,-     stets     d.-r     ({...{-.nl- 

und  für  notlnvendig  hielten  und  jetzt  noch  ,Mass,ir.-l,..nd  u.r.  dass  i.-h  vor  .dl..,,  Din^Mw, 

fort,,^set^t   halten,    das   iH-weist   fast   jeder  d.,.,  d..„ls..h.„   X;„.,..„  i„   A nk.  nien.ais 

i-'^^r:n^\\ortmu\^.hnit.  S.-handr     n.a.-h..,,     .lürfe.       Das    ist     nn-in 

Im  Jahre  1881  wurde  Schurz,  dei-  früher  i<'<lli«-hi's     i'.cstreheu    {,'ewesen.       Alx-r    ich 

als  Washingtoner  Korrespondent  der  New  ''"'"'     H'''"     niemals    an<i-(Mnasst.     mich     als 

Yorker    ..Tribüne",    als    Herausgeber    dei-  ''"ühicr  de-  Ai,,erikanei-  deutschen  .Namens 

von    ihm    in    Detroit    gegiündeten    ..T*ost"  '"    •''"'■    Weise   aufzuwerfen,    dass   ich    ver- 

und  als  Redakteur  der  ,.AVestlieheu  Post"  l-'iigte.     die     Deutsch-Amerikaner     sollten 

in  St.  Louis  journalistisch  thätig  gewesen  ""'lir  als  i,'gei,d  ei,,  anderer  Theil  der  He- 

war,  Chef-Redakteur  der  „Evening  Post"  vülkerung      mci,,,.,'      Führung      !)lin<llings 

in  New  York.     Im  Jahre  1884  war  ci-  eii,er  fo'^fn.      Id,    habe   stets   i,ii,-   a,,    ihre,,   ge- 

der  ersten  luiter  den  unabhängigen   Hepu-  "^'"idei,     .Menschenverstai,d.    il,,-    l'tliehtge- 

blikanern.   Avelehe  gegen   James  G.   Blaine  ^'^'''^'    ^'ii"^'    I'^'""«'    und    il,,eii    Patriotismus 

auftraten.    In  den  Staaten  New  York,  New  'ipix'Hirt    und    nie    verfehlt,   sie   daran    zu 

Jersey,  Connecticut  und  in  einigen  westli-  "i'ihnei,.  dass  es  die  ei-sti-  Pllicht  des  liür- 

chen    Staaten    hielt    Schurz    Reden    gegen  "'''"'^   "^»'i'    ''*''    ^'^r   Aiisiilunig  seiner   politi- 

den     Helmbusch-Ritter     imd     für     dessen  ■'^^'l!''»  Rechte  sich  nach  bestem  Wissen  und 

demokratischen     Gegenkandidaten     Grover  Köi,i,e,i     eine     eigene     Ueberzeugung     zu 

Cleveland.    Letzterer  wurde  gewählt.  Auch  ^''hatif'ei,    und    dann    ii,it    unerschrockenem 

in  den  beiden  folgenden  Präsidentschafts-  -^Intl'    dieser    reberzeugung  nach    zu    l,ai 


Kampagnen,   in   welchen   Cleveland   demo-  '^'''"-     ^^'^^  ''<>'»*'  inuner  geglaubt,  dass  die- 
kratischer   Kandidat   war,    derjenigen   von  .i''J>i^en    Deutsch- Ai,ie,ikai,ei-  das   Deiitscli- 
1888.  aus  welcher  Benjamin  Harrisou  als  1'"ii,i  in  Amerika  am  besten  vertreten  und 
Sieger    hervorging,    sowie    der    von    1892.  '""     wirksamsten     heben,     die     i,,,     besten 
welche  zur  Wiederwahl  Cleveland's  führte,  i^i'me     des     Woi-tes     bestiebt     si,,(|.     dem 
war  Schurz  als  Redner  für  ihn  thätig.     In  Lande    nützlich    zu    sein,    ihre    politischen 
den  Kampagnen  von   1896   und   1900  trat  Rechte   gewissenhaft    auszuüben    und    ihre 
er  entschieden  gegen  Bryan  und  Preisilber  ^'«'"en    Pflichten   dem   (Jemeinwesen   gegeii- 
auf,  unterstützte  aber  1904  Pai'ker  gegen  *''•*''"  ^'"   «'i-fülle,,.      Cnd   solcher   Vertreter 
Roosevelt.      1892   wurde   Schurz   Präsident  ^^''^    <'^   ^'i^*'^'   ""^er   uns.      Wem,    eine   ge- 
der  Civil-Dienst-Reform-Liga.     Er  war  ein  '"''••hte     Geschichtsschreibung     von     denje- 
Gegner  der  Expansions-Politik.    An  seine,,,  "igen  spricht,   welche  die  Wildnisse  die.ses 
75.  Geburtstage,  am  2.  :\Iärz  1904.   wui'de  K'oi,tii,ents    in    blühende    Gärten    verwan- 
er  zum  Gegen.stande  grossartiger  Ehrungen  <l«'lten,   in   der  amerikanischen    Kinöde  ge- 
gemacht.    Bei  einer  vom  „Liederkranz"  in  ««'häftige    .Märkte    aufbauten.    Städte    mit 
New  York  veranstalteten  Feier  entwickelte  tleissigen.  ordnungsliebenden  bürgern  füll- 
er  sein  iiolitisches  Glaubensbekeiuitniss  und  <<""•    PHegeschulen   der   Bildung  und    Wis- 
legte  dar,  wie  er  die  Pflichten  (mucs  Büi'-  senschaft    mit    wirksamer    Lehi-kraft     und 
gers  deutscher  Abstammung  auffasse.     Er  Forsclnnigsgeist    beseelten    und    in    Zeiten 
•sagte    in    seiner   Rede:      ,,Es    ist    mii-    die  de,-  Gefahr   mit    patriotischei-  Opferwillig- 
Ehre  geworden,  als  Vertreter  des  Deutsch-  keif     ibi'    Blut    in    Strömen    vergos.sen.    so 
thums   im   öffentlichen    Leben    unserei-    iie-  wii'd  sie  zahllose  deutsche  .\an,en   nennen, 
publik  bezeichnet  zu  werden.     Diese   Ehi-e  Sie   wird    iik'Iii-  sagen.      Sie   wird   von   den 


ßOO 


DKrTSCIIK    IM   (»KFFFNTl.KllKX   LEBEN. 


Deutschtrrhon'm'n     als     .Icrjciii»;»'!!     Klass«' 
voll  Miir^'fiii  sprcchm.  (Ifn-ii  koiiscrvalivcr 
Sinn,     nhiif     im     jr<'rinjrst»'n     vi'niüiiftijrfr 
Nt^iuTUiif;  al)li(>l(l  zu  sr\u.  dfii  Wirbclstür- 
nuMi   (Ifi-   Volkslaun.'.  ilif  dann    untl    wann 
mit    srhcinbarcr    rnwid.Tsl.-lilii'hkcil    üIkt 
da.s    I.an»l    tV«r»-n.    mil    kühlster    innl    cnt- 
s.-ld..s.s«'nstrr    HcsoniM-nhcit    sirli    mltii'jr.Mi 
stflltfii.     Sic  wird  vnn  ihnen  sprechen  als 
.leinjenitren    Theil    der    liür^'ersehaft.    der 
sieh  am   wenifrsten    von   despotisehem    l'ar- 
teip'ist   (hiuemd   kneeliten   liess,   besonders 
w«'nn   es   die   Aufreehterhaltunj?   der   Ehr- 
lirhk«'it    im    ötTentliehen    l.eben    galt.      Sie 
wird  noch  mehr  sajren.     Sie  wird  den  Ame- 
rikanern    deutsehen     Blutes    das    Zeujjniss 
ausstellen,     ilass     die     warme     pietätvolle 
Liehe,    die   sie    dem    alten    Vaterlande   be- 
wahrten, ihrer  treuen  Liebe  für  die  anieri- 
kanisehe    Republik    und    der    treuen    Aus- 
übung; ihrer  amerikanisehen   Hüry:erptlieht 
nie   (h'u   perini^sten    Kintraj;  that   und   sie 
nie  dazu  verleitet  bat.  mit  ihrem  Einfluss 
in    der    anu'rikanischen    Politik    Interessen 
zu  dienen,  die  nielit  amerikaniseh  waren.'' 
liei    einer   aiuleren    Gelefrenheit    erklärte 
er  die  durch  die  Sprachverschiedenheit  der 
1  )cutsch-Amerikaner    f;e«jebene    Sonderstel- 
lun^r  für  eine  nur  scheinbare.    Der  deutsch- 
anu'rikanische   Hür«rer  dürfe  kein   anderes 
Ziel  keimen,  als  die  Förderung  des  allge- 
nu'iiu'u    Wohls.      Nichts    wäre    unsinniger 
und  unstattluifter.  als  die  Gründung  einer 
(h'ut.M'hen     Partei,     urul     bei     der    grossen 
.Masse    dt-r    Deutsch-Amerikaner   habe    ein 
snlrhcr    IMan    auch    luenuds    Anklang    ge- 
funden.    Ks  gäbe  in  dieser  Republik  keine 
(h'Utschc  l'iilitik,  es  dürfe  keine  geben,  und 
es  könne.  Gott  sei   Dank,  auch  eine  solche 
eben.so    wenig    geben,    wie    es    irgend    eine 
ander«'    Politik    geben    sollte    im    Interesse 
einer   freiiulen    Macht    mit    Hintansetzung 
anu^rikanisclier  Interes.sen. 

Als  Carl  Schurz  starb,  überlebte  ihn  ein 
Sohn.  <ler  in  New  Y(»rk  ansässige  Anwidt, 
Carl  L.  Schurz,  inid  zwei  Töchtei-.  Pj-äsi- 
dcnt  Koosevelt  erklärte:    ..Das  TiMiid  hat  in 


Carl  Scbui'z  eiiu'u  Staatsinaini  aus  der  Zeil 
Abraham  Lincoln 's  verloren,  dessen  Dienste 
im  Krieg  uiul  Frieden  zur  Zeit  der 
gros.sen  Krisis  in  der  Geschichte  \uiserer 
I{e|)ul)lik  unv<'i-gesscn  l)!eil)eii   werden." 


Gouverneur  Joseph   Ritner. 

..Der  deutsche  Gouverneur,  dem  Petinsylvanien  seine  oeffent- 
lichen  Schulen  und   seine  Eisenbahnen  verdankt". 


Cnter  dieser  l'ebersehrift  erschien  am 
27.  I)e/end)er  18f)7  in  der  damals  noch 
von  Frank  M(djaughlin  herausgegebenen 
..Philadelphia  Times"  ein  mit  ,,Justitia" 
unterzeichnetes  Eingesandt,  dem  hier  fol- 
gende Stellen  entnommen  seien : 

.,\Vir     verdanken     dem     ,, Pennsylvania 
Duteh     Governor"    Joseph    Ritner    nicht 
allein   unser  Freischul-System,  sondern  es 
gebührt   ihm   auch   ohne  allen  Zweifel  die 
p]hre   und   das   Verdienst,   das   Eisenbahn- 
System   unseres  grossen   Staates   begonnen 
und  fortgesetzt,  resp.  unterstützt  zu  haben. 
Die   Empfehlungen,  die  er  der  Legislatur 
Muichte,    seine    persönlichen    Bemühungen 
und  Anstrenginigen,  die  von  ihm  getroffene 
\V;dü  von  ]\länneiu  für  das  Amt  der  Ka- 
nalkommissäre  —    einer    Behörde,    welche 
Kontrolle     über     innere     Verbcsserungen 
hatte  —  dies  alles  beweist  das  hohe  Inter- 
esse,  welches   Gouverneur   Kitner   für  das 
Verkehrswesen   des   Staates   hatte.     Da  er 
in  "Washington  County,  dicht  an  der  neu- 
gebauten  Cundierland  oder  National  Pike 
—  der  gro.ssen  Chaussee  zwischen  Ost  und 
West  —  wohnte,  so  erkannte  er  mit  richti- 
gem Blick,  wie  wichtig  es  für  den  Staat 
sei,   dessen    reiche   Hilfsquellen   durch   ein 
System  allgemeiner  Verbesserimgen  zu  cr- 
.schliessen   und   weiter  zu   entwickeln.     Es 
war  ihm  iiu'hr  luii  Eisenbahnen  als  um  wei- 
tere Chausseen  und  neue  Kanäle  zu  thiui. 
da    erstere   seiner    Ansicht   nach    für   den 
Staat    wichtiger    waren.      Cnd    diese    An- 
sicht   theilten    auch    seine    ^Mitbürger    in 
Washington  County,  wie  es  sich  bei  einer 


DEUTSCHE  TM  ORFFHX'riJcil  KN    I.F.UHN. 


601 


öffciitliclicn  ^'('^salllllllull^■  im  ( i('i'i('lits<>j('- 
l)äii(le  (C'oiiil  lli)iis(')  voll  \V;ishiii«>:t<»ii 
C'ounty,  51111  27.  Dezonibcr  IS.'iO.  (Icutlirli 
zeigte.  Zu  jener  Zeit  l)efan(leii  sich  iioeli 
keine  fünfziu;  ^UmIch  Eisenbahn  in  den 
Ver.  Staaten.  Die  ..Alhaiiy  und  Sehenec- 
tady  Bahn"  war  im  Jahre  1826  privilegirt 
und  am  12.  September  1831  eröffnet  wor- 
den: die  Baltimore  &  Ohio  K.  K.  ("o.. 
welche  1827  die  Konzession  /um  Bau  einer 
l^alm  erliielt,  begann  mit  (Kt  Konstruk- 
tion derselben  am  4.  Juli  des  darauffolgen- 
den Jahres,  während  die  kleine,  i)rimitive 
Bahn  auf  Sehienen  aiLs  Bandeisen,  Avelche 
sich  vom  Philadelphier  Ufer  des  Delaware 
über  den  Schuylkill  hinweg  in  der  Rich- 
tung nach  Columbia  hinzog,  noch  später 
erbaut  wurde.  Diese,  zusammen  mit  der 
kurzen  Savannah  Bahn  und  der  nur  we- 
nige ]\[eilen  langen  Bahnstrecke,  auf  wel- 
cher Granit  aus  Quincy,  ]\Iassachusetts, 
herbeige.sehaft't  wurde,  machten  alles  aus, 
was  im  ersten  Drittel  des  Neunzehuten 
Jahrhunderts  an  Bahnen  in  Amerika  vor- 
handen war.  Die  ,,AA''ashington  &  Pitts- 
burg Railroad  Company"  wurde  1831  in- 
korporirt,  und  zwar  erhielt  die  Gesell- 
schaft ihren  ,, Charter"  am  18.  März  1831. 
Der  Civilingenieur  General  De  Ilass  wurde 
ermächtigt,  die  nöthigen  Vermessungen  etc. 
vorzunehmen.  Das  war  der  erste  Schritt 
zur  Erlangung  einer  Bahn  westlich  vom 
Allegheny-Gebirge.  Joseph  Ritner,  Bürger 
von  Washington  County,  war  Feuer  und 
Flamme  für  das  Unternehmen  und  nahm 
mit  Herz  und  Seele  daran  Antheil.  Das 
war  der  Anfang  des  Eiscnhahn-Systcms 
von  Pennsylvania. 

Als  Joseph  Ritner  dann  Gouverneur  des 
Staates  wurde,  sollten  sich  die  Hoffnungen 
der  Freunde  und  Befürworter  von  Verbes- 
serungen im  Innern  des  Staates  erfüllen. 
Und  Gouverneur  Ritner  ging  rasch  und 
energisch  vor.  In  einer  Botschaft  an  die 
Legislatur  empfahl  er  derselben  ]iromi)te 
Massnahmen.  Er  berief  Joseph  Lawman. 
einen    seiner     Freunde     aus     Washington 


Connly,  zu  sich  nach  llarrisburg  und  er- 
nannte ihn  zu  einem  Mitgiiede  der  Kanal- 
Kommi.ssion,  während  er  General  De  lla.ss 
zum  Chef-Ingenieur  machte.  Auf  die  ein- 
dringlichen Vorstellungen  des  Gouver- 
neurs liin  |)assirte  dann  die  Legislatur  am 
18.  Fel)ruai-  183()  ein  Gesetz,  welches  sich 
...\ii  acl  to  rcpeal  the  State  ta.\"  lietitclte 
und  \'ermessungen  anordnete;  ein  zwi-ites 
derai'tiges  Gesetz  für  weitere  Vermessungen 
wurde  am  2.  April  1S.3(;  von  der  Legislatur 
erlassen.  Cnter  diesen  Gesetzen  ordnete 
die  Kanal-Kommissiim  dann  am  21.  .Mai 
1836  Vermessungen  von  Lewisbnrg  bis 
Iluntingdon  County.  an  und  lieauftragte 
den  Chef-Ingenieur  General  De  Mass  mit 
der  Leitung  derselben.  In  eitici-  anden-n 
Verfügung  vom  U).  September  1836  wurde 
Chef-Ingenieur  Chas.  De  Ilass  von  der 
Kanal-Kommission  beauftragt,  das  Alle- 
gheny-Gebirge zu  vermessen  und  die  sog. 
..inclined  planes"  dei'  ..Bortage  Hailway" 
■/AI  entfeinen,  wie  dies  in  einer  Hesohition 
vom  16.  Juni  1836  beschlossen  worden. 

lud  Jetzt,  zum  Schlüsse  meines  Ein- 
gesandts, noch  ein  Wort:  Als  Akt  ein- 
facher Gerechtigkeit  gegen  diesen  tüchti- 
gen und  bewiihrten  Gouverneur  von  Penn- 
sylvania, in  Anerkennung  seiner  un- 
schätzbaren Verdienste  um  den  Staat,  und 
um  das  Andenken  dieses  grossen  Bürgei-s 
Pennsylvaniens  in  verdienter  Weise  zu 
ehren,  möchte  i<'h  es  den  leitenden  lieam- 
ten  der  grossen  Eisenbahn-Gesellsi-harten, 
deren  Schienen-Netze  nicht  nur  «len  Staat, 
sondern  den  ganzen  Kontinent  ilniih/ie 
hen,  nahelegen,  dem  Gouvei-iieiir  Jose;  h 
Ritiier  ein  passendes  Denkmal  zu  er- 
richten. 

Philadel|)hia.  27.    Dezember  18'I7 

Jiisliliii." 

.josi'i>h  Kitner  war  am  2").  .März  178»)  in 
Berks  County.  Pa..  geboren.  Sein  Gross- 
vater war  im  Jahre  17r)ü  eingewandert  und 
stammte  aus  einer  schlesischen  Adelsfa- 
milie.      Die    Mängel    seiner    Schulbildung 


ti02 


DKrTSClIK   IM  OKFFKNTLKIIKX    LKIIKN. 


vcraiihisslfii  .los.'i.li.  sie  .liir.li  ••ifri^'cs 
Sludiuiii  iius/ii.irl«'i«-li"n.  Im  .IüIiic  lS:i.) 
wunl»'  i'i-  /Ulli  (ioiiviTiiciir  <l<'s  Staates 
IN'nnsylvanirn  crwülilt.  Kr  ti;it  mit 
Kiicrjrii'  für  das  Frciscluil-Systcm  fiii.  um 
(h'P  .Iut:<'u<l  Ix'sscn«  Uil(luii.«rs-(J.'lcp'iili('it('ii 
zu  scliatVi-ii.  als  si.-  si.-li  ihm  scll)st  •,'cl)«>tfn 
linttrii.  Kr  starli  am  Iti.  OktolxT  lS(i(»  iti 
.Mt»uiit  Hofk  lu'i  Xcwvillc.  Pa.  Kiii  .Mai- 
iiiurldnrk.  IS  Zoll  im  (^ua<li-at  uiul  drei 
Fu.ss  Ikh-Ii.  tliT  auf  i'iiirm  Saudstcin-Fun 
damcnt  ruht.  hczi'icIuM't  die  letzte  Ruhe- 
stätte eines  der  bedeutendsten  ^Männer,  die 
der  Staat  IN-niisylvanien  je  hervur<;e- 
1, rächt  hat.  und  deulschcn  Stammes 
war  er. 


Gouverneur  Michael   Hahn  von  Louisiana 

Lincolns   Ralhgeber   in   allen  den  Sueden 
betreffenden  Angelegenheilen. 

(iouvcnuHr  Michad  llnhn  von  Louisiana 
war  am  14.  .Xi.vemher  1S3()  zu  Kliiij^cn- 
münstiT  in  i\vv  Hheinpfalz  geboren.  Seine 
Mutter  wanderte  als  Wittwe  mit  fünf  Kin- 
dern aus  und  .starb  1S41  mit  Hinterlassung 
aller  ihrer  Kinder  zu  New  Orleans  am 
gelben  Fieber.  (Jute  Seelen  nalnnen  sieh 
der  Kinder  an.  und  Michael,  der  seh'r 
talentvoll  und  als  Krüppel  (er  hatte  ein 
verdrehtes  Hein  und  ging  zeitlebens  an 
Krüeken)  /u  keiner  körperliehen  Arbeit 
tauglieh  war.  dui-fte  die  Iloehsehule  besu- 
chen, die  er  mit  Aiiszeiehnung  absolvirte, 
worauf  er  unter  Roselius  sieh  der  Reehts- 
kunde  widmete  und  ISf)!  zui-  l'i-axis  zuge- 
lassen wurde. 

Im  Alti-r  Von  'l'l  .laliicii  w;ir  er  Mit- 
glied des  Schulraths  und  später  dessen 
Präsident.  In  der  Politik  bekannte  ersieh 
zu  Stephen  Douglas,  nach  dem  .\ufl)rueh 
der  Charlestoner  Konvention  hielt  er  am 
8.  Mai  liSfiO  im  Ijafayette  Scpiare  eine  sehr 
entsehiedene  Rede  zu  Gunsten  dei-  Fnion. 
\ind  als  die  Behörden  nach  der  Annahme 
der  Seeessionsakte  von  allen  Heamten  die 
Ablegiuig  eines  neuen  Anitseides  verlang- 


ten, welcher  das  Verspi-eehen  der  lieobach- 
tung  der  Konstitution  \nul  Gesetze  der 
Konfötleration  enthielt,  weigerte  er  sieh, 
diesen  Kid  zu  leisten. 

Nach  der  Kinnahme  von  New  Orleans 
schloss  sieh  Hahn  der  l'nionsadministi'ation 
an  und  bet heiligte  sieh  als  ausgezeichneter 
Redner  eifrigst  an  der  Gi'ündung  von 
l'nionsklubs,  wodui'ch  er  sieh  das  besondere 
\'erl lauen  des  Generals  Hutler  erwarb,  der 
die  Aufmerksandceit  des  Präsidenten  Lin- 
coln auf  den  talentvollen  jungen  Mann 
leidcte. 

Am  3.  Dezend)er  1862  wurde  Hahn  in 
den  Kongress  gewählt  und  erhielt  dabei 
mehr  Stimmen,  als  die  drei  anderen  Kandi- 
daten zusammen.  Tm  Kongress  gewann  er 
das  Vertrauen  Lincoln  's  in  so  hohem 
(Ji-ade,  dass  dieser  ihm  seine  wärniste 
Freundschaft  schenkte  und  ihn  in  allen  den 
Süden  betreffenden  Angelegenheiten  zu 
Rathe  zog. 

Nach  Ablauf  seines  Amtstermins  kaufte 
Hahn  ..The  True  Delta"  und  redigirte  das 
Blatt  mehrere  Jahre.  Es  war  die  einzige, 
einem  Bürger  von  Louisiana  gehörende 
englische  Zeitung,  welche  die  Sache  der 
Repul)likaner  vertrat. 

So  kam  das  Jahr  1864.  Um  diese  Zeit 
schien  Napoleon  sehr  geneigt,  die  Konföde- 
ration anzuerkennen.  Seine  Eroberung 
Mexiko 's  und  ..Reorganisati(m  der  lateini- 
schen Rasse"  waren  auf  dem  besten  Wege 
zum  Erfolg.  Puebla  und  die  Stadt  Mexiko 
waren  gefallen,  und  Maximilian  landete  am 
24.  Mai  I8(i4  zu  Vera  Cruz.  Der  Zerfall 
der  Uni(m  konnte  dem  neuen  Kaiserthum 
mir  nützen,  und  an  Vorwändeu  zur  Einmi- 
schung fehlte  es  nicht.  Die  Versieherungen 
Seward's.  dass  der  Krieg  von  kurzer  Dauer 
sein  wüi-de,  hatten  sieh  nicht  bewahrheitet; 
denn  selbst  im  dritten  Jahre  war  der  Aus- 
gang noch  immer  ungewiss.  Dazu  kam 
noch,  dass  Louisiana  mit  seiner  starken 
französischen  Bevölkerung,  welcher  die 
Ver.   Staaten   18U3   für  ewige  Zeiten   eine 


DEITTSCIIK    IM   OEFPENTLKH  HX  LKMKX. 


(SOS 


iviniMikanisclic  Ixcirii'i-ungsfoi-ia  irt'wälii'- 
Icistot  liatti'U.  trotz  riitiTWcrfuiiy:  nun 
schon  zwei  Jjihre  iiiitt'r  militürist-lun-  Dik- 
tat ni-  litt  und  die  in  Paris  weilenden  Ver- 
treter dieser  Bevölkerung  ihr  ^lö«,diehstes 
thaten,  um  Napoleons  Einniisehung  herbei- 
zuführen. 

Dies  erklärt,  weshall)  T.incoln  gerade  in 
Louisiana  niögliehst  rasch  eine  Civiladnii- 
nistration  einzuführen  wünschte.  Aiu  22. 
Februar  18()-1:  fand  auf  General  Bank's  Be- 
fehl eine  AVahl  für  Civilbeanite  und  eine 
Konstituante  statt,  luid  aus  dieser  Wahl 
tring  ^lichael  Halm  als  erster  Gouverneur 
des  Freistaates  Louisiana  hervor. 

Das  i^olitisehe  Glaubeusbekenntniss,  wel- 
chem Hahn  besonders  die  Unterstützung 
seiner  deutschen  ^Mitbürger  und  seine  AVahl 
verdankte,  war:  „Ich  billige  die  Abschaf- 
fung der  Sklaverei ;  ich  billige  die  Erzie- 
hung der  Neger,  aber  ich  bin  gegen  ihre 
politische  und  soziale  Gleichstellung  mit 
der  weissen  Rasse  imd  opponire  der  Verlei- 
himg  des  Stimmrechts  an  die  Neger." 

Wenige  Tage  nach  seiner  Wahl  erhielt  er 
von  Lincoln  folgenden  Brief: 

Executive  ]\Iansion,  Washington,  D.  C, 
:\larch  l:3th,  186-1. 

^ly  dear  Sir:  I  congratulate  von  on 
having  tixed  your  name  in  history  as  the 
first  Free  State  Goveruor  of  Louisiana. 
Now  that  you  are  about  to  have  a  Conven- 
tion, which.  among  other  things,  will  prob- 
ably  define  the  elective  franchise,  I  barely 
suggest,  for  yoiu"  private  consideration. 
whether  some  of  the  colored  people  inay  not 
be  let  in.  as,  for  instance,  the  very  intel- 
ligent, and  especially  those  who  fought  gal- 
lantly  in  our  ranks.  They  would  probably 
help,  in  some  trying  time  to  come,  to  keep 
the  jewel  of  liberty  in  the  family  of  free- 
dom.  But  this  is  only  a  suggestion,  not  to 
the  public.  ])ut  to  you  only. 

Yours  truly 

A.  Lixcoi.N. 

HuiX.  .Michael  ILviin. 


in  rebcreinstiiiMinuig  mit  diesem  Wun- 
sche Lincoln 's  fügte  die  konst  iluircnde  Ver- 
sanuidung  der  dem  Volk  von  Louisiana  zu 
unterbreitenden  Kon.stitutionsvorlage  fol- 
genden Passus  bei : 

Artiele  XV.— "The  legislalurc  shall 
have  the  power  to  pass  laws  e.xlending 
sutfrage  to  such  persons,  Citizens  of  th«' 
l'nited  States,  as  by  military  serviee,  by 
ta.xation  to  s»i|>poi-t  the  government.  or 
by  intellectual  titness  niay  be  deeiiied  en- 
titled  thereto. " 

Nach  der  Annahme  der  neuen  Konstitu- 
tion trat  die  Legi.slatur  zusaunnen  und 
wählte  Gouverneur  Hahn  im  Januar  18»).") 
zum  Ver.  Staaten  Senator,  worauf  ei-  das 
Gouverneursamt  niederlegte  und  sich  nacii 
Washington  begab. 

Dort  fand  Hahn,  dass  die  geplanten  und 
von  ihm  gutgeheissenen  Rekonsti'uktions- 
massregeln,  besonders  aber  der  durch  die 
Ermordung  Lincoln 's  (A|u-il  18«)."))  sehr  ei-- 
starkte  EinHuss  des  radikalen  Flügels  der 
republikanischen  Partei,  der  Zula.ssung 
südlicher  Senatoren  im  Wege  standen,  wes- 
halb er  seinen  Anspruch  auf  einen  Sitz  im 
Senat  nicht  weiter  betrieb, 

l'nter  diesen  Umständen  wui'de  auch 
Hahn  innner  mehr  nach  dem  radikalen  Flü- 
gel der  repid)likanischen  Pai-tei  hinge- 
drängt, bis  er  sich  am  4.  .hdi  LSH")  bei  der 
Emancipationsfeier  in  Washington  \uid 
später,  vor  der  Ecpuü  Riglits  As.sociation. 
orten  und  unbedingt  für  <lie  nlhjiimim 
\"erleihung  des  Stimmreciits  an  di«'  N'egei- 
erklärte.  Diese  Reden  fanden  grosse  \'er- 
lii'citnng  und  ei-regten  unter  Hahn 's  fi-üh- 
ereii  l'ai'teigeiiossen  in  Louisiana  pein- 
liches Aufsehen. 

Gouverneur  Madison  Wells.  Hahn 's  Nach- 
folger, weigerte  sich,  seitiem  Beispiel  zu  fol- 
tren  uiul  seiiu'  Hand  zur  Frtheilung  des 
Stinnnrechts  an  die  Neger  zu  leilieii.  und 
dieser  Standi)unkt  war  es.  der  ihm  an»  «i. 
Novend>er  1805  .seine  Wiederwahl  zum  Giui- 
verneur,  und  zwar  mit  überwältigender  .Ma- 
jorität, sielierte. 


Ii04 


nKr'rscHK  im  okim-^hnti-i»  iikn  lehkx. 


Nun  kam  es  zum  ortViu'ii  KonHikt  /wi- 
srlu'ii  WfUs  und  (l.-ii  l'.irt.'ihiiui.trni  /.u 
Washiii^'tDM.  und  Hahn  ualuii  au  th'iu 
Kampf  irr^rn  W.'lls  thätip'U  Antlicil. 

Ku(lli<-Ii  war  dt-r  Alt«-  müHu-.  Ks  hicss. 
,11.-  Wci^'.TunK  dt's  S.'uals.  s.'iiit'U  von  Liii- 
.•olu  zum  Xaval  Otlic-r  in  Nrw  Orleans  er- 
luunitt'u  Sohn  Thomas  zu  hi'stäti^:t'n,  sei 
W.'lls  sehr  nah.'  jr»'jrsiii^'cn. 

K.  K  llowrll.  dir  Präsidi'ul  dt-r  von  Gen. 
Uauks  lS(i4  .'uihonitViK'u  Konstituante, 
wi'k'he  iiaeh  der  Annahme  der  von  ihr  aus- 
•learheiteten  Konstitution  allfremein  als  de- 
funkt an!,'eseheu  wurde,  berief  diese  unter 
dem  Vorwande.  dass  sie  sieh  uieht  „sine 
,Ue".  sondern  „subjeet  to  eall  by  the  presi- 
(h'iit"  verta^'t  habe.  v(m  Neuem  ein.  mu 
durch  sie  ^\^•u  Ne^'eru  das  Stinnnreelit  er- 
Iheih'n  zu  bissen,  und  Gouverneur  Wells  er- 
liess  am  '21.  .luli  186()  eine  Proklamation,  in 
welcher  er  für  alle  jene  Farishes,  welche 
1864  noch  von  den  konföderirten  Truppen 
besetzt  und  in  jener  Konvention  nicht  ver- 
treten waren.  Delejjateuwahlen  zu  der  von 
llowell  auf  den  'M.  Juli  einberufeneu  Kon- 
vention anordnete. 

Inzwischen  waren  die  Neger  von  fanati- 
schen Radikalen  in  Versannulungen  durch 
feurige  Keden  auf  das  bevorstehende  Ereig- 
niss  in  einer  Weise  vorbereitet  worden,  dass 
sie  ganz  ülnM-spannte  Ideen  bekamen,  sich 
bewaffneten,  in  Prozessionen  durch  die 
Stra.ssen  zogen,  die  Union  vor  ihren  weissen 
Feinden  retten  zu  müssen  glaubten  und 
Jeden  niederzuschiessen  drohten,  der  dem 
Zusanum'utreten  der  Konvention  llinder- 
nis.se  in  den  Weg  legen  würde. 

Die  Zeitungen  ermahnten  die  weisse,  wie 
die  schwarze  Bevölkerung,  sich  am  Tag  der 
Eröffnung  vom  Konventionslokal,  dem  ^le- 
chanics  Institute  (der  jetzigen  Tulane  Hall 
an  der  Diyades  Strasse),  fernzuhalten.  \nn 
einen  Zusanunenstoss  zu  vermeiden. 

Als  aber  die  Mitglieder  der  Konvention 
sich  am  'U.  Juli  in  der  Halle  viM-sannnelten, 
marschierte  eine  Prozession  bewaffneter 
Neger  nach  der  Common  und  Dryades  Str.. 


wo  sie  zwei  harndose  weisse  Zuschauer  miss- 
handelten und  auf  die  diesen  zu  Hilfe 
eilenden  Polizisten  schössen.  Das  war  das 
Zeichen  zum  Pegiini  des  berüchtigten 
..Mechanics  Institute  Kiot". 

Die  Milglieder  der  Konvention  vei-han-i- 
kadirten  sich  im  Gebäude  unter  dem  Schutz 
von  :}5()  bewaffneten  Negern,  die  Strasse 
füllte  sich,  die  Polizei  versuchte,  ins  Ge- 
l)äude  einzudringen,  ein  Schuss  fiel  aus  dem 
Fenster  —  uiul  der  Sturm  begann.  Die 
•Menge  auf  der  Strasse  bombardirte  das  Ge- 
bäuile  mit  Steinen,  in  den  Fenstern  postirte 
Neger  schössen  auf  das  Volk  herab,  und 
erst  nachdem  eine  starke  Polizeimacht  die 
Strasse  gesäubert  hatte  und  eine  zweite 
Kolonne  von  der  Baroune  Strasse  aus  an- 
rückte, steckten  die  von  allen  Seiten  um- 
zingelten Neger  an  einem  Hinterfenster  ein 
weisses  Taschentuch  und  ein  Stück  einer 
Ver.  Staaten  Fahne  zum  Zeichen  der  Unter- 
werfung heraus.  Nun  drang  die  Polizei 
von  allen  Seiten  ein,  räumte  die  Barrikaden 
weg  und  verhaftete  alle  Anwesenden. 

In  und  vor  dem  Gebäude  lagen  20  todte 
luid  etwa  100  verwundete  Schwarze,  die  auf 
Expresswageu  nach  dem  Hospital  geschaff't 
wurden.  250  wurden  gefangen  abgeführt. 
Aber  auch  viele  Polizisten  und  weisse  Bür- 
ger waren  verwundet  und  mussten  nach 
ihren  Wohnungen  geschaff't  werden. 

Viele  Neger  sprangen  aus  den  Fenstern 
und  fielen  dem  Volk  in  die  Hände,  wie  auch 
nu'hrere  Älitglieder  der  Konvention,  welche 
sich  aus  dem  Gebäude  entfernen  wollten. 

Unter  diesen  befand  sich  auch  der  Ex- 
Gouverneur ]Michael  Hahn.  Bei  seinem  Er- 
scheinen erhob  sich  ein  furchtbares  Wuth- 
geschrei,  und  an  der  Ecke  der  Common  und 
Dryades  Strasse  wurde  er  von  einem  Revol- 
ver.schuss  und  einem  Schlag  schwer  ver- 
wundet niedergestreckt.  Die  Behauptung, 
dass  er  damals  zum  Krüppel  geschossen 
worden  sei,  ist  aber  nicht  wahr,  da  er  sich, 
wie  bereits  erwähnt,  schon  von  frühester 
Kindheit  an  einer  Krücke  bedienen  musste. 


DEUTSCHK  TM   OKFFKXTI.KIl  KN    IJÜiKN. 


(W5 


1867  wurde  Ilalin  Ileraiisgebor  des  ,,New 
Orleans  Republiean"  und  Administrator 
des  Charity  Hospitals,  und  1871  zog  er  sieh 
nuf  seine  Plantage  in  St.  Charles  Parish 
zurüek.  wo  er  das  Städtehen  ..TTahnville" 
anlegte.  Und  dort  gelang  es  ihm,  sieh  die 
Liehe  und  Aehtung  aller  Kreise  und  beidei- 
Kassen  in  einem  solehen  Grade  zu  gewin- 
nen, dass  er  von  nun  an,  Avann  immer  er 
einwilligte,  als  Kandidat  für  irgend  ein 
Amt  aufzutreten,  stets  beinahe  ohne  alle 
Opjiosition  gewählt  wurde.  ,,ITahn  owiis 
St.  Charles",  pflegte  man  zu  sagen.  Er 
wurde  1871  Sehuldirektor,  1872.  1874  und 
187()  ^Mitglied  der  Legislatur,  1878  Poliee- 
.Turor,  1878  Direktor  der  Yer.  Staaten 
.Münze.  1870  Distriktsriehter  nnd  1884  für 
dasselbe  Amt  auf  weitere  fünf  Jahre  ge- 
wählt. 

liei  der  Kongi'esswahl  iiu  Xoveml)er  1884 
befand  sieh  die  republikanisehe  Partei  in 
grossei'  Verlegcniheit.  In  keinem  Distrikt 
des  Staates  hatte  sie  Aussieht,  einen  Ver- 
treter in  den  Kongress  zu  wählen.  Nur 
wenn  Hahn  sieh  bewegen  liess,  im  zweiten 
Distrikt  aufzutreten,  war  Hoffnung  auf 
Erfolg.  Hahn  lehnte  mehrere  ^Nlale  ab. 
doeh  wurde  ein  soleher  Druck  auf  ihn  aus- 
geübt, dass  er  endlieh  einwilligte.  Er 
wurde,  obwohl  sein  Distrikt  eine  demokra- 
tische Majorität  von  3000  Stimmen  zu  ge- 
ben ])flegte,  mit  einem  ]Mehr  von  1;U)0 
Stimmen  gewählt. 

Das  war  das  letzte  Amt.  das  er  verwal- 
tete. Als  ein  fai-biger  Diener  des  AVillard 
Hotels  zu  Washington.  D.  C.  am  14.  Mäi'z 
1886  auf  seiner  ^forgenrnnde  das  Zinuner 
No.  IG  öffnete,  um  Feuer  zu  machen,  fand 
er  Hahn  im  blutüberströmten  Nachtkleid 
ausgestreckt  auf  dem  Boden  liegen.  Die 
Rechte  hielt  ein  zerknittertes  Taschentuch. 
die  Linke  war  gegen  die  Seite  gepresst.  wie 
um  Sehmerzen  zu  lindern.  Ein  Gefäss  in 
der  Nähe  des  Herzens  war  gesprungen,  und 
er  hatte  fern  von  seinem,  ihn  wie  einen 
Vater  liebenden  Volk  einen  jähen  Tod  ge- 
fimden.     Er  starb   ohne   Familie   und   als 


armer  Mann,  obwohl  er  während  der  zur 
( 'arpetbaggerzeit  herrschenden  allgemeinen 
Korrjiption  oft  Gelegenheit  gehabt  hätte, 
sich  zu  bereichern. 

Seine  politischen  Gegner  stellten  ihm  bei 
der  am  1.').  Mai  1886  im  Kei)rä.sentanten- 
haus  zu  Washington  veranstalteten  Ge- 
dächtnissfeier das  Zeugniss  aus.  dass  er  von 
allen  leitenden  Republikanern  in  L(»uisiana 
der  am  wenigsten  Gehas.ste,  in  der  Erliii- 
lung  seiner  Pflichten  unbeugsam,  im  Leben 
ein  achtenswerther,  generöser,  gütiger,  un- 
bescholtener und  wahrer  ^lann  gewesen  ist. 
..Seine  Popularität  in  seinem  Di.strikt  war 
beispiellos.  Sein  Volk  liebte  ihn.  Kiri 
guter  ]Mann  ist  aus  unserer  .Mitte  ge- 
schieden." ,/.   11  (III  HO  f)<  ih  r. 


Johann  Peter  AlhjthJ,  der  am  :{(•.  Dezi-ni- 
ber  1847  in  der  Nähe  von  liei-lin  geboien. 
aber  schon  als  Kiiul  mit  seinen  Elteiii  nach 
Amei'ika  gekonuiien  war.  besass  Eigen- 
schaften, die  ihn  zu  einiMu  Volkstribun  wie 
geschaffen  erscheinen  Hessen.  Furclitlo> 
und  tapfer  ti'at  er  schon  als  Kijähriger  in 
die  Unions-Armee  ein  und  iua<-hte  di-n 
Kiieg  bis  zum  Ende  mit.  Seine  Eltern  hat- 
ten sich  nicht  lange  nach  ilirer  .\nkiuifl  in 
AnuM'ika  in  der  Nähe  von  Manstield.  ().. 
niedergelassen.  Doi-f  hatte  er  eine  düi-f- 
tige  Schulbildung  erhalten.  Dui-eh  eisernen 
Fleiss  und  Sell)ststudium  Itildete  er  sich 
jedoch  weiter.  Das  befähigte  ihn.  in  Mis- 
soui'i.  wo  ei-  sich  nach  dem  K liege  nieder- 
liess.  eine  Schulmeister-Stelle  anziuu'luuen. 
Tu  seinen  ^Ius.sestunden  studirle  er  Juris- 
prudenz und  wurde  1869  zur  Ausübmig 
der  Advokatiu-  zugelassen.  Tm  Jahre  1874 
bereits  wurde  er  zum  Staats-Anwalt  von 
Andrew  County,  :Mo..  gewählt.  Er  siedelte 
nach  Chicago  über,  wo  er  .schnell  Eintluss 
zu  gewiiuien  wusste.  Von  1886  l)is  IHfM 
war  er  Richter  der  „Superior  Court"  und 
von  189.S  bis  1807  Gouvenieur  von  Illinois. 
?:r  begnadigte  di«',  wegen  des  Bomben-At- 
tentats auf  dem  Haymarket  in  Chicago  am 
3.  iNIai  1886,  zu  lebenslänglicher  Zuchthaus- 


,;(„i  DKrTSCIll-:    IM   OKFFHXTLICIIEX   I.KlfHX. 

sfnifr    v«'nirtliriltfii    Aiinrcliistcii    Ficldrii.  I jcutciiiiiit-rjoiivcriicnr  von    Illinois   war 

.\cfln'  uimI  S.-liwjil».     Das  <ral)  /.u  alifälli^'i-n  l-'ninz     Jlnffmaini,     uclMJrcii     \u      IIci  ford. 

Kritikru   Aiilass.     Sein  IcMwiTtcs  Kiiitrclfii  Westfalen.    1S2:^    \uii\    ls:5!l   nach    Amerika 

für  Kreisillier  iin»l  Hryaii  in  der  Präsident-  irekoinmen.      l-]r  kam   nach  Cliieajro.  wurde 

selinfts-Kanipajiiie    V(ui    ISiKi    wurde    elien-  SclniUelirer.    dann    l*i-edi<rei-    in    Duuklev's 

falls    niissltillijrt.      Tm    die    (!efiin^nuss-l\e-  (inive.    Du    l'aire    ('muity.    ieirte   sein    Amt 

form,  sowie   um   den   Sehutz  der   Kirelieii-  nieder  und  ei'üt1"nete  IH')!    in  Cliieago  eine 

schulen  nuiehte  sieh  Alttr»'l<l.  der  ein  feuri-  Land-OfHee.     Er  nahm  für  Lincoln  Partei 

^er    und    i)ej;eislei-nder    Redner    war.    sein-  und    liielt    Reden.      Er    wurdi»    1S60    zum 

verdient.    Kr   war  ein    ül)erzeu}run«rstreuer  Lieutenant-rJouverneur   jri'wählt.      Er   ver- 

N'crfeehter  dei-  luteresseji  des  \'olkes.  wie  i-i*  waltete  das  Amt  in  jener  sehwieriiren  Zeit 

sie  erkannte.     Di'r  rnterdrüekten  nahm  er  sehr  ^mi1.     Tm  -Tahi-e  1S()7  «rründete  er  die 

sit'h    an    mit    dem    vollen    Einsetzen   seiiu'r  Internat innal  liank  of  ('hiea«r<>.  nachdem  er 

Pei-söidiehkeit.     Er  starh.  als  er  ihrer  Sache  Muliei-    mit    einem     Pankinitei-nchmeu    iu- 

dieute:    während  er  am    PJ.   .Mäi'z   P.I02  in  fn'«:('   dt-r  Geschäftski-iso.  veraidasst  durch 

.loliet.    Hl.,  eine  mächti<r  er«rreifende  Rede  den    Krietr.   Schitt'hruch   erlitten    hatte.    Er 

für  die  Puren  hielt,  wurde  er  vom  Schlage  irdifrirte.  nachdem  er  sich  1S75  auf  seine 

tretrotVen  und  vei-schied.  Farm    hei    Jefferson.    Wis..    zurückirfzogeu 

und  das  Amt  des  liaidx-Präsidenten  nieder- 


Couvenieur  von    Xehraska   und   Pundes-  .ü<'le.ut   hatte,  die  landwirthschaftliche   Al)- 

Senator  war  der  von  deut.schen   Eltern  am  theilun^'    der    ..Germania"    in    Milwaukee. 

2»J.  Xovemher  IS.vi  in  Aurora.  111..  ^'ehoreuo  'l''ii  -Haus-  uiul  Pauernfreuud  "  unter  dein 

Clxirhs   fliiirii    Ditlricli.   Pis  zum    P").    Pc-  Naiiien  ..Hans  Puschhauer"".     Ei-  starh  am 

hensiahr.'   hesiu-hte   er   die    Schule.      Dann  -••■  -liniuar  P)():^. 
arheitete   er   auf    Farmen,    in    Per^werken 


und  Plantajren  im  Süden,  um  sieh  PSTS  in  /u   den    im    politischen    Lehen   hervorra- 

IIastin«rs.  Xeh..  dauernd  niederzulassen  und  ._,,.,,, leu  Deutschen  Amerika "s  gehört  Gitshtr 

sieh  geschäftlich  ZU  hethätigen.     Er  wurde  h'ön,(  r,  der  in  einer  kritischen  Zeit  die  Iii- 

Präsidcnt  der  Geniian  National  Pauk,  vt)m  teressen  der  ruion  in  Spanien  vertrat  und 

repuhlikanischen  Staat.s-Konveut  am  i».  .Mai  Pieutenant-Gouveineur  des  Staates  Illinois 

PIOO   per   Akklamation    zum    Gouverneurs-  ^^..,,.     Gustav  Kiirner  wurde  am  20.  Xovem- 

Kandidaten    nominirt    und    gewählt.      Er  i,,.,.  isiü)  zu  Frankfurt  a.  M.  gehören,  stu- 

legte    sein    Amt    jeih.ch    nieder,    um    zum  ,|i,.t,.  j,,  J,.,ia  und  München,  nahm  an  den 

Puudes-Senator  am  2S.  März  P)()l   von  ^h-v  fn-iheitlichen   ßestrehuugeu   der  Dreissiger 

Legi.slatur  gewählt   zu   werden.      Er  ist   im  j;,),,.,.    theil,     war    hei    dem    missgiückten 

.lahre  1!»(»7  gestorhen.  Sturm    auf    die    Frankfurter    Hauptwaehe 

dahei.  inusste  Hiehen  und  kam  mit  der  Fa- 
Zum  (Jouveineur  von  .Xevada  lirachte  es  milie  Engelmann  naeh  Illinois.  Zwei  Jahre 
der  in  Preusseii  am  pi.  .Januar  PS48  geho-  später  erhielt  er  die  Pefugniss.  sich  ilcr 
reiH>  lidnliohl  Sadirr.  Kr  wurde  P'-t!».")  zum  Reehtsjiraxis  zuzuwenden.  Er  erwarh  sich 
(iouverneur-I.,ieutenant  gewühlt  ;  ;ds  der  im  Staate  Illinois  hald  einen  grossen  Ruf 
(touverneur.  J.  E.  .loiies.  .schon  am  10.  als  AiPokat  und  eine  ausgedehnte  Klientel; 
April  ]XU{i  starh,  wurde  Sadler  sein  Amts-  war  Peisitzer  des  Apiiellations-Gerichts  von 
naehfolger.  Er  wui-dc  dann  (Jouverneurs-  Illinois  und  wurde  \H~y2  zum  Gouverneur- 
Kandidat  der  Freisilher-Partei  und  zum  Lieutenant  von  Illinois  erwählt.  Heim  Aus- 
Gouverneur gewählt.  Er  starh  im  Jahre  hrueh  des  Pürgerkrieges  organisirte  Körner 
T*06.  eii^    Regiment,    wurde    von    Lineoln    zum 


DEUTSCHE  IM  OEFFK.\TI,l(||i:x   LKlIK.N. 


G(J7 


Oberst  enuiniit  uiul  in  dio  Armee  eiii<re- 
stellt.  in  welcher  er  im  Stabe  General  Pre- 
luoiit's  und  si)äter  Ilalleek's  Dienst  that, 
iiahiii  18G2  aus  Gesundheitsrüeksiohten 
seinen  Abschied  und  g'mg  als  Xaehfolofcr 
Carl  Schurz 's  als  Gesandter  nach  Spanien, 
wo  es  ihm  gelan«:,  die  Regjierung  von  einer 
Anerkennung  und  Untei-stützung  der  Kon- 


V('rl»r;iclitc    seinen     Leliensalicnd 
ville.    III.      Kl-  sf;iili  iiiii   !l.    A|ti-i 


Kongress  -   :\rit«rlie(l     AiuJnu 
lidirli )'(](}  wurde  von  deutsehen 
Pitts])ui-g.    I'a..  am   IS.   M.ü   ISO! 
absolvirle  das  .TetTersun  .Medieal 
IMiiladelpliia    im    .lalirc    1SS4    u 


in     lielle- 

I  isiid. 

Jackson 

Eltern   in 

?    gel)oren. 

College  in 

nd    wurde 


GUSTAV    KOERNER. 

Vice-Gouverneur    von    Illinois,    Gesandter    in    Madrid    und    Verfasser   des 

bedeutenden    Werks    „Das   deutsche    Element    in    den  Vereinigten  Staaten 

von   Nord- Amerika.    1818-1848". 


toderation  abzuhalten.  Später  bekleidete 
Körner  noch  mehrere  öffentliclu^  Aemter, 
betheiligte  sich  an  der  Politik,  war  schrift- 
stellerisch thätig  und  schrieb  das  gehalt- 
volle Ruch:  ,,Das  deutsche  Element  in  den 
Vereinigten  Staaten  von  Nord- Amerika, 
1818 — 1848".  Die  erste  Autlage  erschien 
im  Jahre  1880,   die  zweite   1884.     KJirner 


Ai-zt  in  seiner  X'aterstadt.  Er  war  meb- 
i-ere  .Jahre  lang  Stadt-Arzt  in  Tiltsburg. 
Mitglied  des  Stadtraths  nnd  wnrde  IIM).') 
in  den  IJundes-Kongrcss  gewählt.  Er  wai- 
Deh'gat  zum  Friedens-Kongress  in  Brüs.sel. 


Kongress-Mitglied  h'iclifird  liarlhohll  von 
St.    Louis,    der    Ixeilaktenr    (h'V    St.    iionis 


tm 


DKirscilK   iM   oKFFKN'ri.KlIKX    IJ'.I'.KX. 


..Tril)»int'".  wunli'  aiii  "J.  Novi-imIht  IS.").") 
in  lliiiiiliur«.'  frcbnrrii,  kam  als  IT.jäliriiicr 
nai'li  (Itii  V<'r.  Staatt'ii.  wandte  sich  in 
Brooklyn  Ann  Zcitunjrsir.'scliäl't  zu.  und 
/.war  »'rlcrntc  <'r  dasselbe  praktisdi  in  der 
Druckerei  der  ..Kreien  J'resse",  denMi 
lleraus«rel)er  sein  Onkel.  Oberst  luxlir. 
war.  und  «rini:  dann  als  ,I.)Uina]ist  nach 
St.   Louis,   wo  er  l)ald    in   der   repnblikani- 


Fiiner  di-r  deulschen  lv()ny:i'i'ss-Kepräsen- 
tanten  Philadelphia 's  war  der  am  22.  ^läiz 
1!)()7  vei-slorbene  Friedrich  llallcniKiint. 
Kr  war  im  Oktober  1S81  in  Vegesaek  bei 
Bremen  in  Dentschlaiid  ncboi-en  nnd  kam 
im  Septembei-  1S4!)  nach  Amerika.  Kr 
siedelte  sich  sofort  in  IMiiladelphia  an.  das 
seine  Ileimathstadt  wurde. 

Kr  etablirte  sieli  als  Gi'ocer  und   führte 


sehen   Partei  eine  Rolle  spielte.     Im  .Tahre      das   Tiescliäft    aclitunddi-eissin;   .Jahre   lang. 


FRIEDRICH    HALTERMANN. 


lHf).S  wurde  er  in  den  Kongress  gewählt.  Seit  1S.")4  amerikanischer  Bürger,  war 
Seine  Haupt  Verdienste  sind  die  Befürwoi'-  Friedrich  ITaltennann  bis  zum  Ausbruch 
tiuig  der  Aufhebung  der  Krieg.ssteuern  des  lUirgerkrieges  Demokrat  gewesen, 
des  spani.schi'ii  Ki-ieges,  die  Erwirkung  des  wui-de  aber  dureli  eine  Rede,  welehe  Carl 
Charters  für  den  Deutseh-Amerikanischen  Schurz  in  Philadelphia  hielt,  zum  Re]'"''''' 
.\atioinil-Bund  \nid  die  (iiiindung  der  kanismns  hekt'hi't.  Seitdem  war  Hai- 
interparlamentarischen    l'nion    zur   Förde-  termann  ein  prinzipientreiier  Anhänger  der 


rung  internationaler  Sehiedsgeriehte. 


Partei   Lincoln 's.     Im  Jahre   1894  wurde  i* 


DEUTSCIIK   TM  OKFFK.XTLTCII  KX   I.KIJKX. 


W»9 


Ilalteniuinii  in  doii  Koiiijfi'css  «rcwälilt.  in 
wck'liom  or  sich  durch  seine  Ehrcuhafli^- 
keit  niul  sein  gesundes  Urtheil  viele 
Freunde  erwarb. 


^litglied  des  Kongresses  ist  der  am  28. 
Februar  1861  in  Baden  (Kuppenheini) 
geborene  Julius  Kahn.  YjV  kam  mit  seinen 
Eltern  1860  nach  Californien,  Avurde  in 
San  Francisco  erzogen,  wurde  Schauspie- 
ler, kehrte  1890  nach  San  Francisco  zurück, 
studirte  Jurisprudenz,  wui'dc  1892  in  die 
Legislatur  und  1899  in  den  Kongress  ge- 
wählt. p]r  gehörte  demselben  von  1899 — 
1903  nud  von  1905—1909  an.  Er  ist  in 
San  Francisco  ansässig. 


Gustav  KüsIcniHDiii.  Kongress-Repräsen- 
tant  des  9ten  AVisconsiner  Distrikts,  wurde 
am  24.  ]\Iai  in  Detmold.  Deutschland,  gebo- 
ren. Nachdem  dersell)e  das  Gymnasium 
I  seiner  Vaterstadt  absolvirt  hatte,  nahm  er 
j  in  186-1  eine  Stelle  in  einem  Engros-Ge- 
schäft  in  Hamburg  an.  Im  Jahre  1868 
wanderte  er  nach  den  Vereinigten  Staaten 
aus  und  liess  sich  in  Green  Bay.  Wisconsin, 
nieder,  welche  Stadt  noch  heute  sein  und 
seiner  Familie  Wohnsitz  ist  und  wo  er  bis 
zum  Jahre  1903  ein  sehr  erfolgreiches  Buch- 
iind  ^Musikalien-Geschäft  betrieb. 

Stets  einen  regen  Antheil  an  der  Politik 
nehmend,  bekleidete  er  mehrere  öffentliche 
Aemter  und  war  Postmeister  von  Green 
Bay.  Wis.,  von  1892  bis  18!)6.  Im  Jahre 
1901  wurde  er  zum  ]\Iitglicd  der  Central-Be- 
hörde  von  Wisconsin  ernannt,  deren  Präsi- 
dent er  von  190-4  bis  1907  war.  Von  der 
republikanischen  Partei  als  Kandidat  auf- 
gestellt, wurde  er  als  ^Mitglied  des  60.  Kon- 
gresses erwählt  mid.  wiederum  im  Jalirc 
1908  für  einen  zweiten  Termin. 


Fünfzehntausend  Personen  gaben  in  San 
Antonio.  Tex.,  einem  deutschen  Maime  am 
16.  Februar  1879  das  letzte  Geleit  und  der 
ganze  Staat  trauerte,  als  Kon gre.ss- Mitglied 


(i'iislnr  S(lilti(h(r  zu  (Ji-abc  ;,'iir;ij:cn 
wurde.  Auf  jeder  Station  in  Tc.\as.  auf 
welciier  der  Zug.  der  .seine  Leiche  von 
Washington,  wo  er  am  9.  Februar  gesti)rl)en 
wai-.  nach  San  Antonio  überführte,  anhielt, 
drängten  sich  trauernde  Bürger  an  den 
Sarg,  ei-klang  die  Wei.se  eines  Trauernuir- 
sches  und  felille  es  nicht  an  Elirenbezeu- 
gungen  und  lieweisen  tiefer  Trauer. 

Der  .Mann,  der  sidi  in  so  hohem  (Jrade 
die  Liebe  und  Achtiuig  seiner  Mitbürger  er- 
worben hatte,  war  am  19.  November  1829 
in  Darmstadt  gel)oren.  Er  war  mit  der 
..\'ierziger  Gesellschaft"  nacli  Texas  ge- 
kommen. a])er  die  am  obci'cu  Llano  ge- 
gründete Kolonie  Castell  ging  ein.  da  die 
Herren  zu  wenig  von  praktischer  Arbeit 
auf  dem  Felde  verstanden.  Er  siedelte 
nach  San  Antonio  über.  vei*suchte  sicli 
kurze  Zeit  als  deutscher  Zeitvnigs-IIeraus- 
geber  und  wai"  ausserdem  als  Feldmesser 
und  Eisenbahn-Ingenieur  thätig.  Er  wurde 
in  die  Asseml)ly  und  später  in  den  Senat 
der  Staats-Legislatur  gewählt,  enthielt  sich 
während  des  Krieges  jeder  autfälligen 
]*arteinahme.  trotzdem  er.  wie  alle  Deut- 
schen in  Texas,  zui-  Tnion  liielt,  und  wurde 
1874  in  den  Krtngress  gewählt.  Seine  zwei- 
malige Wiederwahl  ist  der  beste  Beweis 
dafüi".  dass  er  die  Intei-essen  seiner  Wähler, 
die  durch  räuberische  Einfälle  von  Mexico 
her  viel  zu  leiden  hatten,  in  zufriedenstel- 
lender AVcisc  vertreten  hat. 


Kongress-Mitglicd  für  den  26.  Distrikt 
von  Pennsylvanien  wai-  lüdö -7  <ler  in 
Nazareth.  Pa..  ansässige  hervorragende 
Fabrikant  \nid  (Je.schäftsmann  <!.  A'lolph 
S(Jni((h<li.  geboicn  am  23.  Novenilx-r  18:)3 
in  Neusalz,  Preussen.  Er  hatte  seine  Er- 
ziehung in  P.ethlehem  nnd  .Nazareth  erhal- 
ten. Er  ist  Sekretär  dei-  Tru.stces  von  Na- 
zareth Hall. 


Der  Deutsch  Amerikaner  bet heiligt  sich 
im  Allgemeinen  wenig  an  dci'  Politik.  Zu 
d.n     hervorragenden     Männern    deutschen 


nio 


DEUTSCHE  IM  OEFFilNTIJrilEX  LEBEN, 


Sfaiiiiiii's.  wclclic  in  dit'scr  Hcziehuiijr  eine 
Aiisiiiiliiiic  voll  der  Ii»'«r('l  iiiiiclu'ii,  gehört 
h'uflolf  liliiiihi  iilnoii  in  IMiiliidi'lpliia.  Kr 
hat  sich  als  licfürwcirtcr  von  Kcfonn-Hcwi'- 
giinjrt'ii  t'iiit'ii  iialicinalm  Kiif  ('i-worlx'ii.  Im 
»lalin-  1S4:{  in  Lippc-Dctniold  gclHiirii.  lan- 
tloto  (M'  am  1.  März  18()0  in  Aiiiorika.  Kr 
war  zehn  .lalirc  lan^'  Reisender  iiii-  die 
Firma  Ilni-stmann  &  Sölme  in  IMiiladel- 
phia.  Kahrikanten  nnd  Importeure  von 
Posament  irwaaren.  srründete  daiui  seihst 
ein  ähnlieln's  (Jescliiift.  das  zu  einem  der 
frrössten  seiner  Branche  \vui"de  und  üher 
L'di»  Antrestellte  l)eschiifti«rt.  Die  Fii-nia 
H.  Iilankeid)urg  &  Co.  liat  Filialen  in  New 
York.  Chicatro.  lioston,  Denvei-  und  Yoko- 
hama. Japan.  \(>n  wo  sie  Seidenzeuge  im- 
portirt.  Im  .Jahr«'  1880  wai'  er  einei'  der 
repuhlikanischen  Elektoren.  trat  in  der 
Folge  unerschrocken  für  nuniizipale  Re- 
formen ein.  hekämpfte  den  AVa  hl  betrug, 
deckte  die  Betrügereien  in  der  Ai'inen- 
haus- Verwaltung  auf,  machte  den  AVu- 
eherzinsen  im  Pfandleih-Oeschäft  ein 
F^nde  und  half  die  Xoth  von  Tausenden 
mildern.  Im  Jahre  1802  war  er  einer  der 
Feherhringer  der  Iviehesgaben  i'üi-  die  Be- 
wohner i]('V  IIungersnoth-Distrikte  Russ- 
lan(Fs  nnd  nahm  in  der  lokalen  AValilkam- 
pagne  in  I'hiladelphia.  die  im  November 
1!K).')  zur  Niederlage  der  republikanischen 
Partei-Organisation  in  der  Sfadt  fülirte. 
hervorragentlen  Antheil.  Als  County- 
Kommi.s.sär  verzichtete  er  auf  das  mit  dem 
Amte  verbundene  Jahres-Gehalt.  Er  war 
mehrere  Jahre  liindurch  Präsident  der 
Deutschen  Gesellschaft  von  Pennsylvanien. 
Au«'h  als  politischer  Schriftsteller  maehte 
er  sich  einen  Namen.  Im  Jahre  1909  zog 
er  sich  von  seinem  Geschäft  zurück.  Er 
bewährte  sich  in  allen  nationalen  Fragen 
als  gesiiniungstüchtiger  Republikaner,  aber 
als  ent.schicdener  und  gcfüi-clileter  Gegner 
der  ..Poss"-TT..rrschaft. 


Tlirodore  Jirciifaiio  in  Chicago  luierwähnt 
lassen.  Sein  Vater,  Lorenz  Brentano,  darf 
wohl  zu  den  hervorragendsten  Deutschen 
in  AiiH'rika  gezählt  werden.  Theodore 
Brentano  wurde  am  29.  ]\lärz  1854  bei 
Kalamazoo,  >\Iich..  geboren,  als  sein  Vater, 
übersättigt  vom  jxtlitisehen  Leben,  das  er 
in  den  Sturm-  und  l)rang-Jahr(Mi  Baden 's 
zur  Genüge  kennen  gelernt,  sich  in  die  Ein- 
samkeit geriüchtet  hatte  und  als  Farmer 
sich  luid  die  Seinen  zu  ernähren  sueiite. 
Im  .l.ihre  1859  siedelte  Lorenz  Brentano 
nacli  Chicago  über  und  dort,  sowie  s])äter  in 
Schulen  in  Deutschland  und  der  Schweiz 
ei'hielt  Theodore  seine  wissenschaftliche 
Erziehung.  Er  wurde  1882  zur  Advokatur 
zugelassen,  die  er  in  Chieago  ausübte.  Seit 
dem  Jahi-e  1890  i.st  er  Richter  der  „Supe- 
i'ior  Court"  von  Cook  County.  Er  ninuiit 
trotz  seiner  hohen  juristischen  Stellung  an 
allen  deutschen  Bestrebungen  in  thätiger 
AVeise  Antheil. 


Eine  liei\nrragende  Erscheinung  in 
deutseh-amerikanischen  Kreisen  New  Yorks  • 
ist  der  am  11.  Juli  184:?  in  Borkendorf, 
Deutschland,  geborene  .  Anwalt  Arthur 
von  Bricscn,  in  Firma  Briesen  &  Knauth. 
Er  kam  als  lojähriger  nach  Amerika.  Er 
nuichte  den  Bürgei-krieg  als  Sergeant  mit. 
studirte  dann  Juris])nulenz  und  wurde  im 
Jahre  1868  zur  Advokaten-Praxis  zug'e- 
lassen.  Auch  im  jKjlitisehen  Leben  hat  er 
sich  heivorgethan.  Ihm  wurde  sogar  die 
Ehre  zu  theil.  dass  Präsident  Roosevelt 
in  seiner  Botschaft  vom  Jahre  1903  seiner 
Ei-wähnimg  that.  P]r  ist  Ritter  des 
Kreuzes  der  französischen  Ehrenlegion. 


Es  hie.s,se  eiiu'U  verdien.st vollen  Deutsch- 
Amerikaner  übergehen,  wollte  man  Richter 


In  Louisville.  Ky.,  als  Anwalt  ansä.ssig 
war  dei-  am  :{.  Februar  1833  in  Zirkc.  Pro- 
vinz Posen,  geborene  Louis  X.  Dcmbitz. 
El'  absolvirte  das  Gynniasium  in  Glogan, 
studii'te  in  Prag,  dann  in  New  York  und 
wurde  1858  zur  Ausübung  der  Advokatur 
zugelassen.  Er  war  Ililfs-Stadt-Anwalt  von 


DEUTSriTR  T^r  oefpkxtlfciikx  lkhkx. 


tili 


Louisville  von  1S84 — 88  und  war  einer  der 
Ilauptinitarbcitei-  an  dem  ersten  australi- 
sclien  liallot-Gesetz,  das  in  den  \'er. 
Staaten,  nämlieli  1888,  passirt  wurde.  Er 
hat  mehrere  Werke  ü])er  Jurisprudenz  ge- 
schriel)en  und  war  ;Mitar])eiter  an  der 
..Jewisli   Eneyclopaedia ".     Er  starb   1!)()7. 

Eine  Rolle  bei  dtMu  ersten  republikani- 
schen Xational-Konvent.  der  im  .Tabr(>  1856 
in  Philadelphia  abtrehalten  wurde,  sjjielte 
der  Gastwirth  und  Postmeister  Philipp 
DorchJuimer  aus  Buffalo.  N.  Y..  indem  er 
Fremont's  Nomination  befürwortete.  Er 
war  im  Jahre  1797  in  AVollstein  in  der 
Kheinpfalz  geboren  und  ISIH  als  :\Iüllei-- 
l)nrehe  naeh  Amerika  gekommen.  Später 
war  er  Staats-Sehatzmeister  von  New  York. 
Lineoln  ernannte  ihn  zum  Binnen-Steuei'- 
Kollektor.     Er  starb  '[S66. 


..Supreme  Court"  -  Riehter  Lronhard 
Anton  Giegerich  von  New  York  hat  am 
20.  :\rai  1855  in  Roetz.  Bayern,  das  Licht 
der  Welt  erblickt.  Er  war  ein  Jalii-  alt, 
als  seine  Eltern,  Leonhard  und  liarbara 
Giegerich.  ihn  nach  den  Ver.  Staaten 
brachten. 


Den  hohen  und  verantwortungsvollen 
Posten  eines  amerikanischen  General-Kon- 
suls in  Frankfurt  am  :\Iain  erhielt  am  1. 
Januar  1899  der  in  Potsdam  am  30.  No- 
vember 1845  geborene  Richard  Günther. 
Er  hatte  in  der  Heimath  den  Beruf  eines 
Apothekers  gewählt,  wanderte  aber  der 
gros.sen  ^Mittel  wegen,  die  in  Preussen  zur 
Gründung  einer  Apotheke  gehören  und  die 
er  nicht  besass.  nach  Amerika  aus.  Er  hielt 
sieh  ein  Jahr  in  New  York  auf  und  siedelte 
dann  in  die  aufblühende  Stadt  am  Winne- 
bago-See,  Oshkosh  in  Wisconsin,  über.  Er 
eröffnete  dort  eine  Apotheke,  spielte  in  der 
Politik  eine  Rolle,  war  1878—1882  Staats- 
Sehatzmeister  von  Wisconsin,  von  1881  bis 
1889  :Mitglied  des  Kongresses,  von  1890—3 


V.  St.  General-Konsul  in  .Mexico,  erincit 
dann  eine  staatliche  Stellung,  bis  er  Geiic 
ral-Konsnl   in   Frankfurt  am   .M.iii,   unrd.- 


Bundes- Richter       für      d.-n       .ist liehen 
Distrikt    von    Missouri    von    190.')— 7.    .Mjt. 
glied  des  Kongres.ses  von   18(58—72.  Legjs- 
latur-.AIitglied    von     lSfi4— 8,    republikani- 
scher Kandidat   für  das  Amt   des  Gouver- 
neurs  von    ^li.sscmri    (187(i)    und    für   das 
Amt  des  Staats  -  Supreme  -  Coiwt  -  Richters 
(1898)  war  der  in  St.  Louis  ansässige  An- 
walt   Gustav   A.    Finhdnbarf/.    geboren    in 
der  Nähe  V(m   Köln   am   Rhein.      Er  kam 
mit   seinen    Eltern    nach    Amerika,   erhielt 
seine    Schulbildung    in    St.    CJiarles.    Mo., 
studirte    am    Cincinnati    Law    College    die 
Rechte  und  wurde  im  Jalire  iStiO  zur  Aus- 
übung der  Advokatur  im   Staate  Mis.souri 
zugela.ssen.     Er  .schrieb  mehrere  juristische 
AVerke.     Das  Amt  des  Bundesrichters  legte 
er  nach  zweijähriger  Thätigkeit  als  solclier 
nieder. 


Scliatzmeister  des  Staates  Illinois  war 
der  aus  der  Pfalz  gebürtige  Jaloh  Gtnss, 
der  am  11.  Februar  1840  das  Licht  der 
Welt  erblickt  hatte.  Als  Lljähriger  kam  er 
zu  Verwandten  in  Chicago  und  wui'dc 
Zinnschmied.  Im  Bürgei-kriege  wurde  ihm 
in  dem  Gefecht  bei  Dallas,  (}a..  das  i-echte 
Bein  zei-schmettert.  Es  musste  amputirt 
werden.  Nach  dem  Ki-iege  wandte  er  sich  in 
Chicago  dem  Baidvgeschäft  zu.  bekleidete 
mehrei-e  Aemter,  darunter  das  erwähnte, 
und  wui'de  Mitglied  der  Bankiers-Firma 
Felsenthal,  Gross  &  Miller. 


Ludwig  Paul  TTf  nnighausni  wui'de  am 
18.  Dezember  1840  in  Fubla.  Hessen- 
Xassau.  gelioren.  besuchte  Bürger-  und 
Heal-Schulen  in  Hersfeld  und  erhielt 
durch  Privat-Lehrcr  l'nterricht  in  der 
englischen  und  fi-anzösischen  Sprache. 
Zeichnen.  Geometrie  u.  s.  w.  Im  .Jahre 
1855  wurde  ei-.   in   i\ry  ()i)liut   eines   Freun- 


012 


DKrTSCIlK   IM   oKFPKNTlJrllKN   LKÜHN. 


des  (liT  Kiiiiiilir.  zu  sfiiiciii  in  l>;i!liiiinr(' 
w«»liiiciMlt'ii  älteren  Unitler  };esiiii(lt  und 
liiudefe  daselbst  ihm  17.  September  IS.M. 
Kr  beuul/te  bier  die  Al)endsebub'  <lei- 
fn'ieii  l*ul)lie  Selinol  uiul  beirniMi  die  eui,'- 
liseheii  Kbissiker  ZU  b-seu.  uni  die  Spraebe 
zu  benieisteru.  In  <b'U  dalireu  IS.'jS  l)is 
1,S()(I  war  er  al)\veebsehid  in  New  York. 
Cineinnali.  Wasbiiiirten.  D.  ('..  \\i\i\  Kieli- 
niond.  Va..  Ibätii;.  iJaltinioi-e  stets  als  Ilei- 


'i'ui  nei'-Sebützeii  leisteten  eine  Zeit  lanjr 
ficiw  ilüire  Dienste  inid  \\ur<len  am  11. 
.\pi-ii  lS(il  Ciii'  drei  Mitnate  in  die  Ai'mee 
ein^emustert.  Sie  nainiien  Tbeil  an  den 
(iet'eebten  am  oberen  Potonnie.  Naeb  Ab- 
laut" der  drei  [\Ionate  wurde  Ilenni^'bauseii. 
weleber  Aut'niei-ksandvt'it  eri'ej;t  batte 
dui'eb  rebersebwinnnen  des  Potomae  \nul 
Wetiuebmen  feindlieber  lioote.  die  Stelle 
eines  Orti/ieis  in   einem    New   Yorker  Kegi- 


LOUIS   PAUL    HENNIGHAUSEN. 


iiiatb  beiraelilend.  (Jinsscn  Kintiuss  auf  mento  anjjetrajjen.  Kr  trat,  noeb  nieht 
ilni  batten  die  Heden  uiul  Vorträ^^'  der  21  Jabre  alt.  als  II.  Lieutenant  in  das  46. 
4S('r  Au<rust  Willieb.  Friedrieb  llassau- 
rek.  Stallo.  Karl  lleiuzen.  Samuel  Lud- 
vipb.  Fr.  Kapp  u.  a.  in  dm  Turnballen 
<ler  Städte.  Im  Herbst  lS(i().  den  droben- 
den  Au.sbrueb  des  IJiirjrerkrieges  erwar- 
tend, verlicss  er  liiebmond.  fubr  naeb 
AVasbin'irtttn  und  .sebloss  sieb  den  Turner- 
Sebützen.    Capt.    Jos.    (Jerbardt.    an.      Dir 


Kegt.,  N.  Y.  Vol..  Oberst  von  Kosa.  In 
1862  wurde  er  zum  I.  Lieutenant  befördert 
und  ei-bielt  das  Kommando  einer  Koin- 
paj^nie.  Das  Regiment  oj)erirte  an  der 
Küste  \(>n  Soutb  Carolina  und  (leorgia. 
Sybee.  Ililton  Ilead.  lieauford,  Ediste 
und  .James  Islands,  uiul  kam  naeh  Ttägiger 
Seblacbt     naeb     Xewport     Xews,     sodann 


DEUTSCH  !•:  IM   OHFFKNTI.KIl  KX   LKl'.KN. 


(ii:{ 


nach  Fi'pderii'ksl)ui'y:.  \'a.  Laiiy:\vi('rij;o 
Kraiiklu'it.  verursacht  durch  aiistrcn<r('ii- 
(Icii  Dienst  in  (h'ii  Sümpfen  von  Soutli 
Carolina  und  (ieorj^ia.  veranhisste  Ilennig- 
liauscn  auf  (hinjrench'u  Kath  dci-  Acizte 
zum  Ausschei(hMi  aus  dci-  Aiiiiee.  Er 
frin<r  nach  Haltimoi-e.  wo  ei-  l\ui'zc 
Zeit  im  deutschen  Bucldiandel  thiitij^  war, 
und  (huHi  eine  LehrerstelU'  in  Washinjjrton 
annahm.  Ki'mutlii^''t  durch  die  Stabsofti- 
/iere  im  Ilauptiiuartier  seiner  Division, 
welche  im  Privatleben  meist  Reclitsan- 
wälte  waren.  l)enützte  jetzt  Ilennitjhauscii 
seine  freie  Zeit,  Gesetzbücher  zu  lesen.  l)e- 
siichte  später  in  l^altiniore  die  ^laryhuid 
Law  School.  trat  in  die  Office  des  tüchtijien 
Rechtsanwalts  Patrick  ^IcLaughlin.  be- 
stand im  .März  18(j8  sein  Examen, 
wurde  zur  Geriehtspraxis  zugebissen  und 
l*ai'tner  seines  l*räcei)tors  McLaughlin. 
Ilennighausen  hatte  als  Rechtsanwalt  von 
Anfang  an  und  dauernd  grossen  Erfolg. 
Er  nahm  keine  Kriminal-Fälle  an.  ausser 
auf  Ersuchen  der  Richter,  weini  ein  armer 
Deutscher  in  zweifelhaften  Fällen  vor  die 
Schranken  kam.  In  Civil-Fällen  führte 
ihn  seine  Praxis  bis  vor  ;,The  Suprenie 
Court  of  the  Fnited  States",  den  höchsten 
Gerichtshof  der  Ver.  Staaten.  Er  weigerte 
sieh,  irgend  ein  i)()litisclies  Amt  anzuneh- 
men, zweinuü  wurde  ihm  einstinnnig  von 
dem  republikanischen  Konvent  seines 
Distrikts  die  Kandidatur  für  den  Kongress 
angeboten  und  von  ihm  abgelehnt.  In 
früheren  Jahren  hat  er  jedoch  als  Kam- 
pagne-Redner der  republikanischen  Partei 
mitgeholfen.  Seit  Januar  1887  ist  er  Prä- 
sident der  Deutscheu  Gesellschaft  von 
Maryland,  welche  seit  1783  besteht.  Neben 
seiner  Rechtspraxis  ist  seine  Liebling.sarbeit 
die  Ei-forschung  der  Geschichte  der  Deut- 
sehen in  Amerika.  Er  hat  dai-in  manches 
Werthvolle  dem  Staube  der  Vergesseidieit 
entrissen  und  der  Geschichte  einverleibt. 


Arztes  am  Id.  Dezember  ISOI  in  ("jiarlot- 
tenburg  bei  liei-lin  geboren  worden  war. 
Das  .\ttentat  auf  Kotzebue  ISII)  führte 
zur  N'rrhaftung  des  Hui-schenschafters 
Albert  Lange,  der  zu  l.")jähriger  Festung.s- 
lialt  in  (ilogau  verurtheilt  wurde,  licgna- 
digt.  wanderte  er  nach  Amerika  aus,  wo  er 
sich  schliesslich  in  Terre-IIaute.  Ind.,  nie- 
derliess.  Piiisidcnl  Taylor  gab  ihm  das 
Konsulat  in  Amsterdam,  dann  eine  Stell;* 
im  liundesdien.st  in  Washinirtcm.  aber  beide 
Aemter  behagten  Lange  nicht,  uiul  er 
kehlte  nach  Terrc-l laute  zurück.  Im  Jahre 
1S()()  wurdt'  ('!•  von  <len  l\epul)likanei-n  zinii 
Staats-Auditor  gewählt.  Er  machte  sich 
verilient  um  die  Aufbringung  der  Freiwil- 
ligen-Regimenter. Später  war  er  Mayi>r 
von  Terre-IIaute.  Er  starb  18ti!).  Sein 
Begi'äbniss  war  das  gro.ssai'tigste,  das  die 
Stadt   je  gesehen. 


Zum  y.  St.  General-Konsul  in  Ilavana 
auf  Culta  hat  es  der  in  .München  am  12, 
.Mai  18G4  geborene  Franz  Maximilian 
Si(  iiiluirt  gebracht.  p]r  hatte  eine  gute  Er- 
ziehung genossen,  war  1882  als  Gemeiner 
in  die  V.  St.  Armee  eingetreten  und  wurde 
bald  zum  Korporal  und  dann  zum  Sergean- 
ten befördert.  Er  wurde  Clerk  im  Haupt- 
quartier der  Division  des  ^lissoui-i  in  Chi- 
cago. Im  Mai  ]S\)^  wurde  Steinhart  zum 
Chef-Clerk  des  ersti'U  Armee-Korps  er- 
lumnt  und  begleitete  als  solclu-r  General 
Diooke  nach  Porto-Rico  und  später  nach 
Cuba.  Im  Jahre  11)03  wunh"  er  zum  Gene- 
ral-Konsul in  Ilavana  ernannt. 


Staats-Auditor  von   Iiuliana   war  Alhcii 
Lauge,    der    als    Sohn    eines    ang(!sehenen 


(Jeneral-Konsul  in  Rio  de  Janeiro,  lirasi- 
lien.  ist  ein  deutsch-amerikanische!-  Jour- 
nalist. l'Ui<i(  n  S((!/<r:  geboren  am  1.  .Mai 
LS;");}  in  Süd-Deutschlaiul.  hatte  er  in  Paris 
und  .München  studirt.  war  nach  .\merika 
ausgewandert  und  Redakteur  der  „Freien 
Presse"  in  Chicago,  des  „California  Demo- 
krat" in  San  Francisco  und  der  „\«'W 
Jersev    Freie  Zeitung"   in    N'cuark.   .\.  J.. 


(W4 


i;('\vo|-<lfii.  Hl-  iiJiluii  iiii  tl'M 
s«-h5ifts-Kam|)ii«rtifii  im  liitoresse  »I.t  rcpu- 
l)lik;inisrlu-M  Tiirtci  l.'l)lwif1('ii  Antlicil. 
St'inc  Kinrnmiii^'  /um  (IriuTal-Konsiil  in 
Kin  dr  .liiiu'iro  fi-folK'te  1S!)7.  Kr  vcnltrciil 
liflit»'  zwei  Hüclicr:  „(Miica.iro.  die  wuikUt- 
vollr  Stadt"  und  ..(Jarfi.'ld  und  ^''in«'  /A'it". 


DEL-TSLllK   IM   ÜKFFKNTI-K  IIKN    LKHKN. 
PräsidiMit- 


Klu'Mso  iM'dt'utond  als  Fabrikant  wie  im 
pulitisrlu'U    Leben    ist    der   frühere    .Mayor 
v.)ii  Brooklyn.  N.  V..  Corl  Aduli)h  Schuren; 
.^'i'boren     in     ilcr     Jxbciniirovinz     am     28. 
Fri)ruar  K^-J-,  kam  er  185(j  naeh  Amerika, 
war   i>is   zum    l'l.   .lahre   in   seines   Vaters 
(•i«;arren-     und     Tabak-Laden     angestellt, 
wunh'   dann   Clerk    in    einer   Treibriemen- 
Fabrik,   errichtete    18G8   selbst  eine  kleine 
Treibriemen-Fabrik,  die  zu  einer  der  gröss- 
ti'u   in   den   Vereinigten   Staaten  geworden 
ist.     Die  Firma  Charles  A.  Schieren  &  Co. 
hat    Weltruf.     Schieren  ist  Präsident  imd 
Direktor  der  CJermania-Sparbank,  ^Mitglied 
des  Aufsichtsrathes  der  Aachen  und  Mün- 
chener Feuer  -  Versicherungs  -  Gesellschaft, 
d.r    r.rooklyn    Trust    Co.,    der    Germania 
Lebens  -  \'ersicherungs  -  Gesellschaft,      der 
.Nassau  National  Bank.  Präsident  und  Di- 
rektor der  Prooklyner  Academy  of  ]Music 
und    L Vize-Präsident    des   Brooklyner   In- 
stitute <)f  Arts  and  Sciences.     Zum  ]\Iayor 
von   Brooklyn  wurde  er  im  Jahre  18*).'}  ge- 
wählt.     La    Käthe    der    repul)likanischen 
Partei  geniesst  Carl  A.  Schieren  hohes  An- 
sehen.   Er  wohnt  in  Brooklyn. 


Hin  .Mann,  der  .stolz  ist  auf  seine  deutsche 
.\bstanninnjg.  ist  Hichter  William  Iliaton 
Slaala  in  IMiiladelphia,  l*a.,  der  von  deut- 
schen Eltern  am  5.  Dezend)er  18-16  in 
Brooklyn.  .\.  Y..  geboren,  aber  in  Philadel- 
phia seine  Schul-  wie  seine  Universitäts- 
Bildung  erhielt.  Er  war  im  .]ahi-e  1868 
zur  Ausübung  der  Advokatui'  im  Staate 
Pennsylvanien  zugelassen  worden.  Er  hat 
.sich  namentlich  bei  den  Bestrebungen,  die 
Gesetze    der    verschiedenen    Staaten    mclir 


einheitlieh  zu  gestalten,  ausgezeichnet  und 
bekleidet  in  vielen  AVohlthätigkeits-Anstal- 
teii  hervoi'ragende  Ehi'«'nst eilen.  Kichter 
des  Civil-Gerichts  in  Philadelphia  ist  Herr 
Staake  seit  dem  Ki.  Mai  lüUÜ. 


Herr  Oskar  Saloinoii  St  raus,  der  bekannte 
Diplomat  und  unter  Theodore  Roosevelt 
Seki'etär  des  llantlels-  und  Arbeits-Depar- 
tements,  ein  Bruder  von  Isidor  inid  Nathan 
St  raus,  wiu'de  in  Khein-Bayern  und  zwar 
am  2'-i.  Dezember  1850  geboren:  Er  stii- 
dii-te  in  New  York  Jurisprudenz,  prakti- 
zirte  von  1872 — 81  als  Advokat,  trat  dann 
in  das  Töpfer-  und  Ghuswaaren-Import-Ge- 
schäft  seines  Vaters,  das  den  Firma-Namen 
L.  Straus  &  Sons  führte,  ein,  war  von 
1887— i)  und  von  1898—1901  V.  St.  Ge- 
saiulter  in  Konstantinopel,  wurde  am  19. 
Dezember  1906  Sekretär  des  Handels-  und 
Arbeits-Departements  und  dadurch  Kabi- 
nets-^Iitglied  und  wai'd  1909  von  Präsident 
Taft  zum  Botschafter  an  die  Türkei  er- 
nannt. 


Bürgermeister  von  Cineinnati  von  1897 
— 1899  und  einer  der  Gründer  des  ersten 
Turn-Vereins  da.selbst  im  Jahre  1848  war 
Gustav  Tafel,  der  in  ]\Iünchen  am  P5. 
Oktober  1830  geboren  war.  Er  besuchte  in 
rim  und  Schorndorf  höhere  Schulen,  kam 
im  Septendjer  18-17  nach  Cineinnati,  er- 
lernte die  Buchdruckerei,  wurde  Journalist 
und  1858  Advokat.  In  den  Krieg  zog  er 
als  Gemeiner,  als  Oberst  des  106.  Regiments 
der  Freiwilligen  von  Ohio  wurde  er  ausge- 
mustert. Im  Jalu-e  1865  wurde  er  in  die 
Legislatur  gewählt. 


Bundes  -  Richter  für  den  östlichen 
Distrikt  von  Arkansas,  mit  Wohnsitz  in 
Little  Rock.  Ark.,  ist  der  am  6.  Oktober 
1853  in  Deutschland  geborene  und  dort 
und  in  St.  Louis  erzogene  Jacob  Tnchcr. 
Er  wurde  im  ^fai  1876  in  Arkansas  zur 
Ausübung  der  Advokatur  zugelassen.    Von 


DEUTSCHE  IM  OEFFi:\TI,|('lli:\    LKI'.KN. 


)il5 


1807—1900    war    t>r    Hniules-Aiiwall, 
1900  ist  er  Buiulcs-Kichter. 


seit        in     (Iciliscllx'il     seil 


Zu  den  angeselieiistt'ii  Hiiry:('ni  des  Lin- 
des deutselier  Al)staiuninng  geliört  General 
Louis  Wa</>icr  in  Piiiladelphia.  Er  wurde 
am  4.  August  1838  iu  Giessen.  Hessen,  ge- 
boren und  kam  im  Jahre  184:9  mit  seinen 
Eltern  nach  Philadelphia.     Er  erlernte  das 


schwer  verwundet  und  im 
Jalire  iSii.j  zuni  lirevet-Hrigade-(Jeneral  er 
iiaiint.  im  Stadtrath  von  i'hiladelphia  enl- 
talli'te  er  als  N'orsitzer  des  Finanz- Kumites 
uml  Präsident  des  Coinmon  ("oiuieil  eine 
segensreielie  Thätigkeit.  war  .Mitglied  d.-s 
Sehulrathes.  Heeoider  «»f  Deeds,  (hinn  unter 
^Mayoi-  Fitler  der  erste  Direktor  des  Depar- 

teilieiils   (]rv  ("in'cill  lidleii    Werke   uuter  dem 


GENERAL    LOUIS    WAGNER. 


Geschäft  eines  Lithograplien,  war  einer  der 
ersten  Lehrer  der  deutsch-englischen 
Abendschule  und  eröffnete  später  eine  Ver- 
sicherungs-Agentur. Er  war  beständig  be- 
strebt, an  seiner  Weiterbildung  zu  arbeiten, 
und  das  gelang  ihm  auch  dank  seines  eiser- 
nen Fleisses,  seiner  Energie,  seiner  unge- 
wöhnlichen Begabung  und  raschen  Auffas- 
sungsgabe iu  bester  Weise.  Am  Bürger- 
kriege nahm  er  rühmlichen  Antheil,  wurde 


Bullitt 'sehen  Stadt-Charter  luid  ist  gegen- 
wärtig Präsident  dei"  Dritten  Xational- 
Bank,  die  unter  seiner  Ijeitung  gros.se  Fort- 
sehritte gemacht  hat.  Eines  wie  gros.sen 
^'ertrauens  und  wie  hoher  Achtung  sich 
General  Louis  Wagner  in  den  weitesten 
Kreisen  der  Büigersehaft  erfreut,  geht 
daraus  hervor,  da.ss  er  seit  Jahren  Präsi- 
dent der  City  Trusts  ist,  welche  den  .Nadi- 
la.ss  von  Stephen  Girard,  de.s.sen  Werth  ge- 


GlÜ 


DKUTSCIIK   IM  OEFPKNTTJCHEN  LEBEN. 


•ri'iiwärtivr  $40.1  >(>(•.(•<'<)  ülxTstcij;!.  iiiul  an- 
tlfiT  für  dir  Stadt  frcniiichU'  Stirtuii'rrii  vci - 
walt.-M.  (It'iuTal  Wairiifi-  ist  ein  licfvoii-a- 
j;.Mi»l«'s  Mit^'lifd  diT  (Iraiid  Ai-iii\  <W  tlu- 
lii'IMil)!!«-  und  i\vv  i-'iviiiiaurcr.  In  iU'V 
DiMitschcii  Cicscllschaft  von  IVnnsylvanicn 
hat  sich  G»MU'ral  Wairiirr  als  laii^rjälirij^nT 
Voi-sitzcr  ihres  Schulkniiiilcs  trrossc  W'V- 
dieiistt*  iTwnilu'ii.  Iiitcr  (icii.  WagiK'r's 
rräsith'iitscliaft  hrwahrt«-  dir  Deutsche  Ge- 
sellschaft ihren  vocnehnien,  konservativen 
Charakter,  und  sein  Verdienst  ist  es,  dass 
(h-r  rnterstüt/.unK  ai-mei-  Kinwanch'rer 
mehr  Aufnierksiind<eit  von  Seiten  dersellx'n 
•rewithuet  wurde,  als  dies  unter  etlichen 
seiner  Vorgänger  iler  Fall  war. 


Der  hervorra»;ende  (U'niokratische  \uhI 
anti  -  imperialistische  Kampagne  -  Hedner 
((Jold-Demokrat).  Lehi-er  des  Verfassungs- 
Ixechts  an  der  Jolni  Marshall  Law  School  in 
Chicago  und  Gatte  der  berühmten  Pianistin 
{•'annir  lU(»omfield-ZeisIer.  ><i(/iitiiii(l  Z<is- 
h  r.  wui-de  am  11.  Api'il  lS(i(>  in  liielitz, 
Oesterreichi.sch-Scldesien,  geboren.  Er  stu- 
dirle  Jura  inid  ('aiiici-;dia  in  AVien.  maelite 
(h)rt  188:5  den  Doctor  Juris,  kam  nach  Ame- 
rika, studirte  an  der  Northwestern  Univer- 
sity  nnd  wurde  1884  ])ereits  zur  Advokatnr 
in  Chicago  zugelassen.  Er  half  die  Anar- 
«•liistcn  1886 — 87  vertheidigen,  war  1893 — 4 
«■rster  llilfs-Stadt-Anwalt  in  Chicago, 
mus.ste  aber  seiner  angegritfenen  Gesund- 
lieit  wegen  sein  Amt  aufgel)en  luid  reisen. 
.Nach  Chicago  zurückgcUelii-t  war  ci-  als 
.\nwalt  tliätig. 


Deutsch-Amerikaner  in  der  Armee 
und   Marine. 

Der  kriege  risdien  Verdienste  der 
Deutsch- Amerikaner  ist  in  anderen  Kapi- 
teln dieses  Buches  l)ereits  gcdaclit  worden. 
Die  Lebensgescliichtc  eines  Mannes  ist 
jedoch  an  dieser  Stelle  nachzutragen,  der 
ein  geborener  Ki-iegsmann  und  dem  es  He- 


diii-fni.ss  war,  sich  auf  dem  Schlachtfelde 
zu  betliätigen.  AVo  inuner  (Jelegenheit 
sich  bot.  dei"  K  i'irgstrompetc  zu  folgen, 
war  er  dabei.  Kr  wiire  zu  einer  anderen 
Zeit  ein  zweiter  (jcoi'g  von  Krundsberg 
geworden,  der  als  dei-  ..Vatei-  der  deutschen 
Landsknechte""  in  der  (rescliichte  fortlebt. 
Doch  mag  die  Geschiclite  .seines  Lebens  inul 
seiner  Thaten  ilie  Richtigkeit  des  angezo- 
genen   \'ergleichs  bestätigen. 

Henry  Bohlen. 

lOine  der  iiitei'c.ssantesten  Krscheinungeii 
im  deutsch  -  aniei'ikanischcn  Leben  ist 
Ih  iiijj  nohlrii,  der  am  12.  Oktober  1810 
in  Bremen  geboren  wurde,  als  seine  in 
Philadeli)hiH  an.sässigen  Eltei'n  in  der 
alten  Ilan.sastadt  sich  aufhielten,  M'ohiu 
seinen  Vater  die  Abwicklung  von  Ge- 
.schäften  des  Handelshauses  B.  &  J.  Bohlen 
gerufen  hatte.  Der  junge  Bohlen  hatte 
eine  entschiedene  Neigung  zum  Soldaten- 
leben. Auf  Empfehlung  Lafayette's 
wurde  der  junge  .Mann  im  Jahre  1831 
Adjutant  des  französischen  ^Marschalls 
Etienne  ^Maurice  Count  de  Gerard,  als 
derselbe  die  Niederländer  aus  Belgien 
verdrängen  sollte.  Mit  ihm  naiuii 
Bohlen  an  der  Belagerung  von  Antwerpen 
theil.  dessen  Citadelle  von  dem  nieder- 
ländischen General  David  Henri  Baron 
Chasse  .so  heldcnmüthig  vom  29.  November 
bis  23.  Dezember  1832  vertheidigt  wurde. 
Nach  I'hiladelphia  zurückgekehrt,  trat 
Bohlen  in  das  von  seinem  Vater,  Bohl 
Bohlen.  gegründete  Handelshaus,  das 
sjjätei-  den  Firnuuiamen  lleni'y  Bohlen  c^ 
Co.  erhielt,  l'm  seiner  Passion  Genüge  zu 
thun.  schuf  er  183(1  in  Philadelphia  eine 
.Miliz  -  Kompagnie,  die  ..Washington 
(iuards",  dei-en  Hauptnuum  dci*  aus  der 
Ludwig.sburger  .Militäi'-Vei'schwörung  von 
1832 — 33  bekaiuite  Oberlieutenant  Eni-sl 
Liidwifj  Kosrrilz  wai-.  Der  ]\litverschwo- 
i-ene  Ko.seritz's,  der  alte  Feldwebel  Ldir. 
wai-    E.xerziermei.ster,    Bohlen    „Captain". 


DEUTSCH!-:   IM  OEFPEXTI.K'II  KX    IJll'.KX. 


(u: 


l'W  lit'ss  iiiii-li  ciiii'  zwH'ite  KoiiipaiiMiic  bil- 
den, sdwie  ein  Musik-Koi-ps  von  'A2  Mmiiii. 
Am  Kricjic  mit  ^Icxiko  iialim  Uolilcii  im 
Stabe  (Jeiieral  Wortli's  tlicil.  Aiicb  bei 
dem  Kiiizufie  in  die  Hauptstadt  war  er 
daliei.  Kr  liielt  sieb  mit  seiner  Familie 
fierade  in  Europa  auf.  als  der  Kriiidvi-ie»; 
ausbraeli.  Uohlen  zog  als  französischer 
Otifi/.ier  in  den  Krieg  uud  nuiehte  die  He- 
lageruug  von  Sel)ast<)pol  mit.  Daiui  kehrte 
er  zu  seiner  Familie,  die  in  Holland  weilte, 
zurüek.  Die  Xaehrieht  von  der  Einnahme 
von  Fort  Sumpter  veranlasste  Bohlen  zur 
sofortigen  Einsehitt'ung  naeh  Amerika.  Er 
organisirte  in  Philadelphia  ein  deutsches 
Regiment,  das  75.  der  Pennsylvanischen 
Fi-eiwilligen.  und  deckte  die  Rekruti- 
i-ungs-Kosten  aus  eigener  Tasche.  Er 
wurde  Befehlshaber  der  3.  Brigade  in  Ge- 
neral Blenkei-'s  Division,  zeichnete  sich  in 
der  Schlacht  bei  Cross  Keys  rühmlichst 
aus  und  fiel,  als  er  am  22.  August  1862 
seine  Brigade  am  Rappahannock  im 
mörderischen  Feuer  zum  Angriff  auf  den 
Feind  führte.  Er  war  Vize-Präsident  der 
Deutschen  Gesellschaft  von  Pennsylvanien 
von  1843 — 46.  Folgender  Vers  aus  dem 
„Gesangbuch  für  Col.  H.  Bohlen 's  Regi- 
ment, Philadelphia.  1861"  charakterisirt 
am  Besten  den  IMann : 

Und  opferst  Du  Dich  auf.  wohlan! 

Vergehens  stirbt  kein  Ehren-^Mann. 


Als  Offiziere  in  der  Armee  und  Flotte 
der  Vereinigten  Staaten  haben  in  unserer 
Zeit  folgende  Deutsch-Amerikaner  eine 
hervorragende  Stellung  sich  erworben  : 

Zum  Kontre-Admiral  in  der  V.  St.  Flotte 
hat  es  der  Sohn  des  bei'ühmten  deutsch- 
amerikanischen  ^Malers  Emanuel  Leutze, 
Eugene  Ileunj  Leutze,  gebracht.  Er  war 
am  16.  Novendjer  1847  in  Düs.seldoi'f  gebo- 
ren. Präsident  Lincoln  veranlasste  seine 
Aufnahme  in  die  .Marine-Akademie  im 
Jahre  1863.  Aber  bereits  im  Sommer  des 
Jahres  trat  der  junge  Leutze  als  Freiwil- 


liger in  (|,Mi  Floltendi.'Mst  utid  madite  an 
Pord  der  ...Montieello".  dir  zum  nonlatlan- 
tischen  Geschwader  geliiu-te.  den  Krieg  mit. 
Im  spaniseh-amerikaiii.selien  Kriege  /cicli- 
iiele  er  sich  dadur.li  aus.  dass  er  d,-n  .Moni- 
tor „Moiiterey"  befehligte,  als  dieser  seine 
gefahrvolle  Rei.se  na.-li  Manila  antrat.  Die 
.,Monterey"  njduii  an  d.T  Belagerung  luxl 
Einnahme  von  Manila  einen  hervorragen- 
den Antheil.  da  ihre  drolienden  Batterien 
den  Spaniei-n  di-n  .Muth  nahmen,  i-s  auf 
eine  Pesehiessung  der  Stadt  aid<ommen  zu 
lassen.  Kapt,  Leutze  war  auch  an  deti 
Kämpfen  mit  Aguinaldo  betheiligt.  Er 
war  Konnuandant  der  Flottenstafion  Ca- 
vite  auf  den  Philippinen,  später  Superin- 
tendent dei-  Marine-Ge.schütz-Fabrik  in 
Washingt(m,  Befehlshaber  der  neuen 
,. Alaine",  Konnuandant  des  SchitTsbau- 
hofes  in  Washington  und  wurde  am  6.  .luli 
lf)()7  zum  Kontre-Admiral  befördert. 


Einer  der  hervon-agendsleii  ( )l1iziere  der 
Bundes-Armee  ist  der  am  23.  DeztMnber 
180!)  in  Cnterböhringen,  Oberamt  Gei.slin- 
gen  in  Württend^erg  geborene  ('(irl  lidcli- 
iiKiHii.  der  von  1877  bis  Sl  an  den  Tniver- 
sitäten  Tübingen  und  München  studirt 
hatte.  Er  kam  nach  Amei-ika.  trat  als  Ge- 
meiner am  6.  Dezember  18S1  in  die  Bun- 
des-Armee ein.  hatte  es  aber  am  6. 
August  1884  schon  zum  ruter-Lieutenant 
gebracht.  Er  absolvii'te  die  Infanterie- 
und  Kavallerie-Schule  im  Jahre  1889. 
wurde  18i)l  Premier  -  Lieutenant  und 
1898  Kapitän  der  V.  St.  Infanterie.  Er 
nuichte  als  ]\Iilitär-Attache  den  Buren-  und 
später  den  russi.sch-japanisehen  Ki'ieg  mit. 
zeichnete  sich  vorlier  in  den  Kämpfen  auf 
den  Philii)pinen  aus  und  übersetzte  vi-r- 
sehi(Mlene  deutsche  kfiegswissen.scliaft liehe 
Werke  in 's  Englische.  Reichmann  ist  zur 
Zeit  dem  Kriegs-Departement  in  Wash- 
ington attachirt. 


Mil    dem    Range   eines    Kontre-Admirals 
schied  am  22.  September  lil()3  ans  .lei-  linn 


618 


DEUTScHi:  IM  ()Hfpknti>kiip:n  lp:ben. 


(Ii's-Mann.'  il.-r  im  -liiluv  1S41  in  Osiia- 
hrück  jrchomi.'  l\<nl  Hafml  h'odLn:  Kf 
war  Schitfs-In^'ciiicur.  In  «l«''i  Flottcn- 
Dinist  war  .t  im  .laliiv  lSti2  cin^'i'tretcn, 
ISIUI  ward  er  Clu'f-lii^'cnii'iir.  am  ö.  März 
]W2  fol^'tt'  scinr  KnicnmiiiM:  >''nni  Captain 
un.l  am  L**J.  S<-pti-ml).'r  l!>(i:{  hei  seiner  Pen- 
sioniruntr  lüi'  zum  Kontre-Admiral.  Zuletzt 
war  er  im  Fiselierei-Bureau  des  Ilandels- 
und  Arheits-Departements  thätij,'. 


Als  Hriiraile-(j!eneral  der  i-egiuäreii 
Armee  wurde  im  Fel)ruar  1!)(»1  auf  eijjenes 
(iesueh  naeli  40.iähri^rer  Dienstzeit  peusin- 
nirt  der  am  !).  Juli  1S41  in  Deutschland  ge- 
horene  Thfodnr  Schwan.  Kr  war  im  .Jahre 
ISöT  naeli  Amerika  gekonnnen.  Er  zeich- 
nete sieh  in  ileu  (.Jefeehteii  bi'i  Chapel 
Ilouse,  Va.,  und  l'eehles  Farm,  l'a.,  im 
Oktober  l^!(j■i  aus.  kommandirte  die  west- 
liclie  Kolonne  di-r  Porto-Kieo-Armee,  war 
Stal)s-('hef  tier  Philipi>inen-Divisiuii  und 
die  rechte  Hand  des  Militär-Güuverueui*s 
(U'r  Inseln. 


(lewalt i<res  Anfsthen  eri'e«;te  seiner  Zi'it 
in  militärischen  Kreisen  die  Erfindung  des 
pnenmatiselieii  Dynamit  -  Türi)edo  -  Ge- 
seliiit/.es,  von  dem  man  sieh  eine  Uniwäl- 
zun«r  (Um-  ijanzen  Kriegsführung  versprach. 
Die  Hrtindung  hat  das  nicht  gehalten,  was 
man  von  ihr  erwartete.  Der  .Mann,  der  sie 
machte,  war  in  Deut.schland,  und  zwai-  in 
Kiu'uik  in  der  l'rovinz  Posen  am  P5. 
Dezend)er  184JJ  geboren,  aber  als  4  Jahi'e 
alter  Knabe  bereits  mit  seinen  Eltern  nach 
Amerika  gekonuiieii.  Sie  Hessen  sich  in 
Seneca  Falls,  X.  Y.,  nieder.  Der  Knabe 
besuchte  dort  uiul  in  Syracuse  die  Schule. 
Er  trat  als  freiwilligei*  Adjutant  in  den 
Stab  General  Nelson  A.  Miles'  im  Jaiire 
18H4  ein  luid  machte  den  Krieg  bis  zum 
Ende  mit.  Es  war  Kdnntiul  Louis  Gray 
Zaliiishl.  Im  Februar  1865  war  er  wegen 
bewiesener  Tapferkeit  in  der  Schlacht  von 
Ilatchei-'s  Kiui    zum    Lieutenant    Ix'föi-dert 


worden.  Ei*  wui'de  dann  Artillerie-Offizier 
in  der  regulären  Armee,  wirkte  als  Profes- 
sor tier  .MilitärAVissenscluiften  am  Ma.ssa- 
chusi'tts  Institute  of  Teclinology,  absolvirte 
die  V.  St.  Artillerie-Schule  in  Fort  >b)nroe. 
\'a.,  luid  die  ,,Sehool  of  Sul)marine  Min- 
ing" in  Villett's  Point,  N.  Y.,  beschäftigte 
sich  von  ISS'i — 1889  mit  Experimenten  und 
der  Vervollkommnung  seines  Dynamit-Ge- 
.schützes,  wurde  im  Dezember  1887  zum 
Captain  befördert,  reiste  im  Auftrage  der 
Armee  1889 — 90  in  Europa,  um  militäri- 
sche Informationen  zu  sannueln,  nmchte 
mehrere  Erfindungen  für  das  Kriegswesen, 
schied  1894  aus  der  Armee  und  erliielt  1904 
^lajors-Kang.     Er  wohnt  in  New  York. 


Deutsche  Maenner,  die  sich  verdient 
gemacht  haben. 

Andere  Deutsche,  die  sich  Verdienste 
erworben  haben  und  deren  nocli  nicht 
Erwähnung  gethan  wurde,  sollen  an  dieser 
Stelle  genannt  werden. 

Der  amerikanische  General  -  Betrieks- 
Leiter  der  Hamburg-Amerika-Linie  ist  der 
am  15.  November  1854  in  Görlitz  geborene 
Emil  Leopold  Boas.  Er  kam  im  Jahre 
1873  nach  Amerika  und  ist  seit  1892  Gene- 
ral-Betriebs-Direktor der  Hamburg-Anie- 
rika-Linie  in  New  York.  Er  ist  Ritter 
zahlreicher  Orden,  ^Mitglied  verschiedener 
Ge.sellschaften  und  Vereine,  darunter  der 
Germanistischen  Gesellschaft  von  Amerika, 
der  New  Yorker  Handelskammer  und  Prä- 
sident der  „Atlas  Steamship  Co.". 


Unbestreitbare  \'erdienste  um  da.s 
Deutschthum  des  Landes  und  seine  kultu- 
rellen Bestrebungen  hat  sich  Dr.  Karl 
liüiiz,  zur  Zeit  deutscher  Gesandter  in 
:\Iexiko,  erworben.  Er  erblickte  in  ^Manie, 
Holstein,  das  Licht  der  Welt,  studirte  in 
Kiel,  Leipzig  und  Berlin,  trat  1887  in  den 
Dienst    des    Auswärtigen    Amts,    war   von 


DEUTSr'FFK   IM  Ol^FPl-NTIJci  1 1;.\    LKliKN. 


OI<t 


1892— 1890  deutseher  Konsul  in  Ciiii-ago 
Präsident  der  Preisrichter-Behörde  füi" 
Kunstgewerbe  und  freie  Künste  wälirend 
der  dortigen  Ausstellung  und  \\\irde  im 
NoxxMuber  1899  zum  deutsehen  General- 
Konsul  in  New  York  befördert.  Er  wii-kte 
in  dieser  Stellung  neun  Jahre  lang.  Kr 
war  einer  der  Gründer  der  Gennanistisehen 
Gesellsehaft  von  Amerika,  die  seit  Jahren 
eine  überaus  rege  Thätigkeit  in  Bezug  auf 
den  Austausch  geistiger  Errungenschaften 
Deutschland 's  und  der  Vereinigten  Staaten 
entfaltet  hat. 


ent  im  V.  St.  Küsten-  und  Erd- 
niessung.sdienst  seit  dem  1.  Juli  1871  ist 
der  am  29.  Januar  1841  in  Braunschweig 
ireboreue  Wilhelm  Einihcck.  Er  hat  auch 
Erfindungen  für  den  Yermessung-sdienst 
gemacht.     Er  wohnt  in  AVashington. 


l'm  die  Erforschung  Arizona 's  hat  sich 
IhniHinn  von  EJirenherg,  geb.  1830  in 
-Marien Werder,  verdient  gemacht.  Er  war 
Burschenschafter  und  musste  fliehen.  Er 
kam  nach  Texas  und  betheiligte  sich  an 
dem  dortigen  Freiheitskampfe  gegen 
Mexico.  Er  schilderte  die  Erlebnisse  der 
texanischen  Revolution  in  einem  Buche. 
Dami  wurde  er  Feldme.sser,  war  als  solcher 
in  Arizona  thätig  und  erforschte  das  Land. 


Werthvolle  Beiträge  zur  Geschichte  un- 
seres Landes  geliefert  hat  der  am  23.  No- 
vember 1837  in  Inovrazlaw  (seit  3905 
Hohensalza)  geborene  Berthold  Fcrnoiv. 
Er  war  Reserve-Lieutenant  der  preussi- 
schen  Armee,  als  der  Bürgerkrieg  ihn  ver- 
anlasste, nach  Amerika  auszuwandern.  Er 
trat  als  Gemeiner  in  das  4.  Kavallerie-Re- 
giment von  ]\Iissouri  ein,  wurde  Lieutenant 
nii  3.  V.  St.  Infanterie-Regiment  (farbig), 
war  topographischer  Ingenieur  der  Küsten- 
Division  des  Departements  des  Südens 
(1864)  und  Staats-Arehivar  in  Albany  von 
1876  bis  1889.     Er  sehrieb   „Albany  and 


•ts  Pia.-,,  in  ,1,,  iii,,,,,,.  ,,,.  ,,,,.  j.^^^j^^j 
Stales",  ..Ohiu  Vi.lK.y  in  Cnjunial  Davs". 
'■'•••.■msuvlMT  ,,,„1  rebei-setzcr  von  ..d'o.mi- 
'iH'Hts  Krlatin-  tu  ('„jnnial  lli.story  of  NVw 
Vnrk".  „New  Vnrl<  in  th.-  Kt-volution ". 
..H.Tnnls  ,.r  .\,.u  .\i„sf,.rdanr\  ferner 
ordncle  er  die  .\ivliivc  v..n  NCu  .In-sey  von 
KS})8-1!M)2.  Kr  i.st  Mitgli..,!  des  Military 
Order  of  Loyal  Legion,  vieler  liistori.s.-li,.|- 
Gesellschaflcn  und  des  Ariiiy  and  .\avy 
(Mull  in  Xcw  York. 


'^'''"  '^';><«'i-  ^\'-r  lilni(|rn-.\nstall.-n  in 
Penn.sylvanim  wnv  ./ ulius  L'i  inhnhl  Frud- 
länder.  Er  hatt.-  in  Deutsehland  |{lind.-n- 
Anstalten  kennen  gelernt  und  kam  als 
erster  Lehrer  des  1833  in  Pliiiad.'iplii;.  von 
Quakern  gegrümleten  ..Pennsylvania  In- 
stilut«'"  iiacli  Amerika.  Di.-  Anstalt  ist 
zur  Zeit  eine  tlci-  besten  dw  Welt.  Pri.'d- 
länder  richtete  die  Schule  si-hr  .sorgfältig 
ein.  Er  stellte  die  Arbeiten  .seiner  blinden 
Zöglinge  aus  und  machte  die  Legislaturen 
von  Pennsylvanien.  Delaware  und  .\e\v 
Jersey  darauf  aufmerk.sam,  sowie  auf  die 
Noth wendigkeit  eines  systenuitisehen  Pn- 
teri-iehts  von  Blinden.  Sämmtliehe  drei 
Staaten  machten  Bewilligungen  für  die 
Blinden-Anstalt.  später  am-h  der  Staat 
Mai-yland.  Leider  ist  Friedländer  .seliun 
im  Alter  \-on  38  Jahren  gestorben.  Er  war 
in   Berlin   geboren. 


Dl-.  11'.  A.  /'lilscli,  geboren  am  22.  .NH- 
vend)er  1841  in  Gollnow.  PomiiuM-n.  be- 
suchte das  Real-Gynniasium  in  Stettin 
und  kam.  naeh  dem  Tode  seiner  Litern 
18()2.  zu  \'erwandten  nach  Amerika.  In 
Evansville.  Indiana,  wo  er  sii-h  nieder- 
liess.  trat  er  in  das  13(i.  Indiana  Infan- 
terie -  Regiment  mit  \ielen  andern 
Deutschen  und  machte  den  letzten  Tlieil 
des  PnidU-Krieges  mit.  .\acli  dem  Kriege 
studirte  er  .Medizin  und  graduirte  von  drr 
Pnivei-sität  in  Cin«'innati  als  Doefor 
Medieinae.  worauf  er  sieh  in  Kvansville. 
Ind.,  als  pi-aktiseher  Arzt  niederliess.  Gou- 


Ü20 


DEUTOClIi:   IM   ()EFFK.\TIJCIli;.\   LKÜKX. 


venuMir  (Jray  cnianntc  ihn  zum  .MitKÜi'tli' 
(Um-  Staiits-iJcsumlhcits-Bchördc.  wclclics 
Amt  vv  vier  .liilirc  iiiiu'  liatfc  und  wälirciid 
(U«'s«'r  Zrit  für  dif  jiilii-liclicii  lu-ports  viele 
lieitrÜKt-  lieferte.  lliter  Plilsidelit  Cleve- 
land  war  Dr.  W.  A.  Kritseh  Mitjudied  des 
., Board  of  Pen.sioii  Iv\aiiiiiiiiiK  Surgeoiis" 
in  Kvansville:  er  jrehört  dem  Farragut 
l'ost  der  (irand  .\niiv  of  tlio  Kepuhlie  an. 
I'nter  den  Deut.sehen  hat  sich  Dr.  Fritseh 
dureli  seine  vielen  Beiträge  für  dentselie 
Zeitnn^'en.  hier  nnd  in  Deutseliland, 
hekannt  «remaelil.  Fr  ist  \'erfasser  folgen- 
der Selwiften  : 

..Zur  (Jesehiehte  des  Dentselithums  in  In- 
diana", von  \V.  A.  Fritseh.  F.  Steiger  & 
Co.,  1896. 

..Au.s  Amei-ika.  Alte  und  Neue  Ilei- 
math".  von  \V.  A.  l-'ritsch.  \\'rlag  von 
Wilhelm  Prange,  Stargai'd.  J*oinmern, 
UM  Mi. 

..Deutsehe  Spraeho  mid  Deutsches  Stre- 
iten in  Anu'rika",  von  einem  Deutsch- 
Amerikaner,  1!)07.     (Dr.  W.  A.  Fritseh.) 

Dr.  W.  A.  Fritseh  ist  Vorsitzer  des  Komi- 
tes  für  Geseljiehte  im  Staatsverbande  von 
Indiana  nnd  hat  als  solcher  auch  mehrere 
geschieht  liehe  Aufsätze  nnd  Berichte  ge- 
liefert. 


Die  ei-ste  Küsteuverme-ssung  der  Verei- 
nigten Staaten  naeli  wissenschaftlicher 
Methode  wurde  von  Ferdinand  Rudolph 
Ilasslcr,  einem  Deutsch-Schweizer,  vorge- 
nonnnen.  der  am  6.  Oktober  177U  in  Aarau 
in  der  Schweiz  geboren  war.  Sein  Vater, 
ein  wohlhabender  und  angesehener  Uhr- 
macher, wollte  ihn  die  Rechte  studiren 
las.sen ;  er  wunh'  Landmesser  und  nahm 
Vermessungen  im  Benier  Lande  vor,  bei 
denen  er  das  System  der  Triangulation, 
das  damals  noch  neu  war,  in  Anwendung 
brachte.  Va'  hatte  sich  durch  den  Besuch 
von  Fniversitäten  und  Sternwarten  nicht 
allein  z»i  einem  Fxi)erten  in  seiiu'm  Fache, 
.sondern  auch  zum  nandmften  ]\Iathemati- 
ker    und     Astronomen     ausgebildet.       Im 


.lahre  1805  eut.scldoss  er  sich  zur  Auswan- 
dei-nng  nach  Louisiana,  wo  er  Land  durch 
Vermittlung  eines  Agenten  gekauft  hatte. 
Aber  bei  der  Ankunft  in  Philadelphia  war 
der  Agent,  der  vei-sprochen  liatte,  ihn  zu 
ei-wartcn,    nicht    da.      lla.ssler    stand    mit 
seiner  Frau  und  seinen  vier  JuJigen  Alex- 
ander, Scipio,  Aeneas  und  Ulys.ses  rathlos 
da.      Fr    gelangte    nicht    nach    Louisiana, 
wohl    aber    durch    seines    auf    See    gewon- 
nenen    Freundes     Vaughan     Vermittlung 
als  Profes.sor  der  Mathematik  in  die  Kadet- 
ten-Anstalt in  "West  Point,  wo  er  vou  1807 
— 1810   lehrte.      Darauf   wurde   er   Lehrer 
am  Fnioii  College.     Fr  wurde  beauftragt, 
sich    uach    London    zu    begeben    und    die 
neuen  Instrumente  zur  Landes- Vermessung 
nach    dem    Triangulations-Sj'stem    anferti- 
gen zu  la.ssen.     Der  Krieg  brach  aus,  und 
Ilassler  wurde  als  Offizier  der  Vereinigten 
Staaten     auf    ein     Gefangenen-Schiff    ge- 
bracht.    Nach  zweijähriger  Haft  wurde  er 
entla.sscn  und  kam  nach  Amerika  zurück. 
An  Vornahme  der  Vermessungen  war  nicht 
zu  denken,  da  es  an  Geld  fehlte.    So  wurde 
Ilassler  Farmer.    Er  kaufte  Land  im  nörd- 
lichen Theile  des  Staates  New  York.     Als 
Farmer  war  er  nicht  erfolgreich,  aber  als 
Verfasser  wissenschaftlicher  "Werke,  welche 
ihm  den  Ruf  eintrugen,  der  bedeutendste 
.Alathematiker  Amerika 's  zu  sein.     Endlich 
hatte  sich  die  finanzielle  Lage  des  Landes 
gebessert,    und    Ha.s.sler    wurde    der    erste 
Superintendent    des    Küsten-Vermessungs- 
dienstes.    Er  bezog  als  solcher  $6,000  Ge- 
halt, während  einer  seiner  Söhne  als  sein 
Assistent  $3,000  erhielt.    Er  war  auch  eine 
Zeit     lang     der    Leiter     des     Schatzamts-     j 
Bureaus  für  blasse   \u\d   Gewichte,  als  es 
sich  darum  handelte,  eine  Norm  dafür  zu 
scliatfcu.     Ilasslcr  starb  am  20.  November     | 
18-1:3  an  den  Folgen  einer  Erkältung,  die     1 
er  sich  im  Dienst  zugezogen  hatte.     Seine 
wissenschaftlichen    Werke    haben    auch    in 
Europa  Anerkennung  gefunden. 

"Wie  hoch  Hassler 's  Verdien.ste  von  der 
Bundes-Regierung    geschätzt    wurden,    er- 


DiaiTsciif-:  nr  oeffkntlk  iikx  i.hhkn. 


621 


hellt  daraus,  dass  ein   Küstenverinessungs-  boren,    wo    er    his    zu    sciii.in    vierz.-luil.-ii 

Dampfer  naeh  ihm  g:enaiint  und  die  erste  Jahre    die    Garnisonseliule    hesuehte.      Als 

Tiefsee-Forsehungs-?:xpedition   von   Reden-  daiui    sein    Vat<-r   als   Znlleinuehmer    iiaeli 

tunjr.  welche  von  dei-  Vereinig:ten  Staaten  einem  hiannsehweitriseh.ii  Dnrf,-.  .Mt-rxliau- 

Küstenvermessunir   aus^nnn..    .. Kassier    Ex-  sen,  versetzt  wurde,  erhielt  er  no,-h  l'nt.'r- 

pedition"    frenannt    wurde.      Die    Expedi-  rieht     hei    dem     Pastor    d.-s    henaeliharten 

tion.   zu   der    Pi-of.    Louis   Agassiz.    Di-.    V.  haniKlvciisclun      Dorfes     .Maekensen     und 


CARL    FRIEDRICH    HUCH. 

Steindorfer    (  lchtliyol(t>re) ,   Graf  l'ourtales  wurde  ilort  Uonlirmirt.     Im  .lalnv  ]S4»i  kam 

und  andere  trehörten.  fuhr  am  4.  Dezember  er  als   Sehriftsetzerlehrling   in   eim-    liueh- 

1H71    von    Boston    ab    und    erreiehte    San  di'uekerei    in     liraunseliweitr.    verliess    sie 

Francisco  im  Au<,nist  1872.  jedoch  Ostern  184S.  um  im  dortifreii  Colle- 

jrium    Carolinum    Tnf?enieurwissenschaften 

Carl  Friedrich  IIucli  wurde  am  5.  Sep-  zu  stndiren.    Er  nalun  vo^n\  Antheil  an  der 

tnnber  1830  in  der  Stadt  Braunschweig  ge-  danudigen     freiheitliehen     [Bewegung    un<l 


DEUTSCHE  TM  OEFPHNTl.K  HEN  LEBEX. 


wunlt'  Miffrücd  dt-r  von  den  ('(»llcjriaiKM-n 
und  Tum. 'IM  ircbildeten  Volkswohrkoni- 
patruic.  Im  S»'|it('iub('r  ISfjO  wanderte  er. 
als  erster  seinei-  Familie,  mich  Amerika  aus 
und  kam  am  (i.  Xnvendier  mit  dem  Seliifi'e 
..Louise  Marie".  Kapitän  Weneko.  als 
Zw  iseiiendeekspas.sa«rier  mit  einem  Baarver- 
mö^'en  von  fünf  Dollai-s  in  IMiiladelpliia  an. 
Da  es  ihm  ni<-lit  };elan}?.  in  seinem  Stu- 
dienfaelie  Beseliäft ipfuiig  7.\\  finden,  so  nahm 
er  nach  einijren  "NVoehen  eine  Stelle  als 
St'tzer  an  einer  .onffüsehen  AVoehenzeitnn«; 
an,  da  ihm  die  enirlis<-he  Spraehe  sehon  «re- 
läufi^'  war.  Kr  durehreisto  Aniei-ika  bis 
naeh  St.  lionis  und  arbeitete  als  Set/er. 
fast  innner  in  Taireszeitun!.'s-l)i-uekei'eien. 
in  riiiladelphia.  New  York.  Norfolk  und 
Cineinnati.  Im  Januar  TSr)4  erliielt  er  eine 
Stelle  im  Kontor  der  {rrössten  und  ältesten 
Schrift«ries.serei  in  rhiladeli)hia,  wurde 
ISöt)  zum  Bueldialter  mid  Kassirer  beför- 
dert und  als.  nach  dem  Tode  eines  der 
Theilhaber.  diereberlebenden  anfangs  1885 
das  (Jesehäft  unter  dem  Nanu»n  Tiie  ^lae- 
Kellar.  Smith  aud  Jordan  Company  in- 
korporiren  Hessen,  erwarb  er  einen  Antheil 
und  wurde  einer  der  Inkorporatoren  und 
Direktoren.  Als  im  Jahre  1889  der  Sehatz- 
meister John  F.  Smith  starl).  wui-de  ei-  zu 
dessen  Xaehfolirer  erwählt  und  verwaltete 
dieses  Amt  noeli.  als  die  Kom])a«rnie  im 
Xovend)er  1892  ihre  im  Jahre  179ö  gegrün- 
dete Schrift-  und  Stereotypen-Giesserei  an 
die  American  Type  Foundei*s  Company 
verkaufte. 

Iluch  zog  sieh  mm  ganz  vom  Geschäft 
zurück,  behielt  jedoch  seinen  AVohnsitz  in 
Philadelphia,  verbrachte  aber  jedes  Jahr 
die  Sommermonate  mit  seiner  Familie  auf 
seinem  Landsitze  in  den  Allegheny-Bergen. 
Er  verheirathete  sieh  im  Jahre  1873  mit 
einer  hier  geborenen  Deutschamerikanerin, 
Anna  Greutz.  die  ihn  mit  einer  Tochter  und 
drei  Söhnen  beschenkte.  Im  Jalire  1902 
besuelite  er  mit  Frau  und  Tochter  das  alte 
Vaterlantl  zum  ersten  Male  wieder  und 
sandte      im      Jahre      1906     seine      beideii 


jüngsten  Söhne  dorthin,  damit  sie  deut- 
.sciies  Leben  aus  eigem-i"  Anscliauung 
l<eiinen  lerjiten. 

Finen  grossen  Tlieil  seiiiei'  freii'U  Zeit 
Ncrwandte  Iluch  auf  das  deutsehe  Vereins- 
leben. Kv  betheiligte  sieh  an  fast  allen 
Sängerfesten  des  Nordöstlichen  Sänger- 
bundes, sowie  an  vielen  kleineren  in  ])enn- 
sylvanischen  Laiulstädten.  und  vertritt 
noch  jetzt  seinen  Verein,  die  Harmonie,  als 
Delegat  bei  den  Vereinigten  Sängern  Phi- 
ladelphias. Im  Jahre  1880  wurde  er  ^lit- 
gründer  des  Deutschen  Pionier- Vereins, 
einei-  zur  Förderung  deutsch-amerikani- 
scher Geschichtsforschung  von  Professor 
Oswald  Seidenstlcker  in 's  Leben  gerufenen 
Gesellschaft.  Als  Sekretär  derselben  leitet 
ei-  die  Herausgabe  seiner  ..^littheihmgen". 
Hl-  ist  ^litglied  der  Deutsch-xVmerikani- 
schen  Historischen  Gesellschaft  und  war 
ihr  erster  Vize-Präsident.  Auch  der  Ilisto- 
rical  Society  of  Pennsjdvania  gehört  er  an. 

Obgleich  Hnch  schon  in  den  Jahren 
1848—50  einiges  für  die  ..Blätter  der  Zeit" 
in  Braunschweig  schrieb,  so  hatte  er  doch, 
während  er  in  Amerika  geschäftlieh  thätig 
war.  weder  Lust  noch  Zeit  zu  literarischen 
Arbeiten,  die  er  deshalb  nur  sehr  selten 
unternahm.  In  der  jüngsten  Zeit  hat  er 
sich  aber  anhaltend  mit  deutsch-amerikani- 
scher Geschichtsforschung  beschäftigt  und 
das  p]rgebniss  zum  Theil  in  den  ..German- 
AnuM-ican  Annais"  nnd  den  ..Mittheilungeii 
des  Deutsehen  Pionier-Vereins"  veröf- 
fentlicht. 

..Je  lauer  die  öffentliche  Sympathie  für 
Personen  ist,  auf  denen  der  Verd;icht  einer 
entehrenden  Handlung  lastet,  desto  ver- 
dienstvoller ist  es.  den  unschuldig  Betroffe- 
nen aus  seiner  bejammemswerthen  Lage 
zu  erretten.  Die  Wohlthaten.  welche  aut 
diese  Weise  erwiesen  werden,  sind  nicht 
nach  der  Anzahl  verausgabter  Dollars  zu 
messen,  wohl  aber  nach  den  getrockneten 
Thi'änen.  dei"  abgenonnnenen  Unglücks- 
bürde    und     der     AViederhei-stellung     des 


DEUTSCill-:   IM   ÜEFFEXTIJCIIKN    LKUKX. 


628 


Lebeiisglückes",  schreibt  Oswald  Seiden- 
stk'ker  in  einer  Schilderung  des  Lebens 
Joseph  Kinikc's.  Derselbe  hat  sich  durch 
seine  Bemühungen  für  unschuldig  Verur- 
theilte  luid  für  entlassene  Gefangene 
grosse  Verdienste  erworben.  Xainentlich 
deutscher  Landsleute  nahm  er  sich  an. 
Kinike.  der  1811  in  p]rkeln  bei  Brakel, 
"Westfalen,  geboren,  in  IS-lf)  iiacli  Pliila- 
deljihia  gekoinuien  war  inid  in  den  Jahren 
]g^-) — ]867  als  Spirituosen-Grosshändler  so 
viel  erworben  hatte,  dass  er  sich  vom  Ge- 
schäft zurückziehen  konnte,  war  unermüd- 
lich im  Dienst  der  Humanität  bemüht. 
Er  war  ]\Iitglied  des  Verwaltungsraths  der 
Deutschen  Gesellschaft  und  des  Deutschen 
Hospitals,  bekleidete  Vertrauensposten  in 
beiden,  nahm  sich  verwahrloster  Kinder 
an.  förderte  den  deutschen  I"interricht,  war 
Präsident  des  Jungen  ]Männerchors.  half 
das  Humboldt-^Ionument  im  Fairmount 
Park  errichten,  veranstaltete  Weihnachts- 
bescheerungen  für  arme  Kinder  in  den 
Räumen  der  Deutschen  Gesellschaft  und 
hat  als  Direktor  der  Gesellschaft  zur  Be- 
freiung unschuldig  Verurtheilter  und  Für- 
sorge für  entlassene  Gefangene  unermess- 
lich  viel  Gutes  gewirkt.  Kinike  starb  im 
Jahre  1884. 


lUidoIph  Koradi,  dessen  Familie  ur- 
sprünglich von  Oberneuntorn,  Kanton 
Thurgau.  in  der  Schweiz  stammt,  wurde 
am  24.  Dezember  1824  in  Zürich  geboren, 
wo  er  seine  Erziehung  und  Schulbildung 
erhielt.  Im  Jahre  1840  trat  er  bei  dem 
dortigen  Buchhändler  Friedrich  Schulthess 
in  die  Lehre.  Im  Jahre  1850  entschloss 
Koradi  sich  zur  AiLswanderung  nach  Ame- 
rika, wo  er  sich,  nach  einem  Aufenthalte 
in  New  York  und  verschiedenen  Reisen, 
im  Herbste  1851  mit  dem  Leipziger  Buch- 
händler Ernst  Schäfer  in  Philadelphia 
unter  der  Firma  Schäfer  und  Koradi  ver- 
band. Nach  dem  Tode  seines  Tlieilhabers 
und   Schwagers   im   Jahi-e   1878   fühi-te  er 


das  Geschäft  unli-r  der  alt.n  l'^imm  auf 
eigene  Rechinnig  wt-ilcr. 

1)11  XdvciiilxT  1S.')7  wurdr  er  auf  Eiii- 
pfeblung  des  damaligen  schw«'iz('risi'li('n 
(Jencral-Konsuls.  Jolui  Hilz  Scn.  iu  Wash- 
ington, zum  Schweizer  Konsul  für  die 
Staaten  IN-nnsylvanien  und  New  Jci-sey  er- 
nannt, welches  Amt  er  naliezu  fünfzig 
.Jahre  bekleidete,  so  dass  er  sich  von  den 
konsularischen  Vertretern  in  Amerika  am 
längsten  im  Amte  befunden  hat. 

Iiii  I)ezend)er  1897  feierte  i'i-  sein  vier- 
zigjähriges Amtsjubilämn.  wozu  ihm.  bei 
einem  V(m  seinen  Landsleutfii  veranstal- 
teten Ehrenbankett,  durch  den  sdiweizeri- 
schen  Gesandten  Dr.  J.  B.  Pioda.  ein  aner- 
kennendes Glückwunschschreil)en  »h'r  hei- 
mathlichen  Bnndesbehörde,  nebst  brielli- 
chen  Gratulationen  der  früiieren  Ge- 
sandten, Oberst  Emil  Frey  und  Dr.  Alfred 
de  Glaparede.  überreicht  wurde.  Im 
Jahre  1860  gründete  Hud(»lpli  Koradi 
die  Schweizer  Wohlthätigkeits  -  Gesell- 
schaft, der  er  seit  jener  Zeit,  also  nahezu 
siebenundvierzig  Jahre,  als  Präsident  vor- 
gestanden hat.  P\M-ner  war  es  der  Sezes- 
sionskrieg, der  ihm  in  seiner  Stellung  viel- 
fache Gelegenheit  bot.  verwundeten  und 
gefangenen  Landsleuten  hilfreiche  Hand 
zu  leisten.  AVährend  der  Ausstellung  im 
Centennialjahre  187()  war  er  Mitglied  der 
schweizerischen  Ausstellungs  -  Kommission. 
Alle  patriotischen  Feste  seiner  Landsleute. 
so  die  im  August  1801  abgehaltene  Jubel- 
feier zur  Erinnennig  an  das  (ilMljährige 
Bestehen  der  P^idgenossenschaft,  suchte 
Koradi  zu  fürdern.  inul  fast  stets  war  er 
dabei  Festredner. 

Bei  seinen  Landsleuten  war  Koradi  all- 
gemein beliebt  und  geachtet,  und  wo  es 
galt,  irgend  eine  gemeinnützige  Sache  zu 
fördern  oder  :Misshelligkeiten  zu  schlichten, 
da  wandten  sie  sieh  an  ihn.  i)«'n  Bedräng- 
ten unter  ihnen,  in  wie  ausscrliall»  IMiila- 
(leli)hia's.  war  er  stets  zu  heli\-n  bereit. 
Obgleich  er  schon  seit  einiger  Zeit  kränk- 
lich  war.   so   trat  sein   Tod   doch    plötzlich 


6. '4 


DErTSCHK   IM   ()KFPF':NTLI(  IIKX    LKI'.KN. 


am  1-J.  .lami.ir  l!>t>7  ein.  Kr  wunlc  am 
Hi.  .lamiar  auf  ih'iu  Siid-Laiiri'l-IIill- 
Frit'dliuff  ln'jrral)«'ii. 


|).T  lirdciitfinlstr  1  iol/scltiicidcr  ili  di'M 
X'.-rriiii^'tfii  Staatt'iJ  bis  zu  sciucm  1I>(>7  ci-- 
ft.lu'lrn  Tode  war  der  in  Düsseldorf  1S4:^ 
ir.-lM.n-iK'  diistar  Knull.  Kr  war  ein  Schü- 
ler IJieliard  Hreiid 'anuMirs  in  Düsseldorf. 
Kr  siedelte  im  .lalire  1S78  nach  den  Vei-ei- 
ui-rteii  Staateil  üher.  Seinen  Wohnsitz 
hatte  er  in  Käst  Oraii^'c.  X.  .1.  besonders 
zeiehnete  er  sieh  als  Portrait-Ilolzsehneider 
aus.  Kr  wurde  ehrenvoll  erwähnt  auf  der 
l»ariser  Weltausstellung;  ISS!),  erhielt  IS!»:? 
eine  Medaille  hei  (h-r  Ausstelhui^r  in  Chi- 
eai^o  und  l!l<>4  die  ^foldeiie  .Medaille  in  St. 
liouis.  \']r  war  .Mitirlied  der  .  Society  of 
Amei'iean   Wood   Kn«ri"iivers". 


Der  liefreier  der  österreiehisehen  Ban- 
ernsehaft  von  llalhhöri^'keit.  Zins-  luid 
Dienst ptiieht.  Dr.  II ans  Kndlich,  hat  seit 
vielen  .lahren  in  .Vmerika  sein  TTeini.  und 
zwar  in  Ilohoken.  X.  .1.  Kr  wurde  im 
•lahre  lS2:i  in  (h'in  Dorfo  Lohenstein  in 
Oesterreiehiseh-Sehlesien  «gehören,  wurdi 
in  den  Kämpfen  der  Wiener  Märztage  ver- 
wundet, kehrte  zur  l'f1ej=^e  auf  den  heimath- 
lielien  Hof  zni'üek  und  winde  auf  Grund 
(h'r  gewährten  Verfassung  als  Voi-kämpfer 
für  die  He<'hte  der  Hauern  in  den  ersten 
konstituirenden  Reichstag  gewählt.  Kr 
tiat  am  10.  Juli  1S4S  als  jüngstes  Mitglie<l 
in  denselheii  ein.  Schon  zwei  Wochen  spä- 
ter, am  2.').  .Juli,  reichte  er.  wie  er  seinen 
Wählern  veiNprochen,  den  folgenden  An- 
trag ein:  ..\'on  nun  an  ist  (his  Gutsunter- 
thänigkeits-Verhältni.ss  sannnt  allen  daraus 
entspringenden  Hechten  und  Pflichten  auf- 
g«'hohen.  vorhehaltlieh  der  Hestinnnnngen, 
ol)  und  wie  eini'  Entschädigung  zu  leisten 
sei."  l'eher  diesen  Antrag  wurch'  sechs 
Wochen  verhandelt,  nicht  im  Aus.schnss^ 
sondern  in  otTener  \'ersamndung.  ?]s  wur- 
den in  (lieser  Zeit  141  Reden  gehalten,  T-\ 


.Vmendenu'iits  und  einmal  die  Kahinets- 
Frage  gestellt,  l'nd  endlieh  wurch'  ein  den 
Bauernstand  völlig  hefriediirendes  (Jesetz 
vei'cinhart.  welches  am  7.  September  1S4(S 
die  Sanktion  des  Kaisers  erhielt.  Tn  seinem 
IIeimatlis(h)rf  ist  dem  liefreiei-  der  öster- 
reii'hischen  Hanenisehaft  zu  Klii-en  ein 
Hans  Kudlich-Thurm  ei-i-iehtet  worden.  diT 
seinen  Kulim  der  dankhai'cn  Xachwelt  ver- 
kündet. 


Gründei-  von  Kaktus-Farmen  und  Kx- 
porteur  von  Kaktus-PHanzen  an  alle  hota- 
nisehin  (lärten  dei-  Welt  ist  der  in  Phöni.x. 
Arizona,  ansässige,  in  Altenhurg  am  27. 
Ajiril  1S;^S  gehoi-ene  Di".  Ixichard  Ernst 
h'ititz'.  Kr  hatte,  ehe  i-r  nach  Ai-izona 
ühersiedelte  und  doit  Studien  üher  die 
Pflanzen-  und  Tnsekten-Welt  des  Territo- 
riums, namentlich  in  P>ezug  auf  ihren 
Werth  füi-  die  Ai-zneimittel-lii'hre.  auf- 
nahm, in  Xew  Yoi'k'  in-aktizirt.  Er  hat 
mein  eie  fachwissenschaftüche  Ahhandlun- 
iren    geschrieben. 


Frii  (li-i<h  Leser,  geboi-en  am  1.  Februar 
]S'M  in  Lahr.  Grossherzogthum  Baden,  be- 
suchte bis  zum  14.  Jahre  das  dortige  Gym- 
nasium, trat  als  Lehrling  in  eine  Gr(>s.s- 
handlung.  ging  1853  nach  Amerika,  kam 
1857  nach  St.  Louis,  ]\Io..  wo  er  sieh  1860 
mit  Fräulein  Kmilie  Vogel  ans  Sachsen 
verheirathete.  Dieser  Khe  entsprangen  0 
Kinder,  von  denen  5  Söhne  und  eine  Toch- 
ter noch  am  Lehen  sind.  1880  kam  er  nacii 
Philadelphia,  nachdem  1886  seine  Frau  ge- 
storben, ging  er  188!)  mit  Fräulein  Klise 
Iloman  eine  zweite  Khe  ein.  Sowohl  in  St. 
Louis  als  auch  bis  heute  in  Philadelphia  be- 
kleidete er  verantwortliche  Stelhuigen  in 
Pauken  und  anderen  Geschäften.  Fa-  ist 
Mitglied  des  Turnerbundes  seit  52  Jahren, 
und  der  Deutsclien  Gesellschaft  von  Pa. 
gehört  er  seit  dem  Jahre  1880  an;  er 
war  Schatzmeister  des  Vororts  vom  Turner- 
Inuid  in   St.  Louis  und  des   \'ei-waltinigs- 


DEUTSCHE  IM  OEFPENTLICIIEN  LEBEN. 


Ö25 


nithes  clor  Deutschen  Gesellschaft  von 
rciiusylvanien  in  Philadelphia.  Er  hat 
überhaupt,  trotzdem  er  als  junger  ^lann 
nach  Amerika  kam  und  .lahre  lang  deut- 
schen Umgangs  entbehrte,  seine  Vorliebe 
für  deutsches  Wesen,  Sitten  imd  Gebräuche 
beibehalten  und  seinen  Kindern  soviel  als 
möglich  übermittelt  und  eingepflanzt.  Beim 
Ausbruch  des  Bürgerkrieges  trat  er  in  die 
rnions- Armee  und  diente  zwei  Jahre  im 
17.  ^lo.  Western  Turner  Rifle  Regiment 
als  Adjutant,  bis  ihn  eine  schwere  Ver- 
letzimg zwang,  seinen  Abschied  zu  nehmen. 


Friedrich  List  gehörte  zwar  nur  kurze 
Zeit  den  Vereinigten  Staaten  an,  doch  er- 
scheint er  bedeutend  genug,  um  in  diesem 
Buche  eine  Stelle  zu  finden.  Er  war  in 
Reutlingen  im  Jahre  1789  geboren.  Sein 
Vater  war  ein  wohlhabender  Gerberei-Be- 
sitzer. Friedrich  List  wurde  im  Jahre 
1817  zum  Professor  der  National-Oekono- 
mie  an  der  Universität  Tübingen  ernannt, 
musste  jedoch  1819  zurücktreten.  Aus 
dem  württembergischen  Landtage  wurde  er 
1822  wegen  einer  der  Regierung  anstössigen 
Kritik  ausgestossen  und  entzog  sich  zehn- 
monatlieher  Gefängnissstrafe  durch  die 
Flucht.  1825  kam  er  nach  Pennsylvanien, 
versuchte  sich  als  Farmer,  dann  als  Redak- 
teur einer  deutschen  Zeitung  in  Reading 
und  veröffentlichte  1827  eine  Flugschrift, 
betitelt  „Outlines  of  a  New  System  of 
Political  Economy",  in  welcher  er  die 
Schutzzoll-Doktrin  vertheidigte.  Die  Ent- 
deckung von  Kohlenlagern  auf  seiner 
Farm  machte  ihn  zum  Avohlhabenden 
Manne.  Im  Jahre  1830  wurde  er  zum 
V.  St.  Konsul  in  Hamburg  ernannt,  erfuhr 
aber  bei  seiner  Ankunft  daselbst,  dass  der 
Bundes-Senat  die  Ernennung  nicht  bestä- 
tigt habe.  Er  wurde  1833  Konsul  in  Leip- 
zig, gab  aber  die  Stellung  bald  auf,  da  er 
bei  der  sächsischen  Regierung  persona  non 
(jrafa  war.  Seiner  Agitation  war  der  Bau 
einer  Bahn  von  Leipzig  nach  Dresden  zu 


verdanken.  Kr  trat  nncnnüdiicli  für  den 
Bau  von  p]isenbahncn  nnd  Schntzzoll  ein. 
Auch  regte  er  die  Bildung  von  Fabrikan- 
ten-Vereinigungen an,  mn  deren  EinMuss 
zu  he])en.  Im  Jahre  1837  begab  er  sieh 
nach  Paris  imd  sehrieb  für  die  „Augsbur- 
ger Allgemeine  Zeitung"  Aufsätze  volks- 
wissenschaftlichen Inhalts.  Si.'  wunlt-n 
1841  in  Buchform  unter  dem  Titel  „Djw 
nationale  System  der  politischen  Oeko- 
nomie"  publizirt.  Im  Jahre  1843  gründete 
er  in  Augsburg  „Das  Zollvereinshbitt",  in 
welchem  er  einen  deutsciien  Zollverband 
und  die  Gründung  einer  deut.schen  Flotte 
befürwortete.  Er  besuchte  1844  Oester- 
reich  und  Ungarn  und  1846  England  zu 
dem  Zwecke,  ein  handelspolitisclies  Bünd- 
niss  zwischen  Deutschland  und  England 
abzuschliessen.  Er  war  nicht  erfolgreich. 
Im  Jahre  1846  erschoss  er  sieh,  da  er  auch 
sein  Vermögen  verloren  hatte  und  seine 
Gesimdheit  zerrüttet  war.  Er  behauptete, 
Schutzzoll  sei  für  jede  Nation  geboten, 
deren  Industrie  und  Handel  noch  nicht 
entwickelt  sind,  Freihandel  aber  das  Ziel, 
welches  alle  Nationen  erstreben  sollten. 


Die  erste  deutsche  Zeitung  in  Neu- 
Braunfels,  Texas,  gründete  1853  der  tüch- 
tige Botaniker,  Erforscher  der  Flora  von 
Texas  und  Stiefsohn  Georg  Bunsen's,  Fer- 
dinand Jakoh  Lindhcimer.  Er  war  1802 
in  Frankfurt  am  Main  geboren,  war  1834 
nach  Amerika  gekommen,  hatte  am  texani- 
schen  Aufstande  in  hervorragender  Weise 
Antheil  genommen  und  beschloss  seine 
Laufbahn  als  Friedensricliter  in  Neu- 
Braunfels  am  8.  Dezember  1879. 


Als  Schriftsteller  und  lutlicrisflicr  Theo- 
loge hat  sich  Dr.  Wilhelm  Julius  Mann 
ausgezeichnet.  Er  war  im  Jahre  1819  in 
Stuttgart  geboren,  studirte  Theologie  in 
Tübingen,  wurde  1841  ordinirt  und  kam 
drei  Jahre  später  nach  Amerika.  Er  Hess 
sich  in  Philadelphia  nieder,  war  zimäclist 


626 


DEUTSCIIK  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


Pastor  «'iinT  rcfonnirtfii  (Jciiiciiulo,  dann 
alu-r  der  Zion's  nnd  St.  .Michaers  Kirche 
von  1850  his  18S4.  Seit  18()4  \v;ir  er  Pro- 
fessor der  Symbolik  am  Inthcrischen  theo- 
lofjischcn  Seminar,  eine  Stellniif;.  die  er 
fast  bis  zu  seinem  im  .lahre  1S!)2  erfolgten 
Al)lel)en  bekleidete.  Mit  Dr.  Schaff  zu- 
sanwiien  reditrirte  er  eine  Zeit  lang  die 
Zeitschrilt  „Der  deutsche  Kirchenfreund". 
Dr.  Mann  verfasste  „Plea  for  the  Augsburg 
Confession"  (1856),  ..Lutheranism  in 
America"  (1857)  luid  ..Life  and  Times  of 
Ilenrv  .Melchior  Muehlenberg"  (1887). 


Kill  .Meister  der  Aetz-  und  Kadii'kunst 
i.st  der  in  Deutschland  am  24.  Mai  1860 
geborene  Carl  Friedrich  Wilhchn  Midnlz. 
Er  war  bei  der  St.  Louis  Ausstellung  ^lit- 
glied  der  Internationalen  Jury  für  Radi- 
rungen mul  Gravirungen.  Er  ist  Lehrer 
der  Kadirungskunst  an  der  ,. National  Aea- 
demy  of  Design"  in  New  York. 


Der  Führer  der  Alt-Lutheraner,  Hein- 
rich K.  G.  von  Rohr,  wurde  im  Kadetten- 
haus in  Stolpe  (Ponnneru)  zum  Offizier 
au.sgebildet  und  trat  in  seinem  11.  Jahre 
als  Page  in  die  Dienste  der  Prinzessin  Wil- 
helm am  Hofe  des  Königs  Friedrieh  Wil- 
helm 111.  Er  nahm  als  Lieutenant  am  Be- 
freiiuigskriege  theil  nnd  avanzirte  später 
zum  Hauptmann.  Er  war  ein  .streng  luthe- 
rischer Mann  und  weigerte  sich,  an  dem 
nnionistisehen  Gottesdienst,  wie  er  vom 
König  sankt ionirt  war.  theilzunehmen.  Er 
wurde  deshalb  in  lS:i7  aus  dem  ]\Iilitär- 
dienst  entlassen,  zuerst  in  Ungnade,  dann 
aber  auf  sein  Innnediatgesuch  beim  König 
hin  in  vollen  Ehren. 

Heinrich  v.  Rohr  organisirte  die  erste 
grosse  Auswanderung  preussiseher  Luthe- 
raner. Er  reiste  in  1838  nach  Amerika 
voraus  und  nahm  dann  die  Einwanderer, 
die  in  drei  Schiffen  kamen,  in  New  York 
in  Empfang.  Ein  Theil  dieser  Einwan- 
derer gründete  in  Niagara  County.  N.  Y., 


20  Meilen  von  Bnffalo  entfernt,  die  Dörfer 
New  Bergholz,  ]Mallnow.  Johannisburg  imd 
INIartinsville.  Ein  anderer  Theil  siedelte 
sieh  bei  Freistadt,  Wis.,  an,  wohin  auch  v. 
Rohr  sich  begab,  da  ein  Stück  Land  erwarb 
und  mit  seinem  frühereu  Unten)ffizier  Bütt- 
ner bewirthschaftete.  P]r  zog  jedoch  bald 
nach  Buffalo,  nm  sich  dort  auf  das  Pre- 
digtamt vorzubereiten.  Nach  vollendetem 
Studium  übernahm  er  ein  Pastorat  in  Hum- 
benstone,  Kan.  Er  wurde  dann  Pastor  in 
New  Bergholz.  Mallmow  luid  Joiianui.s- 
burg.  Er  starb  im  Jahre  1874  in  Winona, 
Minn.  Sein  Sohn  Philipp,  der  am  13. 
Februar  1843  in  Buffalo,  N.  Y.,  geboren 
war,  wurde  sein  Nachfolger.  Pastor  IMii- 
lijip  von  Rohr,  seit  1888  Präses  der  evang.- 
lutherischen  Wi.sconsin-Synode,  starb  am 
22.  Dezember  1908  in  Winona. 


Prä.sident  des  Chicagoer  Schul raths  war 
Otto  C.  Schneider,  der  am  5.  Dezember  1856 
in  Kusel,  Rheinpfalz,  Bayern,  geboren  und 
als  9jähriger,  elternloser  Knabe  nach  Chi- 
cago gekommen  war.  Er  war  zuerst  Apo- 
theker, dann  Chef  der  Tabak-Firma  August 
Beck  &  Co.,  Präsident  des  Germania  ^län- 
nerchors  nnd  Leiter  der  fünftägigen  Schil- 
ler-Feier im  Jahre  1905. 


Friedrich  Schünemann-Pott,  geboren  am 
5.  April  1826  in  Hamburg,  erhielt  seine  i| 
Erziehung  in  einer  der  besten  Schulen  der 
Stadt,  der  Schlüter '.sehen,  bis  sein  Vater 
im  Jahre  1836  sich  entschloss,  nach  Rodeii- 
berg  in  Kurhessen,  seinem  Geburtslande, 
zu  ziehen,  wo  Friedrich  seine  weitere  wis- 
senschaftliche Bildung  in  der  damals  unter 
der  Leitung  von  Carl  Fr.  i\Ieyer  stehenden  : 
Rektorschule  erhielt.  Trotz  seiner  ent 
sehiedenen  Abneigung  und  aller  seiner 
Vorstellungen  ungeachtet,  wurde  er  zum 
Bäcker  bestimmt  und  gezwungen,  als  Lehr- 
ling in  das  Geschäft  seines  Vaters  zu  treten. 
Durch  die  einflussreiche  persönliche  Dazwi- 
schenkunft  und  Verwendung  seines  frühe- 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


62; 


ren  Lehrers  i\Ieyer  wurde  der  Vater  be- 
stimmt, seine  p]inwilligung  dazu  zu  geben, 
dass  Friedrieh  das  damals  unter  Leitung 
von  Dr.  "Weber  stehende  Gymnasium  zu 
Kassel  beziehen  durfte,  um  später  Theo- 
logie zu  studiren.  Naeh  Ablegung  der  ]\Ia- 
turitätsprüfung  in  1845  bezog  er  im  Winter 
desselben  Jahres  die  Universität  Marburg, 
wo  namentlich  Theodor  Bayrhoflfer  einen 
mächtigen  persönlichen  Einfluss  ausübte 
und  die  von  ]\Ieyer  in  ihn  geptianzten 
Freiheitsideen  in  dem  Studium  der  Halle '- 
sehen  Jahrbücher,  wie  der  Schriften  von 
L.  Feuerbach  und  D.  Strauss  kräftige 
Nahrung  fanden.  Seine  Versuche,  den- 
selben in  seinen  ersten  akademischen  Pre- 
digten Ausdruck  zu  geben,  hatten  jedoch 
die  Folge,  dass  ihm  das  Recht  zu  predigen 
entzogen  wurde.  Er  schloss  sich  der  da- 
mals eben  in  Fluss  gekommenen  freige- 
meindlichen Bewegung  an.  Am  5.  Dezem- 
ber 1847  hielt  er  seinen  ersten  freigemeind- 
lichen Vortrag  in  Halle,  von  wo  er  jedoch 
ausgewiesen  wurde  und  sich  nach  Nord- 
hausen wandte.  Hier  wirkte  er  im  Vereine 
mit  Eduard  Baltzer  durch  Wort  und 
Schrift,  bis  er  auch  von  hier  am  16.  März 
1848  ausgewiesen  wurde.  Der  durch  die 
]\Iärz  -  Revolution  herbeigeführte  Um- 
schwung der  Dinge  brachte  ihn  wieder 
naeh  Nordhausen  zurück,  wo  er  wirkte,  bis 
ein  am  16.  Dezember  1848  gegen  ihn  an- 
hängig gemachter  Prozess  wegen  Hochver- 
raths  und  ]\Iajestäts-Beleidigung,  der  je- 
doch erst  zu  Anfang  des  Jahres  1850  durch 
Niederschlagung  zur  Erledigung  kam,  ihn 
nach  einer  vorübergehenden  Gefängniss- 
haft veranlasste,  im  Jahre  1849  nach  Hal- 
berstadt überzusiedeln,  wo  er  in  Stellver- 
tretung des  aus  Gesundheitsrücksichten 
beurlaubten  A.  T.  Wislieenus  ein  Jahr  lang 
als  Sprecher  der  dortigen  freien  Gemeinde 
wirkte.  Hier  machte  er  die  Bekanntschaft 
des  Baron  Ernst  von  Pott,  der  eine  väter- 
liche Neigung  für  ihn  fasste  und  ihn,  um 
ihn  der  ihm  drohenden  Landesverweisung 
als  Ausländer  zu  entziehen,  zu  Anfang  des 


Jahres  1850  unti-r  iln-  Bcdinginig  als  Sohn 
adoptirte,  dass  er  seinem  ursprüngliciun 
Familiennamen  den  scinigi-n  liin/.uriivti-. 
Nachdem  er  dann  im  Frühling  dt-s  .Jiilavs 

1850  einem  Rufe  nach  (^iifdlinhurg  als 
Sprecher  der  dortigen  im  Januar  von  ilim 
gegründeten  freien  Gemeinde  gefolgt  war 
und  am  ;51.  August  desselben  Jahres  in 
Kassel  die  Zivilehe  mit  seiner  ilim  seit 
mehreren  Jahren  schon  verlobten  iiraut 
eingegangen  war,  ging  er  am  19.  November 

1851  nach  Lübeek,  wo  er  Spreeher  der 
dortigen  freien  Gemeinde  und  Herausgeber 
der  am  1.  Juli  1853  von  ihm  ins  Leben 
gerufenen  „]\Ionatsblätter"  war.  Die  fort- 
gesetzten Massregelungen  der  Regierung 
veranlassten  ihn,  nach  Amerika  auszuwan- 
dern. Er  verliess  am  Ki.  Juli  1854  mit 
Weib  und  Kindern  Hamburg  und  landete 
am  28.  August  im  ILifen  von  New  York. 

In  Amerika  war  er  Sprecher  der  freien 
Gemeinde  Philadelphia 's,  Herausgeber  der 
Blätter  für  freies  religiöses  Leben,  Projia- 
gandist  für  freies  ^lenschenthum  auf  zahl- 
reichen, die  ganze  Unicm  umfassenden  Vor- 
tragsreisen, sowie  Gründer  uiul  Sprecher 
der  freien  Gemeinde  in  San  Francisco.  Es 
möge  daher  nur  noch  bemerkt  werden,  dass 
im  Juni  1877  mit  dem  21.  Jahrgange  die 
Herausgabe  der  „Blätter  für  freies  religi- 
öses Leben"  aufliörte,  Sehünemann-Pott 
aber  schon  am  1.  Jainiar  desselben  Jahres 
die  Schriftleitung  des  Wochenblatts  „Der 
AVeeker"  übernonuiien  hatte,  das  die 
Grundsätze  und  Bestrebungen  des  Buiules 
der  Radikalen  vertrat,  aber  inii-  zwei  Jahre 
bestand.  Der  Kämpfer  für  geistige  Frei- 
heit starb  im  Jahre  1891. 


Holzschneider  von  Ueruf  ist  der  1862 
in  Leipzig  geborene  und  an  europäiselien 
Kunstschulen  gebildete  E.  Svhl<uUlz.  Kr 
ist  in  New  York  ansässig.  Seine  Arbeiten 
sind  vielfach   ausgezeichnet   worden. 


Am     15.     Februar    1908    beging    Enist 
Steiger  sein   fiOjähriges   Uuchhändler-Jubi- 


628 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEX  LEBEN. 


läuiii.  Als  l.")jäliri<rt'r  .lün^'liiiv  war  er  in 
die  Bufhl)jnulluii<r  von  Bcnihanl  llcnuann 
in  Lt'ipzi»;  einfrctreti'u.  Am  4.  Oktobor 
1832  in  der  Nähe  von  Oschatz  in  Sachsen 
geboren  und  zmn  BnclibäncUcr  bcstinnnt. 
absolvirte  Stci«r«'r  in  Tjcipziu'  und  Dresden 
seine  Lehrzeit.  Kr  erhielt  dureli  Her- 
mann's  Vermittlun«;  eine  Stelle  in  der 
Buehhandlnn«:  des  Schwagjers  des  Letzte- 
ren. Westennann  in  New  York,  und  langte 
am  21.  Februar  1851  da.selbst  an.  Er  war 
eine  Zeit  lang  stiller  Theilhaber  der  Firma 
"We.sternunni  &  Co.  Die  Steiger 'sehe  Buch- 
handlung in  New  York  dürfte  wie  die  von 
Schäfer  &  Koradi  in  l^hiladelphia  allen 
Deut.sclicn  im  Osten  der  Vereinigten  Staa- 
ten bekannt  sein.  Ein  be.sonderes  Ver- 
dienst erwarb  sieh  Herr  Steiger  als  Verle- 
ger von  Beiträgen  zur  deutsch-amerikani- 
schen Geschichte  und  Literatur.  Er  wurde 
durch  Verleihung  des  preussi.schen  Kronen- 
und  des  österreichischen  Franz  Josephs- 
Ordens  geehrt. 


Als  Krforsdier  der  Felsengebirge  und 
des  nördlichen  ^lexico's  hat  sich  Dr. 
Frirdricli  Adolph  WisUzoius  ausgezeich- 
net, der  im  Jahre  1810  in  Thüringen  ge- 
boren war  und  an  dem  Versuch,  die 
Frankfurter  Ilauptwacbe  zu  stürmen, 
theilgenonnuen  hatte.  Er  nnisste  fliehen, 
machte  in  Zürich  sein  medizinisches  Dok- 
tor-Examen und  kam  dann  nach  Amerika. 
Er  praktizirte  in  New  York  und  später  in 
Belleville.  111.  Seine  Reiselust  veranlasste 
ihn.  sich  Pelzhändlern  anzuschliessen.  die 
zu  den  Fel.sengebirgen  zogen.  Er  durch- 
streifte sie  unter  Führung  seiner  indiani- 
schen Freunde,  kam  bis  I'tah  und  Oregon 
und  kehrte  über  Arkansas  und  Kansas 
nach  Mi.s-souri  zurück.  Dann  durchstreifte 
er  Neu-^Iexico,  gerieth  in  mexikanische 
Gcfangen.schaft,  wurde  aber  vom  Oberst 
Dariphon  nach  dessen  Siege  bei  Sacra- 
mento  Creek  befreit.  Er  folgte  ihm  als 
Militärarzt.  Sein  Buch  „^lemoir  of  a  Tour 
to    Xurthern    ^lexico    in    1846 — 47,    bv    A. 


AVi.slizenus.  .M.  1).".  wurde  im  Auftrage 
des  Kongresses  in  5,000  Exemplaren  ge- 
druckt. Die  Ilöhenanschläge,  die  Wisli- 
zenus  angestellt  hatte,  waren  aucli  für 
Alexander  von  Hund)oldt  nuissgebend. 
Nach  weiten  Reisen  durch  Frankreich, 
Italien  und  der  Türkei  und  seiner  Verhei- 
ratliung  mit  der  Schwägerin  des  amerika- 
nischen Gesandten  Geo.  P.  ^Marsh  in  Kon- 
stantinopel kehrte  er  nach  St.  Louis  zu- 
rück. Als  Ai'zt  war  er  sehr  gesucht.  Er 
gründete  die  dortige  „Academy  of 
Science". 


Präsident  de.i  Chicagoer  Musical  Col- 
lege ist  der  in  Jever,  Oldenburg,  anfangs 
der  40er  Jahre  geborene  Florenz  Zicgfcld. 
Er  absolvirte  das  Leipziger  Konservato- 
rium, kam  1863  nach  Amerika,  lie.ss  sieh 
in  Chicago  nieder  und  eröffnete  dort  1867 
seine  jMusikschule.  Er  nahm  lebhaften 
Antheil  an  der  ]\Iiliz.  Er  war  Oberst  des 
2.  Infanterie-Regiments  der  National- 
Garde  von  Illinois,  Hilfs-General-Inspek- 
tor  und  Inspektor  der  Schiessübungen 
derselben. 


Aus  Basel  in  der  Schweiz  gebürtig  ist 
der  Karikaturen -Zeichner  des  ,.Judge", 
Eugene  Zimmermann.  Er  war  am  25. 
Mai  1862  geboren,  kam  mit  seinen  Eltern 
nach  Paterson,  N.  J.,  besuchte  dort  die 
Volksschule,  war  als  Junge  bei  einem 
Farmer  beschäftigt  und  dann  als  Gehilfe 
eines  Ilausirers  mit  Fischen,  arbeitete  in 
einer  Bäckerei  und  wurde  später  Schilder- 
maler. Endlieh  entdeckte  er  sein  Talent 
zum  ..Karton  "-Zeichner.  Er  fand  als 
solcher  von  1882—85  beim  „Puck"  und 
dann  beim  ..Judge"  Beschäftigung.  Seine 
Kartons  sind  mit  ,.Zim"  gezeichnet.  Er 
hat  auch  ein  Buch  über  seine  Kmist  ver- 
öffentlicht. 


Bedeutend  als  ^Mathematiker  und  Lehrer 
der     theoretischen     ^Mechanik     ist     Prof. 


DEUTSCHE  IM  OEFFEXTLICHEN  LEBEX. 


029 


Alexander  Ziivet,  geboren  in  Breslau  am 
8.  Februar  1853.  Er  absolvirte  1880  das 
Polytechnikum  in  Karlsruhe.  In  dem- 
selben Jahre  kam  er  nach  Amerika,  wurde 
in  Detroit  bei  der  Vermessung  der  grossen 
Seeen  .seitens  der  Bundes-Regierimg  be- 
schäftigt, dann  im  KüstenAVrmessungs- 
Bureau  in  Washington.  p]r  wurde  Lehrer, 
Hilf.s-  und  dann  ordentlicher  Professor  der 
Mathematik  im  Ingenieurs-Departement 
der  Universität  von  Michigan  in  Ann 
Arbor.  Er  übersetzte  aus  dem  Russischen 
in 's  Deutsche  Somoff's  „Theoretische  ]Me- 
chanik".  Er  selbst  hat  „An  Elementary 
Treatise  on  Theoretical  I\Iechanics"  ver- 
fasst. 


Der  Leiter  der  Philadelphia  ^Musical 
Academy  seit  1876  ist  der  in  Stendal  am 
30.  April  1850  geborene  Bichard  Zeckwer, 
der  nach  Absolvirung  des  Leipziger  Kon- 
servatoriums 1869  als  Lehrer  genannter 
Anstalt  nach  der  Stadt  der  Bruderliebe 
kam.  Er  ist  ein  hervorragender  Pianist 
und  hat  auch  als  Komponist  sich  ausge- 
zeichnet. Er  schrieb  „A  Scientific  Inves- 
tigation  of  Touch". 


Deutsche  Handelsherren  und 
Financiers. 

Da.ss  deutsche  Energie  und  deutscher 
Unternehmungsgeist  auf  dem  Gebiet  des 
Handels  und  des  Finanzwesens  Grosses 
gelei.stet  haben,  dafür  liefern  die  nachste- 
henden Biographien  den  Beweis. 


Johann  Jacob  Astor. 

Der  Begründer  des  ersten  amerikani- 
schen Riesen-Vermögens  war  ein  Deutscher, 
Johann  Jacob  Astor.  Als  er  am  29.  ]\Iärz 
1848  mit  Hinterlassung  eines  Vermögens 
von  $30,000,000,  das  beim  Tode  seines 
gleichnamigen  Enkels  (1890)  auf  $100.- 
000,000  angewachsen  war,  aus  dem  Leben 


srhifd.  war  ..("nimiK.dore"  Vaiid.Thili  nst 
auf  dem  AVegc.  mit  seinen  DaniplTähivn 
uiul  Dampfern  Multi-:Milli(.niir  zu  werden, 
Jay  Gould  zählte  ci-st  zwölf,  der  spätere 
„Trust-Kaiser"  John  Pierpc.nt  .Morgan 
sogar  erst  elf  Jaln-e.  wäiirend  Andrew  Car- 
negie als  11  jähriger  in  Schottland  das 
Brot  der  Arnnith  ass. 

A.stor  war  am  17.  Juli  1763  in  Walldorf 
bei  Heidelberg  in  Baden  geboren.  Sein 
Vater  war  Schlächter,  aber  arm.  Si'ine 
zweite  Frau,  eine  AVittwe,  brachte  aus 
erster  Ehe  mehrere  Kinder  mit.  Der  Dorf- 
schulmeister Valentin  Jeune  unterrichtete 
Jacob  im  Lesen.  Schreil)en  und  Rechnen. 
Im  Jahre  1779  folgte  Jacob  dem  zweiten 
seiner  drei  Brüder,  einem  ]\Iusik-Instru- 
menten-]\Iacher.  nach  London.  Er  lernte 
die  engli.sche  Sprache,  sparte  und  fuhr 
1783  nach  Amerika.  Ev  hatte  seine  Er- 
sparnisse in  einem  Dutzend  Flöten  ange- 
legt. Das  Schiff  wurde,  da  die  Cliesa- 
peake  Bay  infolge  des  ungewöhnlich 
strengen  Winters  zugefroren  war.  lange 
aufgehalten.  Astor  erfuhr  von  den  Vor- 
zügen des  Pelzhandels.  Er  kam  auf  die 
Idee,  es  ebenso  zu  machen  wie  die  mäch- 
tige „Hudson  Bay  Co."  und  direkt  mit 
Indianern  und  Trappern  zu  handeln. 

In  New  York  war  er  auch  Agent  seines 
in  London  etablirten  Bruders,  des  Musik- 
Instrumenten-]\Iachers.  und  handelte  sogar 
nnt  Klavieren.  Bei  einem  Küi-schner  er- 
lernte er  die  Beluuidlung  von  Pelzwaaren. 
Sein  in  New  York  ansässiger  Bruder,  der 
dritte  der  vier  Söhne  des  Walldorfer 
Metzgers,  betrieb  einen  Handel  mit  Häu- 
ten. Er  leistete,  da  er  selbst  kinderlos 
war,  seinem  jüngeren  Bruder  in  jeder 
Weise  Vorschub.  Derselbe  führte  seine 
Idee  aus  und  begann  bald  ^ineii  rdzliandel 
mit  England  über  Montreal.  Kr  kaufte 
in  direktem  Handel  mit  den  Indianern  zu 
lächerlich  billigen  Preisen,  bereitete  die 
Pelze  selbst  zu  und  brachte  sie  dann  zum 
Export.  Von  England  brachte  er  Waaren 
mit.  auf  deren  vortheilhaften  Absatz  er  in 


630 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


Amerika  rechnen  konnte.  Bereits  in 
sechs  Jahren  soll  Astor,  dessen  Rnuler  in- 
z\vis<'lu'n  trestorhen  war,  ein  Vermögen 
von  $2(>0.(KM)  erworben   haben. 

Er  besehloss  China  dem  amerikanischen 
Pelzwerk  zu  erschliessen.  Knssland  hatte 
bis  dahin  dort  das  Monopol.  Doch  zu  dem 
rutemelimen  grliörte  ein  grosses  Kapital, 
ein  grös.seres.  als  A.stor  es  besass.  Aber 
ihm  wurde  die  linanzielle  Unterstützung 
zutlu'il.  deren  er  bednrfte,  und  der  Erfolg 
der  Erschliessnng  C^hina's  für  den  ameri- 
kanischen IVlzhandel  war  ein  riesiger.  Zur 
Krönung  seines  "Werkes  machte  sich  Astor 
daran,  im  Nordwesten  Amerika "s.  wo  die 
IIuds(m  Bay  Company  ebenfalls  das  Pelz- 
Ilandel-^Nhmopol  hatte,  festen  Fuss  zu 
fassen.  1809  wurde  die  „American  Für 
Co."  gegründet,  an  welcher  sich  Astor 
bereits  mit  einer  ^Million  Dollars  bethei- 
ligen konnte.  ^Mit  Genehmigung  des  Kon- 
gre.s.ses  sandte  er  zwei  Expeditionen  nach 
Oregon  an  die  Älündung  des  Columbia- 
Flus,ses;  die  eine  zu  Schiff  um 's  Kap  Hörn, 
die  andere  auf  dem  Landwege.  Das 
Schiff  langte  1811  an  der  Mündung  des 
Cohunbia  an.  und  Astoria  wurde  ge- 
gründet. Al)er  der  Schiffs-Kapitän  hatte 
es  mit  dt-n  IndiMnern  verdorben.  Sie 
überfielen  das  Schiff.  Im  Kampfe  gerieth 
das  Pulveniujgazin  in  Brand,  und  das 
Scliiff  mit  seiner  Ladung  und  seineu  Vor- 
rätlu'U  tiog  in  die  Luft.  Auch  der  Gene- 
ral-Agent AIcDougal,  der  früher  im 
Dienst  der  Hudson  Bay  Co.  gestanden 
hatte  und  derselben  anscheinend  immer 
noch  zu  dienen  suchte,  war  nicht  der 
richtige  Mann  am  richtigen  Platze.  Die 
Land-E.xpedition  unter  Führung  Kapt. 
Hunt 's  war  erfolgreich  gewesen.  Die  rie- 
sigen Schwierigkeiten  des  Marsches  durch 
völlig  unerforschte  Landstrecken  und  des 
Cebcrganges  über  das  Felsengcbirge  wur- 
den überwupd<'n  und  das  Ziel  erreicht. 

Da  kam  der  Krieg  mit  England.  ]\Ic- 
Dougal  benutzte  Hunt 's  Abwesenheit,  um 
mit  seinen   Leuten   der   Hudson    Bay   Co.. 


resp.  ihrem  nordwestlichen  Ableger,  der 
„Northwest  Co.",  sich  anzuschliessen.  Die 
Engländer  besetzten  Astoria  und  nannten 
es  Fort  St.  George.  Erst  im  Jahre  1818 
räumten  sie  Astoria.  Astor  erlitt  riesige 
Verluste,  die  aber  durch  glückliche  Land- 
Käufe  in  dem  Stadtgebiet  von  New  York 
und  deren  glänzende  Erträgnisse  wieder 
aufgewogen  wurden.  Er  wui'de  seines 
grossen  Grundbesitzes  wegen  der  „Land- 
lord of  New  York"  genannt.  Astor  war 
mit  Washington  Irving  innig  befreundet, 
dcr.selbe  schrieb  ein  interessantes  Buch, 
betitelt :  ,, Astoria  or  Anecdotes  of  an 
Enterprise  Beyond  the  Rocky  ]\Ioun- 
tains"  (1836).  Astor 's  Liebhaberei  für 
Bücher  und  seinem  Drange  wissenschaft- 
licher Fortbildung  verdankt  die  Astor- 
Bibliothek  in  New  York  ihr  Entstehen,  für 
die  er  $350,000  verausgabte  und  der  er 
$250,000.  sowie  Bücher  im  Werthe  von 
$200,000  hinterliess.  Er  baute  das  „Astor 
House"  am  unteren  Broadway.  Seinem 
Heimathsort  Walldorf  bewahrte  er  ein 
freundliches  Gedenken.  Er  errichtete  dort 
das  Astor-Haus,  eine  Erziehung-sanstalt 
für  arme  Kinder  und  ein  Versorgungshaus 
für  alte  Leute.  Was  Johann  Jacob  Astor 
ahnenden  Geistes  voraussah,  die  Bedeutung 
der  West-Küste  der  Vereinigten  Staaten, 
das  wurde  später,  nachdem  Gold  in 
Califoruien  gefunden  worden  war,  allge- 
mein anerkannt.  Der  Walldorfer  ]\Ietzger- 
Sohn,  dessen  Schiffe  einst  auf  allen 
]\Ieeren  der  Erde  zu  finden  waren,  Avar 
der  Erste,  der  für  Amerika  einen  Theil 
des  Welthandels  ersehloss  und  ihm  die 
Wege  wies  zu  friedlichen  Eroberungen  in 
der  Zukunft. 


Der  Chef  des  New  Yorker  Welthauses 
Gustav  Amsinck  &  Co.,  Bank-  und  Kom- 
missions-Geschäft, No.  6  Hanover  Strasse, 
Gustav  Amsinck,  der  im  Juni  1909  im  72. 
Lebensjahre  starb,  wurde  als  Sprössling 
der     alten     Hamburger     Patrizier-Familie 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLIOHEX  LEBEN. 


a:n 


Ainsint'k  sreboron,  welche  heute  noch  das 
grosse  Handelshaus  Johann  Schiibach 
Söhne  betreibt.  Im  Jahre  1858  kam  er 
nach  New  York,  wo  er  in  das  von  seinem 
Bruder  Erdwin  einige  Jahre  vorher  ge- 
gründete Geschäft  eintrat.  Er  widmete 
sich  dem  Geschäft  mit  solchem  Eifer,  dass 
sein  Bruder  ihn  sehr  bald  zum  Theilhaber 
machte,  und  als  solcher  verstand  es  der 
nunmehr  Verstorbene  das  bescheidene  Han- 
delshaus zu  einem  Welthause  zu  machen, 
das  nach  allen  Theileu  der  Erde  Verbin- 
dungen unterhält  und  speziell  in  Süd- 
Amerika  eine  dominirende  Stellung  ein- 
nimmt. In  den  letzten  Jahren  brachte  er 
einen  grossen  Theil  seiner  Zeit  in  Hamburg 
und  am  Corner  See  zu. 


Zu  den  bekanntesten  Financiers  des 
Landes  gehört  der  in  Alzey,  Rhein-Hessen, 
im  Jahre  1816  geborene  und  im  Jahre 
1887  als  Vertreter  der  Rothschilds  nach 
New  York  gekommene  August  Belmont. 
Von  1814 — 50  war  er  österreichischer  Ge- 
neral-Konsul in  New  York.  Im  Jahre 
1853  wurde  er  von  Präsident  Pierce  zum 
Geschäftsträger  Im  Haag.  Holland,  er- 
nannt. Er  wurde  dort  Gesandter  und  be- 
kleidete das  Amt  bis  zum  Jahre  1858.  Er 
war  Vorsitzender  des  demokratischen  Na- 
tional-Komites  von  1860  bis  1872.  Er  in- 
teressirte  sich  für  Rennpferde  luid  Kunst 
und  war  Besitzer  einer  werthvollen  Ge- 
mälde-Gallerie.    Er  starb  im  Jahre  1890. 


Der  Gründer  eines  AVelthauses.  der  Ban- 
kier-Firma Drexel  &  Co..  wurde  der  im 
Jahre  1817  hier  eingewanderte  und  im 
Jahre  1792  in  Dornbirn  in  Tirol  geborene 
Franz  Martin  Drexel;  er  war  anfangs  Por- 
trait-Maler,  dann  wandte  er  sich  dem  süd- 
amerikanischen Handel  zu,  nuichte  viele 
Reisen  und  gründete  in  den  zwanziger  Jah- 
ren des  19.  Jahrhunderts  in  Philadelphia 
ein    Bank-    und    Wechselgeschäft,    das    zu 


einem  der  grös.sten  und  .solidesten  d.-r  W.-lt 
emporwuchs.  Er  starb  am  5.  Juli  Ist;.') 
Einer  seiner  drei  Söhne,  Aitfliuni/  J. 
Drexel,  gründete  18;)1  in  Philadelphia  das 
„Drexel  Institute  of  Art,  Science  and  In- 
dustry".  Da.s  In.stitut.  dessen  Gebäude 
und  Ausstattung  ungefähr  !f;4.000.()(M)  ge- 
kostet haben,  und  das  die  Zin.sen  von 
.+2.(»(l(),0()()  alljährlieh  bezieht.  unter- 
richtet junge  ^Männer  und  Damen  in  der 
Kunst,  im  Kunsthandwerk,  in  Technologie 
und  anderem  mehr. 


Einer  der  hervorrageiulsten  Bankiers  des 
Landes  ist  Otlo  IL  h'alni.  seit  dem  1. 
Januar  1897  -Mitglied  des  \e\v  Yorker 
Bankhauses  Kuhn,  Loeb  &  Co.  Er  wurde 
am  21.  Februar  1867  in  Mannheim  geboren, 
absolvirte  das  Gynuiasium,  diente  sein  Jahr 
in  der  deutschen  Annee  ab,  trat  in  ein 
Bankhaus  ein,  war  fünf  Jahre  in  der  lion- 
doner  Filiale  der  Deutschen  Bank  be.sehäf- 
tigt.  kam  im  August  1893  nach  Amerika, 
war  zwei  Jahre  lang  bei  Speyer  &  Comp 
thätig,  machte  Reisen  in  Europa  und 
trat  dann  in  das  ei-wälmte  Xew  Yorker 
Welthaus  ein.  p]r  interressirt  sich  lebhaft 
für  Kunst.  ^lusik  und  Theater.  Er  geliört 
zum  Direktoren-Kath  der  Metropolitan 
Opera  Co.  und  ist  Sehatzmeister  der  ..Xew 
Theatre  Co.",  welche  ein  amerikanisches 
National-Theater  schaffen  will. 


Im  Jalu-e  liH)5  stiftete  die  lvo(xsevelt- 
Professur,  und  zwar  mit  einer  Dotation  von 
200,000  :\Iark,  der  Chef  des  Hauses  Spey»'r 
&  Co.,  der  am  23.  Juli  1861  geborene  Jamrs 
Si)eyer.  Er  wurde  in  Frankfurt  am  .M.nn 
erzogen  und  trat  im  22.  Jahre  in  das  dor- 
tige Bankhaus  der  Firma  ein.  Dann  wurde 
er  in  den  Zweiggeschäften  in  Paris  nn<l 
London  längere  Zeit  beschäftigt.  ])is  er  die 
Leitung  des  New  Yorker  Haascs  erliielt.  Er 
ist  jetzt  der  Senior  der  Familie  Speyer. 


632 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


Der  Giiinilor  der  berühmten  Mcxlewaa-  Laue  Savings  Bank  und  Direktor  in  ver 
ren-Firnia,  der  Siegel-Cooper  Co.,  deren  sehiedenen  Korporationen,  sowie  Gross 
Läden  sieh  in  Chieago  und  New  York  be- 


fuuh'n  und  die  .seehs  grosse  Department- 
Läden  besitzt,  Iloiry  SirifcL  hatte  in  Eu- 
biglieim  am  17.  Mai  1852  das  Lieht  der 
AVeit  erblickt  und  war  1867  naeh  Amerika 
gekonunen.  wo  er  sich  von  kleinen  Anfän- 
gen emporarbeitete.  Er  begann  seine  ame- 
rikanische Laufbahn  als  Laufjunge  und 
Verkäufer  in  einem  Kleiderladen  in  Wash- 
ington mit  $4  pro  "Woche. 


Der  ])ekannte  Gro.sskaufmann  Isidor 
Slraus,  Mitglied  der  New  Yorker  Departe- 
nuMit-Laden-Firma  R.  j\L  ISLicy  &  Co.,  und 
der  Brooklyner  Firma  Abraham  &  Straus, 
war  in  Rhein-Bayern  am  6.  Februar  1846 
geboren,  aber  schon  als  neunjähriger  Knabe 
mit  seinen  Eltern  naeli  Amerika  gekommen. 
Er  war  Mitglied  des  Kongresses  und  hat 
als  Busenfreund  Wilson 's  eine  hervorra- 
gende Rolle  bei  dem  Entwurf  der  AVilson- 
Tarif- Vorlage  gespielt.  Herr  Straus  ist  an 
zahlreichen  erzieherischen  iiiul  wohlthäti- 
gen  Bestrebungen  betheiligt. 


Sein  Bruder  Xalhan  S frans  wurde  am 
31.  Januar  1848  geboren.  Er  ist  ebenfalls 
Mitglied  der  Firmen  R.  :\1.  ]\Iacy  &  Co.  und 
Alu-aham  &  Straus.  Grosse  Verdienste  er- 
worben liat  sich  Herr  Nathan  Straus  um 
die  Bekämpfung  der  Säuglings-Sterblieh- 
keit  in  New  York,  indem  er  sterilisirte 
I\Iil<-h  durch  Vertheilungs-Stationen  an 
arme  Mütter  ausgeben  Hess.  Auch  dadurch 
erwei.st  er  sich  als  praktischer  Freund  der 
Armen.  da.ss  er  Kohlen  im  AVinter  an  sie 
vert heilen  lässt. 


Einer  der  Vize-Präsidenten  des  Gernuini- 
schcn  Aluseums  in  Cambridge,  Alass., 
Schriftsteller,  Alitglied  \o\\  AVohlthätig- 
keits-Gesellschaften  und  der  New  Yorker 
llaudekskanuner.     Präsident     der     ]Maiden 


kaufmami  ist  der  in  Alünstei-  im  Jahre 
183")  geborene  und  seit  1853  in  New  York 
ansässige  Louis  WincJmüUer. 


Deutsch-amerikanische  „Captains  of 
Industry". 


Henrich   Wilhelm  Stiegel, 

einer    der   ersten    Gross  -  Industriellen    Amerika's. 

An  der  Entwicklung  der  Industrie  in 
Amerika  haben  Deutsche  ihren  vollen 
Antheil,  und  viele  von  ihnen  .sind  die 
Gründer  und  Pioniei'c  neuer  Zweige  der 
gewerblichen  Thätigkeit  geworden.  Be- 
ginnen wir  mit  dem  ersten  „Captain  of 
Industry"  in  der  Zeit  vor  der  Revolution. 

Ein  romantiseher  Schinuner  umgiebt 
das  Leben  Henrich  Wilhelm  Sfiegcrs,  ge- 
nannt Baron  Stiegel,  der  zweifellos  das 
Zeug  in  sich  hatte,  ein  Grossindustrieller 
im  modernen  Stil  zu  werden.  Aber  er 
lebte  vor  150  Jahren  in  Penusylvanien, 
und  das  war  noch  kein  Land  unbegrenzter 
Alöglichkeiten.  Trotzdem  ist  es  erstaun- 
lich, Avas  Stiegel  geleistet  hat.  Er  ist 
mehr  als  einer  Industrie  der  Gründer  und 
Bahnbrecher  geworden  und  verdient  daher 
einen  Platz  unter  den  hervorragendsten 
Deutschen  Amerika's.  Er  stammte  aus 
JMannheim  und  soll  nicht  Stiegel.  sondern 
Freiherr  von  Stengel  geheissen  haben.  Doch 
fehlt  dafür  der  dokumentarische  Beweis. 
Er  kam  am  31.  August  1750  mit  dem 
Schiffe  „Naney"  von  Rotterdam  nach 
Philadelphia.  Er  wäre  also,  da  er  1730 
geboren  worden  sein  soll,  zwanzig  Jahre 
alt  gewesen.  Angeblich  brachte  er  ein 
Vermögen  von  40,000  Pfund  mit.  sowie 
gute  Empfehlungen  von  England,  wo  er 
sich  aufgehalten  hatte.  Was  er  in  den 
ersten  seehs  Jahren  nach  seiner  Ankunft 
getrieben    hat.    ist   nicht   bekannt,    wie   so 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


633 


-vieles  im  Leben  dieses  seltsamen  Menschen. 
Er  scheint  die  damals  im  Entstehen  be- 
griffene f]iseuindustrie  studirt  zu  haben, 
für  welche  er  sich  interessirte,  da  er 
metallurgische  Kenntnisse  besass.  Am  7. 
November  1752  vermählte  er  sich  mit 
Elisabeth  Huber,  geb.  am  27.  ]März  1734, 
deren  Vater,  Jacob  Iluber,  damals  in  Eli- 
zabeth Township.  Lancaster  County,  Land 
lind  einen  Hochofen  besass.  Sie  starb 
1758  im  Kindbett;  sie  hatte  ihm  zwei 
Töchter  geboren.  Im  nächsten  Jahre 
heirathete  Stiegel  Elisabeth  Holtz  aus 
Philadelphia,  die  ihm  einen  Sohn  gebar. 
Im  Jahre  1757  erwarb  Stiegel  das  Eigen- 
thum  seines  Schwiegervaters  und  errichtete 
an  Stelle  der  alten  eine  neue  grössere 
Eisenschmelze,  die  er  seiner  Gattin  zu 
Ehren  ..Elisabeth"  nannte.  Er  schloss  im 
folgenden  Jahre  einen  Theilhabervertrag 
mit  John  Barr  in  Lancaster  und  den  Phila- 
delphiaer Kaufleuten  Charles  und  Alex- 
ander Stedman  ab ;  der  Name  der  Firma 
war  ..Elizabeth  Furuace  Co."  Für  Yer- 
waltimg  der  Werke  und  Rechnungsfüh- 
rung erhielt  Stiegel  75  Pfund  jährlich. 
John  Barr  musste  ausscheiden,  da  er 
seinen  finanziellen  Verpflichtungen  nicht 
nachkommen  konnte.  Zu  der  Eisen- 
schmelze war  der  Charming  Eisenhammer 
am  Tulpehocken,  nördlich  von  "Womels- 
dorf,  dazugekommen.  Die  Eisenschmelze 
lag  am  östlichen  Abhänge  der  Blauen 
Berge,  etwa  anderthalb  ^Meilen  nordöstlich 
von  Bickerville.  Die  Berge  waren  mit 
Kastanien  und  Eichen  bestanden  und  lie- 
ferten die  Holzkohle.  Ausserdem  gab  es 
in  der  Nähe  reiche  Kalksteinlager.  Die 
Kompagnie  besass  schliesslich  einen  sehr 
grossen  Land-Komplex.  Stiegel  verfer- 
tigte die  ersten  Holzöfen  nach  deutschem 
Muster,  die  aus  sechs  Platten  bestanden 
und  eingesetzt  wurden.  Stiegel  machte 
später  auch  freistehende,  aus  zehn  Platten 
zusammengesetzte  Oefen ;  übrigens  i.st  auch 
Chr.  Säur  nachgerühmt  worden,  er  hal)e 
diese  Oefen  zuerst  fabriziit.     AVoüenweber 


will  in  Lcbancm  einen  StiegePschen  Ofen 
gesehen  halben,  der  in  gothischen  Lettern 
die  Inschrift  trug: 

Baron  Stiegel  ist  der  .Mann. 
Der  die  Oefen  gies.sen  kann. 

Ausser  Oefen  wurden  in  Elizalieth  noch 
Kessel.  Kochtöpfe,  Bratpfannen  und  an- 
dere Gegenstände  gegossen,  wälii-end  das 
Roheisen  in  dem  vier  Meilen  entfernten 
Eisenhammer  zu  Barren  verarbeitet  wurde. 
Im  Jahre  17()()  waicn  duit  75  Leute  ange- 
stellt. Von  den  25  Arbeiterwohnhäusern, 
die  Stiegel  erbaut  hatte,  stehen  heute  noch 
einige. 

Im  Jahre  1770  wurde  Stiegel  allei- 
niger Eigenthümer  von  Manheim.  einem 
Industrie-Städtchen,  das  er  im  Jahre  17(12 
mit  den  Stedmans  angelegt  hatte.  Auf 
dem  ^larktplatze  errichtete  sieh  Stiegel 
1763  ein  prachtvolles  "Wohnhaus.  Die 
rothen  Ziegelsteine  brachten  seine  (Je- 
spanne  aus  Philadelphia,  die  innere  Ein- 
richtung kaufte  er  in  England,  wohin  er 
sich  1763  in  Geschäften  begab.  Der  zweite 
Stock  war  durch  Korridore  in  drei  Theile 
getheilt.  Die  südliche  Hälfte  war  gewölbt 
und  bildete  die  berühmte  Kapelle  mit  einer 
Kanzel,  auf  der  Stiegel  zu  predigen  uml 
den  Gottesdienst  seiner  Arbeiter  und 
Nachbarn,  von  denen  maneiie  weither 
kamen,  nach  lutherischem  Brauch  und  in 
deutscher  Sprache  zu  leiten  pllegte.  Die 
andere  Hälfte  enthielt  ein  Vorder-  und  ein 
Ilinterzimmer.  Der  Kamin  der  Kapelle 
war  mit  Ziegeln  verziert,  auf  denen  sieh 
Bibelsprüche  befanden  und  l)iblische 
Szenen  dargestellt  waren.  In  äliniicher 
Weise  war  der  ei-ste  Stock  abgetheilt.  Die 
innere  Ausstattung  dieses  Gebäudes,  dsis 
erst  im  Jahre  1765  vollendet  wurde,  \)e- 
sonders  des  Bankettsaales  im  ersten  Stock, 
die  Vertäfelung.  die  Gesimse,  die  h'ben.s- 
grosse  Szenen  einer  Falkenjagd  darstel- 
lenden Landsehaftsgemälde.  sowie  die 
prächtigen  Porzellanöfen  und  Ornamente, 
die     die     Säle     zierten      bewiesen     feineu 


634 
Gesc-hiuack 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


Noi-h  ein  ainU'ies  Ziegcl- 
steintri'bämU'  erricliti'tc  Stietrel.  dns  ihm 
als  Gescliäftslxirt'im  difiite  uiicl  iiocli  an- 
faiifrs  dieses  .lalirlniiiderts  als  Wohnhaus 
benutzt  wnnU'.  Aueh  in  Klizahetli  besass 
Stiejrel  ein  stattliehes  Haus,  das  von  den 
einfachen    deutsehen    Naehbain    ..Stie^el's 


tei  nehmen  der  erste  erfol«rreiehe  Versuch. 
Glas  hier  zu  Lande  zu  fabriziren.  Erst  im 
Jahre  ITT;!  wurde  Glasborou^h.  X.  J.,  von 
deutschen   Glasbläsern   ^e^ründet. 

Im  Jahre  1772  gab  Stiegel  der  lutheri- 
schen Zionsgemeinde  in  Manheim  einen 
Kaufbrief  für   ein    Stück   Land  zum    Hau 


Sehloss"    genainit     wurde.       Es    war    aus  einer  Kirche,   und   um   ihn  gesetzgültig  zu 

Sanilsti'in    aufgeführt.      Sticgcl    war    sehr  nuichen.  wai-  der  Preis  auf  fünf  Schillinge 

gastfrei.      .\ucli    tieorge    Washington    soll  angegeben,  nebst  ,.an  annual  rental  of  one 

seine     Gastfreuiulschaft     genossen     hal)en.  red  rose  in  the  month  of  June,  when  tiie 

Im  Jahre  17()0  baute  ersieh  einen  70  Fuss  same  shall  be  legally  demanded.".     Diese 

hohen  Thurm  auf  einem  Hügel  bei  Schaf-  Grundrente  wurde  zweimal  an   Stiegel  be- 

ferstown.      Lebauon      C'ounty ;      dort      be-  zahlt    uiul    dann    nicht    wieder    verlangt, 

wir! bete  (Ici- Baron  ebenfalls  seine  Freunde.  Vor    mehreren    Jahren    erbaute    die    Ge- 

Die  Bauern  luuuiten  den  Thurm  „Stiegel's  meinde,  an  Stelle  der  alten,  im  Jahre  lsr)7 

Follv".      Sobald    der    Baron    mit    seinen  niedergerissenen,  eine  schöne  neue  Kirche, 

Freunden  eines  seiner  Schlösser  besuchte,  die     sie     die     ..Baron     Stiegel     ^Memorial 

wurde  ein  Salut  mit   Kanonen  abgefeuert.  Chureh"  nannte  uiul  in  deren  Thurm  sie 

die  nuisikalischen  Arbeiter  mussten  ?ilusik  ein     Gloekensiiicl     von     zehn     Glocken    zu 

nuiehen  und  durften  erst  wieder  nach  des  s(Mnem   Andenken   zu  setzen   beabsichtigte. 

Barons   Abreise   in    die    Hochöfen    oder   in  Zugleich     beschloss     die     Gemeinde,     den 


den   Eisenhammer. 

Bald  nach  der  (Jründung  von  .Manlieim 
errichtete  Stiegel  eine  Glasfabrik.  Sie 
führte  den  Namen  „Anu'riean  Flint  Glass 
Factory".  Ein  grosses  Ziegelstein-Ge- 
bäude, das  so  gross  gewesen  sein  soll,  dass 
nuui  darin  vierspännig  hätte  herumfahren 
können.  \ni(l  eine  Höhe  von  imhezu  100 
Fuss  hatte,   enthielt   die   Fabrikräunu\   In 


Brauch,  eine  rothe  Rose  jährlich  zu  zahlen, 
zu  erneuern,  und  zu  diesem  Zwecke  feiert 
sie  jetzt  jedes  Jahr  in  Juni  ein  Roscnfcst, 
bei  dem  einer  der  weit  zerstreuten,  zahl- 
reichen Xaehkommcn  Stiegel's  zugegen 
ist.  um  die  Rose  in  Empfang  zu  nehmen. 
Das  Fest  der  Rose  ist  das  Ereigniss  des 
Jahres  für  ]\Ianheim  und  Umgegend. 

I^m    das   Jahr   1769   vscheiut    Stiegel   im 


denselben  wurden  durch  von  Europa  im-  Zenith  seines  Glückes  gewesen  zu  sein.  Er 
portirte  erfahrene  Glasbläser  Flasclien.  beschäftigte  über  200  Arbeiter.  Seine 
Trinkgläser,  Weinglä.ser,  Vasen,  Krüge.  Glasfabrik  soll  ihm  ein  jährliches  Ein- 
schalen, Röhren,  Spielsachen  luid  far])ige  kommen  von  5,000  Pfund  gebracht  haben. 
AVaaren  hergestellt.  Die  Ilandmalerei  Er  lebte  in  verschwenderischer  Pracht, 
wurde  von  einem  I\Ialer  geliefert,  der  40  fuhr  vierspännig  und  galt  für  einen  der 
Pfund  Jahresgehalt,  freie  Wohnung  und  reichsten  und  angesehensten  ^Männer  der 
Feuerung  erhielt.  Die  Glaswaaren  der  Kolonien.  Aber  seine  Besitzthümer  waren 
Stiegel'sehen  Fabrik  konnten  sieh  mit  den  nnt  Hypotheken  belastet,  Konkurrenz  be- 
im portirten  messen.  Die  Verkaufslager  einträchtigte  den  Absatz  seiner  Ofenfabrik, 
befanden  sich  in  Philadelphia.  Die  erste  und  die  Stockung  von  Handel  und  Wandel 
Glasfabrik  in  den  Kolonien  wurde  von  vor  der  Revolution  that  das  Uebrige. 
Kaspar  Wüster  (Wistar),  der  1717  einge-  Trotzdem  er  den  Wohlstand  von  Lancaster 
wandert  und  in  Philadelphia  sich  niederge-  County  um  150,000  Pfund  vermehrt  hatte, 
lassen  hatte,  bei  Salem,  X.  J.,  errichtet,  wurde  er  zum  Bankerott  getrieben,  und 
doch  war  nach  Ellis  &  Evans  Stiegel's  Un-  sein    Besitz    durch    den    SheriiT    verkauft. 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEX  LEBEN. 


635 


Statt  ihm  Zeit  zu  geben,  wurde  er  ge- 
drängt und  schliesslich  sogar  ITT-t  in  Phi- 
ladeli)hia  in 's  Schuldgefängniss  gesetzt. 
Durch  eine  Spezialakte  gewährte  ihm  am 
24.  Dezember  desselben  Jahres  die  As- 
sembly  die  Freiheit.  Im  Jahre  1776  wurde 
Stiegel  von  Robert  Coleman  als  Aufseher 
in  der  Elizabeth-Eisenschmelze  angestellt. 
Stiegel  verschaffte  seinem  Arbeitgeber  eine 
Regierungsbestellung  für  Kanonen  und 
Kugeln,  veranlasste  ihn,  eine  Anzahl  bei 
Treuton  gefangener  Hessen  sich  zu  ver- 
schreiben und  machte  grosse  Verbesserun- 
gen. Aber  als  Ende  1778  die  Regierungs- 
Aufträge  aufliörten,  verlor  Stiegel  seine 
Stellung,  ernährte  sich  kümmerlich  als 
Schullehrer  und  Prediger  und  starb  Endo 
August  1783  im  Herrenhause  des  Char- 
ming  Eisenhammers,  nachdem  ihm  ein 
Jahr  vorher  noch  seine  Frau  entrissen 
worden  war.  Der  Deutschen  Gesellschaft 
von  Pennsylvanien  gehörte  er  seit  ihrer 
Gründung  an.  Er  war  eines  der  ]Mit- 
glieder  des  Komites,  das  im  Jahre  1765 
das  erste  Grundstück  für  sie  kaufte,  und 
arrangirte  eine  Lotterie  zur  Abtragimg 
des  Kaufpreises. 


Claus  Spreckels, 

der  „Zucker-Koenig  von  Amerika". 

Am  26.  Dezember  1908  gelangte  m  San 
Francisco  ein  thatenreiches  imd  von  gera- 
dezu phänomenalen  Erfolgen  gekröntes 
Leben  zum  Abschluss.  Im  Alter  von  80 
Jahren  starb  ein  Deutsch-Amerikaner,  dei 
neben  Astor  wohl  der  beste  Zeuge  der 
unbegrenzten  ^Möglichkeiten  Anu^rika's 
war,  der  „Zuckerkönig"  Claus  Spreckels. 
Als  achtzehnjähriger  armer  Bauernbursche 
war  er,  um  dem  ^Militärdienst  zu  entgehen, 
aas  dem  Hannoverischen  nach  Amerika 
gekommen ;  als  der  Tod  ihn  abberief,  war 


artigen  Prachtgebäuden,  ganzen  Gesdiäfts- 
vierteln  in  San  Francisco,  einer  Eisenbahn, 
einer  Dampferlinie  und  cint'r  ganzen  Flot- 
tille von  Segelschiffen  für  den  Zuckertrans- 
port bestand. 

Zu  Lamstedt,  Hannover,  im  Jahre  1828 
geboren,  kam  Claus  Spreckels  lS4«i  nach 
Amerika  und  landete  als  Zwischendecks- 
l^assagier  in  Charleston,  S.  C.,  mit  einer 
Baarschaft  von  drei  Dollai*s.  In  einer 
„Grocer>'"  begann  er  seine  geschäftliche 
Laufbahn,  achtzehn  Monate  .si)äter  hatte  er 
bereits  seinen  Brotherrn  ausgekauft  und 
führte  ein  eigenes  Gesdiäft.  In  wenigen 
Jahren  hatte  er  es  soweit  gebracht,  dass  er 
sich  1855  nach  New  York  begel)en  und  da- 
selb.st  ein  grösseres  Geschäft  derselben  Art 
beginnen  konnte.  Doch  das  kalifornische 
Goldfieber,  das  im  Jahre  18-41»  zuei-st  auf- 
trat, hatte  sich  noch  nicht  gelegt;  auch 
Claus  Spreckels  wurde  dadurch  veranlasst, 
dem  neuen  Dorado  sich  zuzuwenden.  Im 
Jahre  1856  landete  er  in  San  Francisco, 
begab  sich  sofort  in  die  Minengegend  und 
fing  daselbst  eine  Grocery  an ;  das  Gold- 
graben überliess  er  Anderen.  Ki-  erübrigte 
in  kurzer  Zeit  .$50,000  und  .sah  sich  nach 
etwas  Grö.sserem  um.  In  San  Francisco 
kaufte  er  die  Albany  Bi-auerei.  arbeitete 
selber  darin  wie  ein  Braukneeht  und 
konnte  sie  nach  ein  paar  Jahren  für  $75.000 
verkaufen.  Er  er-fasste  den  günstigen  Mo- 
ment, um  seines  Gliickes  Schmied  zu  wer- 
den. Von  Hause  aus  mit  der  Zuckerin- 
dustrie bekannt,  sah  er  dafür  in  Califor- 
nien  ein  überaus  vielversprechendes  Feld. 
Im  Jahre  1863  organisirte  er  die  ..Bay 
Sugar  Reflning  Co."  In  Kurzem  liatte  er 
die  übrigen  Geschäftstheilhaber  ausgekauft 
und  war  alleiniger  Besitzer.  Er  schaffte 
verbes-serte  Maschinen  an  und  inaelite 
enorme  Profite.  Doch  er  war  damit  nicht 
zufrieden;  er  wus.ste.  dass  er  noch  nicht 
die  beste  und  neueste  Fabrikations-Methode 


er  Besitzer  eines  Vermögens,  das  auf  vier-  befolgte.  Deshalb  verkatifte  er  zwei  Jahre 
zig  bis  fünfzig  Millionen  Dollars  geschätzt  später  seine  Raffinerie  zu  hohem  Preise  und 
ward  und  in  riesigen  Liegenschaften,  gross-      begali     sich     zwecks     Kadistudicn     znrü<-k 


636 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


nach  Deutschlaml.  Obwolil  ein  reicher 
Mann,  zog  er  in  Maj^deburg  Arbeiterkleider 
an  und  arbeitete  um  Lohn  in  einer  dortigen 
Raffinerie  (Zuckersicderei)  sechs  ^Voehen 
hing,  um  mit  den  neuesten  ^Maschinen  und 
Zul)ereitungsarten  sieh  genau  vertraut  zu 
machen.  Er  kelirte  zurück  nach  Califor- 
nien,  und  weil  er  erkannt  hatte,  dass  die 
Zeit  für  den  Zuckerrübenbau  noch  nicht  ge- 
konunen  sei,  warf  er  sieh  zunächst  mit 
aUer  :\Iacht  auf  den  Anbau  von  Zuckerrohr 
in  Ilawai,  wo  miter  seiner  Leitung  bald  ge- 
waltige Zuckerplantagen  entstanden.  In 
Wntsonville,  Cal..  erwarb  er  1,500  Acres 
Laml,  die  er  mit  Zucker-Rüben  bebaute, 
und  errichtete  eine  grosse  Zuckersiederei. 
In  Ilawai  war  er  der  wirkliche  ^Machthaber. 
Sein  Freund.  König  Kalakaua,  war  nur 
eine  IMarionette  in  seinen  Händen,  da  der- 
selbe finanziell  immer  mehr  von  Spreckels 
abhängig  wurde.  Um  eine  bessere  Verbin- 
dung zwischen  San  Francisco  und  Hawai 
herzustellen,  gründete  Spreckels  die  ..Ocea- 
nic  Steamship  Co.",  deren  Dampfer  neben 
Segelschitfen  hauptsächlich  dem  Zueker- 
transport  von  den  Inseln  nach  Californien 
dienten. 

Nachdem  sieh  in  den  Vereinigten  Staaten 
der  Zucker-Trust  gebildet  hatte,  suchte 
derselbe,  sich  auch  jenseits  der  Sierras  ein 
Absatzgebiet  zu  sichern,  und  Spreckels 
wurde  ersucht,  auszuverkaufen.  Er  wei- 
gerte sich.  Der  Trust  gründete  hierauf  die 
San  Francisco  Zuckerraffinerien,  verkaufte 
den  Zucker  an  der  Westküste  mit  Verlust 
und  machte  ihn  im  Osten  durch  höhere 
Pi»eise  weder  gut.  Aber  Spreckels  war 
nicht  der  hilflose  Gegner,  für  den  man  ihn 
gehalten  hatte.  —  ehe  man  es  sich  versah, 
war  er  mit  $5.000,000  in  Philadelphia  und 
erbaute  dort  die  grösste  Zuckersiederei  der 
"Welt.  Er  konnte  nun  dem  Trust  auf 
dessen  eigensten  Gebiet  die  Schlacht  an- 
bieten luid  konnte  diktiren.  Der  Trust  sah 
ein,  dass  er  mit  Spreckels  nicht  fertig  wer- 
den konnte,  envarb  zu  hohem  Preise  die 
Zucker-Raflfinerie  in  Philadelphia  und  über- 


liess  dem  starken  Gegner  die  Pacific-Küste. 

Trotz  seines  vorgerückten  Alters  wid- 
mete Spreckels  bis  zuletzt  den  zahlreichen 
Unternehmungen,  an  denen  er  betheiligt 
und  interessirt  war,  die  eingehendste  Auf- 
merksamkeit, und  noch  wenige  Wochen  vor 
seinem  Tode  erschien  er  vor  dem  Kongress- 
Komite  für  ]\Iittel  und  Wege,  um  als  Auto- 
rität in  Sachen  der  Zuckerzölle  auszusagen. 

Sein  ältester  Sohn,  John  Dietrich 
Spreckels,  übte  seit  Jahren  neben  seinen 
sonstigen  Obliegenheiten  einen  l)edeutenden 
Einfluss  auf  den  orientalischen  Handel  aus. 
Er  hatte  das  Polytechnikum  in  Hannover 
besucht.  Er  gründete  im  Jahre  1880  mit 
einem  Kapital  von  $2,000,000  die  J.  D. 
Spreckels  &  Bros.  Co.,  welche  bedeutende 
Rhederei-Geschäfte  machte.  Er  ist  Präsi- 
dent der  ..Oeeanic  Steamship  Co.",  welche 
jetzt  nicht  allein  den  Fracht-  und  Perso- 
nen-Verkehr mit  Hawai,  sondern  mit 
Australien  und  Neu-Seeland  unterhält. 
Auch  als  Zeitungs-Herausgeber  hat  der  am 
16.  August  1853  in  Charleston,  S.  C,  ge- 
borene älteste  Sohn  Claus  Spreckels'  Er- 
folge aufzuweisen.  Er  ist  der  Eigenthü- 
mer  des  ,,San  Francisco  ]\Ioming  CalL" 
Sein  Bruder  Rudolph  ist  Präsident  der 
First  National  Bank  in  San  Francisco  und 
war  einer  der  hauptsächlichsten  Unter- 
stützer der  Verfolgung  der  ..Grafters",  zu 
der  er  Tausende  von  Dollars  beisteuerte. 
Ein  anderer  Sohn  Claus  Spreckels. 
Adolph  B.  Spreckels.  ist  in  den  verschiede- 
nen Betrieben  des  Verstorbenen  tliätig. 


Friednch  Weyerhaeuser, 

genannt    der  ,,Holz-Koenig    von    Amerika  . 

Ebenso  wie  Spreckels  war  Friedrich 
Weyerhäiiser  ein  Bauern-Sohn.  Der  erstere 
wurde  der  ..Zucker-König",  der  letztere 
der  ,, Holz-König  Amerika 's".  Weyerhäu- 
ser,  der  im  Jahre  1908  starb,  hatte  am  21. 
November  1834  in  dem  Dorfe  Niederfaul - 
heim  bei  ^Nlainz,  wo  sein  Vater  ein  Bauern- 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


63; 


gut  besass,  das  Lieht  der  Welt  erbliekt.  Im 
Jalire  1852  wanderte  er  naeh  Amerika  aus, 
landete  am  1.  Juli  in  New  York  und  l)lie]) 
in  North  East,  Brie  Countj',  Pa.,  bis  zum 
Jahre   185G.      Er  ging  naeh   dem   Westen 
und  Hess  sieh  in  Roek  Island,  111.,  nieder. 
Dort  gründete  er  mit  F.  C.  A.  Denkmann 
(geb.  am  8.  April  1822  in  Salzwedel,  1849 
ausgewandert  und  in   Roek  Island,  wo  er 
am  3.  ]\I;irz  1905  aus  dem  Leben  schied,  zu 
Wohlstand    gelangt)     die    Firma    Weyer- 
liäuser  und  Denkmann,  die  ihren  Geschäfts- 
Betrieb  mit  einer  Sägemühle  begann  und 
dann  weitere  dazu  erwarb.     Weyerhäuser 
war  mit  Elisabeth  Blödel,  Denkmann  mit 
Anua      Catharina      Blödel      verheirathet. 
Weyerhäuser 's   Ehe   sind  vier   Söhne   und 
drei  Töchter  entsprossen.  Die  beiden  Kom- 
pagnons gründeten  die  Rock  Island  Lum- 
ber    Co.,    kauften    grosse    AValdländereien 
auf    und    wurden    in    kurzer    Zeit    reiche 
Männer.      Weyerhäuser    steuerte    $18,000 
zum  Bau  einer  Bibliothek  in  Rock  Island 
bei  und  bedachte  auch  die  deutsche  luthe- 
rische Gemeinde.     Im  Jahre  1891  siedelte 
er  nach  St.  Paul  über.     Er  Avurde  Präsi- 
dent der  „Weyerhäuser  Timber  Co."  und 
der  Leiter  des  sogenannten  ,,W^eyerhäuser 
Syndicate".     An  zahlreichen  anderen  in- 
dustriellen Unternehmungen  war  er  bethei- 
ligt, auch  war  er  Präsident  zweier  Bahnen 
und   Vize-Präsident    der    „German-Ameri- 
can  Bank"  in   St.   Paul.     Er  gehörte  als 
Multi-]\Iillionär  zu  den  reichsten  Männern 
des  Landes. 


Die  Horstmanns, 

Begruender  der  Seiden-Posamenlerie-lndustrie 
in  Amerika. 

Der  eigentliche  Begründer  der  Seiden- 
Posamenterie-Industrie  war  Wilhelm  Hein- 
rich Horstmann.  Er  war  in  Hessen-Cassel 
am  16.  August  "1785  geboren,  wo  er  die 
Litzen-  und  Fransenweberei  erlernt  hatte. 
Nach  Ablauf  seiner  Lehrjahre  war  er  auf 
die    Wanderschaft    gegangen.      Er    lernte 


vich'  Länilcr  kennen,  bihlete  sich  immer 
mehr  im  lN»samentir-Gewerbe  aus  luid 
war  in  Paris  Voriuaini  eines  bedeutenden 
Geschäfts.  In  seinen  dortigen  Aufenthalt 
fielen  die  ,, hundert  Tage"  zwischen  H1I)h 
und  Waterloo.  rcbi-igcMs  hatte  Hoi-st- 
mann  aueli  das  Ki-iegsleben  kennen  ge- 
lernt, denn  er  hatte  in  der  österreichischen 
Armee  als  Husar  gedient  und  1809  die 
Schlacht  bei  Aspern  mitgemaclit,  in  welcher 
Erzherzog  Karl  am  21.  und  22.  .Mai  Napo- 
leon besiegte. 

Im    Jahre    1815    kam    Horstmann    nach 
Philadelphia.      Mit   geringem    Kaj)ital   eta- 
blirte  er  181(3  in  55  Nord  3.  Stra.sse  eine 
Litzen-   und   Fransenweberei.      Er   führte 
den  maschinellen  Betrieb  in  der  Welierei 
ein  und  war  der  Erste,  der  den  Jacfpiard'- 
schen    Webestuhl    in    Amerika    anwandte, 
und  zwar  schon  im  Jahre  1825.     Webema- 
schinen,   welche    sein    Sohn.    William    J. 
Horstmann,      erfunden      und      eingeführt 
hatte,    ermöglichten    die    Ilei"stellung   bes- 
serer   Posamentier-Arbeit    als    der    impor- 
tirteu.      Namentlich   das   Weben   schmaler 
Borten   war  ein  Vorzug  der  Horstmann '- 
sehen     Webemaschine.       Im    Jahre     1823 
machte  Wilhelm  II.  Horstmann  eine  Reise 
nach   Europa.      In   der  Nähe   des   Hafens 
von    llavre    scheiterte    das    Schilf.       Mit 
eigener    Lebensgefahr    rettete    Horst  manu 
einen   der   Passagiere.      Der  ältere    Ilorst- 
mann  hatte  im  Jahre  1831  eine  Fabrik  an 
der  Germantown  Road  und  Columbia  Ave. 
errichtet,  welche  bis  1852  benutzt  wurde. 
Besatzartikel  und  Ausrüstungsgegenstände 
für 's    :\Iilitär,    wie    Epauletten,    Schnüre, 
Knöpfe,    Trommeln,    Griffe   und   Scheiden 
für    Degen    und    Schwerter,    Fahnen    etc.. 
sowie   Tuch-   und   Posamentier-Artikel   für 
Kutschen  waren  die  hauptsächlichsten,  aber 
nicht     einzigen     Fabrikate    seines     ausge- 
dehnten Etablissements,  das  unbedingt  das 
grösste    seiner    Art    in     den    Vereinigten 
Staaten  war  und  geblieben  ist.     Kr  starb 
am  5.  August  1850.     Aus  seiner  im  Jahre 
1817  geschlo.ssenen  ?:he  mit  ein<'r  Tochter 


638 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEX  LEBEN. 


des  (loutschcn  Fahrikanti'U  Ilocckly.  der 
bereits  MU.i  in  IMiilii(lt'l|)liia  Kutschen- 
spitzen,  Fransen  und  (Quasten  hei*stellte, 
entsprossen  dri'i  Söhne  und  zwei  Töeliter. 
Der  älteste  Solni.  William  J.  Ilorstniann. 
wurde  1S1!>  geboren.  Er  besuchte  mit 
seinem  Jiruder  Sifrismunil  J.  Ilorstniann 
die  Seluile  Ilerni  .1.  Ueek's  in  Litiz,  Pa., 
seine  weitere  Ausbildunjr  erhielt  er  in 
Deutsehland  und  Frankreich.  Beide  Brü- 
der wurden  1S40  Kompaj^nons  ihres 
Vaters,  der  sich  184")  vom  Geschäft  zu- 
rückzo<r.  das  an  Au.sdehnung  und  Man- 
ni«rt'altigkeit  gewobener  und  gewirkter 
Fal)rikate  beständig  zunahm.  Die  patrio- 
tische Gresinniuig  des  Gründers  der  Firma 
Iloi-stmann  geht  am  Besten  daraus  hervor, 
da.ss  er  eine  Kompagnie  von  deutschen 
F'reiwilligen  bald  nach  Ausbruch  des 
Krieges  mit  ^Mexiko  anwarb,  vollständig 
<M|uipirte  und  auf  seine  Kosten  miterhielt, 
bis  die  Kegierung  sie  übernahm.  Diese 
Kompagnie,  die  „Steuben  Rities",  leistete 
wert h volle  Dienste  im  Felde. 

Die  grosse  Fabrik  an  5.  und  Cherry 
Stras.se  wurde  1852  errichtet.  An  der 
Stelle  hatte  sich  früher  der  Friedhof  der 
St.  .Michaelis-Kirche  befunden.  Herr  Wm. 
J.  Horst  mann  war  von  1866  bis  zu  .seinem 
am  K».  Mai  1872  in  San  Francisco  er- 
folgten Tode,  wo  er  Be.s.serung  eines  Luu- 
genleidens  erhotft  hatte,  Präsident  der 
Deutschen  Gesellschaft.  Sein  Bruder 
Sigismund  war  bereits  1870  gestorben. 
William  .1.  Horstmann 's  Söhne,  F.  Oden 
und  AValter  Horstmann,  wurden  die  In- 
haber des  Geschäfts,  das  Filialen  in  New 
York,  l^oston,  Baltimore,  San  Francisco 
und  Detroit,  sowie  in  Lond(m.  Paris,  Ber- 
lin, Wien  und  Ly(ms  erhielt.  Im  Jahre 
1893  wurde  die  Firma  inkorporirt  und  die 
..Wm.  H.  Ilorstniann  Co."  gegründet;  der 
ei-ste  Präsident  derselben  war  F.  Oden 
Ilorstniann.  x\n  seine  Stelle  trat,  als  er  im 
folgenden  Jahre  starb,  Herr  Walter  Ilorst- 
mann,  der  auch  jetzt  noch  Leiter  des 
Riesen-Etablissements,    dessen    Fabrik    an 


5.  und  Cherry  Str.  600  Weber  etc.  beschäf- 
tigt, ist.  Die  andern  Beamten  der  Horst- 
mann Co.  sind:  Samuel  Eckert,  Vize-Prä- 
sident, seit  1873  in  dem  Geschäfte  thätig; 
Henry  Freund,  Schatzmei.ster,  seit  I8öü 
daselbst  angestellt ;  II.  Mc^Ianus,  Sekretär, 
seit  1873  im  Dienst  der  Firma,  und 
Georg  p]iler,  Jr.,  General-Geschäftsführer, 
seit  38  Jahren  angestellt.  F.  Oden  Horst- 
mann, Jr.,  ein  Urenkel  des  Gründers,  ge- 
hört zu  den  Direktoren  der  Kompagnie. 

Zu  erwähnen  ist  noch,  dass  vor  allen 
anderen  den  Bemühungen  W^m.  J.  Horst- 
mann's  die  „Silk  Association  of  America" 
ihr  Entstehen  verdankt,  die  allerdings  erst 
nach  seinem  Tode,  und  zwar  in  einer  am 
26.  Juni  1872  abgehaltenen  Versammlimg 
von  Seidenfabrikanten  der  Vereinigten 
Staaten  zur  Thatsache  gemacht  wurde. 


Friedrich  Baare  ist  am  19.  Juni  1823 
in  Preussiseh-iMinden  a.  d.  W^eser  geboren 
als  Dritter  der  fünf  Söhne  des  dortigen 
Kaufmanns  Friedrich  August  Baare,  gest. 
4.  August  1842. 

Er  genügte  der  ^Militärpflicht  als  Ein- 
jähriger 1846  im  29.  Inf. -Regt,  in 
Coblenz.  als  Reservist  1848  im  25.  Inf.- 
Regt.  in  Cöln  und  erhielt  .seinen  Abschied 
1852  als  Offizier  der  Landwehr,  15.  Regt., 
blinden.  Xemi  Jahre  lang  bekleidete  er 
Reisestellen  im  Farbwaaren-  und  Dro- 
gueu-IIandel  in  IMinden,  Coblenz  und 
Cöln  und  unternahm  1850  von  ]Mimlen 
aus.  in  Verbindung  mit  Bochum.  West- 
falen, mit  Erfolg  den  Absatz  der  Ruhr- 
Kohle  über  Bielefeld  hinaus. 

1852  kam  er  nach  New  York,  um  der 
dortigen  Firma  seines  Schwagers,  J.  Gross 
Garelly,  als  Theilhaber  beizutreten.  Das 
Ge.schäft  bestand  seit  1846  und  lietrieb 
Importation  und  Fabrikation  von  Besatz- 
artikeln für  Damen-Kleider  und  ]Män- 
tel  (Ladies'  Dress-  and  ^lantilla-Trim- 
niings).  Es  nahm  die  vier  Stockwerke  des 
Gebäudes  61  John  und  111—113  William 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LKHHN. 


639 


Str.  ein.  In  1804  trat  Garelly  vom  Ge-  In  ISTO  ülMTsicdcItc  er  na.-li  Tatorson. 
Schäfte  krankheitshalber  zurück,  worauf  X.  J..  wo  unter  Beitritt  von  Milf,'! ledern 
Baare  in  Theilhaliei-sehaft  mit  George  der  Firma  John  Kyle  &  Co.  die  Haare 
Warren  Geer  unter  der  Finna  Raare  &  iMannfaeturinf?  Co.  organisirt  und  h-diglieh 
Geer  es  fortfülirte.  Nach  zweijährigem  Sei(h'n-Hreitstoffweherei  mittelst  Kraft- 
Aufenthalte  in  Europa  gesundet,  nahm  stuhlen  in  der  Upper  Murray  Mill  in  .Mill 
Garelly  neuen  Antheil  am  Geschäfte  mit  Street  betrieben  wurde. 
Domizil  in  Paris  31  Faubourg  Poisson-  Xaeh  l'ebergang  der  Firma  livle  &  Co. 
niere  und  Aenderung  der  Firma  in  Xew  in  die  der  Pioneer  Silk  Co.  JM-trieb  Haare 
York  in  Baare.  Geer  &  Co.,  29  Barclay  die  besagte  Fabrikation,  in  ein  eigenes 
Str.    Seiden-Bänder,  Seiden-Stoffe,  Spitzen  Lokal    an    Sussex,    naiie    Brock   Str.,   Süd- 


FRIEDRICH    BAARE. 


und  Sammete  wurden  als  Artikel  der  Im- 
portation  und  Fabrikation  beigefügt,  welch' 
letztere  in  Xew  York,  in  Union  Hill,  X.  J., 
und  Schoharie,  N.  Y.,  gleichzeitig  betrieben 
wurde.  Acht  Jahre  darauf  löste  die  Firma 
in  Uebereinstimmung  sich  auf.  Haare 
widmete  sich  in  Schoharie  fortan  gänzlich 
der  Seiden-Breitstoff-Weberei  auf  Kraft- 
stühlen, mit  eigner  Verkaufsstelle  in  96 
Reade  Str.,  Xew  York,  unter  seinem 
Namen. 


