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Full text of "Das Danziger Theater im 16. und 17. Jahrhundert"

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J.  Bolte:    Das  üan/iger  Theater  im  IG.  und 
17.  Jaliilumdert. 


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1895. 


Das 


Danziger  Theater 


im 


16.  und  17.  Jahrhundert. 


Vou 


Johannes  Bolte. 


Hamburg  und  Leipzig 

Verlag-   ^'  o  u    L  e  (j  p  o  1  d   Voss. 
1895. 


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Frau    Margarete 

zugeeignet. 


Inhalt. 


Seite 
Vorwort. 

I.  Vorgänger.     Hilfsmittel.     Anordnung IX 

II.  Entwicklungsstufen  des  Danziger  Theaters XI 

III.  Bühnenverhältnisse XVIII 

Das  Danziger  Theater  1522—1733 1 

Anhang.  Zwei  ungedruckte  Stücke  der  englischen  Komö- 
dianten, aus  Georg  Schröders  Nachlass  herausge- 
geben       169 

I.  Tiberius  von  Ferrara  und  Anabella  von  Mömpelgard    .  171 

II.  Der  stumme  Ritter 219 

Das  Zwischenspiel  vom  wunderthätigen  Stein 268 

Nachträge 280 

1.  Register:   Personen-  und  Ortsnamen 283 

2.  Register:   Dramentitel 293 


Vorwort. 


Vorgänger.    Hilfsmittel.    Anordnung. 

Mehr  als  vierzig-  Jabre  sind  verflossen,  seitdem  August 
H  a  g-  e  n  in  den  Neuen  Preussisclien  Provinzialblättern  *)  seine 
höchst  verdienstlichen  Forschungen  tiber  die  Geschichte  des 
Theaters  in  Preussen  veröffentlichte  und  damit  das  durch  Eduard 
Devrients  Geschichte  der  deutschen  Schauspielkunst  genährte 
Vorurteil  gegen  die  Königsberger  und  Danziger  Bühne  glänzend 
widerlegte.  Freilich  ist  bei  ihm  Danzig  für  die  frühere  Zeit- 
in der  die  Quellen  spärlich  rinnen,  gegenüber  Königsberg-  etwas 
zu  kurz  weggekommen-,  denn  Hagen  musste  sich  hier,  abgesehen 
von  einer  gelegentlichen  Mitteilung  Theodor  Kirschs,  auf  die 
knappen  archivalischen  Notizen  beschränken,  die  Löschin  seiner 
Geschichte  Danzigs  (1822)  eingestreut  hatte.  Erst  1883  skizzierte 
E.  Leidig  auf  Grund  eigener  Einsicht  in  das  Aktenmaterial 
des  Stadtarchivs  in  einigen  trefflichen,  leider  schwer  zugänglichen 
Artikeln  der  Danziger  Zeitung  ^)  die  Danziger  Theaterverhältnisse 


1)  Band  10  (1850).  12  (1851).  Andere  Folge  1.  2  (1852).  4  (1853), 
5.  6  (1854).  —  Dann  vereinigt  u.  d.  Titel:  'Geschichte  des  Theaters  in 
Preussen,  vornämlich  der  Bühnen  in  Königsberg  und  Danzig  von 
ihren  ersten  Anfängen  bis  zu  den  Gastspielen  J.  Fischers  und  L.  De- 
vrients' (Königsberg  1854).  Hagens  mit  Schreibpapier  durchschossenes 
Handexemplar,  das  mir  Herr  Dr.  R.  Reicke  in  Königsberg  in  liebens- 
würdigster Weise  zvtr  Verfügung  stellte,  enthält  für  die  ältere  Dan- 
ziger Theatergeschichte  keine  Nachträge. 

2)  1883,  2.  Quartal,  Nr.  13977.  13993.  14014.  14069.  4.  Quartal, 
Nr.  14321.  14323:  Zur  Geschichte  des  Danziger  Theaters  (1.  Fastnacht- 
spiele und  Schulkomödien.  —  2.  Das  Volk  der  fahrenden  Komödianten. 
—  3.  1650—1750.  —  4.  Die  Anfänge  einer  neuen  Zeit.  —  5.  Die  Dan- 
ziger Bühne  im  Zeitalter  Lessiugs.  —  6.  Das  Schauspiel  bis  zum  Ende 
des  18.  Jahrhunderts). 


X  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

des  16.  bis  18.  Jalirlmiidcrts.  Eine  gutgemeinte,  aber  un/,uläng- 
liche  Dilettantenaibeit  lieferte  1894  Otto  Rub  in  seinem  Buche 
'Die  dramatische  Kunst  in  Danzig  von  1615  bis  1893'.  Für 
das  19.  Jahrhundert  haben  seine  tabellarischen  Zusammenstel- 
hingen  über  die  Repertoirestücke  und  die  in  Danzig  aufgetretenen 
Schauspieler  noch  einen  selbständigen  Wert;  für  die  ältere  Zeit 
Jedoch  ist  er  durchaus  von  Hagen  abhängig,  den  er  in  dem 
noch  nicht  vier  Seiten  einnehmenden  ersten  Abschnitte  1650 — 1730 
wörtlich  ausschreibt. 

Das  vorliegende  Rüchlein,  das  ich  den  1893  erschienenen 
'Singspielen  der  englischen  Komödianten'  als  zweiten  Reitrag 
zur  Thcatergeschichte  des  17.  Jahrhunderts  anreihe,  versucht 
das  reiche  handschriftliche  und  gedruckte  Material  über  die 
Danziger  Bühne,  das  sich  in  Danzig,  aber  auch  in  Berlin,  Königs- 
berg, Kopenhagen,  Stockholm,  Riga  und  anderwärts  vorfindet, 
möglichst  vollstämlig  vorzuführen.  Die  Bedeutung  urkundlicher 
Belege  aus  der  Kindheitsperiode  des  deutschen  Theaters  bedingte, 
die  wichtigeren  Aktenstücke  im  Wortlaute  aufzunehmen.  Hat 
die  Arbeit  dadurch  an  Lesbarkeit  verloren,  so  wird  die  annali- 
stische Form  wenigstens  einen  bequemen  Ueberblick  ermöglichen. 
Der  Versuchung,  die  Schilderung  der  Danziger  Theaterverhält- 
nisse durch  Berücksichtigung  der  interessanten  politischen  und 
kulturellen  Entwicklung  der  alten  Ostseestadt  zu  erweitern  oder 
durch  Ausblicke  und  Vergleiche  aus  der  allgemeinen  Litteratur- 
und  Theatergeschichte  Deutschlands  zu  erläutern,  l)in  ich  ab- 
sichtlich ausgewichen,  wenn  ich  mich  auch  bemühte,  die  Be- 
ziehungen der  in  Danzig  aufgeführten  Schauspiele  zur  deutschen 
und  ausländisclicn  Littcratur  nachzuweisen  und  den  ferneren  Ge- 
schicken der  hier  gastierenden  Komödiantenbanden  nachzugehen  ^). 

Wertvolle  Unterstützung  und  Aufmunterung  erfuhr  ich  bei 
meinem  wiederholten  Besuche  Danzigs  namentlich  von  dem  ver- 
storbenen Stadtarchivar,  dem  liebenswürdigen,  kenntnisreichen 
Archidiakouus   A.  Bcrtling,    und   von   seinem  Nachfolger,    Herrn 


')  Leider  vermochte  icli  nicht  meine  Nachforschungen  auf  die 
Archive  in  Ell)lng,  Königsberg  und  Thorn  auszndclmcn.  Es  steht 
aber  /.u  liolTen,  dass  die  Durclisidit  der  dortigen  Katsbeschlüsse  und 
Kauiincrcibüchcr  noch  manche  Aufschlüsse  über  die  Geschichte;  der 
Wanderkomüdianten  ergebeu  wird. 


Vorwort.  XI 

Dr.  P.  Gehrke,  ferner  von  den  Herren  01)crlehrern  A.  Hoffmann, 
Dr.  F.  Osterniayer  und  meinem  lieben  Freunde  Dr.  J.  Eggert. 
Durch  schätzenswerte  Nachweise  hal)en  mich  ausserdem  die 
Herren  Anton  Buchholtz  in  Riga,  der  mir  seine  sorgfältigen 
Auszüge  aus  den  Akten  des  Rigaer  Stadtarchivs  i)  gütigst  zur 
Verfügung  stellte,  Rittergutsbesitzer  A.  Treichel  auf  Hoch-Palesch- 
ken, Professor  Dr.  Alexander  Brückner  in  Berlin,  Archivrat 
Dr.  Hille  in  Schleswig,  Dr.  P.  Hasse  in  Lübeck,  Dr.  A.  Hage- 
dorn in  Hamburg,  Professor  H.  Markgraf  in  Breslau  und  Univer- 
sitätsbibliothekar S.  Birket  Smith  in  Kopenhagen  verpflichtet. 
Ihnen  allen  meinen  herzlichen  Dank  auch  an  dieser  Stelle  auszu- 
sprechen ist  mir  ein  wirkliches  Bedürfnis. 

II. 

Entwicklungsstufen  des  Danziger  Theaters. 

Bevor  wir  die  einzelnen  Thatsachen  der  Bühnengeschichte 
Danzigs,  wie  sie  die  immerhin  nicht  lückenlose  üeberlieferung 
darbietet,  an  uns  vorüberziehen  lassen,  sei  es  gestattet,  sie  ein- 
mal aus  der  Vogelschau  zu  überblicken  und  bei  einigen  hervor- 
stechenden Zügen  einen  Augenblick  zu  verweilen. 

Leicht  scheiden  wir  die  Aufführungen,  die  während  der 
Jahre  1500—1730  stattfanden,  nach  dem  Stande  der  Darsteller 
in  drei  grosse  Gruppen:  die  Schauspiele  der  jungen  Bürger  und 
Handwerksgesellen,  die  der  Schüler  und  die  der  stadtfremden 
Berufsschauspieler.  Diese  Gruppen  stellen  zugleich  drei  Ent- 
wicklungsstufen des  Dramas  in  Deutschland  dar,  obschon  nicht 
eine  die  andre  direkt  ablöst,  sondern  die  Handwerkerkomödien 
und  Schulaufführungen  neben  den  Schauspielen  der  Wander- 
komödianten bis  zum  Ende  des  17.  Jahrhunderts  fortdauerten. 

Wann  die  erste  Periode,  die  der  von  jungen  Bürgern  ver- 
anstalteten Fastnachtspiele,  in  Danzig  begann,  wissen  wir 
nicht,  und  zweifelhaft  bleibt  es  auch  bei  dem  völligen  Schweigen 
der  üeberlieferung,    ob    ihr  eine  noch  ältere  voraufging,    in  der 


1)  Diese  Auszüge  hat  später  Moi-itz  Rudolph  für  seine  unvollendete 
Geschichte  des  Rigacr  Theaters  benutzt,  die  soeben  im  Kigaer  Tage- 
blatt 1895  (Feuilleton-Beilage  zu  Nr.  6.  18.  30.  42.  53.  65.  76.  87.  98.  108. 
118.  128)  aus  seinem  Nachlasse  veröffentlicht  worden  ist. 


Xn  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

wie  in  Süd-  und  Mittel-Deutschland  zur  Oster-  und  Weihnachts- 
zeit geistliche  Dramen  von  Klerikern  und  Laien  vorgeführt 
wurden.  Für  weltliche  Lustbarkeiten  aber,  stattliche  Aufzüge 
und  Tänze  der  kraftbewussten ,  lebensfreudigen  Bürgerschaft 
haben  wir  schon  aus  dem  15.  Jahrhunderte  mehrfache  Zeugnisse. 
Die  Mitglieder  des  Artushofes,  der  aus  dem  Vorbilde  englischer 
Ritterbrüderschaften  des  14.  Jahrhunderts  zu  Windsor  und  Lincoln 
erwachsen  war,  namentlich  die  ursprünglich  nur  aus  ritterbürtigen 
Familien  herstammenden  Georgenbrüder  ritten  zur  Fastnacht 
nach  der  'Tafelrunde',  d.  h,  sie  veranstalteten  ein  regelrechtes 
Turnier,  bei  dem  öfter  der  Rat  selber  den  Preis  stiftete^)  und 
an  das  sich  ein  festliches  Mahl  und  ein  Abendtauz,  das  Trarat^), 
anschloss.  Im  Frühlinge  folgte  am  Pfingstmontage  ein  Ausritt 
derselben  Brüderschaft  unter  Anführung  des  Maigrafen  und  eine 
Waffenschau  2).  Im  Laufe  des  16.  Jahrhunderts  scheint  dieser 
Mairitt  von  den  Georgenbrüdern  auf  die  Erasmibrüder^)  über- 
gegangen zu  sein,  die  im  Sommer-Schiessgarten  ein  stattliches 
Vogclschiessen  hielten  und  dieser  Sitte  bis  ins  18.  Jahrhundert 
treu  blieben.  Fastnachtsniummereien  und  Darstellungen  drama- 
tischer Art  sind  gewiss  schon  im  15.  Jahrhundert  häufiger  im 
Kreise  der  Artushofgenossenscliaftcn  veranstaltet  worden,  wenn 
man  auch  nicht  zu  einer  ständigen  Einrichtung  wie  bei  der 
Lübecker  Zirkclgcsellschaft^)  gelangte.  Es  ist  nur  dem  Zufalle 
zuzuschreiben,  dass  die  Ueberlieferung  uns  davon  keine  Spur 
auf  he  wahrt  hat,  während  wir  durch  Simon  Grünau*')  von  Thorner 
und  Elhinger  Fastnachtspielen  aus  der  Zeit  um  1440  wissen 
oder    durch  pommersche  Chronisten'')    hören,    wie  drei  Danziger 


')  Vg"l.  S.  7,  Anm.  3.  —  In  Nürnberg-  hiessen  solche  Turniere 
der  jungen  Patrizier  Gesellenstechen  (Walther  und  Lochnex",  Das  Nürn- 
berger Gesellcnstet'hen  v.  J.  1446,   Nürnberg  1853). 

2)  Bolte,  Alemannia  18,  77. 

•■')  Scriptores  rer.  Pruss.  4,  7.^8.  774.  5,  471.  E.  Pabst,  D^e  Volks- 
feste des  [Älaigralcn  (Berlin  18G5)  S.  20.  ""  " 

■*)  Hir8cli",~~Dtc  Öberpfarrkirche  von  St.  Marien  1,  393.  Nucleus 
SC.  Gcdanensiuni  im  Berliner  Ms.  boruss.  fol.  250,  Bl.  215  a. 

•'')  Wi'hniiaun  und  Waltlier  im  Niederdeutschen  Jahrbuch  fi,  1. 

")  Prciissische  Chronik  h.sg.  von  Pcribach,  Pliilip]n  und  Wagner 
lH7fi    1,  l.'}7  (Tr.  1.5,  §  21). 

")  Bartliold,  Geschichte  von  Rügen  und  Pommern  4,  1,  520  (1843). 
Th.  Ilirscli,  Neue  preuss.  Provbl.  2.  Folge  5,  38  (1854). 


Vorwort.  XIII 

Georgenbrüder,  die  mit  Herzog  Bogislav  X.  von  Pommern  eine 
Pilgerreise  nach  dem  heiligen  Lande  unternommen,  am  22.  Novem- 
ber 1497  im  Palaste  des  venezianischen  Dogen  eine  Komödie 
mitansahen,  deren  Gegenstand  ihr  Seegefecht  mit  den  Türken 
bildete.  Erst  das  Jahr  1522  bringt  uns  eine  Nachricht  über 
eine  satirische  Fastnachtskomödie  der  Reinholdsbrüder. 

Besser  sind  wir  über  die  Umzüge  und  öffentlichen  Tänze 
unterrichtet,  die  von  den  Handwerkerzünften  zur  Fastnacht  oder 
beim  Empfange  der  polnischen  Könige  veranstaltet  wurden. 
Dass  sie  den  anderwärts  in  Deutschland  üblichen  Festlichkeiten 
glichen,  ist  bei  dem  engen  Zusammenhange  der  Zunftgenossen 
und  der  Wanderlust  der  Handwerksgesellen  durchaus  natürlich. 
So  finden  wir  in  Danzig  das  durch  die  Strassen  gefahrene  Schiff 
mit  Segeln  wieder,  das  uns  aus  den  Niederlanden,  aus  Eger, 
Nürnberg  und  andern  Binnenstädten  bekannt  ist^),  als  Schaustück 
der  Danziger  Schiffergilde  aber  noch  eine  grössere  und  verständ- 
lichere Bedeutung  als  dort  hatte.  Auch  der  Schwerttanz  2)  der 
Schiffer  und  Schiffszimmerleute,  der  Reifentanz,  Fackeltanz  und 
Mohrentanz  der  Kürschner,  das  Ringelstechen  der  Speicherburschen 
und  Fleischer,  die  Wagen  mit  Scenen  aus  dem  Handwerksbe- 
triebe der  Fleischer  und  Schmiede  sind  anderwärts  als  Fast- 
nachtsbelustigungen beliebt  gewesen^);  nur  die  Prelldecke  der 
Fleischer  ist  mir  sonst  nicht  begegnet.  Bei  den  Tischlern  kam  zu 
der  Pantomime  noch  ein  gereimter  Text  hinzu,  der  seinen  Ursprung 
wohl  in  Süddeutschland  hatte  und  im  Laufe  des  17.  Jahrhunderts 
zu  einer  umfangreichen  Komödie  anwuchs.  Am  meisten  littera- 
rische Neigung  jedoch  tritt  bei  dem  ansehnlichen  Gewcrke  der 
Kürschner  zu  Tage;  schon  1572  führen  sie  Agricolas  Tragödie 
"Johannes   Hus'   zur  Fastnacht    auf   und   versuchen    sich    später 


1)  Grimm,  Deutsche  Mytholog-ie  *  1,  218.  3,  8G.  J.  W.  Wolf,  Bei- 
trüge zur  deutschen  Mytholog-ie  1,  152.  Gradl,  Mitt.  d.  Vereins  f.  d. 
Gesch.  d.  Deutsehen  in  Böhmen  33,  149.  Genee,  Hans  Saclis  1894 
S.  210  (Abbildung-  v.  J.  1539,  wohl  nach  dem  Berliner  Mscr.  g-erm. 
fol.  442,  Bl.  72). 

2)  MüUenhoff  in  der  Festgabe  für  Homeyer  1871  S.  111  und  Zeit- 
schrift f.  d.  Altertum  18,  9.  20,  10.  Ammann  ebd.  34,  178.  Bilchtold, 
Gesch.  der  d.  Litt,  in  der  Schweiz  1892  S.  248,  Aiun.  S.  64.  Gradl 
a.  a.  0.  33,  217. 

3)  Bolte,  Alemannia  18,  81.  Gradl  33,  152.  Soden,  Kriegs-  u. 
Sittengeschichte  von  Nürnberg  1,  45.  3G0  (18G0)  u.  s.  w. 


XIV  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

an  den  Bülmendichtungen  der  Nürnberg-er  und  Aug-sburger  Meister- 
sänger; I60I  iintcrnebmeu  sie  sogar,  die  englischen  Komödianten 
mit  ihren  eigenen  Stücken  aus  dem  Felde  zu  schlagen. 

Neben  diese  Bestrebungen  der  Handwerker  tritt  mit  dem 
Jahre  15()<)  die  unter  der  Pflege  der  Humanisten  entstandene 
und  unter  dem  Schutze  ])rotestantischer  Pädagogen  weiter  ge- 
diehene S  c  h  u  1  k  o  m  ö  d  i  e.  Die  Leiter  des  neugegründeten 
Gynmasiums  und  der  Marienschule,  der  Hesse  Moller  und 
der  Sachse  Sehreck,  treten  alljährlich  mit  einem  lateinischen 
Stücke  des  Terenz  und  mit  einem  deutschen  Drama  biblischen 
oder  weltliehen  Inhalts  um  die  Fastnachtszeit  vor  die  Väter  der 
Stadt,  und  andre  Schulmeister  folgen  bald  ihrer  Sitte.  Ein 
Streit  mehrerer  auswärtiger  und  einheimischer  Gelehrten  entsteht 
darüber,  ob  diese  dramatischen  Darstclluugen  für  die  Schüler 
des  Gynuiasiunis  zulässig  seien,  und  endet  damit,  dass  diese  sich 
auf  die  Aufführung  lateinischer  und  griechischer  Schauspiele  in 
der  Origiualsprache  beschränken,  die  deutschen  Stücke  aber  den 
Z(iglingen  der  andern  Schulen  überlassen  bleiben.  Leider  sind 
unsre  Nachrichten  über  die  Pflege  dieser  Sitte  bis  zum  Ende 
des  1().  Jahrhunderts  spärlich;  neben  Möllers  und  Schrecks  Be- 
mühungen ^)  ist  namentlich  Waimers  Drama  'Elisa'  als  der  frühste 
Versuch  eines  Deutschen,  mit  den  Aufführungen  der  englischen  Be- 
rufsschauspieler zu  wetteifern,  der  Beachtung  würdig.  Von  biblischen 
und  geistlichen  Stoffen  erscheinen  auf  der  Schulbühne  Jephta, 
Nabal,  David  und  Bathscba,  Hecastus;  von  antiken  Helden  und 
Heldinnen  Orest,  Mcdca,  Pliädra,  Dido,  Nero,  aus  der  mittelalter- 
lichen Sagenwelt  die  geduldige  Griseldis.     Ob   die  von  Schreck 

1)  Als  eine  Nachwirkung  von  Schrecks  Grisehlis  möchte  ich  eine 
bisher  nirgends  genannte  Thorner  Schiilkomödie,  deren  Fabel  eben- 
falls aus  Boccaccios  DecanKM-on  (2, 8)  geschöpft  ist,  ansehen :  COMOICDIA ; 
Des  g(Mlultige,  |  ohne  schuld  Veriagten  GraHens  |  von  Angiers,  vnd 
seiner  zwey-  |  er  Kinder.  |  Genonien  aus  den  fürtre(liich(>n  Wel-  |  sehen 
Poeten,  Johanne  l>occatio,  vnd  ge-  |  macht  für  die  Schule  zn  Thorn  | 
in  Preussen  |  \'nn  |  M.  I'aldassare  Germano,  scholae  |  eiusdem  Con- 
rectore.  |  o.  ().  u.  J.  6  Bl.  +  31/4  Bogen  8"  (Dan/.ig).  -  Die  zu  Thorn 
am  Tage  Gregorii  InKl  unterzeichnete  Widmung  ist  an  Eduard  Ble- 
niicken,  Schoppen  der  rechten  Stadt  Dantzig,  gerichtet.  Denselben 
StolV  Ix'handellc^  die  Ki'iG  von  John  Green  in  Dresden  (Fürstenau  1,  97) 
gespielte  'ComocHÜa  von  den  GralVen  von  Angiers';  auch  Goethe  be- 
nutzte ihn  für  seine  liallade  vom  vertricbeucu  Grufeu. 


Vorwort.  XV 

nach  dem  Vorbilde  thüringischer  nnd  sächsischer  Schnlen  ein- 
g-eführte  Feier  des  Gregorinstestes  durch  einen  prächtigen  Umzug 
längeren  Bestand  hatte,  wissen"  wir  nicht;  vereinzelt  blieb  auf 
jeden  Fall  der  1573  gemachte  Versuch,  auch  in  den  Mädchen- 
schulen dramatische  Darstellungen  einzurichten.  Neben  den 
regelmässig  wiederkehrenden  Schulfestlichkeiten  al)er  scheinen 
Schüler  und  Lehrer  auch  Vorstellungen  in  Privatkreisen  gegeben 
zu  haben,  bei  denen  es  bisweilen  etwas  ausgelassen  und  unordent- 
lich herging.  Auf  diese  Weise  sind  wohl  die  lü(Jl  beim  Rate 
eingebrachten  Beschwerden  über  den  in  den  Komödien  getrie- 
benen Unfug  zu  erklären,  die  ein  völliges  Aufhören  der  Schul- 
dramen zur  Folge  hatten.  Schon  die  gelegentlich  bei  der  Hoch- 
zeitsfeier angesehener  Bürger  gespielten  Komödien  von  Prätorius 
und  Burchard  und  die  Stücke  des  Advokaten  Roll  waren  wahr- 
scheinlich ebenfalls  durch  Schüler,  nicht  durch  erwachsene  Dilet- 
tanten dargestellt  worden. 

Im  17.  Jahrhundert  hat  die  Danziger  Schulkomödie  nur 
noch  vereinzelte  Sprossen  getrieben.  Am  Gymnasium  veranstaltete 
nach  der  Beendigung  des  dreissigjährigeu  Krieges  der  Professor 
Raue  eine  prunkvolle  Aufführung  seines  lateinischen  Prosaschau- 
spieles von  Aeneas  und  Lavinia,  und  1GG9  liess  der  Rektor 
Maukisch  einen  deutschen,  gleichfalls  prosaischen  Redeaktus  von 
der  Geburt  Christi  dai-stellen.  Sonst  hören  wir  nur  von  einigen 
Weihnachts-  und  Passionsstückeu  an  der  Katharinen-  und  Johanuis- 
schule  und  von  einem  von  der  Marienschule  1G4G  zur  Begrüssung 
der  polnischen  Königin  agierten  lateinischen  Festspiele. 

Als  die  ältesten  in  Danzig  nachweisbaren  Berufsschau- 
spieler müssen  wir  die  wandernden  Puppenspieler  i)  bezeichnen, 
die  im  letzten  Viertel  des  IG.  Jahrhunderts  geistliche  Aktionen 
vom  Sündenfall  an  bis  zum  jüngsten  Gericht  mit  'schönen  lustigen 
Figuren'  und  Dekorationen,  ja  sogar,  wie  die  Supplik  des  Utrech- 
ters Henrik  Janson  verrät,  mit  einer  Art  Uhrwerk  vorstellten. 
Weit  bedeutsamer  aber  war  die  Erscheinung  der  englischen 
Komödianten,    die    von    1590    bis    1G50,    gerade    in    der   Blüte- 


1)  Über  diese  Marionettensiiieler  des  16.  J.ahrlninderts  vgl.  Traut- 
mann, Jahrbuch  f.  Münchener  Gesch.  3,  265  (1889).  Einer  von  ihnen, 
Balthasar  Klein  ans  Joachinisthal,  den  Wolkan  (Böhmens  Anteil  an 
der  d.  Litteratur    3,  386)    merkwürdig-    verkennt,    hat   uns    durch    sein 


XVI  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

periocie  des  englisclien  Dramas,  auf  häufifi-en  Kiinstreisen  nach 
deutschen  Fiirstenhöfen  und  grösseren  Städten  die  Dichtungen 
Shakespeares  und  seiner  Zeitgenossen,  anfänglich  in  der  Original- 
sprache, bald  aber  in  deutschen  Bearbeitungen,  darstellten  und 
durch  ihre  überlegene  Schauspielerkunst  die  Aufführungen  der 
einheimischen  Dilettanten  völlig  in  den  Schatten  drängten. 
In  Danzig,  dem  grossen  Handelsplatze  für  Ostdeutschland  und 
Polen,  licstand  seit  dem  14.  Jahrhundert  eine  Niederlassung  eng- 
lischer Kaufleutc;  und  wenn  sich  auch  im  16.  Jahrhundert  in- 
folge der  grossen  Umwälzungen  des  Welthandels  der  Verkehr 
Danzigs  mit  England  verringerte,  so  blieb  die  englische  Kolonie 
doch  weiter  bestehen;  noch  1640  richtete  sie  ein  Gesuch  an  den 
Rat,  ihr  für  ihre  Gottesdienste  die  Benutzung  des  Saales  auf 
dem  grünen  Thor  oder  im  Schiessgarten  zu  gestatten^).  Somit 
war  es  für  die  fünf  englischen  Schauspieler,  die  im  Juli  1587 
aus  Dresden  in  ihre  Heimat  zurückkehren  wollten,  ein  nahelie- 
gender Gedanke,  ihren  Weg  nach  Danzig  zu  nehmen,  wo  sie 
Landslcutc  antreffen  mussten  und  im  August  zusammen  mit  den 
vom  Dominiksmarkt  heimscgelnden  englischen  Kaufleuten  ihre  Reise 
fortsetzen  konnten.  Weitere  Besuche  andrer  englischer  Truppen 
folgten;  namentlich  wussten  die  Principale  John  Green  (1607.  1615. 
1616)  und  John  Spencer  (1609?  1611.  1619),  später  auch  Aaron  As- 
ken  oder  Ärschen  sich  die  Gunst  der  Zuschauer  und  vor  allem  des 
gestrengen  Rates  zu  erringen.  Leider  wird  uns  nicht  berichtet, 
welche  Stücke  sie  in  Danzig  gaben,  und  wir  müssen  uns,  um 
eine  Vorstellung  von  ihrem  Repertoire  zu  gewinnen,  an  die  ander- 
wärts erhaltenen  Nachrichten  über  ihr  Auftreten  halten.  Es 
fehlte  auch  nicht  an  Nachahmern,  den  Marodeuren  des  Erfolges. 


1582  j^odrucktos  Schauspiel  'Jonas',  das  ans  ältoron  Stücken  von  Simon 
Kotli  und  Hans  Saciis  zusaminenj^-estnppclt  ist,  einen  Begriff'  von  iiiren 
Darbietungen  hinterlassen  (Rolte,  Allgeni.  d.  Biogr.  29,  340). 

^)  Th.  Hirsch,  Danzigs  Handels-  u.  Gewerbegeschichte  (Schrilten 
der  Silchs.  Ges.  d.  Wi.ss.  G.  1858)  S.  98—116.  Löschin,  Gesch.  Danzigs 
1,  297.  379.  —  Als  ein  Zeichen  des  in  Danzig  einst  vorhandenen  Inter- 
esses für  die  englische  Bühne  darf  man  die  auf  der  Stadtbil)liothek 
(XVTI  F.  (juart  f))  erhaltcnie  Sainndun-;-  englisciier  Dramen  von  Dekker, 
Greene,  ln<,^eland,  Kyd,  Marlow  u.  a.  in  Drucken  aus  dem  er.sten  Viertel 
des  17.  Jaliriiunderts  betrachten,  auf  die  schon  1858  Fritsche  in  einem 
Thorner  Schulpro<;-ramnie  und  in  Ilerrigs  Archiv  20,71  iungewiesen  hat. 


Vorwort.  XVtl 

Schon  1601  meldeten  sich  ein  paar  arme  trcnlierzige  Gesellen 
vom  hanseatischen  Kontore  zu  Berten,  um  zu  beweisen,  dass  die 
'Diideschcn'  ebenso  wohl  etwas  g-clernt  hätten  als  die  Eng-elschen; 
KUf)  trat  ein  gekrönter  Dichter  Virnius,  der  gleich  Spencer  zu 
den  Hotschauspielern  des  brandenl)ui-gischcn  Kurfürsten  gehcirt 
hatte,  als  Konkurrent  Grecns  auf,  nicht  zu  gedenken  der  schon 
erwähnten  Nacheiferung  der  einheimischen  Dilettanten.  Seit  der 
Mitte  des  Jahrhunderts  aber  begannen  deutsehe  Schauspielerbanden 
die  ausländischen  zu  verdrängen;  der  Engländer  Benteley  (167U) 
nennt  seine  Komödianten  ausdrücklich  hochdeutsch;  nur  die 
holländischen  Gesellschaften  von  Sammers  und  J.  van  Rijndorp 
spielten  in  ihrer  Muttersprache.  Unter  den  deutschen  Principalen, 
die  in  Danzig  Erfolge  errangen,  führe  ich  an  Andreas  Gärtner, 
der  1651  mit  Königsberger  Studenten  erschien,  Paulsen,  der  1669 
mit  seinem  Schwiegersohne  Veiten  auftrat,  die  Witwe  Veiten 
(1694.  1695),  üblich  (1700),  Hacke  (1714),  Eckenberg  (1718) 
und  Martin  Müller  (1730).  Der  ausführliche  Bericht,  den  wir 
glücklicherweise  über  Paulsens  Aufführungen  besitzen,  zeigt  uns 
deutlich,  dass  diese  routinierten  Schauspieler  ihr  Rei)crtoire  nicht 
den  deutschen  Opitzianern,  sondern  der  englischen,  dann  auch 
der  spanischen,  französischen  und  holländischen  Bühnenlitteratur 
entlehnten.  Noch  besser  lernt  man  die  Leistungen  der  Wander- 
komödianten aus  den  beiden  im  Anhange  abgedruckten  Prosa- 
stücken kennen,  die  um  1600  nach  englischen  Dramen  Älarstous 
und  Machins  übersetzt  sind,  später  aber  noch  eine  Ueberarbeitung 
erfahren  haben. 

Hiermit  ist  aber  die  bunte  Mannigfaltigkeit,  die  uns  die 
Theatergeschichte  des  17.  Jahrhunderts  bietet,  keineswegs  er- 
schöpft. Die  zu  Ende  des  16.  Jahrhunderts  entstandene  ita- 
lienische Oper,  die  in  Deutschland  nur  langsam  vordrang,  lernten 
die  Danziger  schon  1646  durch  eine  Vorstellung  der  Warschauer 
Hofkapelle  kennen;  sie  verdankten  diesen  Genuss  ihrer  Bereit- 
willigkeit, das  Beilager  des  Königs  Wladislaw  IV.  auszurichten. 
Dennoch  fand  ein  vierzig  Jahre  später  vom  städtischen  Kapell- 
meister Meder  unternommener  Versuch,  nach  dem  Vorgange 
Hamburgs  und  Leipzigs  deutsche  Opern  aufzuführen,  keinen 
rechten  Anklang;  noch  1733  verwandelte  ein  kundiger  Bühnen- 
leiter einen  beliebten  italienischen  Oi)erntext  einfach  in  eine 
prosaische  Hauptaktion.     Besser  gefiel  das  in  der  zweiten  Hälfte 

Th.  F.    XII.  II 


Xvni  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

des  17.  Jahrhunderts  gleichfalls  aus  Italien  ciug-eführte  Policiiiello- 
spiel  der  im  Domuick  sich  dräug-cuden  schaulustigen  Menge; 
findige,  gesehäftsgewandte  Marionettenspieler  wie  Johann  Hilfer- 
ding  (1699y  fanden  bald  Nachfolger.  Endlich  müssen  \yir  auch 
einiger  vereinzelter  und  von  der  Stadtobrigkeit  nicht  mit  gün- 
stigen Augen  angesehener  Liebhaberaufführungen  in  polnischer 
Sprache  (1638.  1643.  1693)  gedenken,  bei  denen  der  verbreitete 
Sehwank  vom  träumenden  Bauern  und  zwei  biblische  Stücke  vom 
armen  Lazarus  und  von  Tobias  dargestellt  wurden. 

IIL 

Bühnenverhältnisse. 

Da  es  in  dem  von  uns  behandelten  Zeiträume  in  Danzig 
noch  kein  ständiges  Theater  gab,  war  die  Spielzeit  im  wesent- 
lichen auf  zwei  GelegenheftenTm  Jahre  beschränkt,  auf  die  Zeit 
vor  den  Fasten  im  Februar  oder  März  und  auf  den  am  5.  August 
beginnenden  Dominiksmarkt  ^).  Am  erstgenannten  Termine  fan- 
den die  Aufführungen  der  jungen  Bürger  und  der  Schtüer  statt, 
den  von  vielen  Auswärtigen  besuchten  Domnick  dagegen  erkoren 
sich  seit  dem  Ende  des  16.  Jahrhunderts  die  fremden  Wanderkomö- 
dianten,  die  auch  Frankfurt  und  Leipzig  lediglich  während  der 
Messzeit,  Kiel  während  des  Umschlages  aufsuchten,  zu  ihrem 
Auftreten.  Eine  Ausnahme  machten  natürlich  die  aus  Anlass 
königlicher  Besuche  oder  bei  den  Hochzeiten  einzelner  Patricier 
veranstalteten  Festvorstellungen ;  auch  dem  englischen  Komö- 
dianten Spencer  wurde  1611  einmal  erlaubt,  kurz  vor  dem 
Domnick  zu  .spielen.  Die  Dauer  des  Aufenthaltes  mass  der  Rat 
den  fremden  Schauspielern  knapp  zu;  8  bis  14  Tage  bewilligte 
er  ihnen;  nur  1643  Hess  er  sich  ausnahmsweise  vier  Wochen 
abdingen;  am  Sonntage  durfte  nicht  gespielt  werden^).  Indes 
verstanden  es  gewandte  Principale  wie  John  Green  und  Carl 
Paulsen,  den  Rat  durch  besondere  Gratisvorstellungeu,  sogenannte 


1)  Vgl.  über  diesen  Th.  Hirsch,  Danzigs  Handels-  und  Gewerbe* 
gcschichtc  1«58  S.  211. 

-)  Ausfülirlichere  ZiisanimenstcUungen  über  die  Bülinenverhält- 
nisse  der  cnglisohen  Komödianten  a\is  den  Akten  andrer  deutscher 
Stjldte  glcbt  Creizenach,  Die  Schauspiele  der  englischen  Komödianten 
18Hn  S.  XIV-XXVII. 


Vorwort.  XIX 

Ratskomödien,  oder  andre  scliwerwiegende  Gründe  zu  einer 
Verläng-ernng-  der  ursprünglich  zugestandenen  Frist  zu  veranlassen. 
Paulsen  lienutzte  1669  die  Niederkunft  seiner  Frau  (wie  auch 
sechs  Jahre  später  in  Lübeck)  mit  Erfolg  zu  diesem  Zwecke. 

Sehr  verschieden  waren  anfänglich  die  Oertlichkeiten, 
die  man  zur  Abhaltung  dramatischer  Spiele  benutzte.  Die  ältesten 
Fastuachtspiele  scheinen,  wie  das  1525  ausdrücklich  bezeugt 
wird,  unter  freiem  Himmel  auf  dem  Markte  abgehalten  zu  sein; 
doch  werden  die  Agierenden  auch  in  Privathäusern  ihre  Vor- 
stellung wiederholt  haben.  Die  Handwerkeraufzüg-e,  Tänze  und 
Turniere  waren  natürlicli  ebenfalls  auf  offener  Strasse  zu  sehen; 
nur  1637  verwies  man  die  Schiffer  mit  ihrem  Schwerttanze  auf 
ihr  Gildenhaus.  Die  Scliulkomödien  der  Gymnasiasten  fanden  im 
Gymnasium  (1564.  1570),  die  der  Marienschüler  1594  auf  dem 
Schiessgarten  im  Hohen  Thore  statt,  der  auch  den  Handwerkern 
(1570)  zu  ihren  Aufführungen  diente.  Ausserdem  boten  der 
Schiessgarten  auf  der  Vorstadt,  an  der  Stelle  des  heutigen 
Schützeuhauses,  die  Heilige  Geistkirche  und  der  Saal  auf  dem 
Koggenbrücken-Thore,  das  heut  das  Grüne  heisst,  Räumlichkeiten 
dar,  die  man  1570  und  1572  zu  demselben  Zwecke  ausnutzte. 
Nachdem  1587  das  altstädtische  Rathaus  neu  erbaut  worden 
war,  spielten  dort  die  Kürschner  (1594)  und  die  englischen 
Komödianten  (1615).  Ein  noch  geeigneteres  und  geräumigeres 
Lokal  aber  wurde  die  Fechtschule  oder  der  Fechterplatz,  eine 
Turn-  und  Exercierhalle,  die  zwischen  1600  und  1615  am  Domi- 
niksplatz  zum  Ersatz  für  die  Schiesshalle  am  Hohen  Thore  er1)aut 
wdiilcn  war.  Sie  diente  nach  wiederholten  Reparaturen  und 
Uiii!)nuten  bis  zum  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  zugleich  als 
Te.n[;el  der  dramatischen  Muse.  Leider  ist  es  mir  nicht  ge- 
glückt, eine  Abbildung  dieses  Gebäudes  aufzufinden  oder  seine 
Geschichte  genauer  zu  erforschen.  Doch  erkennt  man  wenigstens 
aus  den  vorhandenen  Nachrichten,  dass  es  ungleich  dem  1628 
erbauten  Nürnberger  Fechthause  ^)  vollständig  überdacht,  heizbar 
und  mit  Logen  an  den  Seiten  versehen  war.  Einzelne  Schau- 
spielertruppen freilich  zogen  es  vor,  eine  eigene  Holzbude  für 
ihre  Vorstellungen   aufzuschlagen;    so    hatte    die   Witwe   Veiten 


1)  Abgebildet  bei  Könnecl^e,  Bilderatlas  zur  Gesch.  der  deutschen 
Nationallitteratur2  1895  S.  172. 


;xx  Bolte,  Das  Danzig^er  Theater. 

Ki'J-Jr  am  I)oiiiiiiiksi)l:ine  liinter  dem  ZougIiause\i  ein  Gebäude 
erriclitct,  das  auch  Moder  im  November  des  folg;enden  Jahres 
■/MV  Aiitriihriiiig-  seiner  Oi»er  verwendete.  Endlieli  fi,erieten 
während  des  17.  Jahrliunderts  öfter  sohdie  Wanderkonnidianten, 
die  vom  I)an/,ii;-er  Kate  keine  SpieU^laubnis  erhielten,  auf  den 
Ausweii',  in  (h'r  Vorstadt  Neugarten,  auf  (h'in  l>is('h()fsl)erge  oder 
in  dem  unter  biseliöflicher  .Jurisdiktion  stellenden  IStädtohen 
Sehotthmd  ihr  Zelt  aufzuschlagen  und  die  Danziger  Bürger  durch 
riakate  zum  liesuche  ihrer  Schauspiele  einzuladen.  Dergleichen 
Umgehungen  ihres  Verbotes  vermerkte  die  Danziger  Behörde 
begreiHicherweise  übel,  und  so  scliärfte  sie  1616  und  1662  den 
Fremden  ausdrücklich  ein,  sich  vor  der  Stadt  nicht  aufzuhalten, 
sondern  ungesäumt  abzuzielien. 

Von  einem  Eintrittsgelde  der  Zusclkiuer  und  von  einer 
Besteuerung  der  Darsteller  ist  erst  seit  dem  Erscheinen  der 
Berufsschauspieler  die  Rede.  Die  Liebhabervorstellungen  der 
Handwerker  und  Schüler  fanden  gratis  vor  einem  geladenen 
Publikum  statt,  Avobei  allerdings  erwartet  wurde,  dass  der  Rat 
sich  für  die  Einladung  durch  ein  Geldgeschenk  oder  auch  durch 
einen  Trunk  Wein  den  Darstellern  erkenntlich  erweise.  Zu  dem 
Geschenke  des  Rates  mögen  einzelne  angesehene  Bürger  noch 
eine  freiwillige  Geldspende  hinzugefügt  haben;  denn  sonst  wäre 
es  nicht  begreiflich,  dass  der  Rat  1595,  als  die  Fastnachtspiele 
unterbleiben  mussten,  dem  Rektor  Schreckius  zur  Entschädigung 
52  Mark  30  Schillinge  zahlen  Hess,  während  das  übliche  Ho- 
norar für  die  Aufführung  nur  15 — 30  Mark  betrug-)-  Kin  gleich- 
massiges  Entreegeld  von  jedem  Zuschauer  erhoben  Gierst  die 
englischen  Komödianten,  und  zwar  1615  zwei  Groschen.  Dieser 
Betrag  steigerte  sich  bald  auf  3  Gr.,  1623  auf  4  Gr.,  1636  auf 
9  Gr.,  bis  er  1733  für  den  letzten  Platz  6  Gr.,  ftir  die  besseren 
12  Gr.,  18  Gr.  und  1   Gulden,    für  den  Logenplatz    1—2  Timpf 


1)  Also  in  (l(!r  Gegend  dcrs  heutigen  Theaters,  wahrend  die 
Fcchtschule  nach  S.  42  *  auf  der  andern  Seite  des  Phitzes  stand. 

-)  Aiieh  in  Lünehurg  wurden  die  Sehuhneister  für  das  Ausl'allen 
der  Sehulkniiiödien  von»  Kate  besonders  entschädij^'t  (Gaedertz,  Tlieater- 
naehrichlen  ISSH  S.  fiO.  GG- 70).  —  Über  das  Verliältnis  der  verschiedenen 
Danziger  Münzsorten  zu  einander  v^l.  Vossberg,  Neue  preuss.  Prov.- 
blflttcr  1S52,  And.  Folge  1,  402. 


Vorwort.  XXI 

betrug.  Eine  Ausnahme  bildeten  nur  die  Ratsvorstellungen,  die 
mit  etwa  30  Mark  honoriert  wurden.  Freilich  wurden  die  Frem- 
den von  dem  fürsorglichen  Rate  auch  oft  erheblich  besteuert, 
gleichviel  ob  diese  Abgabe  sich  als  Mietspreis  für  den  Theater 
räum,  als  Beitrag  v.n  wohlthätigen  Zwecken  oder  als  Tantieme 
der  Einkünfte  charakterisierte.  John  Green  hatte  1615  täglich 
zwei  Dukaten  für  die  Benutzung  des  altstädtischen  Rathauses 
zu  erlegen,  während  Paul  Schultz  1623  ^4  ^^^^'  Kasseneinnahme 
an  die  Kännnerei  abführen  und  Aerschen  1636  zum  Aufbau  der 
abgebrannten  Jakobskirche  nicht  weniger  als  1000  Gulden,  1643 
aber  500  Thaler  an  das  Zuchthaus  zahlen  musste.  Paulsen  ent- 
richtete 1669  nach  einer  Spielzeit  A^on  3^2  Monaten  2541  Mark 
an  die  Stadtkasse,  für  jede  Vorstellung  12  Thlr.  Seine  Tochter, 
die  Witwe  Veiten,  fand  sich  1694  und  1695  mit  einer  Zahlung 
von  600  Gulden  ab,  einer  Summe,  die  auch  1730  von  Müller, 
dem  Pächter  der  Komödiantenbude,  erhoben  wurde.  Hacke  da- 
gegen zahlte  1714  ausser  einer  runden  Summe  noch  ein  Viertel 
seiner  Einkünfte,  wie  neunzig  Jahre  zuvor  Schultz,  an  das 
Lazaret. 

Von  finanziellen  Erwägungen,  nicht  von  ästhetischen  oder 
moralischen  Betrachtangen  ging  auch  der  um  1650  aufgetauchte 
sehr  bemerkenswerte  Plan  aus,  das  Theaterwesen  in  Danzig  in 
eine  städtische  Unternehmung  zu  verwandeln.  Man  wollte  in 
jenen  sorgenvollen  Jahren  das  Geld  der  Bürger  nicht  durch 
Fremde  hinwegtragen  lassen  und  wurde  vielleicht  durch  Raues 
pomphafte  Schulkomödie  oder  durch  den  findigen  Theaterunter- 
nehmer Gärtner  hierin  bestärkt.  Doch  scheint  man  sich  bald 
von  dem  geringen  Erfolge  einer  solchen  Unternehmung  über- 
zeugt zu  haben. 

Eine  regelmässige  Censur  wurde  gegen  die  Stücke  der 
fremden  Schauspieler  nicht  ausgeübt.  1616  und  1636  ermahnt 
der  Rat  die  Engländer,  keine  unzüchtigen  Dinge  zu  agieren; 
aber  nirgends  hören  wir  von  direkten  Beschwerden  der  Geist- 
lichkeit. Erst  1714  wurde  Hacke  angewiesen,  seine  Komödien 
vor  der  Aufführung  dem  Archivsekretäre  zur  Durchsicht  einzu- 
reichen. 

Die  Ankündigung  der  Vorstellungen  erfolgte  durch  ge- 
druckte Theaterzettel,  ausserdem  aber  auch  wohl  durch  einen 
trommelschlagenden    Ausrufer    (1618).      Solche    Danziger    Zettel 


XXII  ßolte,  Das  Danziger  Theater. 

sind  ans  den  Jahren  1695  und  1730  noch  erhalten;  sie  werden 
aber  schon  1601,  1618  und  1675  erwähnt.  Gedruckte  Pro- 
gramme, aus  wenigen  Oktav-  oder  Quartblättern  bestehend,  gab 
es  schon  im  16.  Jahrhundert  (1578;  vgl.   1685). 

Um  von  der  Gestalt  der  alten  Bühnen  eine  genaue 
Vorstellung  zu  geben,  reichen  die  Danziger  Zeugnisse  nicht  aus. 
Aus  anderweitigen  Nachrichten  aber  wissen  wir,  dass  im  17.  Jahr- 
hundert die  an  drei  Seiten  offene  Bühne  der  Engländer  mit  der 
„inneren  Hcena"  ^)  unterschieden  werden  niuss  von  der  durch 
kunstvoll  bemalte  Vorhänge  abgeschlossenen,  aus  Italien  herstam- 
menden Bühne  der  folgenden  Periode,  die  Puccitelli  1646  und  Raue 
1648  benutzte.  Die  Vorstellung  begann  in  der  Regel  am  frühen 
Nachmittage,  spätestens,  wie  die  Fechterordnung  von  1635  be- 
merkt, um  drei  Uhr  und  fand  bei  hellem  Tageslichte  statt.  Vor- 
stellungen bei  künstlicher  Beleuchtung  veranstaltete,  nachdem 
schon  1646  die  Oper  Puccitellis  das  Raffinement  der  italienischen 
Bühnentechnik  den  Danzigern  vorgeführt  hatte,  Gärtner  i.  J.  1651. 
Benteley  versicherte  1670,  dab*s  er  nur  wenige  Lichte  ganz 
niedrig  am  Theatro  anbringe.  Dagegen  wird  JMiiller  (seit  1730), 
der  um  4  oder  4^2  Uhr  zu  spielen  l)egann,  wohl  von  vornherein 
für  künstliche  Erleuchtung  des  Theaterraumes  gesorgt  haben. 
Zum  Beginne  des  Stückes  und  am  Schlüsse  eines  jeden  Aktes 
wurde  in  der  Regel  ein  Musikstück  gespielt. 

Die  Zahl  der  Schauspieler,  die  zu  einer  Bande  gehörten, 
schwankte  natiirlicli.  Green  hatte  1615  18  Mann  bei  sich, 
ebensoviel  Virnius  im  gleichen  Jahre;  1663  erschien  eine  Truppe 
von  13  hoclideutschen  Komödianten,  Benteley  traf  1670  mit 
16  Personen  aus  Krakau  ein,  und  Eckenberg  brachte  1719 
sogar  eine  40  Köpfe  starke  Gesellschaft  zusammen.  Dass  die 
weiblichen  Rollen  bis  gegen  1(550  ausschliesslich  von  Männern 
gespielt  wurden,  brauche  ich  nur  beiläufig  zu  erwähnen.  Die 
1646  in  Puccitellis  Oper  auftretende  italienisclie  Sängerin  wird 
deshalb  den  Danzigern  eine  fremdartige  Erscheinung  gewesen 
sein.  1669  sahen  sie  dann  mehrere  Schauspielerinnen  in  der 
Truppe  Paulsens  erscheinen.    Im  Kostüme  befleissigte  man  sich 


^)    Die  1G15    erwähnte  Galerie    ist  wohl    als    ein  Balkon    für  die 
Schauspieler,  nicht  als  ein  Sitzplatz  lür  die  Zuschauer  anz\isehen. 


Vorwort.  XXlll 

keineswegs  historischer  Treue;  der  verg-ilische  Aeneas  trat  1648 
mit  einer  Vog-elflintc  auf,  ohne  dass  man  daran  Anstoss  nahm. 
Doch  fiel  es  1572  unangenehm  auf,  dass  die  Kürschner  die  Mit- 
glieder des  Konzils  zu  Konstanz  nicht  im  richtigen  Ornate  dar- 
stellten; und  Möller  entschuldigte  sich  1733  hei  dem  vcrehrlicheu 
Publikum,  dass  nicht  alle  Personen  eines  im  Orient  spielenden 
Stückes  im  persianischen  Habit  erschienen. 

Berlin,  im  Juni  1895. 


1522.  Simon  Grünau,  der  reformationsfeindliche  Domini- 
kaner aus  Tolkemit,  berichtet  in  seiner  Preussischen  Chronik  ^)  zum 
Jahre  1522: 

In  diesem  jähre  machte  man  in  des  koniges  stedten  in  der  hei- 
ligen fastnacht  solche  freude.  Die  Dantzker  machten  einen  miinch  wie 
Lntter,  sie  fnhrten  ihm  entgegen  babst,  bischof,  cardinall,  pfaffen, 
munche  und  solches  folekes  viell.  Der  babst  und  die  seinen  brauchten 
solche  stucke  im  spiell,  wie  bei  den  Catholischen  ubelich.  So  balde 
Lutter  das  sähe,  schrei  ehr  wieder  solchen  handeil,  ob  das  evangelisch 
were.  Von  diesem  geschrei  versamleten  sich  ein  häufen,  die  vor- 
brandten  bucher  und  zeigeten  mitt  fingern  auf  den  babst  und  die 
seinen,  und  ein  jeder  sagte  seine  reime  auf  die  geistlichen.  Dadurch 
wardt  der  spielbabst  zornig,  der  bannete  Lutterum,  vorschoss  ihn  mit 
lichten,  vorlautte  ihn  mitt  glocken;  solches  thett  ihm  auch  Lutter  hin- 
gegen. So  war  da  ein  spielkeiser,  der  nahm  sich  der  geistlichen  an 
und  thett  Lutterum  in  die  acht.  Auf  solches  warf  Lutter  die  kappe 
abe  und  sich  zu  losen  stradioten  gesellete;  indem  kam  der  teufell  und 
führte  ihn  wegk.  Dies  spiell  war  lamstlich  angerichtt,  auch  sehr  lecher- 
lich,  aber  spottlich  auf  den  bapst. 

Darüber  äusserte  der  polnische  Kanzler  Bischof  Matthias 
von  Leßlau  in  Krakau  am  5.  Februar  1523  zu  den  Danziger 
Gesandten  nach  deren  von  Stanislaus  Borubach  ^)  excerpierten 
Berichte  Folgendes : 

'Es  wäre  auch  bey  uns  ein  etzliche,  nicht  wüste  S.  Gn.,  was  für 
eine  gesellschafft  Reinholdi  geheißen,  die  viel  Unfuges  triebe  und 
spiele  in  der  fastnacht  anrichtete,  auch  nicht  des  rahts  tind  officialis 
spareten,  sondern  einen  und  den  andern  fürnehmen,  auch  Königl. 
Majestät  nicht  verschoneten,  wie  denn  vor  2  Jahren  geschehen,  daß 
man  etzliche  mönche,  cardinäle,  ablaßbrieffe  etc.  nicht  allein  zu  Ver- 
achtung geistlichen  Standes  und  Würdigkeit,  sondern  auch  zu  hohn- 
schlagunge  gottes  und  seiner  heiligen  in  leichtfertigen  und  fastnacht- 


1)  Traktat  22,  §  17  =  2,  646  der  Ausgabe  von  Perlbach,  Philippi 
und  Wagner  (Lpz.  1889). 

2)  Historia  vom  Auffruhr  zu  Dantzig  1522—1526,  beschrieben 
durch  Stanislaum  Bornbach,  Civem  Gedanensem  1587  (Abschiift  auf  der 
Königl.  Bibliothek  zu  Berlin,  Mscr.  boruss.  fol.  1017,  S.  94  f.). 

Th.  F.  XII.  1 


2  Bolte,  Das  Danzig^er  Theater. 

spielen  vorgenommen  hätte.  Welches  alles,  wie  es  S.  Gn.  achtete,  ein 
großentheils  auß  der  Lutherischen  secte  herfließe,  und  doch  alles  un- 
gestraffet  hingienge.' 

Auf  diesen  Vorwurf  erwiderten  die  Danziger:  'Was  betreffe  die 
Reinholtsbrüder,  hat  man  aiich  glimpfflich  verantwortet,  also  daß  es 
junge  leute  wären,  die  zu  zeiten  ein  leichtfertiges  und  sonderlich  in 
der  faßnacht,  zu  welcher  zeit  alten  herkommens  ein  jeder  zu  mehr 
freuden,  auch  zu  zeiten  zu  kleiner  thorheit  geneiget,  begiengen,  wie 
das  auch  in  anderen  [orten]  geschehen  kan.  Denn,  wie  wir  berichtet, 
daß  auch  zu  Rom  viel  dergleichen  freude  und  faßnachtspiele  in  den 
gezeiten  geti*ieben  werden.' 

Nach  der  zweiten  Nachricht  fand  das  Fastnachtspiel,  das 
Luthers  Auftreten  von  der  Veröffentlichung  seiner  Thesen  wider 
den  Ablasshandel  bis  zum  Wormser  Reichstage  darstellte,  nicht 
1522,  sondern  1521,  statt,  was  aber  weniger  wahrscheinlich  ist. 
Die  Veranstalter  waren  die  Reinholdsbrüder  des  Artushofes,  unter 
denen  sich  auch  der  Maler  Michael  von  Augsburg,  ein  Schüler 
Dürers,  befand,  der,  wie  Bornbach  erzählt,  gegen  die  katholischen 
Bräuche  eiferte,  obwohl  er  wenige  Jahre  zuvor  die  Krönung 
Maria  für  den  Hochaltar  der  Marienkirche  gemalt  hatte  ^). 

Nach  Grünau  2,  647.  664  (Tr.  22,  §  17.  31)  fanden  1522  in 
Elbing  und  1523  an  einem  nicht  genannten  Orte  ähnliche  Fast- 
nachtskomödien statt.  Bemerkenswert  ist  bei  der  zweiten,  in 
der  Mönche  im  Pfluge  gehend  und  Nonnen  mit  Säuglingen  auf- 
traten, die  gereimte  Predigt  des  Pfaffen,  die  Grünau  zum  teil 
wiedergiebt.  Auch  die  Künigsberger  hielten  1524  ein  Fastuacht- 
spiel  von  Luther  wider  den  Papst  ^). 

1525.  Caspar  Hcnnenberger  (Erclerung  der  Preüssischen 
grossem  Landtaffel  1595  S.  89)  erzählt: 

'Iin  abwesen  Bartholt  Hacken  ward  jm  sein  Weib  vnd  ein  klein 
Töchterlein  mit  dem  Geschmeide  von  jrer  Mutter  wider  zuhaus  gc- 
nomen,  kam  nicht  wider  zum  Manne,  sondern  starb  bey  der  Mutter. 
Dis  Kindt  ncmen  fasten  die  junge  gesellen  vnd  machten  ein  Faßnachts- 
spiel  auff  dem  Marckt  daraus  etc.' 

1559.  Der  Pfarrer  Petrus  Praetor  ins  in  Königsberg  i.  N. 
widmete   am  5.  April    sein  Schauspiel  Isaak  und  Rebekka'  den 


1)  Th.  Hirsch,  Die  Oberpfarrkirche  von  St.  Marien  in  Danzig  1, 
163.  262.  442  (1843).  K.  v.  Lilieiuron,  Historische  Volkslieder  3,  547 
Nr.  400,  V.  177. 

^)  J.  Freiberg,  Preussischc  Chronik  hsg.  von  Meckelburg  1848 
S.  KU,  Anm. 


1522—1564.  3 

Brüdern  Michael,  Simon,  Stephan  und  Hans  Leytzen  in  Stettin, 
Danzig  und  Lüneburg  zu  der  in  Danzig  zu  feiernden  Hochzeit 
eines  Verwandten.     Vgl.  unten  S.  20  zum  Jahre  1579. 

1561  am  23.  Januar  fand  in  dem  früheren  Franziskaner- 
kloster in  der  Fleischergasse,  dessen  Räume  das  1558  gestiftete 
Gymnasium  beherbergten^),  die  Aufführung  des  deutschen  Schau- 
spiels 'Nabal'  durch  Schüler  des  Rektors  Heinrich  Mo  11  er 2)  statt. 
Es  war  nicht  das  erstemal,  dass  die  Danziger  Gymnasiasten  auf 
der  Bühne  auftraten;  denn  Moller,  ein  tüchtiger  Schulmann,  aus 
Hessen  gebürtig  und  in  AVittenberg  herangebildet,  hatte  die 
Sitte  der  Schulkomödien,  die  in  Elbing  der  Rektor  Gnapheus 
(1536 — 1541)  längst  gepflegt  hatte  ^),  mit  dem  Beginne  seiner 
Amtsthätigkeit  (1560)  in  Danzig  eingeführt;  doch  ist  keine  direkte 
Nachricht  über  frühere  Aufführungen  erhalten.  Das  Stück  war 
eine  gewandte  Verdeutschung  des  15  Jahre  zuvor  von  dem  Zü- 
richer Theologen  Rudolf  Gualtherus  veröffentlichten  lateinischen 
XabaH),  die  Moller  selber  augefertigt  hatte.  Er  gab  sie  auch 
alsbald  in  Druck: 

NABAL  I  1.  Samuelis  25.  |  Ein  Newes  |  weltliches  spiel  in  deudsche 
reyme  vbersetzt,  vnd  so  avoI  ej'nem  |  Erbtai-en,  Namhafftigen  hoch- 
weysen  Radt  |  vnd  Gantzer  gemeyne  der  Königlichen  ]  vnd  weitbe- 
rümbten  Stadt  Dantzig  in  |  Preussen  zn  ehren,  als  zur  vbung  |  der 
jugent  im  Gymnasio  |  daselbs  agieret.  |  HENRICVS  MOLLERVS  |  HES- 
SVS.  I  Cum  non  esse  queas  Mimus,  sis  zoile,  Momiis.  |  Gedruckt  zu 
Dantzigk,  durch  |  Jacobum  Khodum  |  M.D.LXiiij.  |  1278  Bogen  8°. 
(Exemplare  in  Danzig  und  Dresden).  —  Der  Text  ist  in  lateinischer 
Cursive  gesetzt.  Dem  Personenverzeichnisse  sind  die  Namen  der  Dar- 
steller beigefügt. 


1)  Jetzt  befindet  sich  dort  das  städtische  Museum.  Vgl.  Th.  Hirsch, 
Geschichte  des  akademischen  Gymnasiums  in  Danzig.  Progr.  Danzig 
1837.    Abbildung  bei  Curicke,  Beschr.  d.  Stadt  Dantzig  1688  S.  333  u.  349. 

2)  Er  war  1529  in  Frankenstein  geboren,  studierte  1554  in  Witten- 
berg und  starb  1567  in  Danzig.  Ephr.  Praetorius,  Athenae  Gedanenses 
1713  S.  28—30.  Hirsch  1837  S.  10.  Stölzel,  Zs.  f.  hess.  Gesch.  N.  F. 
5.  Snppl.  (1875)  S.  80.  Seine  lateinische  Beschreibung  der  Wappen  der 
liansischen  Kontore  (1566)  in  der  Zeitschr.  d.  V.  f.  hamburg.  Gesch.  4,  334. 

3)  Reusch,  Elbinger  Progr.  1868  und  1877. 

*)  Tiguri  1549,  Argentorati  1562,  o.  0.  u.  J.  Aufgeführt  1559  in 
Wesel  (Heidemann,  Progr.  Wesel  1859  S.  27).  —  Deutsch  auch  von 
Seb.  Grübel  in  Schaffhausen  (1560.  Baechtold,  Gesch.  der  d.  Litt,  in  der 
Schweiz  1892  S.  365  f.);  dänisch  von  Sören  Skriver  1578.  Auch  der 
Nürnberger  Rektor  G.  Mauricius  schrieb  1607  einen  Nabal. 


4  Bolte,  Das  Danzig'er  Theater. 

Das  leidlich  geschickt  komponierte,  aber  oft  recht  breite 
Original  schildert  als  warnendes  Beispiel  das  Leben  eines  reichen 
Schlemmers,  der  in  thörichtem  Hochmute  die  bescheidene  Bitte  des 
notleidenden  David  abweist  und,  als  er  nach  einer  durchschwelgten 
Nacht  vernimmt,  wie  nahe  ihm  die  Rache  des  Schwerbeleidigten 
gewesen,  von  jähem  Schrecke  getroffen  tot  dahinsinkt.  Moller 
hat  seine  Vorlage  getreu  und  gewandt  wiedergegeben;  nament- 
lich verdient  die  durchgängige  Übereinstimmung  von  Wortton 
und  Versaccent  rühmend  hervorgehoben  zu  werden.  Zweckmässig' 
ist  auch  die  von  Gualtherus  abweichende  Benennung  der  Neben- 
personen; der  Parasit  Glycylogus  heisst  bei  Moller  Gnatho,  der 
Pantoffelheld  Dysigamus  mit  einem  im  16.  Jahrhundert  häufigen 
Wortwitze  Simon  (=  Siemann) ;  die  Diener  Nabais  und  Davids 
erhalten  alttestamentliche  Namen  statt  der  griechischen.  —  Im 
1.  Akte  wird  die  Zurüstung  eines  prächtigen  Mahles,  das  Nabal 
durch  den  Schmarotzer  besorgen  lässt,  und  die  Not  des  von 
Sauls  Hofe  entwichenen  David  vorgeführt,  der  auf  Joabs  Rat 
Nabal  um  Brot  für  seine  Leute  zu  bitten  beschliesst.  Im  2. 
treffen  Nabais  Gäste  bei  diesem  ein  und  erzählen  jeder  von  sei- 
nem gestrigen  Rausche;  bevor  sie  zu  Tische  gehen,  erscheinen 
Davids  Boten  und  werden  von  Nabal  und  seinem  Schmarotzer 
schmählich  fortgejagt.  3.  Akt:  Während  David  beschliesst,  Nabal 
zu  überfallen,  nimmt  das  Bankett  seinen  Fortgang;  Nabal 
nötigt  zum  Trinken  und  spricht,  indem  er  den  Becher  erhebt, 
einen  Weingniss^): 

Gott  grusse  dich,  du  edler  tranck ! 

Dich  lob  ich,  dir  sey  ewig*  danck; 

Du  bist  der  menschen  lust  vnd  heil, 

Du  vertreibst  all  trawren  vnd  feil 

Mit  deinem  schmack  vnd  alle  schmertzen, 

So  bschwerlich  sein  dem  leib  vnd  hertzen. 

Die  Trunkenen  vernehmen  nicht,  dass  die  Trommel  Davids 
Mannschaft   zusammenruft;    nur    Nabais    Frau,    die    tugendhafte 


1)  Bei  Gualtherus  III,  2  lautet  die  Stelle: 

Nunc  laudo  te.    Salve,  liquor  siiavissime, 
Vnica  voluptas  et  salus  mortalium! 
Tu  corpoiris  niorbos  et  animi  pellere 
Soles  gravesque  curas  et  molestias 
Tuo  sapore  diluis.     Pereant,  tibi 
Qui  male  volunt! 


1564.  5 

Abigail,  erfährt  durch  einen  Bauernknecht,  was  ihrem  Gatten 
droht,  und  macht  sich  (im  4.  Akt)  eilig-  auf,  um  David  durch 
reiche  Geschenke  von  Lebensmittehi  zu  versöhnen.  Als  ihr  dies 
gelungen,  kehrt  sie  heim  und  berichtet  ihrem  Manne  unter  Vor- 
würfen, was  g-eschehen  ist.  Der  Schreck  wirft  ihn  krank  nieder, 
und  bald  darauf  wird  sein  Tod  gemeldet.  Der  letzte  Akt  bringt 
Davids  Werbung  um  die  verwitwete  Abigail  und  die  glückliche 
Verlobung  beider  als  einen  tröstlichen  Abschluss. 

Nicht  unwichtig  ist  das  Vorwort  Mollers.  Er  erzählt  hier, 
er  habe  in  Danzig  'neben  andern  arbeitsamen  vbungen  auch  die 
nützliche  vnd  lobliche  gewonheit  Comedien  zu  agiren  eingefuret 
und  bißher  alle  jar  zwey  mal,  erstlich  Lateinisch  auß  dem  Te- 
rentio,  darnach  Deudsch  auß  der  heyligen  schritft  allein  durch 
des  Gymnasij  knaben  agieren  lassen,  auff  das  also  zum  ersten 
die  knaben  selbs  der  zweyer  sprachen,  welche  in  diesem  Land 
in  Kirchen  vnd  Schulen,  auff  Landtagen,  in  Radthaus  vnd  an 
gerichts  orten  breuchlich  sein  vnnd  am  meisten  im  schwanck 
gehen,  zier  vnd  eigenschafft  nicht  allein  sehen  vnd  erkennen 
lernten,  sondern  auch  dieselben  reyuiglich  aus  zusprechen  vnd 
artig  von  sich  zu  geben  von  kind  auff  gewonten;  zum  andern, 
das  auch  die  gemeine  burgerschafft,  im  latein  wol,  vbel  oder 
nichts  erfaren,  darzu  auch  frawens  personen  nicht  allein  das  zu- 
nemen  der  jugent  also  spuren  vnnd  mercken  kondten,  sondern 
auch  von  mancherley  zufeilen,  wol  vnd  vbelstand  dieses  lebens 
vnd  Wesens  erinnert  werden  vnd  sich  sampt  jrem  thun  gleich 
als  in  einem  Spiegel  besehen  mochten.' 

Obwohl  sich  Moller  hierbei  in  Übereinstimmung  mit  der 
von  Abdias  Prätorius  verfassten  Magdeburger  Schulordnung')  von 
1553  befand,  die  neben  den  lateinischen  Stücken  des  Terenz 
auch  deutsche  Komödien  aufzuführen  empfahl  (erstere  im  Sep- 
tember, letztere  in  der  Fastenzeit),  so  erregte  sein  Vorgehen  doch 
bei  manchen  pädagogische  Bedenken.  Der  Elbinger  Rektor  Josias 
Menius^),  ein  strenger  Ciceronianer,  hatte  in  einer  mir  unbekannt 


1)  Vormbaum,    Evangelische  Schulorduuugeu    1,  418  (1860);    vg'l. ' 
Holstein,  Die  Eeforination  im  Spieg-elbilde  der  draniat.  Litt.  1886  S.  39 
u.  43.     P.  Hegelunds  Susanna  og  Calumnia  ed.  S.  B.  Smith  1890  S.  XXXI. 

2)  Aus  Danzig;  er  studierte  1551  in  Wittenberg  und  starb  nach 
1564.  Vgl.  E.  Prätorius  S.  228  f.;  ira  hsl.  Danziger  Gelehrtenlexikon 
(Danz.  Stadtbibl.  XV  fol. 41)  S. 72b ;  Neubaiir,  Altpreuss.  Monatsschr.  28, 264. 


6  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

gebliebeneu  Schrift  die  zerstreuende  Mannigfaltigkeit  des  Unter- 
richts getadelt  und  wollte  die  Lektüre  der  Dichter,  namentlich 
des  Terenz,  aus  der  Schule  verweisen.  Ihn  suchte  der  Danziger 
Arzt  Joh.  Placotomus^)  in  einer  Gegenschrift ^j  zu  widerlegen; 
aber  wenn  er  auch  die  Terenzlektüre  und  die  Terenzaufifiilirungcn 
verteidigte,  so  gab  er  doch  die  am  Danziger  Gymnasium  üblichen 
Darstellungen  deutscher  Stücke  rückhaltlos  preis.  Er  äusserte 
z.  B.  auf  Bl.  B  5b:  'Nee  expedit  nee  deeef,  seholastieos  Mstrio- 
num  more  germanicas  fäbulas  vulgo  hine  inde  vagando  quaesfus 
gratia  exhibere.  Germmiiearum  comoediarum  aetiones  germa- 
nicis  ludis  et  idiotis  relinquantur,  Jatinae  vero  latinam  linguam 
discentihus  proponantur,  et  commodum  discentium  privafo  qtiae- 
stui  anteferatur ;  deeet  enim  inter  idiotas  et  scholasticos,  inter 
germanieas  et  latinas  seholas  aliquod  esse  discrimen'  —  Moller, 
der  sich  durch  diese  Aeusserungen  angegriffen  fühlen  musste, 
antwortete  samt  den  an  der  Aufführung  beteiligten  Kollegen 
Mich.  Retellius,  Ach.  Curaeus  und  Jac.  Ciglerus  durch  eine  Bro- 
schüre^), in  der  er  vermittels  47  Gegenfragen  die  erhobenen  IjC- 
denken  zu  entkräften  suchte.  Beispielsweise  führe  ich  Nr.  20  an: 
'An  Ehraei,  Graeci  et  Latini  comoediarum  autores  alia  lingua 
quam  rernaeula  comoedias  exhibuerlntT  —  Der  Streit  draicrte 
noch  weiter  fort,  da  der  Erfurter  Jurist  Heinrich  Kuaust,  der 
selber  deutsche  und  lateinische  Schauspiele  verfasst  hatte,  1566 
samt  andern  Erfurter  Professoren  in  einem  dem  Danziger  Kats- 
herrn Matthias  Zimmermann  gewidmeten  Gutachten*)  dem  Placo- 


')  Aus  Murstaclt  (?  Mörstadt  bei  Pfcdersheim),  ein  Seliüli  r  Me- 
lanclitlions,  geb.  c.  1514,  g-est.  1577.  Vgl.  Praetorius  S.  30;  das  lisl. 
Gelelirtenlexikon  S.  72b.  Schnaasc,  J.  Placotonius  1865.  Bertüiig, 
AUgem.  deutsclie  BiogT.  2G,  220. 

~)  De  ratione  docendi.  Themata  de  quibusdam  ad  rationcni  do- 
cendi  spectantibus  controversiis,  a  Mag*.  Josia  Menio  in  Prussia  niotis. 
IVs  Bogen  8«  o.  0.  u.  J.  (Danzig  XVII  C.  o.  170,  Nr.  6).  Die  Vorrede 
ist  unterzeichnet:  Dantisci  12.  Nov.  Joannes  Placotomtis. 

8)  Quaestiones  de  g-ermanicis  fabularum  actionibiis,  ojipositae 
opinionibus  D.  Joh.  Placotomi,  artis  medicae  Doctoris,  a  Gyiimasii 
Dantiscani  professoribiis,   Gedani  1564.   7  Bl.  B*'  (Danzig  XVII  C.  o.  179). 

*)  ludicium  D.  Doct.  Henrici  Knaiistii,  quid  una  cum  aliis  qui- 
busdam doctis  viris  Academiae  Erpiiordianae  sentiat  de  Prnpositioni- 
bus  seu  Thematibus  D.  Doct.  Joa.  Placotomi  in  controversiis  de  ratione 
docendi    a    M.  Josia    Menio    in    Prussia    motis.     Item,    an    germanicas 


1ÖG4.  1570.  7 

tonnis  beipflichtete  und  auch  dieser  im  selben  Jahre  noch  ein- 
mal das  Wort  ergrifft).  Es  scheint,  als  ob  darauf  Moller  und 
seine  Nachfolg-er  schliesslich  doch  von  weiteren  deutschen  Auf- 
führungen Abstand  genommen  haben;  denn  unter  den  freilich 
recht  unvollständigen  Nachrichten  über  die  Pflege  der  Schul- 
komödie am  Danziger  Gymnasium  findet  sich  bis  ins  17.  Jahr- 
hundert keine,  die  unzweideutig  auf  ein  deutsches  Stück  zu  be- 
ziehen wäre. 

1570.  Von  den  Fastnachtslustbarkeiten  dieses  Jahres  und 
der  nächstfolgenden  besitzen  wir  anschauliche  Berichte  in  der 
hsl.  Chronik  des  Danzigers  Martin  Grüne  weg  ^),  der,  1562  ge- 
boren, schon  im  13.  Lebensjahre  seine  Vaterstadt  verliess,  später 
katholisch  wurde  und  als  Dominikaner  in  Lemberg  1605  seine 
Kindheitserinncrungen  niederschrieb.  1570,  also  als  achtjähriger 
Knabe,  sah  er  ein  auf  dem  Langen  Markte  gehaltenes  Turnier  ^) 
der  Freibeuter  an,  d.  h.  der  Danziger  Bürger,  die  im  Auftrage 
der  Krone  Polen  zur  See  Krieg  gegen  die  Schweden  führten, 
ferner  die  Aufzüge  der  Tischler,  Fleischer  und  Schiffer,  denen 
wir  im  17.  Jahrhundert  noch  mehrfach  begegnen  werden  und  die 
ganz  an  die  gleichzeitigen  Fastnachtsbelustigungen  der  Nürnberger 


comoedias  vel  tragoedias  in  latinis  scholis  agere  conveniat  necne. 
Francofurti  1566.  24  ßl.  8^.  (Angehängt  an  Knausts  Dido:  Exempl.  in 
Breslau,  Danzig,  Elbing-,  Gotha,  Hamburg,  Leipzig,  München,  Rostock, 
Stralsund,  Strassburg,  Wolfenbüttel,  Zittau,  Zwickau.)  Vgl.  Schröder, 
Lexikon  der  hamburgischen  Schriftsteller  4,  84. 

^)  J.  Placotomus,  Schola:  sive  latinae  scholae  constitutio.  Fran- 
cofurti 1566  (32  Bl.  80.  Danzig  XVII  A.  o.  140)  Bl.  28a:  'De  acüonibus 
fabularum,  quod  discentes  latinatn  linguara  latinas.  non  germanicas 
comoedias  agere  conveniat.''  Dagegen  bestimmte  die  Thoz-ner  Schul- 
ordnung von  1568,  dass  jährlich  ein  lateinisches  und  ein  deutsches 
Stück  gespielt  werden  solle  (Lehnerdt,  Progr.  Thorn  1868  S.  29) 

-')  Auf  der  Danziger  Stadtbibliothek  I  E  fol.  77.  Vgl.  Scriptores 
rerum  Prussicarum  4,  692  (1870). 

^)  So  ritten  auch  die  St.  Georgenbrüder  am  Fastelabend  1486 
und  1494  'nach  der  Tafelrunde'  (Script,  rer.  Pruss.  4,  758.  795.  Hirsch, 
Zs.  f.  preuss.  Gesch.  1,  28.  1864).  Über  die  ursprünglich  nur  aus  ritter- 
bürtigen Familien  hervorgegang-enen  Georgenbrüder  und  deren  Waffen- 
übungen vgl.  Th.  Hirsch,  Die  Oberpfarrkirche  von  St.  Marien  1,  159 
(1843)  und  Danzigs  Handels-  und  Gewerbegeschichte  1858  S.  204.  Über 
.Ringelstechen  i.  J.  1552  und  15.53  vgl.  Löschin,  Gesch.  Danzigs  1,  304. 
—  In  Thorn  hielten  die  Artusbrüder  noch  1593  am  1.  März  ein  Kröllen- 
und  Junkerstechen  (Zernecke,  Thornische  Chronica  1727  S.  202). 


8  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Handwerker  erinnern,  endlich  auch  vier  Komödien,  darunter 
eine  vom  Jüngsten  Gericht,  sämtlich  von  Schülern  und  Hand- 
werkern dargestellt.  Grunewegs  Beschreibung  (auf  Bl.  236  b  der 
Handschrift)  lautet : 

'Anno  1570  den  6.  februarii,  am  montag  zu  fastnachtten,  stachen 
vier  freybeitter  zusamen  aufm  markte,  nemlich  Thewes  Scharpinck, 
Michel  Figenaw,  George  Dran  vnd  Andreas  Rhode,  vnd  hette  ein  ieder 
bev  15  beyreitter  mitte.  Figenaw  stach  den  Scharpinck  abe  vnd  be- 
hielt den  danck.  Ich  sach  mitt  der  mutter  zue  von  dem  hause  bey 
der  Kogenbrucke  an  der  Repfergassen  ohrt,  welches  zum  köninglichen 
palatze  gehört,  in  welchem  vnser  forige  nachbar,  der  federschmucker, 
wontte  .  .  .  Aber  gedachte  freybeitter  triumphierten  darnach  auf 
dem  hoffe^). 

'Bey  meiner  zeitt  gedencke  ich  nicht  frölicher  fastnacht,  dan 
warden  dasmahl  vier  c  o  m  e  d  i  e  n  gehaltten ;  eine  wart  gewiesen  im 
Colegium,  die  ander  im  Schützgartten  auf  der  forstat^),  die  dritt  im 
Schützgartten  vor  dem  bogen  thore^),  die  viertte  in  der  heyligen  geistes 
kirche;  weis  aber  nicht,  was  gespielt  wart,  oder  wer  sie  ausmachtte. 
Die  erste  comedy,  so  ich  gedencke,  wart  im  schützgartten  auf  der 
voerstat  sehr  köstlich  gewiesen,  vnd  dunckt  mich,  das  es  in  diesem 
iahre  war.  Es  waren  sehr  viele  perschonen  darinne,  in  welche  die 
mutter  einen  ihrer  patten  ausmachtte*),  der  war  einer  von  den  engelnn, 
die  den  thotten  die  aufferstehunge  außbliesen;  dan  sie  war  vom  jüng- 
sten gerichte'5). 

'Den  siebenden  februarij  gingen  die  tisch  1er  gesellen  auch 
mitt  einer  comedien  durch  die  statt.  Es  war  ihr  eine  grosse  menge, 
meines  dunckens  etliche  hundert.  Sie  traten  in  schöner  Ordnung  vort, 
vnd  war  an  ihnen  was  zu  sehen;  denn  sie  hetten  sich  alle  in  eittel 
gehuebeltte  spucne  bekleidett,  hoesen,  wambös,    hutt  so  artlich  ausge- 


1)  D.  h.  auf  dem  Artushofe. 

2)  Dieser  Sommer-Schiessgarten  lag  auf  dem  Hagelsberge  in  der 
Gegend  dos  heutigen  Schützenhauses,  wie  man  aus  dem  Stadtplan  bei 
Curicke,  Beschreibung  der  Stadt  Danzig  (1688)  ersehen  kann.  Eine 
Abbildung  ebenda  S.  63. 

3)  1489  hatten  die  Georgenbrüder  neben  ihrem  Schiessgarten  am 
Langgassischen  Thorc  eine  Halle,  die  jetzige  Hauptwache,  erbaut; 
1591  fand  eine  Erneuerimg  des  Gebäudes  und  1612  ein  Neubau  des 
Langgassischen  Thores  statt.  Vgl.  die  Abbildung  bei  Curicke,  Be- 
schreibung der  Stadt  Danzig  1688  S.  46.  57  und  Th.  Hirsch,  Scriptores 
rerum  Prussicarum  4,  761.  767. 

*)  D.  h.  ausstaffierte,  bekleidete. 

■■*)  Über  die  Dramen  vom  jüngsten  Gerichte  werde  ich  demnächst 
in  einer  besondern  Schrift  handeln.  Vielleicht  wurde  hier  das  Drama 
des  Hans  Sachs  (Folioausgabe  3,  1,  246:  v.  J.  1558)  benutzt. 


1570.  1572.  9 

macht  vnd  mitt  allerley  ferbe  vnd  g-olde  ausgestrichen,  als  wers  von 
seide  vnd  goltt  gewurcken,  darzu  einer  vber  den  anderen.  Hinder 
ihnen  wartt  ein  schütte  geführt,  auf  deme  war  ein  schöner  thurm  ge- 
bawt,  auf  welches  gange  stunden  spilleutte,  die  bliesen  da  auf  schale- 
meien,  vnd  vnden  sas  eine  altte  fettel,  die  führtten  etliche  perschonen 
darzu  bereit  in  die  vornehmsten  heiser,  vnd  da  hochzeitte  waren,  be- 
hiebeltten,  behautten  sie,  auf  das  sie  gerade  vnd  glat  mochtte  werden. 
Solche  arbeit  wehrtte  in  iglichem  hause  eine  halbe  stunde.  Darnach 
fürtten  sie  den  thurm  mit  ihr  von  den  hoff,  sich  vber  sie  beklagende, 
was  arbeit  vnde  muhe  sie  ihnen  gemacht  hette,  vnd  dennoch  alles  vei*- 
gebens  were,  Hessen  darnach  rakitte  aus  dem  tliurm  vnd  verbrantten 
ihn  mitt  dem  weibe,  das  also  das  folck  ihre  frewde  hette. 

'Die  fleischer  gesellen  bewiesen  sich  auch  nicht  vnsauber, 
ohne  die  den  kerl  aufder  haut  worffen,  fuhr  einn  wegenlein  so  zuge- 
richt,  das  sich  ein  kalb  mitt  dem  Spiegel  immer  vmedrehet;  nach  dem 
ein  wagen  mit  grossem  gepollter  dreber  hakende  vnd  wurste  machende; 
noch  ein  Avagen  mitt  einem  herde,  auf  welchem  ein  gros  kien  fewr 
bran,  vm  welches  man  bratten  wendett,  die  warden  mit  sagelspuenen 
gesaltzen.  Nach  deme  folgtte  ein  gutter  hauffe  zu  rosse,  wol  gestoffiert, 
die  ritten  der  kucben  nach,  vnd  nach  ihnen  ein  grosse  schütte  fol 
beyder  perschon,  vm  einen  tisch  gesetzt,  auf  welchem  eine  kartten, 
die  andern  wartzabel  spiltten,  vnd  die  wirttinne  schrieb  alles  auf  eine 
taffei  mitt  duppelder  kreiden  ahn. 

'Die  seh  ip  ff  er  fürten  ein  wol  geputzt  schiff  mit  aufgetzognen 
siegeln  vme,  aus  Avelchem  geschossen  wart^),  Sprüngen  vber  die  Schwer- 
ter, durch  die  buegel.     Der  abends  mumer  waren  keine  zal.' 

1572  spielten  die  Kürscliuer  die  'Tragedia  Jobannes  Huss*, 
die  1537  Johannes  Ag-ricola,  der  durch  seine  Sprichwörter- 
sammhing  bekannte  Lutherscbüler,  hatte  zu  Wittenberg  drucken 
lassen-).  Das  Stück  erforderte  nicht  weniger  als  41  Mitwir- 
kende, und  die  Darstellung  der  Konstanzer  Konzilsversammluug 
fiel  ziemlich  dürftig  aus.    Gruneweg  erzählt  darüber  (Bl.  274  b): 

'Ein  mercklich  spiel  vom  Hans  Hus  liesenn  die  Kiirßner  ge- 
sellen ausgehn.  Es  warenn  sehr  fiele  perschonen  darinne,  vnd  keine 
recht  bekleidett,  dieweil  es  da  ein  geistlichs  concilium  muste  haben, 
in  welchem  von  nöten  waren  bischopffe,  cardinal,  menigerley  munche, 
welche  den  beltzern  schwer  auszumachen  waren.  Darume  legten  sie 
auch  wenich  danck  ein,  tzumoele  doe  sie  auf  der  voerstat  schier  den 
schützgartten   mit    der  Hus  (das  ist  gans)    gebratten   betten,    wie   vns 


1)  Auch  1529   führten   die  Schiffer   zur  Fastnacht   ein   bunt   ge- 
schmücktes Schiff  durch  die  Strassen  (Löschin,  Gesch.  Danzigs  1,  304). 

2)  Goedeke,  Grundriss2  2,  369.     Sie  wurde  auch  1538  in  Torgau 
aufgeführt. 


hX,TJ,3Uri^, 


IQ  Bo'te,  Das  Danziger  Theater. 

AVentzel,  ein  altt  kurßner  geselle,  welcher  auch  eine  perschone  darinne 
hette,  berichtet.' 

Die  Kürschner,  denen  wir  noch  öfter  als  Pflegern  der  dra- 
inatisclien  Kunst  in  Danzig  begegnen  werden^),  scheinen  mehr 
als  andre  Handwerker  durch  ihre  Beziehungen  zu  süddeutschen 
Städten  zur  Beschäftigung  mit  der  Dichtkunst  angeregt  worden 
zu  sein.  Unter  ihnen  finden  wir  auch  die  ersten  Genossen  der 
Danziger  Meistersängerschule,  von  deren  Dasein  zwar  die 
Chronisten  nichts  vermelden,  die  aber  1597  von  einem  Strass- 
burger  Meistersänger  neben  denen  zu  Leipzig,  Dresden,  Breslau 
11.  s.  w.  ausdrücklich  angeführt  wird  2).  1579  tritt  auf  einer 
Nürnberger  Fechtschule  der  Kürschnergesell  und  Marxbruder 
Jacob  Kreiser  aus  Danzig  mit  einem  Gedicht  eigner  Mache 
auf  3);  verschiedene  Meisterlieder  hat  der  aus  Augsburg  gebürtige 
Kürschner  Hans  Baut zer  (Pantzer)  verfasst,  der  am  4.  Mai  1585 
das  Danziger  Bürgerrecht  erlangte^)  und  mindestens  bis  1611 
lebte;  sie  sind  zum  teil  in  den  von  ihm  erfundenen  zwanzigzeiligeu 
neuen  Jünglingsweise  gedichtet  und  in  Wiener,  Göttweiher,  Dres- 
dener, Breslauer  und  Jenaer  Sammelhandschriften  ^)  erhalten.  Der 
Zunft  des  berühmtesten  Nürnberger  Meistersängers  dagegen  ge- 
hörte der  Danziger  Schuster  und  Liebhaber  der  Singekunst  Salo- 
mon  Schönwalt  an,  der  sich  1584  eine  gegenwärtig  in  Dresden 


^)  Vg-1.  zixm  Jalire  1594  und  IGll.  Auch  in  Königsberg-  spielten 
die  Kürschner  vor  dem  Markgrafen,  und  ein  Tuchmacher  hielt  15ö6 
ebenda  eine  Singschule  (A.  Hagen,  Gesch.  des  Theaters  in  Preussen 
1854  S.  15.  R.  Möller,  Progr.,  Königsberg  1874  S.  9).  —  1571  dichtete 
Hans  Einhorn  zu  Marienburg  ein  Meisterlied  (Dresdener  Hs.  M.  195, 
Bl.  30Gb),  ebenso  1596  der  in  Breslau  ansässige  Balzer  Schreier  aus 
P^lbing  (Jenaer  Hs.). 

2)  Uhland,  Schriften  zur  Gesch.  der  Dichtung  2,  295. 

3)  Wassmannsdorff,  Sechs  Fechtschulen  der  Marxbrüder  und 
Federfechter  1870  S.  44.  —  Umgekehrt  hielt  1G20  in  Danzig  ein  Augs- 
burger Kürschner,  Meister  des  langen  Schwerts  und  Hauptmann  der 
berühmten  Bruderschaft  St.  Markus  mit  15  hier  anwesenden  Markus- 
brüdern eine  Fechtschule  (Löschin,  Gesch.  Danzigs  1,  354). 

*)  Danziger  Bürgerbuch. 

•^)  Scliröer  in:  Germanistische  Studien  2,  222  (Suiipl.  zur  Ger- 
mania 1875).  Widmann,  Zur  Gesch.  des  Meistergesangs  in  Oberöster- 
reich. Progr.  Steyr  1885  S.  13.  19.  Goetze,  Neues  Lausitz.  Magazin 
53,107.  Goedeke,  Grundriss  2  2,  251.  Keinz  in  Hans  Sachs-Forschungen, 
hsg.  von  Stiefel  1894  S.  323. 


1572.  1 1 

befindliche  Mcistcrliedersanimlung  von  dem  Breslaucr  Sclmhmaclier 
Adam  Puschmann  (1532 — IGOU),  einem  Scliiiler  des  Hans  Sachs 
zusammenschreiben  liess^).  Die  Thätigkcit  der  Danzig-er  Meister- 
säng-er  beschränkte  sich  aber  nicht  auf  die  Abhaltung  von  Sing- 
schulen, sondern  sie  setzten  auch  innerhalb  ihrer  Zunft,  gleich 
ihren  Sangesgenossen  zu  Nürnberg,  Augsburg,  Memmingen,  Frei- 
burg, Nördlingen  und  anderwärts,  dramatische  Aufführungen 
ins  Werk. 

Gruneweg  schliesst  an  die  Nachricht  über  die  Aufführung 
der  Kürschner  eine  Notiz  über  eine  Schulkomödie  Von  eitel  Maid- 
lein' an;  doch  scheint  diese  erst  ins  folgende  Jahr  zu  gehören, 
weil  das  hier  offenbar  gemeinte  Drama  'MeidleinschuT  des  Eis- 
leber Prediger  Konrad  Porta^),  ein  vereinzelt  gebliebener  Ver- 
such, die  Schulkomödie  auch  in  die  Mädchenschulen  zu  ver- 
pflanzen, erst  1573  gedruckt  wurde: 

'Diese  fastnacht  (dunckt  mich)  lies  einn  deiitzer  Schulmeister  ein 
spiel  von  eitteln^)  meydlein  außgehen;  das  wart  vber  dem  kogen- 
brucken  thore^)  in  des  königes  palacz  gewiesen;  weis  doch  nicht,  von 
was  history.' 

Jedenfalls  bezieht  sich  folgende  dem  Kämmereibuche  von 
1572,  Bl.  123  entnonnnene  Notiz  über  eine  an  der  ]\Iarienschule 
geplante  Aufführung  nicht  auf  jenes  Spiel: 

'24.  Februar  hern  Constantin  Ferber  zugesant  auff  seine  goderen, 
so  dinstag  Ehn  Er.  Rath  beslossen,  dem  rectori  vnd  den  magistris  im 
collegio  zur  parchen  als  dess  tages  in  kegenwertichkeit  der  burger- 
meister  vnd  etzlicher  Radespersonen  ene  Co  media  agiren  sollen  .  .  . 
15  Mark.' 

Eine  neue  pomphafte  Feier  des  Gregoriusfestes  (am 
12.  März)  führte  der  1570  an  die  Marienschule  berufene  Rektor 
Valentin    Schreck    aus  Altenburg  ^)    ein.     Bisher    waren,    wie 


1)  Dresdener  Mscr.  M.  109  (137  Blätter  in  4*^).  Im  Danziger  Bürger- 
buche ist  am  23.  August  1578  eingetragen:  'Salomon  Schonewaldt,  von 
Schiffenburg,  ein  Schuster.' 

^)  Goedeke,  Grundriss  ^  2,  366.  Exemplare  in  Breslau,  Celle, 
Darmstadt,  Frankfurt  a.  M. 

3)  D.  h.  lauter. 

*)  Heute  heisst  es  das  Grüne  Thor. 

^)  Geb.  1527,  1567  Professor  der  Poetik  in  Königsberg,  wo  er 
nach  A.  Hagen  (Gesch.  des  Theaters  in  Preussen  S.  32)  1576  [!]  eine 
Tragödie  Lobwassers    aufgeführt    haben  soll,    seit  1570  in  Danzig,  wo 


12  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Gi'uneweg^)  erzählt,  an  diesem  Tage  die  Schüler  einzeln  durch 
die  Stadt  gezogen  und  hatten  von  den  Bürgern  Kringel  und  Geld 
zum  Geschenke  erhalten;  jetzt  wurde  ein  prächtiger  Zug  zu 
Pferde  veranstaltet,  bei  dem  verkleidete  Schüler  den  Papst  Gregor 
den  Grossen,  den  Schutzpatron  der  Schulen,  Kardinäle,  Bischöfe, 
die  sieben  freien  Künste  u.  a.  vorstellten,  wohl  auch  Reime  auf- 
sagten 2).     Grunewegs  Bericht  (Bl.  279  b)  lautet: 

'Nachdeme,  meines  dunckens  im  vorgangnen  sommer,  der  rector 
zur  pfarrscluiele^)  gestorben  war,  brachtte  man  einen  Hochdeitzen 
mittelmessiger  iahren  vnd  fromen  stillenn  man  an  seine  statt.  Dieser 
als  an  seinem  anfange  richttette  den  schiielern  nach  altem  gebrauch 
auf  S.  Gregorij  fest  eine  schöne  proces  aus,  in  welcher  S.  Grego- 
rius  auf  einem  rosse  sehr  zierlichen  in  bäbstlichem  kleide  rieth  vnd 
vm  ihn  drabanthen  mit  helbartten;  vnter  welche  ich  auch  geordnett 
wartt,  dieweile  der  rector  wiste,  das  ich  ein  schön  neuw  hobemansch 
kleit  hette.  Vor  dem  bapst  rietten  bischopffe,  cardinales  vnd  in  schütten 
die  freyen  kunste.  Das  alles  hette  er  etliche  wochen  zuuor  so  fleissig 
geordnett,  das  sich  darnach  iderman  zu  wunderen  hette.  Da  nun  der 
tag  vnser  beweisunge  kam,  Avelcher  etliche  nach  S.  Gregorius  war, 
(dan  an  seinem  feste  kontte  es  vngewitters  halb  nicht  sein)  da  kam 
des  Stiefvätern  halbschwester  mitt  ihren  zwe  sönenn  zu  vns,  sie  auch 
zu  schmucken,  vnde  war  ihnen  Antter  dem  gemeinen  hauffen  stelle  vor- 
tzeichnett.  Der  stiefFuatter  putzte  mich  selbest  vnde  hette  genug  dings 
von  güldenen  ketten  vnd  sonst  zum  schrauk  dienende  bereitt.  Wie 
wir  kinder  fast  bekleidett  waren,  bringt  vnser  neue  kneclit  Weinholtt 
meine  hclbart  vom  riemer,  vnd  im  vbergeben  spottet  er  mein  vnde 
spricht:  'Die  anderen  kinder  sein  alle  inn  schönen  weyssen  hemden 
vnd  gleissen  von  golde,  vnd  du  hoebeknecht  stehst  wie  ein  ander 
huenerdieb.  Der  rector  wirt  dich  eine  gebrattene  wurst  aufs  drekspies 
stecken.'  Solche  rede  machte  mich  weinend,  vnd  ries  die  ketten  vom 
halse,  woltte  auch  in  die  proces  nicht  gehn,  welches  sie  alle  erschraken; 
dan  es  samletten  sich  schon  die  schueler.  Dem  stiefuatter,  welcher 
hinunder  gangen  war,  thate  man  solchs  kuntt;    der   kam   hinauff  ge- 


er  1602  starb.    Vgl.  Ephr.  Praetorius,  Athenae  Gedanenses  1713  S.  173 
und  das  hsl.  Danziger  Gelehrtenlexikon  S.  43a, 

1)  Bl.  256a  zum  Jahre  1567. 

2)  Auch  in  Königsberg  gewann  1571  die  Gregoriusfeier  ein  statt- 
liclieres  Aussehen  (A,  Hagen,  Gesch.  des  Theaters  in  Preussen  1854 
S.  21).  Vgl.  noch  R.  Kichter,  Progr.  Saalfeld  1.S64  S.  12  u.  26.  Knothe, 
N.  Lausitz.  Magazin  39,  47.  Schwarze,  Mitt.  des  bist.  Vereins  zu  Frank- 
furt a.  0.  9,  89.  Bruchman,  Annales  der  Stadt  Züllich.  Cüstrin  1G65 
S.  120—133.    Wattenbach,  Anz.  f.  Kunde  der  d.  Vorzeit  1871,  47. 

8)  Vielleicht  der  von  Praetorius,  Athenae  Gedanenses  S.  173  er- 
wähnte Martin  Praetorius  aus  Wittstock. 


1572.  1573.  13 

loffen,  schlug  den  knecht,  batt  mich,  dreiite  mir,  halff  aber  nichtes. 
Da  zogen  sie  Bertelt  Schnitzen  ans  vnd  legten  ihm  meine  kleider  an. 
Jnngfraw  Anne,  Huplomans  tochter,  brachten  sie  zu  mir  (dieweile  sie 
mit  mir  wixste  vmezugehn  vnd  kleidte  mich  darnach  in  allen  comedien), 
die  bat  mich,  das  ich  des  Berttels  geschmeide  anneme,  es  lobende, 
vnde  das  sie  mich  selbest  anziehn  woltte,  in  welchs  ich  gewilligte. 

Da  ich  in  die  schneie  kam,  gefiel  ich  ihnen  sonderlicher  weise, 
das  mir  der  rector  mein  fenlein  nam  vnd  ein  bloßes  schwert  mitt 
einem  perlen  krantze  vor  S.  Gregorio  tragen  hies,  woab  die  mutter 
einen  sonderlichen  gefallen  hette  vnd  es  dem  rector  woll  bezaltte.  Ich 
aber  merke  aus  solcher  verenderunge  göttliche  geheimnusse.  Nach 
mittage  aber  schmückte  man  mich  noch  bas  vnde  machte  mich  gar 
zum  engel  mit  angeheftten  flügeln  vnd  krausem  haer,  darume  das 
man  mich  nicht  von  meiner  vorigen  stelle  Verstösse.' 

1573  wurden  am  Gymnasium  und  in  der  Marieiischule  drei 
Komödien  zur  Fastnacht  gespielt,  eine  griechische^),  eine  lateinische 
und  eine  deutsche.  Das  von  Val.  Schreck  für  die  Marienschule 
eingerichtete  und  vielleicht  auch  gedichtete  deutsche  Spiel  han- 
delte von  Davids  Ehebruch  mit  Bathseba.  Dass  es  nicht  mit 
dem  1561  gedruckten  Stücke  des  Hans  Sachs  2)  identisch  war, 
lässt  sich  aus  dem  folgenden  Berichte  Grunewegs  (Bl.  294  b) 
entnehmen : 

'Auf  fastnacht  (oder  nach  Danziger  weise  baltte  nachweyhnachtten) 
vbtte  man  die  iugentt  in  drey  spielen :  deutzs,  lateiniß  und  grichisch. 
Das  deutzse  spiel  war  aus  dem  anderen  buche  der  königen,  das  11. 
12.  13  capittel  gar,  auch  aus  dem  18.  angefleckt.  In  deme  war  ich  einer 
auss  des  königes  drey  dienstknaben  vnd  hielt  im  nachfolgen  die  mitte. 
Der  herre^)  kleidette  mich  alezeitt  mitt  eigner  handt  ahn  vnd  sehr  köst- 
lich, das  ich  in  kleinöttenn  alle  andere  vbertraf;  dan  ihm  auch  in  der 
statt  vor  anderen  vm  solche  dinge  am  leichttesten  war.  Einmahl  rietten 
wir  im  werckeltage  aufs  köstlichste  vme,  vnd  da  war  mein  erstes  mahl, 
das  ich  aufm  rosse  sas,  auf  welches  ich  angeschraubett  war  vnd  fuhrtte 
das  ros  ein  studente,  der  frauen  blutsuerwantter.  Der  köninng  war 
Guntters  söhn,  welcher  vor  s.  Petters  kirche  an  der  Kattergassen  ohrt 
wonte.     Da  ich  den  köning    zu  hause  beleitte,    gab  mir   seine    mutter 


1)  Auch  auf  dem  Thorner  akademischen  Gymnasium  wurden 
nach  der  Schulordnung  von  1600  jcährlich  ein  griechisches  und  zwei 
lateinische  Schauspiele  von  den  drei  obersten  Klassen  aufgeführt 
(I.ehnerdt,  Progr.  Thorn  1868  S.  45). 

2)  Folioausgabe  3,  1,  84  =  10,  319  ed.  Keller:  Der  David  mit 
Batseba  im  ehbruch. 

3)  Grunewegs  "Vormund  August  Hertzberger,  der  von  1565  bis 
zu  seinem  Tode  1577  als  Prediger  und  Lehrer  am  Gymnasium  wirkte. 


1^  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

ein  dreygroscher,  mit  welchem  ich  samt  anderen  howeleutten  in  Pogen- 
poel  zum  becker  rieth  vnd  wecke  darumb  kaufte  vnde  dieselbigen 
vntter  meine  geselschalt  theiltte.  Da  vns  der  rector  alle  auf  den  ros- 
senn  essende  sähe,  lachtte  er  so  sehr,  das  ihm  die  trenen  außn  äugen 
flösse,  da  doch  sonst  das  lachen  bey  ihm  theur  war.  Die  königinne 
Bersabe,  welche  Kamermans  söhn  wäre,  wartte  vnser,  das  wir  sie  auch 
beleittenn;  da  nam  man  mich  vom  rosse,  vnd  stieg  hinder  ihr  aufn  Schlit- 
ten bis  voer  ihr  haus  in  die  Hundegasse,  vnd  mein  gedachtter  hutter  lief 
mir  nach.  Da  kam  meiner  mutter  diener  vnd  sagtte  mich,  das  ich 
zum  herren  keme;  den  er  mein  bey  der  mutter  wartte.' 

1574.  Georg  Roll,  ein  ans  Biieg-  g-ebürtiger  kaiserliclier 
Notar,  dessen  Comoedia  vom  Fahl  Ade  vnd  Eiie  1573  zu  Königs- 
berg agiert  und  gedruckt  worden  war^),  führte  in  Danzig  die 
'Historiam  Samaritani',  wohl  ebenfalls  eine  eigene  Dichtung, 
wie  er  1600  (s.  8.  29)  erwähnt. 

Erhalten  ist  ein  Aktenstück  vom  11.  Januar  1574,  in  dem 
Georg  Pouvn,  Vorsteher  einer  'offenen  deutschen  Schreib-  imd 
Reehenschulc',  den  Rat  um  die  Erlaubnis  bittet,  ^vegen  kuniftige 
Faßnacht  die  Comedia  von  dem  Hecasto',  also  eine  Über- 
setzung nach  dem  lateinischen  Drama  des  Macropedius  2),  agieren 
zu  dürfen. 

1575.  Abraham  Burchard,  wahrscheinlich  ein  Danziger 
Schulkollege,  führte  bei  der  Hochzeit  eines  Ratsherren  die  Ge- 
schichte der  Griseldis,  aber  ohne  deren  Namen,  auf.  Griseldis  wird 
hier  nur  Fürstin,  ihr  Gatte  Walther  von  Salerno  nur  Fürst  ge- 
nannt. Das  kunstlose  Spiel  hat  sicli  noch  in  einem  Exemplar  des 
Druckes  erhalten;  das  Titelblatt  ist  hsl.  ergänzt. 

Schau-Spiel  auff  das  vorstehende  Beylager  H.  George  Rosen- 
bergs, Ivaths-Verwandten  in  Dantzig,  mit  JlV.  Anna  Krügerin,  des  "Wohl- 
weisen Hrn.  Henr.  Krügers  Bürgerm.  inThorn  und  gebohrnen  Fr.  Annae 
von    der  Linden    Jl'r.  Tochter,  vorgcstellet    zu  Dantzig    von  Abraham 


1)  Goedeke,  Grundriss2  2,  393.  Die  Angabe  A.  Hagcns  (Gesch. 
d.  Theaters  in  Preussen  S.  27),  dass  Roll  damals  Schulmeister  im  Löbe- 
nicht  gewesen  sei,  beruht  vielleicht  auf  falscher  Kombination.  Auch 
der  Königsberger  Schulmeister  Daniel  Brodach  führte  eine  Komödie 
vom  Samariter,  vermutlich  die  Dichtung  Rolls,  auf  (Möller,  Progr. 
Königsberg  1874  S.  7). 

2)  Macropedius'  Hecastus  (1539)  soll  nächstens  von  mir  neu  her- 
ausgegeben werden.  Vgl.  vorläufig  meine  Einleitung  zu  J.  Strickers 
Düdeschem  Sciilömer  1889  S.  *24. 


1573—1576.  15 

Bui-chard.  A.  1575.  8V4  Bogen  8"  [Dantzig].  Auf  El.  Jija  steht:  Ge- 
druckt zu  I  Dantzig-,  durch  Jaco-  |  bum  Rhoduin.  |  1575.  —  Fünf  Akte 
in  Reimpaaren.     Die  Vorrede  ist  datiert:  Dantzig',  6.  Maij  1575. 

1576.  Der  S.  14  g-eßanntc  Georg  ßoU  veröffentlichte  eine 
Dramatisierung  des  Romans  von  Pontiis  und  Sidonia^),  den  vor 
mehr  als  einem  Jahrhundert  die  Erzherzogin  Eleonore  von  Oester- 
reich  aus  dem  Französischen  übertragen  hatte. 

COMOEDIA  I  Von  Ritterlichen  |  Adlichen,  Manlichen  Tugen  |  den 
vnd  Thaten,  sonderlicher  Tugent  |  reicher  Ehren,  Ehrbarkeit  vnd  zucht 
des  tew-  |  ren  Ritters  Ponti,  Königs  Tiburtij  Sohn  |  aus  Gallicien :  Vnd 
der  Ehr  vnd  Tugent-  |  reichen  Sidonia  Königs  Agril,  aus  Brita-  |  nieu 
Tocliter:  Darinnen  sonderlich  zum  |  anfang,  des  Türeken  gewalt  vnd 
Ty-  I  ranney  gegen  den  armen  Christen.  |  Als  was  eines  jeden  Christ- 
lichen I  Gottseligen  Königes,  vnd  aller  |  Oberkeit  Ampt  gegen  jhren  | 
Vnderthanen  sey.  prae-  !  flguriret  wird.  |  Durch  |  Georgium  Roll  Maior: 
Brigen:  Silesium,  |  Sacra  Imperiali  Authoritate  Notarium.  |  Tandem  bona 
causa  triumphat.  |  12^8  Bogen  8"  [Danzig].  —  Auf  Bl.  Niijb  steht:  Ge- 
dnickt  zu  Dantzig,  durch  |  Jacobum  Rhodum.  —  Die  Widmung  ist 
datiert:  Dantzigk  14.  Julii  1576. 

Der  Dichter,  der  von  den  älteren  Pontusdramen  des  Heinr. 
Hoftot  (Nürnberg  1551)  und  Hans  Sachs  (1558.  Gedichte  3,  2, 
245)  schwerlich  Kunde  besass,  hat  durch  Einschaltung  mancher 
Episoden  die  Eitter-  und  Liebesgeschichte  zu  einer  tigurenreichen 
Komödie  ausgebaut.  Im  3.  Akte  verspricht  der  Elieteufel  As- 
modeus  einem  alten  Weibe  ein  Paar  Schuhe,  wenn  sie  die  Liebe 
des  Pontus  und  der  Sidonia  störe  ^);  aber  die  Prinzessin  lässt  die 
Verläumderin  durch  den  Narren  Jakupki  die  Stiege  hinabwerfen, 
worauf  der  Teufel  sie  zur  Hölle  schleppt.  Pontus  macht  seiner 
Geliebten  den  Hof,  indem  er  vor  ihr  fein  züchtig  eine  Galliarde 
tanzt.  Dabei  fehlen  nicht  die  üblichen  Klagen  über  die  Falsch- 
heit der  Höflinge  (Sandoletus)  und  über  die  Baueruschiuderei  der 
Adligen  (Claus).  An  das  berühmte  Bildchen  im  Danziger  Artus- 
hofe, das  in  E.  T.  A.  Hoffmanns  Serapionsbrüdern  eine  Rolle  spielt, 
erinnert  eine  Scene  (V,  2)  aus  dem  wüsten  Leben  der  garten- 
den  Landsknechte,  die  mit  Dirne  und  Trossbuben  erscheinen 
und  beim  Würfelspiele  eine  Schlägerei  beginnen.     Bl.  Fiija  wird 


^)  Goedeke,  Grundriss  ^  1,  355  f. 

2)  Vgl.  unten  S.  21  zu  Praetorius ;  Oesterley  zu  Kirchhofs  Wend- 
unmut 1,  366. 


16  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

eine  Jagd  geschildert^);  der  Jäger  Humulus  bläst  sein  Hörn  und 
singt  dann: 

Es  reit  ein  Jeger  wolgemiith, 

Er  reit  aus  frischen  freien  mut 

Wol  in  der  Heiden  grüne. 

Waß  fand  er  an  dem  wege  stahn? 

Ein  zweiglein,  das  war  grüne.  (Rep.) 
Biest  widerumb  sein  hörn,  singet: 

Ho  do,  wie  grünet  vns  der  walt! 

Mein  Hündtlein  seind  gantz  wolgestalt, 

Vnd  singet  vns  fraw  Nachtigall. 

Ho  do,  lustig,  je  Hündlein  all! 
Biest  noch  ein  mohl  vnd  gehet  ein. 

Ob  das  Stück  auch  in  Danzig  gespielt  wurde,  erscheint 
nach  Rolls  Bittschrift  v.  J.  1600  (S.  29)  zweifelhaft.  Dagegen 
hören  wir  von  einer  Aufführung  des  Ritters  Pontus  in  Königsberg 
durch  den  Schulmeister  Daniel  Brodach  2). 

1578.  Valentin  Sehr  eck  3),  der  Rektor  der  Marienschule, 
Hess  nach  einem  von  ihm  eingeführten  Brauche,  ebenso  wie  Moller, 
ein  lateinisches  und  ein  deutsches  Drama  durch  seine  Schüler 
spielen*).  Durch  Zufall  hat  sich  eine  gedruckte  Inhaltsangabe 
V.  J.  1578  erhalten: 

ARGVMENTA  |  Comoediarum  quae  Latine  et  |  Germanice  ä  scho- 
lasticis  ludi  Mariani  |  sunt  exhibitae  |  In  Hilarijs  huius  Anni  |  1578.  ] 
Scripta  et  edita  ä  M.  |  Valentino  Schreckio.  |  Inhalt  |  Der  Comedieu 
welche  Lateinisch  vnd  |  Deudsch  von  der  jugent  auß  der  Pfarr-  |  schulen 
zu  S.  Marien  sind  agiret  |  worden  |  In  Faßnacht  |  Dieses  Jares  1578.  | 
Beschrieben  vnd  in  Druck  verfertiget  |  Durch  |  M.  Valentinum 
Schreckium.  |  1^4  Bogen  8»  [Weimar.]  —  Auf  Bl.  Bvjb  steht:  Gedruckt 
zu  Dantzig  bey  |  Jacobo  Rhodo.  |  1578.  —  Die  lateinische  Widmung  ist 
datiert  (Bl.  Aijb)  Dantisci  ex  ludo  Mariano  8.  Id.  Febrarij  A.  C.  1578. 


^)  Ebenso  in  Ayrers  Melusina  (3,  1631  ed.  Keller);  vgl.  überhaupt 
Wagners  Archiv  f.  d.  Gesch.  der  deutschen  Sprache  1,  133  (1874)  und 
R.  Köhler  im  Weimarischen  Jahrbuch  3,  353. 

2)  Hagen  a.  a.  0.  S.  28.  R.  Möller,  Geschichte  des  Altstadt. 
Gymnasiums  5  (Progr.  Kgsb.  1874)  S.  7.  —  Derselbe  Stoff  kehrt  im 
Repertoire  des  Peter  Sciuenz  bei  Gryphius  und  in  modernen  Tiroler 
Bauernspielen  wieder  (A.  Lewald,  Tyrol  1833  1,  31). 

8)  Vgl.  oben  S.  11. 

*)  Auf  Bl.  Aija  des  Progi*amms  sagt  er:  ' Duasque  illas  comoedias, 
latinam  et  f/ermanicam,  ex  more  nostrae  scholae  a  me  introducto  publice 
exhibendas  selegi.' 


157G.  1578.  17 

Das  Programm  umfasst  lateinische  und  deutsche  Argumente 
zu  Terenz'  Phormio  und  zu  einer  deutschen  Komödie  von  Gri- 
seldis  nebst  Prolog  und  Epilog.  Als  Quelle  für  das  zweite 
Stück  wird  die  Novelle  des  Boccatius  angegeben,  'Welche  wir 
auif  gelegenheit  Der  Statt  vnd  jtzigr  hendel  gricht.'  Schreck  be- 
ginnt aber  erst  nach  der  Heirat  der  Heldin  und  giebt  breite  Sitten- 
schilderungen:  Kaufleute  beschreiben  die  Mühseligkeiten  ihres 
Standes,  Hofleute  die  Gefahren  des  Hoflebens,  ein  Bauer  redet 
von  der  Teuerung,  zwei  alte  Bürger  vom  Borgen  und  Wucher. 
Im  3.  Akt  verkündet  der  Fürst  seinen  Räten,  dass  er  seine  Ge- 
mahlin Verstössen  wolle;  Sathan  frohlockt,  die  Stände  protestieren 
vergeblich.  Im  5.  Akte  bringt  Walthers  heimlicher  Rat  die 
beiden  totgeglaubten  Kinder  der  Griseldis  an  den  Hof,  und 
Walther  erhebt  die  schwergeprüfte  Gattin  zu  hohen  Ehren,  während 
der  Eheteufel  vom  Engel  Raphael  verjagt  wird  ^).  Ich  lasse  die 
Inhaltsaugabe  selbst  hier  folgen. 

[Bija]  Perioclia  Oder  jnhalt  der  Comedien. 

Itzixnd  habt  jr  vrsach  vernommen, 

Worumb  wir  zu  euch  her  sein  komen. 

Nu  hört,  was  wir  habn  für  ein  spiel! 

Den  jnhalt  ich  euch  sagen  wil. 
5  Ein  Herr  war  gsessen  in  Welschlandt, 

Ein  Hertzog"  von  Salutz  genandt. 

Er  hat  Land,  Leut,  gros  ehr  vnd  gut, 

Auff  jagn  vnd  hetzen  stund  sein  muth. 

In  seim  Land  saß  ein  Bawrßman  dar, 
10  Der  der  Fürsten  leibeigen  war. 

Er  hat  ein  tochter:  jres  gleich 

War  nicht  zu  findn  im    gantzen  Reich, 

Schön,  from,  bered  vnd  voller  tugend. 

Keusch,  züchtig  in  blüender  jugent. 
15  Der  Fürst  sie  jm  für  andre  all 

Außerkor  vnd  nam  zum  Gemahl, 

Macht  sie  ein  Fürstin  in  seim  Land, 

Ir  armut  dünckt  jn  gar  kein  schand, 

Vnd  do  sie  nu  in  reichthumb  saß, 
20  Irs  armuts  sie  doch  nicht  vergaß, 
[Bijb]         Jederman  freundlich  was  in  ehren. 

Demütig,  willig  jrem  Herren; 


1)  Über  andere  Griseldisdramen  vgl.  Zeitschr.  f.  deutsche  Philo!. 
•21,  474  f.  und  oben  S.  14. 

Th.F.   XII.  2 


2g  Bolte,  Das  Danzig-er  Tlieater. 

Wie  hart  er  sie  versuchen  thet, 
Bleib  sie  doch  alzeit  trew  vnd  stet. 

25  Er  ließ  die  ersten  Kinder  heid 
Wegbringen  nicht  ohn  hertzeleid, 
Gab  für,  sie  weren  vmbgebracht, 
Bald  jr  ein  neuw  leid  wider  macht, 
Stieß  sie  von  sich,  gab  für  in  dem. 

30  Als  wen  er  ein  ander  Fraw  nem. 
Do  er  nu  merckt  jr  Stetigkeit, 
Führt  ers  zu  hertzen,  wird  jm  leid, 
Bald  er  sie  wider  zu  sich  nam 
Vnd  lebt  mit  jr  in  aller  schäm, 

35  Gab  jr  wider  jr  kinder  beid. 
Dadurch  verschwand  jr  alles  leid, 
Sie  lebten  forthin  frewdenrich 
Vnd  schlössen  jr  end  seliglich.  — 
Diese  geschieht  Boccatius, 

40  Ein  Poet  vnd  Philosophus, 

Beschrieben  hat  für  langer  zeit, 
Welche  wir   auff  gelegenheit 
Der  Statt  vnd  jtzigr  hendel  gricht. 
Darumb  last  euch  verdriessen  nicht, 
[Biija]       Zu  mercken  drauflf,  was  ferner  wird 
Von  andern  personen  gerürt! 
Dasselb  werd  jr  auch  hören  bald 
In  eines  jeden  Acts  jnhalt. 

Inhalt  der  Füuff  Actnum  in  dieser  Coraoedien. 

Primi  Actus. 

Im  anfang  des  spiels  ohngefehr 
Spatzieren  drey  Kauffleut  vmbher, 
Der  ein  klagt,  des  auff  dieser  Erd 
Die  Narung  schwer  vnd  sawer  werd, 

5  Vnd  weil  dabey  gschicht  vnrecht  viel. 
Er  seinen  stand  verlassen  wil. 
Mirus  vom  Hoff  kömpt  auch  darzu 
Erzelt  seiner  Fürstin  vnruh. 
Die  jr  der  Hertzog  selber  macht; 

10  Bey  welchem  gesprech  diu  betracht, 
Das  kein  stand,  sey  gleich  wer  er  sej', 
Ohne  müh  ist  vnd  sorgen  frey. 

S  e  c  u  n  d  i  Actus. 

Im  andern   act  zwen  alt  mit  sorgen 
Vnterreden  sich  von  leihen  vnd  borgen, 


1578.  19 

[Biijb]       Von  Wucher  vnd  von  bürgeschafft, 
Auch  wie  die  Welt  jtz  sey  behafft 
Mit  bößheit,  erger  dann  vor  je, 
Die  vrsachen  erzehlen  sie. 
Zwo  Hoff  Jung-frawen  vom  hoffleben 
20  Vnter  sich  red  vnd  antwort  g-eben, 
Ein  Hoffjung  sie  im  gsprech  verjrt 
Vnd  mit  worten  die  ein  vexirt. 
Ein  jedes  von  seim  handel  redt, 
Wie  es  kan  vnd  wie  es  versteht. 

Tertij  Actus. 

25  Was  der  Teuffei  außrichten  kan, 

Wird  er  in  dem  Act  zeigen  an. 

Der  Fürst  thut  seinen  Rehten  sagen, 

Das  er  sein  Gmahl  wöll  von  sich  jagen, 

Vnd  lest  die  Landschafl't  drumb  verbotten, 
30  Das  sie  darzu  auch  sollen  rahten. 

Ein  Bawr  kompt  onget'ehr  ins  spiel, 

Sein  sach  zu  Hoff  außrichten  wil. 

Trifft  indes  an  Philotimum 

Vnd  sagt,  woher  die  thewrung  kom : 
35  Zu  Hoff  die  warheit  ist  verschwunden 

Vnd  hat  sich  bey  die  Bawrn  gefunden. 

[Biiija]  Quarti  Actus. 

Was  weiter  zu  Hoff  aey  geschehn, 

Werd  jr  im  folgenden  Act  sehn; 

Dann  es  Sathan  zum  theil  erzelt. 
40  Der  Marschalck  dem  Fürsten  fürhelt, 

Was  endlich  auff  sein  meinung-  frey 

Von  den  Stenden  geschlossen  sey. 

Der  Fürst  jagt  die  Fürstin  von  sich, 

Schickt  nach  sein  zweyn  kindern  heimlich. 
45  Die  Stett  [?  Stend]  wider  jn  protestiren. 

Sie  mügen  aber  nicht  passieren ; 

Dann  Herren  lehn  nach  jrem  sinn, 

Wers  wehren  wil,  hats  klein  gewin. 

Quinti  Actus. 

Itz  des  Fürsten  heimlicher  Raht 
50  Die  Fürsten  k Inder  herbracht  hat. 

Der  Fürst  schickt  bald  nach  seim  Gemahl, 
Das  sie  zu  Hofe  kommen  sol. 
Der  Teuffei  es  nicht  gerne  sieht, 
Raphael  starck  wider  jn  ficht, 


20  Bolte,  Das  Danzigor  Theater. 

55  Vud  wird  die  Fürstin  angenommen, 
Ir  zwey  Kinder  auch  zu  jr  kommen; 
All  die  dazu  geraten  han, 
[Biiij  b]      Bekommen  dafür  danck  vnd  lohn. 
Also  nach  trübsal  frewde  kümpt, 
60  Die  alle  trawrigkeit  weg  nimbt. 
Der  Prolog  ist  auf  drei,  der  Epilog  auf  fünf  Knaben  verteilt. 

1579  untersagte  der  Rat  zu  Anfang  des  Jahres  der  herr- 
schenden Pest  wegen  die  Fastnachtskistbarkeiteu.  Der  Magister 
Matthias  Menius  (Meinius),  welcher  seit  1572  als  Lehrer  am 
Gymnasium  angestellt  war^),  reichte  darauf  am  13.  Januar  ein 
Gesuch  ein,  in  dem  er  bat,  'die  angefangene  Comoedia  ins  Werck 
stellen'  zu  dürfen.  Die  uns  nicht  tiberlieferte  Antwort  wird  aber 
wohl  abschläglich  gelautet  haben. 

1579.  Petrus  Praetorius^),  ein  Schüler  Melanchthons, 
der  seit  1576  das  Pfarramt  an  der  Marienkirche  bekleidete,  Hess 
bei  der  Hochzeit  des  Ratsherrn  Constantin  Ferber  sein  schon 
zwanzig  Jahre  zuvor  gedichtetes  und  ebenfalls  bei  einer  Dan- 
ziger  Hochzeit  aufgeführtes  Spiel  von  Isaac  und  Rebecca  3)  neu 
darstellen  und  drucken. 

COMOEDIA  I  Aus  der  Bibli-  |  sehen  Historia  von  Isaacs  vnd  |  Re- 
becce  Hochzeit  auffs  newe  vber-  |  sehen,  vnd  zu  ehrn  vnd  frölicher  [ 
glückwünschung:  |  Dem  Erbarn  vnd  Ernuhesten  |  Constantin  Ferber 
dem  Jünger,  Vnd  |  der  Erbarn  vnd  Tugentsamen  Jungfraw  |  Elisabeth, 
Des  Erbarn  vnd  wolgeachten  |  Herman  Hacken  geliebten  Tochter,  | 
gegen  ihrem  hochzeitlichen  ehren  |  tag  in  druck  verfertigt.  |  Durch 
Petrum  Pretorium  D.  |  Anno  |  M.D.LXXIX.  |  4^8  Bogen  8»  [Danzig]. 
—  Auf  Bl.  Evija  steht:  Gedruckt  zu  Dantzigk,  durch  |  Jacobum  Rho- 
dum.  I  1579. 


^)  Er  g'ing  noch  im  selben  Jahre  1579  als  Professor  nach  Königs- 
berg, wo  er  1601  starb  (Prätorius,  Danziger  Lehrer  Gedächtnis  1760 
S.  74). 

2)  Er  stammte  aus  Cotbus,  bezog  1538  die  Universität  Witten- 
berg und  wurde  1550  dort  Magister.  Nach  1554  Pfarrer  in  Königs- 
berg i.  N.,  1565  in  Zeitz,  f  1588  in  Danzig.  —  Vgl.  Bolte,  Allg.  d.  Biogr. 
26,  533  f.  Ferner  Stan.  Bornbachs  Verzeichnis  der  Wittenberger  Ma- 
gister im  Berliner  Mscr.  boruss.  fol.  280:  '1550  Petrus  Iudex  Cotbusianus. 
D.  Theologiae  Ao  54.' 

3)  Die  schöne  und  liebliche  Historia  von  der  Hochzeit  Isaac  vnd 
Rebeccae.  Wittcmbcrg  1559.  [Exemplare  in  Wien  u.  Berlin,  mit  hsl. 
Bemerkungen  für  eine  Aufführung.]  —  Die  2.  Ausgabe  mildert  einige 
Derbheiten,  beseitigt  einige  Längen  und  bessert  hie  \ind  da  den  Reim. 


1578-1590.  21 

Der  einfachen  biblisclicn  Handlung  strebt  Prätorius  nach 
dem  Muster  von  Rebhuns  Hochzeit  zu  Cana  und  Cuhnanns  Isaac 
und  Rebecca  durch  eine  eingeschaltete  Intrigue  mehr  drama- 
tisches Leben  zu  verleihen.  Eheteufel  und  Zauberteufel  stiften 
eine  alte  Hexe  au,  Rebecca  vom  Verlöbnis  abzureden.  Aber  ihre 
Schmeichelworte  sind  vergeblich,  und  als  sie  ein  Stück  aus  Re- 
beccas  Rocke  schneiden  will,  um  damit  zu  zauijern,  wird  sie  von 
dem  zu  Hülfe  gerufenen  Vater  hinausgetrieben  und  von  den  Teu- 
feln fortgeführt:  gerade  wie  in  Rolls  Pontus  v.  J.  1576.  Er- 
öffnet wird  das  Stück  durch  einen  breit  exponierenden  Monolog 
Abrahams  und  beschlossen  durch  die  Trauung  des  Paares,  die 
der  Priester  Melchizedek  ganz  in  lutherischer  Weise  vollzieht: 

So  geh  ich  eucli  darauff  zu  samn 

Ins  Ehlich  lebn  in  Gottes  Namn. 

Weil  Gott  zusamen  g'fügt  euch  beidn, 

Sol  eiich  kein  Mensch  von  ander  scheidn. 
Im  Epiloge  werden  die  zum  Hochzeitsmahle  geladenen  Dan- 
ziger  Zuschauer  aufgefordert,    sich  nicht  zu    weit    zu    verlaufen; 

dagegen 

Wer  nicht  gebetn,  darff  hier  nicht  stehn, 
Sondern  mag-  wol  zu  hause  g'ehn, 
Essen  vnd  trincken,  was  er  hat. 
Was  wir  nicht  han,  das  bscher  vns  Gott! 

1580 — 1590.  Undatiert,  aber  wahrscheinlich  aus  diesem 
Jahrzehnt  sind  drei  Bittschriften  des  Henrich  Janson  von  Uth- 
recht,  der,  wie  es  scheint,  ein  Puppenspiel  zeigte.  In  der  1.  bittet 
er,  'ein  sonder  Werk  eines  Instruments  verfassende  auß  dem  alten 
Testament  die  schöne  trostreiche  Historia  vom  Könige  Davidt 
vnd  Saul,  welch  Historia  nach  mitgeteilten  vnd  verliehenen 
gaben  des  gnedigen  Gottes  von  mir  in  bemeltem  Instrument  also 
künstlich  mit  seinen  Gewichtenn  geformiert  vnd  zubereitet,  alß 
ob  sichs  aldar  alles  lebendig,  ordentlich  nach  der  Historien  an 
jhr  selbst  eigentlich  darthut  vnd  erzeigt',  zeigen  zu  dürfen.  'In- 
gleichen mir  solches  von  der  Königin  in  Engelandt,  auch  sonst 
andern  furnemen  Stedten  gnedigst  vnd  günstig  ist  vergunnet  wor- 
den.' —  In  Nr.  2  dankt  er  dem  Rate  für  die  Erlaubnis,  "die 
christliche  Historie  vom  koning  Dauid  vnd  Saul  der  erlichen 
Burgerschaft  alhie  zu  zeigen',  und  beschwert  sich,  dass  er  'das 
Instrument  verpfunden'  [=  verzollen]  soll,  'da  doch  in  dieser  lob- 
lichen republik  bisdhaher  gar  vngewonlich  gewesen,  solche  kunst- 


22  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

stuk,  die  dau  vberal  frei  seind,  zuuerptunden'.  —  Nr.  3  erwähnt, 
dass  er  seit  14  Tagen  hier  verharre. 

1587.  Vermutlich  spielten  im  Dominik  die  fünf  englischen 
Komödianten,  welche  ein  Jahr  zuvor  am  dänischen  Hofe  aufge- 
treten und  dann  vom  sächsischen  Kurfürsten  Christian  I.  nach 
Dresden  berufen  worden  waren,  von  wo  sie  am  17.  Juli  1587 
heimzogen.     Vgl.  unten  S.  25,  Anm.  2. 

1590,  20.  Sept.  lehnte  der  Rat  das  Gesuch  eines  Jorge 
Berleth  aus  Muelhausen  in  Turingen  ab,  der  "ein  christlich 
Spiel,  so  den  Christen  nutzlich  vnd  tröstlich  ist  anzuschauen,  von 
der  Zu[kunft]  des  Herren  Christi  mit  schonen  lustigen  figueren 
zugericht  nebenst  dem  klaren  text  auß  heiliger  gottlicher  Schriefft' 
agieren  wollte,  wie  er  es  schon  in  den  Seestädten,  vor  Herzog 
Christoph  von  Meklenburg  [1537 — 1605,  in  Gadebusch|  und  Her- 
zog Casimir  in  Pommern  [1557 — 1592,  Bischof  von  Cammin]  ge- 
zeigt habe. 

1591.  Philipp  Waimer^),  ein  geborener  Danziger,  der 
schon  1564  als  Knabe  in  Mollers  Nabal  mitgespielt  hatte,  ver- 
öifentlichte  als  Professor  Juris  an  demselben  Gymnasium  seine 
kurz  zuvor  von  den  Schülern  aufgeführte  Komödie  von  Edward  HI. 
und  der  Gräfin  von  Salisbury,  die  in  mehr  als  einer  Hinsicht  für 
uns  Interesse  hat. 

ELISA.  I  Ein  Newe  vnd  ]  lüstige  Comoedia,  Von  |  Eduavdo  dem 
Dritten  |  dieses  Namens,  Könige  in  Eng-el-  |  landt,  Vndt  FraAv  Elisen  [ 
einer  g-ebornen  Gräffin  von  |  Warwitz,  Gestellet  |  Durch  |  Philippum 
Waimern  von  |  Dantzigk,  B.  R.  D.  Summum  crede  nefas,  animam  prae- 
ferre  i^udori,  |  Et  propter  vitam,  vivendi  perdere  causas.  \  Gedruckt  zu 
Dantzig'k,  durch  |  Jacobuni  Rhoduni.  |  1591.  |  10-'  g  Bogen  8'^  [Berlin. 
Danzig].  —  Die  Vorrede  ist  datiert:  Dantzigk  Anno  1591,  den  IS.  Maij. 
Dem  Personenverzeichnis  sind  die  Namen  der  Darsteller  beigelügt. 

Waimer  entlehnte,  wie  er  selbst  im  Vorwort  angiebt,  die 
Handlung  einer  beliebten  und  mehrfach  dramatisierten  Novelle 
Bandellos  2).  König  Edward  HI.  konunt  im  Kriege  mit  Schottland 


1)  Er  wirkte  am  Gymnasium  1580—1602  und  starb  1G08.  Ephr. 
Praetorius,  Athenae  Ged.  1713  S.  43.  In  Mollers  Nabal  ist  sein  Name 
Weiner  geschrieben. 

2)  Bandello,  Novelle  2,  Nr.  37  (1554).  Französisch  von  Boisteau 
und  Bclle-Forest,  XVIII  histoires  trag-iques  1559  Nr.  1  (Paris  1504  p.  9), 
englisch  von  Painter,   Palacc  of  Pleasure    1,    Nr.  4G   (15G6,  Neudrucke 


]  587— 1591.  23 

auf  das  Scliloss  der  Gräfin  Alix  von  Salisbiiry,  deren  Schönheit 
einen  so  tiefen  Eindruck  auf  ihn  macht,  dass  er  ihr  seine  Liebe 
anträgt.  Würdevoll  weist  sie  ihn  zurück,  und  als  er  nach  dem 
Tode  ihres  Gatten  sie  durch  ihren  Vater,  den  Grafen  von  War- 
wick,  und  durch  ihre  Mutter  Aviederum  anflehen  lässt,  seiner 
Leidenschaft  Gewährung-  zu  schenken,  geht  sie  mit  einem  Dolche 
bewaffnet  zu  ihm  und  bittet  ihn,  lieber  ihr  da'^-  Leben  zu  nehmen 
als  ihre  Ehre.  Durch  solche  Standhaftigheit  gerührt  reicht  Ed- 
ward ihr  die  Hand  und  erhebt  sie  zu  seiner  rechtmässigen  Ge- 
mahlin. —  Waimer  ist  der  Erzählung  des  Italieners  und  seiner 
wortreichen  Rhetorik  ziemlich  treu  gefolgt,  in  den  langen  Ge- 
sprächen zwischen  König  und  Graf,  Graf  und  Tochter  sogar 
treuer  als  der  Nürnberger  Ayrer  ^)  in  seiner  wenige  Jahre  jünge- 
ren Komödie;  aber  sein  Gestaltungsvermögen  reicht  nicht  aus, 
um  der  Leidenschaft  einen  wirkungsvollen  Ausdruck  zu  verleihen, 
er  kommt  nicht  über  den  naiv  treuherzigen  Ton  des  Hans  Sachs 
hinaus.  So  fleht  die  Gräfin  in  der  entscheidenden  Scene  den 
verliebten  König  an: 

[Bl.  Kiiija]       Allergnedigster  Köng  vnd  Herr, 
Weil  icli  vermüg-  Gottes  Gebot 
Mir  selbr  nicht  mag"  anlegn  den  Todt 
Vnd  doch  tansent  mal  wolt  lieber 


1813.  1890),  lateinisch  von  Aeschacius  Maior  (=  Joachimus  Caesar) 
1612,  deutsch  von  demselben  1615  (Bobertag,  Gesch.  des  Romans  2, 
1,  15).  Nach  J.  Caesars  Angabe  hat  noch  eine  ältere  Übersetzung  ins 
Deutsche  existiert,  vielleiclit  von  demselben  Mauritius  Brandt,  der  1595 
zu  Danzig  eine  andere  Novelle  Bandellos  Thoenicia'  verdeutschte  (Ex. 
in  Rtidolstadt  und  Stockholm.     Goedeke-2^  57ö). 

1)  Ayrer,  Dramen  3,  1927  ed.  Keller:  'Vom  König  Edwarto  III. 
nnd  Elipsa'.  Andre  Dramatisierungen  dieses  Stoffes  sind:  Calderon, 
Arno?'  honor  y  poder  (vor  1637,  deutsch  von  Martin  1844),  F.  Bances 
Candamo,  La  jarretiera  de  Inglaterra  (vor  1704),  A.  Kareis  van 
Zjermez,  Eduard^  anders  atantvasfige  icedmce  (Amsterdam  1660), 
Gresset,  Edouard  III.  (1749).  Das  englische  Schauspiel  'Edward 
the  Third'  (1596,  deutsch  von  Tieck  1886)  führt  die  Begebenheit  nur 
als  Episode  im  1.  und  2.  Akte  mit  einem  andern  Schlüsse  vor.  Die 
1602  in  London  aufgeführte  'Casta  vkhia'.  die  ich  in  der  Zs.  f.  vergl. 
Litteraturgesch.  2,  362  mit  unserm  Stücke  zusammenstellte,  könnte 
auch  mit  aS'^V  Gyles  Goosecappe  (Old  english  plays  ed.  by  Bullen  3,  1. 
1884)  identisch  sein.  Es  giebt  auch  eine  Ballade  'King  Edward  III. 
and  the  fair  Countess  of  Salisbury'  (A  Collection  of  old  Ballads 
1723 — 25  2,  68),  die  mir  freilich  nicht  zugänglich  war. 


24  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Verliern  mein  Leben  alu  mein  Ehr. 

Kommend  hirdurch  in  schand  vnd  spott: 

Als  bitt  ich  euch  für  Gott  vnd  Gott, 

Wollet  mit  mir  machen  ein  end 

Itzt  mit  disem  messer  behend 

Vnd  auff  mein  Grab  steckn  diß  Messer 

Zum  zeug'nis  meiner  bhaltnen  Ehr. 

Wolan,  ich  bin  numehr  bereit 

Zu  sterben:  drumb  machet  nur  bald 

Mir  mein  eröffntes  hertze  kalt! 

Habs  euch  verzihen  williglich 

Alls,  was  jhr  werd  begehn  an  mich. 

Ach  fart  fort,  ach  qwelt  mich  nicht  lang! 

Denn  mir  fürm  todt  ist  nichtes  bang. 
Ein  besondres  Interesse  dürfen  die  komisclien  Einschiebsel 
beanspruchen.  Man  glaubt  hier  das  bunte  Treiben  des  Danziger 
Marktes  wiederklingeu  zu  hören,  auf  dem  Polen  und  Italiener, 
Holländer  und  Engländer  mit  den  Einheimischen  handeln  und 
durcheinander  schwatzen.  Da  erscheint  ein  niederdeutsch  reden- 
der Prahlhans  Thraso,  ein  reicher  Pantalon,  um  dessen  Tochter 
der  Sekretär  Amandus  (bei  Ayrer  Leupolt  g-cheissen,  bei  Bandello 
namenlos)  freit,  der  eifersüchtige  Ehemann  Zani  und  ein  anderer 
Narr  Dominus  Johannes,  auch  Pan  Jan  genannt,  der  gleich  zu 
Anfang  den  Marschbefehl  des  Feldherren  mit  dem  Nachtwächter- 
liede  parodiert  (Bl.  Bvija): 

Hört  jhr  Herren,  last  euch  sagen: 

Der  Seiger  der  hat  zwey  gschlagen. 

Verwart  das  Fewr  vnd  auch  das  Liecht, 

Das  man  den  Knecht  beyr  Magd  nicht  sieht! 

Weisen   die  Namen    Pantalone    und  Zani    auf  den  Einfluss 

der    italienischen  Komödie    hin*),    so  stammt  Dominus    Johannes 

offenbar    aus  England.     Zwar    wenn    er   Bl.  Bvijb   äussert:    'Ich 

thus  nicht  als  ein  Gentilman'^),  so  beweist  dieser  englische  Aus- 


1)  1592  agierten  in  Krakau  bei  der  Hochzeit  König  Sigismunds  HI. 
drei  italienische  Sanni  (M.  Heberer,  Aegyi)tiaca  servitus  IGIO  S.  555). 
Über  den  Verkehr  Danzigs  mit  Italien  im  16.  Jahrhundert  vgl.  Th. 
Hirsch,  N.  prcuss.  ProvbI.  4,  97—114.  217—241  (1847).  Italienische  Spiel- 
leute durften  sich  1567  ein  Jahr  lang  in  der  Stadt  aufhalten,  und  der 
neapolitanische  Marchese  d'Oria  vermachte  1592  dem  Rate  seine  Biblio- 
thek (LöKchin,  Gesch.  Danzigs  1,  288  f.).  Ein  italienischer  Dialog  von 
Zanni  e  Magnißco  bei  J.  Eccard,  Newe  d.  Lieder  Nr.  14  (Kgsb.  1589). 

3)  Ebenso  Thraso  Bl.  Bvb:  'Ick  ben  ein  goder  Gentilman.' 


1591.  25 

druck  an  sich  nichts  für  seinen  Ursprung  aus  einer  englischen 
Dichtung-.  Vergleicht  man  aber  Akt  II,  Sc.  3,  wo  Zani  den 
D.  Johannes  aus  dem  Hause  prügelt,  weil  er  seine  Frau  Grete 
geherzt  hat,  und  IV,  6,  wo  Zani  die  vom  Fischmarkte  heim- 
kehrende Frau  ob  ihres  langen  x4usbleibens  schmält  und  dann  ihr 
Gespräch  mit  dem  Galan  belauscht,  um  wiederum  auf  ihn  los- 
zufahren, vergleicht  man,  sage  ich,  diese  Scenen  mit  dem  ander- 
wärts von  mir  in  einer  holländischen  und  zwei  deutschen  Über- 
setzungen mitgeteilten  Singspiele  vom  Dominus  Johannes^),  so 
wird  man  sich  schwerlich  der  Sehlussfolgerung  entziehen  können, 
dass  Waimer  jene  englische  Gesangsposse  kannte  und  benutzte, 
ohne  sieh  jedoch  ihre  leichtfertige  Moral  anzueignen.  Der  Ehemann 
wird  nicht  wie  dort  betrogen,  sondern  leuchtet  dem  Galan  seiner 
Frau  mit  Wort  und  That  gehörig  heim.  Da  er  dabei  ebenfalls 
als  Thor  geschildert  wird,  erhält  die  Figur  freilich  durch  die 
moralisierenden  Reden  etwas  Zwiespältiges.  Kannte  Waimer 
aber  die  englische  Posse,  so  muss  er  sie  in  Danzig  sell)er  gesehen 
haben:  d.  h.  englische  Schauspieler  besuchten  schon  vor  1591 
die  Stadt  Danzig  ^j,  wovon  sich  sonst  keine  Spur  erhalten  hat, 
was  al)er  bei  den  engen  Handelsbeziehungen  zwischen  England 
und  Danzig  durchaus  nicht  verwunderlich  ist.  Zur  Probe  teile 
ich  einige  Stellen  aus  der  Sceue  IV,  6  mit.  Frau  Margaretha 
erzählt  ihrem  Manne  Zani,    dass    sie    von  der  Liebe    des  Königs 


^)  Bolte,  Die  Sing'spiele  der  englischen  Komödianten  1893  S.  110 
bis  137;  vgl.  S.  33  ^  und  185  über  die  Rolle  des  Domine  Johannes,  die 
übrigens  auch  in  zwei  französischen  Possen  von  den  Hausmägden 
(Viollet  Le  Duc,  Ancien  theatrc  franqois  2,  417.  435)  erscheint. 

2)  Vermutlich  die  1587  aus  Dresden  abziehende  Truppe  von 
Stephens,  Bryan,  King,  Pope  und  Percy.  Vgl.  Bolte,  Jahrbuch  der  d. 
Shakespearegesellsch.  23,  101  (1888).  —  Dies  hat  kürzlich  auch  R.  Acker- 
mann in  seiner  Aiisgabe  von  Henry  Chettles  Tragedy  of  Hoffman 
(Bamberg"  1894,  S.  XVIII)  angenommen,  indem  er  die  Entstehung  dieses 
1602  gedichteten  Stückes  mit  der  1580  zu  Danzig  erfolgten  Enthaup- 
tung eines  gewaltthätigen  Schiffers  Hans  Hofeman  oder  Schuddekop 
zusammenbrachte;  englische  Schauspieler,  vielleicht  Chettle  selber,  meint 
er,  hätten  die  Kunde  von  diesem  Ereignis  nach  London  gebracht. 
Aber  dieser  Zusammenhang  des  englischen  Schauspiels  mit  einem 
Danziger  Ereignis  braucht  doch  nicht  auf  die  Anwesenheit  von  Schau- 
spielern zurückgeführt  zu  werden;  denn  konnte  nicht  eine  hsl.  oder 
gedruckte  Relation  von  jener  Hinrichtung  dasselbe  bewirken  wie  ein 
mündlicher  Bericht? 


26  ßolte,  Uas  Danzig-er  Tlieater. 

zur  Gräfin  gehört  habe.  Ganz  unvermittelt  ruft  er  darauf,  fast 
wie  bei  Ayrer  und  in  einem  älteren  englischen  Drama  von 
John  Heywood^): 

[Bl.  Hiij  b]  Fier,  Fier,  Fewer,  Fewer,  Fewer! 

