J-^
lidyM
LITTERAßHISTORISCIIE
FORSCHUNGEN.
HERAUSGEGEBEN
VON
Dr. JOSEF SCHICK, Dr. M. Frh. v. WALDBERG,
UND
o. ö. Professor an der Universität a. o. Professor an der Universität
München. Heidelberg.
X. Heft
KARL HAYO VON STOCKMAYER
DAS DEUTSCHE SOLDATENSTCCK DES ACHTZEHNTEN
JAHRHUNDERTS
SEIT LESSINGS MINNA VON BARNHELM
WEIMAR
VERLAG VON EMIL FELBER
1898
S'3654-a
DAS
DEUTSCHE S0LMTEN8TÜCK
DES XYIIL JAHRHUNDERTS
SEIT
LESSINGS MINNA VON BAßNHELM
VON
KARL HAYO VON STOCKMAYER
65^
\
WEIMAR
YEELAG YO^ EMIL FELBER
1898
h
Alle Rechte vorbehalten.
Druck von Emil Felber in Weimar,
Hermann Allmers
in Verehrung und Freundschaft
zugeeignet.
\JV
I
Vorwort.
Vorliegende Studie ist auf Anregung Herrn Professors
Max Freiherrn von Waldberg entstanden und schulde
ich demselben wärmsten Dank für das Interesse, mit dem
er den Fortgang der Arbeit begleitet und gefördert hat.
Bei der Herbeischaffung des zu berücksichtigenden Materials
bin ich aufs bereitwilligste unterstützt worden von der
Universitätsbibliothek in Heidelberg, der Grossh. Hofbib-
liothek in Darmstadt und der K. Staatsbibliothek in Stutt-
gart, ferner von den Bibliotheken der Hoftheater in Stutt-
gart und Karlsruhe. Mit aufrichtiger Dankbarkeit gedenke
ich auch des Herrn Geh. Hofrats Professor Joseph
Kürschner in Eisenach, der mir in uneigennütziger Weise
die Schätze seiner Privatbibliothek zur Benützung an Ort
und Stelle überliess.
Das bibliographische Verzeichnis im Anhang giebt den
Massstab für den Umfang der der Arbeit zu Grunde liegen-
den Einzelstudien. Es enthält allerdings weit mehr Stücke,
als in der Untersuchung selbst zur Sprache kommen konnten,
da es in chronologischer Ordnung eine möglichst voll-
ständige Aufzählung der zu dem behandelten Thema in
Beziehung stehenden dramatischen Litteratur überhaupt
geben soll. Die Zusammenstellung dieser bibliographischen
Uebersicht erfolgte nach dreierlei Gesichtspunkten ; es sind
vertreten: eigentliche Soldatenstücke, ländliche
— VIII —
DraiTK'ii und Dramen aus dem bürgerlichen Kreis.
Bei (l< r Sammlung der ersteren habe ich die denkbar
grösste Vollständigkeit angestrebt und ohne Unterschied
alles herangezogen^ was den Namen eines militärischen
Dramas rechtfertigte. (Ist mir dies mit Vermeidung allzu
fühlbarer Lücken gelungen, so scheint freilich mein ganzes
Verdienst nur darin zu bestehen, dass ein kleiner Bruch-
teil der bei Gödeke verzeichneten Bühnenlitteratur von
einem bestimmten Gesichtspunkt aus ausgewählt und zn
einer engeren Gruppe zusammengefasst wurde. Denn mit
wenigen Ausnahmen finden sich jene Stücke auch in Gödekes
Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung 2. Aufl.
Bd. 4 (1801) und Bd. 5 (1893). Wie niühsam aber die
Jagd nach Antorennamen ist, wenn man es häufig mit er-
bärmlich gedruckten, schlecht erhaltenen anonymen Text-
bü(;hern oder blossen Titelangaben der Stücke in Theater-
zeitschriften zu thun hat, das entzieht sich freilich einer
späteren Beurteilung.)
Die satirischen und politischen Lustspiele eines flulius
von Voss sind nur des Gegensatzes wegen angereiht und
weil sie zugleich am besten den Niedergang der einst
herrschenden litterarischen Mode bezeichnen. Bei den
Stücken im Stil des „dankbaren Sohnes" von J. J. Engel
und den bürgerlichen Dramen konnte ich mich nicht, wie
mitunter bei den Soldatenstücken, auf blosse Titelangaben
verlassen. Hier musste eine eingehende Lektüre feststellen,
inwieweit darin verwendete militärische Motive und Figuren
zur Berücksichtigung und zur Aufnahme in dem Verzeichnis
berechtigten. (Einige wenige Stücke, die mir nicht zu-
gänglich gewesen und aus deren Titel nicht mit Sicherheit
auf den Inhalt zn schliessen war, sind mit Fragezeichen
versehen.) Der Abschlusstermin ist hier willkürlicher als
in den Soldatenstücken festgesetzt. Doch ging ich im all-
gemeinen darauf aus, die Weiter Wirkungen aus den sieb-
— IX
I
i
I
ziger und achtziger Jahren zu verfolgen und Halt zu
machen vor einer dramatischen Periode, wo das soldatische
Charakterbild verblasste und sich loslöste von der Wirkungs-
sphäre, in der es das letzte Drittel des 18. Jahrhunderts
mit Vorliebe sah. Immerhin Hesse sich über die Not-
wendigkeit der Aufnahme mancher Stücke aus der Iffland-
Kotzebueperiode streiten, die auf direktem AVege nicht mehr
an den Namen Lessings oder seiner nächsten Nachahmer
angeknüpft werden könnten. Für die Untersuchung selbst
wäre es jedenfalls nicht erforderlich gewesen, die Samm-
lung von Material über die Wende der beiden Jahrhunderte
hinaus fortzusetzen. Für die bibliographische Aufzählung
aber gaben den Aussclilag Kotzebue und Iffland, die nach
Prinzip und Wirkung ihrer Dichtwerke unstreitig noch
diesseits der Grenzsclieide stehen.
Die guten Dienste, die mir der 4. und 5. Band von
Oödekes Grundriss geleistet hat, möchte ich durch einen
kleinen Beitrag an Ergänzungen und Verbesserungen ver-
gelten, die zwar häuHg von geringer Wichtigkeit sind, im
Interesse der Zuverliissigkeit und Vollständigkeit de^ un-
schätzbaren Werkes aber nicht unwillkommen sein werden.
Dieselben beziehen sich auf Anmerkung 32 im iVnhang
uud auf folgende Nummern (nebst den Anmerkungen) des
bibliographischen Verzeichnisses: 18. 20. 21. 23. 2."). 27.
57. 92. 95. 9(). 109. 117. 123. 129.
165. 167. 176. 181. 183. 188. 198.
31. 43. 46. 49. 56.
153. 154. 157. 162.
207
und 242.
8tatt«:art im Februar 1898.
Karl Hayo von Stockninver.
/'.
^v
Inhalt,
Seite
Vorwort YII
Einleitung 1
Die ersten Anregungen der „Minna von Barnhelm". Brandes,
Stephanie, Engel und deren N^achahmer 9
Das Soldatendrama 29
Unmittelbare Beziehungen des zeitgenössischen Dramas zu
i^_ Lessings „Minna von Barnhelm" 44
|HP Anmerkungen 86
Bibliographisches Verzeichnis 101
Register 121
I
Einleitung.
I
Der nationale Gehalt, den die dramatische Poesie im
letzten Drittel des 18. Jahrhmiderts in Dentschland ge-
wonnen hatte, dnrch den sie in den stärksten Gegensatz
zum Regelzwang und Stelzengang des französischen Dramas
getreten war, ist ein AVerk von Lessings „Minna von Barn-
helm" und Goethes „Götz von Berlichingen". Das Streben
nach Darstellung natürlicher Vorgänge und Handlungen
und einfacher, glau])hafter Charaktere erhält die festeste
Basis dadurch, dass diese ganze neuentdeckte AYelt, in der
wir handeln und leiden, lieben und hassen, auf vater-
ländischen Boden versetzt wurde. „Deutsche Geschichte,
deutsche Helden, eine deutsche Szene, deutsche Charaktere,
Sitten und Gebräuche waren etwas ganz Neues auf deut-
schen Schaubühnen. Was kann nun natürlicher sein, als
dass deutsche Zuschauer das lebhafteste Vergnügen empfin-
den mussten, sich endlich einmal, wie durch eine Zauber-
rute, in ihr eigen Vaterland, in wohlbekannte Städte und
Gegenden, mitten unter ihre eigenen Landsleute, in ihre
eigene Geschichte und Verfassung, kurz unter Menschen
versetzt zu sehen, bei denen sie zu Hause waren und an
denen sie, mehr oder weniger, die Züge, die unsere Nation
charakterisieren, erkannten?" ^).
Die Zauberriite war gefunden, die für Geschmack und
Neigung der Zeit die ergiebigste Quelle erschliessen sollte.
Stockmayer, Das deutsche Soklatenstück. 1
Welcher dramatische Dichter fühlte sich nun nicht dazu
berufen, sich ihrer zu bedienen, um mit grösserem oder
geringerem Geschick hier einen frommen deutschen Ritters-
mann voll Thatendurst und Adel der Gesinnung, dort einen
für König und Ehre glühenden, stolzen und doch weich-
herzigen Soldaten ins Leben treten zu lassen? Wilde
Freiheitslust und kecker Revolutionsgeist so gut wie un-
bändiger Thatendrang und derbes Kraftgefühl gedieh aus
der Saat der unzähligen Ritterdramen zum üppigsten
Wachstum; warmer Patriotismus, hochgesteigertes Ehr-
bewusstsein und Pflichtgefühl spiegelte in den Soldaten-
stücken wieder, was man gelernt hatte von einer jüngsten
grossen Vergangenheit, die im Deutschen das Vertrauen
auf die eigene Kraft und Tüchtigkeit vielfach erst wieder
geweckt hatte.
So leicht es nun ist, aus der dramatischen Litteratur,
namentlich der achtziger Jahre, einzelne Gattungen, oft
schon nach bloss äusserlichen Kennzeichen, abzugrenzen,
so würde man um Ermittelung einer Gefolgschaft der
„Minna" in Verlegenheit sein. Gemeinhin pflegt man die
sogenannten Soldatenstücke auf Lessings „Minna" zurück-
zuführen, wie man etwa die Stücke mit englischen Eigen-
namen als Titel, oder dem Beisatz „bürgerliches Trauer-
spiel" mit der „Miss Sarah Sampson" in Beziehung setzt,
oder solche mit dem Attribut „historiscli, vaterländisch
oder romantisch" als eine Frucht von Goethes „Götz"
kennzeichnet. Was man aber gewöhnlich „Soldatenstück'^
nennt, nämlich ein Drama mit überwiegend militärischen
Motiven, steht meist in ganz vager Beziehung zur „Minna"
und verdankt ihr nichts weiter als die Anregung. Die
von dem Meisterwerk ausgehende Anregung aber ist es
gerade, die sich den weitesten Kreisen mitteilte und be-
deutungsvoll wurde für die litterarische Produktion des
nächsten Vierteljahrhunderts. Lessings „Soldatenglück",
diese wahrste Ausgeburt des siebenjährigen Krieges, wie
Goethe es nannte, war ein genialer Fingerzeig für eine
hochempt'ängliche Zeit, indem er sie hinwies auf die ausser-
ordentliche poetische Kraft, die den nächstliegenden Ereig-
nissen und den populärsten Typen des Friedrizianischen
Zeitalters innewohnte. In ausgedehntestem Masse machte
sich das Soldatenstück im engeren Sinne, oder wie man
es gleich von seinem Beginn an nennen kann, das Soldaten-
lärmstück, diesen Fingerzeig zu nutze. Als Mustern aber
folgte es Dramatikern weit geringeren Ranges. Ueber-
blickt man aber das ganze Gebiet des Dramas, das seinen
Schauplatz in der Gegenwart und in bürgerlichen Kreisen
hatte, so stösst man allenthalben auf Elemente, die auf
Lessings „Minna" zurückzuführen sind. Man erhält ein
klares Bild davon, wie eine kühne Geistesthat auf Anschau-
ungen und Gedanken der Mitwelt wirkt, wie jeder Berufene
oder Unberufene teilnimmt, um sie zum geistigen Allgemein-
gut zu machen, wie man Anleihen macht als Lernender
bei dem anerkannten Meister und, bewusst oder unbewusst^
seinen Stoff durchdringt mit bewährten Ideen und Motiven^
die zu stehenden Formen geworden, die brauchbarsten Bau-
steine für fremde Arbeit liefern.
So gehen die Einwirkungen der „Minna von Barn-
helm" auf zwei verschiedene Gebiete auseinander. Die
eine Gattung, an den Nebentitel „Soldatenglück" an-
knüpfend, beschäftigte die Schaulust eines sensationsfrohen
Publikums mit bunten Szenen aus dem Soldatenleben, hob
das Pathos der Standesehre in spannenden Konflikten!
zwischen Dienst- und Privatrücksichten hervor und stellte
exemplarische Standes Vertreter auf die Bretter, so lange-
das Soldatenspiel nur irgendwie als Wiederhall einer
kriegerisch bewegten Zeit und ihres Heldenkults gelten
konnte. Die andere Gattung beschränkte sich auf den
Kreis des häuslichen Lebens und der alltäglichen P>fahrung,
1*
— 4 —
pflegte die uüchterueu Bilder der „Werkelwelt" und setzte
hiermit die von Lessing angebahnte Richtung des bürger-
lichen Dramas fort, zwar im Sinne Lessings — wie Hettner
sagt — aber ohne Lessings schöpferischen Geist.
Zweck dieser Untersuchung wird nun sein, einmal die
von der „Minna" ausgegangenen Anregungen im all-
gemeinen zu skizzieren, d. h. ihren von Goethe gerühmten
spezifisch temporären Inhalt in der dramatischen Dichtung
der Zeit zu verfolgen. Die Aufmerksamkeit wird sich hier
wesentlich auf die von Lessing zunächst inspirierten Dichter
konzentrieren, die ihrerseits wieder zu Vorbildern ge-
w^orden sind. Im Anschluss hieran ist näher einzugehen
auf Verwandtschaft und Abhängigkeit der einzelnen Au-
toren untereinander. — In zweiter Linie soll dann die
unmittelbare Einwirkung der „Minna" auf das zeit-
genössische Drama gekennzeichnet werden, indem Lessing-
scbes Gut und Eigentum in den Schauspielen der nächsten
Jahrzehnte nachgewiesen wird. Hier ist weiter auch die
Umbildung und verschiedenartige Verwendung einzelner
Motive ins Auge zu fassen. Als zeitliche Grenze wird
sich im grossen Ganzen das Zeitalter Friedrichs des Grossen
ergeben, in dem die hier zu berücksichtigende dramatische
Dichtung wurzelt und von dem sie ihren ethischen und
realen Gehalt empfangen hat.
Ein näheres Eingehen auf die von der „Minna" an-
geregte dramatische Produktion wird eine kurze Dar-
stellung derjenigen typischen Charaktere erleichtern, die
von da an mit zum eisernen Bestand des Schauspiel-
apparates gehörten und mehr oder weniger modifiziert
auf Schritt und Tritt dem Leser begegnen.
Grundtypeji des militärischen Dramas. Der
beliebteste und populärste Typus ist nach dem sieben-
jährigen Kriege im Leben wie in der Dichtung der
Offizier 2). In letzterer ist er das Urbild männlicher
1
i
I
Volllvommenheit. Ehrgefühl im höchsten Mayse und
sicheres Auftreten müssen ihm eigen sein in einem Staate,
dessen ersten Stand er repräsentiert. Die Offiziere aller
Rangstufen sind miteinander verbunden durch gleiches
Metier, gleiche Ziele, durch gemeinsame Beschwerden und
Gefahren. Eifrige Hingabe an den Beruf erwirbt Achtung
und Ereundschaft. Im Dienste sind jedem die Grenzen
seiner Gewalt und das Mass seiner Pflichten vorgezeichnet;
Subordinationsgefühl und Disziplin sind darum dem Geiste
tief eingeprägt. Die stete Nähe der Gefahr entwöhnt
aller Kleinlichkeit und Weichlichkeit. Daher auch ist
Grossmut und Mitleid dem Soldaten um so natürlicher,
als er Eigennntz und Gewinnsucht verlernt hat. (Lessing
tröstete den Major v. Kleist, als er 1757 das Feldlazareth
in Leipzig verwalten musste, während sein Thatendurst
nacli dem Schlachtfeld verlangte, mit Xenophons Wort:
die tapfersten Männer sind auch die mitleidigsten.) Die
stete Bereitschaft zu handeln schafft Vertrautheit mit den
Verhältnissen der AVeit und Keuntnis der Charaktere, sie
macht die Handlungen selbst freimütig, das Urteil sicl>er
und einsichtsvoll. Der Offizier ist sich dieser Vorzüge
genau bewusst. Wo daher die Dinge seinem Programm
zuwiderlaufen, lehnt er sich auf in ehrlichem Zorn. Daher
die zahlreichen jungen Heissporne und alten Polterer, da-
her m\('A\ bei letzteren die Neigung zu Eigensinn und
Grillenhaftigkeit, die doch ihren Ursprung in sittlichen und
vernünftigen Motiven hat. Freundschaft und Zuneigung^
verbindet ausserhalb des Dienstes Kameraden von gleicher,
wie von der verschiedensten Rangstufe. Häufig besteht
ein Pietätsverhältnis zwischen einem jugendlichen Offizier
und einem in Waffen ergrauten Krieger. Unter Kameraden,
die Zeugen bedeutsamer Voi fälle waren, erinnert sich der
Offizier gerne eigner und fremder Verdienste. Renommisterei
aber und Ruhmredigkeit - on Narben und Blessuren sind
— 6 —
sekiiiuläre Eigenscliafteii — das einzige üeberbleibsel des
alten Gloriosus — , die weit mehr den Haudegen vom
Range des Wachtmeisters oder Unteroffiziers kennzeiclinen.
Und mit einem solchen, mag er auch 0])erst oder General
heissen, hat man es wohl auch zu thun, wo ein Verfasser
einzelner derber Züge zum besten seines Dramas nicht
glaubte entraten zu können.
Der Typus des Soldaten aus dem Volk — AVacht-
meister, Korporal oder Unteroffizier — stellt sich dem des
Offiziers, nicht minder liebevoll und lebendig charakteri-
siert, an die Seite. Der Untergebene hat die Tüchtigkeit
seines Vorgesetzten im wechselvollen Kriegsleben schätzen
gelernt und im Augenblicke der Gefahr, wo die Rang-
unterschiede schwinden, der Mensch den reinen Menschen
zu schauen bekommt, hat er dessen persönliche Eigen-
schaften, Tapferkeit, Geistesgegenwart und Hilfsbereitschaft,
tief sich ins Gemüt geprägt und sieht von nun an in ihm
nur noch den vergötterten Helden, dem er sich mit
treuester Ueberzeugung unterordnet und dessen Lob seinen
höchsten Stolz ausmacht. Die Fülle gemeinsamer Er-
innerungen und das Bewusstsein gegenseitiger Verpflich-
tungen erheben ihn zu dem Range eines Vertrauten. Er
geniesst den Vorzug, mit dem Vorgesetzten geradeaus
und ohne Umschweife reden und seine Meinung äussern
zu dürfen selbst auf die Gefahr hin, AViderspruch und
Uebellaune hervorzurufen. Er rühmt sich seines Hand-
w^erks oft mit lehrhafter AVeitschweifigkeit und auch ge-
legentlicher Uebertreibung da, wo er Glauben findet und
kopiert seinen Herrn dreist auf seine Art jedem gegen-
über, der ihm bürgerlich demütig und blöde naht oder
den Respekt vor des Königs Rock ausser Acht lässt.
Man sieht, über eine allgemeine Charakteristik des
Lessingschen Paul AVerner ist hier nicht hinauszukommen
und thatsächlich sind auch in dieser so ziemlich, alle Züge
erschöpft, die spätere Naclialimiiiigeii im einzelnen irgend-
■wie verwendet liaben. Es spricht dies für die absolute
Lebenswahrlieit dieser Lnstspielfigur, und zugleich geht
daraus hervor, dass der wahre und eigentliche Lebeus-
gehalt, den Goetlie dem Lessingschen Werke nachrühmt,
am unmittelbarsten und verständlichsten in diesem preussi-
schen AVachtmeister zu Tage tritt. Es genügt denn auch,
zu konstatieren, dass derselbe unzählige Kameraden im
Lustspiel erhalten hat, die alle im Hinblick auf die Popu-
larität und die Bühnenwirksamkeit dieser einen Eigur ins
Leben gerufen wurden ^).
unter den Menschen, mit denen der Soldat in Be-
rührung kommt, bildet das stärkste Gegengewicht die
Klasse von gewerbsmässigen Beutelschneidern, denen der
Krieg und seine Eolgen Vorschub leisten für unlauteren
Gewinn. Just charakterisiert sie in einer seiner derben
Apostrophen: „Warum wäret ihr denn im Kriege so ge-
schmeidig? Warum war denn da jeder Offizier ein wür-
diger Mann und jeder Soldat ein ehrlicher braver Kerl?
Macht euch das bischen Frieden schon so übermütig?"
Derlei Figuren erscheinen am häufigsten in der beliebten
Maske des eigennützigen Wirts, des hartherzigen Wucheres
oder des betrügerischen Armeelieferanten. Sie tragen
vielfach die Züge des unterwürfigen Pedanten, einer
Karrikatur des bürgerlichen Standes, die auch oft als rein
komische Figur erscheint, um die zeremoniöse Weit-
schweifigkeit und läclierliche Blödigkeit des beschränkten
Philistertums in Gegensatz zu bringen zu der militärischen
Dreistigkeit und Geradheit im Auftreten.
Zuletzt ist noch) ein Blick auf den Land mann zu
werfen. Im Bauernstande ist der Patriotismus und die
Unverdorbenheit der Sitten und Denkungsart zu Hause.
Gesunde Moral, Einfachheit, Frömmigkeit, kurz alle
^Tugend und Kraft des Volkes konzentriert sich hier.
Bauer und Soldat passen gut zusammen und werden
auch häufig genug in Berührung gebracht, denn aus
diesem Kern des Volkes kommen dem Könige die besten
Soldaten, lieber das ländliche Genre als selbständige
dramatische Gattung wird mehr zu sagen sein bei Be-
sprechung von J. J. Engels „Dankbarem Sohn" und dessen
zahlreichen Nachahmungen.
ie ersten Anregungen der „Minna von Barnhelm'\
Brandes, Stephanie, Engel und deren Nachahmer.
Die siebziger Jahre sind noch nngleit-h ärmer an
(Iramatisclien Erzeugnissen, als das folgende Jalirzehnt.
Erst von 1780 an beginnt eine dramatische Hocliflnt die
Bühnen zn überschwemmen. Dagegen fallen in die vor-
hergehende Zeit die eigentlich typischen Erscheinnngen
des dentsclien Tlieaters, die dem Drama nacli Form nnd
Inhalt seinen Charakter geben.
|H| Die ersten Autoren, auf deren Froduktionskraft der
"Weckruf der „Minna von Barnhelm'' einwirkte, sind Joli.
Chrn. Brandes, Stephanie der jüngere und Joh.
Jak. Engel. Diese haben zuerst die neuerschlossene
Quelle, jeder auf seine Weise, ausgebeutet und für die
nächstfolgende Generation das Schaffen mit Lessings
Ideen in ein gewisses System gebracht. Brandes hat im
IB|,Grafen von Olsbach" (und um vieles später im „Eandes-
vater") bürgerliche Verhältnisse um den (entlassenen)
Offizier gruppiert. Stephanie bildete die rein militärischen
Motive aus. Engel im „Dankbaren Sohn" nützte deren
patriotischen und sittlichen Gehalt und schuf als wirksame
Grundlage liierzu das ländliche Genre, das seines Fest-
spielcharakters wegen beliebt wurde und zahlreiche Nach-
hmer fand.
Bthmer fai
10
„Der Graf von 01s back oder die Beloliiiung
der Rechtschaffenheit" von Brandes zeigt Lessingsclie
Spnren zunächst in der Figur des Helden, eines verab-
schiedeten Offiziers. Wie Tellheim leidet er im geheimen
unter einem schweren Schicksal, das er geflissentlich,
freilich oline einleuchtende (Jründe, vor seinen teilnehmen-
den Angehörigen verbirgt. Sein Kummer wurzelt in einem
unglücklichen Kriegsereignis. Seine Gattin ist bei der
Verwirrung eines feindlichen Ueberfalls von ihm getrennt
worden und hat bei der dabei angerichteten Feuersbrunst
vermeintlich den Tod gefunden. Dieses romantische Motiv
der Trennung zweier Gatten (oder Liebenden) erfreute sich
in der Folge grosser Beliebtheit; es bot Gelegenheit, die
Totgeglaubten oder deren Kinder durch eine gütige Fügung
des Himmels wieder ans Tageslicht kommen zu lassen ^).
Ein alter Freund Olsbachs, der verabschiedete Obrist
V. Stornfcls, trägt unverkennbar die Züge Paul Werners.
Nach Brandes* Vorgang gab man einem alten polternden
Militär gerne die Rolle des Vertrauensmanns und Ratgebers,
der mit derben Wahrheiten freigebig, Trost oder Tadel
spendet und seine Glossen zu dem Gang der Dinge macht ^).
In der Figur Juliens, Olsbachs Schw'Cster, hielt sich
Brandes getreu an Lessingsche Vorbilder. Julie fasst den
verschlossenen bedrückten Bruder mit überlegen thuender
Munterkeit an, im Glauben, seine Schwermut mit spielender
Hand hinwegscheuchen zu können. Sie nimmt die Dinge
absichtlich leicht, um andere mit ihrem wohlwollenden
Leichtsinn anzustecken. Als ihr aber der Ernst der Lage
klar wird, macht ihre Teilnahme sie des thatkräftigsten
uneigennützigsten Beistands fähig. Ihr gelingt endlich die
Wiedervereinigung des unglücklichen Paares. So bringt
Brandes in dieser Figur den Charakter der Minna mit der
idealen Funktion der Franziska zusammen und gab damit
dem Familienstück eine später viel verwendete Figur. Man
— 11 —
schob nämlich zwischen die sentimentalen Liebenden die
schalkhafte zielbewiisste Vermittlerin, die, als Rat in
Illerzenssachen, der Heldin unbedingtes Vertrauen geniesst.
bm ihr aber hierzu eine eigentliche Vollmacht zu geben,
irhöhte man gewöhnlich ihren Stand und machte aus der
pieneriu eine nahe Verw^andte. Im Hinblick auf Lessing
Avar dies aber ein Rückschritt. Denn durch die Standes-
«rhöhung der Franziska ging man nur dem schwierigen
Problem aus dem Wege, mit feinem Takt das Verhältnis
•der Herrin zur Dienerin in P^inklang zu bringen mit dem
zweier vertrauten Jugendgespielinnen, so wie sich's bei
Minna und Franziska darstellt. AVo ersteres beibehalten
ist, da erscheint das Zöfchen doch immer noch in der alten
Tracht der schnippischen Lisetten. Auch herrschte die
■Neigung für sentimentale und weichmütige Liebhaberinnen
Berartig vor, dass die resoluten Eigenschaften der Minna
offenbar auf geringes Verständnis stiessen. Humor und
i^^röhliche Lebensauffassung überliess man denen, welchen
^^hie Liebe weniger zu schaffen machte.
■p Ein rehabilitierter Lessingscher Wirt ist im Olsbach
die Frau Wandeln, die gutmütige Wirtin der Frau v. Orl-
heim, Olsbachs totgeglaubter Gattin. Zu dieser Figur hat
Frau Hebert aus Diderots „Hausvater" Modell gesessen,
wie ferner, — andere Aehnlichkeiten zu übergehen — die
heimliche Fürsorge Juliens für des Bruders Gattin, ehe
dieser von ihr w^eiss, lebhaft an die Aufnahme der Sophia
tei St. Albins Schwester Cäcilie gemahnt. Die schliessliche
Hedervereinigung der Gatten wird, wie in unzähligen
ndern Stücken, durch das triviale Mittel der angenommenen
\amen hinausgezögert, d. h. Verschollene treten unter
fremdem Namen wieder auf, sodass das gegenseitige Wieder-
Irkennen zuerst immer auf Schwierigkeiten stösst. Auch
ieser schwache Notbehelf, dessen sich inittelmässige Au-
— 12 —
toreii iinermüdlicli bedient haben, dürfte Diderots „Haus-
vater" zur Last zu legen sein ^).
„Die abgedankten Offiziere" von Stephanie d. J.
sind nicht, wie man nach der Uebereinstimmung mit der
„Minna" um deretwillen es vorausgenommen wird, ver-
muten könnte, das erste Stück dieses flinken Lustspiel-
fabrikanten, das militärische Züge enthält. Diese finden
sich vielmehr, w^eit origineller, schon in dessen „Werbern".
Stephanies Charaktere aus dem niederen Soldatenstand sind
mitunter nicht ohne gewissen Reiz. Er hat sich Lessing's
Beispiel auf seine Art zu Nutze gemacht und das entdeckte
Gebiet mit Ausdauer kultiviert und ausgebeutet, wobei
ihm die eigene Erfahrung zu gute kam. Ehemals selbst
Soldat hat er das Soldatentreiben gut beobachtet und
daraus seine Fundgrube gemacht. Als militärischer Genre-
maler bildet er den Vorläufer und das Vorbild der Möller,
Hensler, Schikaneder etc., die das ergiebige Rumor- und
Spektakelstück in Flor brachten. Freilich ist sein Talent
mit der wirksamen Theatermache, die ihm flink von der
Hand ging, völlig erschöpft.
In den „abgedankten Offizieren" hat er nun Lessings
„Soldatenglück" dem Fassungsvermögen des Gallerie-
publikums angepasst. Teilheim heisst hier Graf Freau-
geville, Minna Fräulein v. Goschenborn. Wessen ein mittel-
mässiger Verstand in der Verkennung der delikaten Be-
ziehungen zwischen dem Lessingschen Liebespaar nur fähig
war, das alles wird hier mit bornierter Unbefangenheit
aufgetischt. Das Fräulein geht dem Vater durch', um dem
Geliebten nachzulaufen. Sie hat ansehnliche Summen bei
sich, um ihm aus der Verlegenheit zu helfen. Sie drängt
ihn, ihr Almosen anzunehmen'^). Die unzarte plumpe
Art, mit der dies alles geschieht, stellt die Dame wirklich
in ein schlechtes Licht. Thatsächlich ist es auch Freau-
geville, diesem trockenen, nüchternen Pedanten in Dingen
— 13 —
Inständigkeit, um einen Skandal bange. Er hat
ßicli ihrer zudringlichen Zärtlichkeit zu erwehren und mächte
die Entlaufene ilirem Vater, dem Minister Grafen Reichen-
thal, wieder zuführen. Für solches AVohlverhalten erhält
er dann auch am Schlüsse nebst der Tochter, eine gute
Zensur von diesem andern Grafen Bruchsall : „Sie sind ein
rechtschaffener Mann, mit Recht stolz auf Ihre Verdienste,
dem Vaterlande und dem Könige aus edlem Antrieb treu,
Hpin Ihrem Unglück gelassen, niclit kriechend. Sie prahlen
■ nicht mit Ihren Diensten, aber Sie wissen sich darauf zu
berufen, um nicht unterdrückt zu werden u. s. w." Einem
Tellheim gegenüber hätte der Graf dieses unbescheidene
Lob nicht gewagt. Der ritterliche sächsische Edelmann
in der ,, Minna" hatte allerdings auch keine bevormundende
Vaterrolle zu spielen, denn er war überzeugt, dass Minna
einem Unwüi-digen ihre Hand nicht reichen könne und die
einfachen Worte, die er an Tellheim richtet: „Sie haben
meine völlige Hochachtung. Ich bitte um Ihre Freund-
schaft!'' kommen dem beredsamsten Lobe gleich.
Dass man übrigens auch ohne das honnete des Standes
ein ganz wackerer Soldat sein kann, thut Stephanie dar
an Freaugevilles Gegenstück, dem abgedankten Hauptmann
Baron v. Kreuzen. Diesen hat die Not zum Spieler gemacht,
er treibt ' sich in schlechter Gesellschaft herum, macht
Schulden über Schulden, borgt bei seiner Geliebten, der
Wirtstochter Louise und wünscht fortwährend seinen Stand,
sein Schicksal und seine Lebensart zum Teufel. Trotzdem
gehts ihm am Ende kaum minder gut, wie dem standhaften
und moralischen Kameraden. Louise wird seine Frau und
er erheiratet sich ihr schönes Vermögen. Bei dieser Art
von Versorgung klang dem Verfasser wohl kaum Telllieims
herbe Sentenz in den Ohren: „es ist ein nichtswürdiger
Mann, der sich nicht schämt, sein ganzes Glück einem
Frauenzimmer zu verdanken." Stephanies Moral lautet
— 14 —
vielmehr : der Soldat nehme sein Glück , wo ers findet.
Denn von der „wilden, liederlichen Lebensart" ist da&
Metier nun einmal nicht zu trennen. Man sieht, wie ober-
flächlich und gedankenlos Stephanie bei der Nachahmung-
seines unerreichten Vorbildes verfuhr. Durch die Ein-
führung des verwahrlosten Glücksritters, für den er Sym-
pathie beansprucht und dem schliesslich alles nach Wunsch
gedeiht, schlägt er der simpeln Moral, die aus Lessings^
„Soldaten glück" zu ziehen ist, geradezu ins Gesicht.
Abgesehen von dem moralischen Unfug, den er mit ihr
getrieben, ist ihm diese Figur wohlgelungen und ihre Lebens-
fähigkeit lässt sich nicht anzweifeln ; — auch der Typus^
des Leutnants Riccaud ist aus dem Vollen geschöpft ! —
derlei Gesindel mag es häufig genug gegeben haben.
Von Stephanie datiert der folgenschwere Irrtum her,
dass das militärische Treiben als solches ein Recht auf
Bühnendarstellung habe. Man übersah dabei völlig die
patriotische und nationale Idee, die der Minna zu Grunde
lag, eine Idee, die die Wahl des Standes rechtfertigte,^
während bei den Nachahmern die Idee dem Stande dienst-
bar gemacht wurde.
Stephanies erstes Soldatenstück, „die Werber", ist
eine freie Bearbeitung des „Recruiting Officer" von Far-
quhar (1706 erschienen) ^). In Betracht kommen hier
namentlich die lose aneinandergereihten Szenen aus dem
Soldatenleben. Der Verfasser setzt seine Tendenz in der
Vorrede auseinander. Er schreibt, dass er versucht habe,
die deutsche Werbung vollkommen getreu, vielleicht nur
allzu getreu, nach der Natur abzubilden. Sein Lustspiel
soll als ein vielfaches Gemälde aas dem gemeinen Leben
zu betrachten sein^ worin jede Person mit kenntlichen
Zügen gezeichnet sein muss und nicht nur eine Haupt-
person hervorstechen soll. Dies giebt ihm Anlass zu einer
Massenverw^endung von Soldatencharakteren, die alle als
Itf
— 15 —
Typen aufgefasst und sorgfältig individualisiert sind. Ihr
geraeinsamer Grundzug ist die Treue und der Gehorsara
gegen den Vorgesetzten, das Ehrgefühl und das Bevvusst-
sein des bevorzugten Standes. Derbrealistisch, aber wohl-
gelungen als Genrebild ist die grosse AVerbeszene im 8. Akt.
Die Hauptbeteiligten sind der AVachtmeister Kittmann, die
Korporale Körbel und Kautzer. Kittmann ist's heilig ernst
mit seinem Handwerk. Das Bewusstsein seiner Würde
schaut ihm aus jeder Falte seiner funkelneuen Ordonnanz-
uniform; er ist Zoll für Zoll ein neugebackener Husaren-
wachtmeister. Körbel ist alt, invalide und etwas kindisch
geworden; seine kriegerische Vergangenheit lässt seiner
Geschwätzigkeit keine Ruhe, zumal er's ehemals viel besser
hatte, als jetzt. Das Werbegeschäft ist nicht nach seinem
Geschmack und er ergeht sich in beredten Klagen darüber.