Paterson  vei-legt.  allein  untl  ei-liolj  dort 
.seine  Fabrik-]\Iethode  und  Ma.sehinerie  zu 
der  modernen  Vervollkommnung,  die  in 
allseitiger  Anerkennung  als  die  im  (Je- 
werlx"  jetzt  heri-schende  Anwendung  fand. 
Ev  nahm  mit  Ehren  und  Auszeichnung 
Aul  heil  als  Aussteller  an  d<'r  Centennial- 
E.\hibiti(m  und  übertrug  das  Jahr  darauf. 
1877,  sein  Geschäft  durdi  Verkauf  an  die 
Sauquoit  Silk  Co.  in  Philadel|)hia,  wo  er. 
das.sell)e    für   ein    .lalir   pei-sönlicli    l.-iieiid. 


640 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


Soiden-Breitsott'-Wi'IxTci     crfoljrn'ii-h     ciii- 
tulirte. 

Nach  Patcrsoii  187S  zurürkireki'hrt.  fand 
er  den  (Jfscliäfts{raii<r  bcliiiidort  durch 
Manj;»']  an  •rt-sclinllcn  WicUlerinncn  und 
errii'hteto  im  \'aii  Honten  Marktfrobände 
cini'  Spi'zial-AVindcroi,  die  er  nach  Kintuli- 
runj;  verbesserter  ^Vickehnethode.  wodurch 
Separat-Winderei  cntbelirlicli  wurde,  1883 
verkaufte.  Seitdem  hat  Friedrich  ßaare 
anffjrehört.  an  dem  Betriebe  der  Seidonfa- 
brikation sich  aktiv  zu  betheiligon.  Er  ist 
seit  Jaln-en   in   Ilazleton.  Pa.,  ansässig. 


Die  grossartigeu  Werkstätten  der  J.  G. 
lirill  Company  in  PliiUidelphia,  wold  die 
bedeutendste  Strassenbahuwagen  -  Fabrik, 
verdanken  zwei  Deutschen,  Vater  und 
Sohn,  ihr  Entstehen,  dem  aus  Kassel  ge- 
bürtigen und  1888  in  Philadelphia  gestor- 
l)enen  Kunsttischler  J.  G.  Brill  und  seinem 
Sohne  G.  Martin  Brill.  Letzterer  war  am 
6.  Februar  1846  in  Kassel  geboren.  Im 
Jalu-e  1868  baute  er  mit  seinem  Vater  den 
ersten  Stra.ssenbahn-Wagen.  Nach  dem 
Tode  J.  G.  BrilPs  wurde  die  Firma  J.  G. 
Brill  &  Co.  in  die  J.  G.  Brill  Company 
umgewandelt.  Martin  Brill  wurde  Präsi- 
dent. Sie  hat  Fabriken  in  St.  Louis,  Cle- 
veland  und  Elizabeth,  N.  J.,  erworben.  Es 
sind  58  Millionen  Dollars  in  dem  Unter- 
ncluncn  angelegt.  Die  Philadelphiaer 
Fabrik  ist  die  grösste  ihrer  Art.  jMartin 
Brill  starb  im  Jahre  1906. 


Als  Fabrikant  der  nach  ihm  genannten 
Deimel'sehen  Unterwäsche  hat  sich  Dr. 
Henry  L.  Dcimel  einen  Namen  gemacht.  Er 
wurde  in  Soest,  We.stfalen,  am  31.  Oktober 
1858  geboren.  Er  besuchte  das  dortige 
Gymnasium,  studirte  in  Amerika  ]\Iedizin 
und  befürwortete  das  Tragen  poroeser 
Leinwand-Unterwäsche.  Er  ist  der  Präsi- 
dent der  „Deimel  Linen-^NIesh  System 
Co.",  San  Francisco. 


Der  ^lann,  wt'lclier  in  seinen  ausgedehn- 
ten   Fabriken    die    Arbeiter-Alters- Versor- 
gung und  Lebensvei-sicherung  als  er.ster  in 
Amerika    praktisch    durchführte    und    den 
Beweis  lieferte,  dass  sie  auch  ohne  Staats- 
hilfe  sich   ermöglichen    lassen,    kann    wohl 
auf  einen  breiteren  Raum  in  diesem  Buche 
Anspruch  machen,  da  er  in  beschränktem 
Kreise  eine  Volkswohlfahrtseinrichtung  ge- 
trotfen  hat,  die  schliesslich  doch  einmal  zu 
einem    nationalen    Institut    werden    muss. 
Die    amerikanischen    Verhältnisse    bringen 
das  mit  sieh.    Eine  Nation,  deren  Arbeiter- 
geber das  Recht  des  älteren  ]\Iannes  auf 
Arbeit  nicht  anerkennen  wollen,  mu.ss  zur 
AI tersversorgungs- Versicherung    sich    ver- 
stehen,   wenn    sie    eine    bedrohliche    Zu- 
nahme  des    Pauperismus   verhindern    will. 
Der  Mann,   welcher  die   Durchfülirbarkeit 
den   Zweitlern    praktisch   demonstrirte,   ist 
ein  Deutscher  von  Geburt  und  Erziehung, 
Alfred  Dolge.     Geboren  am  22.  Dezember 
1848  in  Chemnitz,  Sachsen,  erhielt  Alfred 
Dolge  seine  Erziehung  in  Leipzig,  wo  sein 
Vater,     August    Dolge,     eine    Pianoforte- 
Fabrik    gegründet    hatte.      Als    Dreizelin- 
jähriger  trat  er  als   Lehrling  in   dieselbe 
ein   und   begab   sich,    17   Jahre   alt,   nach 
New  York,  um  sieh  über  die  amerikanische 
Pianofabrikation  zu  informiren.    Ein  Jahr 
später    kehrte    er    zurück,    aber   nur,    um 
seinem  Vater  mitzutheilen,  er  werde  sich 
in   Amerika    niederlassen.      In   New  York 
fand  er  Beschäftigimg  in  der  Pianofabrik 
von     Frederick     Mathuschek.       Nebenbei 
führte  er.  in  kleinem  Masstabe  allerdings^ 
deutsches  Klavierhammerleder  und  Poehl- 
mann 'sehen    Draht    ein    und   erwarb   sich 
mit   dem   Verkauf   ein   kleines   Vermögen. 
Im  Jahre  1869  gab  er  die  Arbeit  in  der 
Fabrik    auf   und   beschäftigte   sich    allein 
mit  dem  Import  von  ^Materialien  zum  Kla- 
vierbau.    Da  es  ihm  nicht  gelingen  wollte, 
auch    Klavierhannnerfilz    zu    beziehen,    da 
dessen  Import  das  ^Monopol  grösserer  Kon- 
kurrenten war,  so  beschloss  Dolge  im  Jahre 
1871,  den  Artikel  selbst  herzustellen,  und 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


•  41 


gründete  die  Eagle  Feit  Company,  wclclic 
in  Brooklyn  mit  einem  Ballen  Wolle  den 
Betrieb  begann.  Der  erste  Filz,  der  her- 
gestellt wurde,  entspraeh  den  p]r\vartungen 
nielit,  die  drei  Freunde  Dolge's  zogen  sieh 
zurück.  Durch  fortgesetzte  Experimente 
gelang  es  Dolge  in  kurzer  Zeit,  eine 
bessere  Qualität  Klavierhammerfilz  herzu- 
stellen, als  in  Europa.  Um  der  Güte 
seiner  Waare  allgemeine  Anerkennung  zu 


hatte.  Auf  der  ( 'entennial-Ausstelhuig  in 
Philadelphia  erliielt  l)nlg..'s  Fabrikat  zwei 
^ledaillen  uiul  zwei  Dipbmie.  Kr  baute 
eine  zweite  Fabrik  zur  Ilei-stfllung  von 
Kesonanzbüdrn  und  erwarb  Waid-Län- 
dereien  in  den  Adirondaeks.  Er  verfer- 
tigte ausserdem  Filz  für  verschiedene 
aiulere  Zwecke  und  begaini  im  Jalire  1883 
mit  dei-  Fabrikation  von  Filzschuhen, 
welche   er   später  der   Daniel   Green    Shoe 


ALFRED   DOLGE. 


verschaffen,  sandte  er  seinen  Klavierham- 
merfilz  zur  Wiener  Weltausstellung  im 
•fahre  1873  und  erhielt  dafür  den  höchsten 
Preis.  Auch  von  europäischen  Pianofabri- 
kanten  erhielt  er  Aufträge.  Seine  Fabrik 
in  Brooklyn  erwies  sich  als  zu  klein,  und 
so  verlegte  er  sie  im  Jahre  1874  nach 
Brockett's  Bridge,  200  Meilen  von  New 
York  entfernt,  wo  er  am  Ufer  des  East 
Canada  River  eine  alte  Gerberei  gekauft 


Company  ülx'itrug.  Im  .lahrc  1882 
ehrten  die  Bewolmci-  von  Brockett's 
Bridge  Alfred  Dolge  dadurch,  dass  sie  den 
Ort  Dolgeville  muniteii,  eine  Namensände- 
rung, welchi'  von  den  Washhigtoner  Be- 
hörden prompt  bestätigt  wurde.  Was 
Dolge  besonders  auszeichnete,  war  seine 
Arbeiterfürsorge.  Kr  Hess  seine  zahl- 
reichen Angestellten  an  dem  Profit  seiner 
Fabriken  theilnehmcn,  er  .sorgte  für  Alters- 


642 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


und  Lebensvei-sirhorimfr.  vr  baute  Schulen, 
er  stiftete  zwei  Parks  für  Erliolungs- 
zweeke,  streckte  dein  Turnverein  in  Dolge- 
ville  $40.(»()()  vor  zum  Bau  einer  Halle  mit 
Theater,  Turnsaal  und  Klubräumlichkei- 
ten und  sorgte  für  moderne  Arbeiter- 
häuser, deren  f^rwerb  er  seinen  Ange- 
stellten nach  Kräften  erleichterte.  Später 
wurilcn  andere  Fabriken  nach  Dolgeville 
verlegt ;  es  wurde  durch  eine  Eisenbahn 
mit  Little  Falls  und  der  New  York  Central 
verbunden  \nid  mit  allen  modernen  Ein- 
richtungen und  Verbesserungen  versehen. 
Dolge  ist  seiner  schutzzöUnerischen  An- 
sichtt'U  wegen  von  Freihandels-Zeitungen 
lieft  ig  angegriffen  und  ihm  der  Vorwurf 
des  Renegatenthums  gemacht  worden,  weil 
er  angeblich  allzu  amerikanisch  gesinnt 
sei  und  zu  wenig  deutseh.  Der  Vorwurf 
ist  unbegründet.  In  dem  Dolge 'sehen 
Hause  wird  deutsch  gesprochen,  und  die 
fünf  Söhne  des  grossen  Fabrikunterneh- 
mers und  Gründers  einer  neuen  Industrie 
in  Amerika  sprechen  deutsch.  In  seinem 
Turnverein  hat  er  der  wahren  ^Massigkeit 
das  AVt)rt  geredet,  aber  den  Genuss  von 
Bier  und  Wein  empfohlen,  weil  sie  das 
Herz  frei  nuichen,  die  Zimge  lösen  und 
Geselligkeit  und  Fröhlichkeit  befördern. 
Wogegen  er  sich  aber  aussprach,  war  das 
Absondern  von  Bürgern  anderer  Rasse. 
Bei  Deutsch-Amerikanern  sollte  seiner 
Ansicht  nach  der  Accent  stets  auf  dem 
zweiten  Theil  des  Doppelwortes  liegen. 
Nikolaus  Ilerchheimer,  den  Sieger  von 
Oriskany.  hielt  er  für  das  nachahmungs- 
wertheste  Beispiel  eines  deutseh-amerika- 
ni.sehen  Patrioten.  Es  gäbe  keine  Zukunft 
für  Deutsche  als  solche  in  unserem  Lande, 
aber  eine  grosse  Zukunft  für  deutsche 
Kultiir,  deutsches  Denken,  deutsehe  Gesel- 
ligkeit in  Amerika.  Als  erstrebenswerthe 
Ziele  der  deutschen  Bewegung  in  den  Ver- 
einigten Staaten  erklärte  er  die  Einfüh- 
rung des  deutschen  Sprach-  und  des 
deutschen  Tum-Unterrichts  in  den  Schu- 
len.      „Unsere     deutschen     Dichter     und 


Sehrift-steller  und  unsere  deutschen  Philo- 
sophen sind  auch  heute  noch  die  Ge- 
fährten meiner  Mussestunden.  Ich  denke 
und  fühle  Deutsch,  aber  ich  bin  Ameri- 
kaner." 

Nachdem  er  Dolgeville  im  ]\Iai  1899  ver- 
la.ssen  hatte  und  sich  nach  Californien  be- 
geben hatte,  betrieb  er  in  der  Nähe  von 
Los  Angeles  Obst-  und  Weinbau.  1903 
wandte  er  sich  wieder  seiner  früheren 
Liebe,  der  Filzfabrikation,  zu.  Er  grün- 
dete Dolgeville  in  Californien,  errichtete 
dort  eine  Anzahl  von  Fabriken,  welche 
sich  gut  entwickelten.  Nicht  allein  als 
Gründer  einer  neuen  Industrie,  sondern 
auch  vor  allen  Dingen  als  der  erste  Arbeit- 
geber in  Amerika,  welcher  Alters-  und 
Lebensversicherung  im  industriellen  Be- 
triebe ohne  Hilfe  des  Staates  durchführte, 
wird  Alfred  Dolge 's  Name  einen  Platz  in  , 
der  Geschichte  der  Gewerkthätigkeit  und 
Wohlfahrtsbestrebimgen  Amerika 's  er- 
halten. 


Als  Fabrikant,  Erfinder  und  Grosskapi- 
talist hat  sich  der  am  30.  ]März  1848  in 
Westfalen  geborene  Wilhelm  Edenborn 
einen  Namen  gemacht.  Er  kam  im  Jahre 
1867  nach  Amerika,  arbeitete  als  Hand- 
werker in  St.  Louis  von  1869 — 71,  wurde 
1871  Präsident  der  St.  Louis  Wire  Mill 
Co.  und  dann  der  „Consolidated  Steel  & 
Wire  Co."  bis  1898.  Auch  war  er  Vize- 
Präsident  imd  ^Mitglied  des  Exekutiv- 
Komites  der  American  Steel  and  Wire  Co. 
Von  1901  bis  1904  war  er  [Mitglied  der 
Exekutiv-  und  Berathungs-Behörden  der 
United  States  Steel  Corporation.  Er  ist 
Präsident  der  Louisiana  Railway  and  Navi- 
gation Co.  und  der  „Pitt.sburg  &  Southern 
Coal  Co.",  sowie  Direktor  verschiedene!- 
anderer  Korporationen.  Er  machte  werth- 
volle   Erfindungen   für  Draht-Fabrikation. 


Als  analgetischer  und  konsultirender  Che- 
miker hat  sich  der  in   Gieboldehausen  in 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


643 


Hannover  am  23.  Juni  1885  geborene 
Franz  Ernst  Engclhardt  einen  Namen  ge- 
macht. Nach  Studien  in  Göttingen  kam 
er  .1857  nach  Amerika  und  liess  sich  in 
Syracuse,  N.  Y.,  nieder.  Vorher  war  er 
Chemiker  in  Philadelphia,  Assistent  am 
Columbia  College,  Professor  der  Chemie 
am  St.  Francis  Xavier  College  und  Pro- 
fessor der  ]\Iateria  ]Medica  am  New  York 
College  of  Pharmacy  gewesen.  Längere 
Zeit  war  er  Chemiker  der  Onondago  Salt 
Co.  und  Chemiker  der  Staats-Sanitäts-Be- 
hörde.  Als  solcher  hatte  er  namentlich 
Biere,  Weine  und  Liköre  zu  untersuchen. 
Er  ist  auch  Chemiker  und  IMilchiuspektor 
der  Sanitäts-Behörde  in  Syracuse.  Seine 
Untersuchungen  und  Abhandlungen  über 
Petroleum.  Salz.  Spirituosen,  Biere  etc. 
haben  Engelhardt  den  Rang  einer  Auto- 
rität zugewiesen. 


Eberhard  Faher,  dessen  Urgrossvater  im 
Jahre  1761  in  Stein  bei  Nürnberg  in 
Bayern  eine  Bleistift-Fabrik  gegründet 
hatte,  die  durch  den  späteren  Freiherrn 
Johann  Lothar  von  Faber  (1817—1896) 
zur  Weltbedeutung  gelangte,  war  im  Alter 
von  29  Jahren  im  Jahre  1849  nach  New 
York  gekommen,  um  ein  amerikanisches 
Zweiggeschäft  zu  gründen.  Er  erwarb 
Cedern-Waldungen  in  Cedar  Keys,  Fla., 
und  errichtete  dort  eine  Sägemühle.  Eine 
Bleistiftfabrik  gründete  er  in  Brooklyn, 
N.  Y.,  eine  Radirgummi-Fabrik  in  Newark, 
N.  J. ;  er  führte  verschiedene,  menschliche 
Arbeitskräfte  ersparende  INIaschinen  ein. 
Es  starb  im  Jahre  1879.  Sein  Sohn, 
Johann  Eberhard  Faber,  geboren  am  14. 
März  1859  in  New  York  und  in  Deutseh- 
land. Frankreich  und  Amerika  praktisch 
au.sgebildet,  übernahm  das  Geschäft  und 
associirte  sich  später  mit  seinem  Bruder 
Lothar.  Der  Firma-Name  ist  Eberhard 
Paber  Pencil  Co. 


Landes,  der  „Dubu«iu('  Cabinet  Makers' 
Association",  ist  liichard  Ilerrmann,  ge- 
boren in  Chemnitz  am  10.  .März  1849.  Kr 
kam  im  Jahre  1861  mit  .sehiem  Vater  nadi 
Amerika,  war  als  Dolmetscher,  Farmer  und 
Bahuarbeiter-Aufseher  thätig,  bis  er  sich 
1877  in  Dubuque,  la.,  dauernd  niederlicss. 
Er  beschäftigte  sich  in  seinen  Mu.s.sestun- 
den  mit  zoologischen,  paläontologi.schen, 
archäologischen  und  ethnologischen  Stu- 
dien und  gründete  das  ,,II('rnnann  Mu.seum 
of  Natural  Ilistory".  Er  schrieb  eine 
Reihe  von  wissenscliaftlichen  Abhandliui- 
gen,  ferner  ,,Life  and  Adventures  of  J>iliaii 
Dubuque"  (des  Gründei-s  der  Stadt,  die 
ihm  auf  Ilerrmann 's  Anregung  hin  ein 
Denkmal  gesetzt  hat)  und  gab  eine  „Col- 
lection  of  Choice  German  Songs"  heraus. 


Gründer  einer  der  Gross-Schlächtereien 
des  Landes  war  der  im  Schwarzwald  am  21. 
Januar  1839  geborene  Nelson  Morris,  der 
als  12jähriger  nach  Chicago  kam,  in  Gros.s- 
Schlächtereien  und  Fleiseh-Verpack-IIäu- 
sern  arbeitete  und  schliesslich  die  Firma 
Nelson  ]\[orris  &  Co.,  sowie  die  Fairbank 
Canning  Co.  gründete.  Er  war  an  tinan- 
ziellen  und  anderen  Instituten  betheiligt. 
Er  starb  im  Jahre  1907. 


Der  Begründer  der  Hafermehl- Industrie 
im  Lande  war  der  in  Celle,  Hannover,  am 
30.  :März  1822  geborene  und  im  Ai)ril  1908 
verstorbene  Ferdinand  Schuhmacher,  der 
1850  nach  Amerika  gekonnnen  war  und  im 
Jahre  1856  in  Akron,  0.,  mit  der  Fabrika- 
tion von  Hafermehl,  Graupen  etc.  begann. 
Er  vereinigte  die  verschiedeneu  „Oat- 
Meal  "-Fabrikanten  zur  „American  Cereal 
Co",  deren  Präsident  er  bis  zum  Jahre 
1899  war.  Ein  war  ein  eifriger  Förderer 
der  Teraperenz-Bewegung. 


Präsident  und   Schatzmeister  einer  der 
grössten   Möbel  -  Fabrikanten  -  Firmen   des 


Selten  hat  das  Ableben  eines  Deutsch- 
Amerikaners  so  allgemeine  Trauer  hervor- 
gerufen,  wie  der  am  30.  November  1896 


641 


DEUTSCH i:  TM   OEFFEXTLICHEX  LEBEX. 


crf(tljrte  Tod  ]Villiam  Strinirajj's.  "Wenn 
irp'iid  Jt'iiiaiul  Aiisprudi  darauf  crliclH'n 
kann,  dass  sein  Aiuli-iikfii  girlirt  wird,  so 
dieser  geradezu  enthusiastische  Förderer 
deutscher  Kunst  in  Amerika.  Er  gab  mit 
vollen  Händen,  und  Hunderte  von  aufstre- 
IxMiden  Talenten  haben  in  ihm  einen  Mäcen 
gefunilen.  an  des.sen  Edelmuth  und  Hilfs- 
bereit.schaft  kaum  jemals  vergeblieh  appel- 
lirt  wurde.  Geboren  am  5.  März  18:^6  in 
Seesen  im  Harz  als  der  vierte  Sohn  und 
das  seehste  Kind  Heinrieh  Engelhard  Stein- 
way's.  des  Begründers  der  weltberühmten 
l'ianofabrikanten-Firma  Steinway  &  Sons, 
erhielt  "William  eine  gute  p]rziehung.  Seine 
aussergewöhnliehe  musikalische  Begabung 
trat  schon  früh  hervor.  Nachdem  die  F'a- 
milie  1850  nach  Amerika  übergesiedelt 
wa»-.  wo  der  14jährige  bei  den  New^  Yorker 
Piano-Fabrikanten  Xunns  &  Co.  in  die 
Lehre  trat,  wurde  am  5.  ]März  1853  die 
Firnui  Steinway  &  Sons  gegründet.  In  der 
Fabrik  arbeiteten  ausser  William  auch 
seine  Brüder  Henry  Jr.  und  Charles  mit 
dem  Vater.  Der  schnelle  Aufschwung  der 
Falirik  bedingte,  dass  "William  mit  der 
Leitung  der  Geschäfte  der  Firma  betraut 
wukIc.  Das  war  ein  geeignetes  Feld  zur 
Bethätigung  seines  kaufmännischen  Ta- 
lents, und  er  war  es  hauptsächlich,  der  den 
AVcltruf  der  Firma  neben  der  anerkannten 
Vorzüglichkeit  ihrer  Instrumente  begrün- 
den half.  William  Steinway  war  deutseh 
in  seinem  Denken  und  Fühlen.  Erst  seine 
Zusicherimg,  da.ss  er  das  Sängerfest  unter- 
stützen werde,  setzte  die  New  Yorker  Ver- 
einigung in  den  Stand,  das  im  Jahre  1894 
abgehaltene  zu  übernehmen.  Er  wurde 
zum  Lhren-Bräsidenten  gemacht.  Er  deckte 
das  Defizit  von  $1.471.24.  Zahlreiche  Aus- 
zeichnungen wurden  ihm  in  seinem  Leben 
zu  theil,  so  die  Ernennung  zum  Ehren- 
Milgliede  der  königlichen  Akademien  in 
Berlin  und  Stockholm  und  der  königlichen 
St.  Cäcilia- Akademie  in  Rom  (1584  von 
Palestrina  gegründet)  sowne  zum  Ehren- 
Bürger  seiner   Geburtsstadt    Seesen.      Den 


2.").(M)().  Konzertflügel  der  Firnui.  der  am 
4.  Mai  1872  fertiggestellt  wurde,  kaufte  der 
daiiuilige  Zarewitsch.  Das  Haus  Steinway 
&  Sons  wurde  zu  Hoflieferanten  der  bedeu- 
tendsten ^lonarchen  Europas  ernannt. 
William  Steinway 's  Leichen-Feier  am  2. 
Dezember  1896  in  der  Halle  des  deut- 
schen Liederkranzes,  des,sen  l'räsident 
der  Verstorbene  mehrere  Jahre  war,  ge- 
hörte zu  den  grossartigsten  Trauer-Kund- 
gebungen der  Stadt  New  York. 


Deutsche  Ingenieure,   Chemiker  und 
Erfinder. 

Deutsche  Ingenieure,  deutsche  Chemiker 
und  Erfinder  spielen  in  der  Geschichte  von 
Handel  und  Wandel  in  den  Vereinigten 
Staaten  eine  bedeutende  Rolle.  Einige  der 
hervorragendsten  seien  hier  genannt. 

Johann  August  Roebling. 

Der  ]\lann.  der  eines  der  modernen  Welt- 
wunder geschaffen  hat,  die  in  schwindeln- 
der Höhe  den  East  River  überspannende 
Brooklyner  Brücke,  ist  ein  Deutscher  ge- 
wesen, Johann  August  Roebling.  Geboren 
am  12.  Juni  1806  in  :Mühlhausen  in  Thü-  j 
ringen,  besuchte  er  das  Polytechnikum  in 
Berlin.  Er  wandte  sich  dem  Strassen-  und 
Brückenbau  zu.  Er  schloss  sich  der  Kühl- 
häuser Auswanderung.s-Gesellschaft  an  und 
kam  mit  seinem  Bruder  im  Jahre  1831  nach 
Amerika,  um  eine  rein  deut.sche  Kolonie  zu 
gründen.  In  Beaver  Comity.  Pa..  nicht 
weit  von  der  Rapp 'sehen  Ansiedlung  Har-  ; 
mony  entfernt,  kauften  sie  Land  an.  aber 
als  Farmer  hatten  die  gebildeten  Männer,  (m 
welche  von  ^Iühlhau.sen  herüberkamen, 
keinen  Erfolg.  Im  Jahre  1837  nahm  Roeb- 
ling an  der  Pittsburger  Konvention  (s. 
Pennsylvanien)  theil.  Bald  wandte  er  sieh 
jedoch  seiner  früheren  Beschäftigung,  dem 
Stra.ssen-  und  Brückenbau,  wieder  zu. 
Nachdem  er  in  untergeordneten  Stellen 
thätig  gewesen  war.  erhielt  er  Auftrag,  die 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTUCHEN  LEBEN. 


(>45 


Route  über  die  Allejrhanies  für  die  Penn- 
sylvania-Bnliii  zu  vermesseu.  Im  Jahre 
1844 — 5  beuutzte  er  zuerst  Drahtseil  zu 
Aquächikt-  und  Hrückeu-Hauteii.  Die 
erste  Dralitseil-lläujrehrüeke.  die  Koebliug 
baute,  spannte  sieh  über  den  Mouongahehi 
bei  Pittsburg.  Sie  hat  eine  Länge  von 
1,500  P\iss.  Er  verlegte  seine  Drahtseil- 
Fabrik  naeh  Trenton,  N.  J. ;  im  Jahre  1851 
begann  er  mit  der  Konstruktion  der  grossen 
Hängebrüeke  über  den  Niagara,  welche  be- 
stimmt war.  den  Zügen  der  Grand  Trunk 
Bahn  den  Verkehr  zu  vermitteln.  Die 
Brücke  hatte  eine  Spannweite  von  821  Fuss 
und  eine  Breite  von  15  Fuss.  Zwei  10 'li- 
zöllige  Kal)el  trugen  die  Brücke;  jedes  der 
Kabel  l)estand  aus  sieben  Strängen,  deren 
jeder  aus  520  Drähten  gebildet  war.  Die 
Brücke  ist  übrigens  im  Jahre  1898 — 9 
durch  eine  Stahl-Bogen- Brücke  ersetzt  wor- 
den. Später  erbaute  Roebling  die  Cinciu- 
nati  und  Covington  Brücke  über  den  Ohio, 
deren  Spannweite  bei  einer  Gesammtlänge 
von  2,252  Fuss  1.057  Fuss  beträgt.  Die 
hierbei  verwandten  Kabel  hatten  einen 
Durchmesser  von  12^/4  Zoll.  Die  Brücke 
dient  dem  Strassen-  wie  dem  Strassenbahn- 
Verkehr.  Im  Jahre  1897 — 8  wurde  die 
Tragkraft  der  Brücke,  bei  deren  Bau  Roeb- 
ling's  Sohn,  Washington  Augustus  Roeb- 
ling, Hilfe  geleistet  hatte,  durch  zwei 
neue,  direkt  über  den  alten  angebrachte 
Kabel  und  neues  Eisenwerk  verstärkt. 
Roebling 's  Brücken  zeichnen  sich  durch 
die  Kühnheit  des  Entwurfs  sowohl,  wie 
durch  die  Eleganz  der  Linien  aus. 

Auf  die  Vorarbeiten  seines  grössten 
Werks,  der  „New  York  and  Brooklyn  Sus- 
pension Bridge",  hat  Roebling  Jahre  ver- 
wandt. Bis  in 's  kleinste  Detail  hatte  er  die 
Berechnungen  aufgestellt,  er  hatte  die  i\Iög- 
liehkeit  der  Durchführung  des  Riesen-Pro- 
jekts ü])erzeugend  dargelegt  und  Kosten- 
Anschläge  ausgearbeitet,  welche  nur  da- 
durch bedeutend  höher  wurden,  als  wesent- 
liche Aenderungen  auf  Wunsch  der  Bun- 
des-Regierung  in  den  Plänen  vorgenommen 


werden  musstcii.  Dir  Brücke  ist  die 
läng.ste  Hängebrücke  dir  W.-It.  wenn  auch 
ihre  Spaiuiweite  von  der  neuen  Käst  River 
Brücke,  nut  deren  Bau  1SI)7  begonnen  wor- 
den war.  übertrort'en  wird.  Die  New  Y(»rk- 
Brooklyn-Brücke  hat  eine  Fluss-Spann- 
Weite  von  1,595'ij  Fuss,  die  Länge  jedes 
Land-Spannes  beträgt  9;{()  Fuss,  die  Länge 
der  Brooklyner  Auffahrt  !>71  Fuss.  die 
Länge  der  .\e\v  Yorker  Auffahrt  l..'>ti2'j 
Fuss  und  die  Gesammt-Länge  der  l>iiieke 
5,989  Fuss.  Die  Brücke  ist  85  Fuss  breit. 
Sie  wird  von  vier  Kabeln  getragen,  deren 
jedes  aus  6.300  j)arallelen  Stahldrähten 
besteht.  Das  ganze  Kabel  befindet  sieh 
in  einem  Cylinder  von  15'j  Zoll  Dureh- 
messer. Die  Brücke  vermag  11.200  Tonnen 
Gewicht  zu  tragen.  Sie  hat  im  (ianzen 
.$9,000,000  gekostet. 

Bei  Leitung  der  Arbeiten  wurde  Roeb- 
ling von  einem  Balken  getroffen.  Melirere 
Zehen  nuissten  amputirt  werden.  Blutver- 
giftung setzte  ein,  und  der  kühne  Brücken- 
bauer .starb  infolge  von  Mun(ls|)erre  am 
22.  Juli  1869.  Er  war  nicht  allein  ein 
grossartiger  Ligenieur.  ein  erfolgreicher 
P'abrikant,  dessen  Stahldraht-Werke  in 
Trenton  zu  den  grössten  der  Welt  gehören, 
sondern  auch  ein  Freund  der  Armen. 
Roebling  wurde  in  Trenton  ein  Denkmal 
errichtet. 

Sein  Sohn  Washington  Augu.stus  R«»eb- 
ling,  geboren  im  Jahre  1837  in  Sax(»nburg 
bei  Pittsburg,  führte  das  Werk  des  Vatei-s 
weiter.  Er  hatte  sieh  im  Bürgerkriege  als 
Brückenbauer  für  die  Fnions- Armee  aus- 
gezeichnet. Er  war  der  Erste,  welcher 
Lee 's  :\Iarschbewegung  von  Frederieksburg 
nach  Pennsylvanien,  die  in  dei-  blutigen 
Schlaelit  von  Gettysburg  iiir  Ziel  fand,  von 
eineiii  Luftballon  aus  auskuiulseliaftete 
Er  trat  an  seines  Vaters  Stelle.  .\ber  der 
beständige  Aufenthalt  in  den  mit  koinpri- 
mirter  Luft  gefüllten  Caissons  liess  lioeb 
ling  von  der  Krankheit  befallen  werden, 
welche  als  „The  Bends"  (Krüiiunen)  be- 
zeichnet   wird.      Sie    besteht   in   einer    Er- 


646 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLTCHEX  LEBEN. 


schlaffiin«?  der  ^luskeln  und  Krümmung 
der  Glieder.  Von  seiner  Erkrankung  im 
Jahre  ISl-i  an  bis  zur  Vollendung  der 
Brüi'ki'  im  Jahre  ISS.S  leitete  er  den 
Bau  von  seinem  Kranken-Zimmer  aus;  er 
konnte  von  demselben  aus  die  Brücke  lang- 
sam i'mporwarhsen  sehen.  Er  ist  Präsident 
der  John  A.  Roebling's  Sons  Company  in 
Trenton.  Fabrikanten  von  Eisen-  und 
Stalil-Draht   und  Drahtseilen. 


Als  Elektro-Teelmiker  hat  sich  Bernhard 
Arlhur  lirhrvnd  einen  Namen  gemacht.  Er 
wurde  am  !).  Mai  1875  in  Pommern  geboren, 
studirte  am  l'olytechnikum  Cliarlotten])iu-g. 
ist  jetzt  Chef-Ingenieur  der  Sillcox  Electri- 
ca! Manufacturing  Co.  in  Cincinnati  und 
hält  Vorlesungen  am  IMcGill  College  in 
Montreal,  der  Universität  von  "Wisconsin 
und  (li'i-  Leland  Stanford  Universität.  Er 
ist  Mitglied  fachwissenschaftlicher  Vereine 
in  Deutschland,  der  Schweiz  und  den  Verei- 
nigten Staaten  und  Verfasser  von  ..The  In- 
duction  Motor — Its  Theory  and  Design", 
„The  Debt  of  P^lectrical  Engineering  to  C. 
E.  L.  Brown"  und  zahlreicher  Abhandlun- 
gen in  fachwis.sensehaftlichen  Zeitschriften 
hier  und  in  Deutschland.  Viele  von  ihm  er- 
fundene elektrische  Apparate  und  von  ihm 
konstruirte  elektrische  Maschinen  wurden 
in  St.  Louis  1904  preisgekrönt. 


Ein  Erfinder  von  Ruf  ist  Emil  ßcrliiur. 
geboren  in  Hannover  am  20.  ]\Iai  1851.  Er 
kam  im  Jahre  1870  nach  den  Vereinigten 
Staaten.  Seine  Erfindungen  und  Verbesse- 
lungen  galten  nanu^ntlich  der  Telephonie. 
Im  Jahre  1887  erfand  er  das  Grannnoi)hon, 
einen  Apparat  zum  Aufzeichnen  und  spä- 
terem Wiedererzeugen  der  menschlichen 
Hede  und  anderer  Tongel^ilde.  Er  unter- 
.seheidet  sieh  vom  Phonograi»hen.  der  später 
erst  erfunden  wurde,  dadurch,  dass  der 
zeichnende  Stift  parallel  zur  Zeichentiäche 
bewegt  wird  und  dass  er  in  derselben  nur 
unmerklichen    AViderstand   findet,   so    dass 


eine  reinere  Fernwiedergabe  stattfindet  als 
beim  Phonographen.  Der  Stift  arbeitet  auf 
einer  rotirenden,  mit  einer  dünnen  Wachs- 
schicht überzogenen  Zinkplatte  und  erzeugt 
Wellenlinien,  die  mittels  lOprozentiger 
Chromsäure  in  die  Zinkfläche  vertieft  ein 
geätzt  werden.  Diese  geätzte  Zinkplatte 
oder  ein  Abklatsch  in  Kupfer  oder  Hart 
gunnni  dient  zur  Wiedergabe.  Berliner 
hat  seinen  Wohnsitz  in  Washington.  Ei 
erhielt  vom  Franklin  Institute  in  Philadel- 
phia die  John  Scott  ^ledaille. 


Ein  Lithograph  von  hervorragender  Be- 
deutung ist  der  im  September  1826  in  Iles- 
sen-Cassel  geborene  Julius  Bicn,  der  im 
Jahre  1849  nach  Amerika  gekonnnen  war. 
Er  begann  bereits  im  nächsten  Jahre  mit 
einer  kleinen  Handpresse  das  lithographi- 
Geschäft.  Seine  ]\Iussestunden  füllte  er  mit 
Portrait-  und  Banner-Malen  aus.  Er 
machte  lithographische  Illustrationen  zu 
wissenschaftlichen  und  Kunst-Arbeiten  zur 
Spezialität,  so  lieferte  er  die  Illustratio- 
nen zu  ,, American  Locomotives  and  Kail- 
roads"  (1852),  zu  den  Küstenvermessungs- 
Berichten,  für  das  Census-Amt  und  andere 
Bundes-  luid  Staats-Berichte.  Besonders 
verdient  machte  er  sieh  durch  den  „Atlas 
of  the  Reeords  of  Rebellion"  und  ..Atlas  of 
U.  S.  Censuses".  Er  war  Chef  der  gro.sscn 
New  Yorker  Lithographen-Firnui  Julius 
Bien  &  Co.  Er  erhielt  mehrere  Diplome 
und  ^Medaillen  bei  W^elt- Ausstellungen. 


Als  Bergwerks-Ingenieur  hat  sich  der  am 
27.  Februar  1847  in  Lüneburg,  Hannover, 
geborene  Max  Böhmer  sehr  verdient  ge- 
macht. Er  absolvirte  das  Polytechnikum 
in  Hannover;  1872  wurde  er  Ilülfs-Ingc- 
nieur  der  Bundes-Regierung  und  als  solcher 
sieben  Jahre  lang  bei  den  Arbeiten  zur  Re- 
gulirung  des  ^Mississippi  und  ^Missouri  be- 
schäftigt. Von  1879—98  war  er  Ingenieur 
in  der  :\linenstadt  Leadville  in  Colorado. 
Im  Jahre  1878  waren  bei  Leadville  reiche 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


647 


Lager  von  Blei-Silber-Erzen  gefunden  wor- 
den. Das  hatte  einen  niäehtigen  ..Boom" 
der  Ortschaft  zur  Folge,  welche  1860  ange- 
legt worden  war,  als  Gold  in  der  Gegend 
entdeckt  wurde.  Aber  die  Gold-Lager 
waren  anscheinend  bald  ei-schöpft,  und  da- 
mit die  Bedeutung  Leadville's.  Böhmer 
war  in  hervorragender  Weise  an  der  p]r- 
schliessung  der  Erdschätze  in  und  um 
Leadville  thätig,  die  nicht  allein  Blei  und 
Silber,  sondern  auch  Gold,  Zink.  Kupfer, 
Bismuth  und  Älangan  ergaben.  Dann  sie- 
delte er  als  Bergwerks-Sachverständiger 
nach  Denver  über.  Er  ist  Expert  in  Bezug 
auf  Bestimmung  der  Ertragfähigkeit  von 
Bergwerken  und  als  solcher  sehr  gesucht. 


Eine  grosse  Vielseitigkeit  technischen 
Wissens  zeichnet  den  am  14.  November 
1844  in  Deutschland  geborenen,  seit 
seinem  16.  Jahre  in  Amerika  befindlichen 
Veteran  des  Bürgerkrieges  Wülielm  Theo- 
dor B rannt  aus.  Er  hat  sein  Geschäfts- 
lokal in  Philadelphia.  Er  schrieb  Abhand- 
lungen über  Bierbrauerei ;  Behandlung  der 
Rohmaterialien  und  Fabrikation  von  Leim, 
Gelatine,  Kitt,  Kleister  und  Gummi-Ara- 
bikuui ;  Rohmaterialien,  Distillation  und 
Rectificirimg  von  Alkohol  und  Hei*stel- 
lung  alkoholischer  Getränke,  Liköre  und 
Bitters,  ein  „Techno-Chemical  Receipt 
Book",  Fabrikation  von  Seife  und  Bon- 
bons, Handbuch  für  ]\Ietallarbeiter,  für 
Anstreicher,  Vergolder  und  Lackirer.  für 
Kleider-Reiniger  und  Färber,  Abhandlun- 
gen über  Firni.sse,  Lacke,  Druckerschwärze 
imd  Siegellack,  über  Petroleum,  über  ani- 
malische und  vegetabilische  Fette  und  Oele, 
Metall  -  Legirnngen,  Essig  -  Fabrikation, 
Kautschuck,  Gutta-Percha  und  Balata, 
Werkzeugstahl  u.  a.  m. 


Eilers.  Er  .studirte  an  der  Bergschule  in 
Clausthal  und  der  ['niversität  Göttiiigen. 
Er  kam  im  Jahre  1859  nach  Amerika,  war 
von  1869—1876  V.  St.  IIilfskommis.sär  für 
Bergwerksstatistik,  war  in  hervorragenden 
Stellungen  an  Bergwerks-rnternehmuugcn 
betheiligt  und  ist  einer  der  Gründer  des 
,,  American  In.stitute  of  Mining  Engi- 
neers".  Er  hat  eine  Reihe  fadiwissen- 
schaftlicher  Aidiandlungen  ütier  Metal- 
lurgie geschrieben. 


Im  Eisenbahnwesen  spielt  eine  hervorra- 
gende Rolle  der  am  21).  November  ]H'-i\  in 
Deutschland  geborene  Henri/  Fink,  der 
nach  Studien  am  Polytechnikum  in  Darm- 
stadt im  Jahre  1851  in  den  amerikanischen 
Bahndien.st  eingetreten  wai-.  Im  .lahre  1876 
wurde  er  ]\Iassenverwalter  und  General- 
Betriebs-Direktor  der  Norfolk  &  Western 
Balni.  deren  Präsident  er  im  Oktober  1896 
wurde.  Vorsitzender  des  Direktoriums  der- 
selben Bahn  wurde  er  im  .März  1902. 
Ausserdem  bekleidete  Fink  hervorragende 
Stellungen  bei  der  Eastern  Tennessee,  Vir- 
ginia und  Georgia  Rd.,  der  ]Memi)his  &, 
Charleston  Rd.,  der  Virginia,  Tennes.see  & 
Georgia  Air  Line,  der  Richmond  &  Dan- 
ville  Rd.,  der  ^Memphis  &  Charle.ston  Rd.. 
der  Cincinnati.  New  Orleans  &  Texas 
Pacific  Rd.,  der  Alabama  Great  Southern 
Rd.     Er  wohnt  in  New  Yoi-k. 


Bergwerks-Ingenieur  und  Äletallurge 
von  Beruf  ist  der  in  Brooklyn,  N.  Y.,  woh- 
nende und  am  14.  Januar  1839  in  Nassau, 
Deutschland,    geborene    Anton    Frieelrich 


Von  deutschen  Eltern  stammt  einer  der 
bedeutendsten  Ingenieure  un.seres  Landes. 
General  Hermann  Haupt,  geboren  am  26. 
März  1817  in  Philadelpliia.  gestorben  im 
Dezember  1905.  Er  trat  in  die  Kadetten- 
Anstalt  zu  Westpoint  ein,  absolvirte  die- 
selbe 1835,  wurde  Lieutenant  im  2.  Infan- 
terie-Regiment, schied  jedoch  aus  der 
Armee  aus.  um  llilfs-Ingenieur  der  öffent- 
lichen Arbeiten  in  Pennsylvanien  zu  wer- 
den. Im  Jahre  1S44  wui-dc  (M-  Professor 
der  Civil  -  Ingenieurs  -  Wissenschaften  am 
Pennsylvania  College.     Dhm  Jahre  später 


648 


DEUTSC'HK   IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


gab  vv  dir  St fl hing  auf  und  wurde  konsul- 
tiirndcr  Ingenieur  uml  sj)äter  Cieneral- 
Superintendi-nt  und  Chef-Ingenieur  der 
Pennsylvania-Balin.  In  den  Jahren  1856 
bis  1861  leitete  er  den  Kau  (hs  lloosae- 
Tunnt'ls.  Im  Bürgerkriege  war  er  Chef  des 
\'.  St.  .Militiir-Iiahn-Hureaus  mit  dem 
Kange  eines  Obei-sts  und  später  eines  Gene- 
rals. Von  1872  bis  1876  war  er  General- 
Hetriebs-Direktor  der  ..Piedmont  Air-Line 
Kailroad".  von  1876—78  Clief-lngenieur 
der  ..IVinisylvania  Transportation  Com- 
pany and  Sea-board  IMpe  Line",  von  1881 
— 85  General-Betriebs-Direktor  und  von 
ISSö — 1886  General  -  Superintendent  der 
„Northern  Paeifie  Bahn".  Er  erfand  eine 
Bohr-Maschine,  die  aueh  in  Europa  ehrende 
Anerkennung  fand,  und  war  der  Erste,  der 
die  ^Möglichkeit  eines  Petroleum-Transports 
in  Röhren  naehwies.  Er  hat  mehrere  faeh- 
wissensehaftliehe  Abhandliuigen  geschrie- 
ben. Sein  Sohn,  Lewis  Mühlenherg  Haupt, 
der  am  21.  März  1844  in  Gettysburg,  Fa., 
geboren  wurde,  ist  ebenfalls  ein  hervorra- 
gender Ingenieur, 


Für  die  Entwicklung  der  Photographie 
in  Amerika  hat  Wilhelm  Kurz,  geboren  im 
Jahre  1834  in  Hessen-Darmstadt,  viel  ge- 
than.  Er  erlernte  in  Deutschland  Litho- 
graphie, wanderte  aus.  um  der  Dienst- 
ptlicht  zu  entgehen,  wurde  aber  in  London 
durch  Noth  gezwungen,  sich  der  britisch- 
deutschen Legicm  anzuschliessen,  mit  der 
erden  Krimkrieg  (1854)  mitmachte.  Nach 
L(mdon  zurückgekehrt,  schlug  er  sich  als 
Zeichnenlehrer,  dann  als  Werkmeister  in 
einer  Fabrik  durch,  bis  er  1857  zur  See 
ging,  l'nter  dem  Aequator  erlitt  er  Schiff- 
l)ruch  in  der  Nähe  der  afrikanischen 
Küste,  wurde  mit  seinen  Genossen  an  Bord 
eines  nach  New  York  bestimmten  Schiffes 
genonnnen  und  zu  AVeihnachten  1859  in 
New  York  an 's  Land  gesetzt.  Er  fand  zu- 
näch.st  Aufnahme  in  der  Zufluchtsstätte 
für  Seeleute  „Sailors'  Snug  Harbor".  Eine 
Anzeige    brachte    ihm     Beschäftigung    in 


einem  nagucrrcotyp-Atelier.  Nach  kurzer 
rnterbrechung  seiner  neuen  Beschäftigung 
durch  den  Krieg,  in  dem  er  drei  Monate 
als  Sergeant  diente,  konnte  er  im  -Jahre 
1865  sich  selbstständig  machen.  Er  erfand 
wesentliche  Verbesserungen  der  Photogra- 
phie, war  der  erste,  welcher  ]\Iiniatur-l*ho- 
tographien  auf  Porzellan  aufnahm,  führte 
den  „Rembrandt-Effekt"  ein,  erbaute  1873 
die  Kurz-Gallerie  am  Madison  Square  in 
New  York,  die  $l:5(),()()()  kostete,  und 
machte  sich  namentlich  verdient  um  die 
p]inführung  der  Kreide-Zeichnimg-Bilder, 
für  welche  er  ein  besonderes  Uebertra- 
gungs-Verfahren  erfand.  Schon  in  Paris 
hatte  er  1867  ein  Diplom  für  gute  Leistun-  • 
gen  in  der  Photographie,  das  erste  für 
Amerika,  und  auf  der  AViener  Welt-Aus- 
stellung die  ^Medaille  für  künstlerischen 
Geschmack  in  der  Aufnahme  von  Photo- 
graphien erhalten.  Bei  der  Centennar-Aus- 
stellung  in  Philadelphia  (1876)  fanden 
seine  Crayon-Bilder  sogar  in  der  IMemorial- 
Halle,  wo  Photographien  ausgeschlossen 
waren,  Aufnahme.  Er  patentirte  Apparate 
zur  photographischen  Aufnahme  von  Ge- 
mälden. 


In  dem  Artikel  „Deutsche  Juden  in  Ame- 
rika" sind  die  Erfinder  des  photographi- 
schen Kupferdruck  -  Verfahrens  Louis 
Edward  und  Ma.r  Levij  als  deutsche  Juden 
bezeichnet  worden.  Der  erstere  wurde  in 
Stenowitz,  Böhmen,  geboren,  kam  aber 
schon  als  Kind  nach  Amerika  und  wurde 
in  Detroit  erzogen.  Seine  Untersuchungen 
über  mikroskopische  Photographie  und  da- 
mit in  Verbindimg  stehende  Experimente 
führten  zur  Entdeckung  des  photo-chemi- 
schen  Gravirungs- Verfahrens,  das  den 
Namen  ..Levytype"  erhielt.  Er  erhielt  da- 
für 1875  das  erste  Patent,  das  in  diesem 
P'ache  einem  amerikanischen  Bürger  gege- 
ben wurde.  Er  gründete  die  zuerst  in  Bal- 
timore befindliche,  dann  nach  Philadelphia 
verlegte  Le^ytype  Co.  Für  Erfindung  des 
„Levy  Line  Screen"  erhielt  er  zusanuiien 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLK  IIKN   LKMHX. 


649 


mit   seinein    Bruder   ^lax   die   ...John   Scott 
Lesacy    Medal"    und    für   das   unter   dem 
Namen  „Levy  Acid  Blast"  bekannte  Ver- 
fahren die  ..Elliott  Cresson"  goldene  Me- 
daille vom  ..Franklin  Institute"  in  Phila- 
(i(^lphia.     Von   der   Chieagoer   Ausstellung 
(M-hielt  er  eine  Medaille  nebst   Diplom   für 
originale   ?]ntdeckungen,   ferner  eine  Aus- 
zeiehnuMg  und  ein  Diplom  von  der  Kaiserl. 
Photographisehen   Gesellschaft   in  Moskau, 
die   goldene    ]Mcdaille    in    Paris    1900   und 
190-4  in  St.  Louis  für  das  ..Acid  Blast  "- 
Verfahren,  sowie  eine  weitere  goldene  ]Me- 
daille    daselbst    für    die    ..Etch-Powdering 
Machine".     Dafür  verlieh  ihm  das  Frank- 
lin   Institute    1907    abermals    die    goldene 
Medaille.    Von  1887  bis  zum  Juli  1890  war 
Levy     Herausgeber     von     „The     Evening 
Herald",    von    1887—91    der    Sonntagszei- 
tmig    „The    ]\lercury".      Im    Jahre    1884 
gründete  er  die  ., Association  for  Relief  and 
Protection    of    Jewish    Immigrants".      Er 
schrieb  mehrere  Abhandlungen.     Er  wohnt 
in  No.  854  Nord  8.  Str.,  Philadelphia.  — 
Sein  Bruder  ]Max  wurde  am  9.  ]\Iärz  1857 
in    Detroit    geboren.      Er   studirte    Archi- 
tektur, wandte  sich  aber  dem  Photographie- 
Verfahren   zu.   welches  er  wesentlich   ver- 
vollkommnen    half.       Die     ..Half-Tone"- 
Bilder  der  Zeitungen  sind  durch  die  Erfin- 
dungen   der    Gebrüder    Le\y    ermöglicht 
worden.    ]\Iax  Levy  wohnt  in  Germantown. 


Der  Erfinder  der  Setz-:Maschine,  Ottmar 
Uergenthaler,  wurde  in  Württemberg  im 
Jahre  1854  geboren.  Er  war  :Mechaniker 
geworden  und  kam  anfangs  der  siebziger 
Jahre  nach  Baltimore,  Md.,  wo  ein  Onkel 
von  ihm.  der  ^Mechaniker  und  Elektriker 
Hahl.  etablirt  war.  In  der  :\Iitte  der 
siebziger  Jahre  kamen  zu  Hahl  mehrere 
Kapitalisten  und  legten  ihm  nahe,  eine 
Setzmaschine  zu  erfinden.  Bis  dato  hatten 
alle  Erfindungen  und  Verbesserungen  im 
Druckerei-Gewerbe  der  Vervollkomnniung 
der  Presse  gegolten.  Der  Erfinder  der 
Schnell  presse,  Friedrich  König,  der  am  17. 


Aj)ril  1774  in  Eislelx'u  geboren  war  und 
am  17.  Januar  \K\'.\  starb  und  die  erste 
Druckmaschine  mit  cylinderiscliem  Druck 
herstellte,  würde  sich  wundern,  wenn  er 
sehen  könnte,  was  Walter,  Bullock,  Scott 
und  vor  allen  Dingen  Hoe  juis  seiner  Er- 
findung gemacht  haben. 

Die  Kapitalisten,  welche  von  Hahl  ein«* 
Setzmaschine  konstruirt  haben  wollten, 
waren  ausserordentlieli  lil)eral,  und  er 
erfand  tapfer  darauf  los.  Aber  nach  Expe- 
rinumten,  die  sich  über  ein  Jahr  erstreck- 
ten, kam  er  zu  der  Ueberzeugung.  da.ss  er 
auf  dem  begonnenen  Wege  nieiit  zum  Ziele 
gelangen  konnte,  und  warf  die  Flinte  in 's 
Korn.  Aber  was  dem  Onkel  nicht  gelungen 
war.  suchte  der  Neffe  durchzuführen.  Er 
trat  mit  einer  originellen  Idee  dem  l'roblem 
näher.  Während  sein  Onkel  sich  bemüht 
hatte,  eine  Maschine  zu  erfinden,  die  Let- 
tern setzte,  suchte  Mergenthaler  a\if 
maschinellen  Wege  Matrizen  an  einander 
zu  reihen  und  Zeilen  zu  giessen. 

:\Iergenthaler  wandte  sich  mit  seinen 
Plänen  an  dieselben  Kapitalisten,  die  von 
Hahl  die  Lösung  des  Problems  der  Setz- 
maschine vergeblich  erwartet  hatten.  Er 
fand  verständnissvolle  Unter-stütziuig.  Eine 
neue  Gesellschaft  wurde  organisirt,  und 
:Mergenthaler  erhielt  die  nöthigen  Mittel  zu 
weiteren  Experimenten.  Er  richtete  sich 
eine  Werkstätte  ein  und  arbeitete  mehrere 
Jahre  lang  mit  vier  bis  sieben  Geliilfen. 
Die  Erfindung  wurde  so  geheim  gehalten, 
dass  die  Mitglieder  des  ..Liederkran/.", 
dessen  Präsident  .Mergentlialer  wiederhctlt 
gewesen,  keine  Alunuig  von  der  Bedeutung 
des  Maiuies  und  seiner  Erfindung  hatten. 

In  Baltimore  hörte  nuni  erst  1885  davon, 
und  zwar  durch  Mittheilungen  auswär- 
tiger englischer  Blätter.  1SS7  war  die 
„Mergenthaler  Linotype.setting  -  Madiine" 
eine  Thatsache  geworden.  Die  „Mcrgen- 
thaler  Kompagnie"  beschäftigte  damals 
schon  mehr  als  dreihundert  Arbeiter.  S.'it- 
her  sind  die  Werkstätten  von  Baltimore 
nach    Brooklyn   verlegt   worden.     Die   Ma- 


650 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


sehine  ist  im  Laufe  der  Jahre  wesentlich 
verbessert  und  \un^;»'staltet  worden.  Sie 
Iflilt  ht'Ut<'  in  keiner  Buchdruek-  und  Zei- 
tuntr^-Onicin  des  Landes  und  hat  auch  in 
p^urnpa  Kiufranf?  tjefunden.  Es  ist  nicht 
zu  viel  iM'hauptft.  wenn  man  erklärt, 
Ottmar  Mer^renthahr  habe  das  Buch- 
drui-kerei-Gewerlx^  revolutionirt.  Er  starb 
in  Baltimore  :mii  28.  Oktober  1899. 


Als  Verletjer  von  Kunstwerken  und  Her- 
steller von  Farbendrucken  hat  sich  der  am 
iL',  .hnii  190!)  in  Los  Angeles.  Cal.,  ver- 
stirrbene  Lithograph.  Louis  Prang  aus 
Boston,  einen  AVeltruf  erworben.  In  Bres- 
\n\\.  Deutsehland.  im  Jahre  1824  geboren, 
bct  heil  igte  er  .sich  an  der  Revolution  von 
1848  und  war  infolge  dessen  gezwungen, 
aus  Deutsehland  zu  fliehen.  Er  kam  1850 
nach  Boston.  Die  von  ihm  hergestellten 
vorzüglichen  Farbendrucke  und  Reproduk- 
tionen berühmter  Gemälde  erwarben  iliiii 
einen  AVeltruf.  Er  hat  auch  Lehrbücher 
über  Kunst  verfasst  und  Zeichnen-  und 
Schreibbücher  erfunden,  die  in  den  Schu- 
len der  Ver.  Staaten,  Canada's  und  anderer 
Länder  im  Gebrauch  sind.  Auf  dem  Ge- 
biete der  P^arbenlehre  hat  er  Hervorragen- 
des geleistet  und  Probleme  gelöst,  an  wel- 
chen viele  Andere  sieh  vergeblich  versucht 
hatten.  Er  stand  Jahre  lang  an  der  Spitze 
der  itiionnnirten  Firma  L.  Prang  &  Co. 
in  Boston  und  Springfield.  auch  war  er 
Präsident  der  ..Prang  Educational  Co." 
von  New  York. 


Einer  der  bedeutendsten  Brücken-  und 
Stahl-Konstruktions-Tngenieure  des  Landes 
ist  Karl  Knnrad  Schuridfr,  der  am  24. 
April  1843  in  Apolda.  Sachsen,  geboren 
wurde.  f>  absolvirte  das  kJWiigliche  Poly- 
technikum in  Chenniitz  im  Jahre  1864,  war 
in  Deutschland  in  grossen  ]Maschinen-Fa- 
briken  praktisch  thätig  und  kam  1867  als 
Konstruktions-Zeichner  an  die  Rogers 'sehe 
Lokomotiven-Fabrik  in  Paterson.  N.  J. ;  er 


war  dann  in  verschiedenen  Stellungen, 
praktizirte  mehrere  Jahre  lang  in  New 
York,  wo  er  Entwürfe  für  Stahl-Konstruk- 
tionen und  Brücken  machte  und  deren  Bau 
leitete,  und  wurde  in  1886  Chef-Ingenieur 
des  Brücken-  und  Konstruktions-Departe- 
ments der  Pencoyd  Iron  Works  in  Philadel- 
phia. Im  Jahre  1900  wurde  er  Vize-Präsi- 
dent der  American  Bridge  Co.  und  seit  1903 
konsultirender  Ingenieur  mit  Spezialität  im 
Brücken-  und  Stahlkonstruktion.s-Bau.  Er 
baute  unter  anderen  1882  für  die  Canadian 
Pacifie-Bahn  die  Cantilever-Brücke  über 
den  Frazer-FIuss  und  1883  die  Niagara- 
Cantilever-Brücke.  Er  erhielt  den  ersten 
Preis  für  den  Entwurf  zur  AVashington- 
Brücke  über  den  Ilarlem.  Schneider  ge- 
hört zahlreichen  fachwissenschaftliehen 
Vereinen  in  Amerika  und  dem  Verein  deut- 
scher Ingenieure  in  Berlin  an.  Er  hat 
mehrere  fachwissenschaftliche  Werke  ver- 
fasst. Er  wohnt  in  Wissahickon,  Phila- 
delphia. 


Als  Bergwerks-Ingenieur.  Philantrop 
und  Mayor  von  San  Francisco  hat  sich 
Adolph  Heinrich  Joseph  Sutro  ausgezeich- 
net; er  war  im  Jahre  1830  in  Aachen  ge- 
boren, kam  1850  nach  Amerika  und  begab 
sich  zur  Pacific-Küste.  Er  entwarf  und  er- 
baute den  berühmten  Sutro-Tunnel  zur 
Ventilation  und  Drainage  der  Comstock'- 
schen  Silber-^Minen  in  Nevada.  Der  Tun- 
nel ist  20.500  Fuss  lang  und  kostete  $6,- 
500,000.  Er  entsprach  nicht  ganz  den 
daran  geknüpften  Erwartungen.  Durch 
glückliche  Grund-Eigenthums-Spekulatio- 
nen  in  San  Francisco  wurde  Sutro  ^lillio- 
när.  Tni  Jahre  1880  legte  er  den  Sutro 
Ileights  Park  daselbst  an,  machte  der  Stadt 
viele  Schenkungen  und  gründete  die  Sutro- 
Bibliothek.  welche  etwa  260,000  Bände  ent- 
hält. Im  Jahre  1894  wurde  Sutro  :\Iayor 
der  Stadt  als  populistischer  Kandidat.  Er 
starb  vier  Jahre  später.  In  seinem  Test- 
ment  hatte  er  den  Sutro-Park,  die  Sutro- 
Bibliothek  und  die  Sau  [Miguel  Ranch  der 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLlCHi:,N  LEHKN. 


651 


Stadt  geschenkt.  Das  Testament  wurde 
angefochten  und  unigestossen.  da  Sutro  bei 
Abfassung  desselben  nicht  im  Vollbesitz 
seiner  geistigen   Kräfte  gewesen   sein   soll. 


Den  hervorragenden  Posten  eines  Chef- 
Ingenieurs  der  American  Bridge  Co.  in 
Philadelphia  bekleidet  seit  1901  der  deut- 
sche Ingenieur  Paul  Ludwig  Woifcl,  gebo- 
ren am  19.  April  1862  in  Dresden  und  am 

<ioi-tigen  Polytechnikum  gebildet:  er  kam,  

nachdem  er  zwei  Jahre  lang  als  Hilfs-Pro-     de  Lancey  Ellwanger,  sich  ein»Mi  Xaiiu'ii  .-r- 
fes.sor  am  Polytechnikum  in  Prag  gewirkt      worben  hat. 


OKst,sorten  ein.  Kr  gründet.«  Obstbaum- 
sduilcn  in  aiHlnii  Orten,  war  einer  der 
Gründer  der  ersten  Stra.ssenbahn  in 
Roehe.ster,  haute  eine  Kirelie  in  (Jross- 
IFappaeh  in  Württeiiilx'rg,  seinem  (Jel)urt,s- 
ort.  und  ein  Alteiilieiin  in  Roehe.ster.  Auch 
der  Iligiiland  Park  in  Roebester  ist  KUwan- 
ger's  Werk.  Er  .starb  im  Jabre  l!K)(i.  so 
auch  .sein  ältester  Sohn,  (Jeo.  Hermann  Ell- 
wanger. der  als  Sehrift.steiier  und  Diebter. 
eben.so  wie  sein  jüngerer  Bruder.  William 


hatte,  1888  nach  Amerika,  war  zuerst  in 
•den  Pencoyd  Iron  Works  beschäftigt  und 
trat  dann  in  den  Dienst  der  ..American 
Bridge  Co." 


Deutsche  Gaertner  und  Obslzuechter. 

Der  hervorragend.ste  deutsch-amerikani- 
sche Landschaftsgärtner  seiner  Zeit  und 
ein  Bahnbrecher  seiner  schönen  Kunst  war 
Adolph  Strauch,  geboren  am  30.  August 
1822  in  Preussisch-Sehlesien.  gestorben 
1883  in  Cincinnati.  Er  schuf  den  ..Spring 
Orove  Cemetery"  bei  Cincinnati.  in  land- 
schaftlicher Hinsicht  einer  der  schönsten 
Begräbnissplätze  der  Welt. 

Nicht  minder  bedeutend  als  Gärtner  war 
der  in  1827  in  Frankfurt  am  Main  geborene 
Karl  Beck,,  der  seit  1847  in  Amerika  wirkte. 
Besonders  schön  sind  die  Garten-Anlagen 
der  Soldaten-IIeimath  in  Dayton,  Ohio, 
welche  von  ihm  herrühren.  Ferner  sind 
die  meisten  Landschaftsgärtner  der  Eisen- 
bahnen und  der  grossen  Landsitze  unserer 
Plutokratie  Deutsche  oder  deutscher  Ab- 
stammung. 

Als  Blumen-  und  Obstzüchter  hat  sieh 
der  18'l(j  in  AVürttemberg  geborene  (iforg 
Ellwanger  einen  Namen  gemacht.  Er  Hess 
sich  1835  in  Rochester,  N.  Y..  nieder.  Er 
gründete  die  Mount  IIoi)e  Xurseries  da- 
selbst, associirte  sich  mit  Patrick  T?an-y  in 
Firma  Ellwanger  &  Barry  und  fübi-te  viele 


Dass  die  Deutschen  im  Weinbau  Bedeu- 
tendes geleistet  haben,  ist  allgemein  be- 
kannt.  Dafür  sind  die  Weinstädte  Egg 
Jlarbor.  N.  J..  und  Ilermarwi,  .Mo.,  .sowie 
die  Weingärten  in  New  York,  am  Ohio  und 
namentlich  in  Californien  vollgültige  Be- 
weise. 


Deutsche  Klavier-  und  Orgelfabrikanten. 

Als  Orgel-,  Klavier-  und  Pianobauer, 
sowie  als  ^MiLsik-Instrumentennuicber  haben 
die  Deutschen  Grosses  geleistet  luul  haben 
diese  Industrie  erst  in  Amerika  gegründet. 
Die  erste  Orgel  wurde  vcm  Johann  Gotllieb 
Kleiniii  für  die  Ilerrnhuter-Kapelle  in 
Bethlehem  gebaut,  während  Johann  lldi- 
rens  in  IMiiladelpliia  der  Rulnii  gebührt. 
1775  das  erste  Klavier  gebaut  zu  halten. 
Berühmter  als  Klennn  als  Orgelbauer  war 
D.  Tanneherg  in  Litiz.  Pa.  welcher  <lie 
Orgel  der  Zion's  Kirche  in  Philadelphia 
baute,  damals  die  grösste  in  Amerika;  sie 
wurde  am  10.  Oktober  17iH)  eingeweiiit. 
Schon  vor  dem  Jabi-e  17SI)  haute  Charles 
Alhrechl  in  Philadelphia  Klaviei-e.  welche 
einen  Ruf  gewannen.  Knde  des  18.  inid 
Anfangs  des  19.  Jahrlnuiderls  waren  JtJm 
(reib  &  Söhne  in  Philadelphia  berühmte 
Orgelbauer.  Tn  Cineimiafi  erri<-htete  1S31 
Mal Ji ins    Stluenh    eine    Orgelbauwerkstätte. 

Der  Erste,  welciu'r  ilen  .Metallrahinen 
aus  einem  Guss  für  Klaviere  erfand  inid 
einführte,    wai-    der    Philadelphiaer    i'iano- 


652 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEN. 


Kahrikaiit  <'n„niil  Mi  i/w.  Dir  Piano- 
Faltrik  vom  /(nabf  &  (liihlc,  später  nur 
Knal»'.  wurde  1880  in  Baltimore  gegrün- 
<let.  Die  Knahe 'sehen  Instrumente  er- 
hielten Weltruf.  Wilhelm  Knabe  war  ISO:} 
hei  Eisenaeh  geboren,  kam  lS;i5  als  Tisehler 
nach  Baltimore,  trat  in  eine  kleine  Biano- 
Fal)rik  ein  und  maehte  sich  dann  selbst- 
ständig.    P^*  starb  1864. 

Die  Bianit-Fabrik  von  Aihn-t  M'(hfr 
wurde  1S.")2  in  New  York  gegründet;  die 
Fabrik  von  Shiinnvf  &  Si>lni(  im  folgenden 
.lahre.  Bedeutende  Erfolge  als  Pianobauer 
habi'n  auch  aufzuweisen  Otio  Wissncr  in 
Brooklyn.  N.  V..  und  Cliristoph  Hippe  in 
Bhilaih'lphia.  geboren  in  Allendorf  1833, 
gestorben  in  Bhiladeljihia  1906. 


der  überwiegenden  Mehrheit  naeh  deutsche 
Goldschmiede  und  Juweliere,  wenn  na- 
türlieh  aueh  Franzosen  und  Italiener  ihren 
Anthcil  an  dem  Aufblühen  der  Sehmuck- 
saehen- Industrie  hierzulande  haben.  Spe- 
zi tiseh  deutsehe  Goldschmiede-Gesehäfte, 
<Iie  Sehniueksaehen  u.  s.  w.  fabriziren,  be- 
finden sich  in  Xewark,  N.  J.,  der  bedeutend- 
sten Gold-  und  Silbersehmiede-Stadt  der 
Vereinigten  Staaten,  sowie  in  Xew  York, 
Bhiladelphia.  Chieago  und  andern  Städten. 
Unter  den  Xewarker  Fabrikanten  sind  zu 
nennen  Chas.  Keller  &  Co.,  Ahig  &  Wagner, 
('.  Rech  &  SoJdi,  Gebrüder  Hodecker. 


Deutsche  Fabrikanten  chirurgischer 
Instrumente. 

Die  Fabrikation  ehinirejischer  Insfni- 
menie  ist  durch  deutsche  Instrumenten- 
maeher  hier  wesentlieh  gefördert  worden. 
l'nter  ihnen  sind  zu  nennen  Johann  Christ- 
mann, geboren  1824  in  Bayern,  ansässig 
.seit  1852  in  Syraeuse.  X.  Y..  wo  er  1905 
starb;  Chas.  Leniz  &  Söhne  in  Philadel- 
I)hia,  Hetz  &  Co.  in  Chieago.  Lorenz  und 
Tietnann  &  Co.  in  New  York.  Teufel  & 
Bros,  in  Philadelphia.  D.  IV.  h'nlhe  &  Co. 
in  Philad(^lithia  u.  a.  m. 


Deutsche  Goldschmiede. 

Auch  an  der  Entwieklung  der  Golel- 
sehmiedekunsf  haben  Deutsehe,  namentlich 
Schüler  der  Hanauer  Goldsehmiede-Aka- 
demie,  hervorragenden  Antheil,  wenn  aueh 
die  grössten  Geschäfte  wie  TiflFany.  Cald- 
well.  Bailey,  Banks  &  Biddle  und  andere 
in  amerikanischen  Iliinilen  sieh  befinden. 
^Vetler  Titfany.  der  im  Staate  Connec- 
ticut geboren  war.  noch  die  übrigen  waren 
praktische  Goldschmiede.  Die  wirklichen 
Verfertiger  der  prächtigen  Juwelen-Kunst- 
schätze, die  sie  auf  den  Markt  bringen,  sind 


Die  Deutschen  in  der  Eisen-Industrie. 

Aus  Dr.  Ludwig  Beck's  Geschichte  des  Eisens. 

In  Folge  der  That.sache,  da.ss  e.s  Englands 
Vortheil  war.  so  viel  wie  möglich  von  seinen 
industriellen  p]rzeugni.s.sen  nach  den  ameri- 
kanischen Kolonien  zu  verkaufen,  ent- 
wickelte sieh  die  Eisenindustrie  des  Landes 
nur  langsam  und  spät,  obwohl  man  wus.ste, 
da.«s  reiche  Erzlager  vorhanden  seien.  Im 
Jahre  1608  wurden  südliche  Eisenerze  nach 
England  gebracht  und  dort  zu  Ei.sen  ge- 
schmolzen, das  dann  an  die  O.stindi.sehe 
Kompagnie  für  4  Pfund  Sterling  per 
Tonne  verkauft  wurde.  1637  entdeckte 
nuin  Eisenerze  in  ^lassachusetts,  und  im 
Jahre  1645  wurde  nicht  weit  von  Lynn  ein 
Hochofen  gebaut.  Das  enste  Gu.s.sstück  von 
diesem  Ofen  und  überhaupt  im  ganzen 
Lande  w-ar  ein  eiserner  Kochtopf,  der  noch 
im  Besitze  der  Familie  Ilud.son  ist.  auf 
deren  Grund  und  Boden  der  Hochofen 
stand.  Das  Dorf,  welches  um  den  Hochofen 
entstand,  wurde  Hamniersmith  genannt. 

Gouverneur  Winthrop  schrieb  .'■einem 
Sohne  im  Jahre  1648,  dass  der  Hochofen 
gut  arbeite  und  da.ss  wöchentlich  acht  Ton- 
nen Eisen  erzeugt  werden.  Im  Jahre  1646 
wurde  zu  Blaintree,  Norfolk  Co.,  Mass.,  ein 
zweiter  Hochofen  gebaut  und  im  Jahre 
1652   ein   dritter  zu   Taunton.   :\Iass.     Das 


DEUTSCHE  IM  OEFPENTLICIIEN  LEHFA'. 


(i53 


Ict/tiM'e  AVci'k  war  bis  in  dir  Neuzeit  im 
Hetiiel)  und  wurde  1890  niedor*rerissen. 
Im  .Jahre  1(>62  wurde  die  Aust'ulir  von  Erz 
aus  den  Kolonien  verboten,  luii  di'm  .Mut- 
terlande keine  Konkurrenz  zu  machen. 
p]ine  Strafe  von  10  Pfuiul  Tabak  wurde  auf 
jedes  Pfund  ausp'führten  Eisenerzes  ^e- 
le^t.  Sehliesslieh  verbot  das  Parlament  die 
Einrichtung'  von  Eisenwerken  in  Amerika. 
Aber  die  Kolonisten  kehrten  sieh  nicht  da- 
ran, und  als  der  verschwindende  IloJzvor- 
rath  P^nylands  dort  die  Eisenerzen^i'ung 
immer  sehwieriger  machte,  war  man  froh, 
Eisen  aus  den  Kolonien  zu  erhalten.  Ein 
en<rlischer  Quäker.  Namens  Rutter,  war  der 
erste  in  Fennsylvanien,  der  Eisen  herstellte, 
abnesehen  von  einem  kleinen  Versuch  im 
Jahre  1692.  der  40  Pfiuid  Eisen  ergab. 
Rutters  Eisenwerk  lag  drei  ]\Ieilen  ober- 
halb Pottstown,  hiess  Pool  Forge  und  wurde 
1716  in  Betrieb  gesetzt. 

Das  zweite  Eisenwerk  wurde  von  dem 
Quäker  Nutts  am  French  Creek  in  Chester 
Co.  im  Jahre  1717  erbaut,  dem  bald  meh- 
rere andere  folgten.  Im  Jahre  1728  wurde 
das  erste  Eisen,  27-4  Tonnen,  von  Pennsyl- 
vanien  nach  England  ausgeführt.  Bis  da- 
hin waren  es  ausschliesslich  Engländer  und 
Schotten,  welche  in  Amerika  Eisenwerke 
betrieben.  Im  Jahre  1749  erscheint  zum 
erstenmale  ein  Deutscher  in  der  Geschichte 
der  J]isenfabrikation,  und  zwar  Michel 
Miller,  der  den  ..Tulpehocken  p]isenham- 
mer"  mit  Hilfe  des  Schmiedes  I.  G. 
Niekol  erbaute.  Im  Jahre  1763  gehörte 
dieses  Eisenw-erk  dem  Deutschen  //.  W. 
Stieget.  Von  diesem  kaufte  es  im  Jahi-e 
1774  John  Ege,  ein  Holländer.  Dieser  Ege, 
der  das  Eisenwerk  50  Jahre  lang  führte, 
kaufte  im  Jahre  1779  vom  Kongrcss  34  ge- 
fangene Hessen  für  30  Pfund  Sterling,  150 
Dollars,  per  Stück,  dem  damaligen  Kauf- 
preis eines  Negersklaven.  Diese  gefangenen 
Hessen  sprengten  einen  Kanal  für  das 
Eisenwerk.  Im  Jahre  1765  baute  der 
Deutsche  Dietrich  Welker  bei  Reading  den 
Oley  Hochofen. 


Hereits  1750  baute  Jolni  HuIhi,  ein 
Deutscher,  den  Elisabeth  Ofi'U  l>ei  liickers- 
ville  in  Lancaster  Co.  An  diesem  Iloeh- 
ofi'u  war  die  Inschrift  angel)raciit  :  ..Jo- 
liann  llul)er.  der  erste  Deutsehe  .Maiui.  der 
das  Eisenwerk  V(tllführen  kaiui."  liubt-r 
verkaufte  den  Ofen  an  seineu  !ian<lsmann 
Wilhdin  V(Ht  Sli((f(l,  der  einen  grös.seren 
Ofen  an  seiner  Stelle  baute  und  ()ef«'n  gnss. 
die  die  lns<-hrirt  trugen:  ..Baron  Stiegel 
ist  der  .Mann,  der  die  Oel'en  machen  kann." 

Der  Elisabetii-Ofen  kam  später  in  Besitz 
von  Rubelt  Colcmdu.  Auch  U.  Colcman 
kaufte  von  der  Vereinigte  Staaten  Regie- 
rung erst  42.  dann  weitere  28  gefangene 
Hessen,  die  er  zum  Kanali)au  verweiulete. 
Er  bezahlte  30  Pfund  Sterling  pro  Mann. 
Der  er.ste  ursprüngliche  Elisabeth-Ofen 
war  bis  zum  Jahre  1856  im  l^etriebe.  Robert 
Coleman  machte  die  Ketten,  mit  denen  der 
Delaware  bei  Philadelphia  gegen  die  bri- 
tische Flotte  abgesperrt  wurde. 

Der  1716  in  Remscheid  geborene  I'dir 
Hanenetever  legte  1765  grosse  Eisenhännuer 
und  Industriewerke  am  ]\Iohawk  in  New 
York  an,  wo  er  52,000  Acres  gekauft  hatte. 
f:in  bedeutender  Ilüttenbesitzer  in  New 
Jersey  war  der  aus  Basel  gebürtige  Johann 
Jacob  Faeseh,  der  Besitzer  der  Mount  Hope 
Werke,  die  im  Freiheitskriege  Kanonen 
und  Geschosse  lieferten. 

Im  Jahre  1781  wanderte  (Uemciis  lit  nt- 
gen  aiLs  Zweibrücken  nach  Amerika  aus  \nid 
Hess  sich  am  French  Treck  in  Chester 
Co.,  Pa.,  nieder.  Er  kaufte  da.selbst  zwei 
Eisenhännuer  und  versuchte  Stahl  zu 
machen.  Ei-  baiite  auch  ein  kleines  Walz- 
werk. Die  Anlage  wurde  Pikclaiul-Works 
genannt.  Am  17.  November  17«)6  erhielt 
Rentgen  ein  Patent  i'üi'  ein  vnu  ihm  erfun- 
denes verbessertes  Verfahren.  Achsen.  Mol- 
zen  und  Rund.stäbe  zu  .schmieden. 

Der  Deutsche  Georg  Anschütz  erbaute  im 
Jahre  1796  den  Huntingdon-Hoehofen  in 
Huntingdou  County.  Dieser  Anschütz  war 
der  erste  Betriebsleiter  des  Westmoreland- 


654 


DEUTSCHE  IM  OEFFENTLICHEN  LEBEX. 


Hochofens  im  LijiroMiertal.  der  im  Jahre 
1792  von  einem  J.  TroUst  erbaut  wurde. 
Anschütz  war  ein  Elsässer  aus  Strassburg 
und  kam  im  Jahre  17S!)  naeh  Shadyside  bei 
Pittsburp,  wo  er  im  Jahre  1792  einen  klei- 
nen Hochofen  am  Two  Mile-Run  baute,  der 
aber  im  Jahre  1794  wegen  Mangel  's  an  Er- 
zen einging.  Er  übernahm  dann  die  Lei- 
tung des  "Westmoreland-Ofens.  Georg  An- 
sehütz.  der  verdienstvolle  Gründer  der 
Eisen-  und  Stahlindustrie  Pittsburg \s,  .starb 
daselbst  am  28.  Februar  1837. 

Jacob  Mcicr,  ein  Deut.seher,  baute  den 
Bourbon-Furnaee  am  Slate  Creek  in  Ken- 
tucky im  Jahre  1792.  den  ersten  Hochofen 
ausserhalb  der  ursprünglichen  13  Staaten. 

In  Lehigh  County  erbaute  im  Jahre  1809 
der  Deutsche  David  Ilcimhnch  den  Hamp- 
ton-IIochofen  bei  Shimersville.  Der  schon 
oben  erwähnte  Clemens  Kentgen  erhielt  am 
27.  Juni  1810  ein  Patent,  Eisen  rund  zu 
walzen.  Er  baute  im  Jahre  1812113  ein 
Walzwerk  in  Chester  und  war  der  erste  in 
Amerika,  der  Rundeisen  walzte. 

J.  M.  IlaldenuDi,  der  Sohn  eines  Schwei- 
zers, zog  in  1806  von  Lancaster  nach  New 
Cumberland,  wo  er  einen  Eisenhammer 
kaufte  und  ein  Walzwerk  dazu  baute.  In 
Clearfield  Countv  erbauten  im  Jahre  1814 


der  Deutsche  Peter  Karthaus  aus  Ilamburc- 
und  der  Geistliche  Friedrich  W.  Geissen- 
]ieimcr  aas  ]\Iühll)erg  in  SaclLsen  einen 
Hochofen  am  Mosquita  Creek.  Im  Jahre- 
1808  erwarben  Georg  Anschütz  und  Georg 
Schönherger  ein  Viertheil  des  Ilunting- 
don-IIochofens  und  errichteten  ein  grosses 
Eisenschneidewerk  dabei.  Der  Juniata- 
Ilammer  bei  Petersburg  wurde  im  Jahre 
1804  von  Georg  Schönberger  und  Samuel 
Fahnenstocli  erbaut.  Im  Jahre  1805  über- 
nahm Georg  Schönberger  das  W^erk  allein. 
Georg  Schönberger  war  von  Lancaster  mit 
seinem  Bruder  Peter  Schönberger  nach 
Iluntingdon  gezogen,  wo  sie  sich  am  Sha 
vers  Creek  ansiedelten.  Georg  Schönberger 
gründete  verschiedene  Eisenwerke,  die  naeh 
seinem  Tode  in  1814  sein  Sohn  Dr.  Peter 
Schönberger  erbte. 

Dr.  Peter  Schönherger  war  die  Seele  der 
zahlreichen  Hochöfen  und  Ei.senwerke, 
welche  im  ersten  Viertel  des  vorigen  Jahr- 
hunderts in  Central-Pennsylvanien  entstan- 
den. Die  Schönberger-]\rills  in  Pittsburg 
waren  ein  halbes  Jahrhundert  eines  der 
grössten  Eisen-  und  Stahlwerke  von  Pitts- 
burg, bis  sie  in  die  United  States  Steel  Cor- 
poration aufgingen.  Im  Jahre  1814  er- 
baute D.  B.  Müller  einen  Hochofen  ia 
Beaver  County. 


tl^}^ 


it^  i^utörJi^n  tu  hn  3fotxBtvvn 
xton  5j0rö-Amrrika. 


Die  Deutschen  in  der  Foersterei  von  Nord-Amerika. 


Nach  Regierungs-Akten  von   Bund  und  Staaten,  dargestellt  von 
Friedrich  Baare,  Hazieton,  Pa. 


riitor  dein  Xanien  Försterei  verstehen 
wir  die  Kunst,  Holz  zu  produziren  unter 
zwei  vei-sehiedenen  Gesichtspunkten,  näm- 
lich dem  der  Waldkultur,  dem  Inbegriff'  dei- 
ganzen  Lehre  der  Vervollkonnnnung  der 
Ilolzernte  und  ihrer  Erneuerung,  imd  dem 
der  Forstwirthschaft,  deren  Gesanuntver- 
fahren  darin  besteht,  der  Ernte  einen  jähr- 
licli  wiederkehrenden  Reinertrag  abzuge- 
winnen. Ausser  dieser  Hauptaufgabe  ver- 
folgt sie  die  Reguli rung  der  Wasserläufe, 
die  Läuterung  der  Atmosphäre  von  Krank- 
heitserregern, den  AViderstand  gegen  Stür- 
me, Verhinderung  des  Ausdörrens  des  Bo- 
^lens;  dies  Alles  durch  richtig  angeordnete 
und  instandgehaltene  Waldbedeckang  der 
Krdoberriäche.  Aus  den  von  ihr  hergerichte- 
:en  schattigen  Höhen  und  Gründen  gewährt 
de  Anlagen  von  Parks  und  lauschigen 
\Vohnstrecken.  von  Grotten  und  Hainen  als 
iDrte  für  gesellige  Vergnügungen,  als  Zu- 
jiucht  für  Heil-  und  Erholungs- Anstalten, 
ilen  erforderlichen  günstigen  Raum.  Tn 
hren  Dickichten  birgt  sie  das  Wild,  hält  die 
Ixewässer  undvränzt  in  ihren  Lichtungen  ;  in 
'iächen,  Teichen  imd  Seen  schirmt  sie  die 
[""ischzucht.  Der  Försterei  untersteht  in 
Hirem  Gebiete  die  Ausübung  der  W^aldpo- 
jizei  zur  Wahrung  gegen  Schädigung  aller 
I  Irt,  gegen  Frevel,  Raub  und  Brand,  zur 
Ergreifung  imd  Ueberführung  der  Uebel- 
iiäter.  Alle  Aufgaben  der  Försterei  über- 
fifft  an  rnerlässlichkeit  und  Schwere  die 
j?des  F'rüh-  und  Spätjahr  wiederkehrend 
errsehende  Feuersgefahr,  die  zu  verhüten 
pd  erfolgreich  zu  bekämi)fen,  die  ganze 
lufmerksamkeit    ihres    Personals    in    An- 

uuch  nimmt. 


Bdihniiig  des  l'o/Av.s-  über  die  Zwecke, 
den  Nutzen  und  die  Mittel  und  Wege  der 
Försterei  gcliört  zu  ihren  Ptlichteii,  denen 
durch  Herausgabe  von  Drucksaclien  seitens 
der  Regierung  des  Binides  und  der  Staaten 
und  forstwirthschaft  lieber  Korporationen 
Folge  geleistet  wird.  In  einer  Auslese  des 
Zweckdienlichsten  dai'unter  lautet  in  r.  S. 
Forest  CirrtiJar  ] !(i,  Jnn.  1908,  die  Erklä- 
rung von  Treadwell  Cleveland.  jr.  zu 
Deutsch,  wie  folgt : 

„^Mancher  hierzulande  denkt,  Föi-sterei 
.sei  nie  versucht  worden,  ehe  die  Bundesre- 
gierung begann,  sie  auf  die  National-Forste 
anzuwenden.  Föi-sterei  wird  abei-  in  allen 
zivilisirten  Ländern  der  Welt  betrieben, 
nur  nicht  in  Chiiui  und  der  Türkei.  Förste- 
rei ist  nichts  Neues.  Ihr  Studium  wurde 
schon  vor  2000  .Iah reu  mit  immer  steigen- 
der Gründlichkeit  der  Anwendung  Ix'trie- 
ben.  Die  Grund.sätze  der  Försterei  sind  <lie 
gleichen  überall,  weil  auf  übei-all  gleichwir- 
kenden Naturgesetzen  beruhend.  Länder, 
noch  so  verschieden  an  (Jrösse,  Klima. 
Volkszahl  oder  Regierung,  .sobald  sie  Wäl- 
der besitzen,  gelangen  sie  naturgemäss  zur 
Försterei.  Die  fortschrittlich  am  weitesten 
gedieheiu'U  Länder  sind  auch  in  der  Förste- 
rei die  Ersten  im  Range.  ]Man  könnte 
füglich  Förster-ei  als  :\Iassstab  neiniien.  den 
Höhegrad  eiiun-  Zivilisation  zu  bestinunen. 
Diejenige  Nation,  die  Försterei  im  wei- 
testen rmfange  systcmati.sch  betreibt, 
würde  sich  als  die  intelligenteste  erweisen. 
Legt  man  aber  den  Massstab  an  bei  Län- 
dern ohne  Försterei,  so  läs.st  sich  mit  Be- 
stinuntheit  sagen,  hier  hal)en  wir  es  mit 
einer  zurückgel)li«'benen  Nation  zu  tlnui. 


6ÖH 


DIK  DKITSCIIHN    IN    I»I:K  FOEKSTKKIM    V(>X    NORDAMERIKA. 


Eine  bcsomlciv.  tiicrUwiinliv:!'  Aiisiialiiiir 
ma<-lit  Km^'ImimI.  <1;is,  mit  (Jcliiir^-  und  ll'i- 
(U'l.md  vciNclicii.  für  fiiicii  ;rn>s.s('ii  'Plinl 
sj'incs  IInl/.vcrl)i-;nii-lis  die  'riii<rriiliij;kcit 
hat,  jedoch  mit  iM'fn'indi'iidi'm  (ilcicliiinitlit' 
sdl«'  Xationt'ii  ;m  Miiilulir  von  Holz  üIkt- 
tritTt.  iiml  \'\\y  sciiifii  licdarf  diiraii  auf 
auswärtitr«'  H«'7.u^'s«|iu'Ilcii  an«r<'\\  ifscii  ist. 

Im  Ganzen  fretiommcn  liattcii  dir  Länder, 
di.-  luMite  ihre  Ftn-stwirthschaft  auf  gosuii- 
drr   Basis  lu'tn'ilx'U.    vier    \'('rsii('lisstadii'n 
durchzumachfn.     Anfanjrs  waren  die  Wäl- 
der so  ühermä.ssi«:  dicht,  dass  sie  im   Wesrc 
standen,  wurden  daher  entweder  \ernach- 
lässiirt.   odiM"  zerstört.      T)ai-nacli.    mit   dem 
Zunehmen  der  Hesiedehnifr  und  der  immei- 
enth'^ener  werdenden  Entfeiiiun«r  des  AVal- 
«les  von  den   Verl)rauchstät1eii   des  Holzes, 
tauclite    die    Fra^e   der   örtlichen    llolzbe- 
scliatTung  auf.  und  die  Schonung  der  AVäl- 
der  \nid  der  Forst.schutz  traten  ein.  Drittens 
«.'clanjrte  man  mit  wachsendem  ITolzmantrel 
und  Ki-weitcrunsr  der  Kenntniss  der  Xatui" 
di's    AValdcs    und    seines    Wachstlnuns    zur 
Kunde   des   Forstes,   als  eines   Ei'utefeldes. 
wie  das  für  Getreide  es  ist.  dessen  Ertrap: 
man  einheimsen   muss.  um   ihn   ncMi  zu  er- 
rinfjen.    In  diesem  Zustande  ti"at  dei-  Wald- 
bau in 's  Lehen,  odei*  Forstheti-iel)  in  solcher 
.\rt   der  Xachhülfe.  die  den   besten   "Wuchs 
bestäiulig  im  (ianjre  hält.     Endlich,  um  den 
natniM'Uen  mit  dem  kultui'cllen  Fortschritte 
in 's  (Jleichmass  /m  brin'j:en.  ward  der  Forst- 
betrieb so  geregelt.   da.ss  mit  Vermeidung 
von   Abfall  und  Sparsamkeit  'm\  Gebi'auch 
«ler     Xatui'quelle.     bei     Sichei-ung     eines 


l>ahid»reehers  auf  diesem  Gebiete.  Es  hat 
\ielmehr  die  Erfahrung  aih-r  andren  Län- 
der zu  seiner  Kichtschmir.  Es  biMlarf  keiner 
jahrelangen  Experinumte  mit  unversuchten 
Theorien.  Forstregeln,  durch  hundertjäh- 
rigen (lebi'auch  bewähi'1.  stehen  ihm  /n 
Gebote.  Es  ist  nur  die  Frage,  wie  sie  am 
besten  i]rv  .\nwendung  auf  amerikanische 
X'erhjiltnisse  anzuj)assen  sind.  Tu  der 
nationalen  Forstverwaltung  hat  die  Regie- 
lung  nicht  nöthig.  im  Dunkeln  zu  tappen, 
ebenso  wenig,  wie  euroi)äische  Völker  exakt 
zu  koi)ii"en.  Sie  bringt  erju-obte  und  kor- 
i-ek1  Ix'fnndene  (Jrundsätze  in  Amerika  und 
für  Aiiierikanei-  in  Ausführung,  die  den 
vollsten  Gebrauch  von  allen  For.stschätzen 
füi-  Alle  gewährt." 

Uebcr  die  primitiven  Verhältnisse  der 
Fostwirthschaft  in  X^)rdanierika  äussert 
sich  in  der  Iowa  Park-  und  Forst-Associn- 
lion  J905  H.  P.  Baker  folgendermassen : 
(Aus  dem  Englischen). 

..Die  ersten  Ansiedler,  die  von  den  ver- 
.schiedenen  Ländern  Eurojjas  an  unserer 
östlichen  Küste  landeten,  brachten  für  Be- 
handlung und  Schutz  der  Wälder  he- 
stinnute  Ideen  mit.  die  sieh  unter  Kolonial- 
Keginicnt  in  Gesetze  und  Verordnungen 
umwandelten,  welche  sich  im  Laufe  der 
letzten  zwei  Jahrhunderte  als  sehr  unprak- 
tisch ei-wiesen.  Schon  KUO  wurden  in 
Exeter.  dem  jetzigen  Staate  New  Ilamp- 
shii-e,  Gesetze  füi-  das  Schlagen  von  ?]ichen- 
holz  gegeben.  AVilliani  Penn  ordnete  1G82 
in  Pennsylvania  an.  dass  ..der  Käufer  von 
Land    di^ssen    sechsten    Theil    in    Wald  zu 


jährlich  erzielten  Tlolzertrags  Generation  i,;,itci,  luit".  Darauf,  in  1780,  crliessen 
für  Generation  ihi-  Auskonnnen  fand,  .i]]^  dreizehn  Staaten  Forstfeuer-Gesetze 
Systematische  Föi-sterei.  von  der  Nation  ^ach  europäischem  :\Iuster.  aber  ohne  euro- 
für's  Volkswohl  angewamlt.  gelangt  da  zur  päi^die  Polizeigewalt,  folglich  ohne  Be- 
llöhe.  wo  die  in  der  Schule  der  Forster-  mühung,  sie  zu  vollstrecken.  Diese  frühen, 
fahrung  bemeistertc  letzte  Lektion  durch-  ^^.^^.}^  Erfahrung  in  Europa  geformten  Ge- 
gemacht i.st.  g^,^^,,  überlel)ten  sich  bald,  als  mit  den 
Sonach  ist  das  h'(  ich  dir  ]'( r(iiii(jlcn  gänzlich  neuen  Verhältnissen  unverträg- 
Staatfu,  in  dem  Vorhaben,  von  seinen  lieh,  und  weil  die  Wälder  sich  als  der  Ent- 
F'orst.schätzen  fortan  den  besten  Gebrauch  wickelung  der  neuen  Regionen  bedrohlich 
7A\    nuichen,    nicht    in    der    Stellung    eines  erfanden.     Die  Bäume  waren   der   Schutz 


DIE  DEUTSCllK.N    IN    DKK'    EOIOIv'STKI.'KI    VON    NoivI )  A  M  KhM  ka. 


<»59 


der  niörderist'hen  TiuliMin'r  und  wiMcn 
Bestien.  diMim  ^ing  es  an  die  horrende 
Arbeit,  sie  liinweg  zu  räumen,  einmal  füi- 
Aekerland.  und  dann  zui-  Sieherheit." 

Auf    Ponisi/h'aiiia,    dem    konzentrirten 
Ziel  deutseher   Einwanderung  seit  Sehluss 
des  ITten  Jahrhunderts,  ist  für  die  Schätz- 
ung des  AVerthes  seiner  Urwaldungen  des- 
wegen ein  anderer  ]\Iassstab  anzulegen,  weil 
die  ]\1  ehrzahl  seiner  Kolonisten  Flüchtlinge 
waren  vor  den  Greuelthaten  der  Franzosen 
unter  Ludwig  XIV..  dessen  Invasion  durch 
]\roi'dbrenner-Horden    den    deutschen    Ilei- 
inathwald  in  Asche  legten.     Pennsylvania. 
"Waldlaiul  AiiuM-ikas.  entsiu-idit  im  Charak- 
ter   dem    der    Rheiidande.    und    "William 
Penn 's  "Waldschutz-Klausel  entsi)rach  dem 
Wunsche  .seiner  Landkäufer  aus  Deutsch- 
land.   Freudig  schaarten  sie  sieh  unter  das 
Banner  der  Penniten,  deren  aus  Connecti- 
cut bald  anrüekende  "Widersacher   in    blu- 
tigem  Kampfe   um    die   Scholle   aus   ihren 
Marken  zu  halten.     I\rit  dem  Ileimathbilde 
ziigleich    wurzelt    tief    in    der    Seele    des 
Deutschen   die   ihm   anerzogene  Verehrung 
des  "Waldes,  vom  Engländer  ..the  ethic  side 
of  Forestry"  genannt.     "Wo  Deutsche  ver- 
eint zusannnen  wohnen,  wie  es  in  Pennsyl- 
vania dauernd  gesebieht,  vererbt  sie  sich 
fort.     Dieser  Zug  im  deutschen  Volkscha- 
rakter hat  sich   bis  auf  den  beutigen   Tag 
bewäbi't.    und    dem    überhand    nehmenden 
Radikalisnuis    in    Alissbraucb    dei-   "Wälder 
die  "Wage  gehalten.    Der  Ilandelswerth  der 
Hölzer    und    der    übrigen    Produkte    des 
"Waldes  ward  di^m  Pennsylvanier  bald  klar. 
und  er  nützte  ihn  aus  nach  Kräften  und  in 
all   seiner   Vielseitigkeit,    doch    nicht    zum 
Ueberma.ss.  wie  es  von  vornherein  anderswo 
geschah.    p]in  anschauliches  Bild  der  Penn- 
sylvania "Waldung  ist   in  der  Ägricull uidJ 
Division  of  Forcsirj/  1895,  S.  30.   im   Be- 
richte von  "Wm.  A.  ]\reader  entworfen,  dem 
hier  Platz  gebührt,  er  lautet : 

,, Pennsylvania  war  im  Urzustände  einer 
der  meist-  wenn  nicht  der  allerbest-bewal- 
deten Staaten  der  atlantischen  Küste.  Xidit 


nur    waren    seine    Waldungen    dicht    und 
<lercn  Bäume  gross  und  wci-thvolj.  sondern 
sie  umfa.s.sten  auch  eine  N'crschiedcidieil  von 
Gattungen   hohen    Ilandciswcrthcs.  grikser 
als  er,  vereinigt,  irgendwo  zu  finden   war. 
Betrachte  man  nur  die  fabelhaften  .Ma.s.sen 
von      Weisstannen,       Ilemlock.       Hickory. 
Schwarz-     und    Wei.ss-Walnuss.     Ka.stanie. 
Eichen  aller  Art.  Esche.   Elm.  Ahorn   und 
Akazie,  die   innerhalb  seiner  (irenzen   ver- 
braucht wurden.     Baumleere  Stellen  gab  es 
wenig;  hie  und  da  deckte  ein  See  «»der  ein 
Wiesenstrich    die   Obertläclic.   idn-r  nur  zu 
unbedeutenden    Theilen    des    (Janzen.      In 
den    Tiefen,    an    den    Ffern    der    gr(ts.sen 
Flüsse,   im   Südwesten  des  Staates  war  die 
Weisseiche  der  werthvoU.ste  Baum,  sowie  im 
.\ordosten  die  Weisstanne.  Um  sie  gesellten 
sich    die    andern    Bäume,    mehrere    Sorten 
Hickory  und  Birke,  vei-cint    mit    Kastanie 
\\\\<]   Walnuss  lu'bst  Kirsche.     Höher  gele- 
gen,  gegen    ]Mitte   des   Staates,   traten   die 
Koniferen    in   ihn-  Weisstanne,   dem   Hem- 
lock.  der  ITarzfichte  und  der  norwegisdien 
oder  Rothtainie  vorherrschend  auf.  während 
ITartholz.  wie  Zucker-Ahorn.  Schwarz-  und 
Gelb-Birke.   Buche   und   Kii-sche  die   Min- 
derheit ausnmchten.    I^ekannt  ist  auch,  da.ss 
an   den   felsigen    Abhängen,   besondei-s  der 
Südgrenze,  die  Fels-  oder  Kastanien- Eiche. 
Kastanie   und   Akazie,   sehr   i-eichlich   auf- 
traten.     Die    vertikale    Höhe    des    Staates 
steigt  vom  ]\reeresspiegel  l)is  auf  2S2()  Fuss 
zum  N(>gro  Berg  in  Somei-set  County.   Diese 
Ansteigei'ung  ist   gleichwertliig  nnt   einem 
Grade  nördlicher  Breite  für  je  :i(M)  Fuss  Er- 
höhung.      Das     besagt  :     in     den     höchsten 
Lagen,  allen  obei-halb  ISOO  Fuss.  begegnen 
wir   dem    in    den    brilischen    Broviiizen    g«'- 
wöhnlicheu   Baumwuelis  von  Scliwarz-  und 
lidtii-Taiineii.  Balsam  und  Lärche.       West- 
licli    vom    Allegheny    schwinden    die    Koni- 
fei-eii.     Kastanieneiche,  roth  und  weis.s,  ist 
(hl   der  nau|»ll>aum.      Tiii   Südwesten   giebt 
es  eine  .Misclnuig  uusrcr  gewöludichen  Sor- 
ten mit  solchen  von  Kentucky  und  Westvir- 
ginien.  wie  die  Honig- Akazie  und  der  Ken- 


(>(K> 


DIK  DKrTSCHFX   IN   I'HIJ   FOEKSTrCREI  VON  NORDAMERIKA. 


tvirky  KafFci'luiuin.  Schliesslich  stellt  sich 
heraus,  dass  der  >^uel<ei--Aht»rii.  sonst  und 
jj'tzt.  der  l>äufi«rste  n.iuiii  in  l'cinisylviuiia 
war  und  noch  ist." 

..Zuverlässijrcn    Antraltcn   /ufolire  jrah  i's 
IS:».')    in     Tennsylvania     l.").i)7.i.7;i7    Acker 
offenes  und  n.()!)!).S17  Acker  Waldland.  Zu 
bemerken  ist  jedoch,  dass  treffen  i)S2'A  (^ua- 
dratnicih'U  an  Städten.  Dörfern  und  Mine- 
ralland und  Seen  nicht  eiufrerechiu't  sind." 
Die     AiistJf  Innnif/     (h  r    aiiK  rikfDiischni 
W'ähhr  war  l)is   in   die   Mitte  des  vorijjen 
Jahrliunderts  jranz  unbekannt,  und  in  Ei- 
man}:elun^'  von  Ti-ansportniitteln  ward  die 
Nähe    der    IIoI/,l)«'stände    dem    luiieni    der 
KuItuiNtätteu    die    Ilauptsaclie.      Abholzen 
Ix'Schränkte   sich    auf   Strecken    länjrs    der 
Küste  und   der  {grösseren   Flüsse.     Kleine 
Dorfmühlen   schnitten    auf  Bestellung  für 
örtlichen   Bedarf,   oder  flö.sseten   das  Holz 
den    Fluss    hinab    zu    den    Ilafenmärkten. 
Der   C'ensus    des   Jahres    1S40   verzeichnet 
für  die  Tnion   :n.r)(i()  Scluieidemühlen  mit 
einem    Produkt   von    12.!)4:{.r)()7  oder  etwas 
mein-  als  .>f;4()U  pro  Mulde,    l'm  1870  war  es 
sclion  andei"s  frewoi-den.  nämlich  der  ]Müh- 
lenumsatz   auf  ^fi.lOO    j)ro  Jahr  gestiegen. 
woraus  bis  ISMO  .tin.OOO  wurden,  oder  drei- 
nud  soviel  als  in  1870  bei  nui-  21.011   Müh- 
len.     Der    Kongressbeschluss    des    Jalires 
18H4  für  den  Hau  (h r  pacifischen  Eisenhahn 
war  das  Signal  der  P^rregung  zu  dem  An- 
gritf  auf  den  als  unermesslich  betrachteten 
Keichthum  der  amerikanischen  AVälder.  Die 
damit  verknüpften  Laiulschenkungen  gaben 
die  erste   Grundlage  zur  Heschatfung   des 
Anlage-Kapitals,   und  der  damit  Hand  in 
Hand  gehende  II»  imsfäflr-Akt  bewirkte  die 
schleunige  ireranziehung  der  Arbeitskräfte. 
Eine  .Millicm  von  der  Hand  der  Kriegsfurie 
gepeitschter  Kämpfer  sahen  sich  der  ]iIord- 
waffen   ledig,   gritfen  zur  Axt,  zur  Hacke 
und  zur  Schaufel,  die  Schätze  der  neuen 
Welt  zu  helM'u.  die  der  Sieg  der  Freiheit 
über    Sklaverei    ih-v    :\Ienschheit    zur    Be- 
nutzung darbot.     Der  AVald  war  Urwuchs, 
dem    Ackerbauer    erst    dann    von    Werth, 


wenn  er  i'oi-t  war.     Schonung  für  ihn  gab 

es  nicht ;  nui'  Klarmachen   des  Bodens  

Abhacken     mit    Stumpf    uiul    Stiel.      Die 
Eisenbahn    bi-auchte    Schwellen,    Brücken, 
Wagen  und  Gebäulichkeiten  für  Stationen, 
die  Ansiedlung  längs  der  Strecken  brauchte 
Wohnhäuser.  Energi.sche  ]\Iänner,  eben  von 
der  Fahne,  schaarten  sich  um  ihren  General. 
Frisch  ging's  in  die  Wildniss.     Auf  Kom- 
mando stürzten   die  Bäume  und  zu  Hun- 
derten   knirschten    die    Dampfsägen.      Die 
Ost-Staaten  hatten  zur  Zeit  an  Holz  schon 
nichts  mehr  abzugeben,  die  IMittel-Staaten 
desto  mehr,  und  sie  kargten  nicht;  denn  der 
Greenback-Dollar,   jetzt  nur  50  C.  werth, 
gelangte   auf    Frwaldsko.sten   bald  zu   par. 
Denn  hoch  stieg  der  Preis  der  Arbeit  und 
über 's  geöifnete  Land  breiteten  Ortschaften 
sieh    aus,    Städte    und    Dörfer    in    reicher 
Fülle.      Auch    an    der    pacifisehen    Küste 
stand  üppig  der  Wald;  aueh  an  ihr  .sam- 
melte sich  neues  Leben  zu  grossem  Betriebe. 
Aber  die  Idee  des  Fortschritts,  das  Stür- 
men nach  Erweiterung,  war  zu  übermäch- 
tig. Bedaehtsamkeit  gelten  zu  la.ssen.    Der 
Abhieb  der  AVälder  ward  mit  Uebermuth 
betrieben  auf  eine  Art.  aus  eigner  Kraft 
nicht    wieder   zu   erstehen.      Eine   Periode 
des   Schwindels   bemächtigte   sieh   der  ge- 
schäftlichen Verhältnisse  des  Landes,  gegen 
die     der     Konservativste     vergebens    sieh 
sträubte.     AVarnende  Stimmen,  die  sieh  er- 
hoben,    erstickten     in     dem     allgemeinen 
Schwalle.     So  geschah's  im  Staate  Penn- 
sylvania, wo  die  Hamburger  Eirma  Heck- 
scher  in  New  York  im  Anthraeite-Distrikte 
von  Schuylkill  County  an.sehnliehe  Strecken 
abgeholzter    Ländereien    besass,    zu    deren 
Reforstirung  Carl  August  Heckscher  einen 
prakti.sehen  Forstmann,  Georg  Otto  Präto- 
nus, aus  Lohbergen,  Königreich  Hannover, 
seit  1863  angestellt  hielt.     Dieser  denion- 
strirte  in  wohlgedeihenden   Xeuaidagen  in 
Forestville  die  erfolgreiche  Anwendung  der 
Forstkultur,    niaehte    für   sie    zunehmende 
Propaganda    und   eiferte   stark   gegen   das 
herrschende  Unwesen  der  Waldvemichtung 


DIE  DEUTSCHEN  IN  DER  FOEIJSTKIvM;I    VoX   XoI.M)  A  MKIHKA. 


i;(il 


(lui'fli  Ausrotten  und  Xiederbrennen,  wie 
sie  ganz  unvorwehrt  vor  sieh  ging,  ^lit 
Diplom,  datirt  28.  April  1887,  inaehto 
(Jouverneur  Bcavcr  ihn  zum  .Mitgliede  der 
Konnuission,  ,,appointed  to  examine  and 
survey  the  extent  and  output  of  Forests 
and  i-eport  results".  Durch  Verschmelzung 
des  Jk'sitzthums  mit  dem  Ver])aiule  der 
Reading  Co.  ging  er  als  Surveyor  in  den 
Dienst  der  letzteren  über,  worin  er  bis  zu 
seinem  Tode,  1891,  verblieb.  „A  populär 
handbook  on  the  Forests,  illustrating  its 
eidture,  preservation  and  imperative  Uti- 
lity" ist  der  Titel  eines  von  ihm  1880  in 
Minersville,  Sehuylkill  Co.,  Pa.,  verfassten 
umfangreichen  Werkes,  das  seine  Tüchtig- 
keit als  Fachmann  bekundet.  Sehr  thätig 
in  seinem  Berufe,  hat  er  als  Mitglied  der 
Pennsylvania  Forest  Association  und  der 
Academy  of  Science,  Philadelphia,  agitato- 
rischen Eintiuss  ausgeübt.  Seine  Wittwe, 
ein  Sohn  und  zwei  Töchter,  Kinder  alle  ver- 
heirathet,  überleben  ihn  noch  in  guten  Ver- 
hältnissen. 

In  1872  war  es  Richard  J.  Haldemann, 
von  deutscher  Herkunft,  der  Pennsylvania 
zum  zweitenmale  im  Kongress  der  Verei- 
nigten Staaten  vertretend,  den  Antrag  zu 
einem  ersten,  gediegenen  Forstgesetze 
stellte,  und  denselben  in  einer  nachhaltigen, 
sich  über  zwei  Tage  11.  und  17.  April,  aus- 
dehnenden Rede  vor  dem  41sten  Kongress 
motivirte.  Die  Bill,  die  theil weise  Refor- 
stirung  anordnete,  mangelte  weniger  Stim- 
men zur  Annahme,  zog  aber  Fortsetzung 
der  Propaganda  im  Kongress  nach  sich. 

Der  nächstfolgende  Sehritt  geschah 
durch  die  Association  for  the  advanccmcnt 
of  science  in  ihrer  Jahresversannulung  von 
1873  in  Portsmouth  durch  die  Ernennung 
eines  Komites,  um  durch  ein  Memorial  den 
Kongress  und  die  Staaten  anzuregen,  die 
Wichtigkeit  der  Förderung  der  Waldkultur 
und  Ilolzproduktion  in  Erwägung  zu  ziehen 
und  Gesetze  dafür  zu  erlassen.  Ein  Aus- 
schuss  desselben,  bestehend  aus  George  R. 
Emerson  von  Massachusetts  und  Franklin 


15.  llough  von  Lowvijlr,  X.  V..  fiijiite  dies 
aus.  Der  Kongress  beseldos.s.  da.ss  ein 
Mann  i\rv  Wissenseiiaft  beauftragt  wei-de. 
den  jährlichen  Gebraueh  von  Holz,  den  Bo- 
trag des  Imports  und  Exports  virn  Holz  und 
von  anderen  Waldesprodukten  etc.  zu  er- 
mitteln, wofür  $2000  bewilligt  wurden. 
Der  Commissionei-  of  Agricullure,  llun. 
Frederick  Watts,  ernannte  dazu  Dr.  Fraiil:- 
lin  B.  HoH(jh.  Die  dafür  gemachte  B«'wil- 
ligung  wurde  vcm  Jahr  zu  Jahr  erneuert. 

Kurz  nach  dem  Auftreten  Haldemann 's 
im  Kongress  ward,  LS7:J,  die  Forsiht  uu - 
<jun<j  in  Pennsylvania  inarnjurirt  durch 
John  Friedrich  Harlranft,  deut.sclier  Her- 
kunft, Gouverneur  des  Staates,  dessen  Le- 
gislatur er  zur  Berathung  von  Ma.ssregelii 
der  Forstkultur  aufi'orderte.  Seit  seiner 
Administration,  die  1871)  schloss,  blieb  die 
Reformbewegung  in  der  Behandlung  der 
Waldländereien  beständig  im  Zunehmen. 
Die  Begritt'e  dav(m  waren  bis  dahin  sehr 
beschränkt,  und  Bedächtigkeit  des  Vorge- 
hens beugte  i\Iissgriffen  vor.  Auf  Hartranft 
folgte  als  Gouverneur  James  A.  Bcavcr, 
ebenfalls  deutscher  Herkunft.  Er  Hess 
durch  die  Agrikultur-Abtheilung  und  eine 
Spezial  -  Forst  -  Kommission  die  Foi-stver- 
hältnisse  gründlich  ermitteln  und  Bericlit 
darüber  erstatten,  doch  gelangte  man  noch 
zu  keinem  Entschluss.  Der  folgende  Gou- 
verneur, Pattison,  englisch,  führte  den 
Vorsitz  in  einer  Versamndung,  welche  den 
er.sten  Gesetzentwurf  verfasste  und  ilifi 
Forstreserven  zu  l)ilden  verfügte,  jede  von 
40  Tausend  Ackern.  Die  Pennsylvania 
Forest  Association  adoptirte  die  Bill;  auch 
ward  eine  Staats-Forstkonniiission  <'inge- 
setzt,  deren  Aufgabe  es  war,  übei-  ilie  Foi-st- 
zustände  zu  bei'iehten  und  Geselzesvor- 
schläge  zu  machen.  Sie  erstattete  Mericht 
an  Gouverneur  Ha.stings  1895.  Im  selben 
Jahre  ward  das  AgriculturaL  I)< partment 
kreirt  mit  einer  Division  of  Foreslry.  Ge- 
setze wurden  erlas.sen,  denen  gemä.ss  der 
Staat  für  Steuer-Rückstände  verkaufte 
Ländereien  erstehen  konnte,  ohne  Berech- 


<;(>2 


Dil-:  DKrTS;(  IIKN    IX  DI:R  FOEHSTEHEr   VON  NORDAMERIKA. 


tijrmitr  tlfi-  Hi^Mi.'i-  auf  Hiu-kkauf:  Hi'antl','0- 
setzc  g«*t;«'U  FciuM-hcscliädifruiig  an  ^VälcU'nl 
wuriU'U  crlasscji.  (.JouviTncur  Stoiie  fand 
ISM!)  die  Üahn  für  wi-ilcmi  Fortschritt  ge- 
clmrt.  Joder  der  genannten  (iouverneure 
zeigte  ein  mit  dem  Laufe  seiner  Amtsdauer 
zunehmendes  Interesse:  kein  Stillstand  oder 
Kiieksehritt  in  Försterei  kam  vor.  Als  erster 
Forslkinnniissär  vmi  P(  inisijlriiniii  ward 
Dr.  ./.  /■.  Iioihroch-  eingesetzt,  der  Mann, 
der,  Deut-seh-Amerikanei-.  durch  AVort, 
Schrift  und  That  hervorragt  im  Werke  der 
Kinführinig  der  Försterei  in  Nordamerika. 
In  (h'r  zu  Gunsten  dieser  Schrift  für  das 
Buch  der  Deut.schen  in  Amerika  von  ihm 
seihst  gespendeten,  staatliclien  Ausgabe  des 
Werkes : 

Staicmcnt  of  Work  <l<ni(  h}i  fhe  Pennsyl- 
vania Department  of  Forestrn  diiring  1901 
and  in02  ist  der  Bericht  an  den  Gouverneur 
enthalten,  der  von  dem  Eintiusse,  dem  Wir- 
ken und  den  Verdiensten  dieses  Älannes  und 
seiner  Bedeutung  für  das  Werden  amerika- 
nisclier  Föi'sterei  einen  klai'cn  Begriff  ent- 
wickelt. Im  Auszuge  lä.sst  er  sich  verneh- 
men, wie  folgt: 

..Die  Volksnieinung  über  Försterei  ist: 
Es  dürfen  keine  Bäume  gefällt  werden.  Das 
ist  ein  Irrthum.  Förterci  fängt  an  mit  eler 
A.rt.  Giebt  es  doch  im  Urwald  Bäume  von 
wenig  Geldwerth  die  IMenge,  andere  er- 
drückt von  ihren  Nachbarn  und  Lücken  ne- 
benan, wo  Bäume  stehen  könnten.  Es  be- 
greift sich  darum,  dass  Urwald  selten  soviel 
Nutzholz  liefert  wie  der  mit  auserlesenem 
Haumwuchs  bepflanzte  und  sorgsam  ge- 
ptlegte  Forst.  Gewiss  hat  in  diesem  Staate 
der  Weisstannen  der  Urwald  in  den  besten 
Nadelholz-Distrikten  einen  enormen  Betrag 
Bauholz  geliefert.  Zweifelhaft  aber  ist  es 
doch,  ob  es  hier  jemals  einen  Ackergross 
Urwald  gegeben  hat,  der  au  fertigem  Holz 
Tausend  Fuss  Brettmass  ergeben  hat.  Man 
vei-sicliert  auf  gute  Autorität  hin,  dass  es  in 
Deutschlaiul  Kultui-forste  giebt,  die  solche 
fabelhafte  Ernte  erzeugen.  Dies  stellt  uns 
das    Geschäftsziel    vor    Augen,    den    einen 


Zweck:  Ernteproduktion.  Alan  erwarte 
nicht  vom  Staate  fortwährend  Geld  für 
Forstzwecke  ohne  Rückeinkommen  aus  dem 
Lande,  (rlückliclierweise  ist  für  uns  hier 
schon  Gelegenheit  durch  Ausdüinien  unse- 
rer jungen  liestände,  das  lieisst :  wohlmar- 
kirten  Verbesserung.s.schlag,  sofort  Gcldein- 
nahnie  zu  Ix'kommen,  sobald  wir  diese  Ar- 
beit der  Leitung  eines  kundigen  Föi-sters 
mitei-stellen.  Es  würde  zum  absoluten  Ver- 
derben der  Staatsförsterei  führen,  wollte 
man  mit  dieser  Arbeit,  die  professionelle 
Kenntniss  verlangt,  einen  gewöhnlichen 
Holzhauer  l)etrauen.  Zuverlässig  kann  die 
Alont  Alto  Reserve  viele  Hundert  Klafter 
Holz  für  Gerbextrakt  und  für  IIolzpulp  .so- 
foi't  liefern,  ausser  einem  tüchtigen  Po.steu 
Seheitholz  für  Holzkohlen  und  für  Schwel- 
len. Arbeit  verlangt  Arbeiter.  Försterei  in 
Pennsylvania  hat  sich  niemals  einen  Trupp 
geschulter  Kräfte  geleistet,  verschieden  vom 
Taglöhuer  einerseits,  und  von  jeder  son.sti- 
gen  Art  Handwerker  andrerseits.  Allein, 
je  eher  diese  P^rage  erledigt  ist,  desto  besser. 
Das  Forstinteresse  dieses  Staates  ist  zu 
gross  und  zu  sehr  Lebensfrage,  um  dabei  die 
Volkswohlfahrt  auf's  Spiel  zu  setzen.  Eines 
Mannes  politische  Ansicht  macht  ihn  zu 
dieser  Art  Arbeit  weder  tauglieh  noch  un- 
tauglich. Ein  Missgriff  heute  würde  leicht 
zum  lastenden  Fluche  für  ein  halbes  Jahr- 
hundert. Drum  würde  es  nicht  weniger 
verkehrt  sein.  Jemanden  auf  einen  verant- 
wortlichen Posten  in  diesem  Geschäfte  an- 
zustellen als  Lohn  für  politische  Dienste 
allein,  als  Jemandem  aus  dem.selben  Grunde 
die  Leitung  eines  Erziehuugswerks  zu  über- 
geben. 

In  der  Aufstellung  einer  Forstmacht  für 
den  Staat  sollte  der  höchste  Beamte  in  jeder 
Reservation  der  Oberförster  sein.  Dieser 
sollte  nicht  allein  tüchtige  Ausbildung  im 
Forstfache  besitzen,  sondern  ausserdem  ein 
guter  Geschäftsmann  sein.  An  den  Forst- 
schulen in  den  Vereinigten  Staaten  ist 
Nichts  auszusetzen.  Sie  haben  sich  fähig 
gezeigt,  Förster  gut  wissenschaftlich  vorzu- 


DIK    DKrTSCHEX    LN    J)1;K    FüHlCSTKlfi:!    VON    N«  )lvl)  AM  KKI KA. 


(Ui3 


bikli'ii.  AVas  dci-  EMtwickcluiig  (Um-  Föi-sttv 
rei  in  Pennsylvania  zur  Stniule  am  iiieistiMi 
notiitliut.  ist  eine  geliörige  Anzahl  «rcscliul- 
tei"  Arbeiter.  Die  Kegel  sollte  feststehn, 
dass  es  für  den  Staat  die  weiseste  und  öko- 
noniiseh  beste  Art  ist,  sieh  seine  Forstleute 
in  seinen  eigenen  Revieren  selbst  zu  ziehen. 
Vorerst  gilt  es,  eine  Klasse  Leute  zu  be- 
schaffen, die  vei'slehen.  ein  Feuer  zu  be- 
wältigen. Bäume  auszuputzen  und  auszu- 
dünnen, einen  Trupp  Handarbeiter  zu  lei- 
ten und  elementare  Försterei  verstäiulig  zu 
handhaben  ;  vor  Allein  abei-,  diesen  Leuten 
das  Bewusstsein  beizubringen,  dass  ihre  An- 
stellung von  Dauer  ist,  und  mit  Aussieht 
auf  Beförderung  nach  Verdienst.  Der 
amerikanische  AVald  galt  bisher  nur  als 
Aufenthalt  für  wilde  Thiere  und  als 
für  ]\lensehen  unbewohnbar.  Die  Zeit  naht 
heran,  für  eine  Klasse  ]\lenschen.  die  vom 
Walde,  luid  in  ihm,  in  Wohlstand  und  Be- 
hagen leben.  Statt  der  Verworfenen,  die 
von  Diebereien  an  fremdem  Eigenthume  ein 
elendes  Leben  fristen,  wird  es  Beschäfti- 
gung geben  für  zahlreiche  ^Menschen,  dem 
Walde  Ernten  abzugewinnen  ohne  Ende. 

Die  grösste  Existenzfrage  für  unsere  ame- 
rikanischen Wälder  ist  die:  Wie  liönnen 
Waldbrände  iDiirrd  rückt  oder  cingc- 
schränht  werde nf  Ihr  häufiges  Auftreten 
liegt  in  der  Nichtachtung  ihrer  Verheerun- 
gen. Jenuind  wiid't  achtlos  ein  brennendes 
Zündholz  in  einen  Haufen  dürrer  Blätter 
und  denkt  nicht  an  die  furchtbaren  Folgen. 
Hier  liegt  der  Anfangspunkt  für  die  Ele- 
mentarschule der  Försterei.  Aus  den  jungen 
Bursehen  des  Forstreviers,  Burschen,  für 
die  es  Bildungsgelegenheit  nur  dürftig 
giebt,  die  l)ekannt  sind  mit  der  Gegend  und 
an  harte  Arbeit  gewöhnt ;  aus  ihnen  ist  eine 
Klasse  Forsteleven  bald  formirt.  Diese 
jungen  Leute  anzuwerben  für  einen  niedri- 
gen Jahreslolm  unter  dem  Uebereinkoin- 
men,  dass  sie,  wenn  gebraucht,  zur  Arbeit 
befohlen  werden,  für  gewöhnlich  aber  ihre 
halbe  Zeit  verwenden  auf  Studien,  verbun- 
den mit  Försterei,  wie  Arithmetik,  Geome- 


tri<',  Tiijrnnoniet rie.  Nfiniessung.  Sti-a.sseii- 
bau,  Xivellii-en.  einfaches  uiul  topograjihi- 
sclies  Kartenzeichen,  hotanik.  Zoologie. 
Uuchhalten,  llandelsreclit.  llolzabsehätz- 
ung.  Forstanlegung  etc.  Der  Staat  erhielte 
dadui'ch  eine  Sehaar  von  jungen  Leuten. 
Waldbrand  zu  Ncrbüten  und  zu  initer- 
di-'icken.  Die  meislen  Revierarbeiten  lie.s.sen 
sich  (lunli  sie  vei-richten  ;  s'w  trügen  von 
Hevier  zu  Ke\ier  die  Idee,  sie  seien  etwas 
Be.<ondei-es:  Forslhutc.  Sie  würden  der 
Masse  (las  N'ei'ständniss  beibi-ingen.  was 
Försterei  bedeutet,  luid  vor  Allem  Eintluss 
aul"  die  Kla.sse  gewinnen,  von  t\rv  unsere 
s(  liliniiiislen  \Valdbrän<le  au.sgehen.  und  da- 
durch, dass  sie  diesen  Leufen  zeigen,  wie 
das  Abbi-ennen  junger  Waldung  künftigen 
Arbeiterbedarf'  zei-stöi't.  sie  voi-sichtig 
machen  gegen  liranderi-egung.  Zwei  Lehr- 
jahre wüi'de  eine  lirauchbare  Klasse  junger 
Leute  liefern.  Aus  den  Besten  von  diesen 
lese  num  eine  gewisse  Anzahl  für  höhere 
Forsterziehung  aus.  Wie  solelu'rweise  einer 
wüi'digen  Klasse  jungei-  Leute,  so  würde 
auch  dem  Staate  ein  wert h voller  Dienst  ge- 
leistet. Wohl  in  keiner  anderen  Weise 
könnte  dem  Gemeinwesen  gute,  gedrillte, 
für  seine  Forstirviere  so  nöthige  Diener- 
schaft gestellt  werden. 

Die  bis  jetzt  fÜJ-  Foi-st  reservat ionen  er- 
woi'benen  Ländereien  ersti'ccken  sieh  üImm" 
22  Counties  und  betragen  im  (ianzeii 
572,722  Acker. 

Das  Land,  welches  der  Staat  geUault  hat, 
niuss  er  scliützen  gegen  Krub.  gcL'cn  Bi-and 
und  gegen  Thiere. 

Die  meisten  EingrilVe  in  Forsteigenthuiii 
bestehen  in  Diebereien  im  Kleinen.  Heifen- 
.stangen.  Schwellen  und  Bi-ennholz  sind 
meistens  die  Gegenstände,  Bei  (Jelegeidi^it 
wie  Eisenbahnaidage  werden  Sehwellen 
nachts  oft  zu  Tausenden  entführt.  Die 
Grundherren  wohnen  meistens  weit  weg. 
Die  Leute  in  der  Xaelibarsehaft  besondi'i-s 
dünn  bewohnter  (Jegenden  .sehen  in  diesem 
liaube  ki'in   rnreeht,  und  die  Ag<'nti'n  der 


664 


DIK   nKUTSClIEN   IN  DKR  FOERSTKRKI   VON  NORH  AMKKIKA. 


Ki^ciithüiiicr  iiuK-lifii  mit  ilincn  oft  gcmoiu- 
s<-haftli«-ln'  Sache,  ({cric'lnt  (liiir<'jrfii  an/u- 
rufen.  sollt«'  ^'.'sclichcn.  ahci  Bi-wcisfüliniiij? 
ist  oft  unmiijrlich.  Hin  lu'ss.'rt's  .Mill.-!  wäiv 
«las.  die  niilhitrcii  Arln-iJsltMit»'  für  den 
Staat  aus  «It'ii  H.'st.-n  .ItT  Zalil  dieser  Ihn- 
wohner  zu  nehmen.  Der  .Mann,  der  Holz 
stiehlt,  wird  aueh  oft  Brandstifter,  die 
Spuren  s<'ines  Rauhes  zu  verhergen.  Ilei- 
th'lheerptlüeker  sehen  irern  alle  drei  Jahre 
das  Fetier  üher  ihre  Strecke  laufen  und 
verhelfen  mitunter  dazu,  hesonders  in 
Counties.  wo  di«'se  Frucht  zu  Tausenden 
von  Dollai-s  werth  verschickt  wird.  Fisclier- 
Ipute  verursa<-hen  manchen  Jirand,  indem 
sie  Rauch  machen,  damit  der  Fisch  besser 
heis.se.  Eisenhahnen  sind  häufig  Ursache 
von  Waldfeuer  mit  mehr  oder  nimder 
Verschulden  durch  Fahrlässigkeit  von  An- 
ge.stellten.  Es  gieht  keinen  Grund  und  keine 
Entschuldigung.  Korporationen  zu  gestat- 
ten, fremdes  P^igenthum  durch  Nachlässig- 
keit, die  an  I'nvei-schämtheit  grenzt,  unge- 
ahndet verbrennen  zu  lassen.  Die  häufigste 
Ursache  von  verheerenden  Forstbränden  ist, 
den  Eintragungen  unseres  Bureau  gemäss, 
da.s  Verbrennen  von  Strauchwerk  auf  soge- 
nanntem ., Neuen  Land".  Mehr  als  60 
Prozent  aller  Forstfeuer  in  diesem  Staate 
rühren  davon  her.  Wirklich  glaul>en  die 
meisten  Leute,  dass  Jemand,  der  auf  diese 
Weise  eine  Feuersbnmst  erregt,  gesetzlich 
dafür  nicht  verantwortlich  ist;  dass,  viel- 
mehr, es  die  Pflicht  der  angrenzenden  Nach- 
barn ist,  sich  .selbst  zu  schützen.  Erstaun- 
lich ist  es  nicht,  dass  den  meisten  Leuten, 
die  solche  Feuer  anstecken,  das  Land  nicht 
gehört,  auf  dem  sie  es  thun. 

Wie  kann  man  diesen  Bränden  Einhalt 
thun,  oder  sie  vermindern?  Es  giebt  da- 
für zwei  AVege:  Einmal,  da.ss  man  das 
Publikum  lehrt,  sie  veral)scheuen ;  das  an- 
dere, <lass  nuui  die  Anstifter  zur  Strafe 
zieht.  Es  ist  sciion  Vi'^les  nach  beiden 
Richtungen  hin  geschehen,  und  es  lässt  sich 
sehr  viel  darüber  sagen. 


Benutzung  der  Staats-Foerstereien 
zu  Sanatorien. 

Ich  möchte  in  Küi'ze  noch  eine  Seite  der 
Forstreservationsarbeit  '«'leuchten,  die 
meistens  unbeachtet  bleibt ;  ich  meine  die 
Benutzung  von  Staatsländereien  zu  Sana- 
torien und  zu  Ausdugstätten  für  Leute,  die 
Gesundheit  und  Stärkung  suchen.  Es  war 
lange  bekannt,  dass  es  Beziehungen  gieht 
zwischen  Leben  im  Freien  und  Lungen- 
schwindsuclit  und  ihrer  Kur.  Vor  fünfzig 
Jahren  glaubte  man,  dass,  wenn  ein  mit 
dieser  Krankheit  Behafteter  stark  genug 
war,  in  einer  Kohlenbreuucrhütte  zu  lehen, 
er  gute  Aussichten  habe,  wiederhergestellt 
zu  werden.  Seltsamerweise  schrieb  man  die 
Heilung  der  Kraft  des  einzuathmenden 
Kohlenstaubes  zu.  Dieser  Staub,  karhoua- 
ceisch  in  Charakter,  ist  jedoch  eine  Quelle 
von  Gefahr,  anstatt  von  Nutzen  zu  sein.  Die 
wajirhafte  Ursache  war  die  frische  Luft, 
in  der  man  da  lebte,  die  in  ihrer  Stärke 
die  Schädlichkeit  des  Kohlenstaubes  üher- 
kam.  Dieser  sonderbare  Schrecken  der 
Nachtluft,  der  unsere  Vorstellimg  so  ver- 
dreht, dass  wir  nicht  erkennen,  dass  frische 
Luft  imd  Lungen  besonders  füreinander 
passen,  weswegen  die  Erste  der  Andern 
nicht  schaden  kann,  ist  Schuld  an  Todes- 
fällen Solcher,  die  aus  I'eberschwang  der 
Sorge  eingebalten  wurden  in  der  unge- 
sunden Atmosphäi'e  des  eingeschlossenen 
Raumes.  Ich  würde  meine  Pflicht  verfeh- 
len, wollte  ich  nicht  hier  in  den  stärksten 
Ausdrücken  versichern,  dass  ich  nicht 
weiss,  wie  die  Legislatur  von  Pennsylvania 
.soviel  Gutes  thun  kann  mit  so  geringen 
^Mitteln,  als,  Obdach  und  Schutz  in  unsern 
Reserven  zu  gewähren,  wo  unsere  Kranken 
und  Nothleidenden  hingehen  könnten. 

^Moderne  W^issenschaft  ist  wohl  imstande 
das  Publikum  vor  Harm  aus  diesen  p]in- 
richtungen  zu  bewahren.  Irgendwie  und 
irgendwo  muss  für  diese  ^lenschen  gesorgt 
werden,  die  eine  grössere  Gefahr  für  das 
Gemeinwohl    sind,    wenn    frei    sich    selbst 


DIK  DKUTSCHKX   IX  DKR  FOKKSTKin:i    VON   XORD  AMHKI KA.  (^r^ 

ühcrl.isst'ii.  als  vi'i'soi-'fl   unter  (icsundlicits-  dt-r  StruiiKiuclIcii  i,ii«.'c(lcilicii  zu  lassen,  den 

lejreln.     Sie  sind  unsere  .Mitnieiiseheii.  und  sie    für    ihren    \\'üss(  nnhnnicli    bedürfen 

die  Keli^'ion  verbiotet  uns,  sie  auszuweisen.  Zum  Beis|)iel  j^ehört  dem  Staate  jetzt  das 

i;edankeid()s  und  sorglos,    um  hoffnungslos  J^and,  von  wo  die  Stadt  (M-  arüeld  viel  ihres 

zu  sterben.      leh   weiss,   dass  es  Gegenden  Wassers  empfängt.     Ein  grosser  Theil  der 

git'ht  in   Pennsylvania,  wo  Geldmäehte  zu-  .MeKIhattan    Scheide    gehört     dem    Staate, 

sanniienstehen,  Diejenigen  abzuspei-ren.  die  \'on  dort  empfängt  die  Stadt   Lock  llaven 

an  dieser  Krankheit  leiden    wo  keine  Naeh-  ihren    Wasserzutluss.       l'nter    sorgfältiger 

sieht   gilt,   und  keine   Theilha])ersehaft   an  liehandlung  sollte  sieh  »lie  Wasserlulle  :1a- 

Gottes  friseher  Luft  gestattet  ist.    I'eberlas-  selbst    vermehren.      Es    w  rd    nieht     mehr 

sen  wir  diese  Leute  ihrem  eigenen  rrtheil.  lange  dauern,  bis  der  Jiegehr  für  Wasser- 

Ks    giebt    Formen    der    Unmensehliehkeit.  krait  und  der  liedarf  an  Was.ser  zu  anderen 

seiiwer  zu  bezeiehnen.  Zwecken    den    unleren    Theil    der    Ströme 

Da  ist  noch  eine  Klasse,  denen  diese  Re-  allein  für  kommerzielle  Zwoeke  in  Beschlag 

.serven     seltene     Gelegenheit     bieten;     ich  nehmen  wird.     Dann  konnnt  es  darauf  an. 

meine    die    KränMichcn    und    Solche,    die  dass  die  oberen  Zutlüsse  streng  in  acht  ge- 

ein"n    l'unimclplalz   suclioi,   zu   gesunden:  nommen  werden,  genug  an  reinem   Trink- 

Zwei  ]*lätze  dafür  sind  schon  als  passend  Avasser  zu  liefern.    Das  beste  Wasser,  seihst 

ausgefunden:  Die  Gegend  bei  Resica,  dicht  filti'irt.  ist  nicht  liesser.  als  es  dem  Menschen 

zwischen  Pike  und  ]\Iunroe   Counties  und  gebührt. 

der  Gii)fel  von  South  Mountain  hinter  IMont  Es  ist  auch  an  der  Zeit  zu  fragen  :  Ist  es 

Alro,  Franklin  County.     Gewiss  giebt  es  in  weise  Finanzpolitik,  holztuKjenths  Land  so 

Penn.sylvania  noch  mehr  ebenso  gute.  hoch  zu  besteuern,  da.ss  de"  Eigner  sich  ge- 

Noch   ein   Nutzen   liegt   in   der  Foi*stre-  nöthigt  sieht,   es  abzuholzen,  um  nicht  in 

serve;  ich  meine,  als  Jagd-  und  Fischerei-  Verlust  zu  gerathen  ?    AYän- es  nicht  klüger. 

Grund.      Solcher    Sport    ist    gesetzmässig,  es  unbesteuert  zu  lassen,  so  lange  das  Holz 

gesimd  und  nützlich.     Die  Geschichte  des  steht,  und  erst  von  dem  gefällten  eine  Ein- 

Boern-Krieges,      die     der     ]\renschlichkeit  komniensteuer  zu  verlangen?     Bäume    im 

Schauder  erregt,  belehrt  ims,  dass  in  künf-  Wachsen  bringen  dem  Staate  Nutzen,  und 

tigen    Kriegen    die    Büchse    eine    wichtige  verdienen  ihr  Recht,  unbesteuert  zu  stehen. 

Roile  spielen  wird.     Vergessen  wir  nicht  ZLnstörimg  von  Jleidoclanihh  m  nur  um 

da'^s  die  Forste  von  Pennsylvania  es  waren,  der  Binde  willen  für  Gerberei  könnte  auch 

von  wo  das  berühmte  BucJdail  Regiment  gehennut    Averden,    weini    die    For.ststeucr 

kam,  unvergänglichen  Ruhm  zu  ernten  für  nicht  wäre."                     J.   T.   Rothrock. 

den    Bürgersoldaten    dieses    Staates.      Im  Dieses  Sämanns  Samenkorn  ist  auf  guten 

Walde  ist's,  avo  der  ]Mann  geübt  Avird  von  Grund  gefallen  und  aufgegangen  tauseiid- 

Jiigend  auf  die  Büchse  zu  hantiren,  bis  sie  fältig,  wie  weitere  Berichte  ergeben, 
seinem  Finger  passt  und  ihn  zum  unüber- 

treffliclien  Schützen  macht.    Darf  ich  vor-  Forstbewegung  im  Staate  New  York, 
greifen,    so    mcichte    ich    sagen,    dass    ich 

glaube,  unsere  Forstreserven  werden  fortan  '"i   ^^'''^te   New  Yo.-k   wurde    1S72  ein.- 

ein.'  Schule  sein,  die  Hunderte  vcm  starken,  Pai-k-Kom-nission  v<m  Sieben,  mit  Horatio 

sicheren    Büchsenschützen    aussendet,    auf  Seymour    an    der    Spitze.    cingcM-tzt.    die 

deren  Hand  und  Herz  der  Staat  rechnen  Wildnisse  nördlich  vom  Mohawk  zu  erfor- 

darf  in  der  Stunde  der  Gefahr.  schon  zum  Zweck  d.'i-  Anlage  eines  Staats- 

Es  war  von  Anbeginn  ein  Zug  der  For.st-  Parks.    Nur  40,000  Acker  fanden  sich  dort 

Politik,   grösseren   Städter«,   allen   Beistand  als  dem  Staate  gehörig  und  die  Eigner  des 


Gtu; 


DIK  DKrTSCllKX   IN    DKK'    FoKKSTKKKI   Vt)X  XOKD  ANFKRIKA. 


Uebrificu  mir  .l;ir;mr  Ix'uaflit,  «Icii  Preis 
für  (li'M  St.iat  auf  die  Spitz«-  zu  treibon, 
woraufhin  die  Koiniuission  sich  dai-auf  bo- 
schiänktr.  i'int'n  lOHass  p"4t*"  weiten'  Ver- 
käufe von  Staatslänclereien.  und  für  He- 
sehhi«rnalnne  von,  wejje.i  rü.Uständi^'er 
Steuerscludd  verfaUenen,  StreeUeii  Landes 


der  Aiiliiiuf  und  die  ander\vt'itiy:e  Erwer- 
bun»r  \nii  iijiiid  und  Gebäuliehkeiten  etc. 
Ulli  drren  Verwaltung  unter  dem  Fische- 
rei-, Wild-  niul  Forst-Gesetze  ül)ertra^en 
werde.  Die  Mit«;lieder  erhalten  keine  lie- 
zahlunir  für  unter  diesem  Akte  «?eleistet( 
l)i;'nste.   ai>cr   Gelder  zur   Bestreitung  der 


an/inathci'.     Hlf  Jahre  verjrinjren.  ehe  der      nöthigen     Ausgaben,     einschliesslich    eines 

Staat.    1883,    deingemäss    verfidir,    als    er 

durcii     Steuerverfall     in     <!cn     Besitz    von 

(i()0.(K»(l  Ackern  gelangt  w.i.-.  und  erst  nadi 

weiteren   zwei   »laliren    trat    am    l.")teii    ^lai 

1885    eine    Forst-Kommission    in's    Leben 

die  nach  zehnjährigem  Bestehen  dureb  ein 

Gesetz  vom  25sten  April   ISl);")  in  die  jetzt 

bestehende  Gommission  of  Fisheries,  Game 

juid  Forests  verwandelt  wuide.    Sie  besteht 

aus  5  Mitgliedern,  auf  5  Jahre  vom  Gou- 


Pei'sonals  wn  Assistentin.  Die  weitgehen- 
den Rechte  und  Ptlicbten  auch  dieser  Be- 
hörde siiul  durch  \'erfügungen  in  2()  Sek- 
tionen dieses  Aktes  geregelt,  l'nter  diesem 
Gesetze  veraiisgabte  der  Staat  New  York  in 
18f)8  -tl. 000,000  für  den  Ankauf  von 
2r)0.000  Acker  Forstland,  sodass  des.sen 
ganzer  Umfang  über  1,000,0(H)  Acker  be- 
trug, imd  eine  weitere  halbe  Million  Dollars 
ward  im  folgenden  Jabre  zu  dem  gleichen 


vi-rneur  ernannt,  vom  Senat  bestätigt.    Der      Zwecke  verwendet. 

Präsident    bezieht    als   Jahresgebalt    -töOOO  d\q  ^urch  den  Komjvess  der  Vereinigten 

und  Reisegelder.  Seine  ganze  Thätigkeit  Staaten  1876  erfolgte  Austeilung  des  Dr. 
i,st  dem  Dienste  gewidmet.  Die  -1  Kommis-  Franklin  B.  Ilougli  als  Be.'ichterstatter  in 
.säre  empf:uigen  je  $1000  und  Vergütung      Forestry  mit  Bewilligung  von  $2000  ward 

ohne  besondere  Besebliessung  von  Jahr  zu 
Jahr  fortg.^setzt,  seit  1881  aber,  bei  Etabli- 
i'ung  einer  Division  of  Forestry.  als  Unter- 
ahtiieilung  des  Department  of  Agriculture, 
unter  spezieller  Bewilligung  für  ihn  in  der 


von  Reisekosten.  Ein  Sekretär  zu  $2000 
pro  Jahr  und  Bureau-Personal  stehn  zur 
Seite.  Die  Kommission  iiält  jedes  Jahr 
mindesten.'!  vier  Zusammen'-.ünfte.  Sie  bat 
volle  Verfügung  über  den  Adirondack  Park 


mid  die  Forstre.servatiouen.  und  die  Sorge  Eigenschaft  als  Chief  of  tbe  Division.    Dr. 

für  Ordnung  und  Sicherheit.    Sie  hat  fünf-  Hougb  lieferte  drei  umfangreiche  Berichte, 

unddreissig  Mann  zum  Schutz  von  Fische-  ^\\^.  yom  Kongress  in  :]  Bänden  1877,  1878 

rei,  AVild    und    AVald    unter    dem    Namen  ^,^1    i882   herausgegeben,   ein    mit  vielem 

Forester  anzustellen,  von   denen  Einer  als  Flejss  und  Talent  verfassles  Sammelwerk 

Chief   gilt,    zwei    Andere    als    Assistenten.  v,,n  1586  Seiten  bilden,  das  fortan  für  foi-st- 

Der  Chief  Forester  erhält  als  Salär  $2000,  gesetzgeberische  Zwecke  als  kammisch  be- 

jcdcr  der  .\ssistentcn  $1200  und  jeder  der  trachtet   wurde.      Unter  GranUs   Adminis- 

andcren   Fiii-ster  $öOO  jährlich,  sänuntlieh  tration    begonnen,    unter    der    von    R.    B. 


mit  Vergütung  der  Reisekosten.  Die  Fimk- 
tionen  für  das  Ganze  sind  durch  ausgiebige 
Ge-setzesvoi-schriften  geregelt.  Am  8tcn 
April  lSf)7  trat  ein  Akt  der  Gesetzgebung 
in  Kraft,  der  bestinnnte,  da.ss  der  Gouver- 
neur aus  der  Zahl  der  Foi-stkommissäre 
Drei,  und  der  Landkcmimissäre  P^inen  unter 
Genehmigung  des  Senats  ernenne,  die  zu- 
sainmen  einen  Vorstand  bilden  unter  dem 


llaves  vollendet,  kam  seine  Ausgabe  von 
25.000  Exemplaren,  das  Evangelium  der 
Forstkultur  verkündend,  als  Offenbarung 
unter  das  Volk.  Die  bestehenden  Schäden 
und  IMissbräuehe  in  der  Art  der  Ausfüh- 
rung der  Ilomestead  Akte,  unter  der  auf  ' 
Staatsländereien  der  ITolzraub  im  Grossen 
systematisch  und  unbehindert  unter  völliger 
Entwerthung   des   Bodens   betrieben   wird. 


Titel   „The  Forest   Preserve  Board",   dem      sind   das   Erste,    was   das   Buch   gründlieh     • 


DIE  DErTSCHEX    1  .V  DER  FOERSTEREI   VON   NORDAMERIKA. 


m; 


nac'liwi'ist't  und  die  rnzulänc'lii-likiMt  jrt-- 
jrcn  wärt  ige"  Systeme  der  Verwaltung  be- 
kundet. Da.s  Zweite  ist  der  Xaehweis  eines 
bestehenden  Kechtsl)()dens.  auf  welclicni 
der  vielt'a«  li  gebrauchte  Vorwand  der 
^Ia"hth)sigkeit  dov  Regierung,  Ilolzfrevel 
zu  verhindern,  und  die  Anwendung  besserer 
Methoden  durchzusetzen,  zu  nichte  gemacht 
wird.  Als  solche?-  gilt  die  Entscheidung, 
die  als  (Attoruey  General's  oi)inions,  T; 
Wirt,  May  27,  1821)  ma.ssgebend  angeführt 
ist  Der  Sehluss  dieses  Urtheils  lautet, 
dass:  ,,üie  Vereinigten  Staaten  Regierung 
zu  dem  p]iidialtsbefehl  gegen  Vergeudung 
(waste)  unter  Verhindermigsweise  und 
zum  Einschreiten  durch  ]3estrafung  von 
Uebertretung  in  derselben  Art  berechtigt 
ist,  wie  Individuen  es  sind  in  ähnlicher 
Lage.  Hinzugefügt  wird,  dass  der  derzei- 
tige Oberrichter  der  Vereinigten  Staaten, 
der  General  Anwalt  Taney.  in  seinem 
Wahrspruehe  vom  22sten  August  1833  das 
LTtheil  von  "Wirt  zitirt  und  ihm  beige- 
stimmt hat." 

"\V.  Wirt,  der  General-Anwalt  der  Ver. 
Staaten,  war  in  ^Maryland  von  deutsehen 
Eltern  geboren. 

Das  Folgende  ist  ein  Auszug  aus 
„Brief  History  of  the  Forest  movement 
of    the    United    States.      Reprinted    from 
House  Doeument  No.  181.  55th  Congress, 
3rd  Session. 

As.'focialid  Propaganda.   (A'is  dem   Engl.) 

In  1882,  angeregt  durch  den  Besuch  des 
Barons  von  Stcuhen,  eines  preussischen 
höheren  Forstl)eamten,  ^\■ährend  seines 
Staatsbesuches  zur  Gedächtnissfeier  der 
Uebergabe  von  Yorktown,  berief  eine  An- 
zahl von  Patrioten  in  Cincinnati  einen 
Pörsterei-Kongress.  Eine  sehr  enthusiasti- 
sche und  repräsentative  Zusammenkunft 
war  am  25sten  April  das  Resultat.  Sie 
dauerte  eine  Woche,  und  hatte  die  Formi- 
rung  der  American  Forcsinj  Ässociaiion 
zur  Folge.  Diese  Vereinigung,  die  jähr- 
liehe und  zwischenzeitliehe  V^ei-sanunlungen 


hält  in  verschiedenen  Th.-iieii  ijei-  Vcr. 
Staaten,  ist  der  Mittelpunkt  aller  j)rivatli- 
chen  Bestrebungen  zugunsten  der  Försterei 
gewdrdeii.  Zwölf  liiimli-  iihef  ihre  \'rr- 
handlungen  enthalten  nich+  bios  die  Ge- 
schichte des  Fortschritts  di-i-  (Irüiidung  iler 
Forstpolitik,  .sondern  noch  viel  anderwei- 
tige Belehrung  von  Wertli  \u  Foi-st.sachen. 
Sie  giebt  jetzt  ein  Monalsheff  :  ..The 
Foi-ester"  heraus.  Sie  besteht  ohne  Regie- 
rungshülfe  gänzlich  aus  P.-ivatmittelu  und 
I^eiträgen  der  .Mitglieder  unter  unbesolde- 
ten Beamten.  Sie  hat  besonders  viel  ge- 
than,  die  Forstpolitik  des  Biu)des  zu 
gründen. 

In  ISS.)  folgte  ihm  im  Amte  .\.  II. 
p]gglestoii  von  Stockbridge.  Ma.ss..  de.s.sen 
Bei-icht  von  462  Seiten  als  ei-ste  Ausgabe 
der  Fore.stiy  Division  heraiiskam. 

Am  13ten  März  1886  übernahm  Dr.  /;.  K. 
F(  rnow  den  Posten  als  Chici"  of  the  Division 
of  Forestry.  welche  am  Islen  Juli  durch 
Kongress-Akt  ein  statutengemässer,  fester 
Theil  des  Agricultural  Department  winde. 
Als  Förster  von  Profe.ssion  besa.ss  er  die 
Erziehung  einer  profes-sionellen  Schide.  und 
war  er  im  preussi.sehen  Foi*stwesen  ange- 
stellt. Daher  war  er  fähig,  die  Arbeiten 
der  Division  mit  profe.ssioneller  Kenntniss 
der-  fachmännischen  Anfordei-ungen  uiul 
vom  Staiuli)unkte  des  Forst  maiuis  zu 
leiten.  Da  .seiner  Anstellung  ein  Aufent- 
halt von  fast  zehn  Jahren  ui  diesem  Lande 
vorausgegangen  war.  hatte  ei-  au<-h  dun-h 
Beschäftigung  in  Stadt  und  Land,  hesou- 
ders  seit  188)}  drei  Jahre  lang  als  Sekretär 
dei-  American  Fore.stiy  Association,  reieh- 
lieli  Gelegenheit  gefuiulen.  sich  mit  ameri- 
kanischen Verhältnissen  bekannt  zu  machen 
und  die  Be<leutiuig  der  klimatischen,  tlora- 
len,  sozialen  und  (»konomisehen  l'nter- 
sehiede  kennen  zu  lernen. 

Mit  den  in  den  folgenden  Jahren  all- 
mählich wachsenden  Bewilligungen  ward 
die  Propaganda  für  rationale  Behan<llung 
unserer  Forstschätze  nicht  nur  fortgesetzt, 
.sondern  sie  wurden  auch  dunli   Ilinzuzie- 


668 


DIK  DliUTSClIKV   IX  T1KR  FOEHSTEREI  VON  NORD-AMERIKA. 


hung  von  tcclinis.-hcr  und  orijjinaU'r  For- 
schung   crweittTt.      Mit    d>'ui    wadisiMiili-n 
Int<M'esse  an   tU-r  Sat-lu'   wiidis  die  Korre- 
spondenz mit  Dcnt-n.  die  t-'t-hnischo  rntcr- 
wt'isimg  suchtt'U.     Das  niat-lit«'.  das>  ausser 
den     gedruckten     VenitVcntlicliungen     der 
Division  lid.ono  Seiten  meistens  spezifischer 
AuhMtungen  an  Kt>rrespondenten  während 
der  zwi.lfjälirigen  Amtsdauer  dieses  Chief 
of  Bureau  in   Kopiebü<'liein   verwahrt  lie- 
gen.    AVälu-end   im   Laufe  der  Jalire   von 
1876    bis    1S86    die    Sunune    der    l^ewilli- 
gungen   für  Forschung  in    Försterei  etwas 
weniger  wie  $60.000  betrug,  beliefen   sich 
die  Gesannntausgalu'n   währeiul  der  weite- 
ren    zwölf    Jahre     in     i-undei-    Zahl     auf 
$2;i,000.  die  jf;! 7,000  für  künstliche  Regen- 
pr'..duktion,  die  nicht  unter  Direktion  der 
Division   gescliali.   abgerechnet.     Die   wäh- 
rend dieser  Periode  ausgegebenen  Schriften 
umfassen,     ausser     nicht     veröffentlichten 
^lanuskriptcn.    gegen    6000    Seiten       P^ine 
Liste   der    Pul)likatio?ien   der   Division    ist 
diesem  Berichte  beiliegend.     Es  ist  anzu- 
nehmen, dass  der  Inhalt  der  Drucksachen 
zur  Hälfte  Originalw-rth  besitzt,  d.  h.  p]r- 
gebnis.se  verzeichnet  von  Forschungen  un- 
abhängigen Charakters,  und  nur  Wahrhei- 
ten   enthaltend,    während    für   die    andere 
Hälfte  die   Originalität   in   der  Form  der 
Darstellung  beansprucht  werden  kann,  da 
Zusammenstellung  solcher  Art  von   That- 
sachen  in  dieser  Weise  anderswo  n^cht  zu 
finden  i.st.     Dies  bedeutet,  dass  wenn  der 
(ieUlwerth  der  Manuskript-Seiten  von  Be- 
leb: ung  den  gedruckten  Seiten  hinzugefügt 
wird,  so  ist  die  rnterweisung  in  der  letzten 
Periode  zum   Durchschnittspreise  von   we- 
niger als  $24  pro  Seite  erlangt,  was  für 
Fachschrift    kaum    als    zureichend    gelten 
kann,    während    im    Laufe    der    früheren 
Periode  von  nichtprofessionellen  Schreibern 
der   Kostenpreis   pro   Seite   gegen   $30   be- 
trug.    Tud  wenn  blos  die  wahrhalt  origi- 
nale   T'nterweisung,    die    neuen    Zuwachs 
unsrer    Erkenntniss    enthält,    einbegriffen 
wird,  so  hat  sie  weniger  als  $75  pro  Seite 


gekostet.  Was  den  Geldwcrth  für  das  Volk 
bet.-ifTt,  der  sieh  schwerlich  in  Dollai-s  und 
Cents  ausdrücken  lässt,  so  mt)gen  Kalkula- 
tionen an  anderer  Stelle  dieses  Berichts,  den 
Charakter  dieser  Arbeiten  besprechend,  ihn 
erge'Den.  Aus  ihnen  geht  hervor,  dass  durch 
die  Division  genug  neue  Belehrung  ertheilt 
wo'-dcn  ist  von  einer  Art,  die,  wenn  in 
Gellgewinn  umgesetzt,  erlangt  du'-ch  Er- 
sparung an  werthvollem  Forsfmaferial  im 
Betrage  vieler  ]\Iillionen  Dollars,  die  Aus- 
lagen dafür  fünfzigfach  ersetzt.  Der  indi- 
rekte Werth  aber  durch  Erwecknng  von 
Fnt.^resse  für  die  Sache  und  Verständniss 
von  ihr,  der  in  Geld  sich  nicht  ausdrücken 
läs.si,  ist  unendlich  viel  grö.sser  und  wicii- 
tiger. 

In  1876,  als  die  erste  Agentur  für  Forst - 
berieht  im  Agricultur  Department  eiuge- 
set'jt  wurde,  stand  selbst  das  Wort  für  den 
Begriff  .,Forestry"  nicht  im  englischen 
Wörterbuehe,  und  war  im  Dictionarj'  das 
Wort  Forester  definirt  als:  an  officer  ap- 
pointed  to  watch"  a  forest  or  chase  and  to 
l)reserve  the  game.  Die  Idee  von  einer 
Kunst  dieses  Namens,  von  ihrem  Gegen- 
.stande  und-  ihren  ^Methoden  existirte  luiter 
unserem  Volke  nicht,  ausser  bei  wenigen  im 
Auslande  Gereisten.  Heute  vergeht  kaum 
eine  Woche,  in  der  nicht  eins  oder  mehrere 
der  Tagesblätter  mit  aller  Vertrautheit 
eiu'.^  interessante  Phase  der  Försterei  durch- 
nehmen, und  hat  diese  sich  zum  Gegen- 
stande des  Tagesgesprächs,  der  öffentlichen 
Vorträge  und  von  Magazin-Artikeln  ausge- 
bildet. Dass  die  Division  die  Triebfeder  zu 
dieser  Veränderung  abgal),  ist  leicht  er- 
sichtlich aus  den  fortwährenden  Bezug- 
nahmen auf  sie  in  Erwägungen  des  Gegen- 
standes, den  häufigen  Citaten  aus  ihren 
Bekanntmachungen  und  aus  den  ihr  nicht 
kreditirten  gleichwohl  oft  wörtlich  nach  ihr 
wiedergegebenen  Aeusserungen  von  Schrei- 
bern der  Tagespresse. 

Es  existiren  nunmehr  seit  1882  eine 
Nationale  und  eine  Anzahl  von  Staats-  und 
Lokal-Forst-AssociatJonen,  die  sich  mit  Für- 


DIE  DEUTSCHEN  IX  DER  FOEKSTERET  VON  XOKD  AMERIKA. 


669 


deruiifr  des  GegJMistaiulcs  in  ihi-cii  verschio- 
ileneii  "Wii-kunjrskreiscii  bofasst'ii.  Die  Di- 
vision, oder  wcnijrstciis  ihr  Chief,  war  ent- 
weder aktives  ]\Iitjrlied  oder  Beamter  eini- 
ger dieser  Körpei-sehaften,  oder  an  deren 
Entstelniiiir  Ix'liültlieh.  oder  stand  iliiien  l)ei 
»lit  Ratli  und  mit  Beisteuer  zu  ihi-ciii  l*ro- 
^ramnie. 

Gegen  zwanzig  Aekerbausehulen  liahcn 
Unterrielit  in  Försterei  in  ihren  Lehrplan 
aufgeuonnnen.  und  „Professors  of  Fores- 
tiy",  gewöhnlieh  der  Botanist  oder  Ilorti- 
kulturist  dieser  Anstalten,  theilt  sein  Wis- 
sen von  der  Sache  in  entweder  AVahl-  oder 
obligatorischen  Kursen  mit.  Die  Veröffent- 
lichungen der  Division  als  die  leiclitest  zu- 
gängliche, technische  Litterf.tur  des  Landes, 
dienen  grösstentheils  als  Grundlag.^  dieser 
Vorträge,  oder  geradezu  als  Textbuch. 

Der  Staat  New  York  that  einen  Schritt 
weiter,  imd  hat  im  Jahre  1898  eine 
wohlorganisirte  Schule :  The  State  College 
of    Forest  ry    at    Cornell    Universit3^    eta- 


\)vv  Stiiiil  l't  iinsjfh-diiiti  folgte  im  .Jahre 
1I>()8  ilcm  Beispit'Ic  und  betrat  eine  ähnliehe 
Foi>tpo]itik.  Kr  kaufte  eine  Anzahl  F<»iNt- 
i^eservationen.  die  er  unier  die  Leit.uig  des 
aktiven  Forst-Konunis.särs  .stellt«'. 

Die  liviulrsrcfjirnnif/  endlieh  bestimmte 
.■)8,000  Acker  öflTenl lieber  Ilolzlätidereien 
f ü r  Forst reserva t  ionen . 

()l)\vohl  an  Triel)kraft  m<hr  als  Ein(s 
iiötiiig  war.  }inscrc  Iif(/{(riin<f  für  eine 
solche  Politik  zu  gewiinu'n.  da  sie  vor  zwan- 
zig Jahren  unsirr  Idee  von  R<fjifiuii(js-()h- 
iiegenhcitrn  )wch  ganz  fremd  (leqeuHhrr 
stand,  so  ist  ihr  Vorgehen  zweifelsohne  doch 
die  Wirkung  der  hauptsächlieh  von  «ler 
Forst-Division  tu  tri<  h<  n<  n  i  r zieht  risehrn 
Kampagne.  Dr.  lloiigh  s  hlug  in  seinem 
öritten  Berichte  die  Zurüekziehung  aller 
öffentlicher  llolzländei-eien  vor.  und  erivog 
die  Grundzüge  für  dei-en  Behmdlung. 
Seia  zweiter  XaehfeAgir  im  Amtt  fornui- 
Jirte  weitere  ^Methoden  (s.  Bericlit  S.  1()1. 
Com.  Agrie.  1886)    und  (uhtifete  eine  um- 


blirt    und    dem    dermaligeu    Chief    of   the  fassende  Bill  aus.  die  unter  Befürwortung 

Forestry  Division  die  Direktorschaft  ange-  der    American    Fori'stry    Association    dem 

boten.    Der  Kursus  für  Studenten   die  den  Kongress  unterltreitet   wurdi .     DItst    Hill, 

Grad  von  Bachelor  in  Forstwissenschaft  an-  später  die  Paddock  Bill  benannt,  und  in  die 

streben,  ist  so  voll  wie  in  anderen,  ähnlichen  iNlcRae    Bill    modifizirt.    <  nthidt    die    <i<- 

Zweigen.  und  so  koniplet  wie  der  in   den  sichtspukte,  auf  die  alle  später  in.  Forsl-h'(- 

besten   Fösterei-Schulen   von   Deutschland,  tervationen   erlassene    Gesetzgihnng   basirt 

Die   wichtigste   Seite   dieses   neuen   Erzie-  ist.     Die   Sektion   des   Gesetzes  vom   3ten 

■nings-Unternehmens  ist:  em  Versuchsfeld  ]\Iärz   ]89],    die   Forstpolitik   bestimmend, 

von  30.000  Ackern,  besonders  bestimmt,  die  war  vom  Sekretär  des  Innern  formulirt,  der 


iMethoden  der  Waldkultur  und  Forstöko- 
nomie zu  erläutern,  um  ein  ^Muster  für  das 
ganze  Staatseigenthum  abzugeben.  Der 
fctaat  New  York  hat  eine  Forstresen^e  von 


öffentlich  und  im  Druck  seine  A''eri)tlieh- 
limg  für  die  Idee  dem  erwähnten  erzieheri- 
schen Einflüsse  zuerkannte.  Die  verL'angene 
Periode  von  zwanzig  Jahren  des  Bestehens 


über  1,000,000  Acker  separirt,  um  sie  auf      der  Division  of  Forestry  lässt  sieh  bezeieh- 


die  beabsichtigte  Grösse  von  3  000,000 
.•\cker  zu  bringen.  Die  Gesetzgebing  zum 
Einsatz  einer  Kommission  zur  Verwaltung 
«lieses  Forsteigeuthums  des  Staates  war  von 
dem  Chief  of  Division  1885  auf  Ersuchen 
»■'es  Staats-Senators  Low  verfasst,  der  ihre 


nen  als  die  Periode  d<r  Propaganda.  Wir 
]iab"n  wäh.rend  derselben  den  Anfang  ge- 
macht für  ein  neues  Unternehmen,  die 
Grundmauer  gelegt  für  den  Hau. 

Schliesslich  jedoch  miiss  eine  Divsion  of 
P'orestrv  einer  Regierung,  die  .Millionen  von 


l*assirung  sicherte,  während  verschiedene  Ackern  Foi-stbesitz  an  sich  gezogen  hat  die 
andere  Bills  für  denselben  Zweck  abgelehnt  Verwaltung  davon  in  die  Hand  nehmen, 
wurden.  das  Detail  der  Sache  und  die  Entwicklung 


«70 


Dli:   DKITSCIIKN   IN  DKK  FOERSTEREI   VON  NORD  AMKKl  K  A. 


I.T  'rt'cliliik  klriiicrcM  ZwciiTfii  des  Iiisitilts 
lihrilasscml. 

Ist  Försl(r(\  innfilnlxl.'  wird  «rrfnit^t. 

Vom  St}iU(li)U]il<t«'  der  Xiitionalökonomi«' 
ist  siclu'ilich  die  Bciiiitziuijr  unsores  Grund 
und  Hodens,  wo  er  nni-  Hol/  lici'vorbrin^'t. 
■ohn.-n.l.  ohirlcich  sie  für  dfii  I'riv.ituntcr- 
nchnicr  eine  hohe  Tii-ntf  u'u-h\  .ihwirfl. 

Die  Lo^'islatur  von  New  York  uuiclitc 
lS!).s  B<'wilIi},Mni};  für  die  Aida^'c  eines  ("ol- 
IcfTc  of  Forestry  an  d<'r  ("ornell  l'niversität 
mit  einem  Seludforste  von  HO.DOO  Aekein. 
Die  Sehnle  wui-de  A|n-il  ISIIS  or^'anisirt  mit 
Dr.  I'..  K.  Kernow  als  Direktor  und  Dekan. 

Deutsche  in  der  Foersterei  von 
Nordamerika. 

Grotff  Olio  I'racforius.  geboren  :3.  August 
183.")  in  Lohbergen,  Königreicli  Hannover. 
Vater  -loli.  Cliristian  Praetoiins.  Förster  in 
IjolilM'rgen.  Forstselude  von  Hannover.  In 
Amerika  seit  18():i.  Forester  in  Forest ville. 
Sch.iylkill  Co..  Vn..  nn  Dienste  der  Reading 
('(»..  gestorben  in  .Minei-s\  ille,  Sehuylkill 
Co..  Ta..  ISm. 

Iiichar<l  J .  llaldoiunin.  (hunberland  Co.. 
Post    Oflfiee    Harrisburg.    I*a..    geboren    in 
HeinsIxM'g,     l*a..     vo.i     deulsehen     Eltern. 
Studn-te   in   der  Aeademy   niul   in   ('aptain 
Parlridge's  Military  Sehoo.  in  TIai-risbiu-g. 
(Iradnirte  am  Vale  College,  Ct.  Aug.  IS")!. 
Besuchte  PhH'(»pa.     Studirti-  in   lierlin  und 
Hei  lelborg.      Begleitete    Hon.    \ .    .Mason, 
(Jesandter.   als   Attaehe  der  Gesandtschaft 
in  Baris:  später  Hon.  Thomas  H    Seymour 
ni    gleicher    Eigenschaft   nach    Petersburg. 
Dunhreiste    Skandinavien,    Central-    und 
Süd-Europa  und  den  Orient.     Kaufte  1857 
den     „Yearly    and    AVeekly     Patriot    and 
Cnion".  War  18(iO  Delegat  zur  Charleston 
und  Baltimore  Convention.     Ward  zum  41. 
i\ongress  als  Demokrat   gewählt    luul   wie- 
derinii  zum  4l2.  Kongress  mit  1:^,866  Stim- 
men gegen   10,416  republikanische.     Seine 
Jiede,  11.  April  1873,  im  Kongress  begann, 


'.crdeutseht.  wie  folgt:  ..Herr  Sprecher! 
Beim  Einbringen  dieser  Pill  über  einen 
grossen,  bisher  von  (iesel/gebinig  luiver- 
suchien  Gegenstand  ninuiit  der  Ausschuss 
iiiclit  an,  sie  sei  erschöpfend  oder  eine  per- 
fekt '  Massi-<'gel.  Sie  ist  (''ideitend.  sie  ist 
vei-sMchlicli.  Ich  iialle  iiiclil  zähe  fest  im 
Fin/.elheiten.  Sie  gilt  als  einen  Schritt  die 
Anfnun-ksandceit  des  Publikmus  auf  die 
(Iriiu^cnde  Xotliwendigkcit.  zu  leidcen.  der 
.\lasr>enzei-stöi'nng  dei  Forste,  die  im  Lande 
im  (Jange  ist,  Einhalt  zu  thun.  l'nd  danmi 
möchte  ich  das  Haus  verweisen  auf  das  in 
andern  Landein  Geschehene  und  darauf, 
welche  Schaden  ganze  Kontinente  genom- 
men haben  durcli  ruchlose,  masslose  Holz- 
vei'schwendung. " 

.Joli.  Fri(  (]ri(]i  Ilarl laiifl .  Sohn  deutscher 
Eltei-n.  Geboren  Ki.  l)ezend)er  1830;  ge- 
storben 17.  Oktober  1888.  Gouverneur  von 
Pcinisylvania,  Jan.  31.  1873 — Jan.  1876  und 
.lan  18.  1876— Jan.  21.  187i).  Besami 
durch  seine  Botschaft  an  die  Legislatur  von 
Pennsylvania.  1873,  die  Propaganda  in 
diesi^ni  Staate  für  Forest i-y. 

James  A.  Baivo'.  De\itseher  von  Her- 
kunft. Gouverneur  von  Pennsylvania  von 
1S7!)— 83.  schreibt  P>ellefone.  Pa.,  6.  :März 
1  !)()<)  für  dieses  l^uch,  also  verdeutseht: 
,.lch  nahm  grosses  Interesse  an  dem  Gegen- 
stande der  Försterei  als  Inhaber  der  Exeku- 
tive und  wai-  ein  Jahr  Präsident  der  Ami'- 
riean  Forest  Association.  Die  Frage  war 
damals  niclil  von  solch  praktischer  Bedeu- 
tung wie  jetzt,  und  es  war  schwierig,  die 
Aufmerksandseit  der  Legislatur  darauf  zu 
leid<en.  1895  war  ich  Präsident  der  Penn- 
syl\-anisch-Deutsch;ni   Gesellschaft. 

Samuel  ]V.  Pc  nun  packe  }\  Gouverneur 
von  l'dinsylvania  1903—07,  schreibt  Phila- 
delphia, 11.  Februar  1909  (engl.)  für  dies 
Bucli.  zu  Deutseh:  „leb  bin  ganz  deut- 
scher Abkunft.  Der  erste  Schritt  für 
Försrerei  in  diesem  Lande  geschah  von 
William  Penn  in  seinen  Verträgen  und 
Uebereinkonunen   mit  seinen  ersten  Land- 


\)[\-:  Dh:L'T8CIIi:N    IN    DFAi    KüKKSTKIiKI    VON    Nol»! )  AM  Kl;  1  K.\. 


671 


käufoni.  11.  Juli  1681.  Kr  niadite  aus, 
(lass  beim  Aufklären  des  liocleus  gesorgt 
werde,  je  einen  Aeker  von  sechs  in  AVaid 
zu  belassen,  in.sbesondere  Eichen-  und 
.Maulbeerl)äuine  zu  schonen."  Geboren  9. 
April  1S4.S  in  Pliönixville,  Pa.,  war  P.'s 
\'ater  Pi-ofessor  am  Pliiladelphia  College  of 
Medicine.  Tuter  P.  ward  die  Forstreser- 
vation verdopi)elt.  Er  wandte  einen 
grossen  Goal  Strike  ab.  Er  ist  Autor  von 
The  Settlement  of  Germantown".  Seine 
Wall!  war  republikaniseh. 

,/.  7'.  Rothrock,  U.  D.  schreibt  30.  Jan. 
lf)()9  für  dies  Buch  (engl.)  verdeutscht: 
..Ich  l)in  ganz  deutscher  Abkunft,  geboren 
in  Mifflin  Co.,  Pa..  1839.  In  1880  hatte 
icli  nocli  am  01)er-Rhein  lebende  Ver- 
wandte, und  wahi'seheinlich  leben  noch 
jetzt  solche.  Ich  glaul)e,  ich  war  der  erste 
Penn.sylvanier.  der  ein  Geschäft  daraus 
machte,  die  For.ste  dieses  Staates  zu  retten 
und  verlorene  wiederherzustellen.  Was 
mich  besonders  dazu  antrieb,  kann  ich 
gerade  nicht  sagen.  Meine  Liebe  zum 
Walde  ist  die  nächste  zu  der  zu  meiner 
Familie,  die  erste  Neigung,  deren  ich  mich 
erinnere.  Gäbe  es  eine  Wiedergeburt,  so 
erneuerte  ich  wohl  das  Leben  eines  wald- 
liebenden Deutschen,  der  zu  Tacitus  Zeiten 
lebte.  Ich  denke,  ich  werde,  so  lange  ich 
lebe,  thun,  was  ich  seit  fünfunddreissig 
Jahrui  zu  thun  versucht  habe,  die  Wälder 
erneuern."  Commissioner  of  Forestry, 
Penna. 

Henry  Kümmel,  geboren  25.  ]\Iai  1867  in 
Milwaukee.  Eltern  Julius  F.  Kümmel  und 
Anna  K.,  geb.  Barnard.  Harvard  Univer- 
sität. Exekutiv-Beamter  der  Park-Reser- 
vation des  Staates  New  Jersey,  Trenton. 
Autor  geologischer  Schriften. 

Georg  Hermami  Wirt.  Eltern  Jacob  R. 
Wirt  und  Sarah  W.,  geb.  Reifensnyder ; 
geb.  28.  Nov.  1880  in  ^McVeyton.  .Mill'lin 
Co.,  Pa.  Juniata  College,  Iluntingdon 
Co.,  Pa.,  Forstschule  Biltmore,  S.  C,  Dr. 
C.  A.  Schunck.  Praktisch  geübt  in  Deutsch- 
land.    Oberförster  von  Pennsylvania. 


G(i)r(j  Fridhlch  Stliirtir:.  Kltciii  Kricdr. 
Schwarz  und  Carniinc  S..  gel».  Clau.sen ; 
gi'b.  Baltimore.  .Md..  1;{.  .\pril  ISdS.  Har- 
vai'd  College.  II.  Law  Schunl.  Foi*sts<'hulen 
in  Deutschland  und  Frankreich.  Auliior 
von:  ..Fol'cst  'Pl'ees  aund  Folgest  Seeueries". 
..'Plle  Long  Leaf  Piue  of  N'il-gin  Forest". 
,,Tlu'  Rock  River  and  its  sun-ounding 
Forests",  Contributes  to  Foi-est  «lournals. 
Cimsulting  Forester. 

FilUxrl  Uoth.  Eltern  P.  R.  Rotii.  Anmlia 
R..  geb.  Volz;  gel).  21.  April  1858,  Wii- 
helmsdorf.  Württend)ei-g.  Kam  1876  nach 
Auicrika.  Gi-ad.  Cniv.  Michigan.  Professor 
of  Forestry  Cniv.  ^Michigan.  Auth(»i-  of 
..Bull  10  Tiud)er",  „First  Book  of 
Forestry". 

August  Ferdinand  Becker.  Elteni  Wil- 
helm Becker,  Anna  B.,  geb.  Fischer;  geb. 
20.  Juni  1865,  Dürkheim,  Deutschland. 
Supei'intendent  of  State  Capitol  GriMuids, 
Cohnnbia,  S.  C. 

Johann  Friedrich  von  Uajjl<  n,  gel».  14. 
Dezemlier  1858,  Bützow,  ]Mecklenburg- 
Schwerin.  Gjminasium  Güstrow.  Kadi't- 
tenkorps  Berlin,  Foi-st-Akad.  Elx-rswalde, 
Tharant,  Eisenach.  Supervisor  of  Forest 
nursery  of  the  Champlain  Rcalty  Co.,  Ran- 
dolf,  Yt. 

William  Lester  Byers.  Eltern  W.  Byers. 
Kate  B.,  geb.  Newman  ;  geb.  8.  Jan.  1887, 
Chambersburg,  Franklin  Co.,  Pa.  Public 
School  Chambersburg,  Penna.  State  Forest 
Academy,  :Mont  Alto.  Forester.  (Dept.  of 
Forestry. ) 

Bernhard  Eduard  Ftrnow.  S(»hn  des 
Oberregierungsraths  Fernow.  geb.  in 
Owratzlaw,  R.-B.  Salzberg,  Prcusseii.  7. 
Jan.  1851.  Graduirt  Gymnasium  Brom- 
berg, Forst-Akademie  ^lünden,  Dept.  .juris 
ünivers.  Königsberg.  (L.  L.  D.  '  "iv. 
Wisconsin,  1807,  Queen  I'niv.,  Canada, 
1003.)  Im  deutsch-franz.  Kriege  Lieut.  der 
Reserve.  6  Jahre  im  preuss.  Forst  fach. 
Nach  Amerika  1876.  Im  metallurg.  Ge- 
schäft etablirt,  Brooklyn.  X.  Y.     Chief  U. 


rü2 


I)[K  DErTSniEX  TN  DF:K  FOI<:R.STi:RKr  VON  NOKD  A^[EKIKA. 


S.  l'.iirriiu  nf  Fon-stry  188()— 181)S.  Dircctor 
Coll.-trc  (.f  F(HTstry.  Corncll  VuW.  1808— 
ÜMCi.  In  IM-Hxis  als  Consultiiijr  Enfjinocr 
mit  OrtifT  in  Itliaca.  X.  Y.  und  New  Yoik 
City  l!l(>:{— IIMIT.  Dean  Faciilty  of 
Forest  ry.  Toronto.  Caiiada.  1007. 

N'crfasscr  uimI  Ilrrau.sf^t'bcr  des  ..P\)restri- 
(^uatcrly  ".  des  ersten  professionellen  Jour- 
nals seiiii'r  .\rt  in  <len  \'i'r.  Staaten.  Autor 
der  ..Keononiies  of  Foi-estry"'.  ..Ilistory  of 
Forestry".  ..The  earo  of  trees  in  lawn. 
Street  and  park"  und  vieler  Beriehte.  Bul- 
letins etc.  über  Försterei.  Sekretär  188:^ — 
87.  \'oi-sitzei-  des  E.xekutiv-Komites,  ei-ster 
Viee-1'räsident  seit  1808  der  American 
Forestry  Association. 

\V.  Will.  irel)oren  8.  .Nov.  1772  in  Bla- 
densbur^'.  I'rinee  Geortje's  Co.,  Md.  Sein 
\'at«'r.  Seinveizer  aus  Züi-icb.  starb  ibni 
kurz  nacb  der  Geburt,  seine  ]\Iutter.  Deut- 
sche, vor  seinem  neunten  Jahre.  a])er  sein 
()id<el  sorjrte  für  ilni.  Kr  liesuchte  die 
Schule  von  (ieor^etown.  1).  C.  luid  die  des 
Hev.  James  Ilunt  in  .Montfromery  Co.,  ^Id. 
Während  seiner  Beschäftigung  als  Privat- 
Lelirer  und  Schrift.steller  setzte  er  seine 
Studii'n  fori,  fand  Zulass  zu  der  Bar 
und  wurde  ein  |)i'oduktiver  Autor  und  be- 
rühmter Hedm-r.  dessen  ausdrucksvoller 
Vortrag  Bewunderung  erregie.  p]r  heira- 
thet«',  verlor  seine  Frau  in  1703.  .stieg,  zu 
Aemtern  enuinnt.  von  Stiife  zu  Stufe  und 
gewann  als  einer  der  Räthe  im  Staatspro- 
zess  gegen  Aaron  Burr  durch  seine  Rede 
von  vierstündiger  Dauer  erhöhten  Ruf. 
S«'ine  Anstellung  als  General-Staats-An- 
walt erhielt  ei-  voll  l'räsi(hMit  .Monroe  1817 
und  erlangte  als  solcher  durch  Weisheit 
seiner  Kntsclieiduiigeii  den  Rang  klassi- 
scher  Autorität.      In    der    Rechtsfrage   der 


Oberiioheit  des  Staates  in  Sachen  de.s 
(Jrundbesitzes  steht  sein  I'rlhcil  betreffs 
F()i:-<lliin(1rr(i(  n  unerschütterlich  fest.  Es 
gilt  als  Rechtsbodeii  für  alle  pa.ssirte  Laiid- 
und  F(n'stge.setzgebung,  und  lautet  ans  dem 
Englischen  vom  27.  ]\Iai  1821  zu  deutsch 
wie  folgt:  ..rnabhängig  von  positiven  ge- 
setzlichen Bestimmungen  halte  icli  dafür, 
dass  in  Bezug  auf  alles  Eigenthum,  real 
oder  iiersonal.  welches  die  Vereinigten 
Staaten  unter  der  Konstitntion  berechtigt 
sind  zu  besitzen,  sie  alle  ])ürgerlichcn 
Hülfsmittel  haben,  ol)  zur  Verhinderung 
oder  Entschädigung  für  Cnreciit.  wie  In- 
dividuen. So  müssen  die  Ver.  Staaten,  be- 
rechtigt, wie  sie  sind,  diese  Ländereien  zu 
empfangen  und  für  das  Gemeiinvolil  zu 
halten,  alle  gesetzlichen  Mittel  haben,  sie 
zu  beschützen,  wie  Individuen  in  gleichen 
Fällen.  Sie  sind  deswegen  nach  meiner 
^leinung  berechtigt  zu  Einhaltsbefehl,  ge- 
gen Verschwendung,  mittels  Verwehrung, 
und  gegen  Aussclireitung.  mittels  Bestra- 
fung, in  derselben  Art  wie  Individuen  in 
ähnlicher  Lage." 

Bestätigt  durch  S])rnch  von  Richter 
Taiiey  und  Anderen,  diente  diese  Auslegung 
dem  vom  Präsident  Cleveland  beorderten 
Spezial-xVusschuss  zur  Beschaffung  eines 
Systems  für  die  Forstpolitik  der  Union  als 
Grund  des  Rechts  zur  Autführung  dieses 
grossen  Baues  moderner  Kultur.  "Wiederum 
gepiiift  durch  einen  vom  Staate  ]Maine 
jüngst  ])erufenen  Rechts-Ausschuss,  mag  er 
auch  in  Kurzem  vor  das  Forum  des  Volks 
von  Pennsylvania  gelangen  in  Prüfung  des 
von  Gouverneur  Stuart  ausgesprochenen 
Vetos  des  in  letzter  Sitzung  der  Legislatur 
erlassenen  Gesetzes  gegen  Anstiften  von 
\Valdl)rand. 


Die  Deutsche  Gesellschaft  von  Pennsylvanien. 

Die  ersle  Gesellschaft  zum  Schulze  und  zur  Unterstuelzung 
deutscher  Einwanderer. 

Di«'  Aniiiith  s<»  vich'r  AiiswiiiKh'i-cr  des  Im.  dachtrii  aiii  wi-ni^rstcii  daran,  s.-hoii  an 

IS.     .lahrhiindtTts     /wanjr     einen     «rrossen  (h-ni    Kins«liifrnnf;sorte    Für  «hts    lii-st«'   der 

Theil   dersellicn.   ziii-    Deekun«:  der   Kdsteii  rreiwilliir  .Xusjrcwanderten  /u  sitr^ren  :  iil)er- 

der    I'eherfalirt.    jrewiihnlieh    $40    bis    jf;.")!).  di.-s    war   der   Transport    hanptsäelilirh    in 

mit    den    Kapitänen   oder   Rheth-rn    Dienst-  (h-n    Händen    >\rv    IInllän<lrr.   die   sich   seit 

verträfre   einzudrehen,    weh-he  sie   v.-rpHieh-  hin^'er  Zeit   ein.n   nnrühndiehen  Namen  in 

teten.   duiili    .\i-hcit    in    (iciii    neuen    Lamh'  i\ry    .\  iis\vanderer-(  Jesehiehte   gemacht    liat- 

ihre    Verl)indliehl<eiten    alt/.uhisen.      Die  .so  tiii.  dniili    I  ehcrfüllunt.''  ihrer  SehitTe  mit 

verpriiehtete    Tei-son    konnte    hei    .Xiclitein-  mens<-hlieher     Frai-ht.     harte     Mehan«llunjr 

haltunjr  (h'r  Dienstzeit   nieht   nur  zu  Scha-  und  s<-lih-<-hfe   Fiirsorjxe   für  .Xalirnnj;  und 

(h'nersatz       veriirtheilt.       sondern        aneli  (Jesnndlieit   ihrer  l'assajriere.     (Jrauenhafle 

zwanjrswi'isc  zu  weiteier  .\ilii'it  an«rehalten  Szenen     spielten     sieh     hinsieht  lieh     dieser 

werden.       Derai-titre     N'erträire     wai-en     so-  armen     Kinwanderer    in     den     Häfen     von 

wohl    in     Kn.Ldantl.    wie    in    den    eiiudisdien  Philadelphia    uiul     l'.altimore    ah.      Saur's 

Kolonien    nichts    .\eues.    fanden    ahei-    nur  Zeitnnir    in    (lermantown    hatte    vertrehens 

auf     .Mindei-jähriire     .\n\vendunir.     welche  kräfti<r   ihre   Stimme  zum   Schutz  der  ein- 

dui'ch  Kitern  odei-  \'urmünder  in  die  Lehre  jrewanderten  jjandsleute  erhol)cn.  Sciion  im 

jrehujiden     und     dann     seihst     mit     (iewalt  -lalirc  MAS  schreiht  ein   Koi-i-espondent  der- 

luiter  der  Fuchtel   ihrer  Lehihencn   «reha!-  „(Teistlicheu      Fanui"     aus     (lermantown: 

teil    werden    konnten.  ..Die    .Meilire    .Menschen,    so    sieh    aiifreitzeii 

In    mehreren    Kolonien,    und    iiniiM-ntlich  hissen,    dies    .lahr    ins    Land    zu    konnnen. 

in    Pennsylvanien.    wuideii    (n-setze    erlas-  hrin.ucii      und     ma.-hcn      keinen     •rerin«ren 

seil,   nach   welchen  auch    Kinwanderer  sieh  dammer  ins  Land.      Denn  ausserdem.  <lass 

so  verhinden   konnten.      Ks  wurih-  hei  ch-r  ^•'    viele    hunderte    auf    den    SchitVeii    zur 

Ankunft  ih-r  Sehitre  die  Arheit  der  Anjre-  ^«'«'  durch   Krankheit   «restorlM-n.  dafür  die 

knnniienen  zu  dem  i'reise  verkauft,  welcher  Hiiilerhlielx'iien.  so  ikhIi   welche  aus  einer 

di<'  Schuld  deckt.-.  w.Mlureh   Litern  oft  \oii  l'';iiiiilie  iihri-r.  zahlen   uikI  dien.-n   müssen, 

ihren   Kin<leiii  ^n-treiint   und  «.«-rnsse  l'eher-  «•'    '^1     '"'"     nn^remeiner    (ieldmantrel     und 

V()rtheilun<ren  an   Vielen  ausjreüht   wunh-n.  ^'"'t'  iint<-r  den  .Mensdien.  dass  es  kaum  zu 

indem    man    sie    \'erträ«re    luiterschreihen  saften  ist  . 

liess,  die  sie  nielit  verstanden,     .\ucli  hat-  AVeiterhin  wird  heriehtet.  dass  auf  einem 

ten    die    Behörden    hiei-zulande    weni«r    t-'e-  SchifVe    l(i(>.   auf  einem    an«leren    L')(l    l'er- 

than.    um    reherfüllun«:   <ler   SchilT'e.    \'er-  seilen     elend     <;estorlien     und     auf     einem 

nachlässi^Min^;   der    rassa<riere    und    Uetrü-  dritten   nur   IM   Personen   «resund  ^rehlieheii 

^ereien    seitens   ch-r    Kapitäne    und    .Mann-  sind.     Die  Schuld  dieser  t;rossen  Sterhlieh- 

sehaften      zu     verhüten.        Die     (h'utsehen  keit     wird     <h>n      Kapitänen     heitremessen. 

Fürsten  in  dei-  Heimath,  welche  ihre  Lau-  ..welche    die     Leute    so    ^rrausam     di<*k     in 

deskin(h'r  für  haares  (ield  im   fremden   In-  einander  stecken  und  Ictrcii."  -    Christoph 

terosse  nach  Amerika  und  Afrika  vei-kauf-  Säur  fü«rt  einem  Kriefe  vom   17.  Novemh«'r 


676 


I)i;i'l'S(  11I-;  (IKSKLI.SCIIAFTKX. 


17:i8  als  Xacliscliriri  Ix-i :  ..Ks  wjir  juif  Arv 
Sei'  (lies  Jahr  t'iiic  St'U<-lit'  wir  die  l'i-st. 
Daran   starhfii    wolil   "JOOO   HcisiMuU». " 

Im  Ft'bniar  174.")  hfrichtcto  Christoph 
Saiir's  Zcitunjr:  ..Hin  aiichTcs  Schitl"  ist 
in  IMiihi(lt'Ij)hia  aiijri'koiniiifii  mit  Tciit- 
si'heii ;  es  wirtl  jji'satjt,  es  scycii  4()()  fjcwe- 
s«'n.  und  <'s  soHcn  iiiclit  viel  mehr  über 
.'lO  am  L('l)«'n  scyn."  —  —  Vci-siichi'  zur 
Ht'sscruuf;  dieser  Zustände  seileiterten  an 
der  Käufliehkeil  und  Höswilliirkeit  der  Be- 
hörden, und  erst  als  im  .lalwe  17(i4  die 
Deutsche  Gesellschaft  in  Peiuisylvanien 
entstand.  «:elan«r  es,  die  Assend)ly  zum 
Erlass  von  Gesetzen  zu  hewefjen.  die  den 
an  den  Kinwanderern  verübten  l'nnienseh- 
liehkeiten  steuerten. 

Die  VerscliitTuns;  der  Auswanderer, 
(leren  Arbeitskraft  und  Kruerbsfähigkeit 
für  die  riehtijre  HezahlunjJT  des  Fahrgeldes 
u.  s.  w.  bis  auf  Heller  \nul  Pfennig  eine 
siehere  Garantie  bot.  erwies  sich  als  ein  so 
profitables  Geschäft  für  die  Rheder  und 
deren  Agenten,  dass  ein  abscheuliches 
System  des  AVerbens.  eine  wahre  Seelen- 
verkäuferei,  daraus  erwuchs.  Anfangs 
stellten  die  Hheder  ihre  Makler,  die 
hübsche  Kommissionen  erhielten,  in  den 
Ilafenstätiten  auf  die  Lauer,  \nn  die  ein- 
trefTeuden  Auswanderer  abzufangen,  aber 
mit  der  Zeit  entwickelten  sieh  daraus 
förmliche  Menschen  Jagden,  wofür  ganz 
Süddeut.schland  ein  grossartiges  Feld  bot. 
Die  Werber  reisten  in  prunkvollem  Auf- 
zuge umher,  mn  den  Leuten  Lust  zur  Aus- 
wanderung zu  machen.  Am  geschicktesten 
dazii  waren  solche,  die  schon  in  dem  neuen 
Lande  gewesen  waren,  und  danach  „Neu- 
länder" hics.scn.  Die  Frechheit  und  Ge- 
\vis.senlosigkeit  dieser  Seelenverkäufer 
nuiss  ma.sslos  gewesen  sein.  Am  schlimm- 
sten trieb  <'s  ein  gewis.ser  Kapitän  Jacob 
Friedrich  Ileerbrand.  spottweise  „Ilöllen- 
brand"  genannt,  der  zwanzig  Unterwerber 
im  Solde  hatte,  darunter  seine  Brüder  und 
Schwäger,  „abgedankte  Soldaten,  Jäger- 
leute und  allerlei  andere  nichtsnutzige  Ge- 


sellen.'"  —  .,Sie  nahmen  alle  Sorten  von 
Bettlern,  so  sie  auf  der  Strasse  finden,  an 
und  \ei-anstaltete  er  einen  Transport  nach 
dem  andeiii.  welche  v(m  seinen  Werbern 
über  Landt  nach  Ileydelberg  geführt  wer- 
den. p]s  wird  gesaget,  dass  er  allliereits  l)ey 
die  ()()0  Frachten  hat."  —  Einzelne  Regie- 
rungen verhielten  sich  übrigens  nicht 
gleichgültig  gegen  diesen  Tufug.  und 
Christoph  Säur  verötfentlicht  in  seiner 
Zeitung  am  5.  Februar  1751  eine  Nachricht 
aus  Frankfurt :  „Der  Churfürst  von  der 
I'falz  hat  einen  Befehl  la.ssen  ausgehen, 
dass  in  der  ganzen  Pfalz  kein  Neuländer 
soll  geduldet  werden;  sie  sollen  (als  die 
grössten  Schelmen  von  der  Welt)  eingezo- 
gen und  in  Gefängnissen  verwahrt  wer- 
den." —  Trotzdem  erreichte  dies  nichts- 
würdige System  gerade  in  den  nächsten 
Jahren  seinen  Höhepunkt. 

Diesen  schreienden  L^ebelständen  abzu- 
helfen, war  die  Veranlassung  zur  Grün- 
dung der  ,, Deutschen  Gesellschaft  von 
Pennsylvanien".  Am  zweiten  Christtage 
des  Jahres  1764,  um  4  LThr  Nachmittags, 
versammelten  sieh  65  deutsche  ]\Iänner  im 
lutherischen  Schulhaus  an  der  Cherry 
Strasse  in  Philadelphia.  Ludwig  AVeiss. 
ein  deutscher  Rechtsgelehrter,  hielt  eine 
Ansprache ;  sie  nahmen  eine  Verfas- 
sung an  und  erwählten  ihre  Beamten. 
,,Die  Regeln,  welche  die  Gesellschaft  in 
dieser  konstituirenden  Versanunlung  zur 
Richtschnur  ihres  Handelns  aufstellte," 
berichtet  Dr.  Seidensticker,  „haben  im 
Laufe  der  Zeiten  allerdings  manche  Abän- 
derungen erfahren;  neue  Verhältnisse 
schufen  neue  Aufgaben,  und  diesen  iinisste 
wieder  dieses  äussere  Gerüst  entsprechen; 
aber  trotz  aller  Zusätze  und  Anpassungen, 
die  von  Zeit  zu  Zeit  nöthig  wurden,  ist  der 
Zuschnitt  der  Deutschen  Gesellschaft  im 
Wesentlichen  derselbe  geblieben,  wie  er  sich 
in  den  ältesten  Regeln  darstellt." 

Die  Einleitung  zu  den  ältesten  Regeln 
und  der  Verfassung  der  „Deutschen 
Gesellschaft",    welche    später    zeitgemässe 


I 


DEUTSCHI-:  f:Ksi:i,I,S(  IIAI'TKN. 


677 


Aendoi'un«;oii  crfuhn'ii.  niii^:  hier  «mik' 
Stelle  finden,  da  iiire  naive  Aiistlrucks- 
weise  und  altväterliche  Einfa<lih»'it  an  die 
län«rst  vertran^-Mien  Zeiten  iinscnr  \'or- 
faiiren  erinnern.  Sic  I.uitct : 
In  Xttinint'  Doinini  Xostri  Jesu  ("lirisfi. 
Amen. 


an^rekoiiinu'n  sin«:  h('\vo<;cn  worden,  auf 
Mit!»'!  7M  dt-nkfii.  um  diesen  Fremden 
finifje  Krleichteriujjren  /u  vcrsi-hafTrn.  und 
lialxMi  mit  unserem  Fiirspreclien  und  einem 
jrerinjren  Beitrage  in  ("Jeldc  mamhcn  Ncn- 
koimiK'ni  ihn-  Xofli  cfwiis  t'i-trä>rli<'li  ^i-- 
mai-lit. 


JOHANN    HEINRICH    KEPPELE. 
der   Gruender   und   wtle   Pntmdenl   d»r   DegUchrn   GesrlUchafl    von    Prnntylvanicn. 


»."Wir,  Seiner  Könif?liehen   Majestät  von  ..Dies  hat  un.s  zum  Sehluss  jjehracht,  so 

Grossbritanien    Teutsehe    rntei-thanen     in  wie  wir  hier  ziisammen  frek(tmmen  sind,  i'ine 

Pennsylvanien.    sind    bei    Gelef;»'nhfit    der  (Jescllsciuift   /\ir   Ilülfr   \uul    Meist  and   der 

Mitleidenswürdi>,'en    l'mstände    vieler    im-  arnu'u    Fr»'mdlinjre    Teutscher    .Nation    in 

serer  Landsleute,  die  in  den  letzten  SehiflFen  Pennsylvanien  zu  errichten,  und  einip'  Hc- 

von  Europa  in  dem  Hafen  von  Philadelphia  ^'cln    fcstzu.setzen.    wie    diese    (iesellschaft 


ti78 


DKUTSCIIH  (!1-:si:lI,S('I1AFTKN. 


sirli  vim  Zeit  /u  Zi-it  Vf-niiclircii.  inid  ilirc 
(lUtthätiirkfit  wt-itci'  mid  weiter  .luslneiteii 
iiiöjre. " 

Kille  »lep  erstell  Kllllllireliselliirtell  dieser 
(Jest'llseliaft.  der  erstell  und  iillesteii  deut- 
selieii  (Jcsellselijift  unseres  Landes,  wai-  die 
Verhesseruii}.'  d<'i"  Itestelieiideii  N'erord- 
iiiin«reii  ül)er  den  Transport  von  Kinwan- 
der«*rn.  Diireli  ein  am  18.  .Mai  17(i.")  er- 
lassoiu's  (Jesetz  der  lie»rislatur  von  IN'iiii- 
sylvanien  wurdo  hestiiumt.  dass  den  l*as- 
sa^Meri'ii  mehr  Kaum  tre«rehen  werde  und 
jedes  SehitT  einen  Arzt  und  die  nötlii«ren 
.\r/.neieii  mit  sieh  führen  muss.  Die  Zahl 
(h-r  Käueherun^eii  und  Waseliun^en  der 
SehitVsräume  wurde  vorjieseh  rieben,  (h'ii 
Betrügereien  der  l'roviantmeister  iiiöir- 
liehst  vorgebeugt.  Den  dureli  frühere  (ie- 
setze  vom  Staate  ernannten  ßeaiiiteii. 
weh-lie  die  Sehit^'e  bei  ilirer  Ankunft  zu 
besiehtiiren  hatten,  wurden  beeidete  Dol- 
metscher zur  Seite  gestellt,  welehe  die  Pas- 
sagiere mit  dem  Inhalt  der  zu  ihren  Gun- 
sten erlassenen  Gesetze  bekannt  zu  iiiaehen 
liatten.  und  welehe  zu  gleicher  Zeit  über 
die  Inspektoren,  denen  man  öfters  vorge- 
worfen hatte,  dass  sie  mit  den  Schift'skapi- 
tänen  und  Hhedern  unter  einer  Decke 
steekt<'n.  eine  heilsame  Kontrolle  au.süben 
konnten.  Das  Gesetz  enthält  noch  andere 
zweckmässige  Bestimmungen. 

Auf  Betreiben  der  Gesellschaft,  deren 
Präsident  von  1764  bis  1781  ein  reicher 
deutscher  Kaufmann.  Johann  Heinrich 
Ke|)pele.  war.  erhielt  die  Gesellschaft  am 
*J().  September  1781  eine  Inkorporations- 
Akte.  von  F.  A.  Muelilenberg  unterzeich- 
net, in  dej'selben  war  der  ursprüngliche 
Wirkungskreis  bedeutend  erweitert ;  es 
wurde  namentlich  der  Gesellschaft  erlaubt, 
ihre  Kinkünfte  nicht  nur  zum  Beistand  dei- 
Hinwänderer  zu  verwenden,  sondern  auch 
zur  Krriciitung  und  Erhaltung  von  Schu- 
len, einer  oder  mehrerer  Bibliotheken,  zur 
besseren  Erziehung  und  rnterweisung  von 
Kindi-rn  und  .Jünglingen  deut.scher  (ieburt 
uiul  Abstammung,  zur  PIrbauung,  Ausbes- 


serung und  rnterhalt  von  Sehulanstallcn 
und  ilen  zu  obigem  Z^vecke  nöthigen  Häu- 
sern, sowie  z\li-  Besoldung  von  Schul- 
lehrei'n. 

Zwischen  1781  und  1818  waren  ObeiNt 
Ludwig  l-'aiirier,  General  Peter  .Mülilen- 
l»ei-g.  .sowie  Fv.  A.  .Mühlenl)erg.  alle  Män- 
ner des  Kevolutionskrieges,  I'räsidenten  der 
Gesellschaft,  die  in  den  .lahren  17i)l  bis 
ISOO  einen  Zuwaehs  von  '2'h'  neuen  Mit- 
gliedeili   erhielt. 

Da  \dn  dem  französischen  Kevolutions- 
kriege  bis  zum  Jahre  1818  die  deutsche 
lOinwanderung  fast  vollständig  aufgehört 
hatte,  und  die  Gesellschaft  für  ihre  ur- 
sprünglichen Zwecke,  den  Einwanderern 
Schutz  zu  gewähren  und  die  Aenneren  bei 
ilirei-  Ankunft  zu  unterstützen,  kein  rechtes 
1^'eld  mehr  fand,  so  ist  es  erklärlieh,  da.ss 
trotz  der  erfreulichen  Finanzlage  eine  all- 
gemeine Gleichgültigkeit  eintrat  und  neue 
.Mitglieder  nur  spärlich  hinzukamen.  Da 
die  ^Mehrzahl  der  .Mitglieder  um  das  Jahr 
1818  aus  hier  geborenen  Deutschen  be- 
stand, welchen  die  englische  Sprache  na- 
mentlich in  öffentlichen  Verhandlungen 
iiiundgereehter  war.  konnte  sogar  der  Be- 
schluss  dui-chgehen.  die  Protokolle  und  De- 
batten in  englischer  Sprache  zu  führen. 
Diese  letztere  .^L^ssnahme  bestand  mit  gele- 
gentlichen T^nterbrechungen  bis  zum  Jahre 
18öi).  trotzdem  die  deutsehe  Bevölke- 
rung in  i?hiladelphia  schon  im  Jahre  1848 
auf  .')().()()()  Seelen  geschätzt  wurde.  Eret 
im  Jahre  1847  nahm  sich  die  Gesellschaft 
wiediM-  lebhaft  der  deutschen  Einwande- 
iiing  an.  Sie  errichtete  eine  Agentur  zur 
l'nterstützung  der  Einwanderer  und 
Armen,  sorgte  für  Rechtsschutz  und  ärzt- 
liche Behandlung  mittelloser  Personen  und 
für  Vermittlung  zwischen  Arbeitsuchenden 
und  Arbeitgebern. 

Schon  im  Jahre  180()  wurde  an  der 
Westseite  der  7.  Strasse.  ol)erhalb  der 
Chestnut  Strasse,  eine  Halle  erbaut  luid  im 
Jahre  1821  bedeutend  vergrössert  und  die 
Bibliothek  be.stäudig  vermehrt,  so  dass  sie 


i)i:rTs;cifK  cKsKi.r.s«  iiai'tkn. 


«:•• 


heut»'  rille   (l.T   •ri-.isstcii    (lfiiis<-li.-ii    hildin-  .Tl.iiiit  liiit.  in  d.-n  Ict/ti-ii  .lalin-n  uiil.-r  .I.t 

thckt'u  imstMTs  L;iii(l('s  jri'wonlcii   ist.     Das  l.»'itiin<r  ilircs  cM.'rtrisrlK'n   mikI  un.Tinü.lli- 

wcitcrc     Aufhlülicii     d.'i-     ( IcNclis.-liafl     /u  .-licii    Priisidniirii    \)\-.  C    .1     I  Irsaiin-r  tjaii/ 

schild.Mii.  die  freilich  nueh  iminer  nicht  die  liedeiitendc    Fortschritte   j;eMiacht    und   il-r 

Zahl    der    .Mitjjlieder.    die   sie    hei    einer  s.i  Mittelpunkt    aller    deutschen    Mcwe^'nn^'cn 

^'rossen  Zahl  von   Dentsehen.  wie  sie  l'hila-  •rewurden   ist.  welehe  in  den  letzten  .lahren 


GENERAL    PETER    MUEHLENBERG. 

Prsetidenl    drr    Deutschen    GocUkWi    von    Peniuyivanirn    im    Jahtr    1 76H. 


delphia    hesitzt.   haben   sollte,   lie^rt    ausser-  das  allj^enieine    Intorcsso   in    .\ns|trueli   jrc- 

hall)  der  (irenzeii  dieser  Ahhandlun^r.  noinnicn  haheii.     Ks  wurdf  ihr  ein  Fraucn- 

Doeh    soll    darauf    hin<re\viesen     werden.  Ililfsverein    an^refü^t.    und    die    N'ei-sanuu- 

dass  die  Gesellschaft,  die  im  .fahre  ISSS  an  Innren,  aus  denen  der  jetzt   eim-n  ^rros.s«'n 

der  Noi'dwcst-Kcke  der  Sprint;};arden   und  Theil  un.seres  Ijandes  uinfas.sende  l)euts<-h- 

Marsliall  Strasse  eine  sehöue,  ijrosse  Halle  Anierikaiiische     NatioMidl)und     entstanden 


680 


DEUTSCHK  0 KSKLT.S(IIAFTEX. 


ist.  wie  jiucli  cli«'  N'crsainiiiluiitrcn,  wcIcIk' 
/.u  der  jetzt  so  «'rfoljrn'icli  tr<'\v(>i"<l('in'n  Ei'- 
l);munjr  fincs  rituellen  (Ifiilsclu'ii  TlicjittT- 
(ifl)äutl«'s  ir.'fiihrt  IuiIh-ii.  sind  in  der  Halle 
der  Deiitselieu  (iesi'llseliaft  ahfrehalteii  wor- 
den. Sie  inuss  «leslialh  als  die  üehiirts- 
stälfe  dieser  beiden  Bahn  breehenden  He- 
wejjinifien  auf  dem  (ichiete  deutsehen  Rin- 
gens und  Strebens  in  unserem  Laiule  an»;e- 
selien  werden.  Mü<re  sie  nocli  viele,  viele 
.lahre  blüiien  und  jredeilien  und  endlieh 
eiiniial  die  Zeit  konunen,  in  dei-  es  jeder 
deutsehe  Hür«rer  der  Stadt  als  i'Hieht 
ansieht,  dieser  altehrwürdiiren  (Jesellsehaft 
als  .Mit^'lied  anzugeljören. 

Der  erste  Praesident  der  Deutschen 
Gesellschaft. 

Es  erseheint  anjrebraeht.  des  ersten  Pi'ä- 
sidenten  dei-  Deutsehen  Gesellsehai't. 
Julian II  Ilniirich  I\(i>p<lr.  in  einer  kurzen 
HiotTraphie  zu  gedeid<en.  Er  war  am  1. 
Anglist  ITHJ  in  Tresehklin«;en  (Baden) 
treboren ;  als  22jähriti:er  wanderte  er  aus. 
Auf  dem  Sehiff  ..Charminpr  Molly",  Kapt. 
Charles  Stedman,  mit  dem  er  naeh  25- 
wöehentlieher  Fahrt  am  !).  X()vend)er  1738 
in  IMiila(h'li)hia  von  Rotterdam  eintraf, 
lernte  i'v  ;dle  Schrecken  dos  Eiuwanderei"- 
Tianspoits  kennen.  Es  starlx'n  250  J*er- 
sonen  während  der  Tebei-fahrt.  Drei-Vier- 
tel der  Leute  an  Bord,  am  Sehif!'s-Typhus. 
In  IMiiladelphia  frründete  er  in  der  Mai'ket 
Strasse,  zwiselien  'A.  und  4.  Sti'..  ein  Im- 
port «jesehäft.  Aneli  wunh'  er  Sehitfs- 
Eijrenlhümer.  Ihm  frehcirte  die  naeh  seiner 
Frau  {lenainite  ..('atliariiia '".  Ka|)t.  Sutton. 
Im  .lalire  17(14  war  er  .Mitglied  der  As- 
seiid)ly.  Ei-  «jehörte  zur  Pai-tei  der  Erb- 
anp:eses.senen.  Im  nächsten  Jahre  nnter- 
zeiehnete  er  mit  anderen  KauHeuten  Phila- 
delphia's  den  Besehluss.  keine  englisehen 
Waaren  zu  iniportiren.  Er  hatte  sieh  im 
•hnii  1741  mit  Anna  Catharina  Barbara 
Bauer,  einer  Enkelin  des  churpfälzisehen 
Jägers  f'asixir  ^Vüsff■r  aus  Ililspaeh,  ver- 


heirathet,  von  dem  die  in  IMiiladel|)hia  so 
verbreitete  Familie  AVister  oder  Wistar  ah- 
stannnt.  Die  Ehe  war  mit  acht  Söhnen 
und  sieben  Tö<-htern  gesegnet,  doch  ist  sein 
(lesehleclit  im  .Mannesstamme  erloschen, 
wählend  er  dui-ch  seine  Töchter  und  deren 
.Vachkommensehaft  dei-  N'orfahre  vieler 
angesehiiier  Fannlien.  wie  der  .Merediths, 
.MeClellans.  Biddles  und  Halls  ist.  Er 
war  ein  sehr  frommer  .Maiui  und  eines  der 
thätigsten  Mitglieder  dei-  St.  .Miehaelis- 
und  der  Zions-Kirche.  .\ach  dem  Tode 
seiner  Frau,  am  10.  .Xovembei-  1774.  hatte 
das  Leben  für  ihn  keine  rechte  Freude 
mehr.  Er  betrauerte  ihren  Verlust  bis  zu 
seinem  am  1.  Juli  17!)7  erfolgten  Tode.  Prä- 
sident der  Deutsehen  Gesellschaft  war  er 
v<tm  2(i.  Dezember  17(54.  ihrer  Gründung, 
bis  zum  Jahre  1781.  als  ei-  wegen  schwin- 
dendei-  Gesundheit  eine  Wiederwahl  ab- 
lehnte. 

Friedrich  August  Muehlenberg. 

Sieben  Jahre  lang,  nämlich  von  1790 — '7, 
Präsident  der  Deutsehen  Gesellschaft  war 
Fricdnch  August  Mülilrnberg,  der  zweite 
Sohn  Pastor  Heinrich  IMelehior  Mühlen- 
berg's,  des  Patriarehen  der  lutherischen 
Kirche  in  Amerika.  Er  war  in  Trappe. 
.Montgomery  Connty.  Pa..  am  2.  Januar 
1750  geboren,  wni'de  17().'{  nach  Halle  mit 
seinen  Brüdern  gesandt,  kehrte  1770  in 
(Jesellsehaft  Pastor  Kunze 's  nach  Philadel- 
phia zurück  und  wui'de  Adjunkt  des 
Pastors  Schulze  in  Tulpehocken.  Kr 
musste  zu  Pfei'de  oft  lange  Reisen  zurückle- 
gen, um  zu  Gläubigen  zu  gelangen,  die 
keinen  Predigei'  besassen.  Der  Freiheit.s- 
krieg  und  das  Einrücken  der  Engländer 
vertrieben  ihn  aus  New  York,  wo  er  Predi- 
ger geworden  war.  In  New-Hanover  einigte 
er  die  zerrüttete  Gemeinde  und  war  in 
verschiedenen  anderen  Orten  Pennsylva- 
nien's  als  Seelsorger  thätig.  Dann  wandte 
er  sich  dem  öffentlichen  Leben  zu,  wurde  in 
den     Kontinental-Kongress    gewählt,    war    • 


PKT'TSriTR  OESKl.l.st  ii.\i"ri:\. 


681 


Sprecher  dfi-  StMats-Lctrislatur  von  rciin- 
sylvanit'ii.  I'räsideiit  des  Censoreii-Haths, 
bekleidete  lokale  Aeniter  in  l'liilad<'l|»liia 
und  betrieb  ausserdem  i'iii  Kaufiiianusp'- 
sehäl't  in  Firma  .Miib!fid>er^  &  We^jmaiiii 
in    Philadelphia    und    Trappe.      Im    .Tahrt' 


Hauses  im  1.  und  .{.  Im  .lahi-f  ITiXi  ver- 
hindert«' ('!•  dadun-h.  dass  er  als  Sprecher 
des  Hauses  bei  Stinnnentrlcichheit  sicli  für 
«Ich  .lohn  .lay 'sehen  \'i'ifrat;  entschied,  den 
Aiisbrjich  eines  abcrmaüj^cn  Krieges  mit 
Kn^rland.      Ki-   war  dei-    Deutschen   ricscU- 


FHIKDRICH    AUGUST    MUEHLENBF.RG. 
Praaidcnl   der   Deutichen   GetelUchaft    von   Peniuylvanien   von    1790—1797. 

1787   wurde  er  Vorsitzender  der  Konven-  sehafl.  welcher  er  seit   177H  anjjeliörte,  bei 

tion,  welche  über  die  Annahme  resp.   \'er-  Krlanirini^r  ihres  Freil)riefes  behiHlich  und 

werfunsr  der  V.  St.  Verfassunj;  entscheiden  unterzeichnete  ihn  als  Spreclu'r  des  Rt'prii- 

sollti».      Er   war   für   die   Katifizirunj;   und  sentantenhauses  der   Slaats-Lcjrisbitur   von 

dran^  diu'ch.     Kr  frchörte  den  ersten   viel*  IN'iuisylvanicn.      Die    (lescllsehaft     votirte 

Kongressen     an     und     wai-    Sprecher    des  ihm   ihren   Dank.     Seiner   Khe  ndt   Catha- 


G82 


DKUTSCHK  G  KSKM.SCIIAFTEN. 


liiiü  SchätTtT.  ciiHT  'Pn.-htcr  di's  Ziickcr- 
liäckcrs  Sfhäfrri-.  fiitspi-osstcii  vier  Töchter 
und  /\v«'i  Silliiu'.  Miilil<'nl)('i-«r  siswh  als 
Laiul-Ki'iristrator  von  rcimsylvanioii  am 
4.  .Iiiiii  ISdl   in   LancastiT.  l'a. 


Die  Deutsche  Gesellschaft  von 
Maryland. 

Die    ..Dfutsclu-    (IcscUscIiaft    von    Mary- 
liiiul"  in    Ualtinioif  wiii-dc  im  .Jalirc  17S;{ 
jrcfrrüiulct.      Diesel Ix'    winde   ei-st    ISIT    li'e- 
set/lieli  (>rj;anisirt.      Präsident   L.    1*.    Ili'n- 
ni^diausen   sajil    in   seiner  kürzlieh   erseliie- 
nencn     Gesehiehtc    ih'V     Deutschen    Gesell- 
schaft   vitn     .M.iivliiiid.    dass    Reiseberichle 
aus  dem   IS.  .lahrlunuU'rl   und  Anfang  des 
letzten    dahrlnnuh'rts.    sowie    Löher's    ..Ge- 
schichte  der    Deutsclien    in    Amerika"   die 
Deutsche   Ge.sellscliaft    in    Maryland   schon 
viele  dahre  vor  ISIT  eiwähnten.     Eine  gi'- 
nauere  Forschung  in  ileii  Annalen  von  Bal- 
timore   ergab,    dass    die    Deutsche    Gesell- 
sdiaft  in  Nachahmung  der  Deutschen  Ge- 
sellschaft    in     Philadelphia    zum     Schutze 
deutscher   Landsleute,   im   Jahre    1783   ge- 
gründet  wurde   und   kräftig  em|)()r  blühte. 
Die    Theilmdnne    an    derselben    wurde    ge- 
schwächt   durch    die   jahrelange    Unterbre- 
chung der   deutschen    Kinwanderung.   ver- 
aidas.st    durch    die    Napoleoinschen    Kriege 
und  besonders  durch  die  Handelssperre  von 
ganz  Europa  gegen   England,  so  dass  eine 
Xeubelebung,    Reorganisation    und    gesetz- 
liche    Inkorporation     der     Gesellschaft     in 
1817  natürlich  erscheint.     Kurz  nach  den 
Xapoleonischen   Kriegen   und  in  den   llini- 
ger-Jahren   von    1817   und    1818  wanderten 
aus  dem  vi'i-armten  Deutschland  viele  Tau- 
sende unter  dem  Redemjjtion-System  nach 
Amerika  aus  und  wurden  hier  als  Sklaven 
für  fünf  und  mehr  Jahre  verkauft. 

Die  Deutsche  Gesellschaft  bekämpfte  die- 
sen ents<^tzliehen,  schauderhaften  ^Nlen- 
schenhandel  und  vernichtete  denselben  nach 
jahrelangem  Ringen. 


Die  I'i-otokoUe  dei-  Gesellschaft  von  den 
.lahi-gängeti  178:?  t)is  1S17  sind  spurlos  ver- 
sehwunden. Auch  der  W'rlust  des  Proto- 
kollbuches dei-  Gesellschaft  und  der  Papiere 
\on  den  dahi-gängen  1817  bis  1861  ist  zu 
beklagen.  Es  wai'  der  Sicherheit  \nid 
seines  geschichtlichen  Werthes  halber  in 
einem  Cicwölbe  der  ..IIoi)kins  Place  Spar- 
bank" aufbewahrt  und  wurde  von  der 
gro.ssen  Eeucrsbrunsl  vom  7.  und  8. 
Kebniar  UM)-!  vei'zehrt.  Das  Protokoll  des 
\'erwaltungsi'aths  ist  gei-ettet. 

Das  grosse  Prandunglück  hat  nur  wenige 
uidx'mittelle  Leute  betroffen;  es  konnten 
alle  gerechten  Anforderungen  ;ui  die  Ge- 
sellschaft befriedigt  wei'den.  ohne  dass  das 
angelegte  Kapital  angegriffen  wurde. 

Durch  gute  V'erwaltung  hat  die  Deutsche 
Gesellschaft  von  Maryland  sieh  ein  Grund- 
kapital angesannnelt.  aus  welchem  jährlich 
ungefähi-  .^^3. ;")(){)  eingehen  ;  die  Beiträge  der 
ca.  :?()()  Mitglieder  und  Gesidu'uke  brin- 
gen die  Gesammteinkünfte  auf  ungefähr 
$()()(H)  pro  Jahr.  Die  Zahl  der  Ilülfesucher 
erreicht  ungefähr  2000  pro  Jahr,  und  der 
für  Verwaltung  ausgeworfene  Betrag  er- 
reicht noch  keine  20  Prozent  der  p]inkünfte. 
Ausser  der  Unterstützung  Ilülfsbedürftiger 
sorgt  die  Gesellschaft  auch  in  vielen  Fällen 
für  Arbeit  von  Ilülfesuehenden.  Desglei- 
chen steht  der  Deutschen  Gesellschaft  ein 
Freibett  im  Maiyland  General  Hospital 
zur  Verfügung. 


Die  Deutsche  Gesellschaft  von 
New  York. 

Der  4.  Oktober  1784  wird  offiziell  als  der 
Tag  der  Gründung  der  Deutschen  Gesell- 
Schaft  von  New  York  angegeben.  Der  ei-ste 
Sehritt  zur  Etablirung  einer  Deutschen 
Ililfs-Gesellschaft  wurde  indessen  bereits 
am  23.  August  1784  gethan,  an  welchem 
Tage  13  :\Iänner  —  in  diesem  Falle  gewiss 
keine  ominöse  Zahl  —  zusannnentraten,  um 
zum     Schutze     ihrer     dort     aid<onnnenden 


D E U T8l ' 1 1 !•;  ( i i;.S i; I < Lsc  1 1 A  FT l-l S.  ,jg3 

LaiidsItMilc  t'iiic  (Icutsclic  Gesellschaft  nach  die   (Iciitschc    licvölUcniii^'    New    Yorks   im 

(Iciii   .Mustcf  (It'i-  in    IMiiladt'lphia   bestehen-  -lahre    IS.U    bereits   eine    sehr    IteiU'utende 

den  in 's  Leben  zu  rufen.     Am  4.  Oktober  Kopfzahl  zeigte. 

kamen  diese  }:]  .Männer  mit  20  anderen  zu-  In  diese  Zeit  fallen  auch  die  Anfän^je  (h'r 
sanuiien,  \nul  an  diesem  Tage  nalnn  die  weitgreifenden  und  wohlgeregelten  Wirk- 
idee einer  deutsehen  Ililfsgesellschaft  aucli  samkeit  der  Deutschen  ( Jesellschaft.  Die 
greifbare  Form  an.  da  sich  die  (Jesellschaft  deutsche  Hin  Wanderung  schwoll  zu  einer 
durch  die  Wahl  der  Beamten  luiter  di-m  inniier  höher  wei-denden  Fliith  an.  Im 
etwas  langathmigen  Titel  konstituirte :  . lahre  18:U  landeten  17. ♦;(»(»  Deut.schc  in 
..Die  Teutsche  Gesellsclmft  in  tlem  Staat  Xcw  York.  ls:{7  i)creiis  2:{,7()(>.  ],S47 
von  New  York  zui- Aufnuuiterung  der  Hmi-  74.(10!)  und  im  .lahre  ]H'A  die  auch 
gration  von  Teutschland.  Hilfeleistung  für  heutige  liegritVc  enorme  Zahl  von 
nothleideiuler  Emigi-antiMi  und  zui-  Aus-  lM'j.OOO.  Diese  Zahlen  fielen  in  den 
l)reitung  nützlichei-  Wi.ssensehaften  unter  nächsten  Jahren  allerdings  stark  ab.  im 
ihren  Landsleuten  in  diesem  Staat."  (Janzen  sind  jedoch  in  den  (i4  Jahren  zwi- 

Anfänglich   war   für   die   neugegründete  sehen  1S20  und  1SH4  :^S0<).00()  Deutsche  in 

(Jesellschaft  wenig  Gelegenheit  voi-handen.  Amei-ika    gelandet,    und    \ier    Fünftel    da- 

ilire    Thätigkeit    zu    entfalten.      Ln    Jahre  von  in  New  York. 

luu'h  der  Gründung.  1785,  wurden  iiiu'  drei  .Mit    dei-    grossen    Hinwanderung    li-atcn 

bedürftige   Familien   unterstützt,    und    für  nun  au<-h  gros.se  Ansprüche  an  die  Deut.sehe 

diesen  Zweck  die  Sunuue  von  sieben  Pfund  (Jesellschaft   von   .\ew   Yoi-k   heran.     Niclit 

Sterling  verausgabt.  mehr     einzelne     Schilfe,     sondern     ganze 

Die  er.steu  30  Jahre  der  Thätigkeit  der  Flotten   von    Fahrzeugen   galt    es  zu  über- 

„Teutsehen    Gesellseliaft"   sehen   sieh,    mit  wachen,   um  die   Kinwanderer  vor   Fiohhei- 

dem   ]\Iassstab   ihi'es   jetzigen    AVirkens   ge-  ten    und    Ausbeutung    zu    schützen.       Hei 

messen.   ül)erhaui)t   recht    unbedeutend   an.  ilnci-    Aid<unft    in    .\ew    York    wurden    in 

Von   ..Aufnuuiterung  der    Fhuigration    aus  jenei-  Zeit  die   Kinwanderer  nicht  nur  von 

Teutschland''    war    wenig    die    Kede    und  einzelnen     Schwindlern,     sondern     ganzen 

noch  weniger  von  der  ..Ausbreitung  nütz-  wohlorganisirten      Schwiiuilerband»'n      in's 

Heller    AVissen.sehaften ".       Die    Thätigkeit  (Jain    gelockt,    und    die    Deut.sehe    G<'.sell- 

der  Gesellschaft  beschränkte  sich  in  dieser  schaff    betrachtete  es  als  eine   ihrei-   wich- 

Periode    auf    Hilfeleistung    für    deutsche  tigslen    Aufgaben,   diesen    Freibeutern   das 

Einwanderer  oder  solche  Deutsehe,  welche  Handwerk  zu  legen. 

in  ihren  Dienstverhältnissen  ungei-echte  Zu  dei-  heutigen  scharfen  Kontrolle  ge- 
Hehandlung  erlitten,  und  einige  der  Letz-  gen  rcbervortheilung  dei-  Kinwanderer  luid 
teren  wurden  von  der  (Jesellschaft  mit  dem  wiiksamen  behördlichen  Schulz,  der 
einem  Jicchtsbeistand  versehen.  Die  Kin-  ihnen  zu  Theil  wird,  hat  die  Dt'ut.sche  Ge- 
nahmen waren  aber  sehr  gering,  uiul  da-  sellschaft  ihi-  vollgerülleltes  .Ma.ss  beijre- 
dureh  blieb  die  Thätigkeit  der  Gesellschaft  tragen.  Als  im  Jahre  1S47  die  Innnigra- 
auf  ein  kleines  Feld  beschränkt.  tions-Kommission  S4'itens  des  Staates  kreirt 

Dies  änderte  sich  indessen,  als  gegen  wurde,  wurde  der  damalige  Präsident  der 
Ende  der  zwanziger  Jabi-i'  ilie  deutsche  Di-ulschen  Ge.sell.schaft  e.\-(»nicio  .Mitglied 
Einwanderung  eine  beträchtliche  Zu-  und  ist  es  .seither  ständig  gcblielu-n. 
nähme  aufwies.  ^lit  den  Riesenzitfern  spä-  Mit  der  ziuiehmcndcn  Thätigkeit  «Icr 
terer  Jahre  verglichen  wai-  die  deutsche  Deutschen  (lesellschaft  musslcn  zur  Hand- 
Einwanderung  auch  damals  noch  gering  zu  habung  der  (Jeschäfle  vei-schiedcne  Ke.s.sorts 
nennen,   war  indessen   doch  so  .stark,   dass  errichtet     werden.       Zunächst     das     Aus- 


684 


DEUTSCHE  GESET.LSCHAFTEN. 


kunfts-Hurcjui.  dann  das  Wohltliäli^'ki'its- 
liiir»'a\i.  woxu  iiorli  später  das  Uaiik-Dcpar- 
tcnu'iit  kam.  wrlclics  der  (Jcscllschaft  in- 
dessen keine  l'nkosten  vernrsaelit,  sondern 
sojrar  noch  einen  erliel)liehen  Uebersehiiss 
al)\virft.  der  für  andere  Zweeke  disponibel 
ist. 