Marg-aretha.     Zeter,  wo  brents?    Zeter,  Zeter! 
Zani.     Das  hertz  in  des  König-s  Leibe 

Nach  einem  sehr  schönen  Weibe. 

Mein  Hertz,  soll  ich  dir  sein  bekandt, 

Ist  auch  bey  dir  halb  aug'ebrandt. 
D.  Johannes.     Hier  wil  lachen  werden  tewer, 

Weil  man  außg-eschryen  Fewer. 

Wor  mag"  es  brennen  jmniermehr? 
Zani.     Tisch!  Domnum  Johan  kompt  daher. 

Wil  hie  an  eine  seite  stahn 

Vnd  sehn,  was  er  wil  fangen  an. 
Marg-aretha.     Vor  dem  Fewr  mir  erschrockn  mein  sinn, 

Das  ich  nicht  weiß  noch,  Avor  ich  bin. 

Ach  das  etwan  einr  diesen  brandt 

Leschte  mit  einem  Knittl  zuhandt! 
D.  Johannes.     Wor  mag'  es  jmmermehr  brennen? 
Marg-aretha.     Sich  da,  wolln  wir  vns  nicht  kennen? 
D.Johannes.     0  Margareth,  mein  schönes  Lieb, 

Bin  ich  dir  gram,  bin  ich  ein  Dieb. 

Wor  brennt  es?  saget  an  bej'  zeit! 
Margaretha.    Ey,  es  war  nur  lauter  schalckeit. 

Vielleichte  in  ewrem  hei-tzen 

Auch  verborgen  ist  ein  kertzen. 
D.Johannes.     Ein  kertzen?  das  ist  gwißlich  war: 

Hab  die  getragen  schier  ein  Jahr, 

Seind  das  ich  war  zu  Salbereich-). 


1)  In  Ayrers  Edward  III  (3,  1937  ed.  Keller)  unterbricht  der  von 
seiner  Frau  geprügelte  Narr  Jahn  Clam  (d.  i.  Clown)  einen  Liebes- 
monolog- des  Königs  mit  dem  Rufe:  '0  lescht,  o  lescht!  ich  werd  ver- 
brinnen; Es  ist  nichts  mit  meiner  Frauen.'  Denselben  dramatischen 
Effekt  verwendet  schon  John  Heywood  1533  in  seinem  Play  of  Love, 
wo  der  Narr  mit  dem  Rufe 'ITa^er,  icater ;  fyre,  fyre'  hereinstürzt  und 
dem  einen  Liebliaber  erzälilt,  das  Haus  seiner  Geliebten  stehe  in  Flam- 
men (Hey wood,  Dialogue  of  Wit  and  Folly  ed.  by  Fairholt  184(j  p.  XXVI 
in  Vol.  20  der  Percy-Society).  Noch  in  einer  späteren  Schwanksamm- 
lung  'Lieblicher  Sommer -Klee  und  Anmuhtiges  Winter-Grün'  lüTO 
(Berlin  Yt  9461,  1)  Nr.  21  kehrt  dieser  Scherz  wieder:  'Der  Bürger- 
meister in  einer  Statt  hatte  ein  schönes  Weib.  Ein  Studiosus  kam  doß 
Nachts  vor  die  Thür,  schrey  laut:  Herr  Bürgermeister,  es  brennet.  — 
Wo?  —  In  meinem  Hertzen  gegen  ewer  Fraw.' 

-)  Salisbury. 


1591—1594. 


:^< 


Aiiff  Erden  lebt  niclit  meines  gleich: 

Wer  mich  bekommet  oder  hat, 

Der  kriegt  des  Königs  nechsten  Rath. 
Zani.     Wer  dich  bekommet  oder  hat, 

Dieselb  kriegt  ein  grossen  vnflat. 
Als    der  Narr    mit    weiteren   Liebesworten    fortfährt,    tritt 
Zani  hervor    und    treibt    ihn    mit  Schlägen    von    dannen.     Grete 
geht  hinein,  Zani  aber  beschliesst  den  Akt  mit  einem  Tanz: 

Ich  wolt  wol  bald  gehen  mit  dir. 

Allein  es  täntzert  sich  mit  mir. 

Ich  kan  der  Paßmerschei)  wol  zwen, 

Der  Galreiten-)  mehr  alse  zehn, 

Der  Caprebollen^)  ohne  zahl: 

Sagt,  Jungfer,  wie  ich  euch  gefall! 

Andr  mussns  tantzn  lernen  in  Falschlandt^), 

Mir  ist  es  von  Natur  bekandt. 
Nach  weiteren  Gemeinsamkeiten  zwischen  Waimers  Drama 
und  Ayrers  Edward  III.  habe  ich  vergeblich  gesucht.  Doch 
scheint  zwischen  ihnen  dasselbe  Verhältnis  zu  bestehen  wie 
zwischen  der  im  Anhange  dieses  Bandes  zu  besprechenden  Tragi- 
komödie vom  Stummen  Ritter  und  Ayrers  König  von  Cypern; 
beide  gehen  auf  eine  Aufführung  der  englischen  Komödianten 
zurück  und  ziehen  ausserdem  die  von  diesen  benutzte  Novelle 
Bandellos  zu  Rate. 

Nach  Hagens  ungenauer  Angabe  (Gesch.  des  Theaters  in 
Preussen  S.  28)  scheint  Waimers  Dichtung  auch  auf  einer  Königs- 
berger Schule  aufgeführt  worden  zu  sein. 

1593,  3.  Juli  schlug  der  Rat  das  Gesuch  des  Andreas 
Rot  he  von  der  Sachsa  in  der  Grafsehafft  Honstein  am  Hartz 
liegende  ab,  der  'die  herliche  schone  christliche  Commediam  auß 
dem  heyligen  Euangelisten  Luca  am  16.  Capitel  von  dem  Reichen 
man  vndt  Armen  Lazaro  [vielleicht Lonemans  Drama  von  1590], 
desgleichen  auch  eine  gahr  sehr  klegkliche  Tragedia  von  zweyen 
Rittern  auß  Hoch  Burgundia  [Hans  Sachs,  Gedichte  2,  3,  21 
=  8,  81  ed.  Keller.  Berliner  Mscr.  germ.  quart.  576,  24]  mit  her- 
lichen schonen  christlichen  Reimen  vndt  Figuren'  spielen  wollte. 

1594.  Am  29.  December  1593  wurde  den  Meistern  und 
Gesellen    der    Kürschner    gestattet,    künftige    Fastnacht    "eine 


1)  Passamezzo.  ^)  Galliarde. 

3)  Capriolen.  *)  Welschland. 


28  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Comedia  von  zwey  Khöuigs  Söhnen  zu  agiren',  Maraiiß  dan 
allerley  gutte  Exempel  zunehmen  sein',  wie  aus  dem  beigelegten 
Büchlein  zu  ersehen.  Gemeint  ist  offenbar  Hans  Sachs'  Comedi 
die  trewen  gesellen  und  brüder,  zweyer  könig  sön,  Ohvier  und 
und  Artus  (Gedichte  2,  3,  58;  auch  eine  Oktavausgabe  Nürn- 
berg 1570  existiert);  vgl.  unten  S.  59,  Aum.  Die  Aufführung  fand 
am  28.  Februar  1594  auf  dem  altstädtischen  Rathause  ^)  statt, 
wie  sich  aus  folgendem  Vermerk  im    Kämmereibuche  ergiebt: 

Febr.  28.  Den  Kürschnern,  welche  E.  E.  Rbatt  zu  einer  Comedia 
aufs  alttstetisch  Rhatthauß  eing-eladen,  10  Taller  verehret  =  17  M. 
30  Schill. 

Dass  die  Tischler  ein  Spiel  ähnlich  dem  oben  S.  8  f.  unter 
dem  Jahre  1570  beschriebenen  aufführten,  scheint  aus  einem 
andern  Posten  der  Kämmereirechnungen  hervorzugehen: 

Febr.  17.  Den  Schnitzkergesellen,  Avelche  E.  E.  Rhat  zu  Ehren 
ein  TriumpfhaiTS  auf  die  Faßnacht  angerichtet  zum  Schauspill  ...  15  M. 

Ebenda  werden  eine  im  Äfärz  auf  dem  Gymnasium  unter 
dem  Rektor  Jacob  Fabricius^)  gespielte  'Tragoedia  Thesei  vnd 
Ilippolyti',  wohl  der  lateinische  Hippolytus  Senecas,  oder  der 
griechische  des  Euripides,  und  ein  von  Schreck  auf  der  Marien- 
schule dargestelltes  Didodrama,  vermutlich  die  oben  S.  7  ge- 
nannte lateinische  Tragödie  von  Heinrich  Knaust^),  erwähnt: 

Marzij  3.  Den  preceptoribus  im  Gymnasio,  weil  sie  E.  E.  Rahtt 
zu  der  Tragedia  Thesei  vnd  Hipolity  haben  eingeladen  ...  30  M. 

Marzij  G.  Den  Preceptoribus  aus  der  Pfahrschul,  so  E.  E.  Rhatt 
zur  action  der  Tragedien  Didonis  eingeladen  aufs  hohe  Tohr  .  .  . 
22  M.  30  Schill. 

151)5  unterblieben  die  Schüleraufführungen.  Das  Kämmerei- 
buch meldet  darül)er: 

Marzij  1.  Valentine  Schreekio,  Rectori  zur  Pfahr,  weil  vor 
diesen  Fastelabendt  alle  actiones  vnd  Spill  eingestellet  .  . .  52  M.  30  Seh. 

1599,  19.  Januar  bat  Christianus  Glitzman,  wahrschein- 
lich ein  Zögling  des  Gynmasiums,    den  Rat  um  Erlaubnis,  ktinf- 


1)  Dem  heutigen  Landgericht,  in  der  PfefFerstadt  an  der  Radaunc 
gelegen.  Abgebildet  bei  Curicke,  Beschreibg.  Danzigs  1688  S.  52  und 
Greth   und  Genee,  Danziger  Bauwerke  1858  Taf.  4  und  21. 

2)  Er  bekleidete  das  Rektorat  von  1.580—1629;  vgl.  Praetorius, 
Athenae  Gedanenscs  1713  S.  42. 

^)  Sonst  kämen  noch  die  lateinischen  Didotragödien  FrischMns 
(1581),  Hospeinius'  (1591),  Wolffius'  (1591)  und  der  Niederländer  Dalan- 
thus  (1569)  und  Ligneus  (1569)  in  Frage. 


1594—1600.  29 

tige  Fastuaelit  die  'lustige  vnd  lebrhafftige  Tragicomoediam  von 
dem  erbermliclien  fall  vnd  gnadenreichen  erlösung  mensch- 
lichen geschlechts,  darin  die  gleichnüß  von  dem  Menschen, 
der  auff  der  Reise  nach  Hiericho  von  den  Mördern  gar  iemmer- 
lich  verwundt  worden',  'nebenst  beystand  anderer  Ehrlicher 
Studiosorum  zu  agiren.'  'Es  ist  aber  die  Tragicomoedia  mit  dem 
Heidnischen  figmento  von  Pandora  gezierett.'  Der  Inhalt  dieser 
Aktion  erinnert  uns  an  die  beiden  oben  S.  14  erwähnten  Stücke 
Rolls.     Glitzmans  Gesuch  ward  abgeschlagen. 

Im  ]\Iärz  wurde  von  den  Gymnasiasten  eine  Tragödie  Nero, 
über  deren  Verfasser  ich  keine  Vermutung  zu  äussern  vermag, 
und  auf  der  Marienschule  Buchanans  lateinischer  Jephta^) 
oder  auch  eine  Verdeutschung  dieses  Stückes-)  gespielt.  Im 
Kämmereibuche  heisst  es  darüber: 

Marzij  8.  Den  preceptoribus  im  Gymnasio,  weil  sie  in  E.  E. 
Raht  zxx  der  Action  der  Tragedy  von  Nerone  eingeladen  ...  30  M. 

Marzij  11.  Den  Collegis  zur  Pfahrschuel,  weil  sie  E.  E.  Rath 
zur  Action  von  Jephten  eingeladen  ...  22  M.  30  Schill. 

1600  im  November  bat  der  Procurator  Georg  Roll^)  ver- 
geblich den  Rat  um  Erlaubnis,  seine  1576  (s.  S.  15)  gedruckte 
Komödie  Pontus  und  Sidonia  autführen  zu  dürfen: 

Eddeier,  Ehrenfester,  Namhaffter,  \yolweyser,  gunstiger  Herr 
Burgermeister:  Nechst  erbietung  meiner  willigen  dienste  wissen  E.  E. 
E.  N.  "W.  meinen  jetzigen  verterb  vnd  zustandt,  so  kan  Ich  auch  nicht 
sehen,  wie  Ich  mein  Brott  von  der  Procuratur  (bey  jetziger  vber- 
heuffung  der  Mechtiger  vnd  der  eingerißnen  vnordenung)  erwerben 
soll.  Muß  derhalben  mit  weib  vnd  kindt  Noth  leiden.  Inmassen  Ich 
bey  mußiger  Zeyt  Poetisiret  vnd  die  Historiam  Ponti  in  eine  lustige 
vnd  Nützliche  Comediam  gefasset.  Weyl  Ich  aber  Ao  1574  alhicr  die 
Historiam  Samaritani  agiret,  welcher  von  der  Bürgerschafft  noch 
zur  zeyt  löblichen  gedacht,  So  wirdt  bey  mir  von  viel  vornehmen 
Burgern  angehalten,  das  Ich  gemelten  Pontum  ediren  vnd  agiren  wolle. 


1)  Goedeke,  Grundriss2  2,  189:  Zuerst  Lutetiae  1557  erschienen. 

2)  Von  J.  Bitner  (1569),  S.  Steier  (1571),  J.  Titelius  (1592)  oder 
G.  Dedeken  (1595).  An  die  deutschen  Schauspiele  von  Hans  Sachs 
(1555.  Folioausgabe  3,  1,  42)  und  Job.  Pomarius  (Magdeburg  1574)  ist 
nicht  zu  denken,  eher  noch  an  die  lateinische  Tragödie  Jephta  von 
Bruno  Seidel  (Basileae  1568),  weil  sich  ein  Exemplar  davon  auf  der 
Dauziger  Stadtbibliothek  befindet. 

3)  In  gleicher  Eigenschaft  erscheint  er  noch  im  November  1605 
in  den  Supplikationen  des  Stadtarchivs.   Sein  Todesjahr  ist  unbekannt. 


30  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

Weyl  ich  Avie  obg-odacht  Armiitt  leide  vnd  nicht  weis,  womit  den 
Winter  hindurch  Ich  mein  leben  zubringen  soll,  vnd  dieses  eine  Ho- 
nesta et  commoda  Actio,  so  der  Bürgerschaift  zu  ehren  woll  kan 
ag'iret  werden,  vnd  aber  solches  ohne  vorhergehenden  Consensus  E.  E. 
E.  N.  W.  nicht  g-eschehen  kan.  So  gelanget  an  E.  E.  E.  N.  W.  mein 
demütiges  bitten,  wollen  in  erweg-ung-  meiner  obg-emelten  beschwehr, 
vnd  das  Ich  den  winter  mein  brott  haben  möchte,  mir  gunstig  nach- 
g-eben,  domit  Ich  vielgemelte  Historiam  Ponti  ediren  vnd  agiren  möge, 
so  hoffe  ich  sie  auch  zu  dem  Ende  auszuführen,  das  meiner  dabey 
soll  gedacht  vnd  gemeiner  Stadt  rühmlich  sein  wirdt.  Was  auch  E.  E. 
E.  N.  W.  dißfals  durch  denselben  Consens  mich  günstig  befürdern 
werden,  will  Ich  willig  verdienen. 
E.  E.  E.    N.  W. 

Williger 

Georg  Rolle. 

Auf  einem  besonderen  Blatte  sind  die  Personen  der  Komödie, 
in  fünf  Decuriones  geordnet,  verzeichnet. 

Dazu  der  Vermerk:  Lecta  in  Senatu  27.  Novembr.  Ao  1600.  Ein 
Erb.  Eahtt  kahn  bej'  itzigen  geschwinden  vnd  gefährlichen  zeytten 
nicht  finden,  das  Supplicanten  auff  sein  begehren  zu  willigen  sey. 

1601.  Nachdem  am  12.  Januar  der  Rat  den  Collegis  am 
Gymnasio  gestattet  hatte^  daselbst  eine  Komödie  zu  spielen^), 
führten  diese  am  23.  März  die  Tragoedia  von  Medea  vnd 
lason  auf,  in  der  wir  wohl  Euripides'  oder  Senecas  Medea 
zu  erkennen  haben;  die  Marienschule  folgte  einige  Tage  später 
mit  einem  lateinischen  Orestes,  den  der  Altdorfcr  Schulmeister 
Wolfgang  Waldung  aus  Seneca,  Sophokles  und  Euripides  zu- 
sammengestellt hatte ^).    Die  Notiz  der  Kämmereibücher  lautet: 

Marzij  23.  Den  preceptoribus  im  Gymnasio,  weil  sie  E.  E.  Ehat 
zu  der  Action  der  Tragedia  von  Medea  vnd  Jason  eingeladen ...  30  M. 

Marzij  29.  Den  Collegis  zur  Pfhar,  weil  sie  E.  E.  Rhat  zu  einer 
Comedien  von  Oreste  eingeladen  ...  22  M.  30  Schill. 

Die  dramatischen  Aufführungen  der  Schüler  erfuhren  jedoch 
Anfeindungen;  im  selben  Jahre  trug,  wie  Löschin^)  berichtet, 
die  dritte  Ordnung  beim  Rate  darauf  an,  'dass  eine  gute  Schreib- 
und Rechenschule  möge  bestellet  werden  und  dem  Unfuge,  der 
in  den  Komödien  getrieben  wird,  Einhalt  geschehen  möge'.    Der 


^)  Nucleus  tcrm.  senatus  ad  libellos  supplices  s.  v.  Comödien 
(Stadtarchiv). 

2)  W.  Waldung,  Orestes  tragoedia  e  diversis  conscripta  autori- 
bus.     Altorfii  1503  (Elbing.  Zwickau).   Neue  AuH.  ebd.  1(J12  (Erlangen). 

8)    Geschichte  Danzigs  1,  367  (1822). 


1600.  1601.  31 

Rat  scheint  diesem  Antrage  Gehör  geschenkt  zu  haben;  denn  wir 
hören  nun  lange  Zeit  nichts  mehr  von  Schulkomödien;  das  all- 
gemeine Interesse  wandte  sich  den  Leistungen  der  ausländischen 
Berufsschauspieler  zu. 

Im  selben  Jahre  spielten  im  Dominik  englische  Komö- 
dianten, wie  aus  einer  erfolglosen  Supplik  ihrer  Konkurrenten, 
einer  deutschen  Komödiantenbande  aus  dem  norwegischen  Bergen, 
hervorgeht.  Das  treuherzige  Schreiben  der  letzteren  ist  ein  wert- 
voller Beleg  für  den  aus  Schlus  Vorrede  zur  Comedia  von  Isaac 
(Rostock  1606  Bl.  Aij  b)  bekannten  Brauch  auf  dem  hansischen 
Kontor  zu  Bergen,  von  den  jungen  Gesellen  "herrhche  Comedien 
und  Tragedien'  auftuhreu  zu  lassen  i).  Wir  sehen,  wie  das  Bei- 
spiel der  Engländer  die  reiselustigen  Kaufgesellen  lockte,  in  die 
Ferne  zu  ziehen  und  andere  Leute  sehen  zu  lassen,  was  sie 
könnten  und  gelernt  hätten. 

Ernueste,  Ei-bare,  Hoch  vnde  Wollweise,  Groeßg'unstige  Herenn, 
Wir  Arme  gesellenn  habenn  gistriges  Dages  vonn  dem  Heremi 
Bürg-emeister  vnseren  bericht  bekamenn,  das  Euwere  E.  H.  W.  auff 
dußmaell  vns  nicht  konte  vorguniiet  werdenn,  Ist  der  wegenn  auer- 
mhales  ann  Eiiwere  E.  H.  W.  Vnsere  alder  hogeste  Bittenn,  Dewile 
vns  de  Hochdrengende  Noedt  dar  zu  bi'inget,  daß  wir  doch  mochtenn 
inn  de  Alte  stadt  auff  dem  Raedtluise  vnse  kunst  sehen  laeßenn,  vnde 
wenn  idt  Euwere  E.  H.  W.  nicht  woldenn  vorgunnenn,  das  wir  inn 
der  Stadt  mit  Bungenn  vnde  trammeten  vmme  her  theenn,  woldenn 
wihr  ann  Euwere  E.  H.  W.  gebedenn  habenn,  Das  wihr  nhur  ann  de 
Dhoere  mochtenii  Zedell  anslhaenn,  dahrmit  idt  einn  Jeder  mochte  zu 
wißenn  krigenn,  waß  wir  kontenn  vnde  gelheernet  hettenn,  Dewile  idt 
jo  denn  Engelschenn  ist  so  lange  tidt  her  ist  vorgunnet  wordenn 
hir  tlio  spielenn,  vnde  noch  van  tage  zu  tage  lenger  spielenn,  sindt 
wir  noch  der  gnedichlichenn  hoffnung,  das  idt  E.  E.  H.  W.  ock  nicht 
mochtenn  abslagenn,  solches  werdt  Godt  der  almechtige  ann  Euwere 
E.  H.  W.  wedder  belhonenn,  wehre  es  saeche,  das  vns  de  hochdrengende 
Noedt  dar  nicht  zu  brochte,  wolde  wy  arme  gesellenn  Euwere  E.H.W, 
so  offt  mhales  nicht  auerloepenn  vnde  beschwerenn,  Daer  wy  ahne 
das  woll  gedenckenn    khoenenn,    daß  Euwere  E.  H.  W.   doch  genoech 


^)  Vgl.  über  die  Bergener  Spiele  Freybe  in  seiner  Abhandlung 
zum  Neudrucke  von  Schlus  Drama,  Norden  1892  S.  *8— *17.  Um 
1600  besuchte  auch  A.  Kjeldsson  Tybo  die  Bergener  Schule,  der  1618 
ein  dänisches  Schuldrama  Absolon  zu  Kopenhagen  herausgab  (Nyerup 
og  Rahbek,  Bidrag  til  den  danske  literaturhistorie  2,  154—159. 178—187). 
Auch  1633  wurden  in  Bergen  stattliche  Komödien  gehalten  (Gaedertz, 
Theaterzustände  von  Hildesheim,  Lübeck,  Lüneburg  1888  S.  35). 


32  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

zu  schaffende  habenn  mit  anderenn  Saecheini,  wihr  habenn  etzliche 
vann  vnserenn  klederenu  auß  gebottenn  zu  verkauffenn,  so  sindt  vns 
gebadenn  daerfhuer,  das  vns  woll  20  Thaler  gekostet  haett,  kaum 
5  Daler  habenn  vor  gebenn  willen. 

Wir  sindt  auch  Erbotich,  ann  Euwere  E.  H.  W.  eine  oder  zwee, 
oder  so  viell  alse  Euwere  E.  H.  W.  begherenn  sindt,  Comediam  vnde 
Tragediam  zu  agirenn,  Dewile  Euwere  E.H.  W.  Der  Engelschenn 
ihre  kunst  habenn  angesehen,  das  Euwere  E.  H.  W.  ock  sehen  mochtenn, 
das  wir  Dudesschenn  noch  so  woll  was  gelhernet  hettenn,  gelick  alse 
de  Engelschenn,  vnde  se  huedt  oder  morgenn  ann  andere  Oertte 
qwemenn,  dar  w}'  ock  mochtenn  zusamende  kommenn,  vnde  wordenn 
alse  denn  Glorieren,  das  se  alhir  wehrdenn  zu  spielenn  kcmmenn  vnde 
wihr  nicht,  wordenn  also  sprechenn,  wenn  wir  waß  gekondt  betten, 
wehre  es  vns  so  woll  vorloeuet  wordenn  gelich  wy  Ihnen,  Dar  sich 
alse  denn  groeße  gelegenheitt  mochte  auß  entstheen,  Dar  mit  nhur 
solche  Vngelucke  oder  gelegenlieitt  mochte  vormiedet  werdenn,  sindt 
wihr  auermhales  erbhotich,  vnse  kunst,  so  wir  gelhernet,  vor  Euwere 
E.  H.  W.  zu  sehen  laeßenn.  Dar  wir  hiebeuhoerenn  ann  viele  Herenn 
vnde  Furstenn  gewesenn  sindt,  vnd  vns  nicht  ist  abgeslagenn  wordenn, 
sonderenn  se  alletzidt  noch  angesehen,  was  wir  gekundt  hebben.  Des 
gleichenn  auch  inn  Stedtenn, 

Sindt   derwegenn   der  Troestlichen  Zuuersicht,    Euwer  E.  H.  W. 

werdenn  vns  de  gunstige  beforderunge  ertzeugenn,  Darmit  wir  Arme 

gesellen  auß  der  Noedt  kamenn  mochtenn,  dar  wihr  inn  stehenn,  Thuenn 

hirmit    Euwere   E.  H.  W.   inn   denn    schütz    des   Almechtigenn    Gottes 

befheelenn  vnde  vmb  freundtlich  andtwoertt  bittende.     Datum  Dantzigk 

Ao  1601. 

Euwere  E.  H.  W. 

Willige  vnde  Gehoershame 

Comedianten    vonn    Bergenn 

Auß  Norwegenn. 

Lecta  in  Sen.  A«  1601.  23.  Aug.     Vnd  ist  abermals  abgeschlagen. 

Die  abgewiesenen  Bergeucr  sclieincu  darauf  ihr  Heil  in 
Deutschland  versucht  zu  haben;  denn  im  April  1602  spielten 
drei  Komödianten  aus  Bergen  am  Dresdener  Hofe^). 

1()03  bat  ein  Hamburger  Marionetteuspieler  Friedrich 
Hüne  vergeblich  um  Erlaubnis,  fünf  geistliche  Komödien  vor- 
führen /u  dürfen: 

Gestrenge,  Edle,  Ehrnueste,  Namhaffte,  Hoch  vnnd  Wohveise 
Großgonstige  Herren,  E.  G.  E.  N.  Hw.  sein  meine   gehorsame  willige 


1)   Fürstenau,    Zur  Gesch.  des    Theaters    am   Hofe    zu   Dresden 
1,  76  (1861). 


lGOl-1605.  33 

Dienste  Jderzeitt  bevor  vniid  kau  deroselben  freundlich  nielit  vorent- 
halten, dass  Ich  gerne  durch  Gottliche  verlielmng'  vnd  E.  G.  E.  N.  hw. 
Erlanhxmg'  5  schone  Christliche  Comoedien,  alß  nemlich  die 

1.  Vom  R(!ichen  Man  vnd  armen  Lasaro, 

2.  Vom  Verlornen  Sohn, 

3.  Vom  g-ednltigen  Job, 

4.  Vom  Fall  Adam  vnd  Evae,  vnd 

zum  5.  vnd  letzten:  Vom  Jüngsten  Gerichtt  vnsers  Erlösers 
Christi,  mit  schonen  figuren,  wie  vor  niemals  gesehen  worden,  vnserni 
herren  Gott  zu  ehren  vnd  Jder  menschen,  so  dieselbe  sehen  vnd  an- 
hören, zu  trost  agiren  vnd  spilen  wolte.  Gelanget  derowegen  an  E.  G. 
E.  N.  hw.  mein  dienstfleißiges  pitten,  dieselbe  wollen  mir  vnbeschwer- 
üchen  erlauben  vnd  vergönnen,  dieselben  obgemelte  5.  Comoedien 
aufm  hohen  Thor  vmbs  gebühr  zu  agiren,  damit  Ich  armer  Man 
nebst  meinem  Weib,  kinde  vnd  gesinde,  weil  mir  noch  ein  Weiter 
wegk  vnd  Reise,  eh  Ich  wider  heim  kommen  kan,  vorstehett,  einen 
Zehrpfenningk  verdienen  vnd  bekommen  muge.  Solches  widerumb  an 
E.  G.  E.  N.  Hw.  danckbahrlichen  zuverschulden,  erken  Ich  mich  stets 
willigk  vnd  gefiißen 

E.  G.  E.  N.  Hw. 

Williger 
Friderich  Hüne 
Burger  vnd  Einwoner  der  Stadt  Hamburgk. 
Dazu  der  Vermerk:   Lect.  in  Senatu  1.  Octobr.  A^^  1603.  abzuschlagen. 

1604  hielten  die  Tiscliler  ihr  Handwerkspiel  (vgl.  unten 
zum  Jahre  1670). 

1605  unter  dem  6.  August  findet  sich  folgende  Eintragung 
im  Kämmereibuche:  ""Des  Churfursten  Christian  von  Branden- 
burg Comedianten  vnd  Musicanten  verehret  20  Taler  =  37  Mark'. 
Diese  im  Dominik  agierende  Truppe  des  jugendlichen  Slarkgrafen 
(nicht  Kurfürsten)  Christian  Wilhelm  von  Brandenburg  ist  uns 
aus  ihren  Wanderzügen  wohlbekannt.  Christian  Wilhelm,  ein 
Sohn  des  Kurfürsten  Joachim  Friedrich,  geb.  1587,  war  schon 
im  12.  Jahre  zum  Administrator  des  Erzbistums  Magdeburg  ge- 
wählt worden,  doch  verwaltete  das  Domkapitel  sein  Amt  bis  zu 
seiner  Mündigkeit  (1608).  Frühzeitig  zeigte  der  zu  Halle  resi- 
dierende junge  P'ürst  Vorliebe  für  Schauspiele,  Musik  und  präch- 
tige Lustbarkeiten,  wie  er  sich  auch  1615  mit  einer  Tochter  des 
theaterliebenden  Herzogs  Heinrich  Julius  von  Brauuschweig  ver- 
mählte^). 1603  scheint  er  die  Truppe  englischer  Komödianten 
angeworben  zu  haben,   welche  im  März  und  September   1604  zu 


1)  Hertzberg,  Geschichte  der  Stadt  Halle  2,  376.  386  (1891). 
Th.  F.  XII.  o 


34  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Frankfurt  a.  M.  spielte  und  der  auf  kurze  Zeit  der  früher  in 
hessischen  Diensten  stehende  Richardus  Machin  angehörte  ^j. 
Für  den  Winter  1604 — 1605  wird  die  Truppe  nach  Halle  zurück- 
gekehrt sein,  um  dann  im  Sommer  1605  zum  Dominik  Danzig  zu 
besuchen.  Von  dort  zogen  die  Engländer  nach  Elbing,  wo  sie 
am  14.  September  vom  Rate  eine  Verehrung,  aber  auch  die 
"Weisung  abzuziehen  erhielten,  'weil  sie  gestern  in  der  Comödie 
schandbare  Sachen  fürgebracht'.  Sie  spielten  darauf  in  Königs- 
berg vor  der  Herzogin  Maria  Eleonora,  die  ihnen  am  3.  Oktober 
75  Mark  auszahlen  liess^),  und  scheinen  den  Winter  in  Rostock 
verlebt  zu  haben;  denn  am  31.  März  1606  baten  'des  Marggrefen 
von  Brandenborgk  Diener  Engeische  Commedianten'  den  Rat  von 
Rostock,  wo  sie  'eine  geraume  Zeit'  zugebracht,  um  ein  amtliches 
Zeugnis  ihres  Wohlverhaltens  ^).  Leider  erfahren  Avir  nicht  die 
Kamen  der  einzelnen  Mitglieder  dieser  Truppe;  doch  wird  man 
sie  nicht  mit  der  Bande  des  Johann  Spencer  verwechseln  dürfen, 
der  1605  von  der  Kurfürstin  Eleonora  von  Brandenburg,  der  Tochter 
der  oben  genannten  Herzogin  Maria  Eleonora,  an  den  sächsischen 
Kurfürsten  empfohlen  wurde  *)  und  der  uns  wiederum  in  den 
Jahren  1609  und  1611  begegnen  wird.  Auch  die  Engländer,  die 
im  Januar  1605  in  Leiden  ein  Empfehlungsschreiben  des  'Fürsten 
von  Brandenl)urg'  vom  10.  August  1604  präsentierten^),  waren 
schwerlich  mit  unsrer  Truppe  identisch. 

Am  13.  Oktober  bat  ein  Franzose  Jacob  Rabel  um  Erlaub- 
nis, seine  Kunst,  auf  der  Lein  fliegen  und  tanzen,  im  Junker- 
Schiessgarten  vorm  Hohen  Thore  exercieren  zu  dürfen;  der  Rat 
wies  ihn  jedoch  ab,  weil  es  ausserhalb  der  Zeit  sei.  Ich  führe 
diese  Notiz  an,  weil  derselbe  Franzose  Jakob  Rabel  am  17.  Juni 


1)  E.  Mentzel,  Archiv  f.  Frankfurts  Gesch.  N.  F.  9,  51  (1882). 
Trautmann  (Archiv  für  Litteraturg-esch.  14,  122)  identificiert  diese 
Truppe  mit  den  englischen  Komödianten,  die  im  Februar  1604  in  Nürn- 
berg spielten. 

2j  A.  Hagen,  Gesch.  des  Theaters  in  Preussen  S.  47.  53. 

3)  Bärensprung,  Gesch.  des  Theaters  in  Mecklenburg-Scliwerin 
1837  S.  11. 

*)  Fürstenau  1,  76. 

•')  Colin,  Shakespeare  in  Germany  1865  S.  LXXVIII.  Ebenda 
S.  LXXXIX  Nachricht  über  eine  Auttuhrung  des  'Juden  von  Venedig, 
aus  dem  engeländischen',  die  IGll  am  Hole  Chri.stian  Wilhelms  zu 
Halle  stattfand. 


1605.  1607.  35 

1630  zu  Dresden  auf  dem  Sehlosshofe  vor  dem  sächsischen  Kur- 
fürsten mit  seinen  Consorten  auf  der  Leine  tanzte  und  darauf 
Komödien  agierte^).  Vielleicht  dürfen  wir  diesen  vielseitigen 
Künstler  in  dem  1602  in  Frankfurt  auftretenden  Jakob  Frey 
oder  in  andern  namenlosen  französischen  Seiltänzern  wiederer- 
kennen, die  1602  Nürnberg  und  Ulm,  1604  Nürnberg,  1611 
Dresden  besuchten-). 

1607,  12.  Februar  begehrten  mehrere  Studiosi  hie  literis 
incumhenfes,  'die  Comoediam  vom  verlohrnen  sohn^),  die  in 
der  heiligen  Schrifftt,  sonderlich  im  15.  Capittell  Lucae  des  Euan- 
gelisten  fundiert  vnd  reichlich  commentiret  ist,  zu  kunfftigeu 
Fastenauendes  zeidt  aufif  etlicher  herren  vnd  ehrlicher  bürgeren 
begehren  in  ihren  heusern  deß  abendes'  zu  agieren.  Der  Rat 
schlug  jedoch  ihr  Gesuch  ab. 

Im  Dominik  desselben  Jahres  spielte  der  englische  Komö- 
diant John  Green,  wie  er  1615  (s.  S.  45)  in  einer  Eingabe  erwähnt. 
Dieser  hatte  zu  der  Bande  des  seit  1590  auf  dem  Kontinente 
umherziehenden  Engländers  Robert  Brown  gehört,  war  mit  ihm 
zusammen  1606  in  Strassburg,  Ulm,  Frankfurt  und  Ccissel  aufge- 
treten und  im  März  1607  aus  dem  Dienste  des  hessischen  Land- 
grafen ]\[oritz  geschieden'^).  Von  Frankfurt  scheint  er  dann  allein 
nach  Elbing  gezogen  zu  sein,  wo  am  16.  Juli  eine  nicht  näher 
bezeichnete  Truppe  englischer  Komödianten  abgewiesen  wurde, 
und  darauf  Danzig  aufgesucht  zu  haben.  Was  er  etwa  hier  der 
schaulustigen  Menge  bieten  konnte,  davon  giebt  uns  das  Reper- 
toire eine  Vorstellung,  das  Green  im  Februar  des  folgenden  Jahres 
in  Graz  vor  dem  erzherzoglichen  Hofe  entfaltete.  Er  gab  dort 
1)  Comedi  vom  verlorenen  Sohn  [gedruckt  1620  in  den  Englischen 


1)  K.  A.  Müller,  Forscliungen  auf  dem  Gebiete  der  neueren  Ge- 
schichte 1,  190  (1838). 

2)  Trautmann,  Jahrlnicli  für  Münchener  Gesch.  2,  203.  208  (1888). 

3)  Vgl.  Holstein,  Das  Drama  vom  verlorenen  Sohn  (1880)  und 
F.  Spengler,  Der  verlorene  Sohn  im  Drama  des  16.  Jahrh.  (1888). 

*)  Goedeke,  Grundriss  2  2,  531  f.  Creizenach  (Die  Schauspiele  der 
engl.  Komödianten  1889  S.  VI)  zieht  mit  Unrecht  Meissners  Angabe 
über  Greens  Auftreten  zu  Graz  in  Zweifel.  Den  Beweis  liefert  der 
bei  Meissner  (Die  engl.  Komödianten  in  Oesterreich  1884  S.  62)  abge- 
druckte Brief  des  Erzherzogs  Karl,  den  Cohn  fälschlich  auf  das  mäh- 
rische Graz  bezoer. 


36  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Coiuedien],  2)  von  einer  frommen  Frauen  von  Antorf,  3)  Doktor 
Faiistus  [Marlowe],  4)  von  einem  Herzog  von  Florenz,  der  sich 
in  eines  Edelmanns  Tochter  verliebt  hat,  5)  Niemand  und  Jemand 
[gedruckt  1620],  6)  von  des  Fortunatus  Beutel  und  Wünsehhütel 
[Dekker;  gedr.  1620],  7)  von  dem  Juden  [Marlowe  oder  Shake- 
speare], 8)  von  den  zwei  Brüdern  König  Ludwig  und  König 
Friedrich  von  Ungarn,  9)  von  einem  König  von  Cypern  und  von 
einem  Herzog  von  Venedig  [1677  gedruckt  als  Tugend-  und  Liebes- 
Streit],  10)  vom  reichen  Manne  und  Lazarus,  11)  [am  19.  Nov.  1607] 
von  einem  König  aus  England,  der  ist  in  eines  Goldschmieds 
Weib  verliebt  gewest  und  hat  sie  entführt  [Heywood,  King 
Edward  IV]. 

1609  ist  keine  Nachricht  über  das  Auftreten  fremder  Schau- 
spieler in  Danzig  erhalten ;  indes  hat  möglicherweise  John  Spencer, 
der  im  Juli  d.  J.  in  Königsberg  spielte  und  von  da  an  den  säch- 
sischen Hof  reiste,  unterwegs  auch  der  Stadt  Danzig  einen  Be- 
such abgestattet.  Die  von  L.  Schneider^)  aus  A.  B.  Königs 
Kollektaneen  im  Berliner  Mscr.  boruss.  fol.  370,  S.  21  entnommene, 
aber  von  Cohn,  Goedeke,  Creizenach  u.  a.  übersehene  Notiz 
lautet : 

'1G09.  14.  Jiilij  dat:  Königsberg-.  Churfürst  von  Brandenburg 
empfiehlt  an  den  Chiirfürsten  zu  Sachsen  Johann  Spencer,  einen 
englischen  Musikum,  den  Herzog  Franz  von  Stettin  [1577—1620]  em- 
pfohlen, der  eine  Zeitlang  am  Hofe  sicli  aufgehalten,  und  dessen  Mu- 
sica  dem  Churfürsten  ziemlichermaßen  Wohlgefallen.' 

1611  im  Januar  suchten  die  Kürschner  beim  Rate  um  Er- 
hxubnis  nach,  'eine  ritterliche  vnd  lustige  Comedia  von  den  Sechs 
Kempfcrn  der  Stat  Roma  vnd  Alba,  die  durch  den  Sinreicheu 
Poeten  Magister  Georg  Danbeck^)  aus  dem  Römischen  History 


^)  L.  Schneider,  Gesch.  der  Oper  in  Berlin  1852,  Beilage:  Ge- 
schichte der  kurfürstlieh  brandenburg.  Kapelle  S.  25.  —  Vgl.  dazu 
Fürstenan  1,  77. 

2)  Dieser  in  Augsburg  ansässige  kaiserliche  Notar  und  Rechts- 
i)rokurator  scheint  unter  den  Meistersängern  einen  ziemlichen  Ruf  be- 
sessen zu  haben.  Lieder  von  ihm  aus  den  Jahren  1575—1597  sind  in 
Meisterliederliandschriften  zu  Breslau,  Dresden,  München,  Wien,  Jena 
erhalten,  gedruckt  scheint  nichts  von  ihm  zix  sein.  Puschmann  wid- 
mete ihm  1596  seinen  Bericht  des  deutschen  Meistergesangs.  (Goetze, 
Neues  Lausitz.  Magazin  53,  63.  107.  Schröer,  Germanistische  Studien 
2,  223.    Goedeke,  Grundriss2  2,  251.    Kcinz,  Sitzungsberichte  der  Müuch. 


1607—1611.  37 

Schreiber  Titto  Liuio  gezogen  vnd  auf  das  aller  vleißigist  vnd 
zierlicliist  in  Reimen  verfaßet  vnd  in  eine  coinniedia  vertiret, 
zu  agiren',  und  zwar  zwischen  Ostern  und  Pfingsten  Montags 
und  Mittwochs,  weil  sie  bis  zum  Fastelabend  nicht  fertig  werden; 
'den  dieselbige  nach  römischer  art  vnd  weise  außfüerlichen  nuis 
agiret  Averden'.  Da  jedoch  der  Rat  (am  26.  Januar)  den  Bitt- 
stellern nur  die  gewöhnliche  Spielzeit  in  der  Fasinacht  gewährte, 
mussten  diese  mit  der  Aufführung  bis  zum  nächsten  Jahre  warten. 
Auf  ein  neues  vom  7.  December  1611  datiertes  und  von  den- 
selben Angehörigen  des  Kürschnerhandwerks,  Bartel  Groß  Elter- 
inau,  ^Mathias  Elbel,  Ißrael  Biese,  Hanß  Pantzer^)  und  Hanß 
Krause,  unterzeichnetes  Gesuch  erfolgte  am  4.  Januar  1612  die 
Spielerlaubnis  für  die  künftige  Fastnacht,  mit  der  Bedingung, 
'das  sie  dennoch  von  der  Bürgeischatft  nicht  über  einen  Gr.  nemeu'. 

Am  3.  August  schlug  der  Rat  etlichen  Bürgerkindern,  die 
im  Dominik  einige  Komödien  agieren  wollten,  weil  sie  'große 
Vnkosten  darauflf  gewandt  vnd  es  auch  fremden  nachgegel)en 
worden  ist',  ihr  Gesuch  ab. 

Die  Fremden  waren  die  Truppe  des  schon  früher  genannten 
iTngländers  John  Spencer,  der  nicht  lange  zuvor  von  Kurfürst 
Johann  Sigismund  von  Brandenburg  in  Dienst  genommen  worden 
war  und  ihn  nach  Ostpreussen  begleitete,  als  dieser  dort  die  Aner- 
kennung seiner  ISTachfolge  betrieb.  Auf  einen  Empfehlungsbrief 
seines  Herren  hin  wurde  ihm  gestattet,  die  erste  Hälfte  des  Juli 
hindurch  in  Danzig  zu  spielen  und  zum  Dominik  wiederzukehren 
und  bis  Ende  August  zu  bleiben.  Er  hatte  in  seinem  Repertoire 
ein  geistliches  Stück  und  eine  'neue  Komödie',  die  nicht  näher 
bezeichnet  wird,  aber  wohl  mit  der  öfter-)  von  ihm  aufgeführten 
'türkischen  Triumph-comoedia',  d.  h.  Peeles  verlorenem  Drama 
The  turkish  Maliomet  and  Hyrin  the  fair  Greek  (1594)  identisch 
ist.  Beide  durfte  er  dem  höflich  dazu  eingeladenen  Rate  vor- 
führen und  erhielt  dafür  am  19.  Juli  eine  Verehrung  von  20  Mark, 


Akad.  phil.-hist.  Kl.  1893,  1,  168  und  in  Hans  Sachs-Forschung-en  hrg. 
von  Stiefel  1894  S.  325.)  Übrigens  hatte  schon  Hans  Sachs  1549  eine 
•Tragedi:  Die  sechs  Kempfer'  gedichtet  (Werke  2,  3,  1  =  8,  3  ed.  Keller. 
Vgl.  das  Berliner  Mscr.  genn.  quart.  576,  25  und  den  Wiener  Cod.  9832). 

1)  Von  diesem  ist  schon  oben  S.  10  die  Rede  gewesen. 

2)  1611  in  Königsberg,    1612  in  Regensburg,    1613    in   Nürnberg, 
1614  in  Strassburff. 


38  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

am  25.  August  21  Mark  (Kämmereibuch  1611).  —  Sonst  ist  uns 
noch  überliefert,  dass  Spencer  1613  in  Nürnberg  Machins  Dumh 
'knight,  den  wir  im  Anhange  dieses  Buches  genauer  kennen 
lernen  werden,  Masons  Midiasses  tlie  TurTxe  und  zwei  sonst  unbe- 
kannte Stücke  Destruction  of  Troy  und  Celido  and  Sedea  in 
deutscher  Bearbeitung  und  1614  in  Strassburg  ausserdem  'ein  Spiel 
so  von  der  Obrigkeit  ist',  gab.  Vermutlich  geht  auf  ihn  (oder  John 
Green)  die  Danziger  Remiuiscenz  zurück,  die  sich  in  den  1620 
gedruckten  Englischen  Comödien  Bl.  Ss  4b  findet^).  In  dem 
Pickelheringsspiel  nämlich  von  der  schönen  Maria  und  alten 
Hahnrei,  das  schon  Ayrer-)  vor  1605  aufführen  sah  und  nach- 
ahmte, führt  die  Buhlerin  den  Beinamen  Maria  vom  Langen 
Markte.  Spencer  trat  1615  in  Köln  zur  katholischen  Kirche 
über  und  begab  sich  1618  unter  dem  Namen  Hans  Stocktisch 
wieder  in  den  Dienst  des  brandenburgischen  Kurfürsten  Jolianu 
Sigismund.  Mit  dem  Jahre  1623  erlöschen  die  Spuren  seines 
Lebens^).  Ich  lasse  nun  seine  beiden  Briefe  an  den  Danziger 
Rat  folgen. 

I. 
Herr  Burgermeister,  Elirentueste  Namliaffte,  Hoch  vnudt  Woll- 
weise g-roßg'ünstige  Herren,  Nechst  erbiettunge  meiner  dienstl)ereit- 
willigkeitt  Soll  ich  vntertheniger  Diener  vnd  bestalter  Coraediaut  vnd 
Miisicus  J.  F.  Dlt.  zu  Brandenburgk  meines  G.  H.  nicht  verhalten, 
Waßmaßen  mir  ein  Erbahr  Hochweiser  Ralitt  auff  gnedige  comineu- 
dation  vergundt  vnd  zugelaßen,  alhier  in  dieser  Konigklichen  Stadt 
Dantzigk  14  tage  zu  agiren,  so  ich  mit  großer  danckbahrkeitt  nnge- 
nohmmen,  auch  albereits  etzliche  tage  mit  agiren  volntzogen,  vex*- 
merckende  aber,  das  sich  wenigk  spectatores  noch  zur  zeit  gefunden, 
mich  beiurchtende,  daß  ich  die  Vnkosten  kaum,  die  ich  drauf  ge- 
wendet, in  den  14  tagenn  solte  erlangen.  Wann  ich  mir  dann  furge- 
nohmmen,  für  diese  zeit,  nach  abegebungk  Ihrer  F.  Dlt.  gnediges 
sclireiben  bis  zu  dem  zukohmmenden  Sontage  zu  agiren  vnd  her- 
nacher  mich  nach  Konigsbergk  zu  begeben,  aldar  so  lange  zu  bleiben, 
biß  wils  Gott  zu  dem  zunahenden  Dominick,  alß  dann  ich  mich  wieder- 
umb  anhero  begeben  wolte  vnd  meines  Schadens  erg-etzuns'k,  weil  itzo, 


J)  Vgl.  Tittmann,  Die  Schauspiele  der  engl.  Komödianten  1880 
S.  XIV.    Creizenach,  Die  Schauspiele  d.  engl.  Komödianten  1889  S.  LXXI. 

2)    Dramen  4,  2225  ed.  Keller  1SG5. 

^)  Creizenach  a.  a.  0.  S.  IX  f.  und  Allgem.  deutsche  Biogr.  35,  99. 
Goedeke,  Grundriss^  2,  533  f.  Nach  der  unbestinniit  gehaltenen  An- 
gabe A.  Wesselofskys  (Deutsche  Einflüsse  auf  das  alte  russische  Tiieater 
1876  S.  10)  hätte  er  auch  in  Polen  gespielt. 


ir.ii.  39 

wie  ich  vermerclce,  wenigk  zuthun,  erholen.  Gelanget  demnach  an 
E.  E.  vnd  Hochweisen  Rahtt  mein  demüttiges  vnd  gantz  freundlicheß 
bitten,  Sie  geruhenn  mir  in  Betrachtungk  dieser  Zeit  gelegenheitt,  auch 
der  großen  vnd  schw^eren  Vnkosten,  so  ich  hierauff  gewendet,  vor 
diese  Zeit  zum  Beschluß  auff  den  zukohmmenden  Sontagk  nach  ge- 
haltener Vesper  Predigt  eine  Geistliche  Comedia  zu  agiren  gun- 
stigklicheu  nachzugeben,  vnnd  das  ich  hernacher  auff  den  wilß  gott 
zunahenden  Dominick  mich  wiederumb  anhero  einstellenn  vnd  als  dann 
die  Zeit  vber  in  wehrendem  Dominick  mit  agiren  möge  zubringen. 
Solches  gereichet  zun  hohen  ehren  dieser  Stadt,  zu  sonderlichem  ge- 
fallen meinen  gnedigen  herren,  so  ich  nach  vermögen  zu  rümen  vnd 
zuuerdienen  mich  schuldiglv  erachten  will. 

E.  E.  N.  H.  W. 

DienstbereitAvilligster 

[  J  0  h  a  n    Spencer]  i) 
Ihrer  F.  Dlt.  zu  Brandenburgk 
wolbestalter  Musicus  vnd  Comediant. 
Lecta  in  Senatu  15.  Julij  1611.     Vnd  befunden,    das  er  am  Son- 
tage  nicht  agiren  solle,    Kompt    er    auf  den  Domuick  anhero,    so  wirt 
sichs  finden,  waß  ihm  nachzugeben  sein  mochte. 

11  (eigenhändig). 

Edl  gestrennge,  Ehrenveste,  NamhafFte,  Wolweise,  großgünstige 
Herrn  Burgemeister  vnnd  Rath, 

Eß  werden  sich  E.  E.  V.  V.  H.  noch  großgünnstiglich  wissen 
zuerinnern,  waß  massen  derselben  zue  besonndern  ehren  jünngst  ab- 
geloffene  wocheii  eine  Newe  Comoediam,  so  Ich  mit  grossen  eignen 
vnnkosten  angericht,  agirt.  Weil  Idan,  Wolweise,  großgünnstige  Herrn, 
Ich  dazumall  schlechte  ergetzligkeit  gehabt,  Inn  dem  nach  E.  E.  V.  V. 
H.  H.  einnganng  von  dero  Diener  die  Tiehr  verschlossen  vnd  nie- 
manndt  alda  einngelassen  worden,  auff  der  anndern  selten  aber  dz 
volgk  heimblich  auffgebrochen  vnnd  heuffig  vmbsonnst  hieneinn 
ganngen,  so  gelannget  an  E.  E.  E.  V.  V.  H.  H.  meinn  gehorsambeß 
Diennstgevliesseneß  bitten  vnd  annsinnen,  sie  geruhen  großgünnstig- 
lich gedachte  Comoediam  zurepetiren  vnnd  noch  einen  tag  oder  drey 
zuagiren,  damit  Ich  furnemblich  Inn  Seidenkremen  könnt  abzahlen 
vnd  anndern  vielen  vnnterschiedlichen  Hanndtwergkß  Personen  con- 
tentiren,  auch  ohne  schulden  vnnd  mit  gueten  nahmen  wieder  auß  der 
Stat  vnnd  [zu]  (meinen)  Ihr  Cuhr:  Durhl.  meinen  gnedigsten  Herrn 
reisen,  vnd  vnnter  dessen  seiner  annkunnfft  Inn  das  Lannd  ohne  weiter 
vnnkostung  alhier  erwarten.  Ist  auch  beinebens  beideß  ann  diese 
E.  E.  V.  V.  H.  H.,  so  dazumall  abwesend,  alß  bewuste  Comoedia  zue 
ersten  Agirt  -worden,  so  woll  die  so  albereit  der  beygewohnnt,    meinn 


1)    Der  Raum  für  die  eigenhändige  Unterschrift  ist  freigelassen. 
Ich  ergänze  sie  nach  dem  zweiten  Aktenstücke. 


40  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

g-antz  diennstgevliesseneß  bitten,  wo  fern  Ambtßg-eschefft  eß  leiden 
mögen,  diese  Action  wiederumb  mit  Ihrer  praesentia  zuorniren:  Eß 
soll,  waß  zuuorn  negligirt,  resarcirt  werden.  Solheß  bey  Ihr.  Churf. 
Durlecht  meinem  gnedigsten  Herrn  hohlich  zurühmen  vnd  gegen  E.  E. 
V.  V.  H.  H.  für  meine  Person  mit  meinen  gerinngen  Diennsten  wieder 
zuuerschulden,  will  Ich  Inn  keinn  vergessennheit  gestelt  habeii.  Hier- 
über E.  E.  V.  V.  H.  H.  mich  zugewehrennden  bescheid  Inn  diennst- 
gevliessenen  gehorsam  beuehle. 

Ewer  Ehrenvest  vnndt  Herrl. 

Diennstwilligst  gehorsambster 

J  o  h  a  n    Spencer    Ennglennder 

Ihr    Cuhrf.    Durhl.    von    Branndennbiirg 

Cammer  Musicus  vnnd  Comoediaut. 

Darauf  der  Vermerk : 

Lecta  in  Senatu  29.  Angusti  Ao  1611.  Vnd  zum  vberfluß  nach- 
gegeben, das  Supplicant  noch  zweyinhall  agiren  müg'e. 

Nebenher  sei  noch  auf  die  Thatsache  hing'ewiesen,  dass 
der  Danziger  Rat,  der  die  Aufführung-en  Spencers  mit  Interesse 
ansah,  auch  die  Verfasser  zweier  neulateinischer  Komödien  mit 
einem  Geldgeschenke  bedachte.  Martin  Gravius,  ein  aus  Stettin 
gebürtiger  Theologe,  der  nach  km*zer  Thätigkeit  in  Ungarn  stellen- 
los in  Norddeutschland  umherirrte^),  erhielt  am  11.  April  laut 
Kämmereibuch  8  Mark;  dass  er  zuvor  dem  Rate  seine  1603  er- 
schienene Bearbeitung  von  Naogeorgs  Mercator  (1540)  überreicht 
hatte,  darf  man  daraus  folgern,  dass  sich  noch  jetzt  auf  der 
Danziger  Stadtbibliothek  zwei  Exemplare  dieses  Stückes  befinden. 
Ebenso  widmete  der  Schulmeister  und  Cantor  an  St.  Marien 
Michael  Totzmannus^)  Crepusius  dem  Rate  eine  Komödie 
(^Carmen  de  concordiä'  heisst  es  im  Kämmcrcibuche)  und  em- 
pfing dafür  am  10.  Oktober  ein  Geschenk  von  BO  Mark^). 


1)  Er  Studiertc  1598  in  Frankfurt  a.  0.,  1606  in  Wittenberg,  und 
kam  1617  als  vertriebener  Pfarrer  nach  Berlin.  Von  seiner  'Tragoedia 
nova'  erschienen  Drucke  1603,  1612,  1614  zu  Frankfurt  a.  0.  und  1615  zu 
Nürnberg.  Vgl.  Bolte,  Korrespondcnzblatt  des  V.  f.  siebenbürg.  Lan- 
deskunde 1885,  137.  Jahrbuch  f.  niederdeutsche  Sprachf.  11,  156. 
Zs.  f  deutsche  Philol.  20,  84. 

2)  Nach  einem  hsl.  Verzeichnis  der  Danziger  Lehrer  (Stadtbibl. 
XV.  q.  130,  S.  6)  war  er  1610—13  in  Danzig  tiiätig  und  gab  verschie- 
dene dichterische  Werke  heraus. 

3;  Supplik  im  Ratsarchiv  (Convolut  Musik.  Qq  13  B)  und  Käui- 
mereibuch. 


1611-1615.  41 

1612.  Am  19.  März  führten  die  Kürschner  die  Komödie, 
mit  der  sie  im  vorhergehenden  Jahre  niclit  rechtzeitig  fertig  ge- 
worden waren  (S.  36),  in  Gegenwart  des  Rates  auf.  Das  Käm- 
mereibuch meldet  unter  diesem  Datum:  "Den  Comraedianten  des 
Erb.  werckes  der  kurschner  15  M.' 

1615  stellten  sich  vor  dem  Dominik  die  Komödianten  Joh. 
Friedr.  Virnius  und  Barthol.  Freyerbott,  die  der  branden- 
burgische Kurfürst  nach  der  Entlassung  Spencers  (April  1613) 
in  Dienst  genommen  hatte  ^),  in  Danzig  ein.  Obwohl  sie  Empfeh- 
lungen von  den  ponniierschen  Herzögen  mitbrachten  und  ein  Poeta 
laureatus  unter  ihnen  war,  der  in  englischer,  französischer  und 
italienischer  Sprache  und  Sitte  erfahren  zu  sein  versicherte,  wur- 
den ihnen  doch  nur  sieben  Vorstellungen  bewilligt  (darunter: 
David  und  Bathseba).  Offenbar  standen  ihre  Leistungen  hinter 
denen  ihres  Konkurrenten  John  Green  zurück,  der  nach  neun- 
jähriger Abwesenheit  mit  einer  gleichfalls  18  Manu  starken  Truppe 
gegen  Ende  Juli  aus  Wolfenbüttel  eintraf.  Diesem;  der  selbstbe- 
wusst  zunächst  den  ßat  einlud,  in  einer  Gratisvorstellung  den 
Wert  seiner  Leistungen  zu  prüfen,  und  der  in  reiner  deutscher 
Sprache  und  nur  ehrbare  Sachen  spielen  wollte,  wurde  erlaubt, 
ein  Eintrittsgeld  von  3  Gr.  zu  erheben,  während  jene  nur  2  Gr. 
nehmen  durften.     Er  blieb  bis  Ende  August  in  Danzig. 

Das  Lokal,  in  dem  die  Vorstellungen  der  ersten  Truppe 
stattfanden,  war  die  Fechtschule,  während  Green  im  Altstäd- 
tischen Rathause  gespielt  zu  haben  scheint,  das  schon  1594 
von  den  Kürschnern  benutzt  worden  war.  Die  Fechtschule  war 
ein  aus  Brettern  oder  Fachwerk  errichtetes  Gebäude  und  muss  am 
Dominiksplan,    dem    heutigen  Kohlenmarkte,    etwa  an  der  Stelle 


1)  1614  nahm  Johann  Sig'ismund  die  Komödianten  Wilhelm,  Abra- 
ham und  Jacob  Pedell,  Robert  Arzschar,  Behrendt  Holzhew  und 
August  Pflugbeil  in  Dienst,  entliess  sie  aber  mit  Ausnahme  Arzschars 
zu  Ostei'n  1615  wieder  (Plümicke,  Theatergeschichte  von  Berlin  1781 
S.  36).  Am  21.  März  1615  stellte  der  Kurfürst  zu  Lebus  dem  Wilhelm 
Pedell  sambt  den  beihabendten  zu  seiner  Compangni  gehörigen  dreyen 
Persohnen'  einen  Passierschein  nach  dem  Herzogtum  Preussen  aus 
(Berlin,  Geh.  Staatsarchiv).  Danach  scheint  es,  dass  unter  diesen  drei 
Ungenannten  sich  Virnius  und  Freyerbott  befanden. 


42  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

des  heutigen  Theaters^)  gestanden  haben;  für  gewöhnlich  diente 
es  den  Waifenübungen  der  jungen  Bürgerschaft,  die  dort,  l)is- 
weilen^)  aber  auch  auf  dem  Markte,  öffentliche  Vorstellungen, 
sogenannte  Techtschulen',  veranstaltete.  Es  scheint  1600  ent- 
standen zu  sein,  da  damals  ein  gewisser  Conrades  Heidemann  um 
die  Erlaubnis  einkam,  in  seinem  Garten  Fechtschulen  und  ^aller- 
ley  Schawspiir  halten  zu  lassen,  weil  der  Rat  den  Fechterplatz 
im  Hohen  Thore  zu  andern  Dingen  gebrauchen  wolle;  der  Rat 
wies  den  Supplikanten  am  30.  Mai  d.  J.  ab  und  gestattete  M. 
Simon,  wiederum  einen  Schussgarten  zu  bauen;  doch  sollten  die 
Bauherren  achthaben,  dass  nichts  Unzierliches  dahin  gesetzt 
werde  ^).  Am  15.  Februar  1624  verpachtete  der  Rat  die  Feclit- 
schule  au  den  Wachtmeister  George  Gerlach  gegen  eine  jährliche 
Pacht  von  1000  Fl.  und  jedesmal  15  Mark  den  Dienern  der 
beiden  Bürgermeistern'^).  Unter  den  mancherlei  Schauspielen, 
die  dort  zur  Ergetzung  der  Bürger  vorgeführt  wurden,  befanden 
sich  auch  Bärenhetzen  und  Tiergefechte;  so  erhielt  z.  B.  am 
30.  Aug.  1632  ein  Garkoch  die  Erlaubnis,  dort  mit  einem  Bären 
zu  kämpfen  5). 

I. 

Edle,  Ehrnueste,  Achtbahre,  Hochgelahrte,  Hoch  vndt  Wohlweise, 
Großgünstige  Herrn,  Praesident  Burgemeister  vnndt  Rath.  E.  Hoch- 
weißheit  vnndt  Gunsten  seindt  vnser  bereittsahmbste  Dienste  jeder- 
zeitt  beuohr. 

Dehmnach  vnser  Gnedigster  Churturst  vinidt  Herr,  Ihr  Clnirf. 
G.  zu  Brnndenburgk,  welchen  wier  jungst  verloffenen  wintter  mit 
vnsern  Actionibus  Comicis  gehorsahmist  (vermög  beigelegten  von  dero 
Gn.  vns  gnedigst  mitgetheiltenn  patent)  aufgewartett,  Allß  hatt  sie 
VHS  in  gnaden  vergönstiget,  diesen  instehenden  Sommer  anderer  örtter 
vns  ferner  zu  begebenn  vndt  vnser  Actiones  zu  praesentiren.   Darautf 


1)  So  sagt  Löschin.  Auf  dem  Stadtplane  bei  Curicke  (Beschrei- 
bung Danzigs  1G88)  erscheint  jedoch  ein  Gebäude,  das  nur  die  Feciit- 
schule  bedeuten  kann,  auf  der  gegenüberliegenden  Seite  dos  Platzes 
am  Stadtgraben  im  Zuge  der  Heiligengeistgasse. 

2)  So  am  2.  Juni  1611,  am  25.  Juli  1614  (Berliner  Ms.  boruss. 
fol.  250,  Bl.  214a.     Nucleus  Senatus-Consultorum  Gedanensium). 

^)  Supplikation  auf  dem  Stadtarchiv. 

')  Nucleus  term.  Senatus  ad  libellos  supplices  s.  v.  Fcchtschulc 
(Stadtarchiv).     Vgl.  unten  S.  61  f. 

^)  Berliner  Ms.  boruss.  fol.  250,  Bl.  2l4a.  Löschin,  Geschichte 
der  Stadt  Danzig  1,  354.  —  Vgl.  auch  unten  S.  57  (1623). 


1615.  43 

dan  wier  alßbalt  entschloßenn  o-eweßenn,  anhero  in  diese  Kon.  See 
Stadt  voi*  allen  andern  vnß  zunorfüegen,  allß  dei-o  fama  allenthalben 
vigirtj  E.  Hochw.  vnndt  Gunsten  vndt  anderen  dero  löblichen  ein- 
wohnern  vnser  New  Historische  tarn  prophanas  quam  sacras  Comoe- 
dias  zu  exhibiren,  vnter  deßen  aber  von  Ihr  F.  G.  Hertzogk  Phil- 
lippe n^)  zu  Stettin  vndt  Hertzogk  Frantzen^)  zn  Cößlin  (vermöge 
beygelegten  dero  testimonien  ein  geraume  zeitt  vber  gnedigst  auff- 
gehalten  worden).  Weill  aber  numehr  vor  3  Tagen  mit  vnser  Com- 
pagniae  wir  glücklich  alhier  ankommen,  Gelangett  an  E.  Hochw.  vnndt 
Gunsten  vnser  dienstgeflißendt  bitten,  großgünstiglich  zu  geruhen  vndt 
zu  erlauben,  14  Comoedias  alhier  zu  exhibiren  vndt  solcher  auf  in- 
stehender Zeitt  noch  vor  Dominici  Meß,  weill  wier  halt  zuuorreisen 
veruhrsachtt,  ein  anfangk  zu  machen.  Weill  auch  kein  ander  Platz 
zu  unßern  Actionibxxs  bequehmlich  allß  E.  Hochw.  behausungk,  da- 
rinnen die  fechtschullen  gehaltten  werden,  alhier  gefunden  wirdt,  Allß 
ist  ferner  an  E.  Hochw.  Dienstgeflißenes  bitten,  derjenigen  wittfrawen, 
so  dießes  Hauß  nun  in  possession,  großgünstiglich  andeütten  zu 
laßenn  {concessd  speratd  venia),  das  sie  es  vns  vmb  ein  gebüerliches 
vnd  billiges  geltt  (inmassen  vnser  antecessor  vor  dreyen  Jahren  3)  ge- 
habtt,  welches  füer  igliche  Comoedia  5  fl.  geweßen)  avoII  zukommen 
laßen. 

Solches  vmb  E.  Hochw.  vndt  Gunsten  nicht  allein  mit  vnßern 
wilfertigsten  Diensten  wiederum  zuuorschulden,  sondern  anderorts  vndt 
sonderlich  bey  vnßerm  Gnedigsten  Churfürsten  vnndt  Herrn  höchlich 
zu  rühmen,  wollen  wier  in  keiner  verg-essenheitt  gestellet  haben. 

Hierüber  E.  Hochw.  vndt  Gunsten  vns  zur  hoffentlicher  reso- 
lution  dienstgeflißendt  befehlenndt 

E.  Hochw.  vnd  Gunsten 

Dienstgeflißene 
Johannes  Fridericus  Virnius,  poeta  Caesarius. 
Bartholomeus  Freyerbott. 

Lect.  20.  Julii  1615.  Vnd  consentiret  E.  Erb.  Rhatt  auf  7  Co- 
moetien,  vnd  das  sie  nicht  mehr  nemen  als  von  dem  jMan  zwei  groschen. 


1)  Philipp  n.  (1573—1618).  Von  Fastnachtspielen,  die  1606  auf 
dem  Stettiner  Schlosse  stattfanden,  erzählt  Joachim  von  Wedel  in 
seinem  Hausbuche  S.  511  ed.  1882. 

2)  Franz  (1577—1620),  Bischof  von  Cammin,  nach  dem  Tode  seines 
Bruders  Philipp  Herzog  von  Stettin.  Vgl.  auch  oben  S.  36  (1609).  —  Auch 
von  Herzog  Philipp  Julius  von  Wolgast  (1584 — 1625)  wird  berichtet, 
dass  er  'etliche  und  zwantzig  Engländer,  Musikanten,  Springer,  Täntzer 
und  Possenreisser,  so  die  artes  voluptuarias  üben',  hatte.  M.  Wehr- 
mann, Aus  Pommerns  Vergangenheit  1891  S.  108. 

^)  Wäre  diese  Angabe  genau,  so  müsste  Spencer  nicht  nur  1611, 
sondern  auch  1612  in  Danzig  gewesen  sein 


44  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

IL 

Edle,  Gestreug-e,  Ehreuueste  etc. 

Demnach  auflf  Churfürstl.  vndt  Fürstl.  vberreichten  patenten  vndt 
Commendatiou  schriffteu,  E.  Hochweiß,  vnd  Gonsten  vuß  großgönstig- 
liche  erlaiibniis  auff  Sieben  Comoedien  Concedirt,  bedanckenn  gegen 
deroselben  deßwegen  wier  vnß  in  aller  demitigster  dienstgefließenheit. 
haben  auch  in  Verordnung  deß  pretij  von  einer  iedlichen  Person  vnß 
williglich  vnd  billich  regiiliren  wollen.  AVeill  aber,  Hoch  vnd  Groß- 
gönstige  Herrn,  mit  der  extruction  Aiid  praeparation  vnßers  theatri 
sich  von  Montag,  da  vnnß  Günstige  erlaubnüs  angedeüt  worden,  biß 
auff  Donnerstag  verzogen,  da  wier  vnßer  erste  Tragicomoediam 
exhibirt,  iolgenden  freitag  ein  schlechte  audientz  gehabt,  welche  vnser 
sumptus  nicht  abgelehnt,  diese  instehendte  wochen  von  der  f  echt  er 
importunitet,  so  vnser  theatrum  radicitus  destruirt,  wie  auch  wegen 
Yngewiter  vnd  Regen  höchlich  impedirt  worden,  einen  weeg  aber  alß 
dem  andern  mit  vnßer  Compagnia  achzehen  Personen  starck  grosse 
Vncostung  angewandt.  Als  gelanget  an  E.  Hochw.  vnnd  Gonsten,  in 
großgönstiger  ponderation  itzt  gedachter  puncten  größgönstiglich  zu- 
geruhen, nach  Vollendung  vnßer  erlaubten  Sieben  Comoedien,  daruon 
wier  drey  praesentirt,  drey  mehr  durch  den  Dominic  vnß,  wiewohl 
teützscher  nation,  iedoch  die  in  Englischer,  Frantzösischer,  Italienischer 
sprachen,  siten  vnnd  gebrauch  erfahren,  größgönstiglich  zu  erlaßen, 
vnd  die  vnßers  patriae  ehr  vieiilmehr  alß  betrueg,  in  welchen  vordeßen 
auslendische  Compagnia  hier  vnd  hin  vnd  wieder  agirt,  sxichen,  dieße 
andere  Englische  Comi^agniae,  so  iungst  nach  vnß  ankommen, 
dahin  zue  moderirn,  daß  vor  Vollendung  vnsern  Actionum,  Aveil  wier 
erstlich  erlaubnuß  erlangt  vnd  vncostung  angewendt,  sie  ihres  exer- 
citij  ein  stillstandt  haben  oder  aber  sich  mit  vnß  Vniren  vnd  zugleich 
Agiren;  denn  wier  versichert,  daß  vnßer  Actiones  so  gutter,  nutzbarer 
vnd  Lustiger  Materien,  derer  Churf.  Gnaden  sich  allerzeit  erfreuet, 
alß  der  ihrigen,  damit  auch  diese  vnser  Actiones  wier  desto  schlein- 
niger  mögen  absoluiren.  Alß  gelangett  ferner  an  E.  Hochw.  vnd 
Gonsten  vnßer  dienstgeflissenes  ansinen,  auff  iungst  Icommenden  Son- 
tag  (finitis  sacris  Concionibus),  weill  dieße  wochen  wier  nicht  mehr 
als  eine  Comoediam  agirt,  Größgönstiglich  zu  geruhen,  eine  schöne 
geistliche  Comoediam,  alß  Lapsum  Dauidis  cum  Bathseba'^)  zu  ex- 
hibiren.  Sein  der  tröstlichen  Zuuersicht,  E.  Hochw.  vndt  Gonsten 
wirdt  beidtes  wegen  vnßers  Gned.  Churfürsten  vnd  Herrn,  deßen  ge- 
horsame Clientes  wier  sein,  wie  auch  wegen  der  Löblichen  gantzeu 
teützschen  Nation  vnß  vor  andern  größgönstiglich  promouiren  vnd 
patrocinirn.  Solches  bei  vnßern  Hochlöblichen  Gnedigsten  Cliurlürsten 
vndt  Herrn,  wie  auch  allen  andern  potentaten  Höchlich  zu  rüiuneu, 
wollen  wier  in  kein  vndanckbare  Vergessenheit  gestelt  haben.    Hiruber 


')    Etwa    Ainbroöius    P  a  p  e ,    David    victus    et    victor.      Magde- 
burjr  1602. 


1615.  45 

E.  Hochwoißlieit  vncl  Goiisten  vnß  dieustg-ctiiessenclt  zue  hoffentlich cu 
gewehrendter  gönstiger  resolutiou  bei'ehlendt 
E.  H.  W.  vnd  Gonsten 

Schuldtpflichtigste  vnnd  dienstwilligste. 
Johannes  Fridericus  Virnius,  poeta  Caesarius. 
Barth  olomeus  Freyerbott. 

Lect.  in  Senatu  vlta  Julij  1615  Vnd  bey  vorigem  Schluß  gelassen, 
das  sie  Sieben  Comocdien  vollenzihen  mügen. 

III. 

Herr  Burgermeister,  Edle,  Eremieste,  Namhaffte  vnnd  Hochweise, 
großgünstige  Herren. 

Negst  entbittung  vnserer  stets  bereitwilligen  vuuerdroßenen 
Dinste  wünschen  Em  Erb.  Hochw.  Rahtt  Avir  von  dem  Allerhogsten 
glukliche  friedsame  Regirung,  gutte  lanngwirige  leibesgesuntheit  vnnd 
sonst  allen  erwunschlichen  AvoUstandt.  Es  ist  nun  das  neunde  Jahr^), 
großgunstige  Herren,  das  wir  diese  gutte  Stadt  ersuchet  vndt  aus 
Zulaß  E.  E.  H.  Rahtts  (dafor  wir  zum  högsten  dankbar,  es  auch  an 
solchen  ortten  vnd  stellen  geruhmet  haben,  da  es  woU  ist  aufge- 
uohmen  worden)  alhier  den  Dominik  vber  Comoedias  agiret  haben. 
Als  wir  vnns  nun  so  viele  Jahre  hero  weiter  vmbgesehen  vnndt  darbey 
ein  weit  mehrers  gelernet  haben,  so  haben  wir  nicht  vnterlaßen  können, 
zur  dankbarkeit  vndt  aller  ehrerbittung  anhero  zu  kommen  vndt,  so 
ferne  es  Em  Erb"  Hochw.  Ralitt  also  gefallen  wirdt,  vnsere  woUerler- 
nete  kunst  alhier  menniglichen  sehen  zulaßen.  Nun  begeren  wir  nichts 
anders,  als  das  Em  E»  Hochw"  Rahtt  wir  forher  eine  probam  thuen 
möchten,  das  E.  E.  H.  nicht  alleine  die  actiones,  sondern  auch  die 
liebliche  Mxisicam  vnndt  andere  kurzweilige  sachen  selbst  ansehen 
vnndt  doraus  zu  dijudicircn  eine  gruntliche  vrsache  möchten  haben 
vnnd  solches  vmbsonst.  Wir  verhoffenn,  mit  Göttlicher  hüifte  dorinne 
dermaßen  zu  bestehen,  das  es  E"  E"  H.  Rahtt  die  kleine  Zeitt,  so  sie 
hierzu  ettwa  abbrechen  möchten,  wie  auch  darnach  der  löblichen 
Bürgerschafft  nicht  berewen  wirdt  deßen,  was  sie  vns  zur  dankbar- 
keit zukehren  werden.  Des  erbieten  wir  vns  alle  mall  eine  sonder- 
liche Comoediam  zuagiren  vnndt  in  reiner  deutscher  Sprache,  auch  es 
also  machen,  das  die  Spectatoren  doran  werden  vergenueget  sein. 
Gelanget  derowegen  an  E.  E.  H.  nicht  weniger  als  for  neun  Jahren 
geschehen,  vnns  so  gunstiglich  zuerscheinen,  vnnd  zu  uerlauben,  das 
wir  vnsere  Comoedien  den  Dominik  vber  alhie  tractiren  mögen.  Das 
seint  vmb  E.  Erb.  Hochweisen  Rahtt  wir  mit  högster  dankbarkeit  die 
tage  vnseres    lebens    nach  viniserem    besten   vermuegen    zuuerdienen 


1)  Nachher  lieisst  es:    'vor    neun    Jahren'.     Gleichwohl  wird  das 
Jahr  1607  (s.  S.  35)  gemeint  sein. 


46  Bolte,  Dcas  Danzig-er  Theater. 

schuldigk.     Erwartende   hieraxiff   in    vndertheuigkeit    eines   tröstlichen 
vnnd  g"unstig'en  bescheits. 

E.  Erb.  Hochw.  Eahtts 

Vnterdinstwilligste 

Die  Eng'lische  Comoedianten. 

Lect.  in  Senatii  vlta  Julij  1615  Vnd  nachg-egeben,  das  sie  ihr  an- 
gedeutete Prob  mügen  sehen  lassen  vnd  hernach  ferner  bescheidt  ge- 
wertig  sein. 

IV. 

Gestrenge,  Edle,  Ehrniieste,  Namhaffte,  Hoch-  anch  Wolweise, 
Yielgünstige  Herren, 

Nach  erbittung  vnser  beheglichen  vnndt  Gantz  willigen  Diensten 
Sagen  Wir  E.  G.  E.  Herligkeitt  gantz  die[n]stlichen  danck,  daß  die- 
selbe vns  vnsere  comoedien  vnnd  Tragoedien  öffentlich  zu  praesentiren 
diesen  Domnick  alhier  vergünstiget  vnnd  zugelassen.  Dieweyl  aber 
die  anordnung  des  geldes  fast  geringe,  das  wir  draufF  mitt  denn 
vnsern,  der  in  alles  achtzehen  Perschonen,  in  dieser  Tewrung  nicht 
leben  können,  auch  der  Platz  sonst  gar  enge  vnd  klein  räum  in  sich 
hatt,  das  nicht  vbrig  viele  können  aufFgelassen  werden,  die  Vnkosten 
aber  wegen  des  Platzes  Sich  Hoch  belauffen.  Indem  Wir  Hundert 
Marck  vor  die  Gallerey,  bancken  vnnd  andere  Zubehörung  anzufertigen, 
vnndt  Teglich  noch  zwene  Ducaten  sonderlich  vor  das  Rahthauß 
geben  müssen  vndt  viele  Perschonen  vmbsonst  dahin  auff  zug-elaßen 
werden,  alß  zweifeien  Wir  nicht,  E.  G.  E.  Herl.  solches  Hochgünstig 
anmercken  vndt  vnser  bitte  hierin  so  viele  damehr  gewehren  vnnd 
vns  mehr  zu  nemen  gestatten  werden.  Danebenst  Tuhn  wir  auch 
vntterdienstlichges  einem  E.  H.  R.  vnsere  Actiones  vnd  Dienste  prae- 
sentiren, Wan  es  E.  G.  E.  H.  sampt  deren  Vielgeliebten  Haußfrawen 
vnndt  Kindren  gefellig  sein  möchte,  denselben  vnbeschweret  beyzu- 
wohnen  vnd  vnß  dessen  Zeitt  vnd  Tagk  hierin  Günstiglich  ansetzen. 
Verhoffende,  E.  G.  E.  H.  an  vnscrm  fieiß  vndt  Geschickligkeitt  ein  gün- 
stig gefallenn  vnnd  genügen  mitt  deren  ihrigen  daran  tragen  werden. 
Dero  großgünstigen  gewogenheit  Wir  vnß  Semptlich  Hiermitt  Em- 
pfolen  Haben 

E.  G.  E.  H. 

Dienstwillige  vnndt  gefließene 

Johann  Grinn  mit  seiner 

Gantzen  geselschafft. 

Lect.  in  Senatu  7.  Aug.  Ao  1615.  Vndt  geschlossen,  das  es  bei 
vorigem  schluß,  als  nemlich,  das  sie  in  allem  nicht  mehr  den  drey 
grosschen  von  der  person  nehmen  sollen,  müsse  vorbiciben.  Dessen 
ernennet  E.  E.  Radt  den  Diengstag  zu  der  Comoedie  oder  Tragoedia 
für  E.  E.  Radt  zu  exhibiren. 


1G15.  1616.  47 


V. 


Herr  Bürgermeistor,  Gestreng-e,  Edle,  Ehrenueste,  Hochweise, 
g-roßgünstige,  gebietende  Herren, 

Wier  Engelische  Comoedianten  seindt  zum  höchsten  danckbar, 
das  E.  E.  Hochw.  Rahtt  auf  unser  hochfieißiges  bitten,  uns  allergünstigst 
verstattet  unsere  Comoedien  alhier  zu  agirenn.  Weill  uns  aber  new- 
liclier  tage  dieselben  weiter  zu  halten  auß  E.  E.  Fw.  befehlich  unter- 
saget worden,  Habenn  wier  nicht  unterlaßen  können,  so  wie  wier  einen 
zimlichen  wegk  von  Wolffenbüttel  anhero,  dieser  Hochberümbten 
Stadt  zu  sondern  ehren,  schleunig  gereiset  und  alhier  nicht  geringe 
Unkosten  zum  Gebew  und  anderer  notturift  aufgewendet,  welcher 
Zehrung  und  gethanen  Unkosten  halben  wier  noch  zur  zeitt  nicht  er- 
gentzung  haben  können,  E.  E.  Hw.  demütigst  zuersuchen.  Hochdienst- 
lichen fleißes  bittende,  Sie  geruheten  unsere  vielfeltiege  gethane  Un- 
kosten, weite  reise  und  allerhandt  gehabte  ungelegenheit,  indem  wier 
in  zimlicher  anzahl  von  Personen  in  die  vier  wochenn  alhier  gelegnen 
undt  nur  vierzehen  tage  über  unsere  Comoedien  geübet,  allergünstigst 
anzumercken  und  uns  einen  Monatt  weiter  zu  unser  erstattung  oder 
ergözligkeit  zu  spielen  vergönnen.  Des  verheischen  wier  hiemit,  das 
nichts  leüchtfertiges,  sondern  nur  was  Erbar  und  Geistlich  ist,  in  unsere 
Comoedien  soll  eingeführet  werden,  seindt  auch  erböttig  für  E.  E.  Hw. 
lind  ganze  gemeine  Bürgerschaft't  eine  freye  Comoedia,  an  welchem 
orte  es  ihnen  beheglich  seinn  möchte,  öffentlich  und  nach  bester 
Manier  zu  spielen.  Solche  gunst  und  wolthat  seindt  wier  von  E.  E. 
Hw.  bey  frembden  Herrschatften.  dahin  wier  künfftig  gelangenn  wer- 
den, höchlich  zu  rühmen  und  sonsten  umb  dieselben  eüßerstem  unserm 
vermügen  nach  zu  verdienen  ganz  willig.  Einer  unabschleglichen  ant- 
wordt  hierauf  erwartende 

E.  E.  E.  Hw. 

Dinstwilliger 

Johan  Grin  mit  seiner  Gesellschafft. 

Lect.  in  Senatu  die  25.  Aug.  1615.  Vnd  verharret  Ein  Erbb.  Raht 
Tdcv  vorigem  abscheyde. 

1616.  Zum  Dominik  kehrte  Green  mit  seiner  Truppe  in 
gleicher  Stärke  wie  im  vorigen  Jahre  wieder.  Neben  ihm  unter- 
zeichnet sich  noch  ein  anderer  Engländer,  Robert  Reinald,  der 
auch  1618  in  Nürnberg,  1626  in  Dresden  und  1628  in  Köln  als 
Mitglied  von  Greens  Bande  erwähnt  wird  und  noch  1631  in 
Köln  als  Prinzipal  auftritt^).   Green  kam  vom  dänischen  Hofe^)  und 


^)    Creizenach,    Die    Schauspiele    der    englischen    Komödianten 
X  f.     Unten  z.  J.  1640. 

2)  Dieser  Besuch  Kopenhagens  war  bisher  unbekannt. 


48  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

wollte  weiter  an  den  polnischen  zielien.  Es  gelang-  ihm,  den 
anfänglichen  Widerstand  des  Rates  zu  besiegen,  der  am  11.  Juli 
die  für  die  noch  nicht  eingctroft'ene  Compagnie  eingereichte 
Supplik  des  Bürgers  David  Krüger  abschläglieh  besehieden  und 
sogar  die  Vorsteher  des  Klosters  (im  bischöflichen  Schottland) 
augewiesen  hatte,  den  Komödianten  kein  Spiel  in  der  Vorstadt 
Neu-Garten  zu  verstatten.  Green  spielte  auf  der  Fechtschulc 
und  erhielt  nach  dem  Schlüsse  des  Marktes  eine  Verlängerung 
der  Spielfrist.  Der  Eintrittspreis  blieb  der  frühere  von  3  Groschen. 
Wiederum  wurde  der  Rat  zu  einer  besondern  Vorstellung  einge- 
laden; das  Kämmereibuch  berichtet  darüber  unter  dem  17.  August: 
Den  Eng'lischen  Comacdianten    für  die  einladung-  ihrer 

action 30  M. 

Noch    ist  vncosten  ausg-augeu  bei  derselben  Comedien, 

Nemlich  vor  22  stoii^j  Reinisch  vnd  Kerschberwein     15  M.  24  Seh. 
Flasdieufiiter  zn  tragen  vnd  topich  breter  anztinaglen 

vnd  für  negel 1  M.    9  Seh. 

Summa     16  M.  33  Scli. 

Aus  einem  Briefe  des  Erzherzogs  Karl-)  vom  18.  März  1(317 
erfahren  wir,  dass  Green  wirklieh  an  den  polnischen  Hof  gelangte 
und  dann  über  Neisse  und  Olmütz  nach  Prag  weiterzog,  wo  er 
im  Juli  vor  Kaiser  Matthias  spielte.  Zuletzt  begegnet  uns  sein 
Name  1626  in  Köln,  Frankfurt  und  Dresden. 

I. 
Edle,  Gestreng-e,  Ehrenfeste  vnd  Hoc.hweise  Herren, 
E.  Edle  H.  hochberümbter  Name  zeucht  viele  frembde  Nationen 
anhero  vnd  i-citzet  die  jeuig'en,  welche  was  künstlichs  g-elernet  haben, 
das  sie  es  dieser  Löblichen  Stadt  g'crn  wollen  sclien  vnd  hören  laßen. 
Nun  ist  gewis,  das  der  Lauf  der  weit  nicht  künstlicher  kan  abgebildet 
sein  als  in  Comoedien  vnd  Trag-oedien,  die  gleich  wie  im  spieg-el  aller 
Menschen  leben  vnd  wesen,  guttes  und  böses  repraesentiren  vnd  für- 
stellen, darin  ein  ieder  sich  selbst  magk  sehen  und  erkennen,  Welche 
kiinst  bey  den  Alten  Griechen  vnd  Römern  vbcr  alle  maße  weert,  hoch 
vnd  ansehenlich  g-ehalten  ist  vnd  wol  tawren  wird,  so  lang'  die  weit 
stehett,  vnd  wird  auch  zu  itzig-en  Zeiten  von  allen  weltweisen  g-eliebet 
vnd  g-eehret,  das  sie  in  Mancherley  Zungen  vnd  Manieren  für  sich  g-e- 
hett  vnd   bestehet.     Wann  wir  daii    viis    ans  Lust  vnd  Liebe   auch    in 


1)  stof  =  Becher,  Mass. 

2)  Colni,    Shakespeare   in    Germany    1865    p.  XCIII  f.     Goodcke, 
Grundriss  ^  o^  537.     Angdia  10,  289. 


161 G.  49 

solcher  weltkunst  g-eübet  vnd  nach  mügliclieit  daraxxf  g-evlißen,  hin 
vnd  hero  in  Landen  vnd  Städten  dieselbe  zu  exhibiren,  an  izo  aber 
aus  der  Löblichen  Cron  Dennemareken  hieher  g-elang-et,  da  wir 
wiücn,  das  fürtrefliche  Herren  der  Obrigkeit  leben,  so  die  weit  versucht, 
g-esehen  vnd  erfaren  vnd  davon  gros  Lob  vnd  Ruhm  bey  Auslen- 
deschen tragen.  Demnach  zweifeln  wir  nicht,  es  werden  E.  Edle  H. 
keinen  misgefallen  haben,  das  wir  ihnen  vnsere  kunst  vnd  dienst 
anbieten  vnd  praesentiren,  zum  instendigsten  bittende,  E.  Edle  H.  ge- 
ruhen ihren  besondern  fauor  a'us  zu  accommodiren  vnd  zu  verstatten, 
das  wir  bei  dero  bertimbten  Stadt  vnd  Erbarn  Bürgerschaftt  vnsere 
nützliche  vnd  zierliche  Comoedien  vnd  Tragoedien  mügen  agiren  vnd 
sehen  laßen,  weil  in  allen  fürnemen  Märckten  vnd  Nundinen  dergleichen 
Exercitia  gewönlich  vnd  nichts  verwegert  pflegt  werden,  was  zur 
ergetzlicheit  gefunden  und  weislichen  hergebracht,  das  in  grossen 
Zusammenkünften  vnd  Vielheit  des  Volcks  zierlich  vnd  lustigk  fürge- 
tragen vnd  in  Conspect  fürgestellet  werde,  was  in  der  weit  an  fügend 
vnd  vntugend  vmbgehct,  vom  vnwege  des  vngutten  die  Zusehers  vnd 
Anhörers  abzuführen  vnd  auf  den  rechten  wegk  der  Tugendt  vnd 
Ehre  zu  leiten  vnd  zubewegen.  Bitten  derhalben  zum  dinstvleiCigsten, 
wie  vorgedacht,  E.  Edle  H.  vns  nicht  wolten  vergebliche  Reise  vnd 
schweren  kosten  haben  thun  laßen,  viel  mehr  zu  ihrem  Ruhm  vnd 
Preis  bey  allen  Potentaten  vnd  Ländeini,  dahin  wir  gelangen,  vnsere 
Kunst  wirdigen  vnd  günstiglich  nachgeben  zuverrichten.  Wir  wollen 
niemand  vber  g-ebühr  das  geringste  anmuten,  sondern  genügen  laßen 
an  dem,  was  billig  von  E.  Edle  H.  wird  angesehen  werden,  Womit 
E.  Edle  H.  langes  gesundes  Leben,  hocherspriesliche  Regierungk  vnd 
stets  blühenden  handel  vnd  wandel  von  der  Göttlichen  Ewigen  Ma- 
jestatt  wünschende,  Datum  28  Julij  Ao  1616. 
E.  E.  G.  H. 

Dinstwillige 

J  0  h  a  n   Green, 
Robert    Reinald 
vnd  gesampte  Collegen  der  Englischen  Comoedianten. 

Lecta  in  Senatu  29  Julij  1616  Vnd  geschloßen,  das  ihnen  müge 
gefugt  werden  auff  acht  Tage  langk,  mit  der  Condition,  das  sie  nicht 
mher  als  drey  g.  von  der  Person  nemen,  keine  vnzüchtige  dinge  agiren 
vnd  nach  verlauff  der  8  tage  weiter  nicht  anhalten,  es  se\'  hie  oder 
für  der  Stadt,  sondern  aufhören  vnd  ihre  Spiele  einstellen. 

IL 

Edle,  Gestrenge,  Ehrenfeste,  hochweise,  grosgünstige  Herren,  Das 
E.  Edle  H.  vnser  dinstlichsten  bitt  in  gunsten  geruhet  vnd  vnsere 
Comoedien  zu  exhibiren  verstattet  haben,  dafür  sagen  wir  E.  Edle  H. 
besondern  vleißigen  Danck,  wie  es  immer  von  vnsern  Personen  ge- 
schehen sol  vnd  kan.  Es  hat  vns  aber  das  glück  für  diese  Zeit  nicht 
gedienet,  das  wir  die  aufgewante  Kosten  solten  erAvoi'ben,  viel  weniger 

Th.  F.    XII.  4 


50  ßolte,  Das  Danziger  Theater. 

das  geringste  erobert  haben,  teils  das  die  Domnicks  Zeit  gehindert, 
dan  auch  die  fechters  vns  die  bequemsten  tage  benommen  vnd  E. 
Edle  H.  vns  wenige  nachgegeben,  nemlich  nur  Acht  tage,  darvon  heut 
der  siebende  ist.  Es  seind  vnser  Achzehen  Personen;  was  auf  die  auf- 
gehet, das  weiten  E.  Edle  H.  bey  sich  erwegen  vnd  müßen  die  Perso- 
nalien verendrung  haben  nach  der  Actionen  qualitet.  Es  wil  im  glei- 
chen mit  spendirung  so  genaw  nicht  zugehen,  vnd  zum  abreisen  ist 
vns  Zehrung  ohn  alle  mittel  nötigk.  Wie  nun  E.  Edle  H.  ihre  hoch- 
gerühmete  humanitet  vns  erwiesen  haben  im  receptiren.  Also  bitten 
wir  vmb  gleichen  fauor  im  dimittiren,  das  wir  noch  was  tage  vnd 
dilatie  haben  mügen  nach  hochgünstigem  E.  Edle  H.  wolgefallen  publice 
zu  agiren  vnd  notturfft  auf  den  weg  zu  gewinnen  von  denen,  so  sich 
im  Domnick  nicht  haben  müßigen  vnd  zu  verjucundiren  die  weile 
nemen  können.  Seind  solches  neben  andern  beneficien  hochstdanckbar- 
lich  zu  preisen  schuldig  und  erböttigk,  Vnzweifelich  vnd  fauorabelich 
Respons  demüttig  bittende  vnd  verhoffende. 

Datum  18.  Aug.  1616. 

E.  Edle  Gestr.  H. 

Demüttige  und  Dinstwilligste 

gesampte  Compagnie 
der    E  n  g  e  1  i  s  c  h  e  n    C  o  m  o  e  d  i  a  n  t  e  n  . 

Supplicanten  ist  noch  drey  mahl    zu    agiren    verstattet    worden. 
Act.  19.  Aug.  1616. 

III. 

Edle,  Gestrenge,  Ehrenfeste  vnd  Hochweise,  hoch- 
günstige  herren. 
Wir  hatten  nicht  vermeint,  E.  Edle  H.  mehr  mit  supplicircn  zu 
bemühen  oder  auch  lenger  vns  hie  aufzuhalten.  Es  ist  uns  aber  wegen 
I.  K.  Matt,  zu  Polen  und  Schweden i)  angemüttet,  noch  etwas  abzuwar- 
ten auf  gnedigste  Resolutie,  ob  I.  K.  Matt,  vnsers  Dinstes  möchte  be- 
gerende  sein.  Wan  dan  damit  etzliche  tage  hinlaufen,  ehe  wir  gne- 
digsten  bescheid  erlangen  vnd  vnser  gelegenheit  nicht  leiden  wil,  in 
mittels  hie  am  schweren  ortt  ohn  verdinst  zu  zehren,  da  vns  auch 
sonst  große  vnkosten  sein  aufgegangen,  die  wir  nicht  eingenommen, 
weil  wir  hie  agiret  haben.  Als  gelanget  an  E.  Edle  H.  vnser  hohes 
bitten,  Sie  geruhen  I.  K.  Matt,  höchstgemelt  zu  besondern  Ehren  vns 
zu  indulgiren,  das  wir  dero  gnedigsten  willen  abzuwarten  vnd  zu  Ver- 
hüttung vnsers  praesent  Schadens  in  mitler  Zeit  mit  vnsern  Actionibus 
Comocdicis  vnd  Tragoedicis  verfahren  vnd  die  Zehrungs  vnkosten 
erschwinden  mögen.  Das  gereicht  I.  K.  Matt,  zu  gnedigstem  wolgefallen, 
vnd  wir  seind  es  bey  deroselben  gantz  vnterthänig  zu  rühmen  vnd 
auch  anderweit  E.  Edle    H.  jjrroßen    fauor    vnd  freundlichste  Affection 


»)  Sigismund  TU.  (1586—1632). 


1616-1619.  51 

bey  Potentaten    vnd    landen   zu    euulgiren  A-nd  commendiren  schuldig" 
vnd  erböttig.     Datum  25.  Aug-.  Ao    1616. 
E.  Edle  G.  H. 

Dinstwillige 

Gesampte  Englische  Como edianten 
hie  anwesend. 

Lecta  in  Senatu  25.  Aug.  1616.  Vnd  befunden,  das  ihr  itziges 
anhalten  abzuschlagen  sey. 

1618  wollte,  wie  Löschin  1,  388  angiebt,  der  Rat  den 
Jesuiten,  die  seit  1592  im  bischöfliclien  Schottland  ein  Kolle- 
gium besassen,  das  Anschlagen  ihrer  Komödienzettel  in  der  Stadt 
nicht  erlauben.  Ein  Berliner  Manuscript  (Mscr.  boruss.  fol.  250: 
Nucleus  Senatus-Consultorum  Gedanensium  Bl.  186  b)  berichtet 
darüber : 

1618,  20.  Febr.  E.  E.  Raht  hat  geschlossen,  dass  die  Jesuiten 
Zettel,  so  sie  wegen  ihrer  Comoedien  im  Schottland  zu  agiren  in  der 
Stadt  anschlagen  lassen,  wie  sie  heut  schon  abgerissen  worden,  auch 
ferner  nicht  sollen  gelitten  werden,  und  daß  darauff  besondere  Stadt- 
diener zu  beordnen,  die  darauff  acht  haben  sollen,  ob  sie  jemand 
über  dem  Anschlagen  betreten  möchten,  daß  derselbe  zu  dem  H.  Präsi- 
denten gebracht  und  von  ihm  derhalben  hart  zu  rede  gesetzet  werde 
sub  gravi  inferminatione,  sich  solches  ferner  gäntzlich  zu  enthalten. 
Da  aber  auch  jemand  betroffen  würde,  der  die  Trummel  schlagen 
wolte,  daß  der  begriffen,  ingleichen  zu  dem  H.  Präsidenten  gebracht, 
mit  dem  Anckerschmiede-Thurn  soll  bestrafft  werden. 

1619.  Auf  der  Durchreise  von  Königsberg  nach  Berlin 
erschienen  zu  Ende  Juli  die  kurfürstlich  brandenburgischen  Komö- 
dianten, wahrscheinlich  unter  Hans  Stockfisehs,  d.  i.  John 
Spencers,  Führung.  Ihr  Gesuch  wurde  jedoch  "aus  allerhand 
Ursachen'  nicht  bewilligt.  Dagegen  erhielt  eine  kurz  darauf 
eintreffende  Gesellschaft  englischer  Komödianten,  wohl  nicht  die 
Greens^),  die  eine  neue  Tragödie  Lucretia  mitbrachte,  für  die 
Doniinikszeit  Spielerlaubnis,  doch  durften  sie  nur  2  Gr.  Eintritts- 
geld nehmen.  —  Gleichzeitig  gab  eine  Compagnie  Seiltänzer  und 
Rossspringer  unter  Diettrich  Weben  Trapp  während  des  Domi- 
niks ihre  Vorstellungen.  Der  Rat,  der  von  ihnen  am  20.  August 
zu  einer  Extravorstellung  auf  der  Fechtschule  eingeladen  wurde, 
'da  es  aufifem  hohen  Thor  zu  wenig  Raum  hat',  wählte  Dienstag 

■1)  Vielleicht  aber  die  am  19.  Mai  1619  aus  Rostock  verwiesene 
englische  Truppe  (Beiträge  zur  Gesch.  Rostocks  1,  54). 


52  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

den  27.  August,  um  ihr  'Kunstspringen  und  Tantzen'  anzusehen. 
Bei  den  Engländern  hatte  er  sieh  am  voraufgegangenen  Freitag 
'etwas  Schönes'  vorspielen  lassen. 

I. 

Herr  Burgermeister,  Gestrenge,  Edle,  ehrenveste,  Nahmhaffte, 
hoch  vnclt  weise  Herren, 

E.  G.  herligkeiten  seinclt  vnsere  wiellige  diehnste  ieder  zeitt 
in  aller  gebühr  zuvor  nebenst  herzlicher  Wünschungk  von  Gott 
dem  Allerhöchsten,  Aller  gedeilichen  Wolfahrtt,  glücksehligen  vndtt 
friedlichen  Regierungk  Nebenst  gutter  bestendigen  gesundtheitt  vnd 
endlich  die  ewige  Sehligkeitt.  Demnach,  G.  E.  Ehrenueste  hochweise 
herren,  gelanget  an  dieselbige  der  ganzen  Compagnia  Churfürstlicher 
genaden  von  Brandenburgk  ihrer  Durchleuchtigkeitten  Musici  vnd 
Comedianten  vnser  ganz  fieissig  vndt  freundtliches  bietten ,  weil 
wier  in  kurzen  Churlürstlichem  befehlich  nach  balltt  nach  Berrlin 
voreissen  müssen  vndt  dennoch  E.  E.  Rahtt  vndt  dieser  weittberumbtten 
Statt  Danzigk  zu  ehren  vnsern  weg  hier  genommen,  noch  dieselbigen 
dies  Mahl  zu  besuchen  vndt  dienstlich  anzuhaltten,  vnser  Musica  vnd 
Comedien  doch  ohne  einige  ergernus  oder  leichtferttkeitt,  die  iemandt 
ergeru  möchten,  zu  Agiren,  Als  gelanget  an  E.  E.  G.  herrlichkeitton 
sambt  vnd  sonnders  vnser  demüttiges  vnd  fleissiges  bietten,  woltten 
geruhen,  Churfürstlicher  genaden,  vnsers  genedigsten  Herren,  dieser 
Statt  gewogenheitt  vndt  besehener  vorbiett,  das  wier  den  Domnigk 
vber  14  Tage  langk  vnsere  Comedien  vndt  Tragedien  vben  mögen  auff 
E.H.  f echt tschiile,  welches  dem  gemeinen  Nuzen  auch  kan  fromen 
briengen.  Solches  AvoUen  wier  sambtlich  niecht  allein  hoch  zu  rühmen, 
sonndern  auch  in  aller  gebühr  nach  besten  vormögen  zu  vorschulden 
niemmer  vorgessen.  E.  G.  Gestrenge  herrligkeitten  sambt  vnd  sonn- 
ders dem  lieben  Gott  ien  seinen  Schuz  vnd  vns  ihn  dero  gunst  ganz 
treulich  endpfehlende,  seindt  in  aller  demutt  genediger  glitten  vnab- 
schläglichen  andtwortt  Erwarttende. 

E.  G.  Herrligkeitten 

Dienstwiellige 

Churfürstlicher  genaden  vndtt  Durchlauchtigkeitten 

von  Brandenburgk  etc. 

Musici  vnd  Comedianten. 

E.  E.  Raht  siehct,  das  Supplicanten  aus  allerhandt  Ursachen  für 
(ließ  mahl  nicht  könne  gefugett  werden.     Actum  26  Julij  1G19. 

n. 

Herr  Burgermeister  etc. 
Nach  erbiettung  vnser  wielligcn    diehnste  vndt  wünschung    von 
dem  Aller  höchsten.   Aller   behaglichen   Wolfahrt   Glücksehligen   vndt 
friedlichen  Regierung  zu  Allem    gutten,   Denniach    E.  E.  E.  hochweise 


i 


1619.  53 

herren  gelanget  an  E.  G.  h.  vnser  sambt  vndt  sonders  dienstfleissiges 
bitten,  das,  weil  Avier  dieser  gutten  vndt  weitt  berümbten  Stadt  Danzig 
einen  weitten  Wegk  zu  ehren  vndt  gefallen  gereisett,  E.  herrligkeitten 
vns  grosgünstig  vorgönnen  wollen,  vorstehenden  Domnig-  auff  14  Tag-e 
auff  der  fechtt  schulen  vnsere  Comedien  vnd  Tragedien  zu  vben, 
die  in  aller  erbärkeitt  vndt  gutten  Sietten  ohne  iemandts  ergernus 
gesehen  Sollen,  Wollen  auch  niecht  Mehr  den  3  groschen  Von  der 
Perschon  zu  nehmen  gehaltten  sein.  Solches  wollen  »vier  nach  höchstem 
Vermögen  vns  befleissigen  in  aller  gebühr  zu  vorschulden.  Thun 
hiemitt  E.  G.  H.  Sambt  vnd  sonnders  dem  lieben  Gott  ien  seinen 
Schutz  vndt  vns  ihn  dero  gunst  Erenlich  endtpfehlen  vndt  sein  Tröst- 
licher Andtwortt  erwarttende. 

E.  G.  H. 

Dienstwillige 

Englische    C  o  m  e  d  i  a  n  t  e  n. 

E.  E.  Raht  will  Supplicanten  vergunnet  haben,  auff  8  tage  zu 
agiren,  doch  also  daß  sie  keine  vnzuchtige  vnd  ergerliche  sachen  intro- 
duciren  sollen,  auch  von  der  person  nicht  mehr  alß  zAvey  groschen 
nehmen.     Actum  31  Julij  1619. 

III. 
Herr  Burgermeyster  etc. 
Daß  E.  E.  vnd  herlichk.  vf  vnser  demutigß  ansuchen,  zu  tracta- 
ment  vnser  exercitien  bißhero  alß  Mecaenaten  sich  ertzeuget  vnd  groß- 
gunstig  consentiren  Avollen,  dessen  haben  wir  vnß  sampt  vnd  sonderß 
in  specie  zubedancken,  Erkennen  vnß  auch  schultig  vnd  obligirt,  in 
aller  vnderthenigen  reverentz  eussersteu  vermögenß  zuwiedergelten. 
Demnach  dan  aber  von  vnser  gesellschafft  in  gewöhnlichem  brauch 
bißhero  observirt  worden,  daß  für  ertzeigte  gutt  und  wohlthaten,  avo 
nicht,  Avie  sichß  wohl  gepurtt  jedoch  pro  viribus,  ein  zeichen  der 
danckbarkeitt  zuerweißen  vnd  einen  hochAveissen  Magistrat  mit  einer 
sonderlich  schönen  Action  zuuerehren,  Gestalt  dan  Einen  Edlen  A-nnd 
HochAveissen  Raht  Avir  hiermit  supplicando  getreAver  Avohlmeynung 
fleissig  invitirt  vnd  geladen  haben  Avollen,  vnderthenig  pittende,  Ihren 
bestandigen  favor  vnnd  patrocinium,  auch  bekante  humanitet  gegen 
vnß  in  deme  ferner  so  zu  continuiren  A-nnd,  Avaß  E.  E.  vnd  H.  zu  Ehren 
angesehen  nicht  zuuerschmähen,  sondern  mit  [den]  stralen  ihreß  faA'oris 
großgunstig  zuillustriren,  auch  Avan  \-nd  zu  Avelcher  zeitt  denselben 
solche  vnßre  Offerten  wohlgefällig*  vnnd  gelegen  zu  acceptiren,  vnß 
zuberichten  lassen.  Schließlichen  dan,  dieweil  nuhn  die  vnß  zuge- 
lassene Zeitt  Eingeschlichen  vnd  aber  wegen  der  Fechtschulen,  wie 
auch  der  Sonnabenden  zuuerschonen  Avir  kaum  die  helffte  zuagiren 
gehabt,  Inmittelß  aber  die  ferne  deß  wegß,  der  große  Reyßkosten  A-nd 
andere  kostbahre  sumptus  sich  dermaßen  hoch  erstrecken,  daß  ohne 
mercklichen  schaden  in  so  geringer  frist  Avir  wenig  Consolation  oder 
Recompens  angewanter  mühe  vnd  fleißes  zuempfinden,  Alß  leben  Avir 


54  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

in  getröster  hoffnung,  Aldieweil  wir,  soviel  vnß  wissend,  biß  noch  mit 
vnsern  actionen  Niemand  offendirt  oder  molestirt,  Eß  werden  E.  E. 
vnd  Herl.  (weil  eß  doch  so  wohl  einem  hochlöblichen  Magistrat,  alß 
auch  dieser  gantzen  Communion  sonder  allen  schaden)  Ihren  favor 
nachmaln  großgunstig  gegen  vnß  sereniren  vnd  fernerß  eine  zeittlang 
mit  vnsern  Actionibus  zu  procediren  gestatten.  Dieselbige  hiermit 
sampt  vnd  sonderß  Gotteß  vätterlichen  obhaltt  zu  glückseligem  fried- 
lichen Regiment,  beharrlicher  leibß  gesundheit  vnd  aller  erwunsch- 
lichen  wohlfahrtt  auß  trewen  hertzen  empfehlende 
E.  E.  H.  vnd  Gunsten 

Vnderthenige 
Englische    Comedianten. 

E.  E.  Raht  vergünnet  ihnen,  das  sie  noch  diese  Avoche  vnd  nicht 
länger  agiren  mügen,  doch  nicht  mehr  alß  2  g.  nehmen:  Vnd  Avill  sich 
auch  E.  E.  Raht  künfftigen  Freytag  zu  ihrer  Action  einstellen,  da  sie 
sich  auf  etwas  schönes  werden  fertig   machen.     Actum  19.  Aug.  1619. 

IV. 
Edle  Gestrenge  etc. 

Demenach  ohnlängst  von  vnß  eine  gantz  neue  Tragoedia  von 
der  Römischen  Lucretia^)  zuvor  niemalß  agirt,  in  theatrum  imblice 
producirt  worden,  vndt  wir  aber  damalß  nicht  allein  ein  sonderlichen 
applausum  Spectatorum  vermercket,  sondern  werden  auch  von  dem 
mehrern  theil  dieses  orths  Burgerschaft  instendig  ersucht,  vorgemelte 
Action  noch  einest  zu  reiterireu; 

Wann  dann  denenselben  zu  gratificiren  wir  ohne  daß  geneigt, 
darneben  auch  erachten,  daß  gedachte  edle  denckwürdige  Historia 
E.  Ehrnvh.  Herrlichk.  vndt  gunstcn  ebcnmässig  nicht  ohnangeiiehm 
sein  werde,  Alß  haben  wir  schuldigste  Reverentz  nicht  vnderlassen 
sollen  noch  wollen,  denenselben  mehr  bemelte  repetitionem  Actionis  zu 
praesentiren  vndt  zu  offeriren,  auch  auf  welchen  tag  E.  Ehrnvh.  vndt 
Herrligk.  gefällig  vndt  wohl  gelegen  deren  beyzuvolgen,  vnß  groß 
günstigen  bescheidt  vndt  befehlichß  zuerholen,  Dieselbe  noehmalß  in 
Gottes  Väterlichen  Obhalt,  vnß  aber  ihnen  zu  beharrlichen  Diensten 
jederzeit  befehlende 

E.  Ehrnvh.  Herrl.  vndt  gunsten 

Willigste  Diener 
Englische  Comoedianten. 

Lect.  '28.  Augusti  An.  1619.  E.  E.  Radt  weiß  Supplicanten  weiter 
nichts  einzuwillisren. 


^)   Vielleicht   ist   an    Thomas  Heywoods    Drama  'The    rape  of 
Lucrece'  (1607)  zu  denken. 


1619.  55 

V. 

Edle,  Gesti-eng-e  etc. 

Ohngerne  zAvar  thun  E.  Ehrnvh.  vndt  herrligk.  wir  abennalß 
supplieando  bemühen,  aber  so  viel  g'enad,  Ehr  vndt  vnß  erwiesene 
höflichkeit  adniittiren  niclit,  daß  einige  vndanckbarkeit  oder  rusticitet 
auf  vnß  haften  soltte. 

Das  nnn  bißhero  E.  Herrligk.  vndt  gunsten  vnß  großgünstig'  zu 
agiren  gestattet,  vnsere  Action  mit  stattlicher  praesentia  condecoriret, 
auch  mit  Einem  ehrlöblichen  honorario  remuneriret,  diß  alles  vndt  iedeß 
erkennen  wir  mit  schuldiger  Reverenz  alß  hochrümliche  g'ut-  vnd  Avohl- 
thaten,  davor  wir  Zeit  lebenß  obligirt  vndt  zu  diensten  pflichtig-  ver- 
pleiben, 

Weilen  wir  aber  berichtet,  Ein  Ehrnvester  hochweiser  Rath 
hab  endtlicli  beschlossen,  daß  vor  dißmahl  wir  ferners  nicht  agiren 
sollen,  welcher  Rathschluß  dann  ehe  ergang'en,  dann  wirß  vnß  vermutet, 
ob  wohl  demselben  in  einigem  weg-e  zu  reluctiren  wir  nicht  gedencken, 
*  Demenach  aber  von  vnsern  bißhero  gehabten  Spectatoribus  dieser 
Ehrlöblichen  policey  vndt  Burgerschafft  wir  keinen  Vrlaub  genommen, 
auch  (wider  vnsere  gewonheit)  keine  Valediction  gesprochen,  Avelches 
alles  vnß  nicht  allein  zur  vnhöfligkeit  gerechnet,  sondern  auch,  alß 
wann  wir  insalutato  hospite  davon  gezogen,  ja  von  vnsern  Osoribus 
anderer  orthen,  alß  wann  etwa  vns  vbel  Verhaltens  willen  wir  abge- 
schaffet  Avorden,  auß  spargiret  werden  möchte,  also  zu  schimpf  ge- 
reichen soltte, 

Alß  gelanget  an  E.  Ehrnv.  vnd  gunsten  vor  dismahl  vnser 
letzte  pitt,  Aveilen  Salutation  vnd  Valediction  nicht  allein  menschlich, 
sondern  auch  Christlich,  Ein  Ehrenvester  hochweyser  Rath  geruhe  noch 
großgünstiglich  zugestatten,  das  zukünftigen  Sontagß  dero  gehorsamen 
treuen  Bürgerschafft  zum  Valete,  gueter  nacht  vndt  gedächtnuß  noch 
eine  ergötzliehe  Comoedi  agiren,  also  mit  ehren,  glimpf  vndt  guetem 
nahmen  von  hinnen  abreisen  mögen.  Solches  beschicht  vnsers  Ver- 
hoffens  pillich,  pleibenß  auch  mit  angenehmer  Dienstserweisung  zu 
widergelten  ohnvergessen,  Thun  auch  dieselbe  sambt  vndt  sonders 
alß  vnsere  hochgeehrte  benefactoren  mit  alle  den  jrigen  in  Gottes 
vätterlichen  schütz  vndt  schirm  allertreulichst  befehlen,  der  spare  Sie 
frisch  vndt  gesundt,  grünendt  vndt  blüend  in  friedlichem  Regiment, 
zu  erbaAvung  seiner  Christlichen  Kirchen,  zum  Avohlstandt  gemeines 
wesenß  dieser  gueten  Stadt,  auch  allen  freyen  Künsten  vndt  deren 
Cultoribus  zum  trost  vndt  allerbesten,  welcher  allgetrewe  Gott  sie 
segnen  wolle  mit  fried  vndt  freuden  hier  zeitlich  vndt  dort  ewiglich, 
ja  allem  deme,  waß  sie  an  leib  vndt  Seel  erfrewen  kann. 

E.  Ehrnv.  Herrl.  vndt  Gunsten 

Avilligste  Diener 
Englische   C  o  m  e  d  i  a  n  t  e  n. 

Lecta  in  Senatu  30  Aug.  1619.  Vnd  lests  E.  E.  R.  bey  vorigem 
schlus  vnd  weis  nichts  weiter  einzuwilligen. 


56  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

1621  verfasste  ein  aus  Dauzig-  gebürtiger  Buchdrucker, 
Paulus  de  Vise  mit  Namen,  ein  interessantes  und  beliebt  ge- 
wordenes Schauspiel,  von  dem  es  allerdings  nicht  ganz  sicher 
ist,  ob  es  in  Danzig  entstand  und  gedruckt  wurde: 

DEPOSITIO  CORNUTI,  |  Zu  Lob  vnd  Ehren  |  Der  Edlen,  Hoch- 
löbliclien  vnd  Weitbe-  |  rhümbten  Freyen  Kunst  (  Buchdruckerey,  |  In 
kurtze  Reimen  verfasset  |  Durch  |  PAULUM  de  VISE  Gedanensem 
Typothctani.  |  o.  0.  1621.  8  Bl.  4»  (Berlin).  —  Abdruck  von  Gaedertz, 
Akademische  Blätter  1,  395  (1884)  und  W.  Blades,  An  account  of  the 
german  morality-play^  entitled  Depositio  Cornuti  Typographici  (Lon- 
don 1885)  S.  101. 

Diese  gereimte  'Euthörnung  des  Lehrlings'  ist  für  die  der 
studentischen  Sitte  der  Deposition  nachgebildete  Gesellenweihe 
der  Buchdrucker  bestimmt  und  besteht  in  der  Hauptsache  aus 
einem  Dialoge  zwischen  dem  hochdeutsch  redenden  Depositor 
und  seinem  niederdeutsch  redenden  Knechte.  Beide  nehmen 
den  unglücklichen  Cornuten,  d.  h.  den  mit  Hörnern  versehenen 
Lehrling,  vor  und  heissen  ihn  zeigen,  was  er  kann.  Er  muss 
tanzen,  lesen,  singen,  einen  Schinken  anschneiden  und  macht  es 
nie  recht.  Dann  legen  sie  ihn  auf  die  Bank,  um  ihn  wie  einen 
;groben  Klotz  zu  behauen,  zu  behobeln,  zu  barbieren,  ihm  einen 
Zahn  auszuziehen  und  die  Pritsche  zu  schlagen.  Nachdem  er 
geschworen,  das  ihm  Widerfahrene  nicht  zu  rächen,  und  anstatt 
eines  Ritterschlages  eine  Maulschelle  erhalten  ('Leid  diß  von  mir 
und  keinem  sunst'),  tritt  ein  Pfaff  mit  den  Paten  herein  und 
vollzieht  an  ihm  die  Gesellentaufe,  indem  er  ihm  ein  Glas  Wasser 
über  den  Kopf  giesst. 

Über  den  Verfasser  dieses  frischen  Volksstückes  ist  bisher 
nichts  bekannt.  Er  ist  weder  bei  Hanow  (Denckmahl  der  Dau- 
ziger  Buehdruckcreyen.  1740)  noch  bei  Löschin  (Geschichte  der 
Danziger  Buchdrucker.  1840)  verzeichnet  und  war  wohl  auch 
kein  selbständiger  Besitzer  einer  Druckerei,  sondern  nur  Geselle. 
Vermutlich  war  er  der  Sohn  eines  aus  den  Niederlanden  einge- 
wanderten Schankwirtes,  den  ich  im  Danziger  Bürgerbuche  unter 
dem  9.  März  1596  als  "Jeronimo  de  Vise,  von  Luickh  [d.  i. 
Lüttich],  Bierschenckh'  eingetragen  finde.  Da  wir  jedoch  nichts 
von  einer  in  Danzig  heimischen  Sitte  der  Buchdruckerdeposition 
wissen  und  sich  auch  die  Einmischung  niederdeutscher  Partien  in 
hochdeutsche  Dichtungen  in  Danzig  sonst  nicht  eben  häufig  nach- 
weisen last,    wird  der  Verdacht  nicht  abzulehnen  sein,    dass  der 


1621.  1623.  57 

Danzig-er  Paul  de  Vise  sein  Drama  in  einer  andern  Stadt  Nord- 
deutschlands für  seine  Zunftg-enossen  niederschrieb  und  druckte, 
etwa  in  Hamburg-,  wo  die  niederdeutsche  Litteratur  noch  im 
17.  Jahrhundert  fortblühte,  oder  in  Lüneburg,  wo  1655  eine 
sorg-faltig-e  Überarbeitung  des  Stückes  durch  den  bekannten  hol- 
steinischen Pastor  Job.  Rist  erschien^).  Der  Dialekt  der  nieder- 
deutschen Verse  giebt  leider  keine  Entscheidung  dieser  Frage, 
da  er,  wie  mir  ein  Kenner  wie  Wilh.  Seelmaun  bestätigt,  keine 
lokale  Färbung  trägt. 

1623  besuchte  der  polnische  König  Sigismund  III.  am 
1.  Juli  Danzig.  Kurz  zuvor  hatten  ihm  die  Jesuiten  in  Brauns- 
berg ein  Schauspiel  von  dem  bei  Varna  gefallenen  Könige  Wla- 
dislaus  vorgeführt  ^j ,  auch  die  Jesuitenzöglinge  im  Schottland 
zeigten  auf  einem  auf  dem  Kirchhofe  erbauten  Theater  ihre  Kunst, 
weit  glanzvoller  aber  war  der  Empfang,  den  die  Danziger  dem 
durch  das  Hohe  Thor  einziehenden  Könige  bereiteten.  Ehren- 
pforten waren  auf  der  Langgasse  bis  hin  zum  königlichen  Ab- 
steigequartier auf  dem  Grünen  Thore  errichtet,  und  an  den  fol- 
genden Tagen  wetteiferten  die  Gewerke  der  Zimmerleute,  Schiffer, 
Kürschner  und  Fleischhauer  mit  dem  Rate,  den  König  durch 
Aufzüge  und  Lustbarkeiten  zu  ergötzen.  Einem  ausführlichen 
gedruckten  Berichte  von  Petrus  Witzke^)  entnehme  ich  Fol- 
gendes : 

Den  2.  Jiilii  nach  Essens  dantzten  die  Schiffs  Zimmerleut  für 
I.  Kön.  Maj.  Losament.  Auff  den  Abendt  war  ein  Fewerwerck  auff 
dem  Theatro,  da  ein  Romaner  [Miicius  Scävola]  seine  Handt  selber 
verbrandt,  aiifgestellet.  Den  3.  Julii  dantzten  die  Schipper,  vnnd 
war  eine  öffentliche  Fecht  Schul.  —  Den  5.  Julii  Nachmittag'  ist  ein 
Bull  vnd  Bär  gehetzt.  Auffn  Abendt  ward  ein  Fewerwerck  wie  eine 
Vestung,  ein  Schwan  auftm  Wasser,    3  Wasserkugeln    sampt  mehr  an- 


1)  Neudruck  von  Gaedertz,  Gebrüder  Stern  und  Ristens  Depo- 
sitionspiel.    Lüneburg"  1886. 

2)  Lengnich,  Geschichte  der  preussischen  Lande  poln.  Anteils 
5,  161  (1727).  In  Thorn  war  am  17.  Mai  ein  Ballet  vor  ihm  autgeführt 
worden  (Zernecke,  Thornische  Chronica  1727  S.  269). 

3)  Beschreibung  des  Einzugs  Sigismund  III.  Danzig  1623.  4'^ 
(Stadtbibliothek  XV  q.  24,  Bl.  102)  Bl.  B  3a.  -  Curicke,  Beschreibung 
Danzigs  1688  S.  73a  und  Löschin,  Geschichte  Danzig-s  1,  410  erwähnen 
die  Festlichkeiten  nur  kurz. 


58  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

derm,  darauß  viel  Schläge  vnd  Racketen  geschossen,  aiiffgestellet.  Den 
G.  daiitzten  auff  den  Abendt  die  Kürßner  mit  Liechten  auff  dem 
Haupt,  weissen  Hembden  vnd  Bögelen  für  I.  K.  M.  Losament.  —  Den 
10.  haben  die  Fleischhawer  für  K.  Artus  Holf  gestochen  vnnd  aufif 
einer  Haut  einen  Jungen  vnnd  ein  außgekleidet  Weibsbildt  wie  mit 
einer  Puppen  auffgeworflfen,  in  die  höhe  aber  hat  sie  die  Puppen  noch 
höher  geworffen.  Den  11.  fuhr  I.  K.  M.  für  das  Hauß  Weisselmünde, 
vnd  waren  3  Bothe  mit  Musicanten  hinauß,  so  da  musicirten;  auch 
stochen  etliche  auff  dem  Wasser.  —  Den  16.  Nachmittag  ward  auff 
der  Linien  [Leine]  gedantzet,  vnd  waren  2  Mägdlein,  so  allerley  Gal- 
liarten,  Passameso  vnd  Intraden  dantzten.  Auch  war  ein  Mastbaum 
g-esetzet,  dar  oben  ein  Krantz  vnd  Beutel,  darin  20  Florin,  ein  Hut 
mit  einem  Federbusch ,  ein  roht  Futterhembd,  ein  par  Gewandt 
Hosen,  ein  par  Strümpff  vnd  ein  par  Handschuh.  Dieser  Baum  war 
glat  vnd  mit  schwartzer  Seifif  bestrichen,  da  fieng  man  auch  au  auff- 
zusteigen  etc. 

Wenige  Tage  nach  der  Abreise  des  Königs  langte  eine 
Schanspielertriippe  nnter  den  sonst  nicht  weiter  bekannten  P'iih- 
rern  Paul  Schulz,  Michel  Frantzoß  und  Johan  Tieß  an 
und  erhielt  Spielerlaubnis  während  des  Dominiks.  Ihr  Gesuch 
lautet : 

Herr  Bürgermeister  etc. 
Nachdem  wir  Supplicauten  vnd  Comedianten  Kegenst  fursehen 
den  Dominick  dieser  gutten  Stadt  vnd  einem  Erbaru  Hochweisen  Rahtt 
zu  sonderlichen  ehren  vns  anhero  gemacht,  in  willens  vnd  meinungk, 
nicht  allein  mit  schonen  Geistlichen,  sondern  auch  Weltlichen  Come- 
dien  vnd  Tragedien  vns  sehen  zu  laßen,  bei  Avelchem  allem  dann  auch 
eine  schone  vnd  zierliche  Musica  soll  gehöret  vnd  exerciret  werden, 
Inmaßen  dann  bey  solchen  Comedien  vndt  Tragedieu  herrliche  schone 
Baletten,  Mascheraden  vndt  Englische  Tentze  sollen  gesehen,  geübet 
vnd  verrichtet  werden.  Wann  aber  solchs  ohne  vorhero  eines  Elrbaren 
Hochweisenn  Rahtts  erlangeten  Consens  vnd  günstigem  Zulaß  nicht 
kan  ins  Werck  gerichtet  werden,  Alß  haben  wir  in  höchster  demuth 
nicht  vmbgangk  nehmen  mögen,  mit  kegenwertiger  supplication  E.  E. 
N.  H.  W.  als  höchste  Patronen  vnd  mechtigste  Befördrers  hiemit  an- 
zulauö'en,  gantz  demüttigst  vnd  vntcrthenigst  bittende,  Sie  geruhen, 
ihrer  Christlichen  gewogenheit  nach  Ihnen  zu  hohen  ehren  vnd  allen 
andern  solcher  Künsten  vnd  zierlichen  Music  Liebhabernn  vnd  Exer- 
citanten  zu  sonderlichem  gefallen  solchs  allergüustigst  concediren  vnd 
nachzugeben.  Der  ohrt  aber,  da  Avir  eßelbe  verrichten  viul  ins  Werde 
stellen  wollen,  kau  nicht  iüglicher  als  im  Kett  erhagisch  enn  Tliore 
auf  dem  verordenten  Fecht  Platzs  geschehenn,  Worselbsten  Wir  bil- 
licherweise  wegen  vnserer  mühe  vnd  aufgewandten  Vnkosten,  ein 
Erbahr  Hochweiser  Rahtt  aber  das  ihrige,  inhalt  ihrer  anorduung,  zu 
foderu  hettenu.     Diese  Beforderuuff    erkennen  wir   zu  allen  Zeiten  zu- 


1623-1629.  59 

uerdienen  vns  schuldig,  dcroselben  tröstlichen  Bescheides  wir  in  deinuth 
erwahrten  tlnm. 

E.  E.  N.  H.  W. 

demüttige  vnd  gantz  vnterthenige 
Pauli  Schultz 
Michel  Frantzoß 
Johann  Tieß 
samptliche  Comedianten. 
Darauf  der  Vermerk : 

Es  hatt  ein  Erb:  Rahtt  geschloßen,  das  den  comedianten  auff  ihr 
anhalten  sechßmahl  zu  agiren  solle  vei'günnet  sein  mit  diesem  Be- 
scheide, das  sie  sich  im  agiren  erbarlich  verhalten  vnd  durch  böse 
exempel  nicht  anlaß  zum  bösen  verursachen.  Von  den  Persohnen  ist 
ihnen  vergönnet  4  g.  zu  nehmen,  woruon  3  ihnen  sollen  werden  vnd 
1  gr.  der  Kämmerey.     Actum  den  26  July  Ao.  1623. 

Dieselben  Comoedianten  Paulus  Schultz  und  Johan 
T  i  e  ß  e  n  bitten  nach  Ablauf  der  Frist,  noch  etliche  Komödien 
agiren  zu  dürfen,  da  sie  in  den  verflossenen  sechs  Tagen  oft  grosses 
Regenwetter  gehabt,  'also  das  wir  auch  zu  zwey  vnterschiedenen 
mahlen  den  leuten  das  gelt  haben  wieder  geben,  zu  dem  den 
Fechtern  in  ihren  bestimbten  tagen  cediren  müßen'.  Auch  haben 
sie  'viel  Sumptus  auff  kleider,  gebewde  vnd  sonsten  gewandt'. 
Sie  erbieten  sich,  vor  dem  Rate  'eine  herliche  Commoediam,  auff 
welchen  tag  vnd  stunde'  derselbe  begehrt,  zu  spielen.  Indes 
schlug  der  Rat  am  25.  August  1623  ihr  Gesuch  ab,  weil  sie 
schon  über  die  Zeit  der  Freiheit  genossen. 

1629  am  6.  Februar  reichten  einige  nicht  näher  be- 
zeichnete, aber  wohl  den  Bürgern  Danzigs  zugehöreude  'Co- 
moedianten' ein  Gesuch  beim  Rate  ein,  um  'ezliche  schöne 
vnd    lustige  Comoedien    vom   Weißen    Ritter^),    dem    Ritter 

^)  Wir  hören  von  verschiedenen  Aufführungen  eines  Weissen 
Ritters:  1597  und  1607  in  Königsberg  (Möller,  Progr.  1874  S.  8  f.),  um 
1610  in  Züllichau  (Bruchman,  Annales  von  Züllich  1665  S.  120),  1618  in 
Bautzen  (Archiv  f.  d.  Sachs.  Gesch.  4, 116).  Doch  haben  wir  darin  keine 
Dramatisierung  des  Romans  von  Herzog  Herpin  (Goedeke  ^  1,  358),  wie 
eine  solche  1592  und  IGOO  in  Augsburg-  gespielt  wixrde  (Weller,  Ann. 
2,  287  f.),  sondern  vielmehr  Hans  Sachs' Komödie  von  Olwier  und  Artus 
(1556.  Werke  2,  3,  58.  Vgl.  oben  S.  28)  zu  vermuten,  die  auf  dem 
Zielyschen  Romane  gleichen  Titels  (Scherer,  Die  Anfänge  des  d.  Prosa- 
romanes  1877  S.  10  f.)  beruht,  und  in  der  gleichfalls  ein  weisser  Ritter 
erscheint.  Dies  wird  durch  den  Titel  der  1607  vom  Königsberger 
Schulmeister  Jacob  Augustin  veranstalteten  Aufführung  bestätigt;  hier 
heisst  die  Komödie  'von  Olivier  und  dem  weisen  Ritter'. 


ßQ  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

G  a  1  m  y  ^)  vndt  einem  Könige  aus  Engelant  H  e  n  r  i  c  o  2)  in 
dieser  negstfnrstehenden  Fastnachtszeitt'  zu  agieren,  'dazu  24 
Personen  von  gutten  frischen  Soldaten  ^)  sich  zugebrauchen  nicht 
vngeneiget  weren,  inraaßen  solchs  auch  hiebefor  zum  Spectacel 
etzlicher  fornehmer  Potentaten,  Herren  vnd  Gemeinden  nicht 
ohne  derselben  sonderlicher  lust  vnd  gefallen  ist  practisiret  wor- 
den'. Der  Bat  versagte  ihnen  aber  diese  Belustigung,  da  'der 
feind  vns  Tragoedien  mehr  alß  zu  viel  agirt,  weßwcgeu  wir  der 
Comedien  wol  vergessen'. 

1631.  Aus  dem  gleichen  Grunde  schlug  der  Rat  am 
12.  Juni  die  flehentliche  Bitte  der  Kürschner  ab,  die  wegen  der 
Contributionen  schon  lange  Not  litten  und  deshalb  durch  das 
Agieren  von  "allerhandt  lieblichen  engeis  eben  Commedien'  ein 
Stück  Geld  zu  verdienen  hofften.  Offenbar  hatten  die  Kürschner 
eingesehen,  dass  die  Stücke  des  Hans  Sachs  und  anderer  Meister- 
sänger nicht  mehr  dem  Gescbmacke  der  Mitbürger    entsprachen, 


1)  Wickrams  Roman  Ritter  Gahny  uß  Schottland  (1539.  Goedeke 
2  2,  460)  wurde  155-2  von  Hans  Sachs  (Folioaxisgabe  2,  3,  69.  Einzel- 
druck Lpz.  1609)  und  1560  von  dem  Kürschner  Mich.  Föller  zu  Geln- 
hausen dramatisiert;  auch  Landgraf  Moritz  von  Hessen  besass  ein 
Drama  gleichen  Titels  (Goedeke  2,  523).  Auftuhrung-en  fanden  statt 
in  Eger  1557  (Gradl,  Mitt.  d.  V.  f.  Gesch.  d.  D.  i.  Böhmen  33,  240),  in  Königs- 
berg um  1581  (Möller,  Progr.  1874  S.  7),  Trautenau  1581  (Hüttel,  Chronik 
von  Trautenau  1881  S.  256),  Frankfurt  1597  (Kelchner,  Mitt.  d.  V.  f. 
Gesch.  in  Frankfurt  a.  M.  6,  356.  1881). 

2)  Für  die  danialig-en  Deutschen  bot  wohl  Heinrich  VIII.  unter 
den  englischen  Königen  dieses  Namens  das  meiste  Interesse  dar.  An 
ein  Shakespearesches  Drama  ist  schwerlich  zu  denken. 

3)  Eine  solche  schauspielerische  Thätigkeit  von  Soldaten  im 
Winterquartiere  begegnet  im  17.  Jahrhundert  öfter.  So  spielten  im 
März  1628  schottische  und  deutsche  Soldaten  zu  Elbing  allerlei  Ko- 
mödien zur  Fastnacht  (Die  preuss.  Geschichtschreiber  des  16.  und  17. 
Jahrhts.  5,  236.  1887).  In  Riga  verbot  der  Rat  am  28.  Dec.  1661  den 
Kronsoldaten,  mit  dem  Stern  herumzugehen  und  Komödien  zu  spielen 
(Riga,  Ratsprotokoll).  In  Lübeck  durften  1676  die  Soldaten,  die  seit 
einem  halben  Jahre  keinen  Sold  erhalten  hatten,  mit  dem  Stern  um- 
gehen und  ein  Weihnachtsspiel  aufführen,  1677  in  der  Fastnacht  auch 
als  Narren  verkleidet  auf  dem  Markte  einen  Schwerttanz  halten  (Gae- 
dertz,  Theaternachrichten  1888  S.  49).  Im  Februar  1()80  agierten  die 
•Mynsterske'  Unterofficiere  zu  Nyborg-  auf  Fünen  Komödien  (Dansk 
Advis  1680,  Nr.  5;  nachgewiesen  von  Herrn  S.  Birket  Smith  in  Kopen- 
hagen). 


1629-1635.  61 

und  hatten  sich  die  beiden  1620  und  1630  gedruckten  Sammcl- 
bände  'Englischer  Conioedien  und  Tragödien'  angeschafft,  um 
nun  mit  den  fremden  Schauspielern  zu  wetteifern. 

1()33  feierte  der  Rat  die  in  Krakau  stattfindende  Krönung 
Wladislaus  IV.  am  6.  Februar  durch  ein  grosses  Feuerwerk. 
Auf  dem  Markte  war  vor  dem  Artushofe  eine  hohe  Bühne  errich- 
tet, auf  der  ein  Standbikl  des  ]\[ucius  Scävola,  womit  auf  den 
Türkenfeklzug  des  Königs  hingewiesen  werden  sollte,  ferner  nord- 
wärts eine  Liebesburg  {castrum  amons),  südwärts  ein  Glücksrad 
(rof«  sortis  humanae)  und  ostwärts  eine  Säule  der  Beständigkeit 
{columna  constantiae),  alles  in  bunten  Farben  bemalt,  aufgestellt 
war.  Abends  8  Uhr  begann  das  P^euerwerk,  bei  dem  Ixion,  ein 
Gigantenkampf,  ein  bunter  Drache  u.  a.  zwischen  den  genannten 
Figuren  erschien  ^). 

Am  13.  Juni  beschied  der  Rat  das  Gesuch  von  12  Bürgern 
und  Bürgerskinderu :  Christian  von  Götzen,  Job.  Ake,  Matthias 
Brenke,  Jonas  Briesc,  Claus  Santkamer,  Val.  Klein,  Jacob  Lenard, 
Ludwig  Albrecht,  David  Andreas,  Cbristian  Barfuß,  Hanns  Preiß 
und  Simson  Haberman,  abschläglich.  Diese  wollten  nämlich  im 
Dominik  'etzliche  feine  Conioedien  vnd  tragoedien  aus  der  heili- 
gen Schrifft,  wie  auch  von  politischen  Hendelen  vnd  schonen 
Historien  von  den  heroischen  romischen  thatenn  vnd  anderer 
Volker  hohen  vndt  ruhmlichen  tugenden',  ""etwa  in  dem  Schiß- 
gartten  furm  hohen  thor,  oder  da  wirs  könten  am  fuglichsten 
verrichten',  vorstellen,  da  sie  schon  früher  allhier  Comödieu  und 
Tragödien  mit  gemeiner  Bürgerschaft  gutem  Willen  und  Gefallen 
agiert  haben  und  auch  'zu  vielen  malen  den  Englischen  Comoe- 
dianten  vnd  andern  als  freml)deu  nicht  ist  verweigert  worden.' 

1635  wurde  die  baufällige  Fecbtschule^),  die  der  Rat  schon 
am  10.  Nov.  1633  einem  Bürger  zur  Reparatur  und  Pachtung  zu 
übergeben  beschlossen  hatte,  umgebaut.  Da  einige  Bürger  für 
sich    besondere    Kammern    (d.  h.  Logen)    auf   der    neuen  Fecht 


^)  Summarischer  bericht  von  der  kgl.  Stadt  Dantzigk  Jubelfest 
1)ei  feyrung-  der  kgl.  Crönung  Vladislai  IV.  1633.  4»  (Stadtblbl.  XV. 
c|.  24,  Bl.  120).  —  Als  der  König  am  18.  Dec.  1634  nach  Danzig  kam, 
wurden  ihm  zwar  Ehrenpforten  errichtet,  aber  keine  Schauspiele  auf- 
geführt (hsl.  Bericht  ebd.  XV.  q.  24,  Nr.  25). 

2)  Vgl.  S.  41. 


ß2  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

schule  zu  haben  wünschten,  um  die  Spectacula  bequemer  an- 
sehen zu  können,  gestattete  ihnen  der  Rat  am  18.  Mai, 
solche  auf  eigne  Kosten  zu  bauen,  wenn  sie  für  jeden  zwei 
Werkschuhe  breiten  Sitz  zwei  Reichsthaler  an  die  Kämmerei 
zahlten;  dafür  sollte  der  Platz  ihr  lebenslängliches  Eigentum 
bleiben  (Nucleus  Senatus-Cousultorum  Gedanensium  im  Berliner 
Ms.  boruss.  fol.  250,  Bl.  214  a;  ebenda  die  am  8.  Juni  1635  ge- 
nehmigte Fechterordnung,  die  den  Beginn  der  Vorstellungen 
auf  spätestens  3  Uhr  Nachmittags  festsetzt).  1646  wurde  zum 
Empfange  der  Königin  die  Tomedienbude'  restauriert  und  ein 
grüner  Ofen  darein  gesetzt  (Kämmereibuch  1646). 

1636,  Der  Pfarrer  Michael  Albinus^)  oder  Weiss  in  Wossitz, 
der  1638  an  der  Danziger  Katharinenkirche  angestellt  wurde,  ver- 
ötfentlichte  eine  dichterische  Bearbeitung  des  Weihnachtsevan- 
geliums, die  wir  hier  aufführen,  obwohl  sie  nur  uneigentlich  ein 
Drama  genannt  werden  kann^). 

Die  I  Allerheilig'ste  |  Einpt'äng-nus,  |  Wunderbare  Geburt  |  vnnd 
Menschwerdung  |  Gottes  des  einigen  See-  |  lig-machers  Aller  Welt  | 
JESV  CHRISTI  I  Poetisch  beschrieben  |  Von  |  Michael  Albinen,  |  Seel- 
sorgern zu  Wossitz  im  |  Stüblowischen  Werder.  |  Dantzig'k,  bey  Georg' 
Rheten  gedruckt  |  vnd  daselbst  zu  finden.  |  1636.  |  71/2  Bogen  8». 
[Berlin.  Leipziger  Stadtbibl.] —  Die  latein.  Vorrede  ist  datiert:  E  Mini- 
strorum   purgatorio  tempore  Nativitatis,  Anno  M.D.C.  XXXVI. 

Die  einzelnen  Vorgänge  von  der  Verkündigung  Maria  bis 
zum  bethlehemitischen  Kindermorde  und  der  Heimkehr  aus  Ägypten 
werden  in  rhetorisch  ausgeschmückten  langatmigen  Reden  der 
Hauptpersonen  dargestellt,  während  die  Evangelisten  Lucas  und 
Matthäus  die  dazwischen  liegenden  Begel)enlieiten  erzählen.  Ausser 
der  Sprachbehandhing,  die  sich  von  dem  volkstümlichen  Tone 
der    älteren  Weihnachtsspiele  ^)    weit    entfernt,    verrät    auch   das 


1)  Geb.  1610  zu  Pröbbernau,  f  1653  zu  Danzig.  Vgl.  Ephr. 
Praetorius,  Danz.  Lehrer  Gedächtnis  1713  S.  5.  34.  Das  hsl.  Danziger 
Gelehrtenlexikon  (Dauz.  Stadtbibl.  XV  fol.  41)  Bl.  40b  zählt  41  Schriften 
von  ihm  auf.    Vgl.  auch  Goedeke,  Grdr.  -  3,  138  und  unten  z.  J.  1651 

2)  Nebenher  bemerke  ich,  dass  J.  Schilius,  Zwey  Christliche 
Fastnacht-Spiel,  Zu  verleidung  des  vn-Christlichen  Fastnachtswesens 
(Dantzig  1631.  4^)  und  B.  E.  Hettenbach,  Prophetisches  Trauerspiel 
von  Belsazar  (Dantzig  1650)  keine  Dramen,  wie  der  Titel  vermuten 
lässt,  sondern  Predigten  sind. 

3)  Ein  Verzeichnis  derselben,    das    sich  freilich  noch  vervollstän- 
digen  lässt,    habe   ich   in    den   Märkischen   Forschungen  18,  211—221 


1635.  1636.  63 

Versmass  der  Alexandriner,  die  an  lyrischen  Stellen  mit  kürzeren 
Zeilen  wechseln,  den  Einfluss  von  Opitz,  der  ja  kurz  darauf 
nach  Danzig-  übersiedelte  und  bis  zu  seinem  Tode  (1639)  dort 
weilte.  Im  selben  Jahre  1636  veröffentlichte  Opitz  bei  A.  Hüne- 
feldt  in  Danzig  seine  Verdeutschung-  der  sophokleischen  Anti- 
g-one^).  Überhaupt  herrschte  in  der  vom  verderblichen  Krieges- 
lärm wenig  berührten  Stadt  gerade  in  diesen  Jahren  ein  reges 
dichterisches  und  künstlerisches  Treiben  3). 

Den  August  des  Jahres  hindurch  spielte  in  Danzig  eine 
Gesellschaft  englischer  Komödianten,  die  früher  in  König  Sigis- 
munds  Diensten  gestanden,  dann  Holland,  Dänemark  und  Hol- 
stein besucht  hatte  und  auch  in  Königsberg  aufgetreten  war. 
Als  ihr  Führer  nennt  sich  Arend  Ärschen;  ob  er  mit  dem  1613 
in  Regensburg  auftretenden  und  1614 — 1616  in  brandenburgischen 
Diensten  stehenden  Robert  Arzschar  (Artcher)  irgendwie  zusam- 
menhängt, lasse  ich  dahingestellt.  Da  ihm  venstattet  wird,  neun 
Groschen  Eintrittsgeld  zu  nehmen,  können  seine  Vorstellungen 
keine  unbedeutenden  gewesen  sein.  Weiter  unten  (S.  68)  wird 
er  uns  noch  einmal  als  Aaron  Asken  zusammen  mit  Robert  Rey- 
nolds entgegentreten. 

I. 

Herr  Bürgermeister  etc. 
Nachdem  Wir  Englische  Comoedianten  nach  absterben  hochlöb- 
lichster gedechtnis  des  Koniges  Sigismundi  Tertij  3),  dero  wir  viele 
Jahr  gedienet  haben,  enturlaubet  waren  vnd  darsieder  vns  in  Hol- 
land, bey  dem  Könige  in  Denne marken,  bey  dem  Fürsten  in 
Holstein,  wie  auch  hier  zu  lande  in  Konigsbergk  mit  vnser  kunst 
lind  agiren  aufgehalten  vnd  nunmehr  dieser  iezigen  Maiestet ^)  aus 
der  Wilde^)   eines  Königlichen   Schreibens   vnd    allergnedigsten  reso- 


(1884)  gegeben.  Vgl.  W.  Koppen,  Beiträge  zur  Gesch.  der  deutschen 
Weihnachtsspiele.    Paderborn  1893.    i'^.  In^r^  K-S^f-^-^ih) 

1)  Goedeke,  Grundriss  ^  3,  48. 

