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Herrn von Loen
geſammlete
eine Schriften:
Beſorgt und draucgegeden
von
J. C. Schneidern. |
Dritter Theil,
—
— es on
. WERE, Kavfert. Königl. PobIn, s und € —7
— Pi ⸗ —— ——— — je
R Frankfurt und geipsig.
we finden bey Pbiipn Heinrich —— r751.
.
KDSESESE),
HARVARD
Ir SRAMS NZ von GOttes Gnaden Er
wehite oͤmiſcher Kayſer zu allen Zeiten Meh⸗
rer des Reichö,in Germanien, und zu Jeruſalem
Koͤuig, 99 zu Bothringen und Bat, Sroß-Heriog zu
| —— En ir Nomendyh Graf
enjleim,zc.ic ee mit dieſem Brief,
= hun Fund alermänniglich, — —9 — can Dat
hy tagen de Unſer und des Heil, Reiche» Stadt Frands
rthaͤnigkeit jun vernehmen gegeben, was malen Ge
ob. * bon sefammiete Heine Schriften in odtave
‚ediren angefangen hätte; mitunterthänigfer Bitte, wir zu
pe rien —— dlicheu Nachdruck⸗ —
um auf zehen Jahr uͤberg
ihme zu ertheilen anädiaft geruben wolten; Bann wir ya
Adiglich angefehen Il angebeutete jiemliche Bitte , auch die
en, Fe und Arbeit, jo bey gemeldten Schriften anzu⸗
wenden fepnd ; So haben Wirihme bie Gnad gethan, und Fr
—— auch ſolches hiermit wiſſentlich in Kraft difes
Be 48 und dergeſtalten, daß Eingangs ernannter Philipp
tterobgedachte Joh. Michaels von Loen geſammle⸗
Be rifftei in offenen Druck — bin und
wieder ausgeben,feilhaben,und verfauten laſſen möne auch ihm
Biss niemand obue feinen Conſeus, Miffen und Willen innere
denen naͤchſten gehen Jahren von dato dieſes Briefeg anu⸗
pe Roͤm. Reich nicht nachdrucken , und verkauffen
> € ‚ weber in dieſem noch anderen Format , unter was gefuchten
Schein bad immer seicheht enmögte. Undgebietendaraufaller
und jeden Unſern un eil. Neichs Unterthanen und Ges
zrenen ‚, injonderheitaberallen Buchft —* Buchdruckern,
ehhändlern, Buchbinderen und Buchverfäuffern bey Poen s.
Marc iötbigen Golds, die ein jeder , jo oft er frewentlich biertir
od Uns balb.inumnfere Kapferliche Cummer, und den ans
Iben Theil ——— Philipp 9 einrich Hutter oder
—* Erben und Nachkommen ohnna aan iu bezahlen ber⸗
llen ai fi ———— eruſt lich und wollen, daß ihr noch einiger
elbſt oder jemand von Euertwegen, obangeregte
Erin —* ben beſtimmten jehen Jahren nicht nach⸗
drucker, diftrahiret, feilhabet, umtraget oder verkauffet, noch
auch folches anderen zu thun geftattet,in feine Weiß noch Weeg,
alles bey Dermendung Unjerer Kapferl, Unanade, und obbes
Straf der fuͤnf Marck 1dEhig en Boldes ‚auch Berlich«
lben Enren Drucks, den viel — utter md deſſen
Erben, ederen Befehlshaber, mit Huͤlf und Zůthun eines jehen
Orts Obrigkeit, wo fie dergleichen ben euch und einem jeden fin⸗
ben würden ,aljo aleich aus einenem Bewalt.oder Verhinderung
iglichs zu fich nehmen , und damit nach ihren Gefallen,
haudlen und thun erg Jedoch folle er Philipp Heinrich Hut⸗
ter 5. Exemplaria bep Verſuf diefer Unfer Kanferl- Freyheit zu
Anferm Kaferl, Neiche-s; iR ethautlefern, und diefes Privi-
voran drucken zu laifen ‚ ſchuldig und gehalten jerm. Mit
Nfund dieſte Brieföbefisgekt * —— Kayſerl. au eoruds
— — —— — — — — — ——
537 ES ee —2 u
—— PB, ——— — * — — ts
ten Se Inñietel⸗ dor geben ißt zu
en —8
Atmo iegeniepehunnbere GERT [needs NS
— EN 3 A (L.
Vi. R.J. Braf yon Ealoredo, mppria -. -
— ‘ Ad Mandatum Sae. Cæſ. Majeſt. proprium-⸗
‚I. J. Hayeck von Waldſtaͤtten, mppria⸗
Er Alter-Durchleuchtiafte, Großmaͤchtig ſte
| Fuͤrſt und Hert; Herr Friederich Auzuſt Koͤnigin
Vohlend es Heil. Roͤm Reichs Erz Marſchall und
Churſuͤrſt zu Sal
en. auch Burggkaf zu Magdeburg ꝛtc.
hat auhilippHeinrichNutters, Buchhandlers inFrankfurt am
Mapıt,bejcgebenes ungerehäuigites Anfuchen,guädigfi bewiliget
daß er des von Zoens gefanmlete Fleine Schrifften unter hoͤchſt⸗
gedachterKouigl. Ma ſeſt, unde hurfürſtl. Durchl. privilegio dru⸗
Ain iaffen und fuͤhren moͤgen, versefialt,daf in Dero Turfir
kenthum Sachen, d
kein Buchyandler ,
eilelben incorporirten Landen nnd Stiſtern
noch Drucker oberwehntes Buch) in denen
uächfien , von uttzenigefegten dato au Jehen Jahren, bey Berkufk
aller nachgedrudten E emplarign und ben dreyßig Rheiniſchen
Golden Straſe, welche denn zur Helfte der Röniol. Reut⸗
Fammer, der audere halbe Sheilaber ihm, Huttern verfallen,
“ mehernachbruckennoch auch.dadaflelve anandernOrten gedru⸗
cher wäre, darinnen verfanffen und verhandeln, worgegen ee
wichraemeldtes Buch fleißig corrigirelt aufszterlichiie drucken
undaut weiß Pappier darzu nehmen zu laſſen, auch fo oft es auf⸗
aelegei w ird,vonjedem Druck und Format zwauzig Exemplaria it ’
SeMonidl. Maſeſt. ——— ‚Durchl-Ober;Confiltoriums
ene es verkauft wird
‚auf feine Koften einzufchiden jchuldig und
tif privilegium niemanden ohne böchfigedachter Sr. Koͤnigl⸗
MRa eſt und Ehurfürkl. Durchl. Vorwiſſen und Einwilligun
9
defen jemand zuwi
zu cediren befugt jeon ſoll; Geſalt er ben jolchem privilegio ‚au
die bewillinteseben Jahr geſchuͤtzet und aebandhaber , auch » da
der handeln, under um Execution deſſelben
anſuchen wlirde ſoſches ins Werck gerichtet ud die geſetzte Stra⸗
s eingebracht werdenfoll; Jedech daß er; und war, hen Verluſt
es privilegsi, laͤngſt eſts bin en Jahres⸗Friſt beu Druck su Stans
de bringe, und ſowohl von ſeziger als auch von ſeder kuͤnftigen
fenen Auflage die obengeſeßzte Auzahl der Exemplarien richtig
fiefere; Immttelſt, und zu Urkund deſſen iſt dieſer Schein ‚bis
das Uriganal-priyil
egium ausaeferfiget.merden Fan, und ſtatt
beif elsen,inSr.Königl.Maj,.und Ehurf. Durchl. Kirchen⸗ Rath
und DdersConfiftorio unterfchrieben und befienelt, ausgeſtellet
orden, welchen er durch den beftallten Bleher⸗ lnſhectorn
Ehriftin Eruß Haubalten, denen uchhändlern zu inſinuiren /
wiedeinenfalls die Infinuarion Bor null und nichtig erfannt wem
den ſoll. So geſche
—*
ben zu Dreß den am 16 Nov, Anno 1730,
2.8. &rafvon Holzendorf.
Chriſtian Friedrich Sancher 8
Durchlaucktigften Firſtin und
Frauen,
ERAUENR
Charlotte Amalie,
vermaͤhlten Herzogin
| zu Sachfen, Juͤlich, Cleve und Berg,
auch Engern und Weſtphalen, , Landgräfin zu
Thuͤringen, Marggräfin zuMeiffen, Gefürfte -
ten Gräfin zu Henneberg, Gräfin zu der
Marek und Ravensberg, Frauen zu
Ravenſtein,
Gebohrnen Landgraͤfin zu Heſſen, Fuͤrſtin zu
Heröfeld, Graͤfin zu Catzenellenbogen, Dietz, Ziegen:
hayn, Nidda, Schaumburg und Hanau, auch Sayn
und Wittgenſtein xe. ꝛtc.
Meiner gnaͤdigſten Herzogin
und Frauen.
3 Durch⸗
€
Durilandighe Se,
Guidiche Denen a und
| Frau, | |
w. Socfürkt, Durchl.
dieſe Schrifften unterthaͤ⸗
nigſt zu zueignen und Dero hohen
Nahmen denſelben vorzuſetzen,
bin ich durch die ausnehmende
Gnade aufgemuntert worden, mit
welcher deroſelben Durchlauchtig⸗
ſter Herr Gemahlden erſten Theil
davon vor zwey Jahren aufzu⸗
nehmen ſich huldreichſt haben ge⸗
ſallen laſſen. Ich habe geglaubt /
daß dieſer neue Theil niemanden
virdiger gewidmet werden koͤnte⸗
8
Fr NOIR CARRIER
fes groſſen Fürften, weldye Gott
und die Ratur demſelhen gg er⸗
habenen Tugenden und wahrhaff⸗
tig fuͤrſtlichen Eigenſchafſten voll:
- Tommen gleich gemacht und darzu
auserwehlet haben, Das Hergog⸗
lich⸗Sachſen⸗Meinungiſche Hauß
zu ſegnen und deſſen Lande mit
neuer Wonne zu erfuͤllen
Eine Vermaͤhlung, weiche f
vie Heil und 0 viel Freuden
nach ‚fid) gezogen, ja, welche
‚Die: Gemuͤther aller redlichen
Diener. dieſes hochfuͤrſtlichen
Hauſes frolocken gemacht hat,
darf auch itzo noch von mir eh⸗
rerbiethigſt verehrt werden; und
die Zueignung dieſer Schrifften |
hat
R
‘1 bar (hie dieſe tiefffde Bereheüng |
:f öffentlich an den Tag zu Segen,
das ficherfte Mittel an die Hanb
3 geben geſchienen.
Ew. Hochfuͤrſtl. Durchl.
Bitte ich Demnach unterthänialt,
Roͤchſt⸗Dieſelben „wollen folche
- nad) dero angebohrnen Groß:
v ee ns — ee — — — —
+
*
muth und Gnade außunehmen
gnaͤdigſt geruhen, und deni innig⸗
ſten Trieb meiner demuͤthigſten
Verehrung gegen das ganze Hoch⸗
fuͤrſtliche Hauß insbeſondere aber
gegeuw. Hochfuͤrſtl. Durchl.
ungemeine Zugenben in bochfien
Snaden anfeben. . Ä
Ich bitte Gott, daß erdero Leben |
mit einem Uberfluß von Gluͤckſee⸗
XS. App.
ugghkeiten, miteiner langen Daueer
und mit dem reichſten Seegenver⸗
herrlichen und Dero beglüdter«
Wohlſtand eine Quelle des Ver⸗
gnuͤgens, der Ruhe und des Flores
der hochfuͤrſtl Sachſen⸗Meinun⸗
giſchen Lande ſeyn laſſen wolle.
Unter ſolchen redlichſtenund treu⸗
ſten demuͤthigen Wuͤnſchen ver⸗
harte id) mit der tieifſten Verch⸗
zung, |
Durchlauchtigſte veneun
Ew. Hochfuͤrſt. Durchlaucht.
| Meiner gnaͤdigſten Herzogin und Frauen |
Ä unterthänigffer Knecht,
dphilo Heinrich Hutter.
PEEEELITERT TREREN
E nee 5
_ sgorheicht u
des Herausgebers.
Pr der. Ausgabe diefee dritten Theile
der Heinen Schriften des Herrn
don Loen, finde ich nichts weiter nöthig
zu erinnern, als daß ſich noch recht vor⸗
treflicher Stoff zu einem vierten Theil
findet. Es wird derſelbe aus des Herrn
Verfaſſers Briefen, aus deſſen Anmer⸗
ckungen auf ſeinen Reiſen und anderwaͤr⸗
tigen kleinen Aufſaͤtzen beſtehen. Und die
gelehrte und artige Welt, welche nicht
müde geworden iſt, fichandiefen kleinen
Schriften bisher zu ergetzen, wird gewiß
weder über gegenwaͤrtigen noch kuͤnfti⸗
gen letztern Theil Aulaß au einem Eckel
lxtommen.
Son⸗
—
Worbericht.· *
Sonſteniſtte Gelchenheitdieſtodtle-
| ten Theile zu errinnern, daß —— etz
“auch in / der Sammlung ſeiger —*
cken von Religions⸗ und Kirchen⸗Sa⸗
chen befinden. Zur Entſchuldigung die⸗
ſes Umſtandes muß ich melden, daß
dieſe Abhandlungen bereite: abgedruckt
geweſen find,che für noͤthig exachtet wor⸗
den iſt, einen beſondern Theil aus des
Herrn von Loen Bedencken von. Reli:
gtous⸗ und Kirchen⸗Sachen zu machen.
Die doppelte· Bekanutmachung ihre
ESchriften waͤr alſo wicht mehr Ai vers
‚hindern. er
. Was den werten und lethten Aha
difer Sammlung beteift, fonabtdg
Herr Verleger alle Antaatten dargu/ dat on
derſelbe ohue gen wird.
Beh he Hreuttart in Waha— *
at in der Djler and me. Sn 3J zn
0 Der Serge,
Verzeichniß
der kleinen Schrifften, welche in dieſer
Sammlung enthalten find.
J.
Don dem Alterthum und dem Nutzen der Bautun.
Pag. 1.
U. De variis Loeniorum Familiis antiquis æque ac mo ·
dernis Diſquiſitio brevis hiſtorica, 426.
II, Das Mißvergnuͤgen. 40.
IV. Epicuriſche Sitten Lehre die beſe. 4.
V. Der Pyrrhoniſmus. - Ste
VI. Erzählung der pyrrhoniſchen Hunde lurcht. 67.
VII, Mittel wieder die Empfindlichkeit. 6,
VIE, Die Rothwendigfeit wohl haußzuhalten. pe
-IX. Die Wahl der beften Lebens⸗LArt. 27.
x. Hoͤchſtbedenckliche Urſachen: Warum Lutheriſche und
Reformirte in Fried und Einigkeit zuſammen hal⸗
ten und einerley Gottesdienſt pflegenfagen.
XI. Vedencken vom Separatiſmo. 3164
xIl. Der vernünftige Gottesdienſt nach defleichten
Sehr: Art des Heylandes unterfucht bey Geht»
genheit einiger an Ihro-Hochgräfliche En
\
lan den Herrn Grafen don Zinzendorf ge
richteten und von benenjelben beantrortuen
KUN, Pie Dedenden von der Einfalt des Sl
bens ineinem einzigen Glaudent · Airtickel. 241
xV. "De Kaufınanns- Adel. 308.
XVI. Die nertheidigte Sitten Lehre durch @rempeln
ben Gelegenheit einer ſehr höflichen Erite
‚über den redlichen Dann am Hof; anden
wenlaud gelehrten Superintendenten 8
| Memmingen Herrn Chriſt. Ehrhardt. 337.
AV. Eigenſchafft eines groffen Geiſtes bey Gele
genheit der kieinen Schrifften des Hertn von
Voltaire. 401.
XVIII. Zufaͤlige Gedancken über die Vriefe bes
Herrn von Voltaire, Die Seele ber Menſchen
und ber Thiere betreffend, 46
AIX, Des Memmingiſchen Herrn Superintenden»
ten Ehrhards Anmerdungen über den nor:
bergebenden Brief. 41
| a, Bon den Zwedlaͤmpffen. 48.
Bon
= IN Mr —— 8* — | mi RR. —9
—— it 8 " =) )
Bon dem Alterthum und dem
Mruten der Baukunſt (*).
Se Bönigl maj vonpolen |
ie Baukunſt ä jederzeit eine a
& gung gröffer Leute. geweſen
Thaldaͤer und die Eghpter, ——
ter den ättehen Voͤlkern die. Kuͤnſte und Wiſſen⸗
am weiteſten — — ch richt
IL, Theil das
di dim 7 af € Gen.
—— =, —— fie Die
3.” LVondem Aberbum
das th bas Schöne u Wahre in in di
Baukunſt zu entdecken; ſie uͤbertrieben i
* und verfielen auf das Srofle, P |
tige ind Ungeheute. Die wunderbare ein⸗
und Sicſauien die Eghpter
auf einandet thuͤrmeten, Yanke Stücke Selfeh,
die Tie von einem Ort mit unbegreiflicher Wis
he und Kunfl viele Meilen Wegs zubringen und
als Capellen ausuhauen wufteh; ber ee ten
ris; die. Grabmälerihrer Köni er. die Tempeln
ihrer abſcheulichen —— ſſe eeitungeh,
Thuͤrme, Mauren und Paltäfte: alles dieſes
[md. war Denckmaͤler ihrer bis zur Aufferften
efchweiffung getriebenen Baukunſt; fie jeigeh
abet auch) zugleich noch Bon, ihrem vohen
Ä darin bie Einrichtung und die
Sn —
€ nd hatten na
Art ihrer — etwas —2—
lenwerck
Kine Mu am —**— und Nicht ir
gekhoͤriger Weikung aus. einander gefegt : Mit
einem Wort, das Schöne, das Feine, das
Drbentiche ‚ Iarnten diefe fonfe —* ——
Baukunſt noch nich: de J
Di
landbaumeiſterz Herrn höelmann, rerfertiget
—— — und ten einer ‚Bosrebe bed Asien
Zepingergärten } — 6 —ã—— ern
‚heraus geben wol; ; allein das Wer f
an Stande. " |
mo d dem Yiusen ber Zaun 3
en aan Kaum gentlich
Eden — erften ind gröflen in
dusſuͤndig Machen kann. Der Thurm bes Be
us und Die ftöken Mauren diefer en |
Stadt ; find nicht dasjenige, was Id) am mei⸗
Ten bewundere. Die Fühne Uinternehehunng 77
we Weibes hatte alles, was man in der Baus
—* der Alten groſſes und ſchoͤnes findet. Gar⸗
ten und 5 löffer in die Lufft zu bauen, heiffet
Do, als ſich mit nergeblichen Anſchlaͤgen auf:
Semitamis aber, oder wie andere wol⸗
em, die kiuge Amytis, des Nebucadnezars Ges
—* hat die Sache moͤglich gemacht Sie
Gewolber über einander Stufen⸗
ten, ſolche dben mit Kaͤtt ind Bley -
Bahr, Da darquf Erde ſchuͤtten Baͤume pflan⸗
—— on — raͤchtige Dan
t ben, Weich⸗ rt en Weib?
ns Arbeit, ſolche sit nähe zu brine
aA Da
rs Um einigerinaffen ei Bin —
altern Volcker zu 8
—* — —— ded mediſchen K nigs
—— die bergigte Waͤlder und die Gruͤ⸗
igt Ya —**— herum fanden ſich Ki
u T. Yon dem Alterthum
Der Tempel zu Jeruſalem, en David
entworffen, und Salomon ausgeführet hatte,
muß alle Gebäude des Alterthums an Erfirts
dung, Schönheit und Pracht fo weit übertroß
fen haben, als deſſen vortrefflicher Baumeiſter
‚allen Königen an Verſtand und Weisheit und
Reichthuͤmern überlegen war allein m...
wi | Eben⸗
nicht; Es war ein flaches Land, voller Hartz und
Suͤmpfe. Nebucadnesar, der ſo viele Schaͤtze und
Reichthuͤmer beſaß, daß er alles im Stande war
‚m unternehmen, was nur durch MWenſchen konnte
ee gemacht werben ,, lied feiner Gemahlin
zu Sefallen diefogenannte Sänggärten bauen. Der
Mat, welcher dazu gewidmet wurde, beftund im
einem Viereck zu vier hundert Schuhen auf jeder -
. @eiten. Diefe Gärten waren nad) verihiedenen
Erbhoͤhungen aufgeführet; fo, daß, die oberfte Der
Stadtmauer gleich war. Dan flieg von einem
Abſchnitt auf den andern. Das gange Gebäude
ruhete auf groffen Schwibboͤgen, meldye über ein-
“ ander aufgethürmet waren : Auf diefen Schwib⸗
Bögen lagen groſſe platte Steine, von ſechszehen
Schuhen inder Lange und-vier in der Breite. Auf
Diefen Steinen war ein mitvielem Hartz vermeng⸗
tes Rohr, foldjes bedeckten zwey Reihen von Zie⸗
geln, Die mit einer Art von Gips oder Kalck ver
wahret waren; hierauf kamen endlich groffe Plate
ten von Bley , auf weldye Die Erde gefchättet und -
zu Meinen Luſtwaͤldern und Garten zubereitet wurde,
Auf ſolche Weiſe fonnte Dad Waſſer durch Die ges -
woͤlbte Gemaͤuer nicht durchdringen und dad ganze
fo muhfam aufgeführte Gebäude ſchadhafft machen,
Das Erdreich diefer Garten mar von la rn
%
und dem Nutzen der Baukunſt. -
Foenboi unter einander su fügen , undallesmit
einen Sierrathen , Koftbarkeiten und ‚Edel
gefteinen zu behaͤngen, dürfte mit unferm heutis
Kr Geſchmack nicht übereinfommen. ‘Die Art -
su Fleiden. und Gebäude zu führen, gehöret
unter die Dinge Die wir Moden nennen, und
toelche öfters Feine wahre Schönheit haben, als
daß fie etwas neues den Augen vorftellen. |
Das fchöne Grabmahl zu Halicarnaf; in Ca⸗
tien, lies Die tugendhaffte Irtemiſia aufrichten,
43— um
21
Tiefung daß auch Die groͤſten Baͤume darinnen Wur ·
zel ſaſſen und en konnten, Doch muflen wir
Eichen und Lindenbaͤume vor⸗
flelen. Die babylomifche Gegenden brachten Der»
gleichen nicht hervor. : Pomeranzen , Citronen⸗
eigen, Pappein und dergleichen, Die nicht viel.
gen, und die mit einem rund son drey iß vier
: Schuhen tief genug haben, Diefegmogten wohl ale.
¶ Ven dem Aceebum
tm dadurch heydes ihren verſtorbenen Gema
800 ehelichen Treue ein immerwaͤhrend
kmal zu ſtifften. Daffelbige hat etwas,
Die Pracht mit eigem Grabmahl vereiniget, ohne,
Daß man Dabey doch mehran jene, al an Diefeg
ſcheinet gedacht zu haben, <<
Alerander der Groſſe war nicht weniger von
der Liebe zu den Kuͤnſten und Wiſſenſchafften
als yon der ſonderharen Ehrfucht eingenommen,
sarı Alten Durch Waffen fich unterrofrffig za%
vachen, Die prachtigen Mauren von Alexan⸗
ria und Die Candle „ welche er Dafelbft hatte
führen laſſen, find_ungerweßliche Denkmäler
pon den wichtigen "Bauunternehmungen dieſes
berühmten Röniges, Was hätte diefer grofte
Geiſt nicht erflich unternommen , wann er laͤn⸗
ger gelebet und die Frucht feiner Siege in Ruhe
genoſſen hätte,
Der hans den der egy⸗
Koͤnig —— Dhiladelphus vor der
infahrt des alerandrinifchen Königs hatte ers
bauen laffen , verherrlichte deſſen Kubm, fs
yohl als bie von ihm angelegte Bibliothec, wels
& für die fehönfte und zahfreichfie der alten
Welt gehalten wurde,
Alle dieſe vortreffliche Denkmäler der aͤlteſten
Seiten reichten noch lange nicht an die Gebaude
der Briechen. Diefen war eigentlich Die Ehre .
vorbehalten , eine ſo ſtotze Kunſt zu ihrer wahs
ren
J
und dem Ylusen der Baukunſt. ?
yon Bollkommenheit zu bringen. Dieſe, wie ſie
«sin allen ſchoͤnen Wiſſenſchafften am weiteſten
brachten, jo wuſten fie auch Der Baukunſt durch
ihre gefchiekte und natürliche Austheilung in Der
ereinigung der Theile mit dem Ganzen ihre
rechte Zierde und Annehmlichfeit beyzulegen.
Jer Dianentennpelzu Ephes seiget ung davon ein
hetlihes Mufter; den Soniern und Corin⸗
thiern haben wir ins befondere die Crfindungbes
Khönen Säulenwerks zu danken, worzu hernach
die Dorifehe und tofeanifche Ordnungen Famen,
welche mit der zufammen gefeßten, Die fünf no
fortährende Hauptorpaungen in der |
ausmachen, _
Die Griechen hatten alſo am erften das Schoͤne
und Feine in dieſer zur entdeckt und ihren Wachs
fommen zum Mufter hinterlaffen. Don den
Griechen kam die Baukunſt auf Die Roͤmer. Wie
u Mom mit der Macht alle Künfte und
Lsiffenfehaftten ſich vereinigten , 10 wurde
auch daſelbſt die Baukunſt auf den hoͤchſten Gi⸗
ihrer Wollfommenheit gebracht, Ich will
fagen, dafs die Römer Die Griechen indem
einen kb undin der Riedlichkeit der Ge
iude folten übertroffen haben ; fo viel aber ift
—86 daß fie ihnen an Pracht und Gröffe der
ude fo weit überlegen waren als an eich⸗
thümern und an Macht.
Numa Pompilius gierte die Stadt mitpräche
figeri Tempeln; Tarauaan Prifeus u’ A
| 4
je > ——
eſelbe mit gr
— us lies die ne, ———
re den Weg mach Ri⸗
—— = .. die Einzige Der Tri⸗
umphirer Defte anfehulicher und herrlicher Lau |
- Der — aniſche Markt, welcher der ſhonfte
latz des alten Roms war, hatte ſeine Pracht
Kayſer Diefes Namens zu danken, welchen
die Römer ihren beften Zürflen nannten. Bꝛie⸗
wohl fonf nur tugenähaffte und großmuͤthige
Regenten ſich ein Ge e mit der Baukunſt
und Denen Dahin lauffenden Wiſſenſchafften ze
machen pfle = 0 hatte fich Doch nichts deſto⸗
weniger au ro darinnen hervor gethan,
—— ib aber dabey nach feiner milden Art.
Er feste Rom in ever und Flammen, um ſol⸗
cthes deſto ſchoͤner wieder auftubauen. |
Die Zeit erſchien, da Nom feines Glames
und feiner Prachts ſolte berauber werden. Es
wurde ein blatiger Schauplatz von Eunpdrung
gen, Mördereyen und innerlichen Kriegen. | Die
böfen Sitten und barbarifche Wölfer , welche
diefen vormals ſtolzen Kayſerſitz beberrichten
vertrieben mit Deralten roͤmiſchen Tapferkeit auch
die fchönen Kuͤnſte und Wiſſenſchafften. Alles
verfiel in Aſche und Graus: Die beruͤhmteſten
Denkmaͤler wurden unter Schutt und Stein⸗
hauffen vergraben. Eine allgemeine Finſterniß
der Unwiſſenheit bedeckte darauf den gan
und dem Yiusen der Baukunſt. 9
Erdboden, bis endlich vor drey hundert Fahren,
mit den ınehmenden Wiſſenſchafften, auch die
Baukunſt wieder hervor gebracht wurde, und
das alte Rom aus ſeiner Aſche, als ein andrer
Phoͤnix wieder hervor kam. Gantz Italien wur ⸗
de mit neuen ——ã und praͤchtigen Pallaͤſten
—8 deren Glanz und Schoͤnheit andre
lker ur luͤcklichen Nachahmung bewegten.
Ganz Teu a wurde mit herrlichen al⸗
Kiflen angefuͤllt, nachdem ung mit der roͤmiſchen
Monarchie auch die Liebe zu den ſchoͤnen Kuͤn⸗
ſten und Wiſſenſchafften zu Theil wurde.
Unſere bisherige Kanfer haben fi) als groſſe
Beſchuͤtzer ımd Kenner berfelben aufı fgefühent
Das prächtige Wien zeiget folches Durch —8*
treffliche Meiſterſtuͤcke. Das herrliche Luſtge⸗
baͤude Schoͤnbrunn iſt ein ſtetes Denkmal von
dem koſtbaren Geſchmack des Kayſers Joſeph,
und un bie en Earlsfirche , welche Der jetzt glor⸗
regierende Kayſer hat aufrichten la en
* von befien hohen £iebe au der
Wer bewundert nicht den ſchnellen Anwachs
von Dem fchöhen Chürfi, Berlin und die koſt⸗
bare Gebäude, die Der erſte preußifche Friedrich
in und. erhal bie Biete | —5 — Stadt hat u
führen faflen ? Schloß, das auaha
be 5 Die neue —— —— —
e arlotten — ‚
dam, Orani .. Ehen, Wuſterha ufen Ä
39 1 Von dem Alterthum
amd Friedrichsfelden, zeigen, nebſt vielen andern
| Ken Gebauden nicht allein Die Pracht. eines
Königs, fondern auch die beutlichften Merkmaͤ⸗
ler wie weit Die Künfte und, Wiflenichafften am
dieſem Hof empor gekommen find,
Reiſet man nach Bayern, ſo iſt man nicht
weniger eingenommen von det Schönheit der
churfürftlichen Hofſtadt München. Alles iſt
darinnen zierlich „prachtig und ing Auge ſpielend
ingleichem die Daherum liegende fehöne churfuͤrſt⸗
liche Luſthaͤuſſer, Schleuffenheim. und Nym⸗
phenburg. Der neue pfälsifche Churſitz Mann⸗
heim mit feiner prächtigen Burg. Das Schloß
zu Afchaffenburg , zu dommersfeld , nebft den
übrigen churpfalßifchen , churtrierifchen und -
churcoͤllniſchen Pallaͤſten und Luftgebäuden. Die
fächfifche Höfe und. Schlöffer. Das ſchoͤne
Salsthal bey Wolfenbüttel, der Winterkaften
und. Das Löwenhaus zu Caſſel. Derneue Schloßs
bau zu Darmſtadt; Carls Ruhe bey Durlach,
Ludwigsburg bey Stuttgard, das neu angeleg⸗
ke Schloß zu Würkburg , die ersbifchöffliche
und bifchöffliche Gebaude zu Salzburg und zu
Drag, zu Breßlgu, zu Olmuͤtz, zu Bamberg, m
Worms, zu Coſtanz, zu Aumfpurg.u.feto 5 der
prächtigen Prälaturen , Klöfter „ Kirchen und
andrer — an ſchon benannten Or⸗
ten, befonders in Den drey Handelsſtaͤdten Frank⸗
furt am Mayn, Hamburg und Leipzig „ nicht
ju gedenken. Kurtz: man wurde es kaum fich
einbilden Fonnen, was Teutfchland für Ver
und dem Fragen der Baukunſt. 11
| — —S— wenn man ſolche zu⸗
i) Pithmen in einem Werk unter dem Nahmen eis
nes Tihearri GGermaniz heraus geben woͤrde;
wie wir dergleichen von Sitalien, Denent; Sa
sonen, Braband, Engelland, Daͤnnemark und
Schweden haben,
Inſonderheit würde der unvergleichliche Chur⸗
ſ Sr. Königl, Majeſtaͤt in Pohlen, das uns
bare Kleinod von Teutſchland; ich will ſa⸗
‚ Die Stadt Dresden, einer ſolchen Samms
fung Der teutfchen Baukunſt Die gröfte Zierde ges
| Man fiehet hier alles was Italien und
anfreich H stieg und prächtigeg zeigen. Der
roffe Auguft, unter deſſen wuͤrdigſten Scepter
die Voͤlker nicht allein glücklich, fondern auch
münftig, klug und ſcharfſinnig in allen Kuͤn⸗
und Wiffenfehafften werden, befiget felbft,
nach) x ihm beywohnenden Fäniglichen Geiſt,
eine fo hohe Erfindungskrafft in der Baukunſt,
daß fich in allem, was er angiebt und ind Werk
ken läßt, eine recht bemunderngwürdige Doll:
mmenheit auffert,
- Bir wollen uns nicht über die teutſche Srän-
in wagen, noch Die * der Auslaͤnder in
ihren Pallaften betrachten. —— Spa⸗
nien, Engelland, Holland, Daͤnnemark und
Schweden, weilen ung von ihren befien Fuͤrſten
und berübmteften Helden auch wunder ſchoͤne
Denkmäler.auf. Alle dienen darzu, unfern erz
fien Sag zu bekraͤfftigen, Daß Die as *
* grgel
ia Le dem Aiterthum J
—* eine Beſchaͤfftigung groſſer Leute gewer
en ſey. |
Mein zweyter Satz fol diefer feyn. Unter
llen Ausgaben und Beſchaͤfftigungen eines groſ⸗
en Herrn, iſt die Baukunſt eine der edelſten und
nuͤtzlichſten fuͤr das gemeine Weſen.
_ Diefer Nutzen Auffert ſich 1) in Anſehung Dee
Kuͤnſte und Wiffenfchafften, welche dadurch bes
ördert, und 2) in Anſehung der vielen Mens
chen, welche Dadurch gendhret, und 3) in Anfes
ung Des Herumlauffs der Gelber, toelche Das
| wi von einer Dand in die andre geſpielet
werde. s —
Die Baukunſt ſtehet mit allen ſchoͤnen Kuͤn⸗
ſten ig der genaueſten Verbindung. Dieſes zei⸗
get ſich uͤberhaupt in der ſinnreichen Eintheilung
und ſchoͤnen Ordnung, welche ſolche durchaus
heleben muß, und welche, indem fie den gleiche
foͤrmigen Zufammenhang aller einzelen Theile in
dem Ganzen zum Grund ſetzet; eine jede Sache
nach ihrer Natur, Gröfle und Länge, Breite,
Schwere uf f. abmiffet, woraus Die Zeichnung.
— dieſer die Bild⸗ und Mahlerkunſt ent⸗
ehet. en,
- &p bald der Baumeiſter den Grundriß eines
Gebaͤudes entworfen hat, fü zeiget Der Bildhauer
ſich befchafftiget, die Säulen und Bogenwerk mit
Bildern, Auffäßen und andern dergleichen Ziers
| | rathen,
und dem Vutzen der Baukunſt. 18
rathen, zu verfertigen. Der Mahler laͤſſet zus
gleich feine Kunſt ſpielen, um Das Inwendige eis
nes Pallaſtes, oder eines Tempels, mit fehönen
ecken, $iguren und Schilderenen zu bekleiden.
Diele feheinen gleichfam von den Sarben lebens
dig zu ſeyn, und entwerfen den Augen allcs, was
die Natur, Die Veränderung ber Zeiten, Die Ge⸗
ſchichte und die ſeltſame Erfindungen der Dich
ter, fonderbares und nachdenkliches hevorgebracht
haben. Hier ift es nicht genug, daß ein Bild⸗
hauer und Mahler nur wiſſe die Aehnlichkeit eis
nes Bildes zu treffen, fondern es muß ſolches
auch ein gewiſſer Geiſt beleben, ber gleichſam der
Natur felbft fcheinet nach zu ahmen und einem
Bild Die Bewegung der Handlungen und ber
Leidenfchafften zugeben; _ Bey der Mahleren
"wird auch insbefondere noch die Wiffenfchafft Der
Erdmeßkunſt, der Perſpectiven, der Gabeln und
der Alterthümer erfordert; weil fie offt infolchen
Dingen, die Darauf ihre Beziehung haben, ſich
auslaſſen muß.
Es iſt zwat andem, daß man heut zu Tage
viele in dieſen Sachen unerfahrne Bildhauer.
und Mahler findet. Allein, eine Kunft verlieret:
Destwegen nichts von ihrem Werth, wenn fie uns-
glücklicher Weiſe einem Unwiſſenden in die Haͤn⸗
de fällt, ver folche mehr fehändet als zu Ehren
bringt. Es ift jehr merefwurdig, wag. wir in:
ben alten Gefcbichten von dem berühmten Bild⸗
‚bauer Phidias kefen, der Das,groffe Meiſterſtuͤck
Den Coloß des olmmpifchen Jupiters rn |
2 Ss 2 Z \
*
14 1. Don dem Alterthum
hatte; Man verbot nemlich dieſem unvergleich⸗
lichen Künftler zu Ehren, dab kein Selaͤve mehr
die Bildhauerey erlernen folte, damit eine folche
vortreffliche Kunſt dadurch nicht mißchte entehret
und veraͤchtlich gemacht werden. Es iftbekanit
daß in Griechenland verfchiedene groſſe Weltwei⸗
ſen infonderheit Socrates Heratlitus und 28
von der Bildhauer und Mahlerkunſi ihr Band
werck gemacht haben: |
Die Mechanie gehbret als ein narhreenbiget
mb unentbehrliches Stud! jur Baufunft: Die
TERRA HAT ehret uns bie Hröften Ind fehrden
| wer handthieren, fortwälsen und in die
. Höhebtingen. So leicht man auch dieſe Bewegun⸗
— beoden gemeinen —
set, ſo einen ſcharffſinnigen Verſtand muſſen
— ———
Rouͤderwert befrachtet, womit ber berühmte Bau⸗
weiſter Dominico Fontann, Unter dem Pabſt
Sat dem Bünften, die eghptiſche Spitfeule its.
ten auf den S. Petersplak glücklich verſehet und
fgerichtet hat. Wie man Die Riſſe von dieſer
Aufetordentiithen Unternehmung in dem Schau⸗
piatz Des aften Rome (*) nachfehen fan Wit
— hier hr Durd = 137 Zu
- - Withter und Gegengewichter in Bewegung ge
- bracht. Wie artig fpielet bier ein leichte Erbe —
werk, da Waſſer, re
. © Thesum Itdlie, T. H.
Und dem Ya der Baukunſt. 13
er, wie man feiches erft neuerlich erbacht
jenen muß ie
ing d . &o grob die Ar
dem Bauweſen ifh fo Wird > he do von
diefer Kunſt noch weit übertroffen: fo gar, daß
ben ohne mechnke Sanbgrifo in A
Ä — nichts wichti — 2* Werck
Dieſes ſind die Wirckungen bir Dean
in Anfehung der Baukunſt. In einem Allges
memen Sinn aber wird darünter alles verſtan⸗
den, was eine Bewegung hat. Alſo iſt die aan
he Welt nichts anders als ein —5
yer überhaupt) und ein jees Geſchoͤ e iſt of
mechaniſches Weſen insbefondere Tin Gelehr⸗
ter, indem er ohne nem fiaet und feinen
Ä Derrachfüngen nachhänget; A « zwar Fein
F mechaniſches Weſen pörzuftellens nichts
weniger aber ſo iſt ſein überlegendes Nach ⸗
finden ein wircklicher Mechaniſmus, der ſich in
inem Gehirne aͤuſſert und vonden allerfubtäften
ebensgeiſtern fortgetrieben wird. Man verfpie
tt dieſe Bewegung mit vieler Empfindlichkeit,
wenn man Die Kräfftedes Verſtandes zu einen
ſcharfen Nachdencken anſtrenget und beflifien ift
Beroifle Wahrheiten durchdringend zu ı enfonfehen
und deutlich And einander zu wickeln r,/
der gantze Menſch beſtehet aus lauter mecham⸗
— — — —
— — -
Pr
Bewegungen, und die gantze Welt iſt eine
aſchine, weſche im Ganzen ſo mechaniſch
— ein jedes Theil Verfelben BA w. —
6. I Don dem Alterthum
ner Art und Befchaffenheit durch gleiche Dieb⸗
fobern oder Urfachen geſtoſſen und fortgeteieben
pird. Ze Be
_ De nehanifmus macht alfo alle Dinge les
ben, und würde fie bis zur Vollkommenheit fort
treiben, wann Die Regeln ihres Verhaͤltniſſes
nicht Durch Unmäßigfeit und Unoronung geſtoͤh⸗
vet wurden. . |
Die Baukunſt ift ein vortrefflicher Mechanife
mus in einem gemeinen Weſen, eine groffe Anzahl
von Menfchen Dadurch in Bewewegung zu fer
‚Ken und ihnen einen zulängfichen Unterhalt zu
verfehaffen. |
Sie marht die Künfte und Wiſſenſchafften
leben. Diefer Vortheil Dürffte vielleicht einem _
Unvoiffenden von fchlechter Erheblichkeit ſcheinen.
Worzu,mird erfagen, dienen doch in einem Staat
die viele muͤßige Leute, die man Gelehrte nennet?
Worʒu dienen doch die viele Kuͤnſtler, Baumei⸗
ſter, Fabelverſtaͤrdige, Mahler, Bildhauer und
dergleichen ? fie geben ja nur Anlaß
Hoffart und zur Verſchwendung. Es waͤrte
ia viel beffer, man begnügte fich in folchen Haͤuſ⸗
fern zu toohnen,. Die fonder Pracht und Zierrath
aufgebauet waͤren, und die Feiner andern Leute
. bevürfften, als der Maurer und Zimmerlente,
nach dem Erempel unfter ehrlichen Dorfahren,
bie zu ihren Zeiten eine glückfelige Einfalt in ih⸗
gen Hütten beherbergten: die viderlen Auszie⸗
j u En "|; u
\
|
Sand und Kalck, dienen weder zur Bequemlich⸗
keit noch zur Reinlichkeit, und find blofe Kenn⸗
sehen unfrer ausſchweiffenden Einbildung,
und dem Yıazen der Baukunſt. 17
zimgen, Bilder, Schnitwentte über den Thuͤren
und Senftern, nebſt den Mahlerenen auf friſchen
Es iſt nicht zu leugnen, dab öfters alle dieſd
Dinge fehr mißbrauchet werden, Allein, too iſt
etwas fchönes und gutes in der Welt, Das nicht
dem Mißbrauch af gleiche Art unterroorffen ıft?
Die erhabenſte und vortrefflichſte Dinge find Das
von nicht frey. Solte man Deswegen die Kunz
R und Wiſſenſchafften abfchaffen sollen, fo müs
man noch viel ehender den Wein aussuroften
chen, weil Diefer Die Menfchen gu den gröften
nordnungen und Laflern zu verleiten pfleget 5
boch dieſes iſt wohl nicht Die Meynung Des Ver⸗
aͤchters der Kuͤnſte und Wiſſenſchafften: Nein⸗
er wird viel lieber dieſelben in ihrem Werth laffeny
um feine Hochachtung für den Wein aufler Vers
dacht zu ſetzen. |
Die Künfte und Wiſſenſchafften siehen ihren
Veſprung aus dem ebelften Theil des Menfchen)
hemlich aus feinem Verſtand, welcher nach feis
hen weiten Umfang und nach feiner Lebhafftig⸗
keit Sich in duflerlichen Vorwuͤrfen auszudrucken
befliſſen iſt. Er firchet die Begriffe und Entde:
tungen gewiſſer Wahrheiten durch finnliche
Bilder an Sag zu legen; er befchafftinet ſich Das
Gute mit dem Püslichen und das Nuͤtzliche mit
dem Schönen zuverbinden. Es iſt ein Werk des
u Theil, 8 Li.
18 - I Von dem Alterthum
Verſtandes, ein Gebäude wohl anzuordnen, fols
ches gemächlich einzutheilen und durch allerhand
finnreiche Erfindungen angenehm zu machen.
Wolte man diefen Übungen des Verſtandes
hier Graͤnzen vorziehen, fo wurde man ihm Die
gröfte Luft benehmen, fich in Aufferlichen Vor⸗
wuͤrfen auszulaflen. Er wuͤrde in fich Die leb⸗
haffteſte Wirkſamkeit erfticten, und Das Feu⸗
er, welches infonderheit grofle Geifter belebet,
feichfam unnüslich verrauchen. Die Eigens
Koaf des Witzes und des Nachdenfeng, welche
ie Vorzüge der Menfchen vor den Thieren aus
machen, wuͤrde nach und nach fich verlieren; Er⸗
findung, Scharſſinnigkeit, Nachforfchung und
Fleiß aber auffer aller Ubung Fommen.
Es iſt zwar den Weiſen noch eine ganze Welt
zur Vgachtun uͤbrig, wenn er auch gleich mit
den ſchoͤnen Kuͤnſten und Wiſſenſchafften, die
u Annehmlichleit und Zierde Des wenſchhen
ebens dienen/ ſich nicht einlaſſen wolte. Allein,
dergleichen Weiſen ſind in Anſehung anderer
Menſchen ſo wenig, daß ſie gar nicht mit in den
Anſchlag kommen, wenn man von Menf
uͤberhaupt redet. Ja ihre Entdeckungen haben
in der menſchlichen Geſellſchafft uͤberhaupt
ſo wenig Nutzen, daß ſie mit jenen nicht zu
vergleichen ſind. Es iſt demnach eine wichtige
Sache, daß man allen Menſchen uͤberhaupt eine
ſolche Beſchaͤfftigung de wobey der Ders.
ſtand nicht weniger als die aͤuſſerlichen Gliedmaſſen
| u
und dem VNutzen der Baukunſt. 19
rauchet. werden: Damit auf folche Weiſe ber
ft ſo wohl als der Körper feine ſtete Ubung
finden, und eine Hand in die andrearbeiten möge,
Man beobathtet beydes in den Geſchichten als
in der rung, Daß, nachdem Die Künfte und
Wiſſenſchafften in einem Land find in Aufnahm
eroefen, nachdem hat fich auch ber ganze Staat
in einem blühenden Wohlſtand befunden.
Das mofcovitifche Reich giebt uns Davon ein
yanz neues Exempel. Es ift bekannt, in wel⸗
them Zuftand fich weite Provinzen zu En⸗
be Des vorigen Jahrhunderts befanden und wie
ſeitdem diefes Reid) Kauf einmal: jo hoch em»
vor gebracht hat. Die Künfte und Wiſſen⸗
thafften, welche durch die auflerordentliche
Sorgfalt des Iekten Czaars, Petri des I. darin⸗
D
nen eingeführet wurden, find allein bie Urſachen
von deſſen blühenden Wohlſtand.
Nachdem ich num zur Genuͤge vermeyne dar⸗
gethan zu haben, wie nöthig und nüßlich einem
and die Künfte und Wiſſenſchafften find, wel⸗
che in einer Verbindung mit Der Baukunſt fies
ſo fchreite ich nun weiter zu den Handwer⸗
ern. find wenige derfelben, Die nicht auch
mit Der Baukunſt eine Verwandſchafft haben,
dergeſtalt, daß, wo diefelbe nicht gefrieben wuͤr⸗
de, Die Armuth unter Dem gemeinen Volk bald
Überhand nehmen folte. Ja man wuͤrde nicht
wenig Mühe haben, die Freyheit eines müßigen
und leichtfertigen Sefinbes in Schranken su
s 2 ag
20 1. Von dem Alterthum
halten, wenn man ihm durch das Bauen
nicht eine anſtaͤndige eſchaͤfftigung anwieſe.
U — wuͤrde es ſchwer fallen allen und je⸗
den Handwerksleuten eine hinlaͤngliche Arbeit zu
verſchaffen, wenn die Baukunſt nicht waͤre.
Woite man diejenigen, die ſonſt keine Arbeit haͤt⸗
ten, zu Soldaten machen, ſo gebe ich dieſes im
Nothfall zu; womit aber wolte man in Friedens⸗
zeiten fo viel muͤßige Leute —28 wenn
man nicht bauen wolte? Man laͤſſet ſie hacken,
graben, Karn ſchieben, Kalk und Steine bren⸗
nen, und allerhand dergleichen Arbeit verrichten.
Sehet da den Nutzen des Bauens.
Einer der groͤſten Vortheile der zum Beſten
des gemeines Weſens aus der Baukunſt ent⸗
hnge iſt der Umlauff des Geldes, welcher da⸗
urch fehr befördert wird. Um dieſen Satz wohl
zu merken, und nichts von deſſen Folge zu verlie⸗
ren, fo muß man gleich Anfangs dieſe unumſtoͤs⸗
liche Staateregel zum Grund legen, Daß ein groß
fer Landesherr niemals reicher iſt, als wann Die
Unterthanen das Geld in Händen haben. Dies
fer Srundfaß fliefet aus der Nratur und Aus des.
Erfahrung. Ä
Eie jeder Staat gleichet einem Coͤrper, davon
der Fuͤrſt das Haupt iſt; wie aber das Haupt
ſich niemals wohl befindet, als nachdem ber Herz
umlauff Des Gebluͤts wohl unterhalten wird,
alfo wird es audy einem Fuͤrſten an nichts man⸗
geln, wann er nur das Geld in feinem Land je
er⸗
To
und dem Vutzen der Baukunſt. 21
herumlauffen macht. Cr iſt zugleich auch wie
das Herz in dem Menſchen, welches, nad) der
Naturkuͤndiger Bericht, das ‘Blut in dem gans
zen Coͤrper austheilet und durch alle Adern fünfte
li) durchtreibet 5 durch einen wunderwuͤrdigen
Mechaniſmum aber laufft Dafielbige Blut nad)
dem Herzen als⸗ feiner Quelle wieder zuruͤck.
Das Blut in einem Staat ift das Geld; der
Fuͤrſt ifiarinnen Das Herz, Der durch feine Aus⸗
gahen Das Geld den Unterthanen mittheilet 5
diefe kehren das Geld durch ihren Handel
und Wandel um, und die Zölle, Aceiſen und or⸗
dentliche- Auflagen: bringen, e8 wiederum dem
Sürften, als Dem Herzen zurück, ohne Das darun⸗
ter ein Glied vor Dem andern in feiner Nahrung
Anftoß leiden Darf,
Die Erfahrung zeiget ung, daß die Natur in
ihrer- Ordnung niemals irret. Betrachten wir
den glücklichen Zuftand ber Ehurfürftlichen ‘Pros
vinzen Sr. Königl. Majeftät in ‘Bohlen, fo fin⸗
den wir daß Derofelben recht grofimüthige Aus⸗
Haben alles darinn in einem fo begluckten und [0
nahthafften Stand feßen, daß niemand dißfalls
feinen Mangel diefem groffen Monarchen bey.
meſſen Fan, der nicht unrecht einer Duelle zu vers
— die von Guͤtigkeit, Großmuth und
ohlthaten nicht zu erſchoͤpfen iſt.
Wir ſehen alſo beydes aus der Natur und
aus der Erfahrung, was die ge are des Gel⸗
des in einem Land für_groffen Nuten Fhafft.
we B 2 Da
» I. Von den Aitercham
Daß nun die Baukunft vor allen andern Sa⸗
chen dag meifte darzu mit art folches erhele :
let genugfam Daraus, weil faft Feine Handwer ⸗·
fer find, Die nieht einiger mafen damit zu tuun
haben; bergeftalt, vaß dadurch einer ungablihen
Menge von Menſchen Nahrung und Unterhalt
verſchaffet wird. Denn alle diefe Leute machen .
in einem Staat-einen groſſen Theil der Unters
thanen aus; und alle dieſe Leute maflen fich
| wahren, Fleiden und fortbringen, vermittelſt es
Geldes, das fie Durch ihre Arbeit verdienen. D
glſo auf ſolche Weiſe Das Geld von einer Hand
in Die andre gehet, ſo wird dadurch der allgemeis
ne Umlauff de elben itattlich .befördert,
Nun iſt noch J allhier von der Churfuͤrſte
lichen Reſidenzſtadt Dresden und von Dem dar⸗
inn nunmehr glücklich zu Cena gebrachten Fi
niglichen Oraniengarten, als derſelben gröften
Zierde, einige Cewehnung zu thun.
Es iſt ſonder 5 der Hof Sr, Koͤnigli⸗
chen Maieftät in Pohlen, einer der fchönften und
-prächtigften die in der Welt gefehen werben; |
Die Groffen Dafelbft fcheinen fo viele Surften und .
‚ ihre Ballafte fo viele befondere Höfe zu ſeyn.
In allen si mmern des Koͤnigl. Schloffes ſiehet
man einen folchen Reichthum an Koftbarfeiten,
Serätfchafften und Kunftwerfen, daß man die
Einbildung Davon. nicht weiter treiben Fan,
Berlabt man den Hof und durchwandert Die
u ne = Stadt,
und dem Kiunen — 23
Stadt, ſo bemerkt man in SE —
ei Die ſo bie an Dot als Hdufer Manfı
ſk wimmeln, die Dane in
dwerker in ihren Werk⸗
—8 und die kn er bey ihrer Arbeit: ein jes
— ſet die —32 ſeines Zuſtandes und die
gluͤckſelige Regierung feines Königs.
Was fon ich weiter von dem unvergleichlichen
Dre agen, welchen jederman nicht
anders, als mit Merfter Bersunerung, betrachs
ten kann. Ohnerachtet folcher unter die Wun⸗
unſrer Zeiten verdienet gerechnet zu werden,
ſo iſt er dennoch in den Augen des Koͤnigs nur
ein kleiner Garten. (*) Alle Kenner der Baus
Zunft warten mit einem ungedultigen erlangen
auf die von öpelmann, St. Königk
Majeſt. in Bohlen O eriandbaumeifler, verſpro⸗
chene Abriſſe dieſes ſo tube in nen Gebäudes;
100 beydes Die Natur als die Kunſt fcheinen als
les zufammen getragen zu haben, um ein voll
kommenes Werk zu m machen.
— — Majeftät lieffen dieſes vortreff⸗
de im Jahr 1711, in Grund legen;
„gu der Zeit als Diefelben Das hohe Dicariat im.
H. R. Reich verwalteten. Deſſen Fortgang
war ſo ſchnell, als luͤcklich; und weil Sr.
König. Majeſt. ſich —5 — mit eigner hoher Sorg⸗
falt annahmen, ſo ſichet man auch daſelbſt au⸗
4
— — — *
(#) So pflegten ihn der König zu nennen,
34 1 Von dem Alrerthum
was nur die Kuͤnſte und Wiſſenſchafften Erhabe⸗
nes und Schoͤnes hervorbringen koͤnnen.
Die Bogenwerke, die Gallerien, die Saͤle,
die Cabinetter, find nicht allein nach der herrlich⸗
ften und finnreichften Bautunſt eingerichtet, fonts °
dern Die Daben angebrachten Auszierungen, au
SBildhauerfunft , Mahlerey, Derguldungenz
Bruftbildern, Auffägen, Erhebungen und Ders
gleichen, nebſt dem Meichthum des allerſchoͤnſten
Marmors, ber allenthalben in Die Augen glaͤn⸗
ke fegen alle Kenner in die auflerfte Verwun⸗
derung.
Die Waſſerkuͤnſte und Syringwerke, Die Caſ⸗
ceaden, ſamt den Grotten und Baͤdern, find von
gleichmähiger Kunftz und geben zu erfennen,”
aß Se. Königl, Majeft. nichts vergeffen haben,
diefen Platz zu einem der annehmlichfien Luſtgaͤr⸗
ten in der Welt ju machen. |
Die Erfindung des ganzen Gebaͤudes iſt son
den hefperidifchen Gärten genommen, von wel⸗
chen die Poeten gedichtet haben, daß darinnen
goldne Aepfel gervachfen wären, welche der Atlas
unter feiner Auflicht gehabt, Hercules aber wit
fich weggeführet hätte, : =
» Man fiehet detwegen allhier Das Bild bes
‚Atlas; als des Aufſehers der heſperidiſchen Gaͤr⸗
ten, mit der Himmelskugel, oben auf der
groſſen Treppen aufgeſtellt, Hercꝛles srfi *
und dem Yrusen der Baukunſt. 25
dabey in ganzen Bildſaͤulen, Bruftbildern, Cara
tuſchen und Schlußfteinen; da er bald als ein
Beichüser der Muſen, bald aber als ein Heiß
und Übernoinder det Voͤlker bezeichnet wird.
Verſchiedene Masken der Flora und der Diana,
als den Auffeherinnen der "Blumen und "Bau
me, untermengen Diefe Funftreiche Abbildungen.
Überhaupt aber gielen alle dieſe Figuren Dahin,
daß Hercules die Drantenbdume Der hefperidis
Du Gärten, in dieſem entzuͤckenden Auffent⸗
it uͤberbracht haͤtte, welcher nunmehr Sr.
Koͤnigl. Majeſtaͤt, als Dem Hereules unfrer Zei⸗
ten, zugeeignet iſt. Was ſolte man nicht einem
ſolchem Monarchen zu feiner Ruhe und Ergoͤtz⸗·
rgoͤtza
kichkeit widmen, ber die Luft und Die Liebe ſeines
—*
Geſchrieben im Jaht 1724
ng ö MDe
26.15 vlſtoriſche Nachticht
re |
De variis Loeniorum familiis an-
üquis zque ac modernis, expofitio
brevis hiftorica.
1727.
uit quondam gentis Loenenfis in Beigio
Inomen illuftre, diffufumque in multas
. familiss. Verbum Loes originem tra-
hit a verbo Ze, quod verufto Belgarum
idiomate fylvam denotgbat. . v.Mantelii hi.
ftoriam Loffenf, pag. 273. ubi hec verba:
. Gothofreaus de Los &c. per literas Herckenrodana
monaftersco dat faculeareın conſtruendi forefferium
pro Sylva illarum Indonders Looz, quaß dicas Dau-
dinaria .Sylu@:. Loo. enim untiqua noflrs lingus
Ha. Du
Hinc Comites olim Loflenfes vocabanrur
‚Zoez: proprie Losei; vel, prout lingua ver-
nacula id enunciamus, Zobeni; uti ex diplo-
matibus & rabulis genealogicis ipforum Co-
mitum liquer. ‘In matricula Imperü an.
3471. teutonico idiemate Lonæxi nomen ob-
tinent: Latine Loſſenſes, vulgaritet Loen.
vid, hift, Loſſenſ. ſupra allegara. p. 52. It.
Burkens Tropheds d& Braband in tab. ge-
neal. It, mappas geographicas ; ubi Comi-
tatus ſub nomine Leer communiter defigna-
tus, inveniun Ä
3 A . Nee
‘
s
”
von verſchiednen &oenifchen Samilien, 27
Nec confundantnos variantes hujusnomi-
nis le&tiones: Zaun, Lohne, Lan, Löne, Lohen,
Lee, Loes &c. idem eft,quod Loen; nam tem-
oris, loci, infignium ac documentorum ha-
henda eft ratio, Fuit hoc illis temporibus
vitium commune, quod negle£tis fcientia-
rum ftudiis, fere nulla in confcribendis no-
minibus proprüs ratia fuerit. adhibica,
Regebanrur diriones hujus nominis fub
tirulo Comitatus: amnes omnina totiusBel»
gi, feu Germaniz inferioris Comitatus, Lo-
vanize, Elandrie, Hollandiæ, Geldrie, Ju-
Bee &co. antiquisate preecellentes,
Originem ipfam Loffenfium Comirum re-,
tunt fcriptores a Caroli Magni tempori-
us, & preefertim ab Ogero Dano; filio Re-
gis Gotrici, Pari Francise ac Haroe incom-
parabili ‚ qui omnium primus hæreditarius
flenfum Comes füit, Lootſia vulgo Looz,
fcribit Zud. Gwiccardini In defiripe. Belgis. ex
granglatione Regneri Vitelli Fir D- gog. ha-
buir ſub titulo Comitatus perill ſtres aliquot
& famoſos Principes; ceſſitque tandem Ca-
roli Magni donatione Rogerio Dano, uni e
Paribug Franciæ, quos Itali Palatinos dici-
mus: pulcio, Bojardoque & Arioſto in
Poematibus ſuis admodum celebratos.
idem aflirmant Acta Leodieufium Princis
pum, teſtante Pontauo hiſor. Danica, L. IV,
Aquo exinde Ogerio ariginem ſuam Tepe.
28 11. Siftorifehe Nachricht
tendam habent Loflenfes, five ur hodie ſcri-
“ bunt Lonenfes Comites. Postan. 1. cit. Que
vero pia antiquitas de hoc Ogerio finxit &
uibus ejusdem facta ac fara tabellis & can-
tilenis comifcuit, hæc Thom, Barthelsnus fi-
lius, peculiari expofuit commentario, . Hie-
ronjmus Tromba e numero Römanzorum,
Poeta Italus, quadraginta compofuic canrus
in hönorem noſtri Horois, fub titulo : Da.
nefe Vgleri opera bella & placevole d’Armi &
d’Amore. Extat & Chronicon lingua galli-
ca confcriptum, cui tirulus: Oger le Danois,
Due de Dannemarke; qui. fut Pun' des douze Pers
de France, le quel avec le fecoms & 'ayde du Roy
Charle maigne chaſſa les paiens hors de Rome &
remiſt le Pape tn fon fiege &c. Par, 1583. Ä
Rhytmi anriqui de Holgero Dano, ab
Dlao editi, ita incipiunt! |
Gloria Danorum
Daniæque Decus,
Progenies Regum,
Dacus Holgerus,
Japhetice prolis,
Gormoniz fereni
Propago vetufta,
Danus Udgerus,
Fata & Mutariones illuftris ac antiquiffimss
hujus familiæ eleganter æque ac docte de-
ſeripſit Joannes Mantelius in hiſtoria —7 ..
. R 6 ) ,
J von verſchiednen Loeniſchen Familien. 29
fenfi, quam una cum diplomaribus edidit
Laurentins Robyns, J. U, D. Leodii, 1717
Ad hiftoriam Lonenfem ac Loeniorutii fa-
milias faciunt & fequentes feriptöres: Joan.
Mantelii ftemma Comitum Loflenfium,
Tornay, 1655. Ej. tabula chorog'raphica
Principatus Leodienlis & Comitatus Loflen-
fis, Amftelod. 1639. Ejusd, Haflelerum,
feu totius hiftorie Loflenfis compendium, :
Lovani 1673. Fsfen flores Eccleſiæ Leodi-
enfis. Chappeauville ſcriptores Epilcöporum
& rerum Leodienfium, Chronicon Trudenfe;
vulgo S. Thron. Supplement aux Trophees de
Braband ä la Haye, 1726, Thefchenmacheri
Annales Clivia, “Julik, Montium, Marce, Wef-
phalie, Ravensberge, Geldrsa & Zutphanie cum
annot. Joan, Chriſt. Ditmari, Fr, 1721, Hiftoire
de Cambray & de Cambrefis &c.
Major pars provincie Lofſſenſis multis
vexata bellis, Leodienfi cedebatur Eceleſiæ,
Engelberto Epiſeopo, Anno 1361,
Extineta prole maſcula jus & nomen
tranfic ad feminas.: fuerunt hoc ex nume-
10 familie ihuſtres de Duras, Agimont, Rummel,
‘ Heinsberg, Chinei, Dalenbruch & Corsvvaerem,
quæ omnes fe Looz, germanick Zoen ſcripſe-
funt, vid, Mäntelü biſtoriam Lofenfem, Trophtts
de Braband, &c. &s.
s
Notan-
50 2, Siflorifche Nachricht
“ Norändi eriam hic funt liberi naturales
ex Ludovico III, Comite Loſſenſi progeniri
& inter hos Martinus de Loz, qui numero-
fam ac nobilem reliquit pofteritarem, Fu-
it preeterea Baftardus Martinus, Dominus
van der Lamen, qui virtute & prudentia fi
fratres non aAntecelluit, certe adequavit,
egregiüsque factis naralium diluit, Poffteri
ipſius illo dominio fruiti; celebresque fue-
- re, funt hodieque nobiles familie, que ad
Martinum originem fuam referunt, Ha-
buit etiam Ludovicus Loffenfium Comes &
ſui nominis filium de quo apud Mantelium
in diplom, pa ‚45. heec leguntur verba: Lu-
dovicus Loflenfis, filius nofter naturalis:
Martinum vero Loflenfern. fub equitis de»
nominatione Paribus fuis annumerar,
Præter hos, quorumi propago dire&te ad
familiam Comirum Loflenfum referrur,
alii eriam hujus nominis in Belgio clarue-
runt viri, nobilitate generis, virtute, pru-
dentia, factisque egregiis celebres,
Clariores apud hiftorigps hic breviter re-
cenſeamus: N
| An, 1218. Joannis de Loon & Veen, fcA-
binus fuit Duci Sylve. tefte Buthens Tro-
phees de Braband, T. Il, pag, 543.
.
An.
*
.
von verſchiednen Loeniſchen Samilien, 31
An, 1233. Gerhardus de Loen, præſens
fuit cum Otto III. Comes Geldriæ in ordine
y, Arnhemium muris foflis & privilegiis ſu-
is inſtruxit, qu& filius ejus Reinholdus ao.
' 1312, prafentibus Hermanno de Loen dy-
nafta, rata habuic. Tefchenmacher .annal,
pag. 495.
An, 1277. hat Here Hermann von Loen, eis
ver von Adel, den Grafen von der Mark gefan⸗
ge bekommen, verwundet; und auf Das Schloß
öredenpord gebracht. Stangefol. annal, circu-
I Weftphal. pag. 380. it. Northof, chron.
Marcan, T" 1, it, Meibom, pag. 390.
An, 1319, Ducentas Marcas contulit Lu-
dovicas Monafterienfis epiſcopus Do. de
Ahus ex parte Domini de Lon, Nunningi
Monum, Monafterienf, pag. 352.
An, 1363. Otto Lonenfis, vir equeftris
deſignatus, Clivie Comiti in bello contra
Reinholdum & Eduardum, Geldrise Duces,
Germanos fratres. Tefchenmacher, annal,
pP aß. 236, " =
An, 1380. Gilles de Loen ; uxorem ha-
buit Johannam d’Aveloix & de Han, alias
Aveloes, filia fuit Johannis Domini d’Av-
loix für Sambre & Pair de Namur &c. quo-
Tum heres fuit Gautier de Loen, qui ter-
sam Aveloeniem Domino Guilielmo. De-
| pon-
a m. Siftorifche Nachricht
. Ipontis vendidit. Hifeire-de Cambray & de
Cambrefs Pag. 292, | ur
Ao. 1433. Wellelius aLoe cujus Mentio
fit apud Tejchenmacker anal, pog. 293. It, in
Bus codice dıplom. Bag. 79. |
Aao. 1450, Johannes a Loe, Itineris ſacri
Flierofolymitani, quod Johannes, Cliviae
ux, ingreflus fuit, focius, ibid. p. 302.
Ao. 1466. Johann yon der Loe fübferie
plit patta dotaliad Adolphi Ducis Juliacenfig
qui illum vocat unfern Haushofmeiſter. bid
cod, diplomat, Num. 85,
Ao, 1489. Wellelius a Loe cum Pluribus
antiquce nobilitatis viris, prefens fuit, cum
_ Joannes Cliviorum Dux roſam auream con»
Tecratam, quam illi Innotentius VII, Ponti-
fex Roman, transmifit, exhibuir, 7efcherma=
eber annal, p. 321. cujus 8 mentio fit apud
eundem, pag. 326. It, apud Pentanum in hi-
Horia Geldria P. 618. It, apud Stangefol. annal. |
v
Wefphai. Lib. Il. p. 207.
Ao. ı1sög, Duo vivebant Gerhardi a Loen.
Qui ambo Coloniæ Abbates fuerunt S. Mar-
tini. Primus fuit ex familia Weſtphalica,
præclaris virtutum dotibus præditus & re-
gularis diſciplinæ promotor ſtrenuus;
præfuit ſumma cum laude 41, aanos, defun-
| u us
von verfebiednen Loenifchen Samilien. 33
&us 2, d, Auguft, 1547. Alter Gerhardus
a Loen przfuir ı 2. annos, obäit 1570.-
Ao. 1508. Johann san Loen figillum op-
pofuir rabulis Orrwini Ravii Borkenz,: Nx-
zingis Monum. Monaft, P. 184.
Ao. ı542. Johannes de Loen, Conciona-
tor aulicus apud Comitem Benthemenſem
fidelisque propagater Evangelii. Hammel-
mapn hiſt. ecclef. de renato Evangel, in Comitatu
Bertbemenfi P.784. |
Ao.ı583: Gerhardus a Loen, Deputatus
ad ftarus Hollandie Ordinum generales,
Meierani Niederlaͤndiſche Hiſtorien. P. 576.
— — — — —
Ao. 1608. Sebaftianus a Loen, de Ord.
confıed. ad pacem. Caſp. Ens, hiſt. belli civil,
in Belgio XXVIII. P.459. Id, Merani Siftorie
T. I p. 510.
Inter equites teutonicos numerantur Die
von Loe: it die Herren von der Loon. V. Vena-
ker teutſcher Ritterorden. P.479
inter Brabantiæ Nobilee & Vaſallos: Her-
mann & Marcille de Loen. Buthęm Trophees
de Braband. T. I. p.223.
later epueſtris profapie Virgings que.
crum ordinem in clauftro Bößskenfi =
lu. Theil, Ä C | ple-
ı
34... 11 Hiſtoriſche achricht
plexæ ſunt; Anna a Lhonen, Vuningii Monurss..
Pag. 213, 2 | |
- .Dantur pratterea & alii qui fe Dominos
a.Loen a dynaftiis quibusdam hujus nomi-
nis & pr&diis nobilibus fcribunt, ex. gr.
Barones ab Irmenfel, dicuntur Domini de
Loenop Zant apud Herzogenbufch; &Do-
mini de Perfyni eodem uruntur titulo ab
amœniſſimo hujus nominis predio Amfte-
jodamum inter & Ultrajeltum ad Vechtam
ſitum: ſunt eriam in Geldria & in Weſt-
phalicis ditionibus varia hujus nominis lo-
ca. Ex. gr. Burchlben, latine Lofiafrum fedes
quondam Tomitum Loflenfium; Tenger-
. Zoen, Loexibout, Loouen, Luenen &c,
Relique 'hujus nominis familie adhuc vi-
ventes partim fübfiftune in Hollandie pro-
vinciis ‚ Amiftelodami, Delphi, Neomagi;
Arnhemii, partim in Weftphalia, ubi Do-
mini de Loe, dicti Barones in Wiflem, Do-
mini de Loon variis in locis, partim in ci-
vitare Leodii, ubi tria edhuc Loeniorum
fternmata reperiuntur, - | |
ı) Domini de Loen, di&i de Brülfe &c,
‚Recneil beraldıque des Bourgemefters de la Ciıe de
Liege pag. 214. |
2) Domini deLoen, dicti de Kemexhe,
ABid. pag. 360. | | |
| 3) Do-
R
von verſehiednen Coeniſchen Familien. 35
3) Domini de Loen, dicti Barones de
Corswäerem, qui ultimi nerhpe ab antiquis
comiribus Loflenlibus refta defcendunt li-
mea. Fid. Defcense genealsgique de la tres au-
cienne, tres neble & tres illuſtre maiſon de Looz.
Corsuvaerem de Nyel 4c. Butkens Trophées
deBraband, ſupl. T. II. pag. 49.
Reſtat Familia Loenenſis Francofurti ad
Moenum propagata Matthiam pro capite
ſui ſtemmatis agnoſcit, qui ſub fine vixit
ſæeculi 1400. ardo Filio hærede, anno
4552. Conſule, in urbe tunc Hanſeatica,
Venloa. Chartarum ae Documentorum,
quorum Juftusa Loen, Gerhardi ab nepog,
in fua ultimæ voluntatis declaratione, men-
tionem fecit & qua hujus rei lumen accen-
dere poruilfent 3 beilorum.c temporum in-
juria pro parte faerunt perditaac diſperſa (*).
€ 2 Haud
(%) In memorsli ultimæ voluntwis Jufti a Loen fub
. anno 3670. hæc keguntur verba: Nieder die li gen
de Bueter in Venlo und dorumher, Finder m
der eyſeren Caßa drouge dem eifenen Kiſtel mit eis
feren Banden beihlagen und einem geſchilderten
Kiftel aller Beſcheit " ".Dieweil im nieht finden
tau daß ſolche Guetet einiger Zeit profitivet hetten,
als finde vor rhatſam, daß man ſolche alle verfaufe
fe, ohne etwas zu behalten " " vermade von als
lem was Davon fommen wird, den vierten Theil
zu Dienft der Armen, zu Erbaunng und Erhaltutig
Kirchen und Schulen. In dem dinuenen Kiel,
off der Erben flshend, ‚finden ſich alerhand ur
1
s6 MU. Siftorifche Nachricht
Haud tamen Inquirentibus dubium hæret,
. quin illa parem cum Baronibus a Corswae-
‘ rem habuerit originem : Extant hujus rei
: documenta præſtantiſſima, tamratione ne-
minis ac, infignium quam fplendoris Fami-
liæ ac patrix Majorum. Fuit enim
ı) Avorum nomen a Loen, quod primus
lnajus ſtemmatis pater, Matthias, ante 250.
an.ad pofteros fuos transmifit immutarum.
3) Edunt hujus Familie infignia profa-
pie antique documenta certiſſima: Vidi-
mus enim ex eorum laciniis, vulgo Helms
befe, eosdem emicare colores, aurum
nempe & mimium; quibus olim lipfo-
rum Comirum decorabatur infigne : Inpri-
. mis galeæ diadema tortile eft, vulgo Wulſt,
Gallic€ Bourlet falces rubeas aureo tindtas
oftendens, quales olim antiquorum Comi-
‚ram Loflenfium infignia exhibuerunt. Scu-
: tum eft quadripartitum : In prima & quar-
1a aren, ſolo argenteo ‚pelles ſpectantur her-
mionicæ, quales etiam Dominorum a Cors-
waerem oftendunr infignia, qui, uti jam
“ monuimus, ‚originem ab ipfis Comiribus
Loffenfibus petunt; fecunda & tertia area ex
hiber pentaphylum rubrum in folo aureo
” ’ j quo-
“ quitäten und Sachen, fo Durch Den Liebhaber Eöne
nen durchſucht werben. Sed dolendum ! plurima
hæœc Familiæ Loenianæ Francofurtanz documenta
men ad poftoros pervonifle, ,
|
!
von verſchiednen Koenifchen Samilien. 37
quorum tria gerunt Domini de LoendeKe-
mexhe: alii his adjungunt fpicas tres fla-
vas in folo aureo, five, ut alil putant, tres
clavas ex infignibus Dominorum deLoende
Bruſſe de Me
&, &de Velraux. Prorim-
bro ferunt duas ſpicas inflexas, globulistri-
bus interpofitis; quibus diverfis fignis di-
verſæ Familiarum denorabantur lines, Pd.
Urigine des ornemens exterieurs des Armeires. Ds
‚ bis vicinia agros
. mi Schanlox, Cronenburgi. Sicur teftan-
de use documenta fätis ſunt auchentica,
ias hujus,nominisLeodienfes cum Ven-
loenibus unam eandemque trahere origi-
nem, |
‚3) Majores hujus familie patriam cum
aliis nominis iftius gentibus, communerm
haebebant: Commemorabantur enim in Gel-
dria, poflidebantque varia in Venleenfisur-
Kpredia: e. g. Sevenhe-
fur variæ hujus rei liter, contractus ‚em-
torfis & locationis, imprimig documentum
antiquiffimum ab an, 1468.
4) Quibus argumentis accedunt circum-
ſtantiæ Fuerunt enim hujus familie Ma-
jores ex primariis’in civitate runc Hanfeati-
ca Venloa : fplendore, dignitate, opibus &
rerum publicarum cura fpeftatiflimi ; nec
ignorant hiftorigrum periti, restunctempo-
ris in Brabantie poft mortem Caroli Bur-
gundici ira turbatas fuifle, ur complures ex
| C3 par-
y
ss” IE q iſtoriſche Nachticht
partibus nobilium, ſecuritati publicæ haud
credentes, ad loca munita ſe receperint, ibi-
que cauſæ communi & private meliuscon-
— ere putabant; neo ipſius, nec familie de-
decori habebant, muneribus publicis ac ma-
iſtratu fungi (*): Temporibus in primig
Eellicofiffimis » quibus libertaris ftudium
omnes incendit Belgarum animos. Fruit
. porro Venloa Urbs Hanfeatica, an, ıf63,
cum ftatibus Hollandia liberis’ conjuntta ;
ab Hilpanis vero ſub Parmenfi Duce anno
1586. obfeffa , & fubconditionibus traira;
quas- inter alios, Sebaftianus a Loen, adhoc
pego tium deputatus, ſubſcripſit. Sed rur-
baris poft in urbe rebus, ac fatalibus exortis
circa religionem motibus , Loenenfis fami-
lia, protellantium doctrinæ addicta alig con-
ſilia quærenda fibi putabat; Coloniamque
petiit primo, poſt Francofurti ad Moenum
propagavit Genus,
5) Majorum hujus flemmatis fücceffio
non interrupta, qualis illa ex chartis & docu-
mentis uberrimis apud ‚pofteros aflervaris
viderilicee .- — |
Ma-
(*) Quod dignitates ſenatoriæ in civitatibus Belgici
tune tempore nobihbus fuere cellatz de hujus rei
certitudine teſtimouia affert la Roqué in ſuo tracta
tu de nobilitate Cap. 92. Du droit de Bewrgesiffe
& de Mairie & comme plufienrs & communauses ont
afet la nobleſſe er leur maires, Gomvernenrs &
Bourgemefires, - |
von verſchiednen Loeniſchen Familien. 39
| Matthias ‚ vulgo Theis vivebat circa an-
, num 1490.
. ı5g2. Gerhardus a Loen, Confül in urbe
Venloa. Zu
1583. Geerhardus a Loen Deputarus ad
Status Hollandie Ordinum generales.
1585. Idem Senior Scabinorum.,
1586. Frater ejus Sebafltanus aLoen, De-
putatus fuir ad Parmenfem Ducem , ut de
articulis, quibus illi urbs Venloa tradererur,
componeret, quos tractatus & ipfe fublig-
navit d. 28, Jul, |
1608, Idem delegarus ex ardine Gonfoe-
eratorum ad pacem: teſte Caſp. Ens de
Ken civili L. 28. Id. Meteran. T. II. pag. 510,
obür. |
1610, Gothardus a I;oen, heres preedio-
zum Sevenhemiorum ex teflamenta patruc-
lis füi Gorhardi, Uxorum kabyie Annam de
Lumen, generoſæ propaginis & indolis fœ-
ID. 2 j
1660. Obiit Iuftus a Loen qui patriam
pertor morusbellicos exantlaram ac deitru-
amrelinquens, primusfedem fixit Franco-
fürtiad Moenum, ubi negotium füfcepit
magnum & copiolum, Viennz inter Ar- .
S—— vulgo Niederleger, quos Leopol-
us Imperator nobilitavit, ex primariis.
4. "1703.
40 Mi Das Mievergnuͤgen.
1703.Obiit Francofurti JoannesaLoen qui
magna Commercia patris, aft impari fucceffuz,
eontinuavit. Fata habuıt inimiciflima; vir
alias prudens & rerum gerendarum capacif-
fimus. Ex prædiis tam in Geldria guamin -
terris Werteravi& fiitis haud lucri capiens,
premebant illum peftis Vienne,. ac armo-
rum ıam in Hungaris quam in provineiis
zhenanis faror. A domeſticis fuis, ab ami-
———— prævaricatus, oppreſſus,
us,
Inter liberos II. quos reliquit duo tantum
filiorum, ‚Michael nempe & Paulus a Loen
propagaverunt. genus: primus Francofurti,
alter in Silefta ;ultımo ad huc ſuperſtite.
en
”
* 2 nr -
UTELTUTLITETETDEDLT
b - III.
® @ °
Das Misvergnüge
f Ay,
248 gibt gewiſſe verzärtelte Semüther, die
— durch den Genuß einer langen Gluͤckſe⸗
feit über Die geringfte Wiederwaͤrtigkeiten auffah⸗
ten, und welche deswegen allen Leuten ihr Mis⸗
vergnuͤgen mittheilen wollen ; die Leidenfchaffs
ten machen mehr Unglückliche in der Einbildung
als ein wuͤrckliches Ubel Unglurflichein Der That?
- Man
m. Das Misvergngen. 41
Man ſiehet ſich oͤffters in dem Genuß der
— — — —— —
vornehmſten Giuͤcksguͤter, wenn man ven Geis
ten feiner Gemüthsregungen am meiften zu be⸗
klagen iſt. Man fuchet fein Vergnügen auſſer
ſich, ja man fehnet fich nach gewiſſen Dingen,
die, wenn man fülche erlanget, uns in Dem
Genuß alle Sreüde benehmen.
| lich, wann fie fich ihres Gluͤcks recht zu
Die meiften Menfchen wären vielleicht glück
163
ven wuͤſten; und wann fie Dasjenige nicht für
ein Unglück hielten, was ihren Begierden wie⸗
derſtehet, ihren Eigenwillen bricht und ſie klug
machen koͤnnte, wann es ihnen anders darum zu
s
- Wie wenig bedarff ein Weiſer um sergnigt
zu ſeyn! Und wie vielmüfte ein Reicher entbeh ⸗
tn, um fo gluͤcklich zu werden! —
Was nutzen ung die Güter Des Gluͤcks, wann
fie unſre Ruhe ftöhren? Wann fie ung mit tau⸗
d Sorgen plagen? und wann wir unter Det
Laft fie zu erhalten und zu vermehren zu Boden
fingen? Elender Genuß ! der ung leiden macht.
Unfhägbare Reichthuͤmer! die ung die Weis⸗
beit ſchencket und zu welchen nichts als ein gutes
Denen und ein ruhiges Gemürh erfordert
ird.
Der allein ift gluůcklich, der mit feinem Zuſtand
zafrieden lebet, Der Die Sit Die er befiken en
ie en Die
42 II. Das Mievergnügen.
nünftig; aebratichen weiß, und derjenigen ent⸗
behren kann, die ihm mangeln.
Die Guͤter des Gluͤcks erlanget man zufaͤlli⸗
ger Weiſe; Die Güter der Natur aber findet
man allenthalben: man erkanget fie ohne Mühe
und befist folche ohne Sorgen. Ein Weiſſer
Tann das Noͤthige erwerben und dag Überflüßi
ge entbehren. r, iſt eben ſo groß in einer nie⸗
drigen Schaͤfer⸗Huͤtte, als in einem groffen Pal⸗
laft. Der aufferliche Glanz kann ihm nihtsges
ben, und das Gi nichts nehmen. : Seine
Güter find ihm eigenund die Quelle, woraus fie
fliefien, verfeiget nie, weil fie ihren Urfprung in
GOtt hat. Er iffimmer reich immer glücküch,
immer sergnügt, Seine Demuth haͤlt ihn von
hohen Dingen und groffen Unternehmnngen zus
DR a er a =
Gefahr gelanget, ſolche nie |
noch ohne Verdruß verliehret. . ka enief
fet Das gegenwaͤrtige eben in Ruhe und eine
fich nicht vor dem Zufunftigen. _ Er weiß, da
ein Geiſt, der aus GOtt ift, fich nirgend hin,
als nach feinem Urſprung Fehren kann.
Unfelige Zärtlichkeit! fehädfiche Empfinduns
gen ! Die unfte Degierden nagen und ung beres
den wollen, daß wir das Gute liebten. Waͤre
— eg A ſo würde es unfer — —
igen, unſre Neigungen empor ziehen, und
das Feuer unſrer Leidenſchafft toͤdten.
Ar
m. Das liovergnügen 43
Arwmſeliger Verſtand! du mehreſt unfer Lei⸗
— du bi , = —
dern zu quaͤlen. Du reitzeſt unſer Hertz dur
die Vorftellung des Schoͤnen und Guten. Wa⸗
rum laͤſſeſt Du uns nicht auch Die Wirckung da⸗
von empfinden? Wag hilfft es ung, wenn. wir
die Tugend und die Weisheit fieben , wenn wir
folche Doch nicht erfangen noch ung Meifter von
unſern Begierden machen innen?
Was nutzen uns die Wiffenkhafften, da ſe
uns Doch nie eine Sache recht im Grund einſe⸗
ben laſſen, und ung, wie der Weiſe ſagt, nur
Graͤmen und Nagen des Geiftes verurfachen ®
Was Hilfft uns alles Wiffen, wann wir nicht
wiffen, wie wir ung vergnügen follen? |
Es bleibt ung ſo viel verborgen, daß dasje⸗
tige , was wir wiſſen, Dagegen fo viel als nichts
heiſſet. Man ſucht Weisheit, und findet ſie da
am wenigſten, wo man ſich Darauf das meife
einbildet.
Die Freyheit, die Geſundheit und ein vers
gnuͤgter Muth, fiheinen mic in der Welt noch
Die geöfte Gitter zu fen, und dennoch achtet
man ſie am wenigften. Man macht fich Damit
nicht geoß, wenn man fie bafiget, und ift Doch
memals Fleiner , ala wenn fie ung fehlen,
Alles. fcheinet mir zweydeutig und toicberfbre
hend. Ohne Geld und Güter Fann man nicht
et J eben
4 IH. Das Mievergnuͤgen.
leben, und dennoch machen ſie uns nichts als
Sorgen und Unruhe. Man iſt uͤbel daran, wenn
man armiiſt, und iſt Doch eben fo wenig vergnuͤgt,
wenn man reich if. Wir koͤnnen die Reichthuͤ⸗
mer. weder verdienen noch erhalten. Eine Ei⸗
genfinnigkeit Des Gluͤckes, oder beffer zu teden,
Die Zufälligfeit gewiſſer Umflände, giebt folche
ohne 13 und andre dergleichen zufällige
Umſtaͤnde berauben ung derfelben wiederum ,
vhne daß wir Durch Weisheit Das eine erlangen
und das andre verhindern koͤnnen.
Warum koſtet es Doch fonielein wahrer Wei⸗
fe zu werden? Sich bin bis auf mich ſelbſten.
Ich haſſe mich, daß ich hier fo wenig , wonicht
gar Feine Fortgaͤnge mache. Wird Dann Darzu
noch mehr erfordert, als daß man das Gute lie
bet? Es muß wohl folgen, dann fo viel ich mich,
felbft prüfen Fannn, fo aehe ich aufrichtig in Die
Sachen ein. Sch weill, und will immer, und
Doch bleib ich wie ich bin: unruhig, empfindlich,
mispergnügt, wanckelmuͤthig, ſchnell, hikig,
voller Eiffer und voller Anſchlaͤge; und Diefes
alles ben täglich neuen Entfchlieffungen, dieſes
nicht zu fern. O mie ſchwer iſt es Herr über
ſich felbft zu werden! Arme Philofophie! Kanft
du dann keine befiere Menfchen er Doch,
Du befcheideft did), Du kenneſt deine Schwäche,
du weiſſeſt mich felbft zu der Religion, als zu
einem höhern Licht. Sch will die
| folgen. - | |
| IV. Epi⸗
— — — — —
IV. Epicuriſche Gittenlehvediebefe. 45
| IV.
⸗
Eicuriſche Sittenlehre Die beſte.
Ipfam voluptatem putavit premium
Epicurus extra omnibus laboribus
Mortaliunaque tendere huc bona emnia
Ac ne ob voluptatem imprebam hanc laudarier,
Quis croderet,, moderatus & caftus fuit, -
Dum vixit ille, dogma moribus probanr.
j i ‚ Geerg. Nazianz, Jamb, IB,
o iſt es, mein Freund, id) bin ein Epis
8 curer; ärgern fie ſich nicht Darüber. Sich
denke bey diefer Secte noch ein recht guter Ehrifl
iuwerden. Das Ehriftenthum ift aller Heu⸗
cheley zuwieder; wo findet man aber ehrlichere
und qaufrichtigere Leute, als unter den Epicu⸗
ten? Sie find wie fie find. Sie verftellen ſich
nicht; fie erfennen ihre Schtwachheiten; fie bes
mühen fich diefelbe zu verbeffern und Die Laſter
durch Maͤßigkeit und Tugend zu uͤberwinden.
Das Chriſtenthum will eben dieſes. Die Epi⸗
curer ſind artige gefaͤllige Leute, die jedermann
chen mit Liebe und Freundſchafft zu begegnen.
olten nicht die Chriſten eben fo ſeyn? Sie ſu⸗
den ihre Wolluſt in ihrem Vergnoͤgen; the
Vergnuͤgen aber beftehet in ver Weisheitund in
der Unfchuld. Was ift dem Ehriftenthum ges
mäfler? Sie lieben die Ruhe, den Frieden, Die
Ordnung, und fireben nach allein was in
un
46 IV.Epicuriſche Sterenlehre die beſte.
und gut iſt. Was kann erbaulicher ſeyn? Sie
üben den Verſtand in guten Betrachtungen, in
Fünfter, in Wiffenfchafften, und in lauter ſol⸗
dthen Dingen, die zur Verherrlichung des Schoͤ⸗
pfers dienen. Auch Diefes geziemet ſich volkfoms
men fuͤr einen Chriſten. |
Es iſt wahr, daß Epicurus, als ein Heyde,
in ber Erkaͤnntniß des wahren GOttes nicht weit
gekommen war. Er vermochte e8 aber nicht :
GOtt hatte fich ihm nicht, wie uns, zu erfen«
nen gegeben; allein, Deito mehr mar er sw bes
wundern, Daß er bey einer fo dunfeln und vers
wirrten Erfänutnif, Die et von dem göttlichen
Weſen ‚hatte, Doch nichte deſtoweniger weiter
Sam als wir; Die als unmige Knechte des
HErrn Willen wiſſen, ohne ihn zu thun.
Lpyicurus glaubte keine Götter; war er aber
Deswegen gottlos? War unfer groffer Leibnig
Deswegen Fein Chriſt, weil ein paar: italiänifche
Schiffer, Die ihn von Genua Überführten, ihm-
bey entſtandenem Sturm den Rofencranz nicht
in Den Bänden fahen; und Desmegen ausıwefen: -
Non € Chriftiano. Epicurus hatte die Thor
heit des Aberglaubens und der Abgötteren fogut
eingefchen, als einer der alten Weitweiſen. W
under, daß man ihn Desmegen- verfegerte.?
hut man Diefes nicht auch noch heut zu Tage?
Wie oft heißt es: Man glaubt nicht an unfern
lieben HErr GOtt, weil man gewiſſe Ceremo⸗
nien nicht mitmacht, oder nicht alle Traͤume⸗
J— reyen
|
®
IV. Epieurifche Sittenlehre die beſte. 47 |
dien ber Dfaffen für Heilige Warheiten
w |
annehmen wi
Epicurus ſahe wie unwürdig und abfcheulich
man der Religion misbrauchte, da man ſich
nicht fiheuete die fehnödefte Dinge unter dan -
Schein des Gottesdienſtes auszuͤben, alfo, daß
er wohl mit Recht ausruffen konte: |
Religio peperit fcelerofa arque impia facta.
Gaſſendus (, der groffe Vertheydiger dieſes
ehrlichen Mannes, hatte deswegen Urſache an⸗
mercken, daß Epicurus mit nichten als ein
end der wahren Rei ion zu betrachten fen, ba
er viehmehr , weil er er aufrichtig nachge⸗
firebet, die falſche Vorſpiegelungen und B
truͤgereyen, die auf lauter Gottloſigkeit hinaus
liefen, vernuͤnftig verabſcheuet haͤtte.
Quare Religio pedibus ſabjecta viciſſim
Obreritur ; nos exæquat vi&toriacalo. (*)
Seehen Sie, men Dar, in welhen Sim
ein Epicurer bin. Ich will auf alle groſſe
ennungen Verzicht thun und ruhig leben. Ich
will den tollen Heldengeiſt verachten, den der
Hochmuth zeuget; ich will nur darauf befliffen
a, als ein ehrlicher Mann durch die Welt u
mmen ; und dieſes fo getnaͤchlich, fo ange
| u nehm
— — —*
48 IV. Rpicuriſche Sittenlehre die befte,
nehm und mit einer fo reinen Wolluſt als es
immer die Regeln der Drdnung erlauben, Des
nien ich mich unterroorffen erfenne. Was nuket
Berftand und Wis und Klugheit, wenn ich
dadurd) meinen Zuſtand nicht verbefiere und
mein Leben glirekfeliger mache 2 Der Endzweck
aller Menfchen ift, Daß fie gerne gute Tagehae
ben imd ein vergnügtes Leben führen mögen.
Waoarun ſollte ic) heucheln, daß ich auch fo ge
finnet wäre? Laffet ung aufrichtig ſeyn, wann
es Ihnen beliebt: Die Scheinheiligkeit und die
Verſtellung ſchicken ſich gar nicht für einen ehrli⸗
een Mann; ein Chriſt aber muß ein ehrlicher
Mann im vollkommenſten Grad ſeyn. Ermuß
Du Pi Wahrheit Neben undallen Grimaſſen feind
Ich nehme alſo die guten Tage ganz gernean,
‚ wenn ich fie haben Fann. Barum wollen fie
mir folche verdächtig machen? Waͤre ich niche
undandbar gegen GOtt, wann ich mich nicht
Dabey erfreuen und vergnuͤgt feyn wolte: Ich
denke vilmhr: — |
ùheus nobis hæc otia fecıt.
Ich wünfchte ihm dafür recht Danckbar zu ſeyn,
ioh menne immer, ich wäre es nicht, wann ich
nicht auch wergnügt bin. u.
Es iſt Winters ich kann das Vergnügen der
Landluſt nicht genieffen. Ich fiße Dagegen an
“ einem Caminfeuer, mit, ausgeftreckten Fuͤſſen
und mit einem Buch in Der Dand. Der so
i
Fr
: IV..iEpieneifche Sittenlchre Die beſte. 49
|
r
ift auf einem Lehnfeflel in einer Ecke, zwiſchen
wey ſammeten Küffen, — en. Ei⸗
ne Pfeiffe Knaſter bey einem Schaͤlgen Thee iſt hier
das Labſal eines philoſophiſchen Grillenfaͤngers,
der auf einem fo gemächlichen Sitz ſeinen Gedan⸗
len fteyen Lauff laͤſſet, und die Thorheiten der
Menfchen belacht, Die aus "Begierde nad) einges
bildeter Ehre und nach groffen Schäßen ſich als
er Annehmlichkeiten diefes Lebens berauben, Dix |
ih haben Fönnten, wie ich.
Es giebt Leute, die fich einbilden, Die Tugend .
nde in einem rauhen, ernfihafften und
ſe es Doch meiftenthäils eben fo gut und fo gemaͤch⸗
ſchwermuͤthigen Weſen. Diefe Anachoreten
* ea, nr ge — —
wachen GOtt zu einem ordentlichen Tyrannen;
fie glauben, er hätte ein eignes Vergnuͤgen und
leiden zu fehen ; fie haften es deswegen für eine
Grfliche FRothioendigkeit, ich aller seitlichen
Güter zu begeben und mit Fleiß ſich zu quälen.
Beydes, die Sprache der Natur als der Reli⸗
gioh, find bey mir ganz anders. Ich finde Darts
innen lauter Kegeln zur Gluͤckſeligkeit, zur Ge⸗
müthsruhe und zu einer vernünftigen Freude.
Als, was übertrieben ift, entfernet fi) von dem
Zel der Natur und der Xeligion. Die Tugend
it einfältig, und Die Weisheit gründet fich auf
Warheit und Unſchuld: fie liebet die Freyheit,
und haffet alles gezwungene Weſen. Socrates,
ſato und Epicuc gefallen mir deswegen weit
er als Ariftoteles, Zeno und Seneca. Die
# fuchen ihr Vergnügen im den wirklichen
I, Theil D. Empfins .
so IV. Epicuriſche Sittenlehre die befte.
Empfindungen der Weisheit, die andern in blofs
en Künfteleyen und Nahmen. Ariftöteles ins
nderheit war ein bloffer Srillenfänger ; er hats
te eine Freude an den GSubtilitdten feines Ge⸗
birns. Es waren ben ihm nichts als Spinnes
weben, darinnen ſich die Fleine Seifter wie Die
Mücken fingen, und welche zerrifien, fo bald
man fie anruͤhrte. Zeno hatte groffe Eigens
ſchafften. Er war der Stiffter der floifehen
Secte; und dabey ein weiſer und ehrlicher.
Mann; allein feine fchwarze Galle verbitterte
feine Tugend mit einem allzu gegmungenen We⸗
Er Er Fannte wohl ihre firenge Ernfthafftig-
keit, aber nicht ihre natürliche Einfalt und An⸗
nehmlichfeit. Seneca flach ein wenig auf einen
Heuchler. Er war bey allem Beſitz der Keich-
thuͤmer ſtets mißvergnügt und verdrießlich; was
hätte er nicht gethan, wenn er waͤre arm geweſen?
Dan er gewußt, was man mit dern Gelb ma-
en foll, 10 hätte er nicht vonder Verachtung Der
Reichthuͤmer gefchrieben, und folche Doch ſtets zu
vermehren geſucht. ——
Die Epicurer uͤbertraffen alſo in der Kunſt
vergnuͤgt zu leben die Stoicker weit; ſie erkann⸗
ten beyde, daß die Ungluͤckſeligkeit der Menſchen
von der Hefftigkeit und Unordnung ihrer Be⸗
gierden herruͤhrte. Jene ſuchten deswegen ſol⸗
che zu mäßigen und in Ordnung zu bringen;
Diele aber molten folche gar ausgerottet wiſſen
und fich zu unempfindlichen Menfchen machen.
Jene trafen es am beften an: fie‘ fahen Daß der.
| | Menſch/
IV, Rpicuriſche Sittenlehre bie befte. 51
Menfch, vermittelft dem Gebrauch feiner Ver⸗
nunft, wohl feine Handlungen nach gewiſſen Res
n der Weisheit einrichten und Dadurch feine
ierden im Zaum halten koͤnnte; fie empfans
ben aber auch zugleich, Daß der Menſch doch feis
ne ganze Natur nicht verändern, noch vielmenis
ger die Menfchheitgar auszugiehen vermochte; fie
wachten fich alfo folche Regeln, welche die Pas
tur des Menfchen. anzunehmen fähig tar. Da
Im Gegentheil die Stoicker Die Sache übertrie
den und alles. in die bloffe Einbilbung arbeits⸗
ten: fie wolten dem Körper Die Em Büchteh
benehmen, Die Doch eine Wirkung des Lebens ift:
Sie meynten durch Die Stärfe ihrer Einbildungss
kafit fich Das Gefühl der Schinerzen zu bench«
men, wann fie auch gleich in einen gluenden
Oochfen geworfen würden. Dein fie verguffen
bey diefen Megeln die. Menſchheit. Es war ein
| rg Gedanke, der nur den Verſtand b
wann ber Körper nicht leiden müfle
Epicurus fahe demnach die Sachen viel —*
Und aufrichtiger ein, Er ober daß es ein bloffer
trug war wann fich die Vernunft fo viel heraus
nahm, daß fie fich ſchmeichelte, alle Empfindun⸗
gen der Sinnen zu unterdrücken, Er fuchte fie
Deswegen weder zureiken noch unordentlich zu
edigen; fondern. ihnen. eine fülche rt des’
Vergnuͤgens zu geben, wie es die Befchaffenheit
eines vernuͤnftigen Weſens mit fich bringet.
Beil nun alle Laſter und’ wilde Begierden dem
tuhigen Beſtreben eines vernünftigen Weſens
Ze D 2 wis
52 IV. Epicuriſche Sittenlehre die beſte.
4uroiber find, fo erfannte er bald, daß man ir
allen Stücken der Tugend folgen müfle, wenn .
man anders vergnügt, das ift, glückfelig leben
wolte. Da nun aus ber Uebung der Tugend
ben ihm ein wahres und füffes Vergnügen ents
fiund, fo nannte er dieſes Vergnuͤgen eine Wol⸗
kufl. Der norrzefiche Herr von Haller hat Dies
fes in folgenden Werfen nach feiner ihm beywoh⸗
nenden Scharffinnigfeit fehr nett ausgedruckt :
O Schooskind des Geſchicks, erfeuchter Epicur!
Du fandeſt nur zuerſt der wahren angebfpur.
Nicht jenes Wahngeſpenſt, Das Zeno ſich era
| oo dichjet, we
Das nur auf Dornen geht; zu Cie fi ver⸗
On pflichte;
Die Welt zum Kerker macht, mit Muͤh ſich
RER Quaal erfift
„Und. unerteäglicher als alles Uebel iſt.
Hein, nein, fie ſcherzt mit Dir & deinen ſtillen
rten
Ste gab dir Luſt und Ruh zu ewigen Gefährden ;
Sie theilte jedem Stand feineigen Gluͤcke zu:
In der Geſundheit Luſt, und inden Schmerzen
| Wie Bienen füffen Safft aus hedeh Wermuth
en
So brauchteſt du zur Luſt, woruͤber andre Hagen.
Du nahmſt mit gleichem Aug was die Natur
, dir ab, .
Die Schmersen mit Gedult, Die Wauſt freu⸗
J EEE ab. Und
| _Un
IV. Epicuriſche Sittenlehre die beſte. 53
Und lieffeft ohne Wunſch in ſtetigem 7
Dein Leben ungezehlt, nach ſeinem Ende flieſſen.
Ihr, die den Weiſen haft, weil er euch übers
Ä rifft
Speit nur auf feinen Ruhm De Mißgunſi
| es Gifft.
Die Tugend, die er lehrt, gefällt der wildſten
| gen
Und feine Wolluſt iſt ſo keuſch alseure Tugend.)
Die Woluft des Epicurs war alfo nicht
minder rein als Die Tugend der Stoicker. Bey⸗
de traffen Darinnen mifeinander überein, daß der
Menſch durch nichts anders vergnügt und glück-
lich werden koͤnnte, als durch die Ausübung der
Tugend. Nur hatten die Stoicker Feine fo edle
Einfalt und Aufrichtigkeit wie die Epicurer. Sie
hatten mit ihrer Einbildung zu viel zu thun, weil
fie ftol; waren und fi) mehr Stärfe als andre
Menfchen anmafiten. ihre Lehrfäße waren
hart, rau, und lieffen wider die Menfchheit :
der Epieurer ihre aber waren der Natur ges
mäß : fie fuchten folche nicht zu verderben und
otten, fondern nur edler, reiner und vor⸗
trefflicher zu machen.
D 3 Ich
(*) Dieſe Verſe ſtehen nicht in den gedruckten Wer
fen dieſes beruhmten Dichters, ſondern find ei⸗
nem guten Freund, als ein Zufaß zu p. 52. nach
den Worten: Ind wird nicht ungernflerben,
von demfelben mitgetheilet worden.
*
14 IV, £picurifihe Sitrenlehre die beſte.
Ich leſe ben Seneca gar gern: ich bewundre
eine Scharfſinnigkeit, feine erhabene Art zu den⸗
n und feine Süße, die voll des feinften Witzes
nd; allein Die Gedanken verflattern, Die Hands
en aber machen des Menfchen Gluͤck und
entitheiven feine Gute. Semeca klaget immer
bep feinen Reichthuͤmern. Die Armuth wuͤrde
ihn noch viel weniger getröflet haben, Das
ee hätte beydes feinen Schägen, als
einen
gegeben. | |
Wie ſchoͤn prebiget nicht dieſer Weile ?