Im  wcicir  riesjireni  ^Massstabe  die  setjeiis- 
reielie  Tbälijxkeil  (]ei-  (iesellscliaft  ge- 
wa«'hsen  ist.  jrelit  ans  einem  Kesnme  des 
Jahresberichtes  von   IDOS  hervor. 

Dem  y.n  Fol«.'!'  wni'den  von  der  (iesell- 
.sehaft  t'olirende  Anfwenthnigen  gemaelit : 
$l(i.r)4()  wnrden  Haar  in  45(53  Armenfällen 
naeh  vorherfreganirencr  l'ntersuehung  ans- 
bezahlt.  $2740.08  wnrden  für  ärztliehe 
Hehandinntr.  Krankenkost.  Medikamente 
nnd  Slimnlantien  verausfrabt.  $2254.76 
wnrden  für  71!)  hall)e  Tonnen  Kohlen, 
welehe  Uedüi'ftige  ei'hieiten,  verans»abt. 
447!)  liesnehe  wurden  bei  ai-men  Kranken 
kostenfi'ei  durch  die  an«jestellten  Aerzte 
{gemacht.  '-W^  Ai-beitslose  wurden  mit 
Kost  nnd  Lo«;is  versehen.  4492  Stellen 
wurden  für  deutsche  Einwanderer  durch 
die  deutsche  Abtheihuio;  im  Arbeitsnach- 
weisnufTs-liureau  \-cniiittcIt.  1059  Ein- 
wandei'cin  wurde  auf  EUis  Island  durch 
die  Vei't reter  der  Gesellschaft  Hilfe  ge- 
leistet. 2508  empfangene  Briefe  und  1886 
abgesandte  Bi'iefe  umfasste  die  Korresjion- 
deiiz  des  Auskunfts-Bureaus.  .$7000  wur- 
den als  dei'  (iewinn  der  Bank-Abt heilung 
aus  dem  Jahre  li)08  dem  Wohlthätigkeits- 


Anssclnisse  überwiesen.  Die  zu  "Wohlthä- 
tigkeitszwecken  bewilligten  Sununen  im 
(lesamnitbeti-age  von  $23.774.67  überstie- 
gen die  Einnahmen  aus  Beiträgen  von  Mit- 
gliedern ($11.395)  noch  um  $12,379.67. 
Dieser  Mehrbetrag  ergab  sieh  aus  Einnah- 
men für  Zinsen,  Gesehenken  und  dem  Ge- 
winne der  Bankabtheilung.  Die  Unkosten 
der  Verwaltung  wurden  aus  diesen  Ein- 
nahmen gedeckt,  ohne  dafür  auch  nur  den 
geringsten  Theil  der  Beiträge  der  Mit- 
glieder in  Anspruch  zu  nehmen. 

Die  Zahl  der  .Mitglieder  der  Deutschen 
Gesellschaft  beträgt  jetzt  1104  —  man 
sieht,  dass  das  gute  Wei-k.  welches  vor 
125  Jahren  von  13  wohlwollenden  Männern 
begonnen  wurde,  sich  gewaltig  entfaltet 
und  Dimensionen  angenonunen  hat,  welche 
die  Gründer  wohl  in  ihren  kühn.sten 
Träumen  nicht  für  möglieh  gehalten 
haben.  Das  Bureau  der  Gesellschaft  be- 
findet sich  in  dem  Gebäude  der  Deutschen 
Si)arbank  an  14.  Strasse  und  4.  Avenue. 


Auch  in  anderen  Städten  wnrden 
Deutsche  Gesellschaften  gegründet,  so  eine 
in  Charleston.  S.  C,  im  Jahre  1783.  in 
Cincinnati  1834,  in  New  Orleans  184<).  in 
Nashville.  Tenn..  1850,  Chicago,  .Mil- 
waukee.  New  Ilaven,  Boston,  Portland. 
Kansas  City  und  San  Francisco.  Sie 
haben  alle  segensreich  gewirkt  und  den 
Schutz  deutscher  Einwanderer  nach  besten 
Kräften  ausgeübt. 


Deutsche  Hospitaeler  und  Wohlthaetigkeits-Anstalten. 


Deutsche  Hospitäler  in  IMiil.ulelpliia, 
Xew  York,  Newark,  Cineiiinati.  San  Fran- 
cisco und  Brooklyn  geben  Zeugniss  von 
(lern  Wohltliätigkeitssinn  der  Deutschen  in 
Amerika  und  ilirer  Hereitwilligkeit,  kran- 
ken Landsleuten  nicht  allein,  sondei-n 
leidenden  .Mitmenschen,  gleichviel  welcher 
Nationalität  und  Rasse  angehörig,  zu 
helfen.  Die  Xotli wendigkeit  der  Grün- 
dung solcher  Anstalten  ergab  sich  in  Phi- 
ladelphia und  New  York  um  die  Glitte  des 
vorigen  Jahrhunderts.  Bei  den  erliärm- 
lichen  Zuständen  in  den  bestehenden  Hos- 
pitälern, in  denen  deutsche  Aerzte  weder 
zugelassen  noch  angestellt,  und  nicht  ein- 
mal deut.sche  Krankenwärter  gehalten 
wurden,  erging  es  den  deutschen  Patienten 
dort  nicht  gut,  da  sie  sieh  oft  nicht  einnuil 
verständlich  machen  konnten.  Um  diesen 
Uebelständen  abzuhelfen,  veranlassten  die 
Doktoren  Heinrich  Tiedemann  und  \\'il- 
helm  Keller  in  Philadelphia  am  27. 
Oktober  1850  eine  Berathung  wegen  Er- 
richtung eines  deutschen  Hospitals,  und 
die  ihr  Beiwohnenden  waren  von  dem  Be- 
dürfnisse eines  deutschen  Krankenhauses 
80  überzeugt,  dass  sie  ein  Komite  ernann- 
ten, um  „einen  Plan  zu  entwerfen,  nach 
welchem  ein  deutsches  Hospital  in  Aus- 
führung kommen,  und  wie  sich  dasselbe 
erhalten  könne." 

Ein  Komite  wurde  ernannt  und  bciccli- 
nete  die  Kosten  für  Errichtung  eines 
Hospitals  mit  40  Betten  und  Wohnung  für 
zehn  Beamte  und  Angestellte  auf  $4,()(H>; 
für  die  ersten  Ausgaben  sollten  ferner 
noch  $1.000  beigesteuert  werden.  Die 
wöchentliche  Zahlung  der  Patienten  war 
auf  $8.50  festgesetzt  worden,  woraus  man 
eine  Jahreseinnahme  von  $4.500  sich  ver- 
sprach, ferner  $500  mehr  v(m  Patienten, 
die    im    Stande    waren,    mehr    zu    zahlen, 


sowie  einen  reberschuss  von  $1.000  aus  der 
Apotheke.  Mit  $(j,000  jährlieb  wollte  man 
auskommen.  Die  Aerzte  Tiedemann  und 
Keller  stellten  ihre  Dienste  gi-atis  zur  \'er- 
fügung. 

Der  Plan  fand  nicht  <lie  erwünsehte  l'n- 
terstützung.         \'erstän(lnisslosigkeit      und 
Engherzigkeit     begegneten    der    Agitation 
der  wackeren  Männer,  welche  unermüdlieh 
(hifüi-    thätig    waren.      Auch    im    Oktober 
1S58   wollte  die  l'ropaganda    i"üi-  die  gute 
Sache   keine   günstigen    Resultate  zeitigen. 
Im    Herbst  1858  gründete   Dr.  Tiedemann 
mit  dem  Beistande  mi'hrerer  Kollegen  ein 
Dispensarium      zur      freien       liebandlung 
kranker     Landsleut«'.       Die     Sänger     und 
Turner    nahmen    sich    des    Hospitais-Plans 
an     und     suchten     durch     Konzerte     vuid 
Feste    einen    Baufonds    zu    schatlen.      Im 
April  18()0  wurde  in   llarrisburg  ein  Frei- 
brief für  ..Das  Deut.sche  Hospital  in  Phila- 
delphia" erwirkt.     Der  Landsitz  der   Fa- 
milie   Xorris,    Penn    Brook,    an    20.    und 
Xorris  Strasse,  wurde  für  .$20.000  gekauft. 
Den    ersten    Verwaltungsrath    l)ildeten    die 
Herren      .los.      M.      Reiehard.      Präsident; 
Jakob  ]Müller.  Vize-i'räsideiit ;   Francis  >L 
Dre.xel,       Schatzmeister:       M.       Richards 
.Muckle,   Sekretär;   Friedrich    lleyer.   Soli- 
citor;  Jakob  Kemper,  Karl   Wilhelm.   Wil- 
helm Grossholz,  Georg  Vogt,  Karl   Lorenz, 
Fian/     F.     WohlgiMinith.     .1.     Theophilus 
Plate.    Mayer    Arnold,    Friedrich    Staake, 
:Martin   Laiulenberger.  Karl  Psotta.   Fried- 
rich L.  .John.  Johann  P.  I'ersch,  Leoidiard 
Benkert.  F.  Ibelshäuser.  .Mayer  (Jans.  S.  T. 
Freeman.   -l.    11.   Sehomacker  und    Philipp 
Becker.     Hin  von  deutschen  Frauen  veran- 
stalteter  Bazar  ergab  $4.000.     Die   Damen 
bildeten      eine      pernuiuente      Vereinigung 
unter    dem     Namen     ..Frauen-IIüfs- Verein 
des   Deut.sclu'n   Hospitals  tler  Stadt    IMiila- 


6S6 


DKi'rsriiK  ii()siMr.\i:i.i;i;  rxD  W()iiT/ni.\i:Ti(;KKiTs  anstaltkn'. 


(Iclpliia ".  Am  L'»;.  .Imii  isili!  wufdc  die 
jraiizc  Licjrcnschaft  mit  den  dazu  ^('hörijrcii 
(lol)äiid('ii  der  H('jri«M-nn}r  für  den  ircrinurcii 
I'aclitpn'is  von  ^]2'y  monatlicli  für  die 
Vcrwiiiidclcn  des  Uürfrcr-Kricfrcs  über- 
lassen. Ei-st  Knde  .I\di  ISUfi  kam  die  Ge- 
srllseliaft  wieder  in  den  Mesitz  ihres  P^i^en- 
tlmms.  nnd  am  M.  I)ezend)er  lS(i(i  wurden 
die  ersten  Patienten  anf.irenttmmen.  Die 
vorhandenen  K'iinnilicldxeiten  trenü^'ten  für 
.")(•  Patienten. 


stall  dei-  \'('i'eini^'ten  Staaten.  Auf  dem 
(iiiind  und  Heiden  des  Hospital- Anwesens 
befindet  sieh  auch  das  ]\lary  J.  Drexel 
lltim  für  alte  Leute,  mit  dem  das  Diako- 
nissen-.Mutterhaus  vei-bunden  ist.  Der 
Kekstein  dazu  wui'de  am  11.  Xoveinber 
1SS()  ^eletrt.  und  das  TTeini  am  ().  Dezember 
ISSS  ei-iWnet.  Am  M.  Mai  1889  wurde 
dei-  für  das  Kin(ler-IIosi)ital  reservirte 
Theil  des  Gebäudes  .seiner  Bestimnuui» 
übergeben. 


DAS    DEUTSCHE    HOSPITAL    IN    PHILADELPHIA. 


im  .lahre  IST'J  erjrab  sich  die  Xotliweii- 
di^'keit.  dem  Ihtspilal  riuc  mehr  eenti'ale 
Laj.'e  zu  «.'eben,  und  .so  wurde  das  Grund- 
stück an  (}irar<l  luid  Gorinthian  Avenue 
trekauft.  Der  Kaufpreis  betrug  .t:^"),(){)0. 
Später  wurde  mehr  Grund  und  Hoden  da- 
zugekauft.  Die  vorhandenen  Gebäude 
wurden  bereits  1874  erweitert,  neue  ge- 
baut und  dem  Fort.sehritt  der  medizini- 
schen Wi.s.sensehaft  luid  des  Hospital- 
Wesens  in  jeder  Weise  Kechniuig  getragen. 
Heute  ist  das  am  2.^  Oktober  1872  eröflf"- 
nete    Hospital     eine     Muster-Kranken-An- 


Dass  das  Deutsclie  Hospital  beständig 
vergrössert  werden  konnte,  ist  (h'V  fürst- 
licheii  Wohlthätigkeit  des  Mannes  zu  ver- 
danken, der  lange  Jahre  als  Präsident  an 
der  Spitze  .stand,  des  am  ."^0.  August  1001 
verstorlK'nen  Herrn  John  1).  Lankenau. 

Herr  Lankenau  war  das  Prototyp  eines 
wahren  Philanthropen.  Am  18.  ]\Iärz  1817 
in  Bremen  geboren,  kam  er.  der  unter  den 
Gesehäftsnaehfolgern  seines  Vaters  eine 
kaufmännisehe  Ausbildung  erhalten  hatte, 
am  15.  September  1836  nach  Baltimore, 
von    wo   er  sich    direkt   nach   Philadelphia 


DPU'TSCTIK  IIOSPITAF.I.KR  T'XD  WolM.TII  \  KTKiKKITS  ANSTALT KN. 


t»87 


waiultc.  da  tT  ciiio  Stclluii}^  l)ci  <l('r  Finiui 
Wicht,  Werner  &  Co.  aiitivtcn  sollte.  Als 
Herr  Werner  sieh  im  .lahi-e  IS-K)  vom  (ie- 
sehäft  zurückzog,  wurde  Heri-  IjanUenau 
als  Tlieilhaber  aiit'<r(nionnnen.  Im  Jalirr 
1S4()  kam  Herr  .lohn  1).  Lankeiiau  zum 
ersten    Male  mit   seinem  späteren    Sehwie- 


t'incs  KisciiliMhii-l  urallcs  aul"  der  riiiladrj- 
phia  und  Ixeadin^f  l^isenltahn.  trest(irl>en, 
und  Herr  .1.  |).  Laukenau  ward  zu  einem 
dcl'  TestJUiielltsvollsl  reckcr  eiiif^esetzt.  Da- 
durch wurde  seine  Zeil  vollauf  in  An- 
si)ru(h  »genommen.  \'nn  jener  Zeit  an  datirt 
auch  seine  N'erhindunjr  ndt  dem   Deutsclien 


JOHN    D.    LANKENAU. 

der   Wohlthaeler    d«   deutschen    Ho»pil«l«   und    Sliher   de»  Mary    J.  Drexel    Homr    In    Philadelphia. 


fjervater,  Herrn  F.  M.  l)i-exel.  in  nähere 
Berührung:.  Am  J».  Oktober  184«  führte 
er  Mary  Johanna  Dre.xel  als  seine  Gattin 
heim.  P'a.st  25  Jahre  dauerte  dieser  schöne 
P^hehund.  bis  er  im  Mai  1S7:{  durch  den 
Tod  der  Gattin  peti-ennt  wurde.  Am  "). 
Juni  1863  war  Herr  F.  .M.  Drexel.  infolt;«' 


Hospital.  Herr  Drcxel  war  einer  der 
Haupt^'önner  der  An.stalt  luid  ihr  Sehatz- 
nu'ister  gewesen,  und  es  war  luitürlicii.  da.s.s 
die  Freiuide  des  Hospitals  ihn-  Blicke  auf 
H.Trn  Laidxcnau  richteten  als  Nachfoip-r 
.seines  Sclnviepervaters  und  Vertreter  der 
Drexel'schen    Familie       im    Januar    186!» 


688 


DKrTSClIK   llosriTAKLi:!.'   IM)   WüilLTlI A KT KiKElT«  ANSTALTEN. 


wunU"  Ilrrr  John   1).  Ljmkcniiu  zum   Prä- 
sidenten erwählt. 

Der  «rros-sartifre  Anfsehwiuifr,  «h'ii  die 
Anstalt  von  da  an  f^enonimen.  die  Ausdeh- 
nunj;  ihrer  Räundiehkeiten.  dio  rnd)auten 
und  Anhauten,  die  Ki'konstruktion  der 
tran/.en  inneren  \'er\valfun^',  Ix'sonders 
durch  die  Einführung'  von  Diakonissen 
(am  1!>.  Juni  18S4).  alles  das  ist  im 
Wesentliehen  sein  Werk.  Er  kaufte  zu 
d«'m  Eigentinnii  an  der  Girard  und  Coiiii- 


Anstalt  frethan.  Denn  für  ihn  war  jeder 
einzelne  Ta^'  im  Jahi-  ein  Gabentag  fiir's 
Deutsehe  Hospital.  Er  jrab  ihm  seine 
Zeit,  seine  .Mittel,  seine  reiehe  Gesehäfts- 
erfahi-unj;  und.  was  melir  werth  ist,  die 
per.sönli<'he  Liehe  und  Ilin^'ebung  seines 
warnu'U,  men.sehen freundliehen  Herzens. 

Zu  dem  Verlust  der  Gattin,  im  Mai  1873, 
kam  noeh  der  Tod  seines  Sohnes  Frank, 
(lei-  am  2.}.  Februar  1877  als  blühender 
Jünjrlin^    hinweggerafft    wurde.      Es    war 


ELISE    LANKENAU. 
die   edle  Tochter   eines   edlen    Vaters. 


thian  Avenue  das  ganze  CJrundstüek  bis 
zur  22.  Stras.se  zwi.sehen  Girard  Avenue 
und  Poplar  Stra.sse.  Er  ])aute  den  neuen 
südliehen  Flügel,  die  nuissive  Mauer  mit 
Gitter,  welche  den  ganzen  Ilospitalgrund 
\nngiebt,  die  neue  Küelie,  Kesselhans, 
Waschhaus.  Stall  und  Todtenhaus,  alles 
aus  eigenen  Mitteln,  l'nd  doch  repräsen- 
tiren  diese  umfassenden  und  auf's  Beste 
eingerichteten  Gebäude  nur  einen  Theil 
von  dem,   was  er  .jahraus  jahrein   für  die 


dies  nicht  blos  für  den  Vater,  sondern  auch 
für  die  Schwester  Elise,  das  einzig  überle- 
bende Kind,  ein  furchtbarer  Schlag.  Die 
l)eiden  Geschwister  hingen  in  innigster 
Liebe  an  einander.  Es  ist  zweifellos,  dass 
der  Gram  über  den  Verlust  des  Bruders 
am  Lebensnuirk  der  Schwester  zehrte,  die  ' 
fünf  Jahre  später  dahingerafft  wurde. 

Der  Wunsch  von  Vater  und  Tochter  war    ' 
die   Gründung  eines  Altenheims  gewesen. 


DEUTSCHE  HOSPITAELER  UND  WOHLTIIA  KTKi  K  KITS  A.NSTAl/i'KN. 


(»9 


Nach  dem  Tode  der  Tochter  erfüllte  Herr 
Lankenau  diesen  Wunsch  der  Verstorbe- 
nen, und  das  ]\Iary  J.  Drexcl  Ilciiii.  das 
seinen  Xanien  nach  der  Gattin  Lankenau 's 
erhielt,  >vurde  erbaut. 

So  viel  auch  der  Verstorbene  in  den 
ersten  Jahrzehnten  seines  Wirkens  im 
Deutschen  Hospital  für  dasselbe  gethan. 
ist  doch  Alles  das  durch  seine  geradezu 
fürstlichen  Geschenke  in  dem  letzten  Jahr- 
zehnt übertroifen  worden.  j\Iillionen  von 
Dollars  wandte  er  demselben  zu.  Er  Hess 
einen  auf's  modernste  eingerichteten  Ope- 


belautVu.  Bcjd,.  Institute  stellte  der  Vcr- 
.storbenc  sicher,  indem  er  denselben  fa.st 
seinen  gesammten  Xaclüass  zukommen 
Hess. 


Das  Deutsche  Hospital  in  New  York. 

Der  Grundstein  zum  Diulsclun  Hasintal 
in  Xew  York,  wurde  am  3.  September  1S«J6 
V(m  dem  trüberen  ^layor  Günther  an  der 
Kcke  der  77.  Stra.sse  luid  4.  Avenue  ge- 
legt. Am  28.  Oktober  18Ü«  war  das  Ge- 
bäude, welches  $210,968.48  gekostet  hatte, 


% 


DAS    MARY    J.    DREXEL    HOME    IN    PHILADELPHIA. 


rationssaal  bauen,  errichtete  ISIaschinen- 
häuser,  Schlaf.säle  u.  s.  w..  kurz  er  be- 
stritt aus  eigener  Tasche  alle  Neueinrich- 
tungen, deren  das  Hospital  bedurfte.  Die 
grossartigste  Galx%  welche  er  dem  Deut- 
schen Hospital  machte,  war  der  mächtige 
neue  Anbau,  den  die  beständig  zunehmen- 
den Ansprüche  an  das  Hospital  nöthig 
machten.  Dieser  Bau  kostete  allein 
$200.000.  Nebenbei  bestritt  er  sämmtliehe 
laufenden  Kosten  des  ^Mary  J.  Drexel 
Home,    welche    sieli    .iiibrlich    auf    $40,000 


fertig  gestellt,  aber  darauf  rubten  Schul- 
den in  Höhe  von  $44,000,  und  für  die 
innere  Einrichtung  war  noch  nichts  ge- 
tban.  -Mehrere  Haustellen  an  der  76. 
Strasse  mus.sten  für  $2r),000  verkauft  wer- 
den, um  die  dringendsten  Seluiblen  zu 
decken.  Durch  rastlo.se  Agitation  gelang 
es  G.  C.  Moering  $11.0ir).4O  in  wenigen 
Monaten  aufzubringen,  und  sie  ermöglich- 
ten die  Einstellung  von  achtzig  1-Jetten  und 
die  Eröffnung  des  Hospitals  am  14.  S<»p- 
tend)er  18(i!),  dem   100.  Geburtstage   Hum- 


690 


DKl'TSCHK  IIOSI'ITAKLKH  UND  WOHLTHAETIGKKITS  AN8TALTKX. 


bohlt's.  Als  Gesi'lu'iik  ülnTwies  am  Neu- 
jahr 1S7()  Freiherr  Friedriih  v<m  J)ier- 
{ranlt  ii»  Vicrsfu.  Deiitstlilaml,  (h-ni  Hos- 
pital ^öU.OOO  in  V.  St.  IJontls.  um  das 
AiKh'uken  .seines  Vater.s.  des  (lelieimen 
Kommerzionratlis  Friedrieh  von  Diergardt, 
zu  tlircn. 

Trotzdem  hatte  this  Hospital  mit  finan- 
ziellen Sch\vi('ri«rkeitcii  zu  kämpfen.  Dazu 
kam.  dass  die  (Jegend.  ileivn  Stras.sen  zwar 
ausm'h'gt  aber  nicht  aufgefüllt  \\ui\  drai- 
nirt  waren,  ungesund  war  und  Wechsel- 
fichcr     uiul     verwandte     Kj'ankheitcn     im 


.schlii'sscii  und  die  Kranken  anderen  Hospi- 
tiih'rn  zu  überweisen.  Das  wurde  glüek- 
liclier  Weise  abgewendet,  und  Anfangs  der 
achtziger  Jahre  trat  das  Hospital  in  eine 
Periode  der  lang.sainen  uiul  sichei-en  ge- 
deihliehen  Weiterentwicklung  ein.  die 
später  zu  einem  glänzenden  Aufschwiuige 
des  Instituts  führte. 

Am  27.  ]\Iai  18S2  wurde  das  von  Frau 
Aiuia  Ottendorfer  errichtete  Frauen-  und 
Kinder-Hosjutal,  für  welches  sie  aus 
eigenen  ^litteln  $6S.()(K)  gegeben  hatte,  ein- 
geweiht.     Im    Jahre    ^>>>^2    erfolgte    eine 


BV^-, 


itcrjcccfffrtrc 


DAS    DEUTSCHE    HOSPITAL    IN    NEW    YORK. 


Hospital  heimi.sch  waren.  p]rst  im  Jahre 
1872  war  die  l'mgegend  der  Anstalt  dureh 
Drainage  gesünder  geworden.  Das  Hos- 
pital kam  durch  die  erwähnten  'Slisa- 
stände  in  schlechten  Ruf.  Das  Vorurtheil 
wurde  erst  im  Jahre  1876  gehoben. 

In  den  Jahren  1873  bis  1879  hatte  das 
Hospital  mit  .solchen  finanziellen  Schwie- 
rigkeiten und  anderen  Widerwärtigkeiten 
zu  kämpfen,  dass  der  Verwaltungsrath 
schliesslich  ernstlich  die  Frage  erwog,  ob 
es  nicht  besser  sein  würde,  die  Anstalt  zu 


weitere  Stiftung  der  Frau  Ottendorfer. 
Sie  Hess  einen  Prachtbau  an  der  2.  Avenue 
für  das  deutsche  Dispensary  aufführen. 
Ein  solches  war  bereits  am  28.  ^lai  1857  in 
Xo.  132  Canal  Strasse  eröffnet  worden, 
wurde  1863  nach  8  Ost  3.  Stras.se  verlegt, 
und  der  es  leitende  Verein  hatte  sich  1865 
mit  dem  Deutschen  Hospital-Verein  ver- 
bunden. Die  Stiftung  der  P"'rau  Otten- 
dorfer, welche  einen  Kostenaufwand  von 
$140,000  repräsentirte,  wurde  erst  nach 
dem  Tode  der  Wohlthäterin,  welche  am  1. 
April  1884  verschied,  eröffnet.     In  ihrem 


DEUTSCH!-:   JIOSIMTAKLKK    TXF^  WOIH/niA  KT  K  ;  K  KITS-AXSTALTKX. 


f.91 


Testament  liatte  sie  dem  Hospital  ein 
Legrat  von  $10,(100  ausgesetzt. 

Im  Jahre  1884  wurde  ein  Ilosjjital- 
Ililfs- Verein  errielitet.  1887  eine  AVärte- 
rinnen-Sclnde  einjrericlitet.  im  Jahre  1888 
der  ^Mittelbau  des  Hospitals  fcrtij;  ge- 
stellt und  am  18.  Februar  1889  ein  Bazar 
zum  Besten  des  Hospitals  im  American 
Institute  abgehalten,  der  einen  Keinge- 
winn  von  $110,000  ergab,  dixs  glänzendste 
Resultat,  das  je  eine  derartige  Veranstal- 
tung erzielte. 

Im  Jahre  1803  Avurdc  das  eigene  Ge- 
bäude der  Krankenwärterinnen-Schule  er- 


Die  Isabella   Heimath  in   New  York. 

\'nii  rnilicr  .luircnd  au  hatte  Isab.'lla 
rill,  eine  Stieltochter  des  HerausgelM-i-s 
der  „New  Yorker  Staats-Zeitung*'  Oswald 
Ottendorfer.  lebhafte  Sympatliie  für  arme, 
alte  Frauen  gehabt,  die  ohne  Familie  uml 
•Mittel  zum  Erwerb  des  i.ebensiuiterhalts 
dastehen.  Als  sie  auf  das  Krankenbett 
geworfen  war  und  langem  Siecht hum  ent- 
gegensah, bat  sie  ihre  .Mutter.  Frau  Anna 
Ottendorfer,  eine  Anstalt  für  arme  alte 
l-'i-MUcM  zu  gründen.  Als  Isabella  Chi 
ihi-eiii   Lei<len   erlegen   war.  gründete   Frau 


DIE   ISABELLA   HEIMATH    AN    AMSTERDAM   AVENUE   UND    190.    STR.    IN    NEW   YORK 


Öffnet.  In  den  folgenden  Jahren  wurde 
das  Hospital  erweitert  und  daiiti  mehr  zu 
einer  allen  Anforderungen  entsprechenden 
Kraidcen-Anstalt  gemacht.  Bis  zum  Jahre 
1894  waren  für  das  Hospital  von  Deut- 
schen im  Ganzen  $1,700,000  ix'igetragen 
worden. 

Zu  erwähnen  sind  die  Bemühungen  des 
am  23.  September  1875  verstorbenen  Dr. 
Ernst  Krakowitzer  für  das  Hospital,  den 
Dr.  A.  Jacobi,  Dr.  F.  Zins.ser  luid  Dr.  K. 
Lellmann  nach  Ijesten  Kräften  unter- 
stützten. 


Ottendorfer.  um  den  \Vuiiseh  der  Tochter 
zu  erfüllen,  und  zum  Andenken  an  sie  die 
..Isabella-Heimath"  in  Astoria,  Long 
Island,  welche  für  2')  rnsassinm-n  einge- 
richtet wurde.  Das  war  am  l.">.  .Mai  1S7.'). 
Nach  Frau  ()ttendorfer"s  Tode,  am  1.  April 
1884.  nahmen  ihr  Gatte  und  ihre  Kinder 
sieh  der  Stiftung  an  und  besehlo.s.sen  die 
wesentliche  V»'rgrös.serung  der  Anstalt  ; 
(liT  IMan  wurde  ausgt'führt.  und  am  1!>. 
Novendx'r  18S9  die  jetzige  Isabella-Hei 
nuith  an  .\msterdam  Avenue  und  1!><» 
Stras.se    in    \<'w   York    cnitTnet.      Ks   wird 


692 


DEUTSCHE  HÜiSlMTAKLER  UND  WOHLTHAETIGKEITS  ANSTALTEN. 


in  dem  neuen  Heim  nicht  allein  für  hedürf-  wickeln   zu  können  ;   immer   wieder  traten 

ti^e   alte    Frauen,   sondern    auch    für   alte  neue     Hindernisse     ein,     und     schliesslich 

Männer,     für    chronische     Invaliden     und  wurde   durch   den    Bürgerkrieg   da.s    Werk 

Rekonvalescentcn   gesorgt.     Sie   wurde   ein  für  Jahre  aufgehoben.     Nach  Beendigung 

Heim    für   die   Alten    und    Kranken,   ohne  desselben  fanden  sieh  wiederum  Männer  in 

Rücksicht     auf    (Jlaubcnsbckenntniss,    Ge-  „Green  Street  Hall"  zusammen,  eine  neue 

s«'hlecht    und   Nationalität.     Ausser  Herrn  Vereinigung  wurde  erzielt,  und  man  nannte 

Ottendorfcr  steuerten   zu  der  Wohlthätig-  die.se   Organisation    „The   Newark   German 

keits-Anstalt    bei    seine    Stiefkinder,    Frau  Hospital  Association".    Als  Gründer  dieser 

Anna    Woerishotfcr.     Kdward     Dil.     Frau  Gesellschaft   haben   Louis  Greiner,  Joseph 

Kmma    Schalk    und    Frau    Hicdl    von    Hie-  Christi.  Ferdinand  Wehr.  John  Schnellba- 

den.stein.  eher.  Leopold  Graf.  Gottfried  Rii)pel.  Jacob 


DAS    DEUTSCHE    HOSPITAL    IN    NEWARK. 


Das  Deutsche  Hospital  in   Newark,  N.  J. 

Am  L'7.  Februar  IH.IT  trat  eine  kleine 
Anzahl  wohlthätig  gesinnter  deutscher 
Männer  in  Xewark.  N.  J..  zusammen,  um  zu 
berathen,  wie  der  leidenden  Menschheit  ein 
Heim  zu  l)eschafT<'n  sei,  in  welchem  sie  von 
Krankheit  wieder  genesen  könnte.  Als 
Name  der  Gesellschaft  wurde  ..American 
Hospital  Association"  angenommen.  Leider 
sehien  sich  die  Gesellschaft  gar  nicht  ent- 


Wendel, F.  1).  Rumpf.  C.  F.  Seitz,  C.  F. 
Gotthold,  Christian  Stählin  und  A.  Neigert 
die  Stiftungs-Urkunde  unterzeichnet.  Im 
Februar  des  Jahres  1868  wurde  vom  Staat 
ein  Charter  gewährt.  Nun  hiess  es  für  die 
IMitglieder  an  die  Arbeit  gehen,  um  sowohl 
finanzielle  ^Mittel,  wie  auch  andere  Hülfe 
zu  bekommen.  Die  erste  grosse  Snmine 
kam  durch  eine  ,,Fair"  ein,  sie  betrug 
$7,575.  Im  April  des  Jahres  1869  erwarb 
man  das  Grundstück  an  Bank  und  Newton 


DEUTSCHK   HOSIMTAKLER   UND  WOHLTHAKTICKKITS-ANSTALTKN. 


6V8 


Street,  und  hej;anii  bald  darauf  mit  dem 
Bau  des  Hospitals,  welches  $2r).(l(i()  kosten 
sollte.  Am  14.  September  desselben  .Jahres 
konnte  der  Grundstein  gelegt  werden. 

Es  war  ein  Festtao:.  nielit  allein  für  die 
deutsehe  Bevölkerung?,  nein,  für  «ranz 
Newark.  Die  Chronik  sagt:  N'oii  allen 
üffentliehen  Gebäuden  wehte  das  Sternen- 
banner; wo  inuner  auf  dem  Daehe  eine 
Flaggenstange   sieh    befand,    da    wai-   audi 


Konnte  man  ihm  fiu  bes.seres.  schönere« 
Dcidoiial  .setzen,  als  wie  es  am  14.  Septem- 
ber jenes  .lahres  geschal»  .'  Ge<;eii  K»  l'hr 
Morgens  .setzte  sich  der  wahrhaft  impo- 
sante Festzug.  wie  Xewark  selten  einen  ge- 
sehen liatte.  in  Bewegung,  überall  begrüs.st 
von  einer  begeisterten  Menge. 

Die  Grundmanein  des  Gebäudes  ragten 
schon  mehrere  Fu.ss  ans  dem  lioden  hervor, 
dieselben   waren    ieduch  mit    Rrettern  über- 


DAS    DEUTSCHE    HOSPITAL    IN    SAN    FRANCISCO. 

mit  wenigen  Ausnahmen  eine  Fahne  daran,      deckt,    inid    stellten    sich    die    Direktoren, 
Man  hatte  diesen  Tag  gewählt,  weil  es  der      Beamten     der     Ilosi)ital-Association     und 

Redner  liier  auf.  während  die  verschiedenen 
Vereine  und  liOgcn  im  Halbkreise  Aufstel- 
lung nahmen,  und  mit  ihren  Hainiern  uml 
Fahnen  ein  äu.ssei-st  malerisches  Bild  ilar- 
boten. 

Ein  im  Skating  Hink  abgehaltenes  Kon- 
zert brachte  diesen  Ged<'nktag  zu  einem 
fröldichen    Ende.     D.-r  K«'inertrag  tlcr  bei 


100jährige  Geburtstag  Alexander  von 
Humboldt 's  war;  ein  Tag  zur  Erinnerung 
an  einen  der  besten  und  berühmtesten 
Söhne  Germania 's,  in  dem  deutsche  Wis- 
senschaft und  Bildung  den  glänzendst«'n 
Repräsentanten  gefunden  hatte;  Huiid)oldt 
war  aber  auch  ein  Mann,  der  für  die  Lei- 
den  seiner   Mitmenschen    ein    Herz    hatte. 


094 


r)KrTS(  IIK    H()SI'ITAI:M;Iv*   TNO  WOIILTlIAKTrCKETTSANSTAl/rKX. 


dieser    Gelogeiihoit     veninstaltcteu    divitä- 
pipen  Feier  belief  sieli  auf  $2,832. 

Die  HauJirbeiten  sehritten  min  rüstip 
vi>rwärls.  iiiul  bald  stand  das  Hospital  zur 
Aufnaliine  von  Kranken  bereit.  Leider 
blieb  die  Hülfe  binter  den  ?]r\vartunjren 
zurüek.  und  es  stellten  sieb  bald  tinanzielle, 
wie  aueb  andere  Scbwieriirkeiten  ein ;  da 
biess  es  deini  für  die  Deutsebeu  Xewarks, 
einniütbip  für  ibr  AVerk  einzutreten.  So 
wurde  zu  Anfang  der  80er  Jabre  die  Grün- 
dung vnn  Hospital-Ward-Vereineu  be- 
sehlos.sen ;  selbst  in  Harrison  wurde  ein 
soleber  in 's  Leben  gerufen,  wo  Herr  Jacob 


deslialb  1887  der  l'liin  angeregt  wurde, 
einen  Seitenflügel  zu  erbauen,  nabmen  die 
Direktoren  den  Antrag  sofort  an;  die.ses 
neue  Gebäude  kostete  $24.000,  das  Grund- 
stüek  $13.000,  so  dass  die  Gesainnitkosten 
sieb  auf  $37,500  beliefen.  Seit  der  Errieb- 
tung  bis  zum  Jabre  1907  inel.  sind  die  Ein- 
nabmen  $3I)ö,00().  die  Ausgaben  bingegen 
$410,000  gewesen.  Die  seit  der  Eniftnung 
bis  1907  inel.  aufgenommenen  Patienten 
betragen  14,400.  Weder  Rassenuntersebied 
noeb  Nationalität,  noeb  Religion  beein- 
flussen die  Aufnabme  eines  Kranken  in  das 
Hospital. 


Das   deutsche   Diakonissen-Haus   und   Hospital   in   Cincinnati. 


Stumpf  die  Deutseben  zu  einer  Versamm- 
lung einlud,  und  zwar  im  deutschen  Schul- 
lokale. Nachdem  die  Anwesenden  zur  Ord- 
nung gerufen  worden  waren,  erklärte  Herr 
Stumpf  den  Grund  und  Zweck  der  Ver- 
sammhuig.  worauf  man  zur  Wahl  eines 
temporären  Vorstandes  ül)erging  und  zwar 
mit  folgendem  Resultat :  Jac  Stumpf, 
Präsident;  J.  N.  Blum.  Si-kretär;  Jacob 
Gloor,  Schatzmeister.  19  ^litglieder  traten 
sofort  l)ei.  Um  es  Jedem  zu  ermöglichen, 
^litglied  zu  werden,  setzte  man  den  viertel- 
jährlichen Betrag  auf  50  Cents  fest. 

Im  Laufe  der  Zeit  genügte  die  Anstalt 
den    Ansprüchen    jedoch   nicht    mehr;    als 


Vor  einigen  Jahren  empfahlen  die  Direk- 
toren die  Errichtung  einer  Wärterinnen- 
Schule;  1895  verwirklichte  Frau  Christine 
Trefz  den  Plan,  indem  sie  hochherzig  die 
]Mittel  zur  Errichtung  einer  derartigen 
Schule  hergab.  Die  Einweihimg  fand  statt 
am  30.  November  1895. 

AVie  zu  ersehen,  hat  das  deutsche  Hos- 
pital sich  aus  kleinen  Anfängen  entwickelt; 
Krisen  blieben  der  Anstalt  nicht  erspart, 
das  Deutsehthum  aber  war  sich  dessen  stets 
bewusst,  in  ihr  ein  Wahrzeichen  zu  haben 
von  dem,  was  der  Gemeinsinn  hervorbrin- 
gen kann.  Das  Andenken  an  Alexander 
von   Humboldt  ktmnte  aber  nicht  schöner 


DEUTSrHK  HOSl-ITAKI.Ki:    IM)   WOIILTHAKTKJK  KITS  AXSTALTKX. 


W)5 


hcwalirt    \v»'i-(lt'n,    als    diii-fli    «lirsc    Stiill«- 
wrrkthätijjft'r  Xät-hstcnlicbe. 


Das  Deutsche  1  lospifal  in  San  Francisco. 

Das  lUMic  Deutsclu'  Hospital  in  San 
Francisco  ist  an  14.  und  Roc  Strasse  ge- 
legen und  mit  einem  Kosten-Aufwand  von 
über  $700.000  errichtet  worden.  Es  ist 
aus  Stahl  und  Konkret  anfirctnhi-t  inid  mit 
allen  uk Kiemen  Krankenhaus-E  in  rieht  lui- 
gen  versehen.  Seine  Lage  ist  ideal.  Es 
liegt  50  Fuss  hoch  über  der  Strasse  und 
erhebt  sich  auf  einem  Grundstück,  das  be- 
deutend niclir  als  einen  C^uadrat-Block  um- 


in  seiin-r  Anlage  und  Einrielitung  einzig 
dasteht.  Vorzüirlieh  ausgestattete  Opera- 
tions- inid  N'erltand-Zimiiier.  Eab<»ratMrien 
und  Ivännie  lür  X-Sirahlen-  und  Einsen- 
Eieht-Hehandlung  fügen  sieh  dem  (lan/.en 
ein.  Das  Hospital  dürfte  eins  der  am 
Hcstcn  eingerichteten  in  der  Welt  sein. 
.Mit  dem  Hospital  ist  eine  Krankenwärte- 
1  inncn-Scliule  \erl)unden. 


Das  Deutsche  Diakonissen-Haus  und 
Hospital  in  Cincinnati. 

Das     deut.sehe      Diakcmissen-Haus      und 
Hospital  in  Ciiuinnali  wurde  am   14.  Juni 


Deutsch- protatantische  Heimath  tuet   Waisen   und   Alte   Leute  in   Detroit. 


fasst.  Die  Aussicht  von  den  gut  erleuch- 
teten und  soiniigen  Zimmern,  auf  deren 
Ventilation  besonders  Gewicht  gelegt  wor- 
den ist,  auf  die  Bai  und  das  umliegende 
Land  ist  einfach  herrlich.  Li  jedem  Stock- 
werk befinden  sich  Sonnen-Käume  oder 
Solarien.  Eine  breite  und  geräumige 
Veranda  befindet  sich  auf  der  Südseite  des 
Hospitals.  Ein  Turnzimnu'r  für  (»rthopä- 
dische  Uebungen  und  eine  auf  das  \'oll- 
ständigste  eingerichtete  Wasserheilanstalt 
mit  Nadel-,  elektrischen  uiul  sonsigen 
Hadern  machen  das  Hospital  zu  einem,  das 


1888  gegründet.  Die  Anstalt,  .sowie  (bis 
Frauen-Hospital  und  Kinderheim  sind  von 
dem  evangelisch-protestantischen  Verein 
für  Diakonie  gegründet  worden.  Die  erst- 
genannte Anstalt  liegt  an  der  Südwest- 
Ecke  iWv  Clinton  Avenue  untl  Straight 
Strasse,  gegenüber  Hurnet  Woods  l'ark. 
Das  Hospital  ist  jedoch  w<'der  auf  An- 
hänger eines  religiö.sen  Hckcnntni.s.scs  be- 
schränkt, noih  macht  es  rntcrschiede  in 
Hezug  auf  .Xationalifät  und  Farbe  der 
ratienten.  .\n  der  Spitze  tles  Verwal- 
tungsrat lies  steht   l'astoi-  ,F,   IMister. 


696 


DEUTSCHK   HOSPITAKLKK   UND  WOHLTHAKTldKKlTS  ANSTALTEN. 


Deutsche  protestantische   Heimath   fuer 
Waisen  und  Alte  Leute  in  Detroit. 

Als  im  Jahn«  ISJ)})  das  sogenannte  Zoar- 
Asyl,  No.  248 — ^ätJ  Ilarvoy  Avenue,  ge- 
richtlich verkauft  wurde,  thaten  .sieh  Mit- 
glie<h'r  der  deutschen  protestantischen  Ge- 
ineinch'u  Detroit 's  zusaiiinien,  um  zu  ver- 
liüten.  dass  die  2'i  Waisen  und  84  alten 
lAMite.  die  zu  jener  Zeit  im  Zoar-Asyl  ein 
l'nterkommen  gefunden  hatten,  ohdaehlos 
wurden.  Am  16.  Xovend)er  lSi)4  organi- 
sirten  sieh  diese  hochlierzigen  Männer  als 
Korporation,  und  das  Asyl  wurde  zum 
Preise  von  1),(J74  DoUars  käutlieh  erworben. 
Fiin   Viertel  des  Kaiifi>i'eiscs  koinite  sofort 


ganer  und  Ohioer  Distrikt  der  Evangeli- 
schen Synode  von  Xord-Amerika  hat  die 
Anstalten  seinen  Gemeinden  warm  empfoh- 
len und  auch  schon  recht  ansehnliche  Bei- 
träge geliefert. 


Die  evangelisch-lutherische  Taubstummen- 
Anstalt  in  Detroit. 

Die  Anstalt  wurtle  im  Jahre  1873  von 
einer  Anzahl  Mitglieder  der  St.  Trini- 
tatis-Gemeinde  gegründet.  Anfangs  be- 
fand sich  die  Anstalt  in  Royal  Oak.  wo  mit 
derselben  ein  "Waisenhaus  verbunden  war. 
Im  Jahre  1875  siedelte  sie  nach  Xorth- 
Detroit  über,  woselbst  ihr  Herr  Will  Phil. 


Die  evangelisch-lutherische  Taubstummen-Anstalt   in   Detroit. 


abbezahlt  w.-rden.  Pa.stor  L.  G.  Xollau 
wurde  der  er.ste  Superintendent  der  Hei- 
math, gegenwärtig  verwaltet  das  Amt 
Pastor  J.  Xeumann. 

Die  von  dem  Verein  verfolgten  .schönen 
Zwecke:  -Minderjährigen  Waisen  eine  gute 
Erziehung  und  bedürftigen,  würdigen 
betagten  Personen  für  den  Abend  ihres 
Lebens  ein  geeignetes  Unterkommen  zu 
verschalTen.  bedürfen  keiner  näheren  Er- 
läuterimg. Die  Anstalten  werden  aus- 
schliesslich durch  freiwillige  Beiträge  un- 
terhalten. Sie  sind  deshalb  einzig  und 
allein  auf  die  Mildthätigkeit  des  Detroiter 
Deutsehthums     angewiesen.       Der     Michi- 


Xorris  20  Acker  Land  schenkungsweise  zur 
Verfügung  gestellt  hatte.  Schon  vor  der 
rebersiedelnng  waren  die  Waisenkinder 
anderswo  untergebracht  worden,  und 
fortan  wurde  das  Institut  aus.schlies.slich 
eine  Schule  für  Taubstunnne. 

Als  erster  Leiter  der  Anstalt  wurde  ihr 
^litbegründer,  Pa.stor  G.  Speckhard.  be- 
rufen, der  ihr  bis  zu  seinem  Tode  im  Jahre 
1879  vorstand;  gegenwärtig  fungirt  als 
Superintendent  Pastor  Wm.  Gielow.  Seit 
dem  Bestehen  der  Anstalt  haben  dieselbe 
weit  über  200  Schüler  besucht.  Gegen- 
wärtig beträgt  die  Zahl  der  Schüler  rund 
40.  als  Lehrer  sind  an  dem  Institute  thätig: 


DEUTSCHE  HÜSI'ITAELER  UND  WOHLTIIAETIOKKITa-ANSTALTEN. 


«97 


H.  A.   Qiiitmeyer,   II.   Mcyci-  und   Frl.   A. 
Reehlin. 

Die  nieiit  unerheblichen  rnterhnltunjrs- 
]costen  werden  zum  j?rös.sten  Theil  iinicr- 
halb    der    lutherisehen    Svnodcd-Konferen/ 


21.)  Fus.s  .IM  ray.suii  Strasse,  in  jfesunder 
und  ruhif^er  (Je^'end  luid  doch  v<»n  allen 
Stadtt heilen  leicht  erreichbar,  wurde  im 
.\(»veinber  1SS;{  von  dem  (ienerHJ  Stew- 
art'sehen    Xachla.ss    für    die    Summe    vmii 


durch  freiwillige  Liebesgaben  aufgebracht.  $12.7;i()  gekaiift.  Im  fi.lgenden  Frühjahr 
-da  nur  wenige  Schüler  die  Anstalt  besu-  fand  die  feierliche  (Jrundsteinlegung  statt 
chen.   die  das  auf  $10   per  Monat    festge-      und  am   17.  Mai   ISSf)  die  Kinweihung  der 


setzte  Kostgeld  bezahlen  können.  Der 
Unterricht  wird  nach  bewährten  Methoden 
■ertheilt,  die  sanitären  Einrichtungen  sintl 
mustergiltig.  und  die  Anstalt  hat  seit 
ihrem  Bestehen  schon  ganz  Hrhebliches  füi- 
■die  p]rleichternng  des  harten  Loses  der 
«nnen  Taubstummen  geleistet.  Die  An- 
stalt wird  gegenwärtig  von  einer  Anzahl 
"Gemeinden  geleitet. 


prächtigen  neuen  Anstalt. 

Das  rothe  Ziegelsteingebäude  hebt  siih 
auf  einer  kleinen  Anhöhe  mit  der  Aussieht 
auf  die  geschäftige  Stadt,  die  herrliehe 
("hesapeake-liai.  die  grünbewahh'ten  Hügel 
der  rmgegend.  Ks  bietet  ungefähr  70  alten 
Leuten  nach  dem  Daseinskampfe  eine  be- 
hagliche ZuHuchtsstälte.     Dank  dei-  weisen 


Allgemeine  Deutsche  Greisenheimath  in 
Baltimore. 

Der  24.  .März  1S81  war  ein  bedeutungs- 
voller Tag  in  der  Geschichte  der  Wohlthä- 
tigkeitsanstalten  der  Stadt  Baltimore.  Für 
den.selben  berief  der  Allgemeine  Arbeitei-- 
Kranken-Unterstützungsverein  eine  Vei-- 
samndung  von  A^'ertretern  deutscher  Vei-- 
eine,  um  die  Gründung  einer  deutsehen 
Greisen-Heinuith  zu  liesiirechen.  Die  An- 
regung führte  zur  Gi'ündung  ilei-  ..Gesell- 
schaft für  eine  Allgemeine  Deutsche  Grei- 
senheimath". r\lit  Schaffensfreude  ging 
dieselbe  an 's  Werk.  Die  verschiedenen 
deutschen  Vereine  veranstalteten  Theater- 
Aufführungen,  Volks-  und  Sänger-Feste, 
deren  Reinerträge  der  Greisenheim-Gesell- 
schaft übergeben  wurden.  Und  bereits  am 
12.  April  1882  wurde  das  neue  Heim  mit 
drei  Insassen  in  einem  gemietheten  an  der 
Ecke  von  Penn  und  Lombard  Strasse  gele- 
genen Hause  eröffnet. 

Die  nächste  Aufgabe  war  die  Erwerbung 
eines  geeigneten  Bauplatzes  für  ein  dau- 
erndes Heim.  Ein  ideal  gelegener  IMatz, 
auf  der  Höhe  von  West-Baltimore  Strasse. 
mit  einer  Front  von  löO  Fuss  an  dieser  und 


Das    Allgemeine   deutsche    Waisenhaus    in    Balümocc. 

uml  spai'samcn  \'erwallung  der  (Jelder  der 
Greiseidieimath  ist  das  (Jehäude  sowie  der 
Bauplatz  sclion  lange  schuldenfreies  Eigen- 
thum  der  Deutschen  Baltimore 's.  Die 
Unterhaltungskosten  werden  zum  grössten 
Theil  aus  fn'iwilligen  Beiträgen  gedeckt. 
Seit  dem  Bestehen  der  (!r«'iseidieimath 
nahmen  auch  die  deutschen  Frauen  Balti- 
moi'c's  einen  thätigeii  Antheil  an  deren 
Liebeswerken.  Am  :{.  Februar  1HS2  orga- 
nisirte  sich  der  ..Damenverein  der  Allge- 
meinen Deutschen  (»n'isenheimath".  dem 
von  Anfang  an  die  hochverehrte  I'räsid«'n- 
tin  Frau  Louise  Ileiniighauscn  vorstellt. 
Der  Verein  veranstalt«'te  vom  •'<.  I>is  zum  8. 
Dezember     188M     in     der    Coneordia-I  lalle 


698 


DKl'TSCHK   H()SIMTAI:IJ:K'   rxn  WOlll/rHAKTKiKKITS-ANSTAI/rEX. 


einen  Hazar.  Herzen  und  Ilänclt'  i-e^ten 
sieh  mit  Lust  und  Eifer,  tlenselben  zu  einci- 
triiinzenden  Anjjele'renheit  zu  uiarlicii.  Dri- 
finanzielle  Erfol«?  übertraf  alle  Krwartun- 
jr<'ii :  di'f  Damen- Verein  konnte  dem  Direk- 
tnrium  die  Sunnue  von  .^Id.. ")(•()  üheiM-cichcn. 


Das  Allgemeine  Deutsche  Waisenhaus 
in  Baltimore. 

Am  8.  November  18(j8  konnte  die  evan- 
jrelisch-lntherisehe  Dreieinigkeits-Gemeinde 
in  lialtimore  ihr  langersehntes  deutseh-i)ro- 
testatisc'lies  Waisenhaus — damals  Xo.  69 
Ost  Pratt  Strasse,  imweit  Canal  Strasse 
(ider  .jetzt  Central  Avenue,  einweihen. 

Eine  grosse  freisinnige  Partei  der  deut- 
schen Mitbürger  war  bereit,  das  alte  Werk 
zu  übernehmen,  was  am  13.  September 
lSti(i  geschah.  Das  Allgemeine  Deutsehe 
Wai.senhaus  wurde  geschaffen.  Ein  grösse- 
res,   besseres   und    mehr   im    Centrum    der 


Stadt  gelegenes  Haus  wurde  18()7  von 
Ilcnii  Will.  McCan  für  $16,000  gekauft. 
.\iii  ').  .Juli  1S67  wurde  es  eröffnet.  Im 
.lalne  1872  wurde  der  jetzige  Bauplatz  ge- 
kauft und  am  22.  Juni  1S7:5  die  Grund- 
steinlegung vollzogen.  Ein  Jahr  später, 
an  demselben  Datmn,  wai-  die  Einweihunsr 
Dej-  ganze  Pau  kostete  $5r).()47.  Die  ailge- 
iiieine  Kollekte  ergab  .tl8,928.  und  die 
schöne  Fair,  die  unter  den  Auspizien  des 
Damen-Nähvereines  —  Präsidentin  Frau 
Johanna  AVehr  —  in  der  Coneordia  vom  6. 
l)is  11.  Dezember  1875  abgehalten  wurde, 
erzielte  .l!l8,674.  Auf  diese  Weise  konnten 
alle  Verbindlichkeiten  getilgt  werden. 

Die  schulfähigen  Kinder  konnten  1876 
den  öffentlichen  Schulen  zugewiesen  wer- 
den. Die  Schul-Kommissäre  gaben  ihre 
Einwilligung,  und  damit  hatten  die  Kinder 
dieselbe  Gelegenheit,  wie  die  der  ^Mitbürger, 
sich   die    erforderlichen    Kenntnisse   anzu- 


eignen. 


Srr  Srutsrhr  SormtBrb-Svathnltörbr 

I  I         I         > 


J.    B.    OELKERS. 
Präsident   d«    Roemisch-Katholischen   Central- Vereins,    Newark,    N.    J. 


Der  Deutsche  Roemisch-Katholische  Central- Verein. 


Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  deutschen  Katholiken  in  den  Vereinigten  Staaten. 

Von  JOSEPH  MATT. 


Der  Deutsehe  Römisoh-Katholische  Cen- 
tral-Verein  wurde  im  Jahre  1855  gegrün- 
det. Allerdings  bestanden  schon  vorher  in 
einzelnen  Städten  katholische  rnterstütz- 
ungs- Vereine.  Herr  Heinrich  Spaunhorst 
sehreibt  in  der,  gelegentlich  der  88.  Gene- 
ralversammlung im  Jahre  1893  zu  St.  Louis 
veröffentlichten  Festschrift :  „Der  erste 
deutsche,  von  Katholiken  gegründete  ge- 
genseitige Unterstützungs- Verein  war,  so 
viel  luis  bekannt  ist.  der  St.  Georgius-Verein 
in  der  Stadt  New  York  ....  Die  Grün- 
dung dieses  Vereins  geschah  um  1842.  Die 
Mitglieder  des  St.  Georgius- Vereins  ge- 
hörten der  St.  Nikolaus-Gemeinde  an  der 
2.  Strasse  an.  Die  Mitglieder  des  St. 
Georgius- Vereins  schlössen  sich  dem  1845 
von  dem  Redemptoristen-Pater  Rumpier 
gegründeten  St.  Josephs  Unterstützungs- 
Verein  an ;  dieser  letztere  war  der  erste 
[deutsche  katholische  T'nterstützungs- Verein 
'in  den  Ver.  Staaten,  ausser  deni  St.  Bern- 
hards-Verein in  Covington,  Ky Der 

jErzbischof     ^Michael     Hciss,     der     damals 
[Pfarrer  an  der  St.  ]\Iarien-Kirche  in  .1///- 
waukee  war,  wandte  sich  an  P.  Rumpier  in 
New  York  und  bat  ihn  um  Auskunft  über 
jflen    Charakter    eines    gewissen    deutschen 
I.Ordens",  um  zu  erfahren,  ob  Katholiken 
pich    jener    Genossenschaft    ohne     Gef;ihr 
[für    ihren    Glauben    anschliessen    könnten. 
lOer  Inhalt  der  Antwort  des  P.  Rumi)ler  .  .  . 
war  dieser:    ,,Um  die  katholischen  ]\Iänner 
md  Jünglinge  davon  abzuhalten,  sich  der 
nterstützung  und  irdischer  Vortheile  hal- 
ber kirchlich  verbotenen  Gesellschaften  an- 
'-uschliessen.  habe  ich  in  meiner  Gemeinde 
inen    katholischen    rnterstützuntrs- Verein 


(St.  Josei)hs  -  Verein)  gegründet.  Ich 
möchte  Ihnen  anrathen.  da.sselbe  zu  thun." 
Daraufhin  berief  Pfarrer  Heiss  die  ältesten 
Mitglieder  der  St.  Marien-Gemeinde  zu 
einer  Berathung  und  gründete  den  St.  I'ius- 
Verein.^  ^ 

Dem  Beispiel  der  deutschen  Katholiken 
in  New  York  und  Milwaukee  folgten  die  in 
anderen  grösseren  Städten.  In  St.  Louis 
wurde  am  13.  November  1847  der  St.  Lud- 
wigs-Verein gegründet,  in  Quincy,  111.,  der 
St.  Bonifatius- Verein,  in  Allegheny  am  1. 
Januar  1848  der  St.  Johannes-Verein,  in 
Pitt.sburg  im  Januar  des  darauiTolgenden 
Jahres  der  St.  Philomena-Verein  und  fa.st 
zu  gleicher  Zeit  in  Baltimore  die  St.  Lud- 
gerus-Gesellschaft,  im  ]\Iai  1840  zu  Buffalo 
die  St.  Alphonsus-Gesellschaft.  Auch  in 
Cincinnati  bestand  frühzeitig,  wie  wir  aus 
einer  Schrift  des  Pfarrers  Sdiwenniger  er- 
sehen, ein  deutscher  kath(tlisel;er  l'nter- 
stützungs- Verein.  In  mn neben  Fällen  ging 
die  Gründung  eines  katholischen  Unter- 
stützungs-Verein  der  Organisirung  deut- 
scher Gemeinden  voraus  und  leitete  die 
letztere  in  die  Wege. 

I)i(  li(  urffffründf  zur  Gründung  von 
Vereinen  dieser  Art  und  deren  Vorfhnlc 
fasste  der  Vorstand  des  Central-Vereins 
unter  seinem  vortrellliehen  um  das  AVaehs- 
thum  des  C.-V.  hochvenlienten  Präsidenten 
Ji)}i.  Amend  nach  der  5.  Generalversanuii- 
lung  (St.  Louis)  in  einer  Erklärung  vom 
30.    Mai    1860    in    folg.'uden    Worten    zu- 

sanniien  : 

Eine  lange  Reihe  von  Jahren  hin- 
durch be.stehen  gegenseitige  Unterstütz- 
ungs-Vereine  in  allen  Tln'ilen  dieses  gn»s.sen 


701 


DKR   PKUTSCHE  ROKMISCHKATHÜLISCHE  CENTBAL-VEREIN. 


fjjimlcs.  .Mdflitcii  wolil  .-lui-li  dii'  Reweg- 
iriiiiHU'  y.nv  Hildiiii«:  solduT  \'i'r('in('  niclit 
iiiimcr  ciiii'  uiul  (licsclht-n  «jt'wcsoii  sein  — 
\uiiiz  ni;in  da  uikI  iloi-t  vicllcii-lit  rinen  sol- 
clicn  ViTcin  fxi't^rüiulct  lialx'ii,  um  über- 
liaupt  oinoin  Vereiue  anzufrehören,  und  an- 
doixwo  ausseid ij'sslicli  deshalb,  um  in  einer 
s(»lidarisclien  Verl)indun«?  in  Tagen  vdii 
Kraid\lieit  iiiitl  A'erdienstlosiirkeit  eine 
Schutzwelir  gegen  Mangel  und  Noth  zu 
haben,  so  ist  doeli  sieher  anzunehmen,  dass 
im  (»rossen  und  Ganzen  die  Beweggründe 
hierzu  tiefer  wurzelten  und  die  Grundui"- 
saehe  für  da.s  Bestehen  unserer  katholi- 
.sehen  gegenseitigen  I^ntcrstützungs-Vereine 
eine  solidere,  eine  aehtunggebietendere  war. 
Wir  alle  sind  aus  dem  heimathliehen  Boden 
auf  fremdes  Erdreieh  versetzt  —  gleiehsam 
wie  Israel  von  Sion  naeh  den  Wasserbäehen 
Babylons.  AVie  viele  von  uns  waren  es 
wohl,  die  nicht  auch  beim  Eintreffen  in  der 
Fremde  ihre  Harfen  an  die  Trauerweiden 
hingen?  Gab  es  aueh  wohl  für  ]Manehen 
hier  be.sseres  und  leiehter  verdientes  Brod, 
als  es  ihm  seine  arme  Heimath  zu  bieten 
vermoehte,  so  war  das  Brod  doch  immer  in 
der  Fremde  gege.ssen  und  in  einem  Zu- 
stande fortwährender  Unsieherheit.  In  der 
Heimath  hatten  wir  alle  eine  Welt  um  uns, 
die  uns  kannte  und  die  wir  kannten,  in  die 
wir  so  zu  sagen  mit  tausend  Fasern  einge- 
wachsen waren.  —  Bande  des  Blutes,  der 
gesellschaftlichen  und  gemeindliehen  An- 
und  Zusammengehörigkeit  hielten  uns  da. 
ob  der  eine  arm.  der  andere  bemittelt  und 
der  dritte  reich  w;ir.  dureh  das  Leben  hin- 
durch umschhmgen.  und  .jene  Unsicherheit, 
die  man  in  der  Fremde  und  in  der  Verein- 
zelung fühlt,  beschlicb  nicht  das  arme 
Men.schenherz.  Hier  war  es  anders,  be.son- 
ders  für  (li(\  welehe  vor  einer  Reihe  von 
Jahren  nach  diesem  Lande  kamen.  Sogar 
ein  kirchliches  Gemeindeleben,  dessen  wir 
uns  heute  sehon  in  einem  bedeutenden 
Grade  zu  erfreuen  haben,  war  noch  nicht 
errungen,  von  einer  sozialen  An-  imd  Zu- 
sammengehörigkeit, die  durch  iahrelanges 
Zusniinnenleben    und    dureh    Anknüpfung 


von    Familienbanden    heranwächst,    waren 
kaum  die  ei-sten  .schwachen  Spuren  zu  ent- 
decken,  und  diese  nur  erst  noch  für  den 
Kundigen.      In    Tagen    solcher    Verlassen- 
heit,  die   im   inneren   Herzensgründe  wur- 
z<'lt.   und   d;nin    ihren   tiefen   Schatten  auf 
die   Aussenwelt    wirft    und    die   Dinge  da 
noch    trüber    erscheinen    läs.st,    als   sie  in 
W^irkliehkeit  sind,  macht  sich  das  Bedürf- 
niss  .solidarischen  Zusammenstehens  in  Leid 
und  Noth  geltend,  und  in  unseren  gegen- 
seitigen Unterstützungs- Vereinen   fand  es, 
so  weit  dies  geschehen  konnte,  seine  Befrie- 
digung.    Dies  die  Entstehung  der  Unter- 
stützungs-Vereine   im    allgemeinen.      Der 
Gründung     luiserer     katholischen     Unter- 
stützungs-Vereine lag  noch  ein  anderes,  ein 
höheres     ]\Iotiv    zu    gründe.       Allerwärts 
durch 's  Land  bestehen  geheime  Unterstütz- 
ung s-GeseU  seh  aften  und  Vereine,  die  man 
nicht  alle    nennen   und  nicht    alle  zählen 
kann.     Das  Gefühl  der  Vereinsamung  und 
das   Bedürfniss   der  Zusammengehörigkeit  ' 
führte    Tausende    und    Abertausende,   die  i' 
vielleicht  sonst  nie  im  Traume  daran  ge-  I 
dacht  haben  würden,  in  die  Logen  der  ge-  I 
heimen  Verbrüderungen.     Da  traten,  und'' 
das  ziuiächst  in  den  grösseren  Städten,  wo  \ 
auf  der  einen   Seite  das  Bedürfniss  eines  ' 
solidarischen    Zusammenstehens    und    auf  ' 
der  andern  die  Gefahr,  in  das  Netzwerk  ge-  ' 
heimer  Verbrüderungen  verstrickt  zu  wer 
den.   am   grössten   war,   edelherzige,  glaii- 
benstreue  ]\Iänner  zusannuen  und  gründe- 1; 
ten     katholische      Unterstützungs-Vereirf 
Ihre  Zahl  hat  sieh  von  Jahr  zu  Jahr  voi 
mehrt,  und  dadurch  ist  uns  der  Beweis  pc 
liefert,  dass  die  Ursache  sich  bis  zum  heu- 
tigen Tage  gleich  geblieben  ist  ...  ." 

Zum  wichtigen  Faktor  in  der  religiösen 
Entwickelung  des  jungen  Kontinent-- 
wurden  sie.  nachdem  sie  über  dio  enge  In- 
teressensphäre eines  Lokal-Vereins  hinaii 
getreten  waren  imd  ihre  Thätigkeit  aiil 
erweiterter  Grundlage  aufbauten.  D''' 
.iugendfrische  Strömung  unter  den  Katho- 
liken der  deutschsprechenden  Länder. 
Frankreichs   und   Belgiens,   deren   Wellen- 


DER  DEUTSCHE  KOEMISCH-KATHOLISCHE  CENTRAL  VEREIN. 


7U3 


schlag  bis  au  die  Gestade  des  Atlantischen 
Ozeans  sieh  erstreckte,  und  die  un.i;iinstige 
Lage  der  Katholiken   in  der  Neuen  AVeit 
wii-kten    zusanuiieu,    den    Gedanken    einer 
über  das   ganze   Land   sich    ausdelmenden 
Organisation    zur   Reife   zu   bringen.      So- 
lauge die  Vereine  mit  denen   in   anderen 
Städten  keine  Fühlung  hatten,  girigen  viele, 
wenu  sie  ihren   Wohnort   wechselten,  deni 
katholi.schen   Vereiuswesen   wiederum    rrr- 
lonn:    dazu    drängte    das    Auftreten    der 
katholikenfeindlichen    Sippe    der    „K)ww- 
nolhinys",  der  Ahnen  des  in  den  achtziger 
und     neimziger     Jahren      auftauchenden 
„Apai-smus",  die  Katholiken  zum  engeren 
Zusamnienschluss.      Die    „Knownothings" 
suchten  die  Einwanderung  mit  Gewalt°zu 
unterdrücken,  die  Katholiken  zu  entrechten 
und  der  katholischen  Kirche  in  der  Union 
den  Todesstoss  zu  versetzen.    In  Oineinnati 
und  Louisville  veranlassten  rabiate  „Nichts- 
wisser"  Blutvergiessen,  mehrfach  wurden 
katholische  Kirchen  und  Anstalten  demo- 
lirt,    der    deutsehe    Jesuiten-Pater    Bapst 
wurde    in    .Alaine   von    einem    fanatisirten 
Pobelhaufen   in    barbarischer   AV^eise  miss- 
handelt, der  päpstliche  Delegat  Erzbisehof 
Bodini  öffentlich  beschimpft;  es  war  für 
jeden  mit  Opfern  verknüpft,  öffentlich  als 
Katholik    aufzutreten,    und    wer    in    die 
Kirche  zu  gehen  wagte,  konnte  darauf  ge- 
fasst  sein,  mit  Steinen  beworfen  zu  werden. 
Eine  kräftige  Organisation  zur  Hebung  des 
katholischen  Bcwusstseins  und  nachdrückli- 
chen Veriheidigung  der  bedrohten  Rechte 
war  darum  eine  dringende  Nothwendigkeit. 
Dieser  Forderung  wurde  Rechnung  getra- 
gen durch  die  Gründung  des  Central-Ver- 
<^tns,  und  dieselbe  bildet  einen  Alarkstein  in 
der    Geschichte    der    katholischen    Kirche 
Amerikas.    Und  auch  für  das  Dnihchthum 
in  den  A^er.  Staaten  ist  die  Gründung  des 
Central-A^ereins    von    Bedeutung    gewesen 
und  werth,  von  unseren  A^olksgeno.ssen,  die 
nicht  unseres  Glaubens  sind,  mehr  als  das 
bi.sher  der  Fall  gewesen,  beachtet  zu  wer- 
den, weil  der  unparteiische  Beobachter  zu- 
gestehen muss,  dass  \-ci)ic  andnr  rJriifsrh- 


anicrilcanischc  Onjanisation.  ganz  abgt-se- 
iien  von  der  numeri.sehen  Stärke  unseres 
fVntral-A'ereins,  für  die  Verthcidiyung  und 
Erhall ting  deutscher  Sprache  und  dtut- 
sch(  n  ir(.s(;(.5  so  viel  geleistet  hat  wie  ge- 
rade dieser. 

Die  ei-ste  Anregung  zur  Organisirung 
eines  Central-Vereins  aller  bestehenden,  auf 
katholi.scher  Basis  aufgebauter  deut.scher 
katholischen  Unterstützungs-A'ereine  ging 
von  liochcster,  bezw.  Buffalo  aus.  Am  17. 
April  1854  veranstalteten  der  St.  Peters- 
uml  dei-  St.  Josephs-Verein  von  Rochester 
zu  Ehren  des  von  seinen  Oberen  von  der 
..Blumen.stadt"  nach  Pittsburg  berufenen 
P.  Leimgruber,  C.  SS.  R.,  eine  Abschieds- 
feier,  zu  der  auch  Vertreter  der  deutsclien 
katholischen  Vereine  aus  Buffalo  ei*sehienen 
waren.  Die  Zusammenkunft  gestaltete  sieh 
zu  einem  herzlichen  A^'erbrüderungsfest. 
und  mehrere  der  Redner  —  unter  denen  der 
P.  Breska,  C.  SS.  R.,  und  Herr  Krautbauer. 
Präsident  des  St.  Peter- A^ereins  und  naeli- 
maliger  Bischof  von  Greenbay,  waren  — 
betonten  unter  allgemeiner  herzlicher  Zu- 
stimmung ganz  besonders  die  Nothwendig- 
keit eines  engeren  Zusammenschlusses  der 
katholischen  Vereine. 

Als  am  näch.sten  Tage  die  Beamten  und 
Repräsentanten  der  Buffalo 'er  fünf  Ver- 
eine während  der  Ileiin fahrt  über  den  Ver- 
lauf der  Feier  sich  unterliielten.  warf  ein 
Älitglied  der  St.  Alphonsus-Gesellsehaft, 
Herr  Michael  Hübsch,  die  Frage  auf,  ob  es 
nicht  möglich  wäre,  eine  A^'ereinigiuig  aller 
katholischen  Vereine  wenigstens  der  Diö- 
zese herbeizufüliren.  Der  A'orschlag  zün- 
dete, jeder  einzelne  der  Reisegesellscliaft 
war  Feuer  und  Flamme,  inid  in  den  niieh- 
sten  Tagen  schon  wurde  der  Plan  dem  .seit- 
her vei-storbenen  Bischof  J.  Timmi  unter- 
breitet und  sein  Gutachten  eingeholt.  Msgr. 
Timon  zauderte,  nachdem  ihm  die  Beweg- 
gründe dargelegt  worden  waren,  keinen 
Augenblick,  seine  Gutheis.sung  zu  geben, 
fügte  aber  die  Alabnnng  bei.  iuigesiehts  der 
Katholikenhetze  ja  Vorsicht  walten  zu  1ns- 
s<'n.  (laiiiit  nicht  etwa  die  Gegne-  (Jelegen- 


704 


DEK  DKUTSniK  KOKMlSLll  KATHOLISCHE  CENTRAL  VEKEIN. 


heit  fänden,  das  Ganze  als  cinfii.  von  der 
Geistliehkeit  aus<:ehenden  pdlitisehen  Vor- 
stoss  zu  verdäehti^'eu.  "As  tliis  is  a  matter 
of  layiiian"  —  das  waren  seine  Worte  dem 
Anssclnisse  j;e«,'enül)er.  als  ihm  dieser  seine 
Anfwartunir  maelite  —  "let  it  not  appcar 
that  an\    elertryman  lias  a  liand  in  it." 

Zieiit  man  alle  l'mstände  in  Betraeht, 
welche  diesen  \Viid<  veranlassten,  dann 
kann  man  sieh  nnr  darüber  inoulcrH.  dass 
man  »'s  in  späteren  .lahren  fertig  brachte, 
aus  dieser  Bemerkung'  eine  Anklage  gegen 
den  Central- Verein  zureeht  zu  drechseln, 
als  sei  dieser  von  unberufenen  Laien  und 
ohne  Billigung  und  Gutheissung  der  kirch- 
liehtii  Oberen  gegründet  worden.  Die 
durch  die  obige  Bemerkung  nicht  einge- 
schränkte Gutheissung  des  Bischofs  von 
Buffalo.  sowie  die  später  erfolgte  Approba- 
tion der  Konstitution  des  Central-Vereins 
durcli  den  ver.storbenen  Erzbisehol  Pureell 
von  Cincinnati  im  Jahre  1875,  dessen  Ge- 
neralvikar Jair.  0.  S.  F.,  inid  den  Bischof 
Toebbe.  sowie  das  weiter  unten  in  wörtli- 
cher l'ebersetzung  mitgetheilte  Breve  des 
111.  Vaters  Pius  IX.,  wie  auch  die  rege 
Theilnahme  des  hohen  und  niedere  n  Klerus 
an  fast  alloi  bisherigen  Jahresversammlun- 
gen strafen  alle  Behauptungen  von  einer 
..unbefugten"  Laien- Aktion  bei  der  Grün- 
dung des  Central-Vereins  Lügen. 

Mit  der  Genehmigung  des  Bisehofs 
Timon  versannnelten  sich  am  Nachmittag 
des  29.  Septend)er  1854,  am  Feste  des  hl. 
Michael,  die  Präsidenten  sämratlicher  Buf- 
falo'er  katholischen  Vereine  mit  Ausnahme 
des  St.  Ludwigs- Vereins  in  der  St.  Alphon- 
sus-llalle.  inul  nach  kurzer  Berathung 
wurde  beschlossen,  einen  Aufruf  zu  erlassen 
und  zur  Gründung  einer  Central-Organisa- 
tion  einzuladen. 

Erste  General- Versammlung. 

Der  Einladung  entsprachen  anfänglich 
17  Vereine,  deren  Vertreter  zu  Baltimore 
am  Nachmittag  des  15.  April  1855.  am 
Osternumtag.  nachdem  sie  in  der  St.  Al- 
phonsus-Kirche  dem  Festgottesdienste  bei- 


gewohnt hatten,  in  der  St.  Alphonsus-Halle- 
zur  ersten  General versanunlung  zusammen- 
traten. In  dieser  Versamnüung  waren  die- 
folgenden  Vereine  vertreten:  D.  R.-K.  L'n- 
terstützungs- Verein  von  St.  Louis  (Reprä- 
sentant Joh.  Amend)  ;  St.  Alphonsus-Ge- 
sell.schaft  von  Rochester  (Repr.  Jos. 
Schütte)  ;  St.  Jo.sephs-Gesellschaft  von 
Rochester  (Repr.  Ludw.  Ernst)  ,  St.  Pius- 
Verein  von  Rochester  (Repr.  Georg  ]\Ies.s- 
mer)  ;  St.  Alphonsus-Gesellsehaft  von  Buf- 
falo (Repr.  Georg  Deuther)  ;  St.  Josephs- 
Liebesbund  von  Washington  (Repr.  Peter 
Richter)  ;  St.  Johannes- Verein  von  Alleghe- 
ny,  Pa..  (Repr.  Alois  Hildebrandt)  ;  St. 
Bonifatius  Wohlthätigkeits  -  Gesellschaft 
von  Birmingham,  Pa.,  (Repr.  Magnus  Seg- 
ner) ;  St.  Michaels-Unterstützungs- Verein 
von  Birmingham,  Pa.,  (Repr.  ^Michael 
End)  ;  St.  Philomena-Wohlthätigkeit.s- Ver- 
ein von  Pittsburg,  Pa.,  (Repr.  Joh.  P. 
Buch)  ;  St.  ^lichaels- Verein  von  Buifalo, 
X.  Y.,  (Repr.  Franz  Iläffner)  ;  St.  Alphon- 
siis-Wohlthätigkeits- Verein  von  Pittsburg. 
Pa.,  (Repr.  Anton  ]\leyer)  ;  St.  Valentinus 
Ililfs- Verein  von  Allegheny,  Pa..  (Repr. 
Caspar  Bauer)  ;  St.  Alphonsus-Gesellsehaft 
von  Baltimore.  ]\ld..  (Repr.  Anton  Blat- 
tau)  ;  St.  Georgius-Gesellschaft  von  Balti- 
more. ]\Id.,  (Repr.  Jos.  ]\Iauser)  ;  St.  Peters-^ 
Gesellschaft  von  Baltimore,  ]Md.,  (Repr. 
Franz  ]\Iüller)  ;  St.  Stephanus-Gesellschaft 
von  Baltimore,  Md.,  (Repr.  Fr.  ^Müller). 

Herr  Georg  Deuther  von  ButTalo  wurde 
von  der  Versamnüung  zum  temporären  Vor- 
sitzenden, Herr  Joh.  P.  Buch  von  Pittsburg 
wurde  zum  temporären  Schriftführer  er- 
wählt. Nachdem  sich  die  Versammhmt' 
auf  diese  AVeise  konstituirt  hatte  und  die 
Beglaubigungsschreiben  der  Delegaten  ent- 
gegengenommen waren,  wurde  ein  Aus- 
schuss  ernannt  zur  Aufstellung  der  Kandi- 
daten für  den  dauernden  Vorstand.  Aus 
der  Wahl  am  nächsten  Tage  gingen  hervor: 
Hr.  Anton  Blattau  (Baltimore),  i'räsident; 
Hr.  Jos.  Amend  (St.  Louis)  und  Anton 
Aleyer  (Pittsburg).  Vize-Präsidenten;  Hr. 
Joh.  P.  Buch  (Pittsburg),  Prot.-Sekretär; 


DER  DEUTSCHK  RüEMISCÜI  KATHOLISCHE  CENTRAL  VEREIN. 


705 


Hr.  Goo.  Messnior  f  Kochestor.  X.  Y.).  Kor.- 
Sekretär. 

Nach  vollzogener  Beamtenwahl  stellte 
Hr.  L.  Ernst  von  Roehester  den  formellen 
Antrag,  die  Versannnlung  möge  besehlie.s- 
sen,  „einen  Ccntral-Vcrcin  von  deutschen 
römisch-hatJiolischen  U nterstützungs-V erei- 
nen  zu  bilden".  Einstimmig  nahm  die  Ver- 
samnilniig  den  Antrag  an  inid  schritt  dann 
zur  liesprechung  der  von  einem  Ausschnss 
bereits  ausgearbeiteten  Konslituiion.  Die- 
selbe, in  ihren  grundlegenden  Paragraphen 
bis  auf  den  heutigen  Tag  in  Kraft,  stellt 
dem  kofhoUschen  Denken  und  Fühlen  ihrer 
Verfasser  das  beste  Zeugniss  aus.  Die  Ziele 
mid  Zwecke  der  Organisation  waren  nach 
dem  Wortlaut  der  ursprünglichen  Konsti- 
tution enge  begrenzt,  und  erst  die  kommen- 
den Jahre  brachten,  den  waelisenden  He- 
dürfnissen  und  den  Zeitumständen  ent- 
sprechend, eine  Erweiterung  des  Pro- 
gramms. Die  Gründer  des  Central-Yereins 
hatten  neben  der  Stärkung  des  katholischen 
Bewusstseins  vor  allem  die  materielle  Hilfe- 
leistung der  Vereine  unter  einander  in 's 
Auge  gefasst.  „Eintreten  für  katholische 
Interessen  im  Sinne  der  katholischen 
Kirche'',  nach  der  Konstitution  oder  dem 
Zweck  des  Vereins,  war  besonders  auf  den 
jährlichen  Generalversammlungen  die  Pa- 
role. Zur  Hebung  des  Ansehens  des  katho- 
lischen Vereinswesens,  wie  des  Ansehens 
und  des  Einflusses  der  Katholiken  des  Lan- 
des überhaupt  waren  mit  der  Generalver- 
sammlimg.  die  mit  feierlichem  Gottesdienst 
eröffnet  Avurde,  von  vornherein  öffentliche 
Aufzüge  und  Festversammlungen  verbun- 
den. Es  wurden  auch  Fragen  aus  dem 
kirchlich -.sozialen  Gebiet  in  den  Kreis  der 
Erörterungen  gezogen.  ^Man  fasste  in  Be- 
zug darauf  Beschlüsse,  die  auf  die  Förde- 
rung solcher  wichtiger  sozialer  Interessen 
hinzielten,  die  den  Central-Verein  nicht 
direkt  angingen.  Nachdem  er  erst  einmal 
aiif  festen  Füssen  stand  —  in  den  ersten 
Generalversammlungen  (Buffalo.  Pittsburg. 
Rochester,  Zanesville.  0..  und  Syracuse) 
waren  durchschnittlich  nur  etwa  14  Vereine 


vertreten,  und  die  Verhandlungen  dn-hten 
sich  gros-scntheils  um  Verhes.scrung  und 
Ausgestaltung  der  Konstitution  —  trat  er 
alsbald  Angelegenheiten  und  Fragen  nälier, 
welche  seinem  eigentli<'hen  Interes,senkrei.se 
ferne  lagen.  So  fand  sich  auf  der  achten 
Generalversammlung  zu  Cincinnati  (25. 
Mai  ISJi.'i)  der  uuvergesslichc,  um  die 
Kirche  Xord-Amerikas  so  lux-hverdiente  Dr. 
Salz  mann  ein,  legte  den  Delegaten  das 
Lehrer-Seminar  in  St.  Francis  an*s  Herz 
und  gewann  den  Central-Verein  als  I'athen 
für  .seinen  „Benjamin". 

In  den  Berichten  der  früheren  General- 
versammlungen findet  nmn  .stets  eine  nam- 
hafte Sunune  verzeichnet,  so  z.  B.  im  Be- 
liebt von  der  im  Jahre  1S78  zu  Detroit  ab- 
gehaltenen Versannnlung  $3.756.22.  Dane- 
ben erscjieinen  von  anfangs  der  siebenziger 
Jahre  an  stattliche  Beiträge  für  die  Fingt, 
wanderten  (im  Jahre  1S73.  $1170.73;  1874, 
$320.43;  1875.  $1022.27;  1876,  $1067.45 
u.  s.  w.).  für  die  von  der  Chicago 'er 
Feuer.sbrunst,  vom  8.  bis  10.  Oktober 
1871.  Heimgesuchten  ($5972.57),  für  die 
durch  Feuer  im  nördlichen  Wisconsin 
Heimgesuchten  (1872.  $603.00).  für  den 
HI.  Vater  (dem  z.  B.  1877  $133;>.70  über- 
sandt  wurden),  für  arme  Gemeinden  u.s.w. 

In  Folge  seiner  regen,  miablässigen  Thä- 
tigkeit  zog  der  Central-Verein  immer  mehr 
die  allgemeine  Aufmerksamkeit  auf  sich 
und  wuchs  von  Jahr  zu  Jahr.  Wir  gewinnen 
ein  Bild  seines  Wach.sens,  wenn  wir  aus  den 
Berichten  der  Generalversammlungen  er- 
sehen, dass  auf  der  achten  Jahresversamm- 
lung (Cincinnati,  1863)  15),  auf  der  neun- 
ten (Erie,  Pa.)  30.  auf  der  zehnten  (Mil- 
waukee)  47,  auf  der  elften  (Buffalo)  65. 
auf  der  zwölften  (Pittsburg)  82.  auf' der 
dreizehnten  (New  York)  Ol,  auf  der  vier- 
zehnten (Chicago)  167  Vereine  vertreten 
waren.  Auch  der  hohe  und  niedere  Kh ms 
nahm  immer  mehr  Interesse  an  der  aufstre- 
benden, sich  beständig  ausgestaltenden  Or- 
ganisation, und  selbst  der  oberste  flirte  der 
Christenheit  wurde  auf  dieselbe  aufmerk- 
sam,  nachdem   die   elfte   Generalversamm- 


706 


DEK  DEUTSCHK  HOEMISCH  KATHOLISCHE  CENTRAL  VEREIN. 


lunj,'.  dif  iini  20.  Mai  186G  zu  liiiffalo  abge- 
halten wurtU'.  eiiu'  II iildigungsadrcssc,  die 
von  Hischof  Tinum  niitunterzeichnet  war, 
an  den  Hl.  V.it.'r  I'iiis  IX..  hoehseligen  An- 
denkens, gesandt  halt''. 

Die  Erwiderung  des  III.  Vatei-s  Pius  IX., 
weh'he  ci-st  später,  nach  Vertagung  der 
Vci-saiiMidung  erfolgte,  ist  uns  nicht  be- 
kannt ;  aber  ein  Antwortschreiben  des  III. 
Vaters  auf  eine  von  dt^r  Generalversamm- 
lung zu  New  York  im  .lahre  1868  gesandte 
Krgebenheits-Adres.se  zeigt,  was  der  III. 
\'atcr  V(»m  Central-Verein  hielt.  Dieses 
Autwortschreiben  lautet : 

Pius    PP.    IX. 


l'u-scrcM  gt'liebten  Söhnen  Heil  und 
Apostoli.schen  Segen !  Jenes  offene  Zeug- 
nis.s  des  Glaubens,  zu  dessen  A])legung  Ihr 
jährlich  von  den  verschiedenen  Städten  der 
Union  zusannuen  zu  konnnen  ptlegt,  spricht 
auf  eine  so  herrliche  Weise  von  dem  Geiste 
der  katholischen  Einheit,  dass  wir  hieraus 
den  süssesten  Trost  schöpfen.  Wir  sehen 
an  diesen  Versannnlungen  (ein  der  Kirche 
würdiges  Schauspiel),  da  zu  denselben  von 
den  Gläubigen  auserlesene  ^Männer  abge- 
sandt werden,  welche  mit  Zustimmung  und 
Unterstützimg  der  kirchlichen  Obrigkeit  die 
Gesinnungen  der  Gläubigen  kund  gebend, 
da.selbst  öffentlich  und  feierlieh  bekennen, 
dass  sie  mit  ganzem  Herzen  und  Gemüthe 
diesem  hl.  Stuhle,  dem  ..Lehrsitz"  der 
Wahrheit  und  dem  ^littelpunkte  der  Ein- 
heit, anhängen,  da.ss  sie  dem  Stellvertreter 
Christi  allergeliorsamst  und  ehrfurchtsvoll 
sieh  unterwerfen.  —  dass  sie  die  demselben 
zugefügten  Unbilden  hart  fühlen.  —  dass 
sie  die  Heiligkeit  seiner,  sowohl  religiösen 
als  bürgerlichen  Rechte,  anerkennen  und 
bekennen,  —  da.ss  sie,  was  immer  gegen  die- 
selben geschehen  sei  und  noch  geschehe, 
verachten  und  verwerfen,  —  dass  sie  bereit 
seien,  für  dieselben  nach  Kräften  zu 
kämpfen.  —  und  welche  nebstdem  diese 
öffentlichen  und  glänzenden  Erklärungen 
durch  edelmüthige  im  Namen  aller  zusam- 
mengelegten  Unterstützungen  bekräftigen. 


Es  konnnen  auch  oft  die  Ruchlosen  aus 
verschiedenen  Weltgegenden  zusammen 
,, gegen  den  Herrn  und  seinen  Gesalbten" 
vom  IIa.sse  gegen  Gerechtigkeit  und  Wahr- 
heit getrieben,  nicht  von  der  Liebe  für  die- 
selbe, —  in  der  Absicht,  die  Ordnung  zu 
zerstören,  nicht  um  sie  zu  befestigen,  —  die 
Bande  der  Gesellschaft  aufzulösen,  nicht 
um  den  Frieden  und  die  gegenseitige  Liebe 
zu  vermehren ;  —  sie  scheiden  aber  auch 
von  einander,  nachdem  sie  ihre  Geschäfte 
abgemacht  haben  imd  vereinzelter,  nicht 
vereinter  geworden  sind.  Und  während  in 
katholischen  Versammlungen  der  Geist  der 
Demuth  und  Einigkeit  hervorleuchtet  und 
die  offenbare  Wirkung  jenes  göttlichen  Ge- 
betes sich  kiuid  gibt :  ,,Ieh  bete  für  jene, 
welche  an  mich  glauben  werden,  damit  wir 
Alle  Eins  seien,"  —  tragen  die  Versamm- 
lungen der  Gottlosen  offenbar  den  Geist  des 
Stolzes,  des  Streites  und  der  Heuchelei 
zur  Schau.  Und  sowie  man  an  den  Erste- 
ren  sieht,  dass  in  ihnen  bestehe,  glänze  und 
sich  befestige  die  Einheit,  das  Pfand  des 
Lebens  und  der  Kraft,  die  Vorbedeutung 
des  Sieges,  —  so  verkündigt  dieselbe  den 
Letzteren  aber  auch  nicht  undeutlich  den 
durch  einen  göttlichen  Ausspruch  vorherge- 
sagten Ausgang:  ..Ein  jedes  in  sich  selbst 
uneiniges  Reich  wird  zerstört ;  denn  wenn 
der  Satan  in  sich  selbst  uneins  ist,  wie  kann 
sein  Reich  bestehen?"  —  Freuet  Euch  des- 
halb, geliebte  Söhne,  dass  während  Gott 
Euch  berufen  hat,  durch  Wort  und  That 
die  Religion  und  die  heiligen  Rechte  zu  ver- 
theidigen.  Er  Euch  auch,  nicht  blos  wür- 
dig gemacht  hat.  Seinen  Namen  edelmüthi^' 
und  vertrauensvoll  zu  bekennen,  sondern 
auch  zu  jenem  Siege  beizutragen,  den  er 
endlich  seiner  Kirche  gewähren  wird.  — 
Darum  wünschen  wir  Euch  Glück  und  ver- 
künden Euch  immer  reichlichen  Beistand 
der  himmlischen  Gnade,  durcii  welche  ver- 
einigt Ihr  in  Eurem  Vorhaben  gestärkt 
werden  und  mit  solcher  Bereitwilligkeit  di- 
Sache  der  Gerechtigkeit  verf-^chten  möget. 
dass  Ihr  des  Triumphes  Euch  zu  erfreuen 
vermöget.     Unterdessen,   als  einen  Beweis 


DER  DEUTSCHE  ROEMISCHKATHOLISCHE  CENTRAL-VEREIN. 


707 


der  hiininlislu'ii  Begrünst i};un^  und  als  ein 
Pfand  iinsi'ivr  dankbaren  (Jesinnunjr,  so- 
wie unserer  väterlichen  W(»hljre\vo<^enheit 
empfanget  den  Apostolischen  Segen,  wel- 
chen wir  Euch  und  Eurer  ganzen  katholi- 
schen  Gesellschaft   bereitwilligst  ertheilen. 

Pius  PF.  IX. 

Gegeben  zu  St.  Peter  zu  Koni,  den  22. 
August  1868,  im  28.  Jahre  unseres 
Pontifikats. 

Nachdem  Missouri  bereits  in  der  Person 
des  oben  schon  genannten  Herrn  Joh. 
Amcnd,  dem  seine  wohlverdiente  Beliebt- 
heit den  Namen  ,,Papa  Amend"  eintrug, 
dem  Central-Verein  mehrere  Jahre  hin- 
durch einen  vorzüglichen  Präsidenten  ge- 
stellt hatte,  trat  auf  der  Generalversamm- 
lung zu  Detroit  am  1.  Juni  1873  ein  wei- 
terer Missouri 'er,  Herr  H.  J.  SpntoiJiorst, 
an  die  Spitze  des  Verbandes,  und  was  er 
für  den  Aufbau  des  deutschen  katholischen 
Vereinswesens  gethan,  darf  von  der  jünge- 
ren Generation  nicht  vergessen  werden,  will 
sie  sich  nicht  der  Undankbarkeit  schuldig 
machen. 

l'nter  seiner  Amtsführung  woirde  vor 
allem  eine  verbesserte  Geschäftsordnung 
eingeführt  und  die  Konsiiiuiion  revidirt 
(die  revidirte  Konstitution  wurde  auf  der 
20.  Generalversammlung  zu  Cincinnati  am 
16.  Älai  1875  endgiltig  angenommen  und 
vom  Erzbischof  Purcell  von  Cincinnati, 
vom  Bischof  Többe  von  Covington  und  voin 
P.  0.  Jair,  0.  S.  F.,  Generalvikar  von  Cin- 
cinnati. approbirt).  V\\\  diese  Zeit  kam 
auch,  so  viel  wir  wissen,  dank  den  Anregun- 
gen Herrn  Spaunhorst's,  Herrn  Fehlig 's 
u.  A.,  die  Frage  in  Fluss,  ob  es  zweckdien- 
lich sei,  innerhalb  des  Central-Vereins  eine 
Lebensversicherung  in 's  Leben  zu  rufen; 
die  21.  Generalversammlung,  abgehalten 
im  Jahre  1876  zu  Philadel ])hia.  befa.sste 
sich  zum  ersten  ^Nlale  offiziell  mit  dieser 
Angelegenheit,  die  dann  in  mehreren  Gene- 
ralversammlungen gründlich  enirtert  wur- 
de, bis  die  26.  Generalversammlung  im 
Jahre  1881  zu  Covington,  Kg.,  die  von 
einem    im    Jahre   zuvo':   eingesetzten    Aus- 


schüsse ansg.arheitete  Vorlage  in  Bezug 
auf  die  Vcritindung  einer  Lebensvensiche- 
rung {WiltwLn-  und  Wai.si  n-Fonds)  mit 
dem  Central-Verein  annahm. 

rnterdessen  hatte  der  Central-Verein 
auch  nach  anderer  Seite  hin  seine  Thütig- 
keit  erweitert.  So  hatte  er  mit  der  „Irish 
Catholic  Benevolent  Cnion"  eine  Art  Car- 
tell-Verbiiuhnig  hergestellt  luid  sich  vor 
allem  a\icli  sehr  eingehend  mit  der  Einwati- 
d(  rungsfragr  befas.st.  Im  Jahre  1868  war 
auf  der  Generalversammlung  des  Central- 
Vereins  in  New  York  ein  Central-Komit- 
gewählt  worden,  um  über  diese  wichtige 
Angelegenheit  zu  berathen.  Der  Ausschu.ss, 
an  dessen  Spitze  hochw.  Schicennigcr 
stand,  ging  von  dem  Gedanken  aas,  dass 
die  Einwanderungsfrage  ausserhalb  des  Be- 
reichs der  Thätigkeit  des  Central-Vereins 
liege,  und  dass  dieser  daher  nur  anregend 
wirken  könne.  Dementsprechend  dürfe  der 
Central-Verein  weder  seine  eigene  Ka.s.se. 
noch  die  Kasse  der  Lokal-Vereine  im  In- 
teresse dieser  Angelegenheit  in  Anspruch 
nehmen,  sondern  solle  einen  in  New  York 
stationirten  Ausschuss  für  Immigranten- 
Angelegenheiten  ernennen,  für  Baltimore 
und  New  York  zwei  Vertrauensmänner  er- 
wählen, welche  sich  imentgeltlich  der  in 
diesen  Städten  landenden  Katholiken  anzu- 
nehmen hatten,  unti  ausserdem  die  Lokal- 
Vereine  in  anderen  grös.seren  Städten  ver- 
anlassen, Vertrauensmänner  aufzustellen; 
der  New  Yorker  Central-Aus.schuss  solle 
sich  mit  dem  Episkopat  und  der  katholi- 
.schen  Presse  in  den  Vereinigten  Staaten 
und  in  Deutschland  in  Verbindung  setzen^ 
um  die  allgemeine  Aufmerksaiid<eit  auf  die 
Lnmigranten-Fürsorge  zu  lenken;  bei  den 
SchiffahrtsgeselLschaften  auf  eine  men- 
schenwürdige Behandlung  der  Auswande- 
rer dringen  und  ausserdem  in  der  deutscli- 
amerikanischen  katholischen  Presse  einen 
Aufruf  erlassen,  um  Liel)esgaben  zur  För- 
derung der  edlen  Sache  aufbringen.  I^ic 
gemäss  diesen  Vorschlägen  von  dem  Cen- 
tral-Ausschuss  unternojiuiiencn  Arbeiten 
waren  vom   besten   Erfolge  begleitet.     Mit 


708 


DKK  dkutsl'iil:  K()i:miöcii  katholische  centkal-vekein. 


dt'in  Kuiulsc-hreibiMi  nii  ilcn  Episkopat 
Deutschliinds  wurden  seehzchutauseud  Le- 
gitiiuatioiiskarteii  gesandt  zur  Vertheilung 
an  katholisclic  Auswanderer,  damit  diesel- 
ben sieh  l)ei  den  Vertrauensinännern  in 
New  York  und  lialtiniore  ausweisen  könn- 
ten. Xaeli  wenigen  .Monaten  selion  trafen 
Hunderte  und  später  Tausende  von  Ein- 
wanderern ein,  die  derartige  Karten  in 
ihrem  Besitze  hatten.  Die  Vertrauens- 
männer des  Central- Vereins  eni]>fingen  die- 
selben freundlieh  und  gingen  ihnen  mit 
Rath  und  Tliat  zur  Hand.  In  den  einzelnen 
L'ntei-stützuMgs- Vereinen  wurden  milde  Ga- 
ben gesammelt  und  an  den  Ceutral-Aus- 
sehuss  in  New  York  und  später  an  den 
Finanz-Sekretär  des  Central- Vereins  ge- 
sandt, \\\\\  annen  deutschen  katholischen 
Einwanderern  zu  helfen.  Die  Protokolle  der 
jähi-lichen  Generalversammlungen  des  Cen- 
tral-Vereins  gehen  über  diese  Leistungen 
und  das  "Wirken  zu  Gunsten  der  katholi- 
schen Einwanderer  Ausweis.  Weil  aber 
ausserhalb  der  Unterstützungs- Vereine  Nie- 
mand eine  Iland  rührte  und  auf  diese 
"Wei.se  nur  die  deutschen  katholischen  Ar- 
beiter (imd  Farmer)  —  denn  aus  solchen 
bestehen  ja  die  Unterstützungs- Vereine  — 
allein  besteuert  wurden  für  die  gute  Sache, 
so  gab  sieh  leider  Unzufriedenheit  kund. 
Aus  diesem  und  aus  anderen  Gründen,  die 
hier  nicht  erörtert  werden  sollen,  strich  die 
Generalversamndung  in  Toledo,  0.,  die  Ein- 
wanderungs-Sache vom  Programm  des  Cen- 
tral-Vereins  und  überliess  die  Angelegen- 
heit dem  Central-Ausschuss  in  New  York 
allein. 

Auf  der  Generalversamndung  in  New 
York  im  Jahre  1868  hatte  Rev.  Schwenniger 
empfohlen,  die  Errichtung  einer  TIcrherrje 
für  arme  Einwanderer  in  New  York  in 
Aussicht  zu  nehmen.  Im  Jahre  1874  wurde 
er  vom  Central-Aus.schuss  in  New  York  ge- 
beten, bei  dem  Episkopat  dieses  Landes  an- 
zufragen, ob  ein  Haus  für  arme  deutsche 
katholische  Einwanderer  Billigung  und 
Hilfe  finden  würde.  Erzbischof  Henni  von 
INIilwaukee.  Erzbischof  Purcell  von  Cincin- 


nati.  l^ischof  Krautbauer  von  Green  Bay, 
Bischof  Toebbe  von  Covington,  Generalvi- 
kar ^Nlühlsiepen  von  St.  Louis  u.  A.  richte- 
ten ei'nnniternde  Schreilx'u  an  Rev. 
Schwelm  iger,  \uid  dieser  hielt  in  mehreren 
Städten  des  Landes  Vorträge  über  zeitge 
mässe  Themata,  in  denen  er  die  Errichtuntr 
eines  Hospitiums  für  Einwanderer  stet^ 
einfiocht.  Seine  Bestrebungen  fanden 
grossen  Anklang,  aber  da  seine  Zeit  sonst 
vielfacli  i]i  Anspruch  genommen  war,  theil- 
ten  sich  andere  mit  ihm  in  die  Arbeit.  Herr 
Jos.  Kölhlc  hatte  schon  im  Jahre  1869  den 
Ozean  gekreuzt,  um  der  Generalversamm- 
lung der  Katholiken  Deutschlands  ])eizu- 
wohnen.  Sein  Bericht  über  die  Thätigkeit 
des  Central-Vereins  im  Interesse  der  Ein- 
wanderer wurde  mit  grossem  Beifall  aufge- 
nommen, imd  Herr  Kölble  trat  in  Verbin- 
dung mit  dem  hochverdienten,  vielge- 
schmähten Präsidenten  des  Raphaels- Ver- 
eins. Herrn  Peter  Paul  CaJieusljj  aus  Lim- 
burg. Von  da  an  gewann  der  Raphaels- 
Verein  in  Deutschland  Fühlung  mit  den 
Vertrauensmännern  in  Amerika.  Im 
Herbst  1883  kam  Herr  Cahensly  nach  Ame- 
rika —  er  reiste,  um  ein  unparteiisches  Ur- 
theil  über  die  Behandlung  der  Auswande- 
rer zu  erlangen,  unbekannt  im  Zwischen- 
deck herüber,  —  wohnte  der  Generalver- 
sammlung des  Central-Vereins  in  Evans- 
ville.  Ind..  bei  und  legte  den  Grundstein 
zum  Raphacls-V crcin,  der  alsbald  unter 
dem  Präsidium  des  Bischofs  ^Vigger  von 
Newark  in 's  Leben  trat.  Es  dauerte  aller- 
dings mehrere  Jahre,  bis  derselbe  lebens- 
fähig wurde.  Erst  im  Jahre  1887,  als  der 
deutsch-amerikanische  Klerus,  der  in  Chi- 
cago zur  Gründung  eines  Pricstcr-Vercins 
zusammengetreten  war,  sich  der  Sach.^ 
voller  Eifer  annahm,  war  der  Erfolg  ge- 
sichert. Der  leider  im  Laufe  des  Jahres 
1904  verstorbene  W.  Färber ,  der  Besten 
Einer,  die  je  auf  amerikanischem  Boden  füi- 
die  gute  Sache  gewirkt,  machte  den  Vor- 
schlag, in  New  York  ein  Hospiz  für  deut- 
sche katholische  Einwanderer  zu  gründen, 
das  zum  Andenken  an  die  Feier  des  fünf- 


DER  DEUTSCHE  ROEMISCilKATIIOUSCIIE  CENTHAL  VEREIN. 


709 


zigjäliriijen  Priester- Jubiläums  des  III. 
Vatei-s  Leo 's  XIII.  Leo-Haus  genannt  wer- 
den sollte.  Der  Vorschlag  fand  begeisterte 
Zu.stininnuig.  und  es  wurde  ein  Ausschuss 
ernannt,  welcher  die  einleitenden  Schritte 
zur  Ausführung  des  Vorschlages  thiui 
sollte.  Der  Ausschuss  bestand  aus  den 
Herren  Goller  aus  St.  Louis,  Fiseher  aus 
Chicago  und  Robbers  aus  Covington.  Herr 
Goller  erliess  nachher  einen  Aufruf  an  das 
katholi.sehe  Volk  dieses  Landes,  und  dieser 
Aufruf  trug  nicht  nur  die  frohe  Kunde  in 
alle  Staaten,  sondern  weckte  auch  überall 
eine  freudige  Theilnahme.  Auf  der  Gene- 
ralversannnlung  in  Chicago  am  6.  Septem- 
ber konnte  ]\Isgr.  ^Mühlsiepen  die  überra- 
schende ]Mittheilung  machen,  dass  bereits 
$10,000  an  Liebesgaben  eingegangen  seien. 
Was  der  Central-Verein  angeregt  und  an- 
gestrebt hatte,  war  miter  der  Aegide  des 
Priester- Vereins  zur  Thatsache  geworden, 
und  seit  mehreren  Jahrzehnten  steht  den 
Einwanderern  die  gastliche  Thüre  des  Leo- 
Hauses  offen,  und  Tausende  wurden  durch 
das  edle  Unternehmen  vor  dem  leiblichen 
und  geistigen  Untergänge  gerettet. 

Seitdem  hat  der  Priester- Verein,  mi ver- 
dienterweise wie  kaum  je  eine  andere  katho- 
lische Organisation  in  den  Ver.  Staaten 
angefeindet,  zu  bestehen  aufgehört,  und  die 
Geistlichkeit  kann  sich  in  Folge  dessen  der 
Fürsorge  für  die  Einwanderer  nicht  mehr 
in  dem  Umfange  widmen  wie  früher.  Das 
Leo-IIaus.  wohl  das  schönste  Denkmal,  das 
sich  die  deutsch-amerikanischen  Katholiken 
unter  der  steten  ^Mithilfe  des  Central- Ver- 
eins gesetzt  haben,  ist  heute  noch  ebenso 
nothircndig  wie  je. 

Die  allgemeinen  deutsch-amerikanischen 
Katholikentage. 

Mit  den  jährliehen  Generalversammlun- 
gen des  Central-Vereins  wurden  Katholi- 
kentage verbunden.  Schon  Ende  der  sech- 
ziger Jahre  hatte  hochw.  Schwenniger  als 
Redakteur  des  „Wahrheitsfreund"  die  Ab- 
haltung   von    Katholikentagen    nach    dem 


.Must.-r  der  Katholikentag.'  in  Deutschland 
eifrig  befürwortet  und  wurde  in  di.'scn  iJe- 
strebung.ii  eifrig  untei-stützt  durch  den 
verdienten,  leider  verstorbenen  Journalis- 
ten J.  H.  Müller  und  andere  katholische  Re- 
dakt<Mire.  Aber  der  Verwirklichung  des 
Projektes  traten  .so  viele  IIindernis.se  ent- 
gegen, dass  es  von  vielen  als  unausführbar 
beiseite  geschoben  wurde.  Trotzdem  Hessen 
sich  die  Befürworter  der  Kath«.likentage 
nicht  «'inschüchtern,  .sondern  setzten  es 
durch,  da.ss  auf  der  22.  Generalversamm- 
lung des  Central-Vereins,  die  im  Juni  1877 
in  Cleirland  tagte,  ein  Versuch  mit  der 
Einführung  eines  deutsch-amerikanischen 
Katholikentages  gemacht  wurde.  Aber  die 
Verhältnisse  waren  für  derartige  Veranstal- 
tungen noch  nicht  reif,  und  sicherlich  hätte 
eine  Erschlaffung  im  katholischen  Ver- 
einswesen der  Ver.  Staaten  sich  geltend  ge- 
macht, wäre  ihm  nicht  von  Kuroim  her 
neue  Lebenskraft  zugeströmt. 

An  dem  Beispiel  des  katholischen 
Deutschlands  während  des  Kultur-Kampfes 
stärkten  sich  die  deutsch-amerikanischen 
Katholiken,  und  eine  Fl uth welle  der  Be- 
geisterung durchströmte  ihre  Reihen.  Da- 
zu kam.  da.ss  durch  den  für  Deut.schland 
.so  ruhmvollen  Au.sgang  des  deutsch-fran- 
zösischen Krieges  das  An.sehen  der  Deutsch- 
Amerikaner  in  ungeahnter  Weise  gewach 
sen  war.  da.ss  sie  den  übrigen  Nationalitäten 
gegenüber  mehr  als  je  ihr  StaiiMiiesb»*wusst- 
sein  geltend  zu  machen  begannen.  da.ss  die 
Reihen  der  deutsch-aiiu'rikanischen  Katho 
liken  durch  die  immer  mehr  sich  hebi'nde 
Einwanderung  beständig  gestärkt  wurden, 
und  da.ss  die  durch  den  ,, Kultur-Kampf" 
ausgewiesenen  Ordenspriester,  vor  allem 
auch  die  Jesuiten,  eine  ausserordentlich  ge- 
segnete Thätigkeit  mitcr  ihren  Landslcutcn 
entfalteten. 

So  hatten  weitere  Versuche,  deut.sch- 
amerikanische  Katholikentage  abzuhalten, 
auf  mihr  Vcrständniss  und  grössere  Un- 
terstützung zu  rechnen  als  in  früheren 
Jahren,  und  auf  der  31.  General- Ver- 
sammlung des  Central-Vereins  in   Toledo, 


710 


DER  DEUTSCHK  ROK MISCH  KATHOLISCHE  CElSiTRAL-VEREIN. 


O.,  wurde  im  ScptriubiT  \^'^i\  auf  An- 
trag dos  lioi'lnv.  IltMTii  Wilhihn  Tapjxrt 
von  Covin^rton.  Ky..  drr  H('s<'liluss  ciiistini- 
mig  angfnoniiiit'ii.  mit  der  Al)lialfung  d«'i' 
GeneralvciNanniilung  des  Ccnti-.il-Vereins 
die  Ahhaltung  eines  tleutseh-amerikaui- 
selien  Katholikentages  zu  verbinden,  luid 
die  Grossstadt  Chicago  als  erstes  Versuchs- 
feld bestimmt.  Der  Versueh  fiel,  oljwohl 
sieh  das  Cnfei-tige  noch  stai-k  bemerkbar 
machte,  so  befriedigend  aus.  dass  die  Ab- 
haltung eines  zweiten  Katholikentages  be- 
sehlos.sen  wurde.  Der  zweite  deutseh-ame- 
rikani.sehe  Katholiken-Konvent  tagte  im 
Septend)er  1888  gleichzeitig  mit  der  33. 
Generalvei-sannidung  des  Ceiitral-Vereins 
in  Cinciniiati  und  gestaltete  sieh,  besonders 
durch  die  Betheiligung  des  verstorbenen 
C'entrumführers  Dr.  Ernst  Maria  Lieber,  zu 
einer  eindrucksvollen  Kundgebung  der 
deut.sch-amerikauischeu  Katholiken.  Der  im 
September  1889  in  Verbindung  mit  der  34. 
Generalversammlung  in  Clevelanel  abgehal- 
tene dritte  deutsch-amerikanische  Katholi- 
kentag verlief  noch  glänz-  und  bedeutungs- 
voller als  .seine  beiden  Vorgänger.  Leider 
wirde  aber  in  Cleveland  der  übereilte  Be- 
schluss  gefa.s.st.  die  Katholikentage  und  die 
Generalversammlungen  des  Central-Vereins 
nicht  mehr  gleichzeitig  und  au  demselben 
Orte  abzuhalten.  Diese  Zersplitterung  der 
Kräfte  schadete  sowohl  dem  Central- Verein 
als  auch  dem  Katholikentage.  Erst  wieder 
im  Jahre  1896  fand  in  Detroit  der  Katho- 
likentag gleichzeitig  mit  der  41.  General- 
versammlung des  Central-Vereins  statt. 
Den  Glanzpunkt  aller  Generalversammlun- 
gen und  aller  deutsch-amerikanischen  Ka- 
tholikentage bildete  die  Tagung  zu  .1//7- 
waukee  im  Jahre  1898.  Nicht  weniger  als 
365  Delegaten  hatten  sich  eingefunden; 
Erzbischof  Katzer  und  mehrere  Bischöfe 
und  Hunderte  von  Priestern  sowie  Dr. 
Lieber  wohnten  den  glanzvollen  Veranstal- 
tungen ])ei.  Noch  während  die  Katholiken- 
vei-sammlung  tagte,  beschlossen  zu  St. 
Francis  die  ehemaligen  Zöglinge  des  Leh- 
rer-Seminars die  Gründung  eines  katholi- 


schen Lehrer-Vereins.  Aber  der  ]Mil\vau- 
kee'er  (neunte)  allgemeine  deutsch-ameri- 
kanische Katholikentag  war  zugleich  der 
letzte. 

Die  Resolutionen  der  deutsch-amerikani- 
schen Katholikentage,  gros.sentheils  unter 
dem  Eintlvisse  der  Kundgebungen  unserer 
Glaubensgenossen  in  Deutsehland  verfa.sst, 
athnien  einen  echt  katliolischen  Gei.st. 
Obenan  stand  stets  die  Forderung  der 
vollen  Freiheit  und  Unal)hän(ji<jk(  it  des 
apostolischen  t^tuhles.  Und  nicht  nur  durch 
diese  mannhafte  Forderung  bewies  der 
Central- Verein  seine  Anhänglichkeit  au 
den  Nachfolger  Petri,  sondern  auch  durch 
namhafte  Beiträge  zum  Peterspfennig,  der 
alljährlich  in  der  ersten  Sitzung  der  Gene- 
ralversanunlung  bewilligt  wurde.  In 
nichtdeutschen  Kreisen  hat  es  bekanntlieh 
viel  länger  gedauert,  bis  in  Bezug  auf 
die  i'ömische  Frage  halbwegs  Klarheit 
herrschte. 

Eliiu'  der  wichtigsten  Fragen,  die  schon 
seit  Jahrzehnten  den  Gegenstand  lebhafter 
Erörterung  im  Central-Verein  bildet,  ist  die 
ScJnd frage.  Bereits  im  Jahre  1880,  auf  der 
25.  Generalversammlung  zu  St.  Louis,  im 
Jahre  vor  dem  dritten  Plcnar-Koncil  von  i 
Baltimore,  wurde  eine  in  jeder  Beziehung 
korrekte  Resolution  in  Bezug  auf  die 
Pfarrschulen  angenommen.  Unter  Ande- 
rem wurde  damals  schon  empfohlen,  die 
katholischen  Pfarrschulen  zu  Freischulen  t 
im  vollen  Sinne  des  "Wortes  zu  machen ;  zu  l 
dem  Zwecke  wurde  die  Gründung  von 
Schulvereinen  angeregt.  In  der  Scluilfrage 
hat  auch  in  der  Folgezeit  der  Central-Ver- 
ein niemals  gewankt.  Kaum  irgendwo  fan- 
den die  Best i nun un gen  des  dritten  Plenar 
Koncils  von  Baltimore  in  Bezug  auf  die 
Pfarrschule  freudigeren  Gehorsam  als  in 
den  Reihen  des  Central-Vereins,  mid  dass 
sich  schon  seit  Jahren  neben  jeder  deut- 
schen katholischen  Kirche,  wo  immer  e^ 
einigermassen  möglich  i.st,  eine  Pfarrschule 
erhebt,  ist  nicht  zuletzt  auf  die  fortgesetzte 
Agitation  des  Central-Vereins  zurückzu- 
führen.    Auf  der  Tagung  des  Staats- Ver- 


DER  DEUTSCHK  ROEMISCHKATHOLISCHE  CENTRAL.  VEKKI  N 


711 


bandes  von  Minnesota  zu  New  Thn  that  im 
Jahre    1H04    der    Biscliof    J.    Stariha    von 
Lead.     8üd-Dakota,     den     ehrenden     Aus- 
spruch:  „Dir   (Iddscluii   hathalischcn    Vir- 
einc  haben    in   Minnesota   die   PfarrschuU 
gerettet."    Dieses  Lob  gebührt  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  cU-ii  deutschen  Katholiken 
im  (janzen  Lande,  an  erster  Stelle  aber  dem 
Central-Verein.    der   neben    der   deutschen 
katholischen    I'resse    das    Verdienst    bean- 
spruchen kann,  mehr  als  ein  anderer  Fak- 
tor zur   Schaffuntr  einer  öffentlichen   Md- 
nung    in    der    Schul  frage    beigetragen    zu 
haben. 

Heute  noch  steht  uns  die  Sehulfrage  als 
ungelöstes  Problem  gegnüber.  Der  Central- 
Verein  ist  sich  seiner  Pflicht  angesichts 
dieser  brennendsten  Zeitfrage  gar  wohl  be- 
wusst,  und  klar  und  unzweideutig  fasste  er 
auf  seinen  Generalversammlungen  seinen 
Standpunkt  zusammen  in  der  folgenden 
Resolution  über  die  Scbulfrage: 

„Die  49.  Generalversammlung  erneuert 
die  Erklärungen  unserer  früheren  Tagun- 
gen hinsiehtlicb  der  Sehulfrage. 

„Unseren  Glaubensgenossen  legen  wir 
dringend  an 's  Herz,  treu  und  unentwegt 
einzutreten  für  unsere  herrlichen  Pfarr- 
schulen. Denn  in  ihnen  erkennen  wir,  ent- 
sprechend den  vielfachen  Erklärungen  des 
Hl.  Stuhles,  sowie  den  Weisungen  des 
Ei)iskopats  und  in.sbesondere  des  dritten 
Plenar-Koncils  von  Baltimore,  das  einzige 
Mittel,  um  Glauben  und  Sittlichkeit  wirk- 
sam zu  wahren  und  zu  schützen. 

..In  Bezug  auf  die  Leistungen  in  den 
weltlichen  Fächern  stehen  unsere  Pfarr- 
schulen anderen  Schulen  in  keiner  Weise 
nach.  Aber  es  ist  nicht  genug,  in  der  bis- 
herigen Wei.se  fortzufahren,  für  die  Pfarr- 
sehulen  einzutreten,  .sondern  wir  müs.sen, 
den  Zeitumständen  entsprechend,  an  eine 
bessere  Ausgestaltung  unseres  Schulwesens 
denken.  Zu  diesem  Zwecke  empfehlen  wir 
von  neuem,  dass.  wo  immer  dies  möglich. 
die  Pfarrschulen  zu  Freischulen  im  vollen 
nnd  wahren  Siiuie  des  Wortes  gemacht  wei*- 
den.  dass  ferner  Sorge  getragen  wird,  damit 


wenigstens  für  die  oberen  Knabenkla.s.sen 
semu.ari.stiseh  gebildete  Lehrer  angestellt 
werden,  und  da.ss  die  Abhaltung  von  Schul- 
pnitmigcn  an  die  Stelle  der  ..E.xhibitions" 
trete. 

^  ..In  Bezug  auf  die  Theilnahme  de.s 
Staates  am  I'nterrichtswe.sen  .stehen  wir  auf 
dem  Boden  der  Erklärungen  der  Födera- 
tion katholi.scher  Vereine  und  der  frühereu 
Generalversannnlungen. 

..Mit  aller  Entschiedenheit  bestehen  wir, 
trotz  der   Anfeindungen    radikal<-r  Logen- 
Elemente,    auf   den    Forderungen    jui.serer 
Hechte,  wie  sie  durch  die  Konstituti<»n  ga- 
rantirt  sind.     Zu  diesen   Hechten   geh.iren 
vor  allem  Rt^ligions-  und  Gewis.sensfreiheit. 
Es  ist  aber  eine  Verletzung  derselben,  die 
Katholiken  zu  besteuern  zu  Gunsten  eines 
Schul-Systems.  das  zu  benutzen  ihnen  ihr 
Gewi.s.sen  verbietet ;  sie  zu  besteuern,  obwohl 
sie  ihre  eigenen  tüchtigen  Schulen  besitzen. 
Wir  verlangen   daher  unseren   Antheil   an 
den  durch  allgemeine  Bestenerunir  aufge- 
brachten Geldern  des  Sehul-Fonds. 

.M\t  aller  Entschiedenheit  erheben  wir 
Protest  gegen  die  vielfach  zu  Tage  tretende 
Tendenz,  ein  .staatliches  Schul-M«»nopt»l  zu 
schaffen,  und  verwahren  uns  gegen  jegliche, 
dem  Sozialisnms  Hechniuig  tragende  Ge- 
setzgebung, insbes(»ndere  gegen  einen,  die 
Interessen  un.serer  Pfarrschulen  schädigen- 
den Schulzwang.  Einführung  freier  Text- 
bücher, sowie  endlieh  auch  gegen  die  Ein- 
führung kostspieliger  unnützer  Fächer. 

..Femer  verwahren  wir  uns  dagegen,  da.s«; 
man  die  Schulen,  die  mit  den  (n-ldern 
von  Steuerzahlern  der  vei-schiedenen  De- 
nominationen unterhalten  werden,  zu  Pro- 
selytenmacherei  mi.ssbrau<-ht.  und  mü.s,sen 
dalier  den  vielfach  und  unter  maneherlei 
Vorwändi'U  zu  Tage  tretenden  N'ersiu'lien. 
die  Lesung  der  Bibel  in  den  ötTentlieher» 
Schulen  einzuführen,  auf  das  .\l)lehnen<lst^ 
begegnen." 

Auch  auf  soziaJnn  Gebiet  suchte  sieh  der 
Central-Verein  frühzeitig  zu  betliät igen.  Es 
ist  etwa  dreizehn  Jahre  her.  dass  ein  Herr. 
welcher     der     ..Catholic     rniversity"     in 


712 


DER  DEUTSCHE  ROEMISCH-KATHOLISCHE  CENTRAL-VEREIN. 


AVashiii^'toii  si'hr  iiiilic  stand,  das  grosse 
Wort  g.'lasst'ii  aussprach:  ..Eine  soziale 
Vvnisv  gibt  es  in  Amerika  nicht."  In  den 
h'tztcn  Jahren  liat  sidi  endlieh  die  Er- 
keuntni.ss  dun-hgeilrnngen.  dass  man  in 
diesem  wie  in  so  manchem  anderen  Punkte 
die  Frage  all/.u  optimi.stiseh  beurtheilt 
hatte. 

Nun  war  schon  dii'  grundlegende  Thätig- 
kt'it  unserer  deut.sch-amerikanischen  l'nter- 
stüt/.ungs- Vereine  eine  soziale.  Aber  auch 
in  dieser  Beziehung  wurde  das  Programm 
im  Laufe  der  Jahre  erweitert,  zu  der  Un- 
terstützung in  Krankheitsfällen  trat,  wie 
wir  oben  bereits  gesehen  haben,  eine  Le- 
bensversicherungs-Ka.sse  (Wittwen-  und 
Waisen-Fonds)  innerhalb  des  Central- Ver- 
eins und  Leben.sversicherungs-Gesellsehaf- 
ten  in  einzelnen  Staaten :  AViseonsin,  ^lin- 
nesota.  Iowa  u.  s.  w.),  die  bei  allen  ]\Iän- 
geln  und  ]\Iissgriffen  im  Grossen  und  Gan- 
zen eine  segensreiche  Thätigkeit  entfalte- 
ten. Aueli  die  Bestrebungen  im  Interesse 
der  Einwanderer  u.  s.  w.  waren  eine  soziale 
That.  In  späteren  Jahren  kam  zu  allem 
diesem  noch  die  Errichtung  von  Arbeiter- 
Bureaux  und  die  Gründung  von  Kolping'- 
schen  Gesellen-Vereinen  in  einer  ganzen 
Reihe  von  Städten.  Seitdem  Papst  Leo 
XIII.  in  seiner  unsterblichen  Ene.yklika 
über  die  Arbeiterfrage  Winke  und  Weisun- 
gen gegeben,  wie  die  Lösung  der  sozialen 
Frage  si/strmafiscJi  angestrebt  werden 
nniss,  trat  die  Antheilnaliine  des  Central- 
Vereins  an  der  grossen  Frage  immer  mehr 
proffraitiniafisch  in  den  Vordergrund,  und 
der  zweite  Paragrapli  der  Kon.stitution  be- 
zeichnet als  ..Zweck  des  Vereins ' '  vor  allem 
„Förderung  eines  kräftigen  religiösen  Le- 
bens im  Geiste  der  römisch-katholischen 
Kirche,  ent.sehiedenes  Eintreten  für  die 
Sache  der  Religion  im  ötTentlichen  Leben 
nach  jenen  Grundsätzen,  die  Papst  Leo 
XIII.  in  der  Arbeiter-Encyklika  niederge- 
legt hat." 

Um  aber  die  ÄLissen  für  diese  Aufgabe 
heranzuschulen,  muss  vor  allem  das  Ver- 
ständuiss  für  deren  Bedeutung  und   Um- 


fang geweckt  werden.  Das  bezweckt  der 
V(il'.s-V( rein,  der  im  Jahre  1898  auf  der 
Generalversannnlung  zu  Evansvillc,  Ind., 
unter  der  Aegide  des  Central- Vereins  in 's 
Leben  gerufen  wurde.  Bestimmte  Vor- 
schläge zur  systematischen  Verbreitung 
volk.sthümlicher  Schriften  über  die  grossen 
P'ragen  un.serer  Zeit  waren  schon  vor  acht 
Jahren  von  einer  unserer  katholischen 
Wochenzeitungen  („Wanderer")  gemacht 
worden  und  fanden  die  Beachtung  der  Ge- 
neralversannnlung zu  Bridgeport,  Conn. 
Die  Berathungen,  die  im  Anschlüsse  daran 
von  einem  von  der  Generalversannnlung 
eingesetzten  Spezial-Ausschuss  geptlogen 
wurden,  führten,  besonders  dank  den  An- 
regungen von  P.  Mäckel,  S.  J.,  imd  Herrn 
Xicolous  Gönner,  zu  dem  Resultat,  dass  die 
Gründung  eines  Volks-A^ereins  nach  dem 
^Muster  des  Volks-Vereins  für  das  katholi- 
sche Deutschland  beschlossen  wurde. 

Trotz  seines  kurzen  Bestandes  hat  er  be- 
reits Namhaftes  geleistet.  Auf  der  Gene- 
ralversammlung zu  St.  Louis  konnte  im 
Jahre  100-4  der  Sekretär  berichten,  dass 
der  Volks- Verein  29,673  Schriften  ver- 
breitet habe.  Dabei  waren  mehrere  Flug- 
schriften, die  gratis  versandt  worden 
waren,  nicht  eingerechnet. 

Auch  an  der  Politik  ging  der  Central- 
Verein  nicht  achtlos  vorüber.  Ohne  sich  in 
den  Hader  der  Parteien  zu  mischen,  be- 
hielt er  stets  jene  Fragen  scharf  im  Auge, 
an  deren  Regelung  nach  den  Forderungen 
des  Rechts  und  der  Gerechtigkeit  den 
Katholiken  besonders  viel  gelegen  sein 
musste.  Die  deutschen  Katholiken  haben 
sich  „in  die  Politik  gemischt"  in  der  Schul- 
frage und  in  einer  Reihe  von  Staaten,  so 
in  Wisconsin,  Illinois,  ]\Iissouri.  Minne- 
sota u.  s.  w.  mit  Hilfe  Rechtlichdenkender 
aus  allen  Lagern  erfreuliche  Siege  errun- 
gen. Auch  in  manch  anderer  Beziehung 
haben  sie  an  der  politischen  Entwickeluncr 
der  Dinge  regen  Antheil  genommen,  wie 
die  Resolutionen  des  Central-Vereins  zur 
Genüge  darthun,  sei  es,  dass  sie  sich  ver- 
anlasst sahen,   Stellung  zu  nehmen  gegen 


DKR  DKUTSniE  ROKMISCH  KATHOLISCHE  CENTHAI.  \  i:i{KI.\. 


ri3 


die  fanatische  l'rohibitioHs-  uiul  Einwan- 
dererhdze,  sei  es,  dass  die  Behandlung  der 
hidiaiKr  ilircn  Widerspruch  herausfor- 
derte. Mit  aller  Entschiedenheit  erh()l)en 
die  deutschen  katholischen  Vereine,  er- 
hob vor  allem  der  Central-Verein  (zum 
ei-sten  ]Male  auf  der  44.  Generalversamm- 
lung zu  St.  Paul  im  Jahre  1899)  Protest 
gegen  die  antikatholische  Politik  der  Re- 
gierung in  den  durch  den  Krieg  mit  Spa- 
nien erworbenen  Kolonien,  und  wenn  auch 
selbst  aus  dem  katholischen  Lager  Stimmen 
gegen  diesen  Schritt  laut  wurden  —  so  viel 
ist  sicher:  die  Regierung  zog  andere  Saiten 
auf,  und  eine  wenigstens  halbwegs  gerechte 
Lösmig  der  Frage  wurde  erzielt. 

Für  die  Erhaltung  deutscher  Spraclte 
und  deutschen  Wesens  hat  der  Central-Ver- 
ein vor  allem  gewirkt  durch  seine  fortge- 
.setzte  Agitation  und  den  Einfiuss,  den  er 
auf  die  ihm  angeschlossenen  Vereine  und 
auch,  indirekt  wenigstens,  auf  die  Pfarr- 
schulen in  deutschen  Gemeinden  ausübte. 
Die  Resolutionen,  welche  jedes  Jahr  im  In- 
teresse der  Erhaltung  der  deutschen 
Sprache  angenommen  werden,  gehen  sicher- 
lich nicht  spurlos  vorüber  und  rütteln 
manchen  wieder  auf,  der  mitschaufeln  hilft 
am  Grabe  des  Deutschthums  der  Ver. 
Staaten.  Ausserdem  wurden  im  Laufe  der 
Zeit  zahlreiche  Beschlüsse,  die  bestimmt 
formulirte  Winke  und  Weisungen  zur  Er- 
haltung deut.scher  Sprache  und  deutschen 
Wesens  enthielten,  von  den  Generalver- 
versammhuigcn  und  Katholikentagen  an- 
genonnnen.  Wäre  der  unselige  Hader 
nicht  dazwischen  gekommen,  hätte  der 
Central-Verein  seine  Liebe  zur  deutschen 
Sprache  in  der  „Catholic  University"  ein 
dauerndes  Denkmal  gesetzt.  Auf  der  Ta- 
gung zu  Detroit  im  Jahre  1896  wurde  der 
Plan  angeregt,  dass  der  Central-Verein 
$25,000  aufbringe  für  die  Errichtung  eines 
Lehrstuhles  für  deutsche  Sprache  und 
Literatur  in  der  Washingtoner  Hochschule. 
Der  Gedanke  wurde  mit  Jubel  aufgenom- 
men, und  in  vielversprechender  W^eise  be- 
gannen die  Gelder  einzukommen.     Aber  im 


Herbst  1897  wurde  .Msgr.  Dr.  ./.  Schhidir, 
(Irr  dii'  Seele  des  rnteniehiiiens  war,  in 
scbiiiälilieher  Weise  von  der  „Catholie  ITni- 
versity"  verdrängt,  (hi  der  liocligelchrte, 
durch  und  durch  kirchlich  gesinnte  Mann 
den  Vertretern  des  religiiisen  Liberalisnms, 
des  später  vom  Papst  Leo  XIH.  auf  djis 
ent.schiedenste  verurt  heilten  „Anu  riranis- 
mus"  im  W^»ge  stand.  Seine  Kntrernung 
von  der  Wa.shingtoner  Hochschule  um! 
seine  Tebei-siedelung  nach  Deut.scldand. 
wo  er  im  .lahre  1904  als  Rector  Magiii- 
ticus  der  Universität  Münster  starb,  verei- 
telten nicht  nur  den  Plan  der  Stiftung 
eines  Lelirstuhls,  sondern  übten  auch  auf 
das  katholische  Deutschthum  eine  entmu- 
tbigende  Wirkung  aus,  die  sieh  mehrere 
Jahre  lang  fülilbar  machte. 

WVnn  aber  auch  nicht  an  der  „Catholic 
rniver.sity",  so  hat  sich  der  Central-Verein 
mehr  als  hundert  Denkmale  gesetzt,  die  be- 
weisen, dass  es  ihm  mit  seinen  Beschlüs.sen 
zur  Erhaltung  und  Fiirdening  des  Deutsch- 
thums ernst  war.  Das  Leo-Haus,  das  Leh- 
rer-Seminar in  St.  Francis,  die  deut.schen 
Pfarrschulen  landauf,  landab,  die,  wie  wir 
dargethan,  gros.sentheils  unter  dem  Ein- 
flüsse des  Central-Vereins  entstanden,  und 
die  von  der  grössten  Bedeutung  für  die 
Existenzfähigkeit  eines  Deutschthums  in 
Amerika  waren  und  noch  sind,  sind  Leis- 
tungen, wie  sie  unsere  nichtkatholischen 
Volksgenossen  hierzulande  kamn  aufzuwei- 
sen haben. 

Als  eine  zweite  Frueht  der  allgemeinen 
deutsch  -  amerikanischen  Katholikentage 
haben  wir  oben  die  Staats-Verhände  be- 
zeichnet. Die  erste  Anregung  ging  von  der 
Chicago 'er  Tagung  im  Jahre  1887  aus. 
und  Herrn  Spaunhorst's  Amt.snachfolger, 
die  Herren  Adolph  Weixr  von  Racine, 
Xic.  Gonm  r,  Dubu<|ue.  und  Joh.  B.  Oilkrrs 
von  Xewark.  liessen  sieh  die  Förderung  der 
Staats- Verbände  äusserst  angelegen  sein. 
Die  Organ isirung  der  Katholiken  in  den 
einzelnen  Staaten  ist  deshalb  von  grösster 
Wichtigkeit,  weil  die  Erfahrung  gezeigt 
hat,  da.ss  die  für  die  Religions-  und  Gewis 


'14 


DKR  DEUTSCHE  ROEMISCH-KATHOLISCHE  CEXTRAL-VEREIX. 


sonsfreiheit     f;«>fahrv(»Ilst('ii      (Jcsotzo     vor 
allrin    in    dvn    staatlit-licn    Gesetzgebungen 
auftaueheu     und    liier    l)ekänipft     werden 
nuissen.     Es  entstanden  in  rascher  Aufein- 
anderfolge Staats- Verbände   in   Wisconsin. 
Illinois.     Michigan.     ]Mis.souri.     ^Minnesota. 
Iowa.    Penn.sylvania,    New   York,    Indiana. 
Ohio.    Kentucky.    California,    Connecticut 
und  Arkansas.     In  einigen  Staaten,  wo  die 
deutschen  Katholiken  in  dei"  grossen  Min- 
derheit waren  und  man  ihnen  wenig  Wohl- 
wollen   entgegenbrachte,    koiniten    es    die 
Staats- Verbände  zu  keinem  erspriessliehen 
Gedeihen    bringen,    in    anderen    hingegen 
wuchsen   sie   zu   wichtigen    Organisationen 
heran,  welche  im  religiös-politischen  Leben 
eine  bedeutende  Rolle  zu  spielen  vermögen 
und     thatsächlich     wiederholt     erfreuliche 
Siege   erfochten,    indem   sie   die   Annahme 
pfari*schul feindlicher  Vorlagen  vereitelten. 
Aber   gerade   die    Stärke   imd   das   stete 
Wachsthum  der  Staats- Verbände  führten, 
nachdem  der  von  der  ..Catholic  University  " 
ausgeführte  Schlag  kaum  verwunden  war. 
den  Central-Verein  einer  neuen  Krisis  ent- 
gegen.     Die   Lokal-Vereine   schlössen   sich 
dem   in   ihrem   Staate  bestehenden   Staats- 
Verbande   an   und   kümmerten   sich    wenig 
um  den  Central-Verein.  so  da.ss  in  abseh- 
barer Zeit  dessen  Autlösung  hätte  eintreten 
müssen,    wenn    niclit    eine    AVendung    der 
Dinge  eingetreten  wäre.     Diese  Wendung 
wurde    herbeigeführt,    als    die    Föderation 
kaiholischcr  Vereine  in 's  Leben  trat.  Diese, 
von  weitschauenden  Alännern  —  darunter 
Erzbiscliof  :Messmer  und  Bischof  McFaul 
—  in 's  Leben  gerufen,  bezweckt  die  Verei- 
nigung von  .sännntlichen  katholischen  Ver- 
einen luid  Verl)ändcn  des  Landes  zu  einer 
grossen     Central-Organisation.     Dem    Ge- 
danken stinnnten   gerade  die  deutsch-ame- 
rikani.schen  Katholiken  von  allem  Anfange 
an  voller  Begeisterung  zu ;  als  es  sich  aber 
zeigte,    dass    der    Bestand    des    deutschen 
katholischen  Vereinsweseus.  das  in  nahezu 
fünfzig  Jahren   mit  schweren   Mühen  und 
Opfern  aufgebaut  worden  war.  durch  die 
junge    Organisation    hrdrohi    wurde,    ohne 


dass  dir  Gewähr  <jcbofen  war,  dass  das  Xeut 
besser  odrr  auch  nur  rbruso  gut  sei  wie  das 
Alte,  brachte  die  Erkenntniss  der  drohen- 
den Gefahr  die  Staats- Verbände,  wie  über- 
haupt das  gesaunnte  katholische  Deutsch- 
Amerikanerthum  wiedei-  in  engere  Füh- 
lung unter  einander,  und  alle  fanden  sich 
zusammen  unter  dem  bewährten  Banner 
des  Central -Vereins.  Nachdem  seit  mehre- 
ren Jahren  vor  allem  die  Herren  Ludwig 
Kaufmann,  den  ims  leider  der  Tod  zu  frühe 
entriss.  Jos.  Frei/,  J.  B.  Oelkers,  G.  L.  Götz, 
Jos.  Matt,  l\  J.  Bourseheidt,  A.  h'ölble. 
Mich.  Girten  u.  A.  auf  eine  Vereinigung 
der  Staats-Verhände  unter  dem  Banner  des 
Central-Vereins  hingearbeitet  hatten,  wur- 
den endlieh  auf  den  Generalversammlun- 
gen zu  Evansville,  Dayton  und  St.  Louis 
Beschlüsse  angenommen,  welche  eine  der- 
artige lirorganisirung  d^s  Central-Vereins 
ermöglichten. 

Solange    noch    in    Iliniderten    deutschen  ■ 
Pfarrschulen  in  deutscher  Sprache  gebetet  i 
und  gesungen  wird  .  .  . ;  solange  deutsehe  - 
Priester  in  grosser  Zahl  eintreten  für  die 
deutsche  Sache;  solange  wir  auf  unseren 
Tagungen    Alitglieder   des    Episkopats  be-  : 
grüssen  können,  deren  unsere  Sprache  Her-  ■ 
zenssache  ist ;  solange  noch  all.iährlich  Hun- ; 
derte  von  Alännern  zusammenströmen  aus  ; 
Nord  und  Süd  und  Ost  imd  West;  solange 
.iunge    ^länner.   geboren    im    Schatten   di  r 
Sterne  und  Streifen,  sieh  schaaren  um  di' 
Standarte,  welche  ihre  Väter  errichtet ;  s 
lange  können   wir  auf  uns  anwenden  d 
Trosteswort     imseres     Friedrich     Wilhelm 

W^eber : 

Hab'  frischen  Muth, 
Du  deutsches  Blut! 
Auf  Gott  vertraue 
Und  um  dich  haue! 

NACHTRAG. 

Für  aussergewöhnliche  Ausgaben  hat  der  Central 
Verein,  in  der  ersten  fünfzig  Jahren,  seit  seinen 
Bestehen  die  folgenden  Summen  ausgegeben.    I' 
Auszug  aus  den  Büchern  wurde  von  Herrn  Theotl 
Fchliff  in  St.  Louis,  Mo.,  gemacht;    überhaupt  V' 
dankt   es   der   Central-A'erein    diesem    Herrn,   da 
Ordnung  und  System  in  die  jährlichen  Be'ichte  ge 
kommen  sind. 


DER  DEUTSCHE  ROEMISCH- 

Für  Eiuwaiulerer $5,631 

Für  die  in  Wisconsin  durch  Waldbrände 

Beschädigten   603 

Für  die     bei     dorn     grossen     Chicagoer 

Feuer  Beschädigten 6,607 

Für  das  Lehrerseminar  in  St.  Francis, 

Wis .'j.026 

Für  die   in   New   Orleans   durch   gelbes 

Fieber  Heimgesuchten 1,239 

Für  die  abgebrannte  Kirche  in  Owens- 

boro,  Ky 1  "-"^ 

Für  die    Kirche    und    das    Hospital    in 

New  Ulm.  Minn 1.669 

Für  die     1883     in     Deutschland     durch 

Ueberschwemmung  Beschädigten...      4.247 


KATHOLISCHE  CENTRAL-VEREIN.  715 

76       Für  die  Indianer-Mission   340  91 

Für  den  Peterspfennig  für  Papst  Pius 

00  IX.  und  Leo  XIII 3,142  98 

Für  den    Peterspfennig    von    1893    bis 

44  1904 :!.nO()  00 

Für  die    Verunglückten    in    Ualveston, 

89  Texas    lOO  Ou 

40  Im  Ganzen $31,782  35 

ji^g  Ausser  dieser  Summe  wurden  noch  viele  Beisteu- 

ern geleistet  für  verarmte  (iemeinden,  abgebrannte 

,jQ  Kirchen  etc.,  welche  von  den  Vereinen  direct  ein- 
geschickt wurden   und   nicht  durch  die  Bücher  des 

08       N'ereins  gingen. 


PHILIPP   MATHIAS    WOLSIEFFER. 
der   Vater   des   Deutschen   Maennergesanges   in    Amerika. 


it^  S^utörh^tt  ^aritgrr  unö  Sururr, 


Zur  Geschichte  des  Deutschen  Maenner-Gesangs  und 
des  Nord-Amerikanischen  Saengerbundes. 

Aus  dem  offiziellen  „Festbuch  fuer  das  32.  Nationale  Bundes-Saengcrfesl  des   Nord- 
Amerikanischen  Saengerbundes",   Indianapolis,    1908. 


Der  weltliehe  vierstimniigre  ]\Iännerge- 
sang  (von  den  sehon  früher  übliehen  reli- 
giösen Ge.säugen  für  ^Männerstimmen  soll 
hier  nicht  die  Rede  sein)  wurde  durch  den 
Salzhurger  Domorganisten  ^Michael  Ilaydn. 
der  im  Jahre  1788  die  ersten  deutschen 
„Männerquartette  ohne  Begleitung"  im 
Druck  erscheinen  Hess,  in  Deutschland  ein- 
geführt. 

Dem  Beispiel  Haydn's  folgten  Nägeli 
(geb.  1773)  in  der  Schweiz,  L.  v.  Call  (geb. 
1779)  in  Wien  und  Carl  Friedrieh  Zelter 
(geb.  1758)  in  Berlin.  Letzterer  gründete 
unter  dem  Beirath  des  Dichters  Goethe  am 
28.  Dezember  1808  zu  Berlin  den  ersten 
deutschen  ]\Iännergesangverein,  der  aus- 
sehlies.slich  aus  Dichtern,  Komponisten 
und  Sängern  bestand  und  nach  dem  Vor- 
bilde von  König  Arthur 's  Tafelrunde  ..Lie- 
dertafel" genannt  wurde. 

Bald  darauf  begannen  die  Befreiungs- 
kriege, in  denen  die  alten  Barden,  ..Helden 
und  Sänger  zugleich'',  wiedererstanden. 
Kömer,  Schenkendorf  und  Arndt  ihre  ei-- 
greifenden  Vaterlands-  und  Kriegslieder 
sangen,  Carl  ]Maria  v.  Weber.  Reichardt, 
Sucher,  Kreutzer  und  andere  für  vierstim- 
migen IMännerchor  komponirten  mid  dem 
deutschen  Volke  zu  den  aus  früheren  Jahr- 
hunderten ererbten  Volksliedern  einen 
neuen  Schatz  der  herrlichsten  Lieder  gaben, 
die,  millionenmal  gesungen,  in  manchen 
Trübsalstagen  Tröstung  brachten,  die  Er- 
innerung an  die  Grö.sse  des  Vaterlandes  im 
Volke  bewahrten,  an  die  Ziisammengeliörig- 
keit  der  deutschen  Stämme  mahnten  (..Das 
ganze    Deutschland    soll    es    sein!")    und 


sclum  fünfzig  Jahre  vor  der  Wicdcrei-ste- 
hung  des  dcutst-hen  Rcidifs  ein  ..DiMit.sch- 
land  an  Herzen"  sehutVn. 

Der  Zelter 'sehen  Liedertafel  in  Berlin 
folgten  bald  solehe  in  Frankfurt  an  der 
Oder.  Leipzig  luid  anderen  Städten.  Ks 
kam  zu  gegenseitigen  Besuchen  benach- 
barter Vereine.  Es  entstanden  Gau-  und 
Landesverbände  zum  Zweck  gelegentlicher 
Zusammenziehung  grös.serer  Sängermas.sen 
und  der  Abhaltimg  von  Sängerfesten,  bis 
endlich,  im  August  184"),  zu  Würzburg  in 
Bayern  das  ..Erste  allgemeine  Deut.sche 
Sängerfest"  stattfand,  inid  18(52  zu  Coburg 
der  ..Allgemeine  Deutsche  Sängerbund"  ge- 
gründet wurde. 

Mit  den  EmigrantenschitTen  zog  das 
deutsche  Lied  auch  über 's  Meer,  um.  wie  es 
in  der  alten  Ileimath  nicht  ausseid iesslieh 
musikalischen  Zwecken  dient,  sondern  noch 
eine  höhere  ]\Ii.ssion  erfüllt,  so  auch  im 
neuen  Vaterlande  die  Erinnerung  an  das 
alte  wachzuhalten  und  dem  jimgen  Nach- 
wuchs mit  seinen  süssen  M«'lodien  auch  die 
Sprache  unserer  Väter  vermitteln  und  er- 
halten zu  helfen. 

Als  der  älteste  Mäniu'rgesangverein  in 
den  Vereinigten  Staaten  gilt  der  auch  heute 
noch  bestehende  ..iMiiladel!)hia  .Männer- 
ehor".  der  1835  gegründet  wurde  und  dem 
der  ..Liederkranz"  von  Baltimore  und  der 
..Liederkranz"  von  New  Orleans  folgten. 

Das  erste  deutsche  Sängert'est  in  Ame- 
rika und  die  gleichzeitige  (Jründung  des 
Xord-Amerikanisehen  Sängerbundes  fand 
im  Juni  1849  in  Cincinnati.  Ohio,  statt.  Es 
waren  dabei   zugegen:   drei   Gesang\'erein(« 


720 


1H:H   NOKDüKSTLKllK  SAENLJEHBrXD   \()\   AMEKIKA. 


von  Cinoinnati.  t'in  N't'n-iii  von  Mnilisoii, 
Ind.,  der  „LiederkriUi/:*  von  l^ouisvilk', 
Ky..  und  eine  l)oK'«riition  vom  ..Colinnbus 
Männfrchor".  Colunilms.  0. 

Von  1840  bis  zum  liürircrkriege  fanden 
die  Feste  des  Nordamerikanisclien  Sänger- 
bundes jährlifh  statt  und  /war: 

Ort  Jahr 

1.  Cineinnati.  0 1849 

2.  Louisville,  Ky ]8r)0 

J.  Cineinnati.  0 18:)1 

4.  Columhus.   () ^Ss2 

ö.  Dayton.  () 1853 

6.  Canton.   0 1854 

7.  Clevelaiul.  0 1855 

8.  Cineinnati.   0 1856 

9.  Detroit.  Mieh 1857 

10.  Pittsburg.  Pa 1858 

11.  Cleveland.  0 1859 

]-2.  P.ufTab).  X.  Y 1860 


Vereine 

Saenger 

5 

118 

7 

125 

13 

247 

12 

20U 

8 

121 

12 

146 

18 

200 

19 

300 

17 

144 

16 

200 

24 

400 

25 

450 

AVegen 


der  grossen  Ausdehnung  des 
Landes  und  der  frülier  noch  sehr  mangel- 
haften Keisegelegenheiten  (die  New  York 
&  Erie-Bahu  erreichte  Dunkirk  erst  1851, 
und  die  Baltimore  &  Ohio  Wheeling  erst 
1853)  wurde  aber  die  Gründung  mehrerer 
Sängerbünde  not  big.  Und  so  entstanden 
neben  dem  Nordamerikanisclien,  dem 
ältesten  Sängerbimde,  1850  der  „Nordöst- 
liche Sängerbund",  1852  der  ,,Deutsch- 
Texanische"  und  1855  der  ,, Nordwestliehe 
Sängerbimd"  u.  a. 

Nach  dem  Bürgerkriege  fanden  dii3 
Sängerfeste  des  Nordamerikanischen  Sän- 
gerbundes in  grösseren  Zwischenräumen 
statt  : 


Ort 


Jahr 

1865 
1866 
1867 


Vereine    Saenger 


13.  ('(»luiiibns.    ().... 

14.  LouisviUe,   Ky.,   .   . 

15.  Indianapolis,  Ind. 

16.  Chicago,    111 1868 

17.  Cineinnati,  0.,  .  .  .  .  1870 

18.  St.  Louis,  Mo 1S72 

19.  Cleveland.  0 1874 

20.  LouisviUe,  Ky 1x77 

21.  Cineinnati.  0 1870 


17 
31 
34 
58 
61 
52 
56 
32 
39 


300 
800 
1000 
1200 
1800 
1400 
1600 
1000 
1100 


Ort 

22.  Chicago.   111.    .   , 

23.  BuflFalo.  X.  Y.  . 

24.  :\Iilwaukce.  ^Vis. 


25.  St.  Louis.  :Mo 1888 


Jahr 

Vereine 

Saenger 

1881 

46 

1400 

1883 

72 

2100 

1886 

85 

2482 

1888 

80 

2208 

1890 

64 

1700 

1893 

85 

2200 

1896 

99 

2300 

1899 

120 

2757 

1901 

105 

2600 

1903 

121 

3037 

26.  New  Orleans.  La.  . 

27.  Cleveland.  0 

28.  Pittsburg.  Pa.  .  .  . 

29.  Cineinnati,  0.  .  .  . 

30.  Buftalo.  N.  Y.  .  .  . 

31.  St.  Louis,  Mo.  .  .  . 
Bis  zum  23.  Sängerfest  fehlte  aber  noch 

immer  der  Süden  im  Bunde.  1883  begab 
sich  der  Leiter  des  1882  gegründeten  „New 
Orleanser  Quartett-Clubs",  Prof.  J.  Hanno 
Deiler  von  der  Tulane  Universität,  zu 
Bcobacbtungszwecken  zum  Sängerfest  naeli 
ButlaUx  und  auf  seinen  Bericht  entsandte 
der  Quartett-Club  1886  ein  Doppelquartett 
mit  einem  Sängergruss  zum  Bundesfest 
nach  IMilwaukee,  wo  ,.die  ersten  Schwalben 
des  Südens"  eine  so  herzliche  Aufnahme 
fanden,  dass  sie  ihren  förmlichen  Anschluss 
an  den  Nordamerikanischen  Sängerbund 
beschlossen. 

Zum  25.  Bundes-Sängerfest  zu  St.  Louis, 
]\Io.,  (1888)  erschienen  bereits  zwei  New 
Orleanser  Vereine.  Es  waren  der  „Quar- 
tett-Club" und  der  ..Frohsinn"  mit  je  20 
Sängern,  wek-he  am  zweiten  Festtage  in 
einer  Solonummer  („Vom  Rhein"  von  Max 
Bruch)  miter  Deiler's  Direktion  einen  sc 
durchschlagenden  Erfolg  erzielten,  dass  die 
Bundestag-satzung  einstimmig  und  mit 
grosser  Begeisterung  beschlo.ss,  das  nächste, 
das  26.  Bundes-Sängerfest,  in  New  Orleans 
zu  feiern. 

Das  New  Orleanser  Sängerfest,  an  wel- 
chem sich  auch  der  Deutsch-Texanische 
Sängerbund  betheiligte,  begann  am  12. 
Februar  1890  und  war  nicht  nur  in  ge- 
sanglicher, finanzieller  und  sozialer,  son- 
dern auch  in  internationaler  Beziehung 
vom  schönsten  Erfolg  begleitet.  All- 
Kreise  der  Bevölkerung  der  Ilalbmond- 
stadt  wetteiferten,  den  Fremden  Gast- 
freundschaft zu  erzeisren.  und  der  franzö- 


DER  NORD  AMERIKANISCHE  SAENGERBUND. 


72  F 


sische  Gt'sangvt'rt'in  ..I/Orplu'on"  cih.it 
sich  die  Ehre,  die  deutschen  Sänj^cr  im 
Eiiipfanjrskonzert  mit  cim-m  fnmzösischen 
Chor  hcirrüsseii  zu  dürtVn. 

Die  Bundesbehörde  des  New  (^rh'anser 
Sänjrerfestes  l)escldoss  auch,  eine  ottizielle 
l)elc<rati()n  zum  Vierten  Ali^'emeint-n  Deut- 
schen Humies-Sän«rerfest  nach  Wien  zu 
senden,  um  den  Sängern  Deutschhinds  und 
Oesterreiehs  die  Grüsse  des  Xordamerika- 
nisehen  Sängerhundes  zu  entbieten. 

Das  27.  Bundes-Sän gerfest  fand  18!):^  in 
Clevehind.  0..  und  das  2S.  ISiKi  in  Pitts- 
burg. l^l..  .statt.  Beide  Feste  zeichneten 
sich  durch  gesangliche  Lei.stungen  aus  und 
gaben  das  Bestreben  kund,  dem  ]\[as.sen- 
chor  im  erfreulichen  Gegensatz  zu  manchen 
früheren  Festen,  keine  allzu  schwierigen 
Aufgaben  zu  .stellen. 

Schon  seit  vielen  Jahren  hatte  sich  das 
Bedürfniss  fühlbar  gemacht,  dem  Nord- 
amerikanischen  Sängerbund,  der  bis  dahin 
eine  nur  sehr  lose  Vereinigung  war,  die 
sieh  nach  jedem  Sänger  fest  auflöste  und 
von  jeder  neuen  Feststadt  durch  neue  Agi- 
tation wieder  zusammengesucht  werden 
musste,  eine  feste  und  dauernde  Organisa- 
tion zu  geben,  weshalb  in  Cleveland  ein 
Komite  zur  Ausarbeitung  einer  neuen  Kon- 
stitution eingesetzt  wurde.  Der  Bericht 
dieses  Komites  wurde  in  Pittsburg  ange- 
nommen, und  dadurch  neben  den  Festaus- 
sehüs.sen  der  Fest.städte  eine  Bundesbe- 
hörde geschaffen,  deren  ]\Iitglieder  in  ihrer 
Mehrheit  in  jenen  Städten  wohnen,  in 
denen  die  letzten  Bundes-Sängerfeste  ab- 
gehalten wurden,  so  da.ss  der  Bunde.sleitung 
jetzt  also  die  Erfahrungen  der  Vergangen- 
heit und  persönliche  Verbindungen  mit  den 
Vereinen  in  den  verschiedenen  Theilen  des 
Landes  zu  Gebote  stehen. 

Im  Juni  1899  feierte  der  Nordamerika- 
nische  Sängerbund  in  seiner  Geburtsstadt 
Cincinnati  .sein  Goldenes  Jubiläum,  das  29. 
Bundes-Sängerfest,  zu  welchem  120  Ver- 
eine mit  2757  Sängern  erschienen  und  von 
allen  Sängerbünden,  auch  vom  ..Allgemei- 


iKMi  Dcut.schen  Sängcrbinid"  in  Deut.seh- 
land.  die  herzlich.sten  Glückwüns<'he  darge- 
l)raclit  wurden.  Die  vollendete  Wieder- 
gäbe  seiner  Ma.s.senchöre  l)ildete  die  Krön«- 
des  Jubelfestes  des  Bundes  und  einen  wür- 
digen Abschlu.ss  des  ersten  halben  Jahr- 
luniderts  .seines    Bestehens. 

In  Cinciiwuiti  nuichte  auch  licr  weitere 
Ausbau  des  nun  permauenfen  Bundes  er- 
freuliche Fortschritte.  Die  i,,  l'ittsburg 
angenommene  Kon.stitulion  hatte  sich  in 
mancher  Beziehung  nicht  bewährt,  da  sie 
mehrere  längst  als  iiothwendig  erkannte 
Reformen  unberücksichtigt  gela.s.sen  und 
manche  mir  für  eine  lose  Vereinigung  zu- 
lä.ssige  Gesetze  in  den  permanenten  Bund 
hineingetragen  hatte.  Diesen  Verhält nis.sen 
Rechnung  tragend,  unterbreitete  Bundes- 
präsident Deiler  aus  New  Orleans  in  Cin- 
cinnati einen  neuen  Kon.stitution.sentwurf, 
welcher  von  der  Bundessitzung  ohne  we- 
sentliche Aenderungen  angenonunen  wunle. 

Die  neue  Konstituti(m  bezweckt,  den 
Sängerfesten  des  Bundes,  die  im  Lauf  der 
Jahre,  im  Widerspruch  mit  ihren  ur- 
sprünglichen Zielen,  immer  mehr  zu 
Musik-  und  Künstlerfesten  geworden 
waren,  durch  heilsame  P^inschränkung  der 
Programme  der  beiden  Hauptkonzerte,  in 
denen  der  Bundes-Ma.ssenchor  auftritt,  den 
Charakter  wirklicher  ,, Sänger "-Fi^te  zu- 
rückzugeben und  dem  dcut.schen  Männer- 
gesang die  ihm  auf  diesen  Festen  ge- 
bührende erste  Stelle  zu  sichern. 

Es  wurde  darum  in  der  neuen  Konstitu- 
tion die  Kontrolle  über  den  Ma.s.senchor, 
die  Wald  des  Bundesdirigenten,  wie  auch 
die  Aufstellung  und  Durchführung  der 
Progrannne  für  die  beiden  IIau|»tkonzerte, 
in  denen  der  Ma.s.senchor  auftritt,  den  Fest- 
städten entzogen  und  der  Bundesbehörde 
übertragen,  die  dur<*h  einen  aus  erfahrenen 
Dirigenten  best«*henden  ,, Musikalischen, 
Beirath"  verstärkt  wunle 

(ileichzeitig  wurde  angeordnet,  dass  in 
den  beiden  Haupt konzerten  nur  Mtisscu- 
Männerchöre.    Einzelvorträge    auserlesener 


722 


DKK   NORD  AMKKIKAXiyCHE  SAEXGERBÜND. 


^läimcrposantrvereine  und  Städtcvcrhin- 
diui^'cii.  sowie  cinifTo  On-lu'sttM'vortriiirc  die 
als  Atlinmnirspaiisen  für  die  Säii<rer  ^'e- 
dat'lit  sind,  au fire führt  werden  sullen.  liin- 
peijen  selhstiiiidi^'e  Solonumirierii  für 
Künstler  lind  Künstlerinnen,  als  dem 
waliri'U  Felde  d<'s  deutschen  Mäunerf^e- 
sanirs — dem  N'olksliede  und  dem  volUs- 
thündiehen  (Jesani;e — entfjejjeng'esetzt,  ver- 
l)<>ten  sind.  I><ii  Feststädten  soll  es  indess 
unhenommen  sein,  zur  Feiei-  des  Festes 
weit«M-e  Konzerte  zu  vei-anstalten  und  da- 
füi-  Prii^M-anune  ei«rener  Wahl  aufzustellen 
und  durehzufühi'en. 

Kndlieh  wui'de  dureh  die  neue  Konstitu- 
tion die  Bezirksorjjanisation  eingefülirt.  lun 
einen  enjr**ren  Ansehluss  benachbarter  Ver- 
eine herbeizuführen  und  i<leineren  Städten, 
welelie  die  Ausjifaben  ijrösserer  Hundesfeste 
nicht  erschwinjjen  können,  Gelegenheit  zur 
Veranstaltiniir  von  Bezirksfesten  zu  bieten. 
Auch  wurde  die  IIeraus<rabe  eines  Bundes- 
Liederbuches  angeordnet  und  das  Ganze, 
dem  Charakter  eines  pernuuu'nten  Verban- 
des entsprechend,  fester  crefüsrt. 

Der  .sofortigen  Durchfühi-ung  dieser  Re- 
formen stellt  en  sich  naturgemäss  auch 
Schwierigkeiten  entgegen,  doch  wurden 
<lie.se  überwunden,  und  das  schon  im  Jahre 
liXll  während  dci-  Painunerikanischi-n  Aus- 
stellung in  der  schönen  Lake  ?]rie-Stadt 
Hutfalo  veranstaltete  -Mh  Nationale  Bundes- 
Sängerfest  zeigte  in  der  Aufstellung  der 
Pi'ogranune  für  die  ])eiden  ^lassenehor- 
Konzerte  ilas  Bestrel)en,  die  in  der  neuen 
Konstitution  niedergeleizten  Tdeen  durch- 
zuführen. 

Das  iiulfalo'er  Fest  i'cdite  sicli  seinen 
Vorgängern  in  musikalisdier  Beziehung 
würdig  an.  und  am-h  das  luianzielle  Ergeb- 
ni.ss  war  zufriedenstellend,  doch  wurde  die 
Erfahrung  genuicht.  dass  es  nicht  rathsam 
ist.  ein  Sängerfest  zu  vei-anstalten,  wenn  in 
dei-  Feststadt  zur  .selben  Zeit  in  einem  von 
i]vv  Festhalle  weit  entfernten  Stadttheil 
eine  gros.se  Ausstellung  stattfindet.  Proben 
und    Konzertbesueh    leiden    darunter,    und 


fui  die  physische  Kraft  der  Sänger,  welche 
Ausstellung  und  Sängerfest  mit  einande.- 
\eri)inden  wollen,  wei-den  zu  liohe  Anforde- 
rungen gestellt. 

Zu  seinem  ^\ .  Nation  den  Bundes-Sän- 
gerfest  versammelte  sich  der  .Nordamerika- 
nische Sängerl)un(l  in  der  Stadt  St.  Louis. 
.Mo.,  wo  sclion  1872  luid  1888  Sängerfe.ste 
abgehalten  woi'den  wai'cM.  deren  Traditii»- 
iieii  im  N'ei'cin  mit  der  Begeisterung  und 
Energie,  mit  welclier  Festausschuss  um! 
Bürgerschaft  di(^  Vorbei-eitungen  in  Aii- 
gritf'  nahmen  uiul  der  tüchtigen  Geschäfts- 
leitung lies  grossen  rnternehmens  zu  den 
schönsten  Hoffnungen  berechtigten.  Und 
diese  Hoffnungen  wurden  erfüllt. 

Zur  Festhalle  wunle  dem  Nordamerika- 
nischen    Sängerbund    das    ..Liberal     Arts 
Building",  ein  riesiger  Bau  der  Weltau 
Stellung,    zur    Verfügung   gestellt,    und   di 
die  Ansstellung  damals  noch  nicht  eröffnet    i 
wai'.    that   sie    unserem    Fest    auch   keinen  -j 
Eintrag.      AVir   hatten    vielmehr   alle   Vor 
theile  der  grossartigen  Ausstellungsanstal- 
ten und  Verbindungen  ohne  ii-gcmd  welchen  • 
Abbruch. 

Gleich    bei    der    rebernahme   des   Feste«; 
hatten  die  St.  Loniser  verspr(»chen.  die  neue 
Konstitution    nicht    nur    dem    Buchstaben.  ■< 
sondern  auch  dem  Geiste  luich  loyal  diu-ct 
zuführen.     Fnd  dieses  Versprechen  wunN 
voll    eingelöst,      l'eber   den    Eindruck   d' 
ganz   dem    Männerchor    geweihten    beidcii 
Hanptkonzerte  in   St.   Louis  herrscht   mir 
eine  Stimme  —  er  war  überwältigend. 

Den  St.  Louisern  gebührt  auch  das  Ver- 
dienst. de;i  ersten  Bezirksvei-band  gegriin 
det  zu  haben.     Diesem  folgten  seither  ii«»<li 
fünf     Bezirksverbände,     welche     jährlicli' 
Bezirks-Sängerfeste  abhalten  und  sehr  vi' 
zur   Btlege  des   deutschen   Liedes   und  zm 
Hebung  des  deutschen  Lebens  in  den  Vd 
einigten    Staaten   beitragen. 

Das  32.  Bundes-Sängerfest  wurde  in  d. 
Tagen  vom   17.  bis  zum  20.  Juni   1908  r 
Indianapolis.  Ind..    gefeiert.     Eine    iden 


l>i;i:    NOK'I)  AMKHIKANISCIU-:  SAKNCiKHHlNI). 


723 


Feststadt.  ein  liDflilHTzi^rj's.  opfcrwillijji's 
Deutsclithum.  tüfliliirc  Lokalvcrciiie  mit 
VenMiispalästcii.  ciin'  |>riiclili«;i*  Fcslliallf. 
hcrrliclir  licistuii^fii  des  Massonclutrs  iiikI 
der  Hinzclvorträ«;»'  und  i-ndlidi  iiocli  ein 
bcträchtlicht'r  rclMMNcliuss  in  di-r  Fest kassc 
—  allt's  V('i-('init;tt*  sich,  um  dieses  Fest  zu 
einem  <ler  glänzendsten  und  denkwür- 
di«rstfn  des  Xurdamerik.iniselien  SänjrtT- 
hundes  zu  maelu-n.  l'nd  n(»eli  etwas  I  Ks 
fand  «lort  eine  Verbrüderuiiir  der  deutschen 
Sänjrer  mit  den  deutschen  'rui-nern  statt. 

Als  sich  vor  dem  hci-i-lichen  Ki-ic<:cr- 
denkmal  170  Fahnen  deulsclier  \'ereine  vor 
dem  von  einei-  liehren  (icrmania  auf  i-eich 


treschmückten  \Viif;en  t;.'iramMien  Sämfer- 
huiuleshanner  neijften.  erschien,  zum  ersten 
Mal  in  der  (Jesehichte  ih'r  zwei  grossen 
deutsch«*n  liündc.  ;iu<h  dir  Hundesfahiit' 
des  .N'ordamerikanischcn  Turnerltuiules 
zum  nuldiuMUi(rsakte.  ..Ilalit  Dank,  ihr 
Söluic  .lahn's.  für  diesen  Mruderpruss'". 
rief  Bundespräsident  |)«'iler  in  s«'iner  An- 
sprache am  Fusse  ties  Denkmals  den  Tur- 
nern zu.  ...Mii^'en  unsere  Verhänd««  einan- 
der stets  tue  Hände  reichen,  wann  un<l  wo 
immer  es  früt.  für  die  I(h'jde  unseres 
N'oikcs  einzustehen." 

Das  nächste  liundes-Sän^ferfest  wird  im 
Jahre  lf>n  in  .Milwaukee,  Wis..  aht^ehaiten 
worden. 


S.    K.    SAENGER, 

Ehrfn-Praesident   der  Vereinigten  Saenger  von  Brooklyn    und  einer   der   um  das 
deutsche  Saengerwesen  verdientesten  Maenner   des  Nordoesilichen  Saengerbundes. 


Der  Nordoestliche  Saengerbund  von  Amerika. 


Nach  C.  F.  HUCH'S 
„Die  Entstehung  und  Entwicklung  der  Saengerfeste  in  den   Nordoesllichen  Staaten". 


Anrotrung  zur  (Jrüiuliiii»;  (l<'s  Xordöstli- 
chen  Sänfrcrhuiulos.  die  am  IG.  Juni  18ÖU 
in  der  „Militarv  Hall"  in  dt-r  Lilinirv 
Strasse  in  IMiiladelpliia  ert'oljrte.  jral>  der 
am  2.  Juni  1841)  in  Cincinnati  in 's  lichm 
gerufene  Xordanierikanisclie  Sängerbund. 
Vorher  hatten  bereits  deutsehe  Musikteste 
im  Osten  der  Vereinigten  Staaten  stattge- 
funden, nachdem  am  1").  Dezendjer  1885 
von  Philii)p  Mathias  AVolsiefFer  der  ..Män- 
nerchor" in  lMiihul«'Iphia.  am  30.  Dezendjer 
1836  von  ebendemselben  Dirigenten  in  Hal- 
timore  der  ..Baltimore  Liederkranz",  am 
4.  Augu.st  1844  in  Philadelphia  die  ..Lieder- 
tafel", 1845  in  New  York  der  (Jesang- 
Verein  der  Soeial-Reformer.  am  9.  Ja- 
nuar 1847  der  „Deutsehe  Liederkranz"  in 
New  York  und  im  Jalire  1848  die  Gesang- 
Vereine  ,.Eintracht".  „Cäeilia"  und  ..Sän- 
gerbund" in  Philadelphia  und  ..Concor- 
dia"  (p]intraeht).  ..Rheinischer  Sänger- 
bund" und  ..Sängerrunde"  in  New  York 
gegründet  worden  waren. 

Das  erste  !Musikfest  fand  am  27.  Mai 
1844  in  Philadelphia  statt,  als  WolsietVer 
mit  24  Sängern  des  Baltimore  Liederkran- 
zes den  ^lätniercljor  besuchte  und  mit  bei- 
den zusammen  ein  Konzert  in  der  ,, Musical 
Fund  Hall"  veranstaltete.  Es  folgten 
Musikfeste  am  27.  Septendier  1844  in  Bal- 
timore und  am  31.  Mai  \nid  1.  und  2.  Juni 
1846  in  Philadelphia.  An  letzteren  l)et hei- 
ligten sich  ausserdem  noch  die  Philadel- 
phia Liedertafel  und  der  mit  dem  Männer- 
chor verbundene  Frauen -CJcsanL'- Verein 
Harmonie. 

Das  erste  gros.se  Sängerf«»st  des  Ostens 
fand  in  den  Tagen  vom  15. — 18.  Juni  185(1 
in  ]'hiladelj)hia  statt.     Die  Philadelphiaer 


Vereine  hatten  sich  zu  einem  Allgemeinen 
CJesang- Verein  von  IMiiladelphia  vereinigt 
und  waren  die  Fcstgelx^r.  An  dem  Sänger- 
feste  betheiligten  sich  folgende  Vereine: 
Deutscher  Liederkranz.  So<'ial-Reform-(je- 
sangverein.  Sängcrrinide  und  Eintracht 
von  Xew  York;  Liederkranz  und  Bundes- 
gesangverein von  Baltimore:  Deutseher 
Männerge.sangverein  von  Xewark;  Gesang- 
Nt-rein  von  Boston;  Männerchor  von  Read- 
ing  mul  Sängerl>und  von  Bethlehem,  zu- 
sannnen  15  Vereine  mit  etwa  400  Sängern. 
Diesem  ersten  Sängerfcste  folgte  zuerst 
jährlich,  und  später  in  gn"»sseren  Zwisehen- 
i'äumen.  eine  Reihe  von  allgemeinen  Sän- 
gerfesten, nändich:  In  Baltimore  1851 
(500  Sänger).  Xew  York  1852  (31  Vereine 
aus  13  Städten  mit  800  Sängem).  Phila- 
delphia 1853  (35  Vereine  aus  15  Städten 
mit  850  Sängern).  Baltimore  1854  (31  Ver- 
eine aus  10  Städten  mit  700  Sängern).  Xew 
York  1855  (34  Ven'ine  aus  16  Städten  mit 
870  Sängern),  l'hiladdphia  18.57  (59  Ver- 
eine mit  1.47.3  Sängern  I.  Baltimore  1859 
(49  Vereine  mit  989  Sängern).  Xew  York 
1865  (83  Vereine  mit  2.390  Sängeni).  Phi- 
ladelphia 18(i7  (105  Vereine  mit  2.937 
Sängern).  Baltimore  1869  (62  Vereine  mit 
2.023  Sängern).  Xew  York  1871  (72  Ver- 
eine mit  2.937  Sängern).  Philadelphia  1882 
(58  Vereine  mit  1.831  Sängern).  Brooklyn 
1885  (71  Vereine  mit  2.20(1  Sängeni  V  Bal- 
timore 1888  (174  Vereine  mit  (i.O(K)  Sän- 
gern). Xewark  18!»!  ( 148  Vereine  mit  4.(K>0 
Sängeni).  Xew  York  1894  (1()6  Vereine  mit 
5.0<'M)  Sängern).  Phila(h'lphia  ls:»7  (164 
Vereine  mit  5.3(K)  Sängeni).  BnM)klyn  1!»00 
(174  Vereine  mit  6.(M)0  Sängern).  Balti- 
more   1903    (147    Vereine   mit    4.800   San- 


726 


\)\:U   NOHDOESTLTf'HE  SAENGERBUND  VON  AMKKMKA. 


^iTii)   uiul  Xi'waik   1  !>(><)  (KiT  Veri'ine  mit 
5.46})  SänfrtTii). 

Diese  allfjeineiin'ii  Siiiifrerfestc  wiiidni 
im  Namen  des  Xonlöst  liehen  Säntrerhundes 
vnn  Amerika  «reliaitt-n.  ^\^'V.  wir  rrwälint. 
am  H).  Juni  1850  f;e«;rinulet  wurde,  aber 
ei*st  im  Jahre  ISGH  zu  einer  festen  Organi- 
sation gelan«rte.  Ausser  diesen  »rrösseren 
Festen  fanden  mtch  viele  kleinere  statt,  be- 
sonders in  Pennsylvanischen  Landstädten, 
zu  denen  tue  Festgeber  befreundete  Ver- 
eine einluden. 

Das  erfolgreichste  Sängerfest  vor  dem 
Bürgerkriege  war  das  im  Jahre  1S57  in 
Philadelphia  abgehaltene.  Aueh  das  im 
Jahre  ISfJT  in  Philadelphia  abgehaltene 
Sängerfest  erfreute  sieh  eines  noeh  nieht 
dagewesenen  Hesuehes.  Es  hatten  sieh 
2.J1.S7  Sänger  dazu  eingestellt.  Dieses  Fest 
führte  auch  zu  einer  festeren  Organisation 
des  Bundes,  der  bisher  sieh  ,, Allgemeiner 
Oestlieher  Sängerbund"  genannt  hatte. 
Xaeh  der  anfangs  des  Jahres  1868  ange- 
nonnnenen  Verfa.ssung  erhielt  der  Bund 
den  Namen  ..Nordost lieher  Sängerbund  von 
Amerika".  Denniaeh  sollte  ein  Sänger- 
fest alle  zwei  Jahre  in  den  drei  Bundes- 
städten I*hiladelphia.  Baltimore  und  New 
York  stattfinden.  Als  Ko|)fgeld  für  jeden 
an  dem  Feste  theilnehmenden  Sängin-  soll- 
ten $2  zu  entrichten  sein.  Bezüglich  des 
Preissingens  wurde  Iwstimmt.  dass  das- 
selbe vor  dem  Ilauptkonzerte  abgehalten 
werden  müsste.  dass  die  Preisriehter  ihr 
Urtheil  zu  begründen  hätten,  imd  dass  ein 
Sänger  nur  ein  M;il  auftreten  dürfte. 

Das  Preissingen. 

Das  erste  Preissiiigen  —  eine  vielfach  an- 
gefein<lete  Institution,  aber  doch  von  we- 
sentlichem Werth  für  die  Hebung  des  ]Män- 
nergesanges  —  fand  beim  dritten  allge- 
meinen Sängerfest  1852  in  New  York  statt. 
Zwölf  Vereine  betheiligten  sieh  daran  mit 
selbstgewählten  Liedern.  Xui-  die  Vereine 
der  Feststadt  waren  davon  ausgesehlossen. 


Dei-  .Junge  MäntK rclior  von  Philadelphia 
gewann  den  ersten  Preis,  ein  Fahnenband. 
ih'V  Liederkranz  von  Hartford,  Conn.,  den 
zweiten. 

Vierzehn  Vereine  ))etheiligten  sicli  am 
zweiten  l^reissingen,  das  erst  bei  dem  New 
Yorker  Sängerfest  im  Jahre  1865  statt- 
fand. Den  ersten  Preis,  eine  Standarte,  er- 
rang der  SängerbiDid  von  Philadeli)ina,  den 
zweiten,  einen  .silbernen  Pokal,  der  Junge 
Männ<  rehor  von  Philadelphia.  Preisrieh- 
ter waren  Meierhofer.  Tinnn  und  Thomas. 

In  Philadeli)hia  erhielt  1867  den  ersten 
l'r(  is  unter  15  Vereinen  der  Deutsche  Lie- 
derkranz von  New  York,  bestehend  in  einer 
gestickten  Standarte,  den  zweiten,  einen 
silbernen  Pokal,  der  Quartett-Klub  von 
Ilobokoi,  den  dritten,  ein  gestiektes  Fah- 
nenbaud.  der  Teutonia  Männerchor  von 
Xew  York.  Die  fünf  Preisriehter  waren 
Carl  Gärtner.  AVilhelm  Fiseher.  F.  \Vm. 
Künzel,  W.  Hartniann  und  C.  Heinemann. 
Ihre  Entscheidung  rief  grosse  Erbitterung 
hervor,  trotzdem  sie  gerecht  war.  Von  hier 
an  wurde  das  ..Kicken"  über  die  Preisrich- 
ter -  Entscheidungen  ein  unangenehmer 
Nachklang  sä mmtl icher  Sängerfeste. 

Bei  dem  nächsten  Sängerfeste.  1869  in 
Baltimore,  wurden  die  Vereine  in  zwei 
Klassen  eingetheilt ;  die  weniger  als  46 
Sänger  zählenden  bildeten  die  zweite  Klas- 
se. Die  Preise,  die  in  Klavieren  bestanden, 
fielen  in  der  ersten  Klasse  dem  Deutsehen 
Liederkranze  von  New  York  und  dem 
Jungen  Männerehor  vcm  Philadelphia  zu, 
und  in  der  zweiten  dem  Quartett-Club  von 
Jloboken  und  dem  Sängerbund  von  ira.s/j- 
ington.  Die  Preisrichter  Lenschow.  Till- 
mann. Szemelenyi.  Rosewald  und  Jul. 
.Miller  empfahlen,  beim  nächsten  Preis.sin- 
gen  jeder  Klasse  dasselbe  Lied  vorzu- 
schreiben. 

Dies  geschah  denn  auch  1871  in  New 
York,  wo  die  Vereine  in  drei  Klas.sen  ein- 
getheilt wurden.  Die  Preise  der  drei 
Klassen,  ein  Konzertflügel,  ein  Pianino 
und      ein      Bücher-      und      Notenschrank. 


1>KR   NORDOKSTLHIIK  SAKNCKKHrNI)  V«)\   AMKKIKA.  727 

wMuh'n  xim  ilv\i\  (it  iniaiiia  Miimtnrlinr  Vitu  4  iM-stimiiit.  so  dass  «|ii>  hiichsti'  Ziff»T  für 

lialtiinnrr,  «Icr  (Imnil  Sociili/  von    W'asli-  i-incii  X'cn'in  S(»  l)»'lni^«'n  koimtf.     Si«' soll- 

iiKjtoii  und  titr  I.i)  )fi  rtaf«  I  von  liiifhilo  er-  li-ii    riicliis   von    «'injnnlt'r   wissen,   ^'i-tn-nnt 

run^'cn.      IMfisriiliti-r  wann   ('    Tiimii.   F.  im  Saale  sitzm  und  am  Srlihissc  ihr  Irtln-il 

von  Hreuiiiiijr.  S.  l\  Warnn.   K.   I,.   Hiitcr  versie^relt  al>frel>en.     Die  Preise  wurden  fol- 

iiiul  (i.  Mat/ka.  trt'nden  N'ereinen  zuerkannt  :  der  rr.s/r /VmW 

Bei  dem  l*reissintr,.n  in  IMiiladelpliia  ISSi'  in  dei-  ersten   Klasse  dem  Jiiinfin  Mämitr- 

erlaul)te  man  den  naeh  ihrer  Mit^rliederzahl  (hör  von  l'hHatli liihiti  mit  70  l'unkten.  drr 

in     drei     Klassen     einjretheilten     N'ereinen  zinitr  d«*m    Mäiiiiwchnr  von    l'hHadi liiliia 

wieder,  ihre  Liedei  seihst  auszuwählen,  und  mit  »IS  Punkten,  der  drUli   dem  Ari(ni  von 

die  Preise,  die  in   prachtvoll  ein<rerainnten  .\tir(ii/i  mit  (17  Punkten,  der  M-.s7f  I'n  is  in 

Diplomen  hestan<len.  wurden  den  fol<rendeji  (h-r  zweiten    Klasse  dem   Oijtln  iis  von    Huf- 

Vereinen    zuerkannt:      Kinzijxei-    Preis   der  /'//"  mit  7t>  Punkten,  der  c*rf  j7»  dem /'»//»» /• 

♦Masten    Klasse   dem    (i(  nitaiiia    Miiiiii»  rrlmr  Miimn  rrlmr  \nu  limokhfii  mit  75  Punkten, 

von  /i«////;»<</> .  ei-ster  und  zweiter  Preis  der  der   tlrUh    ih-m    l'liniiix    von    .\nrark    mit 

zweiten  Klas.se  dem  Fmhsiini  von  l'itfshiirtf  7-"Pj     IMuikten.     dei-     <  rsh     l'n  is     in     der 

un<l   d«Mn   SÜHfft  rhiiiuh    von    limol;! ipi   und  dritten     Klasse     «lern     l\niilz<r     (^iinrttlt 

der     einzijje      Preis     der     dritten      Klasse  ('hih     von     .\i  ir     Yml;     mit     <•!»     Punkten, 

der   Vir>jinia   von    Ixiclniitnid.      Preisrichter  der  zirnti    der  Hiiilrachl   von   Xiirai'k  iidt 

waren    Wm.    WolsietTer.    I..    Kn<relke.    Kmil  <iS    Punkten    und    der    dritt)     dem    Qnor- 

(Jastel.  A^'r.   Paur  von   New   York   und   II.  ft  H-('lid)  von  riiiladt  Iphin  mit  »17  Punkten. 
Schwin«;  von  Paltimore.  |i,.i    ,i,.,„    pn-issin^ren    in    Xewark    iSfM 

In    Brooklyn    issr>   wählte  jeder    N'crein  wurde    wi«'der   eine    .Xeueruu'r   ein«reführt. 

ahernuils  sein  eijjenes  Lied,  und  die  Preise  Auch    Städtevereinij.'un^en    durften    theil- 

der  drei    Klas.sen.  die  in  silhernen    Khrcii-  nehmen.      Doch   während    für  die   Vereine 

kränzen      he.standen.      wurden      folgender-  .jeder  Klassi*  wieder  ein  Lied  vor«;eseh riehen 

nu»s.sen  vertheilt.     Die  zwei  Preise  der  ersten  war.  durften  die  Städtevercini^run^'cn  ihre 

Klasse  erliielten  der  (linmiiiiii  Mäiuu rchur  Lieder  seihst  wählen,  was  auch  hei  späti-ren 

von    Ii(dlinn>r(    luul    der    Müinn  rclntr    von  Sänir<*rfesten  erlaul)t  war.     Die  Preisrichter 

Philadelphia,  in  <ler  zweiten  der  Frohsinn  waren     IL     .Moseiithal.     Dudley     Bück.    A. 

xtm  l'iftshi(ri/  um]  iV\t'  Li(  dnf<ifi  I  \im  Huf-  N'euendorfV.    IL   Zöllner    und    .Max    Braun. 

falo.  inid  in  der  dritten  die  Harmoni«   von  Die   hiichste   mö«rliche   Purd<tzahl   war   l'J."». 

Baltinion    inid  der  Concordia  Miinm  nhor  Am     Städtepreissin^'cn     lietheilitrten     sich 

von  Carlstadl.  Preisrichter  waren  A.  Pain-.  Brooklyn.    Baltimore.    Troy.    Philadelphia. 

Max    Spicker.    .lulius    Iv    .Meyer.    Dudley  .\ew  York  und  Trenton.  un<l  der  Preis,  die 

Bück  und  Alexander  Hihm.  Biisti     Franz    Sihnhnts,    fiel    l'hiladi Iphia 

Beim  nächsten  Preissin^'en  in  Baltimore  durchs  Loos  zu.  da  Baltimore  die  j;lei<-he 
1HS8  wurden  die  .Namen  der  fünf  Preis-  Pindstczahl.  IL"),  erhalten  hatte.  Die  an- 
richter  erst  hei  der  Preisvertheiluntr  l>e-  deren  Preise,  in  Diplomen  hestehend.  er- 
kannt treniacht  und  ihre  Kntscheidun«r  zum  ranircn  die  fo|«reiiden  Vereine:  den  i  rsh  u 
eisteiniiaie  in  Punkten  «rejrchen.  Ks  waren  t'n  is  in  der  ersten  Klasse  der  Männi  rrhor 
('.  Lenschow.  .1.  Hosewald.  Kichard  Ort-  von  Fhihiih Iphia  mit  IIS  Pinikten.  den 
mann.  Heinrich  N'cts  und  Karl  Kaiser,  jr.  zinittn  <ler  Aritni  von  lirookhfn  mit  1 1 1 ''V 
Als  (Jrundlatre  der  Beurtheilun^'  waren  Punkten.  <len  i  rsh  n  l'n  is  in  der  zweiten 
vier  Punkte  fest^resetzt.  näudich  :  hitnna-  \\\;i^sr  i\i\-  (Jnarli  Il-Cl  nh  \nu  l'hiladt  Iphia 
tion.  Präzision.  Aussprache.  AutTassunjr  mit  lL'4  Piuikten.  d«'n  zinitni  die  //r/r- 
und Vortrajr.  und  für  jeden  die  (irade  Ohis  nionii     von    Ihdiinuni     mit     Vl'l    Piuikten, 


728 


DKR  XORDOESTLTCHE  SAENGERBUXD  VON  AMERIKA. 


den  ersten  Preis  in  der  dritten  Klasse  die 
'Concordia  von  l'hUaiUlphia  mit  115  Punk- 
ten, den  zweiten  der  Franz  Schubert  Män- 
nerchor von  New  York  mit  109'/^  Punkten. 
Für  das  Preissinpren  1894  in  New  York 
galten  folgende  Regeln  :  Für  die  erste  und 
zweite  Klasse  .sollte  es  in  Kunstgesang  ])e- 
stolien  und  für  die  dritte  ein  Volk.slied  aus- 
gewählt werden ;  fenier  sollte  auf  je  drei 
preissingende  Vereine  ein  Preis  fallen.  Die 
ersten  Preise  für  die  Vereine  bestanden  in 
jeder  Kla.sse  in  Klavieren,  ferner  gab  es 
silberne  Pokale  und  Kränze,  sowie  Bilder 
Für  die  Städtevereinigimgen  der  ersten 
Klasse  war  die  Bromehiiste  Beethovens  be- 
stimmt und  für  die  der  zweiten  ein  seide- 
nes Banner.  Den  ersten  Preis  in  der  ersten 
Klasse  ei-raug  der  Junge  Männerchor  von 
Philadelphia  mit  115  Punkten,  den  zweiten 
der  Arion  von  Brooklyn  mit  114  Punkten, 
luid  den  dritten  der  Orpheus  von  Buffalo 
mit  105  Punkten,  den  ersten  Preis  in  der 
zweiten  Klasse  der  Williamshurgcr  Sänger- 
bund, den  zweiten  die  Harmonie  von 
Xewark.  den  ersten  Preis  in  der  dritten 
Kla.s.se  der  Syracuser  Lieelerkranz,  den  zwei- 
ten der  Brookh/nrr  Männerchor.  Den 
Städtepreis  der  ei-sten  Klasse  erhielt  Brook- 
lyn, den  der  zweiten  Hudson  County.  Preis- 
richter waren  H.  Balatka,  Chicago;  E. 
Ilanno.  Xew  Orleans;  L.  Ergott.  Cincin- 
nati ;  J.  INIosenthal  und  F.  Damrosch,  New 
York. 

1897  sangen  in  Philadelphia  acht  Vereine 
in  der  ersten  Klasse,  elf  in  der  zweiten  und 
sechsimddreissig  in  der  dritten.  Die  Preise 
für  die  Vereine  bestanden  in  hal])erhabenen 
Metall-Bildern  der  Komponisten  der  Preis- 
lieder, silbernen  Pokalen  und  Diiilomen. 
inid  für  die  Städte  der  ersten  Klasse  in 
Mozarts  Bronz(büst(  und  für  die  der 
zweiten  in  einem  Banner  und  einem  silber- 
nen Pokale.  Die  Sieger  waren  in  der  ersten 
Klasse  der  Arion  von  Xewark  mit  139,  die 
Harmonie  von  Xewark  mit  138.  und  der 
Orpheus  von  Buffalo  mit  137Vi!  Punkten, 
in  der  zweiten  Klasse  der  Mänix  rchor  von 


Xew  York,  der  Eichenkranz  von  Xew  York, 
in  der  dritten  Klas.se  der  Delaware  Sänger- 
bund von  Wilmington,  der  Bremer  Gesang- 
verein von  Xew  York.  Die  Städte  preise 
wurden  errungen  in  der  ersten  Klasse  von 
Brooklyn  und  in  der  zweiten  von  Hudson 
County  und  Trenton.  Preisrichter  waren 
]M.  Spicker,  A.  Bischoff,  ]\I.  Leefson,  Wm. 
AVülsieffer  und  S.  Behrens. 

Beim  Städtepreissingen  1 900  in  Brooklyn 
gewann  den  Preis  in  der  ersten  Klasse, 
Richard  Wagners  Büste,  Baltimore,  und  in 
der  zweiten,  Franz  Abts  Büste,  Long 
Islanfl  City.  Die  Preise  für  die  Vereine 
bestanden  in  Klavieren,  Bildern,  Pokalen 
und  Dii)lomen  und  wurden  von  folgenden 
Vereinen  errungen :  Erster  Preis  in  der 
ersten  Klasse — Hobokxn  Quartett-Club  und 
Columbia  von  Philadelphia  mit  129  Punk- 
ten, zweiter — Franz  Schubert  Männerclior 
von  New  York,  ]\Iusical  Art  Club  von  Bal- 
timore und  Quartett-Club  von  Philadelphia 
mit  126  Punkten,  dritter — ]\Iozart  Verein 
von  New  York  mit  125  Punkten,  vierter — 
Harmonie  von  Philadelphia  mit  124 
Punkten ;  erster  Preis  in  der  zweiten 
Klasse — Concordia  von  AVilkesbarre,  Pa., 
zweiter — Harmonia  von  Xew  Y(H"k.  Lie- 
derkranz von  Elizabeth.  X.  J..  und 
Pfälzer  Harmonie  V(m  Philadelphia  ;  erster 
Preis  in  der  dritten  Kla.sse — P^inigkeit  von 
Staten  Island  und  Allemania  von  Philadel- 
phia, zweiter — Allemania-Cordalia  von  New 
York. 

Den    Kaiser  preis,    eine    vom    Deutschen 
Kai.ser  geschenkte,  kostbare  silberne  ]Min- 
nesängerstatue,      errangen      mit      gleicher    j 
Punktezahl,  137,  der  Arion  von  Brooklyn 
und  der  Junge  Männerchor  von  Philadel-    , 
phia,  und  es  wurde  bestimmt,   dass  jeder  l 
der  beiden  Vereine  ihn  achtzehn  ^lonate  in  n 
Verwahriuig     haben     sollte,     worauf    der  i 
Junge  ]\Iännerchor  aber  verzichtete,  da  er  i 
glaubte,  ihn  allein  gewonnen  zu  haben.  Um  i 
diesen    Preis   als   Eigenthum   zu   erhalten,  i 
musste  ein  Verein   ihn  zweimal  gewinnen,  i 
Dieses  Wettsingen,  bei  dem  Bischoff,  Rieg. 


\)FAi   XOKDOKSTLICHK  .SAEXGKKnrXI)  VoN   AMKKIKA.  72« 

llcniuiiiri.    lliiiriclis    iiixi    Ortiiiami    l'rcis-  und  den  ilcr  zweit. -ii.  i-iiic  liüsf.-   Ihiiulds. 

ric'htt'i-  uiin-ii.  t-rrcirti'  wieder  viel  Missstiiii-  \Viisliiiiirt«»ii. 

muiit,'.  In'.s(»ii(iei-s  ilureli  die  Art  und  Weise  In  Xewark  p'waim  llldti  d.ii  hitistrpnis 

der  Preisvertheilmi<r.      Ks  «riiivfii    Proteste  die     Concordia     vcii     Wilkts-Iiarn .       Den 

ein,  und  die  AI)Iieferun^'  dei-  Preise  verzö-  Slädtt /in  is  der  ersten  Klasse  gewann  /'///- 

gerte    sieli.       Wann    mehrere    Vereine    zu  Imh  li>liia.    den    der    zweiten    Klasse    Long 

domseihen    Preise   berechtigt,   so   wurde   er  Island  City.      Die   N'ereinsprei.se  erhielten: 

durehs  Loos  nur  einem  zuerkannt,  während  1.    Klasse,    erster    Preis;    Ilarnioiiie    von 

die  anderen   sieh    mit    Diplomen   begnügen  l'liihuh Ijilna ;     zweiter     Preis.     Beethoven 

mussten.  .Männerehor.  New  York:  dritti-r  Preis.  Sän- 

Es  war   1!)(»:^    in    Paltimore   Vorkehrung  ^''''''x""'-  Hn.oklyn. 
getroffen,      dass      die      zusammensitzenden  "•  ''^''•■'•'^^•'-  •'''^^••'*  •'''♦''«:    .lunger  Mäiuier- 
Preisriehter.  (J.   Khrhoin.  F.  A.  Kern  und  '■'"""•    ^«''•"«dnii :   zweiter    Pn-is.    Beethoven 
0.  W.  Riehter  von  Chieag...  Th.   K.   liees.'  "^lii ""«•'•<••>'"•.    Philadelphia;    dritter    Preis, 
von  Davenport  uiul  W.  H.  Ileimendahl  von  ''''"'^-''«''t.    Staten     Island;    vierter    Pn-is. 
Haltimore.    die   Vereine    wohl    liiwen.    aber  ^"X""'''  -Münnerehor,  Philadelphia, 
nieht  sehen   koiniten ;  auch   war  eine  neue  •^-    K!a.s.se.    erster    Preis:     Sehwäbiseher 
Art    der    Beurthei'rng   eingeführt.      Wiüi-  ^J'"^"'H)und.  Brooklyn  ;  zweiter  Prei.s.  I'ra- 
reml    früher   jeder    d.-r    fünf    Preisrichter  "'»'  ^^"artett-Club.  New  York  :  dritter  Preis, 
über  .i.-des  einzelm-  Fach   urtheilte.  wuid-  «^  '»"^''z«''*  Männerehor.  Philad.'lphia  ;  vier- 
diesmal  jedem  nur  ein  Faeh  zugethei^t.  und  ^'''"  '*"''^-  '^•^"■"''•«••""•-  •''''^^''.v  <'ity  ;  fünft.-r 
sollte  er  ausserdem   über  den   allgemein.'!!  '""''''•  ^''^^-"t  Männerehor.  Baltim..nv 
Kindruek  eiitseheid.n.  so  diiswlie  h.Histe  '^'''      '''-«'isriehter     waren:      Vi.-t..r      W. 
Punktezahl,  die  ein  Verein  erhalt,  n  k.mnt.-.  ''^'■'•'^^■'"  ^-    '''"■"'>'•   l^eliing.-r.    Louis   Khrg..tt. 
60  Ix'trug.      .Mit   dieser  vo!l.-n    Puuktez:dil  -^""''^   Küiizl.-n  un.l  lli.n>  Ilarthan. 
errang  d.-r  Jtinijr   Mäniiirclinr  von   l'hiUi-  Diesmal  wurde  be.sondei-s  Klage  iliniber 
delpliia  bei  diesem   Feste  den  Kai^erpreis,  geführt.     d:iss     ein     Verein     durch     soge- 
während    der     Ari.ui     von     Brookl.vn     'ü  nanntes     Haubsing.  n     den     Pn-is    .-rlangt 
Punkte  erhielt.     Die  übrigen  Preise  erhiel-  •''•'"'•      I>i''^^«'s    Haubsingen    besteht    darin, 
ten  in  der  .-rst.-ii  Klasse  die  Concordia  von  "'''^^  "'"  \V''<t^'"f-'en  th.-iln.-hm.-nd.-  V.-n-im- 
Wilhs-Barn   mit  GO  Punkt.-n.  der  Fichen-  '"'•^•'•"  *'•''''  •»''nitsmässig.-  Sänger  für  .li.- 
kranz  von  New  York  nut  r,(;  Punkt.-n  um!  ^'''^  ''''^  Sängerf.-stes  als  Mitgli.-.l.-r  anwer- 

der  Kreutzer  Quartett-Club  v«m  New  York  '"'"   '^"•'  ""*"  '^"'^•'  ^^'"'^''  "'"""   "";'''   ^"- 

.,-,,,,.,        .      ,             .,       ,,,           ,.  bühi-.-nde    Fhr.-n    .-i-ringen.      Dass    \  erenu« 

mit  ;)1   Punkten,  in  der  zweiten  Klasse  die  .             ,             ....... 


Allemania  v.»n  Philad.-l|)hia.  der  Ari.in  von 
Jei-sey  City  und  dei-  Frohsinn  v.m  Pitts- 
burg,  und    in    d.-r   dritten    Klasse  di-r   Or- 


gute,  alx-r  unb.-mittelte   .Mitgli.-der  k.tsteii- 

frei     nach     Sängerfest«'n     mitnahm.-n.     ist 

imm.-r  geschelu-n.  später  ist  au.-h  wohl  vor- 

gi-k.»mmen.  dass  preissingcinle  V«'reine  gute 
pheus  v.m  X.-wark.  <l.-r  Kn-uzna.-her  San-      ^:j,,._,,.,.  ^.„„  ^„,,,,.,.,.,,  v-n-inen  b.,rgt.-n  un.l 

gerbund    v.m    Philad.-lphia    un.l    .In-    Fair-  ^,,    Mj,. lindern    macht.-n.    .la-.s    man    ab.-r 

mount   Lied.-rtaf.-l   von    Philad.-lphia.      Di.-  p,,d-.-ssi..n.-ll..  Sänger  .-ngagirt.  ist  eine  erst 

Preise    b.-standeii     in     Diplom.-n    un.l    .li.-  i„  jü„g,.n-r  Zeit  aufg.-k.unmene  l'nsitte.  ,lie 

Preisli.-di-r  wann:  ..Kais.-r  Karl  in  .l.r  .1..  unter  d«'n  obwaltenden  rmständen  fast  zur 

hanni.snac-ht"  von  H.-gar.  ..Geiger 's  Heim-  Xothw.-ndigkeit    gewonlen    ist.    wenn    ein 

k.-hr"  v.m   Angen-r  un.l   ...\m    .Meer"  von  \rnin.   b.-i   d.-r  Schwierigkeit   der  für  «lie 

Leu.      D.n    Städt.-preis   ilrv  eisl.-n    Klass.-.  e|-st.-    Klasse   vorgeschriebenen    Lieder,   mit 

ein.'   Büste  Mendc-lssohns.  gewann   Newark  einiger  Au.ssi<-ht  auf  Krfolg  am  Preissing«'n 


730 


DKH   NoliDoKS'lLK  IIK  ^AENLIKK'IMM )   \().\    A.MKHIKA. 


in  (lii'scr  Khissc  thciliK'lniicii  will.  Dir 
Säujjcrfcsli-  ;il»ci-  ^»'wiiimii  in  iiiusikalischcr 
Hcziehun«:  dahfi.  iii<l<'iii  dir  l.fistiiii^'rii  der 
Vcn'inc  dadiinli  um  so  voUkoiniiu'm'r 
wcnlfii.  und  es  wird  schwer  halten,  diese 
rnsille.  l»ei  der  die  heiuitteltereii  Vereine 
allerdinirs  im  Vurllieil  sind,  wieder  zu  he- 
.seit  ii:en. 

Unterbrechung  der  Saengerfeste. 

Dureh  die  AuHiisung  des  Xordöstliehen 
Sän^'erhiindes  1871  entstand  eine  elfjährige 
Cnterhrechun}:  der  Sän<rerfeste.  und  als 
Philadelphia  im  Jahre  1882  wieder  eines 
feierte,  hetheilijrten  sieli  daran  nur  zwei 
New  Yorker  Vereine  inid  l)eim  Hrooklyner 
Keste  188.')  pir  keine.  Allmählich  schlössen 
sieh  die  New  Yorker  Vereine  jedoch  wieder 
an.  aber  erst  im  Jahre  1894.  nachdem  sie 
dreinndzwanzig  Jahre  ausgesetzt  hatten, 
veranstalteten  sie  wieder  ein  allgemeines 
Sänger  fest. 

Musikalische  Leiter  und  Konzerte. 

.\uf  würdige  Ausgestaltung  der  Fest- 
konzerte ist.  wie  yiiXK  Winter  in  dem  Souve- 
nir-Programm des  New  Yorker  Sängerfestes 
von  190!)  mittheilt.  nnt  wenigen  Ausnah- 
men von  den  Feststäilten  ganz  besonderes 
(lewicht  gelegt  worden.  Anfangs  fand,  ab- 
gesehen vom  7.  Sängerfest  in  Philadelphia 
im  Jalire  1857.  bei  welchem  ausser  dem 
Ilauptkonzert  noch  eine  ..religiös "-musika- 
lische P^röfFnungsfeier  mit  einem  gediegenen 
Programm  abgehalten  wurde,  immer  nur  ein 
Festkonzert  statt.  Später  wurden  meist 
zwei,  nändich  ein  Em jifangs- Konzert  und 
das  Haupt konzei't.  luid  in  neuerer  Zeit  ge- 
wöhnlich drei,  nämlich  ein  Empfangskcm- 
zert  uiul  zwei  Ilauptkonzerte,  bisweilen  so- 
gar vier  (Instrumental-  oder  Kinderkon- 
zert) veranstaltet. 

/u  Leitern  der  Festkonzerte  wurden  für 
die  einzelnen  Feste  folgende  Musiker  be- 
rufen : 

1.  Sängerfest:  Philipp  Matliias  AVol- 
sietfer. 


J.   Sängerfest:  Carl  Lenscliow. 
;i.   Sängei-fest :  Agricol  Paur. 
4.   Sängei'fest :  (\  Ileuckenroth. 
.").  Sängerfest :  C.  Lenschow. 
t).   Sängerfest:   Carl  Bergmann. 

7.  Sängerfest:    Pii.  M.  Woisietfer. 

8.  Sängerfest  :   C.   Lenschow. 

9.  Sängei-fest :  A.  Paui-  und  C.  Berg- 
mann. 

10.  Sängei-fest:   L.  Kngelke. 

1 1 .  Sängerfest :  C.  Lenschow. 

12.  Sängerfest:  -\.  Paui-  und  als  Orches- 
ter-Dirigent L.  Damrosch. 

l:^  Sängerfest:  Carl  Sentz  (für  das  Ein- 
pfangskonzei-t)  und  F.  AV.  Künzel  (für  das 
Ilauptkonzert). 

14.  Sängei-fest:  A.  Biscliotf  und  AV.  Grö- 
schel. 

15.  Sängerfest:   W.  H.  Ileiinendahl.   ■ 

16.  Sängerfest:  Johannes  Werschinger 
(Empfangskonzert)  und  Fraid<  v.  d. 
Stucken  ( Ilauptkonzert ) . 

17.  Sängerfest:  Carl  Hein  (Empfangs- 
konzert). Heinrich  Zöllner  und  F.  v.  d. 
Stucken  ( Hauptkonzerte) . 

18.  Sängerfest:  Eugen  Klee  (Empfangs- 
konzert), Carl  Samans  uiul  Samuel  L.  Her- 
mann (Ilauptkonzerte) . 

19.  Sängerfest:  Felix  Jäger  (Frauen- und 
Kinderkonzert).  Arthur  Ciaassen  (Ilaupt- 
konzerte). 

20.  Sängerfest:   1).  Melamet. 

21.  Sängerfest:  Julius  Lorenz. 

22.  Sängerfest:  Julius  Lorenz  und  Carl 
Hein. 

Die  in  den  Festkonzerten  aufgeführten 
Chorgesänge  wurden  im  Laufe  der  Zeit  von 
den  verschiedenartigsten  Choi-gruppen  zu 
Gehör  gebracht.  Von  dem  Chor  eines  ein- 
zelnen Vereins  bis  zu  dem  vier-  oder  fünf- 
tausendstinniiigen  Massenchor  des  Bundes 
findet  man  alle  Schattirungen  vertreten. 
Auf  den  beiden  ei-sten  Sängerfesten  sangen 
die  Vereine  theils  einzeln,  theils  gemeinsam. 
Beim  dritten  Sängerfest  trat  im  Festkon- 
zert bis  auf  einen  Vortrag  des  gemi.schten 
Chores  des  Deutschen   Liederkranzes.  New 


DHR  NORDOKSTLR'IIK  SAENüKKHrXI)   V()\   AM  Kin  KA.  731 

York,   nur  »ItT  .Miisscin-lior  jiHt-r  aiii    Prslc  koii/t'it    ant"   firnMii    Sünircrrcst«'   zu    Wcfjc. 

tlu'iliichiiM'mli'i-  Säii«r»'r  auf.   wälirciul  sich  .Mit  fjrosscm   Kifer  studircn  die  Kiiidcr  die 

dir  Vt'n'iiu'  mit   Hiii/.clvdrtrii^riMi  im  Prris-  in  dcMitscluT  Spi-aclic  zu  sin^cnclj-n  Masscn- 

sinjrcii    masscii.      licini    viiTtni    Säii«r»'i't"«'st  cliöi-»'.  und  mit  noch  frr(")ss(*n'r  Iic«rt'ist('ruii«; 

trat    wiederum   eine    Neuei-unir  ein.    indi-m  sinjren   sie  dicselhen    in    drm    Festkonzerte, 

neben     dem     .Massenelmr    die     Vereini»rten  Kin   solelies    Kinderkonzeit    Ideilit    dt-n   ,ju- 

Sän^er  V(Ui  Baltimore  und  New  York  je  ein  f^endlielien   Tlieilnehmein   eine   unauslöseh- 

^emeinsames   Lied  san<ren.      Dieses  Städte-  liehe  IOi'iinierun<r  nnd  zielit  dieselhen  (hdier 

sinjren  wurd»-  neben  dem  .Masseneh<»r  <hinn  aueli  später  immer  wieder  zu  den   Säntrcr- 

znr  Ke^'el  luid  ihireh  die  im  .lalire  lS«iS  «re-  festen  zurück. 

schatVene  N'ert'assunjr  so«;ar  ausdrüeklicli  Die  Zahl  der  l'iir  die  ein/.cjni'n  Feste  ein- 
sankt ionirt.  während  der  Einzelch(»r  in  den  zuiilMMiden  Festlieder  hat  sieh  zwar  im 
Festkonzerten  nui-  noch  jrelejrentiich  inid  Laufe  th-r  Zeit  Ix'träehtlich  vermehrt,  nicht 
zwai'  das  letzte  .Mal  in  Philadelphia  im  aber  in  ^rh'ichem  Masse  die  von  dt-n 
.Jahre  L'^KT  wieder  auftauchte,  wo  der  Deut-  Sänf;ein  zu  bewält ifreiuh'  prosanfjliche  .\r- 
sche  !jie(K'rkranz.  New  YoiU.  im  ersten  bcit.  Zu  den  letzten  Säntrerfesten  mu.ssten 
Ilauptkonzert  drei,  und  dei-  .\rion.  .New  die  auswärtigen  Sanfter  je  12  .Ma.ssen<*höre. 
York,  im  zweiten  Festkonzerte  zwei  Einzel-  und  die  Sänjrer  der  Feststadt  dazu  noch 
eliöre  zum  Vortra«.'  i)rachten.  Seit  den  letz-  weitere  sechs  Clulre  für  das  Kmpfan^'skon- 
ten  zwölf  .lahi'cn  hat  dei'  .Massenchor  des  zert  lernen,  während  in  früherer  Zeit  nur 
Hundes  die  .Mleinherrschaft  übei-  d»'n  Chor-  vier  bis  fünf  und  aus.serdem  vi»n  der  Fest- 
Theil  der  Hauptkonzerte  aiifretreten.  stadt   noch  etwa  drei   Lieder   für  das   Km- 

.\eben  dem  .Männerchore  ist  der  tfemi.sehte  pffnitrskonzert       vorbereitet       zu       werden 

Chor  wiederholt  zu  den  liundesfesten  heran-  l>rauchten.       .\bcr    die    Schwieri«rkeit    der 

trezo«;en  worden.     Den  grössten  Erfol^r  hatte  Chorwerke  ist  erheblich  vermindert  worden, 

mit  dem  «;emi.sehten  Chor  bisher  Fhiladel-  '^u     .Ma.ssenehören     werden     jetzt     zumeist 

phia  zu  verzeichnen,  das  so^'ar  1S!»7  einen  Volksliedi-r  oder  wenifrstens  im  Volkston  jre- 

Frauenehor  mit  frutem  Geliufren  in 's  Trcf-  halleiie   Kompositionen   bestinuut.  und  das 

fen  führte.  sein-  zum  \'oi-theil  der  Sän«rerfe.st<'  und  des 

herrlichen  deutschen  Volksliedes,  der  ei^'ent- 

Der   Kinderchor.  liehen    Domäne  (h's   .Männer«resan^es.     .Mit 

Stolz    kann    der    Nordöstliche    Sän«;erbund 

Seit  (h*m  Hrooklyner  Säufrerfest  im  Jahre  auf    ilie     vorzü};lichcn     Leistungen     seines 
1*KK»  cndliih  ist  ein  Ma.ssenchor  von  Schul-  .Ma.s.senehors  im  \'oIksliede  in  ilen  Festkon- 
kindern in  eigens  für  den.selben  arranjrirten  Zeiten  der  letzten  Sän^'erfeste  blicken. 
Konzerten  aufffetreten. 

Die    Hetheiliirnn«;   dieses  sonst    mit    dem  Die  sonstigen   Festakte, 
Männergesant;  nicht  in  Verbinduntr  stelu-n- 

den  Chorköri.ers  hat  sich  für  die  liundes-  Aus.ser  d.'u  musikalischen  Veranstalt un- 
feste v(.n  ausseronh-ntlichem  Nutzen  erwie-  J-"'"  Ix'standen  «iie  Festakt.-  bei  fast  allen 
seil.  Insbesondere  ist  die  Heranziehung.' der  Säntr.'rfc.sten  in  jresehäft liehen  Sitzungen. 
Schulkimler  für  die  Förderung  (h-r  (h-ut-  l''»>^iig.'n  oder  Paraden.  Fe.stre.len.  Coiii- 
sehen  Sprache  wie  des  (h-utschen  Lie<h-s  i'i.-i-sen  iiikI  N'olksfesten.  .s<.g.  Pjenics. 
von  gros.ser  Bedeutung.  Was  tausend  gute  .\iif  jedem  Sängerfeste  fand  eine  Deje- 
Lehren  in  Bezug  auf  die  Pflege  und  Krhal-  gatenversammlung  statt,  in  weh-her  «ier 
tung  der  deutschen  Sprache  hierzulande  nächste  Festort  be.stimmt  nnd  <lie  wi«-htifr- 
nieht  vermögen,  bringt  ein  »'inziges  Kinder-  sten  .\ngelegenheiteii    des    Bumles   erledigt 


732 


DER  NORDOESTLICHE  SAENGERBUND   VON  AMERIKA. 


wurden.     Auch  eine  Sitzuntr  der  Rundes- 
Exi'kutivt'  wurde  jdjfji'ludtcn. 

p]in  stäudijrer  Akt  aller  Feste  waren  die 
Festreden,  welche  bei  der  Enipfang:sfeier, 
in  den  Festkonzerten  und  bisweilen  beim 
l'icnic  trehalten  wurden.  Als  Redner  iun- 
pirten  bei  den  einzelnen  Siiny:erfesten :  1. 
Sängerfest :  IMayor  Joel  Jones  und  Dr.  Lud- 
wig vom  Deutsehen  Liederkranz.  New  York. 
beim  Empfancr  in  der  Independence  Hall. 
l)eim  Picnif  Dr.  11.  Tiedeinann ;  2.  Fest: 
Pa.stor  n.  Scheib;  4.  Fest:  Ilug;!)  Wesen- 
donck:  ö.  Fest:  IL  Scheib;  6.  Fest:  Pastor 
Dr.  För.sch  ;  7.  Fest :  F.  Sehünemann-rott ; 
8.  Fest:  IT.  Scheib;  9.  Fest:  P'riedrich 
Kapp  und  Friedrich  Schütz:  10.  Fest: 
Fr.  Schünemann-Pott,  Mayor  ^Morton  ^NIc- 
^lichael  und  Dr.  G.  Kellner;  IL  Fest:  AViL 
liam  Rapp.  Mayor  Banks  und  R.  C.  Barry; 
12.  Fest:  Kaufmann;  13.  Fest:  Dr.  G. 
Kellner.  L.x-douverneur  General  John 
Hartranft  und  Wilhelm  :\Iechelke;  14. 
Fest:  P.  Hüne;  15.  Fest:  Mayor  F.  C.  La- 
trobe.  L.  Schneider  und  Rayner;  16.  Fest: 
Festpräsident  Carl  Lentz,  Gouverneur  Leon 
Abbot  und  ^layor  Jos.  E.  Haines;  17.  Fest: 
Festpräsident  Rieh.  Katzenmeyer.  AVilliam 
Steinway,  Gouverneur  Flower  luid  ]\Iayor 
Gilroy;  18.  Fest:  Festpräsident  Arno  Leon- 
hardt,  ^layor  Chas.  Warwiek  und  Bundes- 
präsident Carl  Lentz;  19.  Fest:  Festpräsi- 
dent S.  K.  Sänger.  Randolph  LI.  Guggen- 
heimer, Carl  Lentz  und  der  deutsche  Ge- 
sandte Dr.  von  n()llel)en  ;  20.  Fest:  Festprä- 
sident L.  IL  AVieman.  der  Präsident  der 
Vereinigten  Staaten  Theodore  Roosevelt 
uml  der  deutsche  Botschafter  Baron  Speck 
von  Sternburg;  21.  Fest:  Festpräsident 
Aiigust  Goertz.  Bundespräsident  Carl 
Lentz.  ^layor  Henry  ^L  Dorenuis.  Bundes- 
senator John  F.  Dryden.  Baron  Speck  von 
Steniburg  und  Gouverneur  Edward  C. 
Stokes. 

Das  finanzielle  Ergebniss  der  Saengerfeste. 

Von  Anfang  an  sind  zur  Veranstaltung 
der  Feste  recht  beträchtliche  Summen  auf- 


gewendet worden.  Aus  der  ersten  und  zwei- 
ten Periode  liegen  nur  dürftige  Nachrich- 
ten über  das  tinanzielle  P>gebniss  der  ein- 
zelnen Feste  vor.  Fast  alle  schlössen  mit 
einem  Detizit,  welches  von  den  Vereinen  der 
P'eststadt  nach  dem  Vei-hältniss  ihrer  Mit- 
gliederzahl gedeckt  wurde,  und  das  beim 
3.  Sängerfest  in  New  York  besonders  hoch 
gewesen  sein  muss.  da  auf  den  Deutschen 
Liederkranz  allein,  als  allerdings  grös.sten 
Verein  der  Feststadt  New  York.  1800  Dol- 
lars zur  Bezahlung  entfielen.  Auch  das  7. 
Sängerfest  in  Philadelphia  wies  eine  erheb- 
liche Unterbilanz.  nämlich  etwa  2500  Dol- 
lars, auf.  welche  durch  eine  Besteuerung 
eines  jeden  Sängers  der  festgebenden  Ver- 
einigung mit  fast  8  Dollars  aufgebracht 
wurde.  Am  besten  scheinen  Baltimore  mit 
dem  2.  Sängerfeste  von  1851,  dessen  Defizit 
durch  eine  Kopfsteuer  von  19  Cents  aufge- 
bracht werden  konnte,  und  Philadelphia 
mit  dem  10.  Sängerfest  des  Jahres  1867. 
nach  dessen  Schluss  an  jeden  Sänger  der 
Vereinigung  sogar  2  Dollars  Kopfsteuer 
zurückgezahlt  wurde,  weggekommen  zusein. 

Die  Abrechnungen  über  die  si)äteren 
Sängerfeste  sind  durchweg  bekainit.  Nur 
ein  Fest,  das  17.  Sängerfest  in  New  York, 
wies  ein  Defizit  auf;  auf  allen  anderen 
Festen  dagegen  wurde  ein  L\^lierschuss,  auf 
einigen  sogar  ein  recht  bedeutender,  er- 
zielt, welcher  hauptsächlich  auf  die  schon 
seit  mehreren  Festen  zur  Regel  gewordenen 
Aufbringung  eines  LTnterstützungsfonds  zu- 
rückzuführen ist. 

Beim  13.  Sängerfest  in  Philadelphia  1882 
balancirten  die  Einnahmen  und  Ausgaben. 
Der  nach  Schluss  des  Festes  in  der  Kasse 
der  festgebenden  Vereinigung  vorhamlene 
Bestand  von  3440.24  Dollars  kam  etwa  dem 
Ueberschusse  gleich,  welcher  aus  einem  vor 
dem  Fest  abgehaltenen  Lokalsängerfeste  er- 
zielt worden  war. — Das  Brooklyner  Sänger- 
fest von  1885  brachte  25,159.64  Dollars  Ein- 
nahmen gegen  20,014.07  Ausgaben,  also 
einen  I>berschuss  v(m  5145.57  DoUai-s. 


DER  XORDOESTLICHE  SARNGEHHl'Nn  VON    AM  KICI KA. 


733 


Beim  Baltiinorer  Saniertest  des  Jalires 
1888  betriitren  die  Eiiuialunen  28.882.14 
und  die  Ans*raben  22.()72  Dollars. 

Naeh  dem  115.  Sänfierfest  in  Newark. 
1891,  ergab  die  Sehlussabrechnunf;  eine  fa.st 
gleiehe  IIölu'  von  Einnahmen  mid  Aus«ra- 
ben  mit  einem  Hetra»re  von  etwas  über 
411,000  Dollars. 


Der  Vater  des  Deutschen   Maenner- 
gesangs  in  Amerika. 

Dir  Hegrinidrr  d.r  deutsrlicn  .Mäinierjre- 
.sant;-Vereine  im  (Jebiet  der  V»-n-ini^rten 
Staatrn  und  ihrer  .Mnsikfi'ste  ist  IMiilipp 
.Matthias  Wcdsieft'er.  (n-bon-n  in  Wiini- 
weiler  in  der   Pfalz  am   1").  Mai   1S()5.  be- 


Das   17.   Sängerfest    in   New    York    181)4  suehte  er  das   Lehrer-Seminar  in    Kai.sers- 

wies   57.037.01    Dollars    Einnahmen    gegen  lautern   und  wurde  na.h  glänzend  brstan- 

58,509.15  Dollai-s  Ausgaben  auf.     Das  Deti-  dener  Trüfung  Ililfs-Lehrer  in   Dirmst.-in 

zit  von  1471.24  Dollars  deckte  in  generöser  und  später  Lehrer  in  Frankenthal.     Aber 

Weise  Herr  AVilliam  Stein .vay.  die  politisehen  AVirren  der  alten  Ileimath 

Philadelphia  erzielte  mit  seinem  Feste  im  ^'t^»"»»la«'<ten   ihn   zur  Auswanderung  na<-h 

Jahre  1897  den  höchsten  Uebersehuss,  näm-  -^'"•^''•''<''-     -\"'  -•»   -^imi  1^33  landete  er  in 

lieh  13.504.92  Dollars,  bei  70.860.10  Dollars  ^'^*'^^'  ^'"'■'"'-     '^''"'''  «''i'.iii'i'-it-'«''-  Wanderzeit 


J^innahmen  und  57,355.18  Dollai-s  Ausga- 
ben. Dabei  hatte  der  Feststadt  der  Bau 
einer  eigenen  F'esthalle  allein  31,651.80 
Dollars  gekostet.  Von  dem  Uebersehusse 
wurden  an  die  Vereinigten  Sänger  von  Phi- 
ladelphia 2082  Dollars  Kopfsteuer  zurüek- 
gezahlt. 

Den  Einnahmen  des  Brooklyner  Sänger- 
festes von  1900  im  Betrage  von  27,357.00 
Dollars  standen  etwa  23.000  Dollars  Aus- 
gaben gegenüber.  Der  darnach  verblei- 
bende Uebersehuss  schmolz  auf  ungefälir 
2000  Dollars  zusammen. 

Das  Baltimorer  Sängerfest  von  1903  er- 
gab 59.063  Einnahmen  gegen  58,598.22  Dol- 
lars Ausgaben,  also  einen  Uebersehuss  von 
464.78  Dollars. 

