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Full text of "Das Kloster. Weltlich und geistlich; Meist aus des ältern deutschen volks-, wundercuriositäten- und vorzugswise komischen Literatur. Zur Kultur- und Sittenge- schichte in Wort und Bild"

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Ko 


56380,8 
KGG 


Das Klofter. 


Weltlich und geiſtlich. 





34E>S- 
Meift aus der ältern deutſchen 


Volks-, Wunder-, Quriofitäten-, 
und vorzugsmelfe 


komiſchen Literatur. 





Zur Kultur- und Sittengeſchichte in Wort 
und Bild. 





Bon 


J. Scheible. 


Erſter Bond: 
Erfte 6i8 vierte Zelle, 





Stuttgart, 1345. 
VB erlag des Heraudgeber®. 


Eeipzig: Grpedition des Kloſters. 


4 


—8 


Pr‘ 


'irwew_1) 


| 








Volksprediger, Moraliſten 


und 


feommer Hin Unſinn. 
Sebaſtian Srandes Harrentchiff 


mit 
Geiler's von Kaiferdberg Predigten darüber 
und 


Thomas Aurner's Schelmenzunft, 


vollſtandig nach den alten Druden und ihren bilb: 
lichen Darfellungen. 


Von 


J. Scheible. 


Mit vielen Abbildungen auf 72 Tafeln. 


Mein Beten wi tein Im Bihleln atten, 

Die S aben beiße alten, 

Au bat der bd fe et heben 
bambt ia meine —— 


55  napeuhunden, 
ss, bin gr — HÜRLIQ angeidan OR, 

tetiftif Seel 

eich du ek Seuchlers. enſchat 


Stuttgart, 1845. 


Verlag des Herausgebers. 
Leipzig: Erpebition des Kloſters. 


ru 


vi 


Seite 
XIV. Das Herz des Menſchenn...171 
XV. Das, Rad der ewigen Höllenqual . . . 196 
XVI. Zitulatur des Deren If . . . . . 210 
XVIl. Briefe von Gott und Ehriflus . . . . 21 


weite, dritte und vierte Zelle: Sebaftian- 
Brandt, Geiler von Kaifersberg, Thomas Mur⸗ 
ner und ihre berühmten Feldzüge gegen bie 
verfchiedenften Thorheiten der Denfchen . . 213 


I. Sebaftian Brandt . . . 000. 215 
U. Johann Geiler von Raifersberg. 000. 243 
Weltſpiegel oder Rarrenſcif von Brandt und 

Geiler .-. . . ER 230 
Negifter darüber > > 2 2 een. Bil 
III. Shomas Burner... © 2 2 0 ee. 815 
Deſſen Schelmenzgunft . . 2 2 2 00.824 
Regiſter darüber . . . .. 902 
Erläuterndes Berzeichniß ber- Abbildungen 904 


Vorwort. 


— — — 


„Gesnerus ſchreibt: Wenn man einem Ka⸗ 
paun Brod in ſtarken Wein geweiht zu freffen 
gibt, daß er darinnen voll wird, und ihn alsdann 
an einem ſinſtern Ort über Eier ſetzt, das Neſt 
mit einem Siebe bedecket, damit er nicht davon 
kommen kann; wenn er nun wieder zu ſich ſelbſten 
kömmt und den Zrunf verbanrt bat, fo denkt ber 
Narr nicht anders, als er habe vie Eier ſelbſt ars 
legt und brütct fie vollends aus. 


Magie naturalis ll. ©. 247." 





S eit Jahren ein Liebhaber und eifriger Sammler der 
auf dem Titel- ded gegenmärtigen Linternehmens ge» 
nannten Literatur, im Befite einer ziemlich reichhaltigen, 
mit Mühe erworbenen, Bibliothek im dieſen Fächern 
(namentlih über des deutſchen Mittelalters Wandel 
"und Handel — über Heiteres und Düftered — über Recht 
und Unrecht — aus den Blüthen der Weisheit, des 
Witzes und der Froͤhlichkeit — aus dem Gebiete ver 
reblichen Derbbeit und der Verirrungen zur Narrheit, 
bie man freilich oft eine Töflliche nennen barf), und 
unterflügt durch die Gefälligkeit Anderer, beabfichtige 
ich, diejenigen Werke, welche mir einer Erneuerung im 
Drucke werth ſcheinen, und die auch Hin und wieder 
achtbare öffentliche Stimmen als dazu geeignet bezeich⸗ 
net haben, dem Publikum nach und nach ganz oder 
theilweiſe zugänglich zu machen; denn ſehr viele der⸗ 


VIII 


ſelben exiſtiten nur noch in wenigen Gremplaren in 
namhaften Bibliotheken bevorzugter Städte, manche find 
nur in Handfchriften vorhanden. 

Zu jenen Materien, über welche eigene Werke gar 
nicht eriftiren, werde ich nach Kräften den Stoff zu⸗ 
fammentragen, der gleich Körnern zerftreut in alten 
Folianten und Ouartanten und in den feit den lebten 
Jahren erfcheinenvden Sammlungen der beutfchen hiſto⸗ 
riſchen⸗ und Alterthumsvereine, ebenjo in namhaften 
deutfchen Blättern und Sammelfchriften (3. B. Mor⸗ 
genblatt, Blätter für liter. Unterhaltung , Anzeiger ver 
Deutfchen, Journal für Lurus und Moden, Vulpius 
Guriofttäten, ». Hormayr Taſchenbuch, Oräter Bragur, 
Aufſeß und Mone Anzeiger ꝛc. ꝛc.) fich findet, un 
Neuered da benügen, wo ed zur Bervollftändigung nbd« 
tbig ift, entweder, ober wo es mir vienlich fcheint, durch 
Abwechslung des Neuen mit dem Alten des Leſers 
Unterhaltung zu beförbern, denn die Literatur des 
15—17. Jahrhunderts eignet fich jeßt, namentlich bei 
getreuem Wiederabdruck, eben nicht zu einer fortgeſetz⸗ 
ten Lectüre. — Man koͤnnte dagegen einwenten, id) 
hätte vergleichen in einer dem Bedürfniſſe unfrer Zeit 
entfbrechenven Uebertragung geben follen ; dagegen er⸗ 
wiedere ich, daß bei folcher Moderniſirung ver Kefer 
nur verlieren würbe, denn was im Nltveutfchen naiv, 
witzig, derb klingt und fo anfpricht, wird durch eine, 
von Anderen vielfach verfuchte fogenannte Bearbeitung, 
nichtöfagend, fade, grob. 

Wenn ich im Allgemeinen und für das ganze Uns 
ternehmen erfuche, den fehr abfichtlich gewaͤhlten Bei⸗ 
fa: „Zur Cultur⸗ und Sittengefchichte in Wort und 
Bild“ nicht außer Acht zu laſſen, fo bitte ich noch 
insbeſondere dringend, fich deflelben bei Parthieen zu er⸗ 








1x 


innern, welche religidfe Streitigfeiten, Spotts 
fahen und ven Aberglauben früherer Zeiten zum 
Gegenſtande haben und die einem Ganzen nicht fehlen 
dürfen. Ich habe es nicht überfehen, bei ven erfteren 
alle Glaubenöbefenntnifie und Stände auftreten zu 
laſſen, und bei dem lebteren die Früchte zu zeigen, 
die er getragen, denjenigen, die aus Aberglauben das 
Buch zur Hand nehmen. 

Was die alte Volksliteratur in engerem inne 
betrifft,” auf welche man einft gar vornehm herabjah 
und die man verächtlich Pöbelhwig zu nennen beliebte, 
fo haben fich für dieſelbe feit einer Reihe von Jake 
ren fo gewichtige Stimmen erhoben, daß eine volle 
Berücdfichtigung jenes Faches meinerfeitö einer Erläu« 
terung oder gar einer Entfchulbigung nicht bedarf. In⸗ 
dem ich auf das klaſſiſche Werf von G. G. Gervi⸗ 
nus *) verweife und auf jenes von Karl Rofen- 
franz **), Taffe ich Hier im Auszuge folgen, was I. 
‚Gdrres**), nen ich ſchon bei früherer Veranlaſſung F) 

anführte, über diefen Zweig der deutfchen Literatur fagt: 
2.0. „Diefe Bücher Ieben ein unſterblich unverwüſtlich 
Leben ; ; viele Jahrhunderte hindurch Haben fie Hundert⸗ 
taufende, ein ungemeflenes Publikum, befchäftigt; nie ver: 


*) Geihißte ber poetifchen Rationalstiteratur der Deut: 
then. 5 Bände. gr. 8. Leipz. 1838. 
°*, Geſchichte der deutſchen Poefie im Mittelalter. 8. 
Dalle 1830. 
>, Die deuiſchen Volksbücher. Nähere Würdigung ber 
fchönen Piftoriens, Wetter: und Arzneibüdlein. 8. 
Heidelb. 1807. 
rt Lieblingsbücher in alten und neueren Gefchichten, 
Sagen und Schwänfen, durch W. Cornelius. 7 Thle. 
8. Stutig. 1838. 


“1 


x 


altend find file, taufend und taufendmaf wiederkehrend, 
ftets willtommen ; unermüblih durch alle Stände durch⸗ 
pulfirend und von unzählbaren Geiftern aufgenommen 
und angeeignet, find fie immer glei befuftigend, gltich 
erquicklich, gleich belehrend geblichen, für fo viele viele Sinne, 
die unbefangen ihrem inwohnenden Geifte ſich geöffnet. 
So bilden fie gewiffermaßen den ſtammhafteſten Theil der 
ganzen Literatur, den Kern ihres eigenthümlichen Lebeng, 
das innerfte Fundament ihres ganzen körperlichen Beſtan⸗ 
des, während ihr höheres Leben bei den höheren Ständen 
wohnt. Ob man wohlgethan, diefen Körper des Bolfe« 
geiftes als das Werkzeug der Sünte fo geradehin herab- 
zuwürdigen; ob man wohlgethan, jene Schriften ale des 
Pöbelwitzes dumpfe Ausgeburten zu verſchmähen, und 
darum das Bolt mit willtührlihen Beichräntungen und 
©emwalttpätigkeiten zu irren, das ift wohl die Frage nicht! 
Wahr fcheint’d, das Volk lebt ein fproffend, träumend, 
ſchläfrig Pflanzenleben ; fein Geift bildet felten nur und 
wenig, und kann nur in dem Strahlenfreife der höheren 
Welikräfte fh fonnen, feine Blüthe aber blüht Alles un: 
ter die Erde in die Wurzel hinab, um dort wie die Kar- 
toffel eßbare Knollen anzufegen, die die Sonne nimmer 
ſehen. Nicht ganz fo ungegründet zeigt fich daher wohl⸗ 
tie Beforgniß, es fey da unten nichts zu fuchen, als werth⸗ 
lofes Gerölle, Kiefelfteine, die die Strome in den langen 
Zeitläuften rund und glatt gewälzt, fchmußige Scheide 
münzen, die vielfältiges Betaften abgegriffen. Aber Man⸗ 
ches möchte Doch diefer Anficht wieder entgegenreden. Für's 
Erfte könnte es fcheinen, als ob die künſtliche Differenz 
ber Stände, weil feineswegs die Natur unmittelbar fie 
gegründet und in ſcharfen Umriſſen abgegränzt, auch auf 
keine Weife von fo gar mächtigem Einfluß wäre. In je 
dem Menfchen find, dünkt ung, eigentlich all? Stände; 
diefe Zeit bat ung gelehrt, wie fie in einzelnen Indivi⸗ 
duen alle der Reihe nach erachten, bis endlich oben gar 
Kronen aus dem Unfcheinbaren erblühten. In den obern 
Ständen fehen wir daher den Bauer und den Bürger pin: 
ter der Äußeren Eleganz verftedt, im Bauer aber in ber 
Regel den guten Ton fo zu fagen ins Fleiſch geſchlagen, 


xi 
und dort zum Tonus des Muskels werden. Man ſollie 
denken, daß der eingeſperrte Bauer dort wohl auch ein⸗ 
mal, wenn er ſich durchgeſchlagen, auf bäueriſch ſich er⸗ 
quicken möchte, und wieder, daß wohl auch in den unteren 
Ständen , beſonders an Sonn⸗ und Feſttagen, wenn ber 
Wochenſchmutz abgerieben und der Körper im Staate auch 
zu Staatsactionen aufgelegt fich fühlt, der Inieende Herr 
im Menfchen fih aufrichten und um fich bliden, und auch 
nad den goldenen Aepfeln Tüftern möchte, die oben in dem 
dunkeln Laube hängen. Es gibt ein Volk in dieſem Volle, 
alle Genien in Zugend, Kunft und Wiſſenſchaft und in 


jedem Thun find dieſes Volkes Blüthe; jeder, der reinen ' 


Herzens und lauterer Gefinnung ifl, gehört zu ihm; dur 
alle Stände zieht es, alles Niedere adelnd, fich hindurch, 
and jeglichen Standes innerfier Kern und eigenfler Cha 
rakter ift in ihm gegeben. Bon bdiefem heiligen Geiſte, 
der im Bolfe wohnt und nichts zu ſchaffen hat mit unheil⸗ 

em Pöbel, reden wir feßt, ob er darum, weil er derber, 

nnlier im Niederſteigen geworben ift, verwerflich fey. 
So if ver Geiſt, der 3. B. am franzöfiihen Volke übrig 
bleibt, nachdem man Alles, mas die BerruchtHeit von Jahr⸗ 
Hunderten ihm eingebrannt, mit jenem Pöbel von ihm ab» 
geſchieden, ein barmlofer, gutmütpiger , leichter, Heitrer 
Lebensgeift; gewandt und raſch in allen Aeuferungen, für 
das Gute keiht empfänglich und berührfam. Das ift ver 
berrlihe Geil, der in den englifhen Matrofen wohnt, 
nachdem man alle Beftialität in die Schladen hineingetrie⸗ 
ben, dieſe kräftige, energifche, unermüpliche, brave Ratur, 
die wie Damascenerftapl im Sturmesbraus gehärtet gegen 
den Ankampf aller Elemente federt, und flolz und wild 
und flegreich mit dem Meere ringt. Das ber Spanier ftols 
zer, hoher Barbareskenſinn, der tönendes Erz im Bufen 
trägt, und weil er Würdiges nicht vollbringen kann, Iies 
ber auf feinem innern Reichthum ruht und jede ungezie- 
mende Thaͤtigkeit verſchmäht. So erkennen wir endlich 
auch den Achten Innern Geift des deuifchen Volkes, wie 
die älteren Maler feiner befiern Zeit ihn ung gebilvet, eins 
fa, ruhig, fill, in fih gefchloffen, ehrbar, von finnlicher 
Tiefe weniger in fi tragend, aber dafür um fo mehr für 
bie höpern Motive aufgeichloffen. 


4 


xiv 


hat- die Ratur in dieſen Formen ihre bildende Kraft offen⸗ 
baren wollen, dann darf die Kunf auf keine Weife ſich 
fcheuen, ihr zu folgen in diefer Metamorphofe, und im 
Worte wieder auszuprägen, was jene ſtumm und fill ges 
ftaltete. Es zichen Feine Bären mehr durch unfere Wäl⸗ 
der, feine Elennthiere und Feine Auerochſen; mit ihnen if 
daher auch das Bärenpafte, was bie älteflen Sagen und 
Bildungen bezeichnet, gewichen, und wie die Sonnenſtrah⸗ 
fen durch die gelichteten Wälder Bahn fi bracden, bat 
auch in der entiprechenden Kunftentwidlung ein milderer 
Geiſt Plab gegriffen, der manchmal rein fur ſich in eine 
zeinen Bildungen dafteht, manchmal mit jenem Früheren 
ſich verſchmelzend, einen gewiflen mittelfchlägigen Charak 
ter bildet. Nicht mehr des Urfen und des Bären unbäns 
dige Wildheit fpricht daher aus diefen Büchern, wohl aber 
ein rafcher, gefunder, frifcher Geift, wie er das Reh durch's 
Didicht treibt, und in den andern Thieren des Waldes 
lebt; es if nichts Zahmes, Häusliches, Gepflegtes in ih 
nen, Alles, wie draußen im wilden Forſt geworden, ge⸗ 
boren im Eichenſchatten, erzogen in Bergestlüften, frei 
und franf über die Höhen ſchweifend, und zutraulich von 
Zeit zu Zeit zu den Wohnungen des Volkes niederkom⸗ 
mend und von dem freien Leben draußen ihm Kunde brin- 
gend. Das ift der eigentliche Geift jener Schriften, fern 
von jenem, den man in den neueften Zeiten in den Rothe 
und Hulfsbüchern als eine feuchtivarme, lindernde Bähung 
feinen Preßhaftigkeiten aufgelegt, und die, obgleich viel 
leicht den augenblidlichen Bevürfniffen entfprechend,, doc 
eben dadurch Zeugniß geben von tem chroniſch⸗-krankhaften 
Geift ver Zeit. Wenn man, was wir in biefen wenigen 
Blättern über den Charakter und das Wefen diefer Bücher 
beigebracht, erwägt, wenn man, fo oft die Hoffart auf 
unfere feinere Poeſie uns übernehmen will, bedenkt, wie 
ed das Volk doch immer if, was ung im Frühlinge vie 
erfien, die wohlriechendſten und erquidenpfien Blumen aus 
feinen Wäldern und Hegen bringt, wenn auch fpäter frei⸗ 
lich der Lurus unferer Blumengärten ſich geltend macht, 
teren fihönfte Zierden aber immer irgendwo wild.gefunden 
werden; wenn man fich befinnt, wie überhaupt alle Poefie 


2Y 


urfprünglich doch immer von ihm ausgegangen iſt, weil 
alle Zuftitution uud alle Verfaſſung, und das ganze Ge⸗ 
rüfle der böferen Stände, immer fich zuletzt auf dieſen 
Boden gründet, und in den erſten Zeiten die gleiche poe⸗ 
niſche, wie politiſche und moraliſche Naivität herrſchend 
war, dann fönnen wir wohl endlich vorausſetzen, daß je⸗ 
des Borurtpeil gegen dieß große Drgan im allgemeinen 
Kunftlörper verſchwunden fey.“ 

Wo es mir irgend von erheblichem Werthe fehien, 
babe ich tie Quellen angegeben, aus welchen ich fchöpfte, 
an andern Orten unterließ ich dieß zur Vermeidung 
unenblicher Wiederholungen und weil ich ja überall 
nur ald Sammler und Ordner ded Materiald gelten und 
nicht Gefahr laufen will, durch noch gewagtere Verfuche 
den verfchämten Beiftesarmen beigezählt zu werben, und 
fo die großmüthigfte Nachficht, deren ich bedarf, zu ver 
ſcherzen. 

Fremdländiſches werde ich da in den Bereich 
meines Unternehmens ziehen, wo es zur Vervollſtän⸗ 
gung irgend eines Abſchnittes an ſeinem Platze oder 
wenn es ſo und mit Recht bei uns eingebürgert iſt, 
daß man durch ein Hinweglaſſen deſſelben nothwendig 
eine Lücke wahrnehmen müßte: ich meine hier zunächſt 
tie alten komiſchen Erzeugniſſe des Auslandes. 

In Betreff der Abbildungen habe ich zu bemerken, 
daß es ſich bei deren Menge und bei dem Preiſe des 
Buches un Erreichung eines Kunſtwerthes nicht han⸗ 
deln kann: wenn fie nur das verdeutlichen und wieder 
geben, was ſie ſollen, ſo ſcheinen ſie mir ihren Zweck mehr 
zu erfüllen, als wenn durch eine luxuridſe Ausftattung 
der Preis ein fehr Hoher, und dadurch das Merk Wie 
len nicht zugänglich wäre. 

Wenn Freunde der alten Xiteratur und Kunſt in 
dem von mir bezeichneten Kreife mich auf Dieſes ober 





xri. 


Jenes aufmerkſam machen wollten, was das Geſammt⸗ 
werk intereſſanter, vollkommener, nüßlicher geſtalten 
koͤnnte, wenn ſie gar die Güte hätten, aus ihren oft 
fo reichen Schaͤtzen den Aermeren durch Beiträge zu 
erfreuen, fo wuͤrde ich dieß mit allem Danke erkennen 
und Geliehenes ſchnell den freunplichen Spenvern wie 
der zukommen laffen. 

Allen Denjenigen, welche bis jebt bie Güte hatten, 
‚mir mit Rath und That an die Hand zu geben — 
namentlich der fo höchſt fchäßbaren und bereitwilligen 
Unterftügung durch die hiefige Töntgl. Öffentl. Biblio⸗ 

thek — fühle ich mich auf's wärmfte verpflichtet. 

Zu gegenwärtigem erften Bande weiß ich indbefons 
dere nichts zu fagen, als daß ich's verfucht habe, ver 
erften Zelle diejenige Mannigfaltigfeit in Wort und 
Bild zu geben, wie der Umfang fie zuließ. Die zweite 
bis vierte fcheint mir ebenfalld nicht unintereflant aus. 
gefüllt. — Viele Titerarifche Nachweifungen über Brandt, 
Geiler und Murner zu geben, Tonnte nicht in meinem 
Plane liegen, obgleich hinreichende Material dazu in 
meinen Händen war. Nach einer kurzen Einleitung 
gleich zur Sache feldft zu fchreiten, fehien mir im In⸗ 
terefie Ded Unterhaltung ſuchenden Leſers. 


Stuttgart, den 1. Auguft 1845. 


I. Scheible. 


Erfie Belle. 


Volksprediger, Moraliften und frommer 
Unfinn. 





Der Gauftenfel. 


2. Abraham a Saucta Clara. 


Diefer weit mehr, vorzüglich im nörblichen Deutfchland, 
untichtig aufgefaßte und falfch verfiandene, als nach ſei⸗ 
sem wahren Werthe anerkannte, talentvolle Mann, Tann 
als das befte Mufter populärer Tatholifcher Beredſamkeit 
feiner Zeit mit vollem Rechte betrachtet werden. Er 
bie mit feinem Bamilinnamen Ulrich Megerle, 
fammte aus einem abelichen Gefchlechte, und warb am 
4. Juli 1642 armen, aber frommen und reblichen Eltern 
zu Krähenhennftetten, unmeit des Städtchene Mößftrch (in 
den mebiatifirten fürftlich fürftenbergifchen Befigungen) in 
Schwaben, geboren. Er zeichnete ſich fchon in früher 
Jugend durch einen heftigen Drang nach Wiflen, Fleiß 
und Talent auß, und erhielt eine wifjenfchaftliche Bildung 
auf den lateinifchen Schulen zu Moßkirch, Ingolſtadt und 
Salzburg. In feinem achtzehnten Jahre trat er in den 
Barfüßer-Auguftiner-Orden zu Marlabrumn, ftubirte dann 
in dem zu Wien befindlichen Ktofter ſeines Ordens Phi 
Iofophie und Theologie, warb zwei Jahre fpäter, 1662, 
zum Prieſter geweiht, promovirte ald Doctor der Gottes⸗ 
gelahrtheit, und ging dann als Feſttagsprediger nach 
Klofler Tara bei Dachau in Baiern. Don Hier begab er - 
ſich zurüd als Prediger nach Wien, wo er durch feine 
glänzende Rebnergabe fich bald einen ausgebreiteten Ruf 
erwarb. In gleicher Eigenfchaft darauf eine Zeitlung 
in Grätz verweilenb, ward er 1669 von Leopolo 1. 
als Taiferlicher Hoſprediger nach Wien berufen, welchem 


4 


Amte ex zwanzig Jahre lang unter allgemeiner Verehrung 
vorftand, Hochgefchägt und geliebt von feinem Monarchen. 
Waͤhrend diefer Zeit flieg er in feinem Orden von Stufe 
zu Stufe, und warb nacheinander Provinzial-Procurator, 
Kector, Pater fpiritualis, Prior- Provinzial, und Definitor 
feiner Provinz. Als Prior-Provinzial war er 1689 bei 
dem General-Orvensfapitel zu Rom anweſend, predigte 
dafelbft zu verfchievenen Malen mit großem Beifall und 
warb von Pabſt Innocenz XI. mit einem geweihten Kreuze 
beſchenkt; als Definitor trug er außerordentlich viel zu 
der Berbefferung mehrerer Klöfter feines Ordens bei. — 
E ftarb am 1. December 1709, im acht und fechszigften 
Jahre feined Alters, zu Wien. 

Pater Abraham a Sancta Clara war ein feltener, kuͤh⸗ 
ner, veblicher, mit vollfter Meberzeugung feinem Glauben 
anhängenber, feinem Orden auf dad treuefte ergebener, 
wohlwollend gefinnter, mwohlthätiger, vechtfchaffener und 
tugendhafter Mann, wie er Died in unzähligen Fällen ſei⸗ 
bat Langen, wirkungsreichen Lebens vollfommen bewährt 

at *). 


Aus der Lauberhütte **), 
1) Die Läuf im Peltz. 
Thue nur dieſen Theil verlegen, 
Wann du dir d'Läuß in Pelg willft feßen. 


Joannes der Chronift Gottes, diefer hochfliegenbe Adler, 
biefe hellſtrahlende Fackel ver Evangeliften, fehreibt in ſei⸗ 


*) Encyklopädie der deutfhen Nationalliteratur. Bon 
O. L. B. Wolff. Leipzig 1835. 

**) Abrahamifche Lauberpütt. Ein Tiſch mit Speifen in 
der Mitt, welche Hütte nicht leeres Raub und Blatt, 


5 


ner Epiftel biefe Furke, jedoch Geheimnußreiche Mort: 
‚Advocatum habemus apud Patrem Jesum Chri- 
stum Justum, wir haben einen Advocaten bei dem | 
rigen Vatter, nemlich Jeſum Chriften den Gerechten, 

von dem Berechten zu ven Berechten, nein Selliger Joan⸗ 
ned, du Lehrer und Mehrer ver Kirchen, du Krank und 
Blank der Jungfrauſchafft, wie kommt es dann, daß du 
zu dem Wort Advocat hinzuſetzeft: Jastum den Gerech⸗ 
ten; ſolls dann auch ungerechte Advocaten geben? wie? 
wo? wann? wenn? ja freylich, und deren ſeyn gar viel 
zu ſinden, welchen folgender Spruch kann zugeeignet 
werden: multi sunt Advocati, pauci vero electi, 
nempe ad vitam sternam. 8 tft ſchon eine uralte 
Geſchicht, was dem Joanni, mit vem Zunahmen Parco, 
dem Kargen begegnet: dieſer war ein Advorat, und da 
er auf den Abend unweit Florentz ſpatzieren gieng , fo 
fiebet er, Daß mit reverendo ein Sauhalter eintrieb; 
dieſe kothige Trampelthier wollten aber nicht in Stall und 
in ihr Sau⸗Loſchiment, fonvern lieffen hin und wiever, 
die eine oben, vie andere unten aus; endlich wird ber 
Sirt zornig und bricht in dieſe Wort heraus: daß euch 
der Teufel hineintreib in Stall, wie vie Advokaten in bie 
SGoͤll, und fehet Wunder! kaum daß er folches ausgeredt, 
ſo ſeynd ſie Hauffenweiß in Stall hineingedrungen, eine 
über die andere geſprungen, keine wollt vie letzte ſeymn; 


fondern viel herrliche Früchte hat. Denen Juden zum 
Trug, denen Ehriften zum Nuß ans" und aufgerich 
tet, wie auch mit vielen augerlefenen,, ſowobl bibli: 
fen, al8 andern finnreichen Concepten, Gefchichten 
und Gedichten geziert und ausfpaflirt von hinterlais 
fenen Schriften ver durch das chriſtliche Europam fehr 
belobien und beliebten Feder Ihro Wohlehrwürden 
rie Abrapami a ©. Elara fel. zufammengetragen. 
Bände. 4. Nürnberg und Bien. 1723, 


ob folchem erſchrack Jonnnes Parous vergeflalten, daß 
er ber Welt ven Rucken gekehrt, und ihn die Sau zu bem 
wahren Lamm Gottes gebracht; ift demnach ein Beichen, 
dag viel und nur gar viel ungerechte Advocaten anzu⸗ 
treffen, welche gleich ſeyn zwey Wüäfcherinnen, die ihre 
Wäfch auswinden; eine dreht Hin, die andere dreht her, 
bis fie alle Feuchtigkeit zugleich herausprefien ; ſodann 
werfen fie ven Fetzen auf Die Seiten. Alſo machen ed die 
gewifienlofe und gelpbegierige Advocaten, indem fie ded 
Klägerd und des Beklagten fo lang ihre Beutl auöprefien, 
bis nichtö mehr darinnen, da heißt ed: tum torquent, 
extorquent. 
Durch Prefin und Binden hin und her 
Bleibt oft Fein Kreuger übrig mehr. 

Diefed Geliffterd waren jene zwey Aovocaten zu Parts, 
welche zugleich Gevattersleut miteinander geiwefen, zu bee 
ren einem kam ein guter Mann, doch nicht von fo gar 
großen MittIn und Vermögen, mit Bitte, er wolle feinen 
Handel wider einen Bauten und ſehr reichen Vogl als 
feinen Gegentheil bey Gericht ausführen. Der Advocat 
verjpricht ihm allen Beyftand, er fol fich nur innerhalb 
zwey Stunden anmelden; immittelft kommt ver Bauer 
als des andern Gegentheil, fpricht ihn an, er wolle feinen 
Gerichtshandel ſchützen, und verfpricht dem Doctor bei⸗ 
nebend einen fchönen Necompens ; befommt alfobald das 
Jawort, und wie ver andere um beflimmte Zeit wieder 
fommen, entfchuldigt er ſich, daß er vor diesmal nicht 
dienen könne, aus Urfach, weilen er ver andern Gegen⸗ 
parthey die Afjiftenz verfprochen: ſchickt ihn aber zu ei⸗ 
nem andern Advocaten, feinem Gevattern, mit dieſer in 
einen Brief verſchloſſenen Recommendation: Mein Herr 
Gevatter, es ſeyn mir zwei feiſte Kapaunen kommen, den 
feiſtern habe ich vor mich behalten, euch ſchicke ich da 


7 


ven andern, dieſen wollet ihr, den andern will ich vupfen- 
& fo rupf! 

Die ungerechte Advocaten feynd nicht ungleich jenem 
Vogl Caprimulgus over Nachtraum genannt. Diefer 
Vogl fchleicht bei der Nacht unter die Heerd der Gaißen, 
und invem fle ruhen, faugt er ihnen die Milch bis auf 
das Blut aus, elicit sanguinem ; folche Gaigmelder 
feyn biöweilen einige Advocaten, vie den Proceß ehenver 
nicht zu End bringen, bis ber arınen Elienten Beutl vol⸗ 
fig fer; alsdann dringen fle auf einen gütigen Vergleich. 
Etliche Advocaten feynd faft wie die Kameel, welches, 
bevor es aus dem Bach trinfet, mit dem Fuß das Wafler 
trüb machet: Turbita placet. 

Bey verwirtten Sachen 
Thun fie wader Geld machen. 

Bor muthrwilligem Rechtsführen und frevelhafter Zank⸗ 
fucht iſt ſich billig zu hüten, dann es gibt viel Sturm« 
fopf in der Welt, vie oft eine Urfach vom Zaun herab 
Sehen, ibren armen unfchuldigen Nächften weder Raft 
noch Ruh laſſen, fich zu Keiner Billigkeit und Vergleich 
jemahlens verſtehen, aus der Muden einen Elephanten 
machen, und wann fie ein wenig in DBermögen und An⸗ 
feben, auch bey Hof und denen Gerichtern gute Freund zu 
haben vermeinen (hingegen aber ver Nachbar duͤrftig, fried⸗ 
fertig und weichmüthig iſt) mit Ungeftümm alles hindurch 
dringen wollen, und pari passu recht und unrecht zu 
behaupten fich gelüften laflen ; viefe aber, wann fie das 
geringfte Fünflein eines Gewiſſens haben, follen bedenken, 
daß fie mit dergleichen Gewaltthätigleit und Plagen nicht 
allein ven Nächften, ſondern auch Gott felbften betrüben 
und beleidigen, ihren Segen auf fich und ihre Nachkomm⸗ 
kinge verringern, oder wohl gar verlieren, der armen Be⸗ 
Yrangten Seufgen und Gottes Fluch über fie und die ih⸗ 


8 
sige laden, und dardurch Gottes und ber Dienfchen Feind⸗ 
ſchaft an fich ererben, ja gleichfam Kohlen in ihre Stänf 
und Scheuren fammien, davon ihr Hab und But 'ver- 
zehret und zu Aſchen verbrennet wird; hingegen wo bis 
chriftliche Liebe im Herzen lebhaft verbleibet, fo zeiget man, 
daß man ein Kind Gottes des allergerechteften Richters, 
ein Jünger Chriſti und ein Erb der Seeligfeit feye , da⸗ 
sumben dieſes goldene Sprichwort: Was du nicht 
willſt, daß man dir thue, thue andern auch 
nicht, ein Probierſtein ſeyn ſolle, alles Thum und Laſ⸗ 
fen unferd ganzen Lebens, daraus wir all unfer Beginnen 
und Anfchläge prüfen und erforfchen follen. Ein anders 
if, wann man von einem unruhigen Nachbarn. unfchul« 
Dig angefochten wird, fich feined Rechts nothwendig ger 
brauchen muß, ein anders aber, ven Nächften mit fre= 
ventlicher, muthwilliger Gerichtö-Behelligung für Gericht 
eitiren, wo man mehr einem gewoinnfüchtigen, unruhigen, 
ungewifienhaften Advocaten, ald ver Billigkeit und chriſt⸗ 
lichen Liebe folge. Dielen iſt entweder aus Ginfalt oder 
aus Bosheit viel gebient, wann ihnen von denen Advo⸗ 
eaten allerley Elusiones und Außflüchten (ihren Nächten 
wider Billigleit zu hintergehen) vorgewiefen werben, fie 
achten wenig ein Aug zu entbehren, damit nur ihr Ge⸗ 
gentbeil zwey Augen verliehren möge, und wird wahr bey 
ihnen, was Mantuanus Eclog. 6. fhreibet : 
— — — in longum protrahere causas 
Et lites traxisse diu vindemia quædam est. 


Unter Fried der guten Chriſten 
Stiften Zank und Hader an, 

AR das Handwerk der Yuriften, 
Da hangt all ihr Schnitt daran. 


Dahero ein gelehrter weifer Mann fagte, als ein Ad⸗ 
vocat vorüber gieng: Hic est, qui aliorum stulti- 


9 


tiis saginatur. Gewiß iſts, wer in feinen Rechts⸗ 
handeln einen Juriſten allein zu Math nimmet, wird ſel⸗ 
biger, es ſey wie es wolle (mann einer Hoffnung hat, dar 
tinnen gebraucht zu werben), ſchwerlich zum Bergleich 
rathen, fondern wird ihm um fo viel lieber feyn, je mehr 
umd länger er ſolches aufzuziehen und zu verfchieben ber 
fliſen ſeyn Tann, und wie ber Aertzte Nahrung der 
Menſchen Unmäaͤßigkeit ift, alſo ift ber Advocaten Acker 
und Pflug der Menſchen Zankſucht und Uneinigkeit. Wer 
alſo ſchließlichen ein gutes Gewiſſen und ehrlichen Namen 
mehr liebet, wird wiſſen, fich vor ſolchen Zungendreſchern 
zu hũten, und fremde Partheyen, noch weniger aber arme 
Leute, sum Zeit und Gelb zu bringen ſuchen. 


Rechten, fpielen, prächtig bauen, 
Bürge werden, viel vertrauen, 
Ueber feinen Stand fih zierm, 
@äfte halten, banfetirn, 

Biel der Hund und viel der Roflen, 
Webrig große Paußgenofien, 
Gleichfalls löfflen, buhlen, nafchen, 
Macht leere Kuchl und leere Taſchen. 


Nun iſt zwar nicht zu laugnen, daß es viel ungerechte 
Apvocaten und Juriſten gibt; hingegen iſt aber auch 
nicht gering die Anzahl deren wackern und gerechten Abs 
voraten; Daniel ein gerechter Advocat, Monfes ein ger 
rechter Advocat, Job ein gerechter Advocat, Boetius ein 
gerechter Advocat, Symachus ein gerechter Advocat, Theo⸗ 
philus ein gerechter Advocat, Sulpitius ein gerechter Ad⸗ 
rocat, Severus ein gerechter Advorat, Germanus ein 
gerechter Advoeat, x. Das wäre noch eine Heine Zahl: 
burchreife aber ein wenig bie vornehmen Städt in Italien, 
fo wird man bie zu Mom in der Hauptſiadt der ganzen 
Chriſtenheit Wunder erzäblen, was vor gerechte und ge⸗ 


10 


wiftenhafte Advocaten feyn: Martinus von Azpilmeta, 

als welcher bey drey Nömifchen Paͤbſten Pio V., Gre⸗ 

gorio dem XIII., Sirto dem V. lieb und werth, allen 

Nationen angenehm, das Spittal des Heiligen Antonii 

von Padua in Campo Martio mit reichlichen Renten und 

Einkommen verſehen, und Bernardinum Sandovali, deſ⸗ 
- fen Tugenden unſterbliches Lob verdienen. 

Zu Neapl wird man dir ſagen, was vor ein gerechter 
Advocat ſeye geweſt der alldort geborne Colutius Copula, 
deſſen Schutz und Schirm von allen Standsperſonen in 
gerichtlichen Haändl verlangt, und wann ſie folche erhalten, 
die Sach ſchon wirklich gewonnen gehalten. Zu Pabua 
wird man dir ein ganzes Negifter vorlefen, was vor flatt« 
liche Aovocaten alldort gewefen: Rolandus ve Placiola, 
Nicolaus Malubre, Fabius Marimus, Benedictus Plum- 
bini, Raphael Commenſis, Franciscus Aloorati, Hulde⸗ 
rieus Gafflus, Raphael Fulgoſus, Reinerus Arſendi, 
Hieronymus Zagnolo, Theodorus Moller ein edler Teut⸗ 
ſcher ꝛc. Zu Paris wird man dir ſagen, was vor ges 
willenhafte und gerechte Advocaten feyn geweſen Baldus 
und Paulus Lancelotus. Zu Bononien, was vor gute 
Üovoraten Cratianus Clufimus, Azoni, Petrus Ancho⸗ 
ranus, Ludovieus Lambertocius, Joannes de Lignano, 
Bon Jacobus, Ludovicus Lambertocius, Idannes de 
Lignano, Ludovicus Vologninus, Sebaſtianus Zanetus, 
Joannes Croto x. 

Zu Venedig haben auch ein unſterbliches Lob: Richardus 
Malubrae, Franciscus Puteus ꝛc. Zu Mutina, Caſpar 
Betra Zoni. Zu Florenz Antonius Cioſt, zu Berrara 
Jacobus Cagnainus, zu Eiſenſtein in Umbria, Bartholus, 
und zu Pavia Baldus. Wiederum zu Paris: Renatus 
Chopin, zu Barcelona Michael Cabedi, zu Löwen Joan⸗ 
ned Borneſis, zu Bonn Bona Franciscus Burchart, zu 


ii 


Göln Andreas Gall, zu Augſpurg Conradus Plutin« 
ger, Michael Ziegler x. 

Zu Salzburg Hieremiad Knoll. Zu Ingolſtadt 
Sartmannus von Eppingen, Chriftophorus Befoldus 
und Sebaftian Hoflinger ıc., lauter flattfiche, gewiſſen⸗ 
bafte, gerechte Advocaten; wie feynd aber die Advocaten 
bahier zu Wien? Dahier zu Wien feynd viel Advocaten, 
aber wie viel gerechte? Das weiß ich nicht; wie viel 
ungerechte? Das weiß ich auchnicht ; wie viel böfe? Das 
weiß ich nicht, wie viel gute? Das weiß ich auch nicht; 
wie viel gewiſſenhafte? Das weiß ich nicht; wie viel une 
gewiflenbafte? Das weiß ich auch nicht. 

Wie viel Heilige? Das weiß ih: nur ein einziger, 
und biefer hat ihnen vor etlich Jahren ein neues Haus bauen 
laſſen in ber Juriften-Schul, ein neue Kirchen in ver 
Schulerfiragen, dieſe Kirchen gehöret zu dem Helligen 
300, und Ivo ift ein Advocat geweft, aber ein Heiliger, 
feine Heiligkeit beflunde meiften Theil in dem, weilen er 
geweft ein Advocat der armen Wittwen.und Walfen. 
Ih, indem ich fehe, daß mein gebeneveyter Jeſus fich 
über Die Wittib zu Nain erbarmet, und ihren Sohn zu 
der Mutter fonderbaren Troft wierer vom Tod zum Les 
ben erweckt, fo trette ich deswegen in bie Fußſtapfen Chrifti 
und des Heiligen Ivonis, dieſes fo gottfeligen Advocaten, 
gib auch ab einen Advocaten deren Withven, und ob es 
mich ſchon Hart ankommt, nichtöbeftoweniger fo lob ich, 
fo lieb ich, fo defendir ich, fo venerir ich, fo recommenvir 
ih den Wittmenftand, und nenne denfelben glüdfelig in 
ver Welt, ja felig in ver andern Welt, forprift meilen 
die Augen Gottes infonderheit über die verlaffene Wittiben 
gerichtet ſeyn; weh demjenigen, der viefe Arme thut ver 
legen, der tut ihm d'Läuß in Bel felbft fegen. 

Gluͤckſelig iſt ein Wittib: Dann ift verjenige glückſelig 


12 


zu nennen, ber .von einem langen Arreſt frey und loe 


worden, ift derſelbe glüdfelig zu nennen, der von einer - 


ſchweren Krankheit wieder erleviget ift, iſt derſelbe glück⸗ 
ſelig zu nennen, der nach vielen Gefahren des Meers wie⸗ 
ber zum erwünfchten Geſtad anlaͤndet, fo iſt ja glückſelig 
und überglüdfelig der Wittiwenftand. 

Was ift ver Eheſtand? Ein Wehefland, eine Kranfe 
heit: Denn iſt das Weib 608, fo hat der Mann pas 
GSeitenweh, ift der Dann bö8, fo hat das Weib das 
Hauptwehe. 

Was iſt der Eheſtand? Ein langer Arreſt und Kerker; 
zu Wien in dem Ambthaus nennet man denjenigen, der 
da über vie Gefangene Obſicht hat, den Hutſtock; 
freilich ift mancher Mann ein Stod und Hutſtock, fein 
armed Weib ift in einer fleten Gefängnuß, und muß 
alle Tage einen Hausarreft haben, darf niemalen vor bie 
Hausthür, wo unterbeflen der Mann von einem Wirthd« 
haus in das andere lauft. Glückſelig dannenhero ein Weib, 
bie von einem folchen Lümmel durch ven Wittibfland im 
einen Simmel kommt, und in die goldene Freyheit aus⸗ 


get. 

Was ift ver Eheſtand? Ein trübes und betrühtes Meer 
voller Trübfalen, mo eine Welle ver Widerwaͤrtigkeit bie 
andere ſchlaget; in dem Meer frefien vie großen Fiſch die 
Keinen, und in dem Eheſtand jagt der Mann, forbrift 
wann er ein Stockfiſch ift, öfters feines Weibs ihr Gütl 
völlig Durch die Gurgl. Wohl und aber wohl gefchicht 
einem ſolchen Weib, vie von dem bittern Meer des Eher 
ſtands auf das glüdfelige Geſtad des Wittibftanded ger 
langet. 

Was ift ver Eheflann? Der Ehefland ift öfters gleich 
ber Träpeller-Rarten, wo der Baftoni den Meifter fbielt. 

Was ift ver Eheſtand? Der Cheſtand if dfterd gleich 


13 


einem Garten, wo bie Saublumen anflatt ver. Narcifien 
in dem Bettl wachſen. 

Was ift der Ehefland? Der Eheſtand ift öfters gleich 
eine Schang, wo die Wirthichaft auf der verlohrnen 
Schildwacht fteht. 

Was ift der Eheſtand? Der Eheſtand ift öfters gleich 
einer Scheuten, worin Flegl und Trifchl vie beſte Werk⸗ 
zeug ſeyn. 

Wie unſer gütiger Herr und Heiland ven Saal mit 
einem Stall, ven Himmel mit einem Getümmel, die Herv⸗ 
lichkeit mit der DBefchwerlichkeit, die Freud mit Leid ver 
taufcht, und Menfch worven, als ein Menſch geborm im 
dem Stall zu Bethlehem, da feynd vor allen andern Tome 
men drey König aus Orient, mit großer Andacht, an« 
bächtiger Pracht, prächtigem Aufzug ; dieſelbe Haben ven 
neugebohrnen Mefiiam, König und Erldſer wollen be 
fuchen, anbeten, verehrten, kommen demnach in den armen 
Bethlehemitifchen Stall, port finden fte nichts als ein 
SHeublumen, das ift Iefum, ber fich nennet eine Feldblu⸗ 
men, ego Flos Campi, und diefe Blumen auf dem 
Heu. Bor dieſem neugebornen Meffta fielen die drei Mo⸗ 
narchert niever auf die Erd, heteten ihn an als einen 
vermersfchten Bott, ehrien und verehrten ihn mit Dreyerley 
Beichandnuffen, nemlich mit Gold, Weyraud und Miyre - 
ben. Der Heilige und große Kirchenlehrer Hieronymus 
verftehet Durch dieſe drey Gaben die drey Stänb in ber 
Römifch-Katholifchen Kirchen, als nemlich durch das Gold 
bie Jungfraufchaft, durch den Weyrauch den Wittibfland, 
und durch die Myrrhen den Eheſtand, und gar wohl: 
dann die Myrrhen hat geopfert der Balthauſer. O wie 
manche bekommt oft einen Walvhaufer, einen Wilphaufer, 
der alles verthut ; fo ift dann die Myrrhen eine Figur 
des Cheſtands, mein! koſte und verfuche mis ein wenig 


14 


die Myrrhen, pfui Teirl! wie bitter! gar recht, fo bitter 
fallt auch manchem lieben Weib ver Ehefland, bitter, bite 
ter, bitter. 

Matthät am 18. Cap. da hat unfer lieber Herr erzaͤhlt: 
Es war ein König, der wollte Rechnung machen mit fel- 
nen Knechten, und ald er wirklich in der Rechnung bee 
fchäftiget, va kam einer, ver war ihm 10000 Pfund 
ſchuldig; als er aber nicht Hatte, wovon er Tönnte zah⸗ 
len, da befahl fein Herr zu verkaufen ihn felbft, fein Weib, 
"feine Kinder, und alles, was er hatte; über dieſes Urtheil 
möcht fchier jemand murren und ed vor unrecht halten, 
warumb fol das Weib ihres Manned Echuld büfen ? 
Warumb ſoll das Weib verkauft werden? Dieäfter gibt 
mir zwar ein Urſach an die Hand und ſpricht: Diefer 
Mann babe darumb Schulden gemacht, weilen er ein 
Hleined Einkommen gehabt, Hingegen dem Weib alleweil 
neue Modekleider verfchaffen mußte; das kann gar wohl 
feyn: Ich fage aber, daß dieſes die Urfach geivefen, daß 
bad Weib auch büßen müflen, weilen fle ven Mann nicht 
ermahnt; e3 antiwortet mir aber das Weib, vie arme Haut: 
Ja wohl vermahnen! wann ich nur ein Wort gefagt hätte, 
fo hätte er mir mit Prügl-Suppen die Ermahnung auf 
ven Rucken geben. ch weh! bitter, bitter ift dann der 
Cheſtand; ift das nicht ein Furzweiliges Müthl, wann 
man hören muß folgendes Liedl: 


Steht er auf, fo ſitz ich nieder, 

Schlagt er mich, fo fchlag ich wieder, 

Will er diß, fo bin ich Z’wider, 

Nimmt er die Peitfchn, fo nimm ich die Schlüßl, 
Wirft er mit Krügen, fo wirf ih mit Schüßl, 
Greift er zum Degen, fo nimm ich die Zangen, 
Schlagt er in d'Augen, fo kratz ich die Wangen, 
Kann ich denn endlich ich feiner nicht wehren, 
Thu ih ten ganzen Tag fluchen und ſchwören. 


15 


&y das Bett im Himmel. erbarm! 
Iſt ja beffer leben arm, 

Leben ein Wittib hinter der Maur, 
Leben allein und in der Traur, 
Als ein folches Leben führ’n, 
Beißen in fo faure Birn, 

Baden in fo heißem Del, 

Haben hier und dort die Hol. 

Gluͤckſelig ift deſſentwegen ver Wittibftand, beatior 
erit si sic permanserit. 

Zu Zeiten feyn die Männer Arger als ver Teufl, fole 
ches ſteht zu probiren. Wie Gott ver Herr wollte ven 
Job ftellen zu einem Exempel und Exemplar, zu einem 
Sorm und Sormular, zu einem Yührer und Zierer der 
Sanftmuth und Gedult, hat er dem böfen Feind, dieſen 
allgemeinen Verſucher ver Menfchen, zu fich berufen und, 
gu ihm gefprodyen: Weift du was, meineiviger Engl, ich 
bab einen Dienfchen auf Erben, veffen Rahmen fangt an 
von einen Io, und weil Io eine triumphirende Stimm iſt, 
Jo Triampha, fo follft vu wiſſen, daß derſelbe in als 
lem und jedem wider dich triumphiren werde und bir nim⸗ 
mermebr unterliegen; 306, Job ift diefer, thue eins, ver» 
fuch ihn auf alle Weiß, nimm ihm Kinder und finder, 
du wirft nichts richten, nimm ihm Haus und Schmauß, 
du wirft nichts richten, nimm ihm Geld und Zelt, bu 
wirft nichts richten, nimm ihm Welver und Wälder, du 
wirft nichts richten, nimm ihm Gut und Blut, du wirft 
nichtä richten, nimm ihm Thron und Reputation, du wirft 
nichts richten, nimm ihm Stammen und Nahmen, vu 
wirft nichts richten, allein veruntamen animam illius 
serva, Job. cap. 25. 6. feine Seel laß mit Frieden. 
Glossa fagt, durch die Seel habe Gott nicht verftanden 
bie Seel in Leib. Nein; dann viefelbe hat ja der böfe Feind 
angetaft, probirt, tentirt, attaquirt, ſondern durch dieſes 


16 


Wort Seel, wurde verflanden Uxor fein Weib, dahere 
bat ver böfe Feind alles und alle8 dem Job genommen, 
Haus, Hof, Schaf, Ochſen, Kinder, Freund, Geſundheit, 
allein das Weib nicht, das Weib hat er mit Frieden ge⸗ 
laſſen. Einem jeden Mann wird von Gott dem Herrn 
durch den heiligen Paulum geboten: Viri diligite uxo- 
res vestras, et nolite amare esse ad ipsas: Jhr 
Männer liebet eure Weiber, und feyp nicht bitter gegen 
fle ; nicht8 deſtoweniger halt dieſes Gebot der hunderte 
nicht, da folches doch ver Teufl gehalten; feyn dannen- 
hero die Männer weit ärger ald der Teufl. O glüdfelig 
en Wittib! 

Iſt glückſelig geweſt Joſehh, daß er von dem Pharao 
erledigt worden. 
SIR glüdfelig geweft Elias, daß er von der Jezabel er⸗ 

ledigt worden. 

Iſt glückſelig geweſen David, daß er von dem Saul er⸗ 
lediget worden. 

Biel glüdfeliger iſt ein Wittib, wann fte von dem Mann 
frey und los wird. Beatior erat si hic permanse- 
rit. Dann iſt der Mann fchon fein Pharao geweft, fo 
ift er doch ein Fahrer geweſt, Hin und her, bald da, bald 
bort. Iſt er kein Saul geweſt, fo ift er doch ein Sau ge 
weit, alle Tag voll. Iſt er kein Iezabel geweſt, fo iſt ex 
boch ein Gehts alleweil geweft, ins Wirthshaus. 

“ Kann mithin ein Wittib froh und immer froh feyn, wann 
fie ohne einen folchen Bengl als ein Engl leben Tann; 
thut fle aber wiederum heurathen, fo ſetzt ſie ihr ſelbſt Die 
Läug in Peltz, und ift Feines Wegs zu erbarmen. 

Damit ich aber zum Schluß jenen Dlünnern, welche 
fih in dem Binderhandwerk auf ven Schlegl am beiten 
verfiehen, eine Feine Ermahnung hinterlaſſe, fo follen fle 
wiſſen, wie ihre Weiber zu corrigirn, zu dirigirn und zu 
carreſſirn. 


17 


Erſtlich muß ber Mann in der Gorrection eine Modes 
ration brauchen, und nicht offentlich fondern heimlich fei« 
nen Weib die begangene Fehler vortragen, damit fich beede, 
fo wohl der Mann als das Weib, vor denen Fremden 
nit zu Schanden machen, und biefes muß gefchehen mit 
einer Sanftmuth und guter Manier; alfo hat es gemacht 
ber Heil. Gedultſpiegel Job; diefer, obwohlen er ein böfes 
Weib gehabt, die ihn immer angereigt zum Scheften, Flu⸗ 
hen und Öottöläftern, hat er noch gleichwohlen nichts ges 
fagt, als viefe wenige Wort: Quasi una de stultis 
mulieribus locuta est: Mein Weib! du redeſt 
balt wie eine Närrin. Dahero faget Chrysosto- 
mas: peccatum in publico arguere, est diffa- 
mare, mann man einem öffentlich feine Fehler vorrupfet, 
fo iſt e8 mehr eine Berläumbung ald eine Ermahnung. 
Zubem, fo waren in ber Archen des Teflaments vie Ru⸗ 
then ded Aaronis und dad Manna zu bedeuten, daß in 
dem Ehefland nicht allzeit Prügel und Karabatfch feyn 
müffen, ſondern das fühle Wanna oder Himmelbrod voll 
geſchmacker und zuderner Wort. 

Anbertend, muß der Mann wohl Acht haben, wie fein 
Weib zu dirigirn ober zu leiten ift, nemblichen mit Mäfe 
ſigkeit, nicht aber mit Bottmäfftgkeit, mit Lehrſtucken, aber 
nicht mit Steden, mit Sittfamfeit, aber nicht mit Stritt« 
ſamkeit. . 

Chriſtus unfer Herr und Heyland, als er einmahls 
einen Feigenbaum angetroffen, der nicht Frucht getragen, 
bat er ihn alſobald verfluchet, in dem Eheftand giebt es 
aber folche Zeigenbäum, die gar viel Frucht tragen, nem⸗ 
lich Ohrfeigen, dieſe Frücht feynd gleichfalls zu verfluchen, 
und wurbe manches armed Weib gar froh feyn, mann 
ihr Mann ein dürrer Zeigenbaum wäre, fo hätte. fie der⸗ 
gleichen grobe Frucht nicht einzufemmie, 

1. 


18 


Drittend, muß der Mann auch wifien, wie fein Weib 
zu carreſſtren over zu lieben, dieſe Liebe muß dreifach ſeyn. 
Erſtens eine geiftfiche Xiebe, wie Paulus zu feinen Ephe⸗ 
fern fpricht: Viri diligite uxores vestras, sicut 
Christus dilexit Eccfesiam: Ihr Männer lie 
bet eure Weiber, wie Chriſtus feine Kirchen 
geliebt Hat. Epheſ. 5. Gott hat alles gelitten vor 
feine Kirchen, alſo muß ver Mann alles leiden und aude 
ftehen aus Lieb feines Weibs, alles fag ich, nemlich, 
was feinem Gewiflen und guter Ehr nicht nachtheilig if. 
. Anvertend muß er fein Weib lieben, wie feinen eigenen 
Zeib, feinem eigenen Leib thut ein jeglicher gern etwas Gu⸗ 
tes an, alfo foll ed auch ver Mann thun, weilen Weib una 
Dann ein Leib feyn. Drittens, muß und foll er ſie lieben 
wegen ber Hauswirthſchaft, weilen nach Zeugnus Eccles. 
am 26. das Weib eine Zierde des Haufe Ift, und wie Sa⸗ 
Iomon fpricht: Gleichwie die in dem Simmel aufgehenbe 
Sonne der Welt das Liecht giebet, alfo ift auch ein gutes 
Weib ein Liecht, und gleichfam aufgehende Morgenröth in 
- dem Hausiwefen. Wann nın Weib und Dann flets in 
guter, Einigkeit verbleiben, alſo wird nach biefer Einigkeit, 
‚welche endlich Durch den Tod zertrennet wird, fie Gott 
felöften mit einem ungertrennlichen Liebesband nach biefer 
Sterblichkeit vereinigen in feiner Herrlichkeit, Amen. 


2) Das verkehrte Vatter Unſer. 


Es iſt der Müh wohl werth. 
Daß man das Vaͤtter Unſer verkehrt. 
Vatter Unſer, der du biſt in dem Himmel sc Kan 
ich dann nicht mehr beten? Muß noch einmal anfangen ; 


19 


Batter Unfer, der bu bift in dem Himmel, geheiliget werde x. 
Umb Gottes willen, Tann ich dann das Vatter Un- 
fer nimmer auswendig? WINE es mehrmahlen probiren : 
Batter Linfer, der du bift in dem Himmel, geheiliget werde 
dein Nahm, zufomme und dein Reich sc. Es fey ihm wie 
ihm wolle, ich kann halt in ver Wahrheit dad Vatter Um 
fer nicht mehr, wie fommt vieſes? Was iſt Doch vor eine 
Urſach? Jetzo fallt e8 mir gleich ein, weilen ganze acht 
Tag hindurch in dieſem andächtigen lob⸗ und liebwürdi⸗ 
gen Gottedhaus vor Augen geflellet worven, Maria um - 
ter den Titl der Hausmutter, alfo will heunt der Him⸗ 
mel felbft, daß ich bete anflatt des Vatter Unſer: Mutter 
Unjer, bie du bift in dem Himmel, geheillget werde bein 
Nahm und alfo fortan. 

Mutter Unfer, freilich ift fie unfre Mutter. Der Evan 
gelifche Mahler Lucas am 2. Capitel entwirft die Kindl⸗ 
beit Mariä mit folgenden Worten: Da die Täg erfüllet 
wurben, daß fie gebähren follte, und ſie gebahr ihren erfi- 
gebohrnen Sohn, und wickelte ihn in Winblein. Hat 
dann Maria nachmahlend mehr Söhne auf die Welt ge 
bracht? Das nit, das bey Leib nit, fo hätte er dann fol« 
len Schreiben: Sie gebahr ihren eingebohrnen Sohn.. Io 
doch Lucas Hat ſolches nicht ohne ſonderbares Geheimb- 
auß gefchrieben: Sie gebahr ihren Erſtgebohrnen, dann 
er ſahe vor, daß Maria nach Chriſto noch viel andere 
Kinder haben werde, nemblich alle eyfrige Chriften wer⸗ 
den fie nennen ihre Mutter! Mutter! Mutter! 

Zur Zeit Caroli V. dieſes Weltkündigen und glorreich® 
Ren Kayſers umb das Jahr 1525 hat ver Vicefünig 
zu Neapel neben andern Heiligthumben auch aus fonbew 
bahrer Freygebigkeit denen Religioſen S. Francisci de 
Panla in ihre Kirchen ein Chriftallined Geſchirr verch® 
set, morinnen aufbehalten ift die Milch von der überge 


20 


benedeyten Gottesmutter Maria, dieſe flehet aus, wie eine 
geftodkte Harte Kreiden, aber alle Jahr ven Löten Tag Au« 
aufti, ald an ihrer glorreichen Himmelfahrt, pfleget ſolche 
Milch in Gegenwart alles Volks zu zergehen und zu zer⸗ 
flleſſen; fo will ich dann heunt an viefen Ihren vornehme 
ſten Feſttag zeigen, daß ſie eine Mutter feye, eine Mutter 
bleibe, und uns noch ferner Hin ihre Gnadenmilch darrei⸗ 
chen werbe, bete alfo gar recht: . 
Mutter Unfer! die du bift in dem Simmel. 

Sobald unfer mildgütigfter Heyland und Erlöfer am bite 
ten Stamm des heiligen Creutzes feinen Geift aufgege⸗ 
ben, da haben fich neben andern Wunderwerken auch bie 
Gräber eröffnet, monumenta aperta sunt, und fein 
fehr viel, die unlängft zu Jeruſalem ge 
ftorben, wieder zum Leben erwedt worden, 
Matth. 26. c. 52. v. welche denen Apoftln und Juden 
gar wohl befannt waren, unter diefen folle gewefen ſeyn 
Zacharias, ein Batter des heiligen Joannid Baptiftä, der 
alte Simon der Prophet, der heilige Joachim, ver Heilige 
Iofeph, auch ber fromme Echächer Dismas, ſobald foldher 
begraben worden, ift er wieder auferſtanden, dieſe Heilige 
feynd alle zu Ierufalem erfchienen, nicht allein an dem 
Tag ver Hinſcheidung Chrifti, fondern vierzig Tag nach 
feiner herrlichen Urftänd, bis Chriftus der Herr in Him⸗ 
mel gefahren, alle dieſe feynd auferftanden, zu Ierufalem 
erſchienen, mithin allerfeit8 den wahren Vefftam beftättie 
get umd befräftiget. Eine Frag ereignet ſich allhier, wa⸗ 
rumben Gott der Herr lauter Männer damahlens zum 
Leben erivehlet? warumb fein Weib? Multa Corpora 
Sanctoram. Matth. c. 24. v. 52. indem doch auch viel 
heilige Frauen damahlen geſtorben; tie Urfach gibt Dio⸗ 
nyſtus Areopagita, daß Chriſtus der Herr dazumahlen 
kein Weib habe wollen zum Leben erwecken, auch keine mit 


21 


ihm in Himmel nehmen, mafien er folche Glory und Herr⸗ 
lichkeit zum erften wolle vergönnen derjenigen, die da ge⸗ 
benedeyt ift unter allen Weibern, welche heunt den 15. 
Augufti mit ihrem glorreichen Leib und Seel in den Him⸗ 
mel ald eine Königin aufgenommen worden. Dahero ich 
noch recht und abermahl recht bete, wann ich fage: Mut⸗ 
tee linfer! die du bift in dem Simmel. 

Gebeiliget werde dein Nahm, ' 
maflen fein Nahmen nad) dem Nahmen Iefu heiliger, 
beilfamer, füfler ald Maria. Wie ver Sohn Gottes auf 
dem Berg Calvariä Furz vor feinem bitten Tod das Te 
ſtament aufgefebt, unter andern das Beſte verlaflen, feinen 
llebſten Jünger Ioanni, benanntlich feine gebenebeytifte 
Mutter, laut diefer Wort: Mulier! ecce filius taus, 
Weib! fagte Chriftus zu feiner allerwehrtiften Mutter! 
Weib! fiche deinen Sohn Weib? wie mein 
Jeſu? Sie ift ja diejenige, welche auf das Anbringen 
des Erz Engls Gabriel das Fiat gefbrochen? Fiat mihi 
secundum verbum taum, Lucä 1. c. 38.9. Eie if 
ja diejenige, welche dich zu Bethlehem im Stall gebofren, 
und alfo aus dem Stall ein Saal worden? fte iſt ja pie 
jenige, welche dich wegen ber Verfolgung Herodis in Egyp⸗ 
ten gebracht? fie ift ja diejenige, vie dich mit fo bedrang⸗ 
tem Herzen drey ganze Tag gefucht, enblichen zu Jeruſa⸗ 
lem im Tempel gefunden, in der Mitte deren Doctorn und 
Schriftgelehrten, allmo er Profeffor Primarius war; in 
Summa, fteift ja diejenige, welche ſowohl von denen Engeln 
ald Menfchen genennt und erkennt wird eine Mutter, wa⸗ 
rumben nenneft du fie dann ein Weib ? warumb nicht mit 
item Nahmen Maria? Die Urfach hierüber gibt Bernar« 
dinus Sennenfl3, daß nemblichen Jeſus ich habe entfchloffen 
alle Schmerzen auszuſtehen, mann er aber pamahlen an« 
Ratt Weib hätte Mutter gefagt, fo hätte Ihm dieſer Nahe 


22 


men "vergeftalten alle Schmerzen verfüffet, daß er nichts 
mehr wurde empfunden haben ; dann nichts füflers, nichts 
troftreichers ift, ald Mariam eine Mutter zu nennen, und 
in der Mutter Mariam zu verehrten. 

Bon vem feeligen Joſico wird berichtet, daß er in dem 
Convent S. Bertini vergeftalten ven Nahmen Dlariä ge 
Beiliget, daß er täglich fünf Pfalm gebetet, deren Anfangs⸗ 
Buchftaben ven Nahmen Mariä gemacht, ald zum Erempel: 

M. Magnificat, 
A. Ad Domiuum clamari. 
R. Retribue. 


I. In Convertendo. 
A. Ad te levari. 


Mie nun diefer heilige Mann des gähen und unverfehenen 
Tods geftorben, ſeynd alfobalven fünf Rofen, zwei aus denen 
Ohren, zwei aus denen Augen, und eine aus dem Mund 
gewachfen, auf einer jeden Roſen ein goldener Buchitab, 
auf welcher ver Nahmen Mariä wunderbahrlich gefchrie= 
ben gewefen. Mutter! noch recht: Mutter unfer, 
die du bift in dem Himmel, geheiliget werde 
dein Nahm, 
zufomme und bein Reid. 

Der Himmel ihr Reich, fie ift eine Königin des Himmels, 
dahero unfer Herr und Heyland einmahls der Mutter Joan⸗ 
nis und Jacobi aufihr eingereichtes Memorial einen fchlech- 
ten Beichaid geben. Das einkige Anbringen war viefes, 
daß fie zwey erwachſene Söhne habe, gute und wohl er⸗ 
zogene Kinder, möcht alfo gern fehen, daß einer auf der 
Rechten, ver ander auf ver Linden ſitzete ig feinem Reich. 
Glaub ed gar gern, mein liebe Frau Zebedaͤin, andern 
Müttern wäre es auch alfo um das Herz, wann fte ihre 
Kinder fo gut anbringen koönnten, die Mutter ver Kinder 
Zebedaͤi hat ihre zwey Söhn glücklich geſchatzt, wann fie 


23 


fhnnten zu Chrifti Reich kommen; mandhe Eltern aber ſu⸗ 
hen das einzige Glüd vor Ihre Sohn und Töchter in dem 
zergänglichem Reich ver Welt. Potz tauſend! fagt ver Mei 
fer Gotthard, ver Schuſter, mein Bub ift fehon groß, ich 
muß ihn in vie Lateinifche Schul ſchicken, vielleicht wird 
er ein Doctor ver Rechten, ba wird er als ein Juriſt das 
Corpus Juris wader über ven Laiſt fchlagen, das Le 
der Tann er ohnedem wohl ausbehnen, mithin mir er fich 
wohl auf die Procefien verftehn. Ein Doetor ift halt ein 
ſolches Holz, daraus man allerhand Leut Tann fchnigln 
(freglich! auch zu Zeiten Narın) ; wird nun mein Sohn 
ein Doctor, Tann er bald ein Regimentsrath werven, dort 
fommt er auf vie gelehrte Bank, und Tann ihm in dem 
Rohr Pfeifen ſchneiden, fo vieler will, ja! mein licher 
Meifter Gotthard, wo bleibt aber das Neich Gottes? 

Boß taufend! fagt der Meifter Capraflus der Schnei⸗ 
ver, mein Sohn ift fchon zwanzig Jahr alt, ver Kerl hat 
Feur im Leib, vielleicht wird er ein Officer ober gar ein 
Commiſſari, da kann er die gemeine Soldaten wacker ſchee⸗ 
sen, und kommt zu einem groſſen Reſpect, vie Schneider 
ſeynd ohnedem veracht. Ja! mein lieber Meifter Capraß, 
wo bleibt. aber das Reich Gottes ? 

Bo taufend! fagt Pomplonius ver Keflflider, mein 
Haͤnßl fchiefit ſchon zimblich auf, als wie ein Gablholz, 
ih muß ihm eine Baroden ſchaffen, fo bat er ein beflers 
Anſehen, er kann wader fchreiben, fl beynebenft in der 
Rechenlunſt wohl erfahren, vielleicht wird er ein Beamb⸗ 
ter oder ein Obereinnehmer, da ſetzt es wacker Paſtetl ab, 
und werden ihn die Bauren Ihr Gnaden ſchelten. 3a 
mein lieber Pomplonius, wo bleibt aber das Neich Gottes ? 

Pop taufend! fagt die Frau Polirena, eine Käpftech«- 
rin, meine Tochter, die Eleonorl, iſt fchon heyrathmaͤſſig, 
und noch barzu ſchoͤn, ein Handwerksmann wär ihr zu 


24 
ſchlecht, ſie fchaut auch einen Burger über die Achſel art, 
vieleicht melo fich ein Edelmann an, va kann fie eine gnü- 
dige Frau werden, und mit andern Staatdocken in die Ge⸗ 
felfchaft gehen, ver Mann wird ihr wohl in dem Wagen 
und bey der Tafl die rechte Hand geben! ja mein liebe ° 
Brau Polirena , wo bleibt aber pas Reich Gottes ? 

Die Mutter der Kinder Zebebäi hat nichts verlangt, als 
damit ihre zwey Söhn nur mögen bey Chrifto und umb 
Chriſto in feinem Reich feyn, nichts deſtoweniger Hat fie 
dannoch eine abfchlägige Antwort befommen, wie lautet 
fie dann? Non est meum darenobis. Matth.20.c. 
23. v. Was? fagt der Heyland, das kann ich nicht thun, 
ed flehet nicht in meiner Gewalt, als wollt er fprechen: 
Er habe von Ewigkeit ſchon befchlofien, Mariam feine 
gebeneveytifte Mutter zu feßen als eine Königin des Him⸗ 
meld, und ihr ven Gewalt über fein eich gegeben, wilift 
du alfo, mein liebe Mutter Zebeväin, daß dir geholfen 
werde, jo Elopfe bey ver Königin an, dann nach Zeugnuß 
des Honigflieffenden Munds Bernardi: omnia Deus 
voluit per Mariam. Alles hat Gott gewollt, und 
will noch alles Haben durch Mariam. 

- In Spanien ift eine fehr berühmte Wallfahrt Nahmens 
Bilbai, das Gnadenbild ift gefunden worden in einem @ich- 
baum; die Benachbarte bei Aufrichtung der Kirchen ha⸗ 
ben alle gehörige Materialien, Holz, Stein, Sand, auf 
einen hohen Berg geführt, willens, ihr daſelbſt einen Tem⸗ 
pel zu bauen, jedoch in einer Nacht ift das ganze Gebäu 
durch Die Engl in ein tiefed Thal getragen worben, allmo 
anjebo eine ſehr prächtige Kirche ſtehet, unter anvern hat 
ſich ein vermeflener Dieb unterftanven, bey nächtlicher Weil 
in diefe Kirchen einzubrechen, und bie Bildnuß ber Mut⸗ 
ter Gottes zu berauben ; der Diebögriff gienge anfänglich 
an, der gottlofe Kicchenzauber nimmt der Bildnuß alle koſt⸗ 


25 


babe Rleinobien von dem Hals, nimmet ihr den ganzen 
Geſchmuck, fammt dem reichgeſtickten Kleid, vie liebrei⸗ 
chiſte Mutter leidet alles dieſes an ihrer Bildnuß ganz ge⸗ 
dultig, endlich greifet der Boͤßwicht nach der goldenen Eron; 
will ſolche der Mutter Gottes abziehen, aber Wunder! 
ſobald er die Hand ausgeſtrecket, da hielt ihn das hol⸗ 
zerne Bild fo feſt und ſo lang bey ber Hand, biß er fruh 
Morgens von jedermann ertappt, auch folgends von we⸗ 
gen dieſes feines Raubs gebührend abgeſtraft worben. 
Maria laſſet ihr die Cron nicht nehmen, dann ſie iſt eine 
Königin des Himmels, alſo haben auch die Engl gefun« 
gen ober dem Caſtell zur Zeit des Heiligen Pabftes 
Gregotii: Reginn coeli laetare. freu bich, o Him⸗ 
melsfonigin! habe alfo noch recht gebetet: Mutter um 
fer! Die du bift in dem Himmel, geheiliget 
werde dein Nahm, zukomme uns dein Reid. 

Dein Will der gefchehe, wie im Himmel, 

alfo auch auf Erben. 
Maris Wil if, daß, gleich wie ihr gebenebeyter Sohn 
nicht beleiviget wird in dem Himmel, alfo foll ex auch 
nicht beleiniget werben auf Erden. 

Wie der liebfte Jeſus ein Monath und elf Tag alt wor⸗ 
den, ba iſt der Erzengl Gabriel dem Joſeph erfchienen, 
mitnachbrüdlicher Ermahnung, er folle geſchwind in Egyp⸗ 
ten fliehen mit dem Kind fammt der Mutter, wegen ber 
töbtlichen Nachflellung Herodis, da hat ohne einige Ver⸗ 
faumnuß bie forgfältigfte Mutter das Göttliche Kind in 
Fatſchen oder Windlein eingewicklet (welche noch bei Sanct 
Fideli in Mayland zu fehen), hat fich darauf bald nach 
Mitternacht auf einen weiten Weg gemacht, und zwar den 
Aten Sebruari an einem Sambflag; ein ganzes Monath 
iſt fie gereifet,, bis fie die Stadt SHeliopolis in Egyp⸗ 
tem erreichet, wo wenigften dazumahl eine Million derer 


26 


Menfchen gewefen ; die ganze Zeit ihrer Heife Hat die über- 
gebenedeyte Jungfrau ihre Augen niemahlen von dem 
Göttlichen Kind abgewendet, aus Forcht, ed möchte. viel- 
leicht dem jüngfigebomen Meſſia einiged Leid ober Um 
Jemach widerfahren, der Urfachen auch die Ieblofe Gefchdpf 
eine fonderbahre Verehrung und Mitleyven getragen, bie 
Bäume feyn bazumahlen zu Falter Winterzeit augenblid« 
fich grün worden, und Mariä fammt vem Jeſukind einen 
Blätterreichen Schatten gemacht, ja wo fle mur vorbey ge= 
veifet, haben fich fogar die Block und Stoͤck gebogen (ift 
doch ein groffes Wunder, wann ein Stod oder Stodfifch 
böflich ift); von einem großen Baum ift gleichfalls merke 
würdig, der zivei Meil auffer der Stabt Cairo ſich in die 
Mitte zerfpalten, und gleichfam eine Wohnung gemacht ; 
die Felſen, worauf Maria zuweilen das Göttliche Kinde 
lein geleget, ſeynd gleich einem Wachs erweicht, dergeſtal⸗ 
ten zwar, daß das ganze Keiblein darinnen gefehen wor⸗ 
den, mit einem Wort: Der Willen Darit war, daß Chri⸗ 
ſtus ihr allerliebfter Sohn von keinem auch vernunft- und 
lebloſen Gefchöpf jemahlens folle beleidiget werben, ung 
allen zur Lehr, wie wir unfern Willen mit dem Willen 
Mariaͤ vereinigen follen. 

Gib uns heunt unfer täglihs Brod. 
Donna feiffet auf welſch eine Stau, Ma-Donna um 
fer liebe Stau, Dona ift auch fonften ein Lateinifches 
Wort, und heiffet in unferer Teutfchen Sprach fo viel als 
geben oder Gaben, fommen mithin Wort und Ort zu⸗ 
fammen. 

In dritten Buch ver Könige, Ver am 18., lieſet man 
etwas wunderbahrliches; da hat der groſſe Prophet Elias 
einen Altar aufgericht, und damit er die Gößenpfaffen 
des Abgott Baals zu Echanden machte, ließ er vier Krüge 
Waſſer auf ven gefchlachten Ochfen fchütten, worauf alſo⸗ 


27 
bald das Feuer vom Himmel gefliegen, das Opfer vers 
zehtt. Das Wafler von denen vier Krügen ift eilends herab⸗ 
geronnen, bat fobann einen meiten tiefen Graben umb 
den Altar rings umb angefüllt ; Lyranus meldet aus Sa- 
lomone dem Rabiner, daß einer Nahmens Elifäus unges 
fehr etwas von feinem Krug habe gefihütt auf die Händ 
&tä, wordurch gefchehen, daß alſobald alle zehn Finger 
des Eliã angefangen Wafler zu geben, wie zehn offene 
Pippen, dieſes Wafler ift auch fo häufig von dieſen Fin⸗ 
gern berabgeflöflen, daß darvon die ganze Oruben wie 
ein groſſer Bach angeloffen. 

Bunderliche Sand! aber noch viel wundetlicher ſeyn 
die Hände Mariä, dann die Hände Eliä flieſſeten nur auf 
eine Heine Zeit, jedoch die Hände Mariä haben ſchon über 
anderthalb taufend Jahr allezeit unaufhörliche Gnaden 
von fich fläcflen laſſen, das Geben iſt Mariä angebohren ; 
durch die Wort: Gib uns heunt unfer täglich 
Brod, fagen die heilige Lehrer, werbe nicht nur dad Brod, 
fondern alle unfere Bebürft- und Nothwendigkeiten ver⸗ 
fanden, was. ift aber, dad wir nicht erhalten von benen 
Händen Mariä? Es, reden gleichfam vie ſtumme Bilder 
und Zaffin, fo in einer groffen Menge zu Loretto in Ita⸗ 
bien, zu Einfiedl in der Schweiß, zu Montferat in 
Spanien, zu alten Detting in Bayıland, zu Zellin Steur⸗ 
marckt und anderer Orten angebeftet feyn? Sie geben 
nichts ald Ehr und Dank der allerliehiten Mutter, durch 
dero Borbitt die meifte, was fie von ihr begehret, erhalten. 

Ja Maria gibt das tägliche Brod in ver Natur, alſo 
ſindet fich unter andern Miraeln ohnweit Mefiina in Si» 
eilien auch dieſes. Dafelbft ift im einem Sungfrauclofter 
ein Gnadenbild, deſſen Geficht. ein Engl felbften gemah⸗ 
Im, nım befand fich in viefem Glofter eine Jungfrau, 
weiche der Verehrung der feeligfien Mutter Gottes auf 


28 


das inbrünftigfte ergeben; unter andern Andachten hatte 
fie alle Jahre fünfzehn ganzer Tag vor dem Feſt Marik 
Himmelfahrt in Waſſer und Brod gefaftet, dergeftalt, daß 
fie von ihrer Vorfteherin nichts anders als etlich Tag lang 
erharte wenige Semmel empfangen, anbey aber hat ſich 
diefeß Wunder zugetragen, daß fobald fie die alte Sem« 
. mel in die Hand genommen, da ſeynd fte augenblidlich 
neugebacken worden, daß ſie noch gleichſam geraucht, als 
wären ſie erſt aus dem Ofen gekommen, wordurch bie 
Mutter Gottes anzeigen wollte, wie angenehm ihr ſeye 
die Andacht und Verehrung gegen fi. So gieb und 
dann Maria unfer tägliches Brod 

Und vergibe und all unfere Schulden, 

Gleich wie wir vergeben unfern Schuld 

gern. 
. Gewiß und nur gar gewiß ift es, daß Maria unfere Schul⸗ 
den bey GOtt kann auslöfchen. 

D Schelm! aber und über, über und aberein Schelm! 
ein Futteral von einem Schelm iſt geweſen Judas. Wie 
Joannes der allerliebſte Jünger vernommen ven Sentenz 
ded Tops über Chriftum, auch anbey gefehen, daß das 
Urtl nicht mehr könne binterftellig gemacht werben, alfo 
ift er um Mitternacht aus der Behaufung Caiphä hinweg 
gegangen, ſich nacher Bethaniam begeben, allda die trau⸗ 
rige Zeitung ber ſchmerzhaften Mutter Maria beygebracht ; 
mas dieſe Boft vor ein Dolch in das mütterliche Gerz ge= 
wefen, ift leicht zu erachten, bald darauf wurbe der «Herr 
Jeſus an eine Saulen gebunden, unbarmberzig gegeiffelt, 
fhmählich gefrönet und verhöhnet; während dieſes er⸗ 
ſchrocklichen Traurfpiel betete Maria unaufhörlich in ihrem 
Zimmerl, als ſie aber (zu vernehmen, was weiter mit 
dem Selland erfolgen wurde) ſich aus dem Haus bee 
geben, da begegnete ihr Judas Iſcharioth, den fie als 


29 


einen fo befannten Apoftl mit denen .freunblichften Wor⸗ 
ten angerebt , ihn befragt: wo ihr geliebfter Sohn feye? 
wie ed ihm ergebe? Der grobe und interefftrte Bößwicht 
ſchnarcht fle an, wie Cain der Brudermörber Gott feinen 
Seren und Schöpfer: mas fagt er, was geht mich veflen 
Zimmermanns Sohns an? ich fol gewiß fein Hüter feyn ? 
fol jetzo vielleicht wegen feiner da Nechenfchaft geben? 
D Beitia! Indas hat damahlen fihon ganz treuloß ven 
Sohn Gottes vertathen, denen blutbegierigen. Tygern ein« 
gehänbiget und zum Tod bed Creuzes gebracht, eine Sünde 
Kber alle Sünde begangen; gleichronhlen fchreibt Salvia⸗ 
aus, warn er nur Mariä, welche von allen biefen gewuſt, 
ein gutes Wort hätte gegeben, hätte fie vor ihn gebeten, 
wäre mithin Judas ungezweifelt ver Seeligfeit theilhaftig 
worben; ober fihon taufend und tauſendmahl die Holl ver⸗ 
ſchuldt, wurden ihm doch gleichwohlen fo groffe Schulden 
durch Die Borbitt Mariä fein vergeben worden. 

Als Maria, die Mutter Gottes, fich mit Iefu in vie Flucht 
von Nazareth und Bethlehem in Eaypten begeben, ba hat 
der alte Liebe Tädtl Joſeph ohnverzüglich geeilet, etliche 
notwendige Sachen vor eine fo weite Reis einzuholen, 
‚unter währenver Reife hat fich vie feeligfte Jungfrau in 
einen hohlen Selfen verborgen, welcher von Natur ganz 
ſchwarz wie eine Kohlen geweſen, und hat fich ereignet, 
daß ein einziger Tropfen von ihrer Jungfraäulichen Milch 
anf den ſchwarzen Felſen gefallen, von vem ver ganze Fel⸗ 
fen alfobalden ſchneeweiß worden. O tie mancher ifl 
ſchwarz, und nur zimblich ſchwarz, bey Gott dem Herrn 
wegen jeiner Sünden, banmoch kann er gewiß verfichert 
ſeyn, daß er durch Hülf und Vorbitt Mariä wieder Tonne 
weiß werben wie ber Schnee. 

Bühre und nicht in Verfuhung. 

Nachdem Eva ven Apfl verfucht, fo ſeynd von felbiger 


30 ' 


Beit nichts als lauter Verfuchungen in ber Welt; der 
beilige Ambroſtus meldet, wann alle bdfe Feind (die mu 
allein in dem Luft zur Verfuchung der Dienfchen bemü- 
bet feyn) Leiber hätten wie die Muden, fo würden fle 
gleich einer dicken Wolcken die Sonne verfinftern, ja gleiche 
fam aus dem Tag eine Nacht machen, fo viel Teuffel ſeynd 
noch aufjer der HöN. 

Es gibt allerley Teuffl; es gibt Uugenteuffl, einen 
folchen hat gehabt per David, wie er aus feinem Pallaft 
einen ungebührlichen Blick gethan auf die ſchoͤne Bethſa⸗ 
baͤam, ſolche Augenteuffl ſeynd noch zu finden, welche wie 
die Brennſpiegl Archimedis die Schiff, alfo fte die keuſche 
Herzen anzünden. 

Es gibt Buhlteuffl; einen folchen bat gehabt der Go- 
loferned, er war gar ein feines Eilber nach der Augfpur- 
ger Prob mit einer Weintrauben, dann er in dem Raufch 
mit der feufchen Judith zu buhlen ſich unterfangen, aber 
enplich umb ven Kopif Tommen 

Solche Buhlteuffl feynd noch zu finden, welche, wann 
ihnen ver Bachus in Kopff kommet, ein jedwedes ehrl⸗ 
ches Kind vor ihre Venus haben wollen, gleichwie aber 
Paulus im Waffer Schiffbruch gelitten, fo leivet manches 
Paul Schiffbruch im Wein. 

Es gibt ehrfüchtige Tenffl, einen folchen hat gehabt 
der Aman, der wollte der erfte und nächte bey dem Bret 
feyn an dem Hoff des Königs Aßvert, tft aber ber erfle 
beym Hol worden an dem Galgn. Solche ehrfüchtige 
Keuffl ſeynd noch zu finden, welche von Roß und Wagen 
envlich auf das Rad kommen, verftehe das Rad der For- 
tunne, wo ber obrifte öffter8 auf das untrifte gebrä«- 
bet wird. 

Es gibt Herenteuffl, von diefen feynd zu Zeiten bes 
Königs Sauls gar viel verfucht worden, bey ſolchen Teuffln 





91 


ift feine andere Muſte ala la, mi, fa, re, über Berg 
und Thal, das ift: Laß mich fahren über Stod und Stau- 
den, folche Herenteuffl ſeynd noch zu finden, die da ger 
meiniglich an der hikigen Krandpeit ſterben, vermeyne auf 
dem Scheiterhauffen. 

Es gibt Geldteuffl, einen ſolchen hat gehabt der Achan, 
der zus Jericho ven boppelt beocatenen koſtbahren Manti 
geftoblen, gleichwohlen darmit feinen Diebftahl nicht ver 
mäntIn konnte; ſolche Geldteuffl ſeynd noch zu finden, 
welche nach Olivae Ausfag gern den Judam vom Strid 
erfauffeten, im Ball fie nur verfichert wären, daß fie bie 
dreyßig Silberling überfommeten. 

Es gibt Freßteuffl, einen ſolchen hat gehabt der Eſau, 
welcher umb ein Linſenmuß ſeine Erſtgeburt vertauſcht. 
Solche Freßteuffl ſeynd noch zu finden, ſo da wegen über⸗ 
maſſigem Freſſen, Sauffen und banquetirn, Häufer, Hbff, 
Saab und Güter verlierm. 

&3 gibt Juriftenteuffl, von folchen werden verfucht die⸗ 
jenige, fo die Procefien auf die lange Band verfchie 
ben; fie kehren fich nach einem jedwederen Wind mie ein 
Kirchenfahn, ver aber ift der beſte Wind, der was in bie 
Büchfen blaft. 

Es gibt Kartenteuffl, der Heilige Paulus dat in Pam- 
pbilia viel Heilige Jünger gehabt, ob aber einer unter if» 
zen in der Still mit einem Bamphili umbgangen, daran 
xweiffle ich gar ehr. 

Es gibt Mobeteuffl, einen folchen hat gehabt die flolge 
Jezabel, dieſer hat die alte Tracht nicht mehr gefallen, 
dahero fie das Geſicht angefltichen, die Haar auf eine 
zeue Mode gefraufet, if envlichen von dem enfter herun⸗ 
ter geftürt und von denen Hunden aufgefreffen worden, 
folche Modeteuffl ſeynd noch zu finden, und gar viel, fe 
da von denen Scmeidern in den April geführt werben; 


34 


Hätte mich bald geirret, follte fagen eine embfige Hause 
mutter, welche da und dort der glüdfeeligen Wirtbfchafft 
. unferer Seelen vorftehen wird, dad iſt fo gewiß als Amen. 





. 


11. Albert Joſeph Conlin ).. 


Conlin war Pfarrer zu Monning im Rieß, zu An⸗ 
fang des achtzehnten Jahrhunderts. — Pater Abraham 
a Sancta Clara hatte für den Buchhändler Daniel Wal⸗ 
der zu Augsburg einen Ähnlichen Tert wie ver „Chriſtliche 
Weltweiſe“ zu fehreiben übernommen, wurde aber Durch 
andere Arbeiten daran verhindert. Weil nun die Kupfer 
bereits fertig waren, fo erfuchte Walder ven Pfarrer Con⸗ 
Hin, das Werk zu compliren, wie er fich ausdrückt, was 
diefer denn auch in fieben Bänden getban hat. Conlin 
ift volllommener Nachahmer des Pater Abraham a Sancta 
Sara: Er durchhechelt alle Stände und Berbältnifie. 
Es fiche Hier beifpielämeife 


Der verivegene Narr. 


Ein verwegener Narr war jener, welcher gand allein 
mitten in ein feindliches Kriegäheer bineinfeßte, in ber 
närrifchen Einbilvung, als werde er unbefchäbigt ohne 
Bleſſur davon kommen, wie jene beherkte Soldaten Da⸗ 
vids, welche mitten durch des Feindes Kriegsheer gebro⸗ 


*) Der Chriftliche Weltweife beweinend die Thorheit ber 
neusentredten Rarrenwelt, welder die in dieſem Bud 
befindlihe Narren ziemlich durch die Hechel zieht, je⸗ 
doch alles mit fittlicher Lehr und Heil. Schrift unter: 
miſchet. 4. Augsb. 1708. 


SEE. 


85 


chen und dem durſtigen Davio einen frifchen Trund von, 
ber Bethlehemitiſchen Ciſtern gebracht haben. 

Ein verwegener Rare war jener, welcher fich in ein 
Haus, fo ſchon über und über brennete und mit Feuer 
überloffen war, hinein wagte, und fi} anbey traumen 
ließ, daß ihm durch das Feuer nicht ein Härl folle ver« 
zehret werben, wie jenen drey Knaben zu Babylon, welche 
aus Befelch des tyrannifchen Nabuchobonofor8 in den 
angezündten Dffen feind geworffen, aber von Gott wun⸗ 
derbarlicher Wei feind erhalten worden. 

Ein vertvegener Narr war jener, welcher bey faufenden 
und braufenden Winden, bey donnerendem und blitzendem 
Himmel dem wüttenden und tobenden Meer ſich anvertraute, 
in ber thorrechten Mainung, ed jolle ihm von den unge⸗ 
fümmen Meerwellen eben fo wenig Laid wiberfahren, als 
den lichen Apofteln, welche Chriftus ver Herr wunderthaͤ⸗ 
tig von der augenfcheinlichen Lebensgefahr auf dem Meer 
errettet bat. 

Unter allen verivegenen Narren und Waghälfen aber 
tft kein größerer als jener, welcher fich gantz keck und ver⸗ 
wegen in eine böfe Gelegenheit waget, und anbey glau« 
bet, ſicher, ohne Gefahr und ohne Sünde davon zu kom⸗ 
men: o wohl ein verwegener Narr! Dann alfo titulirt 
alle vergleichen Waghälfe der H. Lehrer Gregorius, ſpre⸗ 
qhend: Magne profecto amentis est, in prava 
occasione se tutam esse, opinari, ald wollt er 
fagen: Ein unfinniger Narr iſt jener, welcher da ver⸗ 
maint, in einer böfen Gelegenheit ficher zu feyn. Dann 
im Feuer ſeyn, und nicht brennen, ift viel; in ver Hitz 
fegn, und nicht verwelden,, ift viel; allezeit grün feyn, 
und nicht verborren, mitten in Doͤrnern feyn, und nicht 
verwundet werben, iſt viel, aber in einer fündigen Gele⸗ 


genheit fegn, und doch ohne Sünde feyn, iſt noch mehr; 


36 


mitten unter üppigen Weltkindern fen, ı und doch ein Kind 
Gottes bleiben, ift noch mehr: Nemo dium tatus est 
periculo proximus. 8, Cyprian. lib. 1. Epist. 
11. Keiner iſt weit von der Sünde, der nahe iſt bei der 
Gefahr. Qui amat periculum, peribit in illo. 
$ener verwegene Narr, welcher fich Ted in nie Gefahr ei⸗ 
ner böfen Gelegenheit waget, wird endlichen barinnen zw 
Grund geben; folches giebet gar fchon zu verſtehen ver 
Poet durch folgende teutfche Vers: 


Trau keinem Bruder bey dem Zehen, 

Trau feinem Lugner bey feinem Berfprecden, 
Trau keinen Leuthen mit Leonifchen Barten, 
Trau keinem Scheermeffer mit einer Scharten, 
Trau keiner Katzen bey ihrem Liebkofen, 
Trau keinem Dieb mit groffen Hoſen, 

Zrau feinem Wetter im ‚April, 

Trau keinem Schwörer in dem Spiel, 

Zrau keinem übergefrornen Fluß, 

Trau keinem Ave Rabbi⸗Kuß, 

Trau keiner untergrabnen Gſtätten, 

Trau keinem Hunde an der Ketten, 

Zrau keinem Juden bey feinem Eid, 

Zrau keinem Wolff auf grüner Heid, 

Trau feiner böfen Gelegenpeit, 

Sonft fommft du in große Ungelegenheit. 


Eben dieſer Poet hat gebichtet, wie daß einft auf einem 
vornehmen Jahrmarckt ver Teuffel auch feine Hütten hab⸗ 
aufgefchlagen, nicht3 aber anverft gehabt als Haͤut, deren 
er in der Menge gleichfam reiffender Weiß verfaufft. Eine 
Mardiperfon, durch den Fürwitz angefhoret, möchte germe 
feben,, was doch ein jedweder für Häut einfauffte und 
framte. Indem fie alfo fortgehet, begegnet ihr ein altes 
Mütterl mit gefchimpleter Peruquen, eine rare Antiqui⸗ 
tät! miteinem hölgsenen Hanbpferbt, womit es ven ſchwa⸗ 
hen Fuͤſſen eine Beyhülffe leiftete, dieſe tragt etliche Haut 





37 


unter dem Arm, und fo viel man fonnte abnehmen, was 
ten e8 lauter Karghäut. Bald nach dieſem ficht gemelbte 
Marektperfon kommen zwey junge Herren, welche in ih⸗ 
rem Geſpraͤch zumeilen ein paar Lateinische Wort darun⸗ 
ter einmifchten, woraus fie ficher glaubte, daß fle geftu= 
dirte Geſellen mären, vie hatten gleichfalls zimlich viel 
Häut eingefaufft, und fo viel fte Eonnte erfennen, fo wa⸗ 
end lauter Freyhaͤut. Unweit von viefen fahe fle einen, 
der zimlich roth um die Nafen, als wär fein Geficht vom 
Preußifchen Leder gefchnitten , folcher haſpelte gar felkam . 
mit den Füſſen, und konnte man leicht wiſſen, aus dem 
frummen Bang, daß er gerad aus dem Wirthshaus komme, 
der hatte ebenfalls etliche Häut einkaufft, und nur zim⸗ 
lich viel, waren aber keine anvere als lauter Vollhäut. 
Kaum als biefer aus den Augen‘ Tommen, fo vezmerdt 
fle, daß mit zugefpigten Schuhen, als wie die Etarnigel, 
eine Jungfrau daher tratte, welche aufgebußt war, wie 
der Balmenefel act Tag vor Oſtern, viefer gabe gedachte 
Marcktperſon einen guten Morgen, mit dem Beyſatz, wa⸗ 
sum ſie fo eifftig nach Haus eile? und bekam die Ant⸗ 
wort: Ihre gnädige Frau werde bald auffſtehen, deßwe⸗ 
gen fie zum Dieuſt eile (es war dazumahl ſchon ein Bier 
tel über zehn Uhr); dieſe hatte ſehr viel Häut vom Marckt 
getragen, und waren nicht? ald Stolghäut. Andere tru⸗ 
gen andere Hänt; ein Fuhrmann ober Kutfcher war das 
ſelbſt, der hatte Grobhäut, ein Soldat hatte Frechhaͤut, 
ein Bettler hatte Trüghäut. In Summa, allerley Häut 
haben die Leut vom Xeuffel eingefaufft. Die gute Mardte 
yerfon wollte doch willen, bey was für Häut der Teuffd 
den gröften Gewinn habe, und tft enblich unter die Waw 
beit kommen, daß nemlich der Satan fein beſtes Interefie 
und Nutzen an der Gelegenhäut habe. Ob fchon dieſes 
Gedicht übel gefihlicht, fo ift Doch wahr, und wird auch 


38 


wahr bleiben, daß die Gelegenheit fehr viel Dienfchen zur 
Sind, und folgfam zum Teuffel und Verderben bringe: 
Nemo enim divitutus in pericalo vivit. S. Da- 
mianus serm. 14. Dann niemand wird lang ficher 
fein in der Gefahr. O was für verwegene Narren feind 
dahero jene, welche ſich gank keck ohne einziges fchauen 
in die Gefahr einer böfen Gelegenheit begeben ! 

Wie. ſich das rothe Meer wunberbahrlicher Weiß von 
einander getheilet und den Ifraelitern freyen Paß durch⸗ 
zumarfchieren gefpenbiret , fchreibt Arad Montanus, fey 
auch ein anderes grofied Wunder zu fehen geweßt , nem« 
fichen ver Grund des Meers fey nichts als Ketten, Moraſt, 
Koth und Unflath geweßt: Viam fecisti in mari 
equis tuis, in luto aquarum multarum. Hab. c. 3. 
Nichtöveftomweniger haben die Ifraeliter ihre Füß im min« 
beften nicht befublet, fondern feind unbemähliget durch die⸗ 
fen Koth gangen. Ein grofjes Wunder, ein großmächtis 
ned Wunder, überaus ein groffed Wunder ift es, wann 
jemand im Koth ftehet, durch das Koth gehet, und nicht 
befotbiget wird, und ſeind dißfalls die Sonnenftrahlen 
allein privilegirt. Noch aber, und boch aber iſt es ein 
groͤſſeres Wunder, bey ver Gelegenheit zu fünbigen feyn, 
und nicht fündigen. 

Monfes hat viel Wunder gefeben, und fich doch nicht 
verwwunderet, er hat gefeben, wie er mit dem Ruthenftreich 
aus dem harten Felſen nicht Feuerfuncken, fonvern kla⸗ 
res Brunnenquell gelodet bat. Er hat noch darüber ger 
ſehen, daß ſich verfelbe Stein von freyen Studen von ſei⸗ 
nem Drt ohne einige Handanlegung meggelößt, und ihn 
durch ftetes Walgen nachgefolget. Bibebant autem de 
spiritale consequente eos petra. 1. Cor. 10.; hat 
ſich dannoch nicht verwundert. Er hat gefehen, wie das 
Meer fich zertheifet, und beeberfeits wie Gryftallene Mau⸗ 


39 


son geftanven, und hat fich dannoch nicht verwundert. Er 
hat gefehen, daß feine Ruthen fich in ein giftige Schlan⸗ 
gen verwandelt, und biefe wiederum fich in vie vorige Ge⸗ 
ſtalt verkehret, Hat fich dannoch nicht verwundert. Aber 
wie er gefehen einen Dornbufch, daß felber mitten im 
euer und Flammen flehe, und dannoch im geringflen nicht 
entzündet werde, fo alsdann hat er ſich nicht genug ver 
wundern fönnen, ba hat er aufgeruffen: Vadam et 
videbo visionem hanc magnam. Ex. o. 3. Ich 
will hingehen und befehen das grofle Geficht, warum ber 
Dornbufch nicht verbrennet werde. O Wunder! O Wun 
der! im euer feyn und nicht brennen, in böfer Gelegen⸗ 
beit ſeyn, bey Frechen Schleppfäden feyn und nicht böß 
ſeyn, das iſt ein Wunder. Daß die drey Knaben zu Ba⸗ 
bel im euer nicht gebrunnen — D Wunder! daß diefer 
oder jener fiet3 ober ofjt bey ver Baberl foll jeyn, und 
nicht entzündet werden — O groſſes Wunder! dann Gele 
genheit macht Dieb, macht Lieb. Hätte Achan die Gele 
genheit nicht gehabt, fo hätte er fich nicht alfo in vie Lieb 
verloren. D was für verwegene Narren feynd demnach 
nicht jene Menſchen, welche gank kühn und keck fih in 
eine böfe Gelegenheit hinein wagen, ſonderlich in eine folche, 
wo aufgebupte Schleppfäd und pollite Kothbutten fich 
befinden. O wie felten gefchicht, daß einem vergleichen 
Dalila die Haar und Ehr nicht abjchnelden ; wenig, we⸗ 
nig Ulyſſes feind, welche vor ſolchem Syrenengefang bie 
Ohren verflopffen, daun gemainiglich das Inteinifche Sprich" 
wort zutrifft: Sicut ferrum trahit magnes, ita 
Ferdinandum trahit Agnes; und ift Efau nicht al« 
fein, ver fich in das rothe Linfenkoch verliehet hat, da 
mihi de coctione hac ruffa, e3 vergaffen ſich noch⸗ 
mehre Kothleffer in vergleichen Roſenwangen, unter wel 
den vornemlich ſeind die verwegene Narren, welche bet 
böfen Gelegenheit mit gaugem Bleiß nachlauffen. 


40 


Der 5. Einftebler Martinianus lebte viel Jahr in der 
Wuͤften gant heilig, bey dem hatten Felſen führt er einen 
- harten Bußwandel, bey ben ſilberſtrohmenden Waſſer⸗ 
quellen vergofle er häuffige Zähren, unter Ottern und 
Schlangen ftritte er wider die alte Schlangen, welche die 
Evam vergifftet, unter dem brüllenden Löwen blieb er ein 
Lämbl der Unſchuld, unter denen Stauden und Dornhe⸗ 
en war er eine Roſen ver wohlriechenven Heiligkeit. Eins⸗ 
mahls bey anbrechender Nacht laßt fich bey feinem Ere⸗ 
mitenhäußl fehen ein fehr zerlumptes und dem Schein nach 
nothleidendes Bettelmenfch, welche mit überhäuffigen Zähe 
sen und unaudfeklichen Bitten den h. Mann erſucht, daß 
ee doch fich ihrer wolle erbarmen, und die Nacht hindurch 
einen Windel in feinem Huͤttel vergönnen, damit fle doch 
den wilden Thleren nicht möchte zu einem blutigen Raub 
werben, ja der gerechte Gott werde ihr unfchuldiges Blut 
von ihm am jüngften Tag fordern, dafern er wider Ver⸗ 
Hoffen ihre Bitt nicht wollte anhören. Martinianus er⸗ 
mwägte wohl, daß folche Thier, welche Zöpf tragen , viel 
vergifftiger als Drachen und Schlangen, er wußte wohl, 
daß Sabina ehender verwunde als ein Säbel, er erfannte 
wohl, daß folches Iangrodetes Feuer der Unſchuld bald 
ein Feurabend mache, wollt aber beynebens auch nicht 
abgeben einen Moͤrder des Menfchenbluts, und dieſe arme 
Tröpfin denen wilden Tieren zu einem Nachtmahl ver⸗ 
gönnen, Kat ihn alfo feine eingewurtzelte Mildhertzigkeit 
überredet, daß er gedachtes Bettelmenfch auf fo bewegliches 
Anhalten in fein armes Loſament einquartieret. Es flunde 
aber ein geringe Zeit an, va hat Martinianus eine un« 
gewöhnliche Brunft vermerdet in feinem ausgemergleten 
Leib, er hat gar deutlich wahrgenonnmen ; daß ihm fein 
Saft nichts als garftige Gedancken aufwickle; weſſenthal⸗ 
ben er bey Mitternacht ſich entſchloſſen, das Bettelmenſch aus 


41 


feinee Wohnung.zu jagen. Als er nun fuchte, folches werck⸗ 
ftellig zu machen, fiehe! da find er nicht mehr eine Ha⸗ 
berlumpin, fondern eine flattlich gezierte Dame und auf⸗ 
gekraußtes Frauenzimmer in fehr Eoftbarer Tracht und 
Klatvung , welche dieſer gottlofe Miftfind vorbero in ih⸗ 
am Bettlerbündel verborgen truge. Worüber ver h. Manu 
mermaͤßlich erfchroden, alfobald ein Feuer angezündet, 
in welches er ſich unverweilt geleget, mit gang höfflichene 
Einlaben, fie ſoll fich zu einem Beyfchlaf zu ihm gefellen ; 
folche8 hat fle dergeſtalt beweget, daß fle mit gebogenen 
Knyen um Verzeihung diefer Frechheit gebetten, auch alfor 
bafo nacher Ierufalem geeilet und daſelbſt ihr Leben in 

firengen Bußwercken geendet. Martinianus wollte nach 
folder Begebenheit aller Gelegenheit entgehen, verlaft 
demnach dieſes Ort, und bauet ihm mitten im Meer auf 
einen Hohen Belfen ein andere Wohnung, wohin dreymahl 
im ‚Jahr ein Schiffmann ihm nothwendiges Brod zuge» 
füßre. Indem nun der 5. Einfienler ſechs Jahr von 
allen Menfchen abgefonvert allda feinen h. Wandel zuges 
bracht, fo hat fich mehrmalen etwas wunberbarlicheß zu« 
gelragen. Ein groffes Schiff im Meer, durch Ungeſtümm 
der Wind und Wellen, gieng zu fcheittern, und fein folg« 
fam alle Menfchen jämmerlich zu Grund gangen, aufler 
eined einzigen jungen Maͤgdels, welches mit möglichften 
Kräften zu dieſem Felſen, wo Martintanus lebte, hinzu 
geſchwummen, und durch die Wunden Jeſu um Hilffe ge⸗ 
suffen. Martinianus vermerdte eine neue Berfuchung, 
reicht dieſer betrangten Jungfrauen feine Hilferbiethenbe 
Hande, verwundert ſich nicht, daß folche nicht zu Grund 
gangen fey, weil nemlich viefe gar zu leicht, ober beſſer 
geredt, gar leichtfertig war. Er führt ſolche in feine hohle 
Steinklufft, verfpricht ihr, daß nach etlichen Tagen der 
Schiffmann fie werbe abhohlen. Er aber, tvnd vermaint 


42 


ihr, daß er gethan? etwarı hat er ſtets feinen Leib mit 
harten Geiſſelſtreichen gezüchtiget? Nein. Etwan hat er 
daſelbſt mit wachen, beiten und faften feine Zeit zuge⸗ 
Pracht? Nein, er trauete nicht feinem dürren und mit blofe 
fer Haut überzogenen Menfchenbalg, fonvern nach Vers 
zeichnung bes h. Creutzes, nach Empfehlung in ven Schuß 
des Allerhöchften, ſtürtzt er fich ind tieffe Meer. Gleich 
aber feind aus Befehl Gottes zwei Delphinen zugeſchwum⸗ 
men, welche Martinianum aus dem Meer gant ficher zum 
Geftad getragen und falvire. Weil aber Martinianus 
an allen Drten Gelegenbeit zu fündigen gefunden, fo ifl 
er an keinem Ort mehr beftänpig geblieben, fonvern im⸗ 
merbar geloffen, alfo, vaß er in zwey Jahren 160 Stäbt 
durchgangen. Surius 13. Febr. et Metaph. 

O verivegene Narren! fürcht fich vor böfer Gelegenheit 
eige folche Saule der Heiligkeit, wie fünnt dann ihr trauen, 
ihr ſchwache Rohr der Gebrechlichkeit ? forcht ihm ein Rieß 
vor diefem Streit, wie kann dann ein Zwärgel trugen? 
förcht ihr eine grofle Badel auszulöfchen, wie ſollt dann 
ein Schwebelhoͤltzel bochen? fürcht fich das Talte Eiß vor 
der Brunft, wie kann fich verfichern ein duͤrrer Stroße 
wifh? Zittern groſſe Cichbäum vor ſolchem Wind, inte 
kann fich Doch eine geringe Stauden übernehmen? Fal⸗ 
Ien mit einem Wort 5. Leuth durch böfe Gelegenheit, wie 
fonnt dann ihr gebrechliche, unvollkommene, freye, freche, 
friſche und verwegene Narren euch den Salvum Con- 
ductum verfprechen? David ift nicht ficher gemeßt, und 
du Narr ſollſt ficher ſeyn? Salomo ift nicht ficher gemeßt, 
und du Narr follft ſicher ſeyn? Samfon ift nicht ficher 
geweßt, und du Narr ſollſt ficher feyn? Nein, nein, pas 
glaub ich nicht, und werd es nicht glauben „ und follteft 
du fchon den Weihbrunnen vor deinen orbinären Trund 
haben, follteft du ſchon beten, daß dir die Zaͤhn roglet 


43 


werden, folltefl du ſchon fo viel Creutz machen, wie viel 
Blätter im Majo feind, fo bift du doch nicht ficher, fo 
lang vie Gelegenheit iſt. 
Wie Chriſtus der Herr mit fünff Brob und zwey Fi⸗ 
fihen jo viel taufend Menſchen in ber Wüften gefbeißt, 
und nicht allein dieſe Menge der Koſtgeher nach Genügen 
gefättiget, fondern noch von denen übergebliebenen Scherbe 
Ion zwolff Korb angefüllet, da Hat er feine Apoftel und 
Jünger gezwungen bey ſpattem Abend in ein Schiff zu 
fleigen und weiter zu fahren. Der Evangelift, fo viele 
Geſchicht regiſtrirt, fchreibt merckſam, daß der Herr habe 
feine Apoftel mit Gewalt in das Schiff getrieben, com- 
palit. Matth. c. 14. coegit. Marc. ce. 16. ort, 
bat es gehaiſſen, PBeter, fort Ioannes, fort Matthäus x. 
fort, fort mit euch ins Schiff hinein. Ey Herr, die Zeit 
iſt fchon zu ſpat zum raifen, das Wafler trohet viel Oe⸗ 
fahr bey dem Tag, will gefchweigen bey ver Nacht, wir 
wollen beut in Gottes Nahmen auch da liegen, wo wir 
geeften Haben; fort, fort, macht nicht viel Wort von bie 
ſem Ort! Mein Herr, hat etwan Petrus gefagt, weil bie 
liebe Sonn bereitö von ung Urlaub nimmt und die dun⸗ 
dele Nacht vor ver Thür, fo thue und anheut die gnaͤ⸗ 
dige Erlaubnus geben, daß wir börffen auf dieſem Heu 
ſchlaffen, morgen wollen wir bey anbrechender Morgens 
roͤthe und auf die Rai machen und in allem deinem Wil 
Ien vollziehen: ich bin gleichwohl feiner aus ven Jungen 
mehr, und habe meinen Schlaf ohne das zum öfftern müſ⸗ 
fen abbrechen wegen ber Fiſcherarbeit, jetzt ſchmeckt mis 
die Ruhe, abfonverlich wohl nach dem Eſſen. Bort, fort 
mit euch, fort ohne Berzug, allo! Gompulit, coegit etc. 
Bann e8 an einem andern Ort wäre geweſen, tft wohl 
zu , per milnherkige Herr und Heyland hätte ih⸗ 
nen folche Bitte sicht verfaget, aber weil daſelbſt ſehr viel 


— 


44 


Meiber ihr Nachtherberg nahmen, fo hat Chriflus der 
Herr mit allem Gewalt feine Apoftel in das Schiff ge= 
trieben: Coegit discipulos, quibuscavebat à con- 
sortio nocturno tot mulierum, Cajet. in huno 
locum. Liebſter Heyland, feind e8 doch lauter fromme 
und andächtige Weiber, die aus purem Eiffer zu deiner 
VPredig kommen, und feind benebend deine Apoſtel Heilige 
md tugendfame Männer? fchabt nicht, fort, fort, fort, 
die Gelegenheit muß man meiden, fonft wird ein Kohlen 
ans einer Kreiden. O verivegene Narren! wann Gefahr 
tft bey den andächtigen Weibern, was für Gefahr wird 
dann erft fein bey denen verbächtigen Weibern, bey wel⸗ 
hen ſowohl Tag ald Nachts zu feyn ihr Leine Gelegen- 
heit verabfaumet. 

D mie recht bat der Englifche Lehrer Thomas von 
Aquin gethan! fobald viefer ven Habit und das geiftliche 
Kleid des h. Dominic angelegt, und gleichfam umb bie 
ſchoͤne Veſtung feines Leibs, die ich dermahlen will En⸗ 
gelsſtadt nennen, ein ſolche neue Maur geführt, ſiehe! 
da kommt der höllifche Feind mit allen feinen Allirten 
and belagert dieſe Veſtung. Die Frau Gräffin, als feine 
Frau Mütter, ſammt andern Frauenzimmern, verfucht diefe 
Veſtung mit Kiebkofen und manterlichen Accord zu behaup⸗ 
ten, aber umfonft: Seine zwey Herren Brüder, ohnedas 
wohlerfahrne Kriegsleuth, wagten einen gewaltigen Sturm, 
warffen die äuflere Mauer zu Boden (verflebe ven h. Ha⸗ 
bit, welchen ſie in Studen zerrifien) , aber mehr umfonft. 
Enplih kommt ver Catan, und verhofft die Veſtung (fo 
noch eine Jungfrau mar) mit Feuer zu zwingen, das iſt 
eine harte Attaque. Es kommt zu Thoma ind Gefäng⸗ 
nuß ein junges Weibsbild, man weiß ſchon, wie foldhe 
Galß gemegegen, man weiß fehon, wie folche Kaben 
fgmeicheln, man weiß ſchon, wie folche Vögel fingen ! 


45 


Diefe war überaus ſchoͤn, und hat nicht viel nachgeben 
red 3068 feinen Töchtern, von denen die h. Schrifft ſelbſt 
bezeuget: Non sunt inventae mulieres tam spe- 
viosae in universa terra: Auf der ganten We 
waren Teine fo ſchoͤne Weibsbilder, als wie des Jobs feine 
Töchter, ſie waren ver Stirn halber die fchönfte, Augen 
balber die fchönfte, Nafen halber die fchönfte, Wangen 
balber die fchönfte, Mauls halber die fchönfte, Saar hal 
ker die fchönfte, Halß Halber vie fchönfte, Hand Halbe 
tie fchönfte, deß gang wohlgefchaffenen Leibs halber vie 
ſchoͤnſte. Haben fie aber auch Mufch und Muden im Ge 
ficht getragen, wie jeßiger Zeit im Brauch? das wohl 
nicht , dieſe hat der Beelzebub ald Flegenteuffel aufge 
bracht. Haben fie etwan auch eine fo hohe Hauben ober 
Fontaſch auf dem Kopf getragen, wie bermahlen im 
Brauch? das noch weniger: dieſe Blunzen haben die Teuf 
fel gemacht, wie fte mit Erlaubnuß deß Herrn ſeind in 
die Schwein gefahren. Gaben fie dann auch einen Am 
ſtrich gebraucht, wie dermablen gemein bey mancher Thock? 
das gar nicht, dann dad Wort Thock, fo ed zuruck gele⸗ 
fen wird, Heißt Koht, und was, und zu was Ende foll« 
man biefed mit einer fchdnen Farb anftreichen? Die, um 
fer lieben Frauen Bilder, welche der h. Lucas gemahlt Hat, 
werden in ver ganken Ehriftenheit für miraculos gehalten 
und feind allerfeitö voller Wunder; aber die Frauenbil⸗ 
der, welche ver Teuffel mahlt mit dem Anftrich, die feinv 
nichts als Maullog und über und über voller Plunder. 
D wohl eine freche Thorheit ver Adamskinder, welche das 
Angeficht, fo der Allmächtige Gott erfchaffen, wollen ver 
beſſern, und den höchften Gott in feinen Werden corrigi- 
ven. Nicht alfo waren befchaffen des Jobs feine Töchter, 
fie brauchten keinen theuren Auftrich, fie brauchten kei⸗ 
nen koſtbaren Backenſirneiß, fie brauchten Teine koſtbare 


44 


Weiber ihr Nachtherberg nahmen, fo hat Chriftus ber 
Ser mit allem Gewalt feine Apoftel in das Schiff ge- 
tzieben: Coegit discipulos, quibuscavebat à con- 
sortio nocturno tot mulierum. Cajet. in hune 
locum. Liebſter Heyland, feind e8 doch lauter fromme 
und andächtige Weiber, vie aus purem Eiffer zu deiner 
Predig kommen, und feind benebend deine Apoſtel Heilige 
und tugendfame Männer? ſchadt nicht, fort, fort, fort, 
die Gelegenheit muß man melden, fonft wird ein Kohlen 
aus einer Kreiven. O verivegene Narren! wann Gefahr 
ift bey ven anvächtigen Weibern, was für Gefahr wird 
dann erft fein bey denen verpächtigen Weibern, bey wel⸗ 
hen Sowohl Tag ald Nachts zu feyn ihr Teine Gelegen- 
heit. verabfaumet. 

D wie recht hat der Englifche Lehrer Thomas von 
Aquin gethan! fobald viefer den Habit und Bas geiftliche 
Klein des h. Dominici angelegt, und gleichſam umb bie 
ſchoͤne Veſtung feines Leibs, die ich dermahlen will En» 
gelsftabt nennen, ein folche neue Maur geführt, ftehe! 
da kommt der höllifche Feind mit allen feinen Allitxten 
and belagert dieſe Veftung. Die Frau Gräffin, als feine 
Frau Mütter, ſammt andern Brauenzimmern, verfucht dieſe 
Veſtung mit Kiebkofen und manierlichen Accord zu behaup⸗ 
ten, aber umfonft: Seine zwey Herren Brüder, ohnedas 
wohlerfahrne Kriegsleuth, wagten einen gewaltigen Sturm, 
warffen die äuffere Mauer zu Boden (verſtehe ven h. Ha⸗ 
bit, welchen fle in Studen zerrifien) , aber mehr umfonft. 
Endlich kommt ver Catan, und verhofft die Veftung (fo 
noch eine Jungfrau war) mit Feuer zu zwingen, pas if 
eine harte Attaque. Es kommt zu Thoma ind Gefäng- 
nuß ein junges Weibsbild, man meiß ſchon, wie foldhe 
Galß gemegegen, man weiß fehon, wie ſolche Kaben 
ſchmeicheln, man weiß ſchon, wie folge Vögel fingen ! 


45 


Dieſe war überaus ſchoͤn, und bat nicht viel nachgeben 
tes Jobs feinen Töchtern, von denen die h. Schrifft ſelbſt 
bezeuget: Non sunt inventae mulieres tam spe- 
viosae in universa terra: Auf der ganken Welt 
waren Feine fo fchöne Weibsbilder, ale wie des Jobs feine 
Töchter, fle waren der Stirn halber bie fehönfte, Augen 
balber die ſchoͤnſte, Nafen halber die fchönfte, Wangen 
balber die ſchoͤnſte, Mauld halber die fehönfte, Haar hal 
ber die fchönfte, Halß halber die fchönfte, Händ halber 
vie fchönfte, deß gantz wohlgefchaffenen Leibo halber die 
ſchoͤnſte. Haben ſie aber auch Mufch und Muden im &» 
ficht getragen, wie jegiger Zeit im Brauch? das wohl 
nicht , dieſe Hat der Beelzebub als Flegenteuffel aufge 
bracht. Haben fie etwan auch eine fo hohe Hauben ober 
Fontaſch auf dem Kopf getragen, wie bermahlen im 
Brauch? das noch weniger: dieſe Blunzen haben die Teuf 
fel gemacht, wie fie mit Erlaubnuß deß Gern feind im 
die Schwein gefahren. Gaben fie dann auch einen Aw 
ſtrich gebraucht, wie dermablen gemein bey mancher Thock? 
das gar nicht, dann dad Wort Thock, fo ed zuruck gele 
fen wird, heißt Koht, und was, und zu was Ende folle 
man biefed mit einer fhönen Farb anftreichen? Die, um 
fer lieben Frauen Bilder, melche der h. Lucas gemahlt Hat, 
werben in der ganken Ehriftenheit für miraculos gehalten 
umb feind allerfeits voller Wunder; aber die Frauenbil- 
der, welche ver Teuffel mahlt mit dem Anſtrich, vie feinv 
nichts als Maullog und über und über voller Plunder. 
O wohl eine freche Thorheit der Adamskinder, welche das 
Angeſicht, fo der Allmächtige Gott erfchaffen, wollen ver 
beſſern, und den hoͤchſten Gott in feinen Werden corrigi- 
sen. Nicht alfo waren befchaffen des Jobs feine Tochter, 
fie brauchten feinen theuren Auftrich, fie brauchten kei⸗ 
nen koſtbaren Backenfirneiß, fe brauchten Teine Toftbare 


48 


tern. Thomas jagt biefen freundlichen Feind hinaus ; alſo 
recht, auf ſolche Weiß bleibet die Reinigkeit darinnen. 
Thomas fihlagt fe auf ven Rucken, welche fein heiliges 
Vorhaben wollte zurücktreiben. Pufft fie auf die Achfeln, 
welche eine folche ſchmeichlende Achfelträgerin wollte ab⸗ 
geben. Klopfet fie auf pen Kopf, welche eine ſolche Haub⸗ 
huſten war: recht alfo, ſchlag nur tapfer zu, o englifcher 

Thomas! ſolche Orglen müſſen nicht anderd gefchlagen 
werden, fühlag wacker zu,o Engel! folche Kranckheit braucht 
feinen andern Schlagbalfam, fchlag fleif zu, o eyfiriger 
Kämpffer! ſolche Glodenthürm brauchen Teine andere 
Schlaguhr. Io Victoria! 

Zu einem’ folhen Thurn gehört ein ſolche Glocken: 

Zu einer ſolchen Suppen gehören ſolche Broden: 

Zu einem foldhen Degen gebört eine ſolche Schaid: 

Zu einem ſolchen Vieh gehört eine ſolche Waid: 

Zu einem folchen Spiegel gehört ein folhe Rahm: 

Zu einem folchen Zahrmardt gehört ein folder Krahm: 

Zu einer folden Veſtung gehört ein ſolche Schantz: 

Zu einem ſolchen Kirchtag gehört ein ſolcher Tang: 

Zu einem ſolchen Heerd gehört ein ſolche Gluet: 

Zu einem ſolchen Kopf gehört ein folder Huet: 

Zu einem folden Pferdt, gehört ein ſolcher Striegel: 

Zu einem folchen Schelmenvieh gehört ein folder Prügel. 
Yo Victoria! Thomas überwindt und macht dad heilige 
Creutz zu einem Siegözeichen an die Wand, mit dem Brand, 
zu des Teuffeld feiner Schand. Die Engel, dieſe gefüherte 
Currier, erfihienen alfobald dem heiligen SJüngling, gra⸗ 
tulisten wegen ber herrlichen Victoria, umgeben ihn mit 
einem ſchneeweiſſen Gürtel, und ed begnabet ihn der Him⸗ 
mel mit einer ewigen und den Engeln anverwanbten Rei⸗ 
nigfeit. " 

O Ihr vermegene Narren! trauet um Gotteswillen ber 
Gelegenheit nicht, und glaubt, daß bie Thonau wird ehendet 


49 


zurücklauffen, daß ein Muden wird ebenber das Meer 
ausfauffen, daß ein Mühlftein wird ehenver fliegen, vaß 
ein Glaß ſich ehender wird biegen, daß ein Tankbär wird 
ebender Iernen pfeiffen, als daß ihr euch in einer böfen 
Gelegenheit nicht follt vergreiffen. Und mann du ſchon 
ein h. Juſtus oder Juftinus biſt, warn du fchon ein h. 
Selir over Felicianus biſt, e8 kann auch ein h. Juſtus un« 
gerecht werben bey der Gelegenheit. Es kann auch ein 6. 
Paulus nicht paululum verlieren an der Unſchuld bey 
der Gelegenheit. Es kann ein h. Felix unglüdfelig were 
ben bey Der Gelegenheit: De quantis legimus viris, 
in vigiliis, in jejuniis , in lJaboribus supra hu- 
manum, modum, immo in miraculis coruscan- 
tibus, qui ceciderunt. S. Bernardus. lib. de 
Pass. Dom. c. 14. Bon wie Vielen wird gelefen, 
welche ihre ganke Zeit mit Betten, Wachen und Faſten 
zugebracht, ja fogar auch mit Wunderwercken geleuchtet 
haben, welche nichtsdeſtoweniger in ver Gelegenheit ge= 
fallen 


eynd. 