Neceflario ille magnus apparet, qui nun-
quam malis ingemuit, nunquam de faro- fuo
queftus eft, fecit multis intelletum ſui &
non aliter quam in tenebris lumen eflulfie :
sdvertitque in fe omnium animos, cum ef-
fer placidus & lenis & humanis divinisque
rebuspariter aquus, Haber perfectum ani-
mum ad fummam füi addudtus, fupra quam
nihil eft nifi mens Dei, ex qua pars & in hoe
pectus mortale defluxit: quod nunquam
magis divinum eft quam ubi mortalitatem
ſuam cogitat & fcit in hoc natum hominem
ut vita defungeretur, .nec domum eſſe boe cor-
pus [ed hoſpitium & quidem breve hofpstium quod
relinguendum eft, ubi te gravem eſſe hoſpi-
ti videas, Maximum argumenrum eft ani-
mi ab altiori venientis fede, fi hec in qui-
‚ bus verfatur humilia judieat & angufta, fl
exire non metuit, ſcit enim quo exiturum u
| | rg
"
Wiſſenſchafften / erftlich den rechten Werth
|
\
|
IV, Epicuriſche Sittenlehre die beite. 55
qui,unde venerit,meminit. &tc.(*) Solte man
vicht denken, Seneca fen ein Apofteldeg Cvangelii
geweſen? Allein, man fand uͤberaus viel an ſeiner
diufftihrung aus zuſehen. Er gab der Satyre fo viel
Stoff, als dem menfchlichen Gefchlecht gute Leh⸗
ren, Veberhaupt ſcheinen mir die Stoicker eine
Art unfrer heutigen Pietiften zu fenn, Die alles
tu ſtark in Die Einbildung treiben, und mittier⸗
weile, Daß fie im Geift gefchäfftig find, Den Leib
der Sünde fiberlaffen. Sie ſchicken fich vor⸗
tefflieh zu Scheinheiligen und Heuchlern Koms
men fie zu Kohen-Xürden und Ehrenftellen, fo
werden fie Das Anfehen der ‚Delden und Der
een davon fragen und die ganze Welt durch
ihre Nerftellungen hinter Das Licht führen.
Ich liebe ein natürliches Weſen und ich glau⸗
ber daß folches meinem groſſen Schöpfer und
Erhalter auch) befier gefällt, als der Zwang einer
Weisheit, die fich gegen die Natur empoͤret,
und. die nicht von ihm herkommt. Ich weiß /
daß er die Aufrichtigfeit und bie Einfalt liebet,
und daß er im Gegentheil nichts fo fehr als dem
—5 — und die Einbildung der falſchen Wei⸗
en haſſet.
Ich Halte GOTT durchaus für das alergh⸗
e und fiebreichefte Weſen. Ich bin gewiß⸗
daher ung ordentlicher Weiſe Fein Leiden verur⸗
facht, fenderm daß die Schmerzen und Die. teb
denfchafften, welche unfer geben beſchwerlich und
4 un⸗
— —
. (#) Sen. Flores. p. 212-
56 IV. Epicuriſche Sittenlehre die befte.
unglücklich machen, insgemein nur die. Folgen
unferer Schtwachheiten und Unordnungen find;
. und Daß, 100 er ja.aus befondern Abfichten ung
gurveilen geiden macht , folches nur als eine
rt Der Zuchtigung zur Beſſerung, oder als ein
Deilsmittel zur Genefung zu betrachten ift. De
Dentlicher Weiſe aber geſchiehet ſolches nicht;
das Gute wirkt die Gluͤckſeligkeit, das Boͤſe
aber ziehet ſeiner Natur nach, allein das Boͤſe
nach ſihh. 7
„Man bilde ſich alſo nicht ein, daß man ben
Gütern der Welt feind feyn müfte, um tohl
mit GOtt zu ſeyn. Nein’; man muß vielmehr
das‘ Gute in allen Gefchöpfen lieben, um den
Schöpfer dadurch zu verherrlichen. Warum
folte man mir den Genuß eines Guts verdächtig
‚machen, ſo lang ich Darinnen eine Beziehung auf |
* SOTT finde? Der Gebrauch allein macht eine
Sache böfe, und wir haben insgemein fehr fal⸗
[% riffe vom Guten, weil wir fie aus uns
ſerm eignen Herzen hernehmen, welches im
Gund verborben und mit Vorurtheilen und
Affeeten eingenommen if. Wir werden Dess
wegen auch am meiften von ihm felbft betrogen,
weil es mit feinen verkehrten Abfichten alleseit .
durchdringen will und zu dem Ende dem Ver—
Rand fo vielerley falfche Bilder vorzugauckein
weiß, Daß ihm dadurch Die Sreyheit richtig zu urs
theilen und zu wählen benommen wird,
V. Der
| Ä V. De Pyrrhoniemus. 77
V.
Der Pyrrhonismus.
|
' harte, ‚ein griechifcher Weltweiſer, war der
Stiffter der ſogenannten Scepticker,
oder Zweiffler. Dieſe Secte, fo naͤrriſch fie
auch in der Geſchichte des Pyrrho ſelbſt vorgeſtel⸗
let wird, hat nichts deſtoweniger zu allen Zeiten
unter verntinftigen Leuten den meiften Anhang
gehabt. Beydes in Griechenland als zu Rom
waren die kluͤgſten Leute dieſer Secte zugethan.
Sobald ſtreichet man nicht über die Graͤnzen
des menfchlichen Derftandes, fo fommt man in
das Land der Träume und Muthmaflungen.
. Die Eigenliebe fehmeicheft ſich mit ihren Sort
Bine und mit den Entdeckungen fo vieler
hönen Bilder, Die, wenn man fie etwas näher
betrachten will, verſchwinden.
|
Was Wunder, Daß Fluge Leute in der Lehrart
. derSceptickerfo viel Vernuͤnftiges fanden. Nicht,
daß fie Die abgefchmarkten und närtifchen Aus⸗
iffungen des Pyrrho felbft folten gut geheif-
fen haben, fondern weil uns dieſe Art zu philos
fophiren 2lnleitung giebt eine Sache grund»
| lich zu unterfuchen und nichts für eine Wars
heit anzunehmen, als was man mit gewiſſen uns
umſtoͤßlichen Beweißgründen darthun koͤnnte.
Keine Art der Philoſophie macht befkheidener
| | nd
/
/
58 V. Der Pyrrbenismus.
und demuͤthiger als Diefe. Man lernet Dadurch
die Schwaͤche feines Derftandes erfennen, und
die Irrthuͤmer anderer mit Gedult ertragen.
der Religion hat der Pyrrhonismus einen
groſſen Nutzen. Man entdeckt dadurch eine
Menge von Mennungen, die fich tbeils nur af |
Gewohnheiten, theild auf gewiſſe Vorurh
gruͤnden. Dieſe Vorurtheile werden uns gleich⸗
am mit der Muttermilch beygebracht, und durch
de darauf erfolgte Unterweiſung zu einer andern
atur.
Unſere Wiſſenſchafften ſelbſt ſind Kennzeichen
unſrer Unwiſſenheit. Wir werden in einen ſte⸗
ten Wirbel ſich ſelbſt wiederſprechender —
herumgetrieben und martern ung mit unendli⸗
chen ragen, die ung weder beflern noch glück
lich machen. Gleichwohl fehen wir eine unums
gaͤngliche Nothwendigkeit, Das Wahre von dem
alfchen, und Das Gute von dem Boͤſen zu uns
terfcheiden, Man fiehet bey der Ungewißheit ſo
viel verwirrter Dinge eine Art der Gewißheit
die in unfre Sinnen fällt, welche wieder ans
Dere Dinge nothmendig voraus feßen. Wir
koͤnnen ung als vernünftige Gefchöpfe dem Vers
langen nach dem Wahren und Guten nicht ent
sieben. Diefes Derlangen bringt ung auf ihren '
en wir
Yrfprung. Hier entde n Urheber uns
es Dafenns und die Quelle unferes Lebens.
Bir fehnen ung nach derſelben, wie Die neuges
bohrne Geſchoͤpfe, welche den Glanz der Som
| nen
V. Der Pyrrhonismus. ss
’ nen füchen, um durch ihre Stralen erwaͤrmet zu
werden. Jemehr wir hier ſehen, deſtomehr wer⸗
ben wir ung verwundern, und je weiter wir ung
‚ hier mit unfern Blicken wagen, deſtomehr müfs
ſen noir mit Paulo fagen : O welch eine Tieffe!
Da wir alfo in dem unermeßlichen Umfang
der ganzen Natur und ihres allmächtigen Urhes
hers nichtsrecht einzufehen und h beurtheilenfäs
hig find ; fo überfälft ung eine heilige Demuth,
Wir laffen unfere vermegene Nachforſchungen
fahren. Wir fehnen uns nach defien Hulfe ale
arme Geſchoͤpfe, Die ohne denfelben nichts ver
mögen, nichts Fönnen, nichts wiſſen und nichte
verſtehen. Bir nahen ung zu ihm und bitten
ihn fich ung ſo viel zu erfennen zu geben, als er
es für die Gluͤckſeligkeit folcher Geſchoͤpfe,
wie wir find, für. gut befinden. möchte. GOTT
erfcheinet auf Diefeg ernftliche Suchen unter
en,
en Menfchen. Er offenbart ihnen. feinen.
Iſt pas wahr? fagt der vernünftige Zweiffler.
daft ung fölches unterfuchen. Hier ift die Of⸗
fenbarung : Ein heiliger Mann von reinem Her
jen und unbefleckter Tugend, mit dem GOTT
geredet hat, war der erfle, der ung ſolches Fund
gemacht. Wach ihm folgte eine Reihe folcher
Männer, Die fein Zeugniß befräfftigen und Die
gkichfals von dem Geiſt des Allmaͤchtigen er⸗
leuchtet waren.
Stimm
N
oo V . De Pyrrhonismus.
Stimmet aber alles, fragt der Zweiffler noch
- weiter, mit, der Vernunfft überein, was Diefe
Männer gefagt und gelehret haben? Der Glau⸗
bige anfroortet darauf, Daß es ihm genug wäre,
deutliche Mercfmale darinnen von einer göftlis
chen Wahrheit überhaupt anzutreffen, um fich
. Daran zu halten, und daß im übrigen die Ders
nunfft nicht zulänglic) fen einen Richter in, fol
chen Sachen abgugeben die ihre Begriffe übers
fliegen Wie aber, fähret jener fort, wann ſich
darinnen Deutliche Wiederſpruͤche aͤuſſern,
dergeſtalt, daß von einer Sache gefagt wird,
Daß fie zu gleicher Zeit ſey und nicht fen ?
Hier iftabermals eine feharffe Prüfung vonnoͤ⸗
then. Der Zweifler fordert den Glauben her
aus Diefer finder nicht nur Feinen Wieder
ſpruch in der göttlichen Offenbarung , fondern
einen Durchgangigen heiligen Zufammenhang in '
den Grundwahrheiten. Er ergreifft Deswegen
Hetroft dieſes hoͤhere Licht. Sein Berftand wird
erleuchtet, fein Wille rein und in GOtt einges
kehret. Er unterfcheidet mas göttlich, was ver;
- borgen und was menfchlich if. Er verehretdae
erfte mit der tieften Andacht : vor dem andern
Pige feine ‘Blicke nieder, nie einer, der von
den Stralen der, Sonnen befcheinet wird , thoͤ⸗
rigt handeln wuͤrde, wenn er um die. Sonne
recht zu fehen, dahın fein kuͤhnes Aug mit ſtar⸗
ren Blicken richten wolte. Das Dritte eignet.er
fich su , weil fid) daffelbe auf den Men
{chen und. auf feinen ganken Wandel
N
‘
[3
V. Der Pyrrhoniſnus. 6
Er erkennet in GOtt die Allmacht, folglich ſchei⸗
net ihm nichts unmoͤglich, was GOtt gethan
— —
hat und noch thut. Er erkennet deſſen unum⸗
ſchraͤnkte Weisheit; folglich hegt er ferner kei⸗
nen Zweiffel, daß alles was GOtt thut auch
wohl gethan ſey, er mag es begreiffen oder nicht.
Ererkennet in Goͤti die hoͤchſte Liebe; folglich
hat er ſich von einem ſo guͤtigen und liebreichen
Bein auch nichts anders als gutes zu verfpres
den. So viele Vollkommenheiten und Zus
gaben hier Der Menfch in dem göttlichen We⸗
entdecfet, fo viele Unvollkommenheiten und
- Untugenden findet er im Gegentheil in fich ſelbſt.
den
Wie! ein Erlöfer ? er heraus. ‘Brauche.
dann GOtt ſoiche ne die Menfchen zu
etten, da fein hloſſer Wille , Durch welchen er
Er findet fich und das gantze menfchliche Ges
in dem Auflerfien Werderben. Wie
denkt er, GOtt hat Doch nicht Die Menſchen er⸗
en, um fie einem folchen Werderben zu
| iberlaffen. Erforfehet in den Büchern der göfts
ichen Offenbarung: er findet Darinnen die Urs
ſache des Merderbens in den Fall der erften
Nenſchen, und zugleich einen Erlöfer der Diefen
toieder Hut gemacht, und die Natur Dee
Inſen gu Bote hinfehret, Davon fie abgewi⸗
iſt. weiffler wird hier aufs neue rege.
ſich an uns mit Krafft offenbaret, genug iſt uns
zu retten? Der Glaubige beantwortet dieſen
uf: Eben der Wille, fagt er, welcher
genug iſt, den Menſchen durch feine bloffe Krafft
Wu retten, Der ſſt auch genug Die Wege in —
| tigen/
4
62 | V. Der Pyrrhonismus.
fertigen , Die GOtt eingeſchlagen hat dutch Die
Dermittelung eines Erloſers zu betverfftelligen.
gu allen göttlichen Handlungen ift der göttliche
ille genug.
Die gröfte Empörung des Zweiflers gchet zu
letzt auf Die — Offenbarung ſelbſt. Hier
. findet ſeine ſtolze Vernunft eine Menge Sachen
auszuſetzen. Bald will ihr dieſes bald jenes nicht
einleuchten. Sie zweifelt an der Aufrichtigkeit
der Nachſchreiber und an der Geſchicklichkeit der
Veberfeßer. Sie zweiffelt, ob alles bis auf uns
fere Zeiten fo unverleßet, fü ganz, fo unverfaͤlſcht
gekommen jen: fie beunrubiget ſich darüber mit
unzehligen Kragen , welch Die Defchaffens
heit der Alterthümer, bald der Sprachen, bala
die Sitten der verfehiebnen Völker ing befondeo
re, bald aber die Glaubenslehren der Religion
überhaupt betreffen. Die Wiederſpruͤche und
‚ Die Einwuͤrffe haben hier Bein Ende.
Wie verhält fich hier der vernünftige Zweiff⸗
ler, der die Wahrheit fucht ? Er nimmt das
Weſentliche von dem was gefhrieben ift; ſindet
er davon den Zufammenhang richtig und durch
die "Begebenheiten der Zeiten bewaͤhret, fo ifter .
zufrieden, Bepdes ift unlaͤugbar. Cr überläfe
ſet Dasjenige, wo er nicht Durchlehen Tann, Den
sienjenigen, die fich gerne ut Worte und Mev⸗
nungen zanken. Er ſuchet Dasjenige mit, Tre
und Aufrichtigkeit auszuüben, was er weiß das
gut ift, und hegnuͤget fich fo viel von den ar
m Ä üffen
| | | V. Der Pyrrhonismus. | 63
ſchluͤſſen GOttes in Anſehung der Seligkeit zu
wiſſen, als er fürunumgänglich noͤthig erkennet,
das uͤbrige laͤſſet er bis auf eine naͤhere Erkaͤnnt⸗
nis ausgeſetzt. Er entſcheidet nichts, als bis er alle
Merkmale der Wahrheit vor ſich ehe Was
aber goͤttlich iſt und uͤber die menſchliche Begriffe
hinſtreichet, da ſteht er ſtill und er ſchweigt und
glaubt.
ehet fo iſt ein vernünftiger Zweiſler, dem
Bahn um Die Eahıher zu thun iſt, und
der Die Schwaͤche feines Verſtandes befcheiden
bat einfehen gelernet.. Je mehr er ſich hier des
muͤthiget, deſto reiner werden feine ‘Begriffe,
— — — — ——— — — Un m — — —
*
Wahrheiten anzunehmen und das goͤttliche von
dem menſchlichen zu unterſcheiden.
So deutlich und überzeugend auch dieſe Be⸗
griffe mein Hertze ruͤhren, ſo findet man doch
die meiſten Gelehrten ſo geſinnet, daß ſie nicht
allein über alles urtheilen, fondern auch ihre Ur⸗
theile als unfehlbare Ausfprüche andern auforins
en wollen. Sie verſtatten deswegen feinen
—— Sie entſcheiden alles mit einer
hen Einbildung. Sie wollen, daß man ih⸗
ten Einfichten fehlechthin trauen, folche für uns
fehlbare Wahrheiten ännehmen und danach
Kine Begriffe einrichten fol, too man anders
wicht von ihnen in Das Kögerregifter will geſetzet
werden. Sie verdammen den froͤmmſten
Mann , wenn er nicht glaubet was fie zu glau⸗
ben vorgeben, und fprechen einen Gottloſen je
. 4
64 V. Der Pyrrhonismus.
fig, wann er nur fagt, daß er glaubte was fie.
- ihm vorfagen.
Der Pormhenismus zroeifelt, um eine Sache
zu unterfuchen ehe man folche glaubet. Er wei⸗
gert fich. einen Satz für eine XBahrheit anzuneh⸗
men, bis fie eine Evidenz, Das ift, einen
zureichenden Grund. von der Wircklichfeit einen
Sache entdecket; bis dahin getraueter fihnicht
etwas zu entſcheiden.
Diejenigen im Gegentheil, die nach dem Exem⸗
pel der groben Pyrrhoniſten ihren Zweiffel ſo weit
treiben, daß ſie nichts fuͤr wahr, ſondern alles
fuͤr ungewiß und zweiffelhafft halten, wann
auch gleich die Wircklichkeit davon in ihre Sin⸗
nen fallen ſolte: Ne id quidem ullo pacto
videri verum, quod nihil eſſe verum vide-
tur (); diefelbigen find, laut ihrer eignen Lehr
fäße, auch nicht im Stand einen richtigen Vers
nunftfchluß, vielroeniger eine göttliche Offenba⸗
rung anzunehmen; dann da fie ſogar auch kei⸗
nen zureichenden Grund in den Merkmalen der
Wahrheit erkennen, fo entfeßenfie fid) dadurch
aller möglichen Mitteln, eine Wahrheit zu pruͤ⸗
fen und alseine Wahrheit anzunehmen.
Es gibt noch eine dritte Gattung von Zweif⸗
€ ⸗
lern, die mehr vernuͤnftig und weniger demuͤthig
ſind. Sie haben einen ſcharffſinnigen Far
| | and’
€*) Aul, Gell, L. 9.6 Sr
| Det Porthonionun. 65
find unganein geſchickt Die Lehr ebdup
mp geichickteften umganin 9 —— ——
ſcheinen darzu gebohren zu feyn, die wi —**
— in ben.
hre Sinfichten find fo groß, ale ihre Gele —5—
und fie triumphiren gleichſam auf den Truͤm
mem der Herzlichen Bollmerke, weiche andre
mit der gröften Mühe und aller erfinnlichen
Kunſt in Die Höhe geführet haben, Man liefet
ihre Schriften mit Entzücken : Alles ſchmecket
drinnen nad) dem feinften Urtheil, nach bee -
— — S
en und nach den rei tzen lang
geſammleter Wiſſenſchafften. Man wünfchet
wan ae mehr, als daß fie. nurauch
— — — — — — — — r — — — — —
— daran machen und uns ihr eignes Lehrge⸗
baͤnde nach ihrer ihnen beywohnenden Scharf
(mi feit a en möchten ; allein, man hoffet
ebrauchen ihren Verſtand
m ihre Selehrfam eit, die Wahnfäge und den _
Aberglauben famt den Irrthuͤmern aus der
menſchlichen echo zu vertreiben. Wir
ihnen Deswegen vielen Danck fehuldig. Al
ui diefes ift alles: Sie berauben ung Dargegen
den Werth der Wiſſenſchafften, und laſſen
ug under fie ung Die Irthoͤmer benehmen,
Siehe Dortheil des Verſtan⸗
re a, * —— nnigkeit nichts zu wiſſen
hen. runder wuͤrde Keber
In: Hlmer behalten, wei fie ihn Muhr als
Mh vergrägen. Que ſai jed ſi
Michael de Montagne, der jr der Du
“ss V. Der Pyrrhonismus.
reichſten Köpfe in Frankteich wa
bemfelben benCh —*— —
nen dem n Charron (* n dela
le Vayer ‚dan Di,
nd,
den Huetium und über alle Diefe den berühmten
Bayle nebſt unſerm noch lebenden Herrn von Bob
taire an die Seite ſetzen. Welche groſſe Leute!
Welch ein Troſt für Die arme Gelehrten, voann
fie Huetius von der Schwachheit ihres Ver⸗
ftandes unterrichtet C*). Hierher gehören auch
die unlängft heraus gefommene Memoires pour
fervir 4 Philtoire de Peſprit humain par M,
de Gendre, to man einevollftändige Abhand⸗
kung findet, von allem, was die Entdeckungen
der Wiſſenſchafften feichtes, unvollkommenes
und fich feibft twiederfprechendes
haben.
nn —
3
\
(9 Eharron hat ein Buch de la Sageſſe gefehrieben; |
deffen Inhalt vornemlich darinnen beftehet, daß er
auf eine fehr feine Art den Menſchen ihre Irrthaͤ
mer und ihre Fehler zeige.
() Huetius, der beruhmte Biſchoff von Avranchet,
hat unter andern fehr gelehrten Werden aud) einen
Traetat delatoiblefle de Peſprit humain heraus ge⸗
geben, und darinnen fo wenig tröftliches, als Eha
Ton in feinem Buch von ber Weltweisheit entdo
et. on ” J
En Ge
VI: Pprihonifche Sundeofüccht. 6
NL:
Erzählung der pyrrhoniſchen
Hundesfurcht. —
Pyrho cum fe invadentem oanem repuliſſet, cauſanũ-
que cuidam ; grave, inquit eft & perdifficile honi-
nem penitus eXuere. _
Die. Lam. art. — 9.2, 6.
Men et mich ein * — E i
itungel my threbelliſch p |
Kırh Perho, Ic) Dielen te iven Ahigte. “ |
a! fuhr mich dieſer lachend an:
er Sinn betrügt 5 du vie B die Schmers
dDe ind d bio
Sachen RB tur ig
Ber wolte fich in ſeinem Zehen
Det Einbildung fo meit'ergeben ?
Der Eindildung? fprach ich: Das läßt fich hören.
° shlan, ich will ein Weiſer ſeyn
an bilde mir zum Frog der Schmerzenein,
ih fühle nichts,
war ganz flo. GOtt ehr den weiten Mann
d vernünftig fchliefen kann.
in blich Fam Das Uebel wieder
W fang die vorge Klagelieder.
de BER Schmerz entriß a ich der Gedult; a 6
sv. Pyrrhoniſche Sundeofurche.
ch that ich weis nicht wie,
Ich ſchalt auf die Philofophie, |
nd ſchlug von ungefehr auf meirien Pult.
Stracks ſprang mein treuer Moppel auf, -
Und fiel dem Pyrrho, der ihm nichts gethan,
Mit unbefcheiünen "Bellen an. . | M
- Mein Ppyrrho, voller Furcht und Schre⸗
e
Ergriff die Thür. Ich ſchrie: wo wilt duhin? 3
| —— Furcht mein? |
— * gr 2 - ER
a 100 er; Sch meynte zu entſliehen⸗
ie ehren le dech eu Menfeen ausiuichen,
| ss & 0 —X Eu Su 22. o |
Mittel ut die Empfindlich⸗
En Ä it. — —
⸗mpfindliche Gemuͤther haben die meiſten
& ‚Regeln von noͤthen. Sie ſind ein Spiel
ihrer ——— und werden oͤfters wegen ih⸗
ter eignen Tugenden ungluͤcklich. Wir koͤn⸗
nen ung nicht anders machen, ale wit finds wir
Fönnen uns aber wohl den Gelegenheiten mit
mehrer Sorgfalt entziehen, wo unſere Empfind⸗
lichkeit gereiget und in Gefahr geſehet wird.
Wie
‚VI. mittel wider Die Fömpfinbäicheit. 69
Wie offt beffagen wir ung nicht über falfche
——— den Mangel der Redlichkeit, über
doͤſe Maͤuler und über Verleumdungen. War⸗
um pflegen wir Doch noch immer fo leicht, jeder⸗
man zu frauen und andern Menfchen unfre Abs
bien — en mit nicht ut⸗
er ſeyn unſer Gemuͤth ſolchen Leuten aufzu⸗
fhlieffen, die unſere Vertraulichkeit —e—
und ihrer ſie beherrſchenden Bosheit uns
verrathen und verkauffen? -
Bir meynen unfere Freunde noch fo wohl zu
welche die Sreundfchafft mehr als Dem
nach kennen? Wer will eine f6 hie Relaung |
en en em
nden, Die von fi |
und öfftersihrer Cigenliebe foroohl als ihren Späd
fernen auch ihre beften Freunde aufopfem,
- Warum beffagen wir ung noch, daß die Men⸗
fhhen gegen und nicht anders geſinnet find, als
_ fenäch ihrer verdorbenen Gemuͤthsart feyn koͤn
nn? Warum Ihmeichetn wir ung, Daß Laute,
Die unarfig und böfe find, Ihre Natur, aus Liebe:
uns, ablegen und gut werben ſolen ꝛ
/
Was macht un nicht bie Liebe zur Gerocht
keitleiden ? Haben wit noch jemals Dadutc) |
Menfchen zurück gehalten uns nicht zu beleidis _ |
gen? Laffet uns von Den Menfchen nichts anders
als Angerechtigfeit erwarten, ſo werden wir ein
\
“5 VII, Mmittel wider de Ampfindlichk eit.
deſto lebhaffteres Vergnuͤgen haben, wann wir
einmal welche finden, Die gerecht find.
Ein gut artiger Menſch ift wie ein fruchtrei⸗
ee Baum, melchen Das Ungezieffer und Die
aupen ſchaͤnden; Ein jeder will: Davon Die
Srlchte feyfttefn und die Aefte abreiflen.
- Damon thnt ihnen ımrecht, es iſt wahr; alle
Welt muß e8 bekennen, fie ereiffern:fich Darüber
zu ihrem Schaden und machen ıhn dadurch Doch
weder beſſer noch gerechter. Lycidas ſpricht uͤbels
von ihnen, weil er ihnen nicht wohl will. War⸗
um. laffen-fiesfich ſolches anfechten? Wie muß.
Weidas nicht freuen, Daß es bloß auf ihn an⸗
re
eifter von ihrer: ruhe 5. er kann folche.
ſtoͤren, nachdem ihm die Bosheit in feinem He
. gen aufſteiget. Lachen fie doch ein wenig über
fein thoͤrigtes Geſchwaͤt. Gie werden Doch-ihe
se Ehre nicht den Urtheilen ‚eines ſolchen Men⸗
ſchen unterwerfen ? ER
KRein Laͤſtrer kann der Ehre fehaden:
Sie hafit allein auf unfern Thaten,
Lampus, einer ihrer Bedienten, hat ale Eigen:
fchafften ihnen die Gedult zu lehren, Sie des
aen fich uber ihn und fie thun übel. Hört er
nicht als mit harten Worten, fo geben fie ihm
foldye. Man redet ia mit Hunden und Pferden
aus gleichem Thon, ohne fich weiter über fie jr
* * erdzor⸗
VI. Mittel wider die Empfindlichkeit. 71
goͤrnen. Denken fie, Lampius wäre a ein
J ſoſches Thier, weil er unartig iſt. Haben fie fe
ner nöthig, fo haben fie Gedult mit ihm; k
N fie feiner entbehren, fo fehaffen fie ihn von
Der Zorn mag ſo gerecht ſeyn, als er will, ſo
en mehr als demjenigen, uͤber welchen ſie ſol⸗
auslaſſen; ja er wird oͤffters, aus allzugroſ⸗
Eiffer für die Gerechtigkeit, felbft ungerecht.
weiß nur zwey Mitteln Demfelben zu entges
: entweder baß man fich voraus ſtark macht
| e Anfälle zu überwinden; oder Daß man ihm
eine Thür vorfehlägt, wann er uns von
ingefehr übereilet. Das erfte erfordert eine ges
püffte XBeisheit, wie Socrates hatte, und Das
andre, die Erkenntniß eigner Schwachheit, da
man fich noch nicht gefrauet fo weife zu ſeyn.
Wer dem Zorn entgehet, ber fehadet weder
ſich noch andern, und toͤdtet dadurch einen funken
Feuer, der ein ganzes Haus in Brand ſtecken kann.
Nichts iſt empfindlicher, unruhiger und eiffer⸗
füchtiger als das naͤrtiſche Ding, das wir Die
tenennen. So ſchoͤn es auch ift, nach ruhms
röigen und erhabenen Dingen zu frachten, fo
veget fich Doch Dabey der. Hochmuth allzu flark.
Kann aucheine Neigung unferm Vergnügen und
unfter Unfchuld nachtheiliger ſeyn? Man maͤßi⸗
ge fie wie man will: fie I ihre heimliche One
4
—* - *
I allegeit eine Schwachheit, und ſchadet
‘
—
72 VI, Mittel wider die Empfindlichkeit
fich gu verſtellen, und unter dem Schein der T⸗
gend fich hervor zu dringen. Man kann nicht
ende: ruhig fepn, als bis man fich mit ihr gar
a
‘
ew
che Nachſtellungen vermeidet.
g Me t und alle ihre Anfälle als feindl⸗
———— —
Das Verlangen jedermann zu dienen, und ſich
gefällig gu erzeigen, iſt zwar loͤblich: allein «es
macht ung felten vergmügt. Wer es allen Leu⸗
fen recht machen will, wird fich dabey am eriten
— a.
vergeſſen. Er wird, indem er die Pflichten der
Zeutfeligfeit und der Liebe Des Nechſten auszuu⸗
ben gebenfet, das Gebot der Selbitliebe.beleidis
en, welche Doch die Nichtfehnur von jener if.
wird fein eigner Tyrann werden, indem er
fich zu einem Sclaven andrer Leute macht. Es
wird nur auf dieſe ankommen, ihn at |
icht
oder mißvergnuͤgt zu machen. Ich will n
fagen, daß wir in der Welt nothwendig den Thos
€
zen mißfallen müflen, warn wir den Weiſen ges
fallen wollen. =
Mala opinio, bene parta delectat.
DB
% N
VII.
u )oc a 2
VII,
Die Nothwendigkeit wohl haus
zu halten.
Nefcis quo valeat nummus? quem prebens ufam,
a, Sa. L. 2,
"ae lc ee
©. mag es nehmen, tie man m fo iſt
man in der Welt übel daran, wenn
man fein Geld hat. Ein Geitziger aber, und
ein —— find beyde zu Hogen. Der
eine — nicht, was er hat, und der andere
eines Guts, das er genieſſen ſolte.
Die Hauptſache in der —æ——
F alſo auf folgende Regeln an;
mehr ausgiebt, als man einzunehmen hat;
man nicht auf Borg kauffet, noch die Schub
Ben auf lange Rechnungen flehen
man ſich vor allen Reitläufftigfeiten tet und
in feine Rechtshaͤndel ne vrmenget daß man
4
*) Hieher gehoͤret die II. Betrachtung in dem IV.
\ Theil d ie ‚anten, a man mit bem
Sn m ſoll?
74 VII. Die Nohwendigkeit |
alle Arten von böfen Gefellfchafften, infonderheit :
Die Müßiggänger meidet; und endlich, daß man
den Kuhm eines ehrlichen Mannes in feinergans |
en Aufführung behauptet, damit uns weder
einde noch Neider ſchaden Fönnen.
Glauben Sie mir, mein Herr, das Anfehen
‚eines Menfchen dauert felten länger, als der
Wohlftand feines Beutels. Es ift eine laͤcher⸗
liche Großmuth, Die ung verleitet, ſo lang freyge⸗
big zu ſeyn, bis wir felbft Mangel leiden.
ft ein Gluck, von gewiſſen Leuten verachtet zu
toerden, deren Beyfall man nicht ehender erlans
gen kann, als bis man fo unverfchämt und fo bes
duͤrftig wird, wie fie. |
Deer Graf son Ochfenftiern, der ſich vor eini⸗
gen Fahren in einer elenden Geflalt hierum auf-
halten, und ung feine artige Gedanken in fran;
‚söfifcher Sprache mitgetheilet hat, redet als eis
ner, der Die Sache aus Erfahrung gelernet hat.
Er war in folchen betruͤbten Umſtaͤnden als im⸗
mermehr ein Buͤcherſchreiber feyn Fonnte, und
ber nur deswegen Diefes Handwerk zu treiben
fehien, um nicht gar einen hochgräflichen Bettler
abzugeben. Wie! ein Abfümmling des ehma⸗
digen weltberühmten ſchwediſchen Canzlers von
chfenftiern, fol fich in folchen preßhafften und
elenden Umfländen befinden? Welches Ders
hangniß! oder vielmehr welche traurige Folgen
einer zerfireuten und unordentlichen Lebensart ?
Man Fann alfo dem ehrlichen Mann, der aus ſei⸗
| on De
Fi
"
- nung fehreibet, hier-völligen Glauben benmefien;
wohl haus zu halten 77
ner eignen und leider ! allzu enpfindlichen Erfah⸗
Seine Worte find dieſe: L’argent etant au-
jourd hui Peffentiel de ’home, fans le quel
aucune qualit€ ne brille, je füis ſurpris,
qu’on ne’ fafle apprendre aux enfans P’oeco-
nomie par regles au lieu du latin; vu,qu’un
riche ignorant pafle toujours devant un
pauvre favant & que la berife en argent, [€
voit faire la cour par.toures les ſciences.
Es ift nun einmal fo in der Welt, und wir
werden es nicht dndern, wenn wir auch gleich
noch fo fehr auf den Geitz fchelten. Alle Der
dienſte yflegen nach dem: Gewicht des Geldes
geichäßet. zu werden. Wer nur Geld hat, der
ift weiſe, der iſt tugendhafft. Hat eraberfeines,
ſo iſt er föon aller Lafter. verdächtig: jederman
ſcheuet feinen Umgang: er hat etwas an ſich
das. andre Leute nicht leiden Finnen: niemand ift
zu Haufe, wo er fich melden läffet:: man hat kei⸗
ne Ehre von feiner Geſellſchafft: man fagt nicht, .
er fen arm, er fey ungluͤcklich, und folglich mit-
leidens würdig; ‚nein, weil er fein Geld hat, ſo
heißt er ein Taugenichts, ein nichtswuͤrdiger
Menſch; ein Menſch mit dem nichts anzuſan⸗
J i ih Man findet ihn albern, unbelebt, und
jaͤcherliclhh.
Nihil habet paupertas durius in fe
Quam quod ridiculos homines facit.
J Doch
16 VIL Die Nothwendigkeit
Doch dieſes ift noch nicht genug; Einer, -
ber fein Geld verſchwendet hat, macht fich das |
. durch nicht allein verächtlich, fondern er -beraus '
bet ſich auch zugleich aller Mitteln, ſich und
andern Gutes zu thun :- er bringt fih um Die |
meiften Annehmlichkeiten dieſes Lebens, |
febt in Verachtung, und wird wohl, gar_ ein
"Betrüger, indem er borget und nicht bezahlet.
Er ift Dem gemeinen Weſen zur Laſt, weil er
nichts erwirbt, und andre Leute noch darzu mit
verderben hilft. ——
Niemand weiß ſich weniger in die Armuth
gu ſchicken, als ein — Er borgt ſo
‚lang man ihm leihet: Ey betruͤget, wenn man
ihm nicht mehr leihen will Noth und Efend,
und Schande begleiten fein Leben, und die Ders
sroeifflung feinen Tod.
= me. |
S ifE wahr, es gab vor Älters etliche Welt⸗
weißen, Die fich aus Der Armuth fo wenig mach
ten, daß fie vielmehr folche vorſetzlich wählten,
und Ihr Geld an andre gaben. Allein dieſes wa⸗
zen fehr auffersrdentliche Menfchen, welche Dis
Durch) ihren Witz zeigen wolten. Ihr philoſo⸗
phiſcher Hochmuth machte fie zu öffentlichen
Prahlern und zu heimlichen Dettlern. Wir
werden aljo mohl thun, wann wir unfte Philos
fophie nicht jo weit treiben. Es iſt leicht mit Dem
reichen Seneca Die Armuth zu loben, aber ſchwer
[ic mit Dem ſchmutzigen Diogenes auszuniben.
iM uns die Hand Des Höchften ——
— — )
in
}
[7
’
wohl haus zu halten. 77°
1 p if ohnedem die Philofophie mit allen ihren
nen Betrachtungen nicht fähig uns über Die
menfchliche Empfindungen empor zu fehen.
Bir leiden fobann auf eine ganz andre Art.
GOtt laͤſſet Deswegen den Srommen doch nicht
nden werden: Natur und Zeit und
8
Menſchen und alles muß ihm beyſpringen.
Einem Verſchwender aber widerfaͤhret, was
erfüchets et wird arm, weil er Die Mitteln verach⸗
tet, Die ihn dargegen ſchuͤtzen koͤnnten, und wird ein
Spott verMenfchen,fo gar derer,Dieihn haben vers
derben heiffen. Geſetzt aber, man hätte gewiſſe Ge⸗
legenheiten, fein Geld mit den erhabenſten Vor⸗
ineilen Der Ehre, ja mit aller Welt Bewunderung
auszugeben und fich dadurch der nöthigen Mits
teln zu entblöffen, Die zur Unterhaltung dieſes
Bebens umentbehrlich find, fo folte ung nichts Des
ſtoweniger Diefe edızige Borftellung Davon zurück
ten, daß man. nachgehends von den Laflern
d Bosheiten andrer Menfchen abhängig ters
den muͤſte. Solte man ſich nicht fürchten, Daß
es einem gehen möchte, wie jenem, Der, wie Der.
Italiaͤner fagt; fein Brod fremden Hunden dad,
und hernach von feinen eignen arigebelfet wurde:
Chi da del pane a cani altrui ſpeſſo volte
vien. abbajato da fuoi. Einen dhoren der
ung fortheiffen koͤnnte, muͤſte man ſodann für
den vernünfftioften Mann angeben und feine
Ausſchweiffungen mit lauter Nahmen von Tus
genden belegen. Man müfle alles, was man
von ihm erhielt, Gnade heiffen und feinen St
28 IX. Die Wahl derbeften Lebensart.
als wine Sroßmuth erheben. Alle vornehme
und begüterfe Leute wuͤrden ihn für einen Men⸗
fehen halten, der nicht zu leben wufte, weil er
nichts zu leben hätte: Kaͤme man zu einem Pie⸗
tiften, fo müfle man mit ihm einen Heuchler abs
geben. Gerietheman zueinem Spieler, fo muͤſte
man ihm zu gefallen ein Wörterbuch Mo
fcher Eiche auswendig lefnen und einen zunfits
mäßigen Kartenmifcher abgeben: Fiel ma
ter einige Bachus- und Venusbruͤder, fo. müflg
man mit jenen fich täglich befauffen, bey bie
aber die Stelle eines zötenreichen Unterhaͤnd
vertreten : Kurz, unter folche Leute man- geriethie,
deren Sitten wuͤrde man auchannehmen muͤſſen
Mitteln fich fo nnig zu entblöffen, w
Iſt es alfe nicht ei Anl Thorheit, a:
ung am leichteften gegen dergleichen nieDerträ
tige und Fümmerlche Umftande ficher ſtellen
Tonnen ? | J
u i eee Wz t de, k
Xu..
Die Wahl der beſten Lebensart. |
Stet guicunque volet petens
Aulz culmine lubrico |
Me dulcis faturet quies;
Obfcuro pofitus leco
- Leni pertruar otio
Nüllis nota quiritibus
Acas per sackum fluat
L 1
sie
———r — —
®
IX. Die Wahl der beften Xebensart. 79
Sie cum tranfieist mei
Nullo cum firepitu dies
Plebejus moriar fenex
Illi mors gravis incubat
Qui notus nimis ommibus
Ignotus moritur fibi, Senica in Thy,
er Hof ift zwar. die geöfte Schule der
Welt; allein es wäre übel gefagt, wenn
man Zeitlebens an demſelben einen Schüler abs
geben wolte. Die Sresheit ift Das edelſte Klei⸗
nod unferes Lebens. Was hilfft uns alle Ehre
und Herrlichkeit, wann wir unter ihrer Laſtgleich⸗
ſam zu Boden finfen, und weiter-Teinen Vor⸗
theil Davon ziehen, als daß wir ung dürfen vors
nehmer zu feyn beduͤnken, als andre ehrliche
deute, die weniger hochmuͤthig, aber glücklicher
find, als wir. |
Bey groffen Ehrenfiellen findet man insge -
mein auch groffe Sorgen, viele Verantwortung
und felten ein reines Gewiſſen. Alle Menfchen
find nicht für den Hof gebohren ; einige find
darzu gebohren; es fehlet ihnen aber Gluͤck und
Belegenheit fich daran empor zu ſchwingen; eis
nige haben auch das Glück, aber micht die nöthi-
ge Klugheit und Verdienſte, um nicht mit.
ande zu fallen, wenn fie mit Ehren geflie
gen find, — |
Ein Herz, das zärtlich ift, und alles leicht empfind,
Das Treu undUnfchuld hebt und rebkich —*28 —
Da
80 IX, Die Wahl der beſten Lebensatt.
Das ſchickt ſich nicht an Hof, A man in allen
ingen,
Nach eines Fuͤrſten Wink muß Herz unnd Nei⸗
gung zwin en.
Wo nimmer Feine Kub,umdein entlef ter Pracht
| Der Häuffer Wohlſtand bricht, Die he ulbner be
Wo ſtets Betrug und Liſt De Aber Ruhm
Und reiner Unſchuld Schmug nach alter Mode
I —* —
Woo ſich bie Heucheley mit — halſchhei |
| uͤ
Und ein es Thun der Albern Kt f
| 30 61 Berlammbunghn hehe |
Wo man von Redlichkeit nichts ſi — doch vieles
Wo ein nie ſatter Geitz
Schaͤtze denkt,
Und das Vergnoͤgen auf fremde hät dintt u
Wo taglich neue Luft zu andrer Unluft bi
Ro eines Eigenfinn die gang Welt bemü
Wo man dem Trieb zur uf Die Rafter zugefellt,
Und was Die Tugend ſchaͤndt für —5 —
Wo man fich beugend hebt, u, aus Horde
Wit Hatſchheit andre ft, Das Se ſeht nd
Wo endlich nichts als Tand und Ch und Titel⸗
Ä tale lea Wal Schergt,
X. Die Wahl derbeftntsbensart, gr
Ein ner oft. eben ichen Ge⸗
danken re u |
Vidi la corte, e nella corte io vidi,
-Promefle iunghe & quiderdoni avari
| Kavori j F ie patrocinil infidi,
peranz i, pentimenti amari >
SCrrifii traditoris vezzi homicidi,
Er aquifti dubbiozi, e danni chiari,
E voti vanni & idioli buggiardi
Onde il mal ſecuro il ben vien tardi.
Wie fuůß Hi nicht im Gegentheil ein frepes une
ſchuldiges Privatleben :
Wo man feineigner Herr und em
geht aller Hoheit vor, die uns bet Hof kan geben;
man bey ſich vergnuͤgt und ohne — **
| ur ein
Dem Guten, das man liebt, no Job und guͤn⸗
| . N n.
Wo man ein Leben führt das auffe: dem Ge
u %
Zwar holden Umgang liebt, doch ni Die wilde
So Ruh und Ordnung ſtoͤrt. Allwo ein keuſch
Ds Daufes Zierd und greud / Wergmügen ohne
In unfrer Bruſt erweckt; wo (, Bett und
ann immer
Beat nette Reinlichkeit, doch fonder Pracht und
. Schimmer
111 Theil, 8 0
22 L. Die Wahl ——
Wo dand⸗ und Gartenluſt und ein bebautes
Des Schoͤpfers Wundenweil uns ſtets vor
Wo man nicht vor Gericht mit nen Nechſten
Wo man der Ahnen Werth nach ——*
Wo man die Freundſchafft ehrt, die — und Mei |
Wo man ſich niemals nicht mi * und Miß⸗
gun
d endlich wo die Kuh ein frey eebtes Leben,
ey Kunſt und Wiſſenſchaff ung bach genug era
heben
Ä Du nicht na ahnenbe ats hat biefes
och kuͤrzer und choͤner gegeben.
guream quisquis mediocritatem
iligit tutus, caret obſoleti
Sordibus tect, caret invidenda
Fobrius aula.
Meinem Beduͤnken nach, ſchickt ſich der Auf |
alt in einer groffen und völfreichen Stadt,
wo man allerhand Menfchen fiehet, für einen
Mann am beften. Er kann Dafelbft nach:
eignem Sefallen leben, ohne von jemand abhäns
23 zu fenn. In der Menge iſt man am ſchoͤn⸗
en —— den und wo viele Menſchen ſind, da
herrſchet mlehr Freyheit und weniger Zwang, als
an kleinen und mittelmaͤßigen Orten, wo alle
ute
. Die Wahl der beftenXebensart. 33
Leute fich einander kennen und ihre Gebräuche zu
allgemeinen Sefegen machen.
Iſt man des Gemühls und des vielen Zu
ſpruchs in der Stadt: müde, fo unterbricht man
ſolches durch eine Heine Abweſenheit, wenn man
fh unterdeffen zu einem guten Sreund auf das
dand hegiebt, Dem man eben dergleichen Bots
theile wieder nach Zeit und Gelegenheit bey fich
mder Stadt genieſſen laͤſſet; oder man thut ei
ne kleine Reife an die benachbarte Höfe. Hat
man felbft ein Landgut in der Naͤhe, fo ift Dee
Vortheil um fovielgräflr.
‚Die Welt iſt das gröfte Buch, darinnen wit
wi Nudiren haben. Man findet folche nirgend
beffer beyfammen, als in groffen Städten. Dies
es ift auch die Urſache, Daß der Herr von ©.
Eoremond dafür gehalten, Daß ein Mann von
toffem Geiſt, fich entweder in Nom, oder ur
aris, oder in Londen aufhalten foltes weil fei
Eſtand Dafelbft täglich neue Vorwürfe und
eränderungen entdecken wuͤrde, Die zur Er⸗
kenntniß Der Menſchen, der Natur und der gan⸗
ien Welt Das meiſte mit. beptragen Fönnten.
‚Doch, wie ſchon geſagt, man muß auch von
dieſen Zerftreuungen groffer Städte fich wieder
m die Einfamfeit und Stille zu ſammlen wiſſen.
die ein Schmufpiel, wenn es zu lange waͤhret,
die Sinnen ermmidet, fo wird auch. tnfer Geiſt
m dem Gewuͤhl der Menſchen und der Geſchaͤff⸗
S 2 | te
“ ui Die Wahl der beſten Lebensart.
— muß alſo
eh, dm in IA felb I
Ber Basen —— ren hat,
zu ſeiner N ahrung verdauen.
—— — en ch Eee
te fich glück einem /
Al: u eier m Safe eolan, als
urgermeiſterwuͤrde in Ro
re er Diefer philofophifchen Lebensart rtglichen
und hätte fich nicht in Die Staatsge
neu Angefponnenen Monarchie * — 2*—
=!
"Eu Tu Am
u er EU.
ſo nd * t ſo ungluͤckl Darüber
e nicht f 1 ungf ich gi, Dribe |
5 Kopf Ju be Plinius
—*
J den ne Erhebungen und achtete
fich weit glücklicher einen Landmann abzugeben,
als indem ſtolzen Rom die hoͤchſten R
zu begleiten. Horatius, weicher zu feiner Zeit
einer der artigften und belebteften Edelleute
—7 und bey dem Hofe des Auguſts wirklich vie⸗
es galt, pflegte nichts deſtoweniger die Annehm⸗
chkeiten des Landlebens der ſinnreichen
I Hofes weit vorzuziehen. Unſere
werden des Geräufches bey ihren Höfen bald
muͤde; fie fuchen die Ruhe und die Einfamkeit
auf ihren £u hauffen. a es find wenig vor
nehme und begüterte Einwohner in den
ten, welche ni t zur Sommerszeit einige. Wo⸗
. hen auf dem Lande zubringen folten. lomo
tte Feine ——— Stunden, als die er in
er Einoͤde iu Pen hc u und bet fünfoe
nügen feiner —*
IX. Die ochlder — ꝛ⸗
—— — verwechſeln, und cn € in bie:
engen Schranken eines Gartens einzuſ⸗ ieffen.
| ne ten, ‚ale en fe
ezwungene un
—— — Weſen, das uns von der
falt der vernünftigen Natur „absiehet taugen
Vesnügen, dus ih in allen Di Finn
gen in a en
nicht findet. no
\
Das uns Verdruß und Unruhe na Ä
—* — ich für Bein ut, jondern für ein U L
| Reichthuͤmer und groffe
Gecſchaͤffte Pr n Diefer Art. ich leiden
wolte, Daß mich D dergleichen Rortheile befehrvers
ten und in allerhand Verdrießlichkeiten mit eins
lieber roolte ich fieeinem andern gönnen.
Man if nicht glücklicher, ale wenn man den
Grund En Dar und Fig nich auf ſich felbs
man mit feinen Augen ü kan.
Ne te quefiveris exıra |
Tune bearum efle te judica |
Cum tibi exte gaudiumomne nafcenur. N
Sonſten aber kann das Geld ſich mit der Phild⸗
fophie noch wohl ii Fi In —ã— ß
dieſet
SC.
86 IX. Die Wahl dei: beſten Lebenart.
dieſer dienen und unterworfen ſeyn. Plato zier⸗
te Damit feine Weisheit und machte fic) Dadurd
‚den Genuß der Güter deſto angenehmer; Cr
erwarb fich Durch Die Anftändigkeit feiner Sitten
bie Hochachtung Des Volks; toie im Gegentheil
Diogenes fich Durch feine bettelhäffte und unfld
thige Aufführung deſſen —
tung zuzog.
[fe mir Die guͤtige Vorſehung noch ein Eh |
gut gufallen laften, fo würde ich mis, wie Epiews
e
tus, einen ſchoͤnen Garten erbauen, too ich unten
ven Schatten der Bäume fo luſtig phi |
lofophiren Fönnte, als jego bey dem Krachen dei⸗
nes kleinen Caminfeuers. Anſtatt daß jetzo mer
dem holden
ne Waͤnde einige papierne Zierrathen bekleiden,
fo wuͤrde ich fie mit Schildereyen vom Titian
fellfchafft der vortrefflichften Leute zu ſeyn. An⸗
ſtatt Daß ich je&o aus meinem Zimmer nichts, ale
pfianit Trifft
uffenghalt erreähen. ch mürbe mir den Hof
in einem Schaufpiel halten, und nicht uchen ein
Kuecht zu werden, wann ich ein Herr fepn konn⸗
= der Men
fehen fliehen, aber auch nicht ohne Unterfcheid ihre:
Geſellſchafft fuchen. Ich würde mich über allen
Zwang, über alle Kleinigkeiten und über —*
— ⸗
—
ar
-T
—
IX. Die Wahl der beſten Lebensart. 3
nichts hedeutende Ceremonien weit hinaus ſetzen.
Ich wuͤrde meine Tafel nicht mit ſo viel Gerich⸗
ten beſetzen laſſen, als die Gelehrſamkeit der Sk
che und die Eitelkeit der Weiber aufbringen koͤn⸗
nen; meine Gaͤſte ſolten nicht meine Pracht
und meinen Hochmuth auf Unkoſten ihrer Maͤ⸗
gen und meines Beutels bewundern. Im Ge⸗
gentheil aher ſolten ein paar gute Freunde mir
jedesmal willkommen ſeyn, die mehr auf ein gu⸗
tes Herz ſehen, und mit natuͤrlich zugerichteten
Speiſen zufrieden ſeyn wolten. Ich wuͤrde nicht
en Weib nehmen, um, wie Socrates, Die Ge⸗
dult zu lernen, ich würde vielmehr diejenige Ler
bensart erroählen, wo ich Der Gebult am beften
entbehren koͤnnte. Ich wuͤrde mich eben fo we⸗
nig um Titeln und Rang und Vorzuͤge befüny
mern, Die den Kopf voll XBind und Einbildung
erfüllen, und Das Herz leer an Tugend und arm
an Vergnuͤgen laffen. 39 wuͤrde nicht mit
fiolgen Thieren, und noch ſtolzern Menfchen
prangen, um Dadurch der Welt zu zeigen, Daß i
reich und hochmüthig waͤre; Ich würde mi
vielmehr befleifien, in veiner Unfchuld, bey einer
natürlichen Einfalt,. meine Tage hin zu bringen,
und ruhig zu.fterben, wenn das Vergnügen zu
leben nicht weiter fortdauren koͤnnte. (*) |
54 Sehen
- (*) Diefed waren die Ogpanten des Verfaſſers, ald
er fich in feiner — im Jahr 1718. in Berlin
.: aufbidt. Welchen Plan er darauf auch nieiſten⸗
xheils gluͤcklich ind Werk ferte,
/ \
28 IX, Die Wahl der beſten lebensart.
Sehen, Sie, mein Herr, was ich für einen
Gebrauch mit meinem Gelde zu machen geden⸗
fe, wann ich dermaleins Darzu dag Vermoͤgen
befommen folte. Sie urtheilen Daraus, ob ich
das Geld zu fürditen habe, |
Mein lieber Horatius, Der auch ein Epicurer '
war, aber nicht fo fchmeinifch, wie er aus Scherg
ſich felber dafuͤr ausgegeben (C*)5 hat diefes fol⸗
gendermaſſen fehr artig ausgedruckt:
Inter cuncta leges & percunctabere doctos
Qua ratione queas traducere leviter vum, \,
Ne te ſemper inops agitet vexetque cupidoy
Ne pavor & rerum mediocriter utilium fpes,
Martialis hat diefe Gedanken noch vollfonts
meer ausgedrukt
Res non parta labore, (ed relilta,
Non ingrarus ager, focus perennis $
Lis nunquam, Br rara, mens quieta:
Vires ingenus, falubre corpus, Ä
Prudens fimplicitas, pares amici .
Convidtus facilis, fine arte menſa.
Nox non ebria, fed foluta curis
Non triſtis thorus, attamen pudicus ;
Somnus, qui faciat hreves tenehras ;
Quod fis, eſſe velis, nihilque majus
- Summum nec meruas diem, nec optes,
re Hoͤchſt⸗
q0 Me pinguem & nitidum, bene curata eulevifes, |
Cum ridere velee, Epicuri de grege Porcum.
| BEE Horat, Rp, l,.
‘
a Te 2
Lu
Hoͤchſtbedenkliche Urſachen,
warum beyderſeits
Burperiige un
Meformirte,
in riedund Ein mgeen mmen alten
3 und einerlen on —— N
Nebit einigen unvorgreifflichen
Ref —* dieſes —57
Werk, ohne weiteres Gezaͤnke und ohne Rach⸗
gemacht t werden. (*)
(*) Dige Säule kam sum erfienmal —* I ar
on auf sum andernmal 1727
Baden Auflagen finden —* keine
% J
1
Videte, ut id quod fcitu eft ntile & vobis neceflarıum |
atque A Deo preceptum, ampledtamini, pofthabitis
nugis futlibus nom cificentibus & nihil perinde at-
que contentiones producentibus, juxta fapientis viri
confilium ; quod fupra ingenii tui captum eft, ne
perguiras, fed mane in iis, quæ à Dee tibi præcepta
fun, Tota vita opus eft Chrifto rectè perdifcende,
& ejus praceptis cognofcendis, etiam nullis aliis re
bus inwentis,
fi, -
Lutberus in Ep, ad Antven.
Ei." | gt
aegaeenuenntene
Hmmm
J
Ercſte Betrachtung,
Von den Bewegurſachen
beyde proteſtirende Kirchen
mit einander zu vereinigen.
Laſſet uns dem nachftreben, Das sum Sries
den Dienet, und was zur Seflerung einan⸗
der dienet, ROM. 14, 10. |
— — — —
ie natuͤrliche Unwiſſenheit in geiſtlichen
Dingen, ein finnlofes und von allem
—_ gründlichen Pachdenken entferntes Les
ben, ein unachtfames Bejahen oder Verneinen,
davon Der Deutliche “Begriff uns mangelt, ein
öffters gutfchichtender aber blinder Eifer vor.die
ybehaltung derjenigen Lehre, welche ung von
Iugend auf ift bengebracht tworden, eine ung sus
Bed mit eingeflöfte Nerachtung gegen andere
Religiongugrroandte 3 und Die Daran unmerk⸗
lich entſtehende Affecten von Haß und Feind⸗
ſwoaft ʒ Dieſes find eigentlich Die Quellen, dar⸗
aus bisher alles unerbauliche Gezaͤnke und >
⸗
3 X Erſte Derachtung
verftänbniß ber chriftlichen Kiechen hergefloffen,
und Daraus fo viel Unheil und Verwirrung,
. toeldye offtmalen den Umſturz ganzer Länder
Staaten nad) ſich gezogen, entſtanden ſind.
Was iſt demnach chriſtlicher und lobenswuͤr⸗
diger, als dieſem wilden Strom, darauf ein je⸗
der Selabr läufft, mit förtgeriffen zu werden, als
Te feine Kr fie entgegen zu feken, und folchen in |
gewiſſe Graͤnzen und Damme einzufchlieflen,
damit er nicht, wie fehon mehrmalen gefchehen,
in ungeheure Fluthen ausbreche, und gan aͤn⸗
der uͤberſchwemme. Allein, welcher Verfall un⸗
res Chriſtenthums! Diejenigen, welche ſich bis⸗
hero auf alle Art und bemuͤhet haben,
dieſem ſo uͤberaus groſſem Ubel, zum wenigſten
in der proteſtirenden Kirche Durch gelinde und
friedfertige Wege abzuhelffen, die finden nicht
nur Fein gnugſames Gehör bey denjenigen, wel⸗
che die Sache am heften befördern koͤnnten, ſon⸗
Dern werden auch insgemein als Sfndifferentiften
um een ausge ran ah a
verhaßt gemacht, und ſo e re |
Vorſchlaͤge fruchtloß Darnieder geriflen.
Jedoch, alle Sachen in der Welt wollen ihre
zeit haben, bis fie zu ihrer Reiffe gelangen; wer
weiß, ob die Srüchte ver Liebe und der Sanfts
muth , welche bisher in den Schriften der
Srenicorum geblühet, nunmehro nicht auch bald
‚ihrer Zeitigung kommen ; um fo vielmehr, Da
n Tag su Tage, hie bisherige ee
| ne OT
von der Kirchenvereinigung. 9
- seven, gleich einem wurmſtichichten und faulen
Odbſt, allen affenen Proteflanten, mehr
and mehr Eckel geben 5 alfo, Daß es um fo viel
weniger mag übel sgbeutet etden, ba m daß wir —*
uͤber unſere Gedanken, mit — i
Offenherzigkeit, allen redlichg Einen
‚und damit den Bon —
fungen eines fo weit eingeriſſenen Uebels, n
mſerm wenigen Vermoͤgen, den Weg mit * |
| ffen.
Wir roollen demnach mit GOttes Huͤlfe allhier
unterſuchen, welcherley Beweggruͤnde
uns —— zu dem Frieden und der Einig⸗
zum Rice ⸗ und Religionstoefen “
1. Der erſte davon Weil
— ſich BR Liebe Se un Im
‚ be unter ginander elig find die
= fie werden GOttes Rinder
| en, atth. 5,2. — —
lbae, —— 8
Gal. 5, 22. bet alles aber ziea
het an die Kiebe, die da iſt das Band des
Oollfommenbeit, Col 3, 14. Und laſſet
uccht Spaltungen unser nie cuch fernen. Cor. Te
1 ‘
94. X. Erſte Betrachtung,
30. Habt unter einander eine bruͤnſtige Lie⸗ |
be, denn die Liebe decket auch der Sünden
Monge, 1. Petr. 4, 8. GOtt ift die Lieb
wer alfo in der Kiebe bleibet, der bIeibet i
GOtt, und GOtt in ibm, 1. Joh.4, 16. So
aber jemand fpricht, er liebe GOTT, und
haſſet feinen Bruder, der ift ein Lügner,
1. Joh. 5,20. Ja, man darf nur die Bibel fer
-fen, fo wird man bald finden, Daß Fein anderes T
Merkmal fen, woran die Rechtglaubigen und
Kinder GHttes zu erkennen, ale an dem Geiſt
des Friedens, der Liebe, der Sanftmuth und der
Demuth; Ehriftusund feine Apofteln führen Feb
ne andere als dieſe Lehren 5: und verwerfen im
Gegentheil, mit einem gan befondern Nach⸗
druck, alle gegenfeitige Neigungen der Zwie⸗
fracht und ber Uneinigkeit, fie mögen auch Nah⸗
- men haben, wie fie wollen: Non modo diffen-
tire illos prohiber atque adverfus fe mutuo
dimicare, fed aliud quidam majus inquirit,
feilicet, ur etiam alios diffidentes in facram '
ftudeant revocare concordiam, fagt Chryfo-
ſtomus. J
Daß mın die Religions⸗Streitigkeiten insbe⸗
ſondere auch mit hieher gehoͤren, und von dem
Apoſtel Paulo ganz ausdruͤcklich verboten wor⸗
ben, ſolches bezeuget unter andern auch fein 14
Eap, der Epiftel an Die Römer, wo er gleich An⸗
fangs lehret : Den Schwachen im Glauben
aufsunebmen, und Die Gewiffen nicht zu
Deryoirven, tem b. 10. feinen Bruder nicht
x u
rr
Der. ua u SE ea
sonder Kirchenwereinigung. 4
gu richten noch zu verachten, Item v. 12.
Daß ein jeder a für ſich ſelbſt GOTT müfte
Rechenfi tem v. 22. Daß wer
den: —A— ſolchen bey ſich ſelbſt
md vor BOTT haben ſolle. Ferner im fol⸗
genden 15. Capit. 9.1. Daß diejenigen, ſo da
Mare find, der Schwachen Gebrechlichteie
tragen, und nicht Gefallen an fich eb bi bas
ben follen. tem 1. Cor. 11. und 15. Daß,
wo jemand fey, der Luft zu sanken batte,der
— wiſſen, daß ſie, als die Apopel und '
Chriſti, ji leichen Weiſe nicht
—— „und Ri Gemeine GOttes een
t, 1. Kor, 17, 16, Au er⸗
‚Sant und Zwietracht wäre,
| —ã reichlich, und wandele nach —*
Diefes fen genug, ung zu Überzeugen, daß uns
r ſee enangelifche Religion eine Verkuͤndigung
des Biome fen, welche Dem ungeitigen und
gott een Difputiren, ımd denen Daraus erfols
senden Uneinigkeiten und He ein
wt allemahl ſchnurſtracks ent ſtehet.
»Dann dadurch verloͤſchet der te soahre
» Glaube ganz.und gar, ſagt Der erleuchtete Jo⸗
8 Arnd, und fommen nur viel ſyitzfindige
k⸗ und Susi en an Tag, barin Die
ernunft allein d ne fl. Das ifl
n de wahre Glaube, tr Ehriftum rein behält,
» und Durch die Liebe heniefn wird gegen GOtt
n > und den Menſchen, Freunden und —*
36 .. X. Erſte Betrachtung, |
durch ne chen Chriſtus in uns bleibet, Are |
r {het und ſieget. Darum, Richter nicht/
auf daß ihr nicht gerichtet werdet; Denn %
mit welcherley Gericht ihr richten; werdet
ihr gerichtet werden; und mit
— ihr meſſet, wird euch gemejjen wer⸗
dm Matth.7, 1. 2. 3.
Ja ſprichſt du: Wie, und. auf was Art Denn
gleichwohl die Wahrheit des Evangelii würde
vertheidiget und. befchliget werden Fönnen, wenn
man fo ſchlechterdings einen jeden glauben ließ
was er wolte; wie Diele Gefahr, wie viele
erthümer ya eben nicht daraus entſtehen ? So
bi wir age Doch eins: Ob die Wahr⸗
beit Durch — Diſputiren nicht un⸗
gleich m mis wenn man Die Menfehen |
ganzeinfi Ar und lauter zu einem thätigen Chris
ftenthum, nemlich zu ber Ausübung det wahren
a und Froͤmmigkeit, angewiefen hate |
—— find keine Abwege; ——— |
ED TUES find durchläutert, und ein
Schild denen, die auf ibn trauen, Pros. 29,
56. Das Geheimniß des SEren ift unter
denen, die ihn fürchten, und im Bund
laͤßt er ſie —5— be m 257. li * innerli⸗
dent 3 ies dem Fleiſch,
nicht Der d liche — 2,0 h
| De
\
»on der Rirchenverkinigung. 97
daß wir GOttes Rinder find. Der Geift der
Liebe, der Sreundlichfeit, der Demuth, der fich
auf den « verläft von ganzem Herzen, und .
nicht auf feinen Verſtand, Prov. 3, 5. Der fid)
felbft verleugnet, Chriſto anhänget, und aufriche
tig wandelt vordem HErrn. Miteinem Wort,
es kommt auf die Heiligkeit des Lebens an, und
meht auf die Scharflinnigkeit der Meynungen:
Durch jene find alle Slaubigen, wenn fie aud)
gleich) in ihren Meynungen über ein und andre,
uns nicht Deutlich geoffenbarte Geheimniſſe, von
anander unterfchieden find, mit einander im
Geiſtund in der Wahrheit vereiniget; Durch Dies
aber find diejenigen, die ſich alkin für rechtglau⸗
big halten, felbft mit einander uneins, und ent⸗
ſtemdet von dem Leben, Das us GOTT iſt;
bey jenen zeigen fich Die rechte Fruͤchte Des Gei⸗
ftes, als Liebe, Sanftmuth, Keufchheit, Gedult ic.
bey dieſen aber die Früchte des Fleiſches, als
Hader, Zorn, gar Zwietracht/ Rotten, 2. -
Run fagt ver Heiland: An ihren Scüchten
Plt ihr fie erkennen, Matth. 7, 16. Welche
Kin beyben haltft Du num wor die Kechtglaus
en? | - |
Man hat noch Fein Exempel, daß jemalen
dureh) das Zanken, Streiten und Verkekern its
gendwo eine Wahrheit fen erhalten und fortges
pflanzet worden. Vielmehr liegt e8 am Tage,
daß Teider viele ungeheure Verwirrungen und
Irrthuͤmer darüber entftanden. Es iſt ung
gleichſam Damit ergangen, wie jenem unſchuldigen
11. Theil. G Kin⸗
l
33 X. Erſte Betrachtung, -
Kinde, welches anfänglich fich in einem ſchoͤnen
klaren Bache befpiegelt, ünD Daraus getrunfen, '
|
nachgehends aber, um Die lange XBeile fich zu
vertreiben, die im runde liegende Steine her
|
auf zu langen fich bemühete, dadurch alfo der lau⸗
tere Bad) trüb und unrein gemacht wurde,
11, Die andere Bervegupfache flieffet aus de⸗
nen Geheimniſſen, welche unfere Religion in fich
fafiet; wer aber kann fich rühmen, Diefelbe
gründfich einzufehen ? koͤnnten wir fie verftehen,
fo wären es Feine Seheimnifle nicht: Wer bat
je des HErrn Sinn erkannt ? oder wer if
. fein Ratbgeber gewefen? Kom. 11,24
Es muß demnach der Grund unferes Glau⸗
bens nur allein in folchen Lehrfägen beftehen, die
da klar und. deutlich, und nach dem Begriff aller
- Menfchen, auch ber einfältigften, eingerichtet
find. Denn GOtt will nicht, daß jemand
verlobren Ber fondern daß er fich bekehre
und lebe, Siech.33,. 10, Er will daß allen
Memſchen geholffen werde, und daß fie alle
zur Erkenntniß derWahrheit kommen moͤch⸗
ten, 1.2im.2,4. Ta er will, daß alle, Die
ihn anruffen, auch follen ſelig werden.
Hier wird alfo yon allen Menfehen geipro
chen, und Fein Unterfcheid gemacht zwiſchen den
Gelehrten und Ungelehrten, sroifchen den Ber
ftändigen und Unverfländigen, zwiſchen den
Geiſtlichen und Weltlichen; weraug dann nn
| Ä | | geh
I
(
vdn der Aiccheveteinigung, 99
Kt, daß der Begriff in göttlichen Geheimni
unmöglich die Kichtfehnur unfers EH
keitenden Slaubens ſeyn Fünne, indem fothaner
Begriff fi) Der Einbildung nach, nur allein bey
einigen Gelehrten befindet, Die fich weiſer ale ans
dere zu fepn duͤnken; der gemeine Mahn aber, .
welcher nicht auf hohen Schulen die Weißheit
eingefogen,; und inzwiſchen Doch die Früchte des
Geiſtes, in feinem Lehen und Wandel seigte, hier
weit zurück ſtehen müfte nur weil er den Kopf
nicht mit fo vielen feholaftifchen Brillen und Ar⸗
gumentirfünften angefüllet hätte; welches ja
wohl.ein feines Ehriftenthum wäre, und auch ein
befoiderer Himmel feyn müfte, wo dergleichen
ſubtile Köpfe fich Dermaleinft, ſub favore Ari«
Rotelis, hinein Difputiren folten. (*)
Ich zmeiffele demnach ſehr, vb auch der ges
behrteſte Theologus auf dieſem Weg zur Seli
keit gelangen werde, Dem wo er. bey allen 7A
W a nen
en
eit
(*) Pietas eſt non ambigere, & juſtitia eft credere, &
falus eſt conlideri ; nen in incerta Uıfldere, negne
ad Rululoquia eflervere, neque ratione aliqua vir-
tutes Dei ventilare, neque modo tircumleribere
Poreftatern, neque caufas inveftigabilium Sacra-
mentorem retraltares Dominum JEfum confitern
& & Deo fulcitatum à mortuis credere falus et, ‚.
In fimplicitare fides ef, ih fide juftiria eſt, in con«
fefione pietas eft, Non per difficiles nos Deus ad
beatam viram quaftiones vocat, net multiplici elo-
gbentis facundiz genere ſolliciat. In abfolure -
nobis ac facili et serrmitas, Klilarius de Trinit,
Ar
Z
100 X, Erſte Betrachtung, 5
nen Wiflenfchafften das Herz nicht zur GSelbft>
verleugnung und zur Demuth hält, ſo ift ihm.
feine Selehrfamkeit ein Weg zur Verdammniß;
und ift nachdenklich, was Ehriftus Dorten faget,
Matth. 11,25. Ich preife dich, Dater und
Err Zimmels und der Erden, daß du fol
ches den Weifen und Alugen verborgen
baft, und haft es den Unmuͤndigen offe
rer. St. Matth. 18, 3. Warlich, ich fage
euch: Es fey denn, daß ihr auch umkehret,
und werdet wie die Zinder, fo werdet ihr
nicht in das Himmelreich Fommen, 2c. |
Denn Mare. 10, 15. Wer das Simmelreich
nicht empfaber, als ein Aind, der wird
nicht binein kommen.
Wer iſt nun ſo weiſe und ſo gelehrt, daß er,
fonder Gefahr und Furcht zu irren, ſich einen
niſſen machen koͤnne? Bildet fich ſolches jemand
ein, der nehme fich nur einmal die Mühe, feine
Sehrfäße Darlıber, per modum confequentia- -
rum, in die Inquiſition zu ziehen; was gilfg,
wo ihm anders eine thörichte Eigenliebe Die Aus
gen der DWernunft. nicht fehon gar verkleiftert,
uͤber zu faflen Friegen, und er taufendmal wuͤn⸗
fchen, er hatte fein fpißfindiges Nachgruͤbeln fein
unterlaſſen, weil e8 ihm Damit ergangen, wie jes
nem, der um entlegene Dinge genauer zu betrachs
ten, ein Perſpectiv ergriffe, foches aber verfehrt
ans Auge feßte, und Damit alle Die an und —F
a | N
was — ich, der Schwindel wird ihn dar
Raabe Begriff von den göttlichen Geheim⸗
|
von der Rircherwereinigung. 101
ſich ſelbſt entfernte Sachen, noch viel entfernter
‚von fich fahe. Wir müffen demnach allhier mit
Paulo ausruffen: O welch eine Tieffe!
um. 11, 33. |
It. So beftehet unfer ganzer Chriftenglau-
be mehr im Thun alß im Denken. Der Fortgang
des wahren thätigen Chriftenthums wird nicht
wenig Durch Spaltungen und Zänferenen ge
hemmet: Scopus enim Religionis, wie der
gelehrte Herr Turretinus fpricht, eft reveren-
tam ac amorem Dei animis noftris ingene-
rare, nosque ad certa ofhıcia impellere. Ira-
que, quæ veritates adfcopum illum maxime
faciunt, funt maxime momentof@; Quæ
autem, vel nullatenus, vel parum admodum,
ad finem illum referuntur, eæ procul dubio
. minoris momenti, adeoque non omnino
neceſſariæ exiftimande funt, (*) '
Es ift dem natürlichen Licht unferer Dernunft
nichts gemäffer, als daß ein GOTT ift, den wir
fürchten und ehren follen, und deffen Gebote Die
höchfte TBeißheit, und die sollfommenfte Gluͤck⸗
feligfeit Der Menfchen in fich faſſen; alfo, daß
nichts gerechter, nichts bergen: nichts vergnuͤ⸗
gender, ja nichts erfprie licher vor den allgemei⸗
nen Wohlſtand ift, als ihnen Folge zu leiften, und
darnach fein Leben einzurichten: Das Herz hat .
3 biebey
(*) Vid. Atph. Turretini Nubes Teftium Cap. II.
de Articul, Fundamenal, °
ı02 X. Erſte Betrachtung,
hiebey einen ganz unvergleichlichen Vortheik vor
dem Verſtand; denn ſolches empfudet weit
mehr, als dieſer begreiffen kann; alſo fuͤhlet es
GoOit in ſich leben und wirken, ſobald ſich ihm
GOtt naͤhert, und naͤch feiner unerſchoͤpflichen
Liebe und Barwherzigkeit zu erkennen gibt. Da
hingegen der Verſtand, wenn ex nicht Durch Die
fe innerliche Wirkungen des Heil. Geiſtes ers
leuchtet und zu GOtt gesogen wird, einen gar
fehlechten Fortgang in der Erkenntniß goͤttlicher
Wahrheiten gewinnet; barum wird auch durchge⸗
hends in Heil. Schrifft fo fehr auf die Reinigung
des Herzens und bie Deiligung Des XBilleng ger
drungen; Wir. lefen aber nirgend nichts von
den Hirmfubtiitäten, und ber albern nafetweis
fen Schuigelehrtheit, daß Diefe war andern im
. Chriftenthum etwas voraus hätten ; (M ſondern
eg heifjet im Gegentheil, 1. Cor. 1,29. & feq,
ch will umbringen die Weißbeit der Wei⸗
n, und den Verſtand dee Derftandigen
will ich verwerfen ;_ Wo find die Alugen ?
Wo find die ee 2 Wo find
die Weltweiſen? Hat nicht BOTT Die
Weiß⸗
(*) Miſerum eſt, cum habeamus tot clara & aperu
in Sacris Lileris de fide, Spe, Charitate, & catera-
zum viriutum officiis, in quibus nhil eſt obfcurum,
ea prorſus neglecta reipquamus, & tanta fuperſti-
tione, quæ incerta funt & minus ad falutom ſæti-
ant, velle perſequi., Hoc Diabolus curat, ut in
quaftionibns infinitis ac inutilibus vehementer la-
boretur, abjectis qua neceflaria ſunt ut ſexventur.
Peu. Masıyr, | |
Ä |
| son der Rivchenyereinigung. 109
Weißheit diefer Welt zur Thorbeit es
- macht? Denn NB, weil die Welt Durch ihr
#8 Weißbeit GOtt in feiner Weißheit niche
- efannte, fo gefiel es GOTT wohl, durd)
worichte Predige felig zu machen, die, ſo
aran glauben; denen aber, die beruffen
find, predigen wir Chriftum örtliche Krafft
und Be Weißheit. It. Nicht viel
Weiſen nach dem Styifch find berufen ſon⸗
dern was thoͤricht iſt vor der elt, bat
Ghott ermähler, daß er die Weiſen zu
Schanden machet. —
— — ——
Dieſes alles lehret ung nun zur Gnuͤge, daß
unfer Ehriftenthum ganz Fein Werk des Gehirns,
ſondern des Herzens ſeyn müffer und daß mir Da
die Kräffte des Verſtandes vergebens anfitens
gen, von es nur allein auf innerliche lebendige
Empfindung des Glaubens anfommet. Deux
Loix (ufhifent pour regler toute la Republi-
que Chhrerienne : Pamour de Dieu & celui
_ du prochain, (*) Es heift: Kiebe GOTT
und deinen TIächften, dieſes ift genug, dann
| in dieſen sweyen Geboten bang dns ganze
| Geſetz und die Propheten. (**,
/ 4 Wie
|
(#) Penfses de Pafcal. P. 198. ed, Amſt. 1700,
(**) Prater muruam charitatem nihil præcipit Chrie
‘ neque quicgua fi amarum ef, quod non
condiat, comdalestque eharitas a nihil magıs con“
gruit cum hominis natura, fed cavendum ne Chrr
fi legem, per fa blandam ac lavem. grareit &
re4 %, Erſte Berracheung,
Wie Fommen dann bie eitele Streitfrager
und Verketzerungen allhie zu paß? fle zeigen a
weder von der Liebe GOttes, noch non der Liebe
des Naͤchſten; fie widerftreben vielmehr beyden
verwirren die Gewiſſen, und geben zu laute
Zwietracht und Unheil in der Kirchen und den
gemeinen Weſen Anlaß; Urtheile demnach, ob
folche aufzuheben oder nicht? Sa, ſprichſt tu,
man muß Doch gleichtwohlaber der Wahrheit auch
nichts vergeben ; fo frag ich Dich, was find das
für Wahrheiten, ber deren eigentlichen Begriff
wir mit einander zanken und Difputiren? Du
nenneft mir die Dereinigung der göttlichen Nas
tur mit Der monfchlichen in Ehrifto, Die Snadens
mahl der Kinder GOttes, und die cörperliche
| ——— des Leibes Chriſti im Heil. Abend⸗
ma
⸗
l. (*). Ich frage Dich) weiter, find bieps
Geheimniſſe, oder find es Feine? Nach deiner
Sprache müffen es nothwendig Geheimniffefenn,
dann du redeſt davon ziemlich Dunkel; ja, esdfins
den fich hundert andere Gelehrten, welche dir
aus deiner Hypotheſi gewaltige Irrthuͤmer und
Wider⸗
afperam reddant humaniorum conſtitutionum ae
. . dogmatum accefliones. Erasmus,
E) Daß es beifer geweſen, man hätte diefe Sragen
nie jo weit getrieben, fonvern einem jeglichen erlau⸗
.., bet, Darüber feine Dieynungen nach der Gabe des
Geijtes, Die ihm GOtt verliehen, zu hegen; im Ge⸗
gentheil aber dahin getrachter, biefem verdrießli⸗
en Gezaͤnk Durch den Frieden und bie Einigkeit
in Ehrifio abzuhelfen, ſolches hat auch ſchon die
Kirche zu Lion in Ceni, Syn. Cariiacz eingefehen. .
von der Ricchenvereinigung. 105
Widerfprüche heraus confequentiren, wie folches
die tägliche XRiderfpruche lehren, () da unter taus
fenden Faum etliche ſich finden, welche, wie Du,
dergleichen Lehren einfehen Fönnen. Sind es
nun Seheimniffe, fo läffet ſichs nicht wohl daruͤ⸗
ber difputiren. Es find -und bleiben Geheim⸗
niſſe; (**) warum zanken wir ung Dann darüs
. ber mit einander, und erfüllen die Gemuͤther mit
fo viel EBig und Galle? Iſt es nicht, Daß einer
vor dem andern fich will hervorthun, und feinen
eitlen Puppenkram ausleeren ? Denn fuͤrwahr,
unfere Argumentirfunfte kommen mir faft nicht
anders vor, als Die Marionekten, welche fich Dres
Jen und wenden müflen, nachdem Die Hände uns
ferer Affeeten Damit ihr Spiel treiben.
Inzwiſchen will man Doch feine Sachen auch
nicht gerne vergebens gelernet haben, und feiner
Gemeinde auch zeigen, daß man ein gelehrter
\ 5 Mann
(*) Veteres parcifime de rebus divinis philofophaben-
tur, neque quicquam audebant de his pronuncıiare,
quod non eflet aperte proditum his literis, quarum
audtoritas nobis & ſacroſancta. - - Nobis qua
. fionte veniam pofcemus, qui de rebus longe fe-
. motiffimis a noftra natura, tor curiofas, ne dicam,
impias, movemus quæſtiones: tam multa defini-
mus, quæ circa falutis difpendium, vel ignorari po-
terant, vel ın ambiguo relinqui, Erafmus,
(**) Nullius enimPrei cognofcendz, neque credendz
neceflitatem nobis incumbit, quæ nobis clare revo-
lata non fuerit, & ad quam credendam facultates
a Deo neceflarias nen acceperimus, Turetun.
nub. Teft, cap. 4. Ä
106 X. Erſte Serrachrung,
Mann fen? Ep, es wäre ja wol Schade darum.
Wie kann man aber in lauter Moralpredigten |
eine groffe Wfffenfchafft an Tag legen? Eine |
feine ausgearbeitete Controvers ift wie Das Gar
wuͤrz in wohlgekochten Speifen ; Diefe muß den
haut gout geben, und den Gelehrten von ge
meinen Predigern unterfcheiden ; Inzwiſchen
wird Dadurd) eine Gemeine fein zierlich gegen
bie andere aufgeheket, und Die gute Zuhörer vers
laßt Darüber Die Gedult; alfo, daß fie mit |
be ahhören, was jener mit Mühe auswendig
gelernet, und ihnen daher fagt: (*) Jeh denke,
wir fehen der traurigen Kurzweil noch länger mit
aufgefperrten Mäulern und in einander gefchlune
genen Aermen zu? Was wird dann endlihwehl
daraus werden?
IV, Der vierte Beweggrund flieſſet aus d
ruhigen Wohlſtand eines Staats: Es ift be
Fannt, Daß aus den geiftlichen Zänfereyen alles
zeit Das meifte Unheil im gemeinen Weſen her⸗
gefloffen, und Dadurch) zu vielen Kriegen und
pörungen, Blutvergieffen und mancherley Ders
wirrungen, Anlaß iſt gegeben worden 3
/ oo. En
(*) Si lingsam frzno coercere repudias, animique
impetum frangere ac comprimere, non potes, tibi
furere atque infanire certun? eft, Arillud faltem
tibi impera, ut fratrem non condemnes, aut falu-
tem ejus pro defperata habens, diffedas, gui animi
facilitatem ac morum fuavitatem profiteris. Na
aianz.
von der Rivchenyereinigumg. 107
«= r -.- - Enquod difcardia cives,
Perduxit miferos, en queis confevimus
2gros.
Wir ſehen davon in unſerm teutſchen Va⸗
terland noch die traurigſten Denkmale, und wer
„nur ein wenig, ſagt ein berühmter Schrifft⸗
o fteller, Die Umftande des dreyßigjaͤhrigen Kriegs
v mi unparthenifchen Augen anfiehet, Der ers
„ tennet bald, daß die Zanker, Die andere Reli⸗
» gionsverwandten nicht bey fich leiden koͤnnen,
„ hierzu Dag me contribuiret. D. Höes
»Tractat wider Die Meformirten, wird ein
v ewiges Zeugniß bey der Nachwelt abftatten,
» daß er zu vielem Blutvergieſſen und Verwuͤ⸗
» fung vieler Länder, Anlaß gegeben, & feg.“ (*)
"ja, es ift wol h Feine Provinz in der ganzen Chris
enbeit, welche nicht auf gewiſſe Art, Die betruͤb⸗
ten Wirkungen eines ungeitigen Religionseiffers
empfunden hätte: und wenn ung Die einheimi-
ſche Exempel, nebft Denen im Roͤmiſcheu Deich
ſich ereignenden Umftänden nicht beweglich und
Achtungswuͤrdig genug vorkommen, fo Dürfen
wir Die Augen nur ein wenig auf unfere Wache
barn werfen ; wie viel ift Frankreich nicht Durch
die viele Religionskriege mitgenommen worden,
und wie fehr hat eg nicht feiner wirklichen Ho⸗
beit und Aufnahme gefehadet, Daß man Die Dur
genotten Daraus vertrieben ? Pr
(*) Herr Thomafius in feinem Tractat vom Recht
der Furſten, in Theologiſchen Streitigteiten. p.
W. 170.
108 X. Erſte Betrachtung,
Es mennen zwar hierüber die meiften Ge
fhichtfehreiber, daß die Aufhebung des nantis
ſchen Edicts, und die darauf erfolgte Vertilgung
der Hugenotten, Das Königreich voieder in Kuh
efeßt, und feheinen alfo Dadurch die Urfache der
bis dahin gedauerten Kriege Diefen guten Leu
ten auf die Rechnung zu feßen 3 alleine, wie uns
billig und ungegründet dieſes Urtheil fen, wird
ein jeder leicht erkennen, der nur mit unpartheyi⸗
Den Augen die damalige Umſtaͤnde einfiehel.
ie römifche Elerifen, twelche vor die Erhaltung
Des päbftlichen Stuhle und ihre Einfunften ſtrit⸗
ten, und das Intereſſe einiger frangöfifchen Brins
zen (*) die mit Damaliger Regierung Übel zus
frieden toaren, und fich Deswegen zu den Hr
genotten fchlugen, um durch fie in ihren ſtolzen
Abfichten unterftüßt zu werden, Die haben eigent
lich das Blutvergieſſen verurfachet, und die ins
nerlichen Unruhen angefponnen; mitnichten aber
Die Hugenotten oder Reformirten, die fich nur
fuchten gegen offenbare Gewalt zu vertheidigen :
Denn wäre die Berfchiedenheit der Religionen
und Ölaubensmeynungen in einem Lande Die
Urfache zu einheimifchen Kriegen und Verwir⸗
rungen, fo muͤſten fi) Engelland und Holland
bey ihrer Tolleranz fehr übel befinden, ja Frank—⸗
reich felbft fich noch beflänpig in den Haaren lie
gen, da die Eonftitutioniften und Anticonftitus
2 tioni⸗
(*) Vid. Satyre Menippee de la verü du Catholicon
d’Efpagne, & de latente des Etars de Paris, ou fe
voit Pnifoire de la Ligue en abrege &c.
von der Airchenvereinigung. 109
tioniften fich noch immer weidlich mit einander
herum zanfen, und in Anfehung der päbftlichen
Autorität und Unfehlbarkeit, ganz gegen einans
derlauffende Mennungen hegen. Der Janſe⸗
niften und heimlichen ‘Proteftanten, deren noch
eine geoffe Menge darinnen verborgen lebet, zu ges
fihweigen. (*) Weil aber die gegenwärtige
| Am
(*) Daß fid die Herren Theologi Ded Streitend und
Difputirens unter fih enthalten folten, ſolches wird
faſt unter die unmögliche Dinge gezehlet. Nur
mare zu wuͤnſchen, daß fie Damit Die Canzel und
den gemeinen Mann in ihren Eatechifmuslehven
weißlich verfchonen möchten: Denn ob Diefer gleich
. davon eben fo viel verfichet,. alö von dem alten hes
braͤiſchen Grundtert, fo pfleget er doch nichts deſto⸗
weniger, wenn er dadurch gegen dic vermeinte Ke⸗
‘ ger von der Beifllichfeit aufgeheßet wirb, viel Lers
men und Unruhe anzurichten. vid. Eufebium ın
vita Conftant, Lib, 2, C. 63. woſelbſt Diefe Anmer⸗
fung ſich findet: Tales quæſtiones, quas nullius
legis peceſſitas præſeribit, ſed inutilis otii altercatio
proponit, licet ingenii exercendi cauſa inſtituantur,
tamen intra mentis noſtræ penetralia continere de-
bemus, nec eas facile in publicos eflerre conventus,
nec auribus vulgi inconfulto committere, Quotus-
quisque enim eft, qui tantarum rerum tamgue
difficibum vim atque naturanız aut accurate com-
prehendere, aut pro dignitare explicare fufliciat ;
Quod fi quis id facile confequi polie exiftimetur,.
quotæ tandem parti vulgi id periuafurus eft? Aut
quis ın ejusmod; quæſtionum fabtili & accurata
difputatione, citra periculum graviſſimi lapfus, poſſit
conliftere? Quocırca in hujusmodi quaitionibus
loquacitas comprimenda eſt; ne forte aut nobls id
quod ꝓropoſitum eft explicare, eb naturæ noſtræ
%
110 X. Belle Betrachtung/
Umſtaͤnde in Europa von denenjenigen des vori⸗
gen Jahrhunderts merklich unterſchieden, fo
weiß auch das römifche Kirchenhaupt nunmehro
nachzugeben, und mit Klugheit Darunter zu fpie
en, zumalen da ſich Frankteich ohnedem niemals
recht gut Pabftifch aufgeführet und öfters gar
[hlechten Sehorfam vor Die Decrera Sedis Apo-
olicee bewieſen.
Hiexraus iſt alſo zu erſehen, daß die Verſchie⸗
denheit der Meynungen in Religionsſachen
nicht ehender Krieg und Unruhe in einem Lande
anrichten, bis die Cleriſey daruͤber Lermen blaͤſet,
und die groſſe Sturmglocke laͤutet; wodurch ſo⸗
dann erſtlich die allgemeine Ruhe unterbrochen,
einer gegen den andern aufgehetzet, und Das Un⸗
heil in dem gemeinen Weſen geftifftet wird 5
und wuͤrden wir wohl von Peiner Spaltung
nichts wiſſen, wo unfere Geiftlichen fich nur mit
einander vertragen Eönnten, und nicht fo fehr in
ihre eigene Weißheit verfiebet wären. C*)
Doch Diefes fen genug, um ung zu uͤherzeugen,
daß die Meligiongftreitigkeiten, die allergefaͤhr⸗
lichften Wuͤrkungen menfchlicher Boßheit fen
u i —— — a z £ EP “ * ü —— Keil, ER: —* we: Zul £
infirmitatern non fufficientibus; aut audıtaribus
ob ingenü tarditatem, ea qu& dicunmur minime af-
3
fequentibus, ex alterutto horum, aut in Bla/phımin: |
aut is ſchismatis ne: eſitatem populus incurrat,
(*) Germatiia nöftra patata eſſet, nifi eam fuaambi-
tione & arrogantıa turbarent Theologi. _ Languetus
in Ep. ad Phil, Sploneum. 0.
|
woh der Rirchenvereinigung, 111
die je und je allen Ländern gefehadet, und dem
Warhsthum und Wohlfenn eines Staats, die
- allergröfte Anftöffe gegeben; wie folches alle Ge
ſchichte befrafftigen, und die tägliche Erfahrung
lehret.
V. Der fuͤnfte Beweggrund, daß die Evans
geliſchen ſich mit einander vereinigen und veſt
| kufcimmen halten fölten, iſt die anfcheinende Ge⸗
fahr, Damit ung Die anweſende Macht der cathos
lichen Potenzen, und der nimmerruhende Has
der und Derfolgungsgeift der Glerifen, bedro> _
het. Bere Thomaſius hat in feinen Noten uber
—A etrachtungen der geiſtlichen Mes
narchie zu Rom, pag. 339. uͤber die Worte:
Daß ſich unſere Widerſacher im Buſen freuen,
wenn wir uns durch innerliche Spaltungen
ſchwaͤchten, dieſe Anmerkung mit beygefuͤget:
„Es iſt dieſes ein Elend von rechtſchaffenen
» Patrioten um deſtomehr zu bedauern, daß
„ man fb gar fehr noch jeko auf Das Ketzerma⸗
» chen verpichet ift, ohmerachtet Die Nähe der
» allgemeinen Gefahr, wo wir nicht ganz vera
„blendet wären, oder ung felbft verblendeten,
uns vielmehr antreiben folte, alle bisherige
„ Spaltungen und VBerbitterungen, bey Seite:
„zu legen, und ung zu bereiten, den bald zu bes
» fürchtenden Ausbruch der allgemeinen Ders
» folgung, ung mit vereinigten Krafftm entge⸗
» gen zu ſtellen.“
/
Ds
112 RX. EÆrſte Betrachtung,
Odb nicht diefe des Herrn Thomafti damals
gegründete Muthmaffungen, ben denen vor eis |
nigen Jahren fich ereigneten pfalsifchen Religi⸗
ons⸗ und Kirchenhandeln,, einigermaflen rods
ren beftättiget worden; wann naͤchſt GOtt,
nicht eines Theile, Die meltgepriefene und ho
he Serechtigfeitsliebe Sr. glorwuͤrdigſt⸗ regie⸗
- renden Kayſerl. Majeflät, und andern Theile
Die hohe Sorgfalt und vortrefflichfte Anftalten,
einiger regierenden proteftantifchen Machten vor
Die Beybehaltung Des fo theuer erworbenen Kırs
enfriedeng, zu unferer allgemeinen Ruhe und
icherheit gewachet; wieauch, ob wir bey noch
fürwährenden Umftänden, in und auffer dem roͤ⸗
mifchen Reich ſchon auffer aller Gefahr, in Ans
fehung des Zufünftigen, zumafen da der Eiffer
vor Die Benbehaltung des proteftantifchen We⸗
feng, auch ben denen Groſſen noch immer mehr
und mehr verfält, und verfchiedene unferer Prin⸗
n wiederum vor Kom die Knie gebeuget; folches
uͤberlaſſen wir billig dem unpartheyiſchen Urtheil
eines vernuͤnftigen Leſers.
Zum wenigſten beduͤnket uns, daß wir Urſa⸗
che hätten, ung gegen alle androhende Gefahr,
in befiere Verfaſſung zu feßen, und Durch den
Geiſt der Eintracht und des Sriedens GOTT
auf unfere Seite zu ziehen; Dann durch das uns
Zeitige verkegern und diſputiren, wird einmal
Das Herze fehlecht gebefiert, noch zu einem wah⸗
ven und thätigen Chriſtenthum eingelenfet; ins
wiſchen aber iſt Doc) diefes der einige Weg,
Ä 0 m
von der Rirchenvereinigung, - 113
um GOtt gefällig zu werden, und deſſen Hälfe
und Beyſtand ung zuwegen zu bringen.
VI. Endlich und zum ſechſten, ſo haben wir die
gniſſe und Schrifften der gelehrteſten und
iligſten Maͤnner vor uns, welche jederzeit
vor die Vereinigung der beyden —— —*
Kirchen geſtimmet, und ſolchen ihren loͤblichen
iedenseiffer durch ihre ae fattom an .
ag geleget, wie bieruber des Herrn Turretini
_ mubes teftium, mit Vergnügen kann nachgee
ſchlagen werden. =
Nun iſt zwar an dem, daß eine Wahrheit an
und vor ſich felbft, Durch den Beyfall berühmter
und vortrefflicher Leute, eben nichts,geroinnet,
und Darnach auch keineswegs vor unfehlbar zu
urtheilen; wenn man aber den frommen und
nach der Lehre Ehrifti fo gleichförmig geführten
Lebenswandel diefer Leute mit in Betrachtung
ziehet, fo ift. Diefeg auch keines wegs fo fchlechters
dings auffer Acht zu laffen, und mögen wohl Die
Lehren folcher heiligen Männer, ale Zeugnifie
der Wahrheit alhier mit angeführet roerden, um
fo vielmehr, weil wir Daben die Deutliche und uns
fehlbare Lehre Ehrifti vor ung haben, mit welchen
. Zeugniffe vollfommen übereinftimmen.
ie wollen unter fo vielen nachdrücklichen und
vortrefflichen Zeugniſſen hieruber nur derjenigen
erwehnen, welche ſelbſt Lutherus, in feinen "Brief.
fen an die ſtraßburgiſche Theologos, Die es Das
malen noch mit den Schmeißern hielten, mit
UL Theil 9 ein⸗
‘
114 X, Erſte Yetrachrang,
einflieffen laffen, wo unter andern diefe Worte:
Magnz voluptati mihi fuerunt veſtræ lite-
— —
re, optimi viri fratres, quod mihi facile :
° perfuaferunt, animum veftrum candide &
fincere ad farciendam iftam concordiam no-
‚ftram, efle propenfum & paratum ; quare
'vicifim vobis oro, perfüadeatis, tam cupi-
de me ampledti eam concordiam quam cu-
pide velim mihi Dominum JEfum Chriftum
a ro —
propitium femper fore, vid. Epift.9. Ser '
ner fagt er in Epift, 10. ad Helver, Ur & nos
. vicifim tam in fcriptis, quam in concioni-
bus quiefcemus, ac ejusmodi clamoribus
- adverfüs veftros abftinebimus, ne ullam im-
pediend®@ concordie occalionem præbea-
mus, quam & nos ex. animo videre cupi-
"mus, ur Deus novit, & fequentia. ‘It. in Ep.
ad Antverpienfes, Videtis -optimi amici,
qui.Diaboli fint conatus, quæ Confilia, quæ
rerum novandarum ftudia, quibus hoc mo-
litur, ut non neceflariis & inutilibus cognita-
que impoffibilibus articulis hominum levium
animos Occuper atque detineat, a vera via
alienos ; proinde videte, ur id quod ſcitu
eſt utile & vobis neceflarium, atque a Deo
-pr&ceptum amplectamini, pofthabitis nugis
futilibus, non sdificantibus, & nihil perin-
de atque contentiones producentibus, &c.
Gehen wir in Diefer Betrachtung etwas wei⸗
ter, und befragen Die Gewiſſen aller rechtſchaff⸗
nen evangelifchen Ehriften 1. Ob fie Die m
A unfern
von der Rirchenvereinigung,. ip
unſern Kirchen obſchwebende Streitfragen wohl
verſtehen und innen haben? 2. Db, wann fie
—
ſolche wohl verſtehen und innen haben, ſie ſolche
von der Wichtigkeit urtheilen, daß man ſich Dat»
uͤber zu trennen, und keinen gemeinſchafftlichen
Gottesdienſt mit einander zu halten, Urſache hat
te? Und 3. Db es nicht derowegen beffer fen,
daß man zufammen in eine Kirche gienge, einer⸗
ley Predigt hörte, einerley Lieder abfünge, und
einerley Sacrament gebrauchte? ſo werden
ſich gegen hundert nicht zehen finden, die hierin⸗
nen uns worderfprechen.
= - — —
Der Schluß hierauf iſt richtig, nemlich, daß
es dannenhero nicht eine geringe Unbilligket ſey,
daß das Reich Chriſti, welches ein Reich des
Friedens, deswegen nicht wiederum ſoll erbauet
werden, weil darunter einige Friedensſtoͤhrer und
Verfuͤhrer des Volks ſich befinden, die da Un⸗
ruhe anrichten, die Gemuͤther der Menſchen ge⸗
gen einander aufwiegeln, und die Gewiſſen ver⸗
wirren. |
Ja, fprichft du, die Stimmen der Layen kaͤ⸗
men allhier nicht mit_in die Computation ber
Votorum, und das Votum eines ordentlich bes
ruffenen Predigers gelte mehr, als anderer hun⸗
© dert, weil fie ja darzu beftellet, daß fie die Bey⸗
behaltung der reinen Wahrheit und die Wohl⸗
fahrt unferer Seelen beforgen follen; fo wirft du
dich hierinnen leicht befeheiden, wann du erkve⸗
/
geb, Daß es nicht in eines andern Macht fiche,
N 2 vor
|
. J ' j
nı6 X. Zweyte Betrachtung,
vor die Wohlfahrt unferer Seelen zu ſorgen.
ir haben Mofen und die Dropheten, wir ha⸗
- ben die deutlichen Lehren Ehrifti imd feiner Apo⸗
ſteln, laffet ung diefe hören, und nicht eine Sache
auf eines andern Gutdünfen ausfeßen, vor Die
wir felbften Kechenfchafft geben müflen: dam
ein jeder wird feines Glaubens leben; dar⸗
am pruͤffet alles, und bebalter das Beſte,
3. Theſſ. 5, 21.
Eo α e
3gweyte Betrachtung
Von dem Recht einer chriſt⸗
Eichen Obrigkeit/ die Vereinigung
der evangeliſchen Kirchen
etreffend.
*
Sy alle und · jede chriftliche Obrigkeiten nicht
allein Kecht und Macht haben, die Reli⸗
gionsftreitigfeiten in ihren Ländern zu verbieten,
und im Gegentheil eine wahre GOtt gefällige
Kircheneintracht einzuführen und zu handhaben,
fondern auch ihres Amts wegen darzu verbunden
pind, folches flieffet aus folgenden Grundſaͤtzen. ©
. 1. Bird von den Obrigkeiten in ber heiligen
Schrifft gemeldet, daß fie follen Pfleger und
Saͤugammen ber Kirchen ſeyn, Efa, 19 25
| Die
4
%
j
-
j
von der Gewalt der Obrigkeit. 417
Die Rönige follen deine Dfleger und, hie
Sürften deine Saͤugammen ſeyn.
2. So iſt ein Fuͤrſt oder Regente in feinem.
Lande fo viel en SUN ode Eeclefie Epifco-
us, oder befier zu ſagen: er hat die Jura circa
acra, und Diefes vermöge derjenigen Oberherw
fhafft, Die ihm als Imperans zufommet: Die
fe Herrſchafft erſtrecket ſich toeiter nicht, als über
das Aufferliche Kirchentvefen ; Die Gerwiffen
aber, oder den innern Seelenglauben mag allein
der beherrfchen, der da Herzen und Nieren pruͤf⸗
I Das geiftliche Regiment auf Erden ift ein
loſſes Non ens, und ift lächerlich, wenn fi
deſſen ein Menfch über den andern will anmafs
en; Die weltliche Sürften berrfchen, und
die Oberherren baben Gewalt, fo foll es
aber nicht, ſeyn unter euch, fagt der Heiland
zu feinen Juͤngern, Matth.13, 25,26,
3. So lehret ung Die gefunde Vernunft, daß
nothwendig unter, zwey ftreitenden ‘Partheyen
ein Richter fepn müfle, Der fie von einander brin⸗
9% und dadurch zu verhindern fuche, Daß ihre
Dändel und Streitigkeiten nicht weiter um ſich
tuffen, und Feine Unruhe noch Verwirrung in
‚ gemeinen. Weſen verurfachen 5 - Diefer
Schiedsrichter kann niemand füglicher feyn, als
die Obrigkeit, welche in der bürgerlichen Geſell⸗
fft zu Dem Ende eingeſetzet ift, Daß fie foll Rus
und Sriedeund Gerechtigkeit handhaben.
093Was
II X, Zweyte Betrachtung,
2
‘
Was den erflen Artickel betrifft, fo wollen
zwar einige Öelehrten den Sinn des dafelbfi ans
geführten Spruchs aus dem Propheten Jeſaia
auf eine andere Art auslegen; welches aber an
und vor fich felbft der Meynung, Daft hier Der
Geiſt GOttes mit auf dag wirkliche Pflegamt
der Kirchen gezielet, nichts benimmt.
Zum andern, Daß ein Fuͤrſt oder Imperans
in ſeinem Lande, zugleich auch in Kirchenſachen
die ſogenannte Jura Epiſcopalia exerciren koͤn⸗
daruͤber kann man —5 Carpzovii, Zieg-
eri, Puffenderffi, Brunnemanni, Linckii,
Henniges, Themafii, Boehmeri, nebft noch
vielen andern mehr, von diefer Materie hande⸗
lende Schriften, weitläufftig nachlefen, alg tet
che dieſe, der hohen Obrigkeit zukommende Red
te in Kirchenmefen fü gründlich und wohl erwie⸗
fen, daß wir Darüber nichts mehr zu fagen uͤbrig
finden. Die Worte in-Inftrum, Pac. Art, 8.