Das  21.  Sängerfest  in  Xewark  im  Jahre 
1906  brachte  mit  57.162.08  Dollars  Einnah- 
men und  49,430.31  Dollars  Ausgaben  den 
erhebliehen  Uebersehuss  von  7,731.77  Dol- 


liessersieh  in  Philadelpiiia  als  Musiklehrer 
nieder.  Am  15.  Dezember  1S35  gründete 
er  den  ..Männerchor",  den  ei-stcn  Männer- 
Gesang- Verein  in  Amerika.  Im  nä<'h.sten 
Jahre  half  er  den  ..Baltimore  Liederkranz" 
gründen.  Xaeh  längerem  Aufenthalt  in 
Baltimore  kehrte  AVolsiefTt-r  mit  seiner 
Familie  nach  Philadelphia  zurück,  wo  er 
bis  1857  verblieb.  Er  siedelte  dann  nach 
dem  neugegründeten  deut.schen  Wein-  und 
Industrie-Städtchen  Egg  IIarl)or  City, 
X.  J..  über.  Seine  geschwächte  Gesundheit 
war  bald  wieder  hergestellt.  In  Egg 
Harbor  City  gründete  der  Pionier  <lcs 
deutschen  ^lännerchoi-s  den  Gesjuig- Verein 
..Aurora".  Er  war  di'r  erste  Mayor  der 
kleinen  deut.schen  Stadt,  die  er  auch  in  der 
Staats-Legislatur  vertrat.  Eiule  des  Jahres 
1861  ersuchte  ihn  der  ..Männerchor"  in 
Philadeli)hia.  alx^rmals  die  nuisikalische 
Leitung  zu  übernehmen,  was  er  auch  unter 
der    Bedinginig   zusagte,    da.ss    im    Krank- 


lars, von  welchem  6000  Dollars  zu  einem  heitsfalle  sein  in  Philadelphia  als  Musiker 
festen,  zinstragenden  Fond  für  ein  späteres  ansä.ssiger  S()hn  William  ihn  vertreten 
Sängerfest  angelegt  und  500  Dollai-s  dem  solle.  Das  wurde  acceptirt.  luid  fünf  Jahre 
Deut.schen  Hospital  und  der  Rest  der  Ka.sse  lang  kam  Philipi)  Mathias  WolsiefTer  zwei- 
der  Vereinigten  Sänger  von  Xewark  über-  uml  wöchentlich  von  Egg  Harbor  nadi  der 
wiesen  wurden.  Stadt  der  Bruderliebe,  um  den  (Jesang- 
Für  das  Sängerfest  in  New  York  war  ein  Verein  zu  dirigiren.  dessen  Gründer  er  ge- 
bedeutender Unterstützungsfond  aufge-  wesen  war  und  der  ihn  1857  schon  durch 
bracht  worden.  die  Ernennung  zum  Ehren-DirigeTiteu  nus- 


734 


DKK   NOKDOKSTLTCHK  SAEXGEKBUXD  VON  AMHKIKA. 


gezoiclinct  luittc  Am  S.  OUtohcr  iSTl' 
starl)  er.  iri'achtt't  und  Itflraufrt  von  Allt'ii. 
A\if  ilciii  ()(1(1  Fcllows  Fricdliof  der  Stadt 
dt'i-  Bnidfi-lit'lM'  schläft  der  WackiTc  diii 
»•\vi«:('n  Schlaf.  Auch  als  Komponist  und 
Verfasser  musikalischer  Lehrhücher  war 
Philipp  Mathias  Wolsieffer  bedeutend. 
Seine  (Jattin.  die  er  im  .lahre  ]^'M  in  Ame- 
rik.i  j^eheirathet  hatte  und  die  duivh  ihn 
erst  die  deutsche  Sprache  ei-lernt  hatte, 
wai-  eine  hei-vorra^eiule  Sängerin.  Sie 
starb  am  -i.  .März  1S!)7.  Einer  der  Söhne 
des  Verstorbenen.  Edmund  Wolsieffer.  war 
viele  Jahre  himlurch  Präsident  des  ...Män- 
nerchors". Dem  Griuider  des  ersten  deut- 
.sehi'ii  Männer-Gesang- Vereins  in  Amerika 
hat  die  deutsehe  Sängerwelt  eine  Ehren- 
schuld abzutragen  in  Form  eines  würdigen 
Deidvmals.  Hisher  ist  dasselbe  ein  fronnuer 
Wunsch  geblieben. 

Major  Carl  Lentz, 

der  langjaehrige  Praesident  des  Nordoestlichen 
Saengerbundes. 

Major  Carl  Ijcnt/.,  der  Präsident  des 
Xctrdöstlichen  Sängerbundes,  erblickte  am 
1.  duli  1S4Ö  in  Handierg,  Bayern,  das  Licht 
der  Welt  und  kam  Ix'icits  im  Knabenalter 
nach  .\iiierik;i.  Als  der  Bürgerkrieg  aus- 
brach, trat  der  erst  Sechszehnjährige  in 
das  1.  Connecticut  Kavallerie-Regiment  ein 
und  rückte  sofort  in 's  Feld.  Da  er  sich 
durdi  persöidichen  Muth  wiederholt  aus- 
zeichnete, ward  er  im  Mai  18()-Ir  zum  Leut- 
nant befördert.  Am  10.  Oktober  1864  ward 
ihm  in  der  Schlacht  bei  Cedar  Creek.  Va.. 
dei-  i-echte  Ai"m  zerschmettert,  und  er 
niusste  lange  Zeit  im  llosiütal  in  Wash- 
ington unthätig  bleiben.  Nach  Beendi- 
gung des  Krieges  bezog  er  die  Columbia- 
rniversität  in  Washington,  von  wo  er  1869 
gradnirte.  Im  Jahre  187:^  erhielt  er, den 
Doktor  juris  und  im  November  desselben 
Jahres  wartl  er  Mitglied  des  Barreaus  v(m 
N«'w  Jersey  und  begann  in  Xewark  zu 
praktiziren.       Er    waiulte    sich    bald    der 


Politik  zu  luid  bekleidete  im  Laufe  der 
Zi'it  viele  Aemter.  Als  strammer  Hei)uhli- 
kaner  wai"  er  längei-e  Zeit  N'orsitzcnder  des 
republikanischen  County-Komites.  Major 
Ijcntz  ist  stets  furchtlos  für  alle  deutschen 
Bestrebungen  eingetreten:  er  ist  Mitglied 
fast  sännntlieher  (iesang-  und  Tiu'n-Ver- 
eine  Xewark 's.  Im  Jahre  18!)1  wjir  er 
Festpräsident  des  in  .Xewark  abgehnlteneii 
Sängerfestes  und  seit  1893  ist  er  i'räsident 
des  Xordöstlichen  Sängerbundes.  Zwei 
Jahre  lang  war  er  Präsident  der  Xewarker 
Sänger- \'ereinigung.  und  sein  Wirken 
innei'halb  des  Sängerwesens  war  ein  im 
hohen  Grade  erspriessliches.  Im  Hunde 
war  er  stets  der  Friedensstifter,  wenn  die 
erhitzten  Gemüther  aufeinander  platzten. 
.\uch  in  diesem  Jahre  steht  der  nun  fast 
6-ljährige  Mann  wieder  an  der  Spitze  des 
Xordöstlichen  Sängerbundes.  IMajoi'  Lentz 
wohnt  in  Belmar.  X.  J..  \u\i\  hat  sein  Ge- 
schäftsbureau in  Xewai-k.  Seit  Februar 
1896  ist  .Major  Lentz  .Mitglied  und  seit 
1905  Präsident  der  Staats-Steuer-Konnnis-  ' 
sion.  welche  Steuer-Appellationen  zu  unter 
suchen  hat. 

S.   K.  Saenger, 

( 

Ehren-Praesident  der  Vereinigten  Saenger  von  Brooltljrn  f 
und  einer  der  um  das  deutsche  Saengerwesen  verdientesten  •) 
Maenner  des  Nordoestlichen  Saengerbundes    von  Amerika. 

Der    bekannteste    uiul    beliebteste    unter 
den    Veteranen   des   Xordöstlichen    Säuircr- 
i)untles  ist  zweifellos  der   Ehren-Präsideni 
der  Vereinigten  Sänger  \'on  Brooklyn.  S.  K 
Sänger.     Geboren  am  25.  Dezendier  18.S8  in 
rngarn.  kam  er  als  14jähriger  Knabe  nach  j 
New  York.     Seine  gesangliche  und  musik.i 
lische   Begabung,   die  er   auf  seine  Söhn' 
Charles  und  Oskar,  vererbt  hat.  von  denen 
der   letztere    dcv    anerkannt    bedeutendst 
und      erfolgreichste      Gesanglehrer      Xe\^ 
York 's  ist,  bi-aehte  ihn  bald  mit  deutschen 
Sängerkreisen    in    Berührung.      Xoch    fast 
ein  Knabe  wurde  er  Mitglied  eines  Verein^ 
Als  der  Krieg  ausbrach,  eilte  S.  K.  Sänger 


DKK    NOKI)  AMKKMKAXISCIIK  SA  KNC  KinUNn 


786 


zur  Fahne.  Dann  crriclitt'ti*  er  in  Xtw 
York  und  s|)äl('r  in  lii-ooUlyii  ciin'  ('i^'arrt'n- 
Fal)ril<.  in  wclchci-  er  »Icn  (irund  zu  seiiu'ni 
Wnnöiri'n  Icjrt»'.  In  Hronklynci-  Säiiij(.p- 
krciscn  crran^r  siel»  l^.  K.  Säniicr  l>al(l  eine 
heth'utt'udt'  Stellung'.  Seine  lu'rvori'ayfen- 
den  «reselli«ren  'l'alente  Hessen  ihn  zum 
Fest-Ari'anj;eui"  wie  «reschaffen  erseheinen. 
Mit  ihnen  verhindet  er  eine  volksthümliehe 
Beredsamkeit,  die  warme  Ilerzenstöne  lin- 
det  und  deshalh  ihrer  Wii-kung  sieher  ist. 
S.  K.  Sänirer  war  für  das  Brooklynci-  Siin- 
gerfest  im  .lalire  ISS.")  lebhaft  thäti^  inid 
Leitei-   des    in    der    Kirehen.stadt    im    .lahi-e 


1  !»<)(»  ahjrehaltenen  .luhiläunis-Sänp-rfeste.s. 
Fr  war  der  .\nretrer  der  lile««  eiru's  Kaiser- 
preises und  wurde  vom  Kaiser,  zusannnen 
mit    .\rlhiir  ('lassen,  hei  einem   B«'suehe  in 

Heriin     naeh    dein     l-'este.     he.s<in<lei-s    aus(fi'- 

zeiehnet.  als  sie  dem  Kaiser  den  Dank  des 
.Xordöstiieheii  Säntrerhundes  für  den  >re- 
stifteten  Preis  üherhraehten.  .S.  K.  Sän^fer 
war  mehreie  .l;dife  Präsident  der  N'ereinifr- 
ten  Sän<rer  von  lir(»r»klyn.  ehensu  des  Fried- 
rieh (Jlüek  (^uartett-Cluhs  iukI  anderer 
X'ereine.  Den  Turnein  «rehilrt  ei-  ehen- 
falls  an. 


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2: 


Der  Nord-Amerikanische  Turnerbund. 


Einer  <Ur  wichtiiisttMi  FaUtorcii  in  der 
Kultur<re.seliiehte  der  Vereinigten  Staaten 
von  Amerika  ist  wälirend  der  letzten  sechs 
Jahrzehnte  die  deutsche  Turnerei  gewesen, 
deren  weitverzweigte,  sich  über  das  ganze 
Land  erstreckende  Fäden  in  dem  Nordame- 
rikanischen Turner])und  zusammenhiufen. 
In  ruhiger,  aber  durch  eiserne  Ausdauer 
gekennzeichneter  AVeise  haben  die  Turner 
in  den  Vereinigten  Staaten  dem  deutschen 
Turnen  Bahn  gebrochen,  und  mit  Stolz  kön- 
nen sie  heute  auf  die  Resultate  hinweisen, 
welche  nur  mit  Uebenvindung  unendlicher 
und  fast  unübersteigbarer  Hindernisse  er- 
zielt werden  konnten,  und  unter  welchen 
die  Aufnahme  des  Turnunterrichts  in  den 
Lehrplan  der  öffentlichen  Schulen  wohl 
eine  der  ersten  Stellen  einnimmt. 

Aber  nicht  nur  dadurch  haben  sie  bewie- 
sen, dass  sie  gute  Bürger  ihres  Adoptiv- Va- 
terlandes sind,  Bürger  nicht  nur  dem  Na- 
men nach,  sondern  in  Wirklichkeit,  denn 
von  den  39,692  IMitgliedern  des  Nordameri- 
kanischen Turnerbundes  sind  36,910  Bür- 
ger der  Vereinigten  Staaten,  sondern  auch 
dadurch,  dass  sie  zur  Zeit,  als  ihr  neues  Hei- 
niatlisland  in  Gefahr  schwebte,  in  gro.sse;i 
Schaaren  zu  den  Fahnen  eilten  und  (Jut 
und  Blut  opferten,  um  den  grossen  Staaten- 
bund einig  und  ungetheilt  zu  erhalten,  da 
bei  zugleich  für  eines  ihrer  höchsten  Prin- 
ppien,  Abschaffung  der  Sklaverei,  kämp- 
fend. 

Eine  der  Hauptbestrebungen  der  Tunier 
ivar  die,  dem  deutschen  Turnen  gegenüber 
lern  einseitigen  und  in  vielen  Fällen  bru- 
alen  Sportswesen  der  Amerikaner  bei  dem 
inierikanischen  Volke  Eingang  zu  verscliaf- 
en.  Leider  ist  der  Erfolg  in  dieser  Ilin- 
icht  nur  ein  ein.seitiger  gewesen,  denn  dem 


Sport  wird  ln-ute  vielleicht  nit-lir  g<'huldit;t 
als  je  zuvor,  aber  neben  demselben  ist  auch 
die  deutsche  Turnerei  zur  (Jeltung  gekom- 
men, denn  fast  alle  höheren  Lehranstalten 
des  Landes,  aueh  die  Kriegsakademie  in 
West  i'oint  und  die  Marineakademie  in  An- 
napolis  haben  das  deutsehe  Turnsystem  an- 
genommen. AVas  aber  noeh  weit  höher  zu 
sehätzen  ist  als  dies  ist  die  Einführung  des 
Turnunterrichts  in  den  Volkssehulen,  wel- 
cher in  einzelnen  Fällen,  .so  z.  B.  in  IVnn- 
.sylvanien,  durch  Sta^itsgesetz  obligatorisch 
geworden  ist.  In  l'hiladelpliia  wird  der 
Turnunterricht  in  den  Volksschulen  gegen- 
wärtig von  zehn  Turnlehrern  und  -Lelire- 
rinnen  ertheilt,  welche  unter  Leitung  eines 
Direktoi*s  der  körperlichen  AusbiUbuig 
stehen  und  welche  von  der  Stadt  salärirt 
werden.  Ausserdem  gibt  es  .sechzig  andere 
Städte,  in  welchen  öffentlicher  Turnunter- 
richt ertheilt  wird,  und  in  39  Städten  sind 
zusammen  96  von  dem  Turnerbund  aasge- 
bildete  Turnlehrer  an  den  öffentliehen 
Schulen  angestellt.  Das  sind  sicherlich  Er- 
rungenschaften für  das  Land,  auf  welehe 
der  Turnerbund  mit  K«'<-ht  stolz  sein  kann, 
und  welche  nicht  h(»ch  trenu-r  nn/nsclil.iL'cn 
sind. 

Die  Geschichte  der  deutseln-n  Turnerei 
in  Amerika  ist  aueh  die  des  Nordameriknni- 
.schen  Turnerbundes,  und  an  dci-  Hand  v.m 
dessen  Ainialen  mag  daher  der  \Verd»'gnng 
der  ei-stei-n  verzeichnet  werden. 

Die  Gründung  des  ersten  Turnvereins  in 
den  Vereinigten  Staaten  erfolgt«'  am  23. 
November  1S48  in  Gineinnati.  aber  .s.-hon 
viel  früher  waren  hier  zu  Lande  I»i«)niere 
thätig  gewesen,  um  das  edle  Turnwcsen  in 
den  amerikanis<'lien  Boden  einzupflanzen, 
und  sie  haben  so  Tüchtiges  geleistet,  djuss 


738 


DER   NORD  AMERIKANISCHE  TURNERBUXD. 


ihr  Wirken  wohl  verdient,  in  dankbarer 
ErinnenuifT  behalten  zu  werden.  Sehon  zu 
Zeiten  des  Turnvatei-s  Jahn  gab  es  wissen- 
seluiftlieh  gebildete  Männer,  die  in  jener 
Sturm-  und  Drang-Periode  unentwegt  ein- 
traten für  die  Freiheit  und  Einheit 
Deutsehlaiurs.  die  damals  noeh  in  nebel- 
hafter Ferne  lag;  sieh  dureh  ihre  glüliende 
Vaterlandsliebe  das  Missfallen  der  Regie- 
rungen zuzogen  und  sehliesslieh,  um  der 
ihnrn  drohenden  Verfolgung  zu  entgehen, 
zu  ilt'iii  Wanderstabe  griffen,  um  sieh  auf 
fremder  Erde  eine  neue  Ileimath  zu 
gründen. 

l'ntei-  diesen  Turner-Pionieren,  die  auf 
solehe  Weise  als  politisehe  Flüehtliuge  nach 
den  Ver.  Staaten  gekonnnen  sind,  ragten  in 
den  ersten  Dekaden  der  amerikanischen  Ge- 
schichte des  19.  Jahrhunderts  drei  IMänner 
über  alle  anderen  hinaus:  Karl  Beck,  Karl 
Folien  und  Franz  Lieber.  Da  die  Deut- 
schen damals  in  diesem  Lande  nicht  so 
zahlreicli  vertreten  waren,  waren  ihre  Be- 
strebungen hauptsächlich  darauf  gerichtet, 
dem  Turnen  nach  deutscher  Art  in  den 
Lehranstalten  dieses  Landes  Eingang  zu 
verschaff  en. 

Karl  Beck,  ein  deutscher  Prediger,  der 
bereits  als  Student  ein  tüchtiger  Turner  ge- 
wesen war,  kam  zu  Weihnachten  des 
Jahres  1S24  gleichzeitig  mit  Karl  Folien  in 
New  York  an.  Im  folgenden  Jahre  wurde 
er  als  Lehrer  der  lateinischen  Sprache  an 
die  im  Jahre  3823  von  George  Bancroft  und 
Joseph  Green  Cogswell  errichtete  Round 
Hill  Schule  in  Northampton,  Mass.,  beru- 
fen, und  unter  seiner  Leitung  wurde  noch 
in  demselben  Jahre  das  Round  Hill  Gym- 
nasium nach  dem  Vorbilde  der  von  dem 
Turnvater  Jahn  gegründeten  Turnschulen 
errichtet.  Karl  Beck  gab  ferner  dem  Turn- 
unterrichte in  den  Ver.  Staaten  die  erste 
systematische  Gnnidlage.  indem  er  ,JaJni's 
Deutsche  Turnkunde"  zum  Gebrauch  für 
amerikanische  Schüler  in  die  englische 
Sprache  übersetzte. 


7i'«/-/  Folien,  ebenfalls  ein  eifriger  Tur- 
ner, der  als  Freiwilliger  an  dem  Kampfe 
gegen  Napoleon  L  theilgenommeu,  hatte 
ebenfalls  eine  Stelle  als  Lehrer  an  der 
Round  Hill  Schule  erhalten,  war  jedoch  im 
Jahre  1S26  als  Professor  der  deutschen 
Sprache  an  das  Harvard  College  berufen 
worden  und  hatte  mit  Hilfe  der  Profes.soren 
der  medizinischen  Fakultät  dieses  College 
im  ]\Iai  j.  Jahres  ebenfalls  ein  Jahn-Gym- 
nasium eingerichtet. 

Franz  Lieber,  gleichfalls  ein  Freiheits- 
kämpfer, kam  am  20.  Juni  1827  nach  New 
York  imd  begab  sich  sofort  nach  Boston. 
Vor  seiner  Ankunft  hatte  Dr.  John  Collins 
Warren,  Professor  der  medizinischen  Fa- 
kultät im  Harvard  College,  der  die  von  Dr. 
Folien  angeregte  Gründung  eines  Gyiima- 
siums  an  dieser  amerikanischen  Hoch- 
schule warm  unterstützt  und  an  dem  im 
Jahre  1825  in  Boston  gegründeten  Tremont 
Gymnasiiuu  den  lebhaftesten  Antheil  ge- 
nommen hatte,  sich  die  grösste  ]\Iühe  gege- 
ben, Vater  Jahn  als  Direktor  für  das  Tre- 
mont Gymnasium  zu  gewinnen.  Erst 
nachdem  alle  seine  Bemühungen,  einen  für 
diesen  Zweck  genügenden  Fonds  zu  sam- 
meln, gescheitert  waren,  wandte  er  sich  an 
Dr.  Lieber,  den  er  als  einen  hochgebildeten 
und  für  die  Leitung  eines  öffentlichen 
Gymnasiums  höchst  geeigneten  ^lann  be- 
zeichnet hatte,  und  bewog  ihn.  das  Amt 
eines  Direktors  des  Tremont  Gymnasiums 
in  Boston  zu  übernehmen.  Auf  die.se  AVeise 
begann  Franz  Lieber,  wie  seine  berühmten 
Land.sleute  Beck  uiil  Folien,  seine  Lauf- 
bahn in  den  Ver.  Staaten  als  aktiver 
Turner. 

Diese  erste  Turner-Bewegung  in  unserem 
Lande  ging  mit  den  ^Männern,  die  sie  veran- 
lasst hatten,  vollständig  in  das  amerikani- 
sche Leben  über  und  verlor  ihren  ursiirüng- 
lichen  Charakter  als  eine  deutsche  ?]inrich- 
tung  vollständig. 

Erst  in  der  Zeit,  als  die  ersten  Achtund- 
vierziger ankamen,  erhielt  das  Tumwesen 
einen    neuen    Anstoss,    neue    Lebenskraft. 


DER  NORD  AMKItlKANISCHK  TI'RNKRnrNI). 


739 


Viele  Freilieitskihiipt'er  uii«l  politische 
Flüchtling*  hrachtcii  ii;ich  «liesciii  liJUMlc 
nicht  allein  hohe  wissenschaftliche  Bildung;, 
sondern  auch  eine  lietreisterun^;  für  Frei- 
heit und  alles  Schöne.  Kdic  und  (Jute,  der 
Niemand  Widei-stand  leisten  konnte  niul 
die  deshalb  nicht  vcrfeiilte.  auf  die  {jesell- 
schaftlicln'  inid  politische  Knt  Wickelung; 
der  Vi'V.  Staaten  ^'r<tssen  Kinfluss  auszu- 
ühen. 

Die  ersten  'rnrnci'-l'iunicre  waren  einzeln 
gekonnnen  und  schnell  in  das  amerikanische 
Leben  auf^cfjjantren.  die  Achtinidviei-zi^er 
kamen  in  Schaaren.  von  revolutionären 
Ideen  eifüllt  und  von  «xlühendem  Hasse 
entbrannt  {rejren  jede  Gestalt  sozialer,  poli- 
tischer und  rt'lifriöser  rnterdrückun«r.  und 
traten  hier  sofort  in  die  Arena  ein  zum 
Kampfe  für  AVahrheit,  Freiheit  und  Hecht. 

Die  Tui-ncr-l*ioniere  hatten  den  Schwei-- 
punkt  ihrer  Best  rcbun^'cn  auf  das  rein 
körperliche  Turnen  «relc'rt.  die  Achtuiul- 
vierziger  day:etjen  fassten  das  Turnen  in 
einem  viel  weiteren  Sinne  auf.  Sie  wollten 
neue  Generationen  von  Recken,  stark  an 
Geist  und  Körper,  die  diesem  Lande  ihr 
Gepräge  aufdrücken  und  in  demselben  die- 
jenige ideale  Republik  verwirkliehen  soll- 
ten, die  sie  in  ilem  alten  Vaterlande  ver- 
geblich angestrebt  hatten,  heranerziehen. 
Wenn  sie  auch  das  von  ihnen  vorgesteckte 
Ziel  nicht  vollständig  erreichten,  haben  sie 
doch  viel  errungen  und  dem  Zeitalter,  in 
dem  sie  gelebt  halK'n.  einen  unauslösch- 
baren  Stempel  aufgedrückt. 

Diesen  Eintiilssen  verdankte  der  ei'ste 
und  älteste  Tuni-\'erein  des  Landes,  die 
„Cinciiinnd  Tuni-Ucmcindc",  ihr  Ent- 
stehen. Die  Anwesenheit  von  Friedrich 
Ilfthr,  der  damals  als  Flüchtling  in  Cin- 
ciniuiti  weilte,  gab  den  ersten  Aidjtss  zu 
ihrer  (Jründinig,  die  am  21.  NovtMnber  1S48 
erfolgte.  Kine  sehr  bescheidene  Bretter- 
bude diente  urspi-ünglich  als  Turnlokal,  bis 
der  Verein  ein  eigenes  (Jebäude,  ebenfalls 
ein  Bretterhaus,  errichten  konnte,  das  am 
1.  'lanuar  IS.')))  feierlich  eingewt'iht  wunle. 


Die  Vei-sanuidungcn  uiul  geselligen  Zu- 
sammenkünfte hielt  der  junge  Verein  im 
lleckerhau.se,  in  dem  di«*  (Jründung  des 
Vereins  erfolgt  war  und  das  tieshali)  als 
ilic  Wiege  iles  deutseh-amerikani.s«-hea 
Turnwesens  angesehen  w«'rden  miLss. 

Die  noch  in  d«Mn.selb«'n  .lahre.  am  2S. 
.\ovend)er  1H4S.  in  New  York  auf  Ann*gung 
von  (tiistav  Stnirr  gegründete  Xcw  Yorker 
Tiini-(r)  Uli  imh   bestand  nur  kurz«'  Zeit. 

Dagegen  besteht  der  walii-scheinlich  am 
L'LV  April  1S4I)  gegründete  linsion  Turii- 
\'>niii,  de.s.sen  Mittelpuidvt  Karl  lleinzen 
gebildet  hatte,  noch  heilte  und  muss  ties- 
halb  als  der  Zweitälteste  Turn-Verein  des 
Landes  angesehen  werden. 

Dann  folgte  die  I'/iiladdphia  Tiirn-Oe- 
iniindi.  die  am  lö.  .M;ii  1S4Ü  gegründet 
wui'dc.  Ks  bilden  demnach  die  Cincinnati 
Turn-(Jemeinde.  «h-r  Boston  Tum- Verein 
inid  <lie  Philadelphia  Tuni-CJeiiieinde  die 
dri'i  l'ioiiit  r-Turii-Vrn  itir  des  Landes. 

Dazu  koiiiiiicM  noch,  als  vor  der  Zeit 
des  Nord-Amerikanischen  Tiirnerbuiules, 
gegrüjulet«'  unil  noch  heute  l)e.stehende 
Turn- Vereine,  der  am  12.  Mai  1H50  ge- 
gründete /fc»7.  Louis  Turn-Verein,  der  am 
n.  Juni  1850  gegründete  !^o:ialistischc 
Tiini-V(  rein  von  .\<n'  York  luid  die  am  2. 
September  lS,j(>  gegründete  LouisviUc 
Turn-liemcineU'. 

Aus.serdem  werden  noch  in  der  Turn-Ge- 
schichte  dieses  Landes  erwälint  die  iieutu 
nicht  mehr  bestehenden  Turn- Vereine:  die 
Newark  Turn-(«emeni<Ie  (1H4H),  demokra- 
tische Turn-Gemeinde  von  Baltimore 
(184!))  und  der  Turn-Vereiu  von  Walla- 
l)out.  Brooklyn,  (1849).  auch  soll  sieh  in 
KlizalM'thtown.  N.  J.,  im  .labre  185Ü  ein 
Turii-\'crein  Ix'funden  haben. 

Die  Idee,  zwischen  diesen  Vereinen  eine 
engere  \'erbindung  herzustellen,  eine  Ver- 
bindung, die  alle  fortschrittlichen  Klenu'ute 
der  deut.schen  Einwamlerung  in  sieh  ver- 
einigen sollte,  um  das  deuts<-he  Turnwese» 
allmälig  ül)er  alle  Staat«-n  der  l'nion  zu 
verbreiten    und   eine   (Jrundlage   zu   finem 


740 


DKK  NORD  AMERIKANISCHE  TURXERBUXD. 


geineinscliaftlit'lu'ii  II.iikIcIii  zu  si-liaffon, 
erliit'lt  schon  am  ]">.  Juni  1850  von  Seite 
des  Sozialist isehou  Turn-Voreins  von  New 
York  einen  bestimmten  Ausdruek.  Derselbe 
mitcrnabm  die  Vorarbeiten  für  einen  sol- 
elit'n  Tui-ner-Hund  und  stellte  dessen  vor- 
läufi«;e  Statuten  zusammen. 

Die  Gründung  des  Turner-Bundes  cr- 
fol};te  noeh  in  demselben  Jahre  in  einem  am 
4.  und  5.  Oktober  1850  in  rhiladclphia  ab- 
gehaltenen Konvent  unter  dem  Namen 
„Vereinigte  Turn-Vereine  von  Nord-Ame- 
rika". Das  erste  allgemeine  Turnfest  hat 
ebenfalls,  am  29.  imd  30.  September  1851, 
in  Philadelphia  stattgefunden.  I\Iit  dem- 
selben war  eine  Tagsatzung  verbunden,  die 
am  ersten  Tage  des  Festes  abgehalten 
wurde.  Bei  dieser  Tagsatzimg  waren  die 
Städte  New  York,  Boston,  Cincinnati, 
Utiea,  Brooklyn,  Philadelphia  und  Newark 
durch  Delegaten  vertreten,  während  von 
den  Tum-Vereinen  von  Indianapolis,  Bal- 
timore, Louisville  und  Rochester  Berichte 
vorlagen. 

yU\  dieser  endgültigen  Organisation  des 
Bundes  nahm  das  Turnerwesen  einen  neuen 
Aufschwung  und  breitete  sich  rasch  über 
das  ganze  Gebiet  der  Ver.  Staaten  aus;  so- 
gar in  den  Südstaaten,  die  damals  nur  eine 
geringe  deutsche  Bevölkerimg  besasstn, 
^vurden  einzelne  Turn-Vereine  gegründet. 

Der  Bund  trat  sofort  in  die  politische 
Aktion  ein,  indem  er  die  Platform  der 
„Free  Soil  Party"  ihrem  vollen  Umfang 
nach  guthiess  und  sich  verpflichtete, 
dieselbe  mit  allen  seinen  Kräften  zu  unter- 
stützen. Die  Turnvereine  bildeten  damals 
den  Mittelpunkt  des  Deutschthums,  und  in 
ihren  Hallen  fanden  die  ersten  Versamm- 
lungen statt,  die  gegen  den  in  dieser  Zeit 
auftretenden  Nativismus  Stellung  nahmen 
und  gegen  das,  die  deutschen  Festlichkeiten 
störende  Kowdythum  eine  mächtige  Schutz- 
wehr bildeten.  In  den  Jahren  1854  und 
1855  verursachte  die  Frage  der  Aufhebung 
der  Negersklaverei  den  Avichtigsten  Theil 
der  Beschlüsse  des  Bundes.    Das  erste  Bun- 


desturnfest wurde  in  Philadelphia,  das 
zweite  in  Baltimore  und  das  dritte  in  New 
York  abgehalten,  aber  es  trat  nun  bald  eine 
Keihenfolgc  wichtiger  politischer  Ereignlsv^e 
ein,  welche  auch  für  die  Turner  schwerwie- 
gende Folgen  haben  sollten.  Dem  Austritt 
der  Südstaaten  aus  der  Union  folgte  die 
Gründung  der  Konföderirten  Staaten.  Am 
12.  April  1861  fiel  der  erste  Schuss  auf  Fort 
Sumter,  und  am  15.  April  erliess  Präsident 
Abraham  Lincoln  seine  Proklamation,  in 
welcher  er  die  Bürger  der  Nord-Staaten  zu 
den  Waffen  rief.  In  Baltimoi'e,  dem  dama- 
ligen Bundesvorort,  wurde  die  Tunihallo 
bedroht,  weil  sieh  die  Beamten  geweigert 
hatten,  das  von  der  Turnhalle  flatterade 
Sternenbanner  einzuziehen  und  ihre  Sym- 
pathie für  die  Sache  der  Süd-Staaten  da- 
durch zu  bethätigen,  dass  sie  das  Staats- 
banner von  IMaryland  aufhissten.  Nachdem 
die  Turner  von  Baltimore  ohne  Zögern  er- 
klärt, dass  sie  eher  ihre  Turnhalle  mit  Pul- 
ver in  die  Luft  sprengen,  als  auf  eine 
solche  Weise  entehren  -würden,  wurde  die 
Halle  am  20.  April  von  einem  Pöbelhaufcn 
zei'stört.  Zwei  Tage  später  Aviderfuhr  dem 
Gebäude  des  Baltimore  ,, Wecker",  in 
welchem  damals  die  Turnerzeitimg  ge- 
druckt wurde,  dasselbe  Schicksal. 


Die  deutschen  Turner  im   Kriege. 

Die  dem  Kriege  inimittelbar  vorausgeg;ni- 
genen  Jahre  waren  die  trübste  Zeit,  die 
die  Turngeschichte  in  Amerika  zu  ver- 
zeichnen hat.  aber  die  Begeisterung,  mit 
der  die  Turner,  voller  Opferwilligkeit, 
für  Freiheit  und  ^Menschen rechte  eintraten 
und  in  so  grossen  Schaaren  der  Unions- 
Armee  zuströmten,  um  die  bedi'ohte  Union 
zu  retten,  macht  die  Kriegsjahre  zu  dem 
rulimreichsten  Abschnitte  in  der  Turnge- 
schiehte  unseres  Landes. 

Nach  einer  Zusammenstellung,  die  jedoch 
nur  auf  eine  annähernde  Genauigkeit  An- 
spruch machen  kann  und  eher  viel  zu 
niedrig   als    zu    hoch    gegriffen    ist.    haben 


DKR  NORD  AMKRIKANISCHK  TrRNKRBl'ND. 


741 


Tnifidestciis  .")(>  I'rozt'iit  allt  r  Mit^'litnlrr  der 
Tuinvcn-iiH'  an  ilfiii  Kaiiiitff  für  dw  Krlial- 
tuiifi?  clor  riiidu  tlu'ilf^t'iunimH'ii.  Di-r  Uiiiul 
umt'assti'  damals  l'.i  Vereine  mit  4(>S0  Mit- 
glicdcin.  t>7  N'citint'.  di»'  nicht  zum  Hunde 
geholten,  zählten  3300  Mitglieder,  und  die 
in  diese  Zusannuenstellun»;  nieht  einge- 
schlossenen Tuinvereine  von  New  York, 
Philadelphia.  San  Francisco.  Sacramento 
u.  s.  \v.  zählten  un^'ciahr  l'iOO  .Mit^li<'der. 
Man  kann  deshall)  die  (Jesammtzahl  der 
Tuiner  der  damalijren  Zeit  auf  iUKIO  his 
10.000  Mann  veranschlagen. 

Metzner  sagt  in  seinen  Jahrbüchern,  da.ss 
man  mit  ziejulicher  Sicherheit  annehmen 
könne,  dass  si«'h  wenigstens  5000  his  (JOOO 
TunuM'.  die  unmittelbar  aus  den  Turnver- 
einen hervorgegangen  sind,  in  die  l'nions- 
Armee  haben  einreihen  lassen  und  dass 
sich  ihnen  weitere  20()(»  aus  alter  Anhäng- 
liciiUeit  angesclilossen  hal)en. 

leberall.  wc»  es  Turnvereine  gab,  zogen 
die  watTenfähigen  Mitglieder  dieser  Vereini- 
gungen entweder  einzeln,  oder  wo  es  immer 
möglich  gewesen  war.  in  wenigen  Tagen 
Kompagnien  zu  formiren.  gemeinschaftlich 
in 's  Feld.  Es  wurden  sogar  einige  Regimen- 
ter, welche  fast  vollständig  aus  Tuin«'rn  be- 
standen, formirt.  Ks  gab  keinen  einzigen 
Tui'nverein,  welchei-  nicht  seine  fähigsten 
untl  bewährt e.st»Mi  Kräfte  dem  Fnionshecre 
zur  Verfügiuig  gestellt  hätte.  Die  Turn- 
plätze waren  verödet.  In  AVa.shington  war 
bereits  am  !>.  Januar  ISOl  luiter  dem  Kapi- 
tän Jaseph  (Jerhardt  von  dem  dortigen 
Turnverein  eine  Scharfschützen-Kompagnie 
gebildet  worden,  um  bei  der  Vertheidigung 
der  Hundeshaupt.stadt  gegen  einen  etwaigen 
Handstreich  der  Sezession isten  wirksame 
Hilfe  leisten  zu  können. 

Obwohl  der  Staat  Mi.s.souri  eine  abwar- 
tende St<'llung  eingenonunen,  bedachten 
sich  die  Turner  von  St.  Loiiis  nicht  einen 
Augenblick.  Die  Tundiallc  in  St.  Louis 
bildete  da.s  IIaupt(iuartier  für  die  l'nions- 
truppen  im  Staate  Mi.s.souri.  Vier  deut.sehe 
Kompagnien,    von    welchen    drei    aus    Tui'- 


nein  bestanden,  waren  organisirt.  und 
hauptsächlich  dieser  \'ei-stärkung  «lureh 
diese  d«>ut.schen  Kom|)agnien  ist  es  zu  ver- 
danken, (bi.ss  der  Kapitän  K.  Lyon  das  liun- 
des-Arscnal  in  St.  Lunis.  welches  nur  eine 
sehr  schwa<-he  Besatzung  gehabt  hatte,  zu 
halten  im  Stande  war. 

In  Chicago  wurden  l>ald  nach  der  Pro- 
klamation des  Präsidenten  Lincoln  die  Tur- 
ner-rnions-Kadetten  organisirt,  welche  in 
einer  Stärke  v(»n  10.")  Maiui  C'airo  Ix-setzten. 
Später  wurde  eine  zweite  Kompagnie  orf^:»- 
nisirt,  welche  dem  24.  Illinoi.ser  Freiwilligen 
Regiment  eingereiht  wurde.  Auch  im  2. 
Ilecker,  im  S2.  Illinoiser  und  andern  Regi- 
mentern dieses  Staates  dienten  viele  Turner. 

Die  in  Milwaukee,  Wi.sconsin.  organisir- 
ten  Turner-Schützen  wurden  in  das  ö.  Wis- 
consin Freiwilligen  Reginu-nt  eingereilit. 
Aucli  in  dem  24.  und  2<).  Wisconsiner  Frei- 
willigen Regiment  waren  die  Turner  sehr 
stark  vertreten  inid  nahmen  an  den  (Je- 
fechten  und  Schlachten  bei  Lee 's  Mills, 
Williamsburgn,  (lohlen's  Farm.  Saviige 
Station,  White  Oak  Swamp,  Crampton 
Gap.  Antietam,  Frederi<'ksbvirg.  Chaneel- 
loi-sville,  Gettysburg.  Rappahannoc  Station, 
The  Wilderne.ss.  IIaini(»ver  Courthou.se, 
Cold  Ilarbor.  Petersburg  und  Richmond 
theil.  Auch  die  Turner  von  l.,eavenworth, 
Kansas,  hatten  eine  Kompagnie  gebildet. 

In  Cinciniuiti  und  Fnigcgen»!  wurde 
unter  dem  Namen  0.  Ohio  Freiwilligen  In- 
fanterie-Regiment ein  Regiment  gcbiUlet, 
welclies  später  den  Namen  \.  Deut.sches 
Ohio  Regiment  erhielt  und  von  «lern  OlM»r- 
sten  McCook  befehligt  wurde.  Kine  Hälfte 
der  Mitglieder  der  Cincinnatier  Tiirnge- 
meinde  stand  in  die-scni  Regimcnte.  I)ie.ses 
Regiment  machte  den  Deutsch-Amerikn- 
nern  die  grös.ste  Khre.  da  es  den  InMieitlens- 
werthen  Ruhm  erwarb,  eines  der  tü<'htij5- 
st»'n  Regimenter  der  gjuizen  Minidesarmoe 
zu  sein.  Fs  nahm  an  den  Schlachten  und 
TnfTen  vun  Rieh  Mountain.  Carnizer 
Ferry,  Mill  Spring.  Wrinth.  am  Tenn«*s.see, 
Perrvville.      ( 'hickamauga.      ( 'liattano«ign. 


742 


DER  NORD  AMERIKANISCHE  TURNERBUND. 


LüL'kout  Mountain.  Missionary  Ridge  und 
an  dem  Feldzuge  unter  General  Shernian 
hervorragenden  Antheil. 

In  der  Schlaeht  von  Chickainauga  büsste 
es  die  Hälfte  seiner  .Mitglieder  an  Todten 
und  Verwunileten  ein. 

Das  Turner-Regiment  von  New  York  bil- 
dete das  20.  New  Yorker  Freiwilligen-Regi- 
ment. Die  Stadt  New  York  selbst  hatte  zu 
diesem  R^^gimente  drei,  Williamsburg  zwei 
Kompagnien  und  Newark  eine  Kompagnie 
gestellt.  Die  übrigen  Kompagnien  hatten 
die  Städte  am  Hudson  und  im  Innern  des 
Staates  gestellt.  Aueh  Philadelphia  und 
Boston  hatten  zu  diesem  Regiment  viele 
Turner  gestellt.  Max  Weber  war  Oberst 
dieses  Regimentes,  das  einen  Theil  der  Bri- 
gade des  Generals  Th.  A.  Neil  gebildet 
hatte  und  später  dem  6.  Korps  der  2.  Divi- 
sion der  8.  Brigade  der  Potomae-Armee 
unter  General  Franklin  zugetheilt  wurde. 
Da.ssell)e  nahm  an  den  Treffen  und  Schlach- 
ten von  Fort  Hatteras.  Richmond.  Antie- 
tam.  Fredericksburg.  Savage  Stati(m. 
White  Oak  Swamp.  ]Malvern  Hill  imd 
South  Mountain  und  am  Peninsular  Feld- 
zuge theil. 

Das  Regiment  wurde  durch  das  folgende 
Absehiedssch reiben  ausgezeichnet : 

An  (Ji(  Offiziere  und  Soldaten  des  20.  Neir 
Yorker  Freiwilligen-Regimentes : 
Der  Kommandeur  der  Brigade,  zu  der 
das  20.  Regiment  gehörte,  kann  Euch,  die 
Hir  mit  ihm  dem  Feinde  gegenüber  gestan- 
den seid  und  unter  seinen  Augen  und  unter 
seinem  Kommando  gekämpft  habt,  nicht 
abiiiarschiren  lassen,  ohne  seine  Zufrieden- 
heit und  Anerkennung  au-szusprechen  für 
die  Entbehrungen,  die  Hir  erduldet  habt; 
für  die  Strapazen,  denen  Ihr  Euch  unter- 
zogen habt ;  für  die  Gefahren,  die  Ihr  be- 
standen hal)t.  und  füi-  die  Treue,  mit  der 
Ihr  für  die  Ehre  unserer  Fahne  und  den 
Bestand  der  Union  der  Ver.  Staaten  von 
Amerika  eingetreten  seid. 

Gegeben  im  ^lai  1868  von 

Th.   A.    Xeil,   Brigade-General. 


Die  deutsehen  Turner  von  Indianaiwlis, 
Indiana,  organisirten  eine  Kompagnie,  und 
je  eine  Kompagnie  wurde  von  den  Städten 
]\Iadi.son,  Aurora.  Lawrenceburgh,  Terre 
Haute,  Cincinnati.La  Fayette,  New  Albany, 
La  Porte  und  Evansville  gestellt  und  in  das 
Indiana  Regiment  eingereiht. 

Die  Turngemeinde  von  l^hiladdpUia 
organisirte  innerhalb  von  acht  Tagen  \ier 
Kompagnien,  doch  konnte  dem  Wunsche 
der  ^lannschaften  derselben,  in  das  erste 
Aufgebot  der  Pennsylvanischen  Truppen 
eingereiht  zu  werden,  keine  Folge  geleistet 
werden.  Das  Bataillon  bot  dem  Gouver- 
neur seine  Dienste  an,  stellte  jedoch  die 
Bedingung,  dass  es  mit  mit  Hau-Bajonetten 
versehenen  Gewehreu  ausgerüstet  werde. 
Da  der  Gouverneur  diesem  Begehren  keine 
Folge  leisten  wollte,  wurde  längere  Zeit 
verhandelt  und  in  der  Zwischenzeit  die 
Quote  des  Staates  Pennsylvania  vitii- 
zählig,  so  dass  das  Turner-Bataillon,  ot)- 
wohl  es  marschbereit  war.  nicht  mehr  ein- 
gereiht werden  konnte.  Da  auch  das  8. 
Blenker  Regiment  und  das  20.  New  Yorker 
Regiment  keine  ^lannschaften  mehr  he- 
nöthigten,  traten  die  Turner  Philadelphia 's 
in  das  Astor  Regiment,  das  damals  in  New 
York  gebildet  wurde  und  später  den  Namen 
29.  New  Yorker  Freiwilligen-Regiment  er- 
hielt, ein.  Oberst  dieses  Regimentes  war 
Adolph  von  Steinwehr.  Es  wurde  der 
ersten  deutschen  Brigade  unter  General 
Blenker  zugetheilt.  Es  deckte  den  Rückzug 
der  Unions-Armee  nach  der  ersten  unglück- 
lich ausgefallenen  Schlacht  am  Bull  Run 
und  focht  dann  unter  den  Generälen  Rose- 
crans  und  Fremont  im  ..^lountain  Depart- 
ment", wo  die  deutsche  Division  viel  zu 
leiden  und  zu  dulden  hatte.  Ferner  nahm 
es  unter  den  Generälen  Sigel  und  Pope  an 
den  Treffen  von  Gross  Keys  und  von  Rapi- 
dan  bis  Chantilly  Antheil.  Zuletzt  focht  es 
bei  Chancellorsville  als  ein  Bestandtheil 
der  Division  Steinwehr  der  I^rigade  von 
Buschbeck,  die  zu  dem  von  dem  gottes- 
fürchtigeu  General  0.  0.  Howard  befehlig- 


I)KI{   NORD  AMKKIKANIS(  HK  Tl-RNERHIND. 


743 


ton  11.  Armee- Korps  «ichörte.  In  dieser 
Selilaelit  lieiiinite  die  Division  Steinwehr 
den  ei-sti'n  An|)rall  von  Stonewnll  .laekson. 
Das  20.  I\e«rinient  wiir  !K)()  .Mann  stark 
von  New  Y(»rk  abniarsehirt  ;  es  liraelite 
nnr  4.")()  Mann  iiaeli  Hanse  /.ni'iiek. 

In  seinem  Al)seliiedsselireilten  an  tias 
He«rimenf  sajjte  Cieneral  von  Steinwehr 
u.  a.:  ..Ihr  wäret  unter  den  Krsten,  die  auf- 
traten. uns«'r  He«rierun«rswesen  zu  erhalten. 
Durch  Kure  Tapferkeit  auf  ilem  Schhieht- 
fehle.  dureli  Kuei'  sohiatisehes  iienehmen 
im  Dienst  habt  Ihr  ^'ereehte  Anspriiehe  auf 
die  Aehtun«r  und  die  Dankbarkeit  Knier 
M it bürfjer  erworben. 

Ihr  wäret  in  der  ei*sten  Sehhieht  bei  Bull 
Run.  wo  l-Auv  Ke<riment  das  h-t/,te  war. 
welehes  da.s  Feld  räumte.  Ihr  wäret  in  der 
Kampafrne  unter  (ii-neral  Freimmt,  die  bei 
C'ross  Keys  uni^jlüeklieh  endete;  nachher  in 
dem  Feld/.n^'e  unter  (jeneral  Sifrel  am  Ra- 
pidan  inid  Ra|i|)ahanok  und  l)eim  zweiten 
Hüll  Run  (Jefeelit.  und  zuU'tzt  in  der  blu- 
ti^'en  Schlucht  bei  rhaneeUoi-svilh'.  wo  Ihi- 
durch  hartuäekiiren  ^VideI•stand  gejjen  die 
feindliche  rebermacht  Huren  alten  Ruhm 
aufrecht  erhalten  iial)t.  Auf  diesem 
Schlachtfelde  war  es.  wo  Ihr  sammt  den 
anderen  Regimentern  der  ei*steu  Brigade 
meiner  Division  Kure  Stellung  tapfer  vei-- 
theidigtet.  als  alles  um  Kuch  her  in  wildei- 
Flucht  war.  Die  Ge.schiehte  ist  gerecht 
und  wird  Vjwh  von  allem  Tad«*l  l)efr«'ien. 
der  für  das  Inheil  jenes  Tages  Anderen 
anhaften  mag. 

Mit  iiHiigem  Hedauern  scheide  ich  von 
Kuch;  aber  la.sset  mich  holTcn.  dass  Ihi" 
meiner  mit  dersell)en  A«'htnng  gedenken 
wTnh't.  die  ich  inniM-r  für  lOush  hegen 
wj'rdc. " 


Die  Turner  im  Frieden. 

Durch  den  Krieg  war  die  Hunde.sorgani- 
sation  ziemlich  in  Verfall  gerathen,  aber 
im  Jahre  18(35  wurde  .sie  in  Washington 
neu  organi.sirt,  und  von  dieser  Zeit  an  nahm 


die  Turnerei  in  den  Verrinigtcn  Staaten 
einen  raschen  Aufschwung.  In  allen  Ver- 
einen bemühte  num  sieh.  djLS  System  d"r 
körperlichen  Au.sbildung  zu  verbe.s.sern,  und 
um  tüchtige  Turnlehrer  /.xi  erhalten,  wurd«; 
das  Turidehrer-Semiintr  in  .Milwaukee  g"- 
gründet.  aus  wclclu-m  viele  tüchtige  Turn- 
lehrer hervorgegangen  sind,  welche  wesent- 
lich dazu  beigetragen  haben  da.s  deutsche 
Turnsystem  in  alle  Schieht4>n  der  Bevölke- 
i'ung  zu  tragen  und  dabei  den  jut'cndlichen 
rebermnth  und  Thatendrang  in  Bahnen  zu 
lenken,  wo  er  sich.  (Jutes  an  Leib  und  See!'? 
stiftend,  zu  bethätigen  vermag. 

Den  ('lösten  gros.sen  Krfolg  in  turnc'rischer 
Beziehung  erzielte  der  .Milwaukee  Turn- 
verein mit  einer  I'reis-Riege,  welche 
auf  dem  Bundi's-Turnfcst  in  IMiiladelphia 
im  Jahre  1879  gnwises  Aufsehen  ma<'hte  und 
die  höchsten  Preise  errang.  Diese  Erfolge 
dienten  den  Riegen  anderer  Vereine  ab» 
Sporn  zni'  .Xaehahminig.  .\ls  Belohinmg 
für  den  errinigenen  Sieg  wurde  die  Milwau- 
keer  Riege  im  Jahn»  ISSO  zum  deutschen 
Bundcs-Turnfcst  in  P'rankfurt  a.  M.  abge- 
sandt, wo  .sie  die  in  sie  gesetzten  Erwartun- 
gen nicht  täuschte.  Vierhundert  hatten 
sieli  ziMii  l'rei.sturnen  angemeldet,  tuid  von 
den  ausgesetzten  zwanzig  Prei.mMi  errangen 
die  acht  Milwaukcer  Tiu'ner  deren  sechs. 
Sie  wurden  übei-all  in  Deut.s«*hlan«l  gefeiert, 
und  der  <lamalige  amerikani.sche  (Jcsandtc 
.\ndrew  Whit«'  schickte  ihnen  eine  <initu- 
lationsdepcsehe. 

Im  Jahre  188r)  schickte  die  IMiiladelphia 
Tnrngemeinde  eine  Riege  zinn  Bunde.-^- 
Turnfest  in  Dresden.  l!t(»4  nach  Nürnberg 
ninl  im  .lahre  üldS  nach  Frankfurt  a.  .M.. 
von  denen  die  Tiirner,  reich  an  Siegen  un«i 
Khren,  heimgekehrt  sind.  Auch  cl.-r  Nord- 
amerikanische Turin'rbun«l  und  der  New 
Yorker  Turnverein  hatten  in  «licsem  Jahre 
eine  Riege  nach  Frankfiirt  enlsnn«lt. 

W«'lche  gros.sen  Vcrdi«'nste  sich  «ler  Tur- 
nerbund durch  die  Kinfühnuig  d»«  Tuni- 
luiti'rrichts   in   di»'   Volks-sehulen  envorbcn, 


744 


DER  NORD  AMERIKANISCHE  TURNERBUND. 


ist  bereits  Eingangs  erwähnt  worden,  und 
es  ist  nur  zu  hoffen  und  zu  wünschen,  dass 
er  auf  dem  eingesehhigenen  AVege  fortfah- 
ren und  sieh  dureh  keine,  noch  so  grossen 
Hindernisse  ab.sehreeken  lassen  wird,  damit 
dereinst  das  Ziel  erreicht  und  die  deutsche 
Turnerei  Gemeingut  der  ganzen  Nation 
werden  möge. 

Der  Nordamerikanisehe  Turnerbund,  der 
stets  ein  treuer  Hort  der  deutsehen  Sprache 
und  \'ertlu'idiger  der  persönlichen  Freiheit 
gewi«en  und  noch  ist,  umfasst  heute  24  Be- 
zirke mit  236  Vereinen  und  39,692  ]\Iitglie- 
dern.  Von  diesen  sind :  5273  aktive  Turner, 
4366  Zöglinge,  2215  ^litglieder  von  Alters- 
klassen, 5283  ^Mitglieder  von  Frauenklassen, 
5701  ^litglieder  von  Frauenvereinen,  13,- 
199  Turnschüler,  8731  Turnsehülerinnen, 
470  Fechter,  2138  Mitglieder  von  Gesangs- 
sektionen, 756  ^Mitglieder  von  dramatischen 
Sektionen.  170  Vereine  besitzen  eigne 
Hallen  und  das  schuldenfreie  Eigenthum 
der  Vereine  hat  einen  "Werth  von 
$3,644.037. 

Aus  kleinen  Anfängen  i.st  der  Turner- 
bund zu  dieser  mächtigen  Organisation 
emporgestiegen.  Das  Weiterbestehen  des 
Bundes  dürfte  nur  dann  ernstlieh  ge- 
fährdet sein,  wenn  derselbe  seine  ganze 
Vergangenheit  verleugnete,  wenn  er  den 
Boden  verliesse,  dem  er  "Waehsthum  und 
Blüthe  verdankt.  Von  Anbeginn  hatte  der 
Bund  sich  die  Aufgabe  gestellt,  deutsche 
Sprache  und  deutsehe  Sitte  zu  pflegen  ;  von 
Anbeginn  war  er  ein  Bund  patriotischer 
amerikanischer  Bürger  deutschen  Stammes. 
Und  in  allem  Wesentlichen  hat  er  sich 
seinen  deutschen  Charakter  gewahrt.  Die 
deut.sche  Sprache  ist  heute  noch  die  ofifi- 
zielle  Sprache  des  Turnerbundes  und  seiner 
Vereine,  und  alle  Versuche,  sie  durch  die 
englische  Sprache  zu  verdrängen,  sind  ge- 
scheitert. Von  den  236  Bimdesvereinen 
haben  bereits  fünfzig  ihr  goldenes  Jubi- 
läum gefeiert,  und  voraussichtlich  werden 
auch  die  übrigen  mit  wenigen  Ausnahmen 
dieselbe  Feier  als  Bundesvereine  begehen. 


Auf  der  im  Juni  im  Jahi-e  1908  in 
Chicago  al)gehalteuen  23.  Tag.satzung  hat 
der  Nordamerikanisehe  Turnerbund  die 
nachstehenden  Grundsätze  angenommen : 


Allgemeine  Grundsaetze  des  Nordamerika- 
nischen Turnerbundes. 

Der  Nordanu^rikanische  Turnerbimd  ist 
eine  Vereinigung  von  freiheitlich  und  fort- 
schrittlich gesinnten  ^Menschen,  zu  dem 
Zwecke,  die  Anerkennung  und  *  usbreitung 
solcher  Anschauungen  und  Ideen  zu  för- 
dern, von  welchen  auf  Gnmd  der  wissen- 
schaftlichen Erkenntniss  unserer  Zeit  anzu- 
nehmen ist,  dass  ihre  Verwirklichung  dem 
körperlichen,  sittlichen,  geistigen  und  ma- 
teriellen Wohle  der  Menschheit  als  Ganzes, 
sowie  den  einzelnen  Individuen  nützlich  ist. 

Wir,  die  Mitglieder  dieses  Bundes,  erken- 
nen in  der  harmonischen  Ausbildung  des 
Körpers  und  Geistes  eine  der  Vorbedingim- 
gen  zur  Schaffung,  I]rhaltung  und  Vervoll- 
kommnung eines  wdrklichen  Volksstaates. 

Wir  machen  es  unseren  Vereinen  zur 
Pflicht,  das  Turnen  unter  den  iMitgliedem 
und  in  Vereinsschulen  nach  rationellen 
Grundsätzen  zu  betreiben  und  das  geistige 
und  sittliche  Wohl  ihrer  Zöglinge,  sowie 
der  Erwachsenen  durch  Gründung  geeig- 
neter Schulen  und  Veranstaltung  belehren- 
der Vorträge  und  Debatten  nach  Kräften 
zu  fördern. 

Religionssysteme  und  Kulte  sind  Pro- 
dukte tausendjähriger  Entwicklung,  und 
religiöser  Glaube  ist  zumeist  das  Produkt 
der  Erziehung.  Bekenntniss  und  Ausü- 
bung in  diesen  Dingen  sind  Sache  des  indi- 
viduellen Gewissens.  Jede  Einmischung 
von  Seiten  des  Staates,  jeder  Zwang,  jede 
Bevorzugung,  jedes  äussere  ^Merkmal  Staat-  ffl 
lieber  Begünstigimg  oder  Benachtheiligung 
i.st  ein  Eingriff  in  die  Freiheitssphäre  des 
Individuums.  Auch  ist  jeder  Versuch,  aus 
religiösen  Gründen  und  von  selten  religiö- 
ser Organisationen  ins  politische  Leben  ein- 
zugreifen, auf's  Entschiedenste  zurückzu- 


DER  NORD-AMf:RIKANISCHE  TURNERBrNIX 


r45 


weisen.  AVii*  befürworten  Rrlijjidus-  und 
Glaul)»'nsfrt'ihi'it  in  iles  Wortt's  wcitest^je- 
heniler  Jk'ileutun»r.  sind  abi-r  zujjicich  l>e- 
strebt,  nach  Kräften  bcizutratjcn  zur  Ver- 
breitun«^  einer  AVeltanseliauunfr.  deren 
Grundla^'e  die  Kenntniss  der  in  der  Natur 
waltenden  Kräfte  und  ihrer  Wirkinif;en 
bildet,  und  welche  für  alle  Ei'seheinunfjfcn 
eine  natürliche  ri-saehe  sueht. 

Wir  l)efürw(»rten  Einriehtini<;en  und  i;e- 
setzliche  Hesti  nun  untren,  welelic  ein«'rseits 
der  Ausbeutung  dei-  Arbeitskraft  dur<*h 
das  Kapital  Sciiranken  ziehen  und  die  Ten- 
denz in  sieh  trafen,  dem  Arbeiter  die 
Frucht  seiner  Anstrengunjren  zu  sichern, 
Bestrebimjjen.  welche  darauf  freriehtet 
sind,  der  Entwiekhui}^  der  wirthsehaftli- 
ehen  Zustämle  eine  Hiebt untr  zu  geben, 
welche  zu  allinählieher  Aufhebung  der 
Kla.ssenuntersehiede  führt,  anderseits  Aus- 
wüchse und  rngerechtigkeiten  im  Kampfe 
zwischen  Kapital  und  Arbeit  zu  verhindei-n. 

Eine  Vorbedingung  aller  ]\la.ssregeln  für 
das  materielle  Wohl  ist  eine  grössere  Ach- 
tung vor  dem  Menschenleben,  während  in 
unseren  bestehenden  Gesetzen  dem  Eigen- 
tlunn  mehr  "Wichtigkeit  zuerkannt  wird  als 
der  Person.  Gräs-serer  Schutz,  sowohl  der 
Bürger  im  allgemeinen  gegen  die  Gefahren, 
denen  sie  durch  nachlässige  und  leichtsin- 
nige Handhabung  und  l'nterhaltinig  unse- 
rer Verkehrsmittel,  nachlässige  ßaukon- 
struktionen  u.  a.  ausgesetzt  sind,  sowie  vor 
allem  auch  der  Arbeiter  gegen  die  Gefahren 
ihres  Berufes,  i.st  daher  mit  aller  Macht  an- 
zustreben. 

AVir  befürworten  möglichste  Ausdehmmg 
der  Volksrechte,  eine  möglichst  weitgehende 
und  direkte  Hetheiligung  der  Massen  an 
den  gesetzgeberischen  Arbeiten  des  Volkes, 
und  für  dessen  politische  Thätigkeit  die 
weitestgehenden  demokratischen  Einrich- 
tungen. 

Wir  sind  der  Ansieht,  da.ss  der  Staat  als 
Vertreter  aller  die  Aufgabe  hat.  die  intel- 
lektuelle Hebung  des  Volke?*  nicht  nur 
durch   den    Ausbau   unseres   Schulsystems, 


soMdeiii  iuich  durch  l'llcge  der  Kunst  und 
iler  freien  wissenscliiiftlichcn  Forschung  zu 
fördern. 

Wir  befürworten  die  Schlichtung  inter- 
nati(tnaler  Streitigkeiten  durch  ein  Rechts- 
verfahren, sowie  die  Förderung  aller  Be- 
strebungen zu  gemeinsamer  Kulturarbeit 
aller  N'ölker  und  zum  Ausgleich  trennender 
Gegen.sätze  zwischen  ih-nselben.  wie  über- 
haupt alle  Anregungen,  die  »lem  Ziele 
einer  einheitlichen  Organisation  der  ganzen 
.Menschheit  zustreben. 

Als  besondere,  innere  Aufgabe  unseres 
Bundes  betrachten  wir  die  Wahriuig  seint's 
deut.schen  Charaktei-s  durch  die  Pflege 
deut.seher  Sprache  und  «leutschcr  Sitte. 

Wir  sind  keine  politische  Partei,  welche 
ihre  Mitglieder  auf  ein  bestimmtes  Dognni 
oder  gar  auf  bestinnute  Einzelforderungen 
verptliehtct,  aber  wir  erwarten  von  luiseren 
Mitgliedern,  da.ss  sie  als  Menschen  und 
Bürger  allezeit  im  Sinne  einer  Weltan- 
schauung leben  und  streben,  deren  Grund- 
.sätze  in  vorstehende!-  Erklärung  niederge- 
legt sind. 

Zum  Schlus.se  sei  n(»ch  der  Männer  ge- 
dacht, welche  sieb  als  Sprecher  und  Schrift- 
warte des  TunuM-bundes  ganz  besondere 
\'erdienste  um  die  deut.sche  Turnetci  in 
Amerika  erworlten  haben: 

liiindis-Vorort  Scw  York,  .V.   Y., 

IHfiO— 1853. 

Sprecher:  Sigismund  Kaufmann.  ISöO — 53. 
Schrift  warte:  isf)!)— 51.  Karl   EiHer;  1851 

— 5J.  Wilhelm  Ehrmann  ;  1852 — 53.  Geo. 

Troestereicb. 

Iii(H(lis-\'(»rnrt    l'/iilinh  Iftliia.    I'o., 
185.3—1855. 
Sprecher:  Wilhelm  Happ.  18.53 — 55. 
Schriftwarte:     18.53—54.    Wilhelm     Mach; 
1854 — 55.  (Jottfried  Hecker. 

Bmuh s-Vomrl  Ciniinnatl.  (Huu, 

Sprecher:  Heinrich  Esmann.  1855 — 5G; 
Albert  Talel.  is.5«i— 57:  (Justav  Tafel. 
57;  I"'.  .1.  Werner,  — 58, 


746 


DKK   NOHI)  AMKRIKANISCHE  TUKNERBUND. 


Schriftwarti':  1855—56,  Carl  Kühne;  1856 
—57.  A.  Fischer;  1857—1858.  Fried. 
Bertsch. 

Bitmks-Vorort  \Villionisbi(rffh.  L.  Island, 
1856—1858. 

Sprecher:  Au^nist  Iniiseher.  1856 — 58. 
Sehriftwarte:  1856—57,  H.  Stumpf;  1857 
— 58,  Konrad  Weiss. 

Runih s-Viivort   I>uhi(<]uc,  luica. 
1858—1859. 

Spreeher:  Johann  Bittmann.  1858 — 59. 
Seliriftwart:  1858—59,  August  Dubroek. 

}ii(ntks-y<)rorf    Washington.  D.   C, 
1858—1859. 

Spreeher:  L.  Wakleeker.  1858—59. 
Sehriftwart:    1858—59.    S.    W.    Karamer- 
huber. 

Bundes-Vorort  Baltimore,  Md., 
1859—1865. 

Spreeher:   C.   H.    Huehrke.    1859—60;   Jo- 

haini    Jung.    1860—61;    Christ.    Bartell, 

—1865. 
Sehrift warte:  1859—60,   ..  Krebs;  1869— 

61;  Karl  Schulz;  1865,  A.  K.  Bruntsch. 

Temporäre  Beamte  eines  Vororts  wäh- 
rend der  Kekonstruktions-Periode.  mit  dem 
Ceutral-Au.s.sehuss  in  New  York.  N.  Y., 
(186-1— 1865)  : 

Sprecher:  Solomon  Spitzer. 

Korr.  Schriftwart :  Jacob  Heintz. 

Biindrs-Vorort  Xcw  York,  .V.  Y., 

1865—1872. 

Sprecher:  Solomon  Spitzer.  1865 — 72. 
Schriftwarte:     Jacob     Heintz.     1865 — 68; 
Heinrieh  Metzuer,  1868 — 72. 

Bnndes-Vororf  f'hiraf/o,  lU.. 
1872—1878. 

Sprecher:  Franz  Lackner,  1872 — 76;  Abra- 
ham Gottlieb.  1876—77;  Carl  Lotz, 
1877—78. 

Schriftwarte :  Hermann  von  Langen,  1872 
—73;  Carl  :\Ieyer,  1873—78. 


Bundes-Vorort  St.  Louis.  Mo.. 
1878—1898. 

Sprecher:  Dr.  Hugo  ^l.  Starkloff.  1878— 
84  und  1887—89;  John  Toensfeldt,  1884 
—87;  Hugo  Mueneh.  1889—92;  Heinrich 
Braun,  1892—98. 

Schriftwarte:  Hugo  Gollmer.  1878—88; 
J.  Rud.  Bollinger.  1888—96;  C.  G. 
Rathmann.  1896—98.  , 

Bundes-Vorort  Indianapolis,  Ind.. 
1898—1908. 

Sprecher:  Franklin  Vonnegut,  1898—1900; 

Hermann  Lieber,  1900—1908.  j 

Schriftwart:     Theodor    Stempfei.     1898— 

1900. 

Durch  den  zu  Anfang  des  Jahres  1908  er- 
folgten Tod  des  Bundes-Sprechers  des  Vor- 
ortes, Turner  Hermann  Lieber,  hat  der 
Bund  einen  schweren  und  unersetzlichen  if 
Verlust  erlitten.  Bei  der  Eröffnung  der 
23.  Tagsatzung  des  Xordamerikanischen 
Turnerbundes,  die  im  Juni  1908  in  Chicago 
abgehalten  wurde,  widmete  der  zweite 
Bundes-Sprecher,  Herr  Robert  Nick,  dem 
Verstorbenen  den  folgenden,  tiefempfun- 
denen Nachruf : 

..Die  ersten  drei  Tag.satzungen  des  Tur- 
nerbundes, die  im  zwanzigsten  Jahrundert 
zusammentraten,  wurden  von  einem  Bun- 
des-Sprecher eröffnet,  der  durch  seinen 
hohen  männlichen  Charakter,  durch  seine 
Begeisterung  für  Freiheit  und  Recht, 
durch  sein  warmes,  für  alles  Edle  und 
Schöne  schlagendes  Herz  sich  die  Liebe 
und  Verehnuig  des  ganzen  Bundes  erwor- 
ben hatte.  Seit  fünfundfünfzig  Jahren 
war  Hermann  Lieber  [Mitglied  des  Turner- 
Bundes.  Während  dieses  langen  Zeit- 
raums stand  er  unablässig  im  Dienste  des 
Fortschritts.  Von  den  Gebrechen  des  Grei- 
senalters blieb  er  verschont,  und  noch  im 
sechsimdsiebenzigsteu  Lebensjahre  wid- 
mete er  sich  mit  jugendlicher  Begeisterung 
und  Thatkraft  der  Verwirklichmig  seiner 
Ideale  und  der  Förderiuig  der  Bestrebun- 
gen unseres  Bundes,  an  dessen  Spitze  er 


DER  NORD  AMKKIKANiSrHK  TURNERBrND. 


747 


vor  acht  Jahren  l)enif('n  wurde.  In  seiner 
schlichten,  aber  klaren  und  niarkitren 
Weise  trat  er  für  seine  l'clu'rzeu^unjrt'n 
ein.  ohne  die  eigene  Meinung  als  allein 
massgebend  zu  betrachten.  „Der  Muth  der 
Wahrheit"  war  der  Talisman,  der  ihn  bei 
allen  Streitfragen  auch  die  andere  Seite 
schauen  und  erfassen  Hess  und  ihn  dazu 
führte,  prinzipielle  Gegner  mit  Toleranz 
und  Achtung  zu  behandeln.  Uns  allen  war 
Hermaiui  Lieber  ein  leuchtendes  Vorbild 
höchster  Manneswürde.  Mannestugend  und 
Manneskraft." 

Auch  in  Carl  Hermann  ßoppc.  wi'lchcr 
im  Jahre  1900  in  ^lilwaukee  starb,  hat  das 
Turnwesen  einen  eifrigen  Förderer  ver- 
loren.    Seit  1878  war  er  auf  allen  Bundes- 


tagsatzungen der  leitende  Gei.st.  Die  Ver- 
schmelzung des  Tunilelirei'semiimi's  mit 
dem  .\ati(»nalen  Deutsch-amerikanischen 
Lehrerseminar  war  sein  Werk,  desgleichen 
der  Bau  der  Bundesturnhalle.  I^ange 
Jahre  war  er  Kedakteur  d<'r  ..Amerikani- 
schen Turnzeitung"  und  Direktor  des 
Turnlchrerseminars.  Für  veimuiftsge- 
mäs.se  p]rziehung  der  Jugend  trat  er  überall 
mit  Enthusiasmus  ein.  Die  Frhaltung  und 
Verbreitung  deut.scher  Sprache  mid  Le- 
hcnsanscbauung  war  ihm  ein  Lebensbe- 
dürfniss.  ebenso  schwärmte  er  für  deutsehe 
Kunst,  be.sondei-s  für  Theater  luid  Musik, 
als  die  beiden  mächtigsten  Kulturmittel 
zui-  Fi-haltung  deut.scher  Sitte,  Sprache 
und   Kunst. 


Deutsche  Orden  und  deutsches  Vereinswesen. 


Von  deutschen  Orilen  sinil  zu  nennen  der 
„Orden  der  Jlcrmannssöhne^',  anfangs  der 
40er  Jahre  zur  Abwehr  des  nativistischen 
Janhagels  in  New  York  gegründet,  der 
„Ordrii  der  Druiden",  der  in  den  Verei- 
nibten  Staaten  seit  1839  besteht,  der  „Un- 
\  abliäiifjige  Orden  der  Kothniänncr",  der 
1  1852  entstand,  als  die  deutschen  ^Mitglieder 
{  des  ..Order  of  Redmen"  sich  von  den 
englischen  lossagten,  der  „Orden  d(r 
^Sieben  Weise)i  Männer'',  der  ebenfalls 
1852  gegründet  wurde  und  sich  später  in 
den  ..Alten  Orden  der  Sieben  Weisen 
Männer"  und  den  ,, Unabhängigen  Orden 
der  Sieben  Weisen  Männer"  gespalten  hat. 
der  „Deutsche  Orden  (Ur  Ilnrugari".  dei* 
„Deutsche  Orden  der  Schwarzen  Ritter", 
der  „Orden  der  Veteranen  und  Krittln-  dir 
deutschen  Armee". 

Militär-Vereine  hat  es  .seit  dem  .lalire 
183H.  als  in  Philadelphia  von  Bohlen  unter 
As.sistenz  von  Koseritz  die  ..Washington 
(iarde"  gegründet  wurde,  zahlreiche  ge- 
geben.    Anfangs  waren  es  wirkliche  militä- 


rische X'ei'einigungen.  <lie  eventuell  auch 
zum  Kriegsdienst  befähigt  waren,  später 
verloren  sie  ihre  Bedeutung  für  den  Krnst- 
fall.  da  sie  ausserhalb  dei-  Xational-(iarde 
standen,  uiul  ti-iebcn  das  Krieg.ssi)iel  in 
Fniform  mit  (iewehr  oder  Säbel  luu"  zum 
Vergnügen.  Die  meisten  Krieger- \'ereine. 
welche  .jetzt  bestehen,  dienen  rntei-stütz- 
ungs-Zwecken.  ebenso  «lie  vel*schiedenen 
uniformirten  Komi>agnicn.  Ivskadrons  und 
Batterien.  Die  zahlreichsten  .Mitglieder 
hat  der  Dfutsche  Krieeft  ritund,  Arv  nur 
solche  Leute  aufnimmt,  welche  in  der 
deutsciieii  .\fiiiee  gedient  liabiMi.  Aus.ser- 
dem  giebt  es  einen  ..Deutschen  Landw«'hr- 
rnterstützungs- Verein",  einen  ..('entral- 
Vei-band  der  Veteranen  luid  Krie<:er  ilcr 
deutschen  Arnu'c"  u.  a.  m. 

Die  Volksfesl-Vi  reint .  weblie  Sitten  uml 
(Jebräuche    der   engeren    Heimath    und    die 

dafür  charakteristischen    Festi-  nach   .\ 

rika  verlegt  haben,  können  sich  rühmen, 
viel  zu  wohll  hat  igen  Zweck«'n.  denen  die 
rebei-schüsse  ihrer  Festlichkeiten  fast  aus 


748 


DKR   NORD  AMERIKANISCHE  TURNERBUND. 


schliesslich  zu  ^'iitc  kommen.  heifretra«;cn 
zu  hahcn.  Ausscnlcm  liahcn  sie  auch  das 
amerikanische  Publikum  mit  den  Festen 
der  Schwahen.  Bayern,  Hessen.  Badenser 
und  Plattdeutschen  hekannt  fjemacht.  Die 
Feste  einzelner  dieser  Volksfest-Vereine 
weisen  einen  Besuch  auf.  der  nach  Zchn- 
tausenden  zählt. 

Das  deutsche  Schiilzcn-Wcsfii  ist  auch 
nacli  Amerika  verpflanzt  woiden.  Schützen- 
Vei-cine  trieht  es  in  allen  grüs.seren  Städten 
mit  zahlreichem  Deutschthum.  Verschie- 
dene dieser  Schützen-Vereinigrungen  verfol- 
«rc  n  rnterstützuntr.s-Z\vecke.  und  hei  aiulern 
Schützen-Vereinen  erinnert  jetzt  nur  noch 
der  Name  daran,  dass  ihre  Gründer  das 
Schützen-Wesen  dei-  alten  Ileinuith  in  dei- 
neuen  pHegen  wollten.  Zu  den  ältesten 
Schützen- Vereinen  grehört  der  Philadelphia 
Schützen- Verein,  dci-  im  Jahre  1906  sein 
sechsziir.iähriges  Bestehen  feiern  konnte. 

Aus.serdeni  giebt  es  eine  grosse  Anzahl 
fiis(Hi(/(r  y<rriii(\  so  Dramatische  Gcsdl- 
silidfh  II,  welche  nach  Art  der  deutschen 
Liebhaber-Theater  sieh  bethätigen,  deutsche 
S(hacJi-Kli(bs,  Skat -Vereine,  die  zu  einem 


grossen  anierikainschen  Verbände  sich  zu- 
sanunen  geschlossen  hal)en  und  gros-se 
Skat-Tourniere  iiller  AVenzclrittcr  alle  zwei 
Jahre  at)haltcn.  Zilhvr-Klitbs.  in  denen 
auch  .Mandolinen  inid  (Juitarrcn  gespielt 
werden,  deutsche  Jagd-  uiul  Aii(/I(  r-Klubs, 
von  denen  einzelne  sogar  gro.sse  Wald-  luid 
See-Reviere  mit  geeigneten  Baulichkeiten 
besitzen.  Technische  Vereine,  die  sich  1884 
sch(  11  zu  einem  Verbände  zusaiiunen 
schlössen,  einen  über  die  ganze  Union  ver- 
breiteten Braumeisti  r  -  Verein,  einen 
Dr  n  tsch  -amerika  nisch  c  n  Press-  KJn  !>  und 
einen  Verein  deutscher  Schriftsteller  in 
.Amerika. 

I)a^  deutsehe  Vereinsleben  hat  sich  in 
überaus  kräftiger  Weise  entwickelt  und 
trägt  die  Gewähr  in  sich  eines  weiteren 
Wachsens.  Blühens  und  Gedeihens.  Viele 
deutsehe  Vereinshallen  und  Klubhäuser  ge- 
hören zu  den  sehön.sten  Bauten  der  betref- 
fenden Städte.  Ein  Deutsches  Haus  aN 
geselliger  [Mittelpunkt  besteht  in  Indiana- 
polis; in  Albany.  X.  Y..  und  in  San  Fran- 
cisco sind  solche  in  Angriff  genommen. 


I 


Narlitranir  m\h  au^^r^  Artikrl 


Kolonial-Praefekt  Laussat's  Brief. 

Eine   glaenzende  Anerkennung  der  deutschen    Kolonisten  Louisiana's. 
(Nachtrag  zu  J.   Hanno  Deiler's  Monographie:   „Die  Deutschen  am  unteren  Mississippi.") 


Der  «'i-stc  Thril  dieses  Muchcs  wjir  !)«•- 
ivits  ^'druckt,  als  Professor  .1.  Il.iiiiiii 
I)«'il«'r.  <l.'n  der  Tod  iiin  iM.  .Iiili  i:»(i!>  d»-m 
ncutschtimiii  dfs  Ljiiidfs  ciitriss,  iiachstc- 
hcudtii  Hii.f  all  den  Ileniiistrehcr  richtet»-: 

l'ovinptüu,  La.,  lU.  7.   V.Md. 
Sehr  treehrtei'  TTerr ! 

liiii  selir  erfreut,  dass  ..Das  Buch  der 
Deutschen  in  Amerika"  nun  hahl  er- 
scheinen wird.  Kann  Ihnen  h'i(K'r  kein 
anderes  Hild  von  mir  schicken  als  das 
eiidie«ren(h'.  (hl  ich  kein  aiuh'res  hahe  und 
hier,  in  (h-n  Fiehtenwählern  Covinj?- 
ton's,  auch  keins  gemacht  werilen  kann. 

Der  zweite  Theil  meiner  ..Ge.sehielite 
der  Xew  Orh'ans<'r  (h'utscheii  I*res.se"  ist 
noch  nicht  fertijr.  da  ich  das  ^laterial 
für  manche  (h-r  nenk\vürdi<.'keitcn,  die 
ich.  wie  im  eiNteii  Theil.  hineinarlieiteii 
will,  noch  nicht  hahe  zusammenl)rin<j:en 
können.  Die  Verzüj^erun^  der  ehen 
jetzt  zu  Ende  ^ehraehten  Veröffentli- 
ehmig  meines  Huehes  ..The  Settlcment 
of  the  Germaii  Coa.st  of  Louisiana"  in 
den  ,.Gerinan  America n  Annais"  und 
meine  lantre  Krankheit  (ieh  liej^e  seit 
dem  8.  Juni  heinaho  Ix'ständifr  im  Bett 
und  .soll  „weder  lesen  oder  schreilM*n  noch 
denken")  sind  Scliuld  daran.  Sie  sind 
auch  Schuld  daran,  da.ss  Laussat 's  Brief, 
ein  prächtifres  Zeutriiiss  für  ilie  Tüchlij^- 
keit  der  ileutsehen  Pioniere  von  Loui- 
.siana  aus  der  Feder  eines  franz.  Beamten 
au.s  meiner  Arheit  in  den  Annalen  we^- 
hliel).  Diesen  Brief  niüs.s«'n  Sie  auf 
alle  Fälle  iinch  in  den  Artikel  ..Die 
Deutschen  am  unteren  Mi.ssissippi "  liin- 
einhriufren.  Fs  wäre  ein  \'errath  an  «ler 
deut.schen  Has.se.  es  zu  unterlassen.  Laus- 


sat's  Brief  erseheint  in  dem  Buch,  wel- 
ches die  International  Printin^  (.'(».,  '2'.i6 
Chestnut  Str..  Philadelphia,  .jetzt  von 
den  Typen  der  „(Jerman  American  An- 
nais" für  mich  druckt.  Sie  finden  ihn 
un>;efälir  auf  Seite  ]:{(»  des  Bii<-Iies.  mehr 
am  Fnde.  und  ^'erade  vor  dem  Artikel 
ülwr  das  Waldeck  K«'^'iiiient,  welches  den 
Selilu.ss  hildet.     Bitte,  nelinien  Sie  die.seu 


J.    HANNO    DFLILKR. 
nach   dem    von   ihm    urhmandirn    Bikir. 

Brief  noch  mit  in  den  Artikel  hinein. 
Ks  ist  da.s  gros.sarti}^te  Xeuf.'niss  aus  dem 
Munde  eines  französischen  Beamten. 

Hal>e  hei  meinem  Zustande  heute  viel 
zu  viel  «je.seh riehen  und  muss  .sofort  in 's 
Bett. 

Mit  herzli<'hen  (Jrüs.sen 
Ihr  erjrehener 

./.  //.  Ihilcr. 

P.  O.  Box  :J38. 

Covinjrton.  La. 

Leider  war  es  nicht    mehr  mii^jlieh.  «Jen 

Brief  liau.ssat's  in  den  .\rtikel  einzufüiren. 

da  «lerselhe  hereits  tredruckt   war.  aher  der 

Wunsch  des  Todten.  der  mit  Kvclit  zu  <len 


<OJ 


XACHTRAEGE  UND  ANDERE  ARTIKEL. 


allcrbodcutondstcn  Deutscli  -  Aiuci-iUaiiorn 
jrt'ziililt  wird  und  i-incr  der  benitViisteii 
VurkämptVr  der  dcutsi-hcn  Sprache  gewe- 
sen ist.  soll  deshalb  doeh  erfüllt  werden, 
und  s(t  thidet  das  Dokument,  in  dessen 
Xiehtverötfentliehun^r  «hr  Vei-storbene 
einen  Vci-rafh  an  der  deutsehen  Rasse  ge- 
sehen haben  würde,  hier  eine  Stelle.  Der 
betreffende  Absehnitt  in  Ilanno  Deiler's 
Hueh  lautet  in  deutscher  Uebersetzung: 
AhiIUcJu  Aiicrhrtniung  dcfi  Wnilns  der 
(l(  iifschtii  rionivre  von  Louisiana. 
Laus.sat.  Kolonial-Präfekt  von  Loui- 
siana und  Bevollniäehtigter  der  französi- 
sehen  Ke^'ierung  im  Jahre  1803,  schrieb 
nachstehenden  Brief : 

„New  Orleans,  6.  ^Me.ssidor.  elftes  Jahr. 

Der  Kolonial-Präfekt  von  Louisiana 
an  den  Bürger  Chaptal.  ^Minister  des 
Innern. 

Hürger-^Minister : 
Ich  habe  den  Brief  vom  4.  Floreal 
die.ses  Jahres  erhalten,  in  welchem  Euer 
Excellenz  mir  die  Ehre  erzeigen,  meinen 
Rath  über  die  Frage  der  Absendung  von 
deutschen  Einwanderern  nach  Loui- 
siana einzuholen. 

Es  ist  dies  ein  Projekt,  welches  die 
französische  Regierung  während  meh- 
rerer Jahre  systematisch  betreiben  sollte, 
wenn  sie  aus  diesem  Lande  Gewinn  er- 
zielen und  es  erhalten  will. 


Sein  gegenwärtiger  Zustand  und  seine 
elende  (mistrahlc)  Bevölkerung  macht 
dies  zur  gebieterischen  Nothwendigkeit. 
Diese  Klasse  von  Landleuten,  und  ganz 
besonders  diese  Nationalität,  ist  gerade 
die  Klasse,  deren  wir  l^edürfen.  mul  die 
einzige,  welche  .stets  in  diesen  Landes- 
theilen  vollkommenen  Erfolg  erzielt  hat. 

Was  man  hier  als  ,. Deutsche  Küste" 
bezeichnet,  ist  der  betriebsamste  {la  jüiis 
industrieusc),  der  bevölkertste  {la  plus 
pcupKc),  der  zufriedenste  {la  plus  aisce), 
der  ehrenhafteste  {la  jilus  honnett),  der 
angesehenste  {la  plus  estimee)  Theil  der 
Einwohner  dieser  Kolonie. 

Ich  betrachte  es  als  unerUls,slich,  dass 
die  französische  Regierimg  es  sich  zur 
Regel  macht,  alljährlich  von  tausend  bis 
zwölfhiuidert  Familien  aus  den  Grenz- 
gauen der  Schweiz,  vom  Rhein  mid  aus 
Holland  zu  schicken ;  die  Auswanderer 
aus  unsern  südlichen  Provinzen  taugen 
nichts  {n'y  valent  rien). 

Laussat." 

„Evenements  de  1803,  Seite  315.  New 
Transcripts  of  the  Louisiana  Historical 
Society." 

(Der  [Monat  ]\Iessidor  war  der  Erute- 
Monat.  Er  begann  am  19.  Juni  imd 
endete  am  18.  Juli.  Das  elfte  Jahr  war 
das  Jahr  1803. 


NA'  ÜTlJAKiiK    INI>  ANUKUK   AKTI  K  Kl«. 


753 


Die  Deutschen   im  Buergerkriege. 

Ein   Nachtrag  zur  Monograpliip :   „Der  deutsche  Soldat  im   Buergerkriege. 


Fast  <*iii  Jahr  iiachdt'iii  iiiciii  an  aiMh'n>r 
Sti'lh'  i'iNi'hciiicndt'r  Aufsatz  ^Tsclirii-hcii 
wunh'.  «rt'hiiitr  »'S  mir.  in  ih'r  Aslor-liiMici- 
tht'k  zu  Nt'w  York  das  citizit:»'  Kxt'iiiplai- 
v»»ii  Franz  Siirt'l's  ...Monthly"  anl'zulindfn. 
wch'hos  in  (h'n  (iffcntlifhcn  Büflu'ivii'ii  it- 
lialtcn  <r('l)li»'l)rn  ist.  Ks  ist  «las  au<'h  luw 
ein  Hruchstück  d<'s  Werkes.  alKT  es  enthält 
glückliclicrweise  Sifjol's  SchildcrnnjjTn 
seiner  Krie«rsthätitrkeit  bis  zum  Jahn*  ISd;^. 
Da  es  leider  zu  spät  ist,  an  meinem  Artikel 
noch  Aenderunjrt'U  vorztniehmen.  .so  .sei 
liier  weniirstens  nacht rätriich  jresa«;t.  dass 
mein  l'rtheil  üher  Sij^fel's  Küektritt  weni- 
ger schroff  aiLsgefallen  wäre,  wenn  mir  da- 
mals das  jetzt  vorliegende  Material  zur 
X'erfügung  gestanden  hätte.  Es  gehörte 
ein  allerdings  seltenes  Ma.ss  Seelengrösse 
und  Feberwindungskraft  dazu,  in  Sigel's 
Amte  zu  verharren,  angesichts  der  scham- 
losen Intrigueu.  welche  Obergeneral  llal- 
leck  und  die  "\Vesti)ointer  Clitiue  gegen 
den  verdienstvollen  deutschen  General  Ix'- 
ständig  betrieben  haben.  Sigel  hat  die  ihm 
hinterrücks  versetzten  Fusst ritte  ein  ganzes 
Jaiir  lang  ertragen.  Als  <'r  endlich  re.sig- 
nirte,  wählte  er  leider  den  ungünstigsten 
Augenblick  und  setzt«'  sich  selbst  in  ein 
falsches  Licht  dadurch,  dass  als  Grund 
seines  Rücktrittes  die  Verletzung  seiner 
Eitelkeit  erschien :  die  Thatsache.  dass 
man  ihm.  dei-  kurz  vorher  :ir<i  Armee- 
corps befehligt  halle,  iiaeli  der  Ileeresrcor- 
ganisation  von  lS(i;{  nur  ihmIi  (ins  zur 
Verfügung    stellen    konnte.      Sigel    s«'lbst 


sagt  in  seinen  .Memoiren  kein  Wort  über 
seinen  Rücktritt,  diM-h  geht  man  wohl 
nieht  fehl,  weini  man  als  den  eigentliehen 
(innid  dc.vselbeii  das  fortge.setzte  Fntcr- 
graben  von  Sigel's  Stellung  Seiti-ns  «les 
Obergenerals  annimmt. 

Die  schreckliche  Niederlage  des  Sigi'l"- 
schen  Flügels  in  der  Schhu-ht  am  Wilson 's 
('reck  bespricht  Sigel  mit  gross^-r  Aus- 
führlichkeit, ohne  j«'<lo<'h  den  Eindrn<k  zu 
verscheuchen,  «lass  ihm  selbst  die  Haupt- 
schuld an  jenem  .Misserfolge  beiztniie.s.s4Mt 
ist.  l'eber  Sigel's  zweite  Nie<lerlage  (New 
Market,  ISJU)  i.st  in  demjenigen  Th«'ile  von 
Sigel's  Memoiren,  der  mir  zu  Gebote  ge- 
standen hat.  nichts  enthalten.  Die  ihm 
von  den  West  pointern  vorgeworf«'ncn 
Nachlä-ssigkeitcn  in  der  Führung,  nament- 
lich seine  angebliche  Langsamkeit  beim 
Vormarsch  nach  Ccdar  Mountain,  erklärt 
Sigel  in  durchaus  l)efriedig<'nder  Weise  als 
N'erlemudungen.  Sigel  schihlert  seine 
l)eidi'n  glänzenden  Waffenthaten.  bei  l*ea 
Kidge  und  Hüll  Run  11.  in  einer  den 
That.sachen  «'utspreclicndcn  Form  tuid 
ohne  die  landesüblidie  l'i-ahlcrci.  bezüg- 
lich sj'incs  Wirk«'ns  Ihm  Bull  Run  II  wäre 
Sigel  durchaus  berechtigt  gewesen,  etwas 
voller  in  die  Saiten  zu  greifen.  Er  er- 
wähnt auch  nicht  die  Verdienste  sein«'r 
l'nterführcr.  nicht  einmal  die  glänz«'nde 
Behauptung   tles    Eisenbahntlammes  durch 

die  Division  Schin'z. 

1\  .    Kdufnianti. 


r54 


NACHTRAEGE  UND  ANDKKK  ARTIKEL. 


Die  Entstehung  des  Deutschen  Tages. 

Aus  den  „Miltheilungen  des  Deutschen  Pionier-Vereins  von   Philadelphia' 


N;|fh  (Ich  rrnt<tk(»ll«'ii  des  l)(Mitscdu'n 
PiKiiicr-Vfi-ciMs  von  IMiiljuU'lpliin  iiiaditi'  in 
der  .Jnhrt's-Vcrsnnindiiiifir  iini  27.  Jaiiunr 
1882  der  l'riisidfiit  Dr.  Si'idenstit-ker  auf 
die  im  näch.stiMi  Jahiv  bevorstehende  zwei- 
hundert ja  hri<re  Feier  der  ersten  deutsehcii 
p]inwan(h'nuiK  aufmerksam.  Xoeh  bei 
einitrcn  andi'rni  (Jelejrenheiten  wurde  da- 
rauf hinjrewiesen,  eine  Feier  empfohlen  \ni(l 
am  28.  Dezendxn-  ein  Aussehuss  dafüi-  ei'- 
nannt,  bestehend  aus  Dr.  Wm.  ]\Iann,  Dr. 
G.  K(>llner.  II.  Faber.  S.  W.  Peunypaeker 
und  F.  Moras.  Am  1.  .März  1883  fand 
eine  Vei-sannulung  des  Pionier- Vereins 
statt,  zu  der  die  deutsehen  Vereine  einge- 
laden waren,  und  in  der  Dr.  Kellner  als 
Beriehterstatter  die  Vorsehläge  jenes  Aus- 
schusses vorlegte.  In  einer  zweiten  Ver- 
sammlung am  7.  Aju-il,  zu  der  abermals 
die  deutschen  Vereine  eingeladen  waren, 
wurden  von  Dr.  Kellner  Beschlüsse  vorge- 
lesen und  einstimmig  angenommen,  welche 
empfahlen,  den  Tag  zu  feiern,  die  vom 
Pionier- Verein  genuichteu  Vorschläge  an- 
zunehmen und,  in  Verbindung  mit  dessen 
Vorstande,  eine  Aufforderung  an  sännntli- 
che  deutsche  Vereine  zu  erlassen,  je  zwei 
Delegaten  zu  einer  am  1.  ^lai  a])zidialtenden 
Versammlung  zu  senden.  In  dieser  Ver- 
sammlung kam  eine  Organisation  zustande. 
und  die  beabsichtigte  Feier  fand  vom  6.  bis 
zum  '.).  Oktober  1883  in  grossartiger  und 
glänzender  AVeise  statt.  Sie  wird  als  die 
F<'i('r  des  ersten  Deutschen  Tages  be- 
trachtet. 

Das  Verdienst  Dr.  Kellners  besteht  da- 
rin, dass  er  dabei  hervorragend  thätig 
wai-.  wozu  er  sieh  als  begabter  Redner  und 
Schriftleiter  des  ..Philadelphia  Demokrat" 
vorzüglich  eignete,  und  dass  er  sjjäter  die 


jähi-liehe  Feier  des  (!.  Oktober  als  des 
Deutschen  Tages,  nicht  blos  in  Philadel- 
phia, sondei'ii  überall  in  den  Vereinigten 
Staaten  befürwortete.  In  einei'  Abhand- 
lung über  deutsch  -  amerikanische  Ge- 
schichtsforschung, worin  Dr.  Kellner  den 
wohlthätigen  Eintluss  Seidenstickers  in 
Bezug  auf  Fördenmg  und  IIel)ung  des 
hiesigen  Deutschthums  bespricht,  zollt  er 
ihm  mit  folgenden  AVorten  die  gebührende 
Anerkennung  als  dem  Urhelyer  des  Deut- 
schen Tages:  ,,Der  beste  Beweis  von 
diesem  magischen  Eintluss  Seidenstickers 
aber  ist  die  Feier  des  Deutschen  Tages  am 
6.  Oktober,  den  wir  hier  zu  Philadelphia 
zuerst  zum  Pionierfest  unserer  deutsehen 
Einbürgerung  in  Amerika  proklamirt 
haben.  Nur  die  Forschungen  und  Schrif- 
ten Seidenstickers  über  die  erste  deutsche 
Einwanderung  und  die  Gründung  von 
Germantown  haben  dazu  die  Anregimg  ge- 
geben. ' ' 

Selbst  nachdem  die  Anordnung  des 
Festes  den  deutschen  Vereinen  übertragen 
worden  Avar.  wurde  dasselbe  vom  Pionier- 
Verein  und  von  einzelnen  ^Mitgliedern 
nach  Kräften  unterstützt.  So  beschloss 
der  Verein  am  5.  Oktober,  der  Festbehörde 
eine  Gabe  von  100  Dollars  zu  überweisen, 
und  ausser  Dr.  Kellner  waren  noch  die 
Herren  Hermann  Faber,  Georg  Herzog 
und  August  ]\Iüller  thätig,  indem  sie  für 
die  Ilerstelhnig  und  kün.stlerische  Aus- 
stattung der  historischen  Abtheilung  des 
grossen  Festzuges  die  Entwürfe  imd  Zeich- 
nungen lieferten.  Dr.  Seidensticker  aber 
verfasste  die  Festschrift:  Die  erste  Deut- 
sche Einwanderung  in  Amerika  und  die 
Gründung  von  Germantown.  im  Jahre- 
1683.  C.  F.  Hitch. 


NACHTKAKOE  UND  ANDKKK  AKTIKKL. 


75& 


John  Wanamaker  ueber  „Deutsches  Bluf\ 


Bei  der  .Ialii-»'s-V«'i*siiiiiiiiluiitr  «Ifi-  „IN'iin- 
sylvaniii  (ionnau  Sot-ifty'*  Vdii   \W~  ward 
Ilrn-    Jtthn     Wanantaki  r    einst  iimui^r    zum 
l'räsiih'utt'ii  t-rwälilt.     In  ointT  kurzrn  An- 
sprach»'   say:ti'    der    neue    Präsident    mitor 
Anderem      Koljrendes:        ..leli      hin      iiher- 
laseht    und    <;eehrt    durch    Ihre    Wahl,   die 
icli   ei^entlicii   nielit   verdien«'.      Ich    wollte 
/uei-st   ahlehnen.   weil   i<'h  zu   alt    hin.   um 
neue  Aemter  zu  ühernehmen  ;  das  deutsche 
Klut    in   mir  wollte  inde.ss  nicht  stille  sein 
und   dränjrte   mich   zur   Annahme.      Meine 
Mutter      war      von       französisch-holländi- 
scher Ahstammunfj;  meines  Vaters  Eltern 
waren  Deutsche,  mein  CJrossvater  einer  der 
Pennsylvanischen    Pioniere.      Ich    erinnere 
mich  noch  an  das  Bejrrähni.ss  meines  Gross- 
vatei*s.     Er  ward  draus.sen  in  Imliana  l)epr- 
di^t.   Ich  werde  nie  im  Leben  den  Eindruck 
vergessen,  als   ich   meinen   eigenen    Xamen 
auf  dem   Grabsteine   las;   ich   bin    nämlich 
nach    meinem    Grossvater    benannt.      Am 
Grabe  stehend  betete  ich,  dass  ich  ein  ebenso 
guter  .Mensch  werden  möge,  wie  der  Todte 
gewesen.     Ich  bin  stolz  auf  mein  deutsclies 
Hlut.   das    Energie   und   Au.sdauer  schatt't. 
Ich  glaube,  dass  ohne  die  Deutschen  Penn- 
sylvania  längst    in   Stücke  gegangen   wäre. 
Ich   nehme  die  Wahl  der  Gesellschaft   mit 
X'ergnügen  an." 

Also  spri<'ht  ein  Amerikaner,  der  frühere 
General-Postmei.ster  der  grössten  Kepublik 
und  der  erfolgrei<-hste  Kaufmaini  der  Welt. 
Trotz  seiner  Grös.se,  trotz  seiner  Eifolge 
schämt  er  sieh  seines  deutschen  Blutes 
nicht;  nein,  er  schreibt  sogar  einen  guten 
Theil  .seiner  Erfolge  diesem  <Ieutschen 
Blute  zu.  das  Energie  inid  Ausdauer  giebt. 
ohne  welche  ein  Erfolg  ganz  ausgeschlos.sen 
ist.  Am  Gi-abe  .seines  deut.schen  Grossva- 
ters betet  er.  ein  ebenso  guter  Mens<'h  zu 
werden,  wie  der  Todte  es  gewesen,  seinem 
deutschen  Vorbilde  gleich  zu  werden,  l'nd 
trotz  seiner  vorgerückten  .Tahrc  Tiimmt  er 


tlie  Wahl  zum  Präsi<Ient«'n  der  ..Pennsvl- 
vania  (ierman  Society"  an.  weil  .sein  «leut- 
sehes  Blut  ihn  dazu  drängt.  da.s  deuisejie 
Blut,  das  Ausdauer  schatTt,  das  dem  Mann«' 
Energie  giebt.  rnternonnnenes  zum  Erfolge 
zu  führen. 

I>tii(s(li(,     ztdit      (im      L(lin      daraus: 
schämt    Euch    nicht    Eurer    Abstamminig. 
Wer  si«'h   seiner   Eltern   s<-hämt.   wer  sein 
\'aterlainl  verleugnet,  ist  ein  böser  X'ogel. 
verächtlicher   als   der,    welcher  sein    eigen 
Xi'st    beschmutzt.      Nehmt    Euch   ein    Bei- 
spiel ;iii  dt-ni  .Manne,  der  am  Grabe  Keine.4 
deutschen      (iro.ssvatei*s      betete:        ..IJerr. 
mache  mich  so  gut.  wie  den  Todteii."   Wenn 
Ihr  erst  so  gut  seid,  wie  dii«  Tixiten.  wie  die 
Soiibiten.  die  für  Euch  gefoehten.  wie  Eure 
( Jro.ssväter.  die  für  Euch  gepflügt,  wie  F^ure 
Väter,  die  für  Euch  geschatTcn.  daini  könnt 
Ihr  <lott  danken,  denn  dann  seid  Ihr  Män- 
ner.    Bestrebet  Euch  dem  Manne  gleich  zu 
sein,  den  das  deutsehe  Blut  dazu  antreibt, 
ein  Amt  zu  übernehmen,  selbst  wenn  es  ihm 
auf  .seine  alten  Tage  be.sehwerlieh  werden 
sollte;  die  deutsche  Energie,  die  deut-schi' 
Ausdauer  wird  ihm  helfen,  seines  Amtes  zu 
walten,      l'nd  <  r  hat  nur  wenige  Tropfen 
deutschen  Blutes  in  den  Adi-rn.     Aber  Ihr. 
die     Ihr    vollblütige     I)«'ut.sch«'    .seid,    wie 
steht's  mit  Eurer  .\usdau«'r.  Eurer  Energie. 
Eurem    Deut.sehthum    und    Eurem    .\hnen- 
kultus?      ,,Gott    verlä.sst    seine    Deutschen 
nicht",  aber  nur.  wenn  <Ii«'  Deutschen  ihren 
(lott  nicht  verla.ssen.     Wenn  der  Deutsehe 
«'i-st  wieder  auf  seine  Abstanuiunig  stolz  ist, 
dann  wird  w  iixu-h  ein  besserer  amerikani- 
scher   Bürger.      Ei-st    wenn    der    Deutsche 
zeigt,  da.ss  er  das  deut.sche  Blut  ehrt,  dann 
wird    auch    der    Amerikaner  -ihn     wie<Ier 
ehi-en.  un*I  er  wird  dir  Sti-llung  im  Lande 
einnehmen.  di<«  er  eiiniehmen  sollte,  knift 
st'ines  deutschen  Blutes.  S4'iner  Energie  und 

seinel'  .\usdauci'. 

/>/.  /;.  .1.  Ii>i>r  in  ..Dii   (Hocke". 


756  NACIITRAEGE  UND  ANDERE  ARTIKEL. 

Eine  deutsche  Gemeinde-Geschichte. 

Deutsche  evangelisch-protestantische  Smithfield-Gemeinde,   Pittsburg,  Pa. 

Es  Avnr  ein   liohor  Freudentag,  (l«'n   die  Vienindzwanzio:  Jahre  waren  schon  seit 

oben  {jenainite  Gemeinde  am  l'9.  September  (h'i-   (iiaiiidnnjr   der   Ansiedlung   Pittsburg 

1907  mit   ihren   Gesinnuiijrs<renossen   feier-  verllosseji,   ehe  einige  Deutsche  den  Muth 

lieh  begehen  durfte,  näiididi  das  Fest  ihres  fassten,  sich  zu  einer  Kirchengemeinde  zu 

]25jiiliriLren    l'.esteliens.     .Mit  berechtigtem  vereinen  und  eine  Bittschrift  an  die  damals 


Das  jetzige  Colleshaus  der  aellesten  deutschen  Gemeinde  westlich  von  den  Alleghenies. 

Stolz  wurde  darauf  hingewiesen,  dass  diese  in   Reading.    Pa.,   tagende   reformirte   Sy- 

Gemeinde  die  älteste  religiöse  Gemeinschaft  node  richteten,  ihnen  einen  Prediger  nach 

bilde  in  Allegheny  County  und  die  älteste  dem   westlichen   Pennsylvanieu  zu  senden. 

deutsche  westlich  von  dem   Allegheny  Ge-  Nach  Gewährung  der  Bitte  zog  Pfarrer  Jo- 

birge.  haun  Wilhelm  Weber  über  das  Gebirge,  um 


NACIITK'AKci:   r\|)    WDKKK  AKTIKKL. 


757 


in    Pittslmr^'    uiul    aiidi'n'ii    rijili<'li«'tr«'ii(l.'n  juitn-ffdi.    dfiiii    iVu-sr    wolltm    lieber    in 

Ortscluiften   Uottes   Wort   zu   verküiulip-ii.  irp-nd  einer  Weise  als  t.Mr  nieht  an  ihren 

Da  erst  im  Jahre  1  TSC  di«' älteste  en>;lisclie  i;<ittli<-lien    Ir-sprnn«;  nnd   ihre  hinunlischo 

Gcnieindf   dieser   Stadt    p'i.M-ündtt    unid.-,  I?«-sl inininntr  erinnert  wenh-n. 


A933-/ffW 


SO  konnte  man  s(iniitii<rlicli  nidit  nur  l)tMit-  Im   .lalirr    ITSS  enipfinfr  «liese  fiemcindo 

sehe,    sondern    auch    Enj;ländi'r.    Schotten.  in  (Jeineinsehaft  mit  i'iner  dentsehen  luthe- 

Irländer  nnd  Franzosen.  Protestanten  nnd  risdien  (temeinde.  die  mittlerweile  entÄtnn- 

Katholiken.  in  der  einfachen  HIock-Kirche  den    war.   das   jrrosse    (Jrnnilstiick    an    der 


758 


nachtraegp:  und  andere  Artikel. 


Smithfield  Strasse  und  der  Sechsten  Ave- 
nue als  Geschenk  von  der  Familie  Johann 
Penn  ,.zur  Aufinunteruniür  der  ]\Io)*al. 
Fröinnii^'keit  inid  Keiifjion".  Diese  beiden 
Gemeinden  gehrauchten  abwechselnd  ]\Ior- 
gens  und  Xachniittafjs  dasselbe  Gotteshaus 
und  wurden  am-h  «jelejrentlich  von  demsel- 
ben Pfarrer  bedient,  bis  im  Jahre  1812 
die  zwei  Gemeinden  sich  veirinten  und  so- 
mit in  ihrer  Xeu|?estaltung  die  erste  verei- 
nigte evangelische  Gemeinde  beider  Konti- 
nente bildeten. 

Auf  dem  geschenkten  Grundstück,  das 
damals  jenseits  der  Dorfgrenze  und  hart 
an  einem  seichten  Teich  lag  und  somit  nur 
einen  geringen  "Werth  hatte,  wurde  gar 
bald  ein  Friedhof  angelegt  und  im  Jahre 
1781  ein  Versamndungslokal  aus  Backstei- 
nen errichtet,  wclclies  im  Jahre  1815  durch 
ein  grösseres  Kirchengebäude  ersetzt  wur- 
de. 1833  wurde  der  Bau  einer  weit  um- 
fangreicheren Kirche  vollendet,  die  nach 
damaligem  Urtheil  allgemein  als  schönstes 
Gebäude  der  Stadt  anerkannt  wurde.  Das 
schnelle  Wachsthum  der  Stadt  zwang  die 
Gemeinde  zum  Ankauf  eines  neuen  Fried- 
hofs auf  Troy  Hill  (1860)  und  auf  dem 
durch  Ausgraben  der  Leichen  gewonnenen 
Grundstück  wurden  neben  der  Kirche  acht 
Geschäfts-  und  neun  Wohnhäuser  aufge- 
führt, die  seit  jener  Zeit  eine  stets  zuneh- 
mende Einkünftequelle  für  die  Gemeinde 
geworden  sind.  Diese  günstigen  Umstände 
ermöglichten  im  Jahre  1877  den  Bau  der 
jetzigen  imposanten  Kirche  \md  1886  die 
Anlegung  des  prachtvollen  ..Smithfield  East 
End  Friedhofs".  Das  von  der  Gemeinde 
verwaltete  Eigenthum  repräsentirt  heute 
einen  Werth  von  andcrtlialb  Millionen 
Dollars. 

Auch  die  innere  Entwicklung  der  Ge- 
meinde war  stets  eine  fortschrittliche.  Von 
jeher  war  es  das  Streben  der  Pfarrei-  und 
Glieder,  auf  Grund   freisinniger  und  ver- 


nünftiger Anschauiuigen  den  religiösen 
Bedürfnissen  des  ^len.sehenherzens  volle  Be- 
friedigung zu  bieten.  Seit  ihrer  Gründung 
ist  die  Gemeinde  von  folgenden  Pastoren 
bedient  worden:  Johann  Wilhelm  Weber, 
1782—1704;  Sinnuler  und  Steck.  17!»5— 
1800 ;  Prediger  unbekannt.  1800—1812; 
Jakob  Schnee.  1813 — 1818;  Johann  ^I. 
Ingold.  1818—1820;  Heinrich  Geis.senhai- 
ner,  1821—1822;  Heinrich  Kurtz,  1823— 
1826:  David  Kännnerer.  1827-1840;  Jo- 
hann Christian  Jehle.  1840—1846;  Roheit 
Köhler.  1846-1849;  J.  J.  Waldhurger. 
1850—1853;  Dr.  Carl  Walther,  1853— 
1808 :  Carl  AVei'.  1868—1870;  Friedrich 
Huott'.  1879—1004;  Gustav  Probst  (Pfarr- 
verwalter). 1904—1905;  Carl  August 
Voss.  1905—. 

Unter  der  fähigen  Leitung  des  Pfarrers 
Ruoff  wurden  im  Jahre  1887  ein  Waisen- 
haus und  im  Jahre  1891  ein  Altenheim  ins 
Leben  gerufen,  die  beide  heute  im  blühen- 
den Zustande  sind  und  von  dem  opferfreu- 
digen Sinn  der  deut.schen  Protestanten 
Pittsburg 's  zeugen. 

Trotzdem  die  Kirche  im  Herzen  des  Ge- 
schäftstheils  der  Stadt  und  somit  fern  von 
den  Heimstätten  der  Glieder  liegt.  nmfa.s.st 
die  Gemeinde  doch  450  eingeschriebene  Fa- 
iiiilien.  Auch  die  Sonntagschule  und  sons- 
tige Vereine  verfügen  über  eine  gros.se  ^lit- 
gliedschaft  und  erfreuen  sich  einer  segens- 
reichen Thätigkeit. 

Die  Geschäftsleitung  der  Gemeindeange- 
legenheiten liegt  in  den  Händen  des  Kir- 
chenraths.  der  aus  folgenden  Herren  be- 
steht: Trustees:  Wilhelm  Freese  (Präsi- 
dent). Henry  Graf.  Otto  Pregler;  Aelteste: 
John  Luckhardt  (Schatzmeister),  Enist 
Xickcl  (Sekretär).  H.  W.  Schowe.  Theodor 
Lamb.  Christian  Ludebühl  und  John 
Kratz;  Vorsteher:  Simon  Dimling.  W.  L. 
Wittmer.  Hermann  F.  Kuoff  und  Adolnh 
A.  Görlich. 


NAniTKAKC.K  UND  ANDKHK  AKTIKKI..  7.S9 

Deutsch-Amerikanische  Sammlung  der 
New  York  Public  Library. 

Werthvolles  Material  fuer  dculsch-amcnlcanisclx"   CJc-scIncfüslorschung  darin  vereinigt. 

Die  ötTciitlicIit'  l{il)liotlit'k  der  Siadt  Nfw  Uin^rraphi»'   und   (iciu'al(»^ri»'  drs  deutschen 

York.     dcn'M     neuer     Pnielitbau     an     der  KN-nientes    in    Amerika,    literarisehen    und 

Fünft«'U    Aveiiu«'.    zwisehfii    4(i.    und    4*J.  uissenseliaftlieln-n    Arlieiten    von    I)<'uts<-li- 

Strasse,  im  llerltst   l!ll(>  zum   Kinzuir  bereit  Amcrikain'ni    aüni  diiitsclicn  Werken  iiliep 


DIE   OTTENDORFFJ*    ZWEIG  BIBUOTHFK    HFR      SFAX'    YORK    l'L  Ol  IC    linRARY" 

sein  wird,  enthält  u.  a.  eine  f;ros.se  Sanim-  die     \i  r      Slaati-n     und     Schriften     üImt 

lunp  von  Deutseh-Anierikarui.     Sie  ist  eine  deutsch  -  amerikani.s<he      Wechsi'll>eziehun- 

Zusammensti'llun{r    von     handschriftlichem  k'cn.     Das  Zustandekommen  «liewr  für  das 

Material.    Hü<hern.    Flutrschriften,    Zeitun  Deutschthum    lioehst    wiihtiu'cn    Samudunjf 

gen     und     Zeitschriften     ühcr     Cic,schicht<'.  \  i-i  il.mken  wir  der  rastlosen  Thätigki'it  «h-s 


760 


X ACHTE AEGE  UND  ANDERE  ARTIKEL. 


llilfsl.ihlintlickiirs  Kit-hard  E.  Ili-lbig. 
Dui-fh  jahiH'lanj;!'  stille  Arbeit,  mit  Auf- 
opferuiifj  lies  gi'össten  Theils  .seiner 
eigenen  Zeit  ohne  Extrabezahlunj^.  ist  es 
ihm  grelungen.  den  Ankauf  vieler  einschlä- 
giger AVerke  zu  bewii-ken.  Anlässlieh  der 
Anierikareise  des  Pi-inzen  Heinrich  von 
Preussen  wurde  im  Jjenox  Library  Build- 
ing im  Frühjahr  11)02  eine  umfassende 
deutseh-amerikanisehe  Ausstellung  veran- 
staltet. Im  Oktober  1903  fing  Heibig  an, 
auf  bricfiichem  Wege  Geschenke  für  die 
Bibliothek  zu  erbitten.  Seitdem  sind  der 
Sanunlung  über  5000  Bände  und  Pam- 
phlete von  Hunderten  von  Gebern  aus 
allen  Landestheilen  als  Gesclienke  über- 
wiesen worden.  Auch  dahinter  steckt  viel 
mühselige  Arbeit. 

Kiehard  E.  Heibig  ist  1870  in  Deutseh- 
land geboren,  wurde  1883  durch  des  Vaters 
Tod  Halbwaise  nebst  sechs  unmündigen 
Geschwistern.  Als  Vierzehnjähriger  kam 
er  allein  nach  New  York,  um  sein  „Glück" 
zu  machen.  Im  Jahre  1893  trat  er  als 
Assistent  in  den  Dienst  der  Lenox  Biblio- 
thek, welche  1895  mit  der  Astor  Bibliothek 
und  der  hinterlassenen  Bibliothek  Samuel 
J.  Tilden 's  luiter  dem  Namen  New  York 
Public  Library  vereinigt  wurde.     Heibig 's 


Adres.se    ist :    Lenox    Library    Building,   5 
Ave.  &  70.  Str.,  New  York. 


Die  Ottendorfer  Zweig-Bibliothek. 

Im  Jahre  1883  errichtete  Oswald  Otten- 
dorfer von  der  „New  Yorker  Staats-Zei- 
tung" an  2.  Avenue,  zwischen  8.  und  9. 
Strasse,  in  New  York  eine  freie  Leihbiblio- 
thek und  versah  sie  mit  8,819  Bänden, 
Gebäude  befindet  sich  neben  dem  vcm  Frau 
Ottendorf  erbauten  Dispensariuni  des 
Deutschen  Hospitals.  Die  Bibliothek  wurde 
ein  Jahr  später  unter  die  Obhut  der  „Xew 
York  Free  Circulating  Library"  gestellt, 
die  sich  im  P'ebruar  1901  mit  der  „Xew 
York  Public  Library"  bereinigte.  Das  Ge- 
bäude an  2.  Avenue  wurde  infolge  der  Frei- 
gebigkeit Herrn  Ottendorfer 's  mehrmals 
vergrössert.  Er  überwies  der  von  ihm  ge- 
stifteten Bibliothek  Eisenbahn-Bonds  im 
Werthe  von  $10,000  imd  bestimmte,  da.ss 
deutsche  Zeitschriften  daselbst  aufliegen 
und  eine  genügende  Anzahl  von  Angestell- 
ten deutsch  verstehen  und  sprechen  soll. 
Von  den  27.417  Bänden,  welche  die  Otten- 
dorfer Zweig-Bibliothek  jetzt  enthält,  sind 
9,558  in  deutscher  Sprache  gedruckt.  Sic 
ist  die  deutsche  Ilauptbibliothek  in  Xew 
York. 


naciitu.\i:«;k  vsd  andkici:  aktikki. 


701 


Der   Dichter  Lenau  in  Amerika. 

Aus  der  Fcslnummcr  zum    70jaehrigen   Bestehen  der  „New   Yorker  Slaats-Zeilung" 

von   Prof.  Calvin  Thomas. 


Zwei  (hnit.scho  Lyriker  holim  Kiiiij^i-s  — 
die  l)ci»li'ii  f;rti.sst«'n  sojrar  —  hnluMi  cimiial 
daran  {r^'djicht.  ihr  Gliu'k  in  der  Neuen 
\V«'lt  zu  suchen,  und  ein  »Irittor.  der  her- 
vorragendste österreii-hische  liVrikrr.  liat 
diesen  Uedank«'!!  wirklich  aus«refülirt. 
Alh'rdin«rs  wird  für  den  jungen  (JtK'the 
die  verzweifelte  Klu<ht  nach  .\merika 
nicht  viel  mehr  als  eine  trctriiunitc  .Mög- 
lichkeit gewesen  sein.  Im  !!•.  Buche  von 
„Dichtung  und  Wahrheit".  w()  er  iiher  die 
tjualvolle  Trennung  von  seiner  Verlohten 
..Lili"  im  .lahre  ITT.l  l)eriehtet.  erzählt  er: 

..Wohlwollende  hatten  mir  vertraut.  Lili 
habe  geäus.sert.  indem  alle  die  Hindernisse 
unserer  Verbindung  ihr  vorgetragen  wur- 
den: sie  unternehme  wohl  aus  Neigung  /.u 
mir.  alle  dernudigen  Zustände  un<l  \'er- 
hältnisse  aufzugehen  uiul  mit  nach  Ame- 
rika zu  gehen.  Amerika  war  damals  viel- 
leicht noch  mehr  als  jetzt  ilas  Kldorailo 
derjenigen,  die  in  ihrer  augenblicklichen 
Lage  sieh  bedrängt  fanden." 

Wie  vieles  wäre  nun  nicht  andei-s  ge- 
\v(»nlen.  wenn  die  hoUle  Lili  ihrem  indenk- 
.samen  Liebhaber  diesen  Plan  wirklieh  vor- 
gesehlagen und  ihn  mit  ihren  seluinen 
Augen  überredet  hätte,  mit  ihr  davonzu- 
laufen I  In  dem  Falle  würde  der  .Name 
Wiilfgang  (locthe  («las  ..von"  müsste 
natürlich  wegbleiben)  nicht  mehr  den 
Monarchen  dci-  tleutschen  Literatur,  son- 
dern den  Stanuuvater  irgend  eines  blühen- 
den (Jeschlechtes  in  Pennsylvanieii  bed«'U- 
ten.  AU^r  .so  sollte  t"s  nicht  sein,  denn  die 
Eheselieu  d<*s  Künstlers  siegte.  (JcK'the  er- 
zählt   weiter: 

..Alwr  eben  das,  was  meine  lIofTnungen 
hätte  iM'leben  sollen.  «Irückte  sie  nieder. 
Mein  schönes  väterlieh«'s  Uhus,  nur  wenig 
hundert  Schritte  von  dem  ihrigen,  war 
doch  innner  ein  leidlicher  zu  gewinnender 


Zustand  als  die  üi)»'r  das  Meer  eni lernte 
ungewisse  riiigebinig:  aber  ich  leiigne 
nicht,  in  ihrer  (Jegenwart  traten  alle  lIotT- 
niuigen,  alle  Wünsche  wietl<T  herA'or.  und 
neue  l'nsieherheiten  bewegten  sieh  in 
mir." 

Fünfundfünfzig  .Lihre  später  silss  Ilein- 
ri«'h  Heine  auf  dir  Insel  Helgoland  und 
grülx'lte  darüber  nach,  welchen  Welttheil 
er  ztniäihst  mit  seiner  k<ir|»erlichen  (Jegen- 
wart beglücken  sollte.  Ks  war  im  Juli 
iS.iO.  als  er  sehrieb: 

..Oder  soll  ich  na<li  Amerika,  nach 
diesem  luigeheuren  Freiheit.sgefängniss.  wo 
die  unsichtbaren  Ketten  mich  n<M'h 
schmerzlicher  drücken  würden,  als  z»i 
Hause  die  sichtbaren,  und  wo  der  widerwä- 
ligste  aler  Tyrannen,  der  Pöbel,  seine 
rohe  Ileri-sihaft  ausübt  I  Du  weisst.  wie 
ich  über  dieses  gottverfluchte  I^aud  denke, 
<las  ieh  einst  liebte.  ;ilv  ji-b  ••'i  nicht 
kannte." 

Dass  .Nikolaus  .Niembs«-Ii  —  iH-.sser  Ih?- 
bekannt  unter  dem  Namen  Li'iiau  —  «lie 
Vereinigten  Staaten  <'inmal  besucht  hat. 
dürfte  wiihl  allen  bekannt  sein,  die  sieh 
auch  nur  ein  weni«/  mit  den  (iedi«-hten  «Hier 
der  Lebensgeschichte  d«»s  melancholis<-hen 
( )esterreichers  iK'fa.sst  haben.  S«'ine  im 
•lahre  1S.{2  unternonnnen«*  Heise  nach 
Amerika  war  eine  I)es4>nders  unenjuiek- 
lielu»  Epi.sode  in  einem  I)icht«'rlebcn,  «las 
überhaupt  voll  C^uäb'ri'i  und  Knttäuschun- 
'jru  g«'wesen  ist.  I)i«'s«'s  Krg«'bni.ss  war 
«•in«'  gren%«'nloNe  Abn«'igtnig  g«*g«*n  alle« 
Am«*rikanisehe.  Kr  erklärt«'  «li«'  Republik 
jenseits  «|es  Ozeaiis  für  «'in  ..Lau«!  v«»U 
träumerisch«'m  Trug"  inid  s«'hwärzt«'  sie 
nach  Kräften,  s«»  «»ft  «T  «lavttn  zu  r«'<l«'n 
kam.  Kr  war  d«'r  «Tst«'  .  Am«*rikamü«l«'". 
«lern  nuui  j«'tzt  «'in«'  gi-wisse  g«'istige  He- 
«)«'Utung  zusehreilx'ii  kann. 


7(>2 


XAfHTRAEGE  T'ND  AXDKRK  ARTIKKL. 


Dr.  Tlioiiins  S.  liakcr  lial  in  si'iiu'i-  Ab- 
haiuUunp:  "Lcnau  a?i(l  Young  Gennany  in 
America"  auf  (Jruii<l  genauer  Xachfor- 
sc'hung  iiiaiich«'  Kinzclhcitcn  zum  ci-stcii 
Mal  ins  rt'chtc  Licht  frcstcllt  und  die 
tlcutschcn  BiM«.''ra|)licn  tlicils  berichtigt, 
theils  ergänzt. 

Schon  huige,  bevor  er  die  Rei.se  antrat, 
hatte  Lenau  sicli  ein  zwar  hohes,  aber 
wunderliches  hh'al  von  Amerika  gel)ildet. 
wolici  das  Politisclie  gänzlich  zurücktrat. 
Kr  ti'äumte  von  grossen  Urwäldern,  deren 
Stille  nur  durch  da.s  Kauschen  von  wilden 
Katarakten  unterbrochen  wurde,  und  in 
deren  Tiefe  die  würdige  .stattliche  Roth- 
liaut  wie  in  Cooper's  Romanen  ihi-  AVesen 
trieb.  Die  Gedichte,  welche  vor  seiner 
Reise  das  Land  der  Freiheit  besingen,  zei- 
gen, da.ss  seine  Phantasie  nicht  von  ii-gend- 
welchen  politi.schen  oder  sozialen  Verhält- 
nis.sen,  sondern  lediglieh  von  der  grossar- 
tigen Natur  Amerikas  befeuert  wurde, 
^lan  vergleiche  zum  Heispiel  das  Gedicht 
..Der  Maskenball '".  in  dem  es  heisst : 

Süsse   Ileiiiiath,   fahre   liini 
Nach    der    Freiheit   Paradiesen 

Nehmen   wir  den   rasehen  Zug, 

Wo  in   heil  'gen   Waidverliesen 

Kein   Tyrann   sieh   Throne  schlug; 

und  wo  Lenau  eine  Antwort  auf  die  Frage: 
,, Warum  Polen  miLsste  sterben?" 

In  des  Raubthiers  wildem  Schreien, 
Und   im   Xiagararauschen 

suchen  will.  Hesonders  lehrreich  für  seine 
daiiudige  Stinniiung  sind  folgende  Worte 
aus  einem  Briefe,  den  er  am  16.  :März  1832 
geschrieben  hat : 

..Tch  will  meine  Phantasie  in  die  Schule, 
iu  die  noi-damerikanischen  Urwälder 
schicken,  den  Niagara  will  ich  rauschen 
hören  und  Niagaralieder  singen.  Das  ge- 
hört nothwendig  zu  meiner  Ausbildung. 
^Meine  Poesie  lebt  und  webt  in  der  Natur, 
und  in  Amerika  ist  die  Natur  schöner,  ge- 
waltiger als  in  Europa.  Ein  ungeheurer 
Vorrath  der  herrlichsten  Bilder  erwartet 
mich  dort,  eine  Fülle  göttlicher  Auftritte, 


die    noch    daliegt   jungfräulich    und    unbc- 
liilirt.  wie  der  Boden  der  Urwälder." 

Als  dieser  Brief  geschrieben  wurde,  war 
der  Entschlu.ss  schon  gefasst.  Kh  gab  zur 
Zeit  in  Deutscldand  geradezu  ein  amerika- 
nisches Fieber.  Der  Bonner  Arzt  Duden 
hatte  1829  eine  Reisebeschreibung  veröf- 
fentlicht, worin  er  das  Interesse  der  Deut- 
scluMi  für  die  westlichen  Staaten  der  ame- 
rikanischen Union,  speziell  für  Missouri, 
beanspi-uchte.  Nun  entstanden  in  fast 
allen  Thcilcii  Deutschlands  Auswande- 
i-ungsgesellschaften.  Unter  ihnen  befand 
sich  der  ..Uhner  Verein  für  Auswanderer", 
in  den  Lenau  sicli  einschreiben  lie.ss,  und 
dessen  Aktien  er  für  öOOO  Fl.  kaufte. 
(Das  Geld  hatte  er  als  Erbsehaft  von 
seiner  Grossmutter  erhalten.) 

Als  Lenau  sieh  dem  ITlmer  Verein  an- 
schloss.   war   es   seine   Absieht,   die  grosse 
Reise   im   ]\Iai   anzutreten    und   etwa   fünf 
Jahre  in  der  Fremde  zu  bleiben.     Er  stand 
in   Briefwechsel   mit   einem   jungen   polni- 
schen     Freunde,     einem     ausgezeichneten 
IMusiker,   der  mitfahren   sollte,   luid  zwar 
auf    Lenau 's    Kosten;    sonst    würde    dii 
Sehiffsgesellschaft  aus  lauter  schwäbischen 
Bauern   bestehen,    die   ihr   Glück   in    Mis- 
souri suchen   wollten.      Und  nun   trat  da> 
Pech  ein.    Der  polnische  Freund  beschloss 
zu   Hause   zu   bleiben,    und    es   kamen   ge- 
meine Schwindeleien  in  der  Geschäftsfüh- 
rung des  Ulmer  Vereins  ans  Licht,  infolge 
deren    Lenau    es    für    rathsani    hielt,   von 
dieser   Spekulation   zurückzutreten.      Den- 
noch gab  er  den   Reiseplan  nicht  auf.  ob- 
wohl  er  ihn   dahin   änderte,   dass  er  jetzt 
nach    Florida    gehen    und    überhaupt    nur 
einige  JMonate  in  Amerika   bleiben  wollte. 
Erst  Anfang  Juli   war  er  wirklich  unter- 
wegs.    L^nd  schon  die  Rheinfahrt  war  eine 
harte  Prüfung.     Das  Schiff  bewegte  sieh 
wie    eine    Schnecke,    und    es   gab   längere 
Pausen,    wo    es    sich    gar    nicht    bewegte. 
Schlechter  Proviant  und  mangelhafte  Ver- 
sorgung von  Seiten  der  Kompagnie  brach- 


.NAt  llTKAKüK    INlJ  ANDKUK   AltTIKKL. 


•63 


teil    »iiitcr    (Ich     liaiH'in    fiiic    l<ri«'^r<*risfln* 
Stiiiiiiiuii^  luTvor. 

Auf  ih'iii  Meere  j^iiij;  «'s  hesser.  und  <ler 
Dic-hter  fiu^'  au,  die  lau^r>;e|iflejrten  Traum- 
früellte  {rewisserii lassen  eiuzueruteu.  Meli 
rer»'  (Jeiliellte.  tlie  er  auf  der  l'elierfalirt 
euipfanp'U  lutt.  /euj;eu  von  j;ehol>ener 
Stiinuiuu^  utui  von  der  un^etrül)teu  Fäliitr- 
keit.  die  neuen  Kiiulrüeke  zu  tfeniesseu. 
^lan  verjrl«'i<'lu'  zum  lieispiel  ..S»'enu)r- 
gvu'\  Wi'leher  aidieht  : 

Der    Moryi'ii    frim'li,   div   Winde   ffut, 
I)i«'  Soiiiu'   ylülit    so   llellf, 
\'\ul    liraiiseixl    iirlit    es    thircli    <lie    FIntli. 
Wie    wiiiiijerii    wir   so   (u-hiu>ile! 


mit      den     stim- 


odor     ..Seejunjrfrauen ' 
mundvollen  Zeilen : 

Sinnen«]   starr'   ii-li    nacli    dem   iicllcn, 
Ciri'lizelilos*'!!    Meere, 
N:t<'li   des    Mondes   und    der   Wellen 
Wie  wandern  wir  so  schnelle! 

Wefien  des  Mangels  an  friselier  Nail- 
nui^'  verfiel  er  l»aM  dem  Skorbut,  .jener 
Krankheit,  die  in  der  alten  Zeit  so  vielen 
Auswanderern  das  Lehen  hitter  «reimieht 
hat.  Kndlieh  war  das  Sehitf  kein  s«'e- 
tü<-hlitres.  Kurz  nach  der  Ahfahrt  von 
Amsterdam  hatte  der  Zimmermaini  ei'- 
kliirt.  das  Diup  köiuie  im  ersten  Sturm  mit 
Main»  uihI  Maus  zu  (Jrumle  ^ehen.  lud 
Stürme  kamen  und  erre<,'ten  allfremein«' 
An«rst. 

Erst  am  12.  Oktoher  lantrte  das  SehilV 
in  Baltimore  an.  un<l  der  .sehwerfreprüfti- 
lyenau  M^in^r  ans  Land,  —  inu  sieh  mitten 
in  einer  furehtharen  Cludera-Kpitlemie  zu 
hetinden !  Aus  81.(MI()  Kinwohnern  Balti- 
mores sind  im  Jahre  \H'.i2  nicht  \venij;er 
als  '.\'ü'2  an  «ler  Seuche  fjestorhen.  Leicht 
kaiui  nuni  si<'h  die  (femüthsla(;e  des  Dich- 
ters vorstellen,  der  sieh  nun  im  Kxclnuj^'c 
Hotel  aufhielt  und  <lie  Din^e  ahuartete. 
die  da  kommen  sollten.  Kr  war  krank,  ohne 
hestinuiile  Alisieht.  ohne  Kenntniss  der  eng- 
lischen Sprache,  und  die  Si-uche  wüthcl«' 
um  ihn  her.  Im  Hotel  nuichte  er  die  Be- 
kauiits<'haft  eines  jun^'cn  deutschen  Stu 
<lenten.  der  auch  .Mtisiker  war  riul  eim«  m'- 


iiieinsiniie  Kunzerttour  in  .Mexiko  und 
Australien  vorschlug;.  Lenau  s«-lu'int  diesen 
l'lan  in  idiem  Krnsl  erwop-n  zu  ludu'ii,  liexs 
ihn  aller  hahl  fallen  inid  hcsi-hloss,  nach 
.\or«len  zu  fahren.  Irircndwie  war  er  auf 
den  <iedanken  trekommen.  seine  S<'hritte 
nach  dem  |)orfe  Kconomv  in  \V«*Mt-l*ennsvl- 
vanien  zu  wenden.  Also  kaufte  er  sjch  ein 
I'ferd  und  ritt  fort  auf  »Icr  trri»s.s»'n  Land- 
stni.s.se,  die  nordw«>stlich  führte.  Kr  war 
nur  drei  Wochen  in  Baltimore  j;ehli»'hen. 

Von  den  Kinzelheiten  dicsi's  kühh-n  No- 
veiidierritts  wi.s.s«'n  wir  nicht  viel.  In  Bed- 
ford.  reiina.,  machte  er  ILilt  und  lernte 
daselltst  einen  jrewis.sen  Alexander  Kiu^ 
kennen,  der  von  seinem  Violinspiel  so  ent- 
zückt war.  «la.ss  er  die  nähere  Bekannt.s<-haft 
des  intcres-santen  Fremd«'n  zu  nuiehen 
suchte.  Aher  Kill}:  konnte  kein  I)cut.s4-h. 
Lenau  kein  Knjrlis«h.  Schliesslich  verfielen 
sie  auf  das  Latein  und  radehre»-hten  ihirauf 
h»s.  um  mit  einander  zu  verkehren.  Bei 
der  Trennuji«^'  erhielt  Lenau  ein  Kxemplar 
Vi  II  Mitchell  *s  ••(liiide  Thioiurh  the  Tnited 
States"  mit  dci-  Zuci^nuiij;:  Alexander 
Kin>;  de  Bedfordia  «ledit  ad  ejus  amicum 
dominum  Niemh.seh.  In  Kconomy  anije- 
lan^rt,  ei  krankte  er  und  musste  mi'hrere 
\V<»chcii  im  Bett  lietrcn.  Das  war  die  Foljre 
des  Skorbuts  und  <lcr  Strapazen  ih's  Win- 
territtes von  Baltimore  nach  Kconomy. 

Nach  seiner  ({»'Uesunfr  iriuff  er  nach 
rittsliurtr.  wo  er  von  einem  d«'utscheu  Bür- 
«:er  .Namens  ('.  L.  Volz  frcuntllich  iM-wirthet 
wuide.  Der  Verkehr  mit  \'olz  hüeh  ihm 
fortjui  eine  an};enehme  Krinneruii};.  Am 
7  I''el>ruar  \H'.VA.  finden  wir  ihn  mit  Volz 
noch  einmal  in  Kconomy.  wt>  eine  Kap- 
pistenkolonie aus  Intliana  sieh  im  Jahre 
1S24  nicder^'ela.s.s^•n  Iwitte.  (Der  Ort  Im«- 
linilct  sich  am  Ohio,  untrefähr  20  Meilefi 
nordwestlich  von  Bittshur^r.  i  Kr  wollt«* 
sieh  eine  ..Kami"  kaufen,  von  d«'r«n  Krtraj; 
er  künftighin  wie  ein  LonI  in  Deuts<hlan«l 
leben  könnt«'.  Niitürlieh  «huhte  er  keinen 
Aiiirenhiii'k  «laraii.  .s«'lbst  Landbauer  zu  wer- 
d«Mi.       Kr    w«tllt«'    vielmi'hr    «li««    Kolle    des 


r(i4 


N'ACHTKAKGE  UND  ANDKRK  ARTIKEL. 


"gcntlrnum  f.irmei's"  spielen.  Diesen  Ge- 
tlnnUen  verfoljjciul.  jrin^  rr  b.ild  ii;ich  New 
Lishoii.  Oliio.  wo  er  in  neues  rnjrlück  ge- 
rit'th.  Kntweder  auf  «lern  Wege  nach  New 
Lisixin,  (tder  wie  iT  sieh  hindsucliend  in  den 
l)enaj-hl)artin  Wählern  herumtrieb,  wurde 
sein  Sehlitten  umgeworfen.  Er  bekam  eine 
.srhwere  Wuixle  am  K(»|)fe  und  iiiussle  nun 
wieder  mehrere  Tage  im  liett  liegen.  Wer 
könnte  es  ihm  verdenk«'n,  wenn  das  weitere 
Krisen  in  Anu'rika  ihm  .jelzt  gründlieh 
verleidet    wai'I 

Trotzdem  blieb  er  seinei-  Absicht  in  Be- 
treff des  Grundstückes  li-cu  und  kaufte 
sieji  bald  ein  solches,  aber  nicht  in  Ohio, 
wie  die  deutschen  Jiiographen  erzählen, 
sondein  ni  Crawford  Countv.  Pennsylva- 
nien.  wie  Dr.  liaker  ermittelt  hat.  Die  von 
Lenau  erworbene  Farm  bestand  aus  400 
Acres  Waldland,  wovon  der  grössere  Theil 
anbaufähig  wai-.  Im  Laufe  der  Zeit  wurde 
das  Grundstück  wegen  rückständiger  Steu- 
ern verkauft,  aber  von  dem  neuen  p]igen- 
thümer.  einem  gewissenliaften  INIanne.  er- 
hielt Lenau  allmälig  eine  anständige  Kauf- 
sunniie  zurück.  Die  Zahlungen  liefen  noch 
1>>47  ein,  als  der  unglückliche  Dichter  schon 
längst  dem  unheilbaren  Irrsinn  verfallen 
war. 

Der  Niagara  machte  auf  Lenau  einen  ge- 
waltigen Kiinlruek.  der  daini  in  den  spä- 
teren  Gedichten  ..Niagara",  ..Die  drei  In- 
dianer" und  ..Verschiedene  Deutung" 
nachklingen  sollte.  Von  der  Xiagaragegend 
fuhr  er  —  wohl  im  April  iS.Sii  —  ü])er 
Albany  nach  New  Yoi-k. 

Das  ^lerkwürdigste  ist  nur.  dass  ein 
^lensch  solchen  Erfalirungen.  wie  Lenau 
sie  in  Ohio  und  IVinisylvanien  gemacht  hat. 
überliaupt  Poetisches,  abgewinnen  konnte. 


Der  rrwald  hat  gewi.ss  seine  Poesie,  aber 
in  diesem  Falle  halten  Zeit.  Ort.  Kälte 
schlecht«'  Begleitung,  l'nkeiujtniss.  »e- 
.schäftlicher  Zweck  und  i)hysi.sches  l'nbo- 
liagen  dazu  beigetragen,  alle  Naturpoesie 
zu  \'erniehten. 

Aber  nicht  in  seinen  Gedichten,  sondern 
in  seinen  Briefen  finden  wir  den  stärksten  i 
und   derb.sten    Au.sdruek   jenes  ]\Iissiiiuths, 
<ler  sieh  endlich  zu  den   Aeu.sserungen  zu- 
spitzte. Amerika  sei  ..das  wahre  Land  des 
Fnterganges.  der  Westen  der  ]Men.schheit". 
und  die  Auswanderung  nach  Amerika  sei 
..die  schlinnnste  Frucht  der  üblen  Verhält- 
nisse  in    Deutsehland".      Die   Punkte,  um' 
welche  Lenaus  wegwerfende  Aeusseningen  'i 
sich  meistens  drehen,  siiul  namentlich  die  [ 
kalte,  eintönige  Natur,  die  kalten,  rauhen,»; 
ausgebrannten    ^Menschen,    die    allgemeine; 
Jagd  nach  Geld  und  der  Bildungsmangel  \ 
der  amerikanischen  Frauen.     Er  sehreibt  ; 
einmal,  der  Amerikaner  kenne  nichts,  suche', 
nichts  als  Geld;  es  gehöre  .,eine  Niagjir. 
stimme  dazu,  um  diesen  Schuften  zu  |)i>- 
digen.  tlass  es  noch  höhere  Götter  gebe  als  i 
die  im  ]\Iünzhause  geschlagenen".  An  einer», 
anderen    Stelle    sagt    er,    die    Amerikaner  >t 
seien    ., stinken  de    Krämerseelen,    todt   für '! 
alles    geistige    Leben."      Fnd    so    weitei 
Hierüber  lässt  sich  mui  im  allgemeinen  be-  ; 
merken,   dass  Lenau   in   Amerika  meistens > 
mit    echten    Hinterwäldlern    verkehrt  hat.  i 
Hat  er  denn  etwa  unter  diesen  vortreffli-f' 
eben  ^fenschen  Kunstsinn,  Feingefühl,  dim 
weiten  Blick,  und  .schöne  Lebensformen  zu 
finden  erwartet?    Von  dem  wirklichen  am 
rikanisehen  Leben,  wie  es  sich  damals  in  >. 
besseren  Kreisen  gestaltet  hatte,  hat  er  - 
gut  wie  nichts  gesehen. 


NACHTHAEGE  UND  ANDKHK  AKTIKKL.  705 

Eine  deutsche  Jahrhundertfeier. 

HUGO  MUIlNSniRBKKG.   Proletsor  an  der  Harvard   Univcrsitact. 

Dif   Drutsfli«'!!   Aiiu'rikas  liahni   iiiciiwils  Im     AkadiMiiij-^clwiiiil«'     /.u     hi-rliii     Iwit 

vt'i-sämnt.     di«'     nniss«'ii      Kriimrniii^,r<tafr«'  Kiclitr  dm   Winter  vnn   ISO?  I»is  1M(»H  Iiii|. 

dfutschcr   In'istcsp'st'liiclit»'    in    Tniic   niid  diiicli    xnr    (icliildrti-ii    aller    Stand«*   seine 

liejreisteruiJ^;  zu  feiern.     Sie  wurdt'n  zu  er-  tiaiiinienden    Ke<|en    frelialten.     ..SehwiTte»- 

hflu'ndeui    Anlass.    in    ernster    Seihst itesin-  i.nd    Blitze"   wollte  er   reden.      Vnd   nielil 

nun«;  sieh   klar  zu   werden.   \va.s  die   Deut-  «gefahrlos  war  die  That.     Ktirz  ztjvor  vrni 

sehen  der  Neuen   Welt   mit   der  alten   Hei-  hatte     .Napoleon     einen     Bu<-hhändler     er 

math  verhindet    un<l   was  ilire  t.'emeiusame  seiiiessen     lassen,     der    eine     fran/.osenuii- 

AutV'dx'  «iiid  IMIieht  in  der  neuen  Heimath  lieundliehe     Sehrift     verhreitete.       Fiehto 

sein  soll.     Noeh   ist    lehendi^r   iu   uns  allen  wus.st«'  W(»hl.  dass  er  Wahrheiten  ausspre- 

die    Weihestiuule    dir    .SehillerfVier.      l  inl  ihen    würde.    ..die   vor   den    (Jeriehten    de.s 

.sehou  lenkt  eine  andere  dahrhundert-IOrin-  h^eindcs  des  Todes  sehuhlipr  sintl".  .Mmt  die 

uoruiijr  deu   Hliek  aufs  neue  zu  den   IMlie-  Furilit   voi-  der  (Jefahr  konnte  seinen  sitt- 

ta«;en    deutsehen    Gfi.sti'sh'heus.      Niilit    ai'  liclu-n    Muth    nicht   s<-hre«'ken.     ..Nur  ühyr 

das  SehalTen  (h-r  f;ros.sen   Dieiiter  ^'emahht  den    Tod    hinweg,    mit    einem    Willen,   «leii 

sit'  uns  diesesmal.  sondern  an  eine  |)eid<er-  niehts.  aui-h  der  Tod  nieht.  heujjt  und  ah- 

that  —  an  eine  l)eid<erthat.  die  nieht   ver-  schreckt,    tauirt    <ler    Mensch    etwas."      In 

•;e.s.sen    werden    darf,    solantre    es    Deutsche  diesem  (jiei.ste  trotzte  er  den  Vt-rächtern  de^ 

auf  Erden  fjiebt :  im  Spätherbst  des  Jahres  Vaterland«'s. 

1S(I7  hefrann  Johann  (Jottlieb  Fichte  .seine  ^^,^^.,.  ^,^.,.  _^,^^,,^  ^^„^.j^^  ,^..,j^.  ^^j^.,,,  ^_^,  ,^,,.j_ 


..Ke<lcn  an  die  deuts<-he  Nation". 


hender  Wirkuu«;  {geführt  ;  eiiu»  f;ros.se  Neu- 


Das  deutsche  He.,-h  war  iSO.i  zusamn.en-  .„,„,,„„„^,  ,,„„„  „i,.,„,,|,  „,„  Alltajrs-e<lan- 

t;e.sturzt.    Napol is    Frem.lhcrrschaft    zer-  ,.,.,,  ,„.,,.„,^„.,„.„    „„,,,  ,,,.„„  ^j,.  .„jt  Muth 

trat   die  deut.schen   IIofTnun-cn   un  tjanzen  ,,,,,,  ,^,.j,,.i.,,,.,.„„^,  v.»rt;et raffen  sin.l.     Dau- 

Lande.    der    franz.iseln.lc    Kheud.un.l    I.e-  ,.,  ,„1,.  xvi,.|<„„^;  ...-zielen  nur  wirklich  neue 

kun.lete  .he   (Jhnmacht   «Ics  .h.utsch.-n   (i.-  ,;,.,,,,„|.,.„     ,,i,.    ,„„    ,1,.,,,    üi•fsW^^    (Jrunde 

<lankeus.  der  Friede  von  Tilsit  zerstörte  ilas  .  ,                      ,     .           o     ;  ,          1 ....   1. .;.» 

sudi  empor  arbeiten.     So  ist   es  (l«Min   kein 

letzte     Bollwerk     deut.scher     Kraft.       Die  „,.,,,         ,          .11      1    w     .         1  „ 

Ziitall.  dass  das  ent.scheidende  W  (»rt  in  «ler 

preu.ssisehen    Ileere   waren    vernichtet,   die  .         ,       ,        v-     •                •        i  • 

.        ,         ,,                ,  Stunde    der    Notli    voll    den    Lippen    eines 

hestuncen     verloren,     in     der     Hauptstadt  „              ,            ,             ,           1.       ..  1  1    . 

,.,.,..,           .         ..  •     ,       .,          ,    c.  .Mannes  kam.  der  in  der  stillen  delehrten- 

Berliii    verhöhnte    französische    lieri-schatt  •      m         • 

,■      ^,   ,           1      1         1,     •      .                          1        •  stub«*  zu  den   letzten   lM-at;en  »Ics  .Mclisclicn- 
die   Scfimach   der   Hesiejrteri :   nirt;ends  ein 

,,      ,  ^              ,                           ,.     ...  m'i.sti's    vori;edrunj;en.       r  ichtes    ..\N  is.sen- 
runkt.   von  dem  aus  neue   Kratt   zu  .sam- 

mein.     In  dieser  Stunde  tiefster  Scham,  da  >^'-i'"ftslehre"  steht  neben  Kants  \  ernunft- 

das     .S<.hw..rt     .ler     Krie-er    v..rsatrt...     .la  '<'''' '»^    »'^    "'"**    »f'waltiK'st,.    W..|tans..hau. 

wurde  .ler  (i.'ist  h-b.-n.li};.     Der  (Jlaube  an  <i"^'^<^v..rk  .la.  .las  zw.-itausen.l  .laiin-  .l.-ut- 

d.-n  heili^r,.,,  Werth  .l.-s  I).-uts..hthums  fan.i  '<'-»"'»'  <J"-s<'lii<-l'te  lierv..rKr,.bra.-lit.     Nur  aus 

das  b.-}reisternde  Wort,  .las  w.-it.-r  wirken  «'»l''»'«''-    Ti.-f.-    .l.-s    (J.-.lank.Mis    sin.l    der 

sollte,  bis  s.-.-hs  Jahre  später  die  Freiheit»  .Mens.-hheit  Hll.-z.-il  .li.-  wahrhaft   befr.-i.-n- 

krie^re    jr«-kämpft     und    s.*ehs    Jahrz.-hnte  «b'H    I«h'eii    .-i-stand.-n :    im    h-tzt.-n    (Jrunde 

später  das  neue  .l.-utseho   R.-ich   ruhmvoll  war  .-s  .lo.-h  stets  die  .stille  Denkarb.-it  «ler 

ei*siept  ward.  irn>ssen    riiilosoplien.    .lie    schliesslich    alle 


766 


XACHTRAEGE  UND  ANDKHE  ARTIKEL. 


rm\välzun«r('ii  in  der  KiillMrirfsiliirlitc  fiii- 

geli'iti't. 

Für  V'whXe  konnte  diiniber  kein  Zweifel 
sein,  (lass  die  Neuerstehnnfr  Deutsehlands 
nieht  von  änsserüehen  Gliickszutallcn  cr- 
liofft  werden  durfte,  sondern  dureliaus  von 
einer  iini.Trn  rinjreslaltuni?  des  Volkes  al)- 
häniri^'  war.  Hine  Xeuirebnrt  des  deutschen 
(ieistes  inuss  einsetzen.  Die  Deutsehen 
müssen  sieh  klar  werden,  was  ihre  heson- 
(lere  AutVahe  in  der  Welt  sei  und  wie  sie 
sieh  scheiden  von  allen  anderen  Nationen. 
Ist  aber  erst  der  wahiH*  deutsche  Geist  er- 
kannt, dann  iiiu.ss  er  zum  Mitteli)unkt  des 
nationalen  Daseins  werden.  Dazu  aber  be- 
darf es  einer  duivhaus  neuen  nationalen 
Erzieluui.u'.  welche  die  gesannnte  Jugend 
mit  deutschem  Geiste  durchdringt.  t?o 
konnnt  es  denn,  dass  die  treibende  Kraft 
der  Reden  an  die  deutsche  Nation  in  der 
B^rage  liegt,  was  es  bedeute,  ein  Deutseher 
zu  sein,  welche  [Mittel  dem  Deutschthum 
dienen,  welche  Pflichten  das  Deutschthum 
in  sich  trägt,  welche  Rechte  das  Deutsch- 
thum beanspruchen  soll. 

Nirgends  aber  kann  alles  das  heute  nach 
hundert  Jahren  voller  wiederklingen,  als 
in  der  Seele  des  Deutschen  in  der  Neuen 
AVeit.  Auch  er  sieht  mit  offenen  Augen, 
wie  fremde  Sprache  und  fremder  Geist  sein 
Deutschthum  bedrohen  und  untergraben, 
inid  auch  er  fragt  sich  luiwillkürlich.  ob 
denn  der  Deutsche  eigentlich  eine  beson- 
dere Aufgabe  in  der  Welt  besitze,  die  er 
festhalten  soll  inmitten  des  andern  Lebens, 
das  ihn  umgiebt.  Gewiss  ist  die  Lage  im 
wesentlichen  unvergleichbar:  kein  Napo- 
leonischer Tyrann  bedroht  den  Deutschen 
hier,  der  Fremde  ist  nicht  in  seine  Gehege 
eingebrochen,  sondern  mit  frohem  Hoffen 
hat  er  selbst  den  Fremder  aufgesucht,  um 
mit  ihm  mitzu-^^beiten  im  Aufbau  einei 
neuen,  »vunderreichen  Welt.  Fnd  der 
Fremde  ist  kein  stammesfremder  Franzose, 
sondern  der  nahverwandte  Angelsachse,  der 
ihn  so  viel  des  Trefflichen  lehren  kann.  Und 
dennoch  bleibt  es  dabei,   da.ss  er  nur  mit 


Wehmuth  uiul  Zagen  das  Deutschthinn,  das' 
.Miliinnen  ül)er  den  Ozean  trugen,  in  der  j 
täglichen  Reibung  zerkrümeln  sieht  und ' 
dass  ('!•  innner  wieder  fragend  ausblickt,  ob! 
nicht  inmitten  des  neuen  Le])ens  der  Geist 
dei"  alten  Ileinuith  erhalteii  bleiben  kann.  ■ 
In  diesem  Sinne  sind  die  Reden  an  die  i 
deutsche  Nation   für  uns  geschrieben. 

Füi'  uns  ist  es  geschrieben,  wenn  Fichte  i 
sagt :  ..Der  ]\Iensch  wird  leicht  unter  jedem  j 
Himmelsstriche  einheimisch,  und  die  Volks- 1 
eigenthümlichkeit.  weit  entfernt  durch  den  ! 
Wohnort  sehr  verändert  zu  werden,  be- 
herrscht   vielmehr    diesen    und    verändert! 


ihn  nach  sich 


Nur  darauf  konnnt  es  ' 


an.     (lass     diese     Sprache     ohne     Cnter-i' 
brechung  fortgesp  rochen  werde,  indem  weit! 
mehr  die  ]\Ienschen  von   der  Sprache  ge-  ' 
bildet  werden,  denn  die  Sprache  von  den  . 
[Menschen."     Für  jede  fremde  angeeigni ' 
Sprache  gilt  es  ja.  dass  ..obwohl  eine  solcli>- 
Sprache  durch  den  Wind  des  Lebens  bewegt 
werden  mid  so  den  Schein  eines  Lebens  von 
sieh  geben  mag,  so  hat  sie  doch  tiefer  einen 
todten  Bestandtheil  und  ist.  durch  den  Ein-  , 
tritt  des  neuen  Anschauungskreises  und  die 
Abrechnung  des  alten,   abgeschnitten  von 
der    lebendigen    Wurzel."      Und    wiederi, 
scheint  es  für  die  Deutschen  in  Amerika  ; 
geschrieben,  die  an  der  Erschliessung  desi 
Landes  tapfer  mitgewirkt:    ..Unter  den  be-r 
sonderen  [Mitteln,  den  deutsehen  Geist  wie- 
der zu  heben,  würde  es  ein  sehr  kräftigest 
sein,  wenn  wir  eine  begeisternde  Geschiehtci' 
der  Deutschen  aus  diesem  Zeitraum  hätten,' 
die  das  Volksbuch  würde,  so  lange,  bis  mr 
selbst    wiederum    etwas    des   Aufzeichnens' 
Werthes    hervorbrächten."      T'nd    wiederi; 
spricht  Fichte  von  uns:    ..Das,  was  eigent-«. 
lieh  in  die  Verworrenheit  über  unsere  Lagei 
uns  stürzte,  war  die  süsse  Selbstzufrieden-»; 
heit  mit  uns.    Es  war  bisher  gegangen  und  , 
ging  eben  so  fort;  wer  uns  zum  Nachden-'] 
ken  aufforderte,  dem  zeigten  wir  triuniphi- 
rend  unser  Dasein   und  Fortbestehen.  da.s 
sich  ohne  alles  unser  Nachdenken  ergab.  Es 


XAIMTKAKCK    TM)  ANMKIti:   AKTIKKL. 


767 


<;iii<;  iilii-r   nur  (lariiiii.   weil   wir  niclit    auf 
die  l*rt)l)e  m'stfllt   wunlt'ii." 

Till  alirr  üImt  dit'st's  i;li'ic|i(;ülti^«'  'An- 
fallsfortl)t'stt'lifii  walirhaft  liinaus/ukMin 
iiM-n.  tliiit  aiit-li  UMS  li('iit«>  «'iti<>s  viir  alliMii 
iiiitli:  «'S  ^'ilt  int  tiffstrii  zu  lM'j;n'ifrii.  was 
der  Sinn  des  Di'utKclitlnnns  sein  soll.  Denn 
das  wird  d(M'li  nun  wohl  von  allen  Seiten 
deutlieh  erkannt,  dass  tlieses  kraft«'rfüllte 
\'«»lk  nnter  dem  Sterneid)anner  nieht  etwa 
ein  Volk  von  Kn^rländern  sein  darf,  in  dem 
ilas  Nielitentrländerthum  spurlos  aufdrehen 
nujss.  sondi'rn  dass  die  tüeht irrsten  Natio- 
nen der  alten  W«'lt  hier  zu  neuer  einheitli- 
i-her  N'erseiniielzun«;  ^'elantrt  sind  ini<l  <lass 
jeder  N'olksstamm  nnr  dann  der  nenen  Ilei- 
math  würdijj  ist.  weini  er  unahlässif;  sein 
Ki^enstes.  sein  Bestes,  st'in  rrspriinfj- 
liehstes  zum  neuen  (Jemeinwesen  lieiträjrt. 
.\ur  dann  dient  dei-  Deutsehe  dem  neuen 
\'aterlande.  wenn  er  das  edelste  Deutseh- 
thum  in  dieser  Neuweltl)ildunü:  zur  Gol- 
tnn«r  brin«rt.  Das  deutsehe  Lied  und  der 
Weihnaehtshaum  sind  dafür  wahrlieh  nielit 
{jenut;.  ^'ür  uns  hat  Fiehte  es  ein  für  alle- 
mal t;esatrt.  was  es  bedeute,  ein  Deut.seher 
zu   heis.sen. 

Die  Lel)«*nsautfa.ssunjr  und  Weltansehau- 
un«r  trennt  ilen  Deutsehen  von  allen  ande- 
ren Nationen  uml  adelt  seine  Gesehiehte. 
l'm  zu  (hin  (^uell|)nnkt  zu  weisen:  Alle 
Anderen  trlaul>en.  dass  die  tiefste  (Jrund- 
laf;e  der  Wirklichkeit  ein  besteheinles  Sein 
ist.  der  Deutsehe  ist  überzeU},'t.  dass  das 
tiefste  Wesen  «'in  Wollen  ist.  Weini  die 
Welt  ein  Sein  ist,  so  ist  tlieses  fjanze  Welt- 
j,'etri«*be  niehts  als  ein  unendliehes  Spiel 
von  l'rsaehen  und  Wirknnjreii,  wir  selbst 
sind  dann  unfrei  und  das  Leb«'n  hat  keinen 
anderen  Werth.  als  die  Lust,  die  uns  zu- 
fällt :  na«h  Lust  jajjen  und  S<*hmerz  vor- 
meiden, ist  daiui  tue  einzitre  Auftrabe,  «lie 
für  den  Mensehen  Sinn  hat.  Wenn  dii' 
Welt  dajrejren  ein  ewiires  Wollen  ist.  so 
liefjt  der  Sinn  alles  MensehenlelH'us  viel- 
mehr darin,  ohne  Hüeksieht  auf  die  eijrene 
Pei-son  luid  somit  ohne  Hüeksieht  auf  L\ist 


und  Sehmerz,  luieli  den  ewijj  (riilti^en  Wil- 
lenszielen zu  streben.  Nur  die  reinen 
Welt  he.  di«'  vom  (lefallen  ties  Kiiizelnen 
nnabhiinvri^  sind,  nur  die  Kehle<-hthin  ^ül- 
ti^eii  Idi'ale  Werden  dann  zum  LelxMisin- 
halt  des  Kill/einen  tnid  i\rr  <!emeinseliaft 
Aueh  die  Anderen  iiniiren  um  Wis.sensehaft 
und  Kunst,  um  Sittliehkeit  und  Fort.sehrilt 
sieh  iHMiiühen.  aln'r  .sie  KUehen  djLs  Wis.sen, 
tlamit  es  .Nutzen  iirin^je;  und  die  Kunst, 
damit  sie  jft'fälli'pr  unterhalte;  die  Sittli<'h- 
keit.  damit  sie  das  Wohlbehagen  der 
.Mensehen  verbreite;  und  den  Fort.sehritt. 
damit  er  «lem  Vortheil  «liene.  Der  wahre 
(o'ist  des  Deutseht huins  aber  will,  «lass  tia  ; 
Wahre  uikI  Schön«-  und  (Jute  ei^tn-bt  wir«! 
um  sein«'r  s«'lbst  willen;  ni«*ht  weil  ««s  Nut- 
z«'n  schafft.  s«nnlern  w«'il  es  an  sieh  «'wijf 
werthvoll  ist;  ni«ht  weil  es  Lust  bringt, 
sondern  weil  die  l'llieht  «'s  jr«'lM*ut.  am  Auf- 
bau einer  Welt  ih'i'  Wertlie  mitzus«-haffen 
od«'r,  wie  Fiehte  sajft :  ..Kwijf  dau«'rndes  zu 
vert1«'chten  in  s«'in  irdisches  Tap'W«'rk." 

In  «liesem  Sinn«*  sajift  Fiehte  von  den 
Deut.sehen.  im  ({«'t.'-ensatz  zu  allen  anderen 
N'ölkein.  nur  l>ei  ihnen  ..^rreift  di«*  (i«'ist«*s- 
bildunj;  «'in  ins  Leben ;  b«'im  Ciej;«'nth«'ile 
treht  fjeistijj«'  HiMunir  und  LcIhmi  je«le.s 
s«Mn«'n  (jan^;  für  si«'h  f«»rt".  Den  Deutschen 
ist  es  ..mit  alier  Geistesbilduntr  rechter 
eijr«Mitlich«'r  Krnst ".  den  amh-rn  vi»'Im«'hr 
..ein  freniali.s«'hes  Spiel,  mit  «lein  sie  niehts 
Weit«'r  wollen.  Die  h'tzteren  haben  G«'ist  ; 
die  ei-stereil  haben  ZUIll  Geist  an«'h  niM'h 
(leiiiüth.  Di«'  erst«'r«'ii  haln-n  r«'dli«-hen 
Fh'iss  und  Krnst  in  allen  Din^«*n  und  sind 
mühsam,  da^'e^en  di«*  letzteren  sieli  im  Ge- 
h'ite  ihr«r  j;lückli«'h«'n  Natur  (r«'lien  lassen". 
So  wir«!  ..«l«'r  deut.s«-!»»  (Jeist  neue  S«'ha.'li- 
t«'n  eröffn«'!!  und  Li«'ht  und  Tajj  «'infülir«'n 
in  ihr«'  Ab^n-ün«!«*.  tni«!  F«'lsma.ssen  von  Ge- 
«laiik«'!!  schlemh'rn.  aus  denen  «li«*  zukünf- 
tijren  Zeitalter  si«-h  Wohnunu'cn  «'rbau«'n" 
.,l)«'r  «'ijr«'ntli«h«'  rnt«'iNehei«liniK'st;run«l 
li«'>ft  «larin,  «il)  man  an  ein  absolut  Krstes 
uml  riNprünj;li«'h«*s  im  .M«'iiscln'n  s«*!!)«».*. 
an    Fr«'ih«Mt.   an    un«'n«lli«h«'    Vj'rln'ssiTlich- 


7f)8 


NACHTRAEGK  J-XD  ANDERE  ARTIKEL. 


ki'il.  an  i-w  i^fs  Fortschreiten  unseres  Ge- 
schleehtes  frhuihe  oder  uh  man  an  alles 
dieses  nicht  erlaube".  ..Wer  in  der  That 
nicht  mehr  ist  als  ein  (ilied  in  dei*  Kette 
dei-  Hrscheinun»ren.  der  kaiui  wohl  einen 
Auj;enhliek  sich  frei  wähnen,  aber  .seinem 
strenireren  Denken  hält  dieser  AVahn  nicht 
stand  :  wie  er  aber  sich  .selbst  findet,  eben 
alsi)  denkt  er  nothwendij;  sein  jranzes  Ge- 
schlecht. We.s.sen  Leben  dagegen  erijritfen 
ist  von  dem  AVahrhaftiiren.  der  ist  frei  luid 
j.'lanbt  an  Freiheit  in  sich  und  anderen". 
„Aber  die  "Wurzel  aller  Sittlichkeit  ist  die 
SelbstbehiM-rschuntr,  die  Selbstüberwin- 
dunjr.  die  rnterordnuni;  seiner  selbstsüch- 
tip:en  Triebe  unter  den  liegritT  des  Ganzen*'. 

Aueh  das  Leben,  das  uns  umj?iebt.  ist 
auf  Lu.st  und  Nutzen  gerichtet;  der  grö.sst- 
mögliehe  Geuuss  der  grösstmöglichen  Älasse 
.scheint  das  triviale  Nützliehkeitsziel  des 
ganzen  Gemein.schaftslebens:  Da  soll  sich 
der  deutsche  Idealismus  erheben  und  im- 
mer wieder  durch  .seine  That  den  Glau- 
Ixn  daran  beweisen,  dass  unser  Leben  nieht 
um  des  Genusses,  .sondern  um  der  Pflicht 
willen  uns  gegeben  ist.  Für  uns  hat  Fichte 
es  seinen  zagenden  Hörern  zugerufen :  ,,Wir 
müssen  eben  zur  Stelle  werden,  was  wir 
ohnedies  sein  sollten,  Deutsche.  Wir  sollen 
unseru  Geist  nieht  imterwerfen  ;  so  mü.ssen 


vvii-  el)en  vor  allen  Dingen  einen  (.icist  uns 
anschaffen,  und  einen  festen  und  gewis.sen 
Geist;  wir  müssen  ernst  werden  in  allen 
Dingen,  und  nicht  fortfahren,  blos  leicht- 
sinnigerweise und  nur  zum  Scherze  dazu- 
sein; wii-  müssen  uns  haltbare  und  uner- 
schütterliche Giuuulsätze  bilden,  die  allem 
unserem  ü])rigen  Denken  mid  unserem 
Handeln  zur  festen  Kichtschnur  dienen. 
Leben  und  l)eid<en  mu.ss  l)ei  uns  aus  einem 
Stücke  sein  und  ein  sieh  durchdi-ingendes 
und  gediegenes  Ganzes;  wir  müssen  in  bei- 
den der  Natur  und  dei-  Wahrheit  gemäss 
werden  imd  die  fremden  Kunststücke  von 
uns  werfen  ;  wir  müssen,  um  es  mit  einem 
Worte  zu  sagen,  uns  Charakter  anschaffen: 
denn  Charakter  haben  und  deutseh  sein  ist 
ohne  Zweifel  gleichbedeutend". 

Die    Jahrhundertfeier    der    Fichteschen 
Reden  an  die  deutsche  Nation  wurde  nieht. 
wie   der  Schillertag,   mit   Strassenparaden 
und   Festchören   gefeiert.      Aber   wahrlich 
spurlos   sollte    sie    nicht    vorübergegangen  «; 
sein.      Sie    sollte    nicht    vorübergegangen    ■ 
sein,  ohne  dass  die  Deutschen  der  Neuen  »i 
Welt  diesen  Geist  des  Fichteschen  Deutscli 
thums  in  sich  vertieften,  um  sieh  ihrer  uii 
erschöptiichen  Aufgabe  lebendiger  bewu.s.sl 
zu  werden  — ..denn   Charakter  haben  und  r. 
deutsch    sein    ist    ohne    Zweifel    gleiehbe-  i 
deutend". 


NA»  llTKAKtiK    IN    AM»i;Ui:   Ah'TlKKL. 


reo 


Deutschland  und  Amerika  in  der  Weltpolitik. 

Von   Professor  John  W.   Burgess,  (New   ^ork). 


Dio  lii'uti«:»'  politisfhr  Wi'lt  ist  in  (Jiili- 
rung  hopriffcii,  liauptsä«'hlicli.  wril  die 
grössti'ii  Miiclit»'  lies  «•uropäisriicn  Fest- 
lands. Asiens  und  Amerikas  den  Zustand 
der  nationalen  Kiidieit  und  Konsolidinuii^ 
«•rlangt  haben  und  auf  die  Bühne  tler  Wrlt- 
politik  fjetreten  sind.  Diese  drei  grossen 
Mäehte  sind  Dnilschlaml.  die  Vrr.  Staalt  n 
und  JaiKiii.  Diese  drei  grossen  Staatm 
vertreten  in  erster  Reihe  die  Zivilisation 
der  Ztikunft.  und  es  ist  ihi'«'  unahwt'isliilie 
IMIieht.  diese  Zivilisation  in  aiulere  Welt- 
theili'  »'inziiführtn.  Ks  ist  nicht  hios  eim- 
Hegierungspolitik  oder  eine  Ilerrscherpo- 
litik.  um  welche  es  sich  handelt,  sondern  es 
ist  die  expansive  Macht  von  drei  gn)ssen. 
fortsehreitend«'n.  mndernen  Völkern,  die 
sowohl  die  IMIieht  als  die  Macht  fühlen, 
nicht  nur  sich  innerlich  zu  entwickeln,  son- 
dern auch  der  Weltzivilation  Itcliültlich  zu 
sein. 

Oestatten  Sie  mir.  die  heutige  Weltlage 
kurz  und  annäherml  darzulegen.  Die 
Land-Ohertläche  der  Erde,  soweit  sie  heute 
hekaiuit  ist.  misst  ungefähr  r)2.öU0.0U(l  eng- 
lische Quadrat meilen  und  ist  von  migefähr 
17fK».CMK).()(M)  Menschen  bewohnt.  Von  die- 
ser Oberfläche  und  Bevölk«'rtnig  gehören  zu 
Asien  ungefähr  IT.'iOO.tKK)  (^uadratmeilen 
und  1(MKK(MM1.(MK)  Einwohner;  zu  Kuropa 
ungefähr  :i.H(M),(XlO  (^uadratmeilen  und 
etwas  mehr  als  4(«t.(KMi.<>(i(i  Kinwuhner;  zu 
Afrika  ungefähr  12.<KM».1KM)  l^uadratmcilen 
und  I .")(».( KU  1.00(1  Einwohner:  zu  Auslral- 
asien  ungefähr  :{.(;(M>.(KKI  (^uadratmeilen 
und  ß.fXXJ.CHM)  Einwohner:  zu  Nord- Ame- 
rika ungefähr  7.S(K),(¥K»  (Juadratmeilen  »nid 
nO.fMX).O(K)  Einwohner:  zu  Mittel-Amerika 
luid  den  West-Indischen  Inseln  juigefähr 
270.000  Quadratmeilen  und  10.(KK).000  Ein- 
wohner; inul  zu  Süd-Amerika  ungefähr 
7.r)0O.OfKI  Quadratmeilen  und  40.000.000 
Einwohner,      r.-li.nlif«;   müssen    wir   ange- 


ben, dass  die  südliciie  Hälfte  von  Asien  un- 
gefähr !»00.(MM».(MM»  ,jrr  Tau.send  .Millionen 
Einwohner  Asiens  enthält,  und  die  süd- 
liehe Hälfte  von  Nord-Amerika  ungefähr 
1(M».0(MMKK>  der  1 10.0(M>.(K)()  Einwohner 
.NMnI-.Xiiicrikas.  Die  verhält nismä.ssig  tni- 
bewithnten  Theile  der  Erde  sind  daher  <lie 
nördliche  Hälfte  von  Asien,  die  nördliche 
Hälfte  von  Nord-Amerika.  Australasien. 
.Vfrika  und  Süd-Amerika.  In  anderen 
Worten,  während  tue  südliehe  Hälfte 
Asit'us,  das  ganze  Europa  und  die  südliehe 
Iläiffc  .N(inl-.\merikas  sieh  über  nicht  mehr 
als  ein  Drittel  der  Erdoberfläche  er- 
strecken, enthalten  sie  mehr  als  fünf 
Sechstel  der  Einwohner  der  Erde. 

Natürlich  spielt  sieh  hier  das  grosse 
Drama  il'v  Weltzivilisation  ab.  Tnd  weil 
vom  Standpunkt  der  Entwicklung  der  Zivi- 
lisation .Nonl-Amerika  ein  neues  Europa 
ist,  dürfen  wir  unser  Gesichtsfeld  noch 
enger  gestalten,  d.  h.  wir  dürfen  sagen, 
dass  die  zwei  grossen  Faktoren  in  der  Zivi- 
lisation der  Welt  der  sii<Uich(  asiatischr 
inid  der  (Uf'opäischc  Kontinent  sind.  Ob. 
in  Bezug  auf  seine  Bevölkerung,  Europa 
blos  ein  neues  Asien  wäre,  wissen  wir  nicht 
genau.  Die  alten  Ethnologen  haben  das 
behauptet;  aber  es  giebt  eine  neue  Schule, 
die  die.se  Behauptung  abweist.  Wi«*  dem 
auch  sei,  dürfen  wir  behaupt«'n.  da.ss.  wäh- 
rend Asien  alle  gros.sen  Keligionen  hervor- 
gebracht hat.  Europa  alle  grossen  Staaten 
ge.schatTcn  hat,  besondei-s  alle  gros.sen 
modernen  Staaten.  Die  asiatischen  Staaten 
sind  natürlich  inid  lutth  wendigerweise 
Thcdkratieen  gewesen,  weil  das  asiatische 
CJenie  so  ganz  überwiegend  n'ligiös  ist. 
Dies  ist  ganz  nothwendig  die  erste  Staat«- 
form  in  der  Reihen f<»lge  der  Formen  in  der 
Ent Wickelung  des  Staates,  id)er  sie  ist  eine 
nie<lrigstehende  Form  der  politischen  Zivi 
lisation    und.    wenn    sie    nieht    durch    das 


70 


NACHTRAEGE  UND  ANDERE  ARTIKEL. 


Fortschreiten  zu  einer  höheren  Form  über- 
winiilen  wird,  verni-saeht  sie  den  Still- 
stiuul  und  dann  den  Küek^'an^  und  die 
Entart untr.  Dies  ist  das  Sehieksal  Asiens 
gewesen,  während  Kuropa  von  Stadium  zu 
Stadiinii  der  politischen  Organisation  fort- 
ge.sehritten  ist,  bis  es  nicht  nur  zu 
einem  selir  hohen  Zustande  der  politischen 
Zivilisation  gebracht  hat.  sondern  sich  als 
die  Trägerin  derselben  nach  den  anderen 
AVeltthcilcn   darstellt. 

Die  modernen  Kolonialmaechte. 

Kuropa  hat  diesen  letzten  Auftrag  haupt- 
sächlich dadurch  ausgeführt  und  führt  ihn 
dadurch  noch  aus,  dass  es  Kolonien  überall 
geptlanzt  hat  oder  abhängige  Gebiete  hält 
oder  Sehutzherrschaften  behauptet.    Heute 
liält  Kuropa  beinahe  die  Hälfte  Asiens,  das 
ganze  Australasien,  fünf  Sechstel  Afrikas 
und  die  Hälfte  Nord-Amerikas  unter  diesen 
vei-schiedenen    Formen    der    Abhängigkeit 
fest.     Zwei  asiatische  Grossstaaten  sind  bis 
jetzt  diesem  Schicksal  wesentlich  entwichen, 
Japan  und  China:  Japan  gänzlich,  weil  die 
Japaner  mit  ihrem  grossen  Nachahnuings- 
talente  das  europäische   politische   System 
mit  ziendichem  Erfolg  studirt   und  in  ihr 
eigenes  Land  theil weise  eingeführt  haben. 
was  Japan  zur  Iloffiuuig  Asiens  in  dieser 
Hinsicht  gemacht  hat.     China,  im  Gegen- 
theil.    mit    seinem    riesigen    Gebiete    von 
4,000,000  Quadratmeilen  und  seiner  unge- 
heueren Bevölkerung  von  500,000,000  See- 
len bleibt  wesentlich  unveränderlich.    Wird 
es  sicli   dem   Eindringen  der  europäischen 
Prinzipien  ötTnen  wie  Japan,  und  dadurch 
sieh  selbst  erlösen  ?    Oder  wird  es  unter  die 
Oberherrschaft     Japans    kommen  ?       Oder 
unter    diejenige    der    besonderen    europäi- 
schen   flächte,    die    es    umgrenzen    und    es 
immer  enger  umschlies.sen  ?  Eins  von  diesen 
Schicksalen    muss    ihm    wie    den    anderen 
kleineren  unabhängigen  Staaten  Asiens  wi- 
derfahren.    Für  Afrika  und  Australasien, 
im  Gegentheil,  giebt  es  gar  keine  Hoffnung 
ausser  in  der  Herrschaft  Europas;  gegen 


welche     Süd  -  Aiiici-ika     schliesslicli     allein 
durch  die  Politik  des  grossen  nordamerika 
nischen      Staatswesens      beschützt      wird 
(Die   Monroe-Doktrin    ist   damit   gemeint.' 

Aber  lassen  wii-  uns  einen  Schritt  näher 
an  unser  genaues  Thenui  thun.  indem  wir 
den  besonderen  Theil  betrachten,  den  jeder 
der  europäischen  und  der  grosse  nordameri- 
kanische  Staat  an  der  grossen  Arbeit  der 
Einführung  der  Weltzivilisation  in  die  bar- 
bai'ischen  Gebiete  der  Erde  nehmen. 

Seit  dei-  P]ntdeckuiigs-Periode  bis  heule 
ist  England  die  glücklichste  Kolonialmacht 
gewesen.  Gegenwärtig  deckt  die  britische 
Flagge  beinahe  ein  Viertel  der  Landober- 
tiäche  der  Erde  und  ungefähr  ein  Vierte! 
der  Einwohner  der  Welt  schulden  ihr  Ge- 
horsam. In  Asien  erstreckt  sich  die  Herr- 
schaft Grossbritanniens  über  2,000,00(1 
Quadratmeilen  Territoriums  und  35(),000,- 
000  Seelen  ;  in  Australasien  über  3.000,000 
Quadratmeilen  Territoriums  und  5.000.000 
Seelen ;  in  Afrika  über  3,000.000  Quadrat- 
meilen Territoriums  und  ungefähr  50,000.- 
000  Seelen  ;  in  Nord- Amerika  über  4.000.- 
000  Quadratmeilen  Territoriums  und  bei- 
nahe 8,000,000  Seelen;  in  :\Iittel-Amerika 
über  ungefähr  8000  Quadratmeilen  Territo- 
riums und  50,000  Seelen ;  und  in  Süd-Ame- 
rika über  etwa  100,000  Quadratmeileu  Ter- 
ritoriums und  ungefähr  300,000  Seelen. 

Nach  England  steht  Frankreich  als  die 
nächstgrösste  Kolonial-]Macht.  Seine  Fahm- 
weht  in  Afrika  über  3.800.000  Quadrat- 
meileu Territoriums,  von  ungefähr  40,000.- 
000  IMen.schen  bewohnt :  in  Asien  über  etw;i 
200,000  Quadratmeilen  Territoriums  mit 
etwa  20,000.000  Einwohnern.  Fraiikr^idi 
hat  auch  in  Australasien  und  in  Süd-Ame- 
rika Fu.ss  gefasst.  jl 

Doch  erwähne  ich  RKssland  mit  seinem 
grossen  asiatischen  Besitze  und  seinen 
grossen  abhängigen  Gebieten,  W(^lche  unge 
fähr  6,000,000  Quadratmeilen  Territorium^ 
massen  und  von  ungefähr  30,000.000  Mcn 
sehen  bewohnt  sind.  gd 


NACHTKAK(;K  I'ND  andkhk  artikkl. 


771 


lud  (liiiiii  Ixitiiiiiit  Dl  uls(  Iiliiii4i,  (|a.s  uii- 
^'efjilir  l.(»(M).(H»(»  l^uadriitm.-ilni  jifrikaiii- 
selu'ii  T»Mrit(triimi.s  l)t\sil/.t.  welches  von 
«'twa  1  .').(>( »().()()()  .Mciusclifii  lM'\v«»|iiit  ist. 
Di'Ut.schland  liält  auch  riin'ii  }Lsiatis«'luMi 
Si'cliaftn.  Kiauchan.  dcssi'n  T«'rritorial- 
GrÖKSf  i'twa  200  (Quadrat iiicil«-!!  hcträ^t 
und  von  un«rif;ilir  "JO.ooo  Mcnsclicn  ln'- 
woluit  ist.  Noch  da/.u  Ix'sit/t  Deut.schland 
«•ini^rc  Inseln  im  StilU-n  O/can.  tlir  alle  /.u- 
sanun«'!!  ^iMionuiicn  i'ini"  Tci-ritdrial-Aus- 
dflinun^'  von  nicht  mehr  als  100.('00  (Qua- 
drat mcih-n  haluMi.  worauf  nicht  mehr  als 
r)(M».00(l  .Mt'nschcn  wohnen. 

In  unj;efiihr  pleiehem  Kani^'e  mit 
Deutschland  steht  das  Köni«rreich  der  Sic- 
dcrlaudi,  das  über  einen  KoloniallK'sit/, 
meistentheils  in  Asien,  von  etwa  800.000 
<^uadratmeilen  Territoriums,  mit  einer  Me- 
völkerini«;  von  unjrefähr  40.000.000  Seelen 
licn-scht.  sowie  lirh/itii  mit  .seinen  !MM),000 
(^uadratmeilen  ahhän^'i^rer  (Jehiele  in  Afri- 
ka, die  von  un^'cfähr  120.000.000  Menschen 
hewolint  sind.  l'nd  ferner  die  Türkei, 
welche  ül)er  etwa  900.000  Quadratmeilen 
afrikanisclien  Bodens  lieri*scht.  auf  dem 
zwischen  S  nnd  K»  .Millittnen  M<'nschen 
lehen. 

in  niedrigerem  Raupe  stehen  Kolit  ti  mit 
.seinem  afrikanischen  liesit/.e  von  uii'^'f-fähr 
200,000  C^uadratmeilen  Hodens,  der  von 
etwa  1.000.000  Men.schen  hcwohnt  ist.  und 
SjHinicn,  das  noch  einen  kleinen  reherre«t 
KcincK  einmal  ungeheueren  Kolonialhcsitxes 
hält,  das  an  Boden  nicht  mehr  als  2r>0,0(lO 
Quadratmcilen  misst,  und  an  Hcwolniern 
nicht  nu'hr  als  :{(K).0(H)  /jihlt.  Sein  (iel.i.t 
liejrt  liaupt.säclilich  in  Afrika. 

Zidet/t  will  ich  die  Vrr.  Stanh  n  anfüli- 
ren.  <lie  neueste  der  Kolonial-Mächte.  Der 
nordamerikanisclie  (inissstaat  liehauptet 
eine  Kolonialherrschaft  über  untrcfähr 
12r).000  Qinidratmi'ilcn  Hodens  tnid  etwa 
12.000.000  M.-n.sehcn.  Der  trn».sst«-  Thcil 
<lavon  ist  asiatisch.  nämli«'h  die  (iruppe  d«'r 
l'hilippinen-Inseln.  welche  an  Hoden  unge- 
fähr   110.000    Qiuidratmeilen    mes.sen    und 


von  etwa  10.000.000  M.n.s.h.n  bewohnt 
sind  Ausserdem  sind  es  die  liawaiilnseln 
im  Stillen  O/can  mit  einer  Hod.ntlächc  von 
etwa  TttOO  (^uadnitmeilen  und  einer  Hcvöl- 
kerunjr  von  ungefähr  200,000  Seelen;  l'orto 
Rico  im  atlantiKchen  .M«'er  mit  einer  Hoden- 
tlächc  von  ungefähr  4000  (^inidratmeilen 
und  einer  Hcvölkerunfr  von  etwa  1,(MM».(MK) 
.Mensehen:  und  dit>  Kaiwd/«uic  in  Panama. 
Da/u  .schliesslich  bi'hauptcn  wir  eine  .\rt 
von  Sehut/herrschaft  über  Kid>a.  «lie  l'crle 
der  .Antillen,  die  eine  Ho(|enl!ä«*he  von  bei- 
mdie  .'»0.000  (^»ladratmeileii  hat,  die  von 
beinahe  2.000.000  Men.schen  iM'Woluit   ist. 

Die  teutonischen  Weltmaechte. 

Het rächten  wir  jcl/t  den  Charakter,  «lie 
Zwecke  un<l  die  Hestrebuniren  der  Mächte, 
Welche  die  Kolonialhcri-Nchaft  aiuiüben, 
damit  wir  no«*h  einen  Schritt  nidier  an  die 
Lösung:  unserer  cijrentlichen  Auf'^'abe  tre- 
ten, -  -  ..das  \'erhältniss  /wi.schen  Deutsch- 
land iiml  di-M  \'tr.  Staaten  vom  Stand- 
punkt der   Krforderni.s.se  der  Weltlatre. " 

Für  un.sercn  Zweck  dürfen  wir  die 
400.000.000  Kinw<»hncr  Kuropas  in  drei 
ethnoloj;ische  (iruppen  einthcilen.  Die 
erste  (Jruppc.  sowohl  in  Hezu^:  auf  Zidden- 
t;r»isse  als  auf  körperliche  inid  jr«'istine 
'rüchtijrkeit.  moralische  (lesundheit  und 
inicrmüdliche  rntcrnchmunt.'Nkraft.  ist  die 
«grosse  tnttonischr  Ikussr.  Sie  zählt  unjre- 
fähr  ir>0,000,(M)0  Seelen.  Man  hat  liei  ihr 
den  enjrli.schen  un«l  den  festländischen 
Zweip  zu  untei-Mcheiden.  Zum  ersten  irchö- 
ren  untrcfähr  40.(KM».(MM>  .M.-nschcn.  uutl 
zum  letzleren  etwa  110,000.0(MI.  und  die 
•ranz«'  Ra.sse  vermehrt  sich  ,iährlieh  durch 
(h-n  reberschuss  der  C  ieburtsfälle  über  die 
Todesfälle  um  etwa  anderthalb  .Million«>n 
Seelen. 

hnmer  wieder  seit  dem  Verfalle  d«*s  alten 
römischen  Reieh«'s  liat  <li<«e  jrrosse  Rasse 
Kuropu  dadurch  vcrjün^'t.  «hu«  sie  ihr 
frisch«'«  Hlut  uml  ihre  rüstijre  Ii««b«'nskrnft 
in  «lie  in   Verfall  (;«'rath«'n<'  r«imis«'h«'  Welt 


772 


NACHTRAEGE  UND  ANDERE  ARTIKEL. 


gcfjassen  liat,  wodurch  die  sich  auHäsenden 
röniisclicn  Provinzen  wieder  ory:anisirt 
und  die  riunischen  Hassen  von  y:änzlicher 
Aiusartunjr  gerettet  wurden ;  und  all  dieses 
zur  selben  Zeit,  indem  sie  sich  rein  und 
krüitii;  in  der  alten  lleimath  erhalten  hat, 
von  welcher  sieh  ihre  Ausläufer  ausge- 
streckt haben.  Sie  hat  England,  Deutsch- 
land, Schweden.  Xorwencn.  l)iineiiiai-k.  die 
Niederlande,  Oesterreich,  die  Schweiz  und 
die  \'er.  Staaten  geschaffen.  Sie  schuf  den 
westgothisehen  Staat  in  Si)anien.  welcher 
die  arabi.sche  ]\Iacht  aus  Europa  drängte. 
Sie  .sehuf  den  fränkischen  Staat  in  OaJlien, 
welcher  das  ganze  P]uropa  vor  Auflösung 
bewahrte.  Sie  organisirte  den  lonibardi- 
sehen  Staat  in  Italien,  welcher  in  der  Herr- 
schaft des  savoyisehen  Hauses  noch  lebt 
und  die  politische  Einheit  Italiens  schliess- 
lich zustande  gebracht  hat.  Sie  beschützte 
Mittel-Europa  gegen  die  Fluth  der  .slavi- 
schen  Invasion,  die  dasselbe  im  ^Mittelalter 
zu  übei-schwenunen  drohte,  und  .stellte  die 
hohenzollerisehen  Vorposten,  Ost-Preussen 
und  Rumänien  auf,  um  solche  Bewegungen 
auf  immer  im  Zaume  zu  halten.  Sie  ist 
seit  den  letzten  1500  Jahren  gewesen  und 
ist  noch  heute  der  grosse  Staatenerbauer, 
und  ein  Drittel  der  Einwohiiei-  der  Welt 
steht  heute  unter  ihrer  Herrschaft. 

Ihr  am  nächsten  an  Zahlengrösse  konnnt 
die  gras.se  slavische  Rasse,  die  beinahe  hun- 
dert luid  fünfzig  ^Millionen  Menschenseelen 
enthält.  Zuweilen  behauptet  man,  dass  sie 
die  Raüse  der  Zukunft  sei,  aber  soweit  ich 
sehen  kann,  giebt  es  gar  keine  Anhalts- 
punkte dafür,  da.ss  sie  je  das  Szepter  der 
Weltherrschaft  aus  den  Händen  der  Teuto- 
nen Ix'kommen  wird.  Als  eine  Rasse  haben 
die  Slaven  sehr  wenig  politisches  Talent 
bewiesen  und  haben  innner  der  Auto- 
kratie bedurft,  um  nicht  in  die  Anarchie 
zu  verfallen.  Die  Welt  kann  sich  nicht, 
soweit  ihre  Zivilisation  in  Frage  kommt. 
auf  die  slavische  Rasse  verlassen ! 

l'nd  zuletzt  kommen  die  romanischen 
Völker,  in  den  drei  Abtheilungen  von  Fran- 


zo.sen,  Spaniern  und  Portugiesen,  und  Ita- 
li(Miern.       Alle     drei     zusannnengenonunen 
zählen  etwa  100,000,000  .Mensehen.     In  der 
weitliegenden    Vergangenheit    besas.sen   sie 
die  Weltherrschaft,  aber  in  der  modernen 
Zeit  haben  sie  all  mahl  ig  das  Szepter  in  die 
Hände  der  teutoni.schen  Staaten  übergeben 
müssen  ;  und  zeigen,  .jetzt  wenigsten.s,  die 
Spuren  l)is  zu  einem  gewissen  Grade  kör- 
perlicher wie  geistiger  P]rschöpfung.     Die 
stärksten     unter     ihnen,     die     Franzosen, 
sind  kaum   fähig,  sieh  trotz  der  unbedeu- 
tenden Auswanderung  nach  ihren  eigenen 
Kolonien,    in   der   alten    Zahl   zu   erhalten, 
während  die  teutonischen  Völker  sich,  wie 
schon    gesagt,     um     anderthalb     ^lillioncu 
Seelen  jährlich  vermehren.     Zur  Zeit  des 
Kriegs  zwischen  Frankreich  und  Preu.s.sen 
in  1870  zählten  die  Einwohner  Frankreichs 
und  Deutschlands  je  etwa  40,000,000.  Seit- 
dem ist  die  Bevölkerung  Frankreichs  we- 
sentlich stehen  geblie])en.  während  die  von 
Deutschland  auf  etwa  60,000,000  gestiegen 
ist.     Es  ist  ganz  offenbar,  dass  die  Zukunft 
der  Zivilisation  nicht  in  den  Händen  der 
romanischen   R^.sse  liegt.     W^enn  wir  alle 
diese  Thatsachen  in  reifliche  ernste  Erwä- 
gimg     ziehen,     so     müssen     wir    zu    dem 
Selilusse    kommen,    dass    die    gegenwärtige 
und   die   zukünftige   politLsche  Zivilisation 
der  Welt  in  den  Händen  der  drei  grassen 
teutonischen  Staaten,  —  Deutschland,  f^»{J- 
lancl  und   die   Ter.   Staaten  —  liegt,  und 
da.ss  das  Heil  der  Welt  es  unbedingt  erfor- 
dert,  dass   diese   drei   Grossmächte  zu.sam- 
mengehen      und     zusammenwirken.       Ich 
glaube  nicht,  da.ss  das  Wohl  und  der  Fort- 
schritt der  Welt  auf  andere  Weise  geför- 
dert werden  können.     Alle  internationalen 
Kongresse  und  Konferenzen,  die  man  ver- 
sammeln kann,  werden  ohne  Erfolg  bleiben,, 
wenn  diese  drei  grossen  teutonischen  Staa- 
ten nicht  zusammenstehen  und  durch  ihre 
vereinte     ]\facht     die     kleinlichen     Wider- 
sprüche, welche  die  Kleinstaaten  gegen  die 
grossen  Interessen  der  Welt  immer  machen^ 
überwinden. 


NACIJTRAEOE  UND  AXDKKK  AHTIKKL. 


Enger  Freundschaftsbund  zwischen 
Deutschland   und   Amerika. 

Nun.  wii'  kiitin  dies«-  Ilariiiniiic  m  Zweck 
iiikI  Ilaiidluii^'  /wLsflicii  (licscii  dn'i  ^russeii 
Staat«'ii  crlaii^'t  und  cilialtfii  wcrdi-n  ?  Icli 
hin  üluTZt'Ujrt,  das.s  der  erste  und  wi«'liti^;ste 
Schritt  in  dieser  Kiclituut;  eine  fn(jc,  auf- 
riihtigt  FriumUchaft  zwitcln  u  ptutsch- 
laiid  und  den  l'ir.  Staatni  Lst ;  und  Im-- 
grüude  das.  wie  fol^rt : 

Nieniantl.  erlaube  ich.  wird  die  Hi-haup 
tun;:  verneinen,  da.ss  die  gras-se  Weltauf- 
jirahe  tler  \'ir.  Sltiatni  im  Stillt  n  üztait 
lie«rt  und  sich  nach  A.sien  riehtet.  Europa 
steht  für  .sich  fest  und  hat  Afnka  in  Besitz 
t^enoinnien.  un«l  wird  mit  der  Zeit  den  dun- 
keh'H  Kontinent  zivilisiren.  Ks  lihMhen  <lio 
un^reheueren  Landesstrecken  und  die  hun- 
derte .Menschenmillionen  .Mittehisii'ns.  die 
in  lierührunfr  mit  der  modernen  Kultur 
^'chracht  und  dadurch  vor,jüny1  werden 
miLssen.  Nun.  wie  ist  das  zu  erreichen  ? 
Kin  sranz  he^rreitliclics  Mittel  wäre,  dass 
dies  unermessliche  (Jebiet  unter  die  Herr- 
schaft Japans  «rehracht  würde,  welches  sich 
als  die  lii'uchte  Asiens  betrachtet.  Dslss  die 
Japaner  den  Klnxt'iz  fühlen,  eine  solche 
Kolle  zu  spielen,  kann  kaum  Iwstrittcn  wer- 
den. Man  kann  auch  nicht  .sauren.  da.ss  ein 
solcher  Khr^reiz  ihrei-seits  unnatürlich  oder 
unwürdi«^  i.st.  Sie  haben  selbst  während 
der  letzten  fünfzi«.'  Jahre  solchen  irrossen 
und  merkwürdi^'cn  Fortschritt  trema<'ht, 
dass  ihr  H«>strehen.  au<'h  Theil  an  der 
AiLsbrcitun^  der  m«Mlerneri  Zivilisation  zu 
nehmen,  das  Erstaunen  seitens  der  Kenner 
der  rje.schii'hte  )ind  Staatswi.s.sens<'haft 
nicht  erregen  kann.  Ich  habe  die  grii.s.ste 
HcM'hachtung  für  ihre  Ziele  und  schenke 
ihren  Fähigkeiten  meine  grösste  Anerken- 
nuiiL'. 

Aln-r  trotz  idledem  denke  ich  nicht,  dass 
es  zum  höcltsten  Wohle  der  AVeit  g«'reichen 
würde,  wenn  China  luid  Mittel-Asien  ihre 
Aufklärung  durch  die  Herrschaft  Japans 
erhalten    sollten.      Ich    wüns<'he    vielmehr. 


dass  die  Thore  di»*si'r  ungeheueren  Oebiete 
dem  Handel  und  Verkehr  Kuropas  und  der 
Ver.  Staaten  weit  offen  gehalten  wt-rden 
und  da.ss  die  Villker  Chinas  luid  Mittel- 
Asiens  ihre  Aufklärung  durch  die  frie«l- 
lichen  uikI  inäihtigen.  obgleich  langsam 
wirkenden  Kintlüs.s<'  aus  den  «•«•hten  Irhei- 
mathsländern  der  modernen  Zivili.sation  er- 
langen Cnd  ich  glaube.  da.ss  die  Pflicht 
d.r  Aufrechterhaltung  dieser  Politik  den 
Im*.  Slafitiit  ganz  Ix-siimlers  obliegt. 

Darin  seheint  mir  die  bes<indere  und 
eigentliche  1^'deutung  unseres  ]i(>sitzes  iler 
l'liiti/>l)liit  II  zu  liegen.  Sie  bilden  für  uns 
die  Operalionsbasis  zur  Krfüilung  unserer 
Tflieht  in  liezug  auf  die  Zivilisation 
Asiens.  \'(»n  diesem  Standpunkte  aus  be- 
trachtet, würde  die  rebergal>e  «xler  Abtre- 
tung dei-sclben  ein  Verbrechen  gegen  die 
Weltzivilisation  selkst  sein.  Ich  ilenke 
nicht,  dass  dies  je  gt-sehehen  wird,  weil  wir 
hierin  nicht  einfach  mit  einem  Stück  eigen- 
nütziger Politik  zu  thun  hal)en.  .son<lern 
mit  «'inem  'göttlichen  Impuls,  seitens  eines 
grossen  zivilisirten  \'olks.  Weltzivilisation 
in  die  weniger  glückli»-hen  Welttheile  ein- 
zuführen. 

Aber  in  dt-v  Kifüllung  diesi«r  gnifisen 
PMieht  können  uns  vielleicht  S«-hwierigkei- 
ten  auf  der  atltintischi  n  Siite  entstehen. 
Wir  wissen,  dass  England  im  liihidnisse 
mit  Jiii>aii  steht.  (Jeiuiu  wie  weit  Kni:land 
in  der  Cntei-stützung  der  japanisehiu  Po- 
litik zu  gehen  verptliehtet  Lst.  oder  wie  weit 
England  in  der  That  gehen  würde,  ist  uiui 
nicht  genau  bekannt.  AlM'r  wenn  man  das 
Horo.skop  der  Zukunft  stellt,  miLss  man 
immer  alh'  Möglichkeiten,  die  .s<'hon  ül>er 
dem  Horizont  auftauchen,  in  die  Here<'h- 
nung  einsehli(!S.sen :  luid  wir  wissen  wohl 
genuiT.  dass  es  Streitpunkte  zwi.schen  Japan 
und  den  \'er.  Staaten  giebt.  die  .schon  wahr- 
nehmbar sin<1.  iHuI  in  l^'zug  auf  wflehe 
Japan  möglieherweiÄc  von  ihrem  engli.seheD 
Alliirten  unterstützt  wenlen  würde.  Ks 
ist  w«'nigstens  begreitli«'h.  dass  Kngland 
von  s«Mner  sehr  vortheiihnften  Stelliuig  und 


774 


NACHTRAEGE  UND  ANDERE  ARTIKEL. 


seiiuMii  sehr  starken  Staiulpimktc  in  In- 
di(  II,  und  um  sich  »lei-  russischen  (Jefahr 
an  der  indischen  (Jrenze  zu  entledijjen,  in 
die  TlidhuKj  A.sit  ns  mit  Jnpan  einwilligen 
möchte.  England  kann  sicherlich  einmal 
eine  Ixegierung  haben,  die  diesen  kolassalen 
plan  hegen  möchte,  und  das.s  .lapan  auch 
einen  solchen  Plan  willkonnnen  heissen 
würde,  ist  wenigstens  etwas  mehr  als  eine 
Möglichkeit,  .ja  es  i.st  beinahe  eine  Wahr- 
scheinlichkeit. 

Aber  eine  .solche  Lösung  der  asiatischen 
Frage  würde,  wie  es  mir  wenig.stens  scheint, 
den  lnteres.sen  der  Ver.  Staaten  sowohl  als 
den  höchsten  Interessen  Asiens  selbst  luid 
der  Welt  im  Allgemeinen  ungünstig,  ja 
feindlich,  sein.  Und  es  ist,  nach  meiner 
Meinung,  un.sere  l'tiicht,  uns  selber  dage- 
gen zu  wahren  und  die  Welt  davor  v.w 
warnen. 

Kanada  und  die  Ver.  Staaten. 

Wir  dürfen  nicht  die  Augen  davor 
verschlies.sen,  dass  eine  andere,  sich 
schnell  entwick(^lnde  Nation  den  nordame- 
rikauischen  Kontinent  mit  uns  theilt,  nnd 
schon  so  .stark  nnd  selb.stbewusst  geworden 
ist.  dass  sie  nicht  mehr  ignorirt  werden 
kann.  Es  ist  glücklicherweise  wahr,  dass 
sie  auch  wesentlich  eine  teutonische  Nation 
ist.  und  da.ss  die  moralischen  Harmonien 
zwi.schen  ihr  und  uns  ])e.stehen,  die  zum 
Frieden  und  /.ui-  Fi-eundschaft  führen. 
Eine  lange  Zeit  glaubten  wir,  dass  diese 
Harmonien  und  die  geographische  Lage 
unsi'rer  nördlichen  Nachbarin  schliesslich 
zu  ihrer  Einverleibung  in  unsere  ITnion 
führen  würden.  Aber  während  der  letzten 
25  Jahre  ist  diese  Aussicht  merklich  ge- 
ringer gewonU'n.  da  die  Bevölkerung 
dieses  gros.sen  Gebiets  sich  ihrer  natür- 
lichen rnabhängigkeit  bewusst  geworden 
und  ihre  nationale  Konsolidirung  sich  ent- 
wickelt hat.  Sie  ist  .jetzt  ein  ziemlich  er- 
heblicher Staat  mit  einer  recht  gut  orga- 
uisirten  Regierung  und  vielen  vortreffli- 
chen Institutionen  geworden. 


Tu  25  Jahren  wird  er  25.000,000  Ein- 
wohner haben,  und  wird  dann,  in  der  That, 
wie  schon  jetzt  in  manchen  Bezielumgcn, 
kein  unwürdiger  Konkurrent  der  Vor. 
Staaten  werden.  Pnd  hinter  dieser  neuen 
Nation  steht  das  mächtige  England  wieder 
fertig  und  fähig  mit  seiner  ungeheueren 
atlantischen  Kriegsflotte,  die  Interes.sen 
.seines  Kindes  zu  vertheidigen.  In  einem 
Worte,  wir,  die  Bewohner  dieser  Ver.  Staa- 
ten, mü.ssen  aus  unserer  alten  Einbildung, 
da.ss  wir  der  ganze  nordamerikani.sche  Kon- 
tinent sind,  heraus  treten,  und  der  That- 
sache  gerade  in  das  Gesicht  sehen,  da.ss  wir 
in  einem  dem  Europa 's  etwas  ähnlicheren 
Zustand  gekommen  sind,  als  es  bisher 
der  Fall  war,  da  trotz  aller  Freundschaft 
mit  unserer  nördlichen  Nachbarin  Reibun- 
gen mit  ihi'  und  dadurch  mit  England 
immerhin  möglich  sind. 

Deutschland  und  die  Ver.  Staaten. 

Nun,  das  Verhältniss  der  Ver.  Staaten 
zu  dem  andern  grossen  teutonischen  Reiche, 
vom  Standpunkte  der  Weltlage  betrachtet, 
i.st  ganz  anders.  Auf  keinem  Flecke  der 
Erde  scheint  eine  Wahrscheinlichkeit  oder 
gar  eine  sichtbare  ^Möglichkeit  der  Ent- 
stehung eines  Streites  mit  ihm  in  dem 
gro.ssen  Werk  der  Ausbreitung  der  Zivili- 
sation gegeben  zu  sein.  Deutschlands 
grös.ste  Aufgabe  ist  die  beständige  Ver- 
jüngung der  Völker  des  europäischen  Fest- 
lands und  ihre  Vertheidigung  gegen  die 
anarchistischen  Tendenzen  der  slavi.scheii 
Rassen  und  die  Tendenz  der  Er.sehöpfuiiK 
der  ronuuiischen  Rassen.  Wie  ich  schon 
gesagt  habe,  ist  dies  die  grosse  Aufgabe  der 
Teutonen  .seit  1500  Jahren  gewesen.  Ethno- 
logisch ist  Deutschland  zwar  nicht  die 
ganze  teutonische  Welt  im  festländischen 
Europa,  aber  doch  i.st  das  deutsche  Reich 
der  grosse  politische  Vertreter  der  festlän- 
dischen Teutonen  und  i.st  die  gro.ssc  vor- 
wärtstreibende Kraft  in  der  Ausbreitung.' 
des  Germanenthums  nach  den  anderen 
Theilen  Europas.     Ruhig  und  .schweigend, 


NACHTRAEISK  LWD  ANDKHK  AHTIKKI.  775 

alx'r  aiicli  uii\vii|.isl,.|ilirli.  (Iriii^rt  (li«'se  (luniii  /wrift-ltm.  oli  wir  in  «I.t  Li«iujf; 
jrrosso  Volkskraft  nach  allm  lviclitun<;i'n  nnsjMvr  innenn  Anft:al>on  writ  jrrnuj;  vor- 
hin und  bildet  di.'  händfr  und  X'.ilki-r.  die  tresdiritten  wären,  um  die  Holle  einer  Welt- 
sie  berührt,  nach  iiinin  ei^'.-iiiii  \'orl»ilde  maeht  anf'/unehnien  und  mit  der  Krfülluntr 
um.  Deut.sehland  ist  das  ;,'ros.se.  immer  unserer  Welt j. flieht  in  «ler  Auslireitunjr  der 
ül)erHie.ssende.  Reservoir  von  Völkerkraft.  Zivili.sjjtion  an/ufan^'en.  Ah.-r  ieh  hahe  nie 
welches  seine  helehenden  luid  hefruehten-  daran  p'/weifelt.  (hiss  wir.  wie  nWr  anderen 
<len  Ausflüsse  nach  allen  Kiehtuuiren  hin  zivilisirten  Nationen,  eine  .s«.|ehe  Ptlieht 
sendet,  und.  <la  die  alten  Kassen  allmähli«'h  hahen.  und  dass  wir  zu  der  riehtii;en  Zeit 
absterben,  di.'selbeii  durch  das  Kimlrint;cn  die  Krfüllunii  derselben  unternehim-n  mil«- 
teutonisehen  Blutes  \iiu\  teutonischer  Zivi-  sen.  Wie  ich  die  Weltu'esehichte  vei-stehe, 
lisation  ersetzt.  sin.l  die  Stufen  <ler  Kntwiekluntr  .jedes  cr- 
Tud  dann,  zweitens,  lie^'en  tlie  holomtil-  foL'reieheii  Sfaatsbaues:  zunächst  das 
i i» I n-< s.s'(  II  l)(  iilsrlihnnls,  wie  wir  ^'eschen  SehafVi-n  und  da.s  Fesf.setzen  einer  wohh^e- 
haben.  in  Afrika,  wo  es  ein  (Jebiet  be-  ordneten  l{<';.'ierun^' ;  dann  die  He^ründunjr 
herrscht,  welches  viermal  so  i;rass  als  das  «'iiu'r  klar  be<rrenzten  Sphäre  der  indivi- 
seines  europäischen  Heichs  ist.  tuid  welches  duellen  Freiheit ;  weiter  die  Konsolidirun^ 
seine  Kolonialthäti:_d<eit  für  ein  dahrhiui-  'l'i"  Nation  und  zuletzt  die  Weltrolle  einer 
dert  in  Anspruch  nehmen  wird.  In  der  weltzivilisirenden  Macht  Keine  (iross- 
Krfüllun«:  dieser  Aufgrabe  kommt  daher  macht  darf  sich  von  der  Krfülluntr  dieser 
Deut.sehland  auch  nicht  in  Berühruii};  mit  letzten  «rro.s.sen  erhabenen  Ttlicht  zurüek- 
tlen  Ver.  Staaten,  weil  die  Ver.  Staaten  /icheii,  wenn  sie  die  vor«renannten  nöthijren 
keine  Holle  in  Afrika  spielen  witllen.  l'iu\  \'orbereitun<.'en  tremacht  hat.  um  sie  mit 
w«'nn  wii-,  tlrittens.  die  asiatische  Politik  vernünftijrei-  Au.ssieht  auf  Hrfoltr  durchzu- 
des  deutscheu  Heiches  betrachten,  finden  führen.  Obwohl  wir  in  1S«>S  vielleicht 
wir,  dass  die  Intere.ssen  Deutsehlamls  und  nicht  völli«:  vorbereitet  waren,  die.se  ^r«»sse 
der  Ver.  Staaten  Ilaml  in  Hand  «rehen.  d.  h.  Arbeit  anzufan«ren.  so  haben  wir  sie  «loch 
sie  fordern,  dass  China  und  Mittelasien  er-  anirefanjren,  luul  es  ist  .jetzt  zu  spät,  davon 
löst  werden  .sollten,  weder  durch  <lie  Herr-  zurückzuweichen.  Wir  köniuM«  jetzt  unsere 
.sehaft  Japans,  \hh-\i  Enj^laiuls.  noch  Huss-  asiatischen  LäiKler  mit  Khre  w«'d«'r  ver- 
lands  darüber,  noch  durch  eine  Theilun^  kaufen,  noch  übertrafen.  no«'h  im  Stieli 
der  Ileri-schaft  <larüber  unter  ihnen,  .son-  hissen.  Wir  müssen  sie  behalten  und  sie 
dern  dadurch,  djiss  die  Thore  dieses  uui'r-  j,,,,.  Theilnahme  an  der  modernen  Zivilisn- 
me.s.sliehen  (Jebietes  dem  Handel  und  Ver-  ,i„„  ,.,v.i,.h,.n.  inid  dann,  wenn  sie  der 
kehr  mit  den  Nationen  weit  otTen  -ehalten  Selb.stheri-sehaft  fähitr  wer.len.  entweder 
werden   un.l  dessen  anjrestannuten    Bewoh-  j,^^^^.^^  j,^^.^.  nationale  rnabhänu'iv'keit  sehen- 

nern   <lie  Gelegenheit  ^.'effebeu   wird,   unter  ,  ,  ,,,         i  .     .        i>    .       1 

.  .  keil    oder   sie   zu    vollberecht l'^teu    liestaild- 

solchen  umbildeiuleii    Kinflüsseii   und    I  ne- 


ben   ihre  eip-ne   Aufkläruntr  zu   erwirken. 


theileii  ^h^\•  Ciiion  machen.     Wir  sind  jetzt 

an    diese    •.M-osse    Arbeit     fest     llerailjret  reti'II. 

Die  Ver.  Staaten  als  Weltmacht.  und  wir  können  deren  j.'ewissenhafter  Aus- 

l)a.s.s  die  Ver.  Staaten  in  .br  Zukunft  die  lülxuntr  nicht  eher  ausweichen,  als  wir  der 

Hauptrolle   im   Stillen   Ozean  spielen   müs-  Stimme   «h-r    Weltpfliebt.    die    sie    iM-fiehlt. 

.sen.     scheint     mir     iranz      unvermei«llich.  «'d'M-  der  ^öttliehen  Ordnung:  der  Welt,  die 

l'nsere    pM)trraphi.schi'    Laire    und     unsere  sie  verlangt,  entjrehen  können. 
WeltpHieht     fordiMii    es.       Ich    selbst     war  Ab<r    diese    ^'n»s.se    Aufirabe    «h-r    Ver 

einer  von  .leiien.  die  in  1H!»8  sehr  ernstlich  Staaten    im   Stillen   Ozean,   die  die   haupt- 


776 


NACHTRAEGE  UND  ANDERE  AWTIKEL 


sächliche  Macht  der  Nation  in  diese  Rieli- 
tun^'  führt,  lässt  es.  wenn  niclit  absolut 
nothweiulijj:,  doch  höchst  wünschenswerth. 
erselieinen.  dass  wir  einen  (lufrichtigcn.  zx- 
rerlössigcu.  mikhtigcn  Freund  am  Atlmiti- 
schen  Ozean  haben.  Giebt  es  irgend  einen 
Zweifel  l)ei  Jemand,  weleher  diese  That- 
sachen  der  Weltlap".  die  ich  anjzeführt 
habe.  erwä,<,'t.  wer  wohl  dieser  Freund  in 
erster  Reihe  sein  muss  ?  Ich  sage  in  erster 
Keihe.  weil,  wie  ich  die  Sachlage  ver.stehe. 
durch  enge  Freundschaft  mit  dem  mächti- 
gen deutschen  Reiche  alle  unfreundlichen 
Tendenzen  .seitens  irgend  einer  anderen 
atlantischen  ]\Iaeht  im  Keime  enstiekt  wüi- 
den,  die  sonst  durch  die.se  Thatsachen  und 
Verhältnisse  angeregt  und  entwickelt  wer- 
den dürften :  und  F'rieden  und  Freund- 
schaft mit  allen  atlantischen  flächten  da- 
durch befestigt  werden,  da.ss  man  die  Er- 
folglosigkeit der  entgegengesetzten  Hal- 
tung vom  ersten  Augenblick  an  versteht. 

Wie  ich  schon  gesagt  habe,  behaupte  ich, 
dass  der  Frieden  und  Fortschritt  der  Welt 
in  höherem  (Jrade  von  der  Freundschaft 
und  den  harmonischen  Handlungen 
Deutschlands,  Englands  und  der  Ver. 
Staaten  abliängen,  als  von  allem  anderen. 
Aber  Sie  werden  .sagen,  diese  stehen  schon 
jetzt  mit  einander  auf  freundlichem  Fusse. 
Ja,  im  Grossen  und  Ganzen  ist  das  wahr. 
und,  Gott  sei  Dank,  es  sind  gegenwärtig 
weniger  Reil)ungen  initer  ihnen  sichtbar, 
als  sie  vor  zwei  Jahren  vorhanden  waren; 
aber  es  giebt  noch  immer  starke  ^löglich- 
keiten,  gegen  die  wir  uns  .sicher  stellen 
sollten ;  und  die  klare  p]rkenntniss  dieser 
Möglichkeiten  und  deren  Tragweite  führt 
uns  unvermeidlich  zum  Schlass.  da.s.s  der 
Frieden  und  die  Freundschaft  zwischen 
diesen  drei  grossen  teutonischen  Staaten 
der  Welt  am  sichersten  gestellt  werden, 
dass  die  anderen  Mächte  erkennen,  dass 
die  Verhältni.sse  zwi.schen  dem  deutschen 
Reiche  und  den  Vereinigten  Staaten  so  fest 
utKl  herzlich  sind,  da.ss  der  Versuch,  das 
eine   zu   schädigen,    vom    anderen    als   eine 


Kränkung  empfiuiden  wird.  Es  ist  eine 
Allen  wohlbekannte  Thatsache,  dass  sich 
wälirend  des  letzten  Jahrzehutes  viele 
Zeichen  unfreundlicher  Gesinnung  zwi- 
schen Deutschland  und  England  in  der 
Pi'e.s.se  sowohl  Deutschlands  als  Englands 
gezi'igt  haben.  Es  scheint  mir.  dass  sie 
zum  grössten  Theil  der  llandelskonkurrenz 
zwischen  den  zwei  Ländern  zuzuschreiben 
ist.  Deutschland  ist  sehr  schnell  zu  einer 
grossen  See-  und  Handelsmacht  herange- 
reift. Seine  Konkurrenz  hat  das  alte  Mn- 
nopol  P>nglands  auf  dem  ^Meere  durchbro 
eben.  Viele  Engländer  halten  dies  für  ein 
Vergehen,  welches  eine  Sühne  verlangt,  i, 
Ich  glaube  nicht,  da.«s  die  .jetzige  briti.sclio  ' 
Regierung  diese  ^Meinung  theilt.  Aber  ich 
kann  nicht  umhin,  zu  befürchten,  da.ss  es 
solch  eine  britische  Regierung  einmal 
geben  könnte. 

Ich    denke,    dass    die    .jetzt    bestehende 
Freundschaft    zwischen    Deutschland    und    j 
den  Ver.  Staaten  schon  einen  sehr  günsti-  •' 
gen  Einfluss  auf  die  Verhältni.sse  zwischen 
England    und    Deutschland    ausgeübt   hat. 
Ich    denke,    da.ss    es    vor    wenigen    Jahren 
einen  ]\Ioment  gab.  wo.  hätte  diese  Freund-   i 
.Schaft    nicht    existirt,    England   einer  viel  tj 
stärkeren    Versuchung,    Deutsciiland   anzii-    ' 
greifen,  hätte  widerstehen  mü.s.sen.    Nun,  es 
würde    die    höchsten    Interessen    der   Ver 
Staaten    gewiss    niclit    fördern,    wenn   di 
Handels-    und    Seefahrts-Konkurrenz   z>vi- 
schen    England    und    Deutschland    unter- 
drückt weiden,  und  wenn  England  die  Wii - 
derher,stellung  .seines  alten  ^Monopols  errei- 
chen würde.     Ja.  das  könnte  sogar  unseren 
Frieden  gefährden.     Es  ist  das  Beste  für 
uns.  das  Reste  füi-  die  Welt.  ,ja  das  Best.' 
für  p]ngland  selbst.  das.s  diese  Konkurren. 
bestehen  bleibt,  und  dass  alle  Parteien,  di' 
dadurch   getroffen   werden,   zu  der  Ueber- 
zeugung  konnnen,  dass  dieselbe  sowohl  vor- 
theilliaft  wie  rechtmässig  und  natürlich  ist. 
England   i.st   noch  eine  weit  .stärkere  See- 
macht   als    Deutschland,    und    keine    von 
.seinen   legitimen   Interessen   werden  durr-n 


NACHTKAKGK  l'ND  ANI>KI<K  AKTIKKI.  777 

die  tkut.sc'lii'  Kitiikurreiiz  lu'droht.     Die  i;«'-  Aufriilit>Kli"it    h«'>;«'ii.      I  inl   «laim    lituhs- 

gomvärtij:    üluTwic'reiitl«'    Sri'nun-ht     Kiiir-  l;aii:lir   lliihnr,   muh    scjimmii    kais.    Ili-rni 

laiuls  ist.  im  ( Jt'^'ciitlu'il.  dcii  Icj^itiimii   In-  dt-r  fälii'.'Ntf  StJiat.smanii   in   j;aiiz   Kuropa, 

teressi'ii    nicht    nur   Dfutschlands,  somlfm  »Irr    fortwähren«!    .seim*    lloehaehttuiv;    vor 

aueh  der  Vor.   Staaten   uml  aMer  anderen  uns    und    Freundseluift    für    uns.    in    dir 

Staaten  eine  möjrliehe  Hedmhun^'.     ()h  sie  .schonen,  so^ar  exquisiten  Wei«e,  zum  Auh- 

eine  wirklieh»'  liedrohtin«:  werden  wird,  ist  dru«'k   hrintrf.   die   ihm   so  trau/  ei(;enarti(r 

eine  Saehe.  die  zu  jeder  Zeit   von  der  (Je-  ist.    Die  Htffitnimi,  die  er  unter  d«'r  <H)er- 

.sinnnn<r  <ler  hritiselien  liejrierun^  ahhänirt.  aufsieht    s«»ines    kaiscrliehen    Ilrrni    leitet, 

und   ieh   wiederhole  die   Hehauptun«:.  tla.ss  ist     nach    je<l('r    Hiehtinii;    hin    von    dem 

djts  li«'.stehen  von  en<;en  freun«llieli('n  Vir-  fieundlieh.sttn     (iefühl«'     für     uns    dureh- 

hältni.sst'n   zwischen    Deut.schland    und   den  drurmcn  und  licscclt.     lud  .schliesslich  das 

Ver.  Staaten  viel  dazu  heitraj^eii  wird,  um  ili  iitsrln    Volk  im  all^'cmeinen  un<l  in  jeder 

diese  Gesinnim^r  ^ünsliy:  zu  gestalten   und  Kla.sse  fühlt  sowohl  .seine  t-'cistiu'e  al.s  .seine 

sie  zu  hewahn'ii.  ethnoli»i.'i.sehe  Verwandtschaft   mit  uns  und 

Freundschaftsband  nuelzt  beiden  Theilen.  '^'^''^^  "'"''""  '""'  '"  •■"'*"  ^^"•^""  ''""  ""^- 

....     •  ,     ,.  ,     ,  ,  .  riehtiirsten  Wunsch  aus.  mit  >ni.s  in  der  Ixi- 

\N  le  U'h  die  ^'anze  Saciilau'e  verstehe,   ist  i         .     <•     i  i         ».-  •     •     i-     .• 

,.      ,,  ,,,.,.  .,       ,       ,        ..  suii^r    der    .xuiirahcn    dei-    W  eltzivili.sation 

die    treundschatt    Deut.seliJands    <len    \  er.  ,  ,  ,    •.  ,..   .         • 

.,^     ,  ,  .     ,    ,  ,  ,  ,.  harmoni.seh  zu  arlM-iten.     Walircn«!  mcun's 

Staaten    eiHMiso   nützlich    und    nothwendii.'.  ,  ,  .       ,  »    i?     .i    i.  ■»     .     ,  i      i 

,.       ,,  ,     ,    X.       ,        ,,  letzten  lantren  Auienthalts  in   Deutschland 

wie    die    I*  reundschart    der    \  er.    Staaten  ,  .  ,  ,       i-  >      ..  . 

,.     ^     ,  ,      ,  ,v     r,  •      •       ,  hatte    ich   «ranz   ausserordentliehe   (iele<_'en- 

Deut.schland  es  ist.     Die  Zeit,  m  der  wir  ,    .  ,  '      ,     •  ,,        ,-,  i 

...  ,  4      ,       ,        •  ,     .  lieiten.    die    (icsiniiuiiL'    aller    Klas.*ien    des 

Amerikaner    dem    Au.slande    ein    Sclinii)p-  ,  ,        ,.  i,  -,       , 

,  ,,  ,  -     .  ,  deut.s<'hcn  \  olkes  uns  ireircnulM'r  kennen  zu 

ehen    .s<'hla^'en     konnten,    und     in    .stolzer.  ,  ...  ,.     .  ,      .  ,      i- 

,,  ...  ,  ,  .       .  lernen,   uixl   u*li  trat   nie  und  niri.'ends  die 


],  II-  .  •  M    IIK    II,       IIIKI       II    II       lllll        lll(         llilll       lllli;<    IIVI-«      \ll\ 

sen)sti!:cnu^'saiiier  Isolirun^'  lebten,  ist   letzt  ,  •  ,,  ,-      .•  i 

...        -„.    ,    ,         ,      „  .     ,         ,      „,  .  leiseste    Sinir    von    \  ci-stimmun«;.    sondern 
vorüber.  W  ir  haheii  das  Zeitalter  der  Welt-  .  ,     ,     ,  ,,  .    ,• 

.....  ,,         •   ,  ,  •   ,  "II    (icircnthcil    den     aliLMMiieinen    ent.sehie- 

politik    in    unserer    hntwickliiiifr    erreicht,  ,  '      ,,         ,      .  ••   ,•  i  •. 

,       .         ..  ,.     ....  ,  deiisteii    Wunsch.    111    niojrlichst    cnuen    lie- 

uikI    wir   nuLssen    un.sere    \  eilialtnis.se   der        .  ,  ,  , 

•  ^  ■  T  11»-  X.     .  zieliun»ren  mit   uns  zu  lelicn. 

jetzifren   Lajre  der  Dinare  anpa.ssen.     Nach 

meiner  Meinun-  i.st  un.ser  Wejr  tranz -erade  '^'^'    ^"•"'•^^''-    ^^■«'•""*-    •"'•'"•'    "*"'*'    •""''' 

und  vüllicr  klar,  und  der  ist  uns  durch  die  '"»'••'<"-"'"    ""<>    ">""«''•   •"»«•»•t.^-er  werden- 

sehr  freundliche,  man   möchte  sa-cn.  herz-  ''''"    ^''^''"'    •'"•^'*<    ""•''    ""-^   '"   ""'•'•   •^"* 

liehe    (Je-sinnun-    der    Deut.schen    für    uns  ''.lititTkcit  dar.  und  na -h  meiner  .Mcnunvr 

iranz  leicht  ^remac-ht.  würden  wir  einen  ^'nussen  Irrthum  l>.-;ehen. 