Sein grauer Kamerad, der Korporal Kautzer, tritt noch
bedeutend schneidiger auf; er wird selbst gefährlich jäh-
zornig, wenn er getrunken hat, und dies passiert nicht
elten. Im 2. Auftritt des 1. Aufzuges fühlt er sich ge-
kränkt von dem barschen Auftreten des jungen Wacht-
meisters. Er fällt in unzurechnungsfähigem Zustande diesen
seinen grünschnäbligen Vorgesetzten mit gezogenem Säbel
an. Dafür verdient er eine Kugel vor den Kopf. Der
Wachtmeister aber lässt sich rühren von der Ehrw^ürdig-
keit und den Verdiensten des alten Haudegens. Er giebt
ihm seinen Säbel zurück mit dem Versprechen, die Anzeige
unterlassen zu wollen. Es ist dies das erste Beispiel jener
zahlreichen Subordinationsvergehen, die, in Hitze und Zorn
verübt, sogleich eine grosse Ernüchterung zur Folge haben
angesichts der furchtbaren Strafen, mit denen die Militär-
gesetze dieses schwerste aller Verbrechen ahnden. Auch
in den „Werbern^' wie in den „abgedankten Offizieren"
hat Stephanie im Interesse der lebenswahren Schilderung
ein zweifelhaftes Element eingeführt in der Person des
— 16 —
liifanterieliauptmanns Lord Bratzen, eines Chevalier d'iii-
diistrie aus der Gattung Riccaud de la Marliniere. Dieser
treibt das Werbegescliäft auf eigene Rechnung und suclit
sicli eine vornehme Braut, um ihr ihr Vermögen abzu-
schwindeln. Als er endlich entlarvt wird und zur Strafe
gezogen werden soll, plädiert der Verfasser für ihn auf
mildernde Umstände, indem er ihn seinen abenteuerlichen,
vom Missgeschick verfolgten Lebensgang erzählen lässt,
wobei man erfährt, dass er. ursprünglich ein schlichter
ehrlicher Mann, nur durch die Ungunst und Ungerechtig-
keit seines Schicksals als Soldat auf Abwege gebracht
worden sei. Daraufhin kommt er glimpflich davon.
Die Lie])esgeschichte der beiden Kavallerie -AVerbe-
offiziere bildet in ihrer Steifheit und Abgeschmacktheit
einen starken Gegensatz zu den bunten originellen
Soldatenszenen. Sie kommt hier nicht weiter in Be-
tracht »).
In dem Bürgermeister Prechtheim und dem schwer-
hörigen Stadtpfleger Rosenau zeichnet Stephanie die be-
liebten Typen des beschränkten schwerfälligen Bürger-
standes. Genau kopiert hat diese Figuren K. Frd. Kretsch-
niann in „der alte böse General", w^o er den Bürgermeister
und den Ratsherrn nocli zudem zu groben Schwindlern
und Wucherern macht ^^). Rosenaus Taubheit giebt Ge-
legenheit, lächerliche Missverständnisse in Menge anzu-
bringen; eine Fundgrube billiger Witze, die zu allen Zeiten
von Possendichtern ausgenützt wurde. Hervorzuheben ist
endlich noch die Szene, in der der Rittmeister Plume dem
Bürgermeister und dem Stadtpfleger gegenüber barsch,
fast brutal, unter Hintansetzung aller persönlichen Rück-
sichten, die er gegen Prechtheim, den Vater seiner Ge-
liebten, hätte beobachten sollen, Verw-ahrung einlegt gegen
Verletzungen seiner Gerechtsame als Werbeoffizier. Dass
der Soldat, wo sich 's um Dienst und Pflicht handelt.
— 17 —
schneidig zu Werke geht und nicht mit sich spassen lässt,
sowie dass es ilim nicht an Mitteln fehlt, dem Bürger ge-
waltig zu imponieren, ist damit deutlich genug betont.
Brühl hat diese Szene in seinen „Bürgermeister" auf-
genommen und ihr dadurch einen ironischen Beigeschmack
gegeben, dass die polternden Demonstrationen des jungen
Werbeleutnants v. Bdtzstein an der überlegenen und be-
sonnenen Ruhe eines — diesmal würdig aufgefassten —
Bürgermeisters abprallen.
Die glückliche Idee der Verwendung von Werbe-
scenen im Singspiel machte sich Stephanie selbst noch in
höherem Alter, als die Erinnerung an das einst selbst ge-
übte Handwerk wohl schon ziemlich verblasst war, zu
Nutze in einem höchst abgeschmackten, sogenannten Zeit-
gemälde „die Freiwilligen". Vorher schon hatten „die
Werber" einen anonymen Autor zu einer komischen Oper
„die Rekruten auf dem Lande" (Verz. 68) angeregt: der
Unteroffizier Seefuss wirbt den Bauernburschen Fritze,
nachdem er ihn vorher nach beliebter Gepflogenheit (wie
auch mit dem „Bauernkerl" in den „Werbern" geschieht)
betrunken gemacht hat, zum Soldaten an. Hagemann be-
nützte 1793, unter dem Eindruck der herrschenden Kriegs-
gefahr von Westen her, das Motiv in seiner „glücklichen
Werbung" zu einem patriotischen Zweck. Der hannoversche
Korporal Brand rezitiert einen langweiligen Katecliismus
für angehende Vaterlandsverteidiger und gesinnungstüchtige
Landeskinder und begeistert mit seiner Geschwätzigkeit
einen Kellner zum Kampfe wider die republikanischen
Franzosen. Diese dramatische Erbärmliclikeit, „Volks-
liistspicl" genannt, war bestimmt, Nutzen zu stiften, wie
- nach der Vorrede — etwa eine gemeinnützige Volks-
predigt eines Pastors „über die Unvorsichtigkeit der zu
frühen Beerdigungen". Die Werbeszene in Engels „dank-
l)arein Sohn" wird später zur Sprache kommen ^^).
Stockmay er, Das deutsche Soldatenstück. 2
— 18 —
Stephanies nächstes Stück „die Wirtschafterin, oder:
der Tambour bezahlt alles", possenhaft nnd von roher
Mache, braucht nur kurz erwähnt zu werden, zunächst
wegen einer gewissen Abhängigkeit einer der Hauptfiguren,
des Ordonnanzreiters, von Lessings Paul Werner. Dies
nur beiläufig, denn die Zahl von dergleichen Kopien ist
Legion. Wichtiger ist, dass „die Wirtschafterin" teilweise
die Grundlage zu dem vielgespielten Stück von Plümicke
„Henriette oder der Husarenraub" abgab. Letzteres ist
eine Dramatisierung des ersten Teils eines Soldatenromans
gleichen Namens von Beuvius (Berlin 1780). In der „Wirt-
schafterin" wird der Findling Rosette, der der General
Graf Straalhausen eine väterliche Zuneigung widmet,
schliesslich als Tochter des Rittmeisters v. Marbach, des
Generds besten Freundes erkannt. In der „Henriette"
findet der Major v. Yolkmar an der Pflegetochter seines
Quartiergebers, des Pastoren, ein tiefes Wohlgefallen, das
sich als Ahnung der vorhandenen Blutsverwandtschaft
herausstellt. Sie ist die Tochter Volkmars, der sie ehe-
mals bei einer feindlichen Invasion samt ihrer Mutter in
den Flammen ihres Hauses umgekommen glaubte. Ein
noch vorhandenes Erkennungszeichen, ein Ring, hilft liier
wie unzählige Male vor- und nachher das schwebende
Rätsel glücklich lösen. Dass sich Unteroffiziersfiguren
ganz besonders dazu eignen, das honnete des Soldaten-
standes in redseliger Prahlerei zu entwickeln, machte sich
Stephanie in der Eingangsszene zu Nutze, wo der Ordon-
nanzreiter dem Reitknecht Strick derb den Kopf zurecht
setzt, da er sich liatte einfallen lassen, den guten Namen
eines Soldaten für skh in Anspruch zu nehmen. Beu-
vius-Plümicke wiederholen mit ermüdender Weitschw^eifig-
keit dieselbe Szene, die sich hier zwisclien dem Unter-
offizier Hubert, dem Schatten des Majors, und einem Reit-
knecht abspielt, der überall mit dabei gewesen sein wilL.
— 19 —
Iwo es ernste Kampfesarbeit gab. Es schwebte ihnen wohl
die Szene vor, in welcher Paul Werner dem rachsüchtigen Just
gegenüber den Unterschied zwischen einem Soldaten und
einem Packknecht so nachdrücklich betont (Minna I, 12).
Lessing hatte in der „Minna" einen Offizier aus der
grossen Welt geschildert. Der Zwang der Noblesse und
des point dhonneur veranlassten hier die Verwicklung.
Ein reiches adeliges Fräulein ist es, die von den vortreff-
lichen Eigenschaften eines preussischen Offiziers angezogen,
erst zur Bewamderung und dann zur Liebe hingerissen
wird. Joh. Jak. Engel hat nun in seinem „dank-
baren S ohu" ein Gegenstück zur „Minna" geschaffen,
indem er denjenigen Soldaten zum Helden machte, der,
nur mit d'en simpeln Eigenschaften des Mannes aus dem
1^ Volke ausgerüstet, zu hohem militärischen Rang und An-
^P sehen aufsteigt und nun die ganze Waff'enherrlichkeit
Friedrichs des Grossen in die schlichten, beschränkten
Kreise hereinträgt, denen er entstammt. Der König
schätzt alle w-ackeren Männer, die treu und hingebend
IB ^^i^^^ Sache dienen, und ehrt den gesunden Volksstamm,
der in Einfalt und Unverdorbenheit, in Loyalität und
patriotischem Gefühl den Kern seines Volkes bildet. Dies
ist die leitende Idee des kleinen einfachen Gelegenheits-
stückes, das zusammen mit dem „Edelknabec^*, einer
dramatisierten liebenswürdigen Anekdote, Engel die Aus-
zeichnung eintrug, in der Reihe der dramatischen Autoren
Ioft genug diclit hinter Lessing genannt zu werden ^^).
Der moderne Beurteiler wird dem „Dankbaren Sohn"
in erster Linie zuerkennen, dass sein Dichter eine giück-
liclie Hand bekundete in der Wahl von dankbaren Rollen
im besten Sinne des Wortes. Seine Gestalten sind au.s
dem Vollen geschöpft, originell, einfach und glaubwürdig.
Sie tragen ihren Wesensgehalt an der Stirne geschrieben,
dank einer sorgfältigen, zuweilen etwas überladenen
2*
— 20 —
Cliarakterschilderuiig. Man kann sie als allegorische Ge-
stalten betrachten, die in schlichter Rede nnd Handlung
den patriotischen nnd moralischen Zweck eines Festspiels
veranschaulichen sollen. Um dieses Zweckes willen ver-
zeiht man denn auch, wenn die einfältige Beredsamkeit
sich zuweilen allzu weitläufig im Lobe der Tugend und
Sittenreinheit oder in der patriotischen Begeisterung für
den grossen König ergeht. Eine eingehendere Betrachtung
des „dankbaren Sohnes" ist unerlässlich, da sich auf dieses
Stück eine eigene zahlreich vertretene dramatische Gattung
zurückführen lässt, der man den Namen des ländlichen
Genres geben kann.
In den ersten acht Auftritten ist die Rede vom nahen
Frieden und vom Eintreffen des Helden, des Rittmeisters,
im Dorfe seiner Eltern. Das Hauptinteresse bewegt sich
um einen Brief des Sohnes, den der Küster den beglückten
Eltern vorzulesen hat. Er enthält die Bestätigung der
Friedensgerüchte und eine ausführliche Schilderung eines
Zusammentreft'ens mit dem Könige, von dem der Rittmeister
zur Tafel geladen worden ist. Die Lektüre geht langsam
von statten, da der Brief Satz für Satz genossen sein will.
Er giebt Gelegenheit zu mannigfachen Apostrophen des
Vaters Rode an die Adresse seines pietätvollen, dankbaren
Sohnes, der so hoch gestiegen ist und doch die Liebe zu
seinen schlichten Eltern nicht verloren hat, an den ehren-
vollen Soldatenstand, dem der Sohn zur Zierde gereicht,
an den grossen König, der den Vater im Sohne geehrt
und ausgezeichnet hat und endlich an den lieben Gott,
dem man für all dies Glück Dank schuldig ist. Dem
Stolze des Vaters gesellt sich die sorgliche Mutterliebe
der alten Bäuerin bei. Sie hört aus dem Briefe immer
nur das eine heraus, dass der Sohn bald kommen wird
und dass der Friede ihrer Angst um sein Leben ein Ende
macht. Dabei ist ihr heimlich bansre, ob der Sohn, trotz
21
aller Anzeichen dagegen, nicht doch vornehm und unnah-
bar geworden- ist. Ihr sind der Krieg und des Sohnes
Beruf, seine AVaffentüchtigkeit und die Auszeichnungen,
die er davongetragen hat, im Grunde doch immer un-
heimlich und sorgenbringend gewesen. Durch dies alles
glaubt sie ihn dem Mutterherzen entfremdet. Den Ehr-
geiz und patriotischen Stolz Kodes lässt ihr Gemüt wohl
gelten, vermag ihn aber nicht zu teilen. So erbaut sie
sich denn nebenher an dem bescheideneren Glücke ihrer
Tochter, die sich einem jungen wackeren Bauern aus der
Nachbarschaft verlobt hat, während der Alte so einzig in
(ledanken mit dem Sohne beschäftigt ist, dass er es nicht
einmal begreifen kann, wie das Mädel lieber zu ihrem
Schatze läuft, als der schulmeisterlich pathetischen Inter-
pretation von des Bruders Brief lauscht. Der Küster
nimmt in seiner Art Teil an der Weihestimmung der
beiden Alten. Die Neugierde hat ihn hergetrieben; mit
Selbstgefälligkeit konstatiert er, dass er des Jungen Brav-
heit schon in der Schule vorausgesehen, und zwar —
drollig genug — an den Schlägen und Kopfstössen, die
er austeilte, wenn die Jungen im Dorfe spielten. Seine
thaten immer am wehesten von allen! Wichtiger, als der
Inhalt des Briefes ist ihm, dass der Sohn eine „herrliche
Hand" schreibt und dies ihm zu verdanken hat. Die
rechte Stimmung aber kommt erst über ihn, als der Alte
einen guten Trunk aufstellt und ihm wacker zuzusprechen
empfiehlt. Seiner feigen Seele ist übrigens das, was er
vorzulesen hat, fremd; für ihn ist der Krieg nur ein Uebel,
der Soldat ein Wütherich. An Frieden glaubt er nicht,
solange er eine Uniform vor Augen hat. „Frieden? —
sagt er — als wenn in Königs Landen einen Augenblick
Frieden wäre! Als wenn wir jemals sagen könnten, wir
wären des lieben Unsrigen sicher; dass Gott erbarme!"
— Vom neunten Auftritt an entspinnt sich ein geringes
— 22 —
an Handlung in dem dramatischen Idyll. Ein fremder
Feldwebel kommt ins Dorf und will Michel, Gretchens
Bräutigam und einzigen Sohn einer armen Witwe, vor-
geblich in des Königs Namen, zum Soldaten pressen.
Roden hat dieser Gewaltakt das Konzept verrückt, doch
alint er gleich, das Ding ist nimmermehr richtig, so etwas
kann der König nicht wollen. Er stellt sich als Sprecher
der empörten Bauernschar dem rohen Maulhelden ent-
gegen, mahnt die Andern zur Ruhe und redet gütlich auf
den Werber ein. Des Sohnes thut er zunächst gar keine
Erwähnung. Er ist überzeugt, dass er bei einem Soldaten
den richtigen Fleck treffen wird, wenn er ihn davon über-
zeugt, welch loyale Gesinnung und welche Achtung vor
des Königs Rock im Dorfe zu Hause ist. Wenn's dem
König und Vaterlande Not thut, so soll Michel in Gottes
Namen mit, und er selbst will trotz Alter und Müdigkeit
dem letzten Aufgebote Folge leisten. Nun aber ist der
Friede erklärt; Michel ist seiner Tochter Bräutigam und
dazu ein einziger Sohn — — — weiter lässt ihn der
Eisenfresser nicht kommen. Er stopft ihm den Mund mit
Brutalitäten und verhöhnt ihn ob seiner beweglichen und
eindringlichen Rede. Die Gemüter erhitzen sich und nun
endlich erscheint es dem Alten am Platze, den Rittmeister
ins Spiel zu ziehen. Dass der Feldw^ebel bei Nennung
des Namens sehr stutzig wird, übersieht Rode, gefesselt
von der Entdeckung, dass derselbe seinen Sohn kennt und
also von ihm Nachricht geben kann. In rasch wieder-
erlangter Laune bestellt er für den Feldw^ebel eine Bou-
teille, die der Küster mit grimmigem Neide allmählich
leeren sieht. Die angelegentlichen Fragen, ob des Sohnes
Regiment bald zurückkehre und ob er in der Nähe kan-
toniere, kann der Feldwebel nicht beantworten. Er hat
nur früher einmal unter dem Rittmeister gedient und ist
für übles Verhalten derb gefuchtelt worden. Da der Alte
I
— 23 —
lim die ^^ähe des Sohnes — der Brief ist indessen ganz
vergessen worden — selbst nichts weiss, fasst der Feld-
webel wieder Mut. Entweder werden dreissig Thaler auf
die Stelle geschafft oder Michel niuss mit. Mit diesem
erbarmungslosen Bescheid entfernt er sich. Der Küster,
in der Verwirrung allein gelassen, macht sich über den
Eest des Weines her und beendigt die Lektüre des
Briefes. Aus diesem geht hervor, dass der Sohn am
selben Tage noch eintreffen wird. Vater und Mutter
werden benachrichtigt, Ratlosigkeit und Verzweifelung
haben ein Ende. Gleich darauf triff't der Sohn ein. Erst
begrüsst er die Eltern und die Schwester, dann lässt er
den Feldwebel arretieren, da er mit einer gefälschten
Ordre das Werbegeschäft auf eigene Rechnung und Gewinn
betrieben. Damit hat er seine Rolle schon ausgespielt.
Die Pflicht ruft ihn zu seinen Soldaten zurück: doch will
er die Eltern mit sich nehmen und, solange Ruhe im
1^ Lande ist, bei sich wohnen lassen. Diese aber können
UP sich niclit von ihrer Scholle treanen, und so muss denn
der Rittmeister zum Abschied versprechen, die Seinigen
möglichst oft zu besuchen.
Dass diese letzten Szenen dramatisch von äusserst
schwacher Wirkung sind, ist unleugbar. Ihres Eindruckes
auf empfindsame Gemüter freilich war der Autor sicher.
Man fragt sich aber, worin nun eigentlich die That der
Pietät und Dankbarkeit besteht, die den Namen des
I^J Stückes rechtfertigt? Man hört ja nur von solchen reden,
'^■bezw. legen die handelnden Personen dem Hörer aus, was
man am Verhalten des Sohnes von Kindesbeinen an als
■flobenswert betrachtet, z. B. dass er die Neigung zu seinen
in Niedrigkeit verbliebenen Angehörigen bewahrt hat und
dass er die Eltern mit Geld unterstützt. Wenn er nun
im rechten Augenblicke ankommt, um einen Schurken zu
Intlarven, wodurch er glücklicherweise aucli der Schwester
— 24 —
den Gatten, einer armen AVitwe die Stütze ihres Alters
wiedergiebt, so ist dies eher ein günstiges Znsammen-
treffen der Umstände, als eine verdienstvolle Handhmg zu
nennen und doch ist dies die einzige Handlung des Helden
im Stück. Um sich also für diesen dankbaren Sohn zu
erwärmen, bleibt nichts übrig, als genau zuzuhören, was
ihm im Stücke Gutes nachgesagt wird. Eine greifbare
Handlung aufopfernder Liebe und Pietät aber, wie sie
z. B. Stephanies „Deserteur aus Kinderliebe" (siehe S. 25)
zum Gegenstande hat, liätte durchgreifendere Wirkung
gethan, als die moralischen Tiraden des Sohnes, die nichts
sind, als eingehende Interpretationen des vierten Gebotes.
Bedenklich ist auch der Umstand, dass der den Alten so
wichtige Brief des Sohnes über dem Werbezwischenfall
vollständig in Vergessenheit gerät. Im 8. Auftritt ent-
gegnet Rode auf die zärtlicli ungeduldigen Fragen der
Mutter nach des Solmes Rückkehr: „Geduld Mutter, das
alles werden wir hören!" Trotzdem versucht man im
13. Auftr. bei dem fremden barschen Feldwebel sich die
erwünschte Auskunft zu erholen, die man zuvor mit
Sicherheit aus dem Schreiben entnehmen zu können hoffte ;
und selbst als aus dem Grobian nichts herauszubringen
ist, als Michels Schicksal kritisch zu werden droht, ver-
harrt man in Ratlosigkeit, ohne des Briefes, des einzigen
Auskunftsmittels zu gedenken. T\'ur aus kalter Neugierde
holt ihn der Küster wieder vor, stösst sozusagen mit der
Nase auf die Mitteilung von des Sohnes bevorstehender
Rückkehr und nun endlich klärt sichs in den aufgeregten
Gemütern. Die Gefahr also ist eigentlich beseitigt noch
ehe der Rittmeister eintriff't. Fragwürdig ist die drama-
tische Fähigkeit eines Dichters, der der sinngemässen
P^ntwickehing solchen Zwang anzuthun genötigt ist, um
sich eine ungestörte Szenenfolge zu sichern. Solch böse
Kunstgriffe haben auch sonst häufig genug statt bei Er-
I
E
t
I
— 25 —
kennimgsszenen, die durch mühseliges Hinaiisrücken irgend
ines wiclitigen Gliedes der logisclieii Kette bis an den
chliiss verschoben werden ^^).
Unter den zahlreichen ^^achahmern steht wieder Ste-
plianie voran, der nie ohne Modell arbeitete und ein
charfes Auge hatte für alles, was guten Theatererfolg ver-
sprach. Sein „Deserteur aus Kindesliebe" weist bezüglich
des Plans — wie schon erwähnt — einen Fortschritt gegen
den „dankbaren Sohn" auf. Der Soldat Holbeck trift't
beim Durchmarsch durch seinen Heimatsort seine Eltern
in äusserster Not an, die die Bedrückung des landsässigen
Gutsherrn und seines Amtmanns, eines schurkischen Pe-
danten, über sie gebracht hat. Um sie zu retten, bestimmt
er den Oheim, ihn bei einem fingierten Desertionsversuch
zu ertappen und anzuzeigen. Der Sykophantenlohn dafür
oll den Eltern zu gute kommen. Dies das Gerippe des
Stückes, in dem in gewohnter Weise den Soldatenszenen
und den unterschiedlichen Vertretern des Militärstandes die
meiste Aufmerksamkeit gegönnt ist, vor allem den ])eiden
tvackeren Kameraden Holbeck Sohn und Punk. Der alte
Oolbeck ist nacli Frdr. Ludw. Scliröders gereclitem Urteil
eine elende Kopie Vater Kodes ^*). Im letzten Aufzug bringt
der Verfasser seinen Helden in Arrest unter eine elende
Gesellschaft von Deserteuren, gegen die er in seiner Un-
schuld vorteilhaft absticht. Diese bunte AVachtstubenszene
st getreu nacli dem Leben kopiert und nicht ohne Wirkung,
da Stephanie hier wieder seiuQ militärischen Reminiscenzen
zu Hilfe kamen. Aeusserlich lehnt sie sicli an dieselbe
Szene in J. M. Sedaines vielgesehenem Singspiel „Der
eserteur" an (vgl. Anm. 19), das auch für die schein-
are Desertion des Helden das Muster gab. In unbestreit-
barer Abhängigkeit vom „Deserteur aus Kindesliebe" steht
Kotzebues „Kind der Liebe" ^^). Dort findet der Soldat
Fritz Böttcher seine Mutter in äussersten Elend an der
— 2f) —
Landstrasse liegen. Er geht in Verzweiflung darüber
betteln, während die kranke Mutter von armen Bauers-
leuten in deren Hütte aufgenommen wird. Die Summe,
die der Sohn in der Eile zusammengebettelt hat, ist so
lächerlich klein, dass sie nicht ausreicht, der schwerkranken
entkräfteten Mutter die notdürftigste Linderung ihrer J^eiden
zu verschaffen. In wilder Entschlossenheit will er sich
von dem Oberst v. Wildenhain, seinem unerkannten Vater,
ein grösseres Almosen erzwingen und als er abgewiesen
Avird, fällt er denselben mit gezogener Waffe an, worauf
er festgenommen und in sicheren Gewahrsam gebracht
wird. So ist er zum Strassenräuber geworden aus Mitleid
mit seiner Mutter und hat das Leben verwirkt i^). Das
gutherzige Bauernpaar, das Wilhelmine, die Mutter, auf-
genommen, ist in letzter Linie auf Rode und Rachel zurück-
zuführen, wie all die braven Bauersleute, deren Einfalt
und Sittenreinheit so häufig in Kontrast gesetzt wurde zu
dem genre comme il faut d. h. der Verderbtheit der Hof-
welt und der höheren Gesellschaft. Auf Aehnlichkeit und
Abhängigkeit von dem Vorbild braucht man nicht näher
einzugehen. Es genügt zu konstatieren, dass Engel einen
Typus geschaft'en hatte, der in der Folge mit Vorliebe
kultiviert wurde.
Im selben Jahre mit dem Kind der Liebe erschien
Beils „Curd von Spartau" und ist auch diesem Stück die
enge Verwandtschaft mit dem „dankbaren Sohn" und dem
„Deserteur aus Kindesliebe",nicht abzustreiten. Der junge
Soldat Ralph benützt den Durchmarsch seines Regiments
durch sein Heimatsdorf, um sich in die Hütte seiner kranken
alten Mutter zu stehlen, lieber diesem Besuch vergeht die
Zeit, der Soldat kehrt nicht zur Stunde des Appells ins
Lager zurück und ist nun gewärtig, als Deserteur betrachtet
imd bestraft zu werden. Seinen Angeber macht der
sächsische Lotto-Einnehmer Wenicr, dem es in seinem
— 27 —
?senhass gelegen kommt, einen preussischen Soldaten
ins Unglück zu stürzen. Ralph wird gesucht, in der Hütte
ertappt und als Arrestant ins Lager zurückgebracht. In
(odesangst schleppt sich die Mutter dahin, um ihren Sohn
»szubitten. Sie trifft auf den General v. Spartau, einen
Iten Helden, der an einer unheilbaren Wunde siecht und
im Gedanken an seinen nahen Tod mild und versöhnlich
gestimmt ist. Er erkennt in der Mutter Ralphs seine ehe-
malige Geliebte, in Ralph und seine Schwester seine
eigenen Kinder. Durch seine Bemühungen wird Ralph be-
gnadigt. Der General aber lässt sich in die Hütte seiner
Angehörigen tragen, um in ihrer Mitte zu sterben.
H Zu einer engeren Familie lassen sich zusammenfassen
diejenigen Stücke, in denen ein liöherer Militär, häufig
auch ein Fürst, aus der grossen Welt oder aus dem wilden
Soldatenleben heraus in die friedlichen, beschränkten Ver-
hältnisse des niederen Bürger- oder Bauernstandes versetzt
wird, eine lebhafte Sympathie gewinnt für die Tugenden,
die er hier zu Hause findet und nun meist der Beschützer
und Wolthäter der guten Leute wdrd. Den ersten Anstoss
gab „der dankbare Sohn", die nennenswertesten Weiter-
wirkungen sind Plümickes „Husarenraub", Kotzebues „Kind
der Liebe" und Beils „Curd von Spartau". Weitere Stücke
dieses Genres siehe im Anhang ^'^). Fast überall ist eine
Gestalt mit Zähigkeit festgehalten, die zu den verbreitetsten
Typen der dramatischen Litteratur des 17. und 18. Jalir-
hunderts zählt. Es ist die chargierte Figur des Pedanten,
eines Zerrbilds des bürgerlichen Airs, mit dem Anstrich
einer seichten gelehrten Bildung (seine lateinischen sen-
tentiösen Brocken sind ein Hauptkennzeichen), von unter-
würfigem zeremoniösen Wesen und umständlicher Ge-
schwätzigkeit, die durch stereotype Redensarten noch
bizarrerwirkt. Hauptsächlich hervorstechend aber ist seine
Feigheit. Am häufigsten trifft man diese Figur in der
— 28 —
]\raske des Halbgelelirten — erinnernd an den dottore der
italienischen Maskenkomödie — als Küster oder Schul-
meister. Sonst erscheint er auch als alter Diener, als
Subalternbeamter, Amts-, Stadt- oder Ratsschreiber, Notar,
Hausarzt u. s. w. Iffland giebt ihm häufig die Rolle eines
niedrigen, schurkischen Schleichers (so z. B. in den „Höhen",
in den „Spielern", im „Vormund") und Kotzebue wird nicht
müde, seinen billigen Witz an dieser Gestalt zu verschwenden,
leiht ihr meist eine ganz unmögliche Fratze und spart nichts
an grobkomischen grotesken Zügen. Zuweilen verbinden
sich auch gute Eigenschaften mit dem pedantischen Wesen;
dann hat man die Person mehr als originellen Sonderling
aufzufassen. Ich erinnere an die klassische Figur des
Schulmeisters in Lenz' „Hofmeister". Ferner kann hier
angeführt w^erden der Schulmeister AVillibald in Fr. W. G.
Wetzeis „Wilhelmine" ^^), der mit seiner Frau die Heldin
mit ihrem Kind in seiner Hütte aufnimmt. Der Verfas^'ser
vereinigte Vater Rode und den Küster aus dem „dank-
baren Sohn" in einer Person. Der König tritt in die Hütte
Willibalds und ergötzt sich an der originellen Redeweise
des gutherzigen Mannes. Veredelt ist auch der Pedant
in Kotzebues „Unvermählter", Professor Busch, ein schüch-
terner, umständlich-zeremonieller Gelehrter, der als Er-
zieher des Fürsten und als treuer Beamter des begüterten
Fräuleins v. Seelenkampf gerühmt wird.
Das Soldatendrama.
H aap tele 111 eilte. Das Soldatendrama im engeren
Sinn d. li. dasjenige Drama, das sich mit dem Soldaten
in seiner eigentlichen Wirkungssphäre beschäftigt, enthält
zwei Hanptelemente. Das eine, rein theatralische, bestand
in der ausgiebigen Verwendung militärischen Schauge-
pränges nnd spekulierte mit dieser Bereicherung des
scenisclieii Apparats lediglich auf die Schaulust des Publi-
kums, das andere — das dramatische Element — knüpfte
an die Figur Telllieims an, welche das Interesse nach
doppelter Richtung hin fesselte und zur Nachahmung bezw.
Weiterbildung anregte. Einmal wurde man hingewiesen
auf das honnete des iMilitärstandes, der den strengen, oft
rigorosen, aber allgemein anerkannten und darum unan-
tastbaren Gesetzen der Disziplin und der Ehre unterworfen
ist und die ganze Auffassung des Lebens und der Hand-
lungen nach dem point d'honneur, dem soldatischen Ge-
wissen, bestimmt. Andrerseits vertiefte man sich in die
Tragik eines widrigen, unverdienten Schicksals, das Tell-
heim mit Resignation erträgt, weil sein Soldatenstolz es
nicht zulässt, unter anderen Bedingungen, als denen der
Ehre glücklich zu sein. Der tragische Konflikt zwischen
Ehrgefühl und Neigung, zwischen Pflicht und Egoismus
bestimmte die Wahl der Stoffe in dem Soldatendrama der
folgenden Jahrzehnte, ohne dass aber
— so-
gleich — die sittliche Grösse in Teilheims Charakter und
die Subtilität von dessen innerem Zwiespalt je erreicht
oder gar nur angestrebt wurde. Denn gewöhnlich sind die
Helden mitleidwerte passive Dulder, denen die Schwere
ihres Schicksals alle Gewissenskämpfe erspart, die der Ver-
suchung gar nicht verfallen können, das Verhängnis mit
Einbusse ihrer Ehre von sich abzuwälzen. Teilheims Un-
glück war für den Dichter Mittel zum Zweck, war der
Hebel für die Verwicklungen, die sich aus dem Widerstreit
der Hauptcharaktere, aus ihren entgegengesetzten Neigungen
und Anschauungen ergaben. Den Hörer bewegt viel weniger
die Frage: Wird Tellheim wieder zu Vermögen und Ehre
kommen? als vielmehr die andere: Wer wird das Spiel
gewinnen, die tapfere ausdauernde Neigung des Fräuleins
oder die schwer angefochtenen zähen Ehrbegriffe Tell-
heims? — Wie verfuhren nun dem gegenüber die Autoren
der Soldatenstücke? Sie versetzen den Helden in eine
tragische Situation, wobei das Wie und Warum den dra-
matischen Kern des Stückes bildet. Dann wird die Dulder-
seele des Kriegers entschleiert. Der Märtyrer der Ehre
ist erfüllt von quietistischer Gefühllosigkeit gegen den
fatalen Glückswechsel oder gegen den erwachenden Willen
zum Leben. Kleinmütigkeit oder Todesangst herrscht nur
in seiner mitleiderschütterten Umgebung, die er als be-
wunderter Held um Haupteslänge überragt. So gehts der
Entscheidung entgegen, die in den meisten Fällen als
plötzliche W^endung zum Guten dem tragischen Pathos die
Spitze abbricht. Der Held lässt alles mit sich geschehn;
von seinem Sturze an verharrt er, sicher vor moralischem
Fiasko, in hochherziger Passivität. Hier ists also lediglich
auf das Mitgefühl des Hörers abgesehen und um dessen
Ursache zu variieren, boten sich ungesucht die Anhalts-
punkte. Tellheim war durch die gegen ihn erhobenen
Verdächtigungen in eine schiefe Stellung gekommen, seinen
31
len
ihniing
orgesetzten
raden und seinem Könige gegenüber: ein Offizier^
er kompromittiert ohne irgend ein eigenes Verschulden T
ie unverdient und wie vernichtend war dies Verhängnis
ber ihn gekommen! Und wie vielerlei ähnliche Anlässe
onnten einen solchen Mann bei dem heiklen Charakter
er Standesehre stürzen! Das scheinbar Bizarre vieler
orschriften der P^hre und der Disziplin liess zuweilen ein
irkliches Vergehen so entschuldbar erscheinen und forderte
Laien förmlich zur Kasuistik heraus. Z. B. die Auf-
gegen einen willkürlich handelnden, unbilligen
wie in Möllers „Graf von AYalltron'' — ,
las Zuwiderhandeln oder nicht Befolgen eines verkehrten,
weckwidrigen Befehls — wie in Kleists „Prinz von Hom-
burg-', Kotzebues „Hugo Grotius'-' — , konnte den Zuschauer
^Qur sympatisch stimmen für einen unerschrockenen, rasch
[Bintschlossenen Helden, der doch hiermit das schwerste
aller militärisclien Verbrechen, das Subordinationsver-
gehen, auf sich geladen hatte. Subordinationsvergehen,
Ungehorsam und Desertion boten denn auch unerschöpf-
liche Gelegenheit, denHelden einen Fehltritt thun zu lassen,
der seitab von den allgemeinen Moralgesetzen liegt und
von dem Laien eher gebilligt oder entschuldigt, als ver-
urteilt wird, da ihm im p]inzelfall die Wichtigkeit eines
ausnahmelosen Gesetzes nicht klar vor Augen liegt und er
^jmmer geneigt ist, das Vergehen in Vergleich zu den zwingen-
^Hen Ursachen zu mildern und in Schutz zu nehmen.
H| Der erste der diese angedeutete Bahn einschlug
damit das Signal zur Schaffung einer neuen Gattung
Volksstücken gab, ist wiederum Stephanie. Doch
r auch sonst nie originell und selbständig produziert
bedurfte es auch diesmal bei ihm mannigfacher
gungen von aussen her, um seinen regsamen Geist zu
efruchten. Er schuf seine „Kriegsgefangenen" unter dem
mittelbar zuvor empfangenen Eindruck des „Deserteur"-
und
von
wie
hat,
An-
— 32 —
von [jöuis Sebastien Mercier, einem rührseligen fran-
zösischen Trauerspiel, das dazu auserseheu schien, Lessings
„Süldatenglück" zu ergänzen, indem es demselben das Ver-
hängnis an die Seite stellte , das krass und unversöhnlich
den Soldaten trifft, der im (iefühl gekränkter Ehre wider
die Kriegszucht gefrevelt hat. Das Stück hatte grossen
P>folg in Deutschland. Wenn man im Drama jener Zeit
alle notleidenden, ungerechter Weise verabschiedeten und
heruntergekommenen Offiziere in letzter Linie auf Tell-
heim zurückführen kann, so muss man als Stammvater
aller verdächtigen, schuldbeladenen und strafwürdigen Ver-
treter des Soldatenstands, vom Major Treith in Stephanies
„Kriegsgefangenen" an, den Deserteur Durimel ansehen.