8. ı. lauten darüber alfa: Proinde omnes &
finguli Ele&tores, Principes & Srarus Impe-
rıl Romani, in libero juris territorialis zum
in eccleßaſticis, quam politicis exercitio, ftabi-
liti & firmari ſunt. |
Der dritte Beweiß, daß zwey unter fich fire
tende Partheyen, einander unmöglich ſelbſt
entfcheiden und, in ihrer eigenen Sache Richter
enn Fünnen, gründet fich auf bie ratur und Er
ahrung; denn da jeder Theil immerfort ſich
einbildet, er habe das Recht auf feiner Seiten
m
von der Bewalt der Obrigkeit. 119
und Dürfte Deswegen Dem andern nichts nachges
ben, fo ift es unmöglich ohne Schiedsrichter aus⸗
einander zu kommen. on
Hiergegen kann man eintverfen, Daß die
Schiedsleute und Richter nothwendig von
den Sachen, darlıber fie follen urtheilen und
Mecht fprechen, auch) eine fattfame Erfenntnig
haben müften; nun aber wäre es befannt, wie
wenig heut zu Tage unfere groffe Herren fich um
die Gottesgelehrtheit befümmerten; daß alfo Die
Aegbrbeit des Evangelii groſſe Gefahr laufen:
würde, 100 fie Darüber nach ihrem Gutduͤnken
— Wohlrlgefallen ſprechen und. urtheilen
olten.
Hierauf iſt dieſes zu merken: 1. Soll ein
Fuͤrſt oder Regent entweder an und vor ſich
DEE RER Er
in den Wiſſenſchafften des Staats, und den
allgemeinen echten unterrichtet fern; jene
ſoll er. wiſſen als ein Chriſt, viefe.aber als ein
Regent; to nun dieſes nicht, eintrifft, und
GOTT das Land mit einem untüchtigen Regen⸗
ten heimfuchet, fo müffen Doch zum menigffen
deſſen Miniftri und Käthe, folche Eigenſchafften
beißen, als die Pflichten ihres Amts und Berufs
von ihnen erfordern, fonften find fie als untaug-
lich zu verwerfen, und andere tüchtige Männer
an ihre Stellen zu feßen. u
Da. Brom
|
|
126 X. Zweyte Betrachtung,
Zweytens, fo find auch nur Diejenigen theologi⸗
ſchen Streitigkeiten ad forum politicoruum zu
ziehen, die in den Aufferlichen Ruheſtand und
Das Wohlfenn eines Staats mit einfiefjen ;
Was aber libertarem (entiendi und opinio-
nes particulares in der Seiggon betrifft, Damit
haben ſich Regenten und Obrigfeiten Feines
wegs zu vermengen, (*) fondern es iſt alihier
der Herren Geiſtlichen Pflicht und Amtsſchuldi
Feit, Die Wahrheit zu lehren und zu predigen >
Doc) mit derienigen "Befcheidenheit, Daß Daraus
keine Unruhe und Verwirrung im gemeinen We⸗
entſtehe; ſonſten hat ſolches die Obrigkeit al⸗
obalden zu ahnden.
Es kann alſo ein Fuͤrſt in ſeinem Lande ſowol
die Tolleranz, als auch die wirkliche aͤuſſerliche
Kirchenereinigung beyder evangelifchen Gemei⸗
nen, eigenmächtig einführen und handhaben 5
allein er kann nicht befehlen, was ein jeder Ddabey
glauben oder nicht glauben fol, denn die Herz
chafft üher die Gewiſſen gehöret SOTT allein
‚und ſtehet weder in ber Sürften, noch in der
eiftlichen Gewalt. Ä u
Gerner
*) Vid, H, Graui Tr, de Jure ſummarum poteftatum
Firca faera, worinnen er zwar in der Meynung, als
obein Fuͤrſt auch Macht habe,in Dingen ‚welche in
e’Theologiam polemicam lauffen, cum jud:cioim-
perativo zu Decidiren, zu weit gegangen; wie fols
end Rünften In thrologifben Srekigkeiten ob
eined Fuͤrſten in theologiſchen Streitigkeiten
ſerviret, son u
von ber Gewalt der Obrigkeit. 121
Kerner wird gefraget: Ob auch Fuͤrſten und
‚ Dbrigfeiten von denen Slaubensartickeln, wel⸗
che fundamental oder nicht fundamental find,
urtheilen Bönnten ? da hierzu Doch gleichwohl eis
ne grofie Sotteggelahrtheit, welche man feltenuns
ter den Politicis findet, erfordert toird. -
Wir antroorten hierauf‘. Daß e8 erftlich, fo
gar felten nicht fen, daß aud) Politici fich den
iſſenſchafften der Gottesgelahrtheit ergeben
und Barinn es ziemlich weit gebracht haben; wie
ches Die Eyempeln FI. Grotii, Peuceri, Conr
ringii, Puffendorfii, Seckendorfil, Leibnirzit,
Thomafii, Bochmeri,-nebft vielen andern mehr,
ſattſam befräfftigen. |
Bmentens, fo wird aud) an und. vor fich ſelbſt
darzu eben Feine fo groſſe Gelehrſamkeit erfors
dert, um zu wiſſen, welches Die Fundamentalarti⸗
dein unſeres chriftlichen ens fenen ; C*)
dann folche find in geringer Anzahl, und noch
darzu fo Deuflich und einfältig, Daß ſie ein jener
en und begreiffen fann ; von denjenigen Glau⸗
bensgrtickein aber, welche die Concilia und Sys
nodj, nach dem meiften Stimmen, auf vieles
Zanken und Streiten gefchlichtet, und der Kirs
hen ale eine unfehlbare Slaubensregel zum
| DS Unter
(t) Olim erat fides magis in vita, quam ın articulo-
sum proteflione, tandem dedudta eft ad fophifti-
cas eontenuones & magis in Ort quam In anlma,
Erasmus,
122 X. Zweyte Betrachtung,
Unterfchreiben und Eidſchwoͤren vorgeleget, und
als ein fremdes Joch auf der Jünger Hälfe ges
bunden, Davon ift hier ganz und gar Die Rede
nicht. (*) Es find eitle Fragen, die zu nicht
bienen, als Die Gewiſſen zu verwirren, und Un
einigkeit zu ſtifften.
Drittens, ſolten billig auch unſere Herren Po⸗
litici, zumalen diejenigen, die nomine Principis
die Ecclefiaftica heforgen, von Den Dingen, Die
zu einem vernünftigen Gottesdienſt gehören,
eine genaue Kenntniß haben, Damit fic) Der Ele
rus ihrer Unwiſſenheit nicht zum Nachtheil ver
gemeinen Ruhe bedienen möchte, Zwar mögen
es die Herren Geiftlichen nicht gerne fehen,.
wenn man ihnen folchergeftalt, wie fie mennen,
in ihr Handwerk zu greiffen fuchet: der berühme
te H. Grotius hat Darüber in einer Epiftel ad
Gerh. Joh. Voffium, alg er in Paris feine No⸗
ten über Die Evangelien verfertiget, folgende
. ,
m
(*) Res enim eo dedudta eft, ut Scholafticorum all-
quat placita, quos Articulos vocant, aut homuncu-
lorum guorundam nova quædam ad faltum cami-
nifcentium, vel opiniones, vel famnia, propemo-
dum zquen:ur Articulis fidei Apoſtolicæ. Atque
ın his, nec Scholæ diverſæ, nec ejusdem Scholz
iſtæ inter fe confenuunt, - - Ac ſæpenumero fit,
ut, quod femel utcunque prodidit definiendi teme-
ritas, confirmet & augeat tuenda pertinatia ;s Sunt
autem pluraque hujus generis, ut impium fit ho«
mini de his definire, hæe pronunciandi temeritas
a veteribus orta, nunc longjus progreſſa eft, quam
vr fieri pofie Erasmus.
'
}
|
en u 0 * = — = eis —
— — —— —
lein die Wiſſenſehafft
chengeſchichten ſattſam genug erhellet.
Da wir nun als. Proteſtanten ung eines fol
| en der Goftesgelehrtheit
fich zueignete, ſo zog ſich dadurch auch alles un.
ter ihre Kutten; bie fig endlich allenthalben den
Meifter fpielete, Den gemeinen Mann mit Maͤhr⸗
gens unterhielte, andere aber; Die da fragten,
Papa, quid facis ? in Bann thate, und den
geiſtlichen Stuhl Petri zu einem meltlichen Tris
bunal machte, wie folches alles. aus wen Kits
chen Jochs fo. glücklich entriſſen und Dadurch
unfere Gewiſſensfreyheit erlanget; wie mögen
mir doch laͤnger zuſehen, daß ein groffer Theil
wiferer Cleriſey noch fo viele roͤmiſche Maximen
heget, jhre Meynungen ung als Glaubensarti⸗
ckeln vorleget, und da ſie ſelbſt unter ſich nicht ei⸗
nig, ſo viel gefaͤhrliche Spaltungen und Zaͤnke⸗
reyen in der Kirche einfuͤhret, auch noch immer⸗
hin Dem fo.erbaulichen Vereinigungswerk
“
{ich
t
mM
von der Bewaltder Obrigkeit, 123
7 orte mit einflieffen lafien; Non eft res mea,
| [net er, ur id opus prodeat, quamdiu in Gal-
is vivo ; nam quibus unicum ftudium eft
Theologiæ, nolunt eum a nabis artentari.
Deinde quædam dicenda effent, quæ ad pa- ,
atum non fung oorum, qui hic facra curant,
& quos offendere non fatis rutum eft. Ab
* fein es iſt nichkigd leugnen, Daf Die Verſaͤum⸗
niß der Politicorum in den geiftfichen Stu
diis Dem wahren Chriftenthum und dem ruhi⸗
sen Wohlſeyn Des Staats bisher fehr vieles go⸗
ſchadet: Denn da Die Geiſtlichkeit immer nur als
J
3
“224 X. Dritte Betrachtung,
mit aler Macht und Ungeſtuͤm widerſetzet; ” Ä
foll fie Doc) immermehr dergleichen Rechte
haben ? und was wären wir arme Proteflans
ten denn hierinnen gebefiert, Daß, Da wir vorden
Reformation mur einen Pabſt gehabt, wir de
ven Unter uns anjeßo ſo bike haben muͤſten⸗
Treue auf Erden ah en vom
Simmel, e, und der HERR uns Buts
BEE ee IR DENE x
Dritte Betrachtung,
Wie und auf was Art die
— —
Vereinigug * beyderſeits Prote⸗
aus und möge einge:
fü hret werden,
Nep wird oa wie man benn eigentlich
ſtirenden
die Relig inigung beyder prorefl
renden
- wie die Dereinigung einzuführen, 125
renden Gemeinden am füglichften befärbern koͤn⸗
ne und möge. Hierzu werden nun vornemlich
diefe zwey Stücke erfordert: 1. Die Macht ei
ner hoben Landesobrigfeit, deren hierzu habende
' echte, wir in vorhergehender Betrachtung ers
wieſen; und 2. daß man die heilige Schrift
dur einzigen Norm unfere Glaubens ſetze und alle
- andredahinnichtgehörige Streitfragen bey Seite
j oder nach den philofophichen Schulen vers
— ER rege
,,Nach diefem koͤnnte nun in einer Stadt, wo
bißher beyderſeits Evangelifche ihren freyen Got⸗
tesdienſt genoſſen, ein zu dieſem Vereinigungs⸗
werk beſonders gewidmeter Tempel, durch einen
hierzu voͤllig geneigten Prieſter, in Beyſeyn der
hohen regierenden Herrſchafften, und ihres ſaͤmt⸗
lichen Hofſtaats, auch anderer, ſowohl geiſt⸗ als
weltlicher Perſonen, die ſich bey dieſem Actu mit
einfinden wolten, ſo ſhyich und andaͤchtig, als
es immer geſchehen koͤnnte, geſtifftet und einge⸗
weyhet werden; und wäre bey dieſer folennen
Einweyhung, allen chriſtlichen, friedliebenden
Gemuͤthern bekannt. zu machen, daß man hins
| führe unter göttlichen Beyſtand und Segen ges
ſonnen wäre, in derfelben Kirche das Evangelis
tm, nach der £ehrart Chriſti und_feiner Apofteln,
vermittelft ver Gabe, ſo SYITT einem jeglichen
N rediger.mittheilen wuͤrde, rein und unverfälicht .
zu lehren und ju predigen; alfe unnüße, zur Se⸗
ligkeit nicht dienende, und die Gewiſſen der Men⸗
| fehen verwirvende Streiffrägen, ganz und gar
= — — —
126 X, Dritte Serrachtung,
von der Kanzel zu laſſen; die Wahrheit, ſo viel
möglich, lauter, emfältig und nach dem Begriff
aller Zuhörer vorzutragen, und feinen Unter
feheid in denen Lehren, welche bisher die Luthera⸗
ner und Meformirten getrennet, auf irgend. eine
anzuͤgliche und parthepliche Art, zu bemerken;
ondern vielmehr dahin zu fehen, daß ein —*
ſeine Meynungen, uͤber ein und andere Geheim⸗
niſſe, ganz unverfänglich, mit gebührender Bes
ſcheidenheit und Demuth, auslaffen möchte. C*)
Berner, daß darinn das heilige, Abendmahl,
nach den Worten · der Eihfeßung unfers Hei
landeg, pie gehalten und ausgefpendet werden,
und daR ein jeder Die hierunter obſchwebende
Seheimniffe, nach feiner innerlichen Ueberzeu⸗
‚gung, auf fein. Gewiſſen ae und beur:
theilen möge, feiner aber, ber fich hinfort zu Die
4 Gemeine befennen wolte, im geringſten be⸗
ugt fenn folte, Darüber einem andern feine Mey⸗
nungen aufgudringen, noch vielmeniger ihn, bey
deſſen
——— ———— eilt
(*) Laut Reichsabſchiede zu Speyer de Anne 1542.
mworinnen diefe Worte enthalten: Es fol zur Er;
haltung der Einigfeit, nichts zaͤnkiſches noch hoch⸗
Difputirliches, fo zu Widerwillen und Feindſchafft
Anlaß geben möchte, gelehret und geprediget Met»
ben, und bevorab feines des andern Religion oder
Eeremonien verachten oder läftern, fordern dem
voͤttlichen Wort gemäß alles daB lehren und vers
mahnen, was zu Beförderung.des vorgenommenen
chriftlichen guten Werk, aud) Pflanzung und un⸗
techaltung brüderlicher Liebe und Einigkeit, rath⸗
fam und förderlid) wäre,
4
a
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2
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—
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”
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‘
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wie die Vereinigung einzuführen. 127
defien Verweigerung, zu anathematifiten, und
por einen Unglaubigen und Ketzer auszufchelten 5
daß der Geiſt Des Friedens und der Liebe beſtaͤn⸗
dig Darinnen herrfchen, und hinfort nichts mehr
von Der fo höchft unerbaulichen und Ärgerlichen
Trennung, welche das gottlofe Schmaͤhen und
Difputiren in der Kirche angerichtet, gedacht
werden ſolte; fondern beyderfeits, Reformirte
und Lutherifche, fofern fie nemlich diefer GOtt
gefälligen Union freywillig mit beyftimmen mol»
ten, vor Slieder dieſer Gemeinde folten erkannt
und angenommen werden.
Nach Diefer allgemeinen Eintrachts: und Sries
densverfündigung, wäre hernach der Berfamms
lung vorzulefen, auf welche Art und Weiſe ihre
ehriftliche hohe Landesobrigkeit, mit Einſtim⸗
mung derer zu dieſem heiligen Gefchäfft beſon⸗
bers auserlefenen frommen goftesgelehrten
Männern vor gut befunden, diefe evangelifche
BeiebensFirche hu erbauen, und Diejenige Miß⸗
räuche und Mängel, fo bisher in den proteſti⸗
renden Kirchen überhand genommen, zu he
ben, und alles, fo viel möglich, nach eines jeden
Erbauung und Andacht, einzurichten; damit als
fo Diejenigen, die fich bisher zu der lutheriſchen
Kirche bekannt, feinen fernern Anftand nehmen
möchten mit den Reformirten in eine Gemei⸗
ne zu £reten, und hinwiederum die Neformirten
bey den Lutheranern alle Hinderniß chen |
fänden, welche von fü langer Zeit be Diefer Bere
einigung entgegen geflanden ; DaB man auch
e
Ä
228 X. Dritte Betrachtung/
dem Ende alle Mühe und Sorgfalt, nach fleißi⸗
ger Anruffung GOttes, dahin angewendet, um
die bisher in Der Kirche eingerifiene Stre
gen bebutfam gu. vermeiden, bergeftalt, Daß das
durch keineswegs bie Gewiſſen gebunden, fon
dern vielmehr ein jeder Die Freyheit behalten fol
te, alles felbft nach dem geoffenbahrten Worte
GOttes und nach den inmwendigen Ueberzeu⸗
gungen feiner Seelen zu unterfuchen.
Auf fothane formale Declaration würbe man
bald mit Verwunderung wahrnehmen, wie vie
le rechtfchaffene fromme Ehriften fich in dieſem
neu eingemenheten Sriedenstempel einfinden fob
ten ; denen dann in kurzer Zeit auch andere Ge⸗
meinden folgen würden, Dergeftalt, daB nad) -
und nach die fectirifche Jrahmen der Lutheraner
und Galsiner, dadurch Ehriftus unter uns
getrennet wird, 1. Cor. 13. von fich felbft vers
lieren foltn. Zumalen wenn in den nenen
Eintrachtsfirchen erbauliche und auf Das wahre
thätige Ehriftenthum absielende Predigten gehoͤ⸗
ret, und dabey wo nicht alle, Doch viele noch uns
ter ung herrfchende Mißbräuche und Fehler ab+
gethun wurden; alſo, Daß ein jeder, wenn er
nur der wahren chriftfichen Meligion benpflichten
wolte, auch darinn feine Andacht und Erbaus
un finden koͤnnte. Wozu noch biefes Fame,
DaB man angehalten würde, feinen Glauben
Durch. Die Werke gu befennen, und diejenige nur
als Keker und Abtrunnige zu betrachten, welche
Der Lehre Ehrifti und feiner Apofteln durch I
Ä ru
wie die Deteinigung einzuführen. 129
ruchlofes und ärgerliches Leben entgegen handels
ten, wenn fie auch gleich ‚ihren Eatechismum
woch fowohl auswendig wuͤſten, und die heilige
Schrifft von Anfang bis zu Ende innen hätten;
denn ohne Werke ift der Ölaube tod, |
Diefes ſo höchfterhauliche Briedensgefchäffte
nun zu einem ermwünfchten Stand zu bringen,
wäre vor allen Dingen nöthig, die Unterſchrei⸗
bungen und Eidsabflattungen über gewiſſe
Glaubensformeln abzufchaffen; Dam fo lan⸗
ge man noch dergleichen Neligionsreverfe von
ch geben, und gerifle Slaubensbefänntnife
beſchwoͤren foll, (*) fo lang ift auch Feine nähen
re Zufammentretung der benden evangeliſchen
‚Kirchen zu hoffen; und koͤnnen fothane
Eidsabftattungen und Aufdringungen gewiſſer
ſymboliſchen Bücher und Sthrifften, Die man,
einem ala unfehlbare Glaubenslehren zu unters
fchreiben vorleget, nicht anders als Zwangmitteln
der Gewiſſen angefehen werden. Wie folches
die vor einigen Jahren an Die bende ſchweitzeri⸗
Schreiben Ihro beyberfeits Koͤnigl. Majeſtaͤten
von Engelland und Preuſſen, wie auch des Cor-
poris Evangelicorum zu Regenſpurg, zur Ab⸗
fielung der daſelbſt eingeführten Formulz con-
fenfus, Baal AR vorgegrelet haben.
III. Theil, . |
An
* Adigimus homines ut credant, quod non ctedunt
intelligunt, & intelligant quod nen mielligunt,
Erasmus, 2
a
ſche Cantons, Zurd) und *Bern, ergangene hohe -
230 X, Dritte Betrachtung/
‚An ſtatt dieſer beſondern ſymboliſchen Buͤcher
Aufſaͤtzen und Confeßionen, moͤchte man w
dahin bedacht ſeyn, um einen allgemeinen d
nicht weitlaͤufftigen Catechismum (*) gu verfer
.
tigen, morinnen der beyderfeits evangelifchen Re
figionen ihre gleichftimmige Glaubenslehren vers
‚faffet, und fo Deutlich als’ es, ohne Beruͤhrung
‚der bisher vorgeweſenen Streitfragen, gefchehen |
Fönnte, erfläret würden; Damit alfo Doch der
Jugend in der —A — nichts abgienge, T
er durch fo viele trau !
tige Zänfereyen und Spaltungen mitgenommen
und die Kirche, welche bis
yoorden, nad) einer gewiſſen Glaubensnorm
wiederum erbauet, und zu einer fichern in den
Sundamentalarticfen zufammenftimmenden Ei
Cy E If Heffer, Daß man die chrifliche Behre in mer
|
h
|
‘
1
— Te
nigkeit Des Geiſtes möchte gebracht werben, '
| | " Diele
—
nig Glaubendasticul verſaſſet, als daß aus den
- ‚ Streitigkeiten der Gelehrten uber die Glaubens⸗
articul.wiederum neue Slanbendarticul, ensflehen,
welche die Einfaltigen verwirren, zu vielen Tren⸗
nungen Anlaß geben, und durch allerhand Hleifhl«
che Subtilitaten die Seelen von dem wahren Wer
fen, das aus GOtt iſt, und von der lautern chris
lichen Einjalt abfuhren. Wie man nur alein bey
der Bibel und bey dem Daraus gezogenen apoſtoli⸗
fhen Glaubenshekaͤnntniß geblieben, da ſtund ch
noch gut um die Enriftenheit. Ne mehr hernach
. Koncilia und dergleihen Zufammenfunfte Der Ele
riſey gehalten worden, je mehr Glaubensartieul,
Trennung und Streitigkeiten haben fich hervor ger
than, und je weniger haben die fogenannte Layen
„.. gemwuft, woran ſie fich halten folten. S. H. von
Schuß Land er Züfriedenheit.
wie die Vereinigung einsufühten. 133
Diefes wuͤrde um fo viel leichter gefehehen kon⸗
nen, weil der Unterſcheid Doch nur jo befchaffen
iſt, Daß auch die Kluͤgſten folchen Faum aus eins
uber fd une ; And enbich as auf —
ogo n, Paralismos und u hli
Seheimniffe hinaus läufft. *) Ä
Inʒwiſchen aber wäre Diefer neue Catechismus
doch keineswegs pro libro Symbolico zu hal⸗
ten, noch als unfehlbar zu beſchwoͤren; fordern
unfer liber Symbolicus müfte ein vor allemal
nur allein die heilige Schrift feyn und bleiben
dason wir ung auf Feinerlen Wege und Wei
müften abwendig machen laflen. Dann wie
das Waſſer allegeit heller und reiner bey der
Duelle,‘ als in den daraus flieffenden Baͤchen
und Pfüsen, ale ift das Wort GOttes auch nis
gendwo Elarer und unverfälfchter, als in der heis
ligen Schrift, felbften. : Was Ehriftus und feis
ne Apofteln für nöthig gefunden haben, uns zu
lehren, daran follen wir genug haben. Es kann
und wird ung Doch memand NR Ihren, als
fie: fie wollen ung nicht gelehrt, fondern paubig
machen. Es märe zu wuͤnſchen, fagt allhier ber
Der Qurretin, wir lieflen ung die hauptſaͤchlich⸗
ſie Urfach unferer Reformation wegen der heilia
en Schrift nie aus unfern Gedanken fommen,
als die da Die einzige Notſchnu unſeres Ola
| 2 0 n
(*) Non tacere jubeo, fagt Nazianzeaus, feıl a perti-
hnaci contentione :abflinere: „non. veritatem oocul-
tare. ſed præter legem nom docere.
"a2 X. Vierte Betrachtung,
bens ift, Damit wir alfo unfern Glauben nicht
auf die Menge der Menſchen und ihre Schriff⸗
ten feßen möchten, wenn fie auch gleich noch mit
— ui und Gelehrſamfeit ausgezieret
woaͤren. |
ee
Vierte Betrachtung,
Dh ein Stand des Reiche,
por ſich allein, in feinem Lande,
die SProteftirende mit einander
vereinigen koͤnne und möge? |
| Alhie haben wir nun insbeſondere noch die
ſchwere Frage zu eroͤrtern, ob es auch rath⸗
em und erbaulich wire, daß ein Stand Des
eher in feinem Sande, vor ſich allein, ohne
die völlige Uebereinſtimmung der andern wange
liſchen Mitftände, und alfo propria autori-
rare, eine dergleichen Religiongvereinigung, nah
denen allhier vorgefehlagenen Mitteln, einführen
koͤnne und möge? Und ob nicht zu befürchten
waͤre, Daß aus einer folchen feparaten Union eine
neue Disunion, oder gar eine Dritte Gattung
von Keligion unter denen Proteſtanten entfie
hen durfte ? ZZ . |
6 Hier⸗
ET TE En —— —— ———— —r
(*) Alph, Tureun. de Ariculis fundamental. Cap,
Xp. fr 0. oo
\
wasein Stand desKeichstbunkönne. 138
Hierauf dienet nım, Daß es freylich wohl befs
fer; und allerdings zu wünfchen roäre, Daß man
diefe fo nothwendige Meligionsvereinigung in
allen proteftirenden Staaten zugleich.mit einführ
ven fönnte ; Allein Da diefes eben fo unmöglich
fcheinet, als ver verfchiedenen Gelehrten Meys
nungen Darin. in eine vollfommene Harmonie su
bringen, fo ift es wohl nicht rathfam, Damit fers
ner ſo lange einhalten, bie alle und jede, Fleine
und groffe evangelifche Staaten, dißfalls zuſam⸗
men übereinflimmig würden; denn Diefes duͤrf⸗
te, wie leider bisher gefchehen,. Die Bereinigung
noch fo weit hinaus feßen, Daß folche wohl ſchwer⸗
lich jemand von ung und den unferigen zu erles
ben Hoffnung haben koͤnnte. j
Gs ſolte dannenhero billig eine jede chriſtlich
gefinnte Dbriafeit das von GOTT ihr anvers
; Maute hohe Amt dahin anzuwenden fuchen,
daß fie Das Aufnehmen und Beſte ihrer Unter:
thanen wohl prüffe, und darnach ihre Hoheit,
Macht und Anfehen einrichte; nicht aber_fich
hierinnen. Durch Die vertoorrene und übelverfaßte
| Regimentsart ihrer Nachbarn und Bundsge⸗
noſſen ftöhren laffez Denn warum folte man
doch flets einem übelberichteten und mit Vorur⸗
theilen eingenommenen Nachbarn zu Gefallen
Auch übel berichtet, und mit Vorurtheilen einges
nommen bleiben? Es wird ja feinem Dadurch
nicht geholfen; einer muß nothmendig den Ans
fang machen, und fich den Staub ein wenig
Aus Den Augen wiſchen, damit er dem andern
| J3 her⸗
34 X. Vierte Betrachtung,
ach deſto befier feine Sehlerzeigenfönne Sa,
richſt du, dieſes doͤrfte zu neuer Bermirrung und
ı Unordnung in der Kirchen Anlaß geben, wann
ein jeder Stand des Reichs, vor fich allein, eine
ſolche Religionsvereinigung eigenmächtig — —
ren wolte, alſo, daß daraus nicht nur ein Miſch⸗
maſch von allerhand Glaubensarten, ſondern
auch gar aus zweyen eine dritte Religion entſte⸗
en wuͤrde, die nach dem errichteten paſſauiſchen
Vertrag, und nach dem Inſtrumento Pacis
Weſtphalicæ, in dem Heil. Roͤm. Reich nicht
einmal doͤrfte gedultet werden; fo antworten
wir weiter, daß wir nicht abfehen Eünnen, auf
8 Art und Weiſe die Dereinigung zweyer
eligionen in eine, zugleich eine Dritte Gattung
vor Religion ausmachen, und fülglich gu neuen
Unordnungen und Mißhelligfeiten Anlaß geben
folte; dann vors erfte, fo bleiben die Lutheraner
‚und Reformirten, wenn fie auch gleich in ven
Srunpfigen der apoftolifchen Lehre mit einander
eins wären, Doc) immer vor wie nach, in Anfes
Bung der Streitfagen bey denenjenigen Mey
nungen, welche fie nach den Auffchlüffen ihres
Verſtandes und ihres Gewiſſens hegen und beys
behalten wolten; Nur mit dem Unterfcheid,
daß, da fie fonft in zweyerley Kirchen gegangen,
fie nunmehro zuſammen in eine giengen, Das
* heilige Abendmahl mit einander hielten, und-
nicht mehr, wie zuvor, fich zum Aergerniß aller
Srommen miteinander über ihre verfchiedene Bes
grife herum zankten.
Zum
was ein Stand des Reichs thun koͤnne. #35:
Zunm andern, kann man nicht ſagen, Daß, wo
aus zweyen eins wird, ſolchas drey ſeyn koͤnnen;
ſo wenig man ſagen kann, wenn man zwey Bret⸗
ter feſt zuſammin leimet, Daß ſodann Daraus drey
retter wuͤrden. Wie, wann zwey ſtreitende
Partheyen, welche bisher dem Richter vieles zus
ſchaffen gemacht, und ihm mannigfaltige Ders
drießlichkeit gegeben, ſich mit einander in dee
Gute vergleichen, und den Richter nicht mehr
überlauffen wolten, würde ınan' nicht lachen,
wenn man fagen wolte, der Nichter und Die Ge:
feße litten darynter, daß endlich dieſe beyde
Anfifehe Leute mit einander Friede gemacht
en i
Da alfo beyde proteftirende Religionen in
— — —
— — — —
roͤmiſchen Reich recipiret worden, wie vielmehr
werden ſie erſtlich, wann ſie ſich zuſammen verei⸗
nigen, als eine und dieſelbige, vor Reichsſatzungs
maͤßig erkannt werden muͤſſen; um ſo viel
mehr, weil der aͤuſſerliche Ruheſtand im Reich
Dadurch weniger unterbrochen. wird, ale wo viele
Spaltung, Uneinigfeit und Zanffucht herrfchet.
"Dann NB. der Hauptzweck von Diefem neu zu
erbauenden Friedenstempel müfte Fein anderer
feyn, als Friede, Ruhe und Einigkeit, beydes im
gemeinen Weſen, alg in der Kirchen auf alle Art
und Weiſe zu unterhalten und zu beförderns
mit nichten aber jemanden in feiner Gewiſſens⸗
ſreyheit zu ftöhren, noch mit einem den Ehriften
ungesiemenden Zwang zu belegen. |
| Ja Die
138 X. Vierte Betrachtung,
Drittens, fo haben unfere teutfche Reichsfuͤr⸗
en und Stände, Weder in dem Religionefrie
en, noch in Inftrumento Pacis Weltphalicz
Sic) ihres Juris reformandi keineswegs fo voeit
begeben, daß fie nicht folten Macht haben, Das
jenige, was zu allgemeiner Erbautıng, und zur
Befoͤrderung eines wahren thätigen Chriftens
thums gereichet, propria authoritate, in ihren
Landen anzuordnen und zu beftellen; denn alls
hier müffen toir dag Jus reformandi circa Ec-
clefiaftica, wohl unterfeheiben von dem Jure
zeformandi circa credenda : »Diefes ift illi-
. mitarum, und beftehet Darinnen, daß ein Fuͤrſt
oder Stand des Reichs, diejenige Religion,
Deren er zugethan, aus eigenmächtiger Gewalt,
in feinem Lande und Gebiet, wo felbige noch
nicht ift, einführen, und die gegentheiline abfehaf
Yen fann ; nach demgemeinen axioma: Cujus
eft regio, illius eft Religio; ein dergleichen
Mecht kann fich Fein Stand des Reihe anmah
fen; tie ſolches bishero unfere Publiciften con-
tra Catholicos trefflich wohl Dargethan, und
daruͤber weitläufftig Fönnen nachgelefen werden;
enes aber ift limitatum, und begreiffet nur ab
ein Die dem Principi circa facra zukommende
echte, das Kirchen: und Religionsweſen, nad)
allgemeiner Andacht und Erbauung zu verbefiern
und einzurichtens alfo mögen, (*) zum Same
| | | unfere
(*) Die Worte in Inftrum. Pac. artic, $. $. 30. find
dieſe ; Cum Statibus jmmediatis, cum juro rerrito-
zu & fuperioritads, ex communi per totum Impe
was ein Stand des Reichs thunkoͤnne. 137
unfere Meichsftände, in ihren Ländern Die Con⸗
troverfen verbieten, die Zanker firaffen, bie
Streitende vereinigen, die Mißbraͤuche abſchaf⸗
fen, und im Gegentheil andächtige Ceremonien,
und gute erbauliche Ordnungen und Gebräuche
allenthatben in ihren Kirchen einführen, mit nich,
ten aber den Unterthanen einen fremden Glau⸗
ben aufjreingen, und gegen die Reichsfakungen
mit ihnen allerhand gefährliche Religionsneue⸗
rungen vornehmen ; Dann fo ferne Das Jus re-
formandi auf die interna gielet, und Subditos,
mit einem Gewiſſenszwang zu belegen fuchet, ſo
ift folches auf keinerley Wege zu billigen und wi⸗
der alle Staats» Natur⸗ und Voͤlkerrechte.
So fern es aber, im rechten Sinn, von Denen
externis & adiaphoris gensmmen wird, mel
che nicht mit den credendis verwickelt find, f6
it es auch feinem Stand des Reiche ab⸗
sufprechen: Daß hieher die Vereinigung der -
beyden evangelifchen Kirchen mit gehöre, erhellet
daraus, weil fie nicht nur in den Aufferlichen
Ruheſtand des Staats Fräfftig mit einflieffet,
fondern auch zu Beybehaltung des Friedens und
der Eintracht in der Kirche felbft, ganz unents
behrlich nöthig wäre; um ſo vielmehr, da es oh⸗
ne Schiedsrichter und been obrigfeitlicher ee
| 5 i
rium hactenus uſitata praxi, esiam jus reformandi
axereitium Religionis competat, & nullı Statui imme-
diato jus, quod ipfi ratione territorii & fuperiorita-
- sis in negatio Religionss competit, impediri opor-
0
«38 X. DierteSetracht. was ein Stand x. '
ficht ganz unmöglich ift, mit den unfreundli
hen und höchftichadfichen Religions;aͤnkereyen
aus einander zu kommen. |
Es iſt demnach an dem, daß unfere chriftli
Fuͤrſten und Regenten, zu Beförderung ber Eh
re GH tes, zu Beybehaltung der recht evangeli⸗
fchen Wahrheit, und zur allgemeinen Erbauung
ihres über die Uneinigkeit der Cleriſey erſeuffzen⸗
den Volks, ſich als getreue Pfleger und Saͤug⸗
ammen der Kirchen erjeigen, Zions zerfallene
Mauern wieder aufbauen, und eine GOtt gefaͤl⸗
lige, heilfame und dem gemeinen Weſen erſprieß⸗
fihe Vereinigung beyder evangelifchen Glau⸗
bensgenoflen ftifften und einfuhren möchten; wo⸗
durch fie fich nicht allein um Das wahre thätige
Ehriftenthum hoͤchſt verdient machen, ſondern
“ auch) fich einen unjterblichen Nachruhm esivers
ben würden. |
BE
Fuͤnfte
= ei )oCW . 19
Fuͤnfte Betrachtung,
Ob es zu näherer Verein
gung der beyden proteftivenden
Kirchen dienen. folte, went eine der
andern einen Gottesdienft einraͤumen
würde an Ort und Enden, wo fie
folchen noch micht haben ?
*
E⸗ waͤre Zweiffelsohne viel beſſer und erbauli⸗
"N cher, wenn man dergleichen Abſonderung
im aufferlichen .Sottesdienft einmal abftellen,
und, auf vorher gemeldte Art, dem Geiſt der
Vereinigung und des Friedens Platz vergönnen,
. mithin ein Theil ſich von freyen Stücken Dei
| bequemen wolte, mit dem andern einerlen Gob⸗
tesdienft zu pflegen; dieweilen Doch Fein wuͤrkli⸗
cher Unterſcheid unter Denen ‘Proteflirenden Dies
fer. gemeinfchafftlichen Gottesdienſtlichkeit wis
derſtrebet. Allein, Da die Borurtheile und Die
Eigenfinnigfeiten beyde Theile noch immer in
diefer fo fatalen Trennung unterhalten, und Feis
ner dem andern will nachgeben; fo muß man
fi) wohl der Umftände bedienen, wie fie find,
in Erwartung glücklicher Zeiten, da die Mens
ſchen das Evangelium, als die Botſchafft ves
Friedens, näher werden erkennen lernen.
Inggemein werden ung von dem andern
Theil ſolche abſcheuliche Meynungen benge
bracht,
+
f 2 | " - . u ”. , |
146 X. Sünfte Betracht. von Linraͤumung
bracht, daß wir Darüber ein Grauen ımd Entfe
en fühlen, ehe wir noch derfelben Gewißheit mit
achdenfen zu unterfüchen vor ung nehmen ;
Diefe Worurtheile wachſen mit Dem Alter uns
merklich ftärfer, als die Kräffte unfers eigenen
Urtheils; Ein jeder preifet fich glücklich, im Der
Meynung, daß er den beften Glauben habe, da
ihn Doch die Wenigſten nach der Wahrheit ges
pruͤffet; und finden fich gleich auch welche, Die
mit ihren eigenen Augen fehen, fo hält fie Doch
entweder Die Furcht, oder Das Unvermögen, oder
der Eigennutz, zurück, dieſes ihr beſſer Wiſſen
zur Aufnahm und zum Beſten der Kirche und Des
Staats zu erkennen zu geben, und ſich oͤffentlich
vor die Unſchuld und die Wahrheit zu erklaͤren;
Hier gilt der groſſe Hauffen, und wenn Die Ho⸗
heprieſter ſchreyen: Kreutziget, kreutziget; ſo ruf⸗
fet ihnen das Volk mit fo eiferiger Kehle nach,
daß einem Pilato felbften darüber bange wird,
ie der Hirt, fo die Schaafe; ift der Lehrer ein
ftiedliebender Mann, fo findet man auch diefe
Eigenfchafft bey feiner Gemeinde; ift er aber
auf Das Ketzermachen verpicht, fo erthönet auch
‚aus dem Munde feiner ganzen Heerde ein uns
barmherziges Anathema, wider alle die, fo ans
ders glau en. u
‚ Diefen fo liebloſen und verehrten Urtheilen
einiger maſſen abzuhelfen, mithin einen Stein
näher zu unferm Friedenstempel zu legen, waͤre
nun freylich wohl rathfam,- ſich einander in der
Liebe und Sanftmuth zu vertragen, alfo, und
14
—
des Bottesdienflee eins demandern. 141
dergeſtalten, daß wir ohne weitern Anftand, einer
dem andern einen ftenen, und nach feiner rt
und Gewohnheit eingerichteten Gottesdienſt,/
verflatteten. ‘Denn da, ich roeiß nicht aus was
vor einer verfehrten und wunderlichen Selbftlies
be, man immer an dem andern Theil ehender et⸗
was Böfes als Gutes wahrzunehmen, und Das
Durch gegen ihn. Den Schein rines billigen Haſ⸗
zu gruͤnden ſucht; ſo iſt es allerdings fchrer,
ierinnen aus einander zu kommen, wenn Der
fehufdigte Theil nicht auch die Freyheit hat,
fh auf eine chriftliche und befeheidene Art zu
rechtfertigen, und alle unrechtmäßige Auflagen
und Befchuldigungen, wenn ihm anders Damit
zuviel geſchiehet, von fich abzuwaͤlzen; C*) wel⸗
ches aber nicht wohl gefehehen Fönnte, wenn ng
ihn weder Dulden.noch anhören. wolte. Fernet,
fo Fönnte auch, wo man der andern Parthie eis
nen freyen Gottesdienſt verwilliget, Die Wahrs
heit viel beſſer unterfucht, mithin Das gute “Bere
trauen, nebft Sried und Einigfeit, unter Denen
beyderfeits Proteftisenden um: fo viel leichter hera:
| . | voeſtellet
—— — — — — — — —
mais, fi tant eſt, quils ne. ſubſiſtent pas encore,
eu l’on croioit figna'er fon zele, en noirciflang
Popinion de ceux, qui attaquoiens le ſyſteme, pour
lequel on s'et declart, ou l’on aportoit autant de
* foins a envenisher les controverfes, qu’il faudroit
emploser pour les comciliet & l’om creieit rendre
- Service à la veritable ar lors gwon pouvoit
agravor les esreurs des seligions opoſtes, Sautit
Sum. TIL. S.Ik — Ze
x
(*) Il ya e& des tems & puiflent ils ne revenir ja-
mirten Kirchenrath geflanden.
142 X. Sunfte Betrach t. von Einraͤumung
geſtellet und gehandhabet werden. Wolte man
aber hierbey des rechten Zwecks nicht verfehlen,
fo wären zufoderſt folgende Cautelen wohl zu
beobachten, und gleichfamsum Grund einer wech⸗
felsweifen Vertraͤglichkeit voraus zu feßen :
er. Wenn ein Theil dem andern einen freyen
Sottesdienft einrdumen will, fo muß vor allen
Dingen die Ehre GOttes und der liebe theure
Kirchenfriede Davon Das Augenmerk und Die
Richtſchnur ſeyn; mit nichten aber, wie es bie
hero an ein und andern Drten gefchehen, da⸗
Durch zu neuem Haß und Zwieſpaͤlt Anlaß geges
ben werden; Denn. unfere ganze Abficht iſt
8 anders, als nur zum Frieden za rathen, mit
ni
—2* aber zu neuen Verbitterungen den Weg
zũ bahnen: Zu dem Ende nun ſo muͤſte auch
2. Die tollerirte Kirche Peine befondere Ge⸗
malt in Ecclefiafticis auf irgend eine der Obrigs
keit präjudicirliche Weiſe quocunque modo ich
anmaffen, fondern
3. Ihr Minifterium muͤſte von dem hohen
Confiftorio, welches nomine imperantis Pie
Jura circa facra zu beforgen hat, abhängig fein;
gleichwie es vor Diefem in der ‘Pfalz geroefen, Da
das lutherifche Minifterium unter, daſigen refors
- 4. Müften ihre Seiftlichen durchaus nichts
Dingügliches noch Hochdiſputirliches von denen
Pe . .. Streit⸗
: des Bottesdienftes eins dem andern. 143
Streitfragen, welchedie bisherige Zwietrachtind
Berbitterung unter ‚den Proteitanten gendhs
ret, erwehnen; auc) in ihren Catechismuslehren
der Jugend Feine unanflandige, Dem Frieden des
Evangelii und der Kirche zuwiderlauffende, und
in eitel unbegreiffliche Geheimniſſe hinauslauf
fende, zur Seligkeit nicht dienende, ja oͤffters dr;
erlihe Meynungen in den Kopf feken, dann
Iche dienen doch weder zur Erbauung, noch sur
Beſſerung.
5. Zu Vermeidung aller Zank und Zwie⸗
tracht gebaͤhrenden Rechtscompetentien, in An⸗
ſehung der Kirchen: und Schuigefaͤllen, wie ins
gleichen auch aller andern geiftlichen Sportuln
don Tauf > Leiche und Hochzeit-Gefchenfen, und
mas fonft ad Jura ftolse mit gerechnet wird,
müfte vor allen Dingen eine fülche Einrichtung
gemacht werden, daß Die tollerirte Kirche darinn
der andern feinen Eintrag noch Abbruch thun
— — —— —
moͤchte, dann ſo bald es auf Mein und Dein gehet,
ſo hat auch die chriſtliche Liebe ein Ende, und die
huͤmer, die ein Theil dem andern beſchuldi⸗
get, werden immer groͤſſer, wenn einer dem an⸗
dern allhier nur ein wenig zu nahe tritt.
6. So muͤſten auch die Tollerirten ſich durch
aus’ in keine Regimentshaͤndel mit einmiſchen,
ſondern ſich damit beſcheiden, daß man ſie freund⸗
lich dultet, und ihnen gleichen Schuß und geiche
Guͤtigkeit, als den andern, die von der Relıgia-
ne dominante find, wieberfahren lieſſe.
[en
7.50
144 X. SünfteYetracht. von Einräumung
7. In Anfehung der äufierlichen Geremonien
‚und Kırcdengefänge, müften ebenfalls auch fols
che Anftalten und Verordnungen gemacht wer⸗
den, daß Darunter. Fein fonderlicher Unterfcheid
mehr inter Ecclefiam dominantem & tolle-
ratam gu beobachten waͤre: denn niemand uns
befannt, wie fehr allhier Die Externa, fonderlid)
unter dem gemeinen Poͤbel, welcher dergleichen
Dinge mit vor Ölaubensartickeln hält, Haß und
Merbitterung erwecken; wie Dann eine wohl
. eingerichtete Webereinftimmung in den —3
lichen Kirchengebraͤuchen, wie auch in den Ge⸗
ſaͤngen, Gebetern und dergleichen, nicht ein We⸗
niges mit beytragen ſolte, die ohne Urſache von
einander getrennete Gemuͤther, nach und nach
wiederum mit einander zu vereinigen.
Nach dieſem und dergleichen mit aller Be⸗
hutſamkeit eingerichteten und ausdruͤcklich be⸗
bungenem Vorbehalt a parre dominantis Ec-
clefize, bleibet nun wohl Bein Zweiffel mehr
übrig, daß eine dergleichen wechſelsweiſe Tolles
rang zu näherer Zufammentretung chriftlicher
Liebe ımd völliger Aufhebung aller Zanfs und
Schmähfucht folte Anlaß geben koͤnnen; Ein
anders ıft, wo ein Theil von Dem anpern einen
freyen Gottesdienſt de Jure prätendiret, und
darzu allichon ex pacto & conceflione majo-
rum ein Jus quæſitum erlanget 5 wie die Res
rmgfen su Sranffurt folches zu haben vorgeben.
ieſes ift hier die Frage nicht.
Die
des Gottesdienſtes «ins bem andern. 145
Die Einwuͤrfe, Die man hierwider gu machen
pfleget, find von fo geringer Erheblichfeit, Daß fie
bey Beobachtung der hier angeführten Cautelen
ſchon von ſich ſelbſten wegfallen wuͤrden; denn
was man zum Exempel anfuͤhret, daß die Re⸗
formirten in Bremen ſich fo übel angelaſſen, daß
ſie nicht nur die Lutheraner daſelbſt nach und
nach ausgebiſſen, ſondern ſich auch ſo gar des
Regiments mit voͤlliger Ausſchlieſſung derſelben
bemaͤchtiget; So mag 1. ein jeder Unpartheyi⸗
ſcher vor fich felbften hierüber erkennen, warn et
die damalige Umftände der bremifchen Regie
tung, unD Die Daben fich ereignete Revolutionen
einfichet, wie weit fich eigentlich hierinnen Die
Reformirten vergeffen haben, odernicht.: 2. Ob,
wann ſich folche dabey vergefien, folches allen
denenjenigen mit Hecht und Fug auf Die Rech⸗
nung möge gefeget werben, Die fich von derſelben
Kirche nennen; der bloſſe Nahme und Das
äufferliche Bekennen zu einer, Stiche, macht wars
lich die Leute: weder fehlimmer noch befjer, und
wann man nur allein Diejenigen Gemeinden ın
der Welt dulten folte, Die ohne Ehrgeis und Eis
gennuß waͤren, mein, wo wuͤrden wir Doc) wohl
muͤſſen in Die Kirche gehen? 3. So haben ja
die Reformirten keine von. allen ihren Lehr⸗
füßen, welche dahin gehen, ſich der weltlichen:
Obrigkeit zuwider feßen, oder ihnen nach dem
iegiment zu fireben, oder. fonft jemand auf its
eine rt um. das feinige zu bringen und
— ; fuͤrwahr, wann wir den ganzer
delbergiſchen Catechismum ‚son unten bis
14, Theil. 8: oben
\
146 ° X. Sechſte Betrachtung,
dben durchgehen, fo finden mir darinn Feine $
fotche Lehren; fondern Die Gerechtigkeit, Die *
muth, der Friede, und die Liebe des Naͤch
wird ihnen allenthalben fo gut eingeſchaͤrfet, als
den Lutheranern auch, und vermögen fie. es de f
tohalben nicht, wenn unter ihren Bekennern fih }
welche finden, fo dieſen ihren eigenen Lehrfäßen
genen Le |
zuwider handeln... XBenn fie alfo böfe find, ſo find
fie e8 nicht Deswegen, weil fie eine böfe Keligion
haben, fondern weil fie Menfchen find.
" )
EEE BERKER
> - hi
%
Secchſte Betrachtung,
Wie alle und jede fromme
and gut evangelifche Ehrijten Die
Bereinigung der Kirchen koͤnn⸗
u ten befördern helfen.
De allerbeſte und ſicherſte Vereinigungs⸗
mittel, fo man immer vorſchlagen koͤnnte,
wäre wohl Diefes: Daß beyde, Lutherifche und
Reformirte, Da fie überzeuget find) Daß ihre Re⸗
ligion im Grund und in der Hauptſache eine,
und diefelbige, und nicht, wie bisher von einigen
änkifchen Geiftlichen hat wollen behauptet wer
n, von einander wuͤrklich unterſchieden ſeyen;
daß, fage ich, fie ſodann, ohne weitere Umſtaͤnde,
zuſammen in eine Kirche giengen, fich unter in
oo. q
was die Gemeinen thun koͤnnen. 147
ander heyratheten, uͤber Dinge, die ſie nicht ver⸗
ſtehen, nicht mit einander diſputirten, mithin ein⸗
jeder Das Seinige mit zur wahren bruͤderlichen
Eintracht und Vereinigung Gelegenheit gäbe. (*)
Solchergeſtalt koͤnnten nun alle und jede froms
me friedfertige Leute hierzu Das ihrige mit bey⸗
tagen, wenn fie nemlich ſich zu Derienigen Kirs
chenverfammlung von ftenen Stücken hielten,
- welche an dem Ort, mo fie wohnen, und das
de fohann Der —J bald von ſich ſelbſten
R %
Buͤrgerrecht haben, eingefuͤhret waͤre: alſo, daß,
wenn fie Lutheriſch hieſſen, bey den Reformir⸗
ten, oder wo ſie Reformirt, bey den Lutheriſchen
in die Kirche giengen; und auf dieſe Weiſe wuͤr⸗
weg⸗
—
(*) Die Worte des H. Auguftini_hieruber find von
groffem Rachdruck: „Wir find Brüder zuſam⸗
„ men, fagt er, mir mögen mollen ober nick,
„ und wir werben fo lange mit einander Bruͤder
1 fepn, als wir GOtt vor unfern Bater halten. “
Sind gleich unter und welche, die uns hart anreden,
and una fragen, was wir wolten, fo wollen wir ih⸗
nen antworten, daß wir ihre Bruͤder waren; Jagen
I : Gehet von und, wir haben nicht mit euch zu
baffen; fofagen wir, daß mir mit ihnen su ſchaffen
hätten, denn weil wir einen Ehriftum befenneten,
fo müften wir auch zufammen in einem Leib unter
einem Haupt ftehen. » + Wir befchmworen euch als
for liebe Brüder, durch das innerfie Eingemeide ber
. Riebe, mit deffen Milch wir genähret werden, durch
. unfern HErrn JEſum Chriſtum, und durch deſſen
Sanftmuth, bag wir moͤchten die Sacramenta zum
| ori halten, und ein Amen mit einander ſpre⸗
nen.
—
Dann 3
148 X. Sechſte Betrachtung,
„wegfallen. Warum follen wir hierinn nur ſtets
‚blinden Eiferern folgen, und nicht ehender zu &
nem fo erbaulichen und chriftgefälligen Wetke
fehreiten, als bis eine ganze Gemeine, die oͤffters
‚nur Durch einen einzigen unruhigen Kopf regiert
wird, Damit übereinffimmer,
Man fage mir doch, wenn toir benderfeits er⸗
Fennen, wie wir folches dann befennen mil
wo wir Die Sache nur ein wenig recht einfehen,
Daß in dieſen beyden Religionen Fein wirklicher
Unterfcheid nicht zu finden, warum füllen wir
endlich Dann nicht auch einmal zufammen treten,
unſere Pſalmen und Lieder mit einander anſtim⸗
men, und alſo GOtt ein wohlgefaͤlliges Opfer
ber Eintracht, der Liebe und des Friedens brin-
gen?, Was hindert annoch die Keformirten, zu
denen Lutheranern überzugehen, da fie hoch ſelb⸗
ſten befennen, daß fie mit ihnen einen Glauben
und eine Tauffe hätten 7 Und welchen Anftand
finden noch die Zutheraner, fich mit den Kefor
mirten in eine Dereinigung einzulaffen, ba Die
froͤmmſte und geiftreiehefte Leuteunter ihnen übers
zeuget leben, daß fie bis auf einige Wortſtreite
eben dieſelbigen Lehren fuͤhren.
Sollen wir aber nicht eher zu einem ſo erbau⸗
lichen und heilſamen Werke ſchreiten, bis daß ei⸗
nige von unſern Theologis ihr geiſtliches Ge⸗
zaͤnke fahren laſſen, und thre beſondere Aufſaͤtze
und Meynungen mit einander verglichen und
Rbereinftinmig gemacht haben ſo mäffen wirmoh)
was die Gemeinen thun koͤnnen. 149:
Barauf ganz vergebens paſſen; dann die Reli⸗
gionscontroverſien find einem gränzenlofen Meer -
zu vergleichen , Darein fich unendliche Fluten
son allerhand Affeeten und Leidenſchafften flürs
gen. Es iſt ſo unmönlich diefelben mit einander -
zu vereinigen, als Das groffe Weltmeer in einen
engen Topf zu fallen. (*) |
Sa, fprichft du, fie haben doch gleichwohl an⸗
Bere Concepten von ber leiblichen Gegenwart
Ehrifti im heiligen Abendmahl und von der Praͤ⸗
deftination, ſo bitten wir dich, du molleft dich:
‘Doch hierinnen ein wenig befcheiden, und Dich
feißften genatı unterfuchen, ob Du Dann deswe⸗
en nur bey den Lutheranern oder Reformirten
m Die Kirche geheft, weilen Darinnen alle Glieder
Derfelben mit einander einerley Mennungen und
Eoncepten hegen ? Um GOttes Ehre und der
Wahrheit willen, unterfuche doch allhier diefen
Umftand ein wenig, und fage ung, wann du et
wann mit deinem Nachbarn und Glaubensge⸗
noſſen, Dich in ein Geſprach uͤber ein und en |
| 3 oo eo⸗
() Ejusmodi perfecta coneiliatio, præſenti humano-
rum morum facie optanda magis, quam ſperanda
eſt; non quod ipfæ ſententiæ plane adſtrui aut
convelli per füam. naturam nequeant; ſed tum
propter præjudicjorum a puero inelitorum pervica-
ciam, tum ob humani ingenii fuperbiam, alios ſa-
pientiores videri dedignantem, ac vel in odium al-
terius fernel placıta tueri pertinacem, prafertim
ubi diflentientem impune fpernere poſſit. Puflend:
Jus feciale, divinum, $, 7.
150 X, Sechfte Betrachtung,
theologifche Materien eingelaffen, und ihr beyde
barüber, fein eifferig, um den Kang euere Ges
hirns, mit einander diſputiret, ey, wie fchöne
ſtimmet ihr doch ſodann zuſammen Aberein, und
wie viele Lutheraner habe ich nicht fchon_ hören
fagen, daß fie mit den Reformirten Die Praͤde⸗
flination glaubten, fo gar, Daß fie Diefen Slauben
öffters auf Die allergeringſte Zufälle und Bege⸗
benheiten gegogen, und noch weiter als die firengs
fie Particulariſten ertendiret. Ja was allhier
am allerverrounderlichften, fo hat Lutherus felb-
ſten Diefe Lehre in feinem Servo arbitrio, wie
auch fonften hin und wieder in feinen Dr
ten, ſo hefftig vertheidiget, Daß ich nicht begr
fen kann, warum Diejenigen, Die fich Doch nach
feinem Nahmen nennen, Diefe Lehre, nur allein.
als einen caloinifchen Greuel, wollen angemerkt
und verbammet toiffen, Da Doch der gröfte T
der Neformirten, diefem Satz nicht nur felbften
widerſpricht, fondern noch überdem groffe Aer⸗
gerniß und Mißfallen hat blicken laſſen, wann
ſolchen einige unter ihnen, in Anfehung der
Gnadenwahl der Kinder Gttes, alumeit ge.
trieben. Mit dem fo argerlichen Gezaͤnk über
"Die leibliche Gegenwart Ehrifti im heiligen Abends
mahl, hat es faft gleiche Bewandniß: und ent,
fiehet folches nicht fü wohl aus dem wirklichen
Unterfcheid der Meynungen, als aus Denen - vers
kehrten olgerungen, die einer aus des andern
£ehrfägen behaupten und herleiten will. Beyde
halten die Genieſſung des Leibes Chriſti vor ein
geiftliches Efien der Seelen, welches die Lutheras
! . ner
\ Zn %
Ä
was die Geweinen thun koͤnnen. 171
ner weder vor natuͤrlich, noch die Reformirten
por blofje Zeichen und Siegel halten; tore ein
Teil den andern unbilliger Weiſe zu befchuldie
gen pflegt > ja fie fommen auch beyde Darinnen
mit einander überein, daß es ein unbegreifflicheg
Geheimniß waͤre, über-deffen. eigentlichen Be⸗
griff man alles unzeitige Diſputiren bey Seite ſe⸗
gen folte. Finden ſich auch gleich unter ihnen
einige, die fich klger als andere zu ſeyn Dünken;
und die ihre ſcharf innige Köpfe über Diefes Ge⸗
heimniß zu verbrechen, keinen Scheu fragen, ſo
‚wird man auch gar bald ihres ſchwindlenden
Gehirns gewahr; indem fie.allerley Scagen
aufbrintgen, mehr dann Beſſerung zu GOtt
im Glauben; Sie wollen der Schrifft Mei⸗
ſter feyn/ und verfteben doch nicht, wa fie
fagen, oder fegen, I. Tim. 17 4 6.7. Sie
sanken fich um Worte, welche nicht. nuͤtze
find, denn zu vertehren, die da zuhören,
and viel hilfe zum ungörtlichen Weſen x.
2. Tim. 2, 14 16.
„Warum ſollen wir nun wegen aller dieſer
aͤberklugen Ausſchweiffungen einiger Haberechten
und eigenfinnigen Zaͤnker unſere naͤhere Zuſam⸗
menſetzung laͤnger hinaus ſchieben, und uns alſo
in fremde Haͤndel miſchen, bie uns nichts anges
ben? Denn was haben wir, wenn wir friedlies
bend find, mit Denen Zänfern vor eine Gemein⸗
ſchaffi? Laffet fie ihre Sachen mit einander aus
madyen, wenn fie fich weder vom GOTTnoH
Menfchen wollen rathen laſſen: Barum follen
ya X. Sechſte Betrachtung/ |
wir ihres Hochmuths hafben leiden, und Die: bruͤ
derliche Siebe, nebfl dem ung ſo höchfinoichtigen
Kirchenfrieden, Darunter länger ige febe: $
Unterfeheidet Demnach Doch einft Die Wölfe von
den Schaafen, Die Mieblinge von den Dirten,
die Zanker von den ertigen, Die
füchtigen von den Demüthigen, die Stolgen Ei
von den Sanftmirthigen, fo wird uns dis
Dede Wiofis. bald von den Auten fallen
und des RErrn Alarheit ſich in uns ſpiegeln
mit aufgedecktem Angeficht, 1.Cor. 3,18.
Laſſet ung inzwiſchen die Geheimniſſe des
HEErrn auch hierinnen mit Furcht und Demuth
verehren; denn je höher fie über Die Kräfte um
ferer natürlichen Vernunft amper ſchweben, je
vortrefflicher wird dadurch das Weſen Der Gott⸗
heit ausgedruckt, als welches uͤber unſere Sin⸗
nen unendlich weit erhaben, und von uns in al⸗
ler ſeiner Weißheit, Krafft, Allmacht und Voll⸗
kommenheit, ſo unmoͤglich mag begriffen werden,
ſo wenig unſere Augen alle Sterne des Firma⸗
ments und alle Tropfen des Meers unterſchei⸗
den koͤnnen. Wir handeln dannenhero gang
wider dieſe Einrichtung, wann wir aus einem
frevelhafften Vorwitz und Hochmuth getrieben
ung mit unfern blöden Augen in ein ewig bren⸗
nendes Fichte wagen mollen, deſſen mindefte
Glanz uns aus ung felber entführet, voo nicht
unfere ſtraffbare Verwegenheit mit ewiger
Blindheit verwirret. Deswegen iſt auch hier
nichts heilſamer, als in Andacht mit De
6.
was die Gemeinen thun koͤnnen. | 158
die Wunder des HERAN: preifen, und
mit Paulo auszuruffen: © welch eine Tieffe‘
Gewiß, wann GOtt gewollt, daß wir Die im
heiligen Abendmahl und in feinen Rathſchluͤſſen
—— Geheimniſſe verſtehen und begreif⸗
en ſolten, ſo haͤtte er uns auch daruͤber alle deut⸗
liche Begriffe gegeben, fo aber, ba er ſolches nicht
vor gut befunden; ‚mein, marum wollen wir
Dann Flüger ſeyn, ais es GOtt haben will? Dar⸗
um vertraget einer den andern in der Liebe,
und ſeyd fleißig zu halten die Einigkeit im
Geiſt durch das Band des Sriedens, Eph. 4
2. 3. Jaget nach der Gerechtigkeit, dem
Glauben, der Liebe, dem Frieden mit allen,
die den EErrn anruffen von reinem Herzen,
aber der thoͤrichten und unnuͤtzen Fragen
entſchlaget euch, dann ihr wiſſet, daß ſi⸗
nur. Zañk gebaͤhren, 2. Tim. 2, 22. 23. (*)
Seyd ihr Lutherifch, und befindet euch an einem
Seformirten Ort, fo fondert euch nicht von ihrer
neh —— —
6 Manet, mi frater, manet noſtra copjunctio: Si
"te alienare a me voles, mon potes, quin prius alie-
nes a Chrifto, in. quo Fratres ſumus: ego nec vo-
t.... Jo, nec poſſum: qui fratrem me fibi adjunxz
Chriſtus & fratrem eflecit tibi. Si fraternitatem
zumpis, de integro nectam; fi difluis,. dabo ope-
‚tan ut reſarciam, fi evertis, erigarn denuo ; fi ne-
gas, affirmat Chriftus & ego cum Chrifto ; fi audire
nen. vis,.audiunt tamen boni & audit Dominus.
: Junias, >
154 X, Sechfte Betrachtung, .
Gemeinde, wo man denfelbigen Ehriftum. pres
Diget,.welcher auch euer Heiland und Seligma⸗
cher ift, wo ihr einerley Evangelium, wo nicht
auch einerlen Worte und Medensarten höret 5
duͤnket euch doch nicht alleine weiß und Flug zu k
n, affectiret Beinen befondern Gottesdienſt, ge
ey
W den Schwachen Feinen Anftoß, und verroirtet |
nicht die blöden Gewiſſen, vereiniget euch aber
im Geiſt und in der Wahrheit, welche iſt in
Chriſto unferm HERAN. oo
Eilet auch, ihr friebfertigen Reformirten, bie |
ihr in unfern teutfchen Graͤnzen mehrentheils
unter den Putheranern lebet, eilet zu.ihren Tem⸗
pen: warum wolt ihr auch länger son ihnen
gut genug halten, darinnen eure Seelenweide
mit zufinden ? Haltet euch. fein zu ihnen, wie ihr
haben wolt, daß fie fich zu euch haften ſollen;
beseiget. Darinn eure Klugheit, daß ihr
nach zu geben, und untericheidet wohl Die Ab
von den Schaafen ; Iaffet euch jene nicht abs
recken, mit diefen einerlen Weide zu nehmen s
je mehr ihr euch ineine Heerde zuſammen ſchlieſſet,
je weniger habt ihr euch vor ihren Anfaͤllen zu
befürchten: euer Hirt iſt Chriſtus der Herland,
und eure Weide. ift Das wahre lebendige Wort
BGOttes: Warum wolt ihr euch alfo noch län
ger trennen, und euch beſondere Tempeln bauen?
es nicht genug, daß man euch in einer Kir⸗
che will aufnehmen, worinn ihr Feinen Unter⸗
ſcheid zwiſchen dem Eurigen findet,. als ef die
| | Prie⸗
abſondern, und ihre Kirchen nicht fir rein und %
was die Geninen thun koͤnnen. 175
Prieſter darinn anders gekleidet gehen, die Altaͤre
anders geſchmuͤcket ſind, und etwa noch hier und
da andere Geremenien wagegenonman werden;
iſt dieſes auch wohl der Muͤhe werth, daß ihr
euch daruͤber von der gemeinen Heerde abſon⸗
dern wollet? Gewiß, wo ihr den rechten Geiſt
haͤttet, ſo wuͤrdet ihr eure Religion nicht quf ſol⸗
ſſorli n, dann ber wahren
iche Dinge
Chriſten Glaube gehöret ing Herz, nicht in Die
aͤuſſerliche Sinnen, micht in Das: bloſſe Gehirn,
warum zanket ihr dann. über Sachen, die dahin
nicht gehören? Ich meyne ja, daß ihr Chris
ſtum nicht alfo gelernet, fo ihr anders von-
ret habt, wie in "PESU ein rechte
en Wegen it: Darum, ihr Lieben, laß
ſet une unter einander lieb baben, dann die
Liebe ift von GOtt, und wer Kiebe hat, der iſt
von GOtt gebohren, und Fennet GOTT,
Der aber nicht Kiebe bat, der kennet GOtt
nicht, dann GOtt ift die Liebe, 1. Joh. 4
7.8 ft nun bey euch Ermahnung in
Ebrifto, ift Troft der Liebe, ift Gemei
fihafft des Beiftee, ijt herzliche Liebe us
Sarmbersigkeit, fo erfüllet meine Freude,
daß ihr eines Sinnes feyd, gleiche Liebe ha⸗
Bet, eirmürbig und einbellig feyd, nichts
thut durch Zank und eitele Ehre, Phil, 4,
I, 2. 3.
J *
os“ se“
Per:
156. X, Vorurtheile wider die Dereinigung
Verkehrte Schlüfle,
und faft müberwindliche Vorur⸗
theile, wodurch bishero alle Vereini⸗
gungsvorſchlaͤge hoͤchſt unglücklich
ſind heimgewieſen worden.
(Aus vorgefallenen unterredungen gezogen.)
Lutheraner gegen die Reformirten
J. Ze
Die Reſnitten empfangen nicht den wah⸗
ren Leib und das wahre Blut IESU
Ehrifti im heiligen Abendmahl, fondern fie
empfangen nur bloffe Zeichen und Siegel, Die
folches bedeuten ; Obj. Die Reformirten fagen
aber in ihrer Form Das heilige Abendmahl za
gen anders; Denn es ftehet Dafelbft aus
druͤcklich, fie empfiengen nicht blofie Zeichen und
Siegel, fondern ihre Seelen würden fo gemif
mit dem wahren Leib und Blut JZESU Chriſti
geſpeiſet und gefrändket, als gewiß Das Brod vor
ihnen-gebrochen, und der Kelch ihnen mitgethei
let wird; das lautet ja ganz andere. Reſp.
Sa 08 fagen fie wohl, fie glauben es aber doch
anders | Ä
Reformirte gegen die Lutheraner.
| IL, -. Ä
Die Lutheraner ſagen, ſie genoͤſſen den wah⸗
sen Leib und das wahre Blut JEſu Fe nr
.. is
der Proteſtanten. 00157
haligen Abendmahl in, mit: und unter dem
rod und Wein; folglich müffen fie folchen
mit ihren Zähnen gerreiffen, und auf eine nafürs
liche Art hinunter fehlucken. Obj. Ey, da ſeye
GOtt por, Daß wir fo lehreten, fpricht der Luther
taner; wir fagen, daß wir zwar den wahren
Leib und das mahre Blut JEſu Ehrifti im heis
ligen Abendmahl genöffen; nicht aber auf eine
natürliche Weiſe, fondern als ein Geheimniß,
wæelches vor unſern Augen verborgen 5 inzwiſchen
aber bleiben wir aus Ehrerbietung bey denen kla⸗
ren Worten der Einſetzung ſtehen, und wollen
daruͤber nicht weiter vernuͤnftlen. Reſp. Das
iſt wol gut, es folgt aber ein anders aus ihrer Lehre,
Zutheraner gegen die Reformirten,
III. |
Die Reformirte glauben die Prädeftination;
nun folget aus derfelben Lehre, daß, wer aus
Gnaden erroählet fen, ber dürfte leben und fürs
digen, wie er wolte, er wuͤrde Doch felig; im Ges
gentheil abst, wer nicht auserwaͤhlet fen, Der
möchte fo fromm und tugendhafft leben, als er
immer twolte, fo fönnte er Dennoch nicht felig
werden. Obj. En, behüte GOtt, das hat ja
noch Fein einziger Neformirter gelehret. Reſp.
Ja / es folget aber bed) gleichwohl aug ihrer Lehre
von Des Gnadenwah
Refor⸗
158 X. Vorurtheile widerdie Vereinigung
Reformirte gegen die Lutheraner.
IV. "
Die Lutheraner fprechen, ber Menfch habe ei⸗
nen freyen Willen, Das Bi e zu meiden, und dad
Gute su thun 5 wer nun das Gute erwaͤhlet, und
das "Höfe meidet, der wird felig; arqui ergo
werden Die £utheraner felig, ohne die Gnade.
Ob}. En, da fen GOtt vor, das hat ja noch kein
einziger Lutheraner gelehret. Reſp. ur aber
es folget doch gleichwohl aus ihrer Lehre vom
ero arbitrio,
Zutheraner gegen die Reformirten,
| V.
Haben nicht Die Reformirte die dutheraner in
Bremen ausgebiffen, ja fich gar Dafeibft des Re⸗
giments bemachtiget, und Die Unferigen Davon
ausgeſchloſſen, ergo, würden fie es ung nicht
beffer machen, wenn wir fie bey ung Dulden sind
aufnehmen folten. Obj. Was vermögen aber
dieſes der Neformirten ihre Lehren und ihre an
dere friedfertige Slaubensgenoffen; es aibt ja
unter den, Lutheranern auch herrfchfüchtige
und eigennüßige Leute, was vermögen aber die
| & ihre Lehren und Glaubensgenoſſen? Refp.
Die Sieformirten machen es _allenthalben fo.
Prob. Neulich kauffte ein Keformirter einen
Garten, und als er diefen hatte, wolte er auch ei
‚nen Bau dahin fegen, und als man ihm dieſes
erlaubte, wolte es auch Vieh halten; Atqui
WB ergo.
der Proteſtanten. 0.159
ergo, Giebt man einem Reformirten den Fin⸗
her, fo will er die ganze Hand haben. Giebt
man ihnen eine Kirche, fo wollen fie auch in
Kath Fommen ; und wann fie in Rath Fommen,
fo wollen fie auch Herr ſeyn. Sind alfo Die Re⸗
formirten nicht böfe Leute?
Reformirte gegen die Lutheraner.
VI.
a die Lutheraner duͤrfen wohl viel mit Bre⸗
men aufgezogen. kommen; Eine Reichsſtadt
will noch Tange nicht fo viel fagen, als der Ver⸗
luſt eines ganzen Fürftenthums, ja, als ſo vieler
hundert taufend Menfchen Gut und ‘Blut, Leib
uͤnd Leben. Weriftanders Schuld an dem groß
fen Blutbaad, welches im verrwichenen Jahr
hundertauf Dieböhmifche Unruhe erfol et, als Die
tutheraner ;denn märenfienicht von unſerer Seite
abgefallen, und hätten mit ung vor einen Mann
geſochten, fo hätte Das damalige entfegliche Kries
en bald ein Ende genommen, und Das prote⸗
ntifche- Weſen ein, ganz anderes Anfehen ger
kriegt; fo aber mißgoͤnnten ung Die Lutheraner,
daß wir in Teutfchland fo mächtig werden ſol⸗
ten, und fehlugen fich derohalben zum Gegentheil,
machten Spaltungen unter fich und ung, und
verdorben das ganze Spiel. Obj. Es haben
es aber damals auch viele lutheriſche Stande, in⸗
fonderheit die Krone Schweden, mit den Refor—
mirten gehalten; Wie koͤnnen alfo hier die Luthers
ner befehulpiget werden udem/ was groſſer ie
ee te⸗
-
\
160 X. Dorurtheile wider die Dereinigung
ereffe erfordert, was hat die Religion Damit
Hm en? Reſp. a, es zeiget aber zur Ger
nuͤge, Daß es die Lutheraner nie gut mit ung ges
meynt. u
Lutheraner gegen die Reformirten.
Die Alten Haben für gut befunden, Diefes
und jenes fo einzurichten 3 Die Zeiten und Um⸗
ftänd haben fich zwar geändert; doch koͤnnen
wir unfere Sataffung nicht ändern. Ratio:
Teil es Die Alten fo vor gut befunden.
| Keformirte gegen die Lutheraner.
171
Unfere Borfahren find ſchon fo lange nach ..
in die Kirche gegangen : der Gottesdienſt if} bes
ſchwerlich, es ift wahr, der Unterfcheid zwiſchen
ben £utheranern und ung, iſt gering, wir nehmen
auch Feinen Antheil an der Geiſtlichen ihrem Ges
zaͤnk: nichts deſtoweniger, weil es nun ſo eingefuͤh⸗
ret, ſo muͤſſen wir nach. . indie Kirche gehen.
Lutheraner gegen die Reformirte.
BE
AIch kan einmal die Leute nicht leiden, und es
foll, was fie füchen, nicht gefchehen, mann auch
ein jeder unter ihnen taufend Köpfe hätte. Refp:
&n mein, warum ? Refp. Dieweibſie Calviniſch
find, und Ich num Die Leute nicht leiden kann.
J “ | BRefor⸗
der Proteſtanten. 161
Reformirte gegen Ale Lucheraner.
XR.
Wie Fan das moͤglich feyn? Ja, es iſt moͤg
lich, weil es geſchiehet. Warum aber gefchiehet
| folches; weil man einmal fo will, und nicht an
ders will, und nicht anders wollen will.
Argumenta contra Irenicos.
| Argumentum I.
" Clodion ſpricht, e8 gelte ihm gleich viel, Luthe⸗
= gifch oder Keformirt, er fände feinen wirkli⸗
chen Unterſcheid unter biefer beyder ihren Lehren.
Wem nun alles gleich gilt, der fragef nicht nach
i Wahrheit, wer nicht nach der Wahrheit fragek,
der fraget nicht nach GOTT; mwer_ nicht nach
Gottt fraget, der wird verdammt. Ergo arqui
wird Clodion verdammt, weil er Feinen wirkli⸗
chen Unterfcheid in der Lutheriſch⸗ und Nefora
mirten Lehre findet. | |
. U, Die Syncretiſten führen unter andern
Urfachen, warum man Die Bereinigung zwiſchen
beyderſeits Proteſtirenden einführen oll, auch
dieſe mit an; weil dadurch die Wohlfahrt eines
Staats und der Handel und Wandel beſoͤrdert
würde; Ergo, ſuchen fie die Vereinigung nur
aus weltlichen Abfichten. -
162 X. Vorurtheilewider die Vereinigung
HI. Es Fann nicht feyn, twarum ? weil es
nun nicht feyn kann; aber warum Dann nicht ?
weil ich nicht will; und warum wilft du dann
nicht? weilich nun nicht will; Kann man eine:
befiere Urſache feiner Handlungen angeben?
IV. Milefius ift noch ein junger Pfaffe, und
ich bin fchon ein alter Superintendent, und er
will die Bereinigung einführen; das kann ich
nicht zugeben; warum nicht 7 Ep, warum foll
ich Dem’jungen Affen nachgeben; ich muß ja Das
Ding wohl beffer wiſſen. |
V. Man Einnte sur Noth noch endlich mohl
die Zutheraner und Reformirten mit einander
vergleichen; allein was hätte man Davon ?
VI. Was deines Thung nicht ifl, das laſſe;
Die geiftliche Wiffenfchafften gehören vor vie
Theologos; Ergo, hat ſich niemand um die
—28 zu bekuͤmmern, als die Herren Geiſt⸗
en. |
VI. Es iſt nun fang fo geweſen, warum laͤſt
mans Doc) nicht beym alten? ja beym alten, dann
bie Alten find auch Feine Warren geweſen.
XIII. Weilen unfer Glaube allein Der rechte
wahre Blaube ift, fo Fönnen wir mit denen, Die
noch im Irrthum find, ung nicht vereinigen 5
Obj. a, wir glauben aber auch fü, wie ihr
ghaubet, und wie es in euren ee
Ä . Ä ehrt.
|
|
|
der Proteſtanten. 163
ſiehet. Reſp. Das iſt nicht wahr/, dann das
muͤſſen wir befjer wiſſen, was ihr glaubet.
Ss laͤcherlich und abgeſchmackt auch dieſe
und dergleichen aus der Rockenphiloſophie her⸗
genommene Argumenta einem jeden Me
gen Menfchen indie Augen fallen; fo einen groffen
‚und beynahe unmiedertreiblichen Eindruck geben
folche nichts veftomweniger in Die meiften Gemuͤ⸗
ther, alfo, Daß leider! die mit fo vielen Vorur⸗
heilen umfchlungene Wahrheit allhier ſchwer zu
entwickeln, und in eine, unferm Sinn nach, bes
greiffliche Deutlichkeit und Ordnung, zu bringen
iſt. Dergleichen Verwirrungen nun abzuhel⸗
fen, iſt alfo wohl Feines Penſchen Werk, ſon⸗
dern es muß der Einfluß von oben kommen, und
der HERR ſelbſt die Todtengebeine anblaſen;
Der wolle uns geben erleuchtete Augen un⸗
ſers Derftandes, auf daß wir erkennen moͤ⸗
gen, welche da ſey die Hoffnung unſers Be⸗
ruffs, und welche da ſey der Reichthum fer
nes bereichen erben anfeinenHeiligen,
Ephef. I, 18.
*
J—
684 < . Be⸗
164 XI. Bedenken vom Separatismo.
Bedenken vom Separatismo
| an Herrn vn 3.. |
gedruckt 1736. |
BB.
ch habe Dero ausnehmende Froͤmmigkeit
jederzeit 'hochgehalten: yore ‘Brieffe ge
allen mir überaus, fie find voll göttlicher Er
enntniß; fie rühren, fie überzeugen-mich 5 nur
das will mir nicht einleuchten, Daß fie fich von
allem Sfenelkhen Sottesdienft abziehen : Sie
nennen folchen einen Gößendienft, und rather
mir in Dero Schreiben vom 21. April vor ans
dern des fel. Ehriftian Democriti und des nod)
lebenden Ehriftoph Schüßens "Bücher zu leſen:
> Sie fagen, daß folche nicht allein Das Geheim⸗
‚» niß der Gottſeligkeit, fondern auch das Ge
» heimniß der Boßſheit, fo fich noch in alfen des
» nen Dreyen Daupfreligionen, oder vielmehr
„Secten, die in dem Kömifchen Deich recipis
„ ret ſind, und fich an Denen mehreftem ihren
» Anhängern Anfiere, viel tieffer noch als andere
» eingefehen ; oder wenigſtens viel deutliches
„» und ee Davon gefchrieben hätten,
„als Johann Arnd, Henrich Müller, Gottfr.
» Unold ꝛc. welche in ihren theuren Schriften
a» Die Auflere “Babel in unfern Religionen, a
— en we
4
XI. Bedenken vom Separatismo. ı65
» Wieder aus Untoiffenheit, oder aus Menfehens
» furcht nicht genugfam entdecket häften. Ne⸗
„ ben obigen recommendiren Sie mir aud) der
» Mad. Guion, des P. Poirets, des Lucii, Hos
‚» burgs, Tuchtfelos, Tenhards und Ulgens my
» ſtiſche, imgleichen Gichtels und Eislers
„ Schrifften, wie auch die groffe Perlenburgi⸗
» fihe "Bibel mit ihren vortrefflicheh, infonders
y heit moftifchen Anmerkungen. “ =
& muß Ahnen, mein Herr, bekennen, daß
3
mir beynahe alle dieſe Wegweiſer deswegen ver⸗
daͤchtig ſcheinen, weil ſie meiſtens in dem Sepa⸗
ratismo gelebet, oder noch leben. Ich verwun⸗
dere mich auch ſehr, daß der bey ſeinem Lachen
ſo ſcharf beiſſende Democritus Ihrem ſonſt ernſt⸗
hafften und ſachtſinnigen Gemuͤth einen ſolchen
Eindruck gegeben, daß Sie ihn unter Ihren
Schrifftgelehrten mit oben an ſetzen. Ich muß
Ihnen offenherzig fagen, daß mir derfelbe in der
Theologie eben fo wenig Grund zeiget, als der
hmte Bayle. Deftruuntaliameliusquam _
propria ruentur. .
Die Abgrund weifen fie, doch Rath und.
ot Huͤlfe nicht,
wie Herr von Canitz ſagt. Ich habe bisher mehr
Erbauung gefunden, wenn ich von Auslaͤndern
des berühmten Fenelons, P. Bourdaloue, Fle-
chier, Sacy, Pafcal, du Moulin, Scherlocks,
Tillotfons, Abbadie, la Placerte, Superville
und Saurins Schriften gelefen. Unter denen
— L3 Teut⸗
166 XI. Bedenken vom Separatismo.
Teutſchen aber pflege.ich mich vor andern an Deu
frommen Joh. Arnd zu halten, Daneben ich auch
des fel. Speners, Serivers, Arnolds, Langhaus
fens und Mosheims 2c. Predigten uns fo viel
höher achte, teil fie fich zu memer Hausandacht
mit ſchicken; und ſowohl auf Das thätige Chri⸗
ſtenthum dringen, als den Srieden in der Kirche
durch ihre Eintraͤchtigkeit bewahren. |
Weil Sie, mein Herr, unfere drey Hauptre⸗
ligionen im Römifchen Reich Doch nur für Ser
eten halten, fo wird Sshnen meine, aus Catholi⸗
ſchen, Reformirten und Lutheranern zuſammen
vermengte Andacht, nicht anſtoͤßig ſcheinen:
Ich folge darinnen der Lehre Pauli: Pruͤffet
alles, das Gute behaltet. Ich habe bey die⸗
ſen Umſtaͤnden keine geringe Vergnuͤgung zu ſe⸗
hen, daß. die vornehmſte Lehrer dieſer drey Reli⸗
gionen in den Hauptwahrheiten zur Seligkeit
mit einander uͤbereinſtimmen.
} *
z0 Sie ſehen, mein Herr, mich alſo noch immer
£ —7 vorigen Mennungen : welche Die aͤuß⸗
ſerliche Bereinigung und Derträglichkeit in Glau⸗
bensſachen betreffen. Was übrigens den Ser
parafismum anbelangt ; Davon ift dieſes Fury
Tich meine Meynung :
*
% * !
2:7 Es iſt eine allgemeine Neigung der
Der aͤuſ⸗ Menſchen, daß ſie dasjenige, was
lerliche fig lieben und für gut erkennen, auch
= gerne
XI. Bedenken vom Separatiemo, 167
gene Öffentlich rühmen und preifen. Gottes⸗
ie folten wir demnach unfer aller, dienſt .
oͤſtes und wichtigſtes Anliegen, uns an
alleranſtoͤndigſte und gluckfelinfle
deigung, GOtt in uns und Durch ung zu ver-
kerrlichen und zu lieben, bey ung ſogar verfchlofe
kn halten, daß fie nicht auch durch ofen
. Andacht, erbauliche Seremonien, geiftreiche Lieder
und dergleichen ausbrechen und fich an den Tag
legen folten ? Diefes ift Dierechte Sreude der Hei
ligen, GOtt auch in Der Gemeinde zuloben, Har⸗
fen und Pfalter anzuflimmen, und dem HErrn
ein neues Lied, ein fröliches Halleluja, und ders
gleichen zu fingen. Ä
Es haben auch je und jealle Völker __ II
zu allen Zeiten das höchfte Weſen, All ae al
oder dasjenige, was fie fuͤr göftlichhiel gr, jeunf
ten, durch - allerhand Aufferliche Geres ublich
monien, Gebete, Dpfer und derglei⸗ gewefen.
hen zu verehren geſucht; Beſonders
das Volk Iſrael, das auserwählte Sefchlecht,
bey denen GOTT felbft ven Aufferlichen Dienſt
eingerichtet hatte, und auf folche Weiſe denfelben
als eine ihm anftändige und wohlgefällige Sa⸗
he gebilliget und für gut. gefunden. _ Wie dann
nach ‚henbe Darauf unfer Heiland FEfus Chris
ſtus — ſt den Tempel beſucht, darinnen gelehrt,
vor deſſen Reinigkeit geeiffert, und die Wechsler
und Viehhaͤndler Daraus vertrieben hatte, Joh.
2.9.24. Ja es war nicht fobald ein Haufflein
der erften Chriſten zur elenntniß gebrach 8
\ 4 ud):
168 XI. Bedenken vom Sepatatismo.
rn diefelbe auch fehon, ſich, wiewohl ne
eimlich, zu verfammlen, und in gewiſſe Gemeits
den zu fchlieffen, das Abendmahl mit einander a
halten, auf gute Zucht und Ordnung zufehen, mi
hin aufdie Ausbreitung des Reichs Chrifti bepackt
zu ſeyn; fich felbften aber einander zu erbauen
zu ermahnen, und immer im Glauben an Chi⸗
ſtum fich noch mehr und mehr zu gründen.
endlic) darauf die Keiche der Welt dem Reihe
des Heilandes, als dem Scepter aus Juda, Ich
unterwarfen und zu deſſen allgemeinen Vereh⸗
rung alles veranftalteten, Tempel und Schalen
erbaueten, Kirchenordnungen verfaßten, beſonde⸗
hand geiftliche Gefellfchafften und Klöfter auf
re Andachten und 7 anſtelleten, aller⸗
richteten; ja endlich gar ſo weit in das Aeuſſer⸗
liche verfielen, daß ſie faſt das Innerliche daruͤ⸗
ber vergaſſen, und den rechten Tempel, darinn
GOTT im Geiſt und in der Wahrheit will an
gebetet fenn, in ihrem Herzen nicht mehr fanden.
Wer wolte aber wegen diefer mit unterlaufen
den Mißbraͤuche eine an und für fich felbft gute '
Sache abſchaffen.
IT, Der Öffentliche Gottesdienſt hat fer
a lunen nen vielfältigen Nuzen. x. Dienet
genftuzen, derſelbe zur allgemeinen Unterwei⸗
rn. ſung, ohne melche fonften die meifle
In der an» Menfehen wenig oder gar Feine Be⸗
gemeinen griffe in geiftlichen Dingen befonmen
Unteres würden 5 geftalten Die wenigſten
fung. Haushaltungen fo befchaffen nd, eb
TE paris
XI. Bedenken vom Separatismo. 169
darinnen viel auf eine dergleichen Erkenntniß ſol⸗
te getrieben werden. en
zumal, wann in Denen.Kirchen erbaulis dacht.
che geiſtreiche Reden, von einem rechtſchaffenen
ſtommen Prediger gehoͤret, und dabey ſchoͤne lieb⸗
liche Lieder geſungen und muſiciret werden.
3. Verbindet derſelbe die Men⸗3.
ſchen zu einer GOtt gefaͤlligen Verhindet
Eintracht und Liebe, wann ſie ſol⸗ — 2
chergeſtalt ihre Stimmen, ihre Seuff⸗ Eintracht.
zer, ihre Herzen mit einander bis in
den Himmel erheben, und ihre Andacht mit ver⸗
einigten Glauben vor GOttes Thron bringen.
4. Iſt nicht wohl abzuſehen, wie
ohne Kirchen und Schulen, der Fa su
| gemeinen Tugend in der nöthigen ne
ucht und Lehre koͤnne an Handen gend.
gegangen werden. Wie ſolten ſie |
sur Erfenntniß des Guten und Boͤſen gelangen,. .
wenn fie folche nicht von Predigern und Schul:
Itern befommen wuͤrden? Auf ihre Eltern eg
loß ankommen zu laflen, wäre überaus mißlich;
dann Diefe haben felbft noch immer guter Zucht,
zahnung und Unterweiſung vonnöfhen; und
find ihrer viele Durch ihre Lebensart ihren Kindern
ſelbſt eine traurige Amveſung zu allem De
85
J
170 xt. Bedenken vom Separatismo.
BR? So hut auch 5. Der oͤffentliche Got⸗
Erhaltgws tesdienſt feinen trefflichen Mugen in
te Voled. · Anſehung weltlicher Policey und
, Ordnung im Regimene? Was
wuͤrde die Menfchen, die ohnedem Durch blofle
Geſetze nicht einmal vom Boͤſen zurück gehalten
werden koͤnnen, zu einem Äufferlich fittlich und
ehrbaren Leben bewegen, wann die Keligjon
nicht wäre, und ihnen ihre Pflichten nicht
immer durch öffentliches, Lehren und ‘Predis
gen vorgehalten und -eingefchärfet würden?
Yiefes ift noch immer Das befte Mittel, ein wil⸗
des, unbändiges Volk in gebührenden Schrans
fen su halten, und ihnen die dchte Meynungen
der Ehre, der Tugend und der guten Sitten bey:
zubringen. Die Religion hat alſo ihren groffen
Nutzen auch ſchon in Diefem Leben, ja ihre Ge⸗
feße gehen nur bloß auf dieſes zeitliche Lehen ;
dann in jenem werden wir derfelben nicht mehr
vonnöthen haben. SOFT regieret Die Mens
fehen im dufferlichen, das ift, im weltlichen
Stand, durch die Furcht; im.innerlichen aber,
das ift im geiftlichen, durch die Liebe.
6. Prediget man 6. gleich auf denen
De nbert Kanzeln nicht unmittelbar GOttes
ber, Wort, oder Durch den Geiſt GOttes,
haupt. wie es Doc) aud), wenn ein recht
goftfeliger Prediger auftritt, zu ges
fchehen pflegt, fo höret man bafelbft Doch folche
— die alleſammt auf die Verbeſſerung der
itten und auf die Befoͤrderung des Suter ges
en.
H
\
XI. Bedenken vom Separatismo. 171
hen, Die Menfchen werden auf folche Weiſe
zur Ehrbarkeit, zur Tugend und zur Froͤmmig⸗
keit eingeleitet. Waͤre nun der Aufferliche Got⸗
tesdienſt ein.bloffer Goͤtzendienſt, fo würde_bey
dieſer Gelegenheit der Teuffel, der doch ſonſt ein
liſtiger Geiſt ifl, Die Waffen gegen fich felbft füh-
ren, und alfo Durch die Lehre der Tugend das
Reich Chriſti befördern helfen.
Der Separatismug ift im Gegen, „ IV»
thel vielerlen Gefahr unterworfen. Dargegen
Ein Menfch iſt dem Irrthum niemals N
näher, als wenn er bloß feinem mus vieler
Eigenfinn folget: Wer weiß iſt, der. Gefahr
hörer zu, und wer verftandig ift, unterwor⸗
der laͤſſet fich rathen. Prev. 1.0.7. IM
Sich beffer, Flüger und froͤmmer zu u
feyn beduͤnken, als andere Menfehen, und des⸗
roegen die Gemeinde zu verlaffen, hat öffters kei⸗
nen andern Grund, als die Einbildung des Pha⸗
tifüers, der bey Luc. 18.9. 13. GOtt dankete,
daß er nicht wäre, wie andere Leute, Ge
bald man fich der chriftlichen Lehrſamkeit einmal
enrteiffen, fo find wir ein Spiel unferer Vorur⸗
| theiles man will anderer Leute Irrthuͤmer mei⸗
den, und man verfällt in andere,Die noch groͤſſer
find. Die Affesten lauffen heimlich-mit unters
man fiehet fich alfenthalben felbft, man gefällt
fih, man findet ſich gelehrt, fromm, erleuchtet,
heilig. Diefe Einbildung ift gefährlich, fie leitet
sum heimlichen Hochmuth, den ein Chriſt forgs
fältig muß zu-vermeiden trachten. Viel ihen
s | | ME
’
1
172 XI. Bedenkenvom Sepiratisme. |
ift es einfältig wie Die Kinder zu feyn, wie bie
Kinder zu glauben, und wie Die Kinder fich leis
ten zu laſſen. Unſer Verſtand hut feine gewiſſe
Graͤnzen; er fomınt, fo weit man ihn auch frei
ben kann, Doch nicht weiter, als bis sum Stücks |
werk: Diefes ift der Höchfte Grad feiner Kennt
niflen, zu welchem nod) uberdem gar wenige ges
langen, weil fie nicht unterfeheiden koͤnnen, was
en was Gnade, was Vernunft, was Shaw
e fen. |
V. Betrachten wir die Separatiſten et⸗
Beſonde was näher nach ihrem Temperament
ver eat und nach ihren befonderen Cigenſchaff
meiften ten, fo wird man finden, daß fie ins⸗
Separati: gemein gutmeynende, fromme, aber
fien. dabey theile eigenfinnige, tieffdenkende
- und argmwöhnifche Leute find; Die,
weil fie die gemeine Fehler der Menfchen und
ber Aufferlichen Kirchen einfehen, und darüber
nicht gebührend angehöret, noch freundlich uns
ferrichtet werden, auf die Abfonderung verfallen.
Sind fie dabey, wie es fich öffters findet, ſtark
zur Melancholie geneigt, ſo gerathen fie leicht in
allerhand Anfechtungen und Schwermuͤthigkei⸗
ten; ihre Lebensgeifter werden dunfel und
ſchwach, fie find ſich felbft eine Laſt, fie ängftigen
fich ſtets, find traurig, feuffgen immer, laſſen den
Kopf hängen, und verlieren endlich allen Muth; -
Damit terden fie zu ihren Amts» und Beruffs⸗
gefchäfften untuchtig, Eönnen Feine Arbeit mehr
gecht vertragen; mit Dem bloffen “Beten iſt —
ud
XI. Bedenken vom Separatisme, 173
auch nicht ausgerichtet; fie verfallen dabey in
Nahrungsmangel, bedienen ſich harter fehlechter
Koſt, welche ihre sähe Säffte noch mehr verdi⸗
cket, und ihrer ohnedas baufälligen Hutten wer
nig Stärfe und ‘Feuer giebt; ünd alfo führen
fie ein elendes, frauriges Leben, und verdienen
deshalben in allewege, daß man fich ihrer mitleis
dend annehme ; Dann fie find gerneiniglich ehrli⸗
che, fromme Leute, Die gute Abfichten haben;
aber nur nicht wiſſen, wie fie Dazu gelangen fol
len. Don den Scheinheiligen, die den Schal
im Herzen verbergen und indie Häuffer ſchleichen,
um die Welt zu betrügen, Davon ift hier Die Rede
nicht; dann diefe finden fich unter allen Secten.
Diefe arme Separatiften folten alfo __ VI.
mehr unfere Barmherzigkeit ruͤhren, alg Bieman
die ohneden fündliche Regungen Des erfahren |
Haffes und der Verbitterung in ung (og,
aufbringen; anftaftfiesuverfolgenfob_ .
ten wir ihnen Gutes thun 5 anftatt fie zum Lande
hinaus zu jagen, folten wir unfere Prediger an
treiben, ihres Poſtens deſto —52 — wahrzu⸗
nehmen ; anſtatt fie Durch unfere boͤſe Lebensart
zu aͤrgren, folten wir fie Durch ein thaͤtiges
Ehriftenthum überzeugen, fie unrecht bitten,
ſich von ung abzufondern. Es würdefich ſodann
der. Separatismus bald von fich ſelbſt verlieren ;
Die Liebe, ja Die Liebe allein wurde alleg wieder
zurecht bringen, denn die Liebe vertraͤget als
Tee, fie glaubet alles, fie duldet alles, nad)
1. Cor. 73. p. 7. Sie weiß. Om Schwa
| | — chen
174 XI. Bedenken vom Separatiamo.
chen ihre Gebrechlichkeit zu tragen, und
bar nicht Gefallen an fich jelbft, ib. 15. v. 1.
Io nun Liebe ift, da ift auch Ehriftus, und mo
Ehriftus ift, da fl auch Wahrheit.
VIE Diefe Liebe aber müfte auch bey ih⸗
Und * nen Platz finden; Deswegen wären fie
npiener, ſtets und nachdrücklich su vermahnen,
um anhals DaB fie fi) alles Schänden und
ten fol. Schmaͤhens genen ‚die Prediger und
den öffentlichen Goftesdienft enthal⸗
ten, ‘gemeine Ordnung nicht fröhren, Denen
Schwachen ‚feinen Anfloß, und denen Srons
men, welche Die Berfammlung lieben, Feine Aer⸗
gerniß geben, fondern fich in ihren Schrifften
und Reden befcheiden, friedfam nmd chriftlich
vernehmen laffen folten. Wo fie aber Dawider
handelten, fo hätte eg Die Obrigkeit billig zu ahn⸗
den; nicht, als ob man ihnen Dadurch ihre Ge⸗
wiſſensfreyheit Eränfen molte, fondern weil das
Durch Die gemeine Ruhe und Ordnung aeftöhret
würde, als mit deren Verlegung Feine Toleranz
beftehen Fan, Man müfte ihnen ferner vor
ftellen, daß ihr Eiffer zu hefftig, ihr Urtheilen vom
Predigamt zu Tieblos, ihre Abfonderung unerbaus
lich, und ihre Aufführung unordentlich wäre 5
daß fie von denen Beiftlichen, Die ohnedem eine
ſchwere Amtsbürde zu tragen hätten, mit allem
Slimpf und nad) der Liebe urtheilen, ihre
Schmwachheiten nicht immer aufdecfen, noch
pielmeniger einer ganzen Gemeinde Dasienine
beymeſſen folten, mas Die lieder noch br —
XI. Bedenken vom @eparatismo. 175
—E und gebrechliches an ſich haͤtten; daß
‚fie allenthalben die Wölfe wohl unterſcheiden
müften von den Schaaffen; Daß fie mit den
Schwachen Gedulthaben, und auch gufe Abfich-
ten und Meynungen folten gelten laſſen; im
ebrigen aber GOtt um Vermehrung feiner Ga⸗
ken beftandia anflehen, und fofort. |
- Um auch diefen auten Leuten noch _ VIIL
mehr Anlaß zur Vereinigung mit der Bas man
Gemeinde zu geben, müfte man, aus heraus
chriſtlicher Gondefeendeng, ihnen eine chrifticher
völlige Gewiſſensfreyheit geſtatten; Eonnivens
alſo, daß fie, nach ihrem ſelbſt eigenen vor fie
Gutduͤnken, ihre Derfammfungen, thun ſolte.
wann, wo, und wie ſie wolten, hal⸗
ten, und ſich dazu ihre beſondere Lehrer, Ael⸗
teſien, Vorleſer und dergleichen, wählen moͤch⸗
ten; nur mit dem einzigen Vorbehalt, daß fie
fi) dabey als ehrliche Bürger und Einwohner
betragen, und mochentlich einmal den ordentlis
then Prediger ihres Kirchfpiels, oder einen ans
dern, wann fie zu Diefem gar Fein Vertrauen
ten, bey fich, in ihrer Sufammenfunft, eine
Predigt oder Rede thun laſſen folten. Doch muͤſte
diefer Prediger. nichts anders ihnen vortragen,
als was zu ihren Abfichten in Der Gottſeligkeit
lich, Damit fie alfo auf dieſe Weiſe noch im⸗
Mer, certo-ınodo, in der Gemeinfchafft der
Kirche erhalten werden möchten. Zu dem En⸗
de möchte man auch noch ferner darauf fehen,
daß Aherhaupt Der geiflliche Stand mit tüchtie
| Ä gen
.
176 XI. Bedenken vom Separatismo.
gen Subjectis beſſer verſehen wuͤrde; damit
auch von dieſer Seiten, denen Separatiſten, alle
Steine des nieffes aus.dem Wege geräumel
wuͤrden; alfo folte man durchgehends barauf
bedacht fenn, die Kanzeln mehr mit frommen,
als gelehrten, mehr mit heiligen, ale beredſamen,
mehr mit fanftmuthigen, als eiffrigen Lehrern zu
befeßen ; wiewohl Diefe Eigenfchafften, nachdem
fie ſich beyſammen finden, auch einen defto voll
kommenern Prediger ausmachen... Unterdeſſen
fo hat man bey Diefem Amt Doch immer ungleich
mehr auf die Gaben des Geiftes, als auf Die
Gaben der Schule zu Tehen ; Damit die Lehren
und Predigten, nicht allein aus dem Wort, fon
dern auch .in der Krafft, beflchen möchten.
Diefes alles würde fonder Zweiffel die From⸗
‚men gar bald zuſammen in eine Heerde bringen:
Neil fie auf ſolche Weiſe die rechte Stimme
ihres Erzhirten JEſu Chrifti hören würden; das
von er felbften ſpricht: Meine Schaaffe
*
Joh. 10.9. 3.
nd Was die Privatverfammlungen Des
Pas von rer Separatiften in ihren Haͤuſſern
Ihren pri. anfängt, fo ift Davon ſchon vietes hin
-fammlun, und voieder gefchrieben worden, RUF
gen zu wollen die ae nur kuͤrzlich, wegen
halten. des Zufammenhangs oe hier_ ber
. haandelten Materie, berühren, Die
jenigen, die folche verwerfen, grimden ihre Urſa⸗
ren meine Stimme und folgen mir nach,
hen sornemlich auf dieſe vier Baupfüß |
1. Ga
* or
XI. Bedenken vom Gehnratlomd. 177
t Sagen fie, würde Babuerh: bie. allgemeine
Ruhe und Ordnung geftöhreli. a: Wuͤrden
: dadurch Die Leute nur immer noch mehr und mehr
- won Öffentlichen Gottesdienft abgesogen, und
das Predigamt verdächtig gemacht: 3. Geben
ſolcche zu allerhand Schwärmereyen und XBinfels
- Khlichen Anlaß. 4. Verurſachten alſo viel Auf⸗
ſehen und Aergerniß im gemeinen XBefen.
‚Alleine wir Eönmen 1, nicht abfehen, Antwort
- wie dadurch die allgemeine Ruhe und Fr ;
Dednung geflöhtet würde, want zehen dunwur
bis zwanzig Menfehen, aus Trieb ur — .