Vor    allen    ist    ihr    m-..ss,.r    A^z/vo.    der  ""''   •''''   I"t-»'«-HS'''«   «l«'»-  Ver.   Staaten   und 

klÜL-ste.  kenntniv^rcichstc.  j:ewis.sen ha f teste  •'••'•  ^^'••"   ^'»"'-  verkennen,  wenn  wir  du^e 

frereehtcste.    warmherzigste    un<l    pflicht-c-  '•""<•      '"'»      «»•'••>*'•>»»"•"      II.''V.llehkcit.      mit 

treueste  Herrscher  Kuropas,  un.ser  warmer.  ";;>«•»'«'•  •^""   »"-el.oten    ist.   nicht    criiivifen 

aufriebt iirer    Freund.      .Jeder    Amerikaner,  wurden. 

<ler  das  (Mück  trdiabt  bat.  in  mibe  Meiiib-  Wenn  wir  das  ahcr  tbiin.  bedeutet  das 
ruii}.'  mit  ihm  zu  kommen,  nimmt  k«'"»»«  k"''«'«'»  M»ntrel  an  Ki-cumlschaft  für  andere 
(h-n-eibi'u  Kindruck  der  ausserordentlichen  .Mächte,  (ianz  im  (Jctrentbcil.  wird  <s  alle 
freundH<'hen  (M-sinnuiiL'  Seiner  .Majestät  anderen  Mächte  bewe<ren  oder  zwinircn.  in 
für  die  Ver.  Staaten  mit  sich.  B<'i  fr.-undscbafllich.'n  Uczi«'hun^en  mit  uns 
jeder  (Jele^'cnheit  brintrt  er  dieselb.'  in  der  zu  bleiben,  und  dadurcli  den  Frieden  der 
fditip^ten  Weis.»  Zinn  Aus<lriick.  lud  Nie-  Welt,  den  Fortsehritt  der  Zivilisation  und 
mand  kann  in  .seine  ehrlichen  Aujreii  sehen  das  Wohl  der  .Men.schheit  fönlern  und  be- 
ilud    den     1,'erinjrsten     Zweifel     an     seiner  wahren. 


Srr  Drutiirh-Autrnkauiiirlir  ^'altmuil- 
iUlm^  itrr  Urr.  Staaten  luni  Auirrtka, 


Der  Deutsch-Amerikanische  National-Bund  der  Ver. 

Staaten  von  Amerika. 


In  der  li»'solii<-lite  dos  Deutscht lunns  in 
Amerika  wird  dtr  Itl.  April  1899  einen 
Elirenplatz  oinnehnien.  denn  es  ist  der  Tag, 
an  welchem  der  Anstass  zur  Gründung 
einer  Bewegung  gegeben  wurde,  wi'U'he  auf 
einen  Znsammenschluss  alh'r  Deutsehen  im 
Adoptiv-Vatei-laiide  olme  Hüeksiclit  auf  ge- 
sellschaftliclie  Stellung  oder  politische  Par- 
teiansichten, ohne  Rücksicht  auf  lands- 
mannsehaftliehe  Zusammengeluirigkeit  ab- 
zielte inid  ihre  Krystallisirung  in  der  Er- 
richtung des  Deutsch-Amerikanischen  Zcii- 
tralbundes  von  Pennsylvania  fand. 

Die  Grundsätze  des  Bundes,  zu  dem  sich 
Männer,  zunächst  in  Pennsylvania,  zusam- 
menschlassen.  die  nicht  nach  äusseren,  poli- 
tischen Ehren  oder  nach  Erwerbung  irdi- 
scher rjlücksgüter  unter  Benutzung  der 
^facht  und  des  Eintlusscs  des  Bundes  streb- 
ten, wurden  in  der  folgenden  Verfassung 
niedergelegt : 

Der  Binid  erstrcl)t  das  Einheits-Gefühl 
in  der  Bevölkerung  deutschen  Ti-sprunges 
in  Amerika  zu  wecken  und  zu  fördern,  zu 
nützlicher,  gesunder  Entwickelung.  der, 
wenn  zentral  isirt.  ihr  inivewohnenden 
>racht,  zum  gemeinsamen,  energischen 
Schutze  solcher  berechtigter  AVünsche  und 
Interessen,  die  dem  ricmeinwithle  des  Lan- 
des \nid  den  Hechten  inid  Pflichten  guter 
Bürger  nicht  zuwider  sind;  z<ir  Abwehr 
nativistischer  l'ebergrifTe:  zur  Pflege  und 
Sicherung  guter,  freundschaftlicher  Be- 
ziehiHigen  Anierikas  zu  dem  alten  deutschen 
Vaterlande.  Wa.s  die  deutsche  Einwande- 
rung zur  Förderung  der  geistigen  luid 
wirth.schaftlichen  Entwickelung  dieses  Lan- 


de.s  beigetragen  \nid  ferner  beizutragen  be- 
lufen  i.st.  wie  sie  allzeit  in  Freud  und  Leid 
ti-eu  zu  ihm  staml.  das  Ix'weist  und  lehrt 
seine  Geschichte. 

Der  Bund  fordert  deshalb  volle,  ehrliche 
Anerkennung  dieser  N'erdienste  und  be- 
kämpft jedweden  Vei-such  zur  Sehmälerung 
derselben!  Allezeit  treu  dem  Adaptiv- Vn- 
terlande,  st<*ts  bereit,  das  Höchste  einzu- 
setzen für  dessen  Wohlfahrt,  aufrichtig 
und  .selbstlos  in  der  Ausübung  der  Bürger- 
pflichten, den  Gesetzen  unterthan  —  bleibt 
auch  ferner  die  Losung!  Er  beabsichtigt 
keine  Sonderintere.s.scn,  keine  Gründung 
eines  Staates  im  Staate,  erblickt  aber  in  d';r 
Zentral isir\nig  der  Bevölkerung  deut.schen 
Ursprungs  den  kürzesten  Weg  und  die  best«.* 
Gewähr  für  die  Erreichung  .seiner  in  dieser 
Verfassung  klargelegten  Ziele;  er  fordert 
deshalb  alle  deutschen  Vereinigungen  aul' 
—  als  die  organisirten  Vertreter  des 
Deutschthums  —  für  seine  gesunde,  kräf- 
tige Entwickelung  mitzuwirken  und  bcfür 
wortet  deshalb  ferner  die  Bildung  von  Ver- 
einigungen zur  Wahrung  der  Intere.s.sen  der 
Deut.sch-Amerikaner  in  allen  Staaten  der 
Union,  zu  schlie.ssl icher  Zentralisirung  der- 
selben zu  einem  gros.sen  Deutsch-Amerika 
nischen  Bunde,  und  macht  es  allen  deut- 
schen Vereiniginigen  zur  Ehrenprti<'ht.  der 
Organisation  in  ihrem  Staate  beiziitreten. 
Der  Bund  verpflichtet  sich,  mit  allen  ver- 
fügbaren gesetzlichen  Mitteln  unentwegt 
UMil  jederzeit  einzutreten  für  die  Erhal- 
tung und  Verbreitung  seiner  Prinzipien, 
zu  ihrer  kräftigen  Vcrtheidigung.  wo  und 
wann  immer  in  (Jefahr;  er  stellt  ziniäclist 
die   folgende   Platform  auf: 


782 


DKK    DKrTSCH-AMKKlKANISCHE    NATIONAL-BUXD 


1.  Del-  Hiuul  —  als  solcher  —  ciitliiilt 
sieh  der  Eiiiniischuiiir  in  die  T'ai'tei-Politik, 
jedoch  iMihesehadct  di's  Hi'i-lites  lind  der 
Pllielit  zur  Vci'theidi.min^'  seiner  Grund- 
sätze auch  auf  (Umu  politisdien  Gebiete, 
sollten  dieselben  durch  politische  An»;riflPe 
oder  Massre.tjeln  behelligt  oder  gefälirdet 
werden.  Gesetzgeberische  Massregeln  zum 
allgemeinen  AVoiil.  die  der  einstimmigen 
Billigung  seiner  ^litglieder  gewiss  sind, 
wild  der  Bund  anregen  und  unterstützen. 

'2.  Fragen  und  Rachen  der  Keligion  sind 
strengstens  ausgeschlossen. 

'.].  Er  emptiehlt  die  Einführung  des  Un- 
terrichts der  deutschen  Sprache  in  öffent- 
lichen Schulen  auf  der  folgenden  breiten 
Gnuidlage:  Neben  der  englischen  bildet 
die  deutsche  Zunge  die  Weltsprache,  in  den 
entferntesten  "Winkeln  der  Erde,  wohin  die 
Pioniere  der  Zivilisation,  des  Handels  und 
des  Verkehrs  gedrungen,  finden  wir  die 
Völker  beider  Zungen  vertreten;  wo  allge- 
meinere, eigene  Kenntniss  herrscht,  bildet 
sich  leichter  selbstständiges,  klares  und  vor- 
urtheilsfreies  Vei-ständni,ss  lind  fördert  so 
wechselseitige,  freundschaftliche  Bezie- 
hungen. 

4.  Wir  leben  in  dem  Zeitalter  des  Fort- 
si'hi-itts  und  der  Erfindungen:  rasch  ist  das 
Tempo  dieser  Zeit,  unerbittlich  die  An- 
sprüche, die  es  an  den  P]inzelnen  stellt;  die 
damit  verbundene  körperliche  Anspannung 
steigert  die  Ansprüche  an  die  körperliche 
Kraft:  ein  gesunder  Geist  sollte  in  einem 
gesunden  Körper  wohnen!  Auf  dieser 
Grundlage  erstrebt  der  Bund  die  Einfüh- 
rung eines  systematischen  und  zweckdien- 
lichen Turn-rnterrichts  in  den  öffentlichen 
Schulen. 

■").  Er  erklärt  sich  ferner  für  die  Be- 
freiung der  Schule  von  der  Politik,  denn 
nur  ein  von  politisclien  Einflüs.sen  freies 
Erziehungswesen  kann  dem  Volke  wahre 
Lehranstalten  bieten. 

ß.  Er  fordert  alle  Deutschen  auf,  das 
Bürgerrecht  zu  erwerben,  sobald  sie  gesetz- 


lich dazu  berechtigt,  sich  rege  am  öffentli- 
chen Leben  zu  betheiligen  und  ihre  Bürger- 
pHicht  an  der  Wahlurne  furchtlos  und  nach 
eigenem  P^rmessen  auszuüben. 

7.  Er  empiiehlt  eine  liberale,  zeitgeniässe 
Handhabung  oder  die  Tilgung  solcher  Gi-- 
setze,  welche  die  Erwerbung  des  Bürger- 
rechts unnütz  erschweren  und  häufig  ganz 
verhindern.  —  Guter  Ruf.  luibescholtener. 
rechtschaffener  Leben.swandel,  Gesetzes- 
liebe sollten  entscheiden,  nicht  aber  die  Be- 
antwortung oder  Nichtbeantwortung  be- 
liebig heraiLsgegriffener,  den  Ansuchenden 
leicht  verwirrender,  politischer  oder  ge- 
schichtlicher Fragen. 

8.  Er  nimmt  Stellung  gegen  jedwede  Be- 
schränkung der  Einwanderung  gesunder 
^Menschen  aus  Europa,  mit  Ausschluss  über- 
führter  Verbrecher  und  Anarchisten. 

9.  Er  befürwortet  Aufhebung  solcher 
veralteter,  dem  Zeitgeiste  nicht  länger  ent- 
sprechender Gesetze,  welche  den  freien  Ver- 
kehr hemmen  und  die  persönliche  Freiheit 
des  Bürgers  beschränken. 

10.  Er  empfiehlt  die  Gründung  von  Fort- 
bildungs-Vereinen als  Pflegestätten  der 
deutschen  Sprache  und  Literatur,  zur  Wei- 
terbildung Lernbegieriger,  Abhaltung  von 
Vorlasungen  über  Kunst  und  Wissenschaft 
und  Fragen  von  allgemeinem  Interesse. 

11.  Er  empfiehlt  eine  systematische  For- 
schung der  deutschen  ^Mithilfe  an  der  Ent- 
wickelung  des  Adoptiv- Vaterlandes  in 
Krieg  und  Frieden  auf  allen  Gebieten 
deutsch-amerikanischen  Wirkens,  von  den 
frühesten  Tagen  an,  zur  Gründung  und 
Weiterführung  einer  deutsch-amerikani- 
schen Geschichte. 

12.  Der  Bund  befürwortet  gesetzlieho. 
wirthschaftlicli  i-ichtige  ]Mas.snahmen  znin 
Schutze  der  Wälder  des  Landes. 

13.  Er  behält  sich  das  Recht  vor.  diese 
Platforni  zu  erweitern  oder  zu  ergänzen, 
wenn  neue  Ereignisse  im  Rahmen  seiner 
Zeit  und  Zwecke  es  wünschenswci-th  oder 
erfordei-lich  machen. 


C.    W.    I'.rlltr. 

Dnilscli  -  Aiiii'iikiniisclu'r  Zentral  -  Bund 


KHK     VKIfKINiCTKN     STAATKN     V<>.\     AMKUIKA  783 

Dass  der  jun«;«'  liuiid  iiirht  nur  auf  «Iimii  n"«|).    \'en'iin'   ilmvh    I)i'lf|;:at«*it    vertreten, 

Papier  st<'heii.  .mtndeni  seine  in  tier  vorste-  wie  {i>]\i{ : 

henden    IMatfurm   anireführten   (;nn>dsiitze  Zi-ntral-Verein   im   Distrikt  Coluniliia  — 

in  die  That   iniis.-tzen  wollte,  rrhellt.-  noeh  \v,„.    KIterieli.    Ilnn.  Simon    Wolf.  «JiiKtav 

in  demscihen  .Jahre,  als  der  Voi"stan<l  der  Hdider.  Kurt  Völekner, 

Hu.Ml.s-Kxekutive.  Ix-stehend  aus  den  II.m--  i  ,.„|,'|,ii„^M^M.r  Mür^jer- Verein  von  Marv- 

•■•'"    '^'\V-    ''•    "'■''" '■•    '*''^'*"*"''"-    "'"'  land  -  .lohn  T.iark.s.  Karl  A.  M.  Seholt/.. 

Adolph    'linnii.   Sfkretiir.    eine    iveise    naeh  ,.            •,...,•.•             v        %.     • 

,,.^^  ,                        ,                ,          •       .      .  Litti-ransehe  (lesi'.jsclmft  von  .\<*w  ^  ork 

rittshurir  unternahm,  um  dem  eu)jr»'kerker-  ,.    ,  ,r«,              .-■».. 

■    .^.         ,             ,    ,        ,.          ,         ,  l(ud«)lf  (  ronau.  (  arl  A.  Stern, 

teil  ersten  Spreeher  und  dem  \  erwalter  des  ,.           ,     .           ,            ,         „           ,       ..       1 

,,     ,   ,,    ,  ,           ,„                       ,,.,-           ,    .  |)«Mit.seliAmrrikanise|u«r  Zentral   -   iiund 

hast   rittshur«;    I  urnvereuis  Ililfe  zu  hrni-  ..          ,      v     .           v     .    ..            ..    ,. 

,.       .  ,       ,              .  ,                  .         ,  von   N«'wark.   N.  .1       -   Noah  duter.  '      • 

fjen.   (iie  sieh   als  so   wirksam   erwies.   da.ss  ,  .            ,. 

,            ,,     .           ,                  .  ,              ...  iiUiau.  Krause. 

(leren    h  reispreehun«:    erzielt    wurde,      jin  ,^          ,      ».      •               „.,      ,•         ,,.   i. 

,.          .,  i         ,    •        ,•  ,      ,                   ,.       ,  Deutsche  \  ereine  von   \\  hei-lintr.   \\.-\a. 
dieser  delei^cnheit  erhielt  der  .jun<:e  liuiid 

lioehwillkommenen  Zuwachs  durch  die  zahl- 
reichen   deutschen    \'creine   von    Pittshur-r.  ...                       ,,.       ,, 

.,     ,                       ,        ...             ,         ,.  .  .    .  von  .Minnesota  —  \\  m.  Kop. 

mit   denen    eine   herzliche   und    autriehtijre  ,^          ,       .          •,       •     ,        .^     .     i     i.       i 

,,,..,                        <.      ,        ,.                      •  Deutsch  -  Amerikanischer  Zentral  -  Hund 

\  erbruderun«:    stattiand.       konnte    .«sonnt  ,,  ,           ,.     ..    /,     ■   ,■.      ■>      i 

,.         ,,      ,.         ,        n        ,.        ,  von   Maho  -    Prot,  (arl   I- r.   P.retle. 
tliese  hi-stliiiL'sthat   treiidipit  heirrusst  wer- 

1 ...     ^. .       lu       :                *             1»            1  Deutsch  -  Amerikanischer  Zentral  -  Hund 
den,    so   sollte   eine    zweite,    nicht    minder 

...•  i«:         I    11    p  1              I     r    1-  1      1        i>  von  Clcveland.  O.  —  Hermann  Weder, 
wielitip'.   bald   tol<ren.      Ledurlich   den    Be- 

mühuniren  des  (Vntrall.un.les  war  es  zuzu-  Deutsch.Calif..rnischcr   Zeiitral-liund   - 

schreiben,    .lass    die    Staatsl.'trislatur    von  '*''<•'""'•  !^t'-<'l""- 

i>           1        •        •      /.      *               1           II  Deutseher  Krie«;er-Bund   von   \\  iscoiusni 

i  ennsvlvama    ein    (Jcsetz    annahm,    durch  "^ 

welclu's  <Ur  Tui'nuut<  rrichi  in  diu  Sdtuhn  "  *' 

.    .c.i-//          I            I          1       1-1           II  Deutsche  (iesellsehaft  von  Kvansvule  — 
(Irr  Staat <  t  rstt  r  uiia  zirt  in  r  l\  Inssi  nhl niii- 

torisch  f/nnacht  Hürde.  '''•'■''    •^"''"  ^'-   ^'^''^'''"- 

Deutsch-Amerikanischer  I<«'hrcr-ltuiid  — 

Vom   Hundcsvorort   wurde  auf  dem  ein-  '''''»f-  ^'   <^   Sehr.nrich.  Prof.  Dr.  .Marion  D. 

mal  betretenen  Pfade  rüsti«:  fortjjeschritten.  Kearncd. 

es  wurde   aus.serhalb   des   K.'.v.stonc-Staates  Schiller- Verein    v..„    St.    Loiiis           Pnm 

a<;itirt  und  or^'anisirt,  und  so  konnte  denn  l*ernande  Richter. 

sclu.n  am  1!>.  .luni  1!>()()  zur  Cründunt:  des  Atlantic  Cit.v  Turn-Verein  —  .lakob  Iler- 

Xational-Hundes   ^geschritten    werden.      An  "'i-'  ""<•  ''"•^"'>  Mülh-r. 

der    vorbereit«*nden     Sitzung:,     welche    an  Westlicher  Zwei^  des  Deutsch-Amerikn- 

die.seiii    Ta^je   stattfand,   nahmen    Vertreter  nischcn  Zeiitral-Hundes  von  Pennsylvanien 

aus  den  Staaten  Penn.sylvanien,  .Maryland,  —   llciiiy     Arnold.     II.    ("      HI.kIcI.    .lohn 

Ohio  uikI  .Miinu's(»ta  theil.     Der  ei^rentliche  Veiiny. 

könnt  it  Hin  iid(    Konvent  wurde  unter  V(»r-  .lohistown  Zwei-r  des  Deutseh-Amerikani- 

sitz  des  Herrn   Dr.   Ifexamer  am  Sonntag,  .sehen  Zentral-Pundi's  von  Pennsylvanien — 

den  ().  Oktober  liMIl,  in  <Ier  Halle  der  Deut-  Conrad   Hahn. 

sehen    f iesellsehaft    von    Pcnnsylvainien    zu  Deutsehe   V«  n me   vnii   Altoona          I,    <i 

Philadelphia    abjrchalten.      In    dieser    Sitz-  Lamade. 

un<r.    welche    mit    iniwj-sentliclH'n    Abände-  Zweijr    Keadiiii.'   des    Deut.seli-AiiH'rikani- 

runtren   die   voi-stehcn«!   citirte    Verfassunj:  sehen  Zentral  Hundes  von  Pennsylvanien — 

des    pennsylvanischen    Zcntralbundes    an-  Fred,    'riiiiii     Carl     Kahn.    .1.    Weiler.    C. 

nahm,   wan'n   die   verschiedenen    Verbände  Iieiii|i|»is 


784 


DEK    DKUTSCH-AMKRIKANISCHE    NATIONAL-BUND 


Zwei^'  Laiicaster  des  Deutsclj-Aiiu'i-ikani-  Wiii.   .McKiiilcy'.s  neben  denen  der  Märty- 

schcn  Z<'ntriil-linnd('.s  von  Pcnnsylvanieu —  rer-Priusidenten    Lincoln    und    Garfidd    in 

(Justav  Si-hniidt.  tiem   Herzen    eines   jeden    ernten    Di-utsch- 

Di'Ut.sc'hcr  ^lilitär-Verein  von   Laneaster  Amerikaners  ein  bleibendes  Andenken  ge- 

County  —  Adam  Kopp.  sichert  ist. 

Vorort  Philadelphia  des  Deutsch-Ameri-  Beschlo.ssen.   diese   Resolution   dem    Pro- 

kanischen   Zentral-Rundes   von    Pennsylva-  tokoll    einzuverleiben    und    eine    Abschrift 

-    Dr.   ('.   .1.    Ilcxamer,   Arno  Leon-  P^'rau  .^^cKinley  zuzustellen." 


nien  — 

hardt.   John    M.    Scliilniir.    Hans    Wenifrer, 

John  Weber.  11.  F.  llarjes,  Adolph  Timm. 

Ausserdem  wurde  Herr  Fritz  Künzel  aus 
Altoona  angemeldet. 

Das  Stimmenverhältniss  wui'de  dahin 
fi'sttresetzt.  dass  jeder  Staat  zu  zwei  Stim- 
men berechtigft  ist. 

Die  Vei-sanunlun^r  kon.stituirte  sich  hier- 
auf durch  die  Wahl  der  folgenden  Beamten, 
welche  per  Akklamation  erfolgte:  Präsi- 
dent, Dr.  C.  J.  Hexamer,  Philadelphia;  1. 
Vize-Prä.sident.  Wm.  L.  Elterich,  Wash- 
ington :  2.  Vize-Präsident,  H.  C.  Blödel, 
Pittsburg;  Sekretär,  Adolph  Tinmi,  Phi- 
ladelphia. 

Als  englische  Bezeichnung  des  Bundes 
wurde  ,, National  German-American  Alli- 
ance"  gewählt  und  beschlo.ssen,  in  Zeiträu- 
men von  zwei  Jahren  am  1.  Sonntag  im 
Oktober  National  -  Konvente  abzuhalten. 
Aus  <li'M  weiteren  Beschlilssen  des  Kon- 
vents mögen  die  folgenden  hier  erwähnt 
sein : 

„Als  hier  versammelte  Delegaten  zur 
Konvention  des  Deutsch-Amerikanischen 
Nationalbundes  geben  wir  hiermit  den  Ge- 
fühlen des  ganzen  Deutsch-Amerikaner- 
thuiiis  Ausdruck.  indem  wir  unsere 
höchste  Entrüstung  über  eine  Schandthat 
wie  die  Ermordung  des  Präsidenten  Mc- 
Kinley aussprechen  und  alle  zum  Mord  auf- 
reizenden Lehren  als  dem  wahren  Men- 
schenthum  zuwider  verdammen.  ]\Iit  tiefem 
Bedauern  beklagen  wir  den  Verlust  eines 
pflichtgetreuen  obersten  Beamten  der  Re- 
publik, eines  guten  ^litbürgers  und  tapfe- 
ren Soldaten.     Indem  wir  der  schwer  ge- 


Nachdem  Prof.  Dr.  ^Marion  D.  Learnod 
über  den  Antrag  Peiuisylvaniens,  die  Eta- 
t)lirung  und  Weiterführung  einer  sy.stema- 
1  ischen  deutsch-amerikanischen  Geschichts- 
forschung betr..  refei-irt  hatte  und  d'e 
Herren  Kurt  Völckner,  Washington,  und 
Rudolf  Gronau,  New  York,  mit  Wärme  für 
den  Antrag  eingetreten  waren,  wurde  der- 
selbe einstimmig  angenommen.  Der  An- 
trag lautet : 

Der  Deutsch  -  Amerikanische  Zontral- 
Bund  von  Pennsylvanien  empfiehlt  zur 
Weiterführung  der  Vierteljahresschrift 
..Americana-Germanica"  die  Aufrechter- 
haltung des  „German  Publication  Fund  of 
America"  und  ferner  die  Inkorporirunfr 
dieses  Fonds  unter  dem  Namen  „German- 
American  Historical  Society". 

Die  Gründe,  welche  uns  zu  dieser  Em- 
pfehlung bewegen,  sind,  dass  der  Publika- 
tions-Foud  ein  bereits  bestehendes  Institut 
ist,  an  dessen  Spitze  fähige  und  bewährte 
]\Iänner  stehen.  Ferner,  dass  bei  der  Mit- 
leitung des  Fonds  der  Deutsch-Amerikani- 
sche National-Bund  nicht  zum  Herausgeber 
wird,  während  sieh  doch  die  Bethätigun^' 
an  der  deutsch-amerikanischen  Geschichts- 
forschung als  ein  dauerndes  Bindemittel 
für  den  National-Bnnd  enveisen  dürfte. 

Als  einzige  Bedingung  stellt  der  ,, German 
Publication  Fund  of  America"  die  Belas- 
sung des  Sitzes  der  Heraasgabe  der  ,,Ame- 
rieana-Germanica "  an  der  Wiege  des 
Deutschthums  in  Amerika,  in  Philadelphia. 

Dem  National-Konvent  wurde  empfohlen, 
geeignete  Schritte  zur  Konsolidirnng  der 
deutschen  Bühne  unter  einer  einheitlichen 


prüften    Wittwe    unser    innigstes    Beileid      Leitung  zu   thun   unter  gleichzeitiger  Be- 


aussprechen, erklären  wir,  dass  den  Manen 


rücksichtigung 


deutsch   -   amerikanischer 


DKK    VKRKINKSTKN    STAATKX    VON    AMKKIKA. 


78» 


liüllllflistiicl«-  iitiMii  «li-M  Itcstcli  (Irlltsrllfii 
]iiihii»'ii-Kr/.i'»i}.'iii»it'ii.  /uiiinl  ci-stiTf  für 
Venin.soliauli('liini«r  di's  (IfUtsch-jiMn-rikaiii- 
st'luMi  ^^)lksl^'b^Ms  iviclit'ii  St(»tV  hii-tcii. 

Professor  K.iil  Otto  Srliöiirirli.  lialti- 
iiioro,  rcfi'rirtt'  ülu-r  die  s<'iLr«'n.sreieho  Tliii 
tijrkoit  tlts  Nationalfii  Dfutscli-AiMerikjuii- 
schen  lA'lirei-si'niiiiai-s.  worauf  von  der 
Koiivoiitioii  folgende  He.sehlü.sse  angenoin- 
iiit'ii  wurden : 

..1.  Die  Kouvt'utiou  des  Dcutscli-Aiiifri- 
kaniselicM  Xational-liundrs.  vei-sauniidt  in 
der  Halle  d<'r  Deutschen  ( Jescllsrliaft  von 
Pennsylvanien  zu  IMiiladelpiiia,  hat  mit 
'«rrosser  Gennjjftlujun«;  von  dem  segensrei- 
chen Wirken  des  Nationalen  Deutsch-Am«'- 
rikanischen  Tjchrerseminars  zu  Milwaukee 
Kenntniss  irenonniien.  und  von  der  Ehrun«:, 
mit  der  dasselbe  jüngst  auf  der  internatio- 
nalen Weltaiusstellung  zu  Paris  vor  aller 
Welt  ausgezeielniet  wurde,  indem  dieser 
.Afusteranstalt  für  ihren  Heitrag  von  den 
Preisrichtern  eine  Ehrenmedaille  und  ein 
Di|)l()m  zuerkamit  wurde. 

2.  Zu  diesen  Errunireusehaflen  entbietet 
die  Konvention  dem  tliatkräfti<ren  Semi- 
nar-Direktor, Herrn  Emil  Dapprieh,  und 
seiner  bernfstrenen  Fakultät,  sowie  den 
opferwilligen  \'erwaltungs-Beamten  ihre 
herzlichsten  ( ilückwünsche. 

:i.  Die  Konvention  richtet  an  sämmtliche 
deutsche    Vereinigungen    des    Landes,    an 
ji-de.s     einzelne     Mitglied,    sowie     an     alle 
Freumle    unserer    Hestrebinigen    die    driji- 
L'ende  Ditte,  in  .jeder  Wei.se  zu  einer  kräf- 
tigen   finanziellen    rntei-stützung  des   Leh- 
t'ei*seminai-s   beizutragen,   der  einzigen   na- 
.  ionalen   Schöpfung  de.s  Dents<'h-Amerika- 
leithums.    die    von    weitgehendster    liedeu- 
luig  s«'in  nniss  für  die  Wciterentwiekdung 
niseres    Schulwesens,     inid    ein    wichtiger 
'aktor    in    dem     liildungsprozess    unsens 
k'olkes." 

Herr  Hudoir  Cronau.  New  York,  regte 
lie  Gründung  eines  Denkmals  für  Kranz 
)aniel    Pastorius    in    (iermantown    an    und 


vei-spra<'h.  .Mitglicib'r  de.s  All»recht    Dürer 
Vereins    von    New    York    zur   Herstelhing 
von  Entwürfen  zu  veraidjutficn.     Die  Anre- 
gung   fand    den    inigetheilten    Meifall    der 
Vei-sannnlung. 

Der  deut.schc   Kriegerbinul   von   Wiiwon 
sin.  der  Schiller- Verein  von  St.  liouis,  Mo  , 
und    der    Deutsch- Amerikanische    Z<*ntral- 
Pund    von    Cleveland.    ().,    meldeten    ihren 
Pi-itritt    zum   National-liundc  an. 

Naclulcm  ncM'h  bcsclilos.scn  worden.  Plii- 
latlclphia  als  National- Vorort  beizubehal- 
ten und  den  näcitsten  Ktinvent  in  Haiti 
m(»re  statttiiulen  /m  lassen,  erfolgte  die  Ver- 
tagunir  de.s  ersten  Konvents,  der  überaus 
harmonisch  verlaufen  war.  al)er  in  vieler 
Reziehnng  auch  anregend  für  die  weitere 
Thätiirkeit  «b-r  National-Exekutive  wie  der 
einze'nen  Staatsverbände  gewirkt  hatte. 

Ehe  wir  uns  nun  ganz  der  Schilderung 
der  Thätiirkeit  luid  de.s  Wachst lnniis  dts 
National-Verban(U*s  zuwenden,  verdienen 
noch  zwei  Thaten  des  pennsylvanisehen 
Zentralbundes  au  dieser  Stelle  erwäluit  ZU 
werden,  die.  wenn  auch  zeillich  ziemlich 
weit  auseinanderliegend,  doch  in  einem  ge- 
wissen CaiLsalne.xus  zu  einander  stehen.  Es 
war  bauptsäehlieh  der  wachsamen  tnid 
energischen  Thäti^keit  des  Zentral-Hundfs 
zu  verdanken,  «lass  mehrere  AngrilTe  der 
liCgislalur  von  i'ennsylvanien  auf  die  per- 
sönliche Freiheit  der  Bewohner  dies«'S 
Staates  in  Ftuni  von  Gesetzen,  dureJi  welche 
die  Lizensirnng  von  Vereinshallen  und  da- 
mit der  Itnin  eines  grossen  Theils  derselben 
herbeigeführt  werden  sollte,  erfolgreich  ab- 
geschlaL'en  wurden.  Durch  die  erft»lgrciche 
.\^itatioii  UK-hnrer  County  -  Verbände 
wurde  dii'  Wiederwahl  von  zwei  (Jesetzge- 
bern,  den  Repräsentanten  Aehcson  und 
Cravcn.  welche  sich  als  schlimme  Feinde 
liberaler  Anschauungen,  dafür  um.somehr 
als  ergebene  und  willfährige  Diener  der 
Mucker.  Heuchler  und  Finsterlinge  erwie- 
sen hatten,  verhindert  nn<l  (bunit  vor- 
läufig ihrer  legislativen  .Maulwurf.sarboit 
ein    Ende  bereitet. 


rs«) 


DK \i     1  )KrTS(  IIA M  K H I  K  A MS(  H K    X ATIOXAL-IU'XD 


Am  1_'.  Scpti'mix'i-  VM):]  vci-saiiiinelte  sicli 
t'inc  ülx'ivius  stattliche  Anzahl  von  Delcjra- 
ten.  hcr/Iii'li  durch  fiii  Kouiitc  des  TiimI) 
Iiän^'i^rrn  liürjjcrvcrtMiis  von  Maryland  cni- 
pfaiifrcn.  zum  swfitrn  Koiivtiif  <l)s  .\V///o- 
)i(il-Jii(H(l(s  in  <li'r  festlich  «rcschiiiücktcii 
Halle  des  Turnvereins  ..Vorwärts"  in  Hal- 
tini(»re  untei-  Vorsitz  Präsident  Dr.  (".  -I. 
Ilexanier's.  \'on  dem  Wachsthuni  des  Xa- 
tional-Bundes  i^ah  die  lanire  Liste  der  /.um 
Hundt'  irehörijjen  Verl)ände  und  Vereine 
und  ihrer  l)ele<?aten.  welche  din-ch  Bundes- 
Sekretär  Adolph  Tinnn  verlesen  wurde,  den 
besten  Heweis.  Die  vollständige  Liste  lau- 
tete, wit'  fol^rt : 

Californien  —  Deutsch  -  Amerikanischer 
Verband  von  C'alifoi-nien :  IL  F.  rrl)an, 
Noah  (iuter  und  Alj)hons  Heins. 

Delaware  —  Wilminjjton  Turngemeinde: 
C.  F.  Feldmeiei-  und  (ieoro;  Weth. 

Distrikt  Columbia  —  Deutscher  Zentral- 
Veroin  im  Distrikt  Columbia  :  Kurt  Völck- 
nei-.  (Justav  Bender  und  Wni.  FeldhaiLS. 

Georgia  —  Freundschafts-Bund  von  At- 
lanta :  John  Frech  und  J.  Keefer. 

Idaho  —  Deutsch-Amerikanischer  Zen- 
tral-Bund  von  Idaho:  F.  O.  Martin. 

Illinois  —  Dentseh-Anierikanisehe  llisto- 
lische  (Jesellschaft  von  Illinois  nnd  Bund 
deutscher  Vereine  und  Bürger  von  Chicago 
und  Umgegend :   Emü  Mannhardt. 

Indiana  —  Verband  deutscher  Vereine 
von  Indianapolis:  Jo.seph  Kellei-  und 
Jakob  Löper. 

Iowa  —  Deutsche  Vereine  von  Iowa: 
Joseph  Eiböck. 

Louisiana  —  Deutsche  Vereine  von  New 
Orleans:  Pi-of.  Dr.  J.  Hanno  Deiler. 

New  Jt'rsey  —  Deutsch-Amerikanischer 
Zentral-Verband  von  Newark:  C.  ('.  Liiiau. 
Chas.   Iloffmann   und   Max  (Jrossmann. 

Deutseh-Amerikani.scher  Zentral-Verein 
von  p]lizabeth:  F.  Schlichter  und  Henry 
S.  Altai. 

Deutsch-Amerikanischer  Zentral-Verein 
der  Stadt  Hnboken  :  Alexander  Wiederhohl 
und  Julius  Nelson. 


Turner-]\Iännerchor  von  Atlantic  Cit\ 
Jakob  Ilernig.  Jakob  Müller.  John  Freita.: 

und  Cai'l   \'(")Iker. 

Xew    Voi'k   —   Vereinigte   Deutsche  (;. 
Seilschaften  dei-  Stadt   Xew  York:    Dr.  AI 
bert  J.  W.  Kern.  Kudoljih  Ci-onau  und  Dr. 
11.   A.   C.   Anderson. 

Maryland  —  rnabliängiger  Büi-ger- Ver- 
ein von  Maryland:  J.  Tjarks  und  Karl  A. 
-M.  Scholtz. 

]\Iassachusetts  —  B(tston  Turnverein: 
Carl  Eberhard. 

Minnesota  —  Deutsch  -  Amerikanischei 
Zeiitral-Bund  von  Minnesota:  H,  .1 
Xienstedt. 

Missouri  —  Schiller- Verein  von  St 
Louis:  Frau  Fernande  Richter. 

Ohio    —    Deutsch-Amerikanischer    Zeii 
tral-Bund  von  Cleveland:  Gustav  Ilalbadi 
und  IL  Theuner. 

Pennsylvanien     —     Deutsch-Amerikani 
scher    Zentral-Bund    von     Pennsylvanicii 
Dr.  C.  J.  Ilexamer,  Arno  Leonhardt,  Prot 
M.    D.    Learned,    J.    Weber    und    Adolph 
Tinnn. 

Westlicher  Zweig  des  Deutsch-AniPrik;i 
nischen  Zentral-Bundes  von  Penusylv.i 
nien :  IL  C.  Blödel,  John  Yenny.  Win 
Kaiser  inid  Theodor  Lamb. 

Johnstown  Zweig  des  Zentral-Huml. 
von  Pennsvlvanien :  Conrad  Hahn  um 
John  Meise.  9 

West  -  Virginien   —   Deutsch-Anierikam 
scher    Zentral-Bund:    C.    W.    Beute    un 
Albert  Beltz.  ^ 

Wisconsin  —  Deutsehe  Vereine  von  Mil 
waukee:  Victor  A.  Gangelin. 

Texas  —  Deutsche  Vereine  von  Tex}i> 
Jtdius  Schütze. 

Nationales  Deutsch-Amerikanisches  L<'1 
rer- Seminar.  Milwaukee:  Prof.  C  < 
Schön  rieh. 

Deutsch  -  Amerikanischer     LehrcrbuiiC 
Prof.    X.     IL     Ferren    und    Prof.    C. 
Schönrich. 


DER    VKKKINKiTKN    STAATKX     VON     AMKHIKA 


7«T 


\'(Mii  \'«ustjiiit|f  des  .\iitioiial-hmnli'.s 
wohnte  (U'iii  Ktmvt'iil  audi  \*i/.('-l'räsi«|.-tit 
Prof.  Dr.  M.  D.  L.'ani.d  hri. 

Trhrr  ilif  'I'liätijrkt'it  der  liuiul('«-K.\«'ku- 
tive  währi'iid  der  Z«'it  zwi.schcii  dein  n-sti'ii 
und  zwciti'ii  Koiivi'iit  <:sd)  dti-  licricht  Dr. 
IIt'.\ani<'r\s  ausfülirliflu'ii  Aufschluss.  Rs 
hci.sst  in  dfni.srlbcn  n.  a.  wie  fol«rt: 

..Dfi-  \'t>rttrt  lU's  National-Hundt'.s  nius.sti' 
in  einer  Anzahl  (h'ni  Kontrre.ss  in  Wjush- 
ington  vorIi('<render  Antreh-^renheilen  Stel- 
lung nehmen.  Davon  .sind  hervorzuheben 
die  schon  im  Vorstands-Herieht  erläuterte 
liurtMi-Anjri'le^t'uheit.  an  jeden  Senator 
und  den  rrilsideiiten  u'eriehtete  I'roU'st«' 
p'ijen  die  Kin\vaiulei'uufrs<;e.setz  -  Vorlajre. 
und  die  Petitionen  für  Krnennunjjr  einer 
Eiinvanderun«rs-Kommi.ssion.  Obwohl  e.s 
nicht  •relau'r.  mit  dem  \'orsehlair  (eine  aiLs 
Saclivei>;tändi<j:en  bestehende  Einwande- 
run^^s-Konunission  zu  ern«'nnen)  durchzu- 
dringen, so  ^'elany:  es  dennoch,  einiire  dci* 
schlinniisten  Hestimnuni<:ren  der  schon  vom 
IlaiLse  pa.ssirten  VorIap:e,  wie  die  Erhöhung 
der  Bcstcucrunjr  auf  $;^(M)  per  Kopf  und 
den  noch  schlimmeren  ..jiildun«j:stest*'  im 
Seiuit   zu   Fall  zu   bi-in<ren." 

Die  A»ritation.  (ieneral  Steubcn  in  der 
Hauptstadt  unseres  Landes  eine  seiner  Ver- 
dienste würdi«re  Keilei-statuc  zu  errichten, 
war  crfolirreich.  Petitionen  wurden  an 
jeden  Senator,  .sowie  an  tlen  l*i-JLsidcnten 
•je.schickt.  luid  «rlückte  es.  eine  Verwilli- 
•jun«:  von  $r)(l.(MM)  zu  erhalten.  L'nterstützt 
wurde  ferner  das  (n-such  um  licwillijrunv 
«•iner  Pension  für  die  Wittwe  des  (Jencrals 
Franz  Si«rel.  In  ihrer  Eijrenschaft  als  Exe- 
kutive des  Zcntml-Verbandc.s  von  Pcnn- 
sylvanien  brachte  di«*  jiehördc  die  von  <ler 
Met ho<listen- Konferenz  ausjrcarbcitctc  Fox 
lyocal-Optittn  \'orlat:c  in  der  zweiten  I^«- 
.siuitr  vor  der  Staatsleirislatur  zu  Falle. 
Da.sselbc  Schiek.sal  theilte  ein  (Je.sctzcnt- 
wurf.  (hirch  wi-lchcn  Sonnta^rs-Exkui-sioncn 
verboten  werden  .sollten.  EI)en.so  ^rlü<*klieh 
war  der  Staatsverband  in  seiner  Fnter- 
stützun«^'    der    Vorlage.    dlU'ch    welche    dem 


Verdienst V(»llen  ci-Nten  Sehal/mcihtcr  der 
\'er.  Staaten,  dem  Dentseh-.Vmcriknner 
.Mieliael  Ilillctras.  «'in  Monument  im  Staat.s- 
Kapitol  errichtet  werden  s«tll.  .•{;•_'<».(  HM» 
wurden  für  diesen  Zweck  bewilligt. 

Auf  den  liericht  Dr.  Hcxam«"r*s  foltrten 
dicjcnijrcn  der  einzelnen  Stantsverlmncle 
durch  ihre  n-^p.  PriLsid«>nten.  Da  berich- 
tete Präsident  Kurt  Völckncr  von  WjlsIi- 
iniiion.  D.  ('..  über  die  unucheuren  Schwie- 
rigkeiten, die  seine  <  )r<;anisation  in  der 
vom  deutschen  Elemente  nur  .schwach  be- 
siedelten Bundeshauptstadt  zu  überwinden 
hatte;  ().sear  F.  Martin  vom  Zcntral-Hund 
von  Idaho  lenkte  di<'  Aufm«'rksamkcit  der 
Di'lciratcn  darauf,  da.ss  der  Staat  s«»  \;r*t>is 
.sei  wie  New  York  un<l  Penn.sylvanicn  zu- 
.sammen.  aber  nur  iJiJ.ooo  Einwohner, 
trrösstcntheils  Ackerbauer,  habe.  Von 
diesen  seien  im  (Janzen  2!>74  in  Dcutsch- 
lantl  «reborenc  Mäiujcr.  Frauen  und  Kinder. 
Dass  num  da  nicht  viele  deul.sehe  Ven-ini- 
t.MUij:en  erwarten  könne,  .sei  .selbstverständ- 
lich. E?'  sehlo.ss  seine  interessanten  Aus- 
fiihi-uni:eu  mit  l"ol«renden  ^Vortcn :  ..I<*h 
möchte  hier  noch  bemerken,  da.ss  djLs.  was 
von  Idaho  «rcsa^t  worden  ist.  sich  elx-n  so 
irut  auf  die  Staaten  Washin«rton.  Montana, 
()re«ron,  Nevada  und  Wyominjr  beziehen 
kann.  Welch  eine  Zukunft  steht  inis  ent- 
ircL'en.  weiMi  die  Schätze  der  friK-htbaren 
Thäler  und  Ebenen  Idahos  durch  den  FIciss 
der  deutschen  Lamdwirthe  hervortrebrat-ht 
werd«*n  köiniten  und  die  edlen  Erze  unserer 
(Jcbiri;e,  welche  unserem  Staat«'  den  w«»hl- 
verdienten  Namen  ..Idaho.  «Icr  Edelstein 
der  Ber^'c'".  trci;eben  haben,  durc'h  die 
starken  Arme  dcJitscher  Beru'Icute  auftrc- 
fördert  wenUn  S4>lltcn  un«l  von  ihrem  na- 
türlichen, nihcn  Zustande  durch  die  An- 
wcndunir  d«'r  von  deutschen  (iclehrten  «m- 
fiMidcnen  Prozc.s.sc  in  rein«*«  Silber  und 
(Jold  umfewandclt  werden  möchten.  Dcs- 
wt'tren  sollte  CS  eine  Aufgrabe  tics  I).  A.  N. 
B.  sein,  besonders  neu  Einircwaiulertc  da- 
rauf aufmerksam  zu  nuMhen.  da.ss  im 
Westen    »uiscres    Landes    ihnen    n<Hh    die- 


788 


DKK    DKrTSCH-AMERIKAXISCHK    X ATIOXAL-BUXD 


st'll)t'n  (Jolegenheiti'U  geboten  worden, 
welche  unsere  Väter  und  (irossväter  im 
Osten  und  im  .Mississippi-Thale  «rehabt 
haben." 

Präsident  L\  C.  Lienau  vom  Zentral-Ver- 
band  New  Jersey,  einem  der  jüngsten 
Glieder  der  Organisation,  konnte  mit  Stolz 
darauf  hinweisen,  dass  die  Mitgliederzahl 
in  ilen  seelis  Städten  Newark.  Pater.son, 
Iloboken,  Elizabeth.  Carlstadt  und  Tren- 
ton  bereits  20,000  eieieht  hal)e.  In  seiner 
ausführliehen  Darlegung  der  (Jesehichte 
wies  der  Berichterstatter  auch  auf  die 
gei-stigen  Errungenschaften  des  Staatsver- 
baiides  hin.  Hierher  gehörte  u.  a.  die  er- 
folgreiche W'ranstaltung  von  sechs  deut- 
sehen 'riieatervorstellungen  durch  Direktor 
Wursters  Ensemble  aus  Philadelphia  in 
Newark.  die  (Jründung  der  Freien  Kechts- 
Sektion,  ferner  natürlich  die  Agitation  in 
der  Einwanderungsfrage  auf  Basis  der  viui 
der  Bundes- Exekutive  gegebenen  Anre- 
gungen und  endlich  zwei  glänzend  verlau- 
fene Feiern  des  Deutschen  Tages. 

Dr.  II.  A.  C  Anderson,  Präsident  der 
Ver.  Deutschen  Gesellschaften  von  New 
York,  erklärte,  dass  der  Bcsucli  des  Prinzen 
Udnrich  im  John  1901  den  eigentlichen 
Anstoss  zur  Gründung  der  Vereinigung  ge- 
geben habe,  die  bei  der  ei'sten  Deutschen 
Tagfeier  am  9.  November  1902,  105  Vereine 
zählte.  Gegenwärtig  innfa.sse  die  Vereini- 
gung 148  Vereine  mit  ca.  30,000  .Mitglie- 
dern. Redner  sagte  u.  a. :  ..Die  Nativisten 
unserer  Stadt  haben  uns  zum  Kampi  gefor- 
dert, indem  sie  die  deutsche  Sprache,  die 
seit  35  Jahren  in  vielen  Elementarschulen 
mit  Erfolg  gelehrt  wurde,  willkürlieh  bei 
Seite  schoben,  und  obgleich  wir  bei  ]\Iayor 
Seth  L(tw  und  der  Erziehungs-Behöi'de 
eifrig  dagegen  protestirten.  wurden  unsere 
Proteste  nicht  beachtet.  Vs  wurde  dann 
ein  25er  Komite  ernannt,  das  einen  Appell 
an  das  gesannnte  Deutschthum  erliess,  mit 
dem  Ersuchen,  unseren  Kampf  für  die  Er- 
haltung der  deutschen  Sprache  in  den  Ele- 
mentarschulen als  eine  Ehrensache  zu  be- 


trachten und  uns  nach  besten  Kräften  zu 
unterstützen,  indem  es  sieh  unserer  Verei- 
nigung, entweder  als  Verein  oder  als  Ein- 

zcjniitizlieder,  ansehliesse. 

Ifh  habe  die  feste  relierzeugung,  da.ss 
die  \'ereinigten  Deutschen  Gesellschaften 
von  New  York  eine  grosse  Zukunft  haben, 
deiMi  man  merkt,  da.ss  der  deutsche  Michel, 
der  so  lange  schlummerte,  am  Erwachen 
ist;  die  Deutschen  müs.sen  einsehen,  diuss 
unser  schönes  \'ei'ein.swe.sen.  ohne  deut.sche 
Einigkeit.  lang.sam  aber  sicher  der  Verges- 
senheit angehören  wird;  die  deutsche  Ein- 
wanderung ist  sehwach,  denn  die  Deutsehen 
drau.ssen  w!.ssen  sehr  wohl,  da.^s  Amerikii 
nicht  mehr  das  gelobte  Land  ist,  und  unsere 
Söhn(^  sehliessen  sich  nicht  den  dentsclion 
Vereinen  an.  weil  sie  sich  schämen.  Kindt-r 
deutscher  Eltern  zu  sein;  wenn  aber,  durch 
die  Einigung  aller  Deutschen  des  Landes, 
wir  es  erzwungen  haben,  geachtet  und  ge- 
ehrt, ja  sogar  politisch  gefürchtet  zu  wer- 
den, dann  werden  unsere  Kinder  einst 
stolz  sein,  da.ss  deutsches  Blut  in  ihren 
Adern  fliesst,  dann  werden  die  Vereine 
jüngeren  Zuwachs  bekonnnen  und  gedeihen, 
anstatt  zu  Grunde  zu  gehen." 

Sehr  treffend  fülirte  Präsident  John 
Tjarks  vom  rnal)hängigen  Bürgerverein 
von  ^Nfarvland  folgendes  aus:  Um  sein  ge- 
stecktes Ziel  zu  erreichen,  hat  es  der  Bür- 
ger-Verein von  vorneweg  für  nöthig  ge- 
halten, nach  zwei  Seiten  hin  eine  ..kultu- 
relle Kampagne"  zu  führen,  und  zwar 
erstens,  dass  der  amerikanische  Bürger 
deutscher  Abstammung  herangcbildi-t 
werde  zu  einer  ernsten  und  vollkommenen 
Erkenntni.ss  seiner  Hechte  und  PHichti-n 
als  amerikanischer  Bürger,  und  anderer- 
seits, den  Stock-Amerikaner  von  der  (^Ge- 
rechtigkeit und  Bedeutung  der  von  seinen 
:M!t))ürgern  deutscher  Abstannnung  ge-  ; 
stellt?n   Forderungen  zu  überzeugen. 

Die  erste  ist  die  bei  Weitem  schwierigere 
Aufgabe.  Die  Erfahrung  hat  uns  ge- 
lehrt, dass  der  Stock- Amerikaner  sich  ülx^r- 
zeugen  lässt  u?id  dann  ein  eifriger  Befnr- 


I 


DKIC     \  I:KKIM(;TK.\     STAATKN     von     AMKIflKA. 


789 


Wort«'!'  (Un  Aiijji-strt'hti'M  \vir«l.  wojrt'irin  di-r 
Dt'utsclH'  in  oiiuT  Träjrlu'it  und  (ilfifh^riil- 
tij;ktMt  vrrlmrrt.  ili««  fiist  sträflii-h  sind  und 
und  driu'U  ge^fcnüluT  man  «»fl  v»«r/uiMf»'ln 
könnte. 

Dir  Wahrlu'it  difser  Hfliauptunir  wnid«' 
dfUtlich  wälirrnd  der  Sit/.iniv:  diT  Staats^re- 
si'tzj;t»l)un«;  im  Anfaiiy:»'  dt-s  letzten  .Jahn-s 
bewiesen.  I'n.ser  lu'ehtsl)ei.stan<l  hatte  eine 
N'orlaj^e  zur  Aim-ndinm«^'  der  ..Ulanen  Cie- 
setz<'".  soweit  sie  die  Stadt  Ualtiniore  ho- 
tnifen.  ausfrearlieitet :  dieselbe  wurde  in 
der  (Jesetz«:«'!Mniy:  vor«rele'rt.  Tni  die  Nuth- 
wendijrkeit  die.«er  rinänderunjr  den  (iesetz- 
^ebern  klarzuleiren.  sowie  lun  die  Vornr- 
theile  d«*s  allgemeinen  Pultlikums  zu  be- 
kämpfen, wurde  eii'e  kleine  lirosehiiie.  die 
«reseliielitlielie  Kntwij'kluniT  der  ..Blauen 
(i'e.setze"  darle«rend.  seitens  des  ..liür|.'er- 
Vereins"  herausjjetreben.  Eine  Kopie  der- 
selben wurde  jedem  Leirislaturmitirlied. 
jedem  Iii<*hter.  Staatsanwalt  und  Zeitun<r>- 
heraus«reber  im  Staate  Maryland  zni:'- 
sehiekt. 

Xaelidem  all"  dies  y;e.seh«'lien.  wurde  ein 
Ta«r  fest<re.set/.t.  um  die  Saelie  \ov  dem  Le- 
irislativ-Komite  zu  befürwort<'n:  eine  Auf- 
forderung winde  dureli  die  Zeituniren  an 
Alle,  die  an  den  Amemlementer  Intere.s.se 
nahmen,  erla.ssen,  mit  naeh  Aiuiapolis  zu 
«rehen.  Der  Ta«r  kam.  aber  die  guten  Deut- 
schen nieht  —  die  Massen-Deleiration  I).*- 
stand  aas  acht  Mann.  Wäre  die  Saehe 
kräftifj  unterstützt  worden,  hätten  wir 
IlolVnnnir  auf  einen  theilw»Msen  Krfolsf 
haben  köinieii.  <lenn  vi<'le  der  Legislaturmit- 
trlieder  stimmten  nn^i'i' ii   fi'-'-n    \nvi.Oit,ii 

bei." 

Herr  Tjarks  erklärte  sieh  trotz  dieser 
MtVenkiuidiu'cn  Theilnahmlosigkeit  im  allue- 
meineii  von  dem  Wirken  d-s  Hü rirer- Ver- 
eins seit  .seiner  (Jründnnv'  befr'ediirt  und 
«rlaubte  mit  V«*rtrauen  der  Zukiuift  enttre- 
«ren.sehauen  zu  k<">tnien. 

Nienstädf.  St.  Paul.  Iieriehleie.  in  Min- 
nesota habe  der  Deut.sehe  nieht  über  <li<' 
Verhält ni.s.se  zu  k'a'j-ii.     Tfi  politise)«.-!-  !?.•- 


Ziehung  steht  der  l)»*utsehe  an  erster  Stelle, 
d.  h.  man  nehme  mir  einen  I)eutj<eh«-n  als 
Staat.ssehalznu'ister.  inid  nueh  in  anderen 
Khrenstellen  würden  Deuts«'he  berüeksieh- 
tigt.  Desgleieheii  habe  nian  es  erlangt, 
dass  der  Staat  alljährlich  .$2000  für  deut- 
.sehe Mücher  ausgebe.  In  Folge  der  vielen 
Kirchen.schuh-n  und  des  ewigen  .Tanuners 
der  Politiker,  «lass  kein  (Jeld  vorhanden 
sei.  habe  der  Zentral-Verein  ilie  Kinführung 
des  d«Mitsehen  rnterriehts  in  den  Volks- 
schnh'n  n<M'h  nicht  durchgesetzt.  Aber  es 
werde  trotzdem  no«'h  gelingen. 

Frau  Fernande  Richter.  St,  Louis,  er- 
grilV  auf  allgemein«'s  Verlangen  das  Wort 
und  sagte:  Die  Frauen  sind  die  Haupt- 
sache. Ohne  uns  Frauen  kann  tler  Nntio- 
nal-Bnn«!  Nichts  thun.  Die  deutsche 
Spi-ache  ist  kein  bereit  liegendes  Kleid.  Wir 
köinien  nicht  von  den  Kindern  verlangen, 
dass  sie  deutsch  denken  luid  fühlen,  wenn 
wir  sie  nicht  deuts«'h  sprechen  lehren. 

\'oM  <len  wichtigsten  auf  dieseni  Kon- 
vente gefassten  Beschlüssen  mögen  di**  fol- 
genden hier  Platz  tinden  : 

New  .Ici-scy  beantragt,  dass  <lie  Vertre- 
tung der  verschiedenen  Staatsverbände  luid 
Vereinigungen  auf  den  Konventen,  auf 
denen  jeder  Staatsverband  zu  zwei  Stim- 
men bere<'htigt  ist.  si.-h  nneh  der  MitL'lic- 
«Icrzahl  richten  möge. 

Ks  wurde  vorgeseh lagen,  dass  diese  wich- 
tige Frage  einem  besonden'U  Ansselnwa 
überwiesen  werde,  welcher  bez.  dii-ser  An- 
gelegenheit dem  näeh.sten  Konvent  Kmpfeh- 
Inngen  machen  .soll.     Ang«'nonnnen. 

Der  Antra'.',  alle  Natiomd-Konventionen 
in  Washinirton  abzuhalt«'n.  wurde  abge- 
lehnt. 

Kin  anderer  Antrag  «les  Zentral-Vereins 
von  Washinixton.  die  Konvi-ntionen  in  den- 
.M'lbcn  .lahn-n  abzuhalten,  wie  die  politi- 
wher  Parteien,  wuide  ilcr  nächsten  Natio- 
nal-Konvention  zur  Beschlnssfassiutg  über- 
wiesen. 

Kin  Am  rag  des  Siaat«'s  Pctui.sylvanien. 
i]\<-    Konventionen    alle   zwei    .labr--   v<i   jd»- 


790 


DER    DErTSCHAMKRIKANISCHE    NATIOXAL-BUND 


wechseln  /.n  lassen,  dass  sie  fiiiniiil  im  Wes- 
ten nnd  (las  andere  Mal  im  Osten  ah^M-hal- 
tcii  wei-dt'ii.  wurde  (»liiic  Debatte  ans;e- 
nonniieii. 

Für  Aiuialuin'  ih's  Anti-ayes  Indianapo- 
lis, die  Konvention  im  .Jahre  !!)(>")  dort  ab- 
zuhalten, sprachen  die  I)ele<raten  Keller 
und  Löper.  unterstützt  von  Emil  Mann- 
hardt.  C'hieajro;  II.  1.  Nienstedt.  St.  Paul, 
und  II.  Theuner,  Cleveland.  Der  Antrag 
Indianapolis  wurde  ])er  Akklamation  an- 
genommen. Joseph  K(>llei-.  Indianapolis, 
dankt  im  Xamen  des  Verbandes  deutscher 
Vereine  von  Indianapolis  für  die  Aus- 
zeichnung. 

Antrag  des  Staats- Verbandes  von  Ohio: 
T^n  in  den  einzelnen  Staaten  der  Union  eine 
gro.sse  Anzahl  von  Gesetzen,  sogenannte 
..Blaue  (ie-setze",  bestehen,  die  nicht  zur 
Erhaltung  der  öft'entlichen  Ordnung  die- 
nen und  uuv  als  Monumente  puritanischer 
Uuduldsand<eit  die  ^Munizipal-  und  Staats- 
Gesetzbücher  verunzieren,  und  von  heuch- 
lerischen Zeloten  gebraucht  werden,  um 
friedlichen  Büi-gern  die  persönliche  Frei- 
heit zu  rauben,  so  sei  es  beschlos.sen,  den 
Staats- Verbänden,  die  den  Kampf  für  Ab- 
schafVung  dieser  Gesetze  in  den  betreffenden 
Staats-Legislaturen  unternonniien  haben 
oder  noch  unternehmen  wollen,  die  ganze 
moralische  Unterstützung  des  National- 
Hundes  in  Wort  und  Schrift  zu  Theil  wer- 
den zu  lassen,  lun  diesen  Staats-Verbänden 
zum  Sieg  für  die  Rechte  der  persönlichen 
Freiheit  zu  verhelfen.     Angenonnnen. 

Mit  der  Wiederwahl  der  bisherigen  Bun- 
desbeaniten  kam  der  zweite  Xational-Kon- 
vent  am  15.  September  zum  Abschluss. 

Am  4.  Oktober  1905  trat  in  Indianapolis 
(h  r  dritte  Konvent  des  yational-Bundes, 
vom  Mayor  John  W.  lloltzmann  herzlich 
begrüsst.  zu  mehrtägiger  Berathung  zu- 
sannnen.  In  seinem  Konvent.sbericht  gal) 
Bunde.s.sekretär  Adolph  Tinnn  in  wohl- 
thuender  Kürze  eine  Uebersicht  der  bishe- 
rigen tirrungenschaften  wie  des  gegenwär- 


tigen Bestande.s  des  Xationalverbandes  w'e 
folgt  : 

Die  Ernin(j(  nseJiaften  des  Sniimxü-Hun- 
drs  seit  der  Gründune)  sind: 

Die  Pro-Buren-PetitioTi  mit  I'm  .Millionen 
Unterschriften. 

Der  offene  Brief  an  ( Jeneral-Majoi-  Mc- 
Arthur. 

Der  erfolgreiche  Protest  gegen  eine  Be- 1 
schi-änkung  der  Einwanderung  und  Erhö- 
hung des  Kopfgehh's  für  Einwanderer. 

Der  erfolgreiche  Kampf  gegen  die  Hep-  | 
burn-Dolliver-Bill. 

Der  erfolgreiche  Protest  gegen  eine  im 
Kongress  eingereichte  Gesetzes- Vorlage,  den 
Konstitutionen  der  neuen  Staaten  Okla- 
homa und  Wa.shington  eine  21  Jahre  dau- 
ernde Prohibitions-Klausel  einzufügen. 

Die  erfolgreiche  Einreichung  einer  Vor- 
lage im  Kongress  für  ein  Steuben-Denknial. 

Die  erfolgreiche  Verwendung  für  die 
Pensionirung  des  Generals  Peter  Osterhan^- 
und  seine  Einreihung  in  die  Altensliste  der 
regulären  Armee. 

Die  erfolgreiche  Agitation  bei  dem  Re- 
gent Chapter,  Töchter  der  Revolution  zu 
Ilerkimer,  dem  projektirten  Denkmal  für 
General  Herkimer  eine  Inschrift  mit  dem 
deutschen  Namen  Ilerchheimer  zu  geben 

Das  dem  Schiller-Museum  zu  :\Iarbacli 
gestiftete  Schiller-Album. 

Der  jetzige  Bestand  des  National-Bnnd«  ~ 
ist  wie  folgt: 

Staat s-Verhände  und  Städte-Vercinifjungi  i». 

Zentral-Bund      von      Penn.sylvanien . 
Städte- Vereinigungen. 

Staats- Verband  von  New  Jer.sey:  '' 
Städte- Vereinigungen. 

Staats-  Verband  von  Ohio-,  6  Städte-Vci- 
einigungen. 

Staats  -  Verband        von      Galifornien:  .3^ 
Städte- Vereinigungen.  " 

Staats- Verband  von  Indiana:  4  Städt«- 
Vereinigungen. 

Zentral-Bund  von  .Minnesota. 


DKK     VKKKIMCTKN    STA  \TK\     VON     AMKHIKA. 


:üi 


riial)liäMi.'iL'«i"  HürytT-Vfrrin  vini  Mary- 
IhiuI. 

ZfiitrHl-Vnvin  im  Distrikt  ("olmnliiH. 
/«•iitnil-Vrnin     von     Boston     niul     l'iii- 
f;f«:«.*nil. 

V«*r.  |)ciitsclic  ( icscllsclinltni  von  .Scw 
York  und  Stiitlti'-V»Tt'ini«riuiir<*n  in  Troy, 
Kocln'.st«T.  llt-rkinHT  l'onnty. 

Z\\i*ijr-V«'rl»ain(l  für  St.  Louis  un<l  »las 
süilliclir   Illinois. 

Z<'ntral-Run«l  von  Idaho. 
Kin/.t'l-Vt'rt'int»    «rt'hön'ii    d»'ni     Natio'ial- 
Hund   in   foI<rcnd<'n  Staat<*n  ;iri: 

Alaliama •{ 

Colorad«»  .  ■") 

( 'onn«*cti«'Ut   4 

Dt'lawari-  .  "_' 

Illinois t^ 

Iowa H 

Kan.sa.s  1 

Louisiaiui  •'» 

Mifhi«;an  .  -i 

.Montana    .  .  ...      3 

Ni'hraska '^ 

( )ri'i:«>n - 

South  Carolina  1 

T.-nn.-s.s<'f   1 

T.'xas 1^4 

V«*nnont  ...      1 

Washinirt<tn    .  .  -^ 


Wisconsin 


m 


Der  National-Huinl  hat  .somit  in  1- 
Staat«*n  Staats-Vtrhämli-  und  Städti'-V«'r- 
«•ini'^'unjri'ii  und  in  IS  wt-ilfp-n  Staati'U 
Kinz«'l-V«'n*inf  als  Mit».'li«'d»'r.  »«rstnM-kt  sirh 
also  auf  M)  Staaten. 

Dir  hfsti'  Illustration  für  «las  Warlisthum 
di-s  National-Hiuidrs.  fuhr  d.r  Srkn-tär 
fort,  sei  dir  folu'riidi- :  Kraii  Di  Ivichtcr 
vortrat  In-i  <l<-r  Baltimonr  Tau'untf  •■inm 
«•inzflniMi  Vfn'in.  drii  Srhilh'r-V.r»in  von 
St.  I><Miis:  ln'Ut«*  wi  sif  mit  II«rrn  L<'o  <)sl- 
haus  I)«'h'iratin  cint-s  irrofvs.'U  V.rl>and<-s  für 
Mi.ssouri  und  das  .südlirln-  Illiimis.  Il<rr 
Carl   Klxrhard  habe  in  Haltimon-  «Im  Hos- 


ton  Turnvrn'in  vi-rtn-tt-n ;  heute  sei  er  mit 
ll<rrn  Philip  Happaport  l)e|i>(;at  ein«-r 
^ross«Mi  Städtt'-Ven'initjunt'  von  iViston 
iukI  l'mu'et'end,  die  Kieti  in  näehster  Zeit 
/.u  einem  Staats- Verliaiide  für  MiLssaehu- 
setts  au-shn-iten  werde.  Aueli  Herr  Kmil 
.Maindiardt.  der  in  Baltimore  die  llistori 
sehe  <iesellsehaft  von  Illinois  Vi-rtrat.  hahe 
st'\u  >fej;el>«Mies  Wort,  Cllieaffo  his  /ur 
näehsten  Konvention  zu  or^anisiren.  ein^re- 
löst.  denn  am  A.  Oktober  habe  in  der  Halle 
drr  Chiea^o  Turnp'meinde  eine  Ort^ranisa- 
t ions-VersanunlunK  stattgefunden. 

In    seiner    KonventslH>t«ehaft     wies    der 
PriLsidt'ut   darjiuf   hin.  dass   im   nationalen 
Kampfe  das   ...\ieht    rasten    und   niehl    ru- 
lieii"  iran/  besomlers  p-lte.     Darum  werde 
<las   thätiyere    \'(»lk    aiieh   <Ier   Sieger  win. 
un«l  er  wolle  liotTen.  da.ss  es  das  «leutwho 
\'olk  sein  niöj.'!'.     Aber  mit  .schönen   Ke<len 
.sei  es  nicht  j;ethan.  «'ine  umiblä.ssij;e  Ajrita- 
tion  nur.  nicht  in  <len  «'ijrenen  Krei.sen.  son- 
dein    auch    nach    aus.sen.    köiuie   der   Sachi' 
li<Ift'n.      lud  dann   mü.s.se  Jeder  mit  erha- 
btiHiii   Ki-nstc  b«'i  (h'r  Sache  .sein,  es  müs.'^e 
sieh     nicht     mir     um     einen     momentanen 
Sp«»rt    zur    Hcfrii'di^'un;:   kleinlicher    Kitel- 
keit.   .sondern    um    eine    heilig-    IMlicht.   ja 
einen   Lebenszweck   handeln.     An  amerika- 
ni.seher  ()pf<'rwilliirkeit  köiuie  der  I)eut«eh- 
.\merikaner  sich  .in   Beispiel  nehmen.     Kx 
.sei  ja  wahr,  da.ss  zum  Theil  auf  Betn'iben 
des  Natioiuil-Binnlcs  Steuben  ein  Standbild 
in  Washinirton  erhalten  werde,  alw'r  ebenso 
wahr  sei  i-s  auch,  «la.ss  der  mit  ho  nn»s»M'nt 
Knthuxiasnnis  auf  d«'m    Konvent   in   Balti- 
mori'   ant;cnonnn«'ne    B«*schliLss.   ein    I'jtsto- 
rius-Dcnknud  zu  errichten.  utM-h  um  keinen 
S.-hritt    weiter    u'c<liehen    .sei.       V.S    müsse 
nicht  allein  ^ereilet,  «'m  mässe  auch  u'«'han- 
delt.  es  müswten  (Jcldopfcr  ^'ebra^•ht  werden. 
Jeder  in  .sein«'m  Krei.se  nach  eiijcni'm  (Jlau- 
ben  un«I  «öfühl  müxse  mit  (öldopfern  die 
«l.'Ut.sche  Schule,  «lic  «leut.sche   Kin'he.  das 
dcut.sche    Theater,    deutsche    Spitäler,    dif 
deutschen     (M-sanirs-.     Turn-.     Interstütz- 
unirs-,    Sehul-.     Kort bildunu^s- Vereine    etc.. 


(92 


DER  i)p:utsch-amkrikanischk  natioxal-bund 


kurz     jede     deiitseh-kulturelle     Bewegung 
kräftig  im t erst üt /eil. 

Aus  tleiii  Heriehte  de.s  Distrikts  AVa.^h- 
Ington  ist  die  am  V2.  April  11M)4  erfolgte 
(iriindung  der  deut.seli-hist.  Gosellsehaft  des 
Distrikts  hervorzuheben.  Zu  ihrer  Grün- 
dung führte  die  Thatsaehe.  dass  fast  alle 
anierikanischeii  (Jesehiehtsbüeher,  welche 
die  Ciesehiehte  der  Vereinigten  Staaten  be- 
l,;in,]^,l„  —  grasse  wissensehaftliehe  Werke 
sowohl,  wie  aueli  kleinere  Lehrbücher  — 
histori.sehe  rnrichtigkeiten  enthalten  und 
iiaiii.'iitlieh  in  den  Theilen.  welche  die 
Deutsch-Ainerikaner  behandeln  oder  behan- 
deln sollten,  üiier  diese  entwedei-  ganz 
s<'hweigen.  sie  mit  einigen  IMuasin  abthun. 
oder  gar  deren  Wirken,  Handeln  und  Stre- 
ben entstellen  iiiul  herabwürdigen.  Die.sem 
Uebelstande  hottt  die  (Je.selLsehaft  dureli 
Entfaltung  einer  regen  Thätigkeit  mit  viel- 
seitigem Programme  zu  steuern. 

Interessant  waren  die  Ausführungen  der 
Frau  Fernande  Kiehter  von  St.  Louis  über 
den  Zweigverband  v(m  ^Missouri,  welcher 
auf  Anregung  des  Schiller-Vereins  von  St. 
Louis  am  20.  ^lai  1904  gegründet  Avurde. 
Der  Verband  besteht  zur  Zeit  aus  47  Ver- 
einen und  43  p]inzelmitgliedern,  die  sich 
mit  drii  Zwecken  und  Zielen  des  National- 
Bundes  solidarisch  erklärt  haben.  Zur  Zeit 
die.ses  Konventes  ist  der  Verband  in  einen 
regen  Kampf  gegen  die  wiederbelebten 
Sonntagsgesetze  von  Mi.ssouri  verwickelt, 
die  otVi'iibar  als  Fühler  zur  Einführung  der 
l*rohibition  dienen  sollen.  Der  Zweigver- 
band hat  diesen  Kampf  zu  Agitations- 
zweckeu  für  tleii  .\ational-Bund  benutzt, 
indem  er  seine  ^Mitbürger  durch  Pamphlete 
und  Zuschriften  über  seine  Ideen  aufzu- 
klären vei-suchte.  und  ei-  hat  kräftige  l'n- 
tei"stützung  bei  vei-sehiedenen  englischen 
Zeitungen  gewonnen. 

Xaelidem  Philip  Heiser  über  den  Deut- 
schen Bund  von  Xebra.ska  berichtet  hatte, 
der  G3,0U0  ^litglieder  zähle  und  feststehe^ 
wie  die  deut.sche  Eiche,  auch  schon  einen 
Deutschen  zum  (jJouverneur  erwählt  habe, 


eigritV  Rudolf  Gronau  für  die  Vereinigten 
Deutschen  (icsellsehaften  das  Wort,  die  312 
Vereine  mit  30,000  Mitgliedern  zählen.  Er 
sagte  etwa  fol«rendes: 

Es  ist  hiei-  nicht  der  Platz,  ein  (Ji'saimiit- 
hiid  der  Wirksamkeit  der  Vereinigten 
Deutschen  (Jesellsehaften  während  des  ver- 
gangenen Jahres  zu  ge])en.  Ich  will  nur 
einige    Beispiele    ihrer    Tliät iirkeit    lieraus- 

gteit'eil. 

Die  b(  <l(  itlsdnistr  K Kinlfii  hiiini  war  die 
von  den  Vereinigten  Deutschen  ( Jesellschaf- 
lei!  veranstaltete  Todtcnfrirr  zu  Ehrrn  der 
hniscnd  unglücklichen  Opfer  (h r  Slocum- 
KatfistropJic.  Als  ganz  New  Voik  unter 
dem  fürchterlichen  Schlag  darniederlae. 
der  durch  den  grauenhaften  rntergang  des 
Dampfers  ..Slocum"  in.sbesondpre  da.s 
Deutschthum  der  Stadt  traf,  da  lliatcn 
die  Vereinigten  Deutschen  (icsellschafteii 
ihr  nobelstes  Werk.  Sie  trugen  nicht  nur 
thatkräftig  zur  Linderung  der  über  die 
Hinterbliebenen  hereinbrechenden  Xoth  bei. 
sondern  hielten  auch  eine  ölfcutlichf 
Tmuerfcier  ab,  tcie  die  Stadt  sie  ergnifen- 
(!(i\  ühenrälfigender  nie  zuvor  geseJioi  Init. 
Eine  schier  unübersehbare  ]\Ienscliennienge 
wohnte  dieser  im  Weissen  Garten  am  14. 
Juli  1904  abgehaltenen  Feier  bei. 

Ein  herrlicher  Erfolg  war  wiederum  der 
Deutsche  Tag.  Die  Betheiligung  an  der 
Feier  war  eine  grosse.  Die  Räumlichkeiten 
waren  bis  zur  äussersteu  Fa.ssurtrskraft  ge- 
füllt. 

Einen  überaus  glänzenden  Verlauf  nahm 
auch  die  im  :\Iai  dieses  Jahres  veranstaltete 
Sehillerfeier.  Sie  war  in.sofeni  eine  vier- 
fache, als  sich  drei  andere  Körperschaften 
an  ihr  betheiligten  :  der  Verein  alter  deut- 
scher Studenten,  die  Vereinigten  Sänger 
von  New  Vork  und  die  Golumbia  l'niver- 
sität. 

Sekretär  Timm  l)erichtet.  da«s  IMiiladel- 
phia  eine  fünftägige  Schillerfeier  gehabt 
habe.  Es  werde  dort  .ietzt  ein  deutsches 
Theater  für  eine  Viertel-Million  Dollars  ge- 
baut, welches  ein  Volkstheater  im  wahrsten 


I>KI{     VKlCKlNKiTI  V     «.t^viKN     \m\      WIKKIKA. 


7t»;i 


Siniii'  (Irs  W«>rti-s  wi-rdi'.  da  das  (J.'ld  diu  eh  Kiii  L«lii-stiilil  für  d«'iil.H<'h-aiii«rikaiiis<'lie 

Aktii'iizi'irliimiijri.ii  auf«:«'lnacli(  wonlfii  sei.  «H-schi.-litt'    «oll    an    »in.r    aiiMTikaniM'h.'i. 

Der    Leliiirli    Sänirrrhimd    halu«    sit-h    «l.iii  I  iiivci-sität  frrichtft  wcrdni. 

/.'Mtial-himd     von     l».Mn.sylvani.'n     ai.tfi-  n,.,.     IhMitsrh  -  AiiH'rikants..|i..    Nati.mal- 

.s.hl..s.sc-n  iiixl  rs  sc.  dir  lustr  A.issioht  vur-  ii,„„i  ,„„i;,.  ,|aranf  arhlm.  dass  in  den  in 

l.andfn.    dass    d.-,-    Zt-ntnil-Hund    au.-|>    in  ,|,.„  „nVntli.-lirn  SohnU-n  /iir  W-rwcndunn 

Krio  Fiuvs  fassf.  k.)nuiH-n<l.-n    L.-hrlmrlu'in    di.-    KiihnH-stli«. 

Dir    Zrntral-Vrrlmndr    von     IN-nnsylva-  ,,.„,     „rlrl,,.     dmUsrlu-     StainiM.-.spen..ss.n 

n.en.     Wo.st-Vir-ini.-n.     Wisconsin.     .Mary-  |,i,.,/.nland,-  in.  K.-i.r..  «owol.l.  als  im  Fr  r- 

land  lu'rirht.-t.M.  üb.'r  «lio  seit  dem  letzten  ,i,.„  volll.ra.-liten.  nieht  unberüeksi.-htiirt  .'.- 

Konvent    v'«'"iJ>eliten    Ko.tselirifte.      lieson-  \nssm  wcnien. 
dei-s    interess:ii.1    \va.-.    was    d.i-    Vertreter 
Marylands    über    den    Tnrn.mterrirlit    zu 
sa«;en    hatte.      Kr    könnt«-    hiMielitm.    ila-s 


Kr  \uö\:r  darauf  Ix'daelit  sein,  dass  in  d«'n 

ötVentlielun  S<'lnilen  für  den  (icsehiflitMin- 

.  .  tcriielit    nur  solche  [ichrhüehcr  einj^eführt 

dieser  in  «Icn  oficntlichcii  Schulen  sowohl,  i  i  .  i   ••    i      i-      i  •  * 

.  .  '      werden,    wch'hc    inii»irtnisch    die    htstor.- 


sehiii  Krei<rni.s.sc  si*hildern  und  nicht  dazu 
aiiLTcthan  sind,  das  Vorurthcil  des  Schüh-is 
{;ct;en   Fl  i-uid«r,.lMir<  nc  zu  erwecken. 


als  auch  unter  den  .iMn<.'en  Aiiierikancrn  in 
den  letzten  beiden  .lahien  irrosscn  Aiif- 
sehwiinj;  penomn.en  hat.  In  den  ötVent liehen 
Schulen  ist  derselbe  tüchti«:en  d-utschcn 
Turnlehrern  untei-stellt  un.l  in  vielen  Vcr-  ^'-•'*  ^^  ''*•  '''"pf"'''''".  <•'••'«  t^"«  «i^'»  «'inzelnen 

eini-unir.-n     u'cwini;t     d.r     T.irnunterricht  >^<'"tral-Vcreinen  ans  Herz  peK^irt  wird,  wo 

stets    mehr    Freunde,    .soda.ss    di.-ses    Jahr  '""'  '""'"''"  »""?-''''•'••  «l^'»«ts.-he  Theatcrtru|.- 

ilUdö)  am  12.  September  irro!<sarti«re  turne-  I"'"  ^■"  veranla.sscn.  in  ihren  resp.  Distrik- 

rischc  Spiele  stattfanden,  weh-he  viele  Tau-  '''"  ""*'  l<i"-/.ere  oder  längere  Zeit  zu  pisti- 

s.nd.'   von    Neu-icri-.n   anlockten   und   als  "*"•     '-^  ^""^''  ^•"  'l'^*^'"'  '^«t'''^'^  '»  J«'*l«*»" 

-cwaltijrc    Krf..l-e    in    der    Volks.-rziel.un};  ^^•""^^-  "'^•'''  '»i-t'ikt-V.-rband  ein  Spezial- 

anire.s,.hen  werden.     Die  Freiirebi-keit  ein.-s  ^(.mite  für  Hühnen  ernannt  Wi-rden.  Auch 

Amerikaners,    des    Ilcrn    K'obert    (Jarntt.  '''"'^  dai-a..f  hing.'wicscn.  dass  so-enannte 

welcher  es  .sich  Tausendc  von   Dollars  pro  Dil'"ttantcnbühnen    nur   <la    Futcrstützuntr 

Jahr  hat   kosten  la.s.scn.  beschante  di<-  (ie-  "'"'''"  r"'"''"-  '''*'  überhaupt  keine  profes- 

liithe  etc.   und   bezahlte  für  das  Anstellen  '^■"»'•'■"•'  •^i«'""'  <;«'l«'!.'«*nl..it   hat  erfok-ni-b 

deutscher  Tuinlehrer  auf  .len  r.tT.-ntlich.'i.  '»"fz.it.vten. 
Tuinplätzcn   in  den   Farks  der  Stadt.  Dei-   .\atio.ial-lii..id    bcschliesst.   bei   dem 

Im  Staate  Indiana  war  i.i.  Frühjahr  l:t<.4  nächsten    Kon;;rc.ss   für  die   \Vi«iler«'infül.- 

init   der  A<;itation   zum   Anschlu.ss  an  den  rurir  ,|,.r  Armee-Kantine  thatkräftiir  zu  agi- 

.\ational- Verband    bcironiMii    wonlen.       In  tireii.   eiicnso   dem   ( Jermanischen    Mu.seum 

d.r  konstituircndcn   Versammlun«r  vom  \'.l  >"    H<»st<»n   seine   -ali-sche  rntei-stützunu' 

.\ui.'ust  1!M)4  waren  Vertreter  aus  Iinliana-  zuz.nvcndcn. 

polis.    Fort   Wayne.    Kvansville.   Jcfl'ci*son-  Die    liiographie    von    Fastorius.    welche 

villc  und  Tcrrc   Ilaute  anwesen<l.  und   bc-  Prof.   Learncd   im    Frühjahr  l'.HM»  beemlet 

leits   im    Frühjahr   1!M).'>   konnten   an   drei  halu'i.  wird.  s(tll  «liin-h  den  National-Itund 

Orten  i...  Staate  Si-hilb-rfcicin  stattlinden.  verötVentlicht  und  der  H«'inerti*a«.' dem  l'as- 

Von  den  zahli-eichcn  auf  diesem  Konvent  torius  Denkmal-Fonds  zu-jewicscn  werden, 
ai  u'cnon.mencn    licschlüssen   seien   di.-    fol-  Die  .\cbi-nir«'setze  z.»  der  Verfa.ssuni.'  d«« 

irenden  hier  erwiihnt  :  .\ational-Hun<les  w«'r«len  anj:enominon. 

Die    Kinsetzun^    von    Rechtsschutz-    und  Das  (o-halt  des  Hun<lessekrclärs  wird  auf 

.\ibeits-Vermitteluiij:s-HureaiLs.  .t'JöO  jährlich    f i'st geset zt .  auch  sollen  den 


r94 


I )  F.  \i    1) K l "TSC  1 1  A  M  !•:  \i  I  K  A  X IS(  'H  I<]    N ATIOX A L-BUXD 


Buiult'slH-aiiitt'ii    ilirc    Kfis-kostcii    zu    den 
KoiivcntfU  vt'i'^'ütt't   ucrdfi!. 

Dil'  KiiiliKliiui:  von  New  Volk.  «l<-ii 
uäclistt'ii  Koiivfiil  daselbst  }il)zuhjdtt'ii, 
wui'd«*  aii}-'t'iioimiii'ii. 

Xaclidcm  HuiMlrs-Priisidciit  Dr.  ('.  -1 
HcxaiiHT  l)('richt«'t  hatte  »'in  Herr  in  Phi- 
ladelphia otVtM-iiv  $1()()()  ii;i<-li  sfiiicm  Todi' 
zur  Aussetzung:  <Iim-  Ziusi^u  dieser  Smiiiiie 
als  Prämien  für  deutsehe  Schüler  und  Sehü- 
h'rinnen.  wurde  hesehlosMii.  die  Stiftung 
anziuiehnien  und  dein  Stiftei'  den  Dank  des 
liundes  auszusi)reehen. 

Ks  erfolirte  nun  die  Noniination  und 
Wahl  dei-  Pundesheaniten  mit  f()l<iendem 
Hesidtat  : 

Präsident:  Dr.  ('.  .1.  Ilexamer,  Philadel- 
phia. 

1.  \'ize-Pi-äsident :  Joseph  Keller,  India- 
na])olis. 

2.  Vizo-Präsident  :  N'oah  (Juter.  Xewaik. 
New  .Jersey. 

Seki-etär:  Adolph  Timm.  Philadelphia. 

Finanz-Sekretär:  .lohn  Veiinv.  Ka^t 
Pittsl)UI■^^ 

Sehatznieistei- :  Hans  \Veni<rer,  Philadel - 
j)hia. 

Bemerkt  sei  noch,  da.ss  mit  dem  Konvent 
am  Freitag,  den  6.  Oktober,  die  „Nationale 
Feier  des  Deutsehen  Tages"  verbunden 
war.  bei  weleher  der  Vize-Präsident  dv' 
Ver.  Staaten,  Charles  Warren  Faii'banks, 
eine  Ansj^raehe  liielt,  wofür  ihm  dei'  Dank 
des  \ational-H\nides  votiit  wurde  An- 
lä-sslieh  dieses  Ereignisses  gingen  d.'m 
Hundi-  aus  allen  iiandestheüen  zahllose 
<  llüekwiniseh  -  Telegramme  und  Zustim- 
mungsei'klärungen,  sowie  poetisehe  (irüsse 
zu.  welehe  einen  stattliehen  Aidiang  zu  d  '::;i 
Protokoll  des  Xatioiui'-Konvents  von  PH).") 
bilden. 

\'on  Herrn  Rudolf  Cion  lu  im  Xa.iieii 
des  Zweiges  der  Stadt  Xew  Voik  und  vom 
Coniptroller  llerman  A.  M<t /.  Ximens  der 
Konventstadt  Xew  Vork  City  olifiziell  be- 
uiiis.st.  eröt^'nete  Dr.  C.  .J.  Ilexamer  den 
Viiffiii   Konri  iif  (h .^   \'a!in:i(J-B>ni<h^  am 


").  Oktober  lüOT  im  Terraee  (iarden  zu  Xew 
Vork. 

.Mit  <  ;i'nuj.Mliuung  konnte  l)i-.  lle.xainer 
gleich  zu  Hingang  seines  l^erielite.<<  konsta- 
tiren,  da.ss  das,  was  bei  (iriindung  des 
Bundes  im  .fahre  1 !)()()  ein  fromim  r  Wun.sch 
war.  jetzt  Thatsaehe  .sei.  Kin  bereits  in  40 
Staaten  ih-v  l'nion  geeinigtes  Deutschthuiii 
mit  mehr  als  IL.  .Million  .Mitgliedern  .sei 
geschatl'en  worden. 

..Die  Ilauptschwierigkeit.  mit  we'eher 
wii- z',1  kämpfen  hatten."  fuhi-  Dr.  Ib'xaiiier 
fort.  ..wai-.  in  manchen  Orten  i)as.sende 
Kührci-  zu  linden,  denn  es  ist  nicht  leicht. 
.Männer  mit  den  nöthigen  Fähigkeiten  zu 
bekommen,  die  aus  reiner  Liebe  zur  idealen 
Saehe  bereit  sind  dafür,  ohne  Xebenzweeke, 
bedeutende  Opfer  an  Zeit  und  Held  zu 
bringer.  Und  doch,  nie  könnten  befäJügte, 
wohlhabende  .junge  Deutsch-Amerikaner 
unserem  Lande  be.sser  dienen,  als  im  Dienste 
unserer  hehren  Aufgabe.  Ist  es  doch  kein 
leerer  Wahn,  sich  ernstlich  zu  bemühen, 
alle  das  (Jute.  Schöne  und  Edle,  das  in  der 
Kultur  und  dem  Volkscharakter  des  ge- 
sammten  Deutschthums  der  Welt  liegt,  zu 
verbreiten,  und  herrliche  Saaten  werden 
dereinst  durch  d'e  von  uns  ausgestreuten 
Samenkörnlein  für  das  amerikanische  Volk 
aufgehen.  .Ja.  der  ist  der  beste  Amerika- 
rer,  der  nicht  ra.stet  und  ruht  bis  ,.amerika- 
nisiren"  gleichbedeutend  mit  ..germani.si- 
i-en"  sein  soll  Es  ist  unseiv  vornehni.ste 
i'tlicht  —  wo  auch  unsere  "Wiege  stand  — 
für  deutsches  Wissen,  füi-  deutsche  Kunst, 
für  deutsche  Cemüthstiefe  einzutreten,  und 
ticgei!  englische  Heuchelei  und  .Missgunst 
zu  kämpfen." 

Er  kam  dann  auf  die  Eihaltung  und 
Prieuc  der  deutschen  Muttei-sprache  zurück 
nrd  empfahl  dringend,  die  in  dieser  Be- 
ziehung gemachten  Vorschläge  des  Herrn 
Dr.  AV.  A.  Fritsch  von  Evansville.  Irdianü. 
näMilich  : 

1.  Im  deutsch-amerikanischen  Hause,  im 
Familienkrei.se  spreche  man  mit  den  Kni- 
diTu  deutsch  :  gehen  dieselben  zur  r.fVi'ntb- 


DKK     VKHKINUm.N     MAAlh.N     \  •  »N      \MKKIKA. 


705 


«•heil  Schul»*,  sorv'»'  man  «In für.  «lass  si»*  an 
(lein     tlt'ut.sclit'n     I'ntiTiirlit      thrilm'lun<-n, 
auch  schick«'  man  sie  in  eine  dcnt.schc  S<mn 
tajrsschnlc. 

•J.  In  den  Sfätlteii.  wo  mehrere  (Jemein- 
tlen  .sintl  uml  keine  im  Stande  ist,  eine 
deutsche  Schule  atif/.uhallen,  .sollten  <lii' 
(iemeinden  /.usammenirehen  und  eine  di'Ut- 
sehe  \'olksschule  ^rünilen  ;  d<'n  Kelijrinnsiui- 
terrieht  köiniten  die  Schüler  /u  bestimmten 
Stunden  in  iler  Kirche  nehmen,  zu  welcher 
dif   Kltei-n  ^'chüren. 

:\.  Man  lese  deutsche  Zt-itunj^eu,  si«'  sind 
in  der  Mehr/ahl  Itcssei-  wie  die  cii'^disclu-n 
niätter  initl  wenisrer  .sensationell  wi«'  diese. 
4.  In  «h-n  Städten,  wo  ölVentli<'he  liihlio- 
theken  sind,  sehe  man  danach,  dass  die 
deutsehe  Ahtheihui^r  durch  n«Mie  trute 
Büchi-r  von  Zeit  zu  Zeit  virvollständi^rt 
wird. 

.">.  .Man  hctheili«;«*  sieh  ener«:is«-h  an  «hr 
Politik  des  Landes,  .s<tr«r<'  dafür.  «lass  trutc 
deutsehe  Männer  in  den  Schulrath  «rcwählt 
werden.  tüehti«;e  deut.sehe  AI>«:eor«lnete  in 
die  Staatslei^'islatiir  und  «la.ss  nach  Wash- 
injrton  viel  mein-  deutsche  |\ci)räsentanlen 
in  d«'n   Konjrress  konuncii. 

»!.  .leden  II<'rh.st  feiert  «las  Dcut.sehthum 
in  Amerika  «li«-  ^Vi«'^lerk«•hr  d«'s  Taj;«'s,  an 
dem  di«'  Deutsehen  zu«'rst  in 's  Land  tre- 
kommeii  sind,  mit  H«*«I«'n  un«l  (Jesan«r:  es 
i.st  der  „Deutsche  Ta^",  welcher  alle  Deut- 
seh«'n  in  der  rm«.:«'«;«!!«!  ztisammenhrinirt, 
zur  Kinifjkeit  uml  Zu.sannnenarlu'iten  er- 
muthijrt,  er  .sollte  dcshalh  v«»n  .lahr  zu  .Fahr 
ohn«'  rnterhr«'«*lnn»jr  p*f«'iert   wi-rth-n. 

Kin  lautreres  Kapit«*l  seiner  .Xusführun- 
«ren  widmete  er  den  hekannten  I'rinzipien 
des  Bun«les  mit  R«'zu«r  auf  <l«'\itseh«n 
S|»ra«-h-  und  Turniujt«*rrieht  in  d«'n  öfTent- 
lieluMi  S«'hiden.  die  Kratren  d«'r  lu-rsönlielu-n 
Fn-iheit,  di«'  rntciNtützunj.'  der  deut.sehen 
Presse.  Bühne  inid  «l«s  NfitionalL«'hrers«'- 
minars.  die  Krri«'ht»nitr  von  ,Moiunn«'nt«'n 
in  Krinneruni:  (h-s-sen.  was  «h-r  Dcut.seh«'  in 
der  (Ieschi«'hte  .\m«'rika's  he«leutet.  Kr 
empfahl  den  Atishau  <l<r  K'iilitssclmt/  Ver- 


eine un<I  Arl»«'its-.\a«-hweisuntrsliureHUK  in 
allen  d«'n  Staaten,  in  d«-nen  solche  n«H'h  im 
Anfan^sstajlium  oder  trarnielit  «'xistireii. 
••'erner  empfahl  «-r  «len  Zweii;verl)änd«'n  di«« 
Zu.sanunenstellunt;  von  l|ot«'lre};istern,  in 
dt'tien  .soh'he  Plätze  angeführt  w«'nl«'n  soll- 
ten, in  denen  K«'isende.  hes«tn«lei*s  solche 
aus  Kur«ipa.  «.Mit«'  und  hilli^'e  Aufnahme 
linden  k<tnnten,  und  st«IIte  ein  Ke«-iprozi- 
tätsv«'rfahren  im  alten  Vaterland«*  für 
Kur«i|ta-Hci.v«'m|e   in    Aussi«*ht. 

Dil'  Ki"runt.'cnschaft«'n  des  Natioiud- 
l>un«les  seit  dem  Konvent  in  Intliamtpoli.s 
wenh'U  am  B«'sten  dun-h  den  Bericht  d«*s 
Bundess«'krctärs.  IL-rrn  Adolph  Timm. 
dar<.'cl«'t.M,  dei-  hier  im  Auszutre  fol<r«'n 
möy:«' : 

S«*it  dem  in  «h'ii  ci-sti-n  Oktoher-Tau«*n 
i\rs  dahres  liXIf)  in  In«lianapolis  ali<;elialte- 
ncn  «Iritten  Ktmvent  hat  der  National-Bund 
^'anz  ltedcut«'nden  Zuwa«'hs  erhidten.  In 
nicht  wcni^'er  als  lö  Staat«'n  sind  s<*ith«*r 
Staats- \'erl)ände  t.'«'t:iiin«Iet  worden.  Vi«'r 
w«'it«'r«'  Staaten,  'r«'.\as,  Mi«'hij.'an,  Ne- 
braska und  Colorad«»,  dürften  zunächst  in 
ilie  Ixcilie  dci"  Staats- Vcrl(än«lc  tr«'t«'n.  Sehr 
ziuii  Aushau  i\rs  Bund«*s  hat  di«*  persön- 
lich«* A«ritation  ih's  Bun«I«'s-Präsidenten  Dr. 
(".  .1.  Ilexamer  lM'i{:«'trajr«*n.  «h-r  auf  nn'h- 
reren  Atritationsreisen  fast  all«*  Staaten  <l«*r 
rnion  durchkreuzt  hat. 

Ausser  «ler  Anr«*^'unj:  von  M«>/.art-  untl 
Franklin-Feiern  uml  d«'r  Stiftunj;  v«in  KHMl 
Mark  ($'J4<))  für  «l«-n  All'rem<-in«*n  Di'Ut- 
schcn  Schulver«'in  zur  Krhaltiui^r  «l«*s 
I)«ut.s«-hthums  im  Auslaml«'  zum  Feste 
seiru's  l*.")jährit:«'n  Best«'licns,  welche  Svnnm«' 
an  «l«'n  F«»nd  «les  Deutseh- Amerikanisch«'!! 
L«'hi*er-Semina!s  zu!*üekv«'!-wiesen  wui*<le. 
jral»  «'S  bald  im  K«>njri'ess  sehr  viel  zu  thun. 
w«'lel!«'!n  «li-r  .\atioiiaI-Bund  eine  Denk- 
schrift zu  (fUiiKten  eines  lIandelsv«'i*t!iiv'«»K 
mit   Deutschland  übermitt«'lte. 

Vi«'lfach  betri«*b«'n«'r  Mi.ssbrau«'li  «l«*s 
Frankatur- Privib'iriums  «ler  Konirress  Ab- 
^«•oi-dnet«'n  «lur'«'h  Fanatik«'r  vei-aida-sste 
den    Bund,    ilem    K<>ii'_'rcss.    di-m    (i«*n«'ral- 


796  DER    DKUTSCH  AMKKIKANISCHE    NATIONAL  BUND 

P(xstiiu'ister  und  der  an.trlo-iiiiicrikiunsclii'ii  Am  (5.  ()kt<)l)er  des  voiiLrcii  Jalnvs  liefen 

PiT.sso  Protoste  zuirehen  zu  lassen.  l)i'i  (;<'le'_n'iih('it  der  Flnthiilluujj  des  (irab- 

Oejren     die     lleplmrn-Dolliver     Pn.h  hi-  d-'nUnials  für  Dr.  (Jottlieh  Kellner  in  Phi- 

hitions-Hill    wurde    in    zwei    Verhören    vor  Uulelphia  Kränze  und   Blumenspenden  aas 

d..ni    Justiz-Koniite    des     Kepräs..ntanten-  '»H*^»  Theilen  des  Landes  ein.  ebenso  am  1. 

Hauses   sowie    in    Petitionen    Stellung    ge-  •'"">    '1^-    '^^-    «Jlüekwunscb-Depeseb.-n    für 

nonnucn.  ebenso  in  diesem  Jabre  gegen  die  'l^^"  Hundes-l'räsidenten  Dr.  (".  J.  lI,.xa.nor 

Littlcfield-Hill.   welcbt'    vom    .lustiz-Komitc  '»»'s  Anlass  eines  Ebren-Hanketts  für  den- 

des  Senats   dem   näebsten   Kongress   über-  ■''•»»'"•     I^^^i*  Westliebe  Zweig  des  Z.-ntral- 

wiesen   wurde     Xaeb   dem   „Congressional  !>"n<bs    von    Pennsylvanicn    sandte   einen 

Reeord"  ist  aueb  dri-  vorige  Kongress  mil  silh.-i-iicn   Pokal  und  der  Zweig  Haltiinor.; 

Petitionen  gegen   nationale  Probi])itionsge  ^'ii.-e  Tbrkette  nebst  goldenem  Ciebänge. 

setze       förmlieb       ül)ers('büttet       worden.  Der  gegenwärtige  Bestand  des  National- 

AiLsser  den   Petitionen   von   Vereinen   sind  Hundes    naeb     StMats-Verl)änden     ist    wif 

Petitionen  direkt  an  die  Kcmgress-Abgeord-  folgt : 

neten  von  grosser  Wielitigkeit.  Alte     Staats   -    Verbände:     Californien. 

Für    Beibebaltuiig   der   Kantine    in    den  Distriet     of     Columbia.     Idabo,     Indiana. 

Soldaten-IIeimatben   wurde  dem  Kongress  ^Taryland,    ^linnesota.    New   Jersey.    0\m, 

eine  Denkseln-ift  zugesandt.                     •  Pennsylvanien,  West-Virginien. 

Wie  scbon   am   18.   November   1908  tra!:  Neue  Staats-Verbände:  Connecticut.  De- 

der  National-Bund  am   (i.   .luiii    1906  wie-  laware,    Florida,    Georgia,    Illinois.    Iowa, 

derum  für  die  Einsetzung  einer  Einwände-  Kansas.     Kentucky,     ]Massaebu,setts,     Mis- 

rungs-Kommission  und  für  Vertbeilung  der  soui'i.   New   Yoi-k.   Oklaboma.   Soutb  Caro 

Einwanderung  ein.  lina,  Virginia,  AViseonsin. 

Als   San    Francisco   von    dem    Erdbeben  Zabl  der  Staats-Verbände: 

betroffen  wurde,  stellte  sieb  der  National-  Im  Jabre  1905 10 

Bund  mit  $:^00  an  die  Spitze  einer  Sammel-  Im  Jabre  1907 -ö 

Liste   und   übermittelte   am   12.   Juli   1906  ?klitbin  eine  Zunabme  von  lö  Staats-Ver- 

dem  San  Francisco  Zweige  $2420.70.  bänden. 

Am  19.  Februar  ds.  Js.  wurde  (b'r  Nato-  P^linzel-Vereine    geboren    dem    National- 

iml-Biuid  vom  Kongress  inkorporirt.  naeb-  Bund  in  folgenden  Staaten  an: 

dem  sieb  die  Justiz-Komites  des  Hauses  ^vie  ^y^.,        j^.     y,,„„,,„,e 

des  Senats  überzeugt.  da>s  der  Bund  eine  .,,                             o           ^           o 

.    ,  "^  ...  Alabama   3  o  ^ 

strikt  amerikaniscbe  Organisation  ist.  /-,  i        i                       -         -ir         in 

Coloradt) o         15         10 

]\Iit  dem  ..Ancient  Order  of  tbe  lliber-  Kansas                        1           5          -i 

nians"  wurde  ein  Abkommen  getroffen,  in  Louisiana                   5           8          3 

Sacben.    welebe    beide    ()igani.sationen    in-  '\Iiebi"an                    3           8          5 

teressiren,  gemeinsam  voi-zugeben.  ]\b)ntana                     3           9           6 

Der  erste   Versnob    einer   Statistik    der  Nebraska  8         17  9 

deutseben   Scbulen  kann  keinen  Ansprucb  Oregon    2  5  3 

auf  Vollständigkeit  maeben.  sollte  uns  je-  Tenne.ssee   1  4  3 

doeb  anspornen,  die  Arbeit  naeb  Kräften  Texas 24         69         45 

zu  vervollständigen.  Vermont   1  1         — 

Der   Süden   mit   seinem    ausgezeiebneten  Wasbington    3         16         13 

Deutscbtbum  ninunt  an  den  Bestrebungen  

des  National-Bundes  regsten  Antbeil.  59       162       103 


^ 


DER    VKUKINKJTKX    STAATKX     V(».\     AMKKIKA. 


79T 


Mit    Kin.s<hlMss   ,1er   von    den    15    mnun  tnilhuiul  in  Clrvlaiul  ist  inirli  d.-r  einzit;.'. 

Staats- VerlmiKlrii   j;cwoiuicii.-n   Wn'ine  er-  dor  rürkwärts  ^rcuaimen  ist.  ja  lnonat*•lan^r 

..'i.l.t  sich  .in,.  Znnahni,-  v,.n  1(m:(»  V,.r,Mn.-n.  koim-  Sitzunjr.'n  abhielt,  alle  an.ler-n  Ver- 

In  ilen  ühri'ren  Staatm  hat  ,1er  National-  Imnile  arlwiten   im   fortseh  ritt  liehen  Sinne 

Hmi,l     Kinz,.|-.Mitirli,Hlor.       Versnehe.     mit  Chüaf/n:    D.t  Zuvijrv,.rhan,I  C'hioai;o  Im-- 

,1.1,  Deut.s.'h-Amerikanern  in«  Staate  Main-»  st.-ht  znr  Z«'it  naeh  ,l.'n  Hüeh.-rn  de«  Sekre- 

in    Verhindun;:  zu   tnt.ii.  wann   ni,-lit   er-  tärs  aus  si  Ven-in.-n  mit  »'twa  !MMM>  Mitjrlie- 

*'"'"'■'''**•'•  <l'ni.      Währen,!    ,las    im    V,.rhältni.vs   zur 

AiLs  don  zum  Theil  nvht  umfanj:ni,h.-n  Zahl    ,1er    l),'Utseh-Amerikan,-r    in    Chifatf,» 

iWieht,'!!  ,1er  Staats- Verl.iiml,.  m,i>r,'n  hi,'r  un,l  zur  Zahl  ,leut.s,-her  V,-r«Mn.-  «larin  für 

dl.'  ^Viehti^'sten  herv,>rf;eh,.h,'n  w,'r,l,-n  :  eifrijre  zweijähri^re  Arlw-it  n(K-h  k.-in  umiiik- 

.\<ir    York.  Der    I)out.s,-h-Amorikanisehe  tijre.s   Kesultat    Lst.  ,larf  .sieh  ,1er  Vorsttuul 

Staats- Verhand    New    V,»rk    wunle   am    \'>.  '1''^   Z\v,'i«r-V,-rhan,l,'s  ,|,'r    Krwartunt;   hin- 

Juli  l'KI»)  auf  Anre^Muitr  des  Dcutseh-Am,'-  }:<'I»<mi.  ,la.ss  in  liäMe  ein  Ixisserw!  Krcehniss 

likani.sehen    Hun,l«.s   ,1,'r   Sta,lt    Ttiea    und  >'-"  verz,*i,-hnen  sein  winl.  Ks  ist  l)p«,'h hissen 

Vereinstier  l)»iitseh,'n  d,M-  (Jraf.sehaft  Mn-  wonlen.  während  i\vs  Winters  S,'hritt,'  zur 

kimer    <:e«rründet.      Aiusser    diesen    l)ei,lrn  Mildtnii:  «'ines  Staatsvfrhandcs  von  Illinois 

\'erhän,l,'n  traten   hei  der  (Jründunir  n,x-h  >'•"  thun. 

f,)l«rende  Stä,lte   hinzu:    N<\v    York.   Seh,'-  linliiiini:  Der  Z»'ntralv,'rhand  ,»rtrani«irte 

nt'eta,ly.    HulValo.   Alhany.    Kintraeht.   (ilo-  in  drei  Stä,lten  Sta,ltverl)än,l,»  und  jrewann 

v,'i*svill,'.  Syrxejise.  Tr,»y.    KImira.   K,MdK's-  aueh  <'ini«re  Verein,».     Die  Kinfühnuitr  der 

ter  und   Amstt'nlam.  später  .sehlossiMi  sich  n«>,'h!izens  wurde  mit  Ililfc  d<'s  Z«'ntralver- 

d»*m    Verl>an<lc    noeji    an  :    Home.    Oswefjo,  liandes  v,'rhiridert.  Di,^  B,'willitr»injjr  h<iherer 

Newl)uri;h.   l'ouL'hkecpsii-  und  ,l,*r  Ortsver-  L<'hr,'r«rehält,'r  sowio  ein  L<'hri»rpensionsj^- 

l)and   Alhany.     Die   .Mit'_'li,',lerzidil   beträirt  ««'tz  wurd,'n  ,'rzielt. 

iK'Ute  cin-a  Ki.OdO.  w,.ruiit.r  TdoO  aus  d.-r  M,niihi„<l:    Im   Ilerkste  des  Jahn-s  11)05 

Stadt  New  York.  fa,,,!    in    Marylaml   eine   V,)lk.sah.stimmung 

(Uno:     Im  Jahre  1!>().")  Itestantl  ,1er  \'er-  ühcr  die  Aiiiiahnie  eines  Aiiiei!,lcments  zur 

hantl  nur  au.s  ,l(n  Zentralhüiulen  in  C'love  Staats-Konstitution  statt.  w«'le|i,'s  zwar  tre- 

lan,l.    Toledo    \\\h\    ,lem    Sta,lt\"*'rband    in  ^''H  die  Netrer  ^,*riehtet  war.  aber  so  weit- 

Ilamilton.      In   zwei   .Jahren  fr,'Ian«:  ,'.s.  die  rei,*h,'n,l<'  Vor.s,'hriften  ,'nthie|t,  ,la.ss  »^s  all,* 

Zentralbün,!,'    in    Chillii-oth,*    un,l    I)ayt,»n  frenHl^relMirenon     Stinuii«^,>biT    ,1,'r    (Jiuide 

für  dfu  Staatsvcrb:ind  zu  fiewinnm  »nul  in  o,ler   rn<rna<le  ,1,'r  Stinuntr<'b»'r-Het:Lstrato- 

den   folgenden  Städten   Verbände  zu  orira-  ren  unterwarf.     Wir  ortranisirten  eine  hef 

nisin'U:    Akron.    Diieyrus.    Cim-innati,   Co-  tijr«*  ()pp,»siti,»n  tr,*«^'fn  ,Iie  Aiuiahmo  ,l,'ss,'l- 

lumbus.  Fn-moiit.  Lima.  Lorain.  Mansfield.  ben  un,l  siftrt,'n  bei  ,1,'r  allu'i'meinen  Wahl 

•Mt.   Ilea'thy.  Sprin'^'fii'1,1.  San,lusky.  Sti-u  niit   tli,'<^'i'n,len   Fahnt-n.  olisi-hon  wir  jrt'm'n 

beiivill,'.   ( 'antun.    Ma.ssillon.   Allianee.   Tif-  die      in      <ler      .Mjieht      belindli,'he      l*artei 

fin.    Hellaire    uii,l    ^'<»un^rst,»wn.      Die    Mit-  kämpft,'n. 

triiederzahl  b,'trätrt  IS.O(K)  bis  ID.OOO.  I),*r  Fortu,'s,'tzte  Agitation  pe^rcn  jed«'  Ver- 
ZentralbuiMl  in  Cli-vclan,!  j;ab  v,»r  zwei  sehärfunt;  der  ..Hlaut-n  (Jes,'tz,'".  Kntsj'hei- 
Jahn-n  .sein,-  .Mitirlie,lt'rzahl  auf  12 — l'i.OOO  d,'ndir  Krf,»ljr  in  d«'r  Hekämpftuit;  d,T  sojr. 
an.  zählt  h»'Utc  aber  trotz  im  Frühjahr  ,r-  Loeal  \'et,)-  , »,1,'r  I*reeinet-I*r,»hibiti,»n«-Hill. 
fol«rter  H.ortranisation  tiur  ,'!t.  2(MI(».  Ilätt  •  I'«  nnsiilninia:  Der  Staatsv,'rban,l  hi,'!t 
Ch'veland  n,»eh  ,lit'  .Mitirlieih-rzahl  w'<'  v,<r  zwei  s,'hr  erfoluTci,'!),'  Kr»nvfnte  in  Pitts- 
Jahren,  würdi-  der  Staatsverband  heute  bur^r  un,l  Wilkes-Iiarr,'  ab  mit  10  Sta<lt- 
30 — 33.000    >iit<:li«'der    xiihlen.      Dor    Zen  resp.   ('o>uity-V,'rbän,l,'n.     An   den   ersti;»' 


798 


DKK    DErTSCH-AMKKIKAXISCHH    NATIONAL  BIND 


iiriniitt'ii  K»»iivt'iit  im  Jalin*  190")  sehloss  sich 
eine  Dcut.sciK'  Tairfciei-  Jiii.  Von  dem  rcbi'i-- 
sehu.s.s  wiudt'ii  $100  für  das  I'astorius-Denk- 
mal  lH'\villiy:t.  Kifri«:«*  Ajritation  für  ein 
Civildienst-CJesetz.  für  permanente  An- 
stellung: der  Lehrer.  IIel)un«r  der  Xornial- 
seh'.ilen  sowie  (Jründuny:  eines  Pensions- 
Fonds  für  Lehrer.  Agitation  zur  Einfüli- 
run»r  des  obligatorischen  Turnunterriehts 
in  den  Schulen  der  Städte  8.  Kla.s.se.  Er- 
neuter Protest  ire<ren  Beschränkuntr  der 
Kinwanderuii^'.  Scliliessen  der  Kantinen 
wie  ireiriMi  die  Ilepbui'n-Dollivei'-  und 
Littlefield-Bills.  Errichtung  des  ersten 
deutsehen  Volkstheaters  in  Philadelphia. 
Jährliehe  Vertheilung  von  l'räuiieii  im  (Je- 
sammtwerthe  von  $100  an  die  besten  Schü- 
ler der  deutschen  Schulen.  Verhinderung 
der  Einführung  von  Local-Option  durch 
die  Staats-Legislatur. 

Wfst-Virgiitia  und  Texas:  Beide  Ver- 
bände berichten  über  rü.stiges  Fortsehreiten 
der  Agitation,  wie  der  Organisation.  Ln 
ei-steren  Staate  wurden  die  D(nitsclien  von 
Parkersburg  für  den  Xational-Bund  ge- 
wonnen. 

New  Jersey :  Die  Arbeit  im  Staate  ist 
theilweise  eine  schwierige,  macht  aber  gute 
P^irtschritte.  Hudson  County  allein  zählt 
110  Vereine,  die  zum  Bunde  gehören.  New 
Brunswick  und  Xewark  zeigen  gute  Resul- 
tate, in  Orange  und  Elizabeth  sind  Schwie- 
i-igkeiten  zu  überwinden.  Deutsche  Thea- 
tervorstellungen daselbst  waren  erfolgreich 
und  sollen  vermehrt  werden.  Das  Rechts- 
schutz-Bureau von  Hudson  County  erle- 
digte seit  seinem  Bestehen  annähernd  800 
Rechtsfälle. 

Califoniii  n  :  Trotz  der  durch  die  Kata- 
strophe am  18.  April  1906  geschaffenen  un- 
günstigen Verhältni.sse  wuchs  der  Verband 
um  sieben  Vereine.  Die  Deutsclie  Tagfeier 
ergab  einen  Ueberschuss  von  $1163,  wel- 
cher zui-  Linderung  der  Xoth  der  Deutschen 
in  San  Francisco  verwandt  wurde. 

Missouri  und  Süd-lUiiiois  -.  Am  '2'.i.  Mai 
1907  wurde  in  St.  Louis  die  Deutsche  Thea- 


tergesellschaft mit  einem  vorläufigen  Ka- 
pital von  $7ö.(X)0  inkorjiorirt.  Die  Pläne 
für  den  Bau,  der  $175,000  kosten  wird,  sind 
bereits  fertig,  ein  passendes  Grundstück 
wurde  für  $20,000  erworben.  |^ 

Während  im  Oktober  1905  der  Zweigver- 
band nur  aus  St.  Louiser  Vereinen  bestand 
und  verschiedenen  Einzelniitgliedern,  haben 
sich  im  Laufe  der  letzten  zwei  Jahre  in- 
folge der  Protestbewegung  und  auf  direkt- 
Agitation  hin  auch  Vereine  von  Kan.sas 
City,  St.  Joseph,  Ea.st  St.  Louis,  Belleviile,  ,j 
Lexington,  Higgin.sville,  Concordia.  Cali-  "  ' 
fornia,  Joplin,  Sedalia,  De  Soto,  Clayton. 
Cpper  Alton,  Freeburg,  Highland,  Lebanon 
und  anderen  Städten  angeschlossen.  Die 
einzelnen  Städte  haben  selb.stständige  Ver- 
])ände  und  zentralisiren  sich  in  dem  Staats- 
Verbande  für  Missouri  und  das  südlich«- 
Illinois  mit  gerechter  Vertretung  aller  Mit- 
glieder und  aller  gemeinschaftlichen  Inter- 
essen. 

Xachdem  somit  im  Wesentlichen  die 
Staats- Verbands-Berichte  erledigt  waren, 
gab  Prä.sident  Dr.  Hexamer  bekannt,  dass 
ein  Sehreiben  des  Herrn  W.  R.  Ilearst  vor- 
liege, welches  verlesen  wurde,  wie  folgt : 

„Die  Zeit  ist  jetzt  für  den  Deutsch - 
Amerikanischen  Xational-Bund  gekonnnen. 
das  Feld  seiner  Thätigkeit  zu  erweitern  und 
die  Hand  nach  Deutschland  hinüberzurei- 
chen, damit  die  beiden  Länder  g«'mein- 
schaftlich  auf  dem  Wege  des  Fortschritts 
vorangehen  mögen.  Zu  diesem  Zwecke  ist 
CS  erwün.scht,  einen  Internationalen 
Deutsch-Amerikanischen  Verband  zu  grüi.- 
den  mit  einem  Zweige  in  Berlin,  um  da> 
Verständni.ss  für  deutsche  Kunst  und  deut- 
sehe  Ideale  in  Amerika,  sowie  das  Studium 
deutscher  sozialer  und  ökonomischer  Ver- 
hältnisse zu  fördern  und  die  herzlichsten 
politischen  Beziehungen  zwischen  den  bei- 
den Ländern  herzustellen.  Es  wird  daher 
der  Vor-schlag  gemacht,  dass  diese  Konven- 
tion den  Präsidenten  ermächtigen  soll,  eine 
Delegation  von  zehn  oder  zwölf  hervorra- 
genden  Bürgern,    denen  diese    Sache  am 


|)i:i{     \  KKKlNMiTKN     S T A A T K N      Vtt\      AMI.ICIKA.  7W 

II<'i-/fii    lii'v't.   ZU   <'riM'iin«'ii.    um    im   .litlirc  1     AiisncIium«   für   Mitt«-I    iiii«l    \Vc|L;r  m>II 

lüOS  iiarli   DiMitsflilaiul  zu  ui*li)-ti   iiikI  um  Kiiipfcliluiiurn   iidh-Idmi.  iiuf  vvflclic   Wriito 

im  Iritt'n'ssi'  «lirsfr  ^rnissi'ii  Such«'  thätiu  zu  «l«*r   irfpljuiti«    FuikLs    vom    $1(M>,(MM>   inift^*- 

sein,  und  liniclfl.  und  Itis  dii*  Sumiiii*  zur  Vfifü^uiii; 

Iln-r  II.niNt   wrpflirht.-t  sich,  mit  d  «-^c  •  >l«'l>t.  «Ihs  alljährlich  sich  citfclMMKlc  iMizit 

I)clctrati«)M  zu  ko-upcrircu  und  «lun-li  seine  '-'«'«••''•kl  wcnicn  kann. 

acht  Zcitunir'Mi  in  fünf  Städten  ihre  Zwecke  -•   •'•''•   I>«'Utsch-Amerikanische  Nationnl- 

und   Ziele   zur   Kenntniss  der   Ue'.'i.'nuiir«-n  '*'•"<•   ••*""•    ^^i'*    •"'•«»•>'»•■    »'•••••    diesmal    aus 

und   .l.'s   Volkes  von    Deutschland   zu   hrin-  s.-iner    Kas-we   der   Seniinarverw.dttiiii:    ein- 

neu.      Ini   ferner  die   Kosten  dieser   liewe-  "^nnune  von  *-J(Ml  übermitteln, 

ffunj:    zu     hest reiten,     erbietet     sich     Herr  •*•   I^«»*  «'inzclnen  Slaatsvcrbände  und  I.:»- 

Il.-ai-st.  alle  l'nkostvn  der  bcsairten  De'e^a-  kHlvereine    .sollen     Mittel    aufbrini-en.    ui-i 

tion  zu  trajren.  einsehlies.slichsolclu'rotrent-  J»ri>.'en  i.cut.-n  aiLs  ihren  Bezirken  «Jen  R- 

lieher  Funktionen,  auf  welche  man  sich  in  ^"«'l»  '•"'^  lA-hrei-seminars  zu  ermiiirlichcn. 

Kuropa  einii;en  .s«»llte.  •^''•"  ^«'niinar  winl  ein  Meitra^'  von  $2()l) 

bewillijzt. 

Achtiuijrsvoll  H,.schlü.ssc   im    Intcrc.vic  des  Turnunter- 

Williiini    Kaiidolpli    llearsi   "  liehts: 

Wir  empfehlen,  dass  alle  zum   National- 

\Viedcrh..:t    -n.vser    liedall.      l;i.-    K  ida-  ,^,,„^,^.    j,,.|„;,.,.,„i,.„     Vereine    ,^    sich    zur 

dun- wird  zur  weiteren  Berat huni:  und  He  ,,„;,.,„    „„„.|„.„.   «lahin   zu    wirke.   ,lass   in 

schlu.s.sfa.s.suni.'  im  nächste,  Konvent  wider  .,|,,.,,  Normals.-huleu  die  anirehcnd.-n  Lehrer 

Nor'^elc'it  werften.  ,,,,,l  |^,.|ircrinnen  befähigt  werden,  systcnui- 

Der  zweite   Ta^'   der   Arbeiten   «ler   Kon-  ii.sch<ii   'rurniuitcrrieht   7.\i   ertheilen. 

vention  war  im  wcsLMit liehen  der  Hnt^'e^ren-  wir    empfehlen    ferner,    dass    <lafür    ire- 

nahmc     der     Berichte   der  ständitjen    Aus-  soijrt   wird,  dass  tlic  Obcrleitunu'  <les  Tuin- 

schüs.se  und  der  Bes«'hlassfa.ssiuitr  über  die-  Unterrichts    \u   «h'ii    trrüsseren    Städten    nur 

selben   «rewidmet.      I)iejcni«.'en.   welche   von  fähigen  'rurnlehrern  anvertraut  wird. 

cin.schneidender  Bedeutunv  sin<l.  .seien  hier  ymii-y  empfehlen  wir.  da-s  die   Vereine 

kurz  erwähnt  :  ^^^^    .\ational-Bundes    in    ihren    r««spektiven 

In  jed«'m  Orte  und  in  .jedem  County  .sol-  Di.strikten   <lahin   wirken,  da.vs  in  Zukunft 

len     histori.sche     (i'cs"llsehaften     '_'ei.rründ.t  |„.i    |„.||    /u    erbauenden    Schulhäu.sern    fs 

werden,   welche  sich   <I'M-    HrforscIiMriir   dei  nicht    an    passenden    Käundichkeiten    fehlt, 

(icschichte  der  l)euts<-hen  in  ihrem  Distrikte  ^^o  'ruiniuiterricht   in  .systematisch<*r  Wei.»;«» 

widmen  sollen.     Für  Art   und   l  infanj;  dei-  .rtheilt    werden    kann    und    nölhiL'c    Spiel- 

Foi-schuni:en     wcnlen     iH-stinunte    Normen  platze  cinjrcrichtct   wenicn  können. 

aufire.stellt.     Das  Kru'cbidss  soll  in  den  v.m  y,,„     ,.;,„.,.    ,.i-seh.ipf''"«i'*>«     BehandluiitJ 

i'rof.     Learned.     Philadelphia,     und     Kmil  ,,,.,.      Kinwan.leruiiu'sfrap-     uinunt     iVuser 

Maniduirdt.  ('hicaj;o.  herau.sj;e-relM'ncn  Zeit  Kntivent   wcj:en  Zeitnuul^'els  Abstand.    Hin 

whriftcn  verötVent lieht   werden.  vorbereitender  Berieht  nebst  Kmpf.hliumen 

Annahme  einer  Krkläruntr  über  die  Ste|-  ^\,.^  Ausschuss«  s  soll  dem  nächsten  Konvent 

lunjr.   welelie   der    Konvent    t;cj;enübcr   der  ,^\  (irundla<.'e  liii-ncn. 

Fra^;e  pci-söidiclu-r  Freiheit  eiiuiinunt.    Die  y[\j.  bcKSiTcn    INwtdii-nst  : 

selbe  <leckt  sich   mit   der   l'rin/.ipien-Krklii  Be.sehlossen.  da.ss  der  .National  Bun«l  eine 

nuij:  des  Bundes.  Verbesserung'  un.ser<'s  rostdicnstes  für  un- 

Beschlüs.se   im    lnt<resse  «les   hchrersemi-  betlinjft  nolhwen«liu  erachtet  und  vor  Allem 

nai-s:  thatkräftiu'  eintritt  : 


i 


800 


DKR    DErTSCH-AMKRIKANISCHE    NATIOXAL-BUXD 


1.  Für  Eiiifühniiiof  der  Pai-kctpost ; 

•J.  Für  Erliüliung  des  (Jcwiehtes  der 
lirifff  unter  einfaeheni  Porto  auf  vier 
L'ii/.eii ; 

'^.  Für  die  Iltrahsi't/.unjr  des  Portos  im 
intcriiatioiialfn  Verkehr  mit  Europa  und 
Südamerika,  sowie  im   Allfremeinen. 

p]ine  Abschrift  dieses  Hesehlusses  dem 
Generalpostmeister  zu  übersenden. 

Beschlüsse  im  Interesse  der  Erhaltung 
der  AVälder: 

Beselilossen,  dass  die  Konvention  des 
Deutseh  -  Amerikanischen  Xational-Bundes 
die  Erwerbung  nationaler  "Wälder  in  den 
White  ]\rountains  und  südlichen  Appala- 
chen  befürwortet ; 

Beschlos.'«en.  dass  .jedes  [Mitglied  des  Xa- 
tional-Bundes den  Vertreter  seines  Bezirks 
im  Kongress  ersuche,  auf  die  baldige  ge- 
.setzliche  Aniuduue  dieser  ^Fassregel  in  der 
konunendeu  Legislaturperiode  des  Kongres- 
ses zu  dringen ; 

Beschlossen,  dass  wir  das  Vorgehen  der 
American  Forestry  Association,  insofern 
als  sie  die  Aufmerksamkeit  des  Volkes  auf 
diese  Frage  gelenkt  hat,  dankend  anerken- 
nen und  den  ^Mitgliedern  des  National- 
Bundes  die  Unterstützung  der  Bestrebim- 
gen  dieser  Vereinigung  auf's  Wärmste  em- 
pfehlen. 

Besehlassen,  einen  Aussclniss  einzusetzen, 
der  vei-suchen  soll,  freundschaftliche  Be- 
ziehiuigen  zu  andern  grassen  Xational-Or- 
^'anisationen  anzuknüpfen  und  aufrechtzu- 
erhalten. 

Im  Interesse  der  Ileran^iehunir  der 
Frauen  zum  Xational-Bunde :  Ein  stän- 
diger Aus.schuss  wird  eingesetzt,  dessen 
Aufgabe  es  sein  soll : 

1.  Sich  über  die  Weise  zu  unterrichten, 
wie  die  grossen  Frauen-Vereinigiuigen  die- 
ses Landes  vorgegangen  sind,  die  solche  be- 
deutende Erfolge  im  Guten  und  im  Ver- 
derblichen zu  verzeichnen  haben. 

2.  Sich  mit  den  Staatsverbänden  in  Ver- 
bindung zu  setzen,   zum  Zweck   der   Ein- 


setzung von  rnterausschüssen  in  jedem  || 
Staate,  um  auf  diese  Weise  eine  Vereini-  || 
gung  der  durch  das  Land  zerstreuten  t| 
Frauenvereine  zu  ermöglichen. 

Die  nächstliegenden  Aufgaben  dieser  J 
Frauenvereinigung  des  Deutsch-Amerikani-  J 
sehen  Xational-Bundes  scheinen  folgende  zu 
sein  : 

.Mithülfe  zur  Erhaltung  und  Einführung 
der  deutschen  Sprache  in  Familie  iind 
Schule. 

[Mit Wirkung  bei  Regelung  der  Frauen- 
und  Kinderarbeit. 

Stellungnahme  in  allen  Fragen,  welche 
englierzige,  veraltete  Gesetze  angehen. 

Der  nächste  Konvent  soll  im  Jahre  1901> 
in  Cincinnati  abgelialten  werden.  Es  folgt*' 
nun  zum  Schlüsse  die  Beamtenwahl  für  die 
nächsten  zwei  Jahre  mit  folgendem  Re- 
sultat : 

Präsident — Dr.  C.  J.  Ilexamer. 

1.  Vize-Präsident — Joseph  Keller. 

2.  Vize-Präsident — John   Tjarks. 
8.  Vize-Präsident— E.  C.  Stahl. 

4.  Vize-Präsident — I.  D.  Cappelmann. 
Sekretär — Adolph   Timm. 
Schatzmeister — Hans  Weniger. 
Finanz-Sekretär — John  Yenny. 

Des  Kaisers  DanV  an  den  XationaUBund, 

Der  deutsche  Kaiser  hat  auf  die  Depe- 
sche, die  vom  Germanischen  [Musemii  der 
Harvard  Universität  ans  von  den  Delegaten 
zum  Konvent  das  Deutsch-Amerikanischen 
Xational-Bundes  an  ihn  abgesandt  worden 
war,  wie  folgt  geantwortet : 
Dr.  (".  J.  Ilexamer,  Präsident  des  Dentsch- 

Amerikanisehen      Xational  -  Bundes. 

Philndelpliia. 

Dem    im    Germanischen    [Museum    z" 
Harvard    versannuelten    Deutsch-Amen-    _ 
kanischen  Xational-Bunde  danke  ich  auf-    'I 
i-ichtig  für  den  freundlichen  und  patrio- 
tischen Gruss. 

Wilhelm,  I.  R- 


i)i;i{   vki{i:im(;ti:n   staatkn    von    amkkika.  801 

Die  I)ope«ch.'.  welche  der  Njiti.uuil-him.l  D.r  <I.Mits<lie  (iniiidtun  seines  Charakters 

an   den   deut.seheii    Kjiiser   ;il>sandte.   hatte  hetliäti^rte  sieh   in    Dv    IL-xaniers  öffentli- 

foljrenden  Worthint  trehaht  :  elieni    Wirken.      Mit    zälier   Ilartnäeki^keit 

Der   Deutseh-Anierikanisehe   National-  verft»it:t<'   er   ein    Zi«'l.    dessen    Krreiehun^ 

Hund,  vei-sanimelt  im  ( Jerinanisehen  Mu-  «'rfahremii    Ki>nnern    des    deutsehen     Kle- 

seuni  zu  Harvard,  sendet  her/liehe  (Jrüsse  nifiits  der   \'ereini>;ten   Staaten  als  in  (h-n 

mit    der    llolViiun'^'    auf    dauerndes    (Je-  Hfrfi«'h     utnpiseher    Träume     (.'chörifr    er- 

deihen     freundsehaftlii-lui-     Iie/.iehun<ren  sehien:    die    Kini^un^r    und    Zusanuiienfas- 

7AviseJien    dem    alten    und    neuen    \'.iter-  stintr  «h's  l)«'Utselitluuns  der  rnitni. 

'''"•'''•  Als  er  mit  der  Verw  irkliehimtr  <ler  I<|ee 

Dr.C\./.lhramn.\'vibiu\vn\.  ,i,.„    Anfan^r   umehte   und   in    IMnla.lelphia 

Der  Austluj;  na.li  Cainhridp'  zinii  d-uti-  •'*'"  ^^nnulstein  le^te  zu  dem  mäehti»;  em- 

gen    Gennanisehen    Museum    der    Harvard  porstrehenden  liau  des  Deutseh-Amerikani- 

Tniversität  war  dureli  Herrn  Hearst's  Mu-  '*'*•"•"  Natioiuil-Bumle.s.  da  sahen  seihst  die- 

niti<-euz   ermö^rlieht    \v<.rd.ii.    d.'ssen    (iäste  .^^'»'^'«•^'.  w«'I«-li-  Dr    Hexamer  wohlwollten. 

die    Delegaten    waren.      Der    Kmpfang    in  '''"^'''*    •"**''"«''*    >niermü<lli<hen     Agitations- 

Harvard  war  üheraus  herzlieh.  •^'•'"''*  ehrgeizige  IMiine  und  selhstsiiehtige 

liest rehungen.   deren    klares    Hervoi*treten. 

i-N      i^     I     I  I  weiui    ilie   Zeit    gekununeu   luid   «lafür   reif 

UT.  L.    1.   Hexamer,  .  ,              ...          ,              i     i-  . 

•'  wäre,  sieh  von  .seil»st  ergeJM'n  wurde,  l  eln»r 

D«-r  Bannertraeger  de»  Deultchlhumi  und  Praetident  de»  Zehn       .lallH*      sind       Vergangen.       Ulld       ein 

Dcutsch-AmetikanUchen  National -Bundes.  poHti-selier  Klirgelz  des  Führers  der  deut- 
schen H«'wegung  in  Amerika  ist  au<'h  nicht 

Am  9.   Mai    19(.!«  vollendete  ein    Bürg.-r  ..j,,,,,^,,      „n,leutung.weise     hervorgetreten, 

das  47.  Lehensjahr,  der  wohl  mit  He.lit  der  ^^.,.j|  ,.,.  „j^.,,^.  pxistirt. 
Hannerträger  di*s  amerikanischen  Deutsch- 

thums  genannt   werden    kann:     Dr.   C.   J.  '^''***"""    "■•'"'^'    ^^'"'*'"    '''*    P''**«''>»ft •'<••"' 

Hexamer.    Geboren  in  l»hiladelphia  als  der  ^'«»»-thede.    d.e    Dr.    Hexan.er    veranla.s.sen 

Sohn  eines  Mannes,  in  dessen  Jugend  ,1er  »«•""♦''"•  «'*'»«'  ^^^"'t  ^•••"'   »'*««"'"   ""^  «e- 


(leihen  des  Deut.sch-.Vmerikanischen  Xatio- 
nal-iiiuides  zu  widmi-n.  deiui  er  ist   tinan- 


Freilieitskampf    Deutschlantls    und    seiner 
fngeren    Heimath,    des    hadischen    Landes, 

hineinspielte    und    der    dadurch    eine    ge-  ^•'•'"  vollständig  unabhängig  v.m  der  (Jnnst 

wis.se    (Jro>.szügigkeit    des    Charakters    und  '"!<''•  Tugunst  .les  Publikums, 
einen    idi-alen   Schwung  erhielt,   inid  einer  Aiieh  iler  lOhrtrciz.  eine  Holh«  zu  spielen, 

deut.schen  Mutter,  welche  ihrem  Sohne  die  im    Caicium-Licht    der    ()etTentli«hkeit    zu 

herrlichste  Gabe  des  deuts<'hen  V<)lkes.  das  posiren     und     Weihrauch     von     Spei«'hel- 

deut.sche  Gemüt h.  und  damit  die  Liebe  zur  leckern  inid  anderen  professionellen  Huliiii- 

deut.sehen  Sprache  und  deutschen  Sitte  mit  rcdnern  gestreut   zu  crhaltt-n.  die  nur  <hi- 

auf  den  Lebensweg  gab.  und  aufgewa<'hsen  rauf  lauern,  jedem  aufgehen<l«*n  Stern  ihre 

in  einer  rmgebung.  in  welcher  ..Deutsch"  Huldigung     ehrerbietigst     zu     Füssen     /u 

<len   (irundton   bildete,  auf  den   Alles  bar-  legen,  um  des.sen  Freundschaft  und  (iunst 

monisch    gestimmt     war.    inusste    Charles  zu    gewinnen    un<i    sie    zu    selbstsüchtigen 

diihn    Hexamer   mit    innigerer    Liebe   dem  Zwecken     auszunutzen,     liegt     Dr.     Hexa- 

deiit.sehen  Volksthume  zugethan  sein,  als  es  mer's  be.seheiilcnem  Sinne  vollstämlig  fern, 

leider  sonst  b«'i  den  in  Amerika  geborenen  Kr    fühlt     sieh    einer    ehrlich    gemeinten 

Sühnen  deutscher  Eltern  der  Fall  zu  sein  Kritik    gegenüber    viel    wohler    als    einer 

pHegt.  fallen  Schiiii'ichelci. 


802 


DKH    DHrTSCHAMERIKANISCHH    XATIONALBUXD. 


Dl".  IlfXiiiiicr  sieht  tlfii  scliöiistcii  Ldhii 
seines  Wirkens  für  ilas  Deutsehtluun  der 
Vereinigten  Staaten  in  den  Erfolgen, 
welehe  der  Hnud  erzielt  hat  und  die  ininier 
grössere  zu  zeitigen  vers|)reehen.  Kr  ist 
erfüllt  von  dem  Idealismus  der  Besten 
deutsehen  Stanunes,  die  niemals  auf  Lohn 
oder  Dank  für  das  Gute  gereehnet  haben, 
was  sie  ihrem  Volke,  der  ^lit-  inul  Xaeh- 
welt  gahen.  l'nd  mit  diesem  deutsehen 
Idealismus,  der  nienuils  versagt  und  nie- 
mals verzagt,  vereint  Dr.  Ilexamer  eehte 
Liebe  zur  Freiheit,  die  bekanntlieh  aueh  in 
der  grössten  und  ,,freiesten"  Republik  der 
Welt  mein-  in  der  X'orstellung  als  in  der 
Wirkliehkeit  besteht. 

Als  es  galt,  der  innner  mäehtiger  wer- 
denden Prohibitions-Bewegung  entgegen  zu 
treten,  welehe  die  Bürger  der  Vereinigten 
Staaten  zwingen  will,  nach  der  Faeon  der 
"\Vas.sersimpel  zu  leben  und  zu  versauern, 
da  waren  es  Dr.  Ilexamer  und  der  von 
ihm  gegründete  Deutsch-Amerikanische 
National-Bund,  welche  den  Kampf  mit  den 
Muckern  und  Gegnern  persönlicher  Frei- 
hmeit  aufnahmen.  Sie  errangen  Tri- 
umphe, die  namentlich  im  Westen  noch 
grösser  geworden  wären,  wenn  Zeit  und 
Büttel  genug  sich  dargeboten  hätten,  um 
die  Organisation  des  liberalen  Elements  zu 
festigen  und  die  völlig  ungeübten  Neulinge 
auf  dem  Gebiete  der  Politik  zu  gewandten 
Politikern  zu  erziehen.  Im  Staate  Penn- 
.sylvanien  aber,  in  welchem  der  Deutsch- 
Amerikanische  Xational-Bund  schon  seit 
Jahren  besteht  und  sieh  namentlich  im 
Westen  desselben  wiederholt  i)o!itisch  be- 
thätigt  bat.  war  der  P>folg  bei  den  AVah- 
len,  trotz  der  unermüdlichen  Agitation  der 
,,Anti-Saloon  League"  und  eines  grossen 
Theiles  des  Kirchen-Elements,  ein  überaus 
günstiger. 

Wie  in  jeder  harmonisch  gestinnuten 
Menschenseele  die  Empfindung  und  die 
Liebe  zum  Schönen  und  damit  zur  Kunst 
vorhanden  ist,  so  auch  bei  Dr.  Hexamer. 
Für  Kunst,  !Musik  und  Theater  hat  er  ein 


i-eges  Interesse  stets  kmidgethan,  luid  djiss 
die  Deutsehen  der  Stadt  der  Bruderlieli. 
sich  liihmen  können,  ein  eigenes  deutsches 
Theater  zu  besitzen,  ist  nicht  zum  ;\Iiii- 
desten  sein  W^ei'k.  .Noch  ist  das  geistige 
Erwachen  des  Deutschthmus  der  Vereinifj- 
ten  Staaten,  das  bisher  mir  zaghaft  und 
verträumt  erfolgte,  nicht  weit  genug  ge- 
diehen, um  seinem  Führer  mit  opferwilli- 
ger Begeisterung  auf  dem  Pfade  zu  folgen, 
der  immer  höher  hinauf  leitet,  noeli  hat  es 
sich  nicht  zur  vollständigen  Würdigiuitr 
seines  Bannerträgers  emporgeschwungen, 
aber  die  beständig  sich  mehrende  Vereh- 
rung, die  Dr.  Hexamer  von  den  Deutschen 
des  Landes  erwiesen  wird,  und  die  Be- 
gei.sterung,  mit  der  er  überall  empfangen 
wird,  sind  untrügliche  Zeichen,  dass  man 
das  wahre  Wiesen  des  Mannes  zu  erkennen 
beginnt,  eines  Ideabnenschen,  der  wie  kein 
zweiter  zur  Führerrrolle  berufen  ist.  weil 
er  nichts  für  sieh  selbst  verlangt,  alx-r 
Alles  für  den  Ruhm  und  die  Anerkennung 
seines  Stammes. 


Dr.  Hexamer's  Vater,  Ernst  Hexamer. 

Dr.  Hexamer's  Eltern.  Herr  P>nst 
Hexamer  und  Frau,  geborene  Marie  Klin- 
gel, feierten  am  6.  August  IfK'O  das  Fest 
der  goldenen  Hochzeit  in  ihrer  Villa  in 
Atlantic  City.  Das  gab  Anlass  zu  Glück- 
wünschen aus  Nah  und  Fern.  Die  Eltern, 
deren  Sohn  die  Einigung  des  Deutsch- 
thums  in  Amerika  angestrebt  und  damit 
einen  so  glänzenden  Erfolg  erzielt  hat. 
haben  sich  den  Dank  aller  Deutsch- Ameri- 
kaner erworben,  und  er  kam  in  unzähligen 
Gratulationen  aus  allen  Theilen  der  Union 
zum  Ausdruck. 

Feber  die  Lebensschicksale  Herrn  Ern>it 
Hexamer's,  des  Vaters  des  Gründers  uiul 
Präsidenten  des  Deutsch-Amerikanischen 
Xational-Bundes,  sind  uns  folgende  Mit- 
theilungen geworden : 

„Ernst  Emil  Julius  Ferdinand  Ilexamer 
wurde  am  29.  :\Iai  1827  zu  Koblenz  gebe- 


DKK     VKHKIMCTKN    STAATKN    \  m\     \MKKIKA. 


808 


r«'U.  \vos«*lhst  sein  VattT  llMtViTi«'hl>m<l- 
vokjit  wjir.  Als  Niipidfoii  dir  Sdliiif  dfi- 
lu'strn  Familifu  Dfiitschlimils  in  sciiii* 
Lcihtrarile  st»'«'kt«'.  Mich  dfiii  Vater  ihimtcs 
.Iul)ilars  dieses  Scliicksal  iiirht  riNpart.  Kr 
liiusste  dfii  Feldzutr  Iiaeli  Kiisslaiid  liiil- 
iiiaelieii.  \'tni  den  ausp-staiidfinMi  Sira- 
pa/en  erholte  er  sieh  nicht  mehr.  Na<'h 
ilciii  Tode  d«»s  Vatt'rs  7.0^1  die  .Mutti-r.  rin«- 
trelHirene  Kettin.  njuli  IIei«h'nMrjr.  wnsclhst 
d«*r  älteste  Sohn  Atlolph  als  Doktor  Medi- 
einae  prouiovirte.  Di«-  lirüdi-r  Krnst  nml 
Wilhelm  iM'sjjehten  hei  ihrer  \'orliehe  für 
die  Technik  die  Healschnle.  im  mütter- 
lichen Hause  verkehrten  als  Freunde  des 
älteren  Bruders  Studenten,  die  später  eine 
hetleiitende  Holle  spieh'n  sollten,  unter 
ilieseii  Vir«*ho\v.  Kussmaul.  .Moleschott. 
Cienseh.  dci-  Dichter  SchetT«'l  imd  dei-  spii- 
tere  Finanzminister  .Mi<|Ucl.  so  dass  es  an 
geistiger  Anregun^r  nicht  fehlte.  Krnst 
\uh\  sein  älterer  lirudcr  Wilhelm  wurden 
nach  Ahsolvirini^r  ihrer  Schidstudicn  auf 
das  damals  Ix-rühmtc  Karlsruher  Poly- 
technikum gesandt,  wosclhst  Krnst  ein 
Liehlings.schüler   Redtcnhachei's  wurde. 

Da  kam  die  48er  Strömung  \nnl  riss 
auch  die  Brüder  Ile.xamer  mit  sich  f<irt. 
Sie  schlos.s«'n  sieh  der  freiheitlichen  Stu- 
denteid)ewegung  an.  Dr.  .\dolph  Ile.xanu'r. 
ein  gewandter  Hedner.  ihr  in  den  prenssi- 
.sehen  Staatstlienst  getreten  war.  wurde  in 
Berlin  /.um  ..Sehat/mi'ister  der  Demokratie 
Deutschlands"  gewählt,  und  Wilhelm  und 
Krnst  kämpften  mit  Sigel  in  Baden.  Der 
jüngste  Bruder.  Dr.  F.  .M.  Ilcxamer.  ein 
hekannter  Schriftsteller  auf  dem  (lehlete 
der  Agrikultur  und  llortikultur.  focht 
nngea«*htet  seiner  dugt-nd  mit  un«l  wurde 
..llccker's  jüngster  Soldat"  geiuinnt. 

Wie  so  viele  Antlere  tlohen  die  Brüilcr 
nach  Zusammenhruch  der  Bewegung  zuerst 
nach  der  Schweiz,  sodaini  nach  Amerika. 
Dr.  Ado||)h  ile.xamer  wnnlc  in  New  York 
ein  angesehener  Arzt,  starh  aher  s«-hon  im 
frühen  Mainn-salti'r.  Wilhelm,  ein  tücli- 
tiger  Ingeni«*ur.  hrachte  «-s  l)is  zum  Stadt - 


({eomet«'r  von  Ilohoken.  Bei  .\ushrU(*ll  des 
Bürgerkrieges  organisirte  er  Batterie  „A  " 
Von  .New  Jenw'v.  ..Ilexamer's  Itatterie", 
<lcr  ausscldi«*ssii<-ii  Dentsclie  angeh<irt)'ii 
uml  die  iin  vielen  Schlai-htcn  hervorra- 
uendi-n  .\ntheil  nahm  und  hei  Antietam 
durch  <ieiicral  .McCh-llan  ölTcntlich  heioht 
wurde.  Infolge  einer  Verletzung,  die 
-Major  iicxamer  im  Kriege  erlitten  luitto, 
starh  IT  lu-reits  im  Jahre  ]HH).  Auch 
lernst  agitirte  energis«h  gegen  «lie  Skla- 
verei und  wurde,  als  er  für  l*'remont 
stinnnte.  vom  i'öbei  niederg«'s«'idagen  un«I 
als  todt  an  dem  Wahl|»latze  liegen  gc- 
las.scn. 

Seine  ci-stc  Anstclhnig  in  Amerika  ver- 
dankte Herr  Krnst  Iicxamer  seinem  Talent 
als  Kunstzeichner,  indem  er  engagirt 
wunle.  lOnt würfe  für  (irahmonnmente  zu 
machen.  Später  trat  er  als  (Ji'onieter  in 
das  (leschäft  vim  Berris  &  Co.  ein.  die  da- 
mals einen  Stadtplan  von  New  York 
herausgahen.  Kr  schwang  sich  in  kurzer 
Zeit  zum  technischen  Leiter  des  Fiitcr- 
nehmens  empor.  Als  die  Arheit  lM'«Midct 
war.  gah  Herr  iN-rris  seinem  jungen 
Freunde  den  Hath.  sich  in  einer  anderen 
Stadt  ein  ähidiches  eigenes  (ies<'|jäft  zu 
gründen.  So  kam  Herr  Krnst  Hexamer 
im  .Jahre  IS.jJj  nach  l'hiladelphia.  wo- 
selbst er  sich  als  Civil- ing«'nieur  un«l  (Jeo- 
meter  etahlirte.  Durch  iniermüdli<-licn 
Fleiss  und  seltene  .\usdauer  gelang  es  ihm. 
das  (icschäft  aufzuhauen.  Kr  führte  unter 
Anderem  «'ine  Anzahl  Neuerungen  ein,  von 
denen  die  Sp(>zialpläne  für  Versicherungs- 
(i(>sellschaften.  die  niuimehr  auf  der  gan- 
zen Krdennnide  im  (}«'hraueh  sin«l.  beson- 
dere Krwähnung  verdienen." 


Arno  Leonhardt, 

der     lang)arhrit{c   V'i/c-l'r«c»idcnl     de»    DcuIkK- Amcnkani- 

•chen  ZenUal-Bundri    von    l'cnmylvanim    und    nnri    der 

Gruendrr  drMclbcn. 

Als  am  !).  .Januar  1!>()!)  Arno  Leonhardt 
plötzlicli  starb,  erregte  liie  Kunde  weit 
über    die    (Jrenzen     l'hib'Klelphia's.    seiner 


804 


DER    DErTSCH-AMERIKANISCHE    NATIONAL-BUXD 


Heiniatlistadt.  und  des  Staates  l'cniisylva- 
nicn  in  dciitsclKMi  Krcisi-n  auf  rieht  ij^c 
Trauer.  Zu  deu  Tausenden,  die  ihm  die 
letzte  Ehre  erwiesen,  jreliörteu  der  Gouver- 


deutseh  gel)liebpn  waren.  Gel)oren  am  21. 
Oktober  ISöO  in  IMiiladelphia,  erhielt  er 
seinen  ersten  Sehuluntei-rielit  in  einer 
Quäkersehule.     Fni  seiiu»  Keiuitnisse  in  der 


neur  von  Pennsylvanien,  Edwin  S.  Stuart,      deutsehen    Sprache   zu    befestigen    und 


zu 


ARNO   LEONHARDT.    EINER    DER    GRUENDER    DES    BUNDES. 


sein  lang  jäh  riiorer  Fi-eund.  und  Mayor  Rey- 
bom,  sowie  zahlreiche  andere  Würden- 
träger. Arno  Leonhardt  gehörte  zu  den 
hier  geborenen  Abkönunlingen  deutscher 
Eltern,   welche   im   Grunde  ihres  Herzens 


erweitern,  besuchte  er  5  Jahre  lang  die 
imter  Leitung  F.  Schünemann-Pott's  ste- 
hende Freie  Gemeinde-Schule.  Nach  Ver- 
vollständigiuig  der  Sehulstudien  nahm  ihn 
der    Vater,    Theodor    Leonhardt.    1865   in 


i 


I»KIJ     \KI{KIM(;TKN    STAATKN    \(i.\    AMKUIKA. 


806 


seiiii'    lithoj:rii|)liis«'lif    Anstalt     auf.       Dif- 
srlhe  war  im  .Jahn-  1S.")1  jiii  ilt-r  '.\.  Str.  uii*l 
Kllhow   Laue  t'rrirhtrt   \V(»nh'ii   iiiui   wiinir 
spütor  nach  Nm.  111»  Siul  4.  Strasse  verlebt. 
Der    juiip'     Lt'nnliar«lt     wjinlf     hald     fin 
^feister  in  srinnn   Fach»*  und  war.  als  der 
Vator  am  !).  August   1S77  starb,  «'in  Lith»»- 
j^rapli.  wie  «'S  h«'ss«'r  kaum  «'in«'n  im  Lande 
jjab.    Tli«>«»d«»r  lA'«inliar«lt  war  am  ').  ()klt)l>«'r 
1818  zu   Itautz«'!!.   Küniirreieh  Sa«*hsen.  jr«*- 
lM>ren.       Das    Sturm.jahr    IS-IS    veranlasste 
«Jen   junp'U    liitlio^rapliiii.    mit    Krau    luid 
zwei  Kind«'in  aus/uwandein.     Kr  kam  iiaeh 
«lreini«)natli«'li«'r    ltes«-liw«*rli«-h«'r    Fahrt     in 
New   V«»rk  an.  als  «l«)rt   die  ('h«»l«'ra   j;ras- 
sirt«'.      S«Mn«'    ltei«l«'n    Kin«l«'r    erlajren    «hr 
Seuehe.     Theodor  L«'<»nhardt   siedelte  daini 
nach  Philadelphia  über,  w«»  «»s  ihm  bald  t;e- 
lanfjf.  sieh  .selbstän«lit;  zu  maeluMi.     Die  Knt- 
d«M'kunp  dos  l*«'tr«>leums  im  .lalir«'  lS(i.')  in 
IVnnsylvanien    und    «lie   zahlr«'ieh«*n    Kt»m- 
patrnien.   w«'leh«»  sieh   zur   AusluMituntr  d«r 
Krd«pielleji    bildeten,    waren    die    Hauptur- 
saehe    des    Autseh wun«.'s    der    Leonhardt  - 
sehen  Ijith«>frraphisel>en  Anstalt,  «la  f^erad«* 
«li«'  II«'rstelhuitr  v«in  ..linnds"  \nul  ..('«'rtiti- 
eat«'s    of    Stock"    ihre    Sp«'zialität    waren. 
Arno    L«^«>nhardt    vcrtrrös.sert«'    das    er«'rbte 
(ipschäft     be«leut«'nd    uiul    verh'frte    «*s    im 
•lahre  188!)  nach  TJö  Süd  ö.  Stras.se.  wo  es 
sieh   jetzt    n«M-h    befindet.      Kr  «'rhielt    viel- 
fa«'h«*  Auszeichnunp'U.  s«»  1887  ili«*  Silla-rne 
M«'<laille    v«tm    ..Marylanil    Institut«*"    und 
1899    von    «ler    ...\ati«inal    Kxpttrt    K.xposi- 
tion"  in  l'hiiad«*lphia.  «ui«l  maihte.  wie  sein 
Vater.  «*inc  Sp«*zialität  aus  tler  Ilei-stellunir 
von  \V«*rthpapier-  luid  Akti«*n-(Vrti<ikaten. 
Di«'    erste    V«*reinitrunf.'-    <l«*r    Kithotrraphen 
wunle    v«in     Arm»    Leonhanlt     in 's    Kebeu 
jj«*ruf«'n.     .Tahrelanjr  war  er  Sekr«*tär  und 
Schatzmeister    «ler    ..Lithoj;raph«*r's    Asso- 
«•iation  ". 

Im  «h'utschcn  LcIm-u  lMiila«l«lpliias  und 
<l«'s  Landes  spielte  Arno  L«*oidiar«It  als 
Vize-I*räsi«lcnt  d«'s  D«*uts«*h-Amerikaniseh«'n 
Z«'ntral-Hundes,  l'räsi«l«*nt  «l«'r  ..Cn-rnum 
Tl.eatre  U«*alty  ('«».".  Ian^'jiihri^r«•r  l)irekt«»r 


des  Nordost li<'hen  Sänp-rbundes.  I'rä.sidt*nt 
des  ^ri»s.sen  Nat i«inal-Siintr«*rf«'stt's.  diLs  im 
.lahre  1S97  in  l'hibi«I«lphia  mit  Krf«>l^  nb- 
t.'«*halt«'n  wuni«*.  und  als  I'räsid«'nt  des 
.lunjr«'!!  .MJinner«*hors,  il«'m  «t  wit  2.')  .Jah- 
ren angehört«',  eine  hervorra^en«le  Rolle. 
I'räsi«lent  «ies  .lunjrcn  Mäini«'r«'h«»rs  war  er 
seit  «l«'m  10.  .März  1884.  I'nt«*r  s«*in«'r  IVii- 
si«|ents«-haft  wurde  di«*  prächtig«*  Halle  an 
<).  ini«l  Vine  Str.  ^«*baut  uiul  «'in  bleib«*n«Ies 
Denkmal  «lern  d<>ut.seh«*n  Männ«'r(;«'san(;  in 
.\merika  «'rricht«*t.  w«*l«'h«*r  in  Arno  L«*««!- 
Iiardt  eine  «l«'r  zuv«'rlä.ssijrst«'n  Stützen  gf- 
l'untlcn  hatte.  Herr  L«'oidiar«lt  war  (irüii- 
«l«*r  des  Zöj;lin^s-V«'r«'ins  der  l'hila«]elphia 
Turntrcm«'in«le  un«l  bis  zu  s«'inem  'l'o«le  .Mit- 
•rli«'«!.  fern«'r  lebensliin<;lich«*s  .Mitirlie«!  «Ies 
D«'Ut.sehen  Hospitals,  der  I)«'Utsehen  (Je- 
si'llschat't.  der  Samarit«*r-H«'rlM'rj;e,  Fn'i- 
maurer  und  .Mitjrli«'«!  «ler  Veti'ninen  der 
Fr«*imaun*r.  Kr  war  eiiu'r  d«*r  li«*benswür- 
«lijrsti-n  .Miinner.  «li«*  .je  im  «leutsehen  Ver- 
einsl«*b«*n   ein«*   Holle  f;«*spielt    hab«'n. 


Joseph   Keller,   Indianapolis, 

der  ertte  Vize-Prae*ident  des  DcuiKh-Amcnkani*chcn 
National  -  Bunde«. 

Zwisj'hcn  Donau  und  Khein.  j«*n«*r  h«*rr- 
liclwn  sa«rcnr«*i«-h«'n  (i«*p*n«l  I)eut.s«'hlands. 
wunle  Jitst ph  Killt r  vi»r  un^«'fähr  iH)  .Iah- 
r«'n  }rcb«»r«*n.  Kr  «'rhielt  s»*ine  Ausbildung 
in  «l«*r  S«*lnde  seines  ll«'imaths«>rt«'s.  sowie 
«lem  (Jymnasium  ..ad  ft»nt«'s  l>afnd)ii".  wie 
SchetTcl  .)« ne  nette  Sehwarzwal«lsta«It  b«*- 
zeicIuM't.  und  «l«*m  Ly«-«*um  in  Konstanz. 

Nach  Ab'«*jrun^  s«*iner  .Militär«li«*nstz«*it 
in  Fr«*iburjr  i.  H.  kam  «-r  auf  Anratln-n  sei- 
ni->.  in  Indianapolis  wohnenden  Hru«l«*rs  im 
.lahre  1882  na«*h  .\m«*rika. 

\Vi«*  fa.st  j«*tl«*m  «leuts«'lien  Kniwan«lerer 
sin«!  auch  ihm  «li«*  bitt«*r«'n  Krl«'bnis.se  der 
«rsti-n  Zeit  ni«ht  erspart  j;ebli«*b«n. 

Kin  kleiner  \'«r«lienst  in  einem  Depnrt- 
n»«'ntires«-häft«'  »ni«l  «'in  b«*s«'h«*id«nes  N«*lM*n- 
«*ink«Mnmeti  v«tn  Privat unt«'rri<'ht.  den  er  in 
«l«*n    freii'U    AlM*n«lstun«l«'n   «*rth«'ilte.    bot«'n 


80t5 


i)i:ii  DKrTscii  ami;hikanis(  HK  national- hund 


ihm  wild  seiner  juntrt'ii  Frau.  <lii'  <■!•  aus  drv      einer  kleinen  Sehaar  thatkräftiger  und  uii- 
liohen    Ileiniath   niitgehraeht.   di-n    Lebens-      erschrockener  Mämier  in 's  Leben  gerufen 


nnterlialt. 

Im  Laufe  der  Zeit  arl)eitete  er  sieh  zur 
Stellung  eines  Hinkäufers  in  dem  besagten 
Geschäfte  empor,  und  etliche  .lalire  später 
begründete  er  ein  Text  ilwaarengeschäft. 
den»  er  lieute  uoch  vorsteht. 

Seit,  der  ersten  Zeit  seines  Hierseins  nahm 
Keller   regen    Aiitlieil    an    allen    deutschen 


wurde.  Als  einei-  der  ei-sten  schloss  sieh 
dieser  Verband  »lein  Xat  ionalbuiule  an.  uiul 
Keller  war  einer  der  Delegaten  zur  Halti- 
uioi'cr'  Konvention,  wo  es  ihm  gelang,  die 
dritte  Xationalkonvention  für  Indianapolis 
/u  sichern,  in  welchci'  ei-  /.um  1.  Vizepräsi- 
dciititi  des  Bundes  gewählt  wurde. 


* 


! 


/ 


JOSEPH    KELLER.     Indianapolis, 
der   erste   Vize-Praesidenl   des    Deutsch-Amerikanischen    National- Bundes. 


Bestrebungen,  imd  es  ist  nie  ein  deutsches 
Fest  abgehalten  oder  ein  deutsches  l'nter- 
nehmen  l)egonnen  worden,  au  dein  er  nicht 
rüstig  mitgeholfen  hätte. 

Zwölf  Termine  hiiulurch  war  (>r  Sprecher 
des  unabjiängigen  Turnvereins  uiul  mit 
jener  starken  Organisation  stand  er  mi  tlei- 
Wiege   des   ..Verbandes   deutscher   Vereine 


Die  Gründung  des  Staatsverhandes  In- 
diana erfolgte  im  Jahre  1003:  nur  vier  aus- 
wärtige Städte  bescliickten  den  ersten 
Staatskonvent,  der  in  Indianapolis  abgo-  | 
lialten  wurde.  Kongressmann  Richard  Bar-  C' 
1  höhlt  wohnte  als  Ehrengast  der  Versamm- 
lung bei.     Eine  Verfassuuir  und  Xchenge- 


I 


von  Indianapolis",  der  im  Jahre  1S9S  von     setze  wurden  angent)mineu.  und  Keller  zum 


DKK    VKKKINICTKN    STAATEN    V»)\    AMKIUKA 


»17 


l'räsitK'iiti'ii  «h's  Stjiatsvrrhjindi's  erwählt, 
welrlu's  Amt  w  luMit»*  inwli  heklcidct. 

Getfriiwiirti^'  lM>stfht  diT  StaatsVfrhaiul 
Indiana  aus  ti  starken  Stjidt««v«'rfinij;nnj;rn 
und  S /wi'ijfi'ii  in  kliMiu-n-n  Städten. 

In  jeder  Letrislaturperitide  \\iiliren<l  der 
letzten  «1  Jahre  war  (h-r  \'erl)aiMl  thäti^r; 
seim-r  A^'itati»^n  ist  das  jetzip«  I.ehrerpen- 
siunsj;eset7„  sowie  ein  (Jesetz  zur  l*'rhi>hMiij; 
der  Lehrersaläre  zu  verdanken. 

Als  der  ersten  einer  steht  heute  der  deut- 
sehe  Staatsverliand  Indiana  im  X'ordert rei- 
fen für  WalirunjiT  »l«'r  IM-rsünliehen  Frei- 
heit; in  Selirift  und  in  zahlreichen  Hedi-ii 
in  heinahe  jeder  Stadt  des  Staates  hat  ih-v 
l'räsiileiit  des  N'erhandes  die  lilieralen  Kle- 
iiiente  zur  Krhaltun»:  des  Seihst  liest  ini- 
inunjrsreehtes  und  <ler  hiirirerlieheii  Frei- 
heit anpefeui'rt. 

In  der  Staatswahl  im  Jahre  1;K)S  wurden 
die  S7.(MK)  Stiiiunen  Mehrheit,  die  der  l'ro- 
hihit ionist  Haidey  seinerzeit  als  Ciouver- 
neurs-Kandidat  erhielt,  in  eim*  hes«*hämende 
Niederlatr»'  verwandelt,  uiul  dieses  Resultat 
hahen  anerkannter  Weise  die  Vereine  des 
Staatsverliandes  möglieh  t;emaeht 


Adolf  Timm, 

der  Sekrelaer  des   Deutsch -Amerikaniichen 
National- Bundes. 

hii-  Hauptstütze  des  Präsidenten  Dr. 
II<'.\amer  luid  des  Deut.seh-Amerikanisehen 
\ational-Hun<les.  den  er  mit  aus  der  Taiufe 
höh.  ist  ZWeifello.s  der  Hundes-Sekretär 
Adolf  Timm.  \V«*Iehe  Fülle  von  Arheit  er 
leistet  und  wie  an^'estreijj.'t  er  im  Dienst 
des  Hundes  und  damit  des  Deut.sehthums 
«les  Lanch's  l>esehäfti«rt  ist.  das  wissen  nur 
die  Kint;ew»'ihten.  w«'lehe  den  Kinhiiek  p*- 
wonnen  halMMi  in  die  Mas-se  der  Korrespon- 
denz, die  er  zu  erledi^ren  hat.  die  l'ropa- 
(randa.  die  er  in  den  .Mittheilungen  für  die 
IVes.se  mit  günstigstem  Krfolge  durch- 
führt,   die    Menge    an    amtlichen    S<'hrift- 

stüekell.  wie  (lesetZ-VorlageU  »Uld  SitZIMIgs- 

Protokollen  der  Kongress-  un<l   Legislatur- 
Sitzinigeii.  welche  er  als  treuer  Kekart  der 


pei-sdniichen  Freiheit  durchzidesen  und  auf 
anti-liherale  Tendenzen  zu  prüfen  hat. 
Adolf  Timm  war  von  den  ersten  Anfängen 
t\f^  Hiuides  an  der  «-ifrigste  Förderer  seiner 
Hestrehungeii  und  ein  erprohter  Kämpe  für 
Deutschthum  uml  Recht 

Der  Sekretär  des  Deut.seh-Amerikani- 
sehen .\ational-Hiuides  erhiickte  am  2.  Mui 
1S«>1  in  Rawitsch  in  der  preus.si.s4-hen  Pro- 
vinz Posen  das  Licht  «h-r  Welt.  Kr  wurde 
in  Merlin  erzogen  uikI  war  auch  dort  schon 
journalistisch  thätig.  Kr  hatte  das  Schrift- 
setzen erlernt,  »uul  das  wurde  zunächst  sein 
Lohn-Krwfrh.  als  er  im  Jahre  18H1  naeh 
Amerika,  luid  zwar  nach  Philadelphia, 
ülM'i-siedcIte.  Kr  war  in  verM-hietlenen  Zei- 
t unirs-( )!licinen  und  Aeeidenz-Druckereien 
thätig.  !)is  er  im  Jahre  1S!)4  sich  s«'ll>st- 
ständig  machte  und  ..Die  Ven'ins-  und 
Logen-Zeitung",  ein  wöchentlich  ersi-hei- 
nemles  Hlalt.  dessen  T«'ndenz  schttU  der 
Name  erklärt,  gründete. 

Als  Schritte  zur  (iründung  einer  Verei- 
nigung der  Deutsehen  zjujäelist  in  der 
Stadt  Philadelithia  gethan  wurden,  war 
Ad.tlf  Timm  der  Krste.  welcher  Dr.  Ilexa- 
mer  sich  ansehloss  tuid  ihm  als  Sekretär 
seine  Dienste  zur  Verfüginig  stellte.  Als 
im  April  ISiMI  der  Deutsch- Amerikanis<'he 
Zentralhund  von  Pennsylvanien  gegründet 
wtirde.  war  Ad<»lf  Tiiiuii  des.sen  logischer 
Sekretär.  Das.selhe  war  <ler  F'all.  als  im 
nächsten  Jahre  der  Deutseh-Amerikanis<'he 
National-Hund  in  einem  Konvent  von  Dele- 
gaten in  Phihulelphia  in 's  LeU-n  gerufen 
wurd«'.  Mit  erstaiudicher  Knergie  arlM'it«'fe 
er  für  «las  Wachsen  »Uld  (Jedeihen  «lessel- 
hen.  unil  wenn  er  heute  fast  üln'r  das  ganze 
gros.se  Gehiet  der  Vereinigten  Staaten  ver- 
hreitet  ist.  s<t  ist  «las  mit  das  Verdienst 
Adolf  Timm 's.  <|es  l<und«'s-S«'kretärs. 

Seine  liemüluuigen  im  Inten'sw  der  Ttir- 
nen'i  hra«hlen  Atlolf  Timm  die  Kniennunjf 
zum  Schriftwart  d«'s  Turn-Hezirks  PhilH- 
delphia  «'in  Ausser«l«*m  ist  A«lolf  Tinun 
Sekretär  «Icr  ..llistorisch«Mi  C. -llv.  linfi  vi.n 
Pennsvlvanien  ". 


808 


DER    DEUTSCH-AMERIKANISCHE    NATIONAL-BUND 

Hans    Weniger, 


Der    Schatzmeister   des    Deutsch-Amerikanischen 
National-Bundes. 

Hans  AVenifrcr.  (Irr  Si'liatznu'istcr  des 
Natioual-BnncU's,  wurde  am  25.  September 
1845  in  Hannover  als  Sohn  eines  Beamten 


hülfe,  kam  1866  naeh  Philadelphia,  war 
von  iS()S  bis  1884  Besitzer  einer  dortigen 
Apotheke,  heirathete  1879  die  Tochter  des 
bald  darauf  verstorbenen  Christ.  F. 
?]l\vert  und  übernahm  dessen  Passage- 
Agentur    und    Bank-    und    Versicherungs- 


1    %:\^.:       M 

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HANS   WENIGER, 
der   Schatzmeister   des    Deutsch-Amerikanischen    National-Bundes 


geboren,  besuchte  dort  bis  zum  14.  Jalu'e 
die  Schule,  trat  seine  vierjährige  Apothe- 
ker-Lehrzeit in  Celle  an,  war  zwei  Jahre 
in    der    Raths-Apotheke    in    Bremen    Ge- 


Geschäft. Hans  Weniger  hat  es,  wie  nicht 
viele  verstanden,  durch  Beharrlichkeit  und 
strenge  Gewissenhaftigkeit  sich  in  den  brei- 
testen Schichten  das  Vertrauen  des  Publi- 


IU:W    \  KKKINKSTKN    STAATKN    VnN    AMKKIKA. 


809 


kums  /u  crwcrhfii  iiiid  i-iiif  Ihm  vttrraijfiHlf  il.ii   m-sct/t«*   Vfrtnim'ii   ircnM'litfiTtijrt    und 

Stt'IImitr    in    «In-    (ir.s«'lüifts\vclt     iMiiliidcl-  »Min*    hctviirrap  iidc    liolU*    in    d«'n    H«'str<*- 

pliia's  cinztini'hnH'n.     Dif  Fördrrunjr  dfut-  hunn«!!    /nr    Il«-I>nn^  dfutsclu-n    KinlluHs«'s 

sthtT  Zit'lc  und  IntiMrsscn  fand  in  ihm  Kt**ts  ^'(»spiflt.     Das  I)«'Uts«-litliuni  IMiiladrlpliia's 

«'ini'u  waniitn  Vcrfrfhtff.  »Icr  iinnicr  IxTcit  sirlit   mit    Krclit    in   ihm  cinrn   Kühn-r  und 

war.  si'ini*  Dii'nst«*  inid  si'inr  Zrit  «'dien  li«*-  wcniirt    si«-li    stfts    an    ihn,    wimim    t*H    jjilt. 

strclMintri'n  zu  widmen.     Seit  .lahren  ist  «t  ciiuT    ^rrösscriMi     Sachr    zum     Krfolj»«*    zu 

Sfhalziin'ister  der    I)tMitsch«'n    (ifscllschaft.  Vfrliflft-M. 

iM'klfidrt    seil    d<T    driilidun«:    des    Dt'Utsrh-  


HENRY   SCHWLMMtR. 


.\mt'iikanis('hcn  National-Iiinnh's  dasscilic 
Amt  in  (h-r  Stadt-.  Staats-  und  Nati«»nal- 
OitrJiiiisatinn  imd  «'htMiso  in  «Irr  Drutsrlim 
Thfat«'rlmu-(n'scll.schaft  und        in     di  r 

I)«uts«'h-Ann'rikanischrn  IIistoris<'hfii  (Jf- 
sfllsrhaft.     Kr  war  scincrzrit   l'inanzsi'kn-- 


Henry  Schwemmer. 

Einet  (in   Mithr^ruriKi'-i  urt   Nalionalbuodc«  und 
I  iaupliltKt/r  (l«i    I  urnrrri. 

Kin«'    dir    zuvi'rhi.vsifistrn     Stiilzi-n    «l«« 
Di'Ulsihthums    in    l'hihidi-lpliia    ist    II<-nrv 


tär  di's  SiintfiT-  i  iid  di-s  Untuh-s-Turn-  Schwnium'r.  seit  I)i'/.i'ndn'r  1!»«M»  «-rster 
fi'strs.  die  l!^l»7  n-sp.  !!»((>  in  i'hihidfiphia  Spn*rh«'r  «h-r  I'liihidrlphia  Turnjr«'meind«', 
al)£ri'halt«»n    wurden.      Kr   hat    stets  das   in      <lie  unter  winer  Leitiniß  tlie  doppelte  .Mit- 


810 


DER    DKUTSLll  AMKHIKA.N  iSLllE    .NATlUNAL-BrXD. 


gIieiU*rzahl  erzielt,  finanziell  bedentende 
Fortschritte  freniacht  luid  ah  Ansehen  naeh 
Aussen  hin  *ro\vonnen  hat.  Va'  frab  beim 
Stiftiui^rsfeste  im  Jahre  1!)07  die  Anre- 
grunfr  /.inii  Bau  einer  neuen  Halle.  Im  No- 
vember l!H)^i  wurde  der  Vorsehla«.'  in  einer 
CJeneral-Versannnlunir  zum  Besehluss  erho- 
ben und  .sofort  $r),18ö.U0  gezeiehnet.  Kin 
1()()  X  KiO  Fuss  grosses  Grundstück  an 
Hroad  Stras.se.  der  Ilauptstrasse  der 
Stadt,  und  Columbia  Avenue  wurde  er- 
worben und  mit  dem  Bau  eines  Vereins- 
hau.ses  begonnen,  das  $;i2().000  kosten  wird. 
Die  neue  Halle  der  Turngemeinde  wird  das 
grö.s.ste  deutsche  Vereinshaus  in  den  Verei- 
idgten  Staaten  werden  und  ein  Ehreiidenk- 
mal  für  das  Deut.schthum  der  Stadt  der 
Bruderliebe. 

Henry  Schwennner  wurde  im  Jahre  1849 
in  Mainz  geboren,  erlernte  das  Schlosser- 
und  Eisenwaaren-Geschäft.  wanderte  nadi 
Beeiuligung  der  Lehrzeit  im  Jahre  1867 
nach  Amerika  aus  und  gründete  im  Jahre 
1875  in  Xn.  r)22  West  Girard  Avenue  m 
I*hiladeli)hia  ein  Eisenwaaren-Geschäft.  das 
er  heute  noch  führt.  Va'  ist  ^Mitglied  der 
..Hardware  Merchants  Association".  Seiner 
im  Jahre  1S71  mit  Frl.  Mathilde  Hack  ge- 
schlossenen Ehe  ist  eine  Tochter  entspros- 
sen, die  im  Jahre  1897  sich  mit  Louis  G. 
Groh  verheirathete. 

An  allen  deutschen  Bestrebungen  und 
rnternehmungen  nimmt  Henry  Schwem- 
mer stets  regen  Antheil.  Bei  dem  Turnfest 
in  .Nürnberg  im  Jahre  ^W^  war  er  einer 
{\rr  \'ertreter  des  Xonhunerikanischen 
Turuerbundes.  Gelegentlich  des  Besuches 
des  Prinzen  Heinrich  von  Preus.sen  in  Phi- 
ladelphia im  Jahi-e  1902  fungirte  er  als 
^litglied  des  Empfang.s-Komites  der  deut- 
schen Vereine.  Er  hat  sich  als  Redner  bei 
grös.seren  festlichen  Veranstaltungen  des 
Deutschthums.  so  bei  der  P"'eier  des  ersten 
Spatenstichs  und  der  Grundsteinlegung 
zum  Deutschen  Theater,  die  unter  seiiu^r 
Leitung  stand,  die  Anerkemunig  eiiuM- 
nicht  gerade  genügsamen  Ki-itik  erworben. 


Er  wai-  Vorsitzender  des  Festredner- 
Konntes  bei  der  Feier  anlässlieh  des  225- 
jährigen  Jubiläums  der  deutschen  Ein- 
wanderung, die  am  6.  Oktober  1908  in  so 
grossartiger  Weise  in  Germantown  und 
Philadelphia  unter  den  Auspizien  des 
Deutsch- Amerikani.schen  National- Bundes 
begangen  wurde. 

Einen  Akt  der  Pietät,  der  ihm  von  dem 
Deutschthum  des  Landes  gewiss  unver- 
gessen bleiben  wird,  vollzog  Herr  Schweni- 
mer  dadurch,  dass  er  die  erste  Fahne  der 
Philadelphia  Tui'ugemeinde.  die  mit  dem 
Turner-Regiment  den  Bürgerkrieg  niitge- 
nuR'ht  hat.  vor  weiterer  Zei-störung  durcli 
den  Zahn  der  Zeit  bewahrte.  Er  sorgtr 
dafür,  dass  sie  in  einer  herinetiscji 
verschlossenen  Glasglocke  luitergcbradit 
wurde. 


Carl  P.  Berger. 

Der  Architekt  des  ersten   deutschen  Volksthcaten 
in  Amerika. 

T'nter  den  Söhnen  deutscher  Eltern,  die 
in  IMiiladelphia  das  Licht  der  Welt  er- 
blickt haben  imd  die,  daidv  der  Ausbildimg. 
welche  die  Eltern  ihnen  zutheil  werden 
lies.sen,  berufen  sind,  dem  deutschen  Namen 
Ehre  zu  machen,  nimmt  Carl  P.  Berger, 
der  junge  und  tüchtige  Architekt  im  hiesi- 
gen Penn  Square-Gebäude,  1416  &  141s 
South  Penn  Square.  Zinnner  603 — 604. 
einen  hervorragenden  Platz  ein  und  ist 
unter  den  Deutschen  der  Stadt  allgemein 
bekannt. 

Carl  P.  Berger  wurde  am  15.  Jiuii  187;^ 
in  Philadelphia.  Pa..  als  Sohn  des  Dekora- 
tions-,  Fresko-  und  Theater-Malers  Carl 
Berger  aus  Breslau  geboren.  Nach  Absol- 
virung  der  Schule  trat  er  bei  einem  hiesigen 
Goldarbeiter  und  Juwelier  in  die  Lehre, 
doch  trieb  ihn  der  W^unseh,  ein  tüchtiger 
Baumeister  zu  werden,  schon  ein  Jahr  spä- 
ter in  das  Bureau  eines  Architekten,  wo  er 
Beschäftigung  fand.  10  Jahre  lang  studirte 
und  arbeitete  er  in  den  Bureaus  der  her\'or- 


M 


I)KI{    VKIfKINKSTKX    STAATKN    VON    AMKIMKA 


811 


rajr«Mul.st«Mi     Anlii(('kt«'ii     »Icr    Statlt.     uml  il.r    Nt.rtliwfsiiin    Trust    (  ....    Itaiitm    für 

auch     st'iiH'     Mussi'stumli'ii     iMMiutzlf     «Ut  «las    |)cuts<ln-    Hospital    uiid    «las    .Mary    .1. 

juutr»' Mann  zu  s«>ituT  wvit.'n-u  AushihluuK.  Drrx««!   IL-im.   Jiir  »las  Imlwrisi-h.-  Waisrn- 

Kl-     war     i'i-stt'r    Zrirlimr     und     Assistt-nt  liaiis.    «'im«    Anzahl     Kirchm-.    sttsvw    i-uw 

lu'ini    Hau   ilt-s   Ilutcls   WaltMu    in    IMiila»|.-l-  .M.-nj;.'    aiMlrn-r    Mautm.    tlarunli-r    IhitolK. 

pliia      Uli»!     tl<'>;     St.     Charl.'s      ll..t.'ls     in  A|»artmfnts-Häus.-r.     Kahriki'ii.    (M'.s«-häftK- 

Atlantif    City.       Im    .lahn-    ls:»!l    .ntwarf  lokal«'.    \V«»lmhäus«r.    Ilall«-n.    S«|iul«ii    .-li«, 

»•r      «lif      IMäiif      Tür      «las      si^'l»('ust«"t^•ki^!:<'  «-rriflitt-t. 


CARL    P     BRRGtR 


ApartiMcMt-  und  Ladi'iitft'häutl*'  au  d«'r  13. 
und  Walnut  Stra.s.s<'.  uutl  im  l)«'Z«*mlM'r  d«*s- 
sellM'ii  .lahres  niat'htt'  «T  sich  sclhständit;. 
Nach  sj'incn  Kntwürfj-n  und  unter  s«'incr 
Aufsicht    \vurd«>n   «hu  sii'li«  nstöcki^'«*    llntcl 


(Janz  hcsoinlciN  aln-r  trat  Herr  lt«'rtr«'r 
dadurch  in  d«'n  \'«»rdcrnrund.  da.ss  «-r  «lic 
i'läiii*  für  da.s  immic  d*'Uts<-lic  Theater  aus- 
arlM'itet«'  und  als  Architekt  der  ..(Jerinan 
Th.atr«'  K.«altv  Co."  «l«'r  d«'Uls«h«'ii  S.hau- 


luid  Apartmcnt-IIaus  ..Tlu*  Kdwards".  «las  spielkunst  «'in  «l:iu«'rn«l«*s  Il«'im  in  l'hiln«l«'l- 
z\v«l|fsto«-ki>re  iN'iin  S«|u.'ire  (««'Itäud«*.  «lie  phia  crricht«*t«'.  Auch  entwarf  er  di«- 
Gebäude  <!'•?•  North  IMiiladclphia  Trust  <'..         Plan.-      i'iid      Imif.-      d  i»      Willi;. m      P.im 


812 


DER    DEUTSCH-AMERIKANLSCHE    NATIONAL-BUXD 


Theater    in     West-Philadclpliia,    das    eine 
Million   Dollars  kostete. 

Herr  Berirer  verkehrt  mit  Vorliebe  in 
deutschen  Kreisen  und  ist  ^Mitjrlied  des 
I)irekt(»renraths  der  ..Deutsehen  Gesell- 
schaft",  des  ..Männerehors",  des  „Jungen 
Mäinierehors",  des  „Cannstatter  Volksfest- 
Vereins",  des  ..Lie(U'rkranz".  aueh  gehört 
er  zum  ..Deutseh-Amerikaniselien  Xatio- 
nalltund". 


Albert    Ladner, 

Polizcirichler  in  Philadelphia.      Ein  Foerderer  deutscher 
Bestrebungen. 

Es  dürfte  wohl  kaum  zu  viel  gesagt 
sein,  wenn  Polizeiriehter  Albert  II.  Ladner 
der  bekannteste  Deutsch-Amerikaner  Phi- 
latl?li)hia's  genannt  wird.  Den  ärmeren 
Deutsehen  der  Stadt  gegenüber  hat  er  sieh 
dadmch  werth  zu  machen  gewusst,  dass  er 
in  den  langen  Jahren,  in  welchen  er  das 
Amt  eines  ..Magistrate"  bekleidet,  den 
Gesetzesunkundigen  seinen  Rath  nacli 
bestem  Wissen  und  Gewissen  ertheilt  und 
stets  versöhnend  und  vermittelnd  einge- 
gritfen  liat.  Albert  IL  Ladner  wurde  am 
8.  Januar  1846  in  Plieningen  bei  Stuttgart 
im  Schwabenlande,  wo  sein  Vater  eine 
Brauerei  betrieb,  geboren.  Als  Albert 
sieben  Jahre  alt  war,  wanderte  die  Familie 
aus  und  siedelte  sieh  in  Philadelphia  an. 
Der  Knabe  besuchte  bis  zum  14.  Lebens- 
jahre die  deutsch-lutherische  Schule  und 
wandte  sich  dem  ..Plumber "-Handwerk  zu. 
Aber  schon  im  folgenden  Jahre  rief  das 
Vaterland  die  patriotische  Jugend  zu  den 
Fahnen,  um  die  Ehre  der  Union  zu  wahren. 
Diesem  Rufe  folgte  auch  der  löjährige 
Albert  H.  Ladner  und  trat  in  das  98. 
Pennsylvania  Freiwilligen-Regiment,  das 
von  General  John  F.  Ballier  gebildet  und 
befehligt  wurde,  als  Soldat  ein.  Er  diente 
zwei  Jahre  lang  mit  Auszeichnung.  Im 
Jalire  186."}  wandte  sich  Albert  H.  Ladner, 
nachdem  er  ausgemustert  war.  wieder  dem 


Plumber-IIandwerk  zu.  in  welchem  er  sich 
bald  selbstständig  zu  machen  wusste. 

Seiner  Ueberzeugung  nach  Demokrat, 
spielte  er  in  der  Politik  der  12.  Ward,  die 
damals  ganz  deutsch  war.  eine  hervorra- 
gende Rolle  und  wurde  im  Jahre  ISTO  in 
den  Stadtrath  gewählt.  Er  bekleidete  das 
Amt  drei  Termine  hindurch.  Im  Jahre 
1880.  wurde  er  zum  Polizeirichter  von  den 
Demokraten  nominirt  und  erhielt  unter 
vierzehn  Kandidaten  die  meisten  Stinunen. 
Er  wurde  in  den  Jahren  1885.  1890.  1895. 
1900  (mit  45,000  Stinunen)  und  1905,  und 
zwar  als  derjenge  unabhängige  Kandidat, 
der  die  meisten  Stinunen  erhielt,  wiederge- 
wählt. Zu  erwäinien  i.st,  dass  Herr  Ladner 
im  Jahre  1891  von  den  Demokraten  als 
]\Iayors-Kandidat  aufgestelllt  worden  war. 

Herr  Ladner.  der  seit  einer  Reihe  von 
Jahren  Präsident  der  „Commcreial  ]\IutujiI 
Accident  Co."  ist.  gehört  den  PVeiniau- 
rern,  den  Knights  Templar,  dem  ..United 
Order  of  AVorkinen",  dem  ..Order  of 
Sparta"  und  anderen  Orden  an.  Er  ist 
^Mitglied  der  Deutschen  Gesellschaft,  der 
Turn-Gemeinde.  des  Cannstatter  Volksfest- 
Vereins,  des  Schützen-Vereins,  des  Jungen 
r\Iännerchors.  in  welchem  er  das  Amt  des 
Vize-Präsidenten  bekleidet,  und  anderer 
Vereine. 


Henry  Lierz, 

Ein  eifriger  Verfechter  der  Prinzipien  des  Bundes  und  Redner. 

Als  eifriger  Verfechter  der  Bestrel)ungen 
des  Xational-Bundes  und  gesuchter  R«'(l- 
ner.  wenn  es  gut.  für  persönliche  Freiheit 
und  gegen  Prohibition  zu  agitiren.  hat  sidi 
Hrnry  Lkrz  von    Philadeljjliia  erwicseii. 

In  Rheinbach  im  Regierung.sbezirk  Köln 
am  M.  März  1861  geboren,  besuchte  Henry 
Lierz  bis  zum  14.  Jahre  die  Bürger-  uii<i 
dann  drei  Jahre  lang  die  Gewerbeschule, 
wo  er  sich  dem  Maschinenl)aufach  widmete. 
Nach  einer  praktischen  Ausbildtuig  in  den 
AVerkstätten  der  Rheinischen  Bahn  in  Köln 


I>KI{     \  KlfKINKITKN    STAATKN    VON    AMKRIKA 


813 


iM'stiiiid  tr  sfiii  Kxaiiii'ii  als  liokitiiiotiv- 
füliifi-.  Ks  7.«t^r  iliii  jftliH'li  in  »lii*  Welt 
hinaus,  iiiui  im  .laliii'  ISSO  laiMlfir  er  in 
Anu'rika.  Kr  war  zunäclist  in  Nr\v|Ktrl  Ihm 
Cinrinnati  tliätijr.  i-rwarl»  si«'li  srin«T  >.'«•- 
si'llijitn  Tali'iiti'  \vt%'fn  »nul  als  .Mitlii'trriin- 
iUt  lies  Arion  Männ«'rjrrsan}r-\'«'rfins  i'ini*n 
jrrosst  n  Fn*un<l«*skrfis.  ühi'rsi«'«li'lti'  aber 
ni  .lalir«'  188;')  na<li  IMiila»lfl|>liia.  wo  w  an 
ilic  Spitzt'  eines  auspMlelinten  Druekeivi- 
untl  Verhitfs-(ieseluifts  trat.  l\v  wurde 
Mitglied  des  .Miinuendiors.  tlwit  sieh,  naeli- 
di'Ui  die  Städte- N'ereinijrun^r  von  IMiiladel- 
]>hia  in  N'ewark  ilie  Sehuhert-Büst»*  ^r«'- 
witnnen  liatte.  hei  der  Leitun{r  der  Arranj;e- 

liHMlts     für    ilii-    KuthÜlluUfrst'eier    im     I-'.iil"- 


niount  l'ark  h<>K«iiiders  hervor  und  wurde 
im  Fehruar  1SII2  Präsident  «h-r  Vereinijft<Mi 
Saliner. 

Schon  am  4.  Juli  (h>KsellH-n  .lalin's  K(|ie|- 
teti  dieselh«'n  hei  «1er  I 'nahhän>;it.'keit.s  Feier 
eine  grosse  Kolh'.  I'nter  seiner  Präsident- 
schaft wurden  ilie  Konzerte  für  den  l'oli- 
zei-PensionsFonds.  weh-he  $l(l.(KM>  l^eince- 
wiiui  er^ralien.  um!  für  die  Nothh'iilemhii 
in  Uusshind  ^enehen.  die  der  hetrefTiMulen 
rnt«'rstützunjrs-Ka,s.se  !f4.<MK)  zuführten. 
Dann  ^ehm^r  es  seiner  Ajjitation,  die  Lizen- 
sirun^  di's  Washinjrton  Parks  durchzu- 
setzen, wodurch  den  »h'Ulschcn  Vereinen 
Phihulelphia's  innerhalh  <ler  Stadt  ein 
Festphitz  p'sch.itTcn   wurde 


Der  Westliche  Zweig  des  Deutsch-Amerikanischen 
Zentral-Bundes  von  Pennsylvanien. 

Di«'  (M'schit'lit«'  des  \V('stli<-lirii  Zwfi^rt's  (icii  ScknMär  jr«'\välilt.  Sntliiiiii  wiir«!«-  «•in 
des  l)»'ntsth-AiiM'rikjmischfii  Zfiitral-him-  \Vnlilt')ilirts-Aii.ss(lni.s.s  «•intfi'srt/t.  il('>vscii 
«Ics  VOM  IN'iiiisylvimii'ii  tl.-ilirl  vmm  (l»*r  Zeit  i-rstr  licamli'ii  die  Ih-rnMi  Ilfiiry  Arni»l«l. 
(lii-  (irüiulini^  (h's  Iftztcrcii.  -la.  in  l'itts-  Präsident;  II.  ('.  lilncdd.  X'i/c- j*rä.sid«Mit  ; 
Iiur^'-Allt'y:li«'ny  faiidrii  di«'  X'niarltfitcn  Win.  KaisiT.  2.  \'i/i'-l*rä.sidcnt  :  Krnst  Axt- 
statt, aus  wt'lfinn  «Icr  Iiruil«'rl>uinl  des  lirlm.  Schatzrnt'istcr.  iin<l  Wni.  F.  liciikisi-r. 
Dcut.sriithunis  der  V«'n'iiii«rt<'ii  Staaten  Sekretär,  waren.  Als  lieisit/er  fiinirirteii 
entstanil.  zuiiäehst  der  Deutseli-Ainerika-  <lie  Herren  Henry  Iliseii.  Charles  Her- 
nisehe  Zeiitral-Hiind  von  Pennsylvanien  mann.  Ludwig'  Knzian.  Heinrieli  Lelir- 
ani  1»).  A|»ril  1S!)!>  und  später  der  Deutsch-  mann  und  Wm.  WartnuiUii. 
Amerikanisehe  Natinnal-Hun.l  der  Veni-  |)i,.  Kühri-keit  un.l  die  eifri^'e  Atritat  in,, 
ni-ten  Staaten  am  ti.  Oktober  1!K>1.  Die  ^,j^.^^.^  A us.se hu.s.ses  er,-etrte„  die  Aufmerk- 
Ve,vine  des  Westiieh,',,  Zwei^res  l.ildeten  ^^,,,,,.,.j,  ,,,.,.  ^,,  ^,i,.i,.|„.,  Xeit  in  ähnli.-her 
t;ewis.sennM.s.sen  die  Vorhedin-unir.  weleh,-  ^^,^.j^^.  vo,-jr,.he„den  deut.sehe,,  (J.^ellsehaf- 
die    Hilduntr  des    iiundes   el-müf;l,ehte.  ^^.^^      -^^      Philadelphia.        Die      P,v.s.sl>eriehte 

Denn  sehon  vor  der  Zeit   der  (Jründun-  veia.dassten  die  Ilenvn  Dr.  C   .1.  He.xam.T 

.les     Zentral- Bunde.s     von      Pennsylvanien  j,,j^,      ^,i„|j,|,     'pi„„„     „,„.|,     i»i,tsl,u,-p    zu 

sahen     die     deutsehen     Veivine     und     Ge-      ,.,.i^,.„     , ;,„.    VeT-einitrunt.'    aller    deut- 

seUsehaftiMi  v.m   AllejrlH'ny.  Heaver.  Wa.sh-  ^^.,,,.,,     \-,.,eine    d.-s    Staates    zu    We^re    zu 

in.^'ton    und    \Ve.stm..reland    County.    sowie  ,„.i„^„.„      Di,.  ,.i„.^,,.|,.it,.t,.„  Verhan.llun^'en 

d.r    Städte    .lohnstown    und    Altoona    sieh  i,.,„^.„  Krfoljr.     Am  L»s.  danuar  1S!>!>  wui-.h- 

ve,anlas.st,  ein  Sehutz-  und  Trutz-Hüminiss  ^.jj^^.    Vei-sanniduntr   unter   II.   C    MloedePs 

unter    dem     Namen    ..V.-reinitrte    Deutseh-  \-,„.^i,y     ahtfehnlten.       Wm       K      Penkiser 

Amerikanisehe   Vereine  von   West-Peinisyl-  ^..^^^^,^^,  ^j^^^   piv.tokoll.      Auf   Vorsehlajr  d.-s 

vanien--al.zus.hli.-ssen.  um  tretren  trehässitre  ,,^.,.,.,1    (..,,.,    \vilkewitz   wurde   einstiiiunijr 

nativistis,-he    Vorla-en.   die   der   L.ri><li'tur  i„.^,.|,i,,^seii.   den   hishej-ijren   Namen   aufzu- 

(h-s    Staates    unterlueitet     wa,-en,    Stellunj;  ^,,.,,,.„  „„,,  ,,.,,i„.  ,,,.„   j,.,yi^,.„  „„/„„ehmeli. 

zu    nehmen   und   K«'inein.sam    in    allen    Fi-a-  ^,,^  ,,,,,,.;,  ,,,.^  Staaten-Hm.des. 
•Ten.   die   das    Wohl    U,nl    Wehe   der    Vei'eine 
hetrafeli.  vorzu<:ehe„. 

Die  erste  Versammlunj.'  wurde  in  <ler 
Halle  des  Cei,t,*al-Tu,n-Veieins  an  Korhes 
Str..  Pittshur«:.  ahtrehalten  und  von  Herrn 
William    Wartmaini    als    Voisit /.enden    >;e- 

leitet.    worauf   eine    permanente    Oriranisa-  Auf   Antrajr  des    Herrn    Heiuy    Aniohl. 

tioj,     tfesehatr.  n      wurde.        Herr     H.     ('  weleher  di«*  Siizunjren  des  Wohlfidirls-Aiis- 

Hloedel     wurde     zum     Präsident«-,!.     Herr  s«-hus.s«'s     l»ish«-r     als      P,äsi«l«'nt      >r«'leitet. 

W,n.    Kai.s«'r   zum    Viz.'-Präsident«ii.    IL-rr  wunl«-     «li«-      Kxekutiv.-     Iwauftratrl.     sieh 

Krnst     A.xthelm     zum     S«-hatzmeister    und  «lureh    Hinzuzi«'huntr   v«ni    fiinfumlzwanzitr 

Herr  Will.  F.   Penkis.r  zum  prot«»kollir.-n-  tiuhtij;«,!.  jfnu-hti-ten  MürK«'r,i  zu  .•rträiiz«'ii. 


Auf  .\ntiaj;  «les  Herrn  Tliemlor  I.amI» 
wurden  alle  hishericen  Hamlluntren  und 
Pn>tokoll«'  «l«*s  Wohlfahrts  Aus.sehus.st's  jfut- 
tr«*ln'i.sse»  und  auf  Antrag  ('«tiistaiitin  ('«»„- 
liHl's  di«'  Kxekutive  i„   IN'riiiaiieiiz  erklärt. 


816 


I)i:k  deutsch  amerikanische  natioxal-bund 


An  (It'ii  Dt'hattt'ii  dicsci-  \'fi-s;niiiiiliinM: 
nahm  Herr  .1.  Iv  Ilirsdi.  l'ittslmr'r.  den 
r('j,'st('n  Antlicil.  Di-r  Lcitartikfl  des 
„IMttshiir^'t'i-  \'(ilksl)hilt  *'  über  den  neuen 
Bund  sehloss  mit  den  erniuntemden  Wor- 
ten :  „Seinen  liehren  Zielen  /u  wii-il  er 
eniporblülien.  wachsen  und  «reiU'ihen.  dem 
Freund  zum  Schutz,  dem  Feind  zum 
Trutz:" 

In  demselhen  Sinne  di-ückten  sich  die 
amh'rn  deutschen  Zeitunjren  Pittsburjr's 
(himals  aus;  audi  (h-r  ..AUegheny  Sonn- 
tairshote"  von  John  K.  .Joos  sprach  seinen 
(ilückwunsch.  wie  Futei-stützung  der  Be- 
wehr uni;  aus. 

Ohne  unbescheiden  zu  sein,  darf  man 
vom  Westliehen  Zweige  des  I).-A.  Zentral- 
l^undes  sagen,  dass  sich  derselbe  seit 
Gründung  bemüht,  sein  volles  Theil  zur 
Ausführung  der  Bestrebungen  des  Bundes, 
wie  zur  Erreichung  der  Ziele  desselben 
beizutragen. 

Tlcinrich  Karl  Eduard  Arnold  wurde 
1837  in  Leii)zig  geboren,  absolvirte  nach 
vorherigen  Elementar-Unterricht  die  da- 
mals mit  tüchtigen  Lehrki'äften  versehene 
Gewerbe-  und  Baugewerkeschule  in  Plauen. 
Sachsen ;  widmete  sich  drei  Jahre  in  der 
Xähe  von  Leipzig  der  praktischen  Land- 
wirthscluift  und  Vermessen  von  Liegen- 
schaften und  konditionirte  als  Oekonomie- 
Verwalter  drei  Jahre  auf  dem  als  ]\Iuster- 
hof  bekannten  Rittergut  ,.Schloss  Löbnitz". 
18ÖS  wanderte  er  nach  Anu'rika  aus,  und 
zwar  nach  Pittsburg.  Hier  wurde  er  als 
Verkäufer  in  einem  ]\Iöbel-Geschäft  thätig. 
später  als  Tlieilliaber  unter  dem  Namen 
..r\Ieyer.  Arnold  &  Co."  in  dasselbe  Ge- 
schäft aufgenommen.  Nach  Verkauf  des 
Geschäfts  errichtete  H.  Arnold  ein  Grund- 
eigentinun-  und  Versicherungs-Geschäft. 

Der  Vice-Präsident  des  Westlichen  Zwei- 
ges des  Deutsch-Amerikanischen  f'entral- 
Bundes  von  Pennsvlvanirn,  Herr  //.  ('. 
lil(K(hl,  einer  der  angesehensten  deutschen 
Bürger  Pittsburgs,  wurde  am  '1.  März  1S47 


in  Ilaiin.  Münden  gelxiren  und  kam  am  6. 
August  18(j(i  zum  Besuche  seiner  verheira- 
theten  Schwestern  nach  Amerika.  Kr  be- 
gab sich  zuerst  nach  Pittsl)urg.  wo  er  von 
.seinem  Schwager  ('.  L.  Walther  auf  da.-^ 
Ijiebenswiirdigste  aufgenommen  wurde, 
blieb  dort  einige  ]\Ionate  und  fuhr  dann 
nach  Cincinnati,  O  .  wo  ein  anderer  Schwa- 
ger von  ihm.  TIei-r  F.  A.  Fahll)usch,  aasäs- 


HENRY  ARNOLD. 

Praesidenl  des  Westlichen  Zweiges  des  Deutsch-AmeritiniKhai 
Ceniral-Bundes  von  Pennsylvanien. 

sig  war.  Das  Leben  in  Cincinnati  gefiel 
dem  jungen  ]\[anne  so  gut,  da.ss  er  be- 
schhxss,  sich  dauernd  in  den  Vereinigten 
Staaten  niederzula.ssen.  Er  besuchte  zu- 
nächst Herolds  Businc.s.s  College  in  Cin- 
cinnati und  trat  dann  in  das  Geschäft  sei- 
nes Schwagei's  ein.  Da  er  jedoch  bald  zu 
der  I'eberzeugung  kam,  da.ss  in  der  grossen 
Industrie-Stadt  West-Pennsylvanien's  sich 
eine  be&sere  Gelegenheit  zu  schnellem  Em- 
porarbeiten böte,  siedelte  er  nach  Pittshurir 


OKK    \  Kin;i.Nn;TK.\   staatkn   von  amkkika 


8i: 


üluT,   WO  er  schon   am   /writfii   Taj;i'  luifh  iiikI  .-rzirltc  diirin  .TJ  .Iiilir»-  laut;  artm^»  p,.. 

stMiuT  Aiikniift   luhiMii.l.-  h«'sc|iiifti^r,injr  ji,  srhäftlidir   Krfoly;«-.     Dann  veranlasKti«  ihti 

den  „l'onipaiiy  Ston-s"  der  ^Tosst-n   KiM-n-  das    Aller,  sirh    na«-li   v'uwr  U'U'hirrvu    \U- 

wt-rk«'  von  .lom-s  &  Lau^rlilin  fand,     l'ntfr  S4'liäftiirunt.'  nni/.ns.'h«'n.  und  «li-shall»  üIm-i- 

den  sifh/flni  ViTkänfrrn  und   Mu.hhalt.rn  naiiin  rr  dir  ihm  schon  wit  .lahr.'ii  anjrclKK 

der  ..('ompiiny   Ston-s"  war   Herr   Bhiedd  tme   Stdhun;   als    Vertreter  «'iner   tfn»w»'n 

der  ein/ii:«'   Deiitsehf.      Das  /.wani:  ihn   na-  Akticn-dN-wUsi-haft.    wch-he    er   ji-t/t    n«M'h 

türlieh,  sieh  die  Landessprache  und  amcri-  cituiimmt.       Der    L'lücklichen     Khe     Herrn 


H     C.    BLOEOEL 


kanisehe    Ciesehäfts-Methodt  n    s«'hnell    an-  i{|oed*rs  entsprossten  S4'ehs  Siihne  und  vier 

/ueiirnen.     Nacluiem  «'r  sieh  am  2'A.  August  Tö<*hter:     vier    Söhne    ini«l     vier    Töchter 

1871  mit  Frl.  Josephiiie  Meyer,  der  T«M'hter  wueltseti  /.nr  Freude  cier  Kitern  hemn  und 

eines    alten     Acht  und  vier/.i^ers.    Sebastian  sind  «leren  Stolz.     Die  Familie  HliMnlel  ziihlt 

Meyer  aiLs   laicht    hei   (Jie.v.sen.   vi-rheirathel  zur    Zeit    fünfundzwanziu'    .Mitv'liinler.    ein 

hatte,    kaufte    Herr    MliK-del    das    Kolonial-  Ueweis  dafür,  dass  Kavsen-Sellisimord  nicht 

\Vaaren-(  Jeschäft  .seines  Schwatreix  Walt  her  die   Saeh«'  «Icutscher   .Männer   und    Frauen 

an   .Main   und   .MadLson   Avenue.   I'ittshur<:.  in  Amerika  und  ihn'r  Naehkonunen  ii<t. 


Deutsch-Amerikanischer  Verband  von  Calif 


ornien. 


Durch  (Iw  st'Ihstlosni  Bei  lülumjrfii  ••iiii- 
pT  zit'llM'wussteu  .Mäniifi  wurtl«'  »li  r 
I)«'Uts«li-AiiK'rikaiiis«lu'  Vcrlmnd  von  Cali- 
fornifii  all)  24.  Sf-ptiMiilwr  1901  >f«*irrümU*t. 
und  im  fjiIfjciKicn  Monat  war  «Icrsi-Ilu' 
srlion  im  Konvt'iii  iU-s  Nationalhundcs  vi'r- 
Irrfcn. 

I)«*r  l«'i(l»'r  zu  früh  vci-storlM-n»'  Herr  l)r. 
Franz  Kuckcin  wurde  zum  «'rstrn  Vor- 
sitz«*nd«*n  «'rwählt.  wfh-ho  Stellung  er  l>ei- 
nahe  drei  .lahre  lantr.  his  April  lfK)4.  zur 
iilltremeinen  Zufri»»tleiiheit  iH'kleidete.  Im 
V'ehruar  1!I0*J  veranstaltete  der  Verband 
seine  ei-ste  grössere  litteraris«'h-musikali- 
srhe  Feier  zu  Khren  des  hiesigen  Diehtei-s, 
H.-rmann  (ilauch.  Am  4.  O.tolter  l!Mi:{ 
wurd«'  der  erste  ..Deutsehe  Tag"  unter  den 
Auspizien  d«^  Verl)anils  im  (Jlen  l'ark  in 
glänzender  Weise  gefeiert.  \'on  di«*ser  Zeit 
an  blühte  der  Verband  auf,  und  im  näeh- 
sten  .Jahre,  am  1(5.  ()ktob«'r  11)04.  I>eim 
ersten  Staatskonvent  waren  schon  äO  Ver- 
eine von  allen  T»*ilen  des  Staates  vertreten. 
Zusammen  mit  dem  Konvent  wurde  wieder 
<lcr  ..Deutsch«'  Tag"  in  würdevolh-r  Weise 
gefeiert.  Nun  ging  der  Fortsehritt  tles 
Verbands  schnell  weiter,  und  bald  waren 
üIht  KM)  Vereine  als  Mitglieder  iM'igetre- 
ten.  In  Sto<'kton.  Sacramento.  San  Jos»« 
und  Los  Angeh's  wurden  Zweigverbände 
gegründet. 

Auf  AntiJig  uMMi.s  Verbands  hatte  der 
Nntionalbund  be.schlos.scn.  den  UHijährigen 
T»»destag  luiseres  geliebten  Schillers  fest- 
lieh zu  iM'gehen.  In  allen  grös-seren  Städ- 
ten der  Vereinigten  Staaten  wurden  S<'hil- 
lerfeiern  veranstaltet,  und  die  zweitägige 
Feier  unseres  Verbands  in  San  Fnineiseo 
stand  sieher  keiner  an<lern  nach.  Alle 
<leutsehe  Vereine  beteiligten  sich.  <Ier 
<^iouverneur  unsen's  Staates  hielt  die  F«-««!- 


ri'de  im  (jolden  (Jaite  l'ark.  Dort  wurden 
Kränze  von  allen  Vereinen  durch  weissge- 
kleidete  .Jungfrauen  am  Sehiller-Ou'thc 
Denkmal  niedergelegt.  .\m  zweiten  Fest- 
tage, am  !).  Mai  IJK»;').  fand  eine  grcMwartige 
Feier  im  Alluunbra  Theater  statt.  S<'hil- 
ler's  (Jlocke  wurde  aufgeführt  und  zum 
Schiu.ss  Wallenstcin's  Lager. 

Am  24.  April  l!>(t:»  wurde  Herr  Albert 
Currlin  als  Vorsitzender  d<>s  Verbaiuls  er- 
wählt. Derselbe  i.st  ein  tüehtiger  Jour- 
nalist. Herausgeber  des  ..Oakland  Jour- 
nals", „Neu  San  Francisco"  nnd  ..Califor- 
nia" von  San  Jf>se  und  war  vers<hie<lene 
.Male  Erster  Sprei-her  <les  l'acifie  Turnbe- 
zirks. Kr  leitete  den  Verband  erfolgreich 
l>is  zum  zweiten  Staatsktinvcnt.  welcher  am 
•iO.  September  lfK)5  abgehalten  wurde,  wo 
dann  Herr  J(thn  Hermann  als  Vorsitwnder 
erwählt  wurde,  nachdem  Herr  Currlin 
Wiederwahl  abgelehnt  hatte.  H«*rr  Curr- 
lin wurde  dann  zum  Khrenmitglied  er- 
wählt. .\m  nächsten  Tage  wurde  der 
..Dcut.sclic  TaL'"  wieder  in  Glen  Park  \m- 
ter  gros.ser   Beteiligung  gefeiert. 

Am  2!>.  Januar  lf»0<;  wurde  der  \'A).  Ge- 
burtstag VMM  .Mozart  vom  Verband  tlureh 
eine  künstleris<-h  volleiulete  F«"stliehkeit 
dem  Volk  in  Erinnerung  gebracht 

Dann  kam  die  eniste  Zeit  der  Prüfung, 
das  gros.se  Erdbelwii  am  IS.  April  PMKi  untJ 
die  dreitägige  Feuersbrunst,  und  zur  Khn' 
des  N'erbands  si-i  es  gi-sagt.  idle  Mitglieder 
lM'wi(»sen  sieh  als  «M-hte  Männer.  Cnser  tat- 
kräftiger Vorsitzen«ler.  Herr  J«>hn  Her- 
mann, weh'her  sell»st  seine  (ield.s4*hrank- 
fabrik  und  ein  Venmigen  vi'rloren  hatte, 
berief  .sofort  ein«'  \'orstantIs-Sitzung;  ein 
Hilfs-A\is.sihuss  wur«le  von  ihm  ernannt, 
und  ein  .\ufruf  an  alle  l)<'ut.sche  der  Welt 
irbissiii       Die  ci-str   Hilfe  k.iiu   vom   Sfndt- 


820 


DER    DKl'TSCII  AMKKIKANISCHE    NATIONAL-BUND 


verband  von  Lcs  An^relcs.  D«  r  Xational- 
bund  erliess  ebenfalls  einen  Anfruf,  und 
in  kurzer  Zeit  liefen  Gelder  V(tn  allen  Ilini- 
melsriehtunjjen  ein.  Der  llilfs-Aussdniss 
arbeitete  an^estrenf^t  ein  j^anzes  Jabr  lang, 
versannnclte  sieb  jede  Wocbe.  um  die  Be- 
riebte  der  rntersucbungs-Komites  entgegen 
zu  nehnuMi,  u.  s.  w.  Jedes  :\litglied  balf 
mit  an  der  grossen  Arbeit,  keiner  unterliess 
es.  seine  Sebuldigkeit  zu  tun.  Herr  Pastor 
.1.  Fuendeling  und  drr  Uorr.  Sebrift- 
fübrer,  Carl  W.  Mueller,  wurden  als  Ver- 
treter des  Verbands  zum  groasen  ..General 
Kelief  C'ommittee"  abge.sebiekt,  wo  diese 
Herren  über  drei  Monate  lang  täglich  vier 


Vcibands  durch  Gesetz  von  15  Tagen  auf 
einen  Monat  verlängert.  Auf  diesem  Kon- 
vent wurde  ebenfalls  berichtet,  dass  der 
deutsche  Schulunterricht  bereits  wieder  in 
sechs  öffentlichen  Schulen  erteilt  werde. 

Am  7.  Oktober  1906  wurde  wieder  der 
,, Deutsche  Tag"  in  Glen  i*ark  unter  grosser 
Beteiligung  gefeiert.  Der  rebersehass  von 
$1163  wurde  dem  Hilfs-Ausschuss  über- 
wiesen. 

Am  17.  December  1906  wurde  der  Stadt- 
verband von  San  Francisco  gegründet. 

Am  10.  Januar  1907  starb  unser  geliebter 
erster  Vorsitzendei-.  Dr.  Franz  Kuckcin. 
und   am    13.   Januar   1907   wurde   die   He- 


bis    sechs    Stunden    unentgeltlich    Dienste     gräbnissfeier  unter  den  Auspizien  des  Ver- 


leisteten. Der  Hilfs-Ausschu.ss  des  Ver- 
bands verteilte  im  Ganzen  6,948.02  Dollars 
an  564  Bedürftige  und  erlangte  durch  den 
Auxiliar-Ausschuss  über  30,000  Dollars  für 
über  500  Pei*sonen,  30  Personen  wurden 
nach  Porto  Rico  befördert  und  andere  nach 


bands   unter   allgemeiner    Volksbeteiligung 
abgehalten. 

Dr.  Franz  Kuckein  wurde  am  14.  Okto- 
ber 1853  zu  Danzig  als  Sohn  eines  Zahl- 
meisters der  preussischen  Armee  geboren. 
Er  studierte  Medicin  an  den  Universitäten 


New   York.    Bridgeport,   Los   Angeles  und      i^iarj^^ji-g,  Berlin,  Jena  und  München;  kam 


anderen  Städten.  Herr  Konsul  F.  Bopp 
und  Vize-Konsul  Erythropel  waren  unter 
den  eifrigsten  Mitarbeitern  des  Hilfs-Aus- 
schu.s.ses.  Die  Herren  Pastor  J.  Fuendeling 
inid  Schriftführer  Carl  W.  !Mueller  wurden 
tn  Anerkennung  ihrer  geleisteten  Dienste 
vom  Verband  als  Ehrenmitglieder  erwählt. 

Am  30.  September  1906  fand  der  dritte 
jährliche  Staatskonvent  statt.  Auf  diesem 
Konvent  wurden  Protest-Beschlüsse  gegen 
die  deutschen  Feuerversicherungs-Gesell- 
schaften, welche  ihren  gesetzlichen  Ver- 
I>liichtungen  nicht  nachgekommen  waren, 
angenonuuen.  ebenfalls  wui-den  die  Beam- 
ten des  Verbands  beauftragt,  dahin  zu 
arbeiten,  dass  die  nächste  Legislatur  die 
Kündigungsfrist  von  Hauseigentümern  an  ersten  Aerzte  des  Staates  angesehen.  Als 
Mieter  verlängere,  da  viele  habgierige  und  echter  ^lann  vei-schmähte  er  jede  Effekt- 
gewisseidose  Hauseigentümei-  Vorteil  aus  luischerei.  Er  fuhr  weder  im  splendiden 
der  schrecklichen  Notlage  ihrer  Mitmen-  Zweispänner  mit  auffallend  luiiformirtem 
sehen  zogen,  indem  sie  die  ^lieten  in  erliar-  Neger  auf  dem  Bock,  noch  brau.ste  er  im 
mungsloser  "Weise  enorm  hinauf.schraub-  kostspieligen  Automobil  einher,  aber  er 
ten.  Die  Kündigungsfrist  wurde  dann  vernachlässigte  seine  ärmsten  Kranken 
auch  durch  die  Anregung  der  Beamten  des     nicht,  wie  sehr  es  auch  stürmte.    Als  Men- 


ini  Jahre  1888  in  New  York  an.  ging  dann 
nach  Chicago,  wo  er  sich  mit  Fräulein  Alice 
Preussing  verheiratete ;  Hess  sich  im  Jahre 
1889  in  Oakland  nieder  und  kam  zwei 
Jahre  später  nach  San  Francisco.  Dr. 
Kuckein  war  einer  der  edelsten  Männer 
Californiens.  Prof.  A.  Putzker  schrieb 
über  ihn  wie  folgt : 

"Er  war  ein  ]\Iann  von  einnehmendem 
Wesen  und  angenehmer  Erscheinung,  von 
Gestalt  untersetzt  und  sehr  kräftig.  Sein 
charakteristisch  deutsches  Antlitz  bot  den 
Alisdruck  der  ^^lännlicbkeit.  des  Ernstes, 
der  Entschlossenheit  luid  des  Geistes.  Dr. 
Kuckein  besass  das  Temperament  eines 
Arztes  und  wurde  allgemein  für  einen  der 


I>KI{    \  KKKINKITKN    ÖTAATKN    VoN    AMKUIKA.  Hjl 

sclu'nfn'Uiul    fiSiliiiu    «l<r    N'rrlilii-lu'in'    in  l)i      Kiickriii    Im'siisk   türlitii^f    iiiiiKik>iliN<-|ie 

«Ifii   Ta^r«'!!  (ItT   Ntit    iiiul  «l«'s   Klfiuis  imcli  K«-iintiiiss<>.     vrrfütft«'     ülior    »•im?     M-li«iiio 

iliMii   KnllM'lMii  im  hi^stni  Lirlit««.     Ohsrhoii  Stimmr.  hiit   zur  För«l«Tuiij;  «1«t  Musik  an 

«•r  uiul  seine   Familie  die  sehwersten    \'er  «ier  Küste  viel  lM*i(;et raffen  und  halte  mMiu*r 

luste    erlitten    llMtt«'tl    und    woeiienlanj:    \iiM  Xeit     eifrif;    );earlNMte|.    um    den    jierriielieii 

Zelt    zu  Zelt    undierinten    in    Kälte.    Kep-n  l'aiitie    Säii^'erlMMid    ins    LelM-n    /u    rufen. 

und  l'n Wetter.  t»l>seli<»n  er  mit  Sorjren  über-  Kr   war  es,   dem   «[er   Löwenanteil   nu   «|em 

häuft    war.    .so    verliess    er    ilenn«»e|i    seine  Krfolj»    <|er    herrliehen    deutvlien    Mo/jirt- 

Kranken  keim-n  Taj;.  uiul  Nienuind  hat  ein  Feier   am    2!>.   Januar    ]!»(>♦>   /uift'si-hrieLMi 

Wort  der  Klatje  von  seinen  Lipiu-n  jr«'hört.  werden     muss.       S«'ine     danuds     Kehaltenu 

Wir.  seine  .Mitarbeiter  im  IIilfs-Aus.sehus.s.  liede   war  bemerkenswert h.   indem  Hie  v«ni 

wis.sen  am  l>esten.  mit  \v«'leher  Opferwillig-  seiner   tief»'n   Sehät/tni^  des   MeisterN   und 

keit  der  üherarheiteti'  Arzt  stets  bereit  war.  «I»'!"   klassischen    Musik   i*in   beretites   Zeu>r 

rnter-stützun^'sbe«lürftij.''e  aufztisueheli   und  niss    able>.M«'.       Hei    ^esellsehaft liehen    (Jele- 

ihnen    freien    Hat    zu    erteilen.      Iiul    wie  ^'enheiten  zeifft««  si«'h  Dr.  Kuekein  von  iUt 

iri'«>ss  und  mitfiddend  z«'i;rte  sich  sein  Herz.  I»ursehik«>sen.  fröhlichen  Seite;   er  verstand 

wenn  ein   Armer  an   ihn  app«'llirtc  und  er  •*^.  »ndern  (;lüekliche  Stuiulen  zu  iM-reiten. 

die  Sache  Vorbrachte.     Sein  edles  Herz  hat  ^  "i>  welcher  Seite  man  auch  sein  LcIm-u  Ik-- 

iiin    zum    .schlechten    Ituchhalter    p-macht.  trachten     mai;.     man     findet     viel     Mewiui- 

denn  es  wild  si«'h  zei^ren.  er  hat  ver^'cssen.  tlernswünliy:es.     Da.ss  ein  Mann  von  »teiner 

die   wenijr«'r   liemittelten    für  seine    Dienste  <!edanken-Tiefe       und       OtTenheil       (le^ner 

zu  belasten,  und  bei  «Ich  Armen  war  kosten-  hatte,    konnte    nicht    fehlen;     sie    koiuitcn 

lose  HchandlunK'  die  Ke»rel.     So  hat  er  «lie  meistens  seinen  Standpunkt   und   .\usfiilir 

materielle  Seite  des  Lebens  veniachlässi«rt.  inifren  nicht  erfas.sen.     Die  wenif;eu  Feuule 

wie  dies  bei   allen    Idealisten   der   Fall    ist.  tren-ichten     ihm     zur    t;rö.s.st«*n     Khre;      «-s 

Anderen     dienen,     sich     scll>st      verfressen,  waren  dj(>  IIas.ser  alles  (iuten  in  der  Welt. 

.scheint   bei   ihm  zuzutretTen.      Dr.    Kuckein  -N'»<'h  tausenden  zählten  seine  Freunde,  h««- 

war  nicht  einseititr  in  .seiner  Biiduni;.     Kr  wundi-rer    und    danklt.ire    Patienten.      Die 

befa.sste  sich  mit  tlen  Krei«rnis,sen  iWr  Welt  nner<rriindliche   \'<»rsehuntr  hat   es  p'wollt. 

uiul  war  in  der  deutschen  liitteratur  trriind-  <1'"'"   ••astloscn   Streben   dieses  vorziit'lich<-n 

lieh  Itelesen.     Dalici  kam  ihm  ein  <;utes  (Je-  .Mannes  ein  plötzliches  Knde  zu  nuich«'n  ;   er 

«lächtniss  sehr  zu  statten.     Wenn  er  sprach.  wird    nicht    mehr   di««   dornenvollen    Pfade 

so  fusNten  .seine  Ausführunj.'en  auf  trründ-  «h'^*   Keljcns  wandern,   und   wir.  <lie   l'eber- 

lichem    Verständniss   «1er    l»ehandeltcn    (Je  lebenden.  könn«'n   ihm   nur  Thräneii  dank- 

trenstände.     Dadurch  dass  er  die  deutschen  barer  Krinnerun);  weihen." 

Denk.M-   in    ihren   trmssru    Werken    kannte  ;^,„,..   ^,,,i   ,,„,-  ^^.^^,.  ^^^^^^.^  Vorsitzender 

wurde  er  vom  .l.Mitschen  (Je.ste  tuxl  Werte  ,.„^,„„„..„    ,„i,    verschiedenen    andern    Be- 

••rfüllt  luxl  konnte  mit   .\ut<»rität  sprechcti.  .,,.,«..,,  i  m;,  ,1:1^.1      »♦     1        1 

.  '  'iiiiten  und  .MitjrlH'<Iern  <les  \  erbatuls  euiijfe 

Auf  diese  Wci.se  wurde  er  einer  der  (Jrün-  'i',..„.    1,.,..,    ;..    1  \.  ,  1  i»         1     .■ 

nitre    iJUljr    Ul     hos    An^'eb's.       Der    ijortnje 

der  des  Deutsch-Amerikanischen   Verband-,  sta.ltverban.l  veranstaltete  zu  ihren  Khre» 

in.d  .l.'s.s4Mi  erster  Vorsitzen.h-r.     Als  echter  ..j,,..,,  (• „...^   ,,,.,.  j,,  ^,.|„i„^,..r  \v,.ise  ver- 

deut.s<'her     Mann     im     ln-stcM     Siruje     «les  |j,.f 

Wort.-s.  als  umsi.htipr.  kimr.r  Führer  hat  y,„  ._,,,   SeptendM-r  l!»(»7  wur.le  der  vierte 

er  trewirkt   inid  »relebt,  inid  in  dieser  Hin-  Staatskonvent   abjrchalten.     Der  wiehti^rste 

sieht  ist  dur<h  sein  AblelM'u  «'ine  Lücke  ent  Bcschluss    «li«>ses    Kotivenls    war.    die    Kr- 

standen.   die  nicht    leicht    auszufüllen   sein  rieht untr  eines  "  Deiit.schen  llau-M^s"  erust- 

wird.  denn  Männer  seiner  Art  sin«!  K«'lten.  lieh  in  AntrrilT  zu  nehmen. 


822 


DKK    DKrTSCH-AMKRIKANISCHK    NATIONAL  BUND 


Am  6.  October  1907  verlief  die  Feier  des 
deutselien  Tages  im  Shellmouiul  Park  un- 
ter Beteiliguunj;  vieler  Tausenden  von 
Deutsehen  von  Nah  mul  Fern  vom  herrlich- 
sten Wetter  begünstigt  in  der  denkbar 
schönsten  Weise  und  gestaltete  sieh  zu 
einem  wirkliehen  Volksfest.  Der  deutsehe 
Kaiser  überrasehte  bei  dieser  Gelegenheit 
die  liiesigen  Veteranen  der  deutsehen 
Armee  mit  einer  Ehrengabe,  einer  pracht- 
vollen Fahne,  welche  von  Herrn  Konsul 
Hopp  den  Veteranen  unter  dem  Jubel  der 
tausendköptigen   IMenge  überreicht   wiu-de. 