-)  Vgl.  Th.  Hirsch,  Literarische  und  künstlerische  Bestrebungen 
in  Danzig  1630-1640.  Neue  preuss.  Provbl.  7,  29—58.  204-225(1849). 
Über  Greflingers  in  Danzig  entstandene  Gedichte  vgl.  Bolte,  Anzeiger 
f.  deutsches  Altertum  13,  103.  Titz'  deutsche  Gedichte  hsg.  von  L.  H. 
Fischer  1888. 

3)  t  30.  April  1632. 

4)  Wladislaus  IV.  (1632—1648). 

^)  Wildau  ist  der  deutsche  Name  der  polnischen  Stadt  und  Woi- 
wodschaft Wilna. 


54  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

lution  alhier  erwarten,  wo  wir  vns  hinwenden  sollen  zu  ihrer  König- 
lichen Maiestet  Dinsten,  ob  es  etwan  nach  der  Wilde  oder  nach  War- 
schaw  soll  g-emeinet  sein:  vnd  gerne,  weil  der  Dominiks  markt  alhier 
gar  for  der  thuere  ist,  mit  vnseren  Comoedien  etwas  zum  Viatico  ver- 
dienen wolten,  wen  von  einem  Ehrenfesten  Hochw.  Rahtt,  vnserenn 
großgunstigen  herren,  darzu  wir  den  zulaß  vnd  bewilligung  aus  ihren 
hohen  g-unstenn  erlangen  könten,  doran  wir  nicht  zweiffeien  ^\■ollen. 
Derowegen  gelanget  an  einen  Ehrenfesten,  Hochweisen  Rahtt  als  hoch- 
löbliche, Weltweise  vnd  Weitberuhmete  Regenten  vnd  aller  Künste 
Fautoren,  vnsere  großgunstige  Herren,  vnsere  ganz  hochfleißige  bitte, 
ihren  gunstigen  Consens  disfals  vns  nicht  zu  uorweigern,  sondern  viel- 
mehr nachzugeben,  das  wir  alhier,  so  lange  es  Euren  Ehrenfesten  H. 
gelieben  wirdt,  mögen  vnsere  Comoedien  agiren  ehrlich  vnd  erbarlich, 
das  sich  niemand  doran  wirdt  zuärgeren,  sondern  vielmehr  lust  vnd 
freude  wils  Gott  haben  wirdt.  Welchs  Avir  nicht  allein  höglich  zuruhmen, 
sondern  auch  zu  allen  Zeitten  nach  vnserem  geringen  vermögen  vmb 
E.  Ehrenfeste  Ht.  dankbarlich  vnd  in  allem  gutten  besten  fleißes  zuuer- 
dienen  parat  sein  vnd  hierauff  eines  hochgunstigen  vnd  zuuerleßigen 
bescheits  vnterdinstlich  erwartende 

Eines  Ehrenfesten,  HochAveisen  Rahts 

Dinstgeflißene  allezeit 

Arend  Ärschen  für  sich 

vnd    in    namen    der    sembtlichon 

Englischen  Comoedianten. 

Lectum  in  Senatu  den  28.  Julii  Ao  1630,  vndt  hat  E.  E.  Rath  ge- 
schloßen,  daß  den  supplicanten  vergunnet  Averden  soll,  drej'  Avoclien 
lang  comedien  zu  agiren  mit  der  ermahuung,  das  sie  sich  aller  obscoe- 
nitet  enthalten  vnd  niemandt  ärgerlich  sein  sollen.  Hienebenst  Avirdt 
auch  der  H.  Praesident  S.  E.  H.  tentiren  A^id  sich  bemühen,  damit  für 
St.  Jacobs  Kirche  eine  summa  geldcs  möge  erhalten  Averden.  Wegen 
des  Orts  Avirdt  vorgeschlagen  können  Averden,  das  altstclische  Rahthaus 
oder  die  Fechtschuele,  alda  sie  A'ormittage  Avürden  können  agiren, 
auch  nacli  mittage  zur  zeit,  Aven  die  fechter  ihre  Fechtschuele  nicht 
halten.  Selten  sie  auch  etwann  sonsten  einen  bequemen  ort  AA'ißen, 
Avirdt  ihnen  mit  denselben  können  gefüget  Averden.  Von  einer  ieden 
Persohn  aber  Averden  sie  nicht  mehr  zu  nehmen  befugt  sein  als  9  g. 

Eß  hat  sich  ein  Rath  den  30.  Jiilij  abermahll  erkleret,  daß 
Supplicanten  andergestalt  nicht  gefuget  werden  soll,  es  sey  dan  daß 
Sie  sich  mit  9.  g.  für  jedes  mahll  von  der  persoon  contentiren  vnd 
der  abgebranten  kirche  ein  tausendt  gülden  zum  zuschub  der  rt-pa- 
ration  erlegen.  Vnd  damit  die  spectatores  nicht  holier  beleget  Averden, 
so  soll  den  Wachtmeister  anbclholen  Averden,  mit  allem  Heiß  zu  ver- 
liütten,  das  nicht  mehr  genommen  AA'erde,  es  betreffe  die  ober  oder 
untere  stende,  ohn  unterscheidt.  Da  sich  aber  die  Supplicanten  hie 
zu  nicht  verstehen  Avollen,  soll  Ihnen  in  der  Stadt  Jurisdiction  die  frey- 
hcit  zu  agiren  nicht  A'erstattet  Averdcn. 


163Ü— 1638.  65 

IL 
Herr  Burgermeister  etc. 

Nechst  wünschung'  der  Gnaden  Gottes  zue  aller  ersprießlichen 
"wohlstendig'keit  vnd  erbietung-  vnserer  Stettsgefließenen  vnnd  vnuer- 
droßenen  Dienste,  sagen  fürs  Erste  Einem  Ehrenuesten,  Hochweißen 
Rath  wir  Englische  Comoedianten  für  den  vns  bezeigten  fauor  vnd 
benevolentz  großen  hohen  Danck,  das  vns  bis  dahero  ist  vergönnet 
worden  die  Comoedien  zue  agiren.  Wann  aber  nunmehr  solche  vns 
vergönnete  Zeit  expiriret  vnd  vns  ohne  ferneren  zulas  nicht  weiter  zu 
agiren  will  gebühren,  Als  gelanget  an  Einen  Ehrenuesten,  Hochweißen 
Eath  als  vnßere  Großgünstige  Herren  vnd  Patronen  vnßer  hoch  vnd 
dienstfleißige  bitte,  vrab  eines  Viatici  halber  noch  Grosgünstiglich  vns 
damit  zue  fauorisiren  vnd  erlauben,  das  wir  etwa  noch  vierzeheu 
Tage  oder  aber  Acht  Tage,  vermittels  eines  recompens  nach  Discretion 
Eines  Ehrnuesten,  hochweißen  Raths  der  billigkeit  gemes,  agiren 
mögen.  Im  fall  aber  solches  nicht  zu  erhalten  were,  bitten  wir  vnter- 
thänigstes,  vns  morgendes  Tages  Dienstages,  welcher  ist  der  9.  tagk 
Septembris,  hochgünstig  aus  gunst  Eines  Ehrnuesten  hochweyßen  Raths 
mögte  gratificiret  werden,  benebenst  mit  freündtlichster  vnd  fleißigster 
bitte,  Eim  Ehrnuesten,  Hochweißen  Rath  wolle  belieben  sich  hin  zuuer- 
füegen  vnd  solche  vnßere  Valet  comoediam  mit  anzusehen.  Nicht 
zweiflende,  das  Ein  Ehrnuester  Hochweyßer  Rath  als  Weltweiße  Regen- 
ten vnd  vnßere  großgünstige  Hen-en  vnd  Patronen  vns  dießer  vnßere 
bitte  Großgünstiglich  gewehren  vnd  vns  hierauff  mit  einer  gewünschten 
vnd  hochgünstigen  antwortt  erfreywen  werden.  Das  seind  wir  nicht 
allein  hochzurühmen,  sondern  auch  zue  jeder  Zeit  bestes  fleißes  vnd 
vermüegens  zuuerdienen  gefließen. 

Eines  Ehrnuesten  Hochw.  Raths 

Dienstgefließene  allzeit 
Sämbtliche  Englische   Comoedianten. 

Lectum  in  Senatu  den  8.  Septembr.  Anno  1636,  vndt  hat  E.  E. 
Rath  geschloßen,  weil  Supplicanten  schon  lange  vndt  auch  ohu  Zulaß 
deß  Sontages  agiret  haben,  das  sie  sich  werden  hiemit  vergnüegen 
müßen,  vndt  kan  Ihnen  noch  lenger  comoedien  zuspielen  keines  weges 
vergünet  werden. 

1637  'wurde  den  Schiffern  ihr  Schwerttanz,  den  sie  bis- 
her auf  der  Strasse  veranstaltet  hatten,  hier  zwar  untersagt, 
jedoch  auf  dem  Schifferg-ildenhause  freigestellt,  den  Speicher- 
burschen aber  das  Ringelstechen  während  der  Fastenzeit  ver- 
boten'.    (Löschin,  Geschichte  Danzigs  1,  410.    1822.) 

1638  wurde  im  Dominik  eine  polnische  Komödie 
mit  Genehmigung-    des    altstildtischen   Rates,    vermutlich    im  alt- 

Tli.  F.    XIT.  f) 


66  Bolte,  Das  Danzigcr  Theater. 

städtischen  Ratbaiise,  aufg-efülirt,  aber  nicht  durch  fremde  Ko- 
mödianten, obwohl  damals  vereinzelt  auch  polnische  Schauspieler 
im  Auslande  auftraten  ^),  sondern  durch  ortsangesessene  Dilet- 
tanten; fanden  sich  doch  während  des  16.  und  17.  Jahrhunderts 
nicht  wenige  Polen  unter  den  Einwohnern  von  Danzig-).  Der 
rechtstädtische  Rat  jedoch,  welcher  damals  den  Wirkungskreis 
des  altstädtischen  zu  verengern  strebte^),  focht,  nachdem  einige 
Vorstellungen  stattgefunden  hatten,  die  erteilte  Bewilligung  an 
und  verfügte  sogar  die  Verhaftung  des  Dichters  und  des  Druckers, 
sowie  die  Konfiskation  der  vorhandenen  Exemplare.  Im  Schluss- 
buche des  rechtstädtischen  Rates  heisst  es  darüber: 

Weil  E.  E.  Kaht  vor  diesem  sehr  bedencklich  gehalten  und  dem- 
nach keines  weges  darin  hatt  conseiitiren  wollen,  dass  die  Polnische 
Comedia  solle  agiret  werden,  so  kan  E.  E.  Rahtt,  obgleich  dessen  ein 
anfangk  gemacht  ist,  dennoch  nicht  bewilligen,  dass  solches  agiren 
weiter  contimiiret  werde,  sondern  befindet,  dass  der  aiithor  comediae 
mit  der  hafft  zu  straffen,  auch  der  buchdrucker  hart  darumb  zu  be- 
stossen  sey,  dass  er  ohne  consens  des  h.  Presidenten  dieselbe  zii 
drucken  sich  unterstanden  hatt,  warumb  dan  auch  alle  Exemplaria, 
welche  gedruckt  sein,  ihm  abzunehmen  sein  werden.  Act.  in  Seuatu 
26.  Aug.  Ao.  1638. 

Als  Ergänzung  dazu  mag  noch  eine  Notiz  im  Liber  memo- 
randorum  des  altstädtischen  Rates  von  1590 — 1760  S.  160  an- 
geführt werden : 

Weil  E.  PI  Eath  vor  diesem  bedencklich  gehalten  und  demnach 
keinesweges  darin  hatt  consentiren  wollen,  daß  die  polnische  Co- 
media solte  agiret  werden,  so  kan  E.  E.  Raht,  obg-leich  deßen  ein 
Anfang  gemacht  ist,  dennocli  nicht  bewilligen,  daß  solches  agiren 
weiter  contimiiret  werde,  sondern  will  die  Altstädtschen  Herren  des 
Eahts  wolmeinend  erinnert  haben,  daß  Sie  sich  der  verfaßten  Yer- 
gleichung-  gemäß  verhalten  und  deswegen  auch  ihres  theils  nicht  ferner 
das  agiren  gestatten  wolten.  Act.  in  Sen.  26.  Aug.  Ao.  1638.  A.  Bauer 
Secr.  m.  p. 


^)  1655  erschienen  zwei  polnische  Tänzer  und  Bärenspicler  in 
Prag  (Teuber,  Prager  Theater  1,  71),  1657  ein  polnischer  und  'fünf 
andre'  Komödianten  in  München  (Trautmann,  Jahrbucli  f.  Münchener 
Gesch.  3,  299.  1889),  1674  Tolakker'  in  Bergen  (Huitfoldt,  Christiania 
theaterhistorie  1876  S.  27). 

2)  Löschin,  Geschichte  Danzigs  1,  305.  385.  1656  wurde  z.  B. 
eine  polnische  Zeitung  von  Jakob  Weiss  in  Danzig  herausgegeben. 

8)    Löschin  1,  357. 


1638-1640.  67 

Trotz  jener  Konfiskation  sind  Exemplare  des  polnischen 
Schauspiels  auf  die  Nachwelt  gekommen i).     Der  Titel  lautet: 

Tragi-komedya  o  jyuanym  ktory  mmemcit  iz  iest  krolem,  jyrzez 
J.  Gawinski.  W  Gdansku.    1638.    4*^. 

Joh.  Gawinski  stellte  darin  den  schon  von  Shakespeare 
für  die  Einleitung  zur  'Gezähmten  AYiderspenstigen'  verwerteten 
Schwank  von  dem  trunkenen  Bauern  dar,  den  ein  Herzog  von 
Burgund  in  sein  Schloss  bring-en  Hess  und  glauben  machte,  er 
sei  der  Herzog.  Vermutlich  schloss  er  sich  an  die  kurz  zuvor 
erschienene  polnische  Komödie  desselben  Inhalts  von  Piotr  Baryka 
(Z  CMopa  Jcrol    Krakau  1637.  4«)  an 2). 

1639  wurden  beim  Dominik  englische  Komödianten  ab- 
gewiesen, wie  sie  in  ihren  Suppliken  v.  J.  1640  und  1643  er- 
wähnen. Vermutlich  waren  es  dieselben,  die  nach  Hagen  (Gesch. 
des  Theaters  in  Preussen  S.  60)  1639  in  Königsberg  spielten. 

1640  gab  der  Schulmeister  M.  Johannes  Hoppius^)  ein, 
wie  es  scheint,  von  Albinus  beeinflusstes,  aber  sich  dem  volks- 
tümlichen Drama  etwas  mehr  näherndes  Weihnachtspiel    heraus: 

Historia  |  Von  der  Geburt  vnsers  |  Einigen  Erlösers  vnd  Imma- 
nuelis  |  JESV  CHRISTI.  |  Q  I  Reim-  vnd  Spielsweise  g-estellet  |  von  | 
Johanne  Hoppio  Dantiscano  der  Schulen  |  zu  S.  Catharinen  CoUega.  | 
ANNO  I  Das  Liebe  ChrlstklnDLeln  hILfft  aLLen  aVs  gefahren  | 
VVeLCh'  es  anbeten  thVn,  es  kan  aVCh  stets  beVYahren.  |  6  BI.  4*^ 
[Danziger  Stadtbibl.  XV.  q.  75b  nr.  93].  —  Das  Chronogramm  ergiebt 
das  Jahr  1640. 

Wie  bei  Albinus  (S.  62)  treten  die  einzelnen  Personen  der 
biblischen  Geschichte,  Kaiser  Augustus,  Joseph,  der  bethlehcmitische 
Wirt,  der  Engel,  ein  Hirt,  mit  Reden  auf,  zwischen  denen  der  Evan- 
gelist eine  verbindende  Erzählung  liefert ;  aber  nur  dieser  spricht 
in  Alexandrinern,  die  ül)rigen  Personen  in  zwei-,  drei-  und  vier- 
ftissigen  lamben,  der  Prolog  in  siebenfüssigen  Reimpaaren. 


1)  Grässe,  Allgem.  Litteraturgeschichte  3,  2,  30S  (1853)  und  Flögel, 
Gesch.  der  komischen  Litt.  4,  355  (1787). 

2)  Brückner,  Archiv  für  slav.  Phüologie  13,  232.  399  f.  Vgl.  über 
den  Stoff  A.  v.  Weilen,  Shakespeares  Vorspiel  zu  der  Widerspänstigen 
Zähmung  (1884)  und  Meijer,  Pieter  Langendijk  1891  S.  24(5. 

•^)  Er  war  seit  1639  Praecentor  an  St.  Johannis,  1640  Kollege  an 
der  Katharinenschule  und  lebte  noch  i.  J.  1646.  So  berichtet  das  Mscr. 
XV  cj.  130  der  Stadtbibliothek,  S.  27  und  38. 


68  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Im  Mai  d.  J.  erschienen  'englische  Comedianten',  die 
schon  1639  beim  Dominikmarkte  beim  Rate  bittlich  angehalten, 
dass  ihnen,  wie  vor  diesem  zum  öftem  geschehen,  vergönnet 
werden  möchte,  ihre  Comedien  der  Bürgerschaft  zu  exhibiren, 
damals  aber  wegen  der  Pest  abgewiesen  wurden  und  auf  dem 
Bischofsberge  'etwas  aufgebaut'  hatten.  Sie  baten  jetzt  den  Rat, 
ungefähr  imi  Johannis  spielen  zu  dürfen,  wurden  jedoch,  obwohl 
sie  eine  Empfehlung  König  Wladislaws  vorwiesen,  vor  dem  sie 
zuletzt  in  Warschau  aufgetreten  waren,  unter  dem  18,  Mai  ab- 
schläglich beschieden. 

Diese  auch  1643  wiederkehrende  Truppe  scheint  identisch 
zu  s^ein  mit  einer  1639  und  1640  in  Königsberg  und  Elbing 
auftretenden  Gesellschaft,  über  die  uns  A.  Hagen  (Gesch.  des 
Theaters  in  Preussen  S.  52.  60)  und  eine  bisher  nicht  bekannte 
Verfügung  des  Kurfürsten  Georg  Wilhelm*)  vom  11.  Juli  1640 
Aufschluss  giebt.  Dadurch,  dass  diese  nachstehend  abgedruckte 
Urkunde  sechs  Schauspieler  namentlich  aufführt,  lehrt  sie  uns  in 
ihnen  einen  Teil  der  alten  Bande  Robert  Browns  kennen,  der 
auch  John  Green  angehörte  (vgl.  oben  S.  47).  Robert  R  e  n- 
nols  (Reinoldt)  wird  1618  in  Nürnberg  und  Strassburg,  1627  in 
Torgau,  1628  und  1631  in  Köln  ausdrücklich  als  ihr  Mitglied 
bezeichnet.  Eduard  Pudey  (Pudsey)  erscheint  als  sächsischer  Hof- 
komödiant 1628  in  Köln  und  Strassburg;  er  ist  vielleicht  identisch 
mit  dem  1627  in  Torgau  unter  Robert  Pickelhering  d.  h.  Reinoldt 
spielenden  Johann  Eydtwartt.  Aaron  Asken,  dem  wir  1636  (oben 
S.  63)  als  selbständigem  Prinzipal  Arcnd  Ärschen  begegneten, 
ist  dann  wohl  kein  andrer  als  'Aaron  der  Danzer'  in  der  Tor- 
gauer  Liste  ;  und  Joannes  W  e  y  d  und  Willhelni  W  e  d  w  e  r 
dürfen  wir  mit  dem  ebenda  genannten  Johann  und  Wilhelm  dem 
Kleiderverwahrer  identificieren.  Wilhelm  R  o  e  war  vielleicht  mit 
dem  in  brandenburgischen  Diensten  stehenden  englischen  Musikus 
Walther  Rowe  verwandt;  er  trat  zusammen  mit  John  Waide 
und  Gideon  Gellins  noch  1649  in  Köln  und  1650  in  Wien 
auf  2). 


*)  Im  Berliner  Geh.  Staatsarchiv  {R.  9.  P:E.  12—15). 

^)  Goedeke  ^  2,  539 — 542.  Creizenach,  Die  Schauspiele  der  eng- 
lischen Komödianten  S.  X  f.  Cohn,  Jahrbuch  der  d.  Shakespeare- 
gesellschalt  21,  2(ji>.  Crüger,  Archiv  für  Littgesch.  15,  121.  Bolte, 
Zeit.schr.  1".  d.  Philologie  25,  37. 


l^.i^.H 


1640.  1643.  G9 

Gutes  Gezeugniß  v.  Churfl.  consens  von  den  Engelischeu  Comoe- 

dianten,    daß  sie    auch    in  andern  I.  C.  D.    Erblanden   Comoedien 

spielen  mögen. 

Wir  Georg  Willhelm,  von  Gottes  gnaden,  Marggraff  vndt  Churfürst 
zu  Brandenb.  |  tit.  |  geben  hiemit  menniglichen,  vndt  sonderlich  denen 
daran  gelegen,  vndt  es  zuwissen  von  nöhten,  zuvernehmeii.  Nachdem 
Sich  Vorzeiger  Englische  Comoedianten,  Robertt  R  e  n  n  o  1  s,  Aaron 
Asken,  Willhehn  Roe,  Joannes  Weyd,  Eduard  Pudey  vndt  Willhelm 
Wedwer,  im  nechstvergangenen  iahr,  bey  vns  angegeben,  vndt  vns 
vmb  gnedigsten  Zulaß,  das  Sie,  vor  vns,  vnd  vnserm  Churfl.  Hause 
einige  Comoedien  agiei-en  möchten,  in  vnterthenigkeitt  angelangett  vnd 
gebeten,  Wir  ihnen  auch  solches  in  gnaden  verstattett,  das  |  Sie  sich 
also  erwiesen,  vndt  in  ihrer  Kunst  vnd  geschickligkeitt  der  maßen  vndt 
also  bestanden,  das  wir  undt  vnser  Churfl.  Hauß  ein  gnedigstes  gefallen, 
vndt  menniglich  ein  vollkommenes  genügen  darob  getragen  haben, 
Nachdem  Sie  denn  nunmehr  willens,  sich  von  hinnen  weiter  zu  be- 
geben, vndt  ihre  gelernte  Kunst,  auch  in  vnsern  andern  Erblandeu 
zubeweisen,  vndt  vnsern  gnedigsten  Consensum  deshalben  demütigst 
implorirt  vndt  gebeten,  |  So  haben  wir  diesem  ihrem  vnterthenigsteu 
Suchen  nicht  entgegen  sein.  Sondern  ihnen  wegen  vorgedachten  ihres 
bei  uns  geschehenen  wollverhaltens,  den  gebetenen  Consensum,  einige 
Comoedien,  so  woll  i^ublicfe,  als  privatim  in  vnsern  andern  Erblanden 
hin  vnd  wieder  Ihrem  belieben  vnd  gefallen  nach  zu  agiren,  ebener 
maaßen  in  gnaden  ertheilen  vnd  geben  wollen,  thun  auch  solches  hie- 
mit vndt  krafftt  dieses,  den  Magistraten  iedes  ortts  gst.  befehlendt,  er- 
wehnte  [?]  Englische  Comoedianten  nicht  allein  in  ihrem  vorseinden 
Vorhaben  nicht  zubehindern.  Sondern  ihnen  vielmehr  dazu  allen  |  be- 
fordersamen  guten  willen  zuerzeigen,  auch  nicht  zuverstatten,  das 
Ihnen  vngelegenheit  zugezogen,  noch  hie  an  personen  haab  oder 
gütern  einiger  maßen  gefehrdet,  Sondern  Ihnen  überall  wieder  gewalt 
frevel  vnd  vnrecht  gebührender  Schutz  gehalten  werden  möge.  Vhr- 
kundtlich  vnter  vnser  eigenhandtlicher  Subscription,  vndt  vorgedruckten 
Cammer  Secrete,  So  gegeben  vnd  geschehen  zu  Konnigsberg  den 
11.  jul.  1640. 

Vt 
B  Brünne  [?]  mpp. 

1643.  Glücklicher  war  dieselbe  Gesellschaft  drei  Jahre 
später*).  Sie  erhielten  am  16.  Juli  Erlaubnis,  ihre  Comödien 
vier  Wochen  lang,    ausgenommen  des  Sonntags,    auf    der  Fecht- 


1)  'Die  gantze  Compagnia  der  Englischen  Commedianten'  ei-- 
innert  hier  an  die  vor  drei  Jahren  gethane  Vertröstung,  da  sie  den 
Platz  der  Fechtschule  nicht  bekommen  haben  und  sich,  wie  auch  vor 
fünf  [!]  Jahren,  unter  anderer  Herrschalft  [d.  h.  im  Schottland]  haben 
behelfen  müssen. 


70  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

schule  zu  ai;iren,  mit  der  Bedingung,  sich  erbaulich  zu  verhalten 
und  keine  Leichtfertigkeit  vorzubringen,  ferner  zum  Besten  des 
Zuchthauses  aufs  wenigste  500  Rthlr.  zu  geben  und  von  den 
Leuten  nicbt  mehr  zu  nehmen  sowohl  wegen  des  obern  als  untern 
Sitzes  als  zusammen  neun  Grosehen.  Als  sie  später  um  Ver- 
längerung der  Spielfrist  nachsuchten,  weil  sie  wegen  der  Fecht- 
schulen und  Bärenhetzen  um  einige  Tage  zu  kurz  gekommen 
seien,  wurde  ihnen  am  8.  September  vergönnt,  diese  und  die 
folgende  Woche  zu  spielen,  wenn  sie  vorher  die  bedungene 
Summe  und  womöglich  später  200  Fl.  erlegten  ^). 

Ferner  begegnet  uns  in  diesem  Jahre  wiederum  eine  Spur 
polnischer  Auflftthrungen,  wie  schon  1638.  Leider  ist  auch 
hier  nicht  ersichtlich,  wer  die  Darsteller  waren.  Das  Danziger 
Stadtarchiv  besitzt  nämlich  die  Handschrift  einer  dem  Rate  am 
22.  Januar  1643  gewidmeten  polnischen  Tragödie  Som  reichen 
Manne  und  Lazarus'  in  drei  Akten  mit  Chören  und  komischen 
Zwischenspielen-).  Das  erste  Intermedium  liefert  ein  Bild  aus 
dem  Danziger  Handwerkerleben.  Ein  Vater  hat  die  vom  Sohne 
verfertigten  Stiefel  verkauft,  aber  das  Geld  vertrunken;  aus 
Furcht  vor  Vorwürfen  simuliert  er  einen  Überfall  und  stellt  sich 
tot.  Der  Sohn  wittert  zwar  den  Betrug,  doch  ruft  er  den  Küster 
Jandras  herbei,  der  ein  Gemisch  von  Polnisch,  Deutsch  und 
Latein  aus  dem  Psalter  über  dem  Toten  singt:  '0  meyn  Über, 
Jcomusz  relinquisti  Szwarcbier,  o  her!  .  .  .  tedet  gleldam  przez 
cicbie  I  dübelt  bier  desideret  soble.'  Als  nun  der  Tote  erwacht, 
sieht  ihn  der  Sohn  für  ein  Gespenst  an  und  prügelt  ihn  weid- 
lich. Darauf  erzählt  der  Alte,  wie  es  ihm  in  der  Hölle  ergangen 
sei,  und  schwört  das  Trinken  feierlich  al).  Im  zweiten  und 
dritten  Zwischenspiel  erscheint  ein  Koch,  der  zum  Mittagsmahle 
von  einem  kaschubisclicn  Bauern  einen  Hasen  und  einen  Reh- 
bock kauft,    dann  aber  in  dem  Sacke  nur  einen  Hund   und  eine 


^)  Wohl  dieselbe  Trii])i)e  waren  die  Englischen  Coiiiüdianten, 
die  vom  11.  April  bis  24.  Mai  1G44  in  Riga  sjjielten  (Riga,  Rats- 
protokolle).    Vgl.  unten  S.  TT. 

2)  Trayedia  o  bogaczu  y  tazarzu  z  pisma  sivi<itego  tci/icfa  i/ 
nowo  ivie7\sz(;m  opisana  polskini  J  W  Senatowi  Gdanskiemu  iledico- 
wana  y  przypisana  in  honorem,  r.  1643  miesiaca  stycznia  dnia  22. 
35  Bl.  4".  Signiert  Oo  2.  —  Beschrieben  von  A.  Brückner,  Archiv  für 
slavische  Philologie  13,  406  f. 


1(543.  1G46.  71 

Katze  findet^)  und  ausserdem  bemerkt,  dass  ihn  jener  noch  be- 
stohlen  hat.  Aus  seiner  Verzweiflung-  rettet  ihn  ein  Jäger,  indem 
er  ihm  Wild  verschafft:  voller  Freude  gehen  beide  ab,  um  eins 
zu  trinken, 

1046  langte  die  Prinzessin  Louise  Marie  Gonzaga,  welche 
kurz  vorher  dem  Könige  Wladislaw  IV.  von  Polen  durch  Procura 
ang-etraut  worden  war,  auf  ihrer  Reise  von  Paris  nach  Warschau 
in  Danzig-  an  und  wurde  hier  mit  ausserordentlichen  Ehrenbe- 
zeugungen empfangen,  Eigentlich  sollte  hier  das  feierliche  Bei- 
lager stattfinden-),  indes  z^vang  ünpässlichkeit  den  König  in 
Warschau  zu  bleiben.  Bei  den  vom  11. — 20.  Februar  dauernden 
Festlichkeiten,  über  die  uns  ausführliche  Berichte^)  vorliegen, 
wirkten  sowohl  die  ]\Iitglieder  der  königlichen  Musikkapelle  als 
die  Bürger  Danzigs  mit;  zur  Verstärkung  der  Danziger  Musik- 
bande Hess  man  Musikanten  aus  Königsberg  kommen.  Die  Kosten 
des  Empfanges  betrugen  einschliesslich  der  der  Braut  überreichten 
Geschenke  laut  Kämmereibuch  184,665  M.  12  gr.  damaligen  Geldes. 

Auf  der  Langgasse  war  ein  Thor  in  Gestalt  eines  von  Atlas 
und   Hercules   getragenen   Regenbogens   errichtet,    ein    etwa   83 


1)  Dasselbe  Possenmotiv  begegnet  bei  Ayrer  3,  1788  f.  ed.  Keller, 
in  Joachim  Lesebergs  Jesus  duodecennis  (1610.  III,  8),  in  der  Hanen- 
reyerey  (1618.  II,  5.  III,  3)  und  bei  Jellinghaiis,  Niederdeutsche  Bauern- 
komödien 1880  S.  162.  Bolte,  Korresp.blatt  für  niederdeutsche  Sprach- 
forschung 10  (5)  66  f.  Ebenso  verkauft  in  einer  um  1620  geschriebenen 
Pariser  Farce  Tabarins  (Oeuvres  completes  ed.  G.  Aventin  1858.  1,  219) 
Francisquine  zwei  unbequeme  Galane,  die  sie  in  Säcke  gesteckt,  als 
Schweine  an  den  Schlächter;  vgl.  Schonaeus,  Vitulus  (1595).  Noch  Felix 
Kurz  gab  1745  in  Brunn  ein  Nachspiel  'Die  Sau  im  Sacke,  oder  der 
betrogene  Alte.' 

2)  Im  Juli  1645  hatte  der  König  von  der  Stadt  Danzig  begehrt, 
dass  sie  ihm  100.000  Thaler  zu  seiner  Heirat  leihe  und  das  Beilager 
ausrichte  (Stephan  Grau  im  Berliner  Mscr.  germ.  fol.  261,  S.  190). 

3)  Ad.  Jac.  Martini,  Beschreibung  des  Einzugs  Ludovicae  Mariae        X, 
Gonzagae.    Danzig    1646.    4«    (Stadtbibl.  XV    q.  24,    Bl.  170).     Curicke, 
Beschreibg.  Danzigs  1688  S.  352.     Merlans  Theatrum  Eviropaeum  5,  805. 

J.  Laboureur,  Histoire  et  relation  du  voyage  de  la  royne  de  Pologne. 
Paris  1648.  4*^.  —  R.  Roepell,  Zeitschr.  des  Westpreuss.  Geschichts- 
vereins 22,  1—30  (1887)  benutzt  nur  Laboureur,  ohne  Martini  zu 
kennen.  Besungen  wurde  der  Einzug  von  Georg  Greflinger  (Bolte, 
Anzeiger  f.  deutsches  Altertum  13,  104)  und  von  Joh.  Peter  Tita 
(Deutsche  Gedichte  hsg.  von  L.  H.  Fischer  1888  S.  XLVI). 


72  Bolte,  Das  Danzig-or  Theater. 

Fuss  hoher  und  54  Fiiss  breiter  Triumphbogen  war  unter  Leitung 
von  Mtinch  auf  dem  Markte  aufgestellt;  ihn  zierten  vier  grosse 
Standbilder  der  Könige  Ladislaus  Jagello,  Casimir  III.,  Sigis- 
mund  I.  und  III.  und  verschiedene  allegorische  Gestalten,  die 
durch  lateinische  Inschriften  erläutert  wurden;  auf  zwei  grossen 
Gemälden  von  Adolf  Boy  war  das  hohe  Brautpar  abgebildet. 
Auch  vor  dem  Grünen  Thore  waren  zwei  durch  eine  Guirlande 
verbundene  spitze  Pyramiden,  neben  denen  Phoebus  und  Diana 
standen,  zu  sehen  ^).  Am  15.  Februar  wurde  von  der  königlichen 
Kapelle  eine  grosse  italienische  Oper  mit  vielem  scenischem 
Pompe  und  wechselnden  Dekorationen  aufgeführt.  Der  aus  Apu- 
leius  entlehnte  Stoff  war  von  Virgilio  Puccitelli^)  komponiert; 
die  Bühnenmaschinerie,  an  der  man  17  Wochen  lang  gearbeitet 
hatte,  rührte  gleichfalls  von  Italienern  her,  den  Ingenieuren 
Augustin  Logi  (Locci)  und  Barthelemy  Bolzoni.  Das  Textbuch 
hat  sich  erhalten: 

Le  nozze  |  d'Amore  e  di  Psiche  |  Draninia  musicale,  |  rapresen- 
tato  nel  felicissimo  Ing'resso  |  della  Serenissima  Regina  di  |  Polonia  e 
Suezia  |  Lndovica  Maria  |  Gonzag-a,  \  Principessa  di  Mantova  |  e  di 
Nivers,  etc.  etc.  |  in  Danzica  |  di  |  Virgilio  Puccitelli  |  Academico  in- 
cognito.  I  Dedicato  |  All'  111""°  et  Ecc"°  Sig""%  Tl  Sig'%  |  Visconti  di  Breg-i, 
I  Del  Conseglio  di  Stato  di  S.  M.  |  Christianissima,  e  suo  Ambasciatore  | 


^)  Den  grossen  Triumphbogen  hat  der  Holländer  Willem  Hon- 
diiis  auf  zwei  grossen  Blättern  gestochen,  die  beiden  kleineren  Ehren- 
pforten Jeremias  Falck  nach  Zeichnungen  von  A.  Boy  (Danzig,  Stadt. 
Museum). 

2)  Über  die  Geschichte  der  italienischen  Oper  am  Hofe  Wladis- 
laws  IV.  (1633 — 1648)  hat  S.  Windjikiewicz  im  Anzeiger  der  Akademie 
der  Wissenschaften  in  Krakau  1893,  187  einiges  mitgeteilt.  Danach 
brachte  der  Kapellmeister  und  Dichter  Puccitelli  mit  der  Primadonna 
Margherita  Catanea,  dem  Orchesterdirigenten  Mattco  Scacehi ,  dem 
Barytonisten  und  Chordirigenten  Kaspar  Förster,  einem  Vetter  des 
gleichnamigen  Danziger  Kapellmeisters ,  und  den  oben  genannten 
Architekten  im  ganzen  mindestens  acht  Opern  und  zwei  Ballete  zur 
Aufführung:  163.5  Giuditta,  16.35  und  1638  Dafne,  1636  und  1638  11  ratio 
di  Elena  (Wilnae,  typis  acad  soc.  Jesu  1636.  4'*),  1637  La  santa  Cecilia 
(1  u.  15  Bogen  4''.  o.  O.),  1638  Narciso  trasformato,  1641  Armida  abnn- 
donata,  sowie  Knea  e  Didone,  1646  Amor  e  Psiche.  Die  Ballete  sind: 
La  prigion  d'Amore  1637  und  L'Africa  supplicante  1638.  Vgl.  Wöjcicki, 
Teatr  starozytny  w  Polsce  (1841)  1,  12.  2,  66.  L.  Allacci,  Dramma- 
turgia  17.55  p.  659.  Über  Kaspar  Förster  vgl.  Max  Seiflfert,  Viertel- 
jahrsschrift f.  Musikwissenschaft  1891,  415. 


1646.  73 

Straordinario,  in  Polonia.  |  1  + 14^  4  Bogen  4'^.  [Danziger  Stadtbibl. 
IE.  q.  89  d.  nr.  58].  —  Drei  Akte  in  ital.  Versen.  Bl.  03  b:  In  Var- 
savia  |  Per  Pietro  Eiert  Stampatore  di  Sua  Maesta.  —  Die  Widmung 
ist  unterzeichnet:  Danzica  13.  Febr.  1646.  V.  Piiccitelli,  Segretario  di 
S.  M.  —  Über  den  Inhalt  vgl.  Roepell  a.  a.  0.  22,  20—25. 

Eine  andere  kürzere  italienische  Oper  wurde  von  dem  Sänger 
Briinerio  verfasst: 

Marte  6  Amore  drama  |  da  rapresentarsi  in  nnisica  1  neue  feli- 
cissime  nozze  |  delle  sacre  Maesta  Seren""':  |  del  Re  e  Regina  |  di  Po- 
lonia e  Suetia  &c.  |  Uladislao  |  quarto,  |  et  Ludovica  Ma-  |  ria  Gonzaga.  | 
Opera  di  |  D.  Michel'  Angelo  |  Brunerio,  Basso  del  Re,  |  e  Cappellano 
della  Regina.  |  2V2  Bogen  4".  [Danzig].  —  Vorauf  geht  ein  Brustbild 
der  Königin,  von  Steven  de  Praet  gestochen.  Die  Widmung  ist  datiert: 
Danzica,  5.  Febr.  1646, 

Die  von  den  Danzigern  veranstalteten  Lustbarkeiten,  Mast- 
klettern, Feuerwerk,  Handwerkertänze,  Fechtschulen,  glichen  im 
allgemeinen  den  1623  beim  Empfange  Sigismunds  III.  ange- 
stellten, doch  scheinen  sie  prunkvoller  gewesen  zu  sein.  Aus 
Martinis  eingehender  Beschreibung  Bl.  M  3  a  wiederhole  ich  das, 
was  für  die  Geschichte  der  Handwerkerspiele  besonders  inter- 
essant ist. 

[Am  12.  Februar.]  Nach  der  Sonnen  vntergang  kam  das  Werck 
der  Kürschner  mit  einem  anmutigen  auffzug  auff  dem  Marckt  für 
Königlicher  Majestet  Logement,  dazu  eine  besondei-e  Bohne  auff  der  Erde 
zubereitet  war.  Erstlich  gingen  2.  Trommelschleger  vnnd  ein  Quer- 
pfeiffer, darnach  4.  Trompeter.  Denen  folgeten  4.  Meister  mit  blossen 
Degen  vnd  Schilden  wolgezieret.  Darauff  gingen  noch  12.  Meister 
mit  langen  geflammeten  Schlachtschwertern  vnd  40.  Personen  mit 
weissen  Hembden  biß  an  die  Lenden;  auff  den  Häuptern  hatten  sie 
Pappierne  Cronen,  daran  forne  ein  Lew  mit  dem  Schwerdt  vnd  hinten 
etwas  von  graufutter  wei-ck  gemahlet  war,  welches  des  Wercks  schild- 
wapen  ist.  Mitten  in  der  Cron  hatten  sie  brennende  Kertzen,  vnten 
waren  die  Hosen  an  den  Kniescheiben  mit  vielen  Schellen  behenget. 
Wie  sie  nun  also  auff  dem  Platz  erschienen  waren,  traten  sie  nach 
gethaner  reverenz  an  einander  folgender  gestalt.  Der  erste  hatte  in 
der  rechten  Haudt  ein  kurtzes  blanckes  Schwerdt  vnd  in  der  Lincken 
einen  reiff  vom  Faß,  g-eferbet  weiß  vnd  roht,  welchen  Reiff  der  ander 
nach  jhm  anrührete  mit  der  rechten  Hand  vnd  hielt  in  der  lincken 
wieder  einen  andern,  welchem  der  dritte  die  Haudt  bot,  vnd  theten 
solches  alle  andere  biß  an  den  letzten,  der  wie  der  erste  mit  der  einen 
Handt  den  letzten  Reiff  ergriff  vnd  in  der  andern  ein  Schwerdt  führete, 
also  daß  sie  alle  an  einander  hiengen  wie  eine  Kette.  Darauff  erhub 
sich  ein  gar  wunderlicher  ringel  tantz  durch  einander,  daß  man  mit 
lust  anzuschaweu  bette,    wie  sich    die  Kertzen   bey  ünsternacht  durch 


74  Bolto,  Das  Danzigoi-  Theater. 

einander  wunden  ohne  alle  Verwirrung-.  Da  sähe  man  viel  scliwenckens 
vnd  büg-ens,  balt  Schlang-en  weise,  balt  in  die  runde,  balt  mit  halben, 
dan  mit  g-antzen  zirckel  vnd  vielen  andern  krummen  züg-en,  die  der 
Kunst  allein  bekandt  seyn.  Sie  sprung-en  durch  die  ReifFen,  auch 
fasseten  sie  einen  standt  auff  die  Reiife,  hüben  sich  empor  vnd  thaten 
Lufft  sprüng-e  mit  solcher  fertig'keit,  das  sie  nimmer  aus  der  Ordnung- 
kamen,  sondern  allezeit  ein  jeder  seinen  Reiff,  wie  er  ihn  anfangs  g-e- 
fast,  ohne  verrückung  stets  fest  an  sich  hielte.  Sie  hatten  auch  ein 
par  possenreisser  vnter  jhren  hauffen,  die  viel  kurtzweil  macheten; 
vnd  bey  solchem  spiel  wurden  dan  vnd  wann  Racketen  angezündet, 
die  den  aufTzug  soviel  lustiger  machten.  Diese  kurtzweil  weret  biß 
zu  11.  Vhr  in  die  Nacht,  damit  damals  derselbe  Tag  beschlossen  wardt. 
[Bl.  N4b:  Am  16.  Februar.]  Vmb  10  Vhr  brachten  die  Schiffer 
jhren  auffzug  volg-ender  gestalt.  Es  wahren  jhrer  über  60.  Mann;  voran 
gingen  zwey  mit  geflammeten  Sclnverdtern,  darauff  folgeten  ein  gut 
theil  mit  hellebarten,  dann  etliche  mit  Degen.  Alß  sie  auff  den  Marckt 
kamen,  schwang  jhr  Fendrich  die  Fahne,  Avelche  roht  von  färben  war 
vnd  darin  ein  weisser  Adeler  mit  ausgebreiteten  Flügeln  vnd  einer 
gülden  Krone  auff  dem  Kopff.  Oben  schien  die  Sonne  gar  hell  vnd 
gegenüber  der  halbe  Mon ;  dabey  war  zu  lesen:  'Concordi  hnnine 
mator,  das  ist: 

Zwey  Lichter  leuchten  mehr  als  eines  nur  allein: 
So  ist  es  mit  vns  auch,  wenn  wir  nur  einig  seyn. 
Hierauff  stellet en  sie  ihren  tantz  an.  Der  forderste  hatte  einen  Krantz 
auff  dem  Haupt  vnd  in  der  rechten  Handt  ein  kurtz  schwerdt;  dem 
folg'ete  ein  ander  mit  blossen  Degen,  welches  spitze  der  erste  mit  der 
lincken  Handt  hielte;  darauff  kam  der  dritte  gleichfals  mit  einem 
Degen,  welchen  der  ander  für  jhm  auch  an  der  spitze  mit  der  lincken 
Handt  gefasset  hatte,  vnd  also  die  andern  alle  auff  einerley  art  biß 
an  dem  letzten,  der  eben  wie  der  erste  einen  Krantz  auff  dem  Kopff 
vnd  in  der  rechten  Hand  ein  kurtzes  schwerdt  führete.  In  solcher 
Ordnung  fingen  sie  den  reygen  an  vnd  macliten  allerley  krunnne 
Sprünge  über  die  Degen,  dabey  die  Tromi)eter  ohne  vnterlas  bliesen. 
Darnach  traten  sie  in  einen  kreiß  zusammen,  vnd  hielt  einer  den 
andern  beim  Halß  am  Futterhemde.  Andere  stiegen  diesen  auff  die 
achseln  vnd  hielten  sicii  auch  an  einander  wie  die  darunter  vnd  dantzeten 
so  herumb.  Hierauif  kamen  sie  wieder  zusannnen  vnd  iiielten  die 
Schwerter  kreutzweisc  über  einander,  legten  oben  darauff  ein  klein 
Bret,  worauif  einer  stieg,  der  machte  allerley  possen,  vnd  dantzeten 
also  li(u-umb  bil>  zu  mittag,  da  sie  wieder  abzogen  nach  jhrer  Guide 
hauß. 

Zwey  Vhr  hernach  kamen  die  Kürschner  wieder  auff  gezogen 
mit  jhren  Morendantz.  Derer  weren  40.  Personen,  alle  schwartz  an 
der  Haut  bekleidet,  auch  für  den  Gesiclitern  schwartze  Larven;  vmb 
den  Kopff  hatten  sie  einen  türckischen  bundt  von  gestreiflftcr  Lein- 
wandt   vndt    zu    oberst    einen  Krantz.     Vmb    den  Leib  waren   sie  ge- 


1646. 


(O 


gurtet  mit  einer  grünen  Binde,  vnd  hielt  ein  jeder  in  der  Hand  einen 
langen  Flitzpfeil,  damit  hingen  sie  alle  an  einander,  "wie  zuvor  mit 
den  Reiffen  geschehen  war.  Im  tantz  wunden  sie  sich  gar  annnithig 
in  die  krümme,  lenge  vnd  breite  vnd  hatten  vnter  sich  zwo  possen- 
reisser,  die  jhr  bestes  theten,  allerley  aftenspiel  zu  treiben,  welches  ein 
par  stunden  wehrete^). 

[Bl,  0  2  a]  Mit  angehendem  Abendt  befunden  sich  am  Markt 
das  werck  der  Schiffszimmerleutte,  welche  mit  einer  bundt  ge- 
streifften  Fahne  auffzogen,  hatten  in  den  bänden  bunte  höltzer,  darin 
ein  seharffes  handbeil  feste  gemacht  war,  vnd  hingen  sich  mit  den- 
selben höltzern  an  einander  wie  die  vorige  vnd  dantzeten  auff  jhre 
art  mit  vielen  eingemengten  winckelzügen,  daß  das  Angesicht  sich 
kaum  darin  schicken  kündte,  vnd  werete  dieses  spiel  biß  zur  abent- 
mahlzeit. 

Nach  dem  Abentinahl  aber  gaben  sich  an  der  Stadt  fürnembste 
Kinder  aus  der  Schvile  mit  jhrem  Praeceptore,  dem  wolgelarten  Jacobe 
Tzetzkio,  Conrectore  Scholae  Marianae,  welcher  diesem  Königlichen 
Feyerfest  zu  mehren  rühm  auch  ein  feines  Hosianna  nuptiale  oder 
hochzeitlichen  frewden  wünsch  auf  Poetische  weise  gedichtet  vnd  den 
vorerwenten  Knaben  in  seiner  Schule  hatte  lernen  lassen,  woran  Ihre 
Majestet  die  Königin  ein  besonder  wolgefallen  gehabt  hat.  Vorneu 
an  führete  der  Engel  Raphael  .  .  .  mit  einem  gülden  Scepter  in  der 
handt,  der  machte  den  anfang  mit  vielen  glückwünschungen  alß  ein 
abgesandter  Bote  auß  dem  Himmel  von  der  Schaar  aller  Engel.  Dar- 
auf! kamen  drey  Cherub  in,  gar  schöne  Kinder  wie  Engel  angetahn, 
mit  Krentzen  auff  den  Häuptern  vnd  Blumen  in  den  Händen,  die 
theten  das  jhrige  mit  gleichmessiger  Gratulation,  welchen  noch  zwey 
ander  Engel  folgeten  etwas  grössei*,  dieruffeten:  Vive,  Vive  etc.  Dar- 
nach traten  die  Tugenden,  par  vnd  par  mit  einander,  hinter  die  Engel 
her,  vnd  hatte  eine  jede  eine  besondere  form  des  Wunsches,  gar  künst- 
lich vnd  be.Aveglich  inventiret:  Pietas  vnd  Religio,  Justitia  vnd  Aequitas, 
Pax  vnd  Concordia,  Libertas  vnd  Felicitas.  Zum  dritten  hingen  sich 
an  die  vorigen  auch  par  vnd  par  etliche  von  den  Heydnischen  Bauch- 
götzeu,  vnd  ging  vornan  Mercurius,  darauff  folgete  [Apollo  und  die 
Musen]  Bachus  vnd  Ceres,  Neptunus  et  Nympharum  aliqua,  Venus  vnd 
Cupido,  Tres  Gratiae;  zum  beschlus  allein  Spes.  Auff  den  selten  aber 
liefen  vnd  sprungen  ein  hauffen  Satyri,  mit  allerley  seitenspiel,  welchs 
auff  eitel  frewden  Avünsche  außlieff,  vnd  war  sehr  lieblich  anzusehen, 
daß,  wann  sich  der  vorder  Engel  mit  tieffer  reverentz  für  die  Kö- 
nigin neigete,  alßdann  autf  gleicher  weise  sich  auch  die  andere  alle 
bücketen. 

Die   hier   beschriebene   lateinische  Scliiilkomödie    des  Kon- 


1)  Im- Kämmereibxiche  heisst  es  unter  dem  23.  März  1646:  'Den 
Kürschnern  ist  wegen  des  gehaltenen  Tantzes  und  darauff  gewandten 
Kosten  verehret  300  M.' 


76  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

rektois  Jacob  Zetzkius^)  hat  Martini  in  deutscher  Übertragung 
seinem  Werke  angehängt  unter  dem  Titel: 

[Bl.  Sja:]  Wuntschreiches  Hochzeitliches  Hosianna  .  .  .  Herrn 
VladislaAv  IV  ...  Wie  auch  Frewiein  Ludovicae  Mariae  Gontzag-ae  Von 
der  Stadt  Dantzigk  Jug-end  .  .  .  g-esungen  .  .  ,  Befordert  vnd  fortg-e- 
stellet  durch  mittel  vnd  zutlum  Ihres  g-etrewen  Lehrmeister  Jacohus 
Zetzkij,  Conrcctoris  der  Schul  zu  S.  Marien.  Zu  mehrer  Erklerung' 
der  löblichen  Bürgerschaft't  alhier  wolmeinent  auß  dem  Lateinischen 
ins  Deutsch  übersetzet.     7  Bl.  4'\ 

Am  18.  Februar  nacli  Tisch  fand  auf  der  auf  dem  Markte 
aufgeschlagenen  Bühne  ein  Kampf  zwischen  neun  Federfechtern 
und  zwölf  Marxbrüdern  statt,  die  als  edle  Sarmateu  und  Gothen 
kostümiert  waren.  Am  19.  Februar  hatten  die  Fleischer  ein 
Turnier  vorbereitet,  bei  dem  ein  Kampf  zwischen  den  Ordens- 
rittern des  Hospitals  St.  Marien  zu  Jenisalem  und  den  heidnischen 
Preussen  durch  zwanzig  Reiter  dargestellt  werden  sollte ;  aber  die 
T^^önigin  befürchtete,  es  möchte  dabei  zu  Blutvergiessen  kommen, 
und  sagte  das  Turnier  ab. 

Der  König  war,  wie  schon  erwähnt,  bei  diesen  Festlich- 
keiten uicht  zugegen,  sondern  erwartete  seine  Braut  zu  Warschau, 
wo  die  Ehe  am  10.  März  in  der  Johanniskirche  feierlich  einge- 
segnet wurde. 

1647.  Dass  eine  Truppe  englischer  Komödianten  zum  Do- 
minik in  Danzig  erschien,  bezeugen  zwei  im  Rigaer  Stadtarchiv 
befindliche  Supi)liken  dieser  dann  über  Königsberg  nach  Riga  ge- 
zogenen Schauspieler,  die  mir  durch  die  Güte  des  Herrn  Anton 
Buchholtz  mitgeteilt  worden  sind.  Den  dort  ausgesprochenen  Vor- 
satz, nach  Stockholm  zu  reisen,  scheint  die  Bande  im  Frühjahr 
oder  Sonuner  1G48  ausgeführt  zu  haben ;  denn  im  Juli  spielten 
englische  Komödianten  im  Stockholmer  Schloss  vor  der  Königin 
Christine^).  Im  September  kam  dieselbe  Truppe  nach  Hamburg 
und  agierte  hier  neun  Wochen  lang,  wurde  aber  in  Lüneburg 
am  29.  November  wegen  der  Adventszeit  abgewiesen^). 


')  Aus  Danzig-,  wurde  1629  Konrektor,  1648  Rektor  und  starb 
1671  (I'raotorius,  Athenae  Gedanenses  S.  175). 

-)  Dahlgren,  Anteckning-ar  om  Stockholms  Tlieatrar  1866  S.  8. 

")  Gaedertz,  Archivalisciie  Nachrichten  üIxt  die  Theaterzustände 
von  Hildesheim,  Lübeck,  Lüneburg;  1888  S.  72. 


1646.  1647.  77 

I. 

Woll  Edle,  Ehrenveste,  Gestrenge,  Groß  achtbare, 
Hochweise  HeiTen! 
Nechst  anerbietuiig'  vnser  stets  gefließenen  Dienste  fügen  E.  E.  H. 
vnterthänigst  zu  vernehmen,  das  wir  (die  Englischen  Comoedianten, 
welche  vor  4  Jahren  durch  günstiges  zulaßen  E.  H.  E.  H.  allhir  agiret) 
allhie  angelanget,  im  willens  hinwiederümb  vnser  Comoedien,  Tragoe- 
dien,  Historien  etc.  oftentlich  zu  praesentiren.  Gelanget  derwegen  an 
E.  W.  E.  H.  vnser  gesambtes  demütiges  bitten,  Sie  wollen  ihnen  vn- 
beschweret  zu  gemüte  füren,  mit  was  großen  Vnkosten  wir  solch  einen 
weiten  weg  (nemlich  von  Dantzig  vndt  Königsberg,  woselbst  wir 
letztes  mal  agiret)  über  landt  hieher  gereiset,  vnserm  vorhaben  platz 
vergönnen  vndt,  gleich  wie  in  Dantzig,  Königsberg,  auch  ein  mal  all- 
hie vor  diesem  geschehen,  die  freyheit  zu  agiren,  großgünstiglich  vns 
genießen  laßen.  In  maßen  sonst  keine  nahe  gelegene  Stadt  verban- 
den, welche  vnser  lange  vorgenommene  reihe  secundireu  möchte. 
Wollen  mit  höchstem  fleiß  dahin  streben,  E.  E.  H.  mit  vnsei*n  vnter- 
thänigsten  Diensten  nach  müglichkeit  auffzuwarten.  Verbleiben  also 
E.  E.  H. 

Vnterthänigst.  Diener 

Englische  Comoed: 
(Undatiert,    aber  neben  der  folgenden  Eingabe   aufbewahrt  und 
wohl  nicht  lange  vor  dieser  eingegangen.) 

II. 
Woll  Edle  etc. 
Nechst  anerbietung  vnser  stets  gefließenen  Dienste  fügen  E.  E.  H. 
vnterthänigst  zu  vernehmen,  wie  das  im  Nahmen  des  königlichen 
Herren  Burggrafen  der  Hausschließer  vns  angesagt,  das  wir  nicht 
weiter  solten  agiren.  Weil  aber  noch  zur  Zeit  wir  vnser  Vnkosten 
(welches  wir  mit  guten  gewißen  reden  können)  nicht  bekommen,  als 
gelanget  an  E.  E.  H.  vnser  vnterthänigstes  bitten,  E.  E.  H.  wollen 
doch  solches  in  beßer  Consideration  nehmen  vndt  gedencken,  was  vor 
eine  große  reise  wir  gethan  haben,  umb  hieher  zu  gelangen.  Es  war 
vnser  intent,  von  hir  nach  Stockholm  zu  reisen,  weil  Avir  von  vielen 
vornehmen  personen  darzu  angemahnet,  gegen  die  Krönung^)  vns 
daselbst  hin  zu  verfügen.  Jetziger  Zeit  aber  solche  reise  zu  vollen 
ziehen  ist  vnmüglich ;  es  mögen  vielleicht  E.  E.  H.  gedencken,  als  wen 
wir  große  gelder  erhascheten,  haben  aber  noch  zur  Zeit  (wie  schon 
erwehnet)  die  Vnkosten  nicht  erholet,  viel  weniger  einen  Zehrpfennig, 
weiter  zu  reisen,  erworben.     Wolten  woll  einen  vngefälscheten  bericht 


^)  Augenscheinlich  waren  ungenaue  Gerüchte  von  den  langen 
Verhandlungen  der  Königin  Christine  mit  ihrem  Vetter  Karl  Gustav, 
der  sie  zu  ehelichen  begehrte  und  1649  zu  ihrem  Nachfolger  gewählt 
wurde,  ins  Ausland  gedrungen. 


78  Bolte,  Das  I>anziger  Theater. 

thun  all  vDsers  hiesigen  gewinstes,  wiCen  aber,  das  von  niemand  vns 
würde  glauben  beygemeßen  werden.  Es  ist  ietzund  in  solcher  Zeit, 
das  wir  nicht  tüglich  anders  wohin  vns  begeben  können.  Vber  waßer 
zu  reisen  ist  vnmüglich,  vber  land  in  die  nah  bey  gelegenen  Städte, 
mühsam,  kostet  viel  vndt  ist  der  mühe  vndt  vnkosten  nicht  wert.  Es 
pflegt  vns  ja  auch  umb  diese  Zeit  vom  Jahre  an  keinem  orte  geAvegert 
werden.  Gelanget  demnach  nochmals  vnser  gesambtes  vnterthänigstes 
bitten,  E.  E.  H.  wollen  vns  als  frömbden  vndt  hiesiges  Landes  vnbe- 
kandten  noch  eine  zeit  lang  weiter  zu  agiren  hochgönstiglich  ver- 
gönnen. Wollen  solche  große  Gnade  vndt  Gunst  gewogenheit  an  allen 
orten  (wor  es  bewandt)  höchhch  wißen  zu  rühmen  vndt  zu  loben,  vndt 
gleich  wie  vergangen  E.  E.  H.  vns  die  Ehre  genießen  laßen,  als  eine 
geringschätzige  Comoedi  anzuschawen,  als  gelanget  anietzo  an  E.  E.  H. 
vnser  gleichmäßiges  bitten,  sie  wollen  zum  andern  mal  ihre  Hoch- 
erwünschete  gegenwart  in  einer  Tragoedia  (von  der  Märterin  Doro- 
thea) vns  genießen  laßen.  Welche  Tragoedi  wir  privatim  vor  E.  E. 
HochAv.  Rath  vndt  demselben  anverwandten  agiren  wollen,  zu  welcher 
Zeit  es  ihnen  belieben  wird. 

Verbleiben  hiemit  E.  E.  H. 

vnterthänigst  Diener 

Englische  Comoedianten. 

Gelesen  den  21.  Januar  1648. 

Die  hier  genannte  Tragödie  von  der  Märterin  Dorothea 
veranlasst  uns  zu  einer  kleinen  Abschweifung.  Da  dieser  Stoff  im 
Eepertoire  der  englischen  Komödianten,  der  Wandertruppen  des 
17.  und  der  Marionettenspieler  des  18.  Jahrhunderts  häufig  wieder- 
kehrt^), so  hat  man  darin  eine  Verdeutschung  von  Massingers 
Trauerspiel  'IJie  virgin  martyr  (1622)  vermutet.  Den  bisher 
fehlenden  Beweis  für  die  Richtigkeit  dieser  Annahme  liefert  eine 
der  Weimarer  Bibliothek -j  gehörige  Handschrift  aus  neuerer  Zeit, 


1)  In  Dresden  1628,  Köln  1628  imd  1648,  Prag  1651,  Güstrow  um 
1660,  im  Weimarer  Verzeichnis  (um  1720)  Nr.  53,  in  Biberach  1655  als 
Schulkomödie  und  1733  auf  dem  Liebhabertheater,  in  Bergen  um  1700, 
in  Stockholm  am  14.  Januar  1734  von  hochdeutschen  Komödianten; 
auf  dem  Puppentheater  in  Dresden  und  1785  in  Hamburg.  (Creizenach, 
Die  Schauspiele  der  engl.  Komödianten  S.  XLVIII.  Württembergische 
Vierteljahrshefte  für  Landesgeschichte  6,  38.  41,  1883.  Ilolberg,  Epistier 
3,  203.  1750.  Zettel  auf  der  Stockholmer  Bibliothek.)  —  1679  schreibt 
Samuel  von  Butschky  (Wohl-Bebauter  Rosen-Thal  S.  337):  'Was  für 
Geist  und  Geistlichkeit  kann  dabei  sein,  wenn  du  jetzt  irgend  die 
keusche  Judith,  die  edle  Märtyrin  Dorotheam  oder  anderes  dergleichen 
[von  Komödianten]  behandeln  siebest?' 

-)  ^larionctteukomödicn  Nr.  111.  15  Blätter  4'\  —  Wanguly  war 
wohl  ein  Puppenspieler. 


1647.  79 

betitelt:  'Die  Enthauptung  der  Heiligen  Dorothea.  Schauspiel 
in  3  Aufzügen  von  AVanguly',  die  uns  deutlich  die  Verwandlung 
des  englischen  Dramas  zu  einem  kurzen  Puppenspiele  in  Prosa 
vor  Augen  führt.  Verschiedene  Rollen  des  Originals,  wie  Artemia, 
Sapritius,  Macrinus,  Spungius,  Hircius,  sind  fortgefallen,  so  dass 
die  Personenzahl  auf  10  zusammengeschmolzen  ist;  einige  sind 
anders  benannt  worden:  Antoninus  heisst  Duosar,  statt  der  beiden 
Töchter  des  Theophilus,  Calista  und  Christeta,  tritt  nur  eine, 
Antafolia  geheissen,  auf,  der  himmlische  Diener  der  Dorothea, 
Angelo^  hat  sich  in  den  lustigen  Casperle  verwandelt.  Aber  im 
Gange  der  Handlung  sowohl  wie  in  einzelnen  Stellen  ist  der 
Anschluss  an  Massinger  ^)  unverkennbar.  Eine  knappe  Inhalts- 
angabe mag  dies  beweisen. 

Der  erste  Akt  schildert  den  Empfang  des  siegreich  von 
einem  Feldzuge  wider  das  Christenheer  heimkehrenden  Feldherrn 
Duosar  durch  den  Kaiser  Diocletian  in  Caßara  (Caesarea).  Die 
Eingangsworte  des  Kaisers  lassen  noch  die  ursprüngliche  Fassung 
in  Alexandrinern  erkennen: 

Könnt'  des  Jovis  Donnerkeil  das  Rund  der  Welt  bezwingen, 

So  wird  mein  Schwerdt  durch  Feindes  Herzen  dringen. 

Ich  führe  das  stolze  Glück  an  diamant-goldneu  Ketten; 

Wer  ist  auf  dieser  Welt,  der  sich  vor  mir  kann  retten! 

Ja  alles,  was  an  mir  ist,  wird  lauter  Grausamkeit, 

Obschon  die  ganze  Welt  Rache,  ach  und  wehe  schreit. 

Das  neu  erstandene  Christenthum  werd  ich  vernichten 

Oder  die  Krone  der  Heiden  nicht  länger  auf  meinem  Haupte  tragen  — 

Der  zweite  Heerführer  Theophilus  bittet  den  Kaiser,  streng 
gegen  die  Christin  Dorothea  vorzugehen,  'die  täglich  tapfere 
Heiden  zum  Christenheere  überführt'  und  ihm  selbst  zwei  Söhne 
abspenstig  gemacht  hat.  Schon  will  Diocletian  die  Verbrennimg 
der  Angeschuldigten    anordnen,    da    legt   sich  Duosar    ins  Mittel 


1)  The  dramatic  works  of  Massinger  and  Ford  ed.  by  Hartle\' 
Coleridge  1875  p.  1—25.  Die  von  Massinger  mit  der  alten  Legende 
(Acta  sanctorum  Febr.  1,  779—784.  Legenda  aurea  c.  206)  vorgenom- 
menen tiefgreifenden  Veränderungen  übergehe  ich  hier.  Abseits  stehen 
die  älteren  Dramen  von  Chilianus  Millerstatinus  (1507.  S.  Birket  Smith, 
Aeldste  danske  skuespil  1874  S.  78.  Herford,  Literary  relations  1886 
S.  79)  und  Balthasar  Thannnius  (1595,  Aufführung  1617  in  Windsheim). 
Unzugänglich  blieb  mir  ein  vielleicht  von  Massinger  beeintlusstes 
niederländisches  Drama  von  Geraerd  van  den  Brande,  'Dorothea 
matfet  e.n  onartelareftse   (Antwerpen  1641.  4*^). 


§0  Boltc,  Das  Danziger  Theater. 

und  erhält  den  Auftrag,  sie  in  Güte  zu  bekehren:  'Aber  zuerst 
folge  mir  in  meinen  Blutrichter-Saal,  dort  werde  ich  die  Urtheile 
sprechen  über  die  gefangenen  Christen'.  —  Sc.  2.  Theophilus' 
Aerger  über  die  erlittene  Kränkung  benutzt  der  Mohr  (bei  Mas- 
singer Harpax),  der  gleich  dem  Aran  in  Shakespeares  Titus  Andro- 
nicus  und  dem  'Türken'  Masons  an  allem  Bösen  seine  teuflische 
Freude  hat,  um  ihn  gegen  Duosar,  den  er  des  Einverständnisses 
mit  dem  geschlagenen  Christenkönige  beschuldigt,  aufzuhetzen. 
—  3.  Monolog  des  Mohren.  —  Sc.  4 — 8  spielen  in  Dorotheas  Zimmer 
und  entsprechen  den  Scenen  II,  1 — 3  bei  Massinger.  Casperle, 
der  den  als  Page  verkleideten  Engel  Angelo  des  englischen  Ori- 
ginals ersetzt  und  hier  durchaus  nicht  lustig,  sondern  weichherzig 
erscheint,  kehrt  von  den  Armen  und  Gefangenen  zurück,  die  er 
auf  Geheiss  seiner  Herrin  mit  Geld  beschenkt  hat,  und  meldet 
sich  bei  Dorothea.  Da  tritt  Duosar  herein  und  fordert  Dorothea 
in  des  Kaisers  Namen  auf,  sich  zum  heidnischen  Glauben  zu  be- 
kennen; als  sie  dies  gelassen  ablehnt,  erbietet  er  sich,  mit  ihr 
ins  Lager  der  Christen  zu  fliehen.  Aber  Theophilus,  der  das 
Gespräch  belauscht  hat,  verhindert  diesen  Plan,  indem  er  Dorothea 
fortschleppen  und  Duosar  entwaffnen  lässt^).  —  Sc.  10.  Als 
Theophilus  die  beiden  Schuldigen  vor  dem  Kaiser  verklagt,  will 
dieser  den  allgemein  beliebten  Feldherrn  nicht  hinrichten  lassen; 
er  verlangt,  dass  Antafolia,  des  Theophilus  Tochter,  an  Dorothea 
ihre  Überredungskunst  versuche,  dann  wolle  er  Antafolia  zu  seiner 
Gattin  machen.  —  Sc.  12.  Theophilus  sendet  seine  Tochter  zu 
Dorothea  und  Casperle  zum  Tempel,  wo  er  ein  Opferfest  für 
morgen  bestellen  soll. 

Der   2.    Akt   spielt   am    folgenden  Tage   im  Jupitertempel. 
Theophilus  begrüsst  freudig  die  beiden  Mädchen  ^j:    'Meine  liebe 


*)  Bei  Massinger  belauschen  aiisser  Theophilus  auch  Sapritiiis 
\u\d  die  in  Antoninus  verliebte  Artemia  die  Liebeserklärung-en  des 
Antoninus,  und  nicht  Theophilus,  sondern  die  eit'ei'süchtige  Artemia 
befiehlt  die  Verhaftung'. 

2)  Bei  Massing'er  ruft  er: 

'  Welcome,  oh,  thrice  welcome, 

Daughters,  hoth  of  my  body  and  my  m'ind! 

Lei  me  embrace  in  you  my  blias,  my  comfort ; 

And,  Dorothea,  naiv  more  welcome  foo, 

Than  if  you  never  had  fallen  off!     I  am  raviah'd 

Wifh  the  excess  of  joy  .  .  .' 


1647.  81 

Tochter!  welchen  Dank  bin  ich  dir  schuldig?  Doch  Jupiter 
wird  dich  lohnen.  (Zu  Dorothea:)  Und  du  Dorothea  wirst  durch 
den  Wechsel  deines  Glaubens  dein  Glück  finden.'  Aber  er  hat 
sich  getäuscht;  Antafolia  ist  von  Dorothea,  die  sie  bekehren 
sollte,  bekehrt  worden,  sie  erklärt,  sie  sei  nun  ebenfalls  Christin, 
und  fürchte  die  Strafe  Jupiters  nicht.  Damit  stösst  sie  das  Götzen- 
bild von  seinem  Throne:  'Nun  mein  Vater,  wc  bleibt  sein  Blitz? 
Ich  höre  auch  seinen  Donner  nicht.'  Tief  empört  sticht  Theo- 
philus  seine  Tochter  mit  dem  Dolche  nieder  und  ruft  knieend 
Jupiters  Verzeihung  für  den  Frevel  seines  Kindes  an.  Der  her- 
eintretende Kaiser  entscheidet,  Dorothea  solle  am  nächsten 
Morgen  enthauptet  werden.  Casper  beschliesst  den  Akt  mit 
Narrenspossen. 

3.  Akt.  Dorothea  sitzt  in  weissem  Kleide  auf  einem  Stuhle 
im  Blutrichtersaale.  Theophilus  vermag  ihre  Freudigkeit  nicht 
zu  erschüttern  und  verlangt  endlich  spottend,  sie  solle  ihm  nach 
der  Hinrichtung  ein  Zeichen  ihres  neuen  Lebens  senden.  Sie 
weissagt  sein,  Duosars  und  Diocletians  nahes  Ende;  der  Scharf- 
richter schlägt  ihr  das  Haupt  ab.  Da  stürzt  Duosar  mit  der 
Nachricht  der  Begnadigung  herein  und  stösst  sich,  als  er  die  Leiche 
gewahrt,  verzweifelnd  den  Dolch  in  die  Brust:  'Mit  dir  konnte 
ich  nicht  leben,  aber  sterben  kann  ich  mit  dir'  (Massinger: 
'0,  talie  my  soul  along,  to  icait  on  thine').  Theophilus  trium- 
phiert, aber  der  Mohr  enthüllt  sich  nun  als  ein  Höllengeist  und 
will  ihn  fortschleppen;  auf  den  Hilferuf  des  Theophilus  erscheint 
ein  Engel,  der  Dorotheas  selige  Vollendung  verkündet  \).  —  In 
der  Schlussscene  zeigt  der  deutsche  Bearbeiter  selbständige  Er- 
findung. Diokletian  klagt  um  seinen  Liebling  Duosar  und  ruft, 
als  er  hört,  der  Christenverfolger  Theophilus  habe  sich  bekehrt 
und  zum  Christenheere  begeben,  Jupiter  um  Hilfe  an.  Ein  Blitz 
entzündet  den  Saal ;  der  Kaiser  will  hinaus,  findet  aber  den  Aus- 
gang nicht  und  stürzt  sich  in  sein  Schwert.  Nachdem  die 
Flammen  erloschen  sind,  steigt  Dorothea,  von  zwei  Engeln  ge- 
leitet, in  der  Glorie  zum  Himmel  empor. 


1)  Bei  Massing-cr  er.schoint  zuerst  der  Engel  mit  den  von  Doro- 
thea aus  dem  Paradiese  gesandten  Blumen  und  dann  der  Dämon 
Harpax,  den  er  damit  zurüekscheucht. 

Th.  F.   XII.  6 


82 


Bolte,  Das  Danziger  Theater. 


1648.  Der  Professor  Johann  Raue^)  am  Gymnasium,  ein 
geborener  Berliner,  der  von  Arnos  Comenius  angeregt  als  Refor- 
mator der  Unterrichtsmethode  auftrat,  brachte  im  Oktober  auf 
dem  grünen  Thore  eine  lateinische  Sehulkomödie  mit  seinen  Zög- 
lingen zur  Aufführung. 


Juli.'iuu    Ixaiic. 


Es  ist  uns  nicht  nur  das  gedruckte  Programm  mit  einer 
Inhaltsangabe  der  sieben  Akte  erhalten,  sondern  auch  der  voll- 
ständige Text  in  der  Handschrift  des  Dichters.    Jenes  ist  betitelt: 


1)  Geb.  1010  zu  Berlin,  16.3.]  in  Erlurt,  16;]6  in  Rostock,  1639  iu 
Sorö,  1646  in  Danzig-  als  Lehrer  tliätig*,  1654  Gcneralinspcktor  aller 
Schulen  der  Mark  Brandenburg,  f  1679  zu  Berlin  als  Bibliothekar  des 
Grossen  Kurfürsten.  (Vgl.  Bolte,  Allgeni.  deutsche  Biogr.  27,  397  f.)  — 
Das  beigegebene  Bikinis  ist  die  Nachl)ildung  einer  Tuschzcichuung 
im  Berliner  Liher  pictur.  B  26  Nr.  ISS. 


1648.  83 

Argumentum  |  dramatis  |  super  |  rerum  humanarum  spectaculo  | 
in  I  Aeneae  et  Laviniae  |  nuptiis,  |  orig'inibus  populi  Homani.  ||  Typis  Vi- 
duae  Georgii  Rhetii.  |  4  Bl.  4'^  [Danzig.  Dresden.]  —  Dazu  gehört  eine 
lateinische  Einladung  an  den  Eat,  datiert:  X.  Odohr.  cloloc  XLVIII, 
der  Aufführung,  die  'proximo  lunae  meclio  die^  stattfinden  soll,  beizu- 
wohnen :  Drama  |  eoniico-  |  Oratorium  |  super  |  fatis  |  Aeneae  et  Lavi- 
niae 1  hoc  est:  I  originibus  populi  Romani,  |  magnifico  nobilissimoque  | 
Senatui  Gedano  |  exhibitum  inscriptumque  |  ä  |  Job.  Rauen.  ||  Gedani,  | 
Typis  Viduae  Georgii  Rhetii,  |  Anno  1648.  |  6  Bl.  4». 

Die  Haudsclirift  liegt  auf  der  König!.  Bibliothek  zu  Berlin 
als  Mscr.  germ.  quart  437: 

Drama  |  super  ]  originibus  populi  Ro  |  mani,  |  hoc  est,  |  Aeneae 
et  Laviniae  |  conjugio.  |  Inclytae  Reipublicae  |  Gedanensis  |  Magnifico 
et  Amplissimo  |  Senatui  |  d.  c.  |  a  |  Job.  Rauen.  (Bl.  68a — 131a.)  —  Vorauf 
geht  auf  Bl.  la— 64a  eine  bis  Akt  V,  1  reichende  prosaische  Ver- 
deutschung. 

Raue  entlehnt  den  Stoff  seines  Prosaschauspiels  dem  7.  und 
12.  Buche  der  vergilischen  Aeneide.  Indem  er  von  den  ermüden- 
den Irrfahrten  und  Kämpfen  des  Aeneas  ganz  absieht,  schildert 
er  seine  Ankunft  in  Latium,  wo  ihn  König-  Latinus  freudig  als 
Eidam  aufnimmt,  darauf  die  durch  Juno  angestiftete  Feindschaft 
der  Latiner  und  des  Turnus,  endlich  den  Zweikampf  des  Aeneas 
und  Turnus.  Im  letzten  Akte  folgt  die  bei  Vergil  nicht  mehr 
erzählte  Vereinigung-  des  siegreichen  Helden  mit  Lavinia;  ebenso 
sind  die  Gespräche  des  ersten  Aktes  als  Exposition  der  eigent- 
lichen Handlung  voraufgestellt.  Die  Göttermaschinerie  ist  bei- 
behalten: Cupido  triumphiert  (III,  3)  über  die  Verlobung  des 
Aeneas,  Juno  sendet  (IV,  2.  5)  die  Furie  Alecto  ab,  sie  zu  hinter- 
treiben. Neu  sind  die  dem  Latinus  und  Turnus  beigegebenen 
Berater  Cancellarius  und  Secretarius  und  einige  Hofleute.  Aeneas 
wird  einmal  (V,  3)  in  bekannter  Weise  von  einem  Echo  geneckt. 
Eigentümlich  individualisiert  ist  die  Rolle  des  Augurs  Tolumnius, 
der,  als  (VI,  4)  der  Kanzler  des  Tunius  die  Hilfe  der  Götter 
begehrt,  sich  als  völligen  Atheisten  bekennt  und  dem  überraschten 
Staatsmanne  eine  rationalistische  Erklärung  des  Götterglaubens 
vorträgt:  'Eheti,  ad  haec  ultima,  ad  vana  ista  atque  inania, 
Deos,  perventum  est?  0  vanas  atque  irritas  spes!  —  Tibi 
confiteor,  nihil  est,  quod  de  Deo  creditu7\'  Er  rühmt  die  Schlau- 
heit der  Priester,  deren  Ertindungeu  die  thörichten  Laien  glauben: 
'Nos  Uli  reges,  Uli  magistratus  summi  et  aeterni  sumus;  penes 
nos   inßnita  ac  suprema  maiestas    est.     Nobis  paret  miindus, 


g4  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

omne  genus  humanuni  supplicat.  Nobis  seritur,  7iohis  metitur, 
nohis  vineae,  nohis  agri  coluntur.'  Durch  diese  Schilderung-  des 
heuchlerischen,  habgierigen  und  herrschsüchtigen  Augurs  fühlte 
sich  die  Danziger  Geistlichkeit  so  sehr  verletzt,  dass  Raue  des- 
halb in  einen  weitläufigen  Streit  mit  ihr  geriet  ^).  Über  die  Form 
des  Dramas  lässt  sich  wenig  Rühmendes  sagen:  es  sind  schleppende, 
bis  zu  vier  Seiten  lange  Prosadeklamationen,  mit  welchen  die 
einzelnen  Personen  auftreten.  Ein  einziges  Mal  (VI,  3)  sind  ein  paar 
vergilische  Hexameter  (Aen.  12,  435  ff.)  mit  herübergenommeu. 
Mehr  Interesse  erweckt  ein  hinter  dem  3.  Akte  eingeschaltetes 
Zwischenspiel  in  deutscher  Sprache,  das  uns  ein  drastisches  Bild 
von  dem  damals  auf  den  Universitäten  herrschenden  Pennalismus 
liefert  2):  ein  Schüler  des  Stettiner  Gymnasiums  kommt  nach 
Wittenberg  und  wird  dort  von  einem  Kameraden  in  die  Leiden 
des  ersten  akademischen  Jahres,  der  'Pennalzeit',  eingeweiht.  — 
Wie  sorgfältig  Raue  bei  der  Aufführung  auf  scenische  Effekte 
und  musikalische  Begleitung  Bedacht  nahm,  zeigt  der  auf  Bl. 
133a — 134a  der  Handschrift  erhaltene  Rest  des  Regiebuches,  den 
ich  hier  folgen  lasse.  Man  erkennt  daraus  freilich  nicht  deutlich 
genug   die  Einrichtung   der  Bühne.     Die  Generalvertonung^) 

1)  Löschin,  Geschichte  Danzigs  1,  375.  ,/f1<r77'-//52- 

^"(HJrt  ^)  Abgedruckt    in    der  Altpreussischen  Monatsschrift    28,  25—37.    , 

Auch  in  einer  Colberger  Schull<omödie  von  1674  war  der  Missbrauch 
des  Studentenlebens  Thema  des  Zwischenspieles;  vgl.  Wehrmann,  Aus 
Pommerns  Vergangenheit  1891  S.  115. 

^)  Das  boUändische  Wort  Vertooning  =  Vorstellung  bezeichnet 
sonst  die  lebenden  Bilder  {fahlemix  vivants,  dumh  shoic),  die  von  Von- 
del  und  andern  niederländischen  Dramatikern  in  den  Zwischenakten 
zur  Vorbereitung  auf  die  Entwicklung  der  Handlung  gezeigt  wurden 
(Jonckbloet,  Geschiedenis  der  ndl.  lettcrkunde^  2,  70).  Solche  'Ver- 
toninge' schiebt  1()39  der  Emdener  Dichter  Jan  Tonnis  in  seinen  Joseph 
ein;  Schoch  nennt  sie  in  seiner  Conioedia  vom  Studentenleben  (1657) 
'Stellungen  und  Vertonungen',  Pachius  (Salutaris  Jesu  Christi  nati- 
vitas  1638)  ' praesentatio  personarum  tarn  generalis  quam  specialis, 
so  itzo  gebrauchlig  vnd  auf  einen  jedem  Actum  loco  argumenti  kau 
gebrauchet  werden',  Chr.  Rosa  (Theophania  1(146)  'die  Praesentation, 
so  vorhero  vnter  der  Music  bey  brennenden  Liechtern  geschähe'.  Gry- 
phius  (Carolus  Stuardus  1657)  spricht  von  'Vorstellungen',  Mitternacht 
(Politica  dramatica  1667)  von  'Posituren'.  Das  Theatrum  Europaoum 
6,  1075  (1652)  erzählt  vom  Nürnberger  Friedensschauspiele  von  1650: 
'Es  Hessen  sich  Vertönungsweiß  sehen  etliche  Personen,  die  stunden 
mit  vn verwandten  Augen  vnd  Leibern,  als  wären  es  Bilder:  vnd  diese 


/ 


1648.  85 

scheint  den  bemalten  Hauptvorbang  ^)  zu  bedeuten,  der  sonst  auch 
bloss  Decke  oder  Teppich  heißt.  Dahinter  befinden  sich  das 
grosse  und  das  kleine  Blendwerk,  jedes  mit  zwei  Flügeln  ver- 
sehen und  zu  einer  andern  Positur  verschiebbar;  also  zwei  be- 
malte Hinterwände  der  Bühne,  die  dem  'grossen,  auf  beiden  Seiten 
bemalten  Perspektiv  am  Ende  des  Theatri'  bei  der  Leipziger 
Aufführung  von  Lanis  Schulkomödie  Agapetus  i.  J.  1685  ent- 
sprechen 2).  Ferner  giebt  es  Special  Vertonungen  und  vier 
Gardinen.  Da  wir  noch  keine  Untersuchung  über  die  Gestal- 
tung der  deutschen  Bühne  und  der  Dekoration  im  17.  Jahrhundert 
besitzen  3),  muss  ich  mich  mit  diesen  Bemerkungen  begnügen. 


Voi'bildung-en  wurden  durch  Auff-  und  Zuziehung  deß  Vorhanges  mit 
vnterschiedenen  Posturen  oder  Stellungen  vor  jedem  Auffzug  einmahl 
oder  vier  abgewechselt.'  In  einer  Dresdener  Komödie  von  1646  (Für- 
stenau  1,  107)  wird  der  Inhalt  vorher  mit  stummen  Personen  reprä- 
sentiret,  und  sogar  ein  Ballet  wird  1660  in  Colberg  'in  nachfolgenden 
Entreen  ordentlich  vertöhnet  und  darauf  getantzet'  (Riemann,  Gesch. 
der  Stadt  Colberg  1873  S.  496).  —  Vgl.  besonders  Rist,  Die  alleredelste 
Belustigung  1666  S.  136. 

^)  Harsdörfer,  FraAvenzimmer-Gesprechspiele  6,  45  (1646)  sagt: 
'Der  gemahlte  Vorhang  bedekket  den  Schauplatz  von  oben  an;  das 
Gemahl  darauf  gleichet  einem  Schauplatz  ohne  Personen'  (dazu  ein 
Kupferstich).  Ebd.  3,  213  (1643):  Auf  den  Tapeten  der  Bühnen  er- 
scheinen verschiedene  Sinnbilder  mit  Unterschriften.  Ebd.  6,  50:  Die 
Vorhänge  wechseln  mit  jedem  Akte.  Vgl.  auch  Furtenbach,  Archi- 
tectura  recreationis  1640  S.  59. 

2)  E.  Dohmke,  M.  Georg  Lani  in:  Studia  Nicolaitana,  Herrn  Th. 
Vogel  dargebracht  1884  S.  144.  Ebenda  werden  zehn  bemalte  'Schirme' 
(Coulissen)  erwähnt,  die  bei  der  Vorstellung  gleich  dem  Perspektiv 
verändert  werden.  —  Solche  perspektivischen  Darstellungen  des  Hinter- 
grundes scheint  Candorin  (d.  i.  C.  von  Hövel)  in  seinem  Schauspiel- 
Entwurf  4,  12  (1663)  unter  den  'fernsichtigen  Schaugerüsten'  zu  ver- 
stehen, in  deren  Herstellung  der  Hamburger  Paul  Lantrock  und  der 
kunstbegabte  Hans  Georg  Hertel  erfahren  seien.  —  In  Kopenhagen 
akkordierte  Joh.  Lauremberg,  der  seine  beiden  zur  Hochzeit  des  Prinzen 
Christian  V.  gedichteten  Komödien  (Nd.  Jahrbuch  3,  91.  11,  145)  auch 
iuscenierte,  im  Oktober  1634  mit  dem  Maler,  'das  gantze  theatrum  in 
perspectiff  zu  staffieren  nebenst  der  orchestra  vnd  wölken  etc.'  auf 
80  Rthl.  (Kopenhagen,  Geheimarchiv). 

^)  Ueber  die  italienische  Bühne  vgl.  Seb.  Serlio,  Architettura 
(Venezia  1560)  und  Flechsig,  Die  Dekoration  der  raod.  Bühne  in  Italien 
(Leipziger  Diss.  1894),  über  die  französische  P.  Lacroix,  XVII.  Siecle. 
Institutions  et  costumes.  France  1590—1700  (1880)  S.  489,  über  die  holländi- 
sche Wybrands,  Het  Amsterdamsche  tooneel  1873  S.  71.  104;  über  die 


86  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Dem  Drama  geht  eine  musikalische  Ouvertüre  vorauf;  dann 
erseheinen  ein  Dedicator  und  ein  Prologsprecher.  Statt  der  früher 
im  16.  Jahrhundert  üblichen  Inhaltsangabe  und  des  Aufmarsches 
sämtlicher  mitspielenden  Personen^)  präsentiren  sich  darauf  die 
im  ersten  Akte  auftretenden  Schauspieler  den  Zuschauern  in 
einer  stummen  Gruppe.  Diese  Einrichtung  gleicht  ganz  den  neun 
Jahre  später  von  dem  Leipziger  J.  G.  Schoch  gegebenen  Bühnen- 
anweisungen 2).  Das  Kostüm  war  keineswegs  historisch  getreu; 
denn  Aeneas  erlegt  in  der  ersten  Scene  die  Vögel  mit  einem 
Rohr,  d.  h.  einer  Flinte. 

Ante    Actum    1. 

1.  General  Vertonung'  Zue. 

2.  hinter  derselben,  daß  <  ausgestr:  Perspectiv  )  grosse  Blendwerck 
zue  recht  gesetzt  auf  das  Erste  feld. 

3.  Die  General  Vertonung  geöffnet. 


der  Jesuiten  Andr.  Puteus,  Perspectiva  pictorum  et  architectoruin 
(Romae  1693—1700)  1,  Fig.  71—77  'Modus  delineandi  ac  pingendi  sce- 
nas';  2,  Fig.  37—48  'Instructio  theatrorum  comicorum'.  Franc.  Lang, 
Dissertatio  de  actione  scenica  (Monachi  1727).  —  Manches  Wertvolle 
liefert  der  Augsburger  Architekt  Joseph  Furtenbach  in  seiner  Archi- 
tectura  recreationis  1640  S.  59  und  im  Mannhafften  Kunst-Spiegel  1G63 
S.  111.  Auch  die  von  verschiedenen  höfischen  Festvorstellungen  vor- 
handenen Kupferstiche  (z.  B.  Könnecke,  Bilderatlas  zur  Gesch.  der  d. 
Nationallitteratur,  2.  Aufl.  S.  200  f.)  verdienen  Berücksichtigung.  Krünitz' 
Encyklopädie  141  (1825)  s.  v.  Schauspiele.  —  Über  die  Theatermaschinerie 
vgl.  Eröfneter  Ritter-Platz,  Anderer  Theil  1,  44  (Hamburg  1702).  Das 
neu-eröftnete  Rüst-Zeug  oder  Maschinen-Haus  (Hamburg  1710.  Chry- 
sander,  Allgem.  musikal.  Zeitg.  17,  231.  245.  1882).  Borgnis,  Des  ma- 
chines  imitatives  1820  p.  231  —  298. 

1)  Vgl.  meine  Notizen  in  Freybes  Ausgabe  von  J.  Schlus  Comedia 
von  Isaac  1892  S.  *31.  *81.     Auch  unten  S.  89,  Anm.  4. 

2)  Schoch,  Comoedia  vom  Studenten-Leben  1657  Bl.  A2a:  '  \'or- 
spiel.  Hier  wird  erstlich  mit  Trompeten  und  Heerpaucken  ein  Zcioiien 
gegeben  'und  praeambulirt.  Nach  diesem  werden  die  Vorhänge  ge- 
zogen, und  stehet  Mercurius  unbeweglich  allbereit  in  seiner  Stelhmg, 
fanget  darauff  zu  den  Anwesenden  also  an  zu  reden'.  —  Bl.  A4b: 
'Hiermit  tritt  Mercurius  geschwind  ab,  und  fallen  die  Teppichte.  Wird 
eine  Instrumental-Music  gehalten.  Hernach  werden  die  Tep])ielite  auff 
dem  Theatro  iind  Innern  Scene  gezogen,  und  werden  der  1.  llaiullung 
erste  4  Auffzüge  in  Stellungen  und  Vertonungen  gezeiget,  ausser 
Pickelhering,  so  nicht  mit  darbey.  Hier  kan  ein  wenig  inne  gehalten 
werden,  biss  wiederumb  ein  Zeichen  mit  Trompeten  und  Heerpaucken 
zur  Action  geschehen '. 


1648.  87 

4.  Hinter  daß  <  ausgestr:  Perspectiv  >  g-rosse  Blendwerg,  das  kleine 
in  die  Erste  positur  gerükt. 

5.  Damitt  das  grosse  Blendwerck  geöffnet  nur  mitt  den  beyden 
flügeln.  NB.  nicht  ehe  geöffnet  biß  das  Stük  der  Musicanten 
bald  zue  ende,  welches  einer  significiren  muss. 

6.  Darauff  der  Dedicator  ein  wenig  still  stehend  keinen  Specta- 
torem  angesehen,  endtlich  heraußtritt,  bej'  den  flügeln  deß  großen 
Blendwerkeß  den  hutt  abzeucht,  förder  hintrit,  vnd  zue  die  h. 
deß  Rhattß  einen  tieifen  reverentz  machet,  darauff  mitt  dem 
Titul  einen  kleinen  reverentz  thutt  vnd  redet. 

7.  Nach  Vollendeter  rede  wann  er  abgetretten,  wird  das  grosse 
Blendwerk  geschlossen,  V[nd] 

8.  Tritt  der  Prologus  in  das  kleine  Blendwerk  vnd  wird  ver- 
schlossen. 

9.  Die  Musicanten  Spielen  ein  kurtzeß  Stük. 

10.  Die  Flügell  deß  grossen  vnd  kleinen  Blendwerkß  thun  sich  meh- 
lich  aber  zue  g"leich  in  gleicher  distantz  von  einander  biß  zu 
rechter  Perspectiv.  Vnd  bleibt  der  Prologus  bestehen,  biß  er 
das  final  der  Music  höret. 

11.  Mitt  dem  final  v.  letzten  tact  gehet  er  herfür,  macht  reverentz 
wie  der  Dedicator. 

12.  Wird  ein  Stük  gespielt,  v[nd] 

13.  damitt  ein  wenig  die  Verblendung  stehen  lassen 

14.  Hernach  die  General  Vertonung  zuegezogen 

15.  daß  grosse  v[nd]  kleine  Blendwerk  in  die  andre  positur  gerükt, 

16.  darauff  alle  personen  nach  den  dreyen  hoffn  sich  gestellet. 

17.  Etwaß  bestehen  bleiben. 

18.  Hierauff  die  General  Vertonung  zuegezogen 

19.  Die  personen  eilig  aber  behend  weg  gangen. 

20.  Die  General  Vertonung  geöffnet  vnd  die  Blendwerck  allen  sehen 
lassen. 

21.  Vnterdessen  die  personen  im  Ersten  Actu  in  die  General  Ver- 
tonung sich  in  positur  i)  zue  stellen. 

21.  Die  Gen.  Verton,  zuegezogen. 

22.  Das  Blendwerk  leiß  vnd  heimlich  zuesamen  gelegt  vnd  wegge- 
tragen. 

23.  drauft'  die  Gen.  Vertonung  geöffnet,  vnd  allen  zue  sehn  be- 
halten. 

24.  Drauff  die  Special  Vertonungen  angehoben  mitt  der  Ersten 
gardin. 

Actu  s    I.    S  c.    I.    [vencischtj. 
2.  3.  4. 

25.  Drauff  die  Erste  Gardin  zuegezogen. 

26.  Die  andre  auffsremacht. 


1)  Vgl.  oben  S.  84,  Anm.  3. 


88  Bolte,  Das  Dauzig-er  Theater. 

27.  Die  Erste  geöffnet  vnd  etwas  behalten. 

28.  Die  erste  zuegezogen. 

29.  Die  dritte  auffgemacht. 

30.  Die  Erste  geöffnet  V.  etwas  behalten. 

31.  Die  Erste  zuegezogen. 

32.  Die  dritte  auffgemacht. 

33.  strakß  die  Erste  geöffnet  v.  behalten. 

34.  Die  Purste  zuegemacht. 

35.  strakß  die  Vierte  aufgemacht,  strakß 

36.  Die   Erste  geöffnet   vnd   behalten.    NB.  Nun    soll   Latinus    sich 
fertig  halten. 

37.  Die  Erste  zugemachet. 

Vnd  damitt  alsobald  Latinus    in  1.  Scena  herfurgetreten. 

Sc.  II.  Aeneas,  alsofort  auff  den  Eintrit  deß  Latini  herauß 
Achates  Verbleibt  usque  ad  haec  verha:  'Hoc  utiqiie  Dens  ratum 
juhehiV. 

Aeneas  besiht  Vnterdessen  das  Vögelwerk  so  er  geschossen, 
bes.  daß  Rohr  Vnd  befhelt  dem  Knecht,  das  Rohr  fertig  zue 
machen. 

Sc.  III.     Latinus  zue  erst,  di-auff  Lavinia. 

Sc.  IV.  Amata  hört  zue  v.  komt  herauß  ad  ista  verha  '  Com- 
j)endio  fruor'  v.  behorcht  die  tochter. 

38.  [ausgestynchen] . 

ACT.  II. 
1,    Die 

1()4:9.  Im  Aug'ust,  also  während  des  Dominikmarktes,  fand 
die  Aiifführmig-  eines  Dramas  von  der  Geburt  Christi,  ver- 
mutlieh durch  Schüler,  statt.  Dies  geht  aus  einer  mir  von  Herrn 
Professor  A.  Brückner  mitg;eteilten  Bemerkung-  in  dem  Reise- 
tag^ebuche  des  Polen  Nicolaus  Grudzinski^i  hervor,  der  am  31. 
August  d.  J.  in  Braunsberg-  eine  Schulaufführung  der  Jesuiten 
mitansah  und  dabei  der  kurz  vorher  in  Danzig  besuchten  Komödie 
gedenkt,  in  der  Engel  vor  dem  neugeborenen  Heilande  musicierten. 

lf)50.  Um  der  überhand  nehmenden  Armut  abzuhelfen, 
wurde  in  einer  Ratssitzung  die  Eröffnung  eines  Ratswcinkellers 
und  die  'Aufführung  erbaulicher  christlicher  Komödien'  vorge- 
schlagen. Das  erste  Project,  das  schon  einmal  am  21.  Juli  1636 
vorgetragen  worden  war,  gelangte  1651  wirklieh  zur  Ausführung; 
die    geplanten    Wohlthätigkeitsvorstellungcn   jedoch    scheinen    so 


^)  Diarius  der  Reise  nach  Danzig  A.  D.  1()49  (Petersburg,  öffentl. 
Bibliothek.     Pohl.  Ilandschr.  IV,  Quarto  38). 


1648-1651.  89 

starke  Bedenken  erregt  zu  haben,  dass  mau  den  Gedanken  fallen 
Hess  (Löseliin,  Gesch.  Danzigs  1,  358.  399.  Nueleus  SC.  Geda- 
nensium  im  Berliner  Mscr.  boruss.  fol.  250,  Bl.  180a). 

1651  besuchte  König  Johann  Casimir,  der  1649  seinem 
Bruder  Wladislaus  auf  dem  Throne  nachg-efolg-t  war  und  dessen 
Witwe  geheiratet  hatte,  am  19.  September  mit  seiner  Gemahlin 
Danzig  und  blieb  14  Tage  dort^).  Bei  den  damals  veranstalteten 
^Freudenspielen  und  Kurtzweilen'  muss  der  auch  in  Königsberg 
und  Hamburg  als  Dekorationsmaler  und  Theaterregisseur  auf- 
tretende Andreas  Gärtner^)  die  Komödie  aufgeführt  haben,  von 
der  in  den  beiden  nachfolgenden  Aktenstücken  die  Rede  ist. 
Vielleicht  ist  sie  identisch  mit  dem  allegorischen  Schauspiele  des 
Michael  Albinus^),  von  dem  sich  eine  Inhaltsangabe  er- 
balten hat: 

Michaels  Weißen  |  Kurtzverfaster  Nachricht  |  Des  |  Dantzig-er 
Schauspiels,  '  von  der  Königin  im  Liebeuthal,  etc.  So  auff  |  Verg-ünstig'img' 
E.  Hochw.  Eahts  |  vorstellen  wird  |  Andreas  Gärtner.  |  8  Bl.  4^  o.  O.  ii. 
J,  [Königsberg,  Wallenrodtsche  Bibl.  S  S  64,3].  —  Inhaltsangabe  der 
vier  Akte.  —  Hagen,  Gesch.  des  Theaters  in  Preussen  S.  69  fügt  fälsch- 
lich die  Jahreszahl  1650  hinzu. 

Nach  einer  musikalischen  Introduktion  wurde,  wie  bei  Eaue, 
ein  lebendes  Bild  gezeigt :  das  Danziger  Wappen  und  ein  in  den 
Wolken  sitzender  Engel;  darauf  stellte  der  Ritter  Gottlieb  die 
auftretenden  Personen  einzeln  vor*).  Den  weiteren  Inhalt  gebe 
ich  mit  Hagens  Worten:  'Die  Königin  von  Liebenthal  wählt 
ihre  Wohnung  unter  Fischerleuten,  sie  bestimmt  diese,  Schififahrt 


1)  Lengnich,  Gesch.  der  preiiss.  Lande  7,  84  (1734).  Curicke,  Be- 
schreibung der  Stadt  Dantzig  1688  S.  357. 

-)  1646  führte  er  am  11».  April  zu  Königsberg  in  einem  Garten- 
hause mit  Studenten  eine  Schäferei  mit  Musik  imd  allerhand  Maschinen 
die  'Enthauptung  Johannis  und  Dulcimunda'  (vgl.  Homburgs  Tragi- 
comödia  Dulcimunda.  1648)  auf.  In  Hamburg  gab  er  1646—47,  wie  Rist 
im  Friedewünschenden  Teutschland  1647  berichtet,  ebenfalls  mit  wohlge- 
schickten Königsberger  Studenten  Vorstellungen.  Zum  Einzüge  des 
Grossen  Kxirfürsten  in  Königberg  1641  hatte  er  die  Ehi-enpforte  gemalt. 
Vgl.  Hagen,  Theater  in  Preussen  S.  69.  94.  —  Ein  Nachkomme  von  ihm 
war  möglicherweise  der  königl.  polnische  und  kurfürstl.  sächsische 
Modellmeister  Andreas  Gärtner  (geb.  1654,  f  1727  in  Dresden)  bei  Ade- 
lung, Forts,  zu  Jöchers  Gelehrtenlexicou  2,  1309  (1787). 

3)  Vgl.  oben  S.  62. 

*)  Vgl.  oben  S.  86,  Anm.  1. 


90  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

ZU  treiben,  und  begründet  dadurch  den  Bau  Danzigs.  Das  Glück 
der  Stadt  wird  durch  Seeräuber  vielfach  gekränkt,  die  aber 
Gottlieb  'der  Fromme'  glücklich  bekämpft.  '"Worinnen  gedeutet 
wird  auf  der  ^Menschen  geistlich  Elend  und  ihre  Erlösung.'  Der 
Schutz  der  Stadt  wird  durch  eine  königliche  Ehrensäule,  neben 
der  Gerechtigkeit  und  Friede  stehen,  gesichert.  Da  Klagen  über 
allerlei  Elend  erschallen,  die  Leute  zu  verhungern  und  verdursten 
glauben,  sieht  man  dankgerührt  Gottes  Gnade  in  einem  plötzlich 
entstehenden  Springbrunnen.  Das  Wort  Gottes  oder  der  Ritter 
vom  Feuer  entreisst  die  aufsätzige  Stadt  aus  der  Gewalt  der 
Unholdin  oder  Unbarmherzigkeit.  Es  wird  ein  Nachtliedlein  ge- 
hört, bis  die  Morgenröte  und  Sonne  aufgeht,  nach  dem  Spruch: 
Jes.  58,  7  :  'Brich  dem  Hungrigen  dein  Brot;  alsdann  wird  dein 
Lieht  hervorbrechen  wie  die  Morgenröte.'  Da  bestimmt  die 
Königin  im  Liebenthal,  dass  zur  Besiegung  aller  Not  sich  die 
Menschen  mit  den  Tugenden  vermählen,  und  sie  bewirkt  in  Be- 
treff der  Krone  (so  heisst  die  Stadt  Danzig),  dass  die  Hofleute 
einen  solchen  Heiratsbund  eingehen.  Die  Beständigkeit  erhält 
die  Krone,  und  der  verlorene  Sohn  Friedlieb  kehrt  heim.  Die 
verschlossenen  Herzen,  wenn  sie  nicht  hier  Strafe  erleiden,  werden 
auf  die  jenseitige  Pein  in  den  Flammen  verwiesen.  Der  Ver- 
fasser, als  er  das  Stück  in  Schick  gebracht,  sagt :  Gott  lasse  alles 
wohl  gelingen!' 

Aus  den  beifolgenden  Aktenstücken  geht  über  den  Inhalt 
der  Komödie  nur  soviel  hervor,  dass  darin  drei  Grazien,  ein  Satyr 
und  eine  Pyramide  vorkamen.  Vielleicht  hat  Gärtner  verschiedene 
Schauspiele,  bei  denen  er  auf  die  sccnische  Ausstattung  und  die 
musikalische  Begleitung  besondere  Sorgfalt  verwandte,  im  Laufe 
des  Jahres  1651  in  Danzig  aufgeführt  und  erhielt  darauf  vom 
Rate  den  Auftrag,  ein  Festspiel  für  den  Empfang  des  Königs 
herzurichten. 

I. 
Hon-  Bürgermeister,  Woll  Edle,  Gestr.,  Ehreuveste,   Hoclnveise,   Grol>- 
günstige  gebietende  Herren. 

Daß  große  zuversichtliche  vertrawen  zu  E.  Woll  F.dlcn  Hw.  Herrl. 
hat  niclit  zugeben  wollen,  daß  ich  so  gar  an  E.  Woll  Edl.  Hochw.  Kahts 
geneigter  gxmst  \uu\t  väterlicher  vorsorg  zweiffeien  solte,  Ob  gleich 
auff  mein  voriges  demühtigstes  petitum  nicht  alsbaldt  meine  geschöpiifte 
hoffining  ihren  Zwegk  erlanget  hat.  Wannenhero  ich  nochmals  gleich 
demühtigst  E.  Woll  Edl.  Hochw.  Ralit  .supplicando  will  ersuchet  liaben. 


1651.  91 

meine  praesentation  hochgünstig'  zu  acceptiren  undt  aufF  einen  ver- 
such Ihren  Consens  zuertheilen.  Vndt  weill  E.  Woll  Edl.  Hochw.  Herl. 
nicht  ein  unbilliges  bedencken  hirin  g-etragen,  daß  etwan  dise  occasion, 
da  alles  verdeckt  undt  finster  ist,  möchte  zu  andern  wercken  der  finster- 
nüs  ursach  geben,  Als  berichte  ich  derowegen  nohtwendig,  daß  es  gleich 
der  ohrt  zu  meinen  actionibus  von  deß  tages  licht  finster  sein  mus, 
nichto  desto  weniger  doch  von  herumbher  auffgehenckten  lampen 
g-antz  helle  sein  werde,  also  daß  menniglich  so  "voll  als  bey  tage  kan 
sehen  undt  gesehen  werden,  Nicht  zweifFlende,  daß  werck  selbst  werde 
meine  gutte  meinung  beßer  erklären,  als  ichs  itzo  mit  worten  vorbringen 
kan,  deßen  vorsatz  einig  undt  allein  dahin  gerichtet  ist,  daß  ich  E, 
Woll  Edl.  Hochw.  Herl.  Vnterthanigst  darthun  möge,  wie  ich  ohne 
ergernüs  undt  leichtfertigkeit  (welche  sonsten  in  Comoedien  einge- 
schlichen) zugleich  erbarlich  als  erbawlich,  so  künstlich  als  ergetzlich 
nicht  allein  vor  junge  als  sondern  auch  Alte  meine  praesentationes 
durch  Anmuhtige  perspectiv,  Lebendige  Personen  (deren  ich  etliche 
schon  zur  handt  habe)  als  auch  wollklingende  Music  anzustellen  weis  undt 
damit  die  liebe  Jugendt  zu  allerley  Tugendt  undt  gutten  sitten  anfri- 
schen und  anreitzen  kan.  Dieses  alles  aber  nach  E.  Woll  Edl.  Hochw. 
Herrl.  anordnung  undt  disposition  zu  dirigiren  mir  wolle  höchstes 
fieißes  angelegen  sein.     Datum  den  6  [Jan.]  Anno  165[1]. 

E.  Woll  Edl.  Hochw.  Herrl. 

Vnterthänigster  Diener 

Andreas    Gärtner. 

Lecta  23  Jan.  A°  1651,  vndt  ist  vom  E.  E.  H.  Rath  beliebet,  das 
Supplicans  deßen  auf  dem  Grünen  thor  ein  versuch  thun  soll,  mit  vor- 
behält weiterer  declaration  wegen  der  gelder,  so  da  fallen  werden. 

IL 

Extract  der  Außgaben,  so  auff  die  Comoedi  gethan,  so  vor  Il;r 
Königl.  Maytt  ist  praesentirt. 

2  Bockfell  zum  Satyr fl.  6  _  — 

1  Peruck  und  1  Bahrt „  4  15  — 

5  U  Blesch  a  3  f „  15  —  — 

4  tt  Wax  zu  den  Blettern  a  gr.  22^/2 „  3  —  — 

1  U  Grüen  Span „  2  —  — 

An  Golt  vnd  Silber „  30  —  — 

Den  Bildthawer  laut  Außzugk „  61  29  9 

Den  Tischer  laut  Außzugk ,,  6  20  — 

4  Bärenheüte w  32  —  — 

51  Ehlen  Leinwandt  a  9  gr ,15  9  — 

2  Mahler  vor  10  Tage  zu  Arbeiten  a  1^  o  ^"- „  30  —  — 

Noch  1  Mahler  vor  10  Tage  a  2  f.  gezalilt „  20  —  — 

3  Schneyders  9  Tage  gearbeitet  a  36  gr „  32  12  — 

Der  Krentzlern  vor  die  Blumen  vnd  Kreütern       .     .     .  „  10  —  — 

4  Stück  Lindt  zum  binden  a  9  fl ^  36  —  — 


92  Bolte,  Das  Danziger  Theater 

Vor  StiefF  Real  bogen  pompier fl.   18  —  — 

50  Elen  grünen  vnd  weißen  gelöcherten  Flohr  a  12  gr  „    20  —  — 

8  U  Leihm  a  8  gr „       2  4  — 

An  Farben »12  —  — 

Der  Piramis  vnd  was  dazu  gehöret »19  —  — 

3  Handtlanger,  so  oben  6  Tage  geholffeu »18  —  — 

Waß  an  Eßen  vnd  Trincken  außgegeben „      6  —  — 

An  Nägell »      3  —  — 

4  Ellen  gülden  Lehder   zu  den  Taschen,    Riemen   vnd 

Stiefeln .,  12  —  — 

Den  Klempner „  5  —  — 

Den  Nehtler „  3  15  — 

2  Stücke  Schnüre  zu  den  gordinen ,,  3  —  — 

3  Perüken  vor  die  Gratien „  6  —  — 

Ant.  Pauly  laut  Außzugk „122  4  9 

Daniell  vom  Ambstern  laut  Außzugk „  61  15  — 

Eichart  Le  Roy „  217  22  9 

Jacob  vnd  Hanß  Kerßberch  laut  Außzugk „  57  16  — 

An  Wax  Licht  51 S:  a  gr.  27,  thut „  45  27  — 

Pronota:  hierauff  empfangen  Somm.  fl,  937      9      9 

Rthlr.  150=  fl.  450, 

E.  E.  Hochw.  Rahts 

Dienstgeflißner 

Andreas   Gert n er. 
Dazu  der  Vermerk: 

Proposit.  22.  Jan.  A°  1652.  Vndt  will  E.  E.  Rath  zu  den  albereits 
gegebenen  150  Rthl.  noch  50  Rthl.  zu  ersetzung  der  angewandten  Un- 
kosten zugeleget  vndt  von  E.  E.  Raths  Kemmerey  extradirct  haben. 

Aus  den  im  Kämmereibuche  notierten  Ausgaben  'auf  die 
Königliche  Station'  vom  19.  September  bis  3,  Oktober  führe  ich 
einige  Posten  an,  die  auf  ähnliche  Lustbarkeiten,  wie  sie  1623 
und  1646  stattfanden,  schliessen  lassen: 

Au  die  Kürschner 760  M.  —  Seh, 

An  NN  wegen  der  fahren  Pforte,  in  23  Zeddeln  .     .     .  2466    „        2     ,. 

An  NN  wegen  der  Comoedien  in  5  Zeddeln    ....    822    „  4     „ 

An  die  Leinen  Täntzer 450    „  —     „ 

An  vier  frembde  Fechter 216    „  —     „ 

1 053 rcicliten 'Ertzhertzogks  L  c o  p o  1  d  i  bcstaltc  Comoedianten' 
beim  Kate  ein  Gesuch  um  Spielerlaul)nis  während  des  Dominiks 
ein,  welches  unter  dem  14.  Juli  abgelehnt  wurde.  Gemeint  ist 
nicht  der  spätere  Kaiser  Leopold  L,  der  damals  13  Jahre  zählte, 
soudern    der  liruder    Kaiser    Ferdinands    IIL,    Leopold  Wilhelm, 


1651—1662.  93 

Bischof  von  Olmütz  und  Statthalter  der  Niederlande  (1614 — 1662), 
dessen  Komödianten  1653,  wie  wir  aus  einem  Gedichte  Vondels 
(AVerken  6,  144  ed.  J.  van  Leunep)  erfahren,  auch  in  Amsterdam 
auftraten.  —  Hierbei  mag-  bemerkt  werden,  dass  schon  im  Sep- 
tember 1649  'Comoedianten  des  Erzherzogs  zu  Oesterreich'  in 
Gottorp  bei  der  Vermählung-  der  Prinzessin  Sophie  Auguste  mit 
Johann  von  Anhalt-Zerbst  spielten  und  darauf  vom  Herzog 
Friedrich  HL  von  Schleswig-Holstein  ein  Empfehlungsschreiben 
au  den  Rat  von  Hamburg  erhielten  (Hamburg,  Stadtarchiv).  Die 
lunsbrucker  Komödianten  des  Erzherzogs  Ferdinand  Karl  (f  1662) 
scheinen  ihre  Wanderzüge  nicht  nach  Norddeutschland  ausgedehnt 
zu  haben  (Bolte,  Jahrb.  der  Shakespearegesellschaft  22,  193). 

1662  wies  der  Rat  am  14.  April  eine  Truppe  von  dreizehn 
hochdeutschen  Komödianten,  die  aus  Dänemark  und  Lübeck  her- 
kamen, und  am  11.  August  drei  Studenten  i),  Job.  Caspar 
Kempfer,  Adam  Koch  und  Wilh.  Haber  man,  die  sich  so- 
eben mit  einer  Schauspielerbande  vereinigt  hatten  und  sich  eines 
Repertoires  von  90  Stücken  rühmten,  ab. 

I. 
Herr  Bürgermeister  etc. 
Einem  Edlen  Hw,  Kaht  können  wir  anher  g-elangte  Hochdeutsche 
Comedianten  unterdienstlich  zu  berichten  nicht  unterlaßen,  wie  das 
wir  unlängst  vor  Ihre  Königl:  May.  in  Dennemarck,  und  nun  zu- 
letzt in  Lübeck  unsere  Ehr-  und  Frewdenspiele  nach  erlangter  Ver- 
gönstigung  praesentiret  haben:  Wann  dann  dergleichen  bey  dieser 
guten  Stadt  (die  aus  Göttlicher  Gnaden  numehr  den  lieben  Frieden  er- 
langet) Wir  auch  zu  üben  gesonnen,  Als  gelanget  an  Einen  Ed.  Hw. 
Raht  unser  dienstfreundliches  ansuchen  und  bitten,  derselbe  geruhe 
großgünstiglich  hierinne  zu  consentiren  und  irgend  das  grüne  Thor 
oder  sonst  einen  bequemen  Ort  dazu  uns  zuvergönnen,  da  wir  denn 
erbötig  sind.    Einen  Ed.  Hw.  Eaht,    was  die  [?]  Ed.  Hw.  Hr.  billig  be- 


1)  Dass  Studenten  sich  dem  Schauspielerstande  widmeten,  war 
im  17.  Jahrhunderte  häufig  genug;  so  traten  1633  in  Kopenhagen 
deutsche  Studenten  auf,  1646  unter  Andreas  Gärtner  in  Hamburg,  um 
1660  unter  Caspar  Stiller  in  Güstrow,  1663  Jenaer  Studenten  in  Lüne- 
burg, 1675  in  Riga,  1689  in  Danzig,  einzelner  Namen  wie  Christoph 
Blümel  und  Joh.  Veiten  ganz  zu  geschweigen.  —  1719  bewirbt  sich  ein 
Danziger  Joh.  Heinr.  Schneidewin,  der  1714  vom  Herzog  Ferdinand 
als  Cantor  nach  Kurland  berufen  und,  da  er  seine  Stelle  besetzt  fand, 
unter  die  Comödianten  gegangen  wai",  um  Beschäftigung  in  der  Rigaer 
Ratskanzlei,  indem  er  'durch  unermüdeten  Fleiss  diesen  begangenen 
Fehler  auszubessern  bemüht  sein'  will. 


94  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

finden  werden,  ein  genügen  zu  thun,  wie  auch  die  liebe  Armuth  zube- 
dencken,  Erwarten  einer  erfrewlichen  Andtwort  und  verbleiben 
Eines  Ed.  E.  N.  Hw.  Raths 

Dienstfertige  und  Geflißene 
Hochdeutsche   Comedianten, 
13  an  der  Zahl. 
Lect.  in  Sen.  14.  Ai)ril  1662.     Vnd  sieht  E.  Raht  nicht,  das  Suppli- 
cantenn  in  ihrem  ansuchen  für  diese  Zeit  könne    gewilfahret  werden, 
sondern  befindet,  das  Sie  abzumahnen  sein,  auch  auf  frembder   Juris- 
diction ihre  Spiele  nicht  anzustellen. 

IL 
Her  Bürgermeister  etc. 
Nebst  demütigsten  wundsche  vor  dero  hohe  selbst  ersinliche 
Wohlfart  halten  Wir  vor  unnötig  E.  Ed.  E.  Hochw.  Rath  zu  remon- 
striren,  was  gestalt  Erbahre  und  Sinnreiche  Schauspiele  ihrer  löblichen 
Spectatorum  g-emüther  nebst  geziehmender  ergetzung  allerhand  löb- 
lichen tugenden  anreitzen,  vor  den  Lastern  aber  durch  Vorstellung 
der  strafe  ein  abscheu  machen;  dahero  selbe  nicht  nur  bey  den  ver- 
nünfftigen  Heyden,  sondern  auch  bey  dem  Volcke  Gottes  selbsten  alle 
wege  sehr  hoch  aestimiret  worden;  Sintemahl  solches  dero  hoch  ver- 
nüfftigsten  erfahrenheit  ohne  das  genungsam  kundbaar.  Wann  dann 
Wir  Endesgenante,  die  wir  meistentheils  den  galten  freyen  Künsten 
Ergeben  sind,  Vor  diese  Zeit  dieses  ehrliche  Mittel  ergreififen,  und  theils 
numehro  alhier  durch  schwehre  Kosten  anhero  gelanget,  Alhier  aber 
eine  Compagni  Comoedianten  angetroffen,  zu  der  Wir  uns  zu  conjun- 
gix*en  gesinnet,  Aveil  wir  erfreulich  vernommen,  daß  E.  Ed.  E.  Hochw. 
Rath  in  dieser  guten  Stadt  dergleichen  löbliche  Übungen  hochgeneigt 
vergönnet,  Als  gelanget  ahn  dieselben  unser  aller  unterthänigstes 
suchen  und  bitten,  sie  geruhen  aus  ihrer  hochlöblichen  gewogenheit 
kegenst  die  Freyen  Künste  uns  gleichfals  sothane  libertät  zuertheilen. 
Wir  erbieten  uns  dermaßen  nützliche,  erbauliche  und  lehrhaffte  Comoe- 
dien,  derer  wir  bey  90  und  mehr  haben,  auf  den  Platz  zubringen  und 
solche  mit  unserer  eigenen  Musik  der  maßen  zubeziehren,  daß  Niemand 
geergert  noch  beleidiget,  vielmehr  aber  ein  jederman  erbauet  und  die 
liebe  BürgerschafFt  zur  einigkeit,  gehorsam  und  tapferkeit  angefrischet 
werden  möge.  Wollen  auch  solche  gnade  im  übrigen  mit  allen  ersinn- 
lichen Diensten  die  Zeit  unsers  lebens  eüserster  müglichkeit  zuver- 
dienen geflißen  seyn. 

E.  Ed.  E.  Hochw.  Raths 

unterdienstschuldigste 
Johann  Casper  Kempfer  Philomusus 
Adam  Koch  L.  L.  Stud. 
Wilhelm  Haber  man  Philos.  St. 
Lect.  in  Sen.  d.  11.  Aug.  1662.    Vnd  siebet  E.  Raht  aus  bedenck- 
lichen  Ursachen  nicht,  wie  Supplicanten  in  ihrem  ansuchen  könne  ge- 
füget werden. 


16G2— it;69.  95 

16G9  führte  der  Kantor  Mich.  Conovius^)  im  Gymnasium 
am  17.  und  18.  Januar  eine  vom  Rektor  Joh.  Mauki  sch^j  verfasste 
deutsche  Weihnachtskomödie  mit  Tertianern  und  Quartanern  auf: 

Schrifftmässige  |  Weyhucachts-Gespräche,  |  von  |  Des  im  Alten 
Testament  verheisse-  |  neu,  aber  im  Newen  Testament  geleisteten  [ 
MESSLE,  des  Sohnes  Gottes  Menschwer-  |  düng,  und  der  Gnaden- 
reichen Geburt  xinsers  |  HERRN  |  JESU  CHRISTI,  |  Auß  dem  Mose, 
Propheten  und  Psalmen,  |  Evangelisten,  und  Aposteln,  |  zusammenge- 
fasset  I  von  |  D.  JOHANNE  Maukischen,  |  Gymnasii  Rectore.  |  Und.  in 
einem  Actii  Publice,  mit  Discipulis  Ter-  |  tiae  und  Quartae  Classis  den 
17.  und  18.  Janu-  1  arii  vor  Mittage  umb  9.  Vhr  im  grossen  |  Auditorio 
Anno  1669.  |  auftgestellet  |  von  |  MICHAELE  CONOVIO,  |  Cantore  Gym- 
nasii, &  Classis  I  Tertiae  Collega.  ||  DANTZIG,  |  Gedruckt  durch  David 
Friedrich  Rheten.  |  1  Bl.  -f  112  S.  -f  1  Bl.  8«.  [Hamburger  Stadtbibl.] 
—  Besprochen  von  E.  Riedel,  Deutsche  Bühnengenossenschaft  12, 
474—476  (1883). 

Dieser  Redeaktus  besteht  aus  sechs  Prosagesprächen,  die 
durch  bekannte  Kirchenlieder,  wie  Luthers  'Nun  freut  euch  lieben 
Christen',  'Nun  komm  der  Heiden  Heiland',  'Vom  Himmel  hoch' 
oder  die  alten :  'Der  Tag  der  ist  so  freudenreich'  und  'Ein  Kindeleiu 
so  löbelich'  eingeleitet  werden.  Im  Prologe  und  in  den  ersten  fünf 
Akten  treten  fast  in  der  Weise  des  mittelalterlichen  Schauspiels 
Personen  des  Alten  und  Neuen  Testaments  auf,  die  durch  den 
von  Lukas  bekehrten  Heiden  Theophilus  befragt  Bibelstellen  über 
die  Erbsünde,  die  Sendung  und  Natur  des  Messias  aufsagen: 
Jakob,  Kloses,  David,  Salomo,  Jesaia,  Jeremia,  Hiob,  Philo  (der 
Verfasser  des  Buches  der  Weisheit),  die  Evangelisten,  Petrus, 
Paulus,  Timotheus,  Aquila,  Apollos  u.  a.,  auch  Luther  und  Michael 
Walther.  Dabei  wirkt  es  wunderlich,  wenn  Luther  ernsthaft 
von  Lucas  nach  Band  und  Seitenzahl  angeführt  wird  oder  Jakobs 
messianische  Weissagung  deuten  und  Apollos  in  seiner  Disputation 
mit  den  Juden  beistehen  muss.  Erst  der  6.  Akt  bringt  das 
eigentliche  Weihnachtsspiel.  Nachdem  der  habgierige  Wirt  Demas 
in  Bethlehem  von  der  Schätzung  des  Augustus  erzählt  und  Joseph 
und  Maria    durch    den    mitleidigen  Knecht   Syrus    hat    abweisen 


1)  Ist  mir  nicht  Aveiter  bekannt. 

2)  Geb.  1617  zu  Freiburg,  studierte  in  Leipzig  Theologie  und 
ward  1651  als  Rektor  des  Gymnasiums  und  Prediger  an  der  Dreifaltig- 
keitskirche nach  Danzig  berufen,  wo  er  1669  am  8.  Juni  starb.  Seine 
zahlreichen  Schriften  zählt  Ephr.  Praetorius,  Athenae  Gedauenses  1713 
S.  101-107  auf. 


96  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

lassen,  'geht  in  dem  benachbarten  Logement  ein  Gespräch  des 
Engels  mit  den  Hirten  an',  die  dann  auf  das  Theatrum  hinauf- 
gehen und  vor  der  Krippe  niederknieen.  Darauf  treten  auch  die 
Personen  der  früheren  Akte  hinzu  und  ergehen  sich,  von  Simeon 
geleitet,  in  Betrachtungen  über  das  Weihnachtswunder.  Zum 
Schlüsse  stimmt  der  ganze  Chor  ein  Danklied  an.  Das  Ganze 
enthält  also  weniger  Handlung  als  Betrachtung. 

Vom  August  bis  zum  Dezember  d.  J.,  also  vom  Dominik  bis 
in  die  Adventszeit  spielte  die  Truppe  des  Hamburgers  Carl  Andreas 
Pauli  ^)  in  Danzig.  Diese  muss  weit  Besseres  geleistet  haben  als 
die  meisten  gleichzeitigen  Banden,  wie  sowohl  aus  den  in  Danzig 
als  auch  anderwärts  erhaltenen  Nachrichten  ^j  über  sie  hervorgeht. 
Betrachten  wir  einmal  kurz  ihre  von  Norddeutschland  ausgehen- 
den und  bis  nach  Schweden  und  Basel  ausgedehnten  AYauderzüge. 

Am  4.  Dezember  1663  klagte  die  Komödiantin  Elisabeth 
Paulsen  in  Schleswig  wider  ihren  Ehemann  Carl  Andres  Paulsen, 
der  in  die  19  Jahre  mit  ihr  gelebt  und  11  Kinder,  wovon  noch 
7  im  Leben  seien,  gezeugt,  sie  aber  nun  um  einer  Cornets- 
frau  Sophia  willen  verlassen  habe^).  Im  April  1664  bat 
der  Komödiant  Carl  Andreas  Pauli  den  Rat  zu  Lüneburg,  wo 
er  schon  früher  (um  1650)  aufgetreten  war,  um  Spielerlaubnis 
während  des  Freimarktes,  wurde  jedoch  abgewiesen"^).  1665 
spielte  er  während  der  Ostermesse  in  Frankfurt  a.  M.  ^),  im  August 
in   Basel,   im    Oktober   und   November    in    Leipzig.      1666    am 


1)  Auch  Carl  Paulsen  oder  schlechtweg  Carl  genannt.  Seine 
Truppe  heisst  auch  die  Carlische  hochteutsche  Comödianten  oder  die 
Hamburgischen  Comödianten. 

-)  Gaedertz,  Theaterzustände  von  Hildesheim,  Lübeck,  Lüne- 
burg 1888  S.  48.  75.  99.  Overskou,  Den  danske  Skueplads  1,  112  (1854). 
Wustmann,  Quellen  zur  Geschichte  Leipzigs  1,  477  f.  (1889).  E.  Mentzel, 
Archiv  für  Frankfurts  Gesch.  9,  92  (1882).  Bärensprung,  Äleklenburg- 
Jahrb.  1,  95.  Fürstenau,  Zur  Gesch.  des  Theaters  zu  Dresden  1,  244 
und  253.  Teuber,  Gesch.  des  Prager  Theaters  1,  78  (1883).  A.  Burck- 
hardt,  Beiträge  zur  Gesch.  von  Basel  2,  205  (1839).  Litzmann,  Zeitschr. 
f.  vergleich.  Litgesch.  N.  F.  1,  0—13  (1887).    Nehring  ebd.  6,  2  und  150. 

3)    Schleswiger  Archiv.    Paulsen  muss  also  um  1620  geboren  sein. 

*)  Wahrscheinlich  ging  er  darauf  nach  Bergen,  wo  1664  eine 
Truppe  von  16  deutschen  Komödianten  vom  1.  Juli  bis  in  den  Oktober 
täglich  auf  dem  Zollhause  spielte  (Norske  Magazin  2,  221.  1868). 

5)  Hier  erwähnt  er,  dass  er  vorher  in  Dänemark,  Braunschweig 
und  Lüneburg  agiert  habe. 


16G9.  97 

31.  März  erschien  er  wieder  in  Hamburg^),  im  Oktober  1667  in 
Leipzig,  1668  in  Güstrow  und  Lübeck,  im  Herbst  1669  in  Danzig. 
Von  hier  scheint  er  nach  Königsberg  gezogen  zu  sein,  da  hier 
1670  eine  Schauspielertruppe  erwähnt  wird.  Im  Januar  1671 
finden  wir  den  Comödianten  Carl  in  Kiel,  wo  er  vom  Herzog 
Christian  Albrecht  die  Erlaubnis  erhielt,  während  des  Umschlages 
zu  agieren.  Im  März  1672  wurde  der  Truppe  des  Carl  Andreas 
verstattet,  in  Kopenhagen  zweimal  wöchentlich  zu  spielen.  Von 
Kopenhagen  muss  er  nach  Riga  gesegelt  sein ;  hier  trat  während 
des  Mai  und  Juni  1672  eine  Gesellschaft  auf,  die  sich  nur  als 
die  Hochdeutschen  Comoedianten  bezeichnet,  aber  sicherlich  mit 
der  Truppe  Paulsens  identisch  ist  2).  Denn  im  Sommer  d.  J. 
langte  in  Riga  ein  Oberst  van  Staden  an,  der  sich  im  Auftrage 
des  Zaren  Alexej  Michailowitsch  bemühte,  eine  Schauspielertruppe 
zu  einer  Kunstreise  nach  Moskau  zu  gewinnen,  und  deswegen 
mit  dem  Magister  Joh.  Veiten  und  Czarlus  und  ihren  zwölf  Ge- 
nossen unterhandelte,  auch  die  Sängerin  Anna  Paulsson  in  Kopen- 
hagen engagieren  wollte.  Dieser  Czarlus  ist  natürlich  Carl  Paulsen, 
der  Schwiegervater  Veltens,  Anna  Paulsson  eine  Tochter  von  ihm. 
Indes  zerschlugen  sich  die  Verhandlungen ;  Paulsen,  den  wir  Ende 
des  Jahres  in  Kopenhagen  wiederfinden,  wünschte  vielmehr,  sich 
dauernd  in  seiner  Vaterstadt  niederzulassen.  Auf  seine  Bitte 
schrieb  Otto  Sperling  der  Jüngere  am  7.  December  1672  aus 
Kopenhagen  an  seinen  Onkel  P>roderus  Pauli,  Bürgermeister  in 
Hamburg,  folgendermassen  ^) : 


1)  Gothaischer  Theaterkalender  1784,  44  mit  dem  oft  nachg-e- 
schriebenen  Lesefehler  'Ad.  Andreas  Pandßen'  statt  Paulsen;  vgl.  z.B. 
Riedel  bei  Koppmann,  Aus  Hamburgs  Vergangenheit  1.  Folge  1886 
S.  306  und  Paludan,  Zs.  f.  deutsche  Philol.  25,  315.  Hier  erwähnt 
Paulsen,  dass  er  schon  in  Kopenhagen,  Gottorf,  Mecklenburg,  im  Lauen- 
burgischen,  in  Lübeck,  Bremen,  Rostock,  Helmstedt,  Jena,  Leipzig-, 
Wittenberg,  Strassburg,  Basel,  Augsbxxrg,  Bayreuth,  Prag,  Breslau, 
Frankfurt  a.  M.,  Köln  und  zuletzt  in  Berlin  gespielt  habe. 

2)  Diese  Gesellschaft  durfte  einen  halben  Gulden  Grobgeld  Ein- 
trittsgeld nehmen,  musste  aber  Va  (später  nur  V4)  der  Einnahme  an 
die  Peterskirche  abgeben  und  für  den  Münzstall,  in  dem  sie  spielte, 
jedesmal  einen  Reichsthaler  zahlen.  Am  4.  Juni  ward  der  Rat  zu  einer 
besondern  Vorstellung  geladen.     (Riga,  Ratsprotokolle.) 

3)  Aus  dem  Briefconceptbuche  0.  Sperlings  in  der  Kgl.  Biblio- 
thek   zu  Kopenhagen    (Gamle  kong.  Saml.  3092  V,  1  in  4").    Ich   ver- 

Th.  F.    XTI.  7 


98  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

'—  Weiter  aber  habe  ich  noch  bey  E.  Magnif.  demütig  anzu- 
halten im  Nahmen  Carl fi  An dreßen  und  Seiner  Frawen,  Meisterß  der 
hochteutschen  Compagnie  Comoedianten,  die  Sich  jetzund  allhie  auff- 
halten,  daß,  weilen  Sie  nunmehro  alt  werden  vnd  sich  zu  ruhe  schlagen 
wollen,  Sie  in  dero  geburt  vnd  landstad  Hamburg  Sich  lieber  alß  an 
anderen  orten  niederzulaßen  suchen,  wenn  ihnen  nur  ihre  ziemliche 
nahrung  daselbst  möchte  freygelaßen  werden,  also  daß  Sie  zweymahl 
in  der  wochen  ihren  Schauplatz  vnd  Comoedien  den  liebhabern  zeigen 
möchten,  gleich  wie  eß  in  anderen  hochlöblichen  Städten  gebräuchlich 
ist.  Wann  Sie  dann  daß  vertrawen  haben,  E.  Magnif.  ihr  bitten  vnd 
begehren  nicht  vnbillig  achten,  besondern  die  besagte  Freyheit,  darumb 
sie  demütigst  anhalten,  ihnen  beforderen  helffen  wird,  so  erbieten  Sie 
sich  mit  aller  gehorsam  der  Obrigkeit  vnd  mit  einer  guten  recompense 
absonderlich  E.  Magnif.  wegen  sothane  mühe  zu  begegnen.  Sie  zweif- 
fein auch  nicht,  dass  E.  Magnif.  ja  alleine  woll  durchdringen  mögen 
vnd  keineß  weitern  supplicirenß  nötig  sey,  zum  überfluss  aber,  wenn 
eß  E.  Magnif.  nötig  erachtete,  haben  Sie  diese  beygehende  Supplica- 
tion  an  einem  E.  Rath  der  hochlöbl.  Stadt  Hamburg  verfertiget  vnd 
erwarten  E.  Magnif.  oder  eineß  E.  Raths  erklärung  darauff  zu  ihrem 
besten. ' 

Das  Gesuch  scheint  aber  keinen  Erfolg  gehabt  zu  haben, 
da  sich  im  Hamburger  Stadtarchive  nichts  über  die  Anwesenheit 
von  Schauspielern  i.  J.  1673  vorfindet;  vielmehr  besuchte  Paulsen 
die  Leipziger  Michaelismesse  und  zog  dann  wieder  nach  Kopen- 
hagen, wo  er  vom  19.  December  1673  bis  zum  12.  Januar  1674 
auf  dem  Rathause  Vorstellungen  gab  ^).  Eilig  kehrte  er  dann  nach 
Sachsen  zurück ;  noch  im  Januar  und  Februar  spielte  er  in  Dresden, 
im  ]März  in  Prag,  von  wo  er  nach  Wien  aufbrach  2),  war  aber 
zur  Ostermesse,  d.  h.  wäiireud  des  Mai  und  Juni,  wieder  in 
Leipzig  und  gab  im  November  und  December  in  Hamburg  viel- 


danke den  Nachweis  dieses  Briefes  Herrn  Universitätsbibliothekar 
S.  Birket  Smith  in  Kopenhagen,  der  1885  die  interessante  Selbstbio- 
graphie des  älteren  Otto  Sperling  (1602— 1G73)  herausgegeben  hat. 

1)  R.  Nyerup  in  der  Kopenhagener  Wochenschrift  Borger-Vennen 
31,  208  (1819):  '  Fra  den  19.  Dec.  Anno  1673  og  tu  den  12.  Januar  1614 
haver  Carolus  Aiidreas  Pauli  af  Magistraten  vaeret  forlevet  at  agere 
paa  liaadhuset,  hvorfor  han  efter  derer  Hßje  og  Velvisheders  egen 
Accord  am  Ugen  hacer  betalt  6  Rdr.,  hvilket  helßher  sig  i  5  Uger 
30  Rdr: 

^)  Eine  leider  undatierte  Supplik,  die  die  Carlische  Komödianten- 
gesellschaft in  Güstrow  einreichte,  erwähnt,  dass  sie  vor  dem  deutschen 
Kaiser  und  vor  den  Königen  von  Schweden  und  Dänemark  gespielt 
haben  (Bärensprung  1,  96). 


1669.  99 

besuchte  TheatervorstelluDg-eu,  die  trotz  wiederholter  Einsprache 
der  Oberalteu  fortgesetzt  wurden,  da  sowohl  der  schwedische  Ge- 
sandte Gustaf  Hörn  als  die  Fürstliche  Durchlaucht  von  Homburg 
(d.  h.  Landgraf  Friedrich  H,  der  bald  darauf  sich  bei  Fehrbellin 
hervorthat)  beim  Rate  ihr  Fürwort  für  Paulsen  einlegten^).  Anfang 
1675  begab  er  sich  nach  Husum  an  den  Hof  des  holsteinischen  Herzogs 
August  Friedrich  (1646 — 1675),  der  zugleich  Bischof  von  Lübeck 
war,  und  traf  vor  dem  21.  April  in  Lübeck  ein,  wo  er  vereint 
mit  seinem  Schwiegersohne  Veiten  bis  zum  7.  Juni  verweilte. 
Da  der  von  ihm  beim  Lübecker  Rate  eingereichte  Empfehlungs- 
brief des  Herzogs  Gaedertz^)  unbekannt  geblieben  ist,  teile  ich 
ihn  hier  aus  dem  Lübecker  Stadtarchive  mit: 

Von  GOTTES  Gnaden  Ang-ust  Friederich,  Erbe  zu  Norwegen,  Erwöhlter 

Bischoff  des  Stiffts  Lübeck,  Hertzog-  zu  Schleßwig-  Hollstein,  Stormarn 

nnd  der  Dittmarschen,  Graff  zu  Ohienburg-  und  Dellmenhorst. 

Unsern  Günstigen  Grueß,  und  allen  Wohlg-eneigten  Willen  zuvor,  Edle, 
Wohl  Ehrenvest,  Hochgelahrt  und  Wohlweise,  besonders  Liebe 
Herren, 

Den  Herrn  füegen  wir  hiemit  zu  wißen,  daß  zu  Unsern  gnädigsten 
vergnügen  Carl  Andreas  Paul,  Commoediant,  mit  seinen  Actionen, 
bey  Unß  eine  Zeit  unterthänigst  aufgewartet;  Wan  nun  derselbe  bey 
seiner  Abreise  gesonnen,  Seinen  wegk  auf  Eurer  Stadt  Lübeck,  mit 
bei  sich  habender  Compagnie,  daselbst  der  gleichen  zu  thuen,  zu 
nehmen,  Unß  aber  umb  Unsere  recommendation  schrifft  abermahln 
Unterthänigst  gebehten,  Avelches  wir  dan  auß  sonderbahren  Uhrsachen, 
Ihm  gnädigst  mittheilen  wollen;  Alß  gelanget  an  die  Herren  Unser 
Günstiges  Gesinnen,  Sie  wollen  ermelten  Carl  Andreas  Pauli,  dieser 
Unserer  Ihm  gnädigst  ertheüten  Vorschrifft  abermahln  genießen  laßen, 
und  alle  Beförderung  und  geneigten  Willen,  wie  vor  zwey  jähren,  Un- 
seret  wegen  Ihm  auch  geschehen,  erzeigen,  welches  Wir  umb  dieselbe, 
und  einen  jeden  insonderheit,  in  gunsten  und  aller  gewoegnüß  zu  er- 
kennen stets  gefliessen  sein,  die  wir  dan  der  Obschirmung  Gottes  er- 
geben.    Datum  Husum  den  10.  Aprill  aö  1675. 

August  Friderich. 

Denen  Edlen,  Wohl  Ehrenvest  Hochgelahrt-  und  Wohlweysen,  Unsern 
Besonders  Lieben  Herren  Burger  Meister  und  Rath  der  Rö- 
mischen Keyserlicheu  Freyen  Reichs  Stadt  Lübeck. 


1)  Hamburger  Stadtarchiv:  Extractus  Protocolli  Senatus  1674. 

2)  Theaterzustände  S.  48  und  147.  Der  dort  facsimilierte  Schnörkel 
bedeutet  nichts  Aveiter  als  'et\ 


100  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Auf  einem  besonderen  Zettel  steht: 

Anff  eing-ekommenes  g-nedig-stes  Vorsclireiben  Ihrer  Furstl.  Durchl. 
hern  August  Friederichs  etc.  hat  Ein  hochm.  Raht  decretiert  vnd  dem 
Commedianten  Carl  Andreas  Paul  vergönnet,  die  nächste  acht  tage 
vber  Erbare,  Züchtige  vnd  nützliche  Conioedien  alhie  zu  agieren,  jedoch, 
das  Er  sich  mit  den  provisoren  zu  St.  Annen  Closter  zuforderst  wegen 
einer  gewißen  AbgifFt  seines  verdiensts  vergleiche,   decr.  21.  Apr.  1675. 

In  den  nächsten  Jahren  fiiessen  die  Nachrichten  über 
Panlsen  spärlicher.  1676  trat  er  in  Leipzig  in  der  Ostermesse 
auf,  ebenso  1678  während  des  Januar,  April,  Mai  und  Oktol)er. 
1679  erscheinen  noch  einmal  in  Dresden  die  hamburg-ischen 
Komödianten  vom  3. — 14.  Februar,  aber  es  ist  nicht  sicher,  ob 
ihr  alter  Prinzipal  damals  noch  lebte.  Auf  jeden  Fall  hatte  sich 
ihr  bedeutendstes  Mitglied  J.  Veiten  damals  schon  von  ihr  getrennt. 
Gerade  ein  Jahr  zuvor,  im  Februar  1678,  war  er  vom  Kurfürsten 
Johann  Georg  IL  von  Sachsen  in  seinen  Dienst  genommen 
worden. 

Die  Spuren  von  Paulsens  Wanderleben  reichen  also  von 
1663 — 1678  (oder  1679) ;  er  muss  jedoch  seine  Schauspielerthätig- 
keit  weit  früher  begonnen  haben,  da  er  schon  1672  von  seinem  heran- 
nahenden Alter  und  Ruhebedürfnis  redet.  Darauf  führt  uns  auch 
seine  Verbindung  mit  Veiten,  über  die  ein  kürzlich  von  P.  Zimmer- 
mann in  Wolfenbüttel  gemachter  schöner  Fund  neues  Licht  ver- 
breitet  ^).  Der  kunstsinnige  Herzog  Ferdinand  Albrecht  I.  von 
Braunschweig  hat  sich  1680,  als  Veltens  Trup[)e  vor  ihm  in 
Bevern  spielte,  genaue  Notizen  ül)er  das  Personal  und  das  Reper- 
toire gemacht  und  dabei  auch  bemerkt,  daß  Veltens  Frau  Catha- 
rina  Elisabeth  eine  Tochter  Carl  Pauls  war,  in  die  er  sich  als 
^Magister  verliebt  habe,  und  dass  beider  Tochter  Anna  Elisabeth, 
die  schon  bei  den  Aufführungen  mitwirkte,  damals  im  Alter  von 
acht  Jahren  stand.  Daraus  geht  hervor,  dass  Veiten  spätestens 
1671  geheiratet  hat.  Da  er  aber,  wie  Heine  ^j  nachgewiesen  hat, 
schon  1640  zu  Halle  geboren  und  1661  in  Leipzig  zum  IMagister 


^)  P.  Zimmermann,  Ein  Theater  in  Bevorn.  Braun.sclnvcigi.sciu' 
Anzeigen  1894,  Nr.  76—81.  Das  vollständige  Material,  dessen  Ver- 
öffentlichung nahe  bevorsteht,  hat  Herr  Dr.  Zimmermann  mir  gütigst 
zur  Einsichtnahme  mitgeteilt. 

2)  In  seiner  manches  Gute  enthaltenden,  aber  vielfach  der  Nach- 
prüfung und  Ergänzung  bedürftigen  Dissertation :  Johannes  Veiten, 
Halle  1887. 


1669.  101 

promoviert  worden  war,  auch  1664  nach  dem  Tode  seines  Vaters 
mit  der  langwierigen  Erbteilmig  beschäftigt  war,  so  hat  es  alle 
Wahrscheinlichkeit  für  sich,  dass  er  Carl  Paulsen  und  seine 
Tochter  1665  oder  1667  bei  ihrer  Anwesenheit  in  Leipzig  kennen 
lernte  und  sich  alsbald  ihrer  Truppe  anschloss.  Seiner  litterari- 
schen Bildung  und  vielleicht  auch  seiner  pecuniären  Beihilfe  ist 
es  zuzuschreiben,  dass  die  Leistungen  von  Paiilsens  Truppe  an 
Wert  und  Ansehen  zunahmen,  dass  sie  überall  mit  grösserer 
Achtung,  als  man  bisher  einheimischen  Komödianten  zollte,  em- 
pfangen wurde  und  dass  ihr  Repertoire,  auf  das  ich  weiter  unten 
zu  reden  komme,  durch  Hinzuziehung  der  französischen,  holländi- 
schen und  italienischen  Dramatiker  bereichert  und  gehoben  wurde. 
Paulsen  muss,  wenn  er  1667  schon  eine  heiratsfähige  Tochter 
besass,  um  1620  geboren  sein  ^);  dann  war  er  1672  ein  Fünfziger 
und  konnte  wohl  von  seinem  heranrückenden  Alter  sprechen. 
Dass  Hamburg  seine  Vaterstadt  war,  sahen  wir  schon;  ob  er, 
wie  C.  H.  Schmid  in  seiner  Chronologie  des  deutschen  Theaters 
(1775  S.  26)  behauptet,  der  Sohn  eines  Obristlieutenants  war^j, 
müssen  wir  dahingestellt  sein  lassen. 