Andacht und ſich einander in GOttes Wort
bauen, in einem Hauſe zuſammen kommen, ei
nige Lieber fingen,‘ Spruͤche aus der Bibel er⸗
Nhoͤten, oben fönftchriftliche Geſpraͤche fuͤhren;
es muͤſte dann zuvor erwieſen ſeyn, daß derglei⸗
ben. Zuſammenkuͤnfte dem Staat gefährlicher
en,.als andre Zuſammenkuͤnfte, wo man Die.
eit dem Spiel dem Trunk oder andern Unnuͤtzen
— — 2. — —
adurch nicht ſowohl vom: öffentlichen Gottes⸗
bienſt abgezogen, als Durch die lebloſe Predigten,
die man meht als zu viel in denen Kirchen höret$
wie dann auch die meiften Zuhörer nur feheinen
da sufammen zu Eommen, um der Gewohnheit
an Senugen zu thun, oder ein geputztes Anges
ſicht zu zeigen 2c. So wenig aber die Schuld
bon einer Firchlichen Verſammlung, an und
vor ſich felbft Fan. beygemeffen werden : ſo we⸗
ma iſt es auch denen Privatnerfanmlungen zu⸗
UL, Theil, M sufchreis
J
78 XI. Bedenken vom Separatismo.
eiben; wenn daruͤber eini e Leute ſich den |
stihen Orte Dienft ; denn dieſe
de Sachen haben unter fich feine Berbinn
ng, 'als ob derjenige, der das eine thut, Das
ande laſſen muͤſte. Es kann einer Den ganzen
"Sonntag in die Kirche gehen, und Doch hernad)
in. feinem, oder in feines Nachbarn
Betſtunde mithalten. Es ift zwar 3. —
— ‚daß sumveilen dergleichen Privatver
| Kmmiungen, wenn fich Darunter übel berüchtete
ober wirklich laſterhaffte Perſonen befinden, : pr
allerhand Verdacht und böfen Nachreden
ben koͤnnen; Ällein, die heiligſte Werſamm⸗
genin Denen Sotteshäuffern, zumal bey Denen
| — —B—— *
eichen, von ſolchen hei mi
sein 3 Wer die Belt und ihre Werlke kennet
der — auch hier, wie es oͤffters zuzugehen rn
. get. Es kann Demnach das Gute allenthalben
gemißhanbet und auf Nebenwege geleitet wer⸗
den. Boy dergleichen Vorfaͤllen aber ift es ein
kei ge en 1 acer Fi jeben umDeDenD
usbrü mit Ernflsvorsubeugen,
Ausfchroeifs
alſo 4. wegen allen zu beſorgenden
fingen, fie mögen unter dem Schein der‘ She
dacht, oder an ok gkeit begare
n werden, die nöthige ten zu Derfüoen
Sonften ab aber bleibt es wohl dabey, Daß Feine
Leute dem Aufnehmen einer & Republic zutraͤgli⸗
cher wären, als diejenige, denen es ein re
Ernft ift, fromm und ehrlich zu ſeyn, und die das⸗
raige ſuchen werl ſtellig zu machen, wa⸗
XL Bedenken vom Separatismo. 179
nur glauben, daß es gut ſey. Hier waͤre zu
wuͤnſchen, daß alle Haͤuſſer imd Einwohner eines
Orts möchten zu Tempeln des heiligen Geiſtes,
und zu einem immerbrennenden Rauchaltar wer⸗
‚den, worauf: man dem HErrn opfert.
Man ſiehet hieraus, daß Die Sp» X.
tatiften Der wahren Kirche mit nichten Beſonde⸗
— find, ſondern vielmehr ihre fer ar :
einigkeit £refflich befördern helfen: gm ©
Unfere Geiſtlichen wuͤrden immer noch Kirdenon
in eine tieffere Schlaffſucht verfallen, denen Ses
und das Werk des Herrn mit Kißi- paratiſten
gern Händen treiben, wo nicht zumeis hat.
len noch einige unruhige, oder-vor Die
twahre Frömmigkeit eiffrende Menfehen ein we⸗
nig Lernen machten, und fie ihres Amts erinner;
ten. In dieſem Sinn geben auch felbft die Ca—
tholicken zu, daß ſie Doctor Luthern vieles in
Verbeſſerung des Kirchenweſens zu danken
hätten ; weil dieſer Die viele Gebrechen und Gott;
loſigkeiten, die in dem aeiftlichen Stande, und
befonders in denen Klöftern überhand genommen
haften, tapfer ins Licht gebracht, und mit allem
Eiffer ſich dem Fortgang derfelben miderfeßt hatte,
eher kommt auch, mas der Apoftel Paͤulus
gt: Es 5 Rotten unter euch ſeyn,
auf daß die, fo rechtſchaffen find, offenbar
werden. 1. Cor. 2. v. 19.
Ich ſchlieſſe mit dem Exempel zweyer XI.
hr beruͤhmten Maͤnner, davon der Erempel
— M 2 | eine,
x
S
150 XI. Bedenken nom Feparatiomo
Wwever be eine, feiner befondern Meynungen
ruͤhmten ohngeachtet, beyder Kirchen geblieben;
Maͤnner. der andere aber ſich Davon abgewen⸗
| det hat. Ich bewundere noch immer
SUR; die Demuth) des gtoffen Exzbifchefie
Desseren von Cambran, St. Galignac de U
von Zen Mothe Genelon. Dieſer, als ex fahe,
er ei daß feine nicht ganz übel gegründete
biſchoffs zu Lehre von der reinen Liebe ttes,
Cainbray. vielſe Bewegungen in der Kirche vers
uurſachte, und endlich Den ganzen Dar
tican zu Rom verleitete, eine und andere daraus
folgende Lehrfüe, als verdächtig, ungegruͤndet
und irrig zu verwerfen; fo hatte derſelhe feinen
Anftand,feine darüber herausgekommene Schrif⸗
ten, weil er Darinmen von Denen Ausdruͤcken und
Redensarten ber Kirchen abgemichen waͤre, zu
wiederruffen. Diefes mag wohl eine Selbſt
verleugnung heiffen, da man, um die Eintracht
in der Kirche zu erhalten, lieber den gröften Goͤ⸗
ken, ich meyne die GSelbftliebe und den: Eigen
duͤnkel, vom Throne ſtuͤrzet; Ich bin auch der
Mennung, daß eine folche Demuth, da man alle
eigene Weißheit aufgiebt, GOtt ein. angeneh⸗
wmeres Opfer fenn mag, als wenn man folche,
auf alle Art und Weiſe, im Anfehen zu erhalten,
und eigne Meynungen andern, als unfehlbare
Glaubensarlickeln aufgudringen bemuͤhet iſt. Ja,
es hat der Herr von Fenelon durch feine ſo leh
fame, befcheidene und fänftmüthige Aufführung
feinen Anhang nicht vermindert 5 vielmehr hat
derſelbe dadurch das Geheimniß Bean a |
Hi
\
——
— — — —
XI. Bedenken vom Separatismo. 181
Schrifften in der.garken Chriftenmelt bei allen
lich zu machen...
Im Gegentheil, fo ift der befannte, Character
Keligionen und Secten angenehm und erbaus
- Dippelius,fonft Chriſtianus Demoeris des Be-
tus, von einer gang andern Gemuͤth⸗⸗ chrikiani.
befchaffenheit geweſen; Cr war ge Cuunnt
lehrt, munter und beredfam : feine Satyre riß |
den Scheinheiligen die Larve vom Geficht und
entdeckte Die Mißbräuche ver Kirche bis zur Ue⸗
berzeugung; fein Herz aber war noch zu voll
von feiner eigenen Weißheit, er gefiel fich darin;
nen felbft woͤhl; der Ruhm einer bloffen Froͤm⸗
migfeit hatte nichts vor ein Semüth, Das nach
auſſerordentlichen Dingen trachtete; Er molte
der — einer neuen Secte heiſſen; dieſer
Gedanken ſchmeichelte ſeinem Hochmuth weit
mehr; Er mar zwar von Geburt ein Proteſtant;
allein er fand auch in der proteſtirenden Kirche
noch viele Dinge, dawider er proteſtirte; Er hat⸗
te hierinnen eine leichte Sache: Fehler ſind
bald zu entdecken, aber ſchwer zu heben; Den
Ehriften Wandel war nicht nach Der Lehre Chris
fi; man Drung eiffrin auf den Glauben, und in
denen Werken bliebe man todt. Dippel hatte
hier viel zu erinnern; er hätte es thun koͤnnen,
ohne ſich abzufondern und eine neue Secte zu
formiren, fo waͤre es erbaulich geweſen. Er haͤt—
te aber Damit in der Welt Fein folches Auffehen
gemacht; er waͤre mit den Lutheranern ein Luz
Pheraner geblieben; diß * ihm nicht genug;
3 es
182 XI, Bedenken vom Separatismo.
folte auch) ‘Dippelianer geben. Die blo
Satan des Derdienftes Chrifti, welches die
Orthodoxen Iehrten, und denen Suͤndern ein
fanftes Küffen war, gab er vor eine leere Santafie
an; er Drung auf Die — und Aehnlich⸗
keit Chriſti, wuſte aber noch nicht, wie er ſich
verleugnen ſolte. Seine ganze Schreibart
zeuget ſolches; fie hat nichts von der Sanſt⸗
muth und Demuth einesChriften ; fie ft fo beiß
fend, fo hefftig, fo ſchmaͤhſuͤchtig, daß es fcheinet,
‚ er habe mehr die Geiſtlichen laͤcherljich, als Das
Gute annehmlich machen wollen. Seine na
tuͤrliche Lebhafftigfeit hatte zwar daran mehr An⸗
‚ theil, als ein boͤſes Herz; allein, die waͤhre
. Nachfolge Chrifti hätte dieſes noch milde Feuer
bald zu dämpfen gewuſt, wo er darinnen, wie et
angefangen, fortgefahren wäre. Er ftarb end»
fich, und hinterließ in Schweden und. Danne
marf, auch hin und wieder in Teuffchland einen
ftarfen Anhang.
XxII. Es iſt demnach in der Religion
Zum Be⸗ nichts beſſers, als Einfalt und Aufrich⸗
uß. tigkeit; jene macht uns glauben, was
F
land lieben von ganzem Herzen und aus allen
Krafften; Wir verlieren dabey allen Eigenfinn,
wir werden beugfam und laffen ung meifen tie
die Kinder z Wir vermeiden Dadurd) alle gefaͤhr⸗
liche Abwege; die Siebe macht ung alleg vertras
gen, alles glauben, alles hoffen, ‚alles Balben
—— i
goͤttlich iſt, wann wir ſolches gleich
nicht verſtehen; und dieſes lehret uns den Hei⸗
—
XI. BedenfenvomSeparatismo, 183.
Wir urtheilen nicht, wir richten nicht; ein jeber,
fiehet und fällt feinem Herrn. Hat ung GOtt
in dieſer oder in jener Kirche laſſen gebohren wer⸗
den, ſo moͤgen wir leicht darinnen ſo viel Gutes
hoͤren, als uns zu wiſſen noͤthig iſt; den Man⸗
gel wird der heilige Geiſt, wenn wir einfaͤltig
und aufrichtig ſind, durch ſeine innere Gnaden⸗
wirkung bald erſetzen. Wir bekennen uns zu
einer aͤuſſerlichen Kirche, weil es die Ordnung ſo
mit ſich bringet; der rechte wahre Gottesdienſt
aber iſt und bleibet inwendig in ung, Luc. 17.
v.20. Da lehret, da prediget Chriftus felbft
ſeinen Glaubigen. Da diſputirt man nicht mehr
über bloſſe Neynungen; Chriſtus ſelbſt iſt
unſer Weg, unſre Wahrheit, unſer Leben,
%oh.14. v 6. Auf das Anıfferliche kommt es
bier nicht an, man Darf daruͤber Fein Separati⸗
fie werden. Die Ceremonien, Gebräuche und
Umftände in einer Kirchen richten fich nach Dem
mmen : 100 es einmal fo eingeführet und
—— da muß man ohne Noth nichts
neues anfangen. Offenbahre Irrthuͤmer und
Mißbraͤuche mann fie nicht gar zu grob find,
muß man nnit-Sebult ertragen, bis es GOTT
gefällt, auch arfdere Darüber mit ung einflims
g su machen, um folche abzuſchaffen, oder
u veraͤndern.
In der Lehre, ſofern fie nicht den Grund det
Seligkeit beit bat es auch fü viel nicht zu far
gen, wenn gleich nicht alle Slieder in allen ihren
LI M4 Mey
E
184 XI. Bedenken vom Separatismo.
Meynungen mit einander uͤbereinſtimmen, der⸗
gleichen Uebereinſtimmung iſt unter den Glaubi⸗
en nie geweſen, und dürfte auch in der Verfaſ—
in diefer gegenwärtigen Welt wohl nimmer
ſtatt finden. . Wir haben alle die Erfenntnik
nur nach einer gewiſſen Maaß; allein im
Grund muͤſſen wir ſuchen mit einander recht eis
nig zu ſeyn. Diefer ift Chriflus, der Eckſtein,
und Die Liebe, Durch welche alle Slaubige
zuſammen m vereiniget
nd.
» «€
I _
XII. Der
. j XII: j |
Der vernuͤnftige
—————
der leichten gehrart
des
Heilandes,
Unterſucht bey Gelegenheit eini⸗
ger an Ihro Hochgraͤfl. Excellenz, den
Herrn Grafen von Zinzendorf, gerichteten und
von denenſelben beantworteten
| Stagen.
| A Thefal. 5. v. ar,
Prüfe aber alies, und das Gute behaktet
Ä ar —
{*) Diefes Wert iſt zu derſchiedenen malen und an
berſchiedenen Orten aufgelegt worben.
uses
fen von Sinzendorf, bey Anweſen⸗
beit in Frankfurt Menfe Decembr.
No. 81. des zten "jahres vom sten ®ctobr.
1737. der dortigen gelehrten Zeitu aa
‚innen derfelbe um eines und anders be |
worden, fo wichtig vorgefommen, ee er |
bat. das kluge und befcheidene Verfahren
des Seren Autoris fo eremplarifch befuns
den, daß er, um andere zur Tlachfolge 3%
en weil er nichts mehr wünfchet, als fß
efraget zu werden, die Antwort darauf ab
* auf das deutlichſte und einfälcigibt
von fich geftellet, wie folgget :
Er wird gefrage:
1. Ob die Herrenhuter nicht beſſer hãten
wenn ſie keine beſondere Bruͤderſchafft und Ge⸗
meinde unter ſich aufrichteten, und ſich in der
Einfalt zu der evangeliſchen Kirche hielten, weil
fie doch [ ihren Sehren fich befennen?
ar — ‚Die Lehre der eva eiſchen Kirch
apoftolifch und nach duther Sinn ; die Kir
verfaffüng m Be mi und wider Sutheri Sim; ;
dern thäten die mä riſchen Bruͤder uͤbel, won
ift Ihro Ereellenz dem Herrn Gra⸗
ZI. Der vernünftige Gottesdienſt. 187
fie Ihre Dreuhundertjährige Zucht und Ordnung
fahren lieſſen, um fich ſchlechterdings in eine Eins
richtung zu begeben, Die fie nicht völlig approbis
ren koͤnnen. Sie thäten Dreymal übel Daran. .
3) Weil fie die apoſtoliſche Einrichtung, die _
fich Durch ein Wunder GOttes 700. Jahr
conferviret, auf einmal damit begruͤben.
db) Weil fie weiter giengen, als es Die Glau⸗
bensbücher begehren, welche sur Einigkeit
in der Kirche Die Einigkeit der Formen nieht
erfordern. .
c) Weil fie etwas annehmen, und dadurch
von neuem befeftigten, was alle rechtfchafs
fene Theologi der evangelifchen Kirche ges
ändert wünfchen. |
Ich glaube die mährifchen Brüder thun ges
mıg, Daß fie ſich an Drten, wo fie Feine eingerichs
tete Gemeinen formiren, in allen Adiophoris Der
Rircyenordnung des Landes gemäß bejeigen wo
e wohnen. Die aelehrte und in die Kirchen:
hifiotie einſchlagende Materien von ihrer bi⸗
fflichen Succeßion, und von dem Nexu
welchen fie theils mit Der Unitare frarrım, theilß
mit der hohen Kirche in Engelland,haben, wollen
wir unberühret laflen. | u
2, Ob die beſondere Verſammlungen in de⸗
nen Haͤuſſern, bie. eine Art eines en
188 XI. Der vernuͤnftige Gottesdienſt.
Gottesdienſts vorſtellen, und zu viel verkehrten
Urtheilen Anlaß geben, nicht fuͤglicher eingeftellt,
und die Erbauung gut-gefinnter Seelen in gi
nem gemöhnlichen Umgang, durch gute Ermah⸗
nungen, vertrauliche Gefprache und dergleichen,
möchte befördert werden, Damit es nicht Das
Anfehen hätte, als wolte man mas befonderes
ſuch en ? , 200er -
Relſp. Der Zweck öffentlicher Reden ift:
basjenige dicken auf einmalzu fagen, womit man
-etliche Wochen zubringen müfle, wenn man «8
einzeln thun wolte. Die sffentliche Lehrer, Die
den Sinn Pauli haben, öffnen ihren Dazu ge
ſchickten Glaubensgenoſſen ihre Kanzeln; und
wo ſolches nicht fuͤglich geſchehen kann, machen
fie darzu andere Gelegenheit. So bald eine ho⸗
he Obrigkeit dergleichen erlaubet, iſt es ein oͤf⸗
fentliches Werk, welches jederman ſehen und
hoͤren kann; und man kann alsdann zu denenje⸗
nigen, Die darüber ungleich urtheilen, mit Recht
fagen: Richter nicht; Luger nicht wider
einander; Wer feinen Bruder affterredet;
der affterrebet der Religion, u. ſ. w. dieſer
Leute ihr Forum iſt alsdenn incompetent. Laͤſſet
es eine Obrigkeit mit gewiſſen Einſchraͤnkungen ge⸗
ſchehen, fo pfleat man ſich gen darein zu fchirfen;
verbietet fie es aber gar, fo läflet man es ordent⸗
ficher Weiſe, und auffer dem Fall eines hoͤhern
Ruffs, der ſich fodann auch legitimiren muß,
ey der in Der Frage vorgeſchlagenen Weiſe weil
fig bewenden. Zu 0
u u
*
— — — — —
XI. Der pernünftige Gotteedienſt. 189
3. Ob ihre Lieder, teilen verfihiedene darun⸗
ter anftößig, ſeltſam und dunkel ſcheinen, in als
gemeinen Berſammlungen, wo, allerhand Leuta
mit zugegen find, befier nicht gefungen wourden,
| Refp, Anſtoͤßige dieder ſollen gar nicht ge⸗
dultet werden; Anftößig ſcheinende muß man
paßiren laſſen, wann der Anſtoß denenjenigen
conform ift, die in der Bibel vorkommen, weil
dergleichen Anſtoͤſſe nicht in den Worten, noch
in der Sache, fondern in dem Lefer liegen,
Duntele gehören in feine Derfammlung, wo fie
nicht verftanden werden. Die Seltſamkeit
muß.auch unterfücht werden; day: weil Die
ganze Lehre JEſu was ſeltſames ift, und: non den
weniaften gefaflet wird, die ſie vorgehen * lau⸗
hen, ſo kann es un Liedern wohl au 17
ben, - Sonft befletbiget fich Das maͤhriſche Volk
einer ausnehmenden Deutlichfeit, kurzer, ganzer
— Ausdrücke, und weiß von keiner My⸗
in Worten, muß ſich aber gefallen laſſen⸗
wann man ihre deutlichſte Nebengarten. nicht
verfiehet, wo Die Sachen Seheimniffe find.
Ob es ihren Abfichten nicht gemaͤſſer ſeyn
olie, in Adiaphorie oder Mitteldingen ſich auf
netley Weiſe auszuzeichnen? In Betrach⸗
fung,: daß weder Chriſtus noch feine Apoſtel et⸗
vas ytban und gelehret, Daraus: man einen
Singularismum in decoro , Kleidern, Manies
ven, und beraleichen äufferlichen Dingen abneh⸗
Men hnnte en hoſſet wohl: Stellet su nick
| 4 | N
\
—
190 XII. Dex vernünftige Gotresdienſt.
ic der Welt; Wir halten aber davor, die
x
Belt heiffe hier_fo viel, als Die Gottloſen, und
nicht der im Der Welt übliche RBohlftand.
Refp. Wir halten Davor, Daß es ein grofier
Vortheil fen, wann ein jegliäher in feinem Stans
de bleibet. Wann die mährifehe Bauern und
Bäuerinnen ihre imübrigen ganz ehrbare Tracht
allemal nach Der Mode des Orts ändern folten,
100 fie waͤren, fo würde es ihnen zu koſtbar fal⸗
fen ; fo gehets auch mit den bürgerlichen und.
andern Standesperfonen, die zu Diefer Gemeine
gehören, fie Heiden fich fehlecht und recht, wie es
ungefehe ihren Stande nach, mit den wenigſten
Unkoſten goſchehen kann. Bloſſe Eitelfeiten zu
imitiren, At den Gliedern einer Kirche GOttes
unanſtaͤndig. Weil man nun auch Kleider von
allerhand Farben, Spitzen, Peruquen, Poudre,
- Soreen und dergleichen unter ihnen gewahr
wird, fo find fie einer andern Eritic exponirel,
als 06 fie fo.meltförmig und: der Verleugnung
aller Dinge noch nicht fo nahe waͤren, als man
von ihnen gedacht hätte. : Daher müflen ſie ſech
freylich beruhigen, wenn fie es in allen derglei⸗
den Dingen nad) ihrem beiten Wiſſen und Ser
wiſſen einrichten. - u .
5. Ob ſie in ihrer Sittenlehre Sffters nicht auch
zu weit gehen, wenn ſie dem Menſchen den Gen
eines zeitlichen Vergnuͤgens gar leicht pflegen zur
Sünde zu machen; da doch GOTT dieſe ganze
ZWelt und alles, was Darinnen if}, sum et
. . u
XII. Der vernünftige Gottesdienſt. 191
nd Genuß des Menſchen erſchaffen; doch fü,
daß er allezeit Die Srüchte Des verbotenen Baums,
welche noch. immer die Straffe und den Tod
nach fich ziehen, [ergfäinioft gu meiden hat.
Wie viele Schäße und Reichthuͤmer hat uns
. nicht die Güte und Freundlichkeit GOttes zu un
ferer Sreude und feiner Berherrlichung ausgefes
ket, ben Deren Genuß wir weiter nichte, als Die
u vorgeſchtiebene Ordnung zu beobachten
en? Zu | |
Refp. Die Herrenhuter machen. einen Unters
iD unter dem: elle &,bene efle: unter
dem, mas Das nöthigfte; und dem, was dag
. 7m.
rag e ifl. Zur Nothwendigkeit rechnen‘
te ein Stuͤck: Die Vergebung aller feiner
Sünden: in dem Blute "EU. Wer fidy .
diefelbe nicht fo gereiß zurechnen Fann, als er
weiß, daß. er Die Augen im Kopfe hat, Der iſt uns
felig, und kann nicht Herr über die Suͤnde wer⸗
den, fondern macht bey millionen Vorſaͤtzen
banqueroutte. Wer Vergebung der Stunden
hat, und im Frieden des Heilandes dahin gehet,
ber hat nicht mehr nöthig zu ſuͤndigen; und weil
er nicht will, wie Der blinde Menſch, und nicht
muß, wie der vernünftige Menſch, fondern als
ein Kind GOttes non der Herrſchafft ver Suͤn⸗
den befreyer ift, fo läffer eries wohl bleiben, daß
er ſindiget. Wer alfo nicht ehrgeißig ifl, wen
die Lüfte ein Eckel find, wem die Geldbegierde
ticht player, und Fein Liebhaber vom faullenzen
iſt der berosifer mit der Herrſchafft uͤber alle Die
N Dinge,
193 XI Dee vernünftige Gottesdienſt
_ Dinge, daß er ein begnadigter Schuber, ein
f
Kind GOttes, und felig ift; er fey ein Kind)
ungling oder Mann. Das ift die geringſt⸗
dee, Die man von einem Ehriften haben Fan,
der noch vor 2. Stunden unbefehrt, und etwan
por einer Minute mit der Vergebung der Suͤn⸗
den- begnadiget worden. And das ift das
TTotbwendige, won GOTT alle Menfchen
zufft, weil er will, da ihnen allen geholfen wer⸗
de. Nun kommt die Wahl der Enaden,
von welchen der Heiland fagt : Ihr habt mich
nicht erwaͤhlet, ſondern ic) habe euch erwaͤhlet;
Rach der es ven Mofe heiſſet: Er erwaͤhlete viel
lieber Ungemach mit dem Wolfe GOttes zu lei⸗
den, als die Schaͤtze Egyptens zu haben. Das
iſt die Juͤngerſchafft; das iſt dieſelbe Aehnlich⸗
keit JCſu Chriſti: wenn einer, da er wohl koͤn⸗⸗
te Freude haben, das Leid erduldet, und der
Schande nicht achtet, Es iſt eine Art Mens
fchen, welche ihre Gluͤckſeligkeit ohngefehr in 4
Stücken ſetzen. Zu
1) Gering, verachtet, gefehmuihet, oder überfe
‚ ben und sergefien zu werden in Diefor Welt.
4) Ale, Sinnen, bie fie nicht brauchen zum
Dienſt ihres HEren, u serfäunngn und ni:
vernachlaͤßigen, und wenn ja eine Empfins.
bung ſeyn foll,, ven Schmerzen lieb haben⸗
weil er eine Aehnlichkeit machet mit ihren:
HErrn, einem Mann voller Schmerzen
3) Enꝛ⸗
!
. N
B. Dernunönfeige Gotteadient 19
en war. M
V Tagloͤhner⸗ mäßig zu arbeiten,. nid um.
Verdienſts, ſondern um des Beruffs, und
um der des HErrn willen und ih⸗
res Naͤchſten. Das find die geuter wie
— — in — fee brau⸗
gen: Das See we
ve die Roftn: Das Fr
e Die Koſten: 1 eine
ore andere Stuͤck, fobald man die De
in Weberlegung nimmt. Sch muß aber
geftehen, Bafı wann man Ban 2 Mathe geht,
ef
Hehe. ae ich habe n —— — |
e die ſich davor wuͤrden ge⸗
ja Dom —* —— der Di
aebr e
Steiter Sinn iſt eine Statur; wan ya
.- he man denkt ; und man hat
vergeſſen, (oda man gehen h
un. Tpeit. IR —*
94 ZIL Der vernuͤnftige Gortesdienft.
6. Ob die Lehre, Daß ein Juͤnger Chriſti zu
Stillung der Luͤſte nicht heyrathen ſoli, ſo zu
verſtehen ſey, DaB dieſes nicht finis primarius
matrimonii ſeyn muͤſte; oder ob Dadurch bie
Luſt ſelbſt zu verftchen, von welcher Paulus fagt:
Es iſt befier heprathen, als Brunſt leiden.
Wie wir im erſten Sinn der Meynung voͤllig
beypflichten, daß unſer Hauptzweck in allem die
Ehre und Verherrlichung GOttes, und nicht
die Beftiedigung ımferer Begierden ſeyn foll; fo
koͤnnten wir Im andern Sinn, ſofern dadurch
Die Luft ſelbſt verboten wuͤrde, dieſen Lehrſatz nicht
verſtehen; geſtalten die ackus matrimoniales
ohne Luſt nicht vollfuͤhret werden koͤnnen; es
bleibet und hafftet in unſern Sinnen diejenige
Auſtgebaͤhrende Empfindung, welche ber Einfluß
aͤuſſerlicher Dinge in unfer Weſen ordentlicher
Weiſe zu haben pfleget, und die wir deswegen
als etwas Gutes und unſerer Natur gemaͤſſe⸗
Appetiren. *
| Ref. Die maͤhnſchen Brüder bekennen aufs
tichtig, daß fie in dem Artickel des Cheflandes
"Diefe Gedancken nicht haben, und daß fie eg vor
ein gegebenes Aergernmiß anſehen, wann man ih⸗
‚zen jungen Eheleuten Die Ideen mit dergleichen
ae beflecken wolte; fie wiffen weder von
Zuſt, noch Stillung der Luft in ihtem Eheftande;
fondern:fie ſehen den Eheſtand und deſſen Hand⸗
Wagen nor. eine aͤuſſerliche Vorftellung des
Darunter verborgenen Geheimniſſes Chriſti
‚und der Gemeine an. Der Gehorſam unter
4
xır, Dervernänftige Gottesdienſt. ry5
die Ordnung GOttes deucht ihnen ein Qrieb zu,
ſeyn, ber fich vor et * vor Chriſten
und vor Juͤnger; die fleiſchliche Luft ſchickt ſich⸗
ihrer Meynung nach, villeicht zu einem Trieb vor
die Thiere, die aber auch darinnen eine groͤſſere
Beſcheidenheit zeigen, als die verderbte Menſchen.
Rirch Die von GOtt verordnete Amdendung,
oder Zertheilung brennender, fulphutifeher Düns
ſte, Feuchtigkeit und Stockung der Säffte kann
ein Schmerz vertrieben werden: Es wird aber
dadurch Die Luſt nicht nothwendiger rege, als
‚bey Zerkheilung Der Köpfe ober Zahnfchmerzen,
Colic, oder dergleichen Leiden Die Dereinis
dung einer Mutket mit ihrem Kinde, beym Tra⸗
en and Stillen, und die Bereinigung eines
Mannes mit feinem Weibe bringen Feine andes
de Einpfindungen mit fich, als hundert und ars
dere Der unſchuldigſten motuum vitalium.
8 aber der Teuffel darein gezaubert, gehoͤret
su den uͤbrigen Blendwerken, damit er Die Mens
ſchen herum fuͤhret, bis ihnen das Erkenntniß
det Gnaden und der Verſoͤhnung und Vereini⸗
ngskrafft des Blutes JEſu die Augen öffnet,
Wir find Dabey fü willig, Daß, ob wir gleich
dureh) die Erfahrung der Sache fo gewiß find,
Als das . mal ı. Eins ift: wir doch folche nies
Mand auforingen ; weil wir wiſſen, DAB Die des
meine Meynung/ Gewohnheit und daraus ents
chende Erfahrung ung meht beyſtimmet. Wir
fen aber GOd vor das, was er feiner
emeinde geſchenfet hat, und bewahren sein der
—— =;
men N 2 2
96 XIL Der vernünftige Gotteodienſt.
, 7. Ob die Nothwendigkeit der Wiederg
burt zugleich auch involvire Daß man den Dr
dum müfte wiſſen und determiniren Binnen?
und ob richt der Proceflus Converfionis {»
wohl nach und nach, nachdem ein Menſch guter
rt und- eine feine Seele empfangen, mithin: de
nen XBürfungen Der Gnade bey fi Kaum li
fet ; als durch einen ganz merflichen Umſturz fe
ner ganzen Natur auf einmal vor fich zu gehen
pflege, und der neue Menfch Ipiritualiter, wie
in paruı narurali phylice, gebohren würde.
+ Refp. Mit Determination der Wiederge⸗
burt, in ſoferrn es ein göttlich Merk in ung iſt
laͤſſet ſichs nicht wohl fortkommen. Und weil
mir davor halten, daß ſich von Rechta wegen
Fein Ehrift befehren foll, fondern Die Kinder die
Gnade ihrer Kauffe durch ihr ganzes Leben
hindurch bewahren follen, da fie dann feine
neuen Zeuͤgung bedürfen ; weil Die Tauffe das |
Bad ber ABiedergeburt und Erneurung des ver |
lohrnen Bildes und Geiſtes GOttes if; fo im
theilen wit den Verluſt des neuen Lebens aug
den todten, unempfindfichen und unglaubigen
Weſen der Getaufften, ermahnen ſolche, ſo bald
Ihr Verſtand fo viel erleuchtet iſt, daß ſie die
Nothwendigkeit dieſer Sachen einſehen, u
ſehnlichem Verlangen und Bitten um die Ver⸗
gebung der Sünden und Wiedergeburth. Wie
glauben, dergleichen von der vor auffenden Gna⸗
be in ihrem Gewiſſen erregete Seelen hören dag
ort mit Begierde an, und wann ſich ihre F
| ge
xu. Der vernuͤnftige Gottesdienſt. 197
gierde, Vertrauen und Sehnen mit eine gäti
Gen Wahrheit, die ihnen im Geiſte
ans Herz kommt, vermenget, und dieſelbe mit
Dunger und Durſt auffänget, fü gebet im Her⸗
gen Der Saame, Die. Slamme, Die iebe GOttes
auf; das heift Die neue Zeugung. Cs s beruf
| det Biefelbe gemeiniglich Ba
über feinen: ‚vorigen Zuflahd, feine Untreue
* Unglauben, i in ſolchen gehet der Menfeh kurz
oder lang ſtille bahn big Die. neue. gejeugte Art
vun Durchbruch, Geburt und Dffenbahrung
Den Menfeh feibft weiß, Daß er muns
mehro ein Kind GOttes iſt. Die De
der —E8 * * geiftliche Genuß des Blu⸗
%
Keen Sinne, u — — un g&
Der
iſt. Bey lichen ß ——
Speiſe und . der ref: in Dem
chſet Das Kind his zut
| — erſte Liebe iſt zart, an⸗
haͤnglich und ——— und mag mit nichts zu
hun haben, als mit dem ‚Heiland; daher wenig
ke einem Anfänger und einem
minenen zu fehen if, und ung erſt bie
Sean um 2 * Iren des Juͤnglingsal⸗
ters eingedenk daß wir noch in der Huͤt⸗
fe find. Doch hat dieſer Streit, weil ar
der Streit: zweyer Kriegsleute, fondern eines
Herrn, nemlich Des Gläubigen mit einem paub« Ä
theilten Miffethäter, nemlich Der Suͤnde iſt, Da
man ſich in fein Fechten ei ,ſondern man
kreutziget nur, nichts aꝑ n Sieg. ueber
m
198 XI, Der verränfeige oteeccic
der Zeit und Erfahrung wirdangum Madnit
und je weniger man: mitfich felhft zu thun hat, -
"wer ung. * HErr Ruhe giebt von i den Beine,
k en mie man dur: Volllomm
en ſeiner ‚te Die Pr —5 uud
— —53 — ae tee
koͤnne
an ehuldige , :einfältige und amkplifornmiege
— Be a Du
Ausbruch De und ‚jener Affecten loh merke,
Das pflegen. wir für die arındeli Wirkung der
end und Sittenlehr zu = aa nenn |
Sei ande aber zu glauben, da ride
wegnehme, aussiebe, in Die Tieffe des LT
res werfe, oder Dach, ſo gerKoͤre und zerruͤrtt,
daß nichts ganzeo mehr daraus werden — **—
lange bie eien in der en affung *
San auc)- ve he bey den. — me
—*
—R
xii. Der vernuͤufrege Goetrodienſt. ar
en moͤchten; wovor uns aber die Binſalt in
Chriſto bewahret. |
Schließlich wuͤnſchen wit hersich, daß dieſe
3 rrenhutiſche Zeugenwolke, welche an unferm‘
Kirehenhimmel fi) yon uns abzureiflen Drohet,
m unferer Gemeinſchafft koͤnne erhaften twerben ;
Bamit man nicht fagen möchte, Daß nur. ſolche
JLeute von uns ausgiengen, welche GOTT von |
Hirsen lieben, und deswegen unſere Gottesdien⸗
fie nicht rein genug faͤnden. Wir halten Davor;
daß weder diejenige wohl thun, die fichy.tennen,
no diejenige, die ihnen dazu Inluß "aeben. |
it koͤnnen und mögen den Frieden und Die
Eihtracht in der Kirche nicht forgfältigft genug
Bewahren, und deswegen alles und jedes eitle
vWorigezank, über biofieMennungen, Die zu dem
lebendigen Glauben an Chriſtum nicht gehören, -
musfam.nerahfeheuen..
Reſp. Bas: den Schlußrowagihr betrifft, fe
nd wir von deg Herrn Verfaſſerb redlichen A
ht dabey verfichert. Und ob wir wohl glaus
ben, daß unfere böhmifehe Brüder von ven. ers
leuchteten Glieder der übrigen zwey proteftans
tiſchen Religionsverfaffungen nicht werden für
Separatiften angefehen werden; ——— ſich
dasjenige nicht ſepariret, was hundert Jahr zus
vor eine Kirche ift, ehe Die andern entſtehen, wel⸗
8 auch Die Evangelifehreformirten ſowohl be
griffen, daß fie fich in Großpohlen und Preufien
iu der Kirche der mährifchen "Bruder, als ihrer
| 4 Mutter,
nicht —— daß, Bee: — nicht * — —
hen, und fh als —— roſſen Ge⸗
* nicht gefhämet hat Dep der auf
— verderbten Indevſchafft in Die Kache
zu gehen; wir ung daraus ſo viel nicht wachen,
Be Kreta
nur m ahſet, 171
kann niſammen flimmen. Und ich bin gereiß,
daß, fobald die Herren Theologi unter einander
eins werden, wie weit man Dem Heilande nad):
aufolgen, und. von ihm zu zeugen Erlanbniß ha⸗
be, es die geringſte u nicht koſten werde
unſer Volk unter den m der |
fihen Verfaffung. zu halten, wie es unfer dem
| Glaubens fichet.
Gehorſam Des enangelifchen
EEE EEE ee
Uebergehlfebene weiffelskn oten
des Verfaſſers der ſieben Fragen auf die
von Ihro Excellenz, dem Seren Grafen
von ——— ihm I.
ER Hochgraͤf. Seellent bite Der Ve
faſſer der ſieben Fragen fuͤr die Antwort,
welche Diefelbe ihm Darauf zu F belie⸗
bet, i verbunden. Es haͤtte an
ZU. Des vernuͤnftige Gottesdiemt. 201. .
| nichts ce ‚gereünfchet, als Dadurch derjenigen
Wahrheiten überjeuget zu toerden, Die er Durch
ragen zu erlangen geſucht; Allein, obs
Wohlen viele Dinge in hochermeldter Antwort
finden, welcher der Verfaſſer von Herzen
unterſchreibet, fo find im Gegentheil doch auch
andere mit eingeflofien, Die er noch zur Zeit auf
gleiche Weiſe nit wohl einfehen kann. Ä
Das Verlangen der Gruͤndlichkeit derfelben
waͤher zu unterſuchen, wird ihm alſo zu einer
Entſchuldigung dienen, wenn er allhier in Ent⸗
defun feiner Zweiffel und Mepnungen fich zu
feine Kraͤffte gewaget, und die Wich⸗
— der Sachen, mehr nach dem —58
gen Begriff, eines dem in der Theologie
Pre groß erfahrnen ? — Ei pi
ı nöthigen Selehrfamkeit und Einficht folte
behandelt haben,
m
.
gie Kirche, —
— * ee: fir *
ſoliſch und wider Lutheri S Ei
önnte dieſe Anmerkung
Miberung, — hen Bir ae nei wet ei
daß in Der sone .
vieles z man ven |
mit * die allgemeine Unvollkommenkeit
a wi ſich in allen und jeden Umſtaͤnden
" BE... Dies
- 302 KU. Der vernuͤnftige Gotreodienſt·
Bi 8 Lebens vor thut auch bier Den
— hen fich — Ve
man Desroegen etwas beforiders anfangen und
&ine neue Gemeine (Ecclefiam. in Ecclefia
auftichten, fo würde man Dadurch Das Gute v
feicht im Eleinen Hauffen befördern, und Da
Hebel im groſſen überhand . nehmen laſſen.
a der Eleine Hauffen darauf auch vers
Ellen, o wuͤrde e8 Damit eben — eſcha
it haben, wie mit Dem grofſen, und 9
Schwerigkeiten feßen, denſelben in- einer pi
Bafaffung su erhalten,
° DieMißvergnügte wuͤrden ſich hernach wieder
in Heine Hauffen sufammen-thun, und alfo Dig
Trennungen bis zum Ende der Welt vermel en
.. Darum. thaͤren die maͤhriſchen Bruͤder
übel, fähret Der Herr en fort, wenn: fie ihre
dreybundert jabri e und Drönui
fahren lieſſen, um 3— ch ſe a s in eis
ne Linrichtung zu. begeben, Dis fle nicht voͤl⸗
Hs approbiren koͤnnten.
Die alte böhmifche und mahrſche Kirche if |
ſenſt jederzeit für ein Kleinod der evangelifchen
Kirche gehalten worden : Ob aber Die eine
‚au Herrenhut folche wieder vorftellet, Daran
wollen viele weifflen: nicht allein wegen m
und andern Nenigkeitny von denen die einfälti
ge Schüler des frommen Huſſens nichte -
fen; ſondern auch wesen ein und andern
Ay
KIL Der vernimſeige Gotreedienſt. 203 .
n,geohon man ehemals in der altböhm u
en m —S hat reden hoͤ ba |
AR Nuten Demnach D
Se Yi ndere Gem ben —
Pe folgenden Schluß: Wo
| ame Sm dene Heiland bekennet, und
ee Deere —A— man will
und ſoll, da man nicht Urſache eine befondere
Gemeinde aufjurichten: In der evangelifchen
Kirche bekennet man-&hriftum als den ‚Heiland,
und hat Die Srepheit, fo fromm gu leben, ale
gan will und fol ; deswegen hat man an nicht Ur⸗
N eine neue Gemeine aufurichten.
u. L E © IL,
KR Bie vatverſammlungen aͤuß
fen. betri 8 finden wir — den 5*
n einige frominc 4 und andaͤchtige deu⸗
—** ſuchen. Andacht eines gotts⸗
tigen Baumes wi mit feinen und Han and
204 Xil. Der vernunftige Gerreodienſt.
aͤhigkeit zu haben, ben. Vortr 3.
ar is San
Man verfällt Dadurch ri eigenes Gewirke,
und man will ſchon einen Lehrer an: fobafo
einem nir etliche Sprüche: gelduffig vom Mun⸗
de flieſſen; man richtet andere nach.
eignem
Gutduͤnken; man haͤlt ſich für geſchickt, ſolche a
bekehren;; man fücht Seelen 5 ewinnen,
verbirgt oͤ ei unter Diefenn-Eiffer verfchiedene
heimliche bfichten der Kigenliebe ; der öffent
liche Gottesdienſt wird veracht, die felbft gemad»
te Heiligkeit ernaͤhrt; endlich folget Daräus; cin,
anorbentliher Separatismus, und allerhand
| ——— m RORUERIAHIDUFN.. |
sr, 2
In dem britten Artickel if die Frage von de⸗
nen in den Herrenhutiſchen Geſangbuch enthal⸗
tenen Liedern. Der Verfaſſer redet hier nicht
nach ſeinem eignen, ſondern nach anderer Leute
Urtheil. Ihm — nichts anſtoͤßig, was eine
reine Auslegung leidet; ihm ſcheinet nichts ſele⸗
ſam, was die Lehre Thriſ erklaͤret; ihm feet
net auch nithts Dunkel, wo nur: die Worte einen
gewiſſen Sinn ausdrucken, obgleich die Sadıen,
Dabon. ſie handeln, Geheimniffe ſind.
Es find ſchoͤne Lieder in dem Herrenhutiſchen
Geſangbuch; wie anſtoͤßig aber, wie
und ſeltſam einige Darunter wegen gewiſſer Aus⸗
brücke, ungemohnlie her ein allzumeit
geſuch⸗
|
‚IL Dervernuͤnftige Gotteodienſt. 205
gefüchter Metaphoren, Allegorien, Gleichniſſen
und moftifchen Bildern, find nefunben worden;
Davon zeugen die vielen Anmerkungen und Spott⸗
fchrifften, roelche Darüber an verfchiedenen Orten.
in Dber > und Viederfachfen find heraus gefoma |
men. Here Magifter Detinger, fo gelehrt und
gruͤndlich auch deſſen Vertheidigung des Her
renhuter Liederbuch abgefaſſet ſeyn mag, hat
Dennoch diefe Anftößlichkeit nicht gehoben. All⸗
hier ift nicht Die Srage, ob der Sehler in Den Lies
Dern, oder in Dem Verſtande derjenigen ift, die
Davon urtheilen. Cine Sache, die den Schwa⸗
chen anſtoͤßlich iſt, wird für eine gegebene Aer⸗
gerniß gehalten, wenn man ſie nicht aͤndert, da
man ſie doch, ohne der Wahrheit etwas zu ver⸗
geben, leicht aͤndetn koͤnnte. *
s. IV.
Der vierte Artickel handelt von ben Mittels
- Dingen und dem dufferlichen Wohlftand. Die
Frage iſt nicht von den mährifchen Bauren
und “Bäurinnen; man hat ganz, nichte gegen
ihre Trachten einzuwenden 5 fie wurden fi) augs
zeichnen, wenn fie über ihren Stand ſich kleiden
wolten: Sie betrifft überhaupt alle diejenige,
die fich zu ihnen halten, und die durch ihr Auflers _
liches Thun und Weſen fo viel andeuten mollen,
daß fie. über alle Anhänglihkeit der irdiſchen
Dinge weit binans waren; fie fuchen Feine
—5*— Guͤter zu erwerben, ſie verwahrloſen
Iche oͤffters aus Andacht, oder Durch den *
welchen
206 XI Der vernunftige Sorteodienft. - |
welchen fie haben, andere Leute zu bekehren; fit
machen auch wenig oder gar feinen Inte |
unter fich, und die Verſchiedenheit der Stände
wird immer ein menig unordentlich bey. ihnen
handthieret; yo Entaͤuſſerungen von allen er⸗
laubten Ergöslichkeiten und weltlichen Zuſam⸗
menkuͤnften; ihre Manieren, ihre Kleibungen,
ihre Seifen, ihre Derfammlungen, kurz, ihre
Auszeichnungen überhaupt, in Anſehung der
Mitteldinge und des pur weltlichen Wohiſtan⸗
bes, find ſo befchaffen, daß fie unfer Abe
ſcheinen * rechtfertigen, wenn wir fie Dißfalis
von der Peſchulbigung, als db fie zu weltförmig
wären, frey ſprechen. Dieſes Zeugniß von eis
nem unpartheyiſchen Freund wird ihnen wohl
nicht mibfallen; Man nimmt aber die Freyheit⸗
folgendes dabey zu erinnern. |
Es Fan ohne weltliche Ordnung und Eintichr
fung der Stände Feine menfehliche Sefellfehaftt, '
noch) bürgerliches Weſen beftehen. Chriftus und
u Apoftel Haben deswegen in der Aufferlichen:
Verfaſſung der Welt much nichts ai
Wer alfo darinnen etwas hefonders füche, —
ſey, daß er im einer Sache zu viel oder zu wenig
— der will damit etwas ſagen. Heimlich ſtoh
iſt noch gefährlicher, als aufrichtig hochmuͤthig
der iſt ſelten recht fromm, der ſolches in allen
Kleinigkeiten zu zeigen, allzu ſorgfaͤltig iſt. 8
ift nichts einfältiger md ungegwungener ul in
gutes Herz; es iſt scher —— noch Wi
woͤhniſch; es will gern allen Leuten es echt
machen,
=
XII. Der vrnänftige@osteobienft. 207
machen, es haft nur Das, was wuͤrklich bife iſt.
Die Helfte der Dinge in ber Welt find unnoͤ⸗
thig, und dienen allein um Wohlſtand, zum
aͤuſſerlichen Schmuck und um Aufputz. Wol⸗
ten wir ſolche abfehaffen, fo müften wir zuvor
der Helfte von Menfchen, die. davon leben, ans
dere Nahrungsmitteln an die Dand geben, fonft
würde man aus ihnen Bettler und Muͤßiggaͤn⸗
ger machen.
Die fuͤnfte Frage handelt von den zeitlichen
Buͤtern insbeſondere. Der Herr Graf haben
Darauf fich ‚nicht eigentlich zu erklären beliebet.
Sie fprechen nur von geiftlichen Gütern; Ders
Liffer hat dißfalls etwas groſſes und wuͤrdiges
Wr einen Juͤnger und Nachfolger Chriſti.
Sind. aber Deswegen. die Werke eines überall
eigen Schöpfers 5 imgleichen Die Künfte und
fehafften, Davon fo viele Leite leben muͤſ⸗
a nicht auch als etwas Gutes zu betrachten.
Sind alle Schäße und Guͤter dieſer Welt nur
ein Ab der Sottlofen ? Bleibet den Frommen
nichts aͤbrig, als Schmach und Leiden? /⸗
Der Apoſtel Paulus fagt doch gleichwohl:
Die Bortfellykeir fey zu allen Dingen nüse,
und babe die Verheiſſung diefes und Des zu
Fünftigen Lebens, 1. m 48. Und Perrus
ſpricht? Wer leben will und gute Tage ha⸗
en, der ſchweige ſoine Zunge, Daß fie Dr
208: M. Der vernanſtige ottesdrenſt. Im.
boͤſes rede, und feine d
— Angela — —
= Gutes ; Er füche Sriede und jage *
1» Petr. 3,10.11. Die Natur und Eis
2 darf der Sache hringt es auch alſo mit ſicht
De ze... beareifft unter ſich alle und jede
| end; Die Tugend aber bat die Art dee
Sfiekfeligkeit, wie Das Lafter Dieienine Der Um
ne bas Boͤſe iſt durchgehends Dem
men eine. “Belohnung: Es iſt . nur_ eine
elbſt. Die Sünde 05 Die S nach fi)
” bie ide Oh von Der Urſache; g Ds
ae
Ä und ung wiederum nach dem Ebenbilde —8
das wir durch die — verlohren hatten, er⸗
neuern: Dieſe Ern — geſchetn aber im
Menſchen nicht ehe, als bis er auch geſtaltet
wird, nach demſelbigen Bilde, nemlich: in E
Yeilig wird, wie Chriſtus heilig ift, 1.
1,16. Dann fo viel wir der Sünde n
uns haben und behalten, fo vielem Leiden u
| Elend find wir auch unterworfen ; wird aber die
:Urfache, nemlich die Suͤnde, gehob en, fo >
auch die daraus flieffende Unfeligfeit, als der Suoͤn⸗
den Straffe und Wirkung hiinwes. |
ener Chriſt iſt demnach rg
Ein rechtſchaff
fe Welt (den ein Menſth; er
ſuͤndi⸗
RU. Der vernuͤnftige Gotteodienſt. acy.
et nicht, alſo empfindet er auch nicht der
ndig
| Bebiger ihre beträbte Wirkungen; Allein, wo
an wir folche Ehriften, die gar nicht mehr
imdigen ? ich fage, nicht ſuͤndigen aus Vorfak
and zum Tode, fondern fündigen aus Schwache
heit. 1. Joh. 5,16.17. Welches ift die Suͤn⸗
de, Die uns noch immerdar anklebet und
trage m ‚und welche mir Deshalben ung
befleiffen follen; immer mehr und mehr abzulegen
md zu lauffen durch Bedult inden Rampf x.
nach Hebr. 12, 1. Esift alles noch Stuͤckwerk:
Wenn aber kommen witd das Vollkom⸗
mene, fo wırd Das Stuͤckwerk aufhoͤren,
1 Cor. ı 3, 10. |
Nachdem wir alfo durch die Gnade Chriſti
im Suten weit fommen, nachdem haben mir
auch eine gleichförmige Gluͤckſeligkeit zu hoffen,
Und zwar 1. in Anfehung, ber Gemuͤthsruhe,
twelche die alte Weltweiſen jo fehnlichft geſuchet
und nicht gefunden haben: Sie hat sum Grun⸗
de Die Liebe des hoͤchſten Guts, Das Vertrauen
auf deſſen heilige Vorſehung, und Die Hoffnung
einer ewigen Seligkeit; Ein Chriſt weiß, an
dren er glaubet, er weiß, Daß ihm Fein Zufall
ſſchaden kann; und Daß denen, die GOTT
lieben, alle Dinge zum Beften dienen müffen,
Mim 9,28, Es ift nichte verdammliches
an Denen, bie in Ehrifte "PESU find,
Rn. 8, t. Deſſen Gebote find ihm niche
ee, 1. Joh. 5, 3. Durch Die Gnade find
m ſolche zur Natur worden; er findet darinnen
1. Theil. O |
ſeine
—
*
‚210 XI. Der vernünftige Bertesdienft,
feine Ruhe und feine ügung; er denker
daran und lacht, ng * 8. Das ift
‚feine Sceude, daß er fich zu GOTT halt,
173,28. Hier iſt er freudig und getroft, es
mag auch gehen, wie esimmer will und Bann.
2. Anfehung feines Verſtandes und fei
|
nee Willens: Er. ift derjenige, der allein den '
Schöpfer recht erkennet, und der fi) dadurch
die Welt, die Denen Gottloſen zur Hoͤlle wird,
zu einem. andern Paradiefe macht; Er weiß,
wie er alle Dinge genieflen und Derfelben recht
ebrauchen fol. Die Erde iſt nur für ihn fo
hin; Sonne, Mond und Sterne haben nur
vor ihn ihren polben Blanz : ihre gedepliche.Eins
flüffe, ihre verborgene Wirkungen laſſen ihn auch
in GOttes natürliche Geheimniſſe einige "Blicke
tagen, um bie unerforfchliche Weißheit feines
Schöpfers defto inbrünftiner zu verehren; Er
feheuet fich nicht aus gleichmäßiger Andacht
felbft die Abgründe und Die Tieffen zu erforfchen,
und aud) hier feine Allmacht und Güte zu preif
fen. Denn der Geift erförfcher alle Dinge,
auch die Tieffe Der Gottheit, ı. or. 2, 10.
Er entdecket Davon allenthalben Die ſchoͤnſte und
liebreichefte Merkmahle; Alles, was feine Aus
gen und Ohren ergößet, und deſſen übrige Sim
nen-in einem füffen und angenehmen Gefühl er
‚quicket, zeiget ihm den uͤberall herrſchenden, alles
ebenen umb I zugleich Liebenden en
ichet u chmechet, wie freu wli
SERR if, Pſ. 33,9. Er fichet und findet in
x11, Des vernünftige Gottesdienſt. 211
in allen feinen XBerfen: Es iſt alles dutch
ibn und inibm geföhaffen, und er ift fur allen
und beſtehet alles in ibm, Eol. 1, 17. Die
Erde ift. voll feiner Büte, Pf. 104,24. Groß
find feiner Sande Werke, uud wer ihr achtet,
der bat eitel Luſt daren. Pſ. 111, 2.
Aus dem Buch der Natur kommt er in die
Schriften der Dffenbahrung. Welche eine
Lieffe Des Reichthume, beyde der Weißheit
und Erkaͤnntniß GOttes, Röm. 11,33. ent
decket er nicht allhier? was andern Dunkel ifl,
das ift ihm lichte. Der Vater der Herrlich
keit giebt ihm den Geift der Weißheit
und der Offenbahrung, Ephef. ı,ı7. Er
laffet ihn ‚wiflen die heimliche Weißheit,
Palm sı, 9. . -
Wo die bioffe Vernunft nicht hinfichet, Da
hat er Die Augen des Glaubens und die Fluͤgel
der Andacht, Damit er fich bis gu GOttes Thron
winget. Er weiß die Schmwachheiten des
erſtandes von den Sahigkeiten des Willens
iu unterſcheiden; Er verwirret nicht Die Ge⸗
toißheit der menſchlichen Pflichten, mit den un;
eforfchlichen Tiefen ver göttlichen Geheimniſ⸗
% Er Fennet dabey die Welt und ihre Ge⸗
äuche, die Menſchen und Die verfchiedene Ei⸗
genſchafften ihrer Gemuͤther, fich felbft und fein
natürliches Elend ; Er weiß, Daß er aus eigner
EEE Bus
nade ſey. Diefes iſt für ihn Die umer⸗
. O 2 ſchoͤpflich
212 XII, Der vernünftige Gottesdienſt.
fchöpflich reiche Quelle aller Weißheit und Er
Fänntniß der Wahrheit zur Gottſeligkeit in der
‚Hoffnung des ewigen kebens, —
Diefes find ungefeht diejenige Bortheile des
erfiandes und Des Willens, Darinnen es ein
Ehrift viel weiter, als. irgend ein bloffer Welt⸗
voeifer bringen Tann. Leitet ihn aber fein Bes
ruff nicht zu den MWiflenfchafften, fondern zur
bloſſen Dandarbeitz oder ſetzet ihm bie Bloͤdig⸗
Reit feines Verſtandes felche Graͤnzen, Daß er
weder Schlüfle zu machen, noch eine Sache ein
zuſehen fähig iſt; fo bleibet ihm die einzige Wiſ⸗
ſenſchafft, daß ein GOtt fey, deflen Gebote
er halten muͤſſe, zur Seligfeit. genug.
3. In Anfehung der Geſundheit, iſt bekannt,
daß folche nichts mehr erhalten und befördern
Tann, als ein ordentliches Leben, Die Mäßigfeit in
Eſſen und Trinken, ein Gottgelaſſenes ruhiges
Gemüth, das weder durch Zorn, noch Feinde
bee noch Rachgier, noch durch Sorgen der
Nahrung, noch Dutch andere Gemuͤthsleiden⸗
fchafften, aufgebracht wird 5 das in Widerwaͤr⸗
tigkeiten gedultig, und in frohen Tagen nicht
hbermüthig iſt; Wer mm Daben feinem zeitl⸗
chen Beruff treulich abwartet, die dAufferliche
Sinnen und Glieder in ihrer Befchäfftigung,
den ganzen Leib aber in feiner Bewegung erhälts
und im übrigen fein Anliegen mit einem ver
gnuͤgten Muth auf den Herm wirft, Der wird
den Anfällen der Schmerzen und ee
nr Ns *
e
—
= ’
s
Xu. Der vernünftige Gottesdienſt. 213 .
bey weiten nicht fo fehr unterraorfen ſeyn, als
ein anderer, der ſich einer unordentlichen, unrus
higen und böfen Lebensart ergeben hat. Darts
um fürchte den HErrn und weiche vom
Höfen, dus wird deinem Nabel gefund ſeyn
und Deine Gebeine erquicken, Drov.3, 7,
4. In Anſehung der Ehre Wir verſtehen
hier unter dem Wort Ehre nichts anders als ei⸗
nen guten Nahmen und die Hochachtung tu⸗
gendhaffter Saute. Ein Chriſt erlanget dieſe Ch -
re am leichtſten; er darf nur ſeyn, wie er iſt, ſo
wird er in feiner Einfalt und bey feinem unge.
zwungenen Wefen mehr gefallen, als andere, mit
allen ihren erftellungen und Kuͤnſteleyen.
Die Tugend hat eine gewiſſe Eigenfchafft, wel⸗
che ſelbſt ſolche Leute oben müffen, Die Davon am
wenigſten beſitzen. Man ehret fie auch bey der
Rerfolgung, und es ift nichts ſchwerer zu unters
druͤcken, als ein Menfeh, den allenthalben feine
Unſchuld rettet. Die Wahrheit, die Aufrichtigs |
keit, Die Großmuth, Die Defcheidenheit, Die Red⸗
lichkeit, Die Dienftgefliffenheit und andere ders
Hleichen in der menfchlichen Gefellfchafft ange
nehme Tugenden, wer ift, der fie vollfommener
befiget und ausübet, als ein Chriſt? Es iſi
wahr: er macht nichts aus fich ſelbſt; fing De
muth weiß nichts von den Eitelkeiten und Aug⸗
chweiffungen einer falfchen Ehre. Der hohe,
Rang, ein Kind GOttes zu ſeyn, macht. ihm als
len zeitlichen Ruhm, als eine rn je betrach ⸗
ten; Er weiß, daß * Gnade iſt, und daß⸗
= | | 8 wo
214 XII Der vernünftige Bottesdienf.
100 er ſich rühmen wolte, er fich nur deß su
rühmen babe, daß er den ZERRLT Eenne,
ser. 9723.24. Allein er findet den Kuhm, wo
er ihn am wenigſten ſucht: eine Ehre ift eine
re Fölge der Vortrefflichkeit feiner Tu⸗
gen N 5 | " :
5. In Anfehung der Luft: kuſt nennen wir
hier Dasjenige, was einem Sn Freude und
im allen diefen Dingen freudigft loben, preiffen
und verherrlichen, und mit David u
XII. Der vernünftige Gotteodienſt. 215
Du laͤſſeſt mich froͤlich fingen von deinen
- Werfen, und ich rühme die Befchaffte dei
‚ner Sande, Palm 92, 5. Da im Segentheil, -
wo ein Chriſt ſich über alles aͤngſtigen, alle Er⸗
Kezlichkeiten meiden, und alle zeitliche Güter, bie
ihm GOtt nad) feinem Wohlgefallen zufchickt,
verachten wolte; fo würde er nicht nur Damit
bey GOtt nichts verdienen, fondern aud) eines
der weſentlichſten Stücke _ eines vernünftigen
Gottesdienſtes, den Schöpfer in feinen RBerken
au loben und zu.verherrlichen, Dadurch verabfäus
men: Denn der ZERR bat alles weißlidy
geordnet, “Palm 104 24. Was bat der
Menſch, das er nicht empfangen bat? ı.
Cor. 4,7. Darum ift es ein koͤſtlich Ding,
dem. SERRXV danken und feinen Namen
loben, Pſalin 92, Io. z
G6. In Anfehung seitlicher Haab und Güter :
— — ich nicht nur ein ehrliches Aus⸗
kommen, ſondern auch denjenigen Vorrath und
Reichthum, dadurch es GOtt gefallen hat, Die
Staͤnde der Welt zu unterſcheiden. Diefer,
wenn. er rechtmäßig von einem Menfchen befej-
fen, oder auch Durch deſſen Fleiß und Sorgfalt
erworben wird, hat nichts, fo dem Chriſtenthum
widerſtrebet, und wird vielmehr in heil. Schrifft
als ein Segen angemerket: Reichthum und
Fuͤlle, ſtehet Pſalm 112, 3. wird in ihrem
Zaufe ſeyn; item, langes Leben iſt zu ihrer
rechten Hand, und zů ihrer linken Reich⸗
thum und Ehre, Proverb. 3, 16, it. GOTT
| | 94 giebt
216 XII. Dev vernünftige Gottesdienſt.
giebt ibnen reichlich allerhand zu genieſſen,
1. Tim. 6,17, bahingegen der Mangel öfters
als ein Sluchangegogen iſt: Werdem Müßie |
gang nachgehet, fpricht Salomo, Proverb.
28, 29. der wird Armuths genug haben;
und wer Zucht ge laßt, der bat Armut
und Schande, Prov. 13,7. Wie Dann au
die Armuch den Bottlofen Boͤſes lehret, ibid. |
Giebt ar es Ve ſo —— a
menn Hu das Herz dran haͤngen
62, ı1. noch ſolches mit Sorgen der Lahr
rung beſchweren. 2) Dabey nicht ftolz wer I
den, 1. Tim. 6,17. 3) Solchen ohne Sum
doe gebrauchen, Eecl. 13,30. 4) Damit Bus
. tes ehun, und veidy werden in guten IDer:
Ten, 1. Tim. 6, 17. s) Und alfo ein geruhi⸗
es und ftilles Leben führen in aller Gottſe⸗
ligkeit und Khrbarkeit, 1. Tim. 2 2.
"Hieraus erhellet, wie der Spruch, Matth.6.
19. zu verſtehen ſey, da der Heiland ſagt: Sor⸗
tnicht vor den andern Morgen, ſamm⸗
et euch Feine Schaͤtze auf Erden; die Urſa.
che folget gleich darauf: Denn wo euer Schatz
iſt, da iſt auch euer Herz; Deswegen aber
muͤſſen wir doch arbeiten, und unſer Hausweſen
ordentlich beſtellen; doch fü, daß wir, Dat
aus nicht den Schatz unferes Herzens machen,
ſondern wie es Der darauf folgende. 33. Verſ⸗
‚del erläutert, allezeit am erften hach dem
Neid) GOttes trachten, und das übrige von
feinem Segen erwarte W Da
2
XII; Der vrrnuͤnftige Bottesdienft. 217
Das Leben eines Chriſten ift fo befchaffen, daß
es ihm nicht weniger Meichthum, als Geſund⸗
heit, Ehre und Luft sumege bringen Fann. Die .
Ordnung herrfchet in feinem Haufe; nichts
wird bey ihm aus Ueppigkeit verſchwendet, nichts
aus Liederlichkeit verwahrloſet; feine Ausgaben
find nach feinem Einfommen eingerichtet: es ko⸗
ſtet ihm Feine Mühe mit wenig vergnuͤgt zu ſeyn.
Er haßt alle thörichte Eitelfeiten, feine Tafel ift
mäßig, fein Hausgeräthe rein, feine Kleidung
ehebar ; Fein unnuͤtzer Pracht, Fein ungeitiger
Aufwand, Fein leichtfinniges Borgen, Fein ge
faͤhrlicher Umgang, mit verdächtigen Leuten,
nichts Drohet dem Wohlftand feines Haufes den
Umſturz, noch das Verderben. Gr ift fo reds
lich, ſo aufrichtig, ſo Dienflfertig, Daß jederman
gerne mit ihm zu thun hat; man verläßt ſich
auf feirte Treue; man besahlt ihm gerne, was
er verdienet, und man bleibet ihm noch Dazu vers
bunden. Wie koͤnnte ein Menſch beffere und
fichere Wege einfchlanen, fein geitliches Gluͤck zu
befördern, und feine Einkünfte zu vermehren ?
Diefes ift ein recht commodes Ehriftenthum,
werden ung hierauf Die Derrenhuter fügen ; wo
bleibet aber Das Kreuß? Davon Chriſtus geſagt:
Mer mein "Junger feyn will, der nehme fein
Areum auf fich und folge mir nach, Lue. 9,
23. Wir find wwar nicht der Meynung,daß
fich Diefer Spruch auf den Zuſtand aller und je⸗
‚der Ölaubigen, ſondern nur auf die erſte Sungee M
und Blutzeugen Chriſti iede: Wir ſind a —
De Ds. au
218 XII. Dervernänfeige Bottesdien.
ach nicht in Abrede, daß ein Chrift ben allen
en ortheilen, auch noch vieles zu leiden
“
>
Sagte ehemals ein weifer Bender (*) Die Tw
gend würde durch allerhand Widerwaͤrtigkeiten
euͤbet, ß ift es auch allerdings eine Wahrheit:
Ehriftenthum wird Durch Kreutz und Leiden
ret. | |
Das Leiden eines Ehriften aber kann ungefehr 4
auf viererley Art verflanden werden: 1) giebt
es ein wirfendes, 2) ein natürliches, 3) ein goͤtt⸗
liches, und 4) ein apoflolifches Leiden. _
1) Ein. wirkendes Leiden Tann man Diejenige
palt nennen, welche ein Chriſt, beſonders in
einen Anfängen, gebrauchen muß, Die ihm ans
gebohrne Unart feines Herzens durch Chriſtum
zu uͤberwinden, dem Boͤſen mit allem Ernſt und
Eiffer Widerſtand zu thun, feine Affecten zu
gtoingen, feinen Eigenwillen, feine Empfindlichkeb
ten, ja feine, Dem Anſehen nach, befte Gemuͤths⸗
‚Neigungen, unter Den Schorfam des Glaubens
zu bringen, und dem Willen GOttes zu un
terwerfen. ieſes Leiden nennen wir deswegen
wirkend, weil dadurch in ung der alte Menſch/
ſammt allen ſeinen Luͤſten und Begierden
gekreutziget und getoͤdtet; und im Gegen⸗
iheil der neue Menſch in techtſchaffener Ge⸗
nn rechtig⸗
(9 Virtus non nifi ewercitio probatur, Seneca-
XII. Der vernuͤnftige Bortesdienft. 219
rechtigkeit und Heiligkeit hervorgebracht
wird, Roͤm. 6. Eph.4r 24- BE
2) Das natürliche Leiden kommt aus dem
natürlichen Leben vom Fleiſch und ‘Blut, und
von denen Aufferlichen Zufällen, Denen wir unsin .
diefer Welt noch unterworfen fehen, als da find:
Nahrungsmangel, Verluſt zeitlicher Güter, boͤ⸗
fe Nachreden, Verleumdungen, Gefahr, Nach⸗
ftellung, Beſchwetlichkeit, Schmerzen, Krank⸗
heiten, Todes⸗Faͤlle und dergleichen.
3) Das goͤttliche Leiden beziehet ſich auf ei⸗
nen beſondern Zuſtand der Glaubigen, welchen
einige Gottsgelehrten den Stand der Leuterung
zu nennen pflegen. Er iſt mit mancherlen Zwei
fel, Traurigkeit und Gemuͤthoͤunruhe, auch ge
teilen -bey einigen, mit allerhand ſchweren Ans
fechtungen begleitet, die aber nachgehends eis
ne füfje Frucht der Gerechtigkeit bringen,
denen, welche Dadurch find geuber worden,
Hebr. 12, 11. Hieher gehöret infonderheit Die
jenige göttliche Traurigkeit, Davon "Paulus,
2. Cor. 7. redt: nn
- Hier muß man Hand und Ruthe toͤſſen, | |
Die uns zu unferm Beſten ſchlaͤgt.
I |
220 XII. Der vernünftige Betteedienit.
en, mit Hindanſetzung alles zeitliche Wohlſeyns,
wenn ſie auch wohl koͤnnten Freude haben, der⸗
ſelben nicht achten; ſondern Schmach, Verfol⸗
gung, Mangel und Schmerzen gern erdulden;
auch, wenn es der Heiland von ihnen verlanget,
ihr Leben ſelbſt zum Opfer dahin geben, und als
ſo Die Wahrheit Des Evangelit mit ihrem Blufe
befiegeln. | nt |
Diefen Beruff hatten auffer Zweiffel Die Apo⸗
ftel und Martyrer dee erſten Kirche; Ein Be -
null der fich bey ihnen auch durch auflerordents
liche Gaben Des Beiftes und, Durch Wunder⸗
werfe legitimirte 5 wie roeit aber heut zu Tage,
nachdem Die reiche der Welt Des ‚Deilandes
worden, ſich jemand eines ſolchen Beruffs anzu⸗
maflen habe, Diefes laſſen wir einer höbern Ein
f ht und der Erfahrung heimgeftellet feyn. Es
key dann Diefenige Die um Der Wahrheit willen
erfolgung und Ungemach leiden, wie es foldhe
redliche Ehriften hin und wieder noch melde
giebt.
Da nun denen erſten Leiden Die Chriſten info
weit, als fie nur noch dem Boͤſen über ſich die
Herrſchafft laſſen, unterworfen ſind. Und die
andere, nemlich die natürliche Leiden, ihnen bey
weitem nicht fo ſtark, als den lafterhafften Mens
ſchen zufegen. Die dritte Art von Leiden aber
einen befondern Zuftand betrifft, der den Slaw
ben erſtlieh vecht gründet und zur Vollkommen⸗
beit-führet; Und endlich zu Dem vierten —*
em
XI, Der vernünftige Bottesdienft. 221
dem apoftolifchen Leiden, ein auflerordentlicher
Beruff erfordert wird, welcher nur ben gewiſſen
Slaubensrügen und Verfolgungen vorzufoms
men pfleget 5; So bleibt es bey der allgemeinen
Berheiffung, daß es denen Frommen foll
wohl gehen; und Daß Dannenhero Feine glück
—* Leute nicht ſeyn koͤnnen, als ſolche, die
tſchaffene Chriſten ſind. Woraus noch
weiter erhellet, daſi ein Chriſt mit nichten Urſa⸗
che habe, das Kreutz und Leiden zu ſuchen, noch
ſich ſelbſt zu machen. Dieſe vorlaͤuffige Helden⸗
fücht iſt nicht in der Ordnung GOttes: fie ers
wecket gemeiniglich bey einem Menſchen die ver⸗
kehrte Einbildung der Werkgerechtigkeit, und
verleitet. ihn oͤffters zu den groͤſten Ausſchweif⸗
fungen. Man leidet auch oͤffters nur wegen ge⸗
ui Eigenfinniafeiten und unnöthigen Aus
zeichnungen; und wäre Deshalben bel gefant,
daß man folches Dem Heiland auf die Rechnung : .
feßen wolie, als ob man um feinet willen Diefes
oder jener leiden muͤſte. Wer in Diefer Welt
die Mitteln verfüumerfeinen Zuftand zu verbef
ern, und das Uebel von fich abzuwenden, der
it ſichs ſelbſt beyzumefien, toann ihn Noth und
Dürftigfeit überfället. Leidet man aber, nach».
dem man alle ordentliche Mittel, um das Lebe
von ſich abzuwenden, gebrauchet hat, fo überläft
man fich Barinnen dem Willen des HERRN.
Man leider als ein Chriſt, nach GOttes
Willen, und befiehlee feine Seele dem ge
trenen Schöpfer in guten Werken, nicht
aber ale ſolche, Dis durch ihre Werke gerecht
| wer⸗
222 XH, Der vernünftige Gottesdienſt.
werden, fondern durch den Blanben, Kim. '
45. [1 — ;
- §. | VI.
Mas auf die ſechſte Frage iſt geantwortet
worden, beweiſet einiger maſſen poſſibilitatem
in concubitu moralem, ratione ſenſualitatis.
Eandem, puto, Stoicis ſuiſſe opinionem, qui
fapientem in tauro Phalaridis dolores haud
ſentire debere ſtatuebant: eſt abftrattio f
mentis a corpore phyſice impofübilis ; dif-
ferunt enim fenfus externi ab affedtibus
animi, quatenus a ſtructura corporis mecha-
nica dependent ; grata.appetunt ; mala, feu
dolores fugiunt.. Privario doloris eft redu-
&io ad quietem, non voluptas ; ineft aurem
naruralis quædam rario ad. compellendum
hominem ad concubitum vi quadam fum- -{
mæ volupraris:; alıas, genus humanum non
longum perducerer zvum. -
\
Wegen ber fulphurifchen Dünfte, Feuchtig⸗
feiten und flockenden af, pfleat man fonfl
ſich nicht zu heprathen ; fie Fönnen auf andre
Weiſe abgeleitet und vertrieben werden; man
weiß heut zu Tage in den Klöftern, wie man
dergleichen Beſchwerden, welche ex abundan-
tia fanguinis entftehen, Durch allerhand gerther |
lende Mittel zuvor kommen kann; die überflüf
fige Säfte verziehen ſich ohnedem und werden
von der Natur ‚gleich andere fuperflua. u
ZZ — —— | re
X. Der vernuͤnftige Gotteodienſt. 223
ihre morus excretorios ausgefloflen, wo man
andere den erfien Reitzungen widerftehet, und
die angegriffene Phantafie auf andere Bilderund
VPorwuͤrfe leitet. Wer dabey maͤßig lebet und.
einen Schuͤler der Weißheit abgieht, dem wer⸗
den auch die Saͤffte ſo leicht nicht ſtocken noch
entbrennen. U
Allein, Brunſt leiden, will etwas anders ſa⸗
gen: Hic non eſt iſte dolor, ex ſola humo-
rum .abundantia & inflammatione profici-
ſcens; eſt ſtimulus carnis, cum indicibili
imaginationis vi conjunctus, affectus animi
æque ac corporis magice in amorem & con,
ſenſum rapiens. - J |
Wie nımöffters die Stärke der Phantafie bey
einem Menfchen in dieſer Sache ad magiam
usque dem Gemuͤthe etwas vorzuzaubern pfle
get, alfo kann es auch wohl ſeyn, daß in einem
andern Extremo die Empfindungen der Luft
ſelbſt Den Einbildungsfräfften mögen unterwors«
fen ſeyn; dergeflalt, Daß man das, was man
wirklich fühlet, zu fühlen nicht glaubet. Wie
weit aber ſolches moͤglich ſey, mag das Exempel
der frommen Herrenhuter beweiſen. |
, Das Geheimniß Ehrifti und feiner Gemeinde,
in fo weit es durch den Eheſtand vorgeſtellet
wird, leidet wohl Feine andere als geiftliche Be⸗
; fo genau nemlich zwey fich zaͤrtlich lieben:
de fromme Ehegatten, dem Beift und. dem Leibe
. nA
224 XI, Der vernünftige Gotteedienſt.
nach mit einander vereiniget find, fo genau iſt
auch Die Verbindung Ehrifti und feiner Gemei⸗
ne. Andere Vorftellungen gehören ad philo-
u fophiam :occultam : fie find ſo dunkel ımd fo
verborgen, daß man fich felber darüber nic
verfichet U |
&. VII.
ir bommen auf die Beantwortung der lehs
ten Frage; fie handelt non Der Wiedergeburt.
- Der Herr Graf haben fich zwar Darüber in dero
Antroort viel gelinder, als einige andere Glieder
der hetrenhutifchen Gemeine erfläret: „Mit
„der Determination der Wiedergeburt, fanen
„. biefelbe, laſſe ſichs, ſofern es ein goͤttlich Werk
„ in ung iſt, nicht wohl fortlommen.“ Bier
mit fiel alfo der wichtige Streitpunct hinweg/
worauf bisher Die Herrenhuter ihte ganze neue
£ehrart von der Belehrung gegruͤndet haben,
Vie follen wir aber Dasjenige verfichen, was ber
Herr Sraf in der Antwort auf Die fünfte Frage
zu ſetzen beliebet: „Das ift Die geringfie Idee/
» die man von einem Ehriften haben Bann, dee
» noch vor zwey Stunden unbelehrt und ei
_ » ann vor einer Minute mit der Vergebung
» der Sünden begnadiget toorden ʒ hier
nicht Die Wiedergeburt auf eine Stunde und
Minute Determiniret ? _
Noch mehr; in dieſem Artickel wird ihr *
seh folgendergeſtalk beſchrieben: Der m N
U | $
xXu. Der vernünftige Botteedienft. ass
n Hehet nach der Zeugung kutz oder kung ſtille
» n Dahl bis die nen — Art zum Durch⸗
ruch, Beburt und Offenbarung fommt,
» » und ber Menſch felb weiß⸗ daß er —
„ ein Kind GOttes Iſt dieſes, wann
man es mit De vothergehenben sufammen
hängt, nicht eben Die Determination der em⸗
Pfindlichen Wiedergeburt, welche Die Derrenhus
ter ftatuiren, und wovon allhier Die Frage ift?
Will Diefes etwas andere ſagen; als wie eim
leiblich Kind bohren wird, fo gehet es auch
mit der den Geburt zu? Da giehtes Zeu⸗
—* merzen, Geburtowehen, Durchs
ice und de h ꝛc. wo San aber
Doarich war ich, ii — dir, es En
denn, dag jemand von neuem ge
dt, kann er das Reich GOttes feben.
fel | mißſ⸗
Bi 4, da dieſer die Cache au en! jbliche Art
* —* ec Fr ; au dee
€ in —8 — B.
Tel ſunt —— kn _petmirtuntur 8 a
ſuis ſubjectis: Eine die in der
— eine der noͤthigſten und
8— bunt
— unter, De neuen Geburt
| fie bey allem ihrem aufrichtigen Glauben und
226 XIL. Der vernünftige Gottesdienſt.
verſtanden habe, lehtet uns Paulus am deutlich⸗
ſten, Ephef..4, 23. wann er ſpricht: So leget
nun von euch ab, nach dem vorigen War
del, den alten Menſchen, der durch Küfte in
Irrthum fich verderber. Erneuert euc |
aber im Beift eures Gemuͤths, und ziebet
den neuen Menſchen an, der nach GOtt gw
fchaffen ift, in vechtfchaffener Gerechtigkeit
und Heiligkeit, &feq. Wolte man aber die
neue Geburt auf eine gewifle Zeit und empfind⸗
liche Offenbahrung determiniren, und dieſelbe
vor Das einzige Kennzeichen der wahren Bekeh⸗
rung angeben, fo kaͤme es bey vielen nur in Die
fer Sache auf eine ftarfe Bhantafie oder Einbik
dungskrafft an! Da im Gegentheil andre gute |
fromme Ehriften, die Damit nicht begabet waͤren/
in Diefem Stück übel dran fenn würden, wenn |
der unveränderlichen Treue ihres Willens, als
worauf: es hier vornemlich ankommt; doch Der:
gleichen glückliche Minute nicht su. nennen müß
ten, da der neue Menfch bey ihnen fen gebohren
worden. Deswegen aber koͤnnen fie doch die
Wirkungen des ung erweckenden und erleuchten⸗
ben Geiſtes, eine Zeit vor der andern, mit gewiß
fen Gnadenblicken und Andachts⸗vollen Kegur
gen, Die Das Herz mit Glauben und Liebe erfüb |
len, bey fich empfinden und gewahr werden.
Ueberhaupt aber iſt die Treue des Willens/
dem HERRN ſich ledigkich allein und ohne
alle Bedingung zu überlaffen, und das redli
che Berlangen vor demſelbon in Unfehulb ur
e ber $ ⸗
‘
Er
XII, Der vernünftige Bortesbienft, 227
Aufrichtigfeit zu. wandeln, wohl Das befte und
ficherfte Kennzeichen, Daraus man bey fich Den
neuen Menfchen; der, wie Paulus fpricht : nach
GoOtt in rechtfchaffener Gerechtigkeit und
Heiligkeit gefchaffen ift, erfennen fann ; zum ⸗
len, wenn man auch diejenige Geiſtesfruͤchte ger
get, woran man Die Kinder GOttes prüffen und
erfennen fol.
Hierbey ift man weiter nicht in Gefahr, der
blofien Einbildung zu vieles einzuraͤumen, noch
auf eigene ſelbſt vermeynte Heiliafeit und Stärs
fa baten. Man beſchweket feinen Derfiand
weder mit allzu hohen Dingen nod) mit bioflen
Hirnbildern,. die Öffters mehr von der Hitze
des Gebluͤts, als von Der Erleuchtung und Of
fenbahruna herkommen. on |
Die Führungen GOttes find fo unterfihieden
und mancherfey, daß wir von einer nicht roohl
auf andere fehlieffen koͤnnen. Mit dem einen ges
—
het er Diefe, mit Dem andern andre Wege.
Warum folten wir nur allein diejenige für
richtig halten, wobey die Ausfehtweiffungen der -
Einbildung am meiften zu beforgen md? Wie
manche gute Keute verfallen hier nicht auf leere
Iräumerenen und Cingebungen des Geiſtes,
weil fie. die Empfmndlichkeit ihres Glaubens umd
Ihrer Anbach gu weit in Die natürliche Phantafe
keiben a
Ze Da Maun⸗
\\ \
a2$ Xil, a
Mancher hoͤret von Der Zeugung, vom
bruch, von der Geburt, von der —
und dergleichen Dingen reden; er Iinnet ihren
nad), er ift von den Leuten, die fich bald anafi
formen. Die Seele ſenket Ahr in dieſe
ellungen; fie ift aller A beraubt, fie em
Kinder nichts ale Furcht, Traurigkeit und
chwermuth ; fie meynet, fie muͤſſe verzagen.
Man ſagt ihr, das ſey gut, da wuͤrde was draus,
ſie fo nur ausharren ; Auf diefe Geburtswe⸗
hen folge unfehlbar der freudige Anblick des
neuen Menfchen. Was Wunder, wann ſich
darauf wirklich etwas dergleichen bey ſolch
Leuten ereignet? Alle fontt freye Kräfte der
Sehen in nd hie efeffelt und vermögen weite
feine ſcht anzuftellen ; fie weichen der
7 &Stärfe Au: anafie und nehmen feine andere
Desriffe mehr an, als folche, Die dem Eindruck
Sheet Bilder ahnlich find. Das mit nichts an⸗
e Gemüth empfindet endlich
—* zu Wehen es mit Colcher Abftractivis
tät ift vorbereitet voorden ; und entziehet fich aller
anderwaͤrtigen Gewißheit, deren der menſchli⸗
Fran Be and in Erkaͤnntniß ber Wahrheit ſonſt |
ig ı
Dieſer fo förmliche Proceß der vermeynten
—— 7 iſt die Quelle, woraus hernach die
verkehrte Meynung flieffet: man ſey mun auf
einmal wiedergebohren und nad) gerade auch
volllommen, man borte nicht mehr ben :
er⸗
XII. DervernünftigeBottesdienft. 223
ib uns unfer Schuld; es fen nun nichts
als Ehriftus in ung, und alfo fundige man nich
mehr. Ja en gehen einige von Denen auf diefe
Weiſe neu befehrten Leuten fo weit, Daß fie ans
Dre, Die fie vor unwiedergebohren halten, faum
als unmiedergebohren betrachten ; fie find in ih⸗
ren augen nicht viel beffer als ein Vieh. Ih
Argwo |
etmas gutes glauben, als bis man ihren Mey⸗
nungen benpflichtet; Siefehen an fich nichts uls
n laͤſſet ihnen von andern nicht ehender
Tugend, Stärfe und Weißheit. Dingegen an
andern nichts als Lafter, Gebrechen und Thors
heit. Ja / man folte faft fagen: Die Siebe, Das -
von man fie fiets reden höret, ſey nur ein Vor⸗
wurf derjenigen ‘Pflichten, Die fie von andern ers
warten; fie aber erkennen fich zu weit
Ä verbunden, ale was Kan
ı weiter
Abfichten gemäß feheis
net: ihre Liebe zeiget Jich nur allein in dem Eiffer
gndere Leute zu bekehren: Sie beginnet mit eis
nem groffen Mitleiden über Derfelben ihren
Nagenswürdigen Zuftand; fie gehet fort mi
Warnen und Drohen, und endiget ſich, wann
e nicht ihren Zweck erlanget, mit Richten un
Verdammen. u
Wir reden hier überhaupt: Wir beſchweren
Die frommen Herrenhuter nicht mit dergleichen
Auflanen ;. gleichwohl aber koͤnnen wir audy
nicht leugnen, daß wir dergleichen Leute ale wie
befchrieben, unter denenjenigen angetroffen has
ben, die ihrer Demung, in Anſehung ve en
3 Pin
230 XI. Der vernänftige Bottesdienft. _ |
pfindlichen Wiedergeburt beypflichten. Es wird
dieſes genug ſeyn, uns die gefaͤhrliche Fol⸗
gen vor Augen zu legen, welche aus dem uͤbel⸗
veſtandenen Artickel der Wiedergeburt entſte⸗
hen koͤnnen. nn
- Der Herr Graf haben uns ſonſt andermärts
von der Bekehrung eines buffertigen Suͤnders
fehr deutliche Ideen gegeben, beſonders in dem
choͤnen Lied: unfer auserwaͤhltes Haupt.
ie Worte ſind dieſe: |
Wenn aber ein nerlohrnes Kind
- Bom Tod ermacht, fich kruͤmmt und roindt,
Und ficht das ‘Hofe, bie an,
Und glaubet, daß es ſelbſt nichts kann;
Verzagt an ſich, es geht ihm aber nah;
Kaum fieht ſichs um, fo fteht der Heiland da.
ier ift die Erfänntniß unferes natürlichen
Elendes, das Verlangen fih Davon befreyet zu
fehen, die natürliche Ohnmacht fich ſelbſt zu hei
fen, und Das Mittleramt unſers Erloͤſers, Fu
und unvergleich wohl ausgedrucft,
Man ſteliet fich in allewege ficherer unter Die
Sünder, die Buffe thun, und ſich befehren, ale
unter die Pharifaer, die ſich ſchon für bekehrt
und heilig ausgeben. Sermehr man Gnade
hat, je weniger wird man ſich Derfelben ruͤhmen.
> Man ift nie Fleiner und demuͤthiger, als je nähe
on man
XII. Der vernuͤnftige Gottesdienſt. 231
man zu GOD kommt, und nie groͤſſer in ſei⸗
nem Sinn, als je mehr man von ihm entfernet
ft, Der Weiſe ruͤhme ſich nicht ſeiner Meiß⸗
beit, und der Starke nicht. feiner Starke,
rem. o, 23. So ich mid/aber je ruͤhmen
ſoll, ſpricht Paulus, ſo will ich mich meiner
Schwachheit ruͤhmen, 2.Cor: 11,3%
⸗
=.
Die Bekehrung ift ein aufrichtiges Beſtrehen,
hinfort nicht mehr der Sunde zu dienen,
fondern Dem lebendigen GOTT, und fer
ne Blieder zu begeben zu Waffen der Be:
rechtigkeit. Roͤm. 6, ı3. mithin fich zu ers
neuern im Geifte des Gemüthe, und ar
usieben den neuen. Menſchen, der nach
erachen geſchaffen ift, in rechtſchaffener
Ferechtigkeit und Heiligkeit, Epheſ. 4r
23. 24. en as —
Dieſe Bekehrung hat Ihren Anfang, ihren
ortgang und ihre Vollkommenheit hr Ans
ing ifl, wenn wir unfer natürliches Elend erken⸗
nen, unfere begangene Suͤnden bereuen, und bey:
dem HERHM Gnade fuchen, durch welche
wir gerecht und Erben des zraigen Lebens:
werden, Tit.3,7. Man leget die Luͤgen ab,
und redet die Wahrheit; man gie t dem
Zorn und der —— nicht Raum; wer
geſtohlen hat, der ſtielet nicht mehr, mal
fhaffer mir den Haͤnden etwas gute, daß
man habe zu geben dein Duͤrftigen; Man
Pa4 laͤſſet
*
292 XIL Der nernünftige Gotteodient
laͤſſet Fein faul Geſchwaͤtz aus feinem Mun⸗
De geben, ſondern was nuͤßlich iſt zur Beſſe⸗
Beilt, man iſt freundlich, herzlich, und vers
ae oem we —— T uns
Does Bortgan ‚IR, toenn wir in den Schranken
der Gebote es fostlauffen, und erfüller
. werden mit Erkaͤnntniß feines Willens, in
allerley geiftlicher Weißheit und nd;
Daß wir itslich wandeln, dem SErrn
einen. guten et et:
Babe den Kauff vollenden; Alnferr 4 Dit
beygelegt Die Krone der Gerechtigkeit, wel
cher Rice geben a v ne mie ch
re er wir
lein, ſondern auch allen, Die feine Erſchei⸗
nung lieb haben. .
Sow der Glaube, Der aus der Erfänntmi |
EOttes kommt, als Die Werke, Die auß dem
Oilauben flieffen, erforbern eine ftets anhaftende:
VUebung. - Man bittet den Henn, wie ehemals,
xii. Der vernünftige Gorzebient 233
Die Apoftel, unfern ſchwachen Glauben sa
ſtaͤrken, Luc. 17, 5. Man erkennet ihn vor
den Anfı und Vollender des Blaubens,
Hebr. 2. Man huffet, weil er in uns das gute
Werk angefangen hat, fo werde er es auch
‚ Phil, 1, 6. bie man endlich ein
vo ener Mann wird, nach dem
Men des vollkommenen Alters Chriſti,
Ephef. 4,13. Nicht ale folche, die ſich ein⸗
bilden, daß fie es ſchon ae hatten,
fondern mit
u * die aulo noch im⸗
mer agen ce ergt
möchten, * fie von Ebrifto ergeiff
(4 vıd
Di nun unſere ei Aiti und ſchri
—— von der Site F
* rt. Die Gedanken 1 Srofen
von dieſer Materie find — e
di keit
arbeit auf Dee Of enyufehe mie y eine
Min diefelbe in Diefem noch mit *
daß der Heiland die „Sünde fo wegneh⸗
me, und in Die Lieffe des Meeres
werfe, pfleget man nach der gemeinen Auss
von dem Derföhnungsopfer Chriſti zu
verſte — andre a daß Chriſtus
die Sünde . und um b sähe und zerruͤtte,
daß nichts mehr daraus werden
koͤnne, besichet fi m ſich auf den ae eines Glau⸗
Bio in dieſem Leben; {Y obwohl biefer noch noch:
— |
234 XIH. Dee vernnfeige Borteedin I
vielen und mancherley Schwachheiten unter⸗
worfen iſt, ſo wird doch daraus nichts
| er ; el Fein boßhaftter und vorfeglicher
ün
m
“
%* %
+ Bey dem Befchluß Diefes Artickels verfichen
wir nicht wohl, was Ihro Hochgräfl. reellen
von Der Tugend und Sittenlehre zu erinnern bes
lieben; Gie fagen: » Daß man heute Das
„ Stehlen, übers fahr Das Huren, über schen
Jahr den Hochmuth, und mit dem heranna⸗
den Alter den Ausbruch dieſer oder jener Affen
„cten loß werde, Das pflegen wir für, die arme
„lige Wirkung der Tugend und Sittentehre
5 du halten.“
Unter der Qugend und Sitenlehre welche
man insgemein die Moral nennet, wird diejeni⸗
ge Wiflenfchafft verſtanden, weiche ung eine An
leitung giebt, voie wir Durch Die Ausübung der
Qugend jur wahren Weißheit, und durch dieſe
zur beſtaͤndigen Gluͤckſeligkeit gelangen ſollen.
Die Moral hat demnach mit der heil. Schrifft
eineriey Endzweck, und folglich auch einerley Ur⸗
ſprung; denn alle Weißheit kommt aus ‚Bot
und aller Weißheit Endzweck ift die Glückſelig⸗
feit. Wenn alfo diefe Moral eine fo ſchlechte
Wirkung zeiget, fo ift folche wohl nich ihren
Lehrſaͤtzen, ſondern der menfchlichen Schwach⸗
heit beyzutmeſſen. Sie A jedoch mitnichten ——
—
XI, Der vernünftige Bottesdienft. 235
fruchtloß, daß ſie nicht bereits groſſe und weiße
Leute ſolte gemacht haben; und doͤrften hierinn
wohl an jenem Tage manche heydniſche Weltwei⸗
- fen viel der undankbaren Chriſten beſchaͤmen,
weil: jene aus dem bloffen Lichte der Natur,
GOTT und der. Tugend mehr Ehre erwieſen
‚haben, als dieſe; da fie doch, Durch: dag Licht
des Evangelii.erleuchtet, die Berheiffung einer
heſondern göttlichen Beyhuͤlfe durch Chriſtum
im heiligen Geiſt haben.
Die Moral zeiget ung, wie wir wahre Wei⸗
ſen nach der Vernunft, die Offenbahrung aber;
wie wir rechtſchaffene Chriſten durch den Glau⸗
ben werden ſollen; Die Moral hat nichts, das
dem Chriſtenthum, und dieſes hat nichts, Das
der Moral entgegen waͤre. Die Moral ift von
der Nothwendigkeit einer höhern Krafft übergen;
get, der Glaube beut ihr folche an, durch Chri⸗
ftum, und Diefer giebt ung Die verlangte Kraffk,
Die Moral zeinef ung einen GOtt in.den Wer⸗
fen der Natur, in dem Verlangen unfers un
fterblichen. Geiftes, in den Begriffen einer ges -
funden Vernunft; fie giebt ung aber Feine
Krafft, ung zu ihm empor zu ſchwingen; ihre
bloſſe Erfänntniß vermag ung weber augunfteni
natürlichen Elend heraus zu ziehen, nach ung eis
ner eroigen Gluͤckſeligkeit fähig zumachen. Det
Slaube erfuͤllet den Ieeren. Raum der natuͤrli⸗
Gen Begriffe und unſers Undermoͤgens; er
fuͤhret ung zu dem Heiland der Welt, durch
welchen man nicht mut GOtt näher kennen
| nel,
—
236 XI. Der vernuͤnftige Gottesdienſt.
fondern J ihm hinkommet und
mi ihm Fe For m ie
Hier findet man einen wundervollen Zufams
| menhangber Natur und der Gnade⸗ der Vernunſt
und bes Glaubens; wir ſehen anfallen Seiten die
iſſe Kennzeichen, es iſt ein GOTT, es iſt ein
gewiſfe
Geſetz, es iſt eine Vergeltung des Guten und |
des Boͤſen; und Daß man ja ſich nicht entfchub
digen könnte, ale ob Diefes allı — — gerechte
und nütige Weſen, ſich vor ung verborgen hieb
te; —* et uns gleichſam der Strahl ſeines
goͤttlichen Lichts, bis in die verborgenſte Winkel,
wo wir kaum mit unſern Augen, mit unſern
Sinnen und mit unfern Gedanken hindringen.
Wie ſolte man eine ſolche Wiſſenſchafft, wel
che wir aus der Natur und Sittenlehre erler⸗
nen, einen Chriſten verdaͤchtig machen koͤnnen?
Es iſt vielmehr zu glauben, daß die Verſaͤumniß
derſelben dem Chriſtenthum und deſſen Ausbrei⸗
tung bey den Unglaubigen vieles im Wege ſe⸗
tze. Denn man hat es aller Orten, obgleich mit
laſterhafften, doch mit Vernunft und Sinnen
begabten Menſchen zu thun, welche keine andere
Wahrheit annehmen, als deren Gewißheit man
aus gewiſfſen Gruͤnden ihnen darthun kann.
Die Moral iſt alfo gleichſam der Grund, wor.
anf die ganze Offenbahrung fich besiehet 5 fie iſt
vor Menfchen gefehrieben, welche eine 7
ihrer
J
—
XII, Der vernünftige Gotteodienſt. 237
three Natur ee ahigfeit haben, bas
N von Dem st nd Das Gute son
Boͤſen zu unterfcheiden. Chriſtus und feis
ne ne of haben in allen ihren Lehren fih nah _
Diefer natürlichen Zähigfeit der Menfchen gerichs
tet; fie wolten en nichlr daß man ihnen in einer
Sache Glauben beymeffen folte, ohne bie ah
heit von Derfelben zu unterfuchen. So ich
ach, fpricht Ehriftus, die Wahrheit fager
warum glaube ihr e mie nicht, Joh. 8,
Ä Jeß Unlerſuchung gründet A auf das —8
liche Licht und Recht, auf die Erkaͤnntniß des
Guten und des Boͤfen, woraus das eingeſchaf⸗
fene Weſen unferen Seelen beftehet. Die heili⸗
a Schrifft erklaͤret ung den Willen GOttes auf
Eine Art, voelche Der Natur unfere Geiftes ges
maß iſt; Wir finden den Grund ihrer Lehren m
- anferm eignen Dessen; Wir find überzeuget
daß wir nicht beffer thun Binnen, als ihren Lehs
ren folgen; Leiten ung gleich ihre Geheimniſſe
weiter als die Vernunft, jo iſt es er nice un
umtes vor Die Dernunft, S |
‚diei de ihigkeit überfte eigen, fo ba D ie
u die Eigenfchafft der Goͤttlichkeit an ihnen
wahrnimmt.
Die Moral leitet und vermitelſ der geſunden
Vernunft nicht allein zur Erkaͤnntniß GOttes,
als des hoͤchſten Guts, ſondern fi ie lehret uns
BE Sm BIO u en Se
£ uns die ichſte rifſe von
en und Boͤſen, von Den Tugenden ud taſten
238 XI. Der vernünftige Gottesdienſt.
von dem Wahren und Falſchen, von dem Wirklich⸗
guten und von dem Scheinguten: ſie lehrt uns
eine Sache gruͤndlich und ohne Vorurtheil ein⸗
ſehen; fiegiebt allen Worten ihre eigentliche Bes
Deutung und Auslegung; kurz, ihre Schlüffe find |
nach einer reinen Bernunft. Ohne Moral iſt auch
der froͤmmſte Menſch nicht gefehickt, Die heilige |
Schrift zu erfiaren ;_ Er weiß weder Die eigent⸗
liche Bedeutung der Wörter noch der Sachen.
Er vermengt Das Hiftorifche mit dem Geſetzge⸗
henden, das Hohe mit Dem Einfältigen , das
Deutliche mit dem DBerborgenen. “Der Glau⸗
be giebt-ihm wohl Die nöthige Erfanntniß zur
Seligkeit, er macht ihn abet, ohne die vorherge⸗
hende Mitteln aus einem Ungelehrten zu Feinem
Gelehrten; Man befommt-die Wiſenſ hafften
nicht, wie ehemals die Apoſtel, per ha
infuſum, oder durch ein Wunderwerk; Man
muß fie lernen, und wie die Knder vom AB GE
anfangen. | %
Wenn alfo gewiſſe gute Leute in ihrem Be⸗
fehrungseiffer fich über die heilige Schrift her⸗
machen, und folche anderen mit. groflem Eifer
auslegen ; fo halten fie fich entmeder bey den
bloſſen Worten auf, wie folche in ihrer witten
berger Bibel ftehen ; oder, wenn fie damit nicht
alfenthalben fortkommen Fönnen, da Diefer over
jener Spruch ſchwer zu verftehen ift, - und
die figurliche Medensarten der - orientalifchen
Möffer nothwendig eine verminftige Auslegung
ertordern 5 fo verfallen fie auf eigene ee
| | Mey⸗
tum |
XII. Der vernänfsige Bottesdienit, 239°
Meynungen, und beruffen fich Darüber auf ihre
Wiedergeburt, vermög deren fie fich Die Gabe
zueignen, Die Geiſter zu prüffen, die Schrift u u
erftären und das Evangelium zu verfändigen;
Da hernarh gar nicht mehr mit ihnen fortzufoms
men iſt, weil man ihnen entweder fchlechterdinge
Hecht laſſen, oder in ihren Augen vor einen Ver⸗
nünftfer und Unglaubigen paßiren muß.
Es wäre leicht zu beweifen, Daß die meiſte
| — Irrungen, Secten und Zaͤnkereyen
in der Religion von lauter ſolchen Leuten herruͤh⸗
ren, Die Feine gruͤndliche Moral verſtehen, folge
li) den richtigen Gebrauch der Vernunft wider:
ale Abfichten GOttes, zumeit weggeſchmiſſen
haben ; Da im Gegentheil diejenige, welche ſol⸗
che in der Abficht gebrauchen, zu welcher une .
bie göttliche Weißheit folche verliehen, mit der
Religion weit behutfamer umgehen ; nur menis
ge, aber Deutliche Slauhensartickel ſetzen; nichts
annehinen, was fich felbft widerſpricht; Feine
dunkle Säße zu Srundfehren machen; die Ges
heimniſſe als Scheimniffe gelten laffen, und fich
am wenigſten in bie fo ſchaͤdliche Religionoſtrei⸗
tigfeiten einmengen ; mithin Die Ruhe, den Frie⸗
den und die Einfalt des Glaubens am allexmei⸗
fen in der Kirche zu erhalten trachten.
Die Urfachen find demnach wichtig, marum
em Ehrift, der einen Lehrer und Ausleger der heiz
ligen Schrift abgeben will, eine gründliche Mo⸗
ral vesfichen ſoll; denn fie iſt eine Erfänntnig
| | uns
240 XII, Dee vernünftige Gotteodienſt.
A ee chten, nach A dee unferem
infe Kar fenen Be eigion; woehs |
3 eligfeit er rd seit ==
Sompei Au8 Det göttlichen Oecono Deconomie erläw
Sie Propheten und Apoſtel, ja umfer Heland
ſelbſt, haben die Moral gepredigt; Die Ge⸗
heimniſſe, welche ung dabey mit offenbahret
ſind, berpflichten ung mur in fo weit, alg fie ein
Geſetz nach fich sehen. ar danke Sn
tung Gottes in dem ABerf
bleibet unferm Verſtand ein —e
Geheimniß; Allein der Daraus flieſſende ren
be und die Damit verfnüpfte tigBeit von
und durch Ehrifium ift ein Vorwurf. unferes
Willens, der aufrichtig, einfältig und mor
wirffam feyn, das ıfl, folche Tugenden
hervor bringen muß, Die ung heilig, gerecht, unb
folglich ſelig machen.
Und dieſes iſt alſo unſer vanůnſtier Gotles⸗
dienſt nach der leichten Lehrart des Heilandes.
Haben wir ung geirret, oder etwas in ber vol
— Hochgräfl. Antwort nicht recht vers
fanden, fo gefchiehet ung eine roirfliche W oh
‚hat, wo man ung eines beſſern umt
wird. Dann wir empfinden und find bern
baß inſer Wiſen nur Stuͤckwerk ſey.
Wann
[N h) N
” *
ſtaͤndlich vorkommen.
xii. Der vernünftige Bortesdiehft: 241:
Wann aber Eommen wird das Vollkom⸗
mene, ſo wird das Stuͤckwerck aufhoͤren.