Am  30.  Deeember  1{)()7  hielt  der  frühere 
Vize- Vorsitzende  Herr  Dr.  Julius  C.  Voje 
vor  dem  Verband  einen  sehr  interessanten 
Vortrag  über  seine  Europareise. 

Am  6.  i\Iärz  1908  veranstaltete  der  Ver- 
band eine  Fiehte-Feier.  welche  in  gediegen- 
ster Weise  verlief. 

Am  8.  ]\Iärz  1908  wurde  eine  ]Massen-Pro- 
testversanunlung  gegen  die  Prohil)ition  un- 
ter den  Auspizien  des  Verl)ands  abgehalten, 
wodurch  die  Annahme  einer  $1000  Licenz 
verhindert  wurde. 

Am  12.  :\Iärz  1908  wurde  die  "Deutsehe 
Haus-Gesellschaft",  vom  Verband  in 's 
Leben  gerufen,  incorporiert  mit  einem 
Kapital  von  $500.000.00  unter  der  Leitung 
der  folgernden  Beamten : 

J»)hn  Hermann.  Präsident:  John  Sim- 
men,  Vize-Präsident;  Carl  W.  ^Nlueller, 
Sekretär;  Adolf  Becker,  Sehatzmeister: 
imd  der  Direktoren  Chas.  W.  Arp.  Henry 
F.  Budde,  Fritz  Gereke.  Julius  H.  Hans. 
Frank  Herten,  Dr.  "S\.  Krotoszyner,  Jolui 
Pope,  Capt.  L.  Sie])e.  J.  II.  Veiten.  Dr. 
Julius  ('.  Voje  inid  ('.  Zwiei'icin. 

Am  15.  ]\Iärz  1908  wirkte  der  Verband 
mit  bei  dem  gro.ssen  deutschen  Frühling.s- 
fest  veranstaltet  vom  Pacific  Turnbezirk  im 
Shellmound  Park  zum  Benefiz  der  Preis- 
Riege  zum  Turnfest  in  Frankfurt  am  Main. 

Am  17.  März  1908  hielt  der  Kaiser  Wil- 
helm Professor  Herr  B.  G.  Leonhard  unter 
den  Auspizien  des  Verbands  einen  Vortrag 
über  "Recht  und  Sprache". 


Am  4.  .Mai  1!H)8  hielt  Herr  Professor  Dr. 
Hermann  Anders  Krüger  aus  Hannover 
unter  den  Auspizien  des  Verbands  einen 
Vortrag  über  "den  deutschen  Bildmigs- 
i-oman  von  G<ethe  bis  auf  die  Gegenwart". 

Am  27.  Juli  1!)08  war  Herr  Professor 
Calvin  Thonms  von  der  Columbia  Univer- 
sität als  Ehrenga.st  anwesend  und  hielt 
einen  grossem  Beifall  aufgenonunenen  Vor- 
trag. 

Jetzt  koiinnen  wir  auf  die  Gegenwart 
und  Zukunft  zu  sprechen.  Der  Verband 
steht  jetzt  unter  der  Leitung  der  folgenden 
Beamten:  John  Hermann,  Vorsitzender: 
Prof.  Albin  Putzker.  Vize-Vorsitzender; 
Heinrieh  F.  l^udde,  Prot.  Schriftführer; 
Carl  W.  :\Iueller.  Korr.  Schriftführer;  C. 
A.  Zinuuermann,  Finanzsekretär;  und  Ju- 
lius R.  Hans.  Schatzmeister. 

Der  Verband  hat  noch  grosse  Aufgaben 
zu  erledigen.  Die  Errichtung  eines  "deut- 
schen Hauses"  ist  jedenfalls  eine  der  wich- 
tigsten und  schwierigsten.  Alle  deutsche 
Vereinslokale,  wie  die  San  Francisco  Turn 
halle,  ^Mission  Turnhalle.  Verein  Eintracht 
Turnhalle.  Saratoga  Halle,  Germania 
Halle,  Druiden  Halle,  Rothmänner  Halle. 
Teutonia  Halle,  inid  noch  verschiedene 
andere  kleinere  Vereinslokale  wurden  in 
der  grossen  Feuersbrunst  nach  dem 
schrecklichen  Erdbeben  ein  Raub  der 
Flammen,  so  dass  heute  kein  deutsches 
Vei-saiinnlungsgebäude  mehr  den  hiesigen 
etwa  150  deutsehen  Vereinen  zur  Ver- 
fügung steht,  ausser  einigen  kleinern  teni- 
poiären.  nach  dem  Erdbeben  erbauten 
Holzhäusern. 

Somit  wurde  es  wirklich  die  Pfiicht  des 
Verbands  hier  als  Führer  und  Leiter  des 
gesammten  Deutschtums  aufzutreten. 

Die  "Deutsche  Haus-Gesellschaft",  wie 
gesagt  vom  Verband  in 's  Leben  gerufen, 
vertitfentlichte  kürzlich  einen  kurzen  Pro- 
spekt, welcher  an  alle  Vereine  abgeschickt 
winde,  und  luicli  einer  Agitation  von  weni- 
ger als  zwei  Monaten  haben  schon  über 
zwanziü-     Vereine     tausende     von     Anten- 


DKK     VKRKINICTKN    STAATKN     \  uN    AMKKIKA. 


R23 


s(*iu>iii('ii  jrt'kauft.  Siiiiiit  ist  iVw  Krluiuiin^ 
fiiu's  i)ra«-litvnll«'n  jrrossiMi  »ItMitscIuMi  IIau.s«>s 
ppsicliert  Ditscs  Haus  s«>ll  als  Znitral- 
uinl  SaniiiM'lpuukt  lies  drutsrluii  I^cIm-iis 
iiixl  Ti'i'ÜM'iis  (lit'iM'ii  und  «'hctifalls  als  Vvr- 
i)n*ituii^'sst«'llc  des  (it'ulsc  lii'ii  Wissens  und 
Köiiiims.  dt-r  dfutschi-u  Sitten  und  (Je- 
brauche,  tnid  wird  unl)edinjrt  erdl>el»en- 
und    feuerfest    aiuftrefülirt    wenlen.      Dieses 


lliius  wird  ein  l'raelitliau  wenlen  und  der 
deutseilen  Killt ur  zur  Klire  und  Zi«*nle  gv- 
reiehei)  und  wird  dastehen  als  «MM  Kchöri«*s 
und  wirklieh  niit/lirin^eiideK  Denkmal,  als 
eine  Art  Leuehttiirni.  als  die  II<M-hwaeht 
des  deutsehen  <iedaiikens  am  I'aeitie  Oeean. 
San  Franeisen.  ("al..  d«'ii  1.  SeptemlM*r 
VM)H. 

Karl  \\  .  Utillii.  Klirr.  Si-hriftführer. 


Der  Deutsch-Amerikanische  Staats- Verband 

von  Connecticut. 


Zum  Zw«M-ke  der  ..Deutsehen  Tau-Feier" 
am  A.  Oktober  HM)4  vei-sammelten  sieh  die 
<leutsehen  \'ereine  der  Stadl  Hartford,  um 
\'orlM'reitun^en  zu  treffen.  Das  Interesse, 
welelu's  die  Mittriieder  iler  Verein«'  an  den 
Ta^r  letzten,  wurde  belohnt  durch  die  starke 
Iiethcili«;unjr  bei  dieser  Feier.  Das  war  der 
Anfang  des  Zentral- Verbandes  Hartfortl. 
wt'lcher  am  2().  März  IIX).")  jireyründet  wurde. 
Dank  den  Hemühiuifrcn  eines  Ajritations- 
Komites.  liestehend  aus  den  Herren  Christ, 
liosler.  Richard  .Nauiiian  und  .Jacob  Walz. 
verl>reiteten  sich  die  Zcntral-Verbände  im 
Staate  Conn<H'tieut ;  die  Zentral-Verbände 
New  Haven.  Hrid^icport.  .\cw  liritain  und 
Meriden  wunlen  in 's  L«'ben  jrerufen.  Am 
<).  uml  7.  Oktober  1!MK)  vereiiii«rten  sieh  die 
obenjjenanntcn  Verbände  und  trründeten  in 
einer  zu  diesem  Zwei'ke  einberufenen  V«'r- 
sammlun^  den  Conneeticut  Staatsverltand. 
Die  ersten  Iteamten  di«*ser  V<'reini>;um; 
waren  «lie  Herren:  A.  Lepper.  Hartf«»rd, 
Präsident;  C'has.  Keller.  Mii<lireport.  Vize- 
Präsident;  Hieb,  .\auiiian.  Hartford.  S««- 
kretär;  Peter  lilume.  Hartford.  Sihatz 
meisten.  Die  Feier  ties  Deut.schen  Tai/es 
wurde  von  den  Zentral- Verbänden  New 
Haven  und  New  hritain  ^rcleitet.  In  «ler 
am  17.  Februar  l!M»7  in  New  Haven  abjfe- 
haltenen  Delejraten-.Sitzunir  des  ('oiuie<'ti- 
eilt     Staats- Verb:nules    wurde    bes«-hl«»ssen. 


sich  dem  National-Munde  anzu.sehliesH*-n ; 
Herr  Chas.  Keller,  liridtreport.  wurde  als 
Heisitzer  erwählt.  Der  Zentral-\'erban«l 
Sc\  iiioiir  wurde  auf  sein  Krsuchcn  in  den 
Staats- Verband  aufgenommen. 

liridtreport  wurde  als  der  n»'ue  V«»rort 
trcwählt  ;  th'r  Staats- Verband  ist  den  Be- 
amten dieses  Vorortes  jrros.sen  Dank  si-hul- 
<litr  für  die  rejre  Agitation  und  die  Ausbn'i- 
tuiifr  der  Zcntral-Verbände.  wurden  «Um-Ii  in 
diesem  .lahre  <lie  Zcntral-Verbände  Am<>- 
nia.  Danbury  und  Waterbury  dem  Staats- 
Verbantlc  einverleibt.  Der  Deutsch«'  Tajj 
wur«l«'  im  Autrust  1!M)7  das«'lbst  jrefei«»rt. 
Die  Versammlung  «h-s  Staats- V«'rban«l«'s  am 
2«l.  .laniiar  IIMIH.  welch«'  in  Rri«l«,'«'P«»rt  al>- 
{r«'haltcn  wur«le.  zinit't«'  v«»n  «1cm  Kifer, 
welcher  «las  D«'utschtlium  im  .Staate  Im«- 
seelt.  .Mle  Verbiin«le  lM'richt«'t«'n.  F«»rt- 
s«'hritte  gemacht  zu  halx'n.  «leut.sclie  .Schulen 
wunh'ii  ue(;rün«I<'t  un«l  von  Verbäinlen 
unterhalten  und  die  D«'Utsi-hen  im  Staate 
eitiaiuler  nälu'p^'ebracht.  .\iU'h  in  p«»liti- 
s«'lier  nezi«>hun^.  jethwli  nicht  in  Partei- 
Politik,  wunle  für  ^«'suimI«  G««s<'tZ)rebun(? 
mit  Krfoljr  >r«'arl>«'il«'t.  l>«'son«leiN  wur«l««n 
Vorarb«'it«'n  in  .\iurrifT  u'cnomiiH'n  in  Hczutr 
auf  «li«*  strentfen  N«'w  Knvdan«!  S«»nntaKH- 
(M'wtze.  Im  .fahre  1!M)H  war  .M«'ri«len  «1«t 
V«>r«trt :  «»s  ludxMi  sieh  in  «liewm  Jahre  die 
Zentral- V«'rbän«le    TorrinvrtMU    un«l    Stam- 


824 


DER    DEUTSCH-A^rKRIKANISCHE    NATIONAL-BUND 


fi)i'(l    {lern    Staats- \'('rl)jiii(l('    aMjji'sclilosscii.      ^'lictlcrzahl      im      Staate      Ix'träjjt     nah 


In  zwi'i  anderen  Städten  sind  die  Vorarbei- 
ten zur  (iründung:  von  Zentral- Verbänden 
iK'reits  soweit  vorfreschritten.  (biss  Anniel- 
diingen  erwai-tet  wei'deii  können.  Die  Feier 
des  Dentsehen  Ta«res  hat  im  Aii.iiust  1!H)!) 
in  Meri(h'n  stattjrefunch'n :  die  Feier  ge- 
staltete sieli  zu  einer  grossartigen.  Die  Mit- 


lO.OOO  und  ist  vertheilt  auf  13  Zentral-Vcr- 
bände.  Der  Vorstand  setzt  sieh  wie  fol^rt 
zusammen:  Julius  L.  Kipp.  Pi-äsident ; 
Geo.  ]\Iisclilci'.  1.  Vize-Präsident;  Ilerniaii 
Krämer.  2.  Vize-Präsident;  Frank  J. 
Hi-andt.  Sekretär,  uiul  Div  Hugo  j'atzold. 
Schalzmeister. 


Der    Deutsch- Amerikanische   Zentral-Verein 
im  Distnct  Columbia. 


Der  Entstehung  des  deutschen  Zentral- 
Vereins  im  Distrikt  Columbia  liegt  die  am 
6.  Oktober  1890  veranstaltete  Feier  des 
Deutsehen  Tages  zu  Grunde.  Im  Herbste 
des  Jahres  1890  beschloss  das  Deutsehthum 
der  Stadt  "Washington,  die  erste  deutsche 
f]inwanderung  und  (Jründung  der  Kolonie 
Gerniantown,  Pa.,  und  den  damit  gemach- 
ten Anfang  permanenter  deutscher  Kultur- 
entwickelung auf  amerikanischem  Boden  in 
grossem  I\rassstabe  zu  feiern. 

Seitens  der  deutsch-amerikanischen  Ver- 
eine wurden  Delegaten  als  ein  Fest-Komite 
erwählt,  aus  Avelchem  oich  ein  Exekutiv- 
Komite  organisirte,  um  die  Feier  vorzube- 
reiten und  auszuführen.  Die  Sehlusssitzung 
für  die  Feier  fand  am  ^Mittwoch,  den  1. 
Oktober  1890.  in  der  damaligen  Sänger- 
bundhalle, 708  K  Strasse,  N.  W..  unter  dem 
Vorsitze  des  Herrn  Paul  Schulze  statt; 
Herr  AVm.  F.  Meyers  fungirte  als  Sekretär 
und  Herr  John  Ilockemeyer  als  Schatz- 
meister. Ausser  den  Beamten  bildeten  die 
folgenden  Herren  das  Fest-Komite:  Char- 
les Graff,  Fr.  Dietz,  Kud.  Säur,  Ilenrv'  Dis- 
mer,  Aug.  Schwarz,  Chr.  Schlag,  J.  G. 
Appich,  A.  E.  L.  Keese.  John  J.  Binder, 
Louis  Rosenau,  Werner  Koch.  John  AVald- 
niann,  ^l.  Wiegand,  E.  L.  Treiber,  Leonhard 
Exel,  H.  H.  Bergmann,  Louis  Kettler. 

Die  nach  dem  Festplatz,  dem  an  der 
Brightwood   Ave.   gelegenen   Schützenpark, 


ziehenden  Vereinigungen  hatten  sich  mit 
Herrn  Henry  Beckstedt  als  Vorsitzer, 
HeiTu  D.  Skutsch  als  Schriftführer  und 
Herrn  Henry  Dismer  als  iMai-schall  organi- 
sii't.  Die  Feier  jenes  Deutschen  Tages  im 
Jahre  1890  war  in  jeder  Hinsicht  ein  gross- 
artiger Erfolg.  Nach  Bezahlung  aller  Aus- 
gaben verblieb  ein  Ka.ssenbestand  von 
$885.77. 

In  der  Sitzung  des  Exekutiv-Koniites  am 
15.  Oktober  1890  wurde  beschlossen,  das 
Fortbestehen  der  Organisation,  welche  so 
emsig  und  thatkräftig  für  das  wohlgehui- 
gene  Fest  gearbeitet  hatte,  dadui'ch  zu 
sichern,  da.ss  die  Beamten  bis  zur  Wahl  nur 
in  ihren  Stellungen  belassen  und  die.  be- 
treffenden Vereinigungen  durch  den  Sekre- 
tär aufgefordei-t  würden,  darüber  zu  be- 
richten, ob  entweder  die  seitherigen  Dele- 
gaten beibehalten  oder  neue  erwählt  werden 
sollten. 

Es  wurde  ferner  beschlossen,  dass  der 
Präsident  ein  Komite  von  fünf  ernenne,  um 
eine  Konstitution  und  Xebengesetze  für 
eine  permanente  Organisation  der  deutsch- 
amerikanischen Vereine  Washingtons  aus- 
zuarbeiten, welche  einer  später  diu'ch  den 
Pi-äsidenten  zu  berufenden  Delegatenver- 
sanunlung  zur  Berathung,  bezw.  zur  An- 
nahme vorgelegt  werden  .sollten.  Folgende 
Herren  wurden  zu  diesem  Komite  ernannt: 
Wm.  F.  ]\revei-s,  John  Hockemeyer,  A.  E. 


DKIC    \  KKKIMCTKN    STAATKN    VON    AMKUIKA  826 

L    Ivt'.vM-,  Louis  Ki'ttirr,   il.   II.   Hfrjriiuiiin.  Scluitziiifistfr.    .lohn     IIiH-kfiii«'ycr.       Ilt-rr 

Dicsi's   Koinitf  «rstattt'ti'   in   <lrr  aiii    Mit!-  Siimm     Wolf     wurdi-     «Is     Klin'iiiiiitKlicil 

woch.  lii-ri  r.i.  N(iv»'mh«'r  IMJMI.  rln'iifalls  in  <lunh     Akklniiiation     iMuäliit.       Die    Ver- 

(JiT    Säii<:rrliuiMl-naIN'    aih-ri-lialtrinn    W-v-  saiiiiiiliiii^'    Im\sc|iI«»s.s    vi«'rti*ljälirlirln'    Wr- 

hammliiii'^'    «Kr     \'rrti\'t»'r    <1«t    (Iriit.sclicii  saiiinihin^rii. 

WriMni^'unirni   li.iirht.     Sedizelm  V.niii.-  |),.,.    priLsid.'iit    rniaiintr    dif    fnlf;riKl..ii 

vvanMi  «lurvh  44  D.-l.-jratrn  viTtivt.ii.     llrir  ||,.rivii    als    das    »-i-sh-     Kx^kutiv-Koniit.«: 

MfViTs    als   Voi-sit/.rr  d.-s   K<Miiit.s    v.rlas  Cliarl.-s  (JratT.  A.  K.  L.  Kn-sf.  .lohn  Wald- 

(U'M   Kiitwurf  d.T  K<.MstitMti..u.  drim  An-  ,„ann.    An-r.    S.-hwarz.    (.'••orir«'   .1.    h.-«sl.r. 

nahino  auf  dii«  foljrrnd«'  Vn-sainmliiti^r  vrr-  |^,,„i.^  K.lllir.  II.  II.  Hi-iniiianii. 
schoh.'n    wurd.'.       I),r    Jaliri'sh.'itra^'    d.r  Wohl    dl.-    jrro.ssartip;t.'    r.tV.'iitliHir    D.'- 

\Vreini<:un^'.-n  wurdr  auf  j.-  /.hii   Dollars  „„„istration  .s.'it«-ns  «Iw    D.Mits.-li-A>-..rika- 

f<'.st^»*srtzt.  ncrtliiniis  im  Distrikt  Coluuilua  wan-n  d<'r 

Die  am  li.  iKv.i'mhrr  1S!M)  in  d«r  Sänp-r-  K,^t/.uu'  nnd  di--  Kfier  di-s  D.Mitsrli.Mi  Tau'fs 

l.iiud-IIalh'    (WO   überhaupt    in   den   ei-sten  am  «J.  ( )ktol..'r  1S!»1.  el.rnfall«  im  Sehütz.-ii- 

. fahren     .sämmtliehe     Veisanunlun«^"-!!     dt*s  paik. 

Deut.sehen  Zent ral-Vereius  ahtrehaltru  wur-  |),.,.  /„^r  In-stand  aus  .")  Ahtheiliuiytii  uml 

den^     nh^rehalt.-ne     l)ele.^'at.-n\vr.sanimluni:  /,,j:   am    ..W.Mssen    Hause"   vorhei.     «J.-uen 

dehattirte  die    Kon.stitution   und    Nehen/e-  .-,()   Kh.ats  hi<-sit:er  (ie.srhäftslrute  mit  je  4 

setz«'    im    Kinzelnen   und    ludim    di«-s«'lh«Mi  |'f,.r«len   h.-spannt.  die   Ver«'initrte  Staaten 

dann  im  Cauz.n  an.  Kavall.-ri«-   v..n    Fort    My.r.    Va..   die    .Mit- 

I)«'r    Name:    ..Zerit ral-Verein    «hr    deut-  f;li«*«Ier  d«'s   Distrikts  ('«»lumhia.   «In-   1'.   S 

.selu'U     (;«'sell.sehaft«'n     v«tn     Washinirton"  .Marine  Haml.  auf  B<'f«'hl  des  MariiK'-Sekre- 

uurde    auf    \'«ii-s«-hla<:    «hs    Herrn    Anton  tärs  'rra«-y.   «las    K.\ekuti\ -Konnte   in    Kut 

EIhtIv  jrt'wählt.  uikI  «h  r  Zweck,  wie  fol«^'t.  s«-h«'n    un«l  zahlrii<-he  Or(;auiisatioiu>ii   nah- 

f«'St|tr«'.setzt  :  iiifi)  an  «ler  Taratl«'  th«"il. 

1.   Di.-    A»ifr.-.ht.-rhaltuntr   «l.-r   ail.jiiiirli-  l"t.M-    an«|.'rn     F«'i«'rn    d.-s    ..Deul.s.li.ii 

«•h.-n   Feier  de.s  »i.   ()ktol..-r  als  «les    .D.ut-  Ta^'es".  «iie  erwähnt  zu  werd.-n  ver«li.-n.-n. 

.sclit-n  Tavrs".  '"^t  «li«-  v«»m  (».  ()kt«il)«-r  iSMh  in  «ler  Nati«»nal 

Hitl«'.s    Armorv    Hall.      I)«'r    unläuirst    ver- 


2.  Kill  ent:«-r.-s  Kinv.-rständiiiss  mit  ähn- 
li«-li.-n  V«-v.-in«-n  and.-r«-r  Stä«lte  aiizustn-- 
hi-n.  um  zu.»;ammt-nwirk.-inl  «Iie  Ii.'elit«-  «l.-r 
Kinu«*wan«lerten    «/e«:en    Desehränkun};   «1«'.«^ 


storlt.-n.-  liots.-haft«-r  il's  D«-ut.s«-hen  Kei- 
.Ih-s.  Fp-iln-rr  Sp«-«-k  v«»n  St«•rnl^ur^r.  «Ih- 
mals  (jj'sehäftsti äffer,  «Iie  «Irei  Komniissäre 
des  Distrikts  Coliniihia.  <l«'r  Aehthan-  L.  \V. 


Hurj;«'rr«'eht«*s   od«'r    Fjn«rritTe   in   «he   p«'r-  ,,   ,  ,    ,        .   ,    ,         o-  w  le 

..   ..,,,.,.  ,    ,,  ..,.  ...  Hal»«'r«-«im   und  «ler   Ai-Iitl>are  Simon    NN  olt 

sonli«'h«' r  r«'ih«Mt  iia«h  Kiaiten  zu  K«'hutz«-ii.  ,.  ,         ,,    ,  i    i      .-  . 

hielt.-n  K«-«l«'ii.  Uli«!  «Ii<-  \  ereiniut«-ii  Saiur«-r 

A.   Di.-   I'a.ssirun^'  v«ni  <;«'s«'tzeii.  «li.-  .l.-m  tnm«-n  iii«-lir.'r<- Li<«l.-r  vor.    Di.- D«k«»rati.tii 

Wohl  «l.-s  Lan<I.-.s  .sehä«llieh  und  ni«-ht   mit  ^\^^      Saal«-s      war      seh«-      j:«-s«'lima«-kvoll ; 

d.n    f«irt.s«-hr«*iteinlen    I«!«.-«-!!   d«'s   Z«-italterK  sämmtlieh«'  Ven-in«-  hatten  ihre  Kahn.-ii  auf 

in  Eillklall^' .st.'hen.  auf  u«'s«-tzli«'heiii  W«'p'  ,|,.,.  liühne  aufp-pflanzt ;  zwiwh«-!!  /jdiln'i- 

zu  verhindern  sueh.-n.  ,.|n.„    pahm-n    iiii«!   «-iiier   Mank   v.m    K.iKen 

Al.s  d«T  erst«*  V«ii-stan«l   iint.-r  «l.-r  K«>n-  v«»r  «l«'r  liühii«'  pran^'t«'ll  «li«-  amerikanisehe 

stitutioii  wunh'ii  di«-  folj.'«n«l«-ii  H«-rreii  auf  und   die   «I«'Ut.H«-h«*    Flajrtr«-.      Tahleau.x    v«>n 

d«-n  T«'riiiiii  v«»n  .-im-m  .Fahr.-  j:«-wälilt :  liist«Mi.Keli«-ii  und  all.'tr.iri.s«-h«'ii  Figuren  aiw 

I*nlsid«-nt,    Paul    S.hulze;    1.    Viz.--I*räsi-  «l.-r  d.-iits.-h  iim.-rikanis.h.n   <M-M-hi«-l'te  ho- 

dent.  Louis  K.ll.-r;  2.  Viz«'-l*nLsi<I.-nt.  Hu-  .s«-hl«K.s«-n  «Iie  «»rtizi.-lle  F«-i«-r.     Al.s  «I<t  Vor- 

dolph    Säur;    S«-kr«-tär.    Wm.    F.    .M«*y«'i-s;  hanu  M.  Ktiminte  «li«-  iL'aiize  VerKammlung 


826 


DER    DErTSCH-AMERIKANISCHE    XATIOXAL-BUXD 


Stehemi  mit  ( )rchesterbofrl('itun^''  "Tlic 
Star  Spanjrlt'd  lianner''  an. 

Auch  die  fiii"  die  numerische  Stärke  des 
hiesij;en  Deiit.sehtlmms  selir  gewagte  Feier 
des  „Deutschen  Tages"  während  der  letz- 
ten Woche  im  November  und  der  ersten 
Woche  im  Dezember  1903  verdient  ihres 
eigenthümlichcn  Charakters  wegen  er- 
wähnt zu  werden. 

Ein  l)ri]lantes,  farbenprächtiges  Bild 
von  ..Alt-Deutschland"  mit  über  einem 
Dutzend  charakteristischer  Baulichkeiten, 
welche  Restaurants.  Bhunenläden.  Spiel- 
zeugbuden. Weiulüden  darstellten ;  Alt- 
Xürnberg  mit  seinem  "Wiirstglöckle"  ;  ein 
deutsches  Rathhaus;  Ailtweibermühle;  in 
der  Mitte  der  Halle  ein  gigantischer  Weih- 
nachtsbaum mit  Hunderten  von  Glühlämp- 
flicn  ;  Tyroler  Sänger;  eine  ]\Ienagerie  von 
dressirten  Thieren  und  andere  Sehenswür- 
digkeiten boten  sich  den  Besuchern  der 
Konventions-IIalle  dar. 

Präsident  Roosevelt  erött'nete  das  Fest, 
indem  er  vom  Wei.ssen  Hause  aus  durch 
den  Druck  auf  einen  elektrischen  Knopf 
die  Tausende  elektrischer  Glühlichter  auf- 
flammen liess. 

Dr.  Hexamer,  der  Präsident  des  Deutsch- 
Amerikanischen  National-Bundes,  hielt  die 
englische  und  Kongressmitglied  Richard 
Bartholdt  die  deutsehe  Festrede.  Pastor 
W\  A.  Hildebrandt,  der  Verfasser  des 
ersten  Kaiserpi-eisliedes,  hielt  eine  An- 
sprache in  gebundener  Rede. 

Sänuntliche  ^Mitglieder  der  beiden  Häu- 
ser des  Kongresses  waren  zu  der  Eröffnung 
persönlich  eingeladen.  Für  jeden  Abend 
war  ein  anderes  Progrannii  angesetzt.  Das 
Fest  verlief  zur  allgemeinen  Zufriedenheit; 
das  finanzielle  Resultat  blieb  jedoch  leider 
hint(M'  dem  moralischen  zurück,  da  ein  De- 
fizit von  gegen  $2000  sieh  zeigte;  es  muss 
jedoch  hier  konstatirt  werden,  dass  die 
Schulden  prompt  bezahlt  wurden. 

Anlässlich  des  Besuches  des  Prinzen 
Heinrich  von  Preussen  im  Februar  1901 
brachten  die  beiden  Gesangvereine  Germa- 


nia Männerchor  und  Arion  unter  den  Aus- 
spizien  des  Zcntral-Vereins  eine  Serenade 
vor  dem  deutschen  Botschaftsgebäude  nnt 
einem  imposanten  Fackelzuge;  ein  Koiuite 
wurde  auf  dem  Balkon  des  Gebäudes  von 
dem  Prinzen  in  Audienz  empfangen. 

Als  im  Sommer  des  Jahres  1901  von  Phi 
ladelphia     aus     der     Ruf     erging,     einen 
Deutsch-Amerikanischen  National-Bund  zu 
gründen,  war  der  Deutsche  Zentral-Verein 
im  Distrikt  Columbia  einer  der  ersten,  der 
diesem  Rufe  folgte.     Zu  der  konstituiron 
den  Versannnlung,  die  am  6.  Oktober  1901 
in    Philadelphia  stattfand,  sandte  er  fol 
gende  Vertreter:  Wm.  L.  Elterlich,  Gustav 
Bender,  Kurt  Völckner. 

Seitdem   hat    der   Deutsche  Zentral-Ver- 
ein in  allen  Konventen  des  Bundes  Verti' 
tung    gehabt    und    zwar    leim    zweiten   in 
Baltimore:  Kurt  Völckner,  Gustav  Beudtr 
und  Wm.  Feldha\is:  beim  dritten  in  Tn(li;i 
napolLs :    Kurt    Völckner.    Wm.    F<'klhaii^. 
Gustav  Bender:  beim  vierten  in  New  York 
Kurt  Völckner,  F.  A.  Rockai-.  ^lartin  Wi- 
gand,  Carl  E.  Gundlach. 

Eingedenk    seiner    Verfa.ssung    hat    dtr 
Zentral-Verein   durch  seine  Beamten  odtr 
durch  besondere  Komiteen  stets  gegen  di 
Pa.«sirung  von  Gesetzen,  welche  gegen  di 
l)ersünliche  Freiheit  oder  für  das  Wohl  d' 
Landes  schädlich  sind,  wie  Sonntag.s-,  Pn 
hibitions-   und   ähnliche   anstössige  Gesetz 
vor  den  zuständigen  Komiteen  im  Kongn> 
(in    mehreren    Fällen    in    Verbindung  mit 
den  Beamten    des  National-Bundes)    oder 
vor   den   Distriktsbehörden    energi.seh  pr*^- 
testirt:   und   ebenfalls   für   solche  Gesetz' 
welche  mit  den  fortschreitenden  Ideen  d' 
Zeitalters    im    Einklang    stehen,    wie   da- 
Offenhalten    von    Museen.    Bibliotheken  u. 
s.   w.   an   Sonn-    und    Feiertagen,    tüchti'- 
agitirt.      Das    Offenhalten    der    Kongros.- 
Bibliothek  an  Sonntagen  ist  thcilwi'ise  di'- 
ser  Agitation  zuzuschrtMbcn. 

Um  die  deutschen  Vereinigungen  d»'- 
Distrikts  Columbia  enger  zu  verbinden  und 
dem  Zentral-Verein  mehr  Stärke  zu  verlei- 


iu:i{   \  ki{KIM(;tk.\  staatkn  von  amkuika.  8S7 

hen,   wunl.'   dei-svll).'   am    10.   Jjiim.ir   l'.»();{  Srkndin:     WM—'Xi.    \Vm.    K.    .M.-yiT«: 

unter  einem  Vereiuijrten  Staatt-n  (J«*etz  1SM4 — 1»7.  li.  V.  Sclml).'it ;  iSiJK — 1904, 
unter  dem  Namen:  "Tlu-  riiil.d  (Jrrman  <Jii.stav  Hi-mler;  1!»()5 — 6,  Ilrnry  K  War- 
Soeieties  of  the  Distrii-t  of  Columhia"  in-  nt-sou;  ll»(»7.  F.  K  Mann:  l!K»s.  .loarhim 
korporirt.  Thodr. 

Seit  seiner  füründinii:  luaie  dt-r  Drut-sclie  Silml  :int  islrr:    IHIM).  .Inlin   H.M-k.iiM-.s  -  i  ; 

Zentral-Verein  im  Distrikt  ('nhniil.ia  fol-  1^!»1  — ÜMH.  (Ji-or^r,.  .1  H-ssI-t:  s.it  l!»02 
gende  Beamt«' :  ('liarl.-s  K.  «irrner. 

Dif   fol^mdm   '2'-\   V«'rt'init.'unj;i'n   hildfii 
»i'ii    Drnt.srln'ii  /i'ntnd-N  ert'ni   im   Distrikt 


92,  L.   W    IlalM-noiii;    lS!i:i.  .I..I111    Ilo.k.-- 


(olumhia 


mever;  iS'J-i — 1S!)7,  Rudolph  Säur;  ls:is—  ,.          ,          u-          1        ..  >  :          \r  *     , 

'  DfUtsrhiT      W  ai.sfiiiiaiwvi'rein ;      >  ««ti'ra- 

1902.  Wm.  L.  Elterieh;  seil  Juli  1!>(I*J  Kurt  .    »•      •       ,        ...        u  .    n           ^^    ,, 

inn-Nerem    d»««    Aclitfn    Mataillons.    D.    C. 

^^'^  "*'■  \'. :  \'i'n'in  Hayrni :  Aii-iii:  (.'friiiania  .Män- 

Krstt    Vl:tl'nisiih  iilin  :    1890— !».">.  Louis  n.'icli.tr:      Vm-in      liadi'ii;      Ilt-ss.Mi-Darm- 

Kettler:    ISiHi.  Wm.  L.  Kltericli :    1S!»7.  B.  städt.T      l'ntrrstüt/uiit.'sv.'r.'in :      Schwäbi- 

F.  Sehubert:  189S.  Morit/  (MiLst-r:   IS!»:»  sclii-r  Kranken  -  rnt«'i-stüt/uiips  -  Verein; 

1900.  T.  L.  Schmidt:  1901— 1;>04.  W.  Kuck-  I><'Utschcr    rntei-stützuntrshund     Nr.     ItiO; 

düschcl:    190.')— l!>0»i.    Hermann    Vollmer:  IMattdütschcr   Vcrceii :   Columhia:    Mrauer- 

.seit  1907  F.  A.  H«M*kar.  Kiaiikcn-r!itcrstüt/un«;.sverein  :      ('olumhia 

Mund  .\r.  M.  D.  ( ).  S.  \{. .  Dcutsch-Ameri- 

Zinlt,  Viz,.rnisi,l.„tr„:    ISIM).  Uudolph  ,,,,„i.,,,„.,  mtc.-stül/uiu.'svcrcin ;  l)cut.s.-her 

Säur:    1S1»1.   (;.    W.    ll..r.sky:    1892.    H.    F.  ri.tcrstüt/.u.iirshund    Nr.    40:    Washin-ton 

Schubert:  189:1—9;').  W.  Ruckdä.schel :  18!Mi.  j,,,;,,  >^-,.   ^    y.  A.  ( ).  I).:  Washin-tn,,  M-V/.. 

Moritz    (JliLser:    1897.    Wm.    Brodt :    1898.  jr,.,..(„t,.i-stützunr^vereiii .      Wilhelm     Teil 

Ferd.    .Müller:     Is!»!».   Theo.    Ilanft :   1900.  Lo^re  Nr.  ').  I.  ().  K.  ..f  B. ;  Columbia  Turn- 

W.  HiiekdJLsehel:  1901.  T.  L.  Schmidt :  l!»(rj  veiviii :   (  Mik.l    Bräsi^'   Ver^Mlü«run•.'sverein  ; 


Henry  Wa.ssmann :  190.') — 6.  F.  .\.  Dcut.sehe  Histori.sehe  (iesell.schaft  :  \Va.sli. 
Kockar:  190t» — 7.  Dr.  S.  A.  Czarra  :  .seit  in.^'ton  Sän<^'«'rbniid :  Teutonia  Lou'e  Nr.  2. 
1907  (».  L.  Schmidt.  0.  D    II    S. ;  Occasia  Bund    D    C. 


Indianas  Staats -Verband  deutscher  Vereine. 

Dr.  WM.  A.  FRITSCH.  tvansville.  Indiana. 

Der  Staat  Indiaina.  zui.schen  <1em  ;{7.  und  iio«-h    keine    Kiseiibahnen    \:n\>.    kamen    die 

12.  CJratl  nördlicher  Breite  ^eh'^jen.  bildet  deutsehen    Kinwjuulerer   lilwr   die    Inlan«l- 

remäss  s<'iner  La«;e  (bis  Thor,  durch  welches  Seen  im   .Nonleii.  auf  dem  Ohio  im  SiUlen. 

lic   Einwanderer   und    H«'iseiiden   auf  den  .später    von    .New    Orleans   den    Mississippi 

'ielen  Kisenstriiiiiri  II.  vom  Osten  koinmend.  und  Ohio  hinauf  in  den  Staat, 

n'.s  westliche.  nor<l\vestli<he  und  siidwest-  Die  ci-sten  deutschen  Ansicdlunucn  la^'U 

iche  fJebiet   d«'r  V<'r.  Staaten  ein<lrinj;en.  zci-st reut  iÜM-r  den  ganzen  Staat  hin  .  an  ein 

)ie  );itnsti(;e  La^e  führt  dem  Staate  noch  Zusammenhalten    und    ZuKammen^chcn    in 

iele  Einwanderer,  darunter  auch  <leutsi'he  widiti^en   .\n>rele>renl>eilen    war    kaum  zu 

[olonistj'U.  zu.     Früher,  als  es  in   Indiana  <lenk<n.       Die     .\nsiedicr    musstcn     durch 


828 


DKK    DKrTSCH-AMKH IRANISCHE    NATIOXAL-HUND 


scinvcn'  Ailii'it  den  mit  (licliti-ii  Wiildcni 
bestandciu'ii  l'i'WMld  ;d>liii|/rii  und  kultivi- 
i-('ii.  driiiiit  sie  für  sich  und  Füiiiilic  voi'- 
sor^dich  dfii  lichcnsuiiti'rluilt  jf(nviinit'ii 
koimtni. 

Kirclif  und  Sdiulf  wiiicn  die  ciNtcn  Vlv- 
ruiijjcusrlijit'tcii  auf  ^eisti.u;(Mii  Gebiet»',  und 
dii'si*  «rMl^'U  denn  auch  \'ci  nidassunu:  /u 
ZusaiMiiuMiUüiiftcu  mit  anderen  Geiueiuden, 
wo  sich  weniirstens  (Ihiul)cns<ifen()ssen  zu 
einaiuh'r  fanden. 

In  den  Städten,  wo  sich  die  Deutschen 
mehr  ansannnelteii  und  nahe  heieinander 
wohnten,  führte  die  Liehe  zum  (hnitschen 
Gesang  sie  znsanimen.  und  sie  gi-iindeten 
Gesangvereine,  die  sicli  ebenfalls  mit  denen 
anderer  Städte  verbanden,  wodurch  es 
möglich  wurde,  grosse  Ge.sangsfeste  zu 
arrangii'en. 

Auch  die  Tuiner  standen  niclit  zni'ück. 
sie  sannnelten  sich  in  Kiegen  und  Veivinen. 
die  zu  immer  grösseren  Vereinigungen  sich 
ausdehnten.  Im  Tnionskriege  marsehirten 
die  Deutschen  am  liebsten  mit  Kameraden 
aus  der  alten  lleiiiiath.  Das  ;{2.  Indiana 
Infanterie-Kegiment  trug  das  Gewehr  nach 
deutscher  Vorschrift,  hatte  dentsches  Kom- 
mando und  wurde  von  deutschen  Offizieren, 
Oberst  August  AVillich  und  Oberstleutnant 
V.  Ti-ebi-a.  über  den  Ohio  gegen  den  Feind 
gefühlt;  auch  die  erste  Indiani-Batterie 
und  die  .sechste  waren  deutsche  Abtheilnn- 
gen  unserer  Staatstruppen,  und  in  den  an- 
deren Kegimentein  gab  es  meist  ein  oder 
zwei  ganz  deut.sche  Kompagnien. 

So  waren  die  Deutsehen  in  Freutl  und 
Leid,  in  Friedens-  und  Krieg.szeiten  sich 
näher  gerückt,  aber  es  fehlte  doch  noch  viel 
zu  (hl-  Kiniginig  dentschländischer  Bürger 
aus  der  alten  Heimat  h  mit  den  hier  schon 
sesshaften  Deutsch-Amerikanciii  :  das  war 
aber  der  Fall  nicht  mir  im  Staate  Indiana, 
.sondern  in  der  ganzen  Tnion.  Der  deutsch- 
französische Krieg  und  die  Grüiulnng  des 
neuen  deutschen  Reiches  weckten  auch 
hier  l)ei  uns  Sympatliien  für  All-Deutsch- 
land, und  als  1882  im  deut.schen  Pionier- 


Verein  zu  riiiladelphia  Dr.  Os.vald  Seiden 
sticker  auf  das  in  1SS:{  i)evorstelien(le  zwei 
hundei't.jähi  ige  .hil)iläum   der  ersten  dein 
sehen    Einwanderung   aufmerksam    niacliti 
und    Dr.    Kelliici-  sich    ilim    zuirc-iellte.  un 
den  ..Dcuischcn  Tag"  ins  Dasein  zu  rufe 
da  nahm   man   audi   in    Indiana  diesen  Hn 
freudig  aiil,    und    die    Deutschen   lie.sseii 
sich  nicht  nehmen,  jähilich  in  India'iaiirtl 
Hvansville.  Fort  Wa.vne  und  Terre  Ilaui 
..Deutsche   Tagfeiern '     zu   veranstalten. 

Aus  den  ..Deutschen  Tagfeiern"  heran 
entwickelte  sich  nun  ..Der  deiitsch-aiiierik: 
nische    Xational-Bund".    welcher    am    1 
Juni  lf)()()  in  Philadelphia  gegründet  wiirc 
und  dessen  erster  Präsident  Dr.  C.  .1.  Hex 
liier  mit  Takt  und  Umsicht  den   liiuid  - 
weit    geleitet   hat.   dass   er  sich   ausdehne 
r.nd  wachsen  konnte.     Dazu  half  nun  m\< 
die  Prinzipieii-Hrklärung.  welche  alles  vci 
mied,   was  die   Deutschen  trennen   köiiir 
und  haiii)tsächlich  das  betonte,  was  sie  zi 
sammenhalten  sollte:     Erhaltung  der  dein 
sehen  Siiraehe.  die  Liebe  zum  Mutterland' 
Wahrung  guter  deutscluM-  Sitten  und  (i- 
wohnheiteii  u.  s.  v,-.      In    Indiana  fand  d' 
Xational-Bund   gleich    Anklang,   bestände 
doch    im    Staate    schon    mehrere    Verein- 
weiche  eine  ähnliche  Prinzii)ien-Erklärnn 
in  ihre  Konstitutionen  eingefügt  hatten.  > 
die     ..Deutsche     Gesellschaft    von    Evaii: 
ville".    ..der    deutsche    rnterstützungsvei 
ein   von   Jetfer.sonviüe"  und  der  Verliaii 
deutscher  Vereine  von  Indianapolis.    Dio 
letzte   Vereinigung    (gegründet    ISJ)!)).  d 
sich    durch    lebhafte    Agitation    und   trul 
P^ührer  auszeichnete,   nahm   die   Initiativ' 
einen  Staats- Verband  in  Indiana  ins  Dasei 
zu  rufen.     Am  Ki.  August  1908  feierte  d« 
Verband   deutscher    Vereine   von    Indiini; 
polis    mit    seinen    Gästen    den    ..Deutsche 
Tag"  in   glänzender  Weise  im  ..Geriiniin 
Park  ' '  daselbst.     Die  Gesangvereine  sanir«- 
ihre  schönsten    Lieder,   und    Präsident   1 
Francke  meinte,  als  er  den  Festredner  en 
führte,  dass  das  Deutschthum  von  Indiani 
polis  „sich  nicht  damit  begnüge  deutsch  z 


I>i:i{    \  KKKIMCTKX    STAATKN    VUN    AMKKIKA.  82» 

snn,  soitiUrn  suh   htsfnln,  shis  tUutsvhi  r  Keller;  1.  \'i/.f-l'riisi«|ciit.  |'rnf«'Hs«tr  |{.  Nix; 

zu  irtnl(n."  Prof.  KolM-rt  Nix.  \v«'lilit'r  «li«'  2.  Vizi'-l'räsiiliMit.  Dr.  K«'i>rl :  Schrift  fülir«*r, 

Fr.str»'(K'  hielt,  .sprach  über  «lii-   X'cnlicii.stc  .Iin-ol»    \V      Locpcr;    Sehnt /.meist  «m*.    II     (), 

der  I)euts«-heii  uiul  .stellte  einen   X'erj.'leich  Thmlimii.       im     Aujriist      l!H».'»     hielt     der 

damit  an.  was  die  Kntriänder  den  .\ni*'riUa-  Staats- N'erhan«!  wine  /weite  Konvention  in 

nern    irewesj-n.      Die    Rede   f;al>   eine    klare  Kvansville  al) ;  der  Sekretär  konnte  hericli- 

rehei-sicht.  es  war  kein  l'nnikf.'<'dic|it  diese  trn.  «lass  neu«*  N'ereine  sich  dem   V'erhande 

oratori.sch»'    Leistunj.;.    sond»'rn    «lurdi    tre-  a ntresc hl os.se n    hatten    inid    dcrselhe    /iiKe- 

sehiehtliehen   .Nachweis  zeigte  der   He<lner,  nommen  hahe.  Die  Verhandlungen  nahmen 

wie  di«*  l)eut.s<'hen  auf  di«'  Amerikaner  ein-  einen     frie<llichcn     un<I    »loch     anregenden 

gewirkt    lialu n.  dann  empfahl  er  ikkIi  ilcti  N'erlauf;    die    alten    Heamten    wurden    mit 

Natituial-hund   und   forderte  ziun    Kintritt  zwfi  Ausnahmen  wieder  erwiihlt.  als  erster 

in  «lenselheii  auf.     Zum  Schluss  sprach  nun  \'ize-rräsidcnt    wurde    Herr    II.    .Ma<kwitz 

Herr    .Joseph     K«'ll«'r.     Vize-I'räsident    des  von    Fort    Wayne  diesmal  erwählt,   lunl   in 

Indianapolis  Verhandes.  üher  die  Nothwen-  die    Stelle    des    zweiten     Vize-I*räsident<Mi 

dijrkeit.     einen     Staats- N'erhand     deut.scher  rückte    Herr   Carl    Laucnstein    von    Kvan.«- 

Vereine  in   Indiana  zu  lte«rründen.  und  er-  ville    ein.    zur    nächsten    Konvent ioiis.stad! 

munterte  die  Gä.ste,  in  ihren  \'erein<'n  und  wunle  Kort  Wayne  auserkoren 

Städten    <lahin    zu    wirken,    da.ss    dies   Ziel  ,„   ,..,„.,   Waync.  ,|.r  lleimath  des  Hern. 

hald    erreicht     werde.       In.!    im    näeh.sten  ,,     M,„.k,vitz  v<.n  «1er  ..K..rt    Wayn«-  Freie 

.Jahr,   als   «lie   Zeit    herankam,    wi.-.h-r   «l.-n  |>n.s.se".  einem  der  nMithip<t.«n  Arl)eiter  im 

I).'ut.seh«Mi  Thk  zu  feiern,  erliess  d.-r  Imlia-  |„,,.r».s.se  «U-s  Staat.s-Verl)an«l«-s.  sanun.'lt.-n 

nap«.lis  Verband  «'in.-n  Aufruf  an  alle  deut-  ^j,.,,  „,„  i,    .\„^,„.,,   ühm;  ,li,.  D«-h't;at«-n  zur 

seh.-n    Vereine   im   Staat«-.   Al)tr.'..r,ln.'te  zu  ,i,.i„,.„   K..nv.'ntion ;  auch  di«-s«-   V«-rsamm- 

i'in.-r  am    VA.   Au^rust    li»(»4   in   d.-r   Staats-  |„„^,   ^,.,    |„.fri,.,lip.n«l   aus.      Na.-h.Iem   die 

iau|.t.sta<it  statt fin.l«-n«l«'n  V«'rsamnduntr  zu  .,|,,,„    ü,..,,,,,,.,,    uic.l.-rtr«-wählt    un.I    India- 

..Miden.      F.»l}r«'nde   Vereine   kam.'ii   «li«'sem  „,,,,„11^  y.,„.  „äch.st«-n   K«.nv.-nti.Mis.stadt   Ih-- 

iuf«-  na.h  und  schickt«-n   I)el«-jrat.-n :     Li.-,  stimmt    war.    feiert«Mi   «li«-  Zutr.-reist.-n    mit 

l.-rkranz-Mäin.«'rchor.     Kvansville:     Armi-  j,„.,.„    i,.,ndsl«.ut«-n   vn    F..rt    Wayne  n.K-h 

lius    Lotre.     Kvansville;    Deutsche    (Jes.'ll-  ,,„,    „ii,.hst.'n    Ta^'«^    einem    S«.nnlnjr«..    im 

*.haft.  Kvansville;  (Jermania('«.urt.  Stamm  (-..„tliver  Tark  «h-n  ..Deut.seh«-n  Tag".  Ihm 

i.Mi    Ilur.    Kvansville;    D.'uts.h-am.'rikani-  „.,.|,.|„.,.  (j,.l,.^j,.„heit    Il.-rr   Philipp   liappa- 

«.her   Int.-rstütz.u.ursverein.  .I«-tr.'i-s«.nville ;  |,,,^j  ,,j,.  ,,,.,„^,.1,,.  Festre»le  hielt. 

Kri'is     Stolz«'nau  -  Verein.      F«irt      Wayii«-;  ...         .     .       o.     .    w  .■         ..  ^ 

Die     vi«*rt«'     Staats-K«>nv«'nti«ui     versiim- 

ruinv«*rein.    Fort    Wavn«-:    {'«•ru    .Männer-  ,.         ,          ...          .  1,,,,-      •    1  „  :..   1 .» 

•  Hielte  si«-h  am  .{.  Autrust  \*MU  w  ii'der  ni  der 

•li'ir.    INtu;    Germania    'I«'rr«'    Haute;   <I«'r  ,.     ....               „,               •     ,,  • 

Halle  «l«'s  ..I  nahhant'itr«'!!    I  urnv«'reuis      in 

inlianapolis  V«'rhan«l   war  «lur«*h  20   Del«--  ,     ,              ,.        iv      ■     i       »     .   .          1      1»..;: 

'                                               111  In«lianap«ilis.     Dank  «1er  A^'itati«ni  <tes  Ini- 

raten  vertret«'n       In  «l-r  Hall«-  d«'s  ..l  nah-  .                ,       r  u-  n  -    ...  1  1.  >  ;..  ......^.i.:., 

sid«'nt«*n  .l«>.si'f  K«Mler.  w«'l«'li«*r  in  versenie- 

läimip...     Turnvereins--     in     In.lianap«»lis  ^  _^^  ^^     j^j..^,^^.^^      ,^^.^,^.^^     ^^^^^     ..Deuts.!,.-!, 

amen     di.-se     D.le^'al.-n     zusamm.n.     un.I  .p^^^,^...  ^„.|,„|,,.„    y.-rein.-  auftr.-su«-ht   hatte 

ia.h<h-n,     all.-      F«»rmalität.-n      Iw-spnMh.-n  „,„  sie  zu  ermuthi^'.n.  «h-m  Staats- V..rlmn«le 

karen.  .s.hi«kte  man  si.h  an.  «-in.-   K«ii,.sti-  iM-izutn-t.-n.  dank  «li«-s.-r  Tl,äti»fk<-it.  könnt«« 

iiti«»n    in    rehen-instimmunjr   mit    «ler   des  ,|,.p  s.'kr«-tär  .la.*.»h   W.    K.M-p.-r   in   sein.«!', 

Cational-Mundes  anzun«hmen.  w«trauf  dann  |t.>ri«ht«-   m«*ldt-n.   «la.ss   «I.-r    N'eritan«!    nun 

i«-  litamt.-nwahl  stattfand.     .\ls  .-rst««  He-  m.'hr  aus  »iS  V.-r.-ii,«-n  un«l  "{'»H' .Mitnlied«-n» 

mt«'n    «h's    Staats- V.-rhai,«l«-s    wiir«I«-n    f«>I-  lM-st«-he.       I)«-r    FinanzlM-ri«ht     wurde    für 

«nde    Il.rn'n    e«'wählt  :     IVäsi«I.-nt.    .I«»M-f  riehti^r    lH-fui,d«-n    um!    na«h«l.iii    imm-I,    ein 


830 


DKH    l)KUT8l'H-AMKKIKANIS('Hl-;    NATIONAL  lilM) 


zeitfri'liiässci'  lic.  iclit  dt' ;  ..Komitee  lih'  |i<'i- 
sönlichc  Frcilu'it",  sowie  der  ansfiilirlichc 
Bericht  des  ..Kdiiiitcs  für  Deutscht'  Spraclie 
und  Tuiiieu"'  verlesen  Wiireii.  schritt  uiaii 
zur  Wahl  thr  lieaniten.  Die  Bcaiiitcii  ih-> 
h'tzten  .lahit's  wurden  auch  diesmal,  nur 
mit  einei-  Ausnahme,  wieder  gewählt  :  an 
Stelh'  tlcs  2.  Vize-Präsidenten,  der  nicht  zu- 
gefren  war.  wurde  Herr  Ernst  WelcUer  vdu 
EvansviUe  eingjesetzt. 

Der      näcliste      Konvent,      der      fünfte, 
wurde    am    S.    Aufiust    IDOS    in    der    Haue 
der  I.  0.  K.  of  P..  Ecke  Maryland  Str.  und 
C'apitol  Ave..  Indiana])olis.  al)«rehalten.  Die 
Deh'^'aten   waren   2   l'ln-   Xachniittay:s  alle 
zur  Stelle,  es  ging  diesmal  etwas  lebhafter 
zu  wie  früher,  und  das  kam   daher:    Das 
Koinite  für  Verbands-Angelegenheiten  untl 
das  für  persönliche  Freiheit,  welche  zusam- 
men arbeiteten,  hatten  zwei  Berichte,  einen 
^rajoritätsbericht   und  einen   iNlinoritätsbo- 
richt.  eingereicht.     In  Anbetracht,  dass  die 
republikanische   Partei   in   Indiana   in   de) 
Temi)erenzfrage   von    Position    zu    Position 
weiter   gegangen    sei    und   in    ihrer   letzten 
Staats-Platform  sich  für  „County  Option'' 
erklärt     habe,    empfahl    der    Majoritätsbe- 
richt, dass  der  Verband  deutscher  Vereine 
von    Indiana,    kräftig    das    demokratische 
Staats-Ticket  unter.stützen  solle.     Der  ]\Ii- 
noritätsbericht  verlangte,  der  Verband  solle 
liberale  Kandidaten  unterstützen,  aber  die 
Delegaten    waren    es   augenscheinlich    leid, 
mit   liberalen    Phrasen  sich  bt^säuftigen  zu 
lassen,  sie  wollten  Farbe  bekennen,  verwar- 
fen   den    ]\Iinoritätsbericht    und    stimmten 
einstinnnig      dafür,      das      demokratische 
Staats-Tieket    zu    unterstützen.      V(m    den 
übrigen   Berichten   wurde    zuerst    der  des 
provisorischen  Schatzmeisters  Armin  Bohn. 
H.  0.  Thudium,  Indianapolis,  der  letz.jäh- 
rige  Schatzmeister,  war  vor  ungefähr  einem 
halben    Jahre    gestorben    und    (h^r    erstere 
hatte  seine  Stelle  eingenonuuen,  vom  Revi- 
sions-Komite  für  richtig  befunden  und  an- 
genommen.    Der  Bericht  des  Komites  für 
deutsch-amerikanische  Ge.schichtsforsehung 


u;:r(!f  ^.-utgcheissen  und  die  darin  genuich 
ten  Vorschläge  vom  Präsidenten  .Toset 
Kt'Ilei-  noch  besonders  emi)foh!('ii.  Der  H,. 
rieht  des  Komites  für  Deutsche  Sprach, 
niiil  Turnen  wurtjc  ebenfalls  entgegen«'!- 
noinmcii.  Da  alle  aiitlci-en  (Jeschäfte  ihn 
Eiledigung  gefunden  hatten,  schritt  man 
zur  Wahl  tlcr  neuen  Beamten.  Herr  JoscT 
Keller  wurde  wegen  .seiner  vielen  Ver 
dicnste  um  den  Verband  zum  P^hrenmit 
glied  desselben  ernannt  uiul  einst  iininit: 
wieder  zum  Präsidenten  gewählt.  Die  Be- 
amten für  das  Jahr  1<)08— UM)  waren: 
l*räside)it.  Jo.sef  Keller;  1.  Vize-Präsident. 
H.  Mackwitz;  2.  Vize-Präsident,  Georj 
Ehrenhard;  Schatzmeister.  Armin  Bohn; 
Sekretär,  Jakob  W.  Loeper.  Terre  Haute 
wurde  als  nächste  Konvention.sstadt  vorge- 
schlagen imd  auch  erwählt,  übers  Jahr  die 
nächste  Konvention  zu  beherbergen. 

Der  Verband  deutscher  Vereine  in  In- 
diana ist  nun  5  Jahre  alt ;  es  gehörten  nat-li 
der  Zählung  von  1908  85  Vereine  dazu. 
und  diese  hatten  zusammen  10,0(l(i 
Mitglieder.  Die  Zeit  w^ar  zu  kurz,  um 
Grosses  zu  Wege  zu  bringen,  und  doch  hiit 
der  Verband  ^lögliches  angestrebt  und  da- 
bei inuuerhin  etwas  zustande  gebracht. 

Die  Deutschen  im  Staate  sind  in  den 
hetzten  paar  Jahren  öfter  zusammen  gc- 
konnnen  und  haben  sich  besser  keimen  fi<'- 
lernt.  das  wird,  wenn  es  sich  darum  handelt, 
gemeinsame  Interessen  zu  fördern,  von 
grossem  Nutzen  sein.  Der  Staats- Verbainl 
mit  seinen  ^litgliedern  hat  dem  National- 
Bunde  stets  treue  Bundeshülfe  geleistet 
und  ihn  mit  W^)rt  und  That  unterstützt. 

Sein  Komite  ..für  deutsche  Sprache  und 
Turnen"  hat  in  einem  längeren  Bericht  die 
deutschen  p]inwohner  im  Staate  Indiana 
auf  das  Staatsgesetz  betreffs  Einfühninp 
des  deutschen  Unterrichts  in  den  Frci- 
Schulen  aufmerksam  gemacht  und  dannif 
hingewiesen,  hoffentlich  werden  nun  unseri" 
deutschen  Mitbürger  in  den  Plätzen,  wo  sie 
augenscheinlich  das  Recht  auf  ihrer  Seite 


DKK    VKUKINICTKN    STAATK.N     \l).N    AMIUIKA  gSl 

IuiImii.  auch  ilaniuf  ilriii^r«'ii.  daiss  (UMitst-ho  linirlit  wiTtlrü.  mi  dtiss  ilirs«»  Atritation  m- 

Lt'hnT  anni'strllt   \\.Til«'n.  —  Vom  Konnte  Irtzt  (I«Mh   Kr(iA^:  UnU'u  imiss. 

für    (h'utsrh-aiiuTikaiiisrlir    (J«'s«liifhtsfor-  (h'^mi    l'ruliihiti(»n    und   T«Mnp«*nMizfana. 

schnnjr    sind    MMlin-n-    Hriträjrr    zur    (Je-  tisuius  hat  «ler  V<'rl»and  «li-utscher  Ven-ine 

srliichte    uns«'rfs    DfutschthuniK    verötTent-  «■nt.srliirdrn  Strilunt;  ^'••iiomnieii ;  der  Dmt- 

liclit    wordin.    tuid    untt'r   .Mitwirkung  «Ifr  mIh-  will  sich  «-iM-n  rjielit   unter  Vorniund- 

einzt'lnen  Vereine  des  V«*rl)and<'s  viiNpridit  schaff  stflU-n  la.ssi-n.  er  hält   fest  am  H«M-ht 

«las    K«»mite.    Weitcn-s    in    diii     Dni.k    zu  dt-r    St-Ihslrrzifhunir    aurli    in    Sai-hcn    der 

hrinjren.  .Mä.ssijrkfit    und   an    natiirlirher   helK>ns;irt 

.\ls     tlic     h'tzte     Staatsp-setztrehunjr     in  die  zum  Wohle  <ler  Mensehheit  führt 

Sitzunjr   war.    wunh-    aus   «|«>m    Kreise   des  So  weit  d«'r  ..Vt-rliand  tlejitsrln-r  Ven-ine 

Staat.s- Verbandes    ein     I'ensionsfjesetz     für  vi>ii    IiMliana";    wjis   er    bisher    anjffstreht. 

Lehrer    in    Vors<•hla^'    ^'ehracht  ;    ol)^'^'i<■h  danach  wir«!  er  weiter  KtrelM«n.  zum  Wohle 

da.s.s<'llH'    damals    zurückjrelc^M    wurde,    ist  des     Deutschthums.     treu     dem     Natioiial- 

dit'se    tjern-hte    Fordcrtuit:    dndi    aufrerejrt  I^nndc.  der  sich  jetzt  ühcr  alle  Staaten  aus- 

wortlen  und  wird  wieder  vor  das  Forum  tre-  lucitet. 


Unabhaengiger  Buerger -Verein  von  Man'land. 

Der    ..rnahhiint^ip-    liürjrer- Verein    von  sanunt    ihre    I*flichten     als     amerikani.sehe 

.Maryland"  wurde  im  Kridijahr  li>(>0  orga-  Bürger    voll    und    ganz   erfüllen    und   sieh 

nisirt.     Di«*  direkte  Veranla.ssung  war  eine  nicht   nur  um  alle  öfTentli«*hen   .\ngeh*gon- 

|M>riodiseh   auftn'tend«'   streng«'    Durchfüh-  heiten    kümmern,    sondern    auch    eifrig   an 

rung  iler  dun-h  Alt«'r  g«*h('iligten  Sahhaths-  den    Wahl«*n    het heiligen    wünh'U.      I'artei- 

(J«*setze  des  alt«'n  Staates  .Marvlaiul.  Kinem  Politik,     partikularist is«-h«*     Bestrebungen, 

Aufrufe    des     Herrn    Jolin    Tjarks    Folge  .sowi«-  eitle  Brinzipienreiterei  hat  «1er  Bür- 

leistend.  .schaarten   sich   die  Vertreter  der  g«*r-V«'rein   .stets   vermieden.      Weitgehend, 

Baltim<»r«*r    deutsch«*n    V  *nMnigungen    zu-  alter  lM>stimmt,  ist  seine  AufgalM«,  wie  aus 

sammen  und  bil«let«Mi  «*ine  Central-Körper-  «lem     folgernlcn    Satz«*    s«'iner    V«'rfa.ssiuig 

■w-haft.    Gleich  na<*h  sein«*r  CJründung  setzt«'  ersi«'htlich   ist. 

-iich  «1er  Bürger- Ven-in  s«hriftlich  mit  «lem  ..Kr     l>ezw«'ckt.     «'ine     l'elM'rsicht     üln'r 
l'entral-\'erein    v«»n    l'hil.i«lelphia    in    Ver-  öffentlich«'  Angeh'gerdi«'it«'n  auszuülM'u.  luu 
hin«lung.   sjuidt«»    DcU-galcn    im   .Juni    IJMM»  da«lurcli  eine  ehrli«'he.  wirksam«'  und  spar- 
iia«'h  i'hila«lelphia.  um  di««  Zw«'«'kmJLssigkeit  sam«*  V«'rwaltung  der  lokab'U,  wie  staatli- 
ier  (jrün«lung   ««ines    «lcut.s«'h«'n    Nati«mal-  ch«*n   Int«*r«'SK«'n  herlM'izuliilir«'n ;  die  Brin- 
S'erbaiuh's  zu  iM-spH-thi-n.     .\m  i'>.  ()ktolM*r  zipi«'n    «ler    I{«'gienu>g   «lun'li    V«»Iksv«'rtre- 
l!MH   lK'theiligt«'n  sieh  die  Vertreter  Mary-  tiuig  zu  wahn'U.  p«»litis«'he  mid  bürg«'rliehe 
an«rs    an    der    (irün«lung    d«-«    NatioiuiU  H«'chte  zu  s«'hütz«'n ;  die  Aufhebung  veral- 
iunth-s.  «h's.M'n  Stn-bi-n  stets  njich  Kräften  tet«'r    un«l    nachtheiliger   (icsctz«*    herbeizu- 
mterstützt  winl.     Obgleich  b«'i  der  Kntst«--  führen.  s«»wi«'  «lurch  Anwendung  alh-r  «-hr- 
mng  ili's   Bürger- Vereins  ilie  Abs«*haffung  liehen    und   ger«H'ht«*n    Mitt.l    das   (i«'mein- 
h-r  veralt«*t«'n   ..Blau«'n   (i«'s«'tze"  als  erste  wohl  zu  fönlern." 

\ufgalK'   lM'tra«-ht«'t    wunl«*.   wdi    nuui   bahl  Zw«'imal  sah  sieh  der  Bürg«'r- Verein  ge- 

in.  dass  «lie  Auflu'bung  «lersi'lben  «-rst  «lann  nöthigt.    aktiv    nu    «Icn    Wahlen    Theil    zu 

nöglieh    sei.    wenn    «lie    I)eut.s«'hen    insge-  tiehm«'n.  un«l  zwar  mit    Krfi»lg.      Das  erste 


p 


832 


[)i:U    DKUTSCM  AMHKIKANISCHE    NATIONAL-BUXD 


.M:il  im  Ilt-rhst  1!><>.')  I»«'i  der  Al)st iminunj]: 
ül)('r  (Miic  Aciuleninjr  der  St.-uits-X'crfiis- 
suii»;.  wclclic  den  Xc^rtTii  das  \Valilr('<'ht 
lU'hiiirii  sulltt'.  iicl)t'id)('i  al)er  das  Wahl- 
recht eiiifs  jeden  einj^ewaiiderten  Bürjrers 
pi'fährdete.  Dieses  wurde  von  der  deitio- 
kratisehen  Partei  befürwortet  und  vom 
\'olke  mit  eiitseliiedeuei-  Melu'heit  vei-wor- 
fen.  Das  zweite  ^lal  im  Mai  lilOT.  wol)ei 
der  repuhlikanisehe  Kaiuliihit  für  das 
liürt;ermeister-Anit  tluitsäeldieh  von  den 
deutschen  WähhM-n  «jfeschlafren  wurde.  P^r 
luitte  dem  Bürger- \'erein  versi)roclien, 
einen  Deutschen  als  Vertreter  in  der 
Schulbehörde  zu  ernennen,  unterliess  es 
aber,  "Wort  zu  lialten.  Sein  demokratischer 
Xachfoljrer  hat  das  Versäumte  nachgeholt. 

l'nterden  Errungenschaften  des  l^ürger- 
Vereins  wäre  zu  verzeichnen:  Die  Beibe- 
haltung und  Ausdehnung  des  deutschen 
Unterrichts  in  den  ötfentlichen  Schulen ; 
die  Einführung  von  ötfentliehen  Turn- 
plätzen in  den  städtischen  Parks;  die  Ein- 
führung von  Sonntags-Konzerten  in  den 
städtischen  l^arks;  die  alljährliche  Veran- 
staltung eines  deutsehen  Tages;  das  erfolg- 
reiche Zurückwerfen  der  Angriffe  der 
„Anti-Saloon  Liga".  In  1906  war  es  die 
energische  Opposition  des  Bürger- Vereins, 
welche  den  Arbeiten  der  IJga  Einlialt 
that ;  und  wiederum  in  1908  war  es  die  von 
einer  Riesen-Demonstration.  8000  Deutsch- 
Amerikaner,  unterstützte  Agitation  in  den 
Ge.setzge])ungs-IIallen  in  Annapolis.  welche 
die  Gesetzesvorsehläge  der  Liga  erfolgreich 
befämpfti'. 

Ferner  hat  der  Bürger- Verein  oft  Wohl- 
thätigkeits-Anstalten  und  gemeinnützige 
Veranstaltungen  unterstützt.  Manche  An- 
regung, die  vom  Bürger- Verein  ausging, 
wurde  von  der  Gesetzgebung,  respektive 
dem  Stadtrathe.  in  Erwägung  gezogen  und 
trug  irute  Früchte. 


Fnentwegt  und  zielbewusst  arbeitet  der 
Bürger- Veiein.  um  eine  .\enderung  der 
Snnntag.sgesetze  zu  erlangen.  Eine  eng- 
lische Flugschrift,  worin  geschichtlich  und 
juristisch  die  Entstehung  \nid  Entwickluiii.' 
des  puritanischen  Sal)l)athsgesetzes  geschil- 
dert wii-d.  wurde  in  Tau.senden  von  Exem- 
plaren gedruckt  luid  nach  allen  Richtun- 
gen, wo  möglicherweise  ein  Eintluss  aus- 
zuüben wai\  versandt.  An  die.se  schlos> 
sich  alljährlich  eine  gedruckte  Flug.schrift 
über   pi'ojektirte   Verbesserungen. 

Die  zuständigen  Beamten  des  Bürger- 
Vereins  1908—09  sind: 

John  Tjarks,  Präsident. 

F.  W.  Wehrenberg.  1.  Vize-Präsident. 

August  Köder.  2.  Vize-Präsident. 

Hennann   Badenhoop.   Sekretär. 

Friedrich  Lieder,  Finanz-Sekretär. 

Heinrich  G.  von  Heine,  Sehatzmeister. 

Paul   Johannsen.  Anwalt. 

Karl  A.  ]\I.  Scholtz.  Beisitzer  zum  Na- 
tional-Bund. 

A.  F.  Trappe,  H.  Hernuuii.  Geo.  Rauli. 
Frank  Reinhardt  und  Otto  Brüggeniann. 
^Mitglieder  des  Verwaltungsrathes. 

Ln  Ganzen  genommen  kann  mit  Befrie- 
digung auf  das  Wirken  des  Bürger- Vereins 
seit  seiner  Gründung  zurückgeschaut  wer- 
den. Vierundachtzig  der  angesehensten 
deutschen  Vei-einigungen  Baltimores  und 
Fnigegend.  sowie  viele  einzelne  Mitglieder 
betrachten  es  als  eine  Ehre,  demsell)en  an- 
zugehören ;  und  alljährlich  einnuil.  gele- 
gentlich der  Deutschen  Tag-Feier,  welili" 
am  12.  Septend)er.  einem  historischen 
Feiertage  IMaryland's.  stattfindet,  finden 
sich  25.000  bis  30.000  Deutsche  ein.  um 
froh  uiul  gesellig  den  Tag  zu  feiern,  einfr«'- 
denk  Schiller 's  edlen  Worten,  die  sich  der 
Verein  zinn  Wahrsjinich  auserkoren: 

..Ja.  wir  sind  eines  Herzens,  eines  Bluts I 
Wir  sind  ei)i  Volk,   und  niiifi  wollen  wir 
handeln  I"' 


DKH    \  KHKINIC.TKN    8TAATKN    VON    A.MKKIKA. 


833 


Deutsch-Amerikanischer  Staats- Verband  von  Michigan. 


Dir  (M-scIiii-lit«'  «Kn  Staats- Vorhaiult's 
Mirliipit).  eines  der  jünp<ten  Zweijje  des 
National-Bjjiides.  kniiii  seil»stvei-stän«lli<'h 
nielit  sehr  unifanjjn'ieh  sein  ;  .jed<)<-h  in  Hin- 
sieht des  Krftiltjes  in  knrzer  Zeit  dürfte  er 
unter  den  zahlreielien  Zweigen  des  Natio- 
nal-Hundes  wohl  nieht  an  h'tzter  Stelle  ge- 
nannt werd«'n.  Die  erste  Ann*jjrunp  zur 
Gründung  galt  Herr  Dr.  (".  .1.  Ilfxanier  von 
Philadelphia,  weleher  nebst  dem  Sekretär 
des  Hundw,  Herrn  Adol|»h  Timm,  im  No- 
vember des  Jahres  llK»?  na'-li  Detroit  kam. 
l'nter  dem  Vorsitz  von  Herrn  Conrad 
Pfeiffer  fand  die  erste  Versanuidung  in 
der  Harmonie-Halle  statt,  bei  welcher  Ge- 
legenheit Dr-  Hexamer  in  überzeugender 
Weise  Zweek  und  Zij-le  d(»s  Deutseh-Ameri- 
kanisehen  Xational-Hundes  erläuterte  und 
aueh  für  das  Dentsehthum  von  Michigan 
die  Xothwendigkeit  eines  Zweig- Verbandes 
klar  legte,  um  so  mitzuwirken  an  i^-r 
grossen  Aufgabe  des  Deutsehthums  dieser 
Republik  und  vereint  vorzugehen  im 
Kampfe  für  sein  Reeht. 

Dieser  Anregimg  folgend,  wurde  am  16. 
Januar  1008  eine  Ma.'wen-Versammlung  in 
<ler  Halle  des  Sozialen  Turnvereins  aV)gehal- 
ten.  Die  Betheiligung  an  derselben  war 
eine  aussi'rgewöhnlit-li  starke.  \md  das  Re- 
sultat war  die  (Jründuim  eijjer  Vereinigung 
d«*s  Detroit<'r  Deutsehthums.  weh-he  als 
Zweig  de«  Deutseh-Amerikanisehen  Natio- 
nal-Hundes  gelten  soll.  Einem  Aufruf  an 
<lie  lVuts<'hen  Detroits  und  speziell  an  die 
IVen'ine  wurde  lM»reitwilligst  Folge  geleis- 
tet, und  sehon  narh  einigen  Monati-n  hatte 
der  neue  ..Stadt- Verband  Detroit"  etwa  ?•• 
Vinine  mit  über  «Hkm»  .Mitgliedern  inid  un- 
geTähr  100  Einzel-Mitglieder  in  seinen 
Reihen.  Als  Beamte  der  r.tuen  Vereini- 
jgiuig  wurden  folgende  Herren  erwählt : 
Prä.sident.  Fritz  Ciünther;  Vize-Prilsid<nt. 
Joseph    Bogenrieder:    zwi-iter    Vize-Präsi- 


d«nt,  Carl  Bauer;  Sekretär.  Henr>'  Pfeiffer; 
Sehatzmei.ster.  Fred.  Brandt.  Trotz  vieler 
.Miinnngsversehieilenheiten  Ijei  der  Organi- 
sation maehte  der  Stadt- Verband  Detroit 
gute  Fortsehritte,  tnid  gegm  die  Wühle- 
reien der  Xativisten  und  Feinde  der  per- 
sönliehen  Freiheit  konnte  man  nun  mit  gc- 
.sehlos-sener  Fnmt  vorgehen.  Denn  jene« 
lichtscheue  Element.  de.sKiMi  Endziel  <lie 
Vernichtung  der  pei-söidichcn  Freiheit  ist. 
ist  auch  hier  in  ziemlieher  Anzidd  vor- 
liiindcn. 

Die  näehste  AufgalM-  war  die  Orgjinisa- 
tion  ein«*s  Staats- Verbands.  Auf  Anregung 
des  Stadt-Verbands  Detroit,  und  einem 
.\ufruf  de.s.selb<'n  Folge  leistend,  fand  am 
H.  September  1908  eine  Konvention  in 
Detroit  statt.  Fünfundsiebzig  Vertreter 
deut.scher  Vereine  des  Staates  Miehigan 
waren  eiNchii-nen.  und  zwar  aus  folgenden 
Städten:  Detroit.  Laiising.  Ann  Arbor. 
Jackson.  Manchester.  Owos.so.  Saginaw. 
Sebewanig.  Warren,  Westphalia.  Wyan- 
dotte  und  Ypsilanti.  Die  Konvention  war 
in  jeder  Hinsieht  erfi>lgreich.  und  die 
fJründung  eines  Staats- Verbands  als  Zweig 
des  Deut.seh- Amerikanischen  National- 
Bundes  war  beschlossene  Sach«*. 

Die  Beamten  des  Staats- Verban<les  sind: 
Präsident.  Wm.  (ient.s<*h:  \'iz«*-Präsidenf. 
Rudolph  Woreh ;  Sekretär,  Dr.  E.  Rosin- 
ger; Sehatzmei.ster.  Christ.  Schlenker;  Bei- 
sitzer zum  Xational-Bund,  Henn.  Pisto- 
rius.  So  hat  niui  auch  Miciugan  eine  Ver- 
einigiuig  des  Deutschtlnuns.  welehe  als 
Zweig  des  National-Bundes  sieh  den  an- 
deren würdig  an  die  Seite  stellen  kann 
.Miige  sie  in  der  Pflege  und  l'rhaltung  deut- 
.seher  Kultur  ihren  Pflichten  stet«  gerecht 
werden,  im  Kampfe  für  unsiTc  Rechte  und 
Freiheit  in  erster  liinie  stehen  als  Ruferin 
im  Streit. 

llfnnj  Pfeiffer. 


834 


DKR    DKUTSCH  AMKHIKANISCHE    NATIONAL-BUND 


Als  im  Frühjahr  1!M)8  die  Civic  L('a<rue, 
die  Anti-Sah>oii  Lt'a«:iii'  und  andere  nati- 
vLstisclie.  muekerisehe  und  fremdenfeind- 
liohe  OrL'anisationen  ihre  irejren  die  i)er- 
söidiche  Fi'eiheit  jreriehtete  Ajritation  im 
Staate  .Mirhiiran  l)ejrannen.  da  war  es  der 
deutsehe  Reehtsanwjdt  und  Journalist 
Rudolph  Wonh.  der  Herausgeber  und  Re- 


Verband betheiligte  sich  mit  Erfolg  an  ilei 
Stadtwahl  im  Ai>ril  und  luilf  später  ii 
Detroit  bei  dei-  (Jründung  des  Staatsvcr 
bandes.  der  Hrn.  Kudolpli  W(»reh  zu  seinem 
Viee- Präsidenten    wählte. 

Rudolph  Woi'cli.  der  gegenwärtige  Viee 
Präsident  des  Deutseh  -  Amerikanisehei 
Staatsverbardes   von    Miehigan,  wiu'de  im 


RUDOLPH    WORCH. 

Vize-Praesident  des  Staats- Verbandes  ^/lichiKan. 


dakteur  des  in  Jackson,  Mich  .  erscheinen- 
den „Michigan  Volksfreund",  welcher  eine 
deutsche  ]\Iassenvei*sannnlung  in  Jackson 
einberief,  in  der  dann  der  „Htadt verband 
Jackson"  gegründet  wnrde,  dem  fünf  dor- 
tige Vereine  beitraten  und  der  den  Ex- 
Senator Hugo  C.  Loeser  zum  Präsidenten. 
Carl  Eberle  zum  Schatzmeister  und  Ru- 
dolph Worch  zum   Sekretär  wählte.      Der 


10.  Juni  1846  in  Potsdam  geboren,  kam  in 
April  1862  nach  Ajuerika  und  trat  sofor 
in  die  von  seinem  Vater  kommandirte  Koni 
pagnie  „E"  des  68.  New  Yorker  Freiwilli 
gen-Regiments  (der  sog.  Cameron  RiH<^ 
ein. 

Nachdem  er  kurze  Zeit  im  Felde  ge-stan 
den,  wurde  er  krank  und  kriegsgefangon 
doch  gelang  es  ihm,  zu  entfliehen,  woran 


DKK  vki<ki.\h:tk\  staatkn  von  amkkika. 


»'!•    im    Oktolx'i-    *»;2    nacli    WjLshinjjton    zu-      ilmt"   (<|rii  «t  ^ründfii   halft.   uikI  Kpätt'r 
rütkki'hrtc.       Dort     war    vr    Machriiiaiiilcr      am  ..('iiirintiaticr  Volkshlatt"  (iiiitrr  llas- 


INistlM'amttr  (im  Militärl)<>|>aii<MiMMit  i 
und  Sfhulmt'ister.  Von  lH(i«i  an  war  i-r 
journalistisch  thäti«;,  und  /war  zuerst  am 
Haifimort'  ..('orri'spontl«'iit "  ( untiT  Col. 
Kr»'(|.  HaintO.  dann  am  ..NtMU-n  CorrcsiMtn- 


sauHM'k  .  Anfangs  1S72  üIxTiiahm  er 
dann  die  Srhrifth'ilunt:  dtrs  ..Mithi^an 
N'nlksfn-und"  in  .Iarks4Mi,  .Mi<*h..  dt-jituMi 
Ki^fi-nthümcr  ««r  h»*ut»*  ist  und  «li'H  «t  «Tfolif. 
rrich  leitet. 


Zweig- Verband  fuer  Missouri  und  das  suedliche  Illinois. 


Wenn  dio  (Jeschichte  einer  Vereinijrunp 
sehriftlieh  nieder^elopt  wcrd«  n  soll,  dann 
mantrelt  es  oft  an  Kaum,  allen  Keeht  anjre- 
<leihen  zu  lassen,  welche  an  dem  schwieri<;en 
Aufhau  miti:earl)eitet  hahen.  (hxh  Khre. 
<leni  Khre  ^'ehührt.  Darum  muss  vor  allen 
l)in«ren  dessen  ^'edaeht  wt-rden.  dessen 
Kner^rie  und  Thatkraft  den  I>.  A.  National- 
Bund  nicht  allein  ins  Lelvii  frerufen.  son- 
«lern  ihn  auch  üln-r  das  ganze  Ijand  ausge- 
dehnt hat.  Rs  war  unser  verehrter  BuTides- 
Präsidcnt,  Herr  Dr.  ('.  J.  llexamer.  auf 
dessen  Autfordi'rung  hin  nach  längeren 
Vorl)«'S|)n'chungen  am  Freitag  AImmkI.  d«'n 
<».  Mai  1!MI4.  unter  den  Aaspicien  des  Schil- 
ler-Vereins die  ei-ste  Vei-samnduug  deut- 
scher Männer  in  der  St.  Ij<»uis  Turnludle 
stattfand,  und  wo  der  Beschlu.vs  reifte. 
au«h  in  St.  liouis  einen  Zweigverhand  zu 
gründen. 

An  der  unter  dem  \  oi-sitz  ti««  nun  v«'r- 
storhenen  Herrn  Dr.  Max  IleiMpel  tagendeii 
Versanunlung     nahmen     theil-     Dr.     Carl 

Bank.    Ott.»    F.    Stifel.    I Osthaus.    Dr 

Hugo  Kothstein.  Aug.  li.  IIotTmaiui.  Dr. 
Oeo.  Richter  (der  die  Versrunmlung  eröff- 
nete).  Carl  A.  I/cihnitz.  II.  Ilappel  inid 
Frau  Feriuinde  Hichter.  Das  HesultAt 
diesjT  ersten  VerRamndurjg  war  «lie  (Jrün- 
dung  des  Zweigverhandes  für  MLss<iuri  und 
das  südliche  Illinois,  wt-lche  am  17.  .luni 
l!K)4  im  seihen  I^>kal  erfolgte.  Neunzehn 
Vereine   8ehloK.S4-n   Kieh   sofort    «leni    neuen 


Zweige  an.  Ks  waren:  Di-r  St.  IxiuiM 
Turnverein.  So<'iale  Sängerchor,  St.  liouiü 
Sängerhezirk.  S^M'iah'  Turnverein.  Sadwn 
Cnterst. -Verein.  Schiller- Ven-in.  ('«mcortlia 
Turnverein.  H«M-kspring  Turnverein.  .\ord 
St.  Louis  Binidcs-Chor.  DfUtsche  .Militär- 
Verein.  West  St.  I..ouis  Turnverein,  (Jerma- 
nia  Theaterverein.  Allg.  Iless«>n  Cnterst. - 
\'erein.  Baden  Sängerhund.  Freie  Männer- 
chor. I)eut.sche  Landwehrverein.  I.,i«Hler- 
kranz  Kluh.  Freie  <iemeinde  von  Nord  St. 
Louis  und  Freie  (»emein<lc  von  Süd  St. 
Louis. 

Die  konstituin-tidc  Versjimndung  nahm 
nach  längerer  Berat hung  die  Verfassunvr 
des  Bundes  nelwt  Nehengesetzen  an.  Da- 
rauf erfolgt«'  die  Wahl  des  ersten  Vorstan- 
di-s  mit  folgcnileni  Hi-sultat  :  rrjlsident  — 
Dr  Carl  Barck :  Vizi'-Brä-sitlent  —  Dr.  (i«»«». 
Richter;  2.  Vize-I*räsi<lent  —  Chas.  A.  Leih 
nitz;  Sekn-tär — Leo  (Kthaus;  Finanz 
Sekn*tär — Wn».    I'etersen;    Schatzmeister 

.\ug  II  IJiitTnuiini  und  Schriftführer  — 
Ferrumde  Richter.  Der  Vorstand  wunlc  in 
der  folgcndi-n  Delegaten- V«'rsammlinig.  am 
!•».  Aug\ist.  «hirch  folgende  Mitglii'dcr  «-r 
gänzt :  Dr.  Kmil  l*reet«»rius.  K<1.  C.  Kehr. 
Dr.  D  Heller.  Dr.  Max  Hempel.  Dr.  F. 
KollM'nhcvcr.  Dr.  Chjis.  Weinsherg,  Dr 
(fUKtav  Nautze.  Otto  F.  Stifel.  R.  von  Ap 
piano.  Julius  Bogner.  C.  O.  l*f«'ifTer.  R. 
Hüsgcn.  Ottii  K;tliii.vir  und  William 
Seeger. 


836 


DKK    DEUTSCH-AMKRIKANIS(  HK    NATH)NAL-BUND 


Cfleieh  im  ersten  J.ahre  hanteii  des  Vor- 
stniules  ernste  Aufirahen  :  Die  Vorbereitun- 
gen für  den  initer  den  Auspizien  des  Bun- 
des stattfindendiMi  „Cieniiniiisehen  Kon- 
gress"  sowie  für  ilen  ..Deutsi-hen  T.ifr"  auf 
der  Weltausstellung:. 

Der  ei-stere  wurde  am  Hi.  uikI  17.  Sep- 
tember ahirelialten  und  truy  mehr  einen 
akademiselien  CliaraUter.  Flr  brachte  eine 
Anzahl  interessanter  Beiträge  zur  Ge- 
sehielite  unseres  Volksthums  in  den  Verei- 
nijrten  Staaten  und  vei'iuittelte  einen  Ge- 
danUenaustauseh  mit  den  Leitern  des  Bun- 
des, wie  Dr.  Ilexamer,  Prof.  Learned,  Dr. 
Beek.  Ad.  8innu.  Prof.  IlaniKt  Deiler.  Dr. 
Kern  u.  A. 

Zu  einer  gewaltigen  Kundgebung  von 
naehhaltiger  Bedeutung  gestaltete  sich  der 
Deutsche  Tag  auf  der  Weltau.sstelhing,  am 
6.  Oktober  1904.  der  einen  glänzenden  Ver- 
lauf nahm.  Die  goldenen  Worte,  die  von 
so  begabten  Rednern  wie  Dr.  Emil  Preeto- 
rius,  Carl  Schurz  und  Reichskommissar 
Dr.  Lewald  vor  dem  Deutschen  Hause,  von 
Dr.  .Ma.x  Ilempel.  Dr.  Otto  Heller  und  Ed. 
C.  Kehr  auf  dem  Kommers  gesprochen 
wurden,  werden  unvergesslich  bleiben. 

Im  l^'brigen  betleissigte  sich  der  junge 
Biuid  im  ersten  Jahre  einer  regen  Propa- 
ganda, deren  Resultat  der  Beitritt  mehrerer 
anderer  Vereine  war,  so  d.iss  am  Schluss 
des  ersten  Jahres  dem  Missourier  Verbände 
26  St.  Louiser  Gesellschaften  angehörten. 
A\if  Anregung  des  Bundes  wurde  eine  drei- 
tägige Gedächtnissfeier  zu  Schillers  100- 
jährigem  Todestage  veranstaltet,  die  einen 
tiefen  Eindruck  auf  die  ganze  Bevölkerung 
von  St.  Louis  machte. 

•Mit  jedem  Tage  seines  Bestehens  ent- 
wickelte der  Biuid  eine  grössere  Thätigkeit. 
Sein  Bewerben  beim  Schul rath  der  Stadt 
St.  Louis,  den  deutschen  Abendunterricht 
wieder  in  den  Iloclischulcn  einzuführen, 
war  erfolgreich.  Die  Hauptarbeit  richtete 
ef  jedoch  im  Jahre  1905  auf  die  Be- 
kämpfung des  Sonntags-Zwanges. 


(;ewissenlase  Heuchler  und  wortbrüchii; 
Beamte  hatten   Mis-souri  die  Fesseln  einc.v 
längst  verges.senen  Soiuitagsgesetzes  aufer 
legt.      l*roteste    wurden    verfas.st    und    in   i 
Tausenden  von  ExemjJaren  vertheilt.    Der 
Wortlaut      dieser     Kundgebungen     zeigt- 
deutlich,  dass  es  sich  nicht  um  eine  Bier 
frage,  sondern   um  einen  Prinzipienkarapf  ' 
handelte.      Der  Kampf   nah.m   eine  derar- 
tige Ausdehnung  an,  dass  am  11.  Juli  190'. 
ein   Bureau   unter  der  Leitung  von   Wm. 
C.  F.  Lenz  eingerichtet  wurde,  von  welchem 
nicht  nur  die  Proteste  versandt  und  Lüsten 
mit  Unterschriften   von   7.3,000  gegen  den 
Sonntagszwang  prote.stirenden  Bürgern  pe 
sannnelt  wurden,  sondern  auch  regste  Pro 
paganda  für  Ausbreitung  des  Bundes  ge- 
trieben  wurde.      Es   darf   nicht   vergessen 
werden,  dass  1500  Frauen  gegen  das  Sonn 
tagsgesetz  protestirten.     Das  Resultat  de 
Fehde  war,  da&s  die  dem  Staate  drohend 
Prohibition   einstweilen   verhindert  wurdf. 
und     wennschon     unsere     Gasthäuser    ge- 
schlossen gehalten  werden  rnussten,  unser' 
Turn-    und    andere    konstituirten    Vereint 
für    ihre     Mitglieder    offen     Haus    halten 
durften.      Ein    weiterer   Erfolg   war.   das.< 
unser    Zweigverband    in    grösserem    MfKs- 
stabe  im  ganzen  Staate  bekannt  wurde  und 
dadurch  stetig  mehr  Anhänger  gewann,  in 
St.    Louis    sowohl    wie    in    den    anderen 
grö-sseren    Städten,   wie   Kansas   City,  St. 
Joseph,   Joplin,   Sedalia   et^.,  welche  Herr 
Lenz  auf  seinen  Propaganda  reisen  besuchte 
und    gleichzeitig    an    diesen    Plätzen   viel' 
Vereine    als    weitere    Mitglieder    für   den 
Bund  gewann. 

Auf  der  im  Oktober  1905  zu  Indiana- 
l)()lis  tagenden  Konvention  (Herr  Dr.  Cari 
Barck  war  inzwischen  am  1.  April  190.) 
zum  Beisitzer  erwählt  worden)  repräsen- 
tirte  die  Missourier  Delegation  bereit.s 
einen  Verband  von  47  Vereinen  und  43 
Einzelmitgliedern.  Diesem  dritten  Natio- 
nal Konvent  wohnten  bei :  Dr.  Carl  Barck 
und  Frau  Fernande  Richter  als  Delegaten. 
Herr    Leo    Osthaus    als    stellvertretender 


I>KK    VKREIXICTEN    8TAATKX    VON    AMKRIKA 


837 


Drlf^'Ht,  aus.s«*nl«'iii  Dr.  (mmi.  Kichirt*.  Wm 
('.  F.  Lenz  und  Ost-ar  Ilorn  n«*l>st  Fniu 

Inzwischen  «lauerte  der  Kampf  in  Mi«- 
souri  für  und  f;ej;en  die  Sonnta^H^'esetzo 
fort  und  führte  oft  zu  ernstem  MeinunR«- 
austauseh  in  Wort  luid  Sehrilt.  Dr.  (Jeo. 
Kiehter  war  VoiNitzender  de-s  speziell  er- 
luiiintiii  Kxekutiv-Koiiiites.  welehes  euer- 
^iseh  Front  ^re^en  alh-  I'.-!».!"!  ilT.-  il.r  J'r<>- 
hiliitioni.sten  niaehte. 

Hin  j;ros.si*r  Verlast  traf  d«n  Zweijjver- 
haiul  am  19.  November  dur^h  <len  T(h1  des 
Herrn  Dr.  Kmil  Preetoriiw,  des  lanj;  Ix«- 
wjihrten  Führers  doa  Deutsehthunh  <ler 
Stadt  St.  liouis. 

Da  sieh  im  Laufe  der  Z«Mt  verschiedene 
Vereine  ausserhalb  der  Stidt  dem  Zweitr- 
verbande  an«rese blossen  hatten,  wunle  in 
der  .lahresversammlun«^,  .nii  2.  Februar 
1906,  eine  Krweiterun^  d«*s  Vorstandes  be- 
sehlos.sen  unil  es  wurtlen  foltrentle  Ueainiten 
gewählt : 

PrJLsident.  Dr.  Ilu-ro  Mav  von  Starkloff, 
St.  Louis. 

1.  Vize-i'räsideut,  Dr.  E.  von  (^uast, 
Kan.sjis  t'itj', 

2.  Vize-Präsident.  C'has.  A.  Leibnitz.  St. 
Louis. 

3.  Vize-Präsident,  (i.  L.  Götz. 

4.  Vize-Präüident,  J.  A.  Val.  Schmidt. 
').    Vize-Prilsident.   Hernh.   Köstei-s. 
Sekretär.  L«*o  (Ksthaus. 
F'inanz-Sekretär.  W.  Pet'.'rscii. 
Schriftführer,    Fernande   Hichter. 
S«'hatzmeister.  Auf».  L.  IIolTinann. 

l'nd  folp'nde  Direktor  mi:  Dr.  Ilu^" 
Kinncr,  Ijouis  Wcssbecher,  Kmil  Leon- 
hardt.  Chas.  S<-hwcickar<lt.  Dr.  <ico.  Kich- 
tcr,  Wm.  ('.  F.  I^nz.  Wm.  Vach.  Lous  Sel- 
zer.  JuliiLS  Friton.  ("has.  I'feitTcr.  Dr.  A. 
Wciih.  Krn.st  Ilosan^,  A.  Drcifuss.  I'h. 
Morlant'.  Theo.  Lanjje,  alle  in  St.  Ii«»uis  an- 
siLssifr,  und  John  Nusser.  St.  Joseph :  I^eo 
K.  Friemel,  Sedalia;  ('h;is.  <iünp*rich. 
Jopliu;  G.  C.  Thilcnias,  t'ap«'  CJirardeau; 
Emil  Hrau.se.  California,  nm\  II.  Galbii- 
beek,  Ost  St.  Louis. 


Im  Februar  l'.i(>«l  entsandte  der  Verband 
!)elet;atcn  nach  Witshin^ton,  um  die  Ilep- 
burn-Dolliver-Hill  zu  l>ekämpfen.  Auch 
nahm  der  Verband  cnerjriseh  Stellunj;  ^e- 
Ki'U  die  Venw'härfunj.'  der  Kinwanderunpi- 
Gesetze. 

Am  18.  Mai  desKel)M>n  Jahres  wurde  das 
unter  dem  Vorsitze  von  Dr.  (Jeo.  Richter 
funtrircnde  K.xekutiv-Komite  aufi;e|«ist.  Der 
\'orstand  bcschbiss.  den  Kampf  ^re^en  di«« 
Prohibition  persönlich  zu  leiten.  Dr.  Carl 
Harck  hatte  am  11.  Mai  als  Hundesltei- 
sitzer  r«*sijfnirt,  tuid  am  \'2.  Mai  rcsi^rnirte 
auch  der  Präsident  Dr.  Ihmo  Max  von 
StarklotT  In  «Icr  nächsten  Sitzung;  des 
Vorstantl«*s.  am  1').  Juni  l!»<i«».  wurde  Herr 
Wm.  Prufroek  als  PriLsident  erwählt  tjnd 
ciiureführt. 

Lei<ler  erfuhr  auch  in  diesem  Jahre  d-r 
Verband  einen  .schweren  Vcr'iist  durch  «len 
Tod  de«  Dr.  Max  Ilempel.  v.elcher  nach 
einer  schweren  ()j)cration  starb. 

Am  29.  Septeml>er  19rM)  vcran.staltete  der 
Zwei^rverband  eine  I)eut.s<*he  Taj;  Feier  in 
den  herrli<'hen  Tyroler  Alpen,  welche  durch 
die  Anwesenheit  des  Bund  •s-Präsidentcn 
Dr.  C.  J.  Ilexamer  und  des  Puiules  Sekre- 
tärs Adolph  Timm  von  Pliibnb'lphia  no<'h 
an  Hedeutunj;  «ewann.  Leider  wurde  das 
wohl  vorbereitete  und  gut  arranjjirte  F«*8t 
durch  »Huiufhörlichcn  Heitren  erheblich  pe- 
sehäditrt.  wenn  auch  die  Stimmunp  in  dem 
Fistsiud  «»ine  gehobene  und  fretidipe  war. 

Die  Vorstandswahl  am  S.  Jajiuar  1907 
zeitigte  folgcmlcs  Resultat :  PriLsident,  Wm. 
Prufroek.  1.  VizePrii-si«lent.  Gust  Giitz: 
2.  Vize- Präsident,  i'hiw.  .\.  Leibnitz;  Sckn». 
tär.  Wm.  C.  F.  I^-nz:  Prot.  Sekretär,  Emü 
Le<inhanlt.  Finanz-Sikrctär.  F.  J.  Cartail 
iuhI  Si'hatzmeistcr.  .\utr.  II.  lIofTmann. 
Direktoren  wurden  dii-  Herren:  K«lw.  V. 
P.  Sehneiderhahn.  I/»uis  Wi^sbivhcr,  Dr. 
(Jeo.  Richter.  Chas.  A.  PfeitTcr.  Hernh. 
Kösters.  I/<'o  (»sthaus.  Chas  Sehweikhanlt, 
J.  A.  Val.  Schmidt.  Dr.  Ilu-.'o  Kinncr.  Ph. 
Morlang.  Oscar  Ilorn.  Wm.  Vn«'h.  Juluu» 
Honvrner  und  l>r     \I.v    W.  rtl«      Im  L.iufe 


S38 


DKK    DKrTSCH  A.MKKIKANISCIIK    XATIONAL-BIM) 


(li'.s  Vorjahres  Iwittcii  Kansas  City  und  St. 
J(».sfpli  Stä(ltf-\'frl)äiMl('  iroirrüiult't  inul 
oi«;»'nf  licanitt'n  i-iwälilt.  Kansas  City  Di', 
von  Quast  und  St.  .IiKi-pli  .Inlm  Xiissrr  al.s 
Präsidcntfu. 

Aidä-sslidi  des  7"».  'I'odfstayos  des  Dieh- 
t(M-fürstt.'n  .Johann  WoItVan»:  von  (Jöthe 
veranstaltoto  der  Zw('i«rverein  St.  Louis  im 
April  limT  ririr  akadcniisclu'  Feier  unter 
Mitwirkun«:  der  deutschen  Tlieater-lJesell- 
.schaft. 

Durch  Veranstaltung  dieser  würdigen 
(i'edäehtni.ssfcier  hat  sieh  dei'  Zweigverliand 
nielit  nur  seinen  Mitgliedern,  sondern  auch 
aiLsserhalh  des  Hundes  Stehenden  gegen- 
über ein  hohes  Verdienst  erworben  und  zu- 
gleich den  Heweis  geliefert,  dass  es  ihm 
ernst  ist  mit  seiner  Aufgabe:  der  Aufrecht- 
erhaltung und  Förderung  des  Dentsch- 
thums. 

Einen  der  bedeutendsten  Fortschritte, 
den  der  Zweigverband  zu  verzeichnen  hat, 
ist  die  Einberufung  einer  Staats-Konven- 
tion und  die  Gründung  des  Staats- Verban- 
des für  ^lissouri  und  das  südliche  Illinois, 
welche  am  6.  September  in  der  St.  Louis 
Turnhalle  in  St.  Louis  bewerkstelligt  wurde. 

Während  im  Oktober  1905  der  Zweigver- 
band nur  aiLs  St.  Louiser  Vereinen  bestand, 
hatten  sich  im  Laufe  der  letzten  zwei  Jahre 
infolge  der  Protestbewegung  und  auf  di- 
rekte Agitation  hin  auch  Vereine  von  vielen 
Städten  in  Mi.ssouri  und  Illinois  als  ]\Iit- 
glieder  aufnehmen  lassen.  Die  bestehende 
Organisation  des  Zwci«rvei'bandes  wai-  nicht 
mehr  den  Verhältnissen  entsprechend.  Da- 
her wurde  die  (Jründung  von  Städte-Verei- 
nigungen zur  dringenden  Xothwendigkeit. 
Durch  die  Konventions-Beschlü.sse  vom  6. 
September  1907  wurden  die  einzelnen 
Städte  selbständig.  Jede  Städte- Vereini- 
gung organisirt  sich  seither  in  Ceberein- 
stimmung  mit  den  Gesetzen  des  Xational- 
Bundes.  unabhängig  von  den  ül)rigen 
Städte- Verbänden.  Das  Ganze  zentralisirte 
sieh  hinfort  in  dem  Staats- Verband  für 
]Mi.«-*!0uri  und  das  südliche  Illinois. 


Die  ei-ste  Staats-Konvention  verlief  sehr 
harmonisch.      Es   waren    auf   derselben   .')4 
N'ereine  durch  V2()  Delegaten  vertreten,  oii 
wohl    der   Zweigverband    damals  .■^chon  i)4 
\'ereine  als  Mitglieder  zählte.     Der  neu  <:. 
gründete  Staats- Verband  erwählte  fid^einj, 
Beamten:     BiHulesbeisitzer.     Wm.     ('.     ].■ 
Lenz,   St.    Louis:     PriLsident,    Edw.   V.   ]'. 
Schneiderhahn.   St.   Louis:    Vi/.e-Präsideiu 
John  Li])pert,  Kan.sas  City;  Schat/.meLster. 
Aug.    H.    Ilott'mann,    St.   Louis;   Korresp 
Sekretär,  J.  A.  Val.  Schmidt.  St.  Louis,  und 
Prot.  Sekretär.  Chas.  Botz.  Sedalia. 

Im  Ziusammenhang  mit  der  Staats-Kon 
vention  feierte  am  7.  September  der  Vcr 
band  seinen  Deutschen  Tag  in  den  ForiM 
Pai-k  Ilighlands  in  St.  Louis.  Leider  wiinl 
die  Feier  am  Abend  durch  Regen  und  (Je- 
witter  sehr  beeinträchtigt,  dennoch  kann 
sie  als  grosser  Erfolg  bezeichnet  werden. 

Im  Oktober  1907  .sandte  der  Staats- Ver 
band  Herrn  John  Xusser  von  St.  Joseph. 
Beisitzer  Wm.  C.  F.  Lenz  und  Frau  Fer- 
nande Richter  von  St.  Louis  zur  Hundes- 
Konvention  nach  X'^ew  York,  deren  Resul- 
tate in  einem  Berichte  des  Beisitzers  dem 
ZweigA^erband  unterbreitet  wurden.  .'i(HMi 
Kopien  dieses  Berichtes  wurden  als  Propa- 
ganda-]Mittel  gedruckt  und  versandt. 

]\Iit  grosser  Genugthuung  kann  der 
Stadt-Verband  St.  Louis  auf  die  Erfolp- 
der  Jahre  1906  und  1907  zurückblickt'n. 
denn  in  dieser  Zeitspanne  erweiterte  sifli 
die  ]\Iaehtsphäre  des  Verbandes  in  Stadt 
und  Land  bedeutend,  die  Zahl  der  ihm  an- 
gehörenden Vereine  wuchs  auf  über  hun- 
dert, auch  verbesserten  sich  die  Finanzen 
des  Bundes  ganz  bedeutend.- 

Den  Prinzipien,  die  es  sich  gestellt,  nicht 
nur  einen  Verband  ins  Leben  zu  rufen,  son- 
dern ihn  auch  auszubauen  und  zu  erhalten, 
und  ihn  zu  einem  kräftigen  Bollwerk  pe?cn 
das  ;^^uekerthum  zu  erheben,  i.st  Missouri 
stets  treu  geblieben.  St.  Ijouis  ging  mit 
gutem  Beispiel  voran,  aber  auch  St.  Jo- 
seph, Kansas  City  sowie  Joplin.  Sedalia  und 
andere   Städte   haben   Grfts,ses  gelei.stet  — 


DKK    VKKKINUSTKN    STAATKN    VON    AMKUIKA 


RHU 


all<-  luilu'ii  IIhimI  in  Ihuid  ^'fiirlu'itrt  iiini 
in  (l«'iii  .lalirr  l!KiS  niich  inif  |i(ilitis(>liciii 
Fi-Mf    Krfnljif  fr/i«'lt. 

I)it>  für  (Ins  Jiihr  l!H».s  .^'.waliUi'ii  Hniiii- 
tni  «It'.s  Sta«lt-\'<'rli:iiul«'.s  St.  htmis  sind: 
I*nLsi(l»*nt.  <m'o.  Uückoldt :  Vi/»«  Priisiih-nt. 
i'hns.  Lfihnit/ :  2.  \"i/.» -I'rä-siili'nt.  H«'ii. 
KösttTK;  Sfhat/iin'ist.'r.  Aui:.  II  II«>iTiiiaiiii : 
Korr.  Sckniär,  Win.  C  K  K«'n/. ;  l*r(»t. 
Srkr»'tär.  Kiiiil  hfonliaiilt  ;  Fin.-S.«kr«'tär, 
F.  .1  ('artall.  I)«t  Sta<lt-Viihan«l  St.  .Fo- 
s««|>h  iTwälilti-  Ilt-rni  .Inhii  Niis.sfr  /tun 
l*rilsi<|t'nt<'ii ;  »It-r  Sta«lt-VciliaiHl  Kansas 
("ity  Ilcrrii  Win.  Li|»|»t'rt  :  Ost  S».  I.ouis 
HiTfii  W.  HrrltiM'k:  ('alifornin  llrrni  .I«ilm 
Asahl :  Si'dalia  llt-rrii  Clias.  liot/;  .Joplin 
II«'rrn   I-    K.   Vuskainpt. 

Im  .lalin-  l!H>S  saluMi  »li«'  nn-isti-ii  Stäiltc- 
V«'rhän<le  von  irrüsstTfii  Ffiern  al).  OKst-hon 
St.  liOiiLs  (las  l(N)jii))ii<4i-  .liilti  itiini  von 
Fichtt-s  R»'(l«'ii  an  die  ili-utsclu'  Nation 
<liir('h  »'int'  akadtMuisrh«'  F«'irr  in  di-r  Lii'drr- 
kran/I lallt-  unter  der  Lcitun*^  von  •!.  A. 
Val.  Schmidt  in  würdiy;t*r  Wfis«-  und  rft-lit 
«■rfoljrn'irh  hr^inj;.  (thsi-lmn  St.  .loscph  und 
Kansas  City  und  auch  Si'dalia  dfutscln- 
Volksfi'stf.  und  /war  vor  di-n  l'rimärwah- 
U'U.  ahhifiti'n  —  im  (iros.s«Mi  und  (Janzm 
vorein  irrten  sich  »lit*  N'erliändt'  /.ur  jit-hcin- 
Kam»*n  H«'kämpfun|r  <l«*s  .Mu«k«*rtliums.  di-r 
l*rohil»iti«tn.  zu  i*in<*r  Krzirhun^rs-Kainpajrnf 
im  Staatt*  Missouri  in  Sa«-Iu'n  <lfr  pci-sön- 
lichrn  Freiheit. 

rntt-r  dem  Vorsitz  ties  Präsident«-!!  K»l\v. 
V.  1*.  Sehneideihahn  hielten  die  Veit  reter 
der  einzi-liien  Stä«lte- Verbände.  .lohn  Nus- 
wr.  .lohn  Lippert.  C'has.  Hotz.  Auvr.  II. 
HofTmann.  Wm.  ('.  F.  Lenz.  J.  A.  Val. 
Sehmidt.  ("hais.  Leihnitz.  (JiH».  Küekoldt 
und  G.  L.  (lötz.  Spezialversammlunv'en 
ah  und  erläuterten  «lii«  später  von  allen  Ver- 
einen  put^eheissenen    Kampa«:nepläne. 

Auf  die  an   versehie<lent*  (Jenossenwliaf- 
t«'n    erlassenen     AutT(»rderun^'en     für    jtei 
steuern    zum     Kam|>airnefond    liefen    hahl 
v«»n  allen  Seiten  ^'rös.sere  lieiträpe  ein  und 


«    ni- trii -liten     eine    ener^iiwhe     Durehfüh- 
I  !n  c  der  Kampn(!ne. 

Is  war  hesehlossen  w«»nlen.  v<»n  Zeit  zu 
/.'eil  aufklärende  Pamphlete  üIht  «leii  gan- 
zen Staat  zu  .senden.  -  Uis  zum  1.  Sepiein- 
her  l!M)S  en<ehienen  vier  Pamphlete:  1) 
..Die  F..l>ren  «ier  Prohihition";  2)  "Effwt 
"t  Prohihition":  -i)  "  DitTen'Uee  iN'tweiMi 
r<-mpereiiee  and  Proliil»iti«»n"  un<l  4*  ein 
illuvtrirte.s  Pamphlet,  die  unlauteren  Ziele 
und  Folgen  der  Pnihihition  darstellend. 
Wohl  i-in  jejler  hat  Kinsi«-ht  in  <li<'se  Mro- 
.»«•hün-n  yenoiinnen.  welche  in  Kxempiaren 
von  100,000  und  mehr  nicht  nur  in  .MiK- 
.souri  den  ^-wünschten  Krfojjr  erzielten, 
sondern  auch  auf  Krsuchen  weit  üImt  die 
(Jrenzen  de«  Slaat»*s.  in  Ariz^ona,  f'nliftir- 
nirn.  Ohio.  Illinois  etc.  zur  Vertheilun^.'  ife- 
lan<rten.  Doch  nicht  ^'cnuj»  mit  »ler  Ver- 
lireituii!,'  dies4-r  Hroschüren.  der  Staats- 
Verltand  sandte  auch  He<lner  ( u.  A.  tien 
lM-rühmt<  n  Kämpfer  Dr.  Pedro  Ilp-n)  na»-h 
Stiidt(-n.  wo  Prohihition  in  ..I./4N*al-()ption- 
Wahlen"  zu  sieben  «Imhte.  Wo  immer  «h'r 
X'crhand   aktiv  einjjriff.   war  der  Sii-j;  auf 

s«-incl-  .Seite. 

AU  die  Primärwahlcn  näher  rückten, 
stellte  der  Staats- Verhaiid  Fra^'cn  an 
sämmtliche  Kandidaten  üher  ihre  Stellung- 
nahme zur  Pnihihition  uml  pcrsöidichen 
Frciht-it  uml  verhreitetc  «lic  S4>dann  fje- 
druckten  Antworten  an  all«-  .Mit};lit-der  und 
Kampftrenossen.  Kansas  City  und  St.  Jo- 
seph hatten  (ielepenheit.  ihre  Stärke  in  den 
li>OH  statt tindcndcn  städti.scix-n  Wahlen  zu 
zci|.'en.  Sie  nominirten  einen  >;n>KiM'n  Theil 
d<'r  Kamli«laten  und  erwählten  <|icsclhcn. 
so  z.  li.  der  St.  .luscph  StJidt  Verhand  den 
.\Iayor  der  Sta<lt. 

In  den  Ta^cn  vom  '.i.  Ins  •>.  <  >klol».-r  PMJrt 
hielt  ihr  Staats  X'crhand  von  Missouri  seine 
zweite  .lahn'H- Konvention  in  «ler  St.  I/ouis 
Turnhalle  zu  St.  I^mis  ah.  in  Verhindung 
mit  einer  zweitäjrijren  FciiT  d««  Deutschen 
Tayes  anlässlich  d«-«  'JJ.'»sten  Jährest  äfft« 
der  Landung  der  erstt-n  <leutM'hen  .NnsiiHl- 
ler  in  (teriiiHntown.     Die  Konvention  nahm 


840 


DEK    DEUTSCHAMERIKAMSCHK    XATIOXAL-BL'XD 


einen  ebenso  hai'nioniseheii  und  voiwärts- 
strel)enden  Verlanf,  wie  die  voi'.jähri.Lre  und 
es  wartMi  bei  derselben  80  Vereiiir  diiich 
155  Delerjaton  vci-tretcn.  ol)gl('ieli  der 
Staats- Verband  am  Scblussi»  des  Vereins- 
Jabres  fine  MitLrlicdscbalt  von  li^ö  Vor- 
eincn  anf/nweisen  hatte. 

Die  Heriehte  der  einzehien  Hcamtevi  über 
die  anjrestrenjrte  Thätigkeit  des  Staats- Ver- 
bandes von  Missouri  sowohl,  wie  des  Stadt- 
Verl)andes  von  St.  Louis  und  die  im  ;ianzen 
Staate  erzielten  grossen  Erfolge  bildeten 
den  Ibihepnnkt  des  p]nthusiasmus  djr  Ver- 
sammlung und  endeten  mit  der  Ernennung 
des  Pi-jisi(lenten  Edw.  V.  P.  Schneiderhahn 
Zinn  Eliren-Pi'äsidenten  und  des  verdienst- 
vollen Kongress  -  Abgeordneten  l\icliard 
Partholdt  zum  Ehrenmitglied  des  Staats- 
Verbandes,  in  Anerkennung  ihrer  Ver- 
dienste um  den  Verband.  Der  bi.slierige 
Bunde.s-Beisitzer  Wm.  C.  F.  Lenz  wurde 
l^er  Akklamation  wieder  erwählt. 

Ferner  wurden  die  ursprüngliclien  Be- 
sehlü.sse  der  ersten  Konvention  gutgeheis- 
sen,  mit  einem  erneuten  Protest  gegen  die 
Vergewaltigung  der  politischen  Rechte  und 
persönlichen  Freiheit  der  Bürger  durch 
einseitige  und  unnöthige  Gesetze,  lespek- 
tive  deren  Anwendung.  Auch  ein  Be- 
schluss  zu  Ounsten  vo)i  ,,IIome  Rule"  und 
"Waldschutz  wurde  angenommen  und  auf 
Emj)fehlung  eines  Spezial-Komites  eine 
Anzahl  Kandidaten  für  Staatsämter  indos- 
sirt. 

Als  näehstjähriger  Ort  für  die  Abhaltung 
der  dritten  Jahres-Konvention  des  Staats- 
Verbandes  wurde  St.  Joseph  auserkoren 
und  demgemäss  auch  dieser  Stadt  die  Zen- 
trale übertragen,  indem  in  Uebereinstim- 
mung  mit  den  Gesetzen  die  folgenden  Be- 
amten gewählt  wurden  : 

Prilsident.  John  Xusser,  St.  Joseph. 

1.  A'ize-Präsident.  John  Lippei't.  Kansas 
City. 

Weitere  Vize-Präsidenten :  Adolf  Suto- 
rius.  Kansas  City;  R.  Joucken,  St.  Joseph; 
Cha.s.  Botz.  Sedalia. 


Korr.  Sekretär.  Alfred  Meier,  St.  Joseph. 
Prot.    Sekretär,    Prof.    Ernst   Wolff,   St. 
Tiouis. 

Sehatzmei.ster,    Aug.    Tl.    IToffmann.   St. 

Louis. 

Am  lolgenden  Tage,  am  Sonntag,  den  4. 
Oktobei-.  fand  die  Fei(»r  des  Deutselu-n 
Tages  statt.  Sie  bestaiul  aus  einer  grossar- 
tigen  Parade,  einer  Massen-Demonstration, 
an  welcher  sich  fast  .jede  deutsche  Vereini- 
gung der  Stadt  mit  Fahnen.  .Musikka|)ellen 
und  Ti'oiiiiiilei'-Korps.  sowie  Vertreter  des 
prominenten  Deutschthums  m  Kutsehcn 
betheiligten  und  in  welcher  sechs  prächtige 
histoiische  Schauwagen  mitgeführt  wurden. 
Obwohl  die  Kolonnen  in  Keihen  von  je  acht 
]\Ia])n  marscherten,  nahm  es  doch  über 
eine  Stunde,  um  einen  gegebenen  Punkt  zu 
passiren,  und  ist  die  Zahl  der  Theilnchmer 
am  Zuge  mit  25.000  stimmberechtigten 
Deutsch  -  Amerikanern  keinesweg.5  über- 
schätzt. 

Die  Abendfeier  im  Odeon  bildete  gleich- 
zeitig die  EröfT^'nung  der  Deutschen  Thea- 
ter-Saison in  St.  Louis;  es  waren  für  diesen 
Zweck  vier  patriotische  Einakter  auf  den 
Spielplan  gesetzt:  1)  ..AVeimar— LSOÜ": 
2)  ,, Vorwärts— 1815";  3)  ..Sturme.sgloeken 
—1848"  und  4)  „Wörth— 1870".  Die  An- 
sprachen der  Ehrenmitglieder  Edw.  AV.  P. 
Schneiderhahn  und  Piichard  Bartholdt 
dürfen  als  Perlen  dei-  Rhetorik  und  der 
Gesinnung  bezeichnet  werden  und  fanden 
den  stürmischen  Beifall  des  Auditoriuni.**. 
Wer  diese  herrlichen  AVorte  gehört  hat  und 
sie  beherzigt,  wird  nie  zum  AVrräther  am 
Deutsch-Amerikanerthum  werden. 

Ein  flotter  Konnners  am  nächsten  Al)eiul 
bildete  den  Abschluss  der  Deut.schen  Tage 
in  St.  Ijouis.  Freilich  nur  der  äu.sseren 
Form  nach.  In  der  P^rinnerung  werden  sie 
fortleben,  diese  Tage,  Avelche  die  Bürger- 
schaft deutscher  Al)stanunung  in  Ali.ssonri 
fester  als  je  vereint  haben  in  dem  Bestre- 
ben, das  heilige  Gut  ihrer  Väter,  Jas  auf 
unantastbare  Ehrenhaftigkeit,  auf  strentre 
>rainieszucht    und   Jahrhunderte  hindurch 


I>I:K    \KKKINHiTK\    STAATKN    VON    AMKKIKA.  841 

erprobte    K«clit.s-    uiul    (M'tvchti^rkt'it.s-IVin-  siuhti"  (lasi|l»st  dir  kntliolisclii'ii  l*farr>«'liii- 

zipion  ba-sirt»'  Htvht  «Kt  pi'i-söiilicln  »i  Fn'i-  Irn,    AMttirit'tit    «Irr   St.    l<<MiiK   rnivi-rsita' 

heit  zu  uahnii.  zu  .schützen,  :u  Intj^n  und  iiml  «l«*s  .Iura  ('ullf^r  «li-r  WasluM^toii  lin 

zu  pfluji  i>  v«*|-silät.    Anwalt    und    .Mit^li«*d    i|«*s   (  Uht- 

Schlirs-s«  II  wir  unsi-rn:  Iti-r  flit  im  di-ni  It»'-  haiisrs 
w.i.sst.s..in.    in    <|,.n    vi.-r   .lainvn    i\.'^    ii.-str-  ./„/,„   i,,^,,„rt    (4).  l'raMdmt   drs  Stadt- 

lu'iis    d,^s    Zuviirv.'rl.and.'s     von     Missouri  v- ilnn.l.-s    Kansas   City.    fr.-l)on-n    lK4r>    in 

(Illinois  ist   in/\vis(.|i.'n  s.'lliständi>:  .^'.-wor-  .\,.,iall.rnr..uth.  hay.Tn.  ls:,:{  ..injr«-.v"nd.Tt 

den)  st.'ts  nur  das  WrsW  L'«*wollt  /u  hnh.'n.  ,„„.|,  ToU-do.  Soldat  im  Biirtr.-rkri.-t:  unt.-r 

"'^•ht    zu iiT.'nrn    pcrsiinlich.'n    Vorthril  siimuan.    «»it    1S7!»    ansiissij;    in     Kansus 

und    NutziM).   sondrrn    zum    Wohl    di-s    >ro-  city.     |),.korat.'ur    und     MaU-r    von     Pro- 

sammtt'ii   Staatswcsi'Ps  ftnisitm 

Mö};rn    unsiM'»'    Nachfol'.'fr    und    unsere  ,      ,      i-  •     ^.  i        ,,    ,-\     ..  ■      »••       • 

- .     ,  ,  .       ,.        ,  .  ,  ,,  .  '/.    .1.    \(U.    Srinindt    (;j).    Sfkretar   d'S 

Na<'likommi'n    ni    die    »rNMchi'n    russtapfi-n  ....         i       i       m  i  .w    o 

......  \  Staatsverhan<H*s  Mo..  p-lMiri'H  am  2(».  Sep- 

treti'U   inid   für  die  lichn-n  Zicli-  und  fort-  .       ■         i^,-»  m       i  r     .  \i   •         i 

t<'ml)i'r    IN(>.{   zu    !•  raiikfurt    am    .Main,   als 

selirittli«lu'n     humanen     Hestrchunii 'U    «les  i-      ..  iw^n  i     ♦    • 

~  K;iutm:uui   «'rzoirrn.   IHh!»  «'ui^ewandert   in 

I).    A.    X.    Bundes    weiterkämpfen,    uiul    «li«-  »  -i.  i    w<<     i        :        i        n    .        •.    t^iiui 

'  Amerika,  nach  St.  Louis,  tlaselltst  s«'it  IH'Ml 

Krlialtiin<;    rn<l    l*Me,'e   i\fv   Mutterspraehe        i  4       u     i  i    i.  \%-  1.  l'.   1 1 

"^  '  als  erster  liuehhalter  eines  \N  elt-Ktahlissc 

ni«'lit  veniaelilässifren  I  .,    «i-.; 

"^  liieiits  thatltr. 

\<innii  th  r  IliaiiiliH.  Auff.   IL   llnffiminii    (Ci).   p«'lM»ren   am   0. 

Die    Beamten    des    Staatsverbaiules    Mis-  ''""'    '^'•"   '"   ^^-    '^•'"'^-   •^'"  •   »"•'^""••"•-  «•"- 

souri  sind  auf  Seite  S42  al)^rel)ihlet  ^•"'"*^  •^'•'  ♦l«-»'t'<»'»»'"  S.-hulen.  :«>  Jahr.«  in. 

.,,         .    f     ,     •,      ,      , .  Kisenwaaren  -  (i«*sehäft     tliätip;     Direktor. 

f  fias.  A.  Lnhiiilz  (  1  ).  \  ize-l'ra^ideiit  vis  i,  •  ••  1     .         1       .   ,..,„.  1.  •    •  i     »  j 

...,,,,,,,.  ,  .  \  ize-rrasideiit  uml  seit   l'MKi  Präsident  d"r 

Stadtveihandes  St.    Louis.  »r,.|,oi,.:i   am   _'S.  ..     ,,,,..         ^  o      ■     1    i   1        xi» 

,      •,,,.,        ,,.,      ,  .     ,  North  Westein  Savin^r^  Bank.  4  .lalire  Mit 

.Juni  Ls<)j  zu  hilenlmri;  in  S:iehsen.  erzt»}ren        ,     ,     ,        ...      ,  ..  •    .        •.         1 

,..,,,.  .        „       .  .  'Mied     des     Olierhauses.     SehatZllielster    des 

in  Leipzip.  Kaurmann  von   Profession,  seil  ,  ,       •        m-  1     o.    1. 

,^,^,-.   .       .         .,         .-    ,   ,         .       .         .  Staatsvei  handes     .Mis.souri     und     Sta<itver- 


handes  St.  Louis. 


IHSO  in   Ameiika.  LT)  .lahie   in   dem   Putz 

waaren-Knpros-G'est'l.äft  vi  n  (Jaier  »ii  Stroh 

Müly  (•«»..  und  seit   fünf  .Jahren   Direkt«. r  ''■  -l  ■  <'("ioll  (7).  peh«.r.-n  am  lö.  D.wm- 

und  Theühaher.     Sehr  aktiv  in   «h-iitseh.  n  '"''"    ^^^'^    '"    Hniuns.-hweiv.   «lort    erzogen. 

iin«l  lM'i«.ndei-s  Sän«r.'r-Kr«M.sen.  Kaufmann    von    B.'riif.  s.'it    ls«^l    in    Ame- 

M-        /•     I'     f           ,.1       I,       1      ..  lika      'riieilli.ili.i'     .•in.'-.      l-'iiirros-BauhoIr 

dm.   f.   /•.   Lf  HZ    (2).    Bumles-Beisitzer  ]        ..  ' 

für  «len   SlaatsverhaiKl    .Miss<.uri.   Skn'tär  '•«'^'••'"f'''" 

d.'s  Sta«ltverl.an«les  St.   Louis,  pelion-n  am  f"'"'   -^'"•''*'^''   (^^.   Präsith-nt   «h-s  Staats- 
1.  Mai  IHh  zu  Lan.lsherpa.  W..  erz..ff.'n  da-  verhaiul.'s  un«l  «les  Sta.ltv.'rl>an«l.'s  St.  Jo- 
«•Ihst    als    Kaufmann,    spät.-r    in     Berlin,  s.-ph.   IlerausHier  «h-r  St.  .lo-eph  ..IN.st "  . 
Wi.n.    Tri.-st.    seit    1H87    in    St.    L..uis   als  jr»'»H.r«'n  zu  Burpen  in  Bayern  am   14    .luli 
\aufmann  thätip.  spät.-r  als  ,I<.uinalist    hei  1^'»*-  »'rz'»».'«-!!  in  Aupshurp  h'k  L»«hrer.  ein- 
her ..Amerika".     Vier  Jahn-  Berniter  der  ^"•^^»ll«l'•rt      1S7:{.        Im     Zeitunv'sp.*s..hiift 
A'eltaus.st.'lluiip.    dann     L.'if.-r    «les    Kam-  '•''•' '^'  '''"^^    '"   M'l«»uk.-.-.  «lann   Si.   Louis 
.apiM'-Bur.'aus  «h-s  NatioiialPim«l.-s  in  .Mis-  « '"1  >'»"  '•>  •'^'    .l";e|.h.     (  II-"   \'  '^  --r  ^tirl) 
«»uri.     S«'it    1:mi.'»  Anp.-ste||ter  «l-r  ..\V«-stl:-  aiifanps  d.-s  .lahr«-s  1«m;«>.  i 
•>«'»  l'<»st*'.  f',,,//  \\     /•   Ltnnhanll  (in.  p.'lM»ren  ISÜ', 


r.  /'.  Silnit  idtrhdhii  (iti.  Klir«-npriLsi-  in  Calw.  \Vürtt«'mh«'rp.  seit  IHSM  in  St. 
«'iit  «l«'s  Staatsverhan«I«'s  Mo.,  pelwiren  a»M  Louis.  .Mo..  Beri«'ht«Tstatt«T  der  ..Westl. 
■i.  September  1874  in  St.   L«»ui.s.  Mo.,  he-      Post"  v..ii    issti  bis  IHfW.  später  S«'kretiir 


842 


DER    DKrTSClI  AM KKIK ANISCHE    NATIONAL-BUND 


nKi 


{     XKIfKIMCTKN    STAATKN     \«».N    AM  l.KI  KA. 


R43 


«los  31.  Natioiml-Siin^ffrft'stt's  <l»'s  N.  Am. 
Säü^frliundrs.  jHzt  Ituchluiltfr  l»'i  Otto  K. 
Stifcl.    prot.    Srkrt'tär   «It-s   StjMltv.rl>{iinl.>s 

St.  Luiiis. 

i'hns.  lintz  (10).  ^fliortMi  zu  Zfiitlifiii 
in  Hjulni  nu\  2!».  Mai  1858,  Bu<-Ii(lnirk  r. 
I[«'rams^r«'l)«'r  (l«'s  ..S«><|jilia  .loiiriinis".  «»in- 
«rrwandiTt  1874.  s«'it  18S2  in  Si-dalia.  prot. 
S»'kr«*tär  ili-s  Staatsv«'rl)an(I(>s   .Mis-sowri. 

litnih.  A.  Knisttrs  (11).  ffolMjrt'ii  am  1*>. 
Fchruar  18.V2  in  Wistf  lu-i  Wrrlt«'  in  Ilan- 


n(»v«M\  Irintf  «ln.s  TiKchlcr-ilandwrrk.  sfit 
«Kmii  \).  SrptnnluT  lh73  in  Amerika.  K«»n- 
tntktor  innl  liaulifrr.  Viz<'.|*ni.siiU'nl  »Irh 
Stallt vrrlMUul«'s  St.  I^'uiis. 

(itit.  IkiitrknhU  (121.  wurde  am  14.  .la- 
nuar  1S.'>2  in  Waldliappil.  II«*.ss«'H-Nas-  i 
jrtlKirtMi.  rrlcrntf  da.s  Ti.s«'hlfr-nand\\«:  .. 
seit  18S1  in  St.  liouis.  im  wIlM-n  .Iah:«- 
.sclltständi^  als  Fabrikant.  IVäsidmt  lunl 
Kijri'nthüiiH'r  dtr  Stjuuii-KtKikoldt  Fi.\- 
turc  Co..  I'rä.si<|int  d»»s  Stadt  vcrliHiidri 
St.  LouJK. 


Deutsch  -Amerikanischer   Zentral  -Verband 

von   New  Jersey. 


I)»'r  DcutscIi-AiiH'rikaMisflit'  Zt-ntral-X'cr- 
Imnd  von  New  .It*rstv  wurde  im  .Jahre 
UM »2  peff rundet.  Derselbe  hi-steht  zur  Zeit 
aus  foljrenden  Städte-  und  County- Verei- 
nigungen : 

Deutseh  -  Amerikaniseher  Zentralverein 
V(tn  Hudson  Coiuity.  zu  weUhem  die  Zweijr- 
vereine  in  Hnhoken.  .j«'rsey  C'it.v.  W<h'- 
hawken.  W»*st-Hohoken  und  Town  of 
l'nion  ffehören. 

Zentralverein.  Orange. 

Zentrjdven'iu.  Atlantie  Cit.v. 

Zentralverein.    Trenton    luid    ^nl^'e^'elMl. 

Zi'ntrai verein,  l'aterson. 

Zent ral verein.  ( 'amden. 

Zentral  verein.  .Middl(*sex  County.  7m  dem 
Zweijfvereine    in    Sayn'viUe.    .\ew     liruns- 
wiek  \nul  I'ertli  AndM»y  ^rehören. 
Zentralv«*rein.    1'as.saie   und    rm^.'«'p'n<l. 

Zent  ral  verein,   KlizalH-th  tui<i   l'mjre»ren«l. 

Zentralverein   v<in   Newark. 

Die  7.  .lahresversaminhnitr  tand  iim  4. 
April  1!>(M»  in  der  Turnhalle  in  Canulen 
statt.  Ks  (falM'U  sieh  da.sen>st  jjros.m*  lie- 
ffeisterunjr  und  enjster  Wille  für  tlie  För- 
derunpen   der   Hi'strelMuipen   «les   National- 


Huntles  kund.  .\us  »len  zahlreichen,  zur 
Annahme  ^elan^teii  Bes«-hlüs.s*ii  situi  die 
naehstehenden  hervorzuhelw-n  . 

Auf  Antratr  des  Komiles  für  Bundesan- 
fjelenenheiten.  I»»steh«'n«l  aus  den  Herren 
A.  Lankerinjr  von  Hudson  County.  (Jeorve 
Herrmann,  .\ewark.  Kdw.  Martin  von 
l'aterson.  .Fae.  Kittmann.  Trenton  und  .\. 
(»»erst  von  Cumden.  wurde  lM>sehlossen, 
dass  «iie  Bundes- Beamten  jre^jen  einwaiuie- 
runjrsfeindlielu'  (Jesetze  Stellung'  nehmen 
und  dap-^en  protestiren  sttllen. 

Fj*rner  wur<le  U'sehlos.sen.  dass  alle 
Staatsverhäiule  und  I,okal-\'ereini^run^ren 
di*s  I)«Mit.seh-Amerikanisehen  .\ationalhun- 
des  für  Kinführunjr  «h's  deutsehen  Spraeh- 
und  Turn-Cnterriehts  in  eleu  öfTentlieheii 
Sehulen  des  Landes  eintreten  und  dafür 
svKtematiseli  a^^itin'U  sollen. 

Ferner  wurde  iM'sehloKKen.  «lem  nächsten 
Natioiudkonvent  zu  empfehlen,  für  .Mittel 
i;nd  \Ve>;e  zur  daueriuleii  rnterstützunc 
des  deutsehen  Lehrt-r-StMuluars  in  .Mil 
waukee  zu  H<inr<'n  und  Beitrag**  dafür  «ien 
Staatsverhämlen  und  Kinz«*lvereinen  ohli- 
^Mtoris«'li  zu  nuiehen. 


814 


DKK    DErTSCH-AMERIKANISCHE    NATIONAL-BUND. 


Ein  fcriicrcr  Bescliluss.  diT  ;iuf"  p]in|)f('h- 
lung  (li's  Koiiiitt's  »ft'fjisst  wurde,  jri'ht  da- 
liiii,  driss  füi-  den  Pastorius-Üenkiiud- 
Foiids  siinmit liehe  Zent r;d-\'ei-eine  in  New 
.Jersey  im  \'erli;iltiiiss  zur  Zalil  ihrer  Mit- 
fjlieder  l)eitraj;eii.  damit  die  Ehre  und  der 
ffute  Xame  des  Xationalhundes  in  dieser 
Anjjeh'jrenlieit  aufi-eelit  erhalten  und  ge- 
wahrt  werde. 

Es  wunh'  alsdann  zur  Spraehe  ge- 
bracht, dass  Ex-({()uveineur  .Murjjhy  sieh 
in  wegwerfender  Weise  über  die  Einwande- 
rung g(»iiusseTt  und  unter  anderem  be- 
hauptet hätte,  die  Eingewautlerten  füllten 
die  Zuchthäuser.  Aus.serdem  hatte  er  eine 
Koj)fsteuer  von  $100  für  jeden  p]inwan- 
derer  empfohlen.  Das  zuständige  Komite 
berichtete  durch  seinen  Vorsitzer.  Herrn 
George  Grinnue  aus  Xewark.  über  die  An- 
gelegenheit und  brachte  folgende  Resolu- 
tion ein.  die  mit  grossem  Beifall  einstimmig 
angenonniien  wurde : 

..In      Erwägung,     dass     Ex-Gouverneur 
.Murphy  gelegentlich  einer  Zusannnenkunft 
jyromiiH'nter     Hüi-ger     uiul     Beamten      in 
Tienton  sich  in  höchst  beleidigender  Weise 
über    die    eingewautlerten     Bürger    dieses 
Landes  ausgesprochen,  und  in  fernerer  Er- 
wägung, da.ss  besagter  Ilei-i-  auf  eine  an  ihn 
seitens  des  Vorstandes  gerichtete  Zuschrift 
in    keiner    AVeise    reagirt.    also    gewisser- 
mas.sen   die  von   der  Presse  veröffentlichte 
Rede  bestätigt  hat,  In  Erwägung,  dass  be- 
sagter   Herr    in     seiner    Eigenschaft     als 
Führer    einer    grossen    i)olitischen    Partei, 
.sowie    als    Eigenthümer    der    grö.ssten    in- 
dustriellen     p]tal)lissements      einen      .sehr 
gro.ssen   EiuHiLss  auf  die  hiergeborene  Be- 
völkerung auszuüben   in   der  Lage  ist,   be- 
sch Messt  der  Deutsch- Anu'rikanische  Staats- 
Veiband.  die  in   wohlüberlegter  Weise  ge- 
machtin  Ausfälle  gegen  das  eingewanderte 
Element    auf   das    Energischste    zurückzu- 
weisen,   und    erklärt,    dass    solche    Aeus.se- 
rungen  nur  dazu  geeignet  sind,  in  diesem 
grossen  kosmopoliti.schen  Lande  Rassenha.ss 
und    gegenseitige    Volksverhetzung    zu    er- 


zeugen. Eine  solche  That  ist  in  den  Aii«;.-ii 
des  Deut.sch-AiiuM-ikanischen  Staats- Vei 
bandes  durch  einen  Mann,  dem  der  Sta;ii 
New  Jersey  die  höchste  Ehre  erwiesen  uiitl 
das  höchste  Amt  verliehen,  seiner  im 
höch.sten  Grade  unwürdig  uiul  erniedrigt 
ihn  zum  Range  eines  Denuigogen  der  nir- 
drigsten  Sorte,  auf  jeden  Fall  unwünlit:. 
noch  ferner  eine  EinHuss  bethätigendr 
Rolle  bei  den  Bürgern  dieses  Staates  zu 
übelnehmen." 

Dasselbe  Komite  hol)  auch  die  fort- 
schrittliche Gesinnung  des  Einwanderunjrs- 
Kommis.särs  Watchorn  hei-vor.  mid  em- 
pfahl folgende  Resolution  zur  Annahm'' 
die  einstimmig  erfolgte : 

..Tu  f]rwägung,  dass  Herr  Watchorn  in 
der  schwierigen  Verwaltung  seines  Amtes 
sich  stets  als  humaner  und  fortschrittli- 
chen Bestrebungen  huldigender  Mann  er- 
wiesen, da  er  sich  in  gerechter  und  fähiger 
W^eise  der  fremden  feindlichen  Strönumtr 
in  den  Verwaltungskreisen  widersetzt  hat 
und  die  Gesetze  der  ^lenschlichkeit  höher 
stellt,  als  dem  blinden  Fanatisnui>;  jui- 
gcnehm. 

Beschlossen,  dass  der  Deutsch-Amerika- 
nische Zentral- Verband  des  Staates  New 
Jersey  die  edle  Handlungsweise  des  Herni 
Watchorn  hiermit  öffentlich  indossirt  und 
ihm  den  herzlichsten  Daidc  ausspricht." 

Ferner  wurde  beschlossen,  alh^  Städti*- 
Vereinigungen  aufzufordern,  praktische 
Vorschläge  dem  Arbeits  -  Xachweisungs- 
Bureau  der  Einwanderungsbehörde  zu 
machen  in  Bezug  auf  die  beste  Vertheilun^ 
der  Einwanderung.  Der  jetzt  in  Deutsch- 
land weilende  Sekretär  des  Einwände- 
rungs-Komites  des  Bundes.  Herr  Alphons 
Heins,  hat  versprochen,  die  Arbeiten  des 
Bundes  nach  dieser  Richtung  hin  zu  unter- 
stützen. 

Kurz  vor  Schluss  des  Konventes  erregte 
Delegat  Louis  Holler  aus  Camden  eine 
wahre  Sensation  dadurch,  dass  er  zwei  Ge- 
setzvorlagen zitirte,  die  der  Assembiy  resp. 
dem   Senat   der  Staats-Legislatur  von  den 


DKK    VKHKINICTKN    STAATEN    VON    AMKRIKA.  H4* 

Il.'mn     (Hwc'll     iiikI     Ililary     untrrhn'it.t  D.n    VuinjI/.   in    «I.t    Knnwnfi.uj    führt.' 

wonlrii  sin.l.     Di.'  (Hw.'ll'srhr  V.»rlHtfr  Im'-  II.  rr    K.    ('.    Stahl    von    Tri-iii..ii    lui.l    „U 

stimmt,  (lass  rs  <i.ii  Wirtlu-ii  vi'rhotcn  wiii  S..kntiir  ftm>;iit.'  Il.rr  Kiiist  «{.niiami  v..ri 

s.iil.     (Innh      Plakat.-     ...Irr     Srhil.h-r     in  Kli/.alM-th.     Di.«  Ilrrn-ii  A.  Sanjftin.'lt«-  und 

F.'nstrrn  .»«Irr  v..r  ihn-n    iläus.rn  Ix-kainit  Ant;nst    K.-ininuhaus    hrjrrüssti-n    «li««   rlwa 

zu    hcIm'U.     von     wcl.h.r     Hram-n-i,     Hnn  »:<•  D.hjjatm  im  Namm  «l.r  Stadt  Camdm 

nerci,    W«'in-(Jr.»sshandlinijf    vtr.    die    Liv-  und  drs  L.ikalvrrltand.'s  vim  Camdm.  un<l 

tränke   h.-rrühr.'n.   .li.-  s'w  /.um   Ausschank  \'' rl»an.ls.|'räsidfnt  Adolph  Lanki'Hnif  von 

linn^M'ii.  Il.iliiikfn    v.-rlas    seinen    .Iahr<'sl>«-ri<-ht.    in 

Die      Ililan'sche       X'orhi}.'.'      ist       n.M-li  w.I.Ihiii   er  ein.-n    l'rherhiirk   iiln-r  <lie   Im-- 

drastisrher;   sie   ermä.'hti^'t    den    Sta.lt  rat h  fri.Mlij:«  nd»*  Thätij;keit  tles  Verliandi-s  wäh- 

.'ines   j.Ml.n    (iemein\ves<M)s    ein    Aufsiehts-  •'•'"<l    <h*s    vert1os.s<>nen    Jidires.    ninnrntlii'h 

K.Miiite  zu  «'rnennen.  d.'ssen   IMIi.ht  es  sein  •''<*  I^'-känipfun«;  der  Lo.-al  Option- Vorlaufe 

soll,   für  strikt.«   .\ustulirunir  all.-r   Aeeise-  '"    der   Staats-Le^'islatur   von    New   Jersev 

ii.'stimnnui^en   /u   s.»rt.'«*n:    fcin.r  sull   .las  >?-'''       M.rr    Lankerinj;   schloss   M-im-n    mit 

Komite     Listen     anfertifjr.-n     mi.l     .Iru.k.-n  U'»''ss.iii    li.'ifaJI   auf<.'.Mionnnenen  .)aliri>slH*- 

lassen  mit  den  Xani. 11  s.»lih<'r  l'ers.»nen.  an  ''''''    '"''    f••l^'t'nd.•n    Worten:    ..Krfoljj   ist 

w.'l.-he    wepn     rniiiässi^'k.'it     im    Trink. ii  ''''''  •inzitr«'   Lohn    für  zi.lhi'uusst«-   Arheit. 

jreistige  betränke  ni.-ht  verahreielit   w.M.li'n  """'   Jiiijr.-si.hts   .h-r   vorli.'jrmden    H.-ri.hte 

sollen.     Diese  Listen  sollen  in  jeder  Wirth-  ^''•^••'i<•llt   es  mir  zur  l».'sonderen  (ienu^thu- 

s.'haft  Huffjehän^rt  werden  und  Wirthe.  die  >"'^'    k.mstatinn    zu    können,    dass    überall 

trotzdem  an  solche  Personen  v.-rkauf.'U.  im  •'n.'rjris.li.'   Thätij;keit    mit    Krf.ilj;  gekrönt 

.'iNten  l'ehertretuntjsfalle  zu  H^-')**  Strafe,  im  ^^■"'*  ""•'  .Mittrli.-der,  welche  jfanz  iK'sonden* 

zweiten    mit    $l(Hi.    heim    dritten    mit    $!.')(»  dur.li    Kif.-r   und   Fleiss  die   Aufmerksam- 

und  hei  einer  nochmaiitr.'n   Verl.'tziuijr  des  '^*'''    ''""''   >ihri«r.-n   auf  sieh   fj.'l.nkt    hahen, 

|Verl)ots    mit    Kntzi.'himtr    <l.r    Liz.-ns    h.--  Anerkeiininitr  jrcfund.-n  haln-n.  Diese  That- 

traft  werden.  sadi.'     weist     auf     p-sunde     Kntwiekiunt;. 

Das      Le-islatur-K.m.ite      wunl.-      heauf-  '""''■'"■  ''"**  ^•'■""•'  '•"^'•'""•>"   •'••sseren   Ver- 

ra^t.  eneivis.h  ^cp-n  di.-  Annahme  .li.-ser  "^t"'"»'"^^'''^    •'"•   ""^••'•'-    H«*strehunj;en   eine 

K.i<le„    tvrannis.h..n    V..rlat:.n    sei^ns   d.-r  "^^'*'^"'  "'''"   ^^"'*'   "'"^  ""  'l''"   '»*''*^''"   ""^- 

epislatur  zu  pn.t.. stiren.     Die  l,eid,-n  V..r-  """^'""   '"''•<•"•»'< '^"- 

apen     wurd.'ij     in     schärfster    Weise    ver-  "^''t    jrros.sem    Knthusiasmus   wurde    liun- 

lammt.  des-Präsident   Dr.  ('.  d.  llexamer  lM'j;rü.H.st, 

Herrn    Col.    Ernst    ('.    Stahl    wurde   ein  J**'*    '"     He^h'itunjr    des    Hundes-S«'kretärs 

Vertrauensvotum    ertheilt    luid    die    Hand-  -^doIph      Timm     d.T     Versamndun^'     hei- 

nntrsweise    (Jouvcin.'ur     K<»rt'.s.     der    ihn  wohnt.-.       D.-r    \'.»i-sitzende    st.-llt«-    Herrn 

li.ht   wi.-<ler  als  Mit^riic.l  .l.-r  Kommissi.m  H.-.xamcr  ids  den   ...-inzip-n    Mann    in   den 

l.-s  unter  seiner  .Mitwirkung'  f;ef,'ründ.-t.-n  ^'ercini^Men  Staaten   vor.  dem  «-s  t;.-lun>;en 

>..ldatenhcims  in   Vineland  ernannt   hatte.  '<'''•    -'_•    .Milli'»ii«'n    Deutsche    unter   einen 

veil    Col.    Stahl    in    Ausführunj;    d.-r    H.--  *'"♦  ^n  hrin^ren". 

chlüs.se    des    Zentralhundes    jfe^ren    Forts  Dr.     H.-.\am.-r    hi.lt     «-ine    mit    f^roKKem 

vandidatur   St.'lluuK   genommen    hatte,    in  lieifall   aufuenonnuene    Hede   üIkt  die   He- 

•härfst.-r    Weise    v.-nlammt    und    erklärt,  strehunjren   d.'s   Hundes  und  die   Pfli.-hten 

ass  damit  dem  Z.-ntralvi'rein  von  Trenton  »l.'utsch.-r  Vereine      Kr  kam  au.li  auf  das 

nd   den»   Staatsv.-rhande   von    New   .lersey  Vcrlnit  von  Soinitat;  .\h.-iid  rntcrlialtnn(.'en 

in   Schlatr  in  das  (J.-si.hi    vers«'tzt    worden  deuts.-li«-r  N'ereim-  in  Philadelphia  zu  spn-- 

«Ik'H  immI  ••rkliirt«'    Tin(;cltan(;el-AutTührun- 


846 


DER    DEUTSCH-AMERIKANISCHE    NATIONAL-BUND. 


geil,  wie  sir  zu  (li'iii  X'crhot  Anlass  geg('l)on 
halu'ii,  füi-  fiii  W'rhrochcn  um  ganzen 
Dcutschtluiiii.  Kiesiger  lioit'all  folgte  den 
iutei-essaiileii    Ausfüliniiigeii    des    Redners. 

liuiides-Sekretär  A(U)li)li  Tiiiiiii  wies  anf 
(las  p]iii|)fehlens\verthe  der  Ausl)reitnng 
<les  vor  Kürze  gegrünileten  „Junior  Order 
of  flu  Gcrmau- American  AUiancc"  hin. 
und  «ler  Konvent  Ix'sehloss,  den  Einzelver- 
einen zu  t'nipfehlen.  für  Gründung  von 
Zweigvereinen  des  Ordens  unter  der 
Jugend  ihrer  Städte  und  Counties  zu 
sorgen. 

Es  wurde  beantragt,  die  bisherigen 
lieaniten    wieder    zu    erwählen,    was    ein- 


stimmig   gesehah.      Die    Leitung   der  G«- 
Schäfte  des  Staatsverbandes  verbleibt  dalni 
in  den  Händen  folgender  Herren  : 
Präsident.  A.  Lankering.  Hoboken. 

1.  Vize-Präsident.  G.  Xeuinami  vnn 
Xewark. 

2.  Vize-Präsident.    F.    Wittig    von    New  ' 
Hrunswick. 

Sekretär,  C.  A.   Stern,   Town  of  Union 

Finanz-Sekretär.  A.  J.  Oberst. 

Sehatzmeister.  Friedrieh  Hiekel  von 
Trenton. 

Der  nächste  Jahres-Konvent  findet  am 
ersten  Sonntag  im  April  in  Hudson 
Countv  statt. 


Der  Deutsch-Amerikanische   Staats- Verband 

New  York. 


Die  Beamten  des  „Deutsch-Amerikani- 
schen Staats- Verbandes  New  York"  im 
Jahr«'  li)08— 9  waren: 

Präsident.  Theodor  Sutro.  280  Broadway, 
New  York  City;  1.  Vice-Präsident.  Richard 
F.  Schmidt.  Brooklyn :  2.  Vice-Präsident, 
Dr.  Wilhelm  Gaertner.  Buffalo;  3.  Vice- 
Präsident.  Werner  Strecker.  Troy;  4.  Vice- 
Präsident.  Dr.  Sigmund  Handler.  Roches- 
ter; 5.  Vice-Präsident.  AVilhelm  Grandpre, 
Albany ;  Sehatzmeister.  Joseph  Kuolt.  508 
Varick  Str.,  Utica ;  Finanz-Sekretär,  E.  E. 
Theo.  Kiesenwetter,  217  Fourth  Str.,  Troy; 
Schriftführer.  J.  Konrad  Schneider.  43 
Blandina  Str..  l'tica. 

Legislatur-Ausschuss:  Werner  Strecker, 
Vorsitzer.  8  l'nion  Bank  Building.  Troy; 
Dr.  Wilhelm  Gaertner.  Sehatzmeister.  194 
East-Utica  Str..  Buffalo;  Dr.  Ernst 
Richard.  Schriftführer.  12  WVst  103.  Str., 
New  York  City. 

Finanz-Aus.schuss:  Karl  Dersch.  Vor- 
sitzer. New  York  City  ;  ^lax  ]\Iayer.  Schrift- 
führer. Buffalo;  AVilhelm  Kuehnling. 
Schatzmei.ster,  Utica. 


Ehren-Delegat  und  Beisitzer  im  Vor 
Stande  des  National  -  Bundes :  Richanl 
Lohrmann.  Herkimer. 

Der  Verband  besteht  aus  Lokalverbändon 
und   unabhängigen    Einzelvereinen   in  sei 
eben  Lokalitäten,  in  denen  sich  noch  kein« 
Lükalverbände  gebildet  haben. 

Die  Ge-sammtmitgliederzahl  beläuft  sidi 
jetzt  auf  ungefähr  35—40.000. 

Der  Verband  wurde  am  15.  Juli  1906  aN 
^Mitglied  des  Deutsch-Anu^rikanischen  Na 
tional-Bundes  auf  Einladung  der  deut-schcii 
Vereinigungen  von  Utica  luid  von  Herki- 
mer County  gegründet.  Die  Gründuiifrs- 
konvention  fand  in  Utica  statt,  bei  der  di«- 
Umrisse  einer  Verfassung  angenoniincn 
wurden.  Als  erster  Präsident  wurde  Herr 
Richard  Lohrmann  aus  Herkimer  gewählt 
der  sich  um  die  Gründung  des  Verband»'^ 
besonders  verdient  gemacht  hatte. 

Die  zweite  Konvention  fand  am  22.  und 
23.  Juni  1907  zu  Troy  statt,  bei  der  elf  Vor- 
bände mit  ungefähr  IH.OOO  Mitgliedern  ver- 
treten waren. 


DKH    \  KI{KINI(;TKN    STAATKN    von    AMKIfIKA 


847 


Kim*  aussiTonlfiitlicIu'  Staats  -  Kniivm- 
tion  tajrtf  am  2(1.  .Faimar  l!Mi7  in  Alhaiiy. 
um  St«'lluii«r  ^'rjr«Mi  die  in  der  I.r^'islatur 
s»li\vt'ln'ml«'ii.  di«'  pcrsöiilirlu'ii  H«'«htr  <l«r 
liürjrcr  luMlnthciKlcii  Z\vaiitp<^rt*s«'tz«'  /u 
nchmfii  iiiitl  iiin-h  rim-  Kevisiorj  der 
sämmtliclu'ii  Smmtajrs-  und  Aussrliaukst;»'- 
sctzc  d«'s  Staates  New  Y(»rk  />>  ln'für\V(»rtt'n. 

Dir  dritt»'  Konvi'utinii  ta^Mi-  in  SrlirmT- 
tady  am  *J(».  und  L'l.  .luni  llXtS.  in  di'r 
hauptsächlich  «'ine  gründlich  ausjrcarlx'iti't«- 
Kfvisidii  (h*r  Vcrfassunjr.  einschliesslich  der 
Prinzipiencrklärunjr  des  Nat ional-Iiund«'s. 
zur  Aiuiahmc  kam.  sowie  au«'h  Beschlüsse 
zur  Hekämpfun«;  sämmtlicher  Zwan^rsmass- 
re^'cln. 

Am  !t.  Fehruar  liKIS  Ic^Mc  Präsident 
Li>hrmann  sein  Amt  nie<ier,  worauf  Herr 
Theodor  Sutro.  zur  Zeit  erster  \'ice-l*räsi- 
dent.  als  stellvertretender  Präsident  fun- 
girte  bis  zur  Konvent i«)n  in  Scheneetady. 
in  der  er  einstimmig  als  l'räsitlent  gewählt 
wurde. 

Der  \'erl)and  ist  seit  seinem  Bestehen 
durch  seinen  Legislatur-Aussi-huss  y.w 
(lunsten  lil»eraler  Soniita<rs-  und  Aus- 
schanktrcsctzireliuntr.  wie  auch  für  verhes- 
sert«'n  Koi-stschutz  u.  s.  w  nicht  ohne  Kr- 
folg  eingetreten. 

In  fast  allen  Städten  des  Staates,  wo  Lo- 
kalverhände hesteh«*n.  sind  die  deutschen 
Tage  jährlich  unter  gros.scr  Betheiligung 
und  entsprechendem  Krfolge  gefeiert 
Worden. 

Im  Sinne  einer  in  der  letzten  Konvention 
zu  Scheneetady  angcrKtnuiiencn  Satzung 
..seine  (Jrund.sätze  mit  Nachdruck  auch  auf 
p<»litischem  Gebiete  zu  vert heidigen,  sollten 
diesellMMi  in  irgend  einer  Weise  gefährdet 
ersidieinen."  hat  der  Verband  angefangen, 
solche  Kandidaten  für  öffentliche  Aemter 
—  ganz  abgesehen  von  ihrer  Parteizugc- 
luirigkeit — die  den  Bestrebungen  d«*s  Ver- 
bandes dun-h  ihre  Stellungnahme  feind- 
lich gegen  ülH'I-stehen.  ZU  bekämpfen,  da- 
gegen solche,  die  mit  den.selben  im  Kiii- 
klang  sind,  zu  unterstützen. 


Die  Liste  der  zum  \'<'rband«'  gehiirigen 
und  iniabhäniriL'cM  l'',iii/i-l\  .riini-  i-»t  wie« 
folgt  : 

Vereinigte  Deutsche  (ies«*llschaften  t|er 
Stadt   .New  York. 

Zweigverband  BriMtklyii 

Deut.s4-h-Amerikanischer  \'erl>and  Buf 
falo. 

Di'Ut.sch-.\merikanischcr  Binid  von  Ko- 
cliestcr  uml   rmgegend. 

Ortsverband  Albany. 

\'er«'in  der  Deutschen  von  Troy. 

l'tica'er    I)eutsch-Amerikani.s«'her    Bmid. 

Verein  der  Deutschen  der  (Jrafschaft 
Ilerkimer. 

Ortsverband  Schenecta«ly. 

Deut.schcr  Bund  von  Onondaga  (uunty. 
Sy  racu.sc. 

Oswego  I)eut.s<-h-.\merikanischcr  Bund. 

Vereinigte  Deutsche  von  I'oughkeepsie. 

Deutsch-Amerikanischer  Verband  von 
Kingston  und  rmgegend. 

Konie  Deut.sch-Amerikanischer  Btnid. 

Dcutscli  -  Amerikani.scher  Bürgerverein 
von  KImira. 

(icsangvcrein    fNmcordia.    (Iloxcrsville. 

'ruiiiverein  Amsterdam. 

.\ewburgh  .Männerchor. 

Fulton  County  Kranken-rnterstützungN- 
luul  Sterbe- Verein. 


Theodor    Sutro, 

Praeiident  de*  StaaU-Verb*n(in   .New   York. 

Theodor  Sutro  wurde  /u  Ajiclwn  am  14. 
März  lS4.'i  als  Sohn  von  Kmanuel  (g»*st. 
1847)  und  H«»sa  (Warendorff^  Sutro 
(gi»st.  1H8:J)  geiM>ren.  S«*ine  Mutter  brachte 
ihn  im  Jahre  1S.')(>.  als  jüngstes  ihriT  elf 
Kinder,  mit  nach  Baltimon*.  S«Mt  OktolH»r 
1850  ist  er  in  Amerika.  Si'ine  S^'hulbil- 
düng  erhielt  er  zuerst  in  ileuts«'hen  Schulen 
und  <iann  in  den  olTentlichen  Schulen  i  auch 
in  der  Hochschule)  in  Baltimon*;  tlarauf 
in  «1er  Phillips  Acatlemy  in  Exeter.  N.  II. 


848 


DHU    DEUTSCH  AMERIKANISCHK    XATIOXAL-BUND. 


Er  absolvirtf  <li<'  Harvard  rnivcrsität  in 
1871,  «lif  Kt'chtsscluik'  di'v  L'ohinihia 
Universität  im  Jalnv  1874  und  ist  seitdem 
als  Reehtsanwalt  tliäti^'.  P^r  liat  viele  Pro- 
zesse mann i^f alt i^'er  Art  geleitet,  l'nter 
Anderem  war  er  lan^rjährig  mit  der  Reor- 
ganisation der  Sutro  Tunnel  Co.  beschäf- 
tigt. Er  leitete  die  damit  verbundenen 
Reeht.s.streitigkeiten  und  rettete  im  Subha- 
stationsprozess  das  Eigenthum  der  Com- 
pany. Dami  reorganisirte  er  dieselbe  als 
die  Comstork  Tunnel  Co.  und  wurde  Prä- 
sident der  Korporation.  Von  1895 — 99  war 
er  Steuerkommissär  der  Stadt  New  York 
dureh  Ernennung  von  :\Iayor  Strong.  Er 
ist  als  Vorstand  in  vielen  Geschäftsunter- 
nehmungen thätig  gewesen. 

Selbständig  ist  er  seit  dem  Jahre  1868, 
indem  er  während  seiner  Studentenjahre  in 
Harvard  zu  gleicher  Zeit  ein  Konnuissions- 
gesehäft  in  Boston  gründete  und  betrieb. 

Sutro  kam  unbekannt  und  unvermögend 
im  Jahre  1873  nach  New  York;  hatte  von 
Anfang  an  als  Reehtsanwalt  Erfolg;  seine 
Reehtspraxis  dehnte  sieh  allmählig  aus,  be- 
sonders in  den  Jahren  1889—94  unter  den 
grössten  deutsch-amerikanischen  Geschäfts- 
häusern und  gesellschaftlichen  Unterneh- 
mungen. Er  wurde  im  Jahre  1879  zur 
Praxis  in  dem  Bundesgerichte  zu  Wash- 
ington zugelassen  und  wurde  allmählig 
^Mitglied  sämmtlicher  Rechtsanwalt- Ver- 
bände ;  so  der  New  York  City  Bar  Associa- 
tion, New  York  State  Bar  Association, 
American  Bar  Association,  International 
Law  Association  und  New  York  County 
Lawyers  Association.  Er  praktizierte 
während  dieser  Zeit  theilweise  allein,  theil- 
weise  in  Gemeinschaft  mit  anderen  Rechts- 
anwälten. Seine  jetzige  Anwaltsfirma  ist 
Sutro  &  Wright,  280  Broadway,  New  York. 

Herr  Sutro  erhielt  von  der  Harvard 
Universität  den  Titel  A.  B.  und  von  der 
Columbia  Universität  L.  L.  B.  Wurde  in 
Harvard,  wegen  Auszeichnung  in  seinen 
Studien,  zum  Mitglied  der  Phi  Beta  Kai)pa 
Bruderschaft  gewählt.    In  1899  war  er  ]Mit- 


glied  der  vcn  dem  ]\Iayor  von  New  York 
ernannten  Konunission  zum  Empfang  des 
Admiral  I)ew(»v.  Ist  .Mitglied  der  von 
Bürgermeister  McClellan  ernainiten  Kom- 
mission zur  Feier,  in  1909,  der  Entdeckung 
des  Hudson-Flusses  durch  Henry  Iludson 
u.  s.  w.  Ist  oder  war  Vorsitzer  und  Beam- 
ter in  vielen  amerikanischen  und  deutschen 
Vereinen,  unter  Anderem  der  Society  of 
Medical    Jui'ispruden<-e.    wai-    Delegat   zum 


THEODOR    SUTRO 
Praesident  des  Staats- Verbandes  New  York. 

Juristen-Kongress  ])ei  der  Weltausstellung 
in  St.  Louis  in  1904.  Auch  war  er  Delegat 
zu  dem  Steuerkongress  in  Columbus,  Ohio, 
vor  dem  er  als  Mitglied  der  International 
Tax  A.ssociation  in  1907  einen  Vortrag  über 
Steuerreform  hielt.  Er  heirathete  am  1 
Oktober  1884  in  der  St.  John 's  Episkopal  ^| 
Kirche  zu  Jersey  City  Fräulein  Florence 
Edith  Clinton,  eine  durch  seltene  Schönheit 
und  gro.s.se  Geistesgaben  ausgezeichnete 
Frau.       Unglücklicherweise     starb     Frau 


DKK    VKWKINHJTKN    8TAATKX    VON    AMKKIKA. 


84» 


Sntro  Wfuip'  Taj;»'  vor  VoII«>ti(lini^'  ilires 
41  LclH'iisjahrcs.  am  27.  April  liH)G.  Die 
Ehe  l)Ii»*b  kinderlos. 

In  seinem  ersten  Anfenthalt.s«»rt<'.  Italti- 
more.  war  er  Mit^'lied  des  (Ji-rmania  CIhIjs; 
in  New  York  war  er  lani»jährijres  .Mitirlie«! 
und  Anwalt  des  Di'nt.sehen  Vereins  und 
Mitglied  d«'s  I)«'uts('ln'ii  Lii-d^rkran/j-s ;  war 
Präsident  tl»*s  l)«'uls«li -Anirrikaiiisclicii  Kr- 
f<»rm-Huniles,  als  Naclifiilut-r  von  (>swal«l 
Ottrntlorfer.  Ist  VoiNtainilsmit^lit-d  des 
\'irl)andi's  l)euts»'lier  Schriftsteller  in  Ame- 
rika, tles  Gesellip-Wis-senscliaft liehen  Ver- 
eins, di's  Allgemeinen  Deut.sehen  S|>raeh- 
vereins  ( Zwei^fverein  New  York).  .Mittrlied 
des  Deutsehen  Sehulvereins.  ferner  l'räsi 
dent  iler  Vt'reini^'ten  Deutsehen  Oesell- 
sehaften.  Präsident  Deiitseh-Amerikani- 
sehen  Staats-N'erbaniles  und  ij^ehört  zum 
Einwanderungs-Aussehuss  des  Deutsch- 
Ainerikani.sehen  National- Bundes. 

Herr  Sutro  hat  viel  für  die  Presse,  für 
Zeitschriften  u.  s.  w.  f;e.schriel)en,  sowohl 
im  Felde  der  K«*ehtswi.ssenschaft,  der 
Staat.sökonomie  (besonders  in  Steuerange- 
legenheiten),  der  l'olitik.  der  Soziologie, 
der  .Medizinisehi'u  Jurisprudenz  und  des 
Minen  Wesens,  wie  auch  der  allgemeinen 
Literatur  luid  Dichtung.  Von  grös.seren 
Schriften  sind  zu  erwähnen  ein  in  engli- 
scher Sprache  verfa.sstt's  hist(»ri.sch-kunst- 
kriti.s»ln's  Buch  ülH«r  die  berühmten  Ge- 
mälde von  Edward  Moran.  Er  hat  aueh 
viel,  hauptsächlich  in  der  englis<'hen 
Sprache,  gedichtet  uiul  rebersetzungen 
von  deut.s«*hen  (lediehteii  g«'macht.  Eine 
von  seiner  Frau  zusammeng<'st<'llte  Samm- 
lung seiner  ihr  hauptsächlich  gewidmeten 
Ge<lichte  ist  (privatim)  im  Druek  erschie- 
nen unter  dem  Titel  ..Mil(»stones  on  Life 's 
Pathway".  Er  hat  sich  als  tni]d>hängiger 
Demokrat  an  vielen  öfTi-ntlU-lien  Bewegun- 
gen im  politischen  Leben  betheiligt  und  ist 
als  Redner  sowohl  in  der  deut.s<'hen.  wie 
auch  in  der  englischen  Sprache,  deren  er 
gleich  mächtig  ist.  schon  seit  vielen  Jahren 
stark   in   Anspruch  genommen.     Er  nahm 


regen  Aniheil  an  d«'r  I{eformkampagne  in 
New  Y<irk  im  Jahre  1894.  Er  ist  ein  Ken- 
ner von  Gemälden  und  KunKtsehälZ4>n,  die 
sieh  theilweise  in  si'iner  Wohnung.  .'{20 
West  lO'J.  StniKs«'.  iM'finden.  Die  .«wbon  er- 
widuiteii  l.{  historiselien  Secbilder  von  Eil- 
wanl  .Moran  sin<l  geg«'nwärtig  in  ileni 
Smithsonian    Institut    in    Washington   aus- 

gl'StJ'llt. 


Der   Zweig- Verband   Brooklyn. 

Es  war  in  iler  regelmässigen  Mitglictler- 
\'ei-sammlung  de«  ..Turnverein  von  Brook- 
lyn. Iv  I>."  im  .Monate  Juli  liM)7,  als  von 
dem  Tunier  (ruslav  Schwt itpt  mlick,  /..  Zt. 
erstem  Sprecher  des  TurnlM*zirk»'s  New 
York,  die  Frage  angeregt  wurde,  ob  es  für 
den  Turnverein  nicht  wün.s<rhenfiwerth 
wäre,  sieh  dem  ,, Deutsch-Amerikanischen 
National-Bund  der  Vereinigten  Staaten  von 
Amerika"  anziuschliessen.  Da  Näheres  über 
lue  Ziele  und  liest rcbiuigen  dt«  I).  A.  N.  H., 
insbesondere  in  Bezug  auf  seine  politische 
Stellung,  ni<*ht  vorgebracht  wenlen  konnte, 
»•s  überhaupt  zu  Tage  trat,  djtss  nur  Weni- 
gen etw;Ls  von  der  Existi'uz  die.s4'.s  Bundes 
bekannt  war.  so  ernannte  tler  damalige 
erste  Spreeher  des  E.  D.  Turnvereins, 
Turner  Parizot,  au  jenem  Alx'nd  ein 
Komite,  Iwstehend  aits  den  Turnern  Gustav 
Sehweppcndick,  Richard  F.  S«'hmidt  und 
Waldenuir  Schreyer.  um  die  Angeh»gcnheit 
zu  untersuclu'U  und  <lem  Vereine  bald- 
thunlichst  zu  lM*richtcn. 

Da  Turner  G.  S<'hweppendick  für  im«  u 
.Moiuit  die  Stadt  vcrli<'ss  luid  bei  seiner 
Rückkehr  Turner  Richard  F.  Sehmidt 
.schwer  erknmkte,  so  vergingen  die  Monate 
Juli.  August  und  Septcml>er  1907,  ohne 
•lass  vs  möglich  gewi»s«'n  wäre,  irgend  etwas 
.Nennenswert lies  in  Bezug  auf  einen  Bericht 
zusammenzuset  eilen 

Wohl  aber  hatte  Turner  Riohnrd  F. 
Seluiiidt,  veranlasst  durch  wiederholte  Zu- 
schriften (h-s  PriLsidentcn  des  Deutsch-Ame- 
rikanischen    National-Bun<les,    Dr.    C    J. 


850 


DER    DEUTSCH-AMERIKANISCHE    XATIONAL-BUND. 


Ilcxaiiicr  in  IMiiliiilflpliia.  wiilirciul  seiner 
Kranklicit  den  Versucli  •rt-inju-lit.  Herrn  Dr. 
John  \V.  Schihlfji.  den  daniali^'en  Präsi- 
denten der  „Verein irrten  Sän^'er  von  Brook- 
lyn", für  ein  genieinsehaftliehes  Handeln 
seiner  (,)r*ranisation  znsainmen  mit  dem  E. 
D.  Tiirnverein.  resp.  für  die  Gründung 
eines  Zweigverbandes  Brooklyn  des  D.  A. 
N.  B.  zu  interessiren  ;  indessen  gelangten 
diese  Vorbespreehungen  derzeit  nicht  aus 
dem  Hahmen  einer  allgemeinen  Erörterung 
hinaus  und  führten  zu  keinem  bestimmten 
Resultate. 

Unter  diesen  Verhältnissen  rückte  die 
Zeit  heran,  zu  welcher  vom  4.  ])is  7.  Oktober 
1907  die  vierte  Konvention  des  D.  A.  N.  B. 
der  V.  St.  v.  A.  im  Terrace  Garden  zu  New 
York  City  abgelialten  werden  sollte,  und  in 
der  dem  Eröffnungstage  dieser  Konvention 
vorangehenden  regelmässigen  monatlichen 
Mitglieder-Versammlung  des  E.  D.  Turn- 
vereins (am  Abend  des  .'1  Oktober)  stat- 
tete Turner  Richard  P.  Schmidt  als  Vor- 
sitzender des  in  der  Juli-Versammlung  er- 
nannten Komites  einen  Bericht  ab,  dahinge- 
hend. (I<iss  er  den  AnscJiluss  des  Turnvereins 
von  Brookhfn  E.  D.  an  den  D.  A.  N.  B.  auf 
das  Wärmste  empfehle. 

In  Folge  dessen  beschloss  die  Versamm- 
lung an  jenem  Abend  den  empfohlenen  Bei- 
tritt und  entsandte  die  drei  Mitglieder  des 
betrefl'enden  Komites  als  Delegaten  in  die 
am  darauffolgenden  Tage  zu  eröffnende 
vierte  Konvention  des  D.  A.  N.  B. 

Delegat  Waldemar  Schreyer  war  ge- 
.■qehäftlich  verhindert,  dieser  Konvention 
beizuwohnen,  die  Delegaten  Gustav  Sehwep- 
pendiek  und  Richard  F.  Schmidt  dagegen 
arbeiteten  während  der  drei  Konventions- 
tage als  i\Iitglieder  der  Ausschüsse  für  das 
Turnen  (Schmidt)  luid  der  guten  Beziehun- 
gen zwischen  Deutschland  und  den  Verei- 
nigten Staaten  (Schweppendick). 

Bei  Gelegenheit  des  von  der  ,,Xew  Yorker 
Staats-Zeitung"  am  Abend  des  zweiten 
Konventionstages,  Sonnabend,  den  5.  Ok- 
tober,   für    die    Delegaten    der    Konven- 


tion veranstalteten  Bancpietts,  traf  Richiir  ' 
F.  Schmidt  den  als  Ehrenga.st  ebenfalls  doi; 
anwesenden    Bi'äsidenten   der  ,, Vereinigten 
Sänger     von     Brooklyn",     Dr.    .lohn    W 
Schildge,  und  es  gelang  ihm,  auf  dem  Heim 
wege  nach  Brooklyn  bei  einer  giMnüthlichtn 
Nach-  und  Xachtsitzung,  die  durch  die  Ein- 
drücke  der   vorangegangenen   grossartigt-n 
Festlichkeit  bei  diesem  Herrn  wachgerufi-n. 
Begeisterung  zur  hellen  Fhunme  z\i  entf.i 
chen    und   sein    Versprechen    zu   erhaltei 
schon  am  näclisten  Tage,  Sonntag,  den  • 
Oktober  1907,  in  der  Delegaten- Versaiiim 
lung  der  „Vereinigten  Sänger  von  Hrool. 
lyn"  den  Anschluss  dieser  Organisation  anl 
den    Xational-Bund,   resp.    ein   Zusannini 
gehen  in  dieser  Richtung  mit  dem  ..Turn 
verein  Brooklyn  E.  D."  zu  empfehlen. 

Er  hielt  sein  Wort,  denn  schon  am  Men 
tag,  den  7.  Oktober,  lag  dem  Präsidium  d 
Bundes    die    telegraphische    Beitrittserkl 
rung  der  „Ver.  Sänger  von  Brooklyn"  vn 

Von  diesem  Zeitpunkte  an  war  die  Mii 
lichkeit  geboten,  in  Brooklyn  einen  Stii(i 
Zweigverband    unter    dem    Staatsverbaml 
New  York  zu  bilden,  an  Stelle  des  Ansehln- 
ses  einzelner  Vereine  direkt  an  den  Bund.i, 

IMit   diesem   Ziele   vor   Augen   und  V" 
wärts  getrieben  von  dem  beschämenden  <i 
fühle,   dass  eine   Stadt  wie  Brooklyn  mn 
einer  so  grossen,  mächtigen  und  reichen  1' 
völkerung  deutscher  Geburt  oder  Abstan. 
mung  so  vollständig  abseits  stand  von  il' ' 
Bewegung,  die  der  D.  A.  N.  B.  der  V^ 
St.  v.  A.  zur  Belebung,  Förderung  und  Aiit 
rechterhaltung  der  idealen  und  materiell' 
Interessen  der  deutschen  Stammesgenoss' 
in  unserem  neuen  Vaterlande  in 's  Werk  l' 
setzt  hatte,  übernahm  es  nuiuiielu-  Kieh»: 
F.  Schmidt,  einen  solchen  Zvveigverband  n 
Brooklyn  in 's  Leben  zu  rufen. 

Es  war  sein  Plan,  in  sorgfältiger  Vor)' 
reitung  und  Erwägung  aller  einschlagend 
Verhältnisse,    ganz   besonders   auch  bezn 
lieh  der  Auswahl  der  für  die  Erreiche 
des  vorgesteckten  Zieles  geeigneten  MäniiH . 
Alles  bereit  zu  haben,  um  im  :Monat  Ja"" 


DKK    VEREINIGTEN    STAATEN    VON    AMKIUKA. 


861 


1908  tinri'h  die  KinluTufiiri^;  rinur  alln«- 
iiieint-ii  Vi'rsaimiiliuijr  HnM)klym'r  Bürjf.T 
<leut.sch«'r  Altstaiiiiiiiin^  tVw  (irüiuluiif;  oin.'s 
..Z\vi'i^vt'rbaiuh»s  Hnntklyn"  lierlx-iztifüli- 
ri'ii. 

Da  sehlujr.  «'iner  Roiiibt»  jrl»'i«*h,  in  s«*iiio 
ruliitr  tiiul  sy.st«'iiiatisch  vorlM'n'iti'iulfH  Ar- 
ln'itfii  di«'  lu'kaiintr  Knt.s<'ln'i(hinn  iles 
Supri'ine  Court  Kithtors  0'(ioriium  in  N<'\v 
York  ein,  derzufol^re  veraltete  Sonntajp<j;o 
setz«*,  die  in  dem  Charter  von  (iross-NfW 
Y«>rk  IMatz  jrefunden  hattm  iiiul  ihre  Spitze 
jranz  hi^onders  frepen  die  lieh^ewordenen 
Lebenspewohnhi'iten  der  Deutsch- Amerika- 
ner kehrten,  zu  einer  äiisserst  ritromstii 
Durchführung:  kommen  sollten  —  eine  Ent- 
.schcidun^r,  die  um  so  vcrhIütTender  wirken 
nnLsst«',  als  eine  Appellation  «rejren  dicsclhc 
fr«'setzlich  aastres<'hlosst'n  war. 

Dies«'  ri<-hterlichc  Kntschcidinij:  rief  na- 
turpemäss  eine  atisserjrewöhnliche  Krre«r»nig 
unter  der  Hevölkerun«;  und  «ranz  besonders 
unter  d»*n  Bür«rern  deutscher  AKstanunung 
hervtir.  und  es  erschien  daher  dem  mit  den 
VorarIxMten  der  (Jrüiulunt:  eim-s  ..Zweif;- 
vercin  Brooklyn"  heschäftiirten  Herrn 
Hicliard  K.  Schmidt  «rerade  dieser  Zwischen- 
fall im  höelusten  (Jrade  peeij^net.  das  libe- 
rale Bürperthum  BnM)klyn's  auf  die  Wieh- 
tijrkeit  gemeinsanien  Handelns  in  einer  seine 
Interessen  in  so  hervorragendem  Masse  in 
Anspruch  nehmenden  Antrele<.r,.iiln*it,  hinzii- 
weisen  und  dadurch  sein  Ziel,  die  (irün- 
dunjr  eines  Zwei<:verban<les.  w<'s<'ntlieh 
schneller  tuid  crfi)lj;reichcr  zu  erreichen. 

Kr  verzichtete  daher  auf  längere  Vorbe- 
r<*itun«ren  und  berief  ohne  Zöj^ern  für  den 
Abend  de«  9.  Dezember  1H07  die  Delegaten 
de.s  ..Turnvereins  von  BnMtklyn  K.  D. "  und 
der  ..Vereini^rten  Säntrer  von  Brooklyn"  zu 
einer  Sitzung:  zum  Zwjvke  der  (iründunp 
fines  „Zweipverband  Brtxtklyn  des  D.  A.  N. 
B.  der  Ver.  St.  v.  A."  und  der  Wahl  tem- 
r>orärer  Beamten  eines  soh'hen  nach  der 
\rion-Halle  ein. 

l'nter  Betheili^run^'  der  X'ertnter  der  ^re- 
ammten  deutschen  l'nKse  New  Yorks  waren 


»\s  l)ele(;Hten  vom  Turnvi-n-in  Brooklyn.  K. 
D  .  <lie  Herren  Richard  F.  S«'hmi<lt.  Maurice 
K.  i'roppint;  und  Walilemar  S«'hreyer,  von 
den  „Ver.  Sänjrern  v«»n  BnMtklyn"  die  Her- 
n*n  .lohn  (t.  Roth  und  F't;on  Hisenhauer  in 
dii-ser  Versammlung.'  anwesend,  während 
Herr  Ferd.  Veit  am  Krs<'hcinen  verhindert 
war. 

Die  (irüiitlunu'  <h-s  ..BnK>klyn  Zweijfver- 
Itand  des  Dcutsch-Amcrikanis^'hen  Natio- 
nal-Bundes  der  Ver.  St.  v.  Amerika"  er- 
foljrti.  in  optima  fornui  und  wurde  zu  (h-Kscn 
temporärem  Präsidenten  HiebanI  F 
Schmidt,  zum  tempf»rän*n  protok«tllirenden 
Sekretär  Ktron  KLseidiauer  und  zum  tenip«»- 
rären  S<'hatzmeister  Waldenuir  Schreyer  er- 
wählt, (ih'ichzeitifr  wurdi'  beschlossen,  )•*'- 
reits  für  d»'n  foltrendcn  Sonnta};.  den  1") 
Dezemiter  l!K)7.  Nachmittaj^'s  4  Chr.  eine 
.Mas-si'n-Vei-sannnlunp  der  Mitglieder  aller 
deut.schen  ({»•Seilschaften,  Vereine  und  I>o- 
tren.  sowie  aller  liberalen  Kiemente  ih-s 
Deutsch-AmerikanerthuiiLs  BnM»klyns  Tuich 
der  Arion  Halle  einzuberufen  und  dazu  den 
PrJLsidentc'n  des  D.  A.  National-Binidcs. 
Dr.  C.  J.  Hexamer  aas  Philadelphia,  diu 
l'i-ofcssor  (Jöbel  von  der  Harvard  Cnivcr- 
sität.  sowie  die  Herren  S.  K.  Sänger.  Khn'n- 
Präsident  der  Ver.  Sänjrer  von  Brooklyn, 
und  Herrn  Carl  A ichmann.  Khren- Präsi- 
dent des  Sehwäbi.schen  SänK'erbiuides.  lKM(h» 
letztere  Von  BriMiklyii.  als  Redner  einzu- 
laden. 

.\m  Donnerstag,  den  iL'.  Dezemb<*r. 
Abends  s  Chr.  fand  in  dem  Kliibhausi-  ih-s. 
K.  D.  Turnvereins  «-ine  ^'emeinsam^•  Be- 
rathunp  di-s  temporären  \'oi"standt«  statt, 
bei  Welcher  der  für  die  Presse  Ix'stinnnte, 
von  «lem  temporären  Präsidenten  Riehard 
F.  Schmidt  ausj^earlwitete  Aufruf  und  die 
der  Ma.sKen-Versannnlunp  zu  unterbreiten- 
den Resolutionen  vorp«*lei:t  und  (renehmiut 
wurden.  Trotzdem  die  pesanuntc  deutsehe 
l'reKse  von  (JroKs-.\ew  York  «iii-sen  Aufrtif 
in  jini'rkeiuicnswerthcr  Weise  n>if  das  Kräf- 
tippte  initerstützte.  lies«  der  Be.such  di«'ser 
.^^)lSKen-VerMtmndunp,     wahrscheinlich     in 


852 


DER    DEUTSCHAMEKIKANISCHE    NATION  AI,  P.IM). 


Folge  der  kurzen  Zeit,  die  zwischen  Aufruf 
und  Versainnilung  lag,  doch  sehr  vieles  zu 
wünschen  übrig,  wenigstens  was  die  ..Mas- 
sen" anbelangte,  wohingegen  die  Besucher 
ausschliesslich  den  intelligentesten  lOlcmen- 
ten  der  deutsch-amerikanischen  Bevölke- 
rung Brooklyns  angehörten  und  es  ersicht- 
lich war,  dass  die  oben  erwähnten  Redner, 
ganz  besond(Ms  Di-.  ('.  .).  Ilexanier  aus  l*hi- 
ladelphia.  durch  ilire  Ausführungen  und 
Argumente  einen  bedeutenden  Eindruck 
auf  die  Zuhörer  hervorgerufen  hatten. 

Die  vorgeschlagenen  Resolutionen,  welche 
in  der  Hauptsache  einen  Protest  gegen  die 
B&schränkung  der  persönlichen  Freiheit  in 
irgend  einer  Form  dai-stellten.  wurden  un- 
ter enthusiastischer  Zustinunung  der  An- 
wesenden einstinnnig  angenoninicn  und  der 
temporäre  Vorstand  angewiesen,  Kopien 
dieser  Resolutionen  an  die  Behörden  von 
Staat  und  Stadt  New  York  zu  übersenden. 
Ueberhaupt  war  die  Zustinunung  zu  den 
Bestrebungen  der  jungen  Organisation  in 
dieser  INIassen-Versammlung  eine  allgemei- 
ne, und  nur  so  ist  es  zu  erklären,  dass  be- 
reits in  der  für  den  27.  Dezember  1907, 
u.  A.  auch  zum  Zwecke  der  Envählung  per- 
manenter Beamten  einberufenen  ersten  re- 
gclmässifjcn  Dcicgaten^Vcrsammliivg  des 
neugegründeten  Zweigverbandes  eine  Mit- 
gliederzahl von  annähernd  3000  nachgewie- 
sen werden  konnte,  wobei  erwähnt  sei,  dass 
der  erste  Verein,  der  sich  nach  den  beiden 
konstituirenden  Vereinen  (Turnverein  E. 
D.  und  Vereinigte  Sänger  von  Brooklyn) 
dem  Zweigverbande  mit  250  Mitgliedern 
anschloss,  der  , plattdeutsche  Volksfest-Ver- 
ein von  Brookhin"  war.  In  jener  Ver- 
sammlung wurden  zu  permanenten  Beam- 
ten des  ,, Zweigverband  Brooklyn"  die  fol- 
genden Herren  erwählt,  welche  demnach  die 
ersten  Beamten  der  hoffentlich  in  der  Zu- 
kunft sich  mächtig  entfaltenden,  viel  ver- 
sprechenden Organisation  waren : 

Präsident:  Richard  F.  Schmidt   (E.  D. 
Turnverein). 


Erster    Vi/e-Präsidcnt:    Wm.    Xouman  ^ 
(  Hannover 'scher  Verein). 

Zweiter  Vize-PhLsident:  Maurice  F.  Prori 
ping  (  E.  1).  Turnverein). 

Dritter     Vize-Präsident:     Henry    J,, 
mann   (Plattdeutscher  Vol ksf est- Verein ;.  , 

Vierter    A'izc-Präsident :    John    C.   Rot' 
(Ver.  Sänger  v.   P.i-ooklyn).  ! 

Fünfter     Vize-Präsident:     Ferd.     Ve! 
(Ver.  Sänger  v.  Hi-ooklyn).  ^ 

Korresp.  Sekretär:  Bruno  Schmidt  (E.  l! 
Turnverein). 

Protok.  Sekretär:  Egon  Eisenhauer  (\ 
Sänger  v.  Brooklyn). 

Finanz-Sekretär:  Jacob  Ziinmor  (Bavr 
scher  Central-Verein). 

Schatzmeister:   Waldemar  Schreyor  H' 
D.   Turnverein.) 

Es  mag  hier  gleich  erwähnt  werden,  da ' 
Herr  John  C.  Roth  sein  ^Mandat  als  Delc'' 
der  Ver.  Sänger  v.  Brooklyn  wenige  W ' 
eben  später  niederlegte  und  an  seine  Stell ' 
sowohl  als  Delegat  jener  Vereinigung 
auch  als  vierter  Vize-Präsident  des  Zu 
Verbandes  Herr  S.  K.  Sänger  trat;  fen 
dass  Herr  Egon  Eisenhauer  sich  im  Lau 
des  ]\ronats  Februar  1908  in  Folge  geschäJ, 
lieber  Verhinderung  gezwungen  sah,  se' 
Amt  als  prot.  Sekretär  niederzulegen  iir 
an  seiner   Stelle   Delegat   Cord   H.  Sun 
(Intscheder  Plattdeutscher  Club)   enväl 
wurde. 

Sei  es  uns  gestattet,  an  dieser  Stelle  d 
beiden  ausgeschiedenen  Mitgliedern  d 
ersten  Beamtenstabes  unserer  Vereinigii 
unsern  Dank  auszusprechen  für  ihre  ti' 
Mitwirkung  bei  der  Gründung  des  „Zw' 
Verbandes"  und  ganz  besonders  der  hcrv 
ragenden  Verdienste  des  damaligen  pr 
Sekretärs  Herrn  Egon  Eisenhauer  um  < 
Ausarbeitung  der  Statuten  zu  gedenken. 

In  jener  ersten  Delegaten-Sitznng  am  "• 
Dezember  1907  wurde  die  durch  die  dr; 
genden  Zeitumstände  begründete  selbsM; 
dige  Handlungsweise  des  Vorsitzenden  ?' 
geheissen,  welcher  den  neuen  ..Zweigv 
band"  dem  Staatsverbande  von  New  Yr 


DKU    V  kkkini«;tkn'  STA ati:n    Von    wikuikx 


M&S 


untt'i-stt'Ilt  und  bfi  «lif.siT  Kör|MM-s«'haft  dii' 
Kinbenifiin^'  «'iiiiT  aiLssfronlciitlicIu-ii  Tag- 
sntznnyr  li»-)mtrai:t  hiitt«*,  iiiii  ciiu»  «•ntj^Hiic- 
dfiif  Sti'llunixiiJiluii»'  zur  Al)\vt'hr  *h'v  (Jo- 
fahrrn.  dir  dir  pfi-sönlicln'ii  Fnilifit  iliirdi 
bral»sichti«;tt'  <it'.sftzi:«l>Mii^r  u.  s.  \v.  drohten, 
herboiziifülin'n.  Dtr  V«)rsitz«'nd<'  war  da- 
raufhin brnits  in  d.r  La^t«  niitth<-ilcMi  zu 
könnon.  da.ss  «h-r  PriLsid^nt  di's  ..Staats- Ver- 
bandes" dtMn  Antraire  dos  ..Z\viM>;v«'rband 
Brooklyn"  Fol^e  m'^«'lM'n  und  «'in»'  ausser- 
ardrntlicht»  Staat.s-Konvi'ntion  für  Soiui- 
tajr.  d»'n  iM».  .lanuar  l!M»s.  nach  der  Staats 
UiUptstadt  Alltany  cjnlxM'ufrn  hat»'. 

Mit  d«'r  Wahl  pi-rnianentor  Heanit«'n  und 
3en  HfschlüsstMi  (h'r  eisten  rt''^'clniä.s.si'^iMi 
)eh'gat»'n-VcrsaiuiMlun^  war  «li«-  jrrundlo- 
jjende  ausser«'  Kurni  d«'.s  neuen  ..Zweijyver- 
)and  Hr<M>klvn"  fresehatTcn.  »unl  es  bej^'innt 
lun  eine  viernionat liehe  IN'riode  ernstester 
ukI  antrestrentrtester  Arbeit  für  die  jieaiii 
en  der  jini^ren  ()r«ranisation. 

Zahllose  Ein«raben  an  Mitj^difiler  des  Kon 
rresses  der  Ver.  Staaten  und  der  Le<;islatui- 
les  Staates  N<*w  York,  sowie  an  die  liehöi 
h-n  der  Stadt  New  York,  eine  uinfanjrreielie 
\orrespondenz  mit  dem  Staatsv('rl)and  • 
iiid  Privatperson«'!!,  ausführlieh«'  und  häu- 
i^f  Berichte  an  die  deutsche  uml  e!!«rlisehe 
'resse,  di«'  Abfa.ssun«pr.  I)ruekle«;uni:  iiiid 
rersendunijf  von  tausenden  von  Zirkuhnei:, 
Mutrsehriften  und  Aufrufen  an  vi«'l«'  liun 
erte  von  deutschen  \'e!'ei!!e!i  B!"ooklyii 's. 
ie  Kntwerfun;.'  der  Statut«'!!  un«!  de!-en  B«'- 
athuntr,  aiKhiui'rnd«'  Arb«'iten  alh'r  Ai't  ani 
lüK'r«'!!  AiLsbau«*  tl«'r  ( )r«/a!!i.satio!!.  tjanz  be- 
i»!ide!-s  au<'h  die  Sieh«'run{?  «'iner  finan- 
iellen  Basis.  ke!!!!Z«'ichnen  diesen  b«Mleut 
ii!!!St<>n  lünl  folt;ewi«'ht  irrsten  AUsehnitt 
er  K!!twi«'kelun<p<treschi«'lite  uns«'r(>s  Zweii;- 
erl)a!!des  während  d«'s  ersten  halln-n  .Iah- 
t's. Beinahe  nn'hr  al.s  aussei-uewöh!ili«'he 
insprüche  wur«len  zi-itweil»«..'  an  «lie  vreis- 
t;«'  und  körp<'rliel!e  Leistuntrsfähi^'keit  und 
|pfe!-willi<;keit  des  Bj'anjtenstab«'«  gestellt, 
msiMuehr  als  sich  den  vorhanjlenen  Arbej- 

n    «lie    Vorb«'!-eitu!!^«'n    für   die    Bethf'ili- 


is'un^;  zunäelist  an  der  K-Xtratai^it/uni;  de« 
Staats  Verbandes  in  Albany  am  26.  Januar 
IMOS.  KiKlann  an  den  öflre!!tli«'hen  V«'rha!!d- 
lunu'eii  vor  der  Legislatur  in  Betr»'fl"«ler  Be- 
kümpfiüiL'  «i<'r  ..I/H-al  Option  Bill"  und 
schlie.sslich  «l«'r  .I<d!n'S  •  K«>!!vention  dt-H 
Staatsverbandes  New  York  am  !'.♦.,  20.  und 
L'l.  .funi  zu  S<'h«'n«'<'tady,  N.  Y.,  anreihten. 
Eine  überi-aseh«'nd  sehneile  Zunahnie  der 
sieh  unseren!  Zweijrverbande  an.sehli«'ss«*n- 
den  Vereine  war  die  Frucht  dieser  äuge- 
st i'i'üfrten  un<l  ununterbnM'henen  Thätig- 
k«'it  ;  es  s«»ll  b«'i  «li«'ser  (i«'!egenheit  nicht 
unerwähnt  bleiben,  dass  zu  dem  bis  «hihin 
und  auch  in  den  folgenden  Monaten  errun- 
genen gi'o.ss«'n  Erf«»l^'e  nicht  zmn  Wenijpiten 
mit  die  in  vieh'n  taius«'n«len  von  Exemphiren 
zur  Vei*sendung  p'lantjte  Agitationsschrift 
unseres   p!iLsi«l«'nten   Kiehard   V.  Sehmidt: 

..Kill    Wich-  iintl  MaliHiuf  an  das  liberale 

liHnjirihum  deutscher  Abkunft  von 

liroohhfii,  \.  Y.", 

Ein  Aufi-ul  zum  Kampie  für  pei-.s'>niiche 
Fi-eiheit.  \Vahrheit.  Sittlicl!k«'it  un«l  l{<'eht. 
I)eii;etrag«'n  hat. 

An  der  von  unseien!  Zweigv«'rban«l  bean- 
tragten aussei'g«'wöl!!iliche!!  Staats-Konven- 
ti«)n  am  2<l.  Januar  ]\H)S  nahmen  als  unsere 
Delegaten,  die  II«'r!*en  Hicha!«]  F.  Sclnnidt. 
Eüiil  K«is«'.  (lustav  S«'hweppei!«li«'k  und 
.John  Pahls.  tl!«'il  un«l  war  unser  Vorsitzt-n- 
der  bei'iits  in  «lep  Lag«',  dem  Staatsverbande 
«•ine  Mitgli<-«l<rzal!l  v«»!!  ;'>(>(»()  zu  niehlen. 

PriLsid«'nt  K'icl!a!il  F.  Sehmidt  wu!«le  an 
Stelle  eines  aiLs.schei«h'inlen  Vorstan«LsMit- 
•jli«'de8  zuni  «Iritten  Vize-Piitsident«'!!  de« 
Staatsverbamh's  NewY«»rk  erwählt.  un«l  «1er 
Ane!kennung  «1er  Thätigkeit  un«l  d«*s  F«)rt- 
.s«'hritti's  des  ..Zweigverband  Br«M»klyn" 
wurde  von  Seite  «Icr  'rhi-ilnelüinr  an  d«T 
Konvention  !-ückhalllos  .\usdnn-k  ireuclM-n. 

Der  wi«'htigst«'  ( i«'g«'nstaiMl  der  Konv«'n- 
tion  war  «'in«'  <'iiistim!nig  angenomnu'iie  Re- 
solut i«>n.  dahing«'h«'!nl.  eine  Bill  in  der  I/e- 
gislatur  einzubrimren.  weh'h«'  «len  (Jouver- 
neur  «'rmä«'htig«'.  aus  «l«'r  Assembly  uml  d«'ni 


854 


DER    DEUTSCH-AMERIKANISCHE    NATIONAL-BÜND. 


Senate  sowohl,  als  wie  aius  der  Bürgerseliaft 
des  Staatt's  eine  Kommission  von  je  drei 
I\[it«,diedern  zn  ernennen,  welehe  die  Un- 
masse der  verwirrenden,  intoleranten  Sonn- 
tatrsjiesetze  und  die  den  Getränkehandel  be- 
treffenden veralteten  Verfiiunuif^en  (soge- 
nannte ..Blue  Laws")  einer  vollständigen 
Revision  unterziehen  und  an  deren  Stelle 
ein  einhi'itliehes,  dem  modernen  Zeitgeist«.' 
Reelnnnig  tragendes  (Jesetz  entwerfen  und 
der  Legislatur  zur  Annahme  empfehlen 
sollten.  Unser  Delegat  Emil  Rose,  zur  Zeit 
]\Iitglied  der  As.sembly  für  den  22.  Distrikt 
von  Kings  County.  wurde  von  der  Staats- 
Konvention  beauftragt  und  übernahm  es, 
sofort  eine  derartige  Bill  in  der  Legislatur 
einzubringen,  welehe  unter  der  Bezeichnung 
,.Rose  Bill"  in  die  Gesehiehte  der 
Legislatur  ü])ergegangen  ist  und  deren 
Sehiek.sal  es  war.  trotz  glänzender  Argu- 
mentirung  .seitens  des  Staatsverbandes  vor 
dem  einschlägigen  Komite  beim  öffentlichen 
Verhöre  Ende  ^Nlärz  1908,  von  dem  letzteren 
überhaupt  gar  nicht  ..einberichtet"  zu  wer- 
den :  trotzdem  gebührt  Herrn  Emil  Rose  der 
Dank  unseres  Zweigverbandes  für  sein 
mannhaftes  und  unentwegtes  P^intreten  im 
Interesse  dci-  persönlichen  Freiheit. 

Bei  den  au  einem  luid  demselben  Tage 
stattgefundenen  öffentlichen  Verhören  vor 
den  betreffenden  Legislatur-Komites  im  Ka- 
pitol  zu  Albany  in  Bezug  auf  die  ..Rose 
Bill"  .sowohl,  als  die  „Local  Option"  traten 
von  den  Delegaten  unseres  Zweigverbandes 
Gustav  Schweppendick  luid  Fred.  Weidner 
mit  kurzen  Reden  für  die  ..Rose  Bill"  und 
gegen  die  ..Local  Option  Bill"  auf  das 
Energisch.ste  ein,  wäiirend  von  unserem 
Zweigverbande  au.sserdem  Präsident  Rich- 
ard F.  Schmidt.  AVm.  Xeumann.  Henry 
Logenuuin.  Carl  Aiehmann  und  mindestens 
25  andere  Delegaten  den  ganzen  Tag  des 
25.  ]März  ]008  im  Kapitol  anwesend  und 
agitatorisch  thätig  waren ;  wenn  auch  die 
„Rose  Bill"  diesmal  nicht  ..einberichtet" 
wurde,  so  wurde  doch  die  ,, Local  Option 
BiU"  geschlagen. 


Sowohl  bei  Gelegenheit  der  E-xtra-Staat-s- 
Konvention   am   26.   Januar  wie  am  Tul''- 
;/ach  den  öffentlichen  Verhören  am  2H.  März 
1908  .statteten  un.sere  Delegaten  in  (Jenieiii 
Schaft  mit  andern  Vertretern  des  Staatsver- 
bandes dem  Gouverneur  Hughes  einen  Be- 
such ab,  wurden  von   ihm  liöHich  einpfan 
gen,    aber    in    niciits.sagenden,    allgemeinen 
Phrasen,   soweit   es   unsere   Bitte  um  seiii' 
Untei-stützung    zur    Herbeifühnuig    eine; 
liberaleren    (Jesetzgebung    betraf,    ahgefcr 
tigt.      Seine    spätere    Handlungswei.se    am 
Schlus.se    der    Legi.slaturperiode    rechtfer- 
tigte die  Annahme,  da.ss  das  deutsch-aineri 
kanische  Element  des  Staates  New  York  fii' 
die  Wahrung  und  Geltendmachung  seiner 
berechtigten  Interessen  von  diesem  Mann- 
nichts  zu  erwarten  hatte. 

Eine  der  wichtigsten  Handlungen  di> 
Zweigverbandes  und  von  entscheidendem 
Einflüsse  auf  seine  finanzielle  Stellnn2  wiu 
der  in  der  zweiten  regelmässigen  Delegaten 
Versamndung  am  28.  Februar  1908  g.- 
fas.ste  Beschluss.  die  Bei.steuer  seitens  alle! 
unserer  Organisation  angehörenden  Verein' 
auf  fünf  Cents  per  Jahr  für  jedes  Mitglied 
ihres  resp.  Vereins  f est zu.st eilen  und  dn. 
jährlichen  Beitrag  der  Einzelmitglieder  von 
$1.00  per  annum  auf  $5.00  zu  erhöhen.  Der 
bei  der  Gründung  des  Zweigverbandes  irr 
thümlich  geforderte  jährliche  Beitrag  füi 
:\Iitglieder  von  Vereinen  war  2  Cents  nii'l 
für  p:inzelmitglieder  $1.00,  doch  .stellte  «- 
sich  sofort  heraus,  dass  diese  Rate  wohl  fü' 
die  Bedürfni.s.se  eines  kleineren  Plat/e.s 
aber  nicht  für  diejenigen  einer  Millionen- 
Stadt  auch  uui-  aiuiähernd  entsprechend 
wai-,  angesichts  der  Tliatsache.  da.ss  jeder 
Zweigverband  für  jedes  .seiner  ^litglied  r 
per  Jahr  1  Cent  an  die  Kasse  des  Bund.- 
und  1/,  Cent  an  diejenige  des  Staatsverhiin- 
des  zu  entrichten  hat.  mithin  für  die  B> 
streitung  seiner  eigenen  Bedürfnisse  nu*- 
I/o  Cent  per  Jahr  für  jedes  ^litglied  zm 
Verfügung  behält. 

Durch  die.se  Finanzmassregel  sowohl,  al> 
durch  die  ^lunificenz  einiger  wenifjen  wohl- 


I>KI{    VKKKINKSTKN    8TAATKN    V(>\    A.MKICIKA. 


avs 


hahriulrn    ilfut.s..h-ai,u'rik«nis<-lu'„    Iiiiri:,.r.  riu'.'i.  Mt..|hvrtn.t..|Ml..„    PnUi«K.iit..|i    Il.rm 

wH.'ho  eine  cmniali-,«  I)on«ti..n  «rwährt.-.!.  Th.MHlor  Sntro.  dio  ,l„nn  nxwU  rrfol^rt..  „,„1 

S..WH.  auch   infoljre  ,U«  zahlroicJuTc.    H.i-  ,li..     Hrwühlnn^r    dos    Horrn     Kirliard     F 

tntts  von   Kinz.'Iinitt;li..,l,Mn  zu  «K-r  lu-urn  Srhnii.lt   /.um  .THt.-n    Vi/,..I»räsid..nt..n   d 

liat.'  von  $.>.(H>.  uurdr  d.-r  junj:.-  Zwoi^v-r-  Staafsv.-rhand.*  zur  Kol^'..  hatte. 


(« 


l)and  in  die  Lap«  v.'i-srtzt.  nirht  nur  s««in.>. 
durch  Ajritations-  und  and.-rc  unvcrni.id- 
liehe  Aiw^'alM-n  aufjrclaufencn  Schuhh-n  zu 
bezahlen,  sondern  auch  dii-  täirlichen  An- 
sprüche zu  decken  und  einijjre  weni^'c  Hun- 
dert Dollars  als  Kasseidu'staml  zu  behalten 
—  anjjesichts  der  (Jrösse  unserer  Stadt  nud 
seiner  wohlhi'benden  liürirer  d<-utscln'r  Ab 
stainnnu)^'  ein  lä»'herlich  •rerin^rfütriires  Re- 
sultat und  ihnh  rin  riisii/ir  FortsrlirUt  für 
unseren  Zweifrverband,  wenn  man  die  enor- 
nien  Schwierijrkeiten  berücksichtijrt.  welche 
si»'h  der  Erlan^'unjr  selbst  eines  so  kleinen 
Ka|)itals  enttre«r»'nst  eil  teil. 

In  der  dritten   re<rrlinii.ssi«;en   Delciraten- 
Vei>ynnndun'r  des  Monats  März  l!M1S  wurde 
die  «gesetzliche  Inkorpcu-ation  unseres  Zweitr- 
verbandes   brsehlassen   und   initer  dem   *J0. 
April   IMOS  zur  Aasfühnin«:  «rebraeht :  für 
die  dabei   in    unei«;ennützi<rster   Wei.sr   jr<'- 
leistete  Arbeit  prehört  unserem  2    Vize-Prä- 
sidenten   Maurice    F.    Proppin«;   der    Dank 
des  Verbandes.    Zu  der  am  19.,  20.  und  21. 
Juni  190S  zu  Scheneetady,  N.  Y..  .statt«re- 
fundenen      re«rt'lmä.ssi«ren     Jahres-Konven- 
tion   d»«   Staatsverbandos   entsandt«*    unser 
Zweitrverband    die    Delejraten    Hichard    F. 
R<-hmidt.  Maurice  F.  l'roppin-^r    ne„rv  Lo-      vurlie^'en. 
pemann,    liruno   Schmidt.    Henry    ('.    lieh- 
rens.    F.    Weidner.    Jacob    Zimmer.    <ieo. 
Holstein.  Emil  Hose  luid  einitre  mehr,  von 
lenen  die  meist en  lebhaften  Antheij  an  d«'n 
>ebatten  der  Konvention  nahmen.    Hei  der 
\A'ahl  der  Beamten  schluir  das  Xominatioiw- 
\omite  <li(>  Herren  Theodor  Sutro  von  <len 
Vereinijrten  (Jescllschaften  der  Stadt  New 
Tork"  und  Flerrn  1{iehan)  F.  Schmidt  vo!n 
,Zwei<rverban<l  Hmoklyn"  für  das  Amt  de« 
'räsidf'nten  des  Staatsvi-rbandes  New  York 
<>r.  jedoch  lehnte  der  Letztere  aus  (^Jrün- 
len  der  C'ourtoisie  eire  Wahl  ab  und  em- 
•  fahl  <lie  einstinuni^'c  KrwähhuiiL'  di»s  bishe- 


1'n.ser  Zwcijrvcrhand  war  in  «ler  \Mfi^' 
.seine  nunmehrijrc  .Mitu'lie<lerzahl  auf 
12.(MH)  beim  Staatsverbande  anzumelden; 
es  stellte  sieh  heraus,  da.ss  v«»n  <ler  im 
ab«;<'Iaufenen  Jahre  erfoljjtcn  VerprÖHse- 
rnnt:  dts  Staatsverliandi's  um  unu'cfähr 
ls.<M»(l  .Mitglieder  allein  12.0(M>  «uf  drn 
..ZwiMtrverband    Hrnnklyn"  entfiel. -n 

In      tiif      I  l■;:l■ml.•l^HI;,'l•^      D"'l<i.'ati'n  \'cr- 
.sammliuitr  de.s  .Monats  Juli    l:»o>  bi-sehritt 
unser  Zweitrverband   auf  den   Antrat:  von 
.Maiuii.-  F.   Proppintr  d«'n  Wcr  ernstlichen 
Kampfes    inn    die   Aufrcchterhaltung   und 
Au.sdehnun?  des  rnterricht«««  in  der  deut- 
schen Sprache  in  den  ötTeiit liehen  Sehtden 
.\ew  Yorks;  es  wurde  lM'sehl<»s.sen.  in  die- 
.sem  Kampfe  die  Mitwirkung'  der  ..V«'reini(j- 
ten    (J«-.s.-lls<-haften   <lcr   Stadt    New    York" 
(  D.  A.  N.  H. )  nachzusuchen.      Wir  kimnen 
zu  ini.serer  Freude  berichten,  da.ss  der  New 
Yorker  Verband  auf  unsere  di«bezüirlichen 
Wünsche  eintjetranjren   ist   und  nicht   laiiffc 
darauf  penieinNam   mit    uns«'r«Mn  Zweijrver- 
bantie  ein   Konnte  p'bildi't  wurde,  dem  dit; 
vorbereitenden   Schritte  in  dieser  so  über- 
aus wicht itren  .\nveletretdieit  zur  Hrwä^unj? 


So  sind  wir  denn  in  dem  KntwickelunK»- 
ßanpe  unsenvs  Zwci^fvcrbandes  bei  r/«  m  l'n- 
ternehmen  antrelantrt.  welches  in  Aidtet rächt 
der  Jugend  unseres  Verbandes,  der  whwe- 
ren    und    lanjrwierip-n    N'orarbeiten.   sowie 
vor    Allem    der    aut;.ser«»rtlent liehen    tiinin- 
ziellen  Schwil'riu'keiten  i;ewi.s.serniasKcn  den 
Prüfstein    für    unsere    Fähigkeit    jd>trelH'n 
sollte,    das    D«>ut.s«-h-Amerikanerthum    un- 
serer Sta.lt  in  nif/sd  tis  tinmal  im  Jahn  zur 
otTent  liehen      t.'<'iiieinschaft  liehen      Methäti- 
L'unp    iiuiiper    Stannnes  Zu.sannnent;eh<»rig- 
keit  zu  veranla.sseii. 


856 


DF.U    DKrTSCIl  AMKRIKANLSCHE    XATIOXAL-BUXD. 


Die  Feier  des  ei*sten 

„Deutscher  Tag" 

in  Hrooklyii.  am  Sonntaj;,  dfii  4.  Oktober 
190S.  wurde  seit  dem  Monate  Februar  all- 
mählich auf  das  Sor«rfältigste  vorbereitet 
luid  in  di-r  i*rospecl-IIalle.  Süd-Brooklyn, 
iu  einer  ^M-ossartigen,  der  Wüidc  und 
Grösse  des  Hi-ooklyner  Deut.sehthums  eut- 
spi'echeuden  Weise  abgehalten. 

TiSOO  Festtheilnehmer.  den  besten  Kreisen 
der  Deutseh-Anierikanerthunis  Brooklyns 
angeliörig.  übersehritten  die  Pforten  der 
herrlichen  Halle,  eine  Kundgebung,  wie  sie 
bisher  von  Seite  der  Deutschen  dieser  Stadt 
in  solchem  ^Maasse  noch  nie  zuvor  stattge- 
funden hat. 

Die  Erwartungen  wurden  in  jeder  Be- 
ziehung übertroffen  und  es  ist  berechtigte 
Hoffnung  vorhanden,  dass  die  beabsiehtigte 
jähi  liehe  "Wiederholung  der  Feier  eines 
..Deutscher  Tag"'  die  ^Machtstellung  der 
Büi-ger  deutscher  Abkunft  heben  und 
stärken  wird.  Wir  aber  rufen  Eueh  aber- 
mals als  ^lahnung  zu : 

..Die  Macht  ist  der  bestimmende  Faktor 
alles  V()lker-  und  Staatslebens  und  die.se 
]\Iach1  könntet  Ihr  besitzen  und  ausüben, 
wenn  Ihr  Eueh  einmal  entschlie.ssen  könn- 
tet.   nni<)    zu    sein!" 


RICHARD  F.  SCHMIDT, 

der  Präsident  des  ., Brooklyn  Zweigverband 
des  Deutseh-Amerikanisehen  \ational-Bun- 
des  der  Ver.  St.  v.  Amerika"  und  Erster 
Vize-Präsident  des  New  Yorker  Staatsver- 
bandes, ein  in  deutschen  Vereinskreisen 
bisher  ziendieh  unl)ekannter  Mann,  wurde 
in  der  Musenstadt  Weimar,  der  Residenz 
des  Grossherzogthums  Saehsen-Weimar- 
Ei.senaeh,  am  14.  November  1845  in  be- 
scheidenen Verhältnissen  als  der  Sohn 
eines  Handwerkers  geboren,  besuchte  die 
erste  Bürgerschule  imd  dann  das  Gymna- 
sium seiner  Vaterstadt.  Zum  Studium  der 
Rechte  bestimmt,  veranlassten  ihn  indessen 


die  beschränkten  Verhältn is.se  seiner  Fn- 
milie,  kurz  vor  dem  Abgange  zur  Fniver- 
sität  die  Absicht,  dem  Studium  sich  zuzu- 
wenden, aufzugeben  und  sich  dem  kauf- 
männischen P"'ache  zu  widmen. 

Zu  diesem  Zwecke  besuchte  er  zwei  Jahr.* 
lang  die  danuds  berühmte  Handelsschule  zu 
Gotha  und  luichdem  er  .">  Jahre  laug  in 
Dresden  in  vei-schiedenen  Geschäften  thätijr 
gewesen  war,  wandte  er  sich  nach  dem 
Handelsemporium  Hamburg,  wo  es  ilun  ge- 
lang, durch  ei.sernen  P'leiss  und  Energie 
nach  10  Jahren  an  der  Spitze  eines  eigenen 
blühenden  Export-  und  Importgeschäftes 
zu  stehen.  Sehicksalsschläge  schwerster 
Art,  die  ihn  .seines  Vermögens  und  Ge- 
schäftes beraubten,  veranlassten  ihn,  im 
Frühling  1884  mit  seiner  grossen  P'amilie 
nach  den  Ver.  Staaten  au.szuwnndern.  Wd 
er  sich  sofort  im  fernen  Nordwesten,  in 
^Minneapolis.  ^Minnesota,  niederlie.ss.  Ge- 
wiss sind  ihm  die  ..uj)  and  dowus"  eines 
deutschen  Einwanderers  ohne  [Mittel  und 
mit  grosser  Familie  nicht  erspart  gehliek'ii. 
abei-  im  harten  Kampfe  mit  ungeheuren 
Schwierigkeiten  rang  er  sich  mit  Energir 
hindurch,  und  so  sehen  wir  ihn  .schon  4 
.Jahre  später  als  den  Besitzer  und  Redak- 
teur der  heute  noch  blühenden  deutsehen 
wöchentlichen  Zeitung  „Freie  Presse"  in 
]\rinneapolis.  IMinn. 

Nach  deren  Verkauf  verlegte  er  .seinen 
AVohnsitz  nach  Chicago,  111..  wo  er  berufen 
wurde,  den.  allerdings  vergeblich  •rehliebe- 
nen  Versuch  zu  machen,  die  tägliche  ..Na- 
tional-Zeitung".  wenige  iMouate  vor  deren 
finanziellen  Zusaunuen])ruche,  am  Leben  zu 
erhalten. 

Er  wendete  sich  nun  mit  gutem  Erfoi?'* 
dem  Grundeigeuthum.sgeschäfte  zu  und 
gründete  gleichzeitig  eine  Fabrik  für  die 
Herstellung  eines  Zusatzfutters  für  Pferde 
etc..  welche  er  nach  neunjährigem  erfolg- 
reichem Betriebe  an  eine  Aktien-Gesell- 
.schaft  verkaufte  inid  im  Jahre  1899  nach 
Brooklyn.  N.  Y..  übersiedelte.  Hier  be- 
gründete er  mit  seinen  beiden  Söhnen  eine 


DKH    VKKKIVf'H'rv    «t  V  \T»'V    v.,\     wiKKIKA. 


B57 


Fabrik  «Lt  ^'loichen  Art  wie  in  Chica:;«). 
doriMi  l'iiMlukto  hiMiti'  «•iiini  ^riil«n  Uuf 
über  die  ^an/.ni  Wr.  Staat«*ii  ^iMiii>KK(>ii. 
Ilorr  Sihmidt  ist  mit  r'uwv  Dniiu'  aus  alt«'in 
Ilaiiilturp'r  l'atriricr  <M'>ilil»M'lit  sfit  AS 
.laliiiii    in    trlückli<-list«'i-    VAw   viThriralln't. 


RICHARD    F.    SCHMIDT. 
Pruatdml   da   ZwasvcTbanclc«   Bfooklyn. 

iiiul  ihr  echt  (Icutscilcs  Heim  in  Minne. i|mi- 
lis,  (.'liicap)  uiul  Brooklyn  wiinlr  allezeit 
als  der  Sannuel|ilat/.  eines,  wi-ini  au«'li  nur 
kleinen  Kr»'i.ses  hiK-hgebihJeter  Di'utseher 
betraehtet. 

Wie    die    Kltein.    obwohl    stolz    auf    ihr 
amerikanis«-hes     Adoptiv- Vaterland     tuj«! 


Miirtferthuni,  kinultulmh  in  ihrem  Denken 
un*l  Fühlen  (;i>blielM'ii  sind.  k4>  liiini^en  aueh 
Kintler  un<l  Knkel  an  tien  ü)N>rlieferten 
Sitten,  (ieliriiuehen  inid  der  Spraeho  «leK 
alten  \'aterlan«les. 

Die  älteste  T«M'hter  «les  Paares  wunlf  in 
Chieago  lii«'  (iattin  ih's  bekannten  Humo- 
risten .1.  I'.  Steppj's.  der  dem  Deutsi-h- Ame- 
rikanerthum  eine  (^ross«*  Anzahl  der  kirnt- 
iiehsten  hlüthen  urwüehsigen  IIumorK  alK 
Korrespondent  der  ..New  Y«»rker  Stuats- 
Zeitinig"  unter  dem  Namen  „John  Hit.M-h 
Hs<|.."   >;ej;eben   hat. 

Herr  Sehiiiidt  hat  sieh  lu'-  nii  «um-  par- 
tei-politi.sehe  Stellung  beworiHMi  und  ist 
•ehr  selten  nur  in  Vereinskreisen  hervon;e- 
Ireten.  ob(;l<Meh  seine  re<lnerisehe  Mei^abun^ 
Im  wiederholt  in  die  OefTentliehkeit  pe- 
liihrt  hat.  so  jjanz  lM'son<lers  u.  A.  Ihm  CJe- 
'i-tjenheit  d«'r  Feier  der  *J.')jährijren  (irün- 
dini^  des  deutsehen  Heiehes  am  IH.  .lanuar 
1896. 

Seine  damals  im  Auftravre  der  di-utst-hen 
\'fteranen  ("hieatrn's  vor  vielen  tausenden 
\i>M  Festtheilnehmein  gehaltene  Rede 
wurde  von  tier  l*re.s.se  des  Westens  und 
Nordwi'stens  übereinst  inunend  als  eine 
(ilanzleistiuit:  deut.selier  K«'«h'kunst  ain-r- 
kaniit 

Herr  Sehmidt  ist  aueh  iler  V«'rfa.s.ser  der 
vom  jirooklyn  Zw»'i>rverbande  im  Februar 
mos  als  Atritationsmittel  verolTeiit liebten 
Flujrsehrift  ..Kin  Week-  und  Mahnruf  an 
«bis  liberale  hiir^iM'thum  <hMit.s«'her  Ab- 
kunft von  Hro«(klyn.  N.  Y.,",  ein  Aufrtif 
zum  Kampfe  für  persönliehe  Freiheit, 
Wahrheit.  Sittliehkeit  uiul  Keeht. 


Das  Deutschthum  m   Nord-Dakota. 

Vom   Deut.sehthum  in  Nord-Dakota  lässt  den   Fru<-ht feldern   ump'staltet   halN-n.  wan 

sieh,  aus.ser  da.ss  tausende  Von  Deutsch«'!» —  iM-stuiders    auf    den    westliehen    Theil    iles 

aus  Deutsehland.  0«*.sterrei«'h-l  iu;arn,  Süd-  Staat«"«    zutrifft.    ni«'ht     Viele«    beri«'ht«»ii. 

Ru.s.sland.  d«'r  Schweiz  inul  Luxemburg;  -  -  (Sanz  «b'utwhe  Gemeinwest'n  tribt  ««s  alb'r- 

die  weiten  Prairi«"n  «h*s  Staat«'s  zu  blüh«'n-  «linjfs    viele,    wi«-    Ashiey.    L<'hr.    Zceland, 


858 


DER    DEUTSCH  AM KRIKANISCHE    NATIONAL-BUND. 


Wishck,  Xfw  SaK'iii,  Ilchroii.  Dickiiisoii, 
Glcii  riliii.  Leipziir,  Maimliavcn.  Kitiii  li. 
s.  w.,  (loch  ist  von  (Unitschem  Geistesleben 
erst  der  Anfang;  henu'rkl)ar.  Zwei  deutsche 
Vereine  sind  allerdinf;s  zu  veiv.eichnen.  die 
bereits  in  den  Ta«?en  des  Territoriums 
Dakota  in 's  Lel)t'n  «gerufen  wui-dcn.  näin- 
lieh  der  Turnverein  in  Wahpeton  nud  der 
Turnverein  in  .laniestown.  Ersterer  be- 
sitzt eine  Turnklasse,  aber  keine  Bären- 
I\ie<re  noeli  Damen-Klasse.  Zur  Zeit  ist 
Ilcn-  (Mias.  G.  Bade  der  Sprecher  vom  Ver- 
ein, und  hat  letzterer  sieh  dem  Deutsch- 
Amerikanischen  ('(Milral-Hund  antreschlos- 
scii.  Der  Tuin\'crciii  in  Jamestown.  dei- 
ISiSU  ^ejrründet  wurde,  hat.  hiicIkIciii  keine 
Turner  melir  vorhanden  waren,  sich  den 
Xamen  ..Deutscher  Verein"  zugelegt  und 
ist  finanziell  gut  gestellt.  Va'  besitzt  eine 
eigene  Halle  und  einen  daran  grenzenden 
Bauplatz,  sowie  gegen  $1000  Baarvermö- 
gen.  Geistige  Zwecke  verfolgt  er  auch 
nicht,  sondern  dient  vielmehr,  seit  Einfüh- 
rung dei-  Prohibition  im  Jahi'e  1889,  als 
geselligei'  Vei'ein.  wo  man  in  Ruhe  sein 
Glas  Bier  trinken  konnte.  Der  Deutsche 
Verein  hat  sich  jedoch  bei  der  Grüuduu(^ 
des  Deutsch-Amerikanischen  Central-Bun- 
des  demselben  sofort  angeschlossen,  und 
ist  man  jetzt  bestrebt,  der  Platform  des 
National-Bundes  gerecht  zu  werden.  Prä- 
sident ist  zur  Zeit  Herr  Georg  Lippert,  der 
12  ]\Ieilen  von  Jamestown  entfernt  eine 
hübsche  Farm  besitzt.  Im  Jahre  1901 
wurde  in  Bismarek.  dei-  Hauptstadt 
des  Staates,  ein  Gesangverein  in  's  Leben 
gerufen,  der  heute  noch  existirt.  Herr 
John  Yegen,  ein  Schweizer  von  Geburt,  be- 
kleidete den  Posten  als  Präsident  währcmd 
all  dieser  Zeit  und  ist  zur  Zeit  tjhren-Pi-ä- 
sident  desselben.  Leider  ist  das  Deutsch- 
thum  in  Bismarek  numerisch  schwach  und 
was  die  Verfolgung  idealer  Zwecke  an- 
betrifft, noch  nicht  erstarkt  genug,  doch 
scheint  auch  hier  Besserung  eintreten  zu 
wollen  :  der  Bismarck-]\Iännei'eiii)i-  luit  sich 
ebenfalls  dem  Central-Bund  angeschlossen. 