In  Danzig  spielte  Paulsen  auf  der  Fechtschule  und  ent- 
richtete für  jede  Vorstellung  12  Thaler  an  die  Stadtkämmerei, 
was  für  die  fast  viermonatliehe  Dauer  seines  Aufenthalts  eine 
hübsche  Summe  ausmachte.  Das  Kämmereibuch  von  1669  (Tit.  64) 
verzeichnet  darüber: 

Comediengelde  laut  designation  vom  22.  Aug-usti  Ao  1669  bis 
7.  Decembris  eingekommeu 2541  Mark. 

Veiten  wird  damals  mit  seinem  Schwiegervater  in  Danzig 
gewesen  sein.  Vielleicht  gehörte  auch  ein  Danziger  Kind,  Gott- 
fried Salz  sieder,  der  1680,  1685  und  1691  als  ein  sehr  brauch- 
bares Mitglied  der  Veltenschen  Truppe  genannt  wird,  damals 
schon  zu  den  Genossen  Paulsens^).     Diesem  wurde  während  des 


1)  Vgl.  oben  S.  96  3. 

2)  Er  nennt  ihn  Karl  Paul  und  setzt  sein  erstes  Aufti-eten  irrtüm- 
lich ins  Jahr  1628. 

3)  1680  bezeichnete  ihn  der  Herzog  von  Bevern  als  'von  den 
besten  einen,  so  einen  Tyrannen  wohl  rei^resentiren  kan';  er  spielte 
damals  u.  a.  den  David  in  'David  und  Bathseba',  den  Golo  in  der 
'Genovefa',  den  Mohren  Aron  im  Titus  Andronikus,  den  Antipholus 
von  Ephesus  in  Shakespeares  Komödie  der  Irrungen,  den  Grafen 
Gormas  in  Corneilles  Cid,  den  Cleonte   in    Molieres   Bourgeois   gentil- 


102  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Septembers,  wie  aus  seiner  nachfolgenden  Eingabe  an  den  Danziger 
Rat  hervorgeht,  zu  seinen  beiden  erwachsenen  Töchtern  noch  ein 
Sohn  geboren^),  dessen  Name  sich  leider  bisher  nicht  aus  den 
Taufbüchern  der  acht  evangelischen  Kirchen  Danzigs  ermitteln  Hess. 

Herr    Bürgermeister,    WollEdle ,    Gestrenge,    Veste   und   Hoclnveyse, 
sonders  Großgünstige  Hochgeehrte  Herren. 

In  Lußester  [!]  Demut  kan  Ich,  dero  gehorsamster  Knecht,  wegen 
der  Liebreichen  und  Hohen  Vergünstigung,  alhier  etliche  Moralische 
Actiones  zu  praesentiren,  nicht  Worte  geniig  finden,  meine  Vnter- 
thänigste  Schuldigkeit,  nebenst  Hertzlicher  Dancksagung  abzulegen. 
Welche  mich  anmahnet  E.  WolE.  HW.  Raht  in  Künfftiger  Zeit  an  einen 
Bestimten  tag  (:nach  dero  Belieben:)  auff  ein  Action  Einzuladen,  vnd 
nach  Müglichkeit  mit  schuldiger  Ehrerbiethung  Auffzuwarten.  Zu  dem 
auch  Verwichene  Sontags  Nacht  meine  Liebe  Ehegattin  Ihrer  Weib- 
lichen Bürden  entbunden  Vnd  Von  dem  lieben  Gott  mit  Einen  Jungen 
und  wollgestalten  Sohn  gesegnet  worden,  Als  kan  Ich  unmüglich 
(meine  Fortun  anderwerts  zu  suchen)  sie  allein  laßen :  Lebe  deswegen 
der  gäntzlichen  Zuversicht,  E.  WE.  HW.  Raht  mir  ferner  alhier  zu 
agiren  allergnädigst  vergönnen  werde. 

Gelanget  demnach  an  E.  WE.  HW.  Hr.  mein  Sehnliches  Flehen 
und  inständiges  Bitten,  Hochgünstig  mir  meine  Actiones,  dadurch  in 
Wahrheit  niemand  geärgert,  weil  gar  Caute  von  uns  Agirt  wird,  ferner 
einen  Ort,  da  ich  selbst  eine  geringe  Bude  bawen  mögte,  oder  auff  der 
Itzig-en  Fechtschuel,    worauff  ich  mich  gerne  wegen  Vorstehenden 


komme  usw.  Nach  E.  Mentzel  9,  119  war  er  ein  ehemaliger  Jenenser 
Studiosus  und  that  sich  durch  seine  Erfindungsgabe  in  der  Stegreif- 
komödie hervor. 

1)  Möglicherweise  haben  wir  ihn  in  jenem  Schauspieler  Ferdinand 
Egidius  Paulusen  oder  Ferdinand  Pauls  wiederzuerkennen,  der  auf 
einem  Kupferstich  von  1685  dargestellt  ist  und  in  den  Jahren  1G92  bis 
1697  in  Stockholm,  Merseburg  und  während  der  Messzeit  in  Leipzig 
auftrat,  z.  T.  im  Vereine  mit  David  Miltzreich,  Hermann  Reinhard 
Richter,  dem  einstigen  Genossen  Veltens,  und  Johann  Müller  (Wust- 
mann, Quellen  zur  Gesch.  Leipzigs  1,  480).  Die  Wiener  Handschriften 
13133  und  13134  enthalten  zwei  Komödien  von  Ferdinand  Kgidius 
Paulsen :  Elginhard  und  Imma  (1704)  und  Perseus  und  Andvoiiieda 
(Berlin  1700).  —  Dagegen  stand  der  Schauspieler  Salomon  Paulsen  von 
Quoten,  der  nach  seiner  eigenen  Angabe  (Supplik  vom  25.  Mai  1723 
im  Kopenhagener  Geheimai-chiv,  mir  gütigst  durch  Herrn  Vicepolizei- 
direktor  V.  C.  Ravn  mitgeteilt)  1700—1710  im  Dienste  des  dänischen 
Königs  war  und  noch  1747  ein  Theater  in  Kopenhagen  eröffnete 
(Paludan,  Zs.  f.  deutsche  Phil.  25,  340),  in  keinem  Zusammenhange 
mit  dem  Hamburger  Principalc  Paulsen. 


16G9.  103 

Eegenwetters,  dem  gebäw  gantz  ohne  schaden  ein  geringes  Tag  i), 
entweder  von  Brettern  oder  altem  Siegel  2),  auff  meine  Unkosten  ver- 
sichern wolte,  zu  vergönnen,  Daneben  gnädig  geruhen,  warumb  ich 
denn  E.  WE.  HW.  Hr.  vnterthänigst  bitte,  die  bißhero  gegebene  12 
Rhrtl.,  die  Ich  richtig  bezahlet,  zu  mindern,  in  erwegung,  ich  ohne 
meinen  mercklichen  Schaden  So  viel  täglich  nicht  würde  geben  können, 
und  ist  Besser  wenig  zusagen  und  halten  als  Viel  Verheißen,  wie  woU 
von  andern  geschehen,  die  doch  ein  wenigs  geben  sollen,  dennoch 
nicht  gezahlet,  sondern  heimlich  entgangen. 

Weil  denn  nun  meine  demütige  Bitte  in  höchster  Billigkeit  be- 
stehet, als  bin  ich  ungezweyffelt  einer  Erfrewlichen  antwort  gewertig, 
welches  ich  ander  ohrts  höchlich  zu  rühmen  in  keine  Vergeßenheit 
stellen  werde,  wie  Ich  denn  Leebenslang  verbleibe 

E.  WolE.  Gestr.   HW.    Hrn. 

Gehorsamster  Knecht 

Carl  -  Andreas  Pauli 
Commoediant. 

Da7Ai  der  Vermerk: 

Lecta  in  Senat,  d.  26.  Septembr.  Ao.  1669.  Vnd  will  E.  Rath  dem 
Supplicanten  gefüget  haben,  das  er  seine  actiones  continuiren  möge 
auf  der  fechtschulen  diesen  monath  durch  biß  nach  Michael,  jedoch  das 
er  das  vorige  gebühr  der  12  Thl.  vor  jedere  action  der  Kämmerey  ent- 
richten möge. 

Löschin  (Gesch.  Danzig-s  2,  91)  führt  noch  eine  von  mir  nicht 
gesehene  Verordnung  vom  5.  December  1669  an:  'Da  nunmehro 
die  Zeit,  wo  die  Komödianten  spielen  dürfen,  vorüber  ist,  so 
sollen  sie  noch  einmal  vor  E.  Rath  agieren,  und  dann  beschließen/ 

Durch  ein  günstig-es  Geschick  sind  wir  über  die  in  Danzig 
gegebenen  Vorstellungen  Paulsens  genau  unterrichtet,  genauer  als 
über  eine  andere  Truppe  des  17.  Jahrhunderts,  die  Veltens  aus- 
genommen. Der  Danziger  Ratsherr  Georg- Schröder  (g'cb.  1635, 
gest.  1703),  der  zu  Leipzig  und  Leiden  studiert  und  dann  1661 — 
1663  auf  einer  Reise  durch  England,  Frankreich,  Italien,  Deutsch- 
land und  Polen  seine  Bildung  vervollständigt  hatte  ^),  hat  uns  in 
seinem  Tagebuche  ^)  ausführliehe  Inhaltsangaben  von  acht  Schau- 


1)  =  Dach. 

2)  =  Segel.    Vgl.  oben  S.  9,  Mitte. 

3)  Hsl.  Danziger  Gelehrtenlexikon  (Stadtbibl.  XV  fol,  41)  Bl.  71b 
ixnd  104  a. 

4)  Quodlibet  oder  Tagebuch  (Stadtbibl.  III  A  fol.  3G).  Andre  hsl. 
Kollektaneen  Schröders  enthalten  die  Handschriften  X  fol.  30  und  X  fol. 
50.    Ich  habe  daraus  eine  niederdeutsche  Posse  'Bauer  Hans  unter  den 


104  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

spielen,  die  er  von  Paulseus  Truppe  aufführen  sah,  überliefert. 
Eine  unvollständige  Nachricht  von  diesen  interessanten  Notizen 
gab  schon  Hagen  ^),  der  von  Th.  Hirsch  eine  Abschrift  erhalten 
hatte,  aber  mit  der  irrigen  Bemerkung,  die  Stücke  seien  1668 
und  1669  über  die  Scene  gegangen,  während  sie  doch  alle  dem 
Jahre  1669  angehören.  Ich  bringe  Schröders  Bemerkungen  voll 
ständig  zum  Abdrucke. 

I. 

[Bl.  108  a]  Im  Domnik  Commedien  gesehen. 

Den  5.  Sept.  Eine  Comoedie  gesehen  von  Ibrahim  Bassa  und 
der  Isabellen,  welche  wol  anzusehen  war.  In  dem  ersten  Actu  kam 
der  Soliman  mit  seinen  Käthen  zu  deliberiren,  ob  er  dem  Ibrahim 
Bassa,  der  in  die  flucht  mit  der  Armada  sich  begeben,  solte  nach- 
schicken. Darauf  wurd  der  Ibrahim  Bassa  mit  seiner  Isabella  gefangen 
gebracht. 

In  dem  anderen  Actu  wiird  praesentiret  ein  gefängnüß,  darin 
Isabella  gefangen,  und  wie  der  Soliman  sie  zu  überreden  sich  ange- 
legen sein  last. 

In  dem  dritten  Actu  fält  Soliman  ein  uhrtheil ,  das  Ibrahim 
Bassa  sterben  solle,  und  wird  praesentiret,  wie  Soliman  ihm  ein 
Traürkleid  schicket  und  eine  Todten  Mahlzeit  bereiten  last,  da  der 
strick  in  der  Schüssel  lieget,  damit  Ibrahim  sol  stranguliret  werden. 
Aber  indem  Ibrahim  stranguliret  wird,  kompt  Soliman  und  schenkt 
ihm  das  Leben  und  bittet  ihn  mit  seiner  Isabella  zu  gast. 

In  dem  vierdten  Actu  practisiret  die  Kayserin  Koxolana,  das 
Ibrahim  getödtet  werde,  und  überredet  den  Soliman  durch  Hilft'e  des 
Mufti,  das  sein  Eidschwur,  den  er  dem  Ibrahim  gethan,  nicht  zu  halten, 
und  das  Ibrahim,  wen  Soliman  schlaffen  würde,  sollte  enthauptet  werden. 

In  dem  Actu  quinto  schlaffet  Soliman  und  fantasiret,  indes  wird 
Ibrahim  enthauptet,  und  Soliman  wird  i;nsinnig,  indem  er  die  Zeitung 
bekommet,  und  Isabella,  nachdem  sie  das  Haupt  des  Ibrahims  über- 
kommen, beweinet  sie  ihn  und  reiset  von  dannen,  in  der  gantzeu 
Welt  über  die  Tyrannie  des  Solimans  zu  klagen. 

II. 

[108  b]     Den  12.  Septemb.  eine   Comedie  gesehen,  die  genandt  worden 

der  Irr  gart  der  Liebe: 

In  Actu  primo  wird  ein  Jagtgeschrey  gemachet,  und  kompt  die 

Rosalinda  herauß,  gleichsam  einem  Wilde  nacheilend,    und    fängt  von 


Soldaten',  deren  Mundart  auf  »las  Gebiet  am  oborn  Lauf  der  Aller 
hinweist,  im  Niederdeutschen  Jahrl)uchc  12,1:50  und  eine  Beschreibung 
'unterschiedlicher  Tänze'  in  Birlingers  Alemainiia  18,  78  abdrucken 
lassen.     Vgl.  ferner  den  Anhang. 

1)  Gesch.  des  Theaters  in  Preussen  1854  S.  95. 


1609.  105 

ihrer  Liebe  an  zu  reden.  Darauif  findet  sich  der  Graff  Hendrich  zu 
ihr,  sie  entdecket  ihm  ihre  Geneigtheit  und  bestimmet  eine  Zeit,  das 
er  zu  ihr  kommen  sol.  Dieß  höret  der  Hertzog'  von  Oxfort,  bedencket 
sich  kurtz  auff  eine  List  den  GraflF  Hendrich  fest  zu  machen,  gehet 
hin  zum  Könige  der  Rosalinden  Vater,  traget  ihm  Verrätherey  vor 
und  bringts  so  weit,  das  Graff  Hendrich  ins  gefängniß  muß,  und  an 
seine  stat  gehet  er  hin  in  den  Garten  zu  Rosalinden  bey  nacht.  Des 
Morgens  schreibet  er  an  den  König,  das  Graff  Hendrich  nur  solte 
"wieder  loß  gelassen  werden,  den  es  were  ihm  die  nacht  der  Todt  ge- 
schworen; aber  nun  hatte  es  nichts  mehr  auff  sich.  Wie  nun  Graff 
Hendrich  auß  dem  Gefängnüß  kompt  und  die  Rosalinden  spricht,  so 
meldet  sie  ihm,  sie  hätte  nach  der  genossenen  Buhlschafft  groß  Ver- 
langen nach  ihn  gehabt.     Er  schwöret,  das  ihm  nichts  bewust. 

In  Actu  secundo  reiset  der  Graff  nach  Bristol,  damit  er  der 
Rosalinden  frey  sein  möchte,  und  lesset  ihm  alda  seine  vormahls  ge- 
liebte Rosauram  vertrauwen,  mit  der  er  2  Kinder  albereit  gezeüg-et. 
Indessen  geräth  die  Rosalinda  in  große  Traurigkeit.  [109  a]  Ihr  Vater 
lesset  ihr  vorspielen,  es  Avil  aber  nichts  helffen,  und  indem  kompt  Graff 
Henrich  mit  seiner  Rosaura  und  Kindern  bey  Hoffe  an,  wird  zu  ihr 
eingelaßen.  Darüber  entrüstet  sich  die  Rosalinda  noch  hefftiger,  und 
indem  sein  ehester  Sohn  ihr  die  Hand  küssen  wil,  schlaget  sie  ihm  in 
die  Augen.  Darauff  muß  Graff  Hendrich  abtreten,  und  der  König- 
begehret  von  der  Rosalinda  zu  wissen  die  Uhrsach  ihres  Betrübniß, 
und  Aveil  sie  solches  mündlich  zu  berichten  sich  weigert,  wil  er,  das 
sie  es  schrifftlich  thue.  Welches  auch  geschieht,  und  klaget  sie  Graff 
Hendrich  an,  das  er  sie  geschwängert  und  davon  gezogen  sey.  Der 
König  besinnet  sich,  was  zu  thun,  und  lest  Graff  Henrich  holen,  der 
kompt.  Hierauff  redet  der  König  mit  ihm  freündUch  und  fraget  ihn, 
was  demjenigen  zu  thun  sey,  der  eines  Königs  tochter  zu  fall  ge- 
bracht und  doch  sein  eigen  Gemahl  habe.  Graff  Hindrich  antwortet: 
Man  sol  ihn  zwingen,  das  er  sein  gemahl  umbringe.  Der  König  spricht: 
Du  hast  dein  eigen  Urthel  gefället;  g-ehe  hin  und  entleibe  deine  Ge- 
mahhn.  Der  Graff  wil  sich  verantworten,  kann  aber  keine  Audientz 
haben. 

In  Actu  tertio  muß  Graff  Henrich  seine  Gemahlin  ertödten,  er 
kau  es  aber  nicht  thun,  sondern  wird  unsinnig,  und  die  Rosaura  wird 
auff  ein  Schifflein  gesetzt  und  ergiebet  sich  den  Wellen.  Hierauff  wil 
der  König  Graff  Hendrich  seine  tochter  vermählen,  er  fantasiret  aber. 

In  Actu  (luarto  kompt  der  Graff  von  Bristol,  der  Rosaurae  Vater, 
und  wil  ihren  Todt  rächen  mit  Kriegesmacht  gegen  London  und  macht 
der  Rosaurae  ehesten  Sohn  zum  General.  [109  b]  Hierauff  kompt  der 
Graff  von  Oxfort  mit  der  Rosaurä  auff  das  Theatrum  und  giebet  zu 
verstehen,  wie  er  dieselbe  von  dem  Meer  errettet,  und  wil  ihrer  Liebe 
genissen,  giebet  ihr  Kleider,  das  sie  sich  wie  ein  Kammerdiener  bey 
ihm  enthalten  solle,  gibt  ihr  zu  vernehmen,  das  er  bey  der  Rosalinda 
gewesen. 

In  Actu  quinto  kompt  die  Rosaura  in  Manskleider  wie  ein  Fluch- 


106  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

tiger  aufs  Theatrum,  Avircl  gefangen  und  für  ihren  Sohn  gebracht,  der 
nimbt  sie  an  und  macht  sie  zu  seinem  Capitain.  Der  König  über- 
schickt dem  Graifen  von  Bristol  den  Henricum  und  machet  den  Graff 
von  Oxfort  zum  General.  Hierauff  machet  der  Graff  von  Bristol  fried 
mit  dem  Könige  und  wil  den  Graff  Henrick  archibusiren  lassen.  Wie 
ihm  nun  die  Augen  verbunden  werden,  so  tritt  die  Rosaura  (in  der 
Capitainstracht  von  ihm  unerkannt)  herfür  und  spricht,  er  sey  un- 
schuldig, und  übergiebet  dem  Gi-aff  von  Oxfort  den  Ring,  den  er  von 
der  Rosalinda  überkommen.  Der  Graff  von  Oxfort  bietet  der  Rosaura 
den  Duel  an.  Darüber  Avird  sie  erkandt,  das  sie  Rosaura.  Ihr  Vater, 
ihr  Mann  und  ihr  Sohn  erfreüwen  sich  über  ihrem  Leben.  Und  der 
König  setzet  den  Graff  von  Oxfort  zu  Rede  über  seiner  Tochter  fall 
und  gibt  sie  ihm  zur  Ehe.  Dennoch  aber  kompt  der  alte  Graff  von 
Bristol  und  wil  mit  dem  Graffen  erstlich  duelliren,  gleiches  wil  auch 
Graff  Henrich  thun.  Aber  der  König  spricht  sie  alle  zu  Friede  und 
gibt  seiner  Tochter  Hochzeit. 

[110a  berichtet  Schröder  von  zwei  Predigten  des  Pfarrers  an 
St.  Marien  Nath.  Dilger,  sowie  von  dem  Feuerwerke,  das  am  Michaels- 
tage, d.  i.  am  29.  September  1669  zur  Feier  der  Krönung  des  Königs 
Michael  Wieszniewic  am  Hagelsberge  gehalten  wurde.] 


III. 

[111  a]  Den  1.  Octob.  eine  Tragediam  gesehen  von  der  H.  S. 
Margaretha  und  dem  S.  Georgio. 

In  Actu  Primo  kam  erstlich  der  Ertz-Priester  Gerup  mit  seiner 
Tochter  der  S.  Margaretha  herauß,  und  streicht  mächtig  ihren  gehor- 
sam auß,  seinen  abschied  von  ihr  nehmende,  befiehlt  er  sie  in  die  Hände 
ihrer  Pfleg  Mutter  der  Periauna,  welche  auch  auffs  Theatrum  kompt, 
Hierauff  geht  der  alte  Priester  weg  in  die  Stadt.  Die  Heil.  Margaretha 
aber  sampt  ihrer  Pfleg-Mutter  bleiben  auff  dem  Theatro  und  ver- 
mahnet die  Ptlcgmutter  die  S.  Margaretham  zur  beständigkeit  in 
der  Religion  der  Christen,  Wie  sie  noch  reden,  kompt  S.  Georgius, 
welcher  von  seiner  Wiederwertigkeit  redet,  das  er  Schiffbruch  gelitten 
und  in  ein  unbekandtes  land  kommen,  leget  sich  und  wünschet  Christen 
anzutreffen.  Wie  er  von  danncn  wil  gehen,  so  trit  die  S.  Margarcthe 
mit  ihrer  Ptlegmutter  hinzu,  und  nötigen  ihn  bey  ihnen  zu  bleiben, 
geben  sich  vor  Christen  kund.  Hiemit  tritt  die  Pflegmutter  mit  dem 
S.  Georgio  abe.  Aber  die  S.  Margaretha  bleibt  noch  auff  dem  Theatro, 
und  tritt  hinter  einen  Baum.  Darauff  leget  sie  sich  nieder  und  Schiäfft, 
so  kompt  der  Herr  Christus  und  kündigt  ihr  an,  das  sie  die  Marter 
Chron  erlangen  solle.  Sie  tritt  abermahl  an  einen  Baum  bey  seit,  bald 
leßt  sich  ein  jägergoschrey  liören,  und  kompt  der  Landpfleger  von 
Cäsaricn  Olibrius  herauß,  alß  ob  er  einen  Hirsch  vorfoigete,  und  in- 
dem er  mit  seinen  [111b]  gefährten  von  angenchmlichkeit  der  Jagt 
redet,    wird    er  ihrer  gewahr,    und    wil    sie   an  stat   der  Göttin  Diana 


1669.  ]  07 

verehren,  lest  ihr  fragen  wer  sie  sey,  sie  trit  herfür,  gibt  sich  für 
eine  hirtin  aiiß,  die  der  gegend  gebohren,  nennet  ihren  Vater,  holet 
auch  ihre  mntter  herzu,  der  Fürst  nimbt  sie  beyde  mit  sich  nach 
Hoffe. 

In  Actu  Secundo  wird  der  Fürst  mit  dem  Priester  Gerup  bey 
einem  tische  sitzende  präsentiret,  der  ihme  die  begebenheit  der  Jag't 
vnnd  wie  er  ein  schönes  mensch  angetroffen  erzehlet,  sie  auch  dar- 
stellet in  fürstlicher  kleidung",  der  Priester  Gerup  spricht  er  habe  sie 
der  Gottin  Diana  zugesaget,  aber  der  Fürst  Olibrius  spricht  er  wolle 
der  Dianen  einen  Newen  Templen  bauen,  ein  ander  schönes  mensch 
zur  Priesterin  darein  setzen,  und  viel  offer  thun,  damit  er  nur  der  S. 
Margarethen  theilhafftig  würde.  Die  S.  Margaretha  wiederspi'icht  ihnen 
beyden,  fället  auff  die  knie,  und  weigert  sich.  Olibrius  heiset  den  Ge- 
rup abtreten,  und  redet  mit  ihr  heimlich,  aber  sie  stellet  sich  unge- 
behrdig,  Avil  von  ihm  nichts  wißen,  der  Gerup  kompt  wieder  auff  an- 
sinnen  der  S.  Margaretheu,  da  bekennet  sie  sich  für  eine  Christin. 
Der  Gerup  holet  das  Reüchfaß,  wil  den  geist  von  ihr  treiben,  sie 
reiset  ihm  das  auß  der  band,  darauff  schrecket  sie  der  Olibrius  mit 
der  Marter,  und  leßet  sie  ins  gefängnüß  führen.  Er  aber  deliberiret 
noch  mit  seinen  Eäthen  wie  der  Sachen  zuthun,  bekompt  Zeitung  von 
einem  Drachen.     Gerup  ersticht  ihre  Pflegemutter. 

[112  a]  In  Actu  Tertio  ist  S.  Margaretha  im  gefängnüß  andächtig, 
und  der  Herr  Christus  erscheinet  ihr  und  tröstet  sie.  Darauff  kompt 
Olibrius  mit  seinen  Käthen,  die  wollen  ihm  von  ihrer  liebe  abmahnen, 
und  stellen  ihm  ihi-en  geringen  stand  für,  Gerup  kompt  und  sagt  er 
wolle  zu  ihr  ins  gefängnüß  gehen,  kompt  wieder  und  sagt  er  habe 
nichts  außgerichtet,  darauff  wird  ein  Schluß,  das  die  S.  Margeretha 
solle  dem  Drachen  fürgeworffen  werden.  Darauff  S.  Georg  sagt  er 
wolle  sie-  erretten. 

In  Actu  Quai'to  wird  praesentiret,  wie  die  jMargaretha  angebun- 
den, und  wie  der  Drach  sie  zu  verschlingen  dreüwe,  darauff  koinp[t] 
S.  Georg,  tröstet  sie,  und  ersticht  den  Drachen,  fället  auff  seine  knie, 
dancket  Gott,  in  dem  kommen  des  Olibrii  Leute,  und  nehmen  die  S. 
Margaretham  wieder  gefänglich  an,  der  S.  Georgius  aber  wil  nicht 
mit  zum  Olibrio,  sonderen  sagt  er  müße  zu[m]  Keyser  reisen. 

In  Actu  Quinto  wird  Olibrius  schlaffend  auff  einen  stuhl  praesen- 
tiret,  und  kompt  der  Gerup  zu  ihm,  aber  er  mag  ihn  nicht  leiden, 
sagt,  der  geist  der  S.  Margarethen,  die  von  dem  Drachen  verschlungen, 
steht  ihm  für  äugen.  Darauff  wird  ihm  Zeitung  bracht  das  S.  Marga- 
retha noch  lebe  und  errettet  sey,  da  verspricht  Gerup  allen  fleiß  anzu- 
wenden sie  heidnisch  zumachen,  aber  vergeblich,  endlich  lest  er  ihr 
den  kopff  abschlagen,  und  indem  kompt  Olibrius,  wird  rasend  und 
entleibt  den  Gerup,  den  Hencker  und  endlich  sich  auch  selbst,  und 
des  Olibrii  Käthen  loben  der  S.  Margarethen  beständigkeit. 

[Bl.  112  b  folgt  ein  Verzeichnis  von  lateinischen  Büchern  meist 
juristischen  Inhalts,  die  Schröder  'bey  dem  Holländer',  d.  h.  einem 
holländischen  Buchhändler,   der  den  Dominik  besuchte,  gesehen  hatte. 


108  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Bl.  113b  eine  Notiz  über  eine  Inschrift  im  Gewölbe  der  Johanuiskirche 
und  eine  Invention,  den  Noczkenberg  abzukarren^).] 

[114  a]  Von  Nathaniel  Schrödern  ein  Buch  gehabt  und  durch- 
blättert, darinnen  Italiänische  Comedien  befindlich;  der  Titel  war: 

Delle  Commedie  degV  Accademici  intronati  di  Siena  La  prima 
Parte.  Raccolte  nuovamente  et  stampate  in  Siena  ad  inatanza  di  Bar- 
tolomeo  Franceschi  MDCXI^). 

Le  Commedie  della  Privia  par'fe  erano :  GV  Ingannati,  2)  IS  Amor 
costante,  S)  U Alesandro,  4)  L'Ortensio.  Sie  waren  alle  in  Prosa  ge- 
schrieben. 

IV. 

Nath.  Schröder. 

[114a]  Commedia  von  der  Dulcimunda. 

Ein  fürnehmer  König  hat  eine  tochter,  die  giebt  er  an  einen 
außländischen  Fürsten,  der  reiset  mit  ihr  über  meer  und  leidet  Schiff- 
bruch; er  ersaüfft,  aber  die  Dulcimunda  wird  von  dem  Algerdo,  einem 
Edelman  und  ihrem  Hoffmeister,  gerettet.  Die  Dulcimunda,  nachdem 
sie  zu  ihrem  Vater  wieder  kommen,  verliebet  sich  in  dem  Algerdum, 
der  ihr  Leben  gerettet  und  leßet  sich  mit  ihm  heimlich  Trauen,  und 
bey  nachtzeit  zu  sich  kommen,  darüber  wird  Algerdo  von  der  Wacht 
gefangen  und  der  König  spricht  ein  Urtheil,  das  ihme  das  Hertz  auß 
dem  Leibe  geschnitten  solte  werden,  seine  Tochter  aber  das  blutt 
trincken  solle.  Es  erbarmet  sich  aber  sein  Rath  über  den  Algerdum 
und  nimbt  ein  ander  hertz  und  praesentirt  das  dem  Könige,  und  auch 
der  Princesse  und  bringet  dem  Könige  für,  das  sie  todt,  wie  nun  [114b] 
der  König  in  sich  schlägt,  und  auch  ein  geist  ihn  erschreckt,  so  ge- 
i'ewet  ihm  der  that,  und  wünschet,  das  es  nicht  geschehen.  Da  kompt 
sein  liath  und  spricht,  er  wolle  sie  ihm  wieder  lebendig  darstellen,  mit 
Avelchem  der  König  zufrieden.  Darauff  leßt  der  Königliche  Rath  sie 
beyde  für  Todt  auft"  einer  Todtenbahr  liegend  stellen  und  führet  den 
König  hinzu,  und  erkennet,  das  sie  beyde  leben.  Da  wird  auch  der 
Priester  geholet,  der  sie  copuliret  hatte,  der  bezeuget,  das  sie  Ehleüte, 
und  entstehet  bey  männiglichen  große  Frewde. 

V. 

Commedia  vom  D.  Fausto. 
Zuerst  kompt  Pluto  herfür  auß  der  Hellen  und  rufft  einen  Teüffel 
nach  dem  anderen:  den  Tobacteüftol,  den  Huren-Teüffol,  auch  unter 
anderen  den  Klugkheit-Teüft'el,  und  giebt  ihnen  Order,  das  sie  nach 
aller  Müglichkeit  die  Leute  betrügen  sollen.  Hierr]autf  begibt  es  sich, 
das  D.  Faustus  mit  gemeiner  Wissenschaft  nicht  befriediget  sich  umb 


^  Vgl.  Curicke,   Beschreibung  der  Stadt  Dantzig    1G88  S.  34S. 

2)  Ein  Exemplar  dieses  Druckes  besitzt  die  Berliner  Bibliothek 
(Xq  472).  Die  Verfasser  der  Stücke  sind  Marc  Antonio  Piccolomiui 
und  Alessandro  Piccolomiui. 


1669.  109 

magische  Bücher  bewirbet  und  die  Teüffel  zu  seinem  Dienst  beschwüret, 
"Nvorbey  er  ihre  Geschwindig'keit  exploriret  und  den  geschwindesten 
erwehlen  wil.  Ist  ihm  nicht  gnug-,  das  sie  so  geschwinde  sein  wie  die 
Hirsche,  wie  die  Wolko.n,  wie  der  Wind,  sonderen  er  wil  einen,  der  so 
geschAvinde  wie  des  jMenschen  seine  Gedancken,  und  nachdem  für 
einen  solchen  sich  der  kluge  Teüffel  angeben,  wil  er,  das  er  ihm  24 
Jahre  dienen  solle,  so  wolle  er  sich  ihm  ergeben.  Welches  der  kluge 
Teüffel  für  seinen  Kopff  nicht  thun  wil,  sonderei.  [115  a]  es  an  den 
Plutonem  nimt;  auff  dessen  Guttbefinden  ergibt  sich  der  kluge  Teüffel 
in  Bündnüß  mit  D.  Fausto,  der  sich  ihm  auch  mit  Blutt  verschreibet. 
Hierauff  wil  ein  Einsiedler  den  Faustum  abmahnen,  aber  vergeblich. 
Den  Fausto  gerathen  alle  Beschwerunge  wol;  er  lest  ihm  Carolum 
i\Iagnum,  die  schöne  Helenam  zeugen,  mit  der  er  sein  Vergnügen  hat. 
Endlich  aber  wachet  bey  ihm  das  Gewissen  auff,  und  zehlet  er  alle 
Stunde  biß  die  Glock  zwölff'e,  da  redet  er  seinen  Diener  an  und  mahnet 
ihn  ab  von  der  Zauberey.  Bald  kompt  Pluto  und  schicket  seine  Teüffel, 
das  sie  D.  Faust  holen  sollen,  welches  auch  geschiehet,  und  werffen 
sie  ihn  in  die  Höhe  und  zerreisen  ihn  gar.  Auch  wird  präsentiret, 
wie  er  gemartert  wird  in  der  Höllen,  da  er  bald  auff  und  nider  ge- 
zogen wird  und  diese  Worte  auß  Feürwerck  gesehen  werden:  Accu- 
satus  est,  judicatus  est,  condemnatus  est. 

VI. 

Der  Princ  wird  ein  Schuster. 

Diocletianixs  überwindet  den  Uldaricum  König  in  Engelland,  der 
auch  in  der  Schlacht  umbkommet,  seine  beyde  Sohne  aber  auff  Eath 
ihrer  Mutter  geben  ihnen  frembde  nahmmen,  und  lernen  das  Schuster 
Handtwerck,  des  Diocletiani  tochter  lest  ihr  Schuh  machen  bey  dem- 
selben Schuster,  und  nachdem  sie  auff  den  Schustergesellen  Lieb  ge- 
worffen,  fraget  sie  ihn,  ob  er  sich  wol  beheirathen  wolle,  er  aber  [115  b] 
spricht  Nein.  Sie  zeugt  ihm  im  Spiegel  ihr  gesicht,  und  stecket  ihm 
auff  seinen  Finger  rückwerts  einen  Ring.  Da  saget  er  mit  grosser 
bestürtzung  ja.  Sein  Meister  wüste  nichts  darumb,  dennoch  fraget  er 
ihn  umb  Rath,  wie  er  wol  der  Sachen  am  besten  thäte,  und  ob  es  nicht 
müglich,  die  Princesse  vom  Schloß  zu  bringen.  Dazu  ist  ihm  der 
Meister  behülfflich,  nehmlich  er  geht  hin  und  zündet  die  Pechkrentze 
an,  alß  ob  der  feind  fürhanden,  da  nun  ein  jeder  vom  Schloß  dahin 
leüfft,  bekompt  er  die  Princesse  in  stille  hinweg,  und  enthalten  sich 
heimlich.  Hierauff  wird  das  volck  auß  allen  heüsern  zusammengeprest, 
und  unter  anderen  auch  der  andere  Princ,  der  hält  sich  Tapffer  im 
krieg,  und  wird  oberster,  erhelt  dem  keyser  das  leben,  deßhalben  er 
ihm  seine  Tochter  geben  wil,  die  suchet  man  allenthalben,  sie  ist  aber 
hinweg,  endlich  wird  sie  bey  dem  Schuster  fundcn,  iind  kompt  alles 
an  den  tag,  das  der  Oberster  ein  Princ  von  Engelland,  item  das  der 
Schusterknecht  sein  Bruder,  deme  er  auch  die  Princessin  gerne 
günnet. 


110  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

VII. 

Commedia:  Zuletz  bekompt  der  Narr  doch  das  beste 

ist  eine  von  den  Englischen  Commedien,  nehmlich  von  dem  König  von 

Engelland  und  dem  A^on  Schottland,  deßen  Sohn  sich  in  Narrenkleider 

verkleidet,  und  der  Princessin  abwartet. 

[116a  Über  eine  Predigt  Dilgers  am  18.  Sontag  nach  Trinitatis, 
d.  i.  am  10./20.  Oktober  1669.] 

vni. 

[118b]  Comedia  vom  Liebes  Gespänste. 

Ein  Armer  Edelman  freyet  nach  einer  Jungfrauwen  und  zugleich 
auch  ein  Graffe.  Wie  nu  die  Mutter  der  Jungfrawen  den  GrafFen  fest 
eingeredet,  wil  sich  der  Edelman  dem  Teüffel  ergeben,  welches  der 
Jungfrawen  Vater  innen  wird,  und  sich  in  gestalt  des  Plutonis  ver- 
kleidet, ihm  erscheinet,  verheischende  ihme  alle  seine  schulden  zube- 
zahlen, aber  er  solte  auch  hernach  sein  sein.  Darauff  bringet  ihn  der 
vermeinte  Pluto  in  ein  gezimmer,  er  solte  da  die  gespänste  vertreiben, 
und  daselbst  gesellet  sich  zu  ihm  seine  vormahls  geliebte  Brautt,  mit 
welche  er  hernach  copuliret  wird. 

Diesem  Berichte  Georg-  Scliröders  sei  es  verstattet  einige 
erläuternde  Bemerkungen  anzuschliessen. 

1)  Ibrahim  Bassa  ist  das  1653  gedruckte  Trauerspiel 
des  jugendlichen  Lohenstein,  in  dem  die  glückliche  Lösung  seiner 
Vorlage,  eines  französischen  Romanes  der  Scudery,  nach  Gryphius' 
Vorbilde  in  eine  tragische  umgewandelt  ist,  während  spätere 
Dramatiker  wie  A.  A.  von  Haugwitz  (1684),  ein  Heidelberger 
Anonymus  (1686.  Hübner,  Progr.  Neuwied  1893,  S.  28.  33)  und 
der  Engländer  E.  Settle  (1677)  dem  Romaue  genauer  folgen. 
Für  die  Aufführung  mochte  es  in  Prosa  umgeschrieben  sein. 
Vgl.  auch  ein  polnisches  Drama,  das  1689  im  Gymnasium  zu 
Lesna  gespielt  wurde  (Wojcicki,  Teatr  starozytny  w  Polsce  2, 262). 

2)  Der  Irrgart  der  Liebe  ist,  wie  Creizenach^)  gesehen 
hat,  Lope  de  Vegas  berühmtes  Drama  La  fuerza  lastimosa 
(gedruckt  1609),  das  Isaak  Vos  1648  u.  d.  Titel  De  heldageUße 
dwang  ins  Holländische  übersetzt  hatte  und  G.  Greflinger  1650 
als  den  bekläglichen  Zwang   zu  verdeutschen  versprach  ^).     Nur 


^)  Berichte   der  sächs.  Gesellschaft  der  Wissensch.  1886,  105. 

-)  Dafür,  dass  er  diese  Absicht  ausführte,  darf  man  wohl  die  Auf- 
führung des  Zittauer  Schulrektors  Keimann  v.  J.  1658  als  Beweis  an- 
sehen. Auch  das  um  1660  in  Güstrow  eingereichte  llopertoire  des 
Hamburgers   Caspar  Stiller   enthält    den  kläglichen  Bezwang   (Bären- 


1669.  111 

heisst  die  verliebte  Königstochter  Rosalinde  bei  Lope  und  Vos 
Dionysia.  Auch  der  neue  Titel  scheint  aus  dem  Spanischen  ent- 
lehnt, nämlich  aus  Cervantes'  Laherinto  de  amor  (1615).  1674 
führte  Paulsen  in  Dresden  den  bekläglichen  Zwang  unter  seinem 
ursprünglichen  Namen  auf,  1683  ebenda  Mitglieder  der  Velten- 
schen  Truppe  den  "Liebesirrgarten' ^).  Übrigens  hatte  schon  1645 
Harsdörtfer  2)  aus  der  Lopeschen  Komödie  ein  steifes  dreiaktiges 
Freudenspiel  in  Prosa  gemacht.  Die  Prinzessin  heisst  hier  Worti- 
gund,  der  von  ihr  geliebte  Graf  Wahltemar,  seine  Gattin  Sittraut, 
sein  Nebenbuhler  Kargkram. 

3)  St.  Mar  gare  ta  und  St.  Georg  ist  eine  Verquickung 
der  bekannten  Margaretenlegende  3)  mit  der  vom  hl.  Georg,  die 
völlig  mit  dem  gedruckten  Programme  einer  Görlitzer  Aufführung 
der  'Hochteutschen  Compagnia'  tibereinstimmt,  das  ich  nachstehend 
mitteile.  Da  meine  Bemühungen,  Einsicht  in  die  Akten  des 
Görlitzer  Stadtarchivs  zu  erlangen,  leider  vergeblich  waren,  ver- 
mag ich  nichts  über  das  Datum  dieser  Aufführung  zu  sagen; 
vermutlich  jedoch  ist  unter  der  Hochteutschen  Compagnie  die 
Paulsensche  oder  Veltensche  Truppe  zu  verstehen.     Veiten  spielte 


Sprung,  Jahrb.  1,  94);  und  noch  1718  am  1.  December  spielte  die  Priu- 
cipalin  Victoria  Clara  Bönicke  in  Riga  den  Bekläglichen  Zwang.  Da- 
gegen war  das  gleichnamige  Stück,  das  M.  D.  Drey  1666  in  Lüne- 
burg ankündigte,  wohl  davon  verschieden,  wie  der  andere  Titel 
'  Vom  Könnich  Eduardo  tertio  auß  Engelandt'  zeigt  (Gaedertz,  Theater- 
zustände 1888  S.  101).  —  Lopes  Drama  ist  in  neuerer  Zeit  übersetzt 
von  Bertuch  (Theater  der  Spanier  1,  1.  1782.  Vgl.  Eambach,  Graf  Ma- 
riano.  1798)  und  Baret  (Oeuvres  de  Lope  1,  127.  1869);  vgl.  Schack, 
Gesch.  der  dramat.  Litt,  in  Spanien  2,  351.  Dessoff,  Zeitschr.  f.  vgl.  Litte- 
raturgesch.  4,  7. 

1)  Im  Weimarer  Repertoire  (Jahrb.  der  Shakespeareges.  19,  148 
Nr.  97) :  Der  grosse  Liebesirrgarten.  —  Ganz  verschiedenen  Inhalt  hat 
Talanders  Roman  'Der  Liebesirrgarten'  (1696.  1724:  Verdibond  und 
Stellanie),  die  Oper  'Irrgarten  der  Liebe,  oder  Livia  und  Oleander' 
(Weissenfeis  1716)  und  das  hsl.  Drama  'Das  Labyrinth  der  Liebe,  oder 
Amor  ein  Lehrmeister  listiger  Anschläge'  von  1722  (Heine,  Wander- 
bühne 1889  S.  61.  —  Amor  maestro  cVinganni.     Bologna  1682). 

2)  Gesprechspiele  5,  329—438:  'Die  Redkunst'  (Nürnberg  1645). 
Seine  Quelle  verschweigt  Harsdörffer,  der  sonst  (z.  B.  3,  363)  gern  mit 
seiner  Gelehrsamkeit  prunkt,  vollständig. 

^)  Vgl.  über  sie  F.  Vogt  in  Paul-Braunes  Beitr.  z.  Gesell,  der  d. 
Sprache  1,263(1874)  und  B.  Wiese,  Eine  altlombardische  Margarethen- 
legende  1890  S.  V. 


112  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

1690  in  Dresden  den  Ritter  St.  Georg;  eine  dreiaktig-e  Tragödie 
des  17.  Jabrhimderts  "Margaretha  die  ]\Iärterin'  enthält  die  Wiener 
Handschrift  13115;  vgl.  Jahrbuch  der  d.  Shakespearegesellschaft 
19,  147  Nr.  52:  "Die  märtererin  s.  Margaretha'. 

Zu  gnädig-en  gefallen  und  unterthänigst-  schuldiger  Danck-Be- 
zeigung  vor  die  groß-  empfangene  hohe  Gnade  wird  Einem  Hoch- 
und  Wohl-Edlen  Rath  der  Chur-Fürstlichen  Sächßischen  Sächß-Stadt 
Görlitz  Nach  gnädigem  Erwöhlen  und  Belieben  eines  Tages  auf  dem 
gewöhnlichen  Schau-Platz,  eine  herrliche,  schöne  und  gantz  Neue  Ma- 
teri,  Genandt:  Der  verirrte  Liebes-Soldat^)  Oder  Der  mit  dem 
Lindwurm  streitende  Ritter  S.  Georg,  In  unterthänigkeit  voi-gestellet 
werden  Von  Der  Hoch teutsch  en  Compagnia  Comoedianten.  Vor 
der  Action  Ein  gantz  singender  Prologus,  Welcher  vorstellet  den 
zweygespitzten  Berg  Barnassus,  nebst  den  9.  Musen.  (2  Bl.  fol.  auf  der 
Milichschen  Bibliothek  in  Görlitz,  Sammelband  B.  VII.  71  fol.  Nr.  107.) 

Nach  einer  Widmung  in  Alexandrinern  folgt  ein  Verzeichnis 
der  Personen  und  eine  Inhaltsangabe: 

Olybrius  Fürst  in  Cesarien      in  der  Liebe  verirrt 

Ger  ob  der  hohe  Priester 

M  a  r  g  a  r  e  t  h  a     seine  Tochter 

Georg  der  Ritter 

Epimachus  ) 

Memlus  j   ^''^^'  ^^^^'^ 

H  e  n  c  k  e  r. 

Actus  I.  Gerob,  der  Heydnische  Ertz-Priester,  nimmt  Urlaub 
von  .seiner  Tochter  Margaretha,  welche  Er,  auff  Absterben  seiner 
Frauen,  einer  Matronen  Viorana  genant,  anbefohlen  hatte.  Der  in  der 
Wildniß  herumschweiffende  Ritter  St.  Georg  beklaget  sich  wegen  Ver- 
folgung der  Christen.  Margaretha  rühmet  des  Ritters  im  Christlichen 
Glauben  Standhafftigkeit,  leget  sich,  weil  sie  ermüdet,  zur  Erden  nieder, 
siehet  im  Schlaff  den  geöffneten  Himmel,  in  welchem  ein  Engel  er- 
scheinet. Indem  Margaretha  erwachet,  wird  sie  den  Fürsten  auff  der 
Jagt  gewahr,  und  verbirget  sich  hinter  die  Bäume.  Olybrius,  Fürst 
und  Stadthalter  in  Cesarien,  erblicket  Margaretham,  verliebet  sich  in 
ihre  Seliönhcit,  und  nimmt  Sie  mit  sich  nach  Hofe. 


1)  Dieser  Nebentitel  ist  Aviederum  geeignet,  Verwirrung  hervor- 
zurufen; denn  er  gehört  eigentlich  einem  ganz  andern  beliebten  Scluui- 
spiele  an,  über  das  ich  in  der  Zs.  f.  deutsche  Phil.  19,  86  gehandelt 
habe.  Seither  fand  ich  noch  eine  Handschrift  dieses  Stückes,  die  1733 
der  Komödiantin  Elisabeth  Spilenberg  gehörte,  im  Gothaer  Cod.  Chart. 
B  1531  und  eine  andre,  die  einst  A.  Elensohn  besass,  im  Wiener  Cod. 
13250.     Paludan,  Zs.  f.  d.  Phil.  25,  327. 


1669.  113 

Actiis  IT.  Olybrius  ontdocket  Gerob  seine  gegen  Marg'arctha 
flaminende  Liebe.  Gerob  verspricbt  ihm  solche  zur  Ehe,  bemüht  sich 
aber  vergebens,  unwissend,  daß  seine  Tochter  Margaretha  eine  Christin 
ist.  Olybrius  wird  hierüber  entrüstet,  lässt  Margarethen  ins  Gefängniss 
werffen. 

Actus  III.  Olybrius  von  Margarethen  verschm<äliet,  wird  gantz 
betrübet.  Margaretha  bekennet,  daß  Sie  eine  Christin.  Der  Ertz-Pries- 
ter  ergrimmet,  will  die  Viorana,  so  Sie  verführt,  erstechen.  Worauff 
Olybrius  erzürnet,  befiehlet  die  Margaretha  einem  abscheulichen  Drachen 
vorzuwerffen. 

Actus  IV.  Margaretha  wird  an  einem  Felsen,  bey  oifenbahrer 
See,  geschlossen,  und  von  einem  Engel  getröstet.  Der  Eitter  St.  Ge- 
orge streitet  öffentlich  mit  dem  Drachen,  erleget  denselben,  und  erlöset 
die  Mai'garetha  von  dem  Felsen.  Margaretha  aber  wird  von  des  OI3"- 
brii  Hofe-Bedienteu  wiederumb  nach  Hofe  geführt. 

Actus  V.  Olybrius  in  seinem  Sinne  verwirret,  scliAveret  Gerob 
den  Tod.  Gerob  lasset  seine  Tochter  Margaretha,  Aveil  sie  sich  nicht 
wil  zum  Heydnischen  Glauben  bekehren  lassen,  ohne  wissen  und  willen 
des  Fürsten  enthaupten.  Olybrius  kommt  hierzu,  ersticht  den  Ertz- 
Priester,  hernachmals  sich  selbst. 

Nach  der  Action  einen  Tantz,  und  eine  Nach-Comoedie.  —  In 
Herrn  George  Balls  Behausung. 

4)  Dulcimunda  ist  nicht,  wie  Hagen  glaubte,  E.  C.  Hom- 
burgs Trag-ico-Comoedia  von  der  verliebten  Schäiferin  Dulcimunda 
(1643),  die  schon  Gärtner,  wie  oben  S.  89^  erwähnt  wurde,  in 
etwas  veränderter  Gestalt  1646  in  Königsberg  aufgeführt  hatte, 
sondern  nur  eine  weitläufige  Verwandte  davon.  Beide  Stücke 
gehen  zurück  auf  eine  Episode  im  9.  Buche  des  Amadis^),  auf 
der  auch  die  Komödie  von  König  Mantalor  (Liebeskampf  1630, 
Bl.  X  2  a)  und  die  französische  'Silvie'  von  Mairet  (Paris  1621) 
beruhen.  Im  Romane  wird  das  Liebespaar  Arpilior  und  Galathea 
durch  den  Zauberer  des  Königs  Manatiles  derart  verzaubert,  dass 
abwechselnd  der  Prinz  und  die  Prinzessin  wie  tot  daliegen  und 
der  lebende  Teil  den  vermeintlichen  Toten  beklagt;  erst  Ritter 
Florisel,  der  Geliebte  der  Silvia,  zerschlägt  den  Zauberspiegel 
und  belebt  beide.     Während  der  Anonymus  von  1630  die  Hand- 


1)  In  der  deutschen  1583  zu  Frankfurt  a.  M.  erschienenen  Ueber- 
setzung  2,  Bl.  17a  (B.  9,  Kap.  19).  Vgl.  Bolte  zum  Mucedorus  1893 
S.  XII.  Vielleicht  gehört  auch  eine  von  Wallerotty  1741  in  Frankfurt 
gespielte  Hauptaktion  hierher:  'Der  Schauplatz  der  unglückseelig  Ver- 
liebten, oder  Die  Würkung  einer  unmensclilichen  Zauberey  und  der 
wider  seine  eigene  Tochter  tyrannisirende  Vattei*'  (E,  Mentzel,  Archiv 
f.  Frankfurts  Gesch.  N.  F.  9,  410.  463). 

Th.F.   XII.  8 


114  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

lung  und  die  Personennamen  des  Eomanes  beibebält,  macht 
Homburg  in  seiner  Prosakomödie  die  vom  Prinzen  Eustadiander 
geliebte,  vom  König  Ascanius  aber  verfolgte  Dulcimunda  zu  einer 
Schäferin;  ihr  Retter  Siegfard  von  Greta  erhält  die  Hand  von 
Eustadiandcrs  Schwester  Sidonia,  deren  Name  nebst  dem  des 
Ritters  Theogenes  aus  der  Prosabearbeitung  von  Gabriel  Rollen- 
hagens  'Amantes  ameutes'  von  1620  entlehnt  ist.  Das  von  Paulsen 
gegebene  Drama  stimmt  zwar  im  Namen  der  Heldin  zu  Homburg, 
weicht  aber  sonst  erheblich  von  ihm  ab. 

5)  Doktor  Faustus.  Ein  Faustdrama  war  schon  1608 
zu  Graz  und  1626  zu  Dresden  von  englischen  Komödianten,  1651 
zu  Prag  von  Job.  Schilling,  1661  zu  Hannover  von  hamburgischen 
Schauspielern,  1666  zu  Lüneburg  von  M.  D.  Drey  gespielt  wor- 
den; aber  durch  Schröder  erfahren  wir  zum  ersten  Male  Näheres 
über  seinen  Inhalt.  Creizenach^)  hat  auf  gemeinsame  Züge  mit 
englischen  Dramen  von  Marlowe  und  Dekker  hingewiesen,  wäh- 
rend R.  M.  Werner^)  den  Einfluss  dieser  Dichter  auf  das  von 
Paulsen  gespielte  Stück  vergeblich  zu  bestreiten  sucht. 

6)  Der  Prinz  wird  ein  Schuster.  Auch  dies  Stück 
stammt  aus  dem  Repertoire  der  englischen  Komödianten;  offen- 
bar war  es  identisch  mit  der  'Comödia  vom  Kaiser  Diocletiano 
und  Maximino  mit  dem  Schuster',  die  eine  englische  Truppe  am 
10.  December  1650  zu  Dresden  spielte  (Fürstenau  1,  127),  und 
mit  dem  1674  von  Paulsen  ebenda  aufgeführten  Schauspiele 
'Crispin  und  Crispinian'.  Die  Identität  dieser  drei  Stücke  ^)  wird 
unzweifelhaft,  wenn  man  das  englische  Original  vergleicht,  das 
ich  gelegentlich  entdeckte:  William  Rowleys  Komödie  A 
Slwemälier  a  Gentleman^).  Die  Handlung  dieses  einige  anmutige 
Scencn  enthaltenden  Dramas  stimmt  ganz  mit  Schröders   kurzem 


1)  Gesch.  des  Volksachauspicls  vom  Dr.  Faust  1878  S.  5.  47  uml 
Der  älteste  Faustprolog  1887  S.  12.  Vgl.  auch  K.  Engel,  Das  Volks- 
Kchanspiel  Dr.  J.  Faust  2  1882  S.  32,  der  Schröders  Bericht  irrig  auffasst. 

2)  Zs.  f.  die  östcrr.  Gymn.  1893,  199. 

")  Dazu  kommt  noch  der  am  21.  Oktober  1718  von  der  Princi- 
palin  Victoria  Clara  Bönicke  in  Riga  g('si)iclle  Crispinian. 

*)  Gedruckt  1638.  Tiecks  Abschrift  im  Berliner  Ms.  germ.  fol. 
83G.  Für  dasselbe  Stück  halte  ich  das  liMO  als  ein  beliebtes  Schauspiel 
der  Schusterzunft  angeführte  'Crispin  and  Crisjyianus"  (Halliwell, 
Dictionary  of  old  english  plays  1860  S.  '»fi). 


1669.  115 

Berichte  überein.  Rowley  beginnt  unmittelbar  nach  einer  Schlacht 
zwischen  den  röniisclien  Cäsaren  i\[aximinns  nnrl  Dioclctian  und 
dem  Könige  Alfred  (Allured)  von  Britannien.  Der  besiegte  Alfred 
stirbt  an  seinen  Wunden,  seine  Gattin  wird  gefangen ;  seine  beiden 
Söhne  jedoch,  Ellred  und  Oflfa,  flüchten  verkleidet  und  treten 
als  Lehrlinge  unter  dem  Namen  Crispin  und  Crispianus  bei  einem 
Schuster  zu  Canterburj  ein,  wo  des  Maximinus  Tochter  Leodice 
wohnt.  Diese  verliebt  sich  in  den  Schusterlehrling  Crispin,  der 
ihr  Schuhe  bringt,  und  giebt  ihm  bei  einem  zweiten  Besuche  ihre 
Neigung  zu  erkennen,  indem  sie  ihn  mit  seiner  angeblichen  Liebe 
zu  ihrer  Amme  neckt  ^)  und,  als  er  meint,  diese  sei  doch  für  ihn 
zu  alt,  ihm  in  einem  Zauberspiegel  eine  jüngere  Liebste  zu  zeigen 
verheisst.  Da  der  Text  schwer  zugänglich  ist,  setze  ich  einen 
Teil  dieses  hübschen  Gespräches  her: 

Leodice.     Dare  you  venture  on  a  icife  of  my  chusing? 

Crispin.       If  bofh  parties  icere  ayreed,  Lady. 

Leodice.  Thafs  no  venture.  Ile  2^f07nise,  she  .^^hall  he  yong,  good 
X>arentage,  honest.     Let  her  heauty  commend  itself! 

Crispin.  It  pleases  Majesty  sometimes  to  viake  S2)ort  icifh  hiimble 
vasselage.     So  doe  you  ivitJi  me,  Lady. 

Leodice.  You  are  too  hard  of  heleefe.  I  ■)nea7ie  2)lfi'inely,  I  have 
some  skill  in  magicke.  What  would  you  giue  too  see  her 
amply  perso)iated  in  a  glasse,  that  must  he  your  icifef 

Crispin.  I  ivould  venture  a  chiding  to  stay  so  long.  Wliat  may 
this  meanf 

Leodice.  I  could  hy  nietroposcopie  read  thy  fate  here  in  thy  fore- 
head,  hy  chiromancie  find  it  in  thy  pahne ;  hut  these  are 
petty  arts.  Now  Ile  sheic  thy  hy  speculatory  magick  her 
face  in  this  glasse.  Kneele,  Sir!  For't  must  he  done  tcith 
reverence,  I  teil  you.    Now  teil  7ne,  what  thou  seestf 

Crispin.       /  see  a  shadow,  Madam. 

Leodice.  'Tis  hut  a  shadotc.  Hold  up  thy  right  hand,  and  looke 
agen!  What  seest  thou  now?  Any  suhstanee  yet? 

Crispin.       I  know  not,  Madam,    I  am  inchaunted  with  your  magick. 

Leodice.     How  lik'st  her  noiv?  Has  she  a  good  face? 

Crispin.       Tis  very  ivell  made,  Madam. 

Leodice.     Who  does  she  resemhle? 

Crispin.       Your  seife,  I  thinke,  Lady. 

Leodice.     I  [thinke,]  shees  very  like  m,e. 

Crispin.    '  I  woidd,  she  were  not. 

Leodice.     \Miy  tcouldst  not  haue  her  like  me? 


f 


^)  Dabei  das  Ijcliebte  Wortspiel   mit  sufor  und  suitor. 


116  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Crispin.       Because  no  like's  the  same. 

Leodice.     'Tis  too  long  to  dally.      Aicay   with    shadowes,    and   iin- 

hrace  the  siihstance!   In  troth,    I  love  thee.     Nay,    doe  not 

feare,  Ile  share  all  dangers  with  thee. 

Darauf  giebt  endlich  Crispinns  sieb  der  Prinzessin  als  Königs- 
sobn  zu  erkennen  und  verlobt  sich  mit  ihr.  Auch  der  weitere 
Verlauf  des  Stückes  stimmt  zu  Schröders  Bericht;  doch  ist  noch 
eine  Liebesgeschichte  des  Prinzen  Hugh  von  Wales  und  der 
schönen  Winifred  eingeflochten. 

Rowley  schöpfte  seinen  Stoff  aus  zwei  Erzählungen,  die  der 
Londoner  Seidenweber  und  Balladendichter  Thomas  Deloney  ^)  1598 
zusammen  mit  einer  dritten  vom  Lordmayor  Simon  Eyre^)  unter 
dem  Titel  'The  Gentle  Craff  veröffentlicht  hatte,  um  darin  der 
achtbaren  Zunft  der  Schuster  einige  mythische  Handwerksgenossen 
aus  fürstlichem  Geblüt,  Sir  Hugh  und  die  Prinzen  Crispin  und 
Crispianus,  vorzuführen.  Dabei  hatte  Deloney  die  alte  Legende  3) 
von  den  christlichen  Märtyrern  Crispinus  und  Crispinianus,  die 
während  der  Diokletianischen  Verfolgung  aus  Rom  flüchteten 
und  in  Soissons  das  Schusterhandwerk  betrieben,  in  freiester  Weise 
verwertet. 

Merkwürdig  genug  ist,  dass  Rowleys  durch  die  englischen 
Komödianten  nach  Deutschland  gebrachtes  Stück  sich  hier  bis 
in  unsre  Zeit  auf  der  Volksbühne  fortgepflanzt  hat.  In  den 
Jahren  1808 — 1811  sah  Ludwig  Tieck  im  Münchener  Lipperle- 
theater ein  Volksschauspiel  'Der  Schuster  blauer  Montag  oder 
Feierabend',  das  nach  seiner  Meinung  aus  dem  Englischen  herüber- 


^)  L.  Stephen,  Dictionaiy  of  national  biography  14,  327.  Das 
Bucli  lebte  im  Volke  unter  dem  Titel  'Ilistory  of  Cris]>in  and  Cris- 
panius"  oder  'The  Shoemakers  Glory'  bis  ins  18.  Jahrhund(n-t  fort 
(Halliwell,  Populär  english  histories  p.  58;  Percy  Society  23.  1848.  — 
Ashton,  Chap-books  of  the  18.  Century  1882  p.  222). 

2)  Aus  dieser  ist  Thomas  Dekkcrs  Komödie  'The  Shoemakers 
Holiday,  or  The  Gentle  Craff  (1600  u.  ö.  Neudnick  von  Fritsclie, 
Thorn  1862;  vgl.  Herrigs  Archiv  26,81;  eine  kritisciie  Ausgabe  von 
Warnke  und  Proescholdt,  Halle  1886)  hervorgegangen,  die  man  fälsch- 
lich   dem  Dr.  Barton  Holyday  (geb.  1593!)  zugeschrieben  hat. 

8)  Acta  Sanctorum  Octobr.  vol.  11,495  (1870);  vgl.  F.  G (irres, 
Crispimis  der  Patron  der  Schiisterzunft.  J.ilirbücher  f.  i)rotestant.  Theol. 
13,  519  (1887).  Ein  französisches  Mysti-re  de  St.  Crcspin  et  St.  Crespi- 
nien  ist  1836  von  Dessalles  und  Cliabaillc  herausgegeben. 


1669.  1 1 7 

gekommen  sein  muss^).  Dasselbe  Stitek  ist  in  einer  Salzburger 
Handschrift  vom  Jahre  1788  als  'Der  Schuhmacher  Blaue  Mon- 
tag, oder  Chrispin  und  Chrispinianus'  enthalten;  es  Avurde  noch 
um  1830  von  den  Laufencr  Schiffern  gegeben^). 

7)  Zuletzt  bekommt  der  Narr  doch  das  Beste. 
Gedruckt  in  den  Englischen  Comoedien  1620  Bl.  R6b  =  Tittmann, 
Die  Schauspiele  der  englischen  Komödianten  1880,  S.  197  — 
Engel,  Deutsche  Puppenkomödien  11,  73(1892).  Die  zahlreichen 
Aufführungen  verzeichnet  Creizenach,  Schauspiele  der  englischen 
Komödianten  1889,  S.  LVII.  Ein  daraus  abgeleitetes  Marionetten- 
spiel 'Der  Prinz  als  Narr'  bei  Engel  11,  1. 

8)  Das  Liebes g es pen st  scheint  auf  Calderons  kunst- 
voll ersounener  Komödie  'El  gaJcm  fantasma'  (Der  Liebhaber 
als  Gespenst.  1637)  zu  beruhen,  die  Quinault  1659  unter  dem 
Titel  Le  fantöme  amoureux'  ins  Französische  und  Lingelbach 
1664  (De  spooTcende  Blimiaer)  ins  Holländische  übertragen  hatte. 
Hier  ist  es  ein  Herzog,  der  Astolfo,  seinen  Nebenbuhler  bei  der 
schönen  Julia,  im  Zweikampfe  verwundet  und  für  tot  verlässt. 
Astolfo  wird  aber  von  seinem  Vater  (nicht  dem  der  Julia)  heim- 
lich gerettet  und  schleicht  als  Gespenst  vermummt  allnächtlich 
zu  Julia.  Die  Rolle  der  Mutter  ist  ein  Zusatz  des  deutschen  Be- 
arbeiters. Wohl  dasselbe  Stück  war  das  im  September  1695 
von  Merseburgischen  Hofkomödianten  (H.R.Richter)  in  Nürnberg- 
gegebene  Nachspiel  'Das  verliebte  Nachtgespenst'  und  die  im  Juni 
1741  zu  Frankfurt  a.  M.  von  Wallerotty  gespielte  Burleske 
'IJamore  vuol  politica,  oder  das  verliebte  Nachtgespenst' ^). 
Gryphius'  Verliebtes  Gespenst  (1660)  steht  dagegen  ganz  abseits 
von  dieser  Reihe. 

Um  Paulsens  Repertoire  vollständig  überblicken  zu  können, 
wollen    wir   noch    die  von    ihm  1674    und  1679    in  Dresden  ge- 


1)  Tieck,  Phantasus  3,  199  (1845).  Aus  dein  Leben  Th.  von  Bern- 
hardis  1,  44  (1893). 

2)  Der  Laufner  Don  Juan  hsg.  von  R.  M.  Werner  1891  S.  49. 
A.  Hartmann,  Volksschauspiele  1880  S.  38. 

•■')  Will,  Histor.  dipl.  Mag-azin  1,  214  (1781),  E.  Mcntzel  9,  449.  — 
Man  könnte  hier  allerdings  aucli  an  Cahlerons  Jiig'endstück  La  dama 
duende  (1629.  Französisch  von  D'Oiiville,  Uesjyrit  fallet  1641  und 
Hauteroche  1684.  Holländisch  1670  von  A.  Pej^s  und  1677  von  Lod. 
Meyer)  denken. 


118  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

spielten  Stücke  nach  FürsteDaus  Bericht  (1,  244.  253)  hier   an- 
reihen. 

9)  Prinz  S  i  g-  i  s  m  o  n  d  o.  —  Caldcron,  La  vida  es  sueno 
(1635),  französisch  1646  von  Gillet  de  la  Tessounerie,  holländisch 
von  Rodenbiirg-h  (1636)  und  von  Schonwenbergh  (1647).  Deutsche 
Aufführungen  von  M.  D.  Treu  1666  und  1670,  Veiten  1690. 

10)  Die  Liebesprobe.  —  Liebeskampf  1630  Bl.  06a: 
'Comoedia  vnd  Prob  getrewer  Liebe'.  Aufgeführt  von  Treu  1670 
und  1681,  von  Veiten  1688. 

11)  Der  kluge  Knecht  M  a  s  c  a  r  i  1 1  i  a  und  der  ein- 
fältige Herr.  —  Moliere,  L'Etou7'di  (1653).  Aufgeführt  von 
Paulseu  1679,  von  Veiten  1684  und  1690. 

12)  C  r  i  s  p  i  n  und  C  r  i  s  p  i  n  i  a  u  a  =  Nr.  6. 

13)  Alarich.  —  Veiten  gab  1680  "Alari  und  Soniiro', 
Wttrtembergische  Hofkoniödianten  1706  in  Nürnberg  'Alari  oder 
die  irrende  Geilheit'.  Aufführung  in  Regensburg  1711.  Im  Wei- 
marer Repertoire  Nr.  23  'Die  gestraffte  geilheit'. 

14)  Aspasia.  —  Veiten  1690.  Vgl.  Bolte,  Archiv  für 
neuere  Sprachen  82,  118. 

15)  Die  verführerische  A 1  a  m  o  d  a.  —  F.  Sbarra, 
La  Moda.  favola  morale  (Bologna  1652),  verdeutscht  von  Pater 
Const.  Arzonni :  Betrug  der  Allamoda,  sittliches  Gedicht  vnd  Schaw- 
spiel  (Prag  1660  fol.).     Aufgeführt  von  Treu  1681. 

16)  Das  veränderliche  Glück.  —  Veiten  1690. 
Nach  Heine  (Wanderbühne  1889  S.  73)  identisch  mit  dem  Eisernen 
K(»nig,  vielleicht  aber  vielmehr  mit  'Alexanders  Glücks-  und  ün- 
glücksprobc'. 

17)  Der  alte  Geizhals.  —  Moliere,  L'avare  (1667). 
Deutsch  1670  in  der  Schaubühne  engl,  und  französ.  Komödianten 
3,  210.     Veiten  1684  und  1688. 

18)  Der  treue  Kerker  (V). 

19)  Genovcva,  Pfalzgräfin  zu  Trier.  —  A.  F.  Wouthers, 
Di',  lieylige  Genoveva  (1664  u.  ö.).  Deutsch  in  der  Gotliaei*  Ilaud- 
sclirift  Ch.  B.  1628.     Veiten  1680  und  1()90. 

20)  Das  grosse  Ungeheuer,  oder  der  eifersüchtige 
Herodes.  —  Calderon,  El  mayor  monsfruo  /o.v  celos  (16;)7). 
Französisch  von  Tristan  TErmite  (Marianne  1636),  italienisch  von 
Cicognini  1670,  holländisch  von  K.  Lcscailje  1685.  Veiten  1688. 
Ein  Programm  "Herodes  und  Marlene'    vom   1.  Oktober   1733   in 


I6n9.  119 

Stockholm.     Vgl.  Reiiihardstöttner,    Aufsätze  und  Abhandlungen, 
1887  S.  41. 

21)  Das  durchlauchtige  Bet  t  elm  äd  chen.  — 
Veiten  1688.  Ein  Programm  der  Badischen  Hofkomödianten 
(Chr.  Friedr.  Loancoupy)  Strassburg  1671 ;  ein  andres  Memmingen 
1739.     Vgl.  Jahrb.  der  Shakespearegesellschaft  22,  199. 

22)  Der  b  e  k  1  ä  g  1  i  c  h  e  Z  w  e  r  g  (1.  Zwang)  =  Nr.  2. 

23)  J  0  s  e  p  h  0  der  Jude  von  Venedig.  —  Schon 
1626  von  John  Green  in  Dresden  gespielt.  Eine  um  1654  ver- 
fasste  Bearbeitung  von  Christoph  Bliimel  ist  bei  Meissner  (Die 
engl.  Komödianten  in  Oesterreich  1884  S.  131 ;  vgl.  Creizeuach, 
Schauspiele  der  engl.  Koni.  S.  59)  abgedruckt.  Shakespeares 
Kaufmann  von  Venedig  ist  neben  einzelnen  Zügen  aus  Marlowes 
Juden  von  Malta  darin  verwertet.    Aufführung  in  Stockholm  1733. 

24)  Die  gottlose  Königin  0  d  o  m  i  r  e.  —  Veiten 
1690:  Odomira.  Auf  dem  Stuttgarter  Archive  liegt  eine  Hs. 
von  Veltens  Pickelhcring  Chr.  Janetzky:  "Die  heillose  Königin 
Odomire  oder  die  lebendig  begrabene  Printzessin  Merolome.'  Ein 
gedrucktes  Argument  der  Hochdeutschen  Komödianten:  'Die  treu- 
lose Königin  Odomira,  oder  die  siegende  Unschuld'  erschien  1708 
zu  Regensburg. 

25)  Mum  (Possenspiel,  wie  auch  Nr.  26 — 38).  —  Vermut- 
lich die  englische  Singposse  "IV^e  blacJc  man,  die  1633  vonFonteyn 
ins  Holländische  übersetzt  worden  war:  vgl.  Bolte,  Singspiele  der 
engl.  Komödianten  1893,  S.  2S.  83. 

26)  Des  Schneiders  Weib  im  Sacke. 

27)  Der  alte  geizige  Pantalon.  —  1722  wird  citiert: 
Der  betrogene  Pantaleon. 

28)  Vi  s  i  b  i  1  i  s  und  i  n  v  i  s  i  b  i  1  i  s.  —  Englische  Comödien 
1620,  Bl.  Xx  la:  'Pickelherings  Spiel,  darinnen  er  mit  einem 
Stein  gar  lustige  Possen  machet'  =  Tittmann,  Schauspiele  der 
engl.  Komödianten  1880  S.  237,  vgl.  LV.  Holländisch  von  Jan 
Soet  1637.    Gespielt  von  Veiten  1680  und  1684.    Vgl.  den  Anhang. 

29)  Der  Dachdecker. 

30)  Die  Bauernhochzeit.  —  A.  Elenson  1680  in 
Bevern. 

31)  Pickelherings  Anatomie  (1.  Academie).  — 
Elenson  1680.  Nach  dem  bei  Creizenaeh,  Engl.  Komödianten 
S.  14  f.    mitgeteilten  Linzer  Programme  von  1699  identisch  mit 


120  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Molieres  Malade  imaginaire.     Diese  Verdeiitscliung  ist  also  älter 
als  die  1694  iu  der  Nürnberger  Molicre Verdeutschung'  erschienene. 

32)  Der  Speckdieb.  —  Die  Witwe  Veiten  gab  1702 
in  Hamburg:  ^Der  vom  Pickelhering  ermordete  Schulmeister,  oder 
die  artig  betrogenen  Speckdiebe'.  A.  Elenson  1680:  ^Pickelhering 
und  Schulmeister'. 

33)  Das  F 1  e  i  s  c  h  e  r  m  ä  d  c  h  e  u. 

34)  Der  Niesende. 

35)  P  i  c  k  e  1  h  e  r  i  n  g  s   Schuldner. 

36)  Der  Marktschreier. 

37)  Die  Perle.  —  Auch  1679.  Veiten  1690.  Fremde 
Komödianten  gaben  1672  in  Dresden  das  Possenspiel  von  Braten 
und  der  Perle.  Heine  (J.  Veiten  S.  38)  denkt  an  M.  Girardin, 
Le  Collier  des  perles  (1672). 

38)  Der  gestopfte  Pickelhering.  —  Auch  1679.  Quoten 
gab  1748  in  Kopenhagen  'Den  udstoppede  Harlequin  (Ovcrskou, 
Den  dauske  Skueplads  2,  64). 

39)  Jungfer  Ca  p  itain  (1679,  wie  auch  Nr.  40—56). 
—  Montfleury,  La  ßle  capitaine  (1672)  nach  Figueroa  (Archiv 
für  neuere  Spr.  82,  124).     Veiten  1684. 

40)  Drei  0  r  o  n  t  e  s.  —  Boisrobert,  Les  trois  Orontes  (1652). 

41)  David  und  B  a  t  h  s  e  b  a.  —  Veiten  1680.  Halle  1696. 
Riga  1718. 

42)  Der  neue  F  u  n  d ,  den  Teufel  zu  betrügen.  —  Veiten 
1688:  Des  Teufels  Betrug. 

43)  Das  beneidete  Glück.  —  Veiten  (?)  1683. 
Treu  1684. 

44)  Der  künstliche  L  ü  g  n  c  r.  —  Nicht  nach  Corneilles 
Menteur,  sondern  nach  Caldcron,  Lances  de  amor  y  fortuna 
(16.35).     Veiten  1680  und  1690.     Vgl.  unten  S.  143  f. 

45)  Die  grosse  Königin  Orontea.  —  Cicognini, 
L'Orontea  (1649).  Deutsche  hsl.  Übersetzung  Serapeum  1866, 
320.     Programm  Stuttgart  1699.     Aufführung  Dresden  1()60. 

46)  Die  glückliche  Eifersucht.  —  Cicognini,  f.e 
gelöste  fortunate  del  principe  don  llodrigo  (1654).  Deutsch 
von  Künickhl  und  Blümel  (1662.  Scrn])cuni  18()(),  319.  Wiener 
Hs.  13229).  Aulführungen:  Altenburg  1671,  Lüneburg  1()80, 
Dresden  durch  Veiten  1690,  durch  Wallerotty  in  Frankfurt 
1741. 


1669.  121 

47)  Die  Eifernde  mit  sich  selbst,  oder  die  betriig-- 
liehe  Maske.  —  Schaubühne  der  englischen  und  französischen 
Comüdiautcn  1670  1,  254:  'Die  Eyferndc  mit  Ihr  selbst'  nach 
Boisrobert,  La  jalouse  d'elle  meme  (1649).  Vgl  Archiv  für 
neuere  Sprachen  82,  121. 

48)  Amor  der  Arzt.  (Possenspiel,  wie  auch  Nr.  49 — 
56).  —  Moliere,  L'amour  medecin  (1665).  Übersetzt  in  der  Schau- 
bühne 1670.  1,  6. 

49)  Schreiber  und  Koch.  —  Veiten  1690. 

50)  C  a  p  i  t  a  i  n  S  t  a.  —  Vg-1.  Veiten  1690 :  Capitain  Colwey. 

51)  Der  freiwillige  H  a  h  n  r  e  y.  —  Montfleury,  L'ecole 
des  Jcdoux  ou  le  cocu  volonfaire  (1664). 

52)  Der  ausgestopfte  Pi  ck  el  h  eri  ng  ==  Nr.  38. 

53)  Mascarilias  =  Nr.  11. 

54)  Jodelet.  —  Tho.  Corneille,  Le  geölier  de  soi-ineme 
(1655)  nach  Calderon,  El  alcaide  de  si  mismo.  Veiten  1684 
und  1690.     Vgl.  Archiv  f.  n.  Spr.  82,  123. 

55)  S  c  a  b  i  n  s  Betrügereien.  —  Molicrc,  Les  fourberies 
de  Scapin  (1671). 

56)  Die  P  e  r  1  e  =  Nr.  37. 

Dazu  kommen  noch  drei  mit  mehr  oder  minder  Sicherheit 
Paulsen  zuzuweisende  Stücke: 

57)  Hamlet.  —  Dass  die  alte  deutsche  Bearbeitung  von 
Shakespeares  Hamlet,  'Der  bestrafte  Brudermord'  (zuletzt  von 
Creizenach,  Engl.  Komödianten  S.  125  herausgegeben)  aus  Paulsens 
Repertoire  herstammt,  erweist  eine  Scene  (ebd.  S.  163),  in  der 
der  Principal  Carl  selber  auftritt  und  dem  Prinzen  von  seinen 
Wanderzügen  nach  Hamburg,  Dresden  und  Wittenberg  erzählt. 
Hierauf  hat  zuerst  Litzmann  (Zs.  f.  vergl.  Littgesch.  2,  6)  auf- 
merksam gemacht. 

58)  T  i  b  e  r  i  u  s  von  F  e  r  r  a  r  a  und  Anabella  von  Mömpel- 
gard.  —  Eine  Bearbeitung  von  Marstons  Parasitaster,  or  the  Fawn 
(1606),  die  sich  in  einer  Handschrift  des  Danziger  Eatsherrn  G. 
Schröder  erhalten  hat^).  Über  sie  wird  im  Anhange  dieses 
Werkes  zu  reden  sein. 


I 


1)  Auf  der  Stadtbibliothok  X  fol.  30.  Darin  steht  auch  die  oben 
S.  103*  erwähnte  niederdeutsche  Posse  'Hans  unter  den  Soldaten'  und 
eine    unbeholfene   Dramatisierung   von   Valentin    Schumanns   Novelle 


122  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

59)  Der  stumme  Ritter,  oder  Vntrew  schlecht  ihren 
eyg-en  Herrn.  —  Nach  Machin,  The  dunib  Jcnight  (1608).  Ein- 
gelegt ist  die  oben  unter  Nr.  28  erwähnte  Posse  von  dem  un- 
sichtbar machenden  Stein.     Ebenda. 

Bei  der  Musterung  dieses  Repertoires  fällt  in  die  Augen, 
dass  anfangs^)  die  von  den  Engländern  importierten  Bühnen- 
werke überwiegen,  während  sich  später  der  Einfluss  der  fran- 
zösischen und  spanischen  Dramatik  geltend  macht.  Von  den 
englischen  Komödianten  stammen  zehn  Nummern  her:  von  Mar- 
lowe  (Nr.  5),  Shakespeare  (57),  Machin  (59),  Marston  (58),  W. 
Rowley  (6  =  12),  anonym  (23.  25)  und  aus  den  gedruckten 
Englischen  Comödieu  von  1620—30  (7.  28.  10).  Elf  bis  zwölf 
Stücke  sind  französischen  Ursprunges:  von  Moliere  (11.  17.  31. 
48.  55),  Büisrobert  (40.  44.  47.  51),  Thomas  Corneille  (54), 
Montfleury  (39)  und  vielleicht  Desmarets  (14).  Darunter  sind 
die  7  spanischen  Schauspiele  teilweise  mitgerechnet,  die  durch 
französische,  italienische  oder  holländische  Vermittlung  nach 
Deutschland  drangen:  Calderon  (8.  9.  20.  44.  54),  Lope  de  Vega 
(2  :=  22)  und  Tirso  de  Molina  (47).  Den  italienischen  Dichtern 
Cicognini  und  Sbarra  sind  3 — 4  Nummern  entlehnt  (20.  45.  46.  15), 
den  Holländern  Jan  Vos  und  Wouthers  zwei  (2  =  22.  19).  Von 
deutschen  Dichtern  sind  nur  zwei,  Lohenstein  und  Greflinger,  mit 
je  einem  Werke  (1.  2)  vertreten;  Gryphius  fehlt  ganz.  Der  Rest 
mag  noch  einige  ausländische  Waare  enthalten  oder  auch  von 
unbekannten  Schauspielern  für  ihr  Bedürfnis  komponiert  sein. 
So  namentlich  manche  der  kürzeren  Possen  oder  Nachspielen, 
von  denen  sich  unter  den  59  oder,  wenn  wir  die  Doubletten 
abrechnen,  54  Stücken  18  vorfinden. 

Man  wird  kaum  fehlgehen,  wenn  man  in  der  allmählichen 
AI)wendung  von  den  englischen  Vorbildern  und  in  der  Ikvor- 
zugung  der  französischen  und  spanischen  Litteratur  den  Einlhiss 


von  Christoph  von  Mömpclgart  und  Vcronica  von  England  (Nachthüch- 
Icin  1559.  Neudruck  von  Bolto  1893),  die  aber  von  ganz  andrer  Iland 
herrühren  als  die  oben  erwähnten  Komödien  und  auf  keinen  Fall  mit 
Paulsen  zusammengebracht  werden  dürfen.  Vgl.  [Mannhardt,]  Alt- 
pr(uissische  ^lonatsschrift  2,  22.S  und  Bolte,  Niedcrdeutsclies  Jahrbuch 
12,  im. 

^)  Die  undatierten  Nummern  57—59   geliüren    sicherlich    in  eine 
frühere  Periode  als  die  voraufü-ehendeu. 


1669.  1670.  123 

von  Paulsens  Scbwieg-ersohn  Veiten  erkennt,  der  als  der  ein- 
flnssreichste  und  ang-eschenstc  deutsche  Schauspieler  des  17.  Jahr- 
hunderts bezeichnet  werden  muss.  Denn  in  Veltens  Repertoire 
finden  wir  nicht  weniger  als  22  oder  23  Stücke  Paulsens^) 
wieder,  wozu  wir  noch  die  Nr.  8.  30. 31  rechnen  dürfen,  da  diese 
Richter  und  Elcnson  in  der  Zeit  ihrer  Zug-ehörig-keit  zur  Veltenschen 
Truppe  überkommen  haben  werden;  im  ganzen  hat  Veiten  also 
nahezu  die  Hälfte  von  Paulsens  Repertoire  übernommen  und 
weiter  fortgepflanzt.  Ob  die  Gemeinsamkeit  von  fünf  Stücken 
(5,  9.  10.  15.  43)  mit  dem  Schauspieler  Michael  Daniel  Treu, 
der  als  Genosse  von  Andreas  Joachim  Wulff  und  selbständig  in 
Dänemark,  Norddeutscliland  und  München  auftrat,  auf  eine  Ver- 
bindung mit  der  Truppe  Paulsens  zurückgeht,  lasse  ich  dahin- 
gestellt. Auf  jeden  Fall  tritt  uns  Paulsen  als  einer  der  be- 
deutendsten Principale  seiner  Zeit  entgegen,  und  sein  Besuch 
Danzigs  bildet  ein  Ruhmesblatt  in  der  Theatergeschichte  dieser 
Stadt. 

1670  hielten  die  sämtlichen  Gesellen  des  löblichen  Hand- 
werks der  Tischler  und  Schnitzker  ein  Fastnachtspiel,  'gleich 
wie  dasselbe  vor  albereit  66  Jahren  (also  1604)  alhier  in  Dan- 
tzig  geschehen  ist',  nachdem  ihnen  der  Rat  am  13.  December 
1669  solches  acht  Tage  auf  der  Fechtschule  zu  halten  vergönnt 
hatte.  In  ihrer  Supplik  geben  sie  folgende  Beschreibung  der 
ganzen  Feierlichkeit : 

'Es  müßen  die  Gesellen  alle  daß  Handtwerks  Zeug  vom  großesten 
))iß  zima  kleinesten,  welches  zum  Tischler  und  Bildtschnitzker  Handt- 
wcrgk  gehörig,  vonu  Holtz  ncw  machen  und  ein  jedes  Stück  nacli 
seiner  art  mit  färben  anstreichen  und  ziehren  laßen,  jedoch  alles  auft' 
der  Gesellen  Unkosten.  Es  wirt  zu  solchem  spiel  und  aufFzug  erkohren: 
auß  den  Gesellen  ein  Haubtman,  Leütenant,  Fendtrich,  worvon  der 
Fahn,  welchen  der  Fendtrich  führen  thut,  von  lauter  Hu.belspenen  zu- 
sammen gemacht  und  mit  Farben  geziehret  wirt,  und  traget  ein  iet- 
weder  dabey  seyender  Gesell  des  obgedachten  Handtwercks  in  gutter 
Ordtnung  ein  eintziges  Stücke  vonn  solchem  gemachetem  Höltzeren 
Handtwerckszeüg  in  seiner  Handt,  da  dan  ein  solch  Stücke  holtzernes 
wesen  seine  gemachte  Reime,  die  der  Gesell  auß  erforderen  auß- 
Avendig  sagen  und  beybringcn  müßen.  Es  Averden  auch  an  anderen 
Orteren,   da  solches  spiel    und  axifzug  gehalten    wird,    in    sonderlicher 


1)    Nr.  2.    9.  10.  11.  13.  14.  16.  17.  19.  20.    21.   24.  28.  (32).    37.  39. 
41.  42.  43.  46.  49.  (50?)  54. 


124  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

anmevkung-  aber  in  vornehmen  Stedten  solches  in  3  sonderliche  Actus 
abgetheilet;  und  Avan  solches  woll  ang-estellet  und  g-utt  durch  die  Per- 
sonnen ag-iret  wirdt,  unseres  Erachten  nach  woll  Avürdig'  anzusehen 
und  zuhören  ist,  in  sonderlicher  anmerckung-  kein  übeles,  vil  weniger 
ungebührliche  werte  darbey  erfolgen  thun,  noch  enstehen  kann.' 

Georg  Schröder    hat  in  seinem  oheu  erwähnten  hsl.  Tage- 
i  B 
erachtet: 


buche  Bl.  125  a  den  Aufzug-  ebenfalls  einer  Schilderung-  für  wert 


[125a]  Von  der  Schnitzker  Fastnacht-Auifzüge. 

Den  17.  Febr.  A.  1670  haben  die  Schnitzker  einen  stattlichen 
Fastnacht-Auffzug  gehalten.  Für  Erst  ist  ein  Capitain  gegangen  mit 
einem  Plüßner  Kock,  deme  seind  gefolget  2  Wilde  Männer  mit  einem 
außgekleideten  Bähren.  Für  andere  ist  die  Stärcke  kommen  mit  allem 
Schnitzker  gerättschafft,  hernach  die  vier  Jahres  Zeiten,  ein  Schäffer 
und  Schäfferinnen,  die  das  Holtz  gelobet.  Fürs  dritte  ist  die  Justitia 
kommen  mit  dem  Lichte,  und  ist  die  Controversie  ventiliret  worden, 
ob  die  Gesellen  bey  Licht  sollen  arbeiten,  iind  ist  das  Licht  verdampt 
worden.  Fürs  Vierdte  ist  gekommen  die  Hoft'nung  und  Zuletz  ist  die 
rotte  bancke  getragen  worden,  darauff  der  Baur  behobelt  worden. 
Sie  haben  aber  die  gantze  Woche  gespielet  in  der  Breitgaße  in  der 
Callenbachschen  Hause,  da  sie  ein  Theatrum  bereitet,  und  viel  gelt 
eingenohmen  haben. 

[125b]  Eben  an  selbigem  Tage  scind  auch  die  Schmiede  hcrumb 
gefahren  und  einen  Prächtigen  AufFzug  gehalten.  Erstlich  wurden  ihr 
Trinckgescliirr  getragen,  hernach  ihr  schilt  nehmlich  ein  gülden  IIuflF- 
eisen  an  einer  eisernen  Stangen,  hernach  die  Werckshide,  umb  Avelche 
6  Schlachtschwcrter  getragen,  darauft"  kam  ein  HaufFe  marchirct  mit 
röhren,  und  in  der  Mitten  ein  Fendrich,  darauflf  der  Schmiede  Wapen 
auff  blau  Tafft  gemahlet  zusehen,  letzlich  kam  ein  großer  Wagen  mit 
vier  Pferden  gezogen,  darauf?  hatten  sie  ein  Amboß  eine  Esse  mit  dem 
Schorstein,  und  einen  Blaßbalch,  und  schmiedeten  von  ireven  stücken, 
sie  beschlugen  ein  Radt,  machten  ein  Huft'eisen,  und  endlich  hingen 
sie  ihr  schilt  aiiß  in  der  Joppengaße  im  Trägerhause. 

Was  hier  von  der  eigentlichen  dramatischen  Aufführung 
berichtet  wird,  stimmt  ganz  zu  den  drei  Texten,  die  uns  von 
Schreinerspielcn  des  17.  Jain-liuiidcrts  aus  Regcnsburg,  Nürnhorg 
und  Hamburg-  erhalten  sind.  Der  Regcnsburgcr  Text  ist  nach 
der  1618  von  Stcffan  Egl  gemachten  Aufzeichnung  1893  von 
August  Ilarlmaiui  (l^ayerns  IVIundarten  2,  1)  herausgegeben  wor- 
den; der  Nürnberger  ist  einer  hsl.  Chronik  dieser  Stadt  (Mün- 
chener Cod.  gcrm.  3587)  unter  dem  Jahre  1656  einverleibt,  der 
Hamburger    endlich  ist  169G  und  1714   gedruckt  worden.    Über 


1670-1674.  125 

das  Verbilltnis  dieser  Haudwerkcrkom(5dien  zu  einander  und  die 
sonst  erhaltenen  Nachrichten  über  derartige  Aufiuliriing-en  werde 
ich  später  Genaueres  verüftentlichen. 

Im  selben  Jahre  spielte  vom  August  bis  in  den  Oktober 
der  Komödiant  Joris  oder  Georg*  Benteley^),  'Englischer  Tantz- 
meister  und  Principal  hochteutscher  Comoedianten',  mit  einer 
Bande  von  16  Personen.  Er  citiert  in  seiner  ersten  Supplik 
Comenius'  Pansophia  I  §  88  2)  als  klassischen  Zeugen  für  den 
Wert  der  Schauspiele  und  rühmt  sich,  1669  in  Krakau  bei  der 
Krönung  Michael  Wiszniowieckis^)  gespielt  zu  haben.  Der  Rat 
erlaubte  ihm  am  30.  Juli,  vier  Wochen  lang  zu  agieren,  wenn 
er  sich  mit  der  Kämmerei  abfinde  und  um  6  Uhr  zu  agieren 
aufhöre.  In  einer  zweiten  Bittschrift  erwähnt  er,  dass  er  20 
Komödien,  davon  eine  dem  Rate  zu  Ehren,  auf  der  Fechtschule 
gegeben  habe,  und  bittet  um  weitere  Spielerlaubnis  in  der  Reit- 
schule am  Stadthofe;  die  wenigen  Lichte,  die  er  'ganz  niedrig 
nebest  dem  Theatro'  präsentiere,  könnten  im  geringsten  keinen 
Schaden  thun.  Er  erhielt  am  6.  Oktober  Freiheit,  noch  12  Tage, 
aber  nur  bei  Tage  zu  agieren.  —  Ob  Bentleys  Truppe  mit  der 
1670  in  Königsberg  auftretenden  (Hagen,  Theater  in  Preussen 
S.  103)  identisch  war,  bleibe  dahingestellt. 

1674.  Auf  der  Stadtbibliothek  (XVII.  C.  q.  39)  hat  sich 
eine  aus  diesem  Jahre  stammende  hsl.  Übersetzung  von  Gua- 
rinis  Schäferspiel  II  pastor  fldo  durch  den  Danziger  Heinrich 
Schwartzwald  erhalten,  eine  schülerhafte  Arbeit  in  uubehilf- 
licher  Prosa: 

H  Pastor  fido.  Der  Getrewe  SehäfFer  aiiß  dem  Italiänschen  ins 
Teütsche  überg-esetzet  Vom  H.  S.  [Von  andrer  Hand:  id  est  Dn. 
Henricus  Schivartzicald,  Consid  Gedanens.,  qui  haec  manu  propria 
etiam  scripsit.  Mortuus  Ao  1705  den  27.  Martii.  Scabinus  electus 
Ao.  1688  d.  16.  Mart.  Consid  Anno  1691.]  74  Bl.  4». 


^)  Dieser  war  1665  Tanzmeister  und  reitender  Kammerdiener  bei 
Kurfürst  Johann  Georg  II.  von  Sachsen,  wurde  dann  entlassen  und 
1674  wiederum  angestellt  (Fürstenau  1,  224).  Im  Januar  1669  kam  er 
von  Dresden  nach  Leipzig-  und  gab  dort  Vorstellungen  (Wustmann, 
Quellen  zur  Gesch.  Leipzigs  1,  477). 

^)  Comenius,  Opera  didactica  omnia  3,  32. 

3)  Am  29.  September  1669. 


126  Bolte,  Das  Danzig-er  Theatei'. 

Im  selben  Jahre,  und  zwar  wahrscheinlich  im  Dominik,  er- 
schien die  "Teutsche  Compagnie  der  Comödianten',  erhielt  aber 
keine  Spielerlaubnis,  sondern  musste  sich  in  der  Vorstadt,  d.  h. 
im  Schottland,  aufhalten.  Dies  geht  aus  einer  unten  abgedruckten 
Supplik  V.  J.  1675  hervor.  Die  Truppe  hatte  zuvor  drei  Wochen 
während  des  Juni  in  Berlin  gespielt^)  und  ging  von  Danzig  aus 
nach  Königsberg,  wo  sie  als  die  Hiochteutsche  Compagnie'  bis 
in  den  November  Vorstellungen  geben  durfte  2).  —  Wahrschein- 
lich war  es  die  Truppe  des  Christian  Bockhäuser,  der  1660 
in  Lüneburg,  1668  in  Wismar  und  Leipzig,  1669  in  Lüne- 
burg, 1671  in  Schwalbach  und  Frankfurt  a.  M.  und  1679—80 
in  Riga  erscheint  und  in  ähnlich  kläglicher  Weise  suppliciert^). 
Die  Bezeichnung  '"hochdeutsche  Komödianten',  die  wohl  im  Gegen- 
satze zu  den  englischen  und  holländischen  Schauspielerbandeu 
gewählt  war,  kommt  allerdings  in  dieser  Zeit  häufiger  vor,  so  1656 
in  Strassburg,  1672  in  Riga,  wo  wir  sie  (S.  97.  111)  auf  Paulsen 
bezogen,  1675  in  Lüneburg,  1681  in  Lübeck  (fehlt  bei  Gaedertz), 
1682  in  Rostock,  Stockholm  und  Riga,  1683  in  Danzig,  1688  und 
1689  in  Graz,  1691  und  1699  in  Riga,  1719  in  Kopenbagen 
u.  s.  w.  In  Riga  traten  1691  sogar  zwei  verschiedene  ''Com- 
pagnien  hochdeutscher  Comoedianten'  auf,  von  denen  die  eine 
wohl  unter  dem  bei  Gaedertz  S.  119  erwähnten  Franz  Melchior 
Hart  aus  Sachsen  stand  (doch  vgl.  unten  z.  J.  1691).  Der 
1665 — 1697  thätige  Principal  Jacob  Kuhlraann  aus  Sachsen, 
der  seine  Truppe  ebenfalls  als  hochdeutsche  Komödianten  be- 
zeichnete, ist,  wie  ich  zur  Ergänzung  von  Trautmanns  Nach- 
weisen (Jahrb.  f.  Münch.  Gesch.  3,  321)  bemerke,  auch  1665  und 
1666  zu  Strassburg,  1677  in  Hamburg  und  Lübeck  und  1691  in 
Kiel  aufgetreten.     Über  J.A.  üblich  vgl.  unten  z.  J.  1699. 

1675  kehrte  die  im  vorigen  Jahre  abgewiesene  Bande 
wieder,  erhielt  aber  am  8.  Juli  den  gleichen  Bescheid.  Wie- 
derum nahm  sie  ihren  Weg  nach  Königsberg  und  traf  dort  im 
August  ein  2).     Sie  wird  uns  1683  nochmals  begegnen. 


1)  Erlaubnis  vom  4.  Juni  1G74  im  Berliner  Staatsarchiv  11.  0.  L.  L. 
Nr.  7  c. 

2)  A.  Haj,^en,  Tlieater  in  Prcussen  IHM  S.  103. 

^)  Gaedertz,  Theater/.ustände  l.s.SS  S.  81.  lOf).  Wustniann,  Quellen 
zur  Gesch.  Leipzigs  1,  477.  K.  Mentzel,  Archiv  f.  Frankfurts  Gesell. 
N.  F.  9,  100.     Kig-aer  RatsprotokoUe. 


1G74.  1675.  127 

Herr  Bürgermeister, 
Wohl  Edle,    g-estreiiye,  Veste,  Nahmhaffte,   Hoch  und  -wohlweise,  Iiig'c- 
sanibt  hoch  geehrte,  Großgünstige  Herrn. 

Die  Bedrängte  und  jederman  Bekannte  Nahrloß  sitzende  Zeith 
hat  uns,  den  Ruhm  dieser  weith  Berühmten  See-  Kaiiff-  und  Handels 
Stadt  Dantzig  zu  erfahren,  abermahlen  anhero  getrieben  und  bei  E.  PI 
Hoch  und  Wohhveisen  Raht,  ob  die  Teutsche  Compagnie  der 
Comoedianten  in  Fürstellung  einer  undt  der  andaren  Stücken  einige 
Licentiam  in  Gnaden  erlangen  könte,  durch  diese  Supplication,  welche 
wir  nebenst  unsern  zu  allen  ersinnlichen  Zeithen  schuldigen  Diensten 
in  tieffster  Demuth  zu  E.  E.  Hoch  und  Wohlweisen  Rahts  Füßen  legen, 
auffmuntern  wollen.  Wann  dann  nun  wir  ingesambt  desfals  schon 
vorm  Jahre,  wie  ein  E.  E.  Raht  sonder  Zweiifel  bekannt,  eine  repulsam, 
Bekommen,  und  dannen  hero  victum  et  amictuDi  zu  suchen  Kümmer- 
lich unser  Brodt  auff  der  Vorstadt^)  nicht  sonder  großen  Unkosten, 
dardurch  wir  auch  in  nicht  schlechten  ruin  gesetzet,  genöthiget  worden ; 
als  zweiffein  wir  nicht,  E.  E.  Hoch  und  Wohlweiser  Rath  werde  ver- 
möge angebohrner  dexteritet  diese  unsere  demühtige  Supplication  in 
Gnaden  auff  und  annehmen,  und  uns  unsern  flehentlichen  ansuchen 
fruchtbarlich  genießen  laßen.  So  nun  E.  E.  Hochweiser  Raht  wieder 
verhoffen  uns  unserm  ansiichen  nicht  theilhafftig  werden  laßen  solte, 
werden  Sie  dennoch  den  geringsten  Blick  einiger  Gnad  Blicken  und 
ex  singulari  gratia  unsere  P  1  a  c  a  t  e  n  ohne  jemandes  Hindernüß  zu 
forthstellung  unserer  Actionen  und  auffenthaltung,  wie  auch  vorm 
Jahre  aus  Gnaden  uns  vergönnet  worden,  anzuschlagen  großgünstig 
gestatten. 

Solche  erlangende  hohe  Giinst  wollen  wir  nicht  allein  mit  un- 
sterblichem Ruhm  zu  Bekrönen,  sondern  auch  urab  erhaltung  beständiger 
und  selbst  wünschenden  Glücklichen  Prosperitet  wie  auch  friedtlichen 
Regierung  E.  E.  Hochweisen  Raths  Gott  dem  allerhöchsten  mit  unserm 
andächtigen  Gebett  anzuflehen  wißen.  Verbleibende  E.  E.  Hoch  und 
Wohlweisen  Raths,  welche  wir  hiemit  Göttlicher  Pflege,  uns  aber  dero 
erfreulichen  erhörung  empfehlen  thun  jeder  zeith 
dienstwilligste  Diener 

s  ä  m  b  1 1  ic  h  e  Comoedianten. 

Auf  der  Rückseite  der  Vermerk: 

Lect.  in  Senatu  d.  8.  Julii  1G75.  E.  Raht  weiß  Supplicanten 
weder  in  einem  noch  andern  zu  fügen. 

1677.  Am  1.  August  hielt  der  siegreich  aus  dem  Türkeu- 
kriege  zurückgekehrte  Kchiig  Johann  Sobieski  seinen  Einzug. 
In  der  langen  Gasse  waren  Pyramiden,  Säulen  und  eine  Ehren- 
pforte  mit   Emblemen    und    Inschriften    errichtet,    drei    berittene 


1)  D.h.  im  Schottland, 


128  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Compag-iiien  der  Kaufleute,  Kaufgesellen  und  Fleisclier  zogen 
dem  Könige  entgegen,  Pauker  und  Trompeter  Hessen  sich  auf 
dem  Hohen  Thore  und  dem  Rathause  tapfer  hören,  und  die 
Stadtmusikanten  stimmten  ein  Tedeum  an.  An  den  folgenden 
Tagen  ^lielten  unterschiedliche  Handwerker  als  die  Kürschner, 
Tischer,  Schipper  und  Schitfszimmerleute  ihre  Aufzüge  und  ge- 
wöhnliche Täntze;  auch  wurden  von  einem  aufgerichteten  hohen 
Mastbaume  unterschiedliche  an  selbigem  angehangene  Preise  von 
Geld  und  Kleideren  von  denen,  die  selbigen  ersteigen  konnten, 
herabgeholet.  Den  6.  Augusti  aber  wurde  ein  kostbares  Feuer- 
werk, worin  die  von  Ihrer  Königl.  Majestät  durch  Sturm  eroberte 
Festung  Chocim  abgebildet  war,  Abends  umb  8  Uhr  angezündet, 
welches  bis  zu  Mitternacht  gewähret.'  (Curicke,  Der  Stadt  Dant- 
zig  historische  Beschreibung  1688  S.  363.)  Der  König  blieb 
über  ein  halbes  Jahr  in  Danzig,  wo  ihm  seine  Gemahlin  Maria 
Casimiria  am  9.  September  einen  Sohn  gebar. 

1680  erscheint  in  Königsberg  eine  'sächsische  Com- 
pagnie',  in  der  Hagen  a.  a.  0.  die  Truppe  Veltens  vermutet. 
Vgl.  dazu  C.  Heine,  Joh.  Veiten  1887  S.  10.  Ob  die  Gesell- 
schaft auch  Danzig  berührte,  ist  fraglich. 

1683.  Die  hochteutsche  Compagnie,  die  1674  und 
1675  vergeblich  um  die  Gunst  des  Rates  geworben  hatte,  und 
in  der  wir  die  Truppe  Christian  Bock  häusers  zu  erkennen 
meinten,  langte  im  August  1683  aus  Riga  in  Danzig  an.  Sie 
hatte  im  September  1682  zu  Schwerin  von  dem  Herzog  Christian 
Ludwig  gespielt  und  sich,  nachdem  sie  in  Rostock  wegen  des 
betrübten  Zustandes  im  ganzen  römischen  Reiche  abgewiesen  worden 
war^),  zu  Schiff  nach  Riga  begeben.  Aber  auch  hier  verbot  der 
Rat  den  am  20.  Oktober  supplicierendcn  'sämbtlichen  Comoedianten 
hochdeutscher  Compagnie'  in  Ansehung  der  itzigen  bösen  und 
schweren  Zeiten,  ihr  Theatrum  aufzubauen,  und  blieb  dabei,  als 
sieben  Tage  später  der  schwedische  Generalgouverncur  Fürsprache 
für  sie  einlegte.  Ebenso  erfolglos  blieb  ein  Gesuch  vom  8.  Dc- 
cembcr  um  Spiclcrlaubnis  nach  der  Weihnachtszeit.  In  der  Dan- 
ziger  Supplik  bitten  'sämbtliche  Com})agnie  Hochdeutsche  Com- 
moediantcn,    die  bei  hartem  Sturm-  und    Regen-Wetter    fast  100 


^)  Koppmann,  Boiträge  zur  Gescliirlito  Rostocks  1,  55. 


1677-1684.  129 

Meylcn  aus  Licfflaiul  mit  schweren  Reisc-Vnkosten  nach  der 
weitherühmtcn  ktiniglichen  Hauht-,  See-  und  Handelsstadt  ge- 
hmgct,  flehentlich,  eine  wenige  Zeit  etliche  Lehr-  und  Exem- 
l)larische  Haubt- Schauspiele  vorstellen  zu  dürfen,  w^eil  sie  in 
der  Nähe  keine  Stadt  haben  können,  indem  Königsbergk 
wegen  der  Princessin  Todesfall^)  in  Trauren  stehet.  Der  Rat 
schlug  dies  am  25.  August  ab,  ^veilen  der  gegenwertigen  Zeiten 
gefehrliche  Geleutfte  solches  noch  nicht  zulassen  wollen'. 

Eine  ähnliche  Situation  führt  uns  eine  undatierte  Bitt- 
schrift, möglicherweise  derselben  Gesellschaft  und  desselben  Jahres 
vor,  in  der  die  'sämptlichen  anwesenden  Pursch  von  den  Hoch- 
teutschen  Comedianten'  vergeblich  um  Consens  nachsuchen, 
eine  Zeitlang  in  einer  Stube  den  mitgebrachten  'italienischen 
Schatten  benebenst  solchen  schönen  Figuren'  zu  präsentieren, 
da  sie  vor  wenig  Wochen  von  Riga  gekonnnen  seien  und  sich 
nolens  volens  den  Winter  über  allhier  aufhalten  müssen  und 
wegen  des  herantretenden  schlimmen  Wetters  weder  zu  Laude 
noch  zu  Wasser  fortkommen  können. 

1684  am  10.  Januar  werden  wiederum  Comödianteu  der 
hochdeutschen  Compagnie,  die  fast  über  ein  halbes  Jahr  ganz 
nahrlos  gesessen  haben,  also  wohl  dieselbe  Truppe  wie  1683, 
abgewiesen,  als  sie  ihren  Actum  wegen  der  glücklichen  Erobe- 
rung [!]  der  Stadt  Wien  ^)  einreichen,  um  ihn  in  der  Stadt  zu  präsen- 
tieren. Sie  reden  von  dem  Siege  'unsers  allergnädigsten  Königs' 
und  Aveisen  auf  eine  ähnliche  Aufführung  in  Thorn  hin^). 

'Anno  1684  d.  15.  P^ebruary  Dienstags  haben',  wie  eine 
Fortsetzung  von  Stephan  Graus  Chronik'^)  berichtet,  'die  Kauff- 
G  es  eilen  zwischen  den  Speichers  ein  kostbahres  Fastnachtspill 
gehalten  aufm  Theatro,  wobei  zwei  Jeanpotagen  agierten,  sind 
auch  mit  stattlicher  Mundirung  bewehret  und  schöner  Procession 
durch  die  Stadt  gegangen,  welches  sehr  anmuhtig  anzusehen 
gewesen.' 


1)  Am  7.  Juli   1683  war   die  Gemahlin   des  Kurprinzen  Friedrich, 
Elisabeth  Henriette,  gestorben. 

2)  Vgl.  das  unten    S.  181  mitgeteilte  Argument   eines    ähnlichen 
Stückes. 

3)  In  Riga    wurden  am  26.  Sept.  1684  Komödianten  abgewiesen, 
ebenso  am  28.  Okt.  1685  der  deutschen  Komödianten  Compagnie. 

*)  Stadtbi))liofl,('k  XV  fol.  r)7a,  Bd.  2,  S.  358. 
Th.  F.    XII.  9 


130  Bolte,  Das  Danziger  Tlieatei*. 

1685.  Der  Konrektor  an  der  Katliarinensehule  Nie.  Flor- 
sc h ätz  ^)  gab  ein  Weibnachtspiel  in  lateinisclien  Hexametern  heraus: 

Jesulus  I  dramaticus,  1  i.  e.  |  Nasceiitis  et  post  Circumcisionem  in 
Aegyptum  !  lugüentis  |  Jesiili  nostri  |  Historia  Dramatico  filo  pertexta,  | 
Quam  I  ...  I  Cum  Voto  omnigenae  Prospcritatis  et  f'elicium  |  Anni  Sahi- 
tis  per  Jesulum  reparatae  |  cId  DCXXV.  Calendarum  |  humillime  dieat 
et  Summississime  |  dedicat '  Nicolaus  Florschütz,  [  Ummerstadio-Francus.  | 
Gedani,  Typis  Joannis-Fridcrici  Graefii  viduae.  |  6  Bl.  toi.  [Danzig, 
Stadtbibl.  XV  fol.  34  b,  nr.  150]. 

Dargestellt  wird  die  Verkündigung-  und  Anbetung  der  Hirten, 
die  Bescbneidung  im  Tempel,  der  von  den  Eimieniden  veranlasste 
Entscbluss  des  Herodes,  den  neuen  König  7A\  vernichten,  und  die 
Flucht  nach  Aegypten.  Ein  Chor  eröffnet  und  besehliesst  das 
Ganze.  Wie  bei  Albinus  und  Maukisch  tritt  ein  erzählender 
Evangelist  als  Aushilfe  ein. 

Undatiert,  aber  sicherlich  aus  den  Jahren  1G80 — 1690 
herrührend  sind  drei  Suppliken  eines  holländischen  Prinzipals 
Jacob  Sanimers,  der  später  der  Amsterdamer  Schauspielertruppc 
des  Jacob  von  Rijndorp  angehörte-).  In  der  ersten  bittet  Sam- 
mers, "Directuer  der  hollantse  Comedianten,  der  annoch  in  actione 
auf  dem  Churfl.  Hof  zu  Königsberg  ist',  diesen  Dominik  über 
ausser  dem  hohen  Thor  vor  dem  Schiessgarteu  eine  Bude  auf- 
bauen und  Comoedien  agieren  zu  dürfen,  'gleich  ihnen  vor  diesen 
auch  alliier  grosgünstig  gestattet  worden'.  Er  erbietet  sich,  vor 
jede  Person,  so  viel  deren  in  die  Komödie  kommen  werden,  alle 
Abend  denen  Armen  zum  besten  2  Groschen  zu  erlegen.  Dies 
Gesuch  wurde  abgeschlagen. 

In  einem  zweiten  bittet  er  nochmals  um  Spielerlaubuis  nur 
für  die  Dominikzeit  und  verspricht,  die  Liebhaber  seiner  Spiele 
nicht  zu  übersetzen  (d.  h.  überteuern),  sondern  sie  um  ein  Billiges 
ihrer  Lust  geniessen  zu  lassen-,  'welches  sie  auch  umb  desto  mehr 
werden  haben  können,  weil  diese  Compagni   mit  solchen  Leuten 


^)  Er  kam  1085  in  diese  Stellung  und  gab  1681  ein  Compend'mm 
linguae  latinae  heraus.  So  berichtet  ein  lisl.  Verzeiclmis  von  Danziger 
Lehrern  auf  der  Stadtbibl.  (XV.  q.  130,  S.  32). 

2)  Er  war  Mitglied  der  von  Andries  Fels  zur  Kelorniatiou  der 
Poesie  gestifteten  Gesellschaft  'Nil  volentibus  arduum'  und  gab  auch 
1697  eine  Posse  'De  moetailHije  honfsf/ezrr  (nach  G.  Ogier,  Gramsthap. 
1082)  in  Druck.  Vgl.  A.  von  Halniael,  P.ijdragen  tot  de  gcschiedenis 
van  hct  tooneel  in  Nederland  1840  S.  23. 


1685.  131 

versehen,  die  nicht  ungeschickte  Hümpler  oder  Stümper  seyn,  die 
den  Zuschauern  nielir  Verdruß  alß  Lust  machen  würden,  sondern 
dergestalt  qualificiret,  die  das,  was  sie  anfangen,  auch  mit  höch- 
sten Contentement  ausführen  werden,  wie  sie  denn  mit  höchsten 
Vergnügen  für  Ihr.  K.  M.  in  Schweden*)  etliche  Monat  haben 
spielen  müßcn.' 

In  der  dritten  Bittschrift,  die  nach  1683  abgefasst  sein 
muss,  wollen  die  "Hollandsche  und  bey  Ihr  K.  M.  in  Schweden 
engagirte  Compagnie  Comedianten'  unter  Sammers,  die  vor  vier 
Jahren  in  Danzig  aufgetreten  sind,  wiederum  allerhand  lehrreiche 
Spiele  präsentieren,  darunter  die  Belagerung  und  Entsatzung  der 
keyserlichen  Residenzstadt  Wien,  von  der  ein  gedrucktes  Argument 
beigefügt  ist: 

K^l^tze^  Inhalt  |  von  der  |  Belag-crung'  und  Entsatz  |  von  |  Wien,  | 
Mit  herlichen  |  Praesentationen.  |  2  Bl.  A^.  —  6  Akte. 

Sie  versprechen,  von  einer  jeden  Person,  die  zuzusehen 
kommen  wird  und  Geld  giebet,  2  Groschen  den  Armen  zu  geben. 
Da  das  Programm  mit  keinem  bisher  bekannten  Drama  ^)  über- 
einstimmt, bringe  ich  es  vollständig  zum  Abdrucke. 

Erster  Theil.    Erster  Aufftritt. 

Der  Käyser  und  die  Käyserin  stehen  erschrocken  vor  der  grossen 
Macht  der  Türeken,'  indem  das  Käyserliche  Lager  vor  Neuhäusel 
auffgebrochen,  und  die  Bag'age- Wagen  von  den  Türeken  geplündert 
worden,  mit  Verlust  vieler  tapffern  Männern,  darunter  auch  zu  zehlen 
der  junge  Printz  von  Aremberg-,  der  seinen  Todt  zu  seinem  unsterb- 
lichen Nahmen  dabey  gefunden;  Dannenhero  der  Römische  Käyser 
beschliest,  mit  seinen  besten  Sachen  nach  Lintz  zu  fliehen.  Darauff 
erscheinet  der  tapflfere  Stahrenbcrg",  Capliers,  Bürger  und  Studenten, 
welche  allesampt  geloben,  Gut  und  Bluth  vor  Wien  und  den  Käyser 
auffzusetzen,  womit  nach  einem  traurigen  Abscheyd  der  I.  Actus  zu 
Ende  gehet. 

2.  Theil. 

Der  Groß-Vezier,  Asan  Ibrahim,  Bassa  von  Alexandria,  Bassa 
von  Ofen    und    viele  Türeken,    so    mit  ilirer  gantzen  Macht  vor  Wien 


1)  Karl  XI,  geb.  1655,  f  1697. 

2)  Vgl.  Vier  dramatische  Spiele  über  die  zweite  Türkenbelagerung 
aus  den  Jahren  1683— 1()85.  Wien  1884  (=  A.  Sauer,  Wiener  Neudrucke, 
Heft  8).  —  Als  die  Nachricht  vom  Siege  Sobieskys  über  die  Türken 
bei  Neuhäusel  eintraf,  beschloss  der  Danziger  Rat  am  30.  Okt.  1683, 
diesen  durch  Dankpredigten,  Glockenläuten,  Musik  iind  Lösen  der 
Geschütze  zu  feiern  (Berliner  Mscr.  boruss.  fol.250,  Bl.  209b). 


132  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

gerückt  sind,  bedrohen  die  Stadt  und  gantz  Oesterreich  in  Grund  zu 
vertilgen,  die  Geistlichl<eit  zu  beschimpffen,  uud  ihre  Kirchen  in  Pferde- 
Ställe  zu  verwandeln.  Hier  entstehet  eine  Furcht  unter  den  Türeken 
wegen  Annäherung  des  Königs  in  Pohlen;  Hier  erscheinet  Graft' 
Töckely,  welchem  der  Groß-Vezier  die  Ungarische  Krön  verheisset, 
sofern  sie  zurück  gelangen  werden,  jener  dagegen  olfenbahret,  wel- 
cher gestalt  er  den  Weg  nacli  Lintz  durch  den  Grafen  Serini  habe 
besetzen  lassen,  umb  den  Rom.  Käyser  und  seinen  gantzen  Schatz 
dem  Groß-Türcken  zu  überliefern.  Und  nachdem  ein  Aga  Bericht 
ertheilet  von  dem,  was  zwischen  der  Stadt  und  dem  Lager  vorge- 
lauff'en,  kompt  ein  Ungar  mit  der  Zeitung,  daß  der  Graf  Serini  ge- 
fangen nach  Lintz  gebracht  worden.  WoraufF  ermelter  Groß-Vezier 
schweret,  die  Christen  mit  Feuer  und  Schwerd  zu  vertilgen,  also  endet 
sich  der  II.  Actus. 

3ter  Theil. 
Hier  zeiget  sich  die  Stadt  Wien,  woselbst  etliche  Bürger  schon 
verzagt  zu  werden  beginnen,  und  begehren,  man  solle  mit  den  Türeken 
accordiren,  umb  bey  Zeiten  eine  gute  Capitulation  zu  erhalten.  Aber 
der  tapffere  Stahrenberg  spricht  ihnen  wieder  ein  Hertz  ein,  theils 
durch  seine  Authorität,  theils  mit  den  vertrösteten  Entsatz,  massen  er 
einen  Brieff"  von  dem  Herzogen  von  Lottringen  empfangen,  daß  der 
Pohlnische  König  in  vollen  March  begriffen,  Wien  von  der  grausamen 
Tyranney  der  Türeken  zu  befreyen.  Hier  kompt  ein  Aga  und  ein 
Trompeter  vor  den  Wall,  und  fodern  die  Stadt  aufi",  sich  dem  Groß- 
Sultan  zu  ergeben,  werden  aber  von  dem  Grafen  Stahrenberg  groß- 
mühtig  abgewies[e]n.  Es  kompt  auch  Bericht,  das  die  Türeken  ein 
Rävelin,  nachdem  sie  es  4  mal  bestürmet,  erobert,  d(>r  tapfre  Staren- 
berg aber  ist  resolvirt,  sie  mit  Gewalt  daraus  zu  schlagen;  Die  Türeken 
erg(^tzen  sich  inzwischen,  daß  sie  das  Ilävelin  erobert,  und  leben  der 
Hoffnung,  in  kurtzem  sich  der  Stadt  selber  zu  bemeistern,  darin  sie 
einen  unglaublichen  Schatz  zu  finden  vermeynen;  Worauft"  ein  Tür- 
ckisch  Gebet  angestellet  wird,  von  Mahomet  den  Seegen  zu  erbitten, 
damit  sie  in  kurtzen  Wien  und  gantz  Oestreich  überkommen  möchten. 
Ende  des  III.  Actus. 

4ter  TheiL 
Der  Römische  Käyser  erscheint  im  Lager  beym  Hertzogen  von 
Lotthringen  und  Chur  Bayern,  umb  den  unter  ihnen  wegen  des  höch- 
sten Commando  entstandenen  Streit  beyzulegen;  hierauff  kombt  der 
Polnische  Feld-Herr  Jablanousky  mit  Zeitung,  daß  seyn  Kihiig  mit 
seiner  gantzen  Macht  in  der  Nähe  stehe,  worauff  ein  Freuden  Gesclirey 
erschallet.  Der  König  von  Pohlen  und  seyn  ältester  Printz  Alexander 
werden  von  den  Käyser  bewillkommet,  und  nach  einigen  Ceremonien 
wird  der  Schluß  gefasset,  welcher  gestalt  Wien  zii  entsetzen;  ehe  man 
aber  den  Streit  anfängt,  wird  b(>schlossen,  den  berülimten  Capuciner  P. 
Marcus  de  Aviano  ins  Lager  zu  cnbietcnjUinlx'in  allgcnicin  G(>bet  zu  lliun, 


1685.  133 

flurch  dos  Himmels  Hilff  die  Schlacht  anzufangen  und  den  Seesen  zu 
erla[n]g-en;  hierauff  Ordre  g-eg-o[be]n,  alles  zur  Schlacht  zu  rüsten, 
und  damit  lauffet  der  IV.  Actus  zum  Ende. 

5ter  Theil. 
Die  Türeken  kommen  auff  das  Theatrum,  mit  bericht,  daß  etliche 
Janitseharen  rebelliret,  aber  der  Groß-Vezier  sendet  den  Aga  mit 
grossen  Geschencken  nach  ihnen,  urab  sie  zu  bef^'iedigen.  Inmittelst 
kompt  ein  Spion,  mit  vermelden,  daß  der  König  von  Pohlen  mit  der 
vereinigten  Käyserl.  Macht  im  Wiener  Wald  angelangt,  die  Stadt  zu 
entsetzen,  worauff  man  beschliesset,  die  Stadt  mit  Stürmen  zu  über- 
wältigen, ehe  der  Entsatz  kommet;  diese  Resolution  wird  zur  Hand 
genommen.  Der  Graff  von  Stahrenberg  und  die  Büi'ger  erscheinen 
in  der  Stadt,  und  sind  erfreuet  über  die  lang  gewünschte  Zeitung, 
daß  der  König  von  Pohlen  im  Anzug  begriffen  die  Stadt  zu  entsetzen, 
worauff  sich  Bürger,  Soldaten  und  Studenten  resolvireu  dem  [!]  Sturm 
abzuschlagen;  und  damit  hat  der  V.  Actus  sein  Ende. 

6ter  Theil. 
Hier  siehet  man  die  Praesentirte  Bataille.  Der  König  von  Pohlen 
mit  seinem  Printzen  Alexander  fechten  gegen  den  Groß-Vezier  und 
andere  Bässen.  Der  Hertzog  von  Lotthringen,  Churfürst  von  Bayern, 
vmd  andere  Kriegs  Helden  treiben  in  einem  vollkommenen  Triumpff 
den  Feind  in  eine  schänd-  und  schädliche  Flucht.  Die  Bürger  von 
Wien  kommen  herauß,  den  König  von  Pohlen  zu  bewillkommen,  und 
vor  seine  Thaten  sich  zu  bedancken.  Der  König  empfängt  die  Bürger 
mit  grosser  Affection,  und  rühmet  ihre  Thaten;  hierauff  kombt  der 
Käyser  mit  allen  Helden  und  etlichen  gefangenen  Türeken,  und  nach- 
dem man  den  Käyser  wegen  der  Schlacht  Rapport  gethan,  wird  be- 
schlossen, den  Feind  auff  der  Flucht  zu  verfolgen,  und  dem  Himmel 
zu  Dancken   wegen  verliehenen  Siegs.    &c. 

ENDE. 

Nimmt  man  zu  den  Angaben  der  dritten  Supplik  noch  die 
g-leich  zu  erwähnende  Anspielung  in  dem  lateinischen  Gedichte 
der  Jenaer  Studenten  hinzu,  so  \Yird  man  den  ersten  Besuch  der 
Holländer  ins  Jahr  1685,  und  den  zweiten  1689  ansetzen  dürfen. 
Bei  dieser  Gelegenheit  sei  es  verstattet,  die  bisher  bekannten 
Daten  über  holländische  Schauspieler-Gesellschaften  in  Deutsch- 
land und  Skandinavien  zusammenzustellen^). 


^)  Vgl.  die  Nachweise  bei  Trautmann  im  Jahrbuche  für  Münch. 
Gesch.  3,  320  und  meine  Notizen  im  Anz.  f.  deutsches  Altert.  13,  112 
und  im  Archiv  f.  neuere  Sprachen  82,  81.  128.  Über  deutsche  Über- 
setzungen und  Bearbeitungen  holländischer  Dramen  werde  ich  an  andrer; 
Stelle  handeln.  i 


134  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

1590  Meliß  Unkraut,  Heinrich  Ducat  und  Hermann  Wolff  in  Ham- 
burg-. —  1649  Hamburg-.  —  1651  Frankfurt  a.  M.  —  1653  Stockholm.  — 
1662  und  1664  Andreas  Joachim  Wulff  (mit  M.  D.  Treu)  in  Kopenhagen. 

—  1665  Altona  (vgl.  Rist).  —  1666  Stockholm  (Jean  Baptista  von 
Forneuburgk).  Kopenhagen.  Riga  (Komödianten  axis  Stockholm).  — 
1667  Stockholm  (Henrik  Jordis.  Stockholms  Parnas,  22.  Febr.  Gedruckt.  ¥>. 

—  Orondates  en  Statira  nach  Magnon;  vgk  Apollineum  uitg.  door 
Witsen  Ge3^sbeek  3,76.  1826).  —  1674  Joh.  Baptist  von  Fornenburg  in 
Schleswig,  Lübeck,  Hamburg.  —  1675  derselbe  in  Hamburg.  —  1681 
derselbe  in  Stockholm  (De  nederlandsche  Spectator  1873,  68).  —  1682 
München.  —  1684  Altona.  Lübeck.  —  1685  (?)  J.  Sammers  in  Danzig.  — 
1689  (?)  Sammers  in  Danzig.  —  1691,  Mai  bis  Sept.  Emanuel  Perera 
in  Riga.  —  1694,  Nov.  Lübeck.  —  1702,  Dec.  Komödianten  aits  dem 
Haag  in  Berlin.  —  1703,  Okt.  Jacob  van  Rijndorp  und  Noozeman  in 
Kopenhagen.  —  1710  Rijndorp  in  Hamburg  (vorher  in  Danzig,  Lübeck, 
Kiel).  —  1740—41  Anton  Spatsier  in  Hamburg  (HeitniüUer,  Theater- 
geschichtl.  Forschungen  VHI).  —  1745  Friedrich  Schröder  in  Köln.  — 
1745    Nicolinii)  mit  Kinderpantomimen  in  Frankfürt  a.  M. 

1680.  Im  August  meldete  sich  eine  grosse  Gesellseliaft 
kursächsiseher  hochdeutscher  Komödianten,  hei  der  sich  nicli- 
rere  Jenaer  Studenten  befanden,  beim  Rate,  erhielt  aber  keine 
Spielerlaubnis.  Aus  den  lateinischen  Distichen,  die  jene  Studenten 
an  den  Bürgermeister  richteten,  geht  hervor,  das  sich  schon  vor- 
her eine  Truppe  holländischer  Komödianten,  wolil  unter  dem  eben 
genannten  Sammers,  zum  Dominik  in  Danzig  eingefunden  hatte. 
Die  abgewiesene  Gesellschaft,  die  unter  demselben  Namen  ''Chur- 
sächsische  hochdeutsche  Comedianten'  im  Dec.  1690  in  Ystad 
erschien  und  am  23.  Novendier  1691  (oder  1696)  in  Stockholm 
'Die  Königin  Disa'  aufführte  2),  kann  nicht  mit  der  Veltenschen 
Truppe  identisch  gewesen  sein,  die  um  diese  Zeit,  wie  unten 
S.  l.'>9  gezeigt  werden  soll,  in  Deutschland  spielte;  sie  wird  sich 


^)  Nieolini,  über  den  Lier  (Allg.  d.  Biogr.  13,  632)  einiges  zu- 
sammengestellt hat,  spielte  1747  in  Prag  und  Wien;  1748  Leipzig,  Ham- 
burg; 1749  Hamburg,  Braunschweig,  Dresden;  1750  Graz  und  ging  1771 
von  Braunsclnveig  nach  Hamburg;  auch  in  London  ist  er  aulgetreten. 
Von  ihm  rührt  her:  'Vyf  rantomhnes,  Versiert  met  vele  Konsfnerkcn, 
Zanf/en  en  Dansen,  Door  de  Vermaarde  Ilullandsche  Joncje  Kindereii, 
In  verscheidene  Iloven  i^an  Europa,  onder  veel  tocjidchintj  i-erfoont.' 
Alckmaar  1742.  74  S.  8^  (Berliner  Bibliothek  Zh  2250). 

2)  Dahlgren,  Stockholms  theatrar  1866  S.  9,  Klenniiing,  Sveriges 
(Iramatiska  litteratur  1879  S.  14.  579.  —  Schon  16S0  erschien  in  Königs- 
berg eine  'sächsische  Compagnie'  (oben  S.  128). 


1685.  1689.  135 

vielmehr  diesen  Titel,  der  1678  an  Veiten  verliehen  worden  war, 
ang-eniasst  haben').  So  erklärt  es  sich  auch,  dass  fünf  Jahre 
später  die  Witwe  Vcltens  dem  Danziger  Rate  gcgeuül)er  ihre 
Trappe  ausdrücklich  als  die  'Churfürstlich  Sächsischen  Bestallten 
Iloff-Comoedianten'  bezeichnete,  wie  um  jeder  Verwechslung-  mit 
jener  nachgeahmten  Firma  vorzubeugen. 

I. 
Magnificentissime,  Prae-Nohilissime  Domine  Consul! 

Fas  sit  pauca  loqiti,  Moecenas  nohilis  urhis 

Laus,  Dantiscani  fuhjiäa  stcUa  poli! 

Pauca  canam:  summa  summi  hrevitate  Patroni 

Gaudent,  ambages  nohilis  ordo  fugit. 
5    Doctrinae  cupidi  flagrarunt  seniper  amore 

Visendi  terras  trans  sua  terra^)  sitas ; 

Magni  Pythagorae  fuit  isthaec  una  voluptas, 

Transiit  Acgyptum  non  remorante  pe.de; 

Isthaec  Platonem,  dutyi  firma  jiiventa,  ciqndo 
10    Ussit;  Judaeos  audiit  arte  potens^). 

Plebejos  residere  dornt,  fert  Lipsius^)  autor, 

Ingenuos  ferri  quo  licet  usqiie  viros. 

Discitur  inde  j^udor,  digno  prodesse  cuivis, 

Discitur  inde,  fides  cid  sit  habenda  vh'o. 
15    Fari  pauca  docet  foculus  peregrinus  et  omnes 

Erudit  eximiis  cedere,  ferre  pares. 

Istinc  sobrietas,  isthinc  vigilantia  crescit, 

Nomen  ab  externo  clarius  orbe  venit. 

Haud  una  penitus  capitur  sajnentia  sede, 
20    Sed  variis  terris  quaeritur  atque  locis. 

Coetera  non  addain  quae  gignit  commoda  coeli. 

Alterius  facies  alteriusque  soli. 

Grande  decus  patriae,  Consul  dignissime,  nostris 

Unica  fortunis  ara  reperta  gravis! 
25    Mox  sumiis  ä  pueris  Musarum  castra  sequuti, 

Castaliis  undis  fovit  Apollo  suos. 

Postquam  Jena  ferax  tnater  dimisil  alumnos. 


1)  INIan  könnte  an  den  vielgeschäftigen  sächsischen  Principal 
Jacob  Kiihlniann  denken,  dei*  von  1665—1697  in  ganz  Dciitscliland 
herumzog  (oben  S.  126),  wenn  er  nicht  in  der  oben  angegebenen  Zeit 
anderwärts  nachzuweisen  wäre. 

2)  Offenbar  verschrieben  für  valla  oder  rura. 

^)  Soll  das  heissen:  Plato  kam  auch  zu  den  Juden  und  lernte 
bei  ihnen  Weisheit? 

*)  Justus  Lipsius,  der  berühmte  Leidener  Philolog. 


136  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Visendi  tcrras  nos  simul  iissit  amor; 

Visendi  tarnen  haiid  nos  traxit  caeca  voluptas, 
30    Sed  vaHus^)  fructus,  quo  scatet  iste  labor. 

Cum  haud  idtra  posset  sumptus  tolerare  crumena, 

{Nam  vacuo  physico  nostra  crumena  turnet) 

Jam  scenis  omnes,  res  non  mhonesta,  locamus 

Mf/enü  vires,  sint  licet  exiguae. 
35    Consid,  qui  lapsis  praestare  leva7nina  rebus  Petitum. 

Et  servare  Tibi  sitbdita  membra  potes, 

Brachia  da  lapsis  p>rendenda  natantibus,  eurje  ! 

Ne  p>iyGcit  mento  supp)osuisse  mamim! 

Cum  Batavis'^)  liceaf,  liceat  reliquisque  per  urbem 
40    Prussorum  dominam  res  agitare  suas, 

Quaesumus  obnixe,  {Domus  est  assueta  Jucandis 

Supplicibus^  Consta,  Magne  Patrone,  Tua) 

Ut  nobis  liceat  quoddam  aedificare  Theatrum 

Intra  urbem:  liceat  pace,  Patrone,  Tua! 
45    His  licet  idla  queat  mei'itis  non  gratia  reddi, 

No7i  tamen  imtnemores  nos  canet  hocce  solum: 

Sidera  dum  coelum,,  dum,  pontus  habebit  arenas, 

Grandis  Moecenas,  gratia  semj)er  erit. 
Gedani  Magnificent:  V. 

d.  9.  Aiig'iisti  Subjectissi7ni  Servi 

1689.  Die   Sächsische    Hochteütschc 

C  0  m  o  e  d  i  a  11 1  e  u. 

II. 
Herr  Bürgermeister  etc. 

p]iicre  Woll  Edle,  Gestrenge,  Hochweise  Herrligkeiteii  wollen 
dero  Knechten  nicht  verübeln,  daß  wier  mit  gegeiiwertigen  Zeilen  Sie 
zubeschweren  uns  erkühnen.  Die  Vortreff  ligkeit  dieser  weltberühmten 
Stadt  hat  uns  bewogen,  eine  große  Reise  theils  zu  lande,  theils  zu 
waßer  mit  schweren  Unkosten  und  vielen  Gefährligkeiten  A'orzuiiehmen, 
um  allhie  einige  Actiones  sowohl  comicas  als  tragicas  vorzustellen. 
Wann  aber  solches  ohne  hoher  Bewilligung  Eurer  Woll  Edl.  Gestreng. 
Hochw.  Herrligkeiten  nicht  geschehen  kann,  Als  ersuchen  Ew.  Woll 
Edl.  Gestreng.  Hochweiseu  Herrligkeiten  in  gehorsamster  Unterthänig- 
keit,  Sie  geruhen  dero  Knechten  die  hohe  unverdiente  Gnade  zu  er- 
weisen und  dero  gnädigen  Consens  zu  unsern  Vorstelhingen  uns  zuer- 
theilen.  Wier  werden  solches  lebenslang  mit  gehoisamsteii  Danck 
zuerkennen  wißen,  versichern  aucii  darbey,  daß  unsere  Actiones 
hoffentl.  denen  Herrn  Liebhabern  geiällig  seyn  werden,  zumahlen  diese 
Bande  sehr  starck  und  nicht  aus  zusammen  gcraff'ten,  zu  solchen  Werck 


^)  Die  Hs.  hat  variis. 

")  Den  hollJiiKlisclicii  Koiiiüdianten. 


1689.  1691.  137 

untaiiglicluMi  Leuten,  sondern  aus  Studiosis,  welche  hieduvch  die  Welt 
zu  besehen  ilir  Absehen  liaben,  bestellet.  Wier  getrösten  uns  gnädiger 
Erhörung  und  ersterben 

Ew.  Wohl  Edl.  Gestreng.  Hochw.  Ilerrl. 

Unterthänigst-gehorsamste 

Die  bey  der  C  h  u  r    S  ä  c  h  ß  i  s  c  h  e  n    Band  e 

sich  befindende  Comoedianten. 

Es  findet  sich  auf  der  Rückseite  nicht  die  regeliaässige  Notiz 
über  den  Ratsbeschluss,  sondern  nur  ein  Bleistiftvernierk:  'abzusagen 
plane.' 

1001.  Zum  Dominik  erschienen  'Sämbtliche  h  o  c  h  t  e  ü  t  s  c  h  e 
Comoedianten'^  die  'zu  unterschiedenen  mahlen  vor  Ihro  Rom. 
Kayscrl.  May.,  vieler  Chur-  und  hoher  Fürsten  laut  beyliegenden 
Attestationes,  wie  auch  neulich  in  König-sberg-  und  Riga  ihre 
Exemplarische  Schauspiele  auffgeführet',  und  baten,  etliche  geist- 
liche und  exemplarische  Schauspiele  in  der  Stadt  oder  auf  der 
Fechtschule  aufführen  zu  dürfen.  Obgleich  sie  versprachen,  den 
Armen  das  Ihrige  zu  geben  gleich  anderer  Compagnie  und  solche 
Sachen  aufzuführen,  welche  nicht  ärgerlich,  sonderlich  zu  Aufer- 
bauung der  Jugend  gereichen  sollen,  wurden  sie  abgewiesen.  — 
Löschin  (Gesch.  Danzigs  2,  91)  giebt  an,  dass  1691  einer  Truppe 
gestattet  worden  sei,  eine  Bude  im  Hundewinkel  aufzuschlagen  i 
ihm  muss  also  ein  andres  Aktenstück  vorgelegen  haben. 

Wer  an  der  Spitze  dieser  'hochdeutschen  Komödianten' 
stand,  lässt  sich  nicht  mit  Bestimmtheit  sagen.  In  Riga  spielten 
nämlich  während  des  Frübjahrs  1691  zwei  verschiedene  Truppen 
dieses  Namens:  vom  17.  Oktober  1690  bis  27.  März  1691  der 
aus  Dorpat  eingetroffene  Komödiant  Johann  August  Uhlich 
(unten  z.  J.  1700),  dessen  Genossen  sich  in  einer  Supplik  vom 
30.  Januar  1691  die  'Compagnie  der  hochdeutschen  Komödianten' 
nennen;  vom  20.  März  bis  nach  dem  8.  April  eine  Truppe  des- 
selben Namens  (vgl.  oben  S.  126).  Eine  von  diesen  beiden  Ge- 
sellschaften muss  also  1691  in  Danzig  abgewiesen  worden  sein. 
Dass  sie  keine  ganz  unbedeutende  Leistungen  aufzuweisen  hatte, 
erhellt  aus  ihrer  Versicherung,  vor  dem  Kaiser  aufgetreten  zu  sein. 
Dies  geschah  wahrscheinlich  1687  zu  Regensburg,  wo  eine  Bande 
hochteutscher  Comoedianten  am  Geburtstage  Leopolds  I.  während 
des  Reichstages  eine  Komödie  Virenus  und  Olympia,  die  A. 
Elenson    schon    1680    in  Neuhaus   a.  d.  Elbe    produciert    hatte, 


138  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

anfführte  (Elling-er,  Zs.  f.  vgl.  Littgescb.  4,  80).  1692  gab  die- 
selbe Truppe  in  Breslau  den  König-  Liear  aus  Engelland  (Creize- 
naeh,  Eng-l.  Komödianten  S.  347),  den  Cbristlichen  Acteon  oder 
Märtyrer  Eustachius  (eine  Hs.  des  Innsbrucker  Komödianten  Hans 
Ernst  Hoffmann  v.  J.  1668  in  Laibacli.  Jalirb.  der  Sbakespearege- 
sellsch.  22,  195)  und  die  Oper  Virenus  und  Olympia,  wovon  uns 
ausführliche  gedruckte  Programme  erhalten  sind.  Vielleicht  rührt 
auch  das  oben  S.  112  abgedruckte  Görlitzer  Programm  von 
ihnen  her. 

1692.  'Am  19.  und  20.  Februar,  Dienstag  und  Mittwoch 
haben  die  jungen  Laufifbursche  zwischen  den  Speichers  Fastnacht 
gehalten  und  nach  dem  Ringlein  auff  Pferden  mit  der  Lanze  ge- 
lauflfcn'  (Steph.  Graus  oben  S.  129'^  angeführte  Chronik). 

1693.  Die  vereinzelte  Fortdauer  von  polnischen  Aufführun- 
gen, die  wir  für  1638  und  1643  nachweisen  konnten,  bezeugt  ein 
im  Ossolincum  zu  Lemberg  aufbewahrter  Druck,  von  dem  mir 
Herr  Professor  A.  Brückner  freundlichst  Nachricht  gab:  Historia  o 
stärem  i  mlödem  Tohiaszu'  etc.  d.  h.  Historie  vom  alten  und 
jungen  Tobias,  namentlich  für  junge  Knäblein  zu  besonderer 
Aneiferung  zum  Ausrichten  aller  kindlichen  Dienste  ihren  Eltern. 
In  Danzig  gedruckt  von  Dav.  Fr.  Pthet  1693.  104  S.  8«  (die 
letzten  Blätter  fehlen).  Der  Herausgeber  M.  P.  teilt  in  der  am 
Bartholomaeustage  {=  21.  Sept.)  unterzeichneten  Vorrede  mit, 
dass  diese  Historie  schon  vor  einigen  Jahren  durch  einge- 
übte Personen,  namentlich  Schüler,  für  Liebhaber  der  pol- 
nischen Sprache  habe  gespielt  werden  sollen;  jetzt  sei  sie  auf 
eifriges  Drängen  einiger  Freunde  von  ihm  in  Druck  gegeben 
worden. 

Das  Verhältnis  des  schlecht  gereimten  Stückes  zu  den 
deutschen  Tobiasdramen,  unter  denen  besonders  das  G.  Wickrams 
(1551)  einflussrcich  war,  bleibt  noch  zu  untersuchen.  Akt  I  stellt 
die  Vorgeschichte  dar:  Misserfolg  der  Assyrcr  vor  Jerusalem, 
Ermordung  des  Sennacherib  durch  seine  Söhne.  II.  Erblindung 
des  alten  Tobias,  die  Reise  des  jungen  mit  dorn  Engel.  III.  Ra- 
guel  und  seine  Frau  Edna  (nicht  Hanna),  Sara  und  ihre  Dienerin 
Delida  u.  s.  w.     Dazwischen  kurze  Teufelsscenen. 

1691.  'In  diesem  Domniq',  erzählt  Michael  Büerel  in  seiner 
hsl.  Fortsetzung  von  J.  C.  Fischers  Chronologia  und  Zeitbuch  der 


1691-1694.  139 

Stadt  Danzig^),  'war  alhier  viel  zu  sehen  so  neyes.  Vors  erste 
wahren  da  Sechsischc  Coniediantcn,  welche  eine  g-rosse  Bude 
auf  dem  Holtzniarkt  gleich  dem  Hanß  Pervvarten  über  stehen 
hatten;  sie  S])ieleten  trefflich.  Zum  andern  war  der  vortreffliche 
Taschenspieler,  der  vor  vier  Jahren  alhier  bei  der  Wippe  ge- 
standen; zum  dritten  war  wieder  ein  grosser  Elcphaud^),  der 
viel  Künste  köntc  (sein  Bild  ist  in  Holzschnitt  beigelegt),  .  .  . 
zum  vierten  war  eine  Ente  mit  drei  füßcu  zu  sehn.'  Und  weiter- 
hin: "Den  5.  November  haben  die  Comedianten  zum  letzten  mahl 
gespielet;  sie  haben  die  gautze  Zeit  her  viel  Zuschauer  gehabt. 
Die  Frau  Veiten  war  Principal,  Mons.  Aadeler  und  Saltz- 
sieder  waren  die  besten  im  spiel;  von  hier  siut  sie  nach  El  hing 
gereist,  alwo  sie  auch  agiret  haben.' 

Wie  wir  oben  S.  101  darlegten,  besuchte  Veiten  1669  mit 
der  Truppe  seines  Schwiegervaters  Paulsen  Danzig.  Als  er  1678 
an  die  Spitze  einer  eignen  Schauspiclergesellschaft  getreten  und 
vom  sächsischen  Kurfürsten  Johann  Georg  II.  in  seine  Dienste 
genommen  war,  beschränkte  er  seine  Wanderzüge  auf  das  eigent- 
liche Deutschland  3).    Erst  seine  Witwe  Katharina  Elisabeth,  geb. 


1)  Berliner  Mscr.  boruss.  quart  96,  S.  651  und  656. 

2)  Vgl.  über  Schaustellungen  von  Elephanten  in  jener  Zeit  Kroker, 
Mitteil,  der  deutschen  Gesellschaft  in  Leipzig  8,  3,  121  (1890). 