Wir ſehen jetzt durch einen —— einem
dunckeln Wort, dann aber von uber 218
Angefiche. Biß dahin bleitber Glaube, Hof⸗
no "Liebe, die Kiebe aber ift die groͤſte,
und befchliefiet alles. 1. Cor. 15, 10.12. 13. |
XI.
gurzes Bedencken, von der Ein⸗
falt des Glaubens, in einem einzigen
+ Glaubens: Artikel.
Si —— daß der Glau⸗
be ſo vielerlen Begriffe und Wi en
- ten in fich halten folte,: welche Faum de
nen en Kharffinnigiten und —* etfien Köpfen en.
6, unferm Heiland;
und Geſetz⸗Geber ift an dem Heyl unfser Seelen ;
alluviel gelegen, als daß erdas Mittel, worauf.
unſre Seeligkeit anomun/n nicht deutlich elf er⸗
— — — —
|
kaͤret haben.
Kr muß bemnahrene gewiſſe Geund⸗ „Wahr
heit ſeyn, welche die andern alle begreift, und
—— Diejenigen, verſtehen muͤſſen, die da ſu⸗
chen ſeelig zu werden. Daß man zu dem Ende
die enn hei Schrift innen haben und verſtehen
muͤſſe, Bann nicht wohl ſeyn; es wuͤrde auf dieſe
Art niemand ſeelig werden; Dannmerfannfagen:
daß er die ganze Heil, Schrift innen habe mon:
Ak: Seit, OR fhn
243 XIII. Aurzes Bedenken von der
ſtehen koͤnne; Die Gelehrten ſeldſt find über den
Grund⸗Text und ihre Auslegungen noch uneins; J
was ſolten dann die Unwiſſenden davon glauben?
Solten es aber einige Stellen der Schrift insbe⸗
ſondere ſeyn, —— tausgemadit,
welche eigentlich,Diefelbige fenn. möchten. Gleich⸗
wohl muß es eine folche Grund⸗Wahrheit geben,
oder wir haben Feinen Grund nod) Gewißheit
zur Seeligkeit. |
Dieſe Grund » Warheit muß Die Eigenſchaft
haben 1,) daß fie.deutlih, 2.) allgemein, 3) |
‚nach der Fähigkeit aller, auch der fi Fa
fien Menfchen eingerichtet fen: Waͤre fie nicht. |
deutlich, ſo koͤnnte man fie nichtverfiehen; wäre. 1
fie nicht-allgemein, fo könnte fie nicht alle M |
fchen verbinden; waͤre fie nicht nach der Sahige |
Feit aller, auch der —— — Menſchen,
eingerichtet, ſo hätten die Einfaͤltigen, welſche
a Die meifte Froͤmmigkeit befisen, Teinen
i.
Dieſes alſo voraus geſetzt, ſo wird gefragt, ob
nicht eine ſolche zur Seeligkeit aller Menſchen nͤ⸗
thige Grund⸗Wahrheit in der Heil. Schrift en⸗
halten waͤre? Verſchiedene Gelehrte, haben dar⸗
über verſchiedene Meynungen. Liebſter Heyland/,
haft Du dich dann nicht Deutlich offenbahret?
For es fo viel Muͤhe die Menſchen zu überreden,
du fenft Ehriftus der Sohn GOttes, von
welchem alle Propheten zeugen, daß durch
feinen VNahmen/ die an ihn glauben, Ver⸗
‚XII, Binfalt des Glaubens. - 243"
werden follen Adt.4, 12.810,43. Diefeg
gebung der Sünden empfangen und ſeelig |
ift ver Sfnhult des ganzen neuen Bundes; Der’
Anfang, Das Mittel und Ende, aller unfrer
Glaubens⸗Lehren; Dann alle diefe find geſchrie⸗
ben, daß wir glauben follen, IEſus fey
Ehrift, der: Sohn GOttes, und durchden
Glauben das Leben zu haben infeinem Nah⸗
men. S$oh.20,31. .
| Diefes ift alfo die Grund - Wahrheit unfere
riftlichen Glaubens, nemlic) der Glaube an
JEſum Ehriftum, durch welchen wir einen
suganıg haben zu diefer Bnade, daf wir ges
e *
recht werden und Friede haben mit GGit.
Roͤm. 5, 1. 2%
| Diefer Glaube aber muß nicht hiftorifch ſon⸗
dern [
Slaubens leben, Sal. 3, 11. d. i. und feinen
Glauben durch Die Werke bezeugen; Dann deu
laube, wann er nicht Werke bat, kan
nicht Fes machen, und iſt an ihm felber
todt.
endig ſeyn; Der Gerechte muß ſeines
ac. 2, 14. 17. Dieſe Wercke aber beſte⸗
hen in der Liebe, dann die Liebe iſt das Band |
der Oolltommenbeit. Col. 3,4. |
Diefe ganz einfältige Lehre, welche auf ben
GBlauben an Ehriftum und auf ein heiliges Leber
dringet, hat Die drey obige Eigenfchaften voll
kommen: Sie iſt deutlich, allgemein, und nach
der Faͤhigkeit aller. Menſchen eingerichtet. Die
u 2 Daraus
244 XUl, Aurses Bedenkenvon der
* daraus flieffende Wahrheiten von des Menfchen:
Elend, von der rechtfertigenden Önade, von der
Erloͤſung Ehrifti durch fein Blut, von dem alle
Gebote in fi) haltenden Geſetz der Liebe, find
alle ganz Deutliche Lehr⸗Saͤtze, die man leicht ver:
ftehen kann; Sie find auch allgemein, dann fie
werden von Beiner Kirche in der Ehriftenheit an⸗
gefochten, oder in Zweifel gezogen; fie find
nicht weniger duch) ganz einfältig, denn man kann
fie fo gar den Schwachfinnigften beybringen und
gerfichen machen. |
Meynungen, Wörter » Kriege, Lehr : Säse
nach eigener Weißheit, ſymboliſche "Bücher,
gelehrte Critick, Wiſſenſchaft der Alterthumer,
alle Diefe Dinge gehören nicht hieher; fie lauffen
gemeiniglich nur aufleereSragen hinaus, Die nicht
zur Beſſerung dienen, und hernach in fo viele
Secten ausbrechen, als Menfchen fich finden,
Die von ihrer eignen Weißheit eingenommen find.
Die um Worte sanken, welche nichts nuͤtze
gm dann zu verkehren die-da zuhören. 1.
im. 2,14. Die allerhand Stagen aufbrin⸗
gen, die der Schrift-Meifter feyn wollen,
and Doch nicht verfteben, was fie ſagen und
feen. 2. Tim.2,14._ Der Menſch richtet nicht
Die Dinge,. die Des Geiſtes GOttes find, und
wegen der Sschmwachheit feines Verſtandes hat
gr dermahleins nicht Nechenfchaftzu geben. An
jenem groflen Tag wird ber gerechte Richter nicht
| — wie er dieſes oder jenes Geheimniß ver ⸗
nden, ſondern wie er gewandelt habe? Bon!
Ä
|
XII. infalt des Gaubens. 247
daß ein jeglicher empfabe, nachdem er ge⸗
bandelt bar, bey Leibes⸗Leben, es fen Boͤß oder
Gut. 2. Cor. 5/ 10.
Die Chriſten ſind niemals beſſer zuſammen
vereiniget, als wenn ſie ſich ſolcher geſtalt allein
an den Grund ihres Glaubens halten, und ſich
| davon auf Feinerley Weiſe ablenken laffen.
Der Glaube aber ift mit nichten ein Werk ders
jenigen Bilder, die fich im Gehirne zeugen; ſon⸗
dern eine Wirkung der Gnade in der Faͤhigkeit
unſeres Willens, dadurch wir GOtt in Chriſto
ergreiffen, und ung befleiſſen feine Gebote zu
halten.
Chriſtus hat uns eine Religion geprediget,
| ‚die fo weit von dem Aberglauben, als der Frey⸗
geifterey entfernet iſt. Deſſen Lehre hat den
Caracter der Göttlichkeit fo wohl in dem Groſ⸗
fen, als in dem Kleinen. Das Majeftätifche,
das Tieffe, Das Unbegreiffliche beziehet fich auf
GOtt; Das Deutliche, das Niedrige und das
Geſetz⸗Gebende auf die Menfchen. Der Menſch
findet hier alles, was ſeine Begriffe vonder Goti⸗
heit kann ausfuͤllen; Er findet hier alles, was
ihn verpflichten Bann, von einem foldhen Weſen
ale Vollkommenheit fich vorzuftellen und völlig
von ihmabjuhängen. Er findet Den Grund von
den Lehren des Heylands, und ihre Gewißheit
in feinem eignen Hertzen: Was du willt, daß
andere Leute dir thun follen, das thue du
ihnen auch. Chriſtus will, wir füllen ſeyn, mie |
3 ie:
—
246 XII. Rurtʒes Bedencken vonder
Die Kinder. Ein gutartig Kind liebet feine Eltern, |
es ift ihnen gehorfam, es folget ihnen ohne zu
wiffen wohin; es hat keinen Argwohn, Furz es
liebet und läflet die Eltern forgen ; diefe find mit
Ihm zufrieden und dem Kind ift wohl. Unſchul⸗
Diger Entwurf des Ehriftenthums, Hier gilt Fein
Ba und Meynungs⸗Eyfer. Hier urtheilet,
ter verdammet Feines den andern. Hier darf ſich
auch ein Paulus feiner hohen Offenbahrungen
halber nicht überheben. Chriſtus der Gecreutzigte
jſt der groffe und kleine Eatechifmus, Der Inn⸗
halt und die Auslegung der gangen Bibel,
Die Theofophie oder Weißheit in göttlichen K
Dingen erfordert einen geroiffen Stand der Mes
bitation, Der eigentlich zum Glauben nicht mit
gehöret. In dieſem fehen wir etwas von Derjenis
gen heimlich verborgenen Weißheit GOttes
davon David im Pf. 5, 8. Bir fehen aber fol
che nur in einem Dunckeln Schatten, tworinnen
n wenig Licht und Klarheit blicke. Diefer
Stand der Meditation if eine'Befchäfftigung der
menfchlichen Seelen, die fich mit ihren Verſtan⸗
des Kräfften in Fan Vorſtellungen einſencket,
welche ihrem unſterblichen Weſen einige Nah⸗
rung geben; ſie iſt darin von dem Glauben un⸗
terſchieden, weil dieſer auch ohne ——
welche wir in dem Verſtande ſuchen, beſtehen
kann. Die Weißheit iſt nur fuͤr ihre Kinder,
man kann glauben und doch nicht weiſe ſeyn, und
in gewiſſer Maaß weiſe ſeyn und doch nicht glau⸗
ben. Der Glaube aber iſt unendlich beſer
Wei
XIII. infalt des Glaubens. 247
Weißheit. Das Exrempel Salomonis und der
Heidniſchen Welwelſn zeiget ſolches zur Ge⸗
nuͤge.
Dieſes alles fon ung lehren, wie wenig Ur⸗
he wir haben, ung wegen verfchiedener Mens
nungen über göttliche Dinge von einander in fo
vielerley Secten gu trennen, ‘und dieſe Trennuns
En en noch immer weiter zu treiben. ie ſchlieſ⸗
en demnach dieſes Furke Bedencken mit ben
Worten Pauli. Wer bift du, daß du einen
fremden Rnechtrichteft? Er fteber oder fals
ler feinem Seren. ibid, 13. Ich ſatze davon,
daß untereuch Eeiner fpricht: Ich bint Patıs
lifch, derandere ich bin Apollifch, Der bite
te ich, bin Repfifch, der vierdte ich bin Ch
ſtiſch. Wie? ift dann Chriftus num —8*
net Iſt dann Paulus vor uns gecreug iget,
er ſeyd ihre in Pauli Namen getanfft?
—F 12,13. Darum laſſet uns dem nachs
ftreben, Das zum ‚Srieden und Befles
rung unter einander Diener.
Roͤ m. 14, IO,
D4 De
248 XIV Der Soldat.
’ —X
| "XIV... 0:05
Der Soldat.
| 1738
Ä Jeſer Enttourff ift einige Jahre hernach in
® Franzoͤſiſcher Sprache weiter qusgeſühnrt
worden, und unter dem Titul: LeSol-
‚dat, ou le metier de ia guerre conſiderẽ
‚eomme le metier d’honneur'‘: à Francfort
: chez Joh, Fried. Fleifcher ı 743. herausgekom⸗
‚men , welche Abhandlung das folgende Jahr
| nao mit einigen Zuſaͤtzen bey eben Diefem
Verleger auch in teutfcher Sprache mit diefem
Titul erſchien: Der Soldat oder Kriegs⸗
‚Stand betrachtet ale der Stand der Ehre,
theils aus dem Sranz oͤſiſchen des Verfaſſers,
theils aus deſſen anderwaͤrtigen Aufſatzen
vermehret und auf das neue herausge
ben. Franckfurt und Leipzig bey Joh. Friedr.
Fleiſcher 1744. Oegenwaͤrtiger Diſcurs aber
iſt als ein kurtzer Auszu non dem sanken Werck
zu betrachten, und bat him tind wieder verſchie⸗
dene Anmerckungen weiche indem voſtaͤudigen
Werck nicht vorkoammen.
Dem
XIV, Der Solda. 24 =
| | Dem |
Durchlauchtigſten Fuͤrſten und Herrn,
| HERRN |
Einf Ludwig,
Landgrafen zu Heffen, Fuͤrſten zu
Herßfeld, Grafen zu Tabenelnbogen,
Dieb, Ziegenhain, Nidda, Schaumburg,
| Pienburg und Büdingen ꝛc.
Meinem Bnädigften Fuͤrſten und Herrn,
VDurchlauchtigſter Fuͤrſt,
Gnaͤdigſter Fuͤrſt und Herr.
MWurer Hochfuͤrſtlichen Durchlaucht
unterſtehe mich gegenwaͤrtige Gedancken
von dem Soldaten⸗Stand unterthaͤnigſt
zuzuſchreiben. Ob ſolche nicht zu weit
5 wa⸗
‚20 XIV, Der Soldat.
wagen, da fie fi erfühnen, einem fo weiſen
und geoffen Sürften vor Augen zu fommen, dar⸗
über wuͤrde ic) allerdinge in Surchten ri
mann Dero ausnehmende Huld und gantz
liche Großmuth nicht mir und aller Weit befannt
ware, | |
Einen Helden blog auf das Papier zu mahlen,
ohne dabey ein Urbild aufsuftellen, doͤrffte me;
„nen Meynungen vieles von ihrer Wahrſcheinlich⸗
feit benehmen. Ew. Sochfürftliche Durchs |
laucht noch über Dero Sirlien-Ihron erhabene
Idensund Regenten» Tugenden, werden hin,
laͤnglich ſeyn, folche zu rechtfertigen, und mir
ſtatt eines Beweiſes Dienen, daß wuͤrcklich ders |
gleichen Eigenfehafften, als zu einem Helden ge |
hören, in ‚groffen Gemüthern. ihren gewiſſen
Grund haben. 0 |
Gott erhalte Ew. für. Durchl. nach
einer Fünffzigjährigen preißwuͤrdigſt zurü eley
ten Regierung, in Dero ge egneteſten ‘Alter,
noch viele Jahre, in allem oͤchſterwuͤnſchten
Wohlergehen, und laſſe auf Sie und Dero gan⸗
tzes Hochfuͤrſtl. Sauß die allermildeſte —2*
ſeiner Gnade und feines Seegens flieffen.
dietu Ich verharre mit der allertieffſtern Ehrey
jetun
ig | |
Ew. Hoch⸗huͤrſtlichen Durchl.
Meines Gnaͤdigſten Fuͤrſten und · Herrn.
AAnnlehthaͤnigſter Enecht und Vaſau
3.. M. v.8.
XIV, Der Soldat. 251
on
Don dem Soldaten-Stand und defien _
0 Urſprung.
N Enn man die Menfchen von auffen betrach⸗
> tet, fo fülte man nicht glauben, daß fie zu
etwas grofles und edeles gefchaffen waͤren; der
eintzige Vorzug, welchen fie vor den Thieren 1%
ben, beftehet in einem denckenden Geiſt, der ſich
in unendliche Begierden ausſtuͤrtzet. Ein Vor⸗
19, welcher zwar unausfprechlid) groß, aber
zugleich auch von der Art iſt, daß er ung ſowohl
in ein unendliches Leiden, als zu einer unendlis
chen Stückfeligkeit hinbringen Bann. |
Wir finden in dem Weſen Diefes Geiſtes fichere
Spuren einer unendlichen Faͤhigkeit. Wir fuͤh⸗
Im gewiſſe Neigungen, welche ung nach einer
vollkommenen Gluͤckſeligkeit trachten machen; da
wir Doch zugleich Durch Die wiederwaͤrtigſten Leis
denfchafften hingeriffen, an ſtatt Diefer Stückes
igfeit, nur mehrentheils Kummer und Schmer⸗
tzen bey uns naͤhren. Wir fönnen Daraus, wann
wuir auch nichts von einer gefchriebenen Offenbah⸗
tung wuͤſten, vernuͤnfftig ſchlieſſen, daß unſere
Natur von Dem Endzweck Des weiſen Schoͤp
weit abgewichen ſeyn muͤſſe.
Ein gewiſſes der menſchlichen Seele einge—
ſencktes Licht und Recht, lodert nur noch hier und
da; Die weiſeſten Menſchen ſpuͤren davon nur eb
’.
252 xIV. Der Soldat.
nen matten Sn, und Die meiften leben, als
ob gar Feines r
Aus dieſer elenben Veſhaffenheit, da die Ma
chen nicht mehr wuſten, was gut und was boͤ
war, entſtund ein allgemeiner Verfall ihre
‚gangen Goſchlechts; fie rieben ſich ſelbſt ein ander
auf; eg entzundete ſich unter ihnen allen ein
Krieg gegen alle; die Gefahr nahm täglich über
band, und der Greuel der Verwirrung Drohete
einem mit Dein andern Das Verberben; die Hıf
nafeit ihrer Vesierden erregtenichts als Wuth und
Sendfei igfeit. Der Stärdere ſchmiß den
Schwächen zu Boden, und wer die Macht hat
fe, Fonntethun, was er wolte.
Tune cadeshominum generi tunc c proelia
nata,
“ Sm diefem jänmerfichen Zuftand waren fie weit
ungluͤckſeliger als die Thiere; ihr Verſtand mach⸗
te ihnen alles, was ſie litten, doppelt empfind⸗
lich, ja, er vermehrete diefe Empfindlichkeit biß
zur äuflerfien Qua
Diefes bewog die Bernbnfiften unter den
Menfchen, daß fie mit ihren Sreunden und
dachbarn ſich in eine gewiſſe Verbuͤndniß und
buͤrgerliche Geſellſchafft einlieſſen, welche ſie mit
verſchiedenen Ordnungen und Geſetzen, wie ſie
ſolche zu ihrer allgemeinen Sicherheit für noͤthig
erachteten, befchränckten. Gleiche Noth gebade
se Abfichten. Man bauete Städte, un
XIV. Der Soldat. 253
umfchloß folche mit Mauren, um gegen den
Ueberfall böfer und feinpfeliger Menſchen fich su
beſchuͤtzen.
Dieſe erſte Verfaſſung eines ordentlichen ge⸗
meinen Weſens aber, wurde immer bald von in⸗
nen, bald von auſſen angefochten, und entweder
durch unruhige wilde Koͤpffe, die ſich keiner Ge⸗
ſetzbarkeit unterwerffen wolten, oder durch ge⸗
häßige boßhafte Nachbarn geſtoͤhret. Soichen
nun muſte man ſich mit Gewalt widerſetzen;
daraus entſtunden die erſten Anſtalten eines recht⸗
mäßigen Kriegs, dabey ein jeder redlicher Bur⸗
- ger fich verbunden. hielt, einen Soldaten abzus
geben, und vor Diegemeine Sicherheit zu flreiten.
Eine Haußhaltung, eine Dorffichafft, eine
Stadt fügte fich auf ſolche Weiſe zu der andern,
und machte eine gemeinſchafftliche Sache unter
ſich, den Frieden und die Gerechtigkeit zu erhal⸗
ten. Sie errichteten Geſetze und Ordnungen.
Sie ernannten unter ſich die weiſſeſte und erfah⸗
renfte Männer su Vorſtehern und Richtern. Die
Tapfferſten und Stärckften aber hatten.die Ehre
zuihren Beſchuͤtzern und Oberhäuptern erwehlet
umerden, um Das gemeine Weſen gegen auss
waͤrtige Sewalt und den Srevel boͤſer Men⸗
Ken zu beſchuͤtzen. “Hierauf gefchah es, Daß
fe Oberhäupter der ihnen übertragenen Macht”
mißbrauchten, ihr Amt zum Eigenthum, ihre
Mitburger zu Unterthanen, und ihre Unterthas
den zu deibeignen machten.
u Auf
\
.
254 XIV. Der Soldat.
Auf Diefe XBeife wurden aus bürgerlichen Ge⸗
felfchafften, erbliche Neiche, deren Eintoohner !
ihre Gluͤckſeligkeit und Ruhe num nicht mehr von
der natürlichen Billigfeit und ihren freyen Kathy
fhlägen, fondern von bem blofen Willen und
Wohlgefallen eines eingigen Beherrfchers erwar-
ten muften.. Der Fuͤrſt war nicht mehr vor das
Volck, das Volck war vor den Sürften.
Eine ſolche unumſchraͤnckte Macht war die
Frucht einer ungemefjenen Herfehfucht, und das |
Mittel darzu zu gelangen, eine Menge gerwaffe |
neter Soldaten. Schon. vor der Suͤndflut
herrſchten ſolche Thrannen, und die folgende Zei⸗
ten machen uns gantze Welt⸗Bezwinger betannt.
Hierdurch entſtund ein ſteter Krieg; der eine
fochte für feine Erhöhung, der andere für feine |
Freyheit; beyde fochten auf Unkoften ihrer eiges |
nen "Bürger: Blut. ‚ Unglückfeliger Krieg! Die |
Freyheit gieng verlohten, die Macht behauptete |
den Thron; Die Gefeße Der Natur wurden zu Ge⸗
fegen Des Staats, und Diefe zu Peitfchen des
menfchlichen Geſchlechts. .
Was war hierbeyzu thum? Solten Die Mens
| Ken durch ſtets fortwaͤhrende Kriege fich unauf
rlich ein ander aufreiben? Aus zweyen Ubeln
muſte man Das erträglichfte wehlen; eine gelindt
Knechtſchafft war dein unenolichen Blutvergieſ⸗
ſen ar ;. an flatt immer in Waffen zu lie⸗
gen, und ſich einander Die Haͤlſe zubrechen, Fir
j *
j
”
| XIV. Der Soldat. 255
das rathſamſte der Gewalt zu weichen, und ſich
derſelben, unter gewiſſen Bedingungen, zu un⸗
terwerffen; Bedingungen, welche der unmaͤßi⸗
gen: Gewalt Graͤntze ſetzten, und welche die Fürs
ſten, ohne ſich verabſcheuen zu machen, nicht
wohl überfchreiten dorfften. D
In einer folchen Kegierungs + Art ſiehet man
auch heutiges Tages die meiften Chriften miteins
geflochten. Wir verehren Darunter den Willen
GoOttes, welcher es alfo zugelaſſen, odervermit-
telt hat; wir unterwerffen ung mit Demuth und
Gehorſam demjenigen Oberhaupt, deſſen Sce⸗
pter uns die goͤttliche Vorſehung zu verehren hat
angewieſen. Wir loben derſelben Güte, wenn.
fie uns auf dem Thron, der ung beherrſchet, nicht
nur einen Sürften, Fondern auch zugleich einen.
liebreichen Vater, einen redlichen ‘Burger, und
einen Verehrungs⸗wuͤrdigen Helden zeiget; Aufs
fert fi) aber das Gegentheil, foertragen wir mit
Gedult die Schläge der göttlichen Gerechtigkeit,‘
welche gu unſerm Schreien die Hand eines T
rannen wafnet, um ung zu züchtigen.
Wie num hierauf die Staaten der Weltin eine‘
gewiſſe Verfaſſung kamen, darunter die. Eins:
roohner mehr, Die andere weniger Freyheit ge
nieſſen; alleſamt aber gewiſſen Machten und
Obrigkeiten untermworffen find; fo ift auch nach
und nach der Soldaten⸗Stand in eine ordentliche
wo beftändige Einrichtung gebracht wordenz
vrgeflalt, Daß ein jeder Staat heut zu Tage ß
. Pi . “ 5
⸗
"256 XIV, Der Soldat; |
viele Marnnfchafft unterhält, als er zu
Sicherheit und Befchügung vornöthiger ;
Wann fi) Noth und Sefahr fehon wuͤrcklich
äuffern, und der Feind bereits auf unfern Graͤn⸗
gen liegt, fo ift e8 zu fpat gute Soldaten ums:
Geld zu werben, vielweniger fie in den nöthigen
Kriegs » Übungen zu unterrichten: man muß fie
alsdann ſchon auf den "Beinen haben, und nick.
erftlich aus allen Wincfelen der Erden sufammen
zu drommelen ſuchen; Man iftnieficher, wann
man es nur fü lange ift, als der Nachbar will
und es iftallegeitbefier, einer der uns ſchaden Ean,
fürchtet. ſich vor ung, als daß wir ung vor ihm
fürchten muͤſſn. .
- Die Urfachen des Kriegs muͤſſen jederzeit Der
“natürlichen Billigkeit gemäß feyn. Ein Krieg
Tann nimmer für eine erlaubte und gerechte Sache
gehalten werden, wann er ‚nicht auch ‚gerechte
Urfachen und erlaubte Abfichten zum Grunde hat.
Die wahre Tapfferfeit ift eine Tugend, die nicht
die Menfchen fucht ing Elend zu ſtuͤrtzen, ſondern
iu be huten, A ift ber Seele eineg Helden,
r feinen Ruhm in großmuͤthigen und tugend⸗
bafften Thaten ſuchet. en
Io ILI.
Von der Soldaten Religion. |
Der Soldatens Stand dienet zur Erhaltung:
der Gerechtigkeit, Des Ordnung und ve 1
| | de
\ .
\
wı 0 :%#
+
XIV DerSolar 272
cherheit eines Staats; alſo iſt er der Tugend ges
maͤß und dem Chriſtenthum nicht zuwieder.
SHE hat ſich ſelbſt im alten Teſtament einen
GOtt der Heerfehaaren genennet, und vor fein
Volck gefrieget; Chriftus aber hat in der aͤuſſe⸗
ven Berfaffung der Welt gar nichts geändert;
fein Reich war nicht von dieſer Welt, feine Leh⸗
ven giengen nur auf das hinmnlifche, ewige, un⸗
vergängliche Reich GOttes feines Vaters; das
hin zeigte er ung den Weg. Im Zeitlichen vera .
mahnte er einen jeden feines Thuns zu warten.
Der Obrigkeit ließ er dag Schwerd, um Recht
und Gerechtigfeit zu handhaben, ‚den Knech⸗
ten befahl er. Den Gehorſam gegen ihre Herren;
und Den Soldaten, Daß fie fi) an ihrem Sols
de begnügen laffen folten. Wann er Demnach
lehret feine Feinde zu lieben, fohat er damitnicht
nen rechiinäßigen Krieg, fondern nur Die
Setbfte Rache und perfönliche Seindfchafft verbie⸗
Es bat jivar ebebeffen ein feharfffinniger Bars
le nicht zugeben tollen, daß ein Ehriflauchein - -
guter Soldat feyn koͤnnte; allein, er-fiehet hier
wen Sachen, die er feiner, Gewohnheit nad
gerne non einandertrennen wolte, in den groͤſten
Wiederſpruch. Eines Theile fehte er Den Chri⸗
ſten in die firengfte Beohachtung derjenigen Siebe
keines Naͤchſten, worinnen er, nachdem Wort⸗
3erftand der Lehre Chrifti, alles ſich von ihm
wehmen laſſen, und denzurückgebliebenen Man -
lel noch darzu hingeben müfte, Aufderannens
Me EGei⸗
I
is$ XIV. Der Soldat.
Seiten aber ſtellete er ſich einen Soldaten, ale
einen ertz⸗ wilden und tollkuͤhnen Menſchen vor,-
der keine Barmhertzigkeit, und Fein Verſchonen
gelten ließ, wann es ans Wuͤrgen, Sengen,
rennen, und Beute machen gieng; und in
dieſem Sinn hatte Bayle auch gewißlich recht.
Wer aber wolte den Worten Chriſti eine ſo
ſpoͤttiſche Auslegung geben; und biefihe althier
auf Die Bertheidigung gemeiner Ruhe th
- Sicherheit deuten? Wo hat jemahlen ein ver
en Soldat dergleichen barbarifche Aus⸗
ſchweiffungen vor eine rechtmäßige Kriegs » Art
ausgegeben? |
Es füheinet auch Die allgemeine Kriegs: Kegel:
Einem Feind ift gegen feinem Feind alles erlaubt,
‚ Dem Shriftenthum entgegen zu ſeyn; allein diefe
Regel hat jederzeit unter wohlgeſitteten Voͤltkern
fo viele Ausnahmen. gehabt, ‚daß fie ihre &eb
tung völlig verloren hat. Iſt ſchlaue Liſt
und Fluges Sinterge en, nebft: der offenbah⸗
ten Gewalt, Dem Voͤlcker⸗Recht nicht zuwiedet/
fo gilt Doch weder Betrug, noch Verraͤthered.
| ort und Zufage muß man feinem Feind fo her
fig halten, als feinem beften Freund. Ver
Bet ———— und be Den end
großmuͤthigen Feld⸗Herrn Grentzen? Preiſet
nieht die Wuch eines blutduͤrſtigen Befehlhe
bers, der alles was ihm vorkommt würde,
- meßelt und niederfäbelt; oder Das gelinde Der
ſchonen eines zum Mitleiden gerührten Uberwin⸗
ders; der allenthalben der Grauſamkeit I
* ol⸗
4 .
NIV, Der Soldat. a9
Soldaten Einhalt thut? Kinden fich nit in
den Gefchichten folche Erempel, da der Sieg:
öffters noch weniger Ruhm dem Sieger erwor⸗
ben, als deſſen gütiges Bezeigen gegen Die Ber
fiegten. Nie manche groſſe Helden haben nicht
ihren Kriegs⸗Gefangenen durch Leutfeligkeit und
Wohlthaten ihre Sefangenfehafft füffergemacht,
als ihnen: zuvor der Dienft ihres Deren gemeien _
ft. Sind dieſes nicht wichtige Ausnahmen Der
obigen Regel? Könnte auch ein Ehrift, bey einer‘
andern Gelegenheit, fich chriftlicher aufführen.
und mehr Gutes jtifften, als wenn er hier zur
Rettung Der Unfehuld und zum Schu der ‘Bes
drängten fich Ra läßt? So bald ein
Feind auffer Stand ift ung. zu fhaden ; fo bald
dürffen wir ihn nicht mehr als einen Feind an⸗
fehen; und fo bald hat er nicht unfrer Huͤlffe noͤ⸗
Bar fo find wir ihm Mitleiden und Erbarmen
19.
Daß auch die Chriſten weder das Feuer feheuen, -
noch bey den anhaltenden Strapazen des
Kriegs fo bald niederfincken, als ein wolluͤſtiges
verzaͤrteltes Volck, welches fich Durch ein unors
dentliches und böfes Leben, noch vor der Zeit ent⸗
Feöfftet, iſt wohl eine gan ausgemachte Wahr⸗
heit. er fechtet wohl getröfter als derjenige,
welcher glaubet umd verfichert iſt, er gehe aus
diefem in ein meit befferes eben; der fich alles
efallen IAft; was GOtt über ihn verhänget,
weiter Fein Anliegen hat, als des Herrn
Willen zu thun und feines Beruffs gu warten?
= N 2 Wel—⸗
460 XIV, Der Soldat. |
, Beche Xeligion tonnte ich bemmach befferfür
einen Soldaten ſchicken, alg die chriſtliche? und
in welchem Stand koͤnnte dieſelbe ſich wuͤrdigere
Verehrer und tuͤchtigere Streiter ausleſen, als
unter den Soldaten? Die Redlichkeit, die
Großmuth, die Tapfferkeit, das Mitleiden, die
Treue, der Gehorſam, die Wachſamkeit, die
Nuͤchternheit; Kurtz, alle ehriftliche Tugenden,
von welchem Stande werden fie mehr gefordert,
als eben von dem Soldaten-Stande? Wie kann
ein Menfch, der fich Sffters in augenfcheinlicher
Gefahr jiehet, ſein Leben zu verliehren, und doc)
‚ in eben Diefem Augenblick, alten feinen Muth,
alle ſeine Stärcke, "und allen feinen Verſtand ge⸗
brauchen foll, einen beffern Troft haben, als
daß er feine Seele dem Herrn übergiebt ; es fey
zum Leben oder zum Todt?
Es gibt. zwar viele rohe tollkuͤhne Leute, die
fich über alle Betrachtungen der Religion, ja
uber alle Schrecken des Todtes vermeynen hin⸗
auszuſetzen; fo gar, daß ſie bey einem Treffer
an nichts weniger, ala an dergleichen Dinge zu
dencken pflegen; zumahl, wenn fie vorher ihre
wilde @eifter mit Hißigen®etränekenaufgebrannt
und hernach in hundert taufend garfliger Engeln
Nahmen, damit es fein herkhafft klinge, indie
‚ feindliche Glieder einſtuͤrmen; allein, wie oft -
ſetzen dergleichen unbeſonnene Helden alksineite
jammerliche Verwirrung? Wie offt neben fie
icht zu einem gräßlichen Blutbad Anlaß, ohne
der gemeinen. Sache darunter zu dienedy -
rs
9
FR T
XIV. Der Soldat. ° 251
Es muͤſſen in der That dergleichen hitzige 2
recht ſeltſame Begriffe von dem wahren Dienſt,
Eiffer und der Tapfferkeit haben, da ſie ihrer
Wildheit, dem Wein und ihrem Unglauben,
wo nicht ſich ſelbſt, wie es oͤffters geſchiehet, pi
insgemein den beſten Kern der Soldaten auf
opffern. |
Es ift Demnach eine wichtige Wahrheit, daß
ein.rechtfchaffener Soldat, auch eine Religion
haben muß; allein, was vor eine wird man bier
fragen? Wir ſagen die-Chriftliche; ja, Dürffte
man einmerffen, Das ift nicht sg: es geben
Darinnen fo vielerley Kirchen und Secten, das
von eine jede fic) für Die wahre und rechtglaubi-.
ge ausgibt; wie ift da heraus sufonımen ? Wir
antworten; Es ift nur ein GOtt und ein Chris
ſtus, ein HErr und ein Glaube. GOtt bindet
N weder an geroiffe Voͤlcker, noch Kirchen.
Wer ihn fürchtet und recht thut, der ft ihm ans
genehm. |
Die chriſtliche Religion kann unter zweyerley
Geſtalt betrachtet werden:, Erftlich als eine ſolche
die ung die nöthige Alnmeifung gibt, wie wir an
Ehriftum glauben, diefen Glauben in der That
bezeigen und Dadurch Die Seeligfeit erlangen fol-
len. Davon iſt der kurtze Inhalt: die Liebe GOt⸗
tes und die Liebe des Nechſten. Zweytens als
eine die verſchiedene tieffe goͤttliche Geheimniſſe
enthaͤlt, welche nur den wenigſten Menſchen be⸗
kannt und offenbar ſind.
u R3. Die
262° XIV. Dee. Soldat.
Die erfte ift nach, der Faͤhigkeit aller und jeder
Menſchen eingerichtet; dann da heißt es. * Thue
u das fo wirſt du leben; fuͤrchte GOtt und hab
4 te feine Gebot, denn das fommt allen Mar
u (chen zu; er ben Willen GOttes thut, der
u bleibt in Ewigkeit; wer ihn fürchtet und redit
“that, der iftihm angenehm; nicht alle Die da
ſagen HErr, HErr, fondern die den Willen
thun des Vatters im Himmel; nicht, die das
4 Geſetze hoͤren, ſondern die ſolches thun, wer⸗
44 den gerecht ſeyn. Darum übe fi) ein jeder
4 mit den H. Paulo ein unverleßtes Gewiſſen zu
u baden, beydes gegen GOtt und Menfchen. „
Weil wir nun wegen unfrer verderbten Natur
nicht im Stunde find dieſes alles von ung felbfl
zu thun; ſo müffen wir Chriftum im Glauben
ergreifen, ihn vor unfern Heyland erkennen,
und aus ihm Die Krafft ziehen, welche ung zu der
Erfüllung des Geſetzes mangelt. Hier iſt alſo
der Glaube ein aufrichtiges, einfaͤltiges Zutrauen
zu der Liebe GOttes in Chriſto und zu. derjeni⸗
sen Hrade, durch welche wir gerecht und ſeelig
werden. J |
Die andere Betrachtung der hriftlichen Reli⸗
gion ift ein —— — Wiſſenſchafft,
welche man die Gottesgelehrtheit nennet; dar⸗
aus hernach, bey zunehmendem Verfall der
menſchlichen Aufrichtigkeit, und bey dem An⸗
wachs des geiſtlichen Hochmuths, zum groͤſten
Jammer und Verderben der menſchlichen Ge⸗
ellſchafft, die fo zaͤnckiſche als verkehrte u
/ . Zu ev
xIV. Der Soda. 263
3 — entſtanden iſt. Allhier verlohren die
Menſchen die reinen Quellen der Wahrheit; da
gruben ſie Brunnen wo kein Waſſer war. Die
Einfalt des Glaubens wurde zu einem fpißfindis
gen Streif, nicht der reinen, fondern Der durch
tauſend Vorurtheile und dunckle Wörter verruͤck⸗
ten Vernunfft; da wurden Glaubens⸗Artickeln
gemacht, die nicht in der Schrifft ſtunden, und
Formulen, welche mehr Die Lehren des Ariſtote⸗
&8, als des Heylandes bewährten. Derjenige
Glaube, der dem Menfchen nichts. alg Liebe,
Friede, Sanftmuth und Seligfeit verfündigen
> ‚folte, Der wurde hier ein abſcheulicher Tyrann des
gantzen menfchlichen Geſchlechts. Nie hat der -
Wahn und die Herrfehfucht mehr Boͤſes geffiß
tet, mehr Staͤdte verheeret, mehr Länder vers
wuͤſtet, mehr Menfchen ins Elend aeftürket.
ESs iſt dieſes Der Glaube der Reifen nad) dem
| * der hochmuͤthigen Phariſaͤer und Schrift⸗
gelehrten, welche die Schluͤſſe ihrer elenden
Weißheit fuͤr GOttes Wort wollen geehret wiſ⸗
ſen; die nicht des Naͤchſten Wohl und der Voͤl⸗
cker Heyl, ſondern ihren eingebildeten naͤrriſchen
Ruhm ſuchen; dem fie alles, was die natuͤrliche
Rechte billiges, und Die Religion heiliges haben,
aufopffern. Verſtand, Erkaͤnntniß, Weißheit,
Glauben, ſind goͤttliche Gaben; wer ſolche em⸗
pfangen hat, det bewahre fie in der Demuth;
und uberhehe fich deßwegen nicht; wiewohl,
warn Die: WBeifiheit ans GOtt iſt, ſo denmüthiget
fie geroiß; gebühret fieaber Hoffart, fo zeiget ſie,
wes Geiſtes Kind fie iſt. R4
J
264 „XIV: Dee Soldat, |
Wir Fommen, nad) biete kleinen Ausſchweif⸗
ng, wieder auf unſere Soldaten; wir rathen
ihnen Streiter in ber gemeinen Noth, aber nicht
in der Religion abzugeben. Hier follen fie
Kinder des Sriedens fenn; und fich im übrigen
der Ordnung halber zu Derienigen Aufferlid
Kirche halten, darinnen fie find erzogen wor
. den, oder Davon fie Die meifte Überzeugung has
"ben; dann im Grund kommt Doch alles im Ehris
ſlienthum allein anf den Glauben und einen from:
men Wandel an. | 2
IIL
Von der Ebre, als der allgemeinen
Grund⸗Regel der Soldaten.
EN &e Ehre iſt ein gewiſſer Beyfall der Menfchen,
mit welchem ſie was ihnen gut und vortreff⸗
lic) ſcheinet, rühmenund hochachten; dieſe Ehre
iſt entweder wahr oder falſch.
Wann unſere Thaten und Handlungen der
Tugend und der Weißheit gemaͤß ſind, ſo folget
daraus eine wahre Ehre. Haben aber unſere
Thaten und Handlungen nur den Schein von
‚ber Tugend und Weiliheit, fo foiget daraus auch
nur eine falſche Ehre. =
¶ Die Ehre iſt ein zeitlicher Vortheil wie andere
Guͤter dieſes Lebens. Iſt dem Menſchen erlaubt
durch Geld und Guͤter und allerhand Bean
XIV. Dee Soldat. "26
lichkeiten, den Zuftand dieſes Lebens zu verhef
fer‘, ſo kann manihmdie Bortheileder Ehre um
fo viel weniger verdächtig machen, jemehr groffe
Qugenden und vortreffliche Eigenfchafften darzu
erfordert werden, berfelbenwurdiazufeym.
Ein guter Ehrift kann bey der gröften Demuth
die Höchfte Ehre erlangen, dann fie ift eine Folge
ſeiner Tugend; fie’ift wie der Schatten, det im⸗
- „mer den Coͤrper begleitet. Er Bann fo wenig vers.
hindern, daß man feine gute Wercke nicht fuͤr gut
halte und dieſelbe ruͤhme, als wenig ein laſter⸗
hafftet Menſch verhindern kann, daß man von
ſeinen Schandthaten nicht ſolte uͤbels dencken
und urtheilen. | zZ
„Ber alfo Die Tugend ausübef, der Hat nicht
allein die Ghlückfeligkeit und das Dergnügen,
. welches aus der Sache felbft flieffet, fonderner ers
langetEhre,und verbefiert auch dadurch feinen auf
ſerlichen Zuftand in Diefem Leben; indem erdurch
Die Ehre die Gunſt und Freundſchafft der Men-
ſchen fich erwirbet, melchediegröfte Annehmlich⸗
Teiten eines tugendhafften Gemuͤths ausmachen,
- md zu der Beförderung feines Wohlſtandes fehr
viieles mit beyfragen. . |
Hätten Die Menfehen für ihre löbliche Thaten,
für ihren Fleiß und ihre Bemühungen auch nicht
gewiſſe Wortheilesugervarten ; fo würde feiner den
andern fehügen, niemand leicht etwas zum gemei⸗
nen Beſten unternehmen, mithin kein Menſch ir
| | JS. den
*
266 XIV. Der Soldat, -
den andern arbeiten und gebäfftig ſeyn wollen;
das Band der bürgerlichen Sefellfchafft wuͤrde
zerreiſſen, Trägheit und Unordnung allenthal:
ben ausbrechen,. und die Laſter hingegen Die
Dberhand gewinnen. . Die Weißheit GOttes
hat demnad) den Menfchen nicht ohne Urſache
dergleichen Neigungen gelaffen, Damit fie Durd)
geroiffe Annehmlichkeiten und Vortheile möchten
gereitzet werden, etwas Gutes zu verrichten, und
einander nuͤtzlich zu ſeyn. |
Wie nun Die mehr Ehre fich auf die wahre
Tugend gründet; alſo vergnüget fid) im Gegen
theũ die falfche Ehre an dem blofien Schein und
dem duflerlichen Glantz einer eingebildeten Ho
heit; fie will angefehen, gepriefen, verehret, ja
gar bewundert fenn, fie mag ſolches verdienen
‚oder nicht; fie ift ein Sclav der thörigften Eiteb
keiten und Wachreven der Menſchen; fieift voler
Stoltz, Hochmuth und Aufgeblafertheit. Sie
iſt fo wenig in ihrer Ruhmſucht, als der. Geit
mit Gütern: zu erſaͤttigen; je mehr man einen
Hochmüthigen lobet und einem Geitzigen giebel,
‚ Je mehr fie beybe haben wollen.
Die wahre Ehre ift überaus weit über dieſen
dufferliejen Schein und die Meinungen des Pb
bels erhaben; Diefelbige Tugend, welche groſſe
Gemüther zu den vortrefflichften Thaten an⸗
treibet, erhält sugleich ihren Geiſt in Der tieffiten
Demuth. Sie wiflen, daß ſie Feine andere
Ehre haben, als aus Der Fähigkeit gutes zu Br
Ä | A
XIV. Der Soldat. , 267
fie wiſſen, Daß Diefe — nicht ihr eignes,
fondern ein ihnen von GOtt anvertrautes Gut
ift, der, wo fiefich deſſen überheben, ihnen foß
ches wieder nehmen, und fie Dargenen alle
Stunde und Augenblicke in eine abfcheuliche
Geaur, oder in ein bloſſes Nichts verwandeln
nnte. M =
So ödemuͤthig und niedrig aber die wahre Zus
. gend vor den Augen GOttes ift; fo wenig vers
achtet fie im Gegentheil mit einen feheinheiligen
und ſtoͤrriſchen Eigenſinn diejenigen Vortheile,
wæelche ihr aus der Ehre in dieſer Welt zuwachſen.
Sie weiß, daß dieſe Ehre zur Erhaltung des
Staats und der gemeinen Ordnung muͤſſe bey⸗
behalten werden; deßwegen iſt ſie eben fo praͤchtig,
wann es der Wohlſtand mit ſich bringet, als
ſchlecht und eingezogen, wann es andere Um⸗
ſtaͤnde erfordern. Iſt ſie mit aͤuſſerlichem Glantz
umgeben; iſt ſie groß, gehietend, herrlich, mit
Gluͤck, und Sieg und Ruhm begleitet, ſo laͤßt fie
ſich dieſes alles gern gefallen, und vergnuͤget ſich
daruͤber; als uͤber ein irrdiſches Gut; ſie eignet
( Davon nur fü vieles zu, als esihrer Weiß⸗
deit anftändig iſt. Verfolget fie aber. der Neid,
iſt fie der Mißgunft; den Lügen, und den
Verlaͤumdungen unterworffen; mird Dadurch
ihr zeitliches Gluͤck untergraben, und gar zu Bo⸗
den geſturtzet, fo weiß ſie fich Datein zu inden; fie
berändert Deswegen nicht Die Züge ihres Anger
fichts; fie bleibt doch immer gleic) groß y gleich
erhaben , gleich verehrungs + würdig; me
-
268 | XIV, Der Soldat. | .
Fann ihr Die Ehre rauben,fiehafftet aufihren Tha⸗ |
ten. Sind diefe löblich und umfchuldig, fo Fönnen
fie weder Verlaͤumdungen noch böfe Nachreden
jhanden. © BB
Cato ſuchte das wahrhaffte Gute, indem er
dem Untergang der Freyheit ſeines Vaterlandes
vorzubeugen, alle Standhafftigkeit gebrauchte.
Roms Heyl und Wohlfahrt zu erhalten, warfuͤr
einen ſo groſſen Geiſt das allerwuͤrdigſte Geſchaͤff⸗
“te; weder bie Betrachtung feines Hauſes, noch
feine Gemaͤchligkeit, noch Die ſchmeichelhaffte
Vorſtellungen feiner Freunde, noch Die andrin⸗
gende LiebFofungen des Ceſars, vermochten
doeocnſelhen in feinem gefaßten Schluß wanckendzu
machen; die wahre Ehre Dr ihn allhier das ge⸗
meine ‘Hefte feiner eignen Hoheit und dem Glang
feines Haufeg vorziehen. on -
Ceſar hingegen ließ fich von dem Schein der
falfchen Ehre hlenden; er fuchte Die Freyheit des
Vaterlandes unter das Joch feiner anumfchränd
ten Herrichfucht zu bringen; er that alles was
ihn groß in der ‚Leute Augen machen Fonntes
Thron und Zepter hatten vor ihn mehr Reitzungen
als des Santo Tugend. Cr vergaß der wahren
. Ehre, um durch den Glantz einer falfchen fich zu
erheben. m
Ceſar hat immer fort noch mehr Nach—
folger als Cato; man liebet noch ſtets den fal⸗
ſchen Schein der Ehre mehr, als Die Ehre ei
Bar —— an
©.
u XIV. Der Soldat. 269
Man fucht hohe Würden und Ehren: Stellen; -
nicht, weil man Dadurch mehr Bermägen über:
kommt, viel Gutes zu flifften 5 ſondern weil ſolche
mit einem praͤchtigen Anſehen, mit einem herr⸗
lichen Aufzug, mit koſtbaren Kleidern und mit
- einem langen Schmeif bundfärbigter Diener und
Aufwaͤrter begleitet gehen.
I Die wahre Ehre iſt gar wenigen bekannt; fie
gibt ſich ihren Guͤnſtlingen nicht ehender zu eigen,
als biß dieſe alles um fie gethan haben, was die
Hoheit des Geiſtes und eine reine Tugend von ih⸗
wen erfordert; fie iſt ſo zärtlich, daß fie durch
die geringſte Leichtſinnigkeit kann verletzet werden,
und ſo eifferſuͤchtig, daß ſie keiner andern Nei⸗
| guro Raum läffetz fie ift eine Feindin aller La⸗
er, und um ſich ihrer recht würdig zu machen,
muß man weniger nicht als gang tugendhaft ſeyn.
Wo aber findet man eine fulche wahre und uns
befleckte Ehre? Wir befcheiden uns billig; wir
befchreihen hier die Menfchen nicht mie fie find,
fondern wie fie fenn folten. Es giebt gewiſſe
Staffeln der Vollkommenheit, wenn man gleich
keine Erempelnanführen kann, Daß diefe oderjene
den höchften 86 derſelben wuͤrcklich erſtiegen
haften. Das Gluͤck felbft iſt ver Tugend ſelten
geroogen. Man findet alfo Die groͤſte Ehre offs
kers, wo der mindefte Schein von Doheit und
Wuͤrden glaͤntzet.
ESo viel aber iſt gewiß, daß auſſer der wahren I
U⸗
| —
270 XIV, Der Soldat.
. Tugend, Feine wahre Ehre, und daß auffer der .
wahren Ehre auch Fein Menfch ein wahrer Held
ſeyn fönne, wann er auch die groͤſte Thaten ver;
richten, und als einandrer Alerander gang Aſien
unter feine Bottmaͤßigkeit bringen folte. Diefer
Satz leitet uns zueiner näheren Betrachtung ‚was
ein Held fen, und was er vor Eigenſchafften has
ben muͤſſe, dieſen Nahmen zu verdienen.
V.
Von den Tugenden nd Wiffenfchafften,
mwelche zum Soldaten⸗Stand erfor⸗
— dert wrrden.
Er Soldaten⸗ Stand iſt ſo beſchaffen, daß
eines Theils nur die gemeinſten Tugenden
und Wiſſenſchafften, andern Theils aber die groͤ⸗
ften und wichtigſten darzu erfordert werden. Es
giebt gewiſſe Stellen im Krieg, die weiter nichts
als einen geſunden Leib und eine gemeine Ver⸗
nunfft; andere aber und, zwar Die vornehmften,
welcheeinen ungemeineu Seift, ein hürtiges We⸗
ſen, einen gegenwaͤrtigen Verſtand und eine
gruͤndliche Kriegs⸗Wiſſenſchafft voraus ſetzen.
Der Sieg iſt der Endzweck vom Krieg: ſol
Diefer erlangt werden, ß uß fuͤrwahr der Kopff
daran nicht weniger Antheil haben, als eine
tapffere Fauſt; Dann inan kann auch den Sieg
zu theuer kauffen. Die ehr Kriegegan⸗
| 2 | e
—
XIV, Der Soldat. 27 1
doch den verlangten Vortheil zu erhalten wiſſen.
Was aber ein Soldat, der einen Befehlsha⸗
ber abgeben will, in Kunften und Wiſſenſchaff⸗
ten zu erlernen habe, das wollen wir hier kuͤrtzlich
unterſuchen.
Die erſte Wiſſenſchafft eines Soldaten wn -
Rang ift die Lateimifche und Franzoͤſiſche
Sprache; verfichet er dieſe nicht, ſo kann
er die wenigſte Kriegs⸗Kunſtwoͤrter, welche ihm
taͤglich vorkommen, und von einer diefer beyden
Sprachen herruͤhren, füglichanbringen; er kann
ftehet alſo darinnen, Die Menſchen zu ſchonen und
beſonders in Ermangelung der Lateiniſchen, Fer
nen tuͤchtigen Aufſaͤtz machen, noch die ſchoͤne
Bücher der: Alten —— welche nebſt den finns
reichſten Gedancken und Anmerekungen, auch Die
Geſchichte der beruͤhmteſten Helden des Alter⸗
thums, mit Anfuͤhrung der beſten Kriegs⸗Re⸗
in, ung beſchrieben hinterlaſſen haben; Kriegs⸗
Regeln, welche noch heut zu Tage, bey mancher⸗
ley Vorfaͤllen und Umſtaͤnden, ihren trefflichen
Nutzen habe. Deßwegen auch imſer groffer
Eugenius zu fagen pflegte, wo es in einem Tref⸗
fen zum Degen käme, fo Eriege man noch, wie
chedeſſen auf gut roͤmiſch. |
Die Sranzsfifche Sprache aber iſt ihm faſt un⸗
ehrlich; man lieſet darinnen die trefflichften
Schriften, welche vom Krieg handeln; die ſo
genundte Memoires find guten Theile: von ſol⸗
—
272 xiv. Der Soldat.
chen Leuten geſchrieben, die ſelbſt im Krieg oe
dienet, und darinnen empor gekommen find.
ßuoeſhwaigen daß dieſe Sprache heut zu Tage
ey unſern Hoͤfen und in dem Umgang mit
Stands⸗Perſonen fo üblich worden if, daß es
allerdings für ein Zeichen einer ſchlechten Aufer⸗
ziehung pfleget gehalten zu werden, wo man eine
ſolche faft Durchgängig angenommene Sprache
Die zweyte Wiffenfchafft eines Soldaten vom
Rang, iſt das Voͤlcker⸗Recht, und die Sitten
Lehre. „Ohne dieſe/ hat er Feine ächte Begriffe,
von der nätürlichen Billigkeit, von der Redlich⸗
keit, von der Menſchen⸗Liebe, von der wahren
; Ehre, son den Grund⸗Saͤtzen eines gemeinen-
Weſens, und von den Pflichten eines ehrlichen
Mannes. Ohne diefe, weiß er die Lafter von
Den Tugenden nicht zu unterſcheiden; er wird die
Vermeſſenheit mit der Tapfferfeit, den. Frevel
mit der Ünerſchrockenheit, die Leichtſinnigkeit mit
der Oroßmuth verwirren. Ohne dieſe, hat er
feine gruͤndliche Erkaͤntnnis von der Welt, von:
den Menſchen, und von fich ſelbſtz er üft nicht
geſchickt die Gemuͤther zu prüfen. ihre Abfichten
und Neigungen zu erforfchen, und nach eineg je
den Natur und Fähigkeit, wie es die Klugheit
sind Die Umſtaͤnde erfordern, fich zurichten.
u Drittens, fo foll auch ein Soldat vom Rang
in denen hiſtoriſchen Wiſſenſchafften wohl erfah>
ren ſeyn; und dabey eine sulgupliche Kenntun
FL n en der
=
- er nur immer bey allen und jeden Sefellfchafften
XIV, Der Soldat. 273 |
4 der vornehmften europaͤiſchen Staaten und ihrer
politiſchen Einrichtung befißen; wo nicht, ſo mag
fich zu einem beſcheidenen Stillſchweigen gewoͤh⸗
nen, will er anders ſeine Unwiſſenheit nicht bloß ge⸗
ben. Zugeſchweigen, daß ein vornehmer Be⸗
fehlshaber nothwendig den Staat ſeines Herrn
und der benachbarten. Länder ſoll innen haben;
in Betrachtung, daß fich öffters gank unver:
Sehens folche Zufälle ereignen, wobey er feines
Fuͤrſten Ehre uud Gerechtſame muß zu vetten
wiſſen; welches abernichfgefchehen kann, wenn
— De 2 u. — * \ ”-r ..
— — — — — —— ..
er von folchen Dingen Feine Wiſſenſchafft hat.
Die vierdte und fait unentbehrliche Wiffens .
Ihafft eines Soldaten vom Rang betrifft dens
jenigen Theil dor Mathematic,- welcher in der
Kriegs Baus Kunft, der Meß⸗Kunſt und der -
Bewegungs⸗Kunſt beſtehet, und weiche alle die
Zeichnungs⸗Kunſt zugleich mit zum Grunde has .
ben. Auf diefen Wiſſenſchafften beruhen alle
Unternehmungen und Arbeiten, alle Kriegs-und
Spldatenstlbungen, alle Belagerungen, Ders
ſchantzungen, Bollwercke, Lauffgräben, Lager⸗
tähten, Qeib; und See⸗Schlachten, Maſchi⸗
nen, Feuerwvercke, Brücken, Schiffe, Gewehr,
Geſchůͤtz und dergleichen.
Endlich und zum fünfften ift die Wiffenfchafft
der Deconomie einem Soldaten befonders noͤ⸗
tig; die Sparfamfeit feheinet unter allen Sits
ten-Zugenden die verächtlichfie zu ſeyn; fierächet .
1A © ſich
Ill. Thei
274 xIV, Der Soldat.
|
fich aber deswegen öffters mit einer folchen Ahn⸗
dung, daß ſie, durch ihre heimliche Gewalt ihre
Veraͤchter ins Verderben ſtuͤrtzet. Es iſt gewiß:
Der Geitz, ſagt man, ift eine Wurtzel alles
Ubels; allein, es ſcheinet öffters, als wolten wir,
um den. Geitz zu fliehen, wuͤrcklich alles Ubel
thun. Wie viele ertzliederliche Verſchwender
dencken, man müfte ihnen alle ihre Ausſchweiſ⸗
fungen vor gut halten, weil fie nicht geißig waͤ⸗
ven. i
Ein Eoldat, der fich durch feine leichtfinnige
Verſchwendungen in groffe Schulden ftürket,
fiehet nur zwey Wege vor fich ‚feiner Sfäubiger
fich zu entledigen 5 entweder ex niuß fie betrügen,
oder auf unrechtmäßige Art Geld zu machen fir
chen. Weiß ernicht vor fich Hauß zu haften, 16
weiß er eben fo wenig, Die von feinem Regiment
ihm anvertraute Gelder und Sachen gebührend zu
verwahren; alleg zu rechter Zeit und um billige
- Preife anzuſchaffen; alles in gehöriger Ordnung
ze und zu ſchonen; er weißnicht mas die
Waren gelten, er fennet weder ihre Dauer, noch
“ihre Süte; er weiß keinen Überfchlag zumachen,
wie Diefes oder jenes bey dem Regiment am beften
anzuordnen wäre; Damit. werden öffters arofle
Summen unnsthig aufgemandt, und menn
Geld vonnöthen ift, fo mangelt ee allenthalben.
O wie trefflich ift hie einem Befehlshaber die Wiſ⸗
enfchafft der Deconsmie! Es it einem aroffen
Süurften Feine geringe Sreude, wenn er eine
Menge fehönsr Truppen, wohl geubt, wohl ge
| \ kleidet/
\
XIV, Da Solar, - 253
keidet, in einer zierlichen Stellung vor ſichſiehetz
Truppen, die wohl verpfleget werden, die keinen
Mangel leiden, die ordentlich ihren Sold be⸗
kommen, die ihrem Fuͤrſten taufend Gluͤck, und
Heil und Seegen zuruffen, und Niemand nichts,
ſchuldig ſind.
Zur Erlernung der nöthigen Krieds⸗Wiſſen⸗
Khafft folte man gewiſſe Krieges und Soldaten
Schulen auftichten, und dabey ſolche Anftalten
verfügen, daß daſelbſt junge Leute, heſonders die
von Adel, ohne groſſe Unkoſten, alles dasjenige,
was zum Soldaten » Stand erfordert wird;
gründlich erlernen koͤnnten. Uberhaupt müßte .
man den Tag fo eintheilen, DaB mitihnenimmer
etwas nüßliches und zu dem Krieas⸗Weſen gehoͤ⸗
riges vorgenommen wuͤrde; alfo Fönnten einige
Stunden zu den eibes » Übungen, andere jue
Unterweifung in den Wiſſenſchafften, andere
‚gu den Ergöglichfeiten angewendet werden,
Es koͤnnte hierbey ein kluger und erfahre
Befehlshaber feinen Leuten auch gewiſſe Stun
den halten, und fiedarinnen mallerhand Krieges:
en unterweiſen, feine Saͤtze mit Srempeln
| a denen Gefchichten erläutern, Darıber ſeiner
uhörer Urtheil und Meinung vernehmen, mid
bindiefelbe quf eine geſchickte und vernuͤnfftige Art
fähig machen, bey allen vorfommenden Zufaͤllen
und enheiten fich hurtig und gluͤcklich zu ent⸗
ſchlieſſen, und diejenige Mittel gu ergreiffen
Ze 8a vweiche
276. XIV, Der Soldat. .
welche in verwirrten Faͤllen den beften Ausſchlag
‚geben Fönnen.
v.
Vom Zweykampff.
Der Zweylampff iſt eine Handlung zweyer feind⸗
ſeligen Perſonen, die ſich, weil einer von
dem andern beleidiget zu ſeyn glaubet, an einander
1 mit Leib und Leben zu rächen fuchen. Diefe
Handlung iſt gantz unerlaubt 5 fie ift wieder Das
Chriſtenthum, wieder die gefunde Vernunfft, weis
berdie wahre Ehre und wieder alle Geſetze.
Das Chriſtenthum verheut alle und jede Arten
von Feindfeligfeit und Selbſt⸗Rache; das Geſetz
ber Siebe ift deſſen Grund⸗Geſetz: NBer nicht feis
nen Nächften liebet und ihm alle Beleidigung vers.
geihen und vergeben Bann, Der ift kein rechter
Ehrift, der hat noch Feine Hoffnurig, da ihm
. feine Schulden vergeben werden. Hieran wird
manerfennen, fagtChriftus, ob ihr meine Juͤn⸗
ger ſeyd, wenn ihr euch untereinander liebet.
Ein Ehriftfeyn wollen, undfichmiteinem herums
fehlagen, ift eben fo viel, als GOtt mit dem
Munde bekennen, und in Der That verläugnen.
Die gefunde Vernunft hält es vor eine der
groͤſten Kafereyen, daß ein ehrlicher Mann, wes
I einer ihm sugefügten Beleidigung, oder auch |
ters nur, wegen eines gegen ihn ausgeſtoſſenen
| | ſchluͤpf⸗
XIV, Der Soldat. 277
‚khlüpfrichten Worts, Leib und Leben auf Die
Klinge feßen fol. Welche Narrheit ift nicht
dieſe? Weil uns einer an unferer, einges
bildeten Ehre verleßet, fo foller Dadurch auch ber
fügt feyn, uns, wann er kann, das Leben noch
darzu su nehmen. IBeileiner auf uns gefehimpffet,
fo haben wir die Ehr verlohrenz fo ift demnach
‚unfere Ehre in der Hand unfereg Feindes, Der
Tann ung folche nehmen, wann er will. Unſer
Feind ift ein wilder Kerl, oder er hat fich im
Trunck übernommen, oder er ift im Gehirn nicht
richtig, und dennoch iſt er· Herr von unferer Ehre?
Das mußfürmahreinefchlechte Ehrefenn.
Die wahre Ehre weiß nichte von der Selbft-
Mache; fie gründet fich auf die Tugend, Die Tu⸗
gend aber hat feinen Zweck, als Das Gute zu vers
tichten.. Ein feindfeliges Urtheil Fann ihr den wah⸗
tn Ruhm, der aufihren Thaten hafftet, nicht
benehmen. Man kann von ungübelreden; Als
kin Lügen fehänden keinen ehrlichen Mann ; wohl
aber den Lügner von dem fie kommen. Unſere
Ehre ift allezeit ſicher, wenn wir nichts b
thun, denn da Die vernünftige Welt den Guten
Beyfall giebt, fo iftesnurein Irrthum und Feine
erleßung der Ehre, wenn manung andre Thas
ten andichtet als wir thun. Ein ehrlicher
Mann hat Mitleiden mit folchen unglückfeligen
Gemuͤthern, die ſich mit ihrem Haß und mit
ihrer Feindſeligkeit quälen 5 fi an einem
tächen, weil er von ung übel denckt und fpricht,
iſt allezeit ein niedertraͤchtiges Kennzeichen non
S3 unſrer
ar KIV Der Soldat,
unfter thörigten Eigenliebe, welche die Leute zwͤmn
gen will, von ung ſo viel gutes zu dencken uͤnd zu]
ſagen, als wir ſelbſt von unſern vermeynten Voll⸗
kommenheiten die naͤrriſche Einbildung hegen.
Wie ſolte man ſich nicht vielmehr ſchaͤmen ſo aus⸗
ſchweiffend hochmuͤthig zu ſeyn? Die wahre Ehre
iſt pielzu erhaben, als daß fie zu dergleichen kleinen
Ewpfindungen ſich ſolte herunter laſſen; fie beſchei⸗
det ſich, daß umn einen Weiſen zu gefallen, man oͤff⸗
ters hundert Thoren mißfallen muͤſſe. Der Bey
fall eines Cato, eines Laͤlius und der beyden Sci⸗
pionen ſind ihr genug; und wo auch dieſe fehlen,
fo fehlieffet fie ſich in ihre eigne Tugend ein. Und
troͤſtet fich mit dem einzigen Zeugen. der in ihrem
Gewiſſen lebet.
‚Alte Gefetze leiden Darunter, wann ein jeder
n eigner Dichter und Mächer feyn will, In
ſolchem Fall brauchten wir feine Obrigkeiten, kei⸗
‚ne Geſetze und Feine Befehlshaber, Das Fauſt⸗
Recht würde uns genug ſeyn ; ein jeder koͤnte thun
was er wolte. Solten dag nicht gluͤckſelige Zei⸗
ten ſeyn? Doch wie lange würden fie dauren?
Se lange big die Wuth einen mit dem andern |
würde aufgeriebeu und verzehret haben; oder bie
uns Die bevorſtehende Gefahr wieder auf Die Ge—
danckem bringen würde, neue Ordnungen und
Geſetze zu machen. | |
F |
Dieſe Anmerekungen kauten gar nicht folder
tiſch; zum wenigſten wiederſpricht die Gewohnheit
alles, was wir bier zu ern Die Srenßeinh
[1
«
|
| .
XIV, Der Soldat. 279
men: Die Serwohnbeit, Die fich fo lange fortge⸗
trieben ‚hat beynaheeinebeftändige Beobachtung
aufzuweiſen, und iſt alfo unter den Soldaten
gleichfam zu einem fürmlichen echt worden:
Man fraget nicht, ob Daffelbechriftlich, vernuͤnf⸗
tig, edel undgerecht fey A das wollen Die Solda⸗
ten nicht unterfuchen. Genug, es iſt nun eins
mahl fo; ein Soldat darf feinen Schimpf.auf
ſch figen laffen, ſolte erauch zehen Leben darüber
einbuͤſſen. Iſt das nicht groß? Heißt Das nicht
Herze haben? In der That Leib und Leben ſo ge⸗
ring achten, und fich uͤber alle Betrachtungen,
. der Religion, der Vernunft, der wahren Ehre
und der Gerechtigfeit hinaus fegen , das ift recht
a6 ‚, Das heißt noch mehr als Herze haben.
Gleichwohl balget ſich kein S Soldat, der nicht
entweder fuͤr einen guten Chriſten, oder fuͤr einen
vernuͤnftigen Mann, oder fuͤr einen ehrliebenden
Menſchen, oder fuͤr einen redlichen Unterthan,
oder wohl fuͤr alles dieſes zugleich will gehalten
werden. Golte er es auch ja in Anſehung des
erſten und Des legten, fogenaunicht nehmen; fü
würde man Doch feine eingebildete Ehre gantz ent«
ſetzlich befeidigen, und weniger nicht als mit eis
nem guten Kauf-Degen feiner los werden, wenn:
man ihm eben Diefe Ehre, darum er ſein Leben laſ⸗
be will, zweifelhafft machen, und ihn vor einen
Narren ſchelten wolte. Wie will man aber
ginpflicher von Diefer Sache urtheilen? Wirhas
en oben bewieſen, daß ein Balger, der ſich in
nen Zweylampf einlaͤſſet, 1 ie Rarthatte
4
geher
r
186 XIV, Der Soldat,
gehe und die Geſetze ſchaͤnde. Wir müffen alſo
bier die Ehre entweder in Die Beobachtung der
‚ DBernunft und der Gefeges oder in ihrer
benden Ubertretung füchen; anders ift hier nicht
draus zu kommen. | Ä |
Eine Urſache die etwas fagen will, tft Diele:
Wo man fich mit einem der ung geſchimpffet hat,
wicht rauffet, fo wird man nicht allein für einen
vergagten Menfchen gehalten, an dem jeder ſich
reiben und zum Ritter werden will, fondern ande
ve Soldaten wollen auch nicht mehr mit einem
dienen, So weit tyrannifiret die Menſchen eine
ber alberften Phantaſien in der Welt; und zwar
ſolche Menfchen, Die ſich zueiner Religion beken⸗
nen, welche fehnurftraefs Das Segentheil lehret.
Unter den Aftatifchen Voͤlckern und den
Nachfolgern des Mahomeds ift der Zweykampf
nicht üblich, Ungluͤckſelige Chriſten! wer bat
doch unter euch einen folchen barbarifchen Ge⸗
braud) eingeführet? |
Mancher Kat weiter nichts gelernet, als fein
Soldaten: Handwerk, und dieſes öfters noch
ſchlecht genug; er hat mit feinem Mitgefellen
Verdruß, ex wird geſchimpfft, was fer Der ehts
ficheMannanfangen? Laͤßt er ein garſtiges Wort
auf ſich ſitzen, ſo betrachtet man ihn wie einen
Auſſaͤtzigen; feine ehrliebende Mit⸗ Gefaͤhrden
wollen weder mit ihm trincken, noch neben ihm
dienen; er muß einniahl feinen Feind vor die Spitze
fordern, und ſich mit ihm herum. (eomeien;
Ä 2 dann
—
I XIV, Der Soldat, 30
| Bann es heifiet Leben und Ehre gehen in gleichem
ud /
Nur mit der Seele ift eg noch fü eine Sache;
wiewohl in folchen Fällen heißt ee, man muͤſſe es
wicht fo genau nehmen; dergteichen furchtfame
Überlegungen zeigten nicht unbeutlich ein feiges
Horse, Keine Schwachheiten , wanns euch bes
tiebet, man muß brav thun, und den Verfland
in die Fauſt faſſen: Deffer mit Ehre geftorben,
als mit Schande gelebet. Wichtiger Gegenfaß!
Groſſe Entfehlieffungen ! Wie unbegreiflich iſt
doch dieſe Ehre, fich und feine ganze Wohlfahrt
einer fo wahnſinnigen Einbildung aufzuopftern?
Elender Ruhm, der ung eben desjenigen Ruhms
beraubet, ven wir allhier zu verfechten meynen.
Dann welchen Ruhm kann ſich doch ein Menfih
aus einer That verſprechen, welche wieder alle Re⸗
geln des Chriſtenthums, der geſunden Vernunft,
der wahren Ehre und der Gerechtigkeit begangen
Was Raths unterdeſſen? wie iſt dem Ubel abs
zuhelffen? Wir ſehen, Daß alle bisher ergangene
Dueli⸗Mandate dargegen nichts, oder Doch we⸗
nig verfangen. Der munterſte Adel, Die tuͤch⸗
tigfte Leute, werden noch oͤfters durch eine ſo
ſchaͤndliche Moͤrderey zu uͤngluͤckſeligen Leichen;
ber tolle Wahn bleibet noch immer, daß der Fre⸗
vel die Geſetze zu uͤbertreten, und der fe firengen
Macht ver Kegenten Hohn zu fprechen,, Diegröfle
Ehre fen. So lange man all den Leuten.nicht
| | 5 eine
382 xIV, Der Soldat.
eine fo ganz verfehrte Einbildung vonder Ehrebe⸗
nehmen Tann, fo lange bleiben auch die Wirckun⸗
gen fo närrifch und fo beklagens⸗wuͤrdig, ale Die
bewegende Urſach ifl,
Wir wuͤrden hier genug geſagt haben, wenn
wir unſere Meynung dahin koͤnnten verſtehen ma⸗
chen, daß man das falſche Wahn⸗Geſpenſte, wer
ches die Soldaten allhier fuͤr die Ehre halten, in
einen ordentlichen Bann thun, und dieſen Wuͤrg⸗
Teuffel, durch einen chriſtlichen Crorciſmum, gar
austreiben ſolte.
Eine dergleichen gluͤckliche Verbannung der ak
lernaͤrriſchten Ehre ſchickte ſich vielleicht vor den
Buͤttel und Profoſen am beſten. Blut, Gefaͤng⸗
niß, ESntſetzung der Dienſte, heilet hier den
Thoren nicht von ſeiner Thorheit. Man ſchaͤnde
den, der um die kleineſte Schande zu fliehen, die
groͤſte gu begehen ſich erfrechet. | |
Doch auch diefes iftngchnicht genug: man xets
te die Ehre Des Deleidigten, und flraffe den Be⸗
leidiger; man ernenne gewiſſe Friedens⸗Richter,
welche alle Feindſchaften, ehe fie in Thätlichfer
ten ausbrechen, Elüglich vermitteln, und aufge⸗
brachte Gemuͤther in der Guͤte miteinander ver.
fühnen ; wo nicht, fo ſtoſſe man denjenigen ohne
Anftand vom Regiment, ver ameriten mit Wor⸗
- ten oder Wercken zur Beleidigung ſchreitet; den
Geſchimpfften aber nehme felbftder Fuͤrſt und das
ganze Regiment in Schutz. Er zeige br
N
XIV. Der Soldat, 283
ben anderer und rechtmäßiger Gelegenheit, daß
es ihm an Muth und Tapfferfeitnicht fehle; er ehre
kinen Herrn und deſſen Sefegz man belohne Diefe
reue und dieſen Gehorſam; man verdamme als
einen Ehrlofen und Nichtswuͤrdigen den Aufwieg⸗
fer, ſo wird damit Das Ubel vieleicht aus ber
Wurzel gehoben; mithin Die Keligion, die Vers
nunfft, die Ehre und Die Gerechtigkeit zugleich
b
gerettet werden.
VI. | .
Von den Beſchaͤfftigungen und Vorzuͤ
gen der Soldaten, |
Der Soldat liegt nicht immer im Feld; ſein
Handwerck allein iſt nicht zulaͤnglich ihn zu
beſchaͤfftigen, und alle Stunden Des Tags bey
ihm auszufuͤllen. Bisweilen hat er viel, biswei⸗
len wenig, bisweilen gar keine Arbeit. Mittler⸗
weile ſich dem Muͤßiggang, der Wolluſt, dem
Spiel und der Liederlichkeit zu ergeben, wuͤrde
wohl nicht rathſam jeon. Dep den NBeibern,
ben dem Spiel und ben nem ein werden ges
meiniglich fehlechte Helden gezogen; es gehüret
eins mehr darzu, Die rechte Kriegs» Kunft zu
men. ° . | ” j j
. Wenn alfoder Soldat noch im Ditartier liegt,
und der Friede ihn zum Faullenzen, zur Uppigkeit
und zu einem liederlichen unordentlichen Leben zu
verleiten drohet, ſo muß er ſich gegen dieſe un
484 XIV. Der Soldat,
fo ſchaͤndliche als laſterhaffte Neigungen, mit
aller feiner Tugend maßnen , und Diefen Feinden
‚über fich nicht den geringften Sieglaſſen.
Alſo müffen Die obere Befehlshaber zu allerımd
jeder Zeit ein ſtets wachendes Auge auf ihre ins
tergebene richten, um aller Unorönung in Zeiten
‚sorzubeugen. Sie müffen alle liederliche und
leichtfertine Ausſchweiffungen der Soldaten mit
ernſtlichen Straffen ahnden, und fie ſtets fleißig
in allerhand Kriegs⸗ Abungen unterhalten. Bey
dem täglichen Aufzug haben fie Die aunze Geftalt
ihrer Leute, ihre Kleivungen , ihr Gewehr, ihr
Geſicht und ihre Sarbe, und ob alles von ihnen
weinlich und fauber gehalten wird, genau gu beohs
achten; und zugleich auch ihr Anbringen und ihre
‚Klagen, wo fich bey ihnen ein Mangel ereignet,
gebultig anzuhören, und im übrigen ſie immer zum
Guten, und Daß fie fich alsredliche, ehrliebende
Leute aufführenfollen, ernſtlich zu ermahnen.
Den auſſerordentlichen Begebenheiten, Fein⸗
des⸗Gefahren, Graͤnzen⸗Verletzungen, bürgen
lichen Unruhen, anſteckenden Kranckheiten, und
anderen dergleichen Zufällen, hat man alſobald
Bericht nach Hof abzuſtatten, und darüber Die
nähere Verhaltungs⸗Befehle zu erwarten; zu
dem Ende hat auch ein jeder Dfficier fein beſon⸗
deres Tag⸗Buch zu halten, und darinnen allet
was fich unter feinen £euten und ben feinem Com⸗
mandgereignet, forgfältigftaufzufchreiben.
Die
XIV. Der Soldat. 295
Die Werbungen, die Beſorgung der Wehr
und Waffen und Kleidungen, wie nicht weniger
dieriehtigen Auszahlungen der Wochen⸗ und Mo⸗
nats⸗Gelder, geben gleichfalls den Befehlsha⸗
bern eine Art von Beſchaͤfftigung; zumahl wenn
ſie daruͤber, wie es ſeyn ſolte, ihre ordentliche
Rechnungen fuͤhren, alles zu rechter Zeit anſchaf⸗
fen, und in guter Einrichtung halten wollen.
Bey gelinden Tagen werden jährlich Die Haupt⸗
Übungen angeftellet, gantze Regimenter zuſam⸗
men gezogen und durch die Muſierung gelaſſen;
bey welcher Gelegenheit zugleich die vornehmſte
Kriegs⸗Bewegungen, wie fie ungefeht im Felde
und bey einem vorfallenden Treffen ſich ereignen
koͤnnen, pflegen vorgenommen zu werden.
Was die Gemeinen betrifft, fo laͤſſet man ih⸗
nen bey müßigen Stunden ihr. Handwerck, wenn
fie eines verflehen, frey treiben; andere Einen
bey den Bürgern in Städten, oder ben den
Bauren auf Dörffern, um den Taglohn dienen,
und damit firh einen Trunck⸗ oder Noth⸗Heller ˖
verdienen. Auch iſt der Veſtungs⸗Bau ein treff⸗
liches Mittel dem ſchaͤdlichen —— e⸗
meinen Soldaten zu ſteuren; wobey die Befehls⸗
—* zugleich ihre Poſten mit wahrzunehmen
en.
Diejenigen, welche in der Kriegs⸗Bau⸗Kunſt,
in der Feuerwercker⸗Arbeit, im Gießhauß, in der
Feldmeß/⸗ und Zeichen⸗Kunſt ſich üben Moll,
9 enen
!
266 XIV. Der Soldat,
denen muß man fo viel möglich Darinnen An
Hand zugehen und darzu Die Gelegenheit zu ver
ſchaſfen ſuchen. W | |
Unerachtet aber daß folchergejtalt die ordent⸗
liche Sefchäffte ver Soldaten immer an einan⸗
der fortlauften‘, fo bleiben ihnen: Doch noch viele
müßige Stunden übrig, da fie nichts zu verrich⸗
ten haben; und.die ihnen folglich erlaubet find,
zu ihrer Ergößlichfeit und andern Verrichtungen
anzuwenden. _ — —
Woo der Hof iſt, Da koͤnnen die Befehlshabet
zu gewoͤhnlichen Stunden ſich daſelbſt einfinden;
und wo der Hof nicht iſt, ſondern ein Oberſter
Befehlshaber, Da verfügt man ſich zu demſelben,
um ben ihm, wie man dieſen Wohlſtand nennet,
Die Aufwartung zu machen. Alsdann fo haben
alle Befehlshaber, die fich einer auten Lebens⸗ Art
befleiffen, und welche ein wenig bemittelt ſind, die
Erlaubniß, ſich bey vornehmen und groſſen Geſell⸗
ſchafften zu zeigen und an den Ergöglichkeiten Aw
sheif zu nehmen. |
Der Umgang mit guten vertraulichen Freu
Den und tugendhafften geichieften Leuten, iſt eine
ber anſtaͤndigſten und.nüslichften Beluftigungen
eines vernünftigen Soldatens; wie aber ſolche
Leute etwas rar find, fo muß man fie auch fir
een, und ſich ihrer Sreundfchafft, Durch eint
gleichmäßige Aufführung, trachten wuͤrdig zu
machen. en |
| . Wa⸗
XIV, Der Soldat. 287
Was die übrigen Beluftigungen und Ergoͤtz⸗
lichFeiten betrifft, welche ein Soldat nach Zeit.
und Gelegenheit mit geniefien Fan, darinnen
bat er fich nach den Regeln des Gewiſſens, ber
Ehre und feines Beutels zu richten. I
or allem andern Zeitvertreib aber folteeinem
verftändigen Soldaten Das Lefen guter Bücher
am angenehnften und liebften feyn; denn Das
durch erwirbt er fich nicht allein Die Kentniffen und
Wiiſſenſchafften, welche ung eben bey andern in
Anſehen und Hochachtung feßen; fondern er ers
langet auc) Dadurch folche Tugenden und Eigens
fchafften, welche ihn zu ben gröften Staats⸗und
Kriegs⸗Geſchaͤfften faͤhig machen.
Wir haben ſchon im vorhergehenden ange⸗
merckt, welcherley Wiſſenſchafften einem Sol⸗
daten vom Rang anſtaͤndig, nuͤtzlich, und noͤ⸗
thig ſind; die Wiſſenſchafften zieren alle Men⸗
ſchen, beſonders aber einen Soldaten; der freye
Umgang mit der Welt und allerhand Leuten,
nebſt einer gruͤndlichen Erfahrung bringen ihn
insgemein weiter als andre, die nur in ihren
Studier⸗Cammern ihre Weißheit ausbruͤhen.
Die Freyheit zu dencken und zu ſchreiben macht
ihnen auch ſo leicht keinen Dienſt verlieren, wie
den gelehtten Handwercks⸗Leuten, die nach
der Vorſchrifft einer gezwungenen Lehr⸗Art ſich
darinnen verhalten muͤſſen; darum haben wir auch
unter den Soldaten ſo treffliche Weltweiſen
und Geſchichtſchreiber gehabt. Wir wollen zum
Exrempel
288 XIV. Der Soldat:
Exempel unter den alfen nur den weifen Socra
ten und Julium Caͤſarem, und von Den neuern
Eartefium, St. Eoremond, und den zu unfern
Bien fo beliebten Engelländer Steele nennen;
Jiefes letztern feinartiges Werckgen, ver Chriſt⸗
liche. Held genannt, ift beſonders allen rechtſchaf⸗
Tenen Soldaten wohlanzupreifen.
Wer aber nicht Luft hat ſo weit in die gelehrten
Sachen ſich einzulaſſen, der —* doch wenigſtens
die neuere Geſchichte, nebſt einigen Buͤchern,
die von dem Soldaten⸗Stand geſchrieben ſind,
ſich bekannt machen. Inſonderheit ſolte man
dbie Memoires de Montecuculi, als ein Buch,
welches in dieſer Materie nicht leicht ſeines glei⸗
chen hat, immer bey ſich fuͤhren und fleißig leſen.
on u as
Nebſt diefen find Auch die Memoires des
. Marquis de Fequieres wohl zu gebrauchen, ale
welche, ob fie gleich nicht fo gründfich, wie jene
geftbrieben find, Doch alle Sachen unter gewiſſen
Abtheilungen, vollſtaͤndiger, voeitläufftiger, und
_ Deere fir Anfänger, deutlicher abgehandelt
aben. | 5 |
Den fü vielen Vortheilen und einernichtunan
genehmen Lebens⸗Art, hat auch der Soldat ei
nen befondern Rang oder Vorzug in Der Welt.
1. Weil zu diefem Stand mehr vortreffliche Es
genfchafften, als zu andern Ständen erfordert
- werden ;_ denn, wo ben ihm am Leibe, ode
am Berflande, oder im Gemuͤthe, oder.in Der
J ganzen
XIV. De Soldat. 289 |
garen Aufführung fi einige kundbare Mängel
zeigen, fo koͤnnen fie Feine rechte Soldaten =
ben; da. im Gegentheil es andern ehrlidyen Leu⸗
ten wohl an etwas fehlen kann. Z.E. andere
ſtalt, ander Hershafftigfeit, an der Überlegung,
an der Staͤrcke und vergleichen; bie aber deswe⸗
gen body ehrliche Leute Bleiben und ihrem Beruf
wohl vorſtehen Binnen. Bey einemrechtfchaffes
nen Soldaten aber wird ſo n agen alles erfordert.
2. Weil ſie alle Stände beſchutzen, dieſelbe in ihrer
Ruhe und Sicherheit erhalten und allem Unrecht
Einhalt und Wiederſtand thun ſollen. 3. Weil die⸗
en Stand nicht nur der Adel, ſondern auch der
uͤrſt ſelbſt, geſtalten Umſtaͤnden nach, zu beglei⸗
ten pfleget; indem er als das Oberhaupt ſeines
Voleks auch der Feldherr feiner Soldaten ifi,und
ſich Durch) feine Tapfferfeit den Namen eines Hel⸗
den, wie burch eine Fuge Regierung den Ruhm eie
®
wen Weiſen erroirbt.
Von ein⸗ und andern Fehlern des Sol⸗
daten: Standes.
iſt kein Stand in der Welt vollkommen, alle
und jede haben noch viel und mancherley Feh⸗
ler; billig aber ſolte derjenige die allerwenigſten
— der fich vor andern Den Vorzug anmaſſet.
Kein man möchte faſt ſagen, Daß unter den
Geiſtlichen die per. erg ‚unter den.
Gelehrten. Die wenigſten Reifen, und unter den
v1, Theil, 2: Sob
“*
1 .
2 ° MV. De Soldat.
Soldaten bie wenigſte Kriegs: Verfländiom ſich
finden. Betrachtet man dieſen oder jenen Soi⸗
daten, was er iſt, gegen dasjenige, was er ſeyn
ſolte, fo hat er kaum den Schatten von einem
Körper. n ganze Aufführung ift öfters fo
beſchaffen, dab er dem gemeinen Weſen niehr zur
Laſt, ale um Nutzen lebet; Daher auch unter |
Leuten, welche nicht wiſſen, was zum Arien und
‚zu. einem Soldaten erfordert wird, Die verfehrte
epnung entflanden ift, daß ein. lienerlicher,
dummer und unartiger Menfch, wann er auch
fonft zu nichts in der Welt tauget, Doch, einen
Soldaten abgeben konnte. 2
N Hieraus fotget gleich der ef eher, daß wir
Leute zu Soldaten machen, Die ſich zu nichts weni⸗
| Bes iu vonaren ſchicken. Alles Crethi und
ethi, allen Schaum von liederlichen Gefindel,
ndſtreicher, Bettler, Zigeuner, Straſſenraͤu⸗
ber, alles rafft der Werber zuſammen. it ſa⸗
gen nicht, daß Diefe Leute zn garnichts zu gebrau⸗
chen waͤren; wo fie Stock und Peitfche fühlen,
und in einer echten ſcharffen Zucht gehalten. mer
den, da fönnen und mögen fie toohl zu ein ums
andern Berrichtungen mitgejogen werden. Pur
muͤſte Mr den ehrlichen Lands⸗Knechten De
Echmach nicht anthun, und dergleichen uncher
* —2* mit unter ihre Glieder Hecken. ci
bis fie erſtlich, durch ſonderbares Wohlverhab
ten, ſich darju wuͤrdig gemacht hätten, Das
der „ges Soldat wil den Nahmen habe
daß er “mei ehl um Chee dane che er bean |
4 4
XIV. Der Soldat. ⸗31
od es iſt wichtig ben denfelben, dieſe Neigung
we Ehre auf alle Art benzuhehalten. Ca wirb
aber Dadurchdiefe Ehre ben ihm ſowohl gekraͤncket,
als fein Muth geſchwaͤchet, wenn manihm der⸗
eichen lumpichtes und unflätiges Sefindel an die
Seite ſtellet; zugeſchweigen, daß dabey immer
zu befürchten fiehet, dieſe unreine Glieder moͤ
Te auch Die Sefundeften mit anftecfen. ”.
—8* zweyte Fehler iſt die wilde und unbarm⸗
hetzige Aufführung einiger Befehlshaber, welche
den Gemeinen, öfters auch ganz zur Ungeit, mit.
unmenfchlicher Sraufamfeitund Härte begegnen,
m Meynung fich Dadurch deſtomehr von ihn
‚ fürchten und ehren zu machen, mithin fie Deffo
genauer im Gehorſam zu halten. Allein, obwoh⸗
| Mn meitene Bifeiplin dem Soldaten fo nöthig:
it, als das ‘Brod, fo muß man folche Doch nits
Aa anders, als 100 es Die ae erfordert; ges
suchen. Das ift aber nicht Noth, wenn et⸗
ton dem Befehlshaber der Kopf nicht recht ſte⸗
het, oder ihn der Wein erhißet, oderdas Spiel
oder ihm ſonſt etwas ungleiches begeg⸗
net iſt, Daß, feihes hernach die armen Soldaten.
ertgeiten mi vn Sranefreich laſſen ſich Die
—* fo, nie uns Teutfehen, mit Pruͤ⸗
banbthieten; fe „reifen lieber aus, und was.
Er Leib und Leben. daran, einem ſolchen
impf zu entgehen. Ein Soldat, auch ber
€; A als ein enrliebenbet Mean —* mit
| or — aͤgen, Ha uthen,
| — "De chim ur dergl ae
N
292. XIV. Der Soldat.
fehreitet, ermahnet werben; und wenn er ja
und Ziel zu halten wiffen; Dann vieles Pruͤglem
miacht Die Leute nicht beffer, ſondern öfters nur
verftockter, unempfindlicher, halfflarriger und-
boshaffter. Man muß die Soldaten wie Mens;
ſchen, und nicht wie dag Vieh tractiren; Denn
unter diefer letzten Geſtalt koͤnnen wir fienicht wohl
gebrauchen; ſie muͤſſen Menſchen, und zwar
nuͤnftige, ehrliehende und tapfere Menſchen feyn;
wenn man ſoll mit ihnen etwas augrichten koͤnnen.
Der dritte Fehler beruhet in. der Untuͤchtigkeit
nd uͤbelen Aufführung der Befehlshaber felbfl;
ölte man Davon ausführlich handeln wollen, ſo
rhüfte man Die Abfchilderung fo ähnlich 3
daß mancher fein Bildniß in Lebens⸗Groͤſſe al
fiiden Dörffte; da manaber niemand ju nahe tre⸗
will, auch gegenwärtige Abhandlung dergle⸗
hen Weitlaͤufftigkeit nicht geftattet,, ſo wollen wis
hur etliche faliche Helden Meinungen beruhren:
Nicht viel wiſſen und nicht viel lernen; wenn
man nur Courage hat, das übrige ſind lauter
Schulfuͤchſereyen. Geſetze und Sitken⸗Ordnun⸗
gen find nur vor den gemeinen Mann; Leu
. welche die Geburt erhoben, und die von dem De
gen Profeßion machen, find.Denenfelben weiter
nicht, als nur fo weit eg ihnen ſelbſt gefaͤllt, um
terworffen. Schulden machen und nicht zu ia
I
XIV. Det Soldat. 393°
fen iſt feine Schande; dann es gehöret eine ges
nu Großmuth darzu, Fein Geld zu haben und
Doch altes Muths zu fenn, und eben fo viel Ge⸗
dult, den teten Anlauffeiner Glaubiger zu ertras.
gen. Fuͤnff, feche, und mehr Kannen Wein
nach einander in Leib zu flürzen, geiget ein gutes‘
Soldaten » Temperament, töelches etwas muß
vertragen fönnen.. Ganze Summen Seldesmit
——— auf eine Carte zu ſetzen, und bey deren
Verluſt ſolche der Banco, ohne eine Miene zu
—— hinſtreichen; dieſes heweiſet eine ſon⸗
derbare Contenance , Fermere und wie die
franzoͤſiſche Woͤrter ferner lauten: Einesandern
rau bedienen und im Nothfall dem guten Mann
die Klinge zu bieten; fülches wird Fein Menfch
dere alsfüreine Herzhaftigfeiterfennen. Die
arme Bauren wacker auf dem Durchmarfch ud
in den NBinter-Quartieren zu preſſen; Deswegen
(mo fie Bauren, diefe Sanaille wäre fonft allzu
bermäthig, wenn man ihm nicht jeigte, was
oldäten waͤren. Anderer dergleichen Helden⸗
Thaten, daraus man ſich wuͤrcklich eine Ehre
macht und ſich derſelben oͤfters ruͤhmet, zu ge⸗
ſchweigen. Ein rechtſchaffener Kriegs⸗Befehls⸗
haber muß eine ganz andere Art zu dencken und zu
handeln haben. Er muß ein edles Gemuͤth und
re Neigungen befigen.: Er muß bie
Unfhuld beſchuͤtzen, und flreng auf Ordnung
und Geſetze halten. Ohne diefe Eigenfchafften
Fann ernicht zuderjenigen Ehre, Dieeinem Krieges
Mann eisen ſeyn foll, gelangen.
3.2.88
| 394 XIV. Dee Soldat. - -
Dervierdte Fehler betrifft die gewaltſame Wer⸗
bungen. Colche folten Feinem De hishaber, #
unter — Vorwand es auch immer ſeyn
moͤchte, fuͤr gut gehalten werden; dann es leidet
darunter die chriſtliche Liebe, die Gerechtigkeit
und Der Dienſt ſelbſten; zuweilen wird einer be |
trübten Mutter ihr Kind aus den Armen geriſſen;
zumeilen einem baufälligen Vater an feinem
Sohn die einzige Stüße feines Alters entzogen;
zuweilen werden Dadurch zwey junge Ehegatten
au ihrem Verderben getrennet. Ungluͤckſelige
©eftalt! Die hierzu Anlaß giebt ; finden ſich dann
fonft nicht Leute genug, die gerne und freywillig
bienten, wenn man fie nur befler und ehrlicher |
Hielte? Gewiß, mit Zwang und Prügeln wird ei⸗
ner fo wenig zu einem Soldaten, alf dorten bey
dem Moliere zum Doctor gemacht.
Ein Soldat muß Herz haben, ermußum Ehre
dienen, das findet man bey gezwungenen Leuten
ſelten; Er haͤlt ſich zu nichts verbunden; es dienet
ihm zur Entſchuldigung der groͤſten Fehler, daß
man ihn gezwungen hat: was will man mit fol
chen Leuten ausrichten?
Der fünffte Fehler ift, wenn Potentaten ſich
in einen Krieg * bevor fie ſich in Die nd
thige Berfaffung gefett, folchen mit Glück und.
Ehre hinaus zu führen; da fehlet es hald an Pros,
piant und Zufuhr, bald an Wehr und Warez.
bald an Pulver und Geſchuͤtz, bald an haltbar
ren Dertern und Veſtungen, bald an ha
—
— —
XV, Der Soldat. 297°
fchajft und Arbeits-Leuten, bald aber und nemels
niglich an Geld, welcher Mangelder allerungluͤck⸗
lich ſte iſt, weil man Dadurch alle Die andern am
leichteſten erfegen Fann. Wie manches Land und
M eich wäre unverſtoͤhrt geblieben, wenn man den
Krieg zuvor im Cabinet und mit der Cammer wo
uͤberlegt haͤtte, man ſich zu viel auf die Macht
ein es zahlreichen Heers verlaſſen, und mit einer un⸗
zeitigen Hitze gegen Den Feind losgebrochen wäre;
beſonders iſt dieſes immer noch bey uns Teut⸗
ſchen, als ein groſſes Verſehen angemercket wor⸗
den, daß man die Voͤlcker in das Feld hat ruͤ⸗
cken laſſen, ehe und zuvor das Commiſſariat-Me⸗
ſen, die Zufuhren, die Marcketender und der⸗
gleichen eingerichtet waren; ja ehe man noch die
moͤthige Frucht⸗ und Dorraths-Häuffer an Ort
und Ende, wo der Krieg hat follen gefuͤhret wer⸗
den, aufgefhlagen, und zu den sulänglichen
erpflegungen, ſowohl der Gefunden als Dee
Kranken, die behörige Anftalten verfüget hatte.
Einem Feind hegegnen follen, fich mit Kran⸗
cken fehleppen, felbft einen fiechen Leib haben,
unmuthige Soldaten zum Treffen führen; Mans
‚ Moth, Gefahr, Seuche, Peſt, Verder—
auf allen Seiten fehen: dieſes ik ein zehens
miahl mehr als der Todt zu befürchtender Jammer.
Da muß man ſich nicht wundern, wenn man mit
Echande und Schaden krieget, und mit Verluſt
and und Leute die noch gerettete Soldaten kraͤnck⸗
Uuch, elend, ausgeſogen, als halbe Leichen, auf
verkahmten Pferden, mit halb verrofteten ..
— — 4 en
—
206 XIV. Der Soldat. m
fen und zerriſſenem Heerzeug, die Winter⸗Quat⸗
tier in ihres eignen Herrn Lande, beziehen fieh
Woſelbſt ver. Wirth vor feinem magern Saft,
und Diefer wiederum fürdem ausgezehrten XBirth
entfeßet. Da foll ſich der ausgemergefte
oldat bey. dem im Grund verdarbenien Bauren
wieder erhöhlen, da doch Dieferjenen um ein Ab
mofen anfprechen würde, wenn ſie beyde nicht es
ner ſo arm als der andere wären. Fuͤrwahr un
fere Zeiten find Mäglich! F
Die Römer haben uns den Krieg ganz anders
führen lernen, als deren erſte Sorgfalt, wie bli
nius hiſt. nat, 24. 4. berichtet, zuforderſt dahin
gieng, allen noͤthigen Vorrath von Lebens⸗Mit⸗
fein zuerſt ine Lager zu ſchaffen, Damit an nichts
fiiheiniger Mangelduffern möchte. Louvois hats
te in vetwichenem Jahrhundert in diefem Stud
nicht feines gleithen; deſſen überaus kluge Kriege
Anſtalten hatten. an Ludwig des XIV... Siegen
‚nicht meniger Antheil als die Tapferkeit feiner
Der fechfte Fehler ift Die unmäline Helden
finde eines oberften Befehlshaber ; ar unaluch |
liche Gemuͤths⸗Eigenſchafft macht öfters mehr
- Menfchen Blut vergieffen, als die Noth, Det
Staat und die gemeine Sicherheit erfordert,
Man opffert diefem graufamen Abgott Der Ehte
| * Betrachtungen der Menſchlichkeit, ‚des Mit⸗
eidens und Des allgemeinen Wohlſtandes auf:
Ein mit blinder a er
ahel
—
"XIV. Der Soldat. . 297
haber, ſchonet weder ſich nuch feine Truppen;
fin Muth, mit welchem er quf die Feinde losſtuͤr·
met, iſt eine Vermeſſenheit, und ſeine Siege
koſten mehr Blut, als ſie Vortheil bringen. Es
iſt keine groſſe Kunſt Menſchen zu wuͤrgen und
Länder zu verheeren. Allein der Boßheit wieder⸗
ſtehen, Die Unſchuld ſchuͤtzen, Die Feinde übers
winden und Land und Leute zu ſchonen, dieſes
macht einen Helden. er —
- Der fiebende Fehler iſt, daß man Die Befehlsha⸗
ber nicht nach Verdienſt, fondern nach der SReihe,
wie fie einander im Dienſt fofgen befördern pfles
get; Es iſtwahr, es muß einemehrlichen Mann jeid
thun, wannihm ein anderer, dem es der Ordnung,
nachnichtgebühret, vorgezogen wird; allein, er
Würde fich mohl Darüber befcheiden laſſen, wenn
man ihm ſagte, was darzu die Urſache gegeben
hätte. Dieſe Urſache muͤſte nicht anderg als er,
hehlich ſeyn, und auf einenahmhaffte Handlung,
wodurch man den Vorzug verdienet, ſich gruͤnden.
Sie muͤſte indem er vonder Gerechtigkeit des Fůr⸗
ſtens zeigte, zugleich andere mit aufmuntern, bey.
vorfallender Gelegenheit fich mıt aleichem Eifer
und Wohlverhalten ausʒuzeichnen. Dieſes wur⸗
de einem jeden zu einer ruhmwuͤrdigen Anreigung
dienen, Zleichmaͤßige Prohen feiner Zupfferkeit,
feiner Tugend und feines Dienft-Eifersabzulegen.. .
iſt Fein Zweifel, Die Treue und die Verdienfte
find werth, daßmanfiebelohne, und die Beloh⸗
nung macht, daß die Soldaten Much faſſen,
und Gelegenheit fuchen, brav zu thun. Sich
rn! Ts hierins
298 xIV, Der Soldat.
hierinnen an eine allzu gezwungene zen:
binden, hätteinder That etwas unbilliges. Wi
wollen nicht ſagen, daß es auch hoͤchſt unweißlich
gehandelt waͤre, wenn man gewiſſe Leute nur des⸗
wegen zu hoͤhern Bedienungen befoͤrderte, weil
ſie die Reihe und Ordnung trifft; dann wie viele
koͤnnen nicht zu einer niedrigen Stelle dienen,
welche ſich darum zu einer hoͤhern nicht wohl ſchi⸗
cken; oder mie viele koͤnnen nicht mittler Zeit, als
fie in dieſer Ordnungs⸗Kette ſich mit eingeflochten
gefehen, untauglich und zu wichtigern Gef en
unfähig geworden ſeyn? Ohne dergleichen Aus
nahmen aber ift die Ordnung im $ortrücken feht
billig, denn es wird von einem Befehlshaber vers
muthet, daß er feinen Dienſt verſtehe, und auch
die Proben Davon geben würde, wenn darzu ſich
Zeit und Umſtaͤnde ereignen ſolten. Wo man
diefe Vermuthung nicht von einem hat, giebt man
ihm beſſer den Abfchied. ur
Der achte Fehler iſt ein ſchaͤndlicher Eigenmuß.
Xen find nicht die bunde Schnittebefannt, Die
manche Defehlshaber bey Anfchaffung der Klei
der, Waffen, Feldzeichen, Unterftellung der
Blinden und dergleichen zu machen pflegen?
Welche fehändlichellnordnungen duffern ſich nicht
auf Marfchen, in den Quartieren, wie nicht
weniger im elde, mit den Maruketendern,
Proviant⸗Meiſtern, Vorſpann⸗Fuhren und Der.
ieichen? Wie gieng es im Jahr 1734. am Ob
Sihein, wo die Fütterung allenthalben den Eins
. wohnern ‚in Dafigen Gegenden mit Gewalt e
rau
{
XIV. Dee Soda. 29
raubet, und im Lager Damit ein ſtarcker Handel
getrieben murde? Doch auf Erempeln müffen
wir nicht fommen, fonft wuͤrden wir zu weit
Kufftig fern. Wer nur ein menig Kenntniß
yom Krieg hat, dem können beraleichen unwuͤr⸗
dige Ubertrettungen der fo nöthigen Feld⸗und
en. nicht unverborgen feyn. Alle dies
fe Dinge, welche dem wahren DienfiEiffer
ſchnurſtracks zumieder lauffen , fehicken fich ganz
wicht zu. derjenigen Ehre, Davon man die Soldas
ten immer reden —* und welcher ſie ſo hurtig
Leib und Lehen aufzuopffern ſich verſchwoͤren. Die
Ehre iſt ein uͤberaus empfindliches Ding, und hat
Ei gleiche Zärtlichkeiten als das Gewiſſen; Die
Weſen,
2 — — Ge A
300 N XIV. Der. Soldat.
Weſen, die allerverkehrteſte und elendeſte Bears i
fo haben. Der rechte wahre Helden-Murh und.