Der Soldat auf der Straß, der Rauber in dem Wald, 
ruft zum offtern dem armen Wandersmann zu: Gelb 
ber, Geld her! Ich bin Fein Rauber, und bin fein Sol⸗ 
bat, nichtöpeflomweniger ruff ich allen vermegenen Narren 
m: Geo Ger, Geld her! Chriftus der Herr hat feinen 
Apoftein einen Befelch geben, wie er fle zu Predigern ge 
macht, daß fie follen in alle Welt ausgehen und prebigen, 
aber es ſoll keiner einen Beutel, vielweniger Geld mit ſich 
tragen ; ungeachtet dieſes, ruff ich allen vermegenen Nar⸗ 
ten zu: Geld Her, Geld Her! Jener verwegene Narr, der 
nicht Geld gibt, der iſt werth, Daß ihn das Feuer des Bergs 
Aethna verzehre; der nicht Geld gibt, ver iſt werth, daß 
ihn Die Erde verſchlucke, wie den Dathan. Wer nicht 
Geld gibt, der iſt werth, daß er in den Waſſer wie ein 

1. 


50 


Pharao erfaufe. Mer nicht Geld gibt, der ift wert, daß 
er wie ein Judas im Lufft erfticde. Geld Her, wann ſchon 
das Geld genennet wird ein Angel des Teuffeld, -ein Fall» 
ftrik der Seelen, ein Verhindernuß bed Haild, eine Ver⸗ 
wirrung des Gewiflens, fo ruff ich dannoch allen ver⸗ 
wegenen Narren zu: Geld her! Uber Fein folches Gelb, 
wie Judas im Sädel gehabt, Tein folches Geld, wie Mat⸗ 
thäus bey der Zollbanck gezehlet, Fein folches Gelb, wie 
Zachäus in dem Kaften gehabt, es ift ein anderes Geld, 
nehmlich das Verfengeld. - Dahero dann, ihr verwegene 
Narren, wann ihr euch etwan befintet in einer Gelegen⸗ 
beit, Böfes zu thun, jo ift nichte rathſamers, als das 
Berfengelo geben und davon lauffen. 

Viel verwegene Narren werben fagen: Warum foll 
id davon lauffen, warum foll ich das Ferſengeld geben? 
die Frauenbilder, fo ich beſuche, feind eines frommen Wan» 
veld, guten Ruffs, feind keuſche Lucretia, heil. Agnetes, 
es ift Fein Seuer vorhanden, alfo Feine Brunft zu fürchten, 
feine Gefahr zu beſorgen. Allen vergleichen Narren gibe 
ich mit dem Griechifchen Poeten zur Antwort: Mulieri 
ne credas, ne mortuae quidem: Traue nicht, 
traue nicht einem Weibsbild, fogar ben entfeelten nicht. 
Solches bezeuget auch der weiſeſte Salomon, da er fagt: 

iram de mille unum reperi ınulierem ex 
omnihus non inveni. Eccles. ce. 7. Nach ber 
Verdolmetſchung Hyeronimi fucht Salomo was Keu- 
ſches und Aufrechtes, und find unter taufend Männern 
nur einer, aus allen Weibern aber gar feine. Will nicht 
fagen, daß keine Teufche und unfchuleige Srauenbilder auf 
Erden follen zu finden feyn, fage allein, daß Salomo 
unter taufend nicht eine gefunden habe. Ich mache dir, 
geneigter Lefer, ein Logogryphum, foloire diefen: -. 


51 


Nascitar in dumis, que seribitur octo Aguris, 
Si caudam abstuleris, nullam de mille videbis. 
Das If: 
gatein mir gibt ein fehönen Nahmen, 
Fünf erfte Glied gefaßt zufammen, 
Bon taufend nicht wohl eine finde, 
Beym Feuer all fpringen, auch die mindfl. 
Das ift in Latein Castanea, ein Kaſtanien over Käften 
von acht Buchflaben zufammen getragen, nimm hint das 
End, fo bleibt Casta, oder feufh, nullam de mille 
videbis, von taufend nicht mohl eine finveft (verſtehe 
ein keuſches Weibsbild) beim Feuer alle ſpringen auch die 
mindeſt. Wann nun diefem alfo, und fo dich dein aige 
nes Gewiſſen überweifet, fo vermeide dann, o verwegener 
Aare! alle jene Selegenheit, fo dich einmahl zu der End 
geführet hat, sicnti enim difficile est; arborem 
juxta viam plantatam fructus usque ad matu- 
ritatem servare, sic difficile est in medio 
oecasionum innocentiam usque ad finem ser- 
vare. S. Chrysost. Gleichwie es hart hergehet, daß 
ein Baum neben dem Weg feine Frucht erhalte, bis fie 
gar zeitig, alfo fällt ſchwer, bie Unſchuld in fünbiger 
Gelegenheit biß zum Ende erhalten. Diefed hat wohl 
gewußt und verflanden der h. Vatter Franciscus, dann 
Diefer iſt einsmals von feinen Jüngern befragt worden, 
was er thäte, wann er in eine fünbige Gelegenheit gera- 
tben follte? Der 5. Seraphiſche Vatter wußte eine fo 
ſchwere und gefährliche Frag nicht gleich zu beantworten, 
fagte voch letzlich: Was ich ſchuldig wär in dergleichen 
fündigen Gelegenheit, dad weiß ich, was ich aber thun 
würde, ift Gott allein bewußt: Omnis homo denique 
est homo, dann wir alle zerbrechliche Menſchen feind. 
Recht und Löblich Hat ſich verhalten jener Nieverläne 


52 


diſche Süngling, welchen feine Eltern nach Davantria ge⸗ 
ſchicket, alvort tieffe Wiſſenſchafft zu ergreiffen, wie fie ihn 
dann zu dem Ende zu mehr andern Adelichen Jünglingen 
in bie Koft gethan. Diefer gute Henricus, alſo war fein 
Nahm, vermerckte, dag in dieſer Koft mehr Gelegenheit, 
Sünden und Laſter, als Scienzen zu ergreiffen, ſich er⸗ 
zeige, wollte dahero kein verwegener Narr ſeyn, und ſeine 
Unſchuld, wie der David den Urias an den Spiz ſetzen, 
fondern er verwechjelte alſobald feine Koft, und erwehlt 
ihm ein Ort, wo man ein frommes und tugenbfameß Leben 
führen konnte; dieſes kam denen Adelichen Eltern bald zu 
Ohren, erzörnten fich und ſchrieben ihn einen Drohbrieff . 
nach dem andern zu: wofern er ſich nicht wieder an das 
vorige Drt zu der Adelichen Geſellſchafft verfügen würde, 
fo wollten fie ihm alle Lebensmittel ſperren und ihn ververben 
laſſen. Henricus erinnert fich, daß in unbillichen Sachen 
ein Kind nit ſchuldig, den Eltern zu gehorjamen, wollte 
alſo lieber ihre Ungnad gedulden, als feine Seel und Sellg⸗ 
keit in fo handgreifliche Gefahr ſetzen, follte er auch feine 
Lebensmittel durch betteln fuchen muͤſſen; wie er dann auch 
in gröfle Noth gerathen, bat doch lieber alles wollen er⸗ 
dulten, als auf Begehren der Eltern in ver fünpigen Ge⸗ 
legenheit verbleiben. Der gütige Gott aber wollte feinem 
treuen Diener nicht mehr aufbürben, als was er ertragen 
konnte, ruffte alfo Henricum durch ein Fieber In das an⸗ 
vere Leben; als er dieſes merckte ſchreyt er getrofl und freu⸗ 
denvoll auf mit dem König David: Pater meus et 
mater mea dereliquerant me, Dominus autem 
assumpsit me. Ps. 20: Mein Vatter und mein Mut- 
ter haben mich verlaflen, der Herr aber hat mich aufge 
nommen. In diefen Worten hat er feine Seel in pas 
andere und beftändige Leben geſandt. Henr. Graenat. 
in Spec. mag. Exempl. dist. 10. Exem. 11. 


53 _ 


Lernet ihr vertvegene Narren, vie ihr ber böfen Belegen« 
beit mit allen Vieren nachlaufft, lieber mit Henrico in 
gröfter Armuth leben, ald in ver Gefahr und fündigen 
Gelegenheit verbleiben, dann der boͤſe Feind bebient fick 
ber minbeften Gelegenheit, euch in ſchweren Fall zu bringen, 

Der hochgelehtte Cardinal Baronius ſchreibt von dem 
Gottfeligen Uttado, Dominicaner⸗Ordens, daß er eins⸗ 
mal8 feinen Sermon mit folgenden Worten befchlofien : 
Liebfle Brüder und Schweſtern, verlanget ihr in eurem 
Hertzen einen Regen der göttlichen Gnad, fo gebt ihr ihm 
zuvor den Regen eines beilfamen Augenwaſſers und buß⸗ 
fertiger Zaͤhten. Und ich fage fchliepenn: Verlangt ihr 
Menfchen die Gnad Bottes beſtaͤndig in eurem Herken zu 
behaupten, und in viefer zu verharren, fo ſeyd Teine vew 
wegene Narren, ſondern fliehet, meydet die fündige und 
Öfterö practicirte Gelegenheit. 





\ 


11. Audreas Musculus *). 


Andreas Musculus, Prediger zu Frankfurt an 
der Oder, Profeflor der Theologie vafelbft und General⸗ 
fuperintenvent der Mark Brandenburg, ift 1514 zu Schnee« 
berg geboren und Fam erft im 14. Jahre in vie Schule. 
Er Hörte zu Wittenberg Luthern und Melanchthon, wider 
feßte fich Hartnädig dem bekannten Interim und wurde zu 
dem wichtigen Werfe ver Concorvienformel gezogen. Er 


2) Spielteuffel. Ein gemein außfhreiben von der 
Spieler Brüderſchaft vnnd Orden, famt irn Stifftern, 
guten Werden vnnd Ablaß. Wit einer kurgen ange⸗ 
denckten erklaͤrung, nutzlich vnnd luſtig au leſen. 


54 _ 


ſchrieb Vieles. Als er einft zu Frankfurt unter freiem 
Simmel auf der fleinernen Kanzel bei ver St. Gertruden⸗ 
firche predigte, Tamen, wie ihm bünfte, mitten in ver 
Predigt drei Geifter, welche die Kanzel umreißen wollten, 
fo daß fih Musculus fchon an ven Zaden des dabei ſte⸗ 
benden Baumes feſt hielt, Tieß ſich aber übrigens nichts 
merken und prebigte immer fort, worauf fie wieder ver- 
ſchwunden *). Er flarb 1587. 


Aus dem „Spielteufel”, 


„Wir Spigbuben, Doppler und alle Spielbrüber, ſammt 
unſern treuen Gehülfen, ven Kartenmalern, Würfelfchnißern 
und den Tunftreichen Meiftern des Schachs, Brettfpield und 
anderer Inftrumente, darauf man fpielet, auch fammt 
allen zufünftigen Meiftern und Erfindern neuer liſtiger 
Spiele und der verborgenen Künfte und Meifterftüde auf 
dem Spiel: thun in dem Namen unfered Abgotts des 
Spielteufeld (welcher mit allem feinem Heer und Rüftung 
auf ung zu feßen, und zu ſchuͤtzen und zu fordern, vom 
gewaltigen Fuͤrſten dieſer Welt ausgeſandt, verorbnet 
und beftätigt iſt) Ievermänniglich , fo in unfern Orden 
ſich zu begeben willens und geneigt ift, fund und offen« 
bar, daß wir nicht um des Gewinnes willen, fondern um 
der Kurzweil willen fpielen, auf daß wir und des Sam 
fens enthalten. 

Aber gleichwohl, wenn wir etwas gewinnen, es fey 
durch Glück, oder mit Lift und Betrug, fo nehmen wir 
ed herzlich gern an, laſſen e8 und gefallen und find gu⸗ 
ter Dinge brüber, ſchenken auch wohl etwas in's Gelag, 


*) Zöcher allgem. Gelehrten⸗Lexikon. 


BB 


die Andern damit fröhfich zur machen, ober auf den fol- 
genden Tag ein neues Feſt unferm Abgott zu ftiften, da⸗ 
mit ihm allenthalben der Weg bereitet und wir Spielbrü- 
der in feinem freuen Dienft beifammen bleiben, und die 
Brüderfchaft durch Feine Keerei, fo unfern Orden anficht, 
möge zerrifien werden. So wir aber verfpielen, ſehen wir 
fauer, geben Niemand ein gut Wort, find grinmig, beißen 
aus Zorn die Zähne zuſammen, fluchen Gottes Marter, 
Wunden, Leiden, Peſtilenz und Franzoſen, auch andere 
gränliche und unerhörte Worte, dafür Himmel und Erde 
zittern möchten. 

Penn wir aber pad Geld, fo wir bei uns gehabt, ver⸗ 
fpielt Haben, leihen wir bei Andern mehr, melche uns zum 
Spiel gerner und mehr vorftrecken, als zu andern ehrlichen 
und nüßlichen Gewerben. Haben mir aber das gelichene 
Geld auch verbeftillirt, gehen wir alsbald wieder heim, ho⸗ 
fen mehr, oder fenten heim, daß uns Die Weiber mehr 
ſchicken follen; wollen fie es nicht thun und fehen ſauer 
dazu, daß wir nad Geld alfo Tieverlich verfpielen, Fönnen 
wir diefem Allem zuvorkommen mit Schelten und Suchen, 
geben beim in dieſem und jenem Namen und wollen dem 
Weib das Geld aus der Haut dreichen; fo fie und aber 
entlaufen, bauen wir die Käften auf, dieweil dad Weib 
die Schlüffel vielleicht mitgenommen, oder weil wir fle aus 
Bosheit nicht finden wollen. 

Finden wir Geld im Kaften, fo muß e8 Heraus, ehe 
es verfchimmelt, ft aber Teined vorhanden, fo müflen un⸗ 
fer und unfrer Weiber Röde, Mäntel und filberne Gür⸗ 
tel und anderes Gefchmelbe, welches wir felbft nicht erwor⸗ 
ben, fondern etwa von ımjern Voreltern und guten 
Freunden uns zur Zier und zum Schmuck angeerbet find, 
herhalten, geben wieber zu unſern Spielbrübern, füngen 
aufd neue an zu doppeln, der Hoffnung, dag wir das 


56 


Porige wieder gewinnen werben, feßen flugs auf und 
duppliren allemal den Sab, damit, fo e8 uns etlichemal 
geräth und wir das Spiel gewinnen, wir deſto eher das 
Unfrige wieber befommen und wohl noch mehr bazu ger 
winnen, wenn das Glück gut ift. 

Berfpielen wir aber das Geld ganz, behalten Teinen 
Heller im Beutel und feinen Rod am Leib, fo gehen wir 
denn mit leerem Beutel wieder heim, dürfen nicht Sorge 
tragen, daß und das Geld daraus geftohlen werde oder 
die Motten in die Kleider kommen. Wir find auch der 
großen Arbeit Andrer enthoben, daß wir nehmlich nicht 
fo bald mehr auffeßen und fpielen vürfen, fonvern halten 
nun Teiertag, und fehen zu, wie fauer es Andere ankommt, 
ehe fie das Geld, wie wir gethan, verſpielen. Aber folch 
barmherziges Zufehen ift nicht fo Iuftig, als felbft mit- 
fpielen; wir werben deßhalb bald verbroflen darüber und 
ftehlen und envlich weg, fo gut wis Fönnen. 

Kommen wir aber heim, fo bringen wir die ſchwere 
Krankheit der Armuth am Halſe getragen; biefe macht 
und abermals fo -ungebuldig, daß wir nicht allein aus 
Leid faft weinen, fondern wir fangen auch an im Haufe 
dermaßen zu murren, daß Alles und entlaufen muß, ja⸗ 
gen Weib und Kind fort, auf daß wir allein Herr im 
Haufe bleiben. So und aber noch etwas Im Wege liegt 
oder flieht, muß es auch zerfchlagen und zerbrochen feyn, 
ed ſeyen Schüffeln, Teller, Töpfe, Krüge, Kannen, Defen 
und Senfter; wir achtend nicht, daß es ſchade fey und 
und eine böfe Nachrede bringe. . Wenn fich aber hernach 
bald die Reue findet, fo haben wir doch den Troſt, wenn 
wir nicht viel behalten, daß uns nicht viel verbrennt, wenn 
Beuer auskommt, und daß wir und auch nicht henden 
bürfen, denn reiche Reute henden fich gern, und großen . 
Reichthum befigt nur ber Teufel. 





57 \ 


Wer nun nicht alfo geflnnt ift, ber taugt zu Teinem 
Spieler, iſt auch nicht würbig, daß er eine alte Karte 
fol!’ anrũhren, geſchweige denn eine neue in die Kauft 
nehmen, und gehören folcdhe Leute nirgends beſſer bin, 
denn zu Kleinen Kindern, die um Nußfchalen fplelen, zu 
unfter Brüberfchaft aber gehören fle nicht, denn wir feßen 
flugs Geld auf, fangen mit Pfennigen an, over noch lie 
ber mit Orofchen, bis man mit vollee Sand und ganzen 
Xhalern zufegt, und ob wir uns gleich oftmal3 unter» 
einander hart firafen und viel Geld abgewinnen, daß es 
einem wohl gereuen möcht, wiener zu und zu kommen und 
bei uns zu ſeyn, fo Eünnen wir doch nicht von einander 
bleiben, fondern müflen ſtets auf einem Haufen liegen; 
auch bat einer den andern viel lieber als fein eigenes Haus, 
Beib und Kind, weßhalb wir und bald Morgens zum 
Brannwein, over bei Tag im Stabtkeller oder an einem 
endern guten Drt zufammenloden. In Summa halten 
wir's fo, daß wir felten daheim bleiben, ftets feyn müſſen, 
wo man fbielt, Tag und Nacht mit höchflem Fleiß in ber 
neuen Karte ſtuditen, wenn bie alte weggeworfen ift, duch 
mit allem Ernft die Augen über ven Würfeln behalten. 
Denn Auffeben iſt im Spiel die befte Schanz, und mer 
nicht will Die Augen aufthun, der thu den Beutel auf. 

Unfter guten Werke find es auch viel, als: ſpielen, 
fluchen, Lügen, betrügen, fchlagen, .taufen, morben und 
dergl., was ſchlechte, geringe Kinder und Leute nicht aus⸗ 
richten Dnnten, auch gehören dazu nicht blöde, furcht⸗ 
fame Herzen, fonbern recht fühne Helen und tapfere Leute: 
Könige, Fürften, Herren, Edelleute, Kaufleute, reiche 
Bürger, Bauern und andere Waghälfe mehr, welche nicht 
allein allerlei Schand zubedlen, fonvern auch allen Scha⸗ 
den, den fie anrichten, ja den Menfchen felbft, bezahlen 
können, wenn fie ihm beſchaͤdigt oder gar ermordet haben. 


- 


58 


Unſer Ablaß allhier ift eine zeitlang Cains Sicherheit, 
zuletzt kommt Reue und Buß, dort aber ewig Seulen, 
Meinen und Zähnklappern: mit welchem Ablaß der Stif« 
ter dieſes Ordens nicht karg oder neidiſch ift, fondern 
iheilet ihn gern und mildiglich Allen aus, die das Spiel 
fördern, und nicht hindern noch verbieten. Darum mag 
ein Jeder unferm Abgott danken und nach ſolchem Ablaß 
feufzen, der pa hat Iernen vie Karten kennen, vie Augen auf 
ben MWürfeln zählen und allerlei Lift und luſtige Künſte 
bei dem Spiel üben, denn e3 kann nicht auöbleiben, ſon⸗ 
been muß uns widerfahren und zu Theil werben, wenn 
auch gleich an feinem andern Ort, als in jenem Himmel, 
no die Engel mit Keulen laufen. 

Unfer Abgott, Herr und Anreizer ift, wie ſchon An⸗ 
fange gehört, ver Spielteufel, welcher und fielen beißt, 
auch fein Tuftig zum Spiel macht, daß und das Gerz im 
Reib lacht, wenn wir von Karten und Würfeln hören oder 
biefelben ſehen. Ja, er Iehret und auch unrecht ſpielen, 
die Blätter in die Karten ſchiebhen, vermengen, zwicken 
und zeichnen, auf daß wir fle erfennen und wiflen md» 
gen, was Andere in ver Kauft haben. Wir könnten fonft 
auch fo meifterlich die Würfel Enüpfen, dieſelbe fegnen 
und beſchwören, daß ſie ung auf Meſſerſpitzen oder Schneiven 
müſſen ftehen bleiben, dazu ſtets tragen, was und nuͤtz⸗ 
Ich ift, und fo viele Augen als wir mollen, wenn und 
biefer Abgott nicht fo gnäbiglich foldhe Kunft und Ges 
walt mittheilte und auch in andern Stüden burch feine 
Diener und Anleitung zulommen ließe. 

Denn da finvet ſich alsbald zu ung fein Oberfter, ver 
Unrupteufel, welcher und nicht daheim bleiben läßt, ſon⸗ 
bern er muß und unter bie Leute führen, namentlich zu 
den Spielbrübern; er macht und deßhalb daheim angfl 
nnd bang, daß wir felbft fprechen: mir ift Zeit und Weil 


59 


lang, ich will in ven Stabtfeller ober in ein anderes Bierhaus 
geben, damit ich Die Langemeil vertreib, und es fehlt gar 
felten, Daß ich port nicht gleich einen Kameraden follt finden. 

Zweitens bleibt nicht von und ber Proviantmeifter, 
nemlich der Sreßteufel und Saufteufel, welche vollauf zu⸗ 
führen und die Küche wohl beftellen, damit wir und uns 
ter einander zu Gaſt Inden oder auf den Abend beim 
Wirth eine gute Mahlzeit zu gemwärtigen haben. Diefed 
fann ich wahrlich nicht ausfchlagen oder abfichtlich ver⸗ 
füumen, fondern freß und fauf mich daſelbſt lieber fatt, 
benn daß ich Daheim follt Hunger leiden; uͤberdieß ſchmeckto 
bei folcher Büherei ſtets befier als daheim bei dem from» 
mn Weib und. Kind. 

Drittens bleibt nicht aus der Poſſenteißer⸗ und Lachten⸗ 
fel, welcher uns beim Spiel fröhlich und guter Dinge 
macht, daß wir fihreien und jauchzen, ald wären wir im 
Simmel, und wer die beften Zoten treiben und Lacherei 
anrichten kann, ber ift der beſte Stodfifch. Uber wenn 
bie ungeſchickten Tölpel, die fih im Spiel Meifter dün⸗ 
fen, ein recht gut Spiel in der Fauſt Haben und karten's 
jo unvorfichtig,, daß fle ſich's mit geringem Spiel abges 
winnen laflen, dann geht es recht an's Lachen und Spot« 
ten, denn wer den Schaden hat, darf für den Spott 
nicht forgen. g 

Piertens fchleicht auch heimlich mit ein der Sauerteu« 
fel, wenn wir verfpielen, daß wir die Nafen rümpfen und 
das zanze Angeficht entftellen, wenn uns der bittere Rauch 
res Hohns und Spotts, fo wir zum Schaden hin haben 
müflen, in die Augen beißt, die Thraͤnen beraudtreibt, 
Muth und Herz betrübt: da iſt wahrlich das Lachen zu 
verbeigen. Es find die Spieler fo unbarmherzig, daß 
wenn fie etwas gewonnen haben, man es Eäglich und 
jämmerlich genug machen muß, will man etwas von 
ibnen wieder erlangen. 


‘ 60 . 


Fünftend muß fich auch allezeit mit untermengen ber 
Läfterteufel oder Haberteufel, daß wir uns über dem Spiel 
oftmals fchmähen und auf's gräufichfte verfluchen, auch 
um eines Hellers oder Pfennigs willen zanken, raufen und 
Maulfchellen austheilen. 

Sechstens will auch mit uns Gefellfchaft Haben der 
Schwörteufel, welcher uns reizt, daß wir und oft ver⸗ 
fhwören, fo man und etwa zeiget, daß wir nicht recht 
gefpielt oder nicht zugefeßt haben. Ob wir's num gleich 
gethan haben, fprechen wir dennoch: daß mich der Teufel 
hole, Bott laß mich fein Angeficht nicht befchauen, wo ich 
vieß ober das gethan Habe ꝛc.; deßhalb müſſen's mir's 
zum Gefallen die Andern glauben und behalte alſo man- 
gen Pfennig, den ich fonft zu erſetzen ſchuldig wäre. 

Siebentens ſtehet und auch treulich bei der Nachtteufel, 
welcher uns nicht zu rechter Zeit heimgeben läßt, ſondern 
und immer anreizet, noch länger zu figen, denn es fey 
noch Zeit genug; er macht und auch die Nacht bei dem 
Spiel kurz, daß darnach Mancher feinen Schlaftrunf thut, 
wenn der belle Morgen anbricht und der Kühhirt aus⸗ 
treibt. 

Achtens ſitzt und auf der Zunge der Rügenteufel, daß 
wir nicht die Wahrheit fagen, was wir verfpielt oder ge= 
wonnen haben, auch nicht leiden fönnen, wenn man uns 
die Wahrheit fagt, wie wir's bei dem Spiel gehalten ha= 
ben, ſondern allenthalben läugnen, und Andere, fo e8 
offenbaren und nachfagen, Rügner und Berräther fchelten. 

Zulegt kommt oftmals zu und der grobe Unflath, der 
dad Spiel zerftört und die Brüder alle irre macht, nem⸗ 
lich der Morbteufel, welcher gar in's Feuer bläst und es 
nicht bei dem Eauerfehen, Schmähen und Läftern bleiben 
läßt, fondern und fo entrüftet, dag wir vom Leber ziehen, 
oder Leuchter, Kannen, ja die Rungen aus ven Wagen 


61 


erwifchen, und nidht eher aufhören zuzuhauen, bis einer 
bier, der andere Dort tobt bleibt, und oftmals die Andern 
ald Thäter folgenden Tages verübten Mords willen auch 
umgebracht werden. — Diefe Teufel alle find ver Spiel 
brũder Beftätiger und Wörberer, und es gefallen ihnen 
unfte Werke ſehr wohl, fie helfen und jelbft dazu, find 
uns hold, günftig und wohlgeneigt. 

Aber den Iofen Pfaffen, unfern Eugen Weibern und 
Arifllicher Obrigkeit (welche für Heiligkeit berften möchten) 
gefallen dieſe Werke nicht; fie ſind uns feind darum, pre 
digen und fchreien wider und. Die Weiber wollen's uns 
wehren und bie Obrigkeit will's und verbieten; aber was 
fragen wir darnach? Will man uns das Spielen daheim 
verbieten, fo fpielen wir deſto ärger, wenn wir anders⸗ 
wohin zu Markte ziehen, oder Triechen in irgend einen 
—— Winkel, damit uns die Richter weder finden 

noch ſtrafen Tonnen. In Summa: wir laflen das Spie- 
len nicht, denn wir halten e8 für keine Sünde; wir find 
es einmal gewohnt und von unferm Abgott dermaßen 
darin befefligt, daß und nicht irgend ein geringer Winv 
davon abfchredt. 

Zum Beichluß fol ein Ieder, der ſich in unfern Orden 
zu begeben geneigt if, ſich darob nicht ärgern laſſen, daß 
dieſer unſer Orden in der Welt anfänglich nicht viele 
Brüder gehabt hat: denn die Alten find Narren gemefen, 
haben nicht geivußt, wozu das Spiel gut ift, haben auch 
die Blätter nicht recht zählen und nennen köͤnnen. Wir 
aber find viel Hüger und fcharffinniger,, darum Iernen’s 
wir fo bald, auch Fönnen ſich an einem Tage viele hum 
dert Seelen in unſern Orden begeben. Es ſchadet alfo 
nicht, daß der Anfang gering gewefen, es genüget, daß 
das Ende gut geworden; denn, Lob fey dafür umferm 
Abgott, es iſt dahin gefommen, daß wenig Leute auf 


DE 7 


62 


Erben leben, bie nicht unſres Ordens find ober es noch 
werben möchten, und objchon etlih meineidig werben 
und davon wieber abmelchen, fo bleibt doch der Kern bes 
fündig bis in die Grube. - 
Dieß ift unfer, der Spielbrüber, Spitbuben und Dopp⸗ 

Ier, Orden, Etiftung, gut Werk und Ablaß; wer der⸗ 
felben will tBeilhaftig werben, ver laſſe ſich beileib das 
Spielen nicht verleiden, fondern fange von Jugend an zu 
fpielen bis an das Ende feines Lebens, und erwarte den 
Ablaß mit Geduld und gewiller Zuverficht, er wird nicht 
audbleiben, fondern und gewiß wieberfahren und zu Theil 
werden. Welche ſolches begehrten, die fprechen von Gem 
jen Amen. 

Datum im feßten Theil der Welt, 

Da man das Spiel in Ehren hält, 

Tenn wo uns ein gut Glüd zufällt, 

So haben wir im Hut viel Geld, 

Wer ſich nur fo zur Sade flellt, 

Als dieß unfer Schreiben es vermelbt.“ 


Da haft du, lieber Lefer, der Spielbrüder Urfprung, Ra⸗ 
tur, gute Werke, Rob und Ende, welches Alles bu mit 
bußfertigem Herzen wolleſt betrachten und ven Spielteufel 
fennen lernen, der ſich anfänglich fromm macht und nicht 
ein Teufel, fonvern ein großer Heiliger feyn will, dern 
er begehre Gewinnes halber nicht zu fpielen. Das reden 
ihm feine Kinder nach, auch glaubens die Epieler einer 
dem andern, damit fie das Gelb aus dem Beutel Inden 
und andere alberne Echaafe in's Net ziehen, daß fie auch 
zufeßen. 

Hüte dich, daß du bir ſolche Worte nicht gefallen Taf 
feit, denn es ift eitel Ksetrug, gleich al8 wenn der Teufel 
fbräche: diene mir, Hite mich an, ich begehre ja deines 
Leibes oder deiner Scele nicht; das glaube ver Kufuf, ich 


63 


nicht. Oder wenn einer mit gelabener Büchfe vor bir flänbe 
und fpräche: Halt ſtill, ich will Dich treffen und nicht ver 
wunden, fondern nur mit bir fchergen und Kurzweil trei⸗ 
ben; du windeſt fagen nein, fherze mit dem Teufel alfo. 
Und fo übel, betrüglich und ſchaͤdlich iſt's gefprochen „wir 
wollen um feines Gewinnes willen ſpielen“; — ja hin⸗ 
ter fich fcharren die Hühner! Denn mo der Epielteufel 
hinkommt und einniftet, bringt er viel und ärgere Teufel 
mit ſich, als er ſelbſt ift, die dem Wirth im vie Herberge 
fcheigen und höllifch Feuer zum Trinkgelo geben. Darum 
firaf, was da firafen kann, ober Gott wird ſtrafen, und 
bekehre fich, mer zu bekehren ift; wer aber nicht will, der 
fabre Hin, er tft genugfam gemartert! Amen. 


4 





IV. Sebattian Frau *). 


Sebaftian Frank von Wörd, wie er fich nennt, 
ward im Jahre 1500 zu Donauwörth in Schwaben ge 
koren, und fcheint, denn Näheres iſt nicht über feine Jw 
gend bekannt, ein ziemlich regelloſes Leben geführt zu ha⸗ 
ten; er war abwechfelnd in Nürnberg, Straßburg, Ulm, 
Bajel und in andern Städten. Ein fchwärmerifcher Wieder 


*%, Bon dem greivlichen laſter der trunfenbeit, fo in dies 
fen legten zeiten erſt ſchier mit den Franzoſen auf 
fommen, Was füllerey , fauffen vnd zutrinten für 
jammer vnd vnrath, Schaden der feel vnd des leybs, 
auch armut vnd ſchedlich art anricht, und mit fi 
bringt. - Bnd wie dem übel zu raten wer, grüntlk 
der bericht vnd ratſchlag, auß göttlicher gefchrifft. 
Sebaſtian Franf. 1531. (Ich Tiefere Hier aus jeder 
Aubrit des feltenen Buches einen Auszug.) 


64 


täufer, fuchte er burch Rebe und Schriften feine Lehren zu 
verbreiten, und mußte deßhalb viele Berfolgungen und Bew 
brüfungen ausftehen; namentlich wurbe er genöthigt, um 
feiner Anſichten willen Nürnberg und Ulm zu verlaffen. In 
erfterem Ort verweilte er von 1528 bis 1531, trat Hier 
zuerft ald Schriftfteller auf und vermäßlte ſich mit Ottilie 
Behaim. Damm begab er ſich nach Straßburg, wo er 
feine „Chronik“ drucken lieg. 1533 ging er nad) Ulm, 
erwarb fich Hier das Bürgerrecht und errichtete eine Dru⸗ 
derei, verlor aber alles wieder, und mußte 1539 bie Stadt 
wieder verlaffen. Im folgenden Jahre wurben feine Mei⸗ 
nungen förmlich von den zu Schmalkalden verfammelten 
Theologen verworfen und vor denfelben gewarnet. Es ift 
unbefannt, wohin er von Ulm aus ging; allem Bermu- 
then nach ift er zu Bafel, in welcher Stabt er gemein⸗ 
Ihaftlich mit Nicolaus Brylinger eine Art von Buchhandel 
trieb und einer Druderei vorfland, um 1545 geftorben. 


Schad der Seelen aus der Trunkenheit und Völlerei, wie 
fe die Sünde einführt, allen Laftern die Thür aufthut und 
die Seel erwürgt und umbringt. 


Wie die Erfahrung lehrt, wenn man voll und fatt iſt, 
fo iſt der Teufel Abt. Da ſteht allen Laftern die Thür 
offen und iſt nichts fo ungeſchickt, welches der Teufel mit 
-einem fürhat, das er nicht zuivege bringt. Wenn er uns 
mit Wein hat gefangen, alle Sinne geraubt und zu Nar« 
ten gemacht, da treibt er feinen Spott, Kurzweil und Bafe 
nachtſpiel mit und, treibt uns von einem Laſter in das 
andere. Wer dem Fleiſch Wein zugießt, thut nichtd an⸗ 
dereß, denn einer, der Waſſer auf Kalk fchüttet, Del dem 
Feuer zugießt und in bie Kohlen bläst. Denn pad Bleifch, 


⁊ 


65 


weil es arg if, follen wir e8 im Zaum Halten, nicht Iafe 
fen auflommen, ven faulen Adam mit Sporen reiten, das 
Butter Höher fchütten, daß en nicht zu geil werde. In ber 
Schrift heißen Säu fürnemlich niefenigen, denen ver Bauch 
Gott if. Man hat's mit dem Zutrinfen und Gottesläftern 
in beutfcher Nation verfucht. Da find vie Geſetzgeber die 
erften, die es verbrechen. Darum halte ich, der Welt fey 
nicht mehr zu rathen. Gott wolle, daß ich lüg'; ich hab’ 
fehler daran verzagt. Es hat zu tief gewurzelt und iſt bie 
Sünde eine Gewohnheit worden. Es müßten Alle anders 
geboren werben und einen andern Kopf auffeken; ja es 
müßte eine andere Welt werben — das wird ſchwerlich an⸗ 
sehen. Darum forg ich, es werd’ 8 niemand ausrotten, denn 
der jüngfle Tag. Gott mol’, daß es bald gefchehe. Amen. 


Trunkenheit verberbt ven Leib und if Urſache vieler Krank 
heit und eines zeitigen Tode. 


Wenn gleich kein Bott wär‘, Teine Sünd, Straf noch 
Top, ſollt' noch der Menfch fein felbft ſchonen und mit 
Wein ſich nicht alfo überlaven. Denn durch das Freſſen 
und Saufen wird die ganze Natur verberbt. Ein 688 une 
zeitig Alter, bloder toller Kopf, Schwinvel im Haupt, 
triefende Augen, ein ſtinkender Athem, boſer Magen, Bit 
term der Hände, Podagra, die Waflerfucht; — wie man 
ſpricht: laß die Guͤß', fo laſſen dich vie Flüß. Wie kommt's7 
wenn jetzt einer 60 Jahr alt wird, fo ſieht er aus, als 
ſey er drei Tage am Balgen gehangen; er if ein alter 
Mann, Eraftlos, ausgemergelt. Da trinkt doch manche Kuh, 
als fey es ihr geboten, fie muͤß fich zu Tod trinken. Das 
ber kommt auch das Sprüchwort: es ertrinten mehr im 
Glas, denn im Waſſer. Wo it Wehe? Wo ift Leid? 
Wo iſt Zant? Wo find Wunden ohne Urſach? Wo find 
rothe, triefende Augen? — wo man beim Wein figt und 

1. ö 


fommt anszufaufen, was eingefehenkt ift. "Siehe ven Wein 
richt an, daß er röthlich ift und im Glas eine feine Ge⸗ 
fralt hat. Er gehet glatt ein, aber zuleßt beißt er wie eine 
Schlange. So werben beine Augen nach andern Weibern 
fehen und bein Herz wird falfche Dinge reden und wirft 
feyn, wie einer, ber mitten im Meere fchläft und wie einer, 
ter oben fchläft auf dem Maftbaum. — Run fauft doch 
Mancher, daß ihm Seel und Leib zittert, der Körper bröhnt, 
daß er möcht erfchwarzen und ohnmaͤchtig werben. Und 
ras iſt leider eine Hofzucht und adeliche That worden: 
bier wirb mancher rittermäßig, ber feinen Feind bat ge= 
jeben. Der Wein weiß kein Maß, behält kein Geheimniß, 
bat feinen Zaum, rebet ihm felbft den Hals ab und fagt 
feine Bosheit felbft. Darum haben die Alten gefagt: in 
Rindern, Weinigen und Narren fey die Wahrheit; was 
fie denken und wiſſen, das reden fle, aber nnzeitig, neh⸗ 
men fein Blatt für dad Maul. Und das fl der britte 
Yeiböjchad , der aus dem verfluchten Zutrinken fommt: 
zaß fie nicht allein dadurch in mancherlei Krankheit fallen, 
in dem Roth umpunzeln, den Güften ein Faſtnachtſpiel ma⸗ 
chen, in die Hofen hoffiren, daß es einer Sau zuviel wäre. 
Pfui des viehifchen Unflaths! Nun wollen wir auch dazu 
Chriſten ſeyn und Kinder Gottes, und haben noch nicht den 
Verſtand, den eine Kuh und ein Eſel hat. Dieſe Creatur⸗ 
fchänder und Weinverderber trinken mehr ohne Durſt und 
auch ohne Luſt, doch mit Luſt und Durſt, und wird alſo 
mehr Wein verſchleudert und gleich ausgefchüttet, denn 
zu Nuß hinkommt. Verwundern wir und dam, wie ber 
Wein fo theuer ſey: «8 darf Niemand gebenten, daß er 
wohlfeil werde, weil mar das Saufen geftattet. Nun kann 
doch nid genug mehr wachen, fo eine faufende Welt 
its jedt, vom Kind bis auf den Alten, alles verfoffen, 
was wir aufbringen. Wie wollen wir mit dem Wein aus⸗ 


67 


fommen an bem jüngften Tag, ver ba wird ſtehen und 
ums anlagen mit allen Ereaturen, vie wir alfo leidig ver 
unehret haben und Bott in ihnen geundelligt. Etliche wer⸗ 
den Bärentrunfen, etliche Säuvoll, etliche Hundstrunken, 
etliche ber Teufel gar: es möchte einer Lieber bei ven Wol⸗ 
fen ſeyn, als bei folchen Leuten. — Wenn wir dann alfo 
trinfen, wenn es wohl.geräth, fo fehen wir mit unfern 
Bauchen aus wie geſchwollene Ochſen, wie die Mafifäu, 
wis Teuchen wie die Ottern, blafen wie bie Pfeiffer, fehen 
den unzeitigen Tod vor Augen, erftiden ehe es Zeit ift, 
ta findet man und Morgens im Bett, eine Flafche im Arm, 
oder e8 fährt und Die Seel jählings mit einem Drud im 
Seſſel aus. — Man Flagt auch, ed werde Niemand mehr 
alt: weil wir mebr Wein ververben, denn unfre Vorfah⸗ 
en haben auögetrunfen, und freflen wie bie Säu, füh⸗ 
sen ein ganz unorpentlich Wefen. 


Wie alle Ehrbarkeit, Ehr und guter Rame zu Grund gehe 
dur Freſſen und Saufen, und alle Zucht und Scham 
werden darniedergelegt. 


Wer voll ifl, der ſchämt fich nicht, da iſt Feine Ver⸗ 
nunft, Tein. Stolz, Fein Gevächtniß, Feine Fürſichtigkeit, 
fein Urtheil, Tein Geheimniß. Iſt es nicht ein großer 
Jammet und Blindheit, daß Freſſen, Saufen, Huren kei 
uns feine Schand ifl, das doch die Heiden nicht dulden. 
Nun haben die Heiden erfannt, wie alle Ehr und Zier 
durch ſaͤuiſch Weſen zu Grund gebe. Daher haben auch 
die Nömer den Wein in Hut gehalten und nicht geftattet 
ihren Weibern, ihn zu trinfen, daß fie nicht ſchamlos in 
alle Unzucht fielen. Denn der Wein hat Feine Scham; 
was man voll darf gevenfen, das darf man thun, und 
vie nächfte Staffel nach dem Bacchus ift die Schamloſig⸗ 
feit. Und weldyes Weib verhuret auf ven Wein ifl, wie 


68 


ſchließt allen Tugenden die Thür zu und thut fie allen 
Laſtern auf. Denn mo Gere und Bacchus ift, da iſt 
allemeg Venus auf der Hochzeit. Wie viele Huren macht 
der Weln, wie viel Ehebruch richtet das Zechen und Ban« 
fettiven an. Da tft nichts zu viel: was man weiß, das 
darf man fagen und thun ohne alle Scham. Allda wirft 
manche Frau Ihr Angeficht empor und thut ihr Herz auf, 
die nüchtern die Augen fein züchtig unter fich fchlug, 
ſchamroth wurde und feinen andern Ddann anfah. Summa: 
welche Chr, Meblichkeit und Scham bei den Weinfüchti- 
gen ift, fiehet ver wohl, ver nüchtern ven Vollen zufchnuet ; 
fhandbare Worte, unnuͤtz Gefchwäz, faufe Zoten, ſchand⸗ 
solle Poflen find das Benedicte und Gratias. Die 
fer Iallt feine eigene Schand, meint es bleib verſchwiegen 
und gäbe Morgens viel darum. Der iſt ein Rare und 
will gelehrt fey. Der Andere entblößt fi) gar und macht 
mit feiner Schand den Gäften und Zechgefellen ein Ge 
Lichter. Diefer macht ein Hofrecht, das die Hunde aufe 
frefjen. Kurzum, nichts Ehrlichs, nichte Männliche, nichts 
Redlichs ſieht man an ihnen, daher auch bie hunde fie an 
bellen und bie liegen ihrer fpotten. 


Wie das Schlemmen und Demmen und zu Bettlern mache, 
um das Gut bringe und die Armuth einfüpre. 


Es ift leichtlich abzunehmen und eine greifliche Urſach, 
daß Federmann über Armuth Tlaget: wo man viel ver 
thut, da muß man viel haben. Nun ift doch foldhes Saw 
fen nie gewefen von den Weib bis auf das Kind. Cs 
will alles freffen und faufen, man gewöhnt die Kinber bei 
Zeiten daran, fehüttet ihnen ven Wein In der Wiege ein, 
aus Sorge, fle möchten es vielleicht von felbft nicht. er 
lernen. Was ift denn Wunder, daß die Juden und Tuͤr⸗ 
ten zeich find: bei biefen arbeitet man, bei und frißt und 


69 

fauft man zu. Da tft kein Megiment, noch Ordnung, 
es kommen alle Ding auf das Höchfle und wird alles 
verfrefien und verfoffen, was wir aufbringen. Die üppige 
Hoffart und der Hochmuth des Lebens haben Fein Ziel noch 
Map. Es iſt Alles trinkend worden; Tein Bürger will 
ſchier ohne feinen Trunk eflen, e8 will jever der Köftlichfte 
ſeyn und vorne dran den Reihen. führen. Da ſtellt man 
denn nach Geld, wie man mag; ba fommen alle böfe 
Tüde, Griff, untreue Hände und Finanzen auf. Mas 
wundert's und dann, daß wir arm find und fein Geld 
in Teutſchland it? weil wir volle, trunfene Teutfche mehr 
verthun, denn als wir haben im Zipfel und Sad. Dazu 
einer den andern jagt. Der Bürger Iebet fo Töftlich, daß 
der Fürft kaum weiß hintennach zu fommen. WII er 
num ein Fürſt feyn, fo muß er darüber; alsdann gilt es 
Schindens und Schabens und geht8 über dad arme Volk, 
welches ſelbſt eine nicht geringe Schuld daran hat, meil 
ed mit feinem Thun, Freſſen und Saufen dem Fürften 
ein Erempel gibt. Bröfche müffen Storchen haben: fol 
ches Volk, folche Fürften, daß Gott einen mit dem an⸗ 
dern firaf. Daher kommt's denn, daß der Fürft mit den 
Bürgern verdirbt und Niemand etwas hat, denn Iene, 
die mit Wein, Gewürz, Seide und Sammet handeln und 
zu der üppigen Goffart des Xebend helfen. Die Edelleut 
konnen jetzt ihre Schloſſer Taum deden und mit Dächern 
bewahren, die ihre Bäter vor Zeiten von Grund auf ge⸗ 
bauet haben. Was macht e8? Wenn fie beifammen find, 
fo flellen fie fich, ald müflen fie in einem Tage verderben 
aus Saufen, Spielen ꝛc. Darnach, wenn man nimmer 
bat, gehet es über die armen Leut, macht ein Bettler den 
andern. Die Welt ift ärger nie geweien; der. jüngfte Tag 
IR eigentlich vor der Thür. 


70 


Bie das Zutrinfen nur Durft mad und mit fi bring. 


Denn alſo gewöhnt die Natur ded Saufens, daß fie 
immerfort Durft und zu trinfen muß haben, und je län 
ger fie trinken, je länger fie jaufen. Wodurch der Menſch 
fündigt, dadurch wird er gepeinigt. Das fieht.man an un« 
fern Trinkern wohl, daß ſie's allezeit, früh und fpät, dür⸗ 
ftet; ſie faufen bis fie übergeben, fahen darnach wieder 
an, und wenn fie voll find und die Kannen nimmer koͤn⸗ 
nen zum Maul bringen, fo bürftet filed am allermeiften. 
Das iſt der Sünde Straf. Da hat weder Koch, noch 
Keller, noch Gaſt, noch Wirth eine Ruh. Schenk ein, 
zech mit, trink aus, Eüß den Boden. In der Früh Brannt« 
wein, dann bald die Morgenfupp, vie währt bis auf das 
Mittagmahl, darnach die Zech und Untertrunf, dann 
Abenpmahl darauf, dann wieber eine Zeh und Echiaf⸗ 
irunf. Alsdaun koppt ihnen der Wein auf und brennt ſie 
ber Sod; ſie find eigentlich des Teufeld Märtyrer. 


Wie der Wein das Urtheil verkehrt, die Bernunft blendet, 
die Ungerechtigkeit rechtfertigt und Recht ſpricht. 


Es fpricht der Welfe: wehe dem Land, deſſen Fürften 
früh efien, das ift ſchlemmen, praflen, wie man davon 
leider an den Bürftenhöfen ein treffliches Erempel fleht. 
Da fangt die Völlerey früh an und währet bis an den 
Morgen. Weil man nun muß zu faufen haben, ſchiebt 
man die Sach der Armen auf in die lange Truche, auf 
daß mar fle oft rupfe. Da gilt e8 nun Schmierensd. Wer 
nicht ſchmiert, der fährt nicht. Zuletzt, wenn er nichts 
mehr hat, befommt er ein trunfenes Urtheil, daß er das 
Haupt frazt. Wenn eine volle Serrfchaft, fo den Wein 
und MWolluft mehr Liebt, denn Land und Leute, fich ſelbſt 
bei dem Hals erwifchet, fo bat fie ſchon den rechten Schul⸗ 


71 


wdigen, ber eine Saupturfache alled Unglüds und Auf-⸗ 
ruhrs ift in ihrem Lande Wie der Fürſt Hof Hält, dar⸗ 
nach sichtet fich das Rand; des Pobels Art ift, daß er 
ſich nach dem Fürſten mobelt. Jetzt will der Adel edel 
werben , eben buch Das, was ihn zum Bauern und unetel 
machet. Denn mas ift ein Adel ohne Tugend? — ein eit⸗ 
fer Name, wie ein Bifchof ohne Bibel. Was foll der 
Name ohne einen Mann? Es gibt doch viele Bauern, die 
Kaifer heißen. 


Aus Böflerei kommt Aufruhr und Unruf. 


Der Wein macht Spdtter und ſtarkes Getränk madıt 
wild; wer dazu Luſt hat, wird nimmermehr weife. Daß 
das wahr fey, fintet fich auf der Bauernkirchweih wohl, 
wenn fle zur Befperzeit den Ablaß audtheilen. Noch trin« 
fen die Fürſten immerzu mit, werben auch mit ihrem 
Schaden nicht weile. Man flieht felten eine Gaſtung und 
Wohlleben obne Hader. Da will mancher Eriegen, ber 
fonft feinen Feind möchte anfeben. Alfo poltert der Wein 
in den Leuten; man läßt ed alfo gefchehen, vielleicht darum, 
- daß man mit Fug Hinter die Leute fomme und Urſach 
hab, ihnen den Seckel mit dem Gelbe zu nehmen. 


Bie aus dem Saufen wachſe Beratung Gottes und 
Bergeffung feiner Gutthat. 


Wer nüchtern den Trunkenen zufleht oder hinter einem 
Zanz ſtehet, der fieht viel Abenteuer und wird viel ge⸗ 
wahr, dad die Vollen und Tänzer felbft nicht willen. Alſo 
wer Gottes Werk in Acht hat und fein zufleht, ber ſieht 
viel, wird auch viel Geheimniß wahr. Und wie ein Hu⸗ 
ter ein Leib mit der Hure wird, fo daß zwei find in einem 
Fleiſch, alfo wir der Weinfüchtige zu einem Inutern Bauch 
und Weinſchlauch. Denn woran einer hangt mit Herz, 


72 


Muth und Sinn, da ift fein Bott, mit dem wird er' ein 
Ding. Wer ven Iammer mit geiftlichen Augen anfteht, 
der möchte Blut mit den armen Leuten meinen. So ein 
erbärmlich Ding iſt es um einen vollen Mann, der für 
Freude und Wolluft achtet, was eigentlich eine Marter 
und Bein ift, nicht allein des Gewiſſens, ſondern auch 
des Leibs, da dieſe Wolluft alfo mit Gift und Trauern 
durchſpickt iſt, daß nichts denn Angft und Noth Darunter 
verborgen liegt. 


Aus der Böllerei enifpringt Thorheit und Unwiſſenheit, 
‚und wie der Wein Spötter und verfpottet mache, ja 
unftnnig. 


Der Wein zieht einen Nebel für die Vernunft, ver⸗ 
finftert alle Weisheit, fchlägt zurüd alle redlichen An⸗ 
fchläge. Dan fagt viel. vom Narrenauöbrüten. Ic 
mein, ber Bacchus brüte ihrer in einer Tieinen Zeit einen 
ganzen Schock aud. Lind wie die Narren in ihrem Unglüd 
Lachen, alfo diefe, wenn ihnen der Rob über das Maul 
rinnt und fie in dem Dre liegen wie die Säu. Alſo 
trägt dad Zutrinken die Buße auf dem Rüden. Da ſieht 
einer feltfame Leute: der fingt, der andere beweint das 
trunfene Elend, der will wehrlos fechten, ver Geld zählen 
und bat Teins, der prebiget vom Faſten, diefer lacht, diefer 
rühmt fich großer Streiche, der fagt feine eigene Schand, 
der will buhlen, biefer wird ſchamlos, jener wird höflich 
und naſeweis, daß er vor großer Weisheit zum Narren 
wird und die Ejeldohren herfürrecket, dieſer träumt fich 
felber einen golpduen Traum, ber kann Alles, der murrt 
wie ein Hund, der brummelt wie ein Bär, der fpeit, ber 
kriecht in einen Stall zu den Säuen: da fprechen fie einan⸗ 
der freundlich zu. Sind dad nicht Narren, fo weiß ich 
nicht, was Narren find. Da gehen fie daher, torfeln auf 


73 


der Gaſſe von einer Wand zur andern; Die andern Narren 
‘ lachen, fehen zu, Niemand nimmt ein Erenipel, fie haben 
feine Ruh, bis fle auch voll find. Wie man flieht, daß 
die Weinigen alle Ding verlachen, hinwiederum werben 
auch fle verlacht und verfpottet von Gott, von den Engeln 
und allen Sreaturen, fo daß auch Die Hunde fie anfaichen, 
wenn fie auf dem Mift liegen, und die Hunde auffrefien, 
was fie gefoßt haben, und die Säu dad, was fie in bie 
Sofen gemacht Haben. Man Tann noch Feine böferen 
Narren wünfchen noch malen, als die Bacchanten, "das 
it Weinnarren. 


Wie aus Wein fleifchlihe Sicherheit und ein furchtlos 
„Leben kommen. 


Wein macht Spötter und Thoren; wo Unverftand’ und 
Blindheit ift, da achtet man Bott nicht. Der Narr, mit 
Sinn und Muth im Wirthshaus, wirft dad Kreuz von 
fh, will nicht geplagt feyn. Er flellt Tag und Nacht 
nach gutem Leben und es mag ihm nimmer recht gebeiben. 
Der Ser macht ihn mit dem Wein voll Irrthums, daß 
er mitten im Tag tappet wie ein Blinder in der Nacht. 
Das ift eine böfe Blag, daß und der Wein fo furdhtlos 
und ficher macht. Wo Gottesfurcht nicht ift, welche aller 
Meisheit Anfang, da iſt werer Weisheit noch Verſtand 
und bie Thür offen allem Uebel; davor erlöfe uns Gott. 
Amen. 


Der Bein macht geil, muthwillig, frech, faul, müßig, 
freffig, if eine Urfach der Unkeufchheit und alles uns 
ordentlichen Weſens. 

Sankt Baulus ſpricht: Sauft euch nicht voll Weine, 
darans ein unordentlich Wefen folge. Daß ed wahr fey, 
fehen wir vor Augen, wie die trunkenen Pelze wild, frech 


- 


74 


umd unverfchäimt find. Wer täglich Wein braucht (als 
unfere vermeinte Geiftliche), der trägt Feuer in den Schoß, 
und ein Leib vom Wein angezündet, fchäumt leicht in Un⸗ 
(auterfeit. Denn im Wein ift Unreinigkeit und bei einem 
müßigen vollen Mann darf ſich Niemand der Reinigkeit 
verfeben. Wenn man voll ift, fo wird man werfloß, ver⸗ 
trofien, gehet umher wie der Schatten an der Wand, man 
Laßt Weib und Kind figen. Wenn wir bann nichts mehr 
haben, mögen wir nicht graben, fchämen uns zu betteln, 
und ift Stehlen, Rauben und Morven dad nächlte, ober 
werden aber, wenn's wohl geräth, Landsbeſcheißer (ich 
wollt fprechen Landsknechte), bis und die Seel auf dem 
Waſen umberhupft, tragen dad Leben um Geld feil, ver⸗ 
laſſen Weib und Kind. In diefen Zeiten ift man nicht 
allen mit dieſem Laſter behaftet, fonvern auch die Weis 
ber find ohne. Scham Weinfäuferinen, was vor Zeiten 
auch bei den Heiden eine Schande war; wenn ber Mann 
ein Seidel will haben, fo will die Frau eine Maf. Da 
ſollt' eine Obrigkeit fürkommen, daß eine Orbnung wuͤrde, 
daß fein Weib mit ihrem Mann an eine Öffentliche Zech 
ging. Es kommt auch aus dem Saufen Ueberfluß und 
Muthwill in alle Dinge, niemand will arbeiten. So Töft- 
lich Efien und Trinken tft nie gewefen, folcher Pracht und 
Pomp: die Welt ift überaus Föftlih worden. Da muß 
man denn viel haben, da muß man neue Zölle aufrich⸗ 
ten, und auf alle Dinge etwas fohlagen, daß man bem 
Weſen könne ausmwarten. Da focht man hin, da kocht 
man ber, bie Luft zu reizen und ben Sedel zu Ieeren, und 
fönnen fie kaum in allen Elementen finden, den unerfätt- 
lichen Fraß zu erfüttigen. Auf wie vielerlei Weiſ' wer⸗ 
den nur die Eier zugerichtet, den fchalfhaftigen Magen zu 
tedften und zu flillen. Man fifcht in dem Wafler, man 
bat Garne erdacht, die Vögel aus den Lüften zu fangen 


75 


und das Wild aus den Wäldern; man gräbt in die Erbe 
und es find alle Ereaturen nicht mehr genug, den Bauch 
zu füllen. " 


Aus Völlerei kommt Reichtfertigkeit zu Worten, Werfen und 
Geberden, faul Gefhwäg, Zorn und Gottesläfterung. 


Matthaͤi am zwölften ſteht, daß die Dienfchen müflen 
Rechenfchaft geben am jüngften Gericht von einem jegli 
chen amnüben Wort, dad fle gerevet haben. Wir wollen 
allda bie vollen Zapfen ſehen, die folche Narrbeiten für 
Wohlſtand halten, gleich als Habe ein Chriſt nichts Ande⸗ 
red zu thun und zu veben, als daß er feine Zeit alfo hin⸗ 
bring. Da beilellen fie auch und befolden Spielleut, Aben- 
teurer, Babmänner, die den Narren eine Kurzweil ma⸗ 
hen. Man hört Hinter dem Wein nichts Tapferes, noch 
Männliches, ich geſchweig Goͤttliches. Allda ift Leichtfer⸗ 
tigkeit. Narrenwerk und Worte find dad Benerlicte 
und Gratias; fchandbare, unzüchtige Worte find das 
Hofreht. Da lacht und kitzelt ein Narr den andern, und 
wer gut Poflen kann reifen, und den armen Bäuchen 
eine Freud machen, der iſt zechfrei, muß voll feyn, man 
bängt ihm einen filbernen Schild und Wappen an feinen 
Hals. Weiter, wenn wir voll find, ftchet das Herz allem 
Zom offen. Tie Zunge iſt aufgelöst, wie zur Leichtfer= 
tigkeit, alfo zur Bottesläfterung. Mag leicht einer nicht 
recht in der Stuben auftreten, oder ven Wein nicht ſau⸗ 
ber auöfaufen bis an den Boden, da erhebet fich ein Flu⸗ 
chen, Würgen und Echelten, daß einem die Saare empor- 
Reben. Ein Anderer erzürnt fich felbft beim Wein, und 
fanget Händel an, daß jedermann mit ihm zu fchaffen 
bat: das Alles fommt aus tem Wein, der bringt das 
Fleiſch alfo in Harniſch. Denn ver Wein iſt das Wafler, 
das die Bleifchmühfe gehen machet, der Eporn, der bad 


76 


Adamiſch Roßlein laufen macht. Der Wein zündet das 
Fleiſch an, macht es wilb und unruhig; da gehet dann 
der Saul daß Gott erbarm. Alle Froͤmmigkeit muß hier 
zu Schanven gehen; fie Ieiven niemand, denn ber-mit- 
fauft. Wenn ein Weifer bei ihnen fist, ver ihre Thorheit 
tabelt und nur zuſieht, da Hätten ſie lieber ven Teufel 
unter fih. Straft er fie dann, fo werben fle gar unfin« 
nig; nur mit ihm hinaus vor die Thür! Was haben wir 
in Deutfchland für Glüd gehabt, feit das ſchaͤndliche Zu- 
faufen ift aufgefommen? Wenn wir eine Stadt ober 
Schlacht gewinnen, fo verlieren wir wieder zehen. “Da 
Erieget man ohne alle Vernunft, ohne Gottesfurcht, mit 
lauter vollen Leuten, die mit dem Kopf burchrennen wol⸗ 
Ien, wie das tolle Vieh, Da iſt des Troffes und unnü⸗ 
ben Volks oft fchier mehr denn des rechten Haufens, und . 
“ wenn man zu Feld liegt, des Saufens, des Spielen, des 
Hurens, des Fluchens, des Würgens, daß einem follt 
grauen, wenn er daran denkt. Summa: man fehe, wo 
man hin will, fo ift alle Bosheit auf's Höchfte gekom⸗ 
men, es kann in die Länge nicht beftehen und muß bre⸗ 
Gen. Gott gebe, daß es gefchehe. 


Aus Trunkenheit entfiehet Abgötterei, Gottes Zorn und 
Ungnade, auch Krieg und Unfrieve wider Gott, Ehre 
und Recht. 


Mein und Weiber machen abtrünnig die Weifen. Ue⸗ 
berbieß erwächst auch Krieg und Unftieve aus dem fchänd- 
lichen Zutrinfen, denn da erhitzt fich ein Fuͤrſt liederlich 
über den andern und nimmt toll und voll einen Krieg 
für, dazu ihm feine Zechgefellen tapfer Helfen, was er 
barnach nüchtern, wegen der Schande, nicht mehr darf 
Hinter fich geben laſſen. Man fangt einen Krieg an um 
eine Geiß, um eine Urſache, die man bei’ einer Morgen⸗ 


77 

ſuppe mit einem guten Wort Hätte gerichtet. Der Teufel 
fieht zu, lacht durch die Kauft und hebt uns wegen einer 
Kirchweihe aneinander, daß den Schaden nicht konnen ber 
zahlen und gut machen alle Kirchen, die auf Erden find. 
Das kommt auch aus der Böllerei, wenn wir muthwillig und 
fürwigig werben, vor Büberel nicht wiſſen, was wir fol 
Im anfangen. Der jüngfle Bauernfrieg ift auch beim Wein 
unter Trunkenen angerichtet worden. 


Wie der Bein .eine Urfache fey des Todiſchlags, Dieb: 
ſtahls und Geizes. 


Wie viel gefchehen Morde in vollem Zuftand, die ſonſt 
unterblieben. Ja felten kommt einer um als in der Schel⸗ 
menzunft der Bollen. Der Wein macht ſchier alle More 
in Teutfchland. Selten iſt's, daß man nüchtern aneine 
enber fommt, nur wenn man voll ift, gilt es Werfens, 
Schlagend, Beißens, fo dag man leichtlich ſieht, wie der 
Teufel durch den Wein allen Unfug anrichtet. Es wird 
in Manchem der Wein zum Teufel, daß er einen Menſchen 
muß haben, er nehm’ ihn her, woher er wolle. Da muß 
oft Weib und Kind leiden, Niemand ift ficher, auch Hunde 
und Katzen nicht. Die wilden Bären follte man einfchlie _ 
fen, 618 fie nüchtern würden. Iſt es doch Sünd und 
Schand, Daß man den Buben den Muthwillen geftattet. 
FR man der Gefellen gewohnt und iſt nicht8 mehr da, fo 
iſt das nächfle, Daß man's nimmt, wo man’8 findet; man 
muß ja gefoffen haben, follte man's fehlen. Wer nım 
alfo auf den Wein verhurt ift und alfo werklos gewor⸗ 
den, daß ihn die Arbeit anfeindet, der muß ja ein Ande⸗ 
res anfangen: das ihm der Henker mit dem Strang muß 
wehren. Iſt's eine Weibsperſon, fo muß fle zu einer 
Sure werben; denn ber iſt ein Thor, der Keufchheit bei 
ven Bollen fucht. Es iſt eine Frage, ob ein Trinker, Epi- 


18 


ler oder Hurer böfer ſey? Ich antworte: der Trinker ift 
gemeiniglich ein Hurer und Spieler dazu. Wo man gern 
wohl lebt und viel verthut, muß man viel haben; daher 
geigelt man wie man kann, rip raps in meinen Sad; 
denn Wein will Geld haben; Tein Geld, fein Geſell. Da 
fangen dann alle böfe Fäden und gefchraubte Griff an, 
wie man ſich im Handel einrichte, daß es Wein ertrage. 
Aller Bortheil und Finanzen haben hier ihren Urfprumg, 
denn wer bat, der iſt ein gnädiger Herr, Kunft geht bet» 
teln, Geld regiert die Welt. Wer ehrt den Pſittich un⸗ 
fere Worte lallen? — der Bauch, ein Meifter der Kunfl. 
Da fuchen die Fürften allen Zug und Abenteuer, daß fie 
mit Slimpf Fönnen Hinter den armen Mann Tommen, 
ihm den Seckel ausleeren und ausräumen. Urfache: ſau⸗ 
fen lehret geigen und alles Unglüd. Dieſes Künftle kon⸗ 
nen auch bündig und meifterlich die Kaufleute und Ges 
ſellſchaften. 


Die Trunkenheit bringt mit Aergerniß und böſes Exempel. 


Zum Letzten ärgert ſich die ganze Welt an dieſem Sau⸗ 
fen. Solches Erempel ſehen die Jungen von den Alten, 
thuns nach wie die Affen, meinen, es müſſe fo ſeyn. Und 
ed wird eine ſolche Gewohnheit und ſchaͤdlich Erempel 
daraus, daß man ed für ein Gelächter und Feine Schand 
mehr hält. Wer nicht mithält, ver ift ein Echelm, Baur, 
Unflath, Feines guten Gefellen werth, zu feinen Ehren 
tauglich. Unſre vollen Zapfen wollen ven Wein dutzen 
und ald Bierhelden und Weintitter gerühmt ſeyn. Co 
läßt fich der Wein getroft faufen, fchleicht fein demüthig 
hinein; der Bierbalger will an dem armen Bier eine Chr 
einlegen und an dem Wein den Preis erjagen. Über 
zulegt wird ber gefoffene Wein Herr im Kopf und wirft 
den Weinfnecht unter die Bank, daß der Saufritter 


79 


ein Säuloch wird, ſpeiet und unflathet daher, daß 
Haus und Hof ſtinket. Da liegt dann der flolge Mann 
und feine Geld, ald ein ſtummes unvernünftiged hier, 
wie eine Eau liegen fol. Alfo bat ihn ver Wein betro⸗ 
gen und zu Echanden gemacht, daß aud) ein Kind nichts 
von ihm Hält, ja die Säu und Hunde ihn nicht fürchten, 
die Doch feine Gurgelfuppe von ihm frefien. Der Wein 
bettügt einen flolzen Mann, daß er nicht bleiben kann, 
Ein trunfenes Haus fpeit den Wirth aus. Summa: es 
fommt nichts Gutes; doch läßt man alle Creatur unge 
ftraft, wiemohl das Saufen wider Bott, Vernunft, Na» 
tur und alle Greatur, Ia, wenn gleich fein Gott, Sünd, - 
Tod, HU, Teufel wäre, fo wäre es Doch wider unfern 
eigenen Leib, Ehre, Out, Glück und weltliche Seligkeit. 


Wie das Zufaufen, Freſſen und Trinken ein gewiſſes 
Zeichen fey vor dem jüngften Tag. 

Am End Tann ich nicht unterlaflen, anzuzeigen, wie 
das Frefien und Saufen ein gewiiles Zeichen fey, daß ber 
jüngfte Tag nicht fern, ja vor ber Thür fey. Geht «8 
jegt nicht zu, vole zu der Zeit Loths und Noas; ja jene 
Zeit iſt faſt golden gemefen gegen die lebte und ärgite Zeit. 
Der Kaufleute Handthierung ift ein öffentlicher Wucher 
und Rauberel worden, alfo, daß das Kind in der Wiege 
ed muß entgelten. Wer bat ſolche Finanzen und täglich 
neue Fuͤnd fe gehört, als jebt im ver Welt umfahren. Alle 
Bosheit und Abenteuer find auf's Höchfte kommen, daß 
tie Welt ſelbſt muß bekennen, es müſſe brechen ober an⸗ 
ders werden. Nun ift nicht wohl zu gebenfen, wie es 
anderd werben möchte; darum muß es brechen. Item, 
wie möchten die Kriegshaändel fchärfer werden? Ich ger 
ſchweige, daß faft in diefen hundert Jahren Buchdrucker, 
Büchfengießer, alle fcharfen fpigigen Künfte, Gotteslaͤſte⸗ 
tung, Saufen, Freſſen, Mord, Unfeufchheit, ja alle Eünd 


80 


und Schand fo gar ift auffommen, daß e8 keine Schand 
und Sünde mehr if. Nun, diefe obgefagten Stüd erdich⸗ 
tet und erfindet alle ver Bauch und der Durft, dag man 
im Sauß Iebe, gute Tage babe und hoch oben ſchwebe: 
daran feßet man Seele, Xeib, Ehr und Gut. Darum das 
Pflanzen, Bauen, Kaufen, Berfaufen täglich alfo auf⸗ 
ſteigt, daß es ſchier nicht Höher mag. Gott helf uns 
Allen. Amen. 





V. Mattbans Friederich *). 


1) Elliche wichtige Urfachen, warum alle Menfchen fkh 
vor dem Saufen hüten follen. 


Die erſte Urſach if, daß dad Saufen von Gott in 
feinem Wort verboten ifl. 

Saufen aber heißt (mie es alle vernünftige Menſchen 
verflehen), wenn man mehr in ben Leib gieft, denn 
die Nothdurft erfordert, es gefchehe nun auf welcherlei 
Melfe, man thue es aus eigenem Bürnehmen, aus Ge 
wohnbeit, over. Jemand zu Gefallen, fo heißts doch 
alles gefoffen, gleichwie frefien Heißt, wenn man mehr 
Spelfe in den Leib fledet, nenn die Nothdurft erforbert. 
Denn eſſen und trinken ift uns von Gott darum ge 
geben, daß wir ben Hunger und Durft damit vertreiben 
und ben Leib damit erhalten follen. Was nun daw 
über gefchiehet, das heißt alles geftefien und gefoffen 


— ——.. — 


) Wider den Saufteuffel, gebeßert und an mw 
len örtern gemehret. Bon Matthäus Brieverich, 
Pfarrherr zu Göreng. Anno 1562. 





81 


und ift ein Mißbrauch der Greaturen Gottes, da Hilft 
feine Entfchuldigung. 

Nun follt es ja billig feyn, daß wir Alle Gott hierin 
Gehorſam Ieiften, weil es fein Wille und Gebot ift, 
dag wir uns vor dem Saufen hüten follen, und wenn 
wir gleich feine andere Urfache hätten, und dafür zu 
büten, fo follt uns billig dies allein Urfach genug feyn, 
daß es Gott verboten bat. 

Sollte e8 nicht billig ſeyn, ihm als unferem Schb⸗ 
pfer, Erldfer, Herrn und Bater gehorfam zu ſeyn, da 
er gebeut und fpricht: fauft euch nicht vol? Das 
muß ja alle Vernunft befennen und fagen, baf es 
Billig fen. 

Mir armen, elenden, fterblichen Madenſaͤck, die wis 
gegen Gott nicht wohl einer Fliege zu vergleichen find, 
wollen, daß alles, was wir fagen, von Jedermann ge⸗ 
ehrt, angenommen, geglaubet, gefürchtet und gebalten 
werben ſoll; wir wollen, daß alle, was wir unfern 
Untertbanen, Gefinde und Kindern fagen, das foll ſtracks 
gehalten merben, wo nicht, fo ftehet Fein Stecken recht, 
wir Tonnen auch Gottes Wort dazu einführen. 


Sollte nun nicht viel billiger Gottes Gebot von und 
armen Menfchen angenommen, geehrt, gefürchtet und 
gehalten werden? Sollten wir arme Menfchen nicht 
billig, wenn wir höreten, was Gott, unfer Aller Herr, 
von und haben will, unfer Hütlein abthun und bald 
Darauf fagen oder gedenken: Ja lieber Herr, das 
will ich gern thun, hilf mir nur durch deinen heiligen 
Geiſt dazu, ich thue es billig, denn vu bift mein Schd« 
pfer, ich bin deine arme Greatur, du bift mein Her, 
ich dein unmürbiger Diener, du biſt mein Vater, ich 
dein armed Kind. 6 j 

1. 


82 


2) Die andere Urfad. 


Die andere Urfache, Darum alle Menfchen das Sau⸗ 
fen meiden follen, ift, daß Bott dräuet, die Säufer 
bier zeitlich und dort ewig zu ſtrafen. Denn im Je⸗ 
fala am 5. Kap. dräuet Bott alfo und fpricht: Wehe 
denen, die des Morgens früh aufflehen, des Saufens 
ſich zu befleißigen, und ſitzen bis in die Nacht, daß fie 
der Wein erhist, und haben Harfen, Pfalter, Pauken, 
Dfeifen und Weln in ihrem Wohlleben. 

Darum (fpricht er) wird mein Doll müſſen wegge- 
führet werben unverſehens, und werben feine Herrlichen 
Hunger leiden und fein Poͤbel Durft leiden. Das if, 
Bott wird Säuferel mit Krieg, Hunger und Durft ſtra⸗ 
fen. Solche merk wohl! Das foll die zeitliche Straf 
ſeyn; folget nun auch die ewige. Denn fo ſpricht er 
weiter, daher bat bie Hölle Die Seel weit aufgefperret 
und den Nacken aufgethan, daß hinunterfahren, beide, 
bie Herrllchen und Pöbel, beide, die Reichen und Froͤh⸗ 
lichen. Das iſt, Bott will Säuferei mit der Hölle und 
ewigem euer firafen. 

In der erften Epiftel an die Corinther, am 6. Capi⸗ 
tel, faget Bott durch S. Paulum: Laſſet euch nicht 
verführen; weber die Hurer, noch die Abgdttifchen, noch 
die Ehebrecher, noch die Welchlinge, noch die Knaben⸗ 
ſchander, noch die Diebe, noch bie Geitzige, noch hie 
Trunkenboͤltz, noch die Laͤſterer, noch die Räuber wer 
deh das Reich Gottes ererben. Das iſt je deutlich ge⸗ 
rebt, daß kein Trunkenboltz das Reich Gottes ererben 
merbe. 


3) Die dritte Urſach. 


Die dritte Urfache iſt, daß wir feine Stunde noch 
Augenblick vor dem Tod ficher find. Denn das if 


83 


ja gewiß, das unfer Feiner gewiß if, wenn, wie und 
wo er fterben fol. Unſer Teiner weiß, ob er heut ober 
morgen, bie Stunde oder dieſen Augenblid vom Tod 
überfallen möchte werben. 

Wenn du nun trunfen wärft und würbeft vom Tod 
überrafielt, Fannft bu wohl denken, wo du hinfahren 
würdeft. Denn du Haft gehört, daß Fein Trunkenbold 
werde ind Himmelreich kommen; wo werben fie benn 
hinfommen? Nirgend hin, denn ind ewige böllifche 
Beuer. In folches Bad gehören ſolche Säu! Dem 
Teufel Haben fle gedienet und ihm zu Gefallen fich voll 
gefoifen, der wird ihnen endlich auch lohnen. 

Du möchtet aber vielleicht gedenken, du wolleſt Gott 
in der vollen Well um Vergebung bitten, und hoffen, 
er werde bir gnäbig fern? Ja, wenn du nur aud 
alsdann von Kerzen Tönnteft beten und hoffen. Wie 
aber, wenn du dich nicht befinnen konnteſt? ober wenn 
bu dich befinneft, wie, wenn e8 nicht von Kerzen mit 
ernfter Andacht geben könnte? Wie, wenn bir ber Teu⸗ 
fel wiberfiehen würd’ und bir deine Sünde fürhielt', 
dich alfo Angflete, daß bu Dich gegen ihn mit Gottes 
Wort und Gebet wehren folleft? Wo wollteft bu ale« 
dann bleiben? Was wollteft du machen? Ein nüchter- 
nee Menſch Hat allda genug zu fchaffen, geſchweige 
denn ein trunkner. 

So folget nun hieraus, daß fich alle Menſchen billig 
folcher großen Gefahr wegen, fich jelbft zum Bellen, 
vorm Saufen hüten follen, weil wir Teine Stund noch 
Augenblid vor dem Tod ficher find, und wohl bebür« 
fen, daß wir immer nüchtern erfunden werben. Und 
fol ein jeglicher Menſch allzeit feine Rechnung alfo 
machen .und gedenken: wie, wenn bu dieſen Tag, ober 
dieſe Nacht, oder dieſe Stund flerben follteft, wiürbeft 


. 84 


du auch alfo und alfo thum? twlirbeft du auch did) voll⸗ 
faufen und fo freventlich wider Gott handlen? 


4) Die vierte Urſach. 


“Die vierte Urſach, Darum alle Menfchen ſich vorm 
Saufen hüten follten, iſt, daß wir alle Stund des jüng 
fin Tages gewarten müflen. Denn da Chriſtus von 
den Zeichen des jüngften Tages redet, fpricht er: Wenn 
ihr ſehet, Daß folches anfahet zu geſchehen, fo vwoiflet, 
daß der jüngfte Tag nahe ift. 

Yun haben folche Zeichen nicht allein angefangen zu 
gefchehen, fondern find deren mehrentheils fchon ergangen, 
und fonberlich in wenig Jahren daher oft und häufig 
geſehen worben. 

Chriſtus gibt ein Gleichniß von den Vögeln auf ei« 
nem Vogelherd; viefelben find niemals flcherer geme 
fen, gehen und hüpfen hin und her, und ſind fehr fröße 
fich, haltens darfür, ald haben fte bei langer Weil nicht 
alfo wohlgelebet. Schwips, in einem Hut liegt Daß 
Netz über ihnen und find arme gefangne Vögel. Alfo, 
fagt Ehriftus, wird dieſer Tag auch fchnell Tommen 
über. Alle, die auf Erven wohnen. 

So follten nun alle Menfchen abermal billig in 
Sorgen leben, fih vor dem Saufen hüten und alle 
Stunden gedenfen: Wie, wenn heut der jüngfte Tag 
fäme? Alfo würben fie dad Saufen und andere Laſter 
wohl unterwegen Iaflen und froh ſeyn, daß fie nüchtern 
blieben. 

5) Die fünfte Urſach. 

Die fünfte Urſach, Dad Saufen zu melden, If, daß 
es einen Menfchen zum unverfländigen Narren macht. 

Mancher kommt durch fein Saufen um feinen feinen 


85 


Perftand, welchen ihm Gott vor Andern verliehen hat, 
dag er ganz zum Narren wird. Mancher kommt drü« 
ber um fein Gedächtniß, daß er weder fich felbft noch 
Andern nütz feyn Tann. Und ich zweifle nicht, wenn 
wir Teutfchen dad Freſſen und Saufen ließen, wir 
folltend mit Verſtand und Wig vielen andern Nationen 
guvorthun. 

Weil nun dem alfo, jo jollten abermals alle Men« 
ſchen Uxfach daraus nehmen, fich Hinfort für dem teui⸗ 
liſchen, fchändlichen und fchäplichen Lafler, dem Saufen, 
zu büten. 


6) Die fehste Urſach. 


Die fechäte Urfach fol ſeyn, daß Trunkenheit eine 
Urfach ift zu allerlei Sünden. Denn wer trunfen ift, 
der fraget weder nach Gott noch nach den Dienfchen; da 
müfjen alle Blüche und Schwüre Heraus, da flucht Mane 
er aufs greulichfle, wie er fonft, wenn er nüchtern ift, 
nicht pflegt. Da wirb die Previgt und Gottes Wort 
verachtet und fpöttifch Davon geredt. Spricht Jemand: 
Ach Lieber, thu dieß und das nicht, derm man höret 
in der Predigt, daß es Sünde ifl, bald fähret ein Trun⸗ 
tenbolo heraus: Was hab ich am Pfaffen, er mag re« 
den was er will, fo thu ich was ich will, was bat 
er mir zu gebieten, ich wild thun und will den Schand« 
pfaffen nicht anfehen. 

Da wird Bater und Mutter, Herr und rau, Rich⸗ 
ter und Oberherr verachte. Saget man, dein Bater 
Sommt, oder der Richter fommt; — bald hört man: 
was hab ich am Vater, dem alten ꝛc., was frage ich 
nad dem Richter, laß ihn immer kommen; wenn er 
mich angreift, fol er wohl fehen, daß ich auch Faͤuſte 
hab. Ia, ein Trunkenbold fol wohl, wenn er heim 


nn 
K 


86 


kommt, DBater und Mutter fchlagen, wo fle ihn irgend 
firafen wollten. In Summa: da ift weder Chr noch 
Tugend. 

Item, einem Trunfnen tft Niemand gut genug, da 
it ihm einer wie der andere, der Freund eben fo lieb 
als fein Feind, Da hört man ein greulich Schmähen 
und Läftern, einer fchilt ven Andern einen Schelmen, 
diefer wills nicht leiden, fehmähet ihn wieder, ba er- 
Hebt fich alsdann ein folches erfchreckliches Fluchen, daß 
fih die Sonn dafür entfärben möchte; dieſen foll dieß 
und jenes fchänden, den andern ein anders, bis es end⸗ 
lich zum Schlagen, Raufen und Würgen fommt, daß 
mancher feinen guten Freund, welchen er vorhin auf 
den Händen tragen wollte, ermwürget. 

Item, da höret man wenig züchtige Worte, viel un« 
züchtige, ſchandbare Worte und Zoten gehen allda, wel- 
che zur Hurerei und Unzucht Urfach geben. Da betrüget 
Manchen der Teufel, daß er vie Ehe bricht ober an⸗ 
dere Unzucht übet, welchen er fonft fein Lebtage nicht 
bazu hätte bereden koͤnnen. 

Wenn nun der Saufteufel einen Menfchen einnimmt, 
fo find die andern Lafterteufel auch nicht weit von ihm, 
als da find: der Hoffartöteufel, Zornteufel, Läfterteu« 
fel, Sluchteufel, Trauerteufel, Neidteufel, Haßteufel, 
Morbteufel, Hohnteufel, Schmachteufel, Schandteufel, 
Hurenteufel, Geizteufel, Dieböteufel, Wucherteufel, Fraß⸗ 
teufel,, Spielteufel, Haberteufel, Lügenteufel und der⸗ 
gleichen. Diefe alle legen Hand zu Werk bei einem 
trunfnen Menfchen, bis fle ihn in Jammer und Noth 
bringen, und geräth ihnen oft allda eine Schanz, daß 
fie das bei ihm außrichten, welches fte fonft nicht ver» 
mögen. 

Man Iiefet Davon, daß der Teufel einftmals einem 


87 

Menfihen Tag und Nacht Feine Ruhe Hat Laflen wollen. 
Und ba er ihm gefraget, was er doch von Ihm begehre? 
fol ex geantwortet haben: er wolle ihm Teine Ruhe 
Iafien, er willige denn ein, unter drei Sünden eine zu 
begehen. Braget er: Was es denn vor Sünden waͤ⸗ 
ren? Da antwortet er: Er follte entweder beim Weib 
feines Nachbarn fchlafen, oder folle den Nachbar er⸗ 
würgen, ober, wenn er davon nichts thun mollte, follte 
er ſich einmal vollfaufen. Da hab er in keins willigen 
wollen. Als aber ver Teufel ihm gar Feine Ruh laſſen 
will, williget er endlich ein, fich einmal vollzufaufen, 
als ob es nicht eine fo große Sünd wäre (wie er meinte) 
ald die andern zwei. Da ex ſich nun vollgefoffen und 
feiner Vernunft gleich beraubt war, bald find der Hu⸗ 
renteufel und Morbteufel vorhanden und legen Hand zu 
Beat, beirügen ven armen Menſchen. Du haft dich 
dem Teufel zu Gefallen vollgefofien; was Haft du nun 
davon? Du hätteft gleich jo mehr gewilligt, bei nes 
Nachbarn Weib zu De ‚fo Hätteft du noch Freud 
und Luft davon gehabt. Ich Hab doch ſchon zuviel 
gewagt und dem Teufel zu Gefallen mich vollgefofien. 

Indeß malet ihm der Hurenteufel in trunkner Weiſ 
bes Nachbarn Weib für, wie ſie fo jchön, fo freundlich 
fy. Darauf gebt er alfo trunfen hin, überredet fie 
und fchläft bei ihr. Indeß kommt ihr Mann, der 
Nachbar, und wills rächen; aber viefer flellet fich zur 
Wehr und ermürget feinen Nachbar: beging alfo drei. 
Sünden auf einmal. 


7) Die flebente Urſach. 


Die flebente Urfach, um welcher willen alle Dienfchen 
fi vor dem Saufen hüten follen, ift, daß das Sa 
fen Schaden bringt an Chr, Leib und Gut, 


88 


An Chr, denn dadurch Tommt man zu einem böfen 
Namen und bei allen, ehrliebenden Menfchen in Berach- 
tung, daß niemand viel von ihm hält, So, (fhricht 
man) er iſt ein voller Zapf, was fol er Andre regieren 
ober lehren, da er fich felbft nicht regieren und Ichren Tann. 

Daher kommts auch wahrhaftig, daß die Pfarrherrn 
und Prediger alfo gar bei dem gemeinen Mann in 
Verachtung Tommen find, nicht allein ihre Perſon, fon« 
dern auch Ihr Amt und Lehre, daß ihrer viele fo ein 
bbſes Leben führen mit Saufen, Spielen, Tluchen, un« 
verfehämter und leichtfertiger Nede und andern Laftern. 
Was ſoll ich thun? ſpricht man; ich fehe, daß «8 
der Pfaff felbft thut; weil er feine Lehre nicht achtet, 
was fol ich ihrer denn viel achten? Wär es ihm ernft, 
fo thät er ſelbſt darnach. Siehe doch, wie koͤnnte dem 
Teufel die Schanz beifer gerathen? Denn was fie mit 
threm Predigen bauen, das reißen fte mit Ihrem ſchäͤnd⸗ 
lichen Leben wieder darnieder, wo nicht zweimal mehr. 

Wehe aber foldhen Pfarcheren und Predigern; wie 
werben fie fo ſchwere Mechenfchaft geben müffen am 
jüngften Gericht, nicht allein für ihre Perfon, ſondern 
auch für Alle diejenigen, welche fle mit ihrem Saufen 
und böfen Leben geärgert und ihnen Urſach zu Sünde 
gegeben haben. 

Alfo iſts auch mit ven Oberherren und Regenten, 
alfo auch mit Hausherrn und Haudvätern und mit eie 
nem jeglichen Menfchen, daß fie (wo fte ftch vollfaufen) 
defto mehr in Verachtung find. 

Am Leibe aber bringet3 Schaven, denn dadurch wirb 
der ganze Leib, alle Gliedmaßen und alle Adern ges 
fhwädht, wie man in täglicher Erfahrung flchet. j 

Ein Säufer dat die Nacht Keine Ruhe und ift ihm 
nicht wohl. Schlaͤft er ein, fo Hat er erfchredliche 


89 


Träume. Morgens, wenn er aufſtehet (fo er anders 
fann), befindet er fich noch befchrreret, der Kopf thut 
ifm wehe, der ganze Leib ift matt, wie wenn er zer⸗ 
[lagen wär; er Hat zu Feinem Ding eine Luſt, we⸗ 
ber zur Arbeit, weder zum efien noch trinken, er fit, 
als wär er an den Kopf gefchlagen. Da folget auch 
alsdann der Schwindel, rothe Augen, böfe, bleiche Farbe, 
Halsgeſchwaͤr, Bruftgefhtwär, Fäule an Lung und Leber, 
böfer Magen x. Endlich folget Verkürzung des Les 
bens, dag er vor ber Zeit flerben muß. 

Am Gut bringet dad Saufen Schaden, denn dadurch 
fommt man um das, was Gott befcheret. ' Gott bee 
fcheret Manchem, daß er fich, fein Weib und Kind da⸗ 
von ernähren, auch armen Leuten geben fol und Fünnte. 
Gr gebet aber hin, verfaufts, verfchlemmt3 und ver⸗ 
ſpielts; dafür läßt er fein armes Weib und Kind dar 
heim Hunger und Noth leiden. Da wirb es einmal 
beißen: Gib Rechenfchaft von deinem Haushalten ! 

Weil nun dem alfo ift, daß das Saufen einem Men- 
[hen an Ehr, Leib und Gut Schaden bringt, folget 
abermald unmiderfprechlich, daß alle Menfchen, ich felbft 
zum beften, ſich dafür hüten follen. — Volget 


Cin Lied 


wider Das vollfauffen vnnd Zirundenbeit, 
Getichtet durch einen vom Adel, Im thon, Nun 
freuwet euch lieben Ehriften gmein. Oder, Hilff 
Bott wie geht das immer zü, das alles vold fo 

grimmet. 


Bann es die Leut nit wolt befhweren, Ein Lied wolt 
ih in fingen: Doch muß ich mich daran nit fehrn, Gott 
delff dz mir gelinge. Well ichs damit nit böfe mein, fo 
id auß einem herken rein, ben ſchaden thu befinnen. 


90 


Welchen da bringt bie Trundenpeit, fo in vil Reich vnd 
Landen: Der hoch begnadten Chriftenheit, hat genommen 
hberhande. Das es auch niemand wehren kan, ein feber 
bat groß luſt daran, in hoch vnd niderm Stande. 


In difem Lafer üben fi, die es ſelbs folten wehren: 
Damwider in ernft legen fih, mit firaffen vnd mit Ichren. 
Weil fie aber ſelbs ſtrefflich ſeynd, bleibt vngeftrafft bie 
ſchwere fünd, die Trundnen thun ſich mehrn. 


Denn der gröft theil der Oberkeit, duch vil deß Prie⸗ 
fter Orden: Brauchen hierin kein mefligkeit, feynd Bachi 
diener worden. Ir luſt flieht nur in füllerey, benden 
nicht, das es fünde fey, als Ehebruch, Diebfial, Morden. 


Denen nachfolgt der gmeine hauff, von Adel, Bürger, 
Bauren: Meinen es fey der befle brauch, zü vertreiben das 
traumwren. Vnd geben dem groß- preiß vnd lob, welder 
tem Sauffen Tiget ob, leßt fih daran nichts dauren. 


Die Weibesbild auch Heben an, einander zü zütrinden: 
Bolle und halbe wie die Mann, mein hertz wil mir ent« 
finden. Wenn ich bebend die fünde ſchwär, vnd allen 
ſchaden fo folgt der, auß überfluß deß trinckens. 


Mic jammert auch die Jugent zart, die ſich ſchwerlich 
verletzet: Mit dem vollfauffen alfo hart, fallen ins Teuf⸗ 
feld netze. Wels fie fort in mehr fünde treibt, darzũ 
die Zrundnen feynd geneigt, onnd ex fie fein anhetzet. 


Auß vollfauffen kompt allzeit her, ein vnoördenlichs we⸗ 
fen: Wie Paulus fchreibt zun Ephefern, da mags ein jeder 
läſen. Am fünfften Capitel es ſteht, welcher der treuwen 
Lehr nachgeht, iſt vieler Seuch genäfen. 


Vbers vollfauffen fchreiet weh, Eſais der Prophete: 
Dreuwet den fehr, wie ichs verſteh, die fi drinn üben 
theten. Schimpflih er fie Weinhelden nennt, vnnd die im 
fanffen Krieger ſeynd, frü ſich varzü bereiten. 


91 


BVnd fonft an vilen örten mehr, der ſchrifft man klär⸗ 
lich findet: Das Zrundenpeit die Menſchen ſehr, am gu⸗ 
ten Räte verhindert. Bringt in groß fchaden an dem Leib, 
ar * vnnd güt z& mancher zeit, wirt dadurch faſt ger 
mindert. 


Das aber noch ſchrecklicher iR, wirbt das leidige ſauffen 
Bie man zu den Galatern lißt, gezelt under den hauffen 
ber fünden. So Paulus da nennt, weldes von Gottes 
Reich abwendt, die fo ſich deß gebranden. 


Das folten billich allezeit, die Chriſten wol betrachten, 
Bund folche firaff allda gedreuwt, bey ihnen nicht verach⸗ 
tn. Denn es kein fcherk {ft glaub fürwar, mas Paulus 
da angeiget Har, er redt von groffen ſachen. 


Da er deß Geiſts und fleifches werd, fein von einan⸗ 
der ſcheidet: Darum fr Chriften ſolchs wol merdt, mit 
fleiß das Sauffen meivet. Das jr nicht kompt in ewig 
Lid, ond dort hernach in jener zeit, mit den Teuffeln pein 
t 


Epriftus der Herr auch warnet fein, vns all auß lau⸗ 
ter güte: Das wir ons follen in gemein, vor freffen und 
fauffen püten. Noch kehrt ſich gar ſchier niemands dran, 
ein jeder lebt nach feinem wahn, vnnd fürt es nit zü 
gmüte. 


Da bitt ich alle Epriften gar, wolts nit halten für 
(Berge: Sondern doch glauben das fürwar, vnd nemmen 
wohl zü Herbe: Das fauffen fey ein ſolche ſünd, wie 
vns die Heilige Schrift verkündt, die leib vnd feel bringt 
ſchmertzen. 


Bnd euch hüten mit fleiß dafür, zur nüchternkeit wolt 
kehren: Denn es iſt gwiß jetzt vor der Thür, die letzt 
zukunft deß Herrn. Varauff ſich jeder rüflen mag, das 
in nicht Überfall der tag, dem ſauffen wolt bo wehren. 


92 


‚So werbet ir zu allem werd, Gottes gefihicter werben ; 
Dazũ behalten deß leibes ſterck, zur arbeit hie auff Erden. 
Denn überfluß in ſpeiß vnd tranck, macht vil geſunden 
ſchwach vnnd kranck, bringt auch der ſeelen geferde. 


Der diſes Lied von neuwen gmacht, hat Leibs vnd 
Seelen ſchaden: So auß vollſauffen fompt betrat, Gott 
beiff im mit gnaden. Daffelb zü meiden allezeit, wer es 
m Zeuffel noch fo leid, vnd wolts gern anderß haben, 

men. 





VI. Johaun Friedrich Spörer*). 





1) Kirchweihpredigt. 
Exordium. 


Heut iſt die Kirchweih, da efien die Bauern den 
Hirſchbrei. Wie kommts, dag unfre Kirch heut fo vol 
ler Leut ift? Ho! Kürbi ift im Dorf, fagen die Lau⸗ 
tenbacher, Teufelsflätter, Wilvenfteiner und Magenbacher ; 
bie Burſche vom Galiläifchen Gebürg werben wieder 
Hauffenweiß kommen, daß man nit Ruhe hat, feine 
Suppen ausm Hölhafen angericht zu eflen. 

Das gottlos Volt meynt, Kürbi ſey um Breffeus 
und Sauffens willen. 

Haspel Narr! du Haft Kürbi im Haus, Kirchweih ifl 
und bat die Kirch: Heut ſinds 100 Jahr, daß unfere 
Kirch von denen Seren von Berlichingen erbauet und 


*) Pfarrer zu Rechenberg in Franken, in ber erſten 
Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. - 


93 


eingewweihet worden, nit uff paͤbſtliche Wei mit Chris 
fam und Bifam, mit MWeihwafler, Gaufeley, Griblis, 
Grablis, wie in der Dockelis⸗Religion gebräuchlich, ſon 
dern mit Gebet, Gottes Wort, Loben, Rühmen und 
Danken. Ich habe mir vorgenommen, an viefer heu⸗ 
tig bundbertjährigen Jubelfeier unfern Gottesdienſt zu 
jieren, deswegen durch den Schulmeifter die Herrn Mufl- 
fanten von Dinkelsbühl beftellen laſſen, welche etliche 
Stücke muſiciren, und mit ihren Düftramenten, wie bu 
grober Bauer fagft, das Te Deum laudamus am 
fimmen follen, aber va iſts verboten worben, wir fol- 
len bei unferm alten Schlenbrian bleiben; fo ſeys, ich 
fag Fein Wort mehr. Du mußt aber wiſſen, daß diß 
Haus, unfre Kirch, nit von den Katholifchen erbaut, 
nein, ausm Tutherifchen Beutel. Herr Heinrich Stein- 
bäufer von Neidenfels uff Rechenberg ift der Stifter. 
Der Herr hat. Geld gehabt, ganze Ranzen voll, Ken 
je, Caspar, Balthas, Melcher, Nidel, Jörg, wenn du 
fo viel Geld haͤttſt, wer wollt mit dir haufen? du 
gumpft, wenn du nur ein paar Gulden haft, gehſt aufs 
Eis wie eine Geiß, bricht ein Bein. D mie gut iſts, 
dag der Geiß Schwanz nit lang gewachſen, fie fchlüg 
ihr damit die Augen aus. Merks, dich meine id. 
Nun mas Raths! Kürbi ift vor der Thür, Alter Witt 
berfür, prebige dieſem Volk, allerlei Bolt, Ochöfreplän- 
der, aus der Lumperdy, Schleffellänver, meiſt Samari- 
ter und Galiläer, was bu kannſt; denke, was dort 
Nehemia 8, 10. ſtehet: „gehet hin und eflet das Bette, 
und trinfet das Süße, und fendet denen auch ein Theil, 
wie nichts für fich bereitet haben; denn Diefer Tag iſt 
beilig unferm Herrn.“ O Herr Ie! mie oft hat fi 
vor AO Jahren der Anti⸗Kriſt bemühet, dieſes Kirchlein 
unter feine Klauen und Ublapfrämerei zu bringen, ober 


94 


gar umzuſtürzen, aber Bott Lob! wir flehen noch bis 
diefen Tag, und Hoffen noch länger wider feinen Willen 
uffrecht zu ſtehen; drum erhebe dein Herz, fing mit ge 
ſchmierter Gurgel: Nun danket alle Gott, alsdann bete 
mit mir berzeifrigft ein andächtiges Vater Unſer. 

Unfer heutig Sonntägliches Evangelium, oder wie 
du Bauer fagft, Ewillig, ift genommen aus dem Evan⸗ 
geliften Luca 7, 11—17. „Und e8 begab ſich darnadı, 
dag er in eine Stadt, mit Namen Nain, ging 1.” 

E83 haben vie alten Egyptier eine loͤbliche Gewohn⸗ 
heit gehabt, daß fle bei ihren Mahlzeiten und Gaftereien 
neben andern auch einen Todtenkopf aufgefehet, um fich 
bei vergleichen Sröhlichkeiten auch der Sterblichkeit zu 
erinnern. 

Wir haben heute Kicchweihe, da nach alter Gewohn⸗ 
beit Eltern ihre Kinder und gute Freunde zu befuchen 
gewohnt. Iſt nit zu verwerfen, und. haben die Alten 
biefed beöwegen gethban, daß fle mit einander fröhlich 
waren über alle vem Guten, fo Gott der Kerr durch 
fein. heilig Wort und Evangelium uns erzeiget. Aber 
bie meiften erkennen folche Wohlthat fehlecht, und laſſen 
ed fo gut feyn, wenn fie nur ihren Hirfchbrei in Rute 
verzehren Türmen. Ich in meiner Claus und Carthaus 
kann beten, daß es zittert. 

Da ſollt ihr hören, was für fchöne Namen ich dem 
Menfchen zu Rom und feinen gefchornen Saufen gebe, 
deren Dichten, Sinmen und Trachten nichts anders, als 
und des Evangelii zu berauben und feinen Gott Mau⸗ 
fin wieder einzuführen (Dan. 12.), vie finflerne La⸗ 
terne uffzufteden, und uns Maͤusdreck vor Zuder zu 
verkaufen. Diefes erkennen die wenigſten. Gleichwie 
aber alle lobliche Gewohnheiten nach und nad verborben, 
alſo iſts auch mit dem Kirchweihen ergangen. Abfon« 


95 


derlich in dem Ländle dort drinnen, und auch anderſtwo, 
wenn die Kürbi kommt, der fogenannte Gottesdienſt 
früh Vormittag zu Ende, und das gottlofe Wölklein 
den Löffel von ihrem Maul kaum binmeggelegt, fo 
fommt der Stabtvogt und Ueberreuter mit etlichen Bärn« 
häutern und ein paar Brated= Geigern auf den Plah 
fürs Wirthöhaus, dann kommen bie Bauer-Burfch, und 
führet jeber ein Grethli, Zobeli und Bengele an ber 
Hand; die tanzen, fpringen, fehreien wie die Hengſte, 
fauffen wie die Schweine, frefien wie die Säu, und 
dieſes waͤhret uffm Tolle und Tanzhaus bei 24 Stun 
den und mohl länger; Nachts fchlief das faubre Volk⸗ 
lein zufammen, mag nicht fagen, wie e8 zugeht, und 
alfo danken fie dem lieben Gott für die Erhaltung 
feine heiligen Worts. D du toll und thörichtes Volt! 
dankſt du alfo deinem Gott? Hier ging es beim Herru 
Hauptmann auch alfo zu, bis ver Franzhoß, wie bu 
Bauer fprichft, kommen, und der Geigers Gapperle den 
Kehraus gefievelt, da iſt der Karporal und Waagen 
meifter fommen, bat ven Bauern bie weiße und rothen 
Wüllen-Semder ausgeftäubt, da tanzt Caspar, Balthas, 
Nickel, Melcher, Jörg, ver häfelne Stod kann dir den 
Leirers Bläßle fiedeln. Num iſts zwar Gott Lob! Fried, 
aber wie lang, ich höre und fehe ſchon wieder ſchwarze 
Wetterwollen zufammenziehen. Wart! wenn bu nit fromm 
ſeyn wirft, ver Tambour fteht ſchon wieder fertig ; horch, 
loß, hätt Bauern, 3 Tomm, nimm die Hüner und 
Gans, gib dir nichts Drum, ſchlag di braf rum, wirft 
du nicht frumm. Die Pferd in der Offenbarung Jo⸗ 
hannis guden ſchon im Marflall gefattelt heraus, ber 
Schimmel, Falb, Rapp x. D Kerr Je! ſchick di, es 
tt hohe Zeit. In etlichen Jahren Hero iſt e8 zwar in 
unferm Rechenberg ſtill geweſen, aber die Tanzfüchsle 


96 


laufen in ber Nachbarſchaft. Wart! Tag michs erfah« 
zen, komm mir uff meinen Mift, ich will dich ſchon 
couranzen. Iß und trink mit deinen Leuten, was du 
haſt, denk an ven Todtenkopf; der Stredebein, der Nafe 
felzahn, der ſchreckliche Mann, ich meyne den Top, fleht 
vor der Thür. Sey fröhlich, doch in Gottesfurcht. Laß 
andre gumpen, kehr Dich nicht an andre böfe Leut, und 
folge nicht der Menge zum Böfen; laß dich außlachen, 
du wirft enblich folche epicurifche Kürbe⸗Saͤu auch aus⸗ 
Iachen Fonnen. Das ift fehredlich, wenn Ich an folde 
Leute denk, mein Herz möchte zerfpringen, und die Au⸗ 
gen Blut tveinen, folche Derter, die ihre hori, thori, 
bori haben, id est Consistoria, große gelehrte Maͤn⸗ 
ner, General» Superinventen, Decanus und vergleichen. 
Sollten ſolche Hofprepiger Denen Vürften und Herren nit 
ind Herz und Gewiſſen reden, und ſolche Gräul vor- 
fielen, aber leider! niemand eifert um die Ehr Gottes, 
am folch fchrödliche Entheiligung des Sabbaths, um 
ſolch epicurifch cyclopiſches Wefen. Die meiften Hofe 
prediger find Gnadenſchnapper, flumme Hunde, gelbe 
Suppenfrefler, die Eichen in Bafan, blinde Gaͤul zu 
Gaza, Bileams Kinder, find felbften nicht viel befler, 
doch nit alle; Boho! ich kenne noch etliche, aber wenig. 
WIN einer, wie Micha die Wahrheit fagen, find anbre 
da, gleih ift man uff denen faubern Kanzleien mit dem 
Abſchied fertig, o da ſeynd die Herren Mechtöverfehrte 
geſchwind Her, plaudern dem theuern Landesfürften und 
Seren etwas vor, es trage Umgeld und Strafen ein, 
wenn die Bauern einander wie bie Karrengäul fchlae 
em. und was des Dings mehr if. Uber wart! ber 

eufel wird fein Kerbholz aufweiſen, du Präflvent, 
Math, Vogt, vu Peruquen⸗ und Sauſchwanj die Zech 
wird dir gerechnet werden. 


97 


Wir halten uns aber wieder zu lang auf, daß mir 
dem Tert und Ewillig fein Recht nicht thun Ehnmen.. 
Alte dort drunten! maunz nit: der Hirſchbrei brennt 
an! Narr! Dein altes Kuhfleifch iſt gar zäh, braucht 
fang flevend; zu Launenteller habens eine alte Kuh 
gefchlacht, Tommts Pfund auf 6 Pfennig; Die Kerle 
werben zerren! Warum habt ihr eure Zähn nit vorher 
auf die Schleifmühle gefchikt? No fo ſeyds. Wir bin⸗ 
den ein Denk» oder Bergefreimlein über die Predigt an, 
fo alſo dißmal heißt: 

Zum Todten⸗Kopf und ‚Kürben-Braten, 
Der Züngling zu Rain uns will einladen ; 
Bedenk bei deinem Hirſchen⸗Brei, 

Daß auch dein End nicht fern mehr fey. 


Vortrag. 


Die traurig und höchſt betrübt geſchienene, nun 
aber in Freud und Herrlichkeit gediehene Leiche⸗ 
und Kirchweih⸗Jubel. 


1) Wie ſolche hoͤchſt betrübt und fatal; 
2) Die Freud- Ankunft uff einmal. 


Traurig, betrübt, fatal umd ſehr gefährlich fah es 
aus, meine lieben Zuhörer! ald Anno 1617 dieſes 
Kirchlein und Gotteshaus zu bauen angefangen worden, 
wovon virled zu jagen wäre, wann du Bauer Geduld 
Dazu hätteft und nit an beinen Hirſchbrei und gefüllten 
Darm dächtef. Du mußt doch ein Kein Bisle warten, 
du börfts nit alle Tag, was ich dir Heut fagen werde. 
Die fremden Bäfte, fo nit in dieſen Schaafftall gehü« 

l. 7 


98 


ren, ſeynd auch nicht vor bie Langeweil in bie Kirch 
hiehero kommen, fie wollen was Neues hören. Pos 
taufend! dort hinten fleht einer, fperrt das Maul auf, 
man Einnt ihm ein drei Batzen⸗Laiblein hinein werfen, 
der Kerls bat ein Bommerifch Schlukkerle Brandtwein 
in feinem verdorbenen Magen geſchluckt, jetzt ſchnappen 
ſeine Kaltaunen nach vier Pfund Schweinenfleiſch oder 
Säumagen. No! no! wart! wird werben. Machs 
Maul zu, dag du nicht ermorgfl. Höre, was ich fage! 
Der Anfang dieſes Kirchenbaued war, betrübt und febr 
gefährlich. Man fagt, Hechenberg fey tamalen einer 
Eindde gleich geweſen. Der alte Vogt Gottharht, deſ⸗ 
fen Epitaphium du dort brunten und ihn, fein Weib 
und Tochter fehen kannſt, ver iſt 44 Jahr Vogt hier 
gewefen, gebürtig von Adelmannsfelden: viefer hat alles 
Haar und Hein uffgefchrieben. Lied, wenn du etwas 
kannſt. Ja nichts! dein Echäbel ift Teer. Diefer Vogt 
war fonft Fein unfeiner Mann; aber faufen bat er 
konnen. Wenn er lang genug bei feinen Bauern beim 
Mein gejellen, bat er flänverlings noch 6 Maß gefof 
fen, da haben ihn zwei hinauf ins Schloß geführt, und 
rei haben Hinten nachgefchoben ; dieſer Hol mi grum, 
ſchla mi grum, fliehe mir grum bat viel an Nechenberg 
gethan, und bat, mas wir von alten Sachen willen, 
aufgefchrieben. 

As ich vor etlih 40 Jahren das erftemal hiehero 
fommen, fahe dieſes SKirchlein einer calvinifchen Ziegel 
bütten gleich, Canzel, Altar, alle mußte ich ändern 
laſſen, Hab vie Orgel hereingefchaft,, felber gefchlagen, 
Kin Pfarrer, Vogt, Sammermeifter, Schulmeifter, Uhr⸗ 
richter, Mößner, Todtengräber, nur fein Hunnefchläger 
gewefen. Schulmeifter find bier gewefen, Schneider, 
Geißbdck, Leinweber, Echuhpleger, Schreinnarrn, Kuhler . 


9 


und des elenden Zeug und Pads, wie dort im Länbli 
noch vergleicheri Burfch anzutreffen. Der Anfang ift 
alfo betrübt, elend, miferabel und erbärmlid,. 

Nain Heißt im Teutfchen fo viel als Schoͤnſtadt, lag 
im fchönen Thal oder Gegend recht Iuftig in Oalilän. 
Aber bella, nit dort proben, mo unfer Bettelfädtsäger 
herkommen, bei Leib nit, es lag an der mitternächtigen 
Seite des Berged Hermon. Uber was weißt du von 
heiliger Schrift, dem gelobten Lande Canaan u. vergl 
Das find lauter böhmifche Dörfer in deinem Ochſen⸗ 
ſchaͤdel. Ja! das Buch der vier Könige kennſt bu, 
der Schellenoberbua und die Aichel⸗Sau dein Patron, 
der Pamphili gefällt dir befier als der Pfalmer. 

In deiner Jugend haft vu ven Katechismum bi zum 
britten Gebot gelernt. Jetzt ift alles verhaarwaricht 
worden; jeßt lernft du ven Katechismum. Wart, wart! 
der Zambour wird dich Moſes lernen. Narr! Mored, 
nicht Moſes. Mofes ift geftorben, feine Bücher liest 
du nicht, jo im Sternbuch bift vu ſtudirt. Mich wun⸗ 
dert, daß die Kerl Leine Hörner haben. Ho! haben 
doch Die Eſel auch Feine Hörner, und aljo bift vu ihnen 
gleich, vu Haft auch Feine Hörner. Es geht ihr wie 
jenem fpanifchen Edelmo, der ift ein halben Tag ge 
fahren, und Hat fich verwundert, daß die Welt fo groß, 
bat wieder umgewendet, förchtend, er möchte über bie 
Welt hinaus Tommen, weil er von einer neuen Welt 
bören fagen. Ich bin ohne Ruhmmeldung gereifet, von 
Straßburg uff Hamburg, aus Meißen in Preußen, aus 
Sachſen an die Oſtſee, Danzig, Koppenhagen, Pom⸗ 
mern, Caßuben, wo man dad Brod in Gamin hängt, 
. ganz Schwaben und Franken; bu bift weiter nit als 

bis nach Dunkelsbuhl uff den Säumarkt Tommen. Zu 
Dünkelsbügl kann man unterm Thor eine Kuh mit 


100 


dem Schwanz ausm Schwabenland ins Frankenland 
fhlentern, zu Creylsheim uffm Martins-Markt biſt o 
geweſt. 
Wir gehen zu weit vom Texte ab. Holla! Nain 
bat und abwegd geführt. No! Nain mag noch fo 
Thon und anmuthig geweſen feyn, fo heißts doch: fiehe! 
da trug man einen Todten heraus. 
DD, ver Raffelzahn, der ſchreckliche Mann, der Klap- 
permann, ber Kerr von Schreden und Schredenberg 
logirt überall ein. O! wie iſt der dürr Kerls über die 
Mauer bineingelommen? o Haber-Narr! wie fommt er 
in deine Kaltaunen? — du trägft den Tod bei bir. 
Ei! behüt mi Gott! fagft vu, bemeiß mirs. Wenn 
du mit Deinen großen Wein- und Brandtwein⸗ Zügen 
eine Krankheit an Hals fauffl, fo Haft du den Tod 
fhon in dir. Gieb dem Tod die Schuld nit, nur bir 
ſelber. O es iſt ein Elend mit den Leuten, abſonder⸗ 
ih mit dem Landvoll. Zwar find die Bürger, ja 
wohl die Größföpfigten, die Paruquen-Teufel, die Geiß⸗ 
ſchwaͤnz nit viel befir. So lang fle gefund find, va 
fragt man wenig nach Gott, Tod, Pfarrer und der« 
gleichen. Sie find gleich dem reichen Schlampamped« 
Bruder Luc. 16. Diefer Saufwannft begehrte von 
Bater Abraham einen Gokelmo, einen Geißfuß aus der 
Höllen, einen Rumpel⸗ und Boltergeift, feine Brüder 
zu befehren. Ich will nit hoffen, daß unter euch einer 
‚ein folcher Haspel⸗ und Habernarr feyn werde, eimen 
folgen Gokelmo zu begehrten. Du Bauer! trägft bei 
nen Gofelmo in dir ſelber. Wann dein ſchlafendes 
Gewiſſen einmal aufwacht, das wird Dir Angft und 
bang genug machen. Du wirft auf deinen Saufebern 
nicht fchlafen Eünnen, du wirft aufpfurren, Tnurren und 
murren, und nit anderfi meynen, als ber Gofelmo fey 


101 


fhon vorhanden; der Geißfuß ſtehe an ver Bettladen 
und rütile an ber Stollen. Da wirft du unter bie 
Dede ſchnurren, zittern und beben, und vor etlichen 
Stunden nicht fo keck feyn, herfürzugucken. Siehe! 
das macht ein böfes Gewiſſen; ver Teufel wird bein 
Sünden fegifter mit großen Frakturbuchſtaben vorzeigen, 
bie er jeßo ganz Hein machet. 

Buße! Buße ift das einzige, fo ſolchen Jammer und 
Herzenleid abiwenden Tann. Das Wörtlein Buße hat 
nur vier Buchitaben. Das B nimm und bete täglich 
berzlich zu Gott. Geh in deinen Heubahren, nimm ein 
Bündlein Heu oder Ohmet, oder was du haft, unter 
beine Knie, daß fie dir nicht abbrechen, und bete, daß's 
zittert. Verlaß dich nicht auf dein Beichten, Abent- 
mablgeben, auf deinen fchmußigen Habermann. Ich 
will vird noch jet gefagt haben, dem ich muß auch 
bald dran. Es wird auch bald heißen: Alter! troll 
dich, die Stumd iſt vorhanden, bein Grab iſt fihon fer 
tig. Mein Sarg ſteht immer vor ber Bettflatt, vu 
baft ihn ja gefehen. Nach mir möchteft vu wieder einen 
jungen PeruquenKerl zum Pfarrer befommen, ber we⸗ 
niger nu ald du. Uber weiter: Der andere Bud» 
flabe des Wörtleins Buße iſt U. Du mußt umfehren, 
dich verändern. Der britte Buchflabe tft ein S. Wenn 
bus die zwei erſten recht brauchfl, wirb der Dritte ganz 
füß werben, die Seligkeit, meyne ih. Wie lang? Ewig. 
Der letzte Buchſtabe iſt das E. Ich Habe etwas lang 
mit dem Tod verweilt; fey nit unmillig, es verlohnts 
der Müh. Ehe wir aber fortgehn, will ich Dir noch 
ein guted Bißlein geben, worgd mit beinem Hirſchen⸗ 
brei binunter, wird dir nichts ſchaden, bat erſt 9 ger 
ſchlagen (war aber bald 10 Uhr), noch Zeit genug. 

Ich habe gefagt, du wmöchtefl nach meinem Tode 


102 


einen jungen Etubenten mit einem leeren Magifterd« 
Nänzle kriegen. Wanns NRänzle vol iſt, geht er wie- 
ber fort, läßt di fiten. Solche Sallboder, Wüllenhem- 
der⸗Prediger, Gern⸗Apoſtel haben Teine Erperienz , wie 
ih; da heißt's nur: Bring, Bring, fpring, hol Brat⸗ 
würftle, Gakelei, Slachsreißlein, und was vergleichen 
Burfch mit ihren Weiblein betteln. Holla Weib! mach 
die Thür zu, der Pfarrherrle mit feiner Frau Lothin 
tommt; Engele, Bengele, gehe in vie Wanzen⸗ und 
Rußhütten, fiehe, was die Bauern-Meiber fpendiren. 
Bift du Trank, fo kommt der Herrli nit, bis bu ihm 
holen laßt und ihm fein Kuttenrecht giebft; kommt er 
und iſt ſchon uffen Weg, fehreit die Frau Lothin Ihm 
nach: Engele, nimm bein Bamfambüchsle mit, gebe nit 
fo nahe zum Kranken hin, daß dich ver Drochtel nicht 
angeht. Kommt der faubre Herrle bis für Die Stuben 
thür, ſchickt er den Schulmelfter vor in die Stuben, 
wie die Jäger den Spürhund, diefer muß ſchmecken ober 
riechen ; denn ihr Schwaben habt nur vier Sinn, rie 
chen und fihmeden ift bei euch ein Ding, wie ed in 
der Stuben flieht. Mean muß Rauch machen, der 
Herrle kommt; der Schufmeifter hat eine längere Nafen, 
denn der Pfarrderrle. Geht der Herrle in die Stuben, 
fo langt er mit der rechten Hand und ſpaniſchem Rohr 
zum Umhang am Bett, mit ber linken hat er fein Bam⸗ 
fambüchsle vor ver Nafen und das Schnupftuch. Da 
fragt er: Wie ſtehts Kranker, wollt ihr bald fterben, 
daß ich meinen Thaler befomme? wollt ihr das H. 
Abendmahl! Da muß der Schulmeifter das Schächtele 
uff ven Tifch ftellen und den Feuerhammer, betet und 
plappert fo etliche Sprüche dem Kranken vor, ohne Ap⸗ 
plication, ohne Andacht, nach dem alten Schlendrian, und 
‚et wieder davon, ald wenn ihn vie Wespen geftochen. 


103 


Stirbit du, iſts gut, thut e8 bir eine Leichen⸗ ober Leichtes 
Predigt, auch wohl Lügen⸗Predigt, auß einer alten Po⸗ 
fiillen, darauf er reitet; da Heißt er dich einen felgen 
Mitbruder oder Mitſchweſter. Ey! wo Tommt denn 
die Freundſchaft fo ſchnell her?‘ Ho! vom Thaler, ven 
man ihm nach der Leich vor fein Kuttenrecht geben 
muß. Iſt alfo nur ein Gelobruder. Probiere es, 
wenn du noch gefund bift, heiß den Herrle einen Dit 
bruder, wie geſchwind wird er fein Angeficht in Balten 
legen, ald wenn die Stirn mit einem Pfirſchingſtein ge 
bügelt wäre. Ja fein fchöner BeEngel, vie Frau Lo⸗ 
thin, wirb dir gar Die Thür weiſen und die Stiegen 
binunterwerfen.. Nur der Thaler macht die Brüder⸗ 
ſchaft. Ich wollte dir Wunder über Wunder erzählen: 
aber ich muß eilen. Komm über acht Tag, da das - 
Evangelium oder bein Ewillig vom Wafler- oder Trum⸗ 
melfüdhtigen iſt, da will ich Bir ein mehrs fagen, bein 
Hirſchbrei brennt fonft an, und deine Babel brummt 
fodann wie ein Zeinelbär. Doch Haft du von ange 
branntem Brei noch dieſen Vortheil, daß vich Ten Fuchs 
beißt, wenn bu In den Wald geheft. 

Meiter im Tert: der ein einiger Sohn war feiner 
Mutter, und fie war eine Wittwe. Warum wirb von 
feinen Bater nichts genacht? magft du denken. Hat er 
eiwan Teinen gehabt? D Halte Maul! Körft vu nit, 
daß feine Mutter eine Wittwe? Hab ich doch niemal 
eine Wittwe gefeben, vie einen Dann noch hat, oder 
nie feinen niemalen gehabt habe. Bleib mit deiner 
Weisheit daheim, der Efel giebt dir Ohrfeigen. Brag 
vielmehr, was biefer Jüngling für ein Menfch geweſen; 
658 oder fromm, gehorfam over ungezogen, wie dein 
Bua, der allen Kürben, Märkt, Taͤnzen und Mägplein 
nachläuft, der Nachts zu den Küheprieflern In die Kam⸗ 


104 - 


merläben bineinfteigt, der Dir bein Korn hinterm Haus 
zum Laden in den Süden hinaus wirft und dem Brand⸗ 
weinbrenner giebt, der unter ver fünften Bitt des Vater 
Unſers den Wirth mit der Kreiven verfieht; der als 
eine Sau gern beim goldnen Lamm einfehrt, der einen 
Greifen im Schild führt und das Fünffingerkraut ge⸗ 
- Iernt, der ſich beim ſchwarzen Adler ſauvoll fauft, und 
täglich den Stabtvogt, Leberreuter, Padan und Grün 
büttel mit feinem Ploger und Flederwiſch fürchtet! Hola! 
der wild Säueherrgott kommt, padti, beim Büttel ftebt 
ein ſchwarzer mit ver weiten Kutien, will dich mit bei= 
nem Küheprieſter boculiren; ja boculiren iſt ſchon vor» 
bei, copuliren will er. 

Dad Raubele, Stachele, Traubele, Större, der Beth⸗ 
ochs iſt fort; der Juden⸗Moſchi kommt, will das Bett 
holen, mug 50 8. Straf geben. Hola! nur 10 51. 
Straf, 40 8. find die Unkoften. Ja, faubre Burſch 
feyb ihr, wer wird um folche Jünglinge, wann fle ſter⸗ 
ben, weinen. Dieſer Jüngling war außer Zweifel ein 
gehorfamer Sohn. D! wenn ich ba zugegen gemeit 
wär, ich wollte fie getröftet Haben, ich hätte mit mei⸗ 
nem Schnupftuch ihr die Thränen abgewiſcht, da an⸗ 
dere Pfarrherrle eine Viertelſtund davon fiehen. Noch 
eins fällt mir ein, Warum laſſen fich die jungen Pfarr⸗ 
herrle jetzo theils Magiſter und nicht Pfarrer nennen? 
was ift Magifter? Narr ift er. Ein Magifter, Bauer! 
ift fo viel als einer, ver noch fo viel fauffen kann, 
als ein anderer. Zu Iena und Wittenberg macht man 
die Magifler vorm Thor beim Schlagbaum. Wenn bie 
faubern Herrn Studio-Säu uff einem Klepper daher 
galoppiren, fo fragt man, woher Herr Magifter? Narr 
ift er? aus Schwaben, Franken, da finds ſchon Magie 
fter, aber Feine Pfarrherrn. Wart noch a bißle, 


105 


Nun weiter im Iert. Und viel Volks ging mit 
ihr. Wäre Nain ein Drt wie Mecheriberg geivejen, 
haͤtteſt du fie nit zählen vörffen. Iſt eine Leiche hei 
und, fo zählet man drei oder vier, der Pfarrer, Schul⸗ 
meifler und Todtengräber, und ber Kreußträger., Gi! 
wie eine feine Brodceſſion, fagft du Baur! Sa 
wohl Broveeffion Es Heißt bier auch, wie jener 
Schulmeiſter zu feinen drei Buben gefagt: Schelmen 
paart euch! ver eine fagte: Herr Schulmeifter! ich 
will mit euch geben. Wir haben bier wenig Zeichen, 
und auch wenig Leichenbegleiter., Gott Lob! daß ich 
und mein Schulmeifter noch gute Burgeln haben. Wir 
fragen nichts darnach, der Meberöbernt ald Todtengrä⸗ 
ber flimmt auch mit, enblich ein paar Mähle und 
Weiberle, die muſiciren der Zeit ungleich beſſer und 
befier, als dort im Ländle, ober im Haͤlliſchen. Ka 
fingen die Kerls, daß einem vie Zähn ein halbes Jahr 
davon wehe thun, wie ich felbft vielmalen gehöret. 

Dennoch fagte ein Bauer zu mir: mein Schulmeifter 
fingt nach den Knoten. Ja! verſetzte ich, er fchreit 
wie der Bucepbalus, Königs Alexandri Pferd, und wie 
ein Ochs, den man fehlagen will, fperrt dad Maul auf, 
wie des Jonä Wallfifch; ganz Holl- und Brabant kann 
man in feiner Burgel fehn, ex dreht fein Maul jo ge 
ſchwind von einem Ohr zum andern, wie der Hahn 
ufm Kirchthurm. 