^)  Dies  mag  eine  Übersicht  seiner  Thätigkeit  darthun.  Veiten 
besuchte  1678  im  Februar,  Mai  und  November  Dresden.  —  1679  im 
Januar  Leipzig,  Februar  Dresden,  Juli  Nürnberg,  Worms,  Frankfurt 
a.  M.,  Köln.  —  1680  im  Februar-März  Torgau,  März  Frankfurt  a.  M., 
Köln;  September  Kassel;  Oktober  Bevern,  Bremen.—  1681  im  Oktober 
Leipzig.  —  1682  Nürnberg,  Regensburg,  Augsburg,  München;  im 
April- Juni  Frankfurt  a.  M.;  im  Sommer  Dresden;  September-Oktober 
Frankfurt  a.  M.  —  1683  Frankfurt  (?),  im  Oktober  Leipzig.  —  1684  im 
Januar  Leipzig,  Februar  Dresden,  April-Mai  Leipzig,  Oktober  Leip- 
zig. —  1685  im  Januar  Leipzig,  Februar  Dresden,  Mai-Juni  Leipzig, 
Oktober  Leipzig,  December  Dresden.  —  1686  im  Januar  Leipzig,  April 
Dresden,  April-Mai  Leipzig,  September  Frankfurt  a.  M.,  Oktober 
Leipzig.  —  1687  im  Januar  Leipzig,  Dresden;  November  Dresden.  — 
1688  im  Januar  Leipzig,  Dresden;  Mai  Leipzig,  Bremen;  Juni  Ham- 
burg, Oktober  Leipzig.  —  1689  im  Januar  und  April-Mai  Leipzig.  — 
1690  im  Januar  Leipzig,  Januar-Februar  Torgau,  Mai  Leipzig,  Juni- 
Juli  Berlin,  Oktober  Leipzig.  —  1691  im  Januar  und  Mai  Leipzig, 
dann  Dresden.  —  1692  im  Februar  Dresden,  April-Mai  Berlin,  dann 
Hamburg,  wo  er  noch  im  Laufe  des  Jahres,  jedenfalls  vor  April  1693 
starb. 


140  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Paulsen,  die  nach  seinem  Tode  die  Leitung  seiner  Truppe  über- 
nahm, kehrte  nach  den  Ostseestädten  zurück.  Zuerst  kam  sie,  wie 
es  scheint,  nach  Lübeck,  wo  vom  Mai  bis  zum  Juni  1693  'sächsische 
Komödianten'  auftraten  ^),  und  von  dort  zum  Dominik  nach  Danzig. 
Melirere  der  früheren  Mitglieder,  wie  Christian  und  Gabriel  Möller, 
Hermann  Reinhard  Richter,  Balthasar  Brombacher,  hatten  sich 
von  der  Veltenschen  Bande  getrennt  und  eigene  Truppen  gegrün- 
det-, treu  geblieben  w^aren  der  Witwe  Veiten  der  schon  oben  auf 
S.  101  genannte  Danziger  Gottfried  Salzsieder  und  Elias  Adler, 
der  zwischen  1685  und  1691  zu  Veiten  gekommen  sein  muss; 
im  ganzen  zählte  die  Gesellschaft  18  Personen.  Die  Spielzeit 
dauerte  vom  Ende  Juli  bis  zum  Anfjing  November,  also  ebenso 
lange,  wie  1669  Paulsen  in  Danzig  geweilt  hatte.  Die  beiden 
erhaltenen  Suppliken  lauten : 


Herr   Bürgermeister,   Wol)l  Edle,    Gestrenge,   Veste,    Hoch   und  Wohl 
Weise,  Insondei'S  Großgünstige  Hochgeehrte  Herren. 

Wan  uns  nicht  die  unumbgängUche  Noth  gezwungen,  mit  dieser 
gehorsambsten  Bittschrift  E.  WE.  HW.  Rath  anzutreten,  h.ätten  Wir  uns 
niclit  erkühnen  dürfen,  denselben  in  Dero  sonst  wichtigen  Geschafften 
zu  Molestiren,  Verhoffen  aber,  daß  die  Noth,  die  sonst  kein  Gesetze 
hatt,  uns  die  Bahne  zur  gnädigen  erhörung  eröffnen  Averde,,  Die  Wir 
leyder !  Wegen  die  an  unsern  Hoff  anitzo  befindende  Traurigkeit  und 
Vei'wirrung  2)  anderswo  unsere  Nahrung-  zu  suchen  genöthigt  werden  „ 
Weiln  uns  dan  diese  Weit  und  Breith  beruffene  Hande[l]s-Statt  für 
andern  reconnnendiret,  wehre  auch  iinserer  Hertzlicher  Wunsch,  auf 
in  stehenden  Dominic  unsere  Schau-Bühne  alliier  zu  eröffnen,  und 
unsere  unärgerliche,  Lustige  und  Sinnreiche  Actiones  zu  repraesen- 
tiren  „  Dennoch  aber  uns  solches  ohne  sonderbahre  gnädige  Ver- 
günstigung EWE.  H.  W.  Raths  nicht  unterfangen  dürffen  ,,  als  ge- 
langet unsere  unterthänige  und  demüthige  Sup})lication,  Sie  geruhen 
den  betrübten  Wittwen  Stand  unserer  Principalin  sanibt  die  allbt'rcith 
gross  angewendete  Kosten  in  Beliebiger  erwegung  zu  ziehen,  inul 
gnädigst  verstatten,  daß  Wir  denen  Liebhabern  mit  unsern  Molrali- 
schen[!]  Comoe-  und  Tragoedien  alhier  in  der  Statt  auffwartten  mögen,, 
Welche  hohe  Gnade  Wir  Lebens  lang  rühmen,  und  biß  in  unsern 
Todt  dahin  bcflißen    seyn    werden,    mit  gehorsambste    und    demüthige 


1)  Gaedertz,  Thcatcrnacln-ichtcn  18S8  S.  52.  Doch  könnte  das 
auch  die  oben  S.  134  erwähnte  Gesellschaft  geweson  sein. 

-)  Kurfürst  Johann  Georg  IV.  hatte  im  Febriiar  1692  die  deut- 
schen Hof  komödianten  seines  Vaters  entlassen. 


« 


1694.  141 

Dienste  Wiederumb    zu   Verdienen  „  Verbleiben,    in   erwarttung   gnii- 
(\\gste[r]  gewehrung" 

E.  W.  E.  H.  W.  Raths 

Untci-thänig'st-Gehorsambste  Dienere 
Die   Sänibtl.   Bande   der   Chnrfl.  Säciis.  Bestalthe 
H  o  t'f  -  C  0  m  0  e  d  i  a  n  t  e  n. 

Dazu  der  Vermerk: 

Lect.  in  Senat,  d.  20  Jnlij  1694.  Und  will  E.  Raht  denen  Sup- 
plicanten  in  ihrem  desiderio  wiltahren,  doch  daß  sie  sich  aller  obscoenen 
actmim  endiialten,  auch  so  lang-e  sie  agiren  werden,  nnd  zwar  jedes- 
mahl  10  biß  12  Thlr.  der  Kämmerey  abtragen. 

IL 

Herr  Bürgermeister,    Wohl   Edle,    Gestrenge,    Veste,   Hoch   nnd   Wohl 
Weise,  Insonders  Großgünstige,  Hochgeehrte  Herren. 

Vor  die  nns  albereith  ertheilte  hohe  Gnade,  Vor  Welche  Wir  mit 
nichts  weniger  als  mit  unserer  [!]  Leben  uns  Verpflichtet  zu  seyn  erkennen, 
sagen  wir  gehorsambsten  und  demüthigsten  Danck  „  So  Hertz  erfreuet 
aber  Wir  den  gnädigst  ertheilten  Consens  in  Demuth  angenommen,  so 
schwehr  würde  es  auch  uns  fallen  ein  Stück  Brodt  zu  unserer  Lebens- 
unterhaltung zu  erwerben,  Wen  nicht  die  geschehene  anforderung  in 
etwas  geleichtert  werden  solte  „  Gelanget  derowegen  an  E.  W.  E.  H. 
W.  Rath  unser  gehorsambst  und  demüthigstes  Bitten,  Sie  geruhen  es 
doch  gnädigst  also  zu  Moderiren,  das  mit  Ehren  ohne  schulden  nach 
iinsern  Agiren  Wir  dieser  Weltberühmten  Statt  Verlaßen  können.  Der 
lieben  armuth  nach  mögligkeit  etwas  beyzutragen  seynd  Wir  keines 
Weges  in  abrede,  Weiln  aber  18  Persohnen  nicht  ein  Weniger  Ver- 
consumiren,  die  Bude  auffzurichten,  auch  auff  die  700  fl.  Kosten  wird, 
und  die  tägliche  umbkosten  als  Vor  Musicanten,  Buchdrücker,  Lichter 
und  auffwärthere  ein  großes  Wegnehmen,  leben  also  der  tröstl.  Hoff- 
nung, daß  obgemeldte  stücke  benebst  den  betrübten  Wittwen  Stand 
unserer  Principalin  E,  W.  E.  H.  W.  Rath  also  erweichen  möchte[n], 
daß  auch  ein  groß  vor  unserer  grose  mühe  wir  hoffen  könten  „  Wie 
Wir  gnädigste  Gewehrung  erwartten,  also  ersterben  auch 

E.  W.  E.  H.  W.  Raths 

unterthänigst.  gehorsambste  Diener 

Die  sämbtliche  Bande   der  Churfl.  Sachs. 

Hoff  Comoedianten. 

Darauf  ist  der  Bescheid  vermerkt: 

Lect.  in  Senat,  d.  26.  Julij  1694.  Und  will  E.  Raht,  fals  kein 
mehrers  erhalten  werden  könte,  denen  Supplicanteu  die  freyhcit  zu 
agiren  vor  600  fl.  denen  Hausarmen  zum  besten  gönnen. 


142  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

1695.  Zum  Dominik  kehrte  die  AVitwe  Veiten  wieder. 
Sie  war  im  November  1694  nach  Elbing  ^^ezogeu  und  hatte  den 
Winter  wahrscheinlich  in  Königsberg  oder  Stockholm  zugebracht. 
Im  Älärz  1695  langte  die  'sämljtliche  Bande  der  Churfiirstlich 
Sächsischen  bestallten  Ilotf-Comüdiantcn'  in  Riga  an  und  erhielt 
am  1.  April  vom  Rate,  der  sich  mit  dem  königlichen  Gouverneur 
darüber  verständigt  hatte,  Erlaubnis,  ihr  Theatrimi  aufzurichten, 
'jedoch  daß  sie  bey  dieser  noch  befindlichen  Trauer  modeste 
Sachen  und  mitt  gelinden  Instrumenten  vorl)ringen'  sollten.  Die 
von  dem  Principale  Namens  Ade  1er  ein  für  allemal  angebotene 
Summe  von  100  Thalcrn  für  die  Armen  nahm  der  Rat  an,  da 
der  Inspektor  des  Hospitals  zu  St.  Jürgen  berichtete,  dass  vor- 
dem niemalen  so  viel  von  denen  Comoedianten  eingekommen 
wäre.  Nachdem  die  Truppe  auch  vor  Herzog  Friedrich  Casimir 
in  Mitau  gespielt,  lud  sie  am  8.  Juli  den  Rat  auf  künftigen 
Montag  zu  einer  besondern  Vorstellung  eiu^).  Die  Dauziger 
Supplik  lautet: 

Herr  Bürgermeister, 
Wohl  Edl(^,  Gestrenge,   Veste,   Hoch   vntl   Wobhveise, 
Insouders  Hochgeehrte,  Großgünstige  Herren. 

Die  mihr  verwiechcnen  jahres,  unter  hochgeneigter  Vergünstigning 
Conioedien  allhier  zu  praesentiren  erzeigte  hohe  gnade,  vor  welche  icli 
nochmahleu  unterthänigen  Schuldigen  danck  abstatte,  machet  mich  so 
confident,  daß  ich  anitzo  in  meinem  noch  wälirenden  Witwen  Stande 
E.  Wohl  Kdl.  gstr.  Hw.  Hr.  Hr.  wiederum  anzutreten  vnd  umb  solche 
l'reyheit  bevorstehenden  Dominik  wiederum  allhier  zu  Dant/.ig  zu 
agircn,  nochniahls  demütigst  anzuflehen,  mich  unerblödet  erkühne,  in 
demc  ich  mich  nebst  meiner  geselschaft  zu  vorhabender  Rückreise 
nach  Sachsen,  sonst  anders  nicht  zu  unterhalten  vnd  alß  solcher  ge- 
Ktalt  fortzii])ringen,  mittel  vnd  gelegenheit  habe  noch  absehe,  Wan  dan 
zu  solclicr  fortstellung  K.  Woid  Kdl.  Gcstr.  Hw.  Hr.  Hr.  mit  dero  hohen 
gunst  und  gcwngenheit  das  meinste  verniögen:  Als  lebe  der  ung'e- 
zweileltcn  Hofnung,  es  werde  K.  Wohl  Kdl.  Gestr.  Hw.  Hr.  Hr.  mein 
deniüthigcs  Bitten  hieniit  statt  finden  zulaßen,  und  nicim-n  Zuslaiul  zu 
consideriren  Jiochgcneigt  gerulicu  und  mihr  solche  freyheit  für  das- 
jenige. Was  mir  verwiechcnen  jahres  znerkant  worden,  vnd  ich  auch 
unilzo    zu  schuldigem  danck  abzustatten,    viu'heise    zuerlauben,    groß- 


h  Ivigaer  Ilatsprotokollc   unter  dem  1').  und  28.  März,    1.  und  4, 
April,  (').  .Juni  und  H.  .Inli   100.'). 


1695.  143 

g'ünstig'  belieben.   Solche  hohe  g-nade  vnd  g'cneig'te  Avillfähvig-keit  werde 
in  alle  weg'e  höchst  zurühmen  lebenslang*  g'eflicssen  sein  alß 
E.  Wohl  Edl.  Gestr.  Hw.  Hr.  Hr. 

Demiitig'stc 

C  a  t  h  a  r  i  n  a    Elisa  b  e  t  h 

Seel.  F  e  1  d  t  e  n  s  Witwe. 

Dazu  der  Vermerk: 

Lact,  in  Senat,  d.  S.  Julij  1695  vndt  consentirt  E.  Raht,  daß  Siip- 
plicantin  ihre  Cornoedien  gebetener  maßen  halten  mög-e,  iedoch  daß 
sie  für  sothane  Comission  1000  fl.,  Avelche  doch,  da  sie  nicht  zu  er- 
halten seyn  solten,  biß  600  fl.  zn  moderiren  seyn  werden,  denen  Armen 
zum  besten  zu  erlegen  schuldig*  seyn  werde. 

Einen  ziiftillig-  erhaltenen  Komödienzettel  der  Veltensclien 
Truppe  aus  diesem  Jahre  ^)  hat  Ad.  Mundt  in  der  Altprenssiseheu 
Monatsschrift  4,  380  f.  vgl.  677  (1867)  abdrucken  lassen.  Wir 
g-eben  ihn  hier  wieder: 

Die  wiederumb  angelangte  Churfürstliche  Stächsische  bestalte 

Hoff- 

COMOEDIANTEN 

\\I  Erden  abermahls  mit  höchst-gebietender  Obrigkeitlicher  gnädigster 

Erlaubniß  allen  Cviriösen  |  Liebhabern  etliche  treffliche,  Sinnreiche 
Lust-  und  Schau-Spiele,  welche  Jedweden  sonderbahre  |  Vergnügung 
und  Gemüths-Ergetzung  erwecken  werden,  und  zwar  heute  Sonnabend 
den  27.  |  Augusti  wollen  sie,  mit  einer  unvergleichlichen  lustigen  Haupt- 
Action,  die 'mit  lauter  Liebes-Intri-  |  guen  und  anmuthiger  Kur tz weil 
angefüUet  ist,  auifwarten,  genannt : 

Der  künstliche  verliebte  Lügner 

Oder 

Die  beyden  umb  der  Cron  streitenden  Schwestern  AURORA 

und  STELLA. 

■^Ach  Endigung  dieser  vorterfflichen   [sie]   rahren  Haupt-Action,    soll 
eine    aus    dem    Holländischen    vertirte  |  lächerliche    Nach-Comcedie 
beschlüssen,  genannt: 

Der  durch  Pickelhärings  List-betrogene  Gewissen-lose  Advocate. 

Der  Schauplatz  ist  auff"  den  Dominic-Plan  hinter  dem  Zeughauß,  in  der 
grossen  Bude,    allwo   das  Churfl.  |  Sächsische  Wappen    außhängt,  und 
wird  prsecise  umb  3.  Ulir  angefangen  werden. 


1)  Allerdings  ist  die  Jahreszahl  auf  dem  Zettel  nicht  genannt; 
allein  für  dies  Jahr  si)richt  erstens,  dass  darin  von  einer  zAveiten  An- 
wesenheit der  sächsischen  Hofkomüdianten  die  Rede  ist,  und  ferner, 
dass  der  17/27.  August  im  Jahre  1695  wirklich  auf  einen  Sonnabend  fiel. 


144  Bolte,  Das  Danziger  Theatei'. 

Die  Hauptaktion  ist  eine  Übertragung  von  Calci  er  ons 
Komödie  Lances  de  amor  y  fortana  (1635),  und  zwar  nicht 
nach  den  französischen  Übersetzungen  von  Boisrobert  und  Quinault 
{Coups  cfamour  et  de  fortune.  1656),  sondern  nach  der  hollän- 
dischen von  Hendrik  de  Graef :  Aurora  en  Stella,  of  zusterlijcJce 
Jcroon-zucht  (Amsterdam  1665).  Schon  M.  D.  Treu  hatte  1666 
und  1681  das  Stück  in  seinem  Repertoire,  ebenso  eine  Dresdener 
Truppe  1676,  Paulsen  1679  u.  d.  Titel:  'Der  künstliche  Lügner' 
(oben  S.  120),  Veiten  1680  'Aurora  und  Stella'  und  1690  'Der 
künstliche  Lügner',  Wallerotty  1741.  Auch  sind  in  Wien  und 
Stuttgart  drei  handschriftliche  Aufzeichnungen  der  deutschen  Be- 
arbeitung aus  dem  17.  und  18.  Jahrhundert  erhalten^).  Die 
Nachkomödie  mag  auf  der  mir  nur  dem  Titel  nach  bekannten 
niederländischen  Posse  'Den  geMacMen  advocaet,  of  hesclmpten 
pluckvogeV  (Kluchte  in 't  musieck.  Antw.   1695)  beruht  haben  ^). 

Die  Veltensche  Truppe  kehrte  später  nicht  wieder  nach 
Danzig  zurück;  doch  wird  es  nützlich  sein,  ihre  Wanderungen, 
soweit  sie  bisher  bekannt  sind,  hier  kurz  zu  verzeichnen  ^j.  1697 
besuchte  die  Witwe  Veiten  Wien  und  Nürnberg.  —  1698  im  Januar 
Leipzig,  Mai-Juni  Frankfurt;  Augsburg,  Wien. —  1699  Wien,  im 
Mai  und  Okt.  Leipzig.  (In  Bremen  abgewiesen.)  —  1700  im  Januar 
Leipzig.  Wien. —  1701  im  Januar  und  April-i\[ai  Leipzig  (Streitschrift 
wider  Joh.  Joseph  Winckler  in  ^Magdeburg).  —  1702  Kiel,  im  April 
Lüneburg,  Pynnont,  im  Juli  Ham])urg.  —  1703  Kopenhagen,  Ham- 
burg; im  April-.Mai  Lübeck.  —  1704  Kiel;  im  April  Berlin.  — 
1705  im  Januar  Breslau;  im  Oktober  Leipzig;   Nov.  Lübeck.  — 


^)  Bolte,  Archiv  f.  neuere  Sprachen  82,  122.  Heine,  Zs.  f.  vovgl. 
Littgesch.  N.  F.  2,  395.  Dcssoff  ebd.  4,  1.  Trautmann,  Jahrh.  f.  Älünch. 
Geschichte  8,  310.  Sittard,  Gesell,  der  Musik  am  Württemberg.  Ilofc 
1,  230. 

2)  Oder  auch  auf  P.  de  la  Croix,   De  gewaande  advocaat  (1685). 

8)  E.  Mentzel,  Archiv  f.  Frankfurts  Gesch.  9,  126.134.138.  Wust- 
mann, Quellen  zur  Gesch.  Leipzigs  1,  480.  Trautmann,  Jahrb.  für 
Münch.  Gesch.  3,  335.  411  f.  418.  Fürstenau  2,  299.  Gaedertz,  Theater- 
nachrichten S.  121.  123.  Schlager,  Wiener  Skizzen  N.  F.  1838  S.  258. 
344.  Paludan,  Zs.  f.  deutsche  Piniol.  25,  318.  Faciikatalog  der  Wiener 
Ausstellung  f.  Theaterwesen  1892  S.  95  f.  Merlo,  Annalen  des  bist. 
Ver.  f.  den  Niederrhein  50,  148.  Chrvsander,  Jahrb.  f.  musikal.  Wiss. 
1,  261.  Über  den  angeblichen  Aufenthalt  in  Schweden  vgl.  Silfver- 
stolpe  und  Paludan,  Saiiilaren  10,  55  und  11,  76. 


1695.  145 

ITCiß  im  Januar  Kiel.  (In  Frankfurt  abg-cwiescn).  —  1707  im 
Oktober  Leipzig,  November  Ko})enhag-cn.  —  1708  im  Januar 
Leijjzig.  —  1709  im  Juli  Münclicn,  Augsburg.  —  1710  Augsburg-, 
im  Februar  Müncben,  Braunschweig-.  —  1711  Frankfurt  a.  M., 
Köln.  —  1712  im  Mai  Aachen.  Darauf  wurde  die  Bande  aufge- 
löst; die  Witwe  Veiten  soll  in  hohem  Alter  zu  Wien  gestorben  sein. 
Nach  dem  Abzüge  der  Veltenschen  Truppe  brachte  im 
November  1605  der  Danzigcr  Kapellmeister  Job.  Valentin  Med  er 
seine  Oper  Nero  zur  Aufführung-.  Dieser  talentvolle  Musiker, 
über  dessen  Lebensgang-  ich  anderwärts^)  ausführlich  gehandelt 
habe,  war  1G49  zu  Wasungen  a.  d.  Werra  als  Sohn  eines  Kan- 
tors geboren  und  hatte  sich,  nachdem  er  ein  Jahr  in  Leipzig- 
Theologie  studiert,  gleich  seinen  vier  älteren  Brüdern  der  Musik 
gewidmet  und  nach  einigen  Wauderjahreu  1674  in  Reval  eine 
Anstellung  als  Kantor  am  Gymnasium  gefunden.  Nachdem  er 
1685 — 86  in  Riga  als  Komponist  und  Sänger  aufgetreten  war, 
wurde  er  Anfang  1687  zum  städtischen  Kapellmeister  nach  Danzig 
berufen-).  Hier  heiratete  er  1688  eine  Schwester  des  Archidia- 
konus  Michael  Strauss  (|  1699),  lebte  jedoch  in  ziendich  be- 
schränkten Verhältnissen,  so  dass  er  1692  zwei  Kinder,  Anna 
Rosina  und  Johann  Rautenberg  in  Logement  und  Kost  nahm^). 
Er  komponierte  in  Danzig  verschiedene  Kirchenkantaten,  sowie 
zwei  Opern;  eine  dritte  Oper  'die  befreite  Andromcda'  mit  Ballet 
vollendete  er  erst  später  in  Riga,  Gedruckt  ist  von  seinen 
Kompositionen  nur  eine:  Capricci  a  due  VioUnl  col  Bas^o  per 
VOrgano  (Danzig  1698.  fol.);  handschriftlich  sind  auf  dem 
Danziger  Stadtarchive  vorhanden  zwei  1687  und  1688  geschrie- 
bene Motetten  für  zwölf  Stiuunen  in  drei  Chören*).  Bei  der 
Durchreise    des    brandenburgischen  Kurfürsten  Friedrich  IIL  am 


1)  Viei-teljahrssclirift  für  Musikwissenschaft  1891,  43.  455.  1892, 
499.  Grossenteils  nach  Mitteilung-en  eines  Nachkommen  Meilers,  des 
Herrn  Anton  Buchholtz  in  llig-a.  Ein  anderer  Nachkonnne  von  ilmi 
ist  der  berühmte  Berliner  Chirurg-  Ernst  von  Berg-mann. 

2)  Am  21.  Mai  1687  beschloss  der  Hat,  dem  'jetzigen  Capell- 
meister*  100  ü.  auszahlen  zu  lassen  (Nucleus  Sen.  Cons.  Gedanensium 
im  Berliner  Ms.  horuss.  fol.  250,  Bl.  G5a). 

=')  Ihr  Stiefvater  Georg-  Weycr  g-eviet  im  März  1G94  in  einen 
unangenehmen  Streit  mit  Meder,  den  er  beschuldigte,  die  Soimtag-s- 
kleider  der  Kinder  versetzt  zu  haben  (Ratsarchiv,  Supplikationen). 

^)  G.  Döring,  Zur  Geschichte  der  Musik  in  Preussen  1852  S.  197. 
Th.  F.  XII.  10 


146  BoltP,  Das  Danziger  Tlieater. 

1.  Juli  1690  fühlte  Meder  wührcnd  der  Tafel  'eine  vortreffliche 
jVIiisik'  auf  ^).  Freundscliaftliclien  Verkehr  pflegte  der  prostestan- 
tische  Kapellmeister  mit  dem  feiiigebildeten  Abte  Michael  Anton 
Hacky  im  nahe  gelegenen  Kloster  Oliva,  einem  Schüler  des  be- 
rühmten italienischen  Meisters  Marcantonio  Cesti.  'Von  Verfertigung 
starcker  Kircheustücke/  sagt  Mattheson^)  i.  J.  1740,  'hat  er  am 
meisten  Wesens  gemacht.  Was  uns  davon  zu  Gesichte  kommen, 
ist  in  Wahrheit  mit  solcher  Gründlichkeit,  mit  solchem  grossen 
Fleisse  und  mit  nicht  mindrer  Anmuth  ausgearbeitet,  dass  es 
nicht  ohne  sonderbares  Vergnügen  any.uhören.  Vor  andern  ver- 
dient der  Mann  deswegen  gelo))t  zu  werden,  dass  er,  seines 
grossen  Alters  ungeachtet,  bey  kräncklicher  Leibesbeschaffenheit, 
dennoch  in  seiner  Composition  sich  nach  dem  Geschmack  der 
heutigen  niedlichen  Ohren  zu  be(inemen  jederzeit  für  seine  Schul- 
digkeit und  Ergötzung  gehalten  hat.'  'D.  i.,'  erläutert  Gerl)er'') 
fünfzig  Jahre  später,  'er  zcirte  den  Text  nicht  unter  ein  contra- 
punktisches  Gewebe,  sondern  richtete  seine  Komposition  nach 
der  Quantität  der  Silben  und  nach  dem  Inhalte  derselben  ein.' 
Das  Textbuch  seiner  ersten  Oi)er  ist  erhalten: 

NERO  I  in  einer  |  OPERA  |  Oder  |  Sing-Spiel  |  Eiienialen  in  Leip- 
zig I  vorg-estellt,  |  Mit  |  Eines  Ilocli-Edlen  und  Ilocliweisen  |  Ralits  [ 
Dieser  Löbl.  Stadt  Dantzig  |  Hocligeneigter  Verwilligung  |  vom  neuen 
aufgeführt  |  Im  Jahre  169.Ö.  ü  DANTZIG  |  Gedruckt  durch  Edl.  Ratlis 
imd  des  Gyninasii  |  Buchdruckern  Johann-Zacliarias  Stollen.  |  56  S.  4". 
[Danziger  Stadtbibl.  XVII.  C.  q.  40].  —  Der  Vorbericht  ist  unterzeichnet: 
J.  V.  M. 

Die  Oper  hat  eine  eigentümliche  Vorgeschichte.  Ursprüng- 
lich hatte  Giulio  Cesare  Corradi  1079  den  Text  in  italienischer 
Sprache  für  das  venezianische  Teatro  Grimani  gedichtet'),  den 
dann  Carlo  Pallavicino  (f  1689)  komponierte.  Eine  deutsche 
Bearbeitung  dieses  Librettos  mit  eigner  Musik  luhrtc  169o  der 
Dresdener  Kapellmeister  Nie.  Adam  Strungk  (1640 — 1700)  in 
Leipzig  auf,    wo    er    in    der  Ostermesse    dieses  Jahres    ein  ncu- 


1)  Löschin,  Beiträge  zur  Gesch.  Danzigs  1837  2,  1)4. 

2)  Grundlage  einer  Ehren-Plorte  (1740)  S.  22:3. 
8)    Lexikon  der  Tonkünstler  1,  021  (17!)0). 

*)  Nach  Allacci,  Drammaturgia  1755  p.  5.54  erschienen  im  seliieii 
Jahre  zwei  erheblich  verschiedene  Aiisgaben:  \'enezia,  F.  Nicmlini 
1679.  12". 


1695-1698.  147 

erbautes  Opernhaus  eröffnet  hatte.  Meder  endlich  benutzte,  'weil 
in  der  Eile  so  bald  keine  neue  Poesie  oder  andere  Materia  in- 
ventirt  oder  elaborirt  werden  können',  den  gedruckten  Text 
Strung-ks  und  setzte  ihn  von  neuem  in  Musik.  Den  ersten  der 
drei  Akte  kürzte  er  etwas,  im  zweiten  behielt  er  einige  ihm  durch 
einen  guten  Freund  mitgeteilte  Melodien  Strungks  'zu  Ehren  dem 
Autori'  bei.  Der  Inhalt  ist  die  Zusammenkunft  des  jungen,  von 
Scneca  beratenen  Nero  mit  Tiridatcs  von  Armenien.  Nach  Be- 
endigung des  Krieges  setzt  Nero  diesem  wiederum  die  Krone 
auf).  Im  dritten  Akte  wird  eine  Komödie  von  Endimion  und 
Cinthia  und  von  der  Buhlerei  des  Mars  mit  Venus  eingeschaltet. 
Über  die  Aufführung,  die  in  dem  von  der  Veitenscheu 
Truppe  verlassenen  Theater  stattfand,  haben  wir  noch  Nachricht 
durch  ein  Gesuch  Meders  an  den  Rat  vom  28.  November  1695. 
Er  dankt  darin,  dass  er  seine  Oper  in  der  verwichenen  Woche 
habe  öffentlich  vorstellen  dürfen,  und  bittet  um  Erlaubnis,  sie 
noch  dreimal  diese  Woche,  am  Dienstag,  Mittwoch  und  Freitag, 
aufzuführen;  denn  weil  die  Bude  klein  und  zudem  wegen  des 
ans  Theatrum  vorgebauten  Chors  vor  die  Instrumental-Musicos 
drei  Bänke  eingehen  müssen,  habe  er  noch  keine  Satisfaktion 
seiner  Unkosten,  noch  einige  Relaxation  vor  seine  saure  Mühe 
bekommen.     Der  Rat  gewährte  seine  Bitte. 

lßl)6  erbat  sich  der  Lehrer  Wittich  an  der  Johannis- 
schule,  wie  Löschin  (Gesch.  Danzigs  2,  91)  angiebt,  die  Geneh- 
migung des  Rates,  'um  'einen  actum  clramaücum  de  passiofie 
domhii  in  deutscher  Sprache  et  quidem  oratione  Ugata'  mit 
seinen  Schülern  zu  veranstalten.  Dies  war  wohl  derselbe  Jacobns 
Witting,  der  nach  Ephr.  Praetorius  (Dantziger  Lehrer  Gedächt- 
nis 1713  S.  24)  1()98  Prediger  am  Zuchthause  und  1G99  in 
Löblau  wurde  und   1723  starb, 

KJDS.  Meder  führte  eine  zweite  Oper  auf,  geriet  aber 
dabei  in  Kontlikt   mit  seiner  Behörde,    die  nicht  sehr  viel    musi- 


^)  Vgi.  Opel,  Die  ersten  Jahrzelmte  der  Oper  in  Leipzig.  N.  Archiv 
f.  Kiielis.  Gesell.  5,  llß-141  (1H84),  (Uw  aber  den  Nero  gar  nicht  er- 
wähnt. Nach  Gottsclied,  Nöth.  Vorrath  1,  25(5  erschien  der  Nero  auf 
der  MicliaeHsinesse.  Ein  Ex(unplar  besitzt  die  Hamburger  Stadt- 
bibliothek. 

■^)  Vgl.  Tacitus,  Annales  15,  29. 


148  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

kaliscbes  Verständnis  besitzen  mochte.  Schon  1G96*)  hatte  er 
den  Rat  vergeblich  ersucht,  ihm  zu  einiger  Recreation  seines 
bedrängten  Zustandes  wiederum  die  AufTübrung  seiner  früheren 
Oper  und  einer  "neuen  Materie'  in  der  jüngst  auf  dem  Dominik- 
pLatz  aufgebauten  Bude  zu  gestatten.  Am  15.  Januar  1698 
uiusste  er  dem  Rate  melden,  dass  er  die  am  8.  befohlene  Tafel- 
musik beim  Besuche  des  Krmigs  Friedrich  August  des  Starken 
nicht  ins  Werk  setzen  kcinne,  da  ^die  bcyden  Haubt-Stimmen, 
nemlich  Discantist  und  Bassist  manquiren';  er  bat,  zwei  Sänger 
aus  Königsberg  konnnen  zu  lassen,  'sintemaln  Ihre  K.  M.  auft' 
eine  angenehme  Vocal-Music(iue  gar  attent  sind  und  von  keinem 
verdrießlichen  Gcprasche  halten'-).  Als  er  dann  am  18.  Juni 
wiederum  mit  der  Bitte  erschien,  ihm  die  Licenz,  so  man  Frem- 
den im  Dominic  verstattet,  gleichfalls  zu  vergünstigen,  um  eine 
kleine  Opera  von  einer  ganz  neu  inventierten  Materia  aufzu- 
führen, wies  ihn  der  Rat  'nach  Beschaffenheit  dieser  Zeit'  kurz- 
weg ab,  obwohl  ihm  Medcr  eindringlich  vorgehalten  hatte,  die 
Hochzeitmusiken,  worauf  seine  Accidenticn  und  Substantia  mchren- 
teils  Ijcruhten,  seien  ftist  ganz  eingestellt  worden:  'dergestalt  ich 
je  lenger  je  mehr  crepiren  muß.'  Meder,  dem  der  beim  Dominik 
zu  erwartende  Gewinn  lockend  vor  Augen  stehen  mochte,  wagte 
es,  dem  Beispiele  fahrender  KonKUlianten  folgend,  seine  0})er  in 
dem  nahen,  aber  nicht  unter  der  Danziger  Oberhoheit  stehenden 
Schottland  autführen  zu  lassen.     Das  Textbuch  ist  betitelt: 


^)  Das  Aktenstück  (im  Konvolnt 'Musik'  Qq.  13B)  ist  nicht  datiert; 
doch  wird  darin  die  'verwiehenes  Jalir'  daro-estellte  Oper  erwältnt. 
Charakteristisch  ist  di(^  Kiitschxildi<i,'iui^'  im  Kinganji-e,  seine  je  mehr 
und  mehr  zunehmende  Blödigkeit,  so  durcli  die  IIerti<ikeit  des  Mali 
hypocondriaci  verursacht  wird,  benehme  ihm  jiJin/Jicli  den  Mnt.  einen 
Gestr.  und  Hochweisen  Rat  mündlich  anzureden. 

2)  Übrigens  beg-rüsste  Meder  den  König  am  Abend  des  Kinzn^'S- 
tages  (18.  März)  mit  dem  Gesan<^-e  eines  achtstrophi^'en  Liedes,  das 
aucii  in  gedruckter  Gestalt  verteilt  wurde:  'Freudiger  WillUonnii,  wo- 
mit den  allerdurchläuchtigsten,  Großmächtigsten  Fürsten  und  Ilerni, 
Herrn  Augustum  den  Andern  ...  in  einer  vollständigen  Harmonia 
allerunterthanigst  begrüßen  wollen  Joh.  Valentin  Meder,  Capellmeister. 
Dantzig,  G(>druckt  bey  Johann-Zacharias  Stollen.'  Eine  Abschrift  bei 
Büer<'l  im  Berliner  Ms.  boruss.  qu.  97,  S.  356—3110.  Curicke,  Frenden- 
Bezeugung  dvr  Stadt  Danzig  1698  Bl.  19b  berichtet:  'Bei  der  P.ilcl 
wurde   vom  Capel-Meister  einc^  stattliche  MusitjUe  gehalten.' 


1698.  149 

Die  wieder  verehligte  |  COELIA'  |  In  einem  Sing-Spiel  |  Auff  [ 
Einem  im  Bisehöftlichen  Scliottland  |  bey  Dfintzig"  hiezu  ersehenen  1 
Schauplatz  |  voro-estellet  ||  Im  Jaiir  l«;i)8.  |  3(J  S.  4".  —  Das  Exemplar 
der  Kaiserl.  Bibliothek  in  Petersburg-  trägt  auf  dem  Titel  den  hsl.  Ver- 
merk :  'Von  V.  Medern,  Capell  Meister  in  Dantzig'.' 

Die  Haiullung-  der  drei  Akte  ist  dürftig,  wenn  auch  die 
Verse  glatt  dahinflicssen.  Einer  reichen  Witwe  Coelia  werden 
verschiedene  Hciratsvorschläg-c  gemacht:  ihre  Freundin  Elenisse 
malmt  sie,  die  Trauer  abzulegen ;  ihr  Vormund  Nicrede  empfiehlt 
ihr  den  Valerio  als  Gatten,  der  in  Begleitung  des  Officiers  Capego 
auftritt,  ihr  Verwandter  Dämon  dagegen  den  Arsetes.  Arsetes 
trägt  den  Sieg  davon,  während  sein  Bedienter  Lysander  sich  der 
niedlichen  Kammerzofe  Knisille  nähert.  Zum  Schluss  erscheint 
der  verschmähte  Nebenbuhler  Valerio  vermummt  und  beglück- 
wünscht das  Paar;  denn  er  hat  inzwischen  in  Elenisse  eine  Braut 
gefunden. 

Das  eigenmächtige  Verfahren  des  Kapellmeisters  missfiel 
jedoch  dem  Rate;  und  daher  reichte  jener  am  31.  Oktober  ein 
de-  und  wehmütiges  Schreiben  ein:  die  Extremität  habe  ihn 
leider  dazu  veranlasst,  ein  desperates  Medium  zu  ergreifen,  um 
den  Seinigen  ein  Stück  Brod  zu  schaffen,  nämlich  ein  theatra- 
lisches Werk  mit  unbeschreiblicher  Mühe  und  vielen  Unkosten 
in  dem  Schottläudischen  Territorio  aufzuführen.  Nun  aber  fürchtet 
er,  sich  ein  grösseres  Übel,  des  Rates  Ungunst,  über  den  Hals 
gezogen  zu  haben,  und  bittet,  in  einem  Gewerkhause  der  Altstadt 
und  zwar  sonder  alle  weitläufige  Ombrage  nur  auf  etzliche  wenige 
Tage  seine  Oper  Nero,  die  vor  drei  Jahren  sehr  gefallen,  vor- 
stellen zu  dürfen.  Allein  der  Rat  wies  sein  Gesuch  scharf  ab 
und  untersagte  ihm  bei  Verlust  seines  Dienstes,  die  Oper  ausser- 
halb der  Stadt  weiter  zu  präsentieren.  Diese  Angelegenheit  mag 
Veranlassung  gegeben  haben,  dass  Meder  noch  im  selben  Jahre 
Danzig  verliess  und  in  Königsberg  Kantor  am  Dome  wurde; 
von  dort  ging  er  Ende  1699  nach  Riga,  wo  er  die  Organisten- 
stelle am  Dome  erhielt  und  nach  einer  regen  musikalischen 
Thätigkeit  im  Juli  1719  starb.  In  Danzig  wurde  Maximilian 
Preislich  sein  Nachfolger,  der  mit  einer  Empfehlung  seines  Bru- 
ders aus  Franken  zu  ihm  gekonunen  und  ein  Jahr  lang  von  ihm 
unterrichtet  worden  war.  So  scheiterte  der  Versuch,  die  neue 
Gattung  der  Oper    in  Danzig    einzuführen,    nachdem  nicht  bloss 


150  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

die  fürstlichen  Höfe  zu  Dresden,  WoH'enbiittel,  Wien  u.  a.,  son- 
dern auch  die  g-rosscn  Handelsstädte  Hamlmri,'  und  Leipzig-  mit 
der  Gründung  ständiger  0[)ernl)ühnen  vorangegangen  waren  i). 

Zu  den  erwähnten  Feierlichkeiten  beim  Einzüge  des  Königs 
Friedrich  August  trage  ich  nacli,  dass  die  Handwerker  nach 
altem  Brauche  ihre  Tänze  hielten.  'Am  20.  März  Abend  umb 
7  Uhr  tantzeten  die  Kürschner  mit  lichten  auf  den  köpffen  den 
biegeltantz  biß  10  Uhr.'  'Den  22.  Martii  tantzeten  die 
Kürschner  den  M  obren  tan  tz  Nachmittage  umb  2  Uhr,  und 
wie  dieselben  umb  Seegers  4  abzogen,  da  kämmen  die  SchitTs- 
Zimmerleute  wieder  und  tantzeten  biß  6  Uhr,  da  war  alles  aus.' 
—  'Am  28.  IMärz  (Karfreitag)  fuhr  I,  K.  M.  am  abend  umb  7 
Uhr  nach  Schwartze  manchen,  ahvo  die  Patres,  sobald  er  in  die 
Kirche  kam,  die  Aufferstehung-  Christi  geschehen  Hessen' 2).    Aus- 


1)  In  Amsterdam  versuchte  1682  Theodor  Stryker  vergeblich  die 
italienische  Oper  cinziituhren  (Wybrands,  Ilet  Amsterdamsche  tooneel 
S.  94.  231).  In  Riga  erhielten  die  italienischen  Komödianten  am  (i.  Juli 
16%  Iu'laiibni&,  ihre  italienischen  Opern  während  des  Jahrmarkts  zu 
präsentieren  (Rigaer  Stadtarchiv.  Vielleicht  war  dies  die  Truppe  des 
Giovanni  Nannini;  vgl.  Jahrb.  f.  Münch.  Gesch.  1,  258  f.).  1697  l'ührtc 
J.  S.  Coiisser  auch  in  Nürnberg  und  Augsburg  deutsche  Opern  auf 
(Jahrb.  f.  Münch.  Gesch.  3,  341).  1702  gab  Hilverding  in  Lüneburg 
Opern  mit  Marionetten  (vgl.  S.  151). 

2)  Büerel  im  Berlimn-  Ms.  germ.  qu.  97,  S.  361.  363.  365.  —  V^or- 
her  hatte  sich  ein  kecker  Seiltänzer  erboten,  bei  der  Ankunft  des 
Königs  auf  die  Spitze  des  Rathausturmes  'bis  an  den  Mann'  zu  steigen, 
drei  Scliüsse  abzufeuern,  eine  Fahne  zu  schwingen  und  aul'  einem 
Seile  bis  zum  königlichen  Hause  (dem  Grünen  Tliore)  heruntcrzugleiteii. 
Sein  Gesuch  unterzeichnete  er  mit  den  Reimen: 

Caspar  Waghoss  bin  ich  genandt. 
Mein  Leben  steht  in  Gottes  Hand. 
Wenn  ich  hör  die  Trunnuel  klingen, 
So  thu  ich  aul'  den  Tlmrm  springen. 

Der  Rat  ))cschloss  jedoch  am  3.  März,  ihn  von  seiner  Vermessenheit 
abzumahnen  (Nucleus  termin.  Senatus  ad  libellos  supplices  .s.  v.  Cu- 
riosa),  obwohl  der  Supplicant  sich  auf  mehrere  Vorgänger  hätte  be- 
rufen können,  den  Schiffer  und  Brauer  Ewert  Mohr,  der  1507  dem 
Wetterhahne  des  Rathausturms  seinen  Hut  aufsetzte  (Hennenberger, 
Erclerung  der  Preüss.  Landtaffel  1595  S.  86),  den  venedischen  Leinen- 
fiieger,  der  sich  154()  vom  Rathausturm  an  einem  Seile  zum  Markte 
hinunterliess  (Curicke,  Beschn'il)ung  der  Stadt  Danzig  168M  S.  53)  und 


1698.  1699.  151 

fiihrliclicr  hat  G.  R.  Curikc  in  seinem  Folianten:  'Freuclen- 
l)ozcii!^iing-  der  Stadt  Dantzig-  über  die  Wahl  und  Krönung- 
Augusts  II.  1608'  die  Handwerkertilnze  beschrieben,  sich  aber 
seine  Aufgabe  dadurch  sehr  erleichtert,  dass  er  einfiich  die  1646 
von  Martini  veröffentlichte  Beschreibung  dieser  Gebräuche  (oben 
S.  73 — 75)  wortgeti-eu  abdruckte,  natürlich  ohne  seineu  Vorgänger 
zu  erwähnen. 

1699.  Wahrscheinlich  fällt  in  dies  Jahr  ein  undatiertes 
Gesuch  von  Johann  H  i  1  v  e  r  d  i  n  g ,  in  dem  er  den  Danziger  Rat 
um  Erlaubnis  bittet,  sein  Policinello-Spiel  ^)  halten  und  dabei 
einen  Trunk  Wein  und  Bier  und  ander  Getränk  ausschenken  zu 
dürfen,  da  er  von  königlicher  Majestät  ein  Privileg  dazu  erhalten 
habe  und  Willens  sei,  sich  hier  häuslich  niederzulassen,  wenn  es 
ihm  auch  schwer  fallen  würde,  einen  Geburtsbrief  beizubringen. 
Dieser  Puppenspieler  war  schon  1685  in  Wien  aufgetreten;  1698 
im  September  erschien  er  in  Prag;  am  21.  Februar  1700  suppli- 
cierte  er  in  Stockholm,  ungehindert  im  ganzen  Reiche  Komödien 
aufführen  zu  dürfen,  nachdem  er  hier  einige  Zeit  gewesen  sei; 
1701  begab  er  sich  von  Stockholm  nach  Lübeck.  Am  14.  No- 
vember 1702  erschien  er  in  Lüneburg  und  rühmte  sich,  mit 
seinen  IV2  brabantische  Ellen  langen  Figuren  und  Dekorationen 
über  fünfzig  Komödien  und  gesungene  Opern,  z.  B.  Hercules  und 
Alceste,  Jason  und  Medea,  Perseus  und  Andromeda,  Aurora  und 
Cephalus,  spielen  zu  können;  zugleich  bot  er  seine  Brillen,  Fern- 
rohre und  Vergi'össerungsgläser   zum  Verkaufe,    wie  er  schon  in 


den  Kerl,  der  1651  vor  König"  Johann  Casimir  auf  einem  Seile  den- 
selben Weg-  nahm  (Ciiricke  S.  357).  Über  ein  gleiches  1527  zu  Kvakau 
g-eschehenes  Wag-stück  vg-1.  Kirchhof,  Wendunmiit  5,  223. 

1)  Ein  Nürnberg-er  Chronist  (im  Münchener  Cod.  g-erm.  3587, 
BI.  200  a)  erzcählt  von  einem  1649  in  Nürnberg-  aufgetretenen  italie- 
nischen Wassertrinker  (abgebildet  in  G.  Hirths  Kulturgeschichtlichem 
Bilderbuch  5,  Nr.  2644.  Kroker,  Mitt.  der  d.  Ges.  in  Leipzig  8,  3,  105. 
1890):  'Er  war  auch  der  erste,  so  den  Pollizenello  mit  kleinen  Docke- 
lein agiret  hat.'  Nach  Schorers  Memminger  Chronik  1660  S.  185  war 
dies  ein  Malteser  namens  Manfredi.  —  1657  führte  der  italienische 
Dockenspieler  Petro  Gimonde  de  tel  Bolognia  in  Frankfurt  den  Pulci- 
nella  vor  (Mentzel,  Arch.  für  Frankfurts  Geschichte  9,  88).  —  1673 
spielte  ein  Seiltänzer  vor  dem  Dresdener  Hofe  Pollicinello  (Fürstenau 
1,  244). 


■[q2  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Stockholm  auch  als  'Opticus'  aufgetreten  war^).  Später  (1717 
— 1721)  associiertc  er  sich  in  Wien  mit  J.  A.  Stranitzky.  Schon 
sein  Vater  Peter  Ililvcrding-  war  als  Piilcinellas[)iclcr  in  Wien, 
Berlin  (1672),  Breslau  (1706)  und  anderwärts  herumgezogen. 
Zwei  jüngere  IMitglicdcr  derselben  Familie  waren  der  in  Ecken- 
bergs Truppe  und  seit  1736  selbständig  auftretende  Johann 
Peter  H.  und  der  Amsterdamer  Schauspieler  Jacob  H.^). 

1700.  Im  Frühjahr  verweilte  der  oben  S.  137  genannte 
Komödiant  Joh.  August  üblich  in  Danzig  und  zog  dann  zur 
Ostermesse  nach  Lcii)zig,  wo  er  im  Mai  d.  J.  Vorstellungen  gab''). 
Er  hatte  sich  1695  um  ein  Privilegium  als  Stadtkomödiant  in 
Kopenhagen  beworben  und  war  1697  in  Schweden  gewesen'). 
Nach  Danzig  kam  er  höchst  wahrscheinlich  aus  Riga,  wo  vom 
20.  Sept.  bis  8.  December  1699  eine  Compagnie  hochdeutscher 
Komödianten  spielte,  die  schon  früher  Riga  besucht  hatte''). 
Später  begegnen  wir  ihm  noch  einmal  1702  auf  der  Leipziger 
JMesse,  wo  er  den  Titel  'Ilochfürstlich  Wcissenfelsischer  llofkomö- 
diant'  führt.  Da  1711  in  Kiel  die  Komödiantin  Frau  Ulichen 
allein  auftritt^),  wird  er  zwischen  1702  und  1711  gestorben  sein. 

1701.  Im  Herbste  kam  der  russische  Kapitän  Jan 
Splawskij,  der  von  Peter  dem  Grossen  den  Befehl  erhalten 
hatte,  eine  Truppe  deutscher  Schauspieler  anzuwerben,  nach 
Danzig  und  schloss  hier  mit  dem  Schauspieler  Johann  Kunst 
einen  Vertrag    ab,    der    diesen   veri)tlichtete,    mit    einem  Gehalte 


1)  Sclilagcr,  Wiener  Skizzen  N.  F.  1830  S.  26-2.  273.  310.  3ö!). 
Teiiber,  Präger  Theater  1,  94  (1883).  Gaedertz,  Tlieateriiaehriclileu 
S.  122  (1888).  Akten  d(^s  Stocklioluier  Reiclisarchivs.  —  In  Breslau 
spielten  1720  Hilferding  und  Tilly  mit  Preliauser  (Menzel,  Topogr. 
Chronik  von  Breslau  1805  S.  860). 

2j  Kürschner,  Allgem.  d.  Biogr.  12,  4.33.  Bolte,  Forsch,  zur 
brandcnb.  Gesch.  2,  523.  A.  van  Halinael,  Bijdragcn  tot  de  geschie- 
denis  van  het  tooneel  1840  S.  52.  G7.  —  In  Breslau  nennt  sich  1706 
der  Mai'ionettenspieler  Peter  Hülferting  'kayserl.  und  spanisch  königl. 
Privileg.  Distelator'  und  erwähnt  seine  lange,  sclnvcic  und  gefährliche 
Reise  nach  Portugal.  In  Petersburg  spielte  Peter  llilferding  lun  1725 
mit  privilegierten  Komödianten  den  Pajtiniauus  des  Gr\  j)hiiis. 

3)  Wustmann,  Quellen  zur  Gesch.  Leipzigs  1,  480  (1880). 

*)  Paludan,  Zs.  f.  deutsche  Philologie  25,  317. 

^)  Rigaer  Ratsprotokolle. 

«)  Trautmann,  Jahrbuch  f.  Miinchener  Gesch.  3,  412. 


1699—1701.  153 

von  5000  Speciesthalern  als  Direktor  der  czariselien  Hofkomödianten 
natdi  jMoskaii  zu  i;elien.  Kunst  nalini  seine  Frau  Anna  und  acht 
kScliaus[)icler  mit,  nämlich:  Joh.  Morton  Beidler,  Joh.  Plantin, 
Antonius  liodax,  Michael  Wirtli,  Jakob  Erdmann  Starkey,  Carl 
Erncst  Nitz  und  Michael  Jesowsky,  starb  aber  schon  nach  einem 
Jahre  in  Moskau  ^).  Im  Danzi^er  Archive  ist  ein  Aktenstück 
enthalten,  welches  die  Bedcidvlichkeit  Kunsts  und  das  Drängen 
des  Beauftragten  des  Zaren,  der  jenem  auch  nicht  gestattete,  noch 
länger  in  Danzig  und  Thorn  nach  tüchtigen  Sängern  für  seine 
'kleinen  Opern'  zu  suchen,  deutlich  genug  zeigt. 

Vor  dem  Praesidircndcn  Biirger  Meisterl.  Ainlite  ist  pcrsölinlicli 
erschienen  der  Edle  Joannes  Slawski,  bestallter  Lieutenant  Ilivo 
Czariselien  Mytt.  in  Moscovien  etc.  etc.  etc.,  und  hat  sich  erklaget,  was 
maßen  Johan  Christian  Kunst  ein  Comoediant,  so  auch  zugegen, 
Ihine  mit  band  und  mund  versiirochen,  nebst  seinen  andern  Caine- 
raden  mit  Ihme  nach  der  Moscau  zu  reisen,  umb  daselbst  Ihro  Cza- 
rischc  Mytt.  mit  allerhand  .Schauspielen  zu  bedienen,  auch  allebereits 
von  Ihm  zur  gewißheit  auff  die  band  80.  Si^ccie  Rthlr.  bekommen  und 
genommen  habe,  dabey  denn  auch  demselben  und  allen  seinen  Leuten 
biß  an  ort  und  stelle  IVeye  Reise-  und  Zehrungs-unkostcn  versprochen 
worden,  welches  Er  albereits  an  Ihro  Czarische  Mytt.  nach  Moscau 
durch  Schreiben  berichtet,  nunmehro  aber,  da  die  Zeit  zur  abreise 
herangekommen  und  alles  dazu  bestellet,  ziehe  obgemeldeter  Comoe- 
diant sein  gegebenes  Wort  zurücke  und  AvoUe  nicht  mitreisen;  hat 
demnach  begehret,  daß  derselbe  sich  deßfalls  vor  dem  Ambt  Cathe- 
gorice  erklähren  möge. 

Worauff"  besagter  Johan  Christian  Kunst,  welcher  axißerhalb  der 
Stadt  Jurisdiction,  nemlich  auff"  dem  Stolzenberge^)  wohnhatft  ist,  nach 
geschehener  ernstlichen  Verwarnung,  sich  wol  zubedencken,  was  er 
schon  gethan  und  noch  zu  thun  schuldig,  sich  off"entlich  erklährct, 
daß  er  wege«  seiner  Ehefrauen  und  kleinen  Kinder  vor  diese  Zeit 
nicht  mitreisen  könte  und  dannenhero  bereit  wäre,  die  empfangene 
30  Specie  Rthlr.  zurückzugeben.     Dafern    Ihm   aber  hinkünff'tig  alhier 


1)  Vgl.  Alexis  Wesselofsky ,  Deutsche  Einflüsse  auf  das  alte 
russische  Theater  S.  40—46  (1876).  Corneille  Le  Brun  (Voyage  par  la 
Moscovie  1,  42.  1718)  erzählt  aus  Moskau  unter  dem  5.  Juni  1702:  'On 
travaiUe  ä  iine  grande  löge  de  bois,  devant  la  porte  St.  Nicolas,  pour 
y  representer  des  pUces  de  theatre.  On  a  meme  dejä  faxt  venir  pour 
cela,  cette  annee,  des  coimkliens  de  Dantzick,  lesquels  ont  represente 
quelques  pieces  cet  hyver  ä  Vhötel  du  de  fünf  gemircd  Le  Fort.' 

2)  Auf  dem  westlich  von  der  Vorstadt  Neugarten  gelegenen 
Stolzenberge  stand  ein  Städtchen,  das  1807  und  1813  zum  grössten 
Teile  zu  Grunde  ging. 


154  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

in  Daiitzig-  gnugsamc  Cautiou  g'estellet  werden  möchte,  daß  Er  mit 
seinen  Leuten  allemuhl  wieder  l'rey,  sicher  und  ung'ehindert  würde 
zurückreisen  können,  so  wnlte  Er  alßdunn  ohne  weiteres  bedencken 
leicht  resolviren,  zu  der  verlangten  Aufl'wartung,  doch  bey  freyer 
Station  dahin  zu  reisen. 

Welches  der  Praesidirende  Herr  Burger  IMeister  Sr.  Woll  Edh 
Gestr.  Herrl.  zu  des  inehrerwehnten  Hn.  Lieutenants  inständigkeit  also 
zu  verschreiben  und,  damit  es  unter  der  Stadt  Siegel  extradiret  wer- 
den möge,  an  E.  Woll  Edl.  Hochw.  Raht  auffzuzeugen  nachgegeben. 

Actum  den  4.  Octobris  Anno  170L 

Ex  Actis  Nobilis  Domini  Constantini  Fred  er, 
Prae  Coss.  ac  Praesidis. 

Extrad.  6.  Octobr.  170L 

Im  selben  Jahre  wurde  einem  Danziger  Bürgersohne  Daniel 
Ernst  Careerius  verstattet,  auf  dem  Dominik  sein  Porcionellcn- 
spiel  (soll  lieissen  Policinellospiel  *),  Svelclies  in  kleinen  Marionetten 
bestehet',  zu  exercieren.  Er  rühmt  sich  in  seiner  ersten  unda- 
tierten Supplik,  diese  Wissenschaft  aus  sonderlicher  Lust  durch 
fleissiges  Nachsinnen,  wozu  ihn  auch  die  Dürftigkeit  getriel)en, 
erlernt  zu  haben.  In  einem  zweiten  Gesuche  erwähnt  er  auch 
'Nachspiele  mit  lebendigen  Personen'.  Es  wurde  ihm  am  7. 
Oktober  erlaubt,  seine  Vorstellungen  bis  Martini  fortzusetzen, 
wenn  er  täglich  ein  Drittel  der  Einnahme  an  das  Sjiendamt 
abliefere. 

1703.  Vermutlich  in  dies  Jahr  fällt  der  Besuch  der  sciion 
oben  S.  134  gelegentlich  erwähnten  holländischen  Öchauspieler- 
trui)pe  des  Jacob  vnn  Rijndorp,  der  sich  1710  in  Haml)urg 
rühmte,  in  Danzig,  Lübeck,  Kiel  und  Kopenhagen  gespielt  zu 
zu  haben.  Da  er  nun  im  Oktober  1703  in  Kopenhagen  war  und 
im  Dec.  1702  die  holländischen  Komödianten  aus  dem  Haag  in 
Berlin  Spielcriaubnis  erhielten,  darf  man  annehmen,  das  Rijn- 
dorp zum  Dominik  1702  in  Danzig  erschien.  Kijudorp-)  war 
ein  tüchtiger  Direktor,  der  lange  die  Theater  zu  Leiden  und 
im    Haag    leitete    und    auch    eine    ganze    Reihe    von    Lust-  und 


1)  Vgl.  oben  S.  151. 

2)  Geb.  zu  Amsterdam  zwisclicn  KliiO  und  1(170,  gest.  uacli  \T,]H. 
Vgl.  A.  van  Ilalmaei,  Bijdragen  tot  de  geschiedenis  van  het  tooneel  in 
Nederland  IHIO  S.  72.  Van  der  Aa,  Biogr.  Avoordenboek  der  Neder- 
land.Mi    K;,  iy20  (hier  lalschlicli  -Jan  van   K.). 


1701-1713.  155 

Trauerspielen^)  herausgab.  Aus  sciiier  Anwesenheit  in  Rotterdam 
während  des  Jalires  1(31)0  ist  l'<)li;endcs  Repertoire''^)  erhalten: 
Den  doJlen  Anwitas  (D,  Wels,  gedr.  1GG6),  De  clerde  mei/day 
(Rijndorp  1708),  De  hetooverde  helk  (Lafontaine,  La  coupe 
enchantee  1688),  Herodes  en  Mariane  (K.  Lescailje  1685  nach 
Calderon),  De  .schilder  door  Uefde  (A.  Pels  1682  nach  Moliere), 
De  hedrogen  vrouicenheicaarder  (F.  Groen  1707),  De  min- 
nares  naar  de  nioode  (V),  Beguhis  (holliindiseh  1690  nach  Pradon), 
Krispijn  juffrouio  en  notaris  (J.  de  Rijk  o.  J.  und  1737). 

1705.  'Im  Februar  hielten',  wie  IMiehael  BtiereP)  berichtet, 
'die  grossen  polnischen,  wie  auch  andre  fremde  Herren  ihr  Carne- 
fall,  Sie  liefen  verkleidet  und  verniasquet  wie  die  junge  Teuflfel. 
Deswegen  gab  ein  Christlicher  Prediger  folgende  Verse:  Der 
Teufel  hat  ein  Spiel  erdacht.  Mann  nennt  es  Masqueraden  .  .  .' 
(5  Strophen). 

1713.  Anfang  d.  J.  reiste  die  Prineii)alin  Sophie  Julie 
Haack-Elenson  von  Frankfurt  a.  M.  nach  Danzig,  ohne  sich 
vorher  beim  Danziger  Magistrate  um  Spiclerlaubnis  beworben  zu 
haben,  und  wurde  hier  abgewiesen^).  Sie  scheint  sich  dann 
nach  Königsberg  gewandt  zu  haben,  wo  1712  eine  ansehnliche 
Truppe  ein  halbes  Jahr  hindurch  spielte  und  100  Fl.  an  die 
Invalidenkasse  zahlte^).  1714  hatte  sie  in  Danzig,  wie  wir  sehen 
werden,  mehr  Glück.  —  Im  Dominik  scheint  nur  ein  Policinello- 
spieler  aufgetreten  zu  sein.  Das  Kännnercibuch  verzeichnet  unter 
den  Dominiks- Jahrmarkts  Einkünften : 

30.  Juli.     An  Johann  Wilhelm  Fasz  weg'en  der  Policinellen 
Bude  am  Wall 30  fl. 

1713.  Vermutlich  hat  Gabriel  Möller  (Müller),  der  in 
diesem  Jahre,   wie  ein  von  Klemming'')    erwähnter  Theaterzettel 


^)  Darunter  De  hellevaart  van  Doktor  Joan  Faustus  (Amsterdam 
1731),  ein  Stück,  das  vielleicht  eine  nähere  Untersuchung  lohnte. 

^)  P.  Haverkorn  van  Rijsewijk,  De  ende  Rotterdamsche  schouw- 
burg  1882  S.  8. 

3)  Berliner  Mscr.  boriiss.  quart.  97,  S.  G62. 

4)  Chronologie  des  deutschen  Theaters  (1775)  S.  49.  Vgl.  dazu 
E.  Mentzel,  Archiv  für  Franklurts  Gesch.  N.  F.  9,  143  (188'2). 

^)  Hagen,  Gesch.  des  Theaters  in  Prenssen  S.  111. 

^)  Sveriges    dramatiska  Litteratur    S.  15    (1879).     Danach   gaben 


156  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

beweist,  in  Königsberg-  Vorstelhing-en  gab,  auf  dem  Wege  dorthin 
auch  Danzig  besucht.  Möller  war  in  der  letzten  Zeit  Veltens, 
mindestens  seit  1689,  mit  seinem  älteren  Bruder  Christian  Mit- 
glied der  Veltenschen  Truppe;  beide  gründeten  dann  1693  eine 
neue  Truppe,  l)emiiliten  sich  aber  vergeblich  in  Leii)zig  um 
Spielerlaubnis  0.  Im  Januar  1702  und  1703  erschien  Gabriel 
^löller  in  Leipzig  mit  dem  Titel  eines  baireuthischen  Hofkomö- 
dianten; im  April  1703  kehrte  er  als  Sachsen- Weimarischer  Hof- 
komödiant wieder  und  trat  im  Juni  d.  J.  in  Berlin  auf;  1705  in 
Leipzig,  1706  in  Leipzig  und  Kiel;  1708  spielte  er  auf  der 
Leipziger  Michaelismesse  vereint  mit  dem  österreichischen  Princi- 
pale  Anton  Geissler  und  erhielt  am  15.  Nov.  die  Erlaubnis,  am 
Berliner  Hofe  bei  den  Vermählungsfeierlichkeiten  des  Königs 
Friedrich  I.  zu  erscheinen.  1710  am  6.  Juni  wurde  er  der  Pest 
wegen  in  Berlin  abgewiesen,  trat  aber  1709  und  1710  wiederum 
zu  Leipzig  auf.  Von  diesem  oft  besuchten  Platze  scheint  ihn 
dann  sein  Konkurrent  Job.  Caspar  Hacke  verdrängt  zu  haben; 
wir  Iretfen  iiin  seitdem  nur  in  den  Ostseestädten  an.  Die 
Chronologie  des  deutschen  Theaters  (1775.  S.  39)  nennt  ihn  und 
seinen  Bruder  den  kleinen  und  den  schwarzen  Müller,  verwechselt 
ihn  aber,  wie  es  scheint,  mit  Martin  IMüller^).  Gabriel  ]\löller 
agierte  1716  von  Januar  bis  April  in  Riga  und  kehrte  im  August 
1721  dahin  zurück,  nachdem  er  im  März  1721  von  Kopenhagen 
konnnend  in  Stockholm  aufgetreten  war  (Dahlgren,  Anteckningar 
om  Stockholms  theatrar  1866  S.  22). 

1714.  Die  1712  abgewiesene  Trui)pe  der  kgl.  polnischen 
und  kurfürstl.  sächsischen  Hofkomödianten  erhielt  im  Juli  Spiel- 
crlaul)nis.  Sie  stand  unter  der  Leitung  von  Job.  Caspar  Hacke 
und  seiner  Frau  Sophie  Julie,  die  aus  Hamburg  stammte  und  in 


1713  die  Sachsen-Weimarisclien  Hotkomödianten  in  Königsberg  'La 
Bisa  Iie(/ina  di  JSuecia!  Die  Königsberger  Archive  sind  leider  für 
diese  Zeit  noch  nicht  durchforscht. 

1)  Bolte,  Zs.  f.  d.  Phil.  19,  S7.  Wustmann,  <,)uellen  zur  (lescli. 
Leipzigs  1,  473.  481.  —  Ob  die  Wiener  Hs.  13250  auf  eine  Verbiiuhuig 
Möllers  mit  der  Triippe  Andreas  Elensons  hinweist,  bleibt  zu  unter- 
suchen. Christian  Müller  wird  KüU  unter  den  Schaiisj)ielern  Veltens 
genannt  (Fürstenan  1,  .'Ul). 

2)  Vgl.  nuten  S.  I(i2;  über  Jos.  Ferd.  Müller  S.  158;  über  Joh. 
Christoffer  Müller  S.  101, 


1713.  1714.  157 

erster  Ehe  dem  Schauspieler  Julius  Franz  Ejensoii,  dem  Sohne 
des  hekannten  Principals  Andreas  Elenson  ^)  aus  Wien  und  seiner 
Gattin  Marie  Margarete,  angehört  hatte.  Sophie  Elenson  hatte 
nach  dem  Tode  ihres  ersten  Gatten,  der  am  7.  Juli  1708  zu 
Sehwalhach  starb,  zuerst  die  Direktion  der  Trupi)e  allein  weiter- 
geführt, 1711  aber  ihren  Harlekin  Hacke,  einen  ehemaligen 
Dresdener  Barbiergehilfen,  geheiratet^),  der  bald  darauf  das 
Privileg  eines  mecklenburgischen  HofkouKidianten  und  am  28.  Fe- 
bruar 1714  das  eines  kursächsischen  Hofkomödianten  und  die 
Freiheit,  auf  den  Leipziger  Messen  zu  spielen,  erhielt.  Als  er 
nach  mannigfachen  Wanderzüg-en^)  1722  starb,  heiratete  seine 
Witwe  zum  dritten  Male,  und  zwar  den  Schauspieler  Karl  Lud- 
wig Hoflfmanu  ^),  starb  aber  schon  Ende  1725.     Bald  nach  ihrem 


^)  Dieser  Andreas  Elenson  ist  nachweisbar  1G71  in  Graz;  1672 
Dresden  und  Leipzig-;  1(573  Wien,  Leipzig-.  Frankfurt;  1(179  Dresden, 
Halle,  Leipzig-,  Frankfurt;  1680  Bevern,  Hildeslieim,  Hannover,  Neu- 
haus a.  d.  Elbe;  1683  Dresden,  Leipzig;  1684  Frankfurt;  1689  Laibach 
(vorher  Wien,  Graz,  Klagenfurt);  1692  Wien;  1694  Wien;  1695  Regens- 
burg-,  Augsburg-,  Frankfurt;  1698  Augsburg-,  Nördiingen,  München  (als 
ehemal.  Sachsen-Lauenburgischer  und  gegenwärtiger  badischer  Hof- 
komödiant); 1701  Kiel,  Bremen;  1702  Rostock,  Berlin  (nieklenburg-ischer 
Hofkomödiant);  1703  Stralsund;  im  Juli  Breslau;  1704  Berlin;  1705 
Dresden;  1706  Wien,  Dresden.  Vgl.  Trautniann,  Jahrb.  f.  Münch.  Gesch. 
3,  330.  —  In  einer  am  17.  Juli  1703  in  Breslau  eingereiciiten  Supplik 
erwähnt  Elenson,  dass  er  in  Hamburg-,  Nürnberg-,  Frankfurt,  Strass- 
burg  und  andern  Orten  gespielt  habe.  Vgl.  die  Wiener  Hs.  13250 
und  13229. 

2)  E.  Mentzel,  Archiv  f.  Frankfurts  Gesch.  N.  F.  9,  137.  Petli, 
Theater  zu  Mainz  S.  15  (1879). 

^)  Hacke  besuchte  1711  Frankfurt  a.  M.  und  Mainz;  1712  (König^s- 
berg  und  Russland?),  im  Okt.  Leipzig-;  1713  Leipzig;  1714  im  Jan. 
Leipzig-,  Dresden,  Danzig-  (Königsberg?);  1715  im  Okt.  Leipzig-;  1716 
Leipzig-,  Darmstadt,  Frankfurt  a.  M.;  1718  Leipzig-,  Prag-;  1719  Leipzig; 
1720  Leipzig;  1721  Leipzig;  1722  Leipzig. 

■*)  Sie  besuchte  1723  Leijizig  und  Nürnberg;  1724  Leipzig-  und 
Breslau;  1725  Leipzig;  auch  Braunschweig  und  Wolfenbüttel.  Ihre 
Erben  sitielten  in  Leipzig  1726  und  1727,  1726  auch  in  Hamburg-.  Dass 
Karl  Ferdinand  Elenson  ihr  Sohn  war,  wie  E.  Mentzel  (9,  146)  angiebt, 
ist  mir  zweifelhaft,  da  schon  1713  ein  Ferdinand  E.  als  Principal  in 
Leipzig-  erscheint.  Ein  Verzeichnis  ihrer  Truppe  liefert  Heine,  Das 
Schaus])iel  der  deutschen  Wanderbühne  1889  S.  4(5  f.  In  der  Wiener 
Hs.   13151   V.  .J.  1741  nennt   sich    ein  F.   W.  Elensohn. 


158  Bolte,  Das  Danziger  Theatei*. 

Tode  trennten  sich  die  IVfitg-lieder  ihrer  Truppe  von  einander; 
ihre  Tochter  ans  erster  Ehe  Susanne  Katharine,  die  den  Harlekin 
Joseph  Ferdinand  Müller  ^)  geheiratet  hatte,  und  die  berühmte 
Friederike  Karoline  Neuber^)  mit  ihrem  Manne  gründeten  eigne 
Principalschaften,  und  Hotimann  ging,  von  Schulden  gedrängt, 
nach  Petersburg  3). 

Welche  Stücke  Hacke  1714  auf  der  Fechtschule  aufführte, 
ist  uns  nicht  überliefert;  doch  ist  wohl  anzunehmen,  dass  sich 
die  Erwartung  seiner  Fürsprecher,  der  Lazaretvorstchcr,  erfüllte, 
er  werde  seinen  Vorgänger,  e])cn  jenen  Gabriel  Mciller,  den  er 
schon  aus  Leipzig  verdrängt  hatte,  weit  übertreffen.  Seine  Ein- 
gabe lautet: 

Herr  Bürgermeiatev  otc. 

Ew.  Hoch  Edl.  Gestr.  Ilorrl.  woUon  hochg'eneio;t  vorgiinncn, 
daß  icli  EiuU'.sliouandter  als  Principal  von  den  Königl.  Polnischen  und 
Cliurlursti.  Säclischon  Hoff-Comoedianten  diese  meJne  Bittsclirifft  in 
tiefi'ster  Submission  zu  dero  Füßen  niederlege.  Es  hat,  IIochEdle, 
Hochgebietliende  Herren,  Ihr.  Königl.  May.  mir  die  allergnädigste  Per- 
mission verlielien,  mich  auff  eine  Zeit  lang  nachcr  Dantzig  zu  begeben ; 
Nun  bin  ich  bcn-eits  vor  5.  Wochen  aus  Dreßden  abgereyset,  und  weil 
es  mir  an  dem  hiesigen  Orthe  nebst  16.  Personen,  die  zu  besonderen 
Contenteinont  der  Spectatoren  agiren  können,  ein  merckliches  kostet 
und  alle  Tage  viel  auffgehet:  Alß  habe  mich  erkühnet  Ew.  HocIiEdl. 
Gestr.  Herll.  demüthigst  zii  bitten,  daß,  weil  bereits  andere  schlechtere 
Actores  vor  mir  Comoedien  zu  praesentiren  Concession  erhalten  ge- 
habt, Ew.  HochEdl.  Gostr.  Herrl.  auch  mir  die  Gnade  zu  erzeigen  und 
hochgeneigt  zu  vergönnen  geruluni  wollen,  daß  ich  autT  der  hiesigen 
Fecht-Schule  recht  auserlesene  und  erbauliche  Comoedien  spielen 
möge  und  ehester  Tage,  weil  es  mir  sonst  zu  schwer  fallen  möchte  mit 
meinen  Leuten  alhier  zu  subsistiren,  anfangen  dürffe.  Ich  bin  willig 
und  erböthig,  daß  das  hiesige  I^azareth  von  denen  daher  konnnenden 
Einkünfften  eben  so  viel  als  bey  denen  letztanwesenden  Conioedianten 
genüßen  möge.  Wie  nun  dieses  mein  billiges  Gesuch,  thcils  denen 
Armen  zu  iiUte,  theils  zur  Geniüths  Ergötzung  und  Vorstellung  vieler 


')  Jos.  Ferd.  Müller  erhielt  1733  das  sächsische  Privilegium  und 
trat  bis  174ri  verschiedentlich  zu  Leipzig,  Hamburg  und  Frank 
fürt    auf. 

2)  F.  J.  V.  IJeden-Esbeck,  Caroline  Nculx-r  1881  S.  43. 

3)  Fürsten  au  2,  310. 


1714.  ITIC.  159 

guten  Lcbeiis-Roguln  gereichet;  Alß  will  ich  mich  gnädiger  Deferirung 
g'etrösten,  der  ich  ersterbe 

Ew.  Hoch-  und  WolKd.  Gcstr.  Herr. 
nntertliänigster  Knecht 
[eigenhändig]         Johann  Caspar  Hacke 
d.  17.  Mart.  Principal  von  der  Königlichen  Pohlnischen 

nnd  Churiürstl.  Sächsischen  Hoff-Comoedian ten  Bande. 

Lect.  in  Senat,  d.  4.  Jul.  1714.  Und  wil  E.  liath  dem  siippli- 
canten  dergestalt  in  seinem  Gesuch  fügen,  daß,  wenn  er  die  Fecht- 
schule auf  seine  Unkosten  wird  haben  repariren  laßen,  seine  eom- 
pagnie  daselbst  spielen  möge;  jedoch  werden  die  Stücke,  die  er  wird 
praesentiren  wollen,  vorhero  dem  Secretario  Arcliivi  zur  Censur  zu 
übergeben,  übrigens  so  wol  der  Cämmerey  dasjenige,  was  sie  im 
vorigen  Jahr  von  denen  damaligen  Comoedianten  genoßen,  als  auch 
dem  Lazareth  ^4  pt-  des  Gewinns  zuzuführen  seyn. 

Hierzu  gehört  noch  eine  undatierte  Eingabe  der  Vorsteher 
des  Lazarcts,  die  den  Rat  bitten,  den  vor  14  Tagen  aus  Dresden 
angelang-tcn  Hofkomüdianten  des  Königs  von  Polen  auf  der  Fecht- 
schule zu  spielen  zu  erlauben,  da  'sie  recht  qualificirte  Leute  zu 
seyn  scheinen  und  denen  vorigen  Comoedianten  im  spielen  sonder 
zweiffei  weit  vorgehen  werden';  auch  hätten  sie  versprochen, 
gleich  den  vor  einiger  Zeit  dagewesenen  Komödianten  ^/^  Part 
ihrer  Einkünfte  (damals  700  fl.)  zu  geben.  Aus  einem  Vermerke 
des  Kämmereibuches  (1714,  3. — 10.  Oct.  kleine  Ehinahme)  ersieht 
man,  dass  in  der  Fechtschule  notwendige  Reparaturen  vorzu- 
nehmen waren: 

Fr.  Sophia  Hackin  wegen    der  Comedianten  Bude   abgetragen     342  Jl. 
Contra  Ausgabe:  An  Fr.  Sophia  Hacken  vor  vnkosten    an  der 

Comedianten  Bude 100  11. 

Über  einen  Policinellospieler,  der  im  Dominik  auftrat,  notiert 
das  Kämmereibuch  unter  dem  4.  August:  'An  Johann  Lorenz 
Fest  wegen  der  Policinelle  30  fl.' 

1716.  Am  29.  April  wurden  zu  Ehren  der  Zusammenkunft 
des  Czaren  Peter  mit  dem  Könige  Friedrich  August,  bei  der 
auch  die  Vermählung  des  Herzogs  Karl  Leopold  von  Meklenburg- 
Schwerin  mit  einer  russischen  Prinzessin  stattfand,  Handwerker- 
aufzüge auf  dem  Langen  Markte  veranstaltet;  die  »Sehitfszimmer- 
leute  erschienen,  ihren  Falinenschwinger  voran,  die  Kürschner 
hielten  einen  maskierten  Mohrentanz,  die  Fleischer  ritten  auf 
ungesattelteu  Pferden  Karousscl,  wobei  sie  nach  einer  lose  ange- 


160  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

bundeneu  Gans  und  einem  aiifgehäng-ten  Wassereimer  stachen, 
und  ein  Zimmerg-eselle  erkletterte  einen  mit  Seife  bestrichenen 
Mastbaum.  (Löschin,  Gesch.  Danzig-s  2,  128  und  Beiträge  zur 
Gesch.  Danzigs  3,  94  nach  dem  hsl.  Journal  des  Majors  v. 
Conradi). 

1718.  Zum  Dominik  kam  Job.  Carl  von  Eckenberg  mit 
einer  Komödiantensehar  von  AVien  nach  Danzig.  Er  war  als 
Sohn  eines  einfachen  Sattlers  zu  Harzgerode  1684  geboren  und 
hatte  sich  erst  1717,  als  er  vor  August  dem  Starken  und 
Friedrich  Wilhelm  I.  von  Preusscn  seine  Kraftproductionen  vor- 
führte, das  Adelsprädicat  zugelegt^).  Auch  in  Danzig  werden 
solche  Athletenkiinste  einen  Teil  seines  Rci)crtoircs  gebildet 
haben.  Ein  Spiclgcsuch  hat  sich  nicht  erhalten,  wohl  aber  eine 
am  31.  August  von  Eckenberg  bei  dem  bürgermeisterlichen  Amte 
eingereichte  Klage  wider  den  Schauspieler  Johann  Schultz.  Mit 
diesem  hatte  E.  am  1.  Juni  einen  Kontrakt  geschlossen,  dass  er 
'in  seiner  Compagnie  an  allen  Orten,  wo  Kläger  sieh  hin])egeben 
würde,  vor  18  Tbl.  monathlich  die  lustige  Persohn  wie  schon 
früher  agiren  und  in  wehrender  Zeit  nichts  vornehmen  noch  ver- 
absäumen wolle,  welches  dem  Kläger  nachtheilig  seyn  könne'; 
Schultz  aber  wollte  zu  einer  andern  Truppe  gehen  und  behauptete, 
der  Kontrakt  sei  nur  auf  einen  iMonat  gemacht.  Als  der  Bürger- 
meister zu  Gunsten  Eckenbergs  entschied,  ergriff  Schultz  die 
Flucht.  Eckenberg  erwirkte  freilich  am  l.Sept.  einen  Haftbefehl 
gegen  ihn;  doch  erfahren  wir  nicht,  dass  der  Flüchtige  ergriffen  sei. 

1710.  Von  Danzig  war  Eckenberg  im  Herbst  1718  nach 
Kr)nigsberg  und  Riga  und  Ende  Januar  1719  nach  Petersburg 
gezogen,  wo  er  am  16.  April  mit  einem  ehrenvollen  Zeugnis  Peters 
des  Grossen  entlassen  wurde.  Er  kehrte  nun  wiederum  nach 
Riga  zurück  und  verband  sieh  hier  mit  der  Truppe  der  Princi- 
palin  Victoria  Clara  Bönicke,  die  schon  zwei  Winter  hindurch 
hier    Vorstellungen    gegeben    hatte  ^).      Die    Direktorin    war    die 


^)  Vgl.  iiicincn  Aufsatz  über  den  'starken  Mann  .1.  C.  F-fkcn- 
berg-'  in  den  Forscbuiigcn  zur  braiul(Mil).-|)r<'Uss.  Goscb.  2,  "il?  (18!S9), 
M'ozu  irli  g('log-('.iitlic-li   Nachträge  vcrüncutlirbcii  werde. 

')  Krlialtcn  ist  im  Uigaer  Sl;i(ltaiclii\-  eine  interessante  Liste 
ilirer  Vorstclliin''en  samt  den   Kinnalimen. 


1716-1725.  161 

Witwe  des  Baden-Durlacliisehen  Ilolkomödianten  Heinrich  Wilhelm 
Böiiicke  oder  Peiiicke ')  und  hatte  bei  sieh  den  Schauspieler  Joh. 
Hinrich  Mann  inid  den  'Sänger  und  gewesenen  Comödianten' 
Johann  Christoffer  JMüller  mit  seiner  Frau  Magd.  Wilh.  Christina 
von  der  Huwen.  Eckenberg-  wollte  mit  der  40  Köpfe  starken 
Gesellschaft  zum  Dominik  nach  Danzig-  reisen,  wurde  aber  in 
Köuig'sberg-  durch  den  Anwalt  eines  Gläubigers,  des  Kaufmanns 
Georg-  Künstlich,  in  einen  langwierigen  Process  verwickelt,  der 
ihn  nötigte,  bis  zum  April  1720  in  Königsberg  zu  bleiben.  Ob 
statt  seiner  eine  andre  Truppe  in  Danzig-  erschien,  ist  aus  den 
Akten  des  Stadtarchivs  nicht  festzustellen  2). 

1720.  Eckenberg  langte  aus  Königsberg  an  und  fuhr 
nach  Kopenhagen,  wo  er  bis  1722  im  Wetteifer  mit  andern 
deutschen  Truppen  um  die  Gunst  des  Publikums  warb;  1721 
machte  er  auch  einen  Ausflug  nach  Schweden,  wurde  aber  im 
Nov.  in  Königsberg-  abgewiesen. 

Sein  früherer  Genosse  Joh.  Heinrich  Mann,  der  1720  in 
Königsberg  zurückgeblieben  war,  spielte  im  Januar-Februar  und 
im  Oktober-December  1722  in  Riga  und  1725  in  Petersburg^). 
Auch  der  1724  in  Riga  auftretende  'starke  Mann'  Joh.  Siegfried 
Solar  scheint  ein  früheres  Mitglied  der  Eckenbergsehen  Bande 
zu  sein,  das  sonst  Scolary  genannt  wird*)-,  mit  ihm  hatte  sich 
ein  Marionettenspieler  Joh.  Daniel  Schönrock,  Bürger  zu  Dan- 
zig, zusammengethan,  der  ausser  seiner  Frau  noch  acht  Personen 
bei  sich  hatte  und  1729  nochmals  nach  Riga  kam^). 

1725.  Aus  Rigaer  Akten  erfahren  wir,  dass  der  dort  am 
6.  April  172G  mit  einer  'vollkommenen  Compagnie  Komödianten' 


^)  H.  W.  Penicke  kam  1711  zur  Herbstmesse  von  Wien  nach 
Leipzi»-,  spielte  1712  ebenda  und  17ir>  in  Frankfurt;  nacli  der  Chrono- 
log-ie  des  d.  Tiieaters  1775  S.  44  war  er  Mitglied  von  Stranitzkys  Bande. 

-)  Das  Vorstehende  ist  zumeist  aus  Rigaer  und  Berliner  Archi- 
valien entnommen;  vg-1.  Ilag-en,  Gesch.  des  Theaters  in  Preiissen  S.  113. 

ä)  Am  31.  Okt.  1722    erhielt    er    vom    Rig-aer    Rat    die  Weisung-, 
zum  Besten  des  Hospitals  die  Komödie  vom  reichen  Manne  und  armen 
Lazaro,    am    21.    Nov.    die    von    Judith     und    llololernes    zu    agieren 
(Rigaer  Ratsprotokolle.     Vgl.  Wesselolsky,  Deutsche  Einflüsse  auf  das 
>  alte  russ.  Theater  1876,  S.  66). 

*)  Vgl.  Bolte,  Forsch,  zur  brandenburg.  Gesch.  2,  523. 

6)  Rigaer  Stadtblätter  1889,  S.  293. 
Th.  F.   XII.  11 


2ß2  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

eingetroffeue  William  Dur  harn  kurz  zuvor  Daiizig  und  Königs- 
berg besucht  hatte.  Dieser  Wilhelm  Durham  oder  Duhram,  wohl 
ein  Sohn  des  gleichnamigen  Berliner  Generalfiskals,  hatte  am 
5.  Dec.  1724  vom  Könige  Friedrich  Wilhelm  I.  ein  Privileg  für 
seine  Länder  erhalten  und  trat  im  Nov.  1727  in  Stettin,  im 
Januar  1728  in  Halle  auf*).  Mit  seinen  Schauspielen,  von  denen 
uns  Arlequin,  das  durchlauchtige  Müllermädchen  und  Genoveia 
genannt  werden,  verband  er  nach  dem  Äluster  Eckenbergs  "aller- 
hand rare  Stücke  von  Voltigiren,  Springen,  Balancieren,  Posituren 
und  Tänzen'. 

1730.  Dieses  Jahr  bildet  einen  Abschnitt  in  der  Theater- 
geschichte  Dauzigs,  da  der  Rat  damals  die  alte  Fechtschule 
reparieren  und  zu  einer  „Komödiantenbude"  einrichten  Hess,  die 
er  am  23.  Juni  dem  Komödianten  Müller  für  eine  jährliche 
Pacht  von  600  Gulden  übergab-)-  Die  Pachtsumme  wurde  1732 
und  1733  auf  550  Gulden  eriuässigt;  im  Ganzen  kamen  bis  zum 
Jahre  1780,  wo  ein  Bereiter  George  Philipp  Braun  dem  Rate 
vorsehlug,  das  baufällige  Komödienhaus  in  eine  Reitbahn  umzu- 
wandeln, 10  710  Fl.  Mietsgeld  dafür  ein  3),  und  das  Gebäude 
blieb  bis  zur  Eröffnung  des  neuen  Schauspielhauses  i.  J.  1801 
in  Benutzung^). 

Der  eben  genannte  erste  Pächter  des  Theaters  war  jener 
Martin  Möller  (Müller),  der  im  März  1729  in  Riga  als  Führer 
einer  Compaguie  hochdeutscher  Comödianten  auftrat,  1732  in 
Kiel  spielte,  im  September  1732,  also  nach  dem  Dominik,  mit 
zwölf  Schauspielern  aus  Danzig  in  Stockholm  anlangte  und  im 
Winter  1733—34  vereint  mit  der  Gesellschaft  des  J.  C.  Kreutzer 
ebenda  eine  Reihe   uns   genauer  bekannter  Vorstellungen    veran- 


1)  Bolte,  Monatsblätter  der  Ges.  f.  pommersche  Gesch.  1887,  57. 
Opel,  Magdeburg.  Zeitung  1881,  Beibl.  Nr.  23,  S.  178. 

^)  Ratsbeschluss  vom  23.  Juni  1730,  citiert  im  Berliner  Mscr.  bo- 
russ.  fol.  250  (Niicleus  Senatus-consultorum  Ged.)  Bl.  214  a.  —  So  ver- 
mietete auch  der  Breslauer  Rat  seit  1727  den  im  Ballhause  in  der 
Neustadt  eingerichteten  'Opernplatz'  an  einzelne  Prinzipale. 

8)  Bericht  des  Kännnerei-Bauamtes,  veranlasst  durch  die  am 
8.  Mai  1780  eingereichte  Sui)plik  des  G.  Ph.  Braun  (Sladtarcliiv). 

4)  Löschin,  Geschichte  Danzigs  2,  199.  299.  351.  —  über  die 
Theaterverhältnisse  der  nächstlolgenden  Zeit  vgl.  Löschin,  Beiträge 
zur  Geschichte  Danzigs  1,  G3  (1837)  und  H.  Devrient,  Joh.  Fr.  Schöne- 
mann (1895). 


1725-1730.  163 

staltete^).  Wir  cutnehiiien  hieraus,  dass  Möller  nur  während 
einiger  Monate,  nanicntlieh  natürlich  zur  Zeit  des  Dominiks,  in 
Danzig-  auftrat.  Auf  ihn  g-ehen,  wie  es  scheint,  die  beiden  nach- 
folgenden Theaterzettel  zurück,  auf  denen  auch  die  Eintrittspreise 
vermerkt  sind. 

Für  das  erste  Prog-ramm  ist  das  so  g-ut  wie  sicher,  da  die 
auf  diesem  angekündigte  'Männerliebende  Rosette'  von  M.  Müller 
und  J.  C,  Kreutzer  auch  am  Dienstag-  d.  18.  Sept.  1733  in  Stock- 
holm gegeben  wurde;  nach  dem  auf  der  Stockholmer  Bibliothek 
betindlichen  Zettel  lautet  der  Titel:  "LErrore  honesto  o  sia 
Eonetta  jardiniera,  diventata  Contessa  di  Bavia  o  di  Tortona\ 
—  Nach  dem  wenigen,  was  über  den  Inhalt  des  Stückes  über- 
liefert ist,  darf  man  darin  eine  karikierende  Nachahmung  der 
achtzig  Jahre  zuvor  erschienenen  ^Schäfferey'  Rosetta  (Leipzig 
1C53.  8")  des  jungen  Leipziger  Magisters  Heinrich  El men hörst 
aus  Hamburg  erblicken,  die  auch  ins  Repertoire  der  Wander- 
truppen übergegangen  war  (Nr.  99  des  Weimarer  Repertoires: 
Die  schöne  schäfferin  Rosseta).  Dies  fünfaktige  Prosadrama 
scheint  durch  eine  litterarische  Vereinigung  von  Leipziger  Studenten 
angeregt  zu  sein,  mit  der  auch  der  Verfasser  des  'Hylas  aus 
Latusia'  (IGfM).  Herrigs  Archiv  82,  110),  Justus  Sieber,  J.  G. 
Schoch  und  J.  G.  Albini,  dessen  Erofdo  (1G52  nach  Oats'  Trou- 
ringh)  Elmenhorst  in  seiner  Vorrede  citiert,  in  Verbindung  standen. 
Der  Inhalt  ist  ziemlich  albern.  Die  sicilische  Schäferin  Rosetta, 
die  der  spröden  Ismelira  gegenüber  das  Verliebtsein  verteidigt, 
hat  nicht  weniger  als  drei  begünstigte  Liebhaber,  allerdings  nach 
einander.  Als  der  gewissenlose  Strephon  ihr  den  Tod  ihres  Ver- 
lobten Sylvander  meldet,  um  bald  darauf  um  ihre  Hand  zu  wer- 
ben, bricht  sie  zwar  in  Klagen  aus,  beschliesst  aber,  'Strephon, 
soviel  die  Zeit  zulassen  wird,  zu  lieben,  indessen  auch  nicht 
auffzuhöreu,  ein  tägliches  Optfer  ihrer  Erbarmung  und  Mitleidens 


*)  Rigaer  Ratsprotokollo.  Dahlg-ren,  Antockningar  1866  S.  26  f. 
Klemming,  Sverly-es  draniatiska  lilteratur  1879  S.  70.  r);!9.  Die  Titel 
der  1733—34  in  Stockliolm  aiifgelulirtcn  Stücke  werde,  ich  später  ver- 
öffentlichen. —  Übrig-ens  erwähnt  Job.  Gri  eg,  Prinzipal  der  hochdeut- 
schen Komödianten,  am  13.  Dec.  1734  in  einer  Supplik  an  den  Rig-aer 
Rat,  dass  er  die  Compagnie  in  Stockhohn  übernommen  iiabe,  weil  ihn 
seine  Leute  Moritz  Seeliger  nebst  Schatten  und  Lambert  überredet 
hätten. 


164  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

dem  abgeleibten  Sylvander  auifziiopffeiu'.  Da  kehrt  der  Totge- 
glaubte zurück.  Wie  Rosetta  ihn  freudig  umarmen  will,  weist 
er  sie  entrüstet  als  eine  Treulose  zurück;  auch  Strepbou,  der 
ihr  seinen  Betrug  reuig  eingesteht,  verlässt  sie,  um  freiwillig  den 
Tod  zu  suchen.  Aber  der  arkadische  Prinz  Clearchus,  der  um 
ihretwillen  sich  als  Schäfer  Fillidor  verkleidet  hatte,  tritt  nun  in 
die  Lücke  und  führt  die  allzeit  verliebte  Schäferin  als  Braut 
heim.  Ein  zum  Schlüsse  angekündigtes  Trauerspiel,  in  dem 
Elmenhorst  die  weiteren  Schicksale  der  Rosetta  darstellen  wollte, 
ist  glücklicherweise  nicht  erschienen. 

Die  auf  dem  zweiten  Zettel  Müllers  genannte  Hauptaktion 
■"Der  grossmütige  Siroe'  ist  einem  italienischen  Operntexte  von 
Pietro  Metastasio  (Opere  3,  223.  Parigi  1780)  nachgebildet,  der 
die  628  erfolgte  Entthronung  des  persischen  Königs  Chosru  durch 
seinen  Sohn  Schiruch  (Siroe)  zum  Gegenstande  hat.  Dieser  ita- 
lienische 'Siroe'  wurde  sehr  häufig  komponiert,  zuerst  1726  von 
Leonardo  da  Vinci  in  Venedig,  1728  von  Händel  in  London 
(Ausgabe  der  d.  Händel-Gesellschaft  Bd.  75.  1878),  1731  von 
Ant.  Bioni  in  Breslau  (Kahlert,  Schles.  Provinzialblätter  106,  3. 
1837),  1733  von  J.  A.  Hasse  in  Wien  u.  a.  ~  Die  Nachkomödie 
'Die  kostbaren  Lächerlichkeiten'  ist  ein  Stück  Moli  eres,  das 
schon  1670  verdeutscht  (Eloesser,  Die  älteste  deutsche  Übersetzung 
Molierescher  Lustspiele  1893  S.  31)  und  z.  B.  1680  von  Veiten 
gespielt  worden  war. 

Mit  Bewilligung  einer  hohen  (3brigkeit  wird  heute  auf  der  hie- 
sigen Schaubühne  ein  ganz  neues  Scherz-Si)iel  aulgeliilirt  werden, 

genamit 

Das    a  f  f  e  c  t  i  r  t  e    Frauenzimmer 

oder 

Die    M  ä  n  n  e  r  - 1  i  e  b  c  n  d  e    li  o  s  e  1 1  e 

mit    Arlequin    einem    lächerlichem    Pilgrani. 

Avertissement. 

Zu  was    für    lächerliche    Schwachheiten    die    Ehstands- Begierde 

und  Männerii(^be  manches  Frauenzimmer  bringen  kann,  legt  nicht  nur 


1)  Nach  dem  Abdriicke  in  der  Danziger  Zeitschrilt  'Dampi'boot' 
1840,  19.  Mai,  Schaluppe  Nr.  60:  'Ein  Danziger  Theaterzettel  aus  dem 
vorigen  Jahrhundert'.  Beigefügt  ist  die  Bemerkung:  'Auf  dem  Zettel 
ist  kein  Datum,  er  .stammt  aber  wahrscheinlich  aus  dem  vierten  De- 
ceuuium  des  vorigen  Jahrhunderts.' 


1730.  165 

die  jährliehe,  sondern  fast  tätliche  Erfahrung-,  genug-sam  an  den  Tag-, 
zumal  wenn  sieh  bey  solcher  Art  von  Frauenzimmer  ein  absurder 
Stolz  und  ridieule  Eigenliebe  befindet.  Man  siebet  ja,  wie  es  heu- 
tiges Tages  bei  einer  Jeden,  auch  von  dem  geringsten  Stande  alle- 
zeit heißen  müße:  Mademoiselle.  Denn  die  alte  aus  der  Mode  ge- 
kommene Jungferschaft,  hat  man  nebst  dem  altgeblümten  Zeuge  von 
Kameelhaaren,  denen  Kaminermädgens  geschenkt,  welche  sie  aber, 
als  eine  heut  zu  Tage,  wenig  mehr  geachtete  Rarität,  denen  Kut- 
schern und  Untei'bedienten  aufzuheben  gegeben. 

Ein  gleiches  werden  wir  in  der  heutigen  Action  wahrnehmen 
an  Rosetten,  einem  Frauenzimmer  geringen  Standes,  welches  die 
Phantasie  so  weit  bringet,  daß  sie  sich  nicht  allein  einbilden  läßt,  sie 
sey  nicht  nur  aus  adelichen,  sondern  sogar  aus  gräflichen  Geblüte 
entsprossen  und  alle  Mannsbilder  müßten  sich  partout  in  sie  verlieben 
etc.  Hiebey  nun  werden  die  allerlächerlichsten  Passagen  vorkommen, 
so  ein  respect.  Auditorium  gewiß  vergnügen  werden  etc. 

Die  Herbstluft  ist  sehr  rauh;  man  hört  von  lauter  Flüssen, 
Der  eine  hats  im  Haupt;  der  andere  an  den  Füssen, 
Der  dritte  in  dem  Knie;  der  vierte  auf  der  Brust, 
Daß  er  ganz  heisch,  und  sich  fast  gar  zu  Tode  hust, 
Ein  Zufall  aber  geht  fast  durch  das  ganze  Land, 
Der  heißt:  die  Jungfern  plagt  so  sehr  der  Ehestand. 

NB.  Zur  Nachricht  dienet,  daß  die  Rosette,  die  neu  ankommende 
Sängerin  vorstellen,  und  ihre  Auftritte  mit  vielen  angenehmen  comi- 
quischen  Arien  accompagniren  wird. 

Unterredende  Personen: 

1)  Auselnio,  Vater  des 

2)  Florindo 

3)  Brigello,  dessen  Diener 

4)  Gratiano,  Vater  der 

5)  Lucinda 

6)  Ciarice,  Anverwandtin  des  Grafen  Anselmo 

7)  Arlequin,  ihr  Bedienter 

8)  Silvio,  Amant  von  Lucinden 

9)  Rosette,  eine  Gärtnerin 
10)  Bediente  und  Porteurs. 

Vorstellungen  und  Veränderungen  des  Theatri  sind: 

1)  VAn  ordinaires  Zimmer 

2)  Ein    Garten,    worin    Rosetta    nebst    anderen    Gärtnern    der   Arbeit 
obliegt 

3)  Rosettens    lächerlicher  Aufzug    als  Gräfin    mit    ihren  Läufern  und 
Bedienten 

4)  Ihre  Parade  in  der  Portechaise 

5)  Ein  Saal  mit  Wandleuchtern  und  Spieltischen  ausgezieret. 


IQQ  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Der  Beschluß  machet  ein  Tanz  und  eine  Nach-Comödie  in  Versen 
genannt: 
Der  plauderhafte  Schäfer. 

Unsere  Sängerin  aus  Petersburg  wird  mit  Italienischen  und 
deutschen  Arien  sich  zu  signalisiren  trachten. 

Der  Schauplatz  ist  in  dem  bekannten  Comödienhause,  wo  ehe- 
dessen  die  Fcchtschulc  gestanden. 

Die  Person  zahlet  in  der  Loge  2  Tympf,  parterre  1  Gulden,  auf 
den  anderen  Platz  18  Groschen,  auf  den  dritten  Platz  12  Groschen, 
und  auf  den  letzten  Platz  6  Groschen. 

Der  Vorhang  wird  präcise  halb  fünf  Uhr  eröffnet. 

II.  1) 
Das  schuldige  Denk-,  Dank-  und  Ehren-Mahl  Wird  heute  Mon- 
tags den  16.  November  1733  au  stat  einer  submissen  Dedication  vor 
alle  bisher  unverdient  genossene  hohe  Gnade  Denen  Hoch -Edlen, 
Gestrengen,  Vcsten,  Hoch-  u.  Wohl-Weisen  Herren  HF^RREN  Bürger- 
meistern und  gantzen  Hoch-Edlen  und  Wohl  Weisen  Rath  der  König- 
lichen Stadt  Dantzig  zu  Ehren  In  einer  neu-verfertigten  Haupt-ACTION 
Betittult: 

Der    G  r  0  D  m  ü  t  h  i  g  e    S  I  R  Ö  E 

Oder  Die  triuinphirende  Gerechtigkeit  und  vom  Himmel  beschützte 
Unschuld  nebst  vorhergehenden  meistentheils  musicalischen  PROLOGO 
Genannt: 

Die    wieder-hergestellte    güldne    Zeit, 
in  gehorsamster  Ergebenheit  vorgestellet  Averden  Von  denen  eine  Zeit- 
lang hier  subsistirenden,  aber  bald  abgehenden  liochteutschen  Acteurs. 

Kurtzcr  Inhalt  des  Prologi. 
Bei  dem  Aufzug  der  Gardine,  welclies  unter  einer  musikalisclien 
Entrec  mit  Trompeten  und  Pauken  geschieht,  siehet  man  eine  sehr 
lustige  und  mit  einer  lebendigen  Buscage  angefüllte  anmuthige  Ge- 
gend, wo  sich  Dantzig  als  ein  Frauenzimmer  in  einer  sehr  hellen 
Wolcke  zeiget  und  unter  einen  süssen  Vogel-Gesang  und  rauschen- 
den Wasser-Bächen  Ihr  Vci'gnügcn  in  einigen  musikalischen  Arien 
und  Recitativen  an  den  Tag  leget.  Diese  Ihre  Glückseeligkeit  kan  der 
blasse  NeJd  unter  den  Nahmen  Livona  nicht  mit  gelassenen  Augen 
ansehen,  ruffet  dannenlu-ro  seine  höllische  Gesellen  zu  Ilülflle,  obiges 
Frauenzimmer  zu  stürtzen,  welche  denn  auch  alle  Kriiftte  anwenden 
und  unter  erregenden  Donner  und  Ungewitter,  Ihre  Vergnügung  ziem- 
lich verstöhren,  wobey  sich  denn  die  Wolcke  nebst  der  gantzen  Bülme 
verfinstert.    Weil  es  aber  hie  heißt:  Pi'emitur,  sed  non  opprimitur,  so 


^)  Nach  dem  Abdrucke  in  der  Danziger  Volkszeitung  1880,  Sonn- 
tagsbeilage 'Der  Artushof  Nr.  3,  S.  23:  'Danziger  Theaterzettel  aus 
der  ersten  Hälfte  des  18.  Jalirhunderts.* 


1733.  167 

wird  Livona  mit  ihrem  Geschmeiß  von  dem  darzukommenden  Mars 
und  Pallas  verjao-et,  worauff  sich  sog-leich  die  Bühne  verändert,  der 
harte  Sturm  und  schwartzo  Finstcrniss  in  eine  angenehme  Helle  ver- 
wandelt und  sieh  die  4  Haupt-Tugenden:  als  die  Gerechtigkeit,  Klug- 
heit, Sanfftmuth  und  Wachtsamkeit  presentiren,  zum  Haupte  aber  der 
Stadt  Dantzig,  folgende  Worte  illuminirt  zu  lesen  sind:  VIVANT! 
PATRES  PATRIAE!  Wobey  denn  Mercurius,  Mars,  Pallas  und  For- 
tuna sich  mit  Dantzig"  vereinigen,  ihre  Wünsche  frohlockend  ableg'en 
und  unter  Trompeten  und  Pauken-Schall  dem  Prolog  den  Schluss 
machen, 

Persohnen  im  Prolog  sind: 

Dantzig,  in  Gestalt  eines  Frauenzimmers. 

Pallas,  welche  an  stat  des  Schildes,  das  Wappen  der  Stadt  Dantzig  führet. 

Mars  mit  seinem  Gefolge. 

Mercurius. 

Fortuna. 

Livonia  mit  ihrem  Gefolge. 

Ein  Tantz  von  Furien. 

Vorstellungen  des  Theatri: 

Eine  angenehme  Gegend   mit  einer  lebendigen  Buscage. 

Eine  verfinsterte  Wolcke  unter  währendem  Sturm  und  Ungewitter. 

Die  vier  Tugenden  als  Statuen,  nämlich:  die  Gerechtigkeit,  die  Klug- 
heit, die  Sanfftmuth,  die  Wachsamkeit  mit  eines  Hoch-Edlen 
und  Hochweisen  Raths  Wappen. 

Eine  illuminirte  Schrift :    Vivarif  Patres  Patriae  in  den  Wolcken, 

Kxirtzer  Inhalt  der  Haupt-Action  an  sich  selbst: 

Cosroe  H.  König  in  Persien  wurde  von  den  Schmeicheleyen  seines 
andern  gebohrenen  Sohnes  dermassen  eingenommen,  daß  er  denselben 
auf  den  Thron  zu  setzen,  u.nd  den  erstgebohrenen  Sohn  Siröe  davon 
auszuschliessen  sich  alle  Mühe  gegeben:  Durch  falsche  Anklagungen 
wurde  auch  Siröe  zum  Tode  condemniret,  aber  auch  von  dem  ihm  ge- 
neigten Volke  befreyet. 

Cosroe  hatte  unter  vielen  Siegen  das  Glück  den  Asbate,  König 
in  Cambaja  zu  schlagen,  ihn  umbzubringen  und  das  gantze  Königlich 
Hauß  zu  vertilgen,  ausser  des  Asbate  Tochter,  die  schöne  Fürstin 
Emira,  welche  durch  die  Hülffe  ihres  geliebten  Siröe  dem  Tode  ent- 
rissen worden.  Diese  Emira  hat  sich  in  Manneskleidern  an  den  Hof 
des  Cosroe  begeben,  um  den  Tod  ihrs  in  der  Schlacht  ermordeten 
Vaters  an  Cosroe  zu  rächen,  und  ihren  geliebten  Siröe  zu  sehen,  allwo 
sie  dermassen  gewust,  die  Gnad  und  das  Vertrauen  von  Cosroe  zu 
gewinnen,  daß  er  sie  stets  vor  ein  Mannsbild  gehalten  und  sein 
ganzes  Vertrauen  auf  sie  gesetzet  u.  s.  w.  u.  s.  w.  Und  hierauf 
gründet  sich  die  heutige  Action.  Die  angenehmen  Verwickelungen,  der 
Streit  zwischen  Ehre  und  Liebe,  und  die  wunderliche  Gemüths-Neigung 
des  Cosroe  werden  verliofteutlich  das  Stück  aggrcable  machen. 


168  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Damit  aber  auch  eine  Abwechselung  der  serieussen  Materie  ge- 
schehe, hat  man  unterschiedliche  lustige  Intermezzi  zwischen  Arle- 
qvin  und  seiner  Murmelia  mit  untermischet,  doch  so  daß  es  der  Haupt- 
Materie  in  der  Connexion  nichts  benimmt,  sondern  als  lustige  Inter- 
valla  können  beti-achtet  werden  u.  s.  w.  Übrigens  wolle  man  gütigst 
dispensiren,  wenn  nicht  alle  Personen  in  Persianischen  Habit  vor- 
stellig gemacht,  weil  wegen  gewissen  Umbständen  hiesiges  Theatri 
oder  der  hiesigen  Compagnie  deren  Acteurs  solches  nicht  hat  ge- 
schehen können. 

Spielende  Persohnen  sind: 
Cosroe,  König  in  Persien  verliebt  in  die  Laodicea. 
Siröe,    der  Sohn    von  Cosroe,    von    der  ersten   Gemahlin  rechtmäßiger 

Erb-Printz,  verliebt  in  Emira. 
Medarso,  Sohn  des  Cosroe  von  der  andern  Gemahlin. 
Emira,  die  Fürstin  aus  Cambaja,  Tochter  des  in  der  Schlacht  ertödteten 

Königs   Asbate,    in   Manns-Kleidern,   unter   den   Nahmen    Idaspe, 

verliebt  in  Siröe. 
Laodicea,    verliebt    in  Siröe,    eine  Schwester  des  Arasso. 
Arasso,  General  der  Persischen  Waffen,  Freund  von  Siröe. 
Arleqvin,  ein  curieuser  Amant. 

Murmelia,  seine  Charmante,  eine  afFectirtes  Frauen-Zimmer. 
Staat  und  Soldaten. 

Veränderungen  des  Theatri  in  der  Haupt-Aktion. 

1.  Ein  Tempel  der  Sonnen  gewidmet,  mit  deren  Statua  und  Altar. 

2.  Das  Zimmer  des  Königs  Cosroe. 

3.  Ein  königlicher  Garten. 

4.  Ein  Vor-Saal  oder  Cortile. 

5.  Ein  Trauer-Zimmer   welches   dem   Siröe    an  stat  eines  Gefängnisses 
dienet. 

6.  Ein  grosser  Saal  mit  einem  Thron,  worin   die  Krönung  geschiehet. 

NB.  Der  Veränderungen  wegen  Arleqvin  und  seiner  Murmelia, 
so  sich   in  seinen  lächerlichen  P]hstand  eräugen,  zu  geschweigen. 

Den  Schluß  wird  vor    heute  machen  eine  lustige  Nach-Comödie 
aus  dem  Französischen  Meliere  entlehnet  und  betitult: 
Leu  precieuses  Ridicides, 
Die    kostbahren   Lächerlichkeiten. 
NB.    Der  Anfang  ist  iimb  4.  Uhr. 


Der  Schau-Platz  ist  in  der  Fecht-Schule.  Die  Persohn  giebt  in 
der  Loge  1  TympfF,  parterre  1.  Gulden,  auf  den  andern  Platz 
18.  Groschen,  auf  die  Gallerie  12.  Groschen,  und  auf  den  letzten 
Platz  6.  Groschen. 


Anhang. 

Zwei  uiigedruckte  Stücke  der  englischen  Komödianten,  aus 
Georg  Schröders  Nachlass  herausgegeben: 

1)  Tiberius  von  Feirara  und  An.ibella  von  Mömpelgard. 

2)  Der  stumme  Ritter. 


1.    Tiberius  von  Ferrara  und  Anabella  von 
Mömpelgarcl. 


Vorbemerkung-. 

Wie  wir  schon  oben  S.  121  erwähnten,  besitzt  die  Dan- 
ziger  Stacltbibliothek  in  dem  aus  Georg  Schröders  Nachlass 
stammenden  Manuscript*)  X.  fol.  30,  Bl.  65  a — 112  b  zwei  sehr 
beachtenswerte  Prosakomödien  des  17.  Jahrhunderts,  über  die 
schon  1865  ein  Anonymus,  wohl  W.  Mannhardt,  in  der  Altpreussi- 
schen  Monatsschrift  2,  228—244  berichtet  hat:  ein  titelloses,  das 
ich  nach  den  Hauptpersonen  ""Tiberius  von  Ferrara  und  Anabella 
von  Mömpelgard'  benennen  will,  und  ein  zweites  mit  der  Ueber- 
schrift  'Der  stumme  Ritter,  oder  Vntrew  schlecht  ihren  eygen 
Herrn'.  Beide  Stücke  sind  von  derselben  Hand  und  auf  dem- 
selben Papiere^)  geschrieben  und  stanmien  sicherlich  aus  dem 
Besitze  einer  fahrenden  Schauspielertruppe.  Da  beide  ausserdem, 
wie  sich  zeigen  wird,  nach  englischen  Originalen  bearbeitet  und 
schon  zu  Anfang    des    17.  Jahrhunderts   anderwärts    in  Deutsch- 


1)  Es  enthält,  wie  ich  schon  im  Niederdeixtschen  Jahi'buche  12,  131 
dargelegt  habe,  vier  ursprünglich  getrennte  Teile:  1)  eine  Abschrift 
von  Joachim  v,  Sandrarts  1675  zu  Nürnberg'  g-edruckter  Teütscher 
Academie,  wohl  von  Schröders  Hand.  —  2)  die  im  Texte  genannten 
Komödien.  —  3)  zwei  kleine  Prosadramen  von  andrer,  schwer  lesbarer 
Hand,  nämlich  eine  zumeist  in  niederdeutscher  Mundart  abgefasstc 
Posse  'Hanß  sien  Wegtog  nahm  Kriege  unde  Werkunfft'  (von  mir  a. 
a.  O.  abgedruckt)  und  eine  dürftige  und  unvollständige  Dramatisierung 
von  Val.  Schumanns  Novelle  von  Christoph  von  Mömpelgard  und 
Veronica  von  England  (Nachtbüchlein  Nr.  22  hrsg.  von  Bolte  1893).  — 
4)  Unterricht  vom  Buchhalten  und  Kauffmanschafft  zu  treiben. 

2)  Das  Wasserzeichen  besteht  aus  drei  aus  einem  Stengel  her- 
vorwachsenden Blüten  mit  vier  Blumenblättern  auf  einem  dreieckigen 
Ornament. 


172  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

land  gegeben  worden  sind,  könnte  man  leicht  auf  die  Vermutung 
kommen,  dass  die  Dair/iger  Handsclirit't  einst  einem  der  eng- 
lischen Principale  John  Green,  John  Spencer  oder  Arend  Aer- 
schen  gehörte  und  von  ihm  bei  einem  Besuche  Danzigs  dort 
zurückgelassen  sei,  wenn  nicht  der  Name  des  früheren  Besitzers 
Georg  Schröder  auf  eine  andere  Spur  leitete.  Schröder,  der 
1635  geboren  war,  hatte  jene  Engländer  nicht  mehr  selbst  ge- 
sehen; dagegen  verfolgte  er  1669,  wie  oben  S.  103  dargelegt  ist,  mit 
grossem  Interesse  die  Vorstellungen  Paulsens,  und  von  Paulsen, 
der  sich  damals  schon  von  dem  Vorbilde  der  englischen  Dramatiker 
der  französischen  Bühnendichtung  zugewandt  zu  haben  scheint, 
wird  er  jene  beiden  Stücke  erhalten  haben. 

Das  erste  Stück  ist  ohne  Zweifel  identisch  mit  der  Historie 
'vonn  Annabella  eines  hertzogen  tochter  vonn  Ferrara',  die  1604 
englische  Komödianten  unter  W.  Eichelin  in  Nördlingen  agieren 
wollten;  denn  in  einer  undatierten  Supplik,  die  derselbe  Prin- 
cipal in  Rothenburg  ob  der  Tauber  einreichte,  lautet  der  Titel 
richtiger  'vonn  Annabella,  eines  Margraffcn  tochter  von  Mont- 
ferraf).  1626  am  11.  Juni  und  24.  Sept.  gab  Green  in  Dres- 
den die  TJomoedia  vom  Hertzog  von  Ferrara',  in  der  wir  gleich- 
falls unser  Stück  wiedererkennen 2). 

Das  englische  Original,  auf  das  Crcizenach^)  zuerst  hinge- 
wiesen hat,  ist  John  Marstons  Komödie  'Parasitaster,  or  the 
Fawne',  die  1606  von  den  Chorknaben  der  Königin  im  Black- 
friars-Theater  und  von  den  Kindern  von  St.  Pauls  gespielt  wurde 
und  alsbald  auch  in  Druck  kam'*).    Sie  beginnt  damit,  das  der  ver- 


^)  Traxitmann,  Arclilv  für  Litt.gesch.  11,  625.  Zeitsclir.  für  vevgl. 
Litt.ge.sch.  7,61. 

2)  Fürstoiiau,  Zur  Gesch.  des  Theaters  zu  Dresden  1,  97.  — 
Zweifelhaft  ist  mir  die  Identität  der  im  Sept.  1668  zu  Dresden  gespielten 
Tragikomödie  'vom  Herzog  von  Ferrara  mit  des  Müllers  Tochter' 
(Fürstenau  1,  228),  obwohl  Creizenach  dafür  eintritt. 

3)  Die  Schauspiele  der  englischen  Komödianten  1880  S.  XLVI,  334. 
*)  Nachdem  das  Stück    ohne  Vorwissen  des  Dichters    erschienen 

war,  veranstaltete  dieser  im  selben  Jahre  1606  eine  neue  berichtigte 
Ausgabe;  ein  dritter  Druck  kam  1633  heraus,  Neudruck  in  J.  Marstons 
Works  ed.  by  A,  H.  Bullen  1887  2,  105—230;  vgl.  1,  XLIII.  —  Die 
Erlaubnis  für  die  Drucklegung  datiert  vom  12.  März  1606  (K.  Arber, 
A  transcript  of  thc  registers  of  the  compagny  of  stationers  1875  3, 136b. 
A.  Albrecht,  Das  englische  Kindertheater.     Diss.  Halle  1883  S.  54). 


Tibei-ius  und  Anaht'lla.     l'^inleituiiö-.  ^73 

witwctc  Herzog  IIci-culcs  von  Ferrara^),  der  seinen  Sohn  Tiberio 
bisher  vcrgeblieh  zu  einer  Heirat  getlrüng-t  hat,  seinem  Bruder 
Renaklo  eröffnet,  er  wolle  nun  selber  die  seinem  Sohne  bestimmte 
Fiinzessin  Duleimel  von  Urbino  heimführen  und  diesen  ruit  der 
Werbung  betrauen.  Aber  auch  er  will  verkleidet  nach  Urbino  gehen 
und  iUjerträgt  dem  Bruder  daher  die  Regentschaft.  Die  2.  Scene 
führt  uns  an  den  Hof  von  Urbino.  Nachdem  der  Narr  Dondolo 
den  Hüfherren  die  Ankunft  des  Prinzen  Tiberio  geriieldet,  erscheint 
der  Herzog  Gonzago,  ein  lächerlicher  Pedant,  der  von  seiner 
Weisheit  in  hohem  Grade  überzeugt  ist^),  mit  seiner  schönen 
Tochter  üulcimel  und  eni]ifängt  den  Prinzen.  Dieser  bi'ingt  sofort 
die  Werbung  für  seinen  Vater  an  und  überreicht  dessen  Bildnis; 
aber  die  Prinzessin  findet  mehr  Gefallen  au  dem  Sohne  als  an 
dem  Vater,  der  unerkannt  als  ein  Diener  des  Prinzen  {yeoman 
of  Ms  hotfhs)  unter  dem  Namen  Fawu,  d.  h.  Schmeichler,  dem 
Gesi)räclic  beiwohnt  und  sich  nachher  bei  den  Hotleuten  beliebt 
zu  machen  versteht.  In  den  folgenden  drei  Akten  schreitet  die 
Haupthandlung  nur  langsam  vorwärts.  Die  verliebte  Duleimel 
giebt  dem  ahnungslosen  Prinzen  auf  schlaue  Weise  ihre  Neigung 
zu  erkennen,  indem  sie  ihrem  Vater  vorredet,  Tiberio  bemühe 
sich  um  ihre  Gunst  2).  Der  eingebildete  Alte  warnt  den  Prinzen 
mit  feierlichem  und  wortreichem  Pathos  und  verbannt  ihn  schliess- 
lich von  seinem  Hofe,  weil  er  die  Absicht  geäussert  habe.  Nachts 
in  Dulcimels  Schlafgemach  einzusteigen  und  sich  dort  durch 
einen  Priester  mit  ihr  trauen  zu  lassen.  Dem  noch  immer  ratlos 
staunenden  Tiberio  enträtselt  endlich  sein  Diener  Fawn  den 
wahren  Zusammenhang: 


1)  Hiev  dachte  der  Dichtei*  wolil  au  den  l'erraresischeu  Herzog" 
Herkules  U.  von  Este  (f  1559),  der  gleieli  seinem  Bruder,  dem  Kardinal 
Hippolyt,  diirch  seine  Liebe  zu  den  Künsten  und  Wissenschaften  be- 
rühmt war. 

-)  Die  Vermutung'  Bulleiis,  dnss  mit  dieser  Fig-ur  eine  Satire  auf 
den  König  Jacob  T.  beabsichtigt  sei,  gewinnt  an  Wahrscheinlichkeit, 
wenn  man  damit  den  Ausfall  auf  die  Schotten  in  einem  andern 
Stücke  Marstons  'Eastward  Hoc'  (1()05)  vergleicht  (Albrecht,  Kinder- 
theater S.  40). 

3)  Diese  I^ist  ist  aus  Boccaccios  Decamerone  3, 3  entlehnt,  wo 
eine  Florentinerin  ihren  Beichtvater  in  gleicher  Weise  zum  unwissent- 
lichen Liebesboten  zu  machen  weiss. 


174  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Sui'e,  sh',  the  lady  loves  you 
With  viole7it  pasfilo7i,  and  this  night  prepares 
A  priest  toith  nuptial  rites,  to  entertain  you 
In  her  most  private  chamher. 

Tiberio  folgt  nun  rasch  der  versteckten  Einladung-  und 
erklinnut  den  Baum  vor  Dnlciniels  Fenster,  die  ihn  mit  einem 
Triester  erwartet.  Fawn  hält  unten  Wache  und  erzählt,  als 
Gonzagos  Hofleute  ein  Lieljesparlameut  veranstalten,  dem  Herzoge, 
was  geschehen.  Da  er  sich  gleich  darauf  als  Herzog  Hercules 
zu  erkennen  giebt,  steht  der  Vereinigung  der  Liebenden  nichts 
mehr  im  Wege. 

Marstons  Drama,  dessen  Nebenhandlung  ich  als  i'ür  uns 
unwichtig  ganz  übergehe,  ist  in  der  vorliegenden  deutschen  Be- 
arbeitung nicht  vollständig  wiedergegeben,  sondern  nur  der  erste 
Akt  davon.  Da  nun  aller  Wahrscheiidichkeit  nach  das  deutsehe 
Stück  aus  der  1604  in  Nördlingen  genannten  "Historie  von  Anna- 
bella' hervorgegangen  ist  und  andrerseits  Älarstons  Dichtung  sich 
nicht  über  IGüO  hinauf  veriolgen  lässt,  muss  man  annehmen, 
dass  Marstons  erster  Akt  schon  vor  1G04  vollendet  und  andern 
Schausi)ielern  bekannt  wurde  oder  dass  er  ein  älteres  Original 
wörtlich  benutzte.  Im  Deutschen  ist  aus  dem  Herzoge  Gonzalo 
von  Urijino  ein  Markgraf  von  Montferrat  (Montephrat,  Montferar) 
geworden,  doch  ist  der  Name  bis  auf  einige  Stellen  in  der  Hand- 
schrift in  Mömpelgart  abgeändert.  Gonzalos  Tochter  hcisst  nicht 
mehr  Dnlciiiicl,  sondern  Anabella');  der  verkleidele  Herzog  von 
Ferrara  nennt  sich  nicht  Fawn,  sondern  Bartholounieus;  statt 
seines  Bruders  Rcnaldo  treten  zwei  Räte  Amintlior  und  Tlieo- 
baldus  auf.  Wichtiger  noch  ist  die  veränderte  Darstellung 
des  Liebesverhältnisses ;  nicht  die  Prinzessin  giebt  dem  Ti- 
berio ihre  Leidenschaft  zu  erkennen ,  sondern  dieser  ent- 
brennt beim  ersten  Anblicke  der  sclninen  Anabella  in  Liebe 
und  gesteht  ihr  diese  in  einem  Briefe,  den  sein  tölpischer 
Diener  überbringt.  Die  weitere  Entwicklung  weicht  völlig 
von  Marston  ab;  die  Liebenden,  denen  zwei  Freunde,  Clau- 
dius   und    der    Page    Pergo,  zur    Seite    stehen,  flüchten    in    den 


' )  Der  Name  Anabclla  scheint,    wie  eine  Stelle    in  IV,  4    xerrät, 
schon  in  der  en"lischen  Vorlat>e  g-estanden  zu  haben. 


Tiberius  und  Anahella.     Einleitung.  175 

Tillaiicr  Wald,  um  sich  von  einem  Eremiten  *)  trauen  z«  lassen, 
haben  aber  mancherlei  Abenteuer  zu  l)estehen,  da  der  verkappte 
Herzog-  nicht  wie  bei  Marston  mit  dem  Entschlüsse  seines  Sohnes 
einverstanden  ist,  sondern  ergrimmt  dem  Liebespaare  nachsetzt. 
Zweimal  wird  Anabella  von  ihm  gefangen  und  zweimal  ihm 
wieder  entführt,  das  erste  Mal  durch  Kleidertausch  mit  Pergo, 
dann  bei  einem  von  Tiberius  veranstalteten  Maskentanze.  Aber 
l)ald  konnnt  die  Meldung,  dass  die  Liebenden  beim  Übersetzen 
über  den  Strom  ertrunken  sind;  ihre  Leichen  werden  auf  die 
Bühne  gebracht,  und  der  Herzog  bereut  endlich  seine  Hartherzig- 
keit. Da  stehen  Tiberius  und  Anabella  plötzlich  auf,  fallen 
ihren  Vätern  zu  Füssen  und  erhalten  von  ihnen  Verzeihung. 

Im  einzelnen  zeigt  das  Danziger  Stück  viele  auch  ander- 
wärts begegnende  Züge,  die  es  ziemlich  sicher  macheu,  dass  die 
vorliegende  Gestalt  nicht  die  ursprüngliche,  sondern  erst  um  die 
Mitte  des  Jahrhunderts  entstanden  ist.  Namentlich  die  lustige 
Person  Hans  Leberwurst,  die  den  von  Robert  Reynolds  auf- 
gebrachten Namen  Pickelhering  trägt,  vereinigt  eine  Reihe  solcher 
Züge  in  sich.  Wie  in  Shakespeares  Veronesern  II,  .3  der  Clown 
den  Zuschauern  ein  Gespräch  mit  seiner  Familie  durch  Auf- 
l)fianzung  seines  Stockes,  Hutes  und  seiner  Schuhe  vormimt,  so 
stellt  Hans  (III,  3)  seinen  Stock  als  Abbild  der  Prinzessin  hin, 
um  sich  auf  die  Überreichung  des  Briefes  vorzubereiten  ^j.  Wie 
im  Kaufmann  von  Venedig  II,  2  Lanzelot  Gobbo  sich  voller  Stolz 
seinem  alten  Vater  zu  erkennen  giebt,  so  tritt  Hans  (V,  3)  seinem 
Vater  Märten  gegenüber.  In  Mümpelgart  A\ird  Hans  (TI,  3)  von 
Liebe  zu  Anabella  ergrilfen  und  schreit  laut  über  den  Pfeil,  mit 
dem  ihn  Kuhbrüder  (Cupido)  getroffen;  ebenso  tritt  Jan  in  Ayrers 
Phäuicia  (3,  2054  ed.  Keller)  und  Hans  in  dem  anonymen  Phönix^) 


^)  Auch  in  'Look  ahout  you  (1609.  Dodslcy-IIazlitt,  Old  eng-lish 
plays  7.)  tritt  ein  Eremit  auf,  dessen  Gewand  von  andern  zur  Ver- 
kappung-  verwandt  wird. 

■-)  Ähnlich  ratschlagt  der  ehrliche  Schüler  im  Volksmärchen 
mit  seinem  Stecken  (Straparola,  Notti  3,  5.  Kirchhol',  Wendunmiit  2,  141. 
Kühler  zu  Gonzenbachs  Sicil.  Märchen  Nr.  8.  Grundtvig-,  Dänische 
Volksmärchen  2,  255). 

■')  Grossen-Glog'aw  l(j23,  Bl.  Dva;  vgl.  Bolte,  Jahrbuch  der  Shake- 
speare-Ges.  21,  310.  Hans  klagt  dort,  der  kleine  Widehoppische  Bube 
habe  ihn  bezaubert,  das  ihm  der  Bauch  so  weh  thue. 


\1Q  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

von  1623  mit  einem  im  Gesäss  steckenden  Pfeile  des  Liebesgottes 
berein;  im  engli.scben  Lociine  (1595)  I,  2  jammert  der  Scbub- 
fiicker  Strumbo  über  die  Wunde,  die  ibm  Cu}3ido  (Cnprit)  mit 
seinem  Pfeile  zugefügt,  und  nocb  in  Tbomas  Heywoods  Drama 
'The  lovei^  nnsfre.^se"  (1636.  Akt  2)  triff't  den  Clown  Corydon 
vor  den  Augen  der  Zuscbauer  das  gleiche  Loos^).  Wenn  Han- 
sens Gefrässigkeit  IV,  2  durch  eine  lange  Rechnung  des  Wirtes 
illustriert  wird,  die  der  Prinz  grossmütig  bezahlt,  so  ist  in  dem 
von  Meissner^)  herausgegebenen  'Juden  von  Venedig'  und  in  dem 
1677  gedruckten  Tugend-  imd  Liebesstreit  (III,  2.  Creizenach  S.  94) 
dasselbe  Motiv  verwertet.  Auch  die  unflätige  Wohnstube  in 
Pickelherings  Elternhaus  wird  im  Juden  von  Venedig  (S.  186) 
ähnlich  wie  im  Danziger  Stück  (V,  5)  beschrieben^).  Weit  ver- 
breitet ist  das  hier  (1, 3.  IV,  5)  ausgenutzte  Possenmotiv,  dass 
der  Narr  zu  einer  unliebsamen  Heirat  genötigt,  ja  von  zwei 
Bräuten  zugleich  in  Anspruch  genonunen  wird"*).  Der  Name 
seines  gewitzten  Nachbarn  Wilhelm  (IV,  5),  der  durch  eine  List 
Hansens  Frau  zum  Geständnis  ihrer  Untreue  1)ringt  und  ihm  da- 
durch einen  triftigen  Scheidungsgrund  liefert,  stannnt  aus  der 
Posse  vom  wunderthätigen  Steine,  über  die  wir  späterhin  zu  reden 
haben;  sein  Mittel  jedoch,  nach  einer  Beschwörung  dem  armen 
Hahnrei  sichtbare  Hörner  aufzusetzen,  ist  nicht  bloss  eine  Illustra- 
tion dieser  im  17.  Jahrhundert  so  häufig  begegnenden  Redensart''), 
sondern  geht  wohl  auf  ein  älteres  Vorbild  zurück,  die  Krone 
des  König  von  Afion  (Abian),  die  nur  einem  keuschen  und  ge- 
treuen Ehemanne  ])asst.  Diese  wird  in  einem  Fastnachtspiele 
und  einem  Meisterliede  des  15.  Jahrhunderts    von  verschiedenen 


1)  Shakespeare,  Plays  ed.  by  Johnson  and  Steevens  12,  200  (1780). 
Tho.  Heywood,  Dramatic  works  5,  115  (1874). 

-)  Die  engiisclien  Komödianten  in  Oesterreich  1884  S.  146. 

3)  Wie  III,  2  der  Herzog-  als  Sohlat  verkleidet  bei  Tiberius  in 
Dienst  tritt,  so  der  Jude  von  Venedig  S.  139  beim  Prinzen  von  Cyi>ern. 

4)  Vgl.Locrine  111,3  (v.  J.  159.5.  Shakespeare  ed.  by  Johnson  ;uid 
Stevens  12,228),  Ayr er s  Sidea  (4,2185  ed.  Keller)  und  die  damit  zusammen- 
hängende niederländische  Posse  'Ick  kenje  nieV  von  Jan  Bara  (1G64), 
die  Comedi  von  Fritzel  Fingerhut  (1(J28.  Zs.  f.  deutsches  Altertum  32, 18), 
Rcholtzenbergs  Cambyses  und  Doralice  (ICGO.  Wiener  Tis.  lOlGO),  Harle- 
kins Hochzeit  (1G'J3.  Bolte,  Singspiele  der  engl.  Komödianten  1893  S.148), 
Pickelherings  doppelte  Heirat  (Witwe  Veiten  1707.  Zs.  t.  d.  Phil. 25, 321) u.a. 

6)  Bolte,  Tijdschrift  voor  uederl.  Taalkunde  14,  143. 


Tiberius  und  Anabclla.     Einleitung-.  177 

Rittern  des  Königs  Artus  probiert,  und  alle  bestehen  mit  Schande, 
zuerst  der  König-  von  Orient,  dem,  als  er  sie  aufsetzt.  Hörner 
daraus  wachsen^). 

Die  dialektischen  und  stilistischen  Eigentümlichkeiten  des 
vorliegenden  Textes  zu  betrachten  möge  mir  hier  erlassen  werden. 
Als  charakteristisch  für  den  Redaktor  nicht  bloss  dieser  Komödie, 
sondern  auch  der  folgenden  vom  stummen  Ritter,  hebe  ich  nur 
die  Einflechtung  lateinischer  Citate,  wo  es  sich  um  Betrachtungen 
allgemeiner  Art  handelt,  hervor.  Diese  Gelehrsamkeit,  die  sich 
z.  B.  auch  in  der  Anrufung  von  Diespiter  und  Phoebe  (IV,  1) 
kundgiebt,  lässt  uns  in  dem  Bearbeiter  einen  ehemaligen  Stu- 
denten vermuten,  wie  Christoph  Blümel,  der  Verfasser  des  Juden 
von  Venedig,  war^). 


[Tiberius  von  Ferrara  und  Anabella  von 
Mömpelgart.] 

[63  a]  PERSONA   HVIVS    COMCEDLE 

Dux  de  Fei-ara. 

Tiberius,  ein  junger  Printz,  des  Hertzogen  von  Ferara  Sohn. 

Claudius,  sein  Spießgesell. 

Aminthor  et    ]    Consiliarii  Ducis  de  Ferara  et  Marchionis  Momjjel- 
5  Theobai d US    |  gartensis. 

Marchio  Mompelg-artensis. 

Anabella,  des  Marckgraven  Tochter,  ein  junges  Frewlein. 

Pargo,  ihr  Paysi. 

Heremita,    ein  alter  Einsiedeier. 
10  Der  Wir  dt,  ein  Herbergirer. 

Hagewall,  ein  altes  Weib,  des  Frewleins  gewesene  Amme. 

Hans,  Peckellhering-. 

Lutz  eil,  sein  Weib. 

Herman,  ein  Bawer,  Hanß  Nachbahr. 
löGrethe,  sein  Tochter. 

Wilhelm,  ein  Ebenteurer,  Hanß  Nachbahr. 

Märten,  ein  Schiffman,  Hansen  Vater. 

Barth  0  lomae US,    verkleidet  wie  ein  Soldatt,  ist  aber  der  Hertzog 
von  Ferara,  vnd  gibt  sich  bey  seinen  Sohn  zu  Dienste. 


1)  Keller,  Fastnachtspiele  2,  Gö4  (1853).  Erlach,  Volkslieder  1, 132. 
Goedeke,  Grundriss-  1,  311.  Vgl.  Child,  English  and  scottish  ballads 
2,  266  zu  Nr.  29.  —  Anders  die  Hörner  im  Fortunat-Drama,  Akt  5. 

2)  Bolte,  Jahrbuch  der  Shakespearegesellschaft  22,  189. 

Th.  F.    XII.  12 


178  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

[63  b]  Prologus. 

Günstige,  auch  ehrlibende  Spectatores,  die  Vhraach  Ewer  Anher- 
kunft  sorglich  zu  erforschen  oder  vnser  Intent  weitleuftig  zu  erkleren 
achten  wir  theils  ruhmretig,  theils  vnnohtig  sein.  Dan  wie  vnß  be- 
duuket  thörlich  zu  sein,  Avan  auff  einer  woU  bezogenen,  hell  resoni- 
renden  Lauten  einer  der  Kunst  vnerfahren  liebliche  Melodien  vndt 
kunstliche  Fugen  zu  schlagen  sich  vermieße,  also  auch  da  E.  hohen 
Gst.  (deren  hoher  Verstaudt  sich  weiter  verstrecket,  dan  das  er  durch 
vnser  Vnvermuegen  gesetiget  werde)  wir  ein  mehres  verheisen,  dan 
vnser  Geschicklikeit  effectuiren  könte,  wie  gleichwoll  eines  schlechten 
Schafers  Pfeiff  auif  grüner  Awe  oder  wieder  schallenden  Thall  ein 
heroisch  Gemuht  erlustiget,  so  mocht  auch  E.  hohen  Gst.  dieser  vnser 
vnansehenlich  Werck  gefallen. 

Vndt  ob  wir  zwar  ein  altes  bekantes  Liedt  singen,  so  tröstet 
vnß  docli,  das  auch  der  Kuckuck  alle  Jahr  seinen  alten  Corall  wider- 
holet vndt  dannoch  damit  newe  Begierden,  ihn  wieder  zu  hören,  in 
vnß  erwecket.  Ewer  Favor  ist  vns  bekant;  darumb  wir  auch  ver- 
hoff'en,  da  wir  etwa  strauchelen  vndt  nicht  alle  Ding  so  rehnlich  vndt 
zierlich  anß  Licht  brechten,  das  solches  doch  (gleich  wie  in  einer 
kunstreichen  gemahlten  Tafeln  ein  durch  des  Meisters  außgeglittene 
Handt  verzogener  Strich,  so  dannoch  von  Kunstlibenden  mitt  gesunden 
Augen  angesehen  wirdt)  Aiiter  dem  Schatten  Ewer  Benevolens  ver- 
teuschet  vuruber  rauschen  werde.  Itz  bitten  wir  Ewer  Gehöer,  her- 
nach Ewer  Gunst  vusern  Lohn. 

(Wirdt  musicirt.) 

[64a]  Actus  I.    Sceua  1. 

Dux  de  Ferara.     Tiberius.     Claudius.     Am  int  hör 
et  Theobaldus. 

Dux.  Es  mocht  Euch,  liebe  Herren,  nicht  weinig  wundern,  auß 
waß  Trieb  Ihr  so  sclileunig  anhero  vocirt  Andt  beruten 
worden  seit,  da  Euch  sonst  woU  wissendt,  das  wir  nuhn 
eine  zimbliche  Zeitt  in  einem  geruhigen  Wittwerstandt 
vnser  Landt  vndt  Leuhte  regiret  vndt  auch  noch,  Gott 
sey  Danck,  keine  Empörung  vernehmen,  weiniger  einiger 
Kriegesgefalu-  vnß  zubefurciiten  haben.  Fuegen  Euch  dem- 
nach zu  wißen,  das  wir  auff  etwas  bedacht  sein  vndt 
gleichwoll  nicht  gemahnt,  solches  vnser  Propositum  ohne 
Ewere  reife  Delibei-ation  vnd  Gutachten  zu  prosequiren. 
Vndt  ist  nuhn  solches,  das  wir  vnß  anderweitt  nach  sel>- 
ligem  Absciieidt  Aiiser  voriger  Gemaiilin  zu  veriieyrahten 
in  Willens  sein,  dcrohalben  auch  an  Ihre  Liebe,  den  Marck- 
graven  von  Mompelgart  eine  Legation  abzufertigen  vudt 
vmb  deroselben  fürstliche  Tochter  Frewlein  Anabellam  vns 


Tiberius  und  Aunbella  I,  1.  179 

zii  bewerben  zu  laßen.   Was  rahtet  Ihr?   Vermeinet  Ihr 
solches  vnsern  Landt  vndt  Leuten    abtreg-lich  zu  sein? 
Amin t hör,        Gnediger  Fürst    vndt    Herr,    dieses    E.  F.  G.  Vorhaben 
versperret    allen   mßrahtenden  Gedanken   den  Weg  in 
mir;  vndt  weill  solche  Sachen   zum  offtern  dvirch   böse 
Meuler    wo    nicht    gahr  verhindert,   jedoch    ein  weinig 
aufFgehalten  werden,  alß  rihte  ich,  E.  F.  G.  theten  nuhr 
baldt  zur  Sachen. 
Theobai  dus.  Vndt  hette  E.  F.  G.  ich  vorleng-est  gerne  dazu  gerahten, 
sintemahl  E.  F.  G.  nicht    allein  hiedurch  ergetzet,    son- 
dern auch  durch  solche  Verbindung  eines  so  machtigen 
Fürsten  Landt  vnd  Leuthen  groI>  Guet  geschaffet  wer- 
den möchte.     [64  b] 
Dux.  Aber  vnser  Sohn  Tiberius    bezeiget   sich  annoch  etwas 

trawrig,  vndt  mochten  Avir  dessen  Bedenken  hiex'innen 
gleichwoll  auch  gerne  wissen  vndt  vernehmen. 
Tiberius.  Gnedigster  Herr  Vatter,  ob  zwahr  das  schmertzliche 
Andenken  meiner  lieben  Fraw  Mutter  annoch  sehr  frisch 
bey  mir  vndt  die  kindtliche  Affcction  kegen  dieselbe 
mein  Natur  noch  nicht  A'erleschen  lesset,  so  kan  doch 
E.  G.  ich  solches  nicht  widerrahten,  verhoffe  auch  kegen 
die  mihr  bescherte  Stieffuiutter  im  kindtlichen  Gehor- 
samb  vndt  gebiihrender  Vnterthänikeitt  nicht  anders, 
als  ob  sie  meine  nathürliche  Mutter  wehre,  mich  zu 
bezeigen. 
Dux.  So  ermangelt  Weiters  nicht,    den  das  wir  dieses  gewiß 

wehren,    wer  da  am  tauchlichsten  vndt  vertrawlichsten 
diese  Legation  expediiren  vndt  verrichten  werde. 
Aminthor.       Weill  diese  Sachen  der  Beschaffenheitt,  das  nicht  einem 
jeden  zu  vertrawen,   (dan  zum   offtern  einer  auch  von 
seinen  besten  Freunden    hierin    betrogen   worden)    alß 
wüste   ich   nicht   bessers,   E.  F.  G.    commitirten    dieses 
Werck    ihrem    Herrn    Sohn    Printz    Tiberio,    bey    dem 
gantz  nichts  zu  befahren. 
Tiberius.         Herr  Aminthor,  ich  thue  mich  für  diese  gute  Collecten'), 
so    Ihr    für    mich    eingelecht,    fleisich    bedanken    vndt 
muchte    lieber  wünschen,    Ihr   beweiset    diese   an  mihr 
gerühmte  Trewe  meinem  gnedigen  Herrn  Vätern  seihest. 
Dux.  Nein,  lieber  Sohn,  ich  bin  selbst  der  Meinung  vndt  hoffe 

nicht,  das  du  dich  dessen  weigern  werdest. 
Tiberius.         Ey,    gnediger   Herr  Vater,    das  Werck   wirdt    mitt    mir 
vbell  versehen  sein.     Ich    bin  noch  junck  vndt  in  der- 
gleichen   Legation-sachen    vnerfahren.     Wie   weiß    icli, 
wie  ich  mich  hierin  bezeigen  soll!    Vndt  weill  mir  auch 


')  Kirchengebet  vor  der  Verlesung  des  Bibeltextcs. 


180  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

nicht  wissendt,  wie  E.  Gn.  gegen  das  Fräwlein  affectionirt 
sein,  wie  kan  ich  für  E.  Gn.  werben?     [65a] 

Dux.  Daß  bedarff  keiner  weitleuflftigen  Instruction.    Du  darfest 

dich  in  dem  nicht  anders,  ob  würbest  du  vor  dich  selber, 
bezeigen;  vndt  sollen  dier  vnser  Contrafactur,  auch  Prae- 
sent  vndt  Creditive  mitt  getheilet  werden.  Deinen  Ge- 
sellen Claudium  soltu  zugleich  mitt  dier  nehmen,  der  dier 
auff  der  Reise  Geselschafft  leisten  wirdt;  vndt  wollen  alß- 
paldt  dazu  anordenen  vndt  verschaffen. 
{Exeunt  Dux  et  Consiliarü.) 

Tiberius.  Wie  deucht  dier,  Claudi?  Werden  wir  nicht  beyde  zwo 
ansehenliche  Arabassatorn  sein? 

Claudius:  Ja  wahrlich,  zween  paßliche  Doren,  fürwahr  dem  Ansehende 
nach  zimblich  woU  dazu  qualificirt.  Mir  ist  aber  sehr  leide, 
es  werde  sich  der  Hertzog  mechtig  thören;  den  ich  be- 
furchte, er  werde  den  Bock  zum  Gertnehr  gesetz[t]  haben. 

Tiberius.    Wie  so,  Claudi?   Wie  soll  ich  das  verstehen? 

Claudius.  0  Tiberi,  du  wirst[s]  erfahren.  Den  Cupido  in  dem  Win- 
ken vndt  Blicken  der  Augen  gleich  einem  Diebe  hinter 
einer  Hecken  lauhret,  vndt  empfindet  man  seine  Pfeile 
nicht  eher,  biß  sie  das  gantze  Hertze  inficirt  haben. 

Tiberius.  Du  machst  an  der  Seuche  vieleicht  woU  ehe  gelegen 
haben. 

Claudius.  Nein,  Tiberi,  es  wehre  nicht  guet,  das  man  eines  Dinges 
Gelegenheitt  nicht  wüste,  man  erführe  es  den  im  Werck 
selber. 

Tiberius.  Ich  halte  es  nuhr  für  lauter  Fabelwerck,  was  die  Poeten 
hievon  treumen,  vndt  muste  mir  seltzam  sein,  das  ein  vn- 
sichtbahr  eingebiltes  Wesen  ein  wesendtlich  selbstendig- 
Werck  zwingen  kunte. 