Die ganzerebliche Neigung feinen Pflichtenin allen.
gemäß zu seben, iſt gar wenigen bekannt.
haben wir je und je zu allen Zeiten groſſe Generale
gehabt, welche mit ihrer "Tapfferfeit auch Die
Sottesfurcht verbunden hatten: Ludwig der Hei⸗
u lige und Gottfried von Bouillon waren ſo ei
- Ehriften.als tapfere Soldaten. Der fach E
Johann Friedrich, der heßiſche Philippus Mar
gnanimus und der Schweden Koͤnig Guftan,
Adolph, hatten Die beften Abfichten, die Waher
ten des Ehriftenthums zu beſchuͤtzen und für Dies,
felbigen zu ſtreiten. Wallenſtein und Cronwell bes,
dienten fich der Religion zu ihren groͤſten Unterneh⸗
mungen, und gaben wenigſtens damit zu erkennen,
daß es groffen Leuten ga pin DR |
Prinzen von Dranien und der groffe E
Sriedrich Wilhelm zeigten darinnen N JE‘
ufrichtigfeit. Wie viele Religion der fluge Mor‘
tecueuli gehabt, Davon zeigen feine Memoires,,
Johannes Sobiesfy war ein weiſer König, „ei,
tap ererCöeneralund dabey ein eifrige
groffe Turenne hatte zwar feine angebohrne Re⸗
ligion verändert, aber den chriftlichen Glauben
defto mehr benbehalten. Unfer über alle *
ter Eugenius von Savoyen, (ach moͤchte ern
leben) war unſtreitig einer der groͤſten Generale
in der Welt: er ehrte GOtt, haßte die
und vereinigte alle ap in * o und in.
feinen Siegen. In dem Fur verwiche⸗
nen Krieg am Ober⸗Rhein, bewunderte man die
sur
XIV. Der Soda br.
wre Gsoftesfurcht eines tapfern Commendanten
i —— Herrn von Wuͤttgenau; und
soch rühmet man dergleichen von verkiedenen
n Generalen; Die aber, weil fienoch am Le⸗
n find, ven Ruhm einer folchen Tugend, wel⸗
Ä de ung Die gröfte Demuth lehret, allhier nicht
wohl aufnehmen dürffteen. Kurz ein Held, der,
EZ 2
zu m— Tim
: Keine Religionhat, Der au vahre Ehre,.
md wo Diefe mangelt, da wird d aus m Helden
gar Leiche ein Unmenſch und ein Tyrann.
VIII.
| Don der Aufrichtuog eines militis per-
petui & nationalis.
Me muß Soldaten haben; gewalthaued Wer⸗
=. —
bungen taugen nicht; mit dem milite mer-
cenario , den man aus allen Enden und Wins
dein der. Erden sufammendremmelt, hatesauch
——— daß er nicht allein koſtbar und
a Bi $ ndern auch dem Land höchft befchwers
eibt alſo die Frage, auf was Art man
* Denen ein zulängliches und tuͤchtiges Kriegs⸗⸗
Heer zuſammen bringen und beftändig —* chut
desandes auf den Beinen haltenk fine?
Das e und Mittel di u waͤre viel⸗
leicht A m cm aus eine jeden Fie⸗
cken odor Dorff / wie es etwa in Schweden und —
dm. auch in Mofeauthlich ift, Denzeheudenoder
Mann, ſo bald @ a w gch
a
1302 XIV. Der Soldar.
Woachothum zu kommen undeinegute@cfinftge |}
| —A ſo vielen Pe Mo ie |
n er ein wenig Herz und Ehre im
hat. Aue denen Städten nehme ınan fo Dann
Diejenige Gewerb⸗ und Nahrungsloſe Purſche,
nebſt andern feinen Buͤrgers⸗Kindern, ſo Luſt zu
dienen haben und ſich freywillig darzu angeben;
mit Gewalt aber nöthige man feinen; ver Sol
daten⸗Dtand iſt ein Ehren,Stand, zur Ehre aber
kann man einen nicht zwingen. Nachdem num
einige darunter etwas Mittel und Faͤhigkeit haben,
dem kann man ſolche auch, wenn ſie eine
Zeitlang von unten aufgedicnef, befoͤrdern; wo⸗
von auch Die Bauren ſelbſt, wenn fie ſich aufsine
wuͤrdige Art, überihre@eburt, Durch Wohlver⸗
ten und Tapfferkeit auszeichnen, nicht
hliefien find; dann Die Tugend verdieniet allem
Iben vorgesogen und. belohnet zu werdet.
onften aber bleiben eigentlich Die vornehmſten
| tellen vor den Adel offen; wel
egen Durch eine edle und flandeemäßige Auß
fra fich derjenigen Ehrerbietung, welcheihen
die gemeine Soldatenbejeigenfollen, muß ſuchen
wauͤrdig zu machen, |
Nenn. man nun auf Diefe Weiſe unter: den:
| R, Buͤrgern und Edlen diejenigen junge
- 2eute ausgefücht hat, welche dem Krieg am
meiſten Luſt, Muth undBähigkeit haben; ſolaſ⸗
fe man ſie alſobald, nor andern ihres
— Bemilk Dobachtungen und Bortheile enz
wan klei fe wohl, und gebe ihaen einen garen
.
XIV. Der Soldat. 303
Schalt; man lege fie gleich Anfangs ir in Haupts
Städte und Graͤnz⸗Veſtungen; man richte da⸗
ſelbſt Bor ſie befondere Kriegs⸗Schulen auß mb
laſſe fie alles lernen, was zu den Kriegs⸗Wiſ⸗
fenfchafften gehöret, und wor Yn u fie fonften. Luft
haben; man übe fie dabey täglich in Waffen,
balte fie in guter Zucht und Drönung, und lafle _
ihnen Feine lei erti —25— Ausſchweiffun ⸗
gen, ohne —5— BA LE vor⸗
beygehen. Diejenigen, die fihon eine Seitlang
gedienet Haben und ihr — — a ichen, bie ‚ Di
lafie man guten Sur ee be onen
Staunen nach Hauß zurückfehren, und mr ie u =
elbſt ſabtt Ihren. Thuns warten; man laſſe ſie dabey
wochentlich oder monatlich einmahl, ſo viel als
ihrer zu einer Compagnie gehören, sufammen
kommen, und fieihre Waffen⸗Ubungen machen;
wie ſolches mit der jungen Mannſchafft in der
Schweitz pfleget gehalten zu werden. Die uͤbri⸗
bleiben bey ihrem. Regiment und in den Be⸗
ngen; doch ſo, daß ſie, nachdem man es gut
findet, mit den andern abwechſeln, und hald
Diele, Bald jene auf eine gewiſſe Zeit Erlaubniß
befommen, nach. Dauß zu gehen. Hat einer.
acht, ee bis-zwölf Jahre gedienet, und hat
wicht Luſt feinen Dienft weiter fortzuſetzen, ſon⸗
dern will ſich verheurathen und ſeine Haußhaltung
anfangen, fo muß man allerdings ihm darzu mehr
berörderlich als hinderlich ſeyn; geſtalten biefeg:
eine ſichere Wahrheit ift, daß je mehr ein
| FR hat, jemehr Soldaten kann er auch
| Daraus ziehen; wu geſchweigen, —
304 XIV. Der Soldat.
Art abgedanckte und ſich im Lande haͤußlich nie⸗
dergelaſſene Soldaten allenfalls, bei jeder vote
kommenden Befahr, zueinertreflichen Landwehr
dienen, mit welcher man in der That. roeit meht⸗
als mit neu angeworbenen Muͤßiggaͤngern und
— aften Geſindel Akt fann, roch
che weder Zucht noch Ubung, noch den redlichen
Morfashaben, dem Fuͤrſten und den Lande treut
Dienfte zuthun. Die Landes⸗Kinder aber haben
e nartrliche Liebe zu ihrem Herr, undinden
fe ine sehen, fireiten fie sugleich vor reiht
eigue S z
ge Def rt Dreperfe Ssofbateni
Lande. Erſtlich diejenige, Die hefiändig in der
‚Städten und Veſtungen, auf vorher beſchriebs
ne Art, ımterhaltenwürden. Zweytens, diejo
nige, die eine Zeitlang wuͤrckliche Dienfte gethan⸗
darauf aber ihrer Nahrung und Bequemlichtet
halber, Die Erlaubniß hätten, bey denen Ihrigen
zu Hauß fic) aufzuhalten. Drittens, diejenige
die wuͤrcklich ihrer Dienſte entlaffen waͤren, und
fich, gleich andern Bürgern und: Einwohnett«
haͤußlich niederfieffen,undihr — |
‚und Handthierung trieben. Die Inden,
allein in des Fürften Sold; Die andern genöfen'
nur,. mittlerweile, als fie Beine Dienfte thaͤten
gewiſſe Gnaden⸗Gelder. Die dritten aber lebten
ganz auf ihren eignen Beutel; bie erſten
ordentliche Dienfte thun, die andern in Krieger
Laͤufften; die dritten aber nur, ‚wenn Die Noth
an Mann gieng und eine feindliche. Mach =
2 | an
— E 308
—— ez da fie alddann / gleich un⸗
uͤrgern, in den Staͤdten, ihre
ige Boa und Mauren zu beſchuͤten hätten. |
abi DIR ürde der Soldaten-Stand
ein anderes Anfehen geroinnen, und ein rech⸗
erier a’honneur werden; da Die
an nn, wann eine Kriegs⸗ Handlung vorfi
das Regunent aus dieſer oder jenen ——n die
Compagnie aus dieſem oder jenem mt, von
—— oder — af —— wohlvehaten
andern —* kei
— efich juerwerben, Der fans
herr koͤnute Dun eine fülche Einrichtung bes
Andig eine — Armee auf. den Beinen has
Taumdig:Helfte fo viel, als eine
an — — — Too am» bern nalen! noch)
fo. viel ausrichten fönteswie wir davon die
—I in ben Seſichtn von dem Cyro ma-
R N 74 fi
ten ern finden, "als ‚mit ihten n.ianeft
—* keuten —** — e Thaten verrichtet
achmwelt an ihnen "bes
Ice, beydes vor den Fuͤrſten, ‚als das
u nt liche Kriege» Berfaffung, uhrde mit
nut. bey ung in Zeutfchland fo ſchwer fallen,
alß mau ölche im een Anblick einbilden
Ar * * durffte.
RR Der Bowa.
vuͤrffte. Detr evfte Pinwand
von, wuͤrde freylich wohl; wie der al
allen Sachen, auch Schwietigkelten entdecken f
allein, ein erleuchteter Regent, gefabene tige
Syauptet: rd kluge Raͤthe eben n —
Moͤglichund Den Sortgang d —
man ürffr hiergegen einwerffen, ch
cherheit des Fuͤrſten koͤnnte daruntet leiden
auf ſolche Weiſe die gan je Macht des Krieg
allein bey denen Unrerthahten waͤre; HA
Diefe fich vor feinen fremden Soldaten im
mehr zufürchter hätten, folglich dem Fuͤrſten
Geſetze vorſchreiben koͤnnten, Allen; wen
mehr daran gelegen, Daß der Friede im Pandker
halten, oder wieder hergeſtellet werde, (ale De
nen Einwohnern ſelbſt; da im Gegeneherffnumd
Voͤlcker, welche im Land weder euer nad) Fin
haben, dabey ihren Vortheil finden, went
allenthalben fein unordenflich Ugehet; e man
bavon die Gempein in da Gſiten ae
wichenen Jahrhunderts heſet; da fo viele
in Europa durch inmentiche Kriege und —J
Truppen fi nd vetheeret worden JE Se
Der Gürft ‚muß ſich in ſanem Sandy ——
in hen Fuͤrſten ſuchen. Es iſt Eein Bürften
thum fo klein es hält feinen Herrn in Ehren;
wenn ſolches wohl Bevöteßert)” wohl nu Ai
wohlhabenden Einwohnern; Künften) gabn
cken und dergleichen verſehen iſt, Tb AR de Sir
| ei mo maͤchtig; er hat im Ball Dei 59
A
MY. Da Sch Mor
‚tele Soldaten ale er N&HEDerfung feiner Unter«
'hanen nöthig hats er hatfein Geld zer |
Renthen ausgethan, Won die Eapitalien nod)
immer fich flärcfer vermehren, und bie 12
Die | a ee
— ihn
Lande ordentlich herumlauffen.
iM
ruppen, im
®
euer, ir „ZEUG + TELIRITWV Au TE: 7
Mir Eöinnten hier noch fehr-meitläuftig fepn,
und Doch eine ſolche Materie nicht erfchöpffen ;
wir beruffen une allenfalls, in allen wichtigen
Stücken, die wir allhier nicht beruhret haben,
aufdie oft geruͤhmte Merndires deMönrecuculi,
Die Megeln eines ſo groſſen Generals find noch
eben fo Qu zu hewerckſtelligen als ror 70. Jah⸗
ven Ertens beſſers ſagen wollen, hieß ein we⸗
ng zuviel von ſich ſelbſt halten.
790 I j
Der Perfaſſer wuͤrdeſich gluͤeklich gchten, und
feine Muͤhe fuͤr wohl vergolten rechnen wann er
damit nur einiger Maſſen ſeinen Zweck erhalten
ſolte/ welcher dahin gehet/ denjenigen, welche
bisher ſehr verkehrte und falſche Einbildungen
dem Kriegs⸗ und Soldaten-Stand geheget,
Me 8 * —G nxàanvo—
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Bela Ehren Free achte rich
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I le Sue >
on der Wuͤrde des Adele, und warum
Die Geſetze aneinigen Orten Die Kaufleute das ;
von ausgefchloffen haben? 1. 1.4,
| A ichvon dem Adelder Kaufleute ein Bes |
dencken geben fol, fo muß:ich gufsrderft
mit wenigem unterſuchen, was der
if ‚ amd warum man in einigen Ländern Dafık
Ä hält, daß BR Kaufmannſchaf demſelben zuwie⸗
7 — RR: nn — 9 de ER va m der
Bi ** oben ham
— wego HH und er bob nötige be
n. Der Sra
— —2 — * Er
Apri Staͤnde taugfen
Dre esfle nenne ee, —* Ei
„Nobilitasfola eftatque unica virts:..,
po Ä De ge
et impliciter,. Euripid.infragm, de Nobil. | a⸗
mit auch übereinftimmet, was Ovidius Meia-
werph. 2. 13. fab. se: a,
Nam Genus & Proavos, & qusenonfe-
00,5, gimusipfi, . 2 sr
Vix ea noftra puto, . .
Ws dieſem reinen Urſprung des Idels, dee
Aus der Tugend und Ehre hit, ift nachges
hends der Gefchlechts Adel entſtanden, Da Der.
Ruhm nortrefliher Thaten, ſich bis in den Nach⸗
Tommten fortpfianzete: wie Davon Plurarchus
bet: Nobilitatem eam tueor, eamorno,
quæ virtus dicitur generis, que aMajoribus
veluti per gradus ad nos delata & avos &
Proavos in memoriam revocat.,
a3 . Don
deſſen bekannten Tractat de vanit. fcientiar. met
” —* —— — narheinduderdurde
ne |
er KV. Dmitri.
MWm dieſem B
we de. Tornenm. ‚Daß,er | Denen
der folshe erlangt „.gebohren,. in. hen Sota
Biandlar, in ben Enden and, un ande
Enefeln ftämmig wuͤrde . * 7
= Seät forruna, domüs & avi Änuimerahtar
= — avoru el
2. Se SEE Er 2
We aber die ——** * Tugendumd
rum. aut Seren bis auf gehenwaͤrtige
eiten ſech ſtarck airsgeartet; alfa; ne nm
y dem — — j in Snfehung: eines.
portreflichen Urſprungs / kaum no einige Spw
ren entdecket; fo pfleget man dieſen Stand aut
nijcht mehr. in ſenſu —— 1 ſondern in ſenſo
civli zu nehmen: naͤmfich für die hloſſe Geburt
yon vornehmen Aeltern, welche Macht und Reich⸗
thum anſehnlich machen, und ein lang geltende
Gebrauch mit gewiſſen Sreyheiten und. Don
genunferflüßet. Dergeftalt, Daß dadurch al
Menfchen von edler Geburf erlaubet ift, I
. und hochmüthiger, als andre Menfchen {ich zu
. gebehrden, mithin auch, ohne alle weitere UN
foche, fich mehr einzubilben.
Es iſt ſchwer von dem ade eine fa |
bung zu geben, welche allen Voͤlkern gewen
ſeyn ſolte; Cum nobilitas, digniras & infa-
mia Juxta mores &'fcita cujusque regiodr
‘ ndicetur, Tirag.de Nobil. c, 33.0, 20,
-. den beſchrelbet ſolchen als eine ABlirde, nie
n — —
XV Meer Rauffmauirs. bel X srıe -
Rt ertheilet, vermoͤge deren ein gemeitier
Mann ſtauffelweiſe erhaben wird. De Statu
Mobil. c.1.0m6r.2’Diefe Definition aber iſtꝰ
nitht zulaͤnglich⸗ Inden unfer ganz alter Adel? -
vorn teiner. nobilirate dativa cous wiſſen will; ’
fanBern ſith A. tempore immemoriali herzu⸗
ſch — dann in der That die aͤl⸗
k
teſten Familien ihre Origines nicht wiſſen. Es
Miehet auch dft, Daß mancher wicht per gra-
> ‚ober ftaffelmeife, fondern per faltum,
Eh einen kuͤhnen Sprung, auf einmal barzu
ben toird, Barth. Gafanzus in feinen Ca-
talogo.Glori&. mundi P. VIII. conlid. 2.nens
er diyjenige ebel: Qui velopibus, vel gene-
rs Wldrirate, vel virrutihus cæteros antecel-
INar. ee re re
Es iſt gewiß, Daß zu einem rechten fürmlis
chen Adel Diefe drey Stücke nothwendig 'erfors
derkwerden ; 1)Geld, 2) Geburt, 3) Tugend.
das Geld ſtehet hier billig oben an, denn es
macht in ver Welt faft alles aus; die Cinbils
dung wegen der Geburt erlanget Dadurch: ihren
ſchoͤnſten Glanz, und vie Tugend ſchlendert
ehrenhalben ‚mit ‚hinten drein; Dann ihr zu Ge⸗
fallen allein. , hat man noch keinen Rang erſon⸗
nen, und fie. ſelbſt iſt zu beſcheiden, einen zu
ſuchen (08% |
L n 8. 1 i
Een ee
b ul- „.. . — *
ar | BRETT.
i e — AK RE [|
. v Pr “‘ air.
€) Ein verlährter Decrntosum:Doßer » Fo Mu
. Jene ⏑ ⏑ ren. GMLUHR (2
Geh.
013 XV. Der Rauffinannesäfiek,
erckwürdigen Veſchreibungen des Mdeldnul) Dis
| Dem ungeachtet iſt und bleibet doch oR
Die Tugend Der einzige and wahre Adel des
hen, dadurch er fich vor andern
Pie ud oe much, Re
—* Ruiticiate mit groſſem
jeret, vom
Ad
au —de
/ Te
t alt ſeis Dan veraltet it / welder er dee
bat, führet aus einem noch altfranfi
ten: Quidam Johannis Anglieus :
fe mit an: Nobilitas. eft ıwiplex,' ‚videlicer com
zwendabilis, tollerabilis & vituperghilis, .Prmagk.
Eodlelix, ‚fecunda feculi, terua infergi, ‚Popm
ex dyaboli pravitate. Diefen Tegten Abel, faatet,
hätte der Adam gehabt, darüber er fi und feine,
Nacht ommen ind Berderben geftückt. Capirulum
Sept. fol XXVII. Es ift dieſes filr Die Damahlige:
it eine ſehr lebhaffte und feine Satyre, und ge
vet Bun — — — Ty
pog:aphia, welches feit einer neuen
——— und mit genen.
(*) Meiner Meynung nad) kann niemand ein
)
Erd,
mann heiffen, ais ein Liebhaber der Tugend, Di‘
rühren weder Die fchamerirte, Kleider,‘ nor die! .
Dferde, noch die Hunde, nod) Die Folge Der gas |
even, noch die vohen Tafeln, noch die fleinerhe
Pallaͤſte, noch die Fifchteiche , noch Die Dörfer und
reyherrlichkeiten u. ſ.w. Dann ale Diefe Dinge
fan au) ein Thor erlangen , melden miemand
fur edel halten wird, er muͤſte bann ſelbſt ein —*
Ä ee Ev:
der Rath⸗
— —— ha dus Sache De
er Menfchen;
o Tal man — 2 he —
u age denjen
en Edelgebohren Kt 1 = pH
und flogen Mann sum Daten; gehabt, wel⸗
cher ihm. Daben fü viel und Sut m
fa hat „.Daß er Damit groß thun und ſeinen Adel
en kann. =. alfo hochmuͤthig und
vermögend iſt, der kann auch. einen Edels
mann abgeben, * er gleich der groͤſte Muͤſ⸗
an ——
| Rautauen weird diefe
, — | — * Us: eo unſere
Fe
Ken, vw. f ‘ )
fen. Sagt agt m. Blei 'in rating Gen —
. de duobus amantibus, Eurialo & Lucreſia. Hier
gilt auch dieſe ſehr vernünftige Inmerkung : Wenn
‚ "Menfchen unter Menſchen ſolten den Vorzug has
“ben, fo wuß ihm diefer nach der Vollkommenheit
der menſchlichen Natur zugeiprochen werden, weil
jemehr e8 dem Menfchen an menſchlicher Vollkom⸗
mienheit mangelt, je näher iſt er bet viehiſchen Ras
R ‚kur, und je weniger verdient er Reſpect von Denen
»Denſchen Weil Oott die menfhlide Natur
nicht der Viehiſchen, fondern dieſe Der Bonn
hen unterworfen. : Edfann aber ein Menſch nicht
. ‚bolfommien fenn, ald wenn er gelebrt oder meife
Abe Weil Gelehrfamfeit eine Vollkommenheit des
Verſtandes und Wiens ift”. Folglich fein Menſch
mehr ein Nenſch feyn fann, als ein wahrhaftig”,
" Gelehrter oder Weiſer. Rüdiger Klugheit zu le⸗
ben und zu hetrſchen. P- 514
22
7
en Edelmann auft der ·Han
ale XV. SEEN.
MNnſire Gef wollen ni
e6 fü tOnS: gegen sinnterni ER
en und‘ zagteichain Edet w
u en eh *
ih) ui ERRMETER
Ü Non bene canvenkme lie. mercator
ide 3 oe dt RO
“ Nobilis,. fügt 1..Zkanen N Teicariwi a
Aue — — „fat. I + Fa x fr: nd
RE " = En — 24 “ 4 n. gt ig
@ie ertkem Ds wegen anth sinn ——
treibet, —
Beer * Moels: verluſtigl N iles *
| ze ern (fcilicer vili imercgrure
&dres perdunt Hobilitatem. Z. Nobilio-
res 3. Cod. de commercio & munerib, L. unie.Cod,
de perfect. dignit. L. Milites 15. Ted. de re u |
eh; zu Cod, deprpef. ag Aueh: J. |
Ru denen Thurnieren wurde einer, ban
Adel gebohren und herggekommen war, nicht
zugelaſſen, wann er feinen Stand anders,
dann in adelichem Stand hielt , fich \nit
von feinen adelichen Stenden, Renten und
Gülten, die jm fein Mann oder Erblehen⸗
Dienitleben, Rabtgelt, Herrnſold oder Ei⸗
genthum jaͤrlich ertragen mag; ſondern mit
Kaufmannſchaft/ Wechslen/ Fuͤrkauffen/
und dergleichen Sachen, nehren und ſein
Einkommen mehren wolt, dadurch ſein
Adel geſchmeht und — Wh wo 4
ti Gilt 0
—E De
ar feines Sinderfafien und. Antöffern j je
nn dem Mund abſchneiden wolt,
ſo Zar Stück eins oder mehr übers
— und darwider thun würde... ſol in
Thurnier nit zugelaſſen werden. Wo er
Ddaruͤber einre iten und Thurnier halten
male, MI man mit jm um das op thur⸗
era and jn auf die Schrancken ſetʒen nach
antnus Thurnier⸗ ———
tier buch Art) N ee,
Siehe achiꝛen ai D ie nz
ur de ru
er keteriſchen Glauben —
Verachtet kayſerlich Mandat,
Wer Ben ſchaͤndt, ſchwaͤcht eine Meid,
Wer Seeel faͤlſcht und schwört Meynend,
MWer-Seld fleucht, laͤßt den Herrn in Moöth
Wer ſeinen Bettguoſe ertoͤdt; |
Werx beſtiehlt Kirchen; Wittwen, Weiſen,“
Mer unabgeſagt thut Friegen und reifen ().
Wer neu — * und — u
ar rar Hr & HA
‚g e Eh es, ober het Bricht‘ 5)
Re Si Fuͤrkauff uff, Wucher, Wechſel treibt“,
KWer hs in ehfen € u. Det: IN:
ee Ze H — *
!
⸗
sie Kr au
* Mit Heiraten oder ſein Geſchlecht / —
“Spricht von vier Stammen edel —
Das ſeynd die zwoͤlf turnier ſtͤck 5
= — der Keiſer ordnet mit Kan: vun :
8 erner ſagt dae — enden Su
} job eo
F t? Pfaffa
Frauen, Bauren und —— Und ee
. die m elich gebohren Keeper und Die nicht
von Kitterart feyen‘, die rt: ſollen Ledeurirhi
darben. Hier wird alſo = Kaufleuten ein
ſchlechter Rang angewielen. ee
Unfere meifte ectögeehete erklären
falts in dieſer Sache. gegen den *
adel, v. Tiraquel de nobilitate es 27. n. 7
Strach, de mercarun : part, 3. Bu 14
chkerman. pol. l. 1. & #42 Lereh de —
— B ni. —— ⸗
12. N
afonders hat vor * in —
Stelle , fich fehr hart gegen den Kauffınanne
ftand heraus gelaffen, und alles angefuͤhret, was
. man immer zu deffen Vrachtheil und Verun⸗
glimpfung ſagen kann. Erbefchreibet die Kauf⸗
Jeute als ſolche, die ihr Gewerbe mit lauter Un⸗
gerechtigket, Betrug und Fügen führten. Schön
zu der Thebaner Zeiten, fagt ex, war ein
Daß niemand zu öffentlichen ———
9
kanianve —2 37
yon; werden / afehtdenits u: habe
m Reufinannfehaftt en
En = — ——
ee eſtalt ich ge⸗
ſehienen chda den Targnhium
im für — he weil fein Daten
—— —
en
de Kauffinannfhafft für eine Feindin der Tu⸗
gend; wie denn Plato ſolche zu den niedertraͤch⸗
tinften Handthierungen zehlet und Weurgus
feinen Buͤrgern verbolen mit Handlung ſchaͤnd⸗
iche Wucherey zu treiben itcero hielt eben⸗
fallsı diejenigen für ſchaͤndliche Wucherer ; denen
man ihre Abeit und nicht ihre. Künfte abkauf⸗
tec**, meil Diefes Loͤſegeld eins Art des Lohns
fin die Dienſtkarlei ring Pelze — ®
‚Prifcum viliotem reddidit — mer+
1... Kate m. Ten je genitus eilet. Faler, Max. Jıb, 3. Code
* Rus enim Patribus indecorus vılus et, T, Liv.
m De — is h
FR) Ariftot.];6: pol‘ Opium & — oh |
F deffen Worte, prava eſt vita —— virtuti
"opus eorum tractat multitudo. TER}
#) Pinloftrat, vita Apollonli L.TV. " i
"Lyeurgus fuls legibus veruit ver in fürdide
"N ärte werlars argue erlani ih quxftuaria quæ ope⸗
ML Du — KORMRRTER ‚Pinkarch, in apıpbke
S füc,. ub: Verbat ltiberäles Ä
——— 1x Mertenariorum ornhium a
| Mt zum opera nen quorum artes emuntur.
. 518 ee)
Go BL,
Ki BER
Dre — Mt
Ka n
——
macht
ndias Prrwan
— 7 en i —e— ya nam
RIPEYIDE Hr 21 7E) 108 89 WV iv \ a. ey
— furandi Pen
arte ,-
„‚Mexsurius. Maja genitus.... — —
und kbante man von denen Betrů getepen r Qi
gen! und andern Laflerh , ‚welche Den, Kalifleuten
eigen wären, vieles ben Dem Luca de Pennain |.
nec ipfi circamed.C. de incol. & in rubr .
nepoc;ne milit, und bey Wehnero in feinen
pract. obfervariön! Untgerecht Gut frfelt
nicht, nachlefen; als welcher Tegtere Die. Dusch
Handelſchafft ertvorbene Haab unter Die uͤbel er⸗
worbene Guͤter rechnet, weil ſie nicht ohne Mei
neid und Luͤgen errungen wuͤrden·Auch ſey
der Kaufleute Gluͤck immer — und
nichts. beſtaͤndiges; dergeſtalt, daß —
—EX atuiouꝑn “su 5540 Den
—
AR: —E u,
in hren Guͤtervn nha überbtore. nf
derallein, 8 tens ıt, DI Dit. 48 ICh:
—— WIN atiheicäpboa 1; anf wei
1 ra ner os mydundg 5,54 Acn
Der Bin: von den Handelsketten fo uͤbel
Prechenide Knipſchild, hat damit noch nicht ge
MUS geſagt! Er führet: aus" ſeiner weitlaͤuftigen
leſenheit auch noch dag Exempel des Hunga⸗
Aſhen Könige: Match, Cörvini'ntit am, "rock
eher Die Venctidttifehe Edelleute nicht allein für
— und Poͤbelhafft etklaͤret/ ſondern ſie giſch
uren geſcholten hatte, feet ſie die Hoheit des
els mit Wucher und Handlung beſipelten
wie ſolches Lantius ih’ feinde Rede eonträ Ik
Syn angeführet. Hierauf paffet er folgende die
öne Al 2 aus dem F ezogenen He-
nanp de de garım, exhort. 1, at; mp, we
nt, KIrc!
Tre darn 1 £ Hunsidte wei
Siccine codlayies- homian Hquere-
-y, .. “dem zmptor en LEGE sat
mm: run unrgsbı : —
BSordie ioms gonco Gen ie
* Sky 2iscmıe avarus æiul >> oh. 2 . .
5 "fliege ars gärtaje mer-
Ee Bi DEUWERTE 18 Ge
D &
— — ker er? “ Obtrülpabirur
SAT SRG
a Degen, RN —— R KR ap
u ai Seriäre lu-
Be Neg 27 — re —
el * \n3 MAG — KHITLITIW c une! RF
— ——
Awm⸗. Iin obhrlichen
ars Sa
keit des guten Kuipfchil
ieſem und andern bergleichen
«tr daß alleund jede Kauffmannſchafft Dem
vhlig untesfagt und defien Wuͤrde gang >
AR et ©
27
Re
. .
6646..
—
& Catal.. zloriæ mundi Parıe 8, a. 49. bei
Worte verdienen bier eine Stele zu findet
| ran Ani pres, bererie polabusern. pre& I
entur,.cum in.defidia ac ignavia coß-
ftituere videntur, Nulli etenim prarer quam
inerti & inexperto ocio intenti, Tedendoarngue
ofcitando ex ſuis poſſeſſionibus vitam er
Nefas eft, ut opinatus, nobili, rei: zul
aut fuis rationibus coghofcendis operam \
Sedentes in atrıis in hemieyclis, aut in —
do priſcis damibus orti „ ſe nobiles profitemtuls
Morcaturam ut rem turpiſſimam vslifimam-
‚que exhorrent, adeo 5 u nobilitarıs tie
wentes, ut Gwintundis erenus atque shaft
citius fame interiret', quam ſiliam vel opi-
lextiſſio wmercteri ‚nehtrimenia —
iss 25, mern “ie
un... .guaf Dacarı,
XV Der Ranftinnnno:didelt 28i
09 feh 3, within alle diejenige ihres" Adels vers
Mig wuͤrden, ünd darauf gleich am Wergicht
ten, welche⸗ Handelſchafft trieben.
Wir werden nicht biel Muͤhe haben das Ges
Etheil davon hier zu erweiſen: Rechte Ver⸗
rt und Gewohnheit geben uns wenigſtens
iel an die Hand, daB. tan einen ehriichen
ncker ſchon noch mit einem reichen Kauff⸗
Munsmaͤdgen troͤſtenz ober ihm; im Faul der
"Roth, eine yeiemenve Handelſchafft anweiſen
"Kinn, ohne Daß erirfäche habe, ſeinem Adel zu
‚Selen, Hungers zu ſterben, oder fich auf dad
Nauben und Plundern zu legen. a
‚ Miterfuchung det Geſthe, welche die
Kauffmannſchafft ins Groſſe, vn
dem Adel nicht ausſchlieſſen.
l . 5
BD Geſehe, fo hatt fie duch fieder Die
5 Kuuffinannfchafft loszubrechen, und ihr
Beſverbe, Wwelches eines der wichtigſten und
Nnuͤtzlichſten im gemeinen Weſen iſt, bin und
' Wieder verdächtig zii machen fcheinen, ſind doch
init richten af eine andere Dirt zu erklaͤren, ulg
bie Sache) wovon Die Srageijt; mit fich brin⸗
Be Nun iſt es zwar alladings richtig; daß
ĩ nobllioresC. de commerlüs © mercat, Die Kauff⸗
au, Theil, ® mann⸗
-
auch nicht folten zu genieſſen haben : dieſes iſt
Einer von Adel verlieret nicht die — ſei⸗
mann, der groſſe Handelſchafft treibet, lebet
322 XV. Der Kauffmanns/Adel. |
munnfchafft Dem Adel unterfagt fey; wiewohl
ſolches Anton de Butrio in rubr. exıra ne cleri &
mon. und Barthel; Cepola auf gewiſſe Art-bereitt |
wiederfprochen; Wollen wir aber hiergründlid 4
urteilen, ſo müffen wir auf die Urfäche: fehen,
welche Die Geſezgeber bewogen haben, den Edeb
leuten Die Handlung u verbieten : ſolche koͤn⸗
nen wir ex lege 3, ff. $.1. de muneribgs & honori-
bus ganz natürlich herleiten: dieſes Geſetz ber
fichlt, Daß diejenige Edelleute, Die fich nicht sw
gleich adelich aufführten, die Vorzuͤge des Adel
allhier Ratio legis, wo -Die Aflirmariva nicht
minder ftatt findet als die Negativa; nemlich
nes Adelg, folangeer fortfähret adetich zu leben:
dieſes ift der erfie Sag. Ein pornehmer Kauf
insgemein recht adelich; dieſes ift Der. ander
Satz. Der Schluß daͤrduf folge nothwendig
Ergo kann ein Kauffmann; warn er yon Adel
ift, und Daben adelich lebet, Die Vorzuͤge ſer
nee Adels nicht verliehren. Metcatura enim |
non eft actus immediate |& per: Te nobili-
| ” contrarius, fagt Nolden ad leg, alleg, 3.
‚NoD,
Es ift zwar nicht fu leugnen, daß zu Zeilen
der Thurniere einer von Adel, wann er Dat
delfchafft trieb, zu denſelben nicht mit zugelab
fen wurde, laut obangezogenem eilften Articll;
Alkin dx damahlige Sr
\
Y
en waren ſo beſchaſe
—
XV. Dee Kauffmanns AL 323
man wenig von, groffen Handelſchafften
—5— alſo ER Kaufletite,, Die a
e bes erften Heinrichs lebten, wohl Nicht befe
er, als unfere heutige Krämer möchten gewe⸗
fen fenn. 2 ’ u | ae
In den alten Zeiten 5 in allen Provin⸗
gen von Teutſchland eine groſſe Unordnung. Eit
Nachbar uberfiel den andern nach eigenem‘ Ges
fallen. Man fehlug ſich mit einander herum,
ohne einige rechtliche Korm. Die Landffraffen
waren mie Dieben und Raͤubern bedeckt, und
es war ſogar Feine Sicherheit feibft in den be .
veſtigten Schlöffern, weiche in den Wäldern
und Gebürgen lagen. Die Hunnen, Die Wen⸗
den, Die © vl die Obotriften und andere
dergleichen R [Fer verheerten nach einander ulle
Gegenden vom feusfchen Boden. Heinrich der
Wogler war der erſte, welcher dafelbft Ruh und
- Drbnung einzuführen ſuchte; er lieh zudem Eins
de unterfchiedene Städte erbauen: man dachte
aber nöch Damals an Feine Handelfehafften. Die -
Enwohner Diefer neuen Städte waren fo gut
als eine Beſatzung von Kriegspölfern ;- alles übte
- fehnoch in Waffen. Nur die Krämer und
Marketender verkauften Darinnen die nds
tbige Sachen zur Leibesnahrung und Nothdurft.
Endlich befam das teurfche Reich in dem vier⸗
sehenden Jahrhundert ein anders Anfehen : Die
Handelfchafft nahm mit der Seefabrt zu, nach⸗
dem man vermittelft der Magneinadel die We⸗
ge zu unbekannten Ländern entdecft, Man
| X a fand
-
-
‚ 334 XV. De RKauffmanns⸗Adel.
fand ‚eine heute Welt ; und in Derfelben eids &
Menge bon feltenen Dingen, bie man mit nach
ven Seeplasen zuruͤck bradite.: Die benachbattd f
Städte befamen davott Ihteh Antheif. Der
Schaͤtze und Reichthuͤmer vermehreten fich ab
lenthalben. Florenz, Venedig, Genua md
Antwerpen wurden gewaltige md berühmte
Staͤdte: der Adel ſelbſt, um mit mehr Nach
druck und Glanz ſeine Herrlichkeit zu zeigen
xuͤſtete Schiffe aus, und brachte die Handel⸗
Geſ empor. Neapolis, Palermo, Lißbonn
villen, Marſilien, London und Die Hanſee⸗
Staͤdte folgten nach und nach der andern Bey⸗
fick Man begunte die Aunehmlichkeiten eines
gldentlichen und ruhigen Lebens zu empfinden.
Die blutige und wilde Neigungen ſich einandel
ju rauffen und die Haͤlſe zu beechen Berwandeb
tert fich in Leutſeligkeit· Künfte, Wiffenfchafh
ten und gute Sitten wurden allenthalfben mul
dem Kauffhanidel eingefühte: Die Edle |
waren atıf Diefe Weiſe die erfte Kaufleute, eb
che fich wenig an diejenige dunkele Zeiten kehrien
worinnen ihnen Das Handeln verboten. war. Ge⸗
Bi diefe neue Art ins Groſſe zu handen,
Schiffe zur See zu haben und Reichthuͤmet Io)
zu erwerben, ihrem Adel um fo weniger wörkle
herlich ſchien, je mehr fie dadurch in Standge
fegt wurden , Denfelben mit defto mehr Glan
und Nachdruck zu führen, ja felbft den Prach
ihrer Könige und Fürften nachzuahmen.
Hieraus ethellet Hun- ganz beutlich, daß
—*
— re
N
uffm ana. Ye 235
Beſetze über der Sach nicht haben forechen koͤn⸗
ien:: —A denen — der Geſetzgeber nicht
sehr a en es Die Umftände det
fie Feinen andern Vorwurf
er ® hanplichen Wucher und Die
An gan ganz umanſtaͤndige Schachereh,
zu verbieten; Und Diefes war quch Die
ng der ——— groſſen Soölfrefen,
Fauffmannſchafft deswegen nicht hold
se fie zu vieletrley Betrug, Uppigkeit
ungen verleſtete, Wo finder man
—— in Dem. men nehlihen geben, auch in
a hung der allernöthigiten Dinge einen
hand! en Mißbtauch 7 Die alten Römer
artbeiteen. (chat viel anders. bon der Handlung
als Griechen: fie hatten unter fich groſſe Leu⸗
er Der Handlung keineswegs ſhaͤneten;
ind. of ge Cicero felbft auf ben Bucher
H di ämeren fehmähete, fo machte er doch
Atem merkliche Unterfcheid wiſchen derſelben
um einer. rechtfchaffenen Handlung, die ing
atojle getrieben wird: diefeerflärge er fuͤr lohens -
vnrDia, Die Krämerey ins Heine aber allein für
ehwaßverähtiches Mercatura, lauten feine \
orte, fi remı uis eft, ſardida putandgelt, {i
copiofa, videtur jure optimo lau-
—— 1. de ofie. Cicero hatte wohl Urs
che dieſes zu fagen, bay zu einer groffen Hand⸗
ing wird ein-Huger Kopf, weitläu tige Wiſß
afft und vieles Geld erforder;.. Glaf
einhard zu Solms, in feiner Befhreibung
DE Adels, welche zu u in EN im
ar
426 XV. Der Rauffmanno idei.
Jahr 1563. heraus kommen, muß ſelbſten ein⸗
Stehen, P.1V, daß der Adel von Tugend;
Dernunfft und’ Gefebicklichkeie anfonime
und darum ‚fpricht er; haben ſie auch
Titul P hoch, als die Geſtrengen nd Eh
renveſten, daran föllein jeder, er fey großes
oder kleines Standes gedencken, daß er fer,
Defleiß vnnd den untumli en gleich 110 h |
fondern bey fein Eh “ rnac
Adel; dann, fahrt er fort, det Name Sure
Graue und Herr ſeind nur Aemprer, dar⸗
umb iſt je CZanıe , die Geftrentgen und br
. tenueiten ein bochbedencklichee Titel, daß |
der Adel hören ſoll was ihm gebüret, de
Adeliche Name, als die vont Adler, babe
einen austrücklichen Titel der Tugend
‚ Ebren, als die Geſtrengen vnnd ar |
—5 das iſt dns Fundament der Abel⸗
heyt. er ——
Iſt nun das — des Adels Tu⸗
gend und Ehre, ſo fragt ſicht hilfig, warum ein
vornehmer angeſehener Kauffmann nicht au
ſoll adelich ſeyn koͤnnen? Verſchiedene neuere
Rechtsgelehrten reden deshalben ſchon gan
‚anders von dem Stand der Kaufleute. Cie
heiten dafür, daß einer, dergroffe Handelfchaft
eibet, und dabey Viram nobilıtari decenrem
noR
E 2
XV. DerRaufmaune ld. sr.
non deferit; wie Noldenius de. ftatu nobi- .
IiaımL. 22,$.99. fpricht,, ‚feinem Adel mit nich⸗
ten. derogire dann wie wir oben ſchon gus die⸗
fern Authoregemeldt: Mercatura hon elt actus
a
”
1erımediate nobilitati-conrrarius. Nolden BE.
©: :Nabils Damit flimmet überein Bocer de Rega-
löbus Cap.2.n. 55. , XBo er den Sat des Ma-
thzi de Afll, anführet : Si quis mercaturam
axerrgarvalde ‚magnam-& preciolam, non
vilem, ‚aihjl-derogari eorum nobilitati exi-
Aimator. vMarh. de Aſict. ad Tit. Qaugdica-
. ac. lib. 2. Feud, lt, Stephan, de Nubtlitate.
Cap. i7:n 13. It. Braun, Adelicbes Kuropa
Gay. 5; $.136:;: De la Roque Traite de. la noblefe
-Ch, IRKKXKIH. Si lon doit permeitre aux Gentils=
beumendetrfanetle..: u
Wenn wir aber allhier von dem Adel reden, ſo
verſtehen wir darunter nur den gemeinen und ge⸗
eingern: Quibus non eſt altuon inclytum titu-
lis genus; Jeineswegs aber Den hohen, Stiffte
und Thurniermäßigen Adel, welcher immediat
unter dein Kanfer und; Dem Reich ſtehet , Daben
ſemper frey und niemand unterworffen iſt Denn
dieſer wuͤrde ſich allerdings von ſeiner Wuͤrde und
Standes: Herrlichkeit herunter ſetzen, wehn ei
"tpolte: Kauf und Handel treiben, ofne Schreib
Stuben haben, und mit allerhandzeuten, nach
den gewoͤhnlichen Kaufmanns⸗Titulaturen einen
gemeinen Briefwechſel unterhalten. Man hat
davon nieht leicht einige Exempel; ob gleich nicht
nugnen, daß verſchiedene bekaunte und vor⸗
X4 nehme
38: KV. Der Raufmanna Adet.
nehme Samifien, durch groſſe Ungfücks Haͤlle,
und Pandsverterbliche Kriege, beſonders zu
ten der Albänifchen Verfolgungen in den Niede
fanden, ſich genoͤthiget gefehen, Hauß —
Dal
delfchafften einigermaſſen wieder ·aufzuhelffen
und die Ihrigen fort ſubtinge. ua.
Es find demnach ber Erörterung dieſer F
ob Die Handlunaden Adel derogire, dieſen
Dinge wohl zu betrachten, Maß man hier nich⸗
von dem hohen Stifftsmaͤßigen Adel, and
2) nichtvoneinerfleinen, ſondern von einen
ron und wichtigen Handlung tede. Deus
was die Hand ung ing Bleine ‚betrifft, ſo Bat c
Damit feine unftreitige Sichtigkeity dat nemlch
folche alfenshalben ven Apelverliehren macht. St
_ un Gentilhommetrafigqueendetail'& |
tique, Ia deropeanee eſt toute formelle 3.fügk:
la Roque Tr. de la Nobl/ Ch xXXIXpım _
37 _ | | Te
1 F ** | N J 4
Ohne dieſen wichtigen Unterſcheid / wuͤrde man
den Sraturit quæe onis nicht vecht formiten
noch Die Frage, vie fo vielem Wiederſpruch um
terworffen iſt niemals gehörig —
koͤnnen. Es wird niemand laͤugnen, daß DE.
Alhei nicht feine verfehiedene Staffeln, wie gue
\ andre Hürden und Hoheiten im Der Welt habe.
Wolte man vorgeben, das ulteteutfche-Herfons
men und amfre Roichs⸗Grund⸗Geeſetze vergoͤnne;
ten den Ruufesten alte. Vorzuͤge des hohen
— Stifte
\
er " v4
EN: Der Aaufienne Adel 323
Stiſtsmaͤßigen Adels, fo. wuͤrde man damit fo
bob! den Geſetzen ſelhſt, a ts jhrer biöherigen Ob⸗
Kanı ent praen, ſprechen; Allein, ſagen, Daß
ne. Band ins Broffe nichts habe, fo dem
Adel uͤberhaupt zuwieder fen, und daß ein vor⸗
nehner reicher Handelamann ſowohl einen Edel⸗
mann abgeben, Fehen und Nitters Guter, mit
welichen Titeln, Wappen, Wuͤrden und Por⸗
ber SRenterirer; ſolches iſt eine Sache, Die fo -
Be der Matur des Adels.ale-mit, der Sa
na uͤbereinkommt. Dann wit ſehen nich
Ken in grofen Handels-Plasen, daß alte *
liche und gute Geſchlechter ihre Handelſc
Bann örtfreiben; ſondern auch Daß *
Rh ls Leute, qua.tales, , von Kaps
Dark mic, dem Adel und Mikters
Br Waͤre alſo der Adel und
| — wie viele wollen, e diametro
—F en le) ſo wuͤrde DE Kayſer Feine
te in Stand. erhe und Diefedas .
ee Handlu Torttreiben, Mau leſe hier⸗
in die Nachricht ‚von illuſtren Negotianten,
welde in Nürnberg Anno, aaa und 39. here
4 — * wo man ‚viele dergleichen
R hr ; Gpempeln finden —X
Be J. ee.
ö —X —W rn TEN: a :
2t * — a —
tr"
TE ————————
RR Dritte
ibefigen Fönnte, als ein Befehrter, Goldat |
0 XV, Der Rauffmanno · Abel
Dritte Betrachtung
Von der Derogatioh und Rehabilitation
dbdes Adels —— —
Hie aͤuſſert ſich ferner dieſe Frage: Ob diejeni⸗
ge, die ihrem adelichen Hetkommen unge⸗
achtet eine Handlung ins Kleine getrieben und ſich
ſowohl ihres Praͤdicats, als andrer ihnen von
Mechtstvegen gebührenden Voͤrzůgen nicht bed
nen, ihren Nachkommen Dadurch Det Adel ven
geben? —
Die Meynung Der gelehrteſten Rechts⸗Gelehr⸗
ken gehet dahin, daß diejenige, die chren Kindern
den Adel nicht gegeben haben, ihnen denſelben
auch nicht nehmen koͤnnen: Jura erfim ſangui.
nis nullo cWili mode dirimi poſſunt L: 8. fi
de * Jür: SE Ener Hi2 Des GEBR nicht von
dem “Baker, fondern von dem Stamm: que
vero non apatre [ed’a genere tu pduutur, eia
1*
raneũr polteris incol mia Li 3. ff. .pe inter:
=)
oO
«DD
&
oO
en
S°
—8
I
=
a
=
er
a
—
WD
=
=
&
+.
=]
DO»
il ne la peut pas faire perdre & fes defcen-
N
XV. Der Rcũffnanns bel;
dans, qui nut pas cecſs qualitẽ doibn eheſ;
puisque leur ayeıd, ‚öl autre aſcendant, les
appelle à cette ſuetetſion de Moblefſe par une
elp&ce de ſubſtitution tacite: St tenant cet
honheur, Honaà patre ſed genere; ils le con-
ſervent % Porpetuité. Tiiaft#de la Nobleſe. Ch.
RI A—3—
0,
Meines Erachtens aber halt ich dafür, "Daß dies
ſenige, Diefolchergeftalt in die adeliche Rechte ihr
rer Vorfahren treten wollen, nothwendig auch
ſolchen Stand und ſolche Handthierung ergreifs
je muͤſſen, die dem Adel nicht zuwieder iſt.
a Roque in dein ſchon angefuͤhrten Capitel
uriheilee, "Daß man den Adel feiner Vor
fahren » wieder annehmen koͤnne, wenn san
auch demſelben Durch verfchiedene Generarionen
- derogiret hätte; denn Die Mechte Des Gebluͤts
blieben fters denen Nachkommen von ihren Vor
führen eigen; doch ift er daruͤber nicht Der Meh⸗
nung, Daß der Adel erftlich in der fiebenden Ge-
neration bey den Nachkommen / verloſchen rohr
de; denn dieſes gehet zu weit, und lauffet ſchon
zu ſehr in die Zeiten der Muthmaſſungen. Ja
wenn auch ſchon die ordentliche Abftammiums vom
\ ater
— ——
Die ft am ͤſiſchen Sceibenten pflegen zwar in die⸗
ſer Materie bey und wenig zu gelten: Sunt enim No-
bilitatis præſertim in Germania: nepti admadum &
lexes judices: Allein, da wir hier von dem Adel
üßerhaupt handeln, ſd koͤnnen wir auch. die Mey
mungen auswaͤrtiger Rechts⸗Gelehrten nicht bey
Seite fh. |
=
se MM Der anffmenns ader.
Vaten aufden Sohn donnteerwieſen werden, ſd
iſt doch hier nichts anders, als eine voͤllige Dere
Lction Des Adelß ꝓi aermuthen. Kognmt nun
die daͤngt der Zeit⸗mit hin⸗z u⸗ ———
loͤſchunig des Adels fd sollte - ich
Bus nicht —— —
all das geringſte Recht darzu une i uͤbrig blei
ben, weit alle Dinge in der Welt Durch Den Fort
lauff ver Zeiten » wanınfleicht unterhalten wer⸗
den, ihre Eigenſchafft und Natur gänzlich wen
lieren, und eine andre Dargegemannehmen. 7 M
folchen Fällen aber worum einer noch hekannten
Zeit und durch fatrfome Urkunden ein Geſchlecht
in, Abgang gekommen iſt, da kann ein Sir
Etand und Wuͤrde wieder erneuern und
Nachkommen in den a“ itz * alten marihe
fisllen: un
Es iſt aher dieſe Rehabilitation, wie *
ſolche nennen, alsdann nur gonnöthen, wan
der Adel wuͤrcklich durch den Betrieh einer mma
ſtaͤndigen Handthierung / mit Aufgebung desjenit
gen Titels, , Praͤdicats und Wappens / deſſen ſich
Die Vorfahren bedienet haben iſt derogiret mot
denz dann der Adel wird dadurch nicht alleing®
kraͤncket, ſondern auch medergedruckt, wang
einer ein geringes veraͤchtliches Handwerck treihen
und ſich davon naͤhret Diefes iſt vornehmlich
von der Kraͤmerey und geringen Handelssteufen,
zu verftehen: dem Adel iſt folche nicht wohl ame
ftändig, und dahero demſelben auch bey den Nds
z mern E, Nobilior, 3. C, de — & mu⸗
u —
NE Der Rauffmanne-ddel, 433
nerib. T. verhöthen oeweſen zu aideliched
Europe 3 736
Wo fi chabet das Gegentheil Auf, bs PER
Exempel einige die von altem adelichen Herkom⸗
‚men find, nur ine Groſſe gehandelt; dabeh ihr
* und Wappen beybehalten, ob
ſich gleich aus Dem * ſelbſt fo viel nicht ges
macht haben; von Denen kann man, laut obigen
Saͤtzen nicht ſagen, daß ſie hrem Adelderogiret,
oder ſolchen gar aufgegeben haͤtten; dann fie bes
halten ſolchen als ein Jus quæſitum, odet als ein
Privilegium; Jure poftliminii vel quaſi, beſ⸗
en ſie fc eine Zeitlang nicht zu bedienen fcheinen
arröl. in L.'maturale eft unumquodque ff, de
ke judic. it, Warnelius Tom: I. Cont. dejure
_ Ponrik confery. 2.n. 5. Alfo, daß es biohauf
lie, ont, wenn
e den Adel gleichſam aus Dem Sack wieder her⸗
langen; ‚ md bey einer Relevarioneftarus &
hrionis öffentlich . wieder führen mollen.
Da Die Derogarion des Adels beſtehet in einer
Yoüteklichen Hetunterfegung deſſelben, Durch ein
unanfkändiges Gewerb/ und durch eine damit vers
Ipffte nicderträchtige Auffuͤhrung; da nun die⸗
Stuͤcke bey einer groſſen Handlung fi ch.
zu ereignen pflegen; —35 und Wappen
Y als diewahteienänobilitaris, Dabey von
chen vornehmen Handels: Leuten find fortge⸗
tworden; fo N se Ne dadurch genugſa in
—— daß fie weder fich, noch ihren
kommen ‚ Durch ihre Dandkmg im mindeften .
von
was, ratione ihres Adels haben vergehen en woh
len: : Kommt nun noch Diefes hints ß fie der
Fuͤrſt felbftindiefer Qualitaͤt erfennet, undihnen
das ‘Prädicat von in allen Schriften. und Aus,
fertigungen, die er felber eigenhändig unterfchrie
ben, und mit feinen gröfjern Inſtegeln behaͤngen
käffet, ertheilet, foiftdiefeseine Agnirio plenik.
fima. Und memand Fann fagen ,. Daß fie dur
ihre Handlungen ins Sroffe ihrem Adel etwas
prejudicirt; noch vielweniger, Daß fie, oder
ihre Nachkommen, deßwegen einer Rehabilira-
tion. pönnöthen hätten, wann fieihre Handlung
aufgeben, und andern Ritters-Leuten gleich, bey
Hof und in denen Ritter⸗Stuben erſcheinen wol⸗
fen. Denn ob es wohl gefchiehet, daß man in
gewiſſen adelichen Stiftungen und Gefellichaff
‚ten, ja nichteinmahlaufden Sefchlechter-Stuben
in Nürnberg und Stanekfurt, Kaufleute pflege
einzunehmen; fo beweiſet doch diefesnichtege
— — Adel. — deswegen er uraltı
tricien in Den Städten etwas von ihrem ID
entgehet, teil fie der Land⸗Adel nur After⸗Edel⸗
leute zu nennen pflegt. ' S. Braun Beſchrei⸗
bung der adelichen und erbarn Geſehlechter
in den Reichs Stadten. Denn mas Brivab:
Geſellſchafften dißfalls unter fich für Sakungen
machen, iſt Fein öffentliches Geſetz. - Und fon
nig der Fuͤrſt Diefen Geſellſchafften ein Mitglied
kann aufdringen, fo wenig koͤnnen auch di
Geſellſchafften den Fürften verhindern, K
lsute m Ndel-Standguerheben.
J Did
S
—
XV. Der Rauffmanns dd. 885
Viele halten goar dafür, daß MRehabilita-
tion in keinem , voii auch gleich der Add
durch unanftändige Danbehierung wuͤrcklich fepe
derögiret: worden, vonnoͤthen fey: fie. behau⸗
pten, Daß fü bald man diegemeine Handthierung
niederlege, oder die Handlüngaufgebe, der Adel -
ipfo jure sicher hergeftellet würde. Caracter
enim in fanguine indelebilis ef, ‚Guido
Papa decif. 106. n. 2. Rebuffusad.conft
reg. tit. de mercat. vend: glof. 2. n: r, Loi-
feau Tr.desOrdresCh.5.n. 105. Caflanzus -
Courume de Bourgogne rubr. 4. $, 19. glol
Verbor. Anton, Faber in ſuo Codice |. 3.
1.28. — | PR |
‘
]
Fi
u
er) Die Worte dieſes Iektern find fehr nachdencklich
untd gehben in dieſer Sache ein groſſes Sicht. Qui
Nobilitatem haber ab avis Se proaris, non- ideirto
cearmn amittit, quod patreni habuerit, qui mechani-
was forte & obſcuras aftesexercuitz abſurdum enim
At x patre folo auferri.filio,- quod non a folo patre
filius habet: nec quod eoipforemporeconceptus ſi-
lius fuit, quo pater eam nobilitatem amiferat, ad
sem peröäiebit: nam quod dici folet per medium
quod vocant inhabile imp- diri extremorum con-
junttionem ad hunc cafum non pertinet, in que
“fieri non poteft, quin avi’mobilitas, per patrem,
- guantumvis ignobilem, in; nepote vita 'trans-
zamttarar. Quidni vero cum is ipfeghimechanicas .
astes exercuit, fi ab antiqua profapia nobilis fucrit,
ſola defiftentia recuperet nobilitatem, neque ulla
indigeat schabilitatione; qua procul dubioindigereu
qui. 0x privilegio & fela Principis concofäene porn: .
\
706 XV, Deäitfeanneälid,
*
⸗
eit, den Veraͤnderungen des Gluͤcks mit uns:
terworffen iſt, und ſich deshalben oͤffters zu gak
geringen Handthierungen bequemen und herunter
Kflen mußs das Gluͤck aber insgemein auch Did
itten mit zu aͤndern pflegt, und ein niedertraͤch⸗
tiges Leben immer noch etwas von dan Schagn
Kb; fuisgue Nobilitstern quæũviiſen Vben bi
wu erfläret Ad ferner. an einem anden Ort: Rab,
is Defin. 257. folgendergeflalt: Quod pater meus
qui nobilitatem a genere häbebat, eam-amiferit per?
actus mechanicös , non debet mihi nocere, Iıcet
. , Ratusfimeoteimpore, quo jam amiſſa erat nobilitas⸗
neque mirum, quia etiam ispfequi amififler nobi⸗
itatem avitam, recuperaret cam per ſolam defiften-
am, quæ faltern tun evenit cum is moriturt Cut
ergo mihi nocebir, quod ei, ſi hodie viveret non
‚nöcerer? Non idem ef fi päter meus Nobilitareit
. habuit duntaxatex privilegio; amittendo enim prive
legium & ſibi noceret & pofteriss zifi proponas ı
‚ Nobilitatem à Principe datam ei & ejus pofteris
‚.. tunc enim factum parrıs nocere Iliis nendeberen -
/
XV. Deren 85
zels zuruͤck behält; fo hates die Gewohn⸗
Ic und einigermaſſen auch die Nothwendigkeit
Daun eingeführet; daß man bey folchen
Ben en, wo man den Adel feiner Borfahren
wieder angehmen will, fich zu dein Kaͤhſer hinzus
pflegt, um durch Deffen —
ben kayſerlichen Macht und Gervalt/ denſelben
wieder ju erlangen. Es ſey dann, daß einer Durch
Bier Bortreflichfeit feiner Tugenden und dabe
führenden adelihen Würden, den Verfall fe
SAdels ſelbſt veraeffen machte, mithin feinen
alten Geſchlechts⸗Adel auf einen neuen Grund
te.) (*)’- Conf. La Rogue traite dela Noblefe&
de fon origine fürvant les prejwgesy arrers & rege
Eng Au: Confeil.de 8, 4X) Ch. PI..de Letwres de
sehabikiiat; Bo aber oltre foglaͤnzetde Weroͤnden
sung (kt we ereignet; da halte ich die Wiede
— * e
2 . Fun Bo
“1... 1,7 . es 3
J 22371 —
ae ae ir
—
— bat es bey und der Gehrauch und der Wohl⸗
and eingeführet,, Daß man einem vornehmen
Staatd- Kriegs: oder Hof Bedienten Das Prüdicaf
‚von zu feinem Geſchlechts Namen ſetzt/ er mag von.
ſehn oder nicht: Aus Urſache weil huer ‚vie
Würde höherift, als der Stand; Da im Gegentheil,
wo dei Kar Bat ir ven — Bat
man einen ſchlechtweg bey feinem Geſchlechts⸗Na⸗
men: re von ⸗ — Graf, Monſſeur le
—J alier | Monſieur le Marquis und ſo fort. Wie.
wohl die Franzoſen und Engellaͤnder aus den Titeln
fo wenig machen, daß ſie die groͤſte Leute, wann fie
von nen veden, nur Montieur ſchlechtweg / 3, &
‚Mr, Belle-Isie, Mr, @alpole, Mr, Srairs ıc,
» nennen pflegen, Ä
_
”
%
nn
E. Pafkingung, de — Ade⸗
* wenig die ſergenloſe Wahl in: Sev⸗
Br un ‚noghep: Die — a auf
» m een .— m. man. — m
& heiffet ar: Use — digniratern Ma-
rin: Das Weib folge der Würde
" Mannes; Allein es will doch gleichwohl au:
hierinnen. ein gewiſſer Aufferlicher Wohlfiand bes
obachtet ſeyn , mit welchem ſich, in Anſehung ei⸗
ner gluͤcklichen und ehrbahren Ehe, auch ders
ſchiedene moralifehe Umſtaͤnde verfnüpffen, 4. €.
wegen der Sitten, Gebräuche,. Gewohnhei⸗
ten, Lebens⸗ und Erziehungs-Arten 26. Derge⸗
ftalt, daß deswegen Die Geſetze, DieMatrimmonia
nobilium cum hlia plebejeeconditionis ihita,
| mprebgen; ex ge XILtab. und dieſe felbfiers
ee. Hi
«
AV. Dazu 2.
m Adel; derchigemiiig en, ‚Claritasenim
eneris [drdefch commiftione abjeftz con.
itapis.. Da im Gegentheil: nie
Siciarhate matefno felix, £ ircane Paterna(*)
Ze 3s ’.
Jedoch je Die Reichthämer inggemein denen,
belche fie ‚, ein gewiſſes Anſehen und vor.
mes een erh ilen, auch fie felten mit dem
reg Hochmuths⸗Geiſt zu verfchonen
En man much gar wenig ingroffen
Sen aͤdten, daß Kaufleute von der erſten
mit aͤrmeren und geringeren Familien
znwie fie dann dißfalls in flolger Aus⸗
na Adel ſelbſt nichts nachgeben.
es im allewege key den Vo
ce Ä
Bo nuß aber. d e Tugend job
Sn; — Alle Vortheile
an dels hervor leuchtet:
1.79% * Dr ung und
öndtes hab: Dichin jebermanı fi u de:
‚mit, einer: Ihnreigaet — be wingen
Bun elle sr —
ra — —
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Wal co.
Wette — Ba
Von der Wuͤrde die‘ Kauftandels äh
bit, und daßd
rn et elalht umEDeE nn
®)
| achdem wir hisher den Inhalt der ge
K nen Geſetze, in Anſehung Der vu
der Kaufleute angefnhret habenz_ fo, wollen mir.
nunmehro auch. Die Rechte der Vernunft, und
der Gewohnheit unterſuchen, und ſehen
weit ſolche den Kaufmann, RR J
theils unter den Poͤhel ſeten .· n
Die Würde der Moſmanekhafrecdets ſ
— — uͤberaus ——— nd 5*
gemeinen
u") —— ——
| ‚hingen, und ur aathyen,
Gewaͤchſen bringen es ma di
mad. Die. beſe Gorte getcn
bricken und Manufackturen angefüllet
wird ihm doch alles dieſes nicht viel hei
darinnen dasenige Trie werck fehlet/e
in Bewegung ſehget, alles an
Be und alles. nach Pot Durft nn
Diefes Fann ohne Handelfchafft nicht geſchehen.
oo —* hat orrath ENG ein Rz
y_foanı
{ Zu
| *“
KV. Deränafurmns2lvdx. 3410
n Del, ein drittes an Wein; mam vertauſchet
ines gegen. DAR andere, man vergleichet den
Verth mit bagren: Gelde: man kauft Waaren
in; welche ſich ba nicht finden,. wo wan ſie hm⸗
ringet, imd verkauft ſie wieder mit einem anſtaͤn⸗
igen Gewinn. Viele tauſend Menſchen wer⸗
n: dadurch beſchaͤftiget, erhalten und genaͤhret.
Der Umlauf des Geldes iſt wie Der Umlquf des
Bebluͤts in einem geſunden Coͤrper, welches in.
xſtaͤndiger Beweglng ſich durch aleliedmaſfen
durchtreibet. Der Staat wird reich und maͤch⸗
Kg: und die Kaufmannſchaft verfnüpffet das‘.
Band der allgemeinen Geſellſchaſt der Menfehen, -
indem fie Treue und Glauben erhalten, und die“
D
Nothdurft eines:jeden mit beforgen. bit.
Feet ae ee Ben RR:
Alle Mexſchen ind in einem gewifien Sinn.
Handelsleute; dann es finden ſich wenige, die
wicht etwas kauffen oder verkauffen. Die Koͤni⸗
Hund Fuͤrſten handeln mit ihren Soldaten und
Kriegs-Truppen, Die einer dem andern gegen ein
Stück Geld abtritt, und zufeinen Dienjtenübers
lübt, Naicht viel beffer, als wenn man einem
ſerde und Ochſen verhandelt: Der Land⸗Adel
art feinen jaͤhrlichen Anwachs an Vieh, Ges
‚ande, Wein, Wolleund Del, fo gut er kann,
zu Marckte zu bringe, und,daraus eine Sum:
me Gelds zu loͤſen/ Damit er feinen Staat führen,
daduanen; Pferde, Hunde amd andere unnüße
Mäufer unterhalten Fann. Unter Denen Herren
eifklichen giebt. es zuweilen die geſchickteſte Comes
mercien⸗Raͤthe, welche am beſten wiſſen, wenn
ie Y3 fie
ä i
® ,
„43 XV. De Raufimmannse Adel.
fie Korn aufſchuͤtten, oder verkauffen, und ihte
Gelder: auf gute Unterpfaͤnder zu 6. für 100.
lehnen ſollen. Man gehe nur in Die Kloͤſter und‘
reiche Praͤlaturen, und fehe, was darinnen für
ein ftattlicher Handel getrieben teird. Die Ger
lehrten überhaupt find die groͤſten Papierhändke,
Da fie fich einen jeden Dinten⸗Kleck, wwennfienur |
koͤnnen, besahlen laſſen. Sie handeln mit Lei⸗
chen⸗Predigten, Zuſchriften, Lob⸗Reden und
Gedichten, und laſſen ſich oͤfters ihre ſinnreiche
Unwahrheiten vortreflich bezahlen. Ein arme
Handel, beſonders in Anſehung der Herren Poe⸗
ten: Beſſer waͤren fie Stockſiſch⸗und Haͤrings⸗
Kraͤmer; denn mit dieſen Waaren koͤnnten fe
nicht fo ſehr die Wolt beluͤgen und betruͤgen, tie
mit ihren Lob⸗Gedichten. Zur Straf ſolten ſie
immer fuͤr ein Lob⸗Gedicht zehen Satyren ſchrei⸗
ben; Damit dasjenige in Der menſchlichen Geſel⸗
fchaft wieder gut gemacht wuͤrde, was fie durch
ihre hungerige Lobſucht burimmen verderben.
2 t
I a ä R ‘ . . f f
er) Wir hätten nicht dad dritte Theil fo viele Bücher:
und unter diefen nicht Das dritte Theil fo viele fchladr.
ten, wenn Das elende Geſchmier der Gelehrten, Die.
bloß aleindarum fhreiben,, daß fie Bögenmeißibte
Arbeit verhandeln konnen; nicht fo ablich wart.
Mancher laßt deswegen die Feder fo weit Tanffen
als enge die Roth iſt, die ihn drucket; Um drey Zer.
fen, die er hätte wieder ausſtreichen ſollen, fegt ek:
noch schen hinzu, um diefelbe gu erläutern; Seo
erinnert deswegen die Gelehrten, ur rem aliunde
farciant, quam ex hireris &c. Unſere tuchtigſe⸗
Seriben⸗
. Ber. gikbtz
XV. Dur Ricufmanns Adel 344
Ser Wewaten handeln mit ihrem eeib ind deben
Ae dienen damit dem, der ihnen Sold und Klei⸗
aut un Geld, und das Leben fuͤr die
heißt man in Holland die Leute /
- Bien Soldat ns Boots-Dolc'su wärs
‚ bergen; Siel Verkoopers, Seelen Br
iauffere Sie ſelber treiben oͤfters im Lager und
uf hren Maͤrſchen gar ungebuͤhrliche Handel⸗
*
uften Pia; man. wird wenig Kriegs⸗Bediente
ſiden, de aicht faſt mit allem zu handeln, und.
—
vjſft die Juden ſeibſt gu’ betruͤgen wiſſen. Von
nun Ba Me nicht;
| eu iſt Hier bieigr
Es iſt gewiß, Daß in einem Allgemeinen Verflar
dve alle Menschen Kaufleute ſind/ folglich kann das
Handeln an und fuͤr ſich ſelbſt keine Sache ſeyn,
ze 3
—
25° Seridenten lebten von andern Einkünften, alö von
über Gelchrfamfeit» Die Willenfaften dienten
u‘ nicht zum Handwerck; ſondern ar Erhoͤtz⸗
g lichteit; und Da fie, biexinnen blos alein ihrer Drei ,
N ’
1 1%
4 g folgten, fo mar hnen die Natur behülflich—
en Beifi noch jo hoch empor zu ſchwingen.
—
14 XV Der haufen Adet
ſoſche Laſtet kann und ſoll getnebenn
man auch Diefelbige eben ſo. wenig
an und für ich felbft heymeſſen/ alsman ſagen kann
daß alle guͤrſten Tyrannen ale Soeilente Prah⸗
ler , alle. Geiſtlichen Heiuchier, alie m
Raͤuber, und alle oeten: a al. Dan
wenn man es genau wgterfuchen wolte, ſo wir
be ing Anden, Daß dieſe Gebrechen hen kenanns
. ten Ständen eben ſo natuͤrlich ind, as den Kguf⸗
‚leuten Das Luͤgen und Betruͤgen. Die. Wenm
leider durchgehende, : ynd.pep. allen Gattungen,
son Menfchen, in ein ſo Kiefes-und-afgemeines
WVerderbei verſuncken . Daß fieh fein Stanomehr
vor Dem andern einer befondern Tugend ud Rede
| chfeit wırd ruͤhmen koͤnnen. ——
Die Menſchen machen alſo die Staͤnde, ‚nicht;
aber Die Stände die Menſchen böß: Merearo--
rum vitia, non artis, {ed hominum funt,,
Man kann fomohleinredlicherKauftnann fennyale-
einen gerechten Süirften,. befeheidenen Edelmann,,
frommen Prieiter, rechtfchaffenen Soldaten mb:
aufrichtigin Poeten abgeben... Wie viel rechts
ſchaffene Kaufleute findet man-nicht, die fich ein.
beffandiges Geſetz machen niemand- zu rwor⸗
theilen, noch einem mehrabzufsrdern, ulsfie die
| Waaren geben wollen; Ja die es gleichſam für
einen kleinen Schimpf- halter; wer" manmie
Innen viel.auf Bieten, und Wiederbieten handeln
will? Wie viele groſſe Kaufleutefind nicht bekannt,
welche durch ihre Redlichkeit ihre Handlung mehr
empor gebracht haben, aͤls viele andere ki
| | gt ihren
| Hair —
Bw Der Raufmennsldel 4
racticken und falſchen Eydſchwuren: die den
en uͤheraus viel zu gut gethan, Die Kirchen
und Schulen; nachdrücklich „bedacht, umd die
Wbohlfahrt des gemeinen ABefeus, ſowohl durch
ihrem Eifer, ale mit guten Rathſchlaͤgen Fraftig
unterſtuͤtzet haben; und die endlich felbft Dem ges
. ehrfen Stand mit, manchen geſchickten Stipen⸗
- Daten, der von ihrer Srobrnußn, und von. ihrer
—
Freygebigkeit leben muſte, andie Hand gegangen
find.» Solten ſolche Leute I: niederträchtig, Ders:
+ ächtlich. und. des Adels unwürdig gehalten mers
: ben? Wenn diejenige Rechts Gelehrten, die fd
v. Heine und veraͤchtliche Mennungen von groſſen
und wichtigen Handelſchafften haben, wuͤſten und
berflünden, wie viel Geſchicklichkeit, Wiſſen⸗
—— Verſtand, Erfahrung und Nachdencken
arzu erfordert wuͤrdez ſo ſolten ſie ſich bald eines
innen, und mit nichten ein Gewerbe
J —— und dem: Adel für unanſtaͤn⸗
ver Davon Das geineine Weſen einen ſo
en siehe und wo diejenige Perſo⸗
u
nen, ‚Die feldhes treiben, an Fundbarer Redlich⸗
| — Wiſſenſchaften, und guter Auf⸗
ng: ſich oͤfters weit mehr voch ale:
andere herverthun. Wie ſolte man
‚solche Leute gering ſchaͤtzen, Die nicht felten,
wie — und zu —— als Fuͤrſten
in ihren Pallaͤſten, als Weiſe in ihren Schreib⸗
Stuben; als V —— und als die edelſte
Buͤrger in der Gemeine ſich jeigen? Bey denen Die
en Huͤlfe/ "Die Kleinen Kan Mn /
Schuß, und 1 Armen Troftfuchen;
—B—— Be 0 Sa bloſſer
d
46 NV. Da Raufnianns⸗ Adel
bloſſer Name auf ein kleines Papiergen gezeichnet
" Anſehen, fo viel Treue und fo Fir Glau⸗
n findet,‘ Daß man ohne Bedencken, viele
taufend dafür hinzahlet: "Leute, Darunter welche
son Pe herrlichen Erfenntniß in der Natur
end in Staats » Sachen find, daß fie aus Dem
Lauf der Dinge und aus Dem —— —*
der Begebenheiten, ſcharfſinnig ſchlieſſen koͤnnen,
was hier und da mangeln, und dort wohlfeil und
im Uberfluß ſeyn wird; als wornach fie ihre ganze
Handlung einzurichten wiſſen. Wie viel kluge
Kenner: der Sefehichte, der Welt⸗Weißheit, md
der. ſchoͤnen Künfte und. NBiffenfchaften findet:
nian nicht unter ihnen? C*) Ich ſelbſt habe deren
verſchiedene gekannt, die ihre fuͤnf bis ſehs Spra⸗
Fa verſtunden, welche die artigſte Briefe zu
reihen und dabey einen netten Ders zumachen.
wuſten: deren Gemaͤcher mit den rarſten Buͤ⸗
chern, ſchoͤnſten Gemaͤhlden, unda
Sachen ausgezieret waren; deren Luſt⸗Gaͤrten
m. guter. Einrichtung und finnreicher Anmuth
der Fuͤrſten ihren nichts — die in
ihrer garen uffuͤhrung, fowohl in Anfehung
er Sitten, Reden und Gebehrden, alsin dem
aufferlichen Pracht von Kleidern, ke |
4 . y . .. # en
*
— N ie '
*) Man rechnet darunter Die beydel griechifche Weis
fen: Thales und Solon, und ben groflen Hypocta⸗
geb , wie ſolcheb beym Plutarcho nachzuſehen iſt. Wie
auch den Plato ſelbſt, der nach dem Zeugniß des
Diog, Laertu auf ſeiner Reiſe nach Eghpten Del fol’
ben ſich gehabt, und ſolſches verkauft haben.
MV. Dir Raufniinns del: 947
Lulſche und en und dergleichen, etwas vor⸗
mehmes / groſſes und edles zeigten; mithin indie
ten Stuͤcken vitam nobilitati decentem fuhr⸗
tin. (*) Solte nun mancher armer beduͤrftiger
Yuris urriusque, oder mancher Fahler bereits:
von feinen Dior » Eltern her mit feinen Aecken
vorfehuldeter Dorf» under, noch Die hohe Bes
dancken faflen, einemfolchen Kaufmann den Abel
zu difputiren, und dabey ſich ſelbſt öfters, ben ven
Kurnumer⸗reichen Umſtaͤnden, darinnen er ſichſin⸗
det, mit einem groſſen Vorzug des Standesimd;
der Würde zu bruͤſten ſuchen; ſo muß man au
Mitleiden ihm dieſen Troft noch gönnen, indem
er fonften gar nichts haben wuͤrde, Darauf er fich
etwas einbilden Finn. |
| SE er.
‚ „8 erhellet alfo hieraus zur Genuͤge, daß ſich
der Adel zur groſſen Kaufmannfchaft um fo viel
beffer ſchicket, weil ſich dabey diejenige Guͤter und
Rejchihuͤmer finden, Die zur Fuͤhrung des Adels.
motbrveridig erfordert tverden. Denn mie Der
Adeliin Tenfü civili nichts wuͤrckliches hat, das
= Durch"
42*
— BR . · — DEN
J
(X) Je jouis;, fägt Hert von Voiiaire an Herrn Fal
dener , einem Engliſchen Raufmann, du prüft de
pouvoir dire Arna Nation „ de quel oeil les Nego- —
crians font regardes'ichez Vouss quelle eftimeon ſait
‚„ aveir en Ängleterre pour une profeſſion qui fait la-
u Grandeur de Etat & avec quelle Sup&riorite quel-
ques· ums d’eutre vous repr&fentent leur Patrie dans
“ Je Parlement, & font at rang. des: Legislsteurs,-
!:v Refe deffen Zuſchrift von Dem Trauer⸗Spiel Zayre,
XV. Der Baufrsinepipek ERDE
Dandh et ficb-Fänt helten vnd mergpen sleep.
als Durch eine dufierliche Figur; fo laͤſt fiche auchr-
nicht wohl einen Edelmann fpielen,. wenn mar
. fan Geld hat. —— ſagte DAR
m feiner Zeit:
„Ei genus& virrusnifi cumrevilioe alg :
« Dividzenim nobiles radanoi nobiliores:.
—5 Ex
Wie ii Gegenthai diejenige felten in der Wen
eowor kommen, denen es an bieſer wichtigen Ci
geafchaft mangelt. Br
« Haud facile emergumi noram —R
3
Res anguſta dom. N
" Sorich Juvenalis,’ Deitoe be
viele. Kechts » Gelehrten, als ge Di in 137
Cod⸗de dignirat, Andr.. —— eh
lirare. Cap, ag. n. ı And and mehr, daß der
Adel durch Die Sun gper —* — —7—
non. amplius clari exiſtant.
Therriat de a Noblefe und Baldus dl —
Cr de ine. nup: wiederfprochen: ¶ Paußertas |
e Kr MAR, regdir, vilem. 5% arBR * *
8. MINEN. —
Wir haben föon — men, bad nur
diejenige allein Für rechr edel
weiß und, tugendhaft find? J — * en
gentlich den .achten und wor
ie NZ IT DT U ec. —
Brttr aber) Hat:ihre enbge Weiſen: fie miecht
einen ums Geld zum Daſttor, und gegen eben
ſolche Münze auch zum Cdelmann: der Welt ihre
Weiſe gilt in Rechten; und da weiß ich endlich
richt ment, was Das Geld nicht ausrichten folte:
Se wi ſo gar ſechszehen vermoderte Ahnenin der,
Srufft, und macht fie Stiſt⸗ und Thurnier⸗ maͤ⸗
Sig, zum Erkenntlichkeit, Daß von ihrem Gebluͤt
ein fo vortreflicher Menſchentſproſſen it, der das
Derze hat, ſich adeln zu laſſen, und etliche hun⸗
er Shaler fuͤr ein groſſes Stück Pergament zu
1, daraufmanche Unwahrheiten geichrieben
ind; dieſes ſage ich nur im ſeniu morali;.meil
yin-aber in ſtatu cıvilileben, fomuffen wir quch
die Gebraͤuche, Derordnungen und Rechte Deg
erfommensy als ein bonus civis mitvercehren,
und.Darauf, wie es billig iſt, halten. Da hat
um Das Geld die erſte Macht, Da kann man mit
Seld.alles ausrichten; dafoͤr kann man kauffen,
‚ umb; werden, was. man will. Nur Geld herz
rare jener kluge Hof⸗Nart zu feinem, Herrn, ſo
haft ich alleß. Machten doch die Römer einen
gar A Seld-zu einem Gott; warum folte man
micht-Fonnen um eben Dielen Preiß ein Evelmann
von. fechszehen Ahnen, Thurnier⸗ und Stifter
ak werden? (Quid infelicjus homine,,cw
füa fiemenra domıinanrur ? fagt Flinius,
Es ital nad dieſer Verfaffung inder Welt
dab natürkih, daß ein Kaufmann auch ein Coeb
ann ſeyn kann: ja,ch Farin ſolches mit mehr
Ruhe und. Ehre ſeyn, als mancher oo bel
ae WEN a I 14
‚850 KV. Der Baofinamisbel
meicher zurseilen im g darbet, weitet
mi Tree ine Ahnen nicht erbeten
Dir eine braucht öfters nur ben dritten Da
feiner Kinfünfte, um als ein Edelmann zu lebem
Da int Eegentheil mancher Edelmann, wenn er
- auch alle fine Renthen verzehret,, doch kaum als
kin vomehmer Kaufmann ſich aufführen kann. Der
eine bereichert den Staat, der andere aber
denfelben arm niachen, und hinterlaͤßt wohl
[ofeinen Soͤhnen tramige Unterthanen, die |
tiftungen erh oder zu den —*
der genannte
geben. 9 yi hat fh SUR van Das rtheil
eute nieht zu Echren‘, ſagt oh: Ab *
ende Traͤ — ann
vermi Ar; eines fleißigen au
Staub erhob, und a lerne >
aabfeligfeit dadurch Biber —* Dad
et es damahls vor Feine chande, ee
n; und das Gewerb machel keinen —
eeeen ae % oe deſen S taats
2*
io Fa Eu) 24 nun
*
*
La Neblell⸗ done une f ande sehe oißre
TO {es chateaux, fe ar; ie er plus utile f
‚ Petat» plusbrave, plusbelliqueufe, ‘que ces
.. ciansihilitzires, —— geieT nun,
2 le⸗ Finanıup, 185.
—
—
AV Den Bauffmeme loc, 971
e ’ —
Fuͤnffte ung
»” .. a j - i ® ’ . *
er,» f SER oo J 9 a - . F
—— — Pa 2 Er ER Ge
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Von der. Gewohnheit und der Achfung
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worinnenzu allen Zeiten und bey al
— lenge —— — rn
| vor
Ä nun ft noch-übrig die Gewohnheit der Volcker zu
—
ER
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‚leute geſtanden.
J
F
as Rechte und Vernunſt von der Kauf⸗
mannſchaft ſagen, haben roir er
anterfuchen: inmelcher Hochachtung nemlich big»
her. Die Kaufmannfchaft bey ihnen iſt gehalten
worden. Daß die Kaufleute bereits in den altes
| fien Zeiten ſchon in groſſem Aufehengelebet haben,
| unge bezeuget der Prophet Eſgias, in feinem
23. Cap, v, 8; wo er von der prächtigen Stadt
Drus ſagt, daß ihre Kaufleute gürften, und ihre
ihroalter, die herrlichſten im Lande, waͤren.
Wie folches auch) in der Offenbahrung Johannis,
‚im 18. Cap. ». 23. befräfftiget wird, daes heißt:
ne Saufleute waren Fuͤrſten auf Erden. Dies
war geroiß etwas groſſes. Quis cogitans
oe ſuper Tyrum quondam coronatum, cu-
jus Negotiatores Principes, Inftitores ejus
inclyri terre? Die Lydier waren, nach dem
Zeugniß des Herodotus L. I, die erſten, wel⸗
— Handelſchaften trieben, und oͤffentliche
Herbergen aufrichteten, gold⸗ und ſilberne Muͤn⸗
jen praͤgen lieſſen, ud Die Handlung Dadurch
orbrachten. Du Kaufbandel der Dbönicier,
* et
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352 EEE rg
ner, nen ” ſelbſt menfei DR Decker Hebraͤer
RESET) fe; eb een ——
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commerce des’andenkı::
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ex dompatation |
Ä 5 —5 pr e res: |
ſolviel es ohne Abbruch Ihr bee —* Fire
mogte, Handelſchaften ttelben: per] aos-ayi
#: de murieribus vecat, Diejenige⸗ Weide
Nom den Schifbau beforderten und innen
ſechs * ren die Korn⸗Haͤufer, vermbge ihrer
Handeſſchaft anfuleken, wunden zu Ri —5 —
Sie auſtenonmen obſe el ...
ee
!
AV. Deaufimamne Ad 2,3
tere Selaben waren; wie ſolches bey. dem UL-:
amd und Suetonio in den Geſchichten un⸗
wem Kayſer Claudio nachxuleſen iſt. Sierant
atimi fervi, Ciyes Romani efſiciebantur - - ſi
on minorem quam decem millium modio-
um navem fabricaverit, & Romam ſex an-
äs-frumpntuur porteverite u...
In Teutſchland war ehedeſfen die lung
on weniger Bedeutung; davon wir bereits oben
je Urſachen angefuͤhret haben. . Es wurde des⸗
wegen auch keinem Edelmann erlaubet, ſich das
mit auf irgend eine Art zu vermengen, wo er
anders nicht feines Adels verfuftig ſeyn, und.
ungeeben Päbel geficflen feonmolie: mie Davon
Bodin. de Republ, lib. 7. Meldung thut: Bri-
tannorum & Germannorüm legibus Nobi-
Item lmercaturam exertere nön licer; aut fi
Mercator efle voler, inter. ærarios ac plebe-
x
‘
jos cenſebitur.
Wie ſehr hahen ich aber die alte Gebraͤuche emit
dem mehmenden Flor der Handelſchafft, in den
groſſen Staͤdten don Teutſchland geändert? Seit
dem der Kapſer Leopold den Handelsleuten ins
Groſſe, die zu Wien ihre Wiederlägerhattenund
en auch Niederleger genannt wurden, den
BR:
4 —5* ertheilte: und ſeit dem die Fugger
und die Schmettau durch dieſen Stand ſo hoch
ſich empor geſchwungen haben, daß man fie heut
in Tage ale Grafen des Heil. Rönt. Reichs ver⸗
ehret; Hit dem ift man ‚auch nicht mehr ver⸗
All. Theii. 3 eb⸗
. gertoiindet; in den groffen Stuͤpten von Teutſh⸗
land verſchiedene anſehnliche Handels⸗
— he bie zugleich mit dem NdeF-prumg
ine jede Sache hat alſo keinen anDeen
„ alB fer. Qebtgnu gelten macht.
Die Zeiten, die (6 vieles verändern; und be
Macht des alles bezwingenden Metalls
ben, haben nun aud) die Katıfmanfchaffe, mie
weit, als ſie ins Grofſe getrieben wird / Des Mk
wuͤrdig erklaͤrt · Die Vernunfft billiget ſol⸗
ches, weil niemand beydes dem Adel umd de
Kaufmannſchafft beſſer aufhelffen kann, als bot⸗
nehme‘, angeſehene und reiche Leute; die Br
ſtand, ‚Soifienfhäfk, Erfahrung, unbdabey.
wen guten Namen haben. e Er
1 Die Republic: Gem, Florentz und Bene
Dig waren bie erſten, welehe durch die Hand⸗
fung groß. und, mächtig wurden; die abe
‘ r
ſolches nimmer würden. gewerden-fepn , met
ſich iht treflicher Adel; darunter ein eſelbſt
die Medices , (*) Döria und: Pallwvick-
#7 Gen 9 Be er 5
«(*) Les Florentins font grands Banquiers, bien pr«
dens & entendusä cela. ©, Scaligeriana p. i55.
Cosmusl.de Medicis erſter Groß; Hertzog pen 3
rend, war zu jeiner Zeit der groͤſte Handelömann,und'
.kamen ihm daher auch Die unfägliche Reichehumer
und koſthare Sachen, wovon unter anderndieoM®:
trefliche Gallerie zu Florentz ein unverwerflicheßzeug
uiß ablegen kann. Die Könige in li |
b
|
|
| XV Dee RKauffmanns Adex sy
si e*) rechnet, nicht mit dar Handlung unierzo⸗
gen, ſondern dieſelbe nur allein dem gemeinen
WBurgern und demPöbeläberlaffen haͤtte Ihnen
folgten die Spanier, Die Niederlaͤnder und de
Engelländers und endlich auch die Fragofen.
Jahr ı 453. lebte zu Borges; in Brand
wi Jacob Cösur,: Baron von 'S, Fargeau,
win fehr berühmiter Kauſmann, und Schaginele
ſter Carls des VII. welcher, ehe er in Ungna⸗
de fiel, einen fo groffen Rang in dem —
— ‚hatte; daß er einige Muͤntzen ſchlage lagen lich |
an HGroſchen von drey-Albus, Gros de .
zrois ſols/ nannte; und diefer Kaufmmann wur⸗
de für einen Cavalier gehalten, unerachtet er
in 2 Theile der. Welt handelte. _ Seit derfels
Zeit — — ih Franckreich noch ——
Kr oe iche Häuffer — die Handlun
gettieben, ohne dadurch ihrem Adel zu.derogs-
a wie ſo nn La — in — — Er
°
‘
Ben noch heut zu Tahe ſ fie ſelbſt einen gar weitlinf
.. „. Kigen Handel in ben heyden Judien; und Das macht,
bag in dem Besivf, Diefes feinen Koönigreichs mehr
Geld ruditt, als in einem andern ‚das zehemnal fo
" großik. S Herr Kofrarh Nemeiß vernüftie
ge Gedacken T,V.p |
. ae Hofrath Steiteih, 2 feinen vernünftigen
Gedancken T. V, p. 21, ſagt; Er ſelhſt habe zu
feiner Meife in raten, von Leipzig und Venedig
auf, Wechſel an den Principe Pillavicini au Mom
geftent gehaht, welder ihm ſolchen auch in ae
X
Ccou pioir hätte sadlen Jaffen
sc XV. De Anuffmanno Adel
la Noblefle. Ch; XXXVI. nad) einander exe
gehlet; und noch zu meiner. Zeit, als ich zu Pas
‚vie war, wurde ein reicher Kaufmann, Der
Bernhard/ mit feiner Bamilie-in Grafenſtand
erhoben. (*)} Earl der IX, ale er. die Vortheitz
‚ die feinen Ländern durch Die Handlung und %
Licken zuwuchſen, vernuͤnftig einfahe, erlaubte Den
Einwohnern zu Marſilien, DaB fie zugleich Edel⸗
feute und Kaufleute abgeben-mörhten. Gl
he: Rechte hatten auch Die Handelsleute g
Rouen und andern Orten.in der Norınand
‚and in Bretagne, wann fie andere mins On
fe.handelten 5 wie daruͤher J.a Roque Die P
tene non Ludwig dem XIII. und XIV. mitm
; fuͤhret. ) J =. E a = = en 0"
Die Engellaͤnder, welche fonft die Kaufmann⸗
ft fuͤr eben fo verächtlich hielten, als die Teut⸗
erblickten in vom Verfolg der Zeiten nicht
dbald den uͤheraus groſſen Gewinn Der Gew |
hrt und der Fabricken, fo ſcheuten fich bey ihr |
ar rg an an sen .. .. , 4.
\\
' CH Sam, Bernard, Graf hon Coubert, flat im Jahı
2. „1739. su Paris, und. hinterließ ein uber. 30. Mi
„: Uonen geihastes Derindgen. Dex Marquis de Mi-
repoix, Ambafsadeur zu Wien, hegrathete feine
. Tochter, und befand fi) Dabey nicht übel. —,
+) Oftbefagfet La Roque macht daruher au Ende de
obenangeführten Kapiteld folgende -Unmerfung;
Le traſic eſt afleurement l’unıge moyen de garanıir
— les Gentils hommes d’une pauvrete inevitable, em
J u
2 . R EN f} — NT A 8
’
’
F ' :
"XV, Det Kauffmains Adel. 2,7:
men die groͤſten Familſen nicht, mit Antheildaran '
—A— dergeſtalt, daß heut zu Tage nicht
— Se un befter Adel —* — —*
crayde, Zinn, Kohlen 2c eine groſſe Handelſchafft
Erxibet fondern vornemlich fo vieles auf die
&Schiffahrten und die gemeine Gefellfehafftes .
Hondlungen verwendet, Daß Dadurch diefe mit⸗
telmoͤftge Inſul eine dee mächtigften Reichen in -
der Wilt worden iſt. Die Handlung / ſagt der
‚von Voltaire in feinen Lettres für'les:-
- Anglois, hat ver Engländer —* Freyheit/ und
viefe wieder ihre Handlung befördert Sie wur⸗
Den duech ihre Flotten Meiſter zur See; derge⸗
Ffalt/, daß fie num beyiz00. Kriegsſchiffe haben.
Die Michwelt wird fichnicht einbilden Fönnen,
wie eins Eleine Inſul, die nichts als Bley, Zinn,
Steinkohlen und grobe Wolle hat, duich ihre
Handlung fo mächtig worden ſey/ daß ſie in Jahr
2*3. Vreh Flotten zugleich in die drey aͤuſſerſte
Winkeln der Welt geſandt; eine nach Gibraltar,
welches ſie erobert; Die andere zu Porto Bello,
nm Dein König von ra die Schäge aus
Er —— J un
nn ——
uch ee
\
— X
ce”
PN Nic Denker
—— und die Dritte, in dem
tiſchen Meer / um den Krieg in Norden zus, fi
verhindern: - Der Bruder des Stantsmimiters: |
Lörd Townshend. iſt gufrieden, einen Kauf
mann in Dee Citabit Londen abjugcben.- Zu der
Zeit, da ber Lord Oyferd Engelland beherrſch⸗
te, war deſſen Bruder Factor zu Aleppo mi
er auch ſtarb. Dice Gewohnheit kommt einem:
LDeutſchen, dem der Kopf nur von feinem RL
nenvegifler eingenommen. ift, überang --feltfam,
von. Tr Anne ch nicht einbilden, DaB der Soha
eines Raixs von Engelaud nur ein nn
vomehiner Bürger ſeyn Br} an ber
nem raten gefehen, die; au: uni 1
nichts als ofen, du = ru
"bel er TREE enfand) un
o i *
ag wohi — Europarlin-
En
[2 = }
El s vi — — ⸗ J F 5 — u, 1:7 J ‘
@e) Diefe —* Ketten des PR von Doltaiıe
jeiget, das fie aus fvanzöffchem Geblut entfpreb
fen fen. Wenn dieſe NRation von ünfernSirtenum
Verfaſſungen in Reich urtheilet, fo iſt es nicht are
ders als wenn fie von den Einwohnern im Mond.
eine Frjehlung wagte: So wenig würdiget ſi eundder |
Aufmerckſamfeit, ſich unſeres Zuſtandes naͤher zuer⸗
fundigen: Dreyig Fuͤrſten von einemRamen die alle
duterloß ſolten geweſen ſeyn/ iſt ein poetiſcher Einfall.
— Man — 95—— Haus in Teuſſch⸗
we TI. Ja
XV. Der Rauftmaun⸗ fol... 250°
ge ifkbarinnen der Handlung ergeben; Ifr ei⸗
rigen wenigen gräflichen Samilien , welche Das
nen ihre Sertithafften und Landauter.befißen 5,
ch haben fie ebenfalls auch,viele Capitalien in
der Oſt⸗ und Weftindifchen Eompagnie, und
andern dergleichen, Geſellſchafftshandlungen.
Die Holländer haben verimitcelft der Hands
ing ganze Flotten ausgerüftet, und viele Res
ftungen und Städte in Indien, Africa und
andern Drten gebauet, und mit groſſen Koͤni⸗
en Buͤndniſſe gemacht. alſo Daß man wohl mit
echt voh ihnen [ngen Fan; Deine Muflen⸗
te find Särften Allesiftin Holland der Dande
— peaghen ———
— ſj
and, bad ſo viele apanagirte, geſchweige arıne Prise
een /haben folte. Es iſt wahr, daß unſere meiſte Fur⸗
"fen gewohnt find, etwas ſproͤde zuthun welches zwar
“nicht zu loben iji. Allein, wenn fic) —5 von
. Moltaire auch foldhe , wie feine framoͤſiſche prin⸗
©: gen und Dearauifen vorftellet fo hat er"beu feinem
» .., Mern Anweſen in Berlin noch wicht geleunt, a4
in Teutſchland Alteien heiſſen; Ein Reichsfrey⸗
herr, der alle Regalen eines Jouverainen Herrn ge⸗
ieſet iſt in der That mehr, alz in Duc, Pair, Com-
: "te & Marquis in Francteich weil Diele bloffe une,
x. ‚Oferthanen ihred Konigs find.
. ¶ ) Tour yinegocie les famillesy en! leurcontoirs com-
zug me les aurres: tout y eſt ägage. Point de cam-
plaifauce, quinefoiranimee parl'efpoirdu gain, point -
__defervice quine foitproportiong au rixdelarecom-
penfe. . - . En general on n’y eftima les gens que
fuivanı le poid.de Bor :.petabliflement de perat &tant
.. fonde fur le eoınmerce, on fe fouice generäle-
pent fort peu — ge R nobleſſe. Ouvre⸗
—— dh
/
zu thu
0 XV: Der Rauffmanno/ Adel
as La Roque in ſeinem offt angeführte |
Tractat dela Nobleffe Yon Dännemarck, Pe⸗
fen, und ver Stadt Nunberg meldet, Daß
darinnen DievonAdelfich nicht einbilden Fanniten,
wie fie auffee dem Kaufhandel beitehen Fonmten,
diefesift ein Irrrhum, indem fichin diefen €
ten wenig over gar femme Achte Edelleute be
den, welche fich — nt Der Kaufmans
fehafft einlaffen. Beſonders till das nüraber
gifche Patriciat, welches auf feinen wahren.
gar ftreng zu halten pflegt, Damit dad
Masen. : Anz an
“Mit Venedig r Florentz und Genua — a
bat es eine ganz andre ffenheit: dafelbſt
treiben die Adlichen noch einen ſtarcken Handel,
ohne daß fie deswegen ihren: Wuͤrden etwas
pergeben folten; weiches Dem .auflerorbentfichen
neuen König der Eorficaner Theodot deswegen
auch fo verächtlich geichienen, daß gr vor einigen
ahren in: ſeinem Manifefl bie Genueſer hr
chimphich damit aufgelogen hat.
In de ESchwein wo marc vor einigen habe
in bey Aufrichtu ſteyen Endges
— * — —
— r — nn — — — — —
er
© Apud’ Vertetos & Genuenſes Nobiles —— mer
caturata exercent, Ctra viruperum& Nobditais
A ‚rOS6I ‘x La a Tr. de No-
.ce
⸗
KV DerRitifinanne: Noch act
Be worben, habenfich, auſer wenigen alte bor⸗
Bichme: und alte Däuffer der Handlung ergebon
m: Deutſchland wil es groit mit dem Kaufs
mgunsadel noch kein rechtes 3 — gewinnen;
wie dann auch in den groſſen Reichsſtaͤ oten ſelbſt,
ringe su Sranffunt am Mayn und Nuͤrn—
—2 — geadelte Handelsleute in keiner
ren Geltung find; ob gleich ver Adel ſelbſth
Den ihnen der ‚Kanfer, aus Fanferlicher Macht
Ind Gewalt zuerkannt hat, nicht kann diſputi⸗
- zetwerden. In Franckfurt ſinden fich zweneriey
adeliche Geſellſchafften, davon die erſte von dem
Haus Limpurg / der Handlung ſich vurchaus entz
alten, "Die. andre aber auf dem Haufe Frauen⸗
ein, beftehet gutentheils — Kran
helsleuten. N
un gu s
Hamburg, Libeck Bremen und Bafık
Ei fein Adel or Gelchrfamfeit und
m mn ner Ta ne — ER — . ie
— — —
On diefer Gefelſchafft fagt der Gelehrte Mer
faffer der Anmerkungen zu ded Herrn bon. Haller⸗
„Mens Diferr de Parriciis, daß fie fi fih nicht aller⸗
Dings bey ihrem altavlihen Mitterfland erhalten -
- Hatte, Denn obakihh, fahrt er an einem
' andern Ort fort, ehebeifen nur Adeliche Darinnen
aufgenommen wurden, beftehet ſolche doch nur an⸗
etzo aus vornehmen Baufleuten, Renthirern,
und etlichen Familien, fo durch abſonderliche kay⸗
*ſerliche Privilegia in den Welſtand find geſetzet
worden Dieſer beweiſet alſo deutlich, daß ſich ber
— gleis
im
368 en
bdie Kaufmann Bea or
5 Ne u weil er fi ——n* beyde sie
heraus nehmen wollen, v von ihren Katte |
m: zuwerweiſen. De: ;
on Augfpurg hat das Patriciat ui kon mehr
re Wachficht in Anfehung der Konfnannft |
Die fogenannte Vermehrer der Geſellſch |
find gleichfam ihre Gadets oder Keeruten, ats
aus fie ven Abgang ihrer Geſellſchafft beforgen; |
folche beftehen meift aus reichen angeſehenen
Kaufleuten, welche adeliche Töchter van Der. Ge⸗
fehlechterftube henrathen. Vor zwanzig Jah⸗
ren, da ich durch Augſpurg Mae — |
Rarricien Töchten nach allefammg Ju
weilen aber ſeit henrdie Titeln ailenthalben -
und unmäßig geftiegen find, k e ae Sehen
ne wol — wohl eiler als
a |
u = 4 J — m |
> es .. . Pr os. ee 7
— * Na
Freu R j
Pr x z Si f .