Zwi.sclien  Anamoose  und  Drake.  in  Mc- 
Henry  County,  liegt  eine  deutsche  Ansie- 
delung, aus  Keichsdeutschen  bestehend,  di-» 
die  Hochhaltung  deutscher  Sitten  und  Ge- 
bräuche auf  ihr  Panier  geschrieben  hat. 
Ihrem  Township  gaben  sie  den  Namen 
Sciiiller  und  erbauten  auf  zu  diesem  Zweckt' 
gescheid<ten  Boden  eine  hübsche  Halle,  der 
sie  ebenfalls  den  Xamen  Schiller  beilegten. 
Dann  gründeten  sie  den  Roosevelt  Lieder- 
kranz und  kamen  an  den  Sonntagen  mit 
Frauen  und  Kindein  zusanunen,  um  sich 
nach  alter  deutscher  Sitte  zu  amüsiren. 
Im  Mai  1907  gründeten  sie  auf  Betreiben 
v(m  Herrn  Jakob  B.  Rieder,  der  Vorsitzer 
lies  County-Rathes  von  McIIenry  County 
ist,  auch  eine  Loge  der  Ilermannssöhnr. 
welche  den  Xamen  „Schiller  Loge  Xo.  1'" 
erhielt  und  heute  die  blühendste  ist,  was 
deutsche  Art  betrifft,  die  Xord-Dakota  l)e- 
sitzt.  Präsident  der  Schiller  Loge  und  des 
Roosevelt  Liederkrauz  ist  Herr  Emil  Splitt- 
stöser,  der  zugleich  ein  Dichter  imd  Ver- 
fasser von  hübsehen  Theaterstücken  ist. 

Auf  Betreiben  des  obengenannten  Ilerni 
Rieder  wurden  auch  in  Gardena  und  He- 
bron Logen  der  Hermannssöhne  installirt. 
Gardena  besitzt  die  Hermann  Loge  No.  2 
mit  Herrn  Ferdinand  Thielmann  als  Präsi- 
denten und  Hebron  die  Feldmarschi.il 
^loltke  Loge  Xo.  3.  deren  Präsident  Post- 
meister Gulemann  ist. 

Tu  New  Salem,  Bismarek  und  Mandsm 
wurden  nach  kräftig  entfalteter  Agitation 
vom  Nati(mal-Gross-Präsidenten  ^VilhehM 
Fölsen  von  St.  Paul  und  unter  Beihülfe  der 
Herren  I\Iax  Schnitze  und  Francois  :\Iartin 
ebenfalls  Hermannssohn-Logen  installirt. 
Die  deutsche  Stadt  Xew  Salem  besitzt  die 
Prinz  Heinrich  Loge  Xo.  4,  deren  Präsident 
Herr  :\Iax  Schnitze  ist.  und  die  Schwester- 
Loge  Eintracht  Xo.  2,  deren  Präsidentin 
Fi-au  Elise  Lehfeld  ist;  Bismarek  hat  di-- 
Fürst  Bismarek  Loge  Xo.  ö.  deren  Präsi- 
dent Herr  Frank  Kuntz,  ein  alter  Ansied- 
h'i-.  ist.  und  die  Schwestern-Loge  Edelweiss 
No.   1,   deren   Präsidentin   Frau   Franco'.s 


DKlf     \  KKKINICTKN     MAAIKN     \«».\    AMKKIKA 


869 


Martin  ist ;  .Mamlau  hat  die  Kais<'r  Willi.'liu 
Lo^ri'  No.  ♦;.  .l«'nii  Präsiilfiit  II. rr  Knis: 
St(Mnl»rü«'k.  Snlin  ,|,..s  iM'riiliint.'ii  Düss«»!- 
dorfj-r  Mal. TS  Striiil»rii«-k.  ist.  Kiuf  weitere 
(Jriiii.liiii^'  von  L«»ir,.|i  steht  in  Anssi.-Iit. 
Alle  .liese  L.»j.'.'n  jr.'hürell  «lein  Dent.M-h- 
Anierikanis.-h.'ii  ( "entrHi-Bnnd  an. 

Was  nnn  diesen  Letzteren  seihst  anl».- 
tritTt.  s<»  wnrde  ders.-ll».'  nnf  .l.-r  am  1!'. 
März  IIHJS  in  liisniarek  statt^r.-fnndenen 
deutseli-anit>rikani.se|ien  Konvent  i(»n.  die 
Htulakt.Mir  Fran.-ois  Martin  vom  ..N<»r«l- 
Dakota  Herold**  eiidiernf.Mi  hatte.  jfe>rriin- 
det  und  folpMule  Ilerr.'ii  zn  d.'ss.-n  Heani- 
ten  erwählt  : 

l*rü.sident  —  Kedakt.'ur  Franeois  Martin. 
Bismarek  : 

Vize-Präsiilent  —  Jakol»  U.  Ki.der  von 
Anainoo.se ; 

Sehatznn-ister  —  Wiili.lm  h.'hl'eld  von 
N.'W  Salem. 

Das  Amt  d.'s  S.-kretärs  versieht  zur  /<it 
aneh  l'räsid.-nt  .Martin. 

Da  d.'r  Staat  Xord-DaUota  keine  «grossen 
Städte  besitzt,  ist  das  V.'reinslelxM«  noeh 
nieht    «Mitwiekelt    inid    hat    dasselln'.    I»es(»n- 


ders  dii'  L<»i;en  lier  llerniannHN«»hne,  von 
.1.  n  Mu.k.Tn  sehr  zu  leiil.-n ;  ja  die 
s<-hlinimKten  Feinde  des  DeutsehthumH  in 
.\ortl-Daki»ta  sin.l  .li.-s.-  .Mu.-ker.  welch.- 
ja  aueh  die  I'redi(;er  der  Trohihition  und 
(J.'trner  j.-der  nieiiKehlii-hen  J^'lK'nHfreude 
sind.  D.-n  ^'r<"»Kst«*n  Kintlu.ss  üIn'u  sie  auf 
tue  Kussländer  (ein>rewant|erte  deutseint 
Kolonist. Ml  aus  Kussland)  aus.  die  in  ihnT 
irn»vs.'n  Mehrzahl  niehts  vnn  d.*uls«-h«*n  Ver- 
ein.mi  wis.sen  w.illen  und  j.-dwe«leii  Idea- 
lismus* har  sind. 

D.-r  j;rösst.'  I'liieh.  unt.'r  «Lmh  der  Staat 
Nord- Dakota  zu  leiden  hat.  ist  tlie  Prohibi- 
tion. Deshalb  hat  .l.-r  Ceiitral-Mund  sieh 
di«*  Auf^rab.'  fj.'stellt.  «lahiii  zu  wirken,  «lass 
das  Initiativ-  und  Kefer.*iidum-<ies«'tz  in 
der  näehst.'ii  liejrislatur  zur  Annahme  fjo- 
laii^M.  w.>leh<>s  uns  dann  <lie  llan.Ihal>e 
bi.'tet.  das  l'rohiliitions(ies»'tz  alizusehüt- 
teln. 

Zum  Sehluss  sei  nun  iiimIi  iH'iii.'rkt,  «lass 
«li«*  Feier  des  I)«*ut.sehen  Tajr«*s  im  Jahre 
lüOS  zum  ersten  Mal  in  .\ord-Dak«»ta  abtr»«- 
halten  wurde,  ;lller«lin^r^^  ni<ht  in  jrrossem 
Kabinen,    aber   doch    in    allen    l'lätzen.    x^" 

deiifscbi'    \'ereilli>    Hlld    I.uireil    bestehen 


Deutsch-Amerikanischer  Staats- Verband  von  Ohio. 


Von  Carl  Neugart.  Cleveland. 


D.-r  SiM-k.'l.  auf  .li-m  der  Deutseh-Aiiieri-  Zur  Zeil   .l.-r  Ortranisati.m  «l.rs  .National- 

kaniseh.«  Staatsverbaiid  von  Olli.»  aulVebaut  bund.'s  bestand. -n   in  Oliio  in  «Irei  Slii«lt«'n 

ist.   ruht    in   ('l«*velan«l.  «ler  Metr«>pol«'  il«»s  Centralv.-rbände    «l«'Ut.s«'|i«»r    Vereine:    «ler 

Staat«*s.     D.u't.  wo  das  ileuts.-he  I...*ben.  und  Deut.s«h-Aiii«*rikanis.'he     Ceiitralbun«!     v.»n 

b.*s.>nders   das   «h'ut.sehe    N'ereinsl.'ben.    von  Cleveland.    «li«*    Deut.s.'lie    Tat;-(!«'si'll.s«'haft 

jeh«*r  kräftig?  pulsirt.-.  wur«li'  am  'Vi.  März  von  Cineinnati   un«l  «br  DeutseliAiiH'rika- 

}'M)'2  «ler  Staatsv.'rbainl  ins  Fi.'b«*n  j.'.'ruf.*n.  nis«'h«'    Cent ralv. -rein    v«»n     Dayton        D«'r 

Die    Anrejruii};   hi«'rzu    ^rinj;   vom    «li»rtijr.'n  ('«'Utralbund  Clev«'Ian<l.  «ler  U-i  «Iit  ()rj;ani- 

Deutseh-Am.'rikaniseheii    Centralbiin.I   aus.  saiion      .les      Nati.tiialbund.'s      mitgewirkt 

«ler  im  ({ründiinusjabr  .les  D.Mitseh-Am.-ri-  halt«',  wur«!.-  babi  .larauf  v.m  «l.-r   F..\.'ku- 

kani.s«-hen    .\.itii>i>;iM>iiiiiles   in    |'',\istiiiz   ir.'-  tive  «l«'s  Nationalbiin.les  .'i*sueht.  di«*  Oru.i- 

ti-«'t<>n  war.  nisatioii  d«'s  Staatsv«*rband«>s  v«iu  Ohio  xu 


860 


DER    DEUTSCH  AMERIKANISCHE    XATIONAL-BUND. 


Übernehmen.        Diesem      Ei-suchen      Folge 
leistend,  berief  der  Centrnlbund  Cleveland 
auf  Sonntag,  den  23.  :Mürz  1902,  eine  Orga- 
nisationsversammlung   nach    Cleveland.   zu 
der  er  alle  deutsehen  Vereine  Ohio 's  ein- 
lud.    An   der  Vei-sammlung.    die    in    der 
Sozialen  Turnhalle,  dem  seitherigen  Haupt- 
quartier des  Centralbundes  Cleveland  und 
sozusagen  der  Herzkanuuer  des  deutsehen 
Lebens  der  AValdstadt.  stattfand,  betheilig- 
ten sieh  aus.ser  Cleveland  die  Städte  Cin- 
einnati.  Toledo.  Akron,  ]Massillon,  Youngs- 
town  und  Lora  in.     Den  Vorsitz  der  konsti- 
tuirenden  Versammlung  führte  Capt.   Wil- 
l'niii  Backus,  der  damals  Präsident  des  Cen- 
tralbundes   Cleveland    imd    zugleich    auch 
einer    der    Vizepräsidenten    des    Xational- 
bundes  war.    Die  andern  Beamten  der  Ver- 
sammlung  waren :    August   H.    Bode   von 
Cineinnati.  1.  Vizepräsident;  Otto  Ilaubold 
von  Toledo.  2.  Vizepräsident;  August  Zim- 
mermann   von    Akron    3.    Vizepräsident ; 
Gustav  ]\Iartens  vcm   Cleveland,   Sekretär. 
Nachdem  die  Gründung  des  Staatsverban- 
des einstimmig  beschlossen  war,  gelangten 
die  Grundsätze,  Verfassung  und  Nebenge- 
setze zur  Annahme.     Die  Grundsätze  be- 
stehen    erstens     aus     einer     allgemeinen 
Grundsatzerklärung  in   L^ebereinstimmung 
mit    derjenigen    des    Nationalbundes    und 
zweitens  aus  einer  die  sozialoekonomischen 
Zustände  imd  Fragen  ])ehandelnden  Prin- 
zipienerklärung,     in      der     hauptsächlich 
Front   gegen   die   Versuche  zur   Beschrän- 
kung der  ^Einwanderung  und  zur  Erschwe- 
rung der  Erlangung  des  Bürgerrechtes  ge- 
macht, ferner  die  Treue  und  Hingabe  des 
deutsehen  Bürgerthums  an  sein   Adoptiv- 
vaterland  und  dessen  Institutionen  hervor- 
gehoben und  wahres  Bürgerthum  definirt 
und   zur    Pflicht    des    Staatsverbandes    ge- 
macht wird,  sich  zu  bestreben,  das  öffent- 
liche SchuLsystem  zur  wahren  Pflanzstätte 
der  Erzielnuig  der  Kinder  zu  guten  brauch- 
baren ^Menschen  und  patriotischen  Ameri- 
kanern  zu   machen ;   aus   der  Verwaltung 


desselben  Religion  und  Politik  fern  zu  hal- 
ten, dagegen  die  Einfühnuig  imd  Förde- 
nuig  des  deutsehen  Sprach-  und  Turnun- 
terrichts in  allen  öffentlichen  Sshulen 
Ohio 's  zu  unterstützen.  Die  Gründungs- 
versammlung nahm  einen  harmonischen 
Verlauf,  und  das  Samenkorn,  das  da  ausge- 
streut wurde,  ging  bald  auf  mul  ent- 
wickelte sich  mit  der  Reihe  der  Jalm«  zu 
einem  mächtigen  fruchttragenden  Baume, 
dessen  Aeste  heute  über  den  ganzen  Staat 
verzweigt  sind. 

Im  April  desselben  Jahres  wählte  der 
Centralbund  Cleveland.  der  von  dei  Kon- 
vention zum  Vorort  für  das  laufende  Jahr 
gewählt  war.  die  erste  Exekutive  des  Staats- 
verbandes. Diese  bestand  aus:  Capt.  Wil- 
liam Backus,  Präsident;  C.  H.  Hengst.  1. 
Vizepräsident ;  F.  M.  Penndorf,  2.  Vizeprä- 
sident;  Oscar  Schmidt,  Finanzsekretär:  H. 
Theuner,  prot.  und  korr.  Sekretär:  Emil 
Allniayer,  Schatzmeister.  Als  Vizepräsi- 
dent für  den  Staat  Ohio  im  Nationalhund 
wurde  Capt.  Backus  gewählt.  Die  Exeku- 
tive machte  sieh  sofort  allen  Ernstes  an  den 
Aufbau  des  Staatsverbandes,  indem  sie  die 
deutschen  Vereine  im  Staate  zur  Gründung 
von  Stadt  verbänden  imd  zum  AnschUiss  an 
den  Staatsverband,  der  sieh  .selbstredend 
sofort  als  Glied  des  Nationalbundes  anmel- 
dete, aufforderte.  Ausser  einigen  wenigen 
kleinen  Städten  erfolgten  in  diesem  Jahre 
keine  Anmeldimgen. 

Die  zweite  Staatskonventitm  fand  am  17. 
:\Iai  1!J<)3  an  der  Gründungsstätte  des 
Staatsverbandes,  in  der  Sozialen  Turnhalle 
in  Cleveland  unter  dem  Vorsitz  des  Präsi- 
denten Capt.  Backus  statt.  Vertreten 
waren  ausser  Cleveland  die  Städte  Toledo, 
Dayton,  Akron,  Canton,  :Massillon,  Youngs- 
town.  Lorain,  Steubenville,  Springfield  und 
andere.  Die  Konvention  erklärte  sich  für 
Widerruf  der  mittelalterlichen  Blauge- 
setze  und  imbedingte  Achtung  der  durch  *i 
die  Verfassung  garantirten  persönlichen 
Freiheit,  für  Civildienstreform,  lokale 
Selb.stverwaltimg   imd   gerechte    Steuerge- 


I)KI{    VKKKINKJTKX    STAATKN    VON    AMKKIKA. 


861 


setz»'.     Dtr  \'(»riirt   wiinlf  mit'  /wci  weitrr«' 
Jahre  in  Clevehm»!  helH.v<«'ii.     Als  Delejra- 
teii  zur  Natioimlkoiiventioii   im   SeptemlM'r 
clessclIx'M  .lalin's  in  Baltimore  wurden  die 
Ilern-n    II     'PIumimit  und   (Justav   Ilallunh 
v«»n    ("leveland    luid    als    Stellvertreter   di»' 
Herren   W»'in  von   Akmii  und  it.  Martens 
von    ('leveland   trrwiililt.      Den    hesten    Auf- 
seliluss  ührr  die  Tliät ijrkeit  d«'s  Staatsvrr- 
bandes  hezw.  seiner  Kxekutive  im  ahpelau- 
fenen  Jahre  pieht  der  in  der  Konvention 
verlesene  Jahresheri<'ht  d«*s  Sekretärs.      In 
diesem  ist  zunächst  auf  die  Sehwierifikeiten 
hinfiewieson,  die  sieh  d«'m  Atifbau  de.^  Ver- 
bandes     entt;ef;enstellten.        Kin      j^rosser 
Theil  der  deutsehen  Presse  im  Staate  lialn- 
anfänfrlich    eine    aulTallrnde    Apathii'    der 
\'erbandssaehe  ^et;enüb«'r  an  den   Taj;  jre- 
lept   und  unter  den   Vereinen   selbst   habe 
das  Interesse  am  Verbände  nur  sehr  lanj;- 
sam  zupenommen.    Schliesslich  aber  sei  der 
Ball  in 's  Hollen  trekommen.  und  dann  sei 
es  merklieh  vorwärts  pepaufren.     Auch  die 
Staatspesetzpi'bunjr  sei  nicht  vernaehliissifrt 
worden.    Als  die  Lepislatur  sich  mit  der  Be- 
rat luui^r    eines    neuen    Munizi|)alkodex    be- 
fasst    hab«'    und   Grund   zu   d«'r   Annahme 
vorhanden   pewesen   sei,   dass  eine   Städte- 
ordniuig      zusannnenpesehmiedet      werden 
nuk'hte,  die  die  freien   Bürgerrechte  ni<*ht 
unerheblich   lM's<'hriink«'n   könnte,  habe  die 
E.xcktitive  einen  dahingehenden  Protest  an 
alli*    I^epislaturmitplieder   pesitndt.    —    Als 
Ort   für  die  nächste  Konvention  im  Jahre 
IIH».')  wurde  Dayton  und  als  Vorort  bis  da- 
hin   wiederum    ("leveland    pewählt.      Babl 
nach  der  Konvent i<»n  wählte  der  Vorort  zu 
Beamten  der  Kxekutive  des  Stuiit.sverban- 
des  die   folgenden    Herren:      (Justav    Hai 
baeh,  PrJLsident;  C.  11    Ilenpst.  1.  Vizeprä- 
sident; C.  W.  Fromm,  2.  VizepriLsident ;  H. 
Theuner.  Sekretär;  C.  Platt,  Finan/.sckre- 
tär;  Emil  Allmayer.  Schatzmeister. 

Vork(.m mnis.se  im  l«»kidcn  Ccntralbund 
('leveland,  die  am  Ix'sten  mit  Stillschweigen 
überpanpen  werden,  Vi-rschuldeten  nicht 
nur.   da.ss  die   Agitati<»n    für  den    Beitritt 


zum  Staatsverbandc  im  Staate  in's  St(M-ken 
perietil.  S4indein  führten  auch  (bizu.  da.sH 
die  Kxekutive  «h-s  Staatxverbamb's  sieh  zur 
Kesipinition  veranbiKst  sidi.  Das  war  Knde 
.Mär/  1!M)4.  .\nfanps  Aupust  deNKelb<>n 
.lahr(>K  wurde  dann  eine  neue  Staat.s4«xeku- 
tive  pewählt.  die  ans  «len  fjilpeiub'ii  Her- 
ren bestand:  Leopold  Kilistein.  Präsitjent  ; 
Hermann  Kt-llinpcr.  1.  Vizepräsi<lent ; 
.\lbert  Ki.sele,  2.  Vizepräsi<|ent ;  Kmil  All- 
mayer, Sehatzmeister;  F.  W.  Prahl.  Finanz- 
sekn-tär;  (lustav  Martens.  Sekn'tär.  Der 
neuen  Kxekutive  pelanp  ^*s,  obwohl  sie  unter 
den  bewan<lten  Verhältni.s.s«'u  mit  pross«'n 
Schwieripkeiten  zu  kämpfen  hatte,  neum 
Leben  in  die  Verbandsbewepunp  7M  brinpen 
und  dem  Staatsverbandc  einipe  neue  V<t- 
eine  /.uzufüliren. 

Die  dritte  Staatskonvention,  die  am  6. 
Aupust  liMir»  in  Dayton  in  der  liarupari- 
Li«'derkranzhalle  unter  dem  V<»rsitz  d«»« 
PriLsidcntcn  Kinstein  abpehalt*-n  wurde, 
war  die  bedentt-ndste  seit  der  (iründungH- 
versammhnip  im  März  1902  in  ('leveland. 
Sie  brachte  naiiientlich  bei  den  Vertretern 
der  Städte  im  südlichen  Theile  chni  Staat«»« 
ein  bes.s«'res  Verständniss  der  Verbandsbe- 
wepunp zu  Stan«le.  Vertreten  wan-n 
ausser  Dayton  die  Städte  Cleveland.  Cin- 
cinnati,  Hamilton.  .Miamisburp.  Sprinp- 
fie!d.  Toledo  und  Voiujpstown  ilun-h  51 
stimmberechtipte  Delepaten.  Die  Konven- 
tion besehloss,  pewis.se  positive  Ftirderunpen 
an  die  Lepislatiirkandidaten  zu  .stellen  und 
die  Krwählunp  «li-rjcnipcn.  die  sich  nicht 
dazu  bekennen,  mit  allen  pi'setzli«'hen  .Mit- 
teln zu  iM'kämpfen.  Zu  dies«-n  Fordcrunpen 
pehörten  die  folpenden :  Widerruf  der 
Blaupesetze  (ein.schlie.ssl  ich  der  LiK-alop- 
tion-  und  SonntapKp«>s4>t74')  :  Bekämpfunp 
jeiler  freiheit.swidripen  (Jesetzvorlape ;  Ab- 
underunp  der  Staatsverfa-ssunp  im  Inter- 
es.se  iler  Lizensinuip  tlcr  Schiuikwirthsehaf- 
ten  ;  oblipatoris»-he  Kinführunp  (b's  Tuni- 
initerriehts  in  allen  öfTentlichen  Schulen 
des  Staates;  Treiinunp  der  Lokalwidilen 
von  den  Staats-  und  Naii<»nalwahlcn ;  Bei- 


862 


DER    DEUTSCH-AMKRIKANISCHE    NATIOXAL-BUXD. 


bchaltiinjr  der  öffentlichen  Kanäle  unter  der 
Kontrolle  des  Staates  und  Ausbau  dersel- 
ben;    Wiederherstellung    der     Selbstre^ne- 
run^'  der  Städte;  Einführunjr  der  direkten 
Gesetzjjebuntr      (Initiative     und     Referen- 
dum) ;  Absehaffunj;  der  Todesstrafe.     An- 
dere   Besehlüsse    waren :     Hi-\vählung    der 
Binidessenatoren    d\n"eh    das    Volk,    sowie 
Etablirunjr  von  Uundes-Sparbanken.     Dea 
Deutschen  im  Staate,  allenthalben,  wo  keine 
renti-all)ünde    bestehen,    wurde    die    jähr- 
lielie    Veranstaltung    von    Deutsehen    Tag- 
FeieJii  empfohlen.     Als  Delegaten  zur  Na- 
tionalkonvention    im      Oktober     desselben 
Jahres  in  Indianapolis  wurden  die  Herren 
Leopold  Einstein  von  Cleveland  und  Rich- 
ter August   II.   Bode  von   Cincinnati   und 
als     Ersatzmänner     die     Herren     Edward 
Xeder  von  Dayton  imd  ^lax  Henning  von 
Hamilton  gewählt.    Diese  wurden  instruirt. 
in  der  Nationalkonvention  dahin  zu  wirken. 
dass  geeignete  Beschlüsse  gegen  die  grau- 
same Behandlung  der  p]inwanderer  gefasst 
und    dem    Kongress    übermittelt    werden. 
Toledo   wurde   als  Ort   für  die   Staatskon- 
vention im  Jahre  1907  gewählt  und  Hamil- 
ton für  die  nächsten  zwei  Jahre  zum  Vorort 
gemacht.    Von  der  Verlegung  des  Vorortes 
von  Cleveland.  wo  er  seit  der  Gründung  des 
Staatsverbandes      sich      befunden,      nach 
Hamilton  versprach  sich  die  Konvention  die 
besten   Erfolge  imd  erwartete  vor  Allem, 
dass  jetzt  jene  Städteverbände  im  Süden 
des  Staates,  die  dem  Verbände  noch  nicht 
angehörten,  sich  ansehliessen  würden.    Der 
neue   Vorort   erwählte   noch   in    derselben 
Woche   die   folgenden   Herren    zu   ^Mitglie- 
dern   des   Staatsexekutive:   Max   Henning. 
Präsident;    Justus    Duemer.    1.    Vizepräsi- 
dent;    F.     X.     :\Iayer.     2.     Vizepräsident; 
Jacob  Hintermeister.  Sekretär;  Otto  Schir- 
mer,      Finanzsekretär:      Fred.       Pnppert. 
Schatzmeister. 

Der  Noth  der  Zeit  mehr,  als  dem  eigenen 
Triebe,  gehorchend,  wurde  von  der  Exeku- 
tive auf  den  27.  :\Iärz  1906  eine  Extraver- 


sammlung   nach     Coluinbus,    der    Staats- 
hauptstadt.     einberufen,     und     auf    dieser 
Vei'sannulung     wurde     der     gnuidlegeiuK- 
Schritt  für  die  Organisirung  des  gesaiiuiiten 
liberalen  Elementes  aller  Nationalitäten  im 
Staate  gethan.    Vertreten  waren  alle  soweit 
dem    Verbände  angehörigen   Städtevereini- 
gungen,    nändich:     Hamilton,     Cleveland. 
Toledo,    Cincinnati.    Springfield.    Youngs- 
town  und  Dayton.     Die  Extratagiuig  war 
zu  dem  Zweck  einberufen  worden,  zu  be- 
rathen,   was  angesichts  der  im  Staate  ob- 
waltenden   Sachlage  zu  thun   sei,   um  da.s 
liberale  Element  im  Sinne  der  Gnuidsätze 
des  Staatsverbandes  zusannnenzufa.ssen  zu 
dem  Kampfe,  den  es  führen  müs.se,  wenn 
es  sich  gegenüber  dem  An.sturm  des  Prohi- 
biticms-     und      Simntagszwangs-Fanatiker- 
thums    seine    verfassungsmässigen    Rechte 
sichern  wolle.     Infolge  der  bis  dahin  herr- 
schenden  Indiffei-enz  und  Organisationslo- 
sigkeit  des  liberalen  Elementes  war  die  per- 
sönliche Freiheit  im  Staate  von  einer  Legis- 
latur-Session zur  andern   innner  mehr  be- 
schnitten worden,  imd  die  Sachlage  hatte 
sich  bereits  soweit  entwickelt,  dass  die  kon- 
stitutionell verbürgten  Rechte  Aller  .so  gut 
wie    verneint    wurden    und    der    nächste 
Schritt    vollständige    Prohibition    gewesen 
wäre.     Sämmtliche  an  der  Extravei-sainin- 
lung    Theilnehmenden    waren    ein.stiinmi^' 
der  Ansicht,   dass    das    liberale   Element, 
wenn  es  seine  ihm  so  stark  beschnittene» 
Rechte  und  Freiheiten  zurückerobern  und 
befestigen  wolle,  seine  Taktik  ändern  und 
einen  politischen  Kampf  um  die  Legislatur 
selbst  führen  und  das  Werk  sofort  in  An- 
griff nehmen  müsse.    Die  Versammlung  er- 
liess   an   die   Deutschen   des   Staates  einen 
zündenden   Aufruf,  in  dem  auf  die  herr- 
schende   grosse    Gefahr    aufmerksam    ge- 
macht   inul    zur    sofortigen    Organisirung 
des     gesamniten     lil)eralen     Elementes    im 
Staate  aufgefordert  wurde.     Der  Aufruf 
wurde  von  Herrn  Simon  Hickler,  dem  Chef- 
Redakteur  des  „Wächter  &  Anzeiger"  in 
Cleveland,  der  stets  furchtlos  und  treu  für 


DKH     VKKKINHITKN    STAATtK    V»i\    AMKHIKA. 


HA3 


die    bfstfii    Iiit«T«'ss«'n    «l»>s    Vrrhandfs    jf»*- 
küinpft    hat    iiiiti   (liin-li   <lic   ^ciiHniit«*  Zci- 
timjr  srhou  früluT  auf  du-  Orjraiiisirun^r  (lt*s 
liluTalfii  Fil('iiu'nt«'s  aillcr  Nationalitäten  p*- 
«IruMfjtMi    hat!«',    als    das    einzi^r«*    wirksame 
Mittt'l   zur   ^Vi»'^lt'rl'n»ln•run^'   tiiid    hcfi'sti- 
^riiii^'  der  |M'rsöiiIiclu'ii   Fn-ilifit.  «'ntworfni 
UJid  von  der  Vfrsanunhmjr  riiistiinmij;  jrnt- 
pelu'isseu.       I)i»«s«'r    Aufruf     markirt     lU'ix 
Be^iiui    einer   nrurn    Kp<M'lit'     in     di*r   (le- 
srhichte   d«*s   Vcrhandfs.   da    mit    iluu   «'ine 
neue  Kamjtftaktik  in 's  \V»'rk  jffsi'tzt  wurde, 
dii'  dem   \'trl)and»*  zu  ein<'r  ^Ia«•|^tst^•llun^' 
verholft>n   und  thatsiii-hli«'li   im  Zusamm*-n- 
schluss  dt*s  lilMM'alt-n  Klt'mt>nt«*s  aller  Natio- 
nalitäten    im     Staate    resultirt     hat.       Als 
Hiehtsehnur  für  die  Führung;  des  Kampf<*s 
um  die  persönliche  Freiheit  pah  der  Auf- 
ruf die  folpende.  aueh  heute  noeh  masstre- 
heiule  Parole  aus:     ..1.  An  allen  Orten   im 
Staate,    wo   mn-h    keine   Oiisvereinitruntren 
des   Staatsverhandes   In'stehen.   sind   solche 
sofort  zu  ortranisiren  :  2.   Das  lilwrale   VAi'- 
ment  der  andern   Nationalitäten   ist   in  fje- 
eipneter  Weise  ehenfalls  zur  ( »r^ranisation 
zu  hesafTtem  Zwecke  zu  veranlassen  ;  A.  Alle 
(ies«'tzvorlan«'n.     die     der     Legislatur     zur 
Si<*herung  der  in  so  prossem  Masse  bereits 
verloren  fr«*panpenen   persöidi<'hen   Freihei- 
ten zu  unterbreiten  sind,  sollen  in»  Voraus 
ausfrearlM'itet  werden.    4.  Auf  (irund  dieser 
Vorlagen  sind  so  früh  als  möglich  die  er- 
forderlichen     Lepislatur  -  Kandi«laten      zu 
sichern  und  überall  <l<»rt.  wo  es  ni<ht  niöp- 
li<-h  ist.  sie  durch  ihre  respektiven  Parteien 
zu    erwähliMi.    sind    »lieselben    unabhänirip 
aufzustellen  und  zu  wählen."     Der  Aufnif 
wurde   Namens  der   K.xtratapunp  von   den 
f«»lpenden      Herren      unterzeichin-t  :       .Ma.x 
Ilenninp  (Hamilton).  Di-.  .1.  U.  Kotheimer 
( Younffstown).  Albert   Kisele   (Clevelan«!». 
Ant<»n     Aman     (Dayton).    (Seorp    Fischer 
(Sprinpfield).   Chas.   (J.   Schmidt    (Cincin 
nati).    Fnmk    Hillenkamp    (Toledo». 

Die  vierte  Staatskonventi«»n.  «lie  am  .'i. 
und  4.  Aupust  1!M»7  in  Toh-dc»  abgehalten 
wurde,  war  «lann  «lie  iM-deutsamste.  die  M*it 


Mt'stehen   j|es   Verbainles  stattfand.  Mtwohl 
in   Mezup  auf  die  Stärke  der  Hetheilipunp 
als   namentlich    auch    in    Hinsicht    auf   die 
pefassten    liese)llüsM4>.      Auf   ihr   wunle   die 
deuts4'he  hewepunp  im  Staate  in  das  rich- 
tige Fahrwas.ser  gebracht,  indem  jds  Parole 
für  den  politis4-hcn  Kampf  der  S«hlac|itruf 
..Was  durch  tue  (iesetzpebunp  vi-rlorcn  pe- 
panpeii   ist.   uiu.ss  durch   diu  Cieset/pebunp 
wit'der  erolM'rt  werden".  a>i.spi»pelM'n  wurde. 
Vertreten    waren    da.se||>st    atus.s«'r    Tob-dn. 
C'incinnati.    Clevelan«!.    Coiuml.'.is.    Chilli- 
eothe.     Dayton.    Hamilton.    Lima.    I^orain. 
.Manstield.  Sprint'field,  .Steubenville.  Stark 
County.     TitVm.     Fremont.     liucyrus.     .Mt. 
Healthy.     Sjindusky     und     andere     Stjidte. 
Die  Zahl   iler   Delegaten   betrujf  üIht  drei- 
hundert.      Präsident     Heiuiinp.     di-r     den 
Voi-sitz      führte,      nahm      die      (ielepenheit 
wahr,   auf  «Icn   erfreidicht-n   Zuwachs  hin- 
zuweis«'n  und  zu  iM-richtcn.  ditss  «'s  s«Mt  der 
letzten   K«»nvention  pelunpen  si-i.  die  Cen- 
tralbünde    in    Chillicothe   und    Dayton    für 
<len    Staatsverband    zu    p«'wiiuien    uiul    in 
achtzehn  Städten  Verbämle  zu  orpanisiren. 
l'nter      den      deut.schi'U      Kn*ipnissen      im 
Staate    in    den    abgelaufenen    zwei    Jahren, 
berichtete  Herr  Henning  ferner,  rape  ein<*s 
ri«*senhaft    unter  allen  ändert)   hervor:  «lie 
Knfliiill iiiifi    (h s    Schilh  r-(!tn  tlu  -D*  iiknmia 
in  Ch  vt Ininl.     Dort  hab«*  das  Deutschthum 
wie«l«*r    einmal     lM*wie.si'n.     was    es     leisten 
könne,  wenn  «*s  «'inip  s«'i.     Die  K«»nvention 
nahm  eine  Reihe  luM-hwichtiper  Beschlüsse 
an.  die  für  di«*  künftig«*  Thätipk«'it  «b*s  Vi-r- 
ban«l«*s     von     ti«'fnreif«'n«lcr     \Virksamk<'it 
waren  und  nuuH'he  pute  H«»sultat«'  er/.i«*lt«*n. 
Als    Kichts«-hnur    für    den    zu    führen«len 
politi.scIu'U   Kampf  wurde  erklärt:    l'nti-r- 
stützunp    aller    Lepislaturmitplicdcr.    Kan- 
didaten für  «lie  Legislatur  «Hier  Kandidat«'n 
für    irp'ud    welch««    Staaits-,    ('«uinty-   «nler 
stä«ltis«he  A«*mt«*r.  «»hne  Küeksi«'ht  auf  ihre 
Part«'izujrehöri>rk«'it.  «li«*  in  Sachen  «l«*r  p«'r- 
K«inli«-hen  und  an«l<'rcr  Fr«'iheit«'n  pesuntle 
.\nKi«'ht)-n    halM-n    un«l    willens    sind,    nur 
s«»l«-he  iutu'tzA'  zu  machen  tn)«l  zur  Kinfüh- 


864 


DER    DEUTSCH-AMERIKA.MSCHK    NATION AL-BUND. 


rung  zu  bringen,  dio  eines  freien  Landes 
und  eines  freien  Volkes  würdig  sind.     Aiii 
der  Grundlage  dieses  politisehen  Vorgehens 
soll  der   \'erl)and  in  der  Staatspolitik  das 
folgende    Programm    vertreten     um!    nach 
und  naeh  zu  verwirkliehen  suehen  :    Protest 
gegen  alle  Gesetzgebung,  wodurch  die  per- 
sönliche   Freiheit    oder    andere    F':'eiheiten 
der  Bürger  des  Staates  beeinträchtigt  wer- 
den;  lokale  Selbstverwaltung  (honie  rule)  ; 
direkte  Nominirung  der  Kandidati^i:   aller 
Parteien    am   gleichen    Tage;    Eir.tüiinuig 
der   direkten    Gesetzgebung;    Bek/ii\n>i'ui!.g 
irgend    einer    Loeal    Option-Bill,    die    der 
Legislatur  vorgelegt  werden  mag;  Lizensi- 
rung  des  AVirthsgeschäftes;  Annahme  von 
Staatsgesetzen,  die  den   Turnunterricht  in 
den    Volksschulen    aller   Städte,    wo   thun- 
lich.     obligatorisch     machen.       Ausserdem 
wurde  die  Erstrebung  der  folgenden  For- 
derungen in  der  Nationalpolitik  mit  in  das 
Progrannu    aufgenonnnen :      Protest   gegen 
Erschwerung   der   Einwanderung;   Protest 
gegen    den    Kongress-Erlass    zur    Abschaf- 
fung der  Kantine  in  der  Armee  und  den 
nationalen     Invaliden-Anstalten.       Ferner 
Anirden    für    die    persönliche    Bethätigung 
des  Deutschthums  die  folgenden  Strebens- 
ziele  in 's  Programm   gestellt:    Förderiuig 
der  deutschen    Sprache   in   der   deutschen 
Familie;    Einführung    resp.    Beibehaltung 
des  deutschen  Unterrichts  in  den  öffentli- 
chen  Schulen;  Unterstützung  und  Förde- 
rung  der   deutschen   Presse;   Anschaffung 
von  so  vielen  deutschen  Büchern  als  mög- 
lich  in   öffentliclien    Bibliotheken ;   Herbei- 
ziehung   und    thatkräftige    Unterstützung 
guter    deutscher    Theatertruppen,    die    be- 
lehrend auf  das  Publikum  wirken ;  Grün- 
dung von  literarischen  Klubs  für  die  deut- 
schen  Tjchrer,   um  das  Studium   der  deut- 
sehen  Sprache   und   Literatur  unter   dem 
amerikanischen    Volke    zu    fördern :    that- 
kräftige   Unterstützung    derjenigen    Insti- 
tute,   die    sich    die    Lehrerausbildung    zur 
Aufgabe   gestellt   haben,   vornehmlich   des 
Deutsch  -  Amerikanischen     Lehrerseminars 


in  Mihvaukee;  Grünilung  deutscher  Sclml- 
vereine  nach  dem  Muster  des  Allgeineinni 
Deutschen     Schulvereins    von     Cleveland; 
Belehrung   der  neu    Eingewanderten  über 
die  Xothwendigkeit  und  Vortheile  des  Biir 
gerrechts.       Die     Versammhuig    beschloss. 
künftighin  jedes  Jahr  eine  Konvention  alt- 
zuhalten, und  zwar  Ende  Juli  oder  Anfaiii.' 
August,   uiul   bei   dieser  Gelegenheit  jed' 
l\Ial  den  Vorort  neu  zu  erwählen.     Coluin 
bus   wurde    zum    nächsten    Ktmventionsoi' 
liestinnnt.  und  Cincinnati  als  Voi-ort  für  das 
nächste  Jahr  gewählt. 

In   Verbindung   mit   der   Tolcdoer  Kon- 
vention wurde  zum  ersten  ^lal  eine  Feiti- 
des  Deutschen  Tages  von  Ohio  veranstaltet 
die   einen   glänzenden   Verlauf  nahm.     K^ 
war  ein  Ehrentag  nicht  nur  für  die  Dem 
sehen  von  Toledo,  sondern  für  das  Deutsdi 
thum  von  ganz  Ohio.     Nicht  nui-  war  <1; 
Betheiligimg  eine  ausserordentlich  rege.  <•- 
waren    nicht    allein    die    nach    Tausendtn 
luid    Abertausenden    zählenden    Bcsuclici- 
die,    aus  allen  Richtungen    der  Wiiidru 
herbeigeströmt,  den  Tag  für  das  Deutsdi- 
thum    zu    einem    denkwürdigen    gestalte- 
ten,  es   war  vielmehr   die  prächtige  keiii- 
deutsche  Stimmung,  welche  die  Theilndi- 
mer  mitgebracht  hatten,  die  der  Feier  ilir 
ausserordentliches    Gepräge    verlieh.     Der 
Festredner   war  Herr  John   Schicaab  von 
Cincinnati,    der    das    zeitgemässe    Thema 
..Das  deutsche  Element"  zum  Gegenstand 
seiner   Rede   gewählt   hatte.     Es  war  voi 
nehmlich  bei  dieser  Gelegenheit,  aber  auch 
schon  vorher  im  Verlaufe  der  Konvention, 
dass  Herr  Schwaab,  der  seit  der  Toledoer 
Tagung  an  der  Spitze  des  Staatsverband' 
steht  und  seine  Geschicke  mit  starker  und 
entschlossener   Hand   auf  umsichtige  im' 
erfolgreiche  Weise  zu  leiten  versteht,  ni 
den  Vertretern  des  Deutschthums  im  Staab 
näher   bekannt    wurde   und   sich   das  Zu 
trauen  zu  verschaffen  wusste,  das  ihm  m 
seiner  nachherigen   Thätigkeit  als  Führer 
des  Deutschthums  des  Staates  das  Prestii^' 
zu  seinen  Errungenschaften  verlieh.    An- 


I 


DKK    VKKEIXKJTKX    8TAATKX    VON    AMKKIKA. 


8(15 


il«Tt'  Jit*<linT  lii'i  ih'v  Ffi«-r  waren  :  \V.  !•". 
Rcnz,  Prü-sidcnl  »les  I)«Mils«li-AiiM'rikani- 
si'hfij  CVntiall»uii(l»'s  von  Tolftlo;  Mayor 
Brand  Wliiil.M-k  von  T«».U'd«)  und  Staat.siv 
prjls^'ntant  Frank  Ilillcnkanip  von  Toledo. 
Die  Feier  liildete  einen  Markstein  in  der 
Geseliielite  des  Deutsriit liuins  des  Staates 
und  dem  Wunsilie.  dem  damals  in  Wort 
uiiil  Selirift  Ausdruck  vt'Hielien  wurde, 
dass  alljiihrlieh  Itei  jeder  Staatskonvention 
eine  Feier  des  l)euts<|ien  'Favres  von  Ohio 
veranstaltet  wenle.  ist  hei  der  näelist«'n 
Konvention  in  C'ohunhus  entsproelien  wor- 
<l«'n  und  wird  wohl  auch  in  der  Zukunft 
■ent.spnK'lien  werden. 

Der  Vorort  C'ineinnati  erwählte  für  das 
fol^'ende  .Fahr  /u  .Mityriiedern  der  Staats- 
exekutive die  foljrenden  Herren:  Joiui 
*Sehwaah,  Präsident:  .Folui  Könip.  1.  Vize- 
priLsident:  Frank  Ilillenkamp  (Toledo).  2. 
VizepriLsideiit ;  Henry  Alhertz.  Seki^-tär; 
Henry  Rit«s.  Finanz-sekretär;  \\u\.  HofT- 
mann.  Sehatzmeister.  Die  neue  Exekutive 
entwickelte  im  Inter«*sse  des  Ausbaues  des 
Verbandes  sofort  eine  zielhewusste,  syste- 
nuitisehe  Af^itation  und  brachte  den  Ver- 
band auf  die  Höhe,  auf  der  er  .Zither  steht. 
Herr  Schwaab  besuchte  jede  Stadt  und 
jede  Ort.seliaft  im  Staate,  wo  Deutsehe  sich 
in  fjrösserer  Anzahl  niederfrela.s.sen  liaben. 
trründete  viele  neue  Zweigv»'rl)ände  und  er- 
warb sieh  um  die  Orpanisirung  des 
Deut.sehthums  im  Staate  solche  Verdien.ste. 
<la.ss  die  nächste  Konvention  in  Columbus 
von  der  seitheriK<'n  Regel,  die  Wahl  tles 
nächsten  Präsidenten  dem  Vorort  zu  über- 
la.ssen,  abwich  und  Herrn  Schwaab  als 
Träsidenten  des  Verbandes  für  das  nächste 
'lahr  einst immiv'  wieder  erwählte. 

Die  am  1.  und  L'.  Augu.st  1908  in  der  Co- 
lumbia-Halle    in      Columbus     abgehaltene 
Staatskon \vnti<»n   war   in   jeder  denkbaren 
Tinsieht  die  erfr»l<;reich.8te.  die  der  Staat.s- 
crband  bis  dahin  abgehalten   hat      Nit'ht 
Mir    war    sie    charakteristis<'h    durch    die 
stärke  der  Hi-f  heiligung  —  es  nahmen  über 
iinfhund.'i-i   |).|ctr;,f,.,|  ;,n  ihr  theil    -  luid 


durch  den  Kifer  und  die  iicjicistcruii;;.  wo- 
mit  die  Delegaten  sieh  den  wichtigen  Ar- 
beilen hingalN'n,  sondeni  auch  uikI  «lii's 
ganz  Ix's^inderH  —  durch  iVw  Kinmüthigkeit 
und  Kinigkeit.  die  währen«!  ilrr  ganzen 
Dauer  der  Konvention  vorluTrschten.  Wenn 
es  ««int'S  Mt'Weises  bedurfte,  dasK  die  Deut- 
s<'h«'n  v«»n  Ohi«»  in  Hinsieht  aiif  die  wich- 
tigste und  hau|»tsächlichste  Aufgalie,  die 
durcli/uführen  si«-  sieh  zum  g«'meinsamen 
Ziele  pi-macht  :  «lie  Wiedcrlu'rst«'llung  luid 
Hefestigung  «1er  pers<tnli«-hen  Freih«Mt,  ein 
..rinifi  Vttik  ran  HrüiUrn"  sind,  dann  iKt 
dieser  Hi'weis  durch  die  Columbuser  Kon- 
vt'ution  Voll  und  ganz  erbracht  wonlcn. 
Pr;isid«'nt  Schwaab  hatte  (Jelegerdieit,  auf 
Krnuigcnschaft«'!!  im  l«'tzt«'n  Jidire  hinzu- 
wei.s«'n.  wie  sie  Vorher  keine  Kxekutiv«*  auf- 
zuweis«'!!  halte.  Iteim  Antritt  .seines  Amtes 
iK'stand  «1er  N'erband  aus  18  Zweigver«'in«*n. 
Cnter  s«'iiu'r  Thätigkeit  als  Leiter  des  Gan- 
zen wurden  während  d«'s  Jahres  18  neue 
liokalvereinc  dem  Verbaiule  angeschl«>sK4>n, 
so  dass  si<'h  der  Staatsverband  in  B«'zug  auf 
Lokalvereine  verdopp«'It  hatt«*.  luid  das- 
selbe war  auch  in  Be/ug  auf  «lie  Mitglie- 
«lerzahl  d«'r  Fall.  IL-rr  S«'hwaab  besuchte 
währ«'nd  des  Jahres  nicht  weniger  als  45 
Stä«lte.  «'inige  «lav«)n  zwei  un«l  «Irei  Mal. 
hielt  da.selbst  Ansprachen  und  organisirte 
Zweigvereine.  Wähn-nd  der  Sitzung  d«»r 
Legislatur  war  er  au  acht  v«'rs«-hviHlenen 
Tag«'n  in  «ler  Staatshauptsta«lt  un«I  that 
s«*in  Möglichst«'s.  gemeins<'hädli«'he  U«*setz«' 
zu  v»'rhin«lern.  Als  in  der  (i««s«'tzgebung 
eine  Bill  «'ingebra«'ht  wunle.  mit  d«'r  «'s  auf 
di«'  Einführung  v«»n  ('«»unty-Prohibition 
abg«'.schcn  war.  Ii«'ss  «'r  im  ganz«Mi  Staate 
Protest petiti«)n«-n  —  2.'».«KKI  tut  «h-r  Zahl  — 
in  Cndauf  setzen,  die  v«m  üln-r  llO.lMHl 
Bürg«'rn  unlerzei«'hn«'t  wunlen.  Dass  diese 
iVtitionen  v«»n  d«*n  kurzsichtig«*n  Gesetzge- 
bern ign«irirt  wur«len  uiul  di«*  Bill  zum 
Gesetz  erhob«'n  wurde,  war  ni«'ht  die 
Schul«!  «les  Verbamles  o<!er  .seiner  B«*amten. 
Die  Columbu.s<'r  Konv«'ntion  naiun  eine 
Keihe   Bj'ScMi'ksi'  jin     ilic   für  die   führende 


866 


DER    DEUTSCH-AMEKIKANLSCHK    NATIüNAL-BUND. 


Rolle,  die  <l;is  Deutscht Imiii  im  Staate  von 
jeher  einnahui.  für  die  Zukunft  von  ^m-öss- 
ter  AVichtiirkeit  waren  inid  es  noch  sind. 
Die  hauptsächlichsten  iicsclilüsse  sind: 
Indossirun«?  von  Judson  Ilarnion  als  Gou- 
verneui's-  und  von  David  Rockwell  als  Vi- 
zeg^ouvenieurskandidat ;  Iiulossirung  der 
Prinzipien  der  Personal  Liherty  Lca<;ut' 
von  Ohio  mit  der  p]mpfehlun^  an  die 
Zweigverbände,  sieh  ihr  da,  wo  eine  lokale 
Freiheits-Liga  b»»steht.  anzusehliessen ;  For- 
derung an  die  Staatsofesetzgehung.  im  In- 
teresse der  Einfühnuig  eines  Lizenssystems 
für  das  Wirthsgesehäft  die  erforderliehen 
Schritte  zu  thuu ;  Autforderung  an  alle 
^litglieder  des  Verbandes,  die  amerikani- 
sche Unsitte  des  gegenseitigen  Traktirens. 
weil  eine  der  Ilauptursaehen  der  Unmässig- 
keit  im  Trinken,  auf  Sehritt  und  Tritt  zu 
bekämpfen ;  Loslösimg  der  Richterwahlen 
von  der  Politik.  ^lit  Bezug  auf  die  För- 
derung und  Erweiterung  deutscher  Bestre- 
bungen wurden  die  folgenden  neuen  Em- 
pf^hhmgen  gemacht :  wo  immer  möglich. 
auf  eine  verhältnissmässige  Vertretimg  in 
öffentlichen  Schulbehörden  hinzuwirken ; 
für  Trennung  der  Geschlechter  in  den 
öffentlichen  Schulien  vom  5.  Schuljahre  an 
und  für  Anstellung  männlicher  Lehrer  für 
Knabenkla.ssen  auf's  Energischste  zu  agi- 
tiren ;  für  Einrichtung  von  Gewerbeschu- 
len nach  deutschem  ^Muster  einzutreten; 
als  Mittel  zum  Zweck  der  Ausbreitung  deut- 
scher und  amerikanischer  Literatur  deut- 
sche Lesezirkel  zu  gründen ;  öffentliche 
Vorträge  von  ^Männern  nationalen  Rufes 
über  amerikanische  Geschichte  zur  Richtig- 
stelhmg  des  ^litwirkens  der  deutsch-ame- 
rikaniselw'n  Vorfahren  an  der  Kulturarbeit 
des  Landes  zu  arrangiren ;  die  deutsche 
Presse  des  Landes  thatkräftig  zu  unter- 
stützen, damit  sie  sich  auf  der  Höhe  der 
Zeit  erhalten,  der  wahre  Hort  der  persön- 
lichen Freiheit  imd  Vorkämpfer  der  Sache 
des  Verbandes  sein  mag.  Auch  hinsicht- 
lich der  Propaganda  für  deutsch-amerika- 
nische Geschichtsforschung  wurden,  wije  in 


jeder  vorausgegangenen  Konvention  wich- 
tige   Beschlüsse    gefasst.      Eine    Pres-skoin- 
mission  wurde  beauftragt,  über  Mittel  und 
Wege    zu    berat licii.    wie    die    Ilcrausgalir 
eines  der  Verbandsbewegimg  würdigen,  un- 
parteiisch und  im  besten  Interesse  des  Ver- 
bandes   geleitetes    Verbandsorgan    crinilf.'- 
licht  werden  köime.    Die  Toledoer  Konveii 
tion   hatte  ein   von   einem   Privatunterneh- 
mer  herausgegebenes   Blatt   als   Verhan«K 
organ    indossirt.    und    weil    die    Art    unil 
AVeise,    wie     da.sselbe     redigirt    wurde.   Ix- 
gründete  Unzufriedenheit  im  ganzen  Staate 
hervorrief,  hatte  sich  die  Columbuser  Til- 
gung zur  Einsetzung  der  erwähnten  Presv 
kommission    veranla.sst    gesehen.      Die   C" 
lumbuser  Konvention   beehrte,   wie  bereit 
erwähnt,   den   seitherigen  tüchtigen   Präsi- 
denten John  Schwaab  von  Cincinnati  mit 
einer  Wiederwahl,  ebenso  den  Vorort  Ciii 
cinnati,  und  bestimmte  als  Ort  für  die  Kon 
vention   im  August   1909  die  Stadt  Clev 
land. 

Auch  in  Verbindung  mit  der  Columhas«  r 
Konvention  Avurde  eine  Feier  des  Deut 
sehen  Tages  von  Ohio  abgehalten,  die  der 
im  Jahre  vorher  in  Toledo  veranstalteten 
nicht  nachstand.  Der  deutsche  ^Vstredn«' 
war  Herr  S.  G.  Vicn-tn-k  von  New  York 
der  über  das  Thema  „Die  Deut.schen  Ani«- 
rikas  und  ihre  ^Mission"  sjiraeh.  Herr 
:\lichael  Ryan  von  Cincinnati.  Präsiden! 
der  Personal  Liberty  League  von  Ohio,  win 
der  englische  Festredner.  Andiere  Redner 
waren:  ]\Iayor  Chas  B.  Bond  von  Colun.- 
bus,  Herr  Joseph  Dauben  von  Cohuubuv 
Staatsverbandspräsident  John  Schwaal' 
und  Herr  Robert  L.  Soergel,  damalig 
Präsident  des  Deutsch  -  Amerikanischen 
Stadtverbandes  von  Cohunbus. 

Bis  zur  Staatswahl  im  Ilerb.st  1908  hatt.- 
der  Verband  auf  politischem  Gebiete  so  gut ,. 
wie  keine  Erfolge  aufzuweisen,  die  uaer- 
müdliche  und  zielbewusste  Arbeit  aber,  di 
unter  der  Leitung  des  Verbaudspräsident<i 


l>i:i{    VKKKINHiTKN    STAATKN    VON    A.MKHIKA 


867 


Scliwaah   p-tliati    wunl«*.    hlii-l»   ni«'lit    nliiu' 
Knu'ht,   niid   in  «Icr  Staatswalil   im   Herbst 
1;H)S    liraclift'   «'S   (liT    ViTltaml.    im    Mniuli' 
mit    tlt'P    lN'i*s«)iiaI    LilM-rty    L«*a^ui'.    zum 
«Tstt-n  Mal  ftTtifj.  i'iiu'in  von  ihm  indossir- 
tcn   (fouviTiu'UiNkamliilati'n   zum   Sicjfc  zu 
vt'Hn'lft'U.       Die     KrwähluMtr    von    .hulsoii 
llanuDU  zum  (jouvcnifur  vuu  Oliio  ist  der 
erste  licdoutende  Siej;.  de»  der  Verl)and  in 
einer  Waldschlarht   i'rriuij.'t'n.     Durch  die- 
sen Sie^  hat  sieh  der  \'erl)and  eine  Maelit- 
stellun^r    vei-sehatTt.    tue    für    die    Zukunlt 
nur  die  hesten  Früehte  zeitijren  kann.     Bei 
dieser  Wahl  hal)en  die  l)euts«'hen  im  Staate 
ffezeigt,    was    sie    fertig?    hrinjjen    können, 
wenn  sie  unti»r  thatsäehlieh  unalthänjri^rer, 
furchtloser  Führun«r.  alle  l'arteife.s.seln  ai)- 
*»treifen<l.  an  der  Spitze  tles  jranzeu  freisin- 
ni^'en    Elementes  dem   jrros.'^en   Ziele  zustre- 
Iten.     Leider  irelan^;  es  nicht,  auch  dem  von 
der    ('olund)user     Konvention     indossirten 
ViiN'Pouverneurskandidaten      zur      Krwäh- 
lunj;  zu  verhelfen    und   eine  in   der   Frajre 
ih'r  pei>!Önlichen    Freilu'it   absolut   fjesunde 
Lejrislaturmehrheit  zu  erwählen,  obwohl  in 
den    Vorwahlen    einifien    früheren    Lejiisla- 
tuniiittrliedern.     die     sich     als     willenl«)se 
Werkzeujre    d«*s    Ilauptfeindes.    der    Anti- 
Saloon-Lifra.  erwiesen  hatten  \uu\  inn  eine 
Wiederwahl  kämpften.  t?esalzene  Niederla- 
jren  bereitet   wunlen.     Auch  ist  zu  Ix'tlau- 
ern.  djtss  d«"r  Zusaunnensetzunp  dt*s  in  kon- 
stitutionellen     Fratjen      der      persöidiehen 
FVeilwit        ent.selieidendeji        Staatsoberjr»'- 
ri<-ht.shofs  soweit   nicht   die  fjehörijife   Auf- 
merksamkeit   freschenkt    wurde.      Doch    ist 
betrründete    A>i.ssicht    vorhanden,    da.ss   der 
\'erband.  wenn  er  von  dem  von  der  Colum- 
lin><er  Knnvciit itin  viirt.'e7.i'i'_Men  WcL'e  nicht 


abweiclu,  aucli  ii«m-Ii  die  l.,c>;islatur  erobern 
inid  einen  der  Saeh>'  der  pers<inlic|ien  Frei- 
hcit  nicht  feintilich  (;e^enübcrstchcnden 
StiuitsoberKcrichtshof  zustande  lirinK**n 
wird. 

Die  verhältnissmässi^  kurze  Zeit  wines 
hestehens  in  Betracht  ifczo^cn.  muss  unum- 
wunden zu>;t'trelM'n  wenlen.  «la.ss  <lcr  StaatK- 
vcrbiui«!  von  Ohio  schon  (ir<is.H«>s  geleistet 
hat.  l'nd  vielleicht  hätte  er  iuh-Ii  (ihisseres 
fertig  gebracht,  wenn  seinen  Bi'st rebungen 
gleich  von  Anfang  an  ein  Iws^^-res  \'er- 
ständniss  entgegengebracht  worden  wäre. 
I)a.ss  dies  nicht  geschah,  «la.ss  das  grosse 
Finigungswerk  anfänglich  nicht  recht  in 
(■ang  kommen  wollte,  ist  wohl  nicht  in 
letzter  Linie  drm  rmstande  zuzuschreilx'n. 
da.ss  der  Verband  in  di-n  ersten  .Iidiren 
seines  Bestehens  gcwis.se  sozialpolitis»-he 
Forderungen  in 's  Programm  aufnahm, 
ileren  Verwirklichung  vom  Standpunkte 
fortschrittlicher  Politik  aus  am  Knde  TM 
wünschen  wäre,  über  di»*  alw'r  au<*h  im  deut- 
schen Lag<-r  no«h  lang»*  nicht  voll«'  Kin- 
stimmigkeit  Ijeri-schte  nnd  die  dannii  für 
Manche  einen  (Jrun«!,  für  Manclie  viel- 
leicht auch  nur  einen  Vorwan«!  abgaben. 
si<'h  dem  Bunde,  so  lange  er  ..solche  Par- 
teipolitik" treibe,  nicht  anzuschli<*H.sen. 
Mit  der  Zeit  wurde  aber  auch  in  dieser 
Hinsicht  ein  b«»s.sen*s  Verständniss  erzielt, 
und  seither  ist  «icr  Verband  rüstig  vor- 
wärts geschritten  luid  hat  sich  zu  einer 
Macht.stellung  emporgenuigcn.  «lie  zu  »len 
schön.stcn  HofTnungen  für  «lie  Zukunft  Ix»- 
rechtigt.  Man  kann  ihm  weiteres  Wachsen 
\uu\  OediMhen  nicht  nur  wünschen,  son- 
dern, unter  den  hciitievn  linst  ündeii,  auch 
prophezeien. 


wvvggjyj^jyjg 


^V>9«^VXS«^V>9 


DER   VORSTAND    DES    DEUTSCH-AMERIKANISCHEN    STAATS -VERBANDES    VON    RHODE   ISLAND 


Die  Geschichte  des  Deutsch-Amerikanischen 
Staats -Verbandes  von  Rhode  Island. 


I)i«>  Dcutschm  im  Staat«'  HImmI«'  Island 
nIiuI  ein  l'ri»'<l!i«'lKMul«*s.  i1«M.ssijr«*s  Vü  kriicn 
und  halifn  k«Min*  Nrijfnnif  für  die  Politik. 
I)i«'i  d<Mits<-|)<>  Schnlt'n  i;nd  rin»*  dcuts«-!!«' 
Kinln'  in  dt-r  Ihinptstadt  ih's  Stnatos  luid 
•  in«*  d«'ntMlu'  Kinlu*  in  I'awturkft  siml 
dcnkuiiidip>  Stätten  für  «las  hiesige 
D«  tit'iciltlur.ii.  K!i<idi>  Ishmd  hat  eine  deiit- 
s.-he  Zeitung,  tlie  wöelientlirh  in  l*r«»videnre 
i-rseheint.  Das  Deutsrhtluiiu  von  Khod«' 
Ishuul  hat  seit  dahren  iunner  grössere  Ver- 
hältnisse angenitniiiien  und  wird  iniuier  im 
Wathst'u  lileihfu.  Im  Staate  Ix'stehen  un- 
gi'fähr  •{•"»  «h'utsrhi-  N'erciue  und  Logen  ;  «'s 
soJK-n  ungefähr  •KM  (»  Deutsche  (  Kr\va<-h- 
sene  \u)d  Kinder)  üher  den  ganz»'n  Staat 
zerstn-ut  sein.  .Meine  kurz«'  Statistik  hat 
iiatürliih  nur  g«*ringeu  Anspru<-h  auf  Ge- 
nauigkeit und  dürfte  wohl  mir  annäherntl 
richtig  sj'in.  i*s  ist  ah«'r  eine  Thatsaehe,  dass 
durch  die  politiselie  Zerfahrenht'it  unserer 
Deutschen  di«*selh<  11  iM-i  vielen  (li'legenhei- 
teii  nicht  zum  vereinigt«'ii  Handeln  kom- 
men. tl«Kh  wird  d«'r  Deutsch-Amerikanische 
Staats- Verband  von  Rliode  Island.  d«*r  sieh 
allerdings  inw-h  im  Stailium  der  Kntwiek- 
lung  befindet,  zur  Kinigkeit  des  gi-sammten 
Deutsehthums   in    Rhode    Island   heitrajr«'n. 


Am  4  Juni  !!»(>•')  wurde  in  <ler  (iermann 
Maiini«'  D.  <>.  II.  in  l*awtu«-ket  «h-r  Vor- 
schlag g«'macht.  am  4.  Juli  lOO.'»  ein  Pick- 
nick abzuhalten.  Kx-(!nni  Henry  M.  Fi<'<h 
schlug  dann  vor.  anstatt  eiiu's  Picknicks 
einen  Di'utscheii  Tag  zu  f<'i«'rn.  Herr 
FM'<h  Iml»  «lamals  in  «'iner  läniren-n  An- 
sprac'he  hervor,  dass  seit  «lern  Jahre  1SH:J 
d«'r  Staat  UlxKle  Island  einer  der  w«'nig«'n 
Staaten  in  Amerika  wäre,  die  den  Deut- 
schen Tag  nicht  feierten,  und  nachdem  er 
die    Feier   eines    Deutschen    Tag«'s   erklärt 


hatte.  fi:nd  se  n  Vors4'|i!a<  auch  Anklang. 
Ks  wurde  dann  ein  Komite.  Ix'stehend  aus 
den  llern*n  Henry  M.  Frech.  Frank  l'ü- 
I  i<  h    t  nd    Ht  iiry   C.    I'ilrich.   ernannt.   <la : 

geeignete     Sehritte     tliat      Uli«!     sieh     «lureh 

folgi'iides  Zirkular  mit  allen  \'.  i-.io.n  in 
N'erbindung  setzte: 

..Als  im  Jahre  18S:{  die  Deutschen  ilieM'S 
haiitles  das  'JlNijälirige  Jubiläum  der 
Ankunft  der  deuts4-hen  Pilgrimväter  Ih«- 
gingeii.  tla  Wllltle  der  <iedanke  wach,  litis 
amerikanische  Volk  an  den  Antheil  zu  er- 
innern, den  di«'  Deutschen  si'it  jenem  ileiik- 
würdigcn  Landungstag,  dem  (>.  OktolMT 
msM.  an  dem  Aufbau  un«l  «h-r  glorrei«hen 
Kntwickelung  «hr  N'ereinigteii  Staaten 
liatteii. 

Zu  gl«'ich«*r  Zeit  sollte  der  Deut.sdie  Tag 
den  1  )eut.sch-Amerikanei  n.  Kingewandi-rten 
uml  Kingeboreiieii.  zu  Herz«'ii  führen, 
da.ss  sie  stolz  .sein  dürfen  auf  ihre  Abstam- 
mung von  einem  ih*r  ersten  Kulturvölker 
der  Welt. 

Der  (jedanke  fiel  auf  fru<ht baren  Ii«Mlen 
und  bald  wurde  d«'r  I)cuts«'h«*  Tag  in  faxt 
allen  grösseren  Städten,  w«  ilie  deiitKelie 
H«'völkerung  eine  K«»lh*  spielt,  gi'feiert. 

Warum  kann  dies  nicht  in  Proviilenee 
und  rmgebung  ges«* liehen  ? 

Der  Irländer  hat  seinen  ,.Si  PairickV 
Day ".  <ler  Franzose  seinen  ..St.  Johnn 
Day"  und  s«»  weiter.  Warum  kann  «1er 
D«'Ut.s«lu'  nicht  Keinen  ..<!erman  Day" 
haben !  . 

Fm  üImt  «lies«'  Frag«*  zu  «lebattin-n  un«l 
\\«)möglich  Schritte  zu  lliun.  um  «lii-sen  T ig 
au«h  in  Hh«»«!«'  Islan«!  zu  lM«g««hen.  w«'r«len 
Sie  hi«rmit  freumllichst  ersiwht.  zu  einer 
von  allen  d«'ut.s4'hen  V«'n'in«'n.  Log''"  '«'id 
(if»sells<-haft«'n  am 


870 


DHU    1 ) KUTSCH- A  M  HH I KAN ISCH  K    N  ATlOX  AL-UTN I). 


24.  Juni    1906,  Nachmittags  2  Uhr,  in 
der  Th.   Koerner  Logenhalle, 

auf  (Iciii  deutsclu'n  Land.  Pawtucket,  ab- 
zulialtcnden  Konvention  einen  Delegaten 
zu  schicken. 

Hält  dieses  Land  in  scliwerer  Arlieit  Prolin 
Gefesselt    noch    des    deutschen    Ilochsinns 

Streben, 
Ein  Tilg  im  Jidiiv  sei  Germania 's  Sohn! 
Auch  in  Columbia's  Reiche  freigegeben! 

Tragt  Ihr  zu  oft  auch  nur  der  Zwietracht 

Joch 
Hier,     wo     der     neuen     Ileiniath     Sterne 

scheinen, 
Ein  Tag  im  Jahr  gehör'  der  alten  noch. 
Ein   deutscher  Tag  soll   Euch  in  Frieden 

einen. 
Für  die  Germann-^Mannie  No.  81 
des  D.  0.  H. 

Das  Komite : 
Henry  M.  Frech, 
Frank  Ulrich, 
Henry  C.  Ullrich. 

Pawtucket,  R.  I..  6.  Juni  1906. 

Da  es  für  das  Jahr  1905  zu  spät  wurde, 
so  wurde  der  ., Erste  Deutsche  Tag"  am 
6.  Oktober  1906  in  Pawtucket  gefeiert. 
Die  Feier  war  in  jeder  Hinsicht  würdig 
und  erfolgreich.  .Alan  hatte  eine  gute 
Grundlage  für  die  darauffolgenden  Deut- 
schen Tage  gelegt.  Der  ..Zweite  Deutsche 
Tag"  wurde  am  17.  Juni  1907  in  Boyden 
Ileights  mit  grossem  Erfolge  gefeiert.  Der 
..Dritte  Deutsche  Tag"  wurde  am  15.  Juni 
19()S  in  Boyden  Heiglits  mit  glänzendem 
p]rfolge  gefeiert.  Sr.  Excellenz  der  Gou- 
verneur des  Staates  Rhode  Island  mit 
seinem  Stabe  und  die  Bürgermeister  der 
Städte  Providence  und  Pawtucket  beehrten 
das  Fest  mit  ihrer  Anwesenheit.  Als  Fest- 
redner fungirte  Professor  Camillo  von 
Klenze  von  der  Brown  Universität  und  als 
Ehren-Festredner  erschien  der  Bundes- 
präsident Dr.  C.  J.  Hexamer,  der  in  seiner 
schwungvollen,  zum  Herzen  gehenden  Rede 


den  Grundstein  füi-  den  neuen  deutschen 
Staats- Verband  von  Rhode  Island  legte. 
Dieses  kleine  PHänzchcn.  welches  im  Laufe 
der  Zeit  zu  einem  stattlichen  Baume  empor- 
wachsen wird,  wird  hofTentlich  für  das  hie- 
sige Deutschthum  ein«'  nicht  zu  unter- 
schätzende Bedeutung  im  Staate  Rhode 
Island  haben. 

Hermann  Müll  fr. 


Ein  schw^erer  Verlust  fuer  den 
Staats- Verband. 

xVus  Providence,  R.  L.  wurde  unter  dem 
Datum  des  17.  Juni  1909  gemeldet: 

„Durch  das  heute  erfolgte  plötzliche  Ab- 
leben seines  verdienten  Sekretärs.  Prof. 
Hermann  Müller,  hat  der  Deutsch-Ameri- 
kanische Verband  des  Staates  Rhode  Island 
einen  schweren  Verlust  erlitten.  Sein  Tdd 
wurde  allem  Anschein  nach  durdi  ein 
Herzleiden  herbeigeführt,  das  durch  die 
Aufregung  der  letzten  Tage  gelegentlieh 
der  grossartigen  Feier  des  ..Deutschen 
Tages"  hierselbst  eine  Verschlinunenmg 
erlitten  hatte.  Der  Verlust  für  den 
Staatsverbaud  ist  kaum  zu  ersetzen;  als 
^Nlann  und  als  Freund  war  er  von  Allen 
hochgeschätzt  und  stets  bereit,  für  deut- 
sches Wesen,  deutsche  Sprache,  deutsehc 
Sitte  und  deutschen  Brauch  energisch  ein- 
zutreten. 

Prof.  ]Müller  wurde  am  24.  Oktober 
1860  in  :Meiningen  als  Sohn  eines  ilusikers 
gcl)oren.  Nachdem  er  Direktor  der  Bres- 
lauer Unionschule  gewesen  war.  wii-kte  er 
seit  dem  Jahre  1889.  in  dem  er  sich  mit 
Frl.  Emily  A.  Wagner  verheirathcte.  als 
deutscher  Lehrer  an  hiesigen  Hochschulen 
uiul  in  der  hiesigen  La  Sallc-Akadenüe. 
Er  entfaltete  ausserdem  eine  umfangreiche 
literarische  Thätigkeit  und  zählte  unter 
Anderem  auch  zu  den  Mitarbeitern  der 
..New  Yorker  Staats-Zeitimg". 

Ausser  seiner  Gattin  überleben  ihn  ni 
diesem     Lande     zwei     Brüder.     Mnx    und 


DKK    VKKKIMCTKV    ST  A  ATKV    Vn\     \MIIMK\ 


871 


William,  »lif   \h''uU'  in   Nfw'  York   wohii«-ii.  <  Mii'iiii«'ii      livs      \'rrsturl><-ii«'n      /.iiHitiniiicii. 

In    I )<'Utsc|ilaiitl    Ifht    s«'iii    (ir<>s.sv)it«*r.   «irr  Näi-Iisl  drii  VcnliriiKtfii  l'rof.  Müller 'm  um 

mit    «lr«'i«'M    si-im-r    Hrüil«*r    si-im-rzrit    «las  (Im     Deutsch- AinrrikaiiiHihrii     Staat«- Ver- 

«•i-stf  tit'r  iMTÜhmteii    .Miillcr-t^uartt'tt«'   l»il-  lian«!    verlirrt    vor    Allem    «Ut    (iermania- 

tlete.       |)as     /weite     Miiller-t^iiartett.     «las  Kluli  in  ihm  «-ineii  s«'iiicr  uiieniiii«llielisti-n 

setzte      sich      ans      dem       X'atiT      iiii«!      drei  AiiliiiiiL'i  r    iiiiil    l''iiri!.(  i  r 


Der  Deutsch-Amerikanische  Zentral-BuncJ 
von  West-Virginien. 

Von    C.    W.    Bcnle.    Whfclmg.    W.-Va. 


Als  zu  Ani'aii^re  «h's  .lahrhuiulerts  v«tu 
riiiladelphia.  w«»  tli«'  \Viet:e  des  l)«uts<li- 
thums  v«iii  AiiM-rika  «restamleti.  «li«'  «leutsdie 
HnidtThand  aiis^restHM-kt  wunle.  um  «li«' 
tl«'Uts«'heu  Stamm«*sj;eu«»s.s«'u  in  diesem 
Lanile  in  einem  pn»sseu  Verband«*  zu  ver- 
eini^ren,  waren  die  I)«*utseh«'n  Wheelin^fs, 
\V.  Va..  «l«'r  lautrjähri^ren  Zersplitterunj; 
müde.  jrt*rn«'  In-reit.  in  «li«'  ihnen  ti:«'l)«»tene 
Reehte  einziLsehla«ren.  Kinem  seitens  der 
Hedaktion  der  ..l)eutsth«'n  Zeitun»r"  «-rlas- 
senen  Aufruf«'  foljreleist«'n«l.  «'rwähllen  di«' 
t«inanf;«'ln'n<len  Ver«'ine  der  Stadt  Dele^ra- 
ten  zu  Versannnlun^ren,  welche  die  (Irün- 
dun«;  eines  Centralltumh's  l)ezwe«-kten.  niid 
entsanilt«'!!  ('.  W.  Heute  als  ihren  Vertn't«'r 
nach  IMiilad«'lphia.  um  d«'n  I)euts«h-Am«'ri- 
kanis«-h«'n  Nationalhun«!  »1er  Vereini{|rten 
Staaten  mitzulM  «^rüntlen.  I)<»rt  in  der 
Halle  der  historis«h«'n  I)«'Utseh«'n  (Jewll- 
sihaft.  welch*  h'tzter«'  iilt<'r  ist  als  «li««  l'n- 
ahhiinKij;k«'itserkliirun^'  «1er  Vereini^'ten 
Staaten,  wurde  der  tfross««  Vi-rhainl  »re- 
trründet.  «1er  bereits  s<»  viel  zur  Hebung  des 
l)«'Uts<hthums  in  Amerika  treleistet  hat  und 
si<h  mit  Ki«*senseh ritten  üb«'r  <las  jranze 
Land  ausbreitet.  Die  Kun«le  v«in  «lem  («e- 
linti«'n  «les  \Verk«'s  in  IMiibnlelphia  rief 
unter  «lem  l)euts<hthum  \Vheelinj;'s  sol- 
«•heu  Knthusiasmus  hervor.  da.ss  s«'h«tn  im 
foltr«'n«Ien  Monat,  am  l«».  NovendM«r  1!M>1. 
an  Schiller 's  (Jeburtstajr.  die  (Jrün«lun^r  •h's 
..!)<  ulsch  -  A  IUI  riknnischr»  Ccnlralliiimh  s 
rnii    Wisl-Vin/iini  ii"    als   ««iin-s    Zweijrvi'r- 


ban«l«'s  (h's  Nationalbund«*s  vollzo|;en   wer- 
«len  konnte. 

Zu  «len  hohen  V«'rdiensto?j,  «in-  su-h  «i«'r 
("« ntralbuiul  ««rworlM-n.  jf«'hört  in  erster 
liini««  lue  jährli«he  Vj-nuistaltunj;  einer 
Ih  i((sch(  H-Ta(/-Fi  ii  r.  die  dazu  an(;ethan 
ist.  das  deut.s«-he  StanuneslM-wu.sstsein  zu 
we«ken.  di«'  Zusanunen^ehori^keit  un.s«'rer 
La?idsleut«'  ohn«'  Rücksicht  auf  K«»nfessi«»n 
od«'r  Kleinstaaterei  zu  fördern,  die  Ver- 
dienst«' amerikanis«-her  Mürber  d«*uts«'h«'r 
Abkunft  um  «li«'ses  <xros.sc  Lan«I  zu  «'hren 
und  an/uerk«-nn«'n  und  «'in«'n  Sanuiielpunkt 
für  unser  tr«'sammtes  Deut.s«'hthum  zu 
bibh-n. 

Kinem  idealen  Zwe«'k«'  di«'n«*n  fenn^r  tlie 
getliej^enen     tleutschen     Theatervorstellun- 
jfen.  tlie  d«»r  ('(Mitralbund  seit  seinem    Ite 
st«'h«'n  jdljährli«'!«  vi-ranstaltet. 

Kin«'  h«'rvorrat;en«le  L«'istunt'  «l<*s  ('«-n- 
tralbumles  war  «l«'r  «'rril^rrcich«'  Kampf  um 
«lie  KrlndtunvT  »h's  d«*uts«-hen  Spra«-hunl«'r- 
ri«'hts  in  iniseren  ötT«>ntlichen  Schulen. 
l)i«'se  herrli«'h«'  l''rrun);enschaft  un.seres 
Deut.schthums  war  iM'reit«  k<»  jjut  wie  ver- 
l«»r«'n.  ids  der  ('«'ntralbiuid  M-in«-  Kraft  «'in- 
setzte. rnt«'rs«'hrift«'n  von  ül>«'r  taus«>nd 
Hürtrern  un«l  St«'uerz;dd«'rn,  di«'  ^reir»'»!  dio 
AbschalTuiur  «les  Cntcrriehts  pnitestirt«'!!. 
Mniunelt«'  und  di«'s«'nH>ii  durch  eine  l)«*l«'i;a- 
tion  pr<»minenter  Hür(;<'r  dem  St-hulnithe 
üb«'rrei«h«'n  li«*ss.  woU'i  «h*r  Wortführer  «ler 
Del«'^Mti<in  die  CSründe  darleirte.  weslndh 
der     «h'utseho     Spra«'hunt«'rrieht     in     den 


872 


DER    DEUTSCH  A^rERrKANISCHE    XATIOXAL-RrXD. 


öffeutlic'lion  St-lmlon  beibehalten  werden 
sollte.  Das  half.  Die  deutsehe  Sache 
siegte,  und  seither  haben  wir  auf  diesem 
Gebiete  die  erspriessliehe  Ruhe  gehabt, 
welche  eine  gedeihliehe  Entwickelung  des 
deutschen  Unterrichts  ermöglichte. 

Die  Schillcrfcicr  von  1905  unter  den 
Auspizien  des  C'entralbimdes  war  das  ge- 
diegenste und  vornehmste  deutsche  Fest, 
das  je  in  Wheeling  vei anstaltet  wurde. 


C.    W.    BENTE. 

Nationalbeisitzet    fuer    Wesl-Virginien,    Rechtsanwalt    und 

Redakteur    der  Wheelinger  Deutschen  Zeitung,    Mitglied 

der  Legislatur  von  W.  Va. 

]\Iit  dem  Deutch-amerikanischen  Natio- 
nalbunde, dessen  Zweig  er  ist,  hat  der  west- 
virginische  Centralbund  stets  enge  Füh- 
lung unterhalten.  Sämmtliche  National- 
Konvente  wurden  von  ihm  beschickt.  Zu 
dem  Fond  für  das  Pastorius-Denkmal  lie- 
ferte er  die  erste  Beisteuer.  Ferner  hat  er, 
hauptsächlich  durch  die  Bemühungen  des 
Präsidenten  F.  Riester,  die  Summe  von 
dreihundert  Dollars  aufgebracht,  um  mit 
dem  gleichen  Beitrage  wie  in  1876.  dem 
Deutsch  -  Amerikanischen  Lehrerseminar 
unter  die  Arme  zu  greifen.  Er  ist  stets 
bereit,   für  die   Rechte   des   Deutschthums 


einzutreten   und   deutsch-ideale   Bestrebun- 
gen nach  Kräften  zu  fördern. 

Nicht  nach  au.ssen  allein  hat  der  Centnil- 
bund  Resultate  aufzuwei.sen,  seine  Grün- 
düng  hat  .sich  auch  für  die  konstituirendcn 
Vereine,  die  aus  dem  Pionierverein,  dem 
Kriegerverein,  den  Gesangvereinen,  den 
landsmannschaftlichen  Vereinen.  Lop..! 
kirchlichen  Vereinen,  den  westvirginiseji.ii 
Zweigen     des    Deutschen     rnterstützuntr- 


F.    RIESTER. 

Praesident    des    Deutsch-Amerikanischen    Zeniral-Butxla 
von  W.   Va.,    Leiter    der  Deutschen    Feuervcrsicherung»- 
Gesellschaft  zu  Wheeling. 

bimdes  etc.  bestehen,  von  grossem  Seger 
erwiesen.  Er  hat  die  Vereine,  die  siel 
früher  unbekannt  oder  gar  neidisch  un« 
feindselig  gegenüberstanden,  einander  n;i 
her  gebracht,  man  lernte  sich  gegen.seitiL 
besser  kennen  und  schätzen,  das  deutscln 
Solidaritätsgefühl  wurde  geweckt,  für  al! 
gemeine  deutsche  Bestrebimgen  ^nirde  cii 
Boden  geschaffen,  und  die  Saat  der  Ein 
tracht  und  Zusammengehörigkeit  ist  au 
demselben  in  kö.stlicher  Weise  aufgegangen 
Möge  der  Centralbund  zur  Ehre  und  zun 
Heile  imseres  Deutschthums  wachsen,  blü 
hen  und  gedeihen  bis  in  die  fernste  Zeit ! 


Die  Frau  im  Deutsch-Amerikanisclien   National-Bund. 

Von  LDNA  FtRN. 


Dor    Doutsrli  -  Aint'rikanisclu'    National 
Biiiul  wendet  sirh  an  die  deutschen  Frauen 
Amerika 's  und  l>ittet  um  ihre  Mithilfe. 

Was  ist  der  deut-seh-amerikaniselie  Na- 
tional-Iiund?  Wie  können  wir  Frauen  uns 
an  seiner  Arbeit  hetheilif^en  ?  l'nd  mit 
welehem  Nut/eii  für  tuis  und  für  den 
Hund? 

Als  der  ileutseh-aiiierikanisehe  National- 
liund  im  Jahre  IIMK»  in  der  Stadt  i'hila- 
delphia  von  einer  Sehanr  begeisterter  Män- 
ner ins  Leben  jjernfen  wurde,  fand  er  nieht 
frleieh  überall  aueh  ebenso  bejreisterte  An- 
hiin«;»'r.  Alle  die  vielen  Deutsehen  unseres 
Landes  mitswimmt  ihren  unzählitren  Verei- 
nen unter  einen  Hut  brin«reM  zu  wollen, 
schien  ein  unausführbares  \'erlan^'en.  Ks 
frali  viele,  di«'  dieses  auch  »lurchaus  nicht 
für  wünschenswert h  hielt<'n. 

Die  Misstrauischen  verg:as.sen,  (Ijlss  die 
dem  deutschen  Charakter  eigene  Nörgel- 
sucht uiui  Missgunst,  die  im  engen  Betrieb 
eines  kleinen  Vereins  so  blühend  zu  gedei- 
hen pflegen,  in  den  Ilintergrinid  treten,  so- 
bald die  grossen  deutschen  (Jewissensf ragen 
an  iniscre  Kultur  in  Hetracht  komiiM'U.  l'nd 
gerade  dieses  (iro.s.se.  das  uns«'re  amerika- 
nische Ileimath  von  uns  erwartet,  und  in 
dem  wir  uns  alle  einig  sin<l.  möchte  der 
National-Bund  zusammenfassen  »nul  der 
übrigen  Welt  gegenüber  vertreten. 

Dazu  hat  der  Bund  in  den  wenigen  .Jah- 
ren sein«*s  Bestehens  des  öfteren  (Jelegen- 
heit  gehabt.  In  allen  Fragen,  die  das 
I)ejits<'hthum  Mild  die  künftige  Kultur  un- 
seres Jungen  Landes  angehen,  hat  er  Stel- 
lung genommen  und  di<*se.  Dank  dem  Vor 
ständniss  und  der  Knergie  seiner  Führer, 
zu  behaupten  gewusst.  Den  Kam|)f  gegen 
veraltete  ({«»setze,  geg«*"  (Jesehichtsräl- 
.schung,    gegen    «'Ugherzige    licbeiisansi'hau- 


uiiir.  die  iliLs  Hecht  .\ndct^M|c|lkl  ndcr 
schmälern  will,  den  Kanjpf  tun  das  Kin- 
dringen deut.sehen  (Jedankens  und  deut- 
schen Empfindens  in  unser  I,««lM'n  luit  er 
aufg«>nommen  luid  führt  er  mit  rmsieht 
und  Ausdauer. 

Der  .National-Bund  mo<hte  der  Vermitt- 
ler sein  zwisclu'n  zwei  fremd  gewordeneu 
Hrüdcrn:  dem  Deuts4-hland  hülw'n  und  dem 
Deut.schland  drüben.  Kr  mochte  der  Ackers- 
iiiann  .sein,  der  den  aufnahmebi'dürftigen 
amerikanischen  Bcxlen  für  die  reiche  Kul- 
turaus.saat  unseres  deut.sehen  Vaterlande» 
Vorbereiten  hilft. 

Da.ss  «'S  l>ei  einem  .solchen  gewaltigen  l'n- 
tiinchim-n  nicht  ohne  innere  Kämpfe  u:>d 
.Missverstä ndnis.se  abgeht,  ist  ni<-ht  zu  ver- 
wundern. Kine  uncudliehe  Vorsicht 
scheint  geboten  im  Aufbau  eines  .solchen 
Kicsengebildes.  Kin  (Jedanke,  ein  Plan 
noch  so  sorgfältig  ««rwogen,  wird  in  «lem 
Augenblick,  wo  er  unter  die  Vielen  ge- 
rät h.  und  von  diesen  wie  ein  Ball  im  Kr- 
wägt'U  hin-  inid  hergcs^-hleudert  wird,  eine 
ganz  andere  (iestalt  annehmen  und  plötz- 
lich verkehrt  eiNchcincn. 

Es  ist  erstaunlich,  wie  .sehr  bis  jetzt  idles 
vermi«'tlen  worden  ist.  was  Zw  iet  nicht 
säen,  das  gute  Einvern(*hmen  zwisi-hen  «len 
verseil  ie<lenen  Volksstämmen  und  ihren 
ererbten  .\nschauungen  hält«*  /x'rstören 
können. 

Dazu  kommt  ntH-h,  diLvs  wir,  die  wir  an 
alten  Vatcriande  s«'hon  nach  ..Name  und 
.\rt"  anders  g(>sinnt  waren,  im  neu«'n 
Lainle  au<'h  des.sen  mannit'falt i-'i-  AnfTm- 
sung  angenommen  IuiIhmi. 

Der  Dcut.s»li  -  Amerikanis<*he  Natiiüiid  - 
BuiMJ  erstreckt  sieh  ülwr  die  ganzen  Verei- 
nigten Staaten.  Von  den  ..VeriMnigten  (Je- 
sellschaften"  an  <ler  atlantistdien  Küste,  bi» 


874 


J)i:ix'    DKlTSllI-A-M  I;K  1  KAN  l.S(  11  K    XATIOXAL-BUND. 


zu  den  ..Zweifrverhäiulcn  von  Xoi'd-  und 
Süd-Califomien "".  luit  er  fast  in  jedem 
dazwischen! icjrendcn  Staat  seine  rnterver- 
hände.  die  wiederum  die  deutsehen  Vereine 
der  einzelnen  -Staaten  in  sich  zusammen- 
fassen. Jeder  Staatsverl)and  stellt  einen 
Heisitzer  zu!"  Xationalhehörde.  die  sicli  seit 
Gründuiiir  des  Hundes  in  Piiiladelpliia  be- 
findet. 

Der  Nai  iiMiai-liund  will  alle  deutschen 
Stänune  und  (renossensehaften  Amerikas 
umfassen.  Ks  iziehi  viele  Strömungen,  sie 
haben  die  einen  hier,  die  aiulem  dorthin 
getrieben.  In  einem  aber  sind  wii-  uns  alle 
einig:  Deutsch  .sein  zu  wollen  und  deutsch 
sein  zu  müs.sen.  die  deutsche  Art  im  VölUer- 
gemiseh  unseics  Zukunftsstaates  zu  beto- 
nen, ihr  Anerkeiniung  zu  verschaffen,  und 
dazu  vor  allem  unsere  gro.sse,  geliebte 
Sprache  zu  ei'halten,  ihre  goldenen  Sehätze 
auszustreuen  bis  in  iWn  fernsten  Winkel  des 
neuen  Ijandes.  In  diesem  Wollen  begegnen 
wir  uns  alle,  mögen  unsei-e  politischen,  so- 
zialen Idetn  auch  weit  auseinander  gehen. 
Auf  diesen  festen  Boden  führt  uns,  auf 
diesem  hält  uns  der  Xationalbund.  Indem 
er  dem  Deutsehthum  Amerikas  einen  Mit- 
telpunkt gibt,  schützt  er  uns  davor,  uns  in 
dem  Völkergetriebe  zu  verlieren,  eine  Ge- 
fahr, der  wir  immer  noch  nicht  entgangen 
sind. 

Enger  noch  als  der  deutsche  ]Mann,  hat 
sich  die  deut.sche  Frau  auf  ihren  kleinen 
Kreis  beschränkt  und  sich  dadurch  in 
numcher  Beziehung  in  Xachtheil  gesetzt. 
]\[an  hat  sich  daran  gewöhnt,  die  deutsche 
Frau  als  Ideal  einer  Hausfrau  und  ^Mutter 
anzusehen.  Gewiss  ist  es  das  erste  Recht 
und  die  erste  PHicht  einer  jeden  Frau, 
einerlei  welchen  Landes,  welcher  Nation, 
ihrer  P^imilie,  ihrem  Heim  die  besten 
Kräfte  zu  widmen.  Sie  muss  aber  dabei 
nur  nicht  stehen  bleiben.  Sie  muss  über 
Haushalt  und  Familiensorgen  hinaus  an 
dem  geistigen  Streben  des  INIannes  uiul  da- 
mit an  dem  der  Allgemeinheit  theilnehmen. 
Sonst  ist  sie  die  Haushälterin  des  IMannes, 


die  Mutter  seiner  Kinder,  vielleicht  eine  an- 
genehme Gesellschafterin,  aber  nicht  sein 
Geführte  im  Kampf  der  Welt,  nicht  sein 
gulcf  Kamerad. 

Der    Xational-liund     miiclilc    den    dem 
sehen    Frauen     Amerikas    die    (Jelegenhc 
bieten,  sieh   im  weiteren   Kreise  zu  bethäti- 
gen.     Antlieil     zu    haben    an    der    grossen 
Sache,  ohiu'  deshalb  direkt   in   die  Öeffent 
lichkeit   treten   zu  müssen. 

Er  veileilil  den  Frauen  —  den  Frauen- 
Vereinen  sowohl,  wie  den  Einzebnitglic- 
dein.  —  dieselben  Rechte,  wie  den  Miii; 
nein;  er  verlangt  dafür  aber  auch  Arbci; 
von  ihnen,  nicht  ein  blo.sses  ^Mitgehen,  son- 
dern eigene  Gedankenarbeit. 

Vor  allem  erscheint  ihm  die  deutsclir 
Frau  als  Hüterin  der  deutschen  Sprache 
Gerade  weil  sie  sich  mehr  auf  den  häusli- 
chen Kreis  beschränkt,  weil  sie  weniger  Ge- 
schmack am  Klubleben  und  Wohlthätiir- 
keitsunternehmungeu  grossen  Stils  besitzt 
weil  ihr  ])olitische  Angelegenheiten  vor- 
läufig noch  gleichgültig  sind,  weil  ihre  Auf- 
meiksamkeit  noch  ungetheilt  erscheint,  ist 
sie  im  Stande,  Bewahrerin  des  köstlichen 
Schatzes  unserer  deutschen  Sprache  zu 
sein.  Aber  es  ist  nicht  genug,  dass  di«- 
deutsche  ^Mutter  mit  ihrem  Baby  deutsdi 
all  den  lieblichen  Unsinn  .schwatzt,  der 
einem  ^lutterherzen  die  höchste  Weisheit 
dünkt  —  ihre  schwere  Pflicht  beginnt,  wenn 
das  Baby  über  diese  süsse  Thorheit  hinaus 
ist,  wenn  Schule  und  Strasse  und  Spiel- 
platz es  ihr  streitig  machen. 

Schule  und  Haus  müssen  in  Wechselwir 
kung  stehen,  wenn  in  der  Erziehung  efwii^ 
Dauerndes  erreicht  werden  soll.  Wenn  di'' 
Kinder  zu  Haus  nicht  zum  Deutsch.spr»' 
eben  angehalten  werden  und  kein  guti^ 
Deutsch  sprechen  hören,  werden  sie  in  der 
Schule  schwerlich  zu  den  guten  deutschen 
Schülern  gehören.  Auf  der  andern  Seite 
erweckt  es  in  dem  Kinde  die  Achtung  vor 
der  deutschen  Sprache,  wenn  die.se  in  der 
Schule  gelehrt  wird.    Das,  was  das  Kind  in 


1 


miH   \kkkinh;tkn  »taatkn  von  AMKKIKA.  g75 

liir  Schul.'  h'riit.  ist  ihm  ihi.s  Ki.hti^c«-  uiui  linl    im    ..Thiiir*    h'nirii    wir    oh    Ih-xmt 

Wahrt'  iiiid  imiss  es  srin.  iiwirhrn. 

Drshüll.  st.ht    uiit.r  (Im   ..Zw.'rk.'M   und  •^"  ""•'"  ♦'»'^'"'n   F>iiin«'ii  lK'th.'iIi>r,.|,  ni.'h 

Zich'u"  (i.'s  Naliuiijil-liiuKl.'s  .li.'  KHuiltim«;  >r«'\viss  nu«-h  .I.'ul.s4h..  Fraum.  AlM'r  h!.-  thuii 

und  Kiiifiihruii}:  «l.s  di-utsch.-ii  liitrrrirht^i  '"^   "''*    '•'"•/•«•IwrwM.    nirhl    als    .Mitjflii'd.-r. 

in      di'ii      V.»lkss.hul.'n      unsm-s      Land.-s  "''*    Ah^.'sjuult.'    rin.'r    ^rr.»sM-n    d.'uts»'h.-ii 

olM'uan.     lud  trrnidi' darin  kön.-n'n  ihm  «li«'  •' rJMH'nv.'n'ini^runj;.    die    jÜN'r    «las    L'anzc- 

d«'uts«'lu'n    Frau.-n    lu'lf.'ii.      in    vcrw-hi«'«!«'  ''"'"'  ""  '^»«•miin'nhantj  xi.-ht. 
n«'n  Staat«'n  zu:ii  IV'ispi«-!  halu'u  «li.«  Fraiun  '  ""'    f>'«''*a«l«'   das   war.«   v«.n    unlM'r«'«h«'n- 

«his    Wahlr«'.ht     in     S«'hulanjr.'l.'K'.'nh«'it«'n.  '»'"■«•">    V«»ith«'il    für  das   I).'ut>«'lithinii. 
Ith     niöfht«'     \\iss«'n.     wi.-    vir!«'    «I«'uts«'h«'  ^^ '"*  '•"•*"<lli«"h  vi«'I  k«innt«'  «'in«*  Wn'ini- 

Frau«'n    von    .li«'s.'m     U.'.-ht    (J.'hrau«-h    /u  -""^' «'''"^^''x''*  ^'rnii.-n.  «li««  nach  nun«l.-rt- 

niiiclu-n    pllciriii .'      Da   ist   di«'  (J('lc«r.'nlicii.  <J'<is.'n«lcn     /.ählt.-.     ^'<'^.Ml     j.'m-     him I- 

liir  «li«'   Kinfülirunj:  «l.'s  .l.'»its«-h«'n    Tntcr-  ^«•'«'•«'i«'n«l«'n    (;«'s.'tzc    ausricht.-n.    «Ii«>    der 

richts /u  \virk«'n.     l'n«!  w«»  wir  ni«'lit  «lir«'kt  '^''"«•••'•inlt.'it    in   d,.,i    V<'r.'in irrten   Staat. -n. 

unsj'r«'  .M<'inun«r  auss|)r«*ch«'n  können,  nniir  dics.Mu    Schan«|fi.'«-k    auf    unsi-n-r    Kultur, 

es  auf  rmw.'?r«n  ^'«'s«•h^'lu'n  —  es  ist  s«'h.)n  •'"''•'•  <l«MM"'l*<'iini>f.'  Aus.lru.-kswvis«'.  thir.'h 

manche    Wahl     «lun-h    Fraum     h.-cinflusst  ''"-^  <>'^"'"l»'<-'<«'»   tr«-s.'tzlich.'r   Ilinf.-rthür.'n. 

\v«ir«l«'n,  auch  «»hn.«  das  Stimmnu-ht.      In  "'»^••litli.h  V..rs.-huh  leist.'t.     W.-r  nur  .I.mi 

sere   nmerikanischcn    Schwestern    halM-n   .-s  J-'«"' ">tr"<t«'H    Kinl>lick     in    dit>   ents.'t/.li.'hen 

im  (Jjitcn  wi.'  im  Schlimm.'U  hewiest'u.  /nsian.lc  ^.-than  hat.  wie  si«'  «li«'  Kin«lerar- 

l»'if  schatTl.  «Icn  üherläuft  .-in  (irau.-n.  «l.-r 

Ks    ist    auch    wünsch«'nsw«'rth.    «lass    die  «chlic^vt  ui.in..  ..;.r u-;     i  •.     i  i 

•'>«nii.s.si  s.'uie  .'i|;.'n.'n   Kui.l.'r  mit  «I.i|»|m1. 

il«'Uts«'h«'n   Frauen  sich   ni.ht   n«'tiiss.'ntli«-h  «,.-   j  i,.|„.  .,,,^   ir..iv    ....  i  .  i.» 

'^  "'    i.»'«  ".'  .uis   Merz.  ^(Mlenkt   vr  j.'U.'r  un- 

im   Cjetr«'nsatz  zu  «h'U  am«'rikanisch«'n  stel-  L'liickliclii.n      LI.. ;•.....      r«..  i.-    e  i 

"^  ^.111.  MI«  n«'n      KM'Ui.'u     (i.'s«'n«)|it«'     \u     «len 

len.     Die  Am.'rikanerin  h«'sitzt   in  «l«'r  K«-  nMumw..ilfal.rik.'n     «l.-s     Süd.'us     die    v.m 

.^rcl    «'ine    ^rr.ls.s,.re    ireistifr«'    H.'w.'frJichk.'it.  j,,r,.,„   .s.'chst.-n    Jahre   an    in    «h-n    Spinn.'- 

Das  Klul.w..s«.n.  s..  vi.'le  Schatt.'nseit«'n  «'s  ,.,.j,.„  K.irperlich  und  seelis«-h  zu  (Jruml.'  >r,.. 

hat.  t;iht  ihr  «loch  (J.'i.'p'nheit.  sich  {j.'isti^  ri.-ht.'t  w.'nleii 

mehr   auszul«'l)«*n.   si«h   zu    verti.'f.'U.      Das  v       \  t  .     , 

,  ,.  ,      .  .      o.     1  ''''"'    »^'•*""'''    Anlaut;    zu    eui.'r    enwisen 

heis.st.  «la.  w«»  wirklich  ein  «'rnst«'s  Stu«linm  i     .     i  n  . 

.    ,  «l.'utsclien     r  raii.'iiv.'n'initrunt;    unt.'r    «l.-r 

bezweckt   wirtl.  i    ;,.  i        i»     .     i    »  i  . 

li.'itunjr   «l«'s    l)«'Uts«'h-Am.'rikanis«h.'n    .\a- 

Was    «li«'    Frau«'njr«'n«>ss«'ns«'haft.'n    h.'Ut«»  ti«»nal-Hi!n<|es  ist  ^«'imu-ht  w«tr«l«'n.     Als  ich 

in  d«'n  Gr«»s.s.stä«lt.*n  für  «li«'  Mass.*  «1er  H>'-  im  Jahr«'   1!M);J  die  zweite  K«>nventi«m  «leH 

völkerunj;     thiin.      ist      lM'wun«l«'rnswerth.  N'ati«»nal-liun«I«'s    als     .'inzi|;«'r     w«'il)lieh««r 

Spii'lplätz«'    in    «l.'n    ülH'rvölk.'rt.n    Distrik-  D.'I.'jrat    lM«su«'ht.«.   Ia^'  dies«'    I.lec   n.H*h   in 

Ich.    freie    ha«l«'anstalt«'n.   Luftkur.trt.'    für  weit.'in   F.'hl«'.     Zwei  .Jahre  später,  in    In- 

schwach«'  un«l  t.''en«'s«'n«l«'  Kin«l«'r  un«l  in  «l«'n  «liaiiap«»lis.  traf  i.-h  In-nMls  eine  anden*  D.'- 

Fahrik«'!!  arheit.'n«!.'  .Mä.lch.'ii  un.l  Frau«n.  l.'^alin.  .li«'  si.'hen   Frau.'nver.'in.'  aus  Mal- 

Freihetten   in  «l.'ii    Hospital. Tn.   \'«'rthcilcii  tim«»r.'  v.Ttral.     Wi«'«|cr  zw.-i  .lahre  spät«'r 

Von  lilumen  un«l  F.es.'stofT  in  «l.'ii  Krank«n-  in    .\.'w    Y.»rk.     war.'n    ««in«»  tranz«-    An/ahl 

häus«'rn.   Fortltildunt'ss«'hul«'n   un«l   Alwn«!-  östli.her  Frau.'nv«'r«'in«'  v«'rtn't«'i. 

Kla.s.s«'n.     W. 'im  «'S  mitunter  in  «l«'r  sprunu'  I),.|-    |tun«l«'spräsi«lent    «'mannt«'    «lar»uf 

haft«'n.   spi«'l«*ris«'h«'n    Weise   jr«'sehi«'ht.   di.*  ein    iM'soinl.'r.'s   K.miit«'.   «las   Mi«'h    mit    «ler 

unserm    tranzen    preist iv'en    L«'l»«'ii.    aueh    in  (Jrün.lunj:     eim-r     Vereiniirunf;    <l«'Uf>i«'lu'r 

mancher    Hinsicht    «h'iii     Krzi.'hutijrx>v«'sen  Fraii.'U  «l.'s  .\ati«inalBun«l«'s  lM'fass«'n  s«>II. 

anhaftet  —  es  jfesehi«'ht   «hn-h   w«'nijrst«'ns.  Frau   A'.  ./.   Unrnlinfn'  in   N«'W  Y«»rk    (.'jOr» 


876 


DER    DEUTSCH  AMERIKANISCHE    NATIONAL-BUND. 


Wendover  Avenue)  und  Frau  Emma  TIci/J 
(500  X.  4.  Str.)  in  Philadelphia  sind  die 
Beamten  des  Aussehusses.  p]s  ist  seitdem 
kein  Jahr  vergan<ren.  und  sehon  haben  sieh 
in  New  York.  Philadelphia  und  Baltimore 
Unteraussehü.sse  gebildet,  tlie,  neben  einem 
geringen  Geldbeitrag,  grössere  Opfer  an 
Zeit  und  Denkarbeit  zu  bringen  gewillt 
sind,  um  einen  Bimd  deutscher  Frauen  zur 
Thatsaehe  werden  zu  lassen. 

Es  liegt  diesem  Vorhaben  eine  tiefe  Idee 
zu  Gnmde.  Wenn  wir  Deutsche  in  der  sich 
bildenden  Nation  dieses  amerikanischen 
Landes  die  Berechtigung  haben,  uns  als 
Deutsehe  zu  fühlen  —  und  wer  will  dieses 
im  Hinblick  auf  die  reife  deutsche  Kultur, 


die  wir  vertreten,  leugnen  wollen? so  is 

die  deutsehe  Mutter  die  natürliche  er.si, 
Hüterin  und  Be\vahi-ei-in  deutscher  Art  un. 
deutschen  Wesens. 

In  ihrer  ^Macht  liegt  es  —  so  wie  es  ii 
dem  Aufruf  des  Frauenkomites  heis.st:  d<t> 
Begriff  „Deutschsein "  einen  Inhalt  zu  j:. 
ben,  deutsches  Denken  und  Fühlen  in  di« 
Seele  des  Kindes  zu  senken  vom  erstri 
Athemzuge  an. 

Eine   Vereinigung  deutscher   Frauen  it 
Amerika,  die  den  offenbetonten  Zweck  luif 
deutsch  sein  zu  wollen  und  den  Zielen  de:; 
National-Bundes     zu     dienen,     würde    eir 
Faktor   in    der   künftigen    Kultur  unsere*' 
Landes  sein. 


Deutscher  Unterstuelzungsbund  von   Pittsburg,   Pa. 

Gegrucndel  und  inkorpurirt  unlcr  den  Gesetzen  des  Staate« 
Pennsylvania  im  Jahre    1892. 


Dil'  Motive  zur  Grümluii^  drs  l)rut.s<ln'ii 
l'ntt'iNtiit/.uiijrsImmlcs    wari'ii    für    ir^mul 
einen  Patrioten  auf  fraternellem  (lebiete  so 
nalielie{?end,  dass  es  nur  einer  zielbewussten 
Anrejfunj?    bedurfte,    die    bereits   gereiften 
Gedanken  der  Gründer  zur  Ausfühnuif?  zu 
bringen.     Doeli  ni«*ht   allein  die   Idee,  das 
Deutseb-Amerikanertlunn  zu  einem  selbst- 
ätäntligen  Bunde  t;ep'nseitiger  rntei-stütz- 
LUig   und    Hilfeleistung   in    Noth   und    Be- 
drängniss  zu  vereinigen,  bildete  die  Trieb- 
feder, nein  :  der  siebtbare  Rüekgang  deut- 
jclier  Bestrebun«ren.  des  idealen  deutseben 
Lebens,  die  Vernaclilässi«^'ung  der  deut.seben 
Spraclie,  die  nuLs-senliafte  Kntfreindung  der 
iufwaebsenden        Generation,       deutseJier 
>eits.  von  unscjn   Sitten   und  Gebräueben, 
vovon  gerade  die  vielen  Ordensgesellscbaf- 
en  sprecbendes  Zeugniss  abgeben,  die  fliat- 
äeblieb     von     deut.sebgeborener    Mitglieil- 
ebaft  dun-bwacbsen  sind,  die,  «Mne  derar- 
ige  Protektion  suebend.  sie  auf  deut.seber 
Seite  niebt  finden  konnte,  gaben  den  Au.s- 
elilag  zur  Gründung  des  Deut.sj-ben  Unter- 
tützungsbund(»s.      Seine   Grtnidprinzipien, 
iiit  denen  er  seinen  Aufl)au  In'gonnen,  be- 
teben  in   folgenden  .Sätzen:     Krstt  ns:  Gc- 
■enseitige    l  nteiNtützung  in   allen    Nntbla- 
en    des   I^ebens   auf  der   A.ssessnientbasis. 
'weilens:  Finanzieller  Beistand  den   Ilin- 
erbliebenen  verstorbener  Mitglie<ler.  Dril- 
rus:    PHege    und    .\ufre<bterbaltung    der 
eutseben  Spraebe.     Viertens:  I'nterstütz- 
ng  der  deut.seben  Presse.     Fünftens:  Ein 
litbelfer  in   Aufreebt«'rbnltung  deut.seber 
eineinden.       Scchslfus:     Ein     Vermittler 
im  gem<'insamen  Vorgeben  mit  dem  libe- 


raldenkenden    Amerikanertbum.  Die 

Kollektion  nioiuitlit-ber  Assi'ssments  und 
die  (bifür  gewübrleisteten  Privib'gien  und 
Vortbeile  bilden  ein  niiiebtiges  Bindemittel 
und  belfen  zu  grösserem  Erfolg  als  die 
feurigsten  Heden,  die  für  ideale  Bestrebun- 
gen gelialten  werden  mögen.  Also  mit 
diesem  Progranun  traten  die  CJründer  vor 
die  .Mas.scn  des  Volki's.  uml  am  i:{.  April 
1SM1>  wurde  dunli  S.  A.  MeClung.  Kiebter 
des  Geriebts  von  Allegbeny  County.  Staat 
Perui.sylvania,  den  Applikanten  zur  Grün- 
dung des  Deut.seben  l'nterstützungsbundeH, 
dureb  Vertretung  von  Knbtsnnwalt  Chas. 
\V  Dablinger,  ein  Freibrief  lK>\villigt.  Die 
Inkorporatoreii  dafür  sind:  Louis  Volz, 
August  F.  Wedemeyer  und  Lojiis  Tbumm. 

.\m  Donnerstag,  <len  14.  April  1892, 
fand  bei  Henry  Stu«lenrotb.  No.  54C 
Smitbfield  Stras.se,  l'ittsburg.  die  organisi- 
rende  Versiimndung  statt.  Anwesend  wa- 
ren die  Mitglieder  Louis  Volz.  I^>uiH 
Tbumm.  Aug  K.  W«<Iemeyer.  Gu.st.  A. 
Menzennuiier.  II»'nry  Graf.  .lul.  Eieber, 
l)r  F.  Wint.T.  Advokat  Cbns.  W.  Dablin- 
ger,  Freti.  Funk.  .lobn  Henry  V«)lz.  Franz 
Scbilling.  Fred.  Dillemutb.  (Jeorg  Krämer. 
Ernst  .Sang.  .lohn  Benber.  Conrad  Dippel. 
K.  Anke.  \V.  Wall.  Howard  Tbumn».  S. 
Beatty.  Iam».  Wagn«'r  und  D.  H.  Me- 
Fnulriek. 

Die  WabI  der  ersten  Beamten  ergab  fol- 
gendj's  Resultat:  Louis  Volz.  Prilsident; 
G.  A  .Menz«'nmaier.  Vize-l'rilsident  ;  L. 
Tbumm.  Sekretär;  Ih'ury  (»raf.  S<-batz- 
meister;  A.  F.  Wedemeyer.  Verwalter;  F. 
Winter.     rntersuebungs-Ar/'       '''•'>•      W 


878 


Daliliiii^L-r.  Ki'fhtsjiiiwalt  :  •).  lOichci'.  S. 
licatty,  R.  Anke.  W.  Wall  und  F.  Dille- 
iiiutli.  Trustees:  F.  Funk.  -1.  Tx-itIht  wwd 
F.  Seiiilliu'jr.  Finan/.koniite;  ('.  l)i|)i)('l  uiid 
McFrt'drick.  Gcsetzkoniitc ;  .1.  II.  X'olz. 
Fiiliit'i-.  uiitl  L.  Wajiiici-,  AnfscluT. 

.Mil     lit'ichtifrkrit     iiiid    i^rosseiii     Kiifliu- 
siasinus  wurde  der  l^uiid   in 's  Lehen   p-ru- 


A|)i  il  lIMtS  wurde  ei-  1  (i  .Jahi-e  alt.  .seine  Mit 
jrüodsehaft  zählt  U.IKK)  \uu\  vertheilt  siel 
iihei-  die  Staaten  l'ennsylvanien.  Ohic; 
.Maryland.  Missouri.  Illini>is.  Indiaim 
\Vest-Vir«;inien.  Xew  .Jei>;ey.  New  York 
Wiseonsin  und  Distrikt  Cnluiuhia.  :{.")! 
Distrikte  wurtU'ii  his  dahin  in 's  liehen  jr,. 
rufen.  —   Für  l\raid<lieitstalle.  Todesfall- 


JETZIGE    VERWALTUNGSBEHOERDE    DES    DEUTSCHEN    UNTERSTUETZUNGS-BUNDES. 


G.  Kramer.  Finanz-Comile.         L.  Thumm,  Sekretaer.  L.  Volz,  Praesident. 

A.  Knies».  Revisions-Comile.       J.  Bercher.  Revisions-Comile.     j  G.  A.  Menzenmaier,  Vize- Praesident. 

Ch.  Schle«el,  Finanz-Comite.      C.  W.  Bente,  Gesetz-Comite.     A.  Wedemeyer,  Verwalter. 


Jos.  Klaus.  Schatzmeister.     G.  Lappig,  Finanz-*,  om 
'  H.  C.  Schlegel.  Reviiio»  j 
Ch.  Heiler.  FinMl-O»! 


F.  Funk,  Finanz-Comite. 
M.  Schlotbom,  S.  Arzt. 


fen.  Aher  das  Aufhauen  desse]])on  erwies 
sieh  als  ein  soleli  sehwierifrt^s  I'rohleni,  dass 
hereits  naeh  einigen  ^Monaten  sechs  der 
ersten  ^Mitglieder  „die  Flinte  in 's  Korn 
warfen ' '. 

Was  aber  unennüdliehe  Ausdauer  und 
"Willenskraft  vollhringen  können,  das  zeigt 
der  gegenwärtige   Stand  des  Bundes:    Im 


und   Au.stritte   verausgabte   der   Hund  be- 
reits über  eine  ^Million  Dollars.    Der  Rcser-nj 
vefond    beträgt    über    eine    halbe    Miliionlj 
Dollars,        weleher       zinsenhringeiul       «n 
Grundeigenthuni,    in   Banken    luul  Bondsi 
angelegt  ist.     Der  Ueberschuss  der  inonat-JJ 
liehen   Einnahmen  wird  an  die  Mitgliedenl 
auf  Grundeigenthuni  gegen  erste  Hypothek ij 


879 


ausjr«'li»'lnMi.  uiul  vit-lt-  hiiiiili'shrihliT  v<t- 
«laiikt'ii  ihr  ci^furs  llrim  dein  Huittl**.  Ki'if 
j;russ»'  An/Jilil  vnn  Distriktfti  Imlwii  ihn- 
<>ii;(*iu'ii  Ilallcti.  iiirc  (icM^mpickt innen .  ihn* 
Mtisikkapclltii  lind  vtTtrrten  siunit  in  jfiliT 
Wt'ise  dir  l'riii/ipit'M  «h's  Uwn(i«*s  auch  in 
jji'si'llsrliaftlirhtT  |i<'/.ifhini^.  l>«'r  th-ni 
Hundt'  zujrt't heilt»'  Haiuii  in  diesem  hu<lie 
ist  viel  zu  kh'in.  um  dem  ven'hrten  Leser 
«'inen  vollständijr  erklärenden  Ausweis  zu 
jrelM'u.  aber  was  hier  lieri<-ht»'l.  ^riht  Zeuir- 
niss.  dass  er  tH<  /  nnhr  ww  sein«*  Sehuldit;- 
k«'it  in  deutseh-amerikaniseher  (Jesehiehte 
während  der  veriran^enen  l(i  .lahre  jjethaii 
hat.  Her  KJjährip'  Uestainl  <les  Hinuh's 
uih\  seine  Leistuntrt'U  spre<'hen  für  sich 
seihst.  Di«'  Mitgliedschaft  Iwsteht  aus  hei- 
tlerlei  (jes«'hlechtern.  uiul  viele  der  Damen- 
Distrikte  zählen  zu  den  besten  des  liinides. 
uiul  da  der  Hum«1  keineswe«rs  seine  Frcniulc 
«1er  entrlischen  Zuntre  zurückweist,  .so  !>«'- 
st«'h«'n  auch  «'ine  Anzahl  in  eufrlischer 
Sprache  arlM'it«'iule  Distrikt»*,  »lie  mit  Lust 
uiul  Lieln«  »lie  l'rinzipi»'n  1).  l".  B.  verf«'«-li- 
t«*n  lu'lfen. 

S»'inen  Alh's  hi»'t»'n»l«*n  Prinzipien  ?»*- 
mäss  sollte  »1er  l)»-utsche  rntcrstützunjrs- 
Buiul  eine  zehnfa»'h  «^rös.s»'re  Mit?li»'»ls»'liaft 


aufweisen.  iVwst'  mat;  er  auch  ii<"  ti  <iiii- 
»•lu'U.  w»'nn  »ler  D«'ul.s<h-Amcrikan»>r  »'inmal 
zur  Kinsi<'ht  (fcktunmeii  ist,  dii>«  Kein«*  in 
»liesem  Lamli*  s»i  eif<*rHiiehtii;  ir»*pfl«*v.'l»*n 
Laiulsmaiuivhafts  -  V«*n*ini^un(;en  von 
r«*lM*l  sind,  und  »lass  »i«*r  Flrfol^  all«*r 
d(>ut.s<*h-am»*rikaniK4*h«*n  h«*Htr<*huni;<*ii  nur 
«lunli   .Ma.sM<*nv»*reinijfun>f  zu  i*rn*i«*h»*n  int. 

Dass  auf  dem  (iehiete  »Ich  CnterNtütz- 
unjrsw»*s»*ns  wie  «'s  v«iii  <l«*n  verwhitMh'U«'!! 
Lan»lsm)uin.s»haft»*ii  im  Kl«*inen  )M>triflN*n 
winl.  durch  ('»*ntralisirunj;  AIhr  zu  linrr 
Körp»*rschaft.  («rossartiires  j;»*h*ist»*t  w«*r»len 
könnt»*.  wir»l  alljrt*m»*in  anerkannt,  uiul 
da.ss  «liest*  Vl*rt*ini^'un^r  n»M*h  schli»*sslich  zur 
X'erwirklichunu  kommt,  ist  »len  t»•nan^'e- 
heiuh'U  Führ»*rii  anlu'imtrestellt.  Der 
D»*uts<*h»*  rnt»*rstützun^r-<hun»l  arln-itet  un- 
l)»*irrt  an  »lie.s»*r  i*inzi^.'  rieht ijr»*n  I/tisuni;  des 
»lt*utscht*n  Fraternalismus  in  <lies«*m  Laiule 
uml  wer  »lamit  einverstan»l»n  ist.  sei  herz- 
li»*h  willk»»Mun«'n  in  unseren  Ht*iht*n. 

Für   die    Ilauptvcrwaltunjr  «l«*s   Deuts<*h«'n 
rntt*rstützuntr<-Buiules. 

Louis  Voh,  l*räsi»l»*nt. 

I'illsliur«.'.  Oktolicr  1:h»H. 


Drutiirli-Auirrikamn* 

in  hn  3)n^lUlt^^,  ftrm  uriirbarftlirhru 

inxii  brruflirhru  iCrbrn. 


88S 


CHARLES   DERSCH. 


Nicllt     oft     jrt'srhiclit     rs.    dllss    diT    NailU' 

ciiK's  im  Dfiitsciitliuiii  rüliiiiliili  lirkaiiiiti-ii 
auch  (ItMii  ain<>rikaiiisch<Mi  Klt'iiHMif»-  ^r«»- 
läufitr  uiul  an 's  Hrrz  ^rrwachsni  is?. 
Charhs  Dcrsch  ist  «'iin'  «lit'siT  AiisnaliiiH'ii. 
Wer  sich  iKX'h  an  »lic  Slot  um-Kalastrophr 


liof  ^'csi-hmiickt  hatte;  da.ss  «>|in«'  sein  nwt- 
h»s««s  SchalTcii  im  Dienste  der  (iere<'htiirkeit 
Van  Sehaiek.  »ler  Kapitän  des  rn^Müeks- 
schilTi«s.  kraft  einer  Ritt.s«hrift  mit  2.000.- 
•  MM»  rnters4-hriften  winer  verdi«'nten  Strafe 
entmnnen    wäre;    und   dass  <|ie   .Mitt;lietler 


CHAKLtS    ÜtJ<SCH. 
dtr  Crucnder  da  „Vcraa*  dn  HinlnUiriimra  in  ..Crtuni  Slorun  '  Opf«." 


von  11)04  erinnert,  wer  der  llinterhli«'h«'nen  des  von   Herrn   Dersch  ^'c^rüntlcten  „Vor- 

di«*s«*s    rn>;lücks    niH'li    jrt'denkt.    das    \0'.i]  eins    <h'r  llinterhlielM-nen  «h-r  tJeneral  Sh)- 

Merjseheidehen   kostete  und   Trauer  in  .'MM)  cum  Opfer"  niwh  hi'Ute  in  ihm  dm  treue 

Familien   Itraehte.  der  keimt   auch   ('harI(>M  sten    Kathp*lier   und    Krcund    in   <ier   Noth 

Dersch   und   der   weiss.  <lass  ohne   ihn   da.s  .seilen  und  linden;  und  dass  alljälirli<'h  die 

frro.s.so  SIcM'um-Denkmal    niemals  das  (»rah  Kleinen  der  .Mit>;lieder  unter  dem  Mtrahien- 

dcr  IlinterbliclH'nen  im  lutherischen  Kirch-  den   Weihnachtshaum  des  Vi^hmuh  dankbar 


884 


ZU  dem  Manne  aufblicken,  der  Jahr  nni 
Jahr  seine  Flusse  opfert,  um  ihnen  hilf- 
reich zu  sein. 

Aber  Herr  üerseli  hat  diesen  Liebes- 
dank schwer  erkauft.  In  1904  weilten  die 
liebende  Frau,  eine  greborene  Helene  Stan- 
ger, die  er  in  1885  zum  Altar  führte,  und 
die  zwei  überlebenden  ihrer  drei  Kinder  in 
seinem  trauten  Familienkreise.  F'rau 
Dersch    und    ihr    l(i.jährif?es    Töchterchen 


v(m  Adam  und  Eva  Derscli,  die  acht  Jahre 
vorher,  am  Ta^e  vor  Weilniachten,  nach 
Amerika  gekonnnen  waren.  Des  Vaters 
Wiege  stand  in  Frankenberg,  Kurhe.ssen, 
und  die  der  Mutter  in  Ileichelheim  in 
Haiern.  und  in  treuer  Anhängliehkeit  an 
des  Vaterlandes  Sitte  und  Weise  erzogen 
sie  den  Sohn  zum  echten  deutschen  Manne. 
Seit  fünfzehn  Jahren  ist  nun  Charles 
Dersch     Vertrauensnuuni     und    Reprä.sen- 


CHARLES   DERSCH.    Jr. 


Elsie  H.,  sowie  eine  Nichte,  die  lOjährige 
Carrie  Stein,  befanden  sich  unter  den  Aus- 
Hüglem,  die  den  Feiertag  an  Bord  des 
Slocum  verbringen  wollten.  Am  Abend 
waren  Dersch  und  sein  Sohn,  Charles,  jun.. 
der  sonst  regelmässig  die  Fahrt  mitnuichte. 
diesmal  aber  verhindert  war,  die  einzigen 
Ueberlebenden  der  Familie. 

Charles  Dersch   wurde  am   10.   Februar 
1858  in  New  York  City  geboren,  der  Sohn 


taut  der  American  ^lalting  Company,  63. 
Strasse  und  P^ast  River,  New  York,  imd  in 
der  ganzen  Kohlenregion,  ja  im  ganzen 
Osten,  den  er  in  Erfüllung  seines  Berufes 
bereist,  achtet  man  ihn  als  ehrenhaften  Ge- 
schäftsmann und  kernigen  Deutschen.  Sein 
Sohn  ist  Vertreter  der  Standard  Refining  ^ 
Company. 

Im  Anfange  seiner  Karriere  wohnte  Herr 
Dersch,  der  in  der  Ost  Houston  Strasse  ge- 


I 


88ft 


bori'ii  \v)ir.  im  Ilorzcn  ilcs  altt'ii  tinitsclicii 
I)istrikt«*s  Nfw  York 's.  in  «Irr  O.nt  '-i. 
Striisst".  Zur  Zfit.  uiul  srit  vit'lfii  .liilin-ii 
wohnt  er  in  N»>.  7(»  Krst»«  Av«*nur.  Si'int* 
Tliiitijrk»'it  in  VfreinskriMs»«!!  U-pinn  in 
iSSd.  als  IT  (Irin  Bi'fthovcn  .Männ«T«'hor 
beitrat.  Kr  wunl»-  Jürlin-r»'  Male  /.ii  v<*r- 
sclii»'«l»*ncn  At'iiit»'rn  «'rwülilt.  Der  \Von<l- 
Imid  K«'p*lklul>  nrnnt  ihn  (iründfr.  uiitl 
h«'Ut«-'  lUH'h  steht  «-r  an  si-inrr  Spitze.  Drei 
.lalire  htn^r  war  «-r  Präsident  der  \'ereinijr- 
ten  Kejrelklnhs  v«»n  New  Yi»rk  um!  l'ni- 
gejrend.  deren  Khr<'npräsi<lent  er  seit  fünf 
Jahren  ist. 

Ks  he<larf  kamii  der  Krwähnnnjr.  d;tss 
ein  Mann  von  soh-li'  weilverzweiirten  In- 
teressen für  des  Deutscht hnnis  Saelie  an 
rechter  SteUe  inid  zur  rechten  Z«Mt  eintritt. 
In  seiner  Kiir«'iisc!iaft  als  Mittrlicd  des 
Fiiianzkoniites  des  Deut  seh- Amerikanischen 


Staatsverlunnles,  New  York,  hatte  er  vor 
nicht  langer  Zeit  (lele^reidieit.  K(>ine  lilM*ra- 
len  Ansiejiten  in  einer  Zuscltrift  «n  (ioii- 
venieur  Ilu^'he»  zu  verfiH'htcMi. 

S«'ine  |HilitiK«-he  Thiiti(;keit  fan«l  ihren 
Lohn  in  .S4'iner  Krneniiunt;  zu  dem  Khrt>n- 
amt  «les  Schatzmeisters  d«*s  Iidaiid-Steuer- 
Dcpartenu-nts  für  lien  .1.  Distrikt.  i\ns  er  in 
ehrenhaftester  Weis««  .')  .Ialin>  lanii^  Iwklei- 
dctc.  In  di«>sem  Zeitraum  nahm  er  für  die 
Ke^ierun^  Xi  Millionen  Dollars  ein  und 
erntete  tlie  hiM'hste  AiK'rkeniiunt?  witenn 
seiner  Vorjfesetzten.  Kurz  nach  der  Shx'uni- 
Katastrophe  wunle  er  «lur«'h  Petitionen 
/um  Staatsenator  nominirt  und  hatte  die 
(Jcnu^thnuM^r.  diese  Khrun^r  keiner  Ix«- 
stimmtcn  Partei.  soiHlern  den  vereinten  IJe- 
mühun(i:en  s<>iner  unzähligen  Fn'unde  und 
liewiniderer.  ohne  Hücksiehtnahme  auf  po- 
litische Verliinduntren.  zu  verdanken. 


W 


«1 


886 


OTTO   WISSNER. 


..Nennt  nijui  die  Ijcsttii  Xjiincn"  des 
Deutselitliunis  Amerika *s.  so  hat  der  Otto 
"Wissner's  hohen  Klantr.  Was  er  sich  zur 
Lebensaufiral)e  .setzte  —  die  Herstellung 
eines  Klaviers,  das  den  höehsten  Anforde- 
rungen künstleriseher  Vollkonnnenheit  ent- 
sprechen sollte  —  das  hat  Tausenden 
Freude,  Genuss  und  Erholung  und  ihm 
Ruhm  und  "Wohlstand  gebracht.  Seine 
grosse  Fabrik  i.st  das  AVerk  seiner  Hände, 
ein  Etablissement,  das,  beseheidensten  An- 
fängen entsprungen,  nun  zu  einem  wahren 
Monument  deutscher  Schaffenslust  und 
Fähigkeit  herangewachsen   ist. 

Otto  Wissner  wurde  ludie  Giessen,  in 
Hessen,  am  2.  ]\Iärz  1853  geboren.  Im  Gies- 
sener  Real-Gymnasium,  wo  er  grosses 
Spi-achtalent  zeigte,  erhielt  er  seine  Schul- 
bildung. Im  16.  Lebensjahre  kam  er  navh 
den  Vereinigten  Staaten  und  widmete  sich 
sofort  dem  Klaviergesdiäft,  das  er  in  ver- 
schiedenen Fabriken  von  Grund  auf  lernte. 
In  1878  erstand  die  er.ste  Wissner 'sehe 
Klavierfabrik  in  Brooklyn.  Nur  das  beste 
Material  kam  in  die  Fabrik,  die  grösste 
Sorgfalt  wurde  auf  die  Herstellung  selbst 
des  kleinsten  Theiles  verwendet  und  die 
Klaviere,  die  endlich  ihren  Weg  in 's  Pub- 
likum fanden,  waren  in  Konstruktion.  Vol- 
leudimg  und  Qualität  ^Meisterwerke. 

Der  Lohn  Hess  nicht  lange  auf  sich  war- 
ten. Das  Wissner-Klavier  wurde  sehr  bald 
berühmt.  Das  allgemeine  Publikum  sowohl 
wie  die  Künstlerwelt  erkannten  schnell 
seine  Vorzüge  an.  und  in  ganz  kurzer  Zeit 
war  Herr  Wissner  gezwungen,  Fabrik,  La- 
gerräume und  Verkaufsstellen  zu  vergrös- 
sern.  Nicht  lange  darauf  eröffnete  er  Fili- 
alen in  allen  bedeutenden  Städten  des 
Landes. 

Ruf,  Erfolg  und  nach  allen  Theilen  der 
Ver.  Staaten  fülirende  Geschäftsreisen 
brachten  Herrn  AVissner  in  enge  Berührimg 
mit  den  Grossindustriellen  und  Künstlern 
des  Landes.     Emil  Paur,  Lillian  Nordica, 


.lulia  Hives  King.  Jan  Kubelik.  der  ver- 
storbene und  unvergessliche  Anton  Seid! 
und  viele  andere  der  hervorragendsten 
Künstlei-  nainiten  sich  seine  Freunde. 
Zwei  grosse  ideale  Bestrebungen  wurden 
dem  dent.schen  Fabrikanten  zum  Lehen •!- 
zweck:  die  Förderung  der  Musik  und 
solcher  deutscher  Gesellschaften,  die  zi-.r 
Hebung  des  musikali.schen  Lebens  im 
Lande  beitrugen.  Im  Jahre  1900  wurde  er 
von  den  Vereinigten  Sängern  von  Brooklyn 
zum  ^Mitglied  des  Komites  ernannt,  das  dem 
deutschen  Älonarchen  den  Dank  für  den 
Kaiserpreis  darbrachte  und  ihm  eine 
Prachtausgabe  des  Kaiserpreisliedes  über- 
1  eichte. 


■^  !•■  ri  1  ^  «i'Sf'-''^ 

331 


*'^^. 


^^^^•--M 


OTTO  WISSNERS  PIANO-FABRIK  in  Brooklyn.  N.  Y. 

In  politischer  Hin-;icht  gehört  Herr 
Wissner  zu  den  rnabhängigen.  Sein  Heim 
ist  in  Brooklyn,  doch  verbringt  er  in  .jedem 
Jahre  viele  Alonate  auf  seinem  Sonunersitz 
„The  Westerly"  in  Nassau  County,  L.  I. 
Er  i.st  ^Mitglied  der  deutsch-lutherischen 
Kirche,  des  Deutschen  Liederkranzes,  des 
Brooklyn  Arion  und  des  Sängerbundes  so- 
wohl wie  des  Royal  Arcanum  und  einer 
Freimaurer-Loge.  Er  gehört  dem  Direkto- 
rium der  Alechanics  Bank  an  und  ist  einer 
der  Trustees  der  Germania  Sparbank. 

In  1881  heirathete  Herr  Wissner  Frl. 
Katie  Leckerling.  Dieser  Ehe  entspros.sen 
sechs  Kinder,  vier  Töchter  und  zwei  Söhne. 
Die  beiden  letzteren  führen  die  Klavier- 
Fabrik  für  den  Vater. 


887 


CARL   F.   LALBEK. 


All   allen   tlt'iitsclii-ii    n«>stn*l>uii^<'ii,   tlmi  diifür    Mtr^cn.    da.ss    in    ihn-r    Faniilii'   die 

diMltsrlicn      Theater      und      tleni      deiltselu-n  dellts«-||e  Spraelie  ^ehe(;t  und  (;e|itle|;t  wirtl. 

Vereins\ves«'n  nehmen  weni^je  Deutsehe  der  Tr<»t/.deni    er    sellist    als    Itijähriifer   Kehon 

Stadt  <ler  liruih'rliehe  regeren  Antlieil  als  niieh   Amerika  kam  und  seine  (iatlin  hier. 


<.  AUl.     I.     l.ALHI  J< 


Carl  F.   Lauher.  dessen    Wein-   und   hikör-  vnn  «leutvlnii  Klimi.  neliur.  ii  \\  iini«-,  «ird 

Iniport-Piesehäft    /u    den    ^'rössten    in    den  im    l.aul»er's«hen    llmise    ttentsih    jrespn»- 

Vereinitrten  Staaten  gehört.  Carl  F.  haulMr  ehen  und  ein  e<lit  denlseju's  FamilieidelK-n 

ist  einer  der  wenijren  deuts«hen  (Jrnsskauf-  ^'eführt.     Die  drei  Kin«ler  des  l'aar«««.  zwei 

leute,  die  kennleuts<-h  gehliehen  sind  und  T«M-hter    und    ein    Sohn,    sprtvhen    elwiiKo 


^8 


fliessend  und  «accentfrei  Deutseh,  als  wenn 
sie  in  Deutsehland  geboren  und  erzogen 
wären,  und  was  das  bedeutet,  werden 
deutsche  Eltern  zu  sehätzen  und  zu  wür- 
digen wissen,  denn  die  Erhaltung  der 
deutschen  Sprache  in  der  deutsch-amerika- 
nischen Familie  ist  eine  der  schwersten 
Aufgaben  der  Kindererziehung  in  der 
neuen  Heimath. 


ging.  Carl  E.  wurde  im  9.  Jahre  Waise 
und  trat,  nachdem  er  ein  Institut  besucht, 
im  13.  Lebensjahre  als  Lehrling  in  das 
p]llenwaaren-Geschäft  eines  Verwandten  in 
Erankeuthal  in  der  Pfalz  ein,  nachdem  er 
auf  seinen  Lieblingswunsch,  zu  studireii. 
unzulänglicher  Mittel  W'egen,  hatte  ver- 
zichten müssen.  Am  28.  Juni  1873  langte 
Carl    P.    Lauber   an    Bord   des   Dampfers 


Das    Lauber'sche   Geschaeftshaus   in   24   und   26   N.   9.    Strasse, 
Philadelphia. 


Carl  F.  Lauber  wurde  am  2.  Januar 
1857  in  Worms  geboren.  Sein  Vater  war 
Besitzer  einer  Mälzerei,  Hülsenfrüchte- 
Handlung,  Oekonomie  und  AVeinbauerei 
und  hatte  früher  auch  eine  Branntwein- 
brennerei betrieben.  Seine  ]\Iutter  war  eine 
geborene  Best,  eine  Verwandte  der  Inhaber 
der  Phil.  Best  Brewing  Co.  in  Milwaukee, 
die  später  in  den  Pabst 'sehen  Besitz  über- 


„Donau"  in  New  York  an  und  begab  sich 
nacli  Watertown  in  Wisconsin  zu  einer 
Schwester,  wo  er  seine  amerikanische 
Laufbahn  mit  einem  ]\Ionats-Lohn  von  $S. 
dann  $12  begann.  Später  trat  er  in  Phila- 
delphia in  das  Geschäft  seines  Oheinis. 
Philipp  Jacob  Lauber,  ein.  Er  hatte  die 
Oberaufsicht  über  die  Angestellten,  führte 
die     Bücher,    verwaltete    im    Centennial- 


Jjilin«  ihr  KasNi-,  dir  Kiiiiialiiiu'n  von  üIht 
ciiMT  .Million  Dollars  aiil'/.iiui'isrii  liatt**. 
uiul  «Tliiflt  im  21.  Ii<'l)«'ii.sjalin'  vitllip«  Dis- 
{xtsition  üIkt  dii'  tiiianzii'llfii  Aiijfrl«';»»'ti- 
lu'itcn  ilrs  Kii^siMim-srhäfts.  Als  IMiilipp 
LaiilMT  ^«'p'ii  tli'ii  Kath  iiikI  trotz.  <li-r 
^VarmlIl^'^'M  srim-s  Ni'tTfii  ilm  Uaii  «'im-r 
HraiuTci  uiitt'riialiiii.  (Ii*r  für  ihn  in  tiiiaii- 
zicllt'r  Mr/it'Inmj;  vrrliänjriiissvoll  wcnJcM 
sollt»',  trt'imt»'  sii-li  Carl  K.  von  ihm.  wunlr 
sflliststänilif;  und  »'rölTnctt'  am  22.  Ntivcm- 
btT  1SS()  mit  si'int'iii  VfttiT.  (Jrt».  ScIiI»m- 
cluT.  «'in  Wein-Kn^rros-  und  Wirtliscluifts- 
Geschäft  in  N<».  2S  Nord  !>.  Str.  Im  .lalin- 
IS'KI  katift.-n  Carl  V.  LauInT  &  Co.  das 
Haus  No.  20  Nord  I>.  Str.  iwid  im  Friih.jahr 
1S!»1  das  GfbäiuU'  ;k»4  Killx-rt  Str..  ilic 
ni«'dfr>;»'ri.ss«'n  und  zu  i-int'in  i)opj)rl^i'- 
l»!iu<lt'  vcrrini^rt  wurdm.  Am  11.  .Januar 
1S!>2  fand  dif  KrölTnunir  tli-s  m-ucn  Lokals 
statt.  Am  22.  April  1!MM)  wurdr  Il.-rrn 
Lauln-i-  dri-  trt'Uf  .Mitarln-itcr.  (Jcorjj: 
S<'hlci«-li«'r.  dun-li  den  To»!  i-ntris-scn.  An- 
fantrs  d«*s  .Jahres  1!I02  zoj;  sich  Herr  Lauhi'r 


vom  Wirtlis  (ii'S'haft  zitrüi-k.  Inzwisi-hcn 
hattf  IT  auch  tiiLs  Haus  Nu.  24  Nord  I>.  Str. 
käuttich  tTworlM>n.  i\hh  ni«HhTK»'rissfii 
wurd«'.  um  d«Mu  phiilitiKt-n  Nfuliau,  w«*l«*hor 
am  24  August  1!M):{  von  ihm  h(>Z4>^fn 
wurd**.  I'latz  zu  mai-li<-n.  Am  H.  .Iiuiuar 
IIHI.*)  hattr  Herr  i<aulNT  cinrn  jrrosMMi 
\'«*rlust  zu  Iwklajri'U.  Si'iii  (jcsi'häft.sloka! 
wurti«'  Von  fini'm  srhwcn'ii  Mrand«*  hfimiri-- 
sut-hl.  Mit  ^'('wohnttT  KntT^ir  iilHTwand  er 
den  N't'rlust,  (Irr  ihm  »lun-h  Srhit-k-sid« 
'l'iii-ki'  p''j«*hlaj;«'n  wordm  war.  Di«*  l*au- 
Iti'rVchc  \V(>in-  und  liikorlmport-IIandlung 
ist  hellt«'  «*ini*  der  >rrös<trM  «le*  Laniles. 

Als  der  Dfutsih  Ami'rikanis«'ht'  Zentnd- 
Bund  von  JN-nnsylvanien.  aus  lU'iix  der 
National  -  limid  liervorpinj;.  ^e^TÜndet 
wurde,  war  Carl  F.  Lauher  einer  der 
Irrsten,  welche  die  liedeutun«  der  Hewe- 
}Xunt;  erkannten.  !•>  ist  <l»*m  liumle  stets 
ein  treuer  Freund  ^;ehlielMn  und  ist  ein 
aufriehtijrer  iiewunderer  seint*s  (Iründers 
iM>d  Präsidenten.  Dr.  C   .1    Ilexamer. 


890 


CARL  WILDE. 


Ein  oifrifror  Fördoror  des  Doiitschoii 
Theaters  in  Pliiladelpliia,  dem  er  iiiclit 
allein  durch  rejren  Hesueh  sein  Interesse 
beweist,  scmdern  auch  durch  die  That,  ist 
Herr  Carl  AViide.  der  in  Xo.  357  Nord 
Zweite  Strasse  einen  grossen  Delikatessen- 
und  Käse-Iiiipitrt-lIandel  betreibt.     Er  hat 


CARL    WILDE. 

Importeur  und  ein  eifriger  Foerderer  des  Deutschen  Theaters 
in  Philadelphia. 

in  kritischer  Zeit  sich  als  ein  wahrer 
Freund  des  deu4schen  Theaters  und  damit 
des  Deutsclithunis  erwiesen,  das  in  deni- 
selbcn  nicht  ailein  seinen  geselligen  .Mittel- 
punkt, sondern  auch  eine  Ptlegestätte  der 
deutsehen  Sprache,  der  deutschen  Lite- 
ratur und  der  deutschen  Kunst  besitzt. 


Carl  Wilde  wurde  am  1.  November  1804 
zu  Breslau  in  Schlesien  als  Sohn  einfacher, 
aber  geachteter  Eltern  geboren.  Mit  1:^ 
Jahren  begann  er  die  kanfmänni.sche  Lauf- 
babn.  und  dem  Cmstande,  da.ss  er  sozusagen 
von  dei-  Pike  auf  in  seinem  Geschäfts- 
zweige gedient  hat.  verdankt  er  den  raschen 
Erfolg,  den  ei-  ei'zielte.  Kaum  hatte  er  die 
Handelsschule  absolvirt,  als  er  in  ein 
grosses  Delikatessen-Geschäft  eintrat  und 
in  den  grössten  Häusern  Deutschland 's 
seine  Lehrjahre  al)solvirte.  Als  er  diese 
hinter  sich  hatte,  erfasste  auch  ihn  wie  so 
viele  seiner  Landsleute  der  Wandertrieb, 
und  so  kam  er  1895  nach  dem  Land  der 
unbegrenzten  Möglichkeiten.  Er  versuchte 
sofort  in  Philadelphia  sein  Glück.  Im 
selben  Jahre  kaufte  er  gemeinschaftlich  mit 
seinem  Stiefbruder  das  Delikatessen-Ge- 
schäft des  Herrn  I.  ]Mossheim.  990  Nord  2. 
Strasse.  Im  Jahre  1903  wurde  die  Firma 
aufgelöst,  worauf  Carl  AVilde  unter  der 
jetzigen  Adresse  sein  neues  Geschäft  an- 
fing, das  von  ungleich  grösserem  Erfolir 
gekrönt  war. 

Tm  Jahre  1897  heirathete  er  Fräulein 
Annie  Koetzer,  die  Tochter  eines  bekannten 
Arztes,  der  Kreisphysikus  in  München 
war.  Der  Ehe  entsprossen  keine  Kinder. 
Das  Paar  verwtMidet  die  freie  Zeit  dazu, 
mit  Rath  und  That  bedürftigen  Lands- 
leuten beizustehen.  Herr  "Wilde  ist  einer 
der  Direktoren  der  „German  Theater 
Realty  Co.",  die  das  von  Deutschen  für 
Deutsehe  erbaute  Deutsche  Theater  Phihi- 
delpbia's  und  die  zu  dem  Bau  gehörigen 
Geschäfts-Lokalitäten  verwaltet. 


8»! 


JOHN  C.  OETERS. 


Wenn  «li«'  crful^riMflH'ii  (H'srliäftslriitc 
dfUtsrhfi-  Ili-rkiuift  in  tlcr  Stiuit  «ifi*  lini- 
«h'rlirhc  aulV'ffülirt  wrnh'H.  «Iiiiiii  inuss 
auch  Herr  Jnhn  ('.  O^ttrs.  dir  lii'sitzrr 
i'iiu's  b(*<l(*utt'n«l«-M  (i«'s<-liiifts  dniuvsfii  in 
Hn'wiTvtnwii.  fjt'nannt  wcrdi-ii.  Herr 
Ot'tcrs  wunlf  am  <i.  .März  1S4«»  in  llaniluir^ 
p'l)(»r«'n.  i'rhiflt  dort  «'iin'  jruti'  S<-hiill»il- 
ilnn^r  und  trat  natl»  Altsolvirun«;  ciin-r 
hölii-rm  Schul»'  in  «*in  dorti>:t's  Kaufnianns- 
frcsciiäft  ein.  für  \vfl(lu*s  er  ni«*lir«'n'  .lalirr 


(Srundstüfk  in  Hn-wrrytown  und  «•rhautr 
darauf  da«  jrtzifji'  (t«>s«'liäftshauH  N'o.  1241! 
Nord  .'Jl.  StniKHc,  vcrhundcn  mit  «»inrni 
^r«iH.s«-n  WaarrnlapT.  Stallun^fu  und  an- 
dcriMi  Ni'lM-n>rt'l»iiud<'n  Kr  führt  Hopfen 
luid  .Mal/  und  alh*  Matfrialirn.  dir  in 
Mraurn-it-n  vi-rwandt  wrnh'n.  Im  .lahn- 
IsHS  «"rriehti'ti'  it  «'in«*  Fabrik,  in  \v«'lfh«-r 
dii'  luitrr  dfiM  .Nanii'U  ..ZiMncntiiif"  patrn- 
tirtf  \Vass»'rfarln'  hrrp'sti'llt  winl.  Kr  ist 
si'it  1881  mit  dt-r  T«M'ht«'r  d«*s  viTst«)rlwn«'n 


JOHN   C.    OtTERS. 


lanjr  als  Volontär  tliali^'  war.  Mit  /.\van/i^ 
.Tahi't'n  t*rtrri(T  ihn  die  Wandi'rlust.  und  so 
kam  i'r  in  \S(')ii  nach  »ifU  (ii-stadt-n  Ameri- 
ka's.  liier  aeeeptirte  er  eine  Stelle  als 
Reisender  für  Hopfen  und  and«'ie  impor- 
tirte  Waann.  dunhzoj;  Amerika  kreuz  un»! 
«pier  und  lit*ss  sieh  vorühcrKehend  in  New 
Orlean.s,  Kansas  City.  St.  I'aid  inid  an«Ieren 
Städten  nieder.  In  1877  etahlirte  er  in  No. 
:US  Nord  'S.  Stras.se.  IMiila<lelphia.  ein 
«*ijr«'ne.s  Geschäft,  das  hjdd  einen  >;ros.sen 
Aufsehwunp  nahm.     In  ^><'^'^  kaufte  er  ein 


Dr.  (Jruel.  seiner  Zeit  einer  «ler  antrese- 
hensten  «leuts«-hcn  Aerzte  «ler  Stadt,  ver- 
heirathet  lUid  hat  s.'in«'  lM'i«len  Kin«Ier. 
einen  Sohn  un»l  eine  T<Mhter.  in  tleut.M'her 
Weise  erzogen.  Herr  ()«*ters.  der  neun 
.fahre  laiiK'  Präsident  des  .Mäiuien'liors.  «jes 
ält«*sten  .Märnier-iJesiuijf-Vereins  der  Verei- 
nifrttn  Stiuiten.  war  und  dem  deuts«'hen 
Theater  ein  lehhaftes  Intere-sM*  entKe|;en- 
l»rin^'l.  hat  sieh  um  die  deutsche  Saelu- 
•  •in  lii-snoihrs  trros.ses  Verdienst  dadurch  er- 


892 

worben.  dass  er  als  Vorsitzender  des  Arran-  und  an  der  Politik  nimmt  Herr  Oeters  hei 

gements  -  Komites     das     all.jäiirlieh      vom  vorraj^enden  Antheil.    Die  vom  Männerdio 

Deutseh-Anierikanisehen    Zentralhund    von  veranstalteten       Deutseh-  Amerikanischci 

Philadelphia  veranstaltete  Ptin^'stfest  dureh  Wohlthätij;keits-Bälle,    die    alljährlich    ir 

rastlose  A^'itations-Arheit  zu  einem  immer  der    "Academy    of    Music"    stattfanden 


JOHN    C.    OETERS'    GESCHAEFTSETABLISSEMENT 
IN    PHILADELPHIA. 


grösseren  Erfolge  gemaeht  hat.  In  jedem 
Jahre  war  eine  bedeutende  Zunahme  des 
Besuches  zu  verzeichnen,  der  bis  zu  zehn- 
tausend Personen  sieh  gesteigert  hat. 
Auch  an  anderen  deutschen   Bestrebungen 


waren  während  seiner  Präsidentschaft  ge 
seilschaftliche  Ereignisse  der  Saison,  ai 
denen  nicht  allein  die  oberen  ZehntaiiseiK 
sich  betheiligten,  sondern  auch  Vertretci 
der  Deutschen  Botschaft  in  Washington. 


WILLIAM   PENN  BROCKERMANN. 

EIN    ABKOILMMUNC    BFJ^LRMMTU*    DF.UTSCHFJ*    EINU'ANDFJ*FJt 

Aiif  (Miiipo  der  ältesten   d<'Uts«-li«  u    Kiii-  rikanisclun   Faniilirn  ^in  :  diu  (  asselN  uml 

waiuliTer    kann     William     l'eim     ltr«M-k«'r-  iliii    her^'i-ys.      Der   (Srüiuier   (l«'r    Familie 

iiiaiiii.  .Ir..  p'lMtien  am  '20.   |)e/eml>er  1SS:{  Cassrj  war  Yelles  CasKel.  ein  l'retlijjer.  tu-- 

in    Philadelphia,    seinen    Staiinnhaum    zu-  boren    KilH    in    Krie^rsheim    in    der    Pfalz. 

rü«*kfüliren.      Kr  hat   die  ..Kveniiijr  SehiM»!  Sein    ir>47    elH'nfalls    in    Krie|rsheiiu    ffelx»- 

of  Finanee  and  Ke«(n<»my"  <ler  Tniversität  rener  Snhn  Johannes  CasM*!  lant^te  um  2U. 

von    l'ennsylvanien    ahsolvirt    und    nimmt  Novendw-r  lOHII.  also  drei  Jahre  Hpäter  als 

eine  Vertrauen-Sti'llunn  h«*i  tier   Minikiei>i-  die  ersten  (h-utsehen  Kinwanderer.  in  Phila- 


WILUAM    PENN    BRCXTKFJt.MANN.   Jr. 


und  Makler-Firma  Wolf  lirothers  ein. 
Herr  Hroekmann  ist  mit  Alma  ('.  Lierz. 
der  älti'sten  Tochter  Herrn  Ilenrv  l^ierzK. 
eines  hekannten  l)euts«-h- Amerikaners  in 
Philadelphia,  verheirathet. 

Herr    MrtK'kermarMi    ^rehört     semer    Ah- 
.stanimuiitr  naeh   den   ältesten   dt-utseh-ame- 


delphia  IUI  und  liess  sieh  in  Ciennantown 
nieder.  Kr  war  einer  der  rnterreiehner 
di-s  (iesu«*hes  um  einen  Freihrief  für  Ger- 
Muintown  und  Mitirlied  des  ersten  StH«lt- 
raths. 

Dureh    Heirat h    verwandt    sind   die   ('a.s- 
sels    mit    Wilhelm    Hittenhouse      Kuttintr- 


894 


huysen).  der  1044  orplK)ren  war.  an  eincMii 
Anne  des  Wissaliickon  l)ei  Geniiaiitowii 
1690  die  erste  Papiermühle  errichtete  und 
1708  starb.  Das  wurde  von  dem  Genea- 
logen der  Familie  Rittenhouse  und  direkten 
Nachkommen  Wilhchu  Rittenhouse 's.  Da- 
niel K.  Cas.sel,  nachgewiesen. 

Abraham  II.  Cassel.  ein  anderes  Mit- 
glied der  Familie,  geboren  am  21.  Septem- 
ber 1820.  war  der  Ururenkel  des  berühmten 
deutschen  Druckers  Christoph  Säur  in  Ger- 
mantown.  der  die  erste  vollständige  Bibel- 
ausgabe in  Amerika,  und  zwar  in  deutscher 
Sprache,  druckte  imd  die  erste  deutsche 
Zeitung  von  Bestand  j)ublizirte.  Ein 
Druck  aus  Säur 's  Officin  vom  Jahre  1749 
..Yelles  Cassel.  the  Preacher",  befindet 
sieh  im  Besitz  Herrn  Brockermann 's.  Der 
Original-Artikel  ist  erhalten  und  in  der 
grossen  Cassel 'sehen  Bibliothek,  deren 
Gründer  Abraham  II.  Ca.s.sel  war.  Derselbe 
war  auch  mit  Peter  Becker,  dem  ersten 
Aeltesten  der  deutschen  Baptisten  in  Ame- 
rika, verwandt.  A.  H.  Cassel  war  ^Mitglied 
der  Historisehen  Gesellschaft  von  Pennsyl- 
vanien  und  Gründer  der  Cassel 'sehen 
Bibliothek,  in  welcher  sich  50.000  Bände. 
Pamphlete  und  Schriftstücke  befinden  und 


(laiunttT  die  vollständige  Sammlung  dir 
Pul)liUati<iii('n  Franklin 's.  Säur 's,  cji-r 
Presse  in  Ephrata  und  der  Sclnvcnkfeld«-! 
Die  Ca.ssel'sche  Bibliothek  liefert  den  uii 
umstös-slichen  Beweis  dafür,  da.ss  vor  dti 
Revolution  die  Deutschen  in  Pennsylvanitn 
mehr  Bücher  druckten  als  alle  anderen 
Kolonien  zusammengenommen. 

Die  Familie   Bergey.  von   welcher  Ilt-n 
Brockermaini     ausserdem     seine     Abstam-l 
mung  herleitet,  nennt  als  ihren  aiiierikaiü-j 
sehen  Ahnherrn  Johann  Ulrich  Berge,  der' 
1717  nach  Amerika  kam  und  sich  in  Lowtr 
Salford,  ^Mcmtgomerj'  County,  Pa..  nieder- 
liess.    Er  spielte  in  der  Zeit  vor  der  Revolii-  j 
tion    eine    Rolle    in    Pennsylvanien.      l)r,  I 
David  H.  Bergey  von  der  Universität  von 
Pennsylvanien  ist  der  Historiker  der  Fa- 
milie.     Derselbe   war   durch    Heirath   ver- 
wandt mit  dem  am  24.  DezemlxT  1680  an 
der  2.  und  Walnut  Strasse  in  Philadelphia 
geborenen    p]dward    Drinker.    der   am    17. 
November  1782  im  Alter  von  102  Jahren 
starb.     Als  Benjamin  Franklin  in  England 
gefragt  wurde,  wie  alt  die  Leute  in  Amerika 
werden,  antwortete  er:   „Die  Frage  kann 
ich  erst  beantworten,  wenn  Edward  Drin- 
ker .stirbt  und  sie  für  mich  beantwortet." 


896 

OSTENDORFPS   RESTAURANT   IN   PHII^DELIM  IIA. 

Fritz  Orteodorif   und   Louit  Schmidl.  drr  Eogralhuemer   und  der  Gnckariiaiurhrrr 
dte*e*  Sammelpl«t/r«  dct  Dcultchlhumi. 

Zu     ticii     S»'h('ns\viinli^rl«'iti'ii     IMiilml«-!-  S«'ll>stvrrstäinllir|i    luit    «•?»    Jalin«    »Tfor- 

pliia's  uiitl   in  sfim-r   Art    wtilil  im  ifHii/.cii  «IitI.  um  ili««  SammlunKrn  zu  «mmit  tli-nir- 

LaiMih"  i'in/.if;  (I«>stch«-ml  ist  Osti-iulorff 's  H««-  tip-n  V(>llstäiiili(;ki-it  zu  lirinK«-ii.  in  wrlrh.r 

stauraiit    und   Caft'.   No.    12:il    Mark«!    mitl  n\v  sirh  lu'uti-  <larMt<'ll«'U.     Sio  sind  in  ilinr 

11  N<»nl  l;i.  Strass»'.     Es  ist  nicht  allfin  In*-  Art    dir    vnllständi^lrn    im    Prival-Hi-sitz. 

kannt  st'intT  vorzü^rlit'lun  «Icutschcn  Kinhc  Sic  IuiImmi  als  Schcnswünli^'kcit   weit   üUt 

wc^'cn.  welche  ilw  KeiioMM Frau  Osten-  tlie  (iren/en    IMiihuielphia's  einen   Huf  er- 

4l(>rtT  verdankt.  siMulcrn  auch  seiner  Watten-  halten     und     werden     vnn     Mesuehern    <ler 

un<l  .Ia^rdtr(^|^häcn-SaI^ndun^r  we^'«'n.      Die  Stadt,  nft  von  weit  her.  auftf«'suiht,  lM»sich- 

WafTcn.saniinlun^r   enthält    Kxeinplare    a'ler  tiirt   und  L'ehührcMd  hiwundcrt     D.is  ( »sf.-n- 


bin  „Corocf"   lo  Onriuiuifl  i  Laie  nm  Herrn  Knli  C)i4rtiiia>4  und  Frau. 


Schusswaflfen  und  Sähel.  die  .seit  d«'m  licvo- 
lutions-Krictr»"  his  zu  unserer  Zeit  von  ame- 
rikanischen Krie(;ern  und  Soldaten  henutzt 
wurden.  Die  Ja^dtrophüi'U-Samndun^;  er- 
mötrlicht  einen  Anschauuntjsunt«'rricht  für 
Liehhal)er  der  .lajrd  und  Solche,  die  es 
werden  wollen.  Dazu  konnnen  seltene  Bil- 
der V(tn  Wcrth  für  die  amerikanis«'he  (Je- 
schichte.  Münz-  und  l'a|»icr^'eUI-Saininlini- 
*H'U  und  manches  Andere,  was  von  Interes.sc 
und  zutrieich  von  hihlcndcm  \V«'rthe  ist. 


«lortT'sche  Kestaurant  aher  hat  für  Phila- 
delphia n«H'h  ein«'  andere  Hcdcutiuit;  —  m 
ist  der  Sammelplatz  des  l)eul.s*-hthums  tuul 
zjihlt  die  annes«'hensten  deuts«'hcn  (Je- 
.scIüiftshMite  zu  seinen  Stannii(;ät.sten.  Vtin 
<li>rt  aus  sintI  schon  mehren*  für  »las 
Deutschthum  in  Stadt  lunl  Staat  wichti(;e 
liewcj;un>rcn  in  die  rieht  inen  liahnen  p*- 
leitet  wor«lcn.  «Icnn  dort  fand  üln-r  sie  ein 
lehhafter  Meenaustausch  .statt.  Vt>rs4«hlätro 
und  (Jep'nvorwhläKe  wurden  erw«»jf«'n  und 


89<) 


erörtert,  das  Hi-stc  bi'lialti'ii  uin\  tlaiiii  in 
geeigneter  Form  vor  das  grosse  I*ublikuni 
gebracht.  So  ist  Ostendorff's  Kcstaiirant 
eine  jener  Saiiuiielstätten  des  Deutseh- 
thuins  gcwoi'di'ii.  in  dci"  nicht  aUcin 
deutsche  Gemüt hlichkcit  das  Scepter  führt, 
sondern  auch  das  deutsche  Stannnesbe- 
wusstsein  gepflegt  wird,  (bis  deutsche  Wort 
regiert  und  (h'utscliei'  Oeist  ziun  Segen 
des  Deutsclitlnuiis  seine  Schwingen  regt. 

Der  Gi'ünder  des  Restaurants  und  Cafes, 
Fritz  Ostendorff,  erblickte  am  13.  Septem- 


derte  aus  und  hniih'te  1881  in  \\.\v  York 
Er  fand  lieschäftigung  in  einem  p]iscnberg- 
werk  im  Staate  New  York  und  später  an 
der  Eisenbahn  in  York,  Pa.  Von  dort 
führte  ihn  sein  guter  Stern  nach  der  Stadt 
der  liruderliebe.  Hier  arbeitete  er  drei 
Jahre  lang  für  die  Goodwin  Gas  and  Meter 
Co..  bis  er  im  Jahre  1886  den  Dienst  quit- 
tirte.  heirathete  und  selbstständig  wurde, 
indem  er  ein  Hoardinghaus  in  Xo.  251  Xnrd 
4.  Str.  übernahm.  Nach  vier  Jahren  grün- 
dete er  ein  Restaurant  an  Race  Str.,  über- 


FRITZ   OSTENDORFF. 

Cruender  und  Eigenlhuemer  von  Ostendorff's    Restaurant 
in  Philadelphia. 


LOUIS   SCHMIDT. 
Ceschaehsfuehrer    von    Ostendorff's    Restaurant 
in   Philadelphia. 


ber  1856  in  Lauenburg,  Kreis  Einbeck,  als 
Sohn  eines  höheren  Forstbeamten  das  Licht 
der  Welt.  Nach  Absolvirung  der  dortigen 
Bürgerschule  be.suchte  er  das  Gymnasium 
in  Hildesheim,  trat  dann  als  Volontär  in 
eine  Fabrik  landwirthschaftlicher  ]\Iaschi- 
nen  in  Oschersleben  ein  und  besuchte  zur 
weiteren  Ausl)ildung  die  Technische  Fach- 
schule in  Einbeck. 

Als  junger  ]\Iann  von  25  Jahren  ergriff 
ihn  die  Lust,  die  Welt  zu  sehen ;  er  wan- 


nahm 1898  ein  Restaurant  in  der  Sansom    I 
Str.,   und   eröffnete  am   1.   Juli   1899  das 
grosse  Restaurant  an  der  13.  und  Älarket 
Strasse,    das    heute    als    eines    der   besten    U 


deutschen  Lokale  bekannt  ist  und  dessen 
Ruf  weit  über  die  Grenzen  der  Stadt  hin- 
ausgedrungen ist. 

Der  langjährige  Geschäftsführer  des 
Restaurants  und  Cafe 's,  Herr  Louis  H. 
Schmidt,  wurde  am  6.  September  1868  in 
Essen   als   Sohn    Heinrieh    Schmidt'«,  des 


Obi'rstalliiii*ist»'r.s  «N-s  Kaiioiifiiköiii^ 
Krupp.  jrt'hon'M.  Iirsuditt'  dir  hülu-n*  llür 
gerscluil«'.  kam  1  SS.'»  nai-li  Amerika  uii«l 
wandte  Ki«-Ii  in  l'liilaililphia  lieiii  H«-st:iu- 
raut-Ges<häft  zu.  Als  lUr  Kriefr  mit  Spa- 
nien (1S!>8)  ausliraih.  verliess  rr  >«'in  Stel- 
lung als  Manager  des  renommirten  Hm»tli- 
by 'sehen  Ivestaurants  umi  /.uj;  als  Knmpaj;- 
nie-(^uarti«'rmeister   des   'A.    Heirimciits   di-r 


897 

iler  Siejj  zur  See  weitiTe  Truppeii-SiMidun- 
(Ten  naeh  Culm  unnötlii^;  maehte.  Im  N<>- 
vemlM-r  1S!»S  wurde  Ltiuis  Sehmidt  nIm 
Knmpaunie  -  (^uartiermei.ster  au.s(;enuiKtert. 
kehrte  zu  seinem  Mi'tier  zurüek  und  trat 
in  1S«M)  als  (ies«'häftsführ«'r  in  das  neu - 
^Mündete  ()st«'ndiirlT's-he  Hestaurant  t-m. 
dessen  jrlänzeiider  Krfolv  mit  sein  Werk  ist. 
Louis    Sehmidt     ist    mit     .Minnie    Pni,    der 


Die  Wcflmuinmlung  au*  der  Kriegtsochichle  der  kolooieo  und  d«  Vrraniglra  S(ulm 


Oxeodorf 't  Cafe. 


Xational-Garde  vim  Pennsylvania  in's  Fehl. 
Da  da.ssellje  nicht  Kriefrsstiirke  hatte,  er- 
hielt Louis  Sehmidt  Ordre,  als  Kekruti- 
rungs-Offizier  in  Philadelphia  zu  fun^iren. 
Vom  28.  Mai  bis  Mitte  .luiii  hatte  er   l.")<i 


Tiiehter  des  lantrjjihri^'en  Präsiilenten  iler 
Plattdeuts<'hen  Philadel|)hia '.s.  verheirathet. 
Aus  dem  aktiven  Dienst  der  Natiuiwil-(Jarde 
schied  er  1!M)7  mit  dem  Kanne  «les  Kejji- 
ments-(^uartiermeist«'rs    aus,    jrehörte    alwr 


Rekruten  antreworln'n  mul  hegah  sich  daiui  dei-selhen   inaktiv   noch   an    und   kann   ein- 

zu  seinem  Retriment  nach  Tami>a.  Fla.     Ks  herufen  werden,  sollte  das  Vaterlaiul  je  in 

war    bereits    ein^'eschitTt     und    sollte    nach  (iefahr    kommen    luid    •rlahn n.r    Ortieiere 

Santiago  aur''»''l!"ti.  ;i!s  Si-h'ey's  ijÜiii/fn-  bedürfen. 


898 


KARL  G.   STIFEL. 


Herr  Karl  G.  StitVl  wurde  am  L'8.  Jamiar 
1819  zu  Neuffen  a.  d.  Steinaeh  im  Sclnvarz- 
wald  als  Sohn  eines  Brauereibesitzers  (5tes 
Kind  von  9  Geschwistern)  geboren,  be- 
suchte die  Volkssclnilo  seiner  Vaterstadt 
bis  zum  14ten  Jahre,  wurde,  da  er  zu 
schwächlich    war.    als    Sattler    ausfrcbildct. 


New  York  nach  Newark.  in  dessen  Nähe  er 
auf  einer  Farm  Arbeit  fand.  Sein  Lohn 
betrug  monatlich  $4.00.  Von  dort  reiste  er 
zu  seinen  Brüdern  luich  Wheeling.  fand 
abci-  iiiitcrwc^s  in  Clarksburg  lohnende  Be- 
schäftigung, die  er  jedoch  nur  kurze  Zeil 
behielt.      In    Wiieeling   war   er  die  recht»' 


KARL    G.    STIFEL. 

Gruender  einer   bedeutenden    Erauerei   in   St.    Louis,    Obenl   im  Buergericrieg,    ein 
eifriger    Foerderer    deutscher    Bestrebungen.    Gruender    de»    deutschen    allgemeinen 
protestantischen    Waisenhauses,    des   deutschen  Altenheims    und   Stifter   der  Schiller- 
Statue   in    der   Stadt   dea    heiligen    Ludwig. 


Nach  Sjähriger  Lehrzeit  durchwanderte  er 
Deutschland,  das  er  im  Jahre  1837  von  Bre- 
men aus  mit  dem  Segelschiff  ..Copernicus" 
verliess,  um  nach  55tägiger  Seereise  im 
selben  Jahre  in  Baltimore  zu  landen. 

Keine   Arbeit  als   Sattler   in   Baltimore 
findend,  wanderte  er  von  Philadelphia  über 


Hand  seines  Bruders  Karl,  der  daselbst 
eine  kleine  Brauerei  betrieb ;  1844  ging  er 
nach  Deutschland,  um  seinen  Vater  ahm- 
holen;  1845  siedelte  er  nach  Cincinnati 
über  und  betrieb  dort  ein  Kommissions- 
Geschäft.  Dort  heirathete  er  ]847  seine 
Cousine  Louise.    Im  Spätjahr  1840  kam  er 


Uiu-h  St.  Lniiis.  Kr  paclitt-t»'  das  uiittT  dfin 
Xaiiien  City  Hrewery  bfkaniitt'  Anwesen  an 
der  Ecke  der  Cherry  und  Collins  Sinusse. 
Zwecks  Gründung  einer  eigenen  Brauerei 
kaufte  Stif«'l  ISöli  das  Grutidslück  an  der 
Ecke  der  II.  und  llonard  Strasse,  auf  dt  m 
heute  die  grosse  City  liri  wer;/  stdit.  Länder 
als  drei  Jahre  daiu-rte  es,  Baulielikeiten 
luul  Einriehtunp'n  ferti^r  zu  stellen,  und 
erst  »//»  Jahre  Jf<Mf  könnt (  die  neue  liraut- 
rei  in  litt  rieh  gesetzt  werden. 

Zwei  Jahre  später  erfolfrte  dt-r  Ausl)rueh 
des  Hürfjerkriejres.     Mit  der  Zeit  liatte  sieh 
Karl  G.  Stifel  die  Aehtunjr  und  das  Ver- 
trauen    .seiin-r     Mitbürt;«'r     in     so     hohem 
Grade    erworlMMi.    dass    J:^(nt    unitnistrcuc 
U  utsche  Jiiirger,  die  sieh  zur  Vt'rtheiditrmip 
der  bedrohten    l'nion   zu   tinem   lieginn  nit 
vcreinigit  n,  ihn  auffordt  rtt  n.  als  Oherst  an 
ihre   Spitze   zu   tritt  n.     Käni|>fen    für  die 
'nion    wollte   er    iiinl.    wenn    nöthi«;.   sein 
ilut    verjriessen.   aber   die    Khrenstelle   als 
3berst    lehnte    er    aus    He.seheidenheit    ab. 
^jrst  ein  Maehtwort  des  Ilöchstkonunandi- 
•enden    im    Staate    Mis.s-ouri.   des   Generals 
'jgon,    vermochte    es,    den    1200    Getreuen 
hren  Karl  G.  Stifel  als  Oberst  zu  |;eben. 
'u«rleieh      mit      seiner      Ernennung     zum 
)l)ersten  wurde  tlas  Ke^iment  in  die  Verei- 
igte  Staaten  Armee  einpereiht.     Das  Vtr- 
altcn  des  Obersts  Stift  l  mit  .st  ine  in   littji- 
icnte  am  10.   Mai    iCantp  Jackson   Dag) 
nd  an  darauf  folgenden   Tagt  n   uunli    in 
nen   lagen   von  allen    unionstrt uen   Zei- 
tngen  des  ganzen  Lantlts  als  htldt  nmüthig 
•  rühmt. 

Olx-rst  Stifel 's  Auftreten  tru^;  viel  dazu 
i.  dass  der  Staat  Mi.s.souri  der  Tnion  er- 
jlten  wurde. 

Nach  seiner  militärisehen  Laufbahn  wid- 
]ete  er  sich  wieder  jranz  .seinem  Geschäfte. 
(US  sich  unter  seiner  kundifren  Leitung?  so 
(änzend  entwickelte,  dass  di's.sen  Erträ^r- 
issc  ihm  mit  (br  Zeit  pros.sen  Heichthum 
lachten. 

Im  Jahre  1872  feierte  er  mit  seiner  (Jat- 
ti  im  engsten  Familic?ikreise  sein«-  <illit  nu 


899 

Hnih:iit.  Dem  l'aare  wurde  «'s  von  der 
Voi-sehiui^r  au<'h  verjfönnt.  n<K'h  weitere  25 
.lahre  Frend  und  Leid  initeiander  zu 
theilen  und  in  voller  geisti^'er  und  körper- 
licher Frische  am  9.  September  1897  die 
goldt  ne  Hochzeit  zu  feiern. 

In  dem  Verljältni.s.se  wie  .sein  Wohlstatul 
wuchs,  bewährte  sich  auch  Karl  G.  Stifel*« 
Gcmcinsinn.  Diesen  bethätij^te  er  gern  im 
Stillen.  Ein  in  Noth  jrcrathener  Familien- 
\at«*r.  ein  th-r  Ililfc  und  I'nterstützunj;  Be- 
dürft i^rer.  hat  nie  veri;cbens  an  seine  Tijür 
jreklopft.  rnzJihlipe  Beis[>iele  von  solcher 
stillen  Ililfcleistunj;  sind  b«'kannt  gewor- 
den, seinem  Andenken  zur  Ehre.  Kr  war 
eintr  ihr  (iründtr  tlt  s  lU  utschen  allgcmri- 
III  n  jiriiti stantischen  Waisenhauses,  für 
dcs.scn  Bedürfnisse  seine  (»pferwillige  Hand 
immer  reichlich  b«Msteuert«'.  Als  djus  deut- 
.sehe  Attiiihtiin  ins  Leben  geruf«*n  wurde, 
stand  er  mit  an  <ler  Spitze  jener  luK'hherzi- 
^'cn  Männ<'r.  die  ein  so  edles  Werk  der 
Menschenliebe  durch  ihre  reichliehe  Bei- 
hülfe ermöglichten. 

Für  allgemeine  W(»hlthätigkcit.sanstalten, 
wie  Hospitäler  und  Waisenhäiuscr,  für 
deutsche  Schulen  und  L»*hranstalt»'n.  war 
er  jederzeit  ein  williger  Förderer  und 
hilfsberi'itcr  Freund.  Auch  tlas  nationale 
dl  utsch-amt  rikanischt  Li  hn  rsi  minar  in 
Mdu-aukir  hatte  wiederholt  (Jelegeidieit. 
der  olTcncn  Hand  Karl  G.  StifeFs  dankbar 
zu  gedenken. 

Seine  schönste  und  für  d;us  ganxe 
Deut.schthum  der  Stadt  und  Amerikas 
Indt  utungsvollste  That  war  jedoch  die 
Schenkung  dt  r  Statue  unseres  grossen 
Dichters  Schiller  an  die  Stadt  St.  Ltntis. 
.Mit  dieser  GalM»  hat  sich  Karl  G.  Stifel 
sell)st  das  .schön.ste   Denkmal   g«'S4'tzt. 

Die  Enthidlung  der  Statue  am  13.  So- 
cember  1S9S,  an  der  sich  alle  deutlichen 
\'ereine  und  Schulen  betheiligten,  gtsital- 
tete  sich  in  ihrer  Art  zur  gros.sjirtigMtcn 
Feier,  die  je  in  St.  Louis  stattgefiniden 
bat      Vor  einer  nach  Tausemlen  zählenden 


900 


IMenseheiimenge,  und  unter  den  feierliehen 
Klängen  eines  Massentnännorchors,  wurde 
das  schöne  Denkmal  enthüllt  und  mit 
Blumen  und  Kränzen  geschmückt.  Die 
Festredner  des  Tages  waren  Dr.  Max  11  cm- 
pel  und  IJcrr  Ed.  C.  Kehr.  Die  Tageszei- 
tungen von  St.  Louis,  sowohl  deutscher  wie 
englischer  Zunge,  widmeten  der  erfolgrei- 
chen Feier  ausführliche  Berichte  mit  Ab- 
bildungen   des  Denkmals. 

In  seinem  70.  Lebensjahre  (1889)  hatte 
er  sieh  von  seinem  Geschäfte  gänzlich  zu- 
rückgezogen und  verlebte  die  letzten  Le- 
bensjahre im  eng.sten  Kreise  der  Familie. 
Am  18.  März  1900  ist  er  sanft  eingeschlum- 
mert zum  ewigen  Schlaf. 


Oberst  Stifel  hinterliess  eine  WHtive  und 
drei  Kinder,  einen  Sohn  und  zwei  Töchter. 
Von  den  beiden  Töchtern  i.st  die  älter.'. 
Fräulein  Clara,  unvcrmählt  geblieben,  di' 
jüngere,  Louise  Regina,  lebt  in  glücklichf, 
Ehe  mit  Herrn  Edwin  H.  Conrades.  I),, 
Sohn,  Otto  F.  Stifel,  ist  Präsident  da 
Union  Brauerei  und  erfreut  sich  untt  t 
seinen  Mitbürgern  grosser  Beliebtheit  uinl 
wohlverdienter  Hochschätzmig.  Er  ist 
einer  der  thatkräftig.sten  Deutsch-Amerika- 
ner des  Landes,  der  jedes  Unternehmen 
seiner  Landsleute  fördert  und  nach  besten 
Kräften  unterstützt,  und  der  wegen  seiiKr 
Hochherzigkeit  die  allgemeine  Hochacli 
tung  seiner  Mitbürger  besitzt. 


I 


901 


HIL:  SIKüll  BRLWEKY  CO. 


in   DETROIT.   Mich. 


Die  Kuii.st  ih-s  liifrlnaiUMi.s  i>i  uralt.  Di«« 
alten  A»'<rypter  verwaiuloltcn  (Jci-stc  in 
Malz,  vei-set/.ten  es  mit  Safran  und  anderen 
(jowürzen  und  er/.eufrtt-ii  dun-li  (uihrunf; 
ein  bierälinliehes  (ietriink.  Aehnliehe  Ver- 
fahren waren  den  alten  Chine-sen.  in  Japan 
und  Ahe.ssinien,  aber  aueji  bei  den  IMiry- 
ffieni  und  Thrakiern  bekaiuit.  und  alle  bar- 
bari.sehen  Völkei-sehaften,  die  alten  (Jer- 
manen  an  der  Spit/e.  vei-standen  es,  aius 
(Jetreide  jregohrene  Getränke  herzustell. n. 
Bier  heis.st  im  Altdeutsehen  liior.  angel- 
säehsieh  ..beor".  Hin  anderer  altjrennani- 
seher  Ausdruek  für  dii-ses  (ietränk  i.st  Aln, 
welcher  sieh  im  enjrlisehen  Ale  bi.s  auf  die 
Gegenwart  erhalten  hat. 

Das  erste  Lagerbier  wurde  in  Detroit  von 
Bernhard  Stroh  gebraut,  der  im  Jahre  1H4S 
ins  seiner  Heiniatb.  Kirn  an  di-r  Nali.-.  ilmt- 
lin  kam.  Bis  dahin  war  in  der  City  of  the 
Straits  nur  Ale  und  Porter  gebraut  wor- 
ien.  Die  Stroh 'sehe  Brauerei,  die  gegen- 
wärtig zu  den  bedeutendsten  Anlagen  die.ser 
\rt  im  ganzen  Lande  gehört,  befand  sieh 
iamals  (18ö0)  in  einem  kleinen  Sehujjpen 
in  der  llastings  Stra.sse  und  die  tägliche 
'roduktion  stellte  sieh  anfangs  auf  wenige 
''äs.sehen. 


Allein  unter  d.r  kluu'en.  umKiehtit^eii 
Leitung  dl«  Besitzers  entwickelte  sich  das 
anfant;s  so  bescheidene  rnternehmen  von 
Jahr  /u  Jahr  trras.sartiger,  und  iihi  der 
(iründersein  an  geschäft liehen  Krfolgcn  so 
reiehes  lA'ben  aUschlosK,  fand  er  in  seinen 
S.ihm-n  würdig«'  Xaehfolger,  gcschäft«- 
tüehtige,  strebsame  Männer,  die  nicht  wenig 
dazu  beigetragen  halx-n.  den  Huhm  des  De- 
tn.iter  Biers  au<|i  au.s.serhalb  der  Studt  zu 
mehren. 

An  der  Spitze  d«'s  L'nternehiueu.s  s.ielieu 
gi'genwärtig     die      Herren     Jidius     Stroh 
als    l'räsideiit    unti    (".    F.    Kaiss  als    Vize- 
l'räsitlent  und  S«hatzmeister.     Die  Kupazi- 
täl    der    Brauerei   beträgt   5(H),000    Barrels 
Fass-   und  Fla.sehenbier.     In   ihr  sind   lüü 
Leute    bestliäftigt.    unil   »bis   Aktienkapital 
der    Firma    beträgt   $l,öü(»,0(»O.      Mit    Fug 
Mild     Hecht     sind     die     Leiter    des     l'nter- 
nehmens  .stolz  auf  die  errungenen  Krfolge, 
und  wenn  die  Detroiter  Bürgei-schaft   mit 
N'orliebe  einln*imisehe  Bierc  trinkt,  s«»  hat 
die  Stroli'selie  Brauerei  in  eixter  Linie  dazu 
beigetragen,    diese    sicherli<'h    .schmeiehel- 
hafte  .\nerkemnnig  zu  erringen. 


902 


CAPTAIN   FRIEDRICH   PABST. 


Capt.  Friedrich  I'ahsf  wurde  zu  Xico- 
lasrit'd.  i'iiuMii  klciutn  Dorfe  iu  einer  der 
fruclitharsten.  an^cnchinsteii  und  reizend- 
sten Gegenden  des  Thürinjjer  Waldes  (P"'ür- 
stentuin  Schwarzlmrjr  -  Kudolstadt).  am 
28.  März  ]S3()  i^elxtren.  Sein  Vater  war 
Freisasse  und  verwaltete  ein  ansehnliches 
Landjrut.  Er  war  daher  einer  der  Hervor- 
ragendsten seines  Ortes  und  erfreute  sieh 
allgemeiner  Achtung.  Das  einfache  deut- 
sche Landleben,  die  frische  Luft  und  die 
Freiheit  des.selben,  die  man  vergeblich  in 
Städten  sucht,  bewirkten,  dass  der  Kleine 
gesund  und  stark  emporwuchs  und  sich 
die  Kräfte  aneignete,  deren  er  in  späteren 
Jahren  bedurfte. 

Im  Sommer  des  Jahres  1848  sehnte  sich 
sein  Vater,  Gottlieb  Pabst,  nach  Amerika. 
wo  er  Freunde  in  ]\lilwaukee  hatte.  Er 
verkaufte  daher  sein  Landgut  und  kam  mit 
dem  nöthigen  Ilausgeräth  und  nicht  unbe- 
deutenden Mitteln  nach  der  neuen  Welt 
und  brachte  den  zwölfjährigen  Friedrich 
mit.  Die  Reise  machte  einen  tiefen  Ein- 
druck auf  das  empfängliche  Gemüth  des 
Knaben.  Nach  kurzem  Aufenthalt  in  INIil- 
waukee  entschloss  sich  sein  Vater,  mit  der 
Familie  nach  Chicago  überzusiedeln.  Wie- 
derum war  es  die  Reise  zu  Wasser,  auf  dem 
herrlichen  Binnensee,  deren  mannigfalti- 
gen Eindrücken  sieh  Friedrich  mit  ganzer 
Seele  hingab,  und  unauslöschlich  prägte 
sich  seinem  Gedächtniss  der  Name  des 
SehiflFes:  „The  Lady  of  the  Lake",  in  wel- 
chem er  gefahren,  ein. 

Im  Jahre  1849  hatte  die  kleine  Familie 
schwer  mit  Missgeschick  zu  kämpfen,  und 
alle  mussten  mithelfen,  um  nur  das  zum 
Leben  Noth wendige  herbeizuschaffen.  Um 
den  Kelch  des  Leidens  voll  zu  machen, 
stellte  sich  die  Cholera,  die  eine  Zeit  lang 
in  vereinzelten  Fällen  in  Chicago  aufgetre- 
ten war,  epidemisch  ein.  und  Friedrich 's 
Mutter,  Frau  Friederike  Pabst,  fiel  der 
Krankheit  zum  Opfer.     L'nverge.sslich  bli'^'b 


die  Theuere  ihrem  Sohne,  welcher,  ob- 
wohl erst  dreizehn  Jahre  alt.  schon  den 
Ernst  des  Lebens  begreifen  lernte  und  sofort 
Sehritte  that,  um  seinen  eigenen  Lebens- 
unterhalt zu  verdienen.  Als  er  eine  Stelle 
im  alten  Mansion-IIaus  in  Chicago  erhielt, 
die  ihm  Kost  und  Logis  nebst  fünf  Dollars 
pro  iMonat  einbrachte,  fühlte  er  .sich  als  eine 
höch.st   wichtige  Persönlichkeit. 

Diese  Stelle  bekleidete  er  fa.st  zwei 
Jahre  lang  und  übernaluii  dann  eine  ähn- 
liehe im  New  York-IIaus.  Doch  es  trieh 
imd  zog  ihn  mächtig  zur  See  hin,  die  einen 
so  tiefen  Eindruck  auf  iliii  hinterlas.seii 
hatte.  Chicago  mit  seinem  ausgedehnten 
Seehandel  bot  ihm  die  längst  ersehnte 
Gelegenheit,  und  er  entschloss  sieh,  sieh 
dem  Seemannsleben  zu  widmen.  Dem  hüb- 
schen, kräftigen  Jüngling  von  siebzehn 
Jahren  bot  sich  keine  Schwierigkeit,  auf 
einem  Dampfer  der  Goodrich-Linie  als  Ka- 
jütenjunge eine  Stelle  zu  finden.  Rasch 
arbeitete  er  sich  aus  dieser  bescheidenen 
Stellung  empor,  und  im  Alter  von  einund- 
zwanzig Jahren  avancirte  er  zum  Kapitän 
des  Dampfers  ..Huron"  und  glaubte  sieh 
.somit  am  Ziele  seiner  Wün.sche  angelangt. 

Im  Jahre  1860  lernte  Kapitän  Friedrieh 
Pabst  Fräulein  Marie  Best  kennen.  Zwei 
Jahre  später  vermählte  er  sich  mit  ihr, 
und  dies  war  der  Wendepunkt  im  Leben 
des  jungen  Kapitäns.  So  sehr  ihn  das  See- 
mannsieben anzog,  so  siegte  die  Liebe  zur 
Gattin  endlich  über  diesen  Hang,  und  dif 
langen  Fahrten  wurden  ihm  immer  lästi- 
ger. Er  beschlo.ss  in  Folge  des.sen,  in  da.s 
Braugeschäft  seines  Schwiegervaters  Herrn 
Philipj)  Best  einzutreten,  welches,  vom 
Zauberstabe  seines  Genies  berührt,  sieh  tu 
ungeahnter  Höhe  emporschwang  und  seire 
kühnsten  Erwartungen  überstieg. 

Seine  mühsam  erworbenen  Ersparnisse 
legte  er  alle  in  diesem  Ge.schäfte  an,  welches 
er  von  Grund  auf  erlernte,  und  in  wenigen 
Jahren     war    er    Mei.ster    im    Braufache. 


I 


908 

Frühz.'itif;  faiul  rr  i's  für  nithsiiiii.  sich  ein  Im  Alt.p  v<»ii  58  .lahrm  hatte  Friodrich 

aus^'iHkOuitcs    Ahsatz^'t'l>i«-t     für    sriiu'    Kr-  Pahst    stahl^raiH's    Haar,    «liin-hdrinufiule 

zcutrnissf    zu    schaffen,    «lic    mit     aiuh'rcn  hiaiic  .\uj;rii  und  ein  hlühciulcs  Aiisw-hen. 

ihrer  Art  in  der  jranzcn  Welt  in  Wcttl)c\vcrl>  Sein   Korpernniss  iM'truj;  üImt  sechs   Kiws. 

treten  konnten,  und  somit  schuf  er  den  Iv\-  Kr  war  ein  ^rrosser  Mann  von  in>i)«»snntern 

porthandel  mit  Milwaukecr  La<:erl)ier.  Acusseren.      Kein   üherflüssiKes  Fleisch  he- 


KAPITÄN    FRIEDRICH    PABST 


Nachdem  sieh  im  Jahre  1864  Herr  I'hi- 
ipp  Best  vom  Geschäft  zurü«'k^fezoiren 
latte,  entfaltete  sich  Herrn  Friedrich 
Pabst's  Schöpfertah'nt  mit  Macht.  Dieses, 
m  Verein  mit  stren>;er  H«'chtschaffenheit. 
iberwand  je^jliches  Hinderniss,  und  auf 
olcher  firundlage  wurde  das  Rieseuffc- 
chäft  aufgebaut. 


einträchtigte  das  KlMMunass  seiner  kräfti- 
gen (iestalt.  Sein  Schritt  war  elastis«'h. 
und  unermüdlich  war  .sein  Fleiss.  in«leni  er 
mit  jeder  lOinzelheit  seines  gigantiH<'hen 
rnternchmens  vertraut  war.  In  .seinem 
I'mgang  war  er  frcun<llich.  luid  man 
k(mnte  sieli  ihm  gctn»st  nahen;  niemiuid 
wurde  v(m  ihm  mit  S<'hroffheit  fortgewie- 


904 


sen.  Dahei  hingen  seine  Aiiirestellten  mit 
Achtung  und  Liehe  an  ihm.  indiMn  er  deren 
Leistungen  gehühn-thl  wünliglc  inul  sie 
auf  diese  "Weise  mit  Lust  iiiid  IJche  zum 
Geschäfte  erfüllte. 

Friedridi  Pabst  genoss  zwar  nicht  die 
Vortheile  einer  gründlichiii  Schuibildung. 
doch  trotz  alledem  erwarb  er  sieh  |)rak- 
tische  Kenntnisse  im  höchsten  Grade.  Li- 
dern er  von  Natur  aus  ein  scharfci-  Jit^o- 
bachter  und  genauer  Analytiker  war, 
eignete  er  sieh  im  Handel  und  Wandel  eine 
vorzügliche  Bildung  an,  wälirend  sich  sein 
Charakter  zu  ausserordentlicher  Festigkeit 
und  Selbstständiirkeit  entwickelte.  Indem  er 


Kivise  .seiner  Familie  und  seiner  Freunde 
und  ni(>  prahlte  er  mit  dem  (Jrossartigpn. 
das  er  durch  eigene  Kraft  errungen. 

Kapitän  Pabst  war  Inhai)er  vieler  Ehren- 
ämter. Lange  Jahre  war  er  Direktor  der 
.Milwaukee  E.\i)osition  und  ein  Kommissär 
ih'v  städtischen  Schuld.  l)(.«li  luihm  er  au 
der  Politik  keinen  öffentlichen  Antheil  und 
strebte  nicht  nach  politischen  Aemtern.  Er 
war  einer  der  Direktoren  der  Zweiten 
Ward  Pank  und  ebenfalls  Präsident  der 
Wisconsin  Nationalbank,  die  eines  der  her- 
vorragendsten Finanz-Institute  der  Stadt 
:\Llwaukee  ist.     Als  englische  Kapitalisten 


PABST'S    BREWERY  IN  MILWAUKEE,  WIS. 


frühzeitig  auf  sich  selbst  angewiesen  war, 
weite  Reisen  unternahm  und  auf  diese 
Weise  Land  und  Leute  kennen  lernte, 
später  den  verantwortlichen  Posten  eines 
Kapitäns  bekleidete,  bildete  er  sieh  in  Ge- 
danken, Worten  und  AVerken  unabhängig 
aus.  Seine  angeborene  Freigebigkeit  wurde 
durch  seine  Yorurtheilsfreiheit  erhöht. 
Sein  grosser  Reichthum.  der  sich  stetig  ver- 
mehrte imd  in  späteren  Jahren  noch 
rascher  zunahm,  verdimkelte  keineswegs 
seinen  Wohlthätigkeitssinn,  und  ILd)gier 
war  und  blieb  ihm  fremd.  Dabei  war  er 
bescheiden  imd  fühlte  sich  am  wohlsten  im 


in  Amerika  Brauereien  aufkauften,  schlug 
er  manche  verlockende  Offerte  aus  und  be- 
schloss,  seinem  eigenen  Unternehmen  treu 
zu  bleiben. 

Kapitän  Frederick  Pabst  starb  zur  Mit- 
tagsstunde am  Neu.jahrstage  1904  in  seinem 
Heim.  Seine  Wittwe  und  vier  Kinder  be- 
trauern ihn.  Sein  ältester  Sohn,  C«>I 
Gustav  Pabst.  ist  jetzt  Leiter  des  Geschäf- 
tes, das  jährlich  2.000.000  Fass  Bier  zu  pro- 
duzieren im  Stande  ist.  ]Mit  grosser  Fähii'- 
keit  führt  Col.  Gustav  Pabst  das  von  seinem 
Vater  zu  so  staunenswerther  Entwickelung 
gebrachte  Geschäft  weiter. 


IM 
•11 


»05 

ADOLI^ULS   BUSCH. 

Ilrn-  A<hli,h„s  Ihisrh  wunl..  in  .I.m-  Im--  liaft..  (JHrtr.Mih.-it  Ix.t.  riii.  so  «Ih-s  .Iuksi-IIh. 
nihiiifii  altru  Stadt  Main/  p-hnn-ii.  Kr  .jwzt  in  «Im  .Mtn-nitrstni  WinMii  ,|.t 
P'Moss  cinr  ^M,t,.  uimI  praklisrlu'  Kr/i.-l.uiij;  W.-It  lu-kaimt  iiimI  jf.-srliät/t  ist. 
und  iTwarh  sich  ,li,.  (IniiMilajr«'  <lcr  Kn.iit-  In  jt-nnu  .laliro.  ]H1:{,  wiinlr  dir  Firma 
nisse.  die  .T  spiit.T  mit  si.l.ir  .^'n.ssrm  Ki-  K.  .\nli.'iis..r  Ä:  Co.  inknriH.rirt.  IL-rr  An- 
folg vcnverthct.'.  Schon  als. lüntrliii^r  „an-  hcns.T  wurde  Präsid.nt.  und  Herr  Hn\ch 
derte  or  nach  (Icn  Wrcini^rtcn  Staaten  ans.  Sckictär  und  Leiter  der  Firma.  .Nach  de 
Nach  St.  Louis  kam  er  im  .Ldire  IS.")?.  Kr  im  .lahie  ISSO  «.rfoljftcn  AhlelM-n  v. 
erhielt  zuerst  eine  Stelle  als  Clerk  auf  l|e,,„  .Knlrnnser  wurde  der  Name  <ler 
einem  Mississippi-D.nnpfer.  In  vei-schiedc-  Firma  in  die  ..Anheuser  -  Hu.si'h  Hn-win^' 
nen  IlandelsHrmen  funfrirto  er  als  Hu<hhal-  As.sociation  "  nm>,M'ändert.  und  Herr  Ku.sch 
ter  bis  zum  Jahre  IS")!»,  da  er  sich  im  Knm-  wurde  Präsident  «les  rnternchmens.  und 
niissi(ins«r«'schätte  und  als  Mälzer  etalilirte.  diese  Stelle  hat  er  seit  der  Zeit  his  auf  d«'n 

Zwei  Jahre  später.   ]S(il.  trat   er  in  den  heutip'n  Taj;  inne. 
Ehestand     und     vermählte    sich     mit     der  l'nter    llerin    Busch 's    Leitunt:   hat    das 

Tochter    von    Herrn    Kherliard    Anheuser,  Ceschäft  einen  phänomenalen  Aufschwung 

welcher    ihinuils    an    der     liavarian     Hi«'r-  ^'«'nommen.      .lährliih    .stieg   «lie   (^tiiantität 

brauerei  iuterressirt  war.     \'icr  Jahre  spä  der  Produktion  um  vierzig-  bis  fünfzigtau- 

ter.  also  in  iHHö.  erwarb  sich  Herr  Musch  ^''"d  Fass.  mnl  später  sogar  nahm  die  Pro- 

dureh    Kauf   die    Kontrolle   (!»••;    Ktabli.sse-  duktion    um    einhunderttausend    Fass    pro 

ments.      Zu   .i<'ner   Zeit    war   die    liavarian  Jahr   zu.      So   sehen    wir   im    Jahre    liKM. 

Brauerei  n<»ch  eine  ganz  primitive  Anlage  dass  die   Anheuser  -  liusch    Hrewing   As.s4>- 

und  produzirte  jährlich  nur  etwa  cSOOd  Fass  ciation    über   eine    .Million    Fass    Hier   ver- 

Hier.      Als    Herr    Husch    die    ge.s«'häftlich«'  kaufte.  i:nd  im  Jahre  1!M)7  wunlen  L.V.M».- 

Leitung  der  Firma  übernahm,  war  die  Ha-  •>H>   Fass   Hier  prnduziit.   und  somit   über- 

varian    Hrauerei   eine  der  kleinsten    in    St.  steigt     das    (Quantum    des     Produktes    der 

Louis,  doch  durch  seinen    l'nternehmungs-  Anheiiser-Husch    Hrewing   AssiM-iation   das- 

geist  und  durch  seine   Knergie  brachte  er  j'nige  irgen<l  einer  anden  n  Hrauerei  in  «Icr 

das  Geschäft   derart    in   die   Höhe,   dass  es  ganzen  Welt. 

im  Jahre   187(1   a<htzehn-   mal   drei   Jahre  Herr  Husch  ist  nicht  nur  im  Hesitze  d«*s 

später.    187:},    sogar    siebeinnulzwanzigtau-  gnisseicn  Theiles  der  Aktien  der  .\nheuser- 

send  Fass  Hier  produzirte.  Husch   Hrewing  As.sociation,  sond«'in  er  ist 

In    demselben    Jahre    187:}    fühlte    Herr  auch  an  fünf  Hrauereieii  im  Staate  Te.vas 

Husch  als  erster  in  Ann'rika  ein  nciics  Ver-  Aktieninhaber.    .\us.s»'r«lem  ist  er  Präsiilent 

fahren   ein.   um    Hier  auf  eine  solche    Ait  einer  Hank.  Direktor  in  mehreren   Hanken 

und  Weise  in  Flaschen  abzufüllen,  das  das-  und  Trust-Kompagnien  und  in  <ler  Ann'ri- 

selbe   den    Kintlüsscn    Jeglicher    Wittcrinig  «•an    Car   c^i:    Foundry    Co.      Ferner    ist    er 

und    jeglichen     Klimas    erfolgreich     Trotz  gros.sartig   an    Dampfbahn-    und    StraKseii- 

bieten    kann.      Dies   war  eine  entschiedene  bahn-rnternehmungen    betheiligt,    desjrlei- 

Neuerung  in  der  Hran-Industiie.     .Mit  dem  <ben  an  vielen  Kisfabriken  in  allen  Theilen 

ihm     eigenen     Scharfsinn     erkannte     Herr  der    \'enMnigt«n    Staaten.      Kr    ist    ferner 

Husch    sofort    den    Vortheil.    den    er    sich  Kigenthümer    der    Adolphus    Husch    (»hws 

über  seine   Konkurrenten    errungen    hatte.  .Manufacturing  ('«».  und  ist  somit  einer  der 

und  daher  führte  er  sein   berühmtes   Hud-  grössten    Hersteller    von    Fla.si-h.'U    in    »le:* 

weiser  Hier  aller(»rten.  wo  sich  eine  vortheil-  ganzen  Welt. 


906 

Herr  Busch   ist   zweifelsohne   einer   der  dem    im   ganzen    Gebiete   der   Vereinigten 

populärsten   Männer    in    den   Vereinigten  Staaten  ist  Herr  Busch  seiner  Wohlthätig- 

Staaten.      Die   allgemeine   Beliebtheit   und  keit  wegen  bekannt  und  gesehätzt,  ja  bis 

Achtung,  deren  er  sich  erfreut,  ist  seiner  über    ferne    Weltmeere    hinaus    hat    seine 

Menschenfreundlichkeit   und   Freigebigkeit  IMildthätigkeit   vieler   Leidenden    Loos  ge 

mehr,  als  seinem  Keichthuin  und  ungehcu-  lindei-t.        Ausser     zahlreichen      kleineren 


i 


ADOLPHUS    BUSCH. 


ren  Geschäftsinteressen  zuzuschreiben. 
Seine  mildthätige  Hand  ist  nicht  nur  für 
die  Bedürftigen,  die  Wohlthätigkeits-An- 
stalten,  die  Schulen  und  Lehranstalten 
und  Kirchen  jeglichen  Bekenntnisses  in 
seiner  Stadt  und  im  Staate  geöffnet,  son- 


Schenkungen  hat  Herr  Busch  auch  grössere 
im  Betrage  von  vielen  Tausenden  von  Dol- 
lars gemacht.  So  hat  er  z.  B.  binnen  der 
letzten  paar  Jahre  für  die  Nothleidcnden 
in  San  Francisco  $100,000  hergegeben,  als 
im  Jahre  1906  jene  herrliche  Stadt  durch 


«07 


•ein  sfhri'cklirlu's  KnllM'lM-ii  lM'iiii>;t'su<'ht 
wurde.  Für  tlit*  Wüshin^rtdii  rnivt'rsität 
in  St.  Louis  hat  rr  $1(H».(MK>  jr.-stiftrt  und 
■d«Mu  Dcutsclu-n  Musrum  «irr  Harvard  l'ni- 
versität.  ('aiiil)rid>r«\  .Mass..  hat  Herr  Husrh 
oinhuiKh'rtuudfüiifzitrtaustiid  I)i>llai-s  j:i'- 
scht'ukt. 

Aus  dt'iii  liier  kurz,  Aii^'i'^clM-iifu  i.st  fr- 
sichtlich,  da.ss  Herr  Busch  au«*h  für  Kunst 
und  Wissenschaft  Nanduiftcs  >;ch'istct  hat 
and  noch   thut.     Durch  .sein«'  Wolilthätijr- 


dcr  chrwünii^rcn  Mo^mitiH.  <l«'n«n  etleUter 
Sühne  «'iner  er  ist.  »«inen  neuen  (ilanz 
v«'rliehen,  iruleni  er  nicht  nur  ein  jfewalti- 
jji's  (iesehäft  durch  Fh'iss.  Ausdauer  unu 
Rcharrli<'hkeit  aufhaute,  Mindern  auch 
alh's  (Jute  und  Schöne  auf's  Freiifehi>;Htft 
hcnünstiirt.  —  Hie  Anhip*  «It-r  Anliäuser- 
Husch  Mrauen-i  Innh-ckt  einen  FMiichenin- 
halt  von  einhundertunilsechsiu)ddn*if<Ki(; 
Aen-s;  es  siml  in  «Icrw'lhen  sin-hstaiwentl 
Arheiter  hcschäftitrt. 


ANHEUSER-BUSCH    BRAUEREI  IN  ST.   LOUIS.  MO. 


keit  und  Freiffehifjkcit  für  edle  luid  fr<*- 
meinnützitje  Zwecke  hat  er  sich  in  AlUr 
irbrzen  ein  Andenken  Resichert,  das  dau- 
ernder ist  als  ein  Moniniient  aus  Krz.  Der 
irrossherzog  von  Hes.sen  verlieh  Herrn 
Husch  im  Somnicr  1  !><)!»  den  Titd  Cehciiiicr 
Konuiiercienrath. 

Auf  einen  solchen  Sohn  kaum  das  alt«-, 
•sagen uiiiwol)«*nc  Mainz  stolz  sein  un«l  so 
wie  Karl  der  Grosse  jene  Stadt  in  hingst 
vergangenen  Zeiten  vergrös.serte  und  ver- 
«chönerte  innl  (h'rsi'lhcn  viele  Freiheiten 
Ix'willigte.  also  hat  Herr  Husch  (h-m  Huhnie 


Mit  Staunen  und  Hewunderunj;  hlicken 
wir  auf  diesen  erfolgreichen  LclM-nslauf. 
Im  Jünglingsalter  nach  »h'U  Ven-inigten 
Staaten  ausgcwan«lert.  hierwilist  als  ein- 
facher Clerk  s«'ine  glänzentle  Laufhahn  l)e- 
ginnend.  arU-itet  er  aieh  nuwh  »«mpor  und 
iiujcrhalh  fünfz4'hn  Jahren  lunjt  er  ein 
lilühendes  iJeschäft  auf.  Z>i  AuM-hen  \uu\ 
Kei.htinnn  gelangt,  ist  er  U'stn'ht.  d«H 
geistige  inid  körperliche  \V«»hl  winer  Mit- 
inetis4'hen  zu  fördern,  und  viele  pnMHcn 
seinen  Nnmen. 


908 


CONRAD   PFEIFFER. 


Herr  Conrad  I'fcifVcr.  (W  Dotroiter 
Hraucrei-Hesitzer,  der  liici-  in  ^V()^1  und 
Bild  den  Losern  vor»refüliit  wird,  ist  einer 
jener  Männer,  die  aus  eifrcner  Kraft  sieh 
eniporjrearlK'itet  haben,  die  aus  dem  Kampf 
um 's  Dasein  als  Sieger  hervorgegangen 
sind  und  bewiesen  halxMi.  dass  Amerika 
niclit  aUein  das  Land  der  unbegrenzten 
.Möglichkeiten  ist,  soweit  seine  Hilfsquellen 
in    Hcl rächt    koinmcn.    sondern    auch    das 


leinte  zuerst  die  Schlosserei  und  Masehi- 
n('id)auerei,  sattelte  aber  im  Jahre  1889  um 
und  widmete  sich  do]n  Hraugeschäft. 
Durcli  unci-müdlichcn  Flciss  durcli  weise 
Sparsamkeit  und  geschäftliche  Umsicht 
gelang  es  Hrn.  Pfeiffer,  sein  Unternehmen 
auf  eine  solide  Basis  zu  bringen.  Der  ge- 
.schäftliehe  Erfolg  blieb  auch  nicht  aus, 
denn  heute  ist  Conrad  Pfeiffer  der  Besitzer 
einer    prächtigen    Brauerei    mit    den    mo- 


4 


CONRAD    PFEIFFER, 
der   bekannte   Brauerei-Beöitzer   in    Detroit,    Mich. 


Land  des  unbegi-enzten  Erfolges  des  Ein- 
zelnen, wenn  er  die  Kraft  und  den  .Muth 
in  sieh  fühlt,  die  sich  ihm  entgegenstellen- 
den Schwierigkeiten  zu  überwinden  und 
der  Sehmied  seines  Glückes  zu  sein  aus 
eigener  Kraft. 

Am  7.  ]März  1854  in  Caldern.  Kreis  ^NLar- 
burg,  IIes.sen-Xassau.  geboren,  kam  Conrad 
Pfeiffer  schon  als  blutjunger  ^lensch  mit 
17    Jahren    1871    nach    Amerika.      Er    er- 


dernsten Einrichtungen  luid  einer  Kapa- 
zität von  36.000  Barrels.  Dreissig  Leute 
sind  in  der  Brauerei  beschäftigt,  und  das 
Kapital,  welches  ITr.  Pfeiffer  darin  ange- 
legt hat,  betrcägt  $150.000.  Die  Pfeiffer 'sehe 
Brauerei  i.st  eines  der  jüng.sten,  aber  be- 
kanntesten Etablissements  dieser  Art  und 
erfreut  sich  einer  ganz  bedeutenden  Stadt- 
kundschaft, denn  ihr  Produkt  zeichnet  sich 
neben  dem  feinen  Geschmack  durch  .seine 


90» 

absolut«'  H«'iiilit'it  aus.     Vtiii  .lahr  /.u  .Jahr  mmui'    .Mutti'rH|iraflif    und    i^i    >>ti-ts    li.i* -  - 

vrniiclirt   sirh  der  Inisatz.   in   dvu   Ict/tt-n  \vi«iin  «•«  jfilt.   für  «»in  il«Mits«'lu'H  rntrr!..  :. 

.lalii'fti  hat  dw  Hrnxwro'x  (Mticii  lK>\vuiititMnH-  nioii  «Miir.UKtfhrii.  AIk  Mitt^lird  Häiniiitliciur 

wortiirii    Aufsfhwunt;   (;riit>iiiiii(*n.   so   ilass  iriiuiscn  diMitHchcn  VrnMiio  DflruitM  nimmt 

sie  heuto.  dank  dt-r  Mmsirhtitrcn  Gt*s«'hiift.s-  Herr  PfrifTrr  dm  n'trsti'n  Antheil  am  dcut- 

h'itunp.  zu  d*-u   htHK'tjtrndUon   \uu\  ji'drn-  whrn   Ij-Immi  ih-r  Stadt      Ihm  ist  auch  die 


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'  -Tnr?»-.-'-   -f- 


Ä  f-^  äT  r  4f  i  tl  >r T  s-g:;:*'  -.  ...  '■■"  ^iy . .       A 


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^lül'-i^ — 


JiLL. 


DIE    BRAUEREI    DER   C.    PFEIFFER    BREWING   CO.    IN   DETROTT.    MICH. 


falls  iVfUstfii  lndustrie-Aiila«;<-n  dieser  Alt  (!i  ünclndi:  di^  Stadtvcrlciiid«^  D.it.-ii  .i.-s 
in  Detntit  frrhüit.  Dcutsch-Aim'rikanisrlifn  Nati«»nal  •  hundes 
Herr  Conrad  IMVilTcr  ist  seit  1879  f,dürk-  mit  zu  verdanken.  Seit  .Jahren  tjehört  er 
lieh  verheiratliet.  P>  hat  sieh,  trotzdem  er  der  Ilandelskaiiimer  von  Detroit  als  Mit- 
ein guter  Hür«rer  seines  Adoptiv-Vaterlan-  j;lied  an.  ein  lieweiss  dafür,  dass  tue  Ge- 
des  geworden  ist.  doeh  eine  gute  deutsehe  sehiiftswelt  der  "City  of  the  Straits"  tien 
Gesinnung    bewahrt;   er  sehätzt    und    eint  deulsehm  Mann  zu  sehätzen  weiss. 


f^'i^jm:  i 


^ 


910 


DR.   CARL   BARCK. 


Dr.  Carl  Barck.  einer  der  hervorragend- 
sten Doutseh-Anierikaner  in  St.  Louis, 
wurde  im  Jahre  1857  in  Karlsruhe  in 
Deutsehland  geboren.  Er  besuchte  das 
Gymnasium  seiner  Vaterstadt,  nuiehte 
später  in  Freiburg  sein  Abiturientenexa- 
men und  studierte  auf  den  Universitäten 
Freiburg  und  Berlin  Medizin.  Im  Jahre 
188U  machte  Herr  Di-.   Harck   in   Freiburg 


und  seit    IKOl    Professor  desselben   Faches 
an  der  St.  Ijouiser  Fniversität. 

Ilen-  Dr.  Harek  hat  stets  regen  Anthcil 
genonniien  an  allen  deutsch-amerikanischen 
Bewegungen.  In  allen  Kreisen  beliebt  und 
gern  gesehen,  war  und  ist  er  noch  heute 
ein  eifriges  I^Iitglied  des  St.  Louis  Turn- 
vereins und  des  Liederkranz-Clubs,  welch' 


DR.    CARL    BARCK. 

Prof.  der  Augenheilkunde  an  der  St.  Louiser  Universitaet  und  eine 
der  Stuetzen  des  Sl.  Louiser  Zweig-Verbandes  des  Deutsch-Ameri- 
kanischen National- Bundes. 


das  Staatsexamen,  erweiterte  darauf  seine 
Kenntnisse  als  Assistenz- Arzt  in  Ba.sel  und 
kam  im  Jahre  1883  nach  Amerika,  um  sich 
als  Spezialist  für  Augen-  und  Ohren- 
Krankheiten  in  St.  Louis  niederzulassen. 

Herr  Dr.  Barck  genies.st  den  Ruf  eines 
der  tüchtigsten  Gelehrten  seines  Faches. 
Seit  dem  Jahre  1891  ist  er  Professor  der 
Augenheilkunde  am  Marion   Sims   College 


letzterem  er  drei  Jahre  als  Präsident  vor- 
stand. 

Als  vor  fünf  Jahren  der  Zweigverband 
des  Deut.sch-Amerikanischen  National-Bun- 
des  in  St.  Louis  gegründet  wurde,  war  e» 
Herr  Dr.  Barck.  der  demselben  als  erster 
Präsident  zwei  Jahre  lang  über  alle  Klip- 
pen hinweghalf  und  dem  heute  mächtigen 
Verband  einen  soliden  Grundstein  legte. 


WM 


JOHN    DIMLING   IN   PITTSBLRG.   PA. 

Einer  der  am  licstcii  lii'kaimtcn  l)fnt.s<'li-  dt-s    Worti-s    als    .s.Ifih.idi-  niMii    ••••Irachtct 

Aiiu'rikaiit'r     Pittshur^'s     ist     Herr     .lulm  urnlm. 

Diniliiiß.      Dt'rst'llu'    wunlc    am    11.    Sr|>.  Dimliii^'s   m's«liiiftli<-lit'   Thiiti(;kcit    vt-r- 

tc'inbor  \Si\'2  in   Wüstfusflbit/.   Köiiiprt'iclj  liiii<ltrt     ihn     iiidit.    muh    andrrMMtM    mit 

Bayern,   ^ehon-n    und   kam   als    IT.jähripr  Kath   und   That    helfend  fin/utreten.     Abi 

Jünf.'linfi   naeh    Amerika,    inid    zwar    nach  Beweis   niö^re    fol^rendes   dienen.      Er   war 

Baltimore,  woselbst  er  sieb  mehrere  .lahre  lanj:.jähri>;er     Präsident     der    deutseh-pro- 

aufliielt   und  die  Konditorei  erlernte.      Im  testantisehen  Kirebe.   Keke  (J.  Avenue  unti 

Jahr  1S72  siedelte  er  naeh   Pitt.sbur^  über.  Smitbfield     Stra.s.se.     welebe«     »lie     ält<'ste 

wo  es  ihm  in  kurzer  Z«'it  in  diesem  Bienen-  Kirebe  dieser  Stadt  i.st :  PriLsitb'nt  der  Wes- 

korb  der  Arbeit  gelan«r,  eine  bervorra^'ende  tem   Savinj^s  anil   l)e|><»sit   Co..  eint's  jfanz 

Stellun«;  unter  dem  dortigen   l)euts«'htlunn  deutseln'U    Bank-Instituts;     Prilsident    <ler 

zu  errin^ren.  Oakland     Ilandelskanuner :     Direktor     der 

.     ,.  Oakland  Savinp<  &  Tru.st  Co.;  i.st  Mitglied 

Im   Jahre    IST.)    jrründete    Duiihnjr   enie  .  ,  ,  , 

euier   h  reunaurer-Lo^re    uiul    (  oinnuindani 

Konditorei    an    .">.    Avenue;     seniem    .streb-  ,^   .   . 

des    Post    der    .Mmiiiti-d    Division    Kni^bt-s 
.sanien  Geist  «renüffte  die.ses  Klein^resebäft 

Pemplar. 
jedoch  nicht,  er  .siedelte  de.sbalb  im  Jalire  .      .  •  ,,    ,  >.     •,  i   r. 

Als   ein    LieltbalK'r   vnn    .Musik   und   (»e- 
1882  naeh  einem  geschäftlich   mehr  pulsi-  ..       ,,  ,v- 

sang  finden   wir  naturgema.ss   Herrn   Dnn- 
renden   Stadttbeile  in  der  Market   Stra>.se  .  ..      . 

ling  als  Mitglied  und  trulieren  mehrjaliri- 

über.  ,.■■,.  1  .    . 

gen   Präsidenten  »mih*s  «ler  prominentesten 

Hier  fand  er  Gelegenheit  für  seine  Ge.sang\ereine  der  Sta«lt  llierl)ei  ver- 
Kräfte, sich  zu  entwickeln,  denn  er  vei-stand  ,|i,.„|  i„.„„.,.kt  /n  werd.'ii.  da.ss  bei  dem 
es  in  verhältmä.ssig  sehr  kurzer  Zeit,  sein  ^rn)s.sen.  finanziell  s<t  erfolgreieheii  Sänger- 
Gesehäft  .sehr  bald  zu  einem  der  grös.steii.  |-,.^|  welches  in  der  AiLs.stellungs-IIaIle 
angesehensten  und  am  besten  frequentirten  pittsburg's  im  Somuier  ISDH  abgebalten 
zu  erheben,  indem  er,  verbunden  mit  seiner  ^vunle.  Herrn  Dimlinp  die  Khre  zu  Theil 
Konditorei,  einen  prachtvollen  Speisesaal  ^vurde.  Fest-Priisitleiit  und  Bundes- 1'rä.si- 
eröffnete  und  .so  ein  wirkliches  Cafe  nach  ^^^,^^^  y„  ,.,.,„ 

deutschem  Muster  .schuf.  Auch  war  John  Dimling  einer  der  Grün- 
Herr  Dimling  ist  ein  Mann  aus  dem  <l<i  «les  deut.sehen  protestantischen  Alten- 
\'<.lke.  .in  Freund  und  Wohlthäter  der  beims  in  Fair  Oaks.  einer  Station  an  der 
Armen,  ein  treuer  Beschützer  alb-s  Wahren  Pittsburg  un.l  Fort  Wayne  EiM.nbabn, 
und  Guten.  Durch  seine  rastlo.se  Thätig-  welchem  Institut  er  als  Pri.si.ient  vorsteht, 
keit  und  Willenskraft  hat  er  sich  g.^.-bäft-  uml  des  mit  so  gro.s.sem  Erfolg  geleiteten 
lieh  wie  auch  gesellschaftlich  emp..rgear.  <leutschen  protestantischen  Wai.s,-nh«UM^ 
beitet   und  kann  somit  im  wabi-sten  Sinne  m  West-Kiberty.  einer  V..,M;.dt  I-ittsburu-s 


f^tm^ 


912 


EDWARD    F.    ABNER,    Washington,  D.  C 


p]in  „self-inii(l(>  iii;m "  in  des  '\Vortes 
vollster  Hodoutuiit;  ist  llnr  Kdwnnl  F. 
AlmiT.  der  l'i-iisidciit  iiiid  Sekretär  dei- 
AbniT-Drury  lin-wiii';  Coinpany  in  Wash- 
injrton,  D.  C.  Am  26.  Juni  lS(i4  in  der 
scliönen.  (>hr\vürdi»rt'n  Stadt  Köln  aiu  Kiiein 
geboren,  kam  Edward  F.  Abner  am  2. 
Januar  1884  —  also  im  Alter  von  noch 
nicht  ganz  20  Jahren  —  aiis  seiner  Heimath 
liierher  nach  Amerika. 

Herr  Abner  ist  einer  der  hervorragend- 
sten und  fortschrittlichsten  Deutsch-Ameri- 
kaner "Washinfrtons.  Im  Jahre  1896  kaufte 
er  die  Albert  Brewincf  Co.  aus  und  grün- 
dete 1897  die  Abner-Druiy  Hrewing  Co., 
deren  Gerstensaft  einen  sehr  guten  Namen, 
nicht  nur  in  der  verwöhnten  Bundeshaupt- 
stadt, sondern  weit  über  die  Grenzen  des 


Distrikts  Columbia  liinaus,  hat.  Die  aiLs- 
jicbieilele  Kuiidscliaft.  welche  die  Brauerei 
der  ^■enannleii  Company  sich  erworben 
bat,  und  der  rmranj;  ihres  jährliehcn 
Absatzes  sinil  dafür  der  beste  Ueweis. 
Aber  trotz  seines  geseliäftlichen  Erfolges 
bleibt  ITci-r  Abnei-  die  Bescheidenheit 
.selbst.  Er  i.st  ein  eifriges  ^Mitglied  des 
Columbia  Tur-nvei-eins  in  AVashington  und 
erfreut  sich  der  Achtung  seiner  Mitbürger. 
Herr  Abner  liess  es  sieh  zur  Ehre  ge- 
reichen, die  Delegaten  zum  Internationalen 
Tuberkulose-Kongress  bei  ihrer  Zusanunen- 
kunft  in  Washington  festlich  zu  bewirthen. 
und  dafür  ist  ihm  der  Dank  des  deutschen 
Kaisers  wie  des  Präsidenten  Roosevelt  in 
entsprechender  Weise,  die  für  ihi-  überaus 
schmeichelhaft  war.  zu  Theil  geworden. 


ALBERT  CARRY,  Washington,  D.  C. 


l'ntcr  den  Brauereien  der  Bundeshaupt- 
stadt nimmt  die  „National  Capital  Brewing 
Co."  einen  hervorragenden  Platz  ein,  nicht 
sowohl  wegen  der  Vorzüglichkcit  ihres  Ge- 
bräus allein,  al.s  auch  we<ien  der  hervorra- 
genden Eigenschaften  des  ]\Iannes,  der  seit 
ihrer  Gründung  ihre  Geschicke  in  selten 
umsichtiger  W^ei.se  gelenkt  hat. 

Es  ist  dies  Albert  Carry,  welcher  dem  l'n- 
ternehmen  seit  .seiner  Gründung  als  Präsi- 
dent vorsteht,  die  Geschicke  der  Brauerei 
von  Anl)eginn  ihrer  erfolgreichen  Entwick- 
lung geleitet  hat  und  sie  noch  jetzt  mit 
treuer  Hingabe  an  seinen  Tk^ruf  überwacht. 

Herr  Carry  kam  im  Jahre  1S72  nach 
Amerika  und  bethätigte  sich  sofort  in 
seinem  Berufe,  den  er  im  alten  Vaterlande, 
Ilohenzollern-IIechingen.  sorgfältig  erlernt 
und  studirt  hatte.  Im  Jahre  1886  machte 
er  sich  selbständig,  indem  er  die  oben  ge- 


nannte Brauerei  gi-ündetc  und  in  verhält- 
nissmässig  kurzer  Zeit  ihr  zu  einem  solchen 
Erfolge  verhalf,  dass  sie  sich  heute  den 
besten  des  Landes  getrost  und  stolz  zur  Seite 
stellen  kann. 

Die  National  Capital  Brauerei  machte 
eine  Spezialität  aus  der  Herstellung  eines 
Spezialbräus.  welches  unter  dem  Xanieii 
,. Diamond-  und  Munich-Beer"  bekannt  ist. 

Auch  im  gesellschaftlichen  Leben  der 
Bundeshaui)tstadt  mit  ihrem  numerisch  be- 
kanntlich sehr  schwachen  Deutschthuni 
nimmt  der  geachtete  Brauherr  eine  beliebte 
Stellung  als  aufrichtiger  Förderer  aller  Be- 
strebungen zum  Wohle  seiner  engeren 
Landsleute  ein,  und  sein  Wort  gilt  viel  im 
Rathe  des  Deutsch-Amerikanischen  Zentral- 
Verbandcs.  dessen  treues  Mitglied  er  seit 
seiner  Gründung  ist. 


»13 


CHR.  HEURICH  BREWING  COMPANY 


WASHINGTON.    D     C. 

W'jishiiii.'toii    ist   eine   Staill    der   Sehens-  lifi^imit    mit    wisseiwelinftlichen    MethcMleii 

würdigki'iten.     Der  Hesueher  erwartet  dort  und  bleibt  ihnen  treu,  bi«  dius  ferti|{e  Pro- 

nur  Neues,  Modernes  zu  sehen,  »ind  er  wird  dukt    deji    Konsuin«>nten    erreieht.      Daher 

nieht  enttäuscht.     Dies  ist  auch  nicht  der  knnuiit  es  auch,  «hiss  dits  Bier  dieser  Firniii 

Fall,  wenn  er  der  prassen  Anla'^'c  der  Chr.  den  Kuf  ^'cnicsst.  in  <|ualitativcr  iJc/iehunK 

Ilcurieh  Hrewin^  Co.  einen  Bcsueii  abstat-  sich  stets  ^jh-ich  /u  bleiben, 
tet,   denn    in   diesem    Kiesen-Etablissement  Der    Erfolj»   koiuito    unter   solclicn    Cm- 

haben,  wie  vielleielit  in  keinem  zweiten  die-  ständen    nicht    ausbleibcti.     Dieser    Krfolj; 


DIE  BRAUEREI  DER  CHRISTIAN    HEURICH    BREWING  CO.  IN    WASHINGTON.  D.  C. 

ser  Art,  die   modernen,  wis.sen.sehaftlicheii      bat  .Icnn  auch  iiusserlich  sichtbare  Gestalt 


Methoden  der  Braukunst  eine  überaiLs  wirk- 
same und  zielbewusste  Anwendung  er- 
fahren. Jedermann  weiss  heute,  da.ss  das 
Bierbrauen  eine  exakte  Wis.senseliaft  ist. 
Bei  der  Herstellunfr  des  Bieres  in  der 
Chr.  Henrich  Brauerei  wird  auch  nieht  das 


kleinste  Detail  dem  Zufall  überlassen.     Sie      kannt. 