Claudius.  Nuhn  hie  von  nicht  mehr!  Wir  mußen  aber  aiifT  dem 
Wege  auch  Kurtzweill  haben.  Wollen  wir  nicht  vnsern 
Hansen  auch  mitt  nehmen. 

Tiberius.    WoU  zufriden.    Holla,  Hanß! 

Actus  I.    Scena  2.  [65b-] 

[Tiberius.     Claudius.    Hans.] 

Hans  (J,nicendig).    Hey  ho. 
Tiberius.    Hanß! 
Claudius.    Hanß,  horstu  nicht? 
Hans.  Was  ist  dan? 

Tiberius.    Ey  Hanß,  geh  her! 

Hans.  Ja,  wart  ein  Weill!    Laß  mich  vor  auffstehen! 

Claudius.    Ey  du  fauler  Schelm,  schleffstu  den  noch?     Gehe  fordt! 
Hans.  Ja,  gehe  fordt,  geh  fordt!    Ich  werde  ja  nicht  ohn  Hosen 

herfurjrehen. 


Tiberius  und  AnabcUa  I,  1—3,  181 

Tiberius.     E%'  gehe  fort,  oder  ich  will  dich  holen. 

Hans  {intrat).  Ja,  holen,  holen!  Guten  Morgen,  Herr,  vndt  Euch 
auch,  Herr  Clausack!  Was  habt  Ihr  viel  zu  schreien? 
Was  ist  dan? 

Tiberius.  Da,  mache  dein  Reisezeuch  fertig!  Du  solt  niitt  auff  die 
Eeise. 

Hans.  Ja,  auflf  die  Reise,    auf  die  Reise!    Das   ist    eben   so  viell 

gesagt:  Lehnet  mir  Ewren  Schlaffpeltz  vndt  Pantoffelen, 
ich  will  mitt  Euch  spatziren  reiten.  Aber  wohin  zum 
Henker? 

Tiberius.    Nach  Montephrat.     Mach  fordt! 

Hans.  Ist  dieß  alles? 

Claudius.    Ja. 

Hans.  So  hottet  Ihr  mir  woll  noch  ein  Weill  schlaffen  lassen. 

Claudius.  Schlaff  ein  ander  Mahl  mehr  vndt  verrichte  jetz,  was  man 
dier  heist.  (Exeunt  Tiherius  et  Claudius.) 

Hans.  Ja,  es  ist  gutt.  Her  Clausack.    Nuhn,  das  ist  guet,  das  ich 

jetz  nach  Montephrat  zihen  soll;  den  ich  habe  [bey]  Greten 
Nachbawr  Hermens  Tochter  geschlafen,  vndt  die  wolt 
heute  kommen,  das  ich  sie  zum  Weibe  nehme.  Aber  ich 
mach  den  Schauderteufell  nicht  haben.  Wen  sie  nuhr  so 
lang  außblieben,  biß  ich  weck  wehre,  so  Avolt  ich  ihr  her- 
nach woll  loß  werden.  Aber  schaw,  da  fuhrt  sie  der 
Teuffell  schon  daher.     Ich  muß  mich  außdrehen.     [66  a] 

Actus  I.    Seena  3. 

Hans.     Hermen  vndt  Grethe. 
Hermen.      Gluck  zu,  Hanß,  Gluck  zu!     Wo  gedenkestu  hinauß? 
Hans.  Ey,  ich  habe  nicht  der  Weill,  mitt  Euch  zu  sprechen.    Ich 

muß  verreysen. 
Hermen.      Wo  wiltu    hin    so  hastig?     Weistu    nicht,    was    du   meiner 

Tochter  verheißen  hast? 
Grethe.       Ja,   Hanß,   du  weist  ja   woll,   das   du   mir   die   Ehe    ver- 
sprochen hast,  wie  wir  zusahmen  im  Chuestall  lagen. 
Hans.  Ists  wahr,  Grethe?   Ja,  es  mach  woll  geschehen  sein;  aber 

ich  kan   jetz    nicht    daran   thuen,   ich  imtes  nach  Mompel- 

gart  i-eisen. 
Hermen.     Ey  mein  Hanß,  woltestu  meine  Tochter  so  verlassen?  Das 

mustu  nicht  thuen;    sie    hatt  dich  ja  so  sehr  lieb,    das  sie 

auch  keinen  den  dich  begehret. 
Hans.  Ja,  horstu,  Grethe,  wen  du  mich  je  haben  wildt,  so  wirstu 

viell  mitt  mir  ausstehen;    den  ich  habe  drey  böse  Mangell 

an  mir.     Ich    weiß    gewiß,    wen   du    die   hörest,    du    wirst 

mich  nicht  nehmen. 
Grethe.       Ey  mein  Hanß,  vndt  wen  du  gleich    13  bettest,    wolte   ich 

dich  gleichwoll  nehmen. 


\ 


182  Eolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

Hermen.      Nixhn  so  laß  doch  hören,  erzele  vnß  doch  diese  MengellT 
Hans.  Inprimis,    vor   erst  so  fresse   ich  alles    allein  auß,    was  du 

mir  zu  Tische  treg-est,  vndt  lasse  meinem  Weibe  die  lehre 
Schüssel!. 
Grethe.        Ey,  mein  Hanß,  dem  IMang-ell  ist  woU  vorzukommen.     Ich 
will  mein  Theill  fein  in  der  Kuchen  vorab  essen,  ehe  ichs 
zu  Tische  bringe,  daniitt  du  mich  nicht  verforteilest. 
Hans.  Nuhn,  das  passiret.     Aber  der  ander  ist  gar  zu  grewlich; 

der  wirdt  dich  abwendich  machen. 
Hermen.      Ey  sag  an,  was  ist  den  daß? 
Hans.  Schlag-en  vnd  mitt  Fuessen  treten  Averde  ich  dich  ohn  ein 

g'eg'ebenc  Vhrsag-. 
Grethe.        Ey  mein  Hanß,  ich  will  dir  Vhrsach  g'nug'    geben,    das  du 

ohn  Vhrsach  nicht  zürnen  durfest.     [66b] 
Hans.  Ey,   hastu    der    bösen  Weiber   Gebrauch    schon   gelernet! 

Aber  der  dritte,  der  ist  noch  heff'tigcr  den  alle  vorige,  der 
ist  dier  vnmuchlich  zu  ertragen. 
Hermen.     Ach   Hanß,    hatt   sie    dem   vorigen   abgeholfen,    wirdt   sie 

dieser  nicht  wendisch  machen.     Sag  nuhr  an! 
Hans.  Horstu,    Grcth,    wen    ich    erst  Hochzeit   mitt   dir   gemacht 

habe,  will  icli  darnach  nicht  eine  Nacht  mehr  bey  dier 
schlafen,  nein,  vndt  wen  du  mich  auch  vmb  Gottes  willen 
betest. 
Grethe.  Ey  mein  Hanß,  dem  Mangel  ist  am  allerleichtsten  zu  helfen. 
Wen  du  nicht  wildt,  so  sein  noch  viell  andere  gute  Ge- 
sellen vndt  Bawerknechte  in  vnserem  Dorfe,  die  es  gar 
gerne  thuen. 
Hans.  Niihn,    nuhn,    mein  Gretlie,    weill    du    den  Mangeln    so  zu 

begegnen  vcrhoff'est,    so    bleibe    es    dabey,    [das]  ich   dick 
nehme. 
Hermen.      Wan  .soll  daii  die  Hochzeitt  sein? 
Hans.  Wan  ich  wieder  von  Montephrat  konnne,  eher  nicht. 

Hermen.     Sols  auch  g-ewiß  sein? 

Hans.  Ey  ja,  so  gewiß  alß  mich  mein  Vater  gemacht. 

Hermen.  Nuh,  mein  Hanß,  weill  du  dich  ja  so  richtig  halten  wildt, 
soltu  meine  Guthat  hierinnc  auch  spuren;  den  ich  dier 
ein  junges  Ferkelin  vber  den  Brautschatz  in  die  Küche 
verehren  will,  den  alle  Ding  tliewr  ist.  Vndt  bleibe  e& 
dabey.     Adieu,  Ghu-k  auff  die  Keise! 


Actus  I.    Scena  i. 

Dux    deFerara.     Aminth  or  et  Tlieobaldus. 

Dux.  Er  wahr    dennoch    frischen    Mulits    an    seinem    Abscheidt, 

vndt  hoffen  wir  ja  niclit,  das  au  stadt lieber  Stavirung  ihme 
etwas  mangele. 


Tiberius  und  Anabella  I,  3  —  II,  1.  183 

Aminthor.  Nein,  gnädiger  Herr;  den  die  Praesent  wahren  so  be- 
schaffen, das  auch  eine  Legation  an  einen  viel  höheren 
Monarchen  daniitt  bestehen  können.     [67a] 

Dux.  Ob  wir  dan  nuiin  woll  Iiieran  nicht  zweil'elen,  docli  moch- 

ten wir  gerne  wissen,  wie  sich  Tiberius  liierin  bezeigete; 
wollen  ihm  demnach  [in]  eigener  Person  verenderter  Gestaldt 
nachzihen  vndt  Gelegenheitt  suchen,  solche  Verrichtung 
beyzuwohnen.  Werdet  Euch  demnach  die  Administration 
des  Landes  befolen  sein  laßen. 

Theobaldus.  Ey,  Gnädiger  Fürst  vnd  Herr,  solches  muchte  durch 
andere  woll  verrichtet  werden,  vndt  dorfften  sich  E.  F.  Gn. 
solcher  Gefahr  selbest  nich[t]  vnterwerCen. 

Dux.  Wir  sein  resolvirt;    drumb    bleibs    dabei,    vndt  wolt    es  in 

geheimb    behalten^    damit    vnser    Vohrhaben    nicht    offen- 
bahr werde.     Kombt  vndt  lasset  vns  dazu  bereiten ! 
{Wii'dt  musicirt.     Finis  Actus  primi.) 

Actus  II.      Scena  1. 

Marchio  Mompelgartensis.     Anabella.     Tiberius.     Claudius. 
Pergo  et  alii. 

Marchio.  Edler  Printz,  Ewere  Ankunfft  an  vnserem  Hove  ist  vnß 
sehr  angenehm  gewesen,  durch  Ewer  Werbung  sehr  er- 
frewlich;  sein  dazu  nicht  allein  gantz  woll  geneigt,  son- 
dern verhoffen  auch,  es  werde  vnser  Tochter  gern  darein 
willigen  vndt  E.  Liebe  gewärige  Resolution  vnverleugt 
widerlahren  lassen. 

Anabella.  Ach,  mucht  der  Agent  für  sich  selbest  sollicitirn!  Wie 
baldt  [wolte]  ich  mich  resolviren! 

Tiberius.  Gnediger  Herr,  Aveill  mein  Ankunfft  allhero  vber  Ver- 
hoffen verzogen  vndt  die  Zeit  meiner  Wiederanheimbkunfft 
sich  fast  herzunahet,  pitt  ich,  mich  nich[t]  lang  auffzuhalten. 

Marchio.  Daß  soll  auch  nich[t]  geschehen.  Tochter  Anabella,  du  hast 
gestern  verstanden,  was  gestaldt  Printz  Tiberius  zugegen 
hie  angelanget,  dich  seinem  Herrn  Vätern  zu  einem  Ge- 
mahl zu  werben.  Derohalben  wollestu  vns  dein  Bedenken 
eröffnen  vndt  den  Printzen  nich[t]  vber  die  Gebuhr  auff- 
halten.     [67  b] 

Anabella.  0  ihr  Gotter,  wo  noch  vnter  euch  einige  Gewählt  oder 
Menschenhertz  vndt  Gedanken  gebieten  mag,  so  beweiset 
solche  zu  dieser  Frist!  Den  wie  konte  ich  mich  dem 
Schatten  ergeben,  da  ich  mein  Gemuht  diesem  Leben 
schon  gentzlich  devovirt!  0  Venus,  blende  doch  nich[t] 
diesen  edlen  Printzen  vndt  verhele  ihm  meinen  Schmertzen 
ja  nicht! 

Tiberius.  Frewlein,  ich  verhoffe  nicht,  dass  mein  vngestümes  Anhalten 
E.  Gnaden  in  Betrubnuß  bringe. 


184  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Anabella.  Gantz  nicht,  g-nediger  Herr,  sondern  ich  beschawe  E.  Gn. 
Herrn  Vätern  Contrafactur.    Ist  es  ihm  auch  ehnlich^). 

Tiberiiis.  Ja,  gnediges  Frewlein,  alß  wen  Ihr  ihn  selber  zugegen 
sehet. 

Anabella.  Ist  es  muglich,  ein  so  durrer  Baura  vndt  so  schöner  Zweich! 
Wie  aldt  ist  er  woU? 

Tiberius.    Irgend  vierzig  Jahr'^). 

Anabella.  Ja,  da  dieß  gemahlt  ist;  dan  die  Hende  scheinen  gahr  zu 
durrc.  Ich  muß  bekennen,  gnediger  Herr,  E.  Gn.  Herr 
Vater  bette  keinen  bessern  Agenten  finden  können^),  der 
so  fleisich  solHcitiret  bette,  vndt  mochte  wünschen,  dasE.Gn. 
diese  Muhe  nach  meinem  Begehren  belohnet  Murde,  vndt 
soldt  ich  gleich  selbst  die  Besoldung  sein. 

Tiberius.  Ich  zweifle  nicht,  gnediges  Frewlein,  ich  werde  noch  endt- 
lich  guten  Lohn  davon  bringen.  —  0  Tiberi,  zwinge  deine 
Gedanken  vndt  versperre  sie  in  die  Vest  deiner  Brust  vndt 
laß  nicht  deine  Affecten  vber  dich  herschen  oder  deine 
Standthafftikeit  vberweltigen ! 

Marchio.  Wie  da,  edler  Prinz?  Vervhrsachet  vnser  Tochter  etwa 
Ewren  Vnmuht?  Anabella,  wie  lang  verzeuchstu  mitt  deiner 
Andtwordt?  Was  bedeut  dein  einsames  Radtschlagen? 

Anabella.  Ach  gnediger  Herr  vnd  Vater,  ich  besorge,  weill  der  Printz 
Tiberius  ein  so  edles  Frewlein  zu  einer  fürstlichen  Mutter 
gehabt,  er  mich  zu  seiner  Stieffmutter  viel  zu  gering 
schetzen  werde.     [68  a] 

Tiberius.  Ach,  das  Wordt  Mutter  dringet  mir  durchs  Hertz!  0,  mocht 
solches  in  Schatz  oder  Gemahl  verwandeldt  werden!  Das 
wehr  die  beste  Verenderung,  so  je  geschehen. 

Marchio.  Waß  ist  dan  endtlich  deine  Meinung?  Eröffne  vuß  solches 
vndt  lialdt  vns  nicht  lenger  auff! 

Anabella.  Gnediger  Herr  vndt  Vater,  ich  bin  E.  Gn.  Kindt,  vndt  ge- 
bühret mir  zwar  nicht,  E.  G.  Willen  zu  widerstreben, 
doch  bitte  ich,  mir  nuhr  diese  Nacht  Frist  eiiizureumen; 
will  alßdan  mein  Bedenken  ohn  weiteren  Verzug  anzeigen. 


1)  Bei  Marston  (Parasitaster  I,  2  p.  124)  fragt  Dulcimel:  'In  this 
your  father's  true  proportionf  —  Tiberio:  'No,  lady ;  hut  the  jyerfect 
counterfeiC.  —  Dulcimel:  'And  the  best  graced\  —  Tiberio:  'The  liain- 
ter's  art  could  yield'. 

2)  Bei  Marston  p.  126  äussert  Dulcimel:  'This  model  speaks 
about  foi'ty:  —  Tiberio:  'The?i  doth  it  somewhat  fiatter ;  for  our  fafher 
hath  Seen  more  years,  and  is  a  little  shrunk  from  the  füll  strenyth 
of  time.' 

^)  Ebenda  sagt  Dulcimel:  'Yoitr  fafher  hath  a  fair  solicitor,  And 
be  it  S2)oke  ivith  virgin  modesty,  I  icould  he  icere  no  eider." 


Tiberius  und  Auabella  II,  1—2.  185 

Marchio.     Woll  zai   frideu.     Edler   Printz,   wir  verhoffen,    diese  Frist 
werde  E.  Liebe  ja  nicht  zuwiedern  sein. 
(Exeunt  omnes,  manet  Tiberius  solus). 
Tiberius.   Ists  muglich?    Kan  Schoenheit  so  groeße  Gewaldt  in  eines 
Menschen  Hertzen  haben,  das  es  g-leichsamb  einem  starken 
Feinde  mitt  stürmender  Handt  allen  gefasten  Muht  darauß 
vertreibe!    0  Tiberi,    wie    hatt    dier  der  gestrige  Tag   ge- 
sehen einem  so  vernunfftigen,    fleisigen    vndt  bestendigen 
Patronum,   welchem   deines  Vätern   Sach  so  hefftig  ange- 
legen wahr,  das  du  auch  ehe  dein  Lebendt  verlihren  dan 
int  geringsten  davon  weisen  laßen  weitest!    Wie    hatt  dan 
dich,  einem  jungen  Printzen,  einem  so  kühnen  vndt  man- 
hafften  Heldt,    da    du   auch   in    dieser  Sachen    dich  keine 
Gefahr  hattest  schrecken  lassen,  ein  Weibsbildt  nur  durch 
bloßes  Anschawen    so  baldt  vberwunden,    das  auch    kein 
Winkeil  in    deinem  Hertzen    mehr  verbanden,    darin   dein 
Vater  oder  deßen  dier    anbefolene  Werbung  Stadt    finden 
möchte,  ja  der  nicht  viel  mehr  mitt  tausenderley  angsthaffter 
brunstiger  Begierdt  gegen  sie  nicht  endtzundet  were!  Jetz 
erfahre  ich  in  der  Thatt,   was  Claudius  zu  Ferara  prophe- 
ceite.    ifeldt  nider.)    WoU    bin    ich    jetz    einem   gesunden 
Menschen    in  vngesunde  vndt  inficirte  Lufft  gerahten,  die 
mir  auch  alle    meine  Kreffte    dur[ch]   innerliche  Inbildung 
dieses  schonen  Frewleins  dermaßen  [68  b]  geschwechet,  das 
vhnmuglich  ist,  wo  mir  nicht  mit  Hui  ff  ihrer  trewen  Gegen- 
lieb begegnet  wirdt,  ich  gentzlich  vergehen  muß. 

Actus  II.    Scena  2. 

[Tiberius.]     Intrat  Claudius. 

Claudius.  Wie  nuhn,  Tiberi?  Wie  ist  mitt  dier?  Wiltu  melancholisiren, 
so  werden  wier  schwerlich  die  Brandt  heimbfuhren. 

Tiberius.    0  Claudi,  zu  vnglückseliger Stunde  sein  wir  alhie  ankommen. 

Claudius.  Wieso?  Was  ist  dein  Anliegen?  Eröffne  es  mir!  Bistu 
kranck,  so  will  ich  umb  einen  Artz  schawen. 

Tiberius.  Ach,  der  Artz,  so  mir  in  diser  Kranckheitt  rathen  kan,  ist 
dier  sehr  woll  bekandt,  vndt  ohne  sein  Hulffe  ist  mir 
unmuchlich  zu  genesen.     Aber  was  hilfft  viel  Klagens! 

Claudius.  So  neu  ihn  doch!  Oder  ist  die  Kranckheitt  vielleicht  so 
heimblich,  das  du  dich  schewest,  dieselbe  zu  oftenbahren.-' 
Oder  trawestu  mir  nicht?  Hastu  mich  irgendt  felschlich 
befunden? 

Tiberius.  Nein,  sondern  ich  habe  iederzeitt  einen  getrewen  Freundt 
an  dier  gehabt  vndt  vermerket.  Derohalben  wisse,  das  ich 
gegen  ein  Frewlein  dermaßen  in  Lieb  gerahten,  das  ohu 
fhi^  trewe  Gegenlieb  ich  gewiß  vergehen  muß. 


Igß  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Claudius.  In  Liebe?    Hastu    docii    g-esag-t,    es  wehren  lauter  Fabiileu 

vndt    poetische    Trewme,    so    von    der    Liebe    vorg'eg'eben 

wurden,     vndt    konte    ein    Einbildung"    ein    selbstendiges 

V,'e„sendt  nicht  zwing'en! 
Tiber  ins.    u-h  mueß  bekennen,   das  ichs  dafür  gehalten.     Itz  befinde 

ich  aber  mein  eigen  Thorheitt. 
Claudius.   Wer  ist  den  der  Schorpion,  so  dich  verwundet?  Mitt  Junck- 

frawen  ist  guet  handelen. 
Tiberius.    Es  ist  das  güldene  Vlües   Anabella,    so  ich  meinem  Vater 

erwerben  soll. 
Claudius.  Ist  das   die  große  Noht?    Darauß  kontestu  dich  woU  seihest 

helffen.     Wirb  vor  dich  selber!  [69a] 
Tiberius.    Vv'ic,  Claudi,  vndt  soldt  ich  meinen  Vater  vmb  seine  Brandt 

L'ctrigen?  Ich  meine,  das  wehre  frey  gehandelt. 
Claudius.   Wiltu  das  nicht  gerne  thuen,  so  laß  mich  vor  dich  werben ! 
Tiberius.    Ja,    du   woltest   vieleicht,    wie   ich  für  meinen  Vater,   vor 

mich  werben.     Ich  bedanke  mich  des  Erbitens  vndt  begehr 

nuhr  deinen  Raht,  wie  diesen  Sachen  zu  helfen  sey. 
Claudixis.    Gib  dich  nuhr  zufriden ! 

Actus  II.    Scena  3. 

[Tiberius.     Claudius.     Hans.] 

Hans.  {mitt  einem  Pfeill  geschossen  riiffet  inicendig.)    0  weh,  o 

weh,  0  well,  das  Gott  erbarm  ! 
Tiberius.    Horch,  wehr  rufet  dar?  Ist  das  nicht  vnser  Hanß? 
Hans  (intrat).     0  weh,  o  weh  etc. 

Claudius.    Waß  schadt  dier,  du  Nar?  Was  rufestu? 
Hans.  Was  rufestu?  Soldt  ich  nicht  rufen! 

Tiberius.   Was  schadet  dier?  Bistu  den  kranck? 
Hans.  Nein,  ich  bin  nicht  kranck;  ich  bin  todt. 

Claudius.    Bistu  todt?  Du  redest  ja  noch. 
Hans.  Ja,   ich  bin  noch  erger  alß  todt.     Seidt    [1.  Seht]  ihr  nicht, 

wo  ich  mitt  einem  Pfeill  durchs  Hertz  geschossen  bin? 
Tiberius.  Ey,  Hans,  wer  hatt  dich  mitt  dem  Pfeile  so  verwundt? 
Hans.  Ach,  es  begegnet  mir  ein  kleiner,  nackter,  blinder  Schelm 

auff  der  Gassen. 
Claudius.    Wie  hies  er  dan? 
Hans.  Harr,  wie  hieß  er  schon? 

Claudius.  Cupido,  wahr  der  es? 
Hans.  Ja,  ja,  Chubrüder,  Cliubruder^). 

Tiberius.    Ey  Hans,    du  meinest,  du  müst  keine  Junckfraw  ansehen, 

du  müssest  sie  stracks  lieb  haben. 


^)  Ciiprit  nennt  Strumbo    im  Locrine    (oben  S.  17(i)   den  Liebes- 
gott Cupido. 


Tiberius  und  Anabella  11,2-4.  187 

Hans.  Ja,  Herr,  ich  mues  bekennen,    ich  habe  viell  Bawrmedlein 

beim  Tantze  gesehen,  aber  keine  hatt  mir  nihe  so  woU 
g-etallen  alß  diese. 

Tiberius.    Wer  war  sie  dan? 

Hans.  Sie  hatte  eine[n]himmelblawencorduwanischen  Rock  an  vndt 

ist  allererst  mitt  dem  Marckgraven  dahin  g-angen.       [69  b] 

Tiberius     Wahr  es  nicht  das  Frewiein  Anabella? 

Hans.  Ja  ja,  Nunnabella,  Nunnabella. 

Tiberius.    Ey  du  Narr,  das  ist  der  Marckgraven  Tochter. 

Hans.  Ja,  was  frag  ich  darnach!  Wen  ich  sie  bekom,  so  bin  ich 

des  Marckgraven  sein  Sohn. 

Claudius.  Schaw  da,  Tiberi,  der  Nar  will  dich  lehren,  wie  du  für 
dich  Averben  sohlt. 

Tiberius.  Nuhn  horstu,  Hanß,  ich  will  dier  helffen,  das  du  sie  be- 
komst.  Ich  will  dier  einen  Brieff  schreyben,  den  soltu  ihr 
fein  zierlich  vberandtworten.     Kanstu  das  woU  thuen? 

Hans.  Ey  Herr,  meindt  Ihr,    das  ich  nicht  eher  bey  Leuthen  ge- 

wesen bin?  Ich  habe  woU  eher  mitt  vnsers  Schnitzen 
Tochter  bey  3  Stunde  im  Kuh  stall  geschwetzet. 

Tiberius.    Dumustaber  schawen,das  du  fein  ingeheimb  zu  ihrkombst. 

Hans.  Ich   will    warten,    biß  sie  aufts  heimbliche    gemach    gehet; 

da  will  ich  ihn  ihr  vberandtworten. 

Claudius.  Ey  du  grober  Tulpell,  du  must  es  so  nicht  machen;  sonst 
wirstu  vbell  bestehen. 

Hans.  Furchtet  Eluch  nuhr  nicht!  Ich  wils  woll  machen.     Schreibt 

nuhr  baldt!  Ich  will  dieweill  hingehen  vndt  will  mich  fein 
dazu  putzen. 

Claudius.  Durch  diese  Gelegenheit  kanstu  ihr  deine  Liebe  fein  en[t]- 
deeken  vndt  dabey  mercken,  wie  sie  gegen  dich  aflfectionirt. 

Tiberius.    Du  ratest  woll.     Komb  und  last  vnß  zur  Sachen  thuen! 

Actus  II.     Seena  4. 

[Anabella.  Pergo.] 
Anabella,  {sola)  0  Venus,  wie  hardt  sindt  deine  Banden,  vndt  Avie 
durchdringen  deines  Sohnes  Pfeill!  Woll  machstu  dem 
Tote  zu  vei'gleichen  sein,  das  du  nicht  ansihest  den  Standt 
der  Menschen,  so  du  verwundest.  Warumb  erregestu  Be- 
gierden in  mir  kegen  einen  frembden  Printzen,  den  ich 
doch  nicht  recht  kenne,  ja  der  mich  einem  andern  zu 
werben  anhero  kommen  ist !  Vieleicht  herschet  deine 
Macht  nich[t]  so  woll  vber  die  Menner  alß  vber  unß  arme 
Weiber.  0,  mochte  sein  Hertz  dem  meinen  gleich  endt- 
zundet  sein  vndt  er  nuhr  die  Helffte  dieser  Quall  fühlen, 
ich  hoffte,  er  mochte  zu  gewinnen  sein.  [70  a]  Wo  das 
auch  nicht  geschieht,  muß  ich  vor  Leidt  meinen  Geist 
auffgreben. 


188  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Pargo.         {intrat)  Gnediges  Frewlein,  E.  G.  soll  zu  ihrem  Herrn  Vater 

in  Garten  kommen. 
Anabella.  Ja,  Perg-o,  ich  will  gleich  folgen.  —  0  ihr  Gotter,  erhöret 

mein  Bitten  vndt  wendet   mein   Klagendt!    {Exit.     Wirdt 

musicirt.    Finis  Actus  II-) 

Actns  IIL    Scena  1. 

Dux. 
Dux.  {icie  ei?i  Soldaht  verkleidet.)  Durch  der  Götter  Schutz  bin 
ich  so  mancher  Gefahr  endti-unnen,  biß  mich  diese  ver- 
enderte  Gestaldt  anhero  bracht.  Ist  dan,  ihr,  die  ihr  die 
sterblichen  Menschen  regirt,  mein  Bitte  nicht  vnzimblich, 
so  last  mich  erlangen,  was  ich  suche!  Hie  ist  mein  Sohn, 
an  diesem  Hoffe  er  mir  die  Brawt  erwerben  soll,  muß  mich 
derowegen  heimblich  halten  vndt  schawen,  ob  ich  in  dieser 
geringen  Gestaldt  erfahren  muge,  wie  er  sich  verheldt. 
Stille,  da  kombt  er. 

Actus  III.    Sceua  2. 

[Dux.]     Tiberius  et  Claudius. 

Tiberius.    Vermeinestu,  Claudi,  das  ichs  ihr  eröffne? 

Claudius.  Ja,  vndt  schaw,  das  Ihr  in  der  Eyll  getrawet  werdet!  So 
wirdt  der  Marckgrave  woU  consentiren  mußen. 

Tiberius.  Waß  wirdt  aber  mein  Vater  dazu  sagen?  Wie  wirdts  ihm 
gefallen? 

Claudius.    Waß  will  er  thuen?  Er  kan  dier  sie  ja  nicht  nehmen. 

Dux.  Glück  zu,  Ihr  Herren!  Bedarff  Ewer  keiner  einen  Diner? 

Tiberius.    Wer  bistu? 

Dux.  Ich  bin  ein  Soldaht  vndt  komb  auß  der  Florentiner  Schlacht, 

vndt  weill  der  Krig  ein  Ende  gewunnen,  werde  ich  ver- 
vhrsachet,  einen  Herrn  zu  suchen.  Ich  hatte  mich  zwar 
bey  dem  Hcrtzog  von  Ferara  angemeldet,  aber  weill  der- 
selbe kranck,  konte  ich  nicht  befodert  werden. 

Tiberius.  Was  sagstu?  Ist  mein  gnediger  Herr  Vater  krank? 

Dux.  Verzihet  mirs,  gnediger  Herr!  Den  ich  habe  nich[t]  gewust, 

das  er  E.  G.  Vater  wehre!  Es  hatt  aber  kein  Gefahr;  den 
man  sagte,  er  wehre  nuhr  liebe  kr<anck,  vndt  E.  G.  wehren 
alliie,  ihm  eine  Braut  zu  werben.     [70b] 

Tiberius.  Ja,  daß  ist  wahr.  Wie  deucht  dier,  Claudi?  Wir  mußen 
doch  einen  Diener  haben. 

Claudius.   Dieser  kombt  vnß  glcicli  recht. 

Tiberius.   Wie  heissestu? 

Dux.  Bartholomeus  Vrsinus,  gnediger  Herr! 

Tiberius.  WoUan,  Bartholomee,  wiltu  mir  dienen  vndt  auff  mich 
warten? 


Tiberius  und  Anabclla  11,4  —  111,4.  189 

Dux.  Von  Hertzen  gern,  gnediger  Herr. 

Claudius.    So  komb  mitt  herrein!     (Exeiint.) 

Actus  III.    Scena  3. 

Hans  mitt  dem  Brieffe. 
Hans.  Ich  habe  mich  baldt  zu  lange  geputzet.  0,  mein  Herr 
hatt  mir  einen  exellenten  Brieff  geschrieben;  aber  das  ist 
der  Teuffell,  ich  kan  ihn  nicht  lesen.  Fie  wirdt  das  Frew- 
lein  heraußkommen,  hie  will  ich  ihrer  Avarten.  Ich  wils 
aber  ein  wenig  vohrher  probiren,  wie  ichs  machen  mues. 
Mein  Keule  soll  die  Junckfraw  sein,  vndt  ich  bin  ihr 
Gallant.  {Jetz  2^i(t^^i  ^^  sicJi  allendthalhen.)  So  kombt 
nuhn  Hanß  vnd  sagt  —  ja,  was  saget  er  dan?  Daß  ist  der 
Teuffell.  Schönes  Frewlein,  einen  guten  Morgen!  Nein, 
nein,  das  dauclit  nicht;  pfej',  pfey,  pfey,  das  ist  gar  zu 
bewrisch.  E}^  mein,  waß  muß  ich  doch  immer  sagen!  Ja, nuhn 
weiß  ichs,  jetz  hab  ichs;  ich  will  sagen:  Schönes  Frewlein, 
was  hatt  die  Klocke  geschlagen?  Nein,  daß  taugt  auch  nicht, 
das  stincket  gahr  zu  sehr  nach  dem  Dorff.  E}',  ey,  ey,  nuhn 
habe  ichs  bekommen.  Ich  will  sagen:  Schönes  Frewlein, 
Gott  grüse  Euch!  Ja,  das  ist  recht;  das  wirdt  ihr  gahr  biß 
ins  Hertzgrubelcin  tringen.  Nuhn  sagt  sie:  Gott  danke 
dem  Herren!  Was  ist  Ewer  Begehr?  Nuhn  sag  ich:  Hie 
bring  ich  Euch  einen  Brieff.  Nuhn  sagt  sie:  Von  wehm? 
Nuhn  sag  ich:  Von  Monsieur  Signior  Cavagliere  Junckern 
Hans  Leberwurst.  Nuhn  sagt  sie:  Gebt  her  den  Brieff! 
Nuhn  kuß  ich  die  Handt  mitt  groß  Basolosmanos^)  vndt 
sag:  Nembt  hin  den  Brieff  mitt  all  mein  Hertz!  Hie  ist 
Mangell  vnd  grose  Schmerz.  So  nimbt  [71a]  sie  den  Brieff 
vndt  machet  ihn  auff,  vndt  weill  sie  ihn  lieset,  gehet  Mon- 
sieur Signior  Cavagliere  Hanß  Leberwurst  gar  melancholisch 
auff  vndt  nider  spatziren.  Ach  das  sie  jetz  hier  wehre, 
so  wolt  ichs  auß bundig  machen!  {Intrant  Anabella  et  Pergo.) 
Das  dich  der  Teuffell,  da  kombt  sie.  {Er  lest  den  Brieff 
fallen  vndt  leii/ft  davon.) 

Actus  III.    Scena  4. 

[Anabella.     Pergo.] 

Pergo.  Gnediges  Frewlein,    des  Herren  Tiberij  Diner  ist  hier  ge- 

wesen vndt  hatt  diesen  Brieff  fallen  laßen. 

Anabella.    Nimb  ihn  auff,  Pergo,  vndt  ließ  ihn! 

Pergo.  Ich  kan  sonst  nicht  woU  lesen,  guedige  Fi-ewlein.  {nimbt 
ihn  auff  und  list  Hin:)  'Dicere  quae  puduit,  scribere  iussit 


^)  Höflichkeitsbezeugungen  (spanisch  Beso  los  majios,  ich  küsse 
die  Hände). 


190  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

amor'^).  Wahrlich,  gnädiges  Frewiein,  die  Vberschrifft  ist 
gahr  zu  geschickt  für  einen  so  tölpischen  Menschen. 

Anabella.   Ließ  weiter,  Pergo! 

Pergo.  {list  iceiter^)    'Gnediges    Frewlein,    ob    ich    woll  E.  G.  vor 

meinen  Hern  Vattern  zu  werben  anhero  gelanget,  kan 
doch  die  Zucht  meine  trewhertzige  Aftecten  nicht  mehr 
verbergen,  mochte  aber  E.  G.  vngern  mitt  weitleufftiger 
Andeutung  meiner  AfiFecten  beschwehren,  hette  derowegen 
zu  bitten,  E.  G.  geruhen  vndt  alßpaldt  zu  mir  in  den  Garten 
kommen  wollen.  Bin  jederzeit  solches  zu  beschulden 
willigk.  E.  G.  in  aller  Affeetion  williger  Tiberius,  Printz 
von  Ferara.'  Sehet,  gnediges  Frewlein,  wie  konte  der 
Handell  besser  fallen!  E.  G.  stehtes  Flehendt  ist  endtlich 
erhöret.  Ich  riehte,  E.  G.  bedechten  sich  nicht  lange, 
sondern    schmiedeten,  weill  das  Eysen  noch  warmb. 

Anabella.  Du  weist  aber  woll,  Pergo,  das  ich  meinem  gned.  Herrn 
Vätern  folgen  vndt  seinem  Vater  verheyrahtet  werden  mues. 
Drumb  weiß  ich  nicht,  wie  ich  mich  hierin  verhalten 
magk.     [71  b] 

Pergo.  Gnediges  Frewlein,    mich    wundert  Ewer  gefasten  Furcht, 

die  man  sonst  gcmeinichlich  bey  den  Liebhabenden  fin- 
det. Es  ist  sonst  ja  Ewer  steter  Wunsch:  Ach  das  Tiberi 
Hertze  dem  meinen  ehnlich  vndt  er  für  sich  selber  würbe! 
Wie  baldt  woldt  ich  mich  bedenken!  Vndt  jetz  beginnen 
E.  G.  wieder  zu  wanken?  Di'umb  gehets  E.  G.  wie  gemein- 
lich allen  anderen  Frewlein:  sie  Avehlen  vndt  wehlen,  biß 
sie  endtlich  gar  das  ergste  behalten. 

Anabella.  Woll,  Pergo,  schaw,  das  du  seineu  Diner  antreffest,  vndt 
sag,  ich  will  mich  einstellen! 

Pergo.         Ich  wils  verrichten,  gnediges  Frewlein.     {Exeunt.) 

Actus  III.    Seena  5. 

Tiberius.    Claudius.    Dux. 
Tiberius.    Vermeinstu  aber,    Claudi,    das    das  Frewlein   bloß   hin   so 

baldt  consentiren  werde?    Wie,    wen  si    sich    mir    in  Lieb 

nicht  ergeben  wolte? 
Claudius.    Ey,   du  bist  gahr  verzagt.     Laß  die  Furcht  fahren!    Hastu 

nicht    gehöret,    das    ein    verzagtes    Hertze    niemahls    eine 

schöne  Junckfraw  gebuhlet  habe?  Schaw,  da  kombt  Hanß 

her!  Was  wirdt  der  vor  Bescheidt  bringen? 
Tiberius.    Potz  tausendt,  Hanß,  willkommen!  Wie  ist  diers  mitt  dem 

Briette  ergangen? 
Hans.  0  Herr,  auß  der  Maßen  hurtig.     Ich  habe  ihn  den  Frewlein 

seihest  vberandtwortet. 
Claudius.    Waß  sagt  sie  den? 


')  Ovid,  Heroldes  4,  10. 


Tiberius  und  Anabella  III,  4—5.  191 

Hans.  Nein,  das  wviü  ich  nicht,  Herr  Clawsack. 

Tiberius.    Ey,  Hanß,  bringestu  dan  kein  Bescheidt? 

Hans.  Ja,    Herr,    sie  wirdt    seihest    baldt  Bescheidt    bringen,    sie 

A\irdt  baldt  kommen. 

Claudius.    So  wardt  doch  so  lang-,  Hans,  biß  das  Frewlein  kombt! 

Tiberius.    Ey  ja,  Hans,  wardt! 

Hans.  Ey  nein,  Herr.    Ich  hat  etwas  zu  thuen,  das  Ihr  vor  mich 

nicht  A^errichten  könnet.     Drumb  muß    ich   seihest   gehen. 

Tiberius.  Ey,  pleib  doch,  pieib!  —  Wie  machen  wir  es  aber  weiter, 
das  wirs  dem  Frewlein  offenbahren?  Dan  ich  bin  wahrlich 
viel  zu  blöde  dazu,  ich  scheme  mich.     [72a] 

Claudius.  Ey,  du  niust  dich  wahrlich  nicht  Schemen.  Oder  darfstu 
^•iel('icht  nich[t],  so  will  ich  ihrs  eröffnen. 

Tiberius.    Ja,  wen  du  ihrs  fein  höfüich  anbringen  kontest. 

Claudius.    Sorge  du  nuhr  davor  nicht! 

Tiberius.    Wie  deucht  dier  aber  bey  meinem  Diner  Bartholomeo? 

Dux.  Hie  bin  ich,  gnediger  Herr. 

Tiberius  &  Claudius.  Nicht,  nicht!  Wir  haben  dich  nicht  ge- 
rufen. 

Tiberius,     Soll  ihm  auch  M^ohl  zu  vertrawen  sein? 

Claudius.    Warumb  nicht?  Bartholome! 

Tiberius.     Bartholomexis! 

Claudius.    Bartholomeus,  horstu  nicht? 

Dux.  Gnediger  Herr! 

Tiberius.     Kanstu  irgendt  nicht  woll  hören? 

Dux.  0  ja,    ich  hör    sonst    zimblich    woll,    gnediger    Herr.     Ich 

wahr  nuhr  sonst  ein  weinig  in  tifen  Gedanken  gestanden. 

Tiberius.     Horstu,  Bartholomee,  kanstu  auch  verschwigen  sein? 

Dux.  0  ja,  gnediger  Herr. 

Tiberius.     Was  helstu  dan  von  meinem  gnedigen  Herren  Vater? 

Dux.  Ich  halte  ihn  für  einen  Fürsten,  der  mir  weder  Leids  noch 

Gutes  erzeigt. 

Tiberius.     Was  helstu  aber  von  mir,  seinem  Sohn? 

Dux.  E.  G.  halte    ich   vor  meinen  gnedigen  Herrn,    für  den  ich 

Leib  vndt  Lebendt  wagen  wolte. 

Tiberius.  Wie  aber,  wen  der  Sohn  den  Vater  erzürnen  solte,  woltestu 
ihm  auch  be[i]stehen? 

Dux.  Ja,  wens  nuhr  nicht  sein  Lebendt  betreffen  thete. 

Tiberius.     Wie  aber,  wens  sein  Liebe  betreffen  thet? 

Dux.  Aha,  sein  E.  G.  da  zerissen?    Ich  habe  gehört,  E.  G.  sein 

allhie,  das  Frewlein  Anabellam  für  Ewren  Vater  zu  werben. 
So  merke  ich  woll,  E.  G.  wollen  den  Braten  seihest  be- 
halten vndt  ihm  den  leheren  Spieß  laßen. 

Tiberius.     Meinstu  so,    Bartholomee?    Wie  deucht    dier  aber  dabey? 

Dux.  Mir  deucht,  E.  G.  thuen  recht  vndt  woll  daran,  damit  [er] 

ein  andermahl  lerne,  junge  Gesellen  auflf  die  Buhlschaft 
zu  schicken.     Den  wer  den  Bock  zum  Gertner  setzet,  den 


192  Bolte,  Das  Danzigei-  Theater. 

Hundt  nach  Schmehr  vndt  die  Katzen  nach  Bradtwursten 
schicket,  kriget  selten  etwas  heimb^).  [72  b] 
Clandius.  Sihe  da,  Tiberi,  dex*  weiß  dier  den  Teckest  mitt  der  Gloßen 
für  zuleg-en!  Predigt  dir  der  nicht  nach  deinem  Sin? 
Schaw  da!  {Anabella  et  Pergo  intrant)  Da  kombt  das 
Frewlein  auch  gleich  her.  Jetz  wirdt  der  Streit  erst  recht 
angehen.     Faß  dir  nuhr  ein  Hertz,  Tiberi! 

Actus  III.    Sceua  6. 

[Tiberius.     Claudius.     Dux.     Anabella.     Pergo.] 

Anabella.    Gluck  vndt  Heill  warten  auff  E.  G.,  gnediger  Printz. 

Tiberius,  Desgleichen  auff  E.  G.,  schöneste  Printzessin.  Ich  bitte 
gantz  fleißig,  gnediges  Frewlein,  ob  meinem  vnbesonnenen 
Schreiben  kein  Vngemach  zu  tragen;  dan  (Ey,  ich  scheme 
mich,  meine  Liebe  zu  offenbahren)  ich  gerne  wißen  woldt, 
ob  sich  E.  Gn.  auff  die  Werbung  meines  Herren  Vätern 
bedacht  oder  nicht. 

Claudius.  Ey  der  Teuffell,  was  soll  daß  sein,  Tiberi!  Das  muß  an- 
ders lauten.  Der  Windt  wehet  noch  nicht  auß  dem  rechten 
Loche.     Ich  muß  den  Schweren  2)  auffdrucken. 

Tiberius.  Ey,  Claudi,  ich  scheme  mich  viell  zu  sehr.  Ich  kau  mein 
Anliegen  nich[t]  eröffnen. 

Claudius.  Ey  was  Schemen!  Wer  vom  Frawenzimmer  etwas  haben 
will,  der  muß  bißweilen  den  Schamhuet  abzihen^).  Ich 
weiß,  es  wirdt  woll  angehen.  Du  bist  ja  noch  junck,  da- 
gegen dein  Vater  aldt  vndt  dier  das  Sprichwordt  ja  woll 
bekandt:  'Ein  harte  Nuß,  eine  stumiifcr  Zahn  sich  zusamen 
nicht  reimen  woll;  ein  jeder  seines  gleichen  nehmen  soll'*). 
Habe  nuhr  einen  frischen  Muht!  Gnedige  Princeßin,  mein 
gnediger  Herr  Tiberiiis  vndt  ich  haben  ein  GAVctt  gemacht, 
wohr  vber  E.  G.  ansprechen  sollen,  wer  dasselbe  ge- 
wonnen habe. 

Anabella.  Ach  liebe  Herren,  Ihr  wißet,  das  das  Frawenzimmer  ein- 
feltig  — 

Dux.  Ja,  wie  Bamberger  Zwibeln;  die  haben  neun  Heuter-'^'). 


1)  Vgl.  KeII(>r,  Alte  gute  Schwanke  1S7G  Nr.  13.    Germania  28,  417. 

2)  Das  Geschwür. 

3)  D.  h.  die  Scliüchternheit  ablegen  (Grimm,  DWB  H,  2117). 

■1)  Derselbe  Spruch  steht  in  der  1630  gedruckten  Tragödie  vom 
unzeitigen  Vorwitz  I,  5  (Creizenach^  Englische  Komödianten  S.272.CVIII). 
Petri,  Der  Teutschen  Weisheit  1605  Bl.  Vvjb,  Wander,  Sprichwörter- 
lexikon 3,  1072.     Alemannia  17,  250  Nr.  9. 

5)  Vgl.  Hans  Sach.s,  Sämtliche  Fabeln  ed.  E.  Goetze  1,  164  'Die 
neunerley  hewt  eines  poesen  wcibs'  mit  den  Nachträgen  2,  XIII. 
W.  KaAverau,  Die  Reformation  und  di(i  Kiie  1892  S.  49. 


Tiberius  und  Aimbella  III,  5.  6.  193 

Anabella.  Vndt  in  solchen  Fellen  niclit  woll  vhiteilen  können.  Doch 
last  mich  das  Gewett  anhören! 

Claudius.  Ich  habe  gewettet,  E.  G.  wehren  bedacht,  lieber  meinen 
Herren  Tiberium  alß  S.  G.  Herren  Vätern,  der  ihm  in 
Jng-endt,  [73  a]  Lieb  vndt  Kurtzweill  bey  weitem  nicht  zu- 
verg-leichen,  sich  zu  verheyrahten.  Mein  Herr  Tiberius 
aber  hatt  das  Contrarium  asseverirt.  So  wollen  E.  G.  nuhn 
ohnbeschwehrt  ansprechen,  wehr  in  diesem  solch  g-e- 
wunnen  habe. 

Anabella.  0  liebe  Herren,  diesen  Streidt  zu  dirimiren  wurde  ich  viell 
zu  partheysch  sein,  vndt  wurde  ich  ohn  eines  oder  des 
andern  großen  Nachtheill  hievon  schwehrlich  sententiiren 
können. 

Pergo.  Ey,  gnediges  Frewlein,    wie    lange  wollet    Ihr    hinter  dem 

Berge  halten?  Ich  muß  der  Katzen  die  Schelle  anhenken, 
Gnediger  Herr  Tiberi,  ich  muß  meiner  Princessin  Wordt- 
halter  sein,  vndt  Avißet,  das  Signior  Claudius  dies  Gewett 
gewonnen.  Den  deß  Frewlein  Hertz,  Muht,  Sin  vndt  Ge- 
danken einig  vndt  allein  auff  Euch  gerichtet  vndt  mitt 
trewer  Affection  kegen  Euch  dermaßen  ei-fvillet,  das  auch 
der  geringste  Winkell  vor  E.  G.  Herrn  Vater  nicht  mehr 
vbrig". 

Tiberius.    Ist  dem  also,  gnediges  Frewlein,  wie  der  Knab  sagt? 

Anabella.  Es  verbeutt  mir  zwar  meine  zuchtige  Blödikeitt,  vndt  [?] 
tringet  mich  aber  mein  Hertz,  die  Wahrheitt  zu  eröffnen. 
Drumb  wißet,  gned.  Herr,  das  zu  E.  G.  allein  vndt  sonst 
niehmandt  in  der  Weldt  mein  Hertz  vndt  Begier  ge- 
richtet sey. 

Tiberius.  O  glückselige  Stunde,  o  gnedige  Götter!  Mitt  dieser  Andt- 
wordt  ich  gantz  Arabiam,  ja  alles,  was  die  Weldt  betiüff't, 
nicht  verwechselen  wolte.  Vndt  wißet,  edle  Princessin, 
das  Ihr  in  mein  Hertz  so  vest  verschloßen,  das  weder 
meines  Herren  Vätern  högste  Vngnad  noch  alles  Vngluck 
selbest  darauß  reißen  wirdt.  0  Vater,  verzihe  mir  diese 
Schuldt!     Dan  die  Liebe  hatt  mich  dazu  vervhrsachet. 

Dux.  Ja,  die  Liebe,  die  Liebe. 

Claudius.    Wie  nuhn,  Tiberi,  habe  ich  das  Gewett  gewunnen?    [73b] 

Tiberius.  Ja,  Claudi;  ich  aber  hab  einen  Schatz  bekommen,  so  allen 
Reichthum  vbertrifft. 

Dux.  Vndt  ich  hab  einen  Korb  bekommen. 

Tiberius.  Die  Schantze  wehr  nuhn  zwahr  gewonnen;  wie  sie  aber 
conserviret  wer,  hoc  opus,  hie  lahor  esf^). 

Pergo.  Gnediger  Herr,    es  ist  ein  aldt  Sprichwordt:   'GeschM'indo 

Räht  gute  Regenten'.    Nich[t]  weit  von  hinnen  im  Tillawer 


1)  Vergil,  Aeneis  6,  129. 

Th.  F.    XII.  13 


194  Bolte,  Das  Danzigcr  Theater. 

Waldt^)  wohuet  ein  alter  Einsideler;  zu  dem  müsset  Ihr  in 

aller  Eyll,  das  er  Euch  copulire. 
Claudius,    Der  Raht  ist  kurtz,  aber  zugleich  guht,  wen  man  ihn  nuhr 

geschwindt  folget. 
Tiberius.    WoU  zufriden.     Mittlerweill  will  ich  Euch,  schöneste  Prin- 

cessin,  bey  meinem  Diener    lassen  vndt   morgen   frühe  in 

geheimer  Eyll  vnsere  Vereheligung  zu  Werck  richten. 
Anabella.   Gantz  woll  zufriden,  edler  Printz. 
Tiberius.    Hier,  Bartholomaee,  laß  dier  mein  gnediges  Frewlein  trew- 

lich   befolen  sein,    vndt  schaw    bey  Leib,    das  mirs  durch 

niemandt  endtfrembdet  werde! 
Dux.  Gnediger   Herr,   ich   will   sie   woll   verwahren,   vndt  wan 

gleich  E.  G.  Herr  Vater   selbest    kehme  vndt  wolt  mir  sie 

nehmen,  ich  wolt  ihm  beim  Slapperment   so  viell  Pomps 2) 

geben,  das  er  sie  mir  woll  zufriden  ließe. 
Claudius.    Ja,  recht,  Bartholomaee,  laß  dir  nuhr  nichts  nehmen! 
Tiberius.    Nuhn,  schöneste  Princeßin,   die    Götter  wollen   Euch    eine 

ruhesahme  Nacht  bescheren! 
Anabella.   E.    G.    desgleichen,   edler   Printz!      {Exeunt    Tiberius    et 

Claudius.) 
Bart  hol.      Nuhn,    gnediges   Frewlein,    die  Zeitt    zu   vertreiben,    muß 

E.  G.  ich  etwas  Kurtzweiliges  furschwatzen. 
Anabella.  Das  thue,  Bartholomaee!  Ich  hör  gerne  zu. 
Barthol.      E.  G.    halten    mir    meine    grobe  Dristikeitt    gleichwoU    zu 

guthe!     Soldaten  machens  nicht  besser. 
Anabella.   Ich  bin  woll  mitt  dier  zufriden. 
Barthol.       Ich  weiß,    gnediges  Frewlein,   das  E.  G.  hochlich  erfrewet 

sein,    das   sie   so    einen    edlen  Printzen   zum  Gemahl   be- 
kommen.    [74  a] 
Anabella.   Daß  hastu  leichtlich  zu  erachten,  Bartholomaee. 
Barthol.       Wie  deucht  E.  G.  aber,    [das]    es    dem  alten  Hcrtzog  von 

Ferara,  Herren  Tiberii  Vätern,  gefallen  werde? 
Anabella.   AVir  verhoflfen,  er  soll  es  nicht  ehe,  biß  wir  getrawet  sein, 

erfahren.    Alßdan  wirdt  er  es  ja  nicht  vmbstoßen  können. 
Barthol.       Glaubt  mii-s  aber,  das  er  es  schon  weiß,  hatt  auch  hefftig 

geschworen,  solche  Vntrew  an  Euch  vndt  alle  den  Ewren 

zu  rechneu  [!]. 
Anabella.  Von  wehm  hastu  das  gehört? 
Bart  hol.      Von  dem  Hertzogr  selber  hab  ichs  gehört. 


^)  Tillau  heisst  ein  Gut  bei  Neustadt  im  heutigen  Regiertmgs- 
bezirk  Danzig,  Tillwalde  ein  Dorf  bei  Elbing;  doch  ist  mir  eine  Be- 
ziehung auf  diese  Ortschaften  einigermassen  zweifelhaft. 

2)  d.  h.  Schläge.  Vgl.  Tittmann,  Schauspiele  der  engl.  Komö- 
dianten 1880  S.  237:  'gewaltige  greuliche  Pumpes'. 


Tiberius  und  Auabella  III,  G.  IV,  1.  195 

Anabella.   Bistu  bey  ihm  gewesen? 

Barthol.      Ja. 

Anabella.  Wo  vndt  an  welchem  Ohrt? 

Barthol.  Hie  selbst.  Mich  schawe  an!  Ich  bin  der  Hertzog-  von 
Ferara,  der  vmb  deinendt  willen  Landt  vndt  Leuhte  ohn 
ein  Haubt  verlaßen  vmb  deiner  Liebe  wegen.  Aber  ich 
schwer  bey  aller  Macht,  ich  will  mich  an  dier  rechen. 

Anabella.  Ach  gnediger  Herr,  ich  bitte  demütigl'ch  vmb  Gnad  {fehlt 
auf  die  Knie). 

Dux.  Ja,  Gnad,  Gnadt!     Stehe    auff  vndt  komb   fordt!    Ich  will 

dich  zu  deiner  Ammen  fuhren.  Dein  Vater  soll  heint 
nichts  davon  wißen,  aber  morgen  soll  er  erfahren,  du  seist 
eine  Landtleuferin  worden.    Drumb  komb  fordt!    {Exeunt.) 

Pergo.  Was?    Ist    Bartholomeus    der   Hertzog*    von  Ferara?    Was 

gildt,  ich  will  ihn  noch  wieder  betrigen!  {Exit.  Wirdt 
musicirt.) 


Actus  IV.    Scena  1. 

Tiberius  et  Claudius. 

Tiberius.  0  Danck  sey  dir,  Diespiter!  Lob  sey  dir,  Phoebe,  das  du 
dermahl  eins  auff  deinem  güldenen  Wagen  wider  einher- 
fehrest  vndt  durch  deine  weitschießende  Stralen  den  mis- 
gunstigen  Schatten  der  tunkelen  Nacht  von  vnß  ver- 
jagest! 0  wie  höchlich  hatt  mich  dein  Anblick  erfrewet! 
0  Claudi,  trewer  Freundt,  seiterdem  vnser  beyder  Kundt- 
schafTt  vns  erst  verbandt,  ist  mir  nihe  keine  Nacht  so 
schwehr  worden  alß  eben  die  vergangene.  Ich  glaube 
wahrlich,  das  irgendt  ein  hellischer  Geist  den  alten  Elmen- 
baumi)  bewegt  vndt  alle  abfallende  Treume  aviff  mich 
geschlenet^);  so  gantz  vm-uhig  war  mir  die  Nacht.  Die 
Gotter  Avenden  es  zum  Besten!    [74b] 

Claudius.  Wie  nuhn,  Tiberi?  Hastu  nicht  allezeitt  der  Poeten  Meinung 
nuhr    vor    Fabuley    gehalten    vndt    wilt    dich    jetz    daran 


1)  =  Ulme,  wofür  mundartlich  Ilme  und  Elme  (engl,  ehn)  vor- 
kommt. Sonst  könnte  man  auch  an  eine  Entstellung  aus  Eibenbaum 
(schwed.  elftraed.     Grimm,  Deutsche  Mj'thologie  *  2,  544)  denken. 

2)  Oder  'gethlenet'  zu  lesen.  Der  Sinn  ist  offenbar  'geschüttelt', 
wie  im  Kinderliede:  'Schlaf,  Kindlein,  schlaf!  Der  Vater  hütet  die 
Schaf,  Die  Mutter  schüttelts  Bäumelein,  Da  fällt  herab  ein  Träumelein' 
(Arnim-Brentano,  Des  Knaben  Wunderhorn  2,  718  ed.  Birlinger-Crece- 
lius.  Alemannia  8,  70.  10,  149.  Böhme,  Altdeutsches  Liederbuch 
Nr.  492.  Erk-Böhme,  Liederhort  Nr.  1806.  Wegener,  Volkstüuiliche 
Lieder  aus  Norddeutschland  1879  Nr.  2  u.  s.  w.). 


196  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

kehren?  Weistu  nicht,  das  kein  Lieb  ohne  Leidt^)?  Wiltu 
ein  rechter  Liebhaber  sein  vndt  wahrer  Liebe  Süßikeit 
genießen,  so  mustu  vohr  ihr  Vngelegenheitt  erfahren. 
Endtschlach  dich  der  Gedancken  vnd  gedencl<  an  dein 
Anabellam !  Die  wirdt  baldt  da  sein  vndt  dier  allen  Vnmuht 
vertreiben. 

Tiberius.  Ihre  Nacht  muß  wahrlich  beßer  gewesen  sein  dan  meine. 
Mein  Diener  Bartholomeus  muß  auch  woll  guter  Tag  ge- 
wohnet sein;  er  schlefft  zimblich  lange. 

Claudius.   Mich  wundert  sehr,  wo  doch  Hans  so  lang  muß  bleiben. 

Actus  IT.    Scena  2, 

[Tiberius.    Claudius.]     Hans  mitt  dem  Wirdt. 
Tiberius.    Schaw  da,  da  kombt  er. 
Hans.  Nuhn,  Gluck  zu,  Wirdt,  Gluck  zu! 

Wirdt.  Ja  Glück  zu,  Gluck  zu!  Bezahl  mir  vohr,  darnach  Gluck  zu! 

Hans.  Was,  soldt  ich  dich  zahlen?  Zahl  du  mir  vohr! 

Wirdt.  Soldt  ich  dich  zahlen?    Ein  Strick    an    den  Halß    wolt  ich 

dich  zahlen. 
Hans.  Den  behalt  selber,  du  Lumpenwirdt!  Hastu  nich[t]  gesagt, 

ich  soldt  vmb  Geldt  essen? 
Wirdt.  Das  ist  auch  ja  billig. 

Hans.  Nu  recht,  vndt  ich  habe  auch  offtmahls  gefreßen,  das  mir 

der  Schweiß  vber  die  Nasen   gelaufen  ist.    Drumb  bezahl 

mir,  was  ich  mitt  Freßen  verdienet  habe! 
Wirdt.  Den 2)  Galgen  mitt  dem  Diebe,  du  heyloser  Bube! 

Hans.  Das  bistu  selber. 

Tiberius.    Nuh,  nuh,  was  hab[t]  Ihr  zu  thuen  ? 

Wirdt.  Ey,  gnediger   Herr,  E.  G.  Diener  hatt  bey  mir  gelegi'u  — 

Hans.  Das  leuchstu;  ich  habe  bey  der  Mag[d]  gelegen. 

Wirdt.  Hatt  bey  mir    gefreßen    vndt  gesoffen,    vndt  nuh  er  mich 

zahlen  soll,  nuhn  will  er  mir  Fcrsengeldt  geben. 
Tiberius.    Was  hat  er  den  bey  Euch  verzehrt? 
Wirdt.  Da  haben  E.  G.  ein    richtige  Verzeichnuß;    die    laßen   Sie 

Ihr  vohrlehsen. 
Tiberius.     Nimb  hin,  Claudi,  vndt  ließ  her!     [75a] 
Hans.  Harrt,  harrt,  Herr  Clausack !    Hie  ist  ein  Brill  vor  Euch. 

Claudius.    Pack  dich  bey  Seidt,  du  grober  Knoll!  {E)-  liest  den  Zettel:) 

In     primis:    ein    Weinsuppe    von    4  Maas   Wein,    3   Pfund 

Zucker,  Zimmetrin[de],  Negelein  vndt  Muschaten. 


1)  Erk-Böhme,  Deutscher  Liederhort  lö'J4  Nr.  1HG3:  'Kein  Lieb 
ohn  Leid  mag  mir  nicht  widerfalncn'.  Mich.  Neanders  Sprichwörter 
lisg.  von  Latendorf  18G4  S.  20:  'Kein  frewd  ohn  lcyd\  Petri  1005 
Bl.  Lliiija.  Wander,  Sprichwörterlexikon  3,  141 :  'Kein  Lieb  ohn  Leid'. 

-)  Vielleicht  ist  zu  verbessern:  'An  den'. 


Tiberius  und  Anabella  IV,  1.  2.  197 

Tiberlus.     Ey,  Hans,  warumb  hastii  nich[t]  mehr  dazu  genommen? 

Hans.  Darumb  das  kein  großer  Schüßel  verbanden  wahr, 

[Claudius]  (list  weiter:)  8  Pfund  Rindtfleisch  mitt  3  Pfund  Schwetzken, 
ein  Hintervirter  vom  Kalbe  gelb  gekocht  mitt  5  Pfund 
Rosineii  vndt  Corinten,  4  junge  Huener  mitt  Muschateu- 
Blumen,  ein  gebratene  Gans,  12  gebratene  Krambsvogell, 
ein  gebraten  Schöpsenkeull. 

Tiberius.    Ey,  Her  Wirdt,  soll  er  dieses  alles  geßen  haben? 

Wir  dt.  Alles,    gnediger  Herr,    ohn   die  Knochen;    die   hatt  er  mir 

stehen  lassen. 

Hans.  Ja,  hettestu  sie  weicher  gekocht,  so  hett  ich  sie  auch  mit 

aufgessen. 

Wirdt.  Ich  glaub  dirs  woU  zu. 

Tiberius.    Lies  weiter,  Claudi! 

[Claudius.] Zum  Nachtinbiß:  6  Pfund  Rindtfleisch,  3  kalte  gebratene 
Huner,  einen  gebratenen  Haßen,  ein  gebratenen  Phasanen, 
8  Pfund  allerley  Confect,  12  Maß  Wein. 

Tiberius.     Nuhn,  Hans,  du  hast  dich  woll  gehalten. 

Hans.  Ja,  Herr,  das  macht,  ich  bin  kranck  gewesen. 

Claudius.  Des  Morgens  zum  Frühstück:  ein  Speigelkuchen  von  60 
Eyern. 

Hans.  Das  leuchstu;  eins  war  faull, 

Claudius.  Nuhn  schweich!  8  Peckelhering,  einen  hoUendischen  KeeHe 
vndt  25  Pfund  Buttern. 

Tiberius.  Ey,  Hans,  das  ist  vnmuglich,  das  du  dieses  alles  ver- 
schlemmet hast. 

Hans.  Ey,    Herr,    der  Doctor    hatt    gesagt,   ich   muste    mich  fein 

meßig  halten  vndt  fein  verdausame  Speisen  genießen, 
damitt  ich  erst  wieder  einen  Appetit  bekehme,  vndt  für- 
wahr je  mehr  ich  fraß,  je  weiniger  Hunger  ich  bekam.  [75b] 

Tiberius.    Das  glaub  ich  sehr  woll.     Wie  viell  ist  die  Summa? 

Claudius.   36  fl.  12  gr. 

Hans.  Hört,  hördt,  Herr!  Gebt  ihm  die  12  Groschen  vndt  last  die 

86  Gulden  bleiben! 

Tiberius.  Meinestu  so,  Hans?  Nuhn,  Her  Wirdt,  seidt  zufriden!  Ich 
will  Euch  woll  bezahlen. 

Wirdt.  Noch  eins   habe    ich   vergessen.     Suppen    vndt  Sawrkraut 

habe  ich  nicht  geschrieben. 

Hans.  Ja,  das  habe  ich  auch  noch  nicht  gessen. 

Wirdt.  Du  hast  aber  besteldt,   vndt  es  stehet  da  vndt  wartet  auft' 

dich.     {Exit  der  Wirdt.) 

Hans.  So  will  ich  noch  hingehen  vndt  es  zu  mir  nehmen. 

Tiberius.    Wartdoch,  Hans!  DasFrewlein  kombt  jetz;  wirmusseu  fordt. 

Hans.  Ja,    was    frag  ich  darnach!   Die  Suppe  wirdt   kaldt,   aber 

das  Frewlein  bleibt  allzeitt  warm. 

Claudius.    Ey,  sollen  wir  den  noch  lang*  auff  dich  warten? 


198  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Hans.  Wardt  ein  -neinig:  waß  muß  ich  thuen?  {nimbt  einen  Stab' 

vndt  mist  daran,  sagende:)  Ich  gehe  zum  Frewlein,  ich 
esse  die  Suppe,  ich  gehe  zum  Frewlein,  ich  esse  die  Suppe^ 
{Exit.) 

Tiberius.    So  machstu  nachfolgen. 

Actns  ly.    Seena  3. 

[Tiberius.     Claudius.]     Anabella  in  Manskleidern. 

Anabella.   Fordt,  fordt,  liebe  Herren!  Wir  sein  verrahten. 

Tiberius.    Wie  so,  Pergo,  wie  so? 

Anabella.  Pergo?  Kendt  Ihr  Ewer  Anabellam  nicht  mehr? 

Tiberius.  Anabella!  0  ihr  vnsterbliche  Götter,  was  ist  die  ^'hrsacb 
solcher  Verkleidung? 

Anabella.  Ewer  Diener  Bartholomeus  ist  Ewer  Vater,  der  alte  Hertzog^ 
von  Ferara,  welches  sein  Contrafactur  so  woll  alß  sein 
Anzeig  bezeuget;  hatt  auch  geschworen,  diesen  Betrug- 
ernstlich zu  rechnen. 

Tiberius.  Wie  seidt  Ihr  ihm  den  wieder  entrunnen,  gnediges- 
Frewlein? 

Anabella.  Nachdem  er  mich  bey  meiner  Ammen  in  Verwahrung  ge- 
halten, ist  mein  Jung  Pergo  zu  mir  kommen,  mitt  dem  ich 
geschwinde  mein  Kleider  verwechselt,  mich  davon  gemacht 
vndt  ihn  an  meiner  Stadt  bej'  ihr  verlassen.  Drumb  last 
vnß  eylen,  ehe  er  vnß  weiter  nachjage  vndt  ertappe!  [76a} 

Claudius.  Wen  Ihr  nuhr  erst  getrawet  wehret,  verhoff  ich,  sein 
Vnmuht  solt  sich  baldt  wenden. 

Tiberius.  Drumb  last  vnß  geschwindt  zum  Tillawer  Holtz  eylen t 
Folgt,  gnediges  FreAvlein! 

Anabella.   Hertzlich  gern,  Herr  Tiberi.     {Exeunt.) 

Actus  IV.    Scena  4. 

Dux  de  Ferara,  Hagewoll,  Pergo. 

Dux.  O  Vntrew!    Wer  hettc  solches  in    meinem  Sohn   gesuchet  T 

Woll  ist  es  wahr,  das  der  Jugendt  nicht  zu  trawen.  Hette 
ich  doch  die  geringste  Affection  zum  Frawenzinnner 
jemahls  an  ihm  gespiiret,  wurde  ich  ihm  so  sehr  nicht  ge- 
trawet [haben].  Mag  drumb  woll  wahr  sein,  das  still& 
Wasser  tieff  zu  gründen.  Nuhn  wie  dem  [sei],  ich  muß 
von  dieser  Alten  meinen  ihr  vertrawten  Schatz  wieder 
abfodern.  Holla,  Mutter  Hagewall,  kombt  herfur! 

Hagewoll.  Wer  klopfet  daraußen?  Was  woldt  Ihr? 

Dux.  Kombt  herauß! 

Hagewoll.  Waß  begerdt  der  Herr? 

Dux.  Wo   ist    das   Frewlein    Anabella,    die    ich    dier  gestern  zu 

verwaln-cn  i^eben? 


Tiberius  und  Anabella  IV,  2—4.  199 

Hag'ewoll.  Sie  ist  darinnen. 

Diix.  Anabella,  kombt  herauß! 

Perg-o.  {in  Weiherhahiet).    Hie  bin  ich,  gnediger  Herr. 

Dux.  Wo  ist  Ewer  Jung  Pergo  dan? 

Pergo.  Hie  bin  ich,  gnediger  Herr.    Kennen  mich  E.  G.  nicht  mehr? 

Dux.  Was  machestu  Schelm  mitt  den  Kleidern? 

Perg-o.  Das  weiß    ich    nicht,    gnediger    Herr.     Den    wie    ich    heut 

erwacht  bin,    sein  meine  Kleider  weck  gewesen.     Hab  ich 

nicht  wollen  nackt  gehen,    habe  ich  diese  anlegen  mußen. 
Dux.  Pfuy  das  dich  alles  Vngluck  sehend!    Trawestu  noch  einem 

alten  Weibe!   Horstu,  Mutter  Hagewall,  wo  ist  das  Frewlein 

Anabella? 
Hagewoll.  Was  sagt  der  Herr?  Ich  kan  nicht  woU  hören. 
Dux.  Ja,  wen  dirs  nicht  gefeldt.     Wo  ist  das  Frewlein  Anabella? 

Hagewoll.  Die  Klocke  gesch[l]agen^)? 
Dux.  Ich    sage   dier   nicht   von   Klocke    geschlagen,    ich    frage 

nach    dem  Frewlein  Anabella.     Ich    bin    der  Hertzog   von 

Ferara. 
Hagewoll.  Tentara,  tentara?     [76b] 
Dux.  Ey,    du    alte   Hure,    vexirestu   mich    noch    lang!    Hörstu, 

Mutter  Hagewoll,    sagstu   mir,   wo    das  Frewlein  Anabella 

ist,  so  schenck  ich  dier  100  frantzösische  Dicken^). 
Hagewoll.  Wo  ist  das  Geldt? 
Dux.  Hörstu   jetz  woll?    Nuhn   siehe,    da    hastu    einen  auff   die 

Handt;  die  andern  will  ich  dier  redlich  zahlen. 
Hagewoll.  Sie  sein  nach  dem  Tillawer   Holtz   gangen.     {Hie  zupffett 

sie  Pergo,    alß  tcolt  er   sie   verhindern,    das  sie  sie  nicht 

verrahte)  Ey,  der  Jung  lest  mich  nicht  zufriden. 
Dux.  Hieher,  du  Schelm!  Was  wollen  sie  dan  da  machen? 

Hagewoll.  Da  wollen  sie  sich  bey  einem  Einsideler  heimblich  copoliren 

laßen. 
Pergo.         Ey,  gnediger  Herr,  die  alte  Huer  die  leucht. 
Dux.  Ists  wahr? 

Hagewoll.  Nein. 
Dux.  Leuchstu  den? 

Hagewoll.  Nein, 

Dux.  Sein  sie  den  dahin  gangen? 

Hagewoll.  Ja. 

Dux.  Wollen  sie  sich  dan  daselbst  copuliren  laßen? 

Hagewoll.  Nein. 
Dux.  Ists  dan  erlogen? 

Hagewoll.  Ja. 


1)  Dies    scheint    die    wörtliche    Uebersetzung    eines    englischen 
Wortspieles  mit  Annabel  und  hell  zu  sein. 

2)  Wohl  =   Dickmünzen  (vgl.  Dickpfennig,  Dickthaler). 


200  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Diix.  Ey,  so  troll  dich,  du  alte  Huer!    {schlecht  sie  iveck.)    Komb, 

ich  muß  mein  Heill  weiter  versuchen. 
Perg'o.  Ja,  gnediger  Herr,  wo  soll  ich  den  hin?    Ich  muß  ja  ander 

Kleider  haben. 
Dux.  Sorge  du  nuhr  nicht!  (Exeunt).     [76b] 


Actus  IV.    See  11  a  5. 

[Hans.    Wilhelm.    LutzelL] 

Hans  {allein,    gahr   melancholisch).     Ach,    ach,    ich   armer  Kerll, 

was  soll  ich  doch  immer  anfangen!  Pfuy,  pfuy,  freyestu 
noch!  Hatt  dir  vnser  Herr  Gott  noch  die  Weibersucht  au 
den  Halß  gehenckt!  Wie  wirdt  manchen  Kerll  so  kreutz- 
bangemitt  einem  Weibe,  wo  wirdt  mir  den  mitt  zwo  Weibern 
geschehen!  Daheimb  hab  ich  Greten,  vnsers  Nachbahr 
Hermans  Tochter,  zugesagt,  die  ich  auch  he[r]tzlich  lieb 
habe,  vndt  hie  hab  ich  mich  an  Lützell,  des  Wirdts  Magt, 
gehencket.  [T7a]  Nuhn  ist  mir  vnmugüch,  beyde  zu 
ernehi'en;  sie  werden  mich  in  einem  Moiiaht  gahr  ver- 
zehren.    Ach,  wie  werde  ich  doch  des  Vnglücks  loß! 

Wilhelm.  Glück  zu,  Hans!  Wie,  so  traurig?  Das  bin  ich  an  dier 
nicht  gewohnt. 

Hans.  Vndt  ich  selber  nicht;  aber  was  kan  ich  dazu  thuen? 

Wilhelm,     Wie  so?   Was  ist  dier  bcy? 

Hans.  Ach,    mir    ist    mehr  alß    zu  viell  bey.     Einer,  der  ein  böß 

Weib  hatt,  hatt  7  Vnglück;  ich  habe  2,  so  muß  ich  14 
haben. 

Wilhelm.  Wie  da,  Hanß?  Wie  kombstu  zu  zwo  Weybern?  Ich  habe 
so  viel  Muhe  vndt  Arbeitt  gehabt,  ehe  ich  ein  Weib 
bekommen,    vndt  du  hast  so  geschwinde  2  bekommen? 

Hans.  Ich  acht  es  für  keine  Kunst,  ein  boeß  Weib  zu  bekommen, 

aber  wie  man  ihrer  loß  werden  möchte.  Konnet  Ihr  mir 
darin  rahten,  so  hielt  ich  euch  woll  für  einen  klugen  Man. 

Wilhelm.  Weistu  ihr  kein  Vhrsag  zu  geben?  Hastu  sie  für  Junck- 
fraw  genommen?    Ist  sie  dir  auch  trew  vndt  holdt? 

Hans.  Ihres  Zeichens    hies    sie   noch  Junckfraw;    vndt    weill   sie 

Bier  schenckt,  bekam  ich  alle  Tage  viell  Geste,  vndt  wen 
es  gegen  den  Abendt  kombt,  so  muß  ich  zu  Bette  gehen; 
da  spielt  den  die  Katze  mitt  der  Mauß,  vndt  ich  darff 
nichts  darzu  sagen. 

Wilhelm.     Vermerkestu  dan  nicht  zuweilen  Vnraht? 

Hans.  Was  sohlt    ich  nicht  merken!    Ich    darff   a])er  nichts  dazu 

sagen. 

Wilhelm.  Waß  giebstu  mir?  Ich  gebe  dir  einen  Kaht,  das  sie  ihre 
Buberey  selber  bekennen  mus,  auch  ehe  du  sie  eimahl 
frairest. 


Tiberius  und  Anabella  IV,  4.  5.  201 

Hans.  Ey,    das    wehr    ein    freyer  Poß.     Wan    Ihr   das    zu  Wege 

richten  könnet,  ich  schenkte  Euch  meine  beste  Kuh,  die 
ich  im  Stalle  habe. 

Wilhelm,  Das  ist  leicht  zu  erhalten.  Sag-,  du  habst  einen  Trawm 
g-ehabt,  wie  das  dein  Weib  Ehebruchs  beschuldiget  worden, 
das  du  den  Göttern  hefftig-  geklagt,  vndt  damitt  du  des 
g-ewiß  wurdest  oder  ihre  Vnschuldt  desto  ehe  offenbahr 
wurde,  wehr  dier  Mercurius  im  Trawm  erschienen  vndt 
dieses  Gebett  dich  gelehret,  welches  du  ihr  vorbeten  vnd 
sie  dier  nachsagen  mueß  {das  Gebehf): 

Ich  bitte  Jovem,  Mercurium  vndt  Juno 
vnd  alle  Götter  in  Olympo, 
wo  ich  meinem  Manne  je  Vnrecht  thue, 
so  gebt  ihm  Hörner  wie  ein  Kuh!    [77b] 

Werde  sie  alßdan  solcher  Bezuchtigung  schuldich  oder 
vnschuldich  sein,  solches  soll  sich  alßdan  außweisen. 

Hans.  Ja,  Nachbawr,    wan  ich  dan  Horner  krigte,   so  wurde  ich 

mich  selber  damitt  ins  Geschrey^  bringen.  Jederman,  der 
mich  sehe,  wurde  sagen:  da  kombt  der  Hanenrey  her! 
vndt  ich  mochte  darob  ei-grimmen  vndt  den  einen  oder 
den  andern  stossen  vndt  beschedigen.  Mich  deucht  wahr- 
lich, es  se\"  Gefahr  dabey. 

Wilhelm.  Ey,  nuhn  sehe  ich  ja,  das  du  nicht  recht  kluch  seiest.  Wen 
alle  Hanenrey  sichtbahrliche  Horner  bekemen,  muste  man 
vielen  Heusern  die  Thuer  hoher  machen.  Ich  will  hinter 
dier  stehen  vndt  dier  ein  Hörn  ansetzen,  vndt  so  mustu 
sie  vberreden,  alß  wen  dirs  angewachsen  wehre. 

Hans.  Woll  zu  frieden,  guht!    Gehet,    ich  will    ihr  stracks  rufen. 

Holla,  Lützell! 

Lutz  eil.       {inicendich)  Was  begehrt  Ihr,  lieber  Man? 

Hans.  Pfuy,    du   loses  Weib,    was  muß  ich  deinendtwegen  grose 

Schande  haben! 

Lutz  eil.  Meinendt  wegen?  Ey  das  dich  die  schatzke^)  Plag  ankom, 
hastu  [mei]ner  Schande?  Ja,  du  ehrbahres  Bißlein^),  mir 
deucht,  ich  solte  deiner  viell  Ehre  haben,  der  du  jedermans 
Nar  bist. 

Hans.  Daß  leuchstu.     Bin   ich  ein  Nähr,    der   ich   nuhn  so  lange 

Jahr  hero  ein  fohrnehmer  HofFjuncker,  rittermeßig  Persohn 
vndt  so  ein  praver  Cavaglier  bin?  Wo  ist  sein  Tag  ein 
tapfer   Heldt   gewesen,    alß    Monsieur   Signor    Cavagliero 


1)  Vielleicht  ist  schratzke  zu  lesen,  was  mit  Schratz,  Schrättel 
=  Kobold  zusammenzubringen  wäre. 

-)  Grimm  (Deutsches  Wörterbuch  2,  50)  führt  aus  Lxither  an: 
*Du  edle,  zarte  Welt,  wie  ein  lieblich,  niedlich  Bisslin  bistu  doch'. 


202  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Hans  Leberwurst  1)  ist?  Vndt  muß  nuhn  leiden,  daß  mich 
ein  jeder  für  einen  Hanenrey  außruifett.  Jederman  zeich[t] 
mit  Fingern  auff  mich;  ja  die  Götter  seihest,  den  ich  dieß 
j:eklaget,  hatt  es  gejammert  vndt  die  vergangene  Nacht 
mir  ein  Mitteil  vohrgeschlagen,  wodurch  du  deine  Vnschuldt 
retten  vndt  mich  auß  Zweyfell  erlösen  köntest. 
Lutz  eil.       Waß   ist   den   daß?   Mir  deucht,    den  Göttern  müsse  viell 

an  dier  gelegen  sein. 
Hans.  Komb  her    vndt  knie  nieder!    Vndt   wo    du    ein    guet  Ge- 

wissen hast,  so  bete  mir  dieß  Gebett,  welches  mir  Mercurius 
seihest    heint  gelehret,    nach !    Trawstu  dir  aber  nicht,    so 
laß  es  lieber  bleiben! 
Lutzell.       J;i,  das  will  [ich]  woll  thuen. 
Hanß.  {betet  dem  Weibe  vohr  nt  supra;    vnter  dessen  sticht  ihm 

Wilhelm  das  Hörn  auff  den  Huett.)     [78a] 
Hanß.  O  Weib,  o  weh,  o  weh!   0  mein  Kopf,   mein  Kopf!    0  du 

lose  Huer,  warestu  ein  Junckfraw,  wie  ich  dich  zur  Kirchen 
führte?  Schaw  hier,  was  sein  das  vohr  Leute,  den  solche 
Kemme  auff  dem  Ha[u]bte  wachsen? 
Lutzell.  O  mein  lieber  Man,  verzeihet  mirs!  Es  ist  mein  Tag  nicht 
mehr  geschehen,  den  da  ich  mein  Junckfrawschafft  verlohr. 
Hans.  O,  du  leuchst.    Was  einmahl   woll  schmeckt,   das   begehrt 

man  meher.    Komb,    komb!    Du   must   noch    mehr   beten. 
[Hie  macht  ers  eben  tvie  obenn). 
Hans.  Awe,  awe,  awe!  Ach,  ach,  ich  armer  Kerll,  ich  glaub,  mein 

Kopf  sey  mit  lauter  Hörnern  schwanger.     Sie,  da  ist  noch 
eins!    Sihe,  ist  das  nuhr  einmahl? 
Lutzell.       Ach,  mein  Heber  Man,  verzeihet  mir  nuhr  das  Mahl  auch! 

Den  das  wahr  im  Schlaff  geschehen. 
Hans.  Ja  nuhn,    das    ginge  noch  woll  hin;    aber  der  Kopf   thuet 

mir  noch  sehr  weh  vndt  ist  noch    fast    dick.     Es  ist    noch 
mehr  verbanden:  du  must  noch  einmahl  beten.     {Hie  betet 
er  aber  das  Gebeht.) 
Hans.  Awe,  awe,  awe!   Wo  will  dies  noch  hinauss!   Noch  mehr? 

Nein,  das  ist  gahr  vnertreglich.    Sag,  wie  hastu  dem  gethan? 
Lutzell.       Ach,    mein  lieber  Man,    das  ist  wieder   meinen  Willen    ge- 
schehen auß  lauter  Gewählt. 
Hans.  Ja,  mitt  deinem  Willen,  ich  glaub  es  gantz  woll.   Nein,  du 

must  mehr  daran. 
Lutzell.       Ach,  mein   lieber  Man,    hört  nuhn  einmahl  aufT!  Es  möcht 

Ewer  Haubt  sonst  voller  Hörner  werden. 
Hans.  Ey,    so  packe  dich,    du    lose  Huer,    vndt    konib   dein  Tag 

nicht  wieder  zu  mihr!  [Schlecht  sie  weck).     Nuhn  Gott  lob, 
der   Fettelen    bin    ich    nuhn    auch    loß.      Hey,    Nachbahr 


ij  Vgl.  unten  S.  208. 


Tiberius  und  Anabella  IV,  5.  6.  203 

Wilhelm,  wie  hette  das  besser  sein  können!  Die  Kuh  habt 
Ihr  woll  verdinet.  Gehet  nuhr  hin  vndt  nehmet  sie,  wen 
Ihr  AvoUet! 

Wilhelm.  Ey,  ich  bin  mitt  dier  woll  zufriden.  Heint  auff  den  Abendt 
will  ich  sie  holen, 

Hans.  Ach,   das    thuet!    Ich    will  Euch    das  Strick   an  Hals  dazu 

verehren,  darein  [Ihr]  sie  binden  könnet.  Vndt  habt  ja 
Danck  for  diese  Freundtschafft. 

Wilhelm.  Es  ist  nicht  Noht,  das  Ihr  so  danket.  Behüte  Euch  Gott! 
(Exit.) 

Hans.  Vnd  Euch  auch!  —  Hahaha,    es  ist  woll  nich[t]  nötig-,    das 

ich  ersten  in  mein  Hauß  gehe,  biß  mein  Nachbahr  die 
Kuh  geholet.  Ich  habe  mein  Tag'  nicht  ein  Katzen,  ich 
g-eschweig-  ein  Kuh,  gehabt.  Ich  will  mich  fein  nach 
Ferara  machen,  das  ich  wieder  bey  meinen  alten  Herrn 
vnd  Monsieur  Clawsack  komb.     {Exit.)     [78  b] 


Actus  IV.    Scena  6. 

Dux,  Pergo  et  Eremita. 

Dux.  Ist  dan  nicht  muglich,  das  ich  den  Tillawer  Waldt  erreiche! 

Aber  schaw,  ist  [das]  nicht  der  grüne  Ordt,  so  vor  vnß  licht! 
Nuhn,  Venus,  hastu  noch  Lust  an  alter  Leute  Brunst,  die 
du  nicht  weiniger  in  ihnen  alß  den  jungen  erregest,  so 
schicke  mir  deine  bekante  Vogell,  axif  das  durch  ihre 
Flucht  ich  die  Clausen  finde,  darin  mein  Lust  vndt  Freude 
verschießen  licht! 

Pergo.  Ey,  gnediger  Herr,  wo  woldt  hie  ein  Einsiedeier  wohnen! 

Ist  doch  sein  Tag  kein  Clausen  hie  gewesen !  E.  G.  sehen 
außdrucklich,  das  die  alte  Fettel  gelogen  hatt. 

Dux.  Du  leugst,    du  Bub.    Du   bist  mir  stehets  zuwieder;    aber 

ich  hoff,  ich  will  noch  an  dier  gerochen  werden.  Schaw  da, 
wer  wohnet  alhie?    Holla,  ist  niemandt  hierin? 

Eremita.      Niemandt  alß  ein  armer  alter  EY[n]siedeler. 

Dux.  Komb  herauß,  alter  Vater,  komb  herauß! 

Eremita.  Wer  seidt  Ihr,  die  Ihr  mich  in  meinem  Gottesdienst 
molestirt? 

Dux.  Sey  zufrieden,   alter  Vater,    vndt   laß  ja  mein  vnverhoffte 

AnkunfTt  alhier  dich  nicht  beschwehren,  vndt  sag  mir  doch, 
ist  nicht  ein  junger  Printz  mitt  einem  Frewlein  bey  dier 
angelangett  ? 

Eremita.  Bey  mir?  Wie  wolten  die  hieher  gelangen?  Leuhte  sein 
mir  seltzame  Geste;  des  Wolfes  Heulen  vndt  [der]  Eulen 
Geschrey  alhier  mein  beste  Geselschafft  ist,  vndt  wundert 
mich,  wie  Ihr  anhero  gerahten  seidt. 

Dux.  0  alter    Vater,    weistu    das    alte    SprichAvordt    nicht:    Wer 


204  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

des  Fewers  bedarff,  such  es  in  der  Aschen^)?  Woll,  woll, 
sein  sie  noch  nicht  hie,  so  werden  sie  baldt  kommen,  vndt 
köntestu  mir  woll  einen  Dienst  bezeigten,  wan  du  nuhr  wildt. 

Eremita.  Ein  Mensch  ist  jedem  andern  zu  Nutz  erschaifen.  Sag[t] 
nuhr  an,  worin  ich  Euch  dienen  kan,  vndt  ich  will  es 
gern  thuen. 

Dux.  Da  nimb  mir  diesen  Junglinck    erstlich  mitt  dier  in  deine 

Zellen  vndt  verschließ  ihn  woll,  damitt  er  dier  nicht  endt- 
rinne,  vndt  komb  dan  wieder  zu  mir!  Aber  verwahr  ihn 
ja  woll;  dan  er  ist  ein  arg-er  Bube. 

Eremita.  Ich  will  ihn  woll  verwahren.  Sorget  Ihr  nuhr  nicht! 
Komb  mitt  mir! 

Dux.  So,  jetz  verhoff  ich  ihm  sein  Vorhaben    noch   zu   hindern, 

weill  ja  melius  praevenire  quam  x>raeveniri.  Ich  muß  ihm 
den  Weck  noch  einmahl  verhawen.  —  Nuhn,  alter  Vater, 
du  hast  verstanden,  [79  a]  daß  ich  nach  etzlichen  Leuten 
gefraget  habe.  Dieselbe  sein  der  eine  der  junge  Printz 
von  Ferara  Tiberius  vndt  das  ander  Frewlein  Anabella 
des  Marckgraven  von  Montejjhrat  Tochter;  die  wolten  sich 
gern  in  geheimb  bey  dier  copuliren  laßen.  Nuhn  bin  ich 
sein  Vater  vndt  nicht  gemeiudt  solches  zu  hindern,  son- 
dern ich  möcht  gern  ein  weinig  Kurtzweill  mitt  ihnen 
treiben.  Derowegen  wollestu  mir  deinen  Rock  vndt  Stab 
ein  weinig  leihen,  die  ich  dier  nach  vollendter  Kurtzweill 
wider  geben  will.     Was  sagstu  dazu? 

Eremita.  Gnediger  Herr,  Ihr  wisset  woll,  das  vnserm  Orden  nicht  ge- 
ziemet an  Kurtzweill  sich  ergetzen.  Jedoch  wen  kein  Ge- 
fahr darvnter  gesucht  wurde,  mocht  E.  G.  hierin  ich  woll 
willfahren. 

Dux.  Du  hast  dich  nichts  zu  befahren,  alter  Vater.     Drumb  be- 

zeig dich  nur  willig! 

Eremita.  So  kombt  mitt  mir  herrein!  Ich  will  sehen,  wie  wir  den 
Sachen  rahten.     {Exeunt.) 

Actus  IV.    Seeua  7, 

Tiberius,  Anabella  et  Claudius. 
Tiberius.    Seidt  getrost,  Frewlein!     Wir  haben    einmahl    die  Clausen 

erreichet.   Ich  weiß,  das  Ihr  sehr  ermüdet  seidt ;  den  dieser 

Weck  sehr  muheselig  gewesen. 
Anabella.   Herr  Tiberi,    ob  ich  woll  vngewohnt  bin,    derogestaldt  zu 

reisen,  meines  Vätern    durch  diese  heimbliche  Flucht  auflf 

mich    vervlirsaciiter    Zorn    vndt    Vngnadt    mir    auch    den 


1)  Mich.  Neander,  hsg.  von  Latendorf  S.  29:  'Wer  des  Fewers 
bedarff,  der  suchets  in  der  Aschen.'  Petri  1605  El.  Eee6b.  Wander, 
Sprichwörterlexikon  1,  1003. 


Tiberius  uud  Anabella  IV,  6—8.  205 

Weck    nicht  weinig-    bescinvehrlich    machen,    so    vertreibt 

mir  doch  Ewer  Kegenwardt  allen  gefasten  Vnmuht. 
Claudius.    Gebt  Euch  zufriden;    den  Ihr    hie    den  Ohrt  erreichet,   an 

dem  Ewer  Freude    baldt   bestetigt    vndt   Ewer  Liebe   auß 

aller  Furcht  wirdt  g'ei'ißen  werden. 
Tiborius.    Du  sagest  woll  etwas,  Claudi. 
[Claudius.]  Ich  muß  alhie  ankloj^fen.     Holla,  holla,  wer  wohnt  alhie? 


Actus  IV.    Sceiia  S. 

[Tiberius,  Anabella,  Claudius,  Dux.] 

Dux  {inicendich).     Niemandt  alß  ein  armer  alter  Einsiedelehr. 

Claudius.    Komb  herauß,  alter  Vater! 

Dux.  Was    begehrt  Ihr,    liebe  Herren?     Ihr    seidt    mir  wahrlich 

seltzame  Geste  an  diesem  wüsten  Orte.     [79  b] 

Tiberius.  Kurtzlich  dier  solches  anzuzeigen,  lieber  Vater,  so  wiße, 
das  Avir  beyde  zwo  junge  liebhabende  Personen  vuß  zu- 
samen  verknüpft  vndt  ferner  in  den  Standt  der  h.  Ehe 
gern  begeben.  Demnach  so  bitten  wir,  [das]  du  vnß  ordendt- 
lich  zusamengeben  vndt  copuliren  wollest. 

Dux.  Ach,  ach,    furchtet  Ihr  Euch  nicht,    das  Ihr   mein  Alter  so 

vexiret?  Man  vndt  Weib  hatt  Gott  zum  Ehestandt  ver- 
ordnet, vndt  Ihr  kombt  ohn  Brandt!  Älitt  wehm  solte  ich 
Euch  copuliren?  Meinet  Ihr  nicht,  das  Gott  diesen  Mudt- 
willen  straffen  werde? 

Anabella.  Nein,  lieber  Vater,  wir  spotten  nicht;  dan  ich  bin  die 
Braut  vndt  zwahr  in  Kleidern,  die  mir  sonst  zu  tragen 
woll  nicht  geziemten,  nuhr  das  es  die  Noht  jetz  also  er- 
fodert. 

Dux.  Behut  mich,  du  lieber  Gott!    Wie  verkehret  sich  die  Weldt! 

Da  ich  junck  wahr,  wehre  dieß  die  größeste  Schande  ge- 
wesen; jetz  tragen  die  Weiber  Hosen.  Was  ist  aber  die 
Vhrsach  solcher  Verkleidung? 

Tiberius.  Ey  lieber  Vater,  halt  vnß  mitt  weitleufftigen  Fragen  nuhr 
nicht  lang  auff!  Erfülle  nuhr  vnser  Begehren,  so  soltu  es 
hernach  woll  erfahren. 

Dux.  Woll   zufrieden.     Ihr    müßet  Euch    aber  nicht  verd[r]ießen 

laßen,  das  Ihr  zuvohr  beichtet;  sonst  darf  ich  Euch  nicht 
zusamen  geben.  Vndt  damit  Ihr  nicht  lang  auffgehalten 
werdet,  so  gehet  Ihr  hinein  in  die  hinterste  Zellen  vndt 
beichtet  meinem  Bruder !  Mitterweill  will  ich  die  Junck- 
fraw  absolviren. 

Tiberius.    Woll  zufriden.     Machts  nuhr  nicht  lang!     {Exeunt.) 

Dux.  Hört  Ihr,  Frewlein,  wir  mußen  ein  weinig  beßer  abwehrts 

gehen,  damitt    wir    sie    in    ihrer  Andacht  nicht  verstören. 


206  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Ihr  kennet  ja  Ewren  alten  Diener  Bartholomaeum  noch 
woU?  Hey,  omnia  mea  bona  mecum  feruntur^)\  (laufft 
mit  Anahella  davon.    Wirdt  musicirt.    Finis  Actus  quarti.) 

Actus  V.    Scena  1. 

Marchio  cum  Asseclis. 
Marchio.     Vndt  ists  gewiß,  das  sie  schon  fordt  sein? 

1.  Ja,  gnediger  Herr;  dan  ich  schon  woll  in  zwey  Tagen 
den  jungen  Printzen  nicht  vernohmmen.     [80  a] 

2.  Vndt  sagt  man  auch,  das  sein  Diener  Bartholomaeus  wehre 
sein  Herr  Vater,  der  alte  Hertzog  von  Ferara,  gewesen, 
der  in  vnbekanter  Gestaldt  ihm  nachgefolgett,  Avelches 
dan  die  Flucht  am  meisten  causiret  haben  soll. 

Marchio.  O  vnaußleschliche  Schmach  vndt  Hertzeleidt!  Wer  hette 
solches  jemahls  verhoffet!  0  Tiberi,  wahr  dies  dein  Intent, 
das  du  vnter  der  geferbten  Werbung  deines  Vätern  meinem 
Hause  vndt  Geschlechte  diese  Kletten  anhenken  woltest! 
Habe  ich  dier  davor  die  große  Ehr  bewiesen,  das  du  in 
meinem  hohen  Alter  mich  also  betrüben  vndt  mein  einig 
Tochter  so  scheudtlich  mir  endtfuhren  soltest!  Ich  hoffe 
noch,  es  soll  dier  nicht  also  gelingen.  —  Da  hastu  mein 
Daumen -Secret-)!  Gehe,  nimb  eilendts  Post  auft'  vndt 
versper  ihn  vberall  den  Paß!  Ich  will  selber  nicht  feyren, 
biß  ich  sie  ertappet  habe.     Eylet  nuhr  fordt!     {Exeiint.) 

Actus  V.    Scena  2. 

Tiber  ins.     Claudius.     Heremita. 

Tiberius.    Komb,    alter  Vater!    Du    hast   mich    zimblich    lang  auffge- 

halten.     Wen  dein  Miserere  vndt  Confiteor  allezeit  so  lang 

wehret,  wurde  ich  dier  selten  darein  kommen. 
Eremita.     Daß   ist   gemeinlich    der  Weldt  Lauff,    das   sie   vber    den 

Gottesdienst  hinhupfen,  wie  ein  Han  vber  heiße  Kolen  leufft^). 
Tiberius.    Wo   ist   aber    dein  Bruder   mitt  der  Brandt   hinkommen? 

Sag,  wo  ist  er  blieben? 
Eremita.     Mein  Bruder?     Ich  weiß  von  keinem  Bruder  nicht,  so  lest 

auch  mein  Orden  nicht  zu,  das  ich  jeinandt  bey  mir  hette. 
Claudius.  Wer  wahr  dan  derselbe,    so  vnß  alhie  empfing?    War  der 

nicht  dein  Bruder? 
Eremita.     Es  war  nicht  mein  Bruder,  sondern  es  ist  der  alte  Hertzog 

von  Ferara. 
Claudius.    Der  alte  Hertzog    von  Ferara?    Der  Henker    von  Ferara! 

Wie  ist  er  dan  bey  die  Kleidung  kommen? 


^)  Blas  bei  Cicero,  Paradoxa  1,  1,  8:  'Ovinia  mecum  porto  mea.^ 

2)  Siegelring. 

8)  Voigt  zu  YsengrimuK  5,  llOG  u.  Egberts  Fectmda  ratis  1,  3G9. 


Tiberius  und  Anabella  IV,  8  —  V,  3.  207 

Eremita.  Er  hatt  mich  drumb  gebeten.  Furchtet  Euch  aber  darob 
keines  Vng-lucks!  Dan  er  bey  fürstl.  Ehren  angelobet, 
das  er  anders  nicht  darunter  suchte,  ohn  das  er  mitt  Euch 
ein  wenig-  Kurtzweill  treibe.  So  ist  auch  sonst  sein  Bube 
noch  bey  mir  drinnen. 

Tiberius.  Ja  woll,  sein  Bube!  Es  ist  des  Frewleins  Anabella  Paysi 
Perg'o.  Gehe,  heis  ihn  herauß  kommen!  {Exit.)  Mir  deucht 
im  Ansehen  fast  die  Sachen  nicht  r'^cht  beschaffen  sein; 
dan  er  mich  niemahls  recht  anschawen  dorffte.  {Intrat 
Pergo.)  O  Pergo,  mein  Vater  hatt  mich  aber  eins  be- 
trogen.    [80  b] 

Pergo,  Daß  Vngluck  habe  ich  gantz  vngern  vei-nohmmen,  gnediger 

Herr.  Vndt  ob  ich  mich  anfangs  sehr  bemuhete,  vnser 
Vohrhaben  ihm  auß  dem  Sin  zu  bringen,  mocht  es  doch 
alles  nicht  helfen. 

Claudius.    Wer  hatts  ihm  dan  gcoffenbahrett? 

Pergo.  Daß  Frewlein  vertraAvt  es  ihrer  gewesenen  Ammen,    vndt 

die  hatt  er  mitt  Gelde  erkaufft,  das  sie  vnß  verriete. 

Claudius.    0  alter  Teuffei! 

Tiberixis.  0  scheußliches  Monstrum  vndt  Zerstörerin  meines  Glucks! 
Jetz  weiß  ich  nichts  besser,  dan  daß  wir  nach  Ferara  zihen 
vndt  sehen,  wie  wir  vnß  ihm  hinwieder  versöhnen. 

Claudius.  In  ine  cudetur  faba'^).  Zu  mir  versach  er  sich  stets  viell; 
drumb  wirdt  er  an  mir  sein  Vnmuht  allein  kühlen. 

Pergo.  Ich  habe  mein  Teill  pillig  auch  dabey;    dan  ich  nicht  der 

geringste  Actov  in  diesem  Spiell  gewesen. 

Tiberius.  Ich  allein  hab  sein  Vngnadt  vervhrsachet ;  drumb  ich 
seinen  Zorn  auch  pillig  trag.  Sag  mir,  alter  Vater,  wo 
ist  der  negeste  Weck  nach  Ferara? 

Eremita.  Haltet  Euch  in  dem  Walde  woll  zu  rechten,  da  kombt 
Ihr  baldt  an  ein  Herstraßen,  die  bringt  Euch  an  das 
WaCer  Susa;  da  laßet  Euch  vbersetzen,  so  seidt  Ihr  schon 
in  dem  Ferarischen  Gebirge  [1.  Gebiete?]. 

Tiberius.  Hab  Danck,  lieber  Vater,  vor  diesen  Bericht,  vndt  behüte 
dich  Gott! 

Beremita.  Vndt  Euch  desgleichen!    {Exeunt.)    [80b] 

Actus  V.    Seeua  3. 

Hans.     Märten,  sein  Vater,  vndt  andere  gute  Freunde. 

Eanß.  Ho,  ho,    Gott   lob,    das  ich  wieder   zu    den  Meinen   komb! 

Ich  glaub  wahrlich,  daß  alhie  mein  Vater  wohnet.  Ach, 
wie  kan  doch  ein  Mensch  so  gar  eines  Dinges  vergeßen, 
wan  er  so  eine  geraume  Zeit  in  frembden  Landen  ist!   Es 


^)  Terenz,  Eunuchus  II,  3,  89:  'Istaec  in  nie  cudetur  faha. 


208  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

sein  woU  acht  Wochen,  das  ich  mitt  meinem  Herrn  nach 
Montephrat  reisete,  seiter  dem  ich  meines  Vätern  Hauses 
vergcßen  habe.  Was  gildt,  wo  ich  ihn  selber  lienne ! 
{Intrat  Märten  cum  .suis.) 

Märten.  Ach  du  lieber  Gott,  wo  wils  doch  mitt  dem  großen  Ge- 
weßer  hinauß?  Es  ist  ja  nicht  muglich,  das  man  einigen 
Menschen  vbersetzen  könne.  Wen  mag  es  doch  einmahl 
wieder  verfließen!  —  Schaw  da,  ist  das  nicht  mein  Sohn, 
den  ich  so  lange  nicht  gesehen  hab?  Hey,  mein  Sohn 
Hans,  wie  hatt  dirs  so  lang  gangen? 

Hanß.  Pfuy,    du  grober  Narr,    bistu  mein  Vater?    Ja,    da  sihestu 

woll  darnach  auß.  Hatt  einer  sein  Tage  gehöret,  das  so 
ein  braver  Cavaglier  alß  ich  einen  Bawren  zum  Vater 
habe!     [81a] 

Märten.  Bistu  den  nicht  mein  Sohn?  Welir  bistu  dan?  Vudt  wie 
heistu? 

Hanß.  Ich  heiß  Monsieur  Signor   Cavagliero   Hanß   Leberwurst^) 

vndt  bin  des  alten  Hertzogen  von  Ferara  sein  vohrnehmster 
Hoffjuncker  vndt  seines  Sohns  Printz  Tiberii  Stallmeister. 

Märten.  So  bistu  dennoch  gleichwoll  mein  Sohn.  Dan  da  an 
noch  bey  mir  wärest  ohngefehr  vor  zehen  Wochen,  da 
hiesestu  noch  Hanß  Leberwurst  nach  deinem  alten  Vater 
Märten  Leberwurst,  vndt  hast  nuhn  zu  Hove  so  viell 
Nahmen    dazu  bekommen. 

Hanß.  Seidt  Ihr  dan  der  alte  Märten  Leberwurst? 

Märten.  Ja,  der  bin  ich  vndt  so  heiß  ich,  von  der  vhralten  Leber- 
wurst endtsprossen. 

Hans.  Ja,    so   bin  ich    auch  Ewer  Sohn.     Hey,    Vater,    wie    hatts 

Euch  so  lange  gegangen? 

Märten.        Gar  woll.     Wie  hats  dir  gangen? 

Hans.  Lebet    vnser    Mutter    vndt    meine    Schwester    Gieseldrudt 

noch,  auch  Naclibahr  Strokops  Tochter  vndt  vnsers 
Küsters  Sohn? 

Märten.  Ja,  komb  doch  herein!  Drinnen  wollen  wir  weiter  davon 
reden. 

Actus  V.    Sceiia  4. 

D  u  X    et   A  n  a  b  e  11  a. 

Dux.  So   weit  bin  ich  meiner  Gefahr    cndtrunncn,    daß  ich    den 

lang  gewunsclieten  Fluß  Susa  erreichet.    Drumb,  Frewlein, 

last  doch  fahren  Kwer  Trawrikeit  vndt  seidt  [1.  seht]  frolich 

auß!   Gedencket  doch,  daß  ich  auch  die  erste  StTinde,  so  icli 


^)  Zu  dieser  gravitätischen  Selbstvorstellung  des  Narren  vgl.  die 
Parallelen  bei  Bolte,  Die  Singspiele  der  engl.  Komödianten  1893  S.  267 
161;  auch  oben  S.  189  und  202. 


Tiberius  und  Anabella  V,  3— 5.  209 

Euch  in  mein  Landt  bring',  Euch  ein  mechtige  Fnrstin 
vndt  Ferarae  gewunschete  Hertzog'in  machen  kan.  Dan 
Avas  liatt  mein  Sohn,  der  Verreter  seines  Vätern,  Ewren 
Standt  zu  erhöhen? 

Anabella.    Ein  edles  Hertz. 

Dux.  0   schweigt,    Frewlein!    Das    beweist    er    vbell.     Dan   wie 

kan  daß  ein  edles  Hertz  g'enennet  werden,  das  sein 
vnkeusche  Lust  vndt  Begierden  nicht  zwingen  kan,  ja 
denselben  also  vnterworfen  ist,  das  [es]  auch  sein  hogste 
Ehr,  ja  all  sein  Heill  vndt  Wollfahrt  darvber  verschertzet! 
Ihr  seidt  aber  jetz  in  meiner  Gewaldt;  was  expostulir  ich 
lang!    Holla,  du  Schiffman,  holl  vber! 

Actus  V.    Sceiia  5.  [81h] 

[Dux,  Anabella,  Märten,  Hans.] 

Märten        {inwendig).      Waß  ist  vor  ein  Schelm,  der  da  viell  klopfett! 

Packe    dich    weck,    oder    mein   Sohn    Junker    Leberwurst 

soll  dich  baldt  weck  bring'en ! 
Dux.  Leberwurst!    Ist  der  hier?   Nuhn    komb  herfur  vndt    fuhr 

mich  vbers  Waßer! 
Märten.       Ey,  packe  dich,    du  Mausekopff,    oder  ich  will  dier  Fuese 

machen!   {Hans,  Märten  vndt  andere  laufen  herfur.)    Was 

pochestu  viell? 
Hanß.  Ey  Vater,  du  wirst  auff  den  Teuffei  kommen. 

Märten.       Wie  so? 
Hans.  Du  hast  vnsern  Herrn,  den  Juncker  Hertzog,  einen  Schelm 

geheißen.     Nuhn  mustu  henken. 
Märten.        Ey   ja    stracks!    Was    frag-    ich    nach    dem    Hertzog!    Der 

Schultz  ist  mein  Herr. 
Hanß.  Ein  Narr   ist    dein  Herr.     Wardt    vndt  schweig,    laß    mich 

mitt  ihm  reden!    Ich    will  noch  alles  wieder  g-uet  machen. 

Hey,  Juncker  Hertzog,  wer  zum  Teufels  Henker  hatt  Eiieh 

hieher  gefuhrt? 
Dux.  Potz  tausendt  guter  Jahr,  Hans,  was  magstu  hier?  Warumb 

bistu  bey  meinem  Sohn  nicht  mehr? 
Hans.  Ja,    warumb  ist  Ewer  Sohn  nicht  mehr  bey  mir?    Solt  ich 

auff  ihn  warten?    Ich  bin  hier  bey  meinem  Vater. 
Dux.  Ist  das  dein  Vater,  der  mich  jetzundt  so  ehrete? 

Hans.  Ey  ja,  Juncker  Hertzog,  mein  Vater  hatt  Euch  einen  alten 

Schelm    geheißen.     Ich    bitt    für    ihn,    last    ihm    doch    den 

Kopf  abhawen  vndt  nicht  auffhenken! 
Märten.       Ey  ja,  ich  bitt  auch  vmb  Gnadt. 
Hans.  Schweig,  du  alter  Narr,   vndt  laß  mich  reden!    Ich  bin  zu 

Hoff  gewesen. 
Dux.  Nuhn,  Hans,  ich  wils  deinem  Vater  vor  dießmahl  schenken; 

aber  Hans,  du  must  vnß  vbers  Waßer  fuhren. 
Th.  F.  XII.  14 


210  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Märten.        Ach  nein,  das  Waßer  ist  viell  zu  groeß. 

Hans.  Schweig,    du   alter    Narr!    Nein,    Juncker    Hertzog,    heute 

nich.     Das  Waßer  ist  zu  groes,  Ihr  mucht  versaufen. 

Dux.  Ja,    Hans,    wo    können  wir  Herberg    bekommen?    Es  sein 

kein  Heuser  mehr  da  dan  deines  Vätern.    [82  a] 

Hanß.  Ja,   Juncker  Hertzog,    Ihr   soldt  heindt    bey    vns  bleiben. 

Wir  haben  ein  Bette,  darauif  schleift  mein  Vater,  mein 
Mutter,  mein  Schwester,  mein  Bruder,  vnser  Katz,  vnser 
Hundt,  vnser  klein  Ferkeil  vndt  alls  Haußgesindt;  da  soldt 
Ihr  mitt  schlaffen. 

Dux.  Ey  nein,    Hanß,    ich  will   mich  woU  beim  Fewer    behelfen. 

Hans.  Auch  guet,   Junker  Hertzog.    Vater,    horstu,    gehe  hinein 

vndt  kratz  den  Hunerdreck  vom  Tisch,  das  [es]  der  Jun- 
ker Hertzog  nicht  sehe! 

Märten.        Ja,  ja,  Sohn. 

Hans.  Nuhn  so  folget  nach,  Junker  Hertzog!     {Exeunt.) 


Actus  y.    Scena  6. 

[Hans.] 

Hans.  Potz  tausendt,    das    ist  guet,    das  der  Junker  Hertzog    zu 

mir  kommen  ist.  Ey,  wir  Avollen  rechtschaffen  lustig  sein. 
Ich  muß  den  Hoffgebrauch  halten  vndt  probiren,  ob  ich 
auch  noch  meinen  Galliard  tantzeu  kan.  {Er'  begindt  zu 
tantzen.) 

Actus  V.    Scena  7, 

[Hans.     Tiberius.     Claudius.     Pergo.] 

Tiberius.    Hir,  verhoff"  ich,  werden  wir  von  ihn  hören;  dan  hieselbest 

müssen  sie  vberfahren. 
Claudius.    Schaw  da,  ist  das  nicht  vnser  Hans? 
Pergo.  Ja  wahrlich,  er  ists  ja. 

Claudius.    Hans,  Hans,  wie  stehets,  Hans? 
Hans.  Ho  ho,    Juncker  Clausack,   wo  kombt  Ihr  her?    0  Junker 

Tiberi,   wie   stehet   vmb   ein   guet   Lebendt?    0,  vndt    du 

kleiner  Bube? 
Tiberius.     Ey  Haus,    was    machstu    hier?    Warumb    bistu    nicht    bey 

mir  geblieben? 
Hans.  Nein,  warumb  bleibt  Ihr  nicht  bey  mir? 

Tiberius.    Was  machstu  aber  hier? 
Hans.  Wist  Ihr    dan    nicht,    das  mein  Vater    Sclüffman    alhie  ist, 

der  die  Leulit  vl)erfuhret? 
Claudius.    Ey,  das  ist  guet;  so  mustu  vns  lielfen,  das  wir  geschwindt 

hin  vber  kommen. 


Tibcrius  und  Anabella  V,  5— 8.  211 

Hans.  Nein,    Her    Claiisack,    das    kan  heut  nicht  geschehen;  den 

das  Wasser    ist  viell    zu    groes.     Ihr  müßet  heut    bey  uns 

bleyben.     Ewer  Vater,  Herr  Tiberi,  ist  auch  bey  unß. 
Tiberius.    Was  sag-stu,  Hans?    Ist  mein  Vater    auch  hier?    Wen  hatt 

er  dau  bey  sich?     [82b] 
Hans.  Einen  Jungen  hatt  er  bey  sich.     Ich  dachte,  das  es  Pergo 

gewesen  wehre. 
Claudius.    Ey    Hans,    kenstu    dein    Anabellam    nicht    mehr"?    Das  ist 

Anabella. 
Hans.  Ey,  so  will  ich  stracks  zu  ihr  lauffen. 

Tiberius.    Nein,  Hans,  potztausendt  bleib  hier!    Wen  das  mein  Vater 

erfuhr,    das    du    sie    lieb    bettest,    so    ließ  er   dich  stracks 

auffhenken. 
Hans.  Ja,  was  frag  ich  darnach! 

Tiberius.    Ey  nein,  Hans,  ich  weiß  noch  woU  einen  guten  Raht.    Ich 

wolt  sie  dier  n  )ch  avoU  wieder  bekommen. 
Hans.  Ja,  aber  vor  mich,  vor  mich. 

Tiberius.     Ja,  vor  dich,  vor  dich.  Hastu  nicht  etzlicheMascaradkleider? 
Hans.  Ja,  ich  habe  noch  etzliche  alte,  die  ich  mitt  von  Hove  ge- 

bracht habe. 
Tiberius.     Nuhn    so    AvoUen  wir  ihm  ein  Mascarad  bringen,    vndt  du 

soldt  der  Anabella  fein  heimblich  sagen,  das  ich  ein  weiße 

Feder  auffen  Hute  fuhren  wolte. 
Hans.  Nuhn,  Herr,  ich  wils  woll  verrichten. 

Claudius.    Ja,  aber  Hans,  du  must  vns  ein  eigen  Losament  verschaffen, 

darin  wir  vns  verkleiden  können. 
Hans.  Ja,    es  wohnet    sonst  niemandt    hier  alß  mein  Vater.     Der 

hat  noch  woll  ein  alte  Scheune  alhier,  da  mucht  ich  Euch 

hinein  furiren. 
Pergo.  Aber  du  must  schawen,    das  niemandt    da  sey,    damit  wir 

nicht  verrahten  werden. 
Hanß.  Ich  will  hin  vndt  Euch  das  Losamendt  bereiten. 

Tiberius.    Ja,  da  thue,  Hans!  —  0  Claudi,  mucht  vns  das  Gluck  noch 

einmahl  favorisiren,  ich  hoff,    ich  wurde  sie  hernach  nicht 

wieder  verlieren. 
.Hans.  Herr,  kombt!    Die  Schewne   ist    offen,    vndt    ist    niemandt 

darinn  alß  vnser    graw  Katz,    vndt    die    Avirdt    nicht  nach 

schwatzen. 
Claudius.    Ey  so  last  vns  gehen!    (Exeunt.) 

Actus    V.     Seena    8. 

[Märten.   Hans.] 

Märten.        Ach,    Avohr    mag    mein  Sohn   Hans    so    lang-   bleiben!    Ich 

mein,    er    wehr    zu  Hove    gewesen.     Ich    bin    ein   Bawer; 

noch,   wen    ich  Geste  habe,   laß  ich  sie  nicht  gerne  allein. 

Sihe  da,  da  kombt  er  einmahl  wieder.     Hans,   -wo  bleibstii 


212  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

doch  so  lang?   Der  Hertzog  hatt  schon  etzliche  Mahl  nachs 

dier  gefraget. 
Hans.  Ja,  ich  hatte  noch  etwas  zu  verrichten,   da  wahr  auch  an 

gelegen.     Ist  dein  Bankeit  fertig? 
Märten.       Mein   Benck    sein    lengest   fertig.    Der  Hertzog  sitz[t]  ja 

darauff.     [83  a] 
Hans.  Ey  du  alter  Narr,   man  höret  avoII,    das  du  nicht  zu  Hove 

gewesen  bist.    Hastu  das  Essendt   fertig?   Laß   den  Tisch 

bereiten! 
Märten.        Heist  das  Bankeit?   Ja,  ja.    Holla,  Jung,  bring  den  Tisch- 
tuch vndt  die  Teller  her!    {Hie  bereiten  sie  den  Tisch,  vndt 

Hans  holet  den  Hertzog.) 

Actus  V.    Scena  9. 

[Märten.    Hans.    Dux.    Anabella.] 

Hans.  Kombt,    Juncker    Hertzog.     Setz    Euch    hie    zu  Tisch,    Ihr 

mußet  mitt  vnß  also  verlieb  nehmen.  Hier  ist  nicht  viell 
zum  besten. 

Dux.  Ey  Hans,  was  magstu  dich  vor  Muhe!   Mich  gelüstet  nicht 

zu  eßen. 

Hans.  Ey  ja,   so   setzet  Euch    doch   gleichwoll   heer,    vndt  Ewer 

Jung  soll  bey  Euch  sitzen. 

Dux.  Wor  ist  dan  dein  Vater?    Der  muß  vns  Geselschafft  leisten. 

Hans.  Ey,  was  soldt    der   alte   Narr  bej"    Euch   sitzen!   Ich    will 

Euch  Geselschafft  leisten,  ich  bin  zu  Hoife  gewesen,  ich 
weiß  fui'stlichen  Gebrauch. 

Dux.  Ey  Hans,    du    must    deinen  Vater    gleichwoll    nicht  so  be- 

schimpfen.   Setzet  Euch  heer,  Alter! 

Hans.  Vater,  wiltu  sitzen?   So    hoell  dier   ein  Stuell!    Eßet  doch, 

Junker  Hertzog!  {Er  legt  ihm  vohr.)  Vater,  schenck  ein; 
ich  muß  dem  Juncker  Hertzog  einmahl  zutrinken.  {Hie 
tractiren  sie  den  Hertzog.)  Potz  tausendt,  Juncker  Hertzog, 
die  Music    hette  ich  baldt  vergeßon.    Soll   ich    sie    holen? 

Dux.  Das  thue,  Hans!    Was  hastu  für  Music? 

Hans.  0,    außbundige  Music!    Ihr   Averdet    es   woll    baldt    hören. 

{Hie  winket  er  Anäbellae  vndt  zeigt  ihr  Tiberii  Loß^)  an.) 

Dux.  Vater,   Ihr   habt  einen    hurtigen  Sohn.     Er    lest    den  alten 

Hoffgebrauch  noch  nicht  nach. 

Märten,  0,  er  heldt  sich  hurtig.  Kleiner,  wie  so  trawrich?  Ihr 
mußet  lustig  sein. 

Anabella.  Ach  alter  Vater,  ich  habe  einen  guten  Freundt  verlohren, 
deßen  stetig  Gedechtnuß  mich  nicht  leßet  lustig  sein. 

Märten.        Ach    Herre    Gott,    ich    habe    ncwlich    ein  Saw   mitt  zehen 


^)  D.  h.  Erkennungszeichen,  Wahrzeichen. 


Tiberius  uud  Anabella  V,8-9.  213 

Ferkell  verlohren.  Ach  mein  Ferkell,  mein  Ferkelln,  meine 
Ferkellu! 

Bans.  Schweig,    du    alter    Narr  !     Bringestu    noch     deine    Fer- 

kell vor  den  Junker  Hertzog- ?  Schembstu  dich  nicht? 
Kombt  her,  ihr  Musicanten,  streicht  tapfer  auff!  {Hie 
spielen  sie.)  Junker  Hertzog,  wen  Ihr  zufriedt  wehret, 
es  haben  vnser  Dorff'knechte  eine  Mascarada,  die  weiten 
sie  für  Euch  tantzen:    wie  deucht  Euch?     [83b] 

Dux.  Du  helst  dich  wie  ein  rechtschaffener  Cavag-lier. 

Hans.  Ja,  das  ist  woU  pillig'.     {Hie  kombt   die  Mascarad  entzeln, 

einer  den  andern  foderendt ;  darnach  loinken  sie  Hansen 
vndt  reden  heimblich  mit  ihm.) 

Dux.  Was  begehren  sie,  Hans? 

Haus,  Waß  sie  begehren?    Sie  bitten,  Juncker  Hertzog",    das  Ihr 

sie  nicht  wollet  verschmeden  vndt  springen  einmahl  mitt 
ihnen  herumb. 

Dux.  Ei  nein,  Hans,  ich  kan  nicht  tantzen;    ich  bin  gar  zu  aldt, 

dazu  auch  müde  von  der  Reise;    ich  will  fein  zuschawen. 

Hans.  Nein,   nein,  Juncker  Hertzog,  Ihr  raüßet  mitt  tantzen,  oder 

Ihr  mußet  das  Dorffrecht  leyden. 

Dux.  Was  ist  dan  Ewer  Dorffrecht? 

Hans.  Wer  nicht    mitt   tantzen  will,    der   muß    vber    eine  Tonne 

liegen  vndt  zwolff  Schläge  mitt  einem  Stieffell  vber  den 
Posterianus  außstehen.     Drumb    tantzet   oder   kombt   her! 

Dux.  Ey  nein,  Hans,    so  will    ich  lieber  tantzen.     {Hie   schicken 

sie  sich  zum  Tantz;  vnter  dem  Tantz  verleuret  sich  Tiberius, 
Anabella^  dan  auch  Claudius  vndt  Pergo,  deren  Stelle 
andere  er  fidlen.) 

Dux.  Ey,    das  wahr  mir  ein    lustiger  Tantz.     Wo  ist  aber  mein 

Jung  blieben? 

IVIarten.        Hier  ist  mein  Jung. 

Dux.  Ey  nein,  mein  Jung,   mein  Jxmg.     {leufft  davon.) 

Märten.       Ey  Hans,  was  schadet  dem  Hertzog,  das  er  so  weck  leufft? 

Hans.  Ja,    er  wirdt  woll  wiederkommen.    Laßet  den  Tisch   nuhr 

weck  nehmen !     {Intrat  Claudius.) 

Claudius.  Potz  tausendt,  Hans,  der  Poß  wehr  woll  angangen; 
allein  der  Hertzog  trachtet  vnß  hefftig  nach,  vndt  werden 
wir  dein  Anabellam  nicht  behalten  können,  wo  du  nicht 
geschwindt  das  Schiff  auff  dem  Wasser  vmbwirffest,  alß 
wan  Tiberius  vndt  Anabella  darauff  vmbkommen  wehren, 
vndt  wir  ihn  also  betrigen. 

S[ans.  Ja,    da    wollen    wir   baldt    zu  kommen.     Komt  vndt  helfet 

vnß  ein  Geschrey  machen!  {Hie  machen  sie  ein  Geschrei/ ; 
hernach  kommen  sie  mitt  einein  Seill,  ob  zogen  sie  das 
Schiff  ivider  auff.) 

Hanß.  0   Herr   Gott,    vnser   Schiff,    vnser   Schiff!    Vnser   Anker, 

vnser  Schranker,  vnser  Vhrglaß,  vnser  Bierfaß ! 


214  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Actus  V.    Scena  10  ^). 
[Dux.    Hans.     Claudius.] 

Dux.  Ey  Hans,  was  hastu  für  ein  Geschrey  ?    Waß  schadet  dier? 

Hans.  O  das  Bierfaß,  das  Bierfaß! 

Dux.  Hörstu  nicht,  Hans,  was  schadet  dier?     [84a] 

Hans.  Ey,    Junker    Hertzog',    daß    kan    ich    Euch    nicht    klagen^ 

Sehet,  da  konibt  Her  Clawsack,  der  mack  Euchs  sagen. 

Dux.  Wohr    kombstu    her,   Claudi  ?     Sag-,    was    ist    das  vor    ei» 

Geschrey,  daß  der  Narr  da  treibt? 

Claudius.  Ach  gnedig-er  Herr,  ich  bitt  durch  Gott,  verzihet  mirs,  das- 
ich  E.  G.  diese  trawrig-e  Potschafft  bring-e !  Den  ichs  wahr- 
lich gern  anders  sehe. 

Dux.  Wo  ists  dan?    Sag  an,  wo  ist  Tiberius,  mein  trewer  Sohn^ 

mitt  dem  ehrbaren  Zuchtlein,  seiner  vermeindtlich  ver- 
trawten  Anabella? 

Claudius.  Ja,  woU  mögen  E.  G.  fragen.  Weill  E.  G.  ihre  Liebe  zer- 
stören wollen  vndt  sie,  E.  G.  zu  endtflihen,  in  Eyll  vber 
das  Waßer  fahren  wollen,  ist  das  Schiff  von  Vngestuml> 
vndt  vberwachsener  Größe  vmbgeworfen  vndt  sie  beyde 
ertrunken,  ich  aber  kummerlich  mitt  dem  Leben  davon 
kommen. 

Dux.  Waß  sagstu,  Claudi?     Ist  dem  also? 

Claudius.   Daß  haben  E.  G.  an  mir  zu  sehen. 

Dux.  0  ich  armer  elender  Mensch!    Jetz  erfahr  ich,  qitod  quis- 

que  fortunae  suae  faber'^).  Wehm  hab  ich  dieses  zu  dankea 
alß  eynig  meiner  Hartikeitt!  In  dieses  Elendt  hab  ich 
mich  selber  gesturtz[t].  0  hette  ich  mich  nach  meines 
Gleichen  beworben  vndt  nicht  den  Lauff  der  Natur  zu 
hindern  mich  vnterstanden!  WoU  heist  es:  Fiunt  con- 
nubia  fafo^),  welches  ich  vbell  betrachet.  Komb  vndt 
schaw,  das  sie  herauß  gezogen  vndt  ihrem  Stande  gemeß- 
bestattet  werden!     (Exetinf.) 

Actus  V.    Sceiia  11*). 

[Marchio.     Hans.     Dux.     Tiberius.     Anabella.     Claudius.] 
Marchio.     O  vnglucklichc  Zeitt,    was  verfolgestu  mich,    die    du  michi 
in   meinem    hohen  Alter   so  vmbtreibest,    verenderst  mein 


^)    Die  Handschrift  hat:  Scena  5. 

-)  Sallust,  De  republica  ordinanda  1,  1:  'Appius  ait,  fahrum  esse 
suae  quemque  fortunae!' 

3)  Wohl  kein  klassisches  Citat,  sondern  eine  Übersetzung  de» 
deutschen  Sprichworts:  'Die  Ehen  werden  im  Himmel  geschlossen.'  VgL 
Wander  1,  727:  'Connubia  sunt  fatalia! 

4)  Scena  6. 


Tiberius  und  Anabella    V,  10—11.  215 

Gestaldt,  Standt,  Thuen  vndt  Wesen!  0  Anabella,  ists 
mixglich,  daß  du  meiner  so  gar  vergeßen  vndt  deine  vorige 
kindtlich  Liebe  so  gar  auß  deinem  Hertzen  geflohen,  daß 
du  meiner  so  gar  vergeßen  könnest,  so  will  ich  mich  doch 
keine  Gefahr  schrecken  laßen,  sondern  in  vnser  Hoffnung 
dir  ferner  nacheilen,  nicht  zweyflendt,  [das]  ich  dich  noch 
antreffen  werde.  {Intrat  Hans  vndt  pfeift  ein  Liedlein 
mitt  dem  Maull.)  Horstu  Kerell,  du  must  mich  vbers 
Wasser  fuhren!  Horstu  nich?  Ich  glaub,  der  Kerrl  sei 
nicht  woU  bey  Sinnen.  Bistu  taub  oder  stumb,  daß  du 
nicht  andtwortest?  [84b] 
Hanß.  Ey,  Avaß  hab  ich    mitt    dir  zu  schaffen,    du  Lumpenhundt! 

Waß  verstorstu  mich? 
Marchio.     Das  bistu    selber,    du  loser  Bube.    Wer  hatt  dich  das  ge- 
lehrt,   alte  Leute    so    anzufahren?     Schemstu    dich  nicht.'' 
Vbers  Waßer  soltu  mich  fahren. 
Hans.  Wiltu  nicht  warten,  so  lauff  vohr  hin!     Muß  ich  eben  auff 

dich  warten,  du  Hudler? 
Marchio.     Ey,    des    mußeu    dich    die  Plag   rühren!     Wiltu    nicht,    so 

soltu  woll.    {Stringit  ensem.) 
Hans.  0  rettet,  rettet!    Mordio! 

Dux  Hans,  waß  schadet  dir?     Was   ist  die  Vhrsag    dieses   Lei- 

mes ^  Soltu  gute  Leute  vngebhurlich  anfahren?  0  Mordio, 
es  ist  der  Marckgrave  von  Montferar.  Ich  muß  mich  hart 
halten.  Gluck  zu,  Signior!  Was  macht  Ihr  hie  in  dieser 
Geo-endt?  Wohin  ist  Ewer  Reise  gerichtet? 
Marchio  0  guter  Freundt,  mein  Reise  Ihr  leichtlich  endern  kondt, 
wen  Ihr  nuhr  auff  mein  Frag  mich  recht  berichten  thett. 
Dux  Wan  mirs  wißendt,  thue  ichs  pillig. 

Marchio.     Habt  Ihr  nicht  zween   junge  Cavaglier    mitt   emem  Frew- 

lein  alhie  vernommen? 
Dux  Wer  sollen  sie  sein? 

Marchio       Printz  Tiberius,    des  Hertzogen    auß  Ferara    Sohn,  neben 
Claudio    seinem    Gefehrten    vndt    Frewlein   Anabella,    des 
Marckgraven  auß  Montefrar  Tochter. 
Dux  Es  [ist]  mir  vnmuglich,    mich    lenger  verhelen.     Ach    gne- 

diger  Herr,  zu  vngluckseliger  Stunde  sein  Ewer  liebe 
Tochter  vndt  mein  Sohn  au  diesen  Ordt  kommen.  Dan 
wie  sie  mich  betrogen,  sich  seihest  zusamen  verknüpfet 
vndt  geschwindt  vber  den  Strom  flihen  wollen,  ist  das 
Schiff  durch  Yngestuem  vndt  Schwellen  des  Wassers  vmb- 
c-estoßen  vndt  sie  schendtlich  vmb  ihr  Lebendt  kommen. 
Marchio.  0  mißgunstiger  Todt,  waß  verzeuchstu?  Warumb  kurzestii 
nicht  meinen  Jammer?  0  ihr  Gotter,  bin  ich  noch  nicht 
lang  genuch  da[s]  Subjectum  gewesen,  darauff  Ewer  himb- 
lische   Influentzen    spielen!     Warumb    verzichtet    ihr,    daß 


216  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Ihr  nicht  irgendt  mitt  einem  Straell  ewer  Rache  [85  a]  dieß 
scheußliche  Monstrum  verterbet,  welches  erger  dan  die 
Hiaena,  die  nuhr  an  den  toten  Corper  sich  setiget,  neben 
frembden  auch  sein  eigen  Bluet  verschwendet! 

Dux.  Tröstet  Euch  mitt  mir,  E,  L.,    vndt  last  nicht  diese  Bitter- 

keitt  Ewer  Hertz  einnehmen! 

Marchio.  0  schweicht  vndt  last  ab  mich  verner  zu  vergifften.  Dan 
wie  ein  Stacheil  einer  Schlangen  sein  deine  Wordt  durch 
mein  Hertz  getrungen.  0  schawt,  Avie  man  ihre  tote 
Leiber  heraußer  traget!  0  Anabella,  du  Ehre  meiner 
Jugendt  vndt  Trost  meines  hohen  Alters,  ach  das  zu- 
gleich mitt  dier  auch  ich  in  die  kalte  Erde  mocht  gesetzet 
werden ! 

Dux.  0  Tiberi,    hastu   in  der  besten  Bluet  deiner  Jugendt  dein 

Lebendt  enden  müssen  vndt  in  meinem  Dienste  sterben! 
0  Anabella,  das  ich  je  mein  Gemuht  auff  dich  gesetzet, 
dadurch  ich  ein  Vhrsach  deines  Totes  worden  bin!  Nicht 
Wunder  wehr,  das  ich  mir  selber  das  Lebendt  nehm. 

Claudius.  Halt,  gnediger  Herr!  Was  wollen  E.  G.  thuen?  Bedenket 
Euch  vndt  macht  nicht  Ewer  Vngluck  großer!  Es  wehr 
woll  besser  gewesen,  das  Ihr  diese  beyde  Ewer  Kinder  im 
Ehebett  erfrewt,  dan  in  ein  Grab  vndt  in  die  kalte  Erde 
zusamengesetzet  sehen  mugen. 

Dux.  Ja,  Claudi,    vndt  wen    es    noch    muglich  wehr,  ein    hohen 

Aydt  ich  schwehr,  mein  gantzes  Landt  ich  gern  drumb 
endtbchren  woldt. 

Claudius.  Printz  Tiberi  vndt  Frewlein  Anabella,  Ihr  habt  ge- 
hört, was  Ewer  Herr  Vater  Euch  verpflichtet.  Drumb 
stehet  auf!  Das  Braudtbett  ist  bereidt.  {Tiherius 
vndt  Anabella  stehen  auff'  vndt  fallen  ihren  Eltern  zu 
Fues.) 

Tiberi  US  vndt  Anabella.  0  gnediger  Herr  Vater,  wir  bitten  vndt 
hoffen  Gnad. 

Marchio.     Waß?   Lebet  mein  Tochter  Anabella?    0  gnedige  Götter! 

Dux.  O  große  Freudt!     Mein  Sohn  Tiberius    lebet;    mein    Hertz 

in  Freuden  fast  gleich  in  einem  Mehr  sich  trennet  [1. tränket?]. 
Sag,  Claudi,  wie  gehet  dies  zu? 

Claudius.  Gnediger  Fürst  vndt  Herr,  E.  F.  G.  ist  wißendt,  wie  [S5b] 
derselben  das  Frewlein  Anabellam  wir  in  der  Mascarad 
cndtfuhrt.  Da  wir  nuhn  kein  Mitteil  sahen,  E.  F.  G.  zu 
endtriniieii,  haben  wir  das  Schiff  auff  dem  Wasser  vmb- 
gekchrct  vndt  ein  groeß  Geschrey  gemacht,  wie  wir  das 
Schiff  wieder  auffrichteten.  Dahero  dan  E.  F.  G.  betrogen 
vndt  auff  diese  Meinung  gebracht  sein,  alß  wen  sie  vmbs 
Lebendt  kommen  wehren.  Ich  bitt  aber  nochmahls  vmb 
Gnadt  vndt  Verziliung. 


Tiberius  und  Anabella    V,  11—12.  217 

Dux.  Nuhn,  Claudi,  stehe  auflf!    Ich  mueß  bekennen,    das  deine 

Behendikeitt  mein  Stratag-emata  mitt  dem  Soldaten  vndt 
Einsideler  weitt  vbertroffen,  vndt  sehe  darob,  das  der 
Menschen  Vohrhaben  vndt  der  Götter  Verordenung  bey 
weit  nicht  vbereinstimmen,  sondern  daß  sie  solches  offtmahLs 
auff  andere  Weg-e,  dan  es  g-emeindt,  g-entzlich  verenderen 
vndt  -verkehren.  Drumb,  E.  Lieb  Herr  Marckg-rave,  ob 
ich  woU  verhoffet,  E.  L.  mein  g-nedig*er  Herr  Schwig'cr- 
vater  worden  sein  solte,  dazu  Sie  dan  auch  schon  Ihren 
Consens  geben,  so  spuren  wir  doch,  das  die  Fata  viell  ein 
anders  beschließen.  Drumb  erkleret  Euch,  ob  Sie  mitt 
dieser  Verbindung-  zufriden  oder  nicht! 

Marchio.  Edler  Fürst,  obvvoll  die  mir  vndt  meinem  Hause  angehengte 
Schmach  vndt  zugefugte  Bekummernuß  mich  zu  groser 
Vngeduldt  bewogen,  mich  auch  zu  fernerer  Dispatientz 
vervhrsacht,  so  muß  ich  doch  bey  mir  betrachten,  das  der 
Menschen  Will  der  Gotter  Verordnung  pillig  weiche.  Dero- 
Avegen  ich  meinen  Consens  gern  dazu  gebe,  hertzlich 
wünschend,  Hiemen  ihr  Vohrhaben  prosperire. 

Dux.  Habt  Danck,  edler  Fürst,  für  diese  frey willige  Erklerung! 

Kein  Vnmuht  vns  hinfuro  zweien  muß,  sondern  stehets 
werender  Fride  zwischen  vns  verpleibe.  Frey  vndt  ohne 
Zoll  sollen  Ewre  Einwoner  vnsers  Landes  g'enießen  vndt 
reichlich  von  dannen  Ewre  Kauffleute  tratfiguiren^).  Vndt 
weill  die  Gotter  so  gnedig  in  Freudt  verkehret  vnser 
Leidt,  soll  dieser  Tag  alle  Jahr  feyerlich  gehalten  wer- 
den, stehets  dieser  Guthat  zu  gedenken.  Kombt,  edler 
Fürst,  vnd  wohnet  fernerer  Volstreckung  [86a]  dieser 
Frewden  bey !  Darnach  wollen  wir  Euch  fürstlich  in 
Ewer  Landt  beg'leiten. 


Actus  V.    Seena  12  2). 

[Vorige.]     Hans    schnakisch  verkleidet. 

Hanß.  Ich  hab  gehört,    mein  Anabella    sey  wieder  lebendig  wor- 

den.  Ich  muß  sehen,  das  ich  sie  nuhn  noch  endtlich  bekom. 
Dux.  Waß  ist  das  für  ein  seltzam  Creatiir  ? 

Claudius.   Es  ist  Hans,  der  will  sein  Anabellam  haben. 
Dux.  Ja,  lieber  Hans,  wolstu  sie  haben?     Ich  will  sie  haben. 

Hans.  Vndt  ich  will  sie  haben. 

Tiberius.    Ja,  Hans,  vndt  ich  hab  sie  bekommen. 
Hans.  Ja,  wie  wollen  wir  dan  diesen  Streit  scheyden? 

Tiberius.    Das  muß  ich  woU  thuen,  das  ich  sie  weck  nehm. 


1)  Ital.  trafjßcare,  frz.  trafiquer,  Handel  treil)en. 

2)  Sccna  7. 


218  Bolte,   Das  Danziger  Theater. 

Hans.  Nein,    nicht    also,    sondern    so    Avollen   wirs   machen:     Ihr 

Junker  Hertzog,  seit  da  stehen,  vndt  Ihr,  Printz  Tiberi, 
soldt  hier  stehen,  vndt  ich  -will  in  der  Mitte  bleiben,  vndt 
das  Frewlein  sol  da  stehen,  vndt  wen  sie  dan  nehmen 
wirdt,  der  soll  sie  behalten.     Seidt  Ihr  damitt  zufriden? 

Diix.  Woll  zufriden,  Hans. 

Anabella.  Nuhn,  mein  Hans,  ich  muß  bekennen,  das  du  mich  sehr 
lieb  hast,  vndt  ich  hab  dich  auch  lieb.  Aber  Aveill  e& 
nich[t]  anders  sein  kan,  so  muß  ich  dich  — 

Hans.  Ja,  mich. 

Anabella.   Yerlaßen  vndt  meinen  Hei'ren  Tiberium  in  die  Arme  faßen^ 

Omnes.         O  Gluck  zu,  Hans,  zur  langen  Nasen!     Gluck  zu,  Hans! 

Hans.  Was?     Wolstu   mich    verlaßen?     Nein,    ich  will    dich    ver- 

laßen.    Pfuy  dich  an,  pfuy! 

Dux.  Nuhn    so  folget,    edler  Fürst,    vndt   Ihr,   Frewlein,    nebea 

vnserm  Sohn,  Ewers  Leids  Euch  zu  ergetzen! 

So  beschließen  wir  jetz  dies  Spiell  mitt  Freudt, 
Weill  Hiemen  gewendt  hatt  vnser  Leidt. 
Wer  freyen  will,  der  schick  nicht  auß 
Jung  Leuht;  sonst  krigt  er  nichts  zu  Hauß. 
In  Sonderheitt  dies  avoU  betracht, 
Ihr  Alten!    Hiemitt  grute  Nacht! 


2.  Der  stumme  Ritter. 


Vorbemerkung. 

Die  von  derselben  Hand  wie  das  voraufgehende  Stück  ge- 
schriebene Tragikomödie  vom  stummen  Ritter  ist  gleichfalls  nach 
einem  englischen  Originale  gearbeitet.  Dies  erschien  1608  zu 
London  unter  dem  Titel:  'The  dumbe  Knight.  A  historicall 
Comedy,  acted  sundry  times  hy  the  chüdre^i  of  his  Maiesties 
Reueis' ^).  Als  Dichter  nennt  sich  im  Vorworte  Lewis  Mach  in, 
der  sonst  nur  als  Verfasser  von  drei  1607  gedruckten  Eklogen 
bekannt  ist;  doch  hatte  er  nach  seiner  Angabe  noch  einen  Mit- 
arbeiter, der  auf  dem  Titel  einiger  Exemplare  als  Gervase 
Markham  bezeichnet  wird. 

Machin  schöpfte  seinen  Stoff  hauptsächlich  aus  einer  1567 
ins  Englische  übersetzten  Novelle  Bandellos  2),  die  auch  Lope  de 
Vega  zu  seinem  Lustspiele  'El  cäballero  mudo'  oder  'El  desden 
vengado'  ^)    benutzte.      Hier    wird    von    einem    piemontesischen 


1)  Ferner  gedruckt  1633.  4^  und  bei  Dodsley-Hazlitt,  Old  english 
plays  10,  107—200  (187.5).  —  Ins  Register  der  Stationers  wurde  das 
Stück  am  6.  Oktober  1608  eingetragen. 

2)  Bandello,  Novelle  3  (1554)  Nr.  17  =  7,  197  ed.  Londra  1792  = 
Sansovino,  Cento  novelle  scelte  6, 10  (1561).  Französisch  bei  P.  Boisteau 
et  F.  de  Belle-Forest,  XVIII  histoires  tragiques  de  Bändel  1564  p.  572 
nr.  13  'Simplesse  du  seigneur  de  Virle'.  Englisch  von  G.  Fenton,  Cer- 
taine  tragicall  discourses  1.567  Nr.  11  und  Painter,  Palace  of  pleasure 
2,  Nr.  27  (1567.  Neudruck  von  J.  Jacobs  1890),  auch  von  Jo.  Go[ubourne] 
zu  einem  Gedichte  'A  lUscourse  of  the  yreat  crueltie  of  a  ividoto 
towards  a  young  gentleman''  (1570)  benutzt;  vgl.  E.  Koppel,  Studien 
zur  Gesch.  der  italienischen  Novelle  in  der  engl.  Litt.  1892  S.  96.  — 
Auf  dieser  Novelle  soll  auch  eine  mir  nicht  zugängliche  Tragikomödie 
'The  Queen,  or  the  Excellency  of  her  Sex'  (1653)  benihen. 

3)  Erhalten  unter  dem  zweiten  Titel  in  Comedias  nuevas  esco- 
gidas  Bd.  16  (1662)  mit  dem  Namen  des  Francisco  de  Rojas;  Inhalts- 
angabe  bei    Schaeffer,    Gesch.  des    spanischen    Nationaldramas    1,  173 


220  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Eitter  Filiberto  da  Yirle  erzählt,  dass  er  lange  vergeblich  um 
die  Liebe  einer  schönen  jungen  Witwe,  Madonna  Zilia  Duca  in 
Moncalieri  bei  Turin,  geworben  und  endlich  einen  Kuss  von  ihr 
erlangt  habe  gegen  das  Versprechen,  ihr  eine  Bitte  zu  erfüllen. 
Sie  befiehlt  ihm  dann,  drei  Jahre  lang  stumm  zu  sein.  Gehorsam 
verneigt  er  sich,  ohne  ein  Wort  zu  reden,  und  zieht  nach  Frank- 
reich, wo  König  Karl  VII.  mit  den  Engländern  im  Kriege  lebt. 
Durch  Geberden  deutet  er  an,  dass  er  in  seinen  Dienst  treten 
wolle,  und  zeichnet  sich  bei  dem  Sturme  auf  Ronen  und  im 
Zweikampfe  mit  dem  gefürchteten  Talbot  so  aus,  dass  der 
König  ihn  mit  Ehren  überhäuft  und  einen  Preis  von  10000 
Franken  für  den  aussetzt,  der  ihn  von  seiner  Stummheit  zu  heilen 
vermöge.  Als  aber  die  Bemühungen  aller  Aerzte  vergeblich 
bleiben,  lässt  der  König  bekannt  machen,  dass  der,  dem  die 
Heilung  fehlschlage,  entweder  die  gleiche  Summe  zahlen  oder 
seinen  Kopf  verlieren  solle.  Da  hört  Frau  Zilia  von  dem  Falle 
und  eilt,  um  das  Geld  zu  gewinnen,  nach  Paris.  Sie  wird  auch 
zu  Filiberto  gebracht;  aber  dieser,  dessen  frühere  Liebe  sich  in 
Hass  verwandelt  hat,  lässt  sich  durch  keine  Liebkosung  zum 
Sprechen  bewegen.  Erst  als  sie  zum  Tode  geführt  werden  soll, 
bricht  er  sein  Schweigen  und  entlässt  die  genugsam  gestrafte 
Dame  in  ihre  Heimat. 