Weiter! Und der Todte richtete fich auf und fing 
an zu reden. Jetzt möchteft du Bauer! gerne willen, 
wad er gerenet? Mein! mas hat er wohl gefprochen? 
Holla! es ift mir und bir nit auf Die Nafen gebunden. 
Halte Maul! weil die Schrift ſchweigt. Wunderlich 
fam mirs vor, ald ich in Hamburg einen Todten fah 
zu Grabe tragen. Die Träger hatten gelbe Nöde mit 
ſchwarzen Echnüren, deren Träger wohl zehn neben dem 


104 - 


merlaͤden bineinfteigt, der bir dein Korn hinterm Haus 
zum Laden in ven Eäden hinaus wirft und dem Brand⸗ 
weinbrenner giebt, der unter ver fünften Bitt des Vater 
Unferd den Wirth mit der Kreiden verſteht; ver als 
eine Sau gern beim golpnen Lamm einfehrt, der einen 
Greiffen im E child führt und das Bünffingerfraut ge= 
- Ieent, der ſich beim fchwarzen Adler ſauvoll fauft, und 
täglich den Stabtvogt, Lieberreuter, Padan und Grün⸗ 
büttel mit feinem Plotzer und Flederwiſch fürchtet! Hola! 
der wild Säueherrgott kommt, packti, beim Büttel ſteht 
ein ſchwarzer mit ber weiten Kutten, will dich mit dei⸗ 
"nem Küheprieſter boculiren; ja borulicen ift ſchon vor 
bei, copuliren will er. 

Das Raubele, Stachele, Iraubele, Större, der Beth- 
ochs ift fort; der Juden⸗Moſchi kommt, will das Bert 
holen, muß 50 8. Straf geben. Hola! nur 10 31. 
Straf, 40 5. find die Unkoften. Ja, faubre Burſch 
feyd ihr; wer wird um folche Jünglinge, wann ſie fler- 
ben, meinen. Diefer Iüngling war außer. Zweifel ein 
gehorfamer Sohn. D! wenn ich da zugegen geweſt 
wär, ich wollte fie getröftet haben, ich Hätte mit mei- 
nem Schnupftuch ihr die Thränen abgewiſcht, da an⸗ 
dere Pfarrherrle eine DViertelftund davon fliehen. Noch 
eins fällt mir ein. Warum laflen fich die jungen Pfarr⸗ 
herrle jetzo theils Magifter und nicht Pfarrer nennen ? 
was ift Magifter? Narr ift er. Ein Magifter, Bauer! 
ift fo viel als einer, ver noch fo viel fauffen Tann, 
al8 ein anderer. Zu Iena und Wittenberg macht man 
die Magifter vorm Thor beim Schlagbaum. Wenn bie 
faußbern Herrn Studio⸗Säu uff einem Klepper daher⸗ 
galoppiren, fo fragt man, woher Herr Magifter? Narr 
ift er? aus Schwaben, Franken, da finds ſchon Magi⸗ 
fer, aber Keine Pfarrherrn. Wart noch a bisle. 


105 


Nun weiter im Io. Und viel Volle ging mit 
ihr. Wäre Nain ein Drt mie Rechenberg geweſen, 
haͤtteſt du fie nit zählen körffen. Iſt eine Leiche Bei 
uns, fo zählet man brei ober vier, der Pfarrer, Schul- 
meifler und Todtengräber, und ber Kreutzträger. Gi! 
wie eine feine Brodceſſion, fagft du Bauer! Sa 
wohl Brodceſſion. Es heißt Hier auch, wie jener 
Schulmeiſter zu feinen drei Buben gefagt: Schelmen 
paart euch! der eine fagte: Kerr Schulmeifter! ich 
will mit euch gehen. Wir haben bier wenig Leichen, 
und auch wenig Leichenbegleiter. Gott Lob! daß ich 
und mein Schulmeifter noch gute Burgeln haben. Wir 
fragen nichts darnach, ver Metzersbernt als Todtengrä⸗ 
ber ſtimmt auch mit, endlich ein paar Maͤdle und 
Weiberle, vie -muflciren der Zeit ungleich beſſer und 
befier, als dort im Ländle, oder im Hällifchen. Ta 
fingen die Kerl, Daß einem die Zähn ein halbes Jahr 
davon wehe thun, wie ich felbft vielmalen gehöret. 

Dennoch jagte ein Bauer zu mir: mein Schulmeifter 
fingt nach den Knoten. Ja! verfeßte ich, er ſchreit 
wie der Bucephalus, Königs Alexandri Pferd, und wie 
ein Ochs, den man ſchlagen will, fperrt dad Maul auf, 
wie des Jonä Wallfifch; gang Holl- und Brabant kann 
man in feiner Gurgel fehn, er dreht fein Maul fo ge 
ſchwind von eimem Ohr zum andern, wie der Hahn 
uffm Kirchthurm. 

Weiter! Und der Todte richtete ſich auf und fing 
an zu reden. Seht möchteft du Bauer! gerne willen, 
was er geredet? Mein! was hat er wohl geſprochen? 
Holla! es iſt mir und dir nit auf die Naſen gebunden. 
Halts Maul! weil die Schrift ſchweigt. Wunderlich 
fam mirs vor, ald ich in Hamburg einen Todten fah 
zu Grabe tragen. Die Träger hatten gelbe Röde mit 
ſchwarzen Echnüren, deren Träger wohl zehn neben dem 


106 

Sarg theils hergingen; bie fo trugen, tanzten gleichfam 
als wie Gaillard⸗Sprüng. Diß weißt vu nicht, was 
es iſt. Sie fprungen fo artlih, und trafen mit ein« 
ander überein, dag nit ein Haar fehlete. Nun wann 
du Heut zum Tanz hinaus laufeft und mit beiner Greth 
dem Kühepriefter gumpft, fo denke: alfo wird ber Tod 
bupfen, wenn er dich zum Grab ſchicket. O daß ber 
Herr von Brantenftein, der ſchwarze Feind, nicht in feine 
Bauft lache, und als ein Straßenräuber beine Seele 
weghafhe. O Herr Je! du kommſt in ein erfchrödlie 
ches Quartier. Nu ich fag dirs heut noch einmal in 
der Kürbi, dent an ben Kehraus; dent an das Reim⸗ 
lein: Zum Todten⸗Kopf und Kürbenbraten ꝛc. 

Sp Habt ihr damı genug gehöret; die Zeit ift euch 
lang geworden, mir nit; ihr fehnt euch nach ver Kürbt, 
ih nit. Babel dort drunten! wie flehts mit beiner 
Kürbi? Was kochſt? Ho! eine Suppen aus dem Hdll- 
hafen, die Lumpen bangen zum Laden hinaus, das befte 
Vieh im Pfarrhaus ift nie Kat; die Trappen fliegen 
und fihrelen überd Haus, Knapp! Knapp! Knapp! 
Geht ſchmal Her, der Schmalhans iſt Küchenmeifter. 
Gelt Babel, dort hinten! bei dir iſts noch ärger! Schue 
verfoffen, barfus gloffa; Deinen Flachs haſt um Brandte⸗ 
wein verhandelt, jego Haft vu Fein Hemd anzuthun. O 
du verfoffene Greth! wart! wart! wie wirft du eins 
Ihöne Himmelfahrt bekommen! Hinter ver Heden mußt 
fterben, die Krappen werben dir die Seelmeß lefen; in 
Brandt bift gepfarrt, wo die jungen Gras⸗ und Brandie 
geifter loglren. O befehre dich, es ift hohe Zelt, der 
Tod wart fihon uff dich; ja er wird etwas rechts an 
bir erhafchen, und dir Brandtenmwein in beine verfoffene 
Burgel, von Schwefel und Pech bereitet, einfchütten. 
O! es ift alles vergebens. Du Geitzhals, fchrei, ehe 


107 


der Tod kommt, wie jener Müller im Hennebergiſchen! 
Appel, trag vie Thaler herein, daß ich krappel. Krap⸗ 
pelti du und ber. Deichfel. Wart, vie Ducätlein were 
den Dich brennen; und alſo geht3 allen unbußfertigen 
Sündern. Ih und noch einige wenige wollen das 
Brod bald im Reich Gottes efien. Ihe Fremden, riche 
tet mich draus nit aus; ich bin ein Bauern⸗Prediger, 
ih muß gut teutfch, Intherifch und bäurifch predigen. 
Wenn ich gelehrte Leute, Doctores umd dergleichen hätte, 
wollte ich ihnen auch Hohe Sachen previgen; aber ihr 
nerfieht das Einfältige nit, daß Gott erbarme! 

Bor wenig Wochen ging ich, frifche Luft zu ſcho⸗ 
pfen, ums Feld fpaziren, da begegnete mir ein ehrbarer 
fatholifcher Bauer, mit welchem ich ein und anders rebete. 
Als ich noch weiter mit ihm fprechen und fragen wollte, 
was er guts Neues wiſſe, fagte er: Herr! ich habe das 
earre cito, kann nicht‘ länger mit ihm reden. Ich 
fragte, wie er zu dieſem Lateinifchen fommen und was 
es teutfch bedeute? Er fagte: vor vierzehn Tagen Bat 
mein Herr Pfarrer eine ganz kurze Predigt gethan, 
faum eine DViertelftund lang, und da er aus ber Kim 
chen ging, fragte ihn der Schultes: warum fo ſchnell, 

Serite? dieſer antwortete: ich habe das curre cito, 
kann bermalen nicht länger harren. Der ak ver⸗ 
teutſchte es mir ſo, Herr Pfarrer! beſſer, als ich ver⸗ 
ſtehen mocht, und ging ſeinen Weg. 

Nun ſchlaͤgts Halb eilf, jetzt iſts aus. Nun Saft du 
dad curre cito, curre oito nach Haus, zum Schmaus. 
Friß und fauff nit alles allein aus; theil den Armen 
aus, fie feyen, wo fie wollen. Curre cito bu Bauer⸗ 
knecht, du laß die Botz! Du Grethi von Memmingen, 
lauf zum Tanz, der Pfeiffers Joörgli iſt ſchon aufm 
Platz; curre cito zum Todten⸗Kopf, denk, was ich 


108 


bie gefagt, curre cito zum Gebet, zur Buß, wenns 
Abend ift, curre cito na Haus, fteig nit in bie 
Kammer zum Kühepriefter, fonft wann der Packan und 
feine Collegen kommen, fo wird dird curre cito zu 
fpat werden. Hiemit haft du deine Letzte, wie bie 
Bauernfinder in der Schul fagen. Wer weiß, ob ich 
noch eine Kürben« Prebigt mehr thun werte. Amen! 
Singt dad Te Deum laudamus. Du Bauer, 
ſchlag auf, thu deine feierrägliche Gurgel auf, kannſt 
fie heut wieder ſchmieren. Amen! Amen! Das hoͤrſt 
du gern. 


2) Predigt über Tobias IV. 22. 


„Sorge nur nichts, mein Sohn, wir find wohl arın, 
aber wir werben viel Gutes haben, fo wir Gott wer⸗ 
den fürchten, die Sünde meiden und Gutes thun.“ 

Bei Gelegenheit dieſer Textesworte erinnert Spörer 
daran, daß des Tobias Weib ihren blinden Mann vom 
Spinnen ernährte, Kap. 2, V. 13. Hier thut er nun 
einen mächtigen Ausfall, nicht nur auf Die Bauernwei- 
ber, fondern vornemlih — auf feine eigene Brau. „Ey 
du fauberes Engela, redet er fie an, Gott behüt, wie 
viel Glen Tuch Haft du im vergangenen Winter ge 
ſponnen?“ — „So, fagt der Strobelkopf, haft ja im 
Sommer auf der Bleich gefeha, was frägft lang?" — 
„Narr, ich. weiß leider wohl, 14, Ellen, weniger Ye 
Das wird Hemder feßen bis zum Nabel.” Darauf 
macht er fich felbft den Einwurf: „Hola, verzeih mir's 
Gott, wie macht mir der Pfarrer fein Weib aus; wie 
wird er's Andern machen?“ Die Beantwortung dieſes 
Einwurfes giebt ihm nun Anlaß, fein ganzes Glau⸗ 


109 


bensbekenutniß in Hinſicht des fchönen Gefchlechts frei 
und unverholen ‘abzulegen. Er fagt: „Das Frauen⸗ 
zimmer Dieb ich von Natur, wenn es fchön, galant, 
complaifant, Honett, fauber aufgeputzt wie ein ſchoͤn 
Pferd; da weiß ich fchon, wie fle zu refpeftiven fehen, 
vie wohl haushalten Fönnen, dem Mann an den Aus 
gen alles anfehen, was er will; ha! da lacht das Herz: 
wenn ber Dann heimkommt und einen folchen liebens⸗ 
würdigen Engel antrifft, ver ihn mit den ſchneeweißen 
Händen empfähet, Tüffet, herzet, ein Brätlein und Sa⸗ 
Iätlein auf den Tifch trägt, ſich zu ihm Hinfehet und 
fpricht: Engel, wo will er herunter gefchnitten haben? 
und mas dergleichen honig⸗ und zuckerſuße herzerqui⸗ 
ckende Reden mehr ſind. Wann er aber einen hoſchi 
boſchi roſchi, einen Rumpelkaſten, ein altes Reibeiſen, 
einen Zeidelbaͤr, eine Haderkatz, ein Marterfell im Haus 
bat, die immer brummt Mum, Mum, Mum, die eine 
Thür zu⸗, die andere aufſchlaͤgt, die im Schlot mit 
der Ofengabel hinaus fährt, und wieder auf den Heerd 
herunterplumpt, die ein Geficht wie ein Neſt voller 
Eulen macht, die lauter Suppen aus dem Hollenhafen 
anrichtet, vie ein Geſicht wie ein Eſſigkrug hat, und 
was des Teufelzeuges mehr tft, die lieb' ich nicht, ber 
Teufel mag fie lieben.” 

In eben diefer Previgt kommt Spbrer au auf 
Die Buße auf dem Kranfenbette zu reden, und Außert 
fi) Darüber folgenvermagen: „Diele Chriſten ſtehen 
zwar in dem Wahn: Ey, wenn ich aufs Krankenbett 
fomme, will ich ſchon Buße thun und fromm werben, 
da muß der Pfarr Mitternachts aufftehen, ven Feuerei⸗ 
mer und das Schächteli bringen, und dem Kern Urian 
fein tröftlich zufprechen, damit der Teufel nicht Abt 
im Klofter werde. Ja das ift ein Troft! aber o elem- 


110 


der Troft! von dem Troſte flirht meine Kabe Narr, 
wenn bu gefund bift, mußt bu fromm merben; beffere 
dich, weil du noch fünbigen Tannfl. Wenn du dort 
liegft, alle vier ſtreckſt und gloßeft wie ein geſtoche⸗ 
ner Bol, Ni! Da wird's eine Freud feyn, wenn ber 
Teufel mit dem ſchwarzen Regiſter kommt, dir beine 
Sünden Regimenter- und Schwabronenweid vor Augen 
legt; wann der gräßliche Mann, der Tod, vie Bettſtel⸗ 
len in die Hand nimmt, dir fo angft und bange macht, 
dag du in der Haut nit bleiben kannſt; wann Lauf’ 
uud Mäuf von dir laufen; da wirft du erft inne wer⸗ 
ben, was ber Alte geprebigt. Haſt du nichts in dem 
Glaubens» und Geduldſaͤcklein eingepackt, o Herr Ie, fo 
ſteht's übel, fo Triegft du eine dreckige Himmelsfahrt, 
du wirft daneben fahren, wie der Schneider mit dem 
Fleck neben das Loch.“ 





vl. Der Gränel der Verwä⸗ 
ſtung *). 





Gelobt fey Jeſus ChHriftus. 


Erit enim tane tribulatio magna. Matth. 
24.6. 21.2. Damald wird Alles drüber und drunter 
gehen, fagt der Heilige Matthäus am 24. C. 21. Vers. 


*), Eine Miſſions⸗, Buß⸗ und Sittenprebigt der Ge 

‚ meine zu Öttafring, ein Pfarrdorf weftwärts Wien, 
am 25. Nov. 1782 gehalten von einem Operariug 
Catecheticus. 


111 - 


Ehe und bevor ich euch hievon etwas Mehrers melde, 
wollen wir den Beiftand des Heiligen Geiſtes mit einem 
anbächtigen Baterunfer und heiligen Avemaria anrufen. — 

Euer Lieb und Andacht fiehen auf, und bezeichnen ſich 
mit dem Zeichen des Heiligen Kreuzes, und fprechen mis 
Andacht: Im Namen Gott des Baters, und des Sohnes, 
und des heiligen Geiſtes Amen, und hören an die Worte 
te8 Heiligen Evangelium — — Ge, Buben bort im 
Winkel, wollts Ruhe geben, over ich ſchick den Schul 
meifter über euch, — Druckts nit, ſtehts fein fill und 
gebts acht. — 

Ja, meine liebe Chriſten, wann wir an das ſchrecklich⸗ 
Drüber und Drunter denken, von welchem der Heiland 
ſagt, ſo ſollt uns billig ſcheußangſt werden. 

Nit wahr, wenn unausſtehliche abſcheuliche Hitz ei⸗ 
nen fo martert, daß man den ganzen Tag hindurch note 
eine Sau fihwißt, wie mirs felber oft genug gefchicht 
— oder wann ihr den ganzen langen Sommertag hine 
durch unermüdet In euren Weinbergen zur Erde gebudt 
fortarbeitet u. dergl.: daß das erſchreckliche Plag ift, 
befonders wenn ihr es mit Unwillen tut, und euch 
nicht einen heiligen Einfiebler, oder fonften einen from⸗ 
men Mann zum Mufter nehmt! Aber das ift alles 
noch fein chatten jener fürchterlichen Trübfal. Him⸗ 
mel und Erde werben felber varüber erzittern. — Jetzt 
zeigt euch unfer Herrgott durch Worte nur ein wenig, 
tag ihm einmal Ernſt werben kunnte, jebt g’fpaßt er 
fih noch immer mit euch, wie man ſich etwa mit 
Kindern gefpaßelt und ihnen zum Zeitvertreib allerlei 
Maͤhrlein erzählt: Aber tunc, fagt ber Heiland, tunc 
enim erit tribulatio magna. Damals erft wird 
er ein paar Worte mit euch im Ernſt reden. Damals 
wird ſich der göttliche Richter Tein Blatt mehr vor's 


112 


Maul nehmen, damals wird er euch nicht mehr mit 
aller Sanftmuth auf ven Weg ber beillgen Buße Io» 
den — er wird eure Sündentafel vor ver ganzen Welt 
an den Nagel hinhenken, und dem allmiffenden Vater 
fagen, was ihr hier in eurem Leben für ein liederliches 
Gefindel geweſen ſeyds. Damals wird ber langmü⸗ 
thige Gott nicht viel mit fich geſpaßeln laſſen; er wird 
nicht ſo geduldig den Narren machen, wie wir Prieſter, 
und warten, bis den Lumpen gelegen iſt, den Pack der 
Sumden in den heiligen Beichtſtuhl hineinzuſchmeißen: 
der Beichtvater mag ja mwohl-fchaun, wie er das Ding 
außeinanber findt. Gib Nechenfchaft von deiner Haus⸗ 
Haltung, wird er euch anfahren wie ein Lim. — Da 
werdet ihr zufammenfahren, da wird wohl Manchem 
das Herz in die Hofen fallen, Da wird euch wohl das 
Kurafch vergehen. — Et ja! bis euch nicht die Stern 
um die Köpf fliegen, der volle Mond im Herunterfallen 
brav druden, und die brennheiße Sonn zu Staub und. 
Afchen verbrennen wird, eher glaubt ihr fo Nichts — 
unfer Einer möcht fich zu eurem Beſten die Gurgel 
abfchreien ; aber merken Tonnt ihre, wenn nicht Strob 
in euren Köpfen wäre, bag wir uns ſchon allgemadı 
biefen Ießten Zelten nahen, wo es eine allgemeine Ere⸗ 
kution abfegen wird. Es ſtehn ja fchon die fehlechten 
Chriſten und falfchen Propheten auf. 

Ih fage, fehlechte Chriften. Und Hab ich etwan 
nicht recht, wenn ich behaupte, daß der Befte unter euch 
feinen Kreuzer werth tft? Geſteht mirs lieber gutwil⸗ 
ig. Mo kuraſch! — Heraus mit der Farb! — IR 
dem ein wahres Chriſtenthum bei euch ? Geht ihr gern 
in Die Prebigt? — I woas ch, wos ber Pfaff fogt! 
fo ſchandlich und grob redt ihr won einer Hochwurdi⸗ 
gen Geiſtlichkeit. 


113 


Item. Laßt ihr euch gem in die chriftliche Bruder⸗ 
ſchaft einfchreiden ? Eija, da fenbd die Befchwinden 
nicht, da dreht ihr den Groſchen oder Siebner zehnmal 
um, ebe ihr fo ein paar Lumpenpfennige in den Schab- 
gottedfaften hinein werfts. Die arme Wittwe hat zwei 
Pfennige vom Iehten Kreuzer ohne zu feufzen mit Freu⸗ 
den in Opferſtock gelegt; und ber göttliche Heiland Hat 
ide eine fo große Lobrede darüber gehalten, daß jeber 
billig fein ganzes Dermögen dem Opferſtock anver- 
trauen follte, um nur ein wenig von dieſer himmliſchen 
Zobred zu erhalten! — ber da tragt ihr Lieber euer 
Geld ind Wirthshaus, und meint, ihr thut gefchelter, 
wenn ihrs verfauft, und euern fünbigen Leib, ben ihr 
die ganze Woche auf den Feldern umherſchleppt, flär- 
ket; die Saufbruderfchaften find euch als Tieber, wo ihr 
fo Hinlümmeln und euern Tert Iefen koͤnnt; aber ein 
Eatholifches Lehrbruderſchaftel, wo für ein kleines Opfer 
dad wahre Chriſtenthum eingefchentt wird, ba ſeyds 
feine eiftigen Liebhaber, ei beileibe; aber der Teufel wird 
euch fchon einmal die Zech zahlen, er wird euch ſchon 
noch einmal das Chriftentbum einprägen, er wird euch 
ſchon noch rupfen, warts nur! — Zur heiligen Beicht! 
— juſt's Jahrl einmal, dag nur ven Willen ver hei⸗ 
ligen Mutterkirche nicht über die Schnur hauts; und 
da Haben ſich ſchon einige verlauten laſſen: 's Beichten 
wird gar abkommen. Erlogen iſts! Ochſen, Gfeln, 
Büffeln, Rindvieher find alle die, welche fo was glau⸗ 
ben und folche Dummbelten nur nachplaudern. Kein 
Kaifer, Tein König, kein Pabſt, ja der allvermögente 
Gott felbft kann eine fo heilige Handlung nicht auf« 
heben, ohne an feinen eignen Worten zum Lügner zu 
werben. Das ging und noch ab! da fönnet Ihr fein 
lügen und beirügen wie ihr wollt, un Niemand dürft 

i. 


° 114 


euch, wie den großen Herten, Die Höllenthür eher aufe 
riegeln, 518 ihr fchon mit Leib und Seel wahrhaftig 
barinnen waͤret. 

Sogar die Weiber geben ihre Approbation, und be⸗ 
zeigen eine herzliche Freude darüber, wenn bie nur bald 
gefchehete; damit fte ihren Männern boppelte Hörner 
aufſetzen und nach Belieben mit allen Kerln herum⸗ 
Huren konnten, wenn diefer heilige Kappzaum einmal 
zerrifien wäre. Uber wartet nur, für dies Loch wird 
der Herr auch noch einen Nagel finden; er wird keu⸗ 
ſche Iünglinge erwecken, die werben euch brav anſpeien; 
oder, Gott verlaß und nicht! e8 müßt gar der jüngfle 
Tag fihon da feyn. 

Endlich fliehen auch falſche Propheten auf, welche 
die Leute in dieſen verberbteften Zeiten ſchnurgerade im 
die Hölle führen. Die Büchelmaches in der Stabt, bie 
einen Gott und kein wahres Tatholifches Chriſtenthum 
glauben, find es, fogar Leute in ſchwarzen Röden, bie 
man JIanfeniften nennt, die Tängft von ver heiligen rd» 
mifch » katholiſchen Mutterkirche verfludyt und verbammt 
worben,, bemühen fich auch auf ven Tandelmarkt bes 
Teufels ſtückweis zu arbeiten. Bei Schulmeiftern fchon 
Hab ich derlei Büchel gefunven, bei Echulmeiftern, wo 
bie katholiſche Meligion eigends zu Haus feyn fol! — 
Und iſts denn anders, meine Chriften? Sieht man denn 
einen Katechismus, oder andächtigeß Tatholifches Gebete 
büchel bei euch? Aber Bott wird diefe Büchel, in wel» 
chen ſolche Gottloſigkeiten, beſonders wider eine Hecke 
ehrwuͤrdige Geiftlichfeit, enthalten find, fammt allen Häus 
fern, wo fich derlei befinden, wie Sodoma und Go 
morrha, zu Staub und Afchen verbrennen. Da fchreiben 
fle euch was Her, was nicht wahr iſt, nur daß fie euch 
am die paar Kreuzer betrügen, und bie arme Geiſtlich⸗ 


115 


keit, die vermög ihres Berufs alle geduldig leiden muß, 
brav bei den Leuten anfchwärzen und in einen fchlechten 
Kredit bringen. Die Derruchten, die DBerführer des 
Volks, die find Die rechten Abgefandten des Teufels, 
die Trabanten des leibhaften Antichrifls. 

Ste haben mit dem fanftmüthigen Lamperl' einen 
Streit angezeddelt; aber dad Lamperl wird dieſe Lum⸗ 
penkerl alle zufammenbeißen wie ein junges Grad. Sie 
find Die unteinen Geifter, von welchen bie Offenbarung 
fagt: „vie wie die Vröfch den Teufeln aus dem Arch 
friechen, und hingehen zu den Großen ber Erbe, ihnen 
bofteren , und fie unrühmlicher Handlungen wegen lo⸗ 
ben, und reden, was fie gern hören. ber laßt fie 
nur hingehen, fie werben beghalb doch in ben feurigen 
Pfuhl geworfen werden, wo ewige Trübfal feyn wird. 

Ich will euch heute die Augen aufmachen und zei 
gen, wie ihr biefem Unglück entrinnen Fonnt, Gebts 
Gübfch Acht auf meine geiftlichen Ermahnungen. Echauts, . 
das Herz thät mir einft im Leibe bluten, wenn ich 
einmal vom Simmel herunterighauen und fehen müßt, 
daß fo viele Worte, die ich gerebt, umfonft und ewig 
an euch verloren find. Ich mache demnach aud mei- 
ner Prebigt zwoa Theil. Der erfle betrifft die böfen 
Buben und Menfcher und der zweite begreift die Che 
in fih, wie man nämlich heirathen und auf eine hrifl- 
katholifche Art zufammenhalten fol. — Jetzt ſchneutzt 
euch, daß mic) hernach im Worte Gotted nicht unter« 
brechts, und fangts auf mit aller Begierlichkeit ven 
Eenf de Evangeliums im 


Erſten Theile 


Ic zittre allemal, meine Kinder, wie ein naffer Hund, 
f oft ich auf die gefährlichen Zwergmege der Einige 





116 


keit — Immer und Nimmer — ſtoße. Ab immer, 
das nimmer fi endet! — Ach Nimmer, das immerzu 
währe! — D Immer, deiner follen wir nimmer ver- 
gefien! — O Nimmer, deiner follen wir immer ges 
denken. O Immer, du beftändiger Stachel des Flei⸗ 
fees! O Nimmer! du hölliſche Marter der Jungfrauen! 
D Immer, wie viele Menfchen treibft du aus den Stäte 
ten in die Wüfte! O Nimmer, wie viel ziehft du aus 
der Welt in die Klöfter! O Immer, du erhältfi den 
Jungfrauen ihre Neinigkeit! O Nimmer, du gibft den 
Jünglingen Stanvhaftigkeit! O Immer! O Nimmer! 
ihre macht und heilig und haltet uns In der Unſchuld. 
O Nimmer! o Immer! D Immer! o Nimme! — 
Immer wird fündigen, welcher betrachtet dad Nimmer. 
Nimmer wird frömmer, welcher bevenkt das Immer! — 

Wenn ihr alfo Hübfch an das Immer und Nimmer 
gedächtet, wie füß, fieblich und angenehm mürbe euch 
ale Müh und Arbeit fchmeden, für welche die ewige 
Seltgkeit feil geboten if. Nehmts euch nur ein Bei⸗ 
fptel an der feligften Jungfrau Maria. Sie war noch 
ein Kleines Frazerl von drei Jahren, und krachſelt aus 
lauter Lieb und Andacht zum Jeſus⸗Kindel fünfzig hoch⸗ 
mächtige Staffeln Jerufalems hinauf. Uber was thut 
ihr, unfelige Fratzen? Euch muß man in bie Kirch bei 
den Haaren hereinfchleppen, Eure Eltern möüflen euch 
faft bis zur Kicch prügeln. Ihr klattert und Erachfelt 
auch: aber wohin? — daß ihr doch den Hals brächt 
von den Leitern, die nach den Löchern führen, wo eure 
Huren liegen! Ich muß euchs vecht fagen, wie icht 
meine, fonft fagt ihr gleich wieder: den Pfoffa verfteht 
mer nit. Und wenn Worte nichts audgeben, fo will 
ich mir naͤchſtens brav Ziegelfleine mit auf die Kan« 
zel nehmen und fle euch auf eure dicken Schelmenföpf 


117 


werfen, daß ihr gleichwohl an die geiftliche Erinnerung 
denkts; was gilt's, die Bluttauf wird mehr außgeben, 
als vie Waflertauf, fie macht gewiß mehr Eindruck auf 
euch, als das leere Wafler mit Gottes Wort gefüllt. 
Ich will euch den Fuchs ſchon noch aus dem Buſch 
klopfen, ihr haͤngohrende Ranpfchelmen ihr! — 

Ih komm im Eifer allzu weit ab von meinem Tert. 
Alſo ſchau, meine liebe Dorfjugend, führ dich gut auf; 
unfer Serrgott Hat feine närrifche Freud an ſchoͤnen 
und mwohlgezogenen Kindern, darum er auch den heilie 
gen Lazarus auf Fürbitt feiner Schweſtern, ber häus⸗ 
lichen Martha und fhönen Magtalma, die gar ein 
ſaubres Dirnel war, da er fihon wie zum ſchmecken 
geftunfen, wieder aus dem Grab auferweckt bat. Den 
Jünger Iohannefel Hat er gar auf ver Schoos ſitzen 
und an feiner Bruft Liegen laſſen, weil er ein feines 
Knaberl war, und Fein fo raubiger und nifiger Bube, 
wie ihr Gaiſchliffeln ſeyd. Ihr figt auch gern auf 
der Schoos: aber bei euern Menfchern, und da mün- 
ſchet ihr viel lieber Tag und Nacht darinnen zu lies 
gen, ihr geilen Schweif ihr; was wird der Herr mit 
euch thun, die ihr euch nicht fo aufführt, wie ver hei⸗ 
lige Johanneſel gethan hat. Um die Alten hat fich 
der barmberzige Heiland fo nimmer recht annehmen 
wollen, er bat ſchon gewußt, daß fie von Todſuͤnden 
finfen, wie vie Kühmenfcher, wenn ſie von der Mifl- 
lache kommen, und daß Chrifam und Tauf an ihnen 
verloren if, Der alte grundehrliche Patriarch Jakob 
bat auch fo ein paar faubre Sohnel gehabt, vie ihm 
fein Herz bis In die Grube abgefreſſen haben; aber tes 
Heli feine, das waren ein vechted paar Spikbuben, die 
den Menfchern fogar beim Opfern Feine Ruhe gelaffen 
haben 


113 


Item, Kinder follen der Andacht ergeben feyn, in 
der Weisheit brav zunehmen und hübſch Gehorfam 
leiften; die Kinder follen zeitlich in ver Fruh aufſte⸗ 
ben und fleißig arbeiten; aber da heißt gemeiniglich: 
„Voda, i mog nit, 18 gor ztalt.” — No warts a 
weni, mon wird enks Beth oder die Streu auswarma.“) 

Da ranzen fie fich erft, wie vie Säu im Kindelbeth, 
von einer Seite auf die andere. Nachher, wenns aufe 
geflanden find, va Heißt: „Mo id mat Schu? — 
Per hot main Bruſtfleck?“ — Da follt ver Vater 
den Ochſenzahm nehmen over 's Staberl, und follt 
enks fuichen, da wurds 58 fihon finden, Wanns an« 
gelegt feyn, va Fönnens einen Rienken Brod herfreſſen, 
daß nur eine Freud zuzufchauen iſt; aber zur Arbeit 
ſeyds nichts nu, — Geltd Buben und Menfcher, da 
lachts, weil ich euch brav trief? — Eure Eltern find 
die nämlichen Stoͤck wie ihr, nur um ein paar Jahr 
älter! die Wahrheit kommt ihnen felbft Tächerlich vor. 
— No, hobens Halt auch in Ihrer Jugend nit anders 
gmacht! Aus Zaunftöcen wacht fein Weinftod. — 
Das alles Hat ber Heilige Iohannefel nit thon. Er hat 
früh und Abends fchön bet, den Heiligen Rofenfranz in 
der Hand g’habt, ven Katechismus fleißig vurchblättert, 
drum Hat ihn auch Gott gefegnet. 

IH konnt euch noch eine Menge Beifpiele aus der 
heiligen Schrift anführen, wie Gott die Kinder fegnet, 
bie ihm trauen, aber nur eind noch. Schauts, der 
Davidl war ein Hirtenbübel, er hat die Lampel gehale 


*), Diefe und die folgenden Reben wurden von dem 
Herrn Prediger mit der gehörigen Kinderſtimme, fo 
wie die ganze Predigt im öfterreihifhen Tone affek⸗ 
tirt, worauf immer ein allgemeines Gelächter entftand, 


119 


ten, und nachher hat ihn Gott gar zu einem König 
gemacht, weil er ihm traut hat. Er hat alle Tag auf 
der Halten früh und Abends zur Mutter bitt, und 
auch für feine Lampel, daß ihm Gott fol Feind zu 
Grunde geben laſſen. Endlich hat ihm doch einmal ein 
Bär, aber fein Saubär, wie's fo manchen unter euch 
giebt, ein Lampel geftohlen, der Davidl aber hats ihm 
gleich aus ver Goſchen geriffen, und hat'n Bär auf) 
zerrifien. Noch nicht genug: Ein anvermal find große 
Leute daher gekommen, die hat man Rieſen genennt. 
Da war einer drunter, der bat Goliathl geheißen, ber 
wir war der Größte unter ihnen; — ei ja — er 
war gut zweimal fo groß und bi ald euer Kirchturm, 
ver hat mit ven Ifraeliten raufen wollen. Es hat ſich 
einer und ber anbre über ihn gewagt, aber ver Go⸗ 
liathl Hat fie gleich auf dem Schlachtfeln, wie eine 
Blunzen von Sauerfraut, mit Haut und Haar wegge⸗ 
frefien.. Da Hat fich Halt Feiner mehr traut, mit ihm 
zu raufen; mithin wären die Ifraeliten alle gefangen 
worden. Da hat aber ver König Saul, der ein grund 
gefchelder Mann war und im Eleinen Finger mehr ge⸗ 
habt Hat, ald mancher gnaͤdiger Herr in der Stabt 
unter der ganzen Parocken, dem, der ven Goliathl ume 
bringt, feine Tochter zum Weib verfprochen. Das war 
halt gar ein ſchlanks Dirndl! Ihre Haare waren wie 
Selden, ein ſchoͤnes Gefries — zmei Brüfle — kurz 
fie war durchaus fo proporzionirt, wie der Berg Li⸗ 
banoın. — Das alles Hat dem Davinl gefallen, Hat 
mas gehalten von fchönen Menſchern, der David. — 
Ich glaubs gern, die Bauern felbft würben vergleichen 
Koft nicht verachten. — Das war nachher fo immer 
feine Tönigliche Unterhaltung, wenn ihn das ſchwere 
Staatöruder müb gemacht hat. — Da dat er gefagt: 


120 


er will raufen mit dem Niefen. Eie haben ihm gleich 
einen Sabel umgehenkt, der größer war als er, tie 
Narren die, und weil er damit nicht umgehen konnt, 
fo ſchmiß er ven Eabel weg, ging zum Bach, Tlaubt 
fich fünf vreiedige Steine auß und legt einen davon 
in feine Echleuber; geltd Buben, das Gefpiel kennts 
auh? — Jetzt ging er auf den Riefen los, fehmeißt, 
und fchmeißt ihm halt juft den Stein an die Stirn, 
patfch, da iſt der Goliathl niedergefallen wie ein Ochs 
auf die Erve, und Hat alle Biere von fich geftredt 
wie ein Trepirtes Pferd; da Hat der Davidl geſchwind 
den Eabel des Niefen genommen, und hat dem Go— 
liathl damit den Hals abgefärkelt. — Schauts, das 
hat er alles thun Tönnen, weil er an Gott glaubt hat, 
darum Hat er auch Kurafche gehabt, jo was zu uns 
ternehmen. Aber ihr rußigen Bauerbuben, ihr habt 
feinen Glauben, eure Kurafche ift wie die Kurafche ver 
Schneider, oder der der Soldaten, vie bei der Mutter 
binterm Ofen ſitzen und ſich an Speckknodeln z'todt frefien. 

Ihr Habt nur eine Maulkurafche; darum werbet ihr 
auch feiner ein König ober Kaiſer werben, fonbern ru» 
ige, zagbafte, faule und ftinfende Bauerburfche ver⸗ 
bleiben. In ver Jugend denkts nicht an Bott, und im 
Alter wird er euch auf die Kappen — Ihr wißt ſchon 
was ich fagen will ... Was Hannferl nicht Iernt, 
lernt Hanns gar nicht. . . 

Euern Eitern follts hübſch gehorchen, das If: Solkts 
Vater und Mutter ehren, auf daß es euch wohl gebe 
bis ind taufende Glied, das iſt's Geboth Gottes, und 
bie folches nicht halten, denen wird er den fehulbigen 
Gehorfam einmal von den Echulmelftern, die Bocks⸗ 
hoͤrndl und Gaisfuͤßel haben, in ver Hölle lehren laſſen. 

Mit den Menfchern gehts um kein Saar befler, fin 





121 ‚ 


auch die rechten Miftfinfen. Sie meynen, für unfern 
Herrgott ift alles gut. Das junge, füße Lamperlfleifch 
gebens dem Teufel, und fürn Herrgott ift das gut 
genug, was ſchon drei Tage am Nagel gebenkt iſt. — 
Der Welt wollt Huren abgeben, unb hörts die En⸗ 
geln und gefammte Geiftlichkeit nicht wegen eurer Jung⸗ 
fraufchaft feufzen? Die Roſen Triegt ver Teufel, uns 
ferm Serrgott gebts die welfen DBfätter, gut für Bott! 
Aber warts Menfcher, der Teufel wird euch ſchon ein- 
mal fchieben, weil ihr ihm alled Bleifch gebt und dem 
lieben Bott die nadten Beiner laßt! Der Welt wolltd 
Fußhadern abgeben, aber Gott nicht? und fagt man 
euch was Auferbäuliches, da laßts das Fotz *) hinab⸗ 
hängen, weit mächtig, wie ein aufgebrachtes Indianiſch. 

Ih Hab noch immer ein wenig zurüdgehalten,, aus 
Schaamhaftigkeit, aber jetzt da ich feh, daß ihr Feine 
Scheu umd Feine Schaam habts, jet will ich euch erft 
noch auf die Lucken fühlen, jebt will ich euch recht 
fagen, wie's drum und dran iſt; wenns ſchon eure 
Seel dem Teufel geben wollts, fo follt® noch zuweilen 
auch ein wenig auf ven Leib denken, und folltet ihn 
fein Taflein, mit diefen Worten: Schau mein lieber 
Leib , ver Heilige Sranzisfus von Aſſiſt war ein ande 
rer Geld, als du, und wann ihm ver Maps kommen 
it, daß ihn der Teufel und das Fleiſchel verfucht ha⸗ 
ben, fo bat er ſich die fchönften Menfcher aus Schnee 
zufammpaufchelt, fie umarmt, und immer bazu ges 
fehrie'n: „D kurzes Leid! o ewige Freud! o Furze 
Breud! o ewiges Leid!” Und fo Hat er doch nur 
Stimeefünden begangen, vie In der erften Hitz wieder 
zu Waffer wurden. Aber eure Zleifhfünden, damit fie 


*, Maul 


00128 


nicht flinfend werben, fo hängt fie der Teufel untere 
defien ins Höllifche Eisgrübel, bis ihr felber dazu kom⸗ 
men und an dieſem höllifchen Gaflmahl ewig freſſen 
werbet. Ihr fünniget von Sonnennievergang bis Som 
nenaufgang, von Mitternacht bis am hellem Mitag zu, 
ja, wanns die Kräften zuließen, burch euer ganzed Le⸗ 
ben, ohne daß ihr euch jemals im Bad ver heiligen 
Beicht recht abzumafchen gedenkts. 

Wann ihr in den Beichtftuhl kommt, fo erzählt ihr 
nur immer zur Hälfte eure Sünden, wollts mit ber 
Farb nicht Heraus. Was foll man Hernach denken, 
wenn ihr ins Krankenbett kommt? Ich hab felber vor 
ein paar Iahren ein bübfches junges bilofchöned Dirndl 
gehabt, die Friegt auf einmal das hitzige Biber. Ich 
bin noch etlichemal bei ihr gewefen, und auf einmal, 
ſchnaps umi, lag fie maufetod da — am hitzigen Fl 
beri! mitten in ihren Sünden! Was foll man von fo 
einem jungen Menfchel venfen, die's higige Fiberl Hat? 
Ihr wißt es nicht? Ich weiß es auch nicht. Wo ifl 
fie aber Hingefahren? Schnurgrad zu dem Teufel, der 
ihr das Higige Tiberl gemacht hat. Schauts! dahin 
bringt einen das hitzige Fieberl, wo Zittern und Zähn« 
fohleppern tft, und wo alles drüber und drunter gebt. 

Bon dieſem fehreclichen Uebel koͤnnts euch aber leicht 
wieder loskaufen. Schauts Leut, ich hab Katechismes 
bei mer, fie haben mird um einen Kreuzer theurer gew 
ben wollen, die Bücherframer in der Stabt; bad find 
rechte Wucherer! drauf bin ich halt fortgangen. End» 
lich Hat er mir nachgefchrieen: fo gengen Ihro Hoch⸗ 
würden ber da, weil Sie's find! Und fo Hab ichs doch 
um ſechs Kreuzer Eriegt. Mithin ſchenk ich euch fo ein 
Seelenfchagel. Ihr müßt mir aber zmölf Kreuzer dafür 
geben fürs Einbinden und Zurichten ; hab felber kaum 


123 


einen Kreuzer dabei. — Wer das Büchel Test, hat 
hundert, und werd lefen Hört, fünf und gwanzig Taͤg 
Ablaß. I Das nicht ein S— geld für bie ewige Se⸗ 
ligkeit? 

Incidere in manus Dei. Es iſt nur eine Freud, 
in ven Schoo8 feines Gottes fallen! — Aber wo were 
bet ihr Hinfallen, ihr unfeligen Gepader? In den Schoos 
des Teufels, zu feinem allgemeinen Vergnügen, wie ber 
gottlofe Kain; er dacht auch: es ift noch immer Belt. 
Die Einwohner zu Jericho waren eben fo verkehrt, wie 
tbr, fo hauptſchlimm; Ninive hats bis aufn Tag ame 
fommen Iaflen; immer hab'n fie gedacht: noch iſt es 
Zeit, noch ift e8 Zeit, noch bürfen wir nicht zur Buße 
greifen! aber fie hahen gefehen‘, daß es Ernſt wurd, 
und find wie der Bliß in die roßhaarnen Sädf gefahren. 

Der bodbeinigte Beigenbaum wollte Feine Brüchte 
tragen, darum bat ihn auch der göttliche Heiland ver 
flucht, und er war doch noch zehnmal befier, ald ihr; 
er trug gar feine, aber ihr tragt böfe Frucht. 

Noe Hat Hundert Jahr an der Archen baut; alle 
Tag bat er file ermahnt,. wie ich euch, gefchrien, ge⸗ 
poftert, gelärmt, geflucht und gefcholten, was hats ges 
Holfen? Es Hat alles auf ihre verfteinerte Herzen Tele 
nen Eindruck gemacht. Schauts, wie Gott Iangmüthig 
iſt! hundert Jahr! auf die Let noch fleben Tag; fie 
haben das Vieh ſchon über die Bruden in bie Archen 
einmarſchiren g'ſehn; ſieben Stund noch! nichts — 
Es iſt noch immer Zeit! — Sie haben den alten 
Mann noch brav ausgelacht. Aber jetzt wurds Ernſt, 
die Wolken fielen herunter, es hat ſchon angefangen zu 
tröpfeln. Die Blitze find wie närrifch kreuz und queer 
in die Luft herumgefahren. Die Brünn find auch dem 
erzärnten Gott zu Hülf geellt und haben ihm Waffer 


‚124 


vorgeſchoſſen. Ieht ward Ernft, jebt find ihnen die Ho⸗ 
fen eng worden; jebt ift ihnen das Waſſer in bie 
Schuhe geloffen ; aber e8 war zu ſpaͤt. — Sie haben 
nie an das Immer und Nimmer gedacht, darum ift 
das Waſſer immer weiter und meiter aufgeftiegen, und 
bat dieſen verruchten Gefpaßlern mit Gott den Gar⸗ 
aus gemacht. 

Sp ging es auch denen zu Sodomo und Gomorra. 
Flugs war's Feuer da, wie ein Blitz, und hat biefe 
Hurnjadel alle mit einander zu Staub und Afche ver- 
brannt. 

So dem König Pharao im rothen Meer, fo dem 
König Saul, und hundert andern Gelichtern feines 
gleicheng, und wenn Gott Könige nicht fihont, die doch 
immer noch ein wenig Recht vor andern ehrlichen Leu⸗ 
ten voraus haben, was foll er denn vor euch für bes 
fondern Reſpekt Haben? Mit euch wird er ſich nicht 
einmal zu richten die Mühe nehmen, euch wird er aus 
Kurzweil, zum bloßen Zeitvertreib, einen um ben an⸗ 
dern in die Hoͤll hineinſchmeißen. Da werdts Hübfch 
brennen, wie die gebörrten Weinbürbln, wenn bie Mut⸗ 
ter den Badofen heizt. 

Ad! noli contemnere misericordiam Dei! 
treibts doch mit unferm Serrgott fein G'ſpaß mehr! 
Ihr wißt, mit großen Herrn iſt nicht gut Kirſchen ef 
fen, fle werfen gleich muthwillig mit Stengeln umher. 

Deus iratus est, nenn der Herr grimmig wird, 
fo frißt er euch alle auf; damits unferm Herrgott alfo 
ven Verdruß erfpartd und dieſes Unglück verbütet 
werde, fo führts euch gut auf; denn Gott iſt gleich 
wieder gut, wie ich mit euch jetzt ſchon wieder gut bin. 
Bolgts euern Eltern, habt ihrd gehört? Gebt keine Aer⸗ 
gernifien, daß euch fein Mühlftein an ven Hals gehenkt wird 


125 


und ihr in die Donau gefihmifien wertet. Stebts früh 
auf; bets euern Heiligen Roſenkranz, durchblaͤtterts flei⸗ 
Big ven Katechiömus, denkts an meine heilſamen und 
Träftigen Lehren, und vernehmts mit Geduld und Aufe 
merkfamfeit den 


Zweiten Theil. 


Erit enim tribulatio magna. Damals wird 
alles drüber und drunter gehn. (Es entſteht ein Ge 
jchrei wegen des Gerrängs von kleinen Kindern, welche 
die Mütter auf den Armen hatten) No, habts bie 
Sein Patfcherln auch mitgebracht, was ihr für Nare 
ren ſeyds, fle verfiehen ja nichts. — No, weil fie ſchon 
da feyn, fo laßt fie Halt dad Wort Gottes mit anhoͤ⸗ 
zen; ex ore infantium ot lactantium perfecisti 
Iaudem tuam. Wie's halt fchon geht-auf dem Lanr. 

Mein Sinn iſt keinesweges, euch eine Lobred zu hal⸗ 
ten, wohl aber wichtige Wahrheiten zu fagen, von wel- 
hen die Eltern fjelber fo etwas willen. In der Jugend 
wachen fie auf wie bie Stöd, und fe laſſen fie wie 
der ihre Kinder aufmachfen, daher kommen Immer die 
alten Efeln, vie alten raudigen Schaafe, wie fie vor 
hundert Jahren waren, und dad Urbeiten und Ausmi⸗ 
fen im Schaafftallerl Krifti ift immer für und Geiſt⸗ 
liche fruchtloſe Arbeit, fo fehr wir uns auch Mühe 
geben, den Stall recht rein zu erhalten, weil die Schaafe 
immer wieder bineinfcheigen und brunzen, und bed 
Unraths gar fein Ende machen. Dan follt euch lie 
ber kriſtliche Schwein, als friftliche Schaafe nennen, 
weil ihr in allen Sünbenlöchern herumſtaͤnkert und 
mit euern open überall umnurfcht, wie pie Schweine. 
Euer Leib, der doch nur eine Wohnung des heiligen 
Geiſtes feyn fol, fperrtd die Ohren recht auf, Ihr Wei⸗ 


. 


126 


ber, euch gehts an, euer Leib, ſag' ich, gleicht einer 
rechten Mifteinfuhr, und da, wo nur Bott wohnen 
folkte, fchlieffen die großen Sünverbengel aus und ein, 
und bereiten dem Teufel und feinem ganzen Anhang 
eine weit mächtigere Wohnung darinn. Aber was tft 
die Saupturfach? Euer Ehe gefchicht nicht mit Gott, 
fie gefchicht mit dem Teufel. 

Die Ehe ift ein großes Sakrament, jagt Paulus, 
aber fie muß vorne angefangen werben. Ihr werbet 
fhon immer Halb alt in ber wilden Ehe, das beißt: 
Ihr Hurt lange Jahr zufammen, Habt oft ſchon drei, 
vier oder fünf Bankerten, ehe euch ver Priefler bis 
Erlaubniß beim Altar bazu giebt. Ihr pfufcht Tieber 
felber fo Lange fort, bis's Loch einmal zuſchnappt und 
ed mit eurer Unſchuld gefchehen tft. 

Sollt ihr eure Öfiever nicht lieber mit feharfen Die« 
eiplinen bis aufs Blut geißeln, ald um der Schwach⸗ 
heit des Fleiſches willen fie im Dienfle ber Hurerei 
Schwächen! — Wißt ihr nicht, daß eure Glieder Glie⸗ 
der Jeſu Krifti find, und ihr wollt und macht fo oft 
Qurengliever daraus? Ihr folt Feine Gemeinfchaft ha⸗ 
ben mit dem Hurengepack biefer Welt, und ihr hängt 
euch an jeden Fetzen. — — 

IH will menfchlih Davon reden, meine Kriflen; 
um ver Keufchheit willen Hab jeder fein eignes Weib, 
und jedes Weib Ing auch hübſch dem Mann feinen 
freien Willen, wie, wann und fo oft er will; freilich 
kann ich manchem Weib nicht immer Unrecht geben, 
wenn fie fagt: mein Mann ift ein Nimmerfatt. Aber 
das Maul Haft, Weib! thue deine ebeliche Pflicht, das 
tft, was der große Paulus wii! Wie fchön iſts der 
Sara nicht angeflanven, daß fie ihrem Dann in allem 
hübſch Gehorſam Feiftet. Eben fo follt ihr auch euern 


“ 


127 


Männern gehorfam feyn, und euch bemühn, eure Toöͤch⸗ 
ter zur Nachahmung zu bewegen, und zu thım, was 
der Mann will. Iſt nicht Kriftus ſelbft 618 zum Tod 
gehorfam gemwefen? Obediens usque ad mortem! 
— Wenn alfo dieſes Kriftus gethan hat, wie der Apo⸗ 
fiel Har anmerft, ſollt ihr euch darwider auflehnen, ihr 
Fotzengepack! — Wollt ihr Gott Regeln vorfchreiben, 
ihr meiblichen Hackſtoͤck? — Sogar beim unvernänfe 
tigen Vieh Hat Bott das Welberl überall dem Man⸗ 
nerl untergelegt. Schauts die kleinſten Vogerln an, 
wanns Weiberl nicht will, braucht das Manderl Hause 
gerechtigkeit, nimmt fie beim Schopf, und zeigt ihr, 
was der Hausbrauch if! Der Mann fol fich feines 
Weibs in der Jugend brav bedienen und aus ihrem 
Brunnen trinken; er fol fih an ihr allzeit fättigen, 
und alleweil in Ihrer Lieb ergöten, und wenn ich num 
frag: warum laßt ihr nicht zu? Ha? — weil ihr. für 
euern Mann zu faul ſeyd. 

Mein, ſagt mir doch, welcher Mann wird fo naͤr⸗ 
riſch feyn, einen Weingarten pflanzen, und nicht von 
feiner Srucht eſſen? — Dazu iſt dad Welb ja von 
der Natur hergegeben morben, daß fie dem Mann ge 
faͤllig feyn fol. Dazu Hat fie die Mutter Natur ja 
fo molligt und geſpaßig gefchaffen, daß der geplagt 
Mann immer einmal ein weltliches Gefpaßel, einen zeite 
lichen Seitvertreib haben Tann. 

Schauts, ihr Weiber, ihr mögt euch drehn wie ihr 
wollt, ihr kommt mir nicht aus, überall Liegt Ihr un⸗ 
ten. Weiber follen und müflen den Männern unter 
thänig feyn, nicht räfonniren. 

Der Mann if des Weibes Haupt; daß file ud) 
aber auch bisweilen euern Kopf Iaffen und nicht nach 
ihrer Vollmacht Handeln, Tümmt blos von ihrer gut« 


128 


herzigen Natur; well bie Mannsbilder überhaupt gute, 
milde und wohlthuende Menfchen find. Bildet euch aber 
deawegen nichts ein darauf, der Stolz war von jeher 
dad unerträglichfte Lafter, und mein! machts und nur 
fein blauen Dunft vor vie Augen, man weiß ed ja, 
ihr zeigt es zu offenbar, daß ihr das Teufelöfräutel 
Selängerjelieber vor allen andern auf das närrifchte liebe. 

Gefteht nicht Die Braut im Hohen Lied Ealamonis 
ſelbſt, die gewiß die bravſte Jungfer war, als feine 
unter euch ift, va fie, wie in ver heiligen Beicht fagt: 
Mein Geliebter Hat feine Hand durchs Benfter geſteckt, 
und mein Bauch erzitterte von feinem Anrühren. Und 
fagt mir, fteht ihr nicht felbft oft pa wie Die Kühe ? 
Eure Dutten parabiren wie zwei queerliegende Ihürnt, 
man müßt oft Sturmileiter und Mauerbrecher anfegen, 
bis man euch nur ein wenig wie die Braut Salomo⸗ 
nis in Erjchütterung braͤcht. | 

Ein Weib fol fern wie ein verfchlofener Garten, 
in den der Dann bineinfpaziren mag, fo oft er will; 
weil er ſich das Schlüffelrecht beim Altar dazu erfauft 
hat; oder wie ein verflegelter Brunnen, bei dem fich 
der müde Wanderer erquicden mag, fo oft ers nöthig 
bat; ihr Gewaͤchs foll feyn wie zwei Granataͤpfel, die 
dem nach Saft lechzenden Mann immer neuen Appetit 
machen. Das Weib fol dem Mann Gutes thun fein 
Zebenlang. Thut ihr fo was, Ihr Fotzengepacker? Aber 
wundert euch nicht, ihr Männer, wenn eure Weiber. 
fhlimm find; in der Offenbarung Johannes ſtehts 
haarklar: wie die große Schlange mit ber gebenebeites 
fien unter den Weibern fich heraumgerauft, fo hat bie 
Erde das Weib ſekundirt; darauf iſt die Schlang in 
einen Gift kommen und hat fi auf ven Schwanz 
geftellt, kerzengrad in vie Hohe, und hat einen Schwur 


- 129 


gethan, in Hinkunft mit allen Weibern zu raufen, fie 
mit ihrem Gift anzuſtecken, um boch wenigflend ein 
Lätizel ver Freud zu haben; die Weiber alfo, als 
dumme Gefchöpfe, fehen die Schlange für ein Kabel 
an, flreicheln und liebkoſen fle, bis fie felber ganze 
Schlangen werden. Das iſt die traurige Geſchichte, 
meine Männer. Aber es ift fih gar nicht zu ver 
wundern, indem bie Frau Everl, das erfte Weib, gleich 
im Parabied mit einer Schlange geldffelt, fagt vie hei⸗ 
lige Schrift, und ihrem Mann eine großmächtige Staats⸗ 
paroden und ein paar Hirfchhörner dazu aufgeſetzt hat. 

Ich felber zürne auch allemal wie eine Wanze, wenn. 
ich bedenke, daß ein Weiß und gottgleiche Gefchöpfe 
um alles füße Vergnügen durch ihre närrifche Loffelei 
gebracht bat. Es thut mir in ver Seele weh, fag ich, 
wenn ich bebenfe, daß Gott unfer Heiland fi} wegen 
der Narrethei, daß ein verliebted Weibsbild ein biflel 
mit einem Manne, dems wohl auch da (auf die Stirn 
zeigen) gefehlt haben mag, einen Gefpaß getrieben Hat, 
vom hohen Simmel herab Hat bemühen und leiden 
und fterben müflen. Aber das Löffeln ift ſchon ihre 
zweite Natur, fie müfjen noch bis die Stund immer 
was mit den Männern zu maunteln haben, daß fie 
ihnen ihre weiblichen Ballftrike legen und fle fangen. 
Und ſchauts, wenn ihr bedaͤchtet, daß ihr noch bis 
diefe Stunde dem armen gutherzigen Jeſus im Him⸗ 
mel keine Ruhe gebts und ihn durch eure Sünden alle . 
Augenblick geißelt und kreuziget, und wenn ihr hinten 
mit der Matter fertig ſeyd, vorne wieder anfangt; ihr 
fegb die rechten; da betet ihr das Herz Jeſu an, und 
gleich Darauf fchlagt ihr ihm wieder neue Wunden und 
Löcher in den Kopf. Und die Männer thuns euch zu 
Gefallen immer hübſch mit. Aber ih zei nicht, was 

1. 


130 


die Männer für Narren feyn? Man mag ifnen zure⸗ 
den, wie man will, es hilft nichts, fie laufen Immer 
in ihrem narrifchen Trieb wie die Pudeln Hintern Weibs⸗ 
bildern drein. Es ift völlig zum Lachen, wenn doch 
noch ein koſtbarer Geruch an einem Weibsbild wäre, 
wie bei den Zibetkatzen; aber fo ftinfen fie ärger als 
Earbelken, mit denen man bie Indianiſch ausreibt, daß 
fie nur recht gut fehmeden und ven Gaumen immer 
noch mehr reizen follen. 

Der Mann ift ja nicht erfchaffen, um dem Weib 
einen Gehorfamendiener zu machen, fonbern dad Weib 
ift da zum Gebrauch des Mannes. Zwar fommt das 
Weib von ber Kippe des Mannd und ber Dann durchs 
Meib, das iſt eben's Matbfel, und diß aufzulöfen, denkt 
ihe Männer nicht daran, und ftürzt euch, wie die Och⸗ 
fen, die zur Fleiſcherbank geführt werben, dem nächften 
beften Rammel in die Arme, ohne zu bevenfen, vaß 
der Menfh, vom Weib geboren, nur eine fehr kurze 
Zeit lebt. Weil die Lippen eines Weibsbildes ſchme— 
den wie Meth, ver glatt einfließt, fo wollt ihr euch 
lieber daran gar raufchig trinken, ob er zuletzt gleich 
beißt wie Eſſig. 

Hütet euch, ihr Männer, vor den Weibsbildern! fie 
geben füße Worte, beſonders wenn ihr in bie Stabt 
fommt, fle fagen: „Wie glüdlich bin ich, fo einen 
bübfchen, gefunden Landbuben zu fehen, komm mit mir, 
ih hab mein Geläger neu und hoch aufgebett, mit 
fhönen Bändern geziert, in der Kammer Gras und 
allerhand wohlriechende Blumen aufgeftreut, mit vem 
fihievenen Geiſtern aufgefprißt; Taf uns der Umarmun⸗ 
gen genießen, laß uns die Bufen zuſammendrücken, bie 
die Sonne hinter den Bergen heraufſteigt!“ — Erlo⸗ 
sn iſt es, Ten Wort iſt wahr; ihr Bett ift ein 


131 


ſchlechter Strohſack, ver von lauter Todſünden ſtinkt 
wie die Hol; fie lieben euch nicht, fie lieben nur eure 
Beutel, und wenn pad Geld weg ift, was fürs Obſt, 
Holz over Getraid gelöst habts, lachen fich die Luder 
die Haut voll, und denken: den Landgimpel hab ich 
friegt ; ſchicken euch matt und Frank fort, das arme 
Weib Hat unterbeflen zu Haus oft mit brei und vier 
Kinderln einen Biſſen Brods, und ihr vernagelt fo 
viel unndthig, bloß aus alter Gewohnheit. Ihr Weir 
ber, laßt eure Männer nicht zur Stabt gehen, geht Iie- 
ber felber, wenn euch zu trauen if. Wollt ihr denn 
nicht lieber einem Tanzbären begegnen, als einer folchen 
ausgefuchtelten Kanallie® Ihre Haus find lauter Stra 
fen, auf denen man zum Todtenfammerl geht. Ihr 
wandelt immer im Tiefen in der Zinfterniß, niemals 
auf ben Lichten Wegen der Wahrheit und Keufchheit; 
aber auf einmal wiſcht ver Tenfel über euch, nimmt 
euch beim Hoſenlatz, und ſchmeißt euch in Luzifers 
ewiged Zuchthäufel hinein; bei ver Thür giebt er euch 
noch ven Fuß für den Arfch und jetzts ſeyds drinn, 
das eiferne Thürl ift gefchloffen, und jebt Tönnts ewig 
aus ber Tiefe fingen und fchreien wie ihr wollt, es 
bört euch kein Menſch, und wir Geiftliche konnen euch 
mit unferm unſchuldigen Träftigen Gebet auch weiter 
nicht mehr viel helfen: weil e8 eine Todſünde iſt, für 
einen Verdammten zu bitten, wir bürfen nicht. Ex 
infernis nulla redemtio. Mit dem Roſenkranz 
fann man euch auch nicht herausangeln, wenn man 
gleich gern fo einen armen Schelmen herauspraktizi⸗ 
zen wollt, der reicht nur bis zum Quftgatter des Feg⸗ 
feuers, und bei euch helfet das auch nichts, weil euch 
die Teufels mit ihren Krampen und Gabeln immer 
beim Arſch haben. Ihr koͤnnt nicht aus. — Tas 


132 


habts von euern dummen Narrheiten, von euern Nul⸗ 
lern. Bindet euch lieber eure rechtmäßigen Weiber, 
die euch Die Tatholifche Kirch geſchenkt Hat, and Herz, 
oder henkt fie euch gar an Hald, wenns boch geweiht 
feyn muß, als daß ihr jedem Hurengepack nacheennt, 
und verachtö das Gefchen? der Kirche Gottes nicht, eb 
iſt gefcheiter. Ihr verliert da alle Ehr und Reputation, 
und die Keufchheit ſchickt ihr ohnehin immer auf bie 
Spaztergäng aus; gelts, wie ich das Ding alles weiß? 
Ich muß oft Hören gemug, daß ich mich nur wundre, 
daß euch Bott nicht auf der Stelle mit dem Blitze erfchlage. 

Paulus fagt: fo Iemand befchnitten berufen wor⸗ 
ven, der zeige Feine Vorhaut; ihr aber zeigt nicht nur 
euern ganzen Tandelmarkt, fondern ihr zieht euch zu⸗ 
fammen mutternaft aus, wie euch Gott erfchaffen hat, 
damit euch nicht einmal ein Flanken Hemds inkom⸗ 
modire, und gebt Gott Aergerniß, die heiligen Engel 
müflen fogar darüber ausfpeien, und der Teufel lacht 
auf der Eeite und Hat feine narrifche Freud darüber, 
aber er fchreibt doch fleißig alle eure Sünden auf bie 
große Kuhhaut, um euch einft darin nach ver Hoͤll zu 
ſchleppen, wann fich der Sohn des allmächtigen Va⸗ 
ters nieberfeßen wird, zu richten bie Lebendigen und 
die Tobten, die aus Uebermuth die Unfchulo Bier zu 
dal gebracht haben, 

Habt ihr einmal ein Weib, fo fucht feine andre, es 
muß euch feyn, ald geb8 gar Fein Weibsbild mehr auf 
der Welt. Seyb nur feine Narren. Schauts, braucht 
man denn, um gut und vergnügt zu leben, mehr ala 
ein Bett, wenn noch oben auf ein hübfches Weiber! 
darinnen liegt? und wenn und nach einer Brühlings- 
komozion, nach einer Mailuſt, ein erquickender Schlaf 

die gefättigten Augen zudruckt, fo find ja ohnehin mit 


133 


einem Mal alle unfre Beduͤrfniß gehoben, ta fchläft 
der Bettler oft fanfter ald ver König. Aber ihr ſeyd 
mmäßig in euern Begierven, Tönnt eure Leivenfchaften . 
nit im Zaum Halten, und obſchon ihr ven ganzen 
Tag über fehr Hart arbeiten müßt, fo wollt ihr doch 
noch bei Nacht dem armen Weiblein, das auch ben 
ganzen Tag wie eine Kuh ihr Joch getragen und 
ihre Kälber felbit gefäugt Hat, Eeine Ruhe Iafien, und 
das ungefcheut vor den Kindern, kreißet und fchnaubet 
dabei, daß die arme Unſchuld Darüber erwacht, und 
nicht begreift, was in der Sinftere vorgehe und warım 
eure Beitflätte Inarre: daher fürchten fih Die Kinder, 
die unſchuldigen Narren, und glauben, es find Geſpen⸗ 
ſter in der Stuben, und fie haben fo gar unrecht nicht. 
Der Teufel fchlaft nicht, er macht mit eu, um ein 
Augenzeug eurer Laſterthaten zu feyn; und fagt mir, 
bebient ihr euch denn ver ehelichen Pflicht, wie es bie 
Tatholifche Kirche Haben will? Ihr venkt, ich weiß es 
nit! — 

Ach meine Kriften! machts doch lieber fo, wie's Gott 
der Herr dem Adam-und der Eva zuerft gezeigt, wie 
er fie die Lebensart gelehrt Hat; ver Herrgott war fo 
freigebig, und hat dem Weihe zwei hochmächtige ftein« 
fefte Brüfte gegeben, und ihr ausprüdlich befohlen, fle 
fol ihre Augen zu dem Geftim, das if ver Mann, 
aufheben, um daß ihr von allen Seiten her die himm⸗ 
tischen Wohltgaten wie in einem Mofengarten recht 
ſchmecken mögen. 

Aber, was thut ihr Weiber, wenn euch der Blun⸗ 
zen recht ſchmeckt? Ihr fchaut nicht Holvfelig auf euem 
Mann, ihr verhungt eure Brüft, und verkehrt die Au⸗ 
gen wie ein abgeflochened Kalb, daß der Mann im 
Zweifel Liegt, ob ihr nicht gar Hinfchelvet, und alſo 


134 


das Biffel Vergnügen mit einer plöglichen Angſt ab⸗ 
wechſelt. Könnt ihre fo was bei Bott verantworten? 
Viele find berufen, aber wenig auserwählt! Es wirb 
euch geben, wie der ſtolzen Vaſthi. 

Schauts, die war eine Königin. Da hat ihr Mann, 
ver König Ahadverus, einmal eine große Tafel gege- 
ben feinen Hofleuten und Andern au; da waren 
viele fremde Herrn zugegen, denen hat er feinen Guſto 
zeigen ‘wollen, es iſt ihm Halt fo eingefallen. 

Er ließ der Königin durch einen Lafayen fagen, fie 
möcht ſich recht ſchoͤn aufpugen, hoch frifiren laſſen, bie 
Krone auffegen, ihren Puffahn umhenken; das iſt das 
Ding, was die Weibsbilder In der Stabt fo breit macht, 
wie ihr fihon öfter gefehen werdet haben, daß ihr 
manchmal mit euern Milchbutten in einer breitmächtigen 
Gaſſen num vor einander fommen koͤnnts, da ift ihr 
der Bitzel gleich in Kopf geftiegen,, wie halt vie Wei 
ber ſchon feyn, fle nehmen gleich alles in Übel, daß 
der König nicht felber Fommen ift, und hat fie knie⸗ 
fällig gebeten und ift Halt nicht zur Tafel kommen. 
Sie hat ihm ſagen laſſen, ſie hätt Kopffchmerzen, es 
ift ihr was zugeftoßen, oder mas fte Ihr Halt für eine 
Ausred genommen hat. Das hat den König, der ein 
Biſſel verftanden hat, was Hausrecht mit fih bringt, 
verbrofien. Er hats gleich feinen Miniftern erzählt und 
fie darüber um Rath gefragt: das war den Miniftern 
eine. gemachte Wiefen, ihre Weiber, vie Hofdames, ha⸗ 
ben fchon lang was bei ihnen auf der Nadel gehabt, 
was weiß ich, fte haben ihnen Halt auch nicht nach 
ihrem Willen gethan; da haben fle gleich gefagt, der 
König fol den Weibern die Köpf brechen, denn, wenns 
der Königin hingeht, fo werben bald alle Weiber ſtu⸗ 
gig werben und bie Männer nur auslachen. Gr foll 


135 ’ 


fi) von ihr ſcheiden laſſen und jeder Mann im Land 
fol ſich auch können fcheiden laſſen. Geſagt, gethan. 
Der König lieg alle jchönen Madeln zufammen Tome 
men, und bat fich die fchönfte darunter audgefucht, das 
war eine Judenmagd, vie bat Efther geheißen. Der 
bat er gleich die fchönen Kleider von der Bafthi geben, 
(vie Hat er fortgejagt), Hat ihr die Kron aufgejeht, und 
die bat mit ihm zu Mittag geilen und auf die Nacht 
mit ihm gefchlafen. Die andern Minifterd habens, glaub 
ich, mit ihren Weibern auch jo gemacht. Und eben fo 
wird es euch auch gehen. Der göttliche Ahasverus wirb 
euch auch nicht anfehen wollen, er wird euch dad Kran« 
del wegnehmen laflen, er wird euch des Himmelreichs 
verrveifen, und wird die Männer, als feine getreuen 
Minifler, allein zur bimmlifchen Tafel Inden; v4 wer 
det ind denn haben; arme Huren werden bie Chre 
haben, vie Fönigliche Efiher zu fpielen, fle werben die 
Ruthen der Männer recht begierig, ehrfurchtsvoll und 
gern Tüflen, indeß bie Friftlichen Töchter binausgeftoßen 
werben aus dem Haufe bed Herrn, wo fie denn mit 
den alten Betfchiveftern an der Wurzel der Verzweife⸗ 
fung ewig werben kiefeln müſſen, weil fie ihrer Pflicht 
auf der Welt vergafen. Orescite et multiplica- 
mini in die hundert taufend ift das Gebot; aber ihr 
wollt nicht mwachfen "und euch vermehren, fonbern im⸗ 
mer kommod eben. 

Jetzt, wo kommt biefer Behler her? Mann und Weib 
follen immer beifammen hängen. Deswegen fagt vie 
Schrift: e8 werben zwei beifanimeu ſeyn — ein Fleiſch. 
Ihr aber heurathet einander de Zufammenhaltens we⸗ 
gen, ihr heurathet blos and Eigennutz. Der Mann 
bat vielleicht ein biſſel Geldel, Hat ein Haus, einen 
Weingarten, eine Wiefen; und fo wieder umgekehrt, 


136 


von Wort zu Wort, vom Weib zu verfichen. Was 
hilfts, wann fich einer em reiches Weib nimmt, bie 
er hernach nicht Lieb bat? Ich Habe ſolche Ehen ſchon 
genug gefehen, da leben fle Hernach zufammen wie 
Hund und Kapen: wenn das eine da hinaus will, will 
dad andre dort hinaus. Da gibt es ewigen Unftie 
den, Zank und Schläg, und Eins wird des andern 
Teufel. — Einigkeit ift das erfte Gluͤck in ver Ehe 
und erhält ein Haus allein aufrecht. 

Hernach nehmts euch allerhand Grillen in Kopf. 
Der Mann will zu feinem Dienft ein junges ſchoͤnes 
Menſch, 's feyn lauter Narretfeien! man weiß, ihr 
wurds vor der Heirath auch nicht drauf verzichtet ha⸗ 
ben. Habt ihre noch Kinder erheurathet (wie denn bie 
Wittwen immer narrifcher aufs heuratben feyn, als 
die ledigen Madeln, weil fie ſchon Salz geledt Haben), 
kommt der Mann fternlaternenvoll nach Haus, fo 
fegreit er: Kinder, padt end) aus dem Haus, und ru⸗ 
mort wie ber Teufel in ver Runpelmetten innerd Hau⸗ 


ſes herum. Die Schachtel ift ibm zu alt, ja wenn fie. 


um hundert und zwanzig Jahr jünger wär! 

Söret, was euch der große Paulus zufchreit: Ma- 
res diligite uxores vestras, ut Christus eccle- 
siam; — sed jam est moechatus in corde 
suo. Adulteros judicabit Deus. Männer, liebet 
eure Weiber, wie Kriftus feine Kirche, fündigt nicht in 
euerm Herzen, weil Gott die Huren und Chebrecher 
alle felber richten wire. 

Der Ehemann fol ein Nährvater feyn, fol für feine 
Kinder forgen, aber er forgt nur für feinen Bauch ; 
bedankt mich vor einen folchen Nährvater. Laßt er fich 
ein Krügel Wein nach Haus tragen, ſetzt er ſich zum 
Tiſch, frißt und fauft, das arme Welb fipt mit den 


— — — — — — 


137 


Kindern hinterm Dfen und ſchauen ſündlich zu. Sollt 
dir deine Seele nicht zurufen: Echau, dein armes Weib 
und deine Kinder, die dir die ganze Woch dad Brob 
verdienen helfen, lechzen recht nach einem Tropfen, geh, 
gieb deinem Weib auch ein Echlüpferl Wein, oder einen 
Branntwein, was halt darnach habts, einen Biffen Sem⸗⸗ 
mel; nein, er frißt und ſauft lieber alles allein, wie 
ein geiziger Tauber: wenn er's gleich wieder ausſpeien 
muß wie ein Schwein. 

Bringt er dad Weib ind Kindelbett, will er davon 
nichts wiſſen, fchilt fein ehrliches Weib eine Kur, und 
der armen Unfchuld macht er das erfte Kompliment 
nit einem Bankert. 

Auch habts allerhand fäuifche Tifchreden , ärger als 
Martin Luther, die ihr ungefcheut, vor den Kindern, 
aus euern ungewafchenen Goſchen herauswerfts. 

Schauts, was ihr für Saubarteln ſeyds, ich Eonnt 
euch eine Menge vergleichen Dinger berfagen, aber ich 
vergefle mich bald gar, dag ich Im Haufe Gottes bin. 

Wo zwei mit Leib und Seel beifammen feyn, ba iſt 
Bott mitten unter ihnen. Aber bei euch ift niemals 
Einigfeit, darum ift Gott auch niemald bei euch, und 
wo Gott eimmal bei einer Thür hinaus geht, fo fchleicht 
fih der Teufel mie ein Bummerl bei der andern him 
ein, fpigt vie Ohren und lauert allzeit auf eure ge 
beimften Handlungen. Darum geht auch hernach eure 
Wirthſchaft ven Krebögang. Darum, und aus Feiner 
andern Urfach, ich laß mird nicht nehmen, wirthſchafts 
anch nach und nach Hübfch ab. 

Der Mann ift im Haus wie ein jorgfältiger Mes 
chenmeiſter, um von allem und jevem Rechenſchaft zu 
geben. 

Der Mann muß immer um ein Quintlein mehr 


138 


wägen, als das Weib; darum, Tall mußt nicht gleich 
aujbraufen, wie ein junger Mofl. Die Weiber haben 
biöweilen gute Gedanken, der Mann muß fie nur erit 
zur Reife gelangen Iaflen, wenn fie was muß feyn ſollen. 
Ich Eenn einen großen Seren, wenn der ein fchönes 
Madel flieht, fagt er gemeiniglih: ein guter Gedanken! 
und könnt er fo was fagen, wenn der Mann nicht 
Bernunft gehabt Hätte? Weil er geduldig war, fo er⸗ 
hält er auch jet feinen Verbienft, und fein Weib bringt 
ihm die Krone der Herrlichkeit zumege. Darum follt 
ihr Weiber euch allezeit befleißen, euern Männern gute 
Gedanken beizubringen, daß ihnen der Schugengel Tann 
was Gutes auffchreiben; damit fie nicht im Moraft 
des Zweifels verfinfen, und fo ewiglich zu Grunde gehen. 
Noch muß ich euch eines Mißbrauch Meldung ma- 
chen, an welchen ihr euch felten erinnert. Wenn ihr 
ſchon eure fehänvlichen Lüſte euch nicht abgewöhnen 
fonnt, fo legt doch die Heinen Kinder, die ihr immer 
gewohnt ſeyd, bei euch im Bette Liegen zu haben (da⸗ 
mit ihr einen beſtaͤndigen Antrieb zum Fleiſchlichen in 
deren Anfehung Habt), Fieber außer vemfelben auf einen 
Bund Strog: fo werdet ihr euch noch Feines Todes⸗ 
drucks zu verantworten haben. Cure eigenen Kinder 
werben einft eure Anklaͤger ſeyn. Es werben fich manche 
Eitern in der HöU den Arfch verbrennen, und wir wife 
fen nicht warum, gleich wie wir nicht willen, was bie 
heiligen Engel im Himmel machen; aber was fie nicht 
machen, wiſſen wir gewiß: fie Heuratben nicht unb 
laſſen fich auch nicht heurathen. Oper ob der türfifche 
Kaifer ein großer ober Fleiner Mann, ob er ein Lieb⸗ 
haber feiner weiblicher Bildergalerie ift ober nicht, 
und das brauchen wir auch nicht zu wiſſen, aber das 
Seelenheil, dad muß und vecht am Herzen Tlegen, 


139 ü 


O Menſchen, Menfchen! wann merbet Ihr einmal 
aufhören zu fündigen? Gewiß erft damals, wenn eure 
Fuͤß im hoͤlliſchen Schwefelpfühl bis Adern Nabel hinauf 
werben burchglüht fenn, wie Cifen, das der Schmieb 
auf dem Ambos ſchmiedet. — Bedenket nur, dad Le⸗ 
ben ift kurz und bie. Höllenpein währt emiglich! ihr 
Fonnt ihre nicht entkommen, ver göttliche Richter hat 
aller Drten feine Spionen, ja er ift beinahe überall 
jelber zugegen. Wenn Ich in ven Himmel hinauffleige, 
fo if er va, und wenn ich in die Hölle hinabſteige, 
fo- ift er auch va. Fecit angelos suos Ministros. 
Ihr wißt, daß ein Minifter nichts anders im eigent« 
lichen Verſtande iſt, als ein gedungener Spion im 
Meiche eines andern Fürſten. Seht ihr, vie leicht es 
mir wär, euch nach der Schrift zum Hofgeſind zu ma⸗ 
den, und daß ihre wohl noch mehr als irdiſche Bürs 
fien ſeyd, weil ver himmlifche König fogar Engel, 
das find die heiligen Schubengel, an euch, als Mini⸗ 
fer ſchickt; aber ihr ſeyd die rechten Saufünige, eure 
Herzen das find die Palläfte ver Heiligen Engel, bie 
gleichen den Schweinftällen, welche zu Jahren oft nicht 
auögefäubert werden, ihr wafcht die Lumpel eureö Ges 
wiſſens oft Jahrelang nicht im Bach ver Heiligen Beicht 
aus, und feyb die unflätigfeen Dinger. — Ach! wie 
oft werden die Heiligen Engel nicht blutige Zähren we⸗ 
gen euer vergießen! wie oft werben fie eine Priſe himm⸗ 
lifchen Tobads nehmen muſſen (fehnupft), um nur ben 
Sündengeftanl aus ber Nafe zu bringen. Die Engel 
des Friedens werben bitterlich weinen, weil fle unferm 
Serrgott für eine jede Seele werden Rechenichaft ges 
ben müſſen, fonft werden fie vom Herrgott Fein gutes 
Geficht befommen. 

Der Teufel giebt Nechenfchaft von euch und kein 


140 
Engel! Aber der Teufel wird ewch ſchon beim Arſch 
friegen ; er hat euch ſchon, ſchauts, er hat euch ſchon. 
Er lauert immer auf euch, wie bie Polizeiſoldaten in 
Wien, die gut auffchauen, welchen Spisbuben fie fan- 
gen. Ihr folltet fo was den armen Engeln nicht zu 
Leid und dem Teufel nicht zur Freude machen, und 
wenn ihr's keinem thun wollt, fo thut mir's zu ges 
fallen, mir, der ich der Gefandte Gottes im Fleiſch 
bei euch bin! Führts euch gut auf; wenn ihr's aber 
auch mir nicht thun wollt, nach fo Haren und buͤndi⸗ 
gen Beweiſen und inbrünfligen Bitten, fo kann ih euch 
nicht helfen, wenn ihr hinfahrt zu allen Teufeln! Amen. 





vi. Feftnachtäpredigt 
von 
Doctor Schwarm von Hummelshahn *). 


In Nomine Domini, Amen, firammen: der Blinde 
ſchlug den Lahmen um ein Stüd Fleiſch, daß ihn ber 
Hund beiß. Assit ad inceptum, alle gute Schlem- 
mer mecum, inter nates mulierum, quod lo- 
quor non est verum. Verbo praeposito, ca- 
pitulo nullo, nigro folio, spatio corrupto. 

Ihr Kinder CHrifti, die Worte, vie ich euch eurer 





*) Bermutplich aus dem ſechszehnten Jahrhundert; ge⸗ 
druckt auf einem einzelnen halben Bogen in Oktav, 
pe einem Holzſchnitt, der den Faſtnachtprediger vor⸗ 

eilt. 


141 


Lieb in Latein hab’ geſprochen, die hab’ ich zwiſchen 
Schlampampen, Oftern und Pfingften von einem dür⸗ 
ven Zaun gebrochen, und lauten die Wort im fchrifte 
lichen Sinn alfo: Wer nicht Bett bat, ver lieg im 
Strob; die Gnade des Kellners, die Gütigkeit des 
Kochs, die Mitwirkung des Bäder fey mit euch vie 
ganze Wochen, auf dag mir feiſt werden meine Kno⸗ 
hen. Alle vie lieben Menfchen, vie deß begehrend feyn, 
ſprechen: Pfluamen! daß die jüpifche Wucherer all 
mäffen verfrummen und verlahmen. Expliciant, ex- 
pliciunt, vie Zeigen find den Bauern ungeſund: man 
foll den Bauern die Beigen geben, vie in ber Stabt 
Binter der Dauer leben. Exquibus quabus: fiebre 
dich, Blaufuß; die Bünfe gehen barfuß; Intus per- 
tincus: greif auf die linke Hand, fo ſindſt du's. 
Weiter auszubreiten dieſe Wort, fo nehm ich vor 
mi den Hochgelehrten fchriftweifen Mann mit Namen 
Denaus, ver alfo ſpricht: Sum, es, est: bleibt, wer 
ihr lang ſeid gewefl. Lieber dieſe Wort ſchreibt Mei—⸗ 
ſter Hippokras, der ſeinem Vater einen Flegel fraß, und 
der Lehrer Abalut, der ſeine Mutter mit dem Stiefel 
ſchlug, und ſagen alſo: Eine Katz und eine Maus, 
zween Haͤhn in einem Haus, ein junger Dann und 
ein altes Weib: vie eben felten ohne Streit. Niles 
nalles, killes kalles, alter walter palter: pas 
find gar wilde Wort, die findt man nicht im SPfalter; 
ſondern fle find gefchrieben im neunten finftern Geſicht. 
Wer weiß, was oft im. Kühftall gefchicht? ob er ihr 
die Metten thät befingen, und ihm vie Schellen thäten 
fingen. Perficulum et per faculum, quilibet 
clericus habet magnum taculum. Das iſt auf 
Deutfch fo viel geredt, als: die Gelehrten feyn aller 
Ehren werth. Caudas caudine: eine firöherne Pfeif 


142 


unb eine lederne PBofaune, und eine mwollene Zinken: 
aus einer Rinder⸗Flaſchen follt ihr trinken. Tanzt 
und fpringt zu dieſer Faßnacht, daß euch der Rüden 
und der Hals Fracht! zerbrecht die Krüg und die Töpf, 
und ſchmeißt fie einander frifh um die Kopf; fauft 
und freßt euch voll, fo wird euch im Bauch und Kopf 
nicht mohl; ſpeit aus Leber und Lungen: das heiß 
gefh... über die Zungen. Sauf di voll und leg 
dich nieder, ſteh früh auf und füll dich wieder. Es 
fpricht der große Alerander: alfo vertreibt eine volle 
Weiſe die ander. Ein jeglicher begreif dieſe Wort, ber 
fie zuvor nicht Hat gehört, bis ihr kommt in den Him⸗ 
mel, da die alten Schuhe verſchimmeln. Nun fallt 
bald nieder auf die Knie, ſprecht: Gnad mir himm⸗ 
lifche Sackpfeif allhie! Und Helft mir bitten für das 
groß Geſchlecht, für Huren, Buben und Büderfnecht. 
Nun kniet nieder mit Ungeduld, und fprecht mir nach 
die offene Schuld: haſt du verfpielt, fo Hab Geduld, 
und laß dir's leid feyn, fo will ich dir vergeben Schuld 
und Bein. 

Wir armen dummen Leute, wir haben das Bieber 
in dem Beutel, das Sterben ift uns rein Tommen, 
deß Haben wir Fein Frommen. Helft mir bitten: 
Vater unfer, der vu bift; niemand weiß, wer des An 
dern Schwager if. Würden reden Stühl und Baͤnk, 
ihr würbet erfahren gute Schwänf. Ach liebe Maria ! 
die Katz ift über dem Duarge, fie hat der Mäufe ver⸗ 
geflen, und hat ven Duarg fehler gar ausgefreflen. Ich 
glaub an ein räudig Schaaf und an ben von Eckers⸗ 
bad), der den Bauern die Krüge zerbrach: da fing 
man ihn und hing ihn: da hängt er noch; gebt Hin, 
und blaßt ihm alle ins U... . 

Nun Hört zu, ihr lieben Grauen und Weiber, es if 


4143 


auf der Schul verloren worben ein Schreiber; Kat ihn 
irgend eine zu ihr genommen, die laß ihn geben, ex 
fol bald wiederkommen; venn er foll eilends auf ter 
Schul feyn, und foll einer fchreiben das Latein. 

Nun Helft mir bitten für bie lieben Seelen, die da 
derichienen find aus den Federkielen; auch für eine Sau, 
das war ein Echmwein, und für die Liebfte Mutter fein; 
für einen Zimmermann und feine Klammer; für einen 
Schmidt und feinen Hammer; für einen Hermann, had 
war ein Bol, und für des Calefaktors Rock. Auch 
folt ihr an die vergeilenen Seelen gebenfen und dem 
Prediger eine Kanne Bier fchenken. 

Hört ihr jungen Brauen gar eben, man wird heint 
auf der Schul eine Spende geben; Eier und Würft, 
Mein und Bier genug, wenn euch dürſt't. Ihr alten 
Weiber follt daheim bleiben, ihr Eonnt die Treppe nicht 
nauf fleigen ; denn fie hat der Stufen nicht alle: ihr 
folt wohl Arm und Bein zerbrechen, wenn ihr beginnt 
zu fallm. Uber ven alten Vetteln wird man halten 
ein Seelbad in der Mühl unter dem Kammrad. Die 
Spend fol ihnen werden auch: Echwefel, Pech und 
Hüttenrauch, Pilfenfamen und Pulverforn: die alten 
Huren find all verloren, Auch Habe ich noch eine 
Lehr, Die will ich euch geben mehr, als nämlich in 
vier Sprachen: Griechiſch, Böhmifh, Lateinifh und 
Deutſch: Ossimossi, das ift Griehifh; Ita vere, 
218 iſt Latelnifh; No omim zesski, das ift Böße 
miſch; Led mir's U... das iſt deutſch. - 

Ablaß will ich euch geben bie geus; beißen euch vie 
Floͤh, ſo wehrt euch ver Laͤus. Auch will ich euch ge⸗ 

en fürwahr etwas Guts zum’ neuen Jahr. Sonder 
Ich ben jungen Lappen, die des Nachts auf ver Gap 
fen umfapven, den geb ich ein altes Schwein, daß 


144 


man ſte damit foll werfen in ven Rhein. So geb ich 
den Frauen und SJungfrauen einen güldenen Stuhl, 
daß fie alle Tag dreimal müſſen Eommen auf vie Schul; 
da wollen wir ihnen guten Willen beieifen und fie 
mit fchönen Gerüchten fpeifen. 

Alfo will ich meine Predig enden: geluſt's euch, jo 
lanft mit den Köpfen nach ven Waͤnden. Finis. 





IX. Merkwürdige Predigt 


eines 


Bamberger Weihbifchoffs am Palmfonntage *). 





Im Jahr 1555 reifete der Apotheker Cyriakus 
Schnauß von Koburg nad) Bamberg in Gefchäften. 
Da nun eben der Palmfonntag einflel, der von den 
Katholiten ehemals ganz feierlich begangen wurde, aud) 
bie und Da noch begangen und fogar durch Palmeſel 
verberrlichet wird, fo ging er in Die Kirche und hörte 
dort den Herrn Weihbifchoff in eigener geweihter Per⸗ 
fon predigen. 

Diefe Predigt fiel ihm fo fehr auf, daß er ſich ent⸗ 
ſchloß, diefelbe durch den Druck allbefannt zu machen. 
Diefes geſchah, und was der ehrliche Zuhörer fchrieb, 
liegt (eine wahre typographifche Seltenheit) vor mir **). 


*) Euriofitäten (von Bulpius) VE. 8. Weimar 1817. 
ee) Etwas neus. Eine fehr andechtige Predig, welche 
der heylig Weybbiſchoff zu Bamberg in epgner perfon 


145 


Wir wollen hören, wad der Bamberger MWeihbifchoff 
fagte und der Koburger Apotheker referirte; fo viel 
wie möglich, den eigentlichen Grundton erhaltend. — 
Der Weihbiſchoff fpricht: 

„Den Tert des heiligen Evangeliond auszulegen, ihr 
lieben Andächtigen! kann man nicht anders, als nach 
vorhergegangener Erzählung der Erweckung Lazari. Dee 
bald will ich euch den Handel erzäßlen. 

„Es Hat fi ungefähr 8 oder 10 Tage vorher be 
geben, daß ver Herr Jeſus auf beſondere Vorbitte der 
heil. Maria Magdalena und ihrer Schweſter Martha, 
ihren Bruder von dem Tode erweckte, da er, wie ich 
euch ſchon erzählt habe, A Tage im Grabe gelegen 
hatte, Nun kamen, m. I. A., viel Juden gen Betha⸗ 
nia, mebrentheild mit Lazaro befreundet, auf's Oſter⸗ 
feft, und Hörten von dem Wunbermwerke Jeſu, und woll⸗ 
ten ihn ſelbſi ſehen. Da Tiefen fle, um etwas Neues 
zu erfahren von Lazaro. Was meint ie? Ste woll- 
ten wiflen, wie einem zu Sinne wär, ber ben Tod 
fymeden mußte, wie bitter und Herb er fey, und was 
es mit jener Welt ſeyn, und welche Form und Ge 
flalt fie Haben müfle. 

„Bas meint ihr aber, m. 1. A., das fle Gutes er⸗ 


bey S.Mertin, mit feufgen und threnen gethan hat, 

am Palmen-Sontag im 1555 jare, Bon dem feligen 

Einreyten ee —— HA und Heylands Ipefu 
rifti, zu Hieruſalem geſchehen. " 

as abei des h. Mans Bunderbarlicher Treume 

zwene, auß welchen mann künſtlich Kochen vnd Ba⸗ 
en lernen mag ır. 

’ Endtlich aber ‚ Ein wunderliche ſchöne Hiſtoria 

von dem Palmweyhen, durch des Weybbiſchoffs Leu⸗ 

tenampt ıc. Nürnberg 1599. 

i. 


v 


146 


fuhren? Eben das, was fie zu wiſſen begehrten, aber 
ganz erſchrecklich zu Hören. 
(Hier feufzete ver Mebner ganz tief anf.) 

„Da fagte ihnen Lazarus, wie mand beichrieben 
findet, die allergraufamften Streihe, und macht’ 8 
fo Eläglich und erbärmlich, daß es gar nicht zu fagen 
iſt. Doch ſagt' er auch, daß nach dem Todedfampfe 
eine gar Kiebliche Geſellſchaft mit Gott und den lieben 
Engeln gefofget if. 

„Nun merkt aber wohl auf, m. l. A., was ſich 
begab. ALS fie nun fo da ſaßen und Lazarus ſprach 
von dem Todeskampfe, fiel er in Ohnmacht hinter dem 
Tiſche danieder. 

(Hier weinte der Weihbiſchoff laut und ſchrie: 
O meh! O weh!) 

„Was begab ſich nun, da er fo niederſank? Was 
erlitt nicht dabei der liebe Herr Jeſus? Was Die Schwer 
flern und Freunde? 

„Darin Magdalena erfchra entjeglih und Tief zu 
ihrem beiten Shape. Der war ein Glas Föftlichen 
Balfam-Dels, den Herrn zu erquiden, zerbrach es aber, 
im Schreck, auf feinem Kopfe entzwei. Cie fragte 
aber nichts nach dem Schaden, da ihr lieber Bruder 
erwerft war, und dachte: Ich danke Gott, daß er wie 
ber lebend bei uns ſitzt. Die Jünger aber murrten, 
des Unraths wegen, und Feiner machte fich jo unnüß 
als Judas, der Geizhals. Um das Geld zu erfparen, 
verrietö er den Tieben Heiland (ich hab's ausgerechnet, 
nah unferm Geld), um 3 Gulden und 6 Pfennige. 

„Pas wollen wir nun daraus Ternen? Drei vor⸗ 
trefliche Stüde und Artikel wider bie neuen Lehrer 
4) von wegen der guten Werke. Da heißt's Flärlich: 
Sie Hat ein guted Werk an mir gethan. Darauf merkt 


147 


wohl! 2) Beftätiget dadurch unfer Lieber Herr Jeſus 
dad fiebente und nöthigfte Saframent, die Salbung, 
oder Ießte Delung. Denn der Herr fagte: das hat fie 
gethan, euch zu falben, ehe ich flürbe. Wer dieſe Worte 
anderd auslegen Tonnte, den laſſet hertreten. Es Hat 
ber lieben Magdalene geahnet oder getränmet (denn 
Träume find nicht zu verachten), daß der Liebe Herr 
werde fterben, darum bat fie geeilet mit ihrer Wohle 
that, daß er nicht müfle ungedlet begraben werben. 
3) If Hier die Vorbitte der Tieben Heiligen ganz klaͤr⸗ 
ich enthalten, da ber liebe Herr Jeſus erwedte ven 
Lazarum auf die Vorbitte feiner Schweftern. Deflen 
giebt auch Zeugniß, mit ‚ihrer Vorbitte, Maria die 
Mutter Gottes auf ber Hochzeit zu Cana in Galiläa. 
IR das nicht wahr? 

„Nun wollen wir fort und zum heutigen Evange⸗ 
lio. Da fehen wir den Herren Jeſus reiten auf einem 
Efel, dem mußten fie Kleider auflegen, well er noch 
feine Säde getragen hatte, und fen Rüden fo fpisig 
und ſcharf war. Sie flreueten Palmen aus, waren 
vergnügt, und riefen Huchzu! Juchzu! Oflanna, dem 
Sohne David! x. 

Der Redner koömmt nun auf das Austreiben ber 
Krämer aud dem Tempel, und indem er erzählt, wie 
Jeſus bis auf den Abend dort gelehrt habe, ruft er aus: 

„Das will etwas fagen! Und der Herr hatte nicht 
einmal eine Suppe gegefien, und Hatte ein Faſten, dad 
unfer einer gar nicht aushalten Fönnte. Da war kei⸗ 
nee, der etwa fagte: kommt her, ich will euch ein 
Baar, oder 10 Eier auf Schmalz [lagen Iaflen und 
eine Suppe machen. So mußte ver gute Herr, der 
früh eingeritten -war mit folge: Pracht, des Abends 
zu Fuße und hungtrig aus der Stadt gehen; be= 
denkt's nur 


148 


„Da Hört ihr den kurzen Sinn und Verſtand des 
heiligen Evangeliond. Amen! Ave Maria! Gott fey 
mit euch! 

„Deine lieben Andächtigen! Ich mag euch nichts 
vorenthalten. So höret: Bor ungeführ drei Wochen 
träumte ich, ich Täg auf einem meichen Bette, war fehr 
krank am Grimmen des Bauched, und was man mit 
vorfagte, wollte alles nichts Helfen; ich mochte weder 
hören, feben, riechen, fchmedfen oder greifen. Da ſchlum⸗ 
merte ich ein. Und ed Tam eine freundliche Matrone 
zu mir, bie mir ein Effen brachte zur Erquickung mel 
ned Leibeß, dveßgleichen ich mein Iebelang nie jo gut. 
verfucht Hatte; werde, ſobald ich's möglich machen kann, 
dafielbe zu befommen fuchen. Und das war, m. l. A., 
eine gute, ‘junge, frifche Sammeldfeule, auf'8 Iuftigfte 
in Saft abgebraten und mit Salbei geſpickt. ber, 
höret, es Fümmt noch viel befier! Darauf murbe die 
Keule wieder auf's neue mit einer feiften Gaͤnſehaut 
überzogen und auf'd neue in Eaft abgebraten. 

(Hier lachten die Zuhörer. Der Weihbifchoff aber 
mwurbe ärgerlich und fpradh :) 

„Lieben Leute! Tacht, wie ihr wollt. Wer's nicht 
* glauben will, ver verſuch's. Ich will's wahrlich alfo 

zurichten Tafien, fobald ich nur Sammelöfeule und Gänfe- 
baut bekommen kann. So etwas follte einem wohl 
wieder Luft machen zum Efien, wenn er etwa bad 
Sieber gehabt hätte. Betet drei heilige Vater Linfer 
und fünf andächtige Ave Maria. Damit befehle ich 
euch der Gnade Gottes. 

„Da Hat mir auch geträumt: Ich wär ein Schaaf 
hirt gemeien, hätte mich auf meinen Schäferftab ges 
lehnt und mär eingefchlafen. Da ich aber eriwachte, 
ſah ich, daß alle meine lieben Schäflein zu grinmigen 


149 


Säuen geworben waren. Die fprangen auf mich zu 
und erhoben mich hochauf gegen meined gnädigen Herrn 
Hof, und fepten mich beim Dom nieder. Da erwachte ich. 

„Was meint ihr nun, was der laufigte Traum ber 
deutet? Ich bitte euch, ſagt's mir. Wer's weiß, der 
fomme zu mir und zeigs mir an. Ich habe viel da⸗ 
rüber nachgenacht und kann's nicht finden. Betet fünf 
Bater Unfer und drei Ave Marla, und wer morgen 
bei Wafler und Brod zur Wallfahrt Tömmt zu Den 
lieben Getreuen und andächtig betet, dem verheiße ich, 
anftatt der heiligen Nömifchen Kirche, eilf taufend Jahr 
Ablaß aller täglichen Sünden, wie ſolches ber aller« 
heiligſte Vater Bapft Leo Decimus beftätiget hat. Sprecht 
mit Anbacht ein Ave Maria. Steht auf wie bie Ma- 
ria Magdalena. Amen!” 


* * 
% 


Die Palm . Beide in Bamberg. 


Es war aber bei der Palm Weihe in Bamberg der 
ganze Kirchhof voll böfer Buben, und Hatte jeber ein 
Buͤſchel (teutfche) Balmen, eines Mannes hoch, die 
trieben nach ihrer Art allerlei Schalfheit. Als aber 
bie Prebigt aus war, drängten fle mit ganzer Gewalt 
hinein fih in die St. Martinskirche zu auf den Pre⸗ 
digtſtuhl, fo daß fehler die ganze Kirche finfter wurbe 
von Palmen. Da fam nun ein fihwarzer Pfaffe ge- 
gangen aus dem Chor nach ver Kanzel zu, der hatte 
einen rothsfeidenen Mantel an, hinten mit einem lan« 
gen Sad, gleich einer Spanifchen Kappe gemacht. Der 
war des TWeihbifchoffs Leutenampt, und trug ein Buch 
das war Lamperteinifch, daraus bezauberte er Die ‘Pal 
men Rothwelſch (denn es Fam felten hervor ein ganr 


152 


der Galgen!“ Eben ertönte die Uhrglocke. Sogleich 
faltete der Prediger die Hände und rief: „Dazu ver 
Hilf uns, Lieber Herr Gott, Amen, Amen.” 
3) Ein Kapueiner peroritte von feiner Kanzel: 
Ja, glaubt mer, ihr, meine lichen Brüder, 
Ein leerer Traum ift unferd Lebens Lauf! 
Gefund und frifch Iegt ihr euch Abends nieder, 
Und maufetont ſteht ihr am Morgen auf! 
4) Ein Prediger verlas den Tert von der Samari⸗ 
tanerinn, und begann darauf feinen Vortrag. darüber 
alfo: „Wunvert euch nicht, meine andädytigen Zuhörer, 
über vie Länge dieſes Tertes, denn es fpricht darinn 
ein Weib!” 


5) Ein anderer Prediger hatte gegen has Laſter der 
Trunfenheit geeifert, und ſchloß nun mit eifrigem Un⸗ 
muthe alfo: „Es ift fehr ſchändlich, daß des Weins, 
biefer Töftlichen Gabe Gottes, fo ruchlos gemißbraucht, 
— daß fie nicht blos zur Stärkung ded Körperd und 
zur Aufheiterung des Geiftes genoffen wird. Ja, meine 
Zußdrer, nach eimer genauen Berechnung des Weins, 
ver Jährlich auf dem Erdboden mächdt, würde jeber 
Menfch täglich ein halbes Ouart davon trinken konnen; 
aber viele Millionen der Menfchen müflen feiner gänz« 
lich entbehren, weil ſich fo viele Schlemmer und Trun- 
fenbolde barinn beraufchen. Wüßt ich nur, wo der 
Schelm wäre, der mir täglich mein halbes Quart weg⸗ 
trinkt; u. ſ. w.“ 

6) Ein Dorfgeiſtlicher in Schottland predigte. Eine 
alte Frau des Kirchſpiels, die einen Bierſchank hielt, 
ſaß unter der Kanzel und ſchlief. Ein Nachbar ſtieß 
fie einigemale an, um fie zu wecken, aber ohne Erfolg, 
fle bewegte zwar die Augen, nickte aber fogleich wieder 


153 


ein. Der Pfarrer bemerkte dieß alles während. ver 
Predigt und fagte endlich: „Meine lieben Zuhörer, ihr 
bemüht euch umfonft, die Schläferin ba unten zu we⸗ 
den. Uber gebt acht, ich werbe fie gleich munter ma- 
hen.” Bei diefen Worten pfiff er und rief: „Sufe, 
ein Glas Schnaps!" — „Gleich, Herr!" antwortete die 
Alte; und erhob fi von ihrem Sitz. 


OD Zohann Caſſenius, ein gerühmter Previger 
des 17ten Jahrhunderts, fand in heiſſen Sommertagen 
bisweilen nöthig, feine Zuhörer durch allerlei Kunſt⸗ 
ſtücke aus dem Schlummer zu wein: Einft hielt er 
in feinem begeifterten Vortrag ploblich inn, wickelte fein 
Taſchentuch zufammen, und fleng an, damit aus feinem 
ziemlich geräumigen Predigtftuhl zu fpielen. Was ge= 
ſchah? Ein Zuhörer fließ den andern an, und bald 
war die Berfammlung munter. „Das konnt' ich wohl 
denken, fagte nun ber geiftliche Redner, wenn ich ein 
Voſſenſpieler wäre und euch allerlei Späßchen machte 
— traun, ihr würbet nicht einfchlafen !* 


8) In einer zu Fulda in der Mitte des achtzehnten 
Jahrhunderts gedruckten Leichenprevigt bemerkt ver geifte 
liche Redner fehr finnig: „Die Seele des Verftorbenen 
fey furz vor eilf Uhr ausgefahren, und folglich noch 
früß genug in dem Simmel angefommen, um an ber 
göttlichen Tafel, noch an dieſem Tage, dad erfte, ewige 
Mittagmahl freudig zu genießen. Dieß ein Trof für 
euch, geliebte Hinterbliebene u. f. m.” 

9) Der Dichter Sauteuil, anfangs dem Prediger 
berufe geweiht, wurde bei feinem erften Verſuche im 
Prebigen von feinem Gedaͤchtniſſe verlaffen. Indeß, als 
es zum Stoden und Hängenbleiben kam, gebrach es ihm 
doch nicht an Befonnenfeit, noch zu jagen: „Meine 


156 


Brüder in Bried und Einigkeit leben, und ſich nicht , 
immerdar wie Hund und Kate raufen, balgen, fchlagen. 
Dann ed iſt fein umd lieblih, und gefällt auch Gott 
und ben Menfchen wohl, wenn Brüder eind find und 
fein einträglich beifammen und unter einander wohnen. 
Eir. 25, 2. 





XI. Gereimte Faftnachtöpredigt 


aus dem fünfzehnten Jahrhundert. 


— — — 


Nun ſchweigt einmal und habet Ruh 
Und hört einem jungen Prediger zu: 
Er wirb die Wahrheit euch verkünden 
Und fagen von ben großen Sünden 
Die in der Welt find aufgeflanven. 
Man follte fie meiden bei chriſtlichen Banden 
Sp wachfen fie und nehmen zu. 
Getheilte Hoſen, zerichnittene Schuh 
Und Heine Baret mit viel Gebänden 
Davon fie das hintere zuvorderſt wenden 
Mit fpanifhen Kappen und großen Hofen 
Nah Wahlen Manier und Danier der Franzofen, 
Und was der Junker nur fann erdenken 
Das will ver Bauer auch an fich henken. 


Erf will ich etliche Knaben rühren 
Die gar ein wüſtes Leben führen. 
Sie follten ihres Handels warten, 
So fieht man fie bei Würfel und Karten 
Sie follten des Nachts zu Haufe bleiben 
So liegen fie aus von ihren Weiben, 
Und fiten dort und leeren die Taſchen, 
Und laffen andere darzu nafchen 
Und maden fi und den Weiben Unruß: 
Das gehört Ruffianern und Buben zu. 


157 

Run ven ich zu end, ihr Weinſchläuche, 
Ihr fißet dort und füllet die Bäuche 
Ihr fauft und fohreit und lebet im Sauß 
Und habet daheime Fein Brod im Hans 
Auch was euh Weib und Kind erfparen 
Das iſt euch durch die Gurgel gefahren 
Ihr zieht einen feiften faulen Bachen”) 
Und denkt und fprecht: es wird ſich machen 
Wenn nun das Alter an euch rurt 
Ein grauer Schelm aus dem Springer wird 
Der nimmer arbeiten mag: 
So Kommt das Weib mit großer Klag 
Lies Büchlein euch, da alles Unglück ſteht 
Und fpricht, 's iſt recht, daß dire fo geht 
Hättſt du gearbeitet und mäßig gezehrt 
Bir wollen uns haben gar fanft genährt 
Es wär ung aller Qutthat not; 
So haben wir weder Hülf noch Rath 
Riemand will hören von geben noch leihen 
Sp fieht man uns im Spittel gebeihen 
Und unfre Kinder am Bettelflab 
Denn was hat böfen Anhab 
Dat keinen guten Anfang 
Und gewinnt gern böfen Ausgang. 


Nun gilt es euch, ihr Nachtraben 
Die Mitternachts auf den Gaſſen umtraben 
Darauf viel böfen Unfugs pflegen 
Ummwerfen den Leuten ihre Schrägen 
And unten dann die Stollen zerflichen 
Und leere Karren in’s Waffer fchieben 
Der Fiſcher auf dem Fiſchmarkt denthen 
Denfelben verwechfeln ihre Prenten 
Der eine große vor ihm hat 
Dem ſezens eine Heine an die flatt 
Und machen zwifchen ihnen Wirren und Werren 
Daß file fih früh gegen einander nerren 
As Hund u. f. w. 


°*, Säwein. 


160 


Und koch und Fehr und ſpühl und heiß, 

Weil fie den Wein im Keller weiß: 

So wird ihrs ſchwer an Wafler zu denen 
Sie Hat die Schlüffel an fih henken 

Und wenn fie nun die Faulen gewinnt 

In Händen des Abends, nicht gerne fpinnt 
Des Nachts, und früh auf dem Tag lang leit 
Und man ihr endlich Urlaub geit 

So wird ein geiſtlich Zäpfin draus 

Sn einem Klofter, heift Frauenhaus. - 


Zu lange Predig {ft Ungebüpr 

Der Wadhrheit zu viel iſt nicht Manier 
Man Heiß es lügen, man heiß ed ſchwatzen, 
Und hat lieber fchmeicheln und Ohrenkratzen, 
Drum hat auch meine Prebigt ein End 
Käm mir ein Trinkgefchirr in die Händ 

Ich wollt ein Jungfrautrünklein faufen 
Daß mir beide Augen müßten überlaufen. 





XII Das Paternofter Des 
Wucherers. 


Fragment einer Kreuzzugs-Pretigt Roberts von Eorfon*) 


— 


Wollt ihr das Paternoſter de Wucherers hoͤren? 
Horcht auf! 

Der Wucherer ſteht zuerft im Haus auf, er ſieht 
nach, ob des Nachts die Schlöffer nicht erbrochen wor⸗ 
den find; er jchiebt doppelte Niegel vor, weckt feine 
Tochter und feine Frau und zieht ſich an. „Ich gehe 





*) Er war Legat des Heiligen Stuhls und prebigte den 
Kreuzzug unter Ppilipp Auguſt in Frankreich. 





161 


in die Kirche, fagt er unter dem Ankleiden, wenn je 
manb kommen und auf ein Pfand zu borgen verlan« 
gen follte, fo Taufe eine von euch Hurtig hin und hole 
mich; ich komme den Augenblick.” 

Nun geht er aus und fängt unterwegens folgenver- 
geſtalt an zu beten: 

„Bater unfer ... Lieber Gere Gott, wolleft 
gnaͤdig auf mich hliden und fegnen meinen Ausgang 
und Eingang, damit ich der reichfte von allen merke, 
bie in biefer Welt auf Pfänver leihen. Der du bifl 
im Simmel... ed thut mir herzlich leid, daß ich 
nicht zu Hauſe gemweien bin, als Die Bauerdfrau kam 
und Geld borgen wollte. Ich hätte beffer gethan, wenn 
ih den Tag nicht in die Meſſe gegangen wäre. Es 
geht mir doch alles zum Unglück, und wenn ich nur 
den Buß in die Kirche fee, fo büße ich eine Gelegen« 
heit ein, wo ich mein Schäfchen hätte fcheeren Fönnen. 
Es iſt orventlich, ala wenn's fo feyn müßte. So wollte 
ih, daß ber und jener die Pfaffen und vie Meflen 
bolte! Dein Name werde geheiligt ... ba 
babe ich die große Tochter zu Haufe fißen, bie mid) 
noch zu Grunde richten wird. Ich wollte darauf ſchwo⸗ 
en, fie verfieht ſich mit ihrer Mutter, und fle befich- 
len mich beive, und leben auf meine Unkoſten herrlich 
und in Freuden, fobald ich ifnen nur aus den Aus 
gen bin. Ich Habe große Luſt, heimzulaufen un 
fie zu überrumpeln. Dein Reih fomme.. . ad 
ed fällt mir ein, daß der Ritter, welcher mir die fünfe 
zig Livres ſchuldig iſt, mich nur zur Hälfte bezahlt Hat. 
IH war ein rechter Narr, daß ich ihm auf fein Eh» 
renwort traute. Ein gutes Pfand ift beſſer, als alle 
die Ehrenmörter. Dein Wille gefchehe ... . IH 
habe zwar das Gelübde gethan, mweimal die Woche in 

L. 1 


164 


im Himmel umfchaute, um Patrone für herausgegebene 
Bücher zu finden, ja diefelben fogar im Begefeuer fuchte, 
wo hoch felbft Vorſprecher gefucht werden follen. Und 
"fo dat man auch zu DVerlobungen, Hochzeiten, Kind- 
taufen und andern erlaubten Welerlichkeiten fich- nach 
Gaͤſten von oben umgefehen, und wenigftend das Sel- 
nige gethan durch Invitationen, wenn die Erbetenen 
auch nicht gefommen find. in Beifpiel dieſer Art 
folgt Hier, von dem handſchriftlichen Einladungsſchrei⸗ 
ben des Einladers, eined Pfarrerd im Cifenachifchen, 
ſelbſt, getreulich kopirt. 


— 


„Dem Dreyeinigen, ewigen, allmächtigen, allwiſſen⸗ 
den, allweiſen, wahrhaftigen, gerechten, gütigen, barm⸗ 
berzigen, gnädigen und heiligen Gott, Vater, Sohn 
und heil. Geift! Gott unferm Schöpfer, Erlöfer, Troͤ⸗ 
fter und Seiligmacher, auch beften Segensherrn und 
Seligmacher, bochgelobet, geehret und gepreijet bis in 
alle Ewigkeit! Amen! 

Allerheiligfte Dreyelnigkeit! Gott Vater, Gott Sohn, 
Bott Heil. Geift! 

Sochgelobet und bochgepreifet Hier zeitlih bis in 
Ewigkeit, Amen! 

Allmächtiger Herr und Gott! Ich deine Erea- 
tur gebe deiner göttlihen Majeftät freubiger 
maßen zu erfennen, ift auch vorhin Dir alles entdecket, 
daß durch deine göttliche Negierung als des Stifters 
und Erhalters des Heil. Cheftanves, auf vorher gegan- 
gened Gebot und Seufzen zu dir, mie auch Confens 
. unfer beiberfeit8 Eltern und Taufpathen, ich meine Liebe 
Tochter, Jungfe Dorotheam Margaretham, dem 
(ehrwürbigen, wohlachtbaren und wohlgelahrten) Gern 


165 


Sodann Georg Schulzen, deinen geiftlichen Die 
ner und Priefter in Ettenhaufen bis auf Priefterliche 
Gopulation und deine göttliche Einfegnung , ehelichen 
verfprocden, auch ſolch Ehe- und Ehrenwort (fo du 
Herr will!) den 19. Tag Juny, wird feyn den Dien- 
ftag nad) dem 4. Somntag Trinitatid, durch Prie⸗ 
fterliche Einfegnung und deine göttliche Zufammenfü- 
gung, auch darneben Hochzeitliches Ehrenmahl vollzie- 
ben zu lafien, entichloflen bin. Wann dann beine goͤtt⸗ 
lie Majeftät, Gott Vater, Sohn und heiliger Geift, 
unfer Schöpfer, Exlöfer und Tröfler! zu folchem un- 
jern bochzeitlichen Chrentag hoͤchſt nöthig ſeyn und 
prmüthigft gebeten wird, als gelanget an die allerhele 
ligfte Dreyeinigkeit, Gott Vater, unfern Schöpfer und 
Erhalter, an Gott Sohn, unfern Erldſer, Heyland, 
Helfer, Seligmacher, an Gott heiligen Geift‘, unfern 
beften Tröfter und Heiligmacher sc. unfer beiderſeits El⸗ 
tern, wie auch Bräutigams und Brauts unterthänige 
ſtes und demüthigſtes Bitten, deine göttliche Majeftät 
geruhe von deinem Seiligthum zu erfcheinen, ven in 
Unterrofna angeftellten Trauungd-Actum glüdlih zu 
vollbringen, ven Anfang, Mittel und Ende dieſer Hoch 
zeit zu fegnen, alle Speiß und Trank zu vermehren 
und zu benebeyen, die Gäfte fröhlich zu machen, ven 
Bräutigam und Braut Zeit ihre Lebens zu fegnen an 
Seele und Leib, auch höher zu beförbern nach deinem 
Wohlgefallen,, und endlich Alter= und Lebendfatt, ges 
recht, reich und felig zu machen. Gleich wie auch 
ſolches der allerheiligften Trinitaͤt als Stifter und Er⸗ 
balter des heiligen Eheſtandes zu ew'gem Lob und Vreiß, 
beiven Cheleutlein aber zu unfterblichen Andenken und 
Nachruhm gereichen wird. Alſo werde ich dein Diener 
mit ewgen Lob und Ruhm Zeit meines Lebens wie 


166 


der zu verdienen, anbächtig beflifien feyn, wie ich denn 
bis in den Tod, ja in alle Ewigkeit verbleibe 
Ew. goͤttlichen Majeftät vreyeinigen Gottes, Vater, 
Sohns und heil'gen Geift, unterthänigfter gehorfamft 
und dankbarſter geiftlicher Diener 


Dat. Tiefenonth, 
ven 3. July anno Chriſti 1707. 


. Christianus Friedericus Cotta, 
Isnac. P. t. Adjunctus. 


Mohin der frohe Hochzeltvater dieſes Einladungs⸗ 
fohreiben gelegt bat (etma auf ven Traualtar), ober 
wie er ed geziemend an Ort und Stelle hat gebracht 
wiſſen wollen, darüber ift Feine Nachricht vorhanden, 
fo wenig als von dem hohen Wefte felbft, zu welchen 
ver heilige dreifaltige Gaft geladen war; auch willen 
wir nicht, ob derjelbe etwa durch irgend Jemanden re 
präfentirt worden iſt. Vorfichtig aber ift ver Hochzeit« 
vater gewefen, und bat die Hochzeit feiner Tochter an« 
zuftellen,, Die erften Tage des Monats Juni erwartet, 
da im Mai Hochzeit zu machen, fonft für ein ſchlim⸗ 
mes Omen, von ben älteften Zeiten ber, gehalten wurde. 
Bei ven Römern wurden in dieſem Monat alle Tem 
pel verfchloffen, Leine Heurath wurbe in demſelben ge= 
fetert, denn e8 hieß: Majo nubunt malae, aber 
geopfert wurde, Die umherſchwaͤrmenden Nachtgeifter zu 
verföhnen. Linfere alten Vorfahren, vie alles fo gern in 
Reime und Lieder brachten, fangen: 


Es iſt noch Wittwen, noch Jungfern gut zu freyen 
Im Maien; denn es pflegt fie balde zu gereuen. 

Sie leben felten lang: Auch iſt das Sprichwort wahr: 
Was in dem Maien freyt, ift nicht ter beften Haar. 


. 167 


Da nun des Paſtors Tochter, wenn auch keine Luiſe, 
dennoch gewiß ein gutes, liebes Maͤdchen war, wollte 
der Vater ſie nicht in einen üblen Ruf muthwillig 
bringen, und verheurathete fie m dem ſo omindfen 
Monate nicht, in welchem eine fehr fittlide Dame, vie 
fih zu moberiren wußte und das ganze Jahr hindurch 
für fich ftehen Tonnte, fich nicht zu flehen getraute, wie 
fie ſelbſt geſtand. Man fagte ehemals: in ven Mo— 
naten ohne R mühe man wenig Tüflen und viel trin« 
fen. Es möchte wohl damit eben fo feyn, wie mit 
vem Efien der Krebfe in den Monaten, vie fin R 
haben. Vielmehr, ſollte nicht die Froͤhlichkeit des neu 
beginnenden Jahres, welche Thiere, Pflanzen und Blu⸗ 
men entzüct, auch auf den Menſchen und feine Triebe 
vortheilhaften Einflug haben? — Doch ohne und weit 
Iäuftiger in eine Unterfuchung viefer Art einzulaflen, 
und über eine Sache zu fprechen, über welche ſchon fo 
viel gefprocdden und von wahren Kafuiften gefchrieben 
worben ift, wollen wir nur bemerken, daß, wenn ber 
Hochzeitvater auch nicht de8 Monats Mai wegen und 
des Geredes von demfelben, feine Tochter erſt menige 
ſtens einige Tage nach Verlauf deſſelben verheurathen 
wollte, er es und nach hundert und mehr Jahren doch 
nicht verbenfen fann, wenn wir annehmen, er habe 
dem Glauben feines Zeitalters ein Opfer gebracht, da 
er mit fo viel Beierlichkeit bei der Sache zu Werke ging. 

* % 


Rachrichten von der Perfon des Hochzeitbitters. 
Im Kirchenbuche fand ſich Folgenves von ihm felbft 
aufgezeichnet: 
Anno Ghrifti 1699 hat durch göttliche Regierung 
und Wohlgefallen ver Durchl. Fürſt und Herr, Hert 


168 


Johann Wilhelm, Herzog z. ©. I. €. I. und Berg, 
auch Engern und Weftphalen vie Adjunetur von 
Dorndorf wieder nach Tiefenortb verlegt, damit das 
Fürfll. Amt und Adjunctur fein beifammen wären 
und correſpondiren Tönnen: und hat neben Dero Hoch⸗ 
fürfil. Ober-Consistorio (Tit.) Seren Christianum 
Friedericam Cottam Isnacensem und über 30 
Jahr im Marktfleden Sontheim vor der Röhn, im 
Fürſtl. Amte Lichtenberg gelegen, gewefenen Pastorem’ 
und Vicarium ver Inspection Oſtheim, anhero 
nach Tiefenorth zum Priefter und Adjuncto des Fuͤrſtl. 
. Amtes Crayenberg legitime vociret; und den 28. 
hujus confirmirt und investiret worben. Er hat 
auch zugleich mit dem Seren Superintendenten, 
Herrn M. Johann Christophoro Zerbsten in ie 
fenorth eine General-Visitation verrichtet, wie auch 
des 2ten Taged in Dorndorf, inclusive Kiefelbach 
und Merkerö, und hat am Tage S. Thomae jeinen 
Einzug (Gott fey Dank) allhier gehalten und Dominica 
Aten Advent feine Antritt» Predigt cum applausu 
totins Ecclesiae abgelegt. 


Auszug aus dem Tiefenorther Kirchenbuche, die Kopula⸗ 
tion und gehaltene Dochzeit feiner Zungfer Tochter be- 
treffend, ebenfalls von ihm ſelbſt aufgezeichnet. 