«rcwoiuieii.  imlem  das  Bräu  der  de» 
Schaft  auf  d«'r  .Iame.stown-Au.sstcllunp  wc- 
u'cn  .seiner  zweifellosen  reberlej;enheit  die 
^roldcne  Medaille  erhielt.  Auf  der  Pariser 
Wcltausstcllunu  im  Jahre  VM)  wurde  der 
Finiia  die  silberne,  auf  der  -\u.sstellunff  it> 
Lülticb    pH».')    die    jfoldcnc    Medaille   zuer- 


914 


Chnstian  Henrich  wurde  geboren  am  12. 
September  1842  in  Haina  bei  Röiii])ild, 
Sachsen -]\Teiningen.  Seit  1866  befindet  er 
sich  in  den  Vereinigen  Staaten.  Er  über- 
nahm im  Jahre  1872  eine  kleine  Brauerei, 
No.  1229  20ste  Strasse,  N.  W.,  Washington, 
D.  C.  Die  Verkäufe  von  Bier  im  ersten 
Gesehäftsjalir  waren  unter  500  Barrels; 
die  Verkäufe  von  Bier  im  Jahre  1908  be- 
trugen über  130,000  Barrels.  Im  Jahre 
1894  wurde  die  Mu.sterbrauerei  in  Angriff 
genonunen,  dieselbe  ist  mit  einem  modernen 
Flasehenfüllwerk  ausgestattet  und  eine 
Sehenswürdigkeit  in  mancher  Beziehung. 
Auch  ist  eine  Eisfabrik  mit  einer  täglichen 
Kapacität  von  200  Tonnen  Eis  mit  der 
Brauerei  verbunden.  Im  Jahre  1900  wur- 
den die  Biere  "Märzen  und  Senate"  auf 


der  Pariser  Weltaus.stellmig  mit  der  silber- 
nen ^Medaille  prämiirt ;  im  Jahre  1905  wur- 
den benannte  Biere  in  Liege,  Belgien,  mit 
der  goldenen  und  im  Jahre  1907,  ..Märzen. 
Senate,  Lager"  abermals  mit  der  goldenen 
^Medaille  ausgezeichnet.  Herr  Ileurieh  hei- 
rathete  im  Jahre  1899  die  Nichte  seiner 
vei'stor])enen  ersten  Frau;  diese  glückliche 
Ehe  ist  mit  drei  gedeihenden  Kindern  ge- 
segnet. In  der  Familie  Henrich  wird  nur 
Deutsch  gesprochen;  deutsche  Bestre- 
bungen werden  von  ihm  stets  unterstützt. 
Das  ^lotto  der  Brauerei  ist:  Reinheit  und 
l'nübertreftlichkeit;  Henrichs  Geschäfts- 
princip :  Leben  und  leben  lassen ;  aber 
Feind.sehaft  aller  Unehrlichkeit.  Christian 
Henrich  i.st  Mitglied  des  Central- Vereins 
und  des  Sängerbundes. 


I 


i 


I 


915 


WM.    MUEHLEISEN.  Washington.   D.  C. 


Unter  den  grossen  industriellen  Ktahlis- 
t?emcnts    der    Hundeslinuptstadt    Waslnnji:- 
ton   nimmt  das   Kufjros-Wein-  &   Spirituo- 
sen-Geschäft   der    Williaiii    Miihleisi-n    Co, 
Incorporated.  einen    Platz  erster  OrtlnunfJ: 
ein,  denn  es  ist  tiiatsäehlieh  das  iUteste  und 
grüssto  exklusive  Gesehäft  di«'ser  Branelie. 
Dasselbe  wurde  vor  42  Jahren  von  dem  in- 
zwisehcn      vei*storbenen      Herrn      ^VilliaIn 
]\Iühleisen.  dem   Vater  des  jetzi«;en   Präsi- 
denten  der  AVm.   Miihleisen   Co.,   Ine.,  ge- 
gründet.       Die     Wiege     des     alten     Hrn. 
Älühleisen   stand   im    Sehwabenlande.      Am 
L  Dezember  1841    gei)or('n.   kam   er  als   l;i 
Jähriger    nach    Amerika    und    landete    iim 
10.  September  isr)4  in  IMiiladelpliia.     Dort 
blieb   er   bis   zum   Jahre    18(i2.    worauf   er 
als   21jähriger   junger   Mann    naih    Wash- 
ington übersiedelte  und  sich  dort  dem  Ho- 
telgesc'häft   widmete.     Fünf  Jahre  später 
gab   Herr   Mühleisen   sein   Hotel   auf   und 
kaufte,  zusammen  mit  Hrn.  Chr.  Xander, 
im  März  1867  das  Engro.s-Wein-  und  Spi- 
rituosen-Geschäft   von    John    Eichler.    Die 
Theilhabersehaft  dauerte  genau  vier  Jahre, 
da   trat   Heir   Xander  seinen    Autheil    am 
Geschäft  an  seinen  bisherigen  Partner  Wm. 
Mühleisen  ab.  und  dieser  wiirde  alleiniger 
Inhaber.      Im    Jahre    1874    kaufte    Herr 


Miilileisen  ein  Grundstüek  an  der  1' unlten 
Stra.s.se  luid  erriehtcto  darauf  ein  «Irei- 
stöekiges  Gel)äude,  in  welche«  er  Kein  Ge- 
schäft verlegte.  Dils-scUm'  nninn  in»  Laufö 
der  Jahre  einen  .solchen  Auf.s«"hwjing.  das» 
Hi-rr  .Miihh'isen  sich  1HH2  zum  Ankaufe 
von  zwei  weiteren  Grundstücken  genöthigt 
sah,  auf  (jenen  er  dann  das  jetzige  in(Hl«>me 
Htal)liss«'nn*nt  errichten  lies«. 

Herr  .Mühlei.st'u  war  einer  der  (J runder 
des  „(ierman  Orphan  Asylum"  in  Waush- 
ington  und  einer  der  er*sten  Direktoren  dt-s- 
selben,  auch  war  er  viele  Jahre  hindurch 
Schatzmeister  des  Washington  Schützenver- 
eins, Mitglied  iles  WjLshington  Sängerbun- 
des, Freimaurer  mid  Odd  Fellow.  Als  er 
daiui  am  1.  l)ezend)er  1889  <1jls  Zeitliche 
.segnete,  wurde  sein  Sohn,  William  Mühl- 
eisen, jr.,  Leiter  des  gros.scn  (Jeschäfts. 
Am  1.  Januar  l!Mir)  wurde  die  ,,W^illiam 
Mühleisen  Company"  inkorporirt,  mit 
Hrn.  Wm.  .Mühleiscn  als  Präsident. 

AVie  sein  vei-storbencr  Vater,  nimmt  au(  h 
der  Sohn  Wm.  Mühleisen  regen  Antheil  an 
deutschen  Bestrebungen  und  am  gesell- 
schaftlichen Leben.  Er  ist  Mitglied  des 
Sängerbundes,  des  Germania  Männerchors 
und  des  Waisenhaus- Vereins. 


916 


( 


WILUAM    KLANN.     Pr.akknt. 

ADOLF    H.     MEYER.    I.  Vlze-Pr.oident. 


MARTIN    J.    FISCHBACH.  2.  Vize-Pr.aida>t. 

R.    WITTMANN.    SekreUer  und  Schatunek«. 


CREAM   CITY   BREWING  CO. 


Als  im  Jahre  1853  die  Gebrüder  Georg 
und  Conrad  Weber  an  der  13.  Strasse,  zwi- 
schen Cherry  und  Galena  Str.,  in  ihrem 
zweistöckigen  Wohnhause  zum  ersten  'Male 
Bier  gebraut,  hatten  sie  wahrscheinlich 
wohl  gewusst,  dass  „aller  Anfang  schwer 
ist".  —  Sie  ahnten  aber  gewiss  nicht,  dass 
sie  die  Gründer  der  an  demselben  Orte 
weitergeführten,  heute  zu  einer  der  bedeu- 
tenderen Brauereien  iMilwaukee's  zählen- 
den Cream  City  Brewing  Co.  geworden, 
denn  schon  1860  verkauften  sie  das  Brau- 
ereichen an  die  Herren  Johann  Beck  und 
Stephan  Weber,  welch'  letzterer  dasselbe 
1862  Herrn  Beck  abtrat.  In  1877  von 
Herrn  Wm.  Gerlach  übernommen,  wurde 
das  Geschäft  im  Jahre  1879  unter  dem 
Namen  Cream  City  Brewing  Co  inkorpo- 


rirt.  Die  Beamten  der  sich  langsam,  aber 
sicher  entwickelnden  Brauerei  waren  zu- 
erst die  Herren  Wm.  Gerlach,  Chas.  Worst 
und  Jacob  Veidt;  alsdann  Gerlach,  Veidt 
imd  Louis  P.  Best.  Nach  dem  Tode  des 
Herrn  Wm.  Gerlach  und  Jacob  Veidt  tra- 
ten im  Jahre  1884  John  Meiners,  Adolf  H. 
Meyer  und  nach  dem  Ausscheiden  di'S 
Herrn  Louis  P.  Best  in  1877  Herr  Wm. 
Klann  sowie  die  Herren  Martin  H.  Fiscli- 
bach  und  Geo.  F.  Gerlach  in  die  Direktion 
der  Gesellschaft.  Im  Jahr  1899  starb 
Herr  John  Meiners.  Bis  auf  Herrn  Ru- 
dolph Wittmann,  der  seit  1907  Sekeretär 
und  Schatzmeister  der  Gesellschaft  ist,  und 
nach  Ausscheiden  des  Herrn  Geo.  F.  ßer- 
laeh  wird  das  Geshäft  durch  die  alten  Be- 
amten weitergeführt. 


917 


FRED.  MILLER  BREWING  COMPANY 


MILWAUKF.E.    WISC. 


Der  verstorbene  Herr  Frcderiek  Miller, 
der  Begründer  der  nach  ihm  i;reTiannten 
Braufirnia,  wurde  am  24.  November  1S24 
in  Riedlingen,  "Württemberg,  geboren  und 
kam  im  Jahre  1854  nach  Amerika,  ein  Jahr 
später  nach  ^lihvaukee,  wo  er  die  Brauerei 
gründete,  nachdem  er  eine  Anlage  gekauft 
hatte,  die  zehn  Jahre  lang  in  .srlir  bcschei- 


wird.  hat  eine  Kapazität  von  1000  Fass  pro 
Tag  luid  soll  die  modernste  und  gesündeste 
Flaschenbier-Anlage  des  Landes  sein.  Die 
Anlage  wird  durchweg  durch  Elektrizität 
betrieben.  Dos  Areal  der  Brauerei  ura- 
fasst  44  Acker  Land,  von  denen  25  mit  Oe- 
bäiidcii  bedeckt  sind,  in  welchen  über  1000 
ireseliiclvte    Arbeiter   beschäftigt    sind.    Das 


FREDERICK    MILLER. 

der    Cnietider    der    Fred.    Miller    Brewinf   Co.    in 
Milwaukee.    Wiic. 


denem  Älaa.si5tabe  betrieben  worden  war. 
Diese  Anlage  ist  heute  eine  der  modernsten 
sanitären  Brauereien  der  Welt. 

Die  neuesten  Erfindungen  und  die  besten 
Maschinen  sind  in  dem  Riesen-Etablisse- 
ment in  Gebrauch.  Die  neue  Flaschenbier- 
Anlage,  in  welcher  Miller's  Uujh  Life 
Bier   au.s.schliesslieh    auf    Fla.selien    gefüllt 


Maizhau.s  iiiul  die  Speicher  der  Brauen'i 
haben  eine  Kapazität  von  ungefähr  einer 
Million  Busheis. 

Das  Produkt  der  Fred.  Miller  Hrcwing 
Co.,  speciell  Milhr's  Ilif/h  Life  Heer,  ist 
eines  der  am  meisten  begehrten  \un\  popu- 
lärsten liochgradigen  Biere  des  LaruU»  ge- 
worden und  wird  als  eins  der  besten  Pro- 


918 

dukte  der  Branerkunst  betrachtet.     Unge-  N.   Y. ;   Boston,  ]\rass. ;  Montreal,   Canada; 

fälu-    50    Zwoigr-Etablissements    werdtii    in  Snn  Francisco.  (';il. :    ^Minneapolis  und  Du- 

allen  Theilen  der  Vereinigten  Staaten  nn-  lutli.  Mitiii. 

terlialten.     Die  hauptsächlichsten  betinden  AVenige   Brauereien   in   den   Vereinigten 

sich    in    Chicago.    111.;    Cleveland,    Ohio;  Staaten    machen    grössere    Fortschritte   im 


I 


^ 


Pittsburg,  Fa.;  St.  Louis,  Mo.;  Memphis,  Verkauf  ihrer  Biere,  als  die  Fred.  Miller- 
Tenn. ;  Jacksonville,  Fla. ;  New  Orleans,  'sehe  Brauerei  von  Milwaukee  mit  ihrer 
Lb.;  San  Antonio,  Texas;  New  York  City,     Kapazität  von   1,000,000  FaSS. 


»19 


VALENTIN    BLA'l  Z.  Sr. 


IlfiT  Valt'iitin  lil.itz,  simi.,  wunlf  am 
1.  OktolxT  IS'J")  in  .Milti'uhtTj^  a.  M.  in 
Bayern  als  Solm  von  Ca-spar  uii«l  Marl>ara 
Blatz  geboron.  Sein  Vater,  Hrauer  von  Be- 
rnt",  besass  eino  Brauerei  und  war  ein  Mann 
von  «grossem  Einfluss  in  Miltenberir.  Valen- 
tin besuchte  die  (ieineindeseliule  seines  (ie- 
biirt.sortes  bis  7.uni  viei/fluiten  .Jahre  luid 
trat    dann    in    das    (Jesehäft    seines    Vaters 


dort  j;in}^  er  naeh  BulTalo,  wo  er  ein  Jahr 
lan^;  der  Aasübun^;:  koIuch  Ik-ruftv  oblng. 
Als  er  von  dem  WaeLstluim  der  jun^n 
Stadt  Mihvauke«'  und  den  Mö(;liehkeiten 
hört«',  die  sie  junjjen  initernehmenden  Leu- 
ten bot.  reiste  er  dorthin  im  Jahre  1849 
und  fand  bald  in  seinem  Benife  Bewehäf- 
tiirunir.  Dnii  arlx-itete  er  während  der 
niiehsfrii  .lahre  ab»  Vormann  für  vorsehie- 


VALENTIN    BLATZ.    S». 


ein.  Nach  drei.jähri^rer  Thätifjkeit  besuchte 
er  zur  Vervüllständi^'unjj;  seiner  Gesehäfts- 
kenntnisse  die  grossen  Brauereien  in  Würz- 
burg und  Augsburg  und  verbrachte  dort 
vier  Jahre.  Einige  Monate  nach  Erlan- 
gung der  Grassjährifrkeit  sagte  er  seinem 
Geburtslande  Lebewohl  und  landete  in  der 
Stadt  New  York   im    August   1848.     Von 


<lene  Brauer,  doch  sagte  ihm  di^^e  Art  Thä- 
ligkeit  nicht  zu.  weswegen  er.  nach 
Ansannnlung  genügenden  Kapitals,  sieh 
selbständig  machte.  l'nd  demgomilss  he- 
gaiui  er  mit  seinen  Ersparnissi-n  von  $r>(K>. 
Si'ine  Brauerei  war  zu  jener  Zeit  nur 
klein  und  produzirte  mit  vier  ArlM-itern 
während  «les  ersten  Jahres  5CK»  Fässer  Bier. 


920 


Von  Anbeginn  blühte  sein  Geschäft ;  tlureh 
seine  unennüdliche  Energie  und  seinen  ge- 
schäftliehen Takt  wuchs  es  beständig,  bis 
es  zur  Zeit  seines  Todes  (26.  Mai  189-4) 
enormen  Umfang  gewonnen  hatte.  Die 
Gesehäftsleitung  liegt  seit  dem  Tode  von 
Valentin  Blatz,  sr.,  in  den  Händen  seiner 
Söhne  Albert  C.  Blatz  und  Valentin  Blatz. 
jr.,  sowie  seines  Schwiegersohnes  John 
Kremer. 


Als  Mensch  besass  Herr  Blatz  viel  Sinn 
für  das  Gemeinwohl,  dabei  war  er  gross- 
müthig  und  erfreute  sich  weitgehender  Po- 
pularität. Er  hatte  bei  Lebzeiten  viele 
Ehren-  und  Vertrauensstellungen  inne  und 
genass  die  Achtung,  Liebe  und  Werth- 
.schätzung  seiner  ^Mitbürger  im  vollsten 
]\Iasse.  Auch  seine  kerndeutsche  Gesin- 
nung bethätigte  sich  Ikü  jeder  Gelegen- 
heit. 


ADAM  GETTELMANN. 


Unter  den  Brauereien  Milwaukees  nimmt 
die  des  Herrn  Adam  Gettelmann  einen  her- 
vorragenden Platz  ein.  Dieselbe  wurde 
1876  gegründet  und  hat,  dank  der  steten 
Ausdauer  ihres  Besitzers  und  Gründers 
und  seiner  umsichtigen  Geschäftsleitung 
ein  stetiges  Wachsthum  aufzuweisen  ge- 
habt und  es  in  den  32  Jahren  ihres  Beste- 
hens auf  eine  sehr  hohe  Stufe  gebracht.  Tu 
Bezug  auf  moderne  Einrichtung  und  voi'- 
treffliche  Ausstattung  kann  Gettelmann  s 
Brauerei  als  ein  Beispiel  hingestellt  werden. 

Herr  Gettelmann  wurde  am  27.  April 
1847  als  Sohn  deutscher  Eltern  in  dem 
Städtchen  Germantown,  Wisconsin,  gebo- 
ren. Im  Jahre  1876  machte  er  sich 
selbständig  und  gründete  die  nach  ihm  be- 


nannte Jirauerei.  Allerdings  hatte  er  im 
Anfang  sehr  zu  kämpfen  —  wie  dies  ja  bei 
der  Gründung  eines  Geschäfts  sehr  häuH;,' 
der  Fall  ist  —  ehe  sein  Werk  von  Erfol«,' 
gekrönt  wurde.  Doch  schliesslich  nui.s.ste 
dieser  eintreten,  da  das  Produkt,  welche^ 
von  der  Brauerei  geliefert  wurde,  sich  oh 
seiner  Reinheit  imd  seines  feinen,  würzigen 
Geschmacks  binnen  kurzer  Zeit  viele 
Freunde  erwarb  und  bei  den  leitendpn 
Wirthschaftsbesitzern  ]\Iilwaukees  raschen 
Absatz  fand. 

Herr    Adam    Gettelmann    gehört    vielen 
deutschen  Vereinen  an.    Er  ist  ^Mitglied  des 
„Deutschen   Klub",  des  „Calumet   Club", 
der  Schützenge.sellschaft  und  mehrerer  Ge 
sangvereine. 


Ml 


CHARLES   FROEB. 


Im  hüclisten   Sinne  tl«'s  Wortes  ein   H«v  vt-rhlirb.     Dann  uImt  rt'KU'  sich  tiii*  Thaten- 

präsentant  der  Besten  im  Deutseli-Ainerika-  Inst  in  iliiii  und  dfin  Zu}»e  nuch  rnahliän- 

nerthum  ist  Charles  Frocb,  dessen  Enjjros-  ni^k^it  folgend,  fest  ül>erz«'U|ft.  auf  eigenen 

Etablissement  für  CJ«>tränke  aller  Art  si«h  in  Füssen  stehen  zu  köinn-n.  und  Ix'reit«  h«K'h- 

No.  18  Tompkins  Ave.,  lironklyn,  N.  Y.,  be-  jfeaehtet   in  seinem  Fach  als  Sa<'hverstän- 

findet.   Froeb's  AViepe  stand   in    Wächters-  dijrcr.    jrrinnlete    er   sich    ein    eitrcne«    (ic- 

baeh  in  ITcsseTi-Xassaii.  wo  er  ;iiii  L'T.  Novbr.  sclijift.        Seine     grossen      FachkeuntnisMe. 


CHARLES    FROEB    IN  BROOKLYN. 


1857  freboren  wurde.  Dort  und  in  Frank- 
furt a.  yi.  besuchte  er  die  Schule  und  kur/., 
nachdem  er  seine  Studien  in  1871  vollendet 
hatte,  kam  er  mit  seinen  Eltern  nach  Ame- 
rika, erst  nach  New  York  und  später  naeh 
Brooklyn.  Durch  Besuch  der  Abendschu- 
len vervollständifrte  er  seine  Bildunf?  und 
begann  seine  Gesehäftskarriere  in  einem 
Engros-Geschäft  seiner  jet/ifreu  Branche 
in    Murrav   Street.   X.   Y..   wo  er  bis   1SS:{ 


si'inc  erprollte  Ehrenhaflivkeit  und  uuer- 
niüdliche  Arbeitskraft  brachten  ihm  in 
kurzer  Zeit  den  erh«»tTlen  Erfolj;  und  nun, 
nach  mehr  als  •Jöjähritrem  Bestehen  i.st 
die  Firma  eine  der  »rnissten  in  üircr 
Branche  in  (Jreater  New  York. 

Ilirr  Froeb  ist  einer  jen«T  Deut.scb- Ame- 
rikaner, die.  trotz  vollstäii«!iu'<'r  Amcrikani- 
sinniir,  doch  fest  an  deutscher  Sitte  halten. 
Tn    der    Erziehunjr    seiner    Kinder    wurde 


ihnen  das  beste  beider  Länder  einoreprägrt 
luul  unerscliütterlich  ist  seine  Ueberzeu- 
iinui^.  dass  die  Vereinigten  Staaten  viel 
ilires  pliänonienalen  Fortschrittes  dem  p]in- 
Üusse  dentseher  Einwanderung  zu  ver- 
danken liaben. 

Der  Förderung  des  deutschen  ]\Iusik- 
1111(1  Sängerlebens,  der  Bestrebung,  dem 
deutsehen  Elemente  volle  Anerkennung  zu 
versehatl^"en.  und  vielen  humanitären  Bewe- 
gungen hat  llcir  Froeb  viel  Zeit  und  Geld 
geopfert.  ^lehrere  Male  wurden  ihm  hohe 
politische  Aemter  angeboten,  deren  keines 
er  jedoch,  obwohl  er  gesinnungstreuer  De- 
mokrat ist,  annahm.  Im  Jahre  1908  je- 
doch acceptirte  er  den  Ehrenposten  eines 
Electors-at-large  zur  Präsidentenwahl  für 
den  Staat  New  York. 


Herr  Froeb  gehört  vielen  deutschen  Ver- 
einen an.  darunter  dem  Brooklyn  Arion 
des.sen  Präsident  er  während  mehrerer  Ter- 
mine war;  dem  E.  D.  Turnverein  und  an- 
deren. Er  ist  -Mitglied  des  Ilanover  Club, 
Trustee  und  2.  Vize-Präsident  der  deut- 
schen Sparl)ank  von  Brooklyn,  einer  der 
Direktoren  der  iMaiuifacturers'  National 
Bank  und  Präsident  der  Froeb  Co.  von  Xci. 
(J(j  Broad  Str..  New  York. 

Herrn  Froeb 's  liebenswürdige  Gattin 
ist  eine  geb.  Alma  Kircliübel,  die  er  im 
Dezember  1880  zum  Altar  führte.  Der  Ehe 
entsprossen  fünf  Söhne,  von  denen  vier, 
Augustus  C,  Charles  jun..  Frank  imd 
Ilennann  am  Leben  sind  und.  vom  Vater 
zu  tüchtigen  Geschäftsleuten  herangezogen, 
ihm  thätig  und  hilfreich  in  seinen  weitver- 
zweigten Interessen  zur  Seite  stehen. 


GUSTAV  crami:k. 


Icr  OS  in  St.  Louis  zu  h<»lifiu  Aiisclicii  ^e- 

)ra('lit  luit.  sowohl  als  Künstler  wir  auch  als 

^'ahrikant,   crhlicklc   am   2U.    .Mai    ISMS    in 

^iSt'hwo«;o.      l*rovinz      II  essen -Nassau,      als 

M)hn  von  Enianuel  und   Dorothea  C'nnn»'r 

«;el).  Viewe{;er)  tlas  Lieht  der  Welt.     Mit 

(!  .Jahren  vei-jiess  er  die  Sehule,  um.  tlem 

^Vunsehe    des    N'aters    ^'•emäss,    die     Kauf- 

iiann.sehaft  zu  erlernen.     Mit  21  .laliren  — 

Si)i)  — kam  er  hierher  nach  Amerika,  und 


GUSTAV    CRAMER    IN    ST.    LOUIS. 

zwar  nach  St.  Louis,  wo  sieh  sein  älterer 
Bruder,  der  schon  früher  ausgewandert 
war,  aufhielt.  Dort  trat  er  in  das  photo- 
graphisehe  Geschäft  von  John  A.  Schölten, 
damals  des  ersten  Photosrai)hen  von  St. 
Louis,  ein  und  bildete  sich  unter  Seiiol- 
tens  Anleitung  zu  einem  tüchtitren  Künst- 
ler aus.  Seine  Kenntnis.se  auf  dem  (ie- 
biete  der  Chemie  und  Physik  kamen  ihm 
dabei  sehr  zu  statten   und  henihi^rtcn   ihn. 


viel«'  s«hwierige  l'roltleme  in  der  IMu>- 
tographie.  die  danuds  sozusagen  niM'h  in 
den  Windeln  la^r.  /u  liisen.  Im  .Jahre  ISGU 
crötTnete  Herr  Cranier  .sein  eij^ene«  photu- 
trraphisches  Atelier.  Als  jed«K-h  im  da- 
raulTolgenden  .Jahre,  lS«il.  der  BürKerkrieg 
ausbrach  uinl  l'nisident  Lincoln  mmiicd 
ersten  Anfrul'  für  eine  l)ien.stz<Mt  von  «Irei 
Monaten  erlicvs,  da  trat  auch  (iu.stav  ('ra- 
mer in  die  Reihen  der  l'nions- Armee  ein, 
und  zwar  als  Scr^'cant  in  «lie  Kompainiie 
.\  (deren  Hauptmann  seiu  Bruder  .lohn 
l''rederick  war)  des  dritten  Missourier  Frei- 
willi^'cn  Ke<riments,  das  unter  «leni  Ktiin- 
maiiiln  des  damali^'cn  Obersten  Franz 
Sigel  stand.  Als  Soldat  nahm  er  an  der 
Sehlacht  bei  Carthage,  Mis.souri,  theil. 
.Nach  lieendi'^Muig  seiner  dreimonatlichen 
Dienstzeit  kehrte  er  <]aini  nach  St.  Louis 
zurück,  wo  i'v  seinen  Beruf  als  IMiotograph 
wieder  aufnahm.  Im  .Jahre  lS»i4  jus.sociirte 
er  sich  mit  .J.  CJross  und  bildete  mit  diesem 
zusammen  die  I*hotogra|)hen-Firma  (Vainer 
&  Gross.  Im  .l;ihrc  ISSO  gründete  Herr 
Cramer  im  N'erein  mit  Hrn.  H.  Norden 
eine  Fabrik  zur  IIei*stellung  photogra|)hi- 
seher  Gelatine-TriM-kenplattcn,  die  bald 
eine  grosse  Ausdehung  annahm.  V(»n  IMSH 
an  führte  Herr  Gustav  ('ramer  das  Ge- 
schäft allein  unter  di'in  Namen  der  ,.G. 
Gramer  Dry  IMate  Works".  Später  wurde 
.las  Geschäft  als  die  G.  Gramer  Dry  IMate 
Co.  iid<orporirt.  Die  Beamten  derselben 
sind  (Justav  Cramer.  Präsident;  Kuiil 
Cramer.  Vize-Präsident  ;  Krn.st  Cramer, 
Schatzmeister,  inul  Adolf  ('ramer,  Sekretär. 
Die  ..Cramer"  Platten  sind  vorzüglich  und 
werden  nach  allen  Welt t heilen  vcrsaiult. 

Herr  Cramer  ist  Mitglied  der  Wohlthä- 
tigkeits-Bchörde  und  des  Direktoriums  der 
St.  Louis  Provident  As.siK'iati«in,  ferner 
Vize-Präsident  der  Dcjit.sehen  Allgemeinen 
Protestantischen  Waisenheimat  und  PriLsi- 
dent  des  St.  Louis  Altenheims,  an  di's.sc'U 
(Jründnng  Herr  und  Frau  Gramer  hervor- 
ragciiiicii  .\ntheil  genommen  haben. 


924 


J.  F.  OTTERSTETTER. 


Unter  dm  Ki  ersti'u  AiisicdltTii.  die  mit 
ihren  Familien  unter  Pastorius  Gernian- 
town  gründeten,  war  Dirk  Johnson.  Er  er- 
warb bedeutenden  Grundbesitz,  Peter 
Baynton.  der  wenige  Jahre  si)äter  kam, 
Hess  sieh  in  Upland  oder  Chester  nieder, 
wenigstens  erseheint  Squire  Peter  Baynton 
in  den  Akten  von  1(586  als  dortiger  ,, Justice 
of  the  Court".     In  diesem  Heim  zu  l'pland 


J.  F.  Otterstetter  über,  der  ein  inodernosi 
Heim  daraus  schuf,  dabei  al)er  strenge  da-l 
rauf  achtete,  da.ss  der  alte  historische  Cha-I 
rakter  des  Hauses  gewahrt  wurde. 

Zu      Philadelphia 's     erfolgreiciien     Ge. 
Schäftsleuten,    die    es    verstanden    hal)en,| 
durch  Umsicht  und  Thatkraft  aus  kleinen! 
Anfängen  zu  einer  führenden  Stellimg  im 
Gesehäftslcbcii    sicli    emporzuarbeiten,   gc- 


J.    F     OTTERSTETTERS    WOHNHAUS    IN    GERMANTüWN. 


versammelten  sich  am  26.  Dezember  1695 
die  Commissioners.  Um  jene  Zeit  kam 
Baynton  nach  Germantown,  erwarb  einen 
Aeker  Land  von  Dirk  John.son's  Grundbe- 
sitz und  baute  darauf  das  ..Baynton 
Ilouse",  das  seither,  trotz  häufigen  Wech- 
sels des  Besitzers,  dessen  Namen  beibehal- 
ten hat  und  heute  noch  so  heisst. 

Anfangs  des  Jahres  1908  ging  das  Haus 
sammt  Grundstück  in  den  Besitz  von  Herni 


hört  auch  Herr  J.  F.  Otterstetter,  der  weit- 
bekannte Grundeigenthums  -  Makler  von 
Germantown. 

Herr  Otterstetter 's  "Wiege  hat  in  der 
schönen  Pfalz  gestanden ;  dort  erblickte  er 
am  9.  Mai  1856  in  Eppenbrunn  das  Licht 
der  Welt.  Er  besuchte  die  dortige  Volks- 
schule und  trat  dann  in  die  Lateinschule 
ein,  in  der  er  eine  gute  Schulbildung  sich 
aneignete.    Die  Folge  war,  dass  dem  jungen 


Manne  die  t'u^'t'ii   W'rhültnisso  seiner  llt-i-  tliätiu    war.      Diese    ThätiKkeit    sjij»te    ihm 

math   nicht    tjeticlen    und   er   sieh    liiiiaus-  ah-r  nieht  zu.  und  so  siedelte  er  im  Jahre 

sehnte  in  die  weite  ^Velt.     Mit   17  .Jahren  1H7H  naeh  l'hilailel|»liia   iilx'r.     Hier  halte 

schon  ergriff  ihn  die   Wanderlust  \niil   im  er  im   Laufe  der  .Jalm«  vers«hiedene  Stel- 

Jahre   1873   trat   er    die    Fahrt    üher   den  Inneren     inne     und     lM's«'hI(>ss    dann,     in'a 


J.    R.    OTTERSTETTER. 

Ozean  nach  dem  Lande  d.-r  Freiheit   und  (}rundeitr,.„thumsj;esehäft  zu  Rehen,  in  dc.i 

der  unbegrenzten   Miigli.-hkeiten.  die  au.-h  er  sieh  bereits  .«initre  Kenntnisse  erworlw-n 

ihm  offen  standen,  an.     Nach  sei..er  Lau-  hatte.      Kr   erölTn..te    in    Germautown    e.n 

düng  begab  er  sich  nach  Bost.m.  Ma^s.,  wo  (Jrun.leigenthums.C.s.haft.   das   .s.eh    bald 

er  mehrere  Jahre  lan-  im  Grocery-(Jesehäft  eiues  guten  Zuspruehs  erfreut.-      Die  Kun 


926 


den  wurden  freundlicli  und  reell  bedient, 
und  gar  manelier  ]\Ijuin,  der  heute  sein 
eigenes  Heim  besitzt,  ist  durch  Herrn  Ot- 
terstetter's  Voriiiittlung  in  dessen  Besitz 
gelangt. 

Herr  Otterstetter  ist  aber  nii-lit  nur  ein 
erfolgreicher  Geschäftsmann,  er  ist  auch 
«ine  in  deutschen  geselligen  Kreisen  be- 
kannte luid  geachtete  Persönlichkeit.  Ne- 
ben seinen  Geschäften  hat  er  noch  immer 
Zeit  gefunden,  deutsches  Wesen  hochzuhal- 
ten und  für  deutsche  Sitten  imd  Ge- 
bräuche zu  kämpfen.  Er  ist  einer  der 
Gründer  und  .seit  der  Gründung  Präsident 
der  Gernianto\Mi  Liedertafel,  und  in  erster 
Linie  durch  seine  Energie  hat  dieser  Ver- 
ein dem  deutschen  Liede  eine  weitere 
Stätte   in   Gerniantown   geschaffen,   wo   es 


treu  gehegt  und  fleissig  gepflegt  wird.  He 
Otterstetter  hat  seit  Jahren  regen  Anthel 
an  allen  deutschen  Bewegungen  und  Bo 
strebungen   genommen    und   war  stets  !>• 
reit,  nicht  nur  durch  "Worte,  scmdoni  audi 
durch  die  That  sein  ScherHein  beizutratj»-ii 
um  deren  Erfolg  herbeizuführen.    Ganz  h.-- 
sonders  verdient  hat  sich  Herr  Otterstetter 
aber  gemacht,  als    es    galt,    die  deutschen 
Bürger   von   Germantown   zu   organisireij 
um   eine  des  225.   Jahrestages  der  ersten 
deutschen  Einwanderung  würdige  Feier  er- 
möglichen zu  helfen.     Er  schuf  das  deut- 
sehe Bürger-Komite  und  arbeitete  als  des- 
sen   Präsident    zum    besten    Gelingen    der 
glänzenden    Feier.      ]\Iit    Recht   gilt  Herr 
Otterstetter  heute  als  einer  der  leitenden, 
tonangebenden  Deutschen  in  Gerniantown. 


»27 


F.   V.   WILLIAM    KRENNING. 


I'ntciistclu'iuli's  Bild  zcij^t  ciiifii  tli-r  licr- 
vorrafjciulstcii.  oiiiMussrciclislcii  und  fort- 
sclirittlichstt'u  dcutscli-aiiMM-ikaiiisclu'n  Bür- 
ger imd  einen  der  erf(»l«;rei('l>sten  Ge- 
sehäftsleute  und  Industriellen  der  Stadt 
St.  Louis:  Herrn  F.  l'\  William  Krenninjr. 


F.    F.    WILLIAM    KRENNING 


den  wohlbekannten  und  in  allen  Kreisen 
hochgeachteten  Vizepräsidenten  der  Kren- 
ning  Glass  Co. 

Herr  Krenning  erblickte   am    13.   Aj)ril 
1863  in  Di.ssen,   im  damaligen  Riinigreicli 


Hannover,  das  Lielit  iler  Welt.  Am  Ül 
SeptendM'r  1SS7  kam  er  naeh  Amerika,  und 
zwar  din'kt  naeh  St.  I^ouis,  uc»  er  in  die 
Krenning  Cda.ss  Company  eintrat,  «leren 
Vizeprä-sident  er  seit  20  Jahren  ist.  Das 
Geschäft  dieser  P^irma  wurde  im  .Jahre 
18G3  gegründet  und  ent wickelte  sieh  aus 
beselieidenen  Anfängen  zu  einem  der  grüns- 
ten iui«l  blühendsten  inilustriellen  l'nter- 
iielinien  tler  Stadt  St.  Louis.  Die  KnMuiing 
(ila.ss  Co.  treibt  einen  ausgedehnten  ILinch^l 
mit  vorwiegend  einlieimi.sehen  l'orzellan- 
und  (ilaswaaren.  importirt  aluT  aueli  «lirekt 
aus  Deut.seidand.  Lngland.  Krankreieh. 
Oesterreieli  luid  .Fa|)an. 

Im  deutschen  Lcljcn  der  Stadt  St.  I^uuis 
spielt  Herr  Krenning  eine  hervorrag«'iule 
liolle,  und  welch  regen  Antheil  er  an  alh*n 
deutschen  Bestrebungen  nimmt,  ist  be- 
Uainit.  Man  darf  <»inie  rebertreiluujg  sa- 
ircii.  da.ss  dsLs  Deut.sehthum  von  St.  Louis 
in  ihm  eine  seiner  zuverlä-ssigsten  Stütz<'n 
besitzt.  Der  ..Liederkranz"  und  «Icr  ..Nord 
S1.  Louis  Bundesehor"  zählen  ihn  zu  ihren 
tieuesten  und  eifrigsten  .Mitgliedern 
ebenso  der  Oasis-Klub.  Au.s.serdem  ist 
Herr  Krenning  Freimaurer  und  gehört  als 
solcher  der  Erwin-Loge  A.  F.  &  A.  M..  der 
einzigen  deut.sehen  Freinuiurer-Loge  west- 
lich vom  Mississii)pi  liiver.  an.  Zwei 
.lalnc  lang  staiul  er  dieser  Loge  als  ...Meister 
vom  Stuhl"  vor.  Auch  zum  ..Aneient 
Aiabic  Onh-r  Nobles  of  the  Mystie  Shrine" 
geholt  11  r  Krenning  und  er  war  ..l'oten- 
tate"  des  Moolah  Temi.le  dieses  Ordens. 

Als  langjähriges  eifriges  Mitglied  der 
Unabhängigen  Kvangelisch  -  l»rote.stanti- 
schen  Kirche  an  der  13.  luul  Tyler  Strasse 
steht  Herr  Kreiniing  auch  mit  vei-sc-hiede- 
nen  AVohlthätigkeit«  -  Ges«'llsehaften  und 
dem  Gemeinwohl  gewidmeten  Vereinen  in 
Verbindung  mid  bekleidet  in  densellw'n  her- 


928 


vorragende  Aemter  und  Ehronstollen.  So 
z.  B.  gehört  er  zum  Verwaltungsrath  des 
deutschen  Altenheinis,  sowie  zum  Vorstand 
der  beiden  deutschen  Waisen-Asyle  in  St. 
Louis. 

Seines  aufrichtigen,  biederen  und  recht- 
schaffenen "Wesens  wegen  orfreut  er  sich 
allgemeiner  Hochachtung  luid  Beliebtheit, 


und  zwar  in  deutschen  wie  in  anglo-aineri- 
kanischen  Kreisen. 

Neben  seinem  Antheil  an  dem  Geschäft 
der  Krenning  Glass  Co.,  deren  Vizepräsi- 
dent er,  wie  bereits  erwähnt,  seit  20  Jahren 
ist,  hat  Ilr.  "Win.  Krenning  noch  bedeu- 
tende Interessen  in  andern  geschäftlichen 
und   industriellen  Unternehmungen. 


J.   HUGO    GRIMM. 


J.  Hugo  Grimm  wurde  am  17.  Januar 
1864  in  St.  Louis  als  Sohn  des  Capt.  Valen- 


J.    HUGO    GRIMM    IN    ST.    LOUIS. 

tine  Grimm,  eines  bekannten  deutsch-ame- 
rikanischen Bürgers,  geboren.     Er  genoss 


seine  Erziehimg  in  den  städtischen  Schulen 
und  graduirte  im  Jahre  1883  von  der  Gen- 
tral-Hochschule.  um  sofort  der  Anwalt- 
Firma  Henry  Hitchcock  beizutreten.  Im 
Jahre  1886  bestand  er  sein  Examen  in  der 
,,St.  Louis  Law  School"  mit  Auszeichnung. 
Für  die  Abhandlung  ,, Irrsinn  als  Verthei- 
digungsgrund  bei  der  Anklage  wegen  eines 
Verbrechens",  für  welche  die  New  Yorker 
^Medice  Legal  Society  drei  Preise  ausge- 
setzt hatte,  erhielt  er  den  zweiten  Prei«. 
Vom  Jahre  1887  bis  zur  Auflösung  der 
Firma  stand  Herr  Grimm  mit  der  wohlbe- 
kannten Anwalts-Firma  Hitchcock,  Madill 
&  Finkeinburg  in  Verbindung.  Seit  jericr 
Zeit  bis  auf  den  heutigen  Tag  hat  Herr 
Grimm  fortgesetzt  in  St.  Louis  als  Anwalt 
l)raktizirt  und  viele  schwierige  Fälle  e:- 
t'olgreich  durchgeführt. 

In  deutschen  Kreisen  ist  Herr  Grimm 
eine  wohlbekannte  Persönlichkeit.  Seit 
vielen  Jahren  ist  er  ein  eifriges  ]\Iitglie(l 
des  Tower  Grove  Turnvereins.  Er  ist  ein 
eifriges  INIitglied  dos  National-Bundcs. 
dessen  Prinzipien  Herr  J.  Hugo  Grimm 
huldigt. 


929 


WM.   PRUFROCK. 


Einer  der  verdienstvollsten  Leute  um  das 
Deutscht huin  der  Stadt  St.  Louis  ist  Herr 
Wm.  Prufrock.  welcher  zwei  Jahre  lang 
•den  St.  Louiser  Stadtverbaud  des  l)eut.sch- 
Amerikani.sehen  Nationalbundes  als  PriLsi- 
■dent  reprä.sentirte.  und  unter  de.s.sen  Re- 
gime der  Missourier  Staatsverband  ins 
Leben  gerufen  wurde. 


HERR    WM.    PRUFROCK. 

Es  waren  harte  kritische  Tage,  wahre 
Prüfungsjahre  des  jungen  Staats  -  Ver  - 
"bandes  von  Missouri,  die  er  in  den  Jahren 
1906  und  1907  zu  bestehen  hatte,  doch  die 
opferwillige  Energie  des  Präsidenten  hat 
nicht  zum  Mindesten  beigetragen  zu  der 
anerkennenswerthen  Entwicklung  des  Bun- 
des im  ganzen  Staate.  Herr  Wilhelm  Pru- 
frock, Grossindustrieller  der  Polster-  und 
Tapezierer-Branche,    kann    mit    Stolz    auf 


zwei  Lrlu-nsaltcr  .srliwerer,  alxT  erfolgrei- 
cher Thätigkeit,  in  Krieg  und  Frieden,  zu- 
rückblicken. 

Er  erblickte  da.s  Lieht  der  Welt  niii  20. 
.März  184.3  zu  Löehnitz  l>ei  Stettin,  wosellhit 
sein  Vater  als  Postlx'amter  waltete.  Nach 
Alisolvirung  der  Schule  in  Stettin  iM-gab 
sieh  Herr  Prufrock  nach  Berlin,  wo  er  als 
Tapezierer  thätig  war.  und  l.Sf;:i  zur  Artil- 
lerie ausgehoben  wurde.  Er  nuichte  die 
Feldzüge  1H(;4  und  lS»i«;.  den  dänis<'hen 
und  den  österreichischen  Krieg,  als  Aktiver 
mit  und  wurde  viermal  dureh  Orden  auH- 
gezeichnet. 

Lii  Jahre  iSdS  wanderte  Herr  Wm. 
Prufrock  nach  den  Vereinigten  Staaten 
aus  und  gründete  nach  neunmonatliehcm 
Aufenthalte  in  St.  Louis  ein  eig«'ncs  Ge- 
schäft. 102-4  Franklin  Ave.  gelegen.  Es 
wai-  ein  Detail-Geschäft,  das  alter  bereit-^ 
1870  zum  Engross-Geschäft  erweitert  wor- 
den ist. 

Wenn  Herr  Prufrock  im  Jahre  1870  nur 
20  Leute  l>eschäftigte.  .so  sind  heute  in 
seinen  P'abrikcn  über  300  Leute  thätig. 
.\us  der  kleinen  Tapezierer-Werkstätte  ist 
ein  Etablis.sement  «'i-standen.  das  seine 
eigenen  Holz-,  Tapezierer-,  Matratzen-  und 
Möbel-Fabriken  l)csitzt.  aus  denen  die  be- 
rühmten Prufrock 'sehen  Polster  -  Möb<»l 
nach  allen  Städten  der  l'nion.  nach  New 
York  sowohl  wie  nach  New  Orleans.  San 
Francisco  etc..  verstandt  werden. 

Was  deutsehe  Energie  s«>wie  dc\lt.seher 
Fleis.s  zu  W<'ge  l)ringen  kann,  dieses  hat 
Herr  Will.  Prufrock  bewiesen.  Als  er 
1808  mit  50  Dollai-s  eine  Werkstatt  in  St. 
Louis  eröffnete,  dachte  er  wohl  kaiuii.  dass 
er  ein  Geschäft  gründete,  das  im  Jahre 
1908  einen  jährliehen  l'msatz  von  500,000 
DolIai-s  haben   würde. 


930 


DR.   HUGO   MAX   VON   STARKLOFF. 


J 


Der  dritte  Präsident  des  Zweigverbandes 
für  Missouri  luid  Illinois,  Deutsch- Anieri- 
kaniseher  Xational-Bund  (1906).  wurde 
am  :i.  Oktober  1832  zu  \'\\n  in  Württem- 
berg, Deutsehland,  geboren,  als  Sohn  des 
Baron  Carl  von  StarklofT.  Er  entstammt 
einer  alten  kurländischcn  Adelsfamilie, 
welche  nach  Deutschland  auswanderte. 
Sein    Grossvater   war   eiiu'r   der   deutschen 


DR.    HUGO    MAX    VON    STARKLOFF. 

Offiziere,  welche  unter  Napoleon  den  be- 
rühmten Moskauer  P^'eldzug  mitmachten,  — 
sein  Vater  war  Oberst  in  einem  Württem- 
bergischen Regimente.  Herr  Dr.  von 
Starkloflf  genoss  seine  S<'hulbildung  auf 
den  Gymnasien  in  Stuttgart  und  Ulm 
und  .studirte  auf  den  Universitäten  Tübin- 
gen, Heidelberg  und  Prag.  Sein  Doktor- 
examen machte  er  im  Jahre  1852.  Noch  in 
dem.selben  Jahre  kam  er  nach  Amerika  und 
hatte  kurz  nach  seiner  Landung  in  New 
York  eine  sehr  ernste  Katastrophe  zu  be- 
stehen. 


Er  machte  die  Reise  mit  dem  unglückli 
eben  Dampfboot  .,Griffith"  mit,  welches 
auf  seiner  Fahrt  im  Eriesee  bis  zur  Was.ser- 
linie  niederbrannte.  Von  einem  zu  Hilfe 
eilenden  Boot  gerettet,  landete  Dr.  vod 
Starkloff  in  Cleveland,  und  begab  sich  bald 
darauf  als  Arzt  der  American  Für  Coin- 
I»any  nach  Californien.  Im  Jahre  1856  er- 
hielt er  eine  Anstellung  als  :\Iilitär-Arzt  im 
Fort  Riley  in  Kansas,  liess  sich  später  als 
selbständiger  Arzt  in  Gale.sburg,  111.,  nie- 
der, pi-aktizierte  dort  bis  zum  Au.sbruch  des 
Bürgerkrieges,  als  er  (1861)  eine  Konunis- 
sion  als  xVrzt  des  •13sten  Illinoiser  Volun- 
teer-Regimentes  annahm.  In  Folge  seiner 
tüchtigen  Dienste  avancirte  er  1862  zum 
Ober-Arzt  (Surgeon  in  Chief)  der  Isten 
Division  des  7ten  Armeekorps.  Von  1865 — 
1875  war  Herr  Dr.  Starkloff  Arzt  in  den 
Jefferson  Barracks.  Im  Jahre  1885  grün- 
dete er  das  Orthopädische  Institut  von  St. 
Louis.  Als  Benjamin  Harrison  Präsident 
der  Vereinigten  Staaten  wurde,  ernannte 
er  Herrn  Dr.  von  Starkloff  zum  Konsul  in 
Bremen,  welchen  Posten  derselbe  von  1889 
—1894  bekleidete.  Während  der  Cholera- 
Epidemie,  welche  1893  in  Hamburg  wüthe- 
te,  erwarb  er  sich  durch  seine  umsichtigen 
Rathschläge,  Anordnungen  unl  praktische 
Hülfe  hohes  Verdienst. 

Nach  Amerika  zurückgekehrt,  nahm 
Herr  Dr.  von  Starkloff  seine  Praxis  wieder 
in  St.  Louis  auf  und  nahm  den  Lehrstuhl 
eines  Professors  der  Orthopädischen  Chi- 
rurgie an  dem  ]\Iarion  Sims  College  ein, 

Herr  Dr.  von  Starkloff  hat  stets  theil  ge- 
nommen an  allen  öffentlichen  Fragen, 
stets  war  er  mit  Rath  und  That  zur  Hand, 
wenn  as  hiess,  die  Interessen  des  Deutsch- 
Amerikanerthums  und  seiner  ]\Iitbürger  zu 
wahren.  Auch  heute  fehlt  er  in  keiner 
grossen  Bewegung.  Zwei  Jahre  lang  war 
er  Präsident  des  Liederkranz-Klubs  und  12 
Jahre  Präsident  des  Vorortes  des  Turner- 
Bundes  der  Vereinigten  Staaten. 


931 


HENRY   NOCKIN. 


Als  fortsi'lirittliclu'r  (icscliäftsiiuiini  diMii 
Leben  auch  eine  ideale  Seite  iil)zuj;«'\vinneii 
und  in  den  karg  bemessenen  .Mussestnnden 
das  deutsche  Sän}?er\vesen  in  wirkuntrs- 
voUer  Weise  zu  fördern,  ist  keine  leichte 
Sache.  Henry  C.  F.  Xockin.  der  Vizeprä- 
sident des  M.  G.  V.  Eichenkranz  von  New 
York  und  Voi-sitzender  seines  Musik- 
Komites.  ^litfrlied  des  Finanz-Koiiiites  der 
Ver.  Saubrer  von  New  York  uiid  Präsident 


HENRY  NOCKIN.  NEW  YORK. 

des  G.  V.  Franz  Abt  Schüler,  hat  die  Auf- 
gabe in  erfolgreicher  Weise  gelöst. 

Herr  Nockin  wurde  am  15.  September 
1868  in  Ausvveiler  in  der  Pfalz  geboren  und 
von  seinem  Vater,  der  einer  der  hervorra- 
gendsten Uhrmacher  in  Saargemünd  und 
in  Strassburg  war,  frühzeitig  ins  Gymna- 
sium geschickt,  um  sich  für  späteres  Stu- 
dium vorzubereiten.  Aber  auch  das  Ge- 
schäftliche sollte  nicht  vernachlässigt  wer- 


th'ii.  und  so  besuchte  der  jun^e  Mjuin  spä- 
ter eine  Fach.schule.  in  der  er  sich  die  zu 
seinem  H«'rufc  nöthigen  technis«hen  Keniit- 
uissi'  t'rwarb. 

Da.ss  Henry  Xo.kin  si<h  dmi  l)cuLs«'h- 
Anirrikancrthum  an.schloss,  war  eigentlioh 
nur  Zufallssache,  denn  er  kam  vor  etwa 
zwanzig  Jahren  im  Laufe  einer  seiner  Ge- 
schäftsreisen nach  Amerika,  ohne  anfangs 
die  Absicht  zu  hegen,  sich  hier  unziLsie<lcln. 
Aber  es  gefiel  ihm  .so  gut.  da.ss  er  besehl(>s.s, 
im  Lande  zu  bleiben,  und  alsbald  etablirtc 
er  si.-h  :ds  Juwelier  und  l'hrmacher  in 
Xew  York  und  eroberte  sieh  na«'Ii  kurzer 
Zeit  einen  beneidenswerrhen  Plarz  unier 
seinen   Fachkollegen. 

Vov  sechszehn  Jahren  lernte  Herr  .Wn-kin 
Fräulein  E.  L.  Dieter  kennen,  die  Tochter 
Herrn  Jakob  Dieter 's,  des  Ehren  de  legaten 
der  Vereinigten  Sänger  von  New  York  und 
Mitgliedes  des  Direktoriums  des  Nordöstli- 
<hen  Sängerbundes.  Der  glücklielien  Ehe 
sind  bis  jetzt  zwei  Kinder  entsprossen, 
Lottie  B.  Xockin  und  Henry  J.  L  Nockin, 
beide  werden  in  echt  deut.sclier  Weise  er- 
zogen. 

X^u'kiii's  Sohn,  ein  Schüler  Wersehin- 
ger's.  legt  ungewöhnlich  gros.s«'s  musi- 
kalisches Talent  zu  Tage,  uiul  .sein  Lehrer 
proi)hezeit  ihm  eine  gros.se  Zukunft  als 
Pianist;  und  würde  der  Vater  nicht  auf 
methodischer  Erziehungsweise  bestehen,  so 
wäre  der  junge  Nockin  heute  schon  in  den 
weitesten  Kreisen  als  „Wunderkind"  be- 
kannt. 

Um  nun  wieder  auf  Herrn  Ncwkin  zu- 
rückzukonuneu,  so  .sei  bemerkt,  dass  es 
haupt.sächlieh  ihm  zu  danken  ist,  dnss  der 
Eichenkranz  im  Jahre  11)08  l)eschh>ss,  sich 
als  <'rster  unter  den  gro.s.sen  Gesangver- 
einen zum  Kampfe  um  den  Kaiserpreis 
beim  23.  Xational-Sängerfest  zu  melden. 


932 


INDEPENDENT  BAKING  COMPANY, 


DAVENPORT.     Iowa. 


Eine  der  grössten  Firmen  ihrer  Art  in 
der  Herstellung  von  „Crackers"  und  „Bis- 
cuit"  im  ganzen  Westen  ist  die  Indepen- 
dent  Baking  Company  in  Davenport,  Iowa. 
Ihre  Bedeutung  lässt  sich  aus  der  That- 
sache  erkennen,  dass  die  Gesellschaft  jähr- 
lieh im  Durchschnitt  35,000  bis  40,000  Fass 


$50,000  gegründet  imd  inkorporirt.  Die 
Inkorporatoren  waren :  \V.  II.  Wiese.  Geo. 
M.  Bechtel,  ]\Iinnie  Wiese.  ]\Iartha  R.  Bech- 
tel,  Lydia  R.  Smoke.  Das  Geschäft  nahm 
dergestalt  zu,  dass  am  3.  März  1906  das  Be- 
triebs-Kapital auf  $100.000  erhöht  wurde. 
Die  leitenden  Beamten  der  Company  sind: 


iililllitifliHil 


Uiiiu 


]  1 TTTT  iii  i  Mi  8  5  i  I  nmnmwu 


DAS  ETABLISSEMENT  DER  INDEPENDENT  BAKING  COMPANY. 
110-120   East    Front   Str.,    Davenport,    Iowa. 


Mehl  verbackt  und  dabei  200  Arbeiter  be- 
schäftigt. Dreizehn  Reisende  sind  stets 
unterwegs,  um  überall  im  Lande  neue  Ge- 
schäftsverbindungen anzuknüpfen  und 
Aufträge  entgegenzunehmen. 

Die  Independent  Baking  Company  wurde 
am  1.  Februar  1901  mit  einem  Kapital  von 


Geo.  M.  Bechtel.  l*räsident;  E.  L.  Sunier, 
Vizepräsident ;  W.  H.  Wiese,  Sekretär  und 
Schatzmeister. 

Die  grosse  Anlage  der  Independent 
Baking  Company  umfasst  die  Gebäude- 
Nummern  110-— 120  East  Front  Strasse  in 
Davenport. 


083 


CHAS.  P.  MUGELE  AND  SONS. 


Eine  hervorragende  Stellung  unter  den 
Deutsehen  Pittshjirg's  niiiiiiit  il;is  ICngros- 
Si)iritu()S(,'n-ITaus  CJias.  /'.  Miiyilc  &  ISons 
ein.  II'Ti*  Chas.  P.  klügele  kam  1853  von 
Württemberg,  liess  sieh  in  Pittsburg  niedt-r 
und  erötTnete  bereits  5  Jahre  später,  1858, 
an  AVater  Str.  sein  eigenes  Gesehäft.  Im 
Jahre  1883  trat  dessen  Sohn  Frederiek  als 
Theilhaber  ein,  und  1894  nahm  sein  zweiter 
Sohn,  Chas.  P.,  jr.,  gleichfalls  Antheil  an 
der  Firma.  In  das  rasch  aufblühende  Ge- 
sehäft riss  leider  der  Tod  zwei  tiefe 
Lücken :  Herr  Chas.  P.,  sr.  starb  im  Okto- 
ber 1895,  und  ihm  folgte  Chas.  P.,  jr.  im 
j\Iärz  1897.  Herr  Fred.  jMugele  führte  das 
Gesehäft  nun  allein  bis  Mai  190(5.  als  sich 


Herr  Albert  II.  Ilaminer  mit  ihm  aiajociirte. 
Herr  Fred.  Mugele  und  A.  II.  Ilaminer 
sind  die  jetzigen  Inhaber  der  Firma. 
(Herrn  Hannuer's  Vater  war  Theilhaber 
d<r  Firma  Ilaimiifr  &  Dauler,  de«  ältesten 
.Milbclgcschäfls  (Irr  Stadt.) 

Heide  Kompagnions  standen  stets  an  der 
Spitze  des  Dcutsehthums  und  errangen 
sich  Achtung  und  Ehre  unter  allen  Bür- 
gern. Ihr  G(»schäft  beschränkt  sieh  in  der 
Hauptsache  auf  Stadt  und  Umgebung,  je- 
doch zeigt  sich  der  Umfang  dessellien  da- 
durch, da.ss  zur  Ausübung  die  zwei  3stöcki- 
gen  Gebäude  1803 — 5  Fifth  Avenue  kaum 
mehr  ausreichen. 


ADOLF   DERNEHL. 

Zu  den  erfolgreichsten  Geschäft.sler.ten 
Deutsch- Athens  gehört  Herr  Adolf  Der- 
III  hl.  der  Besitzer  des  ersten  und  gnissten 
l)elikate.s.sen-Importgeschäft,s  im  ganzen 
.Staate  AVisc<)n.sin.  llrir  Dernchl  wurde  in 
Rostock,  Deutschland,  geboren  und  kam 
im  Jahre  1882  nach  Amerika.  Schon  .sechs 
Jahre  .«päter  machte  er  sich  selbständig,  in- 
dem er  das  erste  Delikates.sen-Import|fe- 
schäft  in  Milwaukee  sowohl  wie  überhaui»t 
im  Staate  gründete.  Durch  unermüdlichen 
Fleiss,  Spai-samkeit  \uid  geschäftliche  Fm- 
sicht  gt'lang  es  ihm.  das  rnternehmen  auf 
eine  solide  Hasis  zu  bringen.  Herr  Deniehl 
ninnnt  au  allen  deut.schen  Bestrebungen 
regen  Antheil  und  ist  seit  Jahren  Mitglied 
des  deut.schen   Turnvereins   Milwaukec. 


ADOLF    DERNEHL    IN    MILWAUKEE.    WISC. 


934 


H.  T.  BRAMMER  MFG.  CO. 


Unter  den  vielen  von  Deutschen  oder 
deren  Nachkommen  in  Davenport,  la.,  ge- 
gründeten und  betriebenen  Fal)riken  nimmt 
die  der  H.  T.  Brammer  Manufacturing 
Company  eine  hervorragende  Stellung  ein, 
nicht  blos  wegen  ihrer  Grösse,  sondern  weil 
die  Gründer  derselben  die  Fabrikation  von 
Waschmaschinen  in  grösserem  IMasstabe  be- 
treiben. 

Im  Jahre  1878  begann  Herr  II.  T.  Bram- 
mer, der  in  Deutschland  die  Tischlerei  er- 
lernt hatte,  die  Fabrikation  von  Butterfäs- 
sern imd  Waschmaschinen,  welche  er  selbst 
in  der  Umgegend  zum  Verkauf  brachte. 
Zu  dieser  Zeit  war  es  nothwendig,  die 
Hausfrauen  im  Gebrauch  dieser  Haushal- 
timgs-Geräthe  zu  unterweisen,  und  bei  den 
bewu.ssten  Eigenheiten  der  Frauen  war 
dieses  kein  leichtes  Unternehmen.  Aber 
durch  Flei.ss  und  Ausdauer  gelang  es  Hrn. 
Brammer,  das  Geschäft  zu  heben,  sodass 
er  in  1881  nun  einen  halben  Antheil  ver- 
kaufte imd  das  Geschäft  bis  zum  Jahre 
1888  unter  dem  Namen  H.  F.  Brammer  & 
Co.  geführt  woirde. 

In  der  Zwischenzeit  fabrizirte  die  ge- 
nannte Firma  ausser  Waschmaschinen 
auch  Butterfässer,  Bierkisten  und  sonstige 
Holzarbeiten,  sodass  die  Fabrik  zu  klein 
wurde  und  durch  Hinzuziehung  von  neuem 
Kapital  eine  Korporation  gegründet  wurde 
imd  der  jetzige  Platz  der  Fabrik,  über  2 
Acker  umfassend,  gekauft  werden  musste. 

Bis  dahin  war  die  Fabrikation  von  600 
Waschma.sehinen  per  Jahr  auf  über  12.000 


per  Jahr  gestiegen,  welche  iiacli  allen 
Theilen  Amerikas  sowie  auch  nach  Europa 
und  Australien  versandt  wurden. 

Während  der  sogenannten  guten  demo- 
kratischen Zeiten  (1892—1894),  worunter 
auch  diese  Gesellschaft  zu  leiden  hatte, 
wurde  eine  Reorganisation  vorgenommen, 
bei  welcher  ein  Theil  der  Gründer  der  Ge- 
sellschaft ihren  Antheil  verkauften,  und 
wird  die  Gesellschaft  heute  von  Herrn 
Brauenlich  und  seinem  Bruder  Hugo 
Brauenlich  kontrollirt  imd  geleitet.  Die 
Kompagnie  fabrizirt  jetzt  über  50,000 
Waschmaschinen  jährlich  und  sind  sämmt- 
liehe  Aktionäre,  sowie  auch  die  grosse 
^Mehrzahl  ihrer  Angestellten  Deutsche  oder 
deren  Xachkömmliug. 

Es  giebt  ausserdem  noch  drei  andere 
bedeutendere  Waschmaschinen  -  Fabriken 
in  der  Stadt  Davenport.  welche  sämmtlich 
von  deutschen  Abkönnnlingen  gegründet 
und  geführt  werden  und  welche  im  Ge- 
sammt  über  300,000  Waschmaschinen  im 
Werthe  von  über  einer  ^Million  Dollars 
jährlich  fabriziren.  Es  werden  zu  dieseiu 
Zweck  üljer  zehn  Millionen  P'uss  Holz  ge- 
braucht. 

Diese  Industrie  liegt  deshalb  fa.st  aus- 
schliesslich in  den  Händen  der  Deutschen, 
weil  die  deutsehen  Hausfrauen  zuerst  dieses 
Ilaushaltungs-Geräth  würdigten  imd  kauf- 
ten, und  erst  ]Mitte  der  80er  Jahre  wurde 
wurde  dieses  Geräth  allgemeiner  Handels- 
gegenstand. 


995 


MARTIN   WIEGAND. 


WasliiiifJTton  ist  zum  Centnilpunkt  für 
einige  der  bedeutendsten  Ilobelmülilen  inid 
Bautiscldereien  in  den  Vereinigten  Staaten 
geworden,  und  es  gieht  dort  wenigstens  ein 
Dutzend  Finnen,  die  einen  Gesainiiituinsatz 
von  ^lillionen  von  Dollai-s  .jälu-Iidi  lialx'ii. 

^lartin  AViegand.  451  Maryland  Avenue, 
steht  an  leitender  Stelle  unter  den  grossen 
Geschäftsunternehniern  dieses  Landes.  Das 
"Waehsthuni  seiner  Ilobelniühle  und  Bau- 
tisehlerei  hat  in  einem  wahrhaft  staunen- 
erregenden Tempo  stattgefunden  und  sein 


wohidnrehdaeht«'!!  Mcthodt-n  und  <lies«*lbe 
streng   n'chtliehe   Gesehäftspojitik. 

Martin  Wiegand.  dem  von  Natur  aus 
eine  hervorragende  lii-fahigung  für  das 
Ilolzgesehäft  eigen  ist,  b<*gann  vor  12  .Jah- 
ren in  be.selieidener  Weis««  sein  Geschäft; 
von  Knttäusehungen  ist  er  In-freit  geblie- 
Im'ii.  Schritt  für  Sehritt  entwickelte  sich 
.sein  rnternehmen  zu  der  jetzigen  Bedeu- 
tung. 

Die  Wiegaiursehen  Fal)rikräume  sind 
gross,  über  GO.OCM)  Quadrat fu.ss  bedtn-kend. 


MARTIN    WIEGAND'S   FABRIK-GEBAEUDE   IN    WASHINGTON.   D.   C. 


Erfolg  war  die  natürliche  Folge  jener 
Thatkraft  und  jenes  fortselirittliehen  I'n- 
ternehmungsgei.stes.  die  bei  allen  Unter- 
nehmen die  reichsten  Früchte  tragen. 

Das  Wachsthum  und  die  Ausdehnung 
von  Herrn  AViegand's  Ilolzgeschäft  ist  von 
keinem  der  jüngeren  Geschäftsunterneiuiien 
in  der  Bundeshauptstadt  übertrofTen  wor- 
den. Tn  allen  Zweigen  .seines  Geseliäftes 
herrschen    dieselbe    Genauigkeit,    dieselben 


Die  geräumigen  Lagerhäuser  erlaulM«n  es, 
immer  eine  gros.se  Ma.s.s«'  fertiger  Waare 
zur  sofortigen  Vei-sehiekung  InTcit  zu 
haben,  mehr  viellei<'ht  als  irgend  ein  Kon- 
kurrenzunternehmen. Die  Erzeugni.ss««  der 
Wiegand 'sehen  Fabrik  sind  iM'deutend  un«l 
vielseitig,  nicht  nur  auserlesene  PriKlukte 
der  Möbelt  iselderei,  sondern  auch  alle 
Arien  der  Bautischlerei. 


936 


Unter  den  90  Arbeitern  der  F.ibrik  be- 
finden sieh  viele  wolil bezahlte  und  erfah- 
rene,   geschickte    Arbeiter    ihres    Faches. 

Herr  Wiegand  wurde  in  Deutschland  ge- 
boren, erlernte  da  die  Tischlerei  und  kam 
im  Alter  von  17' 2  Jahren  nach  diesem 
Lande.  Wälirend  der  ersten  Jahre  seines 
hiesigen  Aufenthaltes  bemühte  er  sich  mit 
Erfolg,  eine  umfassende  Kenntniss  des 
Ilolzgeschäftes  in  allen  seinen  Zweigen  sich 
anzueignen.  Der  hervorragende  geschäft- 
liche Erfolg  Herrn  Wiegand 's  führte  na- 
türlicher "Weise  dazu,  dass  er  ein  Mitglied 
verschiedener  angesehener  Körperschaften 
wurde ;  er  ist  ein  ]\Iitglied  des  Central-Ver- 
eins  (Delegat  zur  Konvention  des  Deutsch- 


Amerikanischen  National-Bundes  in  New 
York,  1907).  :\Iitglied  des  Board  of  Trade 
der  Lumber  Excbange.  des  Direktoriums 
des  ^Metropolis  Bau-Vereins,  Arminias  Loge 
(Freimaurer),  des  deutschen  \Vaisen- 
liauses,  Sängerbunds,  Germania  Männer- 
chors, Arion  Gesang- Vereins,  Deutsch- Ame- 
rikanischer Unterstützungs-Bundes.  Cres- 
cent  Vereins  gehört  er,  seit  er  hier  i.st,  der 
Evang.-Luth.  St.  Johannes  Gemeinde  an. 
Obgleich  er  ein  sehr  bcscliäftiger  ^lann  ist. 
findet  IMartin  AViegand  doch  Zeit,  si<'h  au 
wohlthätigen  Unternehmungen  zu  bcthoili- 
gen.  Er  ist  Familienvater  und  bringt  den 
grössten  Theil  seiner  freien  Zeit  im  Kreise 
seiner  Lieben  in  der  Stille  seines  gemütli- 
lichen  Heims  zu. 


AUGUST  H.  PLUGGE. 


Klein,  leider  sehr  klein  ist  die  Zahl  der- 
jenigen Deutsch- Amerikaner,  die,  trotzdem 
sie  hier  im  Lande  als  freie  Amerikaner  ge- 
boren sind,  dennoch  mit  Liebe  imd  Vereh- 
rung an  der  Sprache  ihrer  Mutter  hängen, 
sie  hegen  und  pflegen  und  stets  bereit  sind, 
für  sie  und  für  deutsche  Sitten  und  Ge- 
bräuche, für  deren  Einbürgerung  in  diesem 
Lande,  in  die  Schranken  zu  treten.  Einer 
dieser  deutsch-amerikanischen  Geschäfts- 
leute ist  Herr  August  H.  Plugge,  der  Be- 
sitzer der  vormals  unter  dem  Firma-Namen 
Xander  &  Plugge  bekannten  bestrenommir- 
ten  "Weinhandlung  in  No.  1317  Siebente 
Strasse,  N.  "W.,  Washington,  D.  C. 

Herr  Plugge  wurde  als  Sohn  deutscher 
Eltern  am  28.  ]\Iai  1864  in  der  Bundes- 
hauptstadt Wa.shington  geboren.  Im  Jahre 
1896  trat  er  in  das  Weingeschäft  des  Hm. 


Jacob  Xander  ein  und  führte  da.sselbe  elf 
Jahre  lang  mit  Xander  gemeinsam.  Im 
Jahre  1907  trat  jedoch  Hr.  Xander  von 
dem  Geschäft,  das  er  vor  30  Jahren  (1878) 
gegründet  hatte,  zurück  und  überliess  das- 
selbe Hrn.  Plugge  als  alleinigem  Eigen- 
tliümer.  Unter  der  Leitung  des  bewährten 
Geschäftsmannes  blühte  das  Geschäft  im 
letzten  Jahre  neu  auf,  und  heute  erfreut  es 
sich  einer  ganz  ausserordentlich  zahlreiclien 
Kundschaft. 

Als  ^Mitglied  des  ,, Columbia-Turnver- 
eins" sowie  des  ,, Sängerbundes"  nimmt 
Hr.  Plugge  lebhaften  Antheil  an  deutschen 
Bestrebungen.  Er  ist  ein  unternehmender 
Geschäftsmann  von  echt  deutscher  Gesin- 
nung und  hat  es  verstanden,  sich  durch 
sein  joviales,  gemüthliches  Wesen  viele 
Freunde  zu  erwerben. 


987 


DR.   ENNO  SANDER. 


Dr.  Enno  Sandci-.  der  preise  l'räsiilent 
der  Enno  Samh'r  .Mint'ial  Watcr  Co.  in  St. 
Louis,  und  einer  der  liervorra^'cndslen 
Pharmazeuten  und  Chemiker  »les  Lande.s. 
erhlifkte  am  27.  Februar  IS'J'J  in  (h'r  Ort- 
schaft Trinicnm  lifi  Kdthcii  im  .\nhalt'- 
schen  als  Snhii  von  K.irl  l-'i-irdi-it-h  und 
Emilie  Sander.  <;eh.  Palm,  das  Licht  di'i- 
Welt.  Er  be.suehte  in  seiner  .lu-riiid  die 
Gynuiasien  in  Zerbst.  Eisleben  inid  Köthen 
und  studirte  nach  dei-en  Absolvirniif;  zu- 
erst an  der  Universität  Berlin  inid  spätei* 
in  Halle,  von  wo  er  im  .lahre  1S47  |)i'omo- 
virte.  Wejjen  Betheili«run<,'  an  der  badi- 
schen Revolution  im  Jahre  1849  wurde  er 


-■WjfTV-y 


Das    Wohnhaus  Dr.   Enno  Sandtr  in  St.   Louis. 

verhaftet,  prozessirt  uml  zu  zehn  Jahren 
Gefängniss  mit  Einzelhaft  vernrtheilt.  im 
darauffolgenden  Jahre  jedoch  begnadigt, 
aber  ausgewiesen.  Mit  Andern  wandelte 
Sander  dann  nach  Amerika  aus.  wo  er  im 
Jahre  3853  in  St.  Louis  eine  Apotheke  er- 
öffnete, mit  der  er  einen  solchen  Erfolg 
hatte,  dass  er  ein  Jalir  später  eine  zweite 
Apotheke  und  im  Jahre  ISfi')  eine  dritte 
anfing.  Im  letzgenainiten  Jahre  gründete 
er  seine  ehemisehe  Fabrik,  die  noch  heute 
besteht.  Während  di's  Härgerkrieges  wai- 
er  Major  und  Brigade-l^uartiermeister  im 
Stabe  des  Gen.  John   H.  Gray. 

Von  1871  bis  1874  nahm  Dr.  Sander 
den  Lehrstuhl  für  Materia  .Mrdica  nnd 
Botanik   am    „St.   Louis   College   <.f    Thar- 


maev  ".  »bis  «-r  n-orgaiilKirtc,  ein,  .\n 
seinem  K(».  (ieburt.stai;,  am  27.  Felmuir 
1IK>2.  «'inaiMitf  das  erwähnte  CuMeg»«  ',hn 
zum  Profe.s.s»ir  enieritu.s.  Drei.vsig  Jnhrc 
lang  (von  lS«i4-  1H!»4)  führte  Dr.  Sander 
ein  aiudyti.sehes  lial>oratoriuni  in  St.  Lonia. 
Die  St.  Louis  Academy  of  Science  wählte 
Dr.  Sander  isiil  /u  ihrem  l'naokollsekretär 
und  im  Jährt-  darauf  zu  ihrem  S4-hatzmeiM- 
li'r.  Im  seinem  70.  .lahrf  crrifhletc  er  eine 
Fabrik  künsilitdu-r  .Mini'ralwas.s4T.  Sie 
wunle  1S!»4  »niti-r  th-m  Naiiifii  d«T  Enno 
SaiidiT  .Mint'i-al   Wati-r  Co.  inktir|Hirirt. 

Dr.   Santlt-r   ist    .Mitglied  zahlreicher  ge- 
leiirter  (Jesellsfhaftcn.  so  z  H.  <ler  St.  Louis 


ÜR.  KNNO  .VWUKR. 

Aeademy  of  Si-itMn-e,  der  Ilistorical  S<H'icty 
von  St.  Louis,  der  Ciiemieal  StM-iety  da- 
selbst, der  American  Mcdical  A.swM-iation, 
der  American  IMiarnuiceutieal  A.s,s<MMati»»n, 
iliicii  rräsidcnl  er  schon  im  Jahre  1871 
wurtic.  tlcr  .Mis.souri  State  Phaniuieeutical 
As.s(M'iation.  <ler  .Vnu'rican  As.s«H'iation  for 
thc  .\tlvane»*m»'nt  of  Science,  des  Verband.s 
tjir  .Militärärzte  etc.  Auch  als  Fachs4'hrift- 
.stcller  hat  er  sich  cim  n  Namen  gemacht 


938 


JOSEPH  SCHLITZ   BREWING   COMPANY 


EINE  AMERIKANISCHE  RIESENBRAUEREI. 


Es  war  das  bedeutungsvollo  Jalir  1848, 
in  dem  die  politischen  Wogen  Deutschlands 
hoch  gingen,  das  den  Gründer  der  Schlitz '- 
sehen  Brauerei  gleich  so  vielen  andern,  die 
mit  den  deutschen  Verhältnissen  unzufrie- 
den waren,  zwang,  eine  Ileimath  in  der 
neuen  Welt  zu  gründen,  und  so  entstand 
die  kleine  Brauerei  in  der  noch  verhältniss- 
mässig  .iungen  Stadt  IMilwaukee  am  IMichi- 
gansee.  Deutscher  Fleiss,  Ausdauer  und 
Sparsamkeit,  gepaart  mit  amerikanischem 


haber  ein.  Im  Jahre  ISl')  unternahm  Jos. 
Schlitz  eine  Besuchsreise  in  seine  alte  Ilei- 
math, doch  leider  sollte  er  sie  nicht  wieder 
sehen,  indem  der  Dampfer  „Schiller"  an 
den  Scilly  Islands  unterging  und  die  meis- 
ten der  Passagiere  mit  sich  in  die  Tiefe  zog. 
Nun  lag  die  Geschäftsleitung  in  den  Hän- 
den der  Gebrüder  T^ihlein,  die  die  Brauerei 
mit  solcher  Umsicht  betrieben,  dass  die  Ver- 
käufe von  70.000  Barrels  im  Jahre  1875  auf 
über  anderthalb  [Millionen  Barrels  im  Jahre 


JOSEPH    SCHLITZ. 

der  Gruender  der   Brauerei,   dessen   ..Bier  Milwaukee 
beruehmt  machte". 


Erfindungs-  imd  Unternehmungsgeist, 
liessen  das  Geschäft  wachsen,  sodass  es 
heute  eine  Zierde  der  Stadt  ist,  und  in 
Fachkreisen  als  IMusterbrauerei  nicht  nur 
der  westlichen  Hemisphäre,  sondern  der 
ganzen  Welt  betrachtet  wird. 

Während  die  Brauerei  bis  zum  Jahre 
1873  Alleinbesitz  von  Jos.  Schlitz  war,  so 
wurde  jetzt  eine  Aktiengesellschaft  ge- 
gründet und  die  Neffen  des  Besitzers,  die 
GebrüderUihlein,  traten  als  Geschäftstheil- 


1907  anwuchsen.  Da.s  Aktienkapital  be- 
trägt jetzt  $12,000.000.  das  sich  aus- 
schliesslicli  im  Privatbesitz  befindet.  Die 
Anlage  der  Brauerei  selbst  ist  eine  ideale 
zu  nennen ;  obwohl  am  Berge  belegen,  sind 
die  Eisenbahnverhältnisse  die  denkbar 
günstigsten.  Die  Eisenbaluistränge  laufen 
bis  in  das  Herz  des  Riesenetablissements, 
sodass  nicht  allein  die  Waggons  direkt  am 
Abfüllhaus  geladen  werden,  die  im  Som- 
mer   die    stattliche    Anzahl    von    80 — 100 


"Wa^j^oiis  prt)  Ta«;  »'ri'ciclifii.  s<iu«|i'iii  aiidi 
■die  panzc  Hctourtraclit  v(»ji  Icrron  Fässern 
und  Kisten  und  Flasclicn.  sowie  die  säinnit- 
lichen  Materialien,  K^'J^m^I«'"  direkt  in  di«- 
speziellen  DepartnuMits;  in  unmittelbarer 
JNähe  befinden  sieh  die  Kt)hl('nhöi'e  und 
Eishäuser,  in  denen  das  zum  Versandt  des 
Bieres  nöthi^e  Eis  anfjrt'speichert  wird. 
Das  Areal  der  Brauerei  lunfasst  etwa  <i 
Blocks,  auf  denen  sieh  die  stattliehen 
tius  Stein  und  Stahl  errichteten  Gebäu- 
liehkeiten  erheben.  Alle  wissensehaft- 
lichen  Errun«rensehaften  auf  ehemiseh 
brau-teehnisehem  sowohl  wie  pHanzen- 
phj'siologisehem  Gebiete  werden  ver- 
Tkverthet.    und    während    eines    Kund<ran«res 


«30 

sflijit't  anf  pneumatischem  We^re  herge- 
stellt. Das  (lährhaiLs  hat  einen  Flaelien- 
raum  von  \'M)  x  l'>(>  Fuss  utul  sind  in  don 
>i  Sto«*kwerken  hier  die  (fes4-hl(H«wncn 
(lährbütten  von  je  fHM)  Itarrels  Iidialt  auf- 
trestellt.  Das  sielM'nte  St«M'kwerk  dient  als 
jrekühlter  La^ernnuii  für  <»(KK(  Ballen 
IIo|)fen.  einheimischer  sowohl  wie  aller- 
feinster  (Qualität  böhmisi>hcr  utid  bnirischer 
Hupfen.  Die  Lagerräume  halM-n  eine  Ka- 
pazität von  .').'»(>.(>(>((  jiarn'ls.  Die  K«'ller- 
räume  werden  alle  künstlich  auf  einer 
Temp<'ratur  nahe  dem  (Jefrierpiuikt  jjehal- 
ten  und  siiul  zu  diesem  M<*hufe  im  Sommer 
8  Eismjusi'hinen  mit  einer  täßli<'hen  Kapa- 
zität   von    :.'(>( M)   Tonnen   thäti«.   die   nelK-n 


DIE   BRAUEREI    DER   JOSEPH   SCHUTZ   BREWING   CO.    IN    MILWAUKEE.   WISC. 


durch  die  ausgedehnten  Räumlichkeiten  er- 
fasst  den  Fachnuuin  die  Bewundennig  für 
■die  praktische  Anlage  allerorts,  während 
der  Laie  die  allerwärts  herrschende  pein- 
liche Reinlichkeit  nicht  genug  rühmen 
kann.  Das  7-stöckige  Brauhaus  i.st  120 
Fuss  hoch,  die  sänuntlichen  Behälter  sind 
gallerieartig  um  einen  gros.sen  Lichthof 
Aufgestellt.  Es  wird  nach  dem  Gravita- 
tionssystem gearbeitet.  Die  jährliche  Ka- 
pazität beträgt  2.750,0()()  Barrels.  Der 
ganze    Malzbedarf    wird    im    eigenen    Ge- 


dcn  anderen  Urauerci  umi  elektrischen 
Kraftmaschinen.  Iieleuchtungs;udage.  I'as- 
teurisirungsappa  raten  für  Fla.schcnbiere 
eine  Dampfkes.selanlage  von  7(HH)  Tferde- 
kräften  erfordern.  Das  zum  Kondensiren 
des  Ammoniakga.ses  wie  des  Dampft's  der 
Compitundmaschinen  nüthig.-  Kühlwiwsi'r 
wird  mittelst  eigener  rum|»werke,  die  eine 
tägliche  Kapazität  von  «J  Millionen  (Jallo- 
nen  haben,  vom  .Milwaukee  Fluss  na«'h  der 
Brauen'i  befördert.  Dii«  liraucrei  In-sitzt 
ihre  eigene  Fa.ssfabrik.  wo  alljährlich  75 — 


940 


100. OdO  Gebinde  vt'r-schicdciit'i-  Grösse  ver- 
iVrtigrt  werden;  aiieli  «lie  irrosscMi  Hierbe- 
hlilter  l)is  zu  SöO  B.ii-i-els  Iidi.ilt  wurden  im 
Gesehäft  sell)st  fabrizirt  ;  In  neuester  Zeit 
wurden  aucli  300  glaseniaillirte  Stahll)e- 
hiUter  mit  einer  Kapazität  vini  625  Barrels 
für  Lagerzweeke  aufgestellt.  Die  komplete 
Masehinenwerkstätte  dient  zur  i)r()mpten 
Erledijrun«r  aller  vorkommenden  Repara- 
turen ;  aus.serdem  besitzt  die  Brauerei 
eifrene  Selireiner-  und  Anstreieherwerkstät- 
ten.  100  Pferde  besorjxen  die  nöthigen 
Fuhren  von  Kohlen  und  Eis  und  Abliefe- 
runjü:  des  für  die  Stadt  bestimmten  Bieres. 
In  der  Hraueici  sind  etwa  500  ^Mann  ange- 
stellt. Die  Flasehenbierabfüllanlage  ist 
mit  allen  modernen  Einriehtungen  versehen 
\uid  vielleieht  die  denkbar  praktischste  in 
der  ganzen  AYelt.  Dieselbe  ninnnt  einen 
Fläehenraum  von  250  Fuss  bei  350  Fuss 
ein  und  ist  3  Stockwerke  hoeh.  Auf  beiden 
Seiten  liegen  Eisenbihngeleise  zum  Tjnden, 
respektive  Entladen  der  Waggons,  in  denen 
das  Bier  seinen  Weg  von  Ozean  zu  Ozean, 


man  kann  sagen,  über  die  ganze  Welt  fin- 
det. Der  ganze  Betrieb  ist  elektriseii  ein- 
gerichtet und  herr.seht  sowohl  im  Winter 
wie  im  Sonnner  ein  bienenähnliches  Trei- 
l)en  von  ^Mäiniern.  Frauen,  ^Mädchen  und 
Knaben,  die  die  stattliehe  Zahl  von  1200 
im  Sonnner  erreichen,  um  die  450.000  Fla- 
schen i)ro  Tag  abzufüllen  und  sehön  eti- 
quettirt  zum  Verkauf  fertig  zu  stellen. 
Eine  600  Fuss  lange  kupfenie  Leitung 
bi'ingt  das  Bier  direkt  vom  Lagerhaus  zum 
Abfüllajiparat  unter  absolutem  Ausschluss 
von  unreiner  Luft. 

"Wie  Pilsen  und  ^München,  so  ist  auch 
]\Iilwaukee  durch  sein  Bier  berühmt  ge- 
worden ;  insbesondere  Avar  es  das  Schlitz- 
Bier,  das.  einem  mächtigen  Strome  gleich, 
von  ]\Iilwaukee  aus  die  ganze  Welt  über- 
tiuthet  und  den  Namen  ,,!Milwaukee"  über 
alle  Theile  der  Erde  getragen.  Mit  vollster 
Berechtigung  trägt  es  daher  die  stolze  De- 
vise: *'The  Beer  that  made  ^lilwaukee 
famous. ' ' 


941 


SCHORR  &   KOLKSCHNEIDER   BREWING   CO. 

EINE   ERFOLGREICHE   BRAUEREI-GESELLSCHAFT   IN   ST.   LOUIS. 

Unter  den  ei-sten    Bniuoroicn  der  Stadt  Stadt  St.  Louis  und  lirfern  nur  Wur  in  Oe- 

St.  Louis,  welche  ihre  rnahhän«rif;l<eit  he-  l)indfn,  kein  Flaschenbier, 

wahrt  hahi'u.  niuiint   neben   ,,Buscir'   nml  Die  Ii<*aiiitt'n  des  panz  deutsch-aineriku- 

..Lemp"    die    Brauerei    vun    Sehorr    und  iii.schcn     Etablissements    sind:      PrÜNident 

Kolkselmeider  eine  der  ersten  Stellen  ein.  Jacol)     B.     Sehorr;     Vize-Präsitlent     und 

Dieses  ist  um  so  mehr  an/.uerkcinicn.  weil  Sciiat/mcister     Iliiirv      \V      KolksehneidiT 


TSaat^S- 


DIE    BRAUEREI    DER    SCHORR    &    KOLKSCHNEIDER    BREWING    COMPANY    IN    ST.    Lul  [, 


sie  erst   im   Jahre   1901   gegründet   wurde,  und     Sekretär    .Inlni     Ci.     S<-h(.rr.       Herr 

In  dieser  kurzen  Spanne  Zeit  ist  das  Pro-  Jae.  B.  Sehorr  luid  II«'!iry   Knlksehneider 

dukt    dieser    Brauerei    mein-    als    venliei-  waren    v.r    r.ründung    ihrer    Brauerei    28 

facht    worden,    eine    Thatsaehe,    die    ver-  resp.  L»l   .Jahre  Angestellte  lokaler  Hraue- 

einter  deutscher  Energie  und  Umsieht  zu-  n-ien.     Bei  ihrem  Bestrel)on,  nur  da«  Beste 

zuschreiben    ist.      Dabei    beschränken    die  zu  liefern,  kann  ihr  rnteniehmen  nur  von 

Eigenthümer  ihren  Handel  allein   auf  die  Erfolg  begÜTi.stigt  sein. 


9  2 


WILLIAM  J.   LEMP. 


^Vlll.  J.  Leinp.  der  am  13.  Februar  1904 
verstorbene  Präsident  der  Wm.  J.  Lemp 
Brewing  Company  in  St.  Louis,  hatte  im 
Jahre  1836  in  Deutscliland  das  Licht  der 
Welt  erblickt.  Sein  Vater,  John  Adam 
Lemp,  wanderte  noch  im  selben  Jahre  nach 
Amerika  aus,  liess  aber  den  Sohn  William 
zurück.  Zwei  Jahre  sjiäter,  in  1838,  kam 
Adam  lAMiip  von  Cinciiniati  nach  St. 
Louis,  wo  er  sich  uiederliess  und  an  der 
Zweiten  Strasse,  zwischen  Walnut  und 
Elm  Stra.sse,  eine  kleine  Brauerei  anfing. 
Im  Jahre  1848  holte  er  seinen  Sohn  Wil- 
liam, der  jetzt  zwölf  Jahre  alt  war.  in 
Deutschland  ab  und  brachte  ihn  mit  sich 
nach  St.  Louis.  Dort  besuchte  William 
erst  die  öffentlichen  Schulen  und  später  die 
St.  Louis  University.  Nach  Absolvirimg 
der  letzteren  trat  er  in  die  Brauerei  seines 
Vaters  ein  und  brachte  es  bald  vom  ge- 
wöhnlichen Arbeiter  zum  Vormann  und 
schliesslich  zum  ^Manager  des  rasch  aufblü- 
henden Geschäfts.  Als  der  Bürgerkrieg 
ausbrach,  trat  Wm.  J.  Lemp  in  das  dritte 
Regiment  ein,  wurde  aber  schon  .im  Herbst 
1861  als  „Orderly  Sergeant"  wieder  „aus- 
gemustert ' '.  Nach  dem  Tode  seines  Vaters 
im  Jahre  1862  übernahm  Herr  Wm.  J. 
Lemp  die  volle  und  alleinige  Leitung  der 
grossen  Brauerei.  Das  Geschäft  nahm  der- 
art zu,  da.ss  mehr  Raum  für  dasselbe  be- 
schafft werden  musste,  weshalb  ein  Grund- 
stück an  der  Ecke  der  Cherokee  Strasse 
und  der  Carondelet  Avenue,  der  jetzigen 
Dreizehnten  Strasse,  gekauft  wurde  und 
die  ganze  Brauerei  dorthin  übersiedelte. 
Neue  Gebäude  wurden  von  Zeit  zu  Zeit  er- 
richtet, mit  dem  Resultat,  dass  die  gewal- 
tige Brauerei  jetzt  fünf  Blocks  bedeckt, 
einen  eigenen  Zugdienst  hat,  vielen  Hun- 
derten von  Arbeitern  Beschäftigung  gibt 
und  das  Aussehen  einer  kleinen  Stadt  hat, 
mit  einer  breiten  Avenue  —  nach  dem 
Gründer  Lemp  Avenue  genannt  —  längs 


dem  Riesenanwesen.  Die  Höfe,  von  denea 
aus  das  Bier  versandt  wird,  nehmen  ein 
Dutzend  Blocks  am  Fluss  und  am  Bahnge- 
leise ein,  und  mehrere  hundert  „Refrigera- 
tor-Cars"  sind  beständig  im  Dienst.  Die 
Produktion  ist  eine  ganz  enorme,  denn  ab- 
gesehen von  der  gewaltigen  Nachfrage  in 
Stadt  und  Staat,  wird  das  Bier  der  Wm.  J. 
Lemp  Brewing  Co.  nach  allen  Theilen  der 
Vereinigten  Staaten,  nach  Mexico,  nach 
Central-  und  Südamerika,  sowie  nach  Aus- 
tralien vereandt.  Ausser  der  Centralstelle 
in  St.  Louis  hat  die  Lemp  Brewing  Co. 
überall  in  den  Ver.  Staaten  ihre  Filialen 
imd  Depots.  Hunderte  von  Tonnen  Kunst- 
eis werden  überdies  täglich  in  der  Riesen- 
anlage der  Company  produzirt.  Herr  Lemp 
zeigte  stets  grosse  ]Menschenkenntni.ss  und 
ein  gesundes  Urtheil  in  der  Auswahl  seiner 
Assistenten  und  Untergebenen  —  nur 
durchaus  tüchtige  und  für  die  betreffenden 
Stellen  qualifizirte  Männer  wurden  von  ihm 
herangezogen.  Die  so  gewonnenen  Leute 
trugen  wesentlich  zu  dem  grossen  Erfolge 
des  Riesen-Etablissements  bei. 

Im  Jahre  1892  wurde  die  Brauerei  inkor- 
porirt  unter  dem  Titel  „William  J.  Lemp 
Brewing  Company"  mit  folgenden  Beam- 
ten: Wm.  J.  Lemp,  Präsident;  AVni.  J 
Lemp,  Jr.,  1.  Vizepräsident;  Louis  Lemp, 
2.  Vizepräsident ;  Charles  A.  Lemp,  Schatz- 
meister. 

Herr  W.  J,  Lemp  war  als  Aktionär  an 
Brauereien  in  Texas,  sowie  an  einer  Reihe 
von  Kunsteis-Fabriken  in  verschiedenen 
Staaten  der  Union  betheiligt.  Das  von  ihm 
bei  seinem  Tode  hinterlassene  Gesammtver- 
mögen  wurde  auf  rund  $24,000,000  ge- 
schätzt. Die  Hauptmasse  dieses  Riesenver- 
mögens vermachte  Herr  Lemp  in  seinem 
Testament  seiner  Wittwe  und  seinen  Kin- 
dern, während  die  von  ihm  schon  bei  Leb- 
zeiten unterstützten  Wohlthätigkeits-Insti- 


MS 

tute    mit    Legaten    bedacht    wurden.      Als  sen  Gesehäftsuntenu-hiiieu  als  Aktionär  \h-- 

Mitglied    der    Merehants'    Kxcliange    und  tlieiligt. 

Vizepräsident     wichtiger     Ivoniites     dieser  Am  '.i.  Dezemhi'r  ISdl  hatte  Herr  Leiii|» 

Körperseliaft    war    dir    \'(isti)rl)ene    stets  die  damalige  Miss  Julia  l'YMckert  zum  Altar 

darauf  bedacht,  die  industriellen  und  kom-  geführt.      Fünf   Söhne    und    drei    TcM-hter 

merziellen  Interessen   der  Stadt   St.   Louis  sind  dieser  Ehe  eutspros-scn,  \nid  von  ihnen 

nach  Kräften   zu   tT>rdfi-n.      Amli   ;in   zwei  h-bcn   noch:  AVm  .1.   Leiiip.  jr. ;   Lt»uis  F.; 


WM.    J.  LEMP. 

Bankinstituten  erster  Klasse  in  St.  Louis  Clu.rles  .\.   un,l    i:.l"i.,   A    Lomp;  f.Tuor 

war  Herr  Le,„p  interessirt.  und  zwar  als  .\nna,  Ga„i„  .1.^  Hrn.  A  .-xanaor  ho    a, 

Mitglied    der    Ersten    Nati,.nall«,nl<.    die  eines  Ak.,enn,akl,..^  u>  St.  Lou."i  "-l^'. 

später  in  der  Lafayette  Bank  auffing,  so-  die    Gattn,    d..    '■-'";""\™.  ^.^°',  J^lu 

wie  als  Direktor  der  „German  Savings  In-  l'abst,  eu.es  Sohne»  des  ^"  "  ";.2 

stitution".     Aus.serdem  war  der  Verstor-  erfiirsten.  sowe  d,e  jüngste  T-n-htcr,  Kl«« 

bene  noch  an  verschiedenen  hiesigen  gros-  Lcmp. 


BS 


944 


VICTOR  SCHLITZ. 


Offizier  im   deulsch-franzoesischen    Kriege.    Gross- Schatzmeister   de»   Ordens  der  Hermanns-Soehne  im  Staate   Wisconsin 
und    einer   der   angesehensten    deutsch-amerikanischen    Ceschaeftsleule   der    Stadt    Milwaukee. 


Victor  Schlitz  wurde  am  15.  Oktober 
1849  zu  Mainz,  Grossherzogthuni  Hessen, 
geboren.  Nachdem  er  das  Real-Gymnasium 
zu  Mainz  absolvirt  hatte,  erlernte  er  die 
Kaufmannschaft  und.  um  seiner  Militär- 
pflicht Genüge  zu  leisten,  trat  er  im  Jahre 
1869  als  Einjährig-Freiwilliger  in  das  2. 
Posener  Infanterie-Regiment  No.  19  ein 
und  diente  während  des  siegreichen  Feld- 
zuges 1870 — 1871  als  Lieutenant  des  3ten 
Hessischen  Infanterie  Regiments  No.  117 
(Leib-Regiment). 

Im  Jahre  1872  wanderte  er  nach  Ame- 
rika aus,  kam  direkt  nach  INIilwaukee,  Wis., 
und  trat  in  das  Wholesale  Wein-Geschäft 
seines  Vaters  Charles  Schlitz,  welches  von 
dessen  Bruder  John  Schlitz  im  Jahre  1869 
gegründet  und  geführt  wurde. 

Im  Jahre  1879  übernahm  Herr  Victor 
Schlitz  das  Geschäft  auf  seine  eigene 
Rechnung;  dasselbe  besteht  heute  noch 
unter  dem  Firma-Namen  Victor  Schlitz, 
Importer,  Distiller  &  Wholesale  Dealer  in 
Wines  and  Liquors. 

Er  nahm  an  allen  deutschen  Bestrebim- 
gen  einen  sehr  regen  Antheil,  besonders  an 


(U'iii  deutschen  Orden  der  Ilerinann's 
Söhne,  wo  er,  bereits  seit  :J;3  Jahren  ein 
thätiges  Mitglied,  alle  Ehrenstellen  innege- 
habt hat  und  seit  fünfundzwanzig  Jaiiren 
Gro.ss-Schatzmeister  des  Ordens  vom  Staate 
Wisconsin  ist.  Der  Orden  verdankt  seinem 
thätigen  ]\Iitgliede  sehr  viel. 

Er  war  Mitgründer  der  West  Side  Bank 
von  ]\Iilwaukee  imd  seit  1895  Direktor  der- 
selben. Victor  Schlitz  ist  der  Neffe  von 
Joseph  Schlitz,  Gründer  einer  der  grösstcn 
Brauereien  der  Welt  (Jos.  Schlitz  Brewing 
Company)  und  ist  heute  noch  Theilhaber 
derselben. 

Auch  ist  Herr  Victor  Schlitz  einer  der 
Gründer  der  Lake  Side  Distilling  Com- 
pany, deren  Fabrikanlage  eine  der  best- 
und schönsteingerichteten  Distillerieii  in 
den  Vereinigten  Staaten  ist. 

Er  gehört  zu  einer  grossen  Anzahl  deut- 
scher Vereine  und  ist  stets  für  die  deutsche 
Sprache,  Sitten  und  Gebräuche  eingetre- 
ten, und  wo  innuer  es  galt,  das  Deutsch- 
thum  zu  fördern,  war  er  stets  zur  Stelle. 


«♦4:. 


CASPAR   DETHARD  BOISSELIER. 


Wohl  Wcnijrt'  können  mit  ^rösscn'in 
Rechte  Anspruch  auf  die  Bezcichiunitr 
., Deutsch-Amerikaner"  erheben  als  Herr 
Caspar  Dethard  Hoisselier.  einer  der  tüch- 
tifT^ten.  aiifjesehensten  inul  erfol^'reichslen 
Architekten  in  St.  Louis.  Kr  jreliört  zu  den 
hierzuland«'  «rel>oreuen  Söhnen  d«Mitscher 
Klterii.  die,  dank  der   Ausliildun'fT.   welche 


Merlin,  worauf  er  im  Mai  1875  naeli  winer 
(}ehurt.ssta<lt  St.  Louis  zurückkehrte.  Nach- 
dem er  als  erster  Zeichner  luid  AmiKtPiit 
hei  vei"schietlcneii  Architekten  da.<iell>st 
thälitr  war.  wurd«-  er  'i'hcilhahcr  «ler  Arehi- 
lekten-Kirma  K.  Junucnfchl  &  Co..  später 
..W'idmann.  Walsii  &  Hoisselier".  Im 
Jahre  liKKi  efalilirte  sich  auf  cit'cnc  K«M'h- 


CASPAR    DETHARD    BOISSEUER.    HERVORRAGENDER  ■ARCHITEKT 

IN   ST.    LOUIS. 


sie  erhalten  haben,  dem  deutschen  Nanjcii 
in  Amerika  P]hre  machen.  Kr  erblickte 
am  14.  Oktober  1854  in  St.  Louis  das  Licht 
der  Welt,  ging  aber  schon  im  dritt<'n  Le- 
bensjahre mit  seinen  Klteni  nach  Deutsch- 
land, woselbst  er  seine  P^rziehung  und  Aus- 
bildung zum  Architekten  genoss.  Drei 
Jahre    laug    studirte    er    eifrigst    bei    dei 


iiung  als  Architekt.  Während  der  W.-It- 
ausstellung  in  St.  Louis  war  Herr  Hois- 
selier   Mitglie<l    der    .\rehitektenKommis- 

sion. 

Herr  H<.is.selier  ist  zur  Zeit  Mitvrlied  von 
iicht  Vereinen  luid  erfreut  sich  s.-ines  auf- 
ri.htigen,     biederen     und     recht.M-hafTenen 


danre    Jaug    siucunc    er    eim^-^i    .         u  ^.i,..,.i,»,,i,ir 

ArchitekteD-Fir„>a   Ende  &  Uück.uauu   ...      Wcscus  halber  aUBeuuMner  Uo..h«.  htunK. 


946 


EIN  WORT  UEBER  FLEISCHMANN'S. 


Es  oricbt  wohl  keinen  Iliiusliall-I^etliii'rs- 
Artikel,  welcher  weiter  hekiuiiit  ist  oder  an 
Iiaektap:en  in  iler  Familie  allgemeiner  l)e- 
nützt  wird  —  in  Bäekereien  jeden  Tag  — 
als  Fleisehmann's  Hefe. 

In  jeder  Stadt,  in  jedem  Orte  in  den 
ganzen  Vereinigten  Staaten,  iji  Kanada 's 
Provinzen,  in  Kuba,  I\Iexiko  nnd  Porto  Kieo 
ist  Fleisehmann's  Tiefe,  speziell  für  den  Ge- 
hraneh  der  spai-samen  Uansfran  oder  des  er- 
folgreichen Packers  zubereitet,  zn  haben. 
Der  Einführung  der  Presshefe  (Conipressed 
Yeast)  in  diesem  Lande  ist  die  bedeutende 
Verbesserung  in  der  Qualität  des  Brotes,  die 
seit  vielen  Jahren  beobaehtet  werden 
konnte,  zuzusehreiben.  Seinen  Einführen! 
haben  die  Hausfrauen  und  Bäcker  im  All- 
gemeinen daher  ein  gut  Theil  des  Erfolges 
zu  verdanken,  der  ihnen  die  Qualität  des 
Brotes,  des  ., Lebens  Stütze",  verbessern 
half. 

Die  Fabrikation  von  Presshefe  wurde  in 
diesem  Lande  zuerst  vor  etlichen  fünfzig 
Jahren  von  Charles  und  IMaximilian 
Fleischmaini  begonnen,  die  sich  schon  in 
Europa  mit  der  Herstellung  dieses  Arti- 
kels befasst  hatten,  alhvo  Pres.shefe  schon 
seit  dreiviertel  Jahrhundert  als  Hebemit- 
tel für  Brod  etc.  benützt  wurde.  Sie  be- 
gannen das  Geschäft  unter  dem  Firmen- 
Namen  Fleisehmann  &  Co  in  Cincinnati, 
Ohio,  und  eröffneten  später  eine  Fabrik  in 
der  Nacld)arschaft  von  New  York.  TTni 
den  Artikel,  den  sie  herstellten,  einzufüh- 
ren und  das  amerikanische  A^'olk  mit  seinen. 
Vorzügen  bekannt  zu  machen,  wurde  die- 
ser Kontinent  in  zwei  Sektionen  getheilt  — 
der  westlich  des  Allegheny  Gebirges  gele- 
gene Theil  wurde  von  Cincinnati  aus  von 
dem  \niter  der  persönlichen  Leitung  des 
Heri-n  Charles  Fleischmann  stehenden 
Zweig  der  Firma  gedeckt,  während  der 
östlich  von  der  Trennungslinie  gelegene 
Theil  unter  der  Leitung  des  Herrn  Maxi- 
milian Fleischmann  stand. 


im  .lahre  ]^1'A  wurde  Herr  .Jaiiies  H. 
Gaff,  ein  bekanntei-  Kajiitalist  von  Cincin- 
nati. in  die  Firm.i  aufgenommen,  die  dami 
den  Xamen  Gaff,  Fleisclniiann  &  Co.  er- 
hielt. Herr  Gaff  starb  im  Jahre  1879,  aber 
die  Firma  wurde  unter  demselben  Namen 
fortgeführt  bis  1883,  in  welchem  Jahre  die 
Herren  Charles  und  ^Maxinulian  Fleiseh- 
mann den  Antheil  der  Frau  Gaff  käuHidi 
erwarben  und  den  Firmaiuunen  wieder  in 
Fleischmann  &  Co.  umänderten.  Das  Ge- 
schäft wurde  unter  diesem  Namen  fortge- 
führt bis  L  ]Mai  1905,  als  die  Firma  unter 
den  Gesetzen  des  Staates  Ohio  als  ,.The 
Fleischmann  Co."  inkorporirt  wurde. 

Herr  IMaximilian  Fleischmann  starb  im 
IMai  1890,  Herr  Charles  Fleischmann  im 
Jahre  1897. 

Der  Präsident  der  neuen  Korporation, 
der  Achtbare  Julius  Fleisehmann,  ist  der 
älteste  Sohn  von  Charles  Fleisehmann. 
Herr  Fleischmann  hat  ausgedehnte  Ge- 
schäftsinteressen. Er  ist  aktiv  an  mehreren 
grossen  T"''nternehnumgen  hetheiligt,  ist  Di- 
rektor mehrerer  Banken  und  nimmt  auch 
am  politischen  Leben  regen  Antheil.  Er 
wurde  im  Jahre  1900  zum  Mayor  von  Cin- 
cinnati erwählt  und  wurde  nach  Ablauf 
seines  ersten  Amtstermines  wiedergewälilt. 
Zur  Zeit  seiner  ersten  Erwählung  war  er 
28  Jahre  alt  und  w^ar  mithin  der  jüngste 
Mayor.  den  Cincinnati  je  gehabt  hat.  Trotz 
der  riesigen  Anforderungen,  die  von  seinen 
zahl  Teichen  T^ntemehmungen  an  seine  Zeit 
gestellt  werden,  steht  Herr  Fleischmann 
doch  in  engster  Verbindung  mit  den  gewal- 
tigen Interessen,  die  in  The  Fleisehmann 
Co.  repräsentirt  sind,  und  er  leitet  pei-snn- 
lich  die  Geschäfte  der  Korporation. 

Fleisehmann's  Hefe  wurde  zuerst  wäh- 
rend der  Centennar- Ausstellung  in  Phila- 
delphia im  Jahre  1876  im  ganzen  Lande 
bekannt.  Hier  war  eine  ausgezeichnete  Ge- 
legenheit geboten,  die  Vorzüge  von  Fleiseh- 
mann's Hefe  als  Hebemittel  über  irgend 


U47 


eine  andere  Sorte  dein  Pnhlikuiii  auf  prak- 
tiselie  AVeise  vor  Au^cn  /.n  fülinii.  Das 
Volk  l)ey:riff  diese  Vort heile  rasch,  mid  so- 
fort w.nrde  ilir  Gehraueh  ein  all^'enieiner. 
Das  Gesehäft  ist  mit  der  Zeit  voraiiffe- 
sehritten  inid  liente  ist  Fh'isehiuann 's  liefe 
so  zienilieh  jeder  Hausfrau  und  jedem 
Bäeker  im  Landt'  bekannt. 

In  der  New  York  ./rrilnnie"  vom  '_*7. 
Jaiuiar  IST?  sajrte  der  verstorhene  Tlnir- 
U)\v    \Veed    mit    IVzug   auf   Fleiselnuann's 

Hefe: 

„Es  steht  zu  holTen.  dass  die  ilel'e. 
welehe  soleh'  ausgezeielniete  Resultate  er- 
zielt, in  nieht  allznferner  Zukunft  von 
allen  Bäekern  des  Landes  z\n-  Ilei-stellung 
des  Brotes  benutzt  wird.  Die  «ranze 
menschliche  Familie  i.st  ge\vis.sermassen 
abhängig  von  dem,  was  von  der  höchsten 


Autorität  als  ..Stütze  des  lielM-lls"  l)e/.eirli 
net  wurde,  lirot  ist  der  eine  Artikel,  der 
unersetzlieh  ist.  Statt  d«*s  llleiwliwen-n 
StotTes,  d«T  «ler  \*erdauunjf  spottet  und 
niieht  liebes  Alpdrüekell  Ver\irs}|eht.  dlts 
wir  alle  kennen,  ktinnen  wir  jetzt  dem 
nieht  zu  fernen  Tajr  entj;ej»ensehen.  an  dem 
auf  jedem  aiiH-rikaniseheii  Tis«'h.  wie  in 
(  »eslerreieh.  bekönunliehes.  süvM-M  und 
nahrhaftes  Hrnt    pranp-n  wird." 

Die  l*nt|»hezeiunjr  <U*s  Herrn  WNmhI  ist 
längst  viillkommen  in  Krfüllung  gegangen. 
Heute  gieht  es  kiMue  Gros.sstadt.  Stailt  o«|«t 
selbst  Ortschaft  von  irgendwelcher  Bedeu- 
tung, die  nicht  ihren  Prozentsatz  von 
Bäckern  uiul  Hausfrauen  hätte,  die  sü.s.ses, 
leichtes  und  leicht  venlauliehes  Brot  her- 
stellen, und  das  Mittel,  welches  soh-h'  vor- 
zügliche Resultate  erzielt,  ist  Flei.seh- 
mann  's    Hefe, 


948 


PITTSBURGER    BRAUEREIEN. 


Independent  Brewing  Co. 

Das  Braiigeschäft  von  Pittsburg  war  und 
ist  noch  fast  ganz  in  den  Händen  von 
Deutselien.  und  Folgendes  möge,  so  weit  es 
die  vorhandenen  Qnelh>n  er]aul)ten,  als  ein 
ge.sehichtlieher  Auszug  dienen.  Im  Jahre 
1858  wurde  von  ]\Iartin  Heehelmann  und 
Co.  die  Löwen-Brauerei  gegründet  und 
20  Jahre  mit  mehr  oder  weniger  Erfolg  be- 
trieben; nach  Verlauf  dieser  Zeit  Avurde 
dieselbe  an  Damas  Lutz  verkauft.  Die 
Brauerei  befand  sieh  am  Fusse  von  Troy 
Hill  an  Vinial  Strasse,  AUegheny.  D.  Lutz 
war  schon  zur  Zeit  der  Gründung  der  oben 
genannten  Brauerei  in  Yerl)iiidung  mit 
Xav.  "Walz  im  Besitz  einer  nach  damaligen 
Verhältnissen  ganz  bedeutenden  Brauerei. 
Der  Name  war  Lutz  &  Walz  Brauerei.  Sie 
war  an  Ecke  von  Springgarden  Avenue  und 
Chestnut  Strasse  gelegen  und  befindet  sich 
heute  noch,  ganz  bedeutend  vergrössert.  an 
demselbe)!  Platze.  Im  Jahre  1804  ging  die 
Brauerei  in  die  Hände  der  D.  Lutz  &  Son 
Brewing  Co.  über. 

1886  wurde  von  Enz  und  Schäffer 
Gerst's  Ale-Brauerei,  an  Willow  Grove 
Station  gelegen  und  jetzt  zur  Vorstadt 
"Millvale  gehörig,  käuflich  übernommen, 
eine  Bier-  imd  Ale-Brauerei  eingerichtet 
und  1898  an  die  American  Brewing  Co. 
ausverkauft.  Unter  Leitung  derselben 
AMirde  sie  theilweise  umgebaut  und  sehr 
vergrössert.  Beamte  waren  folgende  Her- 
ren :  Präsident,  "W.  P.  Hanseil ;  Schatzmeis- 
ter. J.  H.  SchäflPer.  Sämmtliche  oben  ge- 
nannte Brauereien  befinden  sich  mit  Aus- 
nahme der  ..American  Brewing  Co."  in  der 
Stadt  AUegheny,  der  jetzigen  Nordseite 
von  Gro.ss-Pittsburg. 

1899  wurde  an  der  22.  Sti-asse,  .Südseite, 
von  einem  Konsortium  die  Duquesne 
Brauerei  errichtet.  Dieselbe  bildet  mit 
ihrem  grossen  Gebäude-Komplex  nicht  nur 
eine  imposante,  sondern  auch  architekto- 
nisch schöne  Brauerei.     Folgende  Herren 


sind  die  Beamten  :  Präsident,  Ilcniv  Miller; 
Sekretär,  Charles  E.  Succop  ;  Schatzmeister, 
Friedrich  Stuky.  Im  Jahre  1900  wurde  in 
^MeKees  Bocks,  einem  Vorort  im  AVesteu 
Pittsburgs,  die  erste  National  Brewing 
Co.,  mit  allen  modernen  Eini'iehtungen  ver- 
sehen, erbaut  und  zwar  unter  der  Leitung 
von  folgenden  Beamten :  V.  Wyst  Thal- 
man,  Präsident;  T.  F.  Keeling,  Schatzmeis- 
ter; John  Lang.  Sekretär.  Femer  wurden 
in  den  folgenden  Ortschaften  in  dem  Zeit- 
raum von  5  Jahren,  das  heisst  von  1900  bis 
1905,  folgende  Brauereien  eröffnet  und  in 
Betrieb  gesetzt :  Butler  Brewing  Co., 
Butler  Co. ;  Globe  Brewing  Co.,  IMononga- 
hela  City;  Andert<m  Brewing  Co.,  Beaver 
Falls;  New  Kensington  Brewing  Co..  New 
Kensington ;  Ilome  Brewing  Co.,  Brad- 
dock;  Charleroi  Brewing  Co.,  Charleroi; 
Chartiers  Valley  Brewing  Co.,  Carnegie; 
Ilome.stead  Brewing  Co.,  Ilomestead;  ^lo- 
nessen  Brewing  Co.,  ^Nlonessen,  und  Hill 
To])     Brewing     Co.,     Südseite     Pittsburg. 

Im  Februar  1905  wurde  die  Independent 
Brewing  Co.  inkorporirt.  Dieselbe  um- 
fasst  alle  oben  genannten  Kompagnien 
unter  der  tüchtigen  Leitung  der  folgenden 
Beamten:  Präsident.  John  Benz;  erster 
Vize-Präsident,  W.  P.  Ilansell ;  Vorsitzen- 
der, Anton  Lutz;  Sekretär,  John  H. 
Schäffer;  Schatzmeister,  Charles  E.  Suc- 
cop;  Verkaufs-Agent,  James  P.  ]\Iulvihill. 

Durch  Vereinigung  aller  dieser  Braue- 
reien unter  einheitlicher  Leitung,  und  zwar 
alle  mit  den  neuesten  Verbesserungen  ver- 
sehen, ist  die  Independent  Brewing  Co.. 
welche  ein  Kapital  von  .$1.3.500,000  reprä- 
sentirt,  in  den  Stand  gesetzt,  ihren  Kunden 
ein  gutes,  nahrhaftes  Produkt  zu  verabrei- 
chen;  sie  ist  im  Stande  eine  Million  Fa.ss 
jährlich  zu  brauen. 

Pittsburg  Brewing  Co. 

Im  Jahre  1832  wurde  von  John  N. 
Straub  eine  Brauerei  an  3.  Avenue.  Pitts- 
burg,  eingerichtet.     Nach  einigen  Jahren 


»4» 


wurde  dieselbe  nadi  Uhio  Strasse.  AUej^- 
lu'iiy,  verlegt,  und  zwar  unter  dem  Xamen 
National  lirauerei ;  benierK'i'nswcrtli  ist. 
dass  in  dieser  Brauerei  das  irstf  liagcrhier 
gebraut  wurde.  Im  -lalirc  1S!I(I  wurde  von 
den  Naebkommen  des  (»bcngcnannten  Jolui 
N.  Sti-aub  an  Liberty  Strasse,  !(!.  Ward, 
ein  l*raebtl)au  erricbtet  iiiitei-  dein  Xamen 
Straul)'s  Braiu'rei  und  mit  allen  damals  be- 
kannten modei'nen  Kini'iebtungen  verseilen. 
Die  Leitung  wui-de  gefülii-t  von  Ilerman 
Straub,  Präsident;  Ileni-y  ?\ieli(ils.  Sekre- 
tär, und  Josejib  Geyer,  Superinteiidenl. 

1845  war  Adam  Bäuerlein  im  liesitz  einer 
kleinen  Brauerei  mit  '^  Fass  Produktions- 
fäbigkeit  täglieli,  gelegen  an  ljil)ei-ty 
Stras.se,  zwiseben  i;^.  und  14.  Strasse.  Pilts- 
burg.  1868  bauten  die  Söbne  von  oben 
genannten  Adam  Bäuerlein  eine  neue 
stattliebe  Brauei-ei.  genannt  die  ,.Stai- 
Brauerei",  in  ^lillvale,  einer  Vorstadt 
Pittsburgs.  Die  Verwaltung  derselben  lag 
in  den  Händen  der  folgenden  Beamten : 
Christ.  Bäuerlein,  Präsident;  Adam  Bäuer- 
lein, Sekretär,  und  Friedrieb  Klussnuni, 
Superintendent. 

1852  wurde  von  C.  Eberbardt  die  Eagle 
Brauerei  an  Vinial  Strase.  am  Fusse  des 
Troy  Hill,  Allegbeny,  gegrüiulet.  Diese 
Brauerei  war  die  erste,  in  weleber  Dami)f 
als  bewegende  Kraft  angewendet  wurde. 
Sie  wurde  fortwährend  vergi'össert,  und  es 
erstand  im  Laufe  der  Zeit  aus  jenem  kleinen 
Anfang  die  berühmte  Eberbardt  &  Ober 
Brauerei  unter  der  Leitung  von  W.  Eber- 
bardt, einem  Sohne  des  Gründers,  und  J. 
P.  Ober. 

1858  gründeten  August  lUiveler  und 
Herm.  A.  ]\Iiller  eine  Brauerei  an  33.  und 
Liberty  Strasse,  Pittsburg.  Dieselbe  ging 
im  August  18G1  an  die  Firma  Frauenheim. 
Miller  &  Co.  über,  wurde  im  Jahre  1S(;4  als 
,,Iron  City  Brewery"  auf  Frauenheiin  und 
L.  Vilsak  übertragen.  18Sf)  wurde  diese 
Brauerei  als  Iron  City  Brewing  Co.  iiikor- 
porirt  und  zwar  mit  folgenden  Beamten  : 
E.  Frauenbeim.  l'räsident;  L.  Vilsak.  Vi/.e- 


rräsiibiit,  und  A.  Frauenheiin,  Sokretär 
und  Scliatziiieister.  Das  (J^srhiift  llorirl«; 
ganz  bedeuten«!;  infolge  d<'s.M«n  wurden 
gros.se  Neul>auten  errichtet  und  Verbindun- 
gtn  mit  d.iii  rilt.sburger-KJKeidiahn-NVtz 
iitrgestellt,  so  «hiss  die  Hnuierci  eim«  der 
grö.ssteii  im  Staat«'  ist 

185'J  wurde  t'ine  kh'ine  liraiiirrui  von  den 
Hrüd.rii  (n-org  und  Philipp  (lenit  in 
Spriiigg.irdeii  Avenue,  in  dem  damaligen 
Ki'serve  Townsiiip  gelegen,  errichtet.  Durch 
N'erkauf  in  1883  wurde  <ler  Name  iu  Hopf, 
Koth  &  ('«».  umgt'wandclt.  Kin  .lahr  später 
trat  Isaak  Ilipply  in  das  (i«>schäft,  und  der 
.\ame  der  Firma  war  nun  llijiply  &  II»)pf ; 
ISST  wurde  die  Brauerei  durch  Feuer  voll- 
ständig zerstört  und  ein  Neubau  unter  der 
liciluiig   \iiii    Iliiiply    uml    Sohn   errichtet. 

Im  Jahre  1858  wurde  von  den  Herren 
Leonbart,  SehlafTner  und  Wei.'i.ser  die 
Amber  Biviuerei  gegründet.  Si«»  ging  in 
]S(iO  in  die  Leitung  von  F.  L.  über  und 
Bruder  über  und  wurde  unter  dem  Namen 
F.  L.  Ober  &  Brother  Bn-wing  Co.  1H8Ü 
inkorporirt. 

1883  wurde  von  diii  (iebrüdcrn  Michael, 
AVolfgang  luid  Alois  Winter  die  Keichen- 
baeh'sehe  Brauerei,  an  d-r  'J7.  Stra.sse, 
Süd.seite,  gelegen,  gepachtet  und  wurd»*  so 
erfolgreich  verwaltet,  dass  nach  Ablauf  von 
drei  Jahren  die  oben  genannten  Brüder  im 
Jahre  188t)  an  der  LM.  Stra.s.se,  Sü«lseite. 
Pittsbnrg,  eine  schöne  gi(»s.se.  mit  <len 
neuesten  Verbe.s.sennig«'n  vei*sehen»'  Braue- 
rei erbauen  konnten.  Die  Beamten  waren 
folgende:  Michael  Winter,  Präsident; 
Alois  Winter.  Schatzmeister,  uiul  Wolfgang 
Winter,  Superintendent. 

ISST  wiinle  die  Keyslone  lirauerei  an 
Carson  und  32.  Stra.sse,  Süd.seite,  Pitts- 
bürg,  erbaut  ;  dicselbi'  erhielt  alle  mcKJer- 
iicn  Kinrichtungcii  und  stand  unter  der 
Leitung  folgender  heaiiiten :  Mdijainin 
Schmidt.  Präsident;  J«>seph  Lantner.  Vi«e- 
l'räsiih'iit.  und  William  Kusk«'.  Sekretär 
und   Schatzmeister.      ISDI    vuid.'  vnn   .leii 


9^0 


Herren  Drabner  und  F.  W.  I\Iüller  die  an 
der  Ecke  von  L*4.  und  Sinalliiuni  Strasse 
gelegene  Phönix-Brauerei  käufii<'li  über- 
nommen. Sie  wurde  tbeilweise  umgebaut 
und  mit  den  neuesten  Einrielitungen  ver- 
sehen. Im  Februar  1899  wurde  die  Pitts- 
burg Brewing  Co.  inkorporirt  und  zwar 
unter  der  Leitung  folgender  Herren  :  F.  W. 
]\Iüller.  Präsident;  L.  Vilsaek,  Vize-Präsi- 
dent; W.  Ruske,  Sekretär;  J.  P.  Ober, 
Sehatzmeister;  Ilerman  Straub,  General- 
Superintendent.      Die    Pittsburg    Brewing 


Co.  besitzt  ein  Kapital  von  1^19,500.000  und 
eine  Produktionsfähigkeit  von  l.öOO.OOO 
Fass  Bier  jährlicli.  Ausser  den  oben  be- 
sehriebenen  Brauereien,  welclie  sich 
sännutlich  an  die  Pittsburg  Brewing  Co. 
angeschlossen  und  verschmolzen  liabcn,  ist 
dieselbe  nocli  in  dem  Besitz  von  Zweig- 
Brauereien;  (liesclhcn  befinden  sich  in 
folgenden  Ort.schaften  und  Vorstädten : 
^IcKeespoi't.  l'iiiontown,  Latrobe,  Connels- 
ville,  Jeanette,  Mt.  Pleasant  und  Lawrenee- 
ville. 


SCHUETZ.   RENZICHAUSEN   &   CO. 


Diese  P'irma  ist  eine  der  ältesten  deut- 
sehen Firmen  im  Engros-Geschäfte  und 
gleichzeitig  der  bedeutendste  Importeur 
von  Spirituosen  und  Getränken  in  Pitts- 
burg und  West-Pennsylvanien,  ebenso  die 
einzige  Firma,  die  seit  der  Gründung  kei- 
nerlei Wechsel  in  der  Geschäftsführung 
vorzunehmen  sich  gezwungen  sah.  Gegrün- 
det am  1.  Dezember  1879  von  den  Herren 
Henry  Sehuetz,  jr.,  Frederick  Christian 
ßenziehausen  und  Fred.  Guedeman,  bezog 
die  Firma  Frühjahr  1905  das  9stöekige  Ge- 
bäude, 427  Liberty  Avenue,  das  sie  ganz 
allein  in  Anspruch  nahm.  Leider  wai-d 
Herr  Fred.  Guedeman  im  Jahre  1892 
durch  frühzeitigen  Tod  dahingerafft,  wo- 
rauf Schuetze  und  Renzichausen  des  Ver- 
storbenen Antheil  kauften  und  das  Ge- 
schäft in  unveränderter  Weise  weiter- 
führten. 

Die  Gründer  der  Firma  wurden  in 
Amerika  geboren,  Herr  Guedeman 's  Eltern 
jedoch    kamen    aus    Deutsehland.      Herrn 


Sehuetz 's  Eltern  sind  Rheinpfälzer,  Herrn 
Renzichausen 's  Vater  ist  Ilainioveraner 
und  seine  Mutter  von  ^lecklenburg. 

Bezüglich  des  Geschäftes  sei  erwähnt, 
dass  die  Firma  wegen  der  Qualität  und 
Reinheit  ihrer  Waaren  sich  des  besten 
Rufes  erfreut,  da  sie  ja  nur  von  den  Fabri- 
kanten und  besten  Quellen  direkt  bezieht. 
so  z.  B.  Weine  und  Mineralwa.sser  von 
Deutschland,  Ciaret  und  Champagner  von 
Frankreich,  Gin  und  Cordials  von  Holland. 
Sherry  von  Spanien,  Port  von  Portugal. 
Seotch  von  Schottland  und  Irish  von 
Ireland. 

Die  Herren  Henry  Sehuetz  und  F.  C. 
Renzichausen  sind  ^litglieder  der  besten 
deutsehen  Gesellschaft,  von  Gesang-  und 
Turn-Vereinen ;  sie  haben  stets  regen  An- 
theil an  der  Entwicklung  des  Deutsch- 
thums  der  Stadt  genommen  und  sich  jeder 
Zeit  mit  offener  Hand  hilfsbereit  und  wohl- 
thätig  erwiesen. 


BIRMINGHAM   FEUER-VERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT. 

Die    ßinninghani    Feuer- Versicherungs-  Di'-  .j«'t/ij,'en  Roamt^n  sind :     Herr  Chiw. 

Gesellsehaft     in     Pittsburj,'    zeic-liiu't     sich  .M.-lliii).r,    l'HLs.;    Wm.    Kn.sk.'.    Vi/..'.l'riüi.i 

tluivh  reelles  FiiiKlamciit  aus.  Die  Zahlung;  Iv   (J.    Sclu.lz,.,   S.-krHiir;    J..lm    liu«l.)li)li* 

einer    halb.jährliehen    Dividende    von    10',  S..|iiit/.ni.'i.ste^  nnd  die  Dir.'ktor.'H :  Lwiih! 

beweist,   dass   das   den    Beamten    enlt,'cjrcn-  KanfiiiaiMi,  Fred,   liiihlrr,  l\-{.  .1.  Kwliiig, 

tjebraeliti"     Vertrauen     gereehtferti-rt      ist.  (;.■<..    'Pocrgc,    (ico.    llofnieLstcr.   .I..lm    Sei' 

Gegründet     am     20.     August      1S71      mit  r.rlli,  John  Kndolph.  Cha.s.  Srhim'lz,  Wiii. 

einem    Kapital    von    $10(M)()0    wurde    da.s  Henning,  (i.-o.  Di.  hl.     Aenderungen  in  der 

Kapital  auf  $200,000  im  näehstcn  Jahre  er-  Leitung   landen   slatl    im   .lahre    IST.'),   als 

höht,  27.  Dezend)er  1872.     Die  Gesell.sehaft  der  .jetzige  l'riLsident.  Herr  Clias.  Melling. 

zeiehnet  .jetzt  einen  Uebersehuss  von  $i:i8.-  da.s  erstemal  al.s  Präsident  erwählt  wurde, 

4;^•{  und  die  Bezahlung  der  10';    Dividende  tlaiin  In  .hihre  .später,  IHH.'».  und  ikm-IimiuIs 

ist  seit  Januar  li)07  in   Ki-aft.  1887.  als  Herr  F.  G.  Öehoize  zum  S<'kretär 

Die  ersten  Beamten  waren:  Herr  John  P.  gewählt   wnrde.  welche  Stelle  er  jetzt  n<K-h 

Heisel,   Prtls. ;   Cha.s.   Foerster,   Vize-Präs.;  bekleidet. 

Fred.    ^Maul,    Sehatzmeister;    Wm.    Ruske,  Die  Gesellschaft  ist  am  4.  Dez.-mber  1!>(>4 

Sekretär,  und  die  Dii-ektoren:  Ernst  Kolu--  in   ihr  eigenes,  neugebante^.  prakti.s<'h  und 

ka.ste,    John    Eitenmiller,    Bendi.    Krugh,  geschmackvoll    eingerichtetes    Heim     1812 

Adam   Krugh,   (J.    II.   Anderson,   John    B.  (Uirson    Str.,    einzogen,    ein    zweisÜM-kiges 

Lutz,  Geo.  Engelking,  Gg.  Kiefer.  Backsteingebäutle  mit  Steinverzierung. 


WM.  F.  BENKISER. 

Ein  Beispiel  deutschen  Unternehmungs-  seren  Städten  Europas,  Afrika.s,  Austra- 
geist es  und  Energie  bietet  die  .4  «.s'////u//.sc/<r  liens  und  Chinas;  sie  finanziert  Lieferun- 
AbtJuiluiig  der  First  National  Bank  of  gen  vom  uiul  in  das  Ansland.  hat  ihr 
Pittsburg.  Als  Wechsel-  und  Sehift'ahrts-  eigenes  Kredit-Brief-System  üljcr  die  Welt 
Gesellschaft  ursprünglich  von  dem  öster-  und  besorgt  Erbsehafts-Kollektionen. 
reichischen  Konsul  ]\Iax  Schamberg  im  Die  First  National  Bank,  mit  einem  Ka- 
Jahre  1866  gegründet,  übernahm  Herr  J.  pital  und  Tebersehuss  von  $:},211,(MM»  und 
E.  Hirech  1887  die  Leitung.  Im  Jahre  Aktiva  von  $21,000.000  vollendet  z.  Z.  ihr 
1901  wurde  das  Geschäft  der  Firnui  Max  eigenes  östöckiges  Ge.sehäft.s-Gebäude  an 
Schamberg  &  Co.  von  der  Fii-st  National  Wood  und  .">.  Avenue.  aus.sehlies.slieh  für 
Bank  käuflich  erworben  und  die  Führung  eigenen  Gelirauch.  und  wird  hier  beson.lers 
Herrn  Win.  F.  Benläscr  aus  Stuttgart,  Kücksi<-ht  auf  dii'  Auslämli.sche  Abth.-ilunR 
Württemberg,  anvertraut.  Herr  Benkiser  genommen.  das.s  es  di«-  vollkommenste, 
war  bereits  seit  10  Jahren  mit  der  Firma  gr(is.ste  und  modern.sfe  Einrichtung  erhält. 
verbunden.  Unter  Herrn  Benkiser 's  Lei-  Alle  Bequemlichkeiten  für  Durclm'isende, 
timg  gewann  das  Geschäft  so  an  Ausdeh-  und  vorzüglich  für  Damen,  werden  berüek- 
mmg,  dass  die  Anzahl  seiner  Angestellten  sichtigt:  alle  bedeutenderen  Zeitungen 
von  7  auf  37  anwuchs.  Europas  luul  Amerikas  liegen  auf  uiul  alle 

Die  Bank  repräsentirt  jetzt  alle  Schiff-  Auskunft   und  rntei-stüfzung  wird   Frem- 

fahrts-Linien,  hat  Guthaben  in  allen  gros-  (h-n  un.l  Ausländern  zu  theil. 


9S2 


C  A.  HARTMANN. 


Ein  lierber  Vorlust  für  das  hiesige  Ver- 
einslebcn,  speziell  für  die  versehiedeneii 
(JesiiiifTvereine  Philadelphias,  war  es,  als 
Ilt'n-  ('.  A.  Ilartiiiaiiu.  der  «reniale  Musiker 
und  Vereins-Diri^ent.  nach  langjälirij^er, 
äussei-st  erspriessl icher  Thätigkeit  sich  mit 
dem  1.  .lanuar  1!»0S  ganz  vom  hiesigen  Ver- 
einsleben zurückzog,  um  mir  noch  seiner 
Familie  und  seiner  Kunst,  sowie  seinem  Be- 
rufe als  Musiklehrc)-  zu  leben. 


C.    A.    HARTMANN. 

Herr  C.  A.  Ilartmann  wurde  am  10.  ]\Iai 
1859  hier  in  Philadelphia  geboren.  Sehon  in 
frühester  Jugend  bekundete  er  ein  beson- 
sonderes  Talent  für  ^lusik.  Singen  war 
sein  grösstes  Vergnügen.  Im  Jahre  1871 
übernahm  Herr  James  Pearce,  Chordiri- 
gent an  der  St.  Markus  p]piskopalkirehe, 
den  Gesangs-Unterricht  des  damals  zwölf- 
jährigen Knaben,  der  von  seinem  13.  bis 
zum  15.  Jahre  Sopran-Solist  des  Knaben- 
chors  der  St.  Markus-Kirche  (beiläufig  ge- 
sagt, des  ersten  Knabenchors  in  Amerika) 


wai-  und  ein  höheres  TJchalt  bezog,  als 
irgend  einem  Knaben  vor  oder  nach  ihm  in 
einer  Philadelphier  Kirche  bewilligt  worden 
ist.  Späterhin  nahm  der  junge  Ilartmann 
dann  eine  Stellung  in  der  St.  Clenicii.s- 
Kirche  unter  Leitung  von  W.  W.  (lilchri.st 
an.  in  der  er  mehrere  Jahre  hindurch  ver- 
blieb. Gleichzeitig  studirte  er  Vokal-  und 
Instrumental-]\Iusik  bei  den  besten  Lehrern 
in  der  Stadt.  Ln  Jahre  1884  gab  Ilorr 
Ilartmann  seine  Stellung  in  einem  hiesigen 
kaufmännischen  Geschäft  auf,  um  sieh  au.s- 
schliesslich  dem  Berufe  eines  ]\Iusikers  zu 
widmen.  Kurz  nachdem  er  zum  Musik- 
Direktor  der  Liebhaber  -  Orchester  -  Gesell- 
.schaft  von  Philadelphia  und  mehrerer  an- 
derer Organi.sationen  ernannt  worden  war. 
erhielt  Hr.  Hartraann  im  Herbst  1886  einen 
Ruf  nach  Brooklyn,  um  die  Leitung  eines 
dortigen  angesehenen  Gesangvereins  zu 
übernehmen,  lehnte  jedoch  ab  und  beklei- 
dete von  da  ab  Dirigenten-Stellen  in  meh- 
reren Vereinen  in  Philadelphia  und  Tnige- 
gend,  sowie  in  Trenton.  Im  Frühjahr  1889 
dirigirte  er  den  grossen  Chor  von  500 
Stimmen  bei  Gilmore's  ^Nlaifest.  das  vom 
25.  bis  28.  Mai  in  der  hiesigen  Acadeniy  of 
^Insic  abgehalten  wurde.  Bei  den  Vorbe- 
reitungen für  das  16.  Nationale  Sängerfest 
in  Xewark  ersuchte  ihn  der  Festdirigent. 
Herr  Franz  van  der  Stucken,  die  Einübung 
der  Massenchöre  bei  den  Vereinen  in  Penn- 
sylvanien  und  Delaware  zu  übernehmen. 
Nach  dem  Sängerfest  erhielt  Herr  Ilart- 
mann vom  Beethoven  >\Iännerchor  in  New 
York  einen  Ruf,  dem  er  folgte  und  dem 
Verein  2i/>  Jahre  lang  (1892,  '93  und  '94) 
als  Dirigent  vorstand.  Der  Verein  wün.sch- 
te,  dass  Herr  Ilartmann  ganz  nach  New 
York  übersiedle,  und  bot  ihm  deshalb  ein 
festes  Engagement  für  volle  zehn  Jahre  an, 
was  Ilartmann  jedoch  —  da  er  sein  schönes 
Heim  und  seine  grossartigen  Verbindungen 
in  Philadelphia  nicht  aufgeben  wollte  — 
dankend  ablehnte. 


M3 


Später  war  Herr  Hart  mann  Diri{i;tMit  dos 
Philad('l]iliia  (^nartett-Klul)s,  dos  Concor- 
dia  (iosaiiirviTciiis.  dos  Solnvoizor  Müiiikm'- 
ohors,  doi-  GosanirssoUtion  der  Phila.  Tui-n- 
<roiiiointlo,  dos  Ganil)rinus  Sä iifjjor kränz  so- 
wie der  Voroiniijten  Sän}j:or  von  IMiiladol- 
phia.  Alle  diese  Vereinte  lial)on  unlor  sei- 
ner Leitung  grosse  l^oliobthoit  und  einen 
beneidenswerthen  Ruf  erlangt. 

Herr  Ilartnuinn  ist  seit  1890  mit  Anna 
Katharina  Dorner  aus  Philadelphia  vorhoi- 
rathet.     Der  Ehe  entstannut  eine  Tochter. 


Der  Vater  C.  A.  Ilartiuanns,  ein  WeJier 
von  Profession,  war  cinor  der  Froilu'itK- 
känipon  dos.Iahros  1H4H.  Im  Mjii  1H4H  vrr- 
liess  dei-sellM-  seine  IFeimath  KiKonaoh  in 
'riiiiringon  inid  landeto  am  .{.  Juli  in  .New 
York.  Von  dort  kam  er  hierher  iiaeh  Phi- 
l;nirlp|iiii.  wo  ei-  im  kaufmännisehen  (Se- 
sehäft  t  hat  ig  war.  Für  (hts  (lesangs-Wi'sen 
hokundete  er  .stets  ein  hohes  Iriten'ss«'.  Kr 
war  Ehrenmitglied  des  ..Jungen  MäiUH-r- 
eliors".  der  ..Harmonie"  iuhI  des  ...\rion" 
in   Philadelphia. 


GOTTLOB    HAMMER. 


Gottloh  Hammer,  geboren  am  22.  Juli 
1863  in  Reutlingen,  Württemberg,  kam 
schon  als  Knabe  von  2  Jahren  im  Jahre 
1865  mit  seinen  Eltern,  Gottlob  und  Katha- 
rine  Hammer,  nach  Amerika.  Die  Eltern 
Hessen  sich  in  Philadelphia  nieder,  untl  der 
Vater  eröffnete  eine  Wirthsehaft,  bis  er  in 
1875  das  Germania-Theater  übernahm  und 
als  Direktor  desselben  fungirte.  Später 
ging  der  Vater  in 's  Wirthsgeschäft  zurück, 
übergab  aber  in  1887  das  als  Hammer 's 
Halle  bekannte  Geschäft  an  der  Dritten 
und  Noble  Strasse  seinem  Sohn,  Herrn 
Gottlob  Hammer,  der  dasselbe  bis  ymux 
Jahre  li)(l3  weiter  betrieb,  dann  aber  sieli 
in 's  Privatleben  zurückzog. 

Herr  Gottlob  Hammer  hatte  vollauf  Ge- 
legenheit, im  Verlauf  der  Jahre  sich  einen 
enorm  grossen  Bekanntenkreis  zu  verschaf- 


fen. Als  rnii-um  mag  ajigoführt  wonh-n. 
da.ss  er  nahezu  seohzig  Vereinen  und  Logen 
als  ^Mitglied  angehörte.  So  ist  er  einer  der 
Gründer  dos  Deut.sch  -  Amerikani.sehen 
^'olksfe.stvereins  und  seit  vielen  Jahren 
(le.s.sen  Präsident.  Lr  ist  ferner  Vize-Prä- 
sident dos  Männer('h(»i"s,  des  ältesten  deut- 
schen Gesangvereins  in  den  Vor.  Staaiton. 
Direktor  der  Deutschen  (losollsehaft  und 
Ehioiimitgliod  vei*schiodoner  Militärver- 
eino.  Als  der  Doutseh-Amerikani.seho  CVn- 
tralbund  in 's  Loben  gerufen  wurth»,  war  er 
einei-  der  oi'sten,  der  für  den.selben  Propa- 
ganihi  mathte,  und  es  hal)en  seitdem  nur 
wenige  Staat.s-  und  Xatioiud-Konvente  dfü 
besagten  Hundes  stattgefunden,  denen  er 
nicht  beigewohnt  hat.  Ks  war  daher  eine 
woiilverdiento  Auszei<'hinuig.  al.s  er  zu 
einem  iWr  Vize-Präsidenten  des  hienigon 
Zweiges  erwählt  wurde. 


954 


F.   A.   POTH. 


\ 


Drnusson   im   iiurchvestliclieii   Stadttheile  hrat-lit  und  die  Wissciiscliaft  für  das  Braii- 

von  Philadeli)liia,  in  jener  Gejrond,  die  den  ge\verl)e  erfunden  hat.     Im  Jahre  1865  hat    . 

Namen  Brewerytown  führt,  steht  lieute  auf  dort  ein  .Mann,  der  heute  allerdings  nicht    ' 

der  Stelle,  wo  im  Jalire   1865  eine  kleine  mehr  auf  Erden  weilt,  Herr  F.  A.  Poth, 


F.    A.    ROTH. 


Brauerei   eröffnet   wurde,   eine  grossartige  den  Grundstein  zu  einer  Brauerei  gelegt, 

Brauerei-Anlage,    ein    Etablissement,    das  die  heute  ein  Stolz  der  Brau-Industrie  Phi- 

mit  den  modernsten  und  besten  Einrichtim-  ladelphia  's  ist  und  die  zu  den  besten  und 

gen  versehen  ist,  welche  der  Fortschritt  ge-  bedeutendsten  Anlagen  ihrer  Art  im  ganzen 


956 


Lande  gezählt  wird,  eine  Anlapre,  die.  wa.s      Xord    33.    Stra.s.se,    vom    To,l,.    „l,lH.ruf,.n 
I  moderne   Einriditunjren   und   Vt'rl)e.s.serun       ward.'.   Il.-rr  Fri.'drich  A.   I'otli.  hatte 


am 


,  .    ,.  •• IIH.-      Hill 

^'.•n  anhetnrtt,  unter  den  crst.'u  Brau-Hta-  ü.  .Miir/  1S4()  zu  l'iniia.s..ns.  nah«.  Offruharh. 

I  blissenients  der  gnw/Am  AVclt  genannt   wer-  I.Mi.Mn|.falz.   ihis    I.irht    d.-r    \V..|t   ».pblifkt' 

den  muss.  K,,,!..  ,|,.,,  -,,,,.,.  ,j„|„.,.  ,.,,„,   ,.^  ^^^-^  ^.j^^^.^ 

I       Unter  unseren  alten  Mitbürgern  giebt  es  Klt.-rn    nach    Am.-rika   und   war  zuen<t   in 
I  noeh  Leute,  die  sich  .in  jenen  kleinen  An-  niederen  Siellungen  thätig.  bis  e.s  ihm  An- 
!  fang    erimiein.    wci.-lic    die    lirauerei    von  fang   .I.t   (lOer   .lahre    gelang,   sieh    wllwt- 
I  186Ö  draussen  an  ;^1.  und  Jeftenson  Strasse  ständig  zu  machen,  indem  er  eine  Wirth- 
I   noeh  im  Geiste  vorsieh  sehen.  AVenn  solche  schalt   an  der  Hcke  der  .{.  und  (innu  Str. 
'   Leute  heute  naeh  Rrewerytown  liinauskoiii-  iilicrnalmi.     Kr  lieg.ini,  ,hi.selbst  zuerst  für 
j   men,   dann   bleiben  sie  .staunend  vor  dem  den  eigenen  (iebrau<-h  liier  zu  brauen  und 
j   Rieseu-Eta])lissement    stehen,    das    nahezu  erstand  später  ein  (Jrundsliiek  an  der  Nord- 
zwei   .städtische    Hloeks    bedeckt    und    das  westecke  der  Ml.  uiul  .lelTei-smi  Str..  wo  er 
I    heute  unter  dem  Firma-Namen  F.  A.  Polh  nach  damaliger  Sitte  eim-n  Kelsenkeiler  nn- 
I   &  Sons,  Inc.,  Brcircrs,  weit  und  breit  be-  legte.     S|.äter  übertnur  er  dahin  die  lirau- 
!    kannt  ist.  erei.    und    aus    kleinen    .\n langen    wuchs 
'        Der    Gründer    der   bekannten    Brauerei-  daraus  eines  der  grössten    Brau-Ktabli.s.so- 
Firma  F.  A.  Poth  &  Söhne,  welcher  am  21.  ments  nidit   mir  dieser  Stadt,  soiulern  des 
Januar  1905  in  seiner  "Wohnung,  No.  21 G  Landes  empor. 


DIE   PETER  SCHEMM   BREWING  CO. 


in  Philadeli)hia.  welche  ein  Bier  bi-ant.  das  Tod.       Sein     Si.lin     führte     das     G<»sehäft 

von  deutsehen  Bierkennern   der  Stadt   dci-  weiter.      Kurz   v(»r  .seinem   im   Jahre   l!M)fl 

Bruderliebe  mit  Vorliebe  getrunken   wirtl.  erfolgte  Tode  verkauft«'  er  di«-  Brauerei  an 

hatte   in   Peter   Sehemm   einen   erfahrenen  die     Brauer     (Jebrüder     Sehmiiit.       P«'ter 

deutsehen  Brauer  zu  ihrem  Gründer.     Kr  Sehemm  .ir.  war  der  Besitzer  einer  gnwtsi'n 

fand  auf  tragische  AVeise  im   Niagai-a   den  und   wert  livolh-n   (iemähleSamndung. 


956 

FRIEDRICH   MAYER. 

Der  Begruender  der  nach  iKm  benannten  grossen  Schuhfabriken  in  Milwaukee  und  Seattle. 

Als    T')ciikiii;il('r   (Icutschcii    Floisses   und  die   Eiierf.'ie  und  den   Mutli   in  sich  fühlt. 

dt'utschiT  Strt'l)Sinnk('it  kömicn  die  grossen  die  sich  ihm  ('iit<;('^('iistcncii{lcn  Schwierip- 

.Mjiycr'sclicn   Schuh fühi-ikcii   in    Milwaukoo,  kcitcn    zu    ühci'winih'n    und    (h'r    Schiiiicd 

Wis..   und   in   Seattle.   Wasli..   insofei-ii  jjel-  seines  (iliu-kes  zu  sein  aus  eif^ener  Kraft, 
tcn,  als  der  Gründer  dei'selhen.    Friedrich  Friedi-ich    Mayer  kam  als  junger  Maini 

Mayer,      aus     eigener      Kraft     sich      eni-  im      Mai      1S51      aus     seiner     Vaterstadt 


FRIEDRICH    MAYER. 


porgearbeitet   hat,    aus   dem    Kampf   um 's      Nierstein,  Hessen-Darnistadt,  hierher  nach 


Dasein  als  Sieger  hervorgegangen  ist  und 
bewiesen  hat,  dass  Amerika  nicht  allein  das 
Land  der  unbegrenzten  Mögliclikeiten  ist. 
soweit  seine  Hilfsquellen  in  Betracht  kom- 
men,   sondern    auch    das    ]jand    des    unbe- 


Amerika.  Er  wandte  sieh  sofort  naeh  Mil- 
waukee, Wis.,  wo  er  als  Geselle  bei  dem 
Schuhmacher  R.  Suhm  Arbeit  fand. 

Der   l'nternehnunigsgeist,   der  den  jun- 
gen IMann  dazu  getrieben  hatte,  die  engen 


grenzten  Erfolges  des  Einzelnen,  wenn  er     Grenzen  seiner  Heimath  zu  verlassen,  um 


967 


nach  den  Ver.  Staaten  auszuwandern  und 
in  der  neuen  AVeit  sein  Glück  zu  suchen. 
war  es  auch,  welcher  ihn  schon  ein  .lalir 
später  veranlasste,  sich  eine  eijrcne  Werk- 
statt einzurichten,  in  der  er  Stiefel  und 
Schuhe  nach  ^lass  machte,  um]  zwar  in 
einer  Weise,  wie  dies  niu'  ein  deutscher 
Kunsthandwerker  versteht.  Die  Schuhe 
und  Stiefel,  welche  Friedrich  Mayer  seinen 
Kimden  anniass  und  für  dieselhen  verfer- 
tigte, waren  nicht  nur  von  bester  Qualität 


richtete,  in  der  Scjnihe  durch  Hand-  und 
Maschinenltetricl)  iierj;cstellt  wunh'n.  Kr 
hatte  von  .Xiifjuij;  an  Krfi»ltr.  und  trar  Itald 
wusste  man  üWcrall,  dass  die  von  F  Mayer 
fahriziiten  Srhulie  Kijrcnschiifteii  hatten, 
wie  sie  jinderwiirts  schwer  zii  tinden  wairen. 
Im  .lahre  IS'.IO  hatte  sieh  der  Uuf  d.-s  F. 
Mayer 'sehen  Fal»rikats  ül»er  die  ganzen 
Vereini«;ten  Staaten  verhreitet.  Die  Faltrik 
wurde  mit  liestelluntrcii  so  überhäuft,  ihiss 
Herr-  .Mayer  sich  f^enötlii|;t  sah.  seine  Fa- 


DIE    MAYERSCHEN    SCHUHFABRIKEN    IN    MILWAUKEE    UND    SEATTLE. 


und  gefälliger  Form,  sondern  sie  passten 
auch  stets  wie  angegossen,  und  Jeder- 
mann fühlte  sich  wohl  darin.  Friedrich 
Mayer  ^vusste  bei  Jedem,  der  zu  ihm 
kam,  „wo  ihn  der  Schuh  drückte",  und 
wusste  dem  abzuhelfen.  So  k;iiii  es  deiui 
auch,  dass  er  binnen  kurzem  derart  mit 
Aufträgen  überhäuft  war,  dass  er  dieselben 
kamii  mehr  bewältigen  konnte. 

In  1880  fing  Friedrich  Mayer  au  das 
Schuhgeschäft  im  grösseren  Massstab  zu 
betreiben,   indem   er  eine   Schuhfabrik   er- 


brikanlage  zu  erweitern.  Heute  umfa.s.sen 
die  Mayer '.seilen  Werke,  die  hier  im  Hihie 
den  Lesern  vorgeführte  gr«)s.M'  (lebäude- 
(Jrupi)e.  in  den  .Mayer 'sehen  Fabriken  in 
.Milwaukee  un.l  Seattle  können  täglich 
„iclit  weniger  als  !».(MM»  Paar  Schuhe  und 
Stiefel  liergestellt  w«'rden.  wozu  ein  ganze« 
Heer  V(.ii  .\rbeitern  erforderlieh  ist.  Nicht 
weniger  als  M  K4'isende  sind  in  '2i  Staaten 
,l,.r  Inion  mit  dem  Vertrieb  der  Mayer '■ 
sehen  Schuhe  beschäftigt. 


958 


Friodrich  ^liiycr  starb  am  Iti.  .Miiiv.  18!)3 
und  liinterliess  das  Ric'song:eschäft,"  das  er 
gt'^TÜndet  und  aufgebaut  liatte.  seinen  drei 
Söhnen  George  P.,  Fred.  J.  und  Adam  J. 
Mayer. 

"Was  Du  ererbt  von  Deinen  Vätern  hast, 
erwirb  es,  um   es  zu  besitzen"  —  diesem 


Gnuidsatze  folgten  die  Söhne  und  traten 
in  die  Fusstapfen  des  Vaters,  und  heute 
steht  da-s  ]\Iayer'sche  Unternehmen  wohl 
einzig  da  in  den  ganzen  Ver.  Staaten  und 
ist,  wie  schon  eingangs  erwähnt,  ein  Denk- 
mal deutsehen  Fleisses  und  deutscher 
Strebsamkeit. 


EKHARDT    &    BECKER     BREWING    COMPANY, 

EINE  ERFOLGREICHE  BRAUEREI-GESELLSCHAFT  DETROIT'S. 


Eine  der  renommirtesten  Brauereien  der 
Stadt  Detroit  ist  die  der  Ekhardt  &  Becker 
Brewing  Companj'.  "Wenn  auch  nicht  die 
grösste  Brauerei  der  Stadt,  so  nimmt  die- 
selbe doch  eine  Stellung  ersten  Ranges  ein 
infolge  der  feinen,  vorzüglichen  Qualität 
ihres  Produktes.  Hier  wird  anerkannter 
I\Iassen  nur  erstklassiges  Bier  gebraut,  und 
die  Herren  Ekhardt  &  Becker  besitzen  dies- 
bezüglich einen  weitgehenden  Ruf  in  Stadt 
und  Staat. 

Die  Brauerei,  welche  schon  seit  1882  be- 
steht, umfasst  einen  Häuserkomplex  von 
etwa  zwei  Blocks.  Sie  ist  mit  den  modern- 
sten   Einrichtungen   versehen   imd   besitzt 


eine  Kapazität  von  100,000  Barrels  pro 
Jahr.  Vierzig  ]Mann  finden  das  ganze  Jahr 
hindurch  in  dieser  Brauerei  ihre  lohnende 
Beschäftigung.  Das  in  dem  genannten 
Brauerei-Unternehmen  angelegte  Kapital 
beträgt  $150,000. 

Die  Leiter  der  Gesellschaft  sind  die 
Herren  August  Ekhardt,  "Wm.  H.  Becker 
und  Louis  Becker.  Sowohl  Herr  Ekhardt 
als  auch  die  beiden  Herren  Becker  nehmen 
am  deutschen  Vereinsleben  den  regsten 
Antheil  und  unterstützen  deutsehe  Bestre- 
bungen, welche  darauf  Anspruch  machen 
können,  nach  besten  Kräften. 


NAMEN-VERZEICHNISS. 


Aliiior,   Kdward    Uli' 

Ac'kerniann.   Goetz    n;  I 

AdltT,  Felix ilÜN 

Adirr,  Georg  J IjjM.» 

Adler,  Dr.  Isaac   .132 

Albrecht,  Charles    3.1S,  601 

Albrecht.  .Jacob    242 

Alexander,  Hermann    :{jt4 

Alpers,  Wilhelm 382 

Altgeld,  Gouverneur  .Johann  Peter 605 

Althaus,  P:duard   2*19 

Amberg,  Gustav -i'M 

Ainelung,  Johann  Friedrieh    64. 360 

Amend,  Joh 701 

Anisinck,  Gustav   610 

Andriessen   Hugo    .  378 

Angelrodt,  Karl    220 

Anneke.  Mathilde  Franziska 374 

Anschütz,  Carl 359 

Anschütz,  Georg   653 

Apel,  Wilhelm   387 

Arendt,  Baron 91 

Arcnsburg,  Karl  Friedrich  von   204 

Arnibruster,  Gotthart  und  Anton 4S2 

Armstadt,  George,  Major   119 

Arndt,  Gottfried   66 

Arndt.  .Jacob i:^ 

Arneniann,   Alfred    384 

Arnold,  Dr.   Ernst  Hermann    332 

Arnold,  H.  K.  F S16 

Asmu.s,  George    -^^^ 

Astor,  .Johann  Jacob   26,  78,  3.58,  629,  630 

Augustin,  August  F ' 387 

Baare,  Friedrich   638 

Backhaus,  C.  F.  E 372 

Bachniann,  Hermann      ^'>8 

Haer,  Berthold  A •"•'^" 

Baerer,  Heinrich   349 

Baorudorf,  Auguste  von   ■*-'• 

Bäumler,  .Joseph   -■*6 

Balatka,  Hans     362 

Ballier,  J.  F.,  General    1-* 

F.ancroft,  Geo 3,  10,  13,  27,  274 

Bandmann,  Daniel ^■'' 

Barchfeld,  A.  .J """ 

Barck,   Dr.   ("arl    !•'" 


H.'irgniann,  Ewald   I" 
Markany,  Marie 
Harnay.  Ludwig    .  . 

Barth(ddt.  Hichar.l   

Barton.   Benjamin  Smith    

Baruch,  E.  Washington 

Baruch,  Dr.  Simon   

Bauer,  Carl   Ferdinand    

Bauer,  Carl  Friedrich 

Baum,  Martin   

B.iumfcld,  Dr.  .Maurice 

Baumgarten,  l'rof.  Dr.  Gustav  

Beaver,  .James  A 

Beck,  Karl  

Beck.  Prof.  Dr.  Carl 

Becker,  August   

Becker,  Aug.  Ferd 

Becker,  Nicolaus  Edward   .  . 

Behaiin,  Martin 

Behr,  Hans  Hermann 

Behrend,  Bernhard  Arthur     

Bclirrnd,  .Johann  .  . 

Behrens,  .Johann    

Beissel,  ( 'onrad    

Bellmann,  Bernhard   

Belmont,    August    

Benignus,   H<-rmann   Wilhelm  Heinrich 

Benkiser,    Win.    F 

Benroth,  Adolf   

Bente,  C.   W 

H.Tcher.  J 

Berens,  August  .Johann    

Berger,  Carl  P. 
Berger.  Geza    .  . 

Bergmann,  <'arl 

B:  ighdid,  .\Iexander   

Berliner.  Emil 

I{<'rndt,  Bruno 

Mt-rnhardt,  Wilhelm,  gestorben  1900 

BerkfinciiT.  (Jnttlifb  <' 

Berkowitz,  Henry 
Bertsch,  Hugo  .  .      .... 

Berwald.  Prof.  Wilhelm 

Bcttm.    Kranz    

]U-\rr.  \'vnt'.  |)r.  (Seorg  Eugen 
Beyer,   Dr.   Hi-inrich  «Jnstnv 
Bck.i.   Philipp 


:i'<8 
113 
».»0 
.  üu7 
.  274 
.  3M 
.   332 

388 

551 

74 
434 

333 

670 

.  287,651 
.  333 
.  373 
.  671 
.  385 
.     M 

375 

646 

.    358 

651 

.nr».  165,370 

.   385 

.  ..   26,631 

....    3.HH 

.   »51 

4.'>4 

872,  878 

.    878 

3H3 

.    SlU 

4.39 

359 

384 

646 

.    436 

300 

384 

.   270 

392 

300 

300 

3(M> 

.    333 

.   .383 


962 


Hien,  Julius 

Bier8tadt,  Albert 

BimpafTC.  Christian  .  .  . 

Binder.  Heinrich 

Bischoff,  August 

Bitter,  Karl  

Blättermann.  iSeo.  .  .  . 
Blankenliurg.  Rudolf  . 
Blatz.  Valentin,  Sr.  . 
Blonker.  General  .Tulius 

Bloede,  Gertrude 

Bioedel.  11.  (' 

Blum.  Robert  F. 


646 
344 
•22") 
377 
428 
349 


610 
919 
134 
386 
816 
345 


Boas.  Kmil  Leopold   ^^^ 

Boas.  Prof.  Dr.  Franz 3'"^ 


Bode.  Richter  August  H 

Bodeck.  B.  Johann  Bonaventura  von 

Böhm.  Heinrich 

Böhm.  Johann  

Böhm.  Johann  Philipp 


862 

33 

75 

482 

161 

Bölime,  Pastor  Ernst  Adolf  .  . 300 

Böhmer.  Max ^"^J^ 

Boernstein.   Heinrich    ^^^ 

Botel.  Heinrich    ^'•^•^ 

Böttcher,  Dorothea "^'^■* 

436 


300 
452 
151 

820 
389 


Böttner,  Wilhelm    

Boisselier,  Caspar  Dethard    945 

Bohlen.  Henry  137,  616 

Boldt,  Prof.  Dr.  Hermann  J 325,  333 

Boll,  Alwin    -^35 

Bollmann,  Theodor ■^^■^ 

Bolza.  Prof.  Dr.  Oskar 

Bonnet.  H.  F 

Borcke.  Oberst  Heros  von 

Bopp.  Konsul  F 

Bosse.  CJeorg  von   

Bosshard.  Heinrich 386 

Botz,  Chas ^^^^3 

Bouquet.  Oln-rst    '^ 

Brachvogel,  Udo    397, 553 

Brandner,  Paul   389 

Brannt,  Wilhelm  Theodor 647 

Brandt.  Prof.  Dr.  Hermann  Carl  Georg 301 

Braun.  Johannes 389 

Brentano,  Lorenz   "^^^ 

Brentano,  Theodor   61'^ 

Brethauer.  Otto 376 

Brill.  J.  G.  und  G.  Martin   640 

Briesen,  Arthur  von ^^^ 

Brockermann,   Jr..   William   Penn    893 

Brück.  Julius 3/8 

Brückmann.   Max    "^39 

Brühl,  Dr.  Gustav  (Kara  Giorg)   377 

Brj'ce,  James 3,  4 

Buberl,  Caspar 348 

Buchau,  John  Printz  von 31 


Biinz,  Dr.  Karl   öin 

Bürckle,  Johann  Martin   38.5 

Hunsen,  Geo 288 

Bundschu,  Carl    385 

Burg.   Eugen    434 

Burgess.  Prof.  John  W 272 

Busch,    Adolphus    227.   9(l5 

Butenschön,  Nicolaus  F 384 

Putsch.  Valentin ■'>'»2 

Butz.  Caspar 373 

Byers,  W.  L 671 

Cahensly,  Peter  Paul   708 

Carlberg.  G 3.')9 

Carry,    Albert    ^12 

Cartall,  F.   J «41 

Carus,  Paul  A 301 

Cassel.   Abraham    H '<94 

Ca-stelhun,  Friedrich  Carl   378 

Castell,  Graf  von '" 

Christmann.  Johann 652 

eist,  Carl   485 

Clas.  Alfred  C 351 

Clemen,  Prof.  Paul    3(H,  302 

Cohn,  Prof.  Henry   302 

Cohn,  Henry  S 5ü7 

Collitz,  Prof.  Hermann   298 

Collmer,  Julius   •*■'' 

Conried,  Heinrich   431 

Conze,  Alexander    3H.o 

Cotrelly.   Mathilde    429 

Cramer.    Gustav    ^"-^ 

Crellius,  Joseph ^^' 

Cronau,  Rudolf   3*' 

Cummerow,  Otto  -^"3 

Custcr,  General  George  A 

Currlin,  Albert    


81 
819 


571 
360 


Dänzer,  Carl    

Damrosch,  Leopold 

Damrosch,  Walter  und  Frank   362 

Dapprich,  Emil   •^"- 

436 

425 


ring.  Prof.  Robert  Waller 302 


Dardenne,  J 
Dawison,  Bogumil 
Dee 

Degener,  Edward   

Deiler,  J.  Hanno,  gestorben  am  21. 

Deimel,  Henry  L 

Delger,  Hubert    

Dembitz,  Louis  N 

Deniuth,  Hans   

Denhard,  Dr.  Carl  Edward  

Dereck,  Dr.  E.  G.  F 

Dernehl,    Adolf     

Dersch,    Charles    

Dersch,   Jr.,   Charles    


Juli  1909. 


78 
294 
640 
137 
610 
389 
333 
329 
933 
883 
884 


^m 


Di'tcTinaim,    lleriiiaiin    ,HS2 

Deutsch.  Prof.  Gottliardt   .S(I2 

Diclil-Franoscli,   Anna    t.i.") 

Diclinann,  Fricdrii-li   ;{4() 

DiiTjjartU,   Frt'iliorr  von    :{7() 

Diesc'her,  Wilhelm   ;?S4 

Dietrich,  Gouverneur  Chas.  Henry    (iO() 

Dictz,  Johann  \V :{77 

Dinilinji,    .lolm     Uli 

Dock,  C"hristoph   16.  2;iS.  274 

Doern,  (}.   I' r)()S 

Doljic   Alfred    ()4(t 

Donald,  CJustav    4(50.  .1(1.') 

Dorchheimer,  Philipp (511 

Dornhöfer,  Frau  E.  J S7.") 

Dorsch,  Eduard ;i7.") 

Douai,  Carl  Daniel  .")(i.") 

Drescher,  Martin .{Sit 

Dresel,  Friedrich  Otto   MC) 

Drexel,  Franz  ^Martin li(),  (i.H 

Dreyspring,  Adolph,  gestorben  1906    .'{(l^ 

Duden,   Gottfried    75, 219 

Diunling,  Dr.  Hermann 071 

Dupree,  Paul 4.U) 

Eben,  Carl  Theodor  3S2 

Ebert,  Oberst   71 

Eberhard.  .Johann  G .SS4 

Eberhardt,    Max    378 

Eekoff,  Wilhelm  Julius   303 

Eckstein,  Friedrich 348 

Edeuborn,  Wilhelm   642 

Edgar,  Friedrich 380 

Edward,  Georg   389 

Ehrenberg,  Hermann  von   619 

Eickhoff,  Anton    ")71 

Eicliholtz,  Jacob   341 

Kidlitz,  Otto  M 351 

Eigenmann,  Prof.  Dr.  Carl  II 302 

Eih'rs,  Anton  Friedrich 047 

Eimbeek,   Wilhelm    <il9 

Eisenlohr,  Gustav  Wilhelm '■>'  ^ 

Kisfeld,  Theodor ^^'il 

?]lhvanger,  Geo ^'-'l 

Elson,  Henry  William   •* 

Emch,  Prof.  Arnold   '-^Oli 

Fnde,  Amalie  von -"^^^ 

Kngrlliardt,   Franz  Ernst    ö43 

Krdmann,  Kudolf    -'"S' 

Kricson,  Leif '^^ 

Ernst,  August  Friedrich   •'"■^ 

Frnst,  Heinrich   **'•' 

1'                       r       •  '^19 

Eversmann,  Louis -'' 

Everett,  Edward  -''* 

Faber,  Ernst    "'^-^ 

Fabian,  Peter    •' ' 


Färber.  Wilhelm   

Kalkner.  .lustus 

Faust,  Prof.  .\.  K.   . 
Kehr.  Prof.  Daniel   . 

Feistkorn,  Wilhelm 

Fern,    F.diia    

Fernow,  B.  E.  .  . 

F.-rn-n.  Prof.  H.  M 

Fick,  Heinrich  II 

Fickeissen,  Carl   .Vii^ust    .... 
Fiebing,  Pella   .  . 
Fielitz,  .Alexander  von   . 

Fieser.    Friedrich    

Fink,    Henry    

Finkeinburg,  Gustav   .\ 

Fischer,    Heinrich    

Fischer.   Dr.   I^ouis    

I''ischn;iller,  Joseph  Erhardt   . 

Folien,  Karl 

Follenius.  Paul    

Fossler,  Prof.  Lorenz 

Formes,  Carl  und  Tiieodor  .  . 

Formes,  Wilhelm   

Frame,  Richard 

Francke,  Prof.  Kuno 

Franke,  August  Hermann  . .  . 
Frankenstein,  Gottfried    .... 

Franklin.   Benjamin    

Frech,   Henry   M 

Freiberg,  Prof.  Dr.  Albert  H. 

Freund,  Prof.  Dr.  Ernst 

Freyburger,  Ernst    

Friedländer,  Julius  Reinhold 
Friedrich  der  Grosse 

Frisch,  Wilhelm   

Froeb.    Charle.s    

Fündi'ling.  I'astor  .1 

Fiirbringer.  Prof.   Ludwig  E. 

Fulda,  Dr.  Ludwig 

Fnncken,   Eugen    

Flink.  F 


(iailatin.  Albert 

(iallitzin.  Dimitri    Fürst    .  ., 
Gauss,  Ernst  F.  L. 

Geiger,  Emilie 

Geistinger,  Marie   

Geiiee.    Ottilie    

(Jericke,    Wilhelm 

Gerke,  Philipp 

Gerstäcker,  Friedrich 
Cettelmann.  Adam 
(Üegericii,   Leonhard   Anton 

Ciiessendanner.  Pastor   

Gilloii,   .\lexander 
Cilman.    Präs. 
(Jlogaiier.  Fritz 


101 

.   SÜS 

S03 

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.    .lO.T 

540 

647 

.  611 

.   .•W4 

33.1 

38» 

.    275,287 
.   219 

303 

438 

»27 

20 

.   296, 3H9 

241 

.148 

11,23,274 

868 

.    .»33 
.    303 

392 

«19 

•-■4 
.   .-.78 

»21 

820 

.   303 

4.34 

.   384 

.   878 

171 

.   251 

.   304 

.    101 

.   432 

ti{5 

3G4 

141 

75 

.   920 

'Ul 

•M 

101 

.    281 


964 


Goeb,  Friedrich  15 

Göbel,  David   222 

Göbel,  Dr.  Prof.  Julius 304,  389,  553 

Gödel,  Martha 289 

Goessinann,  Prof.  Carl  Anton 304 

Gönner,   Nicolaus    385,  712 

Gottheil,  Prof.  Dr.  Wilhelm  Samuel 333 

Graupner,  Gottlieb   358 

Grebner,  Constantin  389 

Greenblatt.   M 389 

Greider,  Margarethe 99 

Griebsch,  Max  Alfred  August   304 

Grimm,  J.  Hugo   928 

Grimme,  Geo 844 

Groeschel,  Wilhelm 438 

Gross,  Jacob    ^'  H 

Gross,  Magnus   572 

Grüner,  Prof.  Gustav 304 

Grummann,  Prof.  Paul  H 304 

Grund,  Franz  Joseph    174 

Gühlen,  Herr  von   435 

Gülich.   Theodor    504 

Günther,  Richard    611 

Gugler,  Julius   380 

Gumpert,  Fannj-   384 

Gundlach,  Carl    389 

Guthe,  Prof.   Karl  Eugen    304 

Gutherz,  Karl,  gestorben  1907 346 

Guttmann,  Oskar    450 

Haas,  Carl  de 372 

Haase,   Friedrich    426 

Habclmann,  Theodor   427 

Hackenburg,  William  B 266,  270 

Hähnlcn,  Jacob  F 495 

Häring,    Theodor    379 

Haiften,  J.  F.  von   671 

Hagen,  Johann  Geo 304 

Hager,  Jonathan 64, 182 

Hahn,  Gouverneur  Michael   602 

Haidt,  Johann  Valentin   341 

Hailmann,  Prof.  Dr.  Wilhelm  Nikolaus 305 

Haldeman,  J.   M 654 

Ilaidemann,  Richard  J 670 

Haltermann,  Friedrich 608 

Hamann,  Edward   424 

Hammer,  Bonaventura 386 

Hammer,   Gottlob    440,   953 

Hammerstein,   Oskar    427 

Hangen,   L •i-"^-^ 

Hanisch,  Max 446 

Hann,  P 392 

Harbaugh,  Heinrich 384 

Harris,  Dr.  Wm.  T 1 6,  279 

Harter,  Friedrich  Adolf   389 

Hartmann,  CA 9-'52 

Hartranft,  Joh.  Fr 670 


Hasenclever,  Peter (553 

Hassaurek,  Friedrich <  • ^-^ 

Hassler,  Ferdinand  Rudolph    (;2() 

Haupt,  General  Hermann (547 

Haupt,  Prof.  Dr.  Paul 30,5^  sog 

Hausegger,  Oberst  Nikolas 9) 

Hausschild,  Heinrich  ^I 543 

Haussmann,  Prof.  William   4.  .{(h; 

Haydn,  Michael   71;» 

Hazelius,  Ernst  und  Ludwig lu.i 

Hecker,  Friedrich   j.jo 

Heckewelder,  Johann  Gottlieb  Ernst   ifi.^ 

Heckmann,  Geo.  B ]\ 

Heer,  Major  von 71 

Heerbrand,  Kapt.  J.  F.,  gen.  ,,Höllenbrand".  .   676 

Heerbrandt,  Gustav   .385 

Heger,  Generalarzt  Dr.  Anton 33.H 

Hehl,  Elise 404 

Heid,  Justus    65 

Heimbach,  David    6.54 

Heimbach,  Philipp   377 

Heinemann,  Geo 440 

Heintz,  Jakob   378 

Heinzen,  Carl   373 

Heis,  Marie,  „MoUy  Pitcher "   99 

Heiss,  Erzbischof  Michael    701 

Heiter,  Ch 87« 

Henrich,    Chr 914 

Heibig,  Richard  Ernst 306 

Held.  Friedrich  524 

Helfenstein,  Pastor  in  Lancaster,  Pa 89 

Helfensteller,  Ernst   351 

Heller,  Prof.  Otto 306 

Helm,  Leonhard    101 

Helm,  Peter 177 

Hemmeter,  Prof.  Dr.  John  C 334 

Hempel,  Dr.  Karl  .Tulius   334 

Hempel,  ^lax 383 

Hendriclis,  Hermann    426 

Hennighausen,  Ludwig  Paul    611 

Henninger,  Richard    502 

Henrici.  Ernst   389 

Herbermann,  Prof.  Carl  Geo 3()7 

Herchheimer,   Nikolas    11,  14,  71,  87,  92 

Herder  24 

Herholz,  Prof.  Ottilie 307 

Hering,  Dr.  Konstantin  328 

Herling,  Carl  372 

Hermann.  Augustin    10.  64,  179 

Hermann,  .Julius 4.59 

Hermann,  Karl    43'_ 

Herr,  Hans  und  Christian 21 

Herrmann,  George   •   ^^- 

Herrmann,  John   ^'^ 

Herrmann,  Richard   6^3 

Hertzog,  Johann  B •^'^■^ 


91« 


Herzbergor,  F.  W ;1S4 

Hosiiig,  Anton  Caspar  41ts 

Hess,  Friedrich   4i».j 

Hess,  Friedrich  W 381 

Hess,  Georg 377 

lleyl,  Emma  Frau    S7G 

Hexanier,  Dr.  C.  J -SOI 

Hexanier,   Ernst    802 

Hicklcr,  Simon    8(iL> 

llielsc'her,  Tiieodor 37(1 

Hiens  (Heinz,  Hans),  Gefährte  LaSalk-'s.  .   ö].  UM! 

Hiester,  Daniel,  John,  Gabriel   14 

Hiester,  Joseph   14,  KU 

Hildebrand,  Alfred  Walter  390 

Hilgard,  Prof.  Eugen  W 3(»7 

Hilgard,  Julius  Erasmus 307 

Hilgard,  Theodor  Erasmus 307 

Hillegas,  Michael   102 

Ilillgärtner,  Geo ö72 

Hilprocht,  Prof.  Dr.  Hermann  Vollrat 308 

Hinriehs,  Prof.  Gustav  Detlef  3(Ht 

Hinsdaie,  B.  A 27S; 

Hirsch,  Dr.  Emil  G :i<iSt 

Hirsch,   Gustav    ;'i41 

Hirsch,  Isaac  E.  und  Louis  •")")1 

Hirsch,  Leonhard    •'>^1 

Hirsch,  Max    -'»il 

Hirsch,  Kalph 541 

Hirth,  Prof.  Dr.  Friedrich   309 

Hochdörfer,  Prof.  Karl  Friedrich  Eichard  ....   3()9 

Höchster,  Emil   ■i-"'^ 

Höcker,  Ludwig    -3^ 

Höfgen,  B.  K ■^•^" 

Höpke,  Adalbert   -^'6 

Hoffmauu,  Aug.  H ^-^^ 

Hoffmann,  Franz    . <3"6 

Hoffmann,  Dr.  Friedrich    309 

Hoffmann,  Oscar  Arthur •^•'5-> 

Hof  mann,  Julius   -^^^ 

Hohlfeld,  Prof.  Dr.  Alexander  Eudolf  Benno.  .   310 

Holdt,  Friedrich  von   •^■""' 

Holler,  Helmut  P •*•'" 

Holier,  Louis    ''^-^■* 

Holls,  F.  W -•'"_' 

Holst,  Hermann  EdNvard  von --^-^ 

Hopp,  Ernst  Otto '-^^^ 

TS           T     *■  390 

Hörn,  Lutz 

Horstmann,  Jul ■'■' 

Horstmann,  Wm.  J ^'-^^ 

Horstmann,  Wilhelm  Heinrich   "3, 

Hosak,  Dr.  David  •'-^ 

Hoster,  Theodor   '"'■'•^ 

Hotz,  Prof.  Dr.  Carl  Ferdinand   33.^ 

Hoym,  Otto  von   ^-•*'  •*-•"' 

Huber,  John    ''•''•^^ 

Ihibley,  Bernhard,  Oberst '•' 


Huliley,  Geo. 

Hiu'li,  Carl  Fricdriili 

Huhn,    Heinrich    

Hundt,  Ferdinand 

lluss,  Prof.    II.    . 

lluie,  Friedrich  Wilhelm 

llgen,  Pedro  

rmmergrün,  Paul  JuliuH 
Irscliick,   Magda 
Fscnstein,    Geo 


.lacobi,  Dr.  Abraham 
Jaegerhuber,  Max 

Jägers,  Albert 

Jageniann,  Hans  Karl  Günther  von   .  . . 

Jahn,  Turnvater    

.laiiansclicck,  Fanny 

Janusciiiiwsky,  Georgine  von    

Jastrow,  Prof.  Dr.  Morris 

Jefferson,  Thomas    

Jessen,  l'rof.  Dr.  Chr.  Karl  Detlev   .  . . 

Jüssen,   Marie    

.Tung,  Prof.  Dr.  Franz  August  Richard 

Jungk,  Wni.  Theo 

J linkermann,   .Vugust    

.luraschck,  Georg    


3li4 
310 

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310 
393 
335 
557 
433 


Kaechlein.  Oberst  Johann  Peter  .  . 

Kämmerer.  A 

Kahn,  Julius    

Kahn,  Otto  H 

KalVi.  Johann   (Baron  de)    

Kalteisen.   Michael    

Kapp,  Friedrich 

Kargau,  Emil  D 

Karsten,  Prof.  Dr.  G.  F.  .  . 

Kauffmann,   Peter    

Kaufmann.   Theodor 

Ka\itz,  August   V 

Kayser,  Heinrich  und  Albert 

Kiiiniann,   Wilhelm    

Keller,  Prof.  Dr.  Henry  F. 

Keiler,  Jose])h   

Keli.T.  Dr.  Wilhelm   

Kellner,  Gottlieb  Theodor 
Kelpius.  Johann 

Kenkel.  F.  P 

Kei)|)ele,  Johann  Heinrich 

Kep[>ler,  Joseph   

Kerger,  Carl  Reuter 

Kiclih'in   (Keichlein).  Hnuptmani. 

Kiderlen.  W.  L.  J 

Kiefer,  Dr.  Hernuinn  . 
Kinike,  Joseph 
Kirchhoff.  Theod..r 
Kirchstein.    .V""'' 


4HÖ 

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14, 72. lo2 

...    13.91 

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101 

175 


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966 


Kissling,  Karl   -558 

Klässig,  Emil   ^^^ 

Klauprecht,  Emil   5' 2 

Klebs,  Dr.  Arnold  Carl   335 

KIcebcrg,  Minna '^^^ 

Kloin,  Bruno  Oskar   -^f'"* 

Klomm,  Johann  Gottlob   358.  651 

Klemm,  Prof.  Dr.  Louis  Richard 311 

Klaus,  Jos ^l^_ 

Klingorhiiffor,  Pastor '  ' 

Kloman,  Dr.  W.  C 326 

Klopseh,  I^ouis '^ '  ^ 

Knabe.  Wilhelm    652 

Knapp.  Dr.   Hermann   335 

Knoiskern 

Knicss,  A ^'^ 

Kniop.  Karl ^^^ 

Knopf.  Dr.  S.  Adolf   335 

Knortz,  Dr.  Karl   312, 382 

Knotser,  Emil  A 381 

Koch.  H.  C 11^ 

Koch,  Werner   ^^^ 

Kochertal,  Josua  von ^^ 

Köhler,  Dr.  Adolf   ^'^^ 

König.  Prof.  Dr.  Geo.  Aug 312 

Körner,  Gustav   ^^6 

Körting,  Otto ^'^ 

Kösters,  Bernh.  L ^^3 

Kohler,  Prof.  Kaufmann   312 

Kollo,  Dr.  F.  S ^^^ 

Koltes,  Oberst ^•^' 

Konti,  Isidor ^^^ 

Koob,  George    ^^^ 

Koradi,  Rudolph  6-3 

Korndörfer.   Filibert    390 

Krakowitzer,  Dr.  Ernst 691 

Kramer,  G ^"^ 

Krauskopf,  Dr.  Joseph 269 

Krech,  Laura   Wilhelmine    390 

Kreckel,  Arnold    --'■- 

Kriegsmann,  Rudolph   E 868 

Krez,  Conrad  3/6 

Kröh,  Prof.  Carl  Friedrich    312 

Kruoll.  Gustav 624 

Kuckein,  Dr.  Franz   819 

Kudlich.  Dr.  Hans   624 

Külinomann,  Prof.  Dr.  Eugen  O.  K 312 

Küninioi,   Henry    671 

Küstermann,   Gustav    609 

Kuhn,  Dr 361 

Kullmer,  Prof.  C.  J 313 

Kunze,  Johann  Christian 163 

Kunze.  Dr.  Richard  Ernst   624 

Kurz.  Wilhelm 648 


Ladner,  Albort    «,„ 

Lafrenz,  Ferdinand  W 3^. 

Lang,  Prof.  Dr.  Henrj'  R 3^^ 

Lange.  Albort    g.g 

Lange.  August 3^^^ 

Lange,   Heinrich    3-0 

Lange,  Louis   g-g 

Tiankenau,  .lohn  D 007 

Tvankonau,  Elise   gog 

Lankoring,  A o*o 

I-'TP'K.  <' 878 

Lauber.  Carl   F ggy 

Lodercr,  Emanuel   ^32 

Lederer,  Johann   10, 51  ]80 

Learned,  Prof.  Marion  Dexter 2I6.  292 

Loeser,  Isaac   053 

Lehenniann,  Johann   35 

Leib,  Michael   j  yj 

Leibnitz,  Chas.  A g^i 

Leisler,  Jacob   52,  53,  54 

Lellniann,  Dr.  K ggj 

Lemcke,  Ernst  Edward   390 

Lemp,   William   ,T 949 

Lentz.  Major  Carl   734 

Lenz,  Wm.  C.  F 34] 

Leonhardt,  Arno  303 

Leonhardt,  Emil  W.  F 841 

Leser,  Friedrich  624 

Leser,  Lotta  L 39] 

Lesser,  Emil 5.54 

Leue,    Gustav    515 

Leuschner,  Dr.  Armin  0 313 

Leutze,  Emanuel  341 

Leutze,  Admiral  E.  H 617 

Levy,  Louis  Edward  und  Max 648 

Lichtmay,  Louise   427 

Lichtenberg,  Carl   868 

I^exow,  Rudolph    5,52 

Lexow,  Friedrich    37.5 

Loyh,  Eduard   F 382 

Lick.  Jacob   16 

Lieber,  Dr.  Ernst  Maria 710 

Lieber,  Franz   275,  288, 371 

Liefeid,  F.  W.  A 384 

Lienau,  Carl  H 515 

Lierz,  Henry   812 

Lindheimer,  F.  J 625 

Link,  Theodor  Carl 351 

Lippert,  .lohn    841 

Lischer,  Henry    506 

List,  Friedrich 625 

Loeb,   Julius    377 

Loeb,  Leo 267 

Löbel,  Paul   379 

Lohe,  Pastor  Wilhelm   235, 241 

Löher,  Franz  3, 119 


M7 


Loehr,  Dr.  Ferdinaucl  von   U».-, 

Looser,   Paul    öci; 

Loliiiiann,  F.  H üilo 

LongtVIlow 27,  27C 

Lorenz,  Carl :{,S2 

Lorenz,  Carl   Eugen  Gustav    HiX) 

Lotliar    5,448 

Luhe,  Max   400 

Lucca,  Pauline   42S 

Ludvigh,  Sanuiel 509 

Ludwig,  Christoph    9,S 

Lübbe,  Louise   ^jCi 

Lüc'iuiw,  August    4;i5 

Lützonburg,  Dr.  Karl  Aloys :\29 

Mach,  Prof.  Dr.  E.  E.  O.  von  :\]:\ 

Mackwitz,  Hermauu 5(14 

Maeilje.  Chas.  W 537 

Makk,  Eduard  Hubert 57:5 

Mann,  Dr.  W.  J 625 

Mannhardt,  Hinrich  Emil  57:^ 

Mansker.  Kasper 72 

Maretzek.   Max    439 

Markbreit.    Col.    Leopold    534 

Martiny,    Philip    351 

Marx,  Emil  L.,  Guido  und  Joseph  E 543 

Marxhausen,  August   513 

Matkowsky,  Adalbert   433 

.Matzke,  Prof.  Dr.  .Johann  Fhnst   313 

Manch,  Max 350 

Mayer,  Carl  Theodor  545 

Mayer,    Friedrich     956 

Mayer,  Henry   346 

Mayr,  Lina    428 

Meier,  Jacob   654 

Meineke,  Carl    ö74 

Melchers,  Gary 347 

Meltzer,  Dr.  S.  J 336 

Memminger,  C.  G l^^l 

Mensel,  I'rof.  Ernst  H 313 

Menzenmaier,  G.  A 878 

Mercator   (Gerhard  Kremer)    ">0 

Mergenthaler,  Ottmar    649 

Methua-Scheller,  Marie    425 

Metzger,   Engelbert    -^03 

Meyer,  Prof.  Dr.  Adolf 336 

Meyer,  Mathias - '  - 

Meyer,  ^loritz   "'"^ 

Meusebach,  von   '  " 

Michaelis,  Richard  C 'j'"^» 

Michel,  Friedrich   380 

Mielatz,  Carl  Fr.  \V «'26 

INIifllin,  Warner   -" 

Miller,   Heinrich    1 4,  24,  482 

Miller,  Michel    ''•'»•'^ 

^linnegerode,  Karl   '■'' 


Minnewit,  Peter    . 

.Mimifh,  Fred.  H 

-Mittrlberger,  Gottiiel.    . 
.Mitferwnrzer,  Friedrich 


in.  .11.  51. 52 

390 

23 

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313 
440 
377 
314 
043 
547 
348 
»15 


.Mollmann,  Dietrich  Hermann  Heinrich  \Vilh«-lin  175 

.Moering.  G.  C 

.M.d.hnke,  I'rof.  Carl  Ednar.i 

Molitor,  Stephan 

„.Molly-l»itcher",  Marie  Hei« 
Monibert,  .Jacob  Tsidor   . 

Montez,  Ijola   

Moras,    Ferdinand    

Moritz,  Prof.  Dr.  Holiert  E.  . 

^forris,    Nelson    

Moiwitz,  Eduard  J 

McisliT,    Henry    

Muehleisen,    Wm 

Mufhlcnbcrg,  I-Virdrich  .\ugnst   14,  OHO 

.Mühlenberg,  Heinrich  Melchior 57,68,  244 

.Mühlenberg.   Peter  G 13.  97 

Müller,  Alexis  V.   M ;tl4 

.Müller,  A.  () ...   ;jyi 

Müller,   Hermann    86S,  H70 

Müller,  Carl   W «20 

-Müller,  .Jacob    "    - 

Müller,  Johann  Peter 14 

Müller,   Nicias   373 

Müller,   Wilhelm    3h2 

.Müller,  I'rof.  \V.  Max   314 

Müm-h,   Friedrich    219,371 

Münsterberg,   Hugo    298.391 

Munter,  Carl    3Ä4 

Mnndt- Mühlbach,  Dora    .  435 


Nachtigall,  Hermann 
Natrler,  Franz  L 


Nast,  Thomas   

Nast,  Wilhelm 

Nau,  .Johann  Haptiste   

Naumann,  Max   E 

Neder,  ,J.  Georg   

Neeb,    Louis 

Xeeb,  William   

Neeir,  GotthoM  August 

Neering,  Henry   

Neuberf     .  . 

Neuendorlf,   Adolf    

Neumann,  Gustav  .\dolf   ... 
Nevelling,  Pa.stor  von  Joracy 

Nicolay,  <  'lara  L 

Ni<'haus,  Charles  Henry  . 
Niemann  Kaabe,  Hedwig 
Niemeyer,  .lohann  Heinricii 

Nies.  Conra<!    

Nilsihm.-inn.  David 


435 

, ...   .186 

. ..   346 

243 

.  ..   3S5 

...   868 

.541 

.-,51 

.-.51 

.«91 

5(13 

3.'.9.  427 

17r»,.')2" 

89 

388 

350 

133 

347 


968 


Nockin,  Henry  .  . 
Nordhofif,  Karl  .  . 
Nusscr,  John  .... 
Nussmann,  Pastor 


931 

[[\[[. Ö79 

"    "      841 

Adolf   ^^ 


OluM-kirsch,   Henry    ^_^''^ 

Oelkcrs,  .loh.  B '  ^-^ 

Oeters,  John  C 

Olshausen,  Theodor  

Ortmann.  Prof.  Dr.  A.  E 

Osten.  Emil  von  der 

Oätendorff ,  Fritz 

Osterhaus.  General  ^•^'^ 

Osterniann,  Gustav 

Ottendorfer,  Anna    

Ottcndorfer,  Oswald   

Otterbein,  Philipp  Wilhelm 

Otterstetter,    J.    F 

Otto,  Nicolaus  Johannes  


.  .  .  891 
505, 574 
...  314 
.  .  .  4-J7 
...   859 


488 
580 
527 
242 
924 
891 


Pabst,  Capt.  Friedrich    -^02 

Pachelbel,  Carl  Theodor   •^■^' 

Päth,  Carl  August   '^'^^ 

Palmay,  Ilka  ^-^'^ 

„Papa  Kurz ' '  in  Mihvaukee   ^'^^ 

Pastorius,  Franz 
Paulsen,  Johannes    . 

Pelosi,  Louis   

Pelz,  Paul  Johannes 
Penn.  Wm 


Daniel    8,10,19,88,870 

241 

459 

[] 852 

38 


Penuypacker,  Samuel  W K'.  «"<^ 

Peritz,  Dr.  Ismar  John   -^1^ 

Petersen,  Adolph 

Pettrioh,  Ferdinand    

l'fäÜlin,  Heinrich    

Pfeiffer,  Conrad   

Philipp,  Adolph   

Pliilippi.   Alfred    

Pieper,   Ernst  Wilhelm    

Pieper,  Prof.  F.  A.  O 

Pierce,  Rev.  John  D 

Plctlia,  Prof.  Carl  C 

l'ohle,  Adolf    

Plugge,  August  H 

Pohlig,  Carl  

Possart,  Ernst 

Post.  Friedrich   '  ^  •  '^-^ 

Postl.  Carl   (Chas.  Sealsfield)    --J 

Poth,  F.  A 95-^ 

Praetorius,  Geo.  Otto *''*^ 

(>50 

87S 


000 

848 

886 

908 

438 

56S 

8S() 

314 

277 

315 

379 

936 

445 

430 


Prang,  Louis   

Precht,  Victor    

Preetorius,  Emil   -'^'  -^^^ 

Prenss,  Dr.  Eduard   

Preussen,  Prinz  Heinrich  von   

Prieth,  Benedict    

Prufrock.    Wm 


518 
431 


Piuliner,  Kuclolf    376 

Pulitzer,   All)ert    578 

Pulitzer,  Joseph   578 

Pulvemiacher,   Albert    . 393 

Pury,  Johann  Peter   66 

Putzker,  Prof.  A 820 

Quitmann,  Johann  Anton  119 

Habcnhorst.  I'astor  in  Ebenezer 89 

Haible,  Marie 384 

Haine,  p]duard  ">1  - 

Raine,  Friedrich  Oberst 511 

Rainer,  .Toseph   •'91 

Rapp,  Georg    -47 

Rapi),  Willhelm ■>"4 

Rappaport,   Philip    •>"■' 

Raster,   Hermann    •""•5 

Rattermann,  Heinrich  A 377 

Rauch,  Prof.  Friedrich  August 315 

Raue,  Dr.  C.  G ■^^^_ 

Reber,  Prof.  Louis  E •<l-'> 

Reek,  Baron  von '»' 

Reffelt,  Johann  Hermann  R 3M6 

Regcnspurger,  Wilhelm   ■''•>" 

R(>icher,   Emanuel   ^'^^ 

Reichert,  Prof.  Dr.  Edward  T 336 

Reiehiiiaiin.  Capt.  Carl '^' ' 

Reinecke,  Friedrich    ■'-•• 

Reinseh.  Prof.  Paul  S •^^-'^ 

Reitelbach,  Casper   ■'■*! 

Reitzel,  Robert    

Rennert,  Prof.  Albert  Hugo 

Rennert,  ILins 

Rentgen,  Clemens   

Renz,  August 

Resemann,  Leon   

Reuling,  Prof.  Dr.  Geo 

Richard,  Ernst 

Richard,  Julius   

Richards,  Prof.  Dr.  Theodore  W 

Riehter,  Aug.  P 

Richter,  F.  L 

Ridder,  Herman   

Riggert,  Wilhelm    

Riese.  Rudolf 

Riester,  F 

Riotte,  Hermann 

Ritner.    Gouverneur  Joseph   

Rittenhans.  Wilhelm    

Ritter.  Louis    

Rittig,  Johann 

Rivinus,  Dr.  Edward  Florenz  

Rockefeiler,  der  deutsche  Vorfahr  John  D.'s. 

Rodemann,  August   • 

Johann  August   16,175.644 


.  .   894 

.  .   815 

.  .   815 

.  .   (553 

.  .    291 

. ..    484 

. . .   336 

. . .   891 

. . .    456 

. . .   815 

. . .   505 

. . .   366 

. . .    527 

. .  .   879 

422. 424 

...   872 

. .  .   460 

60(1 

...      1" 

. . .   539 

. ..   569 

. . . .   328 

63 

445 


21 


>29       Roebling. 


969 


Roeblint;,  Washington  Augustus   .  .  .  .    (it.") 

Koedder,  Prof.  E.  C.  L ;{15 

Roehrig.  Prof.  Friedrieh  Otto   M'} 

Kiiiker.    Friedrii-li    :i91 

Koolker,  Adniiral  Karl   Kafacl 618 

Koho,  Carl  H :W4 

Holir,  Iloinricii   K.  G.  und  Pliilip  von   G2G 

Hohr.  Lorenz    Hst) 

Rohr.   Matthias    ...    :'.'.M 

Rohr,  Piiiiipp ölö 

Honiinjior.  I'rof.  Carl  Ludwig,  gestorben  1907.  .    ;il(j 

Ronunel.   Gustav    H91 

Rose,  Dr.  Achilles :i;{(i 

Roselius,  Christian    •_•!'(  i 

Rosenherg,  Hermann 42(5 

Rosenberg,  W.  L 395 

Rosenstengel,  Prof.  W.  11 MG 

Rosentlial.    Hermann    ^^^^l 

Rosenthal.    Wilhelm    ~ii~ 

Rosenthal,   Toby    ^^7 

Roth,  Filibert '>"! 

Roth,  Friedrich  G '-^ÖO 

Roth.  IMiilip    ;5->^ 

Rothacker.  Wilhelm    '•'>~-^ 

Rothe.  Emil •'»"•'5 

Rothensteiuer,  Johannes  Ernst -JÖ- 

Rothermel.  Peter    •'■*6 

Rothrock.  J.  T "^1^.  671 

Ruckstuhl,  F.  W :5"jl 

Rudolf.  Elisabeth "''f'- 

Rudolf,  Johannes ''^•' 

Rueckoldt,  Geo '^^'^ 

Rümelin,  Karl  Gustav   "6 

Ruetenik,  Prof.  Dr.  H.  J ••l*' 

Ruhland.  Hermann •''^•^ 

Ruttmann.  W ^'^^ 


:\U] 
i)0() 

7:u 
löo 
9;{7 

255 
.-)(I3 
:592 


Saake,  Carl   

Sachse.  Julius  Friedrich   

Sadler,  Gouverneur  Reinhold   

Saenger,  S.   K 

Salonion,  Friedrich 

Sander,  Dr.   Enno    

Salzmann,  Dr.  Joseph    

Sarnighausen.  .Johann   1^ 

Sauer,  Friedrich  Heinrich 

Säur,  Christopher  jr.  und  Peter 484,  48o 

Säur,  Christoph 

Schaaf .  Dr.  John  Thomas 

Schäberle,  John  :Martin 

Schaff,  Philipp    

Schaff nieyer,   Adolf    

Schamberg.  ^Fax   '^-^l 

Sehaumer,  l'rof.  Dr.  E.  W •<•■*" 

Schechter,  Prof.  Dr.  Salonion    '   '^^^^ 

Scheel,   Fritz    •'^'- 


1(1.  477.478 

:{26 

:{]() 

I6:i 


Schrie  de  Vere,  .Maximilian 
Sehern,  Alexander  Jacob 

Schenc'k,  L<*i)])iild  \<>n 

Schenck,  Prof.  Carl  .\l\vin    

Schiedt,  Prof.  Richard  FraiiR  Conrnd   . 
Schieren,  Carl  Adolph 

Schiff.  .F.'uob  Ilenrv   

Srhil.lge,  Dr.  John  W 

Schiller,  Friedrich  von  . 
Schilling.  Prof.  Dr.  Hugo  Karl 

Schimmelpfi-nnig,  von    

Schindler.  SaloiiKOi    

Schladitz.    K. 

Schlag,  Hugo 

SchlattiT,  Michael  .  . 
Schlauch,  .Mathias  ... 
Schlegel,  Cli. 

Scidegel,  H.  C 

Schleicher.   Gustav    

Schley,  .\dmiral   Winfield  S«M»tt 
Schley,   Johann    Thoniiis   und   wine    N 

men    

Schlitz,    Josepn     

Schlitz,    Victor    

Schlo^ser,  (!eo.    .  .  . 

Schlothborn,    S 

Schlüter,  Clemens  Angiwt   . 

Schniid,  Louise    

Schmid,  O.   E 

Schmidt,   Friedrich   .\lbert    

Schmidt.  Prof.  Dr.  F.  CJeo.  (Jottlob 

Schmidt,  J.  A.  Val 

Schmidt.  Pastor  Johann  Wilhelm  . 
Schmidt.  Louis  II. 

Schmidt.   Paul 

Schmi<lt-Wartenberg.  Prof.  Dr.   Han» 

Schmidt,  Richard  F. 

Schmitmeyer,  Johann   I. 

Schmitz,    Engenie    

Schmiile,  Dr.   WiMn-im 

Schnauffler,  Carl  Heinrich 

Schnauffer,   W 

Schneebeli,  (i.   Adolph 

Schneider,     F^mil     .  • 

Schneider,  Geo.    . 

Schneider.  Karl   Konra.i 

Schneider.  Otto  C.    .  . 

Schneiderhahn.  V.  P 

Schober.  Chri.stian    

Schiinberger,  Dr.  Peter  . 

Schöner.  Georg  ^L  A.   .  . 

Schiinfeld.  Prof.   Hermann 

Schiinfeld  llanisch,   Frau   Kmilie   . 

SchiM-nle,  Wolfgang 

Schii|>f.  Johann   |)a\i'l 

Schott,  .1.    1' 


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11 


970 


Schreiber,  Ferdinand   8S4 

Schreiner,  Jaeoh l^i 

Schrieber,  Joseph  F 

Schiitkinff.   Kniil  Siitro    •iTH 

Scliüiu-maiin  l'dtt,  Friedricli   <527 

Schumacher,  Ferdinand (Uli 

Schumann.  CS öOS 

Schultz.  Mathias 13 

Sfhiiitze.   IMof.   Arthur    318 

Schnitze.  Prof.  August    31S 

Schweppondick,  Gustav    849 

Schurz.    <  'arl    136,  595 

Srhwan,  (icneral  Theodor   618 

Schwartzniann,  Ad 553 

Schwatt,  Prof.  J.  J 318 

Sfhwarz,  (Jen.  Friedrich 671 

SfinveighiiftT,  Felix   433 

Schweitzer.  Prof.   Paul    318 

Sehwemmer,  Henry 809 

Seebach.  Marie   438 

Seebaum,  Joseph  Alexander   382 

Seeger,  Eugen  613 

Seidl,  Anton 362 

Seidensticker.   Adolph    503 

Seidt-nstii-ker,  Geo.  Friedrich   291 

Seidensticker,   Oswald    5, 291 

Senn,  Prof.  Dr.  Nicholas   325 

Serges-Claus.  Frau  Amalie   439 

Serges.  Heinrich    439 

Siefert,  Heinrich  Otto  Rudolf   318 

Siegel,   Henry    632 

Siemering.  August    576 

Sigel,  Albert   375 

Sigel,  Generalmajor  Franz  133 

Silier,  Frank   379 

Sima.   Frank    444 

Simon,  Prof.  Ur.  Wilhelm 318 

Singer,  Isidor    271 

Skal,  Georg  von 392 

Solger.  Ernst  Reinhold 378 

Sonnenthai,  Adolpli   430 

Sontag,  Karl  428 

Soubron,  Otto   380 

Si.äth.  Prof.  Dr.  P.  F.  A.  Th 318 

Spangenberg,  August  Gottlieb 164 

Spaunhorst,  Heinrich  J 7ol 

Speich,  Abraham 569 

Spencer.    Herbert    16 

Speyer,   James    631 

Speyerer,  Friedrich   Karl    1 75 

Spiegelhalter,  Dr.  Joseph   331 

Spitzer,   Dr.   von    324 

Spreckels,  Claus    635 

Staake,  W.  H 614 

Stahl,  Col.  Ernst  C ^45 

Stahel,  Julius    1 49 


Stallo,  Johann  Bernhard 2SK 

StarkhiflF.   I>r.   Hugo  Max  von    930 

Steiger,   Ernst (527 

Steiner,  Prof.  Dr.  E.  A ;ii9 

Steiner,   Melchior    4S5 

Steinhart,  Franz  Maximilian   C)\',i 

Steinleiu.  Augu.st    .'{76 

Steinmeier.  Wilhelm    175 

Steinway,  William  und  Heinrich  Engelhard...   641 

Steinwehr,    Adolf    von     149 

Stellhorn,  }»rof.  Dr.  F.  W :U9 

Stengel.   Prof.   Dr.   Alfred    .S37 

Sterki,  Dr.  Victor 319 

Stepler,  L.  H .384 

Stern,  Maurice  Heiidiold  von    380 

Steuben,  Friedrich  Wilhelm  Freiherr  von   14.  71,  1(»5 

Stibolt,  Jens  Peter .505 

Stiegel,  Henrich  Wilhelm  (Baron  von) 632 

Stieglitz,  Prof.  Julius   319 

Stifel,  Karl   G 227,  898 

Stolte,  Riehard    435 

Stoner,  Michael 73 

Storck,  Ludwig 371 

Stowe,  Prof.  Calvin  0 279 

Strack,  Heinrich  Christian    392 

Strauch,  Adolph    651 

Straus,  Isidor   632 

Straus,  Nathan    632 

Straus,  O.  S 614 

Stricker,  Georg   118 

Stricker,  John,  General   15,  80 

Strodtmann.  Adolf  386 

Struve.   Gustav  von    576 

Stucken,   Frank   van   der    365 

Stürenburg,  Ca.spar    570 

Sulzberger.  Richter  Mayer   268, 270 

Sutro,  Adolph  Heinrich  Joseph    16, 650 

Sutro,  Theodor 847 

Sutter,  Johann    78 

Szwirschina.  Pli 451 

Tafel,  Gustav    614 

Tailor,  Bayard 2S0 

Tamni,  August   503 

Tanneberg.  David 358, 651 

Tappan.  Henry  0 278 

Tappert.  Wilhelm   710 

Tellkampf,  Johann  Ludwig 319 

Theiss.  .Johannes   Wilhelm    .  ; 392 

Thielmann,  Madame 449 

Thieme,  August 540 

Thomann,  Rudolf   381 

Thomas,  Emil    433 

Thomas.  Friedrich   Wilhelm    547, 548 

Thorniählen,  Anton 378 

Thudium,  Harry   503 


971 


Thumm,  L 878 

Tifknor,  Geo 274 

Tiedoinann,  Dr.  Heinrieh    tlsö 

TicM-sch.   Curt :{sl 

Tiiiiin,  Adolf   S(i7 

Timm.  H.  C :it)i» 

Tittmaiin,  Otto  Hiloanl 320 

Toennies,  A.  G öö7 

Toei)litz,  ^fartha 892 

Tombo,  Dr.  Eiulolf    820 

Treutlen,  Gouverneur  Johann  Adam (iS 

Trieber.  Jacob   (il -4 

Troost.  Prof.  Gerhard    820 

Türcke.  Carl  August 8S7 

Tyrker   H>,  41» 

Uhde.  Prof.  Fr.  Max  821 

rill.  Tsabella    <591 

rill.  Jacob   Ö27 

Ullrich.  Frank 868,  870 

Ullrich.  Henry  € 870 

l'lnier,  Johann 287 

Ulrich,  C'has.  F 84S 

Umbstädter,  Theo 1  "•"> 

Ungar,  Carl  887 

Urban.  Henry  F 898 

Usselinx,  Wilhelm 81 

Varena,  Alexander   -t3ö 

Veditz,  Dr.  C.  W.  A 321 

Veltheini-Hülse.  Carrie  Freifrau  von   892 

Vianden,  Heinrich 347 

Viereck,  Georg  Sylvester 892.  .361 

Viereck,  Louis -^6" 

Villard,  Henry '8 

Vincke.  Johann  Bernhardt    392 

Vocke,  Wilhelm 3S7 

Voelkel,  Dr.  Titus 321 

Vülkel.  Vitus 398 

Volz.  Louis 8(9 

Vordtriede,  Carl  Julius  •^■13 

Voss,  Prof.  Dr.  E.  K.  J 322 

Wachsner.  Leon "*•" 

Wachtel.  Theodor   •*'-" 

Wagener,  Johann  Andreas   3(1 

Wagner,  Anna ^^ ' 

Wagner.    Johann,    erster    Lagerbier-Brauer    in 

Philadelphia '  "' 

Wagner,  General  Louis   *''■' 

Wahl,  Prof.  Geo.  M ■^-- 

Wahlde,  Hermann   von    ''^- 

Walbach,  General   ^" 

Waldo,  Sanuiel    ''■^'  ^'"^ 

WaldseemüUer  (Martin)    -'^ 

W%'ilker,  Geo ' ''' 


Walliicr.  Heinrich  ,  . 
Weber,  i'ntf.  Dr.  (;.  K.  i;. 

Weber,    Heinrich    

Weber.   Max  m.ii 
Weber.  Wilhelm 

Wedeiiieyer.   .\ 

Weigand,    llermanii    

Weil,  Otto    

Weimann.  .Toiin   

Weimer.  Karl  Ferdinand  .  . 

Weinmann.  .\d(ilf 

Weiser,  .lohann   Koiirad 

Weiser.  Konrad | 

Weiss.  Georg  .Michael 

Weiss,  Ludwig 

Weissenfeid,  Baron  . 

Weitzell.  ('as|>er   

Weitzel.  Gottfried 

Weib,  Ferdinand 

Weiden.  Otto 

Weltner,  Ludwig 

Wendel.  (  arl  ( 'hristian 

Wengefeld,  Hans  

Weniger,  Hans 

Wesselhöft.  Johann   (ieurg    .  .  .  .  . 

Wesselhiift.  Dr.   Wilhelm  und   Dr.   RolnTt 

Wetzel.  Ludwig 

Weyerhäuser,  Friedrich   

White.  Prof.   Andrew    D 

Widenmann,  Pauline    

Wieden.  Georg  (Serhard  von  der 

Wiegami,    Mari  in    

Wienand.  Paul 

Wiener,  Prof.  Leo 

Wiesenthal.  Dr.  C.  F 

Wilde.   Carl    

Wiilicli,  .\iigust  von   

Willicli,    Ludwig    

Winckler.   Willibald    

Windmühlen.  Fritz  zur 

Wiiidmüller.   Louis    

Winkler,  Prof.  Max   

Wi|)])linger,  Dr.  Natalie   ... 

Wirt,  Geo.    Hermann    . 

Wirt.  W 

Wischan.  I'astor  F 

Wise,  Isaac  M 

Wislicenns.  (iustav  Adolf 

Wislicenus.   Dr.  Johannes    

Wislizenus,  Dr.  F.  A 

Wissner,   Otto    

Wiszcewsky,   Stanislaus    von 

Wi.ster.  Dr.  Kasjcir 

Widf.  Albert    

Wolf  Zerrahn,  Carl 

Wnlfel.  Paul  Ludwig 


ASO 


175,  225 
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302 
435 

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.  877 

.     91 

.      .   392 

464 

4.S9 

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73 

.  637 
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. .  .  101 
.  935 
.   392 


325 
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129 

.125 
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162 
•t51 


972 


\Vn\n\  AihiM-t :{7(j 

WolfV,  Marie    45(» 

Wolffram,  Charles  Bertliold   ö:U 

Wolhaupter,  David  JiöS 

Wdllcinvohcr,  Ludwig  Aufjust    I^Tl 

Wurcii,  Gottfried •^~~ 

Worcb,  Rudolph    SiU 

Wolsieffer.  Philipp  Matthias 7:VA 


Wurster,   Aiexaiuler    44(1 

Wvueken,  Friedricii  A ^92 


Yesler,  Henrv  L. 


Zahm,  (Jeorge 

Zalinski,  Major  K.  L.  (1. 

Zano,  Ebouezer    

Zane,  Elisabeth   

Zeckwer,   Ricliard    


7S 

52.i 

61 S 

74 

<l!t 

()L'!I 


Zedwitz,  Ileruiiiuu  von 3,57 

Zeisiterger,    Miiliae!    1(54 

Zeisler,  Sigmund     (516 

Zenger,  Johann  Peter lil 

Zentmeyer,  ,To.seph    ;{7(5 

Zerboni,  Alfons  von 459 

Zcrrl;iut,   Friedrich  E ...    17.j 

Ziegfeld.  Florenz 364.  628 

Zicgler,  David    74 

Ziuiuicrniiinn,    Eugen    62S 

Zimmermann,  Dr.  Gustav   .   296,  .573 

Zimnu'rmann,  Sr.  G.  A 373 

Ziuimormanu,  Mathias 3.58 

Ziuki-,  Prof.  Dr.  E.  (J .337 

Zinsser.  Dr.  F 691 

Ziwet.  Prof.  Alex 629 

Ziiiidt,   Kriist  Antoii .378 


SACH-REGISTER. 


Aclitundvierziger.  die  und  ihr  Eintiuss 279 

Anuina,  Ansiedlung  der  Inspirirteu   246 

„America",  das  Schilf,  auf  dem  Pastorius  an 

langte    J9 

Anheuser-Busch   Brauerei,  St.   Louis    907 

„Amerikanisches  Göttingeu "   274 

Aurora   in   Oregon    247 

Auswanderung,  Ursachen  der  ersten 32.  33 

Baltimore  und  seine  Deutschen   183 

Baptisten,  deutsche 242 

Betbel  in  Missouri   247 

Boynton  House   924 

Bildungszustand  der  ersten  deutschen  Einwan- 
derer      n 

Bibel,  die  erste 30 

Birmingham     Feuer- Versiclierungs-Gesellsehtft  9öl 

Bonil)en-Attentat  Haymarket,  Chicago 605 

Breitkopf  &  Härtel  's  erste  amerikanische  Ge- 
schäfts-Verbindung       3.jH 

Bürgerkrieg,  Betheiiigung  der  Deutschen  am.  .    124 

Carolina,  Nord-   und  Süd-,  deutsche  Ansiedler 

daselbst 6.5 

Ciiristenthum.  Unterschiede  zwischen  deutschem 

und  englischem    233 

„Concord",  Beschreibung  des  ersten   Auswan 

derungs-Schiflfes  Deutseher 35, 36 

<  "oriiell  Universität 280 

Cream    City    Brewiug    Co.,    Milwaukee    916 

„Deutsch   die  Sprache   der  Gelehrsamkeit   und 

Bildung"   281 

Deutsche  als  Freiheitsverfechter 29 


Deutsche  (ieselischaft  von  Pennsylvanien   ....     63 
Deutscher    Bürger    in    Pittsburg    Konvention, 

1837    174 

Deutscher  Tag,  Entstehung 754 

Deutsches  Lehrer-Seminar 278,  282 

Deutsche  Sprache  und  Literatur;    Folien  über 

die  Bedeutung  ihres  Studiums    276 

Deutsche   Sprache.    Kampf   um.    in    von    Deut- 
schen gegründeten  Gemeinden 236 

Deutsche  Tag-Feier  in  Wheeling 193 

Deutsche  und  Politik 17 

Deutschland,  ein  „Mutterland "    16 

„Deutschland,   ein   zweites   Atiien   für  den  ge- 
bildeten   Amerikaner "    277 

Deutschland,  Missionärin  der  Wissenschaft  und 

Kultur     324 

Deutsch-Schweizer  und  Hugenotten 21 

Deutschthum,    das   am    Anfang    des    19.    Jahr- 

huiiderts    173 

„Die   deutschen   Auswanderer"'  von   Pastor  .1. 

Ilof  mann    47,  48 

Ebenezer,  Gründung  von 67 

Economy,  Rapp  's  Gründung 247 

Eintritt  des  deutschen  Volkes  in  die  Kolonial- 
geschichte Amerika  's 54 

Einwanderung,  deutsche  Bi-Centennial 177 

Einwanderung,     Deutsche,     225,iähriges    Jubi- 
läum       3.  5.  1 78 

Ekliardt  &  Becker  Brewing  Co 958 

Ephrata,  Kloster 11,  56 

Erdbeben,  Das  in  San  Francisco 819 

Evangelische  Gemeinschaft 242 

Kvangelisciie   Svnode,   deutsclie    243 


Forincy  'sehe  Operettengesellscliaft 
Fleisc'luiiann  's,   Ein    Wort    üVxt 
„Frankfurter  Kompagnie"    . 

Friedensfest    

Friedriehsburg,  Gründung  von 


9G4 

177 
.    78 


444 

Kl 


German  Toast,  the 2(iö 

Germania    Musical   Soeieiv,   Bergmann  's 

Germanisches    Museum    

Germanna  in  \'irginia 

German  The/itre  Realty  Co.  von  Philadelphia 

Germantown 

Germantown's    l'rotest     gegen    Sklaverei     im 

Jahre  1688  38,  89,  40 

Gloria    Dei    oder    "Old    Swedes"    Kirche    in 

Philadelphia 32 

Grover  's  Deutsche  Üperutruppo 438 

Gustav    Adolph  's    projektirte     Handels-     und 

Kolonisations-Gesellschaft '.U 

Gutenberg-Jubiläum,  400jähriges   177 

Grammophon,  Erfindung  des   646 

Grant   über   die   Bedeutung   der   Kettung    Mis- 
souri's  für  die  Union,  eine  deutsche  That   129 


„Hallesche  Nachrichten"   

„Hans  Buschbauer''.  Pseudonym  für  Franz 
Hoffmann  

Härting  'sehe   Thalia-Gesellschaft    

Harugari,  Deutscher  Orden  der  

Hassler  Exposition   

Heidelberg  und  .Johns  Hopkins 

Heldinnen,  deutsche,  des  Unabhängigkeits- 
Krieges  

Hermannssöhne,  Orden  der 

Herrnhuter 

Hessen,  die 

Henrich   Brewing   Co 

Humboldt-Feier    


241 

6(10 
438 
747 
621 
281 

99 

747 

.')7 

7'> 


913 

177 


932 


Independent  Baking  Co.,  Davenport,  la.   . 

Indiana,  Erschliessung  von '  ■> 

Indianer-Massakre  am  ^Miuskingum   i-i 

Industrielle  Unternehmen,  die  ersten  in  Ame- 
rika, deutsch -^ 

Jay  's  Vertrag  ^  ^ 

Johns  Hopkins  Universität  -^" 

Jubiläum  der  deutschen  Einwanderung 3<l 

Juden,  deutsche,  in  den  Kriegen  in  Amerika  264 

Jüdische  Hospital,  das  in  Philadelphia   266 

Jüdische,  erste  deutsche  Synagoge -61 

Josephinum,  das  in  Columbus,  O '-•''• 

Kriegerbund,  Deutscher '  ^ ' 

Keith  's,  Gouverneur,  Befürchtung   '-- 

Kentucky  und  seine  deutschen  Ansiedler 

Kneisel.  Quartett  "'' 


KnuwnothinKH.  Kampf  m'^^i, 
Kr.-nning.   F.   F.  Willi;,,,, 
Kropp.    Prediger  Seminar    in 
Kulturl.iJder   mw    iMitHoh  Ain.-rikn   »ur    Kolo 
nial-Zeit    . 


Landwirthscliaft  di-r  «tmIcu  .)     • 

Fundament     ii<*H     nm<  : 

thuniH    

Lelirerliiind.   iiatinnulcr  i|<i- 

I.elinr  Seminar,    deuts«-h  am.  i.h -...,. 

Anregung  zur  Gründung 

Lemp  Brewing  Co.,  8t.  Louin 
Lenau,  der  Dichter  in  .Vnierikn 

Leo- Haus,  New  York 

Lutherische  Kirche 


973 

479 
26.58 


17« 


„Märtyrerspiegel "  J 1 

Mainzer  .\delsverein 77 

Meciianics  Institute  Rio!  in  New  Orlenn«     .  »R»-! 

,, Mecklenburger  Erklärung  "  .1.  9 
Meeklenburg,  Town   in  County    Frederiek,    \V. 

\'a M»'i 

Meininger,  die  der  Gebrüder  Rnoonfel«!  i...; 

Methodisten,  deutsche  24.1 

Militär  N'ereine    747 

Miller   Brewing  Co..   Milwaukee    '»'T 

Mugele,  Chas.  P 

Musieimi.  Collegium,  in  Bethlehem  356.  ;i57 

Nachdruck  und  „literarisches  Piratenthnm".  .  474 
National  Denkmal    zur    Khniiii.'   der   ilent-M-hiii 

Einwanderung  21 

National  Farm  School -'>*» 

Nativistische    Regungen    nach    dem    Freiheit« 

kriege    •***7 

Neu- Braunsfels,  tSründung  von  " 

Neuländer   ...  «■>2.  dUi 

Neu-Schweden    •*' 

New  Jersey,  erste  deutsc-ho  Einwandoning  ...  »U 
Normal-Schule,  erste    .  "'"• 

Ohio,  die  Erschliessung  von 

Oster-  und  Weihnachtsfest  '■ 

Ottendorfer  Zweig-Bibliothek  •'   ' 

Pabst's    Brauerei,   .Milwaukeo.  Wiw '•"• 

Pastorius' erste  deutmdie  Kirchenschule 
Pastorius'  Gruss  an  die  N.ichkommen 
..Patriotische   Gewllschaft    der  Stadt   uuU   U.» 

County  PhihKJelpliin  "   PJ.  M 

l'atriotisnnis.      dcut»<h  amerikanincher,     Z«'Ug 

niss«'  von  H«fkmnnn  und  G«hi,  W.  June«.  .  1 1.  PJ 

Pea  Ridge,  Schlacht  von   ■ ^^* 

Pfülzer     di<-    und    ihre     \i.*i.-.lliiinren    in    New 

Vo^k    •   21.M 


974 


Pfciffor   Brtnvin^  Co..  Detroit.    Midi 909 

J'ittsburgcr  Brauereien    94.S 

Preissingen  bei  Sängerfesten 726 

Presbyterianer,  deutsclie   '242 

Pressfreiheit,  Sirlieriing  di.reli  eintMi  Deutseheu  (52 

Proiiibitionisten.  Kamjif  gegen   2S 

Protest   gegen   Bryce's  "Tiie   American  Com- 
monwealth "    H,  -4 

Protest  gegen  Siviaverei  16SS 1(1 

Puritaner  und  Deutsche 19 

„Rattenfänger,     Der     von     Ilami'hi".     Xeueu- 

dorfif  's  Oper 428 

Reforniirte  Kirelie  in  Amerika 24."? 

Revolution,  die  fraiizösisehe  und  die  Deutschen  4S7 

Rotiimänner,   Unabhängiger  Orden  der    747 

Rush 's,  Dr.    Benjamin,  Urtheil  über  die  Deut- 
sehen     58 

Sängerfest,  Das  erste 719 

Saiesianum,  das  im  Mihvaukee 25.5 

Salzburger.  Besiedlung  von  Georgia  durch  ....  67 

Sammlung,  Deutsch-Amerikanische 759 

Schiller-Feier  ( 1S.59)    1 77 

Schlitz   Brewing  Co.,  Milwaukee,  Wis 938 

Schorr   &   Kolkschneider   Brewing   Co 941 

Schullnich,  das  erste  . 10 

Schwarze  Ritter,  Orden  der 747 

Siegesfeier  von  1871    193 

Sklaverei,  Abschaffung  der 12 

Sklaverei,  deutscher  Protest  dagegen 20,  21 

Sekten,  deutsche   56 

Setzmaschine,  Erfindung  der   649 

Sieben  Weisen  Männer,  Orden  der 747 

Siegesfeier  der  Schlacht  bei  Leipzig  in  Phila- 
delphia      177 

Silk  Association  of  America,  Gründung  der  .  .  .  638 

Sittlichen  Freiheit,  Das  Ideal  der   

„Slocum '  '-Katastrophe    883 

Solms  Braunsfels,  Prinz  Carl  von 77 


Sonntagsschulen,  die  ersten  von  Deutschen  ge- 

Ki'iintlet   ig 

Spiering  Quartett    -^q^ 

Steuben-Denkmal  siehe  Jägers 35J 

Stroh    Brewing    Co.,    Detroit,    Mich 90] 

Studenten,  Verein  alter  deutscher xjß 

Sutro-Tunnel    gj^ 

SynodalKonferenz   044 

Teiiij)en'nz   und  Sabbatisnuis    234 

Texas,  deutsclie  Einwanderung  in   77 

Theater,  das  und  die  Haltung  der  .jungen  Re- 

jinblik  ihm  gegenüber   422 

„Tliermopylen    des    amerikanischen    Freiheits- 
krieges " .T  9 

Tlioinas,  Gouverneur  von    l'a.,   über  die   Deut- 
schen 1748   ]|) 

Turner,  Deutsche  im  Kriege   740 

Turner,  Die    24 

„Unabhängigkeits-Erklärung,    Deutsch  -  Ameri- 
kanische "    9, 13 

„Unser  nationales  Laster",  Heuchelei 17 

Vereinigte  Brüder  in  Christo   242 

„Vinum,  Linuni  et  Textrinum",  Inschrift  von 

Germantown's  Rathsiegel   41 

Volksfest-Vereine    747 

^Vachoria  Tract 66 

Waldschutz  unter  William  Penn  6.59 

Wanamaker,  John  über  „Deutsches  Blut"    ..  755 

' '  War,  French  and  Indian  " 69 

Washington 's  Leibwache 91 

,,Weib,  Das  in  der  Wüste  " 56 

,, Weinland  " 49 

Weslev,  Juliu,  und  die  Salzburger 67 

Wisconsin,  Erschliessung  von 76 

Wyoming  Massaker   169 

Zoar   in   Ohio    246 


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DAS  BUCH  DER  DEUTSCHEN  IN  AMERIKA  PHILA 


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