Er ee
gleichen Familien, obgleich nicht Sfi nd she
niermösig, doch unftreittg Adelich find; und daf
folglich auch hier eine anfehnliche Handlung, melbe
vornebme Kaufleute treiben, dem Adel nieöfdero-
giren, nod) viel weniger , Daß diefelde ald ſolche —*
fönnen betrachtet werden, die da unter Den Poͤbel
mitzurechnen waren, wie es faſt Dad Anfehen bat,
daß oben angegogener Verfaſſer in der 106. Anmer⸗
Eung über das Franckfurter Natriciat ſich ſolches vor»
geſtellet habe, da er hier von Scabinis ex plebeio
ordine zu. reden beliebt. Nun ift aber befanut,daf
De Schöffen und Rathsherren,bie fogen ee
2
zuſnenn⸗/Adete 3°%
Mirgend find.diegnädige (*) Fraͤuleins gemeis
nmer als in Dreblau, Denn da findet man fie a
ig3 denen Kramläden und Haringsbuben } Wie
Denn bereits zu feiner Zeit Der gelehrte Herr vom
Efhirnhaufen-infeinerfinnzeichen Satyre; Der
Delimann(**) genannt dieſen gewürsten Adel
sit einer heiſſenden Lauge DUERENFT
124
DL ur 2 5 .
y bänder ausgenommen, entweder Patricii, Gelehrte |
e * — — ſehn muͤſen. Die Sea:
bimex Amilũs patriciis werden hier denen Stabi+
is ex plebeiö ordine contra diftioguipef : Diebe
2 1 Mehetehasird der Verfaſſer nicht unter den Möbel
ro werhrtenmeiherfelbften einer if;fanın er demnach hie
— Bunt: ‚andere, ald.biejenige, Die bon det Ka
B- annſch —eeg —*— Hat er abe
Die Wörter Patriciat und Otdo Plebeius nad) Dem
Sinn der alten Roͤmer genommen; ſo wird den
n dadurch kein ſonderlicher Vorzug zuwachſen,
>... Andenr;felbfi;die Familia Augulta ex ordine plebeio
* I |
.. (9, 8 x il bi Ne a RA pt gr
27 Feimeit fl il en Adel überhaupt; "an feinen
\ ‚sahne! termäßigen Adel, wenn er nicht Reichs⸗
fg Ice Sett u de allen a
na D n 1; j l dar eiten b tzet un br ELDER Fe
er Reibsflanb; Gnade
austbeilen Fan. Ben den übrigen fübalternen Edels
' euten, aber ſonderlich bey dem Stadt und Kauf
2" mannsadel flinget Diefer Titel überaus laderlid.
Da man uns Eole hieß Geſtreng und Ehrenveften,
- Bar Gut und Blut und Druth bey und am allet-
2... Nm aber da eB, heißt Sonahigehohrne OAnAhET
Weiß man nicht in der Welt der. Narrheit mehr
Ce) Diefeb Buch, welches im Jabr 1698. m Bet»
oe: |
{
* F
“
\e J
ii XV. Der Mdufmanne Hol
Diefe hier angefürhrten Gewohnheiten von ei⸗
nigen groffen Städten in Teutfehland bezeigen
nun allerdings wohl fo viel, DaB es auch bey uns
einen wuͤrklichen Kaufmannsadel gebe: Daß er
aber nur den unterften Grad Des Adels: Infi-
mum gradum nobilitaris, ausmadhe; auf wel⸗
eben. man fich nicht viel heraus zu nehemen hat,
.Brsffe, Und afte Handelslente gehen: jenen
besmwegen auch nicht leicht aqus dem Wege; ja
fie. verachten ſolche gar; welches dezeiget, daß
unfere Kaufleute ihre Vorzuͤge noch mehr vonder ,
Handlung ſelbſt, als von dem Adel herzechnemlind
ſs weit finden wir, daß die Rechte der Gewohn⸗
heiten in Anſehung des Adels und der Kauf⸗
jeute ſich bey ung in Teutſchland Auffern..
Wir laͤugnen unterdeſſen gar nicht, daß der -
Hfdel groſſes Unrecht habe, bẽey uns den Kauf
- mannsftand für gering und verächtlich zu hal⸗
ten. Eine Handlung ine Groſſe hat in ber
That nichts, fo dem wahrem Adel-nnanftändig
fen; ob wir gleich nicht in Ahrede ſeyn koͤnnen
daß viele mit ihren niederträchtigen Schache⸗
rehyen, Danckerutiren und Judenſtreſchen Die
— Kaufmannfchafft ſchaͤnden; Wer wolte aber ci,
lau in 8. heraus gefommen, hat ſich feit bem ſehr rar
gemacht; Es find trefliche Sachen bariımen, Die Schreib:
art uf ſathriſch und lebhafft. Et finden ſich Darinnn
viele herſonalien von gewiſſen Haͤuſſern / man muß aber
don Schluͤſſel darzt haben. .
⸗ x x
.
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x - — a, » = m ,
au.“ x
i I ine. =. ‘
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RU —— 265
gensernden, und für niedert
—5 — et *— ſich eiffige, Die bat nos
ren, fe ungebührlich aufführen.
Juncker Merten sonnichtsanders, — von he
ten und Sauffen fpricht, Juncker Fips fein ander
ſandwerk, als den Luder verſtehet; Juncker
ang abet fich zum Helden tauffen, und durch
De ſchaͤndlichſte. Unflätereyen berühmt machen
will; mas mächfet dem Model Dadurch für
Six und Anfehen u? Solte man nach foldyen
Auswuͤrffen der Natur nicht urtheilen, Der Abel
eg der. WEISE er in der *
AIch Pen u Frauckſurt in de Meſſe eine an⸗
ehnliche Kaufmannsfrau im Gewoͤlbe ſitzen;
ſee iſt wohl und praͤchtig gekleidet, fie befielet
hren Leuten wie eine Fuͤrſtin; fie weiß den Vor⸗
nehmen, den Gemeinen uͤnd Dem Poͤbel, jedem
nach Stand undABürdenzubegegnen ; Sie ließt,
verſtehet ihre Sprachen, ſie urtheilervernünfs
ig ſie weiß zu leben, fie ergiehet ihre Kinder
oh. Ihr Mann ſitzt indeffen auf der Schreibs
ube, dictiret, fchreibet ſelbſt, Difponiret uber vie⸗
le tauſend, und fertige öfters in einer Stunde
mehr Leute ab, als andere den ganzen Tag über
zufehen befonumen. . Hier fragt einer nach Waa⸗
ten, der andre nach Wechſel, Der dritte nach
Geld; Da ſolte mancher erftaunen, wenn er
dieſes in Tre Metall, in ſoſcher Mens
# in ſo vielerley van und Gcprägen, Fr
X
BER KV Bir Raufmanno⸗Abä.
| er chleiffen her y ſchleppen ſehen ſolte.
* v
Ich fehe im Gegentheil, wenn ich auf dem
Sande ben rechtfchaffenen Edeleuten bin, Bil
*
nicht wild und dumm, wie Das liebe Vieh in du
Tag. hinein leben; fondern fieh weißlich und
vernünftig aufführen , mithin fich der Haus .
withfchafft unterziehen : Ich fehe, fageich, daß
Die gnädige Frau öfters felbftin Stall gehe, und
- fiehet, nie das Dieh gemoleken wird.
dpaß ſie bier den zarten Fuß nicht ſchonet, ſolch
auf ſchmutzige Gruͤnde zu ſetzen; noch die wei
che Hand, Damit zuweilen kleine Kaͤſe uud But
terſchnitten zu machen. Ich ſehe, Daß fie ſich
in ſauberes Leinen kleidet, und damit baſd n
den Vorrathskammern, bald in Küche: umd
Keller herumſtreichet, und darinnen alle hu
Verrichtungen mit einem edlen Muth und an
| ne | a
frändigen Weſen verrichtet. Sie ziehet junge
Simmer, Schweine, Kälber, Hühner, E
fe, Tauben, Früchte und allerhand folche Din
ge, welche fie in die Stadt zum Marckt ſchicke
und Damit in der That — ins Kfen
ne treibet, ohne im mindeften ihrem Adel be |
Durch zu verlegen, weil es Deconomie,
eine Wirthichafft heißt. Ihr Herr ſpatzieret um
terdeffen auf feinen Aeckern herum, Täffer Die
Saat beftellen, Dunge ausführen, fiehet, ob
die Rurchen recht gezogen werden; oder geht
in die Scheuer wann ausgedrofthen wird/ oder
in die Pferd» und Ochſenſtaͤlle, um nach uſehen
| ek wie
gruen eistitge ‚md mit garrca
— —
. * x
\
j EV, Der Raufmumns Adel. 2697
wie das Dich verforget Sie; bald ift er auf
e
Den Böden, bald in den Kellern, bald bey Tags
doͤhnern/ :bald in den Öärten und Waͤldern;
: Da bemüheterfich fr einengangen halben Tag; .
. in Stu Wild aufzufreiben, und feiner Frau⸗
en einen gufen Braten in die Küche zu bringen.
Sehet hier das recht adeliche Land «und Feld,
leben, wenn wir es in feiner-beften Art betrachh
ten, und von dem: hochadelnhen —— — —
vieler traurigen Stadt⸗ und Dorfjunckern kr
tigſt unterfcheiden. Wer ſolte wohl ſagen, daß
—⸗ -
bier unter beyben befehriebeuen Lebengarter der
Unterfehied fo groß wäre, daß numdie legterg
für adelich, bie andre aber für ungdelich gehals -
ten wurden? Was hat noch Die&inbildung dee
Menſchen für einen. wunderbarn "Grund,
worauf fie ihsen Hochmuth bauer? Br,
Der Mei vohrde in der That dem gemeinen
Weſen weit mehr Nutzen fchaffen, wenn ein
Theil Bäbon , der wohl beaütert waͤre, einige
Gapitalien auf Dandelfchaften austhun wolte;
- als wenn er einer, verkehrter Einbildueg zu ges
fallen, Die Hände in Schooß leget, und um
nichts zu thun, was dem Adel nachtheilig ſeyn
rhöchte, gar nichts thut, das dem gemeinen We⸗
fen nutzen schaft. (N >
— ⸗ r dh 1m m
— iR — ——
peur bien poudre, qui fait frecifemertt& quelle
heure le Roi fe leve, & quelle heure il ſe couche
” & gubtfe dönde des airs de grandeur en — le
rble
Sech⸗
O Je.ne fais le quel eſt p—us utile A-PErat, un Seig-
we —
J Sechſte Betrachtung.
Dr einem Staat vortheilhafft eo;
wenn darinnen viele vornehme Kaufe |
leuteſ ſind, die den Adel fuͤhren, und
„eine groſſe Figur machen
Seine „Bee nie fi fir gut halten;
) Sagen fie, eine durch den Kaufmau⸗
ni en Bar —— bie Ordnang der Stan⸗
Mary —— Vbeigkait sic, son ihrem
Anfehen und: von three Mai
1:3) Entſtͤnden Daraus. oftermahli ige Bane
ckerutten zum Ruin groffer: Pi Br
4) Würde dadurch im gemeinen We
Pr mehr Anlaß gür Hoffart und zur
egeben.
— ms Dee Eimer kurtz beautworten
=. .® 2
a Oronuigt der . Crhade beit, ;
de man —5 Do fie durch den Ein
niſchen Pracht und Adel verwirret werbe,. [6
| fäle dieſe urſache weg, ſo bald man denen en |
% \
XXXXXÛKVX
——, — — — sn
rdle d’Rfclave dare | "Ant Chembae fun Minifrei
du un.Negptiant, qui enrichit fon Baſs, donne de
lion Cabiuet des Ordres à durate ou au Caire, &
.: gargiine an bonheuk ı du Mande,. ne
4
v
N
#
>
XV. Der Raufmanne Abel, 269
nehmen‘ und reichen Kaufleuten mit denen vor⸗
‚nehmften Einwohner einer Stadt in gleichen
Rang feget. Wirfft Da gegen ein hochadelicher
RDeſchlechtseyfferer mit Pfefferſaͤcken und Tons
»ehjundern um fich, fo weiß er nicht / was er
get. Ohne diefe wurden feine Weine, fein
lachs, fein Dehl, feine Wolle, feine Vieh⸗
tücht,, ja feine alte Stammhäuffer und Höfe
überhaupt wenig eintragen. o nun Hands
lung iſt, da werden natuͤrlicher Weiſe auch vie⸗
= ſolche treiben , reich und vermögend: -
Wer reich und vermögend ift, der will aud) für
ein Geld Ehre und Anfehen haben: Sonſt
legt er die Endlung nieder, laͤſſet fich baroni⸗
en, Oder ziehet mit feinem erworbenen Der
mögen in ein ander Sand, wo er deflen mit als
ten Bortheilen frey genieffen kann. Seine Ca⸗
pitalien, die feinem Daterland, wenn fie kine
— Handlung geblieben waͤren, ſo viel
utzen, und feinen Mitbuͤrgern fo viele Nah—
rung wuͤrden gegeben haben, verdiſtilliren fich
alfo in lauter — Damf und Wind/
oder reifen nach andern Ländern hin: Die Kraͤ⸗
‚merey, die Schacherey und der Juden Spieß
bleiben Dagegen zurück. Die reiche Goldquel⸗
len verſeigen mit dem Abgang der edlen unſchaͤtz⸗
baren Handlung; und mad wird en =
dir bisher fo groffen und herrlichen Stadt? Eis
ne folge Wuͤſtency, eine prächtige Einöde, ein
anderes Memphis, no noch Die alten Mauren
und verfallene Palläfte von demjenigen Reiche
thum zeigen, welcher vor diefem da geweſen iſt.
III. Theil. | Aa » Uns
t
+
276 XV, Der Raufımanne-%de,
4 Unter allen Laftern, hat Feines eine gl
u fichere Bedeutung, als wenn die Kauf
u folg werden, und prächtig leben. Di
aber .verftund vor einiger Zeit ein ſich
Rürft unrecht Er hatte verfchiedene ñ
4 Handlung wohlgelegene Pläge: Es ;
a fich viele Kaufleute dahin: Sie erwa
#. dureh ihre Dandelfchaftund Schiffahrt g
fen Reichthum. Wo Geld iſt, da iſt Muth;
die Kaufleute wurden hoffaͤrtig, ſie lebtin
u wohl. Der Adel wurde daruͤber eyferſuͤch
Der Fuͤrſt meynte, er wolte die Eitelkeit di
u & Leute einſchraͤncken: Ein wenig Pe
„ hätte foldyes thun koͤnnen; allein Der
u wolte auch dabey feine Einfünffte vermehren.
u Er drückte die Handlung mit neuen Auf
U genz er verdoppelte Die —* und be
alle fremde Waaren mit einer unertraͤgli
uYecis. Der Umfchlag mit den Aust
u dern hatte Damit ein Ende: Handel und
u Wandel geriethen in Abnahm. Der Kauf
4 mann wurde demüthig, und das Land arm.
u Der Vertrieb der einheimifchen Manufactw
4 ven war. verftopfit.. Das Geld mangelt.
Der Zürft wurde es am erſten gewahr. Se
4 ne Einfünffte, die er verbeffern mwolte, Fa
men fparfamer ein. Das Volck Hagte: Die
n Nahrung war gehemmt. Man woolte die
. A Handlung wieder in Gang bringen; allein
1 vergebens , fie war einmahl weg, nicht an
a ders wie ein Stug Voͤgel, denein Jaͤger mil
u einem Schuß zerfiteuet. 9) )
— — teten neben
* Gotwurf einer Staaköfand pa3d.
|
xv. Der Rauffmams Adel. 271
Wil man alſo die Handlung empor bringen,
fo muß man auch die Kaufleute ehren, und ih⸗
Men die Vortheile ihres rechtmäßigen Gewinns
‘fies mit einer gewiſſen Freyheit genieffen laſ⸗
fen. Denn weil reiche Leute, wie uͤdiger,
in feiner Alugbeit zu leben und zu herrſchen,
xXil. $. 12, ſoſches wohl angemercket, oft lies
: Ber geehrt ais noch reicher ſeyn wollen, jothuf
‚ein Regent nicht anrecht, wenn er der Kaufs
""mannfchaift allerhand , (auch denen groffen Ca⸗
. pitaliften) Chrenvortheile erzeiget, und ſich rose
‚der die Gelehrten, noch Die delleute, daruns
"ter viele gegen bie Kaufleute allzu paflioniret
m: davon abhalten laͤſ. Denn es Darf wahrs
‚ hafftig ein Zürit feinen Kaufleuten Chre zu er⸗
; jeigen fich wicht ſchaͤmen, wenn er bebencket,
daß die holländifche oftindifehe Compagnie in
Batavia 12000. Mann zu Land, und zo. chiffe
m See halten kann, (*) und dabey nothwendig
fürftliche Ehre und Refbet genieſſen mußy
darinnen fie doch gleichwohl von den. Haren :
Staaten nicht dependirer: Es iſt gewiß » daß’
keine Befellfchafft von Gelehrten und Edelleuten
in der Nele ift, Die gleiches hat. WBelcherger.
ſtalt die Venetianer aus eben diefer Abficht des
nenjenigen , Die fich zur Kaufmannfchaft beques -
inen wollen, allerhand Vortheile juerfennen,
- Davon iefe man Calpari Contarini L. V.
Republ, Venet. B
Aa— Wie
ů ô ô —
⸗⸗ ren *
(*) I ra ſciche nicht au anfern Tagen / an u
272 xv. Der Raufmanns⸗Ad el.
Wie wichtig esdennoch feywanın ein Staatin .
Aufnahm kommen foll, dab die Handlung darinn
gehandhabet werde, folches bejeuget Die Erfah⸗
rung aller Drten zur gnuͤge; allein folche wird
nie empor kommen, wo Barinen nicht auch die
NHandelsleute aufeine Art geehret werden, wel
che fie von dem Poͤbel unterfcheidet. In der
That erfordert auch eine groffe Handlung eine
meitläuftige Wiſſenſchafft und eine gründliche
Uberlegung: Der Credit, allein welcher eine Hand.
lung empor bringen muß, ſetzet im voraus eine
ſolche Redlichkeit, daß man einen rechtſchaffe⸗
nen Handelsmann nicht anders als einen wah⸗
ren Batrioten, und ale einen vortrefichen Bürs
ger zu betrachten Urfache hat. Leſe hieruͤber Des
Sacy Traite de la Gloire. p,94, |
0 1. -
° Ben dem andern Einwurf, daß nemlich bie
Obrigkeit Dadurch vieles von ihrem Anſehen und
von ihrer Macht verliehren würde, mann ſich
m einem Staat viele vornehme Kaufleute bes
finden, die dem Adel gleich ficb aufführenzmuß
man zuförderft einen Unterſchied zwifchen einem
monarchifrhen, und groifchen einemfrepen Staat
machen:. Denn. ob mohl alle und jede Obrig⸗
Feiten nur deswegen Obtigkeiten find, um die
— - 8
gu
5
innen
Milionen zum Behuf des Staatd, und zur Fort⸗
[rang bei Kriegs vorzuſchieſſen h .
“ Bi „
nige Kaufleute in Engelland zu 1.2. 3. und mehr
Ih unterzeichnet
XV. Der Raufmanns⸗Adel. 273
gemeine Gluͤckſeeligkeit eines Staats zu beſor⸗
sen, fo ift Doch leder der Verfall des menfths
Tichen Sefchlechts fo groß, Daß dieſe Abficht .
son ihrer Seiten gar wenig mehrbeobachtet wird.
In einer gantz monarchiſchen Regierung,
wo alles von der bloſſen Willkuͤhr eines Fuͤr⸗
ſten abzuhaͤngen pfleget, da wird ſelten eine
groſſe Handlung recht empor kommen; ja, Die,
beften und kluͤgſten Anſchlaͤge darüber erſticken
ſchon meiſtens in der Geburt. Die Urſachen
davon ſind folgende:
I) Pflegen eigenmächtigegürften die im and
übliche Commercien nur fo lang zu fehonen, -
als fich bey ihnen Fein Mangel an Baarſchaf⸗
ten äuffert; in welchem Fall fie Durch allerhand
der Handlung befonders fehädliche Anlagen,
coute qui cohite, Geld zumachen fuchen,, und
Darüber wohl gar die Öffentliche Banckgelder
nicht unangetaftetlaffen, wodurch alſo gar bald,
und ehe man ſich deſſen verſiehet, dem allge⸗
meinen Credit, als der Seele der Handlung,
3
der Todt angethan wird. |
2) Gilt an den Hoͤfen, beſonders bey uns |
Zeutfchen, der Adel nur allein. Der armfees
ligſte Faͤhndrich, oder Dorfjuncker, der auf -
der gangen weiten Welt anders nichts bedeu⸗
tet, als daser eſſen und trincken Bann, und Here.
Don heiffet, wird dafelbft, ohn alles Beden⸗
fen , dem anfehnlichften Kaufmann vorgesos
Aa3 gen,
’
274 XV: Der Kaufmanno⸗Adel.
gen, und mo jener mit groffen Augen und ’aufs
geroorffenen Leffzen kuͤhn einhertritt, da wird
diefer mit einem rauhen Zurückön abgewieſen.
Gleichwohl ft einem Staat weit mehr an eis
nem — 2 Kaufmann, der viel hun⸗
dert Menſchen taͤglich durch ſeine Handelſchafft
in Bewegung ſetzet, ihnen Brod und Nahrung
ſchafft, und den Staat bereichern hilfft, als an
bundertfolchen hoch und wohl gebohrnen Muͤßig⸗
gaͤngern gelegen, Die Dagjenige aufeine wilde Art
mitverpraſſen helffen, was Der armelinterthan mit
Noth und Kummer aufbringen muß. In fels
chen Dertern und in ſolchen Staaten, wo det
Fürft mit feinem Adel auf eine fo ih
te Weiſe herrſchet: da läffet fich freylich nicht
wohl eine groffe Handlung empor bringen 5 denn
die Handlung muß frey fern; und es iſt mider
die Natur, daß ein Reicher nicht auch feiner
Guͤter ſich erfreuen, und Damit hervorthun ſoll.
Will ihm dieſes natürliche Recht der Fuͤrſt und
der Adel ſtreitig machen, ſo packt er auf, und
ziehet in ein Land, wo das Geld gilt, was es
werth iſt, und wo man nicht fragt:
Quis homo hic eſtꝰ
uo patre natus? ()
3) Aeuſſert ſich allhier noch ein wichtiger Um⸗
ſtand wegen der Religion; Nach einer N |
. | . N d 4
.-* Horas, Lib, I. Sau VL
j
XV. Der Rauffmanns- Adel. 2775
Politie der Monarchen, foll in ihrem Meich
nur eine Religion feyn ; denn Durch diefes Mit⸗
te! behalten fie die w auf ihrer Seiten,
und fpannen durch dieſelbe Das Volk defto
füglicher unter ihr defpotifches och. Aber:
mahls eine groffe Hinderniß, in Anfehung der
beyen Handlung; denn wo diefe in Aufnahm
fommen ſoll, da finden fich allerhand Nationen:
Diefe haben ihre verfchiedene Glaubensarten,
die man ihnen mi muß. Hier gilt fein Glau⸗
bens⸗ oder Gewiſſenszwang: Keger oder Irr⸗
glaubige hin und her: Die Frage ift hier nicht,
vom Gatechifmo, fondern ob man ein ehrlicher
Mann fey? u Ä Ä
4) Diefen dreyen Urfachen fan man noch die
vielte hinzu fügen: Eigenmächtige Fürften wer⸗ |
den viel leichter in Kriege verwickelt, als. freye
Staaten; diefe müffen forsohl wegen ihrer in⸗
nern als Aufferen Verfaſſung, auf die Erhal⸗
tung des Friedens bedacht ſeyn; Da im Gegen⸗
theil jene, wegen allerhand Gerechtfamen , An:
forderungen, Anmartfchafften , Exbfolgen ,
Bündniffen und dergleichen immer mit einem
Bder dem andern in Haͤndel gerathen. Begei⸗
ftert nun überdem auch die unglückfeelige Hels
denfucht einen Fuͤrſten felbft, wie ihm’ darzu die
78 Enthuſiaſterey von Jugend auf einge⸗
oͤſſet wird; ſo will er fſuchs alles zu Soldaten
machen: Da gelten sehen Länder nichtg, Die
er großmürhig ins Verderben flürst, um das
eilfte zu erobern. Wie folte da Kunſt, if:
u | Aa 4 ſen⸗
/
276 XV. Der Raufmanns⸗Adel.
ſenſchafft und Handlung blühen? Die Muſer
werden über den Schall ver Trompeten un?
Canonen fhüchtern, und fliehen, mit der für
nährenden Kaufmannfchafft , in die Klüffte
und Eindden , wie Die Bögel, wenn der Dom
ner in den Wolcken frachet, und die Erde erı
fchüttert. In den freyen Staaten gibt e
Beine folche Kriege, und man fängt einem hiß:s
gen.Kopf zu gefallen fo leicht auch Feinen an.
‚Sie enffern nur um ihre de it, und für die
Erhaltung ihrer Geſetze: Sie fürchten im Krirg
ſowohl die Gefahr als die Koſten, und muͤſſen
fie ja zuweilen zum Beyſtand ihrer "Bundeges
nofien die Waffen erareiffen, fo geht es doch
damit insgemein fehr langſam her; wie folches
heut zu Tage die Holländer durch ihr Exem⸗
pel beweifen, welche dißmahl jehr ungern mit
an den Reyhen kommen, zu welchen fie von
der Königin von Ungarn aufgefordert werden.
... HD Was noch ferner Die Handlung am meis
ften verabfchenet , ift der miles perperuus, wel⸗
cher feit dem dreyßigjaͤhrigen Krieg faft allent⸗
halben auf einem folchen Fuß unterhalten wird,
daß in den meiften monarchiſchen Staaten
faft ohne eine Generalempörung, Peine Freh⸗
beit mehr zu hoffen iſt. Die Unterthanen wer⸗
ben darinnen nicht viel beſſer, als Sclaven ans
gefehen, welche ihr Haab und Gut dem bloſ⸗
fen Willkuͤhr eines eigenmächtigen Sürfteng,
wo nicht gar auch Leib und Leben hingeben,
und fich für fie todt ſchieſſen laſſen muſſen in
m
XV. Der Raufınanns Adel. 277
dem ſchoͤnen Wahn, es gereiche ihnen ſolches
noch zu einer beſondern Ehre ꝛc. Allein, die
Kaufleute ſind von einem ſolchen Ehrgeitz we⸗
nig eingenemmen: Sie wollen lieber für dag
Vaterland Ieben, als für einen —* ſterben;
warum ſolten ſie ſich ſonſt bemuͤhen, Geld und
Guͤter zuſammen zu bringen? —
Hieraus erhellet nun zur Gnuͤge, daß die
Kaufmannſchafft nur allein in freyen Staaten
recht empot kommen kann; wo weder der Fuͤrſt
noch der Adel ſich mehr als ihm gebuͤhret, her⸗
aus nehmen,fondern einen jeden in feinem Stand
R in feinen wohl hergebrarhten Freyheiten und
chten ungefräncfet de und für feinen Mits
bürger haften muß. In ſolchen gfückfecligen
Staaten hat der Adel weiter nichts voraus, als
feine Titeln um Wappen: Da fann ein Kauf
mann ber natürlichen Vorzuͤge feines erworbe⸗
nen Guts ſowohl genieffen , als einer, der ſechs⸗
zehen Ahnen hat. Da ift das Reich der Ders
nunfft: Da gilt ein ehrlicher Mann , der zu
Fuß gehet, und nüsliche Gefchäffte treiber,
noch mehr, als ein groffer Prahler, mit zw
oder drey Tagdieben auf der Kutſche, der nichts
thut, als das feinige Durchbringen. Hi
der Burgermeifter, wann er auch feinen adelis
chen Blutstropffen von allen feinen Voreltern
‚ im Leibe hat, doch dem allerohnemoichtigfien
Edelmann , in Sachen die den Staat betreffen
frey zu gebieten; und Diefer muß eben foroohl
dergleichen Befehle wieder vog einem andern
Aus’ ans
—
..
278 XV. Der Raufmanne-Adel.
annehmen, der im Amte ihm nachfolget; dem
fie find allefamt Bürger; Feiner iſt weder des |
andern Herr, noch Unterthban. Der bloffe
äufferliche Schein macht hier nichts aus. Glei⸗
che Bürger, gleiche Rechte. Was der Bor
uehmere dem Geringen verniebt, Das vergiebt
er fich und den Seinigen ſelbſt; Dann er und
feine Nachfommen haben feinen andern Grund
ihrer Freyheit, als ihre Mitbürger auch; und
wie allhier das Bürgerrecht den Adel im min
deften nicht ſchwaͤcht, fondern in Anfehung de
Srepheitno vortreflicher und erhabener macht;
(fo hat im Gegentheil auch Der Adel nicht dag
mindefte voraus, wo es auf die Erhaltung der
emeinen Sache anfommt. Iſt nun, eine
gfeitiche Perſon im Grund nicht mehr und
wicht befier , als ein anderer ehrlicher Mann
auch, feine Wuͤrde ausgenommen, fo folget
Daraus sang natürlich , Daß ein jeder nach) feis
nem Dermögen fich aufführen mag, und daß
dadurch dem Anfehen des Dbrigfeitlihen Stans
deg nichts benommen wird; dann folcher be
ruhet nıcht auf der äufferlichen Figur, fondern
auf derjenigen Macht, welche ihm von feinen
Mitbürgern if aufgetragen worden, Das ge
meine Weſen zu verwalten. Hier gilt Corio⸗
lanus fo viel bey feinen Ruͤben, als Lucullus
bey feiner yrächtigen Tafel. . Auf Unkoſten der
- Mitbürger groß thun wollen, iſt nur .ein Pri⸗
vilegium der Tyrannen, und geziemet fich am mes
nigiten für repliche Männer, denen Die Wohl⸗
fahrt des Stagts iſt anvertrauet worden, ur
Ä — or we
KV. Der Rau ffinanner del. 273
che demnach billig Den gemeinen en ihrem
eignen vorziehen folten. Sind nun foldye Obrig⸗
keitliche Perfonen an und für ſich felbft von reis
chen und anfehnlichen Häuffern, wie fie folches
fepn-follen ; fo haben fie fich um fü viel weniger
zu beſorgen, etwas an ihrem Anſehen zu verlich«
ren, wann fie viele vornehme und reiche Kaureute
in ihrem Staat und unter ihrerXegierung haben.
ML EEE
Was die Banckerutten betrifft, fo geb ich zu,
ß dieſes Unglixk in einem Staat mehr zu bes
gen feyn würde, wenn man den Kaufleus
\
ten erfaubte, fich über ihr Vermögen hervor zu
thun; Allein fo ift hier Die Rede nur von ſolchen,
welche würcklich vermoͤgend, und Feine bloſſe
Windmacher find; denn Diefe lettere verdienen
Beine Nachſicht, ſondern eine deſto fchärffere
Ahndung, je mehr fiefich heraus nehmen, und
ihren Eredit auf eine ſchelmiſche Weiſe mißbraus
chen. Diefem Uebel wäre leicht durch ein wenig:
Holicen und eine gute Handlungsorbnungvors
zubeugen. Unter Kaufleuten felbft haben zwar
dergleichen Großhanſen felten viel Credit; wo
alfo nicht viel Gredit ift, da fann man nicht viel
borgen , mithin auch feinen groffen Banckerutt
machen. Zudem rühren die grofle Banckerut⸗
ten auch felten von bloffen Verſchwendungen
“ und Schroeigerepen ; fondern nielmehr von une
yorfichtigen und vermegenen. Unternehmungen 5
son allerhand mißlungenen Anſchlaͤgen; von
Krieg Juſtitzmangel und dergleichen Umſtaͤn—
— 2 den
—
250 XV, Der Rauffmanne-Adel, |
‚den her; woorunter auch dieſer mit su rechnen,
wenn man fich zuviel mit groſſen Herren verfteckt,
Die wenig darnach fragen, ob fie Wort und Zus
fage halten, oder einen Menfchen mehr oder
weniger unglücklich machen. Diegroffen Herren
haben ihren Credit Deswegen siemlich verlohren
weil ihrer viele eben fo grosmüthig borgen , als
ihre Gläubiger verachten, mann fie ſolche bes
zahlen follen. .
IV. a
Der vierte Einwurf, daß Kaufleute, die den
Adel führen, zu allerhand Pracht und Uppigs
Feit im gemeinen Weſen Anlaß geben, ift et⸗
was meit hergehohlet; den die Kaufleute mas
hen nicht Deswegen einen gröffern Aufwand
weil fie ſich einbilden, vornehm zu ſeyn; ſon⸗
dern, weil fie ihr Sc gemacht haben, und
reich worden find. Guth macht Muth: Titeln
ohne Mitteln aber weifen zur Sparfamleit. Wer
alſo auf eine erlaubte Art in der Handlung weiß
Geld suertwerben; der erwirbt fich Dadurch auch
zugleich Das echt folches zu genieffen, und aller
derjenigen Bortheile fich theilhafftig zu machen,
die man vermöge dieſes fo mächtigen Metalle
“in der Welt erlangen Tann. Nun beſtehet der
Vonheil der Reichen nicht allein Darinnen ‚ daß
ſie gemächlicher leben und befiere Tafel halten,
Tonnen, als andere Leute; fondern es ift aud)
ebenfalls natürlich, daß ein folcher, der einen
‚groften Aufwand macht, einer Menge Arbeites
leuten ihre Wahrung und Lebfucht erfor
. - . : Q
J
XV. Der Rauffmanns⸗Adel. 281
Daben felbfi viele deute und Bedienten unterhält,
welche alle von feinen Befehlen abhängen müfs
fen, daß, fag ich, ein folcher Mann dafür auch
will aeehret und angefehen feyn. Denn esfliefe .
fet hier eines aus dem andern. | .
Der Weife kan allein. u
Vergnuͤgt bey feiner Weißheit ſeyn;
/ Der Poͤbel aber ehrt Ducaten,
Undbeißeden,derflebar: Ihr Gnaden.
Wolte man deßwegen den reichen und vor⸗
nehmen Handelsleuten rathen, ſie ſolten, um
deſto anſtaͤndiger den Adel zu fuͤhren, ihre Hand⸗
lung aufgeben, und ein muͤßiges Junckerleben
fuͤhren, ſo wuͤrde man dadurch dem gemeinen
Weſen einen ſchlechten Nutzen anweiſen. Denn
ein Kaufmann ift feltenein fo groſſer Verſchwen⸗
der ‚als ein mäßiger Edelmann; Jener fucht,
fo lang er handelt, feinen Credit noch. immer
auf das forgfältigfte zu erhalten 5_diefer aber
‚befümmert fich erftlich um den Eredit, wenn
er aufdem Rand des Verderbens ſtehet.
Hieraus erhellet alſo zur, Gnuͤge, daß es ei⸗
nem Staat auf keinerley —— ſchaͤdlich, fon» ⸗
dern vielmehr zutraͤglich und nuͤtziich ſey, wann
darinnen viele vornehme und angeſehene Kauf⸗
leute ſind, die ſich adelich auffuͤhren, und einen
groſſen Aufwand machen; und das dadure
weder Die Ordnung der Stände verwirtt, no
der Ehrerbietigfeit gegen die Obrigkeit eitons
1 ent⸗
282 XV. Der Rauffmanns ⸗Adel.
entzogen, noch zu mehreren Banckrutten, und
andern dem gemeinen Weſen ſchaͤdlichen Aus
ſchweiffungen Anlaß gegeben werde. |
| —
m Beſchluß dieſer Abhandlung bleibt noch
die Frage übrig; ob es einem verſtaͤndigen Kauf
mann auch rathſam [ed , dab er ſich in Den Adel⸗
- - Rand erhebentaffe?
Rathſam Ponnte es für ihn ſeyn, wann er 1)
fo viele Reichthuͤmer befiset, dab er Diefen Stand
mit Ehren und Nachdruck führen kann. 2) Wann
er freyadeliche Güter befißet, oder ſich ſolche
ankauffen, und auf ſeine Nachkommen bringen
will. 3) Wann er Söhne hat, Die den Wiſß
fenfchafften obliegen, oder Tich in adeliche Ges
jo ter verheyrathen, oder fünft ben Hof oder
in Krieg empor kommen wollen, |
Nicht rathfam iftes : Wann 1).ein Handela⸗
mann keine zulaͤngliche Mitten hat, diefen Stand
mit Ehren und mit Nachdruck ju führen. .2)
Wann er bey ſeiner Handlung auch einen offenen
Kramfaben hat, 3) Mann ex Feine Kinder hafy
denen der Adel zu einigem Vortheil dienen Tann.
In Ermangelung zulänglicher Mitteln wird
ein Kaufmann init feinem erfaufften Adelsbrief
nur laͤcherlichʒ zumahl, wenn man Den neuen
Ritter noch ſelbſi in feinem Gewoͤlbe beſchaͤfft⸗
1. \
XV. Der Rauffmanne Adel. 283
et fiehet, allen Landfrämern und Juden feine
aren mit einer Fnechtifchen Dienftfertigkeit
hervor zu langen und anzupreiffen. Hat er noch
überdem Feine Kinder, denen Der Adel zu etwas
nußen Fann, fd Dienet ihm das neubefchriebene
Pergament aus der Reichscantzley zu weiter nicht,
ws zu einem förmlichen Atteltatt feiner hochmuͤ⸗
thigen Thorheit. |
Der wahre Rauftmannsadel beſtehet alſo nur
bey ſolchen Handelsleuten, welche denſelben noch
von ihren Aeltern und Vorfahren her haben; o⸗
der die aus obangemerckten Urſachen ſind bewo⸗
gen worden, zu dieſen Stand ſich erhoͤhen zu laſſen.
Wiäewohl wir dieſes noch müflen erinnern:
Ein weifer Mann erhöhet fich nicht ſelber. Er
wird fich ſchwerlich dahin verleiten laffen, Ade
Rang und Würden zu erfauffen. Vernun
und Tugend adehrihn weit mehr, als alle hoch⸗
gefchraubte und naͤrriſche Titulaturen. Der ehr
liche Man gilt bey ihnen mehr, als alle Excel⸗
lenzen und Gnaden. Kommt die Ehre ihın ind
zur » fo empfängt er folche init Demuth und
eicheidenheit. Derfelben mit einer niederträche
tigen, Hoffart nuchzulauffen, um einige Namet
und Titeln ihr abzubetteln, heißt fo viel, ak
derfelben fich gar unwuͤrdig machen. Es iſt wohl
ein armfeeliger Menſch, der mit feinem Zuftand
nicht vergnuͤgt ſeyn Fann, wenn nicht auch ein er⸗
Faufftes VON ſeiner nothduͤrfftigen Eitelfeit zu
Huͤife kommt.
Doch,
Fi
- /
284 XV. Der Rauffmanne/Ada.
Doch, da zu unſern überaus Wind⸗und
telſuͤchtigen Zeiten gar wenig Menſchen
ji) finden, welche die wahre Hoheit Der %
man einem LK: keine ſicherere Ein
te nicht anweiſen kann, als eier die von Dei, -
Thorheiten ber Menfchen hergenummen werben.
Ubrigens koͤnnen über Diefe Materie noch fol
‚gende hrifften nachgelefen werden.
Ad, Rafs Tract. de Nobilitere & Mercarurs,
Viteb. 1674. 4
Herdes denobilitare scquirenda, confervan-
da, amittenda. Lipf. 1611. 8,
Rebhan DM. de nobilirareacquirenda &amit-
. tenda, Arg, 1656 |
Notarii Orat, IV. Utrum alia vitæ genera
nobilibus & patriciis profequenda. 1607.4
Ich ſchlieſſe mit folgenden artigen Gedan⸗
dei der neulich heraus gekommenen Epitrss
divers welche Pe rufe Cavalier Dar von
Bar gem
jour-
N
* J zu * FT)
—* waite pᷣslnti au — nn
be Burgesisdnehi Rees
Nveft ni chair ni poifon — au jour-
@’hui ; 43
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Ce yet oz: > Hafesizc) je pe anurgglo din) |
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er den redlichen Mann am Hof, an den
and gelchrten Superintendenten u Mem⸗
ad Deren Ehriffian Fi eu. den 12. |
Septembr. 1 AH i
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N de 6. Höchtwärben nennen meinen in Rivera,
vortxeflich; fie fogen mir. aber auch. da⸗
=. ber, daß ſie fich ab rechen ihn nach Wuͤr⸗
den u loben, damt dnicht möchte gereitzet wer⸗
Bet. ergkeichen Schreibart mich ferner zu
üben. Sie —* Huͤetlus haͤtte aud) einen Ro⸗
man beſchricben, aͤber nur einen einigeũ. —4
k rn? Ark .. db 2 40— Sie
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Sl site in befa am € hreiben find dieſe: Ich
‚ finde — dem Dich Den Herrn von Zoller
1 Aberreichten yortveflihen. Mivera- +... Ommire
2; pillig Ein. Hoch hohlgeb. davon einen neuen Luftre,
öbey mir Doch abbreche den.ehrlichen Mann an
— Hof nach Wurden juToben, Damit dieſelbe nicht ge⸗
reitzet wuͤrden in hoc Icniptionis, genere ſich ferner zu
AMen Fe —* * * en —58 |
an
\
318 XI Bi⸗ veichecdict na
Sie verweiſen mich demnach an dasjenige was
unſer gemein ſchafftlicher Freund, der Herr * F
Zoller, mir nach ſeiner unter ung gew hnlid cha
Vertraͤulichkeit daruͤber melden vs
Jh gibe mich ihnen völlig reif. dee ferien
‚aber auch das Recht wiederfahren, da on ch
ſelbſt uber eine Suͤche bey mir ee
möge, ‚Die andere billigen; and daß
Eigenliebe, die fo eroßift, daß fie‘ dafs er
unter mich en est, nicht Dur Er
| a ar Te
noch möge geftärcket merden.. Meine :
, ungen füllen ihnen nicht viel Zeit oft. e
Ddeer erſte Punct der Criti betit denk AR a
trag wichtiger MBährheiten ih einein 4
Der andere die Vermiſchung geiftlicher Dinge
mit weltlichen Kurzmeilen undbdaben gebra he L
freuen und fchlüpfrigen Redens Arten. Der
‚dritte die Einrichtung. deg gantzen Merck ven
haupt, yo ayr DEE STE E22 2 BEL — u
an * m Dora cbichtiger Bahr m⸗ is
Pau
aut einen einzigen Roman A— allein
nem Conmentario de rebus ad eum petrinen *
nichts * gemeldet. Iſt alfo tacıre wie
chnung geweſen, man muͤſſe keinen oder dog J
J einen cren. Warn mir zu einer ober ame
“ bern Geſchichto Erzehlun⸗ der Claris höchgeneige
“ ee An fide rehigiofiflimi Trlentiy 6 |
'„. Jolie ich mid) mit mehrerm, wann ich die Erlaube
—— —3 F. * F
—— x
i 1er durch Grempeln. re >
einem Roman betrifft, fo iſt bekannt, DifEDiedfe -
schen eiechifhe und laternifche Poeten fichdiefee ,
Arn Der Erfindimg bedienet haben, um Die wich⸗
tigften Wahrheiten vorguteagen. Heſtodus, He
merus, Sophocles und Birgiliushabenin ihres
Sedichten nicht: ſowohl Die — der ·Hel⸗
den als bloſe Fabeln geſchrieben, ob fie gleich
= die Geſchichte der vor ihrer Zeit gelebtenbes
en beute zum re gelegethahen. Her
—* * —2 — Whilles, Ulyſſes, Agamem⸗
son, Æueas und alle Die elden des Trojanis
fben Kriege. find: als hlofe Komanen-Helden zu
achten; ob ſie gleich an ſich wircklich waren⸗
fie. Haben aber darn dienen muͤſſen, die ſchoͤnſte
Sedichte ausniſchmuͤcken, um der Nachwelt rei⸗
—* ——— der Tugend und RER.
ai |
.. Ging der: ardfien Prͤlten — Zeren
ls berühmten Herrn von Fenelon
Erz Bifchef von Cambray, fand Die Flindedes
Homerus Bei ei sine Eifindung Daraus zu ents
nem die jur: Unterweiſung einen. zur Franzoͤ⸗
*2* Krone gebohrnen Prinzens dienen folte.
Er verfertigte in dieſer Abſicht Die Begebenhei⸗
ten Des Telemachs, ein von aller Welt hewun⸗
dertes epifchas Gedicht, welches ſonder Zweifel
deſſen unſterbliche Feder bey Der. Nach welt
in; gleichen Ruhm erhalten wird.
nenne Diejes Buch einen Romans’ man I
» daß es (ich für niemand weniger ſchicke, .ald
eine jo. groffen Geiſtlichen, ſich mit heidni⸗
‘ Bb3 ſchen
ei —
—*8œ
go XVI. Ditverrhiidigce Sitten⸗Lehre
Pre Babel und. Gedichten auftuͤhatten umcde
Vurch einem jungen Prinzen Die Tugend,
Weißheit und die erhabenſte Staats Kſt
dehren; man ſchreibe Darüber hundert Critick
und mache das Unternehmen fo lacherlich als rl
einem Verſaſſer zugezogen: man liefet esi
Syracyenz:man-überfekkb'esiin Ber
legt es zum Muſter alleß deſſen, was unfre Ze
* und erhabenes aufweiſen koͤnnen. Kun,
man ſtehet hicht: man berhm
See es )
dert nur ſcint Vo —
E. H. wuͤrden Urſachen haben mich ur Be
Kheibenhett zu; verweiſen⸗ reuimmıLich Die ThöiAng
Einbilöung hätte, die Begebenheiten deß Gro
son Riverq, als den reduchen Mann —
gen
pP
ben Begebenheiten des Delemachs injeinigen kr
gleich zu bringen. Es iſt mie deiiug, Dam
meyne dutrhdieſes Exempel die Art meines Buche
gerechfertiget zu haben; Sch koͤnnte noch de
genis der Barzlai, des Paradıfesison Milken,
er Reifen des Cyrus und Des Scthösgenencken,
welche fänıtlich Die vörtreflichfle Männer’ ihrer
Zeit zu Derfäffern haben. » KchEönntshherbiefes
noch eine Menge jo genannter Romanen anfüli
‚Sen, Dammter einige ihren unfehlbaren Nuten
darinn :geeiget haben, daß ſie ſowohl an
re fans
—— u
\
sylarstı —— En ‚WX Eu | |
— ln die —
Die — — —*
dbie » Fnde — welche Ma —39— ide
u MD | dv Sn ur he ch Sefbft
15 En von A ron ig
1 feine ke Di ertat, de — des en
mie
ie
ende Be
ft hoch was
ap XVI. Die xextheidigte Sietenskchre
Der andre Punct betrift die Vermiſchung geiſ⸗
—— weiten undeitien Dingen.
Ich wuͤrde mid) kaum erwehren koͤnnen mi
harauf etwas einzubilden, wenn Nie Ausfertigung
gerathen waͤre, wie Die Einrichtung ſolches es
erhert hätte. Dann je mehr die Erempeln eine
ehnlichkeit mit unfern Handlungen haben, de
Alomehe niegen Fe auchau rühren, ©...
*
Ich entdecke aber „bier ſteywillig ‚meine
Schwachbeit. Ich ließ. mich zu fchnell von den
Bildern hinreiſſen; Die Erfindung ließ niericht
die Zeit ſolche ber a nad, gruͤndich
auszuarbeiten. Ein paar Jahre wären Darglı Zu
hinlänalich gewefen, mir aber war ein einzige
kalter Winter, der. michan dem warnien Ofen su
Balten nöthigte, gemug, meine Einfälle Data
auszubruhen und fie zugleich unter Die SPreffe zu
bringen, wie mir die Gedaucken einfchoffen, |
wurden fie zu Papier gebracht}, —
dasjenige, was Ich Die Nacht über fchrieh,. de
Tages darauf, gedruckt wurde. Diefes ifE fürs
- wahr fein Mittel ein vartrefliches. Werck hervor⸗
zubringeh,... Birgit arbeitete zwanzig Jahre an
feiner Aeneide ich Faum ein halbes an mein sid
gröffern Werck; Dargegen verlang ich aucbnicht,
ßees jerier mehr ala im vierigſten Grab f6
nerglichen werden, und doch beſotg ich Dabey nach
- Meiner, Beſcheidenheit zu nab. u: treten. 39
ſeynte Dacauf meine Fehler zu verbeffern; Allen
es war zu ſpaͤt; was gedruckt iſt bleibt —
# y =
—
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— Er Bi
⁊ - »--
— — — —
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/ ” ar B
is ’ . J
Ben dur IM. : De
e — De ae‘ — ST: B; IS . —
und wie ich höre, ſchreitet der Verleger zu einer
andern Auflage, ohne mich zu fragen, ob ich et⸗
was in der u wolte. Ich hatte -
beh nahe das halbe Buch durchſtrichen, und ich -
and endlich ſelbſt, daß ich Durch vieles Künfteln
das ganze Werck verderben würde. _ Die. über,
flüßige und unnöthige Stellen müffen alfo darzu _
pienen, um Die nußliche und nöthige deſto beffer
anzubringen. ——
„Ss konnte im übrigen nicht wohl anders ſeyn,
- als die Sachen, welche sorfamen, muſten eben
I untereinander gemenget werden, wie fie in
Bein Leben der Menfchen natürlicher Weiſe vor⸗
äufommen pflegen. Was fag ich? dieſe Vers
miſchung der, Zufälle und. der verfehiedenen Gas
zacterein Der Menfchen, ift gleichfam das We—
Jentliche von Der gangen Geſchichte, Die haupts
Jächlich datzu dienen foll, den Zuftand und Die
der heutigen Welt — 5 zu machen,
Augleich zu zeigen wie ſich ein redlicher
Mann, vaben zu verhalten habe. Sch mnſe⸗
alfo ‚eine jede Perfon nach ihrem Garactet zu
ſchildern und redend einzuführen, mithin die
Wendung und die Schreib-Art nach denen ver;
fehiedenen Materien und Gemuͤths⸗Neigungen
- wie fie vorkommen, zu verändern trachten. Sch
Alt hald mahlen, bald dichten, bald. die Pa:
tur, bald die Menfchen ſchildern, bald die Ley⸗
denſchafften rege machen, bald alles nieder ım
die Gelaſſenheit und Stille feken, Ich murfle
bald die Trompeten erthönen laſſen, bald die
—
Po
354 "XVIDieverchetdigse Sirten-Lehre
deyer rühren, bald auf der Flöte fpielen. W
der Herr von Fenelon ſeht artıg —7— aus
drückt. (*) Wenn ich alſo einen Erz⸗Boͤſewicht
einführe, ‚der Durch eine auſſerordentliche Gnade
ift befehret worden, fo muß ich nothwendig ihm
ſolche Ausdrücke in den Mund legen, welche die
twunderbahre-Fuhrungen Gottes zum Heyl Der
Menſchen offenbar machen. Dieſe ſcheinen ab
lerdings fich nicht zu Den fredhen Reden zu fehis
. fen, mit welchen ein junger, -feuriget und auf⸗
geräumter Kopf fich über die Suhlereren und
andern Melt» Händel heraus zu laffen pfler
"Man würde mir aber ſehr unrecht thun, ven
man deswegen fehliefen wolte, ich hatte für Die
Religion zu wenia Ehrerbiethung, und für
Thorbeiten der Menfchen zuviele Nachſicht
. Gefälligkeit. Ich menne.viefitehr ber Relramı
dadurch Das Wort zu reden, wann ich nicht ab-
fein, die graufame Folgen zeige, Dieein-nofklofeg:
geben nach ſich ziehen, fondern auch Le i
ihr Das fcheinheilige und fantaſtiſche een A
me, ‚welches, vernünftigen Saufen. Dabor em.
Grauen macht und deſſen ſich Die Eu
unſern Zeiten'bedienen, die waͤhre Unſchuld unk
Froͤmmigkeit ſelbſt zu betriegen. Dieſen Cara⸗
cter kahn man von der einen Seite, nicht laͤche—
lich und von der andern nicht abfcheulich genug
abınahlen, Beyde Schudtreyen ‚haben ihre
- Stärcke zu rühren und zu übergengen.
— —— — a ey > — —
Den \ 3 — n⸗ —
) Dial. des —— D. WW,
ee ee) we,
i —— B,
Sergei rnpeln, TR Say
Dei Herden Znſeynet ich ·hatte bie gule
Hetrnhuter hin und wieder allzudeutlich durchge
aſſen. Ich muß mich daruͤber erklaren. Sch
annm nicht laͤugnen/ daß fie mir bey Der Beſchich ⸗
te Des Herrn von Greenhielm, und beh derjenigen
von Chriftiandpolis find in den. Gedancken ges
weſen, und daß ich auch wircklich einige Äb⸗
ſchilderungen von ihnen nach dem Leben entworf⸗
fen hube. — — ee ee
& dat, 26 =
N
2 a 3 — en Be De re u, ——
‚=> 2ilein, wann dieſe eaſfte Erschlung zu erfen-
Nen giebt was miran ihnen miffaͤlt, ſo zeiget
Im Gegelitheiß die andere, wie Fehr man ihre AB:
336 KVI.Diewptbeibigte ElitseniLchte
amein
—* ee —— ———
eit ſeine Gedancken nad): andern richten, und
Die pahre Meynungen feines Hertzens unterdru
de, ſo Dir: = yan.nicht mehr gur weit von Dem
Caracter egned euchlers —— Daß ich
aber i in ein amd andern Rebens Arten, wann Der
Seifen che gedact wird, nicht alle nöthige
chutſamkeit gebraucht habe, folhes chat ir
end. Sch habe alle Haupt⸗Laſtet und Gemuͤths⸗
Neigungen der Menſchen beſchriehen; wie, daß
wir allein in — Sache ſo er find, *
uns die Er ilder weichen Fürinen
Do mich hier ſchu * ‚Sich haͤtte um
der * am willen ein und ‚amdre Ausdrücke
follen weg. ode, Kann, ich'es bey einer neuen
| Auflage ändernsf foll.es — ——
mit andrer Leute — ine ei
kann, ſo hat der erfaſſet der P mie .
weit mehr gefündiget ‚ale Ab,
Nun komme ich auf die Einrichtung des gan⸗
ken Wercks uͤberhaupt, woran man Diefeg aus⸗
zuſetzen findet, daß ich nicht ſowohl ein Hetden⸗
——— einen unter einander gemengten Ro⸗
man von groſſen und Heinen, von wichtigen und,
nichts» bedeutenden Dingen verfertiget hätte,
dergeſtalt F daß ich bald- einem weiten Genelon
in ſemem Telemach, batd einem luſtigen Scat⸗
ron in feinem Boman cmique gefolget fen:
. Wann diefe & zermiſchung der Materien ein
Sehlerift, ‚fo Fann; ich, mein Buch nicht |
| ren»
x
—— u a ie >
er dure Erempeln. 397 |
freyförerhen. "Seh huß pielmeht fagen, daß ich
—— Darauf gegtbeitet, und Dem Buch ey
dhurh einen mahren Werth zu geben,
diſſen habe: Rach meinem Bohaben he chet zu
: N Abwerhfelung Das Weſentliche von eh i
ner Defchreibung, welche den Zuftand und Die
Sitten der heutigen Welt abſchildern fol, Meine
been find alſo auf das Sant, und ib t
g’anıf ben ‚Hof, ‚noch auf Den Staat,
auf andre ey Dingea ein gerichtet, . i 7
m
udn auf das N. und bürgerliche Sen
fien Die vorne — und
gun ed Hell ihn Dim
. begegnen — ie begreiffen fo tsohf !
KT Aa a der Sroffen,
es * ern, ngen Gtat
de, 2 al Kl «
> Bemt fe Nachricht vom ame 4
gleich quch J
| Bas RE
Ba nr IE BO A
Em alle dieſe Dingei if eihem ordeutlichen Zu⸗
—— untereinander zu verbinden, ſo
eich Fine, vollkommene, mit aller Weißheit
and Tugend begabte Standes ⸗ Verfon untet -
dem Namen des Grafen von Rivela eitrgeführ
get. 55 Graf, als der Held don det gan⸗
Der Na Ergehlung, wird als ein junger
»
vorgeſtellet, der in fich alle Ratur⸗ Gaben,
mit einer altcklithen Erziehung und Erfemtniß.
der eriebafften — Er wiedmet ſich
4* Hehe pi
228 xVL Die vertheidigte —
bey Der angenchmnfisn Sch Bar Art, 6— ſir
Hoertſchafft / der Weißheit und der T gend, €
richt, nachdem er die Welt auf Seifen geſehe
— rociter auf Feine hohe, Dinge, Er bi
jt ſeinem Zuſtand en und — hige
9— kunn groſſen nfehlägen. . *
SEN de 8 an and
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eine, den Die 9
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Bet hatte, 9 F—
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eich ten ie Belt nach Do
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ein und gieht ihn vum eLehren, niet
J f AR VEN Ki Beh
t.aöff A! ten. bet
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— eingesogen ,. er wird vet,
densttinen ‚m Krieg der groͤſten
ext, in den pichtigſten Geſandſchaffte geht
in die ſchlu pftioſten Dändelmit cungefl \
biebet i in URBAN, ARE Auf
2
— —— — m
— Buch Sempen 247 39
lı — immer auf feinem, guten Grund feft
bejtehen. (Fr, zeiget ſich underanderlich alg ei
edlicher Mann ‚, der Die. ahrbeit, die Uns .
| bild „UND ‚Die Gerechtigkeit liebt. Diejenige
— — haben, dat alles in.
Belt GA Ve 535253 und
| Ile ae ic muüfte.ausgrrichtet werden,
fel en Ber gans das Wegentheil, Der age ö
‚Der Sungend ,. der Auftichtigkeit bleibt, a
ale der Vottheil und die Ehte. Da — |
A die Laſter, die, Untreue, Die, Salfhe
ni Unordnungen ihte Strafen mit lich
‚und Die Verbrecher ing, Verderben ftürkt,
| hdem ich dieſe Esiheräen, fo.lebh
RR: i möglich geweſen ift, entwotffen Fir
on Hi au Die 2, 17 Perfonen,, d derept, jede
| Mb ug vorſtellet. Ihre Ge⸗
ihre nd meiſt au Si Erfahrung und aus
‚gemeinen yeben —— ſogar daß vie⸗
* az fich wircklich ſo zugetragen
| jte Der — in denen -
— des er von Greenhielms, iſti in |
ren völigen Inhalt und ſo gar auch in den
Aodrten und Ausdrucken wahr, bisan das En⸗
‘De, da der Ausgang nit * Haupt » Erzeh⸗
fung verfnüpfet-mird, Ich habe fülche aus dem
eigenhändigen franzoͤſi ehen Aufſatz Desidnigen
dem jie angehet, gezogen. ” In den Begeben⸗
eiten des Panvoreftt, des Herrn von Rieſen⸗
8, Des Deren von Guldenblechs, des Kits
EL En ſind Di mehrefe ——
338 XVI, Dignertbeidigte nn
ben Det angenehmfien Sehens » Art uff
Hirt haft, der Welßheit und ber Land.
denckt, hochdem er Die Welt auf Reiſen gefehen’
. Haste, eiter auf feine, RB Dinge. , € 01 |
it feinem Zuſtaͤnd zuftieden und ein ge.
en en PCHFI Er END Mh *
—— 9
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rar ‚de
g N er Ah —
| —* Kine a
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— II ) —93 ein — * ifer 6
worden 8 richt 1 — Nu '
| AI ID Ah m,die.guumdlichiie Tehten,. ‚ronee
66 Or, | nd
* lichen Geſellſchafft übe {a I Ile. et
‚auf folgen Die'gröften Pruͤſmgen 9* ine |
En bewähren. Er {wird -in, vi
aͤndel eingezogen, er wird verfol
densmmien, ‚im Krieg det gröften ausge
fert, Inden wichtigſten Bauen One ruuchte
indie fehtüpftigfte Han del mit cingeflochtein, ung
bieibet in BURN, — puren und
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n.Dürch Grempeln. .;' 299
| ren immer auf ‚Seinem, guten Grund feft
beſtehen. Er zeiget ſich undetänderlich als ein
- Keblicher Mann, der die Wahrheit, die 4
| = und Die Gerechtigfeit ae Diejetrige
me EN e geglmibet haben, daß alles'in.
en a an
J — — — Strafen mie fich
uh er Pag Die Verbrecher ing —— |
E- achoem ich diefe Schllderehen, fo. ſebhafft
ei lich geweſen ift, entruorffen PR &
fe J Mn Be Deren, Detert jede
inen He —97 — rm Ge⸗
hichte find mei — —3— und aus
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375
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4 fei enbeit * tleinen Ehen ten
> 8 — Herrn von Voltaire, welche im
— 1739: heraus kamen Cd: . . ’
T Denife Meyſchen werden mit File PR
ordentlichen Faͤhigkeit gebohren : "Sie
“Dürfen weder Kronen tragen, ‚noch Die
* im Staat bekleiden: Sie duͤrfen we⸗
r Helden/ noch reich, noch vornehm ſeyn: She
erfand allein iſt genug ihnen mehr Ruhm,
s. alle dieſe Vortheile zu wegen zu bringen,
er Herr Voltaire giebt davon einen neuen
emeiß: Man mag ihn hundertmahl den Hof
bieten und ihm des Lander verweifen: Mar
19 ihn um alle Vorzüge dieſes Lebens zu hrin⸗
1 I ihn noch fo heßlich ee füchen:
und bleibetein ſchoͤner Geiſt. Doch pfle⸗
ers der menſch n he Baſland wenn er
einer gewiſſen Groͤſſe ge * zwey wieder⸗
H. Theil. waͤr⸗
5 — — etebtt Zotung im Jahr
2759. N0, 39,
r
hr 1» Hr 9 XXI — ae 4
u m Ts;
j DM = ! Ba e |
u? Hi —— Die
——————
[
kann ſich öffters gegen die Nothdärfftigkeiten Di
| die Fehler an andern erkennen und
v⸗
42 WAL. ie
|
wärtige Einftüffe na PRO: Er ift am meiften |
Den A Mnfällen des Unglaubeng untermorffenz und
ſes Lebens am wenigſten kbüken; Er ift insge .
ein hochmuͤthig; Die Religion aber st ur
der dad einfa tig, nd mcg;
Feitliches Glück gründet fich ar Ab '
Sorgfalt; und Gefaligkät-füraudere Menſchen
darinn fich die gröfte Geilter am tehigiten au
ſchicken wiſſen: Ihr Fehler ift, gleict
} Di
allzufreye RUN derfelben verha at
Ein ſinnreiches Geſpoͤtt, ein gewuͤrtzter Schar,
eine — Bang re ein gutes
iſt ihnen wichti ea — da fie I
Dienſt —
* —— — *
yon. ont gar t “
ucken beugen follen. Dem Hewn von Pr
re mag ah fo gehen: Sein Iehhafter und
ſeuriger Geiſt iſt mehr zum tadlen aufgelegt/ a⸗
um loben Er iſt darinnen auftichtig, denn wer
indet nicht allenthalben meht Sto ur dem ei
nen, ale zudem andern: Allen, Die
und Die. Menfchen liegen noch immer gegen ein
einander. im Streit; jene will diefe unter
Herrichafft bringen’, und Diele wollen fohhe
durchaus nicht erfennen: Sierempören fich.ftets
a
darwieder und ſuchen öffters diejenigen:
wiegler zu ſtrafen / welche ſich unterwinden
ner ihre Parthey zu ergreiffen; ja man — de⸗
nen verwegenen Schwaͤtzern ſelbſt Die Hande u
binden, welche nit. dem Herrn von rn
|
en
—E Beine, 3
jeden, daß man dem Pabit sont die Fuͤſſe
flen, aber dabey nie Bande binden ſoll. c)
Der Herr von Voltaire — ſchoͤn und
bündig: Ein Gedanche ſolgt =
- Dem andern. : Seine ee Find: |
ausgefutht, durchdringend und wie es die Sa
. chen die er vorſtellen will, mit ſich bringen. Die
Verbindmig feine Säge iſt natürlich und. zus
————— Anmuth. Seine Bilder le⸗ |
and ſeine Gleichniſſe machen auch Die ſchwerſte
Begriffe leicht. Er wird ſuͤr einen der beſten Dichs
ter unſrer Zeit gehalten, und gleichwohl übers
trifft feine ungebundene Schreib⸗Art, feine Ge⸗
hundene noch weit, denn alles haͤnget Darinnen
beſſer — und er braucht kein unnoͤthiges
noch unnuͤtzes Wort um einen Reimen aus⸗
hen oder — ji nd —
eit durch den Schwun
geben. Die Anger feiner Seide, von 80
wig dem XIV. roelche ſeinen kleinen Schrifften
voraus geſetzet iſt, gibt dadon einen nakten Be⸗
weiß. Syn feinem Difens. von Menſchen:
Difcpurs en: vers fur P’homme;: hat erideit
beruͤhmten Engellaͤndiſchen Poeten , ren: Por
en > und wa ihn dar⸗
Ende ee erben u.
»
= nA — ne — — — —
Ex Diefes ift nicht beicheidener von dem Romiſchen
Kirchen⸗Haupt geſprochen, als wenn ber Herr von
Montesgtiiou in feinen Lettres perſanes p. gg. UM -
ihm ſpricht Le’ pape eſt une vielle idole quiog
euienſe par habitude,
⸗
4 . XVII. Die kignkhaft
wenigſtens an die Seite geſezet zu werben. Tin
allen Ih en Stücken, darımter die Vornehu⸗
fien feine Lettres Familteres und le temple du
Got, giget en zwar nicht durchgehnds ein
gleiche Staͤrcke; feet er fi) aber Dadurch gleich
unter fich ſelbſi, fo behält er damit Doch feinen
Rang vor andern. Der fehönfte Geiſt iſt nicht
immer gleich aufgeräumt, und man würde viel⸗
leicht den Herrn von Voltaire nicht ſo fehr bes
toimdern, mann er nicht zuweilen durch mi
mäßige Bilder den andern deſto mehr Leben und
Annehmlichkeit zu geben wuͤſte. Wir münfchen
daß er feine angefangene Geſchichts ⸗Erzehlung
won ben Zeiten Dee er schenden Ludwigs, auf
Die Art, wie er uns davon den Entrourf gege
ben hat, «ausführen möchte: Die Arbeit iſt uns
vergleichlich. Nur hätte man Diefes darbey
eeinnern, ‚daß er Die Gefchichte, nicht nach fei
nem Vorhaben, fondern fein Borhaben mehr
nach den Geſchichten einrichten möge, denn da
er berveifen will, Daß die Zeiten: des Vierzehen⸗
den Ludwigs Die glückfeeligften fürdie Kuͤnſte und
Wiſſenſchafften geweſen feyen, fo mahlt er, um
diefen Satz zu bemeifen, Die vorige Zeiten noch
allzu barbariſch ab; da es Doch ein leichtes feyn
. würde Dem vorhergehenden Jahr hundert gleiche
.. Vorzüge wo nicht, in Anfehung geroiffer Wi⸗
fenfehafften, noch gröffere beyjulegen. Die grobe
Zünckereyen der Geiftlichen ausgenommen ,
melche in der That noch etwas barbarifcheg hat
ten; m übrigen aber, fo prangte damahls J⸗
falien, Difpanıen, Branskreich, Engelland und
| Feutſch⸗
R
Teutſehland mit den vortreflichften Leuten, . Ja
‚ Die Niederlande allein waren bereits mit den bes
ruͤhmteſten Männern und groͤſten Künfliern ans
gefuͤllet; an melche Der Herr von Voltaͤire nicht
’ inet gedacht zu habe. Wann mir alfo.die
Sache nad) der Wahrheit :urtheilen molka ,.fi
| Pin den Anwachs der Kuͤſte und Wok
e nfchafften nicht erſtlich von den Zeiten Des
| zehenden Ludwigs, fondern von. Erasmo,
von Copernico, von Duͤrern, von Holbein, von
Raphael, son Angelo, von Palladio und fo
weiter herfuchen. &s find. zwar damahls Die
: gememen Sprachen in Europa, die SStaliänis
he und Spanifche ausgenommen, noch nicht
wie heut zu Tage verbeffert und zur Gelehrſam⸗
keit braͤuchlich gemacht worden. Allein, daman
fich der Sateinifchen mit deſto mehr Geſchicklich⸗
keit bedienet hatte, fo wird niemand fagen , Daß
Darinn der XBerch der Wiſſenſchafften beſtuͤnde,
daß man jeko zierlicher Frauzoͤſiſch, zierlicher
Engliſch, und zierlicher Teutfch fchreibet. Da zus -
mahl die Sragenoch nicht entſchieden ift,obesnicht
wuͤrde beſſer geweſen ſeyn, wenn die Gelehrten
bey ihrer allgemeinen Sprache nemlich der las
teinifchen geplieben waͤhen. Wie man se in An⸗
fehung. der Allgemeinheit der Wiſſenſchafften
allerdings behaupten koͤnnte.
Warum hat aber der Hetr von Voltaire dieſer
Sammlung feiner kleinen Schriften, nebft ans
dren Auffäßen Die non ihm in Mst. herum ges
ben: als Letire à Uranie; Ode Unigenirus,
| 0.063. wi
408 XVII. Die Ligenſchaft
u. ſ. 10: wicht auch feine. beyde Briefe von det
- Natur der Seele wie fie dieſes Jahr befondens
abgedruckt worden find, mit beygefuͤget? Ver
muthlich getrauet er ſich nicht Die darinn enthab
kene Lehr⸗Saͤte, die gar ju weit von den Sim
ber Religion abweichen zu vertheidigen. De
, herr de Benumarcheis bat foldye in dem II
peifeiner Amufeiniens litetaires’T. II, Lerrre
XXVIH. und XXXI. mit eindrucken Kiffen. Und
„Ih habedarüber Ben p- 179. 183. 248.
und 287: entdecket.
Xxvu.
Zuchicel Gedancken über die
Briefe Des Heren von Boltais
ze die Serle der Menſchen und der
Wiere betreffend im Sahrı750. EZ
; Mein. Herru
"ST — baßich ihnen — Gedan⸗
X fen über Die beybt Dtiefe des ‚herr mon
" Jältaire, die man in Die Amufemens
Httefeires mit hat eindrueken laſſen eröfnenfoll(*
Man muß ein chen ſo groffer und berühmte
Schrifftfteher ſeyn als er,: um mit fo- vieler Frey⸗
heit von. einer. Sache zu fi chreiben, woruntet
6 Amuſemens litteraire on correfpandanee pa —
— » Philofophique,, critique & galante par
Monf. de la Barre de Beaumarchais A, p- 174
.393- 248. 285 0. |
Rz
an. Br BE 3
Ir En hen die bisher von der Eigen
e nes ſchreiben fid) erfühfterhaben, -
ſeinen Augen nur blinde ind v nd
| —— Locke allein iſen Ne
intgangen. Dieſer allein haͤt/ nach
nung , Die A te der Seele be
Fi Die Bi ae ‚abe
| a auf manchetley Art! fi’ leyden et |
Heiden befchrieben.
J —* * —5— e Eige
| me, Ba Ns
itefiet | godte, auf welche er —
Igeführet Ch Der Herr Locke
Be en
Sl m gei et dv ad nieht jede
er ll — en Lehr FH Ihe
genannten Ortho N — —— rerklaͤ
pet deutlich in dei XVM. Capitel eines Ent⸗
Ainfſs der Weltweisheit (EMai. * — *
af de — Deriuinf
—* den
foren, * * dem hen (onen? * oh
"E es 4 — 7
>) Weiher er Qa⸗
unter "ent: St e'ohri-
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or — Beben nonbs: Bram -
hennet Überlegung. Das Erkennen der
toelches ‚fie aus, ſich felbft amd aus ihrenie
Wirck[arnfeiten hernimmt; Gefuͤhln
was von aͤuſſerlichen und maten |
herruͤhret. () Dieſes alles ızeiget
daß Der Herr Locke zweh verfchiedene-Eigenfchap
ten annimmt, welche in den Men IRA yeremi
‚get find. Der Herr von Voltaire ine |
$heil will, man foll zuforberft ‚bie Gran
Seele beſtimmen, bevor man von dem
des einen, ſowohl als des andern gewiß,
* Er alaubet er daß Die
enheit ber Materie, nach..der »Seimi
innen dasſenige Id, was in uns — 9
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‚Sit mug fein. in ung
| err von Voltaire hier nicht die
es Herrn Locke anfüͤhret, pe ex do
eliebt , ſondern daß er Darf *
nur die Fhre er zeiget imo wupaf m
Laſſet uns degwegen dei & h Me ka
nach - feinen eignen Grur | 7* nl
Er * weiter ent als, 9 :
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von Voltaire ni chtfieh et! —* *
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ausfindig zu machen. Moftsfelbft, als der groͤ⸗
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Vm. Gedancken von der Soek. une
= zii von im Beine klare und deutleche Rınthiß
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.- Wir ſagen, SOMiR in @eilt, alleitnufen
fir dann, was ein Geiſt if? So lang eg Mens .
ſchen “giebt, fo. lang hat man fich daribed Die
Köpfe. zerbrochen, um Das Weſen einas:Geiftes
fie Weltweiſe, und der noch uͤberdem einen beſon⸗
dern Umgang mit GOtt haite, konute ſich non ihm
keine Begtiffe machen. Er nonnet ihn ein vern⸗
sehrendesgeuen, Deut. 9. 3. Einen grpſſen GOut
machtig und ſchrecklich Deut. i0. 174Hiob
26. 26. nennet ihn einen groſſen und unbekannten
BOtt, deſſen Jahr⸗Zahl niemand forſchen kann.
Mpythaygoras ſowohl ais Socrates und Pato
mn wi
„= m. ZI’
— wu 3 —
entdecken herrliche Spuren von einer adttlichen
Erkenntniß; allein GOtt fetbft kannten fie noch
weniger als Moſes, der ihn fo gerne gefehen hät:
de; und als Hiob, der ſo majeſtaͤtiſch von ihm
fpricht. Bey uns Ehriften heißt es, wer hat Got⸗
‚tes Einn noch je erkannt, und wer iftfein Rath⸗
geber geweſen? Nöm.1r.3.4. Paulus war ent⸗
Zzuͤckt: bis in den dritten Himmel; 2. Con 12. 3,
„Allein was ſah er daſelbſt? Unausfprechliche Diu⸗
| AR: fein Aug gefehen und diein Feines Men«
Her nie kommen fi. 1. Cor. 2. 9. Nie
wand: wird ſagen, daß alles dieſes Plare und
deutliche Ideen find. Ja, man faſſe alle ndr
moͤgliche Begriffevon der Gottheit zuſammen und
lege ihr alle Die Eigenſchafften der Vollkammen⸗
heit bey, Die der menſchliche a
ie
gr2 AVIT. -Gobanden ordern.
ſich vorzuftellen; haben wi eine Haus
und deutliche Kenntnik von dem fen Sottes
ſelbſt? So weit der game von der Erden iſt
ſo weit ſend noch unſre Gedaucen davon entfernet
: Eine gleiche Befce fenheit hat es mit allen
die von Sinnen entfernet ſind,
and Die lo in unſerm Verſtand Feine andere
Geben: idee eindruͤcken, als Daß etwas fe,
Ä Wirckungen, Die wir beobachten,
—A
—* inneren Kraft, Ge ndigkeit,
— giofeit, —— — |
leihen -Alleviefeiintpiffenheitaber , fofehr fü
amd auch demuͤthiget/ erh Fanig Desteegen doch
j nichts gegen fein tahrhaftiges Sevn.
A en wir von. den Wirckuegen
die fen gleich v von mitt ſelbſt kein 25
ben haben.
Wir nennen alles Dani, was eine koͤrper⸗
uüch Eigenſchafft hat, M Wir nennen
dasjenige einen Geift, —* wir von etwas de
Wirckungen ſpuͤren, Davon wir feine ſinnliche
Urſachen anzugeben wiſſen Wir nennen Dasienk
96. BSH, was der va von al 4
Fi
u
| vm. Sedanckon von oer Selle 413
” ei als körperlichen Weſen iſt/ wwoeiter has
* wir von ihm Fe Pla und Deutliche Kenn⸗
„Mm . ee j
- De Her von Bokknire Keibet fine Shug
ſo weit, daß er endlich keinen andern Unterſcheid
EC gumter der Seele eines Thietes und unter eines
J Menſchen findet, als eine mehr oder weni⸗
5 ger gelibte un Wir werden alfevon ihm
3 Inter dag Sefchle der Thiere verwieſen. Ja
3 er feßt ein Thier bem andern an Die Seite. (*
_Wleicd) Anfan aa , Kasten, After
u. — icklichkeit die Wiſ⸗
itien —3 — 2 ——
| Sana per, ——
J beyden Worten bleibe, En.
2 been und:ein fo vernunftig es Ge⸗
andre Thiere.
——
und mehr.
* ae Vontcnunceagen ſobeibt
— .,# [7 —
2
1 maden eich ifo Segmente,
ea) dat, a: aim
oder ihn
414 XVVI. Gedanken ve der Seele
er doch immer vor wie nach ein Xhier, and feine |
Seele if von Der Seele eines Thieres nur mehe
oder weniger unterfchieden. Dieſes ift überaus
Fein vor ung. Unſer Hochmuth hat uns glauben
machen, daß wir noch eine beſondere und von den
Thieren unterſchiedene Seele hätten, und nun
werden wir auf emmahi einer ſo füffen Einbil
dung heraubt.
Mm al den Saͤtzen
| 338 mi 8 dt ns mh Ich
ſehe mich genoͤthiget eine ſo trauri —
ken. in era ne ein
ſcheinen mir oͤffters guntz viehiſch u fenn, fogar,
daf bie —*— eh = in Se
iwenioften nicht, daß der Herr von ——
thietiſchen Seelen eine Unſierblichkeit zuſchreibet
Wir muͤſſen alſo die troſtreiche und —
nung aufgeben, welche uns bisher wit. Eifter en
gen Seligkeit geſchmeichelt hat. ir müffen
Die Die chance von der Vergeltung be Öse
keit und nd-fahren laffen, Darüber wit
- in diefer Welt fo manches haben leiden, *
Ai hat uns arme und futchtſame Men
it: t > vi ve wel vis ve
iz Y
— ee ET —
+‘
XVM. G ebancken wonder Deeli gas
Braun und Sitten entgegen ſchauen. Softe
man es gicht dem Herrn von Doltaite-für eine.
Wirckung eines mitleidigen und chriſtlichen Her⸗
eng. auslesen), daß er ſich ſo diele Muͤhe giebt uns
Bon dem gemeinen Wahn angenehmer Jirthuͤmer
gu: befteyen, in welche es den groſſen Leuten '
—— io * win ine — |
e ſtuͤrzen (* ten wir nicht feine
— eit in gluͤcklicher Entdeckung traur
rheiten beroundem Es wird ihm an
* en Se nicht fehlen, 'den Cicero fo
nfchen hat, daß man woch infechshum
en von ihmreden mörhte, Sein Rame
wird dem Tempel der Ewigkeit einverleibt werden,
Man wird darinnen fen Bruftbild in der .
Des Montagne, des Hobbes, des Stmamkurge}
Des Bayle, des Coins und des Dolands finden
an — ihm zuſtehen —5 — daß er vor am
— iſches Wefen
— — gehabt haͤtte. Man wird
in he Schriften die nette Schreibart, ‘den
gluͤcklichen Ausdruck, Die reikende Bilder, idie
rohe der Vedancten die weitgetriebene Sam
‚* ‚ 3 ‘ a 5 n, —
9. 44 Nı er a : — 2 I v
‘M —— — allmarum q —— imd,
? me heroulediedere. Er edebam enim acileopinioni-
‘Is. mägnorum virofum rem graufilnam promit+
- Yaptiumm magis ar pfobanuum, Dabam mie ſpei
— — a Bradtus — tam bellum
omnium per epiſt. 102.
—— Organifalio Pak pour penfer Aue -
u. KYUL Behand mn Der EU
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e: ent: Sn: Diefem: HenIpäRt| sen Lelun
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nad) alte Die ſchoͤnen und erhabenen —
von ‚Det‘ Weißheit, von Der Quyend,: ven der
Unſchuſd, von det Liebe, vdn der Aufrichti
* don ber Gebult, von berÖntgtet, Mg
fo weiter? Sind es nut una Di — ilder, an⸗
genehmen Träumer:
und laͤcherlichen —S—— 55
nhur Erfindungen one innreich ——
—— ed er Herr von V ——
— Mt AN wann fie en —**
der meiner
a den En, wel —*
XVII. Gedancen won der Scele: 417
men halten, und welche mir öffterg bejchroerlich.
ſind. Nein, ich fürchte mich, vielmehr. Diejeni-
ge Eindrücke zu verlieren, Die ich. in meinem Her⸗
‚gen. pop einem kiebreichen GOtt verſpuͤre, wel⸗
cher mic) ſtets zu ihm empor ziehet, als zur Dem
£ ollkommanften,. gerechteften und gütiglien Wer
en. Ssch fürchte mich Denenjenigen ſuͤſſen Hof⸗
nungs-srieben zu widerſprechen, Die meine See⸗
fe mit einem unausfprechlichen. und unwiederſteh⸗
" Tichen Verlangen entzjüchen, auch nach der Auf⸗
€
* (fung meines Körpers zu ſeyn. Die Exfents
nis Des Wahren und Salfchen, der Eindruck
des Guten und Boͤſen, die Neigungen zudem einen
und die Verabſcheuung des andern, überzeugen -
mich, daß noch etwas in mir ſey, ſo mich von
dem Weſen der Thiere Deutlich unterſcheidet,
und daß alſo auch mein, zukuͤnftiges Schickſal,
nach den Eigenfchafften meines Weſens, untere
[7
fchieden ſeyn werdeeeee.. ent
- er zeiget mir in einem Thiere eine ſo fein
Drganifation zu dencken und sunenipfinden , Da
daraus Die erhabenfte Begriffe und Die wunder⸗
bare Krafft. Wahrheiten zu verbinden und von
einer auf die andre zu ſchlieſſen ‚ entfliehen koͤnnten —.
Man zeige mir ein ſolches Thier, das dem an⸗
dern durch unzgehlige gekuͤnſtelte Toͤne ſeine
Meynungen, feine Gedancken, feine Affecten
und feine geheime Anſchlaͤge zu erklaͤren vermag«
Es iſt wahr, daß viele eine überaus feine Sinne
lichfeit haben, daß, Dadurch. Die Natur ihre Re -
ungen ſattſam zu-erfennen giebt. Ich will ihr -
> HI. Theil. Dd mm
Ars XVIII. Gedancken vonder Seele.
nen uͤber Dem auch noch eine Sprache zu geben,
durch welchefie ſich einander Fönnen ihre Leidens
in verftehen machen. Allein, alles die
es gehet nicht weiter als auf die Erhaltung ik
. 208 Pebens und auf ihre Fortpflanzung. " :De
gröfte Stier wird von-einem Kind geſcheuet und
der unbändigfte Adngft wird von einem Kna—⸗
ben durch Zaum und Gebiß gelencket. Die Thies
re kennen alſo nicht einmahl ihre eigne Staͤrcke,
vielweniger Die Dinge die auſſer ihnen ſind. Man
nnterſuche die Beſchaffenheit der kluͤgſten Thie⸗
re. Bey den ungeheurn Elephanten und Came⸗
fen, ſowohl als bey den garten Bienen und A⸗
meiſen, bemercket man eine gersiffe Sorgfalt fuͤr
hre Nahrung und Erhaltung. Sie haben ih
te Peivenichafften/.ihte Wuth, ihre Kriege wie
die Menfchen; ja’ fie gleichen ung in Dem ſinn⸗
- Tichen Leben völlig. Einige übertreffen uns noch⸗
wohl gar in der Staͤrcke, inder Schönheit, in
der Hurtigkeit und in der Seinigkeit der Sinnen.
Einige treiben auch ihre Negungen fo weit, daß
fie zu dencken ſcheigen, wie Der Hund des Hm.
von Voltaire welcher traumet, wann er zu viel
Be hatz wie die Schwalbe, mann fie im
ruhling ihr Neſt bauet und im Herbft die wars
me Länder fuchtz wie der Affe, welcher um be
Menfchen zu fpotten, fcheinet geſchaffen zu feyn,
und dergleichen. Ich gehe noch weiter und ge
be zu, daß viele Menfchen nur Die Geſtalt eines
Menfchen haben, und alfo, wenn man fienurin
dieſer Art betrachtet, von vielen Thieren übers
toffen werden, Allein, aus allem biefen folge
| ne wie
S J
XVIR. Gedancken von der Seele, "419
wie mich beduͤncket, noch lange nicht, nur
‚Die Materie nach der Feinigkeit meiner Sinn;
lichkeiten in. mir. dentfet; und daß Archimedes
- und ein Maulwurf, ver Herr von Doltaireund
kin Hund, meine Seele und Die Seele einer
x fehiedenen Gattung feyen.
Ich bilde mir hier noch immer etwas groffes
und vorzügliches_ auf meine Begriffe und Wiſ⸗
- fenfchaften ein: Diefe gehen unendlich weiter als
> auf mein Meines Individuum: Sie ftreichen big
in die Ewigkeit: Die Erde ift für ſie nicht zu
aroß, die Veſte des Himmels nicht zu hoch;
Der, Abgrund des Meeres nicht zu tief. Die Men⸗
ge unzehliger Geſchoͤpfe, die den weiten Kaum
Ber gantzen Welt einnehmen, und Das We
fen des unfichtbaren,, welches Die fichtbure bele⸗
bet, find Vorwuͤrffe meiner Denckens⸗Krafft,
Mein Geift beſchaͤfftiget fich damit. Wahrheit,
Erkenntnis und Liebe erhöhen meine aanke Na
tur. Die Dinge die ich fehe find mir darzu
In 9 ——— Liz
sr. rn er
et TE rn im 7 TE HE
und lerne folcdhe, weil ic) mir 36 unter Fer
nen Bildern vorftellen kann, ausı
aen erkennen. Ich fühle eine Lufft, die mir Den
dem, Die Bewegung ımd Das Lehen giebt.
Ich fühle ein. Feuer das mich. erwaͤrmet, ein
Sicht Das mich Dis zu den Seiftern führer. Alle
— ud I Ai
Diefe Wirckungen, Die ich bey mirnerfpüre, ruͤh⸗
en gleichwohl nicht meine aͤuſſerliche Sinnen.
Ich fühle michts koͤrperliches. Die Faͤhigkeit
— | OD 2 au
%
ufter von einerley Art obgleich von einer vers
nicht genug: Ich Dringe bis gu den Unfichtbaren |
ren Wirckun⸗
| 420 XVII, Gedancken son der Seele
zu dencken und nachzuforſchen, entdecket mir
alſo diejenige Eigenfchafft , die wir einen Geiſt
nennen und die ung von dem Weſen Der Thien
ſehr deutlich unterfeheidet. Hier heiffet es ve |
Geiſt erforfcher alle Dinae auch fogar Die tiefes
der Sottheit. 1. Cor. 2. 10. Ein Geiſt der fir
big ift alle Dinge, auch fogar die tiefen Der Gott⸗
heit zu erforſchen; (ich fage nicht, nad) allen ih⸗
ren wefentlichen Eigenichafften einzufehen, den
diefes kann Fein menfchlicher Verſtand,) ein fols
“cher Geiſt iſt von einer göttlichen Art, und kam
nichts gemmeinfchafftliches mit denen blos mate
rialiſchen Sinnlichkeiten haben, deſſen Bande
durch den Tod des Leibes getrennet werden.
Unſer Körper iſt demnach nur ein Ens paſſi.
vum, der beydes eines thieriſchen und eines geiſt⸗
lichen Lebens fähig iſt. Das thieriſche Leben fo
het ſolche Triebe voraus, ale zur Erhaltung und
. Sortpflangung derfelben nöthig find. Das nei
Ische Leben aber befchäfftiget fich mit Der Unter⸗ |
ſuchung der Dinge,Die auffer denSinnen find,und
fuchet fein Vergnügen in der Erfenntnis des
Wahren und Guten. Wie nun diefe Triebe son
einen unendlichen Umfang find, fo aehen fie
aud) bis in Das Unendliche; fie rühren von einem
unendlichen Geiſt; fie find von Demfelben uns
trennbar; fie folgen ihrem Licht wie Die Strah⸗
Ien der Sonne, die mit ihrem Glantz vereiniget
find, Diefes feheinet mir deutlich. Ich empfins
de, Daß bey mir nicht allein eine bloffe mates
rialiſche Sinnlichkeit ſich Auffert, fondern =
| —
XVIII. Gedancken vonder Seele. 421
ich noch ein befanderer Geiſt, der weit daruͤber
Maben iſt, in diefen Sinnlichkeiten roircket,
t, dencket, ſpricht, verlanget, forſchet, lieber.
Hk Ein noch mehr deutlicher Beweis darvon zei⸗
rget fich, wann die Sinnlichkeiten ruhen und in
seinen tiefen Schlaf verfencket find. Ich traͤu⸗
tie, Doch des Herrn von Voltaire Hund träus
met auch. Ich gebe es zu; er fräumet als ein
Dune, ich als ein Menfh. Er traͤumet von
"Dingen, Die indem Umfang feiner Leidenſch aff⸗
‚ten fm; ich träume in dem Umfang einer um:
endlichen Faͤhigkeit Was will dieſes fagen?
Ich erklaͤre mich. Nicht einmahl, ſondern oͤffters
erſcheinen mir Dinge im Schlaf davon ich vor»
bero feine Gedenck⸗/Bilder gehabthahe: Ich trau⸗
= mevon Dingen, bie auffer mir find und Die nach nes
x fthehen follen. * Sehet hier einen neuen Prophes
; fen! Keineswegs, wenn es ihnen beliebt. Ich
« Babe nichts auffersrdentliches; allein ich liebe
woas gut iftund fürchte GOtt. Mein Geiſt fiehet
. alfoim Schlaf, was mir felbit verborgen ifl. Er
ſiehet mehr als Fleiſch und Blut erkennen; eg
iſt keine finnliche Materie die ſolcher Bilder für -
bigift; denn was ich nie gefehen und was vorher
nicht meine Sinnengerühret, Davon Fann fich der
Verſtand keine Vorſtellung machen, und dennoch
zeigen ſich mir oͤfters im Schlaf ſolche Dinge
Die ich zuvor nie geſehen, und bie mehrmahlen
den Tag oder Aurk Darauf in eben Dielen Bil—
dern ſich ercinnen. Man fage mir ob Die Mas
terie, ale Materie, folches wircken kann? Es ift
er Dd 3 un⸗
420 Xm. Gedancken von der Seele.
unmoͤglich, dann fie nimmt wohl den Abdruck
der Bilder an; allein fie ſchafft keine neue; und
reie folte fie das Zukuͤnfftige vorher wiſſen und
mir Die Bilder Davon ing Gehirn prägen? Wir
viel Menſchen haben nicht dergleichen Vorſpis
lungen des Geiſtes von dem was zukuͤnfftig iſt.
Erfordert fülches mehr Beweis, daß unfer Geiſt
ein eignes und befonderes von der Materie un
terfchiedenes Weſen fen? Vergebens leugnen
wir, was geſchiehet und was ich ſelbſten aus
vielfältiger Erfahrung bezeugen kann.
Ifta Dei vox.eft, Deus eft in corpore noftro
- Hoc duce pr&dico vaticinorgue Deus |
Impetus hic facer ſemins mentis haber., (*)
Solte ich die Gewißheit meiner Empfindun
gen dem unglücklichen Zweiffel, des Herrn von
oltaire nachfegen, fo wäre Diefesein Spiel des
Verſtandes, wo man alles gegen nichts aufler
tzet und verlieret. |
Ich unterfiche mich im übrigen keineswegs
das Weſen eines Geifles und eines Körpers ju
beftimmen. Ich weiß Das dergleichen Beſtim⸗
ungen zu allzu vielen Widerſpruͤchen Anlas
beri. Allein wer ihre Wircklichkeit in Zwei
jichen wolte, der mäfle einen andern Pi
1): 1217
“Ein künftfiches Orgelwerck ift zur Harmo⸗
u | j . J fi
e
—— —— “
DE Be
") Ovid, L.III, de Ponte, & L, VI, Faftor,
5
k nie gemacht; es: muß aber erſtlich eine Lufft
in ihre Pfeiffen dringen, bevor man ſolcher ge⸗
wahr wird. Die Seele iſt in uns der Fen und
der Meiſter von der rtunf iſt der HErr
der alles gemacht hat. Die Haͤnde feiner All⸗
E macht und feiner Weißheit rühren gleichſam die
3 Tangenten. Daraus ie Darmonie,
: Die, vermittelſt derLuffti in den —— findet, “
i Ich pine allenthalben eine uff bie mich ums
ı giebeti: AIſt dieſe Lufft ein Körper ei iſt fie:
ein Beift? Ich graube fi fie iſt beydes zuſammen.
Sie muß etwas koͤrperliches ſeyn; Dann ich fühe
3 le ſolche; fe iſtſchwer undteiche, warmund kalt,
man kann ſie aurpumpen / fie beweget fich: Die)
Esſind lauter Eigenfehafften: eines ——
Weſens. Doch dieſe ſtehet aus lauter:
Atomen und Dünften: Was aber giebt ihnen
den Stsoß zu ihrer Vewegung? Iſt es, Daß eine
Materie leichter und die andere ſchwerer oder
flüßiger oder waͤrmer if?! Laffet es ſeyn. Ich
fragen iſt eine Drönung in: ihrer ng,
| 2° Sie koͤnnen die Ordnung —*
—* dann alles was fich regt und Die Be⸗
wegung Ati gantzen fe fortfeßen ‚. iſt feiner
Natut nach abgemeſſen. Die Regeln Der Ordei
nung besiehert fich unſireitig auf ein. verftänd
Weſen; dieſes verftändige Weſen iſt nicht ct Die
Materie; deun fo vielertey Materie fich findet ‚
} iefen groß, oBerHlein, einzeln odergemengt, eins:
ach oder theribar', ift allefamt ohne Veriland,
mithin ohne Weſen Das wir Geiſt nennen.
neh ohn Dd 4 Ale
%
vvin. dandlen vonder Beck... Pe
*
— —— ñ ñ — —— — —
423: XVIH, Gedancken won der Seele:
FBllemeine Triebe gehen blos allein dahinaus,
Durß ich moͤchte aluͤckſeelig ſeyn, das iſt, daß ich
= Br — Empfindungen haben.
Unter allen fichtbaren mo: materialiſthen Din
gen And ich nichts ſo dieſe Triebe vergnuͤgen
ann.: Die Ehre, die Hochachtung, Die Liebe
eines" uernünftinen: Geſchoͤpfes rühren aich weit
mehr „66 die Befitung Ieblofer Dinge: . Das
zn reitzet alſo twelt weniger meinen Geiſt,
aͤndige, welches ſich auf die ver-
— Eigen — — and. des
—— u 2 _ „1er
‚308 enechiweite.. Michts echebet uinn
—* A r als die Liebe eines Gottes Der vie
oekch n, deſſen Güte alles arhaͤft und |
Weisheit alles‘ wunderbar regieret.>. =
fe Liebe ift Die: zärtefte non allen Cmpfindu
Deren mein Geiſt fähig iſt: Sie allein berficher chert
mich daß GOttein Weſen nicht verderben wird,
das er fühl gemacht hat ihm zu heben, Ich
finde affo in ver erhabenften Neigumg Deren mein
Geiſt fähig ift, zugleich den Saamen / der =
frerblichkeit. Ich geb es zu daß alle dieſe Bo
seifie nicht machematiſch Elar und nicht. doutlich
Allein in 1 neiftfiche n Dingen; ditwon aller
materialifchen Vorwuͤrffen abgeso find, =
ansfich keine andre als iftiche —2
chen, eben deswegen wWril ſie nl Pie und
Feine · mathematiſche bemonſiraion eiden.
Solten wir fie Deswegen nicht fer gegtoͤndet
halten? Dinlofophi gieng zu weit. 1
m
N
XVEI. qiedanden von der Seele 435
(6 geiſtkeh gerichtet werden : Selig heißt. es
, find die, welche glauben und nicht ſehen.
Foh. 20.23... an —
Ich begnuͤge mich alſo hiemit gewiſſe und un⸗
fehlbare Merckmale zu entdecken, die mich auch
nach Dem Licht meiner Vernunft Dasienige alaus
ben machen, was ung das groſſe Licht, der Hey⸗
Sand der Welt, in feinem gesffenbarten Wort völs
lig-aufgeichloften hat. Hier Ande ich die techte
Schaͤtze der Weißheit und die wuͤrdigſte Begriffe
fuͤr Geſchoͤpfe, die GOtt zu verſtaͤndigen Weſen
.erfchaffen hat. Hier iſt unfer Glaube nicht auf
Hoare und; Deutliche Begriffe von fichsbaren und
finnlichen Dingen gegründet, fondern, wie Pauz
lus redet, auf das, was wir hoffen, und auf
die Gewzheit deſſen, was man nicht ſiehet. Hebr.
11,23. Diceſes iſt das groſſe Evangelium von
Dingen, die kein Aug geſehen, kein Ohr gehoͤ⸗
ret, und die in keines Menſchen Herz noch kom⸗
men ſind. Hier werden wir nicht allein Der Lit
. fterblichFeit unferes Seelen-Geiftes, fondernauch
fogar der Auferftehung unfereseibes nerfichert.
Ieh weißinicht, wie weit Der. Herr von Voltai⸗
re dem Evangelio Glauben giebt. Sich wuͤrde ihn
aber aͤuſſerſt beklagen, wenn feine feharffinmige
Philoſophie ihn daran hindern ſolte, fo troſt⸗
volle Wahrheiten in der Kraft eines hoͤheren und
göttlichen Fichte anzunchmen, Unterſuche ich die
bloſe mechaniſche Einrichtung meines Körpers,
fo findechbakınnennichts, als was dem Bader
Are et, | ben
426 XV. Gedancken von der Seele. |
ben untermorffen ıft, und fich zur Verweſung
neiget. Hier find ic) Peinen Unterfeheid zwiſchen
einem Menfchen und einem Thier. Hier gebe ich es
su, beydefind Mafehinen., Nachdem das Ru
derwerck in dieſen Maſchinen ſich verrücket, fü
hemmet ſich ihre Wirckfamkeit: Die Sinnen ver⸗
- Tieren ihre Feinigkeit, Das Geſicht iſt wicht mehr
fo fcharf, der Geſchmack verlieret ſich, die Flaͤch⸗
fen find nicht mehrgefpannt, und die Bewegun⸗
gen gehen langfam von flattenz Kurz Der ganze
Körper fällt zufammen, md nahgt fich zu feinen
Untergang.
Die Wirckſamkeiten der Seelen find dergeſtalt
mit der Materie verroickelt, daß ſie ſcheinen mit
derfelben fich aufulöfen. Die Einbildung®
Kraft, dasUrtheil,das Gedaͤchtniß, die Scharf
ſinnigkeit; allesverlieret fich , nachdem die Leben
Geiſſer verfehwinden, und das Blut langſamer
durch Die Adern fich durchfpielet. Der Zoo hebt
endlich allesauf. Man kann alſo weder dem Leib
noch der thieriſchen Seele, welche ihn belebet, Die
Eigenſchaft zu ſchreiben, daß fie ihrer Natur
nach unſterblich ſey.
Ich nehme alſo keinen Antheil an dem neuern
Gaaͤncke unſrer Weltweiſen Ob die Seele
geiſtlich oder materialiſch ſey. Alius enim di-
eiteffe ſpiritum, alius concentum quemdam,
alius vim divinam & Dei partem, alius te-
nuiffimum aerem , aliusincorporälem poten-
tiamı, non deerit qui fanguinem ’dicar, 'qui
j colo-
XNM. Geomukinnch der. Seele 427
colorem ſagt Seneca infeinen Quæſt. narural,
‚VIE c. 24. Die Seele Fann eine fehr
fubtile Materie fenn: fie kann ein feines Gefühl
haben, Diefes feine. Gefühl kann fie verfiäntig
‚ machen, dieſe Eigenſchafften koͤnnen fo weit gehen
als die Grenzen eines@&efchöpfeserlauben. Die
Saeelr kann uud) bloß geiſtlich ſeyn. Weil ich aber
ungleich weniger verſtehe, was wir einen Geiſtals
was wir Materie und Körper. nennen, ſo bleib
ich daruͤber an. den: bloſen Worten ſtehen, da
man nach dem gemeinen Gebrauch, unter dem
Wort Geiſt ſo viel verſtehet als die Zühigkeit zu
denckhen, und unter dem Wort Körper dasjeni⸗
ge, was einen gewiſſen Kaum eirmirnmt umd ei⸗
ne Geſtalt formiret. > Mich duͤncket, wir hehieb⸗
ten am ſicherſten dieſe einmahl ſo eingefuͤhrte Re⸗
densarten, die, wann ſie die Sachen nicht Deuts
hc machen, zum wenigſten Doch dasjenige aus⸗
drücken, toas wir ſagen wollen. Wir w |
daß Der Geiſt die Kraft habe in dem Körper zu
röirebenig undbaß himmichemminden Gap, wan
er. mit dem Körper vereiniget iſt, vonder Peſchaß⸗
fenheit deſſelben leiden muß; fo wie Gleichnis
toeiſe das 8Vaſſer fich truͤhet, wann viel Schlam
uni erdigte Materie mit darunter fliefle. ° . >
en En a ur . ng Br j J
Dieſe beyde Subſtanzen, nemlich.bie mate⸗
rialiſche und die geiſtliche leiden beh den Men⸗
ſchen noch eine dritte. Einige nennen ſalche Die
Seele, und verſtehen darunter denjenigen Geiſt,
Dem man die Unſterblichkeit zuſchreibet. Athas
nagoras nennet ſolche: Nas einen vefkännioen
20T. 3 F Zee 94 !
428 XVII. Gedanckenvon der Seel
Saft, Plato etwas goͤttliches: Divinum quid,
und Virgil particulam auræ divinæ. tha⸗
goras machte einen Unterſcheid inter ſenſum
mentem & animum: Diß erſte und legte bes
nein er als das finnliehe eben r Ah ih Hi ben
ieren geniein "haben; Mens. aber ey
ihm fo viel ala. das serländige Weſen, weiches
von dem thierifchen Leben unterſchieden iſt, und
welchem er die LinfterblichPeit sufchreibet. Weil
er Dafletbige allein für nie It bis zu —
heit ſich Hi erheben. * :
—— für ein Bande der Unfterblihe
Zeit fähig iſt: Es bleibet, ten alles andre bep
dem im bie, Verweſung gehet:
quoque felices animæ & .xerernz. Goran
eum Deo vifum erit iſta nolixi, labentibus
. eundtis, & ipfa parva ruimæ accellıo. im an-
tigua elementa ee: ſagt ausen de
Confolst. ad Marc. .
gIch Kann u im. PR: mich mohdieinbib
Ben; Dafeseine ſo gefährliche Meyn ung ſey/ nenn
man dafuͤr hält, daß der Urſprung den Thiere don
dem aügemeinen Geaift:herrübte, Der Diefe ganıe
. Melt beleht. Dieſer Geiſt, nach der Sprache
des oe, ' "rien hey der Erfehaffung von dem
Geiſt Gottes aus, a a —5 —
fläche des Wa N) d
Daran —— daB ala io des Mofprung
ee | nn Oo rstang .