Anno Ehrifti 1707 ven 19ten Juni, Herr Johann 
Georg Schulz F. S. wohlverorbneter Pfarrer in 
p- t. Ettenhaufen, Herrn Johann Schulzen Fürſil. 
Heſſiſchen Pachters und Verwalter zu Unter-Rohna 
eheleiblicer Sohn, und Jungfer Dorothen Marga- 
retha Cottin, Seren Christian Friedrich Cotta, 
Fürſtl. Eifenachifchen Pfarrers und Adjuneti der geiftl. 
Inspection bes. Sochfürftlichen Amtes Crayenberg in 





169 


Tiefenorth feine leibliche ältefte Tochter. Diefe beive 
Berlobte Herr Bräutigam und Tugendbelobte Jungfer 
Braut find nach breimaliger in Tiefenorth gefchehener 
Proclamation in UntersRobna in der Bürftl. Heſ⸗ 
fifchen Freiheit in der Oberftuben, nach gehaltener Pre: 
digt und völligen verrichteten Gotteövienft durch Herrn 
Nicolaam Rothen, Pfarrer in Dorndorf, Chriſtli⸗ 
hermafen eopuliret und vie Hochzeit in Gegenwart einer 
Tafel voll vornehmer Berfonen gehalten worden in 
Friede und Segen. Die Hochzeit hätten beyderſeits Ael⸗ 
teen gerne in Tiefenorth angeftellet, weil aber das 
Pfarrhäußlein nur 2 Stuben hat, und feine Bequem 
lichkeit in ganz Tiefenortb wollte zugelaffen werben; 
jo mußte Ich nolenter volenter vie Hochzeit in 
UnterRohna anftellen, doch gab Gott Gnade, daR 
alles mit Ehren und Dergnüglichfeit abgelaufen ift. 
Dafür wir göttliche MajeftätXob, Ehre und Dank fagen! 
. G. 
Das Bruſtbild obengedachten Herrn Adjuncti mit der 
Beiſchrift: 
Dr. Christian Friedrich Cotta, Isnac. Anno 
Aetatis 73. Ministerii Eccles, 37. Ad- 
junctus Tiefenorth Celeb. 


bängt in der Tiefenorther Kirche Hinter der Kanzel über 
ten Gitterftußl. 
Aus den über des geiftlichen Hochzeitladers Verſor⸗ 
gung nach Tiefenorth geführten Confiftorial= Alten v. 
?. 3. 1699 und 1700 und in denfelben befindlichen 
Schreiben des Paftord ergiebt ſich, daß derſelbe aller- 
dings von etwas geſpannter Natur gewefen feyn muß. 
So fpricht er u. a. „von ber göttlichen Providenz 
und Offenbarung, die ibm am neuen Jahrötage, we⸗ 


170 


gen feiner Vokation nach Tiefenorth als Paftor und 
Adjunctus früh Morgens per Somnium offenbar 
geworben ſey.“ Ein anvermal erklärt er perfönlich dem 
Collegio Consistorii: „Wie der König David ge⸗ 
fagt habe, daß er mit feinem Gott über die Mauern 
fpringen wolle, werde Er ald Paſtoͤr mit feinem lie 
ben Bott fo zu reden, über dad lifer der Werra fprin« 
gen.” — Seinen Bittfchriften an feinen Landesherrn 
fügt er auch Verſe bei, bei deren Entflehung er wohl 
ein Est Deus in nobis! audgerufen haben Tann, 
welches wir aber nicht beftätigen können. 9. B. 
„Dabam Ziefenorth d. 29. Oft. A. Chr. 1700. 


Als der große Fürften Teich 
ward mit Luk und Freud geftfchet, 
jedermann dabei erfrifchet, 
keinen machte blaß noch bleich. 


Als das große Fürftenhaupt 
Herzog Johann Wilhelm genannt, 
Herzogin fehr wol bekannt 
ward von Neptun wol betaubt. 


As fie fingen groß und Hein, 
Des Neptuni Schuppen « Kinder, 
Bäter, Mütter, auch nicht minder, 
Zu verzehren ohne Pein.“ 


Es konnte nicht fehlen, ald Geiftlicher mußte er da⸗ 
bei an den Bifchzug Petri denken, hat das aber bei 
fih behalten, was jedoch In dem Gedichte gar wohl 
hätte angebracht werben können. Demungeachtet wird 
er feine Fiſchbelohnung wohl erhalten haben. — Es 
iſt nicht zu erfahren geweſen, ob er in weiterem chrift- 
lichen Verkehr mit dem Dreifaltigen Hochzeitgafte ge» 
ftanden hat ober nicht. 





171 


XIV. Das Herz des Meunſcheu *). 





Derjenige, welcher die neue Auflage dieſer Sthrift 
beforgte, führt fie mit folgenden Worten in die Welt: 

„Seit 1732 bis 1815 Hat fich der Geſchmack fehr 
geändert, — die Wahrbeit nicht, fie bleibt ewig unver 
aͤnderlich — und ich lebe auch der fichern Hoffnung, 
dag ver Geift ver Zeit gewiß nicht mit Wohlgefal« 
len, und gewiß nicht milde, ſondern höchſt ungnä⸗ 
dig und unmilde auf ein folches Werk Herabfehen werde. 
Denn dieſes Werfchen ftellt ven Urheber der Sünde 
und der Geiſtesſtlaveri — ven Teufel — fo tie 
den Urheber des Lebens und der Freiheit der Kinder 
Gottes — Ehriftus in uns — gar zu deutlich vor; 
und ber Zeitgeifl lacht des Teufels, als ob er nicht 
wäre, läugnet deſſen Dafeyn, oder deſſen Einwirkung 
auf die Menfchen ; der Zeitgeift glaubt nicht an Chri⸗ 
ſtus und nicht an die Erlöfung durch Ihn, wie fie 
und in ver Heiligen Schrift gelehret wird. Da wir 
aber willen, daß eben deßwegen biefer Zeitgeift nicht 
aus Gott, fondern von dem Teufel ift, fo befümmern 
wir und auch nicht fehr, ob ihm dieſe Schrift gefalle, 
oder nicht. Wir bleiben bei Chrifto und feiner Apoſtel 
Lehre, und finden fie noch immer fo vorteefflih, fo 
heiligend und befeligend, daß wir fie für feine Meynung 
der Zeit vertaufchen mögen. 


*) Das Herz des Menſchen. Ein Tempel Gottes order 
eine Werfflätte des Satans, in zehen Figuren finn: 
bildlich vargefellt. Zur Erwedung und Beförberung 
des chriſtlichen Sinnes. 1815. Erſchien erfimals 
1732 zu Würzburg unter dem Titel: „Geiftlicher 
Sittenfpiegel-. Aus dem Franzöfiſchen.“) 


172 


Diefe ganz biblifchen und chriftlichen, von ver heili⸗ 
gen Kirche allezeit geglaubten Wahrheiten werten in 
dieſem Schriftchen in Sinnbildern und Yiguren darge 
ftellt, erklärt und angewendet, um bie Böfen von ber 
Sinde und Sklaverei ded Satans abzufchreden, und 
die Srommen im Olanben und in der Gottfeligkeit zu 
ſtaͤrken.« 

Auf jeder Figur erſcheint ein Herz mit einem An⸗ 
geſichte. Aus dem Zuſtande des Herzens, welches der 
Sig und die Werkſtätte des Guten und des Böſen iſt, 
muß der ganze Menſch beurtheilt werden; das Angeſicht 
iſt gleichſam der Schild, den der innere Menſch aus⸗ 
hängt, an dem man einigermaßen erkennen kann, weſſen 
Geiſtes Kind er ſey. Darum blicke bei jedem Bilde, 
mein lieber Leſer! in dein eigenes Herz, betrachte dein 
Inwendiges, um zu erfahren, in welchem Zuſtande du 
dich befindeſt; ob Chriſtus oder Satan in dir herrſche, 
ob Gottes oder des Teufels Reich in dir ſey, ob du 
ein Sklav der Sünde und des Satans, oder ein freies 
Kind Gottes ſeyſt. Laß dirs ernſt ſeyn! geh nicht 
gleichgültig darüber hin; ſey redlich, es dir und Gott 
zu geſtehen, und aufrichtig zu bekennen, was und wie 
du es in dir ſindeſt.“ 


Die erſte Figur. 


Das Bild des Innern eines Menſchen, der der Sünde 
dient und den Teufel in ſich herrſchen läßt. 


So iſt das Herz eines Weltmenſchen beſchaffen, der 
ſich der Sünde ergiebt und ganz nach dem jetzt herr⸗ 
ſchenden Sinne der Welt dahin lebt, nach dem Geiſte, 
per jetzt in den Böſen wirket (Epheſ. 2, 2.). Das 
Angeſicht vrüdt den Leichtſfinn aus, der keine Sünde 
achtet, nichts für Sünde hält, ſich alles erlaubt, mas 


Sır2. 


173 


das böfe Herz gelüftet, und luſtig dahin Lebt, ohne an 
Gott, an die Ewigkeit und an ein Gericht zu denken. 

Im Herzen wohnt der Teufel mit feinem An- 
hang — den fiben Todſünden, die durch die 
fieben Thiere vorgebilvet find. 

Der Pfau, der.mit feinen ausgebreiteten Spiegel⸗ 
fevern an Stolz alle andere Thiere übertrifft, ftellt vie 
Hoffart vor, die fo viele Menfchen verleitet, wegen 
einigen Borzügen, Gaben, Gnaden, wegen ihrem Reidy« 
tbume, oder Echönheit, oder Ehrenftellen, die ſie unver 
dient von Gott empfangen haben, ftch felbft wohlzu⸗ 
gefallen, ſich zu erheben in ihren Gedanken, als wären 
fie deßwegen befier, und andere gering zu achten, zu 
verachten und zu brüden. 

Der Bol, ein geiles, ſtinkendes Thier, iſt das Bild 
der Unzucht und aller Unreinigkeit; das 
Schwein, das Bild ver Unmäßigkeit, des Fra⸗ 
ßes, der Trunkenheit und aller Völlerei. 

Die Krödte, die ſich von der Erve nährt, ſtellt ven 
Geiz vor, der die Menfchen treibt, nach irdifchen Guͤ⸗ 
tern mit unerfättlicher Begierde zu trachten. 

Die Schlange, die unfere erſten Eltern betrog 
und verführte, weil fie viefelbe um ihre Glückſeligkeit 
beneibete, iſt das wahre Bild des Neides und ber 
Schadenfreude. 

Der Tieger, eines ber graufamften und grimmig« 
ſten Thiere, bezeichnet ven Zorn und die Rachſucht, 
welche ven Menfchen zu Thaten verleitet, vie ſolchen 
graufamen Thieren eigen find. 

Die langſame Schildkröte finnbilvet die Träg- 
heit und Lauigkeit, die dem Menfchen allen Trieb 
und alle Luft zum Guten benimmt. 

Der heilige Geiſt ift aus dem Herzen vertrieben 


174 


und weicht; und dennoch unterläßt Er nicht, dem Sün- 
der feine Gaben und Gnaben, welche die Beuerflammen, 
die um pas Herz herumfchiweben, bebeuten, anzubieten ; 
allein Er findet feinen Gingang in das Gerz, das voll 
Sündengräuel und ganz in ber Gewalt des Satans ffl. 

Der gute Engel, oder die Önade-Chrifli — 
bemühet ſich auch, ven Sünder durch's Wort Gottes 
oder andere Mittel zu erwecken; aber er Hört nicht 
und nimmt nichts zu Derzen, weil er ganz betäubt und 
beraufcht ift von ven Lüften und Freuden der Sünde. 

Diefes iſt der ſchreckliche und erbärmliche Zuſtand 
eined Suͤnders, der nach dem berrfchenden Sinne ber 
Welt Lebt. O wie viele Mienfchen- leben in dieſem 
 elenden Zuftande fo ficher dahin, als ob es mit ihnen 
feine Gefahr Hätte! Ste heißen Chriſten und find 
Knechte der Sünde, SHaven des Teufel; fie haben 
den Namen, daß fte leben, und find tobt (Offenb 3, 1.). 


Die zweite Figur 


Das Bild des Innern eines Sünders, der Buße thut 
und die Sünde zu fliehen anfängt. 

Die zuvorlommende Gnade Gotte8 und Chrifti — 
die der Engel ſinnbildet — ſtellt dem Sünder die Fol⸗ 
gen und ven Lohn der Sünde vor Augen, nämlich das 
Schwert, ober dad Gericht, und ven Tod. Sir 
überzeugt ihn aus dem Worte Gottes, daß meber bie 
Hurer, noch die Ehebrecher, noch die Weichlinge and 
Knabenfchänder, noch die Diebe, noch die Geizigen, noch 
bie Trunfenbolve, noch die Räuber, noch bie Laͤſterer — 
daß nichts Unreines in das Himmelteich eingehen Eünne 
und werde (1. Kor. 6, 9. 10.). Daß Trübfal und 
Angft, Ungnave und Zorn kommen werde über alle 
Seelen, bie Böfes tfun (Nm. 2, 9.). 


175 


. Der Sünder, erjchredt in feinem Gewiſſen, geht in 
fi und blidt in fein Hetz hinein, und findet lauter 
Sünde und Gräuel in fi, er erfennt durch ein höhe 
ed Licht, das jebt In fein Herz einfallen kann, vie 
Haͤßlichkeit und Schäplichkeit der Sünde; es reuet ihn, 
er haßt, verabfheuet Die Sünde, er möchte los und 
frei davon feyn, fühlt aber die Macht der Sünde, kennt 
feine Schwadhheit und Neigung zur Sünde, er feufzt 
aus dem innerften Herzensgrunde: Ach Ich elender Sün« 
der! wer wird mich erlöfen von dieſem ſündigen Todes⸗ 
. leibe? — Die Gnade Gottes durch Jeſum Chriftum 
(Rom. 7, 25.) antwortet ihm der Heilige Geift, 
der fich dem reumpithigen,, zerfchlagenen Herzen wieder 
genäbert hat und mit den Flammen der göttlichen 
Gnade daſſelbe durchdringet, und ihm Licht und Kraft 
mittheilet, 

Und fo wie das Licht des Heiligen Geiſtes in das 
Herz einbringet und bie Funken der Gnade ſich in dem⸗ 
felben ausbreiten, fo muß der Satan mit feinem häß- 
lichen Anhange weichen. Die fchänplichen Geftalten, 
die abfcheulichen Thiere, die Sinnbilver der Lafter flie⸗ 
ben. Wo das Licht einvringt, muß die Finſterniß weis 
hen. — Sobald ver Tag anbricht, muß die Nacht 
verſchwinden. Die Gnade ift das Kicht, die Sünde if 
die Finſterniß und Nacht. Sobald wir die Sünde zu 
haſſen anfangen, muß der Satan weichen, er herrfchet 
nur in der Sünde, in ver Binfternig — er Tann nur 
durch die Sünde in unfer Herz einpringen: die Liebe 
zur Sünde gibt ihm ven Schlüflel zum Herzen, vie 
Anhänglichkelt an das Böfe öffnet ihm Thür und Thor 
in bein Herz. Liebe zu Gott und zum Guten, ber 
Haß der Sünde, verfherrt ihm den Eingang und ver⸗ 
treibt ihn. 


176 


D Seelen! liebet das Licht, haffet Das Arge! wider⸗ 
ftebet dem Böfen, und der Satan fliehet von euch. 
Schlieget euer Auge ver Welt, der Sünde und allen 
Neigungen zum Böfen , öffnet emer Herz dem Lichte des 
heiligen Geiſtes! jeder Strahl dieſes höhern Kichtes fer 
euch willkommen, er verbannet Sünde und "Finfternif, 
Satan und Hölle aus eurem Herzen. Schauet fleißig 
in euer Herz hinein, um jeden Öräuel der Sünde, ber 
ſich in demſelben verſtecken möchte, zu entdecken und zu 
verabfiheuen. In dem Kichte Gottes, Dad immer vor 
eurem Herzen wartet, um eingelaflen zu werben, und 
jobald ihr Ihm aufmacht eindringt und alles in euch 
beleuchtet und belebt, in dieſem Lichte Gottes werbet ihr 
iedes böfe Thier, jenen Staub und Schatten der Suͤnde 
erfermen und in feiner Häßlichleit erblicken, und Gottes 
Gnade, die in den Schwachen mächtig iſt, wird euch 
davon befreien. 


Die dritte Figur. 


Der innere Zuftand eines Sünvers, der an Ehriftum und 
das Evangelium glaubig und mit dem heiligen Geifte 
erfüllt wird. . 
„Der Sünder, durch den Anblick feiner Sünden und 

durch die Güte und Langmuth Gottes, vie ihn fo lange 

getragen und zur Buße geleitet hat, muͤrb und marr, 

— dad heißt, zerknirſcht, gerührt, eriweicht in feinen 

Herzen, — weint jet Thränen ver herzlichiten Reue. Es 

ſchmerzt ihn im Innerfien ber Seele, Gott! diefe große 

Liebe und Langmuth fo ſchrecklich und fo oft beleibiget, 

verlaflen, mißkannt und verachtet, und bagegen bem 

Zeufel fo lange gedient zu haben. 

Wenn er nun fo durch die zuvorkommende Barmher⸗ 
jigfeit zubereitet ift, fo wird erfüllt, was die Schrift 


175 


. Der Sünder, erſchreckt in feinem Gewiſſen, gebt in 
fih und blickt in fein Hetz hinein, und findet lauter 
Sünde und Gräuel in ſich, er erfennt durch ein höhe 
res Licht, Das jebt In fein Herz einfallen kann, bie 
Höflichkeit und Schäplichkeit ver Sünde; es reuet ihn, 
er haßt, verabjcheuet die Sünde, er möchte los und 
frei davon feyn, fühlt aber die Macht ver Sünde, Tennt 
feine Schwachhelt und Neigung zur Sünde, er feufzt 
aus dem innerflen Herzensgrunde: Ach ich elender Sün« 
der! wer wird mich erlöfen von dieſem fündigen Todes⸗ 
. leibe? — Die Gnade Gotted durch Jeſum Chriftum 
(Rom. 7, 25.) antwortet ibm ver heilige Geiſt, 
ber ſich dem reumüthigen , zerſchlagenen Herzen wieber 
genähert hat und mit den Flammen ber göttlichen 
Gnade daſſelbe durchdringet, und ihm Licht und Kraft 
mitthetlet. 

Und fo wie das Licht des Heiligen Geiſtes in das 
Herz einbringet und die Funken der Gnade fich in dem⸗ 
felben auäbreiten, fo muß der Satan mit feinem häß- 
lichen Anhange weichen. Die fchänplichen Geftalten, 
die abfcheulichen Thiere, die Sinnbilver der Lafter flies 
ben. Wo das Licht einvringt, muß die Finſterniß wei⸗ 
hen. — Sobald der Tag anbricht, muß die Nacht 
verſchwinden. Die Gnade tft das Licht, Die Sünde iſt 
Die Binfternig und Nacht. Sobald wir die Sünde zu 
baflen anfangen, muß der Satan weichen, er herrfchet 
nur in der Sünde, in ver Finfternig — er Tann nur 
durch Die Sünde in unfer Herz eindringen: vie Liebe 
zur Sünde gibt ihm den Schlüfiel zum Herzen, die 
Anhänglichkelt an das Böfe öffnet ihm Thür und Thor 
in dein Herz. Liebe zu Gott and zum Guten, ber 
Haß dee Sünde, verfperrt ihm den Eingang und ver⸗ 
treibt ihn. 


177 


fagt: Gott ift nahe denen, bie zerbrochenen Herzend 
find und ein zerfihlagenede Gemüth haben (Pf. 33, 
19.). Gott Beilt vie zerbrochenen Herzen (Pf. 147, 3.). 
Der Engel — oder die Gnade — tritt jeßt vor fein 
Herz, hält ihm Jeſum Chriftum den Gefrew 
jigten und das Evangelium vor; das iſt, es 
wird ihm verfündigt bie frohe ſeligmachende Botichaft, 
dag Chriftus in die Welt gefommen ift, folche Sünber, 
wie er ift, jelig zu machen, daß er für die Sünder ges 
florben und Bergebung der Sünden und ewiges Leben 
erworben habe. Es wird alſo den zerfnirfchten, zer⸗ 
fchlagenen Herzen von Gott in Chrifto Gnade, Berges 
bung, Heil und Xeben und ewige Seligfeit angeboten. 
Nimmt nun der Sünder dieſes Unerbieten im Glauben 
und in bemüthiger Zuverfiht an; ergreift er Iefum 
CHriftum den Gefreugigten, fein Leinen, feinen Tod, 
fein Verdienſt; glaubt er lebendig, daß dad alles für 
ihn gefchehen, ihm gefchentet, umfonft und aus Gnaden 
geſchenket fen, jo empfängt er, wie alle Ölaubige an 
Chriſtus, den heiligen Geift, und ver heilige Geift giebt 
Zeugniß feinem Geiſte, daß ihm jebt feine. Sünden 
vergeben und daß er ein Kind Gottes fey. Denn der 
heilige Geift erfüllt das Herz mit Friede, Freude 
und Gerechtigkeit, und fo hat wahrhaftig das 
Reich Gottes bei ihm eingefehrtt. Nun fließen zwar 
auch noch Thränen, aber nun Thränen des Dankes, der 
Freude und Hingebung an den, der ihn von aller Sünde 
erlöste und mit feinem Geiſte erfüllte Leib und Seele 
freuen fich jegt im lebendigen Gott. Der Stern glänzet 
im Herzen, weil ver Glaube lebendig geworben ifl. Die 
Feinde ſeines Heils, die gräulichen Thiere, Satan und 
fein Anhang, find nun ganz aus dem Herzen verſchwun⸗ 
den, und es heißt nun: Solche ſeyd ” gewefen, aber 
l, 1 


178 


ihr ſeyd gerecht worden burch den Namen des Kern 
Jeſu, und durch den Geiſt unſers Gottes (1. Kor. 6, 
11.). O wie herrlich, wie ſelig, wie erfreulich iſt der 
Herzensſtand eines ſo begnadigten Sünders. Er moͤchte 
ein Loblied nach dem andern anſtimmen. Er kann ſich 
ſeines Heilandes und ſeiner Gnade nicht genug er⸗ 
freuen, ſeine Liebe und Barmherzigkeit nicht genug be⸗ 
wundern, nicht genug danken. 

Er ſoll aber bei all' dieſer Freude in heilſamer Furcht 
und Wachtfamkeit bleiben und nicht ficher werben; denn 
die Thiere — die Sünden — find zwar außerhalb 
dem Herzen — Satan hat fein Recht und Gewalt über 
ihn verloren — aber er iſt doch nicht weit entfernt, 
und er und bie Sünde lauern Tag und Nacht, um 
wieder dahin zurädzufehren, woraus fie vertrieben find. 
Er ift deſto mehr erbittert, jemehr er verloren hat. 
Darum wachet und betet. — — 


Die vierte Figur. 


Bild des innern Zuflandes eines Menſchen, ber durd 
Chrifti Berdienft mit Gott verföhnt, nichts mehr weiß, 
als Zefum Epriftum, den Gekreuzigten. 

In dem Herzen des begnabigten Sünvers iſt nun 
nichts zu fehen, als Jeſus, der Gekreuzigte, und 
die Zeichen ſeines Leidens. Denn der heilige 
Geift, ver ihn jeßt treibt umd regiert, und deſſen Füße 
zung er fich überlaſſen bat, kann fein Herz nicht befier 
in ber Liebe entzünden, als wenn Er ihm beflänbig 
Jeſum in feiner Martergeftalt am Kreuze, und über 
haupt feine Leiden vorftellt, und ihm zu Bemüthe führt, 
wie viel e8 Jeſu, feinen DVerfühner, gekoftet Hat, daß 
er erlöfet iſt. Die Vorftellung des Todes Jeſu und 
das Andenken an fein Leiden ift vaher fen Hauptge⸗ 


179 


fhäft. Ich weiß num nichts mehr, fagt er mit Pau- 
Ius, ald Jeſum ven Gekreuzigten. — Es fey ferne von 
mir, mich eine8 andern Dinges zu rüähmen, ald des 
Kreuzed unferd Herrn Jeſu Chriſti, durch welchen mir 
die Welt gefreuziget ift und Ich der Welt (1. Kor. 
2, 2. Sal. 6, 14.). 

Er findet unter der Leitung des heiligen Geiſtes in 
dem Tode und Leiden feines Verſohners fo viel Troſt 
und Kraft, daß fein ganzes Herz damit erfüllt if. Iſt 
Gott für mich, fpricht er, wer kann wider mich feyn? 
Hat Gott feines eingebornen Sohnes nicht verfchont, 
fondern Ihn für uns alle dahin gegeben. Wie! Hat 
Er uns mit Ihm nicht alles geſchenket? (Roͤm. 8, 31. 
32.) Der Tod, das Leiden Iefu ift Ihm alfo Pfand 
ter ewigen DBaterliebe Gottes, die ihn in Chriſto mit 
ſich ausgeföhnet Hat und ihm feine Sünben ‚nicht zu⸗ 
rechnet (2. Kor. 5, 19.). Chriftus der Gekreuzigte 
ift nur der Grund feined Vertrauend zu Gott, Der 
ewigen Liebe: der Gott Vater, der feinen Sohn für 
und in ſolche Xeiven hingeben konnte, was wird uns 
der verfagen? 

Und weil auf diefe Weile Chriftuß Der Gefreus 
zigte fein Eigenthum geworben, in feinem Her⸗ 
zen wohnt — ihm von Gott gefchenkt, fo finvet er in 
Ihm die reichlichfte Duelle, nicht nur alles Tros 
fle8, fondern auch aller Kraft zum Guten in fi. 
Der Gedanke, ver Iebendige Glaube an Chriſtus, feine 
gefreuzigte Siehe ‚in fih, macht ihm alle Weltfreube, 
alle Fleiſchesluſt, alle Erdenherrlichkeit, alles vergäng- 
liches Gut zum Ede. — Es iſt ihm, als rufe ihm 
Jeſus der Gekreuzigte befländig zu: wenn du Mir fol 
gen — mein Jünger ſeyn willft, fo nimm bein Kreuz 
auf dich, verläugne dich ſelbſt und folge Mir nach! 


180 


(Matth. 16, 32.). Denn wer fein Kreuz nicht auf fich 
nimmt und mir nachfolgt, der iſt Meiner nicht wertb, 
fann mein Jünger nicht ſeyn (Matth. 10, 38.). Seine 
Grandneigung wird daher die, Chriſto dem Gefreuzig- 
ten ähnlich zu werben. Er übt fi) deßwegen in ber 
Gottfeligkeit, er jagt nad) ver Heiligung, ohne welche 
Niemand ven Herrn fehen wird (Hebr. 12, 14.). Cr 
reinigt fi) von aller Befleckung des Sietfches und des 
Geiftes, und fahret fort mit der Heiligung und in der 
Burcht Gottes (2. Kor. 7, 1.). Er betet ohne Un⸗ 
terlaß, und baltet an mit Bitten und Flehen im Geifte. 
— (Ephef. 6, 18.) Mitzutbeilen und wohlzuthun ver- 
gift er nicht, denn er weiß, ſolche Opfer gefallen Gott 
wohl (Hebr. 13, 16.). Er freut fi, wenn er gemür« 
diget wird, um Chrifti willen Schmach, Verfolgung, 
Zrübfale, Demüthigungen zu leiden, weil er weiß, Daß, 
wenn wir mitleiden, wir auch mitverderrlichet werben. 
Kurz, um defmillen, ver Ihn geliebet und fich jelbit 
für Ihn Ddargegeben hat, überwindet er weit in allem 
— indem er auch hinausblickt auf ven Gnadenlohn, 
der groß ift, und allen denen zu Theil wird, die im 
Kampfe beharren. Wer überwindet, ver wird alles er⸗ 
erben (Offenb. 2, 16.) So fhallt e8 in feine Ohren ; 
darum vergißt er, was Hinter ihm ifl, und ftredt ſich 
aud nach dem, was vor ihm ift, nach den Kleinod, 
welches ihm ver himmlifche Beruf Gottes in Chriſto 
vorhält (Phil. 3, 13. 14.) 


Die fünfte Figur. 

Das Innere des Oottfeligen. — Sein Herz ein Tempel 
tes Tebendigen Gottes, eine Wohnung ‚der heiligſten 
Dreieinigkeit. 

In dem Herzen des begnadigten und durch den hei— 
ligen Geift gebeiligten Sünderd cerfcheint nun Die hei⸗ 


ı _S200. 





181 


ligſte Dreieinigfeit: der Bater, der Sohn und der heilige 
Geiſt. Wie denn Chriſtus fpricht: Wer Mich Liebt, 
der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn 
lieben, und wir werben zu ihm Tommen und Woh« 
nung bei ihm nehmen (30h. 14, 23.). Eine folche 
Ehre und Herrlichkeit widerführt dem Chriften, der ver- 
ſoͤhnt, durch Chriſti Blut gewafchen yon Sünden, nun 
aud Dankbarkeit Chriftum feinen Erlöfer über alles 
liebt, und weil er — Ihn liebt, auch jeine Gebote 
bält. Die ewige Gottheit Tehrt bei ihm ein. Er wird 
som Bater geliebt um des Sohnes willen; er wird 
vom Vater befucht. Der Bater und Sohn und heilige 
Geiſt wohnen, bleiben in ihm. Darum fchreibt auch 
Paulus (1. Kor. 3, 16.): Wiflet ihr nicht, daß ihr 
Tempel Gottes ſeyd und der Geiſt Gottes in euch 
mohnt; fo jemand den Zempel Gottes ververbt, den 
wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ift hei 
lig, und der feyd ihr. Und im zweiten Briefe an Die 
Korinther 6, 17. fehreibt er wieder: Ihr ſeyd der Tem⸗ 
pel des Icbendigen Gottes, wie denn Gott fpricht: Ich 
will in ihnen wohnen und wandeln, und will ihr Gott 
fegn, und fte follen mein Volk feyn. 

Nebft der heiligen Dreieinigfeit fiebt man auch noch 
das Kreuz Chrifti im Herzen. Denn dieſes Tann 
der Chriſt nie vergeflen, nie aus Sinn und Herzen laflen. 
Das Keiden und der Tod Iefu, ver Gefteuzigte, fein 
Verdienſt bleibt immer der Grund, auf welchen er baut, 
auf welchen fein Glaube, feine Hoffnung fich flügt, 
bleibt Die Duelle feiner Liebe. Er mag auf den Vater, 
oder Sohn, oder heiligen Geiſt in fich ſchauen, mag 
noch fo innig mit Gott vereiniget ſeyn, fo denkt er 
doch immer zurück und fragt fich felbft: wie komm 
id Sünder zu biefer unverbienten Gnade? Antwort: 


182 


durh Chriſtum, den Gekreuzigten, ver mid 
durch feinen Tod mit Gott verföhnt bat. Er iſts, der 
Sünde, Fluch und Tod durch fein Kreuz von mir ab» 
gewenvet, und Gnade, Heil und Leben mir erworben 
und gefchenfet Kat — durch feine Gnade und durch 
fein Verdienſt bin ich, was ich bin. 

Statt der fleben Haupt und Tobfünden, Die aufer 
Chriſto fein Gerz einnahmen und zur Werkflätte des 
Teufeld machten, erblicken wir jet die entgegengefeßten 
Tugenden darin, nämlich Demuth, Liebe, Sreigebigkeit, 
Keufchheit, Wohlthätigkeit, Mäßigkeit, Nüchternheit, Ge⸗ 
duld und Sanftmuth, Eifer und Andacht. 

Wer ſollte ſich nicht aus allen Kräften beftreben, 


ChHriftt Worte und Gebote zu Halten, das if, an Ihn 


zu glauben, Ihn zu lieben, Ihm naczufolgen, Ihm 
ähnlich zu werben, da ver Treue und Liebe, die fein 
Wort hält (Joh. 14, 23.), fo große Dinge verheißen 
find, daß nämlich Bott felbft in einem ſolchen Herzen 
einfehren und da wohnen will. O laſſet und Ihn 
lieben, ruft Johannes, der an feinem Bufen Ing — 
denn Er hat ums zuerft geliebt — und die Liebe iſt 
aus Gott — Gott ift die Kiebe, und wer in der Liebe 
bleibt, der bleibt in Gott, und Gott ir ibm (1. Joh. 
4, 16.). Hier ſchon Eönnen wir Gott fo nahe kommen! 
hier fchon läßt ſich Bott fo tief zu und — in und — 
herab! Laffet und doch recht erniftlich im vertraulichen 
Umgange mit dieſem großen, erbabenen Gaſte in uns 
üben, und und bemühen, ſtets in feiner Nähe und Ge 
genwart zu wandeln, und Ihm ganz ergeben — ftet8 
in und bleiben und wohnen, ba Gott felbft in und 
wohnt und bleibt! Alles außer uns ift ja nichts, ff 
vergänglich — die ganze Welt vergeht mit al ihrer 
Herrlichkeit — aber Gott, Chriftus in ums, bleibt ewig, 


u 


mm 


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0202 


183 


und wenn wir Ihm anbangen, find wir ein Geift mit 
Ihm (1. Kor. 6, 17.). Er dat uns ja die Füftlichen 
und theuerften Verheißungen gemacht, daß wir felbfi 
göttlicher Natur theilhaftig werben, menn wir bie ver 
gängliche Luft ver Welt fliehen (2. Betr. 1, 4.) O 
laſſet uns an Ihn glauben und an Ihn halten, "als 
fühen wir Ihn! Wer an Ihn glaubt, der hat Hier 
Schon das ewige Leben, den Himmel in fi} (Joh. 6, 47.). 


Die ſechsſste Figur. 


Der Herzenszuftand eines Menfchen, deſſen Eifer wieder 
erfaltet und der vie Welt lieb gewinnt. 


Du fiehft in dieſer Figur ein Angeflcht, welches mit 
einem Auge frech umberblidt; das andere Aug ift fchlä- 
ferig. Im Herzen find die Zeichen des Leidens Jeſu 
weniger geworden, die Funken ver Gnade erlöfchen, der 
Stern — der Glaube — wird dunkler und hat fein 
Licht und Glanz verloren. Das bedeutet und, daß, 
wenn ber Menfch im Guten lauer und fihläfriger wird, 
im Gebete und Wachtſamkeit nachläßt, und dagegen auf 
die Gitelkeiten der Welt hinblickt, und fich immer mehr 
vom Genuſſe der Breuden, Ehren und Vergnügungen 
ber Welt over des Fleiſches erlaubt; wenn er Dabei, 
wie e8 natürlich erfolgen muß, immer weniger an dad 
Leiden feined Heilandes denkt, zu dem Befreuzigten, dem 
Anfänger und Bollenver feines Glaubens, immer ſelte⸗ 
ner aufblict, und Ihn fo nach und nach aus dem Here 
zen verliert, jo erlöfcht die Blut der Andacht, Die Liebe 
zu Jeſus erfaltet, nie Gnade weicht, der Glaube wanket 
und flieht, es wirb dunkel, finfter, kalt und troden in 
feinem Serzen; er wird träge und verzagt, und was 
geſchieht nun? 


E27 


183 


und wenn wir Ihm anfangen, find wir ein Geift mit 
Ihm (1. Kor. 6, 17.). & Hat und ja die Föftlichen . 
und theuerften Verheißungen gemacht, daß wir felbft 
göttlicher Natur theilhaftig werden, wenn wir Die vere 
gängliche Luft der Welt fliehen (2. Betr. 1, 4.) O 
laffet und an Ihn glauben und an Ihn halten, als 
fähen wir Ihn! Wer an Ihn glaubt, ber hat Hier 
Schon daß ewige Leben, den Simmel in fich (Joh. 6, 47.). 


Die jerhste Figur. 


Der Herzenszuftand eines Menfchen, deſſen Eifer wieder 
erfaltet und der die Welt lieb gewinnt. 


Du flehft in dieſer Figur ein Angeficht, welches mit 
einem Auge frech umherblickt; das andere Aug ift ſchlaͤ⸗ 
ferig. Im Herzen find bie Zeichen des Leidens Jeſu 
mweniger geworben, die Funken ber Gnade erlöfchen, der 
Stern — der Slaube — wird dunkler und hat fein 
Licht und Glanz verloren. Das bebeutet und, daß, 
wenn der Menfch im Guten lauer und fehläfriger wird, 
im Gebete und Wachtſamkeit nachlägt, und dagegen auf 
bie Eitelkeiten der Welt hinblickt, und fich immer mehr 
vom Genuſſe der Freuden, Chren und Vergnügungen 
ber Welt ober des Fleiſches erlaubt; wenn er babei, 
wie es natürlich erfolgen muß, immer weniger an bad 
Leiden feined Heilandes denkt, zu dem Gekreuzigten, dem 
Anfänger und Bollenver feines Glaubens, immer ſelte⸗ 
ner aufblickt, und Ihn fo nach und nach aus dem Her⸗ 
zen verliert, fo erlöfcht die Blut der Andacht, Die Liebe 
zu Jeſus erfaltet, die Gnade weicht, der Glaube wantet 
und flirht, es wird dunkel, finfter, kalt und troden in 
feinem Sergen; er wird träge und verzagt, und was 
geichieht nun? 


184 


Die Welt, die ver Mann mit dem Dolche vorftellt, 
dringt nun wieder mit Gewalt in fein Herz ein; well 
er Feine Glaubensfraft und Muth, Fein helles Kicht, 
feine Liebe mehr hat, fürchtet er fich vor den Drohun⸗ 
gen der Welt, oder er wird durch Schmeicheleien und 
Zodungen, betrogen, und gewinnt die Welt wieder lieb. 

In einem folchen Zuftande kommt nun auch ber 
Satan wieder und trägt und fchleppt die alten Thiere 
‚wieder in das Gerz hinein, und das gelingt ihm um 
fo leichter, weil er feine Wache, Teinen Widerſtand mehr 
findet, weil ver Menfch Iau, träge im Gebete geworben, 
und die Gelegenheit zur Sünde nicht meidet, ſondern 
fih der Gefahr felbft ausſetzt. 

Der Engel oder die Gnade Chrifti fucht zwar 
den Satan abzutreiben, — allein da ihm der Menfch 
felbft durch die Sünde Thür und Thor wieder öffnet, 
und nicht wachet und betet, mit der Gnade nicht treu 
mitwirfet, dringt die Sünde und durch die Sünde wie» 
der der Satan in dad Herz ein. 

Hier gilt es alfo, was Chriſtus fagte: Wachet und 
betet, damit ihr nicht in Verfuchung fallet! Betet ohne 
Unterlaß. Das Gebet iſt Die. Seele des chriſtlichen 
Lebens; wo dad Gebet nachlaͤßt, laͤßt alles Gute nach 
— das Gebet iſt das geiſtliche Athemholen. Wo das 
ausbleibt oder ſchwaͤcher wird, da ſtirbt alles Gute. 
So auch, wenn wir nicht wachen und ſchlaͤferig wer⸗ 
den, fo kommt der Feind und ſaͤet Unkraut unter den 
Weizen. 

Ein unbewachtes und unbewaffnetes Herz ſteht allen 
Beinden — der Sünde und dem Satan — offen. Laß 
alfo Die Heilige Wache — Gebet und innige Andacht, 
Aufblick auf Iefum den Gefreuzigten — nie von dei⸗ 
ner Seele meiden — nie einfchlummern, damit nicht® 


— - - — — — __ J& 


185 


Unreined in den Tempel Gottes eindringen und ihn 
verderben kann, fonft wird dich Gott auch verderben. 
Wachet und fey müchtern, denn der Teufel, euer Wider- 
facher, geht umher wie ein brüllenver Löm, und fucht, 
wen er verfchlinge. Widerſteht ihm feft im Glauben 
(1. Petr. 5, 8). Wer fteht, ver fehe zu, daß er nicht 
falle! Wir dürfen die Waffenrüftung, vie Paulus 
(Epheſ. 6, 13—19.) fo ſchon Kefchreibt, nie ablegen ; 
denn wir baben, wie er Ders 12 fagt: nicht nur mit 
Fleiſch und Blut zu Tämpfen, fondern mit Yürften 
und Gewaltigen, nämlich mit ven Herren der Welt, die 
in der Finſterniß dieſer Welt herrſchen, mit den böfen 
Geiſtern unter dem Himmel, die mit feurigen Pfeilen 
und verfolgen, die wir nur mit bem Schilve des Glau⸗ 
bens auslöfchen Eonnen. Der Glaube muß daher im- 
mer feit und lebendig bleiben, Die Liebe immer brünftig, 
md Dad fann nur dann ſeyn, wenn wir Jeſum und 
fein Leiden nie aus dem Auge und Herzen laflen; wenn 
wir unfern Blick abwenden von der Welt und ihren 
Lockungen, und zu Ihm unverrüdt aufbliden, wenn 
wir unjer Herz verriegeln allen Reizen ver Sünde, und 
die Nähe Gottes, den Umgang mit Gott ſtets unter« 
halten — auf vie Gnadenzüge Gottes und die Regune 
gen des Heiligen Geiſtes immer aufmerffam find und 
und Ihm Hingeben. Der Glaube verliert all feine Kraft, 
fen Kicht und Leben, die Liebe erkaltet, wenn der Grund, 
auf dem fle ruht, Jeſus der Gekreuzigte, aus dem Her⸗ 
zen weicht. 
Die fiebente Figur. 


Das Herz eines Menſchen, der nach feiner Belehrung wie- 
der muthwillig fünbiget und die Sünde und den Satan 
in ſich Herrfchen läßt. 


. Dieſes Bild flellt den innen Zufland eines Suͤnders 


186 


vor, welchen Ehriftus im Evangelio (Luk. 9.) alfo be⸗ 
fchreibt: Wann der unreine Geiſt von dem Menfchen 
auögefahren ift, fo wandert er durch dürre Derter, fucht 
Nude, und findet Feine; da fpricht er: ich will wieder 
umfehren in mein Haus, das ich verlaſſen habe. Kömmt 
er nun wieder dahin, fo findet er ed mit Befen gefch- 
vet und geſchmuückt. Alsdann geht er bin und nimmt 
noch fieben andere Geiſter mit ſich, bie ärger find ale 
er ſelbſft, und wann fle Hineinfommen, fo wohnen fie 
da, und fo werben die letzten Dinge eines foldden Men- 
ſchen ärger als die erften. 

Welch ein entfeglicher Anblick: der Satan thront und 
wohnt, herrſcht und gebietet jeßt in dem Herzen, wel⸗ 
ches ehedem die Wohnung Gottes, der Tempel des hei« 
ligen Geiſtes war. Die alten Sünden und Sünden⸗ 
gräuel find wieder da zu fehen; bie abfcheulichen Thiere 
haben fich wieder feftgefeht und Haufen va, als in ih⸗ 
rem @igenthume. Und woher kommt das? Der Menſch 
achtete Die Gnade nicht, die er hatte, vergaß die Rei⸗ 
nigung von feinen vorigen Sünben;z übte fich nicht in 
der Gottfeligkeit und Helligung. Und wer nicht forte 
fihreitet, muß zurüd gehen. Es ift da fein Stillſtand. 
Mer nicht ernfthaft vinget, bei der engen Thür hinein« 
zugehen; nicht flanphaft und muthig fortwandelt auf 
dem ſchmalen Wege; nicht forgfältig Im Haß der Sünde 
und in der Verfchmähung der Welt und ihrer Luft ſich 
zu beftärken jucht und allen Gelegenheiten zur Sünde 
aus dem Wege geht, den zieht die Lift des Teufels, 
der Reiz der Sünde und die Luft der Welt bald wie 
der in ihre Netze. Und es wird, wie Petrus jagt 
(2. Petri 2, 22.), dad Sprichwort wahr: der Hund 
frißt wieder, was er gefpieen bat, und das Schwein 
wälzt fih nach der Schwemme wieder im Koth. Das 


187 


heit, der ungewafchene, leichtfinnige Dienfch faͤllt wie 
der in feine alten Sünden zurüd und giebt fich feinen 
Lüften und Neigungen wieder bin. 

Der Heilige Geift flieht davon: denn wie kann 
Gottes Heiliger Gelft bei den unreinen Geifte wohnen? 
Wie Tann das nämliche Herz zugleich ein Tempel Got⸗ 
ted und eine Behaufung ver Teufel feyn? 

Der Engel — over die Gnade — entfernt Sich 
traurig, jedoch mit -aufgehobenen Händen, anzuzeigen, 
daß Chriſtus doch noch Mitlelven mit dem elenben Süm 
der habe und ihm gleichfam bittend zuruft: „O, wenn 
du es nochmal erfennteft, was zu deinem Frieden Dies 
net! Gottes Vaterarm, das Herz deines Erbarmerd fteht 
dir noch offen! Kehre wieder, du Abtrünniger! Ich 
will Mich nochmal deiner erbarmen!! — aber er hört 
nicht mehr. Er flieht frech in Die Welt hinein, er 
achtet nicht8 mehr, weder heimliche, noch Öffentliche 
Sünde und Schande Er flieht nicht den Abgrund, in 
den ex fich hinſtürzet, Tennt nicht die Gräuel, bie in 
feinem Herzen find; weil fein Glaube tobt ifl, Der 
Stern alles Licht verloren hat und er vom Satan 
ganz verbienvet ift. 

Sieh, Tieber Mitpilger! fo fieht e8 mit Dir, menu 
du deine Sünden gebeichtet, bereuet und Vergebung er⸗ 
langet haft; aber alsdann Dich nicht mit Gottes Gnade» 
vor der Sünde hüteft, fonvern dich ihr wieder in Die 
Arme wirft. Es tft nachher ärger und fihlechter ald 
zuvor; denn die Sünbe und der Teufel ſetzt fich jetzt 
fefter und müthet noch mehr in dir, und du biſt jetzt 
ihr volllommener Sklave und Knecht. Hüte dich alfo 
doch vor dem Rückfalle in die. alten Sünden und Ge 
wohnheiten. Haft du einmal Gnade verlangt, der 
Süinte — dem Teufel abgeſchworen, der Hoffart, dem 


4 


U\ 





« 





188 


Beize, der Unfenfchheit, dem Neide, der Unmäßigkeit, 
dem Zorne, der Trägheit ven Krieg angefünpigt, fo bleibe 
ihr emiger abgefagter Feind und laſſe fie nie wieder in 
deinem Herzen auffommen, verfolge’ ſie, fliehe fie, wo 
und wie du kannſt; denn fie werden allzeit wieder in 
dich zurüdfehten, ihre alte Serberge einnehmen, ihr 
alte Recht behaupten wollen, und fo wie du ihnen 
Raum und Platz Täfleft, jo werben bei dir bie lebten 
Dinge ärger als die erſten. Vertraue auf Gott, der 
mächtig genug ift, dir zu helfen, und dir ben Sieg 
über- deine Feinde zu verfchaffen. Wenn du auch fehift, 
raffe dich wieder auf und Fämpfe wieder! - Mach nur 
nie Friede mit der Sünde! Ergreife allezeit wieder bie 
Hand der Allmacht — veines Erloſers! Er kann und 


- will bir belfen. Sein Arm ift nicht zu fur. Gr ift 


der Staͤrkere. Er kann den ſtarken Bemwaffneten, den 
Satan, binden und hinauswerfen, ihm die Beute wies 
ver abnehmen und dich frei machen. Wie folk vu 
denn dein Herz ein Haus der Teufel werben, over laͤn⸗ 
ger bleiben laflen, da du Gottes Tempel feyn ober 
werben kannſt? 


Die achte Figur. 
Der Tod des Gottlofen und der Lohn ver Sünde. 


Sp liegt der unbußfertige Sünder da auf feinem 
Todtbette — am Leib voll Schmerzen, im Geifte voll 
Mengften und Bangigkeit, vol Furcht und Entſetzen 
vor dem Tode, voll Schreden des kommenden Gerichts. 
(Er ift gänzlich verlaflen, one alle Hülfe, Teined Troftes 
fähig, weil er nicht glaubt und Gott und den Erldfer 
nicht erkennt — der Tod fteht vor feinen Augen und 
droht, ihm nun alles zu nehmen, alle Freuden, alle 
Güter, Ehren, Wolluft, Alles, durchaus Alles. Der 


\ 


SIR 


189 


Catan hält ihm feine Sünden vor. Zuvor hat er ihn” 
dazu geführt und ihm die Sünde reizend und fchön 
vorgeftellt, jeßt ſchreckt er ihn damit, Angfliget fein Ge⸗ 
wiflen und zeigt ihm den Lohn der Sünde, ber auf 
ihn wartet, nämlich: ewiged Verderben, ewige 
Berdammniß, endlofe Qual in der Hölle. 
Berzweifelt blickt er umher und fieht überall nichts als 
Schredendgeftalten; inwendig foltert ihn fein Gewiſ⸗ 
fen, welches bis dahin gefchlafen hat, aber jeßt mit 
taufendfacher Kraft wieder erwacht ift und ihn in Höl« 
lenangft verfegt. Er flieht die Hölle, den Abgrund offen, 
wie er bereit if, ihn zu verfchlingen, auf ewig zu ver⸗ 
jihlingen. Er kann nichts Gutes mehr hören, weil er 
fein Herz gegen alle Eindrücke des Guten längſt durch 
Sünde verhärtet hat und gegen die Stimme Gottes 
taub geworben if. Er wendet fih weg von dem gu⸗ 
ten Geiſte, von der Önabe, von dem Engel — darum 
weicht auch dieſer von ihm und überläßt ihn ber Ver⸗ 
zmweiflung, der er fich freimillig und muthmwillig in ven 
Schood geworfen hat. Sp giebt er den Geift auf und 
erfheint vor dem Richterſtuhle Chrifti, und hört aus 
dem Munde deſſen, ven er in feinem Leben verachtet, 
deſſen Wort er nicht gehört ober wieder verlaflen hat, 
defien Gnade er verfchmähet, deſſen But er mit Füßen 
getreten bat, hört nun aus ben Munde des Richters 
jein unmiberrufliches Urtheil: „Seh Hin, du Ver 
fluchter, ind ewige Feuer! 

Sp lohnt die Sünde und Die Luft der Welt. Ver⸗ 
worjen, verurtheilt von Gott, auögefchloflen vom Him⸗ 
mel und auf ewig verbannt vom Angeſichte Gottes, 
flürzt er nun in den Abgrund — in einen ewig jam- 
mervollen Zuſtand — in ein Feuer, das nie verldjcht, 
benagt von einem Wurm, der nie flirht. 


90 


D wie viele Menfchen ellen biefem ewigen Verder⸗ 
ben entgegen! wie viele, die Chriften heißen und feyn 
wollen, dienen der Sünde, der Luſt, der ſchaͤndlichen 
Begierde, ergeben ſich dem Geize oder ver DVerfchmen- 
dung, ber Hoffart oder dem Neide und der Schaben- 
freude, der Unkeufchheit oder ver Trägheit, dem Zorne 
oder der Unmaͤßigkeit und Trunfenheit, ober überhaupt 
dem Wohlleben. Sie beichten allenfall3 vielleicht noch 
thre Sünden, aber nicht um fich zu beſſern, fonvern 
nur aus Gewohnheit. Sie fündigen wieder und ver⸗ 
baren in der böfen Gewohnheit — beichten wieber, 
fündigen wieder — und fahren fo fort bi8 an ihr 
. Ende, ohne je ihren Sinn zu ändern, ohne je ihre 
Sünden von Herzen zu bereuen, ohne ſich ernftlich und 
von ganzer Seele zu Chriſto dem Erldfer zu wenden, 
ohne feine Gnade und Barmherzigkeit zu fuchen. Sie 


bleiben bei ihrem Belchten, Kommuniziren, Kirchgehen, 


Previgthören und andern Andachten immer doch die 
alten Menfchen, Sündendiener, Weltfinder, Stlaven des 
Teufeld, und je mehr fte der Firchlichen Andachten mit« 
machen, deſto mehr fteifen fe fich Darauf, als wenn fie 
nicht nöthig hätten, ihr Herz zu ändern und ſich wahr 
haftig zu befehren. Unverſehens Tommt der Tod und 
zafft fle weg, und da ſie aufs Fleiſch gefüet haben, fo 
ernten fle auch von Bleifche das Verderben; denn 
was der Menfch füet, dad wird er erndten. 

Beſonders fchredlich iſt ner Tod derjenigen, bie ſchon 
einmal Gnade empfangen, aber fle nicht bewahrt, Chr 
ſtum ſchon einmal erfannt haben, aber nicht bei Ihm 
geblieben , fondern wieder abgefallen find und fich der 
Welt und Sünde in die Arme geworfen haben. Denn, 
wie Paulus fagt (Hebr. 19, 26.): Wenn wir muth« 
willig fündigen, nachdem wir zur Erkenntniß der Wahr« 


—— — —— 


EIN. 


- 191 


heit gefommen find, fo haben wir Fein anderes Opfer 
mehr für die Sünde, fondern ein fchredliched Gericht 
. und ein Beuereifer, der die Widermärtigen verzehren 
wird, wartet auf und; denn es ift unmöglich, daß bie, 
fo einmal erleuchtet find und geſchmeckt haben vie himm⸗ 
liſche Gabe, und theilhaftig worden find des heiligen 
Geiſtes, und verkoftet haben das gütige Wort Gottes, 
und die Kräfte ver zukünftigen Welt, wenn fie abfallen, 
und wider fich felbft ven Sohn Gottes Freuzigen, und 
für Spott halten, daß fle follten wieder erneuert wer⸗ 
den zur Buße (Hebr. 6, 4.). 

D ihr Sünder, die ihr euch euern Leibenfchaften hin« 
gebt, wuͤßtet ihr doch, was ihr Liebe! — Ihr liebet 
den Tod und das DVerverben! Was euch jegt ſchmei⸗ 
chelt, wird euch einft foltern. Bedenket doch emere böfen 
Wege und haſſet das Arge! Entſaget der Luſt und der 
Sünde! fie iſt euer Verderben! Höret doch bie freund⸗ 
liche Stimme eured guten Hirten, Iefus Chriftus, ver 
euch zurufl: Kommet zu mir — mein Blut macht 
‘such rein von eurer Sünde! Ich vergebe euch, Ich 
mache euch felig — Ich gebe meinen Schafen das 
ernige Leben! — Verhärtet eure Herzen nicht gegen 
diefe Stimme eures guten Hirten, damit ihr nicht einfl 
die Donnerflimme des Richters Hören müßt: Geht hin 
— ihr DVerfluchte, in's ewige Beuer! — Es iſt fchrede 
ih in die Hände bed lebendigen Gottes zu fallen 
(ebr. 10, 31.). 


Die neunte Figur. . 

Der innere Zuftand eines Chriften, der im Kampfe gegen 

bie Sünte und in ver Hebung ber Gottſeligkeit bis ans 
Ende beharret. 

Du flehft auf diefem Bilde, wie das Herz bes Chri⸗ 

fen von allen Seiten mit Feinden umgeben ifl. “Der 


192 


Catan und die Sünde lauren befländig auf ung und 
fuchen die alte Herrſchaft im Herzen zu erlangen. Un⸗ 
ten ſtehen zwei Männer, die die Welt vorftellen, wo⸗ 
von einer durch Darreichung eines Becherd zu finn- 
lichen Luſtbarkeiten und weltlichen DVergnügungen ein- 
ladet; der andere mit dem Dolche fucht durch Drohungen, 
Verfolgungen, Läfterungen und andere gewaltfame Mittel 
vom Guten abzufchreden und zu einem fündhaften Leben 
zu verleiten. 

Mit viefen Feinden des Helle, mit Fleiſch, Welt und 
Catan hat der Chrift hier in dieſem Leben immer zu 
fämpfen, allein fein Herz iſt dagegen bewaffnet, fie 
fonnen ihn nicht überwinden. 

Oben ſchwebt der Engel — die Gnade Gottes — 
die ihn beftändig zum Kampfe erinuntert und zur Be⸗ 
barrlichkeit auffordert, indem fie ihm zuruft: Niemand 
wird gekrönt, er fämpfe denn recht. Und: Wer aus⸗ 
barret bis and Ende, der wird felig werben. 

Im Herzen glänzet der Stern hell und fihön, das 
heißt, der Glaube ift ihm lebendig, und ver Glaube 
ift der Sieg, der die Welt überwindet (1. Joh. 5, 
4.). Er ift voll Zuverficht, vol Vertrauend zu Gott, 
darum fteht in feinem Herzen gefchrieben auf einer 
Seite: Wer ift wie Gott? Gott ift mit mir; und 
in Ihm und durch Ihn vermag ich alles. Seine Gnade 
ift mir genug. Auf ver andern Seite heißt es: Wer 
will und fcheiden von der Liebe Jeſu Chriſti? Trüb- 
fal? oder Angft? oder Verfolgung? oder Hunger? ober 
Blöße? oder Gefahr? oder Schwert? — in dem allm 
überwinden wir weit um deßwillen, ber uns gelichet 
bat (Rom. 8, 35—39.). Glaube und Liebe fir 
ben alfo oben an in feinem Herzen und befefligen ihn 
im Guten. 


193 


In der Mitte des Herzens ift eine Hoftie zu fehen, 
mit der Umfchrift: Jeſu, meine Liebe! Das zeigt 
an feinen großen Hunger nach ber wahren Geifleöfpeife, 
nach dem Brode des Lebens, welches vom Himmel ge= 
fommen if und der Welt das Leben gibt (Ich. 6, 
33.). Mit dieſem lebendigen und belebenden Brode 
nährt ‘er, ſtaͤrkt er ſeinen Glauben und feine Liebe im 
dem bftern Genuſſe des heiligen Abenpmahles. Er fin« 
det in dieſer Speife die größte Kraft, das ewige Leben, 
wie e8 denn auch Jeſus verfprochen hat: Wer mein Fleiſch 
ift und mein Blut trinkt, der bleibt in Mir und Ich 
in ihm — der hat das ewige Leben (Job. 9, 54. 56.). 

Berner fiehft vu im Herzen Chriftus den Ge 
freuzigten und ein offenes Buch — das Evan 
gellum, die heilige Schrift. Denn das Leſen 
und Betrachten des Wortes Gottes, der heiligen Schrift, 
und befonverd des Leidens und Todes Jeſu bleibt im⸗ 
mer feine liebſte Beichäftigung und bie füßefte Waibe, 
auf der er feine Seele waidet, um fich gegen Welt und 
Sünde, gegen Fleiſch und Satan in allen Anfechtungen 
zu waffnen und zu flärfen. Wer Iefum — den Ges 
kreuzigten — nicht im Herzen hat und hält, der if 
gewiß Iebenbig tobt. Und wer dad Wort Gottes, die 
heilige Schrift, das Evangelium nicht über alle Bücher 
Gebt, vor allen andern Iiest und betrachtet, fle nicht 
aller Wiflenfchaft vorzieht, nicht zur Regel und Richt 
ſchnur feines Wandels macht, der iſt wenigflend ger 
fährlih Trank an feiner Seele, "wenn nicht gar tobt 
und verworfen. 

Endlich fehen wir im Herzen ein Kirchle in, einem 
offenen Geldſack, Brod und Fiſch. Das 
Kirchlein bedeutet, daß er gerne betet und unabläfig 
im Gebete verhareet; ſowohl öffentlich im den Berfamme 

1, 1 


14 


Jungen der Glaubigen, ald heimlich in ver flillen ver 
‚ borgenen Kammer, und überall, wo er gebt und flchs, 
unterbaltet fich fein Gerz mit Gott, und lebt usb 
ſchwebt im Umgange mit Ihm, freut fich feiner Nähe, 
gibt ih ihm Hin, bleibt m Ihm. Ohne Gebet Tann 
Niemand beharren in wer Oottfeligfeit, im Glauben, 
in der Liebe u. f. w. 

Der offene Geldfack zeigt feine Wohlthaͤtigkeit, 
feine brüberliche Nächftenliebe an. Er arbeitet dem 
Geize entgegen, indem er gern von dem Seinigen ſei⸗ 
nen bürftigen Brüdern mitthellt, fo viel er fann; um 
Liebe zu üben und fein Herz immer mehr vom Irdi⸗ 
fchen loszureißen. Er weiß, daß dieſe Seelen, vie tem 
Satan dadurch entgangen find, daß fie andern groben 
Zaftern, ald der Wolluſt, der Iinmäßigfeit abgefagt har 
ben, wieder unvermerft in die Stride des Teufels fal« 
len, da ſie fich heimlich dem Geize, ver Geldliebe hin⸗ 
geben, und unter allerlei Entſchuldigungen und Vor⸗ 
wand vergeffen, Andern mohlzuthun und mitzutheilen. 

Brod und Fifch finmbilden feine Mäßigkeit, Ent- 
haltſamkeit und Nüchternbeit, indem er in allem daB vechte 
Map zu Halten fucht, damit er nicht Durch unordente 
lichen Genug von Speife und Trank die Luft bes 
Fleiſches nähre, ven Geiſt nievervrüde, und ſich zur 
Uebung der Gottfeligkeit unfähig mache. 

Mit diefen Waffen Tämpfet der flandhafte Chriſt; 
biefe Wagenrüftung legt er nie von fich, und fo behält 
er dad Feld und flegt über alle feine Feinde, über 
Welt, Teufel und Fleiſch. 


Die zehnte Figur. 
Der Tod des Frommen und Gerechten. 
Ein Menſch, der im Glauben und in der Uebung 


E18. 


" 195 


rer Öotrfeligfeit ſtandhaft bis and Ende verharret, legt 
ſich endlich, wenn fein letztes Stünblein fommt, freudig 
und getroft auf fein Sterbebett nieder. Er fürchtet 
weder den Tod, noch dad Gericht; denn beide treffen 
ihm nicht, wie und Jeſus verfichert, der da fagt: Wer 
mein Wort hört und glaubt dem, der Mich gefandt 
dat, der Hat das emige Leben und kommt nicht ins 
Gericht, er ift vom Tode zum Leben hindurchgedrungen 
(306. 5, 24.). 

So liegt nun der Gerechte da, ruhig in feinem Ge⸗ 
wiſſen, weil ihm die Sünden vergeben find und er 
Gottes Gnade in feinem Kerzen genießt. Das Krucifir 
drüft er auf jeine Bruft, um feine Liebe und Vereh⸗ 
rung Jeſu Chriſti des Gefreuzigten anzuzeigen, ven er 
in feinem ganzen Leben im Herzen getragen, auf den 
er immer ganz und allein vertraute, der auch jegt in 
Tode fein .einziged Vertrauen und feine ganze Zuverficht 
it. Ihm lebte er, Ihm ftirbt er. Aus feinem freund« 
lichen beitern Angeſichte Teuchtet berwor ver innere Friede, 
der göttliche Troft, vie Heilige Salbung des Geiſtes, ver 
in feinem Herzen wohnt. Aug und Herz find gen 
Himmel gerichtet, und fein ganzer Anblick drüdt aus 
und fagt, mas fein Inneres denkt: Ich wünſche 
anfgelöst und bei Chrifto zu ſeyn. Der Engel 
Gottes wartet auf feine Seele, bis fie vollendet ift, um 
fie in Gottes Schoos zu tragen. Iſt er endlich auf 
geldst von ten Banden des Leibes und der Sterblich- 
feit, fo eilt feine Serle dem entgegen, an ben fie hier 
geglaubt, auf ven fie gehofft, ven fle geliebt hat, ohne 
Ihn zu fehen. Run fol fie vor feinem Angefichte er⸗ 
fheinen. Chriftus eilt entgegen und ſtreckt beite Arme 
nach ihm aus, fprechenn: Komm, du frommer, 
getreuer Knecht, bu bift über Wenig treu 


196 


gewefen, Ih will dich über Vieles fegen 
— gehe ein in die Freude deines Herrn. 

Der Satan muß mit Schande abziehen. 

Melche Freude! welche Wonne dann das feyn wird, 
Chriſtum von Angeflcht zu fehen, mie Er tft, und mun 
Ihm gleich werden an Herrlichkeit und Seligfeit! wer 
kann das befchreiben ? 

So flirbt der Gerechte, der an Chriftus glaubige und 
im Kampfe gegen die Sünde, Welt und Teufel ſtand⸗ 
baft verharrende Chrifl. — Ein ſchoͤnes Ende nimmt 
der Kampf und das Leiden der Frommen! O möchte 
dad jeden aufmuntern, fort zu glauben, fort zu Täm- 
yfen, nicht zu ermüben, mit allem Ernſte zu ringen, 
bei der engen Thuͤre einzugehen und den Lauf glücklich 
zu vollenden; drüben wartet eine herrliche Krone, ein 
unverwelkliches, unbefledtes, herrliches Erbe. 





XV.-Das Nad der ewigen SÖl: 
leuqual. 

Zugleich einige Unterhaltungen über die Hölle, die Höllen⸗ 

firafen, die Teufel, und das Alles, was dazu und dork 

“ hin gehört *. 

Unter allen Göllen« Infpeftoren (wie ich fle nennen 
möchte, die den armen Erdgebornen die jogenannte Hölle 
im geiftlichen Eifer heiß gemacht Haben, ober ihnen 
diefelbe haben machen Iaflen) vie HHrn. P. P. Dre 
rel und Kochem mit eingefchloffen, giebt es wohl 


*, Euriofltäten VI. 


708. 


197 


nicht feicht einen, der fich fo eifrig bemübt hat, alles 
das, was in ber Hölle nach feiner Meinung vorgehen, 
dort gefchehen, geifan und erlitten werden fol, in 
Profa und Ligata, zu fehildern, zu befchreiben und ab» 
zubilven, als den Dr. Jur. Juſtus Georg Schot« 
tel, weil. Fürſtl. Braunfchweig - Lüneburgifcher Hofe. 
Cammer⸗ uub Gonfiftorial-Rath, der zu feiner Zeit ſich 
um bie veutfche Dichtfunft und Sprache eben fo vew 
bient machte, als um die beutfchen Rechtsalterthümer 
und bie gerichtlichen Gebräuche der Vorzeit. Diefer ger 
lehrte Juriſt, erfahrne Sprachforfcher und unterrichtenve 
Dichter fand ein ganz befondered Vergnügen darinn, 
über die Welt hinaus in bie Ewigkeiten zu bliden. Ta 
fah er nun, wie e8 nach dieſem Leben in ben freude 
vollen Auen der Selign und in ver Wohnung Des 
Jammerd der Verdammten zugeht. Diefe mehr ale 
Duevebifchen und Drerelifchen Viſionen fchrieb er auf, 
und denen von ber Hölle gab er, um alles recht an⸗ 
ſchaulich zu machen, Abbildungen, zu welchen er die 
ausführlichfte Befchreibung fügte. Diefes alles fügte er 
ganz ſyſtematiſch zufammen, wie wir es den Leſern in 
feinem Eifernen Rap ber ewigen Höllenqual 
mittheilen. Das Bild flebt vor Augen, und mit des 
Viflonifien eigenen Worten ftehe bier die Erklärung: 

„Lieber Leſer! befchaue nur einmal das Rad ring 
herum, und lied mit Bedacht, was daſelbſt geſchrie⸗ 
ben, ringsherum, was für Zeit und Beinleivung 
bei der Marterqual, mas für Zeit und Peinleivung 
bei ver Angfiqual, bei ver Reuqual, bei ver Ver 
zweiflungsqual, bei 100, bei 1000, bei 100,000, 
bei Millionen Jahren in brennendem Beche, in flammen- 
dem Schwefel, in glühendem Eifen, in durchſtechenden 
Pfriemenflammen, mit Heulen und Weinen 


198 


unaufbörlih, mit Zähnefnirfchen unendlich, mit 
Hunger und Durft wunderbarih, im Stante 
und Finſterniß graufamlih muß in der Hölle zu- 
gebracht, erlitten, überftanden, auögemacht und volle 
bracht werben, che nur, ach! ehe nur dieſes Rad ein«- 
mal fann herumgetriceben werden. Nun aber 
ift dieſes Rad der Ewigkeit von lauter ewigfe 
ften Eifen, muß umd wird herumgehen viel hundert⸗ 
taufend, ja viel Millionen tauſendmal, und kann nicht 
veralten, nicht vergehen, fich nicht verfchleifen, auch 
nicht ftille ftehen in alle Ewigkeit, daher kann man, 
fo man nur will, nachfinnlich abnehmen die allerbe- 
trübtefte, allerfchrecklichite und allergraufamfte nen d⸗ 
lichkeit der Höllen-Dual. Toll und unfinnig 
möchte einer werden, wer biefe feurige Ewigkeit und 
diefe eifernen, ewigen Jahre alfo foll betrachten! Ach, 
ja wohl!“ 

„So wird ver Menfch für feine Sünden geftraft an 
Leib und Seele ewiglih. Es muß leiden der Leib. 
Das iſt vie Poena sensus, bie Poena positiva. 
Es muß leiden die Seele. Das iſt vie Poena damni, 
die Poena privativa. Wo fle dann find in ihrer 
Angftqual, dad ift ein wunderlebend⸗todtes 
Land. Viele taufend Thore bat der qualmende Pfuhl 
der Hölle und auf die Flammen wird der Verdammte 
gebeitet. Liegt er num In Flammen, hundert Jahr auf 
der linken, taufend Jahr auf der rechten Seite, zwan⸗ 
zigtaufend Jahr auf dem Ruͤcken, Hunberttaufend Jahr 
auf dem Bauche (Hierbei die Abbildung), und biefer 
ſchreckliche Zeitraum ift vergangen, fo geht die Dual 
von neuen an zur Wiefelbrunft, zum Heulgewitter, 
zum Wimmerwind und Geufzgefnitter. Ewig ftirbt 
man in ber Hölle, um dort in fihaubervollen Dualen 
ewig zu leben,” u. ſ. w. 


199 


Kaum iſt e8 zu begreifen, wie ein Menfch, der ein 
menschliches Herz bat, fo reiht con amore auf 328 
gebrudten Seiten von nichts als Marter, Qual, Ges 
heul, Gebrüll, Winfeln, Ungftgefchrei, Zuckungen, Kuire 
fhen, Jammern, Verzweifeln ꝛc. ac. Sprechen kann, ohne 
fih vor fich felbft zu fürchten. Und iſt er denn fo 
engelrein, daß er für fi und um feineiwillen gar 
nichts zu fürchten hat? Macht er fich nicht feine Hölle 
ſelbſt Heiß, ohne es zu wollen? Mit Einem Worte, 
eine folche Graufamkeit laͤßt fi) von einem Menfchen, 
von einem fanft empfinden follenden Dichter, nicht erw 
warten. Zwar hat ung Dante auch fehredliche Sc 
nen in feiner Hölle geſchildert, aber er hat es ge 
wiß nur allein ala Dichter gethan, und nicht -fo 
projaifch pofltiv wie der Nechtögelehrte, Sprachforfcher 
und Proſodoiſt Schottel. Er bat zwar, wie er fagt, 
diefe feine Arbeit „in guter Meinung unternommen, 
um einen Truchtbringennen Saamen der Warnung aus⸗ 
zuſtreuen,“ aber es ift doch zu zweifeln, daß dabei viel 
gewonnen worden ift. 





Da wir nım einmal von der Hölle reden, wo, 
voie der PB. Abraham von St. Clara verfichert, 
ein „befländiger Syllogiemus in ferio“ iſt, fo gut, 
wie von den Qualen der Berbammien, jo wollen wir 
Loch auch Davon die Meinung Anderer hören, vie ihre 
Schilderungen nicht weniger der Gewißheit entnommen 
su haben glauben. 

So demonſtrirte der ehrw. P. Gilbert Baur, Prä- 
monſtratenſer⸗Ordens, Chorherr zu Marchtall, im Jahr 
1785 ganz ernſtlich die Hoͤllenpein alfo: „Du weißt, 
was gefchieht, wenn man ein Bleifch einfalzet. Es 
dringt ſich nach und nach in alle Theile, In jede Nerve, 


200 


jedem Gebein theilt e8 feine beißende Gigenfihaft mit, 
und doch wird das Fleiſch durch dad Salz nicht aufe 
gelöst oder zernichtet, ſondern vor Der Verweſung ber 
wahret. Eben fo wird das höllifche Feuer in das Mark 
eindringen, durch das Eingeweide fich vertheilen, alle 
Adern und Nerven befeßen, das Hirn kochet Davon 
mit -einem müthenden Schmerzen, ohne daß Tod oder 
Zernichtung darauf erfolgte.” 

Er Hat fein Möglichſtes gethan, die Sache verftänt- 
lich und begreiflich zu machen ! 

Der Jeſuit P. N. Sauffin, deſſen Mitleivenfchaft 
mit der Sonne fo merkwürdig war, ber nur allzube 
herzte Beichtvater K. kudwigs XILII., ver dem Kar 
dinal Richelieu mißfallen mußte, fehrieb ein Bu: Ze 
Cour Sainte, welches beinahe in alle lebende Sprar 
chen überfeßt worden ift und ihn befannter gemacht 
bat ald alle feine andern Schriften, ob fie gleich alle 
Proben feiner Einſicht, Freimuͤthigkeit und Gelehrſam⸗ 
felt geben. In viefem Werke fpriht er auch u. a. 
von der Ödlle und fagt: 

‚Nun laſſet und aud die Befchaffenheit der Hölle 
betrachten. Was ifl die Hölle? Ein Stillſchweigen. 
Denn alles, mad von der Hölle gefugt wirb, ift weit 
meniger, ald vie Kölle fell. An fte kann fein Ger 
techter denken, ohne taufend Zähren zu vergießen.“ 

„Wollt ihr aber doch willen, was die Hölle ift, fo 
fragt Tertullian. Diefer wird euch fagen: Die Hölle 
ift eine tiefe, finftere Geftanfgrube , in welche der Un⸗ 
rath der ganzen Welt fletö zufammenflieft. Fragt ten 
Hugo von St. Bictor. Er wird antworten: Die Hölle 
ft ein Abgrund ohne Grund, der der Verzweiflung bie 
Thür auffchlieget und diefelbe aller Hoffnung verriegelt. 
Sie ift ein ewiger Yeuerpfuhl, fagt ver Evangeliſt Jo⸗ 





. 201 


hannes (Upolal. 14. und 20.) Seine Luft fchöpft 
er von glühennen Kohlen, fein Licht von den auflo- 
dernden Flammen. Die Nacht der Hölle find Binfter- 
niffe, dad Muhebett der Verdammten find Schlangen 
und Dttern, ihre Hoffmmg ift die Verzweiflung. O 
ewiger Top! D Leben ohne Leben! O Elend ohne 
End! x.“ 

„&8 erzählt der heil. Bonifazius, der Deutfchen Apo⸗ 
ſtel, in feinem 21. Sendſchreiben an Adelburg, maß 
ihm ein aus jener Welt zurücgelommener Geiſt fagte, 
ber nicht genug befchreiben konnte ven Sammer ber 
Berbammten und das graufame Verfahren der Teufel 
gegen fie, um biefelben zu peinigen und zu martern ⁊c.“ 

„Der Menſch Hüte ſich, in Sünden zu fallen, darin 
nen zu bebarren, der ewigen Verdammniß enigegenzw 
geben, und ſchicke fich in Gottes Willen.” 

So dachte auch der Schwärmer Rusbroch, ber 
verficherte: „Es fey ihm einerlei, wohin Bott ihn nach 
feinem Tode bringen laflen werbe, und fey es auch in 
die Hölle, wenn es mur Gottes Wille ſey, ver alle® 
zum Beten der Dienfchen zu machen wife.“ 

„Wie unglüdfelig, — fagt Meyfarth, ber beler 
fene Gottesgelehrte und Schulmann, — werben biejenigen 
feyn, deren Seelen nach dem Abſterben bed Leibe abe 
geforbert werben von den Teufeln, um fie dahin zu 
bringen, wohin fie gehoͤren! Und wenn diefe num ih⸗ 
ren Bang baben, frohloden fie fihadenfroh, und ziehen 
mit hoͤlliſchem Gelächter ihn zu fih in bie Flammen, 
in die unermeflich große Jammerhoͤhle, wo der Schmerz 
mit gar nichts zu vergleichen if. Welch ein Clend ifl 
ed, in ber Hölle zu wohnen, zu dienen, und noch meßt, 
dort zu leiven. Das Gemäth wird geängfliget durch 
Die Traurigkeit des Gewiſſens, ver Leib unterliegt der 


202 


Flammen Grauſamkeit. O Marter über Marter! Kein 
Troft ift zu finden, und peinlich tft Das Anfchauen bes 
fürchterlichen Teufel, die mit ven Seelen ver Könige, 
ganz ohne Nüdkfichten zu nehmen, eben fo umgehen, 
wie mit denen der gemeinften Menſchen. D fchredie 
baser Zuftand! D Klagen und Wehe! Verloren ift 
alles, und dahin auf immer und ewig!” ac. 
„Die Unglüdlichen flerben, ohne ven Tod zu fehen, 
ihr Ende bat Fein Ende, ihr Abgang ift ohne Abgang.“ 
Ueber die Dauer ober Die Ewigkeit der Höl⸗ 
Ienftrafen erbob fich fchon in den frühften Zeiten 
ſtatkes Zweifeln und großer Streit; aber felbft Philo⸗ 
fophen fanden nichts Unnatürlches darin. Die Chilia« 
fien, auf die baldige Erfcheinung des taufendjährigen 
Meiche hoffend (Die jedoch, von Peterfen bis Jung, 
noch Feiner erwartet hat), nahmen Stufen ber Höllen- 
flrafen an. Ste glaubten, einige würden mit 1000 
Jahren Strafe belegt, andere mit mehreren, nach der 
Größe ihrer Sünden, aber alle, felbft die Teufel und 
böfen Geiſter, Hätten nad 50,000 Jahren Erlbſung 
. und Befrelung zu Hoffen. Immer aber ein ganz art 
ged Sümmchen don Jahren! — Andere behaupteten 
jeboch auch, die Hölle fey noch gar nicht angegangen. 
Der Schwärmer, oder vielmehr Raſende, William 
Hacket, der in einer Balgerei mit einem Schulmeifter 
biefem, feinem Gegner, die Nafe abbiß umd biefelbe 
verſchluckte, damit fie feinem Feinde nicht wieder ange⸗ 
heilt werben Tonnte, ſchaͤmte ſich nicht, zu behaupten: 
ee habe die Höllenftrafe ſchon ausgeſtanden, indem 
man fich ſtreite, ob es bereinft erft-eine geben werde. 
Wie dem nun feyn mochte, fo fol Machiavell 
doch geftanden haben, er möge lieber in ver Hölle bei 
Mugen und vornehmen Leuten, als im Simmel bei 
Yem Lumpengefinvel ſeyn, welches venfelben anfülle. 


203 


Es iſt Vielen eingefallen, wie groß und von wel 
them Umfange, bei einer vermuthlich fo ſtarken An⸗ 
zahl von Verdammten, die Hölle wohl feyn müſſe? 
Mehrere haben barauf geantwortet. Wir mollen hören, 
was fle fagen: | 

„Ein bewährter Seribent erklaͤrt ſich über die Größe 
und den Umfang ber Hölle alfo: Wenn die Sache Elüge 
lich und mit reifentbenlogifhen Verſtande erwe⸗ 
gen wird, fo fcheint e8, als ob nicht über 100000000000, 
d. i. taufend Millionen Menſchen werden verdammt 
werben. Dies angenommen, kann man alfo ſchließen: 
Menn der höllifche Kerker nach völliger Abmeflung der 
Höhe und Stärke, eine veutfche Miele austrägt, fo iſt 
für Die Verdammten Raum genug vorhanden; denn 
fie werden nicht nach Bequemlichkeit einlogirt , fondern 
fie müflen gezwängt unb gepreßt beifammen wohnen, 
wie die zufammengequetfchten Trauben in einer Kelter, 
wie die gefalzgenen Heringe in einer Tonne, mie die 
Ziegen im Brennofen, fo daß ein gar zu weitlaͤufti⸗ 
ges Behaͤltniß vor diefe Conbemnirten eben nicht vor⸗ 
banden zu feyn braucht.“ 

„Genauer if vr P. Cornelius a Lapide in 
feiner Erklärung über die Worte der Offenbarung Jo⸗ 
bannis XIV. 20. welcher die 1600 Feldwege zu 200 
welfchen Meilen beftimmt, der Weg von Rom bi 
Bologna. Das ift ein hinreichender Platz für die Hölle, 
Raum genug für die Verdammten und Teufel. — 
P. Leſſeus will für die Hölle einen Raum von 6 
Meilen haben, und Andere, beſonders mehrere Herren 
Patres ex Societate Jesu, feine Collegen, beitehen 
darauf, ſie muͤſſe noch größer ſeyn. Diele wollen 100,000 
Meilen für. vie Hölle haben. Des Himmels Wille und 
Gnade wird geben, fo viel wie nöthig iſt.“ 


204 


Der Engländer Swinden fucht zu beweiſen, die 
Hölle werde in ver Sonne ſeyn. Es wollte e8 ihm 
aber niemand glauben, was ihm hoͤchſt verprüßlich war. 
- Wie müflen die Rabbinen auch Füren. Diefe fagen: 
„Dte Hölle hat 7 Gemäcdher und 3 Pforten. In der 
Hölle find 7 Wohnungen; jede 60 mal fo groß, als 
bie, welche über ihr if. Im jeder Wohnung find 7 
Flüſſe von Feuer und 7 Flüffe von Hagel. In jeber 
Wohnung find 7000 Löcher, in jedem Loche 7000 
Riſſe, in jedem Riſſe 7000 Skorpionen, veren jeder 
7 Gelenke Hat, und in jenem Gelenke taufend Tonnen 
Gift. Auch find darin 7 Fluͤſſe tödtlichen Gifts. Die 
Verderber oder Strafengel peinigen vie Verdammten ein 
halbes Jahr lang mit Zeuer, ein halbes Jahr lang 
mit Kälte. Diefe tft empfinplicher ald das Feuer. Wenn 
alle Seelen durch ven Yeuerfluß Dinor gereinigt find, 
fönnen fie die Hölle verlaffen und treten vor Gott.“ 

Die Siamer ſetzen die Hölle in ven Mittelpunkt der 
Erde, und geben ihr acht Wohnungen, d. I. acht Grabe 
oder Stufen ver Bein, fo wie auch ihr Himmel acht 
Stufen der Seligfeit hat. Uber ſte glauben eben fo 
wenig eine Ewigkeit der Freude, als eine Ewigkeit der 
‚Bein. 

Die Anhänger des Fo glauben eine unterirbifche 
Hölle. Diefe fol aus nichts als aus Steinen beſte⸗ 
ben in einem Saufen von Wafler und Erde. Ein Bott 
fol ihr vorfiehen, Den-vang (König ver Hölle) ge 
nannt. Es werde dort Geifter geben, fagen fie, Xo« 
ban, melde über die Echidfale der Menſchen gefebt 
find. Sie führen im Augenblide der Geburt vie See⸗ 
len in die Körper, und reißen fle zur Zeit des Todes 
mit fich fort, dahin, mo fie von andern Geiſtern graus 
fan gepeiniget werben. 


205 


Wie die Pfaffen ver Vorzeit bei uns, haben auch 
in China die Bonzen, ihre Brüder, Mittel gefunden, 
ald einen Religionderwerb Präfervative gegen die Ber 
dammniß zu erfinden; und dieſe theilen fie für Geld 
und gute Worte mit, in kleinen Käftchen fein lakirt 
und beflebt mit buntem Papier, in welchen Gold» und 
Siüberpapier in Heinen Streifen liegt, welches in wah⸗ 
res Metall im Grabe ſich verwandelt, ven Höllen-Kö- 
nig ſich gnäbig zu machen. Denn Den-vang kann dem 
Metalle nicht widerſtehen, mie die Bonzen verfichern. 

Die Indier haben eine Hölle unter ver Erbe an der 
Sübfeite des Weltgebaͤudes, Padalon genannt. In 
diefem ſchrecklichen Abgrunde find Beuerflüffe, ſcheuß⸗ 
liche Ungeheuer, mörberifche Waffen, peftilenzialifcher 
Geſtank und alle mögliche Übel auf Eine Stelle ge, 
hauft. Sobald eine folcher Elender ſtirbt, paden ihn 
bie Emagingillier (ein Riefengefchlecht, Diener des 
Damen, Gottes des Todes und Königs der Hölle) 
und führen ihn gefeflelt dahin, wo er zerprügelt, mit 
uthen gehauen und mit Füßen getreten wird. Er 
muß auf fpigigen Nägeln gehen, fein Leib wird von 

zerhackt, von Hunden zerrifien und endlich im 
einen Feuerſtrom geroorfen. Dann wird er vor ben 
Thron des unbeflechlichen Damen gebracht und empfängt 
fein Urtheil. 

Alle, welche vie Glaubenslehren verachten, werben 
auf einen Haufen ſchneidender Waffen geworfen, und 
fo viele Jahre lang dort gepeiniget, als ſie Haare auf 
dem Kopf haben. Die, welche die Bramanen befchim- 
pfen, werden in Stüden gehauen. Die Ehebrecher were 
ben gegmungen, eine glühende Statüe zu umarmen. 
PBilichtvergefiene werben von Raben zerhackt. Uebelthaͤ⸗ 
ter und Thierpeiniger werben von wilden Thieren ger 


. 206 


fleifcht. Die ſich gegen ihre Eltern vergangen haben, 
brennen im Feuer. Alle, vie fich bei Tage mit Huren 
gu Bette legen, müflen auf Dornen gehen. DBerkium« 
der werben auf Betten von glühendem Eiſen gelegt 
und müflen ihren eigenen Unflath eſſen. Geizhälfe wer⸗ 
den von Würmern zerfreflen. Welche vie Bramanen bes 
ſtehlen, werben zerfäget. Falſche Zeugen werten von 
Bergfpiken in grauenvolle Tiefen hinabgeftürzt. 

Alle viefe elenden Sünder werben dieſe Pein und 
Dualen Jahrtaufenvde lang leiden müffen, und ihre Koͤr⸗ 
per, welche troß allen jenen Zerftüdungen und Höllen- 
qualen unvergänglich find, werben ſich allemal wieder 
zufammenfügen wie Quedfilber. Nach viefer Zeit des 
Leidend werben fle zur Verlängerung ihrer Pein zu 
einem neuen Leben verbammt und durch eine befonbere 
göttliche Gnade in männlichen Saamen verwandelt. 
Diefer in die Gebärmutter des Weibes audgegoflene 
Saame wird eine ganze Nacht lang nur wie Unflath 
dafelbſt liegen bleiben. Am fünften Tage wirb er wie 
Heine Wafferfügelchen feyn. Im viertm Monat wer⸗ 
den ſich die Nerven des Kindes geflalten; im fünften 
wird e8 Hunger und Durft fühlen, im fechöten wird 
das Oberhäutchen feinen Leib umhüllen; im flebenten 
wird es fich fehon merklich bewegen fünnen. Es wirb 
auf der rechten Seite feiner Mutter liegen und ſich 
vom Saft ber Nahrungsmittel verfelben erhalten; es 
wird ſich in feinem eignen Unflath wälzen und von 
den Würmern gebifien werben; bie fcharfen Speifen 
- und das marme Wafler, welches bie Mutter trinfen 
wird, werben ihm ſehr heftige Schmerzen verurfachen. 
In dem engen Durchwege auf die Welt wird es eben« 
falls viel auszuftehen haben, und wenn es endlich ge⸗ 
boren ift, noch einer unendlichen Menge peinlicher Zu⸗ 


207 


fälle unterwotfen ſeyn. Diefe qualvolle WDiedergeburt 
werden die Unglüdlichen fo oft und fo lange wieder: 
bolen muͤſſen, bis fie fich zufegt entfchließen, ganz und 
in allem Ernſt ein tugendhaftes Leben zu führen. 

Wie die Siamer, fuchten die alten Peruaner ihre 
Hölle im Mittelpunft der Erde, die alten Kanarier im 
Berge Piko, die Urbewohner von Florida im tiefften 
Norden, wo die Verdammten unter Löwen, Tiegern, 
Bären, vergraben in Echnee und Eid, in befländiger 
Angft, in Mangel und Elend leben mußten. 

Was die Mohamedaner von der Hölle Iehren, til 
ziemlich befannt, deswegen wollen wir nur furz davon 
Fprechen : 

„Iſt das Bericht gehalten und jeden Menfchenfinbe 
die ihm gehörige Strafe zuerfannt worden, fo geht 
nun alled über die Brüde Sirat aus einander;' die 
Gerechten, rechter Hand, in's Paradies ; die Böfen, lin 
fer Hand, in die Hölle. Die Brüde Sirat aber geht 
mitten über vie Hölle, tft fo ſchmal als ein Saar, und 
fo ſcharf als eine Schwertfchneive. Weber dieſen gefaͤhr⸗ 
lichen Steg eilen die Seligen mit unglaublicher Ge⸗ 
ſchwindigkeit hinüber, indem die Verdammten in die 
Hölle Hinabftürzen. 

Diefe Hoͤlle aber Hat fieben Stockwerke. In's oberfte 
fommen die gottlofen Mobamebaner, welche jedoch durd) 
des Propheten Mohameb Vorbitte nach einigen tau⸗ 
fend Jahren daraus wieder befreit werden. In's zweite 
Stockwerk fommen die Juden, in's dritte die Chriften, 
noch tiefer die Sabäer, darnach die Mager, darauf bie 
Beiden, In dem unterften, abfchenlichften, find die Heuch⸗ 
fer, vie zwar Auferlich fich zu einer Religion befann« 
ten, aber innerlich dieſelbe nicht für wahr hielten. Un⸗ 
ter jeden Stockwerke haben 19 Engel die Wache, und 


208 


die Verdammten werben vor ihnen befeunen, daß das 
Urtheil Gottes über fie gerecht ſey. 

Diefe Verdammten follen von ben Ylammen der 
“ Kölle umgeben werben, follen Hemden von Feuer an» 

haben, kochendes Wafler foll ihre Häupter überſchwem⸗ 
men, Beuer in ihren @ingeweiden brennen und Feun 
thre Haut braten. Sie follen mit eifernen Keulen ge 
fihlagen werben, und wollen fie diefem Schredendorte 
entflieben, geratben fle immer tiefer hinein und werben 
auf ewig gepeiniget. Sie werben die Frucht vom Baum 
der Hölle, ver Zakon heißt, eflen, deſſen Zweige 
den Köpfen der Teufel gleichen, und ihr Trank wird 
ſiedendes Wafler fern. Ste haben Feuerſchuhe an, de 
ren Hiße ihre Köpfe wie einen Kefiel zum Kochen brin- 
gen wird. 

Die Mauren miffen für die Seelen der Verdamm⸗ 
ten gar feinen Platz; venn weder Erbe noch Himmel 
will fie annehmen. 


Sklavoniſches Lied von der Hoͤlle. 


1. Laßt und Lebende jetzt mit Bedacht in die Hölle fab 
ren , damit wir das Leben endend nicht als Sünder 
dahin fommen. 


2 Seht nur den gräßlihen Schlund, wie feurig und 
tief if der Ort der Qualen, den Boden kann das 
- Auge nicht erreichen. 


3. Feuer, Zangen, Schwerter, Schlangen, alle Qualen 
biefer Welt; deren alle zuſammen minder ſchrecklich 
find als jene der Hölle. 


4. Nie grauet Hier der Dlorgen, nie wirb hier Tag; 
in der Finfterniß jammert ver Sünder, dem niemals 
Linderung wird. 


10. 


11. 


12. 


13. 


14, 


15. 


16. 


209 


. Hier kocht das fenrige Meer, und thürmet über ten 


verbammten Sünder Berge von gräßlicen Flammen. ' 


. Ad ein Funke nur wäre dem Unglüdlichen ſchon hin⸗ 


länglihe Pein, gegen deffen Gewalt unfer Feuer nur 
Thau ift. 


. Der Verſtand Tann nicht faffen und Feine Zunge aus: 


fprechen, was «8 fey, im hölliſchen Feuer zu brennen, 


. Die Teufel verwandeln fih dort in Hunde, in wilde 


Thiere, in Schlangen und Drachen, heulen, bellen, 
brüllen; was das für einen Schreden verurfacht! 


. Hier wird man auch von hundert Händen gebohrt, 


geftochen, gehauen, gebrennt, und aufs neue zu hun» 
dert Foltern gebunden, gezerrt und ausgelpannt. 


Der arme Sünder muß hier ber Gerechtigkeit Gottes 
zollen, und für jebe Lafterthat befondere Pein erdulden. 


Wie des Feuers Gewalt das Eifen röthet, fo wird 
des linfeufchen Leib ewig im Feuer glühen. 


Mit drennendem Schwefel und kochendem Blei wer: 


-ben die Säufer getränfet; weldes, durch die Gurs 


gel fließend, den ewigen Durft wieder erneuert. 


Zenen, die fluchen, unzüchtige Neben führen, ober 
eine Lüge mit Schwüren betheuern, wird bie Junge 
mit Zangen gerifien. 


Das Herz, welches Beleidungen nicht vergiebt, wird 
wegen verübter Rache von Drachen zerfleifcht. 


Kann es noch ein größeres Elend geben? ach ja! 
denn aus der Finfterniß wird des Verdammten Auge 
niemals Gottes Antlig fehen. 


Veh! weh! fo wird da geheult, wohin find wir 
Elende geratben? Möchten dieß die Menfhen doch 
glauben, nie würden fie in Sünden gerathen. 


1. 14 


218 


17. Tod! wo bift du? ihr Donnerleile, tödiet ung! ach 

. fönnten wir doch erben, wir können die Qualen 
nicht erbulden. 

18. Ach! vergebens wünſcht ihr den Tod, ewig terlorne 
Seelen! denn ihr feyd verurtheilt, um ewig flerbend 
zu leben. 

19.. O ewige Pein! das Herz, welches vor beiner Flamme 

“nit erfhridt, muß von Stein, und norh härter feyn 
als Stein. 

20. Schon das Zahnweh würbeft du nicht immer erira- 
gen; wie ſchwer muß dir alfo Das ewige Feuer werben ? 

21. Schau du fündiger Menſch, jebt kennſt du das dir 


bereitete Elend; wer weiß, ob es dir nicht beſtimmt 
it, daß du morgen barein flürzef ? 


22. Heute in einer Todſünde legſt du dich zu Bette, und 
findet dich morgen im hölliſchen Feuer brennend. 





XVI. Titulatur Des Herrn Sein. 


In mehreren Kapellen, Klöftern, Hofpitälern u. a., 
in denen zu Albernvorf bei Olaz, in Halberſtadt ıc. x., 


befindet fih die Titulatur des Herrn Jeſu auf. 


Tafeln verzeichnet und angefchrieben, wie bier folgt: 
„Der allerheiligſte, weiſeſte, allervurchlauchtigfte, un⸗ 
überwindlichfle Fuͤrſt und Herr, Herr Jeſus Chtiſtus, 
wahrer Gott, gekroͤnter Kaiſer der himmliſchen Heer⸗ 
ſchaaren, erwaͤhlter König zu Zion und des ganzen Erd⸗ 
bodend, zu allen Zeiten Mehrer ver Heiligen, einziger 
Hoherpriefter und Erzbifchof, Churfürft der Wahrheit, 
Erzherzog der Ehren, Herzog des Lebens, Markgraf zu 
Jerufalem, Burggraf in Galiläa, Fürſt des Friedens, 
Graf zu Bethlehem, Baron zu Nazareth, oberfter Kriegs⸗ 
held der Eatholifchen Kirche, Nitter ver hölltfchen Pforte, 
Ueberwinder des Todes, Herr ber Heiligkeit, Pfleger der 


. 206 


fleifcht. Die ſich gegen ihre Eltern vergangen haben, 
brennen im euer. Alle, die fih bei Tage mit Huren 
gu Bette legen, müflen auf Dormen gehen. Verbläum⸗ 
der werden auf Betten von glühendem ifen gelegt 
und müflen ihren eigenen Unflath effen. Geizhaͤlſe wer⸗ 
den von Würmern zerfreflen. Welche die Bramanen bes 
ftehlen, werben zerfäget. Falſche Zeugen werben von 
Bergipigen in grauenvolle Tiefen hinabgeſtürzt. 

Alle viefe elenden Sünder werben dieſe Pein und 
Dualen Jahrtaufende lang leiden müflen, und ihre Koͤr⸗ 
per, welche troß allen jenen Zerftüdungen und Höllen⸗ 
qualen unvergänglich find, werben fich allemal wieder 
zufammenfügen wie Queckſilber. Nach dieſer Zeit des 
Leidens werben fe zur Berlängerung ihrer Pein zu 
„einem neuen Leben vervammt und durch eine beſondere 
göttliche Gnade in männlichen Saamen verwandelt. 
Diefer in die Gebärmutter des Weibes auögegofiene 
Saame wird eine ganze Nacht lang nur wie Unflath 
dafeldft Liegen bleiben. Am fünften Tage wirb er wie 
Heine Waflerfügelchen feyn. Im vierten Monat wer⸗ 
den fich die Nerven des Kindes geflalten, im fünften 
wird es Hunger und Durft fühlen; im fechöten wird 
da8 Oberhaͤutchen feinen Leib umhüllen; im flebenten 
wird es fich fchon merklich bewegen koͤnnen. Es wirb 
auf der rechten Seite feiner Mutter legen und ſich 
vom Saft der Nahrungsmittel verfelben erhalten, es 
wird fi in feinem eignen Unflath wälzen und von 
den Würmern gebifien werben; bie ſcharfen Speifen 
- and dad marme Wafler, welches bie Mutter trinken 
wird, werben ihm ſehr heftige Schmerzen verurfachen. 
In dem engen Durchmwege auf die Welt wirb es eben- 
falls viel auszuftehen haben, und wenn ed endlich ge 
boren ift, noch einer unendlichen Menge peinlidjer Zu: 


- 





207 


fälle unterworfen ſeyn. Dieſe qualvolle Diedergeburt 


werden bie Unglüdlichen fo oft und fo lange wieber- 
bolen nüflen, bis fe fich zuletzt emtfchließen, ganz une 
in allem Ernſt ein tugenphafted Leben zu führen. 

Wie die Siamer, fuchten die alten PBeruaner ihre 
Hölle im Mittelpunkt ver Erve, die alten Kanarier im 
Berge Piko, die Urbewohner von Florida im tiefften 
Norden, wo bie Verdammten unter Löwen, Tiegern, 
Bären, vergraben in Echnee und Eis, in beftändiger 
Angft, in Mangel und Elend leben mußten. 

Was die Mohameraner von der Hölle ehren, iſt 
ziemlich befannt, deswegen wollen wir nur furz davon 
fprechen : 

„Iſt das Gericht gehalten und jedem Menfchenfinde 
bie ihm gehörige Strafe zuerfannt worden, fo geht 
nun alles über die Brüde Sirat aus einander;' bie 
Gerechten, rechter Hand, in's Paradies; die Böfen, lin⸗ 
fer Hand, in die Hölle. Die Brüde Sirat aber geht 
mitten über die Hölle, ift fo ſchmal ala ein Saar, und 
fo darf als eine Schwertfchneide. Ueber dieſen gefähr- 
lichen Steg eilen bie Seligen mit unglaublicher Ge⸗ 
ſchwindigkeit hinüber, indem die Verdammten in die 
Hölle hinabſtürzen. 

Diefe Hole aber Hat fleben Stockwerke. In's oberfte 
kommen die gottlofen Mobamevaner, welche jedoch durch 
des Propheten Mohamed Vorbitte nach einigen tau- 
fend Jahren daraus wieder befreit werben. In's zweite 
Stochwerk kommen die Juden, in's dritte die Chriften, 
noch tiefer Die Sabäer, darnach die Mager, darauf die 
Helden. In dem unterften, abſcheulichſten, find Die Heuch⸗ 
fer, die zwar Außerlich fich zu einer Religion bekann⸗ 
ten, aber innerlich dieſelbe nicht für wahr hielten. Un⸗ 
ter jedem Stockwerke haben 19 Engel die Wache, und 


2 


208 


bie Verdammten werden vor ihnen befeunen, daß bas 
Urtheil Gottes über fie gerecht ſey. 

Diefe Verdammten follen von ben Ylammen der 
" &ölle umgeben werben, follen Hemden von Zeuer ans 

Haben, kochendes Waffer ſoll ihre Häupter uͤberſchwem⸗ 
men, Beuer in ihren Eingeweiden brennen und Feun 
thre Haut braten. Sie follen mit eifernen Keulen ge 
fhlagen werden, und wollen fie dieſem Schredensorte 
entflieben, gerathen fie immer tiefer hinein und merben 
auf ewig gepeiniget. Ste werben die Frucht vom Baum 
der Hdlle, der Zakon heißt, eflen, deſſen Zweige 
den Köpfen der Teufel gleichen, und ihr Trank wird 
ſiedendes Waſſer feyn. Ste haben Feuerſchuhe an, de 
ren Hiße ihre Köpfe wie einen Kefjel zum Kochen brin- 
gen wird. | 

Die Mauren miffen für die Seelen der Verdamm⸗ 
ten gar feinen Platz; denn weder Erde noch Himmel 
will fie annehmen. 


Stlavonifches Lied von der Hölle, 


1. Laßt ung Lebende jebt mit Bedacht in die Hölle fahr 
ren , damit wir das Leben endend nicht ald Sünder 
dahin kommen. 


2. Seht nur den gräßlichen Schlund, wie feurig und 
tief it der Ort der Qualen, den Boden kann dan 
Auge nicht erreichen.. 


3. Feuer, Zangen, Schwerter, Schlangen, alle Qualen 
dieſer Welt; deren alle zufammen minder ſchrecklich 
find als jene der Höfle. _ 


4. Nie grauet hier der Morgen, nie wird hier Tag; 
in der Finfterniß jammert ver Sünder, dem niemals 
Linderung wird. 


Nu 


10. 


11. 


12. 


13. 


14. 


15. 


16. 


209 


Hier kocht das fenrige Meer, und thürmet über ten 
verbammten Sünder Berge von gräßlichen Flammen. ' 


Ad ein Funke nur wäre dem Unglüclichen ſchon hin⸗ 
— Pein, gegen deſſen Gewalt unſer Feuer nur 
au iſt. | 


. Der Berfiand kann nicht faffen und Feine Zunge aus— 


fprechen, was e8 fey, im Höllifchen Feuer zu brennen. 


. Die Teufel verwandeln fich dort in Hunde, in wilde 


Thiere, in Schlangen und Draden, heulen, bellen, 
drüffen; was das für einen Schreden verurfacht! 


. Hier wird man auch von hundert Händen geboßrt, 


gefiochen, gehauen, gebrennt, und aufs neue zu hun: 
dert Foltern gebunden, gezerrt und ausgefpannt. 


Der arme Sünder muß hier ber Gerechtigkeit Gottes 
sollen, und für jede Laſterthat befondere Pein erbulden. 


Wie des Feuers Gewalt das Eifen röthet, fo wird 
des Unkeuſchen Leib ewig tm Feuer glühen. 


Mit brennendem Schwefel und Tochendem Blei wer: 


-ben die Säufer getränfet; weldes, durch die Gurs 


gel fließend, den ewigen Durft wieder erneuert. 


Genen, die fluhen, unzüchtige Reden führen, over 
eine Lüge mit Schwüren beiheuern, wird die Zunge 
mit Zangen geriffen. 


Das Herz, welches Beleidungen nicht vergiebt, wird 
wegen verübter Rache von Drachen zerfleifcht. 


Kann es noch ein größeres Elend neben? ach fa! 
denn aus der Finflerniß wird des Verdammten Auge 
niemals Gottes Anilitz fehen. 


Beh! weh! fo wird da geheult, wohin find wir 
Elende gerathen? Möchten dieß die Menſchen doch 
glauben, nie würden fie in Sünden gerathen. 


1. 14 


218 


17. Tod! wo biſt du? ihr Donnerleile, tödtet uns! ach 

. tönnten wir doch flerben, wir können die Qualen 
nicht erdulden. 

18. Ach! vergebens wünſcht ihr den Tod, ewig nerlorne 
Seelen! denn ihr feyd verurteilt, um ewig flerbend 
zu leben. 

19. O ewige Pein! das Herz, welches vor beiner Flamme 

“nicht erfchricht, muß von Stein, und no härter feyn 
als Stein. 

20. Schon das Zahnweh würbeft du nicht immer ertra⸗ 
gen; wie ſchwer muß bir alfo bas ewige Feuer werden ? 


21. Schau du fündiger Menfch, jetzt kennſt du das dir 
bereitete Elend; wer weiß, ob es dir nicht beſtimmt 
if, daß du morgen darein ſtürzeſt ? 


22. Heute in einer Todfünde legſt du dich zu Bette, und 
findet dich morgen im hölliſchen Zeuer brennend. 





XVI. Titulatur des Seren Jeſu. 


In mehreren Kapellen, Klöftern, Hoſpitaͤlern u. a., 
in denen zu Alberndorf bei Glaz, in Halberſtadt sc. x., 
befindet fih vie Titulatur des Herrn Jeſu auf. 
Tafeln verzeichnet und angefchrieben, wie hier folgt: 

„Der allerheiligſte, weifefte, allerdurchlauchtigfte, un⸗ 
überwinblichfte Fuͤrſt und Herr, Herr Jeſus Chriftus, 
wahrer Gott, gefrönter Kater der himmlischen Heer⸗ 
fchaaren, ermählter König zu Zion und bed ganzen Erd» 
bodens, zu allen Zeiten Mehrer ver Heiligen, einziger 
Hoherpriefter und Erzbifchof, Churfürft der Wahrheit, 
Erzherzog der Ehren, Herzog des Lebens, Markgraf zu 
Ierufalem, Burggraf in Galilaa, Bürft bed Friedens, 
Graf zu Bethlehem, Baron zu Nazareth, oberfter Kriege« 
held der Fatholifchen Kirche, Ritter der höllifchen Pforte, 
Ueberninder des Todes, Herr der Heiligkeit, Pfleger ber 


212 


(Ich Christus Heisse Geschehen Dis Wun- 
der, Sey Sehend.) 

Diefe beiden Buchflaben, Die unten neben dem lebten 
. 8, und gersen welchen folches S innen ftehet, follen 

heißen Manu Propria, und anzeigen, daß Gott ver 
Allmächtige folchen Brief mit eigener Hand gefchrieben habe. 

Der in der unteren Ede zur Linken befinvliche Zettel, 
mit den umher gefchriebenen Worten: Gnade, Friede, 
Barmherzigkeit über alle Srommen, fl Die 
Aufſchrift eines gewiflen dreyeckichten Briefes ; Die fremden 
Buchflaben darinnen follen das hebraͤiſche Wort Dindn, 
ald den Namen Gottes, andeuten. 

Meine Leſer werben von felbft erfennen, daß alles 
dieſes Tindifche und laͤppiſche Dinge feyn, und der hei- 
lige Name Gottes ohne Zweifel dabey boshaftig mif- 
brauchet worden, und ich werde in das künftige von 
der Yeichtfertigen dabei vorgegangenen und lange Zelt 
fortgefeßten Betrügerey umftändliche Nachricht geben. 

Hier habe ich ſolches nur anführen wollen, um zu 
zeigen, was doch der Aberglaube vermöge; denn ohn⸗ 
geachtet dieſe Dinge offenbar Täppifch, und nicht ein⸗ 
mahl eined vernünftigen Menſchen, ich geſchweige des 
göttlichen Namens, würdig find, und der Betrug aus 
allen Linien und Streichen hervorſiehet, fo Find doch 
Leute geweſen, welche folche Kindereyen und Betrüge 
reyen für wichtige Wahrheiten und vom Himmel ge 
fommene Briefe angenommen, als foldhe hochverehret 
und aufbehalten, auch geglaubet haben, daß die vom 
gemeldete Schrift mit den Buchſtaben M. P. vie ci- 
- gene Hand des Allmächtigen fey. 

Wie Teicht laſſen fich doch die Menfchen betrügen 
und wie leichtfertig mißbrauchen böfe Menſchen den 
heiligen Namen Gottes! 








SLIEU: 





sın.d. 


ZPPLLLOSLIL LG - 
4? 


PM 






. Bweite, dritte & vierte Belle. 


Sebaftian Brandt, Geiler v. Kaiferöberg, 
Thomad Murner 


und ihre berühmten Feldzüge gegen die verfchie- 
denſten Thorheiten ber Menfchen. 





I. Sebaftian Brandt, 


Sebaftian Brand oder Brant, font auch 
Titio genannt, wurde 1458 zu Straßburg geboren. 
Nachdem er die erften Gründe der Wiflenfchaften er⸗ 
lernt hatte, ging er nach Bafel, wo er Magifter wurde. 
Er lehrte zu Bafel und Straßburg Öffentlich mit gro- 
gem Ruhme und befleivete die Aemter eines kaiſerlichen 
Raths und Synbicus, wie auch Kanzlers zu Straßburg, 
wo er 1521 ſtarb. Außer vielen andern Schriften 
verfaßte er auch dad Narrenfchiff in veutfchen Ver- 
fen, welches oft aufgelegt, in andere Sprachen überfegt 
und commentirt wurde. Es galt viele Jahre als ein 
aͤchtes Volksbuch. 





HI. Johanu Geiler von Kaiſers⸗ 
berg. 


Johann Geiler von Kaiſersberg wurde 
1445 zu Schaffhauſen geboren, mo fein Vater Gehülfe 
des dortigen Stabtjchreiber8 war. Als fein Vater an 
einer Wunde ftarb, die er auf der Bärenjagb erhalten, 
war er drei Jahre alt. Sein Großvater in Kaiferöberg 
nahm ihn zu fi. In Freiburg erlernte er die fchönen 
Wiffenfchaften und wurde da auch Magiſter. Er lieh 
fh darauf zum Priefter meihen und übte in Bafel die 
Theologie. Nah fünf Jahren wurde er Doktor der 


216 


Theologie, worauf man ihn nad) Freiburg als Prepiger 
berief. Hier blieb er nur ein Jahr, zog dann nach 
Würzburg und nahm das Amt eined Prebigerd an. 
Als er nach Bafel reißte, feine dafelbſt zurückgelaſſenen 
Bücher abzuholen, überrevete ihn Peter Schott, ein 
Rathöherr zu Straßburg, Prediger daſelbſt zu werben, 
und brachte e8 dahin, daß man ihn dazu ermählte. 
Ehen verfelbe brachte e8 auch dahin, daß man biefem 
trefflichen Prediger zu Ehren im Jahr 1486 vie herr- 
liche Kanzel im Münſter erbauen Tief. Er wurde da, 
mal8 für den gelehrteften Dann gehalten, und wirb 
von Blaciu unter Die Zeugen ver Wahrheit gerechnet, 
weil er den damaligen verberbten Zuſtand der Kirche 
eingefehen und den Mönchen dffentlich unter die Augen 
fagte, daß fie Durch ihr Tieverliches Leben die Sünden 
unter dad gemeine Volk gebracht Hätten, vie damals 
im Schwange gingen. Die ſchwarzen Mönche verglich 
er mit ven Teufeln, vie weißen mit des Teufels Mut⸗ 
ter, und bie andern mit feinen Küchlein. Nachdem er 
fein PBredigtamt zu Straßburg über 32 Jahr lang mit 
großem Ruhme verwaltet, ftarb er den 10. März 1510 
und wurde im Münfter gerade vor ver Kanzel begraben. 
®eiler gehört hieher wegen feiner Prepigten über 
Brandts Narrenfhiff, die er 1498 zu Straß» 
burg im Stift zu dem Alten St. Peter öffentlich ge⸗ 
halten. Geiler mußte wegen biefer Prebigten viel leie 
den; man befihuldigte ihn, er habe über Brandts Nar⸗ 
venfchiff und nicht über die Bibel geprebigt. Es iſt 
wahr, biefe Predigten gehen in der Ordnung fort, wie 
die Titel in Brandts Narrenfchlff; aber er nennt in 
benfelben uiemald den Brandt und fein Buch *). 





>) Flögel Gefchichte ber fomifchen Literatur, 


217 


Gervinus fagt in feinem berühmten Werke *) 
Nachſtehendes über Brandt und Geiler: 


„Was Erasmus im Lobe der Narrheit ironifch prieg, 
dag verdammt Sebaſtian Brandt in feinem Schiff’ von 
Rarragonien in gradem Eifer. Er flieht ſich ringe in einer 
Welt von Menfchen, bie, nachdem fie die conventionellen 
Vorſchriften der höfiſchen Moral umgeftoßen und den Damm 
der Hemmnifle der menfchlichen Natur durchbrochen hatten, 
nun mit zügellofer Licenz dem Zriebe der ungezähmteften 
Natur den vollften Lauf ließen. Es if eines der charak 
teriftifchfien Sapitel des Narrenfhiffe das von den groben 
Narren. Es geht direct gegen die Elaffe von Narren 
und Schwänken. Ein neuer Heiliger, fagt Brandt, if 
aufgeftanden, er heißt Grobian, den jetzt jeder feiern will, 
und ehren an allen Orten mit fchändlichen wäften Wor⸗ 
ten, Weiſen und Werfen; man wähnt das in Scherz zu 
ziehen und boch ift wenig Glimpf dabei. Der Narr hat 
jebt die Sau bei den Ohren, und frhüttelt fie, daß ihr die 
Sauglocke Hingt und fie ihm den Moringer fingt; fle Hat 
jest allein den Zanz. Man ſchont nicht Gott und Ehr⸗ 
barkeit, man fpricht von allen wüſten Dingen, und wer 
der ſchandbarſte if, dem beut man ein Glas Wein und 
lacht feiner, daß das Haus fihüttert, und bittet ihn, daß 
er noch eins erzähle und preist feinen Schwank und feine 
Kurzweiligfeit, und dünkt ſich Feine ſchönere Freude auf 
Erden zu haben, denn als gute Gefellen fröhlich zu praf- 
fen und zu ſchreien, und die Heine Zeit mit Luft zu ver 
treiben. Wer foldhe Werke treiben kann, wie der Pfaffe 
von Kalenberg oder der Mönch Ylfan, der meint jet ein 
ganzer Mann zu fein. Um der Pfaffen Rede kümmert 
man fich nicht, dein wäre ed alles Sünde, was fie fo nen« 
nen, fo trieben fie 88 nicht felber. Auch Geiler meint, 
die Schwanferzähler würden einft ihre Schwäne ber Hölle 
zu erzählen haben. Es ift etwas Großes, fich einem fo 
seißenden Strome, wie gerade diefe Richtung war, ent« 


*) Geſchichte der poetiſchen National⸗Literatur der Deut: 
on Ye G. Gervinus. Leipz. 1842. Band II. 
. 394 fi. 