Dieser  Novelle,   deren  Stoff  Bandello  offenbar  aus  dem  um 
1440  entstandenen  italienischen  Gedicht  'Uherto  e  Phüomena'^) 


(1890);  ein  vom  4.  Aug'ust  1617  datiertes  Manuscript  citiert  Barrera, 
Catalog'O  del  antig-uo  teatro  espanol  1860  S.  434  b.  Schon  1604  führt 
Lope  selbst  sein  Drama  'El  cahallero  mudö'  an  (Schack,  Dramat.  Litt. 
in  Spanien  2,  700).  —  Eine  Komödie  von  Guiilem  de  Castro,  'Kl  ena- 
morado  mudo,  o  cahallero  77iudo'  bei  Barrera  S.  83  a. 

1)  Vgl.  Varnhagen,  De  libris  aliquot  vetustissimis  sermone  italico 
conscriptis.  Progr.  Erlangen  1892  S.  56.  Hier  heiratet  aber  der  nea- 
politanische Prinz  Uberto  die  hartherzige  Philomena,  die  in  der  Maske 
eines  Arztes  nach  Paris  gekommen  war.  Aus  den  Namen  der  beiden 
Liebenden  hat  Bandello  den  seines  Helden  Filiberto  zusammengesetzt. 
—  Eine  ähnliche  Entwicklung  nimmt  die  Geschiclite  von  der  Kaisers- 
tochter, die  den  Fischer  heiratet  und  durch  Hochmut  beleidigt,  bei 
M.  Kremnitz,  Rumänische  Märchen  1882  Nr.  8  S.  89.  Das  Motiv  der 
freiwilligen  Stummheit  ist  anderwärts  abweichend  durchgefülirt ;  so 
im  wälschcn  Märchen  von  Peredur,  das  teilweise  auf  dem  Perccval  Ic 
Gallois  des  Chrestien  von  Troves  beruht  (San  Marte,    Die  Artliursage 


Der  stumme  Ritter.     Einleitung-.  221 

entlelmte,  folgt  Machiu  in  seinem  Drama  ziemlich  getreu.  Nur 
vereint  er  schliesslich  die  Schöne,  die  bei  ihm  Mariana  heisst^ 
mit  dem  Ritter  Philoeles,  nachdem  sie  ihm  einen  Beweis  ihrer 
aufrichtigen  Hingebung-  geliefert  hat^),  und  macht  aus  dem 
gegen  die  Engländer  kämpfenden  König-  Karl  einen  König  von 
Cypern,  dessen  Krieg  gegen  die  stolze  Herrscherin  von  Sicilien 
durch  des  Ritters  Tapferkeit  zu  einem  glücklichen  Ende,  nämlich 
einer  Heirat  zwischen  König  und  Königin,  gelangt.  So  hat  der 
Dramatiker  die  ernsthafte  Staatsaktion  in  einen  romantischen 
Liebeshandel  umgewandelt.  Er  rückt  aber  auch  die  auseinander 
liegenden  Thatsachen  der  epischen  Vorlage  für  seinen  Zweck 
enger  zusammen,  indem  er  Mariaua  zu  einem  Hotfräulein  der 
Königin  macht,  das,  nachdem  ihre  Herrin  ihre  Freiheit  schon 
dahingegeben  hat,  trotzig  die  Werbung  des  tapferen  Philocles 
zurückweist  und  ihm  für  den  erbetenen  Kuss  Stummheit  während 
eines  Jalires  auferlegt.  Was  darauf  folgt,  die  Verheissung  des 
Königs,  den  mit  tausend  Kronen  zu  belohnen,  der  seinen  Liebling 
heile,  Marianas  misslungener  Versuch,  den  Ritter  zum  Sprechen 
zu  bewegen,  ihre  Verurteilung  zum  Tode  und  ihre  Rettung  und 
Beschämung  durch  Philocles,  alles  dies  stimmt  mit  Baudello 
überein.  Neu  ist  aber  die  in  der  zweiten  Hälfte  der  Komödie 
enthaltene  Fortsetzung.  Marianas  Bruder,  der  früher  im  Zwei- 
kampfe von  Philocles  überwundene  Herzog  von  Epirus,  verleumdet 
diesen  beim  König,  als  ob  er  ehebrecherischen  Umgang  mit  der 
Königin   pflege.      Ergrimmt    lässt    der    König    seine    Gattin    und 


1842  S.  194.  199)  und  im  spanischen  Romane  von  Palmerin  de  Oliva 
(1511,  Cap.  68.  Italienisch  1544,  französisch  1546,  englisch  1.588,  nieder- 
ländisch 1G02).  Dort  beteuert  Peredur,  als  seine  Werbung-  von  der 
schönen  Ang-harac  zurückgewiesen  wird,  er  werde  nicht  eher  ein  Wort 
zu  einem  Christen  reden,  als  bis  sie  ihn  über  alle  Männer  liebe;  hier 
erschlägt  Palmerin,  der  auf  einer  Insel  im  Sarazenenreiche  zurück- 
geblieben ist,  einen  heidnischen  Ritter,  legt  dessen  Rüstung  an  und 
stellt  sich,  um  im  feindlichen  I^ande  der  Entdeckung  zu  entgehen, 
stumm.  Die  weitere  Geschichte  Palmerins,  der,  ohne  ein  Wort  zu 
reden,  die  Liebe  der  Sultanstochter  Archidiana  gewinnt  und  ihre  Un- 
schuld in  einem  Zweikampfe  verteidigt,  dramatisierte  1618  der  Hol- 
länder Bredero  im  Stommen  Ridder  (Werken  2,  233.  Amsterdam  1890). 
^)  Lope  de  Vega  dagegen,  der  die  Habsucht  der  Celia  schärfer 
betont,  behält  den  Schluss  Bandellos  bei  und  lässt  den  Grafen  sich 
mit  einer  andern  Dame  (Lisena)  vermählen. 


222  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Philocles  einkerkern.  Da  befreit  Mariana  den  Geliebten,  indem 
sie  ihn  im  Gefängnis  besucht  und  die  Kleider  mit  ihm  tauscht^); 
und  nun  tritt  Philocles  vor  Gericht  für  die  Unschuld  der  Königin 
ein,  besiegt  den  Verleumder  im  Zweikampfe  und  erkiest  die  als 
treu  erprobte  Mariana  zur  Gattin.  Das  eingeflochtene  Zwischen- 
spiel handelt  von  der  Buhlerei  zwischen  Alphonso  und  Lollia, 
<leren  Gatte,  der  Advokat  Prate,  die  von  jenem  zurückgelassenen 
Hosen  findet  und  anzieht,  einem  häufig  bearbeiteten  Schwankstoffe  2). 
Dies  1608  gedruckte  englische  Stück  muss  schon  einige 
Jahre  zuvor  gedichtet  und  von  englischen  Komödianten  nach 
Deutschland  gebracht  worden  sein;  denn  der  am  26.  März  1605 
verstorbene  Nürnberger  Notar  Jakob  A  y  r  e  r  hat  eine  Tomedia 
vom  König  in  Cypern,  wie  er  die  Königin  in  Franckreich  be- 
kriegen wolt  vnd  zu  der  Ehe  bekam' ^),  hinterlassen,  die  nichts 
anderes  ist  als  die  Eeproduction  einer  Aufführung  des  Machinschen 
Stückes  durch  englische  Komödianten.  In  Nürnberg  hatte  ja 
Ayrer,  wie  durch  K.  Trautmann ^)  dargelegt  worden  ist,  von 
1593 — 1605  ununterbrochen  Gelegenheit,  die  Kunst  dieser  Aus- 
länder zu  bewundern  und  sich  zu  Nutze  zu  machen;  namentlich 
waren  es  die  Truppen  von  Robert  Browne  und  Thomas  Sackville, 
der  lang  im  Dienst  des  braunschweigischen  Herzogs  Heinrich 
Julius  stand  und  diesen  zu  dramatischer  Produktion  anregte,  und 
die  von  George  Webster,  John  Hüll  und  Richard  Machin,  die 
hier  Vorstellungen  gaben;  ob  der  letztgenannte  Schauspieler  und 
Musiker^)    mit  dem  Dichter  Lewis   Machin    verwandt  war,    lässt 


1)  Dies  Motiv  begegnet  in  Martin  Mayers  Liede  von  Triiiiunitas 
lind  Flordebel  (1507.  Goedeke,  Grundriss  12,  317)  u.  a. 

2)  Bedier,  Les  fabliaux  1893  S.  407  (La  cidoffe  des  cordeliers). 
Dunlop-Liebrecht,  Gesch.  der  Prosadichtungen  1851  S.  258  (Sacchetti, 
Nov.  207).  Rottmann,  Lustiger  Historien-Sciireiber  1717  S.  126.  Treichel, 
Volkslieder  aus  Westpreussen  1895  Nr.  28.  Distel,  Zeitschr.  f.  vergl.  Litt.- 
gesch.  4,  355  (Aufführung  in  Brüssel  1549).  The  Roxburghe  Ballads  ed. 
by  Ebsworth  4,31.  1883  [The  Dehtford  FrolÜck).  Dodsley-Hazlitt,  Old 
plays  10,  115  Anmerk.  u.  a. 

8)  Gedruckt  1018  in  seinem  posthumen  Opus  thaeatricum  1,397  b 
=  3,  1997  ed.  Keller  1865.  Vgl.  Creizenach,  Scliausp.  der  engl.  Komö- 
dianten S.  LXVIII.  Nichts  neues  bringt  Robertson,  Zur  Kritik  J.  Ayrers 
(Diss.  Leipzig  1892)  S.  59—61. 

*)  Archiv  für  Litteraturgeschichte  14,  113. 

•'■')  Bolte,  Die  Singspiele  der  engl.  Komödianten  1893  S.  3. 


Der  stumme  Ritter.    Einleitung. 


223 


sich  freilicli  nicht  feststellen.  Da  nun  Ayrer  1598  kurz  vor  der 
Fastnachtszeit  sein  erstes  Singspiel)  nach  dem  Vorbilde  der 
Engländer  zu  reimen  l)egann,  fällt  die  Entstehung  der  'Comedia 
vom  König  in  Cypern'  in  die  Jahre  1598—1605. 

Wenn    wir    uns    nach    diesem    Rückblicke    wieder    unsrer 
Danziger  Prosakomödie  vom  stummen  Ritter   zuwenden   und    sie 
mit  dem  englischen  Stücke  von  1608  und  dem  deutschen  Drama 
Ayrers  vergleichen,  so  ergiebt  sich  das  einigermassen  auffallende 
Resultat,    das    sie    zwar    mit    jeder    dieser    beiden    Dichtungen 
einige    Besonderheiten    gemeinsam    hat,    aber    aus    keiner    direkt 
abstammt.     In  der  Danziger  Komödie   wie  bei  Ayrer  finden  wir 
einen   von  Machins   Zwischenspiel   (die  Hosen   des  Ehebrechers) 
völlig  abweichenden  Schwank   von    dem  durch  einen   unsichtbar 
machenden  Stein  betrogenen  Hahnrei  in  die  Haupthandlang  ein- 
geschaltet;   aber    andrerseits    stimmen    die    Personennamen    des 
Danziger  Stückes   nicht    zu  Ayrer,    sondern  zu  Machin,    wie  eme 
Nebeneinanderstellung  verdeutlichen  mag : 


Mach  in. 
Kimi  of  Cyprus 

Philocles 
Florio 

Queen  of  Sicily 

Mariana,  sister  to  the 

Duke  of  Ejnre 
Duke  of  Epire 

Älphonso 


Danziger  Stück. 
Telamon,  rex  Cypri 

Philocles 
[  Fortior 
[  Pusio,  Philoclis  Jung 

Semiramis,  regina  Si- 

ciliae 
Mariana.     Philippi 

Schwester 
Philippus,  Hertzog  von 

Epyro,  Stadthalter  in 

Sicilia. 
Florianus 


Ayrer. 

Flavius,  König  in  Cy- 
pern 

Philippus 

Heremirus 

Arras,     des    Königs 
Lackey 

Clareta,   Königin   aus 
Frankreich 

Mariana    (Schwester 
des  Fabianus) 

Fabianus,  Statthalter 


Wilhelmus 


Schon  hieraus  erhellt,  was  durch  eine  hier  nicht  vorzu- 
führende Vergleichung  der  drei  Stücke  bestätigt  wird,  dass  Ayrer 
und  die  Danziger  Komödie  auf  eine  gemeinsame  Vorlage  zurück- 
gehen, nämlich  eine  von  englischen  Komödianten  in  Nürnberg 
und  anderwärts  gespielte  deutsche  Bearbeitung  (X),  die  sich  m 
mancher  Hinsicht   von   dem    1608    gedruckten   englischen  Texte 


1)  Ebenda  S.  12. 


224  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Macbiiis  unterschied^).  Sie  war  im  1.  und  2.  Akte  ausführlicher 
als  diesei",  da  sie  vor  dem  einleitenden  Gespräche  des  cj'pri- 
schen  Königs  mit  seinen  Räten  eine  Parallelscene  zwischen  der 
sicilischen  Königin  und  den  Ihrigen  hatte  und  der  Liebeserklä- 
rung des  Philocles  (Machin  p.  140)  einen  Überredungsversuch 
der  Königin  voraufgehen  Hess.  Dagegen  war  der  3.  und  4.  Akt 
kürzer  gehalten;  der  Befehl  zur  Hinrichtung  der  ]\Iariana  erfolgte 
sofort,  nachdem  sich  ihr  Unvermögen,  den  stummen  Ritter  zu 
heilen,  gezeigt  hatte,  während  bei  Machin  (p.  150 — 154)  eine 
Nacht  dazwischen  liegt;  ebenso  hatten  die  Scenen,  in  denen  die 
Unterhaltung  der  Königin  mit  Philocles  von  dem  argwöhnisch 
gewordenen  Könige  belauscht  wird  (Machin  p.  175 — 181.  186 
bis  189)  erheblich  geringere  Ausdehnung.  Der  Herzog  von  Epirus 
führte  hier  den  Namen  Philippus,  den  Ayrer  dann  mit  Philocles 
verwechselt  hat. 

Möglich  ist  freilich,  dass  Ayrer,  wie  Tittmann 2)  annimmt, 
auch  die  Novelle  Bandellos  in  der  französischen  Übersetzung 
kannte  und  aus  dem  dort  vorkommenden  Namen  Philibert  Phili])p 
machte;  dann  wäre  die  Verlegung  der  Handlung  von  Sicilien 
nach  Frankreich  gleichfalls  als  eine  Reminiscenz  Ayrers  an  Ban- 
dello  zu  erklären.  Dass  in  der  Darstellung  zwischen  Ayrer  und 
dem  aus  derselben  Quelle  geflossenen  Danziger  Prosadrama  so 
erhebliche  Verschiedenheiten  bestehen,  kann  nicht  wunder  nehmen, 
wenn  man  bedenkt,  dass  jener  nur  nach  der  Erinnerung  dichtete, 
und  dass  die  Danziger  Handschrift  uns  eine  verbreiternde  und 
glättende  Umarbeitung  aus  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  liefert. 

Von  sonstigen  Aufführungen  sind  zwei  Zeugnisse  bekannt. 
Ende  Juni  1613  gab  John  Si)encer  in  Nürnberg  die  Komödie 
'von  Philole  vnd  Mariana' ^);  und  in  Güstrow  reichte  um  1660 
Kaspar  Stiller  ein  Repertoire  ein,  dessen  6.  Nummer  ebenso  wie 
der  Neljentitcl  der  Danziger  Handschrift  lautet:  T'ntrew  schlegt 
seinen  eignen  Herren'*^). 


^)  Ich  lasse  dahingestellt,  ob  X  eine  englische  Vorstufe  von 
Machins  Texte  genau  reproducierte,  oder  ob  die  Abweichungen  von 
X  den  Deutschland  bereisenden  Schauspielern  zuzuschreiben  sind. 

2)  Schauspiele  aus  dem  IG.  Jahrhundert  2,  132  (1868). 

3)  Trautniann,  Archiv  für  Litt.gesch.  14,  127.     Vgl.  oben  S.  38. 
••)    Bärensprung,  Gesch.  des  Theaters  in  Mecklenburg  1S37  S.  26. 

—  Allerdings  kehrt  dieser  Titel  auch  in  einem  späteren  Stücke  wieder ^ 


Der  stumme  Ritter.    Einleitung.  225 

Eine  besondre  Besprechung  erfordert  noch  das  Zwischen- 
spiel vom  unsichtbar  machenden  Steine,  das  ich  der  bequemeren 
Übersicht  halber  aus  dem  Verbände  der  Haupthandlung  heraus- 
gelöst und  hinten  angehängt  habe.  Wir  besitzen  nicht  weniger 
als  sechs  Bearbeitungen  davon,  vier  deutsche  und  zwei  nieder- 
ländische : 

A)  FAn  lustig-  Pickelhärings-Spiel,  darinnen  er  mit  einem  Stein 
g'ar  lustige  Possen  machet.  Englische  Comedien  1620,  Bl.  Xx  la  = 
Tittmann,  Die  Schauspiele  der  englischen  Komödianten  1880  S.  235, 
vgl.  LIV. 

B)  Ayrer,  Zwischenspiel  der  Comoedia  vom  König  in  Cypern 
(vor  1(305).  Opus  theatricum  1618  Bl.  399  b  =  3,  1997.  2006.  2016.  2025 
ed.  Keller. 

C)  ZMäschenspiel  der  Danziger  Tragicomoedia  vom  stummen 
Ritter;    weiter  unten  abgedruckt. 

D)  J.  Soet,  Jochem-Jool,  ofte  Jalourschen-Pekelharingh.  Am- 
stelredam  1637.  4**  (Kopenhagen.  Leiden;  Abschrift  in  meinem  Besitz. 
8  Scenen,  444  Verse).  Vgl.  J.  van  Vloten,  Het  nederlandsch  klucht- 
spel  2  3,  65  (1881). 

E)  Jan  Vos,  Klucht  van  Oene.  Amsterdam  1642.1643.  Dordt- 
recht  1643.  Amsterdam  1648.  1649.  1655.  1657.  1658.  1662  (5.  und  6. 
Druck,  letzterer  auch  angehängt  an  'Alle  de  Gedichten'  1662—71). 
1670.  1676.  1710.  1726.  —  Vgl.  J.  A.  Worp,  Jan  Vos.  Groningen  1879, 
S.  71—76.  Die  beiden  Ausgaben  von  1662  enthalten  die  Klucht  in 
einer  erweiterten  Gestalt,  13  statt  5  Personen. 

F)  A.  V.  Arnim,  Schaubühne  (1813)  =  Sämtliche  Werke  6,  89 
(1840) :  'Der  wunderthätige  Stein.  Ein  Hanswurstspiel.  Nach  dem  Alt- 
deutschen.'    Beruht  auf  der  Fassung  A. 

Dazu  kommen  einige  Nachrichten  von  Autiuhrungen  wäh- 
rend des  17.  Jahrhunderts^).     In  Saalfeld  war  in  eine  1041  ge- 


'Merckwürdiges  Schau -Spiel,  genannt:  Die  Macht  Des  Hiralischen 
Verhängnüßes  in  Bestraffung  der  Laster,  nach  dem  Sprichwort:  Un- 
treu schlägt  seinen  eigenen  Herrn.  Aus  dem  Spanischen  ins  Frantzö- 
sische  und  aus  diesem  ins  Tentsche  übersetzet.  Von  Henrico  Räde- 
rn in,  L.  p.  t.  Directore  Comico'  (6V2  Bogen  4P  0.  0.  [1718].  5  Akte  in 
Prosa.  Ex.  in  Petersburg).  Rademin  hat  hier  ein  Drama  von  Rojas 
(La  traicion  busca  el  castigo.  H'AO)  mit  Hilfe  der  französischen  Ueber- 
setzung  von  Lesage  (Theätre  espagnol  1700:  'Le  trattre  pimi),  die  Dan- 
court 1707  unter  dem  wenig  veränderten  Titel  'La  frahison  punie"  in 
Alexandriner  xxmgoss,  verdexitscht.  Ueber  Rademin  vgl.  Forschungen 
zur  brandenburg.  Gesch.  2,  523  (1889).     Zs.  f.  vgl.  Littgesch.  2,  395. 

1)  Richter,   Progr.    Saalfeld    1864    S.  8.      Fürstenau,    Theater    zu 
Dresden  1,  231.  243  f.  271. 

Th.  F.    XII.  15 


226  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

spielte  Scbulkomödie  vom  verlorenen  Sobne  als  Zwischeospiel 
eingefügt:  'Hans  cum  lapide  miro  molitorls  ac  uxoris  suae 
suspectae  amorem  explorahirus.'  In  Torgau  wurde  1671  die 
geduldige  Cürysilla  (Griseldis)  mit  dem  intermedio  vom  Nachbar 
Wilbelm,  in  Dresden  1073  das  Possenspiel  von  Uusiebtbarkeit 
des  Pickelberings  von  unbekannten  Komödianten,  1674  von  Carl 
Paulsen  in  Dresden  Msibilis  und  iniisiMUs  gegeben;  Veiten 
fübrte  am  11.  Okt.  1680  in  Bevern  'die  Vnsicbtbarkeit'  als 
Nachspiel  zur  Genovefa  und  zu  Dresden  im  Febr.  1684  Visibüis 
et  mvisihills  auf. 

Alle  diese  Bearbeitungen  gehen  in  letzter  Instanz  auf  eine 
verlorene  englische  Clownsposse  zurück,  die,  wie  schon  Titt- 
mann ^j  nachgewiesen  hat,  aus  zAvei  verbreiteten  Volksschwänken 
zusammengesetzt  war.  —  Der  erste  ist  der  Streit  zweier  Eheleute 
um  das  Zumachen  der  Thür,  der  schon  um  1400  in  einer  No- 
velle des  Italieners  Giovanni  Sercam bi')  begegnet.  Hier  ver- 
abreden Mucchietto  und  Stoltarella  in  der  Hocbzeitsnacht,  dass, 
wer  von  ihnen  zuerst  aufsteht  oder  spricht,  eine  Woche  lang  die 
Schüsseln  waschen  soll.  Morgens,  als  die  V^erwandten  kommen, 
bleiben  beide  stumm,  bis  Muchietto  einem  Freunde  leise  sagt, 
er  wolle  ein  Testament  machen,  und  seine  darauf  bezüglichen 
Fragen  durch  Zeichen  bejaht  oder  verneint.  Da  er  aber  auch 
den  Mantel  seiner  Frau  einem  andern  vermacht,  bricht  diese 
ärgerlich  mit  lautem  Widerspruch  hervor,  er  aber  sagt:  'Nun 
musst  du  die  Schüsseln  waschen.'  In  einem  1550  gedruckten 
derben  Schwanke  Straparolas^)  handelt  es  sich  darum,  wer 
abends  die  Hausthür  scbliessen  soll.  Zu  dem  stumm  daliegenden 
Paare  tritt  ein  Bedienter  herein,  um  seine  ausgelöschte  Laterne 
anzuzünden,  und  erlaubt  sich  der  Frau  gegenüber  unziemliche 
Freiheiten;  der  Mann  schweigt  beharrlich  und  freut  sich,  als  ihn 
seine  Frau  deswegen  schilt,  sogar  über  die  gewonnene  AVette. 
Anständiger  gebt  es  in  der  ergötzlichen  französischen  Farve  d'u7i 


1)  Die  Schauspiele  der  engl.  Komödianten  1880  S.  LV. 

'^)  Novelle  ed.  A.  d'Aiicona  1871  S.  l(i,  Nov.  3:  De  simplicitate 
viri  et  uxuris.     Vg-I.  R.  Köhler,  Jahrb.  f.  ronian.  Litt.  V2,  348.        '^{'' 

^)  Piaeevoli  notti  8,  1  =  Les  facetieuses  nuits  trad.  par  J.  Louveau 
et  P.  de  Larivey  2,  123  (Paris  1857).  Das  Ehepaar  heisst  Senuuce  und 
Bedouyne. 


Der  stumme  Rittor.    Einleitung'.  227 

chauldro7inier  ^)  her,  die  noch  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahr- 
hunderts entstanden  ist.  Der  Streit  entspinnt  sich  nicht  über 
das  Schliessen  der  Thiir,  sondern  die  Frau  keift,  weil  der  Mann 
singt.  Er  bemerkt,  elier  werde  der  Teufel  zum  Engel  werden, 
als  dass  ein  Weib  seine  Znng-e  zähmen  könne,  worauf  sie  zwei 
Heller  verwettet,  dass  sie  besser  zu  schweigen  vermöge  als  er. 
Bald  wird  beider  Geduld  durch  einen  wandernden  Kesselflicker 
auf  die  Probe  gestellt,  der  das  schweigend  dasitzende  Paar  an- 
redet und  schliesslich  die  Frau  küsst.  Da  ftihrt  der  Mann  mit 
einem  Fluche  auf  und  schlägt  den  Kesselflicker  mit  dem  Löffel 
nieder,  den  dieser  ihm  vorher  spottend  in  die  Hand  gesteckt 
hatte,  um  ihn  einer  Heiligenstatue  ganz  ähnlich  zu  machen. 
Diesmal  trium])hiert  die  Frau;  alle  drei  versöhnen  sich  und  ziehen 
mit  einander  ins  Wirtshaus  ab.  —  Unter  den  zahlreichen  Be- 
arbeitungen dieser  Geschichte  aus  späterer  Zeit-)  will  ich  nur 
die  schottische  Ballade  ""Get  up  and  bar  the  door^'^)  hervor- 
heben, die  Goethe  1827  mit  einer  leichten  Veränderung  des 
Schlusses  ins  Deutsche    übertragen    hat.     Ihr  Anfang    entspricht 


1)  Viollet  Le  Duc,  Ancien  theatre  fran^ois  2,  105  (1854)  =  E. 
Fournier,  Le  theatre  francais  avant  la  renaissance  1872  p.  340. 

2)  Le.s  subtiles  et  facecienses  rencontres  de  J.  B.  Disciple  du 
genereux  Verboquet  (Paris  1630)  p.  9.  —  Ouville,  Elite  des  contes  \, 
194  (1703).  —  St.  Niclaes-Gift  (f  Amsteldam  1647.  Vgl.  Tijdschr.  voor 
nederl.  taal-  en  letterknnde  13,  87)  S.  19.  —  Nieuwe  Snakeryen,  of 
Vermakelyke  Historien.  3.  Druk.  Keulen  o.  J.  (c.  1700)  S.  195.  —  Kott- 
mann,  Lustiger  Historien-Schreiber  (Freystadt  1717)  S.  254  Nr.  182.  — 
Simrock,  Deutsche  Märchen  1864  Nr.  34:  'Gutmann  und  Gutweib.'  — 
Wenzig,  Westslavischer  Märchenschatz  1857  S.  128:  'Wer  hat  die  Tauben 
gegessen?'  —  Ant.  Guadagnoli,  Poesie  giocose.  Milano  1872  S.  89: 
'La  Ungua  d'una  donna  alla  i^rova  (1832).  —  Pitre,  Fiabe,  novelle  e 
racconti  popolari  siciliane  3,  326  Nr.  181.  4,443:  'La  sctimmissa"  {I87b). 
—  Bernoni ,  Fiabe  popolari  veneziani  1875  Nr.  13  =  Crane,  Italian 
populär  tales  1889  p.  284  Nr.  95:  "The  wager."—  Carnoy,  Litt,  orale  de 
la  Picardie  1883  p.  167:  'Ponrquoi  la  femme  fait  le  menage.' —  Volks- 
kunde 2,  17  (Gent  1889).  —  Sottisier  de  Nasr-Eddin-Hodja  trad.  par 
Decourdenianche  1878  Nr.  174  =  Meheined  Tewiik,  Nassr-ed-din  übers, 
von  Müllendorft"  1890  Nr.  61.  —  Vgl.  auch  Clouston,  Populär  tales  and 
fictions  2,  15  (1887):  'The  silent  couple." 

3)  Herd,  Ancient  and  modern  scottish  songs  2,  159  (1776),  Child, 
English  and  scottish  ballads  8,  125.  Goethe,  Werke  4,  336  (Weimar 
1891). 


228  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

der  Erzählung-  Straparolas,  der  Schhiss  der  französischen  Posse; 
doch  sind  es  zwei  Wandrer,  die  in  die  Hütte  des  uneinigen  Ehe- 
paares treten,  nicht  einer  wie  in  den  übrigen  Versionen. 

Dieser  Scliwank  ist  von  dem  Verfasser  der  englischen  Posse 
nur  als  Einleitung  zu  der  Haupthandlung  benutzt.  Diese  dreht 
sich  um  einen  einfältigen  Hahnrei,  der  sich  bei  einem  Zauberer 
über  die  Treue  seines  Weibes  Gewissheit  verschaffen  will  und 
von  diesem  auch  einen  Stein  erhält,  der  ihm  angeblich  die  Ge- 
stalt des  beargwöhnten  Hausfreundes  verleiht.  Das  Vorbild 
dazu  wird  eine  Novelle  Boccaccios^)  geliefert  haben,  in  der  ein 
thörichter  Maler  Calandrino  vor  den  Thoren  von  Florenz  den 
unsichtbar  machenden  Stein  Heliotrop-)  sucht,  von  dem  ihm  ein 
Spassvogel  erzählt  hat,  allerdings  nicht  um  über  die  Treue  seiner 
Frau  Gewissheit  zu  bekommen,  sondern  um  sich  Schätze  anzu- 
eignen. Zwei  andre  Kunstgenossen  bringen  ihm  die  Meinung 
bei,  dass  er  den  rechten  Stein  gefunden,  aber  Calandrinos  Frau 
erblickt  ihn,  da  sie  in  die  Verabredung  nicht  eingeweiht  ist. 
Aus  dem  einfachen  Motive  der  Uusichtbarkeit  ist  im  Englischen 
das  theatralisch  wirksamere  und  auch  in  der  italienischen  Com- 
media  dell'  arte  verwandte^)  Motiv  des  Gestaltentausches  ent- 
wickelt. 

Die  einfachste  Form  der  verdeutschten  Posse  liefert  uns 
der  Druck  von  1620  (A).  Die  Frau  belauscht  das  Selbstgespräch 
des  eifersüchtigen  Hans  und  teilt  es  ihrem  Buhlen,  dem  Müller^) 
Wilhelm,  mit;  dieser  verkleidet  sich  als  Teufelsbanner  und  be- 
fiehlt Hans,  den  wunderkräftigen  Stein  vom  Kirchhofe  zu  holen. 
Als  Hans  mit  dem  Steine  heimkehrt  und  den  Nachbar  und  die 
Frau  auf  die  Probe  stellt,  wissen  ihn  diese  natürlich  von  ihrer 
Unschuld  zu  überzeugen,  und  freudig  offenbart  er  ihnen  das  Ge- 
heinniis  des  Steines.  Ayrer  (B)  weicht  darin  ab,  dass  er  das 
Ehepaar    Jahn    und    Labia   nennt    und    nicht    einen   verkappten, 


1)  Decamerone  8,  3. 

2)  Vgl.  über  diesen  Stein  Liebrecht,  Gervasius  von  Tilbury 
1856  S.  111. 

3)  Bolte,  Anzeiger  f.  deutsches  Altertum  13,  110.  Ferner  Carlo 
Gozzi,  II  re  cervo  (Opere  1772). 

*)  Über  diese  Bühnenfigur  vgl.  Bolte,  Singspiele  der  engl.  Ko- 
mödianten S.  34.  185.  Auch  Kalff,  Het  lied  1884  S.  410.  The  Rox- 
burghe  Ballads  ed.  by  Ebsworth  7,  425:    'The  ivitty  makl  of  the  icest.^ 


Der  stumme  Ritter.    Einleitung-.  '  229 

sondern  einen  wirklichen  Zauberer  Nigriniis  vorführt.  Dieser 
wird  von  Labia  verständigt  und  erschreckt  den  etwas  miss- 
trauischen  Jaini  durch  Regen,  Gewitter  und  die  bei  Ayrer  be- 
liebte Teufelserscheinung.  Im  Danziger  Manuskript  (C)  stimmt 
das  Zwischenspiel  (gerade  wie  die  Haupthandlung)  teils  zu  Ayrer, 
teils  zu  den  Englischen  Comedien  von  1620,  ist  aber  im  Ein- 
zelnen ausführlicher  als  beide.  Mit  Ayrer  'st  die  1.  Scene,  in 
der  Hans  von  seiner  Frau  Gret  Abschied  nimmt,  und  die  Teufels- 
erscheinung in  der  dritten  gemeinsam;  dagegen  spielt  Wilhelm 
selber  die  Rolle  des  Zauberers  wie  in  A;  neu  ist  die  Benach- 
richtigung der  Frau  durch  ihren  Buhlen  in  der  5.  Scene.  Der 
Amsterdamer  Schauspieler  Jan  So  et  (D)  endlich  scheint  nicht 
durch  die  Lektüre  von  A,  sondern  durch  die  Aufführung  einer 
C  ähnlichen  Fassung  zu  seiner  etwas  w^eitschweifigen  Bearbeitung 
in  Alexandrinern  angeregt  zu  sein.  Er  nennt  den  eifersüchtigen 
Pickelhering  Jochem  Jool,  seine  Frau  Stijn,  den  Müller  Hans 
und  führt  wie  Ayrer  einen  Schwarzkünstler  Lubbert  ein;  doch 
redet  nicht  Lubbert  selber  mit  dem  einfältigen  Baueni,  sondern 
leiht  sein  Habit  dem  listigen  Buhler,  der  dann  seine  Rolle  spielt. 
Die  6.  Scene,  in  der  Hans  der  Nachbarin  über  den  ge- 
lungenen Betrug  Bericht  abstattet,  stimmt  zum  5.  Auftritte 
von  C.  Ein  überflüssiges  Einschiebsel  ist  die  2.  Scene,  der  Mo- 
nolog des  betrunkenen  Joris;  an  derben  Zweideutigkeiten  ist 
kein  Mangel. 

Garstige  Unflätereien  enthält  auch  die  fünf  Jahre  später 
veröffentlichte  lebendige  und  witzige  Posse  des  Glasers  Jan  Vos 
zu  Amsterdam  (E),  der  kurz  zuvor  mit  einer  Tragödie  'Äran 
en  Titus'  hervorgetreten  war.  Bei  beiden  Stücken  ist  die  Er- 
mittelung der  Quellen  schwierig;  Vos  hat  offenbar  verschiedene 
Vorlagen  in  einander  gearbeitet.  Für  die  Tragödie  benutzte  er 
wohl  den  1620  gedruckten  deutschen  Titus  Andronicus,  entlehnte 
aber  mehrere  Züge  aus  dem  Shakespearischen  Originale,  das  er 
durch  eine  Aufführung  fahrender  Komödianten  oder  durch  eine 
verlorene  niederländische  Bearbeitung  kennen  lernte ').  Die  Posse 
'Oene'  stimmt  teils  zu  A,  teils  zu  Soet  (D),  der  den  unbequemen 
Konkurrenten  später  wiederholt  litterarisch  angriff";  andres  ver- 
dankt Vos    dem    englischen  Schwanke   'The  humoiirs   of  John 


^)  Creizenach,  Schauspiele  der  engl.  Komödianten  1889  S.  11. 


230  Bolte,  Das  Danziger  Theatei*. 

Swahher'^).  —  Oenes  Frau  Fijtje  schleicht  nachts  hinaus  zu 
ihrem  Buhlen  Ritzaerd;  als  der  alberne  Schwätzer  Oene  sie 
zurückruft,  versteckt  sie  Ritzaerd  in  der  Wiege  und  singt  ein 
Wiegenlied.  Aber  Oene  schläft  nicht  ein,  sondern  kommt  her- 
aus und  wundert  sich,  dass  sein  Junge  schon  zu  gross  für  die 
Wiege  ist^).  Nachher  als  Ritzaerd  mit  Fijtje  davonlaufen  will, 
hält  Oene  sie  zurück.  Er  macht  sich  aber,  da  Ritzaerd  sich  für 
einen  Zaubrer  ausgiebt  und  ihn  zu  sich  bescheidet,  auf  den  Weg 
und  erzählt  weitläufig  von  einem  geträumten  Besuch  in  der  Hölle. 
Der  verkleidete  Ritzaerd,  der  sich  Nachtmahr  und  Wärwolf  nennt, 
stellt  ihn  in  einen  Zauberkreis  und  weist  ihn  an,  durch  einen 
Stein  vom  Kirchhofe,  der  ihm  seines  Nachbars  Gestalt  verleiht, 
seiner  Frau  Treue  zu  erproben.  Auf  dem  Kirchhofe  liest  Oene 
eine  Reihe  von  komischen  Grabschriften  dem  Publikum  vor  und 
erschreckt,  da  ihm  der  Zaubrer  eine  schwarze  Salbe  zur  Fär- 
bung seines  Gesichts  mitgegeben  hat  3),  durch  sein  Aussehen  die 


4U- 


1)  Robert  Cox,  Actaeon  and  Diana  1656  =  Kirkmau,  The  Wits, 
or  Sport  upon  Sport  1672  1,  121  =  ChetAvood,  Collection  of  cid  plays 
1750:  Actaeon  and  Diana  p.  38.  —  In  der  erweiterten  Fassung-  von 
1662  hat  Vos  noch  eine  listig-e  Mag-d  eingeführt,  die  ihrer  Herrin  bei 
einer  Haussuchung  aus  der  Verlegenheit  hilft,  indem  sie  die  Kiste,  in 
der  sich  der  Liebhaber  verborgen  hat,  als  ihr  Eigentum  beansprucht 
und  dvirch  Feuerlärm  (vg-1.  Hagen,  Gesamtabenteuer  Nr.  92.  Keller, 
Erzählungen  aus  ad.  Hss.  1855  S.  275)  die  nach  geschmuggeltem  Weine 
herumstöbernden  Beamten  verscheucht. 

2)  In  der  erwähnten  englischen  Posse  versteckt  Swabbers  unge- 
treue Frau  Parnel,  als  ihr  Mann  an  die  Thür  klopft,  den  Barl)ier  Cut- 
beard  im  Bette  und  erzählt  dem  alten  Seemanne,  dies  sei  ihr  jüngster 
Sohn.  Swabber  ist  über  das  Wunderkind  lioclierfreut.  Als  er  weg-- 
geht,  Milch  zu  holen,  macht  sich  Cutbeard  davon,  und  Parnel  redet 
ihrem  Manne  vor,  die  Feen  hätten  das  Wunderkind  mit  einem  ge- 
wöhnlichen vertauscht. 

3)  Im  englischen  Schwanke  schwatzt  Cutbeard  dem  einfältigen 
Swabber  ein  Schönheitspulver  auf,  mit  dem  er  sich  gründlich  an- 
schwärzt. Dieser  Streich  kommt  schon  in  der  Sotternie  vom  Busken- 
blaser (Moltzer,  De  mnl.  dramatische  poezie  1875  S.  126)  vor,  ferner 
in  der  Posse  von  Meester  Kackadoris  (1506.  Vloten,  Kluchtspel  1,  58), 
in  Scholtzenbergs  Cambyses  und  Doralice  (M'A'tG.  Wiener  IIs.  10160), 
bei  Lemmers,  De  jaloursse  Lannnert  (1680)  und  in  einer  bairischen 
Volkskomödie  (Hartmann,  Volksschauspiele  1880  S.  251).  Ahnlich  Rosen- 
blüt  von  der  Tint  (Keller,  Fastnachtspielc  3,  1186),  Ayrer  4,  2695  ed. 
Keller,    ein    niederdeutsches  Zwischenspiel   bei   N.  Loccius,   Comoedia 


Der  stumme  Ritter.     Einleitung.  231 

furchtsamen  Nachtwächter.  Daheim  stimmt  Fijtje,  die  eben  noch 
ein  leichttcrti.<,^es  Lied  trällerte,  bei  Oenes  Ankunft  einen  Me- 
nistenpsalm  an,  verspottet  seine  Liebeswerbung  und  ruft  schliess- 
lich ihren  Mann  7A\  Hilfe.  Auch  der  Nachbar  Ritzaerd  hilft  den 
eifersüchtig-en  Narren  von  der  Zauberkraft  des  Steines  und  von 
der  Unschuld  seiner  Frau  überzeug-en. 

Nachdem  wir  so  das  Verhältnis  der  Fassungen  A — E  zu 
einander  beleuchtet  haben,  wollen  wir  noch  einen  Blick  auf 
eine  wenig-  spätere  französische  Komödie  werfen,  deren  Ursprung 
bisher  noch  nicht  richtig  erkannt  worden  ist.  Brecourt,  ein 
Schauspieler  der  Moliereschen  Truppe,  schrieb  1666  ein  gereimtes 
dreiaktiges  Lustspiel  'Le  jaloux  invisible^),  zu  dem  er  nach 
seiner  Versicherung  eine  spanische  Novelle  'der  geprellte  Eifer- 
süchtige' wörtlich  benutzte  2),  das  aber  auffällige  Verwandtschaft 
mit  unsrer  Posse  nicht  verleugnen  kann.  Carizel  hat  auf  seine 
junge  Frau  Isabelle  Verdacht  geworfen,  die  in  der  That  Be- 
ziehungen zu  dem  galanten  Marquis  Saint -Amour  unterhält. 
Marin,  der  gewandte  Diener  des  Marquis,  verkleidet  sich  als 
Magier  und  giebt  sich  dem  Eifersüchtigen  gegenüber  für  den 
indischen  König  Geber  aus;  nachdem  er  ihm  Proben  von  seiner 
Allwissenheit  und  Macht,  namentlich  durch  die  Citation  von  vier 
Teufeln  gezeigt,  schenkt  er  ihm  auf  seine  Bitte  eine  unsichtbar 
machende  Mütze.  Carizel  überzeugt  sich,  indem  er  die  Bedienten 
des  Marquis  und  sein  Dienstmädchen  foppt,  von  der  Zauberkraft 
der  Mütze  und  belauscht  ungesehen,  wie  er  glaubt,  ein  Gespräch 
seiner  Frau  mit  dem  Marquis,  das  ihm  allen  Argwohn  benimmt. 
Gerührt  nötigt  er  Isabelle,  den  Marquis  zu  umarmen:  'Soupons 
ensemhle,  et  vivons  tous  TieureuxT 

Aller  Wahrscheinlichkeit  zufolge  hat  Brecourt,  der  ein  ge- 
borener Holländer  war,  Jan  Vos'  Oene  gekannt  und  benutzt.    Er 


vom  verlornen  Sohn  (Lüneburg-  1619),  das  M.  Pfeffer  1621  in  seine 
Esther  (II,  8)  herübernahm,  und  J.  van  Arp,  Droncke  Goosen  (1639. 
Bolte,  Singspiele  der  engl.  Komödianten  S.  107). 

^)  V.  Fournel,   Les  contemporains  de  Moliere  1,  477  (1863). 

2)  'C'est  une  nouvelle  espagnole  que  j'ay  prise  dans  nn  vieux 
houquin,  intituU  El  Zeloso  inganadö'.  Fournel,  der  vei-geblich  nach 
dieser  Novelle  gesucht  hat,  meint,  diese  Quellen-Angabe  sei  wohl  er- 
dichtet, um  der  Modeliebhaberei  für  die  spanische  Litteratur  entgegen- 
zukommen. 


232  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

hat  den  Schwank  nicht  bloss  nach  den  Verhältnissen  der  fran- 
zösischen Gesellschaft  umgemodelt,  sondern  auch  für  den  ver- 
meintlichen Gestaltenwechsel  des  Eifersüchtigen  das  verbreitetere 
und  verständlichere  Motiv  der  Uusichtbarkeit  eingesetzt.  Und 
dies  führt  uns  zurück  zu  dem  oben  S.  226  erwähnten  deutschen 
Possenspiele  von  Uusichtbarkeit  des  Pickelherings  oder  Visibüis 
et  invisibüis,  das  von  Paulsen  und  Veiten  wiederholt  gegeben 
wurde,  und  dessen  Titel  besser  zu  Brecourts  Komödie  als  zu 
der  Handlung  der  älteren  englischen  Posse  zu  passen  scheint. 
Ich  möchte  daher  vermuten,  dass  Paulsen  Brecourts  Dichtung 
kannte  und  danach  den  älteren  Schwank  umgestaltete  oder  um- 
gestalten liess. 


[87  a]  Der  Stumme  Ritter 

Oder 

Vntrew  schlecht  ihren  eygen  Herrn. 

Tragi-Comoedia. 

Persona  e. 

Rex  Cypri  Telamon. 

Semiramis,    Regina  Siciliae,    weill  ihr  Vater    gestorben,    ein  Erbin 

des  Königreichs. 
Philipp  US,  Hertzog  von  Epyro,  Stadthalter  in  Sicilia. 
Philo  des,  sonst  der  Stumme  Ritter,  so  des  König[s]  Hoff  folget. 
öFortior,  Capitain  an  des  Königs  Seiten. 
Florianiis,    der  Königin   Hoffjunkern    einer,    Marianae    vermeinter 

Favoretto. 
Mariana,  Piiilippi  Schwester  vndt  der  Königin  Hoffmeisterin, 
Arnold,  ein  Camerling  des  Königs. 
Pusio,  Philoclis  Jung. 
10  Trompeter. 
Burgvogt  vndt  etzlich  Trabanten. 

Hanß  Leberwurst,  kiirtzweiliger  Raht. 

Grethe,  sein  Weib. 

Wilhelm,  der  Nachbahr,  ein  Muller. 


Der  stumme  Ritter  1, 1.  233 

[88  a]  Actus  I.    Scena  1. 

Semiramis  Regina,  Philippus  Statthalter,  Mariana  vndt  ander 
Frawcnzimmer. 

Semiramis.  Verachtetes    Gluck,    du    Zerstorerinn    menschlicher  Woll- 
fahrt, womit  hab  ich  dich  beleidiget,  das  du  mich  so  ver- 
folgest vndt  lest  mich  itz  deine  Vnbestendikeit  erfahren! 
Wie    hoch    wahr    ich    durch    deine  Macht    erhaben    vndt 
gantz   Siciliae   mechtige    Herscherin    erkleret,    vndt    muß 
nuhn    erfaren,    das    der    meiste   Theill   meines   Reichs    in 
frembde    Dienstbahrkeit    gebracht    vndt    einen    anderen 
Herrn  venerirt,  dahin  ich  mich  auch  endtlich  werd  ergeben 
mußen,    wo    du    mir    nicht   besser,    alß    noch    geschieht, 
favorisirest. 
Philippus.    Zu  friden,  durchleuchtigste  Konigin  vndt  mechtige  Siciliae 
Herscherin!    Wir  haben  schon  halb  die  Victori   wider  an 
vnser  Seiten.     Es  sehen  ja  E.  Mayt.,  das  der  Feindt  vnser 
Gnad  begehrt;  darumb  er  dan  diesen  Boten  an  E.  Mayt. 
abgefertigt  vndt  vff  ein  Monaht  Stillstandt  begehret. 
Semiramis.  O  Philippe,   das  pfleget  des  Feindes    best  Stratagema    zu 
sein,   sein  Vohrhaben    desto  bcßer  ins  Werck    zu  richten, 
sich  zu  Sterken  vndt    zu  erfrischen.     Aber  last  vnß  doch 
vernehmen,  was  doch  sein  Begehrendt  sey! 
Philippus.    So  lautet  es:  'Hoch  gebohrne  Fürstin  vndt  beyder  Scicilien 
mechtige  Herscherin,    es   ist  ohn  Noht,    weittleuflftig  vndt 
schmertzlich  zu  widerholen    die  Vhrsach,    so    vns   reitzet, 
kegenwertige  Inipressa    wider  Euch    vohrzunehinen  vndt 
mit  blutigem  Krig  Ewer  Landt  zu  vberzihen  vndt  zuver- 
derben,    weill  Euch    wißendt,    das    wir    das   jennige    mitt 
Gewaldt    von    Euch    zu    erzwingen    gemeinet    sein,    was 
freundtliches  Anhalten  zu  erlangen  nicht  vermocht.     Wan 
wir  nuhn,  Gott  Lob,  darin  so  weit  glucklich  verfahren,  biß 
wir    endtlich    Ewer    Residentz    vndt   Haubtvestung    vndt 
darin  Euch    selbest   nuhn    in    die    acht  Monaht    belagert, 
dieselbe  auch  mitt  stürmender  Handt  leichtlich  zu  erobern 
vndt  mit  dem  Schwerdt  zu  gewinnen  vns  woll  getrawen,  so 
besorgen  wir  doch  endtlich,  das  großer  Schade  vndt  Ewer 
gewißer  Vnterganck  darauff  stehe,  damit  vns  so  woll  alß 
Euch  weinig  gedinet.    [88  bj  Derohalben  wir  geneigt  sein, 
dem  Werck    auff  Monahtfrist    einen  Anstandt   zu    geben, 
darin   ein    Theill    kegen    den    andern    nichts  Feindtliches 
vohrnemen   noch    verhandlen    soll.     Da    Ihr    nuhn   durch 
gewiße  Gießen  Euch  verbürgen  werdet,  solchen  Anstandt 
nicht  zu    brechen,    sein    wir  endtschloßen,    mitt  gewißen, 
doch  weinig  Personen    bey  Euch    anzulangen    vndt    auff 
Mitteil   vndt  Wege,   wie   diesem   beschwehrlichem    Krige 


234  Bolte,  Das  Danziger  Theater 

ohn  ferner  Blutvergießen  vndt  Versehwendung  Landt 
vndt  Leuthen  abgeholfen  werden  möge,  zu  gedenken, 
wohrauft"  Ihr  Euch  besinnen  vndt  Resolution  bey  Zeigern 
vnß  zu  wißen  fuegen  wollet.'  —  Hie  sehen  Ewer  Maytt. 
elerlich,  Avie  er  schon  zu  zagen  beginnet;  vndt  das  man 
sein  Vnvermögen  nicht  vermei'ke,  begehret  er  Anstandt, 
damitt  er  mitt  gleichen  vndt  ohn  Schimpf  inn  sein  Landt 
sich  reteriren  möge.  Ich  riete,  E.  Maytt.  willigte  nicht 
darein.  Wir  sein  ja  noch  reichlich  proviantirt,  haben 
noch  Besatzung  vndt  Munition  gnuch  vndt  neben  rechter 
Sach  eine  gute  starke  woller bawete  Festung.  Den  ge- 
trawen  Ihre  Maytt.,   Avir  wollen  noch  den  Siech  erhalten! 

Semiramis.  Ja,  Philippe,  so  vermeinet  Ihr;  es  bezeuget  aber  die 
Erfarung,  das  der  Anschlag  gantz  vngewiß  vndt  der 
Vnterthanen  Heill  der  Obrikeitt  högste  Wolfahrt  ist. 
Darumb  es  sich  dan  nicht  thuen  leCet,  das  man  es  also 
weiter  ins  wilde  Hundert  wage.  Wir  können  ja  den 
Anstandt  willigen  vndt  seine  Anschlege  vernehmen;  sein 
sie  dan  nicht  annehmlich,  so  stehet  vns  in  vnser  Defensiou 
einen  Weck  wie  den  andern  frey. 

Philippus.  Wan  es  E.  Maytt.  ja  also  gefehlt,  wiederrahte  ich  es  nicht 
so  hardt.  Immittels  kan  man  alles  in  gueter  Bereitschafft 
halten  vndt,  was  mangeln  mochte,  reficiren  vndt  ersetzen. 

Semiramis.  So  wollen  Avir  alßpaldt  hinein  vndt  den  Trompeter  be- 
andtworten,    {Exeunt.)    [89  a] 


Actus  I.    Scena  2. 

Telamon  Rex  Cypri.     Philocles  Melitensis.     Capitaneus  Fortior. 

[Trompeter.] 

Telamon.  Ist  dan  nicht  muglich,  eines  Weibesbildes  Hochnuiht  zu 
dcmpfcn,  der  wir  vnser  gantzes  Konichreich  mitt  gewal- 
tig(;r  Ilaiidt  genohmen  vndt  den  F'eindt  n)itt  Ruhin  vndt 
Victori  angesiget?  Feldtmarschalck  Philocles,  vernimbt 
man  noch  nicht,  ob  der  zum  Feinde  geschickter  Trom- 
peter wieder  angelanget?  Er  bleibt  vber  Vermuhten 
lang  auß. 

Philocles.  Gnedigster  König  vndt  Herr,  ich  vernehm  noch  niclites 
von  seiner  WiederkunfVt,  vndt  dunket  mir,  die  Konigin 
Averde  den  vorgeschlagenen  Stillstandt  beliben,  vndt  ver- 
meine ich,  sie  wurde  E.  Maytt.  an  sie  begehrte  Heyraht 
nicht  abgeschlagen  liaben,  Aven  sie  nicht  von  Pliilippo 
dem  Hertzog  von  Epiro,  so  jetziger  Zcitt  Statthalter  in 
Scicilia  ist  vndt  sie  selber  zum  Gemahl  zu  bekommen 
vcrhofft,  davon  abgehalten  Avorden  Avehre. 


Der  stumme  Ritter  1, 1—2.  235 

Cap.  Fortior.  Weill  es  auch  <;-antz  still  darin  worden  vndt  der 
Feiudt  auft'  der  Festung-  mitt  Schießen  vndt  Kegenwehr 
gentziich  ruhet,  erachte  ich,  der  Trompeter  werde  guten 
Bescheidt  bring'en. 

Telamon.  Heut  wir  ihrer  Resolution  noch  erwarten  wollen.  Solte 
sich  aber  vber  Vcrhoffen  das  Wiederspiell  begeben,  so 
haben  wier  schoen  etzliche  Pedarden  verfertigen  laßen, 
deren  eine  Ihr,  Mons.  Fortior,  mitt  Ewrem  Regimendt 
noch  diese  Nacht  anhenken  sollet.  Vndt  wo  die  glücklich 
gerahten  thuet,  wollen  wir  Euch  seihest  mitt  vnserem 
Haufen  secundiren.  Der  Feldtmarschalck  soll  gleichfals 
eine  bey  ihm  haben,  vndt  che  wir  anfahen,  soll  er  seine 
Macht  in  zwo  Haufen  theilen,  deren  der  eine  einen  blin- 
den Lermeu  machen  soll,  ob  wolte  er  das  Fehlt  reumen, 
den  Feindt  damitt  zu  locken,  immittels  wir  vnser  Bestes 
thuen  wollen.  Solten  sie  aber  nicht  zu  bewegen  sein, 
mag  er  auff  der  ander  Seiten  auch  anhenken,  vndt  wier 
sie  beyder  seits  mitt  Gewaldt  angreifen.  Laßet  alle 
Officirer  convociren,  das  ihnen  vnser  Ordinantz  kundt 
werde!     [89  b] 

Philo  des.  Liebers  vndt  Angenehmers,  gnedigster  Konig  vndt  HeiT, 
wirdt  man  vnserm  Volke  nicht  andeuten  können;  dan 
die  Curasi  bey  ihnen  zu  stürmen  gantz  hefftig.  Dazu 
haben  wir  einen  guten  Vorteill;  dan  wir  mitt  Lauffgraben 
ihnen  so  nahe  approchiret,  das  wir  ihnen  vnter  dem  Ge- 
schütz liegen  vndt  sie  mitt  ihrer  Artollorey  vns  nicht  be- 
schedigen  können.  {Intrat  Trompeter.)  Aber  da  kombt 
der  Trompeter  wieder. 

Telamon.      Schaw  da,  Trompeter!    Was  Newes  mitt  dier? 

Trompeter. Gnedigster,  großmechtigster  Konig,  gnediger  Herr,  es 
hatt  die  Konigin  in  Scicilien  mitt  einem  Schreyben  mich 
wieder  abgefertiget,  daneben  Kegenwertige  zu  Gieseleu 
zugeordnet,  Avelches  E.  Maytt.  in  Vnterthenikeitt  ich  alhie 
vberr  eiche. 

Telamon.  Nemet  es,  Capitain  Fortior,  vndt  leset  es!  Vndt  Ihr,  Feldt- 
marschalck, schaffet,  das  den  Gieseln  ein  Guardia,  auch 
notiger  Vnterhalt  zugeordnet  vndt  verschaffet  werde! 
{Exit  Fhilocles  mit  den  Gieseln.) 

Cap.  Fortior.  'Semiramis,  beyder  Scicilien  Konigin.  Ewer  Schreybendt, 
Konig  Telamon,  ist  vnß  vberreichet,  daraußwirvon  begehr- 
tem Stillstandt  vcrnohmen.  Wannuhn  solches  nicht  zuwei- 
term  Vnheill  vndt  l'erner  Verwüstung  vnserer  Landt  vndt 
Leute  vermeindt,  wehren  wir  nicht  abgeneigt,  solchen  an- 
zunehmen, vbersendcn  Euch  die  begehrte  Gießeil,  die  Ihr 
[nach]  krig[er]ischem  Gebrauch  vndt  wie  sich  geburet,  trac- 
tiren  werdet.    Sonsten  die  Zusamenkuufft  betreffent  haben 


236  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

wir  dazu  vnser  Lusthauß  zum  Labyrinth  genandt  am  Wasser 
S^metho,  bey  funfF  Stadiis  weit  von  vnser  Veste  Saracosa 
gelegen,  erwehlet,  dahin  Ihr  mitt  zehen  Man  vndt  nicht 
sterker  angelangen  möget,  daselbest  wonniglich  vnser 
Accordo  zu  schliesen,  dazu  ihr  Euch  den  3.  nach  Vber- 
andtwortung  dieses  einstellen  wollet.  Inzwischen  aber 
alle  Ewer  vbrige  Macht  in  Ewrem  Feldtlager,  wie  auch 
die  vnsrige  ohn  die  10  Man,  so  wir  gleichfals  mitt  vnß 
dahin  bringen  werden,  in  obgemelten  vnserer  Veste 
Saracosa  verpleiben  sollen.  Habt  Euch  darnach  zu 
achten.'  etc. 
Telamon.  Mitt  dieser  Resolution  sein  wir  woll  zufrieden,  vndt  ob 
wir  zwar  woll  weibliche  Vnbesteudikeit  an  ihr  befürchten, 
sein  [90  a]  wir  doch  an  den  Gießein  woll  versichert,  die  wir 
dan  vmb  desto  mehr  in  guter  Verwahrung  halten  mußen. 
Drumb  kombt  vndt  last  vns  waß  weiter  zu  dieser  Tag- 
leistung vonNöhten  sein  wirdt,  anordnen  vndt  verschaffen. 
( Intercalaris  1.) 

[90  b]  Actus  I.    Scena  S^). 

Telamon  Rex.     Semiramis  Regina.     Philippus  Dux  Epyri,  Stadt- 
halter.   Philo  des  Feldtmahrschalck.     Florianus.     Mariana  vndt 
andere  zu  verschiedenen  Thüren  eingehendt. 

Telamon.  Gluck  vndt  Heill  warten  auff  E.  L.,  mechtig  Sciciliae 
Herscherinn! 

Semiramis.  Wan  dieser  Wunsch  recht  von  Hertzen  ginge,  wurden 
wir  in  der  That  woll  ein  anders  erfahren,  dan  das  wir 
mitt  beschwehrlichem  Krieg  molestirt,  vnser  Landt  vndt 
Lehut  mitt  Mordt,  Raub  vndt  Brandt  devastirt  vndt  wir 
gantz  feiudtthedlicher  Weise  ohn  einige  Recht,  Fueg  vndt 
Vhrsach  angewandt  vndt  verfolget  werden. 

Telamon.  Die  Vhrsach  durfft  Ihr  nicht  viell  fragen;  dan  Euch  nicht 
vnbewust,  waß  für  trewhertzig  Affection  kegen  Euch  be- 
wogen, Euch  für  mein  Gemahl  zu  werben;  wie  höenlich 
aber  vnsero  Legaten  abgefertiget  vndt  abschlegig  be- 
andtwortet,  ist  Euch  noch  vnvergeßen,  daß  ich  also  nicht 
auß  Neidt  oder  Haß,  sondern  auß  wahrer  inbrunstiger 
Lieb  vndt  trcwer  Aft'ection  kegen  Euch  vervhrsacht 
worden,  diese  Impressa  vorzunehmen.      [91a] 

Semiramis.  Ist  daß  die  Vhrsach,  muß  Begierde  vber  vnß  zu  herschen 
\\\i\i  mitt  vnserm  Schaden  Ewer  Reich  zu  erweitern  hie- 
mitt  ])escliönet  werden?  Dem  Vbcll  iiette  man  woll  anders 
dan  durch  beyderscits  großes  Bludtvergießcn,  Verschweu- 


^)    In  der  Handschrift  steht:  Scena  5. 


Der  stumme  Ritter  I,  2—3.  237 

düng  nicht  gering-er  Kosten,  auch  Verherung  Landt  vndt 
Leuht  begegnen  mögen.  Dan  das  weibliche  Geschlecht 
viell  ehe  durch  zierliche  Reden  vndt  höffliche  Curtesey 
zu  bewegen  dan  mitt  Krigesmacht  zu  zwingen  ist,  vndt 
stehet  einem  tapferen  Heide  ruhmlicher  an,  das  Frawen- 
zimmer  in  Nöten  zu  schützen  vndt  vertetigen  dan  dasselbe 
impugniren. 

Telamon.  Vnser  Witz  vndt  weitleufftigen  Disputat  zu  vben  ist  nicht 
der  Zweck,  darumb  Avir  an  her  o  gelanget.  Darumb  wan 
Euch  gelibet,  sehe  ich  vor  rahfcsam  an,  diesen  Streit  beder- 
seits  hinzulegen,  das  an  jeder  Seit  zAveen  erwehlct  wurden, 
so  mit  streitbahrer  Handt  diesen  Zwist  endigten.  Werden 
die  Ewrigen  obsiegen,  so  verpflichten  wir  vnß  bey  konich- 
lichen  Wurden,  Ewer  Gießeil  vnbeschedigt  zuruckt  zu 
schicken,  auch  in  dreyen  Tagen  mitt  vnserm  Krigesvolck 
Ewer  Landt  vndt  Königreich  zu  reumen.  Auff  den  Gegen- 
fall aber,  da  vnser  obliegen,  werdet  Ihr  Euch  nicht  endt- 
gegen  sein  lassen,  das  sich  E.  L.  neben  dem  gantzen 
Konichreich  vnß  ergebe.  Wie  deucht  Euch,  ist  solches 
annehmlich  ? 

Semiramis.  Ob  vnß  zwar  nicht  zweyfelt,  das  keiner  vnter  vnsern 
Vnterthanen  gefunden  werde,  [der]  sich  vnserndtAvegen  in 
solche  Gefahr  zu  setzen  eusern  werde,  weill  aber  auß 
zweyen  Vbeln  das  geringste  zu  erwehlen,  sein  wir  damit 
zufriden. 

Telamon.  Das  wir  dan  nicht  vor  zaghafftig  oder,  ob  wolten  wir  durch 
anderer  Leute  Manhafftikeitt  vnser  Intent  zu  erhalten, 
angesehen  werden,  so  wollen  wir  selbest  eigener  Person 
diesen  Kampff  verrichten,  wan  nuhr  jemandt  verbanden, 
der  vns  an  Stammen  gemeß,  vnß  bestehen  vndt  gegen 
vnß  sich  wagen  dorffte. 

Philip pus'.    Der  stehet  alhie,  König  auß  Cypern. 

Telamon.     Wer  bistu  dan,  der  du  dich  so  kecklich  offerirest?    [91b] 

Philip  pus.  Ich  bin  Philippus,  ein  Hertzog  von  Epyro,  vndt  so  woU 
auß  königlichem  Geblüht  endtsproßen  alß  du.  Vndt  weill 
ich  itziger  Zeitt  Stadthalter  in  Scicilia  bin,  erfodert  mein 
schuldige  Pflicht,  das  ich  meiner  Königin  Recht  defen- 
dire. 

Telamon.  Bistu  dei-,  nach  dem  ich  so  lange  getrachtet,  weill  du 
einig  vndt  allein  an  meinem  Gluck  mich  gehindert!  O, 
wie  frewet  sich  mein  Hertz,  das  ich  heutt  vber  dich 
triiimphiren  soll!  Drumb  beschirme  deinen  Kopff'  nuhr 
woll,  das  er  dir  nicht  verkurtzet  werde! 

Philippus.  O  Konig  in  Cypern,  vor  dir  hoff  ich  meinen  Kopff  avoU 
zu  Sahiren.  Schaw  du  ja  fleißig  zu,  das  nicht  dein  Landt 
vndt  Leute  ihres  Haubts  beraubet  werden! 


238  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

Telamon.      Die    Zeitt    vndt    das  Gluck    wirdts    g-eben.      Hie    ist    der 
Ilandtschuch,    ein  Zeichen   der  Außbietiing-  des  Kampfes! 
Philippus.    Ich    nehm  ihn  aiiff  aiuU  will  ihn  mähnlich  bestehen. 

Philocles.  Weill  aber  anft' jeder  Seit  zween  Kampfer  bewilliget,  alß 
bitt  ich  vnterthänigst,  E.  Maytt.  geruhen  vndt  dieser 
liohen  Fähren  mich  Avurdig'[en],  das  derselben  ich  in  diesem 
Streit  G eselschafft  leiste. 

Telamon.  Es  soll  dier  nicht  allein  zugelaßen,  sondern  mitt  Danck 
vergolten  werden. 

Florian  US.  So  bitt  ich,  gnedigst  Konigin,  das  ich  der  ander  sey, 
so  E.  Mayt.  Freyheitt  vndt  gerechte  Sach  delendiren 
möge. 

S emir am is.  Weill  du  dich  dazu  erbeutest,  Floriane,  nehmen  wir  es 
zu  Danke  an  vndt  wollen  es  jeder  Zeit  in  Gnaden  erkennen. 

Telamon.  Nachdem  dan  nuhn  der  Accordo  getroffen,  die  Helden 
ernandt,  der  Kampf  geboten,  so  laßet  vnß  alsobaldt 
gehen  vndt  dazu  bereiten  vndt  morgen  A^mb  10  Vhr  \f{ 
gebührliches  Rufen  vndt  Trommetenschall  an  gewohn- 
lichen Ordt  vnß  ein.stellen! 

Semiramis.  WoU  zufriden.  Inunittels  wolten  wir  die  Götter  fleißich 
ersuchen,  das  sie  dem  Gerechten  den  Siech  verlihen 
wollen.    {Exit  Regina  vndt  die  Ihrigen.) 

Telamon.  Wie  vermeinstu,  Philocles,  ist  die  Konigin  nicht  schöen 
vndt  ein  Kleinoht,  woU  würdig  für  sie  zu  kempfen? 

Philocles.  Ich  muß  bekennen,  gnedigster  Konig,  vndt  seheindt  fast, 
alß  wen  die  Natur  vndt  daß  Gluck  gezanket  betten,  wer 
am  meisten  ihr  seine  Gaben  mittheilen  solte;  aber  —  [92  a] 

Telamon.      Aber?    AVas  ists?    Sag  herauß! 

Philocles.     Ich  furchte,  ich  solte  E.  Maytt.  erzürnen. 

Telamon.     Mitt  nichten  nicht.     Sag  es  nxir  frey  herauß! 

Philocles.  Ach  das  Frewleiii  Mariana  deuclit  mir  viell  schöner  .sein, 
welche  leuclitet  wie  die  helle  Cynthia,  wan  sie  in  ihrem 
.silbern  Rock  das  Firmament  besteiget.  Sie  ist  die 
J'audora  der  Götter  vndt  die  reciite  vollenkommene 
SchöenlKÜtt. 

Telamon.  Ob  schoen,  so  betrifft  aT)er  meine  Liebe  nicht  der  Konigin 
Person  allein,  sondern  niitl  ihr  zugleich  das  gantze  Konich- 
reich Sciciliam. 

Philocles.  Ach  gnedigster  Konig,  Marianai«  Gemahl  zu  werden, 
achte  ich  beßei-,  dan  ein  Monarch  vber  die  gantze  Weldt 
zu  sein. 

Telamoii.  Woll.  Haldt  dich  im  Kampff  ritterlich!  ^'ndt  wo  ich  die 
Königin  erwirb,  soll  Mariana  dein  eygen  sein.  Aber 
höer,  n>an  fodert  zum  Kampff!  Kom  Audt  laß  vnß  dazu 
bereiten! 


Der  stumme  Ritter  1,3—4.  239 

Actus  I.    Scena  i^). 
Seiniramis  Regina  [vndtj  Maviana  oben  auff  einer  Galerey. 

Seniiramis.  0  Semiramis,  du  elendes  Weibesbildt,  Avie  bistu  gleich 
einem  Schift'lein,  so  vff  dem  vngestumen  Mehr  mitt  Wellen 
vmbgeben,  mitt  Vng-luck  vmbringet!  Du  bist  ein  Konigin 
vndt  pflegest  auß  deinen  Schatz  Kleinoder  den  Kempfern 
zu  ertheylen;  itz  mustu  selber  zum  Kleinodt  des  Kampfes 
gesetz[t]  werden,  vndt  die  du  ein  mechtige  Herscherin 
vber  ein  Konichreieh  bist,  niustu  dich  solbest  einem 
andern  praestituiren,  das  er  vber  dich  hersche!  O 
iniqua  fatal 

Mari  an  a.  E.  Maytt.  geben  sich  zufriden,  gnedige  Konigin,  vndt 
sehen  sich  woll  für,  das  etwa  diese  Vngedult  die  Götter 
zu  noch  heft'tigern  Zorn  reitze.  Es  ist  der  Außgang  des 
Campfes  in  der  Götter  Handt,  vndt  für  E.  Maytt.  so 
tapfere  Helden  streiten  alß  auff  der  ander  Seiten. 
[PMlij)pus  et  ilorianus   ynitt  endthlössten  Dägen   vnten.) 

Philipp  US.  Sey  mir  das  Licht  dieser  Weldt  Zevichnuß,  das  ich  nicht 
auß  eigenen  Ehrgeitz  oder  eyteln  Ruhm,  meine  Sterke 
zu  beweisen,  anhero  kommen  bin,  nuhr  allein,  dieses 
trotzigen  Koniges  Hochmiiht  zu  dempffen  vndt  meiner 
Konigin  Freyheitt  zu  erhalten!  Welches  für  aller  Weldt 
auff  meinen  Knien  ich  bezeuge,  die  Götter  bittendt,  sie 
weiten  mein  Vohrhaben  segnen  vndt,  das  ihnen  der 
vnschiildigen  Bedrengten  Schutz  angenemb,  durch  meine 
ritterliche  Faust  zu  erkennen  geben  Avollen.     [92b] 

Semiramis.  Stadthalter,  wir  sehen  Ewer  Trewe,  erbieten  aus,  solche 
in  allen  Gnaden  zu  erkennen. 

Florianus.  So  bezeug  ich  auch  durch  mein  Manhafftikeit,  das  ein 
vnverzagtes  Gemuht  mich  drenget,  in  dieser  gerechten 
Sach  mein  Lebendt  freyAvillich  zu  Avagen,  Aveill  das  Object 
zugegen,  darauff  alle  meine  Dienste  geiüchtet.  Dan  dem 
Frewlein  Mariana  ich  mich  gentzlich  deAOvire. 

Mariana.  Großen  Danck,  Floriane!  Vndt  ob  Ihr  Euch  meinendt- 
Aveg'en  (Euch)  so  höchlich  nicht  bemühetet,  mochtet  Ihr 
dennoch  avoII  endtsclmldigt  sein. 

Philipp  US.  Gnedigste  Konigin,  wie  viell  Feinde  Avir  auch  gestern 
hatten,  die  auch  fast,  ehe  der  Campf  geschloßen,  Victoriam 
vber  vnß  singen  wolten,  so  stellen  sie  sich  doch  lanck- 
sam  ein,  welches  für  A'nß  ein  guet  Omen.  Damitt  dan 
nuhn  die  schnelle  Zeitt,  so  sich  nicht  auft'halten  leßet,  vns 
diese  herlichc  Geiegenheitt  nicht  auß  den  Henden  reiße, 
auch  ohnverrichteter   Sache  der  Tag   abfließe  vndt   man 


1)  Die  Handschrift  hat:  Scena  6. 


240  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

mitt  der  Warnung'  zum  Campf  fast  vber  gewöhnlich 
inneheldt,  so  begehr  ich,  das  man  zum  andern  Mahl 
fodere.     {Trompeter  hleset  zum  andern  Mahl.) 

Floriauus.  Ich  sehe  noch  niemandt,  der  sich  einstelle,  vndt  wurde 
mir  dannoch  ein  ewige  Schmach  sein,  wen  ich  ohn  Be- 
weisung  meiner  Ritterschaflft  den  Campffplatz  wieder 
reumen  solte,  vndt  schwere  ich  einen  Aydt,  ein  solchen 
Schimpff  [an]  dem  Konige  vndt  seinem  gantzen  Ge- 
schlechte zu  rechnen. 

Philippus.  Weill  wir  so  vergeblich  alhie  warten  mußen,  sehen  E. 
Maytt.,  das  wir  nur  zu  einem  Schawspiell  von  dem  ver- 
zagten Könige  anhero  verfuhrt  werden.  Darumb,  wo 
nach  dem  dritten  Ruffen  sich  niemandt  einstellet,  laß  man 
die  Trompeter  zu  Retrait  blaßen.  {Man  blaset  die  dritte 
Warnung.) 

Mariana.  Ich  durft'te  wetten,  das  kein  ander  Vhrsach  den  eyfrigen, 
streitsuchtigen  Konig  so  lang  vom  Kampffplatz  heldt,  das 
er  seinen  Feldtschärer  den  Feldtcasten  zurichten  leßet, 
das,  [wo]  er  vndt  sein  ohnmechtiger  Ritter  etwa  verletz[t] 
wurden,  Pflaster  beyhanden  sein  mögen.     [93a] 

Semiramis.  0  Mariana,  Mariana,  du  kanst  allezeitt  auß  schweren 
Sachen  ein  Gelechter  machen.  Ein  geringen  Feindt  soll 
man  nicht  verachten.  Wo  zwecn  kempfon,  bleibt  doch 
der  Sieg  nuhr  einem. 

Florianus.  Vndt  den  trawe  ich  durch  diese  streidtbare  Fau.st  zu 
erhalten.     Mochten  sie  nuhr  verbanden  sein ! 

{Wirdt  aber   eins  geblasen.     Telamon   Hex   et  Philo  des   mitt  endt- 
blosten  Dligen  zum  Streitt.) 

Telamon.  Ihr,  deren  großer  Macht  nichts  verborgen  ist,  beweist 
durch  F.wer  Gunst,  das  keine  Feindtselikeitt,  von  dieser 
Konigin  bewisene  Schmach  zu  rechnen,  sondern  inbrun- 
stige Liebe  gegen  sie  mich  zwinget,  diesen  Campff  einzu- 
gchen vndt  persöhnlich  zu  bestehen!  Derowegen  ich 
Euch,  die  Ihr  ihre  Ilartikeit  vertretett,  absage. 

Philocles.  Desgleichen  ich  auch  auff  meinen  Knien  jji-otestir,  das 
meines  Königs  Ehr  vndt  der  armen  Vntertliant'ii  Blulit 
mich  in  diesen  Streidt  gezogen. 

Telamon.  So  erklert  Euch  nochmahls,  Konigin  in  Scicili;i,  ob  bey 
gestrigen  Accordo  es  verpleiben  vndt,  wnß  darin  verab- 
scheidet, gehalten  werden  soll ! 

ScMniramis.  Ja,  vndt  auß  vnverendertem  Gemulit  bestetige  icli  solches 
iiochmalils. 

{Ilie  gcschiclit  der  Campff,  darin  der  König  an  egner  vndt  Florianus 
an  der  ander  Seyien  vnterliegen.) 


Der  stumme  Ritter  I,  4.  241 

Telamon.      Haldt  Stadtlialter,  schoen  meines  Lebens! 

Phiiippus.    Wie  du    mein   schonen    wurdest,    wen   ich   in  deiner    Ge- 

waldt  wehre. 
Philo cles.     Stadthalter,    haldt  ein  vndt  schon  sein!    Oder  dein  Ritter 

vndt  du  sollet  beyde  für  ihn  bezahlen. 
Phiiippus.    So  gib  dein  Gewehr  von  dier  zum  Zeichen,  das  du  über- 
wunden bist! 
Philo  cles.    Desg-leichen  auch  du,  Floriane,  wiltn  sonst  lenger  leben! 
Phiiippus.    Sehet  hie,  gnedig'ste  Konigin,   da  vbergebe  E.  Maytt.  ich 

ihren  Feindt,  der  sie  ihrer  Freyheit  zu  berauben  begehrte. 
Philo  cles.     Vndt  Euch,  schönes  Frewlein,  praesentir  ich  den,  so  Euch 

sich  gentzlich  devoviret.     Empfanget  von  mir  sein  ritter- 
lich Schwerdt! 
Telaiuon.      Aber  hiemitt  ist  der  Streidt  noch  nicht  geendigt;  dan  Ihr 

so  viell  alß  wir  verlohren  habt.     [93  b] 
Phiiippus.    Habt  mihr  nicht  frembde  Sorg,    Konig  Telamon!    Dieser 

Ritter  vndt  ich  wollen  dem  Streidt  dieNeygen  einschencken. 
Philocles.     Gantz  avoU  zufrieden,    Stadthalter.     Ich  sehe  vor  Augen, 

das    das  Glück    vnß    alhie    behalten  will.     Drumb  mußen 

wir  mitt  einander  Kundtschafft  machen.    Komb  nuhr  an! 

"Wunden  machen  ein  bestendige  Freundtschafft. 
Telamon.      Philocles,    halt   dich    nuhr  ritterlich!    Du  weist,    was  dier 

versprochen  ist. 
Philocles.     Gnedigster  Konig,    vmb   das  Kleinodt  woldt  ich  sie  noch 

all  beyde  bestehen,  wan  es  notig-  wehre. 
Phiiippus.    0  Ritter,  Wordt  schlagen  keinen  Man.     Ich  hofl",  ich  will 

dier  allein  so  viell  Werck    schaffen,    das   du   des  andern 

nicht  begehren  solst.     Nuhr  beer! 

{Hie  cempfen  sie;  Philocles  siget  Philij^lJO  an.) 
Philocles.     Wer  stost  nuhn  dem  Faß  den  Bodem  auß? 
Mariana.       0  Vngluck!    Mein    Bruder,    wer    hett    das    vermeindt!    0 

edler  Ritter,  schonet  sein! 
Philocles.     Ob  ich  mich  schwehrlich  zwingen  kan,  soll  er  doch  Ewer 

Vorbitt  genießen,  edles  Frewlein.     Gieb  mir  dein  Gewehr 

vndt  stehe  auff! 
Phiiippus.    Da   hastu  es,    vndt   vorflucht    sey    dein  Handt,    die  mich 

meines  Glücks  beraubet! 
Philocle.s.     Allergnedigster  Konig   vndt  Herr,    weill    vor  Ewer  Maj^t. 

ich    diesen  Kampff  be.standen   vndt    deroselben    zu  guet 

die  Götter  mir  diese  Victori  verlihen,  alß  thue   E.  Maytt. 

in  aller  Vnterthänikeitt  mitt  hertzlichem    Gluckwunsclnmg 

hinwieder  ofteriren.     {vherreichf  ihm  rhilipin  Geicehr.) 
Telamon.      0  Philocles,  hier  ab    sehen    wir    der  Götter    Verordnung 

vndt  daß  sie  vestiglich  darob,  was  sie  beschloßen,  halten, 

wie   hart   man    aiich    dawieder  strebe.    Mitt   waß  Danck 
ich  ein  so    angenemes  Praesent    empfahe,   vergelten  soll, 
Th.  F.  XII.  16 


242  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

weiß   ich   fast   nicht.    Dan    die    versprochene  Belohnung 
deucht  mir  for  deine  Muhe  noch  viel  zu  gering  sein. 

Philo  des.  0  gnedigster  Konig,  vndt  wan  ich  gleich  an  die  ferreste 
Orten  der  Weldt  die  abschewiichste  Monstra  zu  vertilgen 
hette  zihen  sollen,  weite  ich  auff'  bloße  Vertröstung  einer 
solchen  Belonung  durch  micli  vnternommen  haben. 

Telainon.  Nuhn,  Konigin  in  Scicilia,  soll  der  Accordo  gehalten  wer- 
den vndt  E.  königlicher  Nahm  vndt  Wurde  vnbefleckt 
verbleiben,  so  sein  E.  L.  ueben  dero  Königreich  vndt 
Landen  mein.     Was  sagt  E.  L.  dazu?     [94a] 

Semiramis.  Ja,  gnediger  Konig  vndt  Herr,  weill  die  Gotter  ihren 
Willen  durch  dieses  edlen  Ritters  Tapfferkeitt  an  Tag 
geben,  bin  ich  zufriden.  Diesem  manhafFten  Heide  aber 
habt  Ihrs  zii  danken,  vndt  zu  Ehren  seiner  Manhafftikeitt 
vndt  ritterlichen  Taten  ergebe  ich  mich  Ewer  Gnaden 
vndt  lobe  die  Gotter,  daß  sie  ohn  mehres  Bludtvergießen 
vnser  Beschweren  abgeholffen. 

Telamon.  So  soll  hiemitt  aller  verhoffter  Vnmuht  abgethan  vndt 
verloschen  sein.  Vndt  Ihr  Helden  alle  drey,  weill  Ewer 
Liebe  vndt  Tred  vor  Ewer  Obrikeitt  in  diesem  Streidt 
gespuret  worden,  wollen  wir  solche  in  Gnaden  zuerkennen 
vndt  mitt  königlichem  Favor  jederzeitt  zu  erwidern  wißen. 
Vndt  damit  nuhn  dieses  ferner  zu  Werck  gerichtet  vndt 
allen  Standen  diese  vnser  Freudt  kundt  werde,  so  wollen 
wir,  Stadthalter,  das  Ihr  auff  den  dre\  ßigstcn  nach  diesem 
vnsere  Krönung  vndt  Beylager  durch  das  gantze  König- 
reich publicireu  vndt  verkünden  laßet. 

Philii)pus.    Das  soll  geschehen. 

Telamon.  Kombt,  edle  Konigin,  laßet  vns  hinein  zur  Tafteil  vndt 
vns  daselbst  ferner  vnsers  Leides  ergetzen!  (Kxeiinf; 
manet  Philippus.) 

Pliilij)pus.    Der  newe  König    beginnet  mir   schoen  zu  commandiren, 
alß   wen    ich    schon    lang    in    seiner   Bestallung    oder    in 
seiner  Kuchen    erzogen  wehi-e.    Wer  weiß,  wie  icli  diese 
Schmach  noch  rechne!    (Exit). 
(Intercalaris  2.) 

[95  b]  Actus  II.    Scena  1.  [96  a] 

[Philocles.] 

Philocles.  'Woll:  haldt  dich  im  Kämpft'  ritterlich!  Vndt  wo  ich 
die  Konigin  erwirb,  soll  Mariana  dein  eygcn  sein'. 
Wahren  nicht  das  dein  Wohrt,  Telamon?  War  nicht 
das  dein  lieblich  StinniK^,  damit  du  mich  in  die  Ge- 
fahr lockctest,  dir  deine  Konigin  zu  gewinnen?  Mir 
deucht,    CS  wahr:    'Philocles,    haldt    dich    nulir  ritterlich! 


Der  stumme  Ritter  1,4—11,2.  243 

Du  weist,  waß  dir  versproclien  ist.'  Dies  bestetig-et  ja 
noch  die  vorige  Verheißung-,  wie  dir  der  Stadthalter  thet 
ansigen.  0,  Avie  vngleich  ist  Verlieißen  vndt  Praestiren! 
Zusagten  stehet  reputirlich.  Halten  ist  ehrlich.  Ein  Konig 
soll  wahrhafft  sein,  sein  Wordt  solten  Mauren  auß  Ada- 
niant  sein  vndt  seine  Rede  vester  dan  Feßeln  binden. 
Aber  du  dreugst  dich  auff  dein  Macht  vndt  das  Schulden 
bey  grossen  Herren  zwar  sicher,  aber  vbell  einzumahnen 
sein.  Docli  was  culpire  ich  dich!  Es  heist  ja:  Ad  imjws- 
sihile  7iemo  obligatur.  Mein  Eitelkeit  ist  zu  schelten,  das 
ich  mich  darauff,  was  nicht  zu  erhalten,  getrogen.  Junck- 
frawen  wollen  gepeten  sein.  Ja,  Abschlagen  vndt  Ver- 
weyg-ern  ist  jetz  der  Schönheitt  hogste  Tugendt.  Aber 
still,  jetz  nicht  mehr! 


[Actus  IL]    Scena  2. 

[Telamon.    Philo  des.] 

Rex  Telamon  (intrat).  Jetz,  Telamon,  hastu  dich  zu  frewen,  weill 
die  Götter  deine  Sache  nach  deinem  Beg-ehren  g'erichtet 
han.  Wen  nuhr  Bestendikeitt  dabey  wehre  vndt  großem 
Gluck  nicht  baldt  Vngiuck  aufp  der  Versen  folg'ete!  Doch 
mache  dir  Freunde  mitt  deinem  Guet  vndt  habe  Confi- 
dentiam  in  guter  Huet,  so  wirdt  dir  nichts  fehlen.  — 
Aber  wehn  sehe  ich  da!  Ist  das  nicht  mein  trewer  Freundt 
Philocles?  Wie,  so  still?  Dergleichen  Melancholey  zimet 
nicht  einem  so  manhafften  Gemuht.  Was  ist  dein  An- 
ligen  ? 

Philocles.  Nichtes,  gnedigster  König*.  Ich  war  etwas  in  inbrunstiger 
Consideration,  vudt  ZM'ar  vber  ein  Subject,  darin  mir 
mein  Gedanken  den  Zaum  endtrissen  vndt  sich  fast  weitt 
verlauffen  hatten, 

Telamon.      Was  wahr  daßelbe? 

Philocles.  Nicht  viell  Besonders,  gnedigster  Konig-.  Doch  was  sag- 
ich!  Hinmiel,  verzih  mirs!  Seines  gleichen  die  Natur  noch 
nihe  erzeuget  hatt.     [96  b] 

Rex  Telamon.  Still,  Philocles!  Du  errinnerst  mich  jetz  meiner 
Vbelthatt  vndt  machest  mich  schamroht  durch  deine  Rede. 

Philocles.  Verziht  mirs,  gnedigster  Konig-,  das  mitt  E.  M.  ich  mich 
so  weit  verdriste!  Den  Vnterthanen  solches  nicht  ge- 
zimet. 

Telamon.  Ich  habe  deine  Trewe  stets  gespuret;  Darumb  mein 
Vndanckbahrkeit  billig  zu  schelten.  Aber  komb  mitt 
herein!  Was  dir  verheißen,  will  ich  sobaldt  durch  die 
Konigin  zu  Werck  richten  laßen.     {Exeunt.) 


244  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

Actus  II.    Sceua  3. 

[Mari  an  a.] 

Mariana.  Wie  g'ar  vngleich  hatt  doch  das  Gluck  seine  Gaben  aiiß- 
gethcilet,  vndt  wivdt  an  mancliem  Ohrt  noch  so  vndanck- 
bahr  endtpf'angen!  Dan  wo  findet  man  fast  einen,  der 
milt  seinem  Ghick  friedtlicli  vndt  desselben  nicht  baldt 
vberdrußig  werde!  Erhebet  es  einen,  so  geschieht  ihm 
dan  noch  weinig'  Danck  daran.  Ernidrig-et  es  einen,  so 
trifft  es  gar  nicht  das  Ziell  damitt.  Ist  einer  frey,  der 
giebt  sich  in  Dienstbahrkeitt,  vndt  strebet  ein  jeder, 
Freyheit  zn  erlangen.  Wie  dem  nnhn  allem,  so  gofeldt 
mir  doch,  das  ich  meines  Gefallens  leben  mack  vndt 
meines  Willen  keinen  Meister  erkenn [en]  darf!'.  Drunib 
will  ich  jetz  ein  weynig  in  den  Lnstg'arten  spatziren 
vndt  darin  mich  ein  wenig  ergetzen.     {Exltura.) 

[Actus  IL]    Sceua  4. 

[Mari  an  a.     Semiramis.] 

^GxniviimiH.  {intrat.)  Schaw  da,  Mariana!  Ich  hatte  gleich  den  Hove- 
meister  nach  dir  geschickt,  dich  anhero  zu  ruffen.  Dan 
ich  dir  etwas  Nötig'es  vndt,  wie  ich  verhoff,  dir  gantz 
Angenehmes  im  Nahmen  Ihr  Maytt.  meines  Herren  Königes 
anzubringen  habe. 

Mariana.  Ihr  Maytt.  verzihe  mirs,  gncdigste  Konigin,  das  ich  nicht 
anzutreffen  gewesen!  Yndt  wans  deroselben  gefellig,  bin 
ich  bereit  anzuhören,  was  Ihr  Vorbringen  sey. 

Semiramis.  Dan  versteh,  Mariana,  du  weist,  wie  ich  vom  König  auß 
Cypern,  meinem  jetzigen  Herren  Könige  vndt  Gemahl, 
g'antz  hefftig  bekriget  vndt  noch  langem  Wiederstandt 
durch  Hullf  des  edlen  vndt  manhafften  Ritters  Philoclis, 
seines  Feldtniarschalcks  in  öffentlichem  Campff  ihm  ange- 
wunnen  vndt  ihm  mich  zu  ergeben  laudt  vnter  vnß  auff- 
gerichteter  Aecordo  gezwungen  worden.  Wan  dan  [97  a] 
dabey  so  woll  deines  Brüdern,  vnsers  Stadthalters,  dan 
auch  gedachten  Ritters  Trewe,  Manliafftikeit  vndt  ritter- 
liche Gemuhter  satsamb  gespuret  vndt  wir  beyderscüts 
solche  Tugenden  in  etwas  ihnen  zu  vergelten  in  Gnaden 
gemeindt,  so  weren  wir  auff  etwas  endtschlossen,  wan 
wir  nuhr  dein  Bewilligung  darein  betten. 

Mariana.  Ey,  gnedigste  Konigin,  die  Rede  kombt  mir  scltz.im  für. 
Ich  will  nicht  hoffen,  das  Ihr  Maytt.  mich  wollen  beginnen 
zu  vexiren.  Dan  dieselbe  die  Campler  zu  belohnen  ohn 
mein  Bewilligung  gute  Macht  haben,  vndt  liah  ich  Ihren 
Schätzen  ja  nicht  zu  gel)ieteii. 


Der  stumme  Ritter  11,3—4.  245 

Sein iramis.  Das  ist  Avahr,  Mariana.     Du  must  aber  zuvor  hören,  was 
die    dem   Ritter    versprocliene    Belonung    sey.      Darnach 
hastvi  dich  zu  erkleren. 
I^Iariana.       Ach,    g-nedigste  Konigin,   weill  [bei]  E.  Maytt.  dero  hoch- 
begabten   Discretion    ich   woll    weiß,    das    sie    auch    ohn 
mein  Vnterricht    diejennigen,    so    sich    vmb  dieselbe  ver- 
dinet,  woll  werden  zu  belohnen  wißen,  alß  bitt  ich  vnter- 
thänig,    mitt    dergleichen  Beladung    mich  zu  verschonen. 
Semiramis.  Du  solt  aber  hir  vnter  wißen,  das  der  edle  Ritter  Philocles 
dermaßen  gegen  dir  veramorirt,  das  du  ihm  wedder  Tag 
noch  Nacht   auß   seinem  Sin   kommest.    Nuhn  vermeinet 
so   woll  Ihr  Mayt.  der  König  alß    auch   ich,    das    deinem 
Brüdern    kein    gering  Ehre,    also    auch    ihm    ein   großer 
Danck  geschehen  wurde,  wau  wir  dich  zu  trewer  Gegen- 
lieb gegen  ihn  disponirn  vndt  ein  Heyraht  zwischen  Euch 
beyden    veranlaßen    konten.      Was    deucht    dir    dabey? 
Jetz  erklere  dich! 
Mariana.       Wie,    gnedigste  Konigin?    Ich    will    nicht  hoffen,    das    E. 
Maytt.  mich  dahin  bereden  werden,  das  ich  meine  jetzige 
Freyheit,  in  deren  mich  auch  ein  jeder  billig  selig  preiset, 
mitt  einer  ewigen  Dienstbarkeit  verwechselen  solte. 
Semiramis.  Wie  da,  Mariana?    Ist  das  eine  Dienstbahrkeit,  Avan  man 
zugleich    zu    einer   Mittherscherinnen    vber    seines    Ehe- 
gathen  Guter  vndt  zu  einer  Erhalterinnen  seiner  Wolfahrt 
gesetzet  wirdt,  ja  dadurch  das  vnaufflößliche  Bandt  ehe- 
licher Lieb  aus  zwey  Hertzen  eins,  ein  Sin  vndt  Gemuht 
wirdt?  [97b] 
Mariana.       0  gnedigste  Konigin,    das  sein  die  heimliche  Stricke,    so 
Cupido    zu    stellen    pfleget.     Es   ist   aber  Beweises   nicht 
nötig,  in  was  große  Vngelegenheitt,  ja  Leib  vndt  Lebens- 
gefahr die  Lieb  manchen  gesturtzet.     Darumb  für  ihrem 
Joch  man  sich  billich  vorzusehende  hatt. 
Semiramis.  Ja,  das  ist  leider  wahr.     Aber  denjennigen,  die  der  Lieb 
mißbrauchen  oder  derselben  zur  Vngebuhr  resistirt  haben. 
An   mir   hastu  Exempels    genueh,    da    ich  auff  mein  vor- 
witzige Freyheitt  mehr  dan  des  Königs  auß  Cypern  recht- 
meßiges  Begehren  hielte.    Aber  was  darff  es  vill  vnnotiges 
Disputirens!    Da   soldt  wißen,    das    Ihr   Maytt.    dich   ihm 
versprochen.     Derowegen  sehr  vnhöfTlich  sein  wolte,  wan 
durch  dein  leichtfertiges  Verweygern  eines  Koniges  Ver- 
heißen retractiret  werden  solte. 
Mari  an  a.       Wieder  Keyser  noch  Konig  haben  mir  hierin  zu  gebiten 

noch  mein  angebohrne  Freyheit  zu  schmälern. 
Semiramis.  Ich  weiß  aber  des  edlen  A^^dt  manhafften  Ritters  adeliche 
Tugendt    vndt    liebliche    Beredtsamkeitt     dermaßen    be- 
schaffen,   das,    wen    du   ihn  nuhr  einmahl    sel1)er    hörest, 


246  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

vndt  wcrestu  so  hart  alß  Caiicasiis^),  er  dich  dennoch 
bewegen  wirdt.  Darunib  verzihe  niihr  ein  weinig!  Er 
sol  baldt  selber  bey  dier  sein  2). 
Mariana.  Ja,  laßet  ihn  nuhr  her  kommen!  Weiß  er  das  eine,  so 
werd  ich  des  andern  nicht  vergeßcn.  Ich  kan  ihm  woU 
endtlich  Hoffnung  maclien,  ob  ichs  gleich  nicht  zu  halten 
vermeine.  Aber  schaw,  da  kombt  er  schon.  Jetz  werden 
Avir  ein  liebliches  Gesprech  hören. 

[Actus  II.]    Scena  5. 

[Philocles.     Mariana.] 

Philo  des.  {intraf).  Ich  wünsch  E.  G.  ein  guten  Tag,  schönes 
Frewlein. 

Mariana.  Ein  guter  Tack  kan  nicht  boeß  sein.  Was  ist  Ewer  Be- 
gehren an  mich,  edler  Ritter? 

Philocles.     Durch  meine  treAve  Dienst  Ewer  Gunst  zu  erwerben. 

Mariana.  Ihr  habt  mich  ja  noch  nicht  beleydiget.  Wie  sohlt  icli 
Euch  den  gramb  sein!  Dazu,  weill  ich  noch  keine  llauß- 
halterin,  bedarff  ich  keines  Knechtes.     [98  a] 

Philocles.     Ich  bin  auch  nicht  daiaxmb  hier,  E.  G.  Haußknecht  zu  sein. 

Mariana.       Was  dan?    Vielleicht  mein  Cammerdiner? 

Philocles.  Ja,  gnediges  FrcAvlein,  doch  in  Ehren,  vndt  wo  muglich 
derselben  allein  zu  sein. 

Mariana.  0  nein,  edler  Ritter.  Das  gebe  im  Frawenzimmer  Ver- 
dacht, vndt  wundert  mich  fast  sehr^  was  solche  Dienst- 
willikeitt  gegen  mir  vervhi'sachet. 

Philocles.     Nichts  dan  trewe  Lieb,  E.  G. 

Mariana.       So  wirdt  Ewer  Dienst  nicht  guet  sein,  edler  Ritter. 

Piiilocles.     Wie  so,  edles  Frewlein? 

Mariaiia.  Weill  die  Lieb  seihest  voller  Gefahr,  so  kan  sie  niclit 
weiniger  gefehrliche  Effectus  produciren. 

Philocles.  0  ja,  edles  Frewlein,  wo  die  Liebe  ohn  Falsch,  da  ist 
sie  guet. 

Mariana.  Weill  Liebhaber  viel  verheißen  mfigen,  ob  sie  es  gleich 
nicht  vermeinen  zu  halten,  wie  kan  sie  ohn  Falsch  sein? 

Piiilocles.  Vndt  wen  E.  G.  durch  mich  etwas  verheißen  wurde, 
gnediges  Fi-ewlein,  es  muste  gehalten  werden,  ob  es 
auch  gleich  mein  Lebendt  betreffen  thett. 

Mariana.  Das  siudt  aller  Buler  güldene  Berge,  die  zuletz  kaum 
blevern  sein. 


1)  Dies    dem  Altertume    entlehnte    Bild    Aerwendet    z.  B.  IMacro- 
pedius  im  Joseph  11,4  (1541):  'Ah  dure  Joseph  Caucasoque  durior.^ 

2)  Semiramis  geht  ab. 


Der  stumme  Ritter  11,4—6,  247 

Pliilocles.  Aber,  gncdig-es  Frcwlein,  wen  mir  nuhr  ein  Bitte  von 
E.  G.  erlaubt  wurde,  wolte  ich  mich  nicht  scheweii,  des 
wilden  Mehres  tiifeste  Abgrunde  zu  ersuchen  oder  vom 
hog'sten  Turm  mich  zu  sturtzen,  da  er  E.  G.  hinwider 
begehren  soltcu. 

IMariana.       Was  ist  dan  solches?    Ist  es  mir  dan  auch  muglich. 

Philo  des.     Gantz  woll,  vndt  auch  ohn  einige  Verletzung. 

Mariana.       Was  ist  es  dan? 

Philo  des.  Mehr  nicht,  nuhr  das  mir  ein  einiger  Kuß  von  E.  G. 
erlaubt  wurde. 

Mariana.  HilfF,  lieber  Gott!  Ist  das  die  große  Bitt!  Wovor  solt 
Euch  das  woll  helffen?  Solts  vor  Hitze,  Hunger,  Durst 
oder  Kelte  sein? 

Philo  des.  0  gnediges  Frewlein,  so  große  Freudt,  Aveiß  ich,  wurde 
mir  dai-auß  endtstelien,  das  ich  mich  die  cußerste  Gefahr 
für  E.  G.  einzugehen  nicht  schewen  wurde. 

Mariana.  Wollan,  so  gehet  her,  edler  Ritter,  vndt  nehmet  nuhr 
frey  einen  Kuß  von  mir!  {PhÜocles  amplectüur  eam.)  [98b] 
Nuhn,  edler  Ritter,  Ewer  Trew  dagegen  nuhn  zu  spuren, 
ist  mir  mitt  Ewrcra  Tote  nicht  gedinet,  sondern  da  die 
so  groeß,  alß  Ihr  rumet,  will  [ich],  das  Ihr  hinfuro  ein 
gantz  Virteiljahr  an  ein  ander  kein  einig  Wordt  reden, 
sondern  gantz  wie  ein  Stummer  leben  sollet.  Was  gildt, 
ich  will  ihm  das  MauU  stopffen!  Was  sagt  Ihr  dazu? 
Sollicitirt  Ihr  nicht  mehr  vmb  meine  Liebe?  Wie?  Wollet 
Ihr  nicht  i'eden?  Ihr  seidt  gcschwindt  stoltz  worden. 
Wo  ist  nuhn  Ewer  liebliche  Beredtsamkeitt,  die  mich 
auch,  herter  alß  Caucasus,  bewegen  solte!  0,  jetz  Aveiß 
ichs,  er  lernet  jetz  Bulenlider  außwendig,  das,  wen  auflfs 
Jahr  der  Kuckuck  singen  wirdt,  Ihr  mitt  ihm  einstimmen 
mögett.  Nuhn,  die  Götter  behüten  Euch  vndt  geben 
Euch  beßer  Witz,  wen  Ihr  hinfuro  auff  die  Buhlschafft 
gehet!    {Exü  Mariana.) 

[Actus  IL]     Sceua  6. 

[Ph  i  1  o  cl  e  s.     P  u  si  0.] 
Pusio.  {intrat.)    Gnedigster  Herr,  E.G.  sollen  zum  Konig  kommen. 

Philo  des.     (tacet). 
Pusio.  Wie?    Bekom    ich    kein    Andtwordt?     Gnedigster    Herr, 

E.  G.  sollen  zum  Konig  kommen. 
Pliilocles.     {tacet.) 
Pusio.  Wie?    Ich  glaub,   mein  Herr  sei  taub  vndt  stum  worden. 

Gnedigster  Herr,  E.  G.  sollen  zum  Konige  kommen! 
Philo  des.     {schlecht  ihn  et  exit.) 
Pusio.  Was?    Hatt  mein  Herr  sein  Sprach  \crlohren!    Ich  woldt, 

er  hette  sein  Handt  verlohrcn.     {Exit.) 


248  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

[Actus  II.]    Sceiia  7. 

[Mariana.    Florianvis.] 

Mariaua.  Folget  mir  nicht  jemandt  nach?  Ich  lioff,  ich  wolte 
Philoclem  setigen,  das  er  mich  mitt  seinem  amorösischen 
Stürmen  vnangefochten  ließ.  O,  wie  frewet  sich  mein 
Hertz,  das  ich  ihn  dermaßen  abgewiesen.  Ich  hoife  mir 
durch  diese  kluge  Thatt  bey  allem  Frawenzimmer  ein 
vnvergengliches  Lob  zu  erwerben.  [Intrat  Florianus.] 
Vndt  wo  dieser  auch  nicht  nachlaßen  wirdt,  werde  ich 
ihn  auch  baldt  kurtz  abspeißen.     [99a] 

Florianus.    Gluck  vndt  Heill  warten  auff  Euch,  edles  Frewicin! 

Mariana.       Habt  Daiick,  edler  Ritter! 

Florianus.  Wie  sein  E.  G.  so  betrübt?  Vielleicht,  weill  Ihr  Liebhaber 
Philocles  in  Vngluck  gerahten  vndt  seiner  Sprach  be- 
raubt worden? 

Mariana.  0  nein,  edler  Eitter.  So  lieb  ist  er  mir  nihe  worden, 
sondern  es  dauret  mich,  das  er  Euch  im  jüngsten  Carnptt", 
da  Ihr  meinendt  wegen  Ewer  Kühnheit  praesentirt,  Euch 
so  beschimpffet  vndt  Ihr  so  eingebueßet. 

Florianus.  0  edles  FreAvlein,  ob  ich  gleich  nicht  viell  Ehr  eingelegt, 
so  erleidt  ich  doch  die  Schmach  EAvrendt  wegen.  Des 
hab  ich  mich  zu  trösten. 

Mariana.  Weill  Ihr  aber  woll  sehet,  das  Ihr  mir  zu  Ehren  Aveinig 
Gluck  habet,  so  rite  ich  Euch,  Ihr  leget  Ewer  Dienste 
anderswo  an;  dan  bey  mir  sie  vbell  bewandt  sein. 

Florianus.  Edles  Frewlein,  ich  vernehm  jetz  Ewren  Vnmuht.  Wans 
Euch  dan  nicht  zu  widern,  möcht  ich  mitt  Euch  zu  besser 
gelegener  Zeitt  hievon  weiter  discurriren.  Immittels  vesti'O 
servitor  en  e  speranza  adieu.    {Exit.) 

Mariana.       Adieu,    Signor!     Ich    förchte,    dein   Hoffen    vndt    Harren 
macht  dich  doch  endtlich  zum  Narren. 
{Intercalaris  3.) 

[100b]  Actus  II.    Scena  8i). 

Telamon,  Semiramis,  Philocles,  Philippus,  Florianus, 
Mariana,    Burgvogt.  [lOOb] 

Telamon.  Vndt  soll  so  gar  kein  Hoffnung  sein,  das  ihm  zu  voriger 
Sprach  geholfen  werde? 

Philip]) US.  Auß  gantz  Cypern  vndt  Scicilien  habe  ich  die  erfahrne 
Medicos  berufTen,  die  ihr  Euserstes  an  ihm  versuchet, 
aber  so  gar  an  ihm  desperiren.  Wan  gleich  Esculapius 
selbest  mitt  seiner  Ruten  kehme,  wurde  er  ihm  doch 
schwerlich  helffen  kunnen. 

Telamon.      So  inußen  wir    docli    nicht  nachlahn.     Derowcgen,  Stadt- 


1)    Die  Handscluift  hat:  Scena  9. 


Der  stiumne  Ritter  II,  7—8.  249 

halter,  last  durch  vnscr  g-antzcs  Königreich  proclaniiren, 
das,  wer  Philocli  zii  seiner  Sprach  wider  verhclffen  wirdt, 
soll  10  000  doppelde  Ducaten  zur  Belonung-  haben  vndt 
in  vnserm  hogsten  Favor  sein! 

Pliiiippus.  Gnedig-ster  Konig-,  ich  bin  zwar  bereit,  E.  Mayt.  Befehl 
schleunig  nachzusetzen,  ich  befurchte  aber,  das  woll  viell 
der  Thatt  sich  vnterstehen,  aber  einen  Weck  so  weinig  alß 
den  andern  verrichten  mochten;  dan  es  heist  genieinich- 
lich:  Auri  Sacra  fames,  quid  non  tnortalia  cof/is  jiedor'a!^) 

Teiamon.  So  schweren  wir  bey  höchsten  Ehren  vndt  so  wahr  wir 
ein  Konig  gebohren,  der  solches  thete,  soll  den  Freveil 
mitt  dem  Leben  büßen.  Drumb  laß  die  Herholden  so 
baldt  außfertigen ! 

Philippus.    Es  soll  geschehen. 

Mariana.  Vorzihe,  Bruder!  Ich  will  sehen,  ob  ich  dem  Werke 
rahten  vnd  das  Geldt  selber  verdienen  könne. 

Teiamon.  Wie  da,  Mariana?  Bistu  irgendt  der  Artzeney  bcßcr  den 
vnsere  Medici  erfahren,  das  du  dich  deßen  vnterstehest  ? 

Mari  an  a.  Ey,  gnediger  Herr  Konig,  E.  Maytt.  glauben  mir,  der 
Kranckheitt  weiß  ich  beßer    alß  dem  Podagra  zu  helffen. 

Teiamon.  Das  wehr  vns  heb,  vndt  soltu  erfahren,  das  wir  ein  solche 
Guthatt  vber  die  verheißene  Belohnung  in  sondern  Gna- 
den erkennen  wollen. 

Mariana.  Ich  sag  E.  M.  vntertehnigst  Danck  vor  diese  mute  Er- 
klerung,  vndt  wo  es  deroselben  gefeilig,  wolte  ich  so- 
baldt  den  Anfang  machen. 

Teiamon.  Je  eher,  je  Heber.  Den  vns  nach  seiner  vbrigen  Wol- 
fardt  so  hefftig  alß  vnser  eigen  verlanget. 

Mariaua.  Nuhn,  edler  Ritter  Philocles,  ich  habe  Ewer  Trewe  vndt 
hertzliche  Affection  kegen  mir  guugsam  gespuret.  Dero- 
halben  ich  Euch  Ewer  gethanen  Gelubdt  hiemit  gentz- 
üch  wiederumb  erlaß.  Redet  nuhr  in  Gottes  Nahmen! 
Es  soll  Euch  erlaubet  sein.     [101a] 

Teiamon.  Wie  da,  Mariana?  'Redet  in  Gottes  Nahmen;  es  soll  Euch 
erlaubt  sein!'  Waß  soll  das  sein?  So  viell  betten  wir 
woll  selber  kunnen  sagen. 

Mariana.  Ey,  Ihr  Maytt.  machen  ihr  nuhr  keine  Sorg!  Ich  weiß, 
das  er  sobaldt  reden  wirdt. 

Teiamon.  Ich  woldt,  das  ers  nuhr  baldt  thete,  vmb  Ewer  bey  der 
Wolfardt  willen. 

Mariaua.  Mein  Philocles,  ich  ermane  P^uch  des  hohen  Verheißens, 
da  Ihr  mir  versprächet,  aufF  mein  Begehren  Ewer  Leib 
undt  Leben  in  Gefahr  zu  setzen.  Wan  solches  von 
Hertzen  gangen,  wehre  es  Zeitt  itzo  zu  beweisen. 


1)   Vergil,  Aeneis  3,  56  f. 


250  Bolte,  Das  Danzigev  Theater. 

Telamon.  Mariana,  du  weist  neben  der  Verheißung'  auch  die 
Betrewung.  Daruinb  du  dich  woU  bettest  bedenken 
mögen. 

Seiniramis.  Ja,  Mariana,  mir  deucht  in  diesem  Fall  dein  Fornehmen 
sehr  leichtfertig  sein,  vndt  habe  ich  woll  gedacht,  es 
wurde  dich  der  Vorwitz  einmahl  betrigen. 

Mariaua.  Ach  gnedigste  Konigin,  ich  bitt  ab  meinem  Fornehmen 
kein  Vnmuht  zu  faßen.  Dan  ob  sichs  woll  etwas  ver- 
zeucht, verzag  ich  doch  an  meinem  Patient  noch  nicht, 
ich  verhoff  baldt  Beßerung.  Ach  edler  Ritter,  ist  Euch 
dan  mitt  meinem  Tote  gedienet?  Wo  bleibt  Ewer  Ver- 
heißung, Avie  Ihr  so  große  Gefahr  für  mich  eingehen 
Avoltet!  Woll  habt  Ihr  mir  güldene  Berge  verheißen,  aber 
mitt  Schaumb  bezalet  Hir  mich.  Wüste  ich  nicht,  das 
Liebhaber  viel  verheißen,  ob  sie  es  gleich  nicht  dechten 
zu  halten !  Ist  nuhn  Ewer  gerumbte  Liebe  ohn  Falsch, 
so  rettet  mein  Leben !  Es  kostet  Euch  weder  Geldt  noch 
Guet,  weder  Leib  noch  Bluedt;  ein  einig'es  Wordt  kans 
verrichten.     Kans  gahr  nicht  sein? 

Telamon.  Mariana,  ich  sehe,  das  deines  Brüdern  Vorsorg  an  dir 
wahr  wirdt.  Vndt  weill  du  nuhr  das  Geldt  gemeint,  wirdt 
die  angehenckte  Bedrawung  billig  an  dir  statuiret.  Drumb, 
Statthalter,  weill  wir  zu  Rettung  unserer  königlichen 
Wurden  nicht  vmbhin  kommen,  so  laß  den  Burgvogt  die 
Poen  exequiren! 

Pliilippus.  Großmechtigster  Konig,  g'nedigster  Herr,  ob  woll  mein 
Vnterthenilveitt  erfodert,  Ihr  Mayt.  zu  pariren,  so  will 
doch  die  Natur  nicht  zulaßen,  meine  Schwester  zu  be- 
leidigen. Ich  hoffe  nicht,  E.  Maytt.  wieder  weibliche 
Blodikeitt  so  streng  verfahren  werde,  gestaldt  auff  meinen 
Knien  ich  darumb  supplicir.     [101b] 

Semiramis.  E.  L.,  gnedigster  Konig  vndt  Herr,  bedenken  sich  vndt 
laß[cn]  mein  Vorbitt  Ihr  Gnadt  erlangen!  Dan  ob  ich 
woll  allemahl  iliren  Hoelmiuht  vndt  Vorwitz  gestraflfett, 
zwinget  mich  doch  ihre  Liebe  vndt  lang  geleistete  trewe 
Dienste,  ihrer  zu  erbarmen.  Ich  will  selber  mein  Heill 
versuclien  an  ihm,  ob  er  zu  bewegen.  Edler  Ritter,  ge- 
denket der  adelicheu  Tugendt,  so  ich  stets  in  Euch  ge- 
lobett,  vndt  laßet  Euch  erweichen!  Erinnert  Euch,  wie 
schmertzlich  Euch  sein  wurde,  ein  Weibsbilde,  die  Ihr  zu 
vertetigen  vndt  zii  verehren  Euch  allemall  höchlich  be- 
flißen,  ja  welcher  Ihr  den  ersten  Preiß  Ewer  Ritterschaft, 
so  Ihr  an  diesem  Hott"  erlanget,  devovirt,  vmb  eines 
Wortes  willen  in  den  Todt  gel)ett!  Darumb,  so  ein  ein- 
ziges Tröptliein  adeliches  Gebluhts  Ewer  tapff'eres  Hertz 
vndt  Adern  erwcrmet,    so  redet  doch    nuhr    ein    einziges 


Der  stumme  Ritter   11,  8.  251 

Wordt   mir  zxi  Gefallen,   die   ich  so  vill  Wordt  Ewerendt 
lialben  bey  Mariaua  verlohreu'     Kans  «^-ahr  nicht  sein? 

Telamon.  K.  L.  sein  mitt  Ruhen!  Es  verbindet  vnß  vnser  gethaner 
Aydtschwuhr,  ihren  Vorwitz  zu  straffen,  sohlt  es  auch 
vnsern  Bruder  betreffen. 

Mari  an  a.  E.  Maytt.  bemuhen  sich  nicht,  vndt,  Bruder,  stell  dein 
Vorbitt  ein!  Dan  ob  ich  schoen  weiß,  das  er  sowoll  alß 
vnser  einer  reden  kan,  wan  er  sonsi  nuhr  wolte,  so  be- 
kenne ich  doch  mein  Schuldt,  die  dan  nicht  vhnpillig  an 
mir  gestraiTet  wirdt.  Drumb  ich  mich  frey  willig-  zu  meinem 
Ende  bereyten  will,  damitt  ich  auß  mir  darol)  stehender 
Schmach  errettet  werde. 

Telamon.  Wie  da,  Mariana?  Kan  er  dan  sonst  woU  reden?  Was 
ist  dan  die  Vhrsach,  das  er  nicht  will? 

Mariana.  Daß  soll  von  mir  kein  Mensch  erfahren.  Nach  meinem 
Tote  wirdt  ers  woU  frühe  genuch  offenbahren.  Vndt  weill 
er  an  meinem  Tote  ein  solche  Frewde  zu  sehen  verhoffet, 
bitt  ich  g-antz  demutiglich,  das  es  nuhr  baldt  geschehe. 

Telamon.  Daß  soll  geschehen.  Burgvogt,  wir  befehlen  dier,  das 
du  gegenwertige  Weibspersonen  durch  den  Nachrichter 
mitt  dem  Schwerdt  sobaldt  hinrichten  laßest.     [102  a] 

Burgvogt.    E.  Maytt.  Befehlig  soll  sobaldt  verrichtet  werden.    (Exif.) 

Florianus.  Kan  es  muglich  sein,  das  wahre  ManhalTtikeitt  mitt  solcher 
Vnbarmhertzikeitt  vmbgeben?  Ists  muglich,  das  diß  Spec- 
takell  eines  so  tapfferen  Cavagliero  das  Hertz  nicht  er- 
Aveichen  solte!  Ehe  ich  zugebe,  das  diese  Schöenheitt 
wegen  seiner  schendtlichen  Hertikeitt  vergehe,  ehe  woldt 
ich  ihn  selbest  durch  meine  Faust  dem  Plutoni  zum 
Opffer  schicken.  {Phüocles  vndt  Florianus  zucken  ihre 
Degen.) 

Telamon.  Wer  ists,  der  dar  sich  in  vnser  Gegenwahrt  so  kuhnlich 
darff  sehen  laßen?  Bewegten  vnß  nicht  Ewer  beider- 
seiten  an  vnß  bewisene  trew  Dienst,  Ihr  soldt  baldt  er- 
fahren, was  es  wehre,  in  königlicher  Maytt.  vndt  Praesens 
ein  Gewehr  zu  blöeßen.  Drumb  haldt  ein,  oder  bey 
vnser  Gotter  Macht,  Ihr  soldt  solche  Freyheitt  mitt  dem 
Haubte  bezahlen!     {Intrat  Burgvogt  vndt  Nachrichter.) 

Burgvogt.  Auß  Ihr  Maytt.  Befehl  soltu,  Nachrichter,  diese  Junck- 
fraw  durchs  Schwerdt  hinrichten.  Drumb  nimb  sie  zu 
dein  Henden! 

Nach  rieh  ter.  Das  soll  geschehen.  Edle  Princessin,  Ihr  vernembt 
mein  Befehl;  darumb  verzihet  mirs,  was  ich  an  Euch 
verübe ! 

Mariana.  Du  verrichtest  nuhr  dein  Ambt.  Tetest  du  es  nicht, 
muste  es  doch  ein  ander  sein.  Aber  vbereill  mich  nicht 
vndt  laß  mich  zuvohr  Vhrlaub  nehmen! 


252  Bolte,  Das  Dauziger  Theater. 

Nachricht  er.     Nach  E.  G.  Begehren. 

Mariana.  O  Elendt  menschliches  Wesens,  wie  füret  vns  die  Natur 
so  einen  engen  Weck  in  dies  betruebte  Leben,  vndt  ist 
so  ein  weitt  gebahnte  Straß  zum  Tote!  Hunderdt  angel- 
weitt  offenstellende  Tuhren  fuhren  zu  seinen  verschlingen- 
den Thoren  vndt  sturtzen  vnß  ins  Verderben.  Noch 
blendet  vnß  das  blinde  Gluck  durch  sein  teglichs  Fuchs- 
schwentzen  so  hart,  das  wir  vor  vermeinter  Hoheitt,  Ehre, 
Reichtumb,  Pracht  vndt  beschwerlichem  Wolleben  solches 
nicht  sehen,  damitt  es  vnß  nuhr  teglich  hoflfiret,  so  doch 
alles,  wen  wir  vnß  darauff  [102b]  verlaßen ^  Avie  ein 
Schatten  von  vnß  fleucht.  Aber  was  halte  ich  mich  lang 
auff  vndt  klag  vergeblich,  was  ich  nicht  endern  kan! 
Dordt  stehet  mein  Remedium  dagegen,  welchem  ich  mir 
in  Geduldt  vndt  Hoffnung  mehr  bestendiger  Frewdikeitt 
itzo  applicii'cn  mues.  Drumb,  großmechtigster  Konig, 
allergnedigster  Herr,  vndt  durchleuchtigste  hochgebohrne 
Konigin,  gnedige  Fraw,  weill  mein  eigen  Vorwitz  vndt 
Vbermuht,  dan  das  betrigliche  Geldt  in  diese  Gefahr  mich 
gesturtzet,  bin  jetz  meines  eigenen  Vnglucks  ein  einzige 
Vhrsacherin;  bitte  dcrhalben,  solche  Eytelkeitt,  so  dan 
bey  weiblichem  Geschlecht  nicht  new,  zu  endtschuldigcn 
vndt,  wozu  menschliche  Schwacheitt  mich  verleitt,  zu  ver- 
zihen.  Die  Götter,  so  Euch  zu  Regenten  gesetzet,  wollen 
Euch  be[i]  guetem  Wollstande  lang  erhalten  !  Vndt, 
Philocles,  obzwahr  durch  die  Vnbahrmhcrtzikeitt  das  Ge- 
dcclitnuß  deiner  trewen  Lieb  vndt  trcwcn  Verheißung  in 
dier  gentzlich  erloschen,  so  soll  dieselbe  dich  zu  keiner 
Zeitt  auß  meinem  Hertzen  reißen,  sondern  mein  Geist  nach 
meinem  Tote  mitt  stetem  Seuifzen  mein  trew  Lieb  vber 
dier  außgießen.  Hiemitt  adieu!  Nuhn,  Nachrichter,  A'er- 
richt  dein  Ambt!  0  ihr  Götter,  nembt  die  vernunfftigc 
Seell,  so  ihr  in  mich  gepflantzet,  zu  ewcr  Henden! 

{Indem  der  Nachrichter  den  Streich  gehen  toill,  tritt  Philocles  zu 

vndt  spricht:) 

Philocles.    Haldt  ein  du!     Den  si  soll  nicht  stex-ben. 

Mariana.  O  ihr  Götter,  seydt  gelobet!  0  Philocles,  nuhn  ist  Ma- 
riana Ewer  cygcn.  Schaffet  vndt  gebitet  ihren  Dienst 
nach  Kwrem  Gefallen! 

riiilocles.  Weill  ich  noch  kein  Haußhalter,  bod.irff  icli  ki'incr 
Dienerin;  so  begehret  Philocles  auch  uiclit,  Flori.innm 
seiner  Liebsten  zu  berauben.    [103a] 

Mari;uia.  O  edler  Ritter,  ist  nicht  diese  anßgestandene  GcImIu-  ge- 
nuch,  das  Ihr  mitt  vnverscliuldeter  Bezichtigung  mein 
mattes  Hertz  noch  quelet,  welches  ihm  noch  nihe  einigen 
Florianuni  /.u  lieben  ciii'it'bildet ! 


Der  stumme  Ritter  II,  8  —  TTI,  1.  Ö5B 

Florianus.  O  vnbestendio-es  Weibesbildt!  Itz  muß  mich  der  geringste 
Augenblick,  so  ich  vmb  Mariamim  Leidt  getragen,  rewen, 
weill  mein  trew  ihr  erwisene  Dienst  vndt  ihr  zugefallen 
angewendete  Tapl'rikeitt  so  vndanckbahrlich  regradiret. 
Solte  mir  derowegen  leidt  sein,  eynem  so  edlen  Cavag- 
liero  Avegen  eines  solchen  Wetterhanen  ein  "Weiger-Wordt, 
gescliweig  einen  Streich,  zu  bieten. 

Telamon.  Stellet  diese  vergebene  Reden  ein!  Mariana,  die  ver- 
sprochene Gelder  du  gantz  woll  verdienet  hast;  drumb 
sie  dicr  auch  pillig  zugestehet  werden.  Vndt,  Ritter 
Philocles,  weill  vnß  jetz  gute  Gelegenheitt  durch  diesen 
Vnlall  vorstoßet,  vnser  vor  diesem  dier  geschehenes  Ver- 
sprechen zu  erfüllen,  so  soll  Mariana  dein  eygeu  sein. 

Philocles.  Großmechtigster  König,  allergnedigster  Herr,  dieser  großen 
Gnaden  thue  ich  mich  zwahr  mitt  fernerer  schuldiger 
Diensterpietung  vnterthänig  bedangen;  aber  weill  mein 
inbrunstige  Lieb,  so  ich  vor  diesem  gegen  Marianam  ge- 
tragen, durch  ihre  erstarrete  Hartneckikeitt  erkulet,  ist 
mir  der  Appetit  gleich  einem  zu  lang  lehr  endthaltenem 
Magen  vergangen.  Vndt  wan  es  E.  Maytt.  nicht  zuwieder, 
möcht  ich  deßen  erhebliche  Rationes  darinnen  weittleuff- 
tiger  erkleren. 

Telamon.  Wir  wollen  dich  gerne  höreu.  Drumb  komb  vndt  last 
vnß  hie  ein!     {Exeunt  omnes ;  manet  Philixypus  solus.) 

Philipp  US.  Vndt  soll  ich  noch  lenger  diesem  Vnheill  zusehen?  Ists 
nicht  gnuch,  das  die  Königin  dem  verzagten  Konig  nach- 
gehenket,  wieder  meinen  Raht  den  vnghickseligen  Kampff 
bewilligt,  sich  vndt  das  Königreich  mir  dadurch  endt- 
rißen  vndt  in  dieses  Tirannen  Hend  gebracht,  woraulf 
ich  in  Verachtung  [103  b]  vndt  mein  Schwester  in  Lebens- 
gefahr gerahten!  Vndt  soll  sie  noch  ferner  von  diesem 
oh[n]mechtigen  Ritter  geaffett  werden!  Das  soll  nicht 
sein.  Was  güdt,  ich  will  mich  rechen  vndt  Euch  alle 
mitt  colnischem  Gewicht  1)  bezahlen.  Will  die  Faust  nicht, 
soll  Iliuderlist  helffen.  Es  soll  sie  alle  gercAven.  (Exit.) 
{Intercalaris  4.) 

[104  a]  -  Actus  in.    Scena  1. 

[Telamon.     Philippus.] 

Telamon.  Wer  hette  immer  gemeindt,  das  sich  das  Bladt  so  wenden 
solte!  Wie  hefftige  Liebe  zuvolir  auch  zwischen  Pliilocle 
vndt  Mariana  braute,    so  großen  Haß    vndt  Verdriiß  liatt 


1)    Über    diese  Redensart  vgl.  Grimm,   Deutsches  Wörterbuch  5, 
1622  unter  'kölsch'.     SchillerLübben,  Mnd.  Wtb.  2,  519. 


254  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Vorwitz  vndt  Hochmuht  zwischen  ihnen  erreget;  vndt  ob 
woll  der  Poet  saget:  'In  amore  haec  sunt  mala:  bellum, 
jyax  rursitm'^),  Avill  sich  doch  das  letzste  bey  ihnen  nicht 
iinden  laßen.  Derohalben  ich  befahren  muß,  das  zwischen 
diesem  edlen  Ritter,  der  mir  sonst  sehr  lieb,  vndt  dem 
Statthalter  sich  der  mahl  eins  ein  Vngluck  errege.  Aber 
itz  davon  nicht  mehr!     Was  Newes,  Stadthalter? 

Philipp  US.  Böse  Zeitung,  gnedigster  Konig  vndt  Herr.  Abwesens 
Ew.  MaN'tt.  sein  die  Syrer  mitt  Macht  in  dero  Königreich 
gefallen,  daßelbe  grewlich  verheret  vndt  die  Vntcrthanen 
gezAvungen,  ihnen  zu  huldigen.  Dan  anhero  sclioen  viell 
rebelliren  vndt  sich  ergeben;  die  vbrigen  halten  sich  noch 
vndt  begehren  Ew.  Maj'tt.  Schutz. 

Telamon.     Ist  dem  also,  Stadthalter?     Von  wem  hastu  es? 

Phililipus.  Es  ist  ein  Curir  von  E.  Maytt.  Daheimgelaßenen  anhero 
abgefertiget,  der  avisiret  es.  Er  berichtet  aber  daneben, 
das  die  Wasser-Frontiren  noch  alle  mitt  Landtvolck  be- 
setzet sein,  resolvirt,  sich  manlich  zu  wehren,  vndt  er- 
warten nuhr  Succurs. 

Telamon.  So  mußen  wir  alßpaldt  auff  Mitteil  ihnen  zu  helfifen  be- 
dacht sein.  Wollen  derowegen  vnsern  lieben  getrewen 
Ritter  Philoclem  neben  Capitain  Fortior  mitt  einer  woU- 
gerusteten  Armada  abfertigen,  diesem  Vbell  zu  wehren, 
biß  wir  ihnen  selbest  nachfolgen.  Wie  deucht  dir,  Stadt- 
halter?   Wehre  dieses  nicht  guett? 

Phillpi)us.  Ich  bin  verdechtig,  großmechtigster  König,  in  dieser 
Sachen  ■  zu  rahten ,  alldieweill  E.  Maytt.  wißendt  die 
Schmach,  so  er  mir  vndt  meiner  [104b]  Schwester  Ma- 
rianae  bewiesen;  noch  zwinget  mich  mein  schuldige 
Pflicht  vndt  Trewe,  E.  Maytt.  etwas  zu  offenbahren,  wan 
dieselbe  in  Gnaden  mich  hören  wolten.  Dan  ich  be- 
furchte, Ewer  Maytt.  setzen  gahr  zu  sehr  Vertrawen 
auff  ihn. 

Telamon.     Gantz  gerne,  Stadthalter.    Sag  an! 

Pliilipi)us.  Großmechtigster  Konig,  gnedigster  Herr,  E.  Maytt.  er- 
rinnern  sich  gnedigst,  was  inbrunstige  Lieb  zwischen 
Philocli  vndt  meiner  Schwester  Marinna  endtstunde,  also 
das  er  sie  zu  seinem  Gemahl  begehrte,  auch  was  vor 
geferbten  Fleiß,  Muhe  vndt  Arbeitt  die  Konigin,  solche 
Heyraht  zu  veranlaßen,  anwante,  solches  alles  aber  zer- 
schlagen, die  inbrunstige  Lieb  sich  in  Vberdruß,  Haß  vndt 
ergeste  Feindtselikeitt  gantz  ohnfrcvendtlich  verwechseldt. 
Nuhn  trawe  ich  sicherlich,  E.  Mayt.  die  Vhrsach  dieser 
Verwandtlunii-  gantz  \  nwißendt  sev. 


1)  Terenz,  Eunuchus  I,  1,  14:  In  amore  haec  omnia  ifisunt  vitia. 
inmriae,  Suspiciones,  inimicitiae,  indutiae,  Bellum,,  pax  rursiim. 


Der  stumme  Ritter  III,  1.  255 

Telamon.  Nein,  Stadthalter.  Sonder,  solches  hatt  deiner  SchAvester 
Vorwitz,  Vbermuht  vndt  hönischc  abschlegig-e  Verachtung- 
zuweg'en  bracht. 

Philipp  US.  0,  Ihr  Maytt.  sein  weitt  ab  dem  Weg'C,  vndt  ich  besorgte 
hög'ste  Vng'nad,  so  ich  die  Sach  recht  außdrnckte. 

Telamon.  Du  hast  dich  nichts  zu  befurchten,  Stadthalter;  sondern 
da  es  zu  vnserem  vndt  vnser  König-reich  Ehre,  Reputation 
vndt  Gedeyen  gereichet,  wollen  wir  solches  in  Gnaden 
geg'en  dich  zu  erkennen  wißen.  Drunib  rede  nuhr  frey 
herauß ! 

Philippus.  Dan  wißen  E.  Maytt.,  das  die  falsche,  trewlose  König'in, 
nachdem  dieser  Ritter  in  dem  vngluckselig'en  Kampff 
mir  angesiget ,  sie  sobaldt  ihre  vnzugtige  Lieb  vndt 
Affection  vff  ihn  verwandt,  gestaldt  auß  ihrer  damahligen 
Rede  vndt  Gebehrden  ohnschwer  zii  vernehmen.  Vndt 
ob  sie  woU  eußerlich  sich  höchlich  bemuhet,  Philocli 
meiner  Schwester  Lieb  zu  conciliiren,  hatt  sie  doch  in 
geheiml)  sie  alß  ein  einfeltiges  junges  Mensch  mitt  Ein- 
bildving  junckfrewlicher  Freyheitt  zum  Wiederspiell  ver- 
führet, dadurch  auch  zu  Wegen  bracht,  das  Philocles 
durch  angenohmene  Stumheitt  meine  Schwester  auß  dem 
Wege  zu  reumen  gedachte,  damitt  sie  ihre  heimbliche 
Buberey  desto  freyer  brauchen  mochten.  Dahero  Philocles 
Vhrsach  gnuck  hatt,  meine  Schwester  zu  verachten.  [105  a] 

Telamon.      Waß  redestu,  Stadthalter? 

Philippus.  Ich  rede,  was  ich  weiß,  gnedigster  König  vndt  Herr, 
vndt  getraw  es  dermalil  eins  mitt  dem  Werck  zu  be- 
weisen. 

Telaiuon.  Ob  mich  zwar  woU  deine  vorige  Zeitung  nicht  weinig 
besturtz[t]  gemacht,  gehet  mich  doch  diese  Schmach  viell 
sehrer  zu  Hertzen,  die  ich  schwere  an  ihnen  beyden  zu 
rechen,  vndt  soldt  ich  gleich  beyder  Königreich  drüber 
mußig  gehen.  Drumb,  Stadthalter,  schaw  zu,  das  du  es 
beweisest!  Hette  dich  aber  Haß  vndt  Neidt  wieder  die 
Königin  vndt  Philoclem  dazu  verleitet,  so  laß  dich  solcher 
Vntugendt  ihrem  Willen  nicht  zu  weitt!  Oder  mußcst  es 
mitt  dem  Leben  bueßen. 

Philippus.  E.  Maytt.  soll  die  Wahrheitt  augenscheinlich  erfahren. 
Sie  gedulde  sich  nuhr  ein  weinig! 

Telamon.  Immittels  soll  Fortior  mitt  der  Armada  gen  Cypern 
fohrt.     (Exit.) 

Pliili])])us.  Vndt  solte  Philocles  noch  Admiral  vber  cyprianische  Ar- 
mada werden  ?  Ich  hoff,  er  soll  zuvohr  sein  Sprach  noch 
eins  verlihren.  Das  Fewr  ist  angezündet,  es  muß  erhalten 
werden.     {Exit.) 


256  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Actus  III.    Scena  2. 

Philocles  vndt  Florianus. 

Florianiis.    Vndt  soll  die  Zeitung-  gewiß  sein,    Monsieur  Philocles,  so 

der  gestrige  Curir  brachte? 
Philocles.     Die  ist  leyder    mehr  wahr    dan  guett;    vndt  ist  Monsieur 

Fortior,  so  gestern  zum  Admiral  vber  eine  Vlota  bcstaldt, 

schoen    im  Anzüge,    den  Wasscr-Frontiren,    so   sich  noch 

halten,  zu  succurriren. 
Florianus.    Ist    das    muglich  ?     Ist   Fortior   bey    Ihrer   Maytt.    in    so 

hohem    Favor?     Ich   wehre    ehe    der    Meinung    gewesen, 

I.  Maytt.  Euch    der  Ehren   gewurdiget   haben   solte,    alß 

der  sich  beßer  dan  Fortior  vmb  sie  verdienet. 
Philocles.     Ohn  Zweiffell    ist    er  durch  den  Herren  Stadthalter   dazu 

praeferiret,  welcher  ein  Zeitt  hero  den  König  gantz  innen 

gehabt;  dannenhero  mein  trewe  Dienste  bey  seit  gesetz[t]. 
Florianus.    Vndt  weill  Ihr  seine  Schwester  Marianam  repudiiret,  hatt 

er  ihn  vohrgezogen. 
Philocles.    Dem  sey,    wie  ihm  Avolle,    Gott   gebe,    das   er  was  Gutes 

außrichte!     Wollet  Ihr,    die    Zeitt    zu    vertreyben,    etwas 

mitt  hinauß  vfts  Gejagt  reiten? 
Florianus.  Woll  zufrieden.    Oder  vffs  Federspiell  mitt  Falken  beitzen. 

{Exeunt.) 

{Intercälaris  5.) 


[106  a]  Actus  IV.    Scena  1. 

[S  e  m  i  r  a  m  i  s.     Philip  p  u  s.] 

S emir am is.  Gleich  wie  in  einem  Fieber  nach  außgestandenem  Sehrau- 
ten') hefftig  Hitze  folget  vndt  gemeinniglich  das  Waßer, 
so  zuvohr  gahr  heiß  gewesen,  am  keltesten  wirdt,  so 
pfleget  innerlichste  Liebe  in  eußersten  Haß  vndt  Feindt- 
sciiafft  sich  zu  verwandlen.  Wie  wahr  jungst  Philocles 
gegc[n]  die  Marianam  so  hefftig  veramorirt,  das  gleicli- 
samb  seine  Sehle  ihn  verlaßen  vndt  in  ihr  zu  wohnen  sich 
begeben,  das  er  auch  schwer  vergaß,  ein  Man,  ein  Ritter 
zu  sein!  Vnd  nachdcuT  weibliche  Schwacheit  sie  verleitet 
vndt  sie  ihrem  Vorwitz  ein  wenig  zu  viell  nachgehenket, 
ist  solche  Liebe  in  vnversöhnlicl)en  Haß  vorendert,  daß 
alles  vmbsonst,  wie  hoch  ich  mich  auch  bemuhe,  sie  zu 
reconciliiren;  vndt  ob  sie  woll  selber  solches  ihres  Vnglucks 
eine  Vhrsachcrin,  dawret  mich  doch  ihrer,  eines  jungen 
verstendiffcn  Weibsbilds. 


')  Vom  nd.  schruten  =  schnaufen? 


Der  stumme  Ritter  III,  2  —  IV,  1.  257 

Phili])p\is  {intrat).  Gluck  vndt  Heill  warten  auff  Ewere  Maytt.,  groß- 
meehtigste  Königin! 

S  e  m  i  r  a  m  i  s.  Habt  Danck,  Stadthalter !    Was  Newes  ? 

Philiiipus.  Newes  nichts  viell  besonder,  allergnedigste  Konigin;  nuhr 
das  die  Praesentirung  schuldiger  Dienste  E.  Maytt.  ich 
etwa  anzuzeigen,  wan  Sie  allergnedigst  geriihete  mich 
zu  hören. 

Semiramis.  Gantz  gern.     Zeigt  nuhr  an! 

Philipl)us.  E.  Maytt.  ist  wißendt,  Avas  für  Wiederwill  vndt  verhaste 
Verkleinerung  meiner  Schwester  Marianae  von  dem  Ritter 
Philocle  begegnet;  vndt  ob  ich  weil  bedacht  wehre,  solche 
Schmach  mitt  der  Faust  zu  rechnen,  beforchte  ich  doch, 
ihr  weinig  damitt  beholffen  sein  möchte.  Derowegen  in 
Discurs  mitt  ihm  mich  begeben  vndt  ihn  endtlich  so  weitt 
bewogen,  das  E.  Maytt.  ihn  zu  voriger  Lieb  leichtlich 
reduciren  mochte.  Vndt  Aveill  an  E.  Maytt.  konichlichem 
Favor  jha  nichts  zweiffeie,  verhoffe  ich,  Sie  in  dem,  was 
zu  Rettung-  meiner  Schwester  Ehren  gereichen  möchte, 
sich  gern  bemühen  werde. 

Semiramis.  Ob  wir  woll,  Stadhaltei',  sie  bej^de  zu  reconciliireu  vnß 
sehr  angelegen  sein  laßen,  auch  woll  verhoffet,  etwas 
außzurichten,  ist  doch  alles  vmbsonst  gewesen;  das  Werck 
auch  schwere!',  alß  sich  woll  angelaßen,  befunden.  Vnsere 
Lieb  aber  gegen  Marianam  [106  b]  vndt  Gnadt,  damitt 
wir  Euch  gewogen,  zu  beweisen,  wollen  wirs  nochmahis 
vex'suchen.  Konnet  derohalben  Philoclem,  da  es  Eluch 
gefile,  so  baldt  zu  vnß  foderen,  vndt  damitt  will  [1.  wir] 
allein  desto  freyer  von  Sachen  reden  mugen,  soll  vnser 
Frawenzimmer  dieweill  abgewiesen  werden. 

Philipp  US.  Vohr  diese  große  vndt  ohnverdiente  Gnadt,  allergnedigste 
Königin ,  thue  ich  mich  vnterthenigsts  bedanken  vndt 
will  verschaffen,  das  er  sich  so  baldt  zu  E.  Maytt.  ver- 
fuege. 

Semiramis.  Wir  wollen  sein  warten.     (Exü.) 

Philippus.  Recht  zu  meinem  Vohrhaben!  Er  soll  zu  dir  kommen, 
Ihr  soldt  aber  nicht  lang  allein  sein.  Ich,  der  Konig  vndt 
Burgvogt  wollen  Euch  baldt  Geselschaflft  leisten,  deßen 
Ihr  woll  nicht  froh  sein  werdett.     Holla,  Burgvogt! 

Burgvogt.    Was  begehren  E.  Gnaden? 

Philippus.  Du  soldt  sobaldt  eine  Guardy  Soldaten  zu  dir  beruften 
laßen  vndt  erwarten  ferneren  Befehl  von  Ihr  Maytt. 

Burgvogt.    Das  soll  geschehen,  gnediger  Herr.     {Exit.) 

Philippus.  Wo  findt  ich  nuhn  den  manliafften  Heldt?  Ohn  Zweifell 
in  seinem  Zimmer.     Holla,  Philocles! 

Philo  des.     Was  begehret  Ihr,  Stadthalter? 

Th.  F.  XII.  17 


258  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Philippus.  Es  ist  Ihr  Maytt.  der  Königin  Begehr,  Ihr  alsobaldt  zu 
ihr  in  ihr  Zimmer  konuiien  wollet;  dan  sie  in  gelieimb 
mitt  Euch  etwas  zu  reden  [hat].  Yerzihet  nicht  lang;  dan 
sie  wartet  Ewer.     {Exit.) 

Philocles.  Ich  will  sohaldt  gehen.  —  Ich  kan  Icichtlich  eraciiten, 
was  es  ist:  es  wirdt  wegen  seiner  leichtl'ertigen  Schwester 
sein.  0  nein,  ich  hab  ihren  Hochmulit  noch  nicht  A'sr- 
dawet.     Doch  will  ich  der  Königin  gehorchen.     {Exit.) 

Philippus.  Jetz  ist  es  Zeitt,  das  ich  mein  dem  König  gethanes  Ver- 
sprechen vollstrecke  vndt  dem  in  ihm  endtzundeten  Eyffer 
die  Sporn  gebe.     Holla,  Cemerling! 

Arnold.         Was  begehren  Ewer  Gnaden? 

Philippus.  Melde  mich  bey  Ihr  Maytt.  an!  Dan  ich  etwas  anzu- 
zeigen habe,  so  Eyll  erfodert. 

Arnold.  Von  Hertzen  gern,  gnediger  Herr. 

Philippus,  Weill  das  Eysen  heiß,  muß  ich  schmieden.  Nam  posf 
occasio  calva^).     [107a] 

Telamon.      Was  Newes  mitt  dir,  Stadthalter? 

Philippus.  E.  Maytt.  erinnern  sich  noch  allergnedigst,  das  ich  mich 
jungsthin  versprochen,  mein  vber  die  trewlose  Königin 
vndt  leichtferdigen  Buben  Philoclem  gethane  Beschul- 
digung mitt  der  Thatt  zu  beweisen.  So  Avißen  nuhn  Ihr 
Maytt.,  das  sie  ihn  zu  sich  fodern  laften;  auch,  damit  sie 
de.sto  ruhiger  ihres  Willen  leben  muchten,  hatt  sie  zuvohr 
alles  Frawenzimmer  abgeschaffet,  vndt  sein  itzo  gar  allein 
bey  einander. 

Telamon.      So  mnßen  sie  bey  de  von  meinen  Henden  sterben. 

Philippus.  Nein,  großmechtigster  König,  endtlialtet  Euch!  Vndt  weill 
ich  sehe,  das  Ihr  Maytt.  Ihrem  gerechten  Eyfer  nicht 
Averden  inhibiren  können,  sehe  ich  vor  rahtsam  an,  das 
sie  gefenglich  angenommen  vndt  vor  ein  oft'endtlich  pein- 
lich Halßgericht  gestellet  [werden],  daniitt  ihr  Mißhand- 
lung mennichlichen  kundt  vndt  nicht  E.  Maytt.  vor  mehr 
tirannisch  dan  gerecht  geachtet  Averden. 

Telamon.  Dazu  laß  ich  mich  noch  avoH  bereden.  Du,  Arnold,  gehe 
eilendts  hin  vndt  laß  den  Burgvogt  anhero  kommen! 

Arnold.  Das  soll  geschehen,  gnedigster  König  vndt  Herr. 

Telamon.  Eines  solclien  hett  ich  mich  gleichAvoll  zu  Philocli  nicht 
A'crsehen.  Nocli  dunket  mich  oft't  die  Conversatio  zwischen 
ihnen  etAvas  groß  zu  sein. 

Philil)pus.  Ich  sehe  auch  vor  radtsanib  an,  das  sie  mitt  verdecktem 
Angesicht  angenommen  vndt  in  zweyen  vnterschicdtüciien 
Gefengnußen  endthalten  Averden,  auch  das  man  Ix-y  Leibe 
nieman  zu  ihnen  laße. 


^)  Disticha  Catonis  2,  26 :  Fronte  capillofa,  post  haec  Occasio  calva. 