Das Stück hat zahlreiche Uebersetzungen, Bearbeitungen
und direkte Nachahmungen veranlasst , um derenwillen
allein schon es einer eingehenden Betrachtung gewürdigt
werden muss ^^). Sein Inhalt ist folgender:
Durimel, ein junger französischer OfHzier, hat sich in
der Aufwallung des Zorns über die schmachvolle Behand-
lung, die ihm sein Oberst zu teil werden lässt, thätlich
an diesem vergriffen. Er ist des Todes schuldig und nur
Desertion kann ihn retten. Als Flüchtling kommt er nach
Deutschland und findet im Hause einer vermöglichen Witwe
Zuflucht und Bescliäftigung als deren Verw^alter. Seine gute
Haltung erwirbt ihm das Vertrauen dieser Witwe und die
Liebe von deren Tochter Clary. Er bittet um ihre Hand
imd erhält sie zugesagt. Anlässlich des Krieges kommt
das Regiment, dem Durimel ehemals angehörte, in den
Ort. Auch die Witw^e erhält Einquartierung und zwar
von Durimels eigenem Vater, dem Major St. Frank und
seinem lebensfrolien, etwas dreisten, aber gutherzigen
Kameraden Valcour. St. Frank hat keine Ahnung von
der Nähe seines Sohnes, der sich verborgen hält. Er be-
trauert ihn, seit dem Tage, wo er entflohen ist und wo er
33
der Major — mit bluteiidein Herzen eine Verfügung
ntersclirieben hat, nacli ^velclier alle Deserteure nach-
iclitslos der Todesstrafe verfallen sollen. Durimel hat
inen Nebenbuhler bei Clary, Hoctau, einen grimmigen
ranzosenhasser, der ihm, als er verschmäht wurde, Rache
igeschworen luvt. Die Gelegenheit hierzu ist gekommen,
octau hat das Geheimnis von Durimels Vergangenheit
isgekundscliaftet und verrät ihn beim Regiment. Der
nglCickliche wird verhaftet und von seinem Vater erkannt,
er in Verzweiflung darüber ist, seinen Sohn nicht retten
u können. Die Todesstrafe ist ihm gewiss; nur das er-
eicht der Vater, dass sein Sohn die letzten Stunden im
ause seiner Braut und mit ilim zubringen darf. Dort
^reitet er ihn in würdiger Weise zum Tode vor, lehrt
hn ,,die grosse Kunst zu sterben", wie die Karschin singt.
Goth. Theaterkai. 1776 S. 19). Valcour, der Clary zuvor
2iemlicli leichtfertige und unverblümte Anträge gemacht
I^^nd den eifersüchtigen Bräutigam, der sich ins Mittel
Biegte, l)eleidigt liat, trifft, erschüttert von Durimels tra-
uiscliem Schicksal, Anstalten, ihm zur Flucht zu helfen,
was aber unberücksichtigt bleibt, da St. Frank für seinen
Sohn liaftet. Angesichts des Todes findet noch die Ver-
mählung Clarys mit Durimel statt. Dann wird der Verur-
teilte von seiner vor Kummer und Mattigkeit eingeschlafenen
Frau weggeführt und unter seines Vaters Kommando er-
scjiossen. Die hinter der Szene sich abspielende Katastrophe
mit dem groben Knalleffekt wird auf derselben von wilden
'erzwriflnniisausbrüchen begleitet, die aber keine Steiger-
ng des Eindrucks melir hervorzubringen vermögen, da
;hon zu viel des Janiuicrs vorhergegangen ist.
Im Grunde genomnien maclit (his Stück Opposition
(egen militärische Zustände. St. Frank ist mit Wider-
len Soldat; nur ein widriges Geschick hat ihn zu diesem
ieruf gezwungen uiul knirschend beugt er sie
Stockmayer, Das deutsche SolJatenstück.
den rigo-
— 34 —
roseii ßestimmiiiigen , die er selbst von jeher verabscheut
hat. Seiner nioralisclien Auflehnung entspricht die prak-
tische des jungen, heissblütigen Offiziers, der sich von
einem schurkischen Vorgesetzten nicht knechten lassen
wollte. P^ine Milderung der tragischen Konsequenzen
dieses Schritts ist mit Absicht vermieden.
In Deutschland beurteilte man das Stück von anderen
Gesichtspunkten aus. Die Disziplin war damals mehr denn
je als Kulturprinzip geschätzt. Ihr sittlicher Wert trat
scharf hervor bei dem aufs äusserste zugespitzten Konflikt
zwischen Pflicht und Neigung in der Seele des Majors und
dem schliesslichen Sieg der ersteren. Unbezweifelbar war
auch ihre Fähigkeit, als treibendes Motiv im Drama zu
wirken, indem dabei der Forderung des Diderotschen
genre serieux vollkommen Rechnung getragen wurde.
Denn bei welchem Stand lassen sich „die Tugend und die
Pflichten des Menschen" wohl in schärferen Gegensatz
bringen zu Neigungen und Privatrücksichten, als bei dem
militärischen? Dass beiiu Hörer das Mitleid mit dem Helden
überwog gegenüber der theoretisch anerkannten Unanfecht-
barkeit einer strengen Kriegszucht, machte den tragischen
Einzelfall nur noch dramatisch wertvoller. In Frankreich
selbst, „ou Ton est plus belliqueux que soldat" wie ein
Franzose treffend bemerkt ^^), wo das kriegerische Pathos
seiner Individualität nach sich mehr in lyrischem Schwung,
als in dramatischer Reflexion äussert, blieb der „Deserteur"
unbeachtet und hat auch kein Seitenstück erhalten. Frei-
lich gab es auch dort keinen Friedrich und keinen Sieg
von Rossbach. Die poetisch verherrlichten F]igenschaften
des preussisclien Soldaten, die für Deutschland eine neue
Zeit heraufgebracht hatten, waren den Franzosen fremd.
Die deutschen Parallelen zu Merciers „De-
serteur". Nachdem nun die Hauptelemente des mili-
tärischen Dramas skizziert und dessen einfiussreichstes
I
35
ister ausfülirliclier besproclieii worden, bleibt für das
Soldatenstück selbst nur mehr eine Znsammenfassung der
wesentlichsten Motive, eine Uebersicht über das ganze
Stoffgebiet übrig. Denn kaum irgend eine andere dra-
matische (Jrnppe wird ein so gleichförmiges, wenig va-
riiertes Bild der dramatischen Entwicklung bieten, wie
diese hier, wo das Hauptinteresse nur darauf hinauslief,
den Theatergeschmack des Publikums mit dem Wechsel
der Kriegs- und Lagerbilder und mit einigen Variationen
in dem tragischen Schicksal des Helden zu befriedigen''^^).
So lässt sich denn leicht ein gewisses Schema herstellen,
nach welchem der Gang der Handlung in allen Stücken
wiederzuerkennen ist, ohne dass erhebliche Lücken zu
Tage träten. In grossen Zügen stellt sich dies ungefähr
so dar: Ein Offizier, in Vollbesitz seiner Manneskraft
und von glänzenden Fähigkeiten, hat sich innerhalb seines
AVirkungskreises eine unerschütterliche Stellung gegründet.
Er geniesst die Zuneigung und das Vertrauen seiner Vor-
gesetzten in einem nicht zu steigernden Grade. Seine
Kameraden sind stolz auf seine Freundschaft, seine Unter-
gebenen vergöttern ihn. Irgend ein Glanzpunkt in seiner
Vergangenheit wirft einen verklärenden Schein über sein
ganzes Leben: eine That, die seiner Tapferkeit oder seiner
Menschlichkeit zur P^hre gereichte. So bietet der Held, eine
glorreiche Vergangenheit hinter sich, eine verheissungsvolle
Zukunft vor sich, dem Schicksal und den Widersacliern Trotz,
falls letztere — gewöhnlich der Abschaum der Menschheit
— in seinen Gesichtskreis treten. Aber es schlummert
irgend eine menschliche Schwäche in seinem Busen und
diese soll dem sonst so Vollkommenen verhängnisvoll
werden. Sie bringt ihn in Kollision mit seinem Pflicht-
bewasstsein und letzteres unterliegt auf einen Moment,
(1* r aber bei der pointillösen Strenge der militärischen
Gcs.'tze hinreicht, um den Günstling des Glückes ins Ver-
3*
— 3() —
derben zu stürzen. (Selten mir fällt er dem Verhängnis
gänzlich nnscliuldig anheim.) Sein Sturz zieht weite Kreise
in Mitleidenschaft; vor allein eine Gattin oder eine ver-
zweifelnde Braut, einen ihm wohlgesinnten Vorgesetzten,
der häufig die moralische Schuld an dem Fehltritt trägt
oder sonst bei dem heiklen Fall stark in Mitleiden-
schaft gezogen wird und nun unter fürchterlichen Ge-
wissensqualen sein Schuldig auszusprechen hat. Allge-
meines aber machtloses Mitleid umgiebt den männlich
gefassten Helden, der selbst am tiefsten durchdrungen ist
von seiner Strafwürdigkeit und sich standhaft der verletzten
Gerechtigkeit als Sühnopfer stellt. Es werden nun Schrite
gethan zu seiner Rettung; da sie theoretisch aussichtslos
sind, so gehen sie meist von solchen aus, denen Jugend
oder naive Unerfahrenheit noch nicht den Glauben ent-
rissen hat an die Macht der eindringlichen Fürbitte der
starren Gesetzesautorität gegenüber, z. B. Soldaten oder
junge Offiziere, die in besonders nahem Verhältnis zu dem
Verurteilten stehen, ferner weibliche Angeliörige, Bräute,
Gattinnen, Mütter. Die ersehnte Rettung trifft denn auch
fast immer in dem Augenblicke ein, wenn der Held mit
der AVeit abgeschlossen hat und den Tod dicht vor Augen
sieht. Meist ist es ein fürstliches Gnadendekret oder ein
unvermutet eintreffender Kriegsherr selbst, der dem Ge-
schick in den Arm fällt und zu allgemeiner Erleichterung
dem Gesetz eine Ausnahme gestattet. Wo es sich um
Kriegsgefangene handelt, die den Märtyrertod sterben
sollen, tritt als deus ex machina der Frieden ein. Sehr
selten ist dem unbarmherzigen Schicksal ' freier Lauf ge-
lassen.
In der That giebt es militärischer Tragödien ver-
schwindend wenige. Ihr klassisches Beispiel ist IffJands
„Albert von Thurneysen". Die Notwendigkeit der tragi-
schen Sühne drängte sich hier auch der Ueberzeuouns:
I
87
el stärker auf, als in all den anderen Stücken, wo das
Verhängnis sieh an einen Verstoss knüpfte, der nur des
bösen Beispiels wegen bestraft werden niuss, oder wo das
Vergehen nichts als eine Lappalie ist, wie z. ß. in Töpfers
„Tagesbefehl'', wo ein liebegej)lagter junger Offizier trotz
des im Lager ergangenen Verbotes nächtlicherweile in
seinem Zelte Licht anbrennt, um sich in die Korrespon-
denz mit seiner Geliebten zu vertiefen: oder gar in Schika-
neders „Grandprofoss'', wo ein Todesurteil gegen die Frau
eines Feldwebels ausgesprochen und vollzogen wird, weil
sie wider das Verbot des „Marodierens^' ihrem Gatten
eiiitMi ,.lndian" zum Mittagessen gestohlen hat. (Drollig
genug verbittet sich der Verf. in der Vorrede mit Ent-
scliiedenheit das Urteil der Rezensenten und giebt sich
zufrieden mit der „Thränenernte", die seinem Stücke auf
der Bühne nicht fehlen werde.)
Dahingegen hat sich Thurueysen in ganz unentschuld-
barer — freilich wohl auch in fast unglaubhafter Weise
gegen das Gesetz vergangen. Seine Geliebte, des Generals
Tochter Sophie, hat ihn aufs dringendste zu einem Rendez-
vous beordert mit dem Vermerk, es hänge von dieser
Zusammenkunft ihr Leben ab. Sie soll nämlich in weni'j;en
Stunden einem anderen vermählt werden und wünscht
ihren (Jeliebten zuvor ihrer Treue und Schuldlosigkeit zu
versichern. Thurneysen verlässt — der Schauplatz ist
eine belagerte Festung — den ihm anvertrauten Be-
wachungsposten, einen der wichtigsten und gefährlichsten
im Umkreis der Festungswerke und begiel)t sicli in kopf-
losem Leichtsinn in das Haus des Generals zu seiner
Geliebten. In seiner Abwesenheit geht der Posten an den
F'eind verloren und das Schicksal der ganzen Festung ist
dadurch in Frage gestellt. Diese Folgen seines verhängnis-
vollen Schrittes mussten dem jungen Thoren klar vor
Augen stehen und hätten, entscheidend sein sollen allen
— 38 —
aiideivii liücksicliten gegeiuiber. Docli mag es sein, dass
die Liebe ihn der Vernnnft beraubt hat, einen Milderungs-
grnnd gab dies für sein schweres Verbreclien niclit ab und
er musste als Opfer seiner Pflichtvergessenheit fallen.
Viel mehr Anspruch auf Verzeihung und Gnade haben
die Helden derjenigen (iruppe von Schauspielen, die sich
um Möllers „Graf von Walltron", das militärische Drama
par excellence, scharen. Walltron, das Idealbild eines
Soldaten, „vor dem Feinde ein Löwe, im Dienste ein
Argus, in der Gesellschaft der empfindsamste Mensch",
wird von einem übellaunigen Vorgesetzten hart angelassen
und selbst beschimpft. In kochendem Zorne greift er zum
Degen, bereit, auf der Stelle die angethane Beleidigung
zu räclien. Sogleich aber kommt er wieder zur Besinnung.
Doch die Subordination ist scliwer verletzt, der Fehler nicht
mehr ungeschehen zu machen; Walltron muss vor das
Kriegsgericlit und wird zum Tode verurteilt. Fast ebenso
ergeht es dem Helden noch in zahlreichen anderen Stücken.
Nur ein Beispiel: in Schildbachs „Dienst und Gegendienst",
einer Fortsetzung des Walltron, wird dessen Jähzorn noch
einmal zum Ausgangspunkte der dramatischen Verwickelung
genommen, und zwar beschwört er hier das Verhängnis auf
sicli herab durch eine in blinder Wut au dem feindlichen
General verübte Gewaltthat, in dessen Hand er als Kriegs-
gefangener gegeben ist. Am frühesten findet sich dieser
Zug in Engels „Eid und Pflicht", wo der Soldat Welldorf,
der gezwiingenerweise in preussischen Diensten steht, seinen
Obersten mit dem Degen in der Faust anfällt, als er ihn
seinen schwerkranken Vater, einen sächsischen Beamten,
misshandeln sieht. Auch im Hausvaterdrama wird, um
eine erlittene Beleidigung auf der Stelle zu rächen, häufig
zum Degen gegrift'en und also das Subordinations vergehen
bis in den häuslichen Kreis weiter verfolgt. Nirgends aber
kommt es zu einer ernstlichen Blutthat. Das liäufioe „fährt
— 39 —
it der Hand Mii den Degen" im Faiiiilieiistück ist eine
ingefährliclie, aber ansdrucksvolle Bewegung, die auf
elbstbewusstsein und Elirgefüld deutet (so in Scliröders
Faliudrich", Zieglers „Lorbeerkranz", Sdiletters „Familien-
|)okal-' etc.)
■k Was nun die Variationen der militärischen Vergeben
^■anlangt, so ist auf die Desertion und deren Folgen schon
■pingewiesen worden, ebenso auf die vermeintliche Feigheit
fim Kampf z. B. in Babos „Arno" und Henslers „Kriegs-
gefangenen" (Vgl. Anm. 1() und 22). Sinnreich ist der
Einfall in Zschokkes „Eichenkrauz" , wo der Held, auf
<lem Höhepunkt seiner militärischen Laufbahn angelangt,
||)lötzlich der F^hrlosigkeit und der Schande anheimfällt, da
bs an den Tag kommt, dass er der Sohn eines Delin-
fpienten ist. Nachdem der heikle Fall allseitig beleuchtet
und begutachtet worden, vernichtet der Feldmarschall, als
Richter vom König autorisiert, die Macht der Vorurteile,
indem er ihm seinen Degen zurückgiebt, ihn zum Oberst
und Freiherrn v. Adelwerth macht und an seine Helden-
rust das Grosskreuz heftet. Solch gänzlich unschuldige
ulder sind aber selten: gewöhnlicli handelt es sich dabei um
Kriegsgefangene, die in den Verdaclit des Verrats und der
^Spionage kommen und dafür mit dem Leben büssen sollen.
Das erste Beispiel hiefiir geben „die Kriegsgefangenen"
Yon Stephanie, wo der Major Graf Treith, Kriegsgefangener
in einer belagerten Festung, von dem unmenschlichen
IHpjIouverneur zu ehrlosem Tod verurteilt wird, da man bei
Ihm Zeiclmungen und Pläne der Festungswerke entdeckt
Iliat. die aber nicht von ihm, sondern von dem Feldwebel
Fleckmann stammen und von diesem in aller Harmlosig-
keit zur Verkürzung der langen Haftzeit und zur Üebung
^^ seines Zeiclientalents verfertigt wurden. Eine verräterische
Korrespondenz, durch einen Sdiurken denunziert oder dem
Kriegsgefangenen untergeschoben, haben zum Gegenstand
— 40 —
„General Moorner" von Thilo und Kotze bues „Taschen-
buch". Aelinlich liegen die Verhältnisse, nur etwas ver-
wickelter, in Rambachs „Hochverrat". Feierliche Kriegs-
gerichtsszenen waren seit Walltron untrennbar von einem
geschehenen Verbrechen. Von allen militärischen Vor-
gängen kehren diese am zalilreiclisten wieder.
Bemerkenswert ist ein Zug im militärischen Drama^
der als die humane Ergänzung des strengen point dhon-
neur betrachtet werden kann: die vornehme Auffassung
der ausserdienstliclien Bezieliungen zwischen feindlichen
Offizieren. So viel von politischer Feindschaft die Kede
ist, so wenig ging man auf eine einseitige gehässige Ver-
kleinerung des Feindes aus. Selbst die gutartige Satire,
mit der Lessing die Figur des heruntergekommenen Glücks-
ritters Riccaud gezeichnet hat, fand ihre Tadler wegen der
allzu deutlichen Anspielung auf französische Erbfehler des;
Charakters und es gab nicht wenige, die sich um eine
Rettung des französischen „Windbeutels" verdient machten.
Energisch spricht diese Absicht z. B. Fr. G. Thilo in der
Vorrede zum „General Moorner" aus. Freilich brachte er
es bei der Figur des französischen Majors v. Malebranche
nicht weiter, als zu einer Nachahmung des Blainville in
Grossmanns „Henriette"; ein Plagiat, gegen dessen Vor-
wurf er sich vergeblich verwahrt.
Zwischen feindlichen Offizieren besteht fast immer ein
Achtungsverhältnis, das von politischer Meinungsverschieden-
heit nicht berührt wird. Wenn, nach Lessing, einerlei
Kriegszucht den Landsmann machte, so schuf die Kriegs-
zucht überhaupt das kameradschaftliche Verhältnis. So
stellt es zuerst Stephanie in seinen „Kriegsgefangenen" dar,,
wo der gefangene Major v. Treith die innigsten Bezieh-
ungen zur Familie seines Gastfreundes, namentlich zu
dessen Tochter unterhält. An dem feindlichen Hauptmann
Heist findet er einen aufrichtigen Freund, der, als Treith
- 41 —
wegen vermeintlicher Spionage zum Tode verurteilt wird,
keinen Augenblick an seiner Unschuld zweifelt und empört
ist über das unmenschliche Vorgehen seines Vorgesetzten,
des Gouverneurs der Festung. Unter dem Einfiuss von
I Stephanies „Kriegsgefangenen" steht Engels „Eid und
Pflicht''. Diese Tragödie bezieht sich auf den Umstand,
dass Friedrich IL die sächsischen Soldaten im .Jahre 1756
zwang, in seine Dienste zu treten. Das Schicksal trifft
auch den jungen Welldorf, dessen Vater als einflussreiche
■| Person von dem preussischen Oberst, einem Scheusal, trotz
f seiner tötlich schweren Krankheit als Geisel für eine der
sächsischen Stadt unrechtmässigerweise auferlegte Kontri-
bution weggeschleppt wird. Der preussische Hauptmann
V. Brink, eine Kopie des Heist zeigt warme thätige Teil-
nahme für die unglückliche Familie AVelldorfs und gerät
dabei sogar in Konflikt mit dem verhassten Oberst, dem
er Gehorsam schuldig ist^^).
Auch Babos „Arno" hat eine historische Grundlage ^*).
Das Stück spielt im siebenjährigen Kriege und werden
darin die beiden feindlichen Monarchen, Friedrich II. und
Joseph II. (damals noch Erzherzog) nebst ihren Soldaten
verherrlicht. Dass politische Feindschaft weder die An-
erkennung persönlicher Tüchtigkeit hindere noch ein ver-
wandtschaftliches Verhältnis lockere, wird an dem Bei-
spiel des östreichischen Hauptmanns Ruckzin und seines
Sohnes des preussischen Oberleutnants Arno gezeigt. Das
(ielegenheitsstück „Es ist Friede" von Bock feiert den glück-
Uchen Abschluss des bayrischen Erbfolgekriegs. Der Frieden
wird allegorisiert in der Verbrüderung des österreichischen
Kapitäns v. Langenfeld und des preussischen Majors
v. Stammer, dem der sächsische Oberst v. Biederau zur
Seite steht. Der Oestreicher als preussischer Gefangener
findet geneigtes Ohr für die Verherrlicliung seines Joseph,
wogegen der Preusse seinen Vater Fiitz und der Sachse
I
— 42 —
seinen Kurfürsten Friedricli August leben lässt. In Hubers
„Kriegssteuer" berrscbt die Tendenz, die Notwendigkeit
einer für den russisch -östreichisclien Feldzug gegen die
Türken (ITST — 9*2) zu erhebenden Kriegssteuer plausibel
zu niaehen. Der nnvermeidliche Kriegsgefangene ist hier
der Türke Dorsuffi, ein Muster an AVeisheit und nniss-
vollem Benehmen, der mit dem östreichischen Leutnant
Niklas V. Lambert ein intimes Freundschaftsverhältnis
pflegt. Hagemanns „Eroberung von Valenciennes", eine
Szene aus der englisch-hannoverschen Invasion im Henne-
gau 1798 während des europäischen Krieges gegen die
französische Republik, bringt eine Verbrüderungsszene
zwischen dem hannoverschen Freikorporal Meister und
dem französischen, gut monarchisch gesinnten Linien-
soldaten Mousquin. Hier hallt das I^ob des Vaters Georg
(Kurfürst Georg HL), dort dasjenige Ijudwigs XVIL Be-
züglich des in „Arno" erstmals erscheinenden politisch
feindlichen Verhältnisses zwischen Vater und Sohn ist
noch zu erwähnen, dass Spiess' „General Schlenzheim"
und Arrestos „Feindlicher Sohn" dasselbe genau kopiert
tiaben. In allen dreien erfolgt die wirkliche Erkennung
zwischen Vater und Sohn erst, nachdem der eine iii die
"Gew^alt des andern gegeben ist. Anders in Kretschmanns
„Belagerung". Hier muss ein General wissentlich seine
eigenen Söhne belagern, von denen der eine der Festnngs-
kommandant ist. Der General ist, ohne viel Aufhebens
von einem solchen Schritt zu machen, zum Feinde über-
gegangen, weil er nicht von seiner Gemahlin Geld leben
wollte. Auch hier bekommt der Kommandant seinen Vater
gefangen, wie im „Arno". In der Tragödie „Graf Treu-
berg" von Czechtitzky stehen Sohn und Vater einander
ebenfalls feindlich gegenüber. Hier ist aber nicht nur
harmlose politische Feindschaft mit im Spiele. Der Vater
hat einen ganz unglaubhaften Verrat an der Sache seines
— 43 —
.andeslieiTii begangen und der Solin, in Raserei hierüber,
Tiiht nicht elier, als bis er dies Verbreclien durch Vater-
l^pord, inmitten der umgebenden Feinde gesühnt hat. Es
fordert zur Betrachtung heraus, wie verschieden in den
lieiden letzten Stücken ein und dasselbe Motiv verwendet
wird. Czechtitzky lässt einen alten verdienten Offizier, der
allgemeine Achtung und das Vertrauen des obersten Kriegs-
herrn geniesst, ohne klar ersichtlichen Grund zum Ver-
räter werden. Kretschmann macht eine Kuriosität aus
diesem Verrat. Einer Grille wegen, die ihm aber zum
Lobe angerechnet wird, kämpft ein General gegen seine
bisherige Armee, gegen seine eigenen Söhne, die er zu-
dem ohne Skrupel zu demselben Verrat verleiten möchte,
trliert aber darum beim Autor nicht im geringsten an
iner moralischen Tüchtigkeit. Blickt man solchen Aus-
geburten einer lierrschenden litterarischen Mode gegenüber
auf das einzige und unerreichte Vorbild zurück, so er-
.^taunt man über den Zeitgeschmack, der zuliess, dass die
zu wahrem Leben erweckten , Gestalten eines grossen
Dichters allmählich zu solchen Marionetten straflos herab
gewürdigt werden durften.
unmittelbare Beziehungen des zeitgenössischen
Dramas zu Lessings „Minna von Barnhelm".
p]s ist im vorstehenden der Versuch gemacht worden,
ein allgemeines Bild der Anregungen zu geben, die von
Lessings „Minna" ausgingen und die Produktionskraft
einer emsigen Schaffensperiode der deutsclien Litteratur
befruchteten. Es sollte gezeigt werden, wie der vielver-
sprechende Schauspielgehalt, auf den Lessing die Auf-
merksamkeit gelenkt hatte, von dreien seiner rührigsten
Zeitgenossen alsbald ausgebeutet und auf verschiedene
(Jebiete übergeleitet wurde, die man nach dem Milieu
unterscheiden kann als bürgerlicher Kreis, bäuerlicher
Kreis und militärischer Kreis. Dass dieser Gehalt, in solcherlei
Grenzen eingeschlossen, weiterbestanden und Entwicklungs-
kraft bewahrt hat, sollte darthun, dass „Minna von Barn-
helm" dem Bedürfnis der dramatischen Dichtung nach
individuellem Gepräge und nach einer nationalen und
modernen Grundlage in eminentem Masse gerecht geworden
ist. Auch fremde Muster hatten an der Regeneration mit-
gewirkt, aber sie wären unbeachtet geblieben, hätte nicht
Lessing seiner Zeit die Augen geöffnet für die Bedürfnisse
des modernen Lustspiels.
Es liegt nun im Charakter dieser Untersuchung, nicht
nur zu zeigen, wie die in Menge hervortretenden neuen
Gesichtspunkte und Ideen als Weiterwirkungen des einen
Schöpfungsaktes zu betrachten sind, sondern auch direkten
— 45 —
ezieliiingen und Anleliiiiingeii an das Vorbild im einzelnen
nachzugehen. Erschöpfend kann dieser Teil der Aufgabe
icht behandelt werden. Einmal würde dies leicht zu
ner pedantischen Reminiscenzenjagd führen und dann
tte hierzu das herangezogene Material bei weitem nicht
sgereicht. Für das relativ minder wichtige Resultat,
dieser Abschnitt der Untersuchung liefern soll, genügt
s, in den Hauptzügen festzustellen, was an dem grossen
unerreichten Muster dem Geschmack der Nachahmer als
sonders wirksam und bühnenfähig galt. Denn bei der
amatischen Massenproduktion im letzten Drittel des
8. Jalirlumderts hat man es ja w^eit weniger mit Kunst-
erken. als mit Eft'ektstücken zu thun: eine Wahrnehmung,
e sich nnm entlich im Hinblick auf die in dieser Arbeit
Betraclit kommenden Autoren aufdrängt, die grossenteils
dem Scliauspielerstande angehörten.
Iv Gewisse Motive lagen nun, wie gesagt, in der Luft.
Ils bedurfte nur des einen Weckrufs, um das Verständnis
uf den Reichtum an neuen dankbaren Stoßen zu lenken,
or allem gilt dies, einmal von der Figur Teilheims, des ruhm-
deckten würdigen Vertreters einer grossen kriegerischen
eit, der ohne alles Verschulden ins Unglück geraten und
adurcli der teilnehmendsten Sympathie würdig ist; dann
on der Person des grossen Königs selbst, den zu ver-
errlichen und zu bewundern die Begeisterung zu allen
poetischeu Ausdrucksmitteln grifi'. Das scliwächste ist
freilich das dramatische, da es meist nur an anekdoten-
liafte Züge, z. B. einen Akt königlicher Wohlthätigkeit
(der Gereclitigkeit gebunden ist. Neben Friedrich den
[rossen traten dann selir l)al(l auch andere Fürsten, denen
kan einiges Gute nachrühmen konnte, als Büliiieiigestalten.
fauptsächlicli gal) die Figur des Kaisers Joseph von Oest-
reich Gelejuvulicit, l)ekaiiiite Episoden aus seiner mensclien-
freuiKHichi'ii lu'geiitcuthätigkeit zu vi-rowigen. Es liegt
— 46 —
darin allerdings eine Vergröberung Lessiiigselier Inten-
tionen, ebenso wie in der unermüdlichen Schilderung der
Invaliden am Bettelstab. Sie war aber begründet in der
Humanität des damaligen Geschlechts, die einen Ausfiuss
der eudämonistischen AVeltanschauung des Aufklärungszeit-
alters darstellt. (Grossmut, Wohlthätigkeit und Vergebung
nennt Schink die drei zuverlässigsten Schatzgruben des
dramatischen Interesses. Vgl. Dramaturg. Monate 1. Bd.
S. 59). Es lag auch viel Ehrlichkeit und Loyalität in
dieser Eürstenverherrlichung, deren Tendenz sich immer
an die guten Instinkte des Volkes wandte, ohne sich in
schmeichlerischer Absicht gerade an den Tliron selbst
heranzudrängen zu suchen.
Das Wagnis, den lebenden König Friedrich zum ersten-
mal auf die Bretter gebracht zu haben, dürfte wohl Babo
zuzuschreiben sein. Es ist dies der Vorrede zum „Arno''
zu entnehmen: „dass ich den grössten lebenden Monarchen
auf der Bühne reden lasse, entschuldigt die Natur des
Schauspiels (es spielt mitten im siebenjährigen Kriege).
AVer es für unerlaubt hält, sagt der nicht, der oder jener
Fürst wird nicht viel Gutes sagen oder thun können?"
Ganz im Geiste der Zeit erwidert er darauf, dass der
Menschengrösse Friedrichs eher ein Tempel — d. h. seine
dramatische Verherrlichung — zukomme, als dem Halb-
gott Julius. Es hiess freilich zu viel gesagt, Fürsten-
anekdötchen als Bausteine zum Tempel der Menschengrösse
zu betrachten. Man erinnert sich hier unwillkürlich der
schmerzvollen Frage von Shakespeares Schatten:
Was? Es dürfte kein Cäsar auf euren Bühnen sich zeigen,
Kein Achill, kein Orest, keine Andromache mehr?
Ich übergehe die Schar von Königen, Fürsten und
Prinzen, die von den „Kriegsgefangenen" und dem „Deser-
teur aus Kindesliebe" an in unzähligen Fällen den Helden
aus der Verlegenheit zu ziehen und ihm ihre Be\vunderung
— 47 —
zu zollen haben, oder die durch einen Akt königlicher
(Jcicclitigkeit dem verbrecherischen Treiben schleichender
j Bösewichte jählings ein I^nde machen und verweile nur
bei der Gruppe der porträtierten Monarchen Friedrich und
Joseph. Ein Jahr vor dem Erscheinen des „Arno" ver-
t'asste Plümicke das Gelegenheitsstück „der Volontär" au&
Aiihiss des Geburtstags Friedrichs des Grossen. Der Köni^
tritt zwar nicht selbst auf, doch hält er sozusagen die Fäden
des ganzen Stückes in der Hand. Der Herr v. Waller, ein
wilrttembergischer Oftizier, der seinen seitherigen Dienst
quittiert hat „aus unüberwindlicher Neigung", sich unter
die preussische Fahne zu begeben, kommt eben von einer
B l iitci rcdüug mit dem König, dem er, ohne ihn zu er-
kennen, die kräftigsten Lobeserhebungen gemacht hat.
Dieselben wiederholen sich andauernd auf der Szene, da
ihm jener unerkannte Offizier ein Handschreiben an den
Generalfeldmarschall mitgegeben hat, in dem er schnur-
^R^stracks zum Major ernannt wdrd. Die neuen Kameraden,
^Bunter denen auch Tellheim ist, was Wallers Sympathie für
^Bden gewählten Dienst hinlänglich erklärt '^•^), beglück-
^B wünschen den Glücksvogel und preisen sich und ihn selig,
^Bunter einem solchen Fürsten dienen zu dürfen. Dies der
^Bganze dürftige Inhalt. Im „Chargenverkauf" (Verz. 56)
I^Bist der auftretende König zw^ar nicht als Friedrich der
■^* Grosse bezeichnet. Doch ist auf ihn deutlich genug hin-
gewiesen durch die militärischen Charaktere des Stücks,
die Sentenzen und Aussprüche des Königs, die an die be-
rühmten Marginalnoten erinnern und die ehrliche, ver-
trauliche Art den Verkehrs zwischen König und Soldaten,
. denen der alte Fritz ja als Soldatenvater galt, für deren
j^B Anliefen er stets ein offenes Ohr und eine hilfreiche Hand
'^^ hat. So rettet er den tapferen Oberst ßranten für sein
Regiment, das dieser hatte verkaufen wollen, um seine
I Familie vor Mangel zu schützen. Dem Hauptmann Blenn-
— 48 —
heim, der den Dienst quittieren will, weil er so oft im
Avancement übergangen worden, giebt er einen erledigten
Majorsposten. Den Oberleutnant Winterfeld, der heiraten
will, lässt er in Gnaden ziehen. Den Unterleutnant Wille
aber, der im Begriff steht, seine Charge zu verkaufen, um
seine Mutter vor dem Hunger zu retten, umarmt der König
gerührt und giebt ihm die erledigte Stelle des Blennheim,
seiner Mutter aber eine lebenslängliche Pension. Eng zu-
sammen gehören die Stücke: „der abgedankte Offizier, oder
Joseph der Gute" von Lederer (? Verz. 31), „die Waise"
von Ch. P. F. König, „das grosse Beispiel oder welch' ein
Mensch!" von F. I. Fischer und „der Rechtschaffene darf
nicht immer darben etc." von Protkhe. Erstere drei sind
im selben Jahre erschienen, weisen also auf eine bekannte
Anekdote vom guten Kaiser Joseph hin. Lederer hat
einen abgedankten, aufs äusserste heruntergekommenen
Offizier, den Leutnant Tapfer zum Helden gemacht. Der
Wucherer Geiz, ein Beutelschneider wie Lessings Wirt
zum König v. Spanien, treibt ihn einer nicht bezahlten
Schuld halber samt seinen Kindern aus dem Haus. Sein
alter Diener Heinrich bietet ihm seine kleine Barschaft
an, doch Tapfer nimmt sie nicht an. Obwohl im Elend
auf die fragwürdigsten Subsistenzmittel beschränkt — die
Kinder raufen Gras aus, um es abgekocht mit dem Vater
zu verspeisen! — hat Tapfer liocli ein fremdes Kind auf-
genommen, das sich später als Sohn eines alten Invaliden
erweist. Der ganzen Misere macht Kaiser Joseph ein Ende:
„der Kaiser erscheint niclit selbst und docli sieht man den
liebenswürdigen, den angebeteten Fürsten und bewundert
ihn" schliesst eine Kritik des Stückes, dem sie nachrülimt,
dass es unter all den Dramen, die bisher sich mit Zügen
von dem edeln Herzen Josephs des Guten bereichert, das
einzige sei, das es auf eine würdige Art gethan hat.
(Almanach d. deutsch. Mus. 1771) S. (S8.) — Ein moderner
1
49
eurteiler kann siejj schwer in den Geschmack einer Zeit
liiiseinfinden, die eine solch übertriebene Häufung von
^kdeln und rührenden Motiven gut hiess. Der Inhalt der
^fctücke von König und Fischer deckt sich ziemlich genau
^Biit vorstehendem. Nur tritt in diesen der Kaiser selbst
^piuf, der edelmütige Mann ist kein Offizier und das an-
geiiommene Kind gehört einem liohen Adelsgeschlechte an.
Das letztgenannte der vier obigen Stücke zeichnet einen
OfHzier, der einem Mädchen die Ehre geraubt hat, sie nun
heiraten will, dazu aber nicht die Erlaubnis bekommt, des-
halb den Dienst quittiert und nun mit Frau und Kind darbt.
Ein braver Schustermeister nimmt die Familie auf, ein
dankbarer ehemaliger Soldat bietet seinem Leutnant eine
loeben gemachte F^rbschaft an, ohne sich natürlich erhört
7A\ sehen. Der Fürst, nämlich der menschenfreundliche
Joseph, lässt alle vor sich kommen und macht sie glücklich.
Schink bespricht dies Stück im 1. Bd. der „drama-
4;urgischen Monate" unter dem Titel „Fürstenpflicht", den
m Brandes gegeben, nachdem es in einer voraufgehen-
II
w-
en Fassung schon in „Armut und Liebe" umgetauft worden
war. Er wendet sich dabei mit aller Schärfe gegen die
matten Szenen wohlthätigen Inhalts, die nur das Herz,
nicht den Verstand anregen und ein schlimmes Zeugnis
für den Kunstgeschmack des Publikums geben. Er hat
gewisslich recht; trotzdem ist man geneigt, der Figur des
verabschiedeten Offiziers eine hervorragende Stelle unter
der Schar der verarmten, entlassenen, invaliden Militärs,
die sich um Teilheim, ihren geistigen Vater, gruppiert
liaben, einzuräumen, insofern in der Seele dieses Leut-
nants ein wirklicher und glaubhafter Konflikt zwischen
seiner sittlichen Pflicht und seinen Standesrücksichten vor-
geht. L'm nicht zum schlechten Kerl zu werden, muss er
das verführte Mädchen heiraten und seine Carriere schwinden
ssen. Das erregt ci-nsicrrs Interesse und wirkliche Teil-
Stockmayer, Das deutsche Soldatcnstück. 4
— 50 —
uahme und somit verdient der Verfasser grössere Auf-
merksamkeit, als so und so viele oberflächliche und geist-
lose Nachahmer, welche glaubten, alles gethan zu haben,
wenn sie mit ihren stummen, in Entbehrung und Hunger
verkommenen Duldern im fadenscheinigen Kostüm Tell-
heims an das Mitleid der Zuschauer appellierten oder wenn
sie aus der tiefen Verbitterung Tellheims, bei diesem eine
Folge der unerträglichen Ehrenkränkung, mürrische Grillen
und Absonderlichkeiten des Charakters herausbuchstabierten,
die den alten Haudegen bei seinen sonst so vortrefflichen
Eigenschaften interessant machen sollten.
Der alte Polterer im Waffenrock kam übrigens —
auch ohne die angedeuteten Voraussetzungen — sehr
rasch in Aufnahme und war im Familienstück l)ald un-
entbehrlich (Vgl. auch das oben, anlässlich der Figur des
Obristen v. Stornfels im „Grafen Olsbach" Gesagte. S. 10
und Anm. 5). Im Rollenfach der Hausväter verwendete
man sehr häufig alte Militärs. Diese zwingen gew'öhnlich
ihre Töchter, eigensinnig oder mit mürrischer Strenge^
einen ungeliebten Mann zu heiraten oder dem Geliebten
zu entsagen; man denke an Grossmanns „Henriette", Lenz
„Hofmeister", Sprickmanns „Schmuck", Beils „Einöde"
u. s. w^ In Anton- Walls „Arrestant" geht die Bizarrerie
soweit, dass der alte Obrist den Geliebten seiner Tochter
vorläufig abfahren lässt, nur um das Vergnügen zu haben,
späterhin wieder alles ins reine zu bringen und der Tochter
eine freudige Ueberraschung mit der Hand dieses längst
ausersehe neu Schwiegersohnes zu bereiten. Zuweilen findet
es sich, dass ein alter Offizier einen edelgesinnten jungen
Mann ins Herz geschlossen hat, was jedoch kein Abhaltungs-
grund ist, denselben ein misanthropisches Misstrauen fühlen
zu lassen und ihn gelegentlich bis aufs äusserste zu reizen
und zu beleidigen, so in Bonins „Postmeister" und „Hass
und Liebe", Schröders „Fähndrich", Schletters „Familien-
— 51 —
pokal", Möllers „Graf Walltron^' ii. a. m. Gerne bürdet
man dem wackeren Kriegshelden einen geistigen Defekt
auf oder macht ihn siech und krank: AValltron leidet an
wahnwitzigen Wutantallen, die Väter ijn „Arrestanten" und
im „Fähndrich" sind gemütskrank. Sterbende Generale
bringt Beils „Curd von Spartau" und Leos „General-
marsch". Einen qualvollen Eindruck macht das Siechtum
des Majors in Beils „Einöde" und des Generals in Brömels
„Adjutant". Anstössig und geschmacklos ist in letzterem
Stück der Krankenbesuch des Regimentsfeldscher, der sich
nach der Wirkung eines Brechmittels und nach der Kolik
seines Patienten erkundigt. Das ungesündeste aber in
pathologischer Empfindelei wagte Kotzebue in „Armut und
Edelsinn" dem duldsamen Hörer zu bieten. Dort treibt
der Major Plum einen melancholischen Götzendienst mit
allem, was ihn an seine vor langen Jahren heimgegangene
Geliebte erinnert. In schwarz verhangenem Gemach, das
seine Manie zum Heiligtum des Erinnerungskultes geweiht
hat, überlässt er sich den Ausbrüchen einer widerlichen
Sentimentalität und affektierten Misanthropie. — Ein Haupt-
charakteristikum des grillenhaften militärischen Sonderlings
ist endlich sein Hang zur Wohlthätigkeit, dem er aber in
seiner Eigenschaft als bourru bienfaisant nur im geheimen
fröhnt, wie einer verbotenen Passion.
Die monarchischen und patriotischen Tendenzen, aus
denen das eigentliche Soldatenstück hervorgegangen ist,
haben ihr Seitenstück in den demokratischen Tendenzen
des bürgerlichen Dramas. Man machte die Bühne zum
Forum für die Kritik gewisser sozialer Missstände und
Schäden der Gesellschaft und nahm Stellung gegen die
\ erderbtheit der Hofwelt, die Missvvirtschaft der Beamten-
kreise, lächerliche Ueberhebungen des Adels, Bedrückung
des Bürgerstands u. s. \\. Zugleich lenkte man die Auf-
merksamkeit auf die gesünderen Elemente des Volksganzen,,
4*
— 52 —
indem man einzelnen Mnstertypen daraus die passive Dnlder-
rolle in diesem sozialen Drama zuwies. Dass es trotzdem
dabei nicht an zuversiclitliclien Loyalitätsbezeugungen
fehlte, brachte das Zeitalter der absoluten Monarchie mit
sich. Wie die oben angeführten Beispiele zeigen, passte
sich die Auffassung der Person des Fürsten als eines
Landes vaters durchaus den Tendenzen des bürgerlichen
Dramas an, dessen Hauptgedanke: Eltern wollen ihre
Kinder glücklich sehen, hier auf einen Fürsten und sein
Volk übertragen wird. Der Fürst wurde geschildert in der
schlichten Rolle eines Hausvaters, der seinen Kindern —
Mitgliedern der grossen Volksfamilie — williges Gehör
schenkt, um ihre Wünsche und Klagen entgegenzunehmen
und der das in ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigt, indem
er dem erkannten Uebel abhilft und dem Unrecht steuert.
Geeigneter konnte nun kein Stand erscheinen, die Mängel
der sozialen Verhältnisse zur Anschauung zu bringen, als
der des verabschiedeten Offiziers, bei welchem Verdienst
und Belohnung im schneidendsten Gegensatze stehen. Die
Zeitläufte hatten dafür gesorgt, dass es der Urbirder für
die Gestalt des notleidenden, mitleidwürdigen Kriegers
nicht zu wenige gab. Freilich geschieht es meist, wo ein
einflussreiches Vorbild eine Gattung in der Dichtkunst er-
zeugt, dass allmählich die Berührungen mit der Aktualität
sich abstreifen und dass das Individuum sich dem dog-
matischen Zwang des Gattungsbegriffs unterordnet. Dies
führt einerseits zu Einförmigkeit und Einseitigkeit und
schützt andrerseits nicht vor Entartung. Teilheim war das
Musterexemplar geworden und was ihm das Drama in
der Folge an die Seite stellte, das waren alles mehr oder
weniger wohlverstandene Tellheime. Man liat deren kennen
gelernt im Beispiel des Grafen Freaugeville in Stephanies
„abgedankten Offizieren" und des Leutnants Tapfer in
Lederers „Gutem Joseph". Das Charakterbild des ver-
— 53
abscliiedeten Offiziers miiss aber, seiner wiclitigen Stellung
im bürgerlichen Schauspiel wegen, noch weiter verfolgt
werden nnd sind darum noch einige Beispiele heranzn-
jiehen.
Zu jener Gruppe von moralischen Lustspielen mit
a^rarmten Kriegern, gutherzigen Leuten aus dem Volk,
grausamen Bedrängern und grossmütigen Fürsten, als
'deren Beispiele oben die Stücke von Lederer, König,
Fisclier und Protkhe genannt sind, zählen noch — als
fcjbedeutend schwächere Produkte „der dankbare Fürst" von
! Franzky und „Deutsche Treue" o. V. (Verz. 204). Ihr In-
halt deckt sich ungefähr mit dem der erstgenannten.
Wichtiger ist der ebenfalls hierher gehörige „Landes-
vater" von Brandes, weil hier die gewissenlose Höflings-
und Intriguenwirtschaft am Hofe eines energielosen und
verkommenen Statthalters geschildert wird in einer Menge
l^btron lose aneinandergereihten Szenen. Unter den Opfern
dieses Regiments befindet sich AVeghorst, ein verab-
scliiedeter und gänzlich verarmter Offizier, den die Not,
l^ptrotz seines Stolzes, zur Bestechung einer Kreatur des
lasterliaften Statthalters zwingt, der seiner Tochter nach-
stellt. Mit dem AVirt Ekkert, einem früheren Husaren,
der gutherzig den notleidenden Offizier bei sich auf-
genommen hat, beabsichtigte Brandes eine Ehrenrettung
des Lessingschen Wirts. (Dieselbe Tendenz verfolgte schon
Stephaide in den „abgedankten Offizieren" mit der Figur
I^Hes Gastwirtes Kranz, andere folgten, z. B. Brühl in „Edel-
mut stärker als Liebe" und Beil in der „Familie Spaden").
Lkkert ist so geschwätzig, dreist und rührig, wie all seine
Zunftgenossen im Lustspiel, hat aber ein bedeutend
iHpienschenfreundlicheres Aussehen als die üblichen devoten
fipitzhuben seines Metiers. Kotzebues „Verleumder" lehnt
sich zi('mlich dreist an den „Landesvater" an. Auch dort
thut ein heruntergekommener llau[)tmann vergebliche
— 54 —
Schritte beim Minister, um zu der verdienten Pension zu
kommen. Audi dort herrscht die verworfene Intrigue,
<lie streberische Schurkenhaftigkeit bei Hofe und gewissen-
loser Leichtsinn in hochgestellten Beamtenkreisen. Hier
^'ie dort ist der Statthalter bezw. Minister nur von elenden
Kreaturen raissleitet, schwach und der Reue fähig, wie
der Prinz in „Emilia Golotti"^^). Aehnliches Milieu findet
sich auch in Ifflands „Dienstpflicht'' und dem „ Spieler ''.
Hier bringt die episodisch verwendete Figur des Unter-
offiziers Grüner das ganze herbe Elend eines verdienten
und tapferen, dabei aber schmählich übergangenen Yater-
landsverteidigers zur Anschauung. Dort ist der alte Leut-
nant V. Stern ohne Verschulden ins p]lend gestossen worden.
Seine Verdienste, seine Ehrenhaftigkeit, sein Stolz bilden
einen erschütternden Gegensatz zu der ßettlerrolle, zu
der er sich zwingt. Mit der Hartnäckigkeit der Ver-
zweiflung antichambriert er beim Kriegsminister. Etwas
von Telllieims Bitterkeit liegt in seinen Worten: „Ihre
Exzellenz, wenn bei den Obern solche Dienste vergessen
werden können, als ich das Glück hatte, dem Vaterlande
zu leisten, so ist es unter der Würde dessen, der geleistet
und gelitten hat, sie anzupreisen." Auf denselben Pfaden
wandelt endlich der dramatisierte Roman „das Einver-
ständnis, oder: auch unter dem besten Fürsten kann so
etwas geschehen" o. V. (Verz. 160). Der Stoff des „Landes-
vaters" ist hier ins Monströse gesteigert, was die stärksten
Zweifel gegen die im ^■ebentitel ausgesprochene naive
Behauptung veranlasst. Beamtenkniff'e und Gewaltthätig-
keiten, Weiberherrschaft, Intrigue, Laster u. s. w. füllen
die endlosen Szenen aus. Natürlich felilt auch nicht der
kassierte Hauptmann, der mit Weib und Kind ins Unglück
gerät, weil er zu nachsichtig mit seinen Untergebenen
verfahren ist. In ähnlich bedrückter Lage befindet sich
auch sein Kamerad, ein alter Leutnant. Vielfache, unver-
— öo —
kennbare Dialektankläuge verweisen diese dramatische Miss-
gebiirt nach dem damaligen Hyperboräerland in Sachen des
Kuiistgeschmacks: nach Bayern.
P^ine Abwechslung in der Monotonie rührender Effekte
glaubte Beil in der „Einöde" zu schaffen, indem er seine
bankerotten Kriegshelden vier Akte hindurcli vor das Ge-
^ spenst des Hungertods stellte. Diese dramatische Ver-
»irrung groteskester Art verdient darum Erwähnung, weil
ihre Mache ein besonders charakteristisches Beispiel dafür
giebt, wie aus seichter Empfindsamkeit, aus gewaltsam
herbeigeführten Zufallsfügungen und aus dilettantischer
Zusammensetzung verbrauchter Motive ein echtes Schau-
spielerstück von theatralischer Wirkung, aber ohne allen
ernsten Gehalt und innere Wahrheit zurechtgemacht wurde.
Der Inhalt ist kurz folgender: der alte Major v. Ralldorf
hat Hab und Gut durch die Intriguen des Kammerherrn
V. Fliesbach eingebüsst. Dieser verjagt ihn von Haus und
Hof. Ganz kann sich aber Ralldorf nicht von seinem ge-
liebten ehemaligen Landsitze trennen. Er siedelt sich mit
dem treuen Birg, seinem ehemaligen Schlossverwalter, iu
einer verrufenen Gegend, am Eingang einer tiefen Waldung
an der sächsisch-böhmischen Grenze an, von wo aus er zu
jeder Zeit seinen alten Rittersitz und dessen verhasste Be-
wohnerschaft vor Augen hat; ein Anblick, der in seinem
Herzen eine ganze Skala von Gemütsbewegungen, von
trauernder Wehmut bis zum brennenden Rachedurst lebendig
erhält. Von den kümmerlichen Ueberresten seines Ver-
mögens gründet er eine Herberge und nennt sIq „zur
Freistatt müder Pilger." Er zählt also auch zu jener
Gattung von unmöglichen Wohlthätern, die an der Barm-
herzigkeit wie an einem Laster kleben, denen selbst das
äusserste Elend nicht verbietet, mit der Nächstenliebe ein
kokettes Spiel zu treiben. Dieser neugewählte Lebens-
zweck erweist sich nun l)ald als unerspriesslich und schon
I
I
I
■
— 56 —
zu Beginn des Stückes sind die beiden Einsiedler halbtot
vor Hunger und Entkräftung. Die letzte und einzige
Hoffnung setzt Ralldorf auf seinen Sohn, der als sächsisclicr
Hauptmann den bayrischen Erbfolgekrieg mitgemacht hat
und nun nach dem Friedensschlüsse zurückerwartet wird.
Er erscheint nun auch, begleitet von seinem Paul Werner,
einem ehemaligen Fourierschützen Namens Frey, aber
Rettung bringt er keine. Er ist mit seinem Freikorps
rücksichtslos verabschiedet worden und hat seine ganze
Barschaft unter die Soldaten an Stelle der ihnen vorent-
haltenen Belohnung verteilt. Dadurch aufs äusserste redu-
ziert, scidägt er sich wie ein Laudstreicher bis zu seiner
Heimat durch. Die beiderseits erlebte Enttäuschung stüi-zt
Vater und Sohn nebst den beiden Getreuen in Verzweif-
lung. In dumpfer Apathie hungern die viere dem Ende
entgegen, als plötzlich ein im Walde von AVeglagenm
überfallener herrschaftlicher Reisewagen der Aufmerksam-
keit eine neue Richtung giebt. Man eilt zu Hilfe und
befreit die erschreckten Reisenden, die sich als Retter in
der höchsten Not erweisen. Denn es ist die vor Jahren
mit ihrem Geliebten durchgegangene Tochter Ralldorfs,
die von Reue gepeinigt samt ihrem Kinde auf der Suche
nach ihren Angehörigen im Lande herumreist. Sie ist
mittlerweile reich geworden und kann somit allen aus der
Not helfen. Den gepeinigten Hörer interessierte wohl vor
allem, dass ihre Reisevorräte an Lebensmitteln reichlich
genug sind, um die ganze darbende Gesellschaft zu sättigen.
Der extremsten Erniedrigung verfiel die Figur des
unglücklichen Offiziers in denjenigen Stücken, avo derselbe,
jeder persönlichen Würde entkleidet, als verkommener
Bettler und Landstreicher auftritt, um das Mitleiden mit
einer gefallenen Grösse im Herzen ehemaliger Freunde
bezw. Feinde zu erregen und eine edelmütige That zu
veranlassen. So findet es sich in Brühls „Bürgermeister'^
Ol —
0 das abgenutzte Motiv der iinverhoft't wieder aiiftauchen-
en Blutsverwandten^'^) auf den verwahrlosten Bettler Gott-
elt einen ehemaligen Offizier, angewendet wird, der von
einem Bruder, dem Bürgermeister, von der Strasse auf-
elesen und wieder zu Ehren gebracht wird. Aehnlich
t der Inhalt der dramatischen Erbärmlichkeit „Wohlthun
acht glücklich" von F. T. Senf. AVezels „Wildheit und
jrossmut", Brühls „Rache", Seidels „Edelmut und Rach-
' sucht" variieren, vielversprechend schon durch die pathe-
tischen Titel die Nutzanwendung der christlichen Moral
thut wohl denen, die euch hassen! Eine ungesühnte Be-
leidigung, eine verjährte Feindschaft zwischen zwei alten
■poldaten wird zu Grabe getragen, indem der eine den
^ andern nach Jahren im äussersten Elend wiederfindet und
von Mitleid übermannt seine Rache in Wohlthätigkeit ver-
wandelt^*^). Hempel gewann dem Stoff eine tragische
IBfceripetie ab in dem Trauerspiel „Schw^ärmereien der Liebe
^md des Hasses": der alte Hass glimmt fort und fordert
nach Menschenaltern noch neue Opfer. Das Stück beginnt
IBpie die Mehrzahl der Hausvaterdramen: General Graf Wal-
l)rock kehrt nach sechsjähriger Abwesenheit im Felde nach
Hause zurück. Beim Anblick seiner Tochter Antouie taucht
in ihm die schmerzliche Erinnerung an seine Gattin auf,
der die Geburt Antoniens das Leben gekostet hat'^^).
Dieser Tochter hat er einen Bräutigam mitgebracht, der
aber nicht erhört wird, da sich Antonie schon ihren Ge-
l^fcebten gewählt hat und zwar einen Kriegsgefangenen, den
ihr Vater unbedachtsam vorausgesandt hat. Der General
tat zwar nichts gegen diese Wahl einzuwenden, wünscht
ber, dass Herr v. Ries — dies ist der Bevorzugte — sich
iivor hinreicliend über Stand und Familie ausweise. Dies
ermag der junge Offizier so lange niclit, bis ihm sein
heindich und in Verkleidung erscheinender Vater den Auf-
schluss giebt, dass er der Solin des Todfeindes von AVal-
— 58 —
brock ist. Der Vater lieisst Graf Drüdeii, ist eliedem von
dem General, seinem Vorgesetzten, der Meuterei überfiilirt
und zum Tode verurteilt worden. Er ist entwichen und
seitdem von Stufe zu Stufe heral)«fesunken. Nur
im
brennenden Gefühl des Hasses und des Rachedurstes fristet
er noch sein elendes Dasein. Nun ist die Stunde der Ver-
geltung da. Er zwingt den Sohn, auf Antonien zu ver-
zichten und ihm ein Werkzeug der Rache gegen den
General zu sein. In ratloser Verzweiflung J3ntdeckt sich
der Sohn dem General und verliert infolge seiner Ent-
hüllungen die Anwartschaft auf Antoniens Hand. Da be-
schliesst er zu sterben und das in Gemeinschaft mit
Antonie. Er vergiftet sich; die Geliebte aber wird von
den Herbeieilenden noch rechtzeitig gerettet.
Aus den gegebenen Beispielen erhellt nun hinlänglich,
dass bei der Verwendung des Tellheimschen Typus — wenn
man diesen Ausdruck wagen darf — als Triebkraft für
die dramatische Wirkung fast ausscidiesslich das Mitleid
mit der passiven Dulderrolle eines dürftigen und faden-
scheinigen Ehrenmanns massgebend gewesen ist. Spuren
«ines inneren Konflikts finden sich nur da, wo man den
verarmten Offizier auch noch mit häuslichen Misshelligkeiton
belastete und ihn um eine verführte Tochter, einen lieder-
li(;hen Schwiegersohn u. dgl. m. Klage führen liess. Der
subtile Zwiespalt aber in der Seele Teilheims, der das warme
Herz und die kalte Vernunft in Kollision bringt, ein Zwie-
spalt, der nur in ausserordentlichen, vornehm gearteten Seelen
statt hat, bei dessen Betrachtung das gewöhnliche Gefühl
des Mitleids weit überwogen wird von dem der sittlichen
W^ertschätzung, ist unverstanden geblieben bei den Nach-
iihmern, die sich nur für die Situation Tellheims und nicht
für die psychologischenBedingungen derselben interessierten.
Man begnügte sich, dem duldenden Helden das mög-
lichste an Missgeschick auf die Schultern zu legen, ohne
I
59
von dem Vorbilde zu lernen, dass Telllieim infolge der
konsequenten Korrektheit seiner Ehr- und Moralbegriffe
^sein Unglück der Hauptsache nach selbst gewollt hat, da
er die zur Verbesserung seiner Lage führenden Wege nicht
einschlagen konnte und wollte. Ueberaus selten sind die
Fälle, wo bei einem Militär die spezifischen Eigenschaften
des Standesbewusstseins und der strengen Rechtlichkeit
nicht blos Phrase sind und durch Entwicklung ihrer
ethischen Kraft ein etwas hervorbringen, das einer drama-
tischen Spannung gleicht.
Ich streife flüchtig zwei Beispiele hiefür: „die Erb-
.schaff' von Buri-Borchers und „So handeln Freunde" o. V.
{Verz. 166); das erste ein hübscher dramatischer Vorwurf,
der unter berufeneren Händen, als denen seiner Autoren
sich wirkungsvoll hätte gestalten können, das andere eine
Anekdote, aussprechend durch die glaubhafte Idee der
l^tandhafcigkeit eines Offiziers gegenüber den Lockungen
eines vorteilhafteren, aber moralisch unzulässigen Handelns.
Das Schauspiel „die Erbschaft" nennt die geschäftige
Kritik der Allgem. deutschen Bibliothek (Band 44, Stück "2,
*S. 473) in der Ausführung schlecht und recht, nirgends
anstössig, aber auch ohne irgend etwas Auszeichnendes.
Das Auszeichnende aber besteht in der nicht alltäglichen
Erfindung der Fabel. Braunau, ein Offizier, erbt ein Ver-
mögen, das aus unrechtmässigem Gute entstanden ist. P>
erfährt dies und fasst den Entschluss, es denjenigen zurück-
zugeben, welche von seinen Erblassern darum betrogen
worden waren, ob er sich gleich dadurch ausser Stand
.setzt, Minna, seine Geliebte zu heiraten. Jetzt gerät der
Verfasser ins seichte Lustspielfahrwasser, da im folgenden
der glückliche Zufall als Helfer gerufen wird. Es trifft
sich nämlich gut, dass derjenige, dem das Vermögen gehört
hatte. Minnas Vater ist, ein französischer Offizier, der sich
heimlich vermählt, dann aber seine P>au verlassen hatte
— ()() —
uiul nun just zur rechten Zeit wieder erscheint. In dem
Stück „So handehi Freunde" ist bei der Figur des Helden
Teilheim unverkennbar zum Muster genommen. Der Ritt-
meister V. Moorfeld bewahrt die Hinterlassenschaft seine»
im Feld gebliebenen Freundes Hornthal, um sie nach dem
Willen des Verstorbenen dessen Sohn zu übermitteln, den
Hornthal nie gesehen, da er vor dessen Geburt ins Feld
ziehen musste. Moorfeld durchzieht mit seinem Diener
Lewald — nebenbeigesagt eine der gelungensten Nach-
ahmungen des Just — das Land, um nach der Spur der
Witwe und ihres Sohnes zu forschen. Die Hinterlassen-
schaft enthält einen Brief mit 30000 Thalern, die Moorfeld,
weun er binnen 4 Jahren Hornthals Sohn nicht gefunden
hat, sich zu eigen machen soll. Trotz mannigfacher und
ausserordentlicher Entbehrungen bleibt Moorfeld seinem
Schwur getreu, die Erbschaft trotz der längst hiezu er-
langten Berechtigung nicht anzutasten und versetzt lieber
in der Not das letzte, was er hat, einen Ring, das teure
p]rbteil seines Vaters. Der Rest ist schwach, denn wiederum
muss der unwahrscheinliche Zufall alles zum Besten
fügen. Unerkannt, da er den Namen seines Grossvaters
angenommen, hält sich der Gesuchte schon lange in nächster
Nähe des Rittmeisters auf und bewirbt sich eifrig um
dessen Tochter Julchen, die ihm der Alte, ein starker
Doktrinär, seither versagt hat, indem er ihm in langen
Reden seine Ansicht über die mangelnde Berechtigung
eines Ehebündnisses zwischen Liebenden, denen sich äussere
Schwierigkeiten in den Weg stellen, auseinandersetzt. Beide
Liebenden sind nämlich vermögenslos. Endlich aber kommt
die Wahrheit an den Tag und alle Hindernisse fallen dahin.
Die verschiedenen Faktoren, aus denen sich das Stück
bedeutsamer Lebensgeschichte zusammensetzt, das Lessing
bei der Vorführung seines Helden vor uns aufrollt, die
angegliederten Episoden des Dramas, die Nebencharaktere^
— Gl —
urz alle P^lemente, deren meisterhafte und doch einfache
Onippierung den Ralimen gab zu dem Charakterbilde Tell-
eims, verdienen in Bezug auf spätere Nachahmung oder
mformung noch einige Beachtung; desgleichen sind noch
heranzuziehen gewisse Charakterzüge Tellheims, zu denen
l^kich späterhin Beziehungen nachweisen lassen und endlich
^ Lessingsche Gedanken, die sich gewiss in weit ausge-
dehnterem Masse, als hier zu verfolgen möglich war, dem
Drama der Zeit assimiliert haben. Dies bildet zugleich
den letzten Teil der Aufgabe, den sich vorliegende Arbeit
I ^gestellt hat.
I ^P Tellheim hat in den sächsischen Aemtern von Minnas
Ileimatsgegend die Kriegskontribution einzutreiben und
S( liii^sst grossmütig die fehlende Summe vor. Dieser Zug
findet .^^icli wieder in Brühls „Findelkind'' und „Brand-
j^pschatzung" ''^^), ebenso in Kotzebues „Brandschatzuug".
Bei Tellheim bedingt diese Handlung den Ruin seines Ver-
mögens. Den Helden obiger Stücke bereitet ihre Frei-
gebigkeit weiter keine Ungelegenheiten, so wenig als all
l^fcden unzähligen Wohltliätern auf der Bühne, die ohne alle
Sorge und Bedenklichkeit mit vollen Beuteln um sich
werfen. Anders ist es in Beils „Einöde" (siehe oben
S. 55) und Jüngers „Strich durch die Rechnung". Der
aiinable debauche in letzterem Stück, ein junger Offizier,
schiesst einer vom Feinde verwüsteten Ortschaft 6000
, Thaler vor, hilft und borgt leichtsinnig seinen Kameraden,
l^pbis er selbst nichts mehr hat.
Der beschimpfende Verdacht, dem Tellheim verfällt,
kam sehr in Schwang, wo der Held zum moralisclien
l^pMärtyrer gemacht werden sollte. Bei Tellheim handelt es
sich um eine geargwöhnteunrechtmässige Selbstbereicherung.
Dies wurde zum vermeintlichen Gelegenheitsdiebstahl in
Schröders ..Fäliudrich", Scldetters „Familienpokal", Kotze-
Ibiu's .. Ariiiut und K(]elsiiiir\ zur Unterschlagung in Frikkes
— ()2 —
„Freundscliaftsdieiist" ii. a. m. Feigheit, Verrat und Deser-
tion wurde im Soldatenstück wackeren Offizieren imputiert.
Wohl scheint es ferne zu liegen, all diese Fälle mit dem
Tellheiras in Beziehung zu bringen. Die Vergleichung ist
aber berechtigt, insofern die militärische Geradheit, die
schon erwähnte Entwöhnung von Eigennntz nnd Gewinn-
sucht, die Verachtung aller Winkelzüge und Schleichwege
in den Augen des vermeintlichen Schuldigen sowohl, als
in denen seiner Umgebung ein augenscheinliches Vergehen
um so schwerwiegender und schimpflicher erscheinen lassen,
als es mit dem sonstigen Wesen des Angeschuldigten nicht
in Einklang zu bringen ist. Die Helden ertragen alle wie
Teilheim den entehrenden Verdacht abwechselnd niit
äusserster Erbitterung oder mit herber Gelassenheit. Auch
sind überall die nächsten Freunde von der Unschuld des
Helden überzeugt.
Teilheim hat als armer Offizier unter der Nichtachtung
einer charakterlosen, eigennützigen Kreatur zu leiden, der
die Habsucht nur vor einem vollem Beutel und einer frei-
gebigen Hand Respekt abnötigt. Der Wirt weist ihn ohne
Besinnen aus dem Haus, als sich ihm die Aussicht eröffnet,
mit den neuen Gästen ein einträglicheres Geschäft zu
machen. Dies wiederholt sich in Lederers „abgedanktem
Offizier", in der „Waise" von König, in Beils „Einöde",
Seidels „Edelmut und Rachsucht", AVezels „Wildheit und
Grossmut". Häufig findet es sich, dass ein Offizier in die
Hände eines unbarmherzigen Gläubigers gerät; so in
Stephanies „Abgedankten Offizieren" (die burleske Gestalt
des Juden Pinkus, des zähen, ewig geprellten Gläubigers,
zählt viele Leidensgenossen im Lustspiel), in Franzkys
„Dankbarem F'ürsten", Brühls „Edelmut stärker als Liebe",
Kotzebues „Armut und Edelsinn" ^^).
Tellheim sieht sich in der Not gezwungen, ein teures
Andenken, seinen Verlobungsring zu versetzen. Diese
— 63 —
Ringversetzgescliirlite erhielt eine Parallele in Sprickmaims
..Schmuck^' (liier giebt der verarmte Hauptmann Wegfort
den ganzen Schmuck seiner Gattin daran), „So handeln
Freunde" (Yerz. 16G), „Armut und Edelsinn" von Kotzebue
und „Der seltene Onkel" von Ziegler.
Im 3. Aufz. 2. Auftr. giebt Just der Franziska eine
höhnische Schilderung von der Trefflichkeit aller seiner
Vorgänger, die den Major bestohlen haben und dann ent-
^vichen sind. Dies gab Kotzebue Stoff' zu einer derben
Bedientenszene in der „Silbernen Hochzeit". Im 3. Aufz.
1. Auftr. beraten sich der Jäger und der Diener des ge-
stürzten Ministers, Grafen Lohrstein, dem sie auf seiner
Flucht bis an die Landesgrenze gefolgt sind, ob sie das
„Hundeleben" mit dem Herrn noch länger teilen wollen
oder nicht. Sie entschliessen sich zu letzterem und machen
sich aus dem Staube nachdem sie ihrem vor Ermattung
eiiigeschlafenen Herrn noch das Kästchen gestohlen, in
dem sich seine letzte Barschaft befindet. Ferner ist hier
zu erinnern an die Szene zwischen Mainaus Diener Franz
und dem naseweisen Kammermädchen Lotte in Kotzebues
„Menschenhass und Reue" (3. Aufz. 2. Auftr.) ^^). In
Grossmanns „Nicht mehr als sechs Schüsseln" schildert
der Diener Friedrich dem Kammermädchen Louise höhnisch
die Vorzüge seines feinen Nebenbuhlers Philipp.
Auf das kordiale Verhältnis zwischen Major und Wacht-
meister wurde schon hingewiesen. Er kehrte unzählige
Male mit grösserer oder geringerer Feinheit in humoristischer,
derb volkstümlicher oder sentimentaler Färbung wieder. Die
Weigerung Teil heims, das Werner geborgte Geld wieder
zurückzunehmen, findet sich auch in Perinets „Freikorps".
Dort aber ist der Schuldner ein ehrlicher Jude, der dem
verabschiedeten Rittmeister Bogen pünktlich eine geborgte
Summe zurückbringt. Bogen heisst es ihn wieder mit-
— 64 —
neljinen, aber er solle sich darauf gefasst halten, dass er,
der Kittraeister, es vielleicht in einiger Zeit brauche.
Tellheims stolze ritterliche Natur bäumt sich dagegen
auf, sein Glück aus den Händen einer Frau zu empfangen.
Der Energie des Kriegsmannes widerstrebt es, sich Ver-
hältnissen unterzuordnen, die er sich nicht selbst geschaffen
hat, die Gewalt über seine Freiheit bekommen könnten. Mag
es eine bizarre Laune sein, keinen Menschen etwas schuldig
werden zu wollen, so ist es doch edel und männlich ge-
dacht, die Liebe der Frau nur unter der Form der sitt-
lichen Achtung und nicht unter der der „blinden Zärtlich-
keit" anzunehmen. — Es ist nun lehrreich zu untersuchen,
wie dieser mit feinstem psychologischen Verständnis durch-
geführte Charakterzug in den häufigen Nachahmungen sich
gestaltete.
Unwert einer näheren Würdigung ist die abenteuer-
liche Erfindung in Kretschmanns „Belagerung", dass ein
General, um nicht ferner von seiner Gemahlin Gelde zu
zeliren zum Feinde übergeht. Es läuft bei diesem Motiv
wde bei den anderen in dem geringwertigen Stück nur
darauf hinaus, die abenteuerliche Situation zu erzwingen,
dass ein Vater seine eigenen Söhne belagern muss und
dabei die verwandtschaftlichen Neigungen in fortwährendem
Widerstreit liegen mit der Pflichterfüllung und der Soldaten-
ehre. Ich übergehe ein weiteres Stück, „die schwarze
Frau" (Verz. 187), eine niedrige Posse, in deren Handlung
ein unfähiger Anonymus, wahrscheinlich ein Schauspieler,
den angedeuteten Lessingschen Gedanken erbärmlich und
unbeholfen eingeflochten hat. Schröders Major v. Selting
in der „unglücklichen Ehe durch Delikatesse" ist ein patho-
logischer Charakter, wie auch Harrwitz im „Fähndrich".
Die Majorin sagt von ihrem Gatten: „die Leiden seiner
-Jugend machten ihn misstrauisch und menschenfeindlich;
■dass er sich alles selbst zu danken hat, machte ihn stolz.
— 65 —
Ir erkennt kein ander Verdienst, als das der Degen er-
firbt." Deshalb verbietet ihm seine „Delikatesse" ein
itimeres Verhältnis zu seiner edeln Gattin, die selbst
nch, ihn den Vermögenslosen geheiratet hat. Dass aber
[er eigentliche Grund dieser unerquicklichen Beziehungen
vischen den beiden Gatten nicht dem bizarren Ehrgefühl
iltings, sondern vielmehr seiner aus dem Gleichgewicht
gebrachten Gemütsverfassung zuzuschreiben und dem kranken
Manne darum nicht zu helfen ist, giebt die Majorin selbst
zu mit den Worten: „wäre ich nicht reicher, als er, so
würde er unaussprechlich leiden, dass er mir nicht alle
Bequemlichkeiten des Lebens schaffen könnte." Wo ist
da zu helfen? Sie verharrt denn auch in passiver Ergebung
und nimmt die Kränkungen ihres Gatten, die sich bei
dessen Verbitterung bis zur Aussprache unverhohlener
Zweifel über ihre Ehrbarkeit versteigen — ein Zug krank-
hafter und niedriger Eifersucht, der bei Tellheim undenk-
bar wäre — mit grosser Gelassenheit hin, wobei der Ver-
fasser nicht den leisesten Versuch macht, ihren Charakter
in den des unternehmenden und zielbewussten Fräuleins
V. Barnhelm überzuführen, das in impulsiver Munterkeit
die siegreichen Eigenschaften des Weibes gegen Starr-
köpfigkeit und unpraktische Ehrbegriffe eines dem König
wegzukapernden Offiziers ins Feld führt. In Grossmanns
„Nicht mehr als sechs Schüsseln" und Schletters „Familien-
pokal" ist die Weigerung des jungen Offiziers seiner Ge-
liebten anzugehören weil er arm, sie reich ist, ins Senti-
mentale gezogen, was entfernt nichts mit der imponierenden
Charakterstärke Tellheims zu thun hat. In diesen Stücken
pflegen die unbemittelten Offiziere mit Seufzen und Thränen
eine Liebschaft, die sie der angedeuteten Umstände halber für
unerspriesslich erkennen. Aber dass männliche schweigende
Entsagen fällt ihnen zu schwer. Müssen sie auf die Liebe
verzichten, so fordern sie doch wenigstens das Mitleid.
Stockmayer, Das deutsche Soldatenstück.
I
— {^6 —
I^mpfindsam und beweglich erklingen vor der Geliebten
ihre Klagen über des Schicksals Härte. Tellheim hingegen
lässt sich das Geständnis der für ilm bei dem Verzicht
massgebenden Gründe halb widerwillig entreissen und un-
zufrieden mit seiner Schwäche zwingt er sich zu dem Be-
kenntnis, dass er Minna noch liebe. Den innern Kampf,
den er bei der Loslösung von der Geliebten durchgerungen
hat, war er Willens, in sich begraben sein zu lassen.
Nachdem er äusserlich, kraft einer furchtbaren moralischen
Anspannung, die Ruhe wiedergewonnen hat, geschieht es
ihm zum höchsten Verdruss, dass der Zwiespalt seiues^
Innern, anscheinend zwecklos, noch einmal beschworen wird.
In Kotzebues „Armut und Edelsinn" ist die 4. Szene
des 2. Akts nach dem Muster der ersten und zweiten
Unterredung Teilheims mit Minna (2. Aufz. 9. Auftr. und
4. Aufz. 6. Auftr.) zugeschnitten. Der schw^edische See-
leutnant V. Cederström, der w^egen politischer Umtriebe
des Landes verwiesen ist, begehrt eine Waise, die er
arm glaubt, zur Gattin. Ihrer Neigung noch nicht gewiss,
macht er seine bitteren Glossen darüber, dass ein reicher
Schurke ihr ungestraft den Hof machen darf, denn „nur
der Reiche darf alles'' seiner Meinung nach. Louise, die
Waise macht ihm begreiflich, dass Armut der geringste
Fehler eines Mannes ist, dass aber nur Liebe, Redlichkeit
und Treue bei einem Mädchen von ihrer Gesinnung den
Ausschlag geben werden. Auf diesen AVink hin erklärt
sich Cederström und wird erhört. Einen idealen Wunsch
sieht er erfüllt: er hat eine Geliebte gefunden, die mit ihm
darben will ! Da entdeckt sie ihm jedoch, dass sie ihren
Vater wiedergefunden hat und dass dieser wohlhabend ist.
C. Gott! was höre ich!
L. Freuen Sie sich mit mir.
C. Ich mich freuen? 0 Sie haben durch dieses Wort
alle meine Hott'nungen zu Boden geschlagen.
— .67 —
L. Was soll das?
C. Der arme Cederström durfte sein Auge zu der
rmen Louise erheben —
L. Welche Grille?
C. Die reiche Louise ist für den armen Cederström
verloren?
L. Macht uns nicht die Liebe gleich? ^^)
C. Nur in Gottes Augen!
L. Ist dass nicht genug?
C. Nein, die Liebe ist mein Freund, die Ehre ist mein:
Tyrann! Ich gehorche wider Willen, aber ich gehorche!
Dass der Mann arbeite und das Weib die Früchte seiner
H|Arbeit geniesse, das will die Natur. Aber dass der Mann
^Biur im Wohlleben von dem Vermögen seiner Gattin schwelge,
^Has verbietet die Ehre" ^*).
H| Die Ehre also ist sein Tyrann, denn sie verbietet ihm
eine Handlungsweise, die aber zugleich nach seiner eigenen
I^^Erklärung der Natur zuwider ist. Also wäre in diesem
[B^Falle beiKotzebue das Gesetz der Ehre und das der Natur
offenbar identisch. Dieses proklamiert der Held mit
männlicher Ueberzeugung, jenem fügt er sich mit allen
Zeichen des Widerwillens! Der hochtrabenden Phrase
wurde einfach der vernünftige Gedanke geopfert oder viel-
mehr, Kotzebue ist in das Wesen der Ehre überhaupt
nicht eingedrungen. Wie hätte ihm denn sonst der fatale
Missgriff passieren können, die Natur und die Ehre in
in einem Atem zu nennen, wobei er doch offenbar die
letztere als eine Tyrannei des Vorurteils aufgefasst wissen
wollte. Es ist wahr:, man konnte über die Heiligkeit der
Soldatenehre verschiedener Ansicht sein, je nach dem
Standpunkt den man vertritt. Das Fräulein v. Barnhelm
zum Beispiel ist sehr geneigt, das Palladium der Liebe
über das der Ehre zu stellen und in der That giebt sie
sich eine Zeit lang die grösste Mühe, ihrer weiblichen
— ()8 —
Ueberzeiigang zum Siege zu verhelfen. Sie giebt zu, dass
es nicht die Sache einer Frau sei, das Wesen der Ehre zu
ergründen und zu erklügeln. Der Gegenstand ist ihr zu
kompliziert und so definiert sie denn verblüffend einfach :
die Ehre ist — die Ehre! Das ist ganz weiblich; doch
sie fühlt unausgesprochen, dass die Ehre „nicht die Stimme
unseres Gewissens, nicht das Zeugnis weniger Recht-
schaffenen", sondern die festbegründete Maxime eines be-
vorzugten Standes ist, eine Maxime, die durch die jüngsten
historischen Vorgänge, in denen sich dieser Stand so
glänzend bewährt hatte, eine unanzweifelbare Autorität
empfangen hat. So kann denn die Ehre nach der Auf-
fassung eines Laien wohl ein Vorurteil genannt werden,
aber es ist ein unantastbares, historisch gerechtfertigtes
Vorurteil. P'ür einen Tellheim hingegen ist die Ehre ein-
fach ein sittliches Postulat. Er sieht in ihr lediglich
die positive Moral seines exklusiven Standes. Ehre und
Gerechtigkeit sind für ihn untrennbare Begriffe. Er ist von
ihrer Heiligkeit und ünverletzlichkeit so völlig durch-
drungen — und so musste es jeder Offizier sein — , dass
er lieber zu Grunde gehen möchte, ehe er nicht ihre
Forderungen im Interesse dieses Standes bis zur äussersten
Konsequenz erfüllt sähe. Es ist daher völlig ausgeschlossen,
dass Tellheim in seinem Gerechtigkeitsdurst die Schwäche
gehabt haben könnte, sich über die Strenge der Ehrbegriffe
zu beklagen, weil sie unglücklicherweise in Konflikt mit
Privatrücksichten geraten waren, die theoretisch gar nicht
mehr für ihn existieren konnten von dem Augenblick an,
wo ihm deren Weiterverfolgung als feige nnd unmännlich
erscheinen musste. Mochte etwas Starres und Unbiegsames
in diesem heroisclien Flhrbewusstsein liegen, immerhin war
es die konsequente Durchführung eines für alle An- #
gehörigen des Soldatenstandes heiligen und unantastbaren
Grundsatzes. Wer anders dachte und handelte, der be-
— 69 ^
ugte damit, dass er das Wesen der Ehre nicht verstand oder
erstehen wollte und dies ist Kotzebnes Fall, der für
einen kläglichen Helden die Ehre zum Popanz gemacht hat.
Cederström, von diesem Popanz in Aufruhr versetzt,
acht aus der Erfüllung der Ehrgebote eine alberne Pe-
anterie, indem er nach einem Mittel sucht, die Forderungen
eines Standes mit denen seiner Neigung in Einklang zu
gen, das heisst in diesem Fall, möglichst rasch zu
inem Vermögen zu kommen. Unglaublich naiv ist der
.\usweg, auf dem er verfällt; „Ich will fort — ruft er
mit kindischem Pathos — fort in die weite Welt! ich
nehme nichts mit als das Andenken Deiner Liebe! („In
|?ersien, Herr Major, giebts einen trefflichen Krieg; was
rieinen Sie?" möchte man ihm mit Paul Werner zurufen.)
m Getümmel der Schlachten will ich dein Bild auf jeder
Fahne sehen und wo man nur meiner Liebe danken sollte,
a wird man meinen Heldenmut preisen! — Wenn dann
er Fürst, dem icli diene, mich durch Ehrenzeichen be-
hnen will, Ehrenzeichen, die vormals mein höchster Wunsch
aren; so will ich mich ihm zu Füssen werfen: Fürst! —
ill ich sprechen; ich habe kein Gefühl für die Ehre (!),
imm deinen Orden zurück und gieb mir Geld! Meine Ge-
iebte ist reich! Ich brauche Geld! auf dass ich ohne Scham
ich vor ihren Vater hinstellen und sagen darf: gieb mir
eine Tochter!" (Hiermit vergleiche man die dieser platten
irade zu Grunde liegende 1. Szene des 5. Aufz. in der
Minna" !)
Dieser affektierte „Edelsinn" berührt fast widerlich.
ie tragische Grösse von Tellheims Unglück schmilzt hier
u einer läclierlichen Geldbeutelaffäre zusammen. Und dieser
leidige Geldmangel gab, unnatürlich aufgebauscht, den Stoff'
zu einem unverstandenen Konflikt zwischen Liebe und Ehre!
t- Nun aber höre man den charakteristischen Schluss der
nwahren Edelmutskomödie !
— 70 —
Louisen wird bange bei der unheimliclienEntschlossenbeit
ilires (Jeliebten. Sie zieiit ihre Base Joseplüne, eine muntere
und energische Mittelsperson, ins Vertrauen und diese über-
nimuit es, Cederströms Ehrbegriffe auf ein bescheideneres
Mass zu reduzieren. Der Geschulmeisterte benimmt sich
kläglich dabei. Er verspricht, seine unsicheren Finanz-
projekte noch eine Weile aufzuschieben. Währenddessen
deponiert liOuise heimlich einen Wechsel von hohem Be-
trag in seinem Zimmer. Er schreibt das Geschenk dem
ihm wohlwollenden Major Blum, Louisens Vater zu, den
er in dieser Eigenschaft noch nicht kennt. Als er sich
aber zu diesen begiebt, kommt die Wahrheit an den Tag
und umworben von Vater und Tochter, sagt er dem point
d'honneur Valet und sinkt Louisen in die Arme.
Gegen solch gesuchte Unnatur und gegen die dilettan-
tische Auslegung unverstandener Ehrbegriffe fallen die
Worte Goethes von dem aus dem bedeutenden Leben ge-
griffenen Meisterstück von spezifisch temporärem Inhalt,
von vollkommen norddeutschem Nationalgehalt, als das er be-
wundernd Lessings „Minna" anerkennt, schwer ins Gewicht.
Fast zu milde urteilt denn auch die epigrammatische In-
vektive A. W. v. Schlegels:
Armut und Edelsinn! Das ist ja für alle der Wahlspruch:
Selig die Armen an Geist, denn sie sind edel — versteht !^^)
Kotzebue bezeichnet übrigens nicht die niedrigste
Stufe in der kasuistischen Auslegung des point dlionneur,
zu welcher der Fall Tellheim die Veranlassung gegeben
liatte. „Armut und Edelsinn" stellt doch wenigstens ein
Etwas auf, das an den interessanten Seelenzustand Teil-
heims erinnert. I. K. Wezeis „Eigensinn und Ehrlichkeit"
hingegen steht auf der Basis eines scheinbaren psycho-
logischen Experiments, welches darthun sollte, dass man
auch gegen p]hre und Pflichtgefühl handeln und sich
71
►efriedigend mit seinem Gewissen abfinden kann,
fer Gegenstand ist eine Mesalliance von gewagtester und
Tmglaubhaftester Erfindnng. Die Gräfin Wildruf liebt
Hermann, erst Armeefourier, dann Kammerdiener, jetzt
Informator ihrer Tochter und sucht sich seiner Liebe mit
hartnäckigster Ausdauer zu versichern. Respekt und Welt-
kenntnis halten Hermann davon ab, seine nicht minder
heftige Liebe merken zu lassen. So muss denn die Gräfin,
die ih]i. wenigstens behauptet sie das, nur seiner vortreff-
lichen Charaktereigenschaften wegen besitzen möchte, seiner
Diskretion zu Hülfe kommen, indem sie das erste ent-
scheidende Wort spricht. Wezel lag ungemein viel daran,
diesen ungewohnten Schritt, das Unherkömmliche, fast
Indecente dieser Wendung zu motivieren. Wie er sich
damit abfindet, ist hier nicht weiter von Belang. Hermann
sind eine Reihe von Eigenschaften verliehen, die das Rezept
zu einem dramatisch interessanten Charakter anzugeben
scheinen. Die rauhe Schale seines Wesens besteht — nach
Wezels eigenen Worten ^^) — in Heftigkeit, Stolz, Eigen-
sinn, Grillenhaftigkeit, bizarre Empfindlichkeit, gerade
Denkungsart, wnnderlicher Sinn. Weniger schon hätte ge-
nügt, um Zweifel in sein normales geistiges*Gleichgewicht
7u s;^tzen, mag auch die Gräfin den Trumpf draufsetzen,
dass dieses psychologisciie Unikum „der ehrlichste, edelste,
beste Mann sei, den jemals -die iSonne beschienen hat."
Im es nun als einen schweren Entschluss von Seiten
Hermanns darzustellen, seinem]Glück in die Arme zu laufen,
nützt Wezel die Tellheimschel Weigerung, dasselbe einer
Frau verdanken zu wollen. Gleichwohl unterliegt Hermann
dem Alisturme der zähen Liebe der Gräfin. Jeder Schein
von (irossnrtigkeit der Charakteranlage schwindet aber bei
4ler leiciitfertigen Behandlung eines schwerwiegenden Ge-
wisstMiskampfes, der Hermann bevorsteht, als er in der
<irätin Kaminerjungfer seine ehemalige Geliebte wiederer-
— 72 —
kennt, der er einst das Eheversprechen gegeben hat. Er
hatte allerdings Grund, sich seines gegebenen Wortes ent-
ledigt zu glauben, da das Mädchen nach seiner Vermutung
bei einem feindlichen Ueberfall in den Flammen eines
Hauses verbrannt war. Jetzt, wo die älteren Ansprüche
in ihr volles Recht wieder eintreten, quält sich Hermann
eine Zeit lang mit seinen Gewissensskrupeln herum, ohne
den Mut zu finden, gegen die Gräfin oder gegen seine
frühere Braut Farbe zu bekennen. Geschmackvoll vergleicht
er sich mit einem verhungernden Esel zwischen zwei Heu-
bündeln. Als die unternehmende Gräfin AVind erhält von
dem unvorhergesehen Hemmnis, redet sie ihrem unent-
schlossenen Geliebten ins Gewissen, dass er verpfliclitet
sei, sie, die Gräfin nicht sitzen zu lassen und dass er
überhaupt von seinen Verpflichtungen gegen sie nicht mehr
zurückkönne. Die endgültige Entscheidung erleichtert sie
ihm durch die Aussicht auf eine angemessene Entschädigung,
die sie der verschmähten Zofe zu teil werden lassen will.
So entschliesst sich denn Hermann endlich, die älteren Ver-
pflichtungen dranzugehen. Das tiefgekränkte Mädchen, das
mit unerschütterlichem Vertrauen auf Hermanns Liebe ge-
baut liat, wird abgefunden und verlässt stumm die Szene.
Es ist wohl denkbar, dass Wezel mit diesem aus Spitz-
findigkeiten und Ungereimtheiten zusammengesetzten, so-
genannten Charakterstück Lessings Minna darin Konkurrenz
zu machen beabsichtigte, dass er die ausdauernde, gross-
mütige Liebe seiner Gräfin den Sieg davontragen lässt über
die Cliarakterstärke, die Gewissenhaftigkeit und den Stolz
eines Mannes, den er als interessantes Original aufgefasst
wissen wollte. Er liess sich denn auch angelegen sein, die
Figur der Gräfin in den Brennpunkt des Interesses zu
rücken und, mag der Versuch geglückt sein oder nicht,
die Eigenart und die Seelen grosse einer Frau zu schildern,
die alle Schranken des Vorurteils und der Konvention durch-
— 73
bricht, obne sclieinbar ihrer Würde etwas zu vergeben,
dieser Versuch verdient jedenfalls Beachtung. Denn die
Armut an bedeutenden Frauencharakteren, wie Lessing
einen mit Abstreifung alles herkömmlich Typischen in seinem
Fräulein v. Barnhelm geschaffen hat, ist ein Hauptkenn-
zeichen jener dramatischen Periode.
Ein kleiner Zug ist hier hervorzuheben, einer der
feinsten des ganzen Stückes, der direkt der „Minna" ent-
nommen ist. In der Freude über den endlich errungenen
Besitz des geliebten Mannes beschenkt die Gräfin ihre
Tocliter Philippine, eine übernaive Puppe, um ihr Ge-
legenheit zu geben, ihre festliche Stimmung zu teilen. Es
ist dies eine Reminiscenz der unvergleichlichen kleinen
Szene, in der Minna freudigen und gerührten Herzens
ihrem Jubel über das Wiederfinden Teilheims Ausdruck
giebt und Franziska zwingt, sich mit ihr zu freuen („Minna
von Barnhelm", 2. Aufz. 3. Auftr.)^'^).
Die Sucht nach bizarren Effekten thut Wezel besonders
deutlich kund in den Gestalten des Oheims der Gräfin, des
verabschiedeten Generals v. Thoren und seines Dieners, des
ehemaligen Korporals Dann. Jenem bürdet er die ganze
Last der Beschränktheit und der Vorurteile auf, zu deren
Trägern gewölmlich die affektierten Frauen des genre comme
il faut, die „dampfigten Damen", wie sie Lenz im „Hof-
meister" nennt, verwendet werden. Selbst ein alter Murr-
kopf und thörichter Polterer, steht der General in absurder
Abhängigkeit seines Dieners, der an Ungeschlift'enheit, p]igen-
sinn und Pedanterie seinesgleichen sucht. Es ist allent-
halben ersichtlich, dass nur der Geist der Verneinung und
der Eitelkeit und nicht vielmehr eine gesunde, originelle
dichterische Schaffenskraft an den bestehenden und ge-
wohnten Verhältnissen rütteln konnte.
Das von Wezel mülisam vermiedene Gebiet der Fri-
volität erkor sich ein Nahahmer inferiorster Gattung zum
— 74 —
Tummelplatz. Es ist E. F. Hesler, der in der „schönen
Sünderiir' den Charakter der Gräfin Wildruf, liier Gräfin
Kohler, ins Zweideutige herabgedriickt hat. Diese schöne
Sünderin hat sich ehedem von ihrem Informator verführen
lassen. Derselbe taucht als Korporal Lehr wieder auf. Der
iieuangenommene militärische Charakter soll ihm das Air
eines gewissenhaften Ehrenmannes geben. Die Gräfin wirft
sich dem ehemaligen Geliebten plump an den Hals; er soll
sie heiraten ä tout prix. Der Zärtlichkeit dieser miss-
ratenen Minna sucht sich der Kriegsmann mit unverstande-
nen Teilheimischen Phrasen zu entziehen, indem er be-
hauptet, seine Grille sei, kein Glück anzunehmen, das er
garnicht geschaffen oder wenigstens vorbereitet, noch viel
weniger eines, das er gar nicht verdient habe. ¥a' hätte
sie genommen, wäre sie arm und bürgerlich. So aber
müsse er ihr Anerbieten nur als romantischen Einfall be-
trachten etc. etc.
Die Sätze sind teilweise wörtlich nach der Minna
kopiert; z. B. nennt sich Lehr einen Bettler; die Gräfin er-
widert darauf: „Aber wie ? Wenn der Bettler nur so eigen-
sinnig wäre und nicht zugreifen wollte, wenn man ihm
anbietet? — komm, lieber Bettler, mache mich
reich und glücklich!''
Diese Stelle aus der „Minna" (2. Aufz. 9. Auftr.) findet
sich auch sonst nicht selten nachgeahmt; z. B. in Hempels
„Schwärmereien der Liebe und des Hasses" 2. Aufz. 3. Auftr.
Der melancholische Herr v. Ries sucht der Geliebten Antonie
die Unmöglichkeit, sie zu besitzen, klar zu machen. Er
findet keinen Glauben und wird von ihr geneckt. Ries:
Leb' wohl, Antonie! auf ewig leb' wohl. — Ant. : Das
klingt ja recht tragisch u. s. w. In dem Lustspiel
„Welche ist sie nun" o. V. (Verz. 208) klagt der verab-
schiedete, an der Ehre gekränkte Hauptmann Frischmuth einer
Dame, die ihn weiter nichts angeht: „welches Frauenzimmer
ii)
m
m
önute wohl ilir Leben mit einem an seiner Ehre ge-
ränkten Offizier, mit einem Krüppel, mit einem
ettler zu führen wagen!" Die Dame antwortet launig:
Fast scheinen Sie mir ein zweiter Teilheim zu sein, ich
nss Ihnen aber auch wie Minna antworten: der Krüppel
scheint noch ziemlich gesund u. s, w. In Grossmans
..Sechs Schüsseln" und Schletters „Familienpokal" (vgl.
()5) bekennen die jungen Offiziere unter Seufzen, dass
hre Armut ihnen leider versage, ihre Augen zu der Ge-
liebten zu erheben. Hier wie dort spottet dieselbe gut-
mütig über dies eingebildete Hindernis und thut es dabei
der Minna an Schlagfertigkeit ungefähr gleich. Das politische
Lustspiel „Pseudopatriotismus" von Jul. v. Voss spielt
nach der Niederlage bei Jena 1809. Der Leutnant v. Wahlen,
^in aus französischer Gefangenschaft zurückkommender
preussischer Offizier tritt in tiefer Trauer über die Schmach
es Vaterlandes vor Lsidore, seine Braut, giebt ihr ihr
reuwort zurück, verzichtet auf alle Ansprüche, die er
vormals in der Hoffnung, als ruhmgekrönter Sieger zurück-
ukehren. an sie gestellt hatte und bittet, ihn zu vergessen,
sidore bemerkt darauf, dass er sich wohl den Tellheim zum
uster genommen habe. Er verneint es, denn — sagt er —
Tellheim kam aus einem siegreichen Kampf, selbst ein Held!"
ei der in der Wolle schwarz-weiss gefärbten preussisch-pa-
rintiscIi^Teudenz des Stückes erscheint es nicht allzu fremd-
artig, dass ein durch trübe Erfahrungen schwermütig ge-
stimmter Offizier solch heterogene Dinge, wie eine Liebschaft
und die Politik vermengt. Die Antwort Wahlens hält übrigens
nicht Stich. Der Fall Tellheims streift das Gebiet der
Politik überhaupt nicht. Dass er als Held aus einem sieg-
reiclieii Kampfe zurückkehrte, dies war völlig unwesentlich
für die Thatsache, dass er aus dem Krieg als verabschiedeter
und kompromittierter Offizier hervorging. Ohne Zweifel
— 76 —
ist Teilheim ein Kriegslield; das verriet allein die Uniform,
unter der man dazumal nichts anderes als ein Heldenlierz
vermutete. Seiner kriegerischen Vergangenheit aber wird
nur Erwähnung gethan, wo es galt, den Menschen im
Soldaten und nicht etwa den Soldaten im Menschen in
die richtige Beleuchtung zu rücken. Ausserdem bekennt
er, dass er als kurländischer Unterthan seinen Dienst ohne
politische Grundsätze erwählt hat, dass er als Soldat alles
seiner eigenen Ehre wegen gethan und das Kriegshandwerk
überhaupt nur als eine gelegentliche Beschäftigung ange-
sehen hat, die für ihn eine Schule der Energie und der
kaltblütigen Entschlossenheit sein sollte. Die Anschauungen
machten freilich innerhalb vierzig Jahren starke Ver-
änderungen durch. Zu Teilheims Zeiten machte man aus
den Diensten „bei den Grossen" ein ritterliches Handwerk,
in dem der junge Edelmann unter dem Einfluss des mäch-
tigen Geistes und des strategischen Genies eines glorreichen
Fürsten und seiner ausgezeichneten Heerführer Charakter
und männliche Tüchtigkeit formte und schulte. Nach der
schmachvollen Niederlage bei Jena aber brach das mittler-
weile gealterte militärische System haltlos zusammen, nach-
dem es seinen Gründer um zwei Jahrzehnte in innerer
Ohnmacht und Verkommenheit und in äusserer Pralilerei
überlebt hatte. Damit war aber einer neuen Auffassung
Raum gegeben, nach der die Wehrkraft als eine heilige
Bürgerpflicht und die politische Gesinnungstüchtigkeit als
sittlicher Hebel für den kommenden Aufschwung der Nation
betrachtet wurde.
Die Aeusserung der Minna (2. Aufz. 2. Auftr.): „der
König kann nicht alle verdienten Männer kennen u. s. w."
ist wiederholt in Lederers „abgedanktem Offizier" (1. Aufz,
7. Auftr.) V. Tapfer: „Mein Dienst war Schuldigkeit und
mein zerschossener Arm war Unglück und jeden dem Staat
Unbrauchbaren zu belohnen, jeden Unglücklichen im Lande
— 77 —
glücklich zu machen, dazu reichen auch die Kräfte eines
Monarchen nicht zu der Kaiser kann nicht jeden
^Soldaten kennen n. s. w." Hierher gehört auch die
oben (S. 54) angeführte Aeusserung des Leutnants v. Stern,
in Ifflands „Spieler^'. In Prothkes „der Rechtschaffene
darf nicht immer darben etc." ist Sabina, die Gattin des
braven Schustermeisters, der den verarmten Leutnant Blenk-
schütz aufgenommen hat, der Ansicht, der Fürst könne
sich nicht um solche Kleinigkeiten kümmern, wie die Ver-
sorgung des Leutnants (L Aufz. 8. Auftr.).
Die Episode in der 2. Szene des 2. Akts zwischen
dem katzenbuckelnden Wirt, dem Fräulem v. ßarnhelm
und der übermütigen Franziska schwebte Rambach vor im
^„Hochverrat" in einer Szene zwischen dem Wirt zum
" fliegenden Merkur und der von der Revolution vertriebenen
französischen Marquise de Seves nebst deren Kammer-
mädchen; eine Nachahmung, die diesem sonst feinen und
geistreichen Konversationsstück so wenig zum Vorteil ge-
reicht als andere abgenützte Eft'ektmittel der dramatischen
Praxis z. B. eine langausgesponnene Kerkerszene, eine
Walltronsche Gerichtsszene u. s. w.
Die Weigerung Minnas, in Deutschland mit einem
französischen Windbeutel dessen Sprache zu sprechen (4. Aufz.
2. Auftr.) findet sich bei «Jünger in dessen „Badekur" in
einem Auftritt zwischen dem faden petit maitre Kammer-
herrn V. Schus und dem Sonderling v. Biederberg. Eine
Reminiszenz der Wiedersehensszene zwischen Tellheim und
Minna (2. Aufz. 8. Auftr.), wo die hervorbrechende Leiden-
schaft Tellheims einen Augenblick seine angenommene Kälte
Lügen straft, ist folgender Passus in Sodens „Rosalie
V. Felsheim" (2. Aufz. 10. Auftr.): „Reinthal (mit offenen
Armen auf sie zu) Rosalie! Rosalie! Rosalie v. Fels-
heim. Franz! Franz! (sich auf einmal zur äussersten Kälte
herabstimmend) Herr Baron! Reinth. Gnädige Frau! etc."
— 78 —
„Bald wäre der Spass auch zu weit gegangen" platzt
Franziska heraus, die mit wachsendem Unbehagen die In-
trigue ihrer Herrin mit dem arglosen Major verfolgt hat
und bei dem ersten vertraulichen Ton, der die affektierte
Kälte Minnas ins Wanken bringt, das gefährliche und grau-
same Spiel beendigt glaubt. Die muntere Doppelintrigue,
die sich zwei Liebende gegenseitig in Kotzebues „Fosthaus
in Treuenbritzen" spielen, wird nach ihrer Entdeckung von
dem Kammermädchen der Dame mit den Worten glossiert:
„Zu früh! zu früh! Ich hätte ihn noch ein wenig zappeln
lassen!" Aus der Komödie, die Minna ihrem starrsinnigen
Geliebten spielt, zog auch Wezel Vorteil in der „seltsamen
Probe", einem oberflächlichen Machwerk voll Roheit und
Pöbelvvitz. Fräulein v. Berkheim ist, wie Minna, eine.s
zerbrochenen Wagenrades w-egen gezwungen, ihre Reise zu
unterbrechen und in einem Gasthofe abzusteigen, wo sie
ihren Geliebten Thalberg, dem sie etlicher barmherziger
Handlungen wegen ihre Zuneigung gewidmet hat, in der
liederlichen Gesellschaft eines abgedankten Hauptmanns,
einer Kopie des Fallstaft* und eines „hurtigen" Wirtes vor-
findet, der die beiden Offiziere als vertraute Freunde
mit du anredet. (Die ganze Situation ist Shakespeares
„Heinrich IV." entlehnt. Thalberg spielt die Rolle des
Prinzen Heinz.) Um nun die Liebe des ihr lange aus den
Augen gekommenen Thalberg zu prüfen, lässt sie sich
durch den Juden Abraham dem Geliebten als Dirne schildern
und beobachtet den Eindruck, den diese delikate Neuigkeit
auf den nichts Ahnenden macht. Vor Augen stand dem
Verfasser der Auftritt, wo Franziska in Minnas Auftrag-
dem leichtgläubigen Major einen Bären aufbindet mit der
Erzählung der Enterbung und Verstossung ihres Fräuleins
(4. Aufz. 7. Auftr.).
Das fürstliche Handschreiben, das Tellheim seine Ehre
und sein Vermögen wiedergiebt, ist bei Lessing ein Motiv,
79 —
I
das in vielfaclier Hinsicht folgerichtig und notwendig an-
gewendet werden musste; folgerichtig, weil Teilheims Handel
dem Könige unfehlbar zu Ohren kommen musste und dessen
Bescheid über kurz oder lang zu erw^arten stand; somit
kann es kein deus ex machina genannt werden. Es war
r aber auch notwendig, denn einmal gab es im Verhältnis
zu der (Jrösse der vorhergegangenen Kränkung nur die
einzige vollkommene Genugthuung, dass der König selbst
in der Form eines auszeichnenden Gnadenbeweises der un-
bedingten Forderung Tellheims nach Gerechtigkeit nach-
kommt und zwar in rascherer und zufriedenstellenderer
Weise, als alle Untersuchungen und Nachforschungen von
Seiten der chikanösen Beamtenschaft der Feldkriegskassen
im Stande gewesen wären. Zum zw^eiten galt es den Satz
zu widerlegen, dass der Soldatenkönig nicht alle ver-
dienten Kriegsmänner, zumal wenn sie so schwerwiegende
Ansprüche auf Berücksichtigung haben wie Tellheim kennen
und belohnen könne. Im Handschreiben heisst es denn
auch, dass der König um Tellheims Ehre besorgt war
und dass sein Bruder, der Prinz von Preussen, des näheren
von dessen Handel unterriclitet war. Ueberraschendes hat
also der Vorgang weiter nichts, denn der König that mit
Erlassung seines Handschreibens nur seine Pflicht einem
verdienten Offizier gegenüber; was freudig stimmt ist nur
der huldvolle Ton desselben. So nimmt sich denn dieser
Fall ganz anders aus, als in unzähligen andern Stücken,
wo der Fürst wie von ungefähr aus seiner ahnungslosen
Sphäre heraustritt und zum guten Glück sich mit eigenen.
Augen von Misständen überzeugen kann, denen abzuhelfen
er vom Dichter berufen ist. Das gedankenlose Mittel, mit
einem fürstliclien Dekret alle Verwicklungen ins Reine zu
bringen, war viel zu bequem, als dass es nicht ebenso häufig
wie die persönliche Intervention des Machthabers angewandt
worden wäre. Es würde zu weit führen, hier einzelne Bei-
— 80 —
spiele heranzuziehen, zumal da Lessing wohl schwerlicli
für all den verübten Unfug verantwortlich gemacht werden
kann; schon Meliere im „Tartuffe" hatte ja für die plötz-
liche Rettung Unschuldiger durch einen königlichen Akt
das Beispiel gegeben ^^).
Teilheims Schatten, der plumpe ehrliche Diener Just
mit seiner Pudeltreue und seinem Packknechtsverstand ist
eine einzig dastehende Erscheinung in der Lustspielliteratur!
Es dürfte schwer sein, im stehenden Rollenfach der ehr-
lichen Bedienten einen zweiten Just zu finden. Die Tra-
dition geht hier weit über diesen zurück. Lessing selbst
hatte ja bei dieser Figur das typische ältere Muster über-
nommen und für seine Zwecke ausgebildet. Just hat von
Hause aus die wilden Regungen einer „Bestie" und das
plumpe Gebahren eines „Viehs". Unter dem unmittelbaren
Eindruck aber von Tellheims Persönlichkeit, deren sittliche
Vornehmheit er wie durch die Macht des Instinktes em-
pfindet, wird er zum Menschen und ein Stück von Tellheims
Wesen geht in ihn selbst über: er ist das Geschöpf seines
Herrn. Aber, wie ein treuer struppiger Hund seine gute
Natur nur für seinen Herrn und in unmittelbarer Berührung
mit ihm erweist, so kann auch Just ohne Tellheim nicht
gewürdigt und verstanden werden. Er beweist wie ein
scheues misstrauisches Tier seine üblen und feindseligen
Eigenschaften allen denen gegenüber, in denen er Feinde
seines Herrn wittert. Seine ganze Moral ist selbstlose
Hingabe für das Wohl seines Herrn. Umgekehrt ist Just
für das richtige Verständnis Tellheims unentbehrlich. Die
Triebfeder seines ganzen Handelns ist grenzenlose elementare
Dankbarkeit und in feiner psychologischer Verkettung
werden dem Hörer gewisse Charakterzüge Tellheims erst
deutlich durch den Hinweis auf das Werk der Vermensch-
lichung und Gesittung, das ihm bei Just gelungen ist.
Tellheims Humanität ist es, die in die Dumpf heit dieser
— 81 —
primitiven Natur hineingeleuchtet und ihre guten Instinkte
erweckt hat; die sicli zugleich durch diesen ergreifenden
Akt weit künstlerischer und delikater offenbart, als durch
das handgreif liclie „Professionmachen aus Edelmut und
Entsagung'' — wie Danzel es nennt — das Lessing zur
Verdeutlichung seiner Intentionen in die entbehrliche Szene
zwischen Tellheim und der Rittmeisterin Marloft" gelegt hat.
Was wollen nun aber dagegen die hundertfachen Bei-
spiele von Dienertreue und Anhänglichkeit bedeuten, die
so bequeme Anhaltspunkte boten zur Anwendung einer
regelrechten langweiligen Moral und zur Verwirklichung
idealer Zustände in der menschlichen Gesellschaft!
Elüchtig ist zuweilen eine Spur von Justs kerniger
Grobheit gegen alle, die seinem Herrn nicht Elirerbietung
und Wohlwollen beweisen, anzutreffen. Schon erwähnt
wurden zwei derartige Szenen in Kotze bues „Menschenhass
und Reue" und Grossmanns „Nicht mehr als sechs Schüsseln"
(siehe S. 63). Die Eingangsscene zwischen Just und
dem Wirt ist nachgeahmt in Seidels „Edelmut und Rach-
sucht", wo Korporal Klaus in seines Herrn Auftrag dea
Wirt, der einem heruntergekommenen Offizier die Thür
weisen will, anschnauzt. In Just'scher Form sagt in dem
Stück „Seelenadel" von Cache der Diener Franz, der früher
bei dem verarmten Hauptmann Linden war, seinem jetzigen
Herrn, dem Wirt zum Tiger, was von Beutelschneidern
seines Schlags zu halten sei. Derselbe Auftritt findet sich
in Zieglers „Eulalia Mainau" 2. Aufz. 6. Auftr. An-
knüpfend an Justs zornige Frage, „warum wäret ihr denn
im Kriege so geschmeidig, ihr Herren Wirte?" bringt
Fr. W. G. Wetzel folgende Szene in der schon mehrfach er-
wähnten „Wilhelmine" (7. Auftr):
Schulmeister Willibald: Herr! Sie sind mir lieb und
angenehm, allein lange können Sie doch nicht dableiben.
Wenn der Tag anbricht, kommen meine Schulkinder.
Stockniayer, Das deutsche Soldatenstück. O
- 82 —
Die würden Ihre Wunden wieder aufschreien und w^enn
sclion eine Haut darüber gewachsen wäre.
Rittmeister Lilienthal: Nur heute noch, wenn er\s
erlaubt.
Willibald: Seid ihr Rotröcke doch so ge-
schmeidig, wenn's euch an Händen und Füssen
fehlt! I
In Stephanies „abgedankten Offizieren", 2. Aufz."
8. Auftr., traktiert der Wirt aus reiner Gutmütigkeit das
Faktotum der beiden Offiziere, Blink, mit seinem Schnaps
und nötigt ihm eine beträchtliche Portion davon auf. Das-
selbe bringt mit wörtlicher Wiederholung der Stelle aus
dem 2. Auftr. der „Minna": „Geschwind noch eins; auf
einem Bein ist nicht gut stehen", Ludw. Fischers
„lustiges Soldatenleben". Justs Bedientenrechnung wieder-
holt im schlimmen Sinn Schletter in „Betrug für Betrug".
Zollheim liest die Rechnung, die ihm sein spitzbübischer
Bedienter überreicht: „Rechnung, was ich vor Ihro Gnaden,
den Herrn von Zollheim in Dresden zu dero Verlobung
eingekauft habe. Summa 30 Louisdor, Johann Paulsen,
Bedienter — — Kerl, bist du toll?" Genau ebenso bei
Kotzebue im „Schreibepult" 1. Akt 7. Szene. In dem
anonymen Stück „ein Uebel ist oft der Grund zum Glück"
(Verz. 106) entlässt der verarmte Ehrenhold seinen treuen
Diener Philipp, da er ihm nichts schuldig werden will und
ihn zu bezahlen, kein Geld mehr auftreiben kann. Philipp
aber ist gewillt, bei seinem Herrn auszuharren und dessen
Unglück zu teilen (vgl. „Minna" 1. Aufz. 8. Auftr.). Justs
Steifheit und unhöfliche Wortkargheit gegenüber den Damen,
bei denen er sich eines lästigen Auftrags zu entledigen
hat (2. Aufz. 6. Auftr.) klingt an in dem anonymen Lustspiel
„der Sekretär" (Verz. 61), wo der Diener Prell der Buhleria
Beretti eine Botschaft seines jungen liderlichen Herrn zu
überbringen hat. Schlaftrunkene Diener, die bis zum frühen
- 83 —
»rgen ilire Herrn erwarten und mit trüben Gedanken über
deren missliche Lage bescliäftigt sind, erscheinen in Sprick-
manns „Sclimuck^', Raebigers „Verbrechen und Edelmut",
Ifflands „Spieler" und „Familie Lonau" u. s. w. ^^).
Die Kriegslust des Wachtmeisters Werner (3. Aufz.
7. Auftr.) ist nachgeahmt in Ferinets „Freikorps". Dort
hat der Wachtmeister Frank von einem zu erwartenden
Kriege gelesen und gerät darüber in unbändige Begeisterung.
Er ist gleich bereit, die drückende Friedensruhe mit dem
wilden Waffenhandwerk zu vertauschen und sucht seinen
Herrn, den liittmeister v. Bogen zu gleicher Gesinnung zu
animieren, wogegen dieser aber in kalter abweisender Ruhe
verliarrt. Der Passus im 12. iVufir. des 1. Aufz. der „Minna",
wo Werner dem Major die geliehenen 100 Dukaten zurück-
bringt und auf Justs Frage, was Tellheim damit soll, er-
widert: verzeliren soll er sie, verspielen, vertrinken, ver —
wie er will " findet sich wieder in Schletters „Familien-
pokal" 2. Aufz. 13. Auftr. Der gutm'titig- heftige General
V. Wertheim will den armen Leutnant v. Färber unter-
stützen und begleitet sein Geschenk mit deu AVorten: „es
ist freilich kein Geld, das Segen bringen kann, aber dazu
geb" ich dir's auch nicht. Versaufen sollsfs, verspielen,
ver — verthun, wie Du willst!" Ebenso in Sprickmanns
„Schmuck" L Aufz. 13. Auftr. Der Hauptmann Wegfort
hat in der Not einen Schmuck versetzt und geht nun mit
sich zu Rat über die Verwendung des erhaltenen Geldes:
„Tausend Dukaten, haha! Mit hundert, anderthalb hundert
höclistens bezahl' ich meine Schulden und die übrigen will
icli dann bei mir hinlegen und — — Champagner dafür
trinken, dass es meinem alten dürren Fleisch wohl davon
werden soll;-' In diesen Fällen haben die mit dem Gelde
bedacliten nicht die mindeste Anlage zu ungeregeltem
Le])ensgenuss und mit der Geldverschleuderung ist es
durclniiis niclit ernst gemeint. —
G*
— 84 —
Ich stehe am Ende meiner Untersuchung und fasse die
Hauptpunkte nocli einmal zusammen. Lessings „Minna
V. Barnhelm" steht als di'amatisches Ganzes in einer Zeit,
wo alles dichtete und dabei bewäljrten Vorbildern folgte,
ziemlich isoliert da. Es hat sich um sie keine Familie von
Nachahmungen gebildet, die unverkennbar auf das Muster
zurückwiesen, wie die Dramen aus dem historischen Stoff-
gebiet des „Götz. von Berlichingen" oder, dem bürgerlichen
der „Miss Sarah Sampson". Bestimmt und leicht nach-
weisbar knüpfte die litterarische Tradition erst an Nach-
folger und Dichter weit geringeren Ranges an, die ihrer-
seits auch nur in gewisser Hinsicht von Lessing abhängig
sind. Die schöpferische und vorbildliche Bedeutung des
Meisterwerks liegt nun einmal darin, dass es seine Hand-
lung mitten in den Fluss grosser nationaler Begebenheiten
versetzt und zu Trägern dieser Handlung echte Kinder der
Zeit gewählt hat; zweitens darin, dass es die Eigenart und
Tüchtigkeit des populärsten Standes einer kriegerisch be-
wegten Epoche in eine glänzende Beleuchtung gerückt hat.
Von der militärischen Gruppe in der „Minna" ist die Figur
des abgedankten Offiziers in der äusseren Gestaltung seiner
Verhältnisse und in seinen hauptsächlich hervortretenden
Charaktereigenschaften festgehalten worden. Die Person
des Soldaten aus dem Volk fand lebhafte und eingehende
Würdigung und erlangte allgemeine typische Geltung. Die-
diskreten Hindeutungen auf den grössten lebenden Monarchen
wurden mit grösserem oder geringerem Taktgefühl ausge-
beutet und als wirksamer Ausdruck loyaler und patriotischer
Gesinnuugen verwertet. Von der anderen Gruppe blieb
die heitere, sicher auftretende, meisterhaft individualisierte
Liebhaberin unverstanden oder wenigstens ungewürdigt, ihre
Jugendgespielin, ferner die Gestalten des Wirts und des
Dieners Just waren trotz ihrer, oder vielmehr gerade wegen
ihrer Vortreft'lichkeit nicht vermögend, die ältere Tradition^
— 85 —
in der aucli I.essing in letzter Linie wurzelte, zu verdrängen
oder neu zu beleben. Der Chevalier de l'ordre de lindustrie,
in dessen Verwendung man bei Lessing eine leise Kon-
:zession an die durch die Ereignisse gerechtfertigte nationale
Eitelkeit erblicken darf, hat viele Kameraden erhalten, die
meist als öde Fratzen das äusserliche und gehaltlose einer
französelnden Weltbildung karrikieren sollten. Uebrigens
erschien er in dieser Aiifi'assung kaum ein zweites Mal in
-der Rolle eines Soldaten, sondern in der des gewohnten
petit maitre, als niclitssagende lächerliche Gesellschaftsfigur.
Der dramatische Elan des patriotisch - militärischen
Soldatenstückes erlosch ungefähr zur Zeit des allgemeinen
politischen Niedergangs, als die Staaten Europas einer
nach dem andern vor der Liebermacht des korsischen Er-
oberers in den Staub sanken. Schon vorher durfte Julias
V. Voss es wagen, in einer Reihe politisch-satirischer Dramen
neben andern Mis|ständeu die innere Hohlheit des ver-
alteten preussischen Militärsystems an den Pranger zu
stellen. Sein bitterer Hohn klingt wie eine Travestie der
einstigen poetischen Verherrlichung einer vergangenen
AVaffenglorie, war aber keine solche; man travestiert nur
das, was im Urteil der Zeit noch Autorität und litterarischen
Wert besitzt. Als Heinrich v. Kleist um 1809 in frischem,
originellem Schöpferdrang seinen „Prinzen von Homburg"
ilichtete, jenes kernhafte, preussische Soldatenstiick, dem
als Kunstwerk entfernt kein anderes an die Seite zu stellen
Ist, dachte er wohl kaum an die Dichter der Walltron, Arno,
Thurneysen zurück, die vor kaum dreissig Jahren eine der
Äcinigen so, nahe verwandte Idee mit dem Tross ihrer An-
hänger und Xaciiahmer zu Tode gehetzt hatten.
Anmerkungen.
^) Wieland, „Sendschreiben an einen jungen Dichter".
-) Ygl. hierzu Christian Garves Abhandlung; „Ueber die Maxime
Rochefoucaults: das bürgerliche Air verliert sich zuweilen bei der
Armee, niemals am Hofe". Yersuche über verschiedene Gegenstände
aus der Moral, der Litteratur und dem gesellschaftlichen Leben.
Breslau 1792. 1. Teil.
^) Dem modernen Beurteiler springen vielleicht die Aehnlich-
keiten mit dem einzigen Yorbild nicht sofort ins Auge. Es lässt
sich aber leicht denken, dass sich hier ein gewisser Typus heraus-
gebildet hatte, der sich allein schon durch Aeusserlichkeiten des^
Gebahrens, durch gewohnte Tracht und Redeweise der Gunst de^
Publikums versicherte und unwillkürlich das Andenken an Lessings
Wachtmeister und Freischulzen wachrief. Auch Schillers Wacht-
meister in „Wallensteins Lager" lässt sich einigermassen mit Pcinl
Werner identifizieren. Nur die lehrhafte Redseligkeit des ersteren,
wie sie auch sonst häufig für diese Figur typisch ist, unterscheidet
ihn von dem etwas jünger gedachten, frohsinnigen und thatenlustigen
Werner. Die höchste Idealisierung der Untergebenentreue unternahm
Th. Körner in seiner dramatisierten Anekdote „Joseph Heyderich".
*) W. Wetz (Anfänge der ernsten bürgerlichen Dichtung des
18. Jahrhunderts. Bd. L: Rührendes Drama der Franzosen. Worms
1885. S. 63) findet „diese romantische Begebenheit in der Enge des
Alltagslebens" schon im französischen Rührdrama des Destouches
und La Chaussee. Durch Yersetzung auf militärischen Boden erhielt
dies Motiv grössere Glaubhaftigkeit. Es liegt den Fabeln folgender
Stücke zu Grunde: „Der Adjutant" von Brömel, „Eigensinn und Elrr-
lichkeit" von J. K. Wezel, „Der Husarenraub" von Plümicke, „Der
Hauptmann von Breisach" von Schöpfel, „General Moorner" von
Thilo, „General Schlenzheim" von Spiess, „So handeln Freunde"-
87
V. (Yerz. 166), „Falsche h>cliam" von Kotzebue, „Der Weihnachts-
end" von Hageniann. Die Beliebtheit der um verlorenes Eheglück
uernden Gatten bezeugen u. a. auch die Helden in Gemmingens
eutschem Hausvater" und Kotzebues „Menschenhass und Reue",
ner der General Dolzig in Ifflands „Albert von Thurneysen" und
Major Harrwitz in Schröders „Fähndrich ".
^) 31inor (Christian Felix Weisse. • Innsbruck 1880) beansprucht
sen Charakter als eine Xeuschöpfung für Weisse mit Hinweis auf
ist in dessen „Haushälterin" und Wahrmund im „Naturalien-
mler". Er denkt hierbei hauptsächlich an den Typus eines „Yer-
uten der Liebenden, der die Intrigue auf sich nimmt". Mir ist
r wichtiger die nahe Beziehung zu den Vätern der Helden, die
andere nicht ausschliesst (oder zu den Helden selbst, wenn sie
"wie im Olsbach, in reiferem Alter gedacht sind), und hierin erinnern
sie vielfach an den Komtur in Diderots „Hausvater", obgleich dieser
<lie Rolle im Übeln Sinne spielt. Als Beispiele für Verwendung
dieses Typus führe ich an die Stücke: „Gräfin Freyenhof" von
Stephanie d. J. (General Clemard), „Eigensinn und Ehrlichkeit" von
.1. K. Wezel (der General v. Thoren lehnt sich direkt an Diderots
Komthur d'Aulnoi an; er ist zwar nicht eigensüchtiger Bösewicht
e dieser, sondern nur mürrischer Polterer und Grobian), „Der
rrestant" von Anton-AVall (General v. Scharf), „Der Liebe Lohn"
von A'ulpius (Major v. Waidenstein), „Der Postmeister" von Bonin
(Obrist V. Bergheim), „Wer ist sie?" von Schröder (Oberst v. Rall)'
„Eiilalia" von Ziegler (Oberst von der Horst), „Baron von Blanken-
-rein" o. V. (Verz. 135) (Oberst von Denningen), „Die Husaren" von
l'r. AVerner (Major v. Biedersee), „Weltton und Herzensgüte" von
Ziegler (Graf v. Blanker), „Die Höhen" von Iffland (Hauptmann
v. Brägen). — Aeltere Militärs waren für diesen Typus gut zu ver-
wenden, namentlich durch den Umstand, dass in ihrer wunderlichen
wortkargen Redeweise das Bild der jeweiligen Situation originell
rc^flektiert wird.
Wichtig ist zu erwähnen, dass in dem Trauerspiel „Julie" von
H. P. Sturz, einem der ersten Abkömmlinge jener Trias, die das
bürgerliche Drama hervorgerufen haben, nämlich Lillos „Kaufmann
von London", Diderots „Hausvater" und Lessings „Miss Sarah", der
agent provocateur des Stückes ein Militär ist, auf den Lessing noch
nicht eingewirkt hat. Es ist dies der Bruder des schwachen gut-
herzigen Hausvaters, ein vom Regiment verjagter Kapitän von hartem,
brutalem Wesen, der mit der Familie „wie mit einer Kompagnie"
umgeht, ein Verwandter des alten llorribilicribrifax und des Gloriosusv
K(
li
— 88 —
<ler den Mund stets voll von kriegerischen Sentenzen und liodoraont-
aden hat. Das Stück, im selben Jahre wie „Minna" erschienen
fand geringen Anklang, obwohl darin keiner der beliebten Züge des
bürgerlichen Dramas mangelt, und mag die Schuld daran wesentlich
der bei dem Aufgehen von Tellheims Gestirn so schnell in Miss-
kredit geratene uralte Typus des militärischen Aufschneiders und
Bramarbas tragen.
*) Solchen Reminiszenzen und unverkennbaren Anlehnungen
an Diderots „Hausvater" begegnet man auf Schritt und Tritt im
Oebiete des bürgerlichen Dramas, viel häufiger und auch viel früher,
als man nach C. Flaischlens Studie über 0. H. v. Gemmingen an-
nehmen könnte. Was hier für das Familienstück zu holen war, das
wusste man lange schon, ehe Gemmingen sein germanisiertes Pendant
neben den französischen Hausvater stellte und damit offenkundig
auf sein Muster hinwies.
Welcher Unfug im bürgerlichen Schauspiel mit angenommenen
Manien getrieben wird, dies illustriert am besten das Beispiel von
Fr. G. Thilos „General Moorner", wo die Beziehungen zwischen
fünf Gliedern derselben Familie dadurch gewaltsam in Yerwirrung
gebracht weVden, dass jedes mit mehr oder weniger Berechtigung
einen besonderen Familiennamen führt. Die Gattin des Generals
Moorner tritt nach langer Trennung als Elisabeth v. Palfy wieder
auf, die beiden Kinder des Generals heissen Yolontär v^ Mühlenberg
und Majorin v. Bellochese, Ein jüngerer Stiefbruder des Generals
nennt sich Hauptmann v. Bohlen. Dies künstliche Quiproquo giebf
nun Gelegenheit zu allerhand absonderlichen Zufallsfügungen; z. B.1
muss der General seine Tochter zum Tode verurteilen, nachdem
er sie zuvor hatte heiraten wollen. Hierbei war er in Konkurrenz
mit seinem Sohne getreten, der ebenfalls in Liebe zu seiner Schwester
entbrannt ist. Selbstverständlich wird alles Unheil verhütet durch
die am Ende erfolgende Entwirrung des grossen Rattenkönigs.
'') Dies sollte wohl weniger für ihr Taktgefühl, als vielmehr
für ihre Gutherzigkeit ein schönes Zeugnis sein. Dass Lessing diesen
Zug seiner Minna nicht verliehen hat, tadelt Chrn. F. Weisse, naiv
genug, in einem Briefe an Garve. Grenzenlos aufopferungsfähig
und grossmütig liebte man ja meist die Theaterheldinnen. Weisse
dachte wohl speziell an die abenteuernden Damen in seiner „Amalia"
und „Grossmut für Grossmut", die sich so harmlos über das An-
stössige einer Jagd nach dem verschwundenen Geliebten hinweg-
setzen und dann das Aeusserste an Opfermut und Entsagung leisten,
81) —
indem sie sich aller älteren Rechte begeben , als sie den Geliebten
in den Armen der Nebenbuhlerin glücklich sehen.
*) Eine Uebersetzung des „Recruiting- Officer" von Farquhar
lieferte C. H. Sehmid im ersten Teile seines „Englischen Theaters".
Frankfurt und Leipzig 1769.
") Beiläufig erwähnt sei die possenhafte Verkleidung der
Bürgermeisterstochter Philippine, die sich von ihrem Geliebten als
Soldat anwerben lässt, um unerkannt in seiner Nähe zu verweilen
und sich dadurch GeAvissheit über seine Neigung zu ihr zu ver-
schaffen. Dies Yerkleidungsmotiv ist noch öfter verwendet worden,
z. B. in einem vielgespielten Stücke von Brömel „Der Adjutant".
Hier baut sich der ganze Plan auf der abenteuerlichen Yoraus-
setzung auf, dass ein alter General seine Neigung einem jungen
Kriegshelden, dem Leutnant v. Wallin schenkt, welcher sich schliess-
lich als dessen eigene Tochter Therese entpuppt. In dem Ballet
„Der weibliche Deserteur" (Verz. 12) ist die Verkleidung der Ge-
liebten als Soldat direkt Stephanie entlehnt. Dieser weibliche
Soldat wird zum Deserteur, soll als solcher abgeurteilt werden und
rettet sich nur durch Vorzeigung eines Ringes, den er bezw. sie
von ihrem Geliebten, dem Major Milton, erhalten hat, vor dem
:Standrecht. In dem Singspiel „Die Rekruten auf dem Lande"
(Verz. 68) verkleiden sich zwei Bauernmädchen für ihre Geliebten
als Rekruten. In Kotzebues Posse „Der Deserteur" gelingt einem
Offizier die Entführung seiner Geliebten durch deren Verkleidung
als Soldat.
'") Ein dreistes Plagiat von Kretschmanns „altem bösen General"
ist Kotzebues „Brandschatzung", worin nur die Namen des Originals
verändert und sonst noch etliche unwesentliche Abweichungen an-
gebracht sind.
^') Zu den Stücken mit Werbe- und Rekrutierungsszenen ge-
hören noch folgende: „Die glückliche Werbung" o. V. (Verz. 53),
„Die Familienheyrath oder der Rekrutenaushub" o. V. (A''erz. 58),
„Der Rekrut" von Hagemann, „Die Rekrutierung" von Schildbach,
.„Alles in Uniform für unsern König" und „Die getreuen Oester-
reicher oder das Aufgebot" von Hensler, „Die jungen Rekruten"
von Lederer, „Die Rekruten auf dem Lande" o. V. (Verz. 68), „Die
erwünschte Rekrutierung" von H. Beck.
^-) Was der Geschmack jener Zeit an Vorzügen in Engels
Dramen vereinigt fand, darüber höre man beispielsweise, was Jör-
dens im „Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten" (Bd. I, S. 468)
schreibt: „Engels Schauspiele waren es, die ihm den ersten und den
— 90 —
ausgebreitetsteii Ruhm verschafften. Man erkannte sofort in den
zwei kleinen Stücken, dem „Dankbaren Sohn^ und dem „Edelknaben",
den einsichtsvollen Dramatiker, den feinen Menschenbeobachter, den
j^lücklichen Dialogisten, den richtigen Denker, den lebhaften und
eleganten Schriftsteller. Man freute sich, komische Züge und Witz
mit Zartheit der Empfindung verbunden, heitere Laune zu der
Achtung für Tugend und der Rührung für Edelmut gesellt zu sehen.
Man genoss mit hohem Vergnügen die angenehmen Sujets, die gut
angelegten Situationen, die Entwickelung der Charaktere und der
steigenden Affekte; und alles das umsomehr, da nirgends Yerstösse
gegen Geschmack oder Sprache beleidigen. Auch eilten alle Bühnen,
die lieblichen Stücke aufzuführen." Ygl. ferner auch die Rezensionen
in Klotz' „Bibliothek der schönen Wissensch.", Bd. 6, Stück 21,
S. 107 ff., in der „Allgemeinen deutschen Bibliothek", Bd. 17, Stück 1,
S. 219 und in Chr. H. Schmids „Parterre" (Erfurt 1771), S. 106 ff.
^^) Ein sprechendes Beispiel davon, wie man in derlei Fällen
die Geduld des Hörers auf die Probe stellte, giebt Plümickes „Hen-
riette". Die Erkennung zwischen dem Major und seiner Tochter
wird schon im 2. Akt vorbereitet; der vierte aber hätte sie unfehlbar
bringen müssen. Hier erzählt nämlich der Pastor dem Major Yolk-
mar ausführlich, wie er seine Pflegetochter Henriette als kleines
Kind aufgefunden. Alle Umstände stimmen überein mit der (im
2. Aufzug) voraufgegangenen Erzählung des Unteroffiziers Hubert,
der seinem Major beichtet, wie er am nämlichen Orte vor so und
so viel Jahren, damals noch auf Feindesseite, als grausamer Mord-
brenner gewirtschaftet und eine Frau in die Flammen ihres Hauses
zurückgestossen, ihr Kind aber auf die Strasse geworfen habe. Den-
noch verfällt weder der Pastor, noch der Major, der überzeugt ist,
dass sein eigener Unteroffizier ihm um Frau und Kind gebracht hat,
auf den Gedanken, die beiden Erzählungen, die sich nach den Um-
ständen der Zeit und des Ortes völlig entsprechen, mit einander in
Zusammenhang zu bringen. Ein in den Windeln des Findlings ver-
borgener und sorgfältig aufbewahrter Ring könnte alle Zweifel lösen.
Dies soll aber erst am Ende des nächsten Aktes geschehen und so
bürdet der Verfasser dem Pastor eine ganz unmögliche Unterlassungs-
sünde auf. Er vergisst des Rings Erwähnung zu thun und erst,
nachdem er unter vielen Verwünschungen und unehrerbietigen Selbst-
anklagen ob seiner Vergesslichkeit am Ende des Stücks den Ring
herbeigeholt, kann der gequälte Vater seine wiedergefundene Tochter
in die Arme schliessen.
— 91 —
^*) Siehe Litzmann „Scliröder und Gotter", Hamburg u. Leipzig
^7, S. 56.
'^) Kotzebues „Kind der Liebe'' hat noch ein anderes Vorbild^
ilich Frdr. Ludw. Schröders „Fähndrich" ; eine unrühmliche Ab-
iangigkeit, die schon Schink in den „Dramaturgischen Monaten"
(4. Bd., Schwerin 1791, S. 946 ff.) zu Kotzebues grossem Aerger dar-
than hat.
R^") Rührende Pietätshandlungen junger Krieger waren ähnlich
lliebte dramatische Stoffe wie die später zu besprechenden Anek-
bten von edelmütigen und wohthätigen Fürsten. In Joli. Karl
gWezels „Eigensinn und Ehrlichkeit" stürzt sich der Regimentsfourier
(rmann in Scliulden, um seine unglückliche Schwester zu unter-
itzen. In Schröders „Fähndrich" darbt der Held für seine arme
id kranke Mutter. In Zieglers „Inkognito" und Kotzebues „Schreibe-
lt" teilen die Helden ihre geringe Gage, hier der Kadett mit der
itter seiner Geliebten, einer armen Soldatenwitwe, dort der Fähn-
sh mit seinen unverschuldet ins Unglück geratenen Eltern. In
lalzows „Edelmütigem Sohn" und Weppens „Hessischem Offizier
Amerika" lassen sich die Söhne als Soldaten anwerben, um mit
Handgeld ihre verschuldeten Yäter zu retten. In Fellners
Jhargenverkauf" hingegen will Unterleutnant Wille seiner Mutter
wegen seine Charge verkaufen. In Brühls „Edelmut stärker als
Liebe" kapituliert der Reiter Georg Herold nach Ablauf seiner
Dienstzeit und im Begriff zu heiraten, auf weitere sechs Jahre, um
mit dem erhaltenen Gelde die Schulden des verarmten Majors
V. Tiefenau zu bezahlen. In Casches „Hauptquartier" verlässt der
Soldat Karl Schmidt, angesichts der darauf gesetzten Todesstrafe,
seinen Posten, um das Haus seiner Eltern vor Marodeuren zu
xhützen. Der Leutnant Loring in der „Unvermählten" von Kotzebue
duelliert sich für die Ehre seiner Pflegemutter und nimmt dafür
eine Festungsstrafe auf sich. In Babos „Arno" und in Henslers
„Kriegsgefangenen" glauben die Helden auf dem Schlachtfelde im
Heere des Feindes ihre Yäter zu erkennen. Nicht imstande, ihre
Warten gegen dieselben zu kehren, verfallen sie dem Verdachte
der Feigheit und werden vor ein Kriegsgericht gestellt.
^') Zu dem ländlichen Genre gehören fernerbin: „Wilhelmine"
von Fr. W. G. Wetzel, „Die Werbung für England" und „Die Fürsten-
reise" von Krauseneck, „Der abgedankte Offizier" von Lederer, „Die
W aihc" von König, „Das grosse Beispiel" von F. J. Fischer, „Der
NVi cd erkauf" von Schletter, „Das Findelkind" von Brühl, „Der
Kechtschaffene darf nicht immer darben" von Prothke, „General
— 92 —
Wurmsal" von Wimmer, „Röschen Brand aus Gräfenthal'* von Plü-
micke. Um die Tragweite der vom „Dankbaren Sohn" ausgegangenen
Anregungen weiter zu verfolgen, seien an Nachahmungen noch ge-
nannt: „Es ist Friede" von Bock, „Die dankbare Tochter oder die
Einquartierung" von A. Q. Hartmann. (Nicht bekannt ist mir ge-
worden: „Die dankbare Tochter", Originaldrama in einem Aufzug
von P. AVeidmann, Wien 1773.) Selbständiger in der Fassung, aber
mit Beibehaltung des Dorfmilieus : „Der junge Menschenfreund" von
Cornova, „Die Familienheirat oder der Rekrutenaushub" o. Y.
(Verz. 58), „Wer wird sie kriegen?" o. Y. (Yerz. 62), „Das lustige
Süldatenleben" von L. Fischer, „Die Rache" und „Den ganzen Kram
und das Mädchen dazu" von Brühl, „Alles in Uniform für unsern
König" und „Geistesgegenwart" von Hensler, „Die silberne Hochzeit"
von Kotzebue und „Der Plan" von Arresto. Die Liste liesse sich
ohne Zweifel noch um Beträchtliches vermehren, namentlich in der
Blütezeit des Iffland-Kotzebue'schen Familienstücks, wo die Schein-
bauern, deren Kotzebues „Silberne Hochzeit" ein Muster giebt, d. h.
die outrierten Mustertypen der Sittenreinheit, der empfindsamen Ein-
falt und gezierten Schönrednerei, eine so grosse Rolle spielten. Hier
aber ist nur Bedacht genommen auf Stücke, in denen militärische
Motive einen integrierenden Bestandteil bildeten.
^*) Fr. W. G. Wetzeis „Wilhelmine", lange vor Beils „Curd von
Spartau" erschienen, hat mit diesem die Idee gemein, dass ein ver-^
wundeter Soldat (Rittmeister Lilienthal) in eine Hütte armer Leut<
(Willibald) getragen wird und hier Frau und Kind wiederfindet,
{Wilhelmine hatte von Lilienthal das Eheversprechen erlialten. Der
Krieg hatte die Trauung verhindert und die beiden haben nun seit
Jahr und Tag nichts von einander gehört, bis sie das Geschick in
•der Hütte des mitleidigen Schulmeisters wieder zusammenführt.)
'") „Le Deserteur", drame en 5 actes en prose par Louis
Sebastien Mercier. Paris 1770, Besangen 1771. Amsterdam 1778
in Merciers „Theätre". — Deutsche Uebersetzungen, Bear-
beitungen und Nachahmungen: 1. „Der Deserteur", Schauspiel
in 5 Akten aus dem Französischen des Herrn 3Iercier in einer freien
Uebersetzung. Mannheim, bei Schwan 1771. (Guter Ausgang,
deutsche Namen adaptiert, „Schwan erhielt es zuerst in Deutschland
lind von Mercier selbst", wie der Goth. Theaterkai. besagt.) 2. Der
genaue Titel lässt sich nicht mit voller Sicherheit angeben. Er
lautet entweder „Der Deserteur" oder „Dürimel", Hamburg 1771.
Die Uebersetzung schreibt der Goth. Theaterkai. (1777, S. 168) der
Madame Zink zu. 3. „Der Deserteur", Drama aus dem Französischen
— 93 —
des Herrn Mercier, übersetzt von einem Offizier [Karl Aug. v. Beul-
Avitz], Berlin 1771. 4. Hiervon zweite Ausgabe, welche mit einer
zweiten fünften Handlung, nach welcher das Stück einen glücklichen
Ausgang nimmt, vermehret ist. Berlin 1774. 5. „Dürimel, oder die
Einquartierung der Franzosen^, rührendes Lustspiel nach dem Fran-
zösischen [von Joh. Jos. Xunn], Prag 1771. 6. Chr. H. Schmids Be-
arbeitung für die Kochische Gesellschaft mit Zugrundelegung von
Nr. 3, „da der Hauptton des Mercier hier am besten erreicht zu sein
schien'', in der Theaterchronik, Giessen 1772, Stck. 1, S. 101 ff,
(Schmid strich die moralischen Tiraden St. Franks, setzte die im
Original vernachlässigte Figur Hockarts (Hoctaus) und die Valcours
fort und führte sie durch, bereitete ferner das „wohlfeile Mittel"-
des schliesslichen Pardons in verschiedenen eingefügten Szenen vor.)
— Von Nachahmungen sind mir folgende bekannt geworden: „Frei-
herr von Bardenfels", bürgerliches Trauerspiel in 3 Akten von H,
K. H. V. Trautzschen, in dessen „Deutschem Theater", 2. Teil, Leipz..
1773. „Das Kriegsrecht", eine Tragödie o. V., Lüneburg 1781
(„ist weiter nichts als der Deserteur von Mercier, nur die Personen
deutscher Nation sprechen deutsch, die Franzosen französisch", vgL
AUgem. Yerzeichn. neuer Bücher mit kurzen Anmerkungen etc.
Leipzig, bei Siegfr. Lebr. Crusius, Bd. 4, 1781, S. 761). Hierher ge-
hört auch das vielgesehene, von der Hamburger Theaterdirektion
preisgekrönte Lustspiel von Grossmann „Henriette, oder sie ist schon
verheiratet". In diesem Stück war Grossmann wenig wählerisch mit
Entlehnungen. Der Stoff ist der neuen Heloise entnommen, im Plan
blickt Diderots „Hausvater" überall durch. In der Figur des Obristen
V. Freyhof sieht eine Rezension (in der Berl. Litt.- und Theater-
zeitung 1778, 1. Bd., 6. Nummer, S. 87 ff.) eine Yerschmelzung von
„ein halb Dutzend Charakteren aus anderen Komödien: Hartleu in
der Eugenie [von Beaumarchais], Odoardo Galotti, Comthur im Haus-
vater, Kapellet in Romeo und Julia und weiss der Himmel, wer
mehr!" Aus Merciers Deserteur stammen folgende Einzelheiten: der
französische Major Graf Saint-Martin hat Differenzen mit dem Feld-
marschall gehabt, hat ihm gefordert und musste darauf fliehen.
Unter dem einfachen Namen Blainville kommt er nach Deutschland
und findet in dem Hause der Obristin v. Freyhof in Abwesenheit
ihres Gatten Aufnahme unter dem Titel eines Lehrers der Tochter
Henriette, mit der er unter den Augen der gutherzigen Mutter ein
Liebesverhältnis anknüpft und sich heimlich verheiratet. Der zurück-
kehrende Oberst erklärt sich mit dieser Ehe einverstanden, nachdem
er, freilich mit Widerstreben, einem von ihm ausersehenen, übrigen»-
— 94 —
unwürdigen Prätendenten auf die Hand seiner Tochter den Lauf-
pas8 gegeben hat. Sein Entschluss wird ihm dadurch erleichtert,
dass er in seinem Schwiegersohn einen Offizier erkennt, dem er
einstmals im Kriege gegenüber gestanden und dessen tapferes Be-
nehmen ihm Achtung abgenötigt hatte.
Die Idee der Desertion hat Mercier Jean Michel Sedainos
Singspiel „Le Deserteur" (drame en 3 actes et en prose, mele de
musique. Paris 1769) entnommen. Dieses Stück, „an dem man sieh
leider zu Frankfurt und Mannheim nicht satt sehen kann" — wie
€hr. H. Schmid in seiner Theaterchronik schreibt — und das auch
sonst im Repertoir keiner Theatergesellschaft fehlte, erlebte eben-
falls verschiedene Uebersetzungen, nämlich von Schwan, Mannheim
1770, von J. G. Eschenburg, Mannheim 1772, Frankfurt 1773, von
M. V. Brahm, "Wien 1770, und von J. H. Faber, Frankfurt und Leipzig
o. J. Seine Beliebtheit dankte es auch der von Monsigny dazu ge-
schriebenen Musik. Der Inhalt ist kurz folgender: Alexis, ein
Soldat, macht von seinem nahegelegenen Lager aas einen Besuch
im Dorfe, wo seine Braut wohnt. Er sieht sie in festlichem Zuge
an der Seite eines anderen des Weges daher kommen. Es ist dies
aber weiter nichts als ein verabredeter Scherz, den Louise, die
Braut, banger Ahnungen voll, ungerne mitmacht. Während Alexis
in Bestürzung dasteht, kommt eine Patrouille vorbei und hält ilm
an. An seinem Leben liegt ihm nichts mehr und so giebt er sich
als Deserteur aus. Er wird verhaftet, ins Gefängnis gebracht und
zum Tode verurteilt. Louise eilt in Todesangst dem im Lager er-
warteten Könige entgegen und erhält ein ihr noch unbekanntes
Dekret von ihm. Sie langt beim Kerker an in dem Augenblick, wo
Alexis abgeführt werden soll. Das Dekret enthält die Begnadigung
und Alexis ist gerettet. Gut gelungen ist die drollige Figur des
ewig betrunkenen Dragoners Himmelsturm, der geringfügiger Ver-
gehen halber fortwährend im Arrest sitzt und mit seiner tollen Laune
die düsteren Kerkerszenen erheitert. Die Verwandtschaft von
Stephanies „Deserteur aus Kindesliebe" und Beils „Kurd von Spar-
tau" mit Sedaines Singspiel liegt am Tage. An Nachahmungen sind
noch zu nennen: „Der ehrliche Schweizer" von Madame Henipel, .^
„Der Transport" von Kaffka, „Der Deserteur", eine Komödie o. V.*^
Eisenach 1779 (ist mir nicht zu Gesicht gekommen; vielleicht auch
bloss Uebersetzung?), „Der österreichische Deserteur" von K. F.
Hensler (auch dies Stück ist mir unbekannt geblieben).
'^'^) Das Citat stammt aus: „Kotzebue, sa vie et son temps etc."
par Charles Rabany. Paris-Nancy 1893. S. 242 Anmerkung.
— 95 —
-^) Es liiesse wohl die Genauigkeit zu weit treiben, wenn man
in trockener Aufzählung die ansehnliche Masse der hierher gehörigen
dramatischen Litteratur , die mit dem Streben nach thunlichster
Vollständigkeit in das angehängte Yerzeiclmis aufgenommen ist,
nach gewissen Klassen gruppieren wollte, unter denen den grössten
Raum einnehmen Avürden: einerseits die Gefolgschaft des „Grafen
V. Walltron" von Möller und des viel weniger beachteten „Arno"
von Babo, der hervorstechendsten Muster des militärischen Volks-
stückes; andererseits die Familie der bürgerlichen Schauspiele mit
vorwiegend militärischen Motiven, als deren Prototyp Stephanies
„Kriegsgefangene", Anton-Walls „Arrestant" und Schröders „Fähn-
drich" gelten können.
Lessings Bruder Karl stimmt in seiner Biographie von Gotth.
Ephraim (1. Teil. Berlin 1793. S. 240) über die Entartung der
poetischen Intentionen der Minna bei den dii minorum gentium be-
rechtigte Klagen an: „Welche Menge Nachahmer hat dieses Stück
erweckt! Was nur im Militärstande vorkommen kann, hat man
nachher auf der Bühne gesehen: Kriegs- und Standrecht, arquebu-
sieren und ehrlichmachen, Spiessruten und Prügel, Trommel und
Pfeifen, Insubordination uud Desertion, Marquetender und Spione!
Eine Theatergarderobe glich nun einer Montierungskammer und in
der Stadt, wo keine Besatzung war, konnte manche Truppe ihre
gangbarsten Stücke nicht aufführen." Wie eine Erlösung betrachtete
er das Aufkommen der Ritterstücke, denn er fährt fort: „Dank den
sinnreichen Schöpfern der Operetten und Ritterdramen, die dem
militärischen TJnfvige ein wenig gesteuert! K^un hat doch die zärt-
liche Dame Nahrung für ihren Geist und der deutsche Krieger Bei-
spiele von Tapferkeit und Patriotismus aus der Zeit seiner Ahnen !"
^■^) Weniger in Betracht kom'nit hier die moralisierende Tendenz
zahlreicher Lustspiele, wenn darin unter anderem auch die sittlichen
Gefahren des militärischen Standes illustriert werden am Beispiel
eines jungen missratenen Offiziers, den Willkür oder Leidenschaft
zu einem schlechten Streiche verleitet haben. Gewöhnlich bringt
diesen irgend eine derbe Lektion oder das gute Beispiel eines
moralischen Kameraden zur Bekehrung und auf den Wog der Pflicht.
Das bekannteste Beis})iel hierfür ist Ferdinand in Gemmingens
„Deutschem Hausvater."
•-') Nach Jördens (Lex. d. Dicht, und Prosaist. Bd. I. S. 464 f.)
wurde „Eid und Pflicht" entworfen unter dem Eindruck des sieben-
jiUiri<4-en Krieges. Es wäre also zur selben Zeit wio JiOssings „Minna"
a!)<i' aus völlig verschiedenen Anregungen entstaiuli'ii. Das Stiick
— 9() —
ist durchaus auf die Form des bürgerlichen Trauerspiels zugeschnitten^
erhielt auch gewiss die mannigfachen Motive aus dem Stoffgebieter
des Soldatenstücks erst anlässlich einer späteren Umarbeitung.
Höchst auffallend ist Engels sichtbare Voreingenommenheit gegen
das siegreiche Preussen. Dabei hatte er — nach Jördens Zeugnis —
den Hubertusburger Frieden durch eine zündende Rede in der
Stadtkirche zu Bützovv verherrlicht, nicht zu gedenken des be-
geisterten Lobliedes, das er kurz nachher im „dankbaren Sohn'' dem
grossen König und seinen Soldaten sang. Mängel gab es gewiss im
preussischen Heerwesen; nur war der Augenblick schlecht gewählt,
sie so scharf zu beleuchten. Lessing hatte sie zwar auch nicht
ignoriert. Teilheim verdankt solchen ja sein tragisches Geschick.
Doch wird in der „Minna" der Erwähnung dieser heikein That-
sachen jede Spitze genommen durch den Hinweis auf die Intervention
des gerechten Königs der als grosser Mann auch ein guter Mann
sein muss. So ist denn begreiflich, dass Engel sein Stück bis zum
Tode Friedrichs des Grossen zurückgelegt und es dann erst Schröder
in Hamburg zur Aufführung überlassen hat; und als es dann endlich
nach zahlreichen Umarbeitungen im 6. Band von Engels Schriften
1803 zum erstenmal im Druck erschien, waren alle historischen
Spuren daraus verwischt.
^*) Babos-Arno erschien im selben Jahre wie Möllers „Walltron"
und hat offenbar mit diesem keine Beziehung. Somit konnte sich
Babo mit einigem Recht als der Schöpfer einer neuen Gattung,,
nämlich eben des militärischen Schauspiels betrachten — Stephanie
war bis dahin noch nicht über eine lokale Bedeutung hinaus-
gedrungen und somit kamen nur die unmittelbaren Weiterwirkungen
des „Deserteurs", des Singspiels von Sedaine und des Trauerspiels^
von Mercier, in Betracht. — Er täuschte sich freilich sehr über die
Tragweite der von ihm ausgehenden Anregungen, da die Mode des^
Soldatenspiels auf der Bühne doch ausschliesslich an Möllers Xamen
anknüpft. Hieran trägt Babo wohl selbst die Schuld, denn er rechnet
seinem Schauspiele just das zum Yorzuge an, was der Geschmack
der Zeit daran zu wünschen übrig fand, nämlich den Mangel an
Motiven des Familienrührstücks, deren Unentbehrlichkeit hingegen
Möller klug erkannt hatte. Babo schreibt in der Vorrede zum
„Arno": „ein Schauspiel ohne Liebe und Frauenzimmer, ein mili-
tärisches Schauspiel, ein ungesehenes Meteor!" Dem entgegnet zwei
Jahre später eine Rezension im Almanach der deutschen Musen
(1779 S. 81) — allerdings etwas vorschnell: „die Zeit ist nun vor-
über, wo Leser (!) ein Drama blos deswegen schätzen, weil es mili-
— 97 —
tärisch ist und Herr Babo hat seit der Zeit wirklich etwas Besseres
geschrieben." Bezüglich der Spektakelstücke waren freilich Leser
bezw. Rezensenten und Theaterpublikum fast immer verschiedener
Ansicht!
-^) Plümicke liebte es überhaupt, Hand an die Werke grosser
Zeitgenossen zu legen, um ihnen zu noch grösserer Unsterblichkeit
zu verhelfen. Berüchtigt ist seine Bearbeitung von Schillers
^Räubern". Zur „Minna" schrieb er ein Nachspiel in 1 Akt ,,Der
Senior". — Hier mag auch flüchtig zwei anderer Dunkelmänner Er-
wähnung gethan werden, die neben Stephanie (in den „abged.
Offizieren") das Meisterwerk Lessings in ihren plumpen Nach-
ahmungen degradierten. „Der Offizier'' von Bergopzoomer (? vgl,
Verz. 2) beruht auf dem fragwürdigen Kunstgriif einer Umkehrung
des Sujets der „Minna". Hier handelt es sich um einen im Krieg
reich gewordenen Offizier, der aber vorläufig seine veränderten
Olücksumstände verbirgt und sich als armer Leutnant um die Hand
der armen Lucinde bewirbt, von deren reichen Angehörigen er sich
eine Zeit lang malträtieren lässt, bis es ihm an der Zeit erscheint,
die nötigen Aufklärungen über jetzigen Stand und Verhältnisse zu
geben. Das „Fräulein v. Blenheim" o. V. (Verz. 74) entschliesst
sich, den bedrängten Umständen ihres Vetters, des verabschiedeten
Offiziers v. Peltin aufzuhelfen. Um sich aber zuvor über seinen Cha-
rakter zu vergewissern, spielt sie eine Zeitlang die Rolle eines
Kammermädchens, wobei ihr eine Kollegin, eine erbärmliche Nach-
ahmung der Franziska, zur Seite steht.
-^) Ueber das Verhältnis von Brandes „Landesvater" zu „Eniilia
Oalotti" und „Kabale und Liebe" vgl. Flaischlen, 0. H. v. Gemmingen.
S. 130 f.
-'') So nennt dies Motiv eine, im übrigen sehr wohlwollende
Kritik in der Jenaer allgem. Litteraturzeitung 1786 Nr. 191 S. 281 f.
Die Kritik überhaupt sprach stets mit Ehrerbietung von den schwachen
dramatischen Versuchen des gräflichen Dilettanten Friedr. Aloysius
Reichsgrafen von Brühl, dem man bei seiner einflussreichen Stellung
in der grossen Welt die Beschäftigung mit Wissenschaft und Künsten
zu hohem Verdienst anrechnete. Nicht frei von pedantischer
Schmeichelei sind die Beurteilungen seiner Stücke, in denen aus-
nahmelos alte und junge Krieger als Muster der Gesittung und
Menschlichkeit paradieren, in der Jenaer Lit. Zeitung in vier Artikeln,
ebenso in der Nürnberger Gelehrten Zeitung 1785 S. 695. Getreulich
wiederholt das devote Lob Jördens im Lexikon deutscher Dichter
und Prosaisten Bd. L S. 232.
Stockmayer, Das deutsche Soldatenstück. 7
— 98 —
'-*') Aehnlich ist die Fabel in den noch unter französisi'heni Ein-
fluss stehenden Stücken: „Der Zweikampf von J. L. Schlosser (17B7),
„Die Versöhnung" von Gebier (1772) und „Das Duell, oder der Weise
in der That" Wien 1768. Das letztere ist Uebersetzung des „philo-
sophe Sans le savoir" von Sedaine (1765), bekannter in der Ueber-
setzung von Gotter, Leipzig 1782.
■-®) Flaischlen, in seiner Studie über Gemmingen S. 111. und Anni.l)
hat auf diesen Zug des Hausvaterstücks aufmerksam gemacht, der
mit einer Zähigkeit ohnegleichen festgehalten wurde. Es scheint
wirklich, als ob zur Schilderung des Hausvaterstandes auf der Bühne
absolutes Erfordernis gewesen wäre, zu dem jeweiligen Vertreter nur
einen Witwer zu wählen (vgl. auch Anm. 4). In unnatürlicher üeber-
treibung des Schmerzes um eine verlorene Gattin hat es wohl keiner
weitergebracht, als Kotzebue in „Menschenhass und Reue" und in
„Armut und Edelsinn". Dagegen liefert ein würdiges Analogon Bonins
„Hass und Liebe", eine schwächliche Nachäffung der Franz Moor-
Episoden aus Schillers „Räubern". Der schwache sentimentale Ge-
heimderat v. Steinau wirft einen unnatürlichen Hass auf seinen Sohn
Karl, weil er bei dessen Geburt seine Gattin verloren hat.
^") Jördens (Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten Bd. L S. 233)
weiss über Brühls „Brandschatzung" zu berichten, dass ihm eine wahre
Anekdote zu Grunde liegt: „Als im siebenjährigen Krieg König
Friedrich II. aus Privatrache das Brühlische Schloss zu Pforten in
Brand stecken liess, vollzog der Offizier den Befehl zwar buch-
stäblich, doch mit solcher Schonung und solchen Massregeln, dass
man den edlen Unwillen, den er dabei empfand, deutlich spüren
konnte; auch schoss nachher der General Möllendorf der Herrschaft
Pforten aus eigener Kasse die Kriegsgelder vor. Dies gab dem
Grafen Veranlassung zu dem Schauspiele, welches in Ansehung der
Ausführung eines seiner vorzüglichsten ist." Jördens wiederholt hier
nur das Lob, das dem Verfasser schon die Jen. allgem. Lit. Zeitung
(1786 liir. 17. S. 129 ff'.) gespendet hat. „Alltägliche Dinge auf all-
tägliche Art gesagt; — wäre sehr zum Zufluchtsschauspiel aufzu-
sparen", äussert lakonisch, aber treff'end der Hofschauspieler Beck
in Mannheim, von Dalberg um seine Meinung befragt, (Martersteig:
Protokolle des Mannheimer Xationaltheaters. Mannh. 1890. S. 210.)
und er gab damit das richtige Urteil über all die dramatischen
Lappalien des poetischen Krongeneralfeldzeugmeisters.
'^) Die Rolle des erbarmungslosen Bedrängers gehörte überhaupt
zum unentbehrlichen Requisit des bürgerlichen Schauspiels und findet
sich namentlich in Stücken, die Diderots „Hausvater" nahestehen.
— 09 —
In solchen Stücken Hess man die in Armut und Verborgenheit lebende
Geliebte oder die von ihrem Gatten getrennte Frau unter einer hab-
gierigen und brutalen Hauswirtin dulden: eine Umkehrung des
Charakters der gutmütigen Frau Hebert, die St. Albins Geliebte
Sophia beherbergt. — Auf die mehrfach unternommene Rehabilitation
des Lessingschen Wirtes wurde schon hingewiesen (S. 53.).
^-) Zu den in Gödekes Grundriss 5. Bd. S. 275 f. angeführten
Bearbeitungen etc. von Kotzebues „Menschenhass und Reue" wäre
noch hinzuzufügen: „Menschenhass und kindliche Reue" Schausp.
in 4 Aufz. nach Kotzebue für die Jugend von Heinr. Stephanie, herausg.
V. Joh. Chrn. Giesecken. Magdeburg 1792. 8. Vgl. Mensel Gel.
Deutschi. Bd. 7. 1798. S. 652.
^') Eine Parallele zu dieser Stelle giebt Schröders „unglückliche
Ehe d. Delikatesse" 3. Aufz. 10. Auftr. Majorin: „Ist es meine
Schuld, dass mir das Schicksal Vermögen gab, ist es Ihre Schuld,
dass es Ihnen keines gab ?" In der „Minna" wird über diese heikein
Dinge mit viel mehr Takt gesprochen. — Kotzebue schwebte bei
dieser Stelle das Ende des 6. Auftr. im 4. Aufz. der „Minna" vor ;
vgl. besonders die heuchlerisch- rhetorische Phrase Minnas: „Sie
können der Meinige in einem Fall nicht sein; ich kann die Ihrige
in keinem sein. Ihr Unglück ist wahrscheinlich, meines ist gewiss. —
Leben Sie wohl !"
^*) Vgl. hiezu die herbe Tellheim'sche Sentenz: „es ist ein
nichtswürdiger Mann, der sich nicht schämt, sein ganzes Glück
einem Frauenzimmer zu verdanken."
•■'•'^) Das Distichon findet sich in A. W. v. Schlegels „Ehrenpforte
und Triumphbogen für Kotzebue" Verzeichniss von K.'s Schauspielen,
10, Epigramm.
'"') Vgl. Briefwechsel über einige Rezensionen der neuesten
Wezelischen Schriften, herausgegeben von dem Herausgeber. Leipzig
1779. S. 46.
") Eine ähnliche Nachahmung, anknüpfend an die bedächtig
mahnenden Worte der Franziska: „Fräulein, Sie sind trunken, von
Fröhlichkeit trunken", findet sich in dem anonymen „Sittengemälde:
Vorurteil und Liebe" (Basel 1792. „KarPn Clawel gewidmet von
K ) 1. Aufz. 13. Auftr. Die Liebhaberin drängt ungeduldig
ihre Freundin, an ihrer Freude über des Geliebten Ankunft teilzu-
nehmen, wobei diese sich zurückhaltend zeigt und die Bedächtige
spielt. Das unbedeutende Lustspiel, ein unselbständiges Hausvater-
drama, wimmelt übrigens von Lessingschen Reminiszenzen, nament-
lich aus dem „Xathan".
7*
— 100 —
'*) Ich beschränke mich auf Nennung folgender Stücke, die die
angedeutete Lösung zum Schluss bringen: „Der Yolontär" von Plü-
micke, „Der ehrliche Schweizer" von K. L. Hempel, „Nicht mehr als
sechs Schüsseln" von Grossmann, „Major Streitenfeld" von Schmiedel,
„Das Freikorps" von Perinet, „Edelmut stärker als Liebe" von Brühl,
„Die silberne Hochzeit" von Kotzebue, „Der feindliche Sohn" von
Arreste, „Der Degen" von Ehrimfeid.
^^) Daran pflegte man dann die Exposition des Stückes anzu-
knüpfen, deren Kosten die Bedientenszenen so häufig zu tragen
hatten. Aehnlich oft kehrte es wieder, dass man am Ende den
Personen des Stückes einen schicklichen Vorwand gab, von der
Szene zu verschwinden, durch die meist von einem Vater ausge-
sprochene Aufforderung, nun zum Essen zu gehen und sichs nach
all dem überstandenen Ungemach schmecken zu lassen. So z. B.
in Grossmanns „Henriette" und „Nicht mehr als sechs Schüsseln",
in Sprickmanns „Schmuck", Jüngers „Badekur", Schinks „verlorenem
Sohn" und Kotzebues „Gefangenem".
k
Bibliographisches Verzeichnis.
1. Der Graf von Olsbach, oder die Belohnung der Recht-
schafFenheit. Lustsp. in 5 A. von J. Gh. Brandes [1768]. Lust-
spiele Leipz. 1773 — 76. II; I. 1.
2. Der Offizier. Nachsp. in 1 A. o. V. [Bergop zoomer?] ^)
ITebersetzte auserlesene neue Lustspiele nebst einem deutschen
Nachspiel. Frankf. u. Leipz. 1769.
3. Die Werber. Lustsp. in 5 A. von Stephanie d. J.
nach dem Engl, des Farquhar [1769]. Sämtliche Lustspiele Wien
1771. Nr. 1. Umgearbeitet in den Sämtl. Lustsp. 1777—80; I. L
4. Die abgedankten Officiers, oder Standhaftigkeit und
Verzweiflung. Lustsp. in 5 A. von Stephanie d. J. Wien 1770»
?5. Der listige und unerschrockene Husar. Von
Grleditsch. Sammlung einiger Commedien bestehend in Lust-
und Schäferspielen. Hrsg. von A. M. Sprickmann. Frankf. u.
Leipz. 1770. Nr. 5.
6. Die Wirtschafterin, oder der Tambour bezahlt alles.
Lustsp. in 2 A. von Stephanie d. J. [1770]. Sämtl. Lustsp.
AVien 1771. Nr. 4.
7. Der dankbare Sohn. Ländliches Lustsp. in 1 A. von
J. J. Engel. Leipz. 1771.
8. Die Kriegsgefangenen, oder grosse Begebenheiten aus.
kleinen Ursachen. Lustsp. in 5 A. von Stephanie d. J. Wien 1771.^
*) Möglicherweise ein Nachdruck des in Wien 1768 erschienenen,
nur unbekannt gebliebenen „Offiziers" von Joh. Bapt. Bergopzoomer.
■
— 102 -
9. Der Deserteur aus Kindesliebe. Lustsp. in 3 A. von
Stephanie d. J. Wien 1773.
10. Die Deutschen. Lustsp. in 5 A. von J. Ch. Bock.
Hamburg 1773. — Umgearb. von Stephanie d. J. unter dem Titel:
,.Wer hat sich nun betrogen?" Lustsp. in 3 A. Wien 1779.
11. Freiherr von Bardenfels. Bürgerl. Trauersp. in 3 A.
von H. K. H. V. Trautz sehen, in dessen Deutschem Theater.
Leipz. 1772. Nr. 8.
12. Der weibliche Deserteur. Ballet in 2 A. o. V.^)
13. Henriette, oder sie ist schon verheirathet. Lustsp. in
5 A. nach der Neuen Heloise von G. F. W. Grossmann. Ham-
burgisches Theater. Bd. 2. 1777. Nr. 1'^).
14. Präsentiert das Gewehr. Lustsp. in 2 A. von J. H. F.
Müller nach einer Idee des Moissy. Wien 1775.
15. Der Schneider und sein Sohn. Originallustsp. in
2 A. von Franz Fuss. Neues Wienertheater vom Jahre 1775.
Teil III. Nr. 4.
16. Der Volontair. Lustsp. in 1 A. von K. M. Plümicke.
Zum erstenmal aufgeführt an dem Geburtsfest Sr. Majestät des
Königs. Breslau 1775.
17. AVilhelmine. Schausp. in 1 A. von Fr. W. G. AVetzel.
Gera 1775.
18. Wilhelmine von Blondheim. Trauersp. in 3 A. von
G. F. W. Grossmann. Gotha 1775.
19. Arno. Militär. Drama in 2 A. von J. M. Babo. Frankf.
u. Leipz. 1776.
20. Der ehrliche Schweizer. Schausp. in 2 Handl. o. V.
[Karoline Louise Hempel, nachmalige KlenckeJ ''). Berlin und
Leipz. 1776.
^) Nach Meyer, Schröder II. 2. S. 77 im Jahre 1773 oder 74
auf der Hamburg. Bühne vorgestellt. Inhaltsangabe liefert die Berl.
Litt, und Theaterzeitung 1780. S. 762 f.
^) Nach Meyer, Schröder II. 2. 8. 150 schon 1775 aufgeführt.
^) Tochter der Katschin. Unter keinem der beiden Xamen bei
Oödeke zu finden.
Km
21. Eid und Pflicht. Bürgerl. Traiiersp. in 5 A. von J. J.
in gel. Berlin 1803').
22. Der Graf von Walltron, oder die Subordination von
F. Möller. Bald als Schausp., bald als Ti'auersp. an vielen
Orten gedruckt. Erstmal. Aufführung zu Prag 25. Januar 1776.
28. Die verstorbene Ehefrau, oder drey Liebhaber auf
einen Tag. Lustsp. in 5 A. von C. F. Bretzner"). Theater der
Deutschen Bd. LS Nr. 1.
24. Die Werbung für England. Ländl. Lustsp. in 1 A.
von J. C. Krauseneck. Bayreuth 1776.
25. Gewinnt der Fürst, wenn er sich herablässt?
Lustsp. in 1 A. von S. F. Schletter. Frankf. u. Leipz. 1777=').
26. Der Graf von Sonnenthal, oder das Schicksal des
Soldaten. Lustsp. in 2 A. o. V. Frankf. u. Leipz. 1777*). (Nach-
ahmung des ,,Ministers" von Gebier.)
27. Graf Treuberg ^). Originaltrauersp. für Soldaten und
Patrioten in 5 A. von K. Czechtitzky. Elbing o. J.
28. Henriette von Blumenau, oder die Liebe aus Dank-
barkeit. Rührendes Lustsp. in5 A. o. V. [Ign. Cornova] Prag 1777.
29. Der Transport. Lustsp. in 1 A. von J. C. Kaffka.
Nüimberg 1777.
80. Die Wildschützen. Lustsp. mit Gesängen in 8 A.
von Stephanie d. J. Wien 1777.
31. Der abgedankte Offizier, oder Joseph der Gute. In
einer komisch. Oper von 5 Abtheil, vorgestellt von der in dem
befreyten Stift zu'n Wengen in Ulm studierenden Jugend mit
Musik von J. Lederer 4. o. J. [zwischen 1774 und 76]*').
^) Nach Jördens' Lexikon I, S. 464 schon 1776 vollendet u. d.
Titel „Die Geisel".
K 2) Fehlt bei Gödeke Bd. IV. S. 253, 21.
^K 3) 1778 unrichtig siehe Gödeke V. S. 322.
^B *) Vgl. Alraanach der deutschen Musen 1779. S. 115.
5) Nicht Treuburg wie bei Gödeke V. S. 396.
") So eitiert nach Albr. Weyermanns Neuen Nachrichten von (Je-
lehrteii etc. aus Tliu 1829. S. 2()7 tT. Oh die Ausoabo : /\visrh(Mi 1774
— 104 —
32. Alles aus Freundschaft. Lustsp. in 5 A. von Herrn
V. F** aus Dresden, überarbeitet von Herrn Schmidt in Wien 1778.
83. Das grosse Beispiel, oder welch ein Mensch! Schausp.
in 3 A. von F. J. Fischer. Prag 1778.
34. Ertappt, Ertappt! Lustsp. in 1 A. von J. K. Wezel.
Lustspiele Leipz. 1778—87. IV; I Nr. 2.
35. Das lustige Soldatenleben im Felde, oder: so gehts
im Lager zu. Oper in 2 A. o. V. OfFenbach 1778.
36. Das Lustlager. Lustsp. in 1 A. o. V. Frankf. a, M. 1778.
37. Der Soldat. Lustsp. von A.J.Brenner. Jena 1778.
38. Die Wayse. Schausp. in 4 A. von einem preussischen
Offizier [C. P. F. König]. Frankf. u. Leipz. 1778.
39. Das Winterquartier in Amerika. Lustsp. in 1 A.
von K. M. Babo. München 1778.
40. Die Wölfe in der Herde, oder die beängstigten Lieb-
haber. Lustsp. in 5 A. von Stephanie d. J. Sämtl. Schausp.
4. Bd. Wien 1778. Nr. 4.
41. Der Adjutant. Lustsp. in 3 A. von W. H. Brömel.
(Preisgekrönt in Wien 1779.) Hamb. 1780.
42. Der Arrestant. Lustsp. von Anton- Wall (Chr.
Lebrecht Heyne). Ursprüngl. in 1 A., preisgekrönt von Schrödei
in Hamb. Von diesem wegen der übermäss. Länge in 2 A. geteilt
und so i. J. 1779 aufgeführt^). Vom Verf. nochmals in 3 A. ab-
geändert und so erschienen. Leipz. 1780.
und 76 richtig ist, kann ich nicht entscheiden, da auch Lederers
Mspt. zu diesem Stück keine Jahreszahl enthält. (Dasselbe — nicht
als Oper, sondern als Drama — befindet sich auf der Stadtbibliothek
zu Ulm in einem Sammelband von Trauer- und Lustspielen von Lederer.)
Auffallend ist, dass sein Inhalt identisch ist mit einem 1778 in Erfurt
o. V. erschienenen gleichnamigen Schausp. in 5 Abteilungen , welches
Gödeke IV S. 220 (nach Meusel 14, 85) C. F. Timme zusehreibt. Wer
von den beiden Verf. war der Plagiarius? Vgl. auch Aum. zu Nr. 56.
Dass Gödeke Lederer an 2 Orten, IV S. 121, 49 und V S. 3()6, 1,
nennt, ist wohl ein Versehen.
^) Vgl. Meyer, Schröder II. 2; S. 172.
— 105 —
43. Die dankbare Tochter, oder die Einquartierung.
Tiändl. Lustsp. mit Gesang in 1 A. o. V. [Andr. Grottl. Hart-
mann.] Leipz. und Budissin 1779 ').
44. Der Deserteur. Eine Komödie o. V. Eisenach 1779.
45. Eigensinn und Ehrlichkeit. Lustsp. in 5 A. von
J. K. Wezel. Lustspiele Leipz. 1778—87. IV; IL Nr. 1.
46. Die Erbschaft. Schausp. in 3 A. Frankfurt 1779").
Bearbeitung von Borchers nach dem ,Jntelligenzblatt" von
E. K. L. Ysenburg v. Buri. Schausp. in 3 A. aufgeführt in
Wien 1778.
47. Es ist Friede. Ländl. Drama in 1 A. von J. C. Bock.
Zur Feier des Friedensschlusses in Teschen. Leipz. 1779.
48. Der junge Menschenfreund. Lustsp. in 5 A. von
J. Cornova. Prag 1779.
49. Der Patriot auf dem Lande. Eine Familienszene
mit Gesang und Tanz am Geburtstage des Königs. Breslau und
Leipz. 1779 von Karl Emil Schubert^).
50. Der Schmuck. Lustsp. in 5 A. von A. M. Sprick-
mann. AVien 1779,
51. Die seltsame Probe. Lustsp. in 5 A. von J. K. Wezel.
Lustspiele Leipz. 1778—87. IV; 11, Nr. 2.
52. Wildheit und Grossmut. Lustsp. in 2 A. von J. K.
AVezel. Lustspiele Leipz. 1778 — 87; III, Nr. 3.
53. Die glückliche Werbung. Ein ländl. Lustsp. in 2 A.
mit Chören, geheiligt dem grossen König Friedrich 11. als Er
Deutschland den Frieden gab im Frühling 1779. o. V. Hanau
u. Frankf. 1779.
54. Die Winterquartiere. Lustsp. in 5 A. von E. A. W.
Rost. Leipz. 1779.
55. Betrug für Betrug, oder: wer hat nun die Wette ge-
wonnen? Lustsp. in 3 A. von S. F. Schletter. Wien 1780.
') Nicht 1784, wie bei Gödeke IV. S. 256, 42. 3).
2) 1780 unrichtig; so bei Gödeke V. S. 375.
3) Fehlt bei Gödeke V. S. 255.
— 106 —
5(i. Der Chargenverkauf. Lustsp. in 1 A. o. Y. Salz-
burg 1780 •).
57. Der edelmütige Sohn. Drama in 5 A. von Karl
Friedrich Paalzow^). Hambg. 1780.
58. Die Familienhey rath, oder der Rekrutenaushub.
Operette in 2 A. o. V. Weimar 1780.
59. Henriette, oder der Husarenraub. Schausp. in 5 A.
nach dem Roman gleichen Namens [v. BeuviusJ von C. M.
Plümicke. Berlin 1780.
60. Nicht mehr als sechs Schüsseln. Familiengemälde
von G. F, W. Grrossmann. Bonn 1780.
61. Der Sekretär, oder: das wird sich finden. Dramat.
Versuch in 8 A. o. V. Eisenach 1780.
62. Wer wird sie kriegen? Lustsp. in 1 A. von einem
Soldaten. Wien 1780.
63. Der Wieder kauf. Ländl. Lustsp. mit Gesang in 3 A.
von S. F. Schletter. Musik von Franz Danzy. Mannheim 1780.
64. Albert von Thurneysen. Bürgerl. Trauersp. in 4 A.
von Iffland. Mannheim 1781.
65. Die glückliche Jagd. Lustsp. in 2 A. o. V. Augs-
burg 1781.
66. Die jungen Rekruten. Kom. Operette in 3 A. mit
Musik von J. Leder er. Ulm 1781.
') Wie beim „abged. Offizier'- (Nr. 31) liegen auch hier zwei in-
haltlieh gleiche Ausgaben mit verschiedenem Druckort vor. Die eine,
Altenburg 1780, schreibt Meusel (Gel. Deutschi. 2, 308) und nach ihm
Gödeke (V. S. 389) Fellner zu. Die Ausg. Salzburg 1780 oder 81
soll J. Lederer zum Verf. haben. (Vgl. Weyermann, Nachrichten
von Gelehrten etc. aus Ulm S. 267 ff. und nach ihm (jödeke JV. S. 121
und Y. S. 366). Vielleicht pflegte der k. k. gekrönte Dichter, Prof.
Lederer, fremde Stücke für die Schüleraufführungen seines Augustiner-
klosters zurechtzumachen und sie unrechtmässiger Weise unter seinem
Namen drucken zu lassen?
-) Nicht: Karl Ferdinand Paalzow. Auch Stendal 1786 ist
unrichtig. Vgl. (Jödeke Y. S. 397.
i
— 107 —
67. Das Kriegsrecht. Tragödie, o. Y. Lüneburg 1781.
68. Die Recrouten auf dem Lande. Kom. Oper in 3 A.
V. Wittenberg und Z erbst 1781.
69. Der schöneLieutenant, oder die Verwandlung. Lustsp.
5 A. von C. F. Timme. Erfurt 1781.
70. Die weibliche Beständigkeit. Schausp. in 5 A. von
F. J. V. Günderode gen. Kellner. Frankf. u. Leipz. 1781.
i_. 71. x^lles in Schuh und Strümpfen. Militär. Schausp.
■Ins einer wahren Geschichte von B. D. A. Cremeri. Linz o. J.
[1782]. — Der Auditor, oder Alles u. s. w. Militär. Schausp.
in 5 A. Frankf. u. Leipz. 1788.
72. Die drey Töchter. Lustsp. in 3 A. von C. H. Spiess.
Wien 1782.
73. Der Fähndrich. Lustsp. in 3 A. von F. L. Schröder.
(Erstmals aufgeführt 1782.) Beitrag zui* deutschen Schaubühne.
2. Theil. Berl. 178(3. Nr. 1.
74. Das Fräulein v. Blenheim. Lustsp. in 3 A. o. V.
!j Dessau 1782.
IHI 75. Der Landesvater. Schausp. in5A. von J.Ch. Brandes
' (1782). Sämtl. dramat. Schriften. Bd. 1. Leipz. 171)0. Nr. 1.
76. Der Baron von Wallen stein. Militär. Trauersp. in
5 A. o. V. Gotha 1783.
77. Der hessische Offizier in Amerika. Lustsp. in
3 A. von J. A. Weppen. Göttingen 1783.
78. Der Invalide, oder: nicht jeder ist todt, von dem die
Leute es sagen. Ländl. Lustsp. in 2 A. o. V. a. 0. [Wien] 1783.
71). Der Hekrut; ein deutsches Schausp. mit Gesang in
5 A. von F. G. Hage mann. Hamburg 1783.
?80. Die Liebe unter den Waffen. Lustsp. in 3 A. von
K. E. Graf Traun. St. Polten 1783.
81. Der ßing. Lustsp. in 5 A. von F. L. Schröder [nach
Farquhars „Constant couple"] erstmals aufgeführt 1783 zuHambg. ^).
Heitraof zur deutschen Schaubühne. 2. Theil. Berlin 1786. Nr. 2.
\) Vol. Clever, Schröder: II. 2: S. 172.
— 108 —
82. Der theure Ring. TAistsp. von A. Graf Törring-
Seefeld. München 1783.
83. Der Weise in der Uniform, oder ihn nimmt nichts
Wunder. Lustsp. in 2 A. o. V. Eegensburg 1783.
84. Albert und Louise, oder der Trommelschlag zur Ke-
bellion. Schausp. von J. A. Braun. Basel 1784.
85. Der Hauptmann von Breisach. Schausp. in 1 Handl.
von J. W. A. Schöpfel. Anspach 1784.
86. Der lahme Husar. Kom. Oper in 2 A. von Friedr.
Koch. Dresden u. Leipz. 1784.
87. Das lustige Soldatenleben. Lustsp. in 1 A. von
Ludw. Fischer, Schauspieler zu Karlsruhe. Mspt. 1784^).
88. Der Hing, oder die unglückliche Ehe durch Deli-
katesse. Lustsp. in 4 A. von F. L. Schröder; erstmals auf-
geführt 1784"). Beitrag zur deutschen Schaubühne 3. Theil.
Berl. 1790. Nr. 1.
89. Der Strich durch die Rechnung. Lustsp. in 3 A.
von J. F. Jünger. Wien 1784.
90. Die Badekur. Lustsp. in 2 A. von J. F. Jünger.
Lustspiele Leipz. 1785—90. V.; I Nr. 1.
91. a) Das Findelkind. Lustsp. in 5 A., und b) Die
Brandschatzung. Schausp. in 5 A. von A. F. Graf v. Brühl. ]
Theatral. Belustigungen. Dresden 1785—90. V.; I Nr. 1 und 2. 1
92. Den ganzen Kram und das Mädchen dazu. Lustsp.
in 1 A. von A. F. Graf v. Brühl. Dresden 1785').
93. General Moorner, oder der Streit zwischen Liebe und
Pflicht. Schausp. in 5 A. vom Verf. der Emilie Sommer [Fr. G.
Thilo]. Leipz. 1785.
94. General Schlenzheim und seine Familie. Schausp.
in 4 A. von Chn. Heinr. Spiess. Frankf. u. Leipz. 1785.
95. Major Streitenfeld, oder wenige lieben so. Lustsp.
^) Mspt. 238 der Karlsruher Hof- und Landesbibliothek.
-) Nach Meyer, Schröder IL 2. S. 172.
•■') Nicht Wien 1787, wie bei Gödeke V. S. 387.
k
— 109 —
3 A. von F. L. Schmiedel in dessen theatral. Werken,
ien 1785^).
96. Der Rechtschaffene darf nicht immer darben,
[er: wenn's der Füi-st nur weiss, er hilft gewiss. Eine dialogi-
sierte Anekdote in 3 A., o. Y. [Joh. Protkhe] Lemberg im
Verl. des Autors 1785. — Neue Auflage unter dem Titel: „Armuth
um Liebe." o. 0. 1787^).
97. Rosalie v. Fels heim, oder Liliput. Lustsp. in 5 A.
Ion F. J. H. Reichsgraf v. Soden. Berlin 1785.
98. Die Schwärmereyen der Liebe und des Hasses,
türgerl. Trauersp. von G. L. Hempel. Leipz. 1785.
99. Die Belagerung. Lustsp. von K. Fr. Kretschmann.
Sämtl. Werke. Leipz. 1784—99 VL; IIL, 1786. Nr. 2.
100. Der Bürgermeister. Originallustsp. in 5 A. von
A. F. Graf v. Brühl. Theatral. Belustigungen. Dresden 1785
bis 90 V; in Nr. 1.
101. Ein jeder reitet sein Steckenpferd. Lustsp. in
5 A. von A. F. Graf V. Brühl. Theatral. Belustigungen. Dresden
1785—90 V; II Nr. 1.
102. Hass und Liebe. Schausp. in 4 A. von Ch. Fr. Ferd.
Ans. V. Bonin. Berlin 1786.
103. Die Eache. Lustsp. in 2 A. von A. F. Graf v. Brühl.
Theatral. Belustigungen. Dresden 1785—90 V; II Nr. 3.
104. Das ßäuschgen. Lustsp. in 5 A. von Ch. F. Bretzner.
Leipz. 1786.
105. Die Schauspieler schule. Originallustsp. in 3 A.
von J. D. Beil. Mannh. 1786. — Neu hrsg. u. d. Titel: „Liebe
um Laune". Zürich 1794.
106. Ein Uebel ist oft der Grund zum Glück, oder
^^e Verirrung. Lustsp. in 4 A. o. V. Deutsche Schaubühne,
■bigsb. Jahrg. 1789 Bd. 7 (nach Fernbach S. 319: 1786).
^B ^) Gödeke Y. S. 331, 107) giebt keinen Yerf. und unrichtiges
^■Ihr an.
^^^^ -) Somit wäre zu streichen: Gödeke Y. S. 332. Nr. 111.
— 110 —
107. Der alte böse General. Lustsp. in B A. von K. Fr.
Kretschmann. Sämtl. Werke. Bd. 4. Leipz. 1787.
108. Der Grandprofos. Trauersp. in 4 A. von E. Schi-
kane der. Regensbg. 1787.
109. Die Matrosen. Schausp. mit Gesang in 2 A. von
E. K. L. Ysenburg v. Buri. Neuwied 1787 i).
110. Menschen und Menschensituationen, oder die
Familie Grünau. Schausp. in 5 A. von K. Steinberg. Frankf.
u. Leipz. 1787.
111. Die Mittagssuppe, oder: merk' dil-'s, ich war Soldat.
Familiengemälde von Frz. Xaver Wimm er. Fünfkirchen 1787.
112. Der Ring, oder die unvermutete Entdeckung. Original-
lustsp. in 3 A. von J. G. Hall er. Prag und Wien 1787.
113. Der Soldat und sein Mädchen. Originals chausp.
in 5 A. von J. A. Waldvogl. Wien 1787.
114. So zieht man dem Betrüger die Larve ab.
Lustsp. in 5 A. von A. F. Graf v. Brühl. Theatral. Belusti-
gungen. Dresden 1785—90; IV Nr. 3.
115. Das Freykorps. Lustsp. in 3 A. o. V. [J. Perinet].
Wien 1788.
116. Liebe und Philosophie. Kom. Singspiel in 3 A.
von A. W. V. L. [Aug. Wilh. v. Leipziger]. Glogau 1788.
117. Der Obriste von Hohenthal. Originallustsp. in
5 A. von J. G. Haller. Prag 1788').
118. Der dankbare Fürst. Originalschausp. in 2 A. von
Frz. Jos. Franzky. Brunn 1789.
119. Die Kriegssteuer. Schausp. in 3 A. von L. Hub er.
Nach einer wahren Geschichte bearbeitet, dem Willigen zum Ver-
gnügen und dem Murrenden zur Belehrung, während der Winter-
quartiere aufzuführen. Wien 1789.
120. Der Liebe Lohn. Schausp. in 2 A. von Chn. Aug.
Vulpius. Bayreuth 1789.
^) Gödeke V. S. 375: Ehrenbreitstein 1789.
') Nicht 1781 wie bei Gödeke V. S. 350.
111
121. Reue versöhnt. Schausp. in 5 A. von Iffland.
Berlin 1789.
122. Der Bürger und der Soldat. Originallustsp. in
3 A. von C. Edler v. Marine lli. Pressbg. o. J.
128. Curd von Spart au. Schausp. in 4 A. von J. D. Beil,
Mannh. 1790').
124. Die deutsche Hausmutter. Schausp. in 5 A. o. V.
Mannh. 1790.
125. Edelmuth stärker als Liebe. Lustsp. in 1 A. von
A. F. Graf v. Brühl. Theatral. Belustigungen. Dresden 1785
bis 90 V; V. Nr. 4.
126. Das Ehrenwort. Lustsp. in 4 A. von Chn. Heinr.
Spie SS. Prag u. Leipz. 1790.
127. Die Engländer in Amerika. Schausp. in 4 A. von
J. F. E. Albrecht. Prag 1790.
128. Erlachs Tod. Vaterland. Trauersp. von Jos. Ign.
Zimmermann. Augsbg. 1790.
129. Freemann, oder wie wird das ablaufen? Schausp.
in 4 A. von E. F. Jester (Uebersetzung?) Königsb. 1790^).
130. Der Invalide. Militär. Originallustsp. in 3 A. von K. F.
Hensler. Marinellische Schaubühne in Wien 1790 — 91 IV; I Nr. 2.
131. Das Kind der Liebe. Schausp. in 5 A. von Kotz ebne
(erstmals aufgeführt 1790). Leipz. 1791.
132. Der Postmeister. Lustsp. in 4 A. von Ch. Fr. Ferd.
Ans. V. Bonin (angenommen von der k. k. Nationaltheaterdirektion
in Wien i. J. 1790). Duisburg 1792.
?133. Der Soldat von Cherson. Lustsp. in 3 A. von
K. F. Hensler. Marinellische Schaubühne Bd. 3, 1790; Nr. 1.
134. Wohlthun macht glücklich. Originalschausp. in 5 A,
von Frz. Tr. Senf. Meissen 1790.
135. Baron von Blankenstein, oder die bereuete Ueber-
eilung. Schausp. in 3 A. o. V. Hamburg 1791.
') Nicht 1791. wie bei Gödeke V. S. 290.
2) Fehlt bei Gödeke IV. 8. 253 f.
112
136. Die Einöde. Schausp. in 4 A. von J. D. Beil. Münster
1791. — Neu hrsg. u. d. Titel „Die Freystatt der müden Pilger"
Zürich 1794.
137. Eulalia Mainau, oder die Folgen der Wiederver-
einigung. Ein bürgerl. Trauersp. in 4 A. von F. J. W. Ziegler
(Fortsetzg. von Kotzebues „Menschenhass und Reue"). Wien 1791.
138. Der Familienpokal, oder der militärische Hausvater.
Originalschausp. in 5 A. von Sal. Frdr. Schletter a. 0. 1791.
139. Grrossmuth und Liebe. Schausp. in 5 A. von
J. H. Bösenberg (Bearbeitung des „Constant couple" von
Farquhar). Dramat. Beitr. für das Hoftheater in Dresden. Dresd.
u. Leipz. 1791; Nr. 2.
140. Die Kriegskameraden. Lustsp. in 5 A. von Frz.
Kratter. Wien 1791.
141. Der österreichische Deserteur. Militäi-. Lustsp.
in 5 A. von K. F. Hensler. Marinellische Schaubühne. Bd. 4,
1791 Nr. 1.
142. Stadt und Land, oder: Mädchen, die das Land er-
zogen hat, sind wie die Mädchen in der Stadt. Lustsp. in 3 A.
von Ch. H. Spie SS. Prag 1791.
143. Verbrechen und Edelmuth. Schausp. in 4 A. von
F. W. Raebiger. Berlin 1791.
144. Elise von Valberg. Schausp. in 5 A. von Iffland.
Leipz. 1792.
145. Das Inkognito, oder der König auf Reisen. Lustsp.
in 4 A. von F. J. W. Ziegler. o. 0. 1793 [1792 Hofburgtheater].
146. Das Judenmädchen von Prag. Originallustsp. in
8 A. von K. F. Hensler. Wien 1792.
147. Die Kriegsgefangenen, oder Kindesliebe kennt keine
Grrenzen. Lustsp. in 3 A. von K. F. Hensler. Wien 1792.
? 148. Der militärische Besenbinder. Lustsp. in 3 A.
von K. F. Hensler. AVien 1792.
149. Die Eroberung von Valenciennes. Schausp. in
1 A. von F. G. Hagemann. Hannover 1793.
— 113 —
150. Der Greneralmarsch. Trauersp. in 4 A. von Fr. Leo.
Frankf. 1793.
151. Die glückliche Werbung, oder Liebe zum König.
Volkslustsp. in 1 A. von F. G. Hagemann. Hannover 1793.
152. Die Husaren. Schausp. in 5 Handl. von Fr. Werner.
Hannover 1793.
153. Karl von Strahlenberg. Schausp. in 5 A. von
D. B— n. [J. E. D. Bornschein] ^). Leipz. 1793.
154. Die Quälgeister. Lustsp. in 5 A. von Heinr. Beck
o. 0. 1794 -). (Nach Shakespeares „Much Ado about Nothing".)
Hofburgtheater 1793.
155. Die Rekrutierung. Lustsp. von J. G. Schildbach.
Prag 1793.
156. Versprechen macht Schuld, oder: was thut die
^Liebe nicht? Lustsp. in 3 A. von K. G. Miersch. Berlin 1793.
157. Weltton und Herzensgüte. Familiengemälde in
^4 A. von F. J. W. Ziegler. Wien 1793=^).
158. Edelmut und Rachsucht. Schausp. in 3 A. von
K. A. Seidel. Dessau 1794. Leipz. 1794.
159. Die Einquartierung. Schausp. in 1 A. von F.
Ochsenheim er. Mannheim 1794.
160. Das Einverständnis, oder auch unter dem besten
Fürsten kann so etwas geschehen. Dramatisierter Roman in 4 A.
o. V. Augsburg 1794.
161. Die Einwilligung. Lustsp. in 3 A. von J. C. D.
Curio. Braunschw. 1794.
162. Der Freundschaftsdienst, oder: wie macht es der
Onkel in der Comödie? Lustsp. in 3 A. von Frikke. Leipz. 1794*).
163. Heldenmut und Vaterlandsliebe, oder Laudons
I
') Nicht Bonin, wie Gödeke V. S. 382 angiebt. V. S. 518 steht
übrigens das Stück unter dem richtigen Verl.
'^) (jödeke nennt als früheste Ansgabe: Frankfurt 1802.
3) Gödeke V, S. 292 giebt an: Leipz. 1799, Wien 1802.
*) Verf. nicht bei Gödeke.
Q
Stockmayer, Das deutsche Soldatenstück. ^
— 114 —
und Koburgs Denkmal. Vaterländ.-militär. Originals chausp. in
8 A. aus den Kriegszeiten des Jahres 1789 von Jak. Edler
V. Zepharovich. Wien 1794.
164. Der Invalid, oder der Geburtstag. Oper (?) in 8 A.
von B. J. V. Koller. Wien 1794.
165. l)ie schöne Sünderin. Schausp. in 4 A. von E. F.
H...r [Hesler?]^ Leipz. 1794.
166. So handeln Freunde. Originalgemälde aus dem häusl.
Leben in 1 A. o. V. Wien 1794.
167. Der verlorene Sohn. Lustsp. in 3 A. von J. Fr.
Schink. Wien 1794').
168. Alles in Uniform für unsern König. Volkslustsp.
in 3 A. von K. F. Hensler. Wien 1795. — Fortsetz. u. d. Titel:
Der Spion. Lustsp. in 3 A. gespielt 1795.
169. Armuth und Edelsinn. Lustsp. in3 A.von Kotzebue.
Leipz. 1795.
? 170. Der Denkpfennig, oder der Wachtmeister. Original-
lustsp. in 1 A. von K. F. Hensler. Wien 1795.
171. Dienstpflicht. Schausp. in 5 A. von Iffland.
Leipz. 1795.
? 172. Die preussischen Husaren im französischen
Nonnenkloster. Schausp. in 5 A. von Frz. Christel. Cöthen
1795-^).
173. Die schöne Marketenderin. Militär. Originalsingsp.
von K. F. Hensler. Musik von W. Müller. Gespielt 1795.
174. Die Verläumder. Schausp. in 5 A. von Kotzebue.
Leipz. 1795.
175. Der Vormund. Schausp. in 5 A. von Iffland.
Leipz. 1795.
^) So wird der Verf. genannt in Kaysers Bücherlex. Bd. VI. Schau-
spiele S. 98. Gödeke kennt den Verf. nicht.
2) Fehlt bei Gödeke IV. S. 350 f.
^) Citiert nach Gödeke V. S. 375 und V. S. 552, wo das Stück
o. V. unter den Satiren genannt wird.
— 115 —
176. Die Frey willigen. Gemälde der Zeit mit Gesang
1 A. von Stephanie d. J. Die Musik dazu ist von H. Kapell-
meister und Kompositeur 8üssmeyer. 2. Aufl. Wien 1796^).
177. Obrist von Steinau, Häusl. Lustsp. in 5 A. von
B. J. V. Koller. Basel 1796.
178. Der Kammerhusar. Schausp. in 1 A. von B. J.
V. Koller, ßegensbg. 1796.
179. Der seltene Onkel. Lustsp. in 4 A. von F. J. W.
Ziegler. Wien 1796.
180. Die deutsche Hausmutter. Schausp. in 5 A. von
Fr. J. H. ßeichsgraf v. Soden. Augsb. u. Gunzenhausen 1797.
181. Die erwünschte^) Rekrutierung. Lustsp. in 1 A.
von Heinr. Beck. Wien 1797.
182. Die Erbschaft zur rechten Zeit. Schausp. in 8 A.
0. V. Leipz. 1 797.
1183. General Wurmsal und seine Familie. Sittengemälde
2 A. von Frz. Xav. Wimmer. Prag 1797-').
184. Die getreuen Oesterreicher, oder das Aufgebot,
olksstück mit Gesang in 3 A. etc. von K. F. Hensler (Fortsetzg.
V. Nr. 168). Wien 1797.
185. Die Hautboisten. Lustsp. in 1 A. von W. Bröckel-
mann. Cassel 1797.
186. Der österreichische Soldat in Kehl. Vorsp. in
1 A. nach Hagemann (Eroberung v. Valenciennes? vgl. Nr. 149),
bearbeitet von K. F. Hensler. Wien 1797.
187. Die schwarze Frau. Lustsp. in 2 A. o. V. Leipz. 1797.
') Fehlt bei Gödeke IV. S. 76.
2) Die verwünschte R. ist nur bei Gödeke Y. S. 291, 13, Nr. 6)
citiert. An verschiedenen andern Orten las ich „erwünschte". Das
Stück ist mir nicht zu Gesicht gekommen. — Uebrigens sind irrtüm-
licher Weise bei Gödeke 2 Werke von Heinr. Beck: „Der Geheimnis-
volle" und „Die erwünschte Rekrutierung" ein zweitesmal citiert und
einem ,J Beck zugeschrieben : V. S. 339, 138.
') Fehlt bei Gödeke V. S. 344, 180.
8*
— 116 —
188. Der 1) Blinde. Schausp. in 5 A. von Fr. J. H. v. 8 o d e n.
Grätz 1798.
189. Falsche Scham. Schausp. in 4 A. von Kotzebue.
Neue 8chausp. Bd. 1. Leipz. 1798. Nr. 2.
190. Hochverrat, oder der Emigrant. 8chausp. in 5 A.
von Fr. Rambach. Leipz. 1798.
191. DerSpieler. Schausp. in5 A. von Iffland. Leipz. 1798.
192. Weihnachtsabend, oder Edelmann und Bürger.
Schausp. in 5 A. von G. Hagemann. Eisenach 1798.
198. Der Veteran. Schausp. in 1 A. von Iffland.
Leipz. 1798.
194. Die Geflüchteten. Schausp. in 1 A. von Iffland.
Leipz. 1799.
195. Gute Menschen lieben ihren Fürsten, oder die
Jakobiner in Deutschland. Zeitstück in 3 A. von K. F. Hensler.
Wien 1799.
196. Leichter Sinn. Lustsp. in 5 A. von Iffland.
Leipz. 1799.
197. Der Lorbeerkranz, oder die Macht der Gesetze.
Originalschausp. in 5 A. von Fr. J. W. Ziegler. Wien 1799.
198. Das nächtliche Jawort, oder die Verlobung im
Garten. Lustsp, in 1 A. vom Schauspieler Lücke, o. 0. 1799^).
199. Seydlitz und Julia. Militär. Trauersp. in 5 A. nach
Friedr. Schulz bearb. von Ch. F. G. Kühne. Leipz. 1799.
200. Die silberne Hochzeit. Schausp. in 5 A. von
Kotzebue. Neue Schausp. Bd. 3. Leipzig 1799. Nr. 1.
201. Der Tag der Erlösung. Originalschausp. in 4 A.
von Fr. J. W. Ziegler. Wien 1799.
202. Ueble Laune. Schausp. in 4 A. von Kotzebue.
Neue Schausp. Bd. 3. Leipz. 1799. Nr. 4.
203. Welche ist sie nun? Lustsp. in 5 A. o. V. Leipz. 1799.
') Nicht Die Blinde. Vgl. Gödeke V. S. 260.
^) Verf. nicht bei Gödeke.
— 117 —
204. Deutsche Treue. Lustsp. in 2 A. o. V. Hambg. 1 800.
205. Der Fremde. Lustsp. in 5 x\. von If flau d.Leipz. 1800.
206. Frohe Laune. Schausp. in 5 A. von Ch. G. H.
Arresto. Hambo^. 1800.
207. Das Gedicht, oder die junge Schweizerin. Lustsp.
in 2 A. von J. D. Falk. Wien 1800').
»208. Der Schreibepult, oder die Gefahren der Jugend,
chausp. in 4 A., und
209. Der Gefangene. Lustsp. in 1 A. von Kotzebue.
Neue Schausp. Bd. 4. Leipz. 1800. Nr. 2 und 3.
210. Wucher und Weibertrug. Lustsp. in o A. von
Jos. Richter. Wien 1800.
211. Das Bouquet. Schausp. in 2 A. von Elise Bürger
:eb. Hahn. Sämtl. theatral. Werke. Lemgo 1801. Nr. 1.
212. Der Durchmarsch. Ländl.-militär. Singsp. in 3 A.
on J. G. Schildbach. Wien 1801.
213. Das Epigramm. Lustsp. in 4 A. von Kotzebue.
eue Schausp. Bd. 5. Leipzig 1801. Nr. 2.
214. Herzensgüte. Lustsp. in 3 A. von L. F. v. Bilder-
eck. Schauspiele, II; Leipz. 1801. IL Nr. 1.
215. Die Höhen. Schausp. in 5 A. von Iffl and. Leipz. 1801.
216. Mutterliebe, oder: nicht General, nicht Graf, doch
Korporal und brav. Lustsp. in 1 A. von S. F. Schletter. Ge-
spielt 1801.
217. Mutterpflicht. Schausp. in 5 A. von L. F. v. Bilder-
l)eck. Schauspiele 1. Bd. Leipz. 1801. Nr. 2.
218. Die Familie Lonau. Lustsp. in 5 A. von Iffl and.
Leipz. 1802.
219. Geistesgegenwart. Lustsp. in 2 A. von K. F.
Hensler. Wien 1802.
Hp 220. Das Hochzeitsgeschenk. Lustsp. in 5 A. von Fr.
Laun (Pseudonym für Friedr. Aug. Schulze). Pirna 1802.
') Fehlt bei Gödeke V. S. 549.
■
— 118 —
221. Die Narbe an der Stirn. Lustsp. in 4 A. von G. L. P.
Sicvers. Leipz. 1802.
222. Repressalien. Schausp. in 4 A. von Fr. J. W.
Ziegler. Wien 1802.
228. Der Freiheitsspiegel. Dramat. Gemälde aus der
neueren Zeitgeschichte in 5 A. von K. M. Plümicke. Berlin 1803.
224. Der heisse Tag, oder die Zeugen. Militär. Schausp.
in o A. von J. G. Schildbach. Gespielt 1803.
225. Hugo Grotius. Schausp. in 4 A. von Kotzebue.
Leipz. 1803.
226. Jedem das Seine. Lustsp. in 1 A. von Fr. Rochlitz.
Züllichau und Freystadt 1803.
227. Die Männerfeindin, Schausp. in 1 A., und
228. Der Weiberfeind, Schausp. in 1 A. von Karl Koch.
Hamb. 1803.
229. Dienst und Gegendienst, oder Walltrons zweiter
Theil. Militär. Schausp. in 5 A. von J. G. S c h i 1 d b a c h.
Wien 1804.
230. Der Plan. Lustsp. in 1 A. von Gh. G. H. Arresto.
Hamb. 1804.
231. Die Soldaten. Schausp. in 5 A. von Arresto.
Hamb. 1804.
232. Der feindliche Sohn. Schausp. in 4 A. Fortsetzg.
des vorhergehenden, von Arresto. Hambg. 1805.
233. Die Hausfreunde. Schausp. in 5 A. von Iffland.
Berlin 1805.
234. Die Prüfung der Treue, oder die Irrungen. Lustsp.
in 3 A. von Aug. Lafontaine. Dramat. Werke. Görlitz 1805.
235. Seelen-Adel. Schausp. in 2 A. von Jos. Casche.
AVien 1805 1).
236. Das Sommerlager. Ländl.-militärische Oper in 3 A.
von Joach. Per in et. Musik von Müller. Gespielt 1805.
1) Verf. nicht bei Gödeke. Siehe Verz. Nr. 242.
— 119 —
287. Die Tochter der Natur. Familienszene von Aug.
Lafontaine. Dramat. Werke. Görlitz 1805.
238. Blinde Liebe. Lustsp. in 3 A. von Kotzebue.
Neue Schausp. Bd. L3. Leipz. 1806. Nr. 2.
239. Die Brandschatzung. Lustsp. in 1 A. von Kotzebue.
Almanach dramat. Spiele. 4. Jahrg. Berlin 1806. Kr. 5.
240. Der Degen. Militär. Schausp. in 3 A. Nach Bonel
und Boii'ie von Ehrimfeid, Mitgl. des K. Nationaltheaters in
Prag. Wien 1806.
»24L Kinder und Narren reden die Wahrheit. Lustsp.
in 1 A. von A. Bäuerle. Wien 1806.
242. Das Hauptquartier. Militär. Schausp. in 4 A. von -
Jos. Gas che. Wien 1807.
• 243. Der Kommandant ä la Fanchon. Heroische Posse
von 1 A. in Knittelversen von Jul. v. Voss. Lustspiele. Berlin
1807. Bd. 1. Nr. 3.
244. Der Kriegsgefangene. Originals chausp. in 5 A. von
F. K. Sannens. Gespielt 1807.
245. Der Deserteur. Posse in 1 A. von Kotzebue.
Almanach dramat. Spiele, 6. Jahrg. Leipz. 1808. Nr. 6.
246. Der Eichenkranz. Schausp. in 4 A. vom Verf. des
„Abällino" [Zschokke]. Neu bearbeitet von T. Fr. Ehrimfeid.
Wien 1808.
247. Das Posthaus in Treuenbritzen. Lustsp. in 1 A. von
Kotzebue. Almanach dramat. Spiele. 6. Jahrg. Leipz. 1808. Nr. 1.
248. Röschen Brand aus Gräfenthal. Gemälde aus der
neuesten Zeitgeschichte in 2 A. von K. M. Plümicke. Neue
Schausp. vom Verf. der „Lanassa". Berlin 1808. Nr. 1.
249. Die Unvermählte. Drama in 4 A. von Kotzebue.
Neue Schausp. Bd. 14. Leipz. 1808. Nr. 1.
k250. Loos des Genies, oder die alte Fabel. Lustsp. in
5 A. von Jul. V. Voss. Lustspiele Berlin 1809. Bd. 2. Nr. 1.
251. Der Pseudopatriotismus. Polit. Lustp. in 3 A. von
Jul. V. Voss. Lustspiele Berlin 1809. Bd. 2. Nr. 2.
I
— 120 —
252. Grossmuth und Dank))arkoi t. Schausp. in 1 A.
von P. (i. Hagemann. Neue Schausp. 2. Tlieil. Eisenach 1810. Nr.3.
258. Bei orderunof nach Verdienst. Lustsp. in 1 A. von
Jnl. V. \'oss. Tjüstspiele Bd. H. Berlin 1811. Nr. 1.
251. Die deutsche Hausfrau. Schausp. in 8 A. von
Kotzehiie. Neue Schausp. Bd. 18. Leipz. 1818. Nr. 2.
255. Joseph Hey der ich, oder deutsche Treue. Eine wahre
Anekdote als Drama in 1 A. Pehruar 1818, von Th. Körner.
Dramat. Beiträge Wien 1814. Bd. 2. Nr. 3.
25H. Das Taschenhuch. Drama in 8 A. von Kotzebue. M
Neue Schausp. Bd. 22. Leipz. 1818. Nr. 2. ^
257. Die doppelte Komödie, oder Hindernisse. Lustsp.
in 4 A. von Fr. J. H. ßeichsgraf v. Soden. Theater, III. Aarau
1814—19. Bd. 8. Nr. 8.
258. Man soll die Wurst nicht nach der Speckseite
werfen. Sprüchwortspiel in 1 Handl. von Jul. v. Voss. 25 Spiele
nach deutschen Sprüchwörtern. Berlin 1822. Sprüchw. 14. Dies
wurde erweitert zu:
259. Die Erbschaft aus Surinam. Lustsp. in 5 Abt.
Neuere Lustsp. von J. v. V. Berlin 1828. Nr. 1.
260. Der Tagesbefehl. Drama von K. Fr. G. Töpfer. «
Spenden für ThaUens Tempel. Leipz. 1822. Nr. 1 ^). M
^) Vgl, Börne. Ges. Schriften. Neue Ausg. Hamb. u. Frankf
1862. Ed. 4. S. 276 ff.
k
Register.
nonyme
Baron v. Blankensteiii (Verz. 135) Anm. 5.
Deutsehe Treue (Verz. 204) S. 53.
Das Einverständnis (Verz, 160) S. 54 f.
Die Familienheirat (Verz. 58) Anm. 11, 17.
Fräulein v. Blenheim (Verz. 74) Anm. 25.
Glückliche Werbung (Verz. 53) Anm. 11.
Kriegsre;'ht (Verz. 67) Anm. 19.
Rekruten auf dem Lande (Verz. 68) S. 17, Anm. 0, 11.
Schwarze Frau (Verz. 187) S. 64.
Sekretär (Verz. 61) S. 82.
So handeln Freunde (Verz. 166) S. 59 1'., 63, Anm. 4.
Ein Uebel ist oft der Grund zum Glück (Veiz. 106) S. 82.
Vorurteil und Liebe Anm. 37.
Weibliche Deserteur (Verz. 12) Anm. 9.
Welche ist sie nun? (Verz. 203) S. 74 f.
Wer wird sie kriegen? (Verz. 62) Anm. 17.
An ton -Wall, Arrestant (Verz. 42) S. 50 f., Anm. 5, 21.
Arreste, C. G. H., Feindliche Sohn (Verz. 232) S. 42, Anm. 38.
Plan (Verz. 230) Anm. 17.
Babo, J. M., Arno (Verz. 19) S. 39, 41 f., 46, Anm. 16, 21, 24.
Beck, H., Erwünschte Rekrutierung (Verz. 181) Anm. 11.
Beil, J. D., Curd von Spartau (Verz, 123) S. 26 f., 51, Anm. 19.
Einöde (Verz. 136) S. 50 f., 55 f., 61 f.
Faiiiili(j Spaden S. 53.
Bc rgopzoome r, Job. Bapt,, Offizier (Verz. 2) Anm. 25.
Bock, J. C, Es ist Friede (Verz. 47) S. 41 f., Anm. 17.
Bon in, Ch. Fr. Ferd. Anselm v., Hass und Liebe (Verz. 102) S. .'>(>,
Anm. 29.
Postmeister (Verz. 132) S. 50, Anm. 5.
— 122 --
Brandes, J. Ch., Graf von Olsbach (Verz. 1) S. 10 f.
Landesvater (Verz. 75) S. 53 f., Anm. 26.
Brömel, W. H., Adjutant (Verz. 41) S. 51, Anm. 4, 9.
Brühl, A. F. Graf v., Brandschatzung (Verz. 91) S. 61, Anm. 30.
Bürgermeister (Verz. 100) S. 17, 56 f.
Edelmut stärker als Liebe (Verz. 125) S. 53, 62, Anm. 16, 38.
Findelkind (Verz. 91) S. 61, Anm. 17.
Den ganzen Kram etc. (Verz. 92) Anm. 17.
Rache (Verz. 103) S. 57, Anm. 17.
Bürgerliches Air, Seine Zerrbilder S. 7, 27 f.
Buri-Borchers, Erbschaft (Verz. 46) S. 59 f.
Casche, Jos., Hauptquartier (Verz. 242) Anm. 16.
Seelenadel (Verz. 235) S. 81.
Cornova, J., Junge Menschenfreund (Verz. 48) Anm. 17.
Czechtitzky, K., Graf Treuberg (Verz. 27) S. 42 f.
Diderot, Hausvater S, 11 f., Anm. 5, 6, 31.
Ehrirafeld, T. Fr., Degen (Verz. 240) Anm. 38.
Engel, Joh. Jak., Dankbare Sohn (Verz. 7) S. 19 flP., Anm. 12.
Eid und Pflicht (Verz. 21) S. 38, 41, Anm. 23.
Fellner, Chargenverkauf (Verz. 56) S. 47 f., Anm. 16.
Fischer, F. J., Grosse Beispiel (Verz. 33) S. 48 f., Anm. 17.
Fischer, Ludw., Lustige Soldatenleben (Verz. 87) S. 82, Anm. 17.
Franzky, Frz. Jos., Dankbare Fürst (Verz. 118) S. 53, 62.
Frauenrollen in „Minna v. Barnhelm" S. 10 f.
Frikke, Freundschaftsdienst (Verz. 162) S. 61 f.
Fürstenverherrlichung S. 45 ff.
Fürstlicher Erlass als dramatisches Zufluchtsmittel S. 78 ft'.
Gemmingen, 0. H. v., Deutsche Hausvater, Anm. 4, 6, 22.
Grossmann, G. F. W., Henriette (Verz. 13) S. 50, Anm. 19, 39.
Nicht mehr als sechs Schüsseln (Verz. 60) S. 63, 65 f., 75,
Anm. 38, 39.
Hage mann, F. G., Eroberung von Valenciennes (Verz. 149) S. 42.
Glückliche Werbung (Verz. 151) S. 17.
Rekrut (Verz. 79) Anm. 11.
Weihnachtsabend (Verz. 192) Anm. 4.
Hartniann, A. G., dankbare Tochter (Verz. 43) Anm. 17.
Hempel, G. L., Schwärmereien der Liebe und des Hasses (Verz. 98)
S. 57 f., 74.
Hempel, Karol. Louise, Ehrliche Schweizer (Verz. 20) Anm. 19, 38.
Hensler, K. F., Alles in Uniform für unsern König (Verz. 168)
Anm. 11, 17.
i
I
— 123 —
Geistesgegenwart (Verz. 219) Anm. 17.
Getreuen Oesterreicher (Verz. 184) Anm. 11.
Die Kriegsgefangenen (Yerz. 147) S. 39, Anm. 16.
Oesterreichische Deserteur (Yerz. 141) Anm. 19.
Hesler, E. F., Schöne Sünderin (Yerz. 165) S. 73 f.
Hub er, L., Kriegssteuer (Yerz. 119) S. 42.
Iffland, Albert von Thurneysen (Yerz. 64) S. 36 ff., Anm. 4.
Dienstpflicht (Yerz. 171) S. 54.
Familie Lonau (Yerz. 218) S. 83.
Höhen (Yerz. 215) Anm. 5.
Spieler (Yerz. 191) S. 54, 83.
Jünger, J. F., Badekur (Yerz. 90) S. 77, Anm. 39.
Strich durch die Rechnung (Yerz. 89) S. 61.
Just, dessen Charakteristik, S. 80 f.
Kaffka, J. C, Transpart (Yerz. 29) Anm. 19.
Kleist, H. V., Prinz von Homburg, S. 31, 85.
König, C. P. F., Waise (Yerz. 38) S. 48 f., 62, Anm. 17.
Körner, Th., Joseph Heyderich (Yerz. 255) Anm. 3.
Kotzebue, Armuth und Edelsinn (Yerz. 169) S. 51, 61 ff., 66 ff.,
Anm. 29.
Brandschatzung (Yerz. 239) S. 61, Anm. 10.
Deserteur (Yerz. 245) Anm. 9.
Falsche Scham (Yerz. 189) Anm. 4.
Gefangene (Yerz. 209) Anm. 39.
Hugo Grotius (Yerz. 225) S. 31.
Kind der Liebe (Yerz. 131) S. 25 f., Anm. 15.
Menschenhass und Reue S. 63, Anm. 4, 29.
Posthaus in Treuenbritzen (Yerz. 247) S. 78.
Schreibepult (Yerz. 208) S. 82, Anm. 16.
Silberne Hochzeit (Yerz. 200) S. 63, Anm. 17, 38.
Taschenbuch (Yerz. 256) S. 40.
Die Unvermählte (Yerz. 249) S. 28, Anm. 16.
Die Yerläumder (Yerz. 174) S. 53 f.
Krauseneck, J. C, Fürstenreise, Anm. 17.
Werbung für England (Yerz. 24) Anm. 17.
Kretschmann, K. F., Alte böse General (Yerz. 107) S. 16, Anm. 10.
Belagerung (Yerz. 99) S. 42 f., 64.
li ;i iidliches Genre, S. 20 ff., Anm. 17.
liiindmann. Seine Charakteristik im Drama S. 7 f.
Lederer, J., Abgedankte Offizier (Yerz. 31) S. 48f., 62, 76 f.,
Anm. 17.
— 124 —
Chargenverkauf (Verz. 56) S. 471'., Anm. 16.
Jungen Rekruten (Yerz. 66) Anm. 11.
Lenz, J. M. Reinh., Hofmeister, S. 28, 50.
Leo, Fr., Generalmarsch (Verz. 150) S. 51.
Mercier, L. S., „Le Deserteur«, S. 31 ff., Anm. 19.
Möller, H. F., Graf von Walltrou (Verz. 22) S. 31, 38, 51, Anm.
21, 24.
Offiziersehre, S. 67 ff.
Offizier, Sein Urbild im Drama, 8. 4 ff.
Paalzow, K. Fr., Edelmütige Sohn (Verz. 57) Anm. 16.
Paul Werner, Allgemeine Charakteristik S. 6 f., Anm. 3.
Perinet, J., Freikorps (Verz. 115) S. 63 f., 83, Anm. 38.
Plümicke, K. M., Anm. 25. Henriette, oder Husarenraub (Verz. 59)
S. 18, Anm. 4, 13.
Röschen Brand aus Gräfenthal (Verz. 248) Anm. 17.
Volontär (Verz. 16) S. 47, Anm. 38.
Protkhe, Job., Der Rechtschaffene etc. (Verz. 96) S. 48 ff., 77,
Anm. 17.
Raebiger, F. W., Verbrechen und Edelmut (Verz. 143) S. 83.
Rambach, Fr., Hochverrat (Verz. 190) 8. 40, 77.
Schikaneder, E., Grandprofos (Verz. 108) 8. 37.
Schildbach, J. G., Dienst und Gegendienst (Verz. 229) S. 38.
Rekrutierung (Verz. 155) Anm. 11.
Schiller, V^allensteins Lager Anm. 3.
Schink, J. Fr., Verlorene Sohn (Verz. 167) Anm. 39.
Schletter, 8. F., Betrug für Betrug (Verz. 55) S. 82.
Familienpokal (Verz. 138) S. 39, 50 f., 61, 65 f., 75, 83.
Wiederkauf (Verz. 63) Anm. 17.
Schmiedel, F. L., Major Streitenfeld (Verz. 95) Anm. 38.
Schöpfel, J. W. A., Hauptmann von Breisach (Verz. 85) Anm. 4.
Schröder, F. L., Fähndrich (Verz. 73) S. 39, 50 f., 61, Anm. 4,
16, 21.
Unglückliche Ehe durch Delikatesse (Verz. 88) S. 64 f., Anm. 33.
Wer ist sie? Anm. 5.
Sedaine, J. M., Le Deserteur S. 25 Anm. 19.
Seidel, K. A., Edelmut und Rachsucht (Verz. 158) S. 57, 62, 81.
Senf, F. T., Wohlthun macht glücklich (Verz. 134) 8. 57.
Soden, F. J. H., Graf v., Rosalie v. Felsheim (Verz. 97) 8. 77.
Spie SS, Clin. H., General Schlenzheim (Verz. 94) 8. 42 Anm. 4.
Sprickma^nn, A. M., Schmuck (Verz. 50) 8. 50, 63, 83, Anm. 39.
— 125 —
Stephanie d. J., Die abgedankten Offiziere (Yerz. 4) S. 12 ff., 53,
62, 82.
Deserteur aus Kindesliebe (Verz. 9) S. 25, Anm. 19.
Die Freiwilligen (Verz. 176) S. 17.
Gräfin Freyenhof Anm. 5.
Die Kriegsgefangenen (Verz. 8) S. 31, 39, 40 f., Anm. 21.
Die Werber (Verz. 3) S. 14 ft'.
Die Wirtschafterin (Verz. 6) S. 18.
Sturz, H. P., Julie Anm. 5.
Thilo, Fr. G., General Moorner (Yerz. 93) S. 40, Anm. 4, 6.
Timme, C. F., Der abgedankte Offizier (Verz. 31).
Töpfer, K. F. G., Tagesbefehl (Yerz. 260) S. 37.
Trautzschen, H. K. H, v., Freiherr v. Bardenfels (Yerz. 11),
Anm. 19.
Unteroffizier, dessen Charakteristik S. 6 f., Anm. 3.
Voss, Jul. V., S. 85.
Pseudopatriotismus (Yerz. 251) S. 75.
Vulpius, C. A., Der Liebe Lohn (Yerz. 120) Anm. 5.
Weisse, Chrn. Felix, Anm. 5, 7.
Weppen, J. A., Hessische Offizier in Amerika (Yerz. 77) Anm. 16.
Werner, Fr., Die Husaren (Yerz. 152) Anm. 5.
AYetzel, F. W. G., Wilhelmine (Yerz. 17) S. 28, 81 f., Anm. 17, 18.
Wezel, J. K., Eigensinn und Ehrlichkeit (Yerz. 45) S. 70 ff., Anm.
4, 5, 16.
Seltsame Probe (Yerz. 51) S. 78.
Wildheit und Grossmut (Yerz. 52) S. 57, 62.
Wimmer, F. X., General Wurmsal (Yerz. 183) Anm. 17.
Ziegler, F. J. W., Eulalia Mainau (Yerz. 137) S. 81, Anm. 5.
Inkognito (Yerz. 145) Anm. 16.
Lorbeerkranz (Yerz. 197) S. 39.
Seltene Onkel (Yerz. 179) S. 63.
Weltton und Herzensgüte (Yerz. 157) Anm. 5.
Zsihokke, Heinr., Eichenkranz (Yerz. 246) S. 39.
vi
Druckfehlerverzeichnis.
S. 27 9. Zeile von oben: lies „seiner Schwester" statt „seine
Schwester".
S. 36 12. Zeile von oben: lies „Schritte" statt „Schrite".
S. 45 17. Zeile von unten: lies „nur" statt „uur".
S. 59 16. Zeile von oben: lies „ansprechend" statt „aussprechend".
S. 63 8. Zeile von unten: lies „Es" statt „Er".
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