218 


gegen flellen zu wollen. Diefe Abficht hat Brandt gehabt, 
und Geiler in feinen Predigten Über das Rarrenfcpiff eifert 
geradezu gegen die, welche Narrpeit und Sünve mit ber 
Natur entfehuldigen wollen; denn man foll, fagt er, ge 
gen die phyflfche Natur nach dem Geſetze der Bernunft 
anfämpfen, die Bernunft fey unfere wahre Natur. Ich 
fage, es ift etwas Großes, fih gegen eine ſolche Richtung 
zu flemmen und iſt es um fo mehr, je weniger es mit 
dem Ueberſprung in die entgegengefeßte Richtung gefchleht ; 
je mehr der Bernunft gegenüber, deren Recht man ver: 
fiht, auch der Natur ihre Rechte gelaffen werten. Es iſt 
wahr, der wardere Steuermann tes Narrenfchiffs neigt‘ 
bier und ba zu den ascetifchen Anfichten des Mönchthums; 
auch in Iateinifchen Gerichten und Schriften zeigte Brandt 
mancherlei Hang zum Rechtgläubigen, Partgläubigen und 
Abergläubigen. Er vertheivigt im Narrenſchiff noch den 
Ablaß, er liebt den Einſiedler, der an heimlicher Stätte 
fein Leben Gott weiht; er eifert mit Geiler gegen bie, 
weiche verer fpotten, die Recht thun und in Weisheit fill 
leben wollen, bie fie mit dem Spottnamen ver Dudmäu« 
fer und Karthäufer belegen, vie fie verhößnen, als ob fie 
Zag und Nacht auf den Knieen lägen und mit Beten und 
Faſten an Gott verzweifelten. Es if} wahr, er nimmt es 
mit den weltlichen Freuden gar zu firenge. Der Zanz 
fagt er, ift die Quelle vieles Unraths, der Borläufer der 
Unlauterkeit, das Ende aller Ehrbarfeit, und er weiß auf 
dem ganzen Erdreich feinen Spaß, ber dem Ernft fo nahe 
if, wie das unzüchtige Kirchweihtanzen. Er wirft die 
Nachtaufzũge und Ständehen weit von fih weg, er zürnt 
gegen die Trinker und vollen Narren, fogar gegen das 
Scheibenſchießen und gegen die Jagd, und gegen das Spiel, 
dem fi nun Pfaffen, Adel und Bürger, und fogar in 
Männergefellfchaft die Weiber hingeben. Allein die rigos 
rofere Moral liegt nur in einzelnen Stellen und wirb 
durch die Grundanfiht des ganzen Gedichtes verwifcht. 
Wir erinnern daran, zu welchen oft widerfprechenden Le⸗ 
bensregeln tie älteren Moraliften durch vie Lehren bes 
firengen Chriſtenthums und ver freiern Klugheitsregel des 
Menſchenverkehrs gebracht wurden. Man könnte im Brandt 
bie nämlichen Gegenfäße nachweiſen, und gegen jene asce⸗ 


219 


tifheren Säge aufführen, wie er lehrt, Scherz verfichen, 
mit den Wölfen heulen, mit ven Jägern heben, mit ben 
Keglern auffegen; wie er die Eltern warnt, ſich nicht ih⸗ 
ven Kindern durch zu frühes Veberlaffen ihres Bermögens 
in die Hände zu geben; wie er Anfchläge und Anſichten 
Hug zu verheimlichen anräth, und das Zrau, Schau, Wem 
empfiehlt, da Tren und Bertrauen jet mißlich fei. Allein 
es iſt das Eigenthümliche des Narrenfchiffs, daß diefe alten 
Gegenſätze darin mehr verſchwinden und überall die Ber: 
föhnang zwifchen der chriflichen und humanen Moral ben 
Dintergrund bildet. Brandt iſt weit davon entfernt, in 
der Barmperzigkeit Gottes und der Kürbitte der Maria 
eine Duelle der Sündenvergebung zu finden. Er if Fein 
Freund von Heiligthimern und Reliquien, und eifert gegen 
die reichen Bettelmönche, die Stirnenflößer und Stationt« 
rer, bie auf allen Kirchweipen herumliegen und bethlehe⸗ 
mitifches Heu und Bileam's Eielsgebein, und Federn von 
St. Michael's Flügeln und einen Zügel von St. Georg’s 
Roß oder die Buntſchuhe St. Elaren’s feil bieten. Man 
fol nicht auf Gottes Gnade bauen, fagt er, ohne an feine 
Gerechtigkeit zu denken; man fol nicht hoffen, daß ung 
Gottes Stimme mit Gewalt zu ihm ziehe, ohne daß wir 
uns ſelbſt darnach fchiden; man fol nicht in Sünden ver- 
harren im Bertrauen auf Gottes Langmuth, nicht Gott 
in ben Bart greifen und mit ihm ſcherzen wollen, als vb 
er das vertrüge. Man foll auch nicht mit Halbheit und 
mit Lauheit auszureichen meinen, nicht auf dem Wege der 
Tugend ſich umfehen nach ven Fleiſchtöpfen Aegpptens; 
man foll nicht auf Gottes Lohn ohne Arbeit hoffen, fon« 
dern recht thun und beharren; und nicht Beflerung aufe . 
ſchieben und cras, cras, bas Lied der Raben, fingen: dafs 
fefbige Morgen komme dann oft nimmermehr. Brandt 
ſieht vielmehr weit gründlicher und häufiger nach der prac« 
tifchen Tugend ber antiken Welt aus und betrachtet Tu⸗ 
gend und Lafler nach der menfrhlichen Weife der Alten: 
Indem er die Lafler überhaupt als Rarrheiten bezeichnet, 
zieht er fie in den Kreis der menfchlichen Beurtheilung 
herab und entuimmt fie der willtuprlichen Strafbeftimmung 
des Dogma’s oder eines eifrigen Gottes. Geller ſcheidet 
zwiſchen der Rarrheit, die eine Folge von Ungeſchicklichkeit 


220 


und Gebrechen der Natur if, und ber, die aus der Rich 
tung der Sinne auf äußere Bergnügungen folgt; die letzte 
{ft die, von der Er und Brandt handelt, fie il Sünve 
und wird durch den Mangel des böfen Willens, wie durch 
den Trieb der Natur nicht entfchuldigt. Wie noch immer 
bie Hoffart, das Zuviel, bas Meberheben, die Maaslos 
figleit der Orundfehler dieſer Zeiten it und von Brandt 
dafür erfannt wird, wie von Hugo von Zrimberg, fo fieht 
doch Brandt gegen Hugo biefen Fehler ungefähr in dem 
Berhältniffe, wie Ariftoteles die Unenthaltfamfeit ggesen die 
Unmäßigkeit; er fieht keine Abficht und keinen Borfaß in 
der Sünde, fondern nur Mangel an Kraft und an Selbfter« 
fenntniß; er fieht darin nicht eine abfolute Schlechtigkeit, 
die im Boraus in ben Grund der Hölle verdammt fei, 
wie der Nenner wohl noch thut, fondern er ficht darin nur 
eine Thorheit, mit der fih der Menfch unter Menfchen er: 
niedrigte. Brandt zeigt das Lafter nicht, wie jene myſti⸗ 
fhen Zugenpfpiegel alle thun, als etwas darum Berabs 
feheuungswerthes, weil es von Gott befiraft wird, fondern 
als eiwas der menfchlichen Bernunft widerfprechendes und 
daher befachenswerthes. Er will mit dem Gefühl der Den» 
fhenwürde beſſern, und nicht mit dem der Strafiwürbigfeit 
und der Gewiffensangft; und dies eben iſt die Duelle der 
Wirkung des Luſtſpiels und der Satire, daß wir alle 
menſchlichen Gebrechen verächtlich und dann befachenswerth 
finden, fobald wir fie als etwas ung felbft herabwürdigen⸗ 
des betrachten, das unferer Beftimmung und Natur zus 
wider if, und das uns in widerfinnige Beflrebungen hin⸗ 
reißt. Sobald wir aud das Böfe auf diefem Wege bes 
trachten, find wir auf dem Wege der Selbſterkenntniß, wir 
erfennen ung bald als Narren und find dann bald geheilt, 
denn die Scham ift ein weit tüchtigerer Förderer ber Beſ⸗ 
ferung als die Furcht. Die düſtere Stimmung, in welche 
die Schredensmoral des zelotifchen Epriftenthums des Mit 
telaltere und die Lehre des alten Teflaments ven verſchüch⸗ 
terten Sünder verfeßten, fprang nothwendig von Berzweif: 
lung zu Bergefien und Leichtfinn, und von diefen zu jemen 
über und hinderten an allem Gleichmaß des fittlichen Le⸗ 
bens, wie es noch heute in allen nichtgefltteten und aus 
gearteten Rationen der Fall if. Diele Zeiten feftigten iu 


221 


unferer Nation jenen Sitienernfi und fene Zucht und 
Scham, die uns auch unter Aufflärung und Erleuchtung 
verhaltnifmäßig weit minder als andern Nationen verloren 
ging. Wir tilgten jene felavifche Furcht vor einer despo⸗ 
tiſchen Strafgeißel, und fahen die Sünde lieber einem 
Ideal menſchlicher Würde, als einem Strafcoder von Pfaf 
fen gegenüber, fo wie die Alten thaten, die der menfchlichen 
Schwächen menihlich fpotteten, und nur Zopfünde und 
Frevel von den Göttern unverföhnlich verfolgt varfiellten. 
So weist Brandt in zahllofen Beifpielen auf die moralifche 
Weisheit der Griechen zurück, leitet in feinen Winken, wie 
fhon der Renner, auf die Beifptele edler Freundſchaft uns 
ter den Alten hin, die jebt von Selbſtſucht und Eigennuß 
verdrängt find; auf die Lehre und Erziehung der Kinder, 
die fich die Bäter damals, die fich die Peleus und Philipp 
angelegen fein ließen; auf die gefunde Seele im gefunden 
Körper ; auf die Keuſchheit der Penelope und Lucretia, die 
ächte Weisheit des Plato, den ruhigen Gleichmuth des 
Sokrates und des Fabricius glüdtiche Armuth. Der Kern 
feiner Lehre geht Daher auf Selbſterkenntniß aus, 
den Mittelpunkt der antiten Moral; fein Buch heißt daher 
in gewiſſen Ausgaben eben fo wohl der Narrenfpiegel ; 
er halt feiner Zeit und fich felbft wie ein ächter Freund 
ben Spiegel vor, der Iuglos und truglos die wahre Ge 
alt zeigt, und im fchrofffien Gegenfage gegen die einftige 
rütterliche Zeit und jene höflihen Dichter, die Alles im 
Guten und Beflen aufnahmen, nimmt er Alles hart, fireng 
und fcharf, fieht alles Einzelne im fchlimmen Lichte, will 
au allem Einzelnen beffern und feßt fih daher ſelbſt mit 
in fein Narrenſchiff, er hat aber auch Bertrauen auf das 
Ganze, in fo trofilofem Zuſtande er «8 fieht. Er geht wie 
die Reformatoren zu Felde gegen den Mißbrauch der Ge« 
Iehrfamfeit und gegen das moralifche Berliegen, gegen die 
bopen Worte opne begleitende Handlungen ; denn viele 
giebt es, wie Geiler beifügt, die da predigen und fagen, 
aber nichts thun; viele Xesmeifter, wenige Lebmeifter ; 
Leute, die Anderen viel Korns fagen und felber Hunger 
leiven. Es gilt diefen Männern nit um bie einfeitige 
Ausbildung des Gemüthes, wie der Ritterweit, und nicht 


41 


222 


um die einfeitige Ausbilbung des Berfiandes, wie den big« 
herigen fiholaftifchen Zeiten, fondern um bie der Bernunft; 
es gilt ihnen nicht um zerfirentes Wiffen, das fruchtlos 
für das Herz ift, fondern um die Weisheit, die der Seele 
Ordnung if. Er zürnt daher gegen bie eitle Kunft der 
Wahrfagerei, des Bogelgefchreies, des Eharacterefagens, 
der Netromantie und Aftrologie, die den Lauf der Plane 
ten befragt, ob dieſer Tag zum Schacher gut fel; und 
gegen die Betrugstünfte der Alchpmifterei, wie über allen 
Aberglauben und Quadfalberei. Er verwirft fogar bie 
Matpematit und alle phpfifchen Wiſſenſchaften, unwillig 
über die Herabfeßung ber moraliſchen, die den DMenfchen 
zunächft berühren; Archimedes fet hoch erfahren in vielen 
Künften gewefen und doch fonnte er nicht fein Ende „aus⸗ 
ecken“; dieſe Wiffenfchaften feien wahr und gewiß, aber 
ein. Thor fet, wer es gering wäge, daß er freinde Dinge 
wiffen wolle, ehe er ſich ſelbſt kenne, und das Erdreich 
ausmefle, ehe er das himmlifche fuche. Er mag von Erd» 
kunde nichts wiffen, im Unmuth, daß man fich einer blin⸗ 
ven Reifewuth damals hingab; ehemals reisten Ulyß und 
Pythagoras, Plato und Apollonius um Weisheit, und 
dem wolle er auch heute nachſehen, der weite Landfaprten 
anträte, damit er an Weisheit zunähme. Er achtet nicht 
auf viele Kunft, mit der man nur nad Hoffart und Ge⸗ 
winn ftelle, wer-weife ift, der kann Kunft genug, und 
unffug fcheinen ihm die, die nad Paris und Bologna 
reifen, als ob nicht auch in Deutfchland genug Vernunft 
und Weisheit wäre, denn die Zeiten feien nicht mehr, wo 
man über See in Athen allein vie Lehre fand. Nur zu 
viel ſcheinen ihm der Bücher jetzt im deutſchen Lande; von 
zu vielem Studiren wird man, fagt er, ein Phantafl. Die 
Druder druden Practiten und Weiffagungen, und Alles, 
was man ihnen bringt ohne Mahl, und was man von 
Schanden fingt und faget. Sie befördern falſchen Glau⸗ 
ben und Ketzerei, thun fich felber Schaden und Schande 
und mancher drudt fih aus dem Lande hinaus. Das Ber 
derb durch die einreißende Bücher⸗ und Druderwuth dünkt 
vem guten Brandt fo ungeheuer, daß er darum befonders 
auf den Entehrift zu vermuthen ſich veranlast findet; was 


223 


würbe der verflänbige Mann erft heute fagen? Je mehr 
ſich die Bücher ins Unendliche mehren, fagt er vortrefflich, 
deſto minder achtet man ihrer und jeder achten Lehre. Nie 
waren fo viel Schulen und Gelehrte und fo wenige Ach⸗ 
tung ber Zunft; die Gelehrten müffen fi ihres Standes 
ſchämen und man zieht die Bauern hervor. Er bezeichnet 
bamit bie allgemeine weltliche Betriebfamfeit gegen bie 
geiftige, das Rennen nach falfchen Gütern, nach dem Triebe 
der Hoffart, nicht nach der Weisheit, deren Gaumen bie 
wahren Güter wohl ſchmecken, die nicht Eſſen und Trinken 
And, ſondern Werke, die gleichförmig find mit der Bernunft. 
Ein loͤblich Ding iſt der Adel, und der Reichthum köſtlich, 
doch das Alles hinfällig, und nichts ewig und bleibend 
als die Güter des Geiffes. Nach langem Leben zu trach⸗ 
ten iſt thöricht, denn hier iſt nichts als Trauer, Kurzfreud 
und Bollleid; ven Pfennig vor Meisheit zu achten, {fl 
unfinnig, und doch rennt Alles nach Geld, und wägt jeden 
nad feiner Taſche; die Narrpeit zwingt fest Fürſten und 
Land, baf fie die Weisheit verlaflen und nur den Augen . 
fügen; und doc fland es einft beffer im ante, als die 
Regenten weife waren und gelehrie und greife Räthe um 
fd fammelten. Run aber mag Niemand von eruflen 
Dingen reden hören; die Sadpfeife if des Narren Spiel 
und Zeichen und er achtet nicht auf Harfe und Laute; felig 
aber iſt der, ber ſtets bie mahnende um in Hi An 
und dem nachbenfenden Herzen bes Beifen nachtrachtet, 
und nicht wie der Narr auf die Pfeife Hört, ber troß Sin 
gen und Sagen, troß Flehen und Bitten nicht von feinen 
eilf Augen lommt und um feine Straflehre etwas gibt. 
Jeder dünkt fi nun allein weife und allein gut; trachtet 
wohl bei andern zu Jöſchen, da es bei ihm ſelber brennt, 
ſtößt ich, ſelbſt ein Narr, an andern; ſtrebt „eigenrichtig 
immer nad etwas befonderm und fucht alleinflug Wege, 
wo feine find. Rath Hören ift jetzt verſchmäht, unbedacht 
ftürzt fi jeder — und das iſt aller Narren Gebrauch — 
nad dem Neuen und immer Neuen. Sie tenfen nicht 
weiter als von der Rafe bis zum Mund; fle ſtürzen fich 
mutpwillig in Pändel und Prozeſſe, vertrauen, daß man 
das Recht biegen werde wie Wachs, und denken nicht, daß 


224 


fie zufeßt der Safe find, der in der Schreiber Pfeffer 
fommt, die aus ihren Sächlein bald eine Sache, aus dem 
Quellchen einen Bach zu machen wiffen. Denn der Schrei 
ber {fl wie der Reiter, er nimmt heimlich, wie jener öffent« 
lich, mit der Feder, was jener mit der Lanze; der eine 
wagt feinen Leib insg Zrodne und Naſſe, der andere feine 
Seele ins Dintenfaß. Hoffart und Uebermuth treibt au 
jeden höher als er fleht; mancher will nun von Adel fein, 
deffen Bater noch „Bumble bum“ mit dem Küferwerk um⸗ 
ing; mander will ein Doctor fein, weil er einen rothen 

de anhat; mancher rühmt ſich feiner Reifen in Norwe⸗ 
gen und Granada, und im Pfefferlanp, der nie weiter 
vom Haufe fam, als wo er riechen konnte, wenn feine 
Mutter einen Dfannefuchen badte. Die Handwerksknechte 
wollen Meifter fein; die Deeifter tragen ihren Heinen Ges 
winn in die Zeche. Es war eine Zeit, wo die Bauern 
einfältig waren und in Gerechtigkeit glüdtich, in firohenen 
Hütten. Nun aber find fie aufs Weintrinfen gefallen, fie 
fteden fih in Schulden fo teuer ihr Korn if, fle wollen 
nicht mehr in Zwilch geben, fondern in koſtbaren, vor⸗ 
nehmen Kleidern. Das Stadtvolk Iernt jebt Betrug vor 
den Bauern, die wuchernd ihre Früchte hinterhalten und 
Zheurung fchaffen, bis etwa das Wetter fammt und Korn 
und Scheuer verbrennt. Bürger und Kaufmann will jegt 
Ritters Genoß fein, der Edelmann frei, der Graf gefür- 
ſtet, der Fürſt gekrönt. Der Bauer trägt ſeidne Kleider 
und goldne Ketten, das Bürgerweib geht vornehmer wie 
bie Gräfin, der Adel hat keinen Borrang mehr. Mancher 
Biedermann verdirbt dabei und kommt an den Bettelftab, 
oder er wirft fi auf Betrug und Judenwerk, oder er 
ſpitzt fih auf eine reihe Erbfchaft, und hofft wohl einen 
su Grab zu tragen, der noch mit feinem eignen Gebeine 
Birnen abwirft. Der Geiz treibt die Menfchen durch See 
und Unwetter, ver Neid kocht feine eignen Glieder. Geld 
gilt vor Ehre, Ehrbarkeit und Weisheit find verlaflen. 
Ver nach Geld firebt, achtet nicht Sünde und Mord, nicht 
Schande und Verrath. Die Gerechtigfeit wird feil, durch 
Geld käme mancher ans Seil, wenn er fih nicht durch 
Geld vom Seile erlöste, denn nur die Heinen Diebe hängt 


225 


man, die Bremfen Heben nicht in dem Spinngewebe. Che 
dem war Armuth lieb und werth, da noch alles But ges 
mein war in ber golbnen Zeit der Erde. Sie iſt eine 
Gabe von Bott, fie kann nichts verlieren, und weit hin 
ſchwimmet wer nadt if. Der Arme fingt frei durch den 
Bald, ihm entfällt nichts, er hat die Freiheit zu fordern; 
bei Armut, bei dem dürftigen Curius und Zabricius, fand 
man von jeher weiferen Rath als bei Reichen; fie ift das 
Fundament aller Dinge, der Anfang aller Stände, fie hat 
alle Städte gebaut, alle Künſte erfunden, alle Ehren er 
zeugt. Sie ift bei allen Bölkern werth geweien, und vor 
allen bei den Griechen, die mit ihr Städte und Ränder 
bezwangen. Ariſtides, Epaminondas, Homer, Sokrates 
waren arm. Alles Große floß aus Armut, Rom kam von 
Hirten, ward wohl regiert von Bauern, und warb zerriſ⸗ 
fen, als es reich ward. Auch Eröfus wäre durch Armut 
nicht untergegangen, führt er an, und aud an andern 
Orten lehrt er die alten Säge von dem Zielpunfte des 
Slüdes und dem Neide der Gottheit. Der Herr ſprach: 
Euch ſei weh und leid ihr Reihen, ihr Habt hier eure 
Frende in eurem Befitze, felig find die Armen mit freiem 
Muthe. Nichte fih Niemand auf Reichthum, denn wie der 
Adler gewinnt er Federn und fliegt wie der Wind davon. 
Wäre Reichthum das beſte, fo wäre Chriſtus nicht der 
Aermſte gewefen. Höre Hoffart, ruft der Dichter, der in 
diefen Stellen allein einen höhern Schwung nimmt und 
ſich an Stellen der Alten oder Thomafin’s erhebt, es kommt 
dir die Stunde, da du aus deinem eignen Munde ſprichſt: 
was bringt mein hoher Muth, wenn ich hier fige in Trüb⸗ 
fat und Leid? was hilft mir Geld und Reichthum, der 
Belt Ehr und Ruhm? es if alles nichts als ein Schat⸗ 
ten geweſen und im Nu if es dahin. Wohl dem, der 
dies verachtet hat und das Ewige betrachtet. Wir fehen 
nit den Tod vor, da uns dor die Stunde geſetzt if, 
wir willen nicht, wann und wo und wie! wir flerben alle 
nnd fließen pin wie Wafler zur Erde, und darım find 
wir Thoren, daß wir ung nicht rüflen zum Tode, dem 
wir nicht entrinnen können. Der Weinkauf if ſchon ges 
trunken, der Handel iſt nicht rüdgängig zu machen. Die 


I. 15 


- 226 


erſte Stunde brachte auch die Teßte, und ber ten erſten 
geſchaffen hat, wußte, daB auch der letzte ſterben werde. 
Aber die Narrheit färbt ung, daß wir nicht venfen, es 
werde uns ber Tod nicht Laffen, und nicht unferes fchönen 
Haares fhonen und nicht unferer grünen Kränze und Kro⸗ 
nen. Denn der Tod fpart feinen, nicht jung und alt, 
nicht Adel und Stamm, er erfchüttert mit gleichem Fuße 
rer Könige Saal und die Hätten der Hirten, er achtet 
nicht Pomp und Gewalt; Thoren wir, die wir täglich 
fliehen, dem wir nicht entrinnen können; Thoren, die wir 
alfzufehr trauern um den Gefchievenen und ihm die Ruhe 
mißgönnen, nach welcher wir alle fircben, denn feiner 
fährt zu früh dahin, wo er ewig fein muß, ja gefchieht 
mandem wohl, daß ihn Gott zeitig abruft. Der Tod 
nahm manden von Trübfal und Pein, befreite manchen 
Gefangenen, und während das Glück ungleich Gut und 
Beſitz ausfpeilt, macht der Tod alles gleich, ein unbeſtoche⸗ 
ner Richter ; er iſt allein, der Niemanden ſchont und Nies 
manden je gehorfam warb. Thoren auch, die wir foflbare 
Gräber und Maufoleen und Pyramiden thürmen; alle 
Erde iſt gefegnet von Gott, wohl Tieg der, der wohl flarb. 
Der Dimmel deckt manden Zodten, der fih unter keinem 
Grabſtein ſtreckt; wie könnte der ein frhöneres Grabmal 
haben, dem das Geftirn von oben leuchtet! Gott findet 
die Gebeine zu feiner Zeit, daß er fie dem Körper wieder 
gebe. Wer wohl geftorben iſt, deß Grab ift das Höchſte. 

So mäßig und befonnen fih Brandt gegen die rohen, - 
alle Zucht und Anfland verleßenden Sitten der Zeit feßte, 
ohne ſelbſt allzufehr in den rohen Ton zu verfallen, worin 
es feine Rachfolger im 16. Jahrhundert alle verfahen; fo 
ruhig er dem weltlichen Treiben und Jagen das Glück der 
Bedürfnißloſigkeit entgegenhält, eben fo gemäßigt, obgleich 
feurig, nimmt er fich der öffentlichen Dinge an, und fleht 
auch da gleihfam als der Ießte, der nem Revolutiongeifer 
nicht verfiel und nicht das Kind mit dem Bade verfchüttete. 
Wenn ich die Säumniß und Schande in allen Landen und 
unter allen Ständen fehe, fagt er, es wäre kein Bunter, 
wenn ich die Augen vol Thraͤnen hätte, daß der Chriften: 
glaube fo fhmäplih abnimmt. Er mindert fih von Tag 


227 


zu Tag, bie Keber haben ihn halb zerriffen und zerflört, 
vann Mahomet, der unferm Glauben Aflen und Afrika 
entriß und jetzt Europa bedroht und ſchon, nicht zufrieden 
mit dem Befiße des Meeres, auch die Donau befekt hat. 

Wir Haben den Feind an dem Thor und wollen ſchlafend 
fierben, der Wolf it im Stalle und der Hirte fhläft. Die 
vier fchwefterlichen Patriarchenſtädte von Rom find dahin, 
bald wird es auch ans Haupt kommen. Dies ift unferer 
Thaten Schuld; keiner nimmt am andern Antheil und es 
wird uns geben wie den Ochfen der Fabel. Jeder greift 
nur nach feiner Mauer, ob die kalt fei, und kümmert ſich 
nidt um den Brand beim Nachbar. Die Pforten Euro 
ya’s find offen, auf allen Seiten droht der raftlofe Feind, 
nah Ehriftenblut dürften. O Rom, da du Könige hat« 
teft, warft du lange Jahre eigen; als dich das Voll regierte, 
warft du in Freiheit glüdlich ; als aber Bürger wider Bür- 
ner focht und des gemeinen Nutzens Riemand achtete, da 
zerging beine Pracht, du warft den Kaifern unterthan und 
nahmfi fiets ab, wie ber Mond ſchwindet. Wollte Gott, 
daB du dem Monde ganz gleich feift und auch wieder 
wüchſeſt. Run aber meint ja keiner etwas zu haben, wenn 
er nicht dem römifchen Reiche etwas abbricht; die Stäpte 
achten des Kaifers nicht mehr, jeder Fürſt bricht der Gang 
eine Feder aus. Seht doch, ihr Fürften, um Gottes Wil⸗ 
ien, was zuleßt daraus werden fol: finft das Reich, ſo 
bleibt ihr nicht ewig! Einhelligkeit in der Gemeinde macht 
alle Dinge blühen, aber durch Zwietracht wird auch das 
Mächtige zerſtört. Der Deutfchen Lob war einft hoch in 
Ehren, und fie haben fih durch ihren Ruhm das Kaifer- 
thum erworben, jeßt aber denken fie nur darauf, wie fie 
das Reich vernichten wollen. Geſtattet nicht, ihr Herrfcher, 
folhe Schande, fondern ſtehet dem Reiche zu, fo mag das 
Schiff nord aufrecht gehen: ihr Habt einen König, der euch 
wohl führt mit Ritterſchiſld, der der Krone werth if, in 
deſſen Dand die heilige Erde leicht fommen, und ber das 
Unternehmen auch beginnen wird, wenn er nur euch trauen 
darf. Werft ab ſolche Schmach und Spott; eines Heinen 
Heeres waltet Gott, und noch find Chriften genug, die 
ganze Welt zu gewinnen, wenn nur Treue, Friede und 


228 


Liebe herrſcht. Wacht auf und ſchlaft nicht, wie der Sten: _ 
rer beim Sturm, fleht auf aus euren Träumen, wahrlich, 
die Art fieht am Baum. Ich mahne alle Stände, nit 

zu thun, wie die Schiffleute, dieweil fie in Wind und 
Wetter find. Wer Ohren hat, der höre, das Schiff ſchwankt 

im Meer, es ift bald Nacht um ung geworben, thut ihr, 
die ihr durch Gott an der Spiße lebt, was euch ziemt, 
daß Sonne und Mond nicht gänzlich untergehen. 

Wie genau Sebaſtian Brandt das Bedürfniß und ben 
Geſchmack der Zeiten getroffen hatte, beweifen fo viele 
Humaniften,, die damals ITateinifche verwandte Schriften 
fihrieben, beweift Trithemius, der ausdrücklich zweifelt, ob 
etwas Zeitgemäßes und Angemefineres damals geichrieben 
wurde, als das Rarrenfchiff, beweifen die ungeheuren Wir⸗ 
tungen, die das Buch gemacht Hat. Wie das Werk felbft 
nach und nach entflanden- ift (mas man aus einem Kapi⸗ 
tel, das jept in der Ditte etwa fleht, bemerfen kann, wo 
Brandt einmal äußert, er wäre nun ſchier zu Ente), fo 
wurden nachher von Andern nachträgliche Kapitel geliefert, 
wie 3. 3. in dem Bettelorden, oder die Form bei neuen 
Gelegenheiten adoptirt, wie in dem Rarrenfchiff von Bunte 
ſchuh (1514) und in dem Narrenfreffer in Preußen (15952). 
Eines fo offenbaren Nachahmers ferner, wie Murner, wer 
er auch fonft fei, brauchte fi Brandt immer nicht zu 
fhämen. Das Narrenfchiff ift mit dem Eulenfpiegel eines 
der erften deutſchen Originale, das im Auslande anerkannt 
ward, das nicht nur zweimal, von Locher und Jodocus 
Badius ins Rateinifche, Das auch dreimal ing Franzöfiſche, 
ind Plattdeutfche, Englifhe und Holländifche überfeßt if, 
feiner Berbreitung nach alfo gleichfalls den Diſtrict der 
Reformation hält wie der Reinhart Fuchs, indem der Si: 
den zwar die Faftenprediger und den burlesten Geſchmack 
der damaligen Zeit theilte, aber nicht den Ernft ber ger: 
manifchen Stämme und ihr neues Leben. Das Narren⸗ 
fchiff warb in unzähligen Ausgaben verbreitet, verfälfcht, 
interpolirt, bearbeitet und fogar commentirt. Einer der 
ftärkften Geifter ber Zeit, ver berühmte Geiler von 
Kaifersberg (aus Schaffhaufen 1450—1510), wählte 
fih die Themata der Kapitel des Narrenfchiffs zu eben fo 





229 


vielen Predigtterten. Dies war an fih nichts Neues und 
Auffallenves; denn es hatten Andre Über Kacetus Sprüche, 
es hatte Geiler ſelbſt über das Gedicht eines Bauern, wie 
ießt über das eines Doctors fihon früher gepredigt; allein 
der ganz weltliche Gegenfland, die Unverholenheit der Sit« 
tencenfur, das Auffehen, welches das Original felbft machte, 
machten auch diefe Predigten Geiler's auffallender als an⸗ 
vere. Zahlloſe vortrefflihde Prediger wettelferten damals 
in practifcher Tendenz, aber des Volkes Sprache Taut zu 
vertheidigen, war Geiler voran, und heftig fprach er gegen 
vie Lateiner, bie ihr auswendig gelerntes Zeug herplapper- 
ten wie bie Schulfnaben, und kaum ſelbſt die Grammatik 
verfichen, gefchweige , daß dad Bolt fie verftehen follte. 
Wir wiffen, daß die Predigten Geiler's vor Luther faft die 
ganze Erbauungsliteratur der früheren Zeit umftießen ; 
welch eine Empfehlung mußten diefe Previgten, bie 1498 
gehalten wurben, für das Rarrenfciff fein.“ 


Ich gebe hier das Narrenfchiff vollſtaͤndig, mit allen 
Abbildungen, getreu nach der Ausgabe Nicolaus 
. Hönigerd von Tauber-Königshofen, welde 
fi) vor allen andern dadurch unterfcheidet, daß einem 
jeven Narren oder Neimm Brandts der Commentar 
Geilers gleich beigefügt ift, woburd) vie beiden Werke 
paſſend verfchmolzen find. — Die Dedication: „Dem 
Ehrwürbigen vnnd Hochgelehrten Herren, Herren Chris 
ftophoro Sylbereyſen, Abte des Gotteshaufes Wettin- 
gen, Meinem Gnedigen Herren” habe ich, ald ganz 
unmefentlich, weggelafien. 


Melt Spiegel, oder 


Narren Schiff, 


darin aller Ständt ſchandt vnd laſter, 


vppiges leben, grobe Narrechte fitten, vnd 
der Weltlauff, glei) ale in .einem Spiegel gefehen 
vnd geftrafft merden: alled auf Gebaftiun Brands 
Reimen gerichtet. 


Aber, 
Mit vil andern herrlichen, Chriftfichen, auch 


nußlichen Lehren, Erempeln vnd vermanungen zu einem 
Ehrbaren und Chriftlichen Leben. Sampt gewiſſer Schel⸗ 
len abtbeilungen, darburch eine jeden Standes 
lafter zu erfennen. 


Weilandt 


Durch den hochgeleren IO HAN GEYLEN, 
Doctoren der H. Schrifft, in Lateinifcher fprach befchrie: 
ben, jeßt aber mit fonverm fleiß auß dem Latein inn das 
recht hoch Teutſch gebracht, vnnd erfimals im 
Trud außgangen, 


Durch, 
Ricolaum Höniger von Cauber 
Rönigshoffen. 
Mit Key. May. Gnadt ond freppeit. 
Setrudt zu Baſel, durch Sebaftian 


Heinricpetri. 
MDLXXIIIL 


Der 1. Narr. 


Den vortang muß ich heben an, 
Denn ich vunuß viel Bücher han, 
Die ich nit Tip, auch nicht verftahn. 





Bon unnützen Büdern. 


Das ich fig vornan in dem Schiff, 
Das Hat warlich ein fondern griff. 
On vrſach ift Das nicht getan, 
Auf mein Kiberey ich mich verlan. 
Don Büchern hab ich groffen Hort, 
Verſteh doch drinn gar wenig wort. 
Vnd halt fle dennocht in den ehren, 
Das ich jn wil der fliegen wehren. 
Wo man von fünften reden thut, 
Sprich ich, daheim Hab ichs faſt gut. 
Damit laß ich benügen mich, 
Das ich vil Bücher vor mir ſich. 
Der König Ptolomeus bftelt, 
Dad er all Bücher het der Welt. 
Vnd hielt das für ein groflen Schatz, 
Doch het er nicht das recht Gefag. 
Noch kundt darauf berichten ſich, 
Ich hab vil Bücher das weiß il, 
Vnd liß Doch gang wenig darinn, 
Warumb wolt ich brechen mein finn, 


232 


Vnd mit der lehr mich bkümmern faft, 
Mer vil fludiert, wirt ein Yantaft, 
Ich mag doch funft wol fein ein Her, 
Vnd lohnen eim der für mich lehr. 

Ob ich ſchon hab ein groben finn, 
Doch fo ich bey ven gelehrten bin, 
Sp fan ich Ita ſprechen jo, 
Des Teutfchen Orden bin ich fro. 
Denn ich gar wenig fan Latein, 
Ich weiß das Vinum heiffet Wein, 
Budlus ein Gauch, Stultus ein Tor, 
Vnd daß ich Heiß Domine Doctor. 
Die Ohren find verborgen mir, 
Man ſeh fonft bald eins Müllers Tier. 


— — — — - 


Docter Ichann Geilers vonn Keiferfpergs fhöne 
vnd Chriſtliche außlegung vber das Narrenſchiff 
oder der Welt Spiegel. Erſtlich in Lateini⸗ 
ſcher ſprach beſchrieben, jetzt aber mit fleiß auß 
dem Latein inn das recht Hoch Teutſch gebracht. 





Yan gelehrten Warren oder Bücher Merren. 


Das Erf Narren Geſchwarm. 


Das Erf Geſchwarm der Narren, if der gehaubten 
Narren, Bücher Narren, Heublins Rarren, Paretlins Nar⸗ 
ren: Namlich die Doctored, die in jren hohen Sammaten 
Pareten herein tretten, vnnd Doch nicht drey wort Latein 
verfieden, ſich der viele ihrer bücher rhümen, vnd doch 
nichts anders an der that von einem rechtgelehrten Doc: 
tor haben, weder allein den bloffen Rammen vnd die büs 
der. Hie aber ift zu merden von weichen Doctorn wir 





233 


reden, Namlich, nicht von den fenigen, fo viel Bücher 
baden zu ihrem nub und gebraud, oder biefelbigen recht 
gebrauden: Dann es ift ein alt fprichwort: 


Welcher will lehrnen ohn ein Buch, 
Der ſchöpfft mit eim Sib waſſer in Krug. 


Derdalben fagen wir von der jenigen, welche von wer 
gen der menge ihrer Bücher auß ſchönheit und für tref⸗ 
fenlicheit fich hoch rhümen, gleich als fonft in einem ſchö⸗ 
nen haußraht: onnd fie wöllen dardurch hoch gehalten 
fein. Dife aber erfennet man vor den andern, auß den 
fieben nachuolgenden Rarrenfchellen. 


1) Die erfi Schell if, wann einer vil Töftlicher Bücher 
zuſammen ftellet, allein eyteln vnd vergeblichen rhum bar» 
durch zufuchen, gleich als in andern haußgerähten oder 
Meinottern. Vnd ift dife die fürnemſte Narrenſchell vnter 
den andern allen, auß difem Narren Geſchwarm, dann 
die vorigen hangen allein an diſer Schellen. Mit difer 
Scellen befiltet Seneca den Ptolomeum Philadelphum 
König inn Egppten, welcher inn ein Kiberey zu Aleram 
dria fünff vnd vierbig taufendt Bücher zufammen geflelt 
bat. Deßgleichen fein noch andere viel mehr, fo viel Bü⸗ 
der, allein von wegen prachts vnd rhums zuſammen ges 
ftelt haben, welche bie ohn not zu erzellen fein. 

Damit man nun die gehaubten Narren deſto befier er⸗ 
fenne, feind die da meinen was fie daheim in fren Bü⸗ 
deren gefchrieben haben, das fie daſſelbig alles wiflen 
onnd können. Dann fo man von einem ding bifputiert 
onnd fagt, gibt er gleich darauff zu antwort, Diß vnnd 
ibenes Buch hab ih auch daheim in meiner Bibliothec: 
vermeinen alfo, das fie der fach gnug gethan haben vnnd 
gelehrt gnug fein, gleih als wann fie die kunſt ſchon 
gantz durch ein Trechter Hinab heiten gefoffen, durch bie 
viele der Bücher, müſſen aber manch mal mit ſchanden 
il fchweigen, welches dann gantz lecherlich vnd ſpöttlich 
il. Run wem fein folche gefellen zu vergleichen ? Einem 
Eſel der mit viel harpffen vnd Citheren beladen ift, aber 
er rüprt der ſelben feiten keine an, das er fle fihlagen 
wölle oder Tönne: Alfo fein auch hie bie vile der Bücher 


234 


die harpffen, der efel aber ifl die Paretlind Doctor. Dife 
fein in der warheit die rechten -gehubten Narren, vnnd 
haben nichts anders von dem Doctoraht oder Magiftrat, 
dann allein vie köſtliche Heivdung, Sammatin Paret vnnd 
die Bücher, von der kunſt aber onnd den tugenden wiffen 
fie gar wenig. 

Auß difen gehaubten Narren fein etliche fo vngezogen, 
das fie ire würde vnn dignitet gantz vnn gar zu nicht 
machen, tretten daher auff gut Landtsknechtiſch, vnd reu⸗ 
beriſch, ruden das Paretlin auff ein feiten, alfo das es 
balb auff dem Ohr, vnnd halb auff den half hinab han« 
gent. Da her if dann difer fhantnamm entflanden das 
fie von den Bawren vnd gemeinen Leyen, bie Gehubten 
genennt werden. Zwar dife fein blindt vnd blinden füßs 
rer, bieweil fie gelehrt wöllen gefehen fein, vnd für hoch⸗ 
gelehrten gehalten, die fie doch inn der warheit nicht fein, 
die verführen ſich vnd andere mit jnen. Dife fchaar ber 
Gelehrten, ift die Erft ſchaar der Narren, onn wirt auch 
billih zum anfang vornen and breit gefeßt, dieweil fie 
vor den andern Narren allen am gefehrlichfien vnd ſchäd⸗ 
lichſten fein. 


2) Die Ander Narrenfchell if, gar zu viel vnd vnzal⸗ 
bare Bücher zufammen ftellen, kunſt vnnd geſchickligkeit 
darburch zu erlangen. Es fein viel die halten darfür das 
fie die viele der Bücher geſchickt vnd gelehrt made, aber 
die jrren weit. Dann die Bücher haben etlich gelehrt, et 
Lich aber vnſinnig vnnd finnloß gemacht, in dem fie mehr 
gelefen onnd in fich gelogen, weder fie verthöwen haben 
mögen. Gleich wie dem Magen, alfo auch den Sinnrei⸗ 
Ken vnd fcharpfffinnigen Töpffen, der vnwill mehrmalen 
fhaden hat gebracht, dann der hunger, vnd gleich wie 
in andern fpeifen mäſſigkeit vnd ein fonderer brauch if 
zu halten, alfo if} es auch in dem Iefen der Bücher. Sei» 
tenmal”die viele der Bücher, mehr ein verhindernuß ift 
der fünften, dann ein fürdernuß. Vnd wie zum offterma⸗ 
len etlichen inn Beldtfchlachten die menge ber kriegsknech⸗ 
ten den Sieg verhindert hat, alfo hat auch die menge 
der Bücher vielen an der kunſt vnd geſchickligkeit geſcha⸗ 
bet, dann auß dem vberfluß. iſt gemeinlich mangel vnnd 


235 


zodell enifprungen. Gleich wie im Bretifpiel, fo einer 
zwey eſſz bevörffte, zwey ſeß darfür würfft, damit bas 
fpiel verfpielet, alfo iſt es auch mit der viele ber Bücher, 
die zu wenig fünften nutzen. Run möcht einer villeicht 
fagen: Was foll ih dann thun? Soll ich bie Bücher fo 
ih hab hinweg werffen? Nein gar nicht, fondern fo du 
diefelben Haft, folt du fie außtheilen in rechte zeit ond 
ordnung, damit bu fie wiſſeſt zu rechter zeit und gelegen« 
heit zu gebrauchen. 

3) Die dritt Schell iſt ober die maffen viel Bücher zu 
fammen fielen von wegen Wollufs, welches eines fchle- 
der hafften vnnd freffigen Magens natur if, allerley fchled 
biffzlin verſuchen. Diefe rumpeln durch alferley Bücher 
oben hin, glei wie man ben grindigen laufet, vnd bes 
halten nirgendts inn etwas, denen gefchicht gleich wie ben 
Karren, die in der Statt Herumb ziehen, onnd die ſchöne 
gemälpnuffen an ben heufern beſchawen, bringen aber 
. nichts weiters baruon dann vnrhu des gemütd, vnnd bes 
ſchwerung der gedächtnuß: Zu gleicher weiß werben auch 
diefe Durch forgfeltigleit bin onnd wider gefchlöpt, Lauffen 
von eim Buch vber das ander, onnd verlieren alfo hie⸗ 
mit die herrliche zeit vnd gute gelegenheit, in dem fie jre 
gemäter vnd gedächtnuß mit mansherley fehrifften vnd 
unften beſchweren. 

4) Die vierdt Narren Schell if, wiel fchöner vnd her⸗ 
licher Bücher zufammen flellen, allein von wegen der aw 
gen weid, oder erlufligung ber augen. Seitenmal viel 
feind die ein groffen wolluft vnnd wolgefällen tragen ob 
den guldenen vnd Silbern Buchflaben, vnd bringen alfo 
jre zeit zu, diß if fürwar ein Hinpifche vnnd groſſe thore 
Kit. Dieſes fag ich ift bey der warheit nicht allein ein 
aroffe kindtliche thorheit, fonder viel mehr ein gottloſes 
ud, fein augen mit goldt vnd fllber weiden, barneben 
aber vil Epriften menſchen fehen hunger vnnd mangel 
leiden, fo doch einer fonft in vilen andern dingen, als in 
ver Sonn, Don, Sternen am himmel, fchönen, wolfchmes 
ckenden vnnd lieblichen biümen, ond in fumma an vielen 
andern Ereaturen Gottes mehr, fih auff das hoͤchſt möcht 
beiuftigen vnnd die augen darinn weiden. Derowegen 


236 


ſteht einem Epriften menfchen gantz vbel an, ond {fl auch 
gang gottloß gehandelt, vem mundt Gottes an feinen ar 
men etwas entziehen, damit er feine augen deſto baß be» 
Iuftige vnnd inn wolluſt weide. Dann lieber fag mir du 
grober fantafl, warumb maleft bu in deinen Büchern hin 
vnnd wider fo mit groffem Toften, fo viel menfchen vnnd 
blümen werd? Gefallen dir dann die menfchen vnd blü⸗ 
men, fo von Gott gefchaffen fein, nit? Fürwar ih fag 
dir du thüeſt Hierinn gang thoredht und vnmenſchlich, in 
dem bu die Greaturen Gottes verwirffeft, vnnd wilt fie 
fhöner von dir felber machen, weder fie von Gott er⸗ 
fchaffen fein. 

9) Die fünfft Schell if, gar zu köſtliche vnd prächtige 
Bücher Iaffen einbinten. Dann es feind viel, vie laſſen 
jre Bücher mit Boldt, Sammat vnd anderen köſtlichen 
feidenen tücheren vberziehen ond einbinden. Difes iR für 
war auch ein groffe thorheit, das einer will, die nieder 
trächtige vnd demüthige weißpeit Gottes, in köſtlichen vnd 
prächtifchen Büchern haben. So doch die weißheit Got 
tes niederträchtige vnd einfeltige berg erforfchet. So aber 
einer auß fonderlicher Tieb und eifer Gottes vnd der Weiße 
heit, die Bücher mit Golt vnd fammet ſchmucket, Achte 
ih darfür das folches nicht zu Tchelten fein, fo fern allein 
die armen nicht darburch verfaumet werden, dieweil man 
folhen vnkoſten onnd gelt fürnemlich auff die armen wen⸗ 
ven folt. Derwegen foll man alle zeit fleiffig betrachten, 
das man in feinem ding zuuil thue. 

6) Die Seht Schell der Gelehrten Narren, ift, Bü⸗ 
her gan vngeſchicklich vnnd ohn allen verftandt befchreis 
ben vnd offentlich Taffen im trud außgehn. Difen Nar⸗ 
ren erfihitlet Srancifcus Petrarcha die Kappen gar dapffer, 
do er alſo fpriht: Das man fol mit fleiß achtung geben, 
auff die warhafften und für treffentlichen Scribenten, da⸗ 
mit nicht ein jeder der ein flud vom Schulfad gefrefien 
bab, oder drey wort Latein könne, oder die federn in der 
band könne führen, gott geb was fonft hinder im led, 
inn einem jeglichen Buch wölle etwas mehren oder ſud⸗ 
len, für ein Sceribenten gehalten werdt. Welches zu bifen 
jebigen zeiten vermaflen in brauch if fommen, das wann 


237 
die alten, Cicero, als Eato, Plinius, Ariſtoteles, ic. Bud 
andere mehr, folten wider herfür fommen, vond ihre fchriff: 
ten läfen, wurden fie fürwar biefelben nicht mehr verfichn, 


alfo fein fle corrumpiert vnd verfelfcht worden, vnd iſt 
deffelben kein auffhörens. 


7) Die Siebendt Narren Schell, iſt die hinwerffung 
der Bücher, dann man findet vil grober Klötz vnd Nar⸗ 
ren die halten den verlurfi vnd vntergang der Bücher für 
den geringfien ſchaden, ja fie dörffens wol für ein ge 
winn achten. Auß welchen groben filben einer zu Rom 
geweſen ift, der bat frey offentlich gefagt, er wölt all 
fein gut vnd hab geben, das nie Fein gelehrter Mann 
wer in die Statt Rom vnd auch in Staliam kommen. 
Desgleichen fagt auch Licinius, welcher von natur ein 
feindt freier Künſten iſt geweſen, Das die freien künſt 
vnnd die gelehrten nichts anders fein, weder ein ſched⸗ 
lichs gifft vnd gleich als ein gemeine ſücht over Peſtilentz. 
Wiewol diſer vnflatt zum Römiſchen Keiſer nachmals if 
erwöhlet worden, hat er doch feine grobe fitten nicht ver 
lafien, vnd if zwar diß Spridhwort war an ihm, das 
man nicht bald auß einem Rappen ein Zalden ziehe. Oder 
wann mann fihon lang ein Saw fattlet, wirt dannoch 
fein zelter darauf. Was follen wir aber hie fagen von 
den Edelleuten, Fürften ond Herren zu vnfern zeiten, bie 
nicht allein die freien Tünft laſſen mutwilliger weiß zu 
grundt gehn, von wegen jhres praffen vnd fehlemmeng, 
fonder fie begeren zum mehrertheil das der teuffel alle 
gelehrte und freie fünfte hinführet: Wie wir dann ſolchs 
ein exempel haben an dem König Ludwig den Eilfften 
diß Rammens auß Frandreih, der wolt nicht das fein 
Sohn Carolus der Acht inn freien fünften ond der Latei⸗ 
nifchen ſprach vnderwieſen würd, vermeinende Thorechter 
weiß, ſolches würde ihn am Regiment fchevlich vnd ver⸗ 
Hinderlich fein. Auff gleiche weiß hat auch Graue Eber« 
hardts des Erfien Herbogen zu Wittenberg Batter, als 
er am todt Bett lag, fein Räht in Eidtspflicht auffgenom- 
men vnd ernfllih beuohlen, das fie in, den Hertzogen 
Eberharten kein Latein wolten Iaflen Ichrnen. 


238 
Der 11. Narr. 


Wer ih auf gwalt im Rhat verlept, 
Vnd hengt ih wo der Wind berbleßt, 
Derſelb die Saum in Keffel ſtößt. 





Bon guten Rähten. 


Viel find den iſt darnach gar noht, 
Wie fle bald kommen in den Rhat, 
Die doch deß Rechten nicht verftchn, 
Vnd blindtlich an den wenden gehn. 
Der gut Euft ift leider tobt, 
Achitophel befteht die noht. 
Mer vrtheilen fol, und Rhaten ſchlecht, 
Der dend vnd volg allein zu Recht 
Auf das er nicht ein zaunftee bleib, 
Damit man die Sam in Teflel treib. 
Warlich fag ich, es Hat fein fug, 
Es ift mit duncken nicht genug, 
Damit verfürket wirt das Recht, 
Es dörfft, dad man fich bap bedecht. 
Vnd weiter fragt mad man nicht wuſt, 
Denn würd das Recht verfürket fuft. 
So haft Fein wehrmort gegen Gott, 
Glaub mir fürwar es iſt fein fpott. 
Menn jeder wüft, was volgt hernadh, 
Im wer zu vrtbeifn nicht fo gach. 
Mit ſolcher maß wirt jeverman, 
Gemeſſen, al8 er hat getban. 
Wie du richft mich, und ich richt Dich, 
Als wirt er richten Dich vnd mid). 
Gin jeder wart nach feinem tobt, 
Der Vrtheil, die er geben bat. 





239 


Wer mit feim Vrtheil bſchweret viel, 
Dem ift gefeßet auch fein ziel, 
Da er ein gwaltig Vrtheil find, 
Der Stein der fellt jm auff den grind. 
Mer bie nicht Helt gerechtigkeit, 
Der find fle dort mit Herrligkeit. 
Kein Weißheit, Gwalt, Fürfichtigkeit, 
Kein Rhat ſich wider dich auffleit. 


Von vngerechten Richtern. 


Das Ander Narren Gefhwarm. 


Das Ander Rarren Gefchwarm ift von vngerechten Rich⸗ 
tern, gefilgten Narren, Raht Narren, böfen Rähten vnd 
vnbillihen Richtern. Damit man aber nit etwann ein 
mißgrieff thun, vnd den gerechten mit dem vngerechten 
verbamme, foll man fle an den fieben nachuolgenden Nar⸗ 
ren fihellen erfennen, welche gemeinlich die böfe vnd vnbil⸗ 
lichen Richter haben anhangen. 

„d Die Erfte Schell if, Richten den jenigen ber ihm 
nicht vnderworffen ifl, als wann der Bawr den Pfaffen 
will ortheilen. 

2) Die Anver Schell it, von heimlichen vnd verborg- 
nen Dingen vrtheilen, welches jm Gott der Herr allein 
bat vorbehalten. 

3) Die Dritt Schell if, vrtheilen ohn richtliche proceß 
vnd ordnung, feitenmal niemandts verurtheilet oder ver⸗ 
dammet wirbt, er feye dann zuuor in einem offentlichen 
gericht aller feiner miffethat vnd handlungen vberwiefen- 
worden, oder das er ſich freiwillig, ohn peinlide frag 
ond Richtliche proceß, aller. mißpandlung ſchuidig geben hab. 

4) Die Bierdte Schell iſt, von wegen bed Gewinns 
ond Gelts ein vriheil fellen. Die flieht feinem Richter 
zu, das er das Recht Gericht verfauffe. Dann wie Am» 
tbon fagt: Ein Richter der da Gelt nimpt das er Nichte, 
over nicht Nichte gleich falfch oder Richte verht, fo begeht 
er eine todfünte. 


240, 


5) Die Zünfft Schell if, ein vrtheil fellen aflein auß 
geringen vnd vngründtlichen mutmaffungen, vnd keinen 
gnugfamen vnd fonderliden beiwarungen. Es hat Gott 
der Herr die Sodomiter nicht fehlechtlich wöllen ortheilen, 
Als er von jrem lafterhafften leben höret, welches ex doc 
alles zuuor wiſſet, fonder fucht fie erſt durch feine Engel 
fihtbarlih daheim, vnnd warnet fie. Daher der Hoche 
Prieſter Melchiades fpricht. Erfundigte alle ding mit höch⸗ 
ſtem fleiß, damit jhr niemandts vrtheilete ohn gerechtes 
vrtheil, oder allein auß fchlechten mutmaflungen. 

6) Die Sechßt Schell ift, nicht auß gerechtem eifer ber 
Gererhtigkeit oder nach vernunfft, fonder auß böfen an- 
fechtungen vnd begirben, (als da feind Neidt, Haſſz, heim: 
lich auffſatz, oder böfe argwohn vriheilen,) Gleich wie 
die Gottlofen Juden auß Neydt onnd Haſſz: Pilatus auß 
forcht vnd fihreden, wider Chriflum den Herren gehand⸗ 
let haben. 

7) Die Siebend Schell iſt die fünder richten, denen 
doch einer gleich iſt: Als namlich wann einer vber ſchul⸗ 
dige perfonen richtet, er aber inn ſünde, ſchandt vnnd 
Iafter ſteckt biß ober die Ohren. 

Die feind nu die fleben Schellen darauß man bie Naht 
Narren lehrnet erkennen, vnd die Gerechten Richter von 
den vngerechten vnderſcheiden. Damit fie aber deſto baß 
mögen erfandt werden, zeiget ons dife Figur an, Dann 
da ſtehet ein Schwein welches zwen Narren, mit heben 
ond kolben in keffel fprengen: Das Schwein bedeut ein- 
armen arbeitfeligen menfchen, ber Keflel ein falfches vnd 
Suſanniſch Vrtheil: Die Narren feind die vngerechten 
vnd vnbilliche Richter. 


Der III. Narr. 


Wer ſetzt ſein luſt auff zeitlich Gut, 
Vnd darinn ſucht fein freund vnd mut, 
Der iR ein Narr in Leib und Blut. 


241 


Bon Geitzigkeit. 


Der iſt ein Narr der ſamlet Gut, 
Vnd. hat darbey Kein freub noch mußt, 
Vnd weiß nicht wem er folches fpart, * - 
So er zum finftern Keller fahrt. 
Viel narrechter iſt der verthut, 
Mit üppigkeit und leichtem mut 
Daß, fo im Gott hat geben gmein, 
Darinn er Schaffner ift allein, 
Vnd darumb rechnung geben muß, 
Die mehr gilt den ein Hand vnd Fuß 
Ein Narr verleßt fein Freunden vil, 
Sein Seel er nicht verforgen wil. 
Vnd forcht jm breit bie zeitlich gut, 
Nicht forgen was das ewig thut.. 
D armer Narr wie bift fo blinbt, 
Du förchft die Reud, und findſt den Grindt. 
Mancher mit Sünden gut gewint, 
Darumb er in ver Helen brinnt 
Sein Erben’ achten das gar Klein, 
Die hülffen jm nicht mit eim Stein. 
Sie lößten ihn kaum mit eim pfunbt, 
So er tieff Tigt in Hellen grundt. 

Gib weil du 'Tebft Durch Gottes Chr, 
Nach deim Todt verthut ein ander mehr. 
Es hat kein weiſer nie begert, 

Das er möcht reich ſein hie auff Erd, 
Sonder das er lehrt erkennen ſich, 

Wer weiß iſt, der iſt mehr denn reich. 
Craffus das Golt zu letſt außtrangk, 

Nach dem in hat gedürſtet lang. 
1.. 16 


! 


242 


rated fein Gelt warff in das Meer, 
Das es nicht hindert in zur lehr. 
Wer ſamlet was zergenglich if, 
Der grebt fein Seel in Kat vnd miſt. 


Yon den Gelt Marsen vand Auß den pfennigen. 
Das Dritt Narren Gefchmeiß. 


Das Tritt Rarren Gefhmeiß, feind die ©eltnarren, 
Karg Narren, — Narren, Wucher Narren: damit 
wir aber inn bifen nicht ein mißgrieff thun, und den ge- 
rechten mit dem vngerechten verdammen, dann es feind 
die nicht alle Geldt Narren fo vil geldts und gutes be: 
ſitzen: fonft müfle auch Job, David, Abraham, Ifaac, 
Jacob , x. Bnd alle Fürſten vnd Herren Rarren fein. 
Auff das man aber die Reiche geiß hälfer vnd die Gelt 
Narren lehrne erkennen, fol man achtung geben auff diſe 
zwo nachuolgende fchellen. 

1) Die Erſt Schell, iſt allein zeitlichem Gut vnnd Gelt, 
gleich als dem Zweck des lebens nachtrachten vnd nachja⸗ 
gen. Wo nun diſe ſchell klinglet, do iſt ohn zweiffel die 
Thorheit des Ewigen verderbens, vnd wirt man diſen 
Narren mit dem kolben der Ewigen verdamnuß laufen. 
Was heißt aber zeitliche ding als ein zwed für fih nem⸗ 
men? Difes welcher al fein thun vnd laſſen, finn vnd 
gedancken allein nach demfelben richtet. Zugleich wie ein 
Schüß das blat vor im hat, nach welchem er den Bogen 
beit vnd ben pfeil richtet: vnnd wie ein Buler damit er 
feinem Gretel vnnd Holderflod wol gefall, zu mitternadt 
vom betth auffftehet, Löfflet auff der gaflen, tritt ganß 
böfflich herein, fich Heidet, bußt fih munder herauf, vnd 
inn fumma alles anders verachtet, vnnd für nichts achtet, 
allein von wegen feines zuckermeulins: Alfo auch ein fols 
ber Gelt Narr vnd Küß den Pfennig, hat die Reichthumb 
als ein zwed des leben vor im, vmb deren willen er al 
les anfacht, Lieblöfet vnnd ſchmeichlet ander leuten, lobt 
fie hefftig, grüßt fie freundtlich, knippet und Inappet vor 





. 243 


ihnen, damit er in das Geldt auß dem Sedel Taufet, 
Dergegen aber zöhrnet er ober die, fo im an feinem Geitz 
vnd fürfaß, verbinderlich fein. In Summa was er hands - 
let vnd thut dag flieht allein auff Gelt und Gut, vnnd iſt 
nichts anders bey im, weder allein bet ich, het ich, gott 
geb wo ein anderer blieb, ja ein folder Bei Wanſt dörfft 
eim vmb gelts willen ein Efel ſchinden. Difes fein bie 
geſellen vnd Geltwürm die den Pfennig für jren Gott 
vnd Erlöfer halten. Vnd wie ein frommer, Gott zum 
zwei feines heils vnnd wolfahrt für fi nimmt, vnd von 
wegen feiner Ehre vnd zu erfüllung feines Göttlichen wil- 
tens, faftet, bettet, gibt Almufen, gebt fleiffig zu Kirchen, 
braucet die Hochwürbigen Sarrament, vnnd all fein- thun 
onnd laſſen nach Gottes willen anrichtet: Alfo bifer Gelt- 
wurm vmb des Pfennigs willen, (dann einmal bie Reis 
hen fren Bott ond Glauben in der Kiften haben) in bir 
fen hoffet ex, dem vertramet er, den Jiebet er, heit in bi» 
her dann die Siebe Gottes vnd feines Nechften: Zwar er 
achtets gantz gering vnd für nicht vmb difer willen die 
Gebott Gottes zu vobertretten, falſch Eidt zu fihweren, zu 
liegen, zu beiriegen, zu fiehlen inn der nobt, Fein Almus 
fen zu reichen, die Deiligen Chriflichen Kirchen und ge: 
meine Gottes für nicht zu achten, am Sontag Gottes 
SHeilfames wort zu verfaumen, 3a vmb bes Pfennigs wil: 
len fledt er in allen arbeiten hinden vnnd fornen barinn, 
was die Knecht follen thun, pas thut er, allein darumb 
damit ihm fein Geltfad voll werb vnd er allein Groß 
Hanß genennt werd. Weiter verſchonet er feines nechſten 
nirgendt, flellet die lieb des Nechften vnd fein Geel zus 
ruf auff die fubenthär, dann vmb Gelts halben leſſet er 
alle freundtfchafft ond Tieb fahren. In Summa: ber Pfen- 
nig ſchwebt im allzeit vor den augen, an den gebendt er, 
wann er zum Sacrament gehet, zur Ehe greift, zu Got⸗ 
tes wort gebet, den betrachtet er, dieſen heit er für alle 
ehr vnd würde: Item wann er in Geifllichen fand dritt 
vnnd ein Prediger oder Bifchoff werben will, bendt er 
mit an Gott, wie bveffelbigen Ehre vnd Namm mög ge 
priefen werten, fonder gedendt allein wie er ein gute 
feißte pfrund, Aptey vnd Biſumm mög befommen. Ob 


244 


er ſchon Gott Höchlich erzürnet achtet ers für gering vnd 
tramret wenig darumb. So er aber ein Pfennig oder 
Heller verleuret, geht es im höcher zu hertzen vnd laßt 
ims ernfllicher angelegen fein, dann wann er fonft ein 
todtfünd gegen Gott begieng , denn diefem wacht er fleif- 
fig, geucht im nach vber velot, ober fland vnnd flein, vmb 
deſſen willen zablet er, geibet, zanet, leidet hunger vnd 
durſt, Iobt jhn, rühmet in für den höchſten freund, preifet 
in, küſſet ihn, finget onnd faget von ihm, böret ihn Lies 
ber Hingen venn kein feitenfpil onnd lob gefang Gottes, 
vnnd wie der Apoſtel Paulus ung Iehret, das wir vns 
als diener Gottes darſtellen follen, alfo ſtellen ſich diſe 
Gelb wänft, als diener des Gelts dar. 

2) Die Ander Schell dabey man bie Gelt Narren er: 
fennen ifl, wo man in den Mittlen, fo zu einem andern 
end gerichtet follen werden, nicht maß vnd ziel fan. Als 
warn jemandts fagt, es iſt gar nicht mein meinung, dem 
Geldt als dem zwed meines lebens nachzuftelen, oder 
Gottes wort vnd Gebott darumb zu vbertretten. Ich weiß 
wol das der Herr faget, ſuchet zum erflen das Reich 
Gottes vnd feine Gerechtigkeit, als dann werben euch 
pife ding alle zu gethan werben. Sch befenn au das 
ich groffes gut hab, vnnd daſſelbig von wegen leiblicdher 
Narung befiße, will darumb nicht wider Gott vnnd fein 
Gebott handlen, fonder dem Armen in zeit der not handts 
reihung tun. Gottes wort am Sontag nicht verfaumen, 
nicht fälfchlich fehweren,, niemandt veruortheilen vnd be 
triegen, ꝛc. Erkenne auch wol das ih nur gar zu viel 
vbrig gutts hab, und mich die groſſe vnd vielfaltige forg 
meiner groffen haußhaltung gdertreibt, bin aber babey in 
güter hoffnung, ed gefchehe "folches ohn Verlegung vnnd 
zerirennung der liebe Gottes vnd bes nechſten. Nun es 
it war wie du fagft, vnnd ob du wol bir feinen böfen 
Zwed inn deinem hertzen fürnimbſt, bieibfi du doch nicht 
auff der rechten vnd mittlen Strafen, folteft viel mehr 
gedenden, das dir zeitlich gutt nur ein fteden fein folt, 
zur not in diſem leben: Dann wann einem ein fled zu 
groß ik, oder jemandts mehr dann einen in die Hand 
nimpt, der fürberet ſich damit nicht, fonder hindert fich 


245 


viel mehr. O bu gauch vnd Thor der du fo viel Stab 
in der hand tregft, vnd dich nur damit befchwäreft, were 
es nicht. weger vnnd beffer du theilteft die ſtecken vnter 
die dürfftigen, vnn armen auß, welche ohn ſolche ſtecken 
vber den graben vnd waſſer der dürfftigkeit nicht ſprin⸗ 
gen können. Derowegen, fo bu nicht wilt oder nicht kanſt 
ohn difen fleden fein, hüt dich doch, das du mit dem fele 
ben nicht zu ſehr beſchwerdt werdeſt. Nimm fo viel auff 
Dich, als du tragen magft, hüt dich das du nicht mit bem 
Reihen Mann die bürbden zur hellen tragefl. Dann höre 
ven Reichen Mann in dem hellifchen fewer fehreien, (el 
ches von bifen ſtecken angezlinnt if,) Ich würd gepeiniget 
in difen flammen. . 
Diß ſeind die zwo fürnemflen Schellen ber Gelt Nar: 
ren, wilt aber ſolche Rarren noch baß erkennen, fo hende 
nun die Fleinern daran, als namlich die dritt, die verher⸗ 
tung, die viert die vnrhü, die fünfft vnbillicher gewalt, 
die ſechft Betrug, die flebend Meineyd, die acht Beruor 
theilung oder Vberfürung, die neundt Berderbung. 


\ 


Der IV. Narr. 


Wer vil neum fünd macht durch die Land, 
Der gibt viel aͤrgerniß vnd fhand, 
Helt den Narrenfpiegel bey der Hand. 


Bon neuwen Zünden. 


Das etwann mad ein fihendtlich Ding, 
Das wigt man jet fehlecht vnd gering 
Ein ehr was etwann tragen Bärt, 
Jetzt han die weibifchen mann glehrt. 
Vnd fehmieren fih mit Affen fchmalg, 
Vnd thun entblöfen jren Half. 
Biel Ring vnd groffe Ketten dran, 
As ob. fle vor Sanct Lienhart ſtahn 


246 


Mit fchmebel, Hark, büffen das Kar, 
Darinn fihleget man Eyerklar. 

Das es im Schüffelforb werd krauß, 
Der hengt den kopff zum Fenſter auß. 

Der bleicht es an der Sonn vnd Feuwr 
Drunder werden die Leuſe theuwr, 

Die tuͤgen jetz wol in der Welt, 

Das thut all Kleider find vol felt 
Roͤck, Mentel, Hembber, und Bruftthuch, 
Pantoffel, Stiffel, Hoſen, Schuch, 

Wild Kappen, Mentel, vmblauff gehn; 
Der Yüpifch fitt will gank auffſtehn. 
Denn ein fund kaum dein andern weicht, 
Das zeigt das wıfer gmüht ift leicht 
Vnd wandelbar in alle fchanp, 
Biel neuwrung ift in allem land, 

Kur ſchendliche Spantf Kappen, 
Darinn die Narren jebt gehn nappen. 
Pfuch ſchand der Teutfchen Nation, 
Das die Natur verdeckt wil bon, 
Das man das blöft, vnd fehen laht, 
Darumb leider es vbel gaht. 
Vnd wirt bald han ein Köfern flandt 
Weh dem ver vrfach gibt zu ſchand. 
Web dem auch der ſolch fchand nicht flrofft, 
Im wird zu lobn das er nicht hofft. 


Yon Gemalt Marren, Seltzam Warren, Mutz War- 
sen, Bier Marten, Spiegel Narren. 
Das vierdt Geſchwarm. 


Das vierdt Geſchwarm der Narren find die Seltzam 
Narren, Mutz Narren, Zier Narren, Gemalt Narren, Spie⸗ 
gel Narren: diſe ſag ich ſein die Narren, fo allweg vor 


. 247 


anderen Narren etwas newes vnd felbams auf bie ban 
bringen, in felgamen Kleidern, fitten und wunderbarlichen 
breuchen. Dife fol man fürnemlich (wiewol derfelben fonft 
fo viel ſeind, daB man fie nicht alle mag erzehlen,) auß 
difen fieben nachuolgenden Schellen lehrnen erkennen. 

1) Die erfte Schell der Selkam Rarren iſt, geflumpfete 
ond ſeltzame Bärt ziehen, auff gut Spaniſch oder Italiä⸗ 
nifh. Dann es find etlich die ziehen ihre Bärt nach deß 
Landis fitt darinn fie wonen, gleich wie die Griechen, fo 
im brauch hatten Tange Bärt zu ziehen. Etlich ziehen gar 
feine Bart, als die Carteufer, vnd Eiftertier Mönchen thun: 
Auch die Bilger fo in ferne Landt ziehen. Etliche veren⸗ 
dern jhre geftalt dermaſſen, damit fie nicht Teichtlih von 
jederman mögen ‚erfandt werden. Dergegen aber werben 
gefunden die ziehen gant lange vnnd zopffechte Bärt, wel« 
des fie allein darumm ihun, damit man fie deſto ehe für 
alte männer vnd flattliche perfonen anfehen ſolle. Dife 
ſticht in fonderheit die ehrgeißigteit und rhumfucht, Aber 
ſolche fein fürwar groffe thoren, vnd hangt an einem jeden 
härlein deß Barts ein fohellen, Dife dieweil fonft weber 
weißpeit noch einige tugend im ihnen if, fuchen fle ein 
befondere ehre vnnd hoffart durch die fürtreffenlichleit bes 
Barts. Fürwar es tft zu fürchten, das folden Narren 
nicht widerfahre, wie es auff ein zeit einem Hirſch ergans 
gen ift, (wie man inn Fabeln Efopi lifet,) der feld als er 
vor forcht eines nachjagenden Wolffs auff einen hohen fels 
fen entwiche, und der Wolff vnden in den hürften des fel⸗ 
fens drey tag auf in fauftert, wiche fie zum letſten mit 
etlichen gedingen, (als den Wolff Hungert vnnd den Hirſch 
dürftet,) ab: Der Hirfch verfigt fih auff das ehefte zum 
frifhen brunnen aldo fein durſt zu löſchen, als er nun 
tranck, ſahe er fein ſchatten im waſſer, onnd fprad, wie 
fhöne und flarde bein, wie ein fihönen Bart, vnnd wie 
fo groffe onnd lange Hörner hab ich, dannoch fliehe ich den 
Wolff, ich wit mich forthin fein wehren, vnd ihm Fein theil 
an mir laſſen Haben. Dife wort höret der Wolff heimlich, 
fiel von flundan mit grimmigem zorn in den Pirfch vnnd 
ſprach, was fagft du Hie mein bruder Hirſch: Der Hirſch 
aber als er fahe, das er ein’ gefangen mann was, ſprach 


248 


er, Herr Wolf verfihonet mein, dann ber Hirſch (fagt er) 
wann er zuuil hat getrunden, ſchwetzet er mehr weder jm 
gebüret. Aber der Wolff kehret fih gar nichts daran, fon- 
ver fraß den Hirſch ohn alles dauren. Alfo wird es au 
unfern Bart Rarren ergehn, wann fie ſich rhümen der für: 
treffenlichkeit der Bärt, werden fie auch beimlicher weiß 
von dem Helliſchen Wolff gefreffen vnnd zerriffen werten. 
Auch fchopffen fie ihn durch die fehönpeit der Bart mehr 
fhand, vnd böfen nammen, weder ein aut lob und rhum. 
Dann warn man fragt, wer ift difer mit dem floigen 
Bart, der fi) vonder andern fo ſtoltz herfür thut: als dann 
wirbt geantwortet werden, don denen bie ihn fennen. Es 
iſt der ſtoltz Narr vnd Barthans, welcher meint, es lige 
alle kunſt in ihm verborgen, von wegen deß herrlichen 
Barts, vnd er fey auch defto flerder vnd mannlicher. Letſt⸗ 
lich fein noch mehr Bart Narren, vie ziehen ihre Bärt 
auff Türckiſche manier, ſchier gang abgefchoren, allein zwo 
fpigen neben heraus gehen, oder fonf nur ein Hein löck⸗ 
lin haar, 

2) Die ander Schell der Spiegel Rarren iſt der erſten 
zuwider, dann es werben etliche-gefunden, bie laſſen gar 
kein haar wachfen, fonder laſſen das angefiht vnnd das 
fienn gang fauber fehären damit man fein har fipei. Item 
ziehen mit entblößten halß daher, fchier biß auf die hüfft 
binab, laſſen ſich offtermal ſchären, wüfchen vnd bißweilen 
malen, vmbhencken den halß mit viel guldenen ketten, nem⸗ 
men köſtlichen geruch zu ihn, beſtreichen ſich mit roß waſ⸗ 
ſer, ſalben ſich mit köſtlichem vnnd wohlſchmeckendem Bal⸗ 
ſam. Dieſe die ſich alſo ſchmieren, weſchen vnd auff das 
ſtattlicheft zum huren ſpiegel auffmutzen, haben ein ſolche 
Schellen anhangen. Welcher geſtalt vor zeiten ein weibs⸗ 
perſon zu Straßburg geweſen iſt, die hat von wegen al⸗ 
ters, viel runtzeln im angeſicht, dieſelbig ließ von ihrem runs 
tzelechten angefiht,, die haut daruon ſchinden vnd hinweg 
egen, damit fie der runtzeln ab käme, onnd fie jungfarb 
und ſchön erfcheinete, aber was gefihahe: je mehr fie ſich 
ließ artznen vnd außbugen, je heßlicher fie von tag zu tag 
ware. Dife geblößten Männer vnnd Weiber, fo alfo im 
ſchandt ſpiegel paper ziehen, ſein nicht anders weder ein 


249 


bloſſes ſchwerdt, welches der leidig teuffel gebraucht, die 
menfchen damit zu’ ſchand vnd Lafter zu beivegen. Dife 
entdeckte cörper fag ich, braucht der teuffel, gleich als ein 
aaß oder fpeiß, die feelen damit zu beiriegen, vnd gleich 
wie man mit gefchunden katzen oder andern thieren bie 
Gerren fahet, alfo fehinden vnd entpeden ihre brüft vnd 
Haß, zum fpiegel der vnzucht, fürwar es if ein groß 
warzeichen eins böfen vnnd wurmeßigen gemüts, alfo mit 
entblöftem leib daher ziehen: Dann gleich wie die Nuß, 
fo ſich leichlich laſſen Iauffen und auß der fhalen thun . 
gemeintich böß vnd wurmecht fein, alfo iſt e8 auch mit 
difen gefchaffen. 

3) Die dritte Schell iR das Haar zieren, gäl, kraußlecht 
und lang machen, au frömbres haar der abgeftorhnen 
onter ihres vermifchen, vnd daffelbig zum ſchawſpiegel auffs 
mutzen. Es ziehen die weiber jeßund daher gleich wie bie 
mannen, vnnd henden das Haar dahinden hinab biß auff 
die hüfft, mit auffgefeßten paretlin vnnd hütlin gleich wie 
die männer. Pfu der ſchand vnd vnzucht, O menfh was 
fpiegleft du dein lang Paar herfür, das voller leuß vnnd 
niſſz iR? IR diß dein fchaß, dein Gott? welchen du vor 
andern ehreft ond Tiebeft? Gedenck daß Holofernes durch 
den geſchmuck der Judith vmbkommen if, und das Abſo⸗ 
fon mit dem Haar ift an der Eychen blieben hangen vnnd 
omblommen, O weib horche, erfchredet dich folches nicht, 
das du frömbdt Haar eines geflorbnen weibs vbernacht 
auff dem kopff behalteft? welches du fürwar allein zuuer⸗ 
derben deiner Seel thufl, dann fo du folches thun foltefl 
zur buß oder von wegen der Liebe Gottes, würdeſt du 
dich ohn zweiffel fehr darab entſetzen. Dann welches weib 
iſt alſo kün, das fie einer abgeſtorbnen frawen leib oder 
etliche glieder bey ihr am beih hette, fürwar es würde 
nicht bald eine gefunden werden. Ich wolt das allen weis 
bern ergienge, die ſich mit ſrömbdem Haar ſchmuckten, tie 
vor zeiten einer zu Pariß begegnet if, die hat fi au 
auff das ſchönſte geſchmuckt mit frömbdem Haar, als fie 
aber ohn alle gefahr bey einem Affen füruber gieng, ers 
wüfcht fie der Aff, vnd riffz ihr pen ſchleier ab dem lopff 
vnnd nachmals auch das auffgehüfft Haar, vnnd warb fie 


250 


alfo vor jederman zu fihanden, warb ihres enilehneten 
Haars beraubt, welches ohn zweiffel auß fonderlicher an⸗ 
fhidung Gottes gefcheben if. Was foll ich von dem ge 
ferbten, gefchmierten,, gebleichten vnd Fraußlechten Haar 
fagen, das kraußlecht Haar ond ein gebrocden finn, feind 
gewiffe zeichen ver Teichtfertigkeit: Das gäl geferbt Haar aber 
bedeutet nichts anders, dann die zukünfftige Hellifche flammen. 


4) Die vierdt Schell der Gemalten Narren if, den 
kopff auff das ſchönſt auffmußen vnnd ſchmucken, deren 
fhmud vnd zier fein zu vnſern zeiten fo viel im ſchwanck, 
das ſchier onmüglich iſt, diefelben alle zu erzehlen, dann 
es lebt kein menfch der nicht Eſels ohren auff dem kopff 
oder dem paret hat, welchen gemeinfich filberne Schellen 
angehendt fein. Welches doch inmaflen ein groffe geylheit 
vnd vnzucht ift, das die weiber ohn alle fcham paretlin 
mit ohren tragen, hergegen aber die männer geftridte haar 
hauben oder frawen hauben aufffeßen. Was foll ich fagen 
von ben felgamen Hüten fo jetzt auff der pan fein, berem 
etlich gantz bürſtig vnd haarechtig, etlich hoch vnnd ſpitzig, 
etlich kurtz vnnd neben auffgeſtützt ſein; jn ſumma es ſein 
deren ſouil, das nicht müglich iſt, fie all zu erzehlen. 

Die weiber ziehen in ihren fehleiern daher vnnd haben 
fie auffgefpringt neben mit zwo eden ober fpißen, gleich 
eine Ochfen kopff, mit den börnern, vnd laſſen den fchleter 
faum zwen zwerch finger von dem kien bangen, zwigern 
alfo daher, gleich als wann ihn das kien in einem haffen- 
ring hienge. Deßgleichen tragen fie auch gäle fchleier, fo 

leich den hellifchen. flammen fein, vie felben freichen vnnd 
erden fie zum offtermal, damit fie den huren fpiegel deſto 
baß mögen zieren vnd herauß ſchmucken. Diß wie ein 
groffe thorbeit es ſey, iſt jederman wol bewüßt. Es if 
ein gemein Sprichwort, das man vber frifch fleifch Fein 
gälen pfeffer machet, ſonder ober das ſchmeckend vnd flin« 
end: Alfo iſt es auch mit alten runßelechten weibern, die 
da gäle fihleier tragen, die fehen herauß, als ein gereucht 
ſtuck fleifch auß einer gälen brüen. 

5) Die fünfft Schell der Selkam Narren ifl, den gan⸗ 
ben leib mit wunderbarlichen vnd Seltzamen Heidern ans 
legen vnd zieren, vom haupt an biß auf die füß, Als da 


251 

fein gefältete hembder, zerfchnitten und zerſtochen wammi⸗ 
Rer, feind da vornen alfo weit offen, das man mannen 
vnd framwen in bufen fehen fann, den bruftlernen, het fchier 
gefagt den bruft hurenfpiegel gefehen mag. Deßgleichen 
gefaltene rock vnd Mäntel auff taufenderley farben und 
gleich geftalt den Vngeriſche fchauben ond Hofeden. Dann 

dörfft einer nicht weit ziehen frömbde Heiner zu ber 
 fhawen fonder er funde in einer jeden geringen Statt 
allerley Nationen Heidunge. Als da fein Vngeriſche, Bö⸗ 
bemifche, Sächfifche, Fränckiſche, Stalienifche, Frantzöſiſche, 
Hiſpaniſche, ꝛc. Deßgleichen fein auch die fo kurke Kocher 
fpergifche Mäntelin vnd wapen röcklin antragen, das fie 
nicht allein den hindern nicht gedecken, fonber viel minder 
den nabel. Dife ſchandkleidung folt man keins wegs lei⸗ 
den nor dulden, dieweil diefe kurtzen Röckli den Weiberen 
ein große anreigung fein zu böfen begierven. Hergegen 
was fol ich fagen von der grofien ſtinckenden hoffart ber 
weiber, das manche gefunden wirt, die hendt mehr an ein 
einigen gürtel, weder fie fonft an haab vnnd gut vermag, 
vnd wendt mandhe ein gröffern koſten mit Sammet, feiden, 
goldt, fllber ond andern Dingen mehr, an ein folchen gür« 
tel, das der Goldtſchmidt nachmals, den Gürtel nicht für 
den macherlohn neme. Ein fad voller guts forns mag 
mit einem pfennig firid zu geknüpfft vnd vmbbunden wers 
den, Aber den weiberfad fo voller vnkeuſchheit vnd geyl⸗ 
beit ſteckt, muß man mit feivenen, vergüldten vnd fllbern 
firiden om binden, der etwann viergig oder fünfftzig gul⸗ 
den wehrt if. Pfui der grofien flindenden Hoffart in dem 
weiblichen gefchlecht, das man an flatt der demut hoffart 
vbet. Fürwar Gott wirt folche vppigleit mit ber zeit 
ſchwerlich ſtraffen. 

6) Die ſechſt Schell der Seltzam Narren iſt die füß vnd 
ſchinbein ziehren vnd auffmutzen, Als namlich zerhauwen 
vnd zerſtücklete hoſen tragen, alſo das die hoſen zu machen 
doppel mehr koſtet, dann ber zeug fo darzu kompt. Deß⸗ 
gleichen nähet man Cordouaniſche ſtiffel auf das aller köſt⸗ 
licheſt, welche vor diſer zeit in Teutſchlandt nicht gebreuch⸗ 
lich ſein geweſen, aber jetzundt tregt man die ſelbigen nicht 
allein gantz hefftig, ſonder man legt auch noch pantoffel 
darüber an, in geſtalt eines halben ringe. Deßgleichen 


252 


nähet man zerſtochen vnnd zerfihnitien ſchuh an allen or: 
ten, alfo das die Schufter alle tag ein newen fund vnnd 
tif erdenden, damit fie die ſchuh deſto baß mögen vertreiben. 
D Die fiebend Schell der gemalten Narren iſt fih auf 
ferbalb dem menfchen oder aufierhalb den fühlen, kopff vnd 
leib fih zieren. Nun wie gefchicht folhe zierung auffer: 
halb dem Leib? Erſtlich geichicht folhe durch Tange zot⸗ 
techte EHeider, welche die weiber auff der erden hinden her- 
nach fehlöppen. Darnach gefchicht es durch hohe holtzſchuh 
und fpißige hüt, damit fle defto Ienger vnd flattlicher her⸗ 
ein treiten, vnd ein gröffer anfehen mögen haben, vnnd 
fein mit der weiß onden hültzen vnd oben filßen, vnter 
difer Schellen fein die weiber mit jhrer langen kleidung, 
fo fie im koht vnd erbtreich hernach ſchleppen, und beklei⸗ 
den alfo mit köſtlichen kleidungen das erbtreih, die armen 
aber Ehrift deß Herren laſſen fie nadendt gehen vnd not 
leiden, fie empfahen die flöhe auff mit ihren langen ſchlum⸗ 
pechten Kleidern, vnnd machen andern leuten ein flaub, das 
man nicht daruor gefehen mag, Chriſtum aber den Herren, 
welchen fie in vielen armen nadend fehen, bevenden fie 
nit. Fürwar es ift zu fürchten das der teuffel nicht et- 
wann inn ben nachfchlumpeten Kleidern wohnung made. 
Daher liſet man von einem, der fahe den teuffel Tachen, 
vnd als er ihn fragt warumb er lachet, gab er zur ant⸗ 
wort wie feiner gefellen einer auff einem nachgefhlepten 
sipfel des rods in einer futten danken, vnnd in dem fie 
fort gangen vnnd das Heide hernach gefchlept, war fein 
geſell in koht vnnd dreck gefallen, darumb lachet er. Es 
werden auch vnter diſer Schellen begriffen (welches doch 
zu erbarmen iſt,) die Prieſter vnd Prelaten, fürnemlich 
aber in Franckreich vnd Italia, die tragen alſo lange kut⸗ 
ten vnnd röck, das fie eigene knecht darzu haben, die jhn 
bie zipffel hinden nach tragen, gleich wie Simon von Ei« 
renen Chriſto dem Herren das Creutz hat nachgetragen. 
DIE feind nun die fieben Schellen darauf man fürnem- 
lich die Muß Narren mag Ichrnen erfennen, welche zuuor 
ger möchten erklärt werben, wo wir nicht weitere 
en ort fchreiten zu dem nachuolgenden Narren Ges 
rm. 


—— u — — 





253 


Der V. Narr. 


Wiewol Id auff ver Gruben gahn 
Bad nit lang mehr zu leben han, 
Mag ih mein Rarrheit doch nit lahn. 


Von Alten Narren. 


Mein Narrheit leßt mich nit fein greiß 
IH bin faft alt, Doch gank vnweiß. 
Ein böfes Kindt, von hundert Ior, 
Den jungen trag ich die Schelln vor. 
Den Kinden gib ich Negiment, 
Vnd mach mir ſelbs ein Teflament, 
Das mir leid wirt nach meinem tobt, 
Ih gib boß Erempel in der noßt. 
Vnd treib was ich jung hab gelehrt, 
Meiner boßheit wil ich fein geehrt. 
Vnd darff mich rühmen meiner fchand, 
Das ich befchifien Hab viel Land. 
Vnd hab gemacht viel Waſſers trüb, 
In boßheit ich mich allzeit üb. 
Vnd ift mir leid das ichs nicht mag, 
Bollbringen mehr, mein alte tag. 
Mber was ich jeßt nicht mag thun, 
Wil ich befehlen Hein meim Sun: 
Der wirbt thun was ich hab gefpart, 
Er volget mir nach in der art. 
Es flieht im dapfferlichen an, 
Lebt er, ed wirt auß im ein Dan. 
Man muß fprechen, er fey mein Sun, * 
Denn er dem Schelmen recht wirt thun. 
Vnd mirt fich in fein Dingen ſparen, 
Sonder im Narrenfchiff auch fahren. 


254 


Dad wirdt mich nach meim todt ergeßen, 
Das er mid, wirbt gang jo entfeben, 
Damit thuts alter jetzt vmbgan. 
Alter wil gantz kein witze han. 
Suſannen Richter zeigten wol, 
Was man eim alten trauwen ſol. 
Ein alter Narr feine Seel nicht ſchont, 
Schwer ift recht thun, vers nit bat gwont. 


— end 


Yon Alten Warren. 
Das fünffte Narren Gefhwarm. 


Das Fünffte Narren Gefhwarm ift von Alten Narren. 
Dife lehrnet man an den fieben nachuolgenden Schellen 
erfennen, bamit fie ein vnterfchied haben von alten Ehr: 
famen vnd wolbetagten Teuten, die ihr Ieben mit gutem 
lob vnd rhum zubracht haben, daher fagt dann bie Peilig 
Geſchrifft: vor einem grawen haupt foltu aufftehn ond ihm 
ehr an thun. 

1) Die erfte Schell ift, ſich befümmeren von wegen bei 
obelmögenheit. Dann es werben etliche alten gefunden, 
die fein dermaffen in wollüften verhart, das fie ein groffes 
bebauren barob tragen, wann fie den felbigen nicht mehr 
wie in der jugend mögen nachkommen. Diefe warn fie 
gebenden an die vergangene wollüſt vnd mutwillen, vnd 
das fie diefelben nicht mehr mögen gebrauchen, befriegen 
fie alter ond raumen darüber. Auß welcher zal ifl gewe« 
fen der flard vnnd mannlich Milo, diefer als er fahe die 
jugend dantzen vnd fpringen, weinet er vnd als er feine 
arm amfahe, fprach er weinend, O bu flerd meiner arm 
wo biftu hin kommen vnnd verfchwunden. Deßgleichen die 
fehöne Helena inn Griechen als fie im fpiegel ihre runheln 
des angefihts fahe, welche damals die frhönft auff erbt- 
rei was, fprac fie weinend, O du meine Schönheit, von 
welcher wegen ich nun zum zweiten mal bin mil gewalt 
hinweg gefürt worden, wie hab ich dich verloren. 

2) Die andere Schell der Alten Narren, iſt ober bie 


255 


maffen bofes tfun, vnnd was fie nicht mögen mit der that 
begehn, thun fle doch ſolches mit aufffifften vnd anreigen. 
Dann e8 feind etliche, vie ob fie fchon nicht alles mögen 
tun, das fo fie inn der jugendt begangen baben, thun 
fie doch fo viel als fie können, dann fie bringen bißweilen 
mehr zuwegen, weder in ihrem vermögen if. Sie gefellen 
fih zu jungen gefellen ond vergleichen fich ihnen inn Mis 
dungen, Schuen, haaren, geben, fehampern vnd vnzüchti⸗ 
gen worten, böfen fitten, fpielen, raßlen vnd fauffen. 

3) Die drit Schell der Alten Narren, if fih von feinen 
böfen thaten vnd laſteren, fo er die zeit feiner tagen hat 
begangen, rühmen. Dann man findt vil alter Männer 
wann fie in einer zech oder fonft in einen maal fißen, bie 
fih rühmen ihrer mannlichen ihaten, fo fie etwann in der 
jugend begangen haben, inn Wollüſten, Fechtſchulen, Schiefe 
fen, Spielen vnd rachgierungen, vnd in fumma was fie 
nuhr fehen, das haben fie auch außgeflanden und rühmen 
fih defielben. So fie eins frhreibers federn oder ein ſchnei⸗ 
ders nadel fehen, fprechen fie, mit Sauter ſtim, O ho, wie 
leicht ift difer Tang fpies hinder den ohren zu tragen, we⸗ 
der jhener, den ich in dieſem vnnd jhenem krieg hab ges 
tragen. So fie ein Harnifch fehen tragen, fahen fie von 
flundt an zü rühmen von den friegsrühungen, vnd fpres 
hen, D wie ein gewaltige ſchöne vnnd flarde rüflung hab 
ih im Krieg geführet. eiters rühmen fie fich offtermals 
mit ſchanden in den fie andere loben onnd ſchmähen, O 
mein geſell fprechen fie, biflu auch in diefem Krieg gewe⸗ 
fen, do es alfo vbell zügieng, vnd do mir alfo in grofien 
engflen vnd nöthen flunden, vnd mir alfo in die flucht 
wurden getriben. Bber das rhümen fie ſich bißweilen 
mehrer böfer thatten vnnd Handlungen, dann fie ir leben 
lang begangen haben. 

4) Die vierdt Schell der Alten Rarren if, fih frewen 
vnd ein wollgefallen tragen an böfen thatten, vnnd aud 
no andere darzü anreigen folde zu thun. O wie ein 
groffe thorheit ift diefes? indem du nit mehr böfes magft 
shun, freweſt du dich, Das du ein Sohn nach dir verläft, 
ver dir in deinen böfen fitten nachſchlägt, fonder du Ich 
veft in auch noch darzu böfes zu thun, wie du gethan haft. 


| 


256 


Ey ia forechen fie, er wirbt ein recht gefchaffner Gefell 
werden, ein Schnaubhann, er wirbt bey Bott eim vonder 
die Nafen börffen tretten, vnd jhm die warheit mit der 
fauft fagen, dann er fompt gang vnd gar in mein art, 
uber des wenn fie nicht frech, trußig onnd vbermütig bar 
her tretten, vnd ein Sacrament, Wunden oder drey können 
fein gefchliffen herauß werffen, fchelten fie die darumb, vnd 
tragen ein onwillen ab jhnen. Deßgleichen thun auch bie 
Weiber, die ziehen ihre jungen Zöchterlein zu allen böfen 
begirden vnd hoffart. 

5) Die fünfft Schell der Alten Narren, iſt ſein alter 
vergeſſen. &8 ſeindt etliche die wöllen nicht für alt gehal⸗ 
ten fein, ob fie ſchon das Schindtmeſſer auff dem hindern 
baben hangen. Dann wenn fie hundert ihärig fein, geben 
fie für, wie fie erft fünfftzig jhärig ſeyen. O mein alter 
Bruder, befchawe deine Hendt an, vnnd frag beine Füß 
onnd Augen, die werben dir wol fagen, daß du Fein heu- 
rigs Heßle mehr bifl. Dann du ſchleipffſt veine Fuß auff 
der Erden hernach, vnd magft fie faum mehr auffheben, 
vnd ift dein Antliß voller runglen. 


6) Die fehl Schell der Alten Rarren iſt, allein von 
wegen des alters geachtet werden. Dann es haltens etlich 
darfür, dz allein das Alter, Gott geb wie fie fonft leben, 
fie Ehrenwürdig vnd rühmlich made. Hie frreſtu mein 
lieber alter Bruder, vnd helſt nicht recht von der ſach, 
dann feittenmal bie tugent allein Ehrenwürdig malt. 
Wiltu haben ehr vnd lob in deinen alter, fo befleiß dich 
der Tugent in der fugent,, dann die Ehr onnd würbe iſt 
ein erzeigung ber Ehr beweifung zum zeugnus der tugent. 
Daher haben die Römer zwo Kirchen an einander gebawen, 
eine der Ehren, die ander der Tugent, welche alfo gebawen 
waren, daß feiner kondt fommen in Tempel der Ehren, 
wo er nit vorhin durch den Tempel der Tugent gieng. 
Derhalben die groß Narren, die da vermeinen, daß fie von 
wegen alters Ehrenwürdig fein, wo fie nicht jhr alter mit 
der Zugent erlangt haben: 

7) Die Siebendt Schell der alten Narren if, daß alter 
befftig anklagen vnd mit ongedult tragen. Es ſeind etliche, 
die Hagen das Alter hefftig an, vnnd können daſſelbig auch 


257 


ſchwerlich erdulden, welches fie doch ye vnd ye begert ha⸗ 
ben. Daher fagt Cicero, es fledt ein folche thorheit vnd 
unbeftendigfeit in den menfchen, daß wir alle begeren alt 
zu fein, vnd wenn wir daffelbig erlangen, fo fahen wir 
an vnnd beffagen daſſelbig auffs höchſt. Diefes fein die 
fieben Scellen, auß welchen man bie Alten thorechten fol 
lehrnen vnderſcheiden, von den Alten fo weiß vnd Hüglich 
fr alter zubringen. Und damit ich diefes noch baran hend, 
fo fag ih, vnnd iſt auch in der warheit alfo, daß das 
Alter ein ſchön ding, vnd köſtlich Evel geftein ift, dann 
das Alter iſt ein fillerin vnd zerftörerin aller vnfuhr vnd 
böfer begirdt, Es ift ein regiererin vnd zaumhaberin alles 
freuel8 vnnd boßheit: Es iR ein geſatz aller Weißheit vnd 
erfahrenheit. Es iſt ein angenem zferung ‚ welches 
Gott dem Almechtigen ganß angenem iſt. 


Der VI. Narr. 


Wer feinen Kindern vberfldt 
Sr mutwill, vnd fie ſtraffet nit, 
Demfelben zu legt viel leyde geſchicht. 


Bon Lehr der Kinder. 


Der ift in Narrheit gan erblindt, 
Der nit mag acht han, das fein Kindt 
Mit züchten werben vnderweißt, | 
Bd er fich fonder darauff fleißt, 
Das er fie laß jirr gehn on fraff, 
Gleich wie on Hirten gehn die Schaff: 
Vnd in all mutwill vberficht, 
Vnd meint fie dörffen fraffend nicht. - 
"Cie ſeyen och nicht bey den Toren, 
Das fie behalten in ven Oben . 
i. 


258 


Was man in fag, fle ftrafft und lehr, 
O groffer Thor, merd zu vnd hör. 
- Die jugent iſt zu behalten gring, 
Eie merken mol auff alle Bing. 
Was man in neume Häfen fehütt, 
Denfelben gſchmack verlan fie nit. 
Ein junger Zweig ſich beugen lat, 
Wenn man ein alten vnderſtat 
Zu beugen, fo knelt er entzwey, 
Zimlich ftraff bringt Fein ſorglich gjchren. 
Die Ruht der zucht vertreibt on ſchmertz 
Die Narrdeit auf des Kindes berg. 
On ftraffung felten jemands lehrt, 
Als vbel wechßt dad man nicht wert. 
Hely was recht und lebt on fünd, 
Aber dad er nicht ftrafft fein Kind, 
Des firafft jn Gott, das er mit Flag 
Starb, vnd fein Sön auff ein tag. 
Dad man die Kind nit ziehen wil, 
Des finnt man Gatelinen vil. 
Es flünd jetzt vmb die Kindt viel baß, 
Geb man Schulmeiſter in, als was 
Phenir, den Peleus ſeinen Son 
Achilli ſucht, vnd zu wolt thun, 
Philippus durchſucht Grichenland, 
Biß er ſeim Son ein Meiſter fand. 
Dem gröften König in der Welt, 
Ward Xriftoteles zugefellt. 
Derfelb Platonem Hort lang jor, 
Vnd Plato Socratem daruor. 
Aber die Bätter vnſer zeit, 
Darumb das fie verblendt der Geit. 
„ Nemmen fie auff fol Meifter nun, 





259 


Der jn zum Narren macht ein Sun. 
Vnd ſchickt in wider heim zu hauß, 

Halb Narrechter denn er kam drauß. 
Des iſt zu wundern nicht daran, 

Das Narren naͤrrecht Kinder han. 
Crates ver alt ſprach, wenn es jm 

Zu ſtünd, wolt er mit heller ſtim 
Schreyen, jr Narren vnbedacht, 

Auff gut ſamlen habt jr groß acht, 
Vnd achten nicht auff euwer Kind, 

Den jr ſolch reichthumb ſamlen find, 
Aber euch wirbt zu letſt ver lohn, 

Menn euwer Sön in Raht folln gon, 
Vnd ftellen zucht und Ehren nach 

So ift jn zu dem weſen gadh, 
Wie fle von jugent hand gelehrt, 

Denn wirdt bed Vatters leid gemehrt. 
Vnd fript fich ſelbs das er on nuß, 

Erzogen bat ein winter Buß. 
Etlich thun fich in buben rott, 

Tie leſtern vnde fehmehen Gott. 
Die andern hencken an ſich Seck, 

Dieſe verſpielen Roß vnd Röck. 
Die vierdten praſſen tag vnd nacht, 

Das wirdt auß ſolchen Kindern gmacht, 
Die man nicht in der jugent zeücht, 

Vnd mit eim Meiſter wol verſicht. 
Denn anfang, mittel, end der Ehre, 

Entſpringt allein auß guter lehre. 
Ein loblich ding iſt Edel fein, 

Es iſt aber frembd, vnd nicht dein. 
Es kompt von deinen Eltern har, 

Ein koͤftlich ding iſt Reichthumb gar. 


260 


Aber das ift des glückes fall, 

Das auff und ab tangt wie ein ball. 
Ein Hübfch ding der Welt Glory if, 

Vnſtandbar doch, dem allzeit gbrift. 
Schönheit des Leibed man viel acht, 

MWärt etwan doch kaum vber nacht. 
Gleich wie geſundheit ift faſt Lieb, 

Vnd ftilt fi) ab gleich wie ein Dieb. 
Groß ſterck acht man für Töftlich Hab, 

Nimpt doch von kranckheit alter ab. 
Darumb ift nichts vntoͤdtlich mehr, 

Vnd bleiblich bey vns denn die Lehr, 
Gorgias fragt, ob müglidy wer, 

Bon Perſta der mechtig Herr. 
Sprach Socrates, ich weiß noch nit, 

Ob er hab lehr und tugend mit, 
Als 0b er fprech, das gwalt und Golt, 

On lehr ner Tugent nichtes folt. 


Bon Kindt Morten. 


Das ſechßt Narren Geſchwarm. 


Das Sechßt Gefhwarm der Rarren fein Kindt Rar: 
ren. Seind die, welche ihren kindern durch die finger. fe 
ven vnd fie nirgendt in ſtraffen. Dife fol man auß den 
vier nachuolgenden Schellen Ichrnen erkennen. 

1) Die Erft Schell iR die Kinder gor zuuil vnd vber 
die maflen lieb haben. Nu möchſtu villeicht fagen, wie 
fol ich meine Finder nicht lieben, es reißet doch folches 
die Natur mich an, das ich fie liebe, deßgleichen Lieben 
auch die onuernünfftigen Thier fre jungen, wie viel mehr 
fol ih dann meine Kinder lieben, vnd wirdt and den 
Mannen im Eheftandt befohlen, das fle jre Weiber follen 
lieben, wie wolt id dann meine Kinder, fo ich mit jr 
gegeugt nicht lieben? Ich fag dir nicht darnon, dz fi 





261 


nicht gebüre fie zu lieben, ſonder ich fprih, du folt fle 
nicht gar zu viel onnd ober die maflen lieben, dann «6 
fein etlich die Lieben fre Finder höher vnd mehr, weder 
Gott felber, vnd haben ein gröffern wollgefallen an jren 
finden, weder an Gott dem Almerhtigen,, ſehen fie lieber 
vnnd mit gröffern freuden, denn Gott felbs, fie erzürnen 
lieber Gott im himmel weder ihre Kindt. Dife fo ir Kin: 
der alfo hoch vnd fehr Lieben, die halten fie auch für jren 
Gott. Daher kompt es, das die Kinder fo ſchön, holtfäs 
lig vnd verfiendig fein, gemeinlich bald fierben, dieweil 
die Eltern folche vber die maflen zu fehr lieben, vnnd 
gröffere forg zu ihnen tragen, damit fie mögen aufferzo« 

en werden, dann billich vnd recht if. Als nemlih warn 
i noch fung fein, das man fie in hohen Ehren erhebet, 
wit fie zu Negirer vnd Gubernatorn der Stett machen, 
fucht in groffe onnd mechtige Reichihumb , gibt ihn reiche 
vnnd flattliche Weiber, vnnd in fumma deren ding feindt 
vil, die fie jren Sönen den Kindern verheiffen, aber Gott 
wendets «alles nach feim wollgefallen. 


2) Die ander Schell ifl, den Kindern die flraff vnnd 
züchtigung entziehen. Dann es ift der Mutter brauch, 
fürnemlih der Wittfrawen, wann man die Kinder ziehen 
will, fo ſprechen fie, Es tft noch ein Kindt, ein arm Weißle, 
es if gnug gefihlagen, fein Batter ift ihm geftorben, was 
fol man es viel fohlagen, ich wil es noch feinen freyen 
willen laſſen leben, dann es iſt gnug geſchlagen, dieweil 
es Batterloß if. O du groffe Gaucdin, du wirft mit die- 
fer weiß auch machen, das diß dein Kindt, fo fonft Bat: 
terfoß if, auch (durch dein varleffigfeit) Gott vnd der 
ewigen feel vnd feeligkeit beraubt wird. Was meinftu, 
was für ein hübfcher gefel auß jm werde werden, wenn 
du ihn alfo nach feinem willen laſſeſt Ieben? So du es 
nit weit, fo höre Salomon der wirbt dichs fein lehren, 
dann er faget: Ein find das noch feinem willen Tebt, der 
betrübt fein Mutter, und bringt fie zu ſchanden. Prouerb. 
29. Ein folder Sohn bringt fein Batter, onnd fein gantze 
Freundtſchafft, ia fich felbs in ſchandt und vngemacht. 
Run was meinfu, das auß deim hübfchen Söhnle vnnd 
Sunderle werde werben ? fürwar nichts anders, dann ein 


262 


Goiisläſterer, Frawen onnd Knaben fchenver, fpifer, raß⸗ 
ler, fäuffer, Hurer, vnd in fumma, dem fein 656 flud 
wirdt zu viel fein. Als dann wirftu fehen, wie Kleglich 
du gebandlet haft, in dem das du jm den zaum zu lang, 
vnd fein freyen willen gelaffen haft. Vnd dörffſt gäntzlich 
nicht verhoffen , das auß biefem Erdreich, nemlich auß 
dem fchaldhafften Sohn ein gute frucht der Tugendt werde 
wachfen. Dann ſo man wil das ein veldt foren oder 
Knobloch trag, fo muß man fie darein feßen oder pflan- 
Ben, dann fie warhfen nicht von in ſelbs. Seitenmal Die 
Jugendt ond des menfchen art für fich felbs weiß zu has 
dern vnd zu balgen, zu Liegen vnd zu triegen, zu fehlen 
ond zu rauben, zu freffen onnd zu fauffen: Aber für ſich 
ſelbs weiß fie nicht zu beiten, warheit zu fagen, Gott 
onnd die Zugendt zu lieben, ꝛc. Derhalben fol man fie 
zu ſolchen dingen anhalten vnd fie dann vnderweiſen, vnd 
in nicht fren freien willen laffen, dann vie fünd fo die 
Kinder thun, von wegen fahrleffigfeit der Eltern, werden 
den Eltern auff ihren halß gefchoben werden. Wie wir 
ſolchs ein Exempel haben an dem Heli, welcher feinem 
ſohn durch die finger fahe, darumb ftieff ihn Gott, das 
er vnnd fein Sohn auff ein tag zu grundt giengen. De 
rowegen wöllen jr den kindern die ſtraff nicht entziehen, 
damit fr nicht theilhafftig werdendt an fren ſünden, Sa- 
lomon fpricht, engiehe deinem Sohn bie fraff nicht, fon» 
der züchtige in mit der rhuten, dann fo du ihn mit ber 
rhuten wirft züchtigen, wirbt er nicht baruon flerben, vnd 
wirft fein Seel auß der Hell erretten. Hie it auch klar⸗ 
lich zu merden, wie man die finder ziehen vnnd ſchlahen 
fol, nicht mit der handt, faufl, füffen ſtoſſen und treiten, 
in ein Ed oder Windel werfen, ärmle oder beinle abfchlas 
ben oder werffen, ſonder mit der ruhten züchtigen, fo 
fchlächt man ihn kein gliedt entzwey. 

3) Die dritte Schell der Kinder Narren iſt, feine kin⸗ 
der nichts ehrlich wollen laſſen lehrnen vnd erfahren. 
Es feind etlich die wöllen nicht das jre finder gelehrt 
werden, vnnd vermeinen es bring ihn ein nachtheil an 
ihrem Gefchlecht vnd altem herfommen. If das nicht ein 
groſſe Thorheit onnd vnſinnigkeit ein ſchönen zarten, wol 


263 


formierten vnd gefunden leib Haben, hergegen aber Reid» 
thumm, Ehr, Würde und fein feel verachten vnd für nicht 
halten? Wiltu das dein Sohn nicht wibig vnd verftendig 
werd, fonder ein Narr vnnd fantaft bleib, gleich wie du 
bi ? Thebanus ver Gelehrt Mann fpricht, wann ich dörffie 
fehreien, fo wolt ich vberlaut fchreien ond fagen: Zr feind 
al Rarren, die jr dem alfo hefftig nachhenget, vnnd eu⸗ 
wern Kindern groſſe Reichthumb famlet, fie aber in Feiner 
kunſt aufferziehen vnnd vnderweiſen Iaflet. Dann es mei⸗ 
nen folche groffe Hanſen, es feye in ein ſchandt an irem 
Stammen, wann fie ein Sohn Tollen laſſen fludieren. 


„Lieber fag mir, wer if Julius Eefar, Auguflus, Eis 
cero, Plinius, Cato, onnd andere vil mehr geweſen, welche 
dem gemeinen nuß fein fürgeſtanden, bie doch all geftu: 
viert haben vnd gelehrte Männer fein geweſen. Fürwar 
es ift ein fchöne zier vnd köfllicher dann Fein gulde lud 
oder Edelgeſtein einem Fürften, gelehrt fein, onnd erfahr: 
nuß haben mancherley fprachen. Den Edlen iſt es nicht 
ein Heine ſchandt, wann fie weder Latein noch andere 
ſprach können. Man findt auch in Hyflorten das auff ein 
zeit etliche Teutſche Grauen mit einander gehn Rom zu 
dem Bapft fein fommen, da hat er mit dem fürnembften 
vonder jnen Latein geredt, (dann jren Feiner fonft Fein 
andere fprach können weder Teutfch) vnd als er fin nicht 
verfianden, hab der Bapfl gelachet unnd zu ben vmbſten⸗ 
dern gefagt, ſchawet wie ein fchön, wolgeftältet vnnd zier- 
lich Beftien iſt diſer: damit anzuzeigen das er von leib 
gantz wolgeftaltet und hüpſch feye, aber fonft feye er gleich 
einen vnuernünfftigen thier das nicht reden könne. Er 
Habe auch durch diſes zuwegen bracht das der Graff nach⸗ 
mals alle feine Söhne, deren er drey hette, ſtudieren hatte 
Iaffen. Welche nachmals durch jre Funft vnd weißpeit dem 
gemeinen nuß gang weißlih vnd verſtendtilich fein für- 
geftanden. 


4) Die vierbt Schell ift Gelehrte vnnd fürtreffliche Pre 
ceptores verfaumen vnnd verachten: Es fein etliche, bie 
wolten zwar gern das ihre Kinder etwas flubierten, aber 
fie beſehlen dieſelben, allein geißs halten, nicht gelehrten 





264 


onnd fürtreffenliden Männern: fonder verfchonen inn alle 
weg des Geldts, vnnd fürchten vberall es gehe ihn zumil 
darauff. Leſtlich befehlen fie fre Kinder (damit fie nicht 
aroflen often vörffen anwenden) hümpler vnnd flümpler, 
die fie ehe zu Narren machen, dann zu gelchrien Män- 
nern. Bnd fchiden dife in wider heim gleich als ein Ganß 
die ober Meer fleugt, die kompt ein Ganß wider heim. 





Der VII. Narr. 


Wer zwiſchen Rein vnd Rein ſich legt, 
Bud viel Leut auff der zungen tregt, 
Derſelb gewiß gern ſchad empfegt. 


Von Zwitracht machen. 


Mancher der hat groß freud daran, 

Das er verwirret jederman, 
Vnd machen kün diß Gar auff das, 
Darauß vnfreundſchafft bringt vnd haflz. 
Mit hinderred vnd liegen groß, 

Gibt er gar manchem einen ſtoß, 
Der das erſt vberlang empfindt, 

Vnd machet auß dem Freundt ein feind. 
Vnd das ers wol beflegeln mög, 

kugt er, das er viel darzu leg, 
Vnd wils in beichts weiß han gethon, 

Das nicht verweiſſung kom daruon, 
Vnd das ers vnder der Roſen hett, 

Vnd in dein eigen Hertz geredt. 
Meinen damit gefallen wol, 

Die Welt iſt ſolcher zwitracht voll. 
Das man eins auff ber zungen trag, 

Weiter denn auff eim hang den Wag. 


265 


Als Ghore thet vnd Abfolon, 
Da fle groß anhang möchten hon, 
Aber es gieng in vbel auf, 
In allem Land if Alchymus, 
Der Breundt zertrag vnd hinderlieg, 
Vnd Binger zwiſchen Angel dieg, 
Die werden offt geklembt daruon, 
Ald der vermeint empfahen lohn, 
Vmb das er Saul erſchlagen hett, 
Vnd die da todten Hisboſeth, 
Als dem der zwiſchen Mülſtein leit, 
Gſchicht, wer viel zwitracht allzeit. 
Man ſicht gar bald in gberden an, 
Mas er fag und fey für ein Mann. 
Verbürg man ein Narren hinder thür, 
Er firedt die Ohren doch herfür. 


— —— 


Von Klapper Warren, Schwäs Narren, Dant Mar- 
ren, Mährletrager Marren. 


Das ſiebendt Gefhwarm. 


Das fiebendt Geſchwarm iſt von Klapper Narren, die 
hin vnd Her zweytracht, zanck vnd Hader anrichten vnd 
anftifften, diſe aber muß man auß etlih Schellen lernen 
erkennen, dann nicht alle die jhenige ſo zweytracht an⸗ 
richten, vnder die zaal der Klapper Narren gezelt wer⸗ 
den. Dieſe erkennt man an den fünff nachuolgenden Schellen. 

1) Die erſt Schell der Klapper Narren, iſt viel böſes 
geklappers auffbringen, freundtſchafft vnd einigkeit darmit 
zertrennen. Doch iſt hie ein vnderſcheidt zwiſchen den 
Happern, vnd eim heimlichen fälſchlichen verlieger. Dann 
dieſer begert allein die freundtfchafft zu zertrennen, jhener 
ſchneidet eim heimlich ſein Ehr vnd guten leumbden ab. 

2) Die ander Schell der Bant Rarren, iſt grauſame 
vnd vnerhörte wort anßblattern. Als nemlich feind etlich, 


266 


fo fie von eim etwann ein vngeferdt wort hören, gehn 
fie Hin ynd fagen das ihren widerfächern, vnd liegen noch 
dreymal fo viel darzu, auch Iegen fie jihenem die wort 
viel anders auß, dann ers gemeint hat, damit fie 
— feindt haſſz vnd neidt deſto hefftiger vnd gröſſer 
machen. 

3) Die dritt Schell iſt, die wort oder klapperey nur 
halb anzeigen. Dann es ſein etlich ohrenträger, die ſa⸗ 
gen den handel nicht gar herauß, ſonder ſprechen dz fie 
foldhe ding von biefem oder jhenem haben gehört, das fie 
fih fchemen vnd förchten barbey alles an tag zu thun, 
fonder fie wöllen nur das geringft anzeigen: damit brin« 
"gen dann folche Klappermeuler zu wegen, das der gefaßt 
neidt vnnd haſſz, von tag zu tag zunimpt vnd ſich meh: 
ret, das es viel erger ift, dann fo diß Klappermaul den 
ganten handel getantet hett, dann fie fprechen, Ja ich 
bab dir bey weiten nicht den halben heil gefagt, aber 
du wirft noch wol wunder hören von ander Ieuth, bie 
werben dirs befier fagen, weder ih. Deren gleichen fin: 
den wir ein Erempel von einem alten böfen weib, wel 
ches fle zu Spolet verloffen hat, diefelb gieng auff ein 
morgen früe zu einem fürtrefflichen vnd gewaltigen her 
ren , in derfelben Landts art und ſprach: O Lieber Herr 
wiſſent, das ewer feind den jr wol wiflet in diefer Statt, 
euch mit gewapneter hand, vnnd etlich Kriegstnechten nad: 
flelt, euch vmbzubringen , vnnd als fie fahe, das biefer 
erzürnt warbt, ond ruft fih auch mit Kriegsinechten vnd 
gewapneter hand wider ihn, gieng fie in fchneller eill zu 
dem andern, der doch foldes gar nit im finn hat no 
gedacht, vnd redt jhn in gleicher geftalt mit folchen wor⸗ 
ten an, alfo befamen bie zwen einander, vnd griffen mit 
bem Kriegeuold einander an, vnnd warb albo ein groſ⸗ 
fes blutuergieffen, welches allein die böfe Vettel zu wegen 
bat bracht. O du vermalebepte zwepfache zung des Men⸗ 
ſchen, ein werdzeug vnd inftrument des teuffels der zwey⸗ 
fachen zungen ver Schlangen. 


4) Die vierdt Schell if Schmeichel vnnd Hägliche wort 
erzelen. Die merde diß gar wol, wo du alfo einen fin 
bet, der alfo kläglich von der fach faget, fo gedend an 


267 


dieſe Schell, do wirft du nicht verfahren. Dann fle ſpre⸗ 
den, Ach es dauret mich vnnd iſt mir ein rechter groffer 
fummer in meinem herben, das du alfo verfchreit vnd 
aufgetragen wirft, vnd wolt vil Lieber du hörteſt folches 
von einem andern, dann von mir: jeboch Tan ich von 
wegen guter trew, fo ich gegen bir trag nicht verſchwei⸗ 
gen, wie graufam bing der von bir fagt, ich verwunder 
mi auffs höchſte, ja es dauret mich auch noch feiner, 
das er deiner groffen thaten, fo er von bir empfangen 
hat, alfo baldi vergeflen, vnd fich fo vndanckbar gegen 
dir erzeiget, von dir fo vil vbels thut und nach redt, 
fürwar es iſt ein groffe ſchandt, vnd If auffs höchſt zu 
wundern, bad er FA nieht ſchemet. Diß ift bey der war» 
heit ein falfche beklagung, welche voller gifft vnnd helli⸗ 
igen fenene fledt, daruor fi wol ein jedlich menſch 
hũtten fol. 


5) Die fünfft Schell if, verbottene ond heimlich wort 
zu ohren tragen. Dann fprecden die Kläpperer, Ey lie 
ber Hit dich, ſags nicht von mir, bey leib onnd bey le⸗ 
ben, damit e8 nicht offenbar werde, dann ich hab dire 
onder ber Roſen gefagt, vnnd folt es offenbar werben, 
das ichs gefaget bett, der teuffel befchiß mich, vnd wann 
es ſchon offenbar würde, fo wil ich doch fagen, es fey 
erlogen, ich Hab folches nie erdacht noch geredt. Sie brin» 
gen auch bißweylen die fach dohin, das man inen ein 
eydt darüber ſchweren muß, folches nicht zu öffnen. Difes 
wie grofien heimlichen neidt vnd aufffaß es zu wegen 
bringt, iR vederman wol bewüft, affo, das viel gefunden 
werden, bie gehn jar vnnd tag mit einander ohn rebt, 
onnd doch niemand weiß auß welcher vrfach ſolches ge 
ſchehe. Die Schweger aber vnnd ohrenträger, thun allein 
ſolchs darumb, damit fle entweder eines andern guten 
nammen vnd rhum heimlich durch Happerey zu nicht ma⸗ 
chen, oder fonft offentlichen mil ſcheldtworten vnd böfen 
nachreden. Diß fein Türglich vie fünff fchellen, darauf 
mann bie Slapper Karren vnnd heimlich ohren trager 
mag lehrnen erkennen. Welche von Gott vnnd den Men: 
fen verbaffet werben, vnd kommen auch nicht vngeſtrafft 
ab diefer Welt. Wie hefftig aber die Eintrechtigkeit allen 


277 


271 


ob fie nußlich oder nicht, ob fie dienen zu feiner feelen 
heil vnnd wolfahrt, vnd follen nicht einem jebtlichen windt 
woher er wähet gleich glauben geben. Dann es verwand⸗ 
let fich oftmals der teuffel Inn eines Engels geflalt, da⸗ 
mit er den nechſten mög in gefahr vnd vngemach brin- 
gen. Derhalben fol man fih wol fürfehen, vnd nicht 
von flundan eines jedtlichen Ahat annemmen. Bon difer 
Schellen wöllen wir daniden in dem ſechs vnnd zwentzig⸗ 
ften Geſchwarm der Narren weiters reden. 

5) Die fünfft Schell ift, fih an ein trewen Rhat nicht 
laffen vernügen. Es feind etli die Raths fragen Ge: 
lehrte vnd Weife Ient, aber laſſen fih an der felben Rhat 
nicht vernügen, fonder meinen jhr eigen Rhat feie am 
aller beften, vnd verwerffen bargegen Gelehrter onnd fürs 
treffenlicher Teuten Rhat. Diß if fürwar aller Rarren 
natur vnnd eygenfchafft, das fie niemandt höher Halten, 
weder fih ſelbs. Nun mörhteft bu mir vielleicht zu ant- 
wort geben, ich bin alt gnug, das ich wol weiß, was 
mir nuß vnd ſchad ffl, darumb darff ich Feind Rhats mehr, 
fol ich erft weiters Ichruen in meinem alter? Loß Kärle 
es ift keiner fo alt er muß noch al tag lehrnen und et 
was newes fehen, dann jhe Ienger wir leben, ihe mehr 
wir lehrnen vnd fehen. 


— tn 


Der IX. Narr. 


Wer hat 568 fitten und geberb, 
Bad Ingt das er zum Narren werd, 
Der fchleifft die Kappen an ver Erd. 


Bon böſen fitten. 

Biel gehn gar ftolg in Schauber har, 
Vnd werfen den Kopff ber und bar, 

Denn bin zu thal, denn auff zu Berg, 
Denn hinderſich, denn vberzwerg, 





272 


Denn gehn ſie bald, denn faft gemach, 

Das gibt ein anzeig vnd vrſach, 
Das fle han ein leichtfertig gmüt, 

Für dem man fich gar billich hüt. 
Wer weiß ifl, vnd gut fitten hat, 

Demfelb fein weſen wol anſtaht, 
Vnd was derſelb anfeht vnd thut, 

Das dunckt ein jeden Weiſen gut. 
Die vor weißheit hebn an mit ſcham, 

Sie iſt züchtig, ſtill vnd friedſam, 
Vnd iſt jr mit dem guten mol, 

Des fült fle Gott genaben voll, 
Beſſer ift haben gut geberd, 
Denn alle Neichtfumb auff der Erd. 
Auf fitten man gar bald verflaht, 

Wa3 einer in feinem berken hat. 
Mancher der fitten wenig fchont, 

Das macht, er Hat fein nicht gemont. 
Vnd iſt gezogen nicht darzu, 

Deßhalb geberd er wie ein Kuh. 
Die beſt geziert, vnd hoͤchſten namm, 

Das ſein gut ſitten, zucht vnd ſcham. 
Zu gutem fitt ſich Noe zog, 

Doch ſchlug im Cham fein Sohn nicht noch. 
Mer einen meifen Sohn gebert, 

Der Sitt, vernunff, vnd weißheit lehrt. 
Der fol des billich dancken Gott, 

Der in mit gnab verfehen Hot. 
Seins Vatters Naß Abinus aß, 

Das er in nicht Het gezogen baß. 


273 


Von vunzüchtig, ungeberdig, Wäflen, Streben, onflet- 
tigen Warren. 


Das neundt Narren Geſchwarm. 


Das Reundt Gefhwarm der Narren iſt von vnzüch⸗ 
tigen , ongeberdigen Narren. Dam alles was in dem 
menſchen iſt, das ift der vernunfft zu wider, feintemal er 
durch die vernunfft muß geregiert werden, die andern 
Sinn aber werden der vernunfft onderworffen, denn die 
eufferen glieder des leib8 werden nach der vernunfft ans 
gericht vnd verwaltet: derhalben follen fie ordenlich vnd 
zterlich angeflelt werden. Vnd welcher menſch fein fitten 
vnnd geberd nach der vernunfft anricht, der handelt weiß: 
lich vnd gang fürtreffenlih. Hergegen aber welcher fol 
ches nicht thut, vnd lebt dahin gleich wie ein onuernünffs 
tig thier, in groben fitten vnd geberden, der iſt ein Narr 
vnd wirt vnter difem gefchleht ver Narren begrieffen. 
Damit fie aber mögen vnderfcheiden werden, findt ich 
ſechs groffer ond acht Feiner fchellen, darauß man fie 
eigentlich Soll lehrnen erkennen. 

1) Die Erf Schell iſt, weiche geberdt vnnd Sitten 
führen. Es feindt etlich, die wollen fich den leuten ange⸗ 
nem machen, vnnd befleiffent fich ihnen auf alle weg vnd 
maß zu gefallen, mit glefflendt, lechlende, ſchmeichlen, heuch⸗ 
ken, liebköſen, fuchsſchwentzen, faugenftreichen, wadlen gleich 
wie die hunde. Bund in fumma fie fuchen alle weg und 
firg, damit fie den leuten angenem vnnd lich werben. 
Die if die erfi Schell, welches ein gut zeichen iſt ber 
Geilheit, dann vnfere fitten follen angenem fein ohn 
ſchmeichlen vnd heuchlen. 

2) Die ander Schell iſt, Verrucht, vngeacht, vnwarge⸗ 
nommen, ein grober Heinz fein, Hans acht fein nicht, 
Klotzhans, dann es feind etlich, Die wöllen fih ganh vnnd 
gar niemandts annemmen, fonder von jederman zufrieden 
fein, ond mit niemandts fein gemeinichafft haben: fragen 
nichts darnach, wann man ſchon von ihrem flörr vnd eſels⸗ 
kopff ſagt: dife fein bem vorigen gar zu wider. 

3) Die dritt Schell if, Rangfam fein: Etliche fein alfo 
ſtoltze vnd harnädige köpff, das fie von egen heimlicher 

l. 


274 


boßpeit nimmer zu rechter zeit noch zu Nähten, zu herr: 
lihen mählern, noch zu andern ehrlichen handlungen er: 
fiheinen. Sondern ehe fie fich gerüften, hat einer hiezwi⸗ 
Ffchen wol ein Tab gefattlet, vnd verlaufft fidh fchier ein jar 
zuuor ehe dann fie fertig werben. Diß iſt ein zeichen der 
ſaulkeit, vnd nicht der granitet. 

4) Die vierdt Schell if, Zwifplen vnnd zwaplen mit 
hend vnd füß ein ding außrichten. Dife wöllen dardurch 
geſehen fein für dehende vnd geſchwinde leut, die richten 
mit jhrem zablen vnd eylen viel minder vnd weniger auß, 
dann einer, der allgemach mit der ſach vmbgehet. Dann 
einer der allgemächlich mit der fach vmbgeht, der richt 
inn einer flundt mehr auß, weder er mit feinem zablen 
vnnd eylen ein gangen tag. , 

5) Die fünfft Schell iſt, vnſchemig fein. Diefe wollen 
dardurch dapfer, hefftig vund ernflhafft gefehen fein, wer: 
den in feiner fach ſchammroth, fonder gilt in gleich, fie 
heiffen Dans ohn ein ſcham. 

6) Die ſechſt Schell if, Sawer vnd murrecht fehen, 
gleich als wann er ein pfann voller gefchwelter teuffel 
gefrefien hett. Dann es fein etlich fo vngezogen, das fie 
ür vnd für fawer fehen, gleich als wann fie wunden vnd 
marter fluchen wolten. Welches dann mehr ein zornmü⸗ 
tigs gemüth bebeut, weder ein ernfihafftigkeit im arbeiten. 


.7) Die fiebendt Schell iR, mit dem Kopff und Maul 
hören. Dann es fein etlich alfo geartet, das fie nicht hö⸗ 
ren können, wenn fie nicht das Maul auffiperren vnd gaf⸗ 
fen , gleich wie ein Efell der Diftel friſt, vnnd flehn au 
gaften gleich als warn fie durch das Maul Hörten. 

8) Die acht Schell if, mit dem Mundt und Leffgen 
fpreiben, hören, vnnd alle andere bing thun. Deßgleichen 
fein andere, Die Iälfen mit der zungen, gleich wie ein bür- 
fliger dundt, vnnd in fumma, was fie thun vnd handlen, 
löllen fie an dem Maul, gleich wie ein junges Kindt an 
der dutten. 

9. Die neunde Schell if, mit gegagleten fingern reben. 
Es feind etliche, wann fie reden, fpreiten vnd gaglen fie 
bie finger don einander, gleich (mit gunft zu reden) ale 
wenn einer einem Flöhe auß dem hindern klauben wil, 


275 
oter werffen bie finger von einander, gleich wie ein Hac⸗ 
breitichlager, zwihern mit den augbrauwen, vnd ſchlagen 
die augen onder, als ein Dieb, der geftolen hat. 

10) Die zehendt Schell iſt, mit dem Kopff Inauppen 
und fohätlen. Dann es fein etliche, die nollen vnd ſchüt⸗ 
ien den kopff, tragen ſich im haar, oder ſträlen baffelbig 
mit den fingern, ftellen fih gleich als wenn fie fih an« 
legten, zwirlen an eim meflel over fonft an der hembbt 
ſchnur, biegen die ſchuldern vnd feiten hin vnnd wider, 
oder fireden die füß von ihnen, vnd in fumma, fie ſtellen 
fih auff allweg ganh gleih einem halben Bantaften, alfo 
das man ihrer vnzucht offt lachen muß. 

11) Die eylfft Schell if, mit eim Ohr hören. Dann 
es ſeindt etliche, die Tauflern nur mit einem Ohr darauf, und 
fireden ven halß herfür vnd auff ein feyten, gleich wie 
ein Reiger auff einem bein, oder ein Kamel das den halß 
an fi zeucht, vnd als baldt wider herauß firedi. 

12) Die zwölfft Schell ift mit einem Aug fehen. Dann 
es fein etliche, die glauren nur mit eim Aug barauff, et 
liche aber ftoffen bie Augen gar in ein ding, vnd fehen 
alfo ſchell darauf, gleich als wann fie mit den Ohren 
auch darauff fehen wolten. Deßgleichen fein etliche, bie 
thun ein Aug auff, das ander zu, vnnd hergegen das ein 
zu vnnd das ander auff, treiben alfo ihr fantafey mit 
dem blingen hin vnnd wider, gleih als ein Armbruft 
ſchüß, der zum ziel ſcheüſt. . 

13) Die dreyzehendt Schell ift, mit verzwuntzenem vnd 
zufamenen gelegtem maul reden, gleich als wann fie Pfeif: 
fen wöllen, onnd Segen das maule alfo artlih zufamen, 
gleich als fie ein Haaſelnuß dauornen zwifchen ben zwen 
leffzen hetten: oder gleich eim Eychhörnie der ein-Nuß 
auffbeiſt. Ja es reden etlih alfo verzwuntzen, gleich als 
wann fie ein Muden vonder dem arm heiten, oder bie 
füß vonder den lefftzen. Diß fein in einer fumm die ſchel⸗ 
Ien , fo die vnzüchtigen Narren im angeficht haben. 

14) Die vierbehendt Schell if, vber dieſe petz erzelte 
Karren Schellen alle, die ongeberten Narren, fein noch 
viel mehr, als bey den taufent bußen vnd fantaſten ang: 
liger, mehr denn taufent Nafen vermüpfung vnd verfpot: 


276 


tung, mehr denn taufent frume maüler, ond andere unge: 
ftait mehr , die alle das natürlich angefiht in ein teuff: 
liſch verwandlen. 

15) Die füntzehendt Schell ift, mit den armen daher 
wadlen, gleich als wann fie fliegen wolten, oder im fehi 
führen onnd ruderten. Diefe tretten daher gleich als ein 
Meerwunder, oder fonft ein ſchrecklich Thier, dann vnden 
gehn fie auff den füflen, oben aber fliegen fie mit den 
henden in die höhe. Dann man findet deßgleichen Thier 
nicht auff Erdtrich, das zu gleich gebt, vnnd eim Schiff 
gleich fiehet,, und in den lüfften fleücht. 

DIE fein nun die Schellen, darauß man dieſe Narren 
lehrnet erkennen, auß welchem bu jhre art Teichtlih fihent 
vnnd abnimbfl. Derowegen foll man fich vor dieſen vnge⸗ 
zogen fitten vnnd geberven hüten, dann es ein grofie 
fhandt ift, welche Gott der Herr nicht ongeftrafft Tafict 
hingehn. Ja ſprichſtu es iſt ein ſolche art in mir, ich 
tan nicht anders, folches iſt aber ein böfe art, die mehr 
ſcheltens, dann lobens werbt ifl. 


— — — —— — 


Der X. Narr. 


Wer vnrecht, gwalt, thut einem Mann, 
Der im nie leides bat gethan, 
Da ſtoſſen fi font schen an. 


Bon warer Freundfhafft. 


Der iſt ein Narr vnd gank törecht, 
Der einem Menfchen thut unrecht, 
Denn er Dadurch gar manchem treumt, 
Der fih darnach feind vnglücks freumt, 
Wer feinem Breundt was vbeld thut, 
Der al fein Hoffnung, trew vnd mut, 
Allein gefeget bat auff in, 
Der iſt ein Narr und gank on finn. 


277 


Man findt der Freundt, als David was, 

Gant feinen mehr, mit Jonathas. \ 
As Patroclus und Achilles, 

Als Oreſtes und Pylades. 
Als Demadis und Pythias 

Oder der Schiltknecht Saulis was, 
Als Scipio vnd Lelius, 

Wo Gelt briſt da iſt Freundſchafft auß. 
Keiner ſo lieb ſein nechſten hat, 

Als denn im Gſatz geſchrieben ſtaht. 
Der eygen nutz vertreibt all Recht, 

AU Freundſchafft, lieb, Sipſchafft, gefchlecht. 
Kein findt man Mofe jebt glich, 

Der andre Tieb Hab, als felb ſich. 
Oder ald was Neemias, 

Vnd der Gottsforchtig Thobias. 
Wem nicht der gmein nutz iſt als wehrt, 

Als eigen nutz des er begert, 
Den halt ich für ein Nerſchen Gauch, 

Was-gmein iſt, iſt doch engen auch. 
Doch Cayn iſt in allem ſtat, 

Dem leid iſt was glücks Abel hat. 
Freundſchafft, wenn es geht an ein not, 

Gehn vier und zwentzig auff ein Loft, 
Vnd welche die beiten meinen fein, 

Gehn wol achtzig auff ein quintlein. 


Don Steunds Warren. 
Das zehendt Gefhwarm. 


Das zebendt. Narren Geſchwarm iſt von falfchen Freun 
den: vnnd werben die fürnemlich auß fieben Schellen erfenni 
1) Die erft Schell ift, fein eigen nuß fuchen vnnd feine 
nechfien freundts verwarlofen, oder in windt fhlagen. E 


278 


werben vil gefunden, bie fielen fih für ware freundt dar, 
mit heimlicher aleißnerey, vnnd gefellen fi zu groffen 
Reichen Hanfen ond Herren vom Adel, allein darumb dz 
fie Reich darburc mögen werben , oder fonft ein groffen 
Nammen bey in erlangen oder für Edel gehalten werben. 
Sie tragen ein folche freundtfchafft gegen ihnen, gleich wie 
der Wolff gegen dem Schaff, der Fuchs gegen den Hünern, 
die Mauß gegen ber fallen, die Muden gegen dem Honig, 
der Geyr gegen dem raub, der Dunde gegen dem bein, 
die Kap gegen dem Schmer, x. Bnnd beren ding mehr. 
Diß iſt kein freundtfchafft, fonder vil mehr ein Kauffman⸗ 
Schafft, welche allein zu dem eigennuß bienet. 

2) Die ander Schell A, nicht gemeinfchafft mit dem 
freundt haben vnd fm Fein heimligheit anzeigen. Dann 
es follen rechte vnd ware freund alle jre heimligkeit vnnd 
anligen einandern offenbaren und gemein machen. Stem 
follen fie eines finnes fein, was einer will das der ander 
auch wölle, vnd nicht einer hienauß der ander dorthnauß. 
Darnach follen alle fre raptfchleg gemein fein, dann wel 
ches rechte ware freund fein, die verbergen einander gar 
nicht, ſonder machen es alles einander offenbar, feitenmal 
der kein wahrer vnd rechter freund ifl, dem feines freundte 
onglüd nicht fo wol leidt vnd ſchedlich iſt, als fenem dem 
ed gefchicht. 

3) Die dritt Schell iR, feinen freundi nicht ſtraffen vnd 
mit worten züctigen. Dann gutte freund, fo fie fehen 
ihre freunde vnrecht thun, ftraffen fie diefelben, doch nicht 
mit rauhen vnd frharpffen oder fhmächworten, fonder mil- 
tigklich onnd freundtfih. Dann die firaff, fo mit fcheltwor: 
ten geſchicht, ift Fein züchtigung, fonder vil mehr ein ſchmach 
ond leſterung. 

4) Die vierdt Schell if, freundt in der not laſſen fie 
den. Dann es fein etlich, die geben ſich allein für freundt 
auf, wann es einem wohlgehet. So fih aber das Glück 
vmbkehrt onnd einem vbel gehet, ba fein fie feine freundt 
mehr, fa fie dörffen fich noch woll ihres vnglücks frewen. 
Dann in der zeit der not ſoll man die freundt Iehrnen 
erkennen. Ein rechter freundt, der weicht in der not nicht 
ab, fonder bleibt allzeit ver ſtehen, gleich einer flarden 





279 


mawer. Die falfchen freunde thun wicht anders, dann 
gleich wie einer auff ein zeit gethan hat, ber warb von eis 
nem beſtelt, das er mit im oberlandt vnnd große wildtnuß 
folt ziefen: derſelb verhieß dem Herren der in dingt, grofs 
fen beiſtand in allen leibsgefahren, es wer gleich gegen 
mördern oder wilden thieren. Da fie nun ein tag mit 
einander waren gezogen, kamen fie inn ein groffen walbt, 
darinn vil gewildts war, Bären onnd Wildtſchwein, vnnd 
als ſie inn guter meinung alſo fort zogen, lieff ihn ein 
bungerigec Bär entgegen mit groffer vngeſtüme, fo bald 
diß der wegweifer ſahe, flohe er von dem Herren vnud 
fliege in fchnellem auff ein hohen baum, ber Herrerfchrad, 
wüßt nicht wo auß noch ein, doch legt er ſich nider auff 
das erdtrich, und thet gleich als wann er Tobt were, (dann 
man fagt, das die Bären fein todten menfchen zerreiffen) 
ber Bär aber thet fie zu im vnd legt Im fein maul auff 
des menfchen maul, darnach legt er dus maul zu Des men. 
fhen ohren vnnd verſucht ob er den athem gehn ließ, da 
er aber vermeint, er were tobt, gieng er alsbald von im. 
Do lieg der weifer wider von dem baum herab vnd ſucht 
den Herren mit groffene gelächter, vnd als er in fand, 
fpra er, lieber, was het doch der Bär für ein freundts 
fhafft mit euch gemarht, und was hat er euch heimlich in 
das ohr gefagt. Darauff gab er fm zu antwort: Er hat 
mich gelehrnet vnnd gewahrnet, das ich mit keinem fremb- 
den mehr ſoll freundtichafft machen, wo ich ihn nicht zuuor 
probiert onnd erfahren hab: vnd fol jm auch nicht vers 
trawen, es fey dann fach, das ich feiner kundtſchafft hab: 
ond hat mich darumm geftrafft das ich alfo bald gleubig 
vund leichtfertig bin gewefen, das ich einen falfchen gefels 
Ien fo vnbedacht nachgeuolgt und vertrawet dab. Alfo 
thun alle falfche vnd gleißnerifche freundt, die verlaffen 
in der zeit der not fre freund. 

5) Die fünfft Schell if, freunden mehr fchmeichlen, fhres 
nußes halben. Dann es fein etlich, was fie handlen vnnd 
thun, das richten fie allein dahin zu wolgefallen vnnd zu 
ſchmeichlen den freunden, vnnd gefchicht diß allein barumb, 
damit fie von ihnen geliebt onnd gehuldet werden. Dife 
freund fein nicht anders, weder ſpeck in einer maußfallen, 


280 


vnd nußfernen in einem Meifenfchlag, welche auff ben fall 
vnd zur gefengfnuß gericht fein, alſo fein auch diſe ſchmei⸗ 
chelfreundt, welche mit jren fchmeichel worten nichts 
anders fuchen, denn allein ires freundts verberben. 

6) Die ſechßt Schell if, heimligkeit offenbaren vnnd an 
tag. bringen. Welcher feines freundts heimligkeit offenba- 
ret der verleurt allen glauben bey jm. Dann welcher eis 
nes andern laſter zudeckt, ver macht ihm freumbfchafft: Her: 
gegen aber, welcher feines nechften beimligfeiten offenbaret, 
ver macht ihm feindiſchafft. Fünff ding zertrennen die 
freundtfchafft, feheltwort, auffrupffung, Stofßheit, einen 
felfchlichen ſchlagen, vnd offenbarung der heimfigfeiten. 

D Die fiebendt Schell if, ſchendtliche und vnehrliche 
ding von einem freundt begeren. Dann diß verbeut das 
Geſatz der natur, das man in der freundſchafft nichts vn⸗ 
ehrlich oder ſchandtlichs follen begeren, vnd ob wir fchon 
gebetten werben, follen wir doch ſolches nicht thun. Dann 
es foll Feiner vmb gefellen willen ein andern haflen vnnd 
ein neid auff in werffen. Welches ein gerechter Richter 
auff ein zeit fleiſſig vnd höchlich Iob behalten, dann es bes 
gab ſich, das feiner freuntt einer mit einen andern ein 
ongerechten rechtshandel führete,, der batte feinen freunde 
ven Richter, das er wolt ein falfch vrtheil feilen, antwor⸗ 
tet der Richter jhm, das thu ich auff keine weiß nicht. Do 
ſprach der ander, was nutzt mich dann bein freundtichafft, 
wann du mir nicht zu gefallen thun wilt: Do ſprach ber 
Richter herwider, was nupt mich deine, wann ich von 
wegen berfelbigen fündigte, vnnd die ewige freundfchafft 
verlöre. Derhalben iſt es vil beffer, die freundtfchafft zer: 
trennen, weder Ewiglichen mit böfen freunden geftrafft 
werben. DIE fein alfo kürglich die Schellen, barauß man 
die rechten vnd vngerechten freundt ſoll lehrnen erkennen. 


Der XI. Narr. . 


Ber jedem Narren glauben wil, 
So man doch hört der GEſchrifft fo wit, 
Der (hide Rh wol ins Narren ſpil. 


— — 


281 


Beratung der Gfhrifft. | 


Der ift ein Narr ver nit der Gfchrifft 

Wil glauben die das Heil antrifft, 
Vnd meinet da8 er leben öl, 

Als 06 fein Bott mer, noch Fein Hell, 
Berachten all Previg vnd Lehr, 

Als ob er nicht fehe noch hör. 
Kem einer von den Todten Bar, 

So lieff man hundert Meilen tar, 
Dad man von jm hört neume mer, 

Was weiend in der Helen wer, 
Vnd ob viel Leut führen darein, 

Ob man auch da fihendt neumen Wein, 
Vnd defgleichen ander Affenfpil, 

Nun hat der Mann doch der Gfchrifft zu viel, 
Bon alter und von neumer eh, 

Man bevarff Kein zeugnuß fürter meh. 
Noch fuchen die Kappel und laufen, 

Des Sadpfeiffers von Niels haufen. 
Gott redt das auf der Warbeit fein, 

Mer hie Sünd thut, der leid dort pein. 
Wer bie fein tag zu weißheit kert, 

Der wird in Ewigkeit geehrt. 
Gott Hat gefchaffen das ift wor, 

Das feh das Aug, vnd hör das Ohr. 
Darumb ift der blindt und ertaubt, 

Der nicht Hört Weißheit, und jr glaubt. 
Ober hört gen neuw Mär und fag, 

Ich fürcht, es kommen bald bie tag, 
Dad man mehr neuwer mär werd inn, 

Denn vns gefall vnd fey zu finn. 
Jeremias der ſchrey und lehrt, 

Vnd warb von niemand doch gehört, 


u 2832 ' 


Depgleichen ander meifen meh, 
Des gieng hernach viel plag vnd meh. 


— — 


Von Glaub Narren, 


Das Eilfft Geſchwarm. 


Das Eilffte Narren Geſchwarm, iſt von Glaub Narren, 
bie der Heiligen Göttlichen gefchrifft nicht glauben geben. 
Es fein etliche, die mancherley widerwertige ding inn glau: 
bens fachen baben, die fein nicht auß difer zal. Deßglei- 
hen fein etliche, die nicht alle ding glauben ob fie fehon 
zu glauben fein, fonder gehn nur fehlecht dem Ehriftlichen 
glauben nach vnnd was man jn auff der Cantzel in ven 
Sontags Euangelien fürliefet, welche auch nicht hieher ge 
bören. Letſtlich fein etlich, die fein gang zweiffelhafftig 
ond halten nirgend auff etwas, vnd achten der heiligen 
geſchrifft gank wenig, fonder fein nur allein Maulchriften, 
Oſterchriſten, vnnd von guter gefellfchafft halben Chriſten, 
von difen reden wir hie, welche man auß den nachuolgen⸗ 
den Schellen fol lehrnen erkennen. 

1) Die Erſt Schell ifl, von der Göttlichen gefchrifft vnd 
bem Glauben in dem berben wenig daruon halten onnd 
wiffen. Dann die zweiffeln und wanden darinn, glauben 
(wie th dann gefagt hab) mit andern allein von guter 
Gefelifchafft wegen, allein mit vem Maul. Nu möchſtu 
fprechen, wie kann ich folche erfennen, dieweil es heimlich 
ift, ond er den Schald allein in dem hertz vnd hinder den 
ohren hat. Dife Schell if} nicht von dem hieher geſetzt 
worden, fonder von feinet wegen, das er fi) auß bifen 
lehrt erfennen, das er ein Glaub Narr fey. 

2) Die ander Schell ift, ſchmächlich vnd fpöttlich von 
der Heiligen fehrifft reden. Als da ſein etfich, die fprechen, 
lieber, was fagft mir vil von der Heiligen gefchrifft, fie iſt 
gleich als ein wärhfene naß, man mag fie auff alle ding 
leiten onnd formieren, dann auff difen, dann auff jenen, 
fie nennt doch niemandt mit dem nammen: was fagft vil, 
die Pfaffen haben gut fagen daruon, fle haben alles was 
fie wöllen von der Heiligen gefchrifft, es wirbt ihnen bar: 
durch kiſten vnd keller gefült. 


233. 


3) Die dritt Schell if, die Predig Göttliches Wortes 
vnd der Heiligen Gefchrifft verachten, verlachen vnd Inn 
den wind ſchlahen. Ya, fprechen fie, das Euangelium ift 
wol war, aber bie Pfaffen Predigen onnd heiffen vil, wel 
ches fie doch ſelbs nicht mit einem finger anrüpren ober 
tun. Es ift wol war, wie du fageft, aber du folteft nicht 
barbey vergefien, was Chriſtus fagt, was fle fagen werden 
das behaltet vnd thut vaffelbig. Die thu, fo wirft du le 
ben, vnd wirt bir nicht ſchaden, ob fchon folches die Pfarr: 
beren nicht thun. 


4) Die vierdt Schell ift, glauben geben mwöllen denen 
fo von toden aufferfiehen. Ya fagen fle, (gleich wie der 
Reichmann in der Heel) wann einer von den Todten auff 
erftünde, difem wolten wir glauben geben: wollten in fra- 
gen, ob auch newer vnnd guter Burgundifcher Wein ba: 
rinn feil were? Ob man auch darinn fpilet, dantzet, vnd 
guter ding were? Ob auch vil guter zechbrüber darinn 
gefunden wurden? Ob auch einem zu gefallen würde ein 
hüpfches Grettle bey im zu haben, vnnd andere newe zei 
tung mehr. O der groflen Thorheit, das man der leben⸗ 
digen ſchrifft, welche von fouil Iebendigen menſchen, als 
von Moyfe, von Propheten, von Apofteln, Euangeliften, 
Chriſto dem Herren ſelbs an tag ift gebracht, nicht glau- 
ben geben will, fonder mehr den abgeflorbenen glauben. 

5) Die fünfft Schell if, die Warfager, Zeuffels befchwer 
rer, Sterngüder, der Göttlichen warheit für feßen, dann 
ed werden viel gefunden, die hin und wider zu den War: 
fagern vnnd Sterngückern lauffen, ond nach derfelben ge: 
heiß legen fie newe Meider an, vnd fangen all jr werd, 
thun vnd laffen allein nach ihrem rathgeben an: Auch fras 
gen etlihe die Geburts Warfager, welchen fle glauben, 
vas fie zu diefer oder fbener zeit werben omblommen, 
ober fonft hefftig gefchebigt werben, wenn fle diß oder 
jhenes kleidt in Schwartzer oder Rotter farb anlegen. Dar: 
nad fein etlihe, die glauben den Jacobsbrüdern, Zygei⸗ 
nern, Gaucklern, Zyriadestremmern, vnd ſonſt andern 
Freyhartsknaben mehr, welche das Landt durchlauffen, gleich 
wie ein Lauß ein alten Beilg, onnd bin vnnd wider newe 
erlogne zepttung bringen. 


. 282 


Depgleichen ander weiſen meh, 
Des gieng hernach viel plag und weh. 


— — 


Yon Glaub Narren. 


Das Eilfft Geſchwarm. 


Das Eilffte Narren Geſchwarm, ift von Glaub Narren, 
die der Heiligen Göttlichen gefchrifft nicht glauben geben. 
Es fein etliche, Die mancherley widerwertige ding inn glau: 
bens fachen haben, die fein nicht auß diſer zal. Deßglei- 
ben fein etliche, die nicht alle ding glauben ob fie ſchon 
zu glauben fein, fonder gehn nur ſchlecht dem Epriftlichen 
glauben nah vnnd was man fn auff ver angel in den 
Sontags Euangelien fürliefet, welche auch nicht hieher ges 
bören. Letſtlich fein etlih, die fein gan zweiffelhafftig 
ond halten nirgend auff etwas, vnd achten der heiligen 
geichrifft ganh wenig, fonder fein nur allein Maulchriften, 
Dfterchriften, vnnd von guter geſellſchafft halben Chriſten, 
von bifen reden wir hie, welche man auß den nachuolgen⸗ 
den Schellen foll Tehrnen erkennen. 

1) Die Erf Schell ift, von der Göttlichen gefehrifft vnd 
dem Glauben in dem berßen wenig daruon halten onnd 
wiffen. Dann bie zweiffeln ond wanden darinn, glauben 
(wie ich dann gelagt hab) mit andern allein von guter 
Gefelifchafft wegen, allein mit dem Maul. Nu möchſtu 
- fprechen, wie kann ich folche erkennen, dieweil es heimlich 
iR, vnd er den Schald allein in dem ber vnd Binder den 
ohren hat. Dife Schell if nicht von dem hieher gefeßt 
worden, fonder von feinet wegen, das er fi auß bifen 
Iehrt erfenuen, das er ein Glaub Narr fey. 

2) Die ander Schell ift, ſchmächlich vnd fpöttlich von 
der Heiligen fehrifft reden. Als da ſein etlich, die fprechen, 
Lieber, was fagft mir vil von der Heiligen gefchrifft, fle if 
gleich als ein wächſene naß, man mag fie auff alle ding 
leiten vnnd formieren, dann auff diſen, dann auff jenen, 
fie nennt doch niemandt mit dem nammen: was fagft oil, 
die Pfaffen haben gut fagen daruon, fie Haben alles was 
fie wöllen von ber Heiligen gefchrifft, es wirdt ihnen bar: 
durch kiſten vnd Feller gefült. 


283. 


3) Die dritt Schell if, die Prebig Göttliches Worte 
vnd der Heiligen Gefchrifft verachten, verlachen vnd inn 
den wind ſchlahen. Ja, fprechen fie, das Euangelium if 
wol war, aber bie Pfaffen Prebigen onnd heiffen vil, wel⸗ 
des fie doch felbs nicht mit einem finger anrühren oder 
thun. Es ift wol war, wie du fageft, aber du folteft nicht 
barbey vergeffen, was Ehriftus fagt, was fie Tagen werden 
das behaltet vnd thut vaffelbig. Die thu, fo wirft du Te 
ben, vnd wirt bir nicht ſchaden, ob ſchon folches die Pfarr: 
berrn nicht thun. 

4) Die vierdt Schell if, glauben geben wöllen denen 
fo von toben aufferfiehen. Ja fagen fie, (gleich wie ver 
Reichmann in der Heel) wann einer von den Zobten auff 
erftünde, diſem wolten wir glauben geben: wollten in fra« 
gen, ob auch newer onnd guter Burgundifher Wein da: 
rinn feil were? Ob man auch darinn fpilet, dantzet, vnd 
guter ding were? Ob auch vil guter zechbrüder barinn 
gefunden wurden? Ob auch einem zu gefallen würde ein 
hüpfches Grettle bey jm zu haben, vnnd andere newe zei» 
tung mehr. O der groflen Thorheit, das man der lebens 
digen fchrifft, welche von ſouil Iebendigen menfchen, als 
von Moyfe, von Propheten, von Apofteln, Euangeliften, 
Chriſto dem Derren felbs an tag ift gebracht, nicht glau⸗ 
ben geben will, fonder mehr den abgeftorbenen glauben. 

5) Die fünfft Schell if, die Warfager, Zeuffele beſchwe⸗ 
rer, Sterngüder, der Göttlichen warheit für feßen, dann 
es werden viel gefunden, bie hin und wider zu den War: 
fagern onnd Sterngüdern lauffen, ond nach derfelben ge: 
heiß legen fle newe Heiver an, vnd fangen all je werd, 
thun vnd laſſen allein nach ihrem rathgeben an: Auch fras 
gen etlide die Geburts Warfager, welchen fie glauben, 
das fie zu dieſer oder jbener zeit werden vmbkommen, 
oder fonft hefftig gefchebigt werden, wenn fie diß oder 
fhenes kleidt in Schwarber oder Rotter farb anlegen. Dar: 
nach fein etliche, die glauben den Jacobsbrüdern, Zygei⸗ 
nern, Gaucklern, Zyriadestremmern,, vnd fonfl andern 
Sreyhartsfnaben mehr, welche das Landt burchlauffen, gleich 
wie ein Lauß ein alten Beld, onnd hin onnd wider newe 
erlogne zeyttung bringen. 


284 


6) Die ſechſt Schell ift, Nothwendige ding verſaumen, 
vnndð forglichen fahen nachtrachien. Dann es fein viel, vie 
bringen newe meinung herfür, vnnd vben fi barinnen 
tag vnd nacht, die doch nicht einer fehnallen werdt fein, 
aber was den Glauben, ihrer Seelen heil vnd feeligkeit 
anbelangt, das achten fie gar für nicht, oder gar gering. 
Dann man findt heut zu tag under ben Prieſtern, die 
machen viel vnnd mancherley außlegungen ober bie Götts 
liche fchrifft, etliche aber fein dermaſſen fo dundel, pas fle 
viel mehr die Schrift verbunden , weder diefelbe an tag 
bringen vnd erkleren. 


Der XI. Narr. 


Wer nit vor gürt, eh denn er reiht, 
Vnd ſich vorhin verficht bey zeit, 
Sehr bald er auff der Erven leit. 


Bon vnbefinnten Narren. 


Der ift mit Narrheit wol vereint, 
Mer fpricht das bett ich nicht gemeint, 
Denn wer bevendt all ding bey zeit, 
Der fattlet mol eh denn er reiht, 
Mer ſich bedenckt nach der gethat, - 
Dep anſchlag gemeinlich kompt zu fpat. 
Wer in der that gut anfchleg Fan, 
Der muß fein ein erfahrner Mann. 
Oder hat dad von Braumen glehrt, 
Die feind folched Rahts hochgeehrt, 
Hett fih Adam bedacht vor baß, 
Ehe dann er von dem Apffel aß, 
Er mer nicht von eim kleinen biſſz, 
Geftoffen auß dem Paradiß. 


S2I 


m 


285 . 


Hett Jonathas ſich recht bedacht; 
Er hett die Gaben wol veracht, 
Die jm Tryphon in falſchheit bot, 
Vnd in erſchlug darnach zu tobt. 
Gut anſchleg kundt zu aller zeit, 
Julius der Keiſer in dem ſtreit. 
Aber da er hat fried vnd glück, 
Saumpt er ſich an eim kleinen flüd, 
Dad er die Brieff nicht laß zu hand, 
Die jm in warnung waren gfandt. 
Ricanor vberfählug gering, 
Verkaufft dad Wildpret, ehe ers fieng, 
Sein anichlag doch fo gröblich fählt, 
Zung, Händ und Grind man jm abftrelt. 
Gut anfchleg. die feind allzeit gut, 
Wol dem, der fle bey zeiten thut. 
Mancher der eilt, und kompt Doch zu fpot, 
Er ſtößt fi) bald, wem ift zu not. 
Wer Afahel nicht fchnell gefln, 
Abner Het nicht erftochen jn. 
Yon Schnell Warsen, firutel narsen, Bubefinten 
narren, Schwindel narren, Efelshöpff narren, 
zwölff narren. 


Das zwölfft Geſchwarm. 


Das zwölfft Narren Geſchwarm iſt von Schnell Nar- 
ren. Dife feindts, fo in den wichtigen vnnd nothwendi⸗ 
sen händlen keine rathſchleg fürnemmen, fonder firudelen 
allein dahin, und haben nirgend auff fein bevenden. Welche 
man auß den nachfolgenden Schellen fol ertennen. 

1) Die ft Schell ih, onbefunnen ohn einigen rathſchlag 
fein fürnemmen volbringen vnnd außrichten. Es feind et- 
liche, wann ihnen etwas in den Efelstopff kompt, oder fo 
fie an ein ding gebenden, fahren fie demſelben ſtrad nach 








235 


ohn alle vorbetrachtung, wo es hinauß reiche oder diene. 
Diefe fein fhrwar recht Rarren, vnd fallen offt vnnd did 
inn groffe jhrthumb, alfo das fie nicht baldt darauf wi« 
der mögen kommen. 

2) Die ander Schell if, ſchnell vnnd ſtrudtlecht fein fen- 
teng herauß werffen. Dann e8 fein etliche, die erwegen 
den handel gar nicht, fonver flofien von ſtundan ihr mei: 
nung herfür, vnnd haben forg,. wann fie die lenger be⸗ 
hielten, fle möcht ihn das herb abfloffen. 

3) Die dritte Schell if, fehnell vnd vnbeſint zweifelhaft: 
tige ding erklären. Diß if eine grofie thorpeit, fürnem: 
lih aber in fachen des gewiſſens, doran dann gar viel 
gelegen vnnd ein grofle gefahr darbey if. Seytenmal in 
- zweiffelhafften ſachen fein fireng vnd ſchnell ortheil fol ge: 
führet werben. Denn e8 werden vil under den Theologen 
gefunden, die in zweiffelhafften dingen gleich ein ſchnell 
vrtheil Taffen erfolgen, als nemlih : Wann einer etwas 
zweiffelhaffts herfürbringt, wirdt er von vielen ein Keßer 
geſcholten, fo fie doch fein Meinung noch nicht recht ver: 
ſta nden haben. 

4) Die vierbt Schell iſt, Sein eygen heimlichkeiten ſchnell 
ohn alles bevenden herauß blatern. Sehe ſich ein yebcr 
für, das er nicht fchnell fey in öffnungen ber heimligfei: 
ten, fonft wirbt er fürwar baldt ond ohn alles gefahr in 
groffe vngemach fallen onnd fommen. Dann es werben 
gar wenig gefunden, bie ander leut heimligkeit mögen ver⸗ 
fehweigen, fürnemlih wann man folches datterechten Wei⸗ 
bern vertramet, die mögen es nicht lang verfchweigen, 
fonder klappern als bald von einem hauß in das ander, 
vnd iſt hie das fprichwort war: 


Wiltu was verfehwiegen haben, 

Solftu e8 einem Weib fagen. 

Sp ifls in ihrem hergen verfchloffen, 
Gleich Heteft waſſer in ein Sieb goffen. 


Dann es ift ein groffe thorheit, wann einer fein heim⸗ 
liglichleit nit verſchweigen fan, vermeindt aber, es fol fie 
ein anderer befier verhalten vnd verfchweigen, weder er 
felbs. DIE iR nun eine groffe narrpeit: dann heti Samb- 


287 


fon nit ſich ſelbs verſchweht, vnnd fein engen heimligfeit 
offenbart, wer er nimmer den Philiſtern (durch liſt des 
Weide) in die hendt kommen. 

5) Die fünfft Schell if, die Schnelfahrung in feinem 
werd, als in Häuſer auffbawung: aber von diefen Baw 
Narren wöllen wir bernachmals infonderpeit reden. Es 
fein aber diefe Schnell Karren fürnemlich, die ein fonder 
luft haben, newe vnd ſchöne Häufer zu bamwen, fo fie doch 
faum vermögen, an parem gelt ein pfennig in ein Badt, 
noch welen fie ſtets bawen, vnnd für köftlich leut ange: 
ſehen ſein. 

6) Die ſechſt Schell iſt, Schnell vnnd ohn examinierung 
erwöhlen vnd annemen. Dann es ſein etliche, die erwöh⸗ 
len einen ohn alle erkanndtnuß, entweders zum Regierer 
oder mitgenoſſen: oder nemmen jhn auff zum Prieſter⸗ 
thumb ober zu Religions verwaltung: oder fie nemmen 
ihnen ſelbs ein ſchwere vnd verwirliche ſach auff ſich, welche 
fie ohn groſſe mühe vnnd arbeit nicht baldt zum endt brin⸗ 
gen mögen. Diß ſein die ſechs Schellen, darauß man die 
Schnell Rarren ſoll lehrnen erkennen: derhalben, fo bu 
dieſer Schellen eine an dir merckeſt, wirff fie von dir, da⸗ 
mit du nicht auch vnder ſolche zaal gerechnet werdeſt. 
Dann es entſtehet nicht ein kleine ſchmach auß dieſem Ge⸗ 
ſchwarm, feitenmal es vonn der Mutter alles böſes fein 
nammen her hat empfangen. 


Der XIII. Narr. 
Mit meiner lieb ich dapffer zexch, 
Bil Narren, Affen, Eſel, Geud, 
Die ich verfähr, betrieg vnd Leuch. 


Bon Bulſcaft. 
Fraw Venus mit dem flrömen Loch, 
Bin nicht die minft im Narren joch, 
Ich ziehen zu mir der Narren vil, 
Vnd mach ein Bauch auf wen Ich will. 


4 


[4 


235 


ohn alle vorbetrahtung, wo es hinauß reiche ober diene. 
Diefe fein fürwar recht Narren, ond fallen offt onnd did 
inn groffe jhrthumb, alfo das fie nicht baldt darauß wi« 
der mögen kommen. 

2) Die ander Schell if, ſchnell vnnd ſtrudtlecht fein fens 
teng herauß werffen. Dann e8 fein etliche, die eriwegen 
den handel gar nicht, fonder floffen von flundan ihr mei: 
nung herfür, vnnd haben forg,. wann fie die lenger be: 
hielten, fle möcht ihn das hertz abſtoſſen. 

3) Die dritte Schell iſt, frhnell vnd onbefint zweiffelhaff⸗ 
tige ding erflären. Diß iſt eine groffe thorpeit, fürnem⸗ 
lih aber in fachen des gewiſſens, doran dann gar viel 
gelegen vnnd ein groffe gefahr darbey if. Seytenmal in 
- zweiffelhafften fachen Fein fireng vnd ſchnell vrtheil fol ge: 
führet werben. Denn es werben vil onder den Theologen 
gefunden, die in zweiffelhafften dingen gleich ein ſchnell 
vrtheil laſſen erfolgen, als nemlih : Wann einer etwas 
zweiffelhaffts herfürbringt, wirdt er von vielen ein Keber 
gefrholten, fo fie doch fein Meinung noch nicht recht ver: 
fanden haben. 

4) Die vierbt Schell iſt, Sein eygen heimlichkeiten ſchnell 
ohn alles bevenden herauß blatern. Sehe fih ein yercı 
für, das er nicht ſchnell ſey in Offnungen der heimligfei: 
ten, fonft wirdt er fürwar baldt vnd ohn alled gefahr in 
groffe vngemach fallen onnd kommen. Dann ed werden 
gar wenig gefunden, die ander leut heintligfeit mögen ver« 
ſchweigen, fürnemlich wann man foldhes datterechten Wei: 
bern vertrawet, die mögen ed wicht lang verſchweigen, 
fonder Mappern als bald von einem hauß in das ander, 
vnd tft hie das ſprichwort war: 


Wiltu was verfchwiegen haben, 

Solftu es einem Weib fagen. 

So iſts in jhrem herben verfchloffen, 
Gleich heteſt waſſer in ein Sieb goffen. 


Dann «8 iſt ein groffe thorheit, wann einer fein heim- 
liglichkeit nit verſchweigen fan, vermeindt aber, «8 fol fie 
ein anderer beffer verhalten vnd verſchweigen, weder er 
felbs. DIE iR nun eine groffe narrpeit: tann heit Samb⸗ 


287 


fon nicht fich felbs verſchwetzt, onnd fein eygen heimligkeit 


offenbart, wer er nimmer den Philiſtern (durch liſt des 
Weibs) in die hendt kommen. 

5) Die fünfft Schell iR, die Schnelfahrung in feinem 
werd, als in Häufer auffbawung : aber von diefen Baw 
Narren wöllen wir hernachmals infonderheit reden. Es 
fein aber diefe Schnell Rarren fürnemlich, die ein fonder 
luſt Haben, newe vnd ſchöne Häufer zu bawen, fo fie doch 
faum vermögen, an parem gelt ein pfennig in ein Badt, 
noch wöllen fie fletd bawen, vnnd für Föflich Teut ange: 
ſehen fein. 

6) Die ſechſt Schell if, Schnell onnd ohn eraminierung 
erwöhlen ond annemen. Dann es fein etliche, die erwöh⸗ 
ien einen ohn alle erfanndtnuß, entiveders zum Regierer 
oder mitgenoflen: oder nemmen jhn auff zum Prieſter⸗ 
thumb oder zu Religions verwaltung: oder fie nemmen 
ihnen felbs ein ſchwere vnd verwirliche fach auff fich, welche 
fie ohn groffe mühe vnnd arbeit nicht baldt zum endt brin⸗ 
gen mögen. Diß fein die ſechs Schellen, darauß man tie 
Schnell Rarren fol lehrnen erfennen: derhalben, fo du 
dieſer Schellen eine an dir merdef, wirff fie von dir, Dis 
mit du nicht auch vonder ſolche zaal gerechnet werdeft. 
Dann es entflehet nicht ein Heine ſchmach auß dieſem Ge: 
ſchwarm, feitenmal es vonn der Dutter alles böfes fein 
nammen ber hat empfangen. 


Der XII. Narr. 


Mit meiner lich ich dapffer euch, 
Bil Narren, Affen, Efel, Geud, 
Die id verführ, betrieg und Leu. 


Bon Bulfdalft. 
Sram Venus mit dem flrömen Loch, 
Bin nicht die minft im Narren joch, 
Ich ziehen zu mir der Narren vil, 
Vnd mach ein Gauch auß wen Ich will. 


L 





238 


Mein kunden niemands nennet all, 

Mer hat gehört von Circes Stal, 
Calyps, der Syrenen joch, 

Der gdenck mas gwaltö ich babe noch, 
Melcher meint dad er witzig fey, 

Den tund ich tieff in Narren brey, 
Wer einmal wirbt von mir verwund, 

Den macht Fein Kreutter Frafft gejund. 
Darumb Hab ich ein Blinden Sun, 

Kein Buler ficht was er fol thım, 
Mein Son ein Kind, iſt nicht ein Mann, 

Buler mit Kindheit thun umbgan, 
Bon jhn wirt felten tapffer wort, 

Gleich wie von einem Kind gehort, 
Mein Son fteht nackend vnd bloß all tag, 

Denn Bulſchafft niemandt bergen mag. 
Boͤß lieb die fleugt, nicht lang ſie ſtaht, 

Darumb mein Son zmwen flügel hat. 
Bulfchafft ift Teicht zu aller frifl, 

Nichts vnſtehters auff Erben if. 
Cupido tregt fein Bogen bloß, 

Auff jener feit ein Köcher groß. 
In eim hat er viel Haden pfeil, 

Damit trifft er ver Narren Zeil. 
Die find ſcharpff, Gülden, Hodecht, Spitz 

Mer troffen wirt der fompt von wiß. 
Vnd tangt hernach am Narren bolk, 

Im andern Köcher, Vogel bolg. 
Seind ſtumpff, mit Bley beſchwert, nicht leicht, 

Der erft macht wund, der ander fleucht. 
Men trifft Cupido, den enkündt 

Amor fein Bruder, das er brinnt. 
Vnd mag nicht loſchen wol die Flam, 


289 


Die Divoni jr leben nam, 
Vnd macht dad Medea verbrandt 
Ir Kindt, den- bruder tödt mit jrer hand. 
Theſeus wer auch Fein Widhopff nicht, 
Paſyphae den Stier vermit. 
Phedra Theſeo führ nicht nach, 
No ſucht an jrem Stieff fon ſchmach. 
Neſſus wer nicht gefchoffen tod, 
Troy wer nicht kommen in folche not, 
Seilla dem Vatter Tieß fein Hor, 
Hyacinthus mer Tein Ritter fpor, 
Leander nicht fein ſchwimmen thet, 
Meflalina wer in Teufchheit ftät, 
Mars auch nicht in der Ketten leg, 
Pocris ver Hecken fich verweg, 
Sapho nicht von dem Berg abfiel, 
Syren vumbferten nicht Die Kiel, 
Circe ließ faren wol die Schiff, 
Cyclops und Pann nicht leinlich off, 
Leucothoe nicht Weyhrauch gber, 
Myrrha wer nicht Adonis cher, 
Byblis wer nicht ihrem Bruder holt, 
Dane empfing nicht Durch das Bolt, 
Nietimine flög nicht auß bey nadıt, 
Echo nicht wer ein flimm gemacht, 
Thißbe ferbt nicht die weiflen Saar, 
Athalante Fein Lowen war, 
Des Leuiten Weib mer nicht gefchmecht, 
Vnd drumb erfchlagen ein Gefchlecht. 
Dauid ließ mefchen Berfabe, 
Samfon vertraumt nicht Dalide. 
Tie Abgött Salomon nicht an bat, 
Amon wer an feiner ſchweſter ftatt, 
I. 19 


299 


Joſeph wer nicht verklagt vmb fufl, 
FEN Bellerophan Hyppolitus. 
Der Weiß Mann als ein Roſſz nicht gieng, 

Am Thurn Vergilius nicht hieng, 
Quidius hett des Keiſers gunſt, 

Hett er nicht gelehrt ver Buler kunſt. 
Es tem zu Weipheit mancher meh, 

Wenn jm nicht wer zur Bulfchafft weh. 
Mer mit Frauwen hat viel Credentz, 

Dem wirt verbrennt fein Conſcientz, 
Vnd mag genglich nicht dienen Gott, 

Mer mit jn viel zu fchaffen hot, 
Die Bulfchafft tft eim jenen Stand 

Sant fpöttlich, nerriſch vnd ein ſchand. 
Doch viel fchendtlicher ift fie dann, 

Sp bulen thun alt Weib und Mann. 
Der ift ein Narr, der bulen wif, 

Vnd meint doch halten maß vnd ziel, 
Denn das man weißheit pfleg vnd bul, 

Mag gank nicht flehn in einem flul. 
Ein Buler wirt verblendt fo gar, 

Er meint e8 nem niemande fein war. 
Dig ift das krefftigs Narren Fraut, 

Diß Kappen Flebt lang an ver baut. 


Don Bull Harren, Söffel Warren, Hoffier Marten, 
Gaſſaten Harren. 


Das dreyzehbendpt Narren Geſchwarm. 


Das dreyzehendt Narren Geſchwarm ift von Bul Nar: 
ren, vnd ift diefer namm von wegen ber anderen Narren 
fürnemlich diefen von den Menfchen gegeben worden. Dann 
ein yedlicher Menfch er fey was würden er wolle, nenne 





291 


folde Rarren Bul Rarren, ond folches nicht vnbillich, 
dann fie folhe in her warbeit fein. Vnnd bieweil die 
Rarrheit auß allen laftern entfpringt, nimpt fie fürnem⸗ 
lich ihren vrſprung auß der Geilheit. Dann fo pemandts 
fonft mit mißgunft, geig, zorn, neidt vnnd haſſz, oder 
font einem anderen Laſter beladen ift, wirbt er barumb 
nicht gleich ein Narr gefcholten. Welcher aber dem Iafter 
der Geilheit vnderworffen if, der wirkt als bald von 
yevermann ein Rarr vnd Fantaſt gefholten. Es nennt * 
auch nicht allein das gemein Pöfel folche Bullnarren 
Narren, fonder auch die heilige Gefchrifft zeucht folche an, 
ond nennt fie Bul Narren. Dann als Amon fein Schwer 
fer Thamar wolt fellen vnd fchwechen, ſprach fie, nicht 
mein Bruder, begeben Fein folche thorpeit an mir. Diefe 
Bul Rarren aber fol mann fürnemlich erfennen auß den 
nachfolgenden Schellen. 

1—8) Die erfte Schell if, die Blindheit des Gemüts. 
Die ander Berwegenpeit. Die dritte, Vnwarnemlicheit. 
Die vierte, Vnſtetigkeit. Die fünfft, Lieb feiner felbe. 
Die fechfte, ift der zorn Gottes. Die fiebendt, die Wol⸗ 
lüſt und begierdt der gegenwerbigen Welt. Die acht if 
Berzweifflung der zu künfftigen Welt. Vnnd ift fein wuns 
der, ob ſchon ſolche Rarren in dieſe acht gefahr vnd 
vnglück follen. Dann diefe yeb erzelten Schellen, haben 
alle ihren fondern vrfprung vnd herkommen, welche hie 
nicht zu erzehlen von nöthen fein. _ 

9) Die neundt Schell if, Schandiih reden. Fürwar 
wes das hertz voll iſt, deß geht ver mundt ober: alfo if 
es auch folhen Bul Narren, die blapern herauß, was ibn 
ins maul fompt, vnd was in vomherben aufffteigt. Dann 
die der Geilheit ergeben fein, vnd denen ihr her mit 
wolluſt vnnd böfen begirdt erfüllt ifl, die reden nicht an⸗ 
ters, weder von folchen fchandt Dingen ond vonfletigen fachen. 

10) Die zehendt Schell if, Schampere vnd leichtfertige 
wort treiben. Dann die Geilheit vnd vnzucht, gebürt 
auß ihr ein Bulhertz vnd verwegenheit, weiches fih dann 
nicht ſcheinet ohn alle ſchew gantz ſchampere vnnd vnzüch⸗ 
tige wort zu treiben. 

11) Die eilfft Schell if, gutte ſchwenck treiben. Dann 


292 


ein Buler der fucht inn alle weg beluftigung vnd freubt, 
vnnd was er redt onnd thut, das richt er allein auff 
gutte ſchwenck vnd fchimpffreve, damit er feinem Holder: 
ſtock mit folchen ſchertz reden gefalle. 

12) Die zwölfft Schell ift, feine Narrechte redt allein 
andern wollüften ond beluftigungen fürfeßen vnd flellen: . 
dann das ift gemeinlich diefer Fantaſten Natur, das fie 
‚ allein jhnen wolgefallen, onnd jhre redt für die zierlichfte 
vnd wolgeſetzeſte "Halten. 

Vber dieſer petz erzelte Schellen volgen noch viel an⸗ 
dere mehr, auß welchen die dreytzehendt iſt der böß Arg⸗ 
won. Die viertzehendt der Epfer vnd inbrünftige begirdt 
zu der Bulſchaft. Die fünfftzehendt, zanck und als bafkt 
wider friedt. Die ſechtzehendt, Huren windel ſuchen. Die 
fiebentzehendt, Schmeichlen. Die achpehendt, Sylbere vnd 
Güldene Berg verheiffen, dann in verheiflung if yeber: 
mann reich, aber am geben gar wenig. Die neuntzehendt, 
beimlih rühmen vnnd fich groffer flreichen außgeben. Die 
zweintzigſt, Kieblächlen. Die ein vnd zweingigft, Händt 
traten. Die zwo vnd zweingigf, einer auff die Füß tret⸗ 
ten. Die brey vnd zweintzigſt, anders Heiden, vnd bie 
leider verendern, damit man ihn nicht möge fennen. Po: 
fen Taffen machen, die herab hangen biß auff bie Süß, 
welches dann der Holderfiod gern fihet, vnnd vrihellet 
darauf, das er freygebig fey. Die vier und zweintzigeſt, 
Hoffiren des Nachts auff der Gaflen, mit Lauten vnd 
groſſen Welfchen violen löfflen, nicht fchlaffen gehn, von 
wegen feines Grettles vnnd lieben Zudermeulens: deß⸗ 
zuichen bey Tag wo ſie zu jhnen mögen kommen, vnd 

ey ihnen eſſen, hoffieren fie ten ſelben mit fürſchneiden 
und fürlegen. Die fünff und zwentzigſt, Vnſchemig. Die 
ſechs vnd zwentzigſt, frech, ſtoltz vnd vbermütig. Die fie: 
ben vnd zwentzigſt, Schendtliche vnnd ſchampere, vnzüch⸗ 
tige Huren vnd buben lieder, deß nachts auff der gaſſen 
fingen, damit fein Holderſtock auß dem ſchlaff auffwache, 
ſtehen vnd jhm zu höre. Die acht vnd zweintzigſt ſchell, 
Spöttlich vnnd verachtlich fein. Diß fein nun die für: 
nebmfien fchellen der Bul Narren, darauß du fie Teichtlich 
magft erkennen, welcher aber mehr begert zu willen, ber 


293 . 


befehe ſich ſelbs, wirbt er ohn zweiffel ein gantzen hauf: 
ten bey ihm finden. ’ 


Bon der Figur der Göttin Beneris. 


Bir Haben kürtzlich erzehlt die gebärbt der Bul Nar⸗ 
ren, wie fie die felben pflegen zu halten, volget yeßundt 
die Bildnuß der Göttin Veneris, welche von den Alten 
auff nachfolgende meinung iſt gemahlet worden, mit wel- 
her Figur fie angezeigt haben, der Buler art, fitten vnd 
armfäligfeit. 

Erſtlich formierten ſie ein nadendt Weib, welches in 
dem Meer ſchwunime, ond trug in feiner rechten hand 
ein Meer Schneden muſchel, fo mit fchönen Rofen war 
gezieret, von herumb fliegenden Zauben vmbgeben, Vul⸗ 
cano dem Gott des Fewers einem wäften onnd vnfletigen 
Bawren vermehlet, vor welcder flunden drey nadende 
Jungfrawen, fo die drey Göttin der Kreundtlichfeit vnd 
Gunft genennt wurden, zufammen gebunden, vnd ſicht 
bie ein hinder fih zuruck, die ander zwo aber gegen ver 
Böttin Venus: bey welcher fund auch ihr Sohn Cupido, 
mit flüglen vnd einem verbunden antliß, welcher mit fels 
nem Pfeil ond Bogen den Gott Apollinem fehoffe, vmb 
weicher vrfach nachmals der fung Knab feiner Mutter auff 
die ſchoß floge, gleich als wenn er ſich hefftig fürchtet vnd 
betrübet were. Mit diefer Figur zeigten fie an, der Bus 
ler fitten vnd flandt. 

Diefe oben angeregte Figur wirdt auff biefe weiß mit 
furgen worten erHlärt. 

Erſtlich warb auß dieſer orſach die Göttin der lieb 
einem Weibsbildt verglichen, dieweil die Bulherken ein 
Weiber Herb haben, vnſteht vnd allzeit verwandelbarig, 
gleich einem Weib. 

Zum andern wardt fie nadendt gemahlet, dieweil Kein 
lieb verfchwiegen Hleibt, vnd ob fie fchon lang verhelet 
wirdt, nimt fie doch letzſtlich ein außbruch vnd kompt ofs 
fentlich an tag. 

Zum dritten ſchwum fie in dem Meer, dardurch nichts 
anderd angezeiget wirbt, dann allein der Buller trübfä- 
ligkeit, welcher Ieben voll if aller bekümmernuß, angfl 


- 


294 


vnnd noth, vnnd iſt ihnen gleich, als wann fie auff dem 
Meer führen, vnnd groſſe noth litten, von den vngeſtüm⸗ 
men wellen des Meers, dann fie weder tag noch nacht 
ruh no raft haben, was fie anfaben fo gedencken fie an 
ihren Holderfiod und hertz liebes Gretle. 

Zum vierdten tregt fie ein krumb Jacobs Mufchel, als 
ein Horn in der handt, das beveut, das fle alweg beim 
Tantz, Freüden vnd wollüflen wölle fein, und berüfft zu 
jhr andere, die auch inn gleicher geftalt fich oben in fprin- 
gen ,-Zangen, Freſſen, Sauffen gleih wie fie, vnd wer: 
ven diefe für Kinder der Lieb gehalten. 

Zum fünfften, {ft fie mit Roſen gefchmudet, welches 
bereut, tag die Buller allezeit Rott vnd. Bleichfarb fein, 
das ein ſonderliche eygenfchafft ift der Geilheit vnnd wol: 
tüf. Dann von wegen ber Schandt des begangnen Ta: 
fler werden wir ſchamrott, vnnd von ber Sünd des Ges 
wiffens werden wir mit einem fpibigen Stapel geftochen. 
Vnd zu gleich wie ein Roffen nur ein Heine zeit lieblich 
vnnd wol ſchmecket, aber den lieblichen geruch baldt ver 
leuret, alfo ift es auch mit dem wollüft gefchaffen , wel: 
her ein kurge zeit weret, aber nachmals mit langwiriger 
Deniteng vnd pein geftrafft wirbt: vnnd wie das gemeine 
Spridwort if, dag gemeinlich nach einer kurtzen Faßnacht 
ein lange Faſt volget, alfo gebet es au mit den Bulk: 
lern zu. 

Zum fechften wirbt fie mit fliegenden Tauben vmbge⸗ 
ben , welches beveutet, gleich wie die Tauben hefftig zur 
Geilpeit vnd vnlauterkeit fein geneigt, alfo fein auch die 
Buler, deren thun vnd Taffen allein auff Geilheit vnd 
vnlauterkeit fiehet. Bon welchen kunt Tauben diß fpric: 
wort am tag iſt: Wiltu haben dein Hauß fauber, fo hütt 
dich vor Pfaffen, Mönchen und Tauben. 

Zum Siebenden warbt fie dem wüften vnd vnfleitigen 
Bulcano dem Gott des fewrs vermählet. Diß bebeut bag 
zum offtermal die wüften vnd aller onfletigften menfchen 
von den Weibern geliebt und angenommen werben: mel 
ches daher kompt, dz den fo fie gern hetten, nit bekom⸗ 
men mögen: vnd fein gleich einen hauß fo da brennt, 
warn man Fein wafler hat, nur mift und faul gemöß er⸗ 


295 


halten vnd gelöſchen wirt, alfo volbringen dieſe auch jre 
geilheit mit wüflen onnd onfletigen menfchen, wann fie 
eine hüptfche mögen befommen. 

Zum achten bat fie drey Junger Jungfrawen vmb fie 
fieben, ꝛc. Welche drey lafter bedeuten: nemlich Geitz 
Wolluſt vnd Vnglaubnuß. Die zwo fo gegen ir fehen 
ik der Geitz vnd Wolluſt: nemlich als lang einer den 
Seel voller Gelts Hat, vnd bapffer aufgibt, vnd fonft 
noch ein Junger hagk darbey iſt, wirt er von jederman 
geliebt und hochgehalten: wann er aber anhebt vnnd zeucht 
dem Sedel das maul nimmer auff vnnd zu, gibt nicht 
mehr dapffer auf, mag auch nicht mehr wie vorhin fhren 
willen erfüllen, fo wirt ex für die thür hinauß geftoffen 
vnnd von jederman veracdht vnd verfpottet. Bnglaubnuß 
aber ftoßt ons auß vnd wendt jr angefidht, von wegen 
armut ober das fr ein anderer Tieber, iſt auß fchöner ges 
flalt halben, weber bifer. 

Zum neundten hat fie ein Sopn mit nammen Cupibi- 
nem, dann bie Geilpeit gebürt auß fr böfe begird vnd 
vnmäffige vnlauterkeit. Seitemal die Buler von den bö- 
fen begirden gleih als an einem ſtrick geführet werben. 

Zum zebenden fo iſt fr Sohn ein Knäblin oder ein 
find vnd nicht ein Dann. Welches diſe beveutung hat, 
das die Buler allzeit mit Kindifchen vnnd Iäppifchen din⸗ 
gen vmbgehn, thun nichts ſtattlichs vnd erbarliche. 


Zum eilfften wirdt es mit flüglen gemahlet: Welches 
bedeut der lieb natur vnd vnbeſtendigkeit: dann ſie fleugt 
von einem zu dem anderen, heut liebt fie diſen, morgen 
ein andern: dann es Liebt offt ein menfch das ander, die 
ihr Iebenlang nie einander gefehen haben, aber ſolche 
lieb wehret mandmal nicht lang, fonder verkert fie offt 
in einem augenblid: baher denn diſes fprichtwort kompt: 
frawen lieb ift fahrende Hab: heut lieb morgen fehabab. 
Item frawenlieb vnd Aprilfen wetter: beßgleichen auch 
das federfpiel verlert fich offt, wer es glauben will. 

Zum zwölften ift er blindt vnnd fein jm die augen 
verbunden. Welches auch ein fondere natur ift der Bu⸗ 
ler, dann fie fehen nicht, vnd wo fie auff die löfflerey 
gehn, vermeinen fle, man achte jren nicht, dieweil die lieb 


296 


mit jederman kundtiſchafff vnd gemeinfchafft macht, mit 
dem Reichen fo wol als mit dem armen, auch dem heß—⸗ 
lichen fo wol als mit den frhönften: weiter werden bie 
menfchen durch die lieb gantz vnd gar geblendt, dann ein 
falfche vnnd böfe lieb Hat nirgendt im ein vecht vrtheil 
und verfiand, fonder was fie handlet vnnd fürnimbt, Das 
ift alles allein an ihre Bulfchafft gericht. 

Zum breigehenden hat er in dem einen Köcher Gul⸗ 
dene vnd frume pfeil, in dem anderen ſtumpffe ond Bleiene, 
welche bedeuten, das bie lieb vil verwundt und in groffe 
vngemach bringet. 

Zum viertzehen fcheußt er ben Apollinem. Dann es 
beſchicht offtermals , das die lieb mit jhrem pfeil auch 
fromme vnnd Goitsförchtige Männer verwundet vnnd 
durchfcheußt, das if fo vil gefagt, das auch die liebe zum 
offterntal fromme vnd ehrliche Männer durch ihre begirpt, 
mit dem pfeil der Fieb werben verleßt. 

Die Hab ich alfo kurtzlich wöllen erzehlen, damit man 
möge die rechten Bulnarren, auch ihre fitten und geberde 
lehrnen erkennen. 

Ber nu begert etwas weiters zu wiflen von den Bul⸗ 
narren, der Iefe hin und wider etliche bücher, darinn 
- wirbt er gnug exempel finden, dardurch die Bulnarren 
erflärt werten. 


— — — — — 


Der XIV. Narr. 


Wer ſpricht das Gott Barmbersig fey. 
Allein, ond nit gerecht darbey, 
Der hat vernunfft wie Genß and Gem. ' 


— m 


Bon vermeffenpett Gottes. 


Der fehmiert fich wol mit Efelsfchmalß, 
Vnd hat büchfen an dem Half, 

Der ſprechen thar, dad Gott der Herr, 
Erbermig fey, vnd zürn nicht ſehr. 


297 


Db man ja etwann Sünd volbting, 
Vnd acht die fünden alle ring. 
Das fünden je fey gank menfchlich. 
"Nun hat doch Gott das Himmelreich, 
Den Genfen je gank nicht gemacht, 
So hab man allzeit fünd verbracht, 
Vnd fahe nicht erft von newem an, 
Die Bibel er erzelen Tan, 
Vnd ander font Hiſtorien vil, 
Darauß er doch nicht merden mil 
Das allenthalb vie ſtraff darnach, 
. Gefchrieben fteht mit plag und Raadh, 
Vnd das Gott nie die leng vertrüg, 
Dad man jin an ein baden fchlüg, 
Gott ift Fein Böhem over Dat, 
Fr Sprachen er doch wol verftaht. 
Miewol fein erbarmung ift ohn maß, 
Ohn zal, gewicht, vnentlich groß. 
Co bleibt doch fein Gerechtigkeit, - 
Vnd flrafft die Sünd in ewigfeit, 
An allen den, die nicht thun recht, 
Gar offt biß im das neund gefchlecht, 
Barmhertzigkelt die leng nicht .fteht, 
Wenn Gott Gerechtigkeit verleht. 
Mar ift, der Himmel ghört nicht zu, 
Den Genfen, aber auch fein kuh, 
Kein Narr, Aff, Efel,. oder Schwein, 
Kompt Feiner eigentlich darein. 
Vnd was ghört in des Teuffel zal, 
Das nimpt jm niemands vberal. 


“nun einsam 


298 


Won Hofnarsen, Öenfnarren, vermeflen Warren. 


Das Biertzehend Narren Gefhwarm. 


Das Biergehend Narren Geſchwarm, iſt der vermeffen 
Narren, von der barmhertzigkeit Gottes: welche wir Genf: 
narren nennen, vmd einer gewiffen vrſach, fo wir her- 
nachmals wöllen erflären. Die erkennt man auß ven 
nachuolgenden fchellen. 

1) Die erfi Schell ift, Vber die barmhertzigkeit Gottes 
boffen: Ja fagftu diß ift Fein zeichen der Narren, fonber 
der frommen Gottsförchtigen Ieuten: dann felig fein die 
va hoffen. Darauff antworte ih und fag, das breierley 
Gefchlecht fein, die da hoffen auff die Barmhertzigkeit 
Gottes. Etliche haben rew vnd Leid ober ihre fündt: wann 
fie an die vergangne und nachuolgende zeit gedenden: alfo 
boffen fie auff die barmperbigfeit Gottes, dife fein nicht 
auß difem Narren Geſchwarm. Etlich fein, bie wöllen in 
fren fünden verharren biß auff den leiſten athem ihres les 
bens, vnd hoffen doch nichts deſto minder dz fie mögen 
felig werden, durch die barmhertzigkeit Gottes: folche fein 
die ſchedlichſten ond ergſte fünber, melde in ber warheit 
inn den Heiligen Geift fündigen, vnd haben diefe fürnem« 
Lich folche fchellen an ihrer Kappen bangen. Zum pritten 
feind etliche, die fünpigen vber vie barmhertzigkeit Gottes, 
auff folche weiß, in dem fle fündigen, förchten fie inen 
dardurch vnd machen fie ihn gleich ein böß gewiflen. Dife 
fein Narren vnd fündigen ſchwerlich, jedoch nicht inn den 
Heiligen Geift, dann Fe haben nicht alfo ein fürgefeßten 
finn onnd willen zu fündigen als die andern. Aber hüt 
fih ein jeder darfür, das er nicht fpreche, ich bin ein 
Chriſt, ond in Ehrifi des Herren Nammen getauft, der⸗ 
ſelb hat für mid gnug gethan, vnnd ligt nicht daran, ob 
ich ſchon fündige vnd in meinen fünden fterbe, dann Chri⸗ 
ſtus hat mir ſchon dz ewig leben erworben, darumb barff 
ich mich nicht vil bemühen, wie ich den Himmel eriwerbe, 
dieweil in Chriſtus vorhin mir erworben hat. Diß if 
fürwar ein böfe rechnung, dann du folt wiflen, das Chrir 
ſtus der Herr ein gerechter richten ift, der jeberman wirt 
richten nach dem Geſatz, vnd feinen werden, bie er hie 
auff difer welt hat volbracht. 


299 


2) Die ander Schell iR, Beftähtigen das fünpigen fey 
natürlich ond menſchlich. Ja, fprechen ſolche Narren, leidt 
nicht daran, ob ich ſchon fündige, dann folches ift natürs 
lich onnd vns angeboren: warumb bat denn Gott der 
Herr folhe natur in ons gemacht, wann biß ein fündt 
it, fo die natur erfordert ? Aber hie ift zu bedenden, das 
die natur auff dreierley weg verfianden wirt, erfilich in 
onferen leib mit fampt feinen gliepmaflen iſt die natur 
gemein, mit den vnuernünfftigen thieren vnnd in bifem 
ftud fein die fünd auch natürlih, dz der menſch fürnem- 
lich geneigt iſt zur geilheit, gleich wie die anderen thier: 
doch volgt nicht hierauß, dz welcher ſich mit frhandfleden 
der Hurerei beladet (dieweil er von Natur darzu geneigt 
iſt) folches darumb kein fünd fey. Die ander natur in dem 
menfchen ift die vernunfft over feel, vnd diſe iſt des men: 
fchen rechte ond ware natur. Derwegen welder noch die 
fer fündiget, der fündigt nit natürlich weiß, fonber fündet 
offentlich wider die natur: da dann die vernunfft trachtet 
alweg den guten nach vnd nit den böfen. Die britt na« 
tur in dem Menſchen ift vnbartheilig. Durch dieſe ver 
ſtehet mann die eygentlihe Eomplerion des Menſchen, 
welche er von feinen erfien Eltern ber gefogen hatt. Band 
nach diefer Ratur fein zum theil die fünpt natürlich, dies 
weil wird von vnſern erfien Eltern gefogen haben vnd 
f&ier als viel darzu erboren, das wir erblich fündigen: 
Aber wir werben barumb nicht von der fündt entſchuldi⸗ 
get, dieweil wir ſolchem wol mögen widerſtandt thun auff 
mancherley weg. Derbalben follen wir nicht wiffentlich 
fünden, dann diß if fürwar ein groſſe todt fünd. 

3) Die Schell if, fih des gemeinen Sprichworts be« 
beiffen: das Gott ver Herr den Genſen nicht den Him- 
mel gemacht habe. Dann fprechen fie, warumb. hat Gott 
fonft den Himmel gemacht, dann das er vns Menfchen 
darein wolle nemmen, er bat ihn ja nicht den Genfen 
oder den Säwen gemacht, vnd fündigen alfo darüber frey: 
willig ond auß fürgefeßter meinung. Diß {fi zwar war, 
das er nicht für die Schwein vnd Efel gemacht ifl, das 
fie in follen befiben, ſonder für dich vnd alle Menſchen. 
Ich gib es zwar zu, daß das Himmelreich nicht den Gen⸗ 


300 


fen gemacht fey, aber du Schalcksknecht wirft auf deinen 
eygenen worten geurtheilet werben, dann du wirft nicht 
alfo vermeffentlich ober die barmpergigfeit Gottes inn das 
Dimmelreih kommen. Nun wil ih dich fragen du Ganß,- 
wie meinftw, das bu wölleſt in das Himmelreich ein gehn? 
Was, bin ich ein Ganß? das fag nicht von mir, dann 
ih bin ein vernünftiger onnd getauffter Dienfh. Ja du 
bift auch woll thorechter weder ein Ganß. Die Gent, 
wann fie von Hunden geftebert werben, fliehen fie in das 
Waſſer oder Bach, vnd haben dann ein gebetter, gleich 
als wenn fie in der höchſten freppeit weren. Du bolle 
and aber Hoffeft auff die Barmhertzigkeit Gottes, vnnd 
höreft den Predicanten dich ſcheiten vnnd flraffen wider 
deine fündt und böfes fürnemmen oder vermeffenheit, noch 
fragftu nicht darnach, fonver fleuchft als baldt zu dem 
fluß vnd waffer aller wollüft, lächleft, verſchmeheſt, Taf 
dirs zu einem Ohr eingehn, zum andern auf, vnd fragfl 
nicht darnach, was man bir zu redt. Mann faget, das 
ein Ganß wann e8 regnet, mit einem Aug inn den Bach 
oder Lachen fehe, mit dem andern in Himmel: O wolte 
Gott, das. du. gottlofer Menfch nur mit einem ſeheſt in 
die Lachen vnnd die Finfternuß der Helen, damit du bo 
denn zorn Gottes vnd fein gerechts vrtheil feheft, vnd 
fein firengigfeit, auff da du nit allein auff die Barmher⸗ 
pigfeit Gottes ſeheſt. Ein Ganß fo fie ein Eher im ſchna⸗ 
bei tregt, trit fie doher ohn alle forg, onnd du tregfi das 
Eher des Weltlichen troſts opn alle forg vnd befümmer: 
nuß der zufünfftigen dingen, lebeſt opn alle forg dahin, 
gleich wie ein Hein Waldt vögelein, vnnd bift allein ber 
zeitlichen güter vernüget. Ein Ganß, wann man fehon 
ſturm leutet, erichridet fie nicht darab, font fibt ſtill gang 
vonbeweglich: alfo fein auch diefe Narren, die erfchreden 
nicht ab denn aroffen Donnerkläpffen des Almechtigen Got: 
tes, ſonder börffen noch wol ſchier Gottes darzu fpotten 
vnd flumpfieren. Märdeftu mich noch nicht du dolle Ganß 
dirn ? Die Genß werden in einem finftern Köfig gemaͤſtet 
vnnd wol geſpeiſſet, damit man in zu S. Martins tag 
krag ab mache vnd fie verſchlemme, alſo genieſen auch 
dieſe Narren die gutthat dieſer Welt, vnd werden vom 


301 


Teuffel on forg gemäſtet vnd feift gemacht, vnd wann 
fie am aller ficherſten leben, vnnd nicht arges gedencken, 
werden fie vom Teuffel dem Helliſchen Wolff zerzert wer⸗ 
den, welchen er den Halß alfo vmbdrehen wirdt, das fie 
nicht werden ſchreyen können, durch das Gebet an die 
Barmhertzigkeit Gottes, darauff fie ſich allwegen verlaſſen 
haben. Mann liſt von einem, der ſprach alwegen, wann 
er nur drey wort in ſeinem letſten Endt wurde ſprechen, 
fo möcht er ſelig werden, aber es begab ſich, das er fir 
ein mal vol wein foff, vnd gieng hernach vber ein ſteg. 
da fiel er in das waſſer vnd ertrand darinn, kondt hie 
mit die drey wort in feinem letſten endt nicht ſprechen. 
Afo wirt e8 denen auch ergehen die ſich allzeit auff die 
Barmhertzigkeit Gottes verlaflen ond thun Feine buß, bier 
weil buß zuthun if. Ein Ganß trottet daher gleih als 
ein voller onnd toller Mann, dir aber du trundene Ganß, 
vnd ſchlotterkopff gefchicht e8 Aleich wie einem Mann. Dann 
die vollen mann meinen, fie fehen zwey liechter auff dem 
tifh fliehen, fo doch nur eins da ift, vnd in bem fie eined 
außlöfchen, vermeinen fie man könne vonn dem andern 
genug fehen, fie nachmals inn dem finfteren fitzen, Dies 
weil fonft feines mehr brennt, als dann fchreien fie vnd 
fprechen, wo iſt das ander Tiecht, fagen zu dem Würt in 
der vollen weiß, Würt bring uns das ein wider ber auff 
ven Tiſch, fo fie doch vorhin nur eines haben gehabt: 
Alſo fein auch diſe gefüllet mit Reichthumb vnd wollüſt, 
zeitlichen ehren vnd ſünden, vnd ſehen nicht allein nur 
zwey liechter, ſonder gar vil. Diſe ſprechen allzeit, bey 
Gott iſt vil gnad vnnd barmhertzigkeit vnd ſparen alſo 
immerdar jre buß biß auff die letſten: welchen es fürwar 
mit der zeit vbel außſchlagen wirt. Derhalben wöllen jr 
gewarnet fein, das ft ewer buß nicht ſparet auff blaw 
Endten vnd Gänß. 

4) Die vierdt Schell iſt, Seiner Vorfahren vnd der 
Altuätter fünden zu wort haben, vnd fi mit tenfelben 
befihönen. Dann es feind etlich, die bringen der Altuäter 
geſchicht vnd thaten herfür, ja fprechen fie, es haben ihe 
vnnd jhe die menfchen gefündigt von anbegin der welt 
biß auff diſe Rundt, vnnd ift gar nichts newes, ob man 


302 


ſchon fündigt: wollen alfo fr boßpeit und böfe ſtuck durch 
ander leut exempel befchönen. Aber barneben laſſen fie 
auß und bevenden nicht, wie die ſünder je vnd fe von 
Gott geftrafft fein worden. Derfelben erempel haben wir 
gang vil inn der heiligen gefchrifft, dann wir fehen, wie 
befftig Gott der Herr die fünver allwegen geftrafft hat, 
ſolche hie zu erzeilen if opn not. Darumb foltu hierauf 
gar kein rechnung machen, dann glei wie Gott der Herr 
fein Gutthat vnbelohnt Iäffet, alfo Iaßt er auch Fein vbel⸗ 
that ongeftrafit: vnd ift nichts fo rein gefponnen, es kompt 
an die Sonnen, alfo kanſtu au fo Hein nicht thun, du 
muft Gott rechenfchafft darüber geben. 

3) Die fünfft Schell if, anff Ienger Ieben hoffen. Die 
it nicht der finger Gottes, ſonder des maßleivigen teuf: 
feld, welcher durch falfchen wohn den Narren die nafen 
auffzeucht. Darfür hüt dich, vnnd vertram dieſem artzet 
nicht, dann er wirdt dich gewißlich betriegen, vnnd hinder 
das liecht führen. Er greifft dir mit dreyen fingern die 
Pulßadern ·an vnd ſpricht zu den vmbſtendern, er hat ein 
ſtarck vnd friſch hertz, die kranckheit wirbt ihm nicht Them 
den. Der erſt finger iſt, als nemlich der zeiger, mit dem 
rührt er dich an, wenn er bir anderer leut ſünden für 
baltet, vnnd fpricht, förcht dir nicht von wegen deiner 
fündt,, dann es haben andere mehr gefündiget vor bir. 
Ja fpricht er, es ſchadet dir gar nicht, dann es haben 
andere vor dir viel gröber onnd ſchwerer gefünbiget we 
der du, darumb förcht dir gar nicht, ſonder biß gutes 
muts, vnd frifh auff es wirbt baldt wider befler werben. 
Mit dem mittel over Iengern finger rührt er Dich an, 
vnd verheift dir langes leben. Ja fpricht er, biß nur frifch 
mann, dann bu bifk einer guten vnd flarden complerion, 
dann dein gantz gefchlecht ift gemeinlich alt worden, bif 
noch zimlich jung, vnnd fein viel fo in der jugendt groffe 
fünder fein geweſen, aber fm Alter fein from vnd Gott 
föchtige leuth worden, brauch dich in der jugendt, vnd 
leb in freuden ond wollüften, haſt noch wol alle weil 
vber gehen far ane, wann du gang alt würft, das du 
Buß tHufl. Zum letftien rührt er ihn mit dem dritten 
finger an, vnd fpricht, ſchweig mein lieber Freundt, ſchadt 


SL 308. 


303 


nicht, ob bu ſchon dein fünde gefparei Haft, biß auffs leift 
ziel, Gott iſt Barmhertzig vnd leicht zuuerfühnen. Zwar 
es ift im alfo, fo ferr man ihn in der warbheit ſucht, vnd 
fh zu ihm bekert. Dann er ift der gerechten Richter, 
welcher die fünde der Bätter rechnet bis ins fünffte glit. 

6) Die ſechſt Schell iR, Wann einem ver Athem auf 

ehet, oder in den fetften hinzögen erft wöllen Büß thun. 

ann fie fprechen, zu welcher zeit oder flundt der fünder 
Gott anrüffe, fo werde er exrhöret: O du thorechte vnnd 
polfe Ganß, wie viel fein dadurch zu grundt gangen, die 
auff ſolche meinung ihr rechnung, gemacht haben? Der: 
halben iſt fürwar hoch von nöthen, das man bie Barm- 
hertzigkeit Gottes nicht mißbrauche, vnd dieſelbe verachte 
vnnd in windt ſchlage. 


Der XV. Narr. 


Mer daumen wil, der ſchlag vor an, 
Mas koſtens cr darzu muß ban, 
Er wirt font für dem entt abftahn. 


Bon narrehtem anſchlag. 


Der iſt ein Narr, der baumen mil, 
Vnd nicht vorhin anfchlegt wie viel,  - 
Das often werd, und ob er mag 
Bollbringen ſolchs nach feim anfchlag. 
Biel haben groß Beuw gefchlagen an, 
Vnd möchten nicht darbey beftahn, 
Der König Nabudyoponofor 
Erhub in Hoffart fich embor, 
Tas er Babylon die groffe Statt 
Durch feinen gwalt gebaumet hatt. 
Vnd fam jm doch gar bald darzu, 
Das er im Feld bleib, wie ein Kub. 


304 


Nimrotb wolt baumwen Hoch in Lufft, 
Ein’ groffen Thurn in Wafler Elufft, 
Vnd fchlug nicht an, das jm zu ſchwer, 
Sein baumen, vnd nicht müglich wer. 

Es baumwt nicht ein jeder fo viel vB, 
Als vor zeiten thet Lucullus. 
Mer baumen wil, dad jn nicht raum, 
Der bdend fi) wol, eh denn er bauw. 
Tenn manchem fompt fein reum zu fypat, 
Co jm der had in Sedel gaht. 
Wer etwas groß wil vnderſtahn, 
Der fol ſich felbft bewerung han. 
Ob er mög kommen zu ber ftatt, 
Den er im fürgenommen hat. 
- Damit jm nicht ein glüd zufall, 
Vnd werd zu fpott den Menſchen all. 
Piel beffer ift nicht vnderſtahn, 
Denn mit ſchad, ſchand, gefpött ablan, 
VPyramides die koſten viel, 
Vnd Labirynthus bey dem Nyul, 
Doch iſt es alls nun lang dahin, 
Kein Bauw mag lang auff Erd hie ſein. 


Yon Bauwnatren. 
Das fünffzepenpt Narren Geſchwarm. 


Das fünffgefent Narren Gefchwarm iſt von Baw nar- 
ren, welche auß diefen fieben nachfolgenden Schellen er⸗ 
kandt werden. | 

1) Die erſte Schell tft, die Häufer halb auß bawen vnd 
zum endt bringen. Es fein vil die fahen an zu bawen, 
ehe fie aber recht anfahen, vnnd noch kaum das Funda⸗ 
ment gelegt haben, müflen fie wider auffhören, von we: 
gen mangel des gelts, dann gelt regiert die Welt, vnnd 











305 


ohn ZTäfchenfamen fan man nicht ausrichten, fagt Demoſt⸗ 
benes. Diele Narren betrachten nicht ven fentenb, Luce 
am vierbehenden, da er Iehret, das Feiner ein Thurn folt 
anfangen, mo er fi nicht zuuorhin berathfchlaget habe, 
ob er den felben am koſten möge zum endt bringen, bamit 
er nachmals nicht von yedermann veracht vnnd verlacht 
werde. Dermwegen were ihnen viel befier geweſen, fie 
hetten inn eines andern Hauß gewohnet, dann ein eygen 
Haus baumwen, vnd folches aber nicht vermögen. ie 
dann das gemein fprichwort faget, welcher ein Hauß kauf⸗ 
fet, es fey gleich alt oder nem, der findets, wer aber eins 
von newen bauet, der muß es Doppel fauffen. 


2) Die ander Schell ift, viel Häufer bawen, vnnd an 
manchem orth new bäw auffrichten. 8 feindt etliche, die 
faben viel an zu bamwen vnd führen das felbig auch zum 
endt, vnnd iſt fchier Fein blag oder dorff fo Hein nicht, fie 
haben ein Hauß darinn fliehen, möllen aber gleich wol 
darumb nicht für Narren gehalten werden, fonder für 
groſſe Hanfen, vnnd heftig dardurch gefehen. Aber für« 
war, fie fein recht Narren, vnnd werden auch von Gott 
böchlich verflucht onnd verhaflet. Dann es ift Chriftus 
der Herr auff diefer Welt ober die dreyſſig far geweſen, 
vnd hat nirgendt Fein Hauß gehabt, ja er hat nicht ge« 
habt, da er fein Haupt hat mögen hinlegen, fonder hat 
fih alwegen müſſen bepelffen, wo er hin kommen ffl. Der- 
halben ift es ein grofle drußigkeit, das jhenig lieben, wel: 
ches Gott der Herr infonderheit haflet. 

3) Die dritte Schell tft, Herliche vnnd groffe Paläft 
vnd Schlöffer bawen. Es werben etliche gefunden, die 
bawen groffe vnd mechtige Häufer, welches nicht von ben 
Alten berfompt, fonder vonn den newen fündt Narren. 
Dann die alten (welche doch zun beften zeyten gelebt has 
ben) wohneten vonder den Bäwmen vnd geringen Stro⸗ 
häußlin. Romulus, der die gewaltig vnd medtig Statt 
Rom gebawet, hat in einem geringen vnnd fchlechten Hauß 
zu Rom fein wohnung gehabt. Debgleichen haben au 
bie alten Teutfchen nur in fchlechten Hütten vnnd hölen 
vonder dem ˖ Erdtrich gewohnet. Nun möcht mir vielleicht 
einer- zur antwort geben, was gehn mig biefe Leut an, 

I. > 


306 


fie fein Heyven geweſen, wir aber fein Chriſten. Dieweil 
du nun ein Ehrift bi, fo folftu deſto ehe Chriſti des Her: 
ren fußftapffen nachfolgen, vnnd nicht folche aroffe Häu⸗ 

a fo du doch nicht weift, wie lang bu darinnen 
leibeſt. 

4) Die vierdt Schell iſt, Vberauß köſtliche Häuſer bawen. 
Es fein etliche, die bawen nicht grofſe noch viel Häuſer, 
ſonder geringe, dieſelbige aber auffs köſtlichſt vnd bräch⸗ 
tigft es ymmer geſein mag. Dielen Narren erſchütlet ber 
Apoftel Paulus vie Schellen redtlich vnnd fpriht: Wir 
haben hie kein bleibliche flatt, fonder vnſer Burgerrecht ift 
im Himmel. Diefe Rarren bawen gleich, als wolten fie - 
ewig Ieben in dieſem wolluft, und Freſſen vnnd fauffen 
gleich, als müften fie noch Heut oder auffs lengſt Morgen 
fterben. Dann fie ſprechen: Laflet ons Frefſſen vnnd Sauf: 
fen weil wir mögen, dann vielleicht müffen wir morgen 
oder heut noch fterben. Solches haben fürwar nicht die 
Patriarchen gethan, fonder wohneten in Heinen onnd noch⸗ 
gültigen Häußlin mit ihren Geſinde, vnnd warteten auf 
bie and fo vonn Gott dem Herren iſt gebawet im Him⸗ 
melreich. 


5) Die fünfft Schell if, Luſthäwſer bawen. Daun es 
fein etliche, die Laffen ir Häufer aufwendig vnd inwendig 
mit wunberbarlichen vnnd felgamen Figuren mahlen vnd 
zieren: beßgleichen machen fle fchier ein halb Zeughauß 
darauß, haben hin vnnd wider an den Wenden viel Ian: 
ger Spieß, Haden, Büchſen und ſchwerter hangen , alles 
allein zum bradt onnd hoffart. Darnach haben fie auch 
eygen Babifluben, Weyher, See, Fiſchtrög vnnd fpringendt 
Brunnen in der Kuchen oder im Saal, vnnd in fumma, 
was fie nur erbenden mögen, fo zu wolluſt dienet, das 
bringen fie ohn alles bauren zu wegen, vnnd henden alles 
darann fo ihn immer müglich if. Diß iſt die gröfte Rarr⸗ 
heit, fo man erdenden mag. Dann lieber, was iſt Rarrech⸗ 
ter, weber ein hübfches Hauß bawen für deinen onfletigen 
leib, dargegen aber vie wohnung vnnd das Hauß, darin 
Gott dein Seel vnnd gut gewiſſen follen wohnen, gang 
vnnd gar für nicht halten, vnnd zu grunde gehn laſſen. 
Sintenmal nichts ergers iſt, weder ein Eörpel, darinn ein 


307 


böß gewiffen wohnet, diß treibi den Menfchen zu allen 
fanden ond laſtern, und läſt im letzlich nirgendt Fein ru. 
FR er daheim in feinem köſtlichen vnd ſchönen Hauß, fo 
treibt es in hinaus, ift er berauffen, fo treibts in heim, 
ond leſt im nirgend Fein ruh noch raſt. Darumb fol ein 
jeder fürfehen thun, das er dem guten gewiflen ein Hauß 
bawe: dann nichts ober ein folh Hauß if, darinn Gott 
vnd ein gut gewiffen wohnet. 

6) Die ſechſt Schell ift, mit ander leut onbillichem ſcha⸗ 
ben oder aus ander leut gut bawen, mit rauben vnnd 
fielen. Dann es feindt viel, die allein aus dem raub und 
ongerechtem gut bawen , welche ohn zweiffel vonn Gott 
vnnd den Menſchen geläftert und verflucht werden. O far 
gen die Ieut, das er verflucht werde, dann diß Hauß hat 
er von meinem gelt, fo er mir abgefchunden vnnd geſcha⸗ 
bet hat, gebawet. 


7) Die fiebendt Schell ift, auß böfem fürſatz bawen. 
Dann es fein etliche, die bamwen nicht von noth wegen 
oder nußbarkeit halben, fonder allein von eyteln rhumb 
vnnd ehrgeigigfeit halben. Dife feindts, welche ein groſ⸗ 
fen rhum vnd pracht von wegen der Häufer Suchen: vnd 
die felbigen yebermann zeigen, dann fo ein frembder zu 
ipn kompt, führen fie den im Hauß hin vnnd wider in 
alle windel, vnnd zeigen im in jevem orth etwas, vermei⸗ 
nen alfo dardurch ein groffen rhum vnd lob zu erlangen. 
Solches iſt fürwar ein groffe Narrheit, bas einer ein fol: 
Ken groffen pracht dardurch fucht, in welchen er doch Fein 
augenblick fiher iſt, und nicht weiß, wann er darauß muß 
vnd wenn in Gott von biefer Welt abfordert, wen bat 
er darnoch gebienet vnd narhgetrachtet ? wen bat er ge: 
bawet, einem Raßler, der zu verthuen bat. Dann es ift 
ein alt fprichwort, das der fparer alweg ein verthuer habe. 
Derwegen follen wir gut forg tragen, das wir nit zu viel 
der zeitlichen wohnung nachtrachten, vnd darmit bie ewige 
vnd vnzergengliche verlieren. 


— — - .— 


308 
Der XVI. Narr. 


Billih in künfftig armut fellt, 
Wer ſtets nad ſchleck vnd füllen ſtellt, 
„Vnd ſich den Praſſern zugeſellt. 





Von Füllen vnd praſſen. 


Der thut eim Narren an die Schuh, 

Der weder tag noch nacht hat rhu, 
Wie er den Wanſt füll vnd den bauch, 

Vnd mach auß im ſelbs ein Weinſchlauch, 
Als ob er darzu wer geboren, 

Das durch in wirt viel Weins verloren, 
Vnd er wer ein täglicher riff, 

Der ghört-wol in das Narrenſchiff, 
Denn er zerftört vernunfft und finm, 

DaB wirt er in dem alter Inn, 
Das jim wirt fählottern Kopff und hend, 

Er kürtzt fein Leben und fein end, 
Ein ſchedlich ding iſts vmb den Wein, 

Bey dem mag niemand witzig fein, 
Per freud und luſt gar in im fucht, 

Ein trundner Menfch gar niemands rucht, 
Vnd weiß fein maß noch vnderſcheid, 

Piel vnkeuſch Tompt auß trundenheit, 
Viel vbels auch darauß entfpringt, 

Ein Weifer ifl, wer fittlich trinckt, 
Moe mocht leiden nicht den Weln, 

Der in doch fand vnd pflanket fein, 
Loth fünd durch Wein zur andern fahrt, 

Durch Wein der Täuffer köpffet wart, 
Mein macht auß einem Weifen Mann, 

Dad er die Narrnkapp ſtreiffet an, 


272 


al 


309 


Da Iſtrael fich füllet wol, 

Vnd in der bauch was meh denn vol, 
Da flengen fie zu fpielen an, 

Vnd muften da getantet han, 

Gott gbott den Sönen Naron, 

Denn fte fein folten Weines on, 
Vnd alles das da trunden macht, 

Das Priefterfchafft doch wenig acht. 
Da Holofernus trunden ward, 

Berlor er den Kopff zu dem Bart. 
Thamyris richt zu fpeiß und trand, 

Da fie den König Cyrum zwang. 
Durch Wein lag nider Bennedab, 

Das er verlor noch all fein Hab. 

AU Ehr vnd Tugend gar vergaß, 

Aerander wann er trunden was, 
Vnd thet gar offt in trundenheit, 

Das jm ward felber darnach leid. 

Der Reich mann trand als ein gefell, 
Vnd aß deß morgens in der Hell. 
Der menſch wer frey, fein Knecht gefein, 

Wenn Trundenheit nicht wer und Wein, 
Wer Weins und feift dings fleiffet ſich, 

Der wirt nicht felig oder reich. 

Dem weh, vnd feim Matter meh, 

Dem wirt Krieg, vnd viel vnglüde meh, 
Wer ſtets fich füllet wie ein Kuh, 
VBVund mil eim jeden trinden zu, 

Vnd warten alls das man jm bringt, 

Tenn wer on not viel Weins außtrindt, 
Dem ift gleich, ald ver auff den Meer 

Entfchlefft, und leit on finn vnd wehr, 
Als thun die auff den Praß habn acht, 


310 


Schlemmen und demmen tag und nacht, 
Den tregt der Wirt nach kundſchafft zu, 

Ein Bug vnd viertheil von eine Kuh, 
Vnd bringt in Mundel, Beigen, Reif, 

Sp bezalen fie in auff dem Eiß. 
Viel würben bald faft gern witzig feyn, 

Menn Weißheit ftecket in dem Wein, 
Die in fih gieflen ſpat vnd früh, 

Je einer trindt dem andern zu, 
Ich bring dir eins, ich Fübel Dich, 

Dad gebürt dir, der fpricht, jo wart ichs, 
Vnd wehr mich, big wir beyb find vol, 

Da ift den Narren jegt mit wol. 
Eins auff dem Becher, zwey für den Mund, 

Ein ſtrick an halß wer eim gefund, 
Vnd weger denn die Büllerey 
. Xreiben, es ift ein groß narrey, 
Die Seneca zeitlich fürfach, 

Darumb er in fein Büchern ſprach, 
Das man muß etiwan geben mehr, 

Eim Trundnen, denn eim nüchtern ehr, 
Vnd man wirt wöllen grhümet fein, 

Das einer trunfen wer vom Wein. 
Die Bierfäuffer ich darzu mein, 

Da einer trindt ein Thunn allein, 
Vnd werden darbey alfo vol, 

Man lieff mit eim ein Thür auff wol. 
Ein Narr muß viel gefoffen han, 

Ein Weifer meßlich teinden Tann, 
Vnd tft viel gefünder barmit, 

Denn der mit Kübeln in fich fchütt, 
Der Wein iſt gar fenfft am eingang, 

Zu letſt flicht er doch wie ein Schlang, 


311 


Vnd geußt fein Gift durch alles blut, 
Gleich wie ver Bafiliſcus thut. 


Von Praßnarren, Füllnarren, Fäſſelnarren, Wein- 
ſchleuchen, Süß den Wein, Weingänßlen. 


Das ſechszehendt Narren Geſchwarm. 


Das ſechtzehendt Narren Geſchwarm iſt von Praſſexn, 
Füllern, Füllnarren, vnnd Weinſchleuchen, welche man 
auß den nachfolgenden Schellen lernet erkennen. 

1) Die erſte Schell der Füll Narren iſt, die dolle vnd 
volle des verſtandts vnnd der vernunfft, welche in dem 
Haupt verruckt wirdt. Dann die Füllerey vnd ſchlemme⸗ 
rey erregt viel dämpff vnd feuchtigkeit in dem Haupt, welche 
nachmals das Haupt vnd die vernunfft verwirren vnnd 
bedewen, alſo das mann dardurch halb taub vnd vnſinnig 
wirdt. Sintenmal das gemüth vnd die vernunfft nichts 
vnwirſer vnnd alſo hoch verderbet, als die Füllerey vnnd 
ſchlemmerey. Zu gleich wie die Blindtheit ein Tochter iſt 
der Geilheit, alſo iſt auch die Völle ein Kindt oder Toch⸗ 
ter der Frefſigkeit vnd Füllerey. 

2) Die ander Schell iſt, Vergebenliche freud. Dann 
es iſt der Zruffer vnd Füllnarren brauch, das, wann fie 
geſoffen Haben, fahen fie mancherley ſtück vnd fantafeyen 
an, der ein wirdt bewegt zu zorn, der ander zu freud vnd 
ſchertz, der dritt zur hoffnung oder forcht, vnd in ſumma, 
deren ſtück ſein gar viel, darinn ſie ihr Narrenwerck und 
Fantaſey treiben, wann fle genug geſoffen haben. Doch 
werben fürnemlich diefe art vnnd geflalt, fo fle treiben in 
der Trundenheit, von ihnen erzelt. Der erft ift under vie 
Ien vollen Säwen wißig vnnd verflänbig, zeucht viel von 
der Heiligen Gefchrifft an, fingt Pfalmen, vnnd in ſumma 
er wil der aller Gottsförchtigft under allen fein. Der an- 
ber rũmbt fich, wie veich ex fey. Der dritt fagt von groſ⸗ 
fen ftreichen, vnnd wie merhtig er ſey. Der vierbt bemei« 
net das trunden Elendt, oder fein laſter, fo er ettwann vor 
langem begangen hat. Der fünfft der Bulet, vnd hat fein 
gugulfuhr mit hübſchen Mägdlen. Der fehf der würfft 


’ 


312 


ein Thunnen vol Sacrament vnd wunden herauf. Der 
fiebendt Iegt Feuer ein. Der acht beut alles feil, was er 
bat, ond wil daffelbig vmb Halb gelt geben. Der neundt 
faget alle fein heimligfeit, fo er im hinderften windel ver⸗ 
borgen bat. Der zehendt ſtreckt ſich auff ein Band, vnd 
fihnarget daher gleich einem Roſſz. Der eyliit hat ein ge 
ſchrey, wie ein Zaanbrecher oder XZriadersfrämer. Der 
zwölfft, wann er fich gefült hat gleich wie dz faß, fpeyet 
er gleich wie ein Gerber hundt. Diefe zwölff fü haben 
die Weinfchleush in fonverpeit im brauch. 

3) Die dritt Schell der Füllnarren ift, viel geſchwetz 
und groſſes gefchrey bey dem Wein machen. Daun bie 
Füllerey vnnd fchleinmerey bringt auch die zungen zu 
ſchanden vnnd vngemach. Daher liffet man in ver heylis 
gen Geſchrifft, das der reich Dann begert, man folt ihm 
nur ein tropfen Wafler geben, damit er feine zung erfüs 
let: welches ein fondere firaff if, vonn wegen ver Fülle 
rey vnd frhlemmerey. 

4) Die vierdt Schell iſt, Schampere vnd vnzüchtige 
wort treiben, mit gelächter vnd anderen wüſten geberden. 
Diß iſt ein halbe Fantaſey, welches allein daher kompi, 
das die vernunfft nicht mehr inn jhrem alten ſtandt vnnd 
würde iſt, ſonder durch die Füllerey vernicht vnnd ver⸗ 
würredt wirt. 

5) Die fünfft Schell iſt, die Vnlauterkeit, ſo auß dem 
Füllen entſpringt, als dann iſt ſpeyen vnnd aller vnraih 
vnd unflath, ſo auß der Füllerey entſpringt. 

6) Die ſechſt Schell iſt, zu vngelegner zeit freſſen vnd 
füllen. Dann es ſein etliche, die mögen des morgens kaum 
recht erwachen, fahen fie ſchon gleich wider an, da fie es 
am abendt haben gelaffen, frefien vnd füllen ohn alle 
nothwendigfeit vnd hunger. 

7) Die fiebendt Schell iſt, alle augenblid freffen. vnd 
füllen. Dann es haben etliche den brauch, das fie den 
gangen tag ohn auffhören freffen vnnd ſauffen, weldes 
doch gantz vngeſundt iſt vnnd wider die Natur. Dann 
was man vber zwep mall ein tag yſſet, das if zu viel. 

8) Die acht Schell ift, allein ſchleckbißlen vnd köſtlichem 
effen nachtrachten. Dann es fein etliche , die trachten al- 


313 


lein ſchleckbißle vnd Pfaffenbißle nach, vnnd laffen fich nier: 
ge m anders erfettigen, weder allein mit folchen hell⸗ 
ein. " , 

9), Die neunt Schell if, Seltzame ond mwunderbarliche 
fpeiß beluſtigen. Dann es fein etlich, die allein durch wol 
luſt vnd Geilheit alleriey newe vnd felbame fpeiß erfinden 
afkein darumb, damit fie Iren wolluft mögen büffen. " 

10) Die zehendt Schell iſt, Köftliche vnd vberſchwenck⸗ 
liche grofie Maalzeit zurüſten. Des haben wir ein erem- 
pel an der Cleopatra, die hat auff einmal ein köſtlich Edel 
geflein, welches etlich taufent GOulden werdt {ft gewefen, 
hindurch gericht vnd verzeret. 

11) Die eilfft Schell ver Füllnarren if, ſich mit vil 
ſchaweſſen ergeben vnd beiufligen. Dann es feind etlich, 
die haben ein groffen wolluft, in köſtlichen vnnd obere 
ſchwencklichen koſten der ſchauweſſen, welches nirgendts zu 
anders dienet, weder allein zuuerderben leib vnd feel. 

12) Die zwölfft Schell iſt, groſſen fleiß vnnd arbeit 
auff das kochen legen vnd wenden. Dann es ſein etlich, 
bie wenden vil zeit, mühe, fleiß vnd arbeit auff dag kochen, 
damit fie vilerley trachten mögen in kurtzem zurichten: wie 
man bann mandherley art. der fpeiß vnd geköcht findet, 
etlich fein weich, etlich rauch vnnd Hert, etlich warm, etlich 
kalt, etlich geſotten, etlich gebratten. Etlich von Pfeffer, 
von Kümich, von Sal, von Nägelin, von zuder gekocht 
vnd zugerüſt. Vnd in ſumma, es ſeind deren ſouil, das 
nicht moͤglich iſt, dieſelben all zu erzehlen. Dieſe Narren 
fein fürwar nicht allein zu ſchelten, ſonder auch zuuerla⸗ 
chen, ond thun' gleich als ein Würt, der henckt ein Schilt 
auß vnnd ſchribt daran, hie gut Wein: alfo thun fie im 
auf, die ftellen vil trachten für, damit man luſtig werde 
zu effen vnd den cörpel erfettige mit aller wollüft. 

13) Die dreytzehendt Schell ift, Sich vberfreffen vnd 
füllen, mehr effen dann er in fi bringen mag. Welches 
doch dem menfchen gang ſchedlich ift, dam gleich wie der 
biabregen ven früchten nicht wol befommet, alfo geichicht 
es diſen auch, die fich oberefien und mehr zu ihn nemmen, 
weder fie vertawen mögen. 

14) Die viertzehend Schell iſt, Geitzig vnd begierlich 


314 


frefien. Dann es fein etlich, die freffen vermaflen fo be: 
gierlih, gleich als wann jn das effen auß ber blatten 
wolte entlauffen, oter als wann fewr auff fm leg, Das er . 
alfo eilen müßte, von not wegen. 

15) Die fünfftzehendt Schell ift, Vnzüchtig Brot abfchnei- 
den. Dann es feind etlich, die fein alfo vnzüchtig in dem 
Brot .fchneiden, das fie daſſelbig ſchinden vnd machen ein 
Bartholomey Darauf, in dem fie die rinden daruon fchneis 
den vnd effen, und laffen vie Brofam alfo allein. 

16) Die ſechtzehend Schell if, Sich wunverbarlich ober 
dem tifch flellen mit den henden vnd armen, vnd gut bof: 
fen damit reiffen. Es haben etlich diefen brauch, wann fie 
ober dem tifch fiBen, werffen fie die arm hin vnnd wider 
gleich wie ein Gauckler, alstann werffen fie den kopff in 
die höhe, fireden die arm von fi, vnnd fpreitten pie hendt 
von einander, vnd fißen alfo bey dem Zifch gleich wie ein 
enderer Fantaſt, vnd flellen fich offimals mit den geberben, 
gleich als wann fie die fpeiß alle auff einmal wolten freffen. 


17) Die fiebentzehendt Schell if, mit henden vnd augen- 
den gantzen Tifch umfchweiffen. Es feindt etliche, die fißen 
onnd fehen nur von reinem orth zum andern, oder fanta: 
fieren fonft, zerreyben vnnd zerbrödien das Brot, ſchütten 
ven Wein in die Blatten ober auff den Tiſch, zwirlen an 
dem Tifchtuch, vnnd fißen gleich als einer, der ein Statt belä⸗ 
gert, onnd im zweyfel flebet, wo er bie Statt am erſten 
fol angreiffen vnnd gewinnen, alfo ſitzen dieſe auch im 
sweyffel, vnd wiſſen nicht, wo fie follen angreiffen zu effen. 

18) Die achtzehendt Schell if, mit fonderm fleiß ans 
fhaumwen die fürgefeßten traten. Dann es fein etliche, 
warn man bie trachten auff den Tiſch feet, fo ſitzen fie 
vnd fehen es ohn onderlaß an, vnnd wenden bie augen 
nicht daruon, welches dann gantz vnhöflich ſtehet, fürnems 
lich bey jungen Gefellen, die follen fich befleiffen, das fie 
fein züchtig mit ondergefchlagen augen ob dem Tiſch fißen, 
vnnd dennoch achtung geben, was ihnen fürgefehet fl. 

19) Die neuntzehndt Schell if, den Tiſch maculieren 
vnd beſudlen. Dann es fein etliche, die freffen gleich wie 
die fü, vnnd nemmen mehr in Löffel oder auff den ſchnit⸗ 
ten, weder darauff mag, machen alfo ein Jacobs firaffen 

k 


315 
uf dem Fiſctuch welches dann gant unhöfflich vnd vn⸗ 


ehet. 

) Die zwentzigſt Schell if, mit den fingern in Becher 
greiffen. Etliche ſeindt, wenn fie trinden, fo floffen fie 
die finger halb barein, damit fie nachmals biefelben nicht 
dörffen mwäfıhen. 

21) Die ein vnd zwenzigft Schell iR, die ſchmutzechte 
ond feifte Hend an die Kleider wüſchen, vnnd als dann 
gleich wider mit der handt in bie ſchüſſel fahren. 

22) Die zwo ond zwenßigſt Schell if, in ver ſchüſſel 
fifhen vnd herumb jagen. Dann es fein etliche, vie fah⸗ 
ren in der Blatten mit dem fchnittle brot herumb, oder 
ſtreichen dasſelbig, fo noch in der ſchüſſel iſt, gantz fauber 
zufammen , alfo das fle zugleich die Hendt in ber fchüflel 
wäfchen, vnd den Cörpel zugleich mit einander fpeiffen. 

23) Die drey vnd zwentzigſt Schell iſt, mit angebißnen 
mümpfelen wider in bie blatten greiffen. Dann es fein 
etliche, die fahren mit angebißnen fchnitten, vnnd bunden 
wider in die blatten, vnd alfo ein anderer, ver zugleich 
mit iffet, von feinem geiffer eflen muß. 

24) Die vier und zweingigft Schell if, die finger mit 
fampt ber Speiß in das Maul biß inn den rachen hin» 
ein ftoffen, die felben floffen ond flampfen das Maul mit 
den fingern alfo vol, gleich als wenn man ein bratwurft füllet. 

25) Die fünff vnd zweintzigſt ſchell iR, mit dem maul 
einbroden, vnd das maul für ein mefler gebraucen. 

26) Die ſechs und zweingigft Schell If, das Brobt mit 
dem maul fpißen, wenn man ein Ey iflet. Dann es feinbt 
viel, die fpißen das gefchnitten brobt mit dem maul, ehe 
fie es in das Ey dunden: welches dann auch ein ſonder⸗ 
liche Hoffzucht if. . 

27) Die fieben vnd zweintzigſt ſchell IR, Sauffen daß 
das Glaß ein krach laſſet. Auß ſolchen hab ich einen ge⸗ 
ſehen, der ſoff einen ſolchen ſtarcken ſuff, daß das Glaß 
ein krach ließ, vnd entſprang in der mitt entzwey. 

28) Die acht vnd zweintzigſt ſchell iſt, Sauffen das die 
augen vberlauffen. 

29) Die neun vnd zweinbigft fhell if, Sauffen das 
der Wein vber beyde baden herab lauft auf das Wam⸗ 


316 


meft vnnd die kleider, alfo das einer bie hendt vnd bart 
darunder köndt gewäſchen. 

30) Die dreyſſigſt ſchell iſt, Sauffen dz Im ber Athem 
zu kurtz wirdt, alſo das er möcht erſticken. 

Diß ſein alſo kürtzlich in einer ſumm die ſchellen der 
FUN narren, Freſſz narren vnnd Sauff narren, welche 
man leichtlich mag auß dieſen ob erzelten ſchellen lehrnen 
erkennen. Wie hefftig aber ſolche ſündt, ſchandt vnd lafter 
der Fullerey vnnd Freſſerey ye und ye von Gott fein ge 
firafft worden, weifen alle bücher auß, die vol fein fol: , 
cher erempel, berwegen hie ohn noth ift ber felben viel zu 
erflären vnnd herfür zu ziehen. 


Der XVII. Narr, 


Der Gut bat, und ergest fi mit, 
Bnd nit dem Armen dauon gibt, 
Dem wirt verfagt, fo er auch bitt. 


Bon vnnützem Reichthum. 


Die groͤſt Thorheit in aller Welt 
Sf, dad man ehrt für mweißheit Gelt, 
Vnd zeucht berfür ein reichen Mann, 
Der Ohren hat und ſchellen dran, 
Der muß allein auch in den Raht, 
Das er viel zu verlieren but, 
Eim jeden glaubt fo viel die Welt, 
Als er hat in feiner Tefchen Gelt, 
Herr Pfennig der muß vornen dran, 
Mer noch im leben Salomon, 
Man ließ in in den Naht nicht gon, 
Wenn er ein armer Weber wer, 
Ober jm ftünd fein Seckel lehr, 
Die Reichen ledt man zu dem Tifch, 


317 


Bad bringt in Wilpret, Vögel, Fiſch, 
Vnd thut on end mit jm hofleren, 
Dieweil der arm fleht vor ber Thuͤren, 
Vnd ſchwitzet, das er möcht erfrieren, 
Zum Reichen fpricht man, eflend Herr, 
D Pfennig man thut dir die Chr, 
Du ſchaffts das viel dir günftig ſeind, 
Wer Pfennig bat der hat viel Freund, 
Den grüßt und ſchwegert jederman. 
MWolt einer gern ein Ehefrauw han, 
Die erft frag ift, was hat er Doch, 
Man fragt ver Erbarkeit nicht noch, 
Dover ber weißheit, Lehr, vernunfft, 
Man fucht ein auß der Narren zunfit, 
Der in die Milch zu broden hab, 
Ob er joch ſey ein küpplis Knab, 
AU kunſt, Ehr, Weißheit iſt vmb ſuſt, 
Wo an dem Pfennig iſt gebruſt, 
Mer fein Ohr vor dem armen ſtopfft, 
Den hört Gott nicht, fo er auch Flopfft. r 


Bon Veracht Warren, Geldnarten, Geitzhälſen. 


Das fiebengebendt Narren Geſchwarm. 


Das ſiebentzehendt Narren Geſchwarm if vonn Beradt 
Narren oder Gelt Narren. Dann es fein vil groffer 
Danfen , die verarhten die Armen, allein von wegen der 
Armuth, die Reichen Yanfen vnd grofle Köpff aber bale 
ten fie in groffen ehren vond thun fie in Himmel erhö⸗ 
ben. Diefe fol maͤn auß den nachfolgenden Schellen lehr⸗ 
nen erkennen. 

1) Die at Schell if, die Armen nicht in ehren ba 
ben, fonder allein bie reichen Hanſen. Dann ed werben 
vil Rarren gefunden, bie verachten die Armen auff alle 


m 


318 


weg, den Reichen aber beweifen fle alle ehr vnd reuereng, 
von wegen des zeitfichen:guts. Diß if fürwar ein ſchandt⸗ 
liche böſe thorheit, den Reichen mehr vnd hefftiger Kleben 
weder den Armen: Seitenmal man in dem Armen die 
Bildnuß Eprifti onfers Herren, im Reichen aber die Bildt⸗ 
nuß der argen Welt fiehet. Lieber, fag mir doch, warumb 
liebeſt du den Reichen mehr weder den Armen, dieweil 
wir doch all von einem fletfch vnd blut, von einer Mut⸗ 
ter vnd Vatter erboren fein? Wir fein alzu gleich in 
einem leib gliver, welches das haupt iſt Chriſtus Iheſus. 
Was hat dann nun der Reich vnd gewaltig mehr für 
ehr und dignitet, weder der Arm tropff ? der fein Armuth 
im blut vnd ſchweiß feines angefihts muß gewinnen. 
Vileicht darumb, dieweil er reich vnd merhtig if? wann 
ed dann allein darumb zuthun iſt, was veriwerffen wir 
bie reichthumb diefer welt ? warumb fagen wir täglich in 
den Predigen, das man bie ehr biefer welt fol verwerf⸗ 
fen ond für nicht achten? Diefe Narren thun fürwar 
gang vnweißlich, in dem fie die reichthumb höher halten, 
weder die ehr Gottes vnd fr wolfahrt. 

2) Die ander Schell iſt, den Armen nirgenbt feinen 
glauben geben, fonder allein den Reihen vnd groffen 
Danfen. Es iſt ein gemein fprichwort, das die Reichen 
ihren Gott vnd glauben in der Kiften haben, vnd glau: 
ben einen fo vil ond fo weit, fo vil gelt er in der Tes 
{chen hat. Daher kompt es, das wann der Arm nit 
den Reichen mit gelt befticht und bapffer zu tregt, wirt 
er nicht allein nicht von im gehöret, fondern wirbt auch 
wider alle recht vnnd billichkeit undergedrudt. 

3) Die dritt Schell ifi, die Armen nicht in Rath ne 
men oder feben, ſonder fie alzeit dauſen vor ber thür fie 
den laffen. Wenn heut zu tag ber weiß König Salomon 
Iebet, vnnd nicht reich were, fonder ein armer Weber 
oder Fifcher, wie der heilig Seuerus geweſen if, würde 
er fürwar nicht in Rath gefeb werben. Es if} ein ſprich⸗ 
wort, das viel weißpeit in bes Armen Bauch verloren 
werde, gleich als wann die Reihen das Hirm in der Tä⸗ 
ſchen trügen, gleih wie die Metzger es auff der Zeichen 


"haben gefteibt. Hie aber fol man billich darauff fehen, 





319 


wie vnd durch wen vorzeiten der Römiſch gemein Nutz 
ond Regiment fein verwaltet worden, nicht allein durch 
Reiche, ſonder auch durch Arme und nachgültige perfonen. 
Deſſen haben wir ein erempel, dz fr erfe Regierer hir⸗ 
ten fein gemwefen. Deßgleichen fein Ariftoteles, Socrates, 
Homerus und andere fürtreffliche Philoſophi Arm geweſen, 
jedoch fein die Regierer from vnd gelerte Männer gewefen. 

4) Die viert Schell if, die Armen nicht zu Gaft la: 
den, fonder allein die Reichen. Dann es fein etliche, die 
achten die Armen minder dann ein Hundt, oder fonft 
ein vnuernänfftig Thier: Die Reichen aber laden fie zu: 
gaſt, fegen fie oben an Tiſch, fagen ihm gnab Herr, aber 
den Armen laſſen fie vor der thür fchreien vnd gelffen, 
alfo das er manchmal vor Hunger, Durft, Kelt ond Hip, 
fo machtloß ift, das” er kaum mehr reden fan. Fürwar 
diß Iehret uns Chriſtus der Herr nicht, als erfaget: Wann 
du ein Maalzeit zurüſtet, ſolleſtu nicht deine Freundt, 
noch beine Brüder, noch beine Verwandten, noch deine 
Nachbawren, noch die Reichen laden, auffivas fie es dir nicht 
wider gelten: Sonder wann bu ein Maalzeit bereiteft, fo 
berüff darzu bie Armen, Kranden, Lammen vnnd Blin⸗ 
den, fo wirftu feelig werden, dann fie können dir es nicht 
wider vergelten, fonder wirdt dir inn der Aufferfienbinuß 
der außerwöhlten vergolten werben. Dero wegen fol man 
Eprifti Iehr nachfolgen, vnnd bie Armen in ehren halten, 
ond diefelben nicht verachten ober verfchmehen. 

5) Die fünfft Schell iſt, der Armen freundtfchafft ver⸗ 
werffen, vnd biefefbig nicht annemen. Es feindt viel, die 
machen Fein freundtfchafft mit den Armen, ſonder allein 
nur mit den Reichen: dann die Reichen haben viel freundt, 
die Armen aber gar wenig. Vnd if} diß auch Fein wun« 
ber. Dann zu gleich wie das Vnkraut under dem Weitzen 
wäh, alfo wachſen auch die falfchen freundt mit ven 
Reichen , diefe werhfen gleich wie die Heine näſtlen neben 
an den Bäwmen. Deren freundt finden wir ein Exempel, 
als auff ein zeit ein Armer zu einem Bifchoff gemacht 
wardt, da kamen viel ond fagten, fie weren feine freundt 
vnd feine eltern: Er aber fragt fie, wie alt fie weren, 
da zeiget ein jeder fein alter an: darauff gab er ihnen 


320 


zu antwort vnd faget: Wann ihr fo alt feyet, fo ſeindt 
jhr nicht meine freundt oder eltern, dann meine freundt- 
fein nur einstags alt: dann geftern da ich Arm war, da 
bett ich keine freundt, heut aber da ich bin Reich vnd 
Biſchoff worden, hab ich viel freundt. Dermwegen fol man 
die rechte ware freundt in der zeit der noth lernen erkennen. 


6' Die ſechſt Schell ift allein ober die Armuth, vnnd 

fonft nirgendts anders Hagen vnd ſchrepen. Es feindt vil, 
bie fagen, es mangel ibn fonft nichts anders, vnnd ſey 
ihn nichts weiters angelegen, weder allein das fle kein 
gelt haben. O du groffer Narr, merdeft bu nicht den 
groffen mangel deines verflandts? verfleheft du nicht böſe 
arge Natur, die nirgendt anders hin geneigt ift, weder 
allein zu allem böfen, ſchandt vnd laſtern? Weiſeſtu nicht, 
das du gan voll bift aller ontugenden vnnd vndanckbar⸗ 
keit ? wo iſt dein Gottsforcht? bein Nivertrechtigfeit ? dein 
liebe gegen dem Nechflen? vnd ander tugenden mehr, fo 
du alle durch dein böfe art vnnd natur verloren Haft? 
wiltu nicht bein groffen mangel deiner verderbten natur 
erkennen vnd zu hertzen füren: Pfuy ber ſchandt vnd la⸗ 
ſter, das du fo frech biſt vnd ſageſt, es mangel bir fonft 
nicht, weder allein gelt vnd gutt, gleich als wenn du 
gantz rein vnd on ſündt wereſt, fürwar es wirdt dich 
Gott ſtraffen, wo du auff ſolchem fürnemmen bleibſt. Der: 
halben rüff Gott an ohn vnderlaß, vnnd ſprich: Herr er: 
leuchte meine Augen, das ich nicht etwann in dem todt 
entſchlaff, vnd das mein feindt nicht ſprech, ich Hab ıu 
oberivunben. 

7) Die fiebennt Schell iſt, die Armuth in allen bingen 
haſſen unnd ein abfchewen darab tragen. Es fein etliche, 
welchen die Armuth alles erleidet onnd vngeſchmack mar 
het, ob es ſchon fonft gan gut und fürtreffenlich if, 
gleich einer fpeiß, fo vie Duden befchmeiffet (ob fie 
ſchon fonft gang wol geſchmackt iſt) abſcheülich vnd vr⸗ 
trützlich wirt, alſo thun auch ſolche Narren, die verachten 
allein die Armuth, ob ſchon ſonſt alles guts darbey iſt. 
Dieſe ding werden in den menſchen fürnemlich gelobet, 
ſchönheit, ſtercke, geſundtheit, die adelich vnd wolgeſtate 
form des leibs, kunſt, weißheit, vnd bie frombkeit des 


321 


gemüts. Dife flüd fein für fich ſelbs gantz köſtlich vnnd 
nicht mit gold onnd fielber zu bezalen, wo aber fie vie 
Muden mit der Armut befchmeiflet, werden fle für nicht 
gehalten, und gang vnd gar verworffen. Als das ich ein 
Erempel feß: Ein fchöne zuchtige, adeliche, wolgeflalte vnnd 
frömbkliche Tochter, welche auff fr tag iſt fommen, vnd 
eins mannd werdt iſt, wann fie arm if, wirbt fle von 
flundan vermworffen vnnd verfpott: dieweil fie Arm iſt 
vnd nicht viel hatt, da fihet man nicht an Schönpett, 
Sterde, Geſundheit, Adelich vnd wolgeflalten feib, fonder 
die erft frag ift, fo man thut, ob fie auch Reich fey, wies 
uil fie färlich zinß eingehns habe, ob ir gut an barem 
Gelt fey oder gülten ond zinfbrieffen, in funma, ba ges 
dendt man feiner frommleit, erbarkeit, kunſt und weiß: 
heit, vnd tft die diß fprichtwort, wol war: Wer mein 
Mutter ein Hur, vnd mein Batter ein Dieb, Het ich vil 
gelt, fo wer ich Tieb. Alfo fein die armen vnd armut fo 
gar von den Reichen veracht: Aber du armer menfch, fey 
dargegen nicht onwirß vnnd murr nicht wider Gott, fons 
der gedend, das Chriſtus der Herr auch arm gewefen ifl, 
derfelb wirt dir für die armut fo bu. hie mit gebult tres 
geft, das ewig Ieben gönnen vnd geben. Diß fein alfo 
kürtzlich die ſchellen, darauß man lehrnet erfennen bie vers - 
acht Narren oder die Geltnarren, von welchen wir auch 
proben zum theil im dritten Rarren. Geſchwarm melbung 
gethon haben. 


Der XVII. Narr. 


Der feht zwen Hafen auff ein mol, 
Wer meint zweien Herten dienen wol, 
Bud richten anf mehr denn er fol. 


Bom dienſt zweyer Herren. 
Der ift ein Narr ver vonder floht, 

Der Welt zu dienen und auch Gott, 
Denn wo zwen Herren han ein Knecht, 
Der mag in nimmer dienen 

i. 


322 
Gar offt verdirbt ein Handwercks Manın, 
Der viel gewerb und Handwerck Fan, 
Mer jagen wil auff eine ftund, 
Zwen Hafen fahen mit eim Hund, 
Dem wirt etwann Taum einer mol, 
Gar dick wirt jm gang nicht zu mol, 
Der trifft kaum etwann wol daß ziel, 
Mer fchieffen auß viel Armbruſt mil, 
Wer auff fich felbft viel empter nimpt, 
Der mag nicht thun das jedem zimpt, 
Der bie muß fein vnd anderßwo, 
Der ift recht weder bie noch do, 
Mer thun wil was jedem gefallt, 
Der muß han Athem warm vnd kalt, 
Vnd fchluden viel dad jm nicht‘ fchmed, 
Vnd ſtrecken fich nach dieſer Deck, 
Vnd künden Pfülwen und onderſtreuwen, 
Eim jeden vndern Ellenbogen, 
Vnd ſchmieren jedem wol ſein Stirn, 
Vnd lugen das er fein erzürn. 
Viel empter aber ſchmecken wol, 
Man wermpt ſte bald bey grofſſem Kol, 
Vnd wer viel Wein verſuchen thut, 
Den dunckt doch nicht ein jeden gut, 
Denn ſchlecht geſchmeit, iſt bald bereit, 
Den Weiſen liebt Einfeltigkeit, 
Wer einem dient, vnd thut im recht, _ 
Den helt man für ein treuwen Knecht, 
Der Efel farb, und ward nie fatt, 
Der alle tag neum Herren hat. 


— Rn. 


3233 


Yan Gabelnarren. 


Das achßzehendt Rarren Geſchwarm. 


Das achtzehent Narren Geſchwarm iſt von Gabel Rar: 
ten, welche fürnemlich diſe fein, fo vnderſtehen aweyen 
Herren zu dienen. Diefe lehrnet man auß den dreyen 
nachfolgenden Narren fchellen erkennen. 

1) Die af Schell it, Gott vnd der Welt wöllen die 
nen vnd mwollgefallen. Dann es fein etliche, die wöllen 
mit beyden henden tangen vnd hopffen, vnd reden bie 
hend zu Gott vnnd zu der Welt, richten fih nad einer 
jeden zeit ond tag, ja fie henden den Dlantel wo ver 
Windt Herbiöfl. Dann was ber Welt zugehört, richten fie 
auff den jarmärden auß, was aber Gott zügehört, rich: 
ten fie die Faflen und auff die Oſtern auf. O du grof 
fer Gauch, diß iſt dir unmöglich zu thun, das bu zu 
glei Gott vnnd der Welt wolteh dienen, dann dein 
Mantel der if zu kurtz darzu, das du es beydes könneſt 
bededen. Dann es faget Chriſtus der Herr, es kan nie 
mandi zweyen Herren dienen, entweber er muß einen 
verlaffen onnd dem anderen anhangen, ober einen Lieben 
vnnd den andern haffen, ihr könnet nicht zugleich Gott 
onnd dem Mammon dienen. Fürwar du magft nicht zu 
gleich Gott und der Welt dienen, dann fo du in deinem 
fürnemmen alfo fortfahren, würftu nicht allein von Gokt, 
fonder auch von der Welt troſtloß bleiben vnd veracht 
werden, vnd wirft feinen theil zum freundt haben. Es 
wirbt dir gehn, gleich einem Efell der viel Herren hat, 
ond den ein jebtliher folt fütern, aber in dem fie den 
Eſell zu viel brauchen, ein jetliher an feinem werd, flirbt 
er Hie zwiſchen hungers. Dann man findet in, den Ge 
fchichten, das drey Brüder ſich mit einander verglichen 
haben, das ein fjebtlicher den Efel ein tag nach dem an« 
dern folte brauchen. Alfo braucht in der erſt, vnnd legt 
ihm groſſe läßt auff, vnnd gab ihm nicht zu eflen, bes 
andern tags ſchickt ex ihn feinem Bruder, derielb vermei- 
net, es heit Ihn geſtrigs tags fein Bruder gefütert vnnd 
zu eflen geben, darumb möcht er ven hentigen tag noch 
wol fafen, vand doch arbeyten, braucht ihm alfo dieſen 


324. 


tag in feiner arbeyt, vnd gab ihm Fein futer, darnach ven 
andern tag ſchickt er in feinem dritten Bruder, verfelbig 
gedacht, die zwen haben im diefe vergangne tag zu eflen 
geben, darumb wil ih in gebrauden heut dieſen tag: 
was gefihahe aber, der Efel mocht vor hunger vnd macht: 
Iofe nimmer gearbepten, fiel alfo vmb und flarb hungers. 
Alſo wirt es dir au ergehn, wann du zu glei Gott 
vnnd der Welt würdeft wollen dienen, fo würdſtu Tetfl: 
lich von beyden Fein troft vnd auffenthaltung mehr Haben. 
Dermwegen folt du al bein thun vnnd laſſen allein zu 
Gott richten, Betten als wölleſtu petz ſterben, und arbey 
ten als wölleftu ewig leben. 


2) Die ander Schell der Gabel Narren if, Gott dem 
Herren ongleich dienen. Dann es fein etliche, die dienen 
Gott alfo ungeferdt, Heut dienen fie ihm, morgen einem 
andern, fein gleich einem Rorr, das der Windt pin vnnd 
ber wehet, vnnd fein vonn Flandern, geben einen Herren 
vmb den andern, vnnd welcher ihnen am beften geliebet, 
dem dienen fie am erften: Ja fie haben kein vnderſcheidt 
wen fie dienen, ond gilt ihn gleich, es ſey gleich Deins 
oder Cuntz. Diefe Schell iſt ein zinden vonn der Gabel 
Diele Narren fag ich, betrachten nicht zuuor hin wem fie 
dienen, ob fie dem Teuffel oder Gott dienen, da gilt es 
ipn gleich, allein wenn fie nur gutte tag ond feifte Heü 
bißle dardurch bekommen. Fürwar diefe fein rechte grobe 
Narren, das fie nicht zuuor betrachten wen fie dienen, 
folde Narren werden auch nachmals jrem firutel kopff 
ein eygen glut vnd fewer anzünden, inn bem fie nicht be: 
trachtet haben, wen fie dienen, ob es zu ihrem heyl vnd 
feeligfeit gereiche oder nicht. Weiter fein etliche, die dies 
nen Gott allein durch nachfolgen, als da fein, die fo al 
lein leſen vnd hören von ander leuten vbungen vnd thas 
ten, vnd fo baldt fie daruon hören, wöllen fle es ihnen 
nachthun, vnd fnen gleich werden: fahen manderley vbung 
an, vnnd was fie fehen, das mwöllen fie nachthun, gleich 
wie die Affen, fein in keinen bingen beftenpig , fonper . 
fallen von biefem auff ein anders, vnd laſſen fih von 
einem jetlichen Windt beivegen. Dig if der ander zinden 
ber Gabel Narren, und gleich einem Affen, derſelb wenn 


325 


er ſihet ein Niderkleidt den Jäger anlegen, wil ers ihm 
nach thun, vnd wirt alfo dardurch gefangen. Alfo thun 
auch diefe Gabel Karren, yeb volgen fie biefem, dann 
einem andern inn ihren vbungen nach, feindt gleich dem 
ihenigen, ber zwen Hafen auff ein mal wil fahen, vnnd 
doch nicht einen erfaget: denn wenn er einem allein nad 
jaget, möcht er den felben wol erhafhen, in dem er fie 
aber beydt auff ein mal wil haben, verleurt er fie all 
beydt. Deßgleichen {ft es ein gemein ſprichwort, welcher 
auf vil Büchfen ſcheuſt, der trifft nicht baldt die Scheü⸗ 
ben, alfo ift e8 auch mit diefen Gabel Narren, die fahen 
viel an, aber bringen wenig zum rechten enbt. 


3) Die dritt Schell ift, fih mit vilen vnd mancherleyen 
geſchefften oder ämptern beladen, gleich wie ein Jacobs 
Bruder mit Mufchlen. Dann es fein vil, bie bebenden 
fih mit Äämptern, vnd wöllen viel Herren auff ein mal 
wol dienen. Diefe thorheit, wie hefftig fie leib vnd feel 
ſchade, ift nicht gnugfam daruon zufagen. Aber von der 
feelen gefahr ift hie nicht von nöthen, das wir viel daruon 
ſagen, bieweil der feelen heil vnnd feeligkeit ſolchen kun⸗ 
den nicht viel angelegen iſt: dann fie ſprechen, hatt es 
fih geleibt, es gefeelet fih etwann auch: Alfo das diß 
fprigwort gang war an diefen gefellen ift, Ampimann, 
verbampt mann. Run biefes wöllen wir bie fahren laf- 
fen, diemeil fie es für gering fcheßen, doch wolt ich, das 
ſolche gefellen zu hertzen fürten, vnd bedechten in was 
groſſer trübſal, angſt vnnd noth ſie in dieſem gegenwer⸗ 
tigen ſtath fieden, in dem fie fih mit fo viel ämptern, 
mühe, forg vnnd angft beladen, und in dem fie an allen 
oripen fieden, fein fie gar nirgendt. Ste müſſen-auch 
manches fihluden vnd hinab keuͤen, das ihn fonfl gar 
nicht ſchmecket, vnd müflen öfftermal hören, das fie doch 
nicht gern hören. Vnd ift fein wunder, dann welcher vie: 
lerley Wein verfuht, dem fchmedet nicht ein jeder. Ja 
fagftu es ift aber faſt nuß, vnd tregt dapffer in die ku⸗ 
en, dann welcher fih bey viel kolen wermet, der erwer⸗ 
met fich baldt, alfo if es auch, wann einer viel ämpter 
bat, wirt er bald reih, dann es tft fein ampt fo Mein 
nicht, es tregt etwas in die kuchen. Weiter fagftu, fein 


326 


"fie au in groffen ehren, mann rüdt bas hüttle vor ih⸗ 
nen, faget jhnen Gnadtherr vnd Herr Schaffner: dann 
es ift ein groffe ehr, wann einer ein flabtlich und fürtreff- 
lich ampt zuuerfehen hat. Ey lieber, was ift diß für ein 
ehr vnd würde, wie ein herrlich ampt ift das, auß einem 
maul kalt vnd warm reven, den Mantel benden, wo ver 
Windt ber wehet, vnd yeb bifen Ioben, denn als baldt 
wider ſchelten. Diß iſt alfo kurtzlich der Gabel Narren 
natur vnnd art, welche du leichtlich magſt auß den erzel⸗ 
ten ſchellen lernen erkennen vnnd abnemmen. 


Der XIX. Narr. 


Wer ſein Zung vnd Mund kan zwingen, 
Dem thut gar manches mal gelingen, 
Ein Specht fein Jungn verräht mit fingen. 


Bon viel ſchwetzen. 

Der tft ein Narr der an den mil, 

Das jedermann fonft ſchweiget ſtill, 
Vnd wil on not verdienen hafiz, 

Sp er mit ehrn möcht ſchweigen baß, 
Wer reden mil fo er nicht fol, 

Der fügt in Narren Orden wol, 
Wer antwort, eh man fraget in, 

Der zeigt fich ſelbſt im Narren finn. 
Mancher hat von feim reden freud, 

Dem doch darauß kompt ſchad vnd leid, 
Mancher verleßt fi) auff ſein ſchwetzen, 

Das er ein Nuß red von einer Hetzen, 
Des wort die ſeind ſo ſtarck vnd tieff, 

Das er ein loch red in ein Brieff, 
Vnd richten zu ein geſchwetz gar leicht, 

Aber wenn es kompt zu der Beicht, 





327 


Da ed im gilt ewigen lohn, 

Sp wil die Zung von flabt nicht gohn. 
Es feind viel Nabel noch auff Erd, 

Die fehwegen mehr denn in gut werd, 
Mancher fürwigig wirt geſchetzt, 

Menn er fich nicht hett ſelbſt verſchwetzt. 
Ein Specht verräht mit feiner Zung, 

Das man fein Neft find vnd vie jung, 
Mit ſchweigen man verantwort vil, 

Schaden empfeht mer ſchwetzen wil. 
Es ift die Zung ein Hein Bellen, 

Bringt doch vil vnruh und vnfried, 
Befleckt gar offt den ganken Leib, 

Vnd macht viel zanden, Krieg und Keib, 
Vnd ift ein wunder groß in mir, 

Dad man macht zam ein jedes Täler, 
Wie bert, wie wild, wie grimm das iſt, 

Kein menfch feiner Zungen Meifter he 
Zung ift ein vngerüwigs gut, 

Viel ſchaden fie den Menfchen thut, 
Durch ſie da thun wir ſchelten Gott, 

Den nechſten ſchmehen wir mit ſpott, 
Mit fluchen, nachred, und veracht, 

Den Gott nach ſeim Bild hat gemacht, 
Durch ſie verrathen wir viel Leut, 

Durch fie bleibt verſchwiegen neut, 
Mancher durch Gſchwaͤß ſich fo begot, 

Er darff nicht kauffen Wein noch Brot, 
Die Zung die braucht man in das Recht, 

Durch fe wirt krum das vor was ſchlecht, 
Durch ſie verleurt manch armer Mann, 

Sein Sach, das er muß bettlen gan. 
Schweher iſt nicht zu reden viel, 


328 


Er kitzt fich, und lacht wenn er wil, 
Vnd redt keim menfchen nichts guts noch, 

Er ſey joch nider oder hoch, 
Welch machen groß geſchrey vnd pracht, 

Die lobt man jetzt, vnd hat jr acht, 
Vorauß welch koͤſtlich daher gahn, 

Viel groſſer Roͤck vnd ring an han, 
Die tügen jetzt wol für die Leut, 

Ein dünnen Rock acht man jetzt neut, 
Wer noch auff Erd Demoſthenes, 

Tullius oder Eſchynes, 
Man geb in durch jr weißheit nent, 

Menn fie nicht kündten bſcheiſſen dLeut, 
Vnd reden viel geblümter wort, 

Vnd was ein jever Narr gern bort, 
Wer viel redt, ber redt diek zu viel, 

Vnd muß auch fchiefien zu dem ziel, 
Merffen ven Schlegel ferr vnd weit, 

Vnd Ninden gieffen zu wider ftreit. 
Bel ſchwetzen ift felten on Sünd, 

Mer viel keugt, iſt niemands Freund, 
Mer Herrn vbel reden thut, 

Das bleibt verſchwiegen nicht in Hut, 
Ob ers doch ferre tregt von jm, 

Die Vögel tragen auß die ſſim,— 
Vnd nimpt die leng nicht wol gut end, 

Denn Herren haben lange Send, 
Wer vber fie viel haumen voll, 

Dem fallend fpen in die augen viel. 
Vnd wer fen Mund in Himntel feht, 

Der wirt offt mit feim ſchad gelebt. 
Ein Narr fein Geiſt einßmals außſchuͤtt, 

Der Weiß ſchweigt und Tünfftig zeit, 


329 


Auß vnnuͤtz red fein nub entſpringt, 
Schwetzen meh ſchad denn frommen bringt, 
Darumb viel beſſer iſt geſchwiegen, 
Denn ſchwetzen, reden oder ſchreyen. 
So Tades durch wenig wort 
Gekerckert ward als vmb ein Mord, 
Er ſprach allein Theocritus, 
Das eindig wer Antigonus, 

Vnd ſtarb drumb in ſeim eigen Hauß, 
Als Demoſthenes vnd Tullius. 
Schweigen iſt loͤblich, recht vnd gut, 

Beſſer iſt reden der im recht thut. 


Gem — 


Yon Schwatznarren, Paternarren, Klappernarren. 
Das Neuntzehend Narren Geſchwarm. 


Das neuntzebend Narren Geſchwarm iſt von Schwetz 
narren. Doch wil ich hie nicht ſagen von den Fürſpre⸗ 
chen, Aduocaten, Wortrednern, von den Zungen treſchern, 
welde die fürnembfien fein in diefem Narren Geſchwarm. 
Welche ihre redt vnd geſchwätz alfo artlih Können ftellen, 
Das fie möchten ein Nuß von einer Heben erichwegen, 
oder börfften einen mit ihrem geſchweß dermaſſen verfü« 
ren, das einer glaubt, es were ein Kuh ein Bader mägd. 
3a fie Haben ein folche vnd fcharpffe rebt, das fie einem 
ein loch in leib reden, wann er fchon neun mal ein Pan⸗ 


Ber vnnd Harniſch an bett. Sie machen mit ihrem ger 


ſchwetz manden armen Dann, alfo das feine Kindts kin⸗ 
der an bettelſtab müffen gerathen, inn dem fie auß einem 
krummen end faulen handel ein ſchlechten onnd gute Tach 
machen. Diefe haben ein falfche vnd betrügliche zungen, 
ond fehen allein bahin, wo am meiften gelt onnd gutt iſt, 
des felben Handels Halten fie für den beiten vnd richtig: 
fien, ob fon ver Arm vor pin ein gewunnen fach hat. 
Dife Zungen treſcher wöllen wir hie nicht erklären, dies 
weit fie viel Ärger vnd böfer fein, weber das fie mit den 


* 


330 


gemeinen ſchwetzern ſollen verglichen werden, von welchen 
wir dannachmal an einem andern orth inſonderheit reden 
wöllen. Weiters ſol man dieſe Schwetz Narren auß den 
nachfolgenden Schellen lehrnen erkennen. 


1) Die erſte Schell der Schwetz Narren iſt, nicht be⸗ 
trachten was man rede, ſonder ohn alle vorbetrachtung 
herauß fahren. Dann ein Weiſer ſoll alwegen betrachten 
was er redt. Zum erſten, das er kein ſchädlich vnnd giff⸗ 
tig wort außſtoß, welches durch ſein beredung ander leut 
in irthumb vnd verderbung bringt. Zum andern, das er 
nicht onzimliche vnd vnehrliche wort rede, bie feiner pers 
fon vnd dignitet nicht gezimmen noch gebüren. Oder def: 
fen ehr nicht ſchmehen noch ſchelten mit dem ober von 
dem er redt. Dann es werben viel wüſter vnnd vonfleti- 
ger mäuler gefunden, bie reden von Gott, Fürften vnd 
Herren gang vnzimliche vnd ſchmähliche wort. Derbalben 
wirt ſolchen Narten offt wüſt mit dem kolben gelaufet, 
vnd werben fie gar offt hefftig geflrafft vnd in das ſchweiß 
badt gefeßt. Dann die Zürften vnd Herren haben gar 
lange hendt, das fie ein wol mögen erhaſchen, wenn er 
ſchon vber die Hundert meyl wegs von ihnen if. Deß⸗ 
gleichen ift onfer Herr Gott auch kein Bayer, er TOR 
nicht mit fm ſchertzen, ond löſt ſich micht verſchmehen: 
deffen haben wir ein exempel an dem Keifer Juliano dem 
Apoflata, dz iſt, verleugner, ber ſchmehet Ehriftum im 
Himmel, darumb warb er auch greülich vnnd erbärmlich 
geſtrafft. Zum dritten, das er nicht unnüße vnd vergeb- 
Iiche wort rebe, die weder ihm, noch den zuhörern nutzen 
oder frucht bringen. Dann es weiß jedermann, dad Chri⸗ 
flus der Herr fpricht, das man von einem jebtlichen vnnü⸗ 
ben wort müffe vechenfchafft geben, derwegen follen wir 
ons daruor hüten, das wir nicht vnnütze, ſchampare und 
unzüchtige wort treiben. Dann welcher ein flüd Brot 
ober Fleiſch wil effen, der falßet es zuuor hin, damit es 
deſto wol gefrhmadter werbe, alfo foltu auch thun, wann 
bu reden wilt, folft zuuor hin deine wort mii dem falß 
ver Weißpeit falten, damit fie nicht ſchedtlich, vnzimlich 
und onnüß feye. 

2) Die ander Schell der Schwetz Narren iſt, nicht be: 


— 





331 


trachten mit wem er rede. Ein weifer Mann betrachtet 
fleiffig mit wem er redt, vand wann er mit einem Nar⸗ 
ren redt, fo redet er wenig. Er betrachtet, ob er von we: 
gen feine® nußes rede oder nicht, dann wo er baffelbig 
nicht thut, vnd nit fo wol feinen nup betrachtet, als 
wol als fein eygen, macht er nicht lang märdt mit ihm, 
fonder Taflet ihn als bald hin fahren. Weiter foltu be: 
trachten, das du nicht deinen nuß, fonder deflen mit dem 
du redeſt vor augen habeſt. Darnach betrat, ob der, 
mit dem bu rebeft deiner flraff bebörffe, vnd befleiß dich 
tes gank fehr, dann fo du wöltef ein weifern vnd vers 
fRendigern weder du bift, firaffen, würde es bir ‚für ein 
boffart vnnd vbermuth gererhnet. 


3) Die dritt Schell iſt, nicht betrachten wo bu rebeft. 
Dann ein weifer Mann fol allezeit betrachten wo er rede. 
Derpalben alfo man nicht in der heiligen Gefchrifft fabel 
vnnd narren werd einmifchen, ja wir follen in dieſen ör⸗ 
thern , fo zur Chriftlichen vbung onnd gebrauch geweyhet 
fein, nichts anders tfun, weder allein beiten, fingen, Gott 
anräffen, foben vnd preifen, nicht narrenwerd vnd vn⸗ 
sucht in der Kirchen treiben. Ja fprechen fie, diß ift Fein 
vnnũtz geſchwetz, wann ich ſchon etwann ein in der Kir: 
hen von einem ding frag onnd rede mit ihm, onehre, 
onnd entweyhe ich darumb nicht die Kirchen vnd Gottes 
wort. Loß Kerle, ich wil dir fagen, es iſt diefer orth 
nicht darumb gebauwen, das du ein Schweb vnnd Rath: 
hauß darauß machen folt, fonder es iſt zum gebrauch des 
Bötliden worte gemacht. Derwegen wann bu wilt Bo⸗ 
nen fen, fo darffſt du fie nicht auff diefen Ader feen, 
fonber ſeehe fie, da fie hin gehören. 

4) Die vierdt Schell der Schwäßnarren iſt, nicht be- 
trachten wann er reden folle. Ein Narr der beirarhtet 
nicht die zeit wann er reden ober wann er nicht reden 
fol, aber ein weifer weiß es, vnd gibt allzeit achtung 
auff die zeit: dann es if ein zeit zu reden, vnd ein zeit 
zu fhweigen. 3a fagfu wann foll ich nicht reden: Erſt⸗ 
Iih wann ein anderer anfahet zu reden, aber ein Rarr 
der fchweigt nit, wann ſchon anderleut reden, fo blau: 
dert er auch darein, vnd gilt jm gleich, was für ein wich⸗ 


ran m m ——— a U 5 


332 


tiger handel für gebracht werde: darnach zum andern {fl 
ein zeit zu fchweigen, wann man vermerdt das man böfe 
ond falfche auffmerder hatt. Zum dritten foll man ſchwei⸗ 
gen, wenn man vonder ältern vnd gelehrten leuten fißet, 
vnnd allein venfelben zuhören. Dann von alten und Weis 
fen Ieuten lehrnet man weißheit. Darnach betrachtet es 
auch ein weifer, wann es zeit Tey, au reden, da hat er 
gut achtung, damit er nicht in der zeit, da er fol reden 
von wegen fahrleffigkeit ſchweige, oder damit er nicht inn 
ter zeit fo ihm gebürt zureden, zu gar vil vnnd vberflüſ⸗ 
fig ſchwetze. Diefes aber achten die Narren gar nicht, 
fonber es gilt in gleich, fie reden wand jnen in Narren 
Eopff kompt vnd gelegen if. 

5) Die fünfft Schell iſt, nicht ‚betrachten wie du redeſt. 
Dann folt du nicht allein achtung geben, mit welchem, 
wo vnnd wann du redeft, fonver auch ein maß vnd braud 
halten in den geberven, ſtimm vnd bebeulungen. Zum 
Erften in ben geberven foltu fein züchtig, eingezogen, die 
arm nit von dir werffen, noch bie finger außfpreiten. 
Zum andern foll dein ſtimm fein in dem reden fein Tieb- 
lich, fanfftmütig vnd angenem, nicht ſchreien vnd grob 
geichrey führen gleich wie ein Kocherfperger oder Sung⸗ 


gower bawr: wie Seneca Iehrnet, dein ſtimm fol fein 


ohn groß gefchrey , und dein gang oder tritt ohn ein ge 
thümel. Zum britten dz die außlegung vnd bebeutung 
warhafft vnnd recht fey, nicht auß der warheit ein Tügen, 
ond auß ber lügen ein warheit machen. Diß fey alfo 
turgfich von den Schweßnarren gefagt, welche du Teicht« 
lich magft auß den oberzelten Narren Schellen erfennen, 
vnd jre natur vnd art abnemmen vnd vermerden. 


Der XX. Narr. - 


Mer auff einen Sand thut baumen, 
Bnp der Zanberkunft vertranmen, 
Derfelb empfaht offt den rauwen. 


333 


Bon Schap finden. 

Der iſt ein Narr der etwas findt, 

Vnd im fehen ift alfo blind, 
Vnd fpricht das Hat mir Bott befchert, 

Ih acht nicht wen es zugehört. 
Mas einer nicht hat aufgefbreit, 

Das ift zu ſchneiden jm verfelt, 
Ein jeder weiß bey feiner Ehr, 

Daß das eim andern zugehör, 
Was er weiß Das es fein nicht ifl, 

Es Hilft nicht ob jm ſchon gebrift, 
Vnd er ed findet on geferb, 

Er lug das e8 dem wider werd, 
Weißt er e8 in das ift fein, 

Oper geb ed” den Erben fein, 
Ob man die all nicht wiſſen fan, 

Sp geb man es eim armen Maım, 
Oder fonft durch Gottes willen auf, 

Es fol nicht bleiben In deim Kauf, 
Denn ed iſt abgetragen gut, 

Darburch verdampt in Hellen glut, 
Gar mancher vmb ſolch Sünden fißt, 

Den man offt reibt fo er nicht ſchwitzt, 
Achor behielt das nicht was fein, 

Bud bracht dardurch das Volck in pein, 
Zu letzt warb jm das er nicht meint, 

Da man on barmung in verfteint. 
Wer auff fich led ein kleine bürd, 

Der nem ein groffe wend jm mürb, 
Binden und rauben acht Gott gleich, 

Denn er dein her anſicht und beich, 
Biel weger iſt gank finden nicht, 

Den Bund den man nicht wider gibt. 


334 


Mas man find vnd kompt eim zu hauß, 
Das kompt gar ungern drauß. 


Yon Findt Narren. . 
Das zweintzigſt Geſchwarm. 


Das zweintzigſt Narren Geſchwarm iſt von Findt Nar⸗ 
ren. Zwar vnder dieſen iſt ein groſſer vnderſchiedt, dann 
es ſeindt die nicht alle Findt Narren, ſo fie etwas mit 
recht finden, vnd daſſelbig behalten. 

1) Erſtlich ſein die, ſo am geſtaden des Meers Edel 
eſtein, Berle vnnd der gleichen finden, die ſelben dörffen 
e nicht mit recht wider geben. 

2) Die andern ſein die Wildtpreth fahen, welche man 
vor zeiten nicht hat verbotten, aber zu vnſern zeiten wirdt 
es nicht jedermann zu gelaſſen. 

3) Die dritten fein, fo verwundten wilde Thier finden 
vnnd fle behalten, dann fo ein willt Thier bermaflen vers 
wundt wirdt, dz es möge gefangen werben, gehört es dem 
zu, fo es gefchoffen oder verwundt hat, fo ferr er dem» 
felden nad eplet, wenn er aber auff höret ihm nach zu 
eylen, wirt es deſſen eygen, fo es findt vnd erhafchet, es 
fe Pr fach, dz fonft ein ander brauch in derſelben Landto 
art feye. / 

4) Die vierdten fein die, fo gezempte wilde Thier far 
den, es fein gleich zwey füfflge oder gefllügelte, als da fein 
Pfawen, Tauben, vnd imen, die auß gemohnheit hinweg 
vnnd wider zu hauß pflegen zu fliegen vnd heim zukom⸗ 
men. Dife fo ferr fie im finn haben, wider herumb zu: 
feren, werben nicht mit recht auffgehalten, fo fle aber 
nicht mehr begeren heim zu teren, bleiben fie deſſen, der 
fie zum erften fahet. 

5) Die funfften fahen oder finden vierfüffge game wilde 
Thier, als da fein Hirſche, Küngelen vnnd andere wilde 
hier mehr, fo auß gewohnheit auß vnnd ein lauffen, 
welche doch nicht anders, dann gleich wie die vorigen mit 
recht auffgehalten werden, dann fo ferr fie im finn haben, 
nicht mehr wider zu kommen. Diefe aber haben als dann 


335 


nicht mehr im finn, wider zu kommen, wann fie die ge 
wonheit auß vnnd ein zulauffen verlaffen. Wenn aber 
einer diefe einfperret onnd fle heimlich auffentheit, der hatt 
folche nicht mit recht, fonder es iſt viel mehr ein Diebftal, 
weder ein fundt. 

6) Die fechften finden ond fahen zame Thier, als Hü⸗ 
ner, Genf, Enten onnd dergleichen Die ob fie fchon ets 
wann vericheucht werben, fein fie darumb nicht deflen, der 
fie am erften findt, fonder bleiben des ihenigen, ber fie ver: 
foren hat, vnnd welcher die felben vmb gewind halben 
behelt, der ift fo viel, gleich als wann er fie geftollen Het. 


D Die fiebenven finden bißwellen ein Landtwerdt ober 


Inſell, dann welcher ein Inſell in dem Meer zum erften 
findt, defien bleibt fie epgen, fo aber ein Inſel in einem 
fliefienden oder Tchieffreihen Wafler gefunden wirbt, ift 
fie nicht deſſen, der fie zu erflen erfunden hat, fonder der 
ibenigen, fo an beiden geſtaden (fo ferr die Inſel in der 
mitten bes fluß ligt) güter befiben. So filh aber begeb, 
das die Infel nicht mitten im fluß lege, fonder auff einer 
feiten des geftabts neher Tege, befiben fie Die, fo am felbis 
gen orth jhr güter haben ligen, nach breyte eines fetlichen 
guts. Deren dingen aber fein noch viel mehr, welche man 
all auß ven Inſtit. Juſtin. mag lehrnen erfennen, als nem» 
lich, zit. 1. de Rer. diu. et. aca. ipf. Dom. par. 16. 


nf. in mari nat. et par. 17. Quod fi er part.g 


8) Die achten finden ein Schag in jrem eygen grundt 
onnd boden durch Zauberey, welchen fie allein darumb 
kaufft haben, damit fie den ſchatz möchten außgraben, wel- 
her doch inen nicht zu gefprochen wirbt, fonder dem Fürs 
ften, der in dem felbigen Landt iſt, dieweil dieſer ſchatz bey 
menfchen gebechtniß nicht ift herfür kommen, vnnd in au 
feine Erben nicht gewüft haben, aber diefer hat in gewüſt 
vnd Hat darumb das gutt kaufft. 

9) Die neundten finden bißweilen ein Schaß in jrem 
grundt vnnd boden, welcher dann ihnen nochmals bleibt 


"von rechts wegen. 


10) Die zehenven finden ein Schatz ohn alles gefehr in 
eines andern grundt vnnd boden, welcher dann halber jr, 
ond halber des Herren, fo das gut zuſtehet, mit recht bleibet. 


336 


‚ 11 Die eilfften finden ein Schab Inn eines anderen 
gut, aber nicht ohn geferbt, fonder graben demfelben mit 
fleiß nach, damit fie in mögen befommen , foldhen gehört 
er nicht, fonder dem Herren, in deflen gut er gefunden wirt. 

12) Die zwölfften finden offtermals ein Schaß ohn 
alles geferpt in Heiligen ortern, als in_ben Kitchen oder 
auff den Kirchhöfen, wann fie greber machen, deren bleibt 
der Schatz auch mit recht, wann aber einer mit fleiß die 
greber öffnen wolt, ond ein Schat darin fuchen, dafſſelbig 
wer geftofen vnd fo vil als Kirchen gut geraubt. 


13) Die dreitzehenden finden mantgmal ein Schatz ohn 
gefehrd an einem gemeinen ort oder inn einer Statt Herr⸗ 
ſchafft, denſelben bleibt der halbtheil und ber vberig halb 
theil gehört denen zu, inn welcher Herrfchafft vnnd gewalt 
es funden iſt worden. 

14) Die viergehenden finden etwann ein bing, welches 
von ihrem Nechften Nachbawren verloren ifl worden, ent⸗ 
webers durch brunft oder andern zufahl, diefelben müflen 
es mit recht wider erftatten. 

15. 16) Die fünffgehenden vnnd Sechtzehenden finten 
ein ding, fo durch ſchiff brüch vnnd waflersgefahr auß bem 
Schiff tft geworffen worden, damit man mit dem fchiff 
möcht daruon kommen vnd das leben erretten, welche dann 
auch mit recht darzu gezwungen werben, foldhes ohn ſcha⸗ 
den wirer zuerflatten. 

17) Die fiebengehenden finden etwann vil Holß, bauw⸗ 
hol oder anders auff jren gütern, fo von groffen wäflern 
dahin geflößt werben, denen gehört dann folches Hold nicht 
beim zu führen, doch mögen fle dem ibenigen fagen, ſo 
es zu fiehet, das er daffelbig hinweg führe oder nicht für 
das fein mehr erkenne. 

18) Die achtzehenden finden offtmals ein ding, des ſich 
ein ander verziehen hat, und nicht mehr für das fein er 
fennet, diefem bleibt dann folch gefunden gut mit vet. 

19) Die neungehenden finden offtermals ein frembdes 
gut oder ding, fo doch nicht von feinen Herren verworffen 
iſt geweſen, biefelben nemmen das gefunden gut, vnnd 
thun vergleichen, als wann fie es dem natürlichen Herren 
wider wolten zuhanden ſtellen: dieſe thun zwar daran 


337 


nicht onrecht, aber fie mögen dann wohl fürfefen, das fie 
in ſolcher fach keins Diebſtals befchuldigt werben. 

Diß iſt alfo kürtzlich geſagt von dem finden, welches 
ons mit recht zugehöre oder nicht, fonft fein noch viel ans 
dere weiß vnnd art der fündt, welde von den Juriſten 
weit leuffig erflärt werben, alfo das hie nicht von nöthen 
if, vil daruon zu reden. Allein bas follen wir fleiffig bes 
trachten, das wir onfern Nechſten nit betriegen mit dem 
finden, dann es findt mander ein ding, ber wiffentlich 
weiß, went es zuſtehet, dennoch bepelt er baffelbig wider 
alle recht vnnd billigfeit. Die ift fürmar ein groffe fündt, 
die Gott der Herr nicht vongeftrafft wirt Iaflen hin gehn, 
bieweil du deinem Nechſten das fein alfo wiflentlich vor⸗ 
behalte, welches dann nicht anders ift, als wenn du es 
ihm auß dem fedel herauß hetteft geſtollen. Weiters fein 
viel, die meinen es fey gar Fein fündt, wenn fie ſchon das 

- gefunden gut behalten, vnnd dörffen auch noch daſſelbig 


wol mit gewalt verfechten, ja fprechen fie, es hat mird 


Gott beigert: dann was mir Gott thut befcheren, das 
mag mir niemand weren. Diß wie ein grofle frenelfeit 
vnd thorheit es fey, gib ich jedermann zu treffen. 


[4 


Der XXI. Narr. 


Wer zeigen thut ein gute ſtroß, 
Bud bleibt er in dem Pfütß vnd Moß, 
Der iſt der ſinn vnd Weißheit bloß. 


Von ſtraffen vnd ſelb thun. 


Der iſt ein Narr, der ſtraffen wil, 
Das jm zuthun iſt nicht zu viel, 
Der iſt ein Narr vnd vngeehrt, 
Der alle ſach zum böſten kert, 
Vnd jedem ding ein ſpet anhenckt, 
Bud nicht fein eignen breſten a 
1. 





338 


Ein Band die an dem wegſcheid fteht, 


‚Die zeigt 


ein weg, ven fle nicht geht. 


Wer In feim aug ein Trotbaum trag, 
Der thu in drauf, eb denn er fag, 


Bruber, bab 


acht, ich ſih an Dir, 


Ein eglein das mißfellet mir, 
Es ſteht etm Lehrer vbel an, 


Der fonft 


fan flraffen jedermann, 


Wenn er das Lafter an jm bat, 


Das vbel 
Vnd das er 


ander Leut anſtaht, 
leiden muß den ſpruch, 


Herr Artzt, thunt ſelber heilen ouch. 
Mancher kan rahten ander leut, 

Der jm doch ſelbſt Fan rahten neut. 
Als Gentilid und Meſue, 


Der jeder 


ftarb am felben meb, 


Des er ment helffen jedermann, 
Vnd allermeift gefchriben von, 
Dein jedes Lafter das gefchicht, 
Sp viel ſcheinbarer man das ficht. 


So viel, als 


ber wirt höher geacht, 


Der folches Laſter hat vollbracht. 


Thu vor bie 


werd, darnach Die Lehr, 


Wiltu verdienen lob und ehr. 
Das voll Iſtael Hat in finn, 

Straffen die Son Beniamin, 
Vnd legten ſich darnider doch, 


Denn fie 


in fünden waren noch. 
Yon Btraff Marten. 


Das ein und zweintzigſt Narren Gefhwarm. 


Das ein vnd 
Straff Rarren, 


zweintzigſt narren geſchwarm iſt, bon 
Sein die fo ander leut ſtraffen, vnd ſie 


339 
aber felber im felbigen Spital kranck ligen. Diefe Narren 


werben fürnemlich in drey Gefchlecht abgetheilet. Die er⸗ 


ſten fein, die Geſatz machen, vand die jhenigen höchlich 
- Rraffen, fo fie vbertretien, welche fle doch ſelbs nicht im 
mindeften theil halten, noch den felben nach fommen. Auß 
weicher zaal Duintus Lucius Stelon gewefen if, der gab 
ein Geſatz, das zu Rom kein Burger ober fünffgig jugart 
Feldt güter folt befiben, ex aber hat mehr dann taufent, 
ob welches willen er dann nachmals geftrafft wardt. Die 
andern fein die Haußuätter fo ihr gefindt firaffen, vnnd 
fie eben daſſelbig täglich oben und treiben. Dann es fein 
etliche, wann fie ihr geſindt etwann hören fluchen, oder 
fonft onzüchtige wort hören treiben, flraffen fie die felben 
tarumb, fie aber ſchemen fich nicht, ein wunden ober ven 
andern herauß zu -werffen, mit gant Tunnen vol. Dife 
thun gleich wie ein Krebs, der ſchaldt feine jungen, das 
fie nicht vor fich krochen, da fprach der jungen einer: Bat» 
ter, Eriechet vornen anhin vnd Iehret vns, fo wöllen wir 
tann hernach riechen. Da er aber anfleng zu kriechen vnd 
wolt die jungen lehrnen, kroch er gleich wol hinderfich als 
die jungen. Da fpotten die jungen fein vnd fprachen, 
ſchawet, er hat vns geftrafft, ond kan ers felber nicht. Alſo 
iſt es auch mit den Haußnarren, bie ander leut wöllen 
Rraffen vnd ihum fie es felbs. Bon dieſen wöllen wir hie 
nicht fagen. Die dritten fein die Prediger vnd Fürftender 
bes volds, dieſe firaffen das vold von wegen ihrer lafter, 
onnd fieden aber etliche in ſchandt vnd Lafer biß über bie 
ohren. Bon diefen wöllen wir hie reben, bieweil fe bie 
fürnembften fein in diefem Narren gefhwarm. Diefe fol 
man auß den nachuolgenden Rarren ſchellen erkennen. 


1) Die erfie Schell if, von Vnwiſſenheit und vnerfah⸗ 
renheit. Es fein etliche, fo baldt fie ein flüd vom Schul⸗ 
fat gefeefien Haben, oder ein mal durch bie Schul fein 
gangen, gleich wie ein Efel dur die Müll, wöllen fie 
gleich für Hoch vnd gelehrt gehalten fein, vnnd als baldt 
obn allen beruff auf die Cantzel fleigen, vnnd fi vnder⸗ 
ſtehn, das Predig ampt zuuerfehen, fo fie doch noch nicht 
verſtehn noch wiſſen, was der namm Iheſus Chriſtus vnd 
Das Euangelium heiſet. Ja, ſprichſt du, wie können fie 


B 340 . 
vngeſchickt fein, fie können doch wohl reden, vnd machen 
predig die wir Leyen gantz wol verfiehen. Er iſt ein gu 
ter freundtlicher Herr, iſt frölich_ mit den Bawren, fürnem⸗ 
lich im Wirtshauß, wann es auß der Fanten g.it zu pres 
digen, da ift er eben fo wol beredt, als auff der Cantzel, 
vnnd in fumma er ifi ein mann, wie wir fn nur gern 
haben, dann er macht vns fein kurtze Predig, vnd fagt 
von langen-Brotwürflen. Es ift war, wie du fagft, mein 
Better Wangle, dann was ift anders hie mein Hag vnnd 
fag, das fie mit jren vnnützen geſchwetz, welches nicht in 
ver Göttlichen fhrifft ift gegründet, vil verführen. Dann 
ein folder Bauch prediger bringet durch fein tandt vnd 
loſes gefchweß zu wegen, das wenn ſchon nachmals ein 
gelerter Mann kompt, wil man ihn nit haben, vnnd ſpre⸗ 
hen fie, er iſt nicht für vns, wir verftehn fhn nicht. Er 
Predigt zu tief auß ver gefchrifft, derwegen wöllen wir 
ein andern haben, der Predige, wie zuuor vnfer Herr 
Hans oder Herr Peter. Dermwegen if von nöten, das man 
fich befleiffe, das man zuuor recht gefchaffen Gottes wort 
fludiere, ehe man anfahet, auff die Cantzel zu fleigen, da⸗ 
mit man nicht das arm einfältig vold durch fol vnnũtz 
geſchwetz verführe vnnd Inn ein böfen wahn bringe. 

2) Die ander Schell ift böfer fürfaß vnd nachſtellung. 
Es ſeindt etliche, die fuchen durch das Predigampt grofle 
reichthumb, wollüſt, ehr, Herrlihden nammen, gunft vnd 
ander ding dergleichen mehr. Derhalben ift folcher fürfag 
ond nachſtellung gang gifftig vnd ſchedtlich. Dann geden« 
det mein lieber Herr, das jhr nicht ſeindt ein Fiſcher ver 
Muden vnd anderer Tpier, fonder der Menfchen. Dann 
es faget Chriftus der Herr, volget mir nad, ich wil euch 
zu Menſchen Fiſcher machen, der fünder vnd feelen, nicht 
der reichthumen, wollüften, ehren, ftabtlihen nammen, groſ⸗ 
ſen Biſthumen, viel gelts vnd guts. Dieſen ſolt jr hören, 
vnd nicht die Welt. 

3) Die dritt Schell der Straff narren iſt, nicht das heil⸗ 
fam vnd reines wort Gottes Predigen. Dann ein jedlis 
her Pfarrder ift ein Ark, doch nicht eines jedlichen, ſon⸗ 
der allein der Kinder des aller höchſten vnnd mechtigſten 
Königs, Derpalden Iug darauff, dz du ſolche recht artzeſt 





341 


mit der heilfamen artzney des Götilichen worts, vnnd mo 
du ſolches thuſt, würde du ein guten John von Gott dar: 
uon befommen. 

4) Die vierdt Schell ift, nicht ſchröckliche vnd greuliche 
Ding Predigen. Dann e8 fein etliche, die thun nicht ernft- 
fie vnnd firenge, fonder allein nur ſchlechte vnnd ſchmei⸗ 
chelhafftige predig. Dife fein fürwar recht Rarren, in dem 
fie nicht gedenden, das fie des aller höchften vnnd mechtig⸗ 
fien Königs außrüffer vnnd Heroldt fein, das fie follen 
mit heytern vnnd deutlichen worten anzeigen, was jhn von 
ihrer Kön. Mayeftat, Gott dem Herren inn dem Mandat 
befoßlen ift, das fie Gottes wort mit fleiß vnnd ernft fols 
In außlegen, in weldem graufame ond erſchröckliche träwung 
der fünden werden für augen geftelt. 

5) Die fünfft Schell if, Gemeine vnd nicht fiudweiß 
Ding Predigen. Dann e8 fein etliche, die reden nur in den 
gemeinen hauffen hinein, vnd reden vonn keinem ding fein 
ſtuckweiß, fonder fle werffen es alles under einander, wie 
ein Schumacher die leiſt. Dife fein nicht anders, dann 
wann einer mit einem Garn fifchet, das voller Köcher ift, 
dardurch dann die halben Fifch herauß fchlieffen und daruon 
fahren. Ein Predig, die ſtuckweiß gefchichtet, ift nichts ans 
ders dann ein groffes vnd ganges garn, welches alle Fiſch, 
fo es begreifft, fahet vnd in fich behelt. Es feindt vie 
Prediger zu vnſern zeiten nicht anders, dann gleich wie 
die Fiſcher, fo mit einem angel oder Heinen beren fiſchen. 
Welcher alfo filchet, der wirfft den angel auff gerath wol 
auß, vnd weiß nicht was er fahet, vnnd was ihm Bott 
für einen werbe zufchiden,, doch fahet er bißweylen gar 
nicht, bißweyien ein, bißweylen gar viel, alfo thun aud 
die Priefler, die fchreyen frü vnd fpatt, vnnd wiſſen do 
nicht, welchen es zu bergen gehet, oder welche begereh ans 
zubepfien. Bißweilen begibt fichs, das fie ein Heinen, das 
if, ein armen faben, dann fie nicht baldt ein groflen vnd 
gewaltigen erhafıhen, vnnd zu gleich wie die groffen Fiſch 
gar felten zum Angel kommen, .oder ob fie-fehon barzu 
kommen, beiffen fie ſchwerlich an, oder ob fie ſchon ange⸗ 
biffen haben, zerreiffen fie den Angel, ond fahren biemit 
wider daruon: alfo fein auch die mechtige, gewaltige vnd 


342 


groffe Herren, vie fommen gar felten zu dem heiligen, 
Gottes wort, vnnd ob fie fhon darzu kommen, ſchlaffen 
fie entweders in der Kirchen, oder haben fonft ein ander 
Ding vor. Oder warn fie ſchon ewann daffelbig annem⸗ 
men, gerewet es fie doch balbt, vnd zerreiffen alfo den 
Angel, vnd fahren baruon wider zu ander wollüften und 
zeitlichen bingen, denen es mehr angelegen ift, dann Got: 
tes wort. Vnnd müſſen alfo die armen Sicher, dz ift die 
Prediger, tag vnd nacht, frũ vnd fpat vergeblich fifchen, 
welches dann fürwar zu erbarmen tft, vnnd zu beförchten, 
es werde ons Bott der Herr etwann ein mal gröblich ſtraf⸗ 
fen. vonn wegen vnſer vndanckbarkeit, fo wir gegen fei: 
nem Böttlichen wort tragen. 

6) Die fehr Schell if, durch die finger fehen, vnnd 
den groffen Hanſen ond Herren nicht in ſchilt reden, fon: 
der fr verfhonen, vnd fnen auch noch wol darzu ſchmeich⸗ 
Ien. O mein lieber Brüder ond Herr, weiffe bu nicht, 
das du ein Hundt bift Cohn gezelt Ju fagen) des Hirten, 
welcher fagt: Ich bin ein guter Hirt. Nun was forte 
dich dann mider folche Wolff zu bellen, die da vnderſtohn, 
die Schaff zuuerſcheichen vnd zerreiffen? Die Wölff nenne 
ih die grofien vnd grobe fünder, welche ander leut mit 
böfen exempeln vnnd bepfpielen vnderſtehen zuuerführen, 
mit offentlichen fünden, ſchandt vnd laftern, denen niemandt 
frölich darff in ſchildt reden, vnnd fprechen, warumb thuſt 
du das. Daher kompt es dann nachmals, das andere jh⸗ 
nen nachfolgen, vnnd gedencken, iſt es jhnen recht, ſo iſt 
es mir erſt billich, vnd weiſet alſo ye einer dem andern 
den weg zur Helle. 

7) Die fiebendt Schell der Straff narren iſt, viel ſagen 
vnd leſen, aber dem wenigſten nicht nach kommen dz ſel⸗ 
big zu thun. Auß dieſer Schellen ſoll man die falſchen 
Prediger lehrnen erkennen, dann auß jren wercken ſollen 
ihr fie lehrnen erkennen, ſagt der Herr. Dieſe ſollen nach⸗ 
uolger Chriſti fein, welcher gebotten hat, das man fol leh⸗ 
ren vnd baffelbig thun. Es follen die Prediger gleich 
fein einem Hanen, derfelb ehe er kräet, erfchütlet er zuuor 
die flüttig vnnd macht ein preambel, alfo follen auch fein 
2ie Prediger, ehe fie anfangen zu predigen, follen fie zuuor 


‚ - 383 


jre guie erenpel vnd werd erfüllen, damit fie bie leut 
deſto munberer machen irer lehr nach zuuolgen. Aber lei⸗ 
der was fol ich fagen, es fein auß vnſern Predigern yetz 
zu vnfern zeiten etliche auß Danen Fröſch worden. Die 
Fröſch ligen allzeit tın katt vnd pful vnnd kroxen vber 
jedermann, alſo thun auch dieſe Prediger, die ſtraffen an⸗ 
der leut, vnd ſtecken fie aber im kott und pful biß ober 
die ohren. Diß ſtehet fürwar den Predigern gang vbel 


an, in dem fie ander leut ſchelten vnd firaffen, fie aber . 


ſelbs mit ſolchen laſtern beladen fein. Derhalben follen 
fie fich befleiffen, das fie ein erber, züchtigs, eingezogen, 
pemütigs Jeben führen in geberben vnd werden, vnd alles 
ir thun vnd Taffen dahin richten, das fie ander leut gut 
erempel geben, vnd ſich in allem erzeigen, wie es biener 
Eprifti wol vnnd ehrlich anflepet. 


— — 





— 


Der XXII. Narr. 


Wer gern die Weißheit hart vnd lehrt, 
Gentzlich zu ir fi allzeit kehrt, 
Der wirt in ewigfeit geehrt. 


— u 


Die lehr der Weißheit. 


Die Weißheit fchreit mit heller ſtimm, 
O menfchlich gſchlecht mein wort vernim. 
Bir Hicheivigfeit habn acht jr Find, 
Merken all die inn Thorheit find, 
Suchen die Lehr vnd nicht das Gelt, 
Weißheit iſt beſſer denn alle Welt, 
Vnd alles mad man wünſchen mag, 
Stellen nach weißheit nacht und tag, 
Nichts iſt das je gleichet auff Erb, 
In reden iſt Weißheit gar wehrt, 
AU ſterck vnd all fürfichtigfeit, 
Steht zu mir ein, fpricht vie Weißheit, 


344 


Durch mich die König habn jr Kron, 
Durch mich al Gſatz mit reiht auffſtohn, 
Durch mich die Bürften habn jr Land, 
Durch mich al Gwalt jr rechtſprüch band. 
Wer mich Tieb hat, ven lieb auch ich, 
Wer mid; früh ſucht, der findet mich. 
Bey mir ift reichthumb, Gut vnd Er, 
Mich hat befeflen Gott der Herr 
Von anbeginn in ewigfeit, 
Durch mic) Sat Gott al ping bereit, 
Bd on mich If gar nichts gemacht, 
Wol dem der mich allzeit betradht, 
Darumb mein Edn nicht feind fo treg, 
Selig iſt der gebt auff mein Weg, 
Wer mich find, der find Hell und glüd, 
Der mich hafizt, der verbirbt. gar dich, 
Die plag wirt vber Narren gan, 
Sie werben Weißheit fehen an, 
Vnd den lohn der darumb ift bereit, 
Vnd wärend wirt in emwigfelt, 
Das fie in blutend vnd ſelbs ſich, 
In jamer nagent ewiglid). 


Bon der Schr der Weißheit. 
Das zwey vnd zweinhigft Narren Geſchwarm. 


Sn diefem Geſchwarm oder Capitel wirbt begriffen bie 
wahrnung vnd firaff oder lehr der Weißheit wider bie 
Rarren, anff das fie fih zur Weißheit beferen. Dann es 
fein etlihe Narren ter maflen in der Buben hant vnd 
wollüften der welt verhärtet, dz fie mit groffem ongeftüm 
gfeich einem flieffennen waffer ver wollüften, in dz Meer 
der ewigen verdamnuß fih flürgen: dann welde alfo in 
jven wollüſten, ſchandt, ſünd vnd after verharret fein, 


345 


die gebenden nicht mehr, wie fie wider auff den rechten 
weg vnd gutte bann mögen fommen, fonder fahren im⸗ 
mer forth, vnd kommen alfo tann vmb. Weiters fein 
eiliche, die auß anfehtung vnd befümmernuß gefallen fein, 
pdoch fein fie in dem böfen noch nicht gar verpertet, fon« 
der fleigen algemach, vnnd fahren gleich als inn einem 
Schiff durch ven fluß in das todte Meer, doch haben fie 
ein nagenden wurm bey ihnen, ver fie allezeit erinnert, 
das fie wider zum rechten weg follen kehren. Dife bes 
gern offtermals widerumb herumb zu keren, aber ſchem⸗ 
men fi der vorbegangnen Laftern, vnd meinen, es fey 
nen ein grofle ſchandt, wann fie von der Narrheit ab» 
laſſen, vnd begeben fich zu der Weißheit. Diefe redt bie 
Weißheit an, vnd berüfft fie zu jhr, diefelbigen erreitet 
fie von der Tporpeit. Die Weißheit aber ift nichts anders, 
dann ein regiererin des nienfchen, weiche in lehret, wie 
er dz gut von dem böfen onderfcheiden fol, vnd wie er 
ten guten fol nadhuolgen vnd nachjagen. Es lehret bie 
Weißheit alles was wir ervenden mögen, vnd welcher 
derfelben nachuolget, der wirdt ohn zweiffel zu groflen 
ehren vnd herrlichkeit fommen. Dann welcher Weißheit 
Iernet, der begreifft alle tugent, die tugent lehrt die werd 
der iugent, die werde der tugent lehren der vernunfit 
ond rechten verflannt nach zuuolgen: bie vernunfft aber 
lehret ons alles, fo wir von nöten haben, alß nemlich, 
wann wir effem follen, wann wir auffhören follen, wann 
wir reden follen, onnd wann wir nicht reven follen, wann 
wir fchlaffen gehn follen, vnd wann wir aufffiehn follen. 
Sn fumma, fie lehret ons alles, fo wir in diſem leben 
von nöthen haben. Die iſt die Weißheit, zu deren bu dich 
folleft verfügen. DIE fag ich, iſt die Weißheit, welche jre 
nachuolger führe zu dem ewigen Ieben, ob fie ſchon vors 
hin biß zum todt verfürt fein geweien. Welcher viefe bes 
fompt, der findt das ewig leben vnd bie feeligleit, wels 
her aber jren nicht nachjaget, der verleuret das ewig le⸗ 
ben, vnd die fie Haflen, die bekommen für iren lohn den 
ewigen tobt. Sie verläft dich in ewigfeit nicht, vnd falt 
von bir nimmer ab, ob ſchon alle dein hab vnd gut, 
freundt vnd bluts verwanden dich verlaſſen: Sie geht mit 


4 


346 


dir in gefendnuß, ftirbt mit dir, fa fie läft ſich auch 
noch mit dir begraben. Welcher die Weißpeit bey im hat, 
bem gilt es gleich, es gebe Im gleich obel oder wol," fo 
tregt er es alles mit gedult. 3a fprihfi du, wann, wo 
vnd an weichen orth fol ich fie. finden vnd fuchen? Des 
morgens früe, das if, in der jugent folt bu fie ſuchen 
vnd jren nachjagen, vnd nicht fparen biß auff den abenbt 
oder in das alter, wiewol du fle inn dem alter auch nicht 
folt verwerffen, fonder mit allen deinen Frefften daran fe 
‚gen, damit du fie möchſt befommen , doch if ſie im Alter 
viel fchwerlicher zn erlangen, weder in der jugendt, die 
weil bu in der Buben Haut verbertet bit, kompt es dich 
gar fawr an, er in bein alten tagen weiß zu werben. 
Lieber, höre Die Weißpeit Gottes felber reden, die fagt: 
Ich lieb die von grundt meines herkens, fo mich lieben, 
vnd welcher des morgens auff mich harret, ber findet mic: 
felig ifl der menſch, der meiner lehr gehorchet onnd mic 
vor augen bat: vund welcher täglich fleiffig vor meiner 
Thürſchwellen wartet, den wirt die mühe feiner arbeypt 
nicht gerewen, fie wirt im vergolten werden mit einem 
Heinnoth, welches köſtlicher iſt weder Kein edelgeflein auff 
bifer Welt. Daher fagt auch der Weißmann, dz die wei 
heit beffer und köſtlicher fey, weder kein herlichs vnd köſt⸗ 

lichs werd auff der Welt, vnd iſt nichts in dieſer Welt, 
das mit jhr mög verglichen werben. Diß iſt die gantze 
warheit, dann die Weißheit ift allein das recht wahr ewig 
gut des menfchen, nicht die reichthumb, wollüfl, groß gelt 
vnd gut. Derhalben ift fie köftlicher, weder fein ding auff 
Erdtreich. Darumb follen wir jhr allzeit nachtrachten, 
dieweil fie ons alles basienig gibt vnd verheißt, fo vns 
zeitlih und ewig von nöthen if. Wer wolt nun biefer 
nit nachtrachten? wer wolt jr nicht nach jagen? wer 
mwolt nicht früe vnnd fpatt auff fie warten? wer wollt 
nicht Hunger, Durft, Kroft, Hitz vnd ander mühe vnd 
arbeyt außftehn von jhrent wegen? Dann fo jeß ein 
frembver Herr Hieher käme vnnd ſprech, er wol jeder 
mann gelts anug geben, ohn zweiffel es würde niemandt 
gefunden, der ſolches ausihlüg und verachtet, fonder es 
würde jung ond alt, reich und arm, lamen und geraden, 


347 


Aumpff vnd ſtill zu Iauffen, vnd ſolches mit groffem band 
annemmen. Hie aber die Weißheit, welche ons nicht als» 
fein gelt vnnd guts genug, ja auch das ewig leben darzu 
verbeißt vnd verfpricht, Taffen wir flehen , und achten ihr 
gar nicht, ja dörffen jr noch wol darzu fpotten, vnnd fle 
auffs höchſt ſchmehen vnnd ſchmitzen, welches fürwar ein 
groſſe thorheit, vnd ein böfe angeborne natur iſt, die ohn 
zweiffel von dem Teuffel gantz vnd gar verderbt vnd ver⸗ 
gifftet iſt. Derwegen Gott wol zubitten, das er ons wölle 
mit dem Geift der Weißheit erleuchten, damit wir feiner 
Böttlichen Weißheit alfezeit mit rechtem vnd warem eyfer 
nachtrachten vnnd nachjagen. 


Der XXIII. Narr. 


Wer meint das im gang nichts gebreſt, 
Bund er gläd hab auffs aller be, 
Drau trifft der Kläppel doch zu leſt. 


Bon oberpebung Glücs. 


Der ift ein Narr ver rhümen bar, 
Das jm viel glücks zu handen fahr, 
Vnd er glüd Hab in aller fach, 
Der wart des ſchlegels auff dem tach, 
Denn glüdjal ver zergenglichkeit, 
Ein Zeichen ift vnd vnderſcheid, 
Das Gott des Menfchen fich verrudt, 
Denn er zu zeiten nicht heimſucht, 
Im Sprihwort man gemeinlich giecht 
Ein Freund den andern offt befücht, 
Ein Bater firafft offt feinen Sun, 
Das er forcht Hab, vnd recht lehr thun, 
Ein Arket gibt, ein fauwren Trand, 
Damit deſt eh genieß Der Krand, 


348 


Ein Scherer meiflelt, fehneld die Wund, 

Damit der Sieh bald werd gefund, 
Weh meh dem Kranden wenn verzagt 

Der Arkt, vnd er nicht firafft noch fagt, 
Das folt ver Sieh nicht haben than, 

Er folt das vnd das haben glan, 
Sondern er fpricht, gend jm recht Bin, 

Als dad er mil vnd glüflet jn, 
Als wen der Teuffel bfcheiffen wil, 

Dem gibt er glüf und Reichthumb vil, 
Gedult ift befier In armut, 

Denn aller Welt glüd, reichthumb, gut, 
Seins glüds fi) niemands vberhab, 

Denn wenn Gott wil ſo nimpt es ab, 

. Ein Narr iſt, wer da ſchreyet dick, 

O glück wie leßt du mich O glück, 
Was zeigſtu mich gib mir ſo viel, 

Das ich ein Narr bleib noch ein weil, 
Denn gröffer Narren wurden nie, 

Denn die allzeit glück hatten bie. 


Von Glüh Karren. 


Das drey vnd zweintzigſt Geſchwarm. 


Das drey vnd zweintzigſt Narren Geſchwarm iſt von 
Glück Narren. Welche fürnemlich auff dieſe weiß erkendt 
werden. 

Die fürnembſte Schellen ver Glück narren iſt, fi fre⸗ 
wen vber die Glücklichkeit der zeitlichen dingen. Dieſe 
Schell hangt auff der rechten ſeyten der Narrenkappen, 
vnd hat fr mehr dann hundert vnd zwo vnd zweintzig 
ſchellen, welche, fo du .fie beſehen wilt over luſt haft zu 
fauffen, fo würdeſtu fie finven bey Franciſco Petrarcha, 
ber. erfläret fie all ordenlich einander nad. Die aber 


“ 


349 


möcht mir einer zu antwort geben, lieber Herr Hans. ber 
trachtet was jr redet, dann folten die all Rarren fein, fo 
. Ad ob einem ding frewen, würde fürwar niemandt ger 
funden werden, der fich nicht etwann frewet, vnd müffet 
iye auch ein Narr fein, wann ihr euch frewet, das jhr 


viel zuhörer habet, die ſich frömbklich und Gottsförchtig 


in der Kirchen vnd ſonſt erzeigen, darumb ſehet darauff 
Herr Hans vnnd luget, was fr redet. Du muſt mich hae 
recht verſtehen mein geſell, von welcher freudt ich hie ſage, 


dann ich ſage nicht von der vnzergenglichen, ſonder von 


der zergenglichen vnd zeitlichen freudt, dann es ſeim, die 
haben jhr freudt vnnd wollüſt inn freſſen vnd ſauffen, vnd 
haben ein groſſes wolgefallen, das ſie ſolches alzeit mögen 
befommen. Darnach fein etliche, die frewen ſich, das fie 
von dem vold hoch gehalten, geliebet, gepriefen und geeh⸗ 
vet werden, ja, fprechen fie, folt mir das darumb zur 
Narrpeit dienen, dieweil man mic ehret vnnd ich mich 
darüber frewe, man hat doch Epriftum den Herren auch 
geehret vnd geliebet. Fürwar bu freweft dich hierin gang 
narrechtig, dann weift du nicht, das menfchen lieb nicht 
lang weret, vnd das man einen heut liebet, morgen haßt 
man ihn. Derpalben oberheb dich ſolches nicht. Weiters 
ſprichſtu, folt mich ſolchs aber nit frewen, ich hab ein 
Weib befommen, ein keuſche reine fungfram, züchtige, 
Gottsförchtige getrewe, fhöne vnnd holvfelige, fa warn 
fie mit einen Engel ſolt reden, wer fie doch gefchidt gnug 
darzu, vnd das ich ſchier in der warheit ſage, iſt fie an 
ſchöne vnd frombkeit mit der jungfraw Marien zuners 
gleichen: O Narr wo ferſt du hin: Wie bin ich ein Narr, 
wenn ich mich frewe eins ſolchen ſchönen vnd wolgezog⸗ 
nen Weibs? Bber das hat fie ſchöne vnd wolgeftalie kin⸗ 
der gezeuget, welches mich alles gantz wol frewet, vnnd 
mag mir fein gröffere freudt begegnen. Deßgleichen hat 


fie vnd ich viel Raptlicher vnd Herlicher freundt, vnd heiſt 


Elßle, von einen ſtabtlichen und reichen geſchlecht, vnd 
lebt jr Vatter noch, iſt ſchier der fürnembfle mann, der 
in dieſer Statt gefunden wirt, ja vnd das noch viel mehr 
iſt, ſo lebt jr Großvatter auch noch, ein vberauß reicher 
mann, das wenn er flerben ſolt, würden wir das gelt 


356 


mit hüten theilen müflen. Vnd das ichs mil einen wort 
fag, es hanget der Himmel vberal voller geigen vnd lau⸗ 
ten, vnd wil mir das Glüd fo wol, das ich glaub, wenn 
ih ein taler ober ein Hauß würffe, fündt ich nachmals 
zwen bortüben, vnd wann ich ſchon das Glück vornen 
zum hauß hinauß fehlüge, lieff es zur hinder thür wider 
hinein. Vnd in fumma, was ich nur wünſch vnd beger, 
das wirt mir on alle mühe vnd arbeyt. Horch mein ges 
fell, das fein fürwar zergenglihe frendt, die dich mehr 
zur trawrigkeit follen bewegen, dann zur freudbt, bann 
folche freudt vnd wollüſt fein nichts anders, wed ein ges 
wife vorbedeutung der ewigen verbammuß, dieweil du al 
bein hoffnung auff folch glüd ſetzeſt. Du freweſt dich, dies 
weil du in dem fchiffle des glüds fißeft, und fähreft durch 
da waſſer ber wollüh, in das bitter vnd töbtlih Meer, 
nicht allein des leibs, ſonder auch der ſeelen. O wie ein 
fehrödtiche vnnd thorechte freudt iſt diß, im dem bu dich 
freweſt deſſen, fo dich gang flo blindt machet, das du 
beine groffe vberſchwenckliche fündt nicht fenneft, fonder 
halteſt diefelben gar für gering vnd ſchlecht. Ein Menſch, 
der in allen wollüften lebt, iR nicht anders, dann wann 
einer allein ein groſſes vnd ſchweres Floß wiber den ſtar⸗ 
den vnd fehnellen firudel des waflers hinauff zeucht, den 
dunckt es leicht fein, doran doch ſonſt wol gehen gnug⸗ 
ſam zuſchaffen haben, wann es auff dem Landt ligt: Alto 
ziehen wir auch in dem Waſſer ein groſſes Floß ber fün- 
den , welche ons Doch leicht bunden fein, wenn wir aber 
an das geftadt kommen nach vnſerem todt, fehen wir ef 
wie ſchwer vnd groß vnſer fündt fein gewefen. Da wer 
den wir fehen, das ein tödtliche fündt fchwerer iſt, weder 
dz gantz Erdtreich. Septenmal das Erdtreich die Menfchen 
nicht inn die Hell mag trucken, die fünds aber bringet 
ſolches gentzlich zu —5* Derhalben folleſt du dich nicht 
zu viel auff das Glück verlaſſen, dann wenn bu dich zu 
viel auff das Glück würdeſt verlaflen, wirbt es bir für« 
war ein böfen Lohn geben, vnd würdet mit dem Glück 
in das ewig ongläd fommen. 


351 


Der XXIV. Narr. 


Wer aller Welt forg RS nimpt am, 
Bnd nit fein eygen ſach beſtahn, 
Der iR fürwar ein heyloß Mann. 


Bon zu viel forgen. 


Der iſt ein Narr der tragen wil, - 

Das jm auffzheben ift zu viel, 
Vnd der allein mil vnderſtohn, 

Das er felb dritt nicht möcht gethon. 
Per nimpt die ganh Welt auff fein rüd, 

Der fellt in einem Augenblid, 
Man lift vom Alerander, das 

Die gang Welt jm zu enge waß, 
Vnd ſchwitzt darinn ald ob er nicht, 

Für feinen Leib genug bett Wirt, 
Ließ Doch zu letft begnügen fich, 

Mit fleben fehühigem Erdtrich, 
Allein der Todt erzeigen Tan, 

Womit man muß benügen han, 
Diogened viel mechtiger was, 

Wiewol fein bhaufung was ein Ya, 
Vnd er nichts Hat auff aller Erbt, 

So was doc nichts das er begert, 
Denn Alerander folt für gehn, 

Dad im nicht für der Sonnen flehn. 
Wer hohen Dingen flellet noch, 

Der muß die Schank auch wagen hoch 
Was hilft eim menfchen das er gwinn, 

Die gank Welt und verdürb darinn. 
Was Hilfft dich Das der leib kem hoch, 

Vnd führ die Seel ind Hellen loch, 


*⁊ 





352 
Wer forget ob die Genf gehn bloß, 
Vnd fegen wil all gaſſen ſtroß, 
Vnd eben machen Berg vnd Thal, . 
Der Hat fein fried, ruh, vberal. 
Zu viel forg die ift nienen für, 
Cie machet manchen bleich vnd bürr, 
Der ift ein Narr der forgt all tag, 
Das er doch nicht gewenven mag. 


Yon Sorg Narren. 
- Das vier und zweinpigft Narren Geſchwarm. 


Das vier und zweintzigſt Narren geſchwarm iſt, von 
vnnützen Sorg narren. Hie fol man infonderheit mer: 
den, das ich von vnnützen Sorg narren fag, dann es 
fein etliche, die fein keine Sorg narren, wiewol fie ſor⸗ 
gen, aber biefelben forgen nit onnüßlich, fonder nüßlich. 
Derhalben fein zwey Geſchlecht der Sorghafftigen. Die 
erften forghafftigen fein, fo nüßliche forg tragen, dieſe has 
ben ein befonbere forg gegen Gott, ihnen felbs vnd dem 
Nechſten. Gegen Gott fein fie forgfältig, wie fie jhn mö⸗ 
gen allzeit vor augen haben, eheren vnd nach feinem wils 
Ien leben, damit fie jn nicht erzürnen. Gegen jhnen felbs 
fein fie forgfältig, wie fie fr Seel mögen erreven vonn 
des Teuffeld gewalt vnnd der Hellen glut: Vnd wie fie 
ihre zeit mögen recht anlegen, damit fie diefelbigen nicht 
vnnütz verzehren. Diefe Iugen, das fie zu yeder vnd red 
ter zeit fnen fürfehung thun, damit fie nicht mit den hew⸗ 
ſchrecken im Winter müffen beiteln gehn: fonder fie lugen 
im Sommer, wo fie den Winter zu bleiben haben, vnd 
bedenden allzeit das gemein fprichwort: Wer nicht gablet, 
fo die Brem zablet: der Taufft im Winter mit einem 
Seyl vnd fragt, hat jemandt Höw feil. Letſtlich fein fie . 
forgfältig gegen dem Nechften, welches auch dienet zu jrer 
feelen heil vnd wolfarth, halten ihren Nechfien gleich für 
ein glidtmaß ihres Teibe. Diefe fein feine Sorg narren, 
vnd werden auch nicht under diß Geſchwarm gerechnet. 


353 


Die aber fo von vntüchtigen vnd vnnothwendigen fachen 
forg tragen, geboren hieher vnder diß Narren Geſchwarm, 
welche man auß den nachuolgenden Schellen fol ſehrnen 
erfennen. 

1) Die erfie Schell iſt, Sorgfeltig fein in ſuchung der 
zeitlichen narung, vnnd in den felben gleich als ein zweck 
des lebens ſetzen. Dann es fein etliche, bie bemühen fich 
mit leib vnd feel, finn vnd gebanden allein auff nachftels 
dung der zeitlichen gütter, vnd feßen darein das letſte 
endt aller dingen, halten mehr auff das zeitlich gut, dann 
auff Das ewig. Diß iſt ein vergebliche vnd nichtige Sorg⸗ 
feltigkeit, dann fle erlangt nicht das, fo fie fucht, fonder 
iſt gleich einer Spinnen, bie ihren gangen leib darann 
firedt, das fie ein reine ond dünne Spinwüp made, das 
mit fie die muden fahe, aber dieſelb, ye reiner fie ift, ye 
bälder fie zerbricht, alfo iſt es auch mit dem zeitlichen 
gut, ye mehr hoffnung, mühe vnd arbeyt man barauff 
ſetzet, ye bälver es zu grundt gehet vnd verlohren wirbt. 


2) Die ander Schell der Sorg narren ifl, gar zu grofie 
vnd vnaußſprechliche forg haben nach dem zeitlichen Gut. 
Es fein etliche, vie fielen nicht jr hoffnung gang vnd gar 
auff das zeitlich gut, vnd halten daffelbig nicht für den 
zweck des endts, yenoch halten fie diefelbigen als ein mit« 
tel des endts. Diefe gehen dem zeitlichen gut vber die 
maflen fo fehr nach, das fie dardurch das ewig gang vnd 
gar verfaummen und verwarlofen. Bnnd damit fie allein 
gei vnd gut befommen, fo vnderlaſſen fie alle Feyrtag, 

mmen nicht in die Kirchen zum heiligen Göttlichen wort, 
orhen nicht zu den Sacramenten, vnd in fumma, fie vers 
werffen alles das jhenig, fo zu heyl vnd feeligkeit dienet, 
von welchen Belt unnd forg Narren wir droben im ach: 
ten blat gnugfam gefagt haben, alfo das foldes nicht 
von nöten ifl, hie wider zu repetiren. 

3) Die dritt Schell der Sorg narren ift, forgen vnnd 
nachtrachten böfes zu volbringen. Dann e8 fein etliche, 
die Dichten barauff, (gleich wie ein Nachtigal auff das fin- 
gen) wie fie das vnd jhenig böfes ond ſchandliches Tafter 
artlih mögen begehn. Deren gleichen haben wir ein Erem: 
pel an den hoffertigen vnd ſtoltzen en bie dichten 

I. 


354 


darauff, wie Re ſich mögen köſtlich zieren vnnd den ſchleyer 
auff alle eck feben, dörffen auch wol ein ſtundt vor dem 
foiegel ſtehen zu guden, biß das fie ven Huren fpiegel 
recht auffmutzen vnd darftellen können. Solche, fage ich, 
haben groſſe forg auff die ſtinckende hoffart, welche ein 
laſter iſt aller Geilheit. Deßgleichen thun auch die Wein⸗ 
ſchleuch und Füllhanſen, die forgen hefftig, wie fie fih mögen 
füllen ond fren wanft vol frefien: welches dans auch ein 
ſondere forg if, folhes laſter der füllerey vnd freſſerey 
zu volfireden. 

4) Die vierdt Schell der Sorg narren if, nad ſchwe⸗ 
xen, hoben vnd vnmöglichen Dingen traten vnd forgen. 
Alexander der Groß forget, wie er den gantzen Erdtbo⸗ 
den vnder füch breihte, der ihm auch dauchte gu eng fein, 
welcher fich Doch letſtlich nach feinem todt, mit fieben ſchu 
lang bes Erdtreichs hat müſſen laſſen vernügen. Alſo 
fein der vergeblihen und vnnüßen forgen viel, bie wir 
bie auff dieſer welt tragen, welche doch alle zergenglich 
fein vnnd fein bieibliche flabt hie auff Erben verlaflen. 
Wir Iefen in Hiftorien, wie fh die Römer, Griechen vnd 
Epriften ye ond ye bemühet haben in Kriegs fachen, fa 
auch offtermals onmöglide ding — vnderſtanden haben, allein 
zeitlicher ond weltliher ehr halben, welche doch nichts ans 
ders ift, dann ein ſchatten an der wandt, ber in einem 
augenblid verſchwindt. 


5) Die fünfft Schell dee Sorg narren.ift, Groſſe forg 
tragen vber gering vnd vnnotwendige ding. Dann es fein 
etlich, die Haben tag vnd nacht, frä vnd fpat, grofle forge, 

leih als warn fie in dem Raht ſeſſen, vnd wann man 

be fragt, was in angelegen fey, ift es etwann gering ding, 
das nicht einer ſchnall werdt iR, vnnd tragen fie aber 
dermaffen darumb forg, gleich als wann es etwann taus 
fent Gulden antreffe. Wie man dann ein exempel hat, 
an einem verborbnen fludenten, der finnet mehr dann ein 
ganpen halben tag, wie doch der Fü Talh fey an ven 
alden hinauff kommen: alfo findt man beren fantaften 
noch vil, die haben groffe forg ober böfe kleider, deren fie 
doch alle tag mögen befommen. 

6) Die Sechſt Schell if, forgen ober ander leut gut, 


| — — —  . — — — - 


355 


das fie doch nicht angeht. Dann es fein etfich, die tragen 
forg ober ander leut gut, onnd verfaumen aber barneben 
Das jrige. Doc if hie zu merden, das wir nicht von dies 
fen fagen, fo jres nechften kummer vnd vnglück iſt ange: 
legen, fonder wir reden von bdifen, fo ander leut fürdern 
vnd fi verfaumen, over fo ander leut heuſer Iöfchen ond 
laffen das jrig brennen. Derwegen follen ſolche ſtockfiſch 
fürfehen, das fe nicht mehr ander Teut nugen weder nen ſelbs. 

7) Die Siebendt Schell der Sorgnarren ifl, Sorg vnd 
betümmernuß tragen vber künfftige mißtrawen vnd ver« 
zweifflung. Dann es fein etlich, die Tauffen auff drey oder 
vier jar inn vorrapt für, damit wann etwann ein mißges 
wachs einfiel, fie allein gerüftet ond gnug hetien, der arm 
aber hunger ond noch bargegen litte. 3a, fprechen fie, ich 
muß lang warten, biß mir ein gebraten Taub in das maul 
fleuget. Ich muß ſelbs darzu lugen, warli wann ich 
wolt fiten vnd wolt die hendt in die ſchoß legen, es 
würde niemand kommen, der mir zu effen geben würd, 
ich muß ſelb zu der ſchantz lugen. Diß ik war wie bu 
fagft, ond redeſt recht von der ſach, aber doch foltu dar 
bey lugen onnd fürfehen, das bu jhm nicht zuuil thuſt, 
onnb das du dem armen das Brot nit vor dem maul 
abfchneiveft, in dem das du auff drey jar oder mehr ein, 
kauffeſt, den armen dardurch beraubeſt, vnnd Gott dem 
Herren fein Allmechtigkeit Kite, in dem du ſagſt, ih muß 
fürwar einfauffen, dann es wirt dz ander jar nicht wach⸗ 
fen. Daran wie Hefftig du vngleubiger vnnd Geitzwangſt 
fündigft, laß ich dir zutreffen, welches bu mitler zeit wol 
(aber mit deinen ſchaden) wirft erfahren. Wann dich Bott 
wirt von biefer welt ehe zeit abfordern, in bem du im 
nicht Haft wöllen vertrawen, vnd mehr auff das zeitlich 
gut gefeßt, denn auff fein Barmperpigfeit, vnd würbt bir 
gentzlich ergohn, gleich wie dort dem Reichen mann, der 
ließ fein fcherwren weiter bawen, damit er ein vorraht het, 
aber was gefchahe, diefelbig nacht fam Gott vnnd fordert 
fein feel von ihm, wen hat er den gefparet. Derwegen 
follen wir Gott verirawen vnd jm nicht an feiner gnaden 
vnd reichlichen gaben abfiriden, dann er forget allzeit für vns 
vnd weiß auch wol, was ons von nötenift hie auff diſer Welt. 


356 
Der XV. Narr. 


Ber viel zu borg auffnemmen wil, . 
Dem effend Wölff noch nicht fein zit, 
Der Rarr fit in oft vnd viel. 


Bon zu viel borg aufnemmen. 


Der, ift mehr dann ein ander Narr, 
Wer ſtets auffnimpt auff borg vnd Bar, 
Vnd in jm nicht betrachten mil, 
Das man fpricht, dWolff effen Fein zil, 
Als thun auch die, den jr boßheit 
Gott lang auff beſſerung vertreit, 
Vnd fie doch täglich mehr und mehr, 
Aufladen, dardurch Gott der Herr, 
Ir. wartet biß jr flündlein fompt, 
So bezalen fie bei dem minften Pfund. 
Es ftürben Frauwen, Vieh vnd Kind, 
Da der von Gomorren fünd, 
Vnd Sodomiten fam jr ziel, 
Hierufalem zu bodem fiel. 
Da jm Gott beitet lange or, 
Die Niniuiten bzalten vor. 
Gar bald jr ſchuld und wurden quit, 
Do bharrten fie Die Ienge nicht, 
Sie namen auff noch gröffer weh, 
Des ſchickt in Gott Tein Jonas meh. 
AU ding haben jr zeit vnd zil, 
Vnd gehn fr ſtraß nach, wie Gott wil. 
Wem wol ift mit nemmen auff borg, 
Der hat zubzalen gan Fein forg, 
Nicht big bey den, die bald jr hend, 
Streden, vnd für dich bürgen wend, 


357 


Denn fo man nicht zu bzalen bett, 

Sie nemmen Kuter von dem Beth. 
Da hunger in Egypten was, 

Namen fie Korn auff, fo viel das, 
Sie eigen wurden hinden noch, 

Vnd muften das bezalen noch, 
Wenn der Efel anfeht fein Tank, 

Hellt man in nicht bei dem Schwank. 


Yon Borg Warren. 
Das fünff und zweingigft Narren Geſchwarm. 


Das fünff vnd zweintzigſt Narren Gefhwarm iſt Yon 
Borg narren, Zehen narren. Hie ift zu merden, das nicht 
ohn vrſach folhe narren den Sorg narren nach volgen, - 
dann der ein theil hat zu groffe forg vber zeitliche güt⸗ 
ter, der ander gar keine. Diefe Narren fol man auß den 
nachuolgenden ſchellen lehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell iſt, Gelt oder ander zeitlich gut 
auff borg auff nemmen. Es fein etliche, die achten es 
nicht ein ſchnall, warn fie ſchon groffe ſchulden hin vnnd 
wider machen, fürnemlich wenn man file nicht baldt treibt 
n bezalen, da freffen, praſſen, füllen, fpielen vnd raßlen 

e tag vnd nacht ohn dauren, vnd fingen vonder der fül« 
ferey, juchtzen: ich laß ein Feines waldt Vögele forgen, ıc. 
Oder: ich thummes Brüderlein, wo fol ih mid hin keh⸗ 
ren, ı. Oder ich weiß mir ein reichen Bawren, der bindt 
die Schu mit Baſten, der die zech bezalen muß, vnd da⸗ 
ben biefe alfo gut leben vnd Keßferd mut, auß ander 
feut gut. 9a es dörffen folche auch noch wol darzu flus 
hen ond ſprechen, botz fad vol Endten oder rafperment, 
wz leit mir daran, wann ih ſchon ſchuldig bin, mein 
Außleher oder Borger muß eben fo groß forgtragen, wie 
er von mir möge bezalt werden, als ich forge, wie ich 
Mn bezale. Wer weiß, ich fahe etwann ein mall ein Fiſch 
hinder der Stauten, der ein taufent gulden bey im hat, 

als dann wil ich jhn redlich zu frieden flellen, oder wil 


358 


jhm eiwann ein mal ein loth Bley ober etlichs für Goldt 
fhiden, darann er den todt muß zelen. Deren kunden 
ond Schnaphanen findt man gar vil, die in genglich fürs 
feßen, jre ſchuldner alfo mit folder müng zu bezalen. 
Jedoch ift es nit möglich (es fey dann Fein frommer bluts⸗ 
dropff in ihnen) das fie nit mit erfchrodenem bergen da⸗ 
rann gebenden, vnd betrachten, wie hoch fie das verheiffen 
haben zu zalen, vnd mit was gebingen fie ſolche ſchuld 
gemacht haben. Dann fo er außgehet auff die Gaflen, 
entfeßt er fi vor den Schuldgläubigern, vnd fo im et 
wann der Schuldgläubig auff der Gaffen enigegen bes 
kompt, fleucht er ihn, wie der Teuffel das heilig Ereup, 
hie in dieſes vnd jhenes ed, vnnd fo er für ihn gehn 


muß, wirbt er gantz ſchamrot, verpeift ihm ſolches auffe _ 


recht und redtlich zu bezalen, vnd fagt dann, da vnd dort 
werde er gelt befommen, als dann wölle er ihn wie ein 
Bidermann zuftehet bezalen, vnd leugt alfo, das fidh die 
Balden möchten biegen, alfo das Fein Iug der andern 
möge entgehn, damit er nur von dem Schuldgläubiger 
mit fug komme. Ya was fol ich vil fagen, er erbendi 
alle lift ond rend, damit er den Schulpgläubiger entwe⸗ 
bers ober das Seil mwerffe, oder fonft betriege, damit er 
im nicht vil dörff geben. Er fpielet, frißt vnd faufft, da⸗ 
mit er nur etwann durch ein liſt fih möge abreden. Bund 
in fumma , mann mag das vbel vnnd böfes nicht alles 
erzehlen, fo auß dem Borgen entfpringt. Zum erflen bie 
vndanckbarkeit vnnd neidt gegen denen, fo vns leihen, 
dann wenn fle das fre wider mit recht vnd billichfeit bes 
geren, wirt man jinen barumb beffig ond aufießig. Zum 
andern die vnfruchtbarkeit in allen Dingen, dann fo lang 
die fihulden wehren, mag man nimmer mehr begrünen 
ober auff ein grünen zweig kommen: vnd fein alle jar zu 
früe geboren, dann wenn fie fihon etwas gewinnen, fo 
iſt es vorgeflen brot, vnd verbreüffet fie alle mühe vnnd 
arbeyt, was fie nur thun follen, in dem fie gebenden, 
das es nicht jr ſey, fonder den Schuldnern zugehöre: vnd 
wann fie dannoch To glüdfelig fein, dz fie ſolchs ven 
Schuldgläubigern geben, wo fie nicht auch ſolches verfrefs 
fen, onnd durch die Wein firaffen hinab ſchicken, vnnd den 
Schuldtenten ein weg ſchuldig bleiben als den andern. 


> 


359 


Zum vriften mühen fie alle bing trifacher beurer nemmen, 
weder wann fie es par bezalten, darzu daffelbig nicht gut, 
ſonder halb verlegen verfaulte wahr, vnd muf du fols 
ches nemen vnd wicht mupff darüber fagen. Aber vieleicht 
dörffſtu fie nicht zalen, dieweil fie fo lang anftehet ? Nein 
fürwar es ift ein alt ſprichwort, das die Wölff fein ſchuldt 
freien, darumb hab forg, «8 kompt die zeit, tag vnd 
ſtundt, daB du muſt bezalen, vnd fo du es nicht mit gelt 
vermagft, fo muſt du Haußrath vnd andere Heinoter dar⸗ 
geben, und fo du da auch wicht magft, muſt du mit leib 
ond ehr bezalen, vnd würdeſt als dann jedermann ein 
ſchandt vnnd fpott fein. Dann betrachte, wie viel herrliche 
und mechtige Königreich auff folche weiß fein zugrundt 
gangen, vnd noch täglichen zugrundt gehn. Wir fehen 
folhes an vielen reichen vnnd gewaltigen Kauffleuten, 
das fie vonn wegen großer ſchulden in das höchſt verder⸗ 
ben, vnnd gantz vnnd gar an Bettelftab kommen feyen. 
Die Egyptier kaufften von Joſeph Frucht auff borg, welche 
fie doch Tetfilich Haben müfſen bezalen, vnd viel im bie 
ewige vienfibarkeit Pharaons gefürt fein worden. Was 
fol ih dann thun, ſageſtu? dieſes thue, fo dich der Weiß⸗ 
mann Ichret, Prouerb. 6. Mein Sohn fo du für deinen 
freundt bürg wirft, vnd bein handt bey einem frembden 
verpfendſt, fo Haft dus dich mit deinem eygem mundi vnd 
recht gefangen: verhalben thue was ich dich lehre, vnd 
errette dichs ſelbs, dann du bift in deines nechſten handt 

efallen. Lauffe Hin vnd wider, eyl vnd wed beinen 

eundt auf, fchlaff nicht, fonder thue gleich ale ein Wy⸗ 
fell, die hin ond wider faufft, und nirgendt Fein ruhe hatt, 
alfo thue du auch, damit du mögeſt von deines freundes 
gewalt erreitet werden. Diß jetz alſo kürtzlich von ber 
erfien fchellen gefagt. 

2) Die ander Schell if, die Sündige ſchulden zufammen 
anff ein hauffen fparen. Dann es fein etliche, die fündigen von 
einem tag inn den andern, vnd maden fündt vber bie 
andern fündt, haufen fie vonn der kindtheit, Tugend vnd 
mannlidem alter, biß auff das höchſte und letſte alter, 
vnd mißbrauchen alfo die Barmperbigkeit vnd gutthaten 
Gottes. Wie, ſprichſtu, iſt die ſündt ein ſchuldt? iR je 
mandis dieſelbig ſchuldig? oder ſein wir dieſelbig ander 


860 


leut ſchüldig zubezalen? Daruff gib ich zu antwort vnd 
ſag, das fe keines ſchuld ſeind, aber fie machen ons zu 
. fhuldnern der firaffen onnd peen. Dann welcher fündiget 
der wirbt ein ſchuldner vnd vbeltheter vor Gott, welche 
fchuldt er dann befennen muß, wil er anders der ſünden 
ledig werden. Diefe, fag ich, hauffen jre fündt täglich, die 
weil Gott der Herr kein rechnung von jnen nimpt, fon- 
ber verzeucht mit ihnen, damit fie nachmals nicht Klagen 
tönnen, Gott hab zu fireng mit jnen gefahren. Dann fie 
ſprechen: O vnſer Herr Gott if ein gütiger mann, er ifl 
ein Bidermann, darumb eylet er mit feinem, vnnd hey⸗ 
ſchet nicht von mir, dann er hat mir noch nie Fein Schuldt⸗ 
botten, Statt oder Fürfpreh zum hauß geſchickt, das ich 
in fol bezalen, was fol ih jm dann geben, weil er nichts 
von mir begert. O du Eſelskopff und tolle Ganß, wie 
offt vermanet er dich, vnd faget dir foldhes in ein opr: 
gib mir dz du mir ſchuldig bift, du aber gibt ihm dar 
auff etwann ein fchlechten befcheidt, oder zum minften fagft 
du, warte nur biß morgen, wil ich buß thun, vnnd wenn 
der morgen kompt, fo fagft du aber morgen, vnnd weret 
diß von dem erften morgenbiß auff etliche jarlang. Schaw, 
wie Gott der Herr fo auffrecht ond redlich mit dir hand⸗ 
let. Er Hat gebult mit dir, vnd hat folches ſchon viel jar 
lang gethan, aber du thuſt hergegen fein rechnung mit 
im , ſonder ſpareſt daflelbig alles auff bie Iange band, 
vnd verachteſt die güttigkeit Gottes in alle, weg, vnd haufs 
feſt alſo mit deinen ſünden, ſchandt vnd laſter den zorn 
Goties von tag zu tag auff dir. Meineſtu, dieweil Gott 
die ſtraff auffziehe, dich darumb nicht ſtraffen werde ? Für⸗ 
war du geheſt in die aberwitz: dann je lenger ers auff« 
zeucbt, je graufamer er bich nachmals firaffen wirt. Ders 
halben wölſtu, mein lieber freund vnd bruder, folche buß 
nicht aufziehen, fonder warn dich Gott warnet vnd fagt 
dir es in ein ohr, das du folt buß thun vnnd beine 
ſchuldt bezalen, folleku dein ohr nicht baruon abwenden 
ond dich von dem Herren kehren vnd fprechen: Bitt Herr, 
wölleft noch Ienger verziehen, ich hab jetz nicht fat wol 
weit, ſchulden zubezalen, es ift die Faſten oder Karwochen 
noch nicht bie, das ih fol beichten, darumb bit ich lieber 
Herr Gott, du wölleſt noch ein zeitlang gedult wit mir . 


361 


tragen : fa du ſolleſt von flundan aufahen, buß zu thun, 
diefelbige nicht auffziehen oder fparen biß in das höchfle 
alter. Bann du aber alfo forth wirft fahren in beinen 
fünden vnd fie von tag zu tag hauffen, wirftu gleich wer 
ten dem Karren, welcher vier pferd hat (auß welchen das 
eine, ein Grömlein, was dz ſchwechſt under den andern 
alle) der legt jetlihen pferdt ein groffe bürden auff, lettz⸗ 
lich nam er die Büntell Yon den dreien vnd Iud fie alle 
zumal mit einander auff das Grömlein, das aller ſchwe⸗ 
her Roöfizle, vnd ließ die andere drey flarden Roſſz gang 
ledig dahin Tauffen, das Grömlin aber flach er dapffer mit 
fporen vnd trieb es hefftig hernach. Dife gleichnuß dienet 
fürnemlich dahin, auff die fo jre ſündt von tag zu tag 
aufffauffen vnd die buß fparen biß in das alter. Nu wir 
wöllen dife gleichnuß deutlicher erklären, dann ſchawe zu, 
du bift der Narr, welcher die roſſz geladen hat, die vier 
roſſz fein die vier zeit der menfchen. Das erft Pferdt {fl 
die Kindheit von zehen faren biß auff das zwentzigſt. Das 
ander Pferd iſt das blüend alter, die fugendt, von dem 
ein vnd zwentzigſten biß auff das dreiffigfie. Das drit 
pferbt iſt dz mannlich alter von den dreiffigften biß auffs 
ſechhigſt far. Dz viert pferbt iſt das höcfte alter. Da 
hat ein jedtliche Pferd fein eigen bürbe zur buß zutragen 
für die fündt fo er begeht, aber es nimpt feiner folche 
bürden auf fih, fparens alle biß in das alter vnd foll 
es Tas Brömlein alles allein tragen, dann du fparefi es 
inn beiner Kindtheit vnd wilt‘ die bürden ber penitentz 
nicht auff dich nemmen, vnnd begerft nirgendt kein buf zu 
thun , deßgleichen Hilft die Mutter auch darzu, ja ſpricht 
fie, wz fol ein Find von zwölff oder vierbehen faren thun, 
er weiß no nicht, was die find if, man findt doch man- 
hen alten, der thut nicht buß, was foll dann diß find 
thun, vnd hiemit entichufbigt fih das Breünlein. Das 
ander pferd, die fugendt oder blüend alter, daſſelbig nimpt 
auch die bürden der buß nicht auff fih, fonder fpricht, ich 
bin jetz in meiner beften ond blüenden zeit, ich muß gut 
leben haben, weil es mir gebeiet, dann wann ich nun 
komm inn die ehe, fo ift nichts dann ach vnnd wehe. Hie⸗ 
mit entfchuldigt fih der Sched auch. Das dritt pferd, 
das mannlih alter (der Schimel) wirfft die bürden von 


362 


im, vnd fagt, wann ich nun gar alt würd, als dann will 
th buß thun, es fompt noch wol, wann ich nun ein beit 
riß oder fonft ein alter greiß würd. Alſo werben diſe 
bürden alle gefpart biß in das alter, vnd werden all dem 
Grömlein auff den ruden geworffen, das muß dann tra⸗ 
gen das er darunder bleibt erligen. Alfo wirt es dir 
vnd einem feilihen gehen, wann du dein flnd fpareft bie 
in das hörhfle alter, als dann werben derfelben fouil fein, 
das du fie nicht al wirdſt mögen ertragen, fonder das 
runder müflen erligen, vnd alfo mit den fünden verbers 
ben ond vmblommen. Dermwegen wöllef du buß thun, 
dieweil bie zeit der Gnaden noch vorhanden if, ſolches 
nicht fparen biß auff das letſt rum, da dann fein zeit 
mehr ift, buß zuthun. 


Der XXVI. Rare. 


Wer wünfhet das er nit verſtoht, 
Bud nit fein fahen fept gu Gott, 
Der kompt zu ſchaden frü ond fpot. 


Bon vnnützem wünfden. 


Der iſt ein Narr, der wünfchen thut, 

Das im ald bald fihab iſt als gut, 
Vnd wenn erd hett vnd würb jm wor, 

So wer er doch ein Narr als vor. 
Midas der König wünfchen mwolt, 

Das alls das er angriff würd Golt, 
Da dad mar ward, ba leid er not, 

Denn jm zu Bolt warb Wein und Brot, 
Recht bat er das er, deckt fein Kor, 

Das man nicht fehe fein Eſels Ohr: 
Die darnach wuchſen in dem For, 

Weh dem fein wünſch all werben wor. 


363 


Piel wünfchen das fie Ieben lang, 

Vnd thun der Seel doch alfo trang, 
Mit fehlemmen, praflen, im Weinhauß, 

Das fle vor zeit muß fahren auf, - 
Darzu ob fie ſchon werden alt, 

Seind fle doch bleich, ſiech, ungeftalt, 
Ir Baden und Hendt ſeind fo Tür, 

As ob ein Aff ir Mutter wer, 
Biel geblichkeit die Iugent hat, 

Das alter in ein mefen flat, 
In zittern, glieder, flim und Hirn, 

Ein triffend Naß und glakecht Stirn. 
Seiner Frauwen iſt ex faft vnmaͤr, 

Im ſelbſt vnd feinen Kinden ſchwaͤr. 
Im ſchmeckt vnd gfellt nichts was man thut, 

Vnd ficht vil das fin nicht dunckt gut. 
Welch Ieben Tang, die habn groß pein, 

Allzeit im neumwen vunglüd fein. 
In trauwren vnd in fietem leid, 

Enven jr tag in ſchwartzem Heid. 
Neftor, Plens vnd Laertes, 

Beklagten ſich im alter des 
Das fie zu lang ließ Ieben Gott, 

Das fle jr Söhn anfchaumen that. 
Wer Priamusd geflorben vor, 

Vnd Het gelebt nicht fouil Ior, 
Sehe er nicht leid fo jemerlich, 


An Sohn, Fraw, Idchter, Statt und Meich. 


Wenn Mythrivates und Marius, 
Creſus vnd der groß Pompeius, 
Nicht werdend worben alt, 
Werend fie doch in groſſem gewalt. 
Wer Hüpfche im vnd feinem Kind, 


4 





364 


Münfchet, der fucht vrfacht zu Sund, 
Wer Helene nicht gweſen ſchon, 
Pariß Het ſte im Griechen glon. 
Wer befizlich gweſt Lucretia, 
Sie wer gefchmehet nicht alfo. 
Het Dyna Kopff und Hofert gfan, 
Sichem hett fie gelaffen gahn. 
Es ift gar felten das man tregt, 
Beyeinander fchönheit vnd Teufchbeit, 
Vorauß die hüpfchen Hanfen nun, 
Die wölln all Büberey jebt thun, 
Vnd werben doch gefellet pic, 
Dad man fie fliht im Narren ftrid. 
Mancher wünjcht Heufer, Fraw vnd Kind, 
Ober dad er vil Gülden find, 
Vnd defgleich gaudels, das Gott mol, 
Erfennt wie es gerahten fol, 
Darumb gibt er vns etwan neut, 
Vnd das er gibt, nimpt er zu zeit. 
Etlich dem gwalt auch wuͤnſchen noch. 
Vnd mie fie fleigen auch faft hoch, 
Vnd birachten nicht Das höher gwalt, 
Deſt höher wider abherfalt, 
Vnd dad wer auff der erben leit, 
Der darff für fahl fich fürchten neut. 
Gott gibt und alles das er wil, 

Er weiß was recht ift, was zu. vif, 
Auch was uns nuß fey, vnd kom wol, 
Warauß vns ſchad entfpringen fol, 

Vnd wenn er ons nicht lieber hett, 
Denn wir vns ſelbſt, vnd er thet, 

Vnd macht und (mas wir wünſchten) mar, 
Es reuwt ung, che auß Tem ein jar, 





— — — — 


365 


Denn vnfer bgier Die macht uns blind, 
Zu wünfchen ding die wider und find, 
Wer wünfchen wol das er recht Ich, - 
Der wünſch das im Gott darzu geb, 
Ein gſunden finn, Leib vnd gemüt, 
Vnd jn für forcht des tods hehät, 
Yürn zorn, begir, und böfen geit, 
Wer das erwirbt in diſer zeit, 
Der Hat fein tag gelegt baß an, 
Denn Hereules je hat gethan, 
Oder Sardanapalus hat, 
In wolluſt, gfüll und Federwat, 
Vnd hat als das jm würd fein not, 
Darff nicht anrüffen glüd vor Gott. 
Ein Narr wünfcht feinen ſchaden did, 
Sein wünſch wirt offt fein ungelüd. 


Yan Wünfd Herren. 
Das ſechs und zweingigft Narren Geſchwarm. 


Das ſechs vnnd zwengigft Narren Geſchwarm if von 
Wünſch Rarren. Dife feinds, fo mehr ſchädtliche, dann 
nuhbare ding wünfchen onnd begeren. Auß welcher zall 
Midas der Phrygier König iſt geweſen, der wünfchet, das 
alles fo er angriff, golt würbe, welches dann geſchahe, vnd 
würbe das Brot, der Wein, vnd alle fpeiß die er angriff 
zu golt, ond muſt er derhalben hungers fierben, alfo das 
ipn fein wunfch gar wenig halff, fonder viel mehr fein 
gi vnnd todt was, weder fein gefundtheit oder nußbars 
eit. Dife Rarıen werden fürnemlich auß fieben ſchellen 
eriennet. 

1) Die erfle Schell der Wünſch narren iſt, langes leben 
wünfgen onnd begeren. Dann es fein viel, die wünſchen 
allein inen Sanges leben, O du groffer Fantaſt, bu weiß 
nit, was du wünſcheſt. Was folt ich nicht willen, was 


u 


366 \ 


ih wünſche? Nein du weift es nicht, vnd verficheft es 
auch nicht, dann In dem du begerfi langes leben, wün⸗ 
ſcheſt du zu gleich, das du werbef bleih, Hand, vngeſtalt, 
runglecht, zittrecht in gliedern, an der flim vnd pirn, ein 
triefferhtige nafen, wirft deinem Weib vnnd Kinden, vnd 
fürnemlich dir ſelbs vnwert. Derwegen fo offt du langes 
leben wünſcheſt, fo begereft du zu gleich auch lange trüb» 
fall ond befümmernuß , vnd mufeft alletag ein newes und 
fonders onglüd oder widerwertigfeit erfahren. 


2) Die ander Schell ver Wünfch narren iR, wünfchen 
ein fchöne vnd vberauß wolgezierte geftalt des leibs. Dann 
es feind etlich, die wünfchen fonft nicht anders, denn das 
fie ſchön vnd hüpſch weren. O du groffer Rarrenfrefler 
du weifeft auch nicht, was du wünſcheſt. Was, fagft du, 
iſt es nicht ein guter wunſch, ſchön vnd wolgeftaltet fein ? 
Loß du Bulnarren, was du wänſcheſt, nemlich ein fähl 
deiner augen, ein ſtrick deiner fuffen, dann du wirft ſchwer⸗ 
li die laſter vnnd die Jugendt mögen onberfiheiden, noch 
viel fchmwerlicher zu hoben ehren kommen: dann bie fihöne 
vnd hüpſche geſtalt hat offtermals mehr geſchadet, weder 
genützet. Seitenmal in dem du begerſt hüpſch zu ſein, 
wünſcheſt du dir ein gelegenheit au ſuͤndigen. Dann lies 
ber, fag mir, warumb ift die frhone Helena von dem Pas 
ride entzudt worden? Warumb if die fehöne Lucretia zu 
Rom gefelt worden ? Allein von wegen der ſchönen ges 
Ralt. Dina ward von Sichem verzudt, allein von wegen 
ihrer Tchönen geftalt. Wiltu nun weiters hören, was du 
wünſcheſt? Du begerefi ein Blumen, die bald verbleichet, 
und von einem jeden wind gefellet wirt: dann zugleich 
wie ein fchöne Blum heut left, morgen aber ift fie ſchon 
dürr vnd nicht mehr wohl fchmedet, alfo IR es mil deiner 
fchöner geftalt auch, welche Heut ſchön if, morgen aber 
wirt fie bleich vnd todtſarb. Was fol ich vil fagen, es 
wirt ein Rund onnd tag fommen, das du bein felbs eigen 
angeht nicht mehr in dem Spiegel kennen wirbfl. Als 
dann wirbfiu felbs müb werben zuieben, vnd anfapen ober 
das alter zuflagen vnnd bir felber feinb werben, das du 
fo oft gewünfchet Haft, lang zu leben. 

3) Die dritt Schell if, Mechtige, fehöne, grofle vnd 


367 


eigue Heufer wünfhen und begeren. Dann es feind vil, 
deren wünfd Narren die begeren nichts andere Dann, dz 
fie nur köſtliche, prächtige vnd flattliche Heufer möchten 
haben. Denn fie ſprechen: O wann ich ein köſtlich Hauß 
bet, fo thet man mir auch ehr an, vnd würde ich von je 
derman geehret werden. Du fehleft zu weit, mein Bruder 
Hanß, bei einem guten groffen Bawren ſchuch, dann bie 
Ehr vnd Kunft des köſtlichen vnd zierlichen Haufes wirt 
nicht dir zugefchrieben, fonder dem Werckmeiſter, der folched 
auffgebawet hat, vnd in ein folch Herrlich Werd gebracht. 
Weiter begerfi ond fagft: O molte Gott, das ich ein weit 
vnd groffes hauß heite, da jreſt du auch hefftig, denn fo 
du ein groffes vnnd weites Hauß hetieft, fo müſt du nur 
deſto mehr forg, mühe vnd angfi haben, wie bu foldhes 
bewarteſt vnd an allen orten im baum hielteft. Letblich 
wünſcheſt vnnd fpricheft: O wollte Gott, das ich doch nur 
ein eigen Dauß hette. Warumb das mein Tieber freundt ? 
Meine du, das dir nachmals deſto mehr ehr angethan 
würd werden? Nein auf Feinerley weg: fonder du wirdft 
es ein Heine zeit befigen, dann dein flund ift bald auß⸗ 
eloffen, das du von innen mufl, darumm darffſt du auff 
ein ehr vnd würde weiter hoffen, ſonder rüſt dich auff 
die wegfahrt, du muft mit eil von hinnen, als dann wirdft 
du ein Hauß finden, das aller freuden vol ifl. 

4) Die viert Schell if, Ein köſtlichen vnnd ſchönen 
Haußraht wünſchen. Was fagfu, fein diſe Rarren, To 
ein ſchönen Hausraht wünſchen? 3a freilich, dann wilt 
du willen, was du hierinn begereſt? Du wünfcheft ein ſte⸗ 
tigen krieg, nicht allein mit Dieben, fonder mit Meufen, 
Ratten vnd ander vngeziffer, To ſich darhinder behalten, 
auch flaub vnnd onraht, der teglich darein fellet: Dar: 
nach wünfhefu auch vil mühe vnnd arbeit: dann e8 geht 
kein tag Hin, dz du fin nicht zelleſt, beſchaweſt, wüſcheſt 
vnnd fenbereft, damit du deine augen mögefl meiden, vnd 
wz fol ich vil fagen, wann du ein groffen Haußrath wün⸗ 
ſcheſt, ſo wünſcheſt du zu gleich vil mühe und verfaumnuß. 

5) Die fünfft Schell if, oil Kinder wünfden vnd bege> 
ren. Dann es werden vil gefunden, bie fpreden: O be 
ſcheret mir doch Bott der Herr Kinder, damit das ich au 


368 


möchte freudt Haben. Fürwar bu weiſt nicht, was du wün⸗ 
ſcheſt, dann fo du kinder begärft, fo begerefi nicht anders, 
weder ein Sorgbrunnen, vnnd Saurbrunnen in deinem 
hauß: welcher dich ohn auffhören peiniget und plaget. O 
du mwünfcheft bir ein eigen Meifter in dein Hauß, welcher 
dich Ichrnet, das du nie gewiffet Haft, du wirft auch lehr⸗ 
nen, wie ein groß herßenleidt es fey, wann bir beine Fin 
der nit gerabten oder das fie fonft zeitlich fierben. Du 
wirft auch mehr fünden begehn, wann du fle nicht recht 
inn der Gottesforcht aufferzeuchſt. Letztlich muſt du tag 
vnnd nacht ſorg, angſt, müh vnd arbeit haben, biß du fie 
auff die füß bringſt, vnnd manchen ſüſſen ſchlaff jrenthal⸗ 
ben brechen, vnnd doch auff geraht wol warten, ob etwas 
rechts geſchaffens auß ihnen werde. 


6) Die Schßt Schell iſt, Vogelkefig vnd Vogelſtelle, 
oder Bügel, die Lieblich ond wol fingen, begären. Es fein 
vil, die wünſchen: O wolte Gott, dz ich ein ſchön Vogell⸗ 
kefig vnnd mancherley Vögel darinn het. Lieber, war zu 
begereſtu ſolchs? Darumm dz ich fie möchte eſſen. Pie 
ſehen wir, wo aller ſchleck vnnd wolluſt der ſpeiß herkompt, 
dann die füllerey hat dz jagen, fiſchen vnnd vögelfahen 
zum erſten erfunden vnnd auff die ban bracht. Welches 
doch vil beſſer wer, das wir vns mit ſtarcker vnd grober 
ſpeiß (als fleiſch vnd gemüß) erhieltend vnd diſe ſchleckbißle 
lieſſen fahren, die da nicht anders ſein weder ein gifftiger 
vnd böſer wolluſt aller füllerey vnd freſſerey. Darnach 
ſein etlich, die wünſchen, das ſie Bappegey vnd Atzlen het⸗ 
ten, die wol ſchwetzten. Solches wie ein groſſe Narrbeit 
und Thorheit es fey, kan ein jetlicher Narr wol merden: 
in dem fie begeren, wilde Thier hören reden: fo doch des 
menſchen flim vnnd red füffer vnnd Lieblicher ift zu hören, 
weder kein Bogelgefang auff der gangen Welt. 

D Die fiebendt Schell ift, Reichtfumb vnnd Gewalt 
begeren. Auß ſolchem wunſch, was für gefahr, jamer, 
angft vnnd nopt enfpringe, haben wir jeßt einander nad 
gnug gehört, was für gefehrligkeit die müſſen außflehen, 
fo den Reichthumben mit epferigem hertzen nachhengen, ders 
wegen mwöllen wir nu dife Schell fürglich abbrechen, dann 
es wirt zunil zeit erfordern, wann wir fie wölten wider 


369 


holen vnnd repetieren. Difes allein wöllen wir alfo kürtz⸗ 
Jich daran henden, wann du jhe etwas wünſchen wilt, fo 
wünfh allein ein gut gewiffen, gut lob, trew vnd ein 
Erbar leben, vnnd das die Jugend inn' dir Leuchte gleich 
als ein brennende fadel des nachts auf der gaffen. DIE 
fein die gröften vnnd beften Reichtpumb, fo ein menfch 
hie auff difer Welt gehaben mag. Alfo haben wir kurtz⸗ 
lich erzelet die fiben Schellen, darauß man bie wünfchnar: 
ren lehrnet erfennen. Jetzund wöllen wir von den fludier 
knechten fagen, wie wol ich auch vonder derfelben zal wirt 
begriffen, muß ich fie doch noht halben erklären. 


Der XXVI. Narr. 


Ber niht vie rechte kunſt ſtudiert, 
Derſelbig im wol die Schellen rürt, 
Bud wirt am Narrenſeil gefürt. 


Bon vnnützem ſtudieren. 


Der Studenten ich auch nicht feyr, 

Sie haben die Kappen vor zu ſteuwr, 
Wenn ſie allein die ſtreiffen an, 

Der Zipffel mag wol naher gahn. 
Denn ſo ſie ſolten faſt ſtudieren, 

So gehn ſie lieber Bubilieren, 
Die Jugend acht all kunſt ſo klein, 

Die lehrnen lieber jetz allein, 

Das vunnüg ond nicht fruchtbar iſt, 
Daſſelb den Meiftern auch gebrift, 
Das fie der rechten kunſt nicht achten, 
Vnnutz geſchwetz allein betrachten, 

Ob 28 molt tag fein oder nacht, 
Ob hab ein menfch ein Ejel Br 
i. 





370 


DH Sortes oder Plato lauff, 

Solch lehr ift jetzt der Schuler Fauff, 
Eind das nicht Narren vnd gantz dumb, 
Die tag vnd nacht gehn damit vmb 

Bud krutzeln fi und ander Leut, 
Kein beſſer kunſt achten fie nent, 
Darumb Origined von jn, 
Sprit, das es find vie Froͤſch geſinn, 
Vnd die Hundes mucken da hand, 
Gedurchechtet Egypten land, 
Damit fo geht die Jugendt hin, 
Sp find mir Leiptzig, Erffurd, Wien, 
Zu Heidelberg, Meink, Baſel gftanden, 
Kamen zu lebt doch heim mit ſchanden, 
Das Belt das ift verzeret do 
Eind Handtwercks feind wir Ietftlich fro, 
Vnd das man Iehrt aufftragen Wein, 
Darauß wirt denn ein Henſelein, 
»So ift das Gelt gelegt wol an, 
Studenten Kapp will Schellen han. 


Bon Studier Harren. 
Das fieben vnd zwentzigſt Narren Geſchwarm. 


Das fieben vnd zwengigfi Narren Geſchwarm ifl von 
Studier Narren vnd faulen Bärhanten, oder onnüßen 
Studenten. Hie ift zu merden, das ich diſe vnnütze Stus 
denten nenne, fo die zeit jres Studierens vbel vnd ſchandt⸗ 
lich an legen, dann die fa recht ſtudieren, fein nicht vnnütz 
Studenten, dann fie haben ihnen folches. nutzlich vnd wol 
omaelegt. Derwegen fol man vie faulen badanten vnd 
vnnüge Studenten von den andern mit difen nachuolgen⸗ 
den Schellen vnderſcheiden. 

1) Die Erſte Schell ver Studier Narsen if, ein vn⸗ 


371 


nũtze Grammatic Iehrnen oder fürfefen. Dann e8 werten 
vil Preceptors vnd Schulmeifter gefunden, die wenden das 
hindert herfür, Tehrnen bißmweilen das ſchwereſt zum erften, 
fprechen, das feicht lehre fich felbs. Welches wie fcheplich 
es der Jugend fey, ift nicht zu fagen, dann wo fie ihre 
Grammatik nicht Iönnen, was mwöllen fie nachmals recht 
Audieren, ſeitenmal fie ein fundament ift aller freier kün⸗ 
fien, vnnd wo dieſe nicht ift, da fan man nichts außrichten. 
2) Die ander Schell der Studier Narren ift, zu lang 
ober der Dialectic ligen vnnd verharren. Welche kunſt 
zwar an jr ſelbs gantz herrlich vnd nuß iſt zu allen kün⸗ 
ſten, fo ferr fie zu rechter zeit onnd gelegenheit gebraucht 
wirt, vnd dz man ſich nicht zu gar vil auff viefelbige lege, 
dann wer zu tieff darinn gründet vnd beneſtet, der felt 
oft in groffe jrrthumb vnd Verwirrung, alfo das er 
mandmals felber nicht mehr weiß, wo er auß noch ein 
offe. Dermwegen fol man fi nicht gar zu hefftig darauff 
egeben, dann folches offtermald vilen geſchadet hat. 


3) Die dritt Schell if die Rhetoric, das ift, die Red⸗ 
kunſt, verfaumen vnd mit der Poeten gericht vnnd fantas 
feien befledft werden. Die Redkunſt ift ein Edle vnd herr» 
liche kunſt, welche allen Gelehrien hoch vonnöten if: Dann 
durch re zierlichfeit mag man vil zuwegen bringen vnnd 
außrichten. Durch der Poeten gedicht aber werben fie 
derfüret: nemlich wann fie allein das böfe leſen vnnd dad 
gut laffen fahren: inndem fie den Ouidium von ber lieb: 

nfl vnd der Tieb Iefen, oder ben Propertium und Zibul: 
lum, welche nicht anders geſchrieben haben, dann allein 
wüſte vnd ſchampare wort: die Gott vnnd der Welt zu 
wider fein. Dife fo fie die Jugendt lißt, wird ſie dar⸗ 
durch mehr zum böſem vnd Wolüſten, weder zum guten 
geneigt. Derwegen ſoll mau ſolche böſe vnd ſchädliche 
bücher nicht leſen, ſonder vil mehr zu dem guten vnd nutz⸗ 
baren ſich begeben vnd darauff legen. Doc verwirff ich 
hie nicht aller Poeten ſchrifften, ſonder allein deren, dar⸗ 
durch die Jugendt mag verführet vnnd verderbet werden. 

4) Die vierdt Schell iſt, Sich ehe dann zeit, auff die 
Geomeiry, Arithmetic, Mufic, Aftronomy oder Afrology 
legen vnd begehen. Dann fo einer fein Grammatic, dia⸗ 


374 


Re ſich, das fein jre Zifchred und Difpulationes, fo fie 
auff ven Dohenfchulen treiben. Welches dann zum offter- 
mal nicht allein iren Eltern ein groffer merdlicher ſchad 
it, in dem fie vil auff ire Sohn gewendt haben, fonder 
inen noch vil fcherlicher, dieweil fie irer Eltern gut mutt« 
williger vnd freuenlicher weiß verfchlemmet vnnd verdem⸗ 
met haben. Dife wann fie alfo vngeſchickt wider heim zu hauß 
fommen, fein fie nicht anders dann wie ein Gagack, fo vber 
Meer fleugt, die kompt ein Ganß wider heim. Alſo fein 
auch folche kunden die haben nit nur jr Betterlich gut 
durch die Weinſtraſſen geiagt, fonver haben gar nicht darzu 
ſtudiert, vnnd fein hewr ale ferrn Efel. Diefe ziehen 
nachmals (wann fie der füllerey gewohnet haben) inn dem 
land herumb, der ein wirdt ein Gaudler, oder fpilmann, 
der ander ein thelferfehleder, Der dritt ein Teryadsfremer, 
der viert ein bader, der fünfft ein Henfelin oder fonft 
ein lottersbub, wo ed anders fo wol geraht, das fie nicht 
etwann gar zu fchelmen und bieben werten. Derpalben 
ſollen die Preceptores wol forg tragen, tamit fie die Ju⸗ 
gend, fo jnen von frembden Elteren werden zugefchidt 
mit groffem vnd ſchwerem koſten, recht aufferziehen vnnd 
dnderweifen. Doch fol man mich hie recht verftehen, das 
ih inn difer Schell nicht angezogen wil haben, die fo 
recht wol ftudieren, deren noch vil gefunden werben, ſon⸗ 
der fey allein von denen gefagt, tie fich folder oberzeiter 
lafter befleiſſen onnd denfelbigen ergeben fein. 


8) Die adht Schell ift, zu frü onnd zu bald Magiſter 
oder Doctor werden. Dann es fein etfich, die fehen nicht 
dahin, was fie können vnnd wieuil fie geſtudiert haben, 
fonder betrachten allein das, wie lang fie auff difer oder 
jener Hohenſchul fein geſtanden, vnnd was fie für Lectio⸗ 
nes haben gehört, Gott geb fie können daffelbig oder nicht, 
da gilts ihnen gleih, wann fie nur Magifter oder Doctor 
fein, fo meinen fie, es hab kein not mehr vnd fein fie ges 
ſchickt gnug zu allen zufallenden hendlen. O du grofler 
Gau, was rumef tu dic allein von wegen bes bloſſen 
Zitteld ond Nammens? Du bift gleich einem Würt, der 
ein effechten oder wafferechten wein bat, der ſteckt ein Reiff 
oder Schilt auß vnd fihreibt taran: hierinn do iſt gut 


⸗ 








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374 


fe fh, das fein jre Tiſchred und Difpulationes, fo fie 
auff den Dohenfchulen treiben. Welches dann zum offters 
mal nicht allein jren Eltern ein groſſer merdlidher ſchad 
ift, in dem fie vil auff jre Sohn gewendt haben, fonder 
nen noch vil ſchedlicher, dieweil fie irer Eltern gut mutts 
williger vnd freuenlicher weiß verfchlemmet vnnd verdem⸗ 
met haben. Dife wann fie alfo vngeſchickt winer heim zu hauß 
fonmen, fein fie nicht anders dann wie ein Gagad, fo ober 
Meer fleugt, die kompt ein Ganß wider heim. Alſo fein 
auch ſolche Funden die haben nit nur jr BVetterlich gut 
durch die Weinftraffen gejagt, fonder haben gar nicht darzu 
fludiert, onnd fein hewr als fern Efel. Diefe ziehen 
nachmals (wann fie der füllerey gemwohnet haben) inn dem 
land herumb, der ein wirbt ein Gaudfer, oder fpilmann, 
der ander ein thellerfchleder,, der dritt ein Terpadsfremer, 
der viert ein bader, der fünfit ein Henſelin oder fonft 
ein Totterebub, wo es anders fo wol geraht, das fie nicht 
etwann gar zu fchelmen vnd dieben werten. Derhalben 
follen die Dreceptores wol forg tragen, damit fie die Ju⸗ 
gend, fo inen von frembden Elteren werden zugeſchickt 
mit groffem ond ſchwerem koſten, recht aufferziehen onnd 
vnderweiſen. Doch fol man mich hie recht verfiehen, das 
ih inn difer Schell nicht angezogen wil haben, die fo 
recht wol fudieren, deren noch vil gefunden werben, ſon⸗ 
der fey allein von denen gejagt, die ſich folcher oberzelter 
laſter befleiffen onnd denfelbigen ergeben fein. 


8) Die arht Schell if, zu frü onnd zu bald Magiſter 
oder Doctor werden. Dann e8 fein etfich, die fehen nicht 
dahin, was fie können vnnd wienit fie geftudiert haben, 
fonder betrachten allein das, wie lang fie auff difer oder 
fener Hohenſchul fein geſtanden, onnd was fie für Lectio⸗ 
nes haben gehört, Gott geb fie können daſſelbig oder nicht, 
da gilts ihnen gleich, wann fie nur Magifter oder Doctor 
fein, fo meinen fie, es hab fein not mehr vnd fein fie ges 
ſchickt gnug zu allen zufallenden hendlen. O bu grofler 
Gauch, was rümer du dich allein von wegen des blofien 
Tittels vnd Nammens? Du bif gleich einem Würt, der 
ein effechten oder waflerechten wein bat, der ſieckt ein Reiff 
oder Schilt auß vnd fihreibt daran: hierinn do iſt gut 


® 





375 


Wein, vnnd betreugt hiemit die feut, das fie glauben es 
ſey ibm alfo, wann fie aber den Wein verſuchen vnnd 
trinden, do fagen fie von flundt, der Würt hat vns be 
fchiffen, dann der Wein ift nicht gut: Alfo bift du au, 
du tregfi den Nammen vnd Tittel eined Magifterd oder 
Doctors, fo du doch nicht vil weit zu fagen von einem 
recht gelehrten Doctor, vnnd betreugft die Teut alfo mit 
deinem bloffen Nammen und Tittel. Diß follen alle fiu: 


dioft betrachten, das fie nicht ehe fliegen, dann fie federn . 


befommen. 

9) Die neundt Schell der Studier Narren if, Inn 
dem bifputieren fleiff vnd hartnedig auff feiner meinung 
verharren. Dann die bifputationes fein gantz nützlich vnd 
fein ergründerin der warheit, allein wo man nicht mit 
halßſtarrigem gemüt difputiert. Dann man findt manchen, 
der will fich nit von feiner meinung Taffen abweifen, 
wann er fchon wiffentlich weiß, das er vnrecht hat, wel⸗ 
ches er allein darumb thut, rhum und Ehr dardurd zus 
fuchen. Aber folches fein Fein pifputationes oder erklärun⸗ 
gen der Wardeit, fonder es wirt die Warheit vil mehr 
darmit under getrudt vnd verbundelt. Derhalben fol man 
fih vor der Baldftarrigfeit hüten, vnd nicht jedes, dz fo 
ihm inn fein Rögtopff fompt, für recht onnd war halten. 
Diß fein inn einer fumma von den fludenten gefagt, wel⸗ 
her nun vonder difen Schellen begrieffen wirbt, der lug, 
das er fih bey zeiten daruon abwende, dann two folches 
nicht gefchicht, wirt es im letſtlich gantz leidt werben. 


— — — 


Der XXVIII. Narr. 


Solt Bott nad vnſerm willen maden, 
Bbel ging es in allen ſachen, 
Wir würden weinen mehr dann lachen. 


Bon wider Bott reden. 


Der ift ein Narr, der macht ein Fewr, 
Das er dem Sonnenschein geb ſtewr, 


876 


Oper wer Facklen zündet an, 

Vnd wil der Sonnen glaft zuſtahn. 
Bit mehr der Gott flrafft umb fein merd, 

Der heißt mol Henn von Narrenberg. 
Denn er all Narren vberttifft, 

Sein Narrheit gibt er in gefchrifft, 
Denn Gottes gnad und fürfichtigfeit, 

Iſt fo vol aller wiflenßeit, 
Das fle nicht darff der Menfchen Lehr, 

Oder dad man mit rhum fie mehr, 
Darumb D Narr was ftraffftu Gott, 

Dein weißheit ift gehn jm ein fpott, 
Laßt Gott thun feinem willen nad, _ 

Es ſey gutthat, firaff ober raach, 
Laß wittern, laß machen fchon, 

Denn ob du ja darumb bift bon, 
So gſchicht es doch nicht deſter che, 

Dein münfchen thut allein dir wehe, 
Darzu verfündeft dich gar ſchwer, 

Bil weger bie geſchwiegen wer, 
Wir betten das fein wil der werd, 

Al in dem Himmel fo auff erb, 
Vnd du Narr wilt jn flraffen, ehren, 

Als ob er fih an dich müßt kehren, 
Gott weife all ding baß orbinieren, 

Denn durch dein Narrecht fantafleren, 
Das Jüdiſch Volk das Ichrt vns wol, 

Ob Gott woͤll dad man murmeln fol, 
Wer was fein rahtgeb zu der zeit, 

Da er all ding fehuff, macht auf neut: 
Wer hat jm geben vor und ebe 

Der rhüm ſich des, vnd flraff in mehe. 


377 


Yen Gott Straffer. 


Das acht und zweintzigſt Geſchwarm. 


Das acht vnd zweintzigſt Narren Geſchwarm iſt von 
Gott Straffer, nemlich von diſen, ſo freuenlich wider Gott 
reden vnd Murren, oder ſo Gott den Herren in ſeinen 
wercken rechtfertigen. Die werden auß dreien Schellen 
erkennet. 

1) Die Erſt Schell iſt, Gott ſtraffen von wegen ſeiner 
ſtrengkeit, oder Grimmigkeit. Dann es ſein etlich, die Mas 
gen vber Gottes Grimmigkeit, wann fie vil leiden müſ— 
fen, entweders groffe armut, oder ſchmachheit, oder vers 
achtung , oder veruolgung, over böfe anfechtungen, oder 
krandheit vnd widerwertigfeit, die fprechen vnd fchreien, 
Gott fey gang grim vnd fireng gegen ihnen, weder ge« 
gen andern, denen er auch anfechtung gefchidt hab, vnnd 
lege inen mehr und fchwerere bürden auff, weder fie ges 
tragen mögen, vnd fie. fein von Gott verfloffen vnnd vers 
worffen. D wie ein groffe Thorheit if diſes, meine Tiebe 
feeundt , dz man folpes für ein arimmigteit vnnd ſtren⸗ 
nigkeit achtet, ſo es doch vil mehr für ein barmhertzigkeit 
vnd gütigkeit iſt zuhalten. Lieber ſaget die warheit, wann 
einer den grewlichſten todt, ſo man erdencken möcht, ver⸗ 
ſchuldet hei, ver Richter aber bewieß jm barmhertzigkeit 
vnnd ließ ihn nur vber ven Beſenmarckt jagen, damit er 
dem grewlichen vnd erſchröcklichen todt möcht entrinnen: 
Der Vbelthäter aber Hagt nachmals den Richter an, als 
hett er vil zuſtreng vnd grimmig mit jm gefahren: Wer 
folder nicht für ein Narren onnd gottlofen Menſchen zu 
halten, inndem er ober die groffe barmhertzigkeit des Rich 
ters Hager, der im das leben geſchenckt vnd von dem 
grewlichien tod errettet dat? Alfo fein wir auch Narren 
vnd gottiofe Ieftermeuler , indem wir ober Gott Murten. 
Dann wir’ fein in dife Belt fommen mit, der Sünd des 
ewigen todts vnd der Emwigen verdamniß, wie können wir 
dann alfo doll vnnd blindt fein, das wir wider Bott 
murren , gleich als wann er zu fireng mit uns führe, fo 
er ons do an ſtatt des Ewigen todt6 und berdamnuß 
züchtig vnd Vetterlich heimſucht. Derhalben follch wir 


378 


alle züchtigung fo uns Gott der Herr‘ aufflegt, gutiglich 
tragen, vnnd Gott auff das höchſte darumb dandfagen, 
das er vns alfo Betterlich heimfuchet, onnd ons fo trew⸗ 
ich gemeinet. 


‚2 Die ander Schell der Gott Araffer if, Gott ven 
Herren flraffen von wegen feiner Gütigfeit vnd barmper: 
Bigfeit, welches gefchicht auff dreyerley weiß. Erſtlich das 
er groffe fünder zu buß auffnimpt, vnd gibt ihnen nad 
mals mechtige gaben: Darnach, das er den gottloſen vnd 
laſterhafften menfchen zulang zufihet vnnd die nicht ſtrafft, 
fonder laßt fie inn ihrem fchandtlichen vnnd böſen leben 
alfo inn wollüften fißen, Tebtlich gibt er fn auch no 
manchmal vil glüd vnnd mwolfahrt dazu. Vber folche barıns 
bergigfeit Gottes Hagen diſe, dieweil der gottloß vnd böfe 
menfch mehr glück hab, weder ver fromb vnd gerecht. 
Derhalben fo werden ihr viel gefunden, die fehr vber bie 
Gütigkeit Gottes Hagen: Dann fie ſprechen, diſer menſch 
iR ein folcher gottlofer vnnd verfluchter menſch, das er 
würdig ift, das in Gott der Herr in einen augenblid 
ftrieffe, oder das ſich das Erdtreich auftehet onnd verfchlu« 
det ihn: Horch hie ein wenig, mein bruder, vnd bevend 
was du rereft, dann wann Gott der Herr mit dir onnd 
mir alfo gehandiet het, wo weren wir jeßundt ? Ich förcht 
wir weren in dem Himmel da die öpffel auff dem ſimb⸗ 
fen braten. So er gleich noch vnſer erften, andern, brite 
ten, ja hunderten vnnd taufenteflen fünd ons nicht barm⸗ 
hertzigklich het geduldet, weren wir fürwar inn die ewi⸗ 
e verdamnuß geſtoſſen worden. Aber er hat mit vns 

ätterlich vnnd barmhertzigklich gehandlet vnnd hat vns 
zu gnaden auffgenommen. Darumb ſollen wir Gott höch⸗ 
lich dancken, vnnd bitten, das er zu gleich mit anderen 
auch alſo wölle handlen, vnnd ſo wir ſeben, das er die 
fünder zu gnaden hat auffgenommen, ſollen wir vns da⸗ 
rob frewen. Weiters das Gott der Herr den böſen vnd 
gottloſen, ſo inn ihren ſünden beharren glück vnnd wol⸗ 
fahrt gibt, ſoltu du darumb nicht murren, dann ſolches 
geſchicht allein zu jhrem verderben vnnd höchſten ſchaden. 
Dann fie werden nachmals auß den guthaten Gottes, ſo 
fe mißbraucht Haben, geuxtheilet werben. 


» 379 


3) Die dritt Schell if, Gott ſtraffen vnd fchelten von 
wegen der vungleichförmigfeit der zeit. Dann es fer et 
fich, die murren wider Gott von wegen des Gewitters. 
Nemlich wann etwann ein groffe bürre ift, oder groffe 
onnd graufame mwafler frhmöllungen, oder graufame hi 
oder ſcharffe felt vnnd froſt, murren fie wider Gott, gleich 
als wenn Gott der Herr nicht wiffet, wie er alle ding 
nach feinem gutdunden fol anrichten vnnd außtheifen. Lie⸗ 
ber, bekenn die felbe, wie ein grofle Narrheit diß fey, 
nleih ald wann die mweißheit Gottes nicht alle ding lieb⸗ 
fich onnd wol verorpnet: Sein wir weifer vnnd verflen: 
diger dann Gott der Herr felbs? Wöllen wir Gott lehr⸗ 
nen vnnd vnderweiſen, wie er die Welt foll regieren onnd 
verwalten? Du Heines Würmle, wie darffſt du fo kün 
und verwegen fein, das du den Herren vnd König Hims 
meld vnd der erden, ja die höchſte weißheit ſelbs, wölleſt 
weifen vnd Ichrnen ? Fürwar wo du nicht bey rechter zeit 
von difer deiner Thorbeit abſtehen würdſt, foltfiu nach» 
mals mit deinem groflen ſchaden erfahren, wie gefcheibt 
vnd weiß du ſeieſt geweſen. Darumb befilhe ſolche fach 
alle Gott dem Herren, der wirt ſie wol regieren, vnnd 
rüffe du jn allein mit deinem Gebett an, das er dich 
wölle erleuchten, damit du allezeit auff fein Gnade Hoffefl. 


Der XXIX. Narr. 


Wer auff fein Frombkeit belt allein, 
Vnd ander vrtheilt böß vnd Hein, 
Der ſtößt ih offt an herte flein. 


Der ander Leut vortpeilt. 


Der ift ein Narr, der ſich vertröfl, 
Auff wen, und meint er fey der größt, 
Vnd weiß nicht das in einer flund, 
Sein Seel fert tieff in Hellen grund. 


— — — — — 








380 


Aber den troſt hat jeder Narr, 
Er meint nicht ſein der nechſt der fahr, 
Wenn er ſchon ander ſterben ſicht, 
Bald hat ein vrſach er erdicht, 
Vnd kan ſagen, der thet alſo, 
Der was zu wild, der ſelten fro, 
Der hat diß vnd jenes gethan, 
Darumb bat in Gott ſterben lan, 
Bud vrtheilt einen nach ſeim tobt, 
Der villeicht ift in Gottes gnod, 
So er in gröflern Sünden lebt, 
Wider Gott vnd fein nechften ſtrebt, 
Vnd förcht darumb nicht ftraff vnd Buß, 
Vnd weiß Doch das er fterben muß, 


., Wo, wenn, vnd mie, ft im nicht fund, 


Biß dad die Seel fert auß dem mund, 
Doch glaubt er nicht das fey ein Hell, 

Biß er hin kompt vber Die Schwell, 
So wirt jm denn der finn auffftehn, 

So fie in mit der flammen ftehn, 
Ein jeden dundt fein Leben gut, 

Allein das Herb Gott fennen thut, 
Für böß ſchetzt man auch manchen Mann, 

Den Gott doch Fennt und Tieb wil han, 
Mancher auff erden wirt geebtt, 
> Der nach feim tod zur Hellen fert, 
Ein Narr ift wer gefprechen thar, 

Das er rein fey von fünden gar, 
Doch jenem Narren das gebrift, 

Tas erintcht fein wil das er if. 


381 


Yon Priheil Narren. 


Das neun vnd zweintzigſt Narren Gefchwarm. 


Das neun vnd zweintzigſt Narren Gefhwarm iſt, Bon 
freuel Vrtheil Narren. Hie aber iſt zu merden, von wel: 
hen Briheil Narren wir fagen, dann es fein die nicht 
ale Narren, fo ein vrtpeil vnnd fentent ober ein ding 
fallen, fonft müßten alle Oberkeiten vnd Richter Narren 
fein: Sonder wir fagen von difen Narren, fo freuenlich 
anderleut vrtheilen. Diefe fol man auß Sieben Schellen 
lehrnen erkennen. 

1) Die Ef Schell der Brtheil Narren ift, Auß gerin- 
gen vnd fohlechten mutmaffungen von eines gutthaten vnd 
trewe anfahen zweifflen. Dife ift ein geringe Schell, vnd 
entipringt auß der menfchlichen blödigkeit: vnd wirt kein 
vrtheil genennt, fonder ein böfer vnd falfcher argwon. 
Der argwohn aber nimpt daher fein vrſprung, Erfilich 
auß eigner fchaldheit vnd boßheit, nemlich das einer von 
im felbs böß vnd arg ift, vnd auß bemfelbigen, dieweil 
er feiner wol bewußt if, ſchleußt er, es fey einem andern 
gleich au alſo vmb dz herb, vnd wie das gemein fprich 
wort lautet, es fucht feiner feinen im Sad, er fey dann 
zuuor darin geſteckt, alſo ift es auch mit folchen Argwo⸗ 
nifchen Narren. Die von nen felbs abnemmen, wie einem 
Schalck vmb das Herb ifl. 

2) Die ander Schell ift, auß fchlechten vnd ſchlimmen 
abnemmungen für gewiß eines andern ſchalckheit und boß⸗ 
heit ortheilen. Nemlich wann einer auß geringen vrfachen 
bei im gänglih vriheilet, das fein freund oder bruder 
böß ſey, vnd iſt diß ein rechts vrtheil, dieweil er fen 
ſententßz vnd gemüt gang offenbaret. Diſes iſt ein groſſe 
vnd tödliche ſünde, dieweil er von einem vrtheilet, vmb 
geringer vnd ſchlechter mutmaſſung, vnd denſelben gantz 
verdammet: in dem er nicht allein ſchwerlich wider ſeines 
nechſten, fonder auch wider Gottes lieb fündigt. Dann 
Gott ift allein, der menfchen deren erfündiget, vnd ges 
hört ſolchs vrtheil Gott den Derren allein zu. Darnach 
fündigt er wider feinen nechften, dieweil er fn durch ſolch 
vrtheil Ho erachtet, vnd vmb einer TLieberlichen vrſach 





882 


verbammet, berhalben tfut er hiemit feinem nechften groffe 
ſchmachheit an. Dann diß ift ein todtfünd welcher feines 
nechften lieb widerſtrebt, vnd vrtheilt wider fein Brüder: 
lich lieb ohn alle vrſach. Derhalben hüt dich, das du dei 
nen freumdt nicht vmb einer fetlichen fchlechten fach wil⸗ 
en vrtheileſt vnd verdammeſt. 


3) Die dritt Schell der Vriheil Narren iſt, vmb gerin⸗ 
ger vrſach willen einen ſtreng ſtraffen. Dann es werden 
etlich Richter gefunden, die verdammen manchen armen 
tropffen gleich auß einem böſen vnd ſchlechten argwon, 
welches dann nichts anders iſt, weder ein falſch vnd vn⸗ 
gerecht vriheil, vnd ſchier mehr iſt, dann ein todtſünd, 
vnd iſt ſolches nit allein wider die liebe Gottes vnd des 
nechſten, ſonder auch wider alle billichkeit vnd gerechtig⸗ 
keit. Solche Richter ſehen nit an die vrfah vnd den 
Rechtshandel, ſonder allein die perſon, vnd wie fie dann 
gegen jr gefinnet fein, alfo vrtpeilen fie auf. So jnen 
bie perfon Lieb ift, over vil gelts geben hat, fprechen fie 
bie perfon ledig vnd erkennen fie für vnſchuldig. So fie 
aber jr geheſſig fein, verdammen fie dieſelbig vmb ein 
geringe vrſach, vnd iſt bey ſolchen Richtern beſſer ein 
handtuol gunſt, weder ein gantzer hut vol gerechtigkeit. 
Wolte Gott, dz man hierinn ein brauch hielt, wie vor 
aeiten bey den Römeren geweſen ift, dz eins jeden ange 
ſicht, deren fo vor gericht zufchaffen beiten, ware verdeckt, 
das man fie nicht kennet, auff das nicht nach ver perſon, 
fonder nad den thaten geurtheilet würd. Dann wir lefen 
das die Richter bey ven Römern jr angefiht haben müſ⸗ 


- fen verdeden, damit fie allein die vmbſtenden der Rechte: 


bendien verhöreten, vnnd kondte der kleger keinen fehen, 
auff das fie nicht etwann auß forcht oder liebe den Reis 
pen ehe fortpülffen, weder dem armen: ober ehe bie 
ſchöne weder die heßliche hörtend. Gleich wie jene Richter 
theten, die fchlöpten ein Aeptiffen lang in dem rechten 
herumb vnd wolten fie nicht ſürdern, bieweil fie alt vnd 
haͤfſzlich was, do fie aber auff ein zeit wider kame vnund 
bracht vil Schöner Nonnen mit jr, waren fie als bald be« 
reit jr zu beiffen, und gewan fie auch letſtlich den rechts⸗ 
handel. In Stalta haben auch etliche Stett diſen löbli⸗ 


383 


hen brauch, das fie ein außfendifchen und unbekannten, 
der inn der Statt niemandt hat, fo fm von haut no 
haar zugehöret, zu Richter ermöhlen vnd feßen, welde 
etfich jar daſelbſt den Richterlichen ſtab führent. Difer 
vrtheilet nicht offentlich, fonder fo ein wichtige fach vor: 
handen if, geht der gank Naht zu vnnd tregt beider 
Partheyen handel für den Richter, der darff dann nit 
fragen, welchem dife oder jene fache oder handel zuſtehe, 
fonder muß als baldt hierinn fein gut duncken vnd vrtheil 
ſprechen, ond wirt alfo hiemit dem armen fo wol ald dem 
Reichen geholffen, ohn allen onderfcheint. O wolte Gott, 
das ſolches bey allen Richtern flatt vnnd blaß hette, wirt 
mancher nicht ſouil jar vnd zeit in dem gericht herumb 
gefchlöppet, vnd darnach etwann letiſtlich wider alle billich⸗ 
keit vnnd gerechtigkeit verdammet. Doch ſagen wir hie 
nicht von allen Richtern, ſonder allein von denen, ſo das 
Richterlich ampt feil haben vnnd daſſelbig vmb Geldt ver⸗ 
Jauffen, dieſelbigen werden sonder diſer Schell begrieffen. 


4) Die vierdt Schell der Briheil narren ift, auß einer 
böfen handlung vnd that alzeit böfes von dem felben arg» 
wönen. Es fein etlihe, wann fie etwann ein mal ein 
böfe handtlung over that von einem fehen, halten fie jhn 
jmmer vnd allezeit nachmals für böß, ja fie dörffen den: 
felden auch noch wol in abgrundt der Hell verbammen, 
gleich als wann er nimmer mehr befert würde, fo man 
doch ahn Teinem menfchen verzweifflen foll, bieweil er das 
leben hat. Vnd halten "die gemeine regel der Juriften, 
welcher ein mal böß iſt, der wirt alzeit für böß gehalten. 
Welches dann ganz falfch if, vnnd allen fachen zu wider, 
dann es volget darumb nicht darauf, das wenn einer 
ein mal böß iſt, das er alzeit nachmals böß fe. Man 
findt viel Iofer leut, die nicht allein von wegen einer 
fihtbaren vbelthat, fonder etwann nur von hörfagen mit 
böfen vnd falfchen argwon, von einem frommen vnnd er» 
Hoden mann ſchöpffen: Ran glaubt man offtermals viel 
ehe einem verlogen vnd ehrlofen menfchen, der einem ans 
vern fein ehr hinderwerdig abfchneidt, weder fonft etwann 
zehen frommen vnd ehrliche Bidermännern. Derhalben fo 
bu etwann ſieheſt ein ehrlichen vnd frommen Bidermann 


; 
384 


ein vnfladt oder laſter begehen, verachte oder verdamme 
ihn nicht darumb gleich, ſonder denck, das er ein ehrlicher 
mann fey, vnd das er folches nicht auß böſem fürſatz 
thue, onnd das in folche that baldt gerewen werde. Alfo 
foldek du vonn einem andern halten, vnd jn nicht glei 
in abgrundt der Hell verbammen. 

5) Die fünfft Schell ift, auß einem böfen vnd verruch⸗ 
ten menfchen, die andern all, fo auß ber verfamlung fein, 
für böß vnd gottloß fcheßen oder vrtpeilen. Es fein et 
lihe, wann fie etwann einen auß einer gangen gefell- 
fhaft fehen fündigen, fehlieffen fie darauf, das die andern 
ale auch. alfo fein. Die iſt ein rechte grobe narrheit, 
dann ich wil dir ein exempel feßen: Wenn ein Reicher 
auf einer Kiften, die voller Thaler iR, ein- bofen Thaler 
herfür bringet, fein darumb die andern all, foer hat, böß 
ond nicht nüß ? Oder fo in einer Orgell ein pfeiffen jren 
rechten refonand nicht gibet, fein darumb bie andern all 
falſch? vnd was fol ich viel fagen? Meinſt du, das alle 
jünger Chrifti Judas fein gewelen, dieweil diſer verrähter 
under jinen ift erfunden worden. Derhalben wölleſt du 
nicht gleich ein gange ehrliche gefellfchafft von eines men: 
fpen wegen verdammen. Dann du weilt ohn zweiffel 
wol, wie das ſprichwort Tautet, das Fein herbt Schaf fey, 
es werben reüdige barunter gefunden, darumb betrachte zuuor⸗ 
hin iren flandt vnd würde, wie fie die andern alle halten. 


6) Die fehft Schell ver Vrtheil narren if, fih allein 
fromb vnd gut achten, fonft aber jedermann für böß vnnd 
gottloß halten. Dann es fein etliche, die halten allein 
viel auff jre kuttlen, vnd verachten dargegen jedermann 
gleich, ale wenn fonft niemandt, fo fromb vnd Gottsfoörch⸗ 
tig ‚were als fie. Vnd ob fie ſchon etwann ein fchandt 
begehn, achten fie boch viefelben für gering, vnd wöllen 
dannoch frömmer fein weder ander leut. Deßgleichen wenn 
fie von eines todt oder abflerben hören fagen, meinen fie 
nicht, das folches fie auch angehe, fonder wiſſen als bald 
ein vrſach darauff und fprechen, er bat fie verderbt in eſ⸗ 
fen vnnd trinden, vnnd bat fein felbs nicht gefchonet, das 
rumb tft er gefahren, vnd willen alfo eines jeden laſter 
vnd natur, aber ir eigen natur vnnd laſter erkennen fie 


385 


ſelbs nit, an welchen diß ſprichwort war tft, das fie 
ander Ieut ihren harn können beſchawen vnnd vrtheilen 
was ihnen gebrift, aber fren können fie nicht vnderſchei⸗ 
den, an welcher Trandheit fie kranck ligen. Derhalben 
wöllen folche Rarren billich gewarnet fein, vnd fih auch 
infonderheit fürfehen, das fie fi ihrer frombfeit nicht zu 
hoch oberheben, vnd ander leut dargegen verbammen, gleich 
als wenn fie von Gott gang vnd gar verfloffen weren, 
fonder gedenden an den Zolner vnd Bharifeer, welcher 
Onder den zweyen der frömbft fey geweien, auch betrach⸗ 
ten, das Judas erſtlich auch fromb ſey geweſen, doch letſt⸗ 
lich wider gefallen vnd ein Kindt des ewigen todtd worden. 

T) Die fiebennt Schell iR, fein eygen vrtheil verſau⸗ 
men. Es fein etliche, vie haben ſolche grofle forg für an« 
der leut, das fie ihren felber vergeflen, fo doch ein jeder 
menſch fein eygen lafter onnd fchandt folte zum erften ans 
ſehen. Dann welcher folches nicht thut, der fündiget gang 
befftig, inn dem das er ander leut ortheilet, er aber in 
folhen fünden vnd Iaftern ſtecket biß ober die ohren. Sol 
ches Ichret dich auch Chriſtus der Herr felbs, da er ſpricht: 
So du dein Opffer auff den Altar bringeft,, vnnd bebeits 
def, das du noch mit einem in ongnaden, neidt vnd haflz 
bift, fo laß deine gab auff dem Altar ligen, vnnd lauff 
zu ihm vnnd verfüne dich mit fhm. Alfo folt du in als 
Ien ſachen handlen, vnd dich zu dem erſten ortheilen, nicht 
dich felbs frömmer vnd beffer halten, weder du von bir 
ſelbs bifl. Difes fey alfo kürklich gefagt von den Vrtheil 
Narren, welche du leichtlich auß tiefen oberzelten laſtern 
vnnd vntugenden magft ortheilen und erkennen. 


— 


| Der XXX. Narr. 


Wem nach viel Pfrönven bie iſt noth, 
Des Efel fellt mehr den er goht, 
Bil Sed die And des Eſels tod. 


— Gum 


1. - 25 


386 


Bon viel der Pfründen 
Der ift en Narr, wer hat ein Pfrun, 

Der allein kaum recht mag gethun, 
Vnd led noch auff fo viel der Ser, 

Biß er den -Efel gang erſteck. 

Gin ziemlih Pfründ nert einen wol, 

Wer noch ‘ein nimpt, derſelb fol 
Acht Habn dad er ein Aug bewar, 

Das im daſſelb nicht auch außfahr, 
Denn wo er noch ein darzu nimpt, 

Wirt er an beyden Augen blind, 
Darnach kein tag noch nacht hat ruh, 

Wie er on zal auffnem darzu, 

Als ift dem ſack der boden auf, 

Bis er fehrt in das Gertner hauß, 
‚Aber man thut jebt bifpenfleren, 
Dardurch fie mancher ift verführen, 
Der meint das er fey ficher gang, 

Sp eylff und vnglüf wirt fein fchang, 
Mancher viel Pfründen bſitzen thut, 

Der nicht wer zu eim Pfrünblein gut, 
Denn er allein wol recht möcht thun, 

Der bftellt, taufcht,- Taufft fo mannig Pfründ, 
Daß er verirrt Did an der zal, 

Vnd thut jm alfo weh die wahl, 
Auff welcher er doch fien wöll, 

Da er mög fein ein gut Gefell, - 
Das iſt ein ſchwer fürgfich Collect, 

Warlich der tod im Hafen ftedt, 
Selten man Pfründen jegt aufgibt, 

Stmon vnd Hyeſi lauffen mit, „ 
Mer, wer viel Pfründen haben wöll, 

Der letſten wart er in ber Kell, 





L 


387 


Da wirt er finde ein Prefenk, 
Die mehr thut denn die fechft Abſentz. 


Yon Pfrundt Warren. 
Das dreyffigf Narren Gefhwarm. 


Das dreyſfigſt Narren Geſchwarm if, von Pfründt 
Narren, vnnd werden folche fürnemlich auß fieben Schel« 
len erfennet. 

1) Die erfie Schell ift, fich mit einer forglichen Pfründe 
beladen, welche viel böfer ik, dann wenn er zwo hette, 
die nicht alfo ſorglich vnd gefärlich weren. Dann das iſt 
- ein mal gewiß, das welcher ein forgliche Pfründt begert, 
das er zugleich in dem er noch darumb wirbet, ſich ons 
tüchtig machet, von wegen des böfen fürſatz. Wolte Gott 
von Himmel, das ein jeblicher betrachtet, was für ein 
flandt er begert auß zuſtehen, wann er ein gute Pfründt 
begeret, würden ihren viel nicht alfo Teichtfertig vnnd ver« 
wegen fein, folches hohes ampt zuuerrichten. 

2) Die ander Schell if, Statthalter vnnd Berwefer 
fegen. Lieber, was ift das für ein groffe thorheit, das bu 
darumb allein ein Weib nimbſt, damit du möchteſt inn 
kurtzer zeit ein Statipalter oder Berwefer feßen? Fürwar 
fo e8 allein daran gelegen if, fo fan auff gleihe weiß 
ein jeder Bawer auff dem Schwargiwald oder Korerfperg, 
ja noch wol ein Weib, zehen oder zwölff Pfrünvden has 
ben, dann fie fann an fhrer flatt ein Verweſer oder Statts 
balter ſetzen. Diß if auch nicht ein Feine fündt, das du 
allein alle Kirchen güter befitzeſt, vnnd aber dargegen 
mancher armer ſchweiß vnd tropff, der auch nicht nur 
zwey Alphabeth gelefen hat, muß hinder der thür flehen 
vnnd aroffe armuth leiden, fo er dach wol börfft als ges 
fchit fein, weder du noch deines gleichen, wenn du ſchon 
noch ein mal ein folder groffer Pfründt Hans bifl. 

3) Die dritte Schell der Pfründt Narren ift, viel fohlechte 
vnnd geringe Pfründt befißen, welches fih doch gar nicht 
gezimmet noch gebüret. Solches ift in der warheit auch 
ein groſſe fündt, das einer allein gehen oder zwolff Pfründt 


388 


beſitzet, vnnd Teidt nicht daran, ob fie fhon Hein vnd ges 
ring fein, möchten fih doch etwann viel armer gefellen 
darmit können betragen, die fonft groflen mangel müflen 
leiden an zeitlicher narung. Zwar folches iſt fürnemlich 
ein groffes laſter an den Gelerten, das fie mit folchen 
faulen flüden vmb gehen, fo fie doch vor andern allen 
fih folten enthalten, damit fie nicht ein erempel geben 
des Geitz, welcher ein laſter iſt alles vbeld. Dann auß 
foutel Pfründen entfpringen viel vnnd mancherley Tafter, 
dardurch dann viel Prieſter vnd Herren auff mancherley 
weiß werben betrogen. Erſtlich betriegen fie Gott den. 
Herren an_feiner ehr onnd bienft, dann dieweil er fo viel 
Pfründt befißet, were es auch billih, das er viel arbeit, 
mühe vnd forg für die onderthanen darumb trüge. Zum 
andern wirt durch ein folch Tiederlih vnnd faul glidt der 
gantze Leib Epriftlicher Kirchen geſchwecht, gleich wie ber 
gande Teib des menfchen kranck vnd geſchwecht wirt, fo 
nur ein gliedt not leidet, alfo iſt es auch in der Chriſt⸗ 
Iichen Kirchen. Zum dritten betreugt er ein armen not» 
turfftigen Pfarherrem, welcher fih auß dieſer Pfründt eine 
folt ernebren. Zum vierdten laſſet er ein andern als fet: 
nen Statthalter viel mühe vnd arbeit haben, vnnd nimpt 
er den gewinn daruon. Zum fünfften betreugt er die on: 
dertpanen, welcher heil vnd ſeeligkeit er zum: höchften folt 
betrachten. 


4) Die vierdt Schell if, den Abel, die künft, vnnd bie 
geſchicklichkeit der zeitlichen Regierung hoch halten vnd 
allen andern dingen fürſetzen. Dann es ſein etliche, die 
meinen, das jhnen die Pfründen nicht gezimmen, vnd be⸗ 
ſchemen ſich derſelben, dieweil ſie Edel oder Doctores, 
oder ſonſt gantz geſchickt ſein zu weltlichen Regierungen. 
Diſe begehn auch ein groffe ſündt, in dem fie nicht bes 
trachten, das ein gelehrter ond frommer Mann mehr außs 
richtet in der Chriſtlichen Kirchen, weder fonft gehen vn⸗ 
gelerter. Deßgleichen mag ein gelehrier Herr vom Adel, 
oder fonft ein gewaltiger, ber etwas geſtudiert hat, beffer 
die Chriſtlichen Kirchen ſchützen vnnd ſchirmen, weder ſonſt 
hundert, die nicht geſtudiert haben. Derhalben ſollen ſich 
die Edlen, Doctores der Rechten vnd andere hochgelerte 


. 


389 


DMemer, gar nit ſchemen, Gott dem Herren zu dienen 
vnnd ſich auß den Pfründen ernehren, welches ihnen ver 
recht weg iſt zu dem ewigen leben, bieweit fie Gott dem 


. Herren bie auff difer Welt in aufferbawung feiner Chriſt⸗ 


er Kirgen vnd gemein fleiffig gedienet vnnd gearbey« 
t haben. 

5) Die fünfft Schell der Pfründt narren iſt, fein Hoffe 
nung vnd vertrawen feßen in die Heichlihe außgab vnnd 
brauch der Kirchen güter. Es feindt etliche, die glauben, 
das fie folche Pfründt vnd gut mit ‚recht empfahen, die⸗ 
weil fie ſolches gut widerumb reichlih onnd mit milter 
handt auß theilen. Die frren hefftig, dann was hilfft ſol⸗ 
Ges einen krancken, wenn er dem Artzt viel gelts gebe, 
vnd ber Arpt theilet folches nachmald auß vnder die ars 
men, thete aber nicht deſto minder dem franden fein hilft, 
damit er mörhte gefundt werden, fürwar ſolches wer nicht 
an dem Artzet zu loben, ob er ſchon das gut dem armen 
gibt, vnnd Laffet aber hiezwiſchen den franden ligen, onnd 
hilfft jhm nicht gu der gefunppeit, deſſen gelt vnnd gut 
er doch empfangen hat, damit er ihn folte gefundt mas, 
chen: alfo iſt es auch mit folchen Prieftern, wenn fie ſchon 
lang das Kirchen gut reichlich vnd miltiglich außtheilen, 
aber hergegen nicht tun, was ihrem ampt zuſteht, vnd 
betrachten nicht, von wes wegen fie das gelt empfangen. 
Diß heiſſet gleich gehandplet dem Erifpino, derfelb fall das 
Leder, und gab nachmals die Schuhe vmb Gotts willen. 


6) Die ſechſt Schell iſt der gelehrten, wenn fie anderer 
gemeinen breuchen nachublgen. Weift bu nicht, das zwen 
weg fein nachzuuolgen, der ein ift ſchmal, der ander breit, 
welcher zu der verdamnuß führet, vnnd gehn denſelben 
gar viel: der aber ſchmal if, den gehen wenig. Derhals 
ben follen- fie fich nicht auff den gemeinen brauch verlafs 
fen, dann es bezeugen fehler alle Gelehrten zu vnferen 
zeiten, das die viele der Pfründt mehr fhaden, weder nü⸗ 
Ben, Inn dem man den Pfründen obligt, werden dardurch 
die Predig vnnd andere ding mehr, fo zu dem Geiftlichen 
ampt gehören, verfaumet. Dann wir haben beren Exem⸗ 
pel gar viel hin vnnd witer, das viel durch die menge 
der Pfründt in groffe vngemach, vnd in verderbung leib 


390 


onnd feel kommen fein, in dem fie fich zu viel mit den 
Pfründen beladen haben, vnnd alfo darinn erfiidet, das 
fie letſtlich weder Gottes, noch der Welt geachtet haben. 
7) Die fiebennt Schell ift, fich beichönen mit den Pre⸗ 
Iaten onnd Thumperren. Dann c8 fein viel, die fprechen, 
wie fan es mir armen Dorffpfarherrlein ein ſündt fein, 
wann {ch ſchon etwann ein Pfründt oder vier hab, fo 
doch mander gewaltiger Prelat vnnd Thumbherr etwann 
ein Pfrund over dreiffig hat? Darauff gib ich dir kürtz⸗ 
lich zu antwort vnd fage, das du dahin nicht darfffft fe- 
ben, fonder allein auff dich, was du thuft ond handleſt, 
dann du wirft nicht für fie rechenfchafft geben gegen Gott, 
fonder für dich ſelbs muft du antwort geben. Dermwegen 
wirt da kein entfrhulvigung fein, bieweil du ſolches ges 
wüſt Haft, Das es unrecht if. Dom wil ich auch hie die 
Prelaten nicht entichuldiget haben, dann fie eben fo wol 
bierinn nicht recht thun als die anderen. Dann wann 
folge in allen fachen recht vnd gottsförchtig handleten, 
hette Chriftus der Herr nicht befolhen, das mann jhren 
werden vnd thaten nicht fol nachuolgen, fonder ihrer lehr. 
Dis fey alfo kurklich von den Pfründt Narren gefagt. 


! 


— 


Der XXXI. Narr. 


Ber fingt Eras Cras gleich eim Rappen, 
Der tan das Narrenſchiff ertappen, 
Morn bat cr no ein gröffer Kappen. 





Bon aufffhlag fuden. 


Der ift ein Narr, dem Gott ingibt, 
Das er ſich beflern fol damit, 

Vnd fol von feinen fünden lahn, 
Ein befier leben fahen an, 

Vnd er im ſelbſt fucht ein aufffchlag, 
Vnd nimpt ziel auff ein andern tag, 


EI 


391 


Bnd fingt Cras, Eras, der Rappen gfang, 
Vnd weiß nicht, ob er leb jo lang, 
Dardurch feind Narren viel verlorn, 
Die alzeit fingen, Mom, Morn, Morn, 
Mas Sämd antrifft, und Narrheit ſuſt, 
Da eilt man zu mit groffem Luft, 
Was Gott antrifft, und recht ift gthan, 
Das wil gar ſchwerlich naher gan, 
Vnd ſucht ein aufffchlag im allzeit, 
Beichten ift befjer Morn denn heut, 
Morn wölln wir erft recht Iehren thun, 
Alfo ſpricht manch verlormer Son, 
Daſſelb Morn Eompt denn nimmer meh, 
Gs fleucht und ſchmiltzt gleich wie der Schnee, 
Biß das die Seel nimm bleiben mag, 
So kompt dem erft der Mornig tag, 
So wirt von web ver leib gefrendt, 
Das er nicht an die Seel gebendt, 
Alfo verdurben in der Wüfl, 
Der Juden vie, der feiner müſt 
Noch folt gank kommen in das Land, 
—Das Gott verhieß mit feiner hand, 
Wer heut nicht gſchickt zu reuwen if, 
Der findt Morn mehr dad jm gebrift, 
Wen heut berüfft die Gottes ſtimm, 
Der weiß nicht, ob fie Morn rüff im, 
Der feind viel taufent jetzt verlorn, 
Die meinten befler werden Morn. 


392 


Yon Beidinarren, Harrnarren, Verzugnarren, vnnd 


Auffſchlagnarren. 


Das ein vnd dreyſſigſt Narren Geſchwarm. 


Das ein und dreyfigſt narren Geſchwarm iſt, von Beidt 
narren, welche man fürnemlich auß vier Schellen lernet 
erkennen. 

1) Die erſt Schell iſt, die bekerung von Sünden zu 
Gott von tag zu tag auffziehen. Dieſes iſt ein ſolche 
groffe thorheit, das man dergleichen nicht mag erbenden, 
ich wil geſchweigen, das man fie genugfam möge außfpres 
hen. Lieber, fage mir du grofler Narr, was verurfachet 
dich doch, das du alfo in einem gefährlichen ſtandt blei⸗ 
be, inn welchem die Göttliche Gerechtigkeit ober dein 
Topff ein zweyſchneidet bloſſes ſchwerdt heit, damit fie dich 
in der mitte entzwey ſchneide, vnd dein feel von dem leibe 
ſcheide, vnnd werff den beften theil deiner feel in abgrundt 
der Dell, vnd heit auch folches fchwerbt nichts anders auff, 
weder allein die Barmhertzigkeit Gottes, die verhofft du 
ſolleſt dich etwaun ein mal beffern. Weiſt du nicht, das 
du auff dem weg geheſt, ter vich zum todt leitet, warumb 
zeuhf du dann bein beferung ynd buß Ienger auf? Der 
halben was du thuſt, handleft vnd wandleſt, fo vollfirede 
daffelbig baldt, dann du bift nah bey der Hellen pforten. 
Die Hellen pforten aber fein nichts anders, weder allein 
die todt ſündt, vonder weichen beyden fein groffer vnder⸗ 
ſcheidt if. Derwegen gehe als baldt wider zurud vnnd 
beler dich zu Bott, dann auff dich warten alle Himmelifche 
far, dir fiebet der Himmel offen, vnd liget allein an bir, 
Das du buß thueſt, Bon fünden abſteheſt, vnnd dich zu 
Gott belereſt. . 

2) Die ander Schell if, die befandinuß auffziehen biß 
ihm die feel außfahret. Es fein etliche, die fein von nas 
tur gantz vnnd gar eines zerbrocdhnen vnnd zerfihlagnen 
berkens, aber wenn es an ein bekandtnuß gehet, fehieben 
fie viefelben vonn tag zu tag auff. Lieber, fag mir doc, 
warumb ſörchteſt du dich, beine heimligkeit onnd anligen 
der fünden Gott dem Herren für zu tragen im Gebet oder 
in der Beicht? Danu warin kanſt du Gott dem Herren 


393 


ein gröffer wolgefallen ihun, weder allein barinn, das du 
dich bekenneſt als ein armen offnen vnnd ſchweren Sün: 
ver? Du thuſt gleich wie Adam im Paradeiß, der ver 
barge fih, damit ihn Gott nicht möcht gefehen, alfo ver: 
birgeſt du beine fündt vor Gott. Daran fündiget bu 
gantz hefftig, dann es iſt gewiß, das viefe fündt, fo vor 
Gott dem Herren verborgen werden, Gott felber offenbare 
vnnd vor jedermann an tag bringe. Oder fleuchft vieleicht 
darumb die bekandinuß, das du meineft, du möchteft nach 
folhem Tangen auffihub deine fündt deſto baß nachmals 
Können Bott fürtragen ond erzelen? So du folches finns 
pi, irre du fürwar gang hefftig, dann in ber rechnäng, 
fo fang auffgeichoben wirdt, vergißt man gar viel, alfo if 
es gleich mit dem fünder, ye länger er bie bekandtnuß 
auffichiebet, ye mehr er vergifiet, aber fürwar, der Teuffel 
vergiſſet folches nicht, fonder er zeichnets alles bey einem 
puncten auff, der wirbt dir es nachmals in deinem letften 
endt fcharpff genug fürlelen. Lieber, was hat dir doch der 
Zeuffel jemals guts gethan, das du ihm alfo willfarefl, 
vnnd ihn bey dir gleich als einen guten freundt behelteh ? 
Empfindeft du nicht bey dir felbs, wie ſchedtlich er dir an 
leib vnnd feel iſt? wie kanſt du dann alfo blindt vnd 
vnuerſtendig fein, bad du jhn noch täglich bei dir behal⸗ 
teft vnd ihn gleich als für ein abgott auff würffeſt. Wie 
kanſt du alfo vngeſchickt fein, das du nit ein thür, die fein 
ſchloß hat, kanſt auffthun, damit du auß der frhweren ges 
fendnuß deiner ſünden entrinneft? Die thür opn ein ſchloß 
ift dein mundt, welden du nicht wilt auff thun, gegen 
Gott zu beiennen deine fündt. 


3) Die dritt Schell iſt, die Widergebung lang auffzie⸗ 
hen. Dann welder etwas findet, vnd folches nicht wider 
erflatiet, dem fo es gehöret, fonder zeucht daſſelbig auff, 
der befißet folches nicht anders, dann als wenn er ed ge« 
ſtollen heit. Bieleicht aber zeucheft du die wibergebung fo 
lang auff, damit du fie nachmals deſto reichlicher mögft 
wider geben ? Fürwar, fo du ſolches darumb thuft, irreft 
du gang hefftig, dann ye länger du ein ding behaltsfl, ye 
Ongerner du folches nachmals wider auß den henden gibfl. 
Derwegen gib folches zu rechter zeit wider, dieweil ku 


-. 


394 


weil, das es nicht dein iſt, dann wenn bu foldhes Tang 
auffzeugft, würdeſt du darinn für ein Dieb gehalten wer 
den, inn dem dad du ander feut gut mit vnrecht befigeft. 


4) Die vierdt Schell ift, auff langes leben zu harren 
ond warten. Es fein viel, die fparen alle ding allein 
darumb auff die lange band, das fie verhoffen lang zu 
leben, welches doch ein gar böfe ond ſchedlich rechnung 
il. Dann wer tft alfo ein groſſer Rarr, das er fein eye 
gen feel, das Himmeliſch und verlierung aller gutthaten, 
allein auff die Hoffnung eines Tangen lebens feße? Gleich 
wie die thun fo inn allen wollüften fleden, freffereyen vnd 
füllereyen, allein je befferung auff ziehen vnder der hoffe 
nung lengers lebens. Was meineft du, das ſolchen Narren 
werde begegnen? Solches, in dem fie vermeinen am aller 
fiherften zu fein, wirt ihr zil auß fein, vnnd werden fie 
der Helen zu müflen, da werden fie erft anfaben vnd 
fpreyen: O Herr verziehe lenger mit uns, wir wöllen erſt 
buß thun. Aber es wirdt fie Gott nicht an ihr gefchrey 
feren, fonder mit jnen zum firengen vrtheil fahren. Ders 
wegen folleft du dich nicht hierauff verlaſſen, fonder vil 
mehr betrachten pe Ienger du Iebeft, ye mehr trübfal, angſt 
vnd noth dur außftehen müſſeſt. Bnfer feel it nicht anders, 
weder ein alt lehr hauß, dieweil fie mit flinde befleckt ift, 
fo wohnet niemandts darinnen, vnd iſt gantz ehr von ale 
len tugenden vnnd gnaden, vnnd fihet gleich als wann der 
böß darinn wohnet: dann der Teuffel hat onfer Seel gar 
mit fünden vmbfangen vnd verbundfet. Zu bifem alten 
hauß (nemlich der Seel) kompt Epriftus der Herr vnnd 
Hopffet an, aber da iſt niemandt, der jhn einlaflet, da tft 
nientandt, der folhen freundlichen vnnd holdfeligen Gaſt 
auff nimmet, fonder er muß darauf vor der thür bleiben 
ſtehen. Warumb das? darumb, das er von wegen des 
gefangs der Bögel nicht mag gehört werden. Es fingen 
bie Bögel vornen auff dem Fenſter fimfer, vnd der Rapp 
oben auff dem Bibel, diefe machen mit jrem gefchrey, das 
man Ehriftum den Herren nicht gehören mag. Die Bögel 
auff dem Simfer fein die, fo in freuden vnd wollüften 
leden, achten Chriſti des Herren gar nicht, dieſe ſingen 
den Diſcant. Der Rapp aber oben auff dem Tach iſt die 


395 


verlengerung ber tagen, vnd fingt folcher den Alt mit 
halber ſtimm, vnd laut fein refonang für ond für, More 
gen, Morgen, Morgen wit ich fahen an. Bor diefem ges 
fang wirt Ehriflus der Herr nicht gehöret, dann des mens 
fihen ders vnd feel ift ‚mit allen freuden vnd wollüften 
empfangen, alfo, das fle Chriftum nicht gehören mögen. 
Fürwar, es hat der Rappen gefang viel verführet vnd in 
groffe noth bracht. Derhalben hüte ſich ein jeder, wes 
alter er ſey, damit er durch ſolches geſang nicht verführet 
werde. Dann dieweil du ein junger Knab biſt, finget er 
bir vor Eras, Eras, und ehe das graß gewächſt, fo iſt 
-das Omath fihon vergangen. Das ift fo vil geredt, das 
ehe du zum rechten alter fompft, ſtirbſt du, vnnd haft ver: 
gebens gewartet. Deßgleichen fingt er dir. auch in deinem 
alter, vnd gleich wie er dir in der jugent gefungen hat 
Eras, Cras, alfo finget er dir fm alter Grab, Grab. 
Deromegen folt du Teind wegs auff langes leben Hoffen, 
dann folches ift vberauß ein böfe rechnung. Vermeine 
nicht, dieweil du ein junger Schnaußhann feyefl, vnd ges 
funde tag habeſt, dz du darum deſto Ienger werbeft leben. 
Dann nimb folches ein erempel ab einem Liecht, das brün⸗ 
net eben fo heiter vnd Far, wenn es fchier verbrunnen 
bat, als da es gantz was. Alfo geht ed auch mit der fus 
gendt, ob fie fchon ſchön vnnd flard if, verlifchet fie doch 
eben fo baldt, als wenn fie fchon alt wer worden. Ders 
halben folt du dir fo wol fürchten zu flerben, wenn du 
fhon jung bi, als wenn du alt werefl. Dann es ift ein 
alt ſprichwort, das man eben fo viel Kälber heut findet, 
als Kühheut. 


Der XXX. Narr. 


Der hüt der Heuwſchreck an der Sonn, 
Vnd (hättet Waffer in den Bronn, 
Wer hütet dad frin raum bleib fromm. 


Bon Fraumwen hüten, 


Viel Narren tag vnd ſelten gut, 
Hat wer feiner Frauwen hüten thut, 


896 


Denn welch wol wil, vie thut felb recht, 
Welch vbel wil, die macht baln fchlecht. 
Wie fie zu wegen bring all tag, 
Ir 555 fürnemmen vnd anfchlag, 
Legt man ein Maulfchloß fchon darfür, 
Vnd bſchleußt al rigel, thor vnd thür, 
Vnd feht ind Hauß der Hüter viel, 
Sp gebt es neher ald es mil. 
Was Half der Thurn drinn Dane gieng, 
Darfür da fie ein Kind empfleng, 
Penelope was frey vnd loß, 
Vnd Bat umb fie viel Buler groß, 
Vnd wad fr Dann zwentzig jar auf, 
Bleib fie Doch fromm in jrem Hauß, 
Der ſprach allein das er noch fey, 
Bon btriegnuß feiner Frauwen frey, 
Der hab fein Frauw auch Tieb vnd Hold, 
Den fein Frauw nicht betriegen molt, 
Ein hübfche Frauw die ein Nerrin ift, 
If gleich eim Roß dem Ohren gbrifl, 
Mer mit derfelben ehren wil, | 
Der machet krummer forchen vil, 
Ein fronme Frauw fol haben gbert, 
Ir augen ſchlagen zu ver Erb, 
Vnd nicht Kofwort. mit jedermann 
Treiben, vnd jeden geflen an, 
Noch hören alls das man jr feit, 
Piel Koppler gehn in Echafes kleid. 
Hett nicht Helena auff Paris Gifft 
Ein antwort geben in Gefchrifft, 
Vnd Dido durch jr Schweſter Ann, 
Sie werend beyd on frembde Mann. 





397 


Yan Hüt Marren, von Staumwen hät Warren. 


Das zwey vnd dreyſſigſt Narren Geſchwarm. 


Das zwey vnd — narren Geſchwarm iſt, von 
Hüt narren. Diſe ſeinds, die da meinen, das fie durch 
die hütung jbre Weiber mögen von Hurerey und Ehebruch 
abzieben. Welche man fürnemlich auß fieben Schellen lehr⸗ 
net erfennen. 

1) Die erft Schell der Hüt narren iſt, fein Weib feiner 
freunden einem zu bewaren vobergeben. Es feindt etliche, 
die meinen, das fie jre Weiber gantz wol bewahren, wenn 
fie dieſelbige einem Blutsuerwandten ober etwann Kinem 
Schwager zu bewaren geben, welche fie doch ehe dörffen 
fellen weder ein landt frembber. Deß wir ein exempel 
daben an der Eiytemneftra, welche ihr Haußwirt dem Aga⸗ 
memnoni feinem freundt befahle, den fie doch zum erften 
sur vnzucht ond geilheit bewegt, vnnd brach er alſo vor 
andern die Ehe zum erften mit fr, nach dem foldhes vol 
bracht war, flellet fie ihrem Mann nach, vnd bracht jn 
vmb leib vnd leben. 

2) Die ander Schell der Hüt narren iſt, die Hüt ſeines 
Weibs der Schwiger oder der Magdt vertrauwen. O du 
groſſer Narr, meineſt du, das darumb das vnzüchtig vnd 
geil Weib werde von jhrer ſchalckheit abſtehen? Meineſt 
du, wenn ſie von der Schwiger oder der Magdt inn der 
vnzucht oder ehebruch ergrieffen wirt, das fie gleich zu 
bir werden lauffen vnnd werden dirs zeigen, damit du es 
ſelbs ſeheſt? Nein, fürwar das geſchicht nicht, dann bie 
Magdt hält es alzeit mehr mit der Frawen, weder mit 
den Herren. Deßgleihen offenbaret nit allein ſolches die 
Schwiger auch nicht, fonder fie fan der Tochter auch noch 
wol fein artlich Heiffen den Handel verdeden Deſſen das 
bens wir ein exempel vonn einem Kauffmann, ver fame 
ober verrn Iandt heim zu hauß, vnd als er fafl müde 
was, begeret der Kauffmann von ſtundt an inn das Beth, 
das Weib erſchrack, wiſſet nicht, wo auß noch ein, dann 
fie Hat einen fchönen jüngling bei dem Beth verborgen. 
Da fprang die Schwiger herbey vnnd fagt, nicht mein 
Torpier, mad das Beth nor nicht, fonder zeige zuuorhin 





398 


deinem lieben Haußwirt, wie ein fihönen vmbhang du in 
feinem abwefen gemacht haſt, vnnd in ſolchem brachten fie 
den vmbhang für jhn vnd ſpreitteten ihn vor dem Beth 
Hauff, vnd hub fin die Schwiger bey einem zipffel, vnd bie 
Tochter bey dem andern, vnd in dem fie in alfo ausge 
fpandt hielten, entwich der füngling, das ihn der Kauff⸗ 
herr nicht fahe. Der Kauffmann aber lobt diß werd vnd 
ſprach, gefegnet feyet ihr beyde, die ihr folcher kunſt fo 
wol erfahren feyet. Ja fpracen file, wir fein noch wol 
in andern flüden beſſer vnnd wöller erfahren weder allein 
‚darinn, onnd wenn ft alle onfer kunſt wiſſet, würden ihr 
euch wol ab ung verwundern. Aber leider, der arme blindt 
Rauffmann merdet ſolchen falſch nicht an den beyden fal- 
ſchen Weibern. Sieheſt du nun hie, wie gefhwindt und 
liſtig das Weiblich gefchlecht if, alfo das die Schwiger 
gleich iſt wie die Tochter. 

3) Die dritt Schell it, ſelbs perfönlih der Fraumen 
hütten. Es ſeindt etliche, die vertrawen gar niemandts, 
fonder fie bleiben alzeit daheim vnd behalten ihre Weiber 
bey ihnen, vnd laſſen fie weder in die Kirchen noch zu ans 
dern ehrlichen gefprechen gehen: fonder am Sontag fo an⸗ 
dere erbare vnnd züctige Matronen in der Predig fein, 
muß fie daheim bey iprem Fantaften bleiben, und muß jm 
den Kopff auff die ſchoß legen. Diß fein rechte groſſe ges 
fißte Narren, das fie nicht betrachten, das nichts ober 
Weiber liſt fey, dann wenn einer allzeit oben auff einer 
feffe, fo fle nicht fromb wolt fein, würde es doch nicht 
helffen. Damit wir aber auß vilen eremplen nur eins 
feben von einer, die betrog ihren Mann, vnnd war doch 
an ein Seulen gebunden. Es begab fi, das ihr Hauß⸗ 
wirt ein Einſydler zu gaft ludt, vnnd befahle feiner Frau⸗ 
wen, das fie denfelben herrlich tractirt, vnnd ba fie von 
dem Tiſch auff ſtunden, gab er dem Einſpdler das geleibt, 
ond bandt die Frauw an ein Seulen, damit fie nicht auff 
die Bulfehafft gieng, inn dem aber der Mann auf war, 
ſchicket ſie nach ihrem Bulen, vnnd als er ame, faget fie, 
er folt ein wenig vor der Ihlir verziehen, vnd in dem er 
verzog , fompt der Dann wider zu Hauß, vnd fiehet den 
vor ver thür ſtehn, den ex fonft on tas im argwon hat, 


> 





399 


da bandt er die Frauwen no herter ahn die Seulen, vnd 
gieng ſchlaffen: do er nun fehlaaffen was, ſchickt fie nad 
ihres Nachbawren Weib, die ein Balbierer oder Scherer 
Hat, ond die auch mit dem einen Fuß barfuß gieng, vber⸗ 
redet fie, das fie fih an fhr fladt an die Seulen liß bin 
den, vnnd 309g fie mit ihrem Bulen daruon. Hiezwiſchen 
erwacht der Haußwirt ond rüfft feiner Frauwen, aber des 
Scherers Sram gab im kein antwort, da warbt er erzür« 
net vnd flundt von dem Beth auff, vnd lieff eilendts hin, 
vund erwüfcht fr die Rafen, vnd ſchnidt fie fren ab, fehe 
pin, fprach er, bring diſe deinem Bulen zum newen far. 
Da nun fein Frauw wider kame, vnd fahe, Das der Sche⸗ 
rerin die Naſen war abgefchnitten, Löft fle dieſelben auff 
ond ließ fie ſich wider an binden, vnnd zog des Schererd 
Frauw alfo geftumpfft varuon. Des Morgens aber ſprach 
der Mann zu feiner Frawen, ich meinet, ich hette dir die 
Nafen abgeſchnitten, fo Haft du fie noch, ja ſprach fie, bu 
haft mir fie abgefchnitten, aber Gott der Herr, hat fie 
mir alsbaldt widerumb angefebt, damit mein vnſchuldt an 
tag zu bringen, vnd darmit zu beweifen, das ich fromb 
bin. Da fprach der Mann: Ey fo ſchweig, mein hertz lie⸗ 
bes Annele, ich wil dir vorthin alles guts vertrawen. O 
du groffer Narr, fieheft du hie, was dein hüien Hilft. 

4) Die vierdt Schell der Hüt narren ifl, den Weibern 
zunil freudt vnd wolluſt zulaffen. Es fein etliche ,- die 
meinen, wenn fie jihre Weiber zu allen offentlichen Gaſte⸗ 
reyen oder Dänen lafien geben, das fie nicht alfo Geil 
vnnd mutwillig werden, dann wenn fie baheim eingefper- 
set fein. Ey ja fprechen fie, wenn man fie daheim laffet 
allein, haben fie wunderbarliche fleifchliche geluft, vnnd 
werden alfo durch die fantafey zur Beilpeit angereißet. O 
du groffer Dildapp onnd Fantaft, iſt das die befte kunſt 
wider die Geilpeis? was fein ſolche offentliche verfamlung 
anders, weder ein Aaß, das auff das ſchöneſt zugericht ift, 
damit man bie leut fahet, wenn fie alfo hübſch geihmudt 
vnnd gezieret fein. Lieber, lege Fewer vnnd Stroh zufame 
men, lug ob es nicht baldt brinne, alfo if es au mit 
diefen gefhaffen. Dann du verſchaffeſt, das bein Frauw 
freud vnd wolluſt hat, aber du würdeft ohn zweiffel nach⸗ 
mals leidt dardurch empfahen. 








400 


5) Die fünfft Schell if, fonberliche und heimliche freude 
feiner Frawen zubereiten. Dann es fein etliche, die laſſen 
je Weiber nicht zu offentlihen Gaftereyen oder Däntzen 

ehn, fonder wann fie ihr ein freudt wollen machen, lefen 

e ein hauffen bürfchle zufammen, von Studenten , Pfafs 
fen ond Mönchen, vnd führen fie heim zu bauß, damit fie 
ihren Weibern ein mütle machen, auff das fie nicht daheim 
verſchmachen. Solches ift ein Narrheit ober alle narrheit, 
und iſt nichts anders, dann wenn einer Flöhe in Belg 
feget, die doch von ihnen felbs darein hupffen. Solde 
Narren bedenden auch nicht das gemein ſprichwort: Wili 
du haben dein Hauß fauber,, fo hüt dich vor Pfaffen vnd 
Dauben. Derhalben follen foldhe Narren forg haben, wenn 
fie fromme Weiber wöllen behalten, das fie ihnen nicht 
vrfach geben zu Hurerey. 

6) Die ſechſt Schell if, Inn allen bingen dem Weib 
wilfahren. Es fein etliche, die laffen ihre Weiber gar zu 
feinen freuden fommen, aber was fle daheim im Hauf 
haften, das Iaffen fie ihnen alles nach, und was fie nur 
von ihnen begeren, darin wilfahren fie ihnen. Diefe ſchaf⸗ 
"fen hierinn aud nicht, dann durch folches geben fie ihnen 
. auch zimlichen anlaß zur Geilheit. 

7) Die fiebendt Schell ift, vil köſtlicher Kleider, gülden 
sing vnd gürtel zu allem wolluſt fauffen, vnd allen mut? 
willen gönnen und geftatten, damit fie diefelben mörhten 
vonn dem böfen abwendig machen. Aber fie werben bar: 
durch ihrer hoffnung betrogen, dann auß einer frepheit 
entipringen vil, alfo, das fie nachmals meinen, was fhnen 
geliebe, das ſey ihnen recht. Derhalben fol man ſolche 
Geilheit vnd freuelfeit mit vernunfft ſtraffen. Dan Iifet 
Bonn einer Frauwen, welcher br Mann auff ſolche weiß 
ben Gepler vnnd mutwil geftillet hat. Dieſelbe hat auß 
Inbrünftiger vnnd vnbehaglicher lieb einen holdt, die fragt 
ihr Mutter raths onnd faget, wenn ich diefen nicht mag 
zum Bulen haben, fo muß ich vor Lieb flerben. Da gab 
die Mutter der Tochter diefen rath vnd ſprach: Hawe den 
fehönen Eyprefien Baum ab in deinem Garten, der deinem 
Daußwirt fehr Tieb if, und wirff ihn in das Fewr, wann 

er dir ſolches vberſiehet, wirt er dir das ander auch vers 


401 


zeihen: Welchem rath die Tochter trewlich nachnolget, und 
als der Haußwirt kame, fahe er den Eyprefien Baum im 
Fewr drinnen, ſchwieg er gantz ſtill darzu, vnd thet gleich 
als wenn er ſolches nicht ſehe. Dardurch war die Fraw 
gehertzt vnd kam wider zu der Mutter, vnd ſaget jhren, 
wie jhr Haußwirt nicht darzu hette geſaget, vnd fraget fie 
zum andermal vmb rath; da ſprach die Mutter, ich wolt 
ihn noch ein mal probieren, vnd beſehen, ob er ſolches 
auch wolt für gut auffnemmen: gab jhr den rath, fie folt 
ihm feiner liebſten Hündfe eines ombbringen, welches fie 
als baldt zumegen bracht, vnd trug foldhes der Haußwirt 
auch mit gedult. Da fragt fie die Mutter zum dritten 
mal, wie fie fm thun folt, da gab fie jhr den rath, vnnd 
ſprach, wenn dein Mann etwann eine fladtlicde vnd herr: 
liche Gaſterey hat, fo thun ein ding, wenn du vonn dem 
Tiſch auffſteheſt, fo zerr mit den ſchlüßlen das Tifchtuch 
ond alles darmit vber den Tiſch ab, wenn er dir ſolches 
vertragen mag, fo wirt er dir warlich das ander auch vers 
tragen. Welches fie dann auch thet, onnd als ihr Hauß⸗ 
wirt flaptliche Gef hette, riß fie das Tiſchtuch mit den 


auffgefeßten trachten ober den Tiſch herab, vnd zog fie zu - 


zu der fluben thür hinauf. Da thet der Mann ein ding, 
vnd ſchickt von flundan nad dem Scherer, ließ ihre vie 
adern auff den füllen vnd henden frhlahen, vnnd das böß 
geblüt Herauß Iauffen, da vergaß fie nachmals des Pfaffen 
vnnd fragt ihm gantz nicht nach. Darauff möchtef du mir 
vielleicht zu antwort geben, bor wol, mann muß den 
Wribern allen muthwillen geftatten vnd ihnen durd die 
finger fehen? Nein folches Heiß ich dich nicht, dann du 
baft erft gehört, wenn man fpn den Zaum zu lang laffet, 
fo werden fle mutwilfig vnd geil dardurch, fonder du folt 
fie auff folche weiß bebüten. Die erſte hüte ift Die forcht 
Gottes, dann folche vertreibet alle fündt vnnd Geilheit. 
Dann wo Bott der Herr die Statt nicht ſelbs bewacht, 
fo if vmb fonf des Wechters wacht. Die ander bite if 
die Lieb, das du fie Tiebeft, gleich wie dein eygen Blut 
vnd Fleiſch, Halte fle nicht wie ein gemeine Mätz over 
Diernen,, -balgeft nicht tag vnnd nacht mit ihr, geheft 
nicht zu anderen in die Spinnfluben, da man die Schuh 


I, 26 








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402 


under das Beth ſtellet. Die dritte Hüte ift, nicht frembde 
Geſt oder junge Burſch mit dir heimführen: dann fo fie 
ein auffrecht vnd redtlich Weib tft, hat fie mit feinem gröfs 
fere freudt, weder allein mit dir. Laß den Zeuffel auß 
dem Dauß, dann. ea ift nicht von nöthen, das man ihn 
an das Hauß mahle, er kompt wol ſelbs darein. Dann 
es ift ein farichwort: Welcher ein Mauß inn der Zefchen, 
vnnd ein Schlang in Bufen, vnnd das Feumer inn ber 
Schoß tregt: der hat drey böfer Geht, alfo wenn du mil 
dir heim führen folche Bögel, die fein auch ſolche Geh, 
gleich wie die drey da oben. Sa, fagef du, wenn ich fols 
ches nicht thue, fo fagei man, ich fey ein Zuder, ein 
Schmirkler, Schmoroger vnnd Hennengreiffer. Daran 
fehre dich nicht, es iß befler, du feyeft ein Schmirbler inn 
deinem Hauß, dann brüeten frembde Eyer auf. Die vierte 
hüte if, das Weib nicht Spapieren führen, hin vnnd wi« 
der in Die Wirißhäuſer ond öffentliche geh. Die Hilft viel 
barzu, das fie nit fromb bleibet, dann wenn fie fonft bey 
der zech fiben, fehen fie allweg etwann einen, ber jhn lies 
ber ift weder du bi. Die fünffte hüte if, das mann bie 
Weiber nicht rühme, vnnd köſtlich mache vor ander leut. 
Dann es iſt ein gemein fprihwort: Welcher fein Frauw 
onnd Kunf Iobet, der käme ihren gern ab. Dann man 
findt der Narren gar viel, die ihre Weiber vor jedermann 
xühmen vnnd prepfen. Ja, fprechen fie, ich hab ein ſolche 
ſchöne Fraumen, das wenn du fie feheft, wurft bu dich ab 
ihrer fchönpelt verwundern. Sodann biefe kunden vnd 
geletien folches Hören, wenn fle es fchon vorbinn nie im 

nn haben gehabt, Iugen fie doch nachmals, das fie dies 
felbe mögen fellen. Schmeige beriwegen vnnd hüte Dich, 
das du fie wor folchen Sefellen weder lobeſt noch ſchelteſt. 
Letſtlich, ſo laß vonn deinem hüten ab, damn es hilfft ent⸗ 
weders nicht, oder ift nicht von nöthen. Derhalben ſaget 
das gemeine fprichwort: Welcher einer Frauwen hütet, das 
fie nicht zur huren werde, der befechet das Meer, wefchet 
die Zigel auf dem Tach, vnnd geüßt Wafler in einen 
Brunnen. Diß fey alfo von ben Beiber narren gefaget. 


403 
Der XXIII. Narr. 


Wer dur die Binger fehen kan, 
Wenn fein Bram windt eim andern Dann, 
Da ladt die Kap die Maunß ſüß an, 


Bon Edbebruch. 


EhHebrechen wigt man als gering, 
As ob man, fhnelt ein Kifeling, 
Ehebruch, das Gſaztz iſt gank veracht, 
Das Keifer Julius hat gemacht, 
Man förcht Fein pein noch ſtraff mehe, 
Das fchafft das fie feind in der Ehe, 
Zerbrechen Krüg und Hefen gleich, 
Vnd kratzt du mich, fo kratz ich beich, 
Vnd ſchweig du mir, fo ſchweig ich dir, 
. Man Tan mol halten Finger für, 
Die Augen dad man ſeh darauf, 
Vnd wachen thun, als ob man rauf, 
Man mag jegt leiden Frauwen ſchmach, 
Vnd geht darnach Fein firaff noch Nach, 
Die Mann. ftard Mägen habn im Land, 
Sie mögen tragen gar viel ſchand, 
Vnd thun, ald etwann thet Cato, 
Der lieh fein Sram Hortenflo, 
Wenig find, den gebt jebt zu Hertz, 
Aug Ehbruch folch leid, forg und ſchmertz, 
Als Atrives firaffen mit vecht, 
Da m jr Weiber waren gfi chmecht, 
Oder als Collatinus thet, 
Da man Lucretiam gſchmecht hett, 
Deß iſt der Ehebruch jetzt ſo groß, 
Clodius beſchleußt all weg vnd ſtroß, 





404 


Der jet mit Geißlen die mol ftrich, 
Die auß dem Ehebruch rhümen ſich, 

Als man Saluftio gab Ion, 

Mancher der wirt viel gfchnatter hon, 

Gieng jedem Ehbruch ſolch plag nach, 
Als dem Abimelech gefchach, 

Vnd den Sönen Beniamin, 

Oder darnach gieng folch gewin, 

Als Dauid gſchah mit Berfabee, 
Manche glüſt brechen nicht die Ehe, 

Wer leiden mag das fein Bram fey 
Im Ehebruch, und wont jr bey, 

So er das wißlich weiß vnd ficht, 

Den halt ich für Tein weifen nicht, 

Er gibt jr vrfach mehr zu fall, 

Darzu die Nachbauwrn mumlen all, 

Er Hab mit jr theil vnd gemein, 

Sie bring jm auch den Röraub heim, 
Sprech zu jm, Sand mein guter mann, 
Kein liebern wil ich denn dich han, 
Ein Kab den Meufen gern nach gaht, 

Wenn fte einft angebiffen hat, 

Welch Hat viel ander Mann verfucht, 

- Die wirt fo ſchamper und verrucht, 
Das ſie kein ſcham noch Ehr mehr acht, 
Irn mutwill fie allein Tetracht, 

Ein jeder lug das er fo leb, 

Das er feiner Frauwen fein vrfach geb, 

Er Halt fte freundtlich, lieb vnd fchon, 
Vnd forcht nicht jenen Glockenthon, 

Noch kifel mit jr nacht vnd tag, 

Lug darbey was die Glocke fchlag, 

Denn ich das rath in treumen keim, 


405 


Das er viel Get führ mit im heim, 
Vorauß Iug für ſich der genaum, 

Mer hat ein hübſch, fehön, weltli Traum, 
Denn niemands iſt zu traumen wol, 

AU Welt iſt falfch und vntrew vol. 
Menelaus bett fein Frauw behan, 

Hett er Paris da außhin glan, 
Hett Agamemnon nicht zu Kauf, 

Gelafjen fein Freund Egyftus, 
Vnd dem vertraumt, Hof, Gut und Weib, 

Er wer nicht fommen omb ſein leib, 
Gleich wie Candaules der Thor groß, 

Der zeigt ſein Weib eim andern bloß. 
Wer nicht ſein Freud mag habn allein, 

Dem gſchicht recht das ſie werd gemein, 
Drumb fol man haben für das beſt, 

Ob Eheleut nicht gern haben Geſt, 
Vorauß den nichts zu trauwen iſt, 

Die Welt ſteckt voll beſchiß vnd liſt, 
Wer argwon hat, der glaubt gar bald, 

Das man thu das jm nicht gefalt, 
Als Jacob mit dem Rock beſchach, 

Den er mit blut beſprenget ſach, 
Aſſuerus gdacht das Amon meint, 

Heſter geſchmehen der doch weint, 
Abraham forcht ſeinr Frauwen Ehr, 

Denn er je kem gen Gerare, 
Weger ein ſchmirtzler in ſeim Hauß, 

Denn brühten frembde Eyer auß, 
Wer viel außfliegen wil zu Wald, 

Der wirt zu einer Graßmucken bald, 
Wer brennend kolen in Geren leid, 

Vnd Schlangen in ſeim Buſen treit, 





406 


Vnd feiner Tefchen zeucht ein Mauß, 
Solch Geft lont wenig nu im Hauß. 


Bon Ehenarren, oder Ehebruchnarren. 
Das drey und dreyffigt Geſchwarm. 


Das drey vnd drepffisft Narren geſchwarm iſt, von 
Ehe narren. Aber nicht von denen, fo in ver Ehe leben, 
fonder vonn denen, fo die Ehe brechen vnnd ſchwechen. 
zoelipe man auß den nachuolgenden Schellen lehrnet 
ennen. - 

1) Die erfte Schell if, wenn die Ledigen ein Ehebruch 
mit eines andern Weib oder Mann begehn. Wie ein 
groffe thorheit vnnd ſündt das fey, weiß ein jeblicher, inn 
dem fih bie Menfchen vonn wegen des vnfletigen vnnd 
abſcheülichen wolluſts, der doch gan kurtz iſt, aller ge: 
fahr vnnd noth vnderwerffen. O du junger Geſell oder 
Frauw, du vnderwürffſt dein leib, ſeel vnnd guten nam⸗ 
men ber zeitlichen vnd ewigen gefahr, du muſt alle ftunbt 
ond augenblid warten, wenn bu erſtochen oder ſonſt ein 
lamb gliedt daruon bringft, vnnd leidt nicht daran, ob du 
fhon hundertmal entwüſcheſt, fo kompt doch leiſtlich ein 
flundt, daran du haar muft Iaffen, vnnd wirt dann an 
dir das fprihwort war: Das der Krug fo offt zum bruns 
nen gebt, biß er ein mal werde zerbrochen. Als dann 
wirkt du mit einem Kindtskopff geworffen, vnd mufl bu 
dich nachmals vor federmann ſchemen. Darzu haft du 
nicht allein mit jhr Tundtfchafft gehabt, dann meineſt du, 
das fie folche böfe ſtuck deinetpalb allein angefangen hab? 
Nein warlich, fie hat fonft noch viel an {hr hangen, vnnd 
wartet je einer dem andern auff den dienſt: dann es ſteckt 
kein wirt .ein reiff auß vmb eines menfchen willen, alfo 
thut dieſe auch. 

2) Die ander Schell iſt, wann die Eheleut mitt andern 
eheleuten die ehebrechen. Diß iſt die greülichſte vnd er 
fchrädtichfte narrheyt vnd ſündt fo ye vnd pe geweſen iſt, 
welche in allen orthen der heiligen Schrifft gantz höchlich 
verbotten wirbt, vnd auch allwegen von Gott geſtrafft 


407 


worden, vnd {ft fein wunder, dann ſolche Hurerey if ber 
natur gantz vnd gar zu wider, vnd iſt auch ſolches in 
dem natürlichen geſatz verbotten: das was du nicht wilt 
das dir geſchehe, folte du auch keinen andern thun. Zwar 
es hatt niemandt gern, das ein anderer mit feiner frawen 
frhimpfet oder vnzucht begehet, vnd man findt ettlich, bie 
lieffen fich eher zu trummern vnd Rüden zerhawen, weber 
fie ſolches Titten onnd zuſehen. Durch diebftall flilet mann 
dem nechſten fein güt vnd gelt, vnd durch Ehebrug fein 
fromme Ehefraw. Welcher iſt nun, der nicht lieber wolt 
(fo er anders ein Bidermann if) das mann im hundert 
gufden oder mehr flele, weder fein fraw beicheiffen vnnd 
zur huren machen ? Derhalben tft folches gebott nicht ohn 
vrſach noch dem todtfchlag vnnd vor dem Ehebruch ges 
ſetzt. Dieweil ver todtfchlag ein wenig mehr iſt, weder 
der Ehebruch ond der Epebruch vil mehr, weder der dieb⸗ 
flal. Dermwegen ift es fein wunder, wann fihon Gott ber 
Herr die hurerey greulich firaffet, dann fie für ſich ſelbs 
ein greuliche vnd erſchreckeliche, ia mehr weder ein tobt 


fündt fl. 


3; Die dritte Schell if, ein offentliche Huren ober 
Schottel neben der frawen im Hauß haben vnd halten. 
Es feindt etliche, die laſſen fich nicht daran vernügen, das 
fie die trew vnd ehr an jren frommen Weibern brechen, 
fonder Halten noch ein Huren oder zwo darbey im Dauß, 
betrũben alfo jr fromme Ehefrauwen offentlich, ſtecken fr 
ein dorn in die augen, vnnd zu dem, das fie bekümmert 
it, befümmerft du fie pe enger ye mehr. Vber das gibfl 
du deinen Nachbawren böfe exempel, das fie auch berglei« 
hen geren zu tun. Fürwar diefe werben ein böfes end 
nemmen, vnnd ob fie ſchon mit ehren ab diefer Welt kom⸗ 
men (das doch gar felten gefchicht) fo wirdt fie doch Gott 
ber Here nach dieſem Ieben mit dem ewigen Hellifchen 
Fewr firaffen,, das haben fie gewiß zu uerfehen. 

4) Die vierdbt Schell der Ehebruch narren iſt, fein 
Traum zu Ehebruch anreiben, bringen, zulaſſen oder ges 
legenpeit darzu geben. Man findt, die bringen jhr Weiber 

u Ehebruch vnd Hurerey, nemlich auff dife weiß, in dem 
e dag vnd nacht müſſen gefreffen vnd gefoffen haben, 





408 


frhie und fpat voll wein, vnd nichts darbey wirden, web 
wenn fie Fein gelt mehr haben, fagen fie zu den Weiber, 
gehe vnd Ing, das wir gelt haben: gehe zu dieſem oder 
jenem Pfaffen, Studenten oder Evelmann, vnnd heiß bir 
ein gülden leihen, vnd denck, fomb mir nicht zu hauß, wo 
du Fein geli bringe, Iug wo du gelt aufftreibeſt oder 
verbieneft, wenn du ſchon es mit der handt verbienefl, da 
du auff fißef. Als dann gehet fie ein Ehrliche vnnd fromme 
Frauw auß dem hauß, vnd lompt ein Hur wider heim. 
Sch Hab einen gelennet, der hat fein Frauw wöllen zwins 
gen, das fie ibm folte Wein kauffen, da aber die Frauw 
leider weder gelt noch Brot im Hauß hatte, ſprach er: 
Wo du mir nicht würdeſt wein oder gelt zu wegen brin⸗ 
gen, fo lug was ich anfahen werd. Da faget die Frauw 
‚ abermals und fprach: Ach mein lieber Haußwirt, ich hab 
fein gelt, vnd weiß auch keins, da führe er zu, die Frauw 
zu zwingen, vnd namm ein mefler, vnd wolt ſich felbe 
an feinem heimlichen glievt verlegen, da fprang fie her 
bey vnd fprah: O mein Leber Haußwirt, verſchon bein 
ſelbs, ich will lugen, das ich möge wein bekommen, ba 
bracht folcher Loß vogel zu wegen, das fein fromme Frauw 
zur Huren wardt, allein durch fein füllerey. Deren findt 
man noch viel, die nemmen eine gute maaß wein, vnnd 
laſſen ein andern bey feiner Srauwen fo offt ligen, als 
er wil. Diß wie ein grofle blutſchandt vnnd fündt es 
ſey, gib ich jedermann zu treffen, vnd wirt ſolche Hure⸗ 
rey auch nicht ongeflrafft hingen. Darnad fein etliche, 
die heiffen ihre Weiber nicht Hurerey treiben, aber fehen 
ihn ſolches durch die finger zu, auß ihrer nachleffigkeit: 
nemlich, wenn fie tag vnnd nacht voll ond tholl fein, alfo 
das fie ihrer Weiber gar nicht achten, was fie thun, onnd 
fragen fie wenig darnach, fo fie fchon einen anderen Mann 
in das Beth Iegen, wenn fie nur zu freffen ond fauffen 
haben. Es ift mit einem Weib geſchaffen, gleich wie mit 
einem Pferdt: Etliche Pferdt die fallen gern, etliche fal⸗ 
fen nicht, fonder ſtrauchen, die dritten firauchen nit, ſon⸗ 
der gnident. Alfo iſt es auch mit den Weibern geichaffen, 
etliche fallen durch den Ehebruch, etliche fallen nicht, fons 
der ſtrauchen, diefelben fein nicht weit vom Ehebruch, dies 
weil fie böfe vnd vngezogen fitten vnd geberpt treiben, 


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TWITTER DER EN To 


409 


vnd fein geneigt auff Hurerey, die dritten ſtrauchen nicht, 
fonder gnidendt, folder art fein fhier alle Weiber, dann 
fie fein von jugent auff geneigt zu ſchandlichen dingen 
ond ber Geilheit. Darumb fol man forg zu jhnen tras 
gen, das fie Im zaum gehalten werden, damit fie nicht 
etwann ein mal fallen. Letſtlich fein etliche, bie geben 
fren Weibern anlaß vnd vrfach zu Hurerey, dieweil fir 
felten bey ihren Weibern wohnen, fonver ziehen allzeit 
oberfelt, ond treiben in ferren Landen bin vnd wiver 
Kauffmanfafft, dardurch fie dann offt verurfacht werden, 
mit einem andern kundiſchafft zu machen, bieweil fie irer 
Männer nicht gefrewet werben, derwegen wenn fie zus 
gegen weren, gefchehe foldhes manch mal nit. Wir leſen 
von einem armen Schiffmann, ber von wegen güts vnnd 
gelts etliche jarlang auff dem Meer Hin vnd wider fur, 
damit er möcht reich werben, denn er gar arm baheim 
was, ond als er viel jar war außgeweſen, fame er wider 
zu Yauß, fein Weib heim zu ſuchen, welche er mit ges 
ringem gut hat daheim verlaffen. Sie aber hat ſich jres 
Manns nicht mehr verfehen, vnd mwohnet bey einem ans 
dern. Da nun der Schiffmann in das Hauß fame, fahe 
er alle ding viel herrlicher vnnd reicher, dann da er hin« 
weg mas gezogen. Es was auch fein Haußfrauw viel 
fhöner vnnd hüpſcher worden, dann fie vorhin gemefen 
war. Da fragt er die Frauwen, wo folder herrlicher 
vnd ſchöner Haußrapt aller herfäme; ba antwortet fie, 
Gott Hett folches beſchert, vnd auß feiner Bätterlichen 
gnaden ihr zugeſchickt, da benedeyet der Haußwirt Gott, 
vnd faget im böchlich dand, das er inn feinem abweſen 
fein Hauß alfo reichlich gefegnet hatte. Darnach fahe er 
das die Fammeren, Beth vnnd aller anderer Haußrabt 
weit ſchöner gezieret waren, dann zuuorpin, fragt er aber 
mal, wo folches perläme, antwortet fie abermals, auß Got⸗ 
te8 genaden, darüber lobt dann der Haußwirt Gott aber 
mals, vnd faget jm groffen vand. Darnach fam ein Kneble, 
welches dreyer jar alt war, vnnd fchmeichlet ſich zu der 
Mutter, diefen fahe der Haußwirt, vnd fragt, weflen ber 
Knab were, da fprac die Frauw, diefes Kneble ift-mein 
eygen. Da erfhrad der Haußwirt vnnd verwundert fich, 
wo das Kneble in feinem abweſen herkommen were, da 


4160 


ſprach die Frauw, er käme auch auf Gottes gnade vnd 
gabe. Darüber wardt der Haußwirt erzürnet vnnd ſprach, 
ich ſage ſolchem Gott gar Fein danck, welcher fich meinet 
halben alſo viel bemühet hat, dann er iſt gar zu ſorgfel⸗ 
tig geweſen meiner Haußhaltung halben, in dem er in 
meinem abweſen auch ſorg getragen hat, Kinder zu gebe⸗ 
ren, Solches geſchicht noch heutigs tag vielen. 

5) Die fünfft Schell der Ehebruch narren ift, frembde 
Weiber lieben ond begeren. Chriftus fagt, welder eine 
in oneheren anfehe, der hab die Ehe fchon mit fr gebro: 
hen. Diefe fein fürwar auch groffe Narren, das fie fi 
folcher ſchweren gefärpligfeit onderwerffen. Dann hielte 
nicht jedermann diefen für ein Narren, wenn er mitten 
auff dem Meer were, vnnd flunde auff einem Breit, das 
er wol möcht baruon fommen, er aber fprünge in das 
Meer, vermeinet, er wölt alfo ehe herauß kommen, vnnd 
ertründe ? Fürwar, es wirt jedermann fagen, eß wer fm 


. recht gefchehen, warumb er nicht auff dem Bret blieben 


were. Alfo ift e8 mit dir auch, der ein Weib bat, welde 
dir gleih einem Bret gegeben iſt, damit du einer andern 
müffig gebeft ond ſchwimmeſt mit deiner auß dem Meer 
der wollüften ond Geilheit, damit du nicht brinn ertrins 
defi vnnd nachmals fevermann zu fpot werdefl. Derhal⸗ 
ben wölle du das Bret (das iſt dein Frauw) nicht ver- 
laffen vnd in das Meer der wollüften fpringen: dann es 
ift weder die Ehe, weder der See. 3a, fageft du, ih 
bab ein Weib, aber fie iſt gar ein alte ſchellen, darzu 
gang vnfletig ond vngeſchaffen, derwegen mag ich nicht 
mit ihr zu thun haben. Das laß ich dir zu, das fle alt 
fey, folte du aber darumm die Ehe brechen und Hurerey 
treiben, das laut gar nit, dann hat fie dir vorhin gefal- 
Ien, fo laß dir fie yeßundt auch gefallen, va fie alt ifl. 
Bedenck das liebt, das da fagt, haſtu mic genommen , fo 
muft bu mich warlih han, ıc. Dermegen würdef du dich 
auff folche weiß nicht entfchuldigen. 

6) Die ſechſt Schell, ſchandtliche begirden vnd wolluſt 
mit feinem Weib begehn. Dann es fein etliche, die gehen 
mit ihren Weibern vmb, gleih wie bie onuernünfftige 
Thier mit einander vmbgehn. Remlich, wenn fie etwann 
mit jren Weibern zu Schaffen haben, laffen fie inen fein 


£11 


gleich, ald wenn fie mit einer andern ihren muthwillen 


onnd wolluft volbrechten. Welches dann fehler mehr ift, 
weber ein Ehebruch. Diß fein die Schellen, darauß man 


die Ehebruch narren fol lernen erkennen. 


Der XXXIV. Narr. 


Manden vündt, er wer wigig gern, 
Bad if ein Ganß doch heuwr als ferrn, 
Denw er kein gut, vernunfft wil lehren. 


Narr heuwr als ferrn. 


Ein Narr ift, ver viel gutes Hört, 

Vnd wirt fein weißheit nicht gemebrt, 
Der allzeit bgert erfaren zuil, 

Vnd ſich daruon nicht befiern wil, 
Vnd was er ftcht, wil er habn auch, 

Das man merk, das er fey ein Gauch, 
Denn das ift aller Narren gbriſt, 

Was neum ift allzeit Thoren glüft, 
Vnd habn doch bald benügen dran, 

Vnd wöüllen etwas frembdes han, 
Ein Narr ift, der viel Land durchfert, 

Vnd wenig kunſt vnd tugent lehrt, 
Als ift ein Ganß geflogen aus, 

Vnd gagack kompt wider zu Hauß, 
Nicht gnug das einer gwefen ſey, 

Zu Rom, Hierufalem, Pauey, 
Aber da etwas gelehrt han,. 

Das man vernunfft, kunſt, weißheit Tan. 
Das Halt ich für ein wandlen gut, 

Denn ob voll Ereußer mer bein but, 





412 


Vnd da Fanft ſcheiſſen Berlin Elein, 
Hielt ich doch nichts auff das allein, 
Dad du viel Land erfuchet haft, 
Vnd wie ein Kuh on weißheit gaft, 
Denn wandern ift fein fonder Ehr, 
Es ſey denn das man ſonders lehr, 
Hett Moyſes in Egypten neut, 
Vnd Daniel gelehrt die zeit, 
Da er was in Chaldeen Land, 
Sie weren nicht ſo wol erkannt, 
Mancher kompt melbig zu der Beicht, 
Der gantz weiß werden meint vnd leicht, 
Vnd geht berehmpt doch wider heim, 
Vnd tregt am Half ein Mülenflein. 


Don Wandel Warren, sder von Allzeit Warren. 


Das vier vnd dreyffigft Narren Geſchwarm. 


Das bier vnd breyffigft Narren Gefhwarm ifl, von 
Bandel Narren, oder Allzeit narren, vnd werben ſolche 
auß den nachuolgenden Schellen erfennet. 

1) Die erfie Schell der Wandel narten iſt, viel vnnd 
mancherley begeren zu hören, nachgründen vnd erfahren, 
vnnd aber doch wenig oder gar nicht darburch außrichten 
dnd volbringen. Es ſeindt etliche, bie wöllen yeh dieſes, 
dann ihenes hören, yetz diefes buch außlefen, dann ein 
anders, hören heut diefen Prediger, Morgen ein anderen, 
und lauffen alfo hin vnd wider, das fie gar nichts auß- 
rihten, vnd alfo die zeit vergebens zu bringen. Dife 
fein hewr als fern in einem, vnd lehrnen bigitus finger, 
ye lenger ye minder. Solche Narren mögen nimmer zu 
feiner rechten Weißheit fommen, das macht, bieweil fie 
feine rechte ordnung vnd ziel halten in jren hanblungen. 
Derhalben, fo du wilt etwas fubieren und behalten, fo 
mare bir ein rechte ordnung, vnd nimb bir ein bing vor, 





413 


darüber bleib, biß du daſſelbig außwendig kanſt, ober 
font verſteheſt, als denn magft du etwas lehrnen. 

2) Die ander Schell der Bandel narren ifl, alle neumwe 
Manier fo man fiehet, wöllen haben. Es fein etliche, dies 
felben ob fie fon vorhin ein frhönen vnd wolgebußten 
Daußrath haben, jedoch fo baldt fie etwas neuwes onnd 
ſeltzams -fehen, wöllen fie daſſelbig auch, vnnd fo baldt fie 
daſſelbig befommen, fein fle gleich deſſelben ortrüßig. Solche 
Narren machen dardurch jhr forg heftiger, vnd wirt doch 
je begirdt nicht erfettiget. 

3) Die dritt Schell if, die heilige Göttliche Schrifft 
verwerffen, vnnd ünnüßen und vergeblichen Dingen oblis 

en. Dann es feindt etliche, die lafen die heilig Schrift 
ahren, vnd begeben fi auff Hiſtory oder Poeterey: dar⸗ 
dur fie dann nicht ein Heinen fchaden fchopffen jres flus 
dierend, dann fie in der Poeten fantafeien Iehrnen, wie 
fie fih follen ſchicken zu allen wolüften, geilheit vnnd 
freuefkeit, fo fie doch folches nimmer lehrneten, wenn fie 
ber heiligen Schrifft ob bliben liegen. , 

4) Die vierdt Schell der Wandel narren iſt, die Häu⸗ 
fer vertaufchen oder verwandien. Dann es fein etliche, 
die baumen den einen tag, den andern brechen fie wider 
ab: oder wenn fie daffelbig außgebaumwet haben, fo ver: 
taufchen fie es wider, onnd geben offt ein Roſſz vmb ein 
Pfeiffen, welches dann ein zeichen iſt des wandelhafftigen 
gemühts, vor dem ſich billich ein weifer Mann hüten foll. 


5) Die fünfft Schell if, mancherley Dandtwerd vnd 
künſt Ichrnen. Es ift ein gemein fprichwort, das man fagt, 
zwölf Handwerck drepzehen vnglück. Solche Narren thun, 
wie auff ein zeit einer thet, der was erſtlich ein Student, 
ond wolt in furger zeit alle bücher auß lernen, er fieng 
viel an, bracht aber Feind zum endt, vnd da in ſolches 
ſchwer dundet, ließ er von dem fludieren, warb ein Kauff⸗ 
herr, da er folches auch ein zeit Lang triebe, ließ er wis 
ber daruon vnd warbe ein Bawr, ond als er nicht Korn 
mehr Het, dz er kunde fäen, warb er ein Landsknecht: da 
er aber in der ſchlachtordnung flunde, vnd fahe, wie es 
zu gieng, ſchluge er ven Feindt mit den verfen, vnnd 
warbt widerumb ein Staubierfnecht, kame zu dem Catoni, 


[4 





Ati 
vnnd als er feine fchwere aueftiones nicht fundt verſte⸗ 
den, nammte er ein Weib, vnnd da ihm foldhes auch nit 
lang gefiel, 30ge er von fr, ond kame zu dem Ptolemeo, 


ond als er vielen auch nicht kundt verfieben, wünfchet er, 
das er ein Efel blieb, welches er auch blieben if. 


6) Die ſechſt Schell der Wandel narren iſt, mancher⸗ 
let religion ond glauben annemmen. Erfilih wirt er ein 
Prieſter, darnach ein Pfaff, zum britten ein Mönich, zum 
vierdten ein Barfüffer Mönih, zum fünfften ein Schul 
meifter, zum fechflen gar ein Rarr, vnd bleibt folder fan« 
taft ein Narr hewer als fernet. Alfo, das folche ye len⸗ 
ger fie ſtudieren, ye minder fie wiffen. 

D Die fiebendt Schell iſt, viel Landt durchlauffen onnd 
fchweiffen. Es ſeindt etliche, die durchziehen das Landt, 
gleih wie ein Lauß ein alten Beld, allein ehr vnd herr« 
ligkeit dardurch zu erlangen, erbichten ein newe Welt, zier 
pen in das heilig Landt, gehn Zerufalem, vnd anderen 
vilen Böldern mehr. Darnach fein etliche, die fliehen ober 
ſtudieren fo viel jar zu Bononien, Pariß, Eracam, Wit⸗ 
tenberg, Leypfig, Hepbelberg, Thübingen, Bafel vnnd an» 
deren viel mehr Bniuerfiteten oder hohen. Schulen. Zum 
dritten fein etliche, die thun Inn ferre Lender groſſe wals 
fart, als zum finftern Stern, fant Jacob zu Compoflel, 
gehn Niklaus Haufen zum Sacdpfeiffer, over gehn Schaft 
haufen zum groffen Gott. Diefe alle richten manichmal 
gar nicht auß, vnnd geſchicht ihn gleich als einer Ganß, 
die fleügt ein Ganß auß, ond fompt.ein Gagad wider zu 
Hauß. Sag an, du Jacobs Bruder und Bilger, was 
Hilft es dich, wenn du ſchon lang an ten Heiligen orten 
oder zu Compoftel bi gewefen, vnd haft manicherley ge« 
fehen, aber nicht dardurch witzig vnd verfiendig werben, 
und Fompft wider ein grober Dalap vnnd Dildap heim, 
gieich wie du aufgezogen bift? Deßgleichen du Staubirs 
necht, was rümpft du dich viel, wie bu auff fo viel ho⸗ 
hen Schulen ſeyeſt geftanden, vnnd aber weder tugent 
noch kunſt heim zu hauß bringſt, fonder kompſt ein gröſſer 
Eſel Heim, dann da du außzogeſt? Leblih fag an, du 
Kriegsgurgel, was hilfft es dich, das bu fo in vielen vnnd 
ferren Landen bift geweien, aber nicht witziger, ſtercker 





415 


end tugendiſamer bift worden, dann bu außzogeſt? Bber 
vas fo Haft du noch darzu gelernet frefien vnnd fauffen, 
Auen vnd ſchweren mit gand donnen voll farrament, 
fpiten vnd raßlen, vnd dergleichen ding mehr, die Ich nicht 
alle erzelen wil. Vmb deſſen willen hetteſt du nicht ferr 
dörffen ziehen, ſonder Hetteft wol folches hie gelernet vnd 
folches gelt erfparet. Wo ift dein zucht vund ehrbarkeit, 
fo du gelernet Haft? wo iſt dein Gottesforcht gegen Gott? 
wo {ft dein Mannheit vnnd beftendigfeit gegen den Fein⸗ 
den? wo iſt dein barmherbigfeit vnnd mitleiden gegen ven 
armen ? inn fumma da iR gar nichts, nur mit folchen 
funden dem Teuffel zu, fie fein fonft nicht anders nüß, 
dann fie fein allzeit Narren, Heur als Fern, Wandel 
narren, ander narren. 


Der XAXV. Ware. 


Wer lets im Efel hat die fporen, 
Der judt in did biß auf die Ohren, 
Bald zürnen, ſteht wol au eim Thoren 


Bon leichtlich zürnen. 


Der Narr den Efel allzeit reit, 

Wer viel zuͤrnt, da man nichts vmb geit, 
Vnd vmb ſich ſchreyet als ein Hund, 
Kein gütig wort gebt auß ſeim mund, 
Kein Buchflab Tan er denn ein R, 

Bnd meint man fol in fürchten fehr, 
Dad er mög zürnen wenn er woll, 

So fpricht ein jeder gut Gefell, 

Wie thut der Narr fich fo zureiffen, 

Vnglück wil und mit Narren bfcheifien, 
Er dendt man hab fein Narren vor 

Geſehen, venn Hans Eſelßohr, 





416 


Der zorn hindert eins Weiſen muth, 
- Der zornig weiß nicht was er thut. 
Architad da jm vnrecht afchach, - 
Don feinem Knecht, zu jm er frac), 
Ich folt das jetzt nicht ſchencken dir, 

Menn ich nicht mer ein zorn in mir, 
Deßgleichen Plato auch gefchach, 

Kein zom von Socrates man ſach, 
Wem Tigt fein zorn im vngedult, 

Zucht, der fellt bald in fünd vnd ſchuld, 
Gedult, fenfft, widerwerdigkeit, 

Ein weiche Zung bricht hertigkeit, 
AU tugend, vngedult verſchuͤtt, 

Wer zornig iſt, der bettet nicht, 
Für ſchnellem zorn dich allzeit hüt, 

Denn zorn wont in eins Narren gmüt, 
Viel ringer wer eins Beeren zorn, 

Der joch ſein jungen hett verlorn, 
Denn dulden das ein Narr dir thut, 

Der auff die Narrheit ſetzt ſein mut, 
Der weiß Mann thut gemach allzeit, 

Ein geher billich den Eſel reit. 


— — 


Von Zürnnarren, Gehköpff, Warren , Eſelsnarren. 


Das fünff vnd dreyſſigſt Narren Geſchwarm. 


Das fünff vnd dreyfigſt narren Geſchwarm iſt, von 
Zürn Narren. Doch fol man hie für ſehen, damit man 
nicht ein mißgriff thue, dann es fein diefe nicht alle Zurn 
narren, fo zürnen, fonder es ifl zu merden, das wir von 
biefen Narren reven, fo ohn alle vrſach fih zu zorn lafı 


fen bewegen. Welche man fürnemlih auß dvieſen nad» 


uolgenden Selen fol erkennen. 


“ 


417 


1) Die erſte Schell iR, von ſtundan auffbrennen und 
zürnen. Es feind etliche, die wöllen fih von ſtund an rer 
den, vnnd warien nicht, biß fie gelegene zeit vnd fug 
barzu haben. 

2) Die ander Schell der Zürn narren ift, mit vor wife 


fen die ſchmach rechnen, welches auch ein zimliche fünde _ 


if. Dann foldhe Narren onverfichen fich nicht, offentlichen 
au rechnen, fonder heimlich, vnnd wo fie einem ein duck 
mögen beweifien , lachen fie wol höfflich darüber. 

3) Die dritte Schell der Zürn Narren iſt, ein groffe 
vnnd ſchedliche fhmacheit begehen. Dann es fein etliche, 
die begeben vmb ein geringe vrſach gegen einem andern 
ein grofie ſchmach. Welchen Chriſtus der Herr die Kaps 
pen ſchütlet, da er faget: Welcher ober feinen Bruder zürs 
net, der ift deß Gericht ſchuldig, das iſt, der ewigen vers 
damnuß. 

4) Die vierdt Schell der Zürn narren iſt, groſſes ge⸗ 
ſchrey vnnd gebler machen ohn ſchelt wort, nemlich wenn 
er zu feinem Bruder fagt, bu Racha, der if des Radts 

uldig. 

5) Die fünfft Schell if, auß zorn fihelt vnd ſchmech⸗ 
wort außfloffen, nemlich wenn einer zu dem andern fas 
get, du Narr, du fantaft, ſchaw du frum fuß vnnd hin⸗ 
dender laur, bu fchald, dieb, ſchelm, mörder, Gotts ver: 
rhäter, vnnd dergleichen fihmachworten mehr. Diß ift ein 
böfer zorn, der manchen vmb alles, das er gehabt, hat 


bracht. 

6) Die ſechſt Schell iſt, nicht allein zürnen, ſonder mit 
fäuften varein ſchlagen, hauwen, ſtechen vnd gar erfchlar 
gen, oder einem mit gemalt das feinig nenmen, over 
bauß vnd hoff gar verbrennen. Diß ift ein gefährliche 
vnd böfe Schell, die ihm ſelbs am meiften ſchadet. D du 
groffer Narr, ehe du eines andern leib ombringeft, töd⸗ 
tet du, vnnd flöffeft zuuor dein leib und feel in die Hell. 
Dann deines Nechften feel magft du nicht töbten, ob bu 
ihm ſchon den Teib nimmeft, aber die deine tödteft du vnnd 
verdammef fie in ewigkeit. Warum befilheſt du nicht 


Bott dem HErren die Rah, der wirbt fie ohn deinen 


ſchaden mol rechen? 
1. 27 


418 


D Die fiebendt Schell der Zürn narren ifl, den zorn, 
Neidt vnnd Haſſz ein Tange zeit im herben tragen. Diß 
ift die höchſte thorheit vnnd gefahr ober alle gefährligkeit. 
Dann es fol die Sonne nicht ober vnſern zorn vnderge⸗ 
pen, damit er nicht in haffz vnd ewig werenden neidt er: 
wachſe. Dann es gebürt der Zorn auß ihm neidt vnnd 
haſſz, alfo das auß einem Heinen fpreiffen ein groſſer 
balck wirdt. Der Neidt vnd Haſſz ik mehr, weber fein 
Todtichlag, wie die Schrifft fagt: Wer feinen Bruder hafs 
. set, der ift ein Todtfchläger. Dann was fan Gott mehr 

mißfollen, dem ZTeuffel aber mehr gelieben, weder Neidt 
onnd Haſſz ?. Dann fie fein zerfiörer aller liebe und einig: 
-keit: fo doch Gott nichts Lieber ift weder cinigfeit vnnd 
Brüderliche lieb. Durch Neidt vnd Haſſz wirt der Menſch 
in ein wildt Thier verwandlet. Derwegen wölleſt du dich 
hüten vor zorn, dann du haft kein ander ehr daruon, 
weder du allein den onuernünfftigen Thieren gleichförmig 
würdeſt. Wiewol etliche meinen, fie werden barburd für 
groſſe Hanfen gehalten, wenn fie fi fielen, als wenn 
fie der Zeuffel Teibhafftig befeffen hette. Was meineft vu, 
das es dir ein ehr fey, wenn vu für vnnd für zörneſt, 
gleich wie ein alter biffiger Hundt, vnnd fein andern 
Buchſtaben kanſt außfprechen werer das N? Meineſt du, 
das dir folches wol anflehe, wenn du fieher gleich wie 
ein Stier, dem ein fireich ift worden ? Pfey fcheme dich 
du doler Rarr. Dann folteft du dich in einem Spiegel 
befhaumwen, würbeft du ohn zweiffel fehen, wie ein hüpfche 
geftalt du Habeft, alfo das. du dich ſelbs nicht fennefl. Ein 
geh zorniger Menih ift feinem Hauß vnd ganken Ge: 
ſchlecht ein groffe fchwere bürdt, ein brennende Fewr vnd 
ein Dorn, alle die in lieben, flicht er, vnd verbrennet fie 
gleich wie ein brennets Holtz: oder gleich einer Schlan⸗ 
gen oder gifftigen Otern, die allzeit gifft außfpewet. Ein 
ftein der ift gan hert, vnd laßt fih nicht baldt gewin« 
nen, auch iſt der fandt fehr fehwer, aber der Narren vnnd 
Bnfinnigen Zorn ift viel Herter vnnd ſchwerer. Ein zorne 
mütiger vnd gifftiger Menfch iR niemandt che fchentlich, 
weder Hm felbs, auch fein vil leut durch gehzorn vnd 
gift gleich an ver fläth geftorben, und ob ſchon folches 
nit etwann gleich gefchicht, leben fie doch felten lang. 





* oo [2.2.2 aa 


in eh BE ED A DE ee — Mn ED AM u Mn FD 3 en 


449 


Derhalben wölle fi ein jeder Menfch vor gehzorn behü⸗ 
ten, auff das er nicht in ſchwere noth vnnd gefahr ges 
rhate, danm wir fehen offt, das manichen ein maulfireich 
etwann hundert gülden oder mehr Toftet, fa es Taffet mas 
nicher fein leben darumb dahinden, welches alles auß geh⸗ 
zorn entfpringet. Darumb fol man fi fürfehen, das 
nicht ein feder omb ein geringe vrſach auff den Eſel fibe, 
dann ed gumpet der Efel offtmals, vnnd wirfft manchen, 
das er nicht mehr reiten kan. 


. 


Der XXXVI Narr. 


Der zu bob wil klimmen, 
Band tiefe wafler durchſchwimmen, 
Tem thut manches mal mißlingen. 


Bon eigenrichtigkeit. \ 


Der kratzt ſich mit den dornen ſcharpff, 
Wen vündt das er niemands bedarff 
Vnd meint er ſey allein fo Flug, 
Vnd allen dingen witzig gnug, 
Der jrrt gar dick auff ebner ſtroß, 
Vnd fuͤhrt ſich in ein Wildnuß groß, 
Das er nicht leicht kompt wider heim, 
Weh dem der fellt vnd iſt allein, 
Zu Ketzern ſind vil worden offt, 

Die wolten nicht das man ſie ſtrofft, 
Verlaſſen ſich auff eigne Kunſt, 

Das fie erfolgend rhum vnd gunſt, 
Viel Narren fielen etwann hoch, 

Die ſteigen Vogelneſtern noch, 
Vnd ſuchten weg, da keiner was, 

On leiter mancher nider ſaß, 
Verachtung vie ven boden ruͤrt, 

Vermeſſenheit viel Schiff verfürt, 


422 


- fr thür vnd geben niemandt Fein antwort, vnnd behalten 
jhnen alfo allein die kunſt. Darnach fein etlich, die wife 
fend eiwann ein guter vnnd bewerde kunſt wider etfiche 
frandheiten, die fein aber fo mißgünſtig, ehe fie biefelbe 
ein anderen fehreten oder fagten, tragen fie diefelbige ehe 
mit ihnen under das Erdtreich. Welches dann ein grofie 
fündt if, feitenmal dir der Herr folhe geben hat, das 
bu fie mit andern leuten folleft theilen, vnd fie nicht dir 
allein behalten. ' 

3) Die dritt Schell if, fleiff vnd vet auff feinem kopff 
vnnd narrechter meinung bleiben. Es ſeindt etlihe alſo 
fteiff onnd veſt auff ihrer meinung, das, wenn fihon ein 
gantz Landt wider fie were, lieſſen fle fih dannoch nicht 
abwendig machen, fonder meinen, man folt ihnen gewon⸗ 
nen geben vnd zufallen, vnd fo fie fehen, das man nicht 
gehorfamen wil, werden fie hefftig darob erzürnet. Sole 
Narren köpff fein gank ſchedlich, dann fie manichmal mit 
ihrem gehzornigen vnnd eygenfinnigen willen vnnd ge 
müth ein gantze verſamlung zerflören, oder zum minften 
verwirren. Die fo folche köpff haben , fein fürwar rechte 
gegoffene vnnd gefchnittene Narren, vnnd iſt fih wol vor 
jhnen zuhüten, dann fie gar felten etwas nützliches außs 
richten, fonder vielmehr zwitracht, vneinigkeit onnd zand 
anrichten in der Chriftfichen Kirchen vnnd anderen Polie 
eeyen, dann das fie etwas nubes ſchaffen. Derwegen fol 
fich ein jeder Menfh daruor hüten, das er nicht allein 
auff feinem Rarrechten Eopff ond meinung verharre, fon« 
der ander leut, fo Elter, wißiger vnnd gelehrier fein, 
volgen vnd hören. 


Der XXXVI Narr. 


Wer figet auf das Glückes Rapt, 
Der ift aud warten fall mit ſchad, 
Vnd das er etwann Tem ins Bar. 


Bon vnglüdsfali. 
Der ift ein Narr, der fleiget Hoch, 
Damit man feh ein fchand vnd ſchmoch, 











423 . 


Vnd fucht ſtetes ein höher Grad 

Vnd gevendt nicht an Glückes Raht. 
Ein jedes ding wenn es aufffompt 

Zum höchſten, fellt e8 felbft zu Grund, 
Kein Menſch fo hoch er kommen mag, 

Der im verhieß den Mornden tag, 
Oder das er Morn glück fol han, 

Denn Clotho left das Radt nicht Nam, 
Oder tem fein gut vnd gwalt, 

Vorm tod ein augenblid behalt, 
Mer gwalt hat, der hat angft vnd not, 

Bil feind durch gwalt geſchlagen tod, 
Den gwalt man nicht lang zeit behalt, 

Den man muß fihirmen mit gewalt, 
Mo nicht lieb ift und gunft der gmein, 

Da ift vil forg vnd mwolluft Fein, 
Der muß vil förchten der da wil, 

Das in auch follen fürchten vil, 
Nun ift forcht gar ein böfer knecht, 

Die Ieng mag fle nicht hören recht, 
Wer bat gemalt, verfelb ver Iehr, 

Lieb haben Gott und fuch fein ehr, 
Wer grechtigkeit belt in ver band, 

Dep gwalt mag haben gut beftand, 
Der Hat fein gwalt wol angeleit, 

Vmb des abgang man trauwren treit, 
Wie dem Negierer nach des tod, 

Man ſprechen muß gelobt fey Gott, 
Mer weist ein Stein auff in die 506; 

Auff den felt er vnd thut jm meh, . 
Vnd wer verlegt ſich auff fein glüd, 

Der felt offt in eim augenblid. 


424 


Don Vnglüũüch Warren, sder von Seidt Marten. 


Das fieben vnd dreyſſigſt Narren Geſchwarm. 


Das fleben vnnd drepffigft Narren Geſchwarm iſt von 
vnglück Narren oder leidt Narren. Dann wir haben bißs 
her fihier vberall von den freud Karren gefagt, nu aber 
wöllen wir anfahen vnnd auch von den leidt Narren far 
gen, dann es if ein alt ſprichwort, nach freud kompt leid, 
vnnd nach einem vollen jar kompt ein magers, alſo ift «8 
auch hie, das nach der freud leidt volget. Dife leidt Rars 
ren fol man fürnemlich auß den narhuolgenden Schellen 
lehrnen erkennen. 

1) Die erft Schell der Teint Narren if, traurig vnnd 
leidig fein ober den tod. Dann es fein etlich, die fein 
ober die maflen befümmert ober den tod, vnnd feßen auch 
bißweilen jr Rarrheit in den Teſtamenten, dann fie fpre= 
chen: o wehe 9 wehe ich muß ſterben. Warumb entſetzeſt 
du dich ab dem todt? Gedend, das du darumb auff die 
Welt kommen bift, das du wider darauf mußt, vnnd dad 
jenig wider erflatten fo du empfangen haſt. Daun dad 
leben iR nichts anders, weder ein walfahrt oder Bülger: 
fahrt, wann du lang herumb gezeuchft, muftu letſtlich wi: 
der zu hauß. Ja ich förcht mich aber zu ſterben. Fürwar 
mein lieber freund, esift ein Narrecht ſtuck, das jenig förch⸗ 
ten, fo Teind wege mag vermitten werden, dann wann du 
fhon lang lebeſt, fo muſt du doch letztlich daran. 

2) Die ander Schell der Leid Narren iſt, dem ſchmer⸗ 
Ben vnd wehetag förchten. Förcht dich nicht daruor, mein 
druder, dann fo der ſchmertzen Mein if, fo if die gedult 
deſto leichter, fo er aber groß if, fo if die gebult deſto 
gröffer, dann dardurch bekompſt du ein gütes lob vnnd 
herrlichen nammen. 

3) Die dritt Schell der Leidt narren ift, die verleum⸗ 
dung vnd hinder rede böfer mäulern fürdten. Pie folk 
du merden, fo diefe fromm weren, die dir bein ehr heim- 
lich abſchneiden oder boͤß nach reden, wer es kein wunder, 
dz du darumb trawreſt. Dieweil fie aber böß fein vnd 
verrucht, fo iſt kein wunder, das fie böſes vnd falfches 
reden, dann fie wiflen nichts anders zu fagen, berpalben 


425 


darffſt du barumb nicht thrauren. Ein God gibt ein 
thon, nach dem er vnd Glockenſpeiß darbey ift, alfo fein 
auch diefe, die wiflen fein guts zu fagen, dann fie haben 
es nie gelehrnet. Gleich wie ein alter Hundt nicht nad 
der warheit, fonder auß dem alten gebrauch beilet, alfo 
reden die auß ihrem alten brauch alzeit böſes. 


4) Die vierdt Schell if, das Ellendt fürchten vnnd 
fhewen. Hie folt du betrachten, mein lieber freundt, das 
nirgendt Fein Elendt fey, fonder wo du hin kommeſt, das 
du vberal daheim ſeyeſt. Dann die Welt ift onfer Bats 
terlandt, vnd Tan niemandt auß der Welt vertrieben wers 
den, derwegen kanſt du auch nicht auß deinem Batterlandt 
veriagt werden. Ja fagftu, ich würd aber in meinen Bats 
terland verbannet. Nein freilich, es wirt bir dein Batters 
fand nit verbannet, fonder allein der orth vnd die Statt, 
darinn du erzogen vnd erboren bift worden. Derhalben 
ſolleſt du dir nicht fördhten, dann wo du hin fompft, fo 
biſt du inn deinem Batterlandt. Dann es iſt fein Erdt⸗ 
reich ein Elendt, fonder allein dein ander Batterlandt, vnd 
zeuchſt du allein auß einer kammer in die andere, oder 
auß einem Pauß in das ander. 

5) Die fünfft Schell iR, trawrig vnd befümmert fein 
ober die Armuth. Weift du nicht, das du allein in deis 
nem finn onnd argwohn Arm bift, aber an der that nicht ? 
Du bit Arm, dieweil du dich für Arm beitefl. O du 
Chriſten Menſch, was fürchtet du die Armuth, fo doc die 
Bögel, die nicht füyen, noch fehneiden, Gott der Herr 
fpeifet, wie folte er dann dich nicht ernehren? O du Hein 
gläubiger. 

6) Die ſechſt Schell if, allein trawrig onnd befümmert 
fein von wegen geringen gewalts. Dann e8 feinbt ets 
liche, die fprechen, folt mich folches nicht traurig onnd bes 
fümmert maden, das ich von eined andern gewalt würde 
ondergetruct vnnd ſchmach leide. Ich wil dir fagen, mein 
freundt, du folt dich deſſen wol frewen, dann leiden if 
Heilig. - 3a fagefl du, der gewaltig aber ift inn hoben 
ehren, vnnd retten ihm viel Diener nach, vnnd muß man 
ihm vberall gnadt Herr fagen vnnd das hütle vor ihm 
rucken? Lieber, gedend, das, wo ein Aaß if, da verfam- 


426 . 


fen fi auch die Adler: alfo ift e8 auch die, dann ſolche 
Diener volgen ihm nicht nach vonn wegen feines gelen 
Haars, fonder von wegen feines Gelts. Als recht, das 
meine ich auch? Weber, betracht folches beffer, warfür hel⸗ 
teft du diefen, für ein Menfchen? Nein freylich, er if fein 
Menſch, fonder ein Kiften, die voller gelts ift, arff welchen 
bie Dieb alzeit Iauftern. “ 

7) Die Siebendt Schell if, trawren vnnd groffen leid 
tragen von wegen feines Weibs vnd kinder tobt. O du 
groffer Gauch, wz beweineft du deine finder? bevend, dz 
der fo Kinver hat, felten ohne forg vnnd angft feye. Ja 
es ift mir nicht allein vmb die Kinder zu thun, fonder ich 
bab auch ein fromb, ehrlich weib verloren. Daft du fie 
from gemacht, oder ift fie from zu dir fommen? So du 
fie from vnd gut gefunden haft, ſo wirft du wider ein 
ſolche befommen, wo du fie aber from und ehrlich gemacht 
haft, fo kannſt du nachmals daffelbig widerumb thun, dann 
der Werdmeifter lebt noch. Darumb ſolt du nicht zu heff⸗ 
tig tramwren oder leidt tragen ober dein haußfrawen, vn⸗ 
fer Herr Gott kann dir wol widerumb ein andere ehrliche 
Tochter oder Matron befcheren. Diß fey alfo gnug ge 
fagt non den leid Narren. 


Der XXXVIU. Narr. 


Mer frand ift vnd lirgt in der not, 
Vnd folget nit e nd Arptes roht, 
Der bab ven ſchaven vnd den tod. 


Bon franden die nicht folgen. 
Der ift ein Narr, ver nicht veriteht, 
Was im ein Arkt in nötben räht 
Vnd wie er recht halt fein Diet, 
Die im ver Urbt gefebet bet, 
Vnd er für wein das waſſer nimpt, 
Ober deßgleich dad jm nicht zimpt, 


⸗ 





427 


Vnd lugt daß er fein luft erlab, 

Big man jn hin tregt zu dem Grab, 
Wer wil der Krankheit bald entgehn, 

Der fol dem anfang widerfiehn, 
Denn Urkeney muß würden lang, 

Menn Krandheit faft nimpt vberhand, 
Mer gern wil werden bald gefun, 

Der zeig dem Artzet recht die wund, 
Vnd leid fih, fo man die auffbrech, 

Oder mit Meißlen darein flech, 
Oder ſie hefft, weſch, oder bind, 

Ob man jm fihon die Haut abſchind, 
Damit allein das leben bleib, 

Vnd man die Seel nicht von jm treib, 
Ein guter Arkt darum nicht fleucht, 

Ob joch der Krand halber Hinzeucht, 
Gin Sieh ſich billich leiden fol, 

Auff Hoffnung, dad jm bald werd mol, 
Wer eim Arkt in der Kranckheit leugt, 

Vnd in der Beicht ein Priefter treugt, 
Vnd vnwar fagt ſeim Aouocat, 

Wenn er wil nemmen bey im Raht, 
Der bat jm ſelbſt allein gelogen, 

Vnd mit feim ſchaden ſich betrogen, 
Ein Narr ift, der ein Arket fucht, 

Dep wort vnd lehr er nicht gerucht, 
Vnd folget alter Weiber roht, 

Vnd left fidy ſegnen in ven Todt, 
Mit Character und Narrenwurg, 

Des nimpt er zu der Hell ein flurg, 
Des aberglaub if jebt fo vil, 

Damit man gfunpheit fuchen wil, 
Wenn ich das als zufammen fuch, 


= 


- 


428 


Ich macht wol drauß ein Ketzerbuch, 
Mer Erand iſt, der wer gern gefund, 

Vnd acht nicht wo die hilff herkompt, 
Den Teuffel rüfft gar mancher an, 

Das er der Krandheit- möcht entgahn, 
Wenn er von jm bilff warten wer, 

Vnd nicht müßt forgen gröfler ſchwer, 
Der wirt in Narrheit gantz verrucht, 

Mer wider Gott gefundtheit fucht, 
Vnd ohn die ware weißhelt gert, 

Das er wöll weiß fein und gelehrt, 
Der ift nicht gfund, fonder gank blöd, 

Nicht weiß, ſonder in thorheit ſchnöd, 
In ftähter kranckheit er verhart, 

In vnfinn, blindtheit er vernarrt, 
Krankheit auß fünden dick entfpringt, 

Die fünd vil groſſer Siechtag bringt, 
Darumb wer Trandheit wil entgahn, 

Der folle Gott vor augen han, 
Er lug das er der Beicht fich nah, 

Ehe er die artzney empfah. 
Vnd das die Seel vor werd gefund, 

Ehe denn der leiblich arket kompt, 
Aber es fpricht jetz mancher Bauch, 

Mas fich geliebt, das gſelt ſich auch. 
Doch wirt es ſich zuletzt fo treiben, 

Das weder leib noch feel wirt bleiben, 
Vnd werden ewig Krandheit han, 

So wir der zeitlich wölln entgahn, 
Piel find jetzt faul und Iangeft tod, 

Hetten fie vor gefuchet Gott, 
Sein gnad erworben, huͤlff und gunft, 

Eh denn fie fuchten Artzets Kunft, 





[4 


429 


Vnd mennten leben on fein genab, 

Stürben doch mit der Seelen fchad, 
Hett Madjabeus fich verlon, 

Allein auff Gott, und nicht auff Rom, 
Wie er zum erften thet daruor, 

Er Hett gelebt noch lange for, 
Ezechias wer gftorben tod, °— ° 

Hett er ſich nicht gefert zu Gott, 
Vnd drumb erworben, das Gott wolt 

Das er noch lenger Ieben folt, 
Hett ſich Manaſſes nicht befert, 

Gott Hett jn nimmermehr erhoͤrt, 
Der Herr zu dem Bethrifen ſprach, 

Der lange jar mas gweſen ſchwach, 
Geh Hin, Sünd nimm, nicht biß ein Narr, 

Das dir nicht böfers widerfar, 
Mancher globt in Kranckheit vil, 

Wie er fein leben befleren wil, 
Denn fpricht, da der Siech genaf, 

Da warb er böfer denn er maß, 
Vnd meint Gott damit birogen han, 

Bald gehn in gröffer plagen an. 


Von Siechnarren, oder Krauchnarren. 
Das acht vnd dreiſſigſt Narren Geſchwarm. 


Das acht vnd dreyſſigſt narren geſchwarm iſt, von den 
Siech narren oder Kranck narren, welche man fürnemlich 
auß fieben Schellen fol lehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell der Kranck narren iſt, die Artzeney 
verachten vnnd verwerffen. Es ſein etliche, die verwerffen 
die Artzney gang vnd gar, alſo, das, wenn fie ein Doc 
tor ber Arkeney ſehen, ab ihm ſpeytzen. Diefe Narren 
bevenden den fpruch nicht, der da faget: Gott der aller 





430 


höchſte Hat die Arkeney auß dem Erbtreich gefchaffen, und 
wirbt fie der weiß vnnd verfiendig Mann nicht verwerffen. 
Warumb fol man dann die Arbeney nit verwerffen ? 
darumb, bieweil Gott der Herr den Kreütern, Wurtzlen 
vnd Edlen gefteinen heilſame kräfft onnd tugendt eingeben 
hat. Derhalben fein fie nicht zuuerwerffen, ſonder gleich 
als andere herrliche ond gute Gaben, ung von Gott ger 
fhidt, mit vand anzunemmen. Derwegen, welcder vie 
Artzeney verwirfft, der verachtet auch Gottes gaben vnd 
gutthaten. 

2) Die ander Schell der Krand narren ifl, den Arket 
verfuchen und betriegen. Es fein deren kunden viel, die 
nicht von wegen frandheit, fonder allein auß fondrem be 
trug die Doctor der Artzney verfuchen, vnd wollen hören, 
was fie darzu fagen. Solche hubler betriegen ſich vnd ir 
gut: Dann der Doetor nimbt das gelt ond Taßt fie wiber 
binziehen,, wo fie ber fein kommen. Darnad fein etlich, 
die thun ein ding, wann fie den Harn zum Doctor brin: 
gen, verfihweigen fie vnd fagen nicht, ob er eines Manns 
fey oder einer Frawen, vnnd meinen bie Narren, ber 
Doctor ſoll ſolches alles wol auß dem Harn fuchen, 
ond die gante Krandheit nach dem Harn vrifeilen. Wie 
man dann von einem Barren lifet, der hat auff ein zeit 
einem Doctor den Harn gebracht, da bat ihn der Doctor 
gefragt, wo er mit herfomme vnnd von wannen er fiy, 
da hat er geantwort, jr werdende wol fehen am Harn. 
Zwar ich muß hie befennen, das etliche fein, die wunder. 
barliche ding durch den Harn anzeigen, alfo das fie von 
dem menfchen, ven fle noch nie gefehen haben, können fa 
gen, wie im fey, vnd wo in wehe fey: Aber ſolches kompt 
nicht auß künſtlichen Arbeneyen, fonder von dem Zeuffel, 
mit dem fie ein padt haben: Solche folt man dem Teufs 
fel mit einem wagen vol hof oder drey zum newen Jar 
ſchencken. Darnach ſein etlich, die verbergen ir Krandheit 
vnd zeigen folches den Arhet nicht Halb an: Dife fein fürs 
war groffe Narren, inndem fie meinen, fie wöllen den Arht 
betriegen, fo betriegen fie fi felbs, vnd machen jhnen 
felber den tobt. Dann welcher fein Trandheit vor. dem 
Artzet verbirget, vnnd feine fünd dem Beichtvatter, der 
leugt vnnd ſchadet ihm felbs vnnd führet fich felber inn 





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431 


das verderben. Du frander, fo du weißfich handlen wilt, 
fo zeig dem Artzet fleiffig an, wo dir wehe fey, gib jm 
auch antwort auff alles dz, fo er dich fragt, wann diß 
geſchicht und er dir trewlich gerapten hat, fo danck darüber 
Gott, und Laß denfelben walten. Thu nit wie auff ein 
zeit ein frander, da fragt in der Arbet, was fehlet oder 
mangelt die? Antwort er, ich weiß nicht. Da fragt er 
weiter, wo iſt dir wehe? Gab er aber zu antwort, ich 


weiß nicht. Zum dritten fragt er, wann biſt du frand- 


worden? antwortet er abermals, ich weiß nicht. Da fprach 
der Argt letztlich zu im, fo nimm das kreutle, ich weiß 
nicht was, und leg darüber, ich weiß nicht wo, als dann 
wirdft du gefund werden, ich weiß nicht wann. 


3) Die dritt Schell ift, dem Arbt nicht volgen noch ges 
horchen. Es ſeind etlich, Die Rahtfragen die Artzt trewlich 
vnnd laſſen jhnen auch alle Artzney zubereiten, fo der Docs 
tor heiffet, aber fte gebrauchen diefelben nicht. Deßgleichen 
tommen fie dem Raht des Ares nicht nach, fondern thun 
gang vnd gar das widerfpiel. So er fie heiffet Wein 
trinden, Taflen fie jhn waſſer bringen, vnnd fo er fie heif- 
fet ſchwitzen, fiben fie in dem bett auff oder ziehen fonft 
heromb in dem nacht beit. tem, fo er fie heißt ein cris 
fierung nemmen, trinden fie bier vnd ander füß getrand 
darfür. Wann er fie heißt ein Adern fchlahen, gehn fie 
darfür in das Badt vnd fchrepffen. Deßgleichen fo der 
Artzet fpricht, man ficht wol, das er rand if, dann er ſicht 
gar bleih, ja ſprechen fie, der Doctor fiehet vil bleicher 
vmb den ſchnabel werer ich, fo muß er gwiß auch frand 
fein. In fumme, es fein der flud fouil, das folche Nar⸗ 
ren treiben, das mich verbreußt, fie alle zu erzelen. Wiltu 
bald gfund werben, fo lug vnnd volg dem trewen Arßt, 
vnnd fomme feinem raht nach, fo wirdſt du gefund wers 
den, ohn allen ſchmertzen, wo du aber ſolches nicht thun 
wilt, fo laß den Arbet zufrieden, alsdann verfchoneft fein 
ond deines gelts. 

4) Die viert Schell if, dem Arbs gehorchen aber zu 
fpat. Es fein eikich, die volgen erſt dem Argt, wann die 
frandpeit ſchon zu gar vberhandt hat genommen, wann 
die Kup auß dem Stall ift, machen fie erſt die Thuren 


4 


432 


zu. Mann fol der kranckheit bey zeyten wider flanbt thun, 
dann wenn man zu lang verbarret, {ft nachmals fein Ars 
Beney mehr nuß vnnd würdliih. Ein Bawm, wenn er 
nord fung if, fan man ihn ziehen wie man wit, alfo if 
es auch mit folchen gefchaffen, wenn man bey zeiten darzu 
hut, Tann man etwann wol heiffen, fo aber ſolches gefpa« 
ret wirt auff die lange band, fo ift es Tetfilich alles vers 
geblih, was man anfahet. 

5) Die fünfft Schell der Krand narren iſt, Arbeney 
vnnd rath fuchen bey den alten Weibern, Tryadesträmern, 
Banbrechern, oder fonft anderen Landtſtreichern, die nichts 
vonn der Arbeney wiſſen, fonder etwann ein Wurkel oder 
Kraut haben, fagen fie, das dieſe zu taufentlerley gut fey, 
fo fie doch nicht eins mag helffen. Dergleichen fein etliche, 
die Lauffen zu den Hendmeifigen Juden, vnd bringen ihn 
den Harn, vnd fragen fie omb rath. Welches doch hoch 
verbotten ift, das man kein Arbeney fol von den Juden 
gebrauchen, es fey den fach, das man fonft fein Arbet 
mag gehaben. Weiters wie viel die alten Weiber, Trias 
desträmer,, Zanbrecber vnnd andere vnerfahrne mehr mit 
ihrer Funft geheifet haben, weiß ein fjedlicher wol, alfo, 
das fie etliche gelembdt, etliche blindt, etliche gar dem als 
ten hauffen haben zugefchidt, und iſt folchen kunden recht 
geſchehen, inndem fle die quten Arbt veracht haben, vnnd 
fein folchen Reutbefcheiffern nachgeuolget. 


6) Die ſechſt Schell der Krand narren if, Arkeney 
vnd rath ſuchen von ben Zeuffelsbefchwerern oder alten 
Hexen, vnnd laſſen fle gefegnen, das heilig Ereuß ober fie 
machen, bamit fie der Teuffel nicht hinfüre. Diefe kunden 
folt man mit fampt feinem Arget in einem fewrigen was 
en gehn Himmel fchiden, da die öpffel auff dem Simbfen 
tasten, dieweil fie Gottes gaben außſchlahen vnnd fi 
dem Zeuffel ergeben. Welches, wie ein groffe fündt fol: 
ches ſey, gib ich einem jeblichen zu treffen. Es fein von: 
aalbare viel, deren aberglauben, fo die Teuffelsbefchwerer 
vnnd Herenmeifter treiben: welcher fie alle wolte erzehlen, 
ber heite wol ein gank Buch daruon zu fehreiben. Ya, 
fprechen fie, du haft gut danten, du ligſt nicht hie an meis 
ner ſtadt, wenn bu hie legfl, du würbern warlich au lu⸗ 


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433 


gen, wie du auß dem Beth kämeſt. Dann es ſucht ein 
Krancker vberall, wo er weiß hilff zu finden: Darumb 
ſage ich, wenn ſchon der Teuffel käme vnd ſein Großmut⸗ 
ter, vnd ſprech, er wolt mir helffen, fragt ich gar nicht 
darnach, fonter wolt jhm gern volgen. Solche leut fein 
fürwar nicht mehr Chriſten leut, ſonder leibhafftig des 


Teuffels, wie fie ſtehn vnd gehen, in dem fie mehr vnnd 


gröſſer hoffnung ſetzen auff den Teuffel, weder auff Gott 
ſelbz, der doch der beſt Artzet iſt vnder allen Artzten. 


7) Die fiebendt Schel iſt, ſich allein auff die Arbeney 
verlaſſen, vnnd Gottes hilff vnd troſt dargegen verwerffen. 
Dann es ſein etliche, die begeren kain geſundtheit von Gott, 
vnd rüffen denſelben auch nicht an, das er ihn wölle ges 
fundtpeit verleihen, befehlen ſoſches auch nieht Gott dem 
Herren, das er es beflere, fonder fie feßen all ihr Hoffe 
nung vnd troft allein auff die Artzeney, verfchaffen au 
nicht, das die vrfachen, darauf die krandpeiten enftehen 
(nemblih die ſündt) abgethan vnnd verbeffert werden. 
Solche fuchen ir geſundtheit wider Gott. Es gefrhicht ges 
meinlich, das die, fo Hank vnd gar all ihr hoffnung, troſt 
Hund zuuerfiht auff ven Artzet feßen, das fie fe enger ie 
mehr hefftiger vnnd tödtlicher kranck vnd von Gott vers 
laſſen werden, weiche, fo fie jhr vertramen zu Gott febten, 
würden fie ohn zweiffel bald wider gefundt werden. Deßs 
gleichen werden auch etliche gefunden, die dörffen noch 
wol ober Gott zürnen vnd balgen: vnd fo man zu Ihnen 
fagt, fie follen fi beferen vnnd vmb verzeifung der Süns 
den bitten, dörffen fie fpöttlich darauff antworten. Ey 
hat es fich geleibet, fo gefeelet es fih etwann auch. Diß 
iſt fürwar ein groffe todt fündt, die Gott der Herr nicht 
ongeftrafft würbt laffen bingefn. Dann wie viel taufent 
leid vnnd feel fein alfo durch folche freuel wort zu grund 
gangen, welche fo fie Gott petten für augen gehabt, hets 
ten fie die ewige Seligkeit erlangt. LXetftlich fein etliche, 
die verheiffen Gott gar vil, wenn er in wider auff helffe, 
das fie thun wöllen, wenn fie aber nachmals wider auff 
die füß kommen, gevenden fie nicht mehr darann, vnnd 
werden manchmal erger vnd fehaldhafftiger, weder fie vor 
je fein geweien: Alſo das diß ſprichgrt gang war am 

l 


434 


inen iſt: Da der Krand gnaß, warb er böſer, weder er is 
wz. Darfür wölleſt du vi trewlich hüten, vnd die züch⸗ 
tigung vnnd heimfuchung Gottes nicht mißbrauchen, damit 
du nicht dem Pharaon gleich werdeſt, der wardt auß den 
ſtraffen Gottes vil halsſtarriger vnd böſer dann vor pin. 
Derhalben wölleſt du dich fleiſſig fürſehen, auff daß du 
Gott nit verlaſſeſt, vnnd dem Teuffel nachhengeft, der dich 
in abgrundt der Dell wirt führen. 


Der XXXIX. Narr. 


Wer öffentlich fhlest fein meinung an,, 
Bad fpannt fein garn für jedermann, 
Bor dem man ſich leicht hüten Tan. 


Von öffentlichen anſchlag. 


Ein Narr iſt, wer wil fahen Staren, 

Vnd für jr Augen ſpreit das Garen, 
Gar Teiht ein Vogel flegen