Der  stumme  Ritter  IV,  1—2.  259 

(Enter  ^)  BurgvogftJ  &  Arnold  intr.) 
Tel  am  Oll.      Es  soll  so  sein,  Stadthalter.   Da  soltu,  Burgvogt,  alßpaldt 
iniit  einer  Giiardia    in    der  Königin  Zimmer    fallen  vndt, 
wehn  du  di-innen  findest,  mitt  verdecktem  Angesicht  zur 
Haö't  bringen.   Setze  sie  vnterschiedtlich  vndt  schaw  woll 
zu,  das  du   niemandt   ohn  vnsern  Specialbefehl  zu  ihnen 
laßest  bey  Leibesstraff! 
Burgvngt.    p].  Maytt.  Befehl  soll  verrichtet  wei'den.     (Exit.) 
Tel  am  Oll.      O  betrigliches  Weibsbildt,  wer  hette  das  verhoffet!  Woll, 
Stadthalter,  du  soldt  durcii  den  Landt-Fiscal  ein  peinlich 
Halßgericht   anstellen    laßen    vndt    in    vnser  Gegenwardt 
die  Königin  selber  anklagen. 
Philipp  US.    Das  soll  geschehen,  gnedigster  König  vndt  Herr.  {Exeimt). 


Actus  IV.    Scena  2. 

Burgvogt.    Semiramis  [et]  Philo  des  veZa^a  /ac?e.    Guardia.    [107b] 

Burgvogt.  Es  ist  vmbsonst,  edler  ßittcr,  meiner  Macht  zu  wieder- 
streben. Drumb  ergebt  Euch  mitt  Geduldt!  Ihr  könnet 
ja  leichtlich  erachten,  das  ich  ohn  Befehl  mich  an  Eiich 
nicht  vei'greiffen  wurde. 

Philo  des.  Hatt  dan  der  König  befolen,  das  Ihr  mich  also  tractiren 
sollet?  Ich  hab  Ihr  Maytt.  ja  nicht  beleydiget,  nuhr  das 
ich  mitt  Gefahr  Leibes  vndt  Lebens  im  Campf  wieder 
den  Stadhalter  ihm  die  Königin  vndt  dieß  Reich  erwarb. 
Laß  mich  doch  selbest  zu  Ihrer  Maytt.  vndt  ihn  hieran 
erinnern !     Ich  weiß,  er  wirdt  sich  bedenken. 

Burgvogt.    Des  hab  ich  kein  Befehl.    Drumb  verschonet  mich  hiemitt! 

Semiramis  (iveynendt).  Ist  dieß  des  Königes  Befehl?  Das  kan  ich 
nicht  glauben. 

Burgvogt.  Ihr  Maytt.  selbest  haben  mirs  mundtlich  befolen.  Drumb 
verzihet  mirs,  gnedige  Königin,  was  ich  auß  Befehl  itzo 
verrichte ! 


1)  Hier  ist  die  englische  Bühnenanweisung  mit  in  die  Übersetzung 
herübergenoinmen.     Bei  Machin  (Akt  4  j).  1.S8)  laxxtet  die  Stelle: 

Enter  Florio. 

Florio.       Did  your  majesty  call? 

Cyprus.     Go  instantly,  .  .  .  call  all  my  giiard. 

Ascend  the  queen's  privy -Chamber,  and  in  my  name 

Arrest  her  and  Prince  Philocles  of  treason. 

Make  no  delay,  hut  in  thy  diligence 

Show  how  thou  dost  i^espect  ine.    Arrested  once, 

Convey  theni  unto  straitest  prison:  aicay.     [Exit  Florio.] 


260  Bolte,  Das  Daiizig-er  Theater. 

Semiramis.  0  Mariana,  wie  kluchlich  hastu  befurchtet,  in  Lieb  dich 
zu  ergeben,  die  du  beßer  dan  ich  das  Vbell,  so  die  Lieb 
vffm  Rucken  treget,  bey  dir  bewogen!  Ich  gedachte, 
Schlitz  bey  Ihrer  Maytt.  zu  haben;  so  leid  ich  Vnrecht, 
V^erfolgung  vndt  Schmach.  Wan  ich  etwa  in  seinen 
Augen  so  geheßig  bin,  will  ich  mich  dan  gerne  des 
Königreichs  verzihen  vndt  ins  Elendt  zihen,  mucht  ich 
nuhr  dieser  Schmach  gevbrigt  bleiben. 

Philocles.  Ich  traw  den  Göttern  vndt  meiner  Vnschiildt,  welche 
Haß  A'ndt  Neydt  nicht  vnterdrucken  werden.  Drumb 
nuhr  fohrdt,  wohin  Ihr  wollet!     {Exeunt.) 

Actus  IV.    Scena  3. 

[Philippus.    Mariana.] 

Philipp  US.  So  weit  bin  ich  in  meinem  Vohrhaben  glucklich  verfahren, 
des  sie  beyde  sich  weinig  hetten  trewmen  laßen.  Wo 
bleibt  nuhn  dein  manhaflfte  Tapft'rikeitt,  Philocles,  die  in 
dem  vngluckseligen  Kampff  so  geruhmet  wardt !  Wo  ist 
nuhn  dein  großer  Ruhm  vndt  Herlikeitt,  so  du  an  mir 
gewannest!  Den  Preiß  vndt  deine  trewe  Dienste  ein 
finster  Kerker  jetz  beschleust,  die  ich  auch,  wie  du  meine 
Schwester,  in  kurtzem  mennichlichen  zu  einem  Spectacul 
vorstellen  will,  dawieder  dein  streidtbahre  Faust  dich 
weinich  schlitzen  soll.     Aber  jetzt  nicht  mehr! 

M  a  r  i  a  n  a.  {intrat).  0  Mariana,  du  vngluckscligste  deines  Geschlechtes, 
wie  hatt  das  Gluck  dir  so  gar  den  Rucken  gewendet, 
die  nicht  allein  ziivohr  [108  a]  in  Leib  vndt  Lebensgefahr, 
sondern  noch  itzo  in  euserste  Verachtung  gerahten,  das 
auch  darvber  diesem  gantzen  Lande  dadurch  ein  offene 
Fabuli  worden!  0  Philocles,  dein  zuckcrsueße  Wordt 
wahren  wie  ein  Lockvogell  mich  ins  Netz  der  Liebe 
zu  verfuhren,  vndt  nuh  du  mich  so  weit  gebrachtt, 
leßestu  mich  allein  am  Narrenseill  zihen,  vndt  sein  deine 
donnerstarke  Verheißung  bloße  Wordt,  so  auß  einem 
bodemlosen  Faße  geflogen.  Du  hast  mich  aber  so  gegen 
dich  bewogen,  das  ich  des  Todes  sein  muß,  so  du  mir 
nicht  zu  Hulff  kommest. 

Philipi)us.  Nich[t]  also,  Schwester!  Was  wiltu  dich  vmb  einen  so 
falschen  trewlosen  Buben  bekumbren!  Dein  Vnscliuldt 
wirdt  itzo  redlich  gerochen,  darumb  du  dich  billich  zu 
frewen,  dan  vmb  seinendt  willen  dich  dem  Tote  zu  er- 
geben hast.  Dan  er  sambt  der  trewlosen  Königin,  die 
deine  vndt  meine  ihr  bcwisene  lange  trewe  Dienste  so 
vndanckbahrlich  vtfgenohiinnen,  in  gefengliche  Hafl't  ge- 
rahten, soll[en]  auch  in  kurtzem  ihrer  Leichtvertikeitt 
recliten  Loiin  empfahen. 


Der  stumme  Ritter  IV,  2  —  V,  1.  261 

Mariana.  Ach  Bruder,  was  sagstu,  was  ist  die  Vhrsach?  Mag  ichs 
wißcn? 

Philippus.  Noch  nicht.  Du  wirst  aber  hernacher  frühe  gimg  er- 
fahren; drumb  laße  dich  initt  Geduldt!     (Exit.) 

Mariana.  Das  gehet  mir  ans  Ilertze.  O  Bruder,  du  vermeintest 
mich  dadurch  zu  trösten,  da  du  doch  mein  p:iendt  viel 
mehr  dadurch  vermehrest.  Ist  die  Königin  vndt  Philccles 
in  Lebensgefahr?  0  ihr  Götter,  verleihet  mir  Gnade, 
das  ich  sie  retten  möge,  vndt  soll  ich  auch  mein  Lebendt 
drüber  verliehren!    {Exit.) 

Actus  IV.    Sceiia  4. 

Florian[us]    &    Burgvogt. 

Florianus.    Wißet  Ihr  aber  nicht  die  Vhrsach  ihrer  Hafft? 

Burgvogt.  Gantz  nicht,  edler  Ritter.  Dan  ich  sie  vff  Ihr  Maytt.  vndt 
des  Stadthalters  Befehl  eingezogen. 

Florianus.  So  gehets,  wan  einen  das  Gluck  zu  hohen  Wiu-den  er- 
hebt. Da  heist  es  recht:  Euüura  levat%  Es  will  doch 
allzeitt  die  oberste  Handt  behalten.  Es  dauret  mich 
ihrer  bej^de. 

Burgvogt.  Das  mocht  ihr  Vngeduldt  woll  etwas  miltern,  vffgeben 
aber  nicht. 

Florianus.    Kan  man  dan  nicht  zu  ihnen,  das  man  mitt  ihnen  redete? 

Burgvogt.    Nein,  solches  ist  mir  bey  Lebens  Gefahr  verboten.    [lOSb] 

Florianus.  Die  Götter  erhalten  sie  vndt  laßen  ja  kein  Vbell  vnge- 
strafft!  Vnterdeßen,  Burgvogt,  pleibt  dieses  in  gutem 
Vertrawen.    Adieu!    {Exit.) 

Actus  V.    Scena  1. 

[Mariana.     Burgvogt.] 

Mari  an  a.  Gleichwie  ein  Wildt  seinen  gefangenen  Gathen  zu  erretten 
eylet  vndt  offtmahls  selber  drüber  ins  Garn  leufft,  keine 
vorstehende  Gefahr  schewet,  biß  es  an  daßelbe  gereht, 
so  soll  auch  kein  Macht,  verrigelte  Thuer  noch  veste 
Mawrn  von  meinem  Philocle  mich  scheyden.  Hie  wohnet 
der  Pluto,  der  ihn  im  Finstern  verschießen  heldt,  deßen 
harte[s]  Hertz  dieß  rote  Goldt  gleich  Orphei  liebliche 
Harpffen  erweichen  soll.     Holla,  macht  auff! 

Burgvogt     {inwendig).   Wer  klopfft  drausen?   Was  ist  EAver  Begehr? 

Mariana.       Einmahl  mitt  Euch  zu  reden. 

Burgvogt.  Mitt  mir  könnet  Ihr  woll  zehenmahl  reden,  dan  einmahl 
von  einem  Schuester  ohn  Geldt  Schuhe  bekommen.  {In- 
traf.)    Verzeihet  mirs,  Frewlein!     Seydt  Ihrs? 

^)  Wohl  eine  Uebersetzung  des  deutschen  Sprichworts:  'Wen  das 
Glück  erhebt,  den  will  es  stürtzen'  (Lehmann,  Florilegium  politicum  1630 
S.  344,  33.    Wander,  Sprichwörterlexikon  1,  1761). 


262  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Mari  an  a.  ]\Iein  guter  Burgvogt,  bericht  mich  doch,  was  habt  Ihr 
newlich  vor  Gefangene  bekommen? 

Burgvogt.  Das  weiß  ich  nicht,  edles  Frewlein;  dan  sie  mitt  ver- 
decktem Angesicht  anhero  gefuhr  et  worden. 

Mariana.  Ach  Gott,  der  eine  ist  mein  Bruder,  so  gar  vnverschuldet 
in  dieß  Elendt  gerahten.  Ich  bitte  Euch,  vergönnet  mir, 
nuhr  ein  Wordt  mitt  ihm  zu  reden! 

Burgvogt.  O  nein,  Frewlein,  das  darflf  ich  nicht  thuen;  dan  es  stehet 
mir  Leib  vndt  Lebens  Gefahr  darauff. 

Mariana.  Es  soll  niemandt  darvon  erfahren.  Darum  bezeigt  Euch 
willig  vndt  diese  100  Kronen  vor  Ewre  Muhe  von  mir 
empfanget! 

Burgvogt.  Frewlein,  wens  verschwigen  pleibt?  Dan  Junckfrawen 
sein  gahr  zu  offenhertzig,  sie  können  nich  woU  heimb- 
lich sein. 

Mariana.       Sorgt  nuhr  nicht!    Bey  mir  es  ewiglich  verborgen  bleibt. 

Burgvogt.  So  nembt  diesen  Schlußeil,  vndt  wan  Ihr  die  Steigen 
hin  vnter  kommet,  findet  Ihr  zur  rechten  Handt  ein  große 
eyserne  Thuer;  da  werdet  Ihr  Ewren  Bruder  antreffen. 
Machet  aber  Ewere  Vnterredung  kurtz!  Mittlerweill  will 
ich  sehen,  das  nicht  jemandt  kombt  vndt  Euch  vndt  mich 
in  große  Gefahr  stürze.    [109a] 

Mariana.       Ich  will  nicht  lang  außpleiben.     {Exit.) 

Burgvogt.  Die  hundert  Cronen  hett  ich  sonst  so  baldt  nicht  ver- 
dienen können.  Die  Junckfraw  muß  aber  ihren  Bruder 
sehr  lieb  haben.  Dan  itzige  verderbte  Zeitt  die  bruder- 
lich Liebe  so  gahr  verloschen  [ist],  das  sich  einer  woll 
bedechte,  wan  er  gleich  mitt  100  Cronen  seinen  Bruder 
auß  Gefahr  zu  retten  wüste.  Wan  dies  aber  der  König 
erführe,  mochten  mir  diese  100  Cronen  vbell  bekommen. 
Was  thuet  aber  das  Geldt  nicht!  Geldt  kaufft  das  Kindt 
von  der  Mutter,  Geldt  verreht  Landt  vndt  Leute;  ja 
Königreich,  Furstenthumb,  Herschafften  vndt  Gewaldt 
werden  vmb  Geldt  verkaufft,  vndt  hette  einer  hundert 
Augen  wie  Argus,  das  er  sich  allendthalben  für  Gefahr 
vorsehen  kunte,  weiß  sie  das  blinde  Goldt  alle  auff  ein- 
mahl so  meisterlich  zu  blenden,  das  er  sich  nichts  schrecken 
leßet.  Kein  Vestung  ist  ihm  zu  stark;  das  hastu,  Jupiter 
woll  gewust,  da  du  der  in  einem  vesten  Thurm  ver- 
schloßenen  Diana  [1.  Danae]  in  Gestalt  eines  giildcnen 
Regens  in  den  Schoeß  flohest.  Auch  hieldt  es  Alphonsus^) 
dafür,    man   solte    einem    flihenden    Feinde   eine   silbern 


1)  Antonius  Panormita  (De  dictis  et  factis  Alphonsi  regis  Ara- 
gonuni  1.  4,  c.  9)  erzählt:  'Laudare  eum  magnopere  solehat,  quicunque 
fugientihus  hostibus  argenteum  pontem  extruendum  dixisset.^ 


Der  stumme  Ritter  V,  1—2.  263 

Bnicken  bawen.  Dahero  mirs  auch  nicht  zu  verarg-en, 
(las  ich  vmb  eines  solchen  Gewins  in  diese  Gefahr  mich 
ergeben.  Aber  die  Jungfraw  wirdt  meiner  vergeßen,  sie 
machts  zimbUch  lang".     Doch  da  kombt  sie. 

Philo  des.  (in  Marianae  Kleidern.)  Sehet  hier,  Burgvogt,  habt  Ihr 
Ewere  Schlußeil  vndt  habt  Danck.     {Exit.) 

Burg'vogt.  Danket  Ewrem  Gelde,  Frewlein!  Gedenckt  aber,  das  Ihr 
verschwigen  seidt!    {Exit.) 

{Intercalaris  6.) 

[110  b]  Actus  V.    Scena  2. 

Telamon.     Philippus.     Florianus.     Arnold. 

Telamon.  Jetz,  Stadthalter,  errinnerstu  dich,  das  auff  heute  der 
Gerichtstag-  weg'en  der  trewlosen  Königinnen  angesetz[t] 
vndt  das' du  sie  der  Gepuhr  offendtlich  anklagen  muest. 
Was  sagstu  dazu? 

Philippus.  Ja,  großmechtigster  König,  dazu  hab  ich  mich  erpoten, 
vndt  mitt  vnverendertem  Gemuht  bleib  ich  dabey.  Drumb 
laß  man  die  Gefangenen  vor  Gericht  stellen! 

Telamon.  Das  soll  geschehen.  {Intrat  Philocles.)  Aber  schaw,  ist 
das  nicht  der  leichtfertige  Schelm  Philocles? 

Philocles.  Wie?  Der  Schelm  Philocles?  Ich  bin  noch  nihe  einem 
Schelm  holdt  worden. 

Telamon.  Ist  er  nicht  mitt  der  treAvlosen  Königin  ins  Gefengnuß 
gefuhrett  ? 

Philippus.    Ja  freylich,  gnedigster  Konig  vnd  Herr. 

Telamon.  Wer  hatt  ihn  dan  auß  dem  Gefengnuß  endtledigt?  Sage, 
wie  bistu  darauß  endtrunnen,  das  du  vnß  noch  (keck) 
darffst  keck  vnter  Augen  treten? 

Philocles.  Ich  bin  mir  nichts  Vbels  bewust.  Drum  darb  ich  nicht 
was  sehen  laßen  vndt  weiß  fast  nicht,  wie  ich  dieß  von 
Ihrer  Maytt.  verstehen  soll.  Ich  bin  ja  in  keinem  Gefeng- 
nuß gewesen,  ich  habe  woll  ein  Tag  oder  etzliche  auff 
dem  Gejagt  zugebracht. 

Philippus.  Du  bist  wie  ein  ander  Bösewicht  auff  dem  Gejagt  ge- 
wesen? Diese  Außfluchte  werden  dich  weinig  helffen. 
Ewere  Maytt.  schicken  nach  dem  Burgvogt,  das  er  die 
Gefangen  bringe!  Dan  ich  woll  weiß,  das  er  nuhr  einen 
im  Gefengnuß  hett. 

Telamon.  Arnold,  zeig  dem  Burgvogt  an,  das  er  die  Gefangene 
vor  Gericht  stelle! 

Arnold.  Das  soll  geschehen.     {Exit  Arnold.) 

Philocles.  Es  scheinet,  großmechtigster  Konig  vndt  Herr,  alß  ob 
ich  in  meinem  Abwesen  bey  E.  Maytt.  durch  Lugen  ver- 
schnitten worden.  Darumb  begehr  ich  die  Wahrheitt  zu 
erforschen,     [lila] 


264  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Philippus.  Die  soll  sich,  ehe  clirs  lieb  ist,  selber  aiiß  Liecht  bringen, 
das  du  weinig"  Frommen  haben  wirst. 

Burgvogt  {hringet  die  gefangne  Konigin  vndt  Marianam  restihi 
virili  angethan.)  Hier  sein  die  Gefangenen,  gnedigster 
König  vndt  Herr,  so  viell  mir  derselben  vberandtwortet 
worden. 

Telamon.  Stelle  sie  vor,  Burgvogt!  Nuhn  sag  an,  Stadthaltei*,  wes 
hastu  die  trewlose  Konigin  zu  beschulden? 

Philippus.  So  sag  an,  du  trewloser  BoseAvicht,  was  hatt  dich  be- 
wogen, das  du  dich  eines  so  kecken  Zutrits  bey  vnser 
Königin  gebraucht? 

Mari  an  a.  Sonst  nichts  alß  wahre  Lieb  vndt  Trew,  so  ich  jedei'zeitt 
zu  der  Königin  geth ragen. 

Telamon.  Waß!  Vndt  darffstu  dieses  noch  so  kecklich  vor  vnß  be- 
kennen !    Den  Freveil    mustu  mitt  dem  Haubte  bezahlen. 

Mariana.  Waß  ich  damitt  gefreveldt,  hoff  ich  mir  jederzeitt  zu 
verandtworten. 

Telamon.      Waß  sagstu  dazu,  Königin? 

Semiramis.  Großmechtigster  König  vndt  Herr,  weill  mir  alß  einer 
Weibspersonen  nicht  gebühren  will,  vor  Gericht  mich  ein- 
zulaßcn,  vndt  gleich  vor  Augen  sehe,  das  mir  alle  Hulff 
abgeschnitten,  in  dem  niemandt,  meine  Vnschuldt  zu  ver- 
tetigen,  wieder  E.  Maytt.  sich  meiner  gerechten  Sach 
annehmen  darflf",  so  will  ich  die  Gotter  anruffen,  sie  meine 
Vnschuldt  retten  vndt,  wo  nicht  ehe,  doch  nach  meinem 
Thot  die  Warheitt  ans  Licht  bringen  wollen. 

Philo  des.  Allergnedigster  König  vndt  Herr,  weill  E.  Maytt.  vor 
Augen  sehen,  das  ich  von  dem  falschen  Stadthalter  auß 
Neidt  vndt  Haß  mitt  Lugen  beschwetzet  vndt  nicht  von 
iinn  angezogener  maßen  im  Gefengnuß  befunden  worden, 
ist  nicht  Gewißers,  dan  das  sichs  an  der  tugendthalften, 
vnschuldigen  Konigin  Seiten  gleichfalls  verhalte.  Dero- 
wcgen  vndt  dieweill  in  schwehren,  zweifellhafFten  Sachen 
die  Gotter  die  Gerechtikeitt  in  offenem  CampfT  gemeinlich 
zu  erörtern  pflegen,  alß  bin  ich  bedacht,  der  Königin  ge- 
rechte Sach  mitt  meiner  ritterlichen  Faust  vndt  Dar- 
bietung Leibes  vndt  Lebens  wieder  diesen  falschen  vndt 
trewlosen  Stadthalter  zu  bestehen.     [111b] 

Philippus.    Vndt    ob    ich    woll    Bedenkens    trüge,    mitt   dir    alß   der 

Sachen  teilhafftig  in  Handtgemcng  einzulassen,  soltu  doch 

sehen,  das  ich  meiner  Sachen  trawe  vndt  dir  im  geringsten 

nicht  weichen  Avill.     Drumb  komb  nuiir  her! 

Mari  an  a.       Haldt  ein,  Bruder!  Was  wiltu  thuen?  Wiltu  in  vngerechte 

Sach  dein  Leben  in  Gefahr  setzen? 
Philippus.    Wie,  Bruder?    Wer  bistu  dan? 


Der  stumme  Ritter  V,  2.  265 

Mariana.  Ich  bin  deine  Schwester  Mariana,  die  du  durch  falsche 
Bezuchtig'ung-  in  diese  Gefahr  gesturtzest. 

Philippus.    Himmel,  verziehe  mirs!    Es  ist  verlohren. 

Telamon.  Wie?  Mariana?  Sag- vnß,  was  ist  dan  die  Vhrsach  solcher 
Verkleidung-? 

Mariana.  E.  Maytt.  erinnern  sich,  welcher  Gestaldt  die  zwischen 
mir  vndt  Philocle  endtstandenc  Lieb  in  vnversohnlichen 
Haß  vndt  Widerwillen  sich  verkehret.  Vndt  alß  ich 
dahero  sähe,  das  mir  ohninuglich  wahr,  seine  Hulde 
wieder  zu  erwerben,  sondern  nuhr  in  fernem  Spodt 
vndt  Verachtung-  g-erieht,  nam  ich  mir  für,  in  freinbde 
Lande  vndt  wieder  anheimb  mich  zu  begeben.  Dieweill 
es  aber  dem  Frawenzimmer  sehr  g-efehrlich,  ohnveren- 
derter  Gestaldt  zu  reysen,  so  hab  ich  mich  in  diese 
Kleider  verstecket,  zur  Königin  g-augen  im  Willens,  von 
ihr  Vhrlaub  zu  nemmen.  Ehe  sie  mich  aber  noch  erkante, 
worden  wir  vom  Burgvogt  vberfallen  vndt  mitt  verdeck- 
tem Gesicht  in.s  Gefengnuß  gefuhret;  vndt  also  hatt  die 
vnschuldige  Königin  der  vngluckseligeu  Marianae  endt- 
gelten  mußen. 

Telamon.  Ach  hertzUbste  Königin  vndt  Gemahl,  ich  bitt  durch  des 
Himmels  Krafft,  E.  L.  verzilien  mir  dieses;  dan  ich  dazu 
durch  den  falschen  vndt  trewlosen  Bösewicht  vervhrsacht 
worden. 

Sem ir amis.  E.  Maytt.  sein  mitt  Paihe;  dan  ich  solches  alles  glaub 
vndt  bitte  nuhr,  die  rechte  Wahrheitt  mitt  Ernst  von  ihm 
zu  erforschen. 

Telamon.  Daß  soll  auch  geschehen.  Komb  her,  du  trewloser  Böse- 
wicht, bekenne  mir  die  Wahrheitt,  oder  du  must  von 
meinen  Henden  sterben! 

Philippus.  Ach  allergnedigster  König  vndt  Herr,  obwoll  Boeßheitt 
nicht  zulest,  die  Wahrheitt  zu  bekennen,  will  mein  Ge- 
wißen  doch  nicht  leyden,  das  ich  dieselbe  lenger  verhele. 
Darumb  wissen  E.  Maytt.,  das  auß  lauterm  Haß  vndt 
Neid  wieder  meine  allergnedigste  Königin  vndt  diesen 
edlen  Ritter  ich  zu  meinem  Vorthcill  die  Verherung  E. 
Maytt.  Königreichs  Cypern  durch  falsche  Brieffe  [112a] 
erdichtet  vndt  staviret.  Dadurch  ich  Gelegenheitt  bekam, 
E.  Maytt.  groß  Vertrawen,  so  sie  auft'  Philoclem  jederzeitt 
gesetz[t],  in  etwas  zu  ermiltern,  ihn  vndt  die  Königin 
mitt  falscher  Bezuchtigung  bey  E.  Maytt.  vnschuldich 
beleget,  hernach  ihr  Zusamenkunfft  seihest  veranlaßet, 
biß  sie  endtlich  durch  mein  Getrieb  gefangen  worden. 
Das  aber  der  Burgvogt  ihn  nicht,  sondern  mein  verkleidete 
Schwester  an  Stadt  seiner  angetroffen,  weis  ich  nicht,  wie 
solches    zug-ano-en.       Sonst    hatt    alles    mein    boeßhaffte 


266  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Falsclieit  vervhrsachet;  vndt  ob  woll  wahr:  Malum  con- 
silium  consultori  pessiraum^),  vndt  nicht  vnpillich  Vntrew 
ihron  eygeii  Herren  schlecht,  so  bitt  ich  doch  aller  vnter- 
thänig'st,  mir  solches  zu  verzihen  vndt  Gnadt  zu  beweisen. 

Telanioii.  Ja,  Gnadt!  Perillus  seihest  in  seinen  g-eg'oßenen  Ochsen 
kreucht.  In  die  Gruben,  so  du  andern  gegraben,  fellestu 
pillig  selber^). 

Seniiraniis.  E.  L.,  großinechtigster  Konig,  erinnern  sich,  eines  Königes 
Hertz  soll  mildt  zu  verzihen  sein!  Vndt  weill  er  durch 
seine  Missethatt  vns  drey  am  meisten  laediret,  laßen 
E.  Maytt.  ihn  vnser  Yohrbitt  genießen  vndt  erzeigen 
ihm  Gnadt! 

Tclamon.  Woll  zvifriden.  Weill  Ihr,  die  die  Sach  am  meisten  be- 
triff't,  selber  vor  ihn  bittet,  sey  ihms  verzihen.     Stehe  auff! 

Philo  des.  Nuhn,  großmcchtigster  König,  gnedigster  Herr,  wan  ich 
gleich,  wie  furgeben,  in  der  Königin  Zimmer  wehre  be- 
treten worden,  solte  man  dahero  böse  Vermuthung  vff 
mich  gefast  haben? 

Tclamon.  Nein,  Philocles;  den  dein  ritterliche  Tapffrikeitt  vndt 
mänliche  Tugendt  vnß  dermaßen  bekandt,  das  sie  so  ein 
schendtlich  Laster  bey  dier  nicht  wurden  Stadt  finden 
lassen. 

Philocles.  So  wißen  E.  Maytt.,  das  ich  mitt  der  vnschuldigen  Königin 
zugleich  ins  Gefengnuß  gefuhret  worden.  Aber  die  holdt- 
selige  vndt  trewhertzige  Mariana  bewegete  durch  Ge- 
schenck  den  Burgvogt,  das  er  sie  zu  mir  ließ,  da  sie  ihre 
Kleyder  mitt  mir  verwechseldte,  mich  auß  der  Gefahr 
erlösete  vndt  an  meine  Stadt  des  Gerichtstages  im  Ge- 
fengnuß erwartet.  Darumb  wen  es  ihr  nicht  zu  wieder, 
sie  solcher  Trew  zu  ergetzen,  begehr  ich,  das  sie  mein 
ehelich  Gemahl  werde.  Was  sagt  Ihr  dazu,  schöenste 
Princessin?     [112b] 

Mariana.       Philocles  hatt  Marianae  seines  Gefallens  zu  gepieten. 

Telamon.  Liebers  vndt  Angenemers  betten  wir  nicht  vernehmen 
mögen.  Vndt,  Philocles,  Euch  beyde  vnß  vndt  vnserm 
Gemahl  EAvre  mannigfaltige  bewisene  trewe  Dienste  zu 
ergetzen,  setzen  wir  dich  zum  Stadthalter  vber  vnser 
Königreich  Cypern,  daßelb  in  vnserm  Abwesen  gentzlich 
deiner  Gewaldt  vnterwertfen.  Was  sagen  E.  L.  dazu? 
Sein  Sie  damitt  zufriden? 


1)  Varro,    De  re  rust.  .3,  2,  1:   'Malum   consilium    consultori  est 
Pessimum''  (Erasmus,  Adagioriim  chiliades  1500  p.  1245). 

2)  Erasmus  a.  a.  O.  ]).  1240:  'IncicUt  in  foveam,  quam  ßcit'  nach 
Psalm  7,  16. 


Der  stumme  Ritter  V,  2.  267 

Semiramis.  Hertzlich  gern,  vudt  frrwo  iiiich  dieses  fröligen  Auß- 
p-ang-s. 

Philocles  vndt  Mariana.  Wir  hedanluMi  viiß  dieser  hohen  Ehren 
aller  vnterthänipst,  gnedig'ster  König-  vndt  Herr,  erpietens, 
dieselbe  vngespartcs  Fleißes,  Verniög-ens  zu  compcnsiren 
vndt  verschulden. 

Telamon.  Vndt,  Stadthalter,  obwoU  dein  Falscheitt  vndt  böse  Tuck 
viel  ein  Ergers  verdienet,  soll  dir  doch  solches  alles 
weg-en  deines  kunfftigen  Schwagers,  dieses  edlen  Ritters, 
verzihen  vndt  verg-eben,  auch  bey  vorigen  deinen  Digni- 
teten  gelaßen  sein,  dazu  wir  dich  hiemittrestituiren.  Kombt, 
edle  Königin,  vndt  Ihr  all  zugleich,  laßet  vnß  hinein  vndt, 
was  glucklich  hie  angefangen,  darinen  Irölich  vollenden 
(Exeunt.) 


[Das  Zwischenspiel 
vom  wunderthätigen  Stein.] 


[90  a]  lutercalaris  [1]. 

Hans.  Ist  das  nicht  ein  ■wunderseltzam  verkehrtes  Ding    in  aller 

Weldt,  das  so  ein  Wesendt  wegen  der  Weiber  in  der  Weldt 
■  ist?  Ich  habe  nicht  gewnst,  waß  die  Vhrsach  gewesen, 
das  der  frembde  König  vnß  mitt  Krieg  vberzogen,  so 
mercke  ich  woll,  es  sey  ihm  darumb  zu  thiien,  das  er 
gern  ein  Weib  hette.  0  hette  er  nuhr  halb  so  lang  ein 
Weib  gehabt  alß  ich,  er  wurde  eben  so  groes  Verlangen 
tragen,  ihrer  loeß  zu  werden,  alß  er  sich  itzo  bemuhete, 
sie  zu  bekommen.  Den  man  gleubet  mirs  nicht,  wie  ein 
gefehrlig  Dinck  es  vmb  das  Freyen  sey.  Dan  nimbt  einer 
ein  schöen  Weib,  so  hatt  er  sie  selten  allein;  dan  es  findet 
sich  gemeinlich  jemandt,  dem  sie  auch  woll  gefeldt. 
Nimbt  er  ein  Heßliche,  so  wirdt  er  ihr  baldt  gramb. 
Nimbt  er  ein  Reiche,  so  muß  er  ihr  Knecht  sein.  Nimbt 
er  ein  Arme,  so  muß  er  sie  vmb  Gottes  willen  ernehren. 
Nimbt  er  eine,  die  stetes  furm  Spigell  licht  vndt  gern 
geputzet  hereingehet,  so  licht  sie  ihm  stehets  axiff  der 
Taschen.  Achtet  sie  der  Kleider  nicht  groes,  so  ist  sie 
eine  iaule  Saw.  Nimbt  er  ein  Fromme,  so  stirbct  sie  ihm 
baldt;  den  das  Fromme  gehört  in  den  Himmel.  Nimbt  er 
ein  Böse,  so  hatt  er  ein  teglich  Fegfewer.  Icli  habe  auch 
ein  Weib,  vndt  weill  sie  etwas  glatt  vmb  den  Kopff,  ge- 
feldt sie  vnserm  Nachbawr  Wilhelm  trefflich  woll,  vndt  sie 
ist  ihm  auch  nicht  gramb;  dan  sie  gehet  alle  Tage  zu  sei- 
ner Frawen  in  die  Muhll,  vndt  alle  Nacht  redet  sie  im 
SchlaflF  von  ihm.  Waß  gildt,  wo  sie  nicht  baldt  von  ihm 
sagen  wirdt!  —  Holla,  Gredt  Gredt!  Horstii  nicht?  Komi) 
herauß ! 

Gredt.  Nuhn,  waß  ist  es  dan,  das  Ihr  so  rulet? 

Hanß.  Ilorstu,    Gredt,    wau    ich    dir    einmahl   ruft'   aiuU  du  nicht 

stracks  kombst,  so  tröste  dich  Gott!    [90b] 

Gredt.  Sonst  nicht?    Ich  dachte,  waß  es  wehre. 

Hanß.  Horstu,  Gredt,  ich  muß  zu  Hove  gehen.     Drunib  pleil)  du 

dieweill  daheimb,  ob  jemandt  kehme,  der  nach  mir  fragte! 


Das  Zwischenspiel  vom  wiinderthätig'en  Stein  1 — 2.  269 

Gredt.  Ja  iiucks,    waß  du  nulir  scliaftest.     Vnsers  Nachbahr    Wil- 

hehiis  Fraw  liatt  nach  mir  gescliickt,  da  muß  ich  hingehen. 

Hanß.  Vnser  Nachbahr  Wilhelms    Fraw?     Ich    g-laub,    Nachbahr 

Wilhelm  selbst  hatt  nach  dir  g'eschickt.  Bleib  mir  zu 
Hause!  Wo  ich  sonst  wieder  komb  vndt  finde  dich  nicht, 
so  tröste  dich  Gott! 

Gredt.  Ja,  wie  wirstu  mich  engsten!    Du  meinest  mich  stets  deines 

Gefallens  zu  tribuliren.  Es  soll  dir  aber  nicht  also  fordt- 
gehen.     {Exit   Weib). 

Hanß.  Hatte  Ichs  nicht  gesagt.  Nachbahr  Wilhelms  Fraw  hatt  nach 

ihr  geschickt?  Ich  muß  mich  aber  noch  nichts  mercken 
lassen,  damitt  ichs  erst  gewiß  werde,  wie  es  mitt  ihnen 
bewandt  sey.    Immittels  wollen  wir  gute  Freunde  sein. 

[94  a]  [lutercalaris  2.] 

Hans.  Ey  das  dich    all  die  Veits  Wunnen    hole!    Nuhn    sehe   ich 

in  der  Thatt,  das  große  Leuht  vnterweilen  geringen  Ver- 
standt  haben.  Da  bin  ich  zu  Hove  gewesen  vndt  habe 
mich  gantz  hungerich  zugesehen,  wie  man  wegen  der 
Weiber  gekempffet  hatt.  Ich  wolte  selber  mitt  gefochten 
haben,  vndt  ich  hatte  kein  Wiederpart.  Es  war  keiner 
so  behertz,  der  sich  kegen  mich  wag-en  dorflt.  Was  gildt, 
wo  ich  sonst  nicht  die  Koniginn  heimgefuhret  hette!  Nuhn, 
ich  fühle  woll,  es  ist  Zeitt,  das  ich  mitt  meinem  Gemahl 
auch  zur  Taffell  gehe.  Der  Konig  ließ  mich  durch  sein 
Hoftjunkern  zu  Gast  laden,  aber  ich  mocht  nicht  bleiben. 
Auff  den  Abend  hab  ich  verheißen,  mitt  meiner  Gretlien 
sein  Gast  zu  sein.     Holla,  Gredt!     [94b] 

Gredt.  Waß  ist  es,  mein  lieber  Man? 

Hanß.  Gredt,  ist  das  Essen  fertig?    Mich  hungert. 

Gredt.  Ja,  lieber  Man,  es  ist  schon  fertig. 

Hans.  So  bring  stracks  her!   Wan  wir  gessen  haben,  wollen  wir 

gen  Hove  gehen  vndt  dem  Tantze  zusehen.  Vnser  Konigin 
ist  ein  Braut  worden. 

Gredt.  Ey,  waß  sagt  Ihr,  lieber  Man?  So  will  ich  stracks  hingehen 

vndt  die  Milchsuppe  holen;  vnserm  Nachbawr  Wilhelm 
will  ich  auch  ruffen,  der  soll  mitt  essen  vndt  auch  mitt 
zusehen. 

Hans.  Waß,    soll  Nachbahr  Wilhelm   auch  mittessen!    Das  kombt 

mir  seltzam  fiu-.  Naehbahr  Wilhelm  isset  mitt  mir.  Nach- 
bahr Wilhelm  trinket  mitt  mir,  vndt  wan  Juncker  Hans 
Leberwurst  von  Ho\e  ein  Rausch  zu  Hause  bringt,  so 
schleft't  auch  Nachbahr  Wilhelm  mitt  bey  mir.  Was  gilds, 
ich  werde  es  erfahren ! 

Gredt.  {intraf).     Sehet    da,    lieber    Man,    esset,    das    Euch    Gott 

segene! 


270  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

Hans.  Es  auch  mitt,  Gredt!    Grethe,   die  Thur  stehet  offen,    vndt 

dei- Windt  geliet  etwas  kaldt  herrein.     Mache  sie  doch  zu! 

Gredt.  Daß  kondt  Ihr  so  woll  thuen  alß  ich,  Ueber  Man. 

Hans.  Waß  sagstu?    Die  Thuer  mache  zu! 

Gredt.  Mach  sie  selber  zu!    Du  bist  woll  so  schlini  alß  ich. 

Hans.  Nuhn    das    passiret,    mache    mir    die  Thuer    zu,    oder    ich 

schlag-  dich  danider. 

Gredt.  Schlechstu  mich,  so  scldag-  ich  dich  wieder. 

Hans.  Nuhn?    Sehr  guet.     Horstu,  Gredt,  waß  ich  dier  sag?    Der 

den  ersten  Lepffell  Suppen  ißet  vndt  daß  erste  Wordt 
dazu  redet,  der  soll  das  gantze  Jalir  die  Thiier  zumachen 
vndt  daß,  ehe  ich  drey  zehle. 

Gredt.  Ja,    das    bin    ich   avoII    zufriden.      Ich    will    woll    so    lang 

warten  alß  du. 

Hans.  Nuhn,    1.    2.   3.      {Stehen    vndt    sehen    einander  an    vndt 

n'öthen  ein  das  ander  durch  Winken,  zu  essen  vndt  an  die 
Thuer.) 

Wilhelm  (intrat).  Guten  Tag!  Holla,  ist  niemandt  daheimb?  Holla, 
Nachbahr  Hans,  wo  seidt  Ihr?  Nachbahrin,  hört  Ihr  nicht? 
Seidt  Ihr  irgendt  außgangen?  Sihe  da!  Behüte  mich 
Gott,  was  sehe  ich!  Ey,  Nachbahr,  wie  gehet  es  Euch? 
Seidt  Ihr  heindt  stum  worden?  Nachbahrin,  kondt  Ihr 
nicht  reden?  Oder  ist  irgendt  die  Suppe  so  heiß,  das  Ihr 
Euch  das  Maul  so  hart  verbrennet,  das  Ihr  nicht  roden 
könnet?  [95a]  Last  doch  schmecken!  {Wilhelm  langet  zu, 
Hans  schlecht  ihn  mitt  dem  Lepffel  vher  die  Finger,  das 
Weib  ihn  wieder.)  Ey,  die  Suppe  sclimecket  ja  gahr  guet. 
Esset  docli,  Nachbahrin!  Wollet  Ihr  nicht  essen,  so  will 
ich  essen.  (Wilhelm  isset,  vntericeill  iceiset  Hans  vndt 
das  Weib  nach  der  Thuer,  endtlich  nimbt  Hans  seiii  Theill 
dem  Wilhelm  weck  vndt  frist  mitt  Handt  vndt  Mundt.) 
Sehet,  Nachbalirin,  wie  Ewer  Man  Suppen  isset!  Kombt, 
w^oldt  Ihr  mitt  gen  Hove  auff  den  Tantz  gehen?  {KimbflJ 
sie  bey  der  Handt,  vndt  wollen  davon.) 

Hans.  Wardt,    wardt.    Nachbahr    Wilhelm!    Wo    wollet    Ihr   mitt 

meinem  Weibe  hin? 

Gretli,  Oho!  All  verlohren!  Mach  die  Thuer  zu,  mach  die  Thur  zu! 

WillK^lm.  Ach,  Gott  Lob  vndt  Danck,  Nachbahr,  d.is  Ihr  Ewer 
Sprach  wider  bekonnnen. 

Hans.  Ja,  Sprach  widerbekommen!    Ich  woldt,    Ihr  wehret  auffm 

Blocksberge  gewesen,  ehe  Ihr  herkommet.  Ihr  habt  ge- 
macht, das  ich  nuhn  das  gantze  Jahr  die  Timer  zumachen 
mucs.     Wo  wolt  Ihr  mitt  meiner  Frawen  hin? 

Wilhelm.  Nach  Hove,  Nachbalir  Hans,  nach  IIovo.  Woldt  Ihr  nicht 
auch  nntt?  Ihr  seidt  so  zornig,  vndt  ich  dachte,  ich  Avolte 
Euch  einen  giiten  Willen  daran  thuen. 


Das  Zwischenspiel  vom  wiinderthätigen  Stein  2.  271 

Haus.  Ich  frag-  viell   nach    deinem  guten  Willen.     Wen  ich  mitt 

meinem  Weibe  nach  Hofie  gehen  will,  Aveiß  ich  woll  ander 
ehrlich  Geselschaift  zu  finden  alß  dich. 

Wilhelm.  Alß  mich?  Was  mangeldt  dir  dan  an  mir?  Bin  ich  nicht 
so  redlich  alß  du? 

Hans.  Du?    0  ja.     Ich  Avoldt  dennoch  nicht  gerne.     Weistu  nicht, 

was  du  bist? 

Wilhelm.     Was  bin  ich  dan?    Sag  her! 

Hans.  Du?    Was  du  bist,  weistu  das  nicht? 

Wilhelm.     Nein,  das  weiß  ich  nicht.     Drumb  sag  du  mirs! 

Hans.  Ja  ja,   komb  du    nuhr    hierher!    Ich    Avill    dirs  avoH  sagen, 

was  du  bist. 

Wilhelm.     Nuhn  so  sag  her! 

Hans.  Du    bist  —  ich    mach  für  diesen    guten    ehrlichen  Leuten 

nicht  sagen,  was  du  bist. 

Wilhelm.  Das  machstu  woll  thuen,  vndt  ich  wils  auch  von  dier 
wissen.     [95  b] 

Hans.  Du,  du  bist  ein  Muller  — 

Wilhelm.  Ja,  das  weiß  ich  vorhin  avoH.  Ich  dacht,  was  es  sonst 
wehre. 

Hans.  Vndt  ein  Muller  ist  ein  Dieb. 

Wilhelm.     Was  sagstu?    Bin  ich  ein  Dieb? 

Hans.  Das  sag  ich  nicht.     Ich  sag,  du  seyst  ein  Muller. 

Wilhelm.     Das  beken  ich. 

Hans.  Vndt  ein  Muller  ist  ein  Dieb. 

Wilhelm.     Bin  ich  dan  ein  Dieb? 

Hans.  Das  sag  ich  nicht.     Ich  sag  nuhr,  das  du  ein  Muller  seyst. 

Wilhelm.  Nuhn  hör  mich  wieder.  Nachbahr  Hans!  Kein  Hanenrey 
ist  ohn  Weib. 

Hans.  Ja,    das    ist    wahr.     Den    Aver    kein  Weib  hatt,    dem    darff 

nicht  A'or  Hörnern  graAven. 

Wilhelm.     Nuhn  hastu  ja  ein  Weib.     Ist  das  nicht  Avahr? 

Hans.  Ja,   bin  ich  drumb  ein  Hanenrey?     Waß  sagstu? 

Wilhelm.     Das  sag  ich  nicht.    Ich  sag,  du  hast  ein  Weib. 

Hans.  Ja,    das  hab   ich  vndt  will  sie  auch  vor  dir  noch  avoH  be- 

halten. Drumb  packe  dich  nuhr  zu  Hause  vndt  komb 
nicht  ehe  wider,  biß  ich  dir  Boten  schicke! 

Wilhelm.     Ja,  du  sohlt  a\ich  woll  warten,  ehe  ich  Avider  komb.     {Ex/t.) 

Hans.  Weib    komb    her    Anidt    reumb    auff!     Ey    du    ehrbain-es 

Zoberlein  1),  du  bist  ein  trewes  Weib.  Vnscr  Nachbahr 
Wilhelm  Aveiß  dir  dein  Ehre  aufzudecken. 

Greth.  Ja,    Nachbahr  Wilhelm.     Waß    sagt    er    dan?    Er    kan   ja 

nicht  mehr  sagen,  alß  die  Wahrheitt  ist. 

^)  In  oberdeutschen  Mundarten  eine  verächtlich-scherzharte  Be- 
zeichnung einer  unreinlichen  Person  (Schineller,  Bayr.  Wörterbuch  ^ 
2, 1075). 


272  Bolte,  Das  Dauzig-er  Theater. 

Hans.  Ey  du  lose  Huer,    ist    es  die  Wahrheitt,   so    mag  ich  avoU 

friigeii,  ob  ich  ein  Hanenrey  bin.  Packe  dich  hinweck, 
dn  lose  Fetteil!  —  Ich  nniß  dennoch  die  rechte  Wahrheitt 
wissen,  wie  es  vmb  dise  Sach  bewandt  ist.  Zum  Haberstro 
da  wohnt  ein  Crumanticus^),  der  den  Teuffell  bannen  kan; 
der  soll  den  Leuten  andere  Gestaldt  geben  können.  Den 
muß  ich  bitten,  das  er  mich  meinem  Nachbahr  Wilhelm 
ehnlich  mache;  vndt  Avan  ich  dan  seine  Gestaldt  habe, 
so  will  ich  zu  meiner  Frawen  gehen  vndt  sie  probiren. 
Waß  gildt,  ich  werde  hinder  den  Windt  kommen!  (Exü 
Hans,  icirdt  musicirt). 

[99  a]  Iiitercalaris  3. 

Wilhelm  {in  Gestaldt  eines  Schioartzkünstelers  'initt  einem  Stab  vndt 
Buche.)  Ich  Inn  in  Erfarung  kommen,  das  mein  Naclibahr 
Hans  Leberwurst  anhcro  nach  dem  Haberstro  sich  machen 
wolle  im  Willens,  den  Teuffelsbanner  vmb  Raht  zu  fragen, 
wie  er  erfahren  möge,  ob  ich  vmb  sein  Weib  buhle  oder 
nicht.  Nuhn  habe  ich  mich  in  diese  Gestaldt  verkleidet, 
auch  meine  vermeinte  Geister  verstecket,  zu  versuchen, 
ob  icli  ihn  noch  betrigen  möge.     Aber  still,   da  kombt  er. 

Hans  (intrat).    Pfuy,    das  dich  der  Dibeslienker  hole!    Ich  liabe 

mich  schier  zu  lang  zu  Hoffe  auflgehalten,  das  ich  fast 
zu  spadt  komme,  den  Crummanticus  zu  erfragen.  Aber 
wart,  behüte  mich  Gott,  was  stehet  da  vor  ein  scheußlich 
Creatur!  Ist  das  nicht  der  [99b]  Crummanticus  selber,  so 
wirdt  er  mich  doch  woll  an  ihn  weisen  können.  {Wilhelm 
macht  einen  Circiis ,  murmeldt  vndt  machet  allerhandt 
Gestus.)     Gluck  zu,  Monsieur! 

Willielm.  Wardt,  bleib  zurück  vndt  kom  nicht  neher,  oder  der 
Teufel  holdt  dich. 

II ans.  Da  behüte  mich  Gott  für!  Seidt  lln-  dan  der  Crummanticus, 

der  den  Teuffell  bannen  kan? 

VViliiehn.     Ja,  der  bin  ich,  vndt  du  heist  Hans. 

Hans.  Ja,  das  ist  wahr. 

Wilhelm.     Ja,  was  mehr,  du  eyferst  mitt  deinem  Weibe. 

Hans.  Das  ist  auch    wahr.     Welcher  Tev;fl"ell    mag    ihm    (l;is    ge- 

sagt haben?    Wolier  wist  Ilir  das? 

Willicliii.  Auß  meiner  Kunst  weil>  iclis;  vndt  du  iictlest  gern  deines 
Nachbahr  Wilhelms  Gestaldt  an  dier. 

Hans.  Ja.    Kondt  Ihr  das  woll  zu  wege  bringen? 

Wilhelm.     Ja,  durch  meines  Geistes  Hulft'  gantz  woll. 

Hans.  Was  ist  den  das,  Ewer  Gei.st?    Ist  das  der  TeuttcH? 

Wilhelm.     Ja.     Be^-ehrestu  ihn  zu  sehen? 


^)  Soll  heissen:  Necromanticus. 


Das  Zwischenspiel  vom  wunderthätigen  Stein  2—3.         273 

Hans.  Ja.    Kondt  Ihr  avoU  allerley  Tenffell  machen? 

Wilhelm.     Ja.    Manteuffell,    Frawentenffell    vndt    Junckfrawenteuifel. 

Hans.  Ey,  so  last  vns  einen  Junclcfrawen-Teiiffel  haben!   Dan  die 

FraM^en-Tenffell  sein  woll  gar  zu  böeß. 

Wilhelm.  Nuhn  so  komb  herein  in  diesen  Cicrcul !  Du  must  dich 
auch  nicht  furchten. 

Hans.  0  nein.     Hab  ich  doch  mein  Keule^)  bey  mir! 

Wilhelm.    Ja,  was  fragt  der  Teuffell  nach  deiner  Keule! 

Hans.  Ja,  M^as  fragt  mein  Keule  nach  dem  Teuffei! 

Wilhelm.  Nuhn,  so  schawe  woll  zu!  {E?'  f enget  an  aufi  dem  Buche 
heimblich  etwas  zu  murmele?!,  endtlich  ruffet  er:)  Astarot, 
kombherauß!  Herauß,  Astarot!  {Astarot  kombt  vndt  leufft 
vmb  Hansen  her  vndt  zafff^)  ihn;  der  zittert  vndt  hebet 
vndt  ist  voller  Angest,  endtlich  laufft  er  ivieder  iveck.) 

Hans.  Ach  Her  Gott,  Her  Gott,  ach  mein  Hertz,  mein  Hertz! 

Wilhelm.  Wie  nuhn,  Hans?  Wie  ist  dier,  furchtestu  dich?  Ich  meine, 
dir  wehre  nicht  bange  furm  Teiiffell. 

H  a  n  s.  Nein,  mir  ist  nicht  bange ;   ich  krig  nuhr  ein  Fieber,  vndt 

drumb  bebet  mir  der  Leib  also.  [100  a]  Nuhn  ich  sehe, 
das  Ewer  Kvinst  gewiß  ist.  Drumb  so  sagt  mir  nuhn, 
was  ich  thuen  muß,  das  ich  meines  Nachbahr  Wilhelms 
Gestaldt  hekomb! 

Wilhelm.  Ja,  wen  du  das  begehrest,  so  mustu  zuvor  Achtung  geben, 
waß  ich  dier  erzehle. 

Hans.  Nuhn  gar  guett. 

Wilhelm.  Vors  erste  so  mustu  in  4  Wochen  kein  Wein  noch  Bier 
trinken,  sondern  lauter  Wassei*,  lauter  Wasser. 

Hans.  Ey    nein,    das    kan    ich    in    den  Schuhen   nicht  vertragen. 

Waß  soldt  ich  dan  damitt  im  Bauche  thuen?  Oder  der 
Herr  meinet  vielleicht  Canneelwasser,  Calmußwasser,  Anniß- 
wasser  ? 

Wilhelm.  Nein,  lauter  Brunnenwasser  muß  es  sein.  Darnach  so 
mustu  in  4  Wochen  auff  keinem  Bette,  auch  nicht  bey 
deiner  FraAven  schlaffen,  sondern  auff  der  bloßen  Erde 
liegen. 

Hans.  Ja  ja,  so  wirdt  sich  Nachbahr  Wilhelm  baldt  zu  ihr  finden. 

Wilhelm.     Vndt  darnach,  kanstu  auch  lesen? 

Hans.  Ja,  ich  kan  woll  lesen,  aber  nicht  buchstabiren. 

Wilhelm.  Gar  guet.  So  nimb  dieß  Buch  vndt  gehe  mitten  in  der 
Nacht  vmb  Klock  12  3  mahl  vmb  deiner  Mutter  Grab  vndt 
ließ  dieß  Buch  3 mahl  darüber  durch!  So  wirstu  darnach 
einen  zimblichcn   großen  Stein    bey  der  Kirchthur   liegen 


^)  Hans  trägt  also  die  Bauernwaffc,  den  Knittcl,  wie  auch  S.  274 
Wilhelm  einen  solchen  holt.  Ebenso  erscheint  er  oben  S.  189  mit  einer 
'Keule'. 

2)  zafen  =  züchtigen. 
Th.  F.    XII.  18 


274  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

finden.  Den  nimb  anff,  vndt  wen  du  den  auff  der  Aehsell 
treg-est,  so  hastu  deines  Nachbahr  Wilhelms  Gestählt  so 
eigendtlich  an  dier,  das  er  dich  selber  vor  seinen  Geist 
vndt  dein  Weib  für  ihn  ansehen  werde. 

Hans.  Ist  das  gewiß? 

Wilhelm.    Prohatum  est. 

Hans.  Nuhn,  nuhn,  Herr  Cramantictis,  ich  wils  vohr  prolnren  vndt 

wo  es  hilfft,  so  will  ich  Euch  einen  gantzen  Schrecke- 
nißen  [?Schreckenberger]  zu  Lohn  geben. 

Wilhelm.  So  viell  begehr  ich  nicht.  Brauchts  nuhr  gesundt  vndt 
kombt  auff  ein  ander  Mahl  wieder  zu  mir! 

Hanß.  Nuhn  Adieu,  Herr  Crammanticus,    (Exeunt.) 


[103  b]  Intercalaris  4. 

Hanß  Leberwurst  {hatt  einen  (jrossen  Stein  auff  der  Aehsell).  Ey 
Potz  Veiten,  wie  ist  mir  daß  so  saAvr  worden,  ehe  ich  diese 
Kunst  erworben!  Diß  ist  der  Stein,  von  dem  mir  der 
Crammanticus  sagte.  Jetz  will  ich  vor  Nachbawr  Wil- 
helms Thuer  gehen  vndt  an  ihm  die  Kunst  zuerst  probiren. 
Ich  Aveiß,  Ihr  kendt  mich  itzundt  selber  nicht;  dan  Ihr 
meindt  gewiß,  ich  sey  Nachbawr  Wilhelm.  Laß  sehen,  hie 
wohnet  er  ja.     Holla,  holla,  macht  axifi"! 

Wilhelm      (imvendig).     Wer  klopfft  draussen?     Waß  wiltu? 

Hanß.  Ich  bin  da  vndt  will  in  meine  Mühlen. 

Wilhelm.     In  deine  Mühlen?    So  gehe  hin,  da  du  deine  Mühlen  hast' 

Hanß.  Meine  Mühle  ist  hie,    vndt    ich  Avill    hinein.     Drumb  mach 

auff! 

Wilhelm.  Ist  sie  dein?  Wie  heissestxi  dan,  vndt  wo  hastu  sie  be- 
kommen? 

Hanß.  Ich  heiß  Wilhm  Winten  vndt  habe  die  Mühlen  mitt  meinem 

Weibe  Trineken,  Claus  Glatten  Tochter,  erfreyet. 

Wilhelm.  Das  leugstu.  Das  ist  mein  vndt  meines  Weibes  Nahm, 
vndt  die  Muhl  hört  mir  zu. 

Hanß.  Das  leugstu.     Das  ist  mein  Nahm,    vndt  Trineke  ist  mein 

vndt  die  Mühle  dazu.     Drumb  packe  dich  hcrauß! 

Wilhelm  {kuckfetj  oben  heraitß).  Laß  sehen,  wo  bistu  dan?  Behüte 
mich  Gott!  Bistu  ein  Gespenst,  oder  hatt  dich  mein  Geist 
besessen?     Wardt,  ich  muß  dirn  außbannen! 

Hanß.  Ja  ja.    Hatt    dicli    mein  Geist   beschißen!    Nein,   nein,  itz 

deucht  Euch  Raht  [teuer]  sein.  Ich  muß  den  Stein  woll 
weck  thuen;  ich  mocht  sonst  Stoße  bekommen,  {legt  den 
Stein  weck.) 

Wilhelm  {leuf}'t  zornig  hermiß  mitt  der  Keule).  Das  dicii  die  Finge 
bestehe!  Kau  ich  in  meinem  eigenen  Losament  niclit  zu- 
friden  sein? 


Das  Zwischenspiel  vom  wunderthätigen  Stein  3—5.  275 

Hfinß.  Nachbniir,    Nachbahr!      Waß    schadt    Euch?      Wo    woldt 

Ihr  hin? 

Wilhelm.  Ey,  da  ist  ein  Schelm  für  meine  Timer  kommen,  der  hatte 
meine  Gestaldt  an  sich  genohmmen,  sagte,  mein  Weib  vndt 
diese  Mühle  Avehren  sein,  vndt  Avolte  mich  gahr  daranß 
verjag'en.  Ich  geriht  vast  in  Zweiffei,  ob  wehre  er  ein 
Gespenst.     Ist  er  Euch  nicht  begegnet?     [104a] 

Hanß.  Ja,  Nachbawr,    da  lieff    er    allererst  hin  nach  dem  Hinke- 

dahlP).  Ich  meinte,  Ihr  wehret  es  gewesen,  das  Ihr  etwa 
die  Donaw  stawren^)  vndt  Krebse  fangen  wollen. 

Wilhelm.  Ich  wolte  ihm  den  Geist  außgebannet  haben,  hette  ich  ihn 
bekommen.  WoU,  ich  will  sein  warten;  er  kombt  noch 
wieder.     Nachbahr,  Gluck  zu! 

Hanß.  Daß  dich  der  Teuffels!    Wer  hette  gegleubet,  daß  in  einem 

harten  Stein  so  viell  Kunst  verborgen  wehre!  Nuhn  sehe 
ich,  daß  diese  Kunst  probatum  ist.  Nuhn  soll  mein  Weib 
mich  nich  mehr  betrigen.     {Exil;  icirdt  musicii^t) 


[105  b]  Intercalaris  quintus. 

Wilhelm.  Nuhn  hette  ich  all  mein  Tag  nicht  gehoffett,  das  mir  der 
Poß  mitt  dem  Stein  so  woll  fordtgangen  wehre.  Wie  ist 
mancher  ein  Narr  vndt  weiß  es  nicht!  Itz  muß  ich  zu 
seinem  Weibe  gehen  vndt  sie  in  dieser  Sach,  ehe  er  zu 
Hauß  kombt,  ein  weinig  vnterrichten.  Holla,  Nachbahrin! 
Wo  seidt  Ihr?     Komt  herfür! 

Greth  {inivendig).    Wehr  ist  draußen?     Was  woldt  Ihr? 

Willielm.     Das  Kamraht^),  Nachbahrin.     Kombt  her! 

Greth  {intrat).    Ho  ho,    die  Lose*)    verstehe    ich    schoen.     Seydt 

Ihr  da,  mein  Schatz?  Was  bringt  Ihr  guts?  Habt  Ihr 
den  Narren,  meinen  Man,  nicht  gesehen?  Er  ist  gestern 
außgangen  vndt  kam  erst  nach  Mitternacht  zu  Hause, 
vndt  heute  frühe,  so  baldt  der  Tag  anbrag,  wieder  zum 
Hause  hinauß.  Hab  ihn  auch  seiter  dem  nicht  wieder 
gesehen. 

Wilhelm.  Ja,  Nachbahrin,  wen  Ihr  sein  Gescheffte  wüstet,  Ihr  durfftet 
noch  woll  lachen. 

Gredt.  Ey  mein  Schatz,  ertzehlt  mirs  docii! 


1)  Oder:  Huckedahll. 

2)  stüren,  stören  =  stöbern,  stocliern. 

3)  Eine  Anspielung  auf  das  Singspiel  von  der  Müllerin  und  ihren 
drei  Liebhabern  (Bolte,  Die  Singspiele  der  engl.  Komödianten  S.  120, 
vgl.  34). 

*)    d.  h.  Losung,  Wahrzeichen;  vgl.  oben  S.  212 1. 


276  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

Wilhelm.  Ihr  erinnert  Euch  noch,  was  newlicher  Zeitt  bey  der 
Suppen  zwischen  vnß  sich  begäbe.  Da  hatt  der  Narr  ein 
Arg-wahn  auff  vnß  geschöpffet,  ist  bey  ihm  Raths  worden, 
zum  Schwartzkuustlehr  zu  gehen;  der  soldt  ihm  ein  Kunst 
lehren,  daß  er  meine  Gestaldt  an  sich  nehmen  konte.  Wie 
ich  solches  erfahren,  habe  ich  mich  vor  einen  Schwartz- 
kuustlehr außgegeben  vndt  ihm  einen  großen  schwehren 
Stein  an  den  Hals  geschwatzet,  wen  er  den  auff  der 
Achseln  habe,  sey  er  mir  gantz  gleich  vndt  habe  geutz- 
lich  mein  Gestaldt  an  ihm. 

Gredt.  E3",    hertzlieber    Nachbhar,    was    sagt   Ihr?     Da    geschieht 

ihm  eben  recht;  der  Eyfer^)  muß  solchen  Lohn  haben. 

Wilhelm.  Darumb,  Nachbharin,  wen  er  mitt  dem  Stein  heimb  kombt, 
must  Ihr  ihn  in  solchem  Glauben  laßen  vndt  Euch  nicht 
anders  stellen,  ob  suchte  ich  etwas  Vngebuhrlichs  an  Euch. 

Gredt.  Sey  dt  Ihr  nuhr  zufriden,  lieber  Nachbahr!    Den  Gelahrten 

ist  guet  predigendt.  Immittels  komt  herrein  vflf  eine  Kanne 
guten  Breyhan^)  vndt  ein  par  Prilken^)  mitt  Schmaltz 
gebacken! 

Wilhelm.  Vndt  ich  will  nach  meinem  Knechte  schicken,  das  er  im 
Kolcke'*)  den  Korb  vffzihe  vndt  bring  vnß  ein  Eßendt 
Fische  dazu,  wo  sie  sonst  vorhanden  sein.  {Exeunt,  ivirdt 
ntusicirt.) 

[109  a]  Intercalaris  6. 

Hans.  Nuhn  muß  ich  auch  mein  Weib  probiren.     Was  gildt,    wo 

sie  mich  kennen  wirdt!     Holla,  Naclibahrin,  macht  auff! 
Gredt.  Wer  klopffet  draußen?     Was  woldt  Ihr? 

Hans.  Ey,  macht  auff,  Nachbahrin!     Ich  bin  da. 

Grete  Eintrat).    Seydtihr  da?  Was  woldt  Ihr,  Nachbahr  Wilhelm? 

Hans  (NachbaJir  Wilhelm).     Ey,    Naclibahrin,    wo  ist  doch  Ewer 

Man?    Ist  er  nicht  daheimb? 
Greth.  Nein,    Nachbahr,    er    ist    außgangen;    ich    weiß    nicht,    wo 

er  ist. 
Hans.  Ey,  das  ist  guet,  Nachbahrin.     So   haben  wir    desto  beßer 

Raum  {will  nie  hertzen;  sie  icehret  sich). 


1)  d.  h.  die  Eifersucht. 

2)  Eine  Art  Weissbier,  die  besonders  in  Leipzig,  Halle  und 
Halberstadt  gebraut  wurde. 

^)  Prüllekc,  ein  kugelförmiges  Backwerk,  Pfannkuchen;  nocli  in 
Braunschweig  und  in  der  Altmark  bekannt  (J.  tcn  Doornknat-Kool- 
inan,  Wörterbiich  der  ostfriesischen  Sprache  2,  703). 

*)   Grube  mit  Wa.sser  (ursprünglich  nd.). 


Das  Zwisclienspicl  vom  wundevthJitig'cn  Stein  5—6.  277 

Greth.  Wie  so  Raum,    Naclibahr  Williclm?     Ich    glaub,    Ihr  seidt 

nerrisch.     Wie  steldt  Ihr  Eucli  so?     [109b] 
Hans.  Ja  wahrlich,    wie    stcldt    Ihr    Euch    so,    alß  wen    wir  woU 

nicht  ehe  zusamen  gespintzelt^)  hetten? 
Greth.  Was  Teuffells    ist    das,    g-espintzelt?     Wen    das  mein  Man 

horete,  dorfft  er  woU  etwas  anders  darauß  denken.    Drumb 

packet  Euch  vndt  last  mich  zufriden! 
Hans.  Ey,  Nachbahrin,  Ihr  stellet  Euch  wundorlich  an.     Ich  weiß 

ja,  das  Ihr  mich  lieb  habet. 
Greth.  0  ja,    ich  dachte,    was    es    sonst  Avehre.     Ich    habe    selber 

einen  Man,    der    fürwahr  woU   schöner    ist,    alß  Ihr   seidt, 

wen  ich  ja  wehn  lieben  will.     Drumb    packet  Euch  weck, 

oder  ich  will  ihn  ruffen,  er  soll  mich  baldt  Ruhe  schaffen. 
Hans.  Ey,  Nachbahrin,  nicht  so  eyferig! 

Greth.  Ey,  packet  Euch!   Holla,  mein  Man,  avo  seidt  Ihr?  Juncker 

Hans  LeberAvurst,    kombt,    helfft  mir  doch!     {leufft  hinein, 

rufet  ih7'em  Man.) 
Hans.  Nuhn  hette  ich  nicht  geglaubet,  das  mein  FraAV  so  richtig 

Avehr.     Ich  muß  mich  zu  erkennen  geben. 
Grete  {kombt  wier).    Der  lose  Kerell!    {erschrickt.,  gleich  wie  sie 

ihren  Man    sihet.)    Ach    mein    lieber    Man,    seidt    Ihr  da? 

Das    ist    guet.     Vnser   Nachbahr    Wilhelm    Avahr    da    vndt 

macht  mir  solch  Vngemach,    das  ich  Euch  zu  Hulffe  rieff. 

Habt  Ihr  ihn  nicht  gesehen? 
Hans.  Ja  freylich,    ich  hab  ihn  gesehen.     Er  ging  gleich  itzundt 

in  vnser  Hauß  hinein.     Gehe  nur  hinein,  du  findest  ihn. 
Greth.  Das  glaub  ich  kaumb.    {gehet  hinein,  ihn  zu  suchen.) 

Hans.  Ich  muß    noch    ein    weinig  KurtzAveill    haben,    {nimbt  den 

Stein  wieder  auff.     Greth  kombt  ivider  herauß.) 
Greth.  Sihe,  bistu  wider  da,  du  Bösewicht?     Man,  Man,   avo  seidt 

Ihr?     Komt  mir  zu  Hulffe!     Wo  seidt  Ihr? 
Hans  {seposito  lajnde).     Hie  bin  ich,  Gredt.     Was  schadet  dir? 

Greth.  Wie    soll    ich    das  A^erstehen,    Über  Man?     Ich    glaub,    Ihr 

könnet  zaubern. 
Hans.  Wer?     Ich,  Greth?     0  nein,    da    bin   ich  viell  tax  einfeltig 

zu.    Ich  kan  nuhr  sonst  so  eine  Kunst.   SchaAV  dort,  Greth, 

was  ist  in  jennem  Winkell?     {Greth  sihet  sich  vmb;  mittler 

tveill  nimt  er  den  Steiyi  auff.) 
Greth.  Man,    Man,    avo    seidt    Ihr?     Nachbahr   Wilhelm   ist  Avider 

da    {seponit    lapidem).      Ja,    nuhn    ist    er    schoen    wider 

weck.     Ey,    mein  lieber  Man,    saget   mir    doch,    Avie  gehet 

das  zu? 
Hans.  Ja,  das  Avill  ich  dir  avoU  sagen,  du  Aveist  avoII,  das  du  von 

vnserm  Nachbahr  Wilhelm  viell    allzeitt    hieltest,    das    mir 


^)   Wohl  A'on  Spund,  verspunden  abzuleiten. 


278  Bolte,  Das  Danziger  Theater. 

auch  leide  wahr,  [110  a]  er  wehre  bey  dir  beßer  alß  ich 
gepeten.  Drumb  bin  ich  zu  einem  Crummanticus  gegangen, 
der  hatt  mir  diese  Kunst  gelehret,  Avie  du  itzundt  sihest. 
Schaw  da!     [Er  nimbt  den  Stein  au  ff.) 

Greth.  Ja,    sehet   wahrhch,    nun    sehet    Ihr    Nachbahr    Wilhelm, 

(seponif)  vndt  nun  sehet  Ihr  mein  lieber  Man. 

Hans.  Vndt  weill  ich  dich  nuhn  probiret  habe,  so  finde  ich  dich 

trewe.  Darumb  wollen  wir  allen  vnsern  Haß  damitt  auff- 
heben;  den  du  bist  mein  {amplectuntur  se  mutuo). 

Greth.  Vndt  ich  bin  dein^). 

Hans.  Den  didel  didell  didell  deine.    Nuhn  horstu,    Greth,   gehe 

hin  vndt  rueff  vnseren  Nachbahr  Wilhelm  zu  vnß!  Wir 
wollen  vnß  auch  mitt  einander  vertragen. 

Greth.  Von  Hertzen  gern,  mein  lieber  Man.     (Exit  Greth.) 

Hans.  0  du  edler  Stein,    der    du   so    große  Ki-afft  vndt  Tugendt 

in  dier  hast,  dich  will  ich  preisen  vndt  alle  Ehr  beweisen. 
Ihr  Herrn,  ist  jemandt  vnter  euch,  der  dieses  Steins  von 
nöthen  hatt,  der  komb  in  der  Zeitt,  so  hatt  er  ihn  in  der 
Noht.  Wen  ich  sterbe,  so  bin  ich  thoet;  so  kriget  Ihr  ihn 
hernach  Ewer  Tage  nicht  mehr.  Man  findet  ihn  bey  mir, 
Meister  Hans  Leberwurst,  wohnhafftig  in  der  Corduanischen 
Sackpfeyffen  in  der  finster  Strassen;  man  kan  ihn  in  Goldt 
einfassen  lassen  vndt  wie  ein  Perrel  ins  Ohr  henken. 
{Intr.  Gret  vndt  Wilhelm.)  Oho,  Nachbahr  Wilhelm,  wie 
hats  Euch  lang  gangen  ?  Potz  Veiten,  es  ist  guet,  das 
Ihr  kommet.  Ihr  wisset,  das  ich  mitt  Euch  wegen  meines 
Weibes  geschweret^)  habe;  aber  weill  iclis  nuhn  besser 
erfahren,  wollen  wir  vns  wieder  zusamen  vertragen. 

Wilhelm.  Ja,  Nachbahr  Hans,  nuhn  sehet  Ihr  aber  woll,  das  Ihr  mir 
Vnrecht  gethan. 

Hans.  Ja,  das  ist  woll  walir;    drumb    bittet  mirs  ab,   so  will  ichs 

Euch  verziehen.    Sols  vertragen  sein? 

Wilhelm.     Nuhn,  ich  bins  woll  zufriden.     Da  ist  mein  Handt. 

Hans.  Nuhn    so    kombt    mit   mir    herein!     Ihr  sollet  von  Abendt 

mein  Gast  sein.  {Inter  etmdtim  hertzet  Wilhelm  die  Greth, 
icelches  Hans  sihet.)  Was?  Was  ist  das,  Nachbahr  Wil- 
helm, das  Ihr  bey  meiner  FraAveu  thuet? 

Wilhelm.  Nichts  Böses,  Nachbahr  Hans,  Ich  sagte  ihr  nuhr,  ich 
wolte  meiner  Frawen  auch  Boten  schicken,  wans  Euch 
nicht  zuwider  wehr.  Da  andtwortet  sie  mir,  sie  wolt 
sie  holen. 


^)  Über  diese  weitverbreitete  alte  Formel  vgl.  Bolte,  Zeitschr.  f. 
deutsches  Altertum  34,  161  und  Anzeiger  17,  343.  Häuften,  Gottschee 
1895  S.  175. 

2)  Etwa  =  gezürnt;    von  schweren  :=  beschweren? 


Das  Zwischenspiel  vom  wiiuderthätigen  Stein  6.  279 

Hans.  Sonst  nicht?     Nuhn,  sehr  guet.     Folget  nach!     {Er  hertzet 

sie  aber  ein.)  Was?  Was  bedeut  das,  Nachbahr?  Macht 
Ihrs  auch  zu  grob?     [110b] 

Wilhelm.  Ey  nicht,  Nachbahr  Hans.  Ich  sagt  ihr,  ich  woldt  vns  ein 
Kan  Weins  zum  besten  geben.  Da  sagt  sie,  sie  woldt  ein 
dag'egen  g"eben. 

Hans.  Hört,  Ihr  Nachbahr  Wilhelm,  wen  Ihr  meiner  Frawen  was 

Heimblichs  wollet,  das  raunet  ihr  ins  Ohr  vndt  nicht  ins 
Maul!  {Er  hertzet  sie  zum  dritten  Mahl.)  Nein,  das  wir[d] 
mir  gar  zu  grob.  Grethe,  gehe  vohrher!  Nuhn,  Nach- 
bahr, folget  nach!    {Exeunt.     Wirdt  musicirt.) 


Nachträge. 


S.  3,  Anrn.  2.  Heinrich  Mol  1er  stammte  nach  der  Liste  der 
Wittenberger  Magister  aus  Witzenhawsen  {Wiczenhusensis  liessus)  und 
g-ehörte  1557  als  Docent  der  Wittenberg-er  philosophischen  Fakultät  an 
(J.  Köstlin,  Osterprogramm  der  Univ.  Halle  1891,  S.  14.  28). 

S.  3,  Anm.  4.  Gualtherus'  Nabal  wurde  auch  1584  in  Prag  auf- 
geführt (Wolkan,  Böhmens  Anteil  an  der  deutschen  Litt.  3,  380). 

S.  10,  Anm.  3.  Über  den  Zusammenhang  der  Fechtschulcn 
mit  den  Meistersäng'ern  vgl.  A.  Hartmann,  Deutsche  Meisterliederhand- 
schriften in  Ung-arn  1894  S.  38-42;  auch  Genee,  H.  Sachs  1894  S.  116. 

S.  10,  Anm.  5.     Vg'l.  noch  A.  Hartmann,    Meisterliederhss.  S.  13. 

S.  22,  1590.  Ein  Puppenspiel  vom  jüng-sten  Gericht  wird  auch 
S.  33  erwähnt;  ein  andres,  das  1590  in  Trautenau  aufgeführt  wurde, 
citiert  Wolkan  3,  379;  eine  Grazer  Darstellung-  von  1589  Ilwof,  Mitt. 
des  histor.  Vereins  für  Steiermai'k  33,  126. 

S.  33,  Z.  4.  Puppenspiele  vom  reichen  Manne  und  armen 
Lazarus  wurden  1584  und  1590  in  Nördlingen  (vgl.  auch  oben  S.  27), 
solche  vom  verlorenen  Sohne  ebenda  1593  und  in  Königsberg  1599 
dargestellt  (Trautmann,  Archiv  f.  Litteraturgesch.  13,  69  f.  Hag-en, 
Gesch.  des  Theaters  in  Preussen  S.  9). 

S.  34,  Anm.  1.  Mach  in  suchte  im  Mai  1605  in  Strassburg  um 
Spielerlaubnis  nach,  wurde  aber  abgewiesen  (Archiv  f.  Litteraturgesch. 
15,  116). 

S.  38,  oben,  tlber  Spencers  Aufenthalt  in  Rothenburg  a.  T. 
und  in  Strassburg,  wo  er  1614  ein  'Spiel,  so  von  der  Obrigkeitt  ist', 
g-ab,  vgl.  Archiv  f.  Litteraturgesch.  15,  118  und  Zs.  f.  vergl.  Litteratur- 
gesch. 7,  63. 

S.  41,  Anm.  1.  William  Pedel  trat  schon  im  Nov.  1608  zu  Leiden 
auf  (Cohn,  Shakespeare  in  Gcrmany  S.  LXXXIII). 

S.  48,  Mitte.  John  Green  spielte  zu  Utrecht  am  15.  Nov.  1613 
und  am  17.  Juli  1620  (W.  G.  F.  A.  van  Sorgen,  De  Tooneelspeelkunst 
in  Utrecht,     's  Gravenhage  1885). 

S.  62,  Z.  7  v.  u.     Lies:  'siebet  nicht,  das  ....  malil  könne.' 

S.  62,  Anm.  1.  Ein  Porträt  von  M.  Albinus  in  Tuschzeichnung 
citiert  Seidel,  Neue  preuss.  Provbl.    2.  Folge  5,  3  (1854). 


Nachträge.  281 

S.  68,  Anm.  2.  Willem  von  Roo  bat  im  Juli  1645  in  Utrecht 
mit  mehreren  eng-lischen  Komödianten,  'edoch  alliier  binnen  Utrecht 
getrouict,  gehuijst  ende  gehoofd  sijnde\  um  Spielerlaubnis  (Worp, 
Nederlandsch  Museum  1886,  1,  74). 

S.  79,  Anm.  1.  Über  ein  in  Eger  während  des  15.  Jahrhunderts 
übliches  Dorotheenspiel  vgl.  Gradl,  Mitt.  d.  Vereins  f.  Gesch.  d. 
Deutschen  in  Böhmen  33,  188  (1895). 

S.  85,  Anm.  3.  Vgl.  namentlich  noch  G.  Bapst,  Essai  sur  l'histoire 
du  theatre,  la  mise  en  scene,  le  decor,  le  costume,  rarchitecture,  reclai- 
rage,  l'hygiene.    Paris  1893.    4^. 

S.  95,  Anm.  2.  Ein  gestochenes  Bildnis  von  J.  Maukisch  citiert 
Seidel,  N.  preuss.  Provbl.  2.  Folge  5,  14  (1854). 

S.  103,  Anm.  4.  Über  den  Dialekt  der  niederdeutschen  Posse 
Bauer  Hans  unter  den  Soldaten'  vgl,  Bolte  und  Seelmann,  Nieder- 
deutsche Schauspiele  älterer  Zeit  1895  S.  164. 

S.  111,  Anm.  Der  1666  von  Drey  angekündigte  *beklä gliche 
Zwang'  war  doch  wohl  mit  dem  Stücke  von  Isaak  Vos  identisch. 
Dies  wurde  noch  am  17.  April  1741  von  holländischen  Schauspielern 
in  Hamburg  aufgeführt  (Heitmüller,  Theatergeschichtliche  Forschungen 
8,  115). 

S.  114,  Nr.  5.  Das  Drama  von  Doktor  Faustus  ging  wie 
andre  Stücke  von  Paulsens  Repertoire  in  Veltens  Besitz  über  und 
wurde  von  diesem  am  18.  Mai  1688  zu  Bremen  gespielt^).  Ich  teile 
den  erhaltenen  Zettel  nach  der  photographischen  Reproduktion  bei 
0.  Heuer  (Ausstellung  von  Handschriften,  Druckwerken,  Bildern  und 
Tonwerken  zur  Faustsage  und  Faustdichtung.  Frankfurt  a.  M.  1893 
Nr.  150,  Taf.  13)  mit: 

Heute  Freytag',  den  18.  May.  |  Werden  die  |  Sächsischen  Hoch- 
Teutschen  1  COMOEDIANTEN  \  Auif  ihren  Schau-Platz  das  unver- 
gleichliche und  Welt-  |  bekandte  Stück  präsentiren,  genandt:  |  Das 
Leben  und  Todt  des  grossen  |  Ertz-Zauberers,  |  D.  JOHANNES 
FAUSTUS  I  Mit  Vortreffhcher  Pickelhärings  Lustigkeit  von  |  Anfang 
biß  zum  Ende. 

In  dieser  Haupt-Action  wird  mit  Verwunderung  zu  sehen  seyn : 

1.  Pluto  auf  einen  Trachen  in  der  LiifTt  schwebende. 

2.  Doct.  Faustus  Zauberey  und  Beschwerung  der  Geister. 

3.  Pickelhäring  in  dem  er  Gold  samlen  wil,  wird  von  allerhand 
bezauberten  Vö-  |  geln  in  der  Lufft  vexiret. 

4.  Doct.  Faustus  Panqvet,  bey  Avelchen  die  Schau-Eßen  in  wunder- 
liche Fi-  I  guren  verwandelt  werden. 

5.  Seltzam  wird  zu  sehen  seyn,  wie  aus  einer  Pastete  Menschen, 
Hunde,  Katzen  |  und  andere  Thiere  hervorkommen  und  durch 
die  Lufft  flü"-eu. 


1)   Die  Ankündigung    des    ebenda    zwei  Tage  zuvor  gegebenen 
'Wallenstein'  hat  Könnecke,  Bilderatlas ^  1895  S.  199  reproduciert. 


282  Bolte,  Das  Danzig-er  Theater. 

6.  Ein  Feuerspeyende  Rabe  kombt  durch  die  Luift  geflogen,   und 
kündiget  Fau-  |  sten  den  Todt  an. 

7.  Endlich  wird  Faiistus  von  den  Geistern  weg  geholet. 

8.  Zuletzt  wird  die  Hölle  mit   schönen  Feuerwercken   außgezieret, 
präsentiret  |  werden. 

Zum  Beschluss  sol  denen  Hochgeneigten  Liebhabern,  diese  gantze 
Haupt-Action,  |  durch  einen  Italiänischen  Schatten  präsentiret  werden, 
welches  vortrefflich  |  Rar,  und  versichert  das  Geld  doppelt  werth  ist, 
worbey  auch  eine  Masqve-  |  rade  von  6.  Persohnen,  nemlich  ein  Spa- 
nier, zwey  Gaudiebe,  ein  Schul-  |  meister,  ein  Bauer  und  Bäuerin, 
welche  alle  ihren  absonderlichen  Tantz  |  haben,  und  sehr  lächerlich 
wird  anzusehen  seyn. 

Nach  diesen  sol  zum  Nach-Spiel  agiret  werden,  die  vortreffliche 
und  lu-  I  stige  Action  aus  den  Frantzösischen  ins  Teutsche  übersetzet, 
genandt:  |  Der  von  seiner  Frauen  wohl  vexirte  Ehemann,  |  George 
Dandin. 

Und  weil  es  Heute  ohnfehlbar  zum  letzten  mahl  ist,  sol  auff  den 
hintersten  Platz  nicht  mehr  |  als  8.  Grot  genommen  werden,  welches 
zur  Nachricht.  ||  Der  Schau-Platz  ist  in  Sehl.  Capitain  Nissen  Hause, 
auff  der  Langen  Strasse  |  vor  der  Natel.  Wird  2>raecise  umb  3.  Uhr 
angefangen.  |  Einer  sage  es  dem  andern. 

S.  115,  Z.  17  V.  u.    Lies  metoposcopie. 

S.  119,  Nr.  20.  Vgl.  M.  Landau,  Die  Dramen  von  Herodes  und 
Mariamne.     Zs.  f.  vergleich.  Litteraturgesch.  8,  175. 

S.  120,  Nr.  32.  Der  'Speckdieb'  mag  mit  der  Maskerade  auf  der 
soeben  abgedruckten  Veltenschen  Ankündigung  des  Doktor  Faustus 
identisch  sein. 

S.  129,  Z.  13.  Ein  italienisches  Schattenspiel  wird  auch  auf 
dem  soeben  zu  S.  114  mitgeteilten  Zettel  Veltens  erwähnt. 

S.  130,  Anm.  1.  N.  Flor  schütz  aus  Ummerstadt  bei  Heldburg 
lebte,  wie  eine  Eintragung  im  Stammbuche  seines  fränkischen  Lands- 
mannes J.  V.  Meder  (vgl.  S.  145)  unter  dem  12.  August  1674  ergiebt, 
damals  gleich  diesem  in  Reval,  vermutlich  als  Schulkollege. 

S.  101,  Anm.  5.     Vgl.  Rigaer  Tagol)latt  1895,    Beilage  zu  Nr.  65. 

S.  163,  Amn.  1.  Weini  lUidolph  (Rigaer  Tageblatt  1895,  Beilage 
zu  Nr.  53.  76)  erzählt,  dass  Martin  Müller  in  Riga  auch  1717,  1718,  1721 
und  1737—38  gespielt  habe,  so  verwechselt  er  ihn  mit  Joh.  Christoph 
Müller  und  mit  Gabriel  Möller. 


1.  Kesrister. 


Personen-  und  Ortsnamen. 


Aachen  145. 

Adeler,  Elias.  Schauspieler  1 39  f.  142. 

Ärschen,  Arend.    Schauspieler  63. 

172. 
Aeschacius  Maior.  Schriftsteller  23. 
Ag-ricola,  Joh.     Dramatiker  9. 
Ake,  Joh.    Danziger  61. 
Albini,  J.  G.    Dramatiker  163. 
Albinus,Mich.  Dramatiker  62.89.280. 
Albrecht,  Liidw.    Danzig-er  61. 
Alckmaar  134. 

Alexej  Michailowitsch.    Zar  97. 
Altdorf  30. 
Altenbiiro-  120. 
Altona  134. 
Amadis.    Roman  113. 
Amsterdam  93.  130.  150.  152.  154. 
Andreas,  David.    Danzig-er  61. 
Arnim,  A.  v.    Dramatiker  225. 
Arp,  J.  van.    Dramatiker  230. 
Arzonni,  Const.    Dramatiker  118. 
Arzschar,  Robert.   Schauspieler  41. 
Asken,  Aaron.  Schauspieler  63. 68  f. 
Augsburg-   10.  36.  59.  97.  139.  144. 

145.  150.  157. 
Aug'ust    Friedrich,     Herzog-     von 

Schleswig-Holstein  99. 
Augustin,  Jac.    Schulmeister  59. 
Avrer,    Jac.     Dramatiker    16.    23. 

26  f.    38.    175  f.    222  —  224.    225. 

228  f.  230. 


Badische  Hofkomödianten  119. 157. 

161. 
Bärenhetzen  42.  57.  70. 
Baireuth  97. 

BaireuthischeHofkomödianten  156. 
Bandello,  M.    Novellist  22  f.  219  f. 
Bantzer,  Hans.  Meistersänger  10.  37. 
Bara,  Jan.    Dramatiker  176. 
Barfuss,  Chr.    Danziger  61. 
Baryka,  P.    Dramatiker  67. 


Basel  96.  97. 

Bautzen  59. 

Beidler,  J.  M.    Schauspieler  153. 

Belleforest,  F.    Novellist  22.  219. 

Benteley,  Georg.   Schauspieler  125. 

Bergen  66.  78.  96.  Bergener  Ko- 
mödianten 31  f. 

Berleth,  Jorge.    Puppenspieler  22. 

Berlin  40.  52.  82.  97.  102.  126.  134. 
139.  144.  152.  154.  156.  157. 

Bevern  100.  139.  157.  226. 

Biberach  78. 

Bioni,  Ant.    Musiker  164. 

Bitner,  J.    Dramatiker  29. 

Blendwerk  85. 

Biese,  Israel.    Kürschner  37. 

Blümel,  Christoph.  Schauspieler  93. 
119.  120.  177. 

Boccaccio,  Giov.  17.  173.  238. 

Bockhäuser,  Chr.  Schauspieler  126. 
128. 

Bönicke  (Penicke),  Heinr.  Wilh. 
Schauspieler  161. 

— ,  Victoria  Clara.  Schauspielerin 
111.  114.  160  f. 

Bogislav  X.,  Herzog  von  Pom- 
mern XL 

Boisrobert,  F.  Dramatiker  120. 
121.  144. 

Boisteau,  P.    Novellist  22.  219. 

Bolzoni,  Bart.    Ingenieur  72. 

Bornbach,  Stanislaus  1. 

Boy,  Adolf.    Maler  72. 

Brande,    G.    van    den.      Drama- 
tiker 79. 

Brandenburg:  vgl.  Friedrich  III., 
Friedrich  Wilhelm  L,  Georg  Wil- 
helm, Joachim  Friedrich,  Johann 
Sigismund;  Christian  Wilhelm; 
Eleonore,  Elisabeth  Henriette. 

Brandt,  Mauricius.    Novellist  23. 

Braun,  G.  Ph.    Bereiter  162. 

Braunsberg-  57.  88. 


284 


Bolte,  Das  Danziger  Theater. 


Braunschweig-    96.    134.    145.    157. 

Vjil.    FercL    Albrecht,    Heinrich 

Julius. 
Brecoxirt,   G.  M.   de.     Dramatiker 

231. 
Bredero,  G.  A.    Dramatiker  221. 
Bremen  97.  139.  144.  157.  281. 
Brenke,  Matth.    Danziser  61. 
Breslau  97.  138.  144.  152.  157.  162. 

164. 
Briese,  Jonas.    Danziger  61. 
Brodach,  Dan.  Schulmeister  14. 16. 
Brombacher,    Balth.    Schauspieler 

140. 
Brown,    Robert.    Schauspieler    35. 

68.  222. 
Brunerio,  M.  A.    Säng-er  73. 
Bryan,  G.    Schauspieler  25. 
Buchanan,  G.    Dramatiker  29. 
Buchdruckerspiel  56. 
Büerel,  Mich.    Chronist  138. 
Bügeltanz     der    Schiffer    9 ;     der 

Kürschner  58.  73  f.  150. 
Bühneneinrichtung  84—88.  XX. 
Burchard,  Abr.    Dramatiker  14. 
Butschky,  S.  v.    Schriftsteller  78. 


Caesar,  Joachim.    Novellist  23. 

Calderon,  P.  Dramatiker  23.  117. 
118.  120.  121.  144.  155. 

Cammin  22. 

Candamo  23. 

Candorin  (C.  v.  Hövel)  85. 

Carccrius,  D.  E.  Puppenspieler  154. 

Carl,  Czarlus  =  Paulsen,  C.  A. 

Carncval  155. 

Casimir  III.,  König  von  Polen  72. 

Casimir,  Herzog  von  Pommern  22. 

Cas.sel  35.  139." 

Castro,  G.  de.    Dramatiker  220. 

Catanea,  Margherita.    Sängerin  72. 

Cats,  J.    Dichter  163. 

Cervantes,  M.  111. 

Cesti,  M.  A.    Musiker  146. 

Chettle,  Henry.     Dramatiker  26. 

Chilianus  Millerstatinus.  Drama- 
tiker 79. 

Christian  Wilhelm,  Prinz  von  Bran- 
denburg 33  f. 

—  V.,  König  von  Dänemark  85. 

—  Ludwig,   Herzog  von  Mecklen- 
burg 128. 

—  I.,  Kurlürst  von  Sachsen  22. 
Christine,    Königin  von  Schweden 

76.  77. 
Christoph,    Herzog    von   Mecklen- 
burg 22. 


Cicognini,G.A.  Dramatiker  118. 120. 
Ciglerus,  Jac.    Schulmeister  6. 
Cöslin  43. 
Colberg  84.  85. 
Comenius,  Amor  82.  125. 
Conovius,  Mich.    Cantor  95. 
Corneille,  P.    Dramatiker  120. 
— ,  Th.    Dramatiker  121. 
Corradi,  G.  C.    Dramatiker  146. 
Cottbus  20. 

Cousser,  J.  S.    Musiker  150. 
Cox,  R.    Dramatiker  230. 
Croix,  P.  de  la.    Dramatiker  144. 
Culmann,  L.    Dramatiker  21. 
Curaeus,  Ach.    Schulmeister  6. 
Curike,  G.  R.    Chronist  151. 


Dänemark  49. 63.  Vgl.  Christian  V., 

Kopenhagen. 
DänischeDramen:Skriver3.Tybo31. 
Dalanthus,  A.  G.    Dramatiker  28. 
Danbeck,  G.    Meistersänger  36. 
Dancourt,  F.  C.    Dramatiker  225. 
Danzig,  Stadt: 

Ankerschmiedeturm  51. 

Artushof  8.  58.  61. 

Buchdrucker:    Graef,  J.  F.  130. 

—  Hünefeldt,  A.  63.  —  Rhete, 
D.  F.  138.  —  Rhete,  G.  62.  83. 

—  Rhode,  J.  3.  15. 16.  —  Stolle, 
J.  Z.  146.  148.  —  Vise,  P.  de  56. 

Fechtschule  41  f.  51  f.  59.  61.  64. 
69.  101  f.  125.  137.  158  f.  162. 
166.  168.  XVII. 

Häuser:  Callenbachs  in  der  Breit- 
gasse 124.  —  Hans  Perwarts 
am  Holzmarkt  139.  —  SchifFer- 
gilde  65.  —  Träger  in  der 
Jopengasse  124. 

Hundewinkel  137. 

Kirchen:  Heilige  Geist- 8.  —  Ja- 
cobs- 64.  —  Johannis  67.  108. 

—  Katharinen  62.  —  Schwai'ze 
Münclien    150. 

Komödiantenbude  130.  137.  139. 
143.  147  f. 

Lazaret  158  f. 

Märkte:  Holzmarkt  139.—  Lan- 
ger M.  7  f.  3S.  76.  159. 

Ratshaus,  altstädtisches  28.  31. 
41.  46.  64.  65.  —  rechtstädti- 
sches: Turm  150.  Ratswein- 
keller 88. 

Reitschiile  am  Stadthofe  125. 

Schiessü'arten  am  Hohen  Thore 
8.  33.'^  34.  61.  130.  —  Auf  der 
Vorstadt  8    9. 


1.  Register. 


285 


Danzig,  Stadt: 

Schulen :  Gvinnasium  (Collegium) 
3.  8.  28.  '29.  30.  82.  95.  —  Jo- 
hannisschule  147.  —  Katha- 
riuensehule  67.  1.30.  —  Marien- 
schule 11.  IG.  28.  29.  30.  75. 

Speicher  129.  138. 

Thore:  Grünes  11.  57.  72.  82. 
93.  150.  —  Hohes  33.  42.  51. 
57.  —  Ketterhagisches  58. 

Wippe  139. 

Zeughaus  143. 

Zuchthaus  70.  147. 
Danzig';  Umgebungen: 

Bischofsberg  68. 

Hagelsbei'g  106. 

Notzkenberg  108. 

Schottland  48.  51.  57.  69.  12G  f. 
148  f. 

Stolzenberg  153. 
Darmstadt  157. 
Dedeken,  G.    Dramatiker  29. 
Dekker,  Th.     Dramatiker  36.  114. 

116. 
Deloney,  Th.    Dichter  116. 
Desmarets,  J.    Dramatiker  122. 
Dominiksmarkt  in  Danzig  31.  33  f. 

35.  37.  41.  47.   51.  58.  61.  63.  65. 

67.    69.    76.    88.    92.    93.   96.  104. 

125.  126.  130.  134.  137.  138  f.  142. 

148.  154.  155.  161.    XVI. 
Dorpat  137. 

Dran,  Georg.    Danziger  8. 
Dresden    22.  25.  32.  35.  47.  48.  78. 

85.  98.    100.    111.   114.  117  f.  119. 

120.  121.  125.  134.    139.  150.  151. 

157.  158.  172.  226. 
Drey,  M.  D.  =  Treu. 
Ducat,  H.    Schauspieler  134. 
Durham,  Wilhelm.  Schauspieler  162. 


Eccard,  Joh.    Musiker  24. 
Eckenberg,  J.  K.  Schauspieler  152. 

160.  161. 
Eger  60.  281.  XI. 
Egl,  Stephan.     Dramatiker  124. 
Eichelin,  W.     Schauspieler  172. 
Elbel,  M.     Kürschner  37. 
Elbing  2.  3.  10.  34.  35.  60.  68.  139. 

142.  X. 
p]Ienson ,    Andreas.      Schauspieler 

112.  119.  120.  137.  157. 
— ,  Ferdinand  157. 
— ,  F.  W.  157. 
— ,  Julias  Franz  157. 
— ,  Karl  Ferdinand  157. 
— ,  Marie  Margarete  157. 


Elenson,  Sophie  Julie  155.  157.  159. 

— ,  Susanne  Katharine  158. 

Eleonore,  Kurfürstin  von  Branden- 
burg 34. 

— ,  Erzherzogin  von  Oesterreich  15. 

Elephanten  ausgestellt  139. 

Eiert,  F.    Buclidrucker  73. 

Elisabeth  Henriette,  Prinzessin  von 
Brandenburg"  129. 

— ,  Königin  von  England  172. 

Elmenhorst,  Heinr.  Dramatiker 
163  f. 

Englische  Komödianten  22.  25.  31. 
33  f.  35.  37.  41.  46.  47  f.  51.  61. 
63  f.  67.  68.  69.  76  f.   169.  XIII  f. 

Englische  Komödien  60.  110.  117. 
118.  119.  192.  225. 

Erasmibrüder  in  Danzig  X. 

Erfurt  6. 

Euripides  28.  30. 


Fabricius,  Jac.    Schulmeister  28. 
Falck,  Jer.    Kupferstecher  72. 
Fass,  J.  W.    Danziger  155. 
Fastnachtspiel    1.  2.  7.  37.  60.  129. 

138.  IX  f. 
Fechtschulen  10.  57.  70.  73.  76.  280. 
Federfechter  76.  92. 
Fenton,  G.    Schriftsteller  219. 
Ferber,  Const.    Danziger  Ratsherr 

11.  20. 
Ferdinand  Albrecht  L,  Herzog  von 

Braunschweig  100. 
— ,  Herzog  von  Kurland  93. 

—  Karl,  Erzherzog  von  Oester- 
reich 93. 

Fest,  Joh.  Lor.    Danziger  159. 

Feuerwerk  57.  61.  73.  106.  128. 

Figenau,  Mich.    Danziger  8. 

Figueroa,  D.  de.    Dramatiker  120. 

Florschütz,  Nie.  Dramatiker  130. 
282. 

Föller,  Mich.    Dramatiker  60. 

Förster,  Kasp.    Musiker  72. 

Fonteyn,  B.    Dramatiker  119. 

Fornenburg,  J.  B.  van.  Schau- 
spieler 134. 

Frankfurt  a.  M.  34.  35.  48.  60.  96. 
97.  117.  120.  126.  134.  139.  144. 
145.  151.  155.  157.  158.  161. 

—  a.  0.  40. 

Frantzoß,  Mich.    Schauspieler  58  f. 
Franz,  Herzog  von  Pommern  36.43. 
Freder,  Const.    Danziger  Bürger- 
meister 154. 
Freislich,  M.   Musiker  149, 


286 


Bolte,  Das  Danziger  Theater. 


Freyerbott,  Barth.  Schauspieler  41. 

43.  45. 
Friedrich  III.,  Kurfürst  von  Bran- 
•denburg,     spilter     König     von 

Preiissen  129.  145.  156. 

—  Wilhelm  I.,  König  von  Preussen 
160.  162. 

—  IL,  Landgraf  von  Hessen-Hom- 
burg 99. 

—  Casimir,  Herzog  von  Kurland 
142. 

—  August  der  Starke,  Kurfürst 
von  Sachsen  und  König  von 
Polen  148.  150.  159.  160. 

—  HL,  Herzog  von  Schleswig-Hol- 
stein 93. 

Frischlin,  N.    Dramatiker  28. 


Gadebusch  22. 

Gärtner,  A.  Theaterunternehmer 
89-92.  93. 

Gardinen  85. 

Gawinski,  J.    Dramatiker  67. 

Geissier,  A.    Schauspieler  156. 

Gellius,  G.    Schauspieler  68. 

Georg  Wilhelm,  Kurfürst  von  Bran- 
denburg 68  f. 

Georgenbrüder  in  Danzig  7  f.  X. 

Gerlach,  G.  Danziger  Wachtmeister 
42. 

Germanus,  B.    Dramatiker  XII. 

Gillet  de  la  Tessonncrie.  Drama- 
tiker 118. 

Gimonde,  P.  de  telBologna.  Puppen- 
spieler 151. 

Girardin,  M.    Dramatiker  120. 

Glitzmann,  Chr.    Schauspieler  28. 

Glücksrad  61. 

Gnapheus,  Wilh.    Dramatiker  3. 

Görlitz  Ulf.  138. 

Goethe,  J.  W.  227.    XII. 

Götzen,  Chr.  v.    Danziger  61. 

Gottorp  93.  97. 

Goubourne,  J.    Dichter  219. 

Gozzi,  C.    Dramatiker  228. 

Grnef,  H.  de.    Dramatiker  144. 

Grau,  Steph.    Chronist  129.  138. 

Gravius,  Mart.    Dramatiker  40. 

Graz  35.  114.  126.  134.  157.  280. 

Green,  John.  Schauspieler  35.  38. 
41.  46.  47-51.  68.  119.  172. 
280.  XII. 

Grcllinger,  G.    Dichter  63.  71.  110. 

Gregoriusfest  11  f. 

Grcsset,  J.  B.  L.    Dramatiker  23. 

Griog,  Joh.    Schausjjick-r  163. 

Groen,  F.    Dramatiker  155. 


Gross,  Barth.    Kürschner  37. 
Grübel,  Seb.    Dramatiker  3. 
Grudzinski,  Nie.  88. 
Grünau,  Sini.    Chronist  1.  2.  X. 
Gruneweg,  Mart.    Chronist  7—13. 
Gryphius,  A.    Dramatiker  84.  117. 

122.  152. 
Gualtherus,  Rud.    Dramatiker  3. 
Guarini,  G.  B.    Dramatiker  123. 
Güstrow  78.  93.  97.  98.  110.  224. 


Haag  134.  154. 

Habermann,  Simson.   Danziger  61. 
— ,  Wilh.    Schauspieler  93. 
Hacke,  Barthold.    Danziger  1. 
— ,  Elisabeth.    Danzigerin  20. 
— ,  Hermann.    Danziger  20. 
— ,  Joh.  Caspar.   Schauspieler  156 
159 

— ,  Sophie  Julie  155.  156  f.  159. 

Hackv,  Michael  Anton.  Abt  von 
Oliva  146. 

Händel,  G.  F.    Musiker  164. 

Halle  33.  34.  120.  157.  162. 

Hamburg  32  f.  57.  76.  78.  89.  93. 
97.  98f.  120.  121.  124.  134.  139. 
144.  150.  154.  157.  158. 

Handwerkeraufzüge    und    Komö- 
dien XI: 
Buchdrucker  56. 
Fleischer  9.  58.  76.  159. 
Kaufgesellen  129. 
Kürschner  9  f.  27.  36.  41.  58.  60. 

73.  74.  92.  128.  150.  159. 
Laufburschen  138. 
Schifter  9.  57.  65.  74.  128. 
Schiftszinunerleute    57.    75.    128. 

150.  159. 
Schmiede  124. 
Speicherburschen  65. 
Tischler    (Schnitzker)    8.    28.  33. 
123  f. 

Hannover  114.  157. 

Hans  Leberwurst  175.  208.  232.  269. 

Harsdörfer,  G.  P.    Dichter  85.  111. 

Hart,  F.  M.    Schauspieler  126. 

Harzgerode  160. 

Hasse,  J.  A.    Musiker  164. 

Haugwitz,  A.  A.  v.  Di-amatiker 
110. 

Hauteroclie.  N.  Le  Breton  de.  Dra- 
matiker 117. 

Heidelberg  110. 

Heidemann,  Konr.    Danziger  42. 

Heinricli  Julius,  Herzog  von  Braun- 
schweig .33. 

Helmstedt  97. 


1.  Ree-ister. 


287 


Hennenberg'ei",  Casp.    Chronist  2. 

Hertel,  H.  G.    Rüliiienmaler  85. 

Hertzberg',  Aug-.    Prediger  13. 

Hessen:  vgl.  Friedrich  II.,  Moritz. 

Hettenbach,  B.  E.  Prediger  02. 

Heywood,  John.    Dramatil<er  2(5. 

— ,  Thomas.  Dramatil^er  36.  54. 
176. 

Hildesheim  157. 

Hilverding',  Jacob.  Schansi)ieler 
152. 

-,  Joh.  150.  151  f. 

— ,  Joh.  Peter  152. 

— ,  Peter  152. 

Hochdeutsche  Komödianten  91.  97. 
Ulf.  125.  126.  128.  129.  134.  137. 
152.  162. 

Hochzeitsauffülirungen  3.  14. 

Hofeman,  Hans.    Schifter  25. 

Hoftmann,  Hans  Ernst.  Schau- 
spieler 138. 

— ,  Karl  Ludw.    Schauspieler  157. 

HofPott,  H.  Dramatiker  15. 

Holland  63. 

Holländische  Schauspieler  133  f. 
154  f.  281. 

Holzhew,  B.  Schauspieler  41. 

Homburg,  E.  C.  Dramatiker  89. 
113. 

Hondius,  W.    Maler  72. 

Hoppius,  J.    Schulmeister  67. 

Hoi'n,  Gust.  Schwedischer  Ge- 
sandter 99. 

Hospeinius,     M.     Dramatiker    28. 

Hüll,  J.    Schauspieler  222. 

Hüne,  Fr.    Puppenspieler  32. 

Husum  99. 

Huwen,  M.  W.  Christine.  Schau- 
spielerin 161. 

Hylas  aus  Latusia  163. 


Jagd  auf  der  Bühne  16. 
Jakob  L,  König  von  England  173. 
Janetzky,  Chr.    Schauspieler  119. 
Janson,  Heinr.    Puppenspieler  21. 
Jean    Baptista    van    Fornenbiirg-. 

Schauspieler  134. 
Jean  Potage  129. 
Jena  93.  97.  134  f. 
Jesowsky,  Mich.  Schauspieler  153. 
Jesuitenkomödien    in    Braunsberg 

57.  88.  —  Im  Schottland  51.  57. 
Innsbruck  138. 
Joachim  Friedrich,    Kurfürst    von 

Brandenburg  33  f. 
Johann  Sigismund,    Kurfürst   von 

Brandenburg   36.   37.  38.  41.  52. 


Johann  Casimir,  König  von  Polen 
89.  151. 

—  Sobieskv,    König    von    Polen 
127  f.  131." 

—  Georg  IT.,  Kurfürst  von  Sachsen 
1:39. 

—  —  IV.,    Kurfürst    von    Sachsen 
140. 

Johannes,     Dominus.      Komödien- 
figur 24-27. 
Joniis,  H.    Dramatiker  134. 
Italienische  Komödianten  24. 

—  Oper  72  f.  150. 


Karl  Leopold,  Herzog  von  Meck- 

lenburg-Scliwerin  159. 
— ,  Erzherzog  von  Oesterreich 35.48. 

—  X.  Gustav,  König  von  Schwe- 
den 77. 

—  XI.  König  von  Schweden  131. 
Keimann,  Chr.  Dramatiker  110. 
Kempfer,  J.  C.    Schauspieler  93. 
Kiel    97.    126.    134.    144.    145.    152. 

154.  156.  162. 
King,  Th.    Schauspieler  25. 
Klagenfurt  157. 
Klein,  B.    Puppenspieler  XIII. 
— ,  Val.  Danziger  61. 
Knaust,  H.    Dramatiker  6.  28. 
Koch,  Adam.    Schauspieler  93. 
Köln  38.  47.    48.    68.    78.    97.    134. 

139.  145. 
Königsberg  i.  N.  2.  20. 

—  i.  Pr.  2.  10.  11.  14.  16.  20.  34. 
36.  37.  38.  51.  59.  60.  63.  67.  68. 
71.  76.  77.  89.  97.  125.  126.  130. 
134.  137.  142.  148.  149.  155.  156. 
157.  160.  161.  280. 

Kopenhagen  31.  47.  85.  93.  97.  98. 

102.   120.  126.  144.  145.  152.  154. 

156.  161. 
Kostüm  der  Schauspieler  9.  86. 
Krakau  24.  61.  125.  151. 
Krause,  H.    Kürschner  37. 
Kreiser,  Jac  Meistersänger  10. 
Kreutzer,  J.  C.    Schauspieler  162 f. 
Krüger,  David.    Danziger  48. 
Künikhl.    Dramatiker  120. 
Künstlich,  G.  Kaufmann  161. 
Kuhlmann,  Jac.  Schauspieler   126. 

135. 
Kunst,  Anna.    Schauspielerin  153. 
— ,  Joh.  Chr.  Schauspieler  152  f. 
Kurland:  vgl.  Ferdinand,  Friedrich 

Casimir. 
Kursächsische    Komödianten    134. 

137.  142.  157. 


288 


Bolte,  Daß  Danziger  Theatei*. 


liafontaine,  J.  de.  Dramatiker  155. 
Laibach  138.  157. 
Lambert.    Schauspieler  168. 
Lani,  G.    Dramatiker  85. 
Lantrock,  P.  Bühnenmaler  85. 
Laiienbiirg    97.     Hofkomödianten 

157. 
Laufener  Schiffertheater  117. 
Laiiremberg,  J.    Dramatiker  85. 
Lebus  41. 

Leiden  34.  154.  280. 
Leipzig-    85.  96.    97.    98.    100.    101. 

102.  125.  126.  134.  139.   144.  145. 

146.  150.  152.  156.  157.   158.  161. 

163. 
Lemberg-  7. 

Lemmers,  J.    Dramatiker  230. 
Lenard,  Jac.    Danziger  61. 
Leopold  I.,    Kaiser    von    Deutsch- 
land 137. 
—  Wilhelm,  Erzherzog  von  Oester- 

reich  92  f. 
Lesage,  A.  R.  225. 
Lescailje,    K.     Dramatikerin    118. 

155. 
Lesna  110. 
Leytzen,  Familie  3. 
Ligneus,  P.    Dramatiker  28. 
Lingelbach,  D.    Dramatiker  117. 
Linz  119. 

Lipsiu.s,  J.    Philolog  135. 
Livius  37. 
Loancoupy,  Chr.  Fr.    Schauspieler 

119. 
Loccius,  N.    Dramatiker  230. 
Löblau  147. 

Logi   (Locci),  Aug.    Ingenieur  72. 
Lohenstein,  J.  C.  von.    Dramatiker 

110. 
London  134.  164.  172. 
Lonemann,  J.    Dramatiker  27. 
Lope  de  Voga  110.  219.  221. 
Louise    Marie    Gonzaga,    Königin 

von  Polen  71—76.  89. 
Lübeck    60.    93.    97.    99.    126.  134. 

140.  144.  151.  154.  X. 
Lüneburg  56.  76.  93.  96.  111.  114. 

120.  126.  144.  150.  151.  XVIII. 


Machin,  Lewis.  Dramatiker  38. 122. 

219.  221—224. 
— ,  Rieh.   Schauspieler  34.  222.  280. 
Macropedius,  G.    Dramatiker  14. 
Magnon,  J.    Dramatiker  134. 
Mainz  157. 

Mairet,  J.   Dramatiker  113. 
Manlrcdi.    Puppenspieler  151. 


Mann,    Joh.    Heinr.     Schauspieler 

161. 
Maria     Casimiria,      Königin     von 

Polen  128. 

—  Eleonore,  Herzogin  vonPreussen 
34. 

Marienburg  10. 

Markham,  G.    Dramatiker  219. 

Markusbrüder  10.  76. 

Mario \ve,  C.  Dramatiker  36.  114. 
119. 

Marston,  J.  Dramatiker  121.  176. 
184. 

Martini,  A.  J.  Schriftsteller  71. 
73  f.  76.  151. 

Massinger,  P.    Dramatiker  78—81. 

Mastklettern  58.  160. 

Matthias,  Kaiser  von  Deutschland 
48. 

— ,  Bischof  von  Leslau  1. 

Maukisch,  J.    Dramatiker    95.  281. 

Mauricius,  G.    Dramatiker  3. 

Mayer,  M.  Dichter  222. 

Mecklenburg:  vgl.  Christian  Lud- 
wig, Christoph,  Karl  Leopold. 
Hofkomödianten  157. 

Meder,  Joh.  Val.  Musiker  145—150. 

Meistersänger  10  f.  36. 

Melanchthon,  Ph.    20. 

Memmingen  119.  151. 

Menius,  Josias.    Schulmeister  5. 

— ,  Matth.    Schulmeister  20. 

Merseburg  102.  117. 

Metastasio,  P.  Dramatiker  164. 

Meyer,  Lod.  Dramatiker  117. 

Michael  von  Augs])urg,  Maler  2. 

—  Wiesczniewie,  König  von  Polen 
106.  125. 

Miltzreich,  David.  Schauspieler  102. 
Mitau  142. 

Mitternacht,  S.    Dramatiker  84. 
Möller  (Müller),   Chr.  Schauspieler 

140.  156. 
— ,  Gabriel.  Schauspieler  140. 155  f. 

158. 
Mohr,  E.    Schiffer  150. 
Mohrentanz    der    Kürschner    74  f. 

150.  159. 
Moliere,    J.  B.    118.    120.   121.  155. 

164.  282. 
Moller,    Heinr.    Dramatiker    3.  22. 

280. 
Montfleurv,  A.  J.  Dramatiker  120. 

121. 
Moritz,  Landgraf  vonHessen  35.60. 
Moskau  153. 
Mühlhausen  i.  Th.  22. 
MüUcr,  Joh.    Schauspieler  102. 


1.  Register. 


289 


Müller,  Joh.  Christoph.  Schauspie- 
ler ICl. 

— ,  Joh.  Ferdinand.  Schauspieler 
158. 

—  (Möller),  Martin.  Schauspieler 
156.  162  f.  282. 

München  66.  116.  134.  139. 145. 157. 

Nannini,  Giov.    Schauspieler  150. 

Naogeorg-,  Th.  Dramatiker  40. 

Neissc  48. 

Neuber,  Fried.  Karoline.  Schau- 
spielerin 158. 

Neuhaus  a.  I'.lbe  137.  157. 

Neuhäusel,  Schlacht  bei.    131. 

Nicolini.    Schauspieler  134. 

Niederdeutscher  Dialekt  24.  57. 
103.  121.  281. 

Nitz,  C.  E.    Schauspieler  153. 

Nördlingen  157.  172.  174.  280. 

Noozeman,  J.  Schauspieler  und 
Dramatiker  134. 

Nürnberg  10.  34.  35.  37.  47.  68. 
84.  117.  118.  124.  139.  144.  150. 
151.  157.  222.  224.   X  f ' 

Nyborg-  60. 

Oesterreich :  vg-1.  Ferdinand  Karl, 
Karl,  Leopold  Wiliielm ;  Eleonore. 

Ogier,  G.    Dramatiker  130. 

Oüva  146. 

Olmütz  48. 

Oper,  deutsche  145 — 150.  Italieni- 
sche 72  f. 

Opitz,  M.  63. 

Ouvertüre,  musikalische  86.  166. 
178. 

Ouville,  A.  d\   Dramatiker  117. 

Ovid  189. 


Pachius,  P.  Dramatiker  84. 

Painter,  W.    Novellist  22.  219. 

Pallavicini,  C.    Musiker  146. 

Pandßen,  Ad.  Andr.  =  Paulsen, 
C.  A. 

Pantalon,  Komödienfigur  24. 

Pantomimen  134. 

Pantzer  =  Bantzer. 

Pape,  A.    Dramatiker  44. 

Paris  71. 

Pauli,  B.  Bürg'ermeister  von  Ham- 
burg 97. 

Paulsen  (Paiili),  Anna.  Sängerin  97. 

—  Carl  Andreas,    Scliaus])ieler  96 
—  123.  139.  144.    172.  226.   232. 

—  Elisabeth  96. 
Th.  F.  XII. 


Paulsen.  Ferdinand  Egid.    102. 

—  Kathari'ia  Elisabeth  100. 
Pedell,  Abr.,  Jac.  u.  Wilh.    Schau- 
spieler 41.  280. 

Peele,  G.   Dramatiker  37. 
Pels,  A.  Dramatiker  130.  155. 
Penicke  =  Bönicke. 
Percy,  R.  Schauspieler  25. 
Perera,  Em.    Schauspieler  134. 
Perspektiv  85. 

Peter  der  Grosse  152.  159.  160. 
Petersburg  152.  158.  160.  161. 
Pevs,  A.  Dramatiker  117. 
Pletter,  M.  Drainatiker  230. 
Püugbeil,  A.    Schauspieler  41. 
Philipp  Julius,   Herzog  von  Pom- 
mern 43. 

—  IL,  Herzog  von  Pommern  43. 
Piccolomini,    M.   A.  u.  A.    Drama- 
tiker 108. 

Pickelhering  175.  225. 
Placotomus,  J.    Arzt  6 f. 
Plantin,  J.    Schaiispieler  153. 
Polen     38.    48.    Vgl.    Casimir    JH., 

Johann,    Casimir,     Johann    So- 

biesky,  Michael,   Sigismixnd  III., 

Wladislaus.  Louise  Marie,  Maria 

Casimiria. 
Poiicinellospiel  151  f.  154.  155.  159. 
Polnische    Aufführungen    65  f.    70. 

110.  138. 
Pomarius,  J.    Dramatiker  29. 
Pommern:  vgl.  Bogislav,  Casimir, 

Franz,  Philipp  Julius,  Philipp  IL 
Ponyn,  G.    Schulmeister  14. 
Pope,  Th.  Schauspieler  25. 
Porta,  Konr.    Dramatiker  11. 
Pradon,  N.    Dramatiker  155. 
Praet,  St.  de.  Kupferstecher  73. 
Prätorius,  Abdias.     Theolog  5. 
— ,  Martin.    Schulmeister  12. 
— ,  Petrus.    Dramatiker  2.  20  f. 
Prag    48.    66.  78.    97.  98.  114.  134. 

151.  157.  280. 
Prehausei",  G.    Schauspieler  152. 
Preiss,  H.    Danziger  61. 
PucciteUi,  V.    Musiker  72. 
Pudsey    (Pudey),    E.  Schauspieler 

68  f. 
Puppenspieler  21.  22.  27.  32.  151  f. 

154.  155.  159.  161.  280.  XIII. 
Puschmann,      A.      Meistersänger 

11.  36. 
Pvrmont  144. 


Quinault,  Ph.  Dramatiker  117.  144. 
Quoten,  S.  P.  v.  Schauspieler  102. 

19 


m 


Bolte,  Das  Danziger  'Theater. 


Rabel,  Jac.    Seiltänzer  34. 
Rademin,  H.  Dramatiker  225. 
Raue,  Joh.  Dramatiker  82 — 88. 
Rautenberg,  A.  u.  J.  145. 
Rebhun,  P.    Dramatiker  21. 
Regensburg  37.    63.  118.  119.  124. 

137.  139.  157. 
Reinald  (Rennols,  Rej^noldt),  Rob. 

Schauspieler.     47.     49.    63.    68  f. 

175. 
Reinholdi-Brüderschaft  1  f. 
Retellius,  M.    Schulmeister  6. 
Reval  145. 

Rhode,  A.  Danziger   8.  15.   16.  20. 
Richter,  Herm.  Reinh.  Schauspieler 

102.  117.  140. 
Riga  60.  70.    76.    93.  97.    111.   114. 

120.  126.  128.  129.  134.    137.  142. 

145.  149.  150.  152.  156.    160.  161. 

162.  163.  282. 
Rijk,  J.  de.    Dramatiker  155. 
Rijndorp,  J.  van   Schauspieler  130. 

134.  154  f. 
Ringelstechen  65.  138. 
Rist,  J.    Dramatiker  57.  85.  89.  134. 
Rodax,  A.    Schauspieler  153. 
Rodenburgh,  Th.  van.  Dramatiker 

118. 
Roe,  W.   Schauspieler  68  f.  281. 
Rojas,  F.  de.    Dramatiker  219.  225. 
Roll,  n.  Dramatiker  11.  15f.  21.  29. 
Rollenhagen,     Gabr.     Dramatiker 

114. 
Rosa,  Chr.   Dramatiker  84. 
Rosenberg,  G.    Danziger  14. 
Rosenblüt,  H.  230. 
Rostock  34.  51.  97.  126.  128.  157. 
Rothe,  A.    Puppenspieler  27. 
Rothenburg  a.  T.  172.  280. 
Rotterdam  155. 
Rowe,  Walther.    Musiker  68. 
Rowley,  W.  Dramatiker  114  f. 
Russland:    vgl.  Alexej,  Petei*. 


Saalfeld  225. 

Sachs,  Hans  8.  10  f.  15.  27.  28.  29. 

37.  59.  60.  192. 
Sachsa  27. 
Sachsen:  vgl.  Christian  I.,  Friedrich 

August,  Johann  Georg  IL— IV. 
Sackville,  Th.  Schauspieler  222. 
Sächsische    Conipagnia     128.    134. 

139.  140.  —  Hofkomödianten  156. 

158.  281.  vgl.  Kursächische. 
Salzburg  117. 
Salzsieder,    G.    Schauspieler    101. 

139. 


Sammers,  J.  Schauspieler  1.30—134. 
Santkamer,  C.  Danziger  61. 
Sbarra,  F.    Dramatiker  118. 
Scacciii,  M.    Musiker  72. 
Scharpinck,  T.  Danziger  8. 
Schatten.  Schauspieler  163. 
Schattenspiel  129.  282. 
Schauspieler  marschieren  vor  Be- 
ginn des  Stückes  auf  86. 
Schiflsumzug  9.  XI. 
Schilius,  J.    Prediger  62. 
Schleswig    96.     134.   Vgl.     August 

Friedrich,  Friedrich  III. 
Schlu,  J.  Dramatiker  31. 
Schneidewin,  J.  H.  Schauspieler  93. 
Schoch,    J.  G.  Dramatiker    84.  86. 

163. 
Schönrock,     J.    D.    Puppenspieler 

161. 
Schönwalt,  S.    Meistersänger  10. 
Scholtzenberg,    F.   v.    Dramatiker 

176,  230. 
Schouwenburgh.    Dramatiker  118. 
Schreck,  Val.  Dramatiker  11  f.    13. 

16.  28. 
Schröder,  Fr.    Schauspieler  134. 
— ,  Georg.  Danziger  Ratsherr  103 

—  110.  121.  171f. 
Schulkomödien:     vgl.     Danzig, 

Scliulen. 
Schultz,  Joh.  Schauspieler  160. 
—  Paul.    Schauspieler  58. 
Schumann,  Val.  Novellist  121.  171. 
Schwalbach  126.  157. 
Schwartzwald,     Heinr.      Danziger 

125. 
Schweden    78.  144.    152.    161.  Vgl. 

Christine,     Karl    X.,    Karl    XL; 

Stockholm. 
Schwerin  128. 
Schwerttanz  60.  XI;  der  Kürschner 

73  f.  —  der  Schifter  9.  65.  74. 
Scolary  =  Solar. 
Seeliger,  M.  Schauspieler  163. 
Seidel,  Br.    Dramatiker  29. 
Seiltänzer  51.  58.  92.  150. 
Seneca  28.  30. 
Sercambi,  G.  Novellist  226. 
Settle,  E.   Dramatiker  110. 
Shakespeare,  W.    36.    60.    67.    119. 

121.   175  f. 
Sieber,  J.  Dramatiker  163. 
Sigisnmnd  IlL,  König  v.  Polen  50. 

57.  63.  72. 
Simon,  M.    Danziger  42. 
Skriver,  S.    Dramatiker  3. 
Shiwskv,  J.    153. 
Soet,  J'.    Dramatiker  119.  225.  229. 


1.  Register. 


291 


Solar,  J.  S.    Schauspieler  161. 

Soldaten  als  Schauspieler  60. 

Sophokles  30.  G.3. 

Spatsier,  A.    Schauspieler  134. 

Spencer,  John.  Schauspieler  34.  36. 
37-40.  41.  51  f.  172.  224.  280. 

Sperling,  Otto  97  f. 

Spilenberg,  Elisabeth.  Schauspie- 
lerin 112. 

Splawskij,  J.   Russe  152. 

Staden,  van.    Russ.  Offizier  97. 

Starkey,  J.  E.    Schauspieler  153. 

Steier,  S.    Dramatiker  29. 

Stephens,  Th.    Schauspieler  25. 

Stettin  40.  43.  1(;2. 

Stiller,  Casp.  Schauspieler  93.  110. 
224. 

Stockfisch,  Hans  =  Spencer  38.  41. 

Stockholm  76.  77.  102.  126.  134. 
142.  151.  1.56.  1621". 

Stralsund  157. 

Stranitzkv,  J.  A.  Schauspieler  152. 
161. 

Straparola,  G.  F.    175.  226. 

Strassburg  35  37.  68.  97.  119.  126. 
157.  280. 

Strauss,  IMich.  Prediger  145. 

Strungk,  N.  A.    Musiker  146  f. 

Stryker,  Th.  Schauspieler  150. 

Studenten  als  Schauspieler  93.  134  f. 

Stuttgart  120. 


Tänze,  ausländische  15.  27.  58.  — 
Vgl.  Handwerker,  Seiltänzer. 

Talander  (A.  Bohse)  111. 

Taschenspieler  139. 

Terenz  17. 

Thammius,  B.    Dramatiker  79. 

Theaterlogen  61. 166.  168.  Theater- 
vorhang 851'.  Theaterzettel  31. 
51.  127.  143.  164—168. 

Thorn  7.  14.  57.  129    153.    X.  XII. 

Thraso,  Komödientigur  24. 

Tieck,  L.  116. 

Tiergefechte  42.  57. 

Tiess,  J.    Schauspieler  58. 

Tilly.    Schauspieler  152. 

Tirso  de  Molina.     Dramatiker  122. 

Titelius,  J.  Dramatiker  29. 

Titz,  J.  P.    Dichter  63.  71. 

Tonnis,  J.    Dramatiker  84. 

Torgau  68.  1.39.  226. 

Totzmannus,  M.    Dramatiker  40. 

Trautenau  60.  280. 

Treu  (Drev),  M.  D.  Schauspieler 
111.  114.^118.  120.  123.  134.  144. 
281. 


Tristan  TErmite.    Dramatiker  118. 
Triumphbogen  in  Danzig  57. 72. 127. 
Turnier  7  f.  58.  76.  X. 
Tybo,  A.  K.  Dramatiker  31. 
Tzetzkius  =  Zetzkius. 


Fhlich,    J.   A.    Schauspieler    137. 

152. 
Ulm  35. 

Unkraut,  M.  Schauspieler  134. 
Utrecht  21.  280.  281. 


"Veiten,  Anna  Kath.  Schauspielerin 

100. 
— ,  Joh.    Schauspieler   93.    97.    99. 

lOOf.  111.  118-122.  128.  139.  156. 

164.  226.  281. 
-,  Kath.    Elisabeth    100.   120.  135. 

139-141.  142-145.  176. 
Venedig  XI. 
Vergil  83. 
Vertooninge  84  f. 
Vinci,  L.  da.  Musiker  164. 
Virnius,  J.F.  Schauspieler  41.4.3.45. 
Vise,  J.  de.    Danziger  56. 
— ,  P.  de.     Dramatiker  56. 
Vondel,  J.  van  den.     Dramatiker 

84.  93. 
Vos,  Jan.    Dramatiker  225.  229  f. 
— ,  Isaak.    Dramatiker  110.  281. 


Waghos,  C.    Seiltänzer  150. 
Waide,  J.  =  Weyd. 
Waimer,  Phil.    Dramatiker  22—27. 
Waldung,  W.    Dramatiker  30. 
Wallerottv,  F.  G.  Schauspieler  113. 

117.  120.  144. 
Wanguly.   Puppenspieler  78  f. 
Warschau  68.  71.  73.  76. 
Wasungen  145. 

Weben  Trapp,  D.    Seiltänzer  51. 
Webster,  G.    Schauspieler  222. 
Wedwer,  W.    Schauspieler  68  f. 
Weichselmünde  58. 
Weimarer  Holkomödianten  156. 
—  Repertoire  111.  118. 
Weingruss  4. 
Weiss,  Jac.    Danziger  66. 
— ,  M.  =  Albinus. 
Weissenfeis  152. 
Wels,  D.    Dramatiker  155. 
Wentzel.    Kürschner  10. 
Weyd,  J.    Schauspieler  68  f. 
Weyer,  G.  Danziger  145. 
Wickram,  G.  60.  138. 


292 


Bolte,  Das  Danziger  Theater, 


Wien    68.   98.    134.    144.    145.    150. 

151  f.  157.  inO.  161.  164. 
Winckler,  J.  J.   Theolog  144. 
Windsheim  79. 

Wirtii,  Mich.    Schauspieler  153. 
Wismar  126. 

Wittenberg  20.  40.  84.  97.  121. 
Wittich  (Witting),   J.    Dramatiker 

147. 
Witzke,  P.    Schriftsteller  57. 
Wladislaus  II.  Jagello,  König  von 

Polen  57. 

—  III.,  König  von  Polen  und  Un- 
garn 72. 

—  IV.,    König    von    Polen    61.  63. 
68.  71.  72. 

WolCenbüttel  41.  47.  150.  157. 


Wolff,  Herrn.    Schauspieler  134. 

Wolffius,  J.    Dramatiker  28. 

Worms  139. 

Wossitz  62. 

Wouthers,  A.  F.    Dramatiker  118. 

Würtembergische  Hottomödianten 

118. 
Wulff,  A.  J.    Schauspieler  123. 134. 

Ystad  134. 

Zani,  ital.  Narr  24. 
Zetzkius,  J.    Schuhneister  75  f. 
Ziely,  W.    Romanschreiber  59. 
Zjermez,  A.  K.  van.  Dramatiker  23. 
Zimmermann,  M.    Danziger  6. 
Züllichau  59. 


2.  Register. 


Dramentitel. 


Absalon  31. 

ActJlon,  der  clii-istliclie  138. 

Adam  und  Eva  33.  (Roll)  14. 

Advokat  und  Pickelhering-  143.144. 

Aeneas  und  Lavinia  (Raue)  83—88. 

Agapetus  (Lani)  85. 

Alamoda,     die     verführerische 

(Sbarra)  118. 
Alarich  oder   die   irrende  Geilheit 

118. 

—  und  Soniiro  118. 

Älcaide  de  si  mismo  (Calderon)  121. 
Alceste  151. 

Alesandro  (Piccoloniini)   108. 
Alexanders  Glücks-  und  Ung-lücks- 

probe  118. 
Amanten  ««tew^es(Rollenhag'en)  114. 
Aminfas,  den  dollen  (Wels)  155. 
Amor  der  Arzt  (Moliere)  121. 
Amor  costante  (Piccolomini)  108. 
Am,or,  lionor  y  poder  (Calderon)  23. 
Amor  maestro  d'inganni  111. 
Am,ore  vuol  j)oUtica  117. 
Am,our  medecin  (Moliere)  121. 
Amour  peintre  (Moliere)  155. 
Anabella  von  Ferrara  172. 
Andromeda   151.  (Meder)  145. 
Antigonc  (Sophokles.  Opitz)  63. 
Aran  en  Titus  (Vos)  229. 
Arlequin  162.    Vgl.  Harlekin. 
Aspasia  118. 
Aurora  und  Cephalus  151. 

—  und  Stella  (Calderon)   143.  144. 
Avare  (Moliere)  118. 

Bauer,  der  betrunkene  und  der 
Herzog"  v.Burgund  (Shakespeare. 
Baryka.    Gawinsky)  67. 

Bauernhochzeit  119. 

Betrug"  der  Alamoda  (Sbarra)  118. 

Bettelmädchen,  das  durchlauch- 
tige 119. 

Black  man  119. 


Bootsqezel,    de   moetwülige    (Sam- 

niers)  130. 
Bourgeois   gentühomme    (Moliere) 

101. 
Braten  und  Perle  120. 
Bicskenblaser  230. 

Caballero  mudo  (Lope)  219.  221. 
Cambvses  und  Doralice  (Scholtzen- 

berg)  176,  230. 
Capitain  Cohvev  121. 

—  Sta  121. 

Celido  and  Sedea  38. 

Chauldronnier  227. 

Christi  Geburt  60.  88.  (Albinus)  62. 
(Hoppius)67.  (Maukisch)  95.  (Flor- 
schütz) 130. 

—  Zukunft  20. 

Christoph  v.  Mömpelgart  und  Ve- 
ronica  v,  England  122.  171. 

Chrvsilla  226. 

Cid '(Corneille)  101. 

Coelia,  die  Avieder  verehelichte 
(Meder)  149. 

Collier  des  perles  (Girardin)  120. 

Coupe  enchantee  (Lafontaine)  155. 

Coups  d'ainoitr  et  de  fortune  (Cal- 
deron) 144. 

Crispin  and  Crispinian  (Rowlev) 
114.  116.  118. 

l>achdecker  119. 
Dama  duende  (Calderon)  117. 
David   und   Bathseba    13.  44.  101. 
120. 

—  und  Saul  21. 

Depositio  cornuti  (de  Vise.  Rist)  56. 

Desden  i^engado  (Lope)  219. 

Destruction  of  Troy  38. 

Dido  7.  28. 

Diocletian  und  Maximin  mit   dem 

Schuster  114. 
Disa  134.  156. 


294 


Bolte,  Das  Dauzig-er  Theater. 


Dorothea  (Massinger  u.  a.)  78—81. 

281. 
Diücimunda  89.  108.  113  f. 
Durnh  knight  (Machin)  38.  122.  219. 

Easticard  hoe  (Marston). 

Ecole  des  jaloux  ou  le  cocu  volon- 

taire  (Montfleurv)  121. 
Edward  III.  (Avrer)  22  f.  111. 
—  IV.  (Th.  Heywood)  36. 
Eginhard  und  Imnia  (Paiilsen)  102. 
Eifernde  mit  sich  selbst  121. 
Eifersucht,  die  ji'lückliche  120. 
Elisa  (Waimer)  22. 
Enamorado  mudo  (Castro)  220. 
Erlösung-  nienschl.  Geschlechts  29. 
Erofilo  (Albini)  163. 
Error e  honesto  163. 
Esprit  follet  (Ouville.  Hauteroche) 

117. 
Esther  230. 

Etourdi  (xMoliere)  118. 
Eustachius  138. 

Fantöme  amoureux  (Qiiinault)  117. 
Faust  (Marlowe  u.  a.)  36.  108  f.  114. 

155.    281  f. 
Füle  capitaine  (Montfleurv)  120. 
Fleischermädchen  120. 
Fortunatus  (Dekker)  36. 
Fourheries  de  Scapin  (Moliere)  121. 
Frau:  fromme  F.  von  Antorf  36. 
Fritzel  Fingerhut  176. 
Fuerza  lastimosa  (Lope  de  Vega) 

110  f. 
Fund,  den  Teufel  zu  betrügen  120. 

Galan  fantasma  (Caldcron)  117. 

Galmy  (Sachs)  60. 

Geilheit,  die  gestrafte  118. 

Geizhals  118. 

Gelosie  fortunate  (Cicognini)  120. 

Genovefa  (Wouthers)  101. 118.  162. 

226. 
Geölter  de  soi-meme  (Th.  Corneille) 

121. 
Georg-,  St.  111  f. 
Gericht,  das  jüngste   8.  20.  22.  33. 

280. 
Gespenst,  das  verliebte  (Grvphius) 

117. 
Glück,  das  beneidete  120. 
— ,  das  veränderliche  118. 
Goosen,  Droncke  230. 
Goosecappe,  Sir  Gyles  23. 
Graf    von     Angiers     (Germanus) 

XII. 
Gramschap  (Ogier)  130. 


Griseldis  (Burchard)  14.  (Schreck) 
16-20.  226. 

Hahnrei,  der  freiwillige  121. 

Hamlet  (Shakespeare)  121. 

Hans  unter  den  Soldaten  103.  121. 

171.  281. 
Harlekins  Hochzeit  176. 
Harlequin,  den  udstoppede  120. 
Hecastus  (Macropedius)  14. 
Henricus  v.  England  60. 
Hercules  und  Alceste  151. 
Herodes  und  Mariamne  118. 155.282. 
Herpin  59. 
Herzog  von  Ferrara  172. 

—  von  Florenz  36. 
Hiob  33. 
Hippolytus  28. 
Hochzeit  zii  Kana  21. 
HofFman  (Chettle)  25. 
Hosianna  niiptiale  (Zetzkius)  76. 
Humours  of  John  Sivabber   229  f. 
Hus,  Joh.  (Agricola)  9. 

(Talonsed' elle-meme{Boisrohevt)\21. 

Jaloux  iiivisible  (Brecourt)  231. 

lason  und  Medea  151. 

Ibrahim  Bassa  (Lohenstein)  104. 110. 

Ick  kenje  niet  (Bara)  176. 

Jephta  29. 

Ingannati  (Piccolomini)  108. 

Jochem  Jool  (Soet)  225. 

Jodelet  121. 

Johannes,  Dominus  24—27. 

Jonas  XIV. 

Josephe  der  Jude  v.  Venedig  119. 

Irrgart  der  Liebe  104-106.  110  f. 

Irrungen,    Komödie    der    (Shake- 

s]»eare)  101. 
Isaaks  (Opferung  31. 

—  und  Rebekka  (Prätorius)  2.  20  f. 
Jude  von  Malta  (Marlowe)  119. 

—  von  Venedig  34.  36.  119.  176. 
177. 

Judith  161. 

Jungfer  Capitain   120. 

Katze  im  Sacke  70. 

Kaufmaini  von  Venedig  (Shake- 
speare) 119.  175. 

Kelk,  de  hefooverde  155. 

Kerker,  der  treue  118. 

Kniqht.  the  durnh  (Machin)  38.  122. 
219.  ' 

König  v.  Cypern  und  Herzog  v. 
Venedig  .36. 

König  in  Cvpern  (Ayrer)  27.  222— 
224.  225. '228  f. 


2.  Register. 


295 


König-,  der  oiserno.  118. 

—  V.  Eng-laiul    und   Goldsclimieds 

Weib  3<). 
Königin  in  Liebentlial  (Weiss)  89. 
Köniji'ssölme,  zwei  (Sachs)  28. 
Krispijn  jnfj'rouw  en  notaris    (de 

Rijlv)  155. 

Ijciherinto  de  amor  111. 
Lächerlichkeiten,     die     Icostbaren 

(Molicre)  1G4.  1G8. 
Lmnmert,  de  jcdoursse  230. 
Lances    de  amor  y  fortuna    (Cal- 

deron)  120.  144.  ' 
Lazarus;  s.  Reicher. 
Lear  (Shaliespeare)  138. 
Liebesg-espenst  110.  117. 
Liebesirrg-arten  111. 
Liebesprobe  118. 
Liebessoldat,  der  verirrte  112. 
Locrine  176.  186. 
-Loi'e,  p/m/  of  (J.  Heywood)  26. 
Loves  mistresse  (Th.  Hey  wood)  176. 
Liicretia  51.  54. 

Ludwig-  u.  Friedrich  v.  Ungarn  36. 
Lügner,    der    künstliche   120,    143. 

144. 
Luther  1.  2. 

Maliomet  and  Hijrin  (Peele)  37. 

Mantalor  113. 

Margarete  und  Georg  106—108. 
111  f. 

Marianne  (Tristan  I'Ermite)  118. 

Mariano  (Rambach)  121. 

Marktschreier  120. 

Marte  e  Amore  (Brunerio)  73. 

Mascarillia  der  kluge  Knecht  (Mö- 
llere) 118.  111. 

Mayor  monstruo  los  celos  (Cal- 
deron)  118. 

Medea  30.  151. 

Meester  Kackadoris  230. 

Meidleinschul  (Porta)  11. 

Melusina  (Ayrer)  16. 

Menteu?^  (Corneille)  120. 

Mercator  (Naogeorg)  40. 

Mei/dag,  de  derde  (Rijndorp)  155. 

Minnares  naar  de  moode  155. 

Moda  (Sbarra)  118. 

Mönche  und  Nonnen  2. 

MüUerniädciien,  das  durchlauch- 
tige 162. 

Muliasses  the  Türke  (Mason)  38. 

Mum  119. 

5fabal  (Gualtherus)  3.  280. 
Nachbar  Wilhelm  226. 


Nero  29.    (Meder)  145-147. 
Niemand  und  Jemand  36. 
Niesende,  der  120. 

Odomira  119. 

Gene  (Vos)  225.  229-231. 

Olwier  und  Artus  (Sachs)  28.  59. 

Orestes  (Waldung)  30. 

Orondates  en  Statira  134. 

Orontea  12ü. 

Orontes,  Drei  (Boisrobert)  120. 

ürtensio  (Piccolomini)  108. 

Pandora  29. 

Pantalon  119. 

Papinianus  (Gryphius)  152. 

Parasitaster  (Marston)    121.  172— 

174.  184. 
Passionsspiel  147.  150. 
Pastor  fido  (Guarini)  125. 
Perle  120.  121. 

Perseus   und  Andronieda  102.  151. 
Phänicia  (Ayrer)  175. 
Philocles  und  Mariana  224. 
Phönix  175. 
Phormio  (Terenz)  17. 
Pickelherings  Akademie  119. 
— ,  der  ausgestopfte  1201". 

—  doppelte  Heirat  176. 

—  Schuldner  120. 

—  und  Schulmeister  120. 
Pontus  (Roll  u.  a.)  15  f.  29. 
Precieuses  ridicides  (Moliere)  164. 

168. 
Prinz  als  Narr  117. 

—  als  Schuster  109.  115. 

Queen,    or   the    excellency   of  her 
sex  219. 

Re  cervo  (Gozzi)  228. 
Redkunst  (Harsdörfer)  111. 
Regulus  (Pradon)  155. 
Reicher  Mann  und  armer  Lazarus 

27.  33.  36.  70.  161. 
Ridder,  Stammen  (Bredero)  221. 
Ritter,    der    stumme    27.  122.    171. 

219-224.     Abdruck  232-267. 
— ,  der  weisse  (Sachs)  59. 
— ,    zwei     aus     Hoch     Burgundia 

(Sachs)  27. 
Rosetta  (Elmenhorst)  163—166. 

Samariter,  der  barmherzige  (Roll) 

14.  29. 
Scabins  Betrügereien  (Meliere)  121. 
Schäfer,  der  plauderhafte  166. 


296 


Bolte,  Das  Danziger  Theater. 


Schauplatz  der  ung-lücklichen  Ver- 
liebten 113. 

Schilder  door  liefde  (Pels)  155. 

Schneiders  Weib  iin  Sacke  119. 

Schreiber  und  Koch  121. 

Scluihniachcr  blauer  Montag-  llß. 

Schulmeisterund  Pickelhering  120. 

Sechs  Kämpfer  von  Rom  und  Alba 
(Sachs)  36.  37. 

Shoemaker  a  qentleman  (Rowley) 
114. 

—  's  holiday  (Dekker)  116. 

Sig"israoudo  (Calderon)  118. 

Silvie  (Mairet)  113. 

Siroe  (Metastasio)  164.  166  —  168. 

Sohn,  der  verlorene  33.  35.  226. 
230.  280. 

Speckdieb  120.  282. 

Squenz,  Peter  (Gryphius)  16. 

Stein,  der  unsichtbar  machende 
119.  122.  176.  223.  225-232.  Ab- 
druck 268—279. 

Stockholms  Parnas  134. 

Studentenleben  84. 

Teufels  Betrug  120. 
Theseus  und  Hipjjolytus  28. 
Tiberius  v.  Ferrara  und  Anabella 

V.  Mihnpelg-ard  J21.  171—218. 
Tischlerspiel  123. 

TitusAndronicus  (Shakespeare)  101. 
Tobias  138. 


Trahison  jninie  225. 

Traicion  busca  el  castigo  (Rojas) 

225. 
TraUre  j)uni  225. 
Tugend-  und  Liebosstreit  36.  176. 
Türkische  Tritimphkomödie  37. 

Ungeheuer,  das  grosse  118. 
Unsichtbarkeit    des    Pickelherings 

226. 
Untreue    schlägt     seinen    eignen 

Herren  171.  224  f. 

Veroneser  (Shakespeare)  175. 
Vida  es  siieno  (Calderon)  118. 
Vidiia  casta  23. 
Virenus  und  Olvmpia  137  f. 
Visibilis  und  invisibilis  119.  226. 
Vorwitz,  der  unzeitige  192. 
Vrouicenheicaarder ,    de    bedrogen 
(Green)  155. 

^Vallenstein  281. 

Weihnachtsspiel  =  Christi  Geburt. 
Wiens  Belagerung  129.  131  f. 
Wladislaus  57. 

Zuletzt    bekommt   der  Narr  doch 

das  Beste  110.  117. 
Zwang,  der  beklägliche  (Vos.  Gref- 

linger)  110.  119.  281. 
Zwischenspiel  84. 


UniversitUts-Bucbdruckerei  von  Carl  Georgi  in  Bonn. 


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Bolte,  Johannes 

Das  Danziger  Theater 


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