+ (#) Cie. de nat. Deor. L. I. c. 10,
. l
XVMNI. Gedanckenvon der. Berke, 429
alter Dinge ; GOtt aber derſelbe Geiſt, der dar⸗
aus einem jeden die Geſtalt gegeben. Die gan⸗
ze Welt wird Durch dieſen Geiſt regieret, und in
ihrer fortwährenden Ordnung erhalten. Wir
beobachten. Diefe wunderbare Ordnung in der
"ganzen Raturüberhanpt, und in einemjeben Ges
ſchoͤpfe ins befondere._ Alles hat ſeinen gewiſſen
Hang, feine gewiſſe Bewegungs⸗Tiebe, ſeine
Eigenfchaften, feine Urſachen, ſeine Wirckun⸗
gen. Alles iſt uͤbereinſtimmig und zufammen haͤn⸗
gend. Eines betiehet ſich immer auf dasandre; eis
nes wircket auf Das andre, und verurfacht ein
drittes, und Diefes ein viertes, fo daß alles in der
Reyhe diefer Folgen eingefchloffen ift. Alle Bege⸗
‚benbeiten in diefer Welt entftehen aus dieſer Zus
ſammen Verbindung der Weſen und Der Urfas
chen. Der Menſch ſelbſt, ober aleich ein vernünfs
tiges. und gewiſſer maffen in feinem Umfang fich
ſelbſt leitendes Weſen ausmacht, iſt eben ſowohl
auch in dieſe allgemeine Ordnungs⸗Kette mit ein ⸗
geflochten; doch fo, Daßer, nachdem fein Geiſt
ettune aöttliches hat, ſich gewiſſe Regeln machen
Tann, feine Handlungenaufeineverfländigeund
ſittliche Art, nach der Weißheit, deren. en faͤhig
iſt, einzurichten; mithin, vermöge dieſer Faͤhig⸗
keit ſowohl die moraliſche als die phy ſicaliſche Ubel,
in ſofern dieſe von ſeiner Aufführung herruͤhren,
vermeiden fan. Gegen dieſenige Uebel, welche
von andernUrſachen die auſſer ſeinem Umfang find,
‚und theils-von boͤſen Menſchen und Thieren,
theils von den Wirckungen der Elemente auf
ihn einflieſſen, md ihn leiden machen, dawede
— | aun
430 XVII. Gedancken vonder Seck:
kan ihn nichts als die goͤttliche Vorſehung fehüsen,
Auſſer dieſer goͤttlichen Vorſehung glaub ich mit
Leibnitz, Daß die ganze Welt mit allen ihrenifie
belebenden Geiſtern und Koͤrpern eine bloſe Ma⸗
ſchine ſey, welche auch, da ſie GOtt einmahl in
Bewegung gebracht, ſich nach ihren einmal un⸗
beſtimmten wandelbaren Regeln fortſetzet, ohne
daß GOtt, als ihr kuͤnſtlicher Werckmeiſter von⸗
noͤthen habe, dabey nothwendig wit zu erſchei⸗
nen, ſo wenig ale ein Uhrmacher vonnoͤthen hat,
eine Uhr, wann fie einmahl aufgezogen und im
Gang ift, Das Raͤderwerck felbft zu freiben.
Genug, daß es im Gang iſt, wann er ſolches will
geben machen. Weil aher unſte Seelen, ſofern
ſie von den Seelen der Thiere unterſchieden ſind,
nichts mechaniſches und nichts von der groben
Materie haben, ſondern rein und lauter mit dem
hoͤchſten Weſen ſelbſt im Zuſammenhang ſtehen,
fo geſchieht es auch, Daß, je mehr ſie ſich u GOtt
als ihrem Urſprung durch Weißheit und Tugend
erheben, deſto mehr einer goͤttlichen Natur theil⸗
haftig werde, nach dem Bilde deſſen der ſie ge⸗
ſchaffen hat. Je mehrfie aber indem thieriſchen
und materialifchen Weſen haften bleiben, deſto
weniger Tpüren fie auch Die Einflüffe der Weiß
heit und der Tugend, welche fie des Guten und
einer felgen Unſterblichkeit fähig machen. Durd
jene erlangen wir die Eigenſchaften eines goͤttlichen
Geiſtes, Durch dieſe aber bleiben wir ein bloſes
Thier; belebte Maſchinen und Automaten.
Sehet hier nach meinen ſchwachen Begrifie
XVIII. Gebandenvonder Seele, 431
Den Unterfcheid einer göttlichen und thierifchen
Seele. Sch habe mehr gefagt, ala ich habe fas
gen wollen. Ich weiß nicht, ob ich. mich Deutlich
genug erklaͤret habe. Meine Gedancken lauffenein
wenig untereinander. Ich fehreibe hier Fein Sys
ſtema, fondern einen Brief, da es erlaubt iſt die
Gedancken vorzutragen, wie ſie einem natuͤrlicher
Weiſe einſchieſſen. Sie werden nach ihrem ſcharf
denckenden Geiſt ſolche ſchon auseinander zu wi⸗
ckeln und in Ordnung zu bringen wiſſen. Sie
haben villeicht grofle und kuͤnſtlich erfonnene me⸗
taphyſiſche Lehrgebaͤude vor ſich, wo ſich der gan⸗
ze menſchliche Witz in muͤhſam ausgedachten
Worten und ſcholaſtiſchen Lehtſaͤtzen auszulaſſen
pflegt, und ſehen doch villeicht in dieſen Dingen
noch weniger Har. | a
Ich werde mich allenfalls gerne beffer unterrich
ten laſſen, und meine Saͤtze widerrufen, ſo bald
man mir zeigen wird, wo ich geirret habe.
Dieſes iſt nur ein kleines Opfer der Eigenliebe fuͤr
Fr Menfchen, ver die Wahrheit aufrichtig
uchet.
Ihch habe Die Ehre ſtets zu ſeyn, |
u Mein Herr.
Des
432 XIX. Zen. Superimend. Ehrhardt⸗ J
Ba
giſhen Herrn Sır
Des Memmingi
perintendenten Ehrhardts Anmerckuu⸗
gen uͤber don vorhergehenden Brief.
Cæ hat ini feinen Tufculanis pie Frage
de narura anime eben ſo ſchwer zu beant;
worten befchrieben, als diede natura Deorum,
Er geſteht gleich im erften Buch, daß ihm Fein
“Dhilofoph darınn genug thues ob er ſchon ven
ihren Schriften mehr als wir halte; er
auc) "Pythagoras und Plato zweiffelten, ob die
Seele ein Geiſt fey, die mandoch für Die Groß
vater Diefer Meynung ausgiebt. Was Wun—
der, Daß ung auch Voltairedarüber fein Genuͤge
fur? Ich finde viele feiner Säge mit gutem
echt wiederſprochen; aber in zweyen Puncten
lich er fich vielleicht roohlentfchufdigen. Erſtlich:
Nichts anzunehmen, als wovon man eine klave
und evidente Idec hat, folcheg ift in der Philos
fophie ganz vernünftig und nöthig. Was iſts:
man wird zu Peinem völligen Syftemare Philofo-
phiæ oder Metaphyfices fommen: aber was
ſchadts? es ift ohnedem nicht moͤglich. Paulus
ſagt: Unſer Wiſſen iſt Stuͤckwerck. DieSylte-
matomanie hat unzehlig viel Unheil angerichtet:
in der Theologie alle Ketzerey und Das ewige
Zancken; in der Medicin den Todt fo- vieler |
fnufend Patienten sc. Laßt uns dann genug ſeyn
2 Pa nn einige
nicht vorwer
XIX. Gedancken von der Seele. 433.
einige. untrügliche Säke auf, gersiffe Ideen von:
der Natur deſſen, was in uns denckt, zu bringen,
Wann wir ſolche zuſammen verbinden wollen, ſo
maſſen wir freyiich dunckle und undeutliche auch
mit darzu nehmen; aber darinnen müffen wir nie⸗
mand uͤberzeügen wollen, weil wir ſelbſt nicht uͤber⸗
zeugetfind.. Dieriftder pyrrhoniſmus ganz loͤb⸗
lich und Ich moͤchte dem Voltaire auch
en
in der Neutonianiſchen Attraction, deren ich ſo
gar keinen Geſchmack kann abgewinnen; aber wo
gerathe ich hin.
Ich wende mich zu dem zweyten Punct; und
da frage ich: Gehört Dann unter die gewiſſe und
evidente Ideen auch dieſe: Was im Menſchen
denckt iſt ein Geiſt? Was im Thier wuͤrcket iſt ein
Koͤrper? Item ich) frage, iſt dieſe Folge richtig:
wer da ſagi, was im Menſchen Seel heiſt ſey ei⸗
nerley Subitanz mit der thieriſchen Seel, Der,
macht den Menfchen zu einem Thier? Ich fage
auf beyde Sragen häurement: Mein. Man
muß aber da nicht den Ciceronem mit einem
Maulwurf, fondern den gefcheideften Fuchs oder,
Elephanten mit dem allerdummeſten Hottentoten
oder Iroquois zufammen halten und alsdann ju⸗
dieiren, welcherley Verrichtungen und Auffuͤh⸗
rungen einen Geiſt noͤthig haben, und welche
nicht.
Daß GOtt auch ainer Motetje die Facultat ſu
| x. den⸗
-ıU, Che. :
nicht vor ‚ er jweifele an allem: Ach! er
ft in etlichen Stücken nur gar zu deciſiv. 3. E.
i 434 XIX. Des Sun. Superintend. Ehrhardo
dencken geben koͤnne, iftein Satz des Locken, wel⸗
chen uderus nicht nur von aller Impietät
losgezehlet, fondern auch, ni fallor, ſelbſt an
genommen. Es laͤſt ſich ſolches wohl zum Schein
Kor’ aydewrrov und ironicè widerlegen, auch
er confequentiarum confequentias ‚wie man
ecundum Thomaſium Ketzer macht, etwas das
reider leiden Wer aber nicht nur Lockens
vier Bücherde Intellectu humano, (welche wohl
die befte Dior des vernünftigen Menfchen ift)
gelefen, fondern auch feine Repliquen , beſon⸗
Ders Die auf Die zweyte Antwort des Stillin
folte es gleich nur in derRecenfion des Bernhatds
fepn, Die in Den Nouvelles de la Republique
des Lettres 1699. Octobr. und Novembr. fehr
wohl gerathen iſt; der fage ich, wird niemahlen
daraus fo dreuſte ſchlieſſen: Phommen’eftdonc
qu’unebere, | nn
ierauventi, ein nicht garföfllicher neuer Ro⸗
man fagt in Der dritten Partie p. 109. Die dem
Locken entgegen geſetzte Mennungfeneblafpheme
ſur blafpheme;, impiere für impiete entaſſée.
Er hat noch mehr, Das ich nicht mag herfegen,
dann feine Authorität gilt nichts, aberfeine Rai-
ſons find nicht abfurd, erhabe fie hergensmmen,
wo er wolle. Ich gehe weiter und gerafhe vieleicht
ſelbſtin eine metaphyſiſche Ketzerer. |
Daß inUniverfd nım eine Subltang fey, das
von alle Dinge modificariones und fonderlich die
jroey: extenſio & cogitatio, ifl, wie mic
XIX, Gebdancken von der Seele. 435
duͤnckt der leibhaftige Spinoriſmus. Gsiſt alſo
mehr, denn eine Subſtanz, umd wie viel denn?
Ich ſage auch nicht mehr als zwey: aber man muß
nicht gleich zufahrenund ſetzen: Cogitatio & ex-
renſio; oder beſſer: cogitans & extenſum; ſon⸗
dern hoͤher hinauf ſteigen: Da ner (ih fübftan-
tia immaterialis &materialis, (che iſt dar⸗
unter GOtt? Nicht materia, dann ſie iſt nicht
immenſa, nicht indiviſibilis, nicht incorrupti-
bilis, nicht immobilis, ſondern in ſtetem flüuxu:
wie Cudwort in feinem groſſen Syſtemate intel-
lectuali, und Mosheim im weitlaͤuftigen Com⸗
mentario operofe erwieſen. Die Subſtantis
ämmaterialis aber hat dieſe Eigenſchaften alles
zum wenigſten Bönnen wir ihr Feine mit aller uns
ſrer Logic abſprechen, weil wir ihr Weſen nicht,
genug kennen, ja, als Chriſten müffen wir ihe
auch Die Kraft beplegen, Die Materie aus nichts
zufchaffen. Subftantia immaterialisfannnitht
aus nichts gefchaffen werben; fonft müfle GOtt
einen andern GOtt fchaffen koͤnnen. Ynfere
Seele iftnicht ewig, fondern geſchaffen. Ich laſ⸗
ſe ſie den Schluß ſelber machen.
Daß des Menſchen Seele portio divinitatis
per emanationem aus es Subftanz,
ind Cabaliſtiſche Grillen, daß fie die Zahl
314695. ſeye, ftaruist. Timæus Loccus , aber
wer Fann fich eine Idee davon machen? Senten-
tia, qu& animam-ejusderm fubftantie cum
- divina, nimirum immaterialem ftaruit, tan-
dem abir inAverroifmum, i,e, animampoft
62% Q-
43% XIX. Dee Fin. Superintend. Ehrhards
hominis mortem non ultra ſubſiſtere nifi in
Oceano divinitaris, ubi vel unde gutta olim
prodiiſſet: cujus doctrinæ femina in Valen-
tino Weigelio & Molino fic animadvertere
mihi vifus ſium, fortaffe io aliiseriam Myfti-
eisipfisnonfätisagnitaaurhoribüs.
Diefer Tagen habeich den sten Volumen von
den Briefen des Seren Leibnik gelefen, und nar
viele trefliche Sachen darinn gefunden, ſonderli
auch Meraphyſica: wie dann bekannt, duß der⸗
ſelbe mit Herrn Wolf darinn ein neu Syſtema der
gerheien Welt varlegetz weil nun noch etwas
aum auf. Diefem Blat, fo nehine mir Die Frey⸗
heit meinen groͤſten Scrupel daruͤber mit anzu⸗
fügen. Electio Optimi (cui tota Leibnizii
Theodicæa innititur) videtur mihitollereli-
bertatem hominis: hac ſublata, quomodo,
quæſo, præmia & pœnæ locum habent? Der
Hetr Collector dieſer “Briefe, Korthold, hat,
wie mich duͤnckt, Der fame Leibnitiänge twenig
gedient, daß er den Brief an Mr. Dangicourt
kund gemacht: in demſelbigen bekennt eibrig;
que la matiere n’eftqu’un phenomene ;. qufil
n’y a que de Monadesdans la nature. Könns
te auch ein Ey dem andern ger un, als die⸗
fer Satz, denen des Spinoze iſi? Omnis mor-
talitas labitur, ſi immutabilis rerum a Deo
nexus etiam ſapientiſſime conſtitutus ſit. $o-
lum Deum elle immortalem dico, fed vix
dixerim, animum igirur hominis eſſe mare-
riam, quoniam per materiam vulgo intelligi-
turid,quodliongum;, larum, & profundun “
je 2 A
XIX. Bedanden von det Seele. 437
eft, trinas autem has dimenfiones vix qui(-
quam animæ tribuet, Sedfimaterieconce-
[ peus latior fit, quam Quidem corporis, &
verbis exprimi nequeat, res ſalva eſt.
Die alten Philoſophi, die am meiſten die Im-
materialitaͤt der Seele verfechten, hahen ihr doch
alle ein Vehiculum zugeſchrieben, im Griechiſchen
"Oxnua: Bey mir iſt dieſes Oxno Die Seele
ſelbſt. Ihre Unſterblichkeit kann doch beſtehen:
dann GOtt, der machen kann, daß eine Mate⸗
rie denckt, der kann auch machen, daß eine Ma⸗
terie vor fich ſelbſt immer beſtehet; ſo lang nemlich
als er will Dasiftnichtunbegreiflicher , als daß
eine ſubſtantia immaterialitas von GOttes
Willen koͤnne annulliret werden; welches man
doch von der Seele zugibt. Der influxus ani-
mæ & corporis reciprocus iſt in unſern Empfin⸗
"dungen offenbar und der einige Grund Davon liegt
- ‚indem, daß ſie beyde einerley Subftanz haben.
Wer mag im übrigen der Stramhourg feyn,
welchen Voltaire p. 299. unter Die Eſprits forts
gezehlet hat? Reimann, ver —— Atheiſten⸗
macher hat ihn nicht in ſeinem Catalogo. Iſtes
der Joh. Stamburger] U. D. Ehurfächfifcher -
Rath und Syndicus ver Univerſitaͤt Leipzig?
Dieſer aber hat ſchon 1550. gelebet, undwarum
konmmmt er jetzo erſt zum Vorſchein? Noch eins,
was gedencken fie über die sötelettre perlane?
kann man wohl dem Hrn. von Montesquieu aus
‚der blofen Vernunft widerlegen? Wären durch
eine Mennung nicht alle Controverfien über Die
Decreta abſoluta Deigeendiget? I
ces WVon
*
438 WC) Er
. Io
WVon den Zwerfänpfen.
ab ein Dyier Zweykampf iſt eine feindfel⸗
zen ®) ge Dandlmg zweyer Perſo⸗
nen, welche Die voneinanber
empfangene "Beleidigung mit Blut und Leben
Durch ein befonderes Gefecht uneinander zu rächen
ſuchen. Wir wollen unfere Betrachtungen von
ieſer Materiein drey Theile eintheilen. Wel⸗
len wir unterſuchen, wie die Zweykaͤmpfe find
aufgefommen,und wie die Gewohnheit davon Big
auf unfere Zeiten iftfortgeführet worden. 11i. Wol⸗
len mie davon die Ungerechtigkeit und Thorheit
entdecken. Und Ill. unmasgebliche Borfchläge
Kun, ‚wie dieſes übel koͤnnte abgefchaffet werden.
I Von dem Urfprung und fortwährendena
Ä Gebrauch der zweykaͤmpfe.
Biedie ¶ Man koͤnnte den Urſprung der Zwey⸗
oh zaͤmpfe big aufdie äieie Zeiten bil
aufgekom⸗ ten. Mank nte den ſoh abe⸗
men. nen Sieg des Davids über Goliath,
und Die Gefechte des Herculis, Thefei, Menelai,
Nemtli, der Horatier und Curiatier, Darunter
rechnen; allein, Diefe Kämpfe waren auſſeror⸗
bentlich, und haften nichts von der Eigenſchafft
derjenigen Zweykaͤmpfe, Davon hier geredet wird.
Man feßet demnach den Urfprung der förmlichen.
Zweykaͤmpfe ficherer in Diejenige wilde Br
1%
L 2
XX. von den Zweykaͤnpfen. 49
da nach dem Berfallder Griechen und der Römer,
Die gute Sitten mit den Kuͤnſten und Wiſſenſchaf⸗
ten von dem Erdboden ſchienen verbannet zu ſeyn.
Eine Zeit, da die Finſterniß des Aberglaubens
Die ganse Chriftenheit erfülfte, und Die Religion
ehr nach) den Legenven der Heiligen, ala nad)
m
den Grundſaͤtzen hres Stifters, bekannt rear.
⸗
Eine Zeit, da ein Schwarm barbariſcher Voͤl⸗
cker aus Norden und Oſten ganz Italien übers
ſchwemmet, und die Gothen, Hunnen, Longo⸗
bardenund Francken, ſich Durch ihre. Heeres⸗
‚ge mit allen Voͤlckerſchaften in. Europa vernmen⸗
ger hatten. Einegeit, da man in Ermangelung
eines ordentlichen Richterſtuhls über die geringſte
Zwiftigkeiten ſich einander Die Haͤlſe brach, und
rigkeiten gu entſcheiden pflegte: (**) Folglich
J Ei w
da sin guter Rauſ⸗Degen der beſte Advoeat war /
den verroirrteften Procel mit einmahl auszuma⸗
chen. (*) = ie
Die Zweykaͤmpfe wurden folcher Wie ſolche
geftatt als ein Mittel betrachtet, wo⸗ ber Mber-
Durch der ‚Himmel Die Gerechtigkeit Diner on—
- einer Sache in vorfallenden Streis
ur⸗
(0) Sentenuam non calamo ſed gladio , non atramen-
to fed fanguine, nion litteris ſod vulneribus fubferi-
bete: caularam meritanen in faro, fed in theatre,
- zon —— — non Juftiniano ſed Marte
praiid ; item denique nen jaftiori ie
robuftioriadjudicarefoliti. Carafade Monemnch. '
J () Lege Fretonis, Daniæ Regis: qna omnis lis X
controvatfia ferro decerneretur; quod ſpecioſius ex-
iftimaret eſſe viribus quam verbis confligere, Sax⸗
Gr. mm. Hiſt. Sax. L. V.
\
440 XX. Von den Zweylampfen.
Yourden fie nicht allein ale etwas gutes —5—
mer auch Durch eine vorhergehende Du
Andacht geheiliget. Man bereitete fich darzumit
allerhand Seifen Übungen: Man opferte zum
voraus wegen Des Mordes, Den man zu verüben
vorhatte: Man lag ganze Nächte aufden Knien
zu Den Fuͤſſen des Altars: Man weyhete ſich
allda gewiſſen Heiligen, welche auch bey ihrem
Leben kapfere Ritterssfeute waren. Inſonderheit
empfieng der gute Ritter St. Georg bey dieſer
Gelegenheit die meiſte Verehrung. Man gieng
endlich zur Beitht und empfieng das H. Sacra⸗
ment, in dem zuverſichtlichen Vertrauen, die
Heiligen wuͤrden in Ermangelung Des Heylan⸗
” den, deſſen Lehren den Zweykaͤmpfern zuwider
— ins Mittel treten, und zu dem vorhaben⸗
N
den Kampf ihren Seegen verleihen. N -
9, Man leſe hierüber det Baia Differtation hifle-
rique fur les Duels & fur les Ordres de Chevalierie
C.1IV.$.9. It. C. XIV. §. 8, Ic Joh, Joach. Maderi
s.. aliorumque Diff, de Duelle und nach diefem Klugkift
. PDiſp, de verisDucllorum imuibu:: Woſelbſt unter
andern die Formul auß.der Kampf» Gerichts: Drd»
nung zu Nuͤrnberg $. 4. zu fielen: Renlich: Dar⸗
anf ſol ibm der andere Fürfpradh reden; we
daß Hans bie ſtunde in der Reiche Noth, umd
bringet fuͤr, wie Contz gerathen an Das hei⸗
lige Reich; jehe er ihm das, Das feyeibmitieb;
laͤugne er ibm aber das, fo wolle er ihm. das
beweifen mit feinem Rolben auf ſein Baupt,
nach Bampfsı Recht. Dubium, rabiesne in re-
ligionem, ay teligie in rabiemfuerit
|
|
AR. von den Zwepkämpfe. 441
Die Geſchicht des „Heil. Auftragifili iſt hier
beſonders merckwuͤrdig: Diefer andaͤchtige Mann
muſte ſich mie Dei Biſchof zu Tours fehlagen ;
Denn Die geiftliche Ordens » Ritter ſchlugen fich
Damahls fo gut wie die weltliche. C). Er hatte
(ib darzu befteng bereitet, und feine Andacht
ben ‚dem heiligen Marcel zu Moufliers, wie
auch in andern Kirchen abgelegt. Er. hatte feis
ne Allmofen gegeben, und GOTT dabey um
Rath und Hülfe angeflehet. Was geſchah?
As ſein Feind auf ihn los rannte, ſtuͤrtzte derſel⸗
he mit dem Pferd und brach Den Hals. Dar⸗
. fiber war der König ſo ſehr erfreuet, daß er uͤber⸗
laut ausrief: Sehet bier ihr Freunde, daß
der ZErr mit Auftrasifilo IR, dene effkreis
ter fürihn, daß ihm Kein Seind nicht ſcha⸗
den kaun. (*) Nichts kann den Verſtand mehr
aus ſeinem Zirckel bringen, als wann man auch
die Religlon mit dergleichen —— *
vermenget; Auf dieſe Weiſe hatte der
Aberglaube die groͤſte Thorheiten geheiliget, und
die ſchaͤndlichſte Thaten gerechtfertigt.
Hierauf kam bie Zeit der Romas „Mon ben.
nen und der Thurniere: Zwey Sa⸗ Thurnier
chen weiche Das Gehirir Der Damals nn
ligen Ritter in gewaltige Anfechtuns .
‚gen fetten.) Es mar eine feltfame Galante⸗
un
* ———— m eu
(*) Trait& contre les Duels par Savaron,
() Vita S. Auftragifili apud Bolland, vid, Bafnage
hiſt. des Duelsp. 30. ' |
(sr) Leſe hierüber Stvunend Difl, deLudisequeftribus.
x
*
»
. md Gold, wegen der Margr
43 IX Vönden Zweyraͤnpfen.
rie fuͤr Die Helden felbiger. Zeiten, wenn ſie ſich
mit ihren Mit Buhlern in Zweykampf herun
tummelten, und einer Schönen zu Chren gega
einander ihre Larıken brachen. Hier galten Dix
kleinſte Urfachen, Die Zaͤrtlichkeit der Liebe und
‚der Ehre big zur äuflerften Tobfucht aufinbrin
gen. Man kann fid) Baum einbilden,, wie Die
art ſte und sormehfie zeute m in folche Th
aben verfallen koͤnnen. Der Marſchall von
Fa einer der anſehnlichſten Herren an
Semi Def, — fi) in die Frau von
F F —* Der Koͤnig konnte daruͤber
ſeine Eiferfucht nicht bergen: Er gab folche den
Herzogen von Guife zu erfennen. Diefer, ab
Ef ender Ritter, ( Chevalier errant, ) wie er
ſich felber nannte, erbot fich alſobald Den König
‚am ompierte zu rächen. und drey Sankın
mit ihm ga brechen. Die Schranden wurden
- Darauf im Louvre eroͤfnet. Der Marſchall er⸗
ſchien mit feinen Secimdanten auf Das prächtige
ſte ausgeputzt: Ihre Harniſche —
ber, und eh Feder⸗Buͤſche waren roth und
weiß. Der Dersog von Guiſe führt fchwark
fm om Ver⸗
. neuil, feiner Geliebten. Der ganke Hof, ver
Km und die Königin ausgenommen, lag it
enftern , um ‚den Zweykampf mit any
en Der Herzog brach die erite Lange auf
den Helm feines Gegners; mit ber andern aber
ſtieß er ihn in ben Unterleib; dergeſtalt, daß he
auf dem Huͤft⸗Knochen in Stücken gieng, und‘
. einen r Splitter, Arms hang in Der Wunde ließ.
| Damit
%
XX. Von ben Zweykaͤmpfen. 443
. Damit hatte die Kurtweil ein Ente. Man
— —
hielt dem Baſſompierre für tobt, und trug ihn
zu dem Herrn von Vendoſme. Ein Edelmann
. wagte es, und zog ihm den Splitter aus dem
Leib : Das Eingeweide aber gieng mit heraus.
Dem ungeacht wurde er curritt. Diefes Spe⸗
ctackel gab Dem Hof einen Abſcheu. De Koͤ⸗
nig ſelbſt wurde Dadurch dergeſialt geruͤhrt, Daß
er dtehen Zweykaͤmpfe nicht mehr geſtatten
wolte.
Wach den Tinnieren und Auftü ,. Weiden
gen in allerhand Ritter + Spielen, Die Sing-
wurden die Singsund Trauer, Spies unbSrauen-
le bey den Höfen eingeführet; und Spiele bole⸗
dadurch der verkehrte Geſchmack ber
Abentheuer bis auf unfere Zeiten unterhalten.
Die betruͤgliche Schönheiten, die man Darinn
: bervundert, find eben Diejenigen, welche Die na⸗
tuͤrlichſte Neigungen und' Begriffe in. dem unna⸗
türlichen und feltiomen verwirren; mithin unfes
re Einbildung gewoͤhnen etwas für ſchoͤn und
auf. hen das weder natürlich noch vers
nünftig | | | Ä
Wie ſchoͤne lautet nicht Die Antwort, welche
der tapfere Roderich feinem ehrlichen alten 3a
da M | er.
.(®%) Memoires du.Marechal de Baflempierre. T. J.
p- 106. Diefe eebend ekhicht bei Hrn.von Bafe
fompierre giebt uns eine aͤrgerliche Abbildung von
den Ausſchweitſungen ber damehligen zeiten.
444 XX. Von bei Zweykämpfen.
ter aab, Der Di et tte |
m Oben Det en hatte ihn zu fun
Tout autre que mon pere Häprouverd
fur ’heure, (*)
- War dieſes nicht ein groſſes Stück für dem gu
[2
ten Don Balls daß gr des Roderichs Mater
war, fonft hätte er ſich nothwendig mit ihmrauf
fen muffen, * er fo vermeſſen fragen dorftg,
ob er aud) Hertz hätte. underbare Art u
Denen und jureben, weiche zur Zeit Der irrenden
Ritter üb lich war.
Eingebil. Wir leben war heut zu <a
Beuth Srob: foichen Umflänben , da ınan derð
ragen. * und einem Seren, Sf
chf 5 te, te ff de
\ Elan im. ® mi RL 2 Sr
Diefe Rache fen fo großn thig.al8 gerecht. Der
jenige aber, Der einen Schimpf auf fich fiken
Sieh, Pi ein zaghafter und ehrlofer Menfch,
welcher keinesweges verdiente, daß man ihm ei
\ nige Hochachtung und Sreundfchafft erzeigte,
Wie man Damit ſie auch das Anſehen der
Be Diefer Bllickeit in der Rache felbft bee
X — —⸗ — ñ ——
) LeCid, A&, I. pat. Me. de Coracile.
CM, Von den Zweybampfen. 445
halten möchte, ſo gibt ſie dem Zwey⸗ ungerechten
kampf gewiſſe Regeln, darnach ſich Handlung
Die Zweykaͤmpfer richten muͤſſen. Alſo — |
yarf.man z. E. feinen Feind nicht an⸗ fact zu ber
vers als auf Die ehrlichfte Weiſe er⸗ obachten.
norden Manmußihmbehdemäwe
ampfeben die Vortheile einraͤumen, die mar fels
er hat, ſo wohl in Anſehung der Gleichheit der
Baffen, als anderer Umſtaͤnde. () Man darf,
hne feiner Ehre vorluſtig zu werden, dem Feind
inen Stoß anbringen, bevor er im Stand iſt,
in Gewehr zu gebrauchen. Man ift auch ſo
# verbunden, im at er zu Boden flürken,
er ſich entwafnet fehen folte, mit ihm großmüs
ig zu verfahren; und Damit dieſes alles ordente
y und Ehren⸗Geſetz ⸗ mäßig alfo bepderfeits beos
chtet werde, pfleget ein jeder Theil Dazu feine
eyſtaͤnde oder Secundanten, als Zeligen, mit
"den Kampf⸗Platz zunehmen, welche allens
8 fich ins Mittel fchlagen und verhindern
fien, Daß Feiner der Streitenden, Durch die
je des Gefechts, fich möchte verleiten: Kan
— einem
mu
) Die Sonne fol man ihnen gleich theilen als fie
end zufammen geben: Ir. Leder und leine Ding
mögen ſie wohl anthun, fo viel ald fie wollen;
Haupt und Fuͤſe folen ihnen fornen bloß ſeyn, und
as Den Händen {ofen fie nicht mehr haben ald Düne
ne Handſchuh. Sadhfen: Spirgell.ı. art.63.
P.LXXI, Sy Diefem alten Rechts: Bud) der Teut⸗
chen, findet man eine umſtaͤndliche Nachricht, mie
8 nach altm Saͤchſiſchen⸗Rocht, mit Den ame
L
ampfer ift gehalten worden.
446. XX. Von den Zweykaͤmpfen.
ſeinem Feind auf eine ungebuͤhrliche RBeik zu des
gegnen. Ja ehe man noch dag t begin
ıtet, pflegen diejenige, die ſich als gufe Freunde
ſchlagen, einander die Hand zu geben, auf
roh rtlich zu umfangen, und fi Du na Roraus
erjeihung zu bitten, Daß fie Willens-find
rn einander die Haͤlſe zu brechen. Auf dieſe
Art fuchet man doc) wenigfiene Die Serechtige
keit, ohne welche die Chfe nicht.beftehen kann,
bey eineran und für ſch ſelbſt ungerechten Dan
lung zu beobachten.
Fernerwei · ¶ Ferner ſo pfleget man auch, in Ans
ige — Degen fehungbes empfar enen Beleidigung,
Sen die Sache darnach abzumeſſen; des
Ä geftat, daß man ineinem Zroegfaht
mehr oder weniger Gänge thuk, oder nur
oder jene Waffen darzu erkieſet. Ein
oder Peitſchen⸗ Schlag, oder eine ul
rächet zwat Sfterg den erfien Schimpf; allein
der Streit wird dadurch um deſto gefählicher;
“ Denn eine geringe Beleidigung, welche oͤfters gar
leicht in der Güte, und durch einige Erlaͤute⸗
rungs⸗ Torte koͤnnte beygeleget werden , muß
nach obigen Thärlichkeiten, nothwendig mit reb
und Leben gerochen werden.
Ita capitalis ut ultima divideret Mors, ()
Man ſchlaͤgt fich zu Pferd, auf ein paar Piſto
len, und in Fuß mit dem Degen. U
n-
a
— —
(9 Keras, S, 7. L.t. f
⸗
en
xx Von den Zmerbäinpfe. 47
Vngubus & pugnis, ‚dein fafibus, at· u
que itz porro
Pugnatum eft armis, qua labricaverat
uſus. () |
Die, ſo die Raſerey noch weiter en be
ten einen Mantel auf den Kampf⸗P —58—
machen eine viereckigte Grube, um ſich deſto
gewiſſer einander zu wuͤrgen, und: als verzwei⸗
felte Helden dabey auchi gr Begraͤbnuͤs zu finden.
Viraque. cum gemiru fugit indignan { {ub
mbras. |
Sind aber die Haͤndel von Feiner 5 — keit,
ſo wird die mit einigen geſchickten Fech⸗
ter⸗Streichen han; en —* die
Manſchetten, oder die Hand Ki]
th leyden; wiewohl es Fa ve
et: vaılnera non dantur ad menſuram; denn
es mag leicht einer feine Terte oder Quart zu
fNarck einfehieben, fo liegt Dee andere geilrektauf
Dem Boden. Seht erhunl ich ifl, Daß, wenn
der Kanıpf zu Ende iſt, Die beyde "Kämpfer fi
einander die Hande des Friedens reichen und als
gute Freunde wieber umnbaflens worauf Diefes
nel reundſchaffts⸗Buͤndniß mit einem guten
Rauſch verfiedeit wird; wenn anders Dabep der
solle Wein Gein nicht wieder neue Händel aus⸗
— — ——
(*) Horar, 80,5
er) Vorgil. Zac, L. XII.
448 XX. Don den Zweykinpfin.
goͤhret. Manche, die ben ihrer H igkeit
noch ein wenig Furcht für der Hoͤlle —*
wenn ſie ſich ſchlagen wollen, Die machen es zu
vor den alten Rittern nach, und gehen zur Beich
und zum Abendmahl; wann dieſes geſchehen,
und ihre Seele alſo in Sicherheit iſt, fo lache
fie dem Teufel aus, .umd fehlagen ſich ihm zum:
‚Hohn, Trotz aller Vernunft und aller Geſetze
If. Von der Ungerechtigkeit und Thorheit
| det äweykämpfe
Diezwer Nachdem wir den Urfprung, den
kaͤmpfe lau Fortgang und die vornehmſte Grund
fenmöderal, Regein der Zweykaͤmpfe
le menſchli· Ny
de Piper. haben; fo wollen wir auch unterſu⸗
0 hen, ob. ſokche mit den Pichten
der Menſchen uͤberein kommen. Dieſe haben
eine vierfache Verhaͤltnis. 1) In Anſehung Eat
tes. 2) In Anſehung der gefunden Vernunſft.
3) In Anſehung der Ehre, und 4) in Anſehung
der buͤrgerlichen Geſetze. Dieſe vierertey Pflich⸗
ten der Religion, der Vernunft, der Ehre und
ber Geſetze, werden alte zuſammen, und eine je⸗
de ins beſondere, durch Den Gebrauch Der Zwey⸗
kaͤmpſe uͤbertreten. |
Sie ſtreitnn Die Religion. verabſcheuet alle
wider die was von Feindſchafft und Rache her⸗
Religion. ruͤhret. Die NPflichten Der Liebe, der
Eanftmuth, der Demuth, der Gedult und des
Verträglichkeit find ihre, vornehmſte sn
/
XX. Von den dweytaͤmpfen. 449
Sefege. Wer nicht firlen Naͤchſten licbet und
ihin vergiebt, denn er von I iſt beleidiget wor⸗
ven; der iſt Fein Chriſt, der Tan nicht. beten:
Vergib uns unſre Schuß, wie wie verges
ben unſern Schuldigern.: Niemand‘; dem
Die Lehren des Evangelii bekmint find, kann dieſe
Wahrheit in Zweiffel ziehe. Mer demnach
beweiſen wolte, daß der Zweykampf eine den
Ehriften erlaubte Sache fen , der müfte Darthun, -
daß Unverföhnlichkeit , Rache, Seindfehaft
Schlaͤgerey und Mord ale Wirckungen der Fies
be des Nächten koͤnnten betrachtet werden; wo
nicht fo gelten die Ausſpruͤche der Schrift: Raͤ⸗
‚chet euch nicht felbft , die Rache ift mein,
fpricht der SERR; ich will vergelten, %)
Darum vergelter nicht Boͤſes mir Boͤſem,
oder Scheltwort mit Scheltworten.(*) Al
le Bitterkeit und Grimm und Zorn und
Geſchrey und Laͤſterung fey ferne von euch,
famt aller Bosheit Seyd aber unter eins
ander freundlich, berslich, und vergeber
einer.dem andern, gleich wie GOtt euch
vergeben bat in Chrifto. (**) GSehet hier die
Pisen derjenigen Religion, zu welcher fich Als
Chriſten bekennen. ”
8* 242 FE
we en .
Die Bemunft verwirft alles was 2 — die
yon einim falſchen Wahn — ** Bea.
= JH; Theik: F a f . | — ſie
— — 5 2 ee — u N
———
‚N Ron, ik,.0, 13.- Pa,
1." Per, 3. v, gu
P Ephef, 4, 51. 340
—
40 KR. Von depãwexkcᷣmpfen
Y lehret nicht allein, wie wir unſer Leben
ichtig erhalten, ſondern auch, wie wir ſolche
guͤckſeelig machen ſolled. Sie weiß nichte
derjenigen naͤrriſchen Ehre, welche die Menſ
um ihre Ruhe, um ihren: Wohiſtand ihn
Geſundheit, wo nieht gar um Peibiund Leben
bringet. Wie ‚unfinnig,Elinget demnach nie
Philofophie der Zweykaͤmpfer· Ein Meufd)
der. ung übel mill, und.dem nur folglich nicht
auch uͤberfluͤßig wohl wollen: deffen Sreundfeh
ung eine Laſt ſeyn wuͤrde: ein wilder; / i
ner Menſch, ein liederlicher Zäncker, "einer der
fich beſoffen hat, oder. der im Gehivrin. nicht aa
richtig ift; dem heliebt es uns unhöflich zu: ar
nen, oder uns einige’ Thorheiten zu ſagen
Ki oder ein ſolcher nichtswuͤrdiger Menfch,ent
jegst ung dadurch unſerer Ehre, und wir müfen,
um folche wieder zu erlangen, ihn: por Die Klim
e fordern, - und uns. mit-ihm herum ——
| &: ift alfo unfere Ehre ein Ding, meldhes nehl
unferen Leben. gewiſſer maffen in der Will
eines Feindes ſtehet? fo, kann ung ein fin —
‚ er, tollkuͤhner oder naͤrriſcher 2 an di
dem fich bey ihm die Bosheit, der Wein
oder der Wirbel reget, unfere Ehre nehmen:
Bas muß Diefes doch für eine elende Ehre feyn?
Ra
3Wiherdie Die wahre Ehre. bat nichts mit
ahreehre. einer ſh unchriſtchen und mpernin⸗
tigen Handlung gemein... Sie weiß nichts non
ber Selbfts Rache: fie gründet fich auf Die Tus
gend: Die Tugend aber hat feinen: andern End⸗
7: 1080)
HX: Von den Zweynampſen Br
un r a —— = ==
on ihren;
Men henabmen. anieinem des⸗
wegen raͤchen, weiler von:ung übel denckt und
ſpricht/ iſt eben ſo viel, als Die Leute zwingen
wollen, von uns ſo viel gutes zu dencken und
ſprechen, als wir ſelbſt von unſern vermeynten
————— die thoͤrichte Einbildung he⸗
gen: Solte man ſich nicht vielmehr ſchaͤmen,
ſo ausſchweiffend hochmuͤthig zu ſeyn? Die
wahre Ehre it viel gu erhaben / als daß fie ſich
in den verkehrten Urtheilen und Mepnungen
der Menſchen ſuchen ſolte? Wo würde fie ſich
nicht muͤſſen eindringen, um ein wenig Ruhm
und Beyfall zu erbetteln? Sie laͤſſet es geſche⸗
ben, daß ſie um einen Weiſen zu Gefallen,
| zuweilen. hundert: »Thoren.: mi Fallen muß
Die Hochachtung eines Catpy: eines Lelius und
' Dat, bepden Scipionen iſt ihr genug! 51 und fire
det ſie dieſe nicht in den verderbten Zeateny |.
datinnen wir leben, ſo wickelt ſie ſich in hre ei
n Zeugen „Den in unſerm Gewiſſen lebet. So
verhaͤlt ſich die wahre Ehre bey groſſen Gemuͤ⸗
| bem. Man mag dfie,beleidigenzman mag von
ihnen Udels ſprechen / man mag ſie verachten: fie
un fichfolcbes nicht anfechten ichtg.ahnden;
vergeben, und: Area; Heben * Bi ven
ungen. ihren Ra | |
Biderdie "eh Ref rächen, ih fo'viel als
Selen. fein WERDE fenn. Wir —*
bin
!
ge ene Tugend ein, amd troͤſtet ſich mit dem arofe .
|
|
u #5
ar
an
I
452 XX. Don den Iweyläinpfen.
Waͤte diefes:nicht eine: füffe Trepheic für ms
M 2. Ja wohl: Wie lange aber würde
Diefe Gluͤckſeeligkeit waͤhren? Dieſe Freyheit
ru
XX. Moirden ZweyBämpfen. 4ys.
ich ſpuͤre, Daß dieſe Anmerckun⸗Aber durd
gen nicht gar foldatifch klingen. Die Gewon ⸗˖
Die ag wirft alles, was —
man in dieſer Sache gerechtes und - d
vernuͤnftiges anfuͤhren kann, mit einmahl uͤbern
Hauffen. Da gilt weder Religion, noch Ver⸗
aunft, noch Tugend, noch Geſetz, wo ein um⸗
ſinniger Gebrauch ſich daraus eine Ehre macht,
keine gelten zu laffen. Wer viele Uberlegungen
macht, und es für eine Sünde haͤlt ſich mit
einem herumpafehlägen ‚ der hat.eine feige See⸗
le, der ift ein: ‚ furchtfamer Menſch, der
ſich gar zu feinem. Soldaten nicht ſchicket: von
dem urtheilet man wie ehemahle der Marſchall
de Biron von einem Hauptmann, der fich fün
einem fehriftlichen Verweiß fuͤrchtete. j
Soldat, fprach er, der ſich für einer Seder
fürchter, der fürchter fich auch für einem
Degen. )) - je 5
Die Gewohnheit der Zweykaͤmpfe iſt ſo lang
hergebracht, und hat ein ſo poͤlliges Recht in
der Beſitzung, daß alles verjaͤhrt zu ſeyn ſchei⸗
net, was auch vie chriliche Religion, die ges
funde Bernunfft, die wahre Ehre und die bürs -
gerliche Geſetze dawider fagen und eimvenden
fönnen.(*) Wer will, wer fanndem Gebrauch
fein Recht. nehmen? Hat er nicht Macht alle
5f3 Thor:
Ko 2
0
Gerz fine —
(*) Memoires de Brantome T. IV.
6%) Inter cauſas malorum eft quod vivimus adexem-
duecpla „ nec ratioue componimur, fcd
see. ee Se en u-
44 . KR. Von den Zmdpbänipfen.
Thorheiten, alle Mifibräuche und een
—* zu ——** u
gächerliche Halten die fromme * en Pr
Bogen. Zauber » Trommebnicht Höher alt
Das Cyangeknim 7 und. beten nicht die arm
Indianer, ſo wie man ſagt, gar den Tenfel an
weil es bey ihnen ſo uͤblich iſt? Wer kam, wer
will gegen die Macht einer. ſolchen Gew
ewas einwenden? Ein jeder fiehet, daß ihe
Recht unuͤberwindlich iſt. Niemand kann die
Gewohnheit der Zweyfaͤmpfe amnen 2 Pie
mand fann Am Abrede ſeyn „daß: die See
nicht die boͤſe Sachen geiten mächen. |
e mich Alfo: mit allen meinen ſchoͤnen
—— Schtäffen dahin gebracht dafs ich is
werde. fehlegen müfien ; fo hald eines fich untes
ſtehen ſolte mie Unhöflichkeiten zu ſagen. Ja
ja, es iſt nicht andere. Es iſt num eimmahl
ſo eingeführet: Die Flecken der Ehre Fännen
nicht anders, als mit Blut ausgewaſchen nes
den: Der müfle fuͤrwahr ein ſchlechter Ha
ſeyn, Der allezeit zu erſt mit feinen Catechifimd,
dder mit feiner Ethic, Oder mit einem Cafuiften
zu Rath gehen wolte, wann er fich mir einem
rauffen ſolte. Keine Schroachheiten, wenn &
euch) beliebt: Beſſer taufendmahl das Leben vers
lohren, als einen einzigen Schimpf auf fi
ſitzen zu laſſen. Lauten dieſe Worte nicht ſchoͤn
BER e en re Ha⸗
ba Rest apud nor waR ee „ubi pob-
licus factus eſt. Sen. in Bpifl.
ME rim 455
Hoerben ſie / nicht — Sinn? Weder
seib , noch Leben, noch Selle, noch Vernunſt,
noch, Geſetze achten, blos um die Ehre zu hits
ven ch zu ſchlagen Das heiſſet fuͤrwahr recht
2 haben. Was fag ich? Das heißt noch
mehr als Hertze haben.—
Naur eines laͤſſet ſich hier nicht Ob dieEhre
wohl zuſammen reimen. Es ſchlaͤgt * Beo⸗
ich faft Feiner nicht, Der, bey allen feis agn
ven Helden-Mepnungen, nicht auch bertrettung
ügleich für einen guten Chriſten, für der Gefene
nen vernünftigen Menſchen, für befteher?
inen ehrlicebenden Mannund für eier - /
ren-redlichen Mitbürger der menfchlichen Se
efchaft will gehalten feyn. Neun aber hans
delt er, indem er fich ſchlaͤgt, gantz offenbahr
und vorſetzlich gegen diejenige Pflichten, wel
he obgedachten Eigenfthaften gehören. Wie
will man -alfo Piefen Widerſpruch auseinander
Ken, und eine fo wunderliche Verwirrung der
Begtiffe entwickeln? Entweder man müfte fas
gen,ber handele unchriftlich, unvernünftig; ums
ehrlich und ungerecht, —5 mit einem ſchlaͤgt;
vder man muͤſte vorgeben, obige Pflichten waͤ—
ven nur für den Poͤbel, Der Feine Ehre hätte;
and Daß die MortreflichFeit und die Hoheiteben
diefer Ehre darinn-beftünde, daß fie Feine Res
kigion, Feine Dernunft, und Feine Geſetze erfen,
ne. Anders ift nicht hiergus au kommen.
: 3 71 Zu Baur BI
. 18 .332: ee 2 enapp A 3,
«
ri er KR er
Hr —BR »MDie
456 XX. Don der zweykaͤmpfen.
Dies won · Die blofe. Smohnheit rechefertis
* — get feine b fe That. *
La: mode n’a point de droit de nous Jon.
‚ner des vices,
Ou de legitimer le. crime au fond ds ,
ccœur, u
L’exemple ne peut pas-autorifer un &i-
ml) : 0% |
Weder Zeit, noch Vorurtheil, noch Anſehen
kann ung von der Beobachtung der noͤthig⸗
ſten und unumgaͤnglichſten ‘Pflichten loßſpre⸗
chen. (*) ie machten weder Das Boͤſe Fer
noch. Das ehärichte klug. Man muͤſte fonf
ſagen, die zehen Gebote waͤren, per conluen-
dinem in praxi contrariam, Dusch Die ge
tHeilige Gewohnheit verjaͤhret worden; und ein
NWahnmitiger würde durch Die Ausübung, sie
ler unfinnigen Thaten endlich geſcheid.
Wat man Noch ein anderer Umſtand, melden
weiter uoch die Zweykaͤmpfer zu ihrer Mechtferti
bie gung anführen, iſt diefer: Man il, .
Häninfe in. Aigen fie, nicht allein in Gefahr, um
Yin gen fi | Dit
echiferti. feine Ehre, fondern auch um fein jeit
u kiches Gluͤck zu Formen, wenn man
5 — F m
I) Nivele de ia Chapfläc Prejng6 21a unde AL
(**) Confueruditis uftisgüe Tonga not vifie'quidem
auctoritas; verum non ufque adeo fui valitura me
mento, ut.& rationem vincat aut legem, L, 2,C,
sic gea Pt lomga Coofigs. ba
\
sten std F Oo Au: Vo G
x . - f: f: —BX Fe Ze
, .
in ge Bene in
— An Zu einen ar ampf or
Mancher Dfficier, zum Exempel, hat nichts
weiters gelernet / alsfein Soldaten Handwerck.
Er befindeefichn einem Gafthaufe: ertrincket ein,
Glaß Reif: een er ſpielt, er ſingt: Kirg
Be ig: verdrieften, einen ſo
luſtigen M zu ſehen. Exrbringtdeswegen
einen andern Sfficier: in feiine feine Baehieaft: Diefe
ctrincken zuſammen: bay Dem Tuinefen aber gera⸗
then fie in tinen Wortwochſel? ſie diſputiren mit
einander: Dev Wein erhitzt —— und die
Redens⸗Arten. Ein eines datſiiges Wort fah⸗
ret Dem einen ſchnell —— damit hat die
Freude ein Ende. Beyde greiffen zum Degen?
Man bringt fie vom einander: Man fucht fie wies
der zu vergleichen. : Allein, vergeblich: fie
muͤſſen fich-fehlanen. Woktet i 1, "Der erſie, bee:
— nn worden ‚: folte en als ein wei⸗
Mann voder als ein und die
ne Übereihhmgbenm —E andern zu gut
halten? Acht i —— ihr ſaget. Der
gute Menſch hat fein an. verlohren: Man ent«
ziehet ſich ſeinem : man will nicht mehn
mi nn tri nn —* neben ihm dienen: man
a en einen feigen Kerl, derfein Herz
Bm — - Mine fol: nun der arme
— 2 — — ſoll er wieder zu ſeiner Ehre
jelangen und feinen Dienft behaupten? Er muß
gen, es iſt Fein ander Mittel. Der
Zweylamyf allein, ſagt ein Italiaͤner, iſt dasjenige
|
" .
2* a
—
G Ui Franeft wieder
*7 a ehe u
Er Da Be für ri Beneold arg enein
‘ —— und et unft muß:
+ * —* u At —8 ——
denen Leuten / n ſegenan oint
dthonneur habeu, Par man von Feiner andern,
Genugthuung, als di man sind. mit denn Des
x in der Sauft nielst.. Die allerempfindlichſte
— — oufbas
edelmuͤthigſter Durch einen —5 — f erſtatt
Der Beleidigte kann in dieſem —52— ſo eh
lich niedergeſtaſſen werden, als Der Beleidiger.
Iſt Diefe nicht einatrefliche Genugt huung fur eis
nen, der beleidiget worden iſt? Man muß befen,
nen; es beſitzen die Helden von dieſer Art eine
wunderbare: Sieaeffunigksitr now,den ordent⸗
lichen und gemeinen: Begriffen des meofchlichen
Verſtandes und der natuͤrlichen Billigkeit abzu⸗
gehen, und: auch die unſinnigſten Dinge durch
eien Schein der Ehre vortreflich gu machen.
Man hat ſchon vorlang angemierekt,. doß die
aBerunpuhigfe und joͤnefiſchſte Leute inögermein,
auch die una ſnd · Bee —
| V . en
N
—*
Phi \
") hi Dueiib 2 @un ı Anktdors 7 itanbt la reputa-
ee ancer che mer mente Inferma. Mafei
tiena⸗ — Dle
D
AM Vohdendrwegtänpfän. 4,9
Deden ſchmenſen / wel fie fich vor atlem Rirchten:
Sa konnen Richt leiden, Daß arldere etmas- vor
Htzen moraus haben; weil fie fich einbilden, - fie
wuͤrden · ihrentwegen berachtet merbeni
Neid/Ihr Mißttaucn, ihre Eiferſucht nager fre
beſtaͤndig. Sie ſehen vestoegen immitr mit ſchreck⸗
haften Vlicken um ſich her, ob ihnen niemand zu .
nude konnnt, und ob man fich nicht vor ihnen
tet. MB Bas en Be,
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nn Ber 7 — een Ric EN an Ir" In. #2.
Timom timentes,. metus’in auftoranp re-
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F — - —— + z u. 3 s — Jr 7 ‘ e . . Pe a ER { au x n x *
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Sie. betrachten das ganze menfehliche Sefchlecht
wie ihren Feind, mit welchen fie in Feiner guten
Verſtaͤndnuß leben Eönnen: ſie meynen, ſie waͤ—
ren braf, weilſie unertraͤglich ſnd. Andere, die
weniger wild und mehr vernuͤnftig ſind, ſchlagen
ſich aus Furcht, man möchte fie für zaghaft hal⸗
ten, wenn fie ſich nicht fchlügen und einen
Schimpf auf fich figen hieffen. Noch mehr, fie
fürchten fich ſo gar daruͤber um ihren Dienft zu
kommen. Sind diefesnicht wichtige Bewegungs:
Gründe, einen zum Zweykampf aufjumuntern?
‚Sucht vor anderer Leute Borzugen, Furcht vor
ihren Urtheilen, Furcht um feinen Dienft zu kom⸗
men, Wie wenig Herz, wie wenig Verdientke
muß nieht derienige heſitzen, der feite Ehre und
fein Glück aufeine fo elende und ſchmaͤhliche re
40 Seneea in Oedipo. v. 708,
«0 XX. Von den dweykanpfon.
befoͤrdern muß. Ein Laſter zu begehen, un
reines der groͤſten und abſcheulichſten / um den
6 der. thoͤrichten Leute zu verdienen, oder
nicht um feinen Dienſt gu kommen: Das iſt fehr
niedrig, Das ift fehr Flein, ‚und lauft wider alle
Begriffe verwahren Ehre. — u
Falſches Es iſt demnach eine Wirckung bee
Wornrtdeil. Vernunft, und nicht ein Mangelder
Tapferrein Arrihaftigkeit, wenn man ſich nicht
der Zmeg: ſchlagen will. Man ehret dadurch die
fämpfer. Vorzuͤge Der XBeißheit und Der Tu⸗
end, und.fchämet fich a... das Regiſter der
einen und: nichtswuͤrdigen Kauf-Helden zufoms
men, welche fich fürchten, man möchte fie nicht
für herzhaft halten, wann fie fich ſchaͤmeten, die
gröfteLafter und Thorheiten zubegehen.
Denn Wirlefennicht, daßdiealten Grie⸗
Griechne chen und Roͤmer, welche. ſonſt die
a : bie Flügfte und tapfferfte Voͤlcker noaren,
Gemonheig etwas von foldyen närrifchen Zwey⸗
der Zweb⸗ kaͤmpfen wuſten. Wenn ja bey ihnen
kaͤmpfe u» ein Zweykampf ſtatt fand, fogefchah
bekannt ger ſolches nur allein vor der Spitze weyer
meien. feindlichen Heere, zum Beſſen deg
Staats, mit Bewilligung der Seldherren, um
durch ein einzeleg Gefechs ‚, den Streit ganzer
Voͤlcker zu entfcheiden. | |
— — *
v
—
en der ea .Üt
⸗ | PER . RR, 1 u. ..
4
un...
—
XX. Von den Zzweykaͤmpfen. 461
er. VUtuma divideret mors.
Non aliam ob cauſam niſi quod virtus in
.utroque ſumma fuit. J..
Auſſer dieſen Umſtaͤnden, die ſelten vorkamen,
jelten ſie das Balgen fuͤr etwas unſinniges, und
Aberlieſſen davon Die kleine Ehre den gemeinen
Sampf:und KlopfSechtern. Sie achteten fich
im Segentheil verbunden, ihr Blut und ihr Leben
Für die Wohlfahrt des Vaterlandes aufzuopffern,
And Blches als ein Gut, das ihnen nicht allein eis
gem war, mit aller Sorgfalt zu fchonen. Alte
Arten ſich felbft u rächen, oder durch “Privat
Mägeren fein Recht zu verfechten, war ihnen
Ferboten. Man verfuhr gegen folche ‘Verbrecher,
wich gemeinen Rechten, ftrafre fie ale Mörder
a oder als Stöhrer der öffentli-
sogen uhe. (*) ER, EEE N.
in
— « iwr,, eo
ae a Se er ee au. Fi
(*) Horat,L.I. Sat, 7. Unares eft quæ tale rertamen
jufum ac pium poteft reddere, ex una duntaxat
N.’ parte, fi alioqui Omninnexpedtandum fir, ut» qui
. , Injäftam caulam foyet, vistor Gr ſuturus cum magna
,. Mnscehtidm — 8duo quos inter de
Regno controverlia eſt parati ſint inter fe anmiscer-
18 Mere, patiid pofſe populum, utmajorcalamiıas cæ·
* ziretogmi imminensewitetiar, idem &)cum de bella
. „‚finiendo agirar, dicendumerit, Grorins de J, B. dr
u IM. MC. XX ð. 43. Siehe, was wir bier
. - Bern folgendem Caprangemersctet haben.
— hal Mai
462 XX,Vob deuameyfampfen
— — — fagt: — St. *
aß alle groſſe Maͤnner, wenn ſie zum Zoe
En: Andocföbert woͤrden, ſich Dora” Ted
mahlen nur Spottweiſe hätten vernehmen laffen.
Als einsmahl die Cimbrer und die Roͤmer gegen
einander zu Felde lagen „lieſ ein Barbar pon gus⸗
nehmender Groͤſſe und prächtiger Ausſtaff
den. Marius zum Zweykampf berausfe ‚dern,
Diefer General, dervonuntenauf als ein
ner Soldat gedienet, und Durch ſeine Tapferkeit
allein ſich emwpor geſchwungen hatte, ——
ben ganz kaltſinnig sur Antwort wiſſen
De ——— Preiser = :
erhangen.. 3 hi |
VYyrrhus, der König Hohl RER als ch,
daß ihn der. groffe Antigonus in die aͤuſſerſte
geſetzet hatte, ließ er ibn, ebenmaͤßig zu z D
fampfiausfordern, wokalif ihn Diefer fagen fie
Es waren noch taufenderley andere Yen
aus diefem Leben zu kommen. Auguſt fa
dieſe Antwort fo ſchoͤn, daß er |
nn zu geben each ale m a. gleiches
nerlich.. — eh S Fa
Mu bien ie Treten und: Yerfitner, ,nebſt
— Anden dfiaunſchen Bolckern veiffen
fe Bühler © Ar we en von. a Aninaiden
—— — kaͤmpf ke. ‚Bir
—— an) we die wir uns mach
ar. Sr u —* Er — RAR u 1, Sheifh
ey” Gar os de ’Äbbe — 7ã. de la Wkeyırı
[|
J |
NR Don den Zoe⸗kaͤmpfen. as⸗
Ehriſti —— hoch ninmän, — den Geha
Der . A zwar zu 'd
gu ——— ——3 —2
nder. —5 ( Wir: — ſend alſo. die
Vrauſam oͤlekerr, um W rächen; ohnet⸗
Achtet unſer Meſetzgeber vichts Härter vordatume.
alien Gefetz nicht · um demſelben
Nnachuleden/ Nondern Dan De edefto groͤſſet
Sep! bertretem Man kann zwar nicht
Jangnen, daß es and) in andern Laͤndern je
wilde and vᷣ lutduͤrſtige Leute yehr,;-Die aus: Ra
gierde, "oder aus einer raſenden Such ſich ein⸗
‚ander umbringen; Allein/ Daß ſie ſich darau
eineCheimhchrarfolten; var ſ nur ein Wo
Fand unter den TLhriften. 1 RIES SEES —
HI, Don Abfchaffung Ye Zmerkinofei
Ich zweifle nicht „ein jeder vernuͤnf⸗ Warum bie
tiger keſer werde aus dem, was wir Diäberige
hier angeführet haben, vollfoinmen Klar
überzeugeimit ung erkennen daß Die ng verfarte
Gewohnheit der Zweykaͤnpfe, bein ’gen. " "
roider alle Religion, wideralle Bernunft, wider
alle Ehre und wider Alle Geſetze laufendes ’Btgin,
men eb. Es haben auch aus einer en
ber
( Pralertim dum Reguli ipfi — — ex-
u @oplum Longobardorum, & id permittentes ſuæ
rent 4 dum ferocesilii ſe de mediv
- „aliugabum .tallerent; hos vere paularim aliı interpo-
Aa, falle hanaris nomine imitsrentur: res e *
De mane viget — mn.
gontes fans Dmnelli, p. a40
a4 X. VondenZweytmpfen.
Albergrugung. biahero ale — Porian
wiederhohlte und
—— — Diefeg fo: ae die übe
‚bieten völlig ahzuſtelen vermepnet; (*) gleichreohl |
aber Damit nicht zum Zweck gelarigen koͤnuen. Das
ABerbrechen wird n immer für «ine Qapferfeit
amd ee — Zhaſtioteit gehal⸗
Aysrden * — gemufanne. Years
heit zu ungluͤckſeli Ben Bein, Der teile: Wahn
bleibet noch inner, daß der Frevel wider Die Ge⸗
fee zu Bandeln .; und der ſo ſtrengen Macht der
egenten Hohn zu ſprechen, einebefondere Ehre
j —F So lange man alſo diefert Leuten nicht eine
fo ganz verkehrte Einbildung von der Ehre bes
nimmt, ſo lange bleiben auch Die Wirtkungen fo
ausſchweiffend/ als die Urſache iſtz Mit Gefang⸗
müß, Entſetzung der Dienſte, Leibes und Todes⸗
Strafen, wird hiernichs ausgerichtet. Dann
dieſe Helden ſind wie die fanatiſhe Träumer, die
alles ihrer andaͤchtigen Schwermerey —
Naͤhere Man würde hier die Sache aus de
Vorſchlaͤge Grund heben, wenn man das falſche
In —* Wahn⸗Geſpenſt, welches die Solda⸗
Zwehtam⸗ ten die Ehre nennen, in einen ordent⸗
of lichen Bann thun/ und dieſen Wuͤrg
— Teufel
za er
. ) Siehe Bas in keipzig beramdgefommmme Osrpus Ju-
ris Militaru Navifimum, worinn der meiſten Loͤni⸗
ge und Republiquen ihre Duell-Mandara enthalten
ud. * Io, Teſmari Dill, ad Biiumds Dadiis,
)
2
XX. Von den Siugykähnpfen. 465
el durch einen chriſtlichen Exorciſnum gar .
a. koͤnnte. Dh hei Derkans
a ‚allernärrifchten Ehre ſchickte ſich Se den
a Yrnafart Erden ade fie —*
n
Die gröfte nu begehen ſih eefreche j
—— von uf ers pn |
ı Begrif an, denmanfich von 2
ber Snack Die wahre zei are. F
eher; Di di * ber Io Sram dee po et
her; Die 1.
| cher die Ver⸗ — |
vn:
| naar 48 aber der Wahnwitz: Je⸗ ben.
nie macht Die Menſchen nach ihren Pflichten ham
deln; Diefe hingegen verleitet fie * Frevel und
zu Schandthaten. Um dieſen ſo noͤthigen Begrif
Bon der Ehre denen Soldaten beyzubringen, muͤſte
man dasjenige falſche Hirn⸗Bild, melchesfiefün
Die Ehre halten, der Gebuͤhr nach ſchimpfen/ und
rd von allen feinen betrüglichen 3
lͤſen, dergeſtalt, daß ein jeder ſehen möchte,
Yo Diet ganze Ehrenhandel eine wahre Narrheit
mithin eine der allerwahnſinnigſten und ſchaͤnd⸗
| lichften Handlungen fen, die ein vr brachen
tan. ("). 2
2 ae gu
n — Sonlakter gafan ae Is
* quon la deſſu⸗ note ame
. "air que den’ qui en Som | » viflent par-la.
— aalariı aaa —
chat? 9
—— RX. Yandınäosykiuspfer:
Seruch Sırach: is Ru Ob rät nam
—* und. Send in den ——
BR: == einprucken, treichen-bisher: umfere fo
— gens d'honneur auf die Unterlaffung
bſi⸗Rache geſetzt haben. Dieſes Ehren⸗
un fte darinn beftehen, daß alle diejenige,
die fich erfrechen wurden, ‚den gerneinen Frieden
zu verlegen, ‚und eine empfangene Deieigung
mit Wehr und Waffen-aneinander zu rächenz 8
gefchehefolches in einem ordentlichen ——
oder ſonſt Durch anderwaͤrtigen Angrif, Durd j
dieſe That felbft, ihrer Ehre, *« un um |
> ühees Nemsterserlufig feyn
Welches ae Diejenigen, welche ſi bi in Kriege
ledie, fon Dienfte begeben, muͤſten bepbem ns
—— tritt derſelben, einen leibliehen Eyd
komwören GDtt ſchwoͤren, dieſes Ehren rg
müften. unverbrüchlieh zu pe denn dad
hätten alle diejenigen, Die zum Kam — aan
wuͤrden, eine Ehren s gemüße
nicht zu erfchenen. (*), oben —
——— ———
ſent & fe.deshonorent.., „ Lamort n'oq; pas füli-
‚Ur, ſante pour retenir des’ hommes qui ſe iont une
_ goire de la meprifer; mais fi tous ceux qui fe bar
“ tent en duell, &toient condamadsau pilori, on ver-
| = — iomuer Je nouibe⸗ —
d'hoaneur, $, La, Spelersur T. p. 4
En
dem —* fio — tt, =
DI Kendenäpbämnfen 47°
aptn nam neu angehenden Soldaten den
Regiments⸗Degen ſelbſt einhaͤndigen, und ihm
Daben nochmahlg mündlich bedeuten müfle, dieſes
‚ehr in Feimen andern Dorfällen zu gebraus
oh is wo es der Dienſt feines Deren, und .
F —— 7 von ihm erforbern wuͤrde:und
Bi ber Verluſi
Weil aber mit bloſen Geſetzen in der Wie bar»
Belt nichts aus urichten iſt, wo man über zu hals
nicht feharf darüber halt; fo erfordert 2 —
ahier die Rothwendigkeit insbefondere, tion su ver⸗
idaß man ſogleich die beſagte Strafe an fahren wär.
‚Den. Verbrechern, „ohne, alle Nachſicht, voll
siehe laſſe. Die Execution koͤnnte ungefähr fols
gender Geſſalt vorgenommen werden. Ein jeder
oldatz er.fen; vornehm oder gering, Der fi
„erfühnet , wider obiges Geſetz zuhandeln: es ſey,
Daß er einen um Zweykampf heraus gefoxdert⸗
ober, daß er fich auf Die Ausforderung geſtellet;
ser, daß fonfheines auf den andern Den Degen
aegoyenz ein folcher wird ſoglej als einer Der feine
‚Ehre verwircket, nicht allen feiner Dienfte und
finee Güter wiicklich entſetzet; fondern guch aler
Watden udschrlichen Bedienungen fernerhin
anfähig erklaͤret Zu Dem Ende wird ihm gleich,
nach-wollbrachter That , ‚der Degen durch den
— — der Seiten genommen, und da⸗
en angekuͤndiget / daß er hinfort ſich nicht mehr
anserfteben foll,;meder vor den Augen Des Sur,
en , nochandefien Hof, noch auf dem Warfens
Maß, noch fonft ben den Derfammlungen des
rg ©g 4 Adels,
ver
—
dem
Mm
es fein ngfüsk einer en ne
«’honneur, mie —* Bromofen nenn
‚feinem
l
gi m =: Bot ei, —5 —
Ham
uunwerleßbari a
55— ak Br = ACH:
Gast und er ie
a
f
wer
xXx. Oondenäweyfänpfen. 462.
2 wie keine Regel ohm Aus, _Fähemo.
N up 111 26 1 17,
auch ‘die Umftände einer Die Hnad
ah öfters ein anderes Anfehen —
geben; fo wuoͤrde man dadurch eine mildern
Tngerechtigkeit begehen, wenn man kann.
jederzeit alles zu genau nach dem Buchſtaben des
Seſehttes nehinen wolte. Alſo koͤnnen ſich auch
a bern folche Faͤlle ereignen, wo
Bie Sinade des Fuͤrſtens und eine Vergebung noch
sten. Diefer Fall aber ift von .
ner fo wichtigen Folge, daß Daben Die gröfte :
Sehutſamkeit zu gebrauchen waͤr; wenn
ſtatt finden moͤ
Dadurch nicht ſoll geſchwaͤchet werden. Dero⸗
wegen wird es allerdings nicht wohl geſchehen
Fönnen, daß man einen Verbrecher auf ver That
mit Dererften Deköimpfunge Sir verſchone;
im andern Satz ab
nemlich die Entſetzung feiner Dienſte und die Ein⸗
ziehung feiner Güter, geſtalten Umſtaͤnden nach,
ihnen nachgelaſſen werden.
Wiewohl auch hier Die Gnade des Wie damit
Reſten Dei eni behutfam
Fuͤrſien dem Verbrecher nicht ehender —
zu ſiatien koinmen folte, er habe dann A
zuvor, feines Verbrechens halber, —52* —
vor Dem ganzen Regiment öffentlich ſchehen fol.
Abbitte gethanz damit durch eine ſolche feyerliche
Handlung jedermänniglich Fund und offenbahr
werde, daß ein ſolcher, der ſich mit einem ge⸗
ſDiagen / die Ehre verwircket, und folglich einer
* 9 vonnäthen habe. Eine he
Ehren⸗Erſtattun
i
F
anders das Anſehen und Die Macht des Geſetzes | u
er möchte Die Side der Straffe,
\
470 XX. Von denzweoykaͤmpfen.
Ceremonie wuͤrde für den Ubertreter in der Ihr.
etwas ſehr beiſſendes und empfindliches ſeyn; d
lan chen dadurch wuͤrde das Beleg Der Ehn
eine völlige Macht erlangen, und Der norgefehtt
weit, alle Zweykaͤmpfe abzuſchaffen, um fonid
leichter fönnenenhaltentwerben... ..
Faͤlle,wo Erftecht ſich abereinerzum ander
kein bardon mahl, und ſchlaͤgt fich zum Hohn feis‘
her Anden og Sürften undaller Geſetze fomuf,'
in Anfehung einer folchen hartndefi
ten ud unbezwinglichen Boßheit, die Steaffe
um beftomehr gefchärffet werden, Dann hier ware‘
es eine grauſame Barmherzigkeit, Dergleiben
verruchte Boͤſewichter noch zu ſchonen: fiemüflen.
- ein Opfer der Gerechtigkeit werden !_fle verbie'
nen, Daß man fie aus der Gefellfchaft der Men
ſchen augrotte, und Daß man ihr Andencken abs
fcheufih mache. Man laffe fie öffentlich am den
Pranger flellen, und fie, wie es ihr ausgelaſſe⸗
ner Frevel verdienet, auf mancherleh Art beſchim⸗
yfen. Ich bin verfichert, Die naͤrriſche Solda⸗
ten⸗Ehre wuͤrde ſich ben ſolchen Faͤllen bald ein an⸗
deres Corpus Juris machen; und unſere wilde
Rauffer ehender in ein Stock-und Narren⸗Hauß,
) als in Auſſehen und · Hochachtung hringen.
—
(*) Die Meynung des Abts vom S.Pierre gehet wirck.
lich dahin: ‚Que celui qui auroit tertun appel, fr
: enferme pour lang tems dans les petites mailons &
mis en curätelle, v, SisOewures, T, X.
xx.Vonbendwertänipfen.” div.
oder gar entleiberr, maſten fuyleich, Die Eeime
wann fie auf Sbbefagte Bei ihrer nei
Ehr und Güter wären verluſtig wor⸗ waren.
Sen, auch, nachaemeinen Rechten, alaMördeer
und Dodtſchlaͤger für Das Eriminab Gericht gezo⸗
gen werden ,' und allda noch insbeſondere ihr Ur⸗
£heil, nach Aüsweifung der peinlichen Halß⸗Ge⸗
richts Ordnung, — haben; Es muͤſte
ihnen disfalls der Vorwand des Zweykampfé,
oder eines beleidigten fogenannten puncti hono⸗
ris, um fo vielweniger zu ſtatten kommen, weil
fie ſich durch eine ohnedem ſo hoch verbottene That
vielmehr einer doppelten Straffe wuͤrdig machen.
Ein jeder ſiehet, wie es hier haupt⸗ Die Anſtif⸗
ſaͤchlich auf den Ernſt des Fuͤrſten an⸗ Fe —* |
Fofnme. Denn wo dieſer noch Die Der; —38 |
brecher heimlich) ſchuͤtzet; und im Ge gleidyfang
gentheildiejenige, welche zu vernünftig geftraffet
{ind ‚um fich mit einem andern herums werben.
zufchlagen, felbft für zaghafte Seelen anftichelt5
anftattdaßerfielieben, hochachtenund befördern
folte; da find die @efeke wider die Zweykaͤmpfe
vollkommen unnoͤthig. Ja er wiederru
ichfam ftillfehweigend ſelbſt ih Gültigkeit,
geſchſam Huch ‚jelbje ine Ouihgte,
In unerflie iÖmohnhe an fat Dre
hin.
u Be FM
. (#) Princeps- voluntatem ftam non tantum exprefle,
ed etiarmtacitedeclarat,, inde fir, ut quoque meres
taeo conſuetutnes nammamtegum aſſumant. Fii/cher
Yu Nat. Geut. L. II. C. VII. ..
472. XX. Banden äueyPäunfen.
Die Anti Am Fall auch ein ruchloſer fruir
fer Dim Menſch fc unterfichen folte, ein
3 müßen JUmM Zweykampf anzureigen ; odM.
glehrans Jemand deswegen mit Unglimpf und
geftraffet Derachtung zu begegnen, voeil er. cu
werden. nen Zweykampf ausgeſchlagen Oder
von böfen Haͤndeln hat losgerwickelt; fo mis
Berfelbe als ein Aufwiegler, der fich gegen bie
und Die Majeltät des Fürftens emmpöret,
und Defien Befehle verſpottet, 58 ein⸗
gezogen, und nach aller Schärfe ge t wer⸗
den, ©) Solchergeſtalt dürfte ein ehrlicher Pan
mit nichten beforgen, von dergleichen Kederlichen
und milden Großfprechern, feiner Aufführung
halber, angefochten und geläftertguzeerden.
Sie man Damit auch, ſo viel moͤglich, allen
Bey einem. Zanckerehen und —— un
ter Denen Kriegs⸗Leuten in Zeitenmds
Seller Der Gefährihe Aeitläufigfeiten aubıo
icddter bes gerährliche Wei en |
Bellen fol. chen; fo folten zu Dem Ende bey allen
und jeden Regimentern gewiſſe Sriebensrichter
beſtellet werden: deren ihr Aut Darinn beſtehen
müffe, green im Streit begriffene Vartheyen in
ber Guͤte miteinander zu vergleichen, ſich allen ih⸗
ren Ausſchweiffungen und VER: a
CCe dont les vieus Ofüciersqüilesaignilloenent, &
ui —— les dreſſer à ſe ur
er junges dogs, Regues Di
Dass, pp. a een de
"NR von den dweyrampfen. ame
MNahmen des Fuͤrfiens, gi wide 1
gen edit ‚De f
iſt beleidiget worden; mithin auf alle Art und
Weiſe dem Fortgang ſolcher gefährlichen Haͤn⸗
Del Einhalt zů thun, welche auf Raͤch und Mord
hinaus lauffen. Ein jeder “Befehlshaber und
Soldat müfte zugleich auf End und Pflicht vera |
bunden ſeyn, ‚bey vorfallenden Streitigkeiten,
wo er. — ich alfobald ins Mite
ehr un bey Seite
tel zu fchlagen, ' bey
zu fchaffen, die nächft — wende
Wache aufiuruffen, und ſolchergeſtalt allen und
jeden Schlägereyen beſtmoͤglichſt zuvor zu kom⸗
wen. Da im Segentheil die Anflifter, und
die, ſo andere zum Streit aufreitzen, Jo arg,
wie die Verbrecher ſelbſt, muͤſten angefehen
‚gempelder Groſen das rechte Gewicht Melde: die
— Ihre Aufführung formiret die durch hr
egeln Des Wohlſtandes, und ihre Erempel ge
Thaten entſcheiden die zeiffelhafte ben.
‚ragen einer beleidigen Ehre. Man.
mag noch fo viele Gründe aufbringen, Die Noth⸗
wendigkeit der guten Sitten Damit zu bemweifens
man mag durch Die bindigſte Schtüffe Die Men⸗
y überzeugen, DaB der Zweykampf eine thoͤ⸗
, sihte, Tchändliche und barbarifche Handlung
ſey; b wird man doch damit nicht viel ausrich⸗
tn, fo lange Die vornehmſte und angeſehenſte
68687 Dem
—B ses, zu erſehen Demi
zu verſchaffen, der son dem andern
|
r
Pr & —— ipfen
Sem und im Krieg no
dieſes Din — ——— —
gen ſchrecken hier nicht ſo viel, als eine vermern
—— That, von dieſer Art, die
Enbiſdung ins Feuer füset. Ein Unter⸗
fehlshaber will nicht.minder Ehre haben ale fin
Obriſter: Sr mill nicht minder m
4
Leib: md Lehen dafuͤr aufzuſetzen
— nad vertichteter alle Scha
| ben, was ihrer S 5 und möcht — thut,
und bie bravſte eute in Gefahr ſetzet, auf ei eine
ö liederliche Art ihr Leben derliehren: Bas
under, daß ſo vielo vernünftige Leute deswe⸗
gm abgehalten. werden Kriess⸗ Dienfie u
nehmen? | |
Kr Ser Dir get die 1277 on mal dom Om * dem Can
an — jühes ñ quid eenfesgee tenendum,.
Primus jüfla fubi. Tune obfervantior qui .
... Fit populus, nec ferre negat, cum videnit ipſum
* +" Audtorem parem fibi: componitur orbis
DE Regis ad exemplum': nec ic inflectere —
R Bee edida.valent, "ut vita vegemii; _
m
-
- Claud, de IV. Eonful; kon. v. 296.0
/
. "IX.: Don den Zokykaͤmpfen. dry“
Re überhaupf in der menſchli⸗ ZWileeinier
en Sehliaf ne genife Depın Da, Sana
it vonnoͤthen tft, um den Frie⸗ re |
ben, une das "gute Vernehmen wit halten fol,
anderh'zw erhalten; alſo wirb Diefels ale Händel -
bige auth —— von einem zu vernri⸗
simon ftigen Soldaten erfordert, um den.
le Verdrießlichkeiten und allenʒwie⸗
ſpalt mit andern gu vermeiden.
—
Ber
MM iengn dienen kůrtüch folgende egein: ·
LEin jeder ſoll ſich Aufferft angelegen ſeyn lafe
fen; feinen Dienſt, und was Davon abhängt,
toohf zu werſehen: Er ſoll gegen jedermann hoͤf⸗
lich und beſcheiden ſich befragen: Er ſoll alle
Unwahrheiten und Plaudereyen meiden: Sr fol
von niemand uͤbels reden, nicht ſpoͤttiſch noch
tyriſch ſeyn, keinen ſchrauben und zum beſten
aben wollen, nichts uͤbertragen, noch mit neu⸗
en Mähren ſich ſchleppen, mit niemand auf eis
ne ungeziemende Art ſich zu gemein machen,
und auch mit feinen beften Sreunden ven Wohl
fand nicht gar auf Die Seite feßen. Keinen
beſondern Rang, noch Vorzug in Anfehun
‚der Geburt, noch einiger Verdienſte, n
anderer Urfachen halber, verlangen. : Never
Schulden machen, noch Geld ausleihen: Man“
macht ſich zwar denjenigen zum Freund, dem
man etwas Teihet 5 allein er wird unfer Seind,
wenn man es wieder fordert. Man muß ſich
and) in Fein groffes. Spiel nicht einlaffen; pa
nn Zu = an
a6 XX Oon den Zweykoͤmpfen
eg erlehet dabey entweder fein Geld, ale
bdie Gunſt deſſen, dem man abgewinnet. iu
* ſich in Beine gefährliche Liebes⸗ Händel men
gen, noch einen andern Daben aussuftechen ober.
u hinterichleichen füchen; Auch muß man fi
* emand oe rachten, oder zu beleidigen:
dann 5 geringſte Feind kann ung ſchaden Ein.
allzu hoch getriebenes und aufgeblafeneg
iſt allenthalben anftößi Pe muß ſich
für allem Widerſpruch hüten, denn es
Die Gemüther der Menfchen mit einer
Macht zu — 7 — ©
gang mit serie ten, nn
J un pr a —
= fi Bi — 5 — man en mu in Ge⸗
| Da
Solte
|
mx, Von den dweykaͤmpfen. 477 |
ESolte einem aber, aller angewan⸗ Wiemen ..
ar Verſichtigken ohngeacht, den, ſaid su. dere
noch das Ungkief begegneh , daß ein un
stigeftimmer wilder Menſch ſich an nem ge-
einem reihen und Händel mit einem ſchimpft
fangen mwolte; jo ift Fein ander undberaue
Mitte, als ihm eine großmäthige AA Sue
=” ng. zu geigen, und fich Das PT
wit, olme ihn Durch Schimpf » und. Schelts
Worte zur Raſerey zu bringen, ſchnell von ihm
Wegzu begeben. Die Tugend hat insgemein etwas |
>46 groffesumd erhabenes in ihrem Weſen, daB
Ne auch Die wildeſte Menfchen mit einer gewiſ⸗
en Ehrfurcht zu feffeln und die Ausbrüche ihrer
Wuth zu hemmen weiß; allein, e8 gehöret dar⸗
ya mehr Hertz und SIapet als rfor⸗
wid, fich mit einem: herum zu ſchlagen.
Dert
Enem vernuͤnftigen Mann, der fich befiket
ad Meiſter von feinen Regungen und, von ee
er Zunge.ift, wird es nie an der Lentfeligkeit
$ehten, allen verdrießlichen Wortwechſelungen
und dataus entftehenden Mikverfländniflen ſich
zu —**— Eine großmuͤthige Seele hat
immer in ſich felbft einen unerſchoͤpfichen Grund
von Güte , Unſchud und, Mitleiven : aues
oa: fie beginnet, das einen andern beleidigen
Aunte. Die Großmuth hat nichts ſagt Balth.
Gracian, ift in Schild gegen alle Scheltworte,
ae alle Stichel-Reden, jafiefannfogar auch
€ Wahrheiten vertragen die man ihr vertvele
ſet. Man fiehesDiefen einen: gr
= \
D
m
Womit fer» Ein rechtſch
*
B — Gmcien Köiınie ‚anirerf, Ob, IV.
a xX. Von der Aseykimpfan.
menſchuichen Sehens beberist entgegen, nd‘
Be ihnen:auf eine befcheibene Art med dech
ein Wort doß denjenigen befaͤnftiget, Der um
gu Leibe win geſchocüich auszuweichen; Cine
—— die man dargwiſchen unter⸗
cnet macht das Geſpraͤch verandern und be
nimmt demjenigen der uns zugreiffes gede⸗
det die Verditterung, ja es beruhet oͤfters mr
auf einer gewiſſen Cirigessgenheit, bie sugleih
arlig und naturiich ift / und da man oͤfters oh⸗
Ren —
andern begegnet , 11: allen
wen re Hügelegetiheiten Hüglich vor
auet. DICKE
RN
afner Soldat kann ferner
ner ein ehr⸗· hey vorfallenden Zwiſtigkeiten immer
I Ne vorwenden: es ſtuͤnde in fernes Den.
entfhuldis Dienſt, folglich hätte et nicht Macht
gen fann. mit feinem Leib und Leben nach eig
ner Willkuͤhr zu fchaltenz noch vie,
weniger feinen Degen gegen folche Leute zu fe
"hen, die mit ihm einem Heron "dienten; Er,
vor fie, wolte niemand Unrecht thun noch br
leidigen. Wegen einem Mißverſtaͤndniß aber,
welches durch andere Mitteln Fönnte beugelget
werden , fich zu ſchlagen, ſolches lief wider
6 Gewiſſen, wider feine Pflicht wider jam
Hre. |
—
|
N % r f Du PS a — * 17
v er 2; . re —
en — > . i
RT) TELz\
Ki Won den Zweykaͤmpfen· 479
Es iſtanch nichts weniger als eine Wie 8 auch
Scart, jemand um Ver eihung feinShan
ku bitten; den man befeidiget hat. > dei —545
EB iſt dieſes vielmeht das wahre 5
tum
Ei Di eines edlen Gemths Dergebung
und eines rechtfhaffenen Mannes, su bitten
wuefcher:niche kann 1 ua) daß je⸗
mand durch fein Verſehen, oder Schuld; eis
viges Linrecht widerfahre Er findet fi ch dadurch
— und kann nicht ehender ruhen, als
er auch!
dasinn die nöthigfte Pflicht der Ehr
ze ausgeuͤbet und den Beleidigten zu Em a |
Helen, ggucht hat.
Soite aber einer wircich mit Kaffe 8
n werden ohne daß er dem ee
fallen
ausweichen könnte, fo febet er An geato
ſich ſo ——* als er fa ma
x trachten in moderamine Bi tutelæ
erfiresten ‘ als. bie, a nt
theidigung mad die Regeln der ae Ehal⸗ |
tung son ‚Ohr erfordern. — — se
| Wie aber ſoll man fich verbale, Wie man
wenn man unvermuthet, wie der 6 iu ver»
ehrliche Vater Des Roderichs, durch ——
einen Schlag, oder mit einer Maul⸗ Schlag be:
ſchelle Befchimpft wird? CH) Dieſe Fonuut.
iſt, ich muß es hekennen, hurtiger
nwie⸗
8 Ba 077077 anf iO, —
F
4 xx. Don. den aweykawpfm
— als die Frage su beaneworte,
—— — nel, um eine Aber
= ang: gr entiehet aber noch weit
jıeh re non der Einbildung einer dadurch verich
em Ehre, als von dem Schmerg, Den. er tits
— —
p die (8.
Pan ale 6 Sem: nach Der blofien
ung grober en und Scheltworten.
u. fich aber ein eier Mn in eineg
rn
empfindlichen und nahen Feindſeligkeit, ımd
au in — — Oite des ©; are De
arg
man end man Am Im Bi fine Heine A
gut ein guter &
* get. Mini caln Bei vofunts im —
ſem qſette ↄppara, inveniri Thediepds
auos 'Theologos, qui non ıtiode sedten, rede pu-
went adınitt ur alapa vitetur fed &. accepta alaps,
fi qui Peg. Sa at, ad, 2 aaa
recuperandum: quo a satione & pietareweide
alienum —— Na ker pn excoln-
Na, at qui tale fert injuriam is Patienten 1 fe e-
cecllenter oftenditz atque ideo honorem aug
“ geguam minuit,_ Dr/weB,&P.L, CH. 37 10.
Bon dieſer Philofophäc ded Greu —3 — Paßlendorf,
Babe nd — beutigen Gitten nicht mohl
2; —— angrapen a ar BR
2 SEE *
XX Von den Zweykaͤmpfen. 48:
vill, Derfannhieiben am beften zeigen, wie weit
er in Deri@elaffenheit. und in der Sanftmuth
—— Ein Verſtaͤndiger, weis dem
votzubeugen ehe er ausbricht: Er ge⸗
het einem: beiſſenden Thier aus dem Wege
warum nicht einem böfen Menſchen? —
vüffen wei etwab von der Volited wo⸗
—— iſt uͤberhaupt rent
r fehlecht den ung, Ynfere Regen SEO:
ten und Dbrigkeiten , heißt. es, haben genug Dar
Ani zu — Daß fie nur Die gröbfte Laſter, weis
Dusch) den Hencker beſtrafet werden, im
Saum halten. Wie fülten fie fich noch mit al
Ierhand Kleinigkeiten abgeben ? Die Tuͤrcken.
lachen über die Ehriften, daß Tie allenthalben,
wo fie Dingeben, den Degen an der Seite
ſchleppen, und alfo gewafnet im Srieden ihre
Zempel und ihre Freunde befuchen. CH) Solte
manmehlan dieſem Zeichen Die Kinder des Frie⸗
dens erfennen, weiche der. himmliſche Geſetzge⸗
Ger zu feinen Juͤngern und Nachfolgern erwaͤh⸗
det? Wäre es nicht chriftlicher und vernünftiger,
man erlaubte in einer Stadt niemand mehr eis
wen Degen zu tragen, als denen Soldaten, Die
wircklich auf der Wache ftünden , oder gegen
den Feind zoͤgen. Dieſes hies fo viel ale eine
neue Lebens s Art einführen. Es iſt wahr: Als
fein, verändert man. die Moden nicht täalich?
waͤre e8 nicht gut; wenn nach fo viel närrifchen
11, Theil, Hh auch
—— —
| * Volmire hit, de Charles XII, L, VL.
482 .XX. Vouden weykumpfen.
eine vernuͤnſtige einnmahl wieder anf fän?
* lieſet man je von mean Volck in der
DaB es, auffer im Krieg, das M
bie Roͤmer, weiches Dinda en und verwin⸗ |
fien Voc Inte, rüfteten ſich nie ale zum
— — Die Zweykbaͤmpfe bey der
umirrenden —— Mode wurden. Damp |
bechten auf den hahen Säulen narh —2
de lernen. Unter dieſe mengten ſich durch den |
Forttrieb Der Zeiten allerhand junges und ſieder⸗
— —5 ‚ die gleichfalls das Eiſen an
ven Senden fchleppen. Andere ıd
emuften he ao gefaln laſen, und damit
auch bebängen: Sol [E winde Da D⸗ |
geniragen allgemein, und bürfte, / wann es f
fortgehet, auch hoch Made werdeh, damit Got
Belund A at ve bieten; Denn Disistren Cab
‚Jichen find es nach allein, Die Feine! Degen tw
| Kühe Diefe Art Leute Nahen fich, alone as
a Gefaht autſcken— unter Tante Zt
rk v.tn
RR, Don ben Gieptämen. Ar)
'en Leuten n herum su ge n und ſelbſt unbewehrt.
ar ſeyn. Gleichwohl waͤre es u nicht rathſam⸗
deninſenigen, die viel mit Controverßen umge⸗
hen, die Waffen zu erlauben. Es würden uns
ter ihnen allzu offt blutige Köpfe ſehen. Kuttz;
es ift befannt, mas leider ſchon viel Unglück dans
aus entftanden, daß man allenthalben Das Des
gentragen zulaͤfft. Es wrde dẽrhalben feinem
vernuͤnftigen emen oder Madiſtrat verdacht
werden, wenn er einen ſo — Gebrauch
abſchaffen folte. (*) Denn worzu dienet Doch.
dieſes mörderifche Eifen an der Hüfte, als dab
es die Klugen befchroeret, die Thoren reitzet md
zu. allerhand Usorümmgen 1. ————— |
Ankab giebt? Er
6 Diefe hat umter andern auch ber — aht
von St. Peter gerathen. Ein Mann von vielen
Einfichten, deſſen Vorſchlaͤge einige verachtet, am |
ı Dere gebilliget und niemand bewerckſtelliget. v.
-. Oeuvres de PAbbe de S. Pıiesre T,XVU,p, 267,
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—E———— andern fein
Meinung g aufbringen 126, Derfehete *
nunger
Adel *— We⸗ Ye warum m die Reife
Davon ausgefchloffen. s u pofitauifche
| ' Abel 320, , Adel jfl der Kauftnannfhaf
ins groſſe nicht zuwider⸗ 32 1.
Tugend und Ehre, 3236. -: Abdels Da |
garion und Rehabilitation, 330. Wird in
der Schweiß vertrieben. 261. Wuͤrde Den
| gerneinen Weſen nutzen wannn er einige Han⸗
delſchafft triebe. 267. und 268.
Adande Leben dem Kaufmanniſchen entgegen
- geftellet.
Amiſtis geoffe Yan» Unternehmung. 3
Ariſtoteles ein Srillenfänger.
Auffenthalt i in einer geoffen Srabtderbeft. &
Augſpurg
—AXX 2324
Ayguftini ahnung uum Brieden. u”.
"Babe
Regiſter.
B. |
Babylonifhe Spectafel. .
Bir, err von deſſen Gebanifen von see
aufleufen,
andterutengdern Urfachen und billige Bela,
g. 279.
Baflompiere, Marſchall, von deffen Botanıf
Bau Kunft, von ihrem Alterthumund Nuten,
Verbindung mit den fehönen Künften. ız.
Macht die Kuͤnſte und iſfenſchaften lieben 16.
kehrung, was fie fe
Bein mi einer haſelbſt — |
ildhaueren, was en erfordertwird. 13.
ip miſche und Mährifche Kirche, ob die Dern
hide di mit uͤbereinſtimmt.
Bremer Reformirten wie weit fie ſich vergeffer, Ä
145. 159.
Brunſt laden was es ſey · 223.
€... |
Enreräunt, ain allgemeiner, wire nf
130.
‚Ca Kante die wahre Ehre. 268.
Ceſar ließ fich von der falſchen Ehre blenden. 268.
Chriſtenthum gründet ſich auf Die Liebe und den
.I Srieden. 93. . Deflehet mehr im Toun als
‚ ImiDenelen.ior. Leidet keine Zaͤnckereyen. 106.
zen Vortheile auch) im Zeitlichen. 209. _
Ceur, Jac- Baron von Fargemn, ein beruͤhm⸗
ter Kaufmann. 9 iss.
h3 Dip
Reg iſter
D-
Dippelind fonft Ei. Democritps = a
Dresden, ti
u Sehnde — au
E.
Ehre iſt die Wemdin Grund⸗Regel der Sb
4 Was die wahre Ehre fen. 2
daten. 2
Ä Badge der bie Briefe. Des dem, om
aire
Einfalt des Glaubens in einer einzigen *
bens ⸗Artickel.
— — — — —
241.
Einſamkeit iſt zur Abwechſelung noͤthig 83.
ante ind Friedens ———— im *
Emyindeg * wie ſie beftbaffen fi
Schaden: ihrer “ee ©
| Bi fie fich zu gerhalten,
Engellände ſind die gröfle Kaufleute as 6. *
| von Voltaire davon ſagt.
—2 Sitten⸗ Behre iſt dem —
Erenune Mennung in groſſen Städten“ fh
Eremmpel Der Groffen, deſſek ndruck. 473.
Fa
Re giſter |
> — = -.» .: : ee
Veneloin Hessen, deſſen Caracter. 180, Deſſen
Telemach ifteine fear. Pag. 38.
Kotenine groffe Handels⸗Leute. 154
aneefur, anfebnlicher Kaufmanns⸗Stand da⸗
5
Kr Das geöfte Surf. gr
uͤrſt kann die Tollerank einführen, die äufek
che Kirche — ‚ aber nicht hefehlen was
einer glauben ſol. 120.
G.
Oi, dienen nicht zur ¶Richeſchnur des
. Glaub ng 29.Es laͤſſet ſich darüber nicht,
Iof.
echt ift von dem Körper und der. Seele unter⸗
ſchieden. 423.427. Deſſen Wirckung ger
u och ie bie Materie. 424. Hat ..
iches.
Geld macht einen zum Doctor und auch zum
Edelmann. 349.
Gelb, deſſen Umlauf wird durch dieBau Kunf he⸗
fördert. 20. Deſſen groſſer Werth.757. Kant
ſich mit der Philoſophie wohl vertragen. 85.
Glaube, dieſer heruhet nicht auf klaren und > |
lichen Begriffen.
OlnubensFormen find abluſchaffen weil de
Bereinigung hindern. 129. alt >
Glaubens.
Glücks» Guͤter und derſelben vernünftige ee
brauch. 442.
94 60
Regiſter.
SoOtt macht niemand leiben. pag.
Bottesdienſt,ob ſolcher andern Glaubens⸗
noffen einzraumen fep. 139. —
241. Cautelen welche dabey su
142. Offentlicher —— deffen
wendigkeit und Nutzen. 1608. Gott
der vernuͤnftige an Herrn Graf von *
dorf.
| Ge ‚ „vifiche, in ———— auf bie Sm
Bee find alle Jeuſchen 341.
ndlung in Teutſchland war pormahls *
weniger Bedeutung. 253. Durch die.
kung toerden viele Städte und Samilien rer
154. Leid feinen Druck. 270... — ei⸗
nen Staat —
dwercker, ihr Nutzen von der BausKumft. 19. 19.
Haushaltungs⸗Kunſt — ar beſtehet. 2
Herrnhutiſches Befe
———— erförbertder Abe. 3
Hofle
Holland iſt das rechte Commerien Sand. 2 =
r K.
Kaufleute ſind bey allen Voͤlckern in Ehren ge⸗
J — worden. 351. Muͤſſen geehrt und in
Sr heit gelafien werben. 271. Befonvers
nfehung der Religion. 274.: Koͤmnen—
= Adel führen. 280. Ob und wann es ih⸗
nen rathfam fen fi 9 adlen zu laſſen. . 282.
Kauf⸗
AERO
- En Wurde. 340.
rper iſt nur ne mn vum, .„ „420.
— 273.
eg ftöret Die Ha u 275.
Sünfe dienen sur au me eines eBtandes. 19
- g | r . \
"Lebens Art groffer deute. |
Leiden eines > Chiften kann auf Aeeley A *
— en She Ode Welt Weiſe. “ oh. |
en Nachrichtan. 27.
——— u den Serien and dick.
zu jenen in die 154
Shen Brief an Die —E 11 3. Das
theldiget Das das Servum ‚arbitrium... Be so.
Mahlerew/ was Bar a hrdert wird. 13.
Martialis ſchone Gedancken von einem vergnügs
ten Leben. 88.
—— nothwendig zur Bau⸗Kunſt. 14
Miles us, wie er aufjurichten. sor. -
Iſt der Handlung zuwider. 76
Pileen ee ehe von Bedenken
ehet mehr: ‚on
ten ag Avon Dig luͤcks Fällen. a 40,
Mittel-Dingein Anfehung der Herrnhuter. 206.
Moral ift gleichfam der Grund von der Offen⸗
bahrung. 236. Propheten Apoſtel und Der
Heiland ſelbſt in Die MotalBeeR. ao
Kigiker.
narch ſche Staaten ſchicken ihn
Hr bie —* BER *
O.
State, Graf von, deſſen artige cn
Oronomie eine Wiſſenſhaft da Ciobafe. 27%
—— te in geiſinhen Sachen ah
Dordman, Cher⸗Siͤchſſche Oben ans Bun
| * anten foRen ſich untereinander —8
III.
prehonife Hundssguccht 67.
Hyrrhoniſmus was et ey. 57. Deſſen a
gen in der Keligion, |
RR. .
echt der Chriſtüchen Obrigkeit Die ireigin iu
vereinigen. ©, 116.
Meformirte, was fiefür Lehr⸗Saͤhhe haben. 1a6.
DXeli nes Bereinigung, wie man figeinfähren
koͤnnte. 124 Geho ret mit ad. Jus Retor-
- mndi. 137; rin Finnen alle fromme
Chriſten behülflich f EI on 1%
Rivera, em Sitten Rom
Srdadbioprchemaro Er 163
Kom
Br un
— * En * BR OR
Regiſter.
Rom wird feines Glantzes beraubt, Pag. 2.
"Romanen deren Wagen wann fie wohl geſchrie⸗
- ben find. io 4391.
Seeptiker was es für Leut geweſen.
> 66 / IM
Seele der Thiere verglichen mit Der Seele der
Menſchen. PO > €. Fass
Seneca ſtach auf einen Heuchler. go,
Separatifmus Bedencken davon. 164. Iſt
vielerlen Gefahr unterworffen. 171.
Separatiften, ihr Caracter. 172. Wie man
mit ihnen verfahren ſoll. 173. Don ihren
Privat. Berfammlungen. 176. Nutzen den
‚Die Kirche von ihnen hat. "0.179.
SittenSehre was darunter yerftanden wird.2a5..
gempein. e 287.
Soldaten⸗Stand defien Urfprung. z51. Sol⸗
Daten-Meligion. 256. Darju gehoͤrige Tus
2... Wiſſenſchaften. 270. Soldaten;
Schule: 275: Soldaten: Befchäftigungen.
283. Fehler des Soldaten; Standes. 289.
Ehren⸗Geſetze das ſie beſchwoͤren ſollen. 466,
Stand des Reichs iſt befugt für fich die Mi
giuon zu vereinigen. 132. Hat ſich des Juris
reformandi nicht begeben. 136, Worinn
ſoſches beſt u
Her Deite : 137.
Stoicker treiben alles in Die Einbildung, di
Dind zur Heucheley geneigtt. 7
SS Deco⸗
— V ——
Ffeoſophie was fie fen. pag. 246
FEN Gedancken vom Ketzermachen. ırı.
Tifel, "deren Mißbraud). 0.26%
ZTraume,deren’Besiehung auf etwas goͤttlich. 421.
Tugend beſtehet nicht in einem rauhen und chwer⸗
muͤthigen Weſen.
‚Xurretin feet Die Richtfehnur des Biloubendab
x
lein an die Heil. Schrift. 131.
Verkehrte Schlüffe der Lutheraner gegen bie
Neformirte und Diefe gegen jene. 156.
Verſchwendung ſtuͤrtzt ins Verderhen. 77.
Urſachen des Religions⸗Gezaͤncks. ‚9.
Verſtand muß fich in aͤuſerlichen Vorwuͤrffen
Auslaſſen 18. Vermehret unfer Leiden, 43.
Doltaire, Here von, deflen Lob von der Engel⸗
laͤndiſchen groffm Handlung. 257. ft ein
aroffer Geiſt. gar. Urtheil von feinen Schrifs
ten. 402. Worinn er ſich geirret. 405.
Eritick über feine Briefe von der Seele der
Menſchen und der Thiere. 406,
Zandl der beſten Lebens⸗ A. 86,
Weiſer deffen Gluͤckſeeligkeit. 42.
Widergeburt, was darunter. verſtanden wird
2334.. Proeeß derſelben iſt eine Quelle verkehr⸗
ter Meynungen.. 2238.
Wien praͤchtige Gebaͤude daſelbſt. 9
| Bändes
Regijter.
>.
Bändern i in ber Religion ſtifften das iR
Bm r feine ſchwarze Galle verbitterte feine =
end.
geugniffe heiliger Männer dienen zur Befräftis
gung der Wahrheit. 113.
Binzendosf, Graf von, deffen Antwort auf 7.
Sragen. 186. Erflätung auf diefelbe. 200.
Srveift eiffen alles nieder und bauen nichts. 65.
Zweykampf ift imvernänftig und wieder alle Ge⸗
ehe. 276. Wie folcher —
ſondere Abhandlung davon. 438.
Urſprung. 439. Bon deſſen Ungerechti ct
Br Thorheit. 484. Mittel fich dafür zuhüs
en. | 477.
Zweykaͤmpfer wie ſie zu beſtrafen. 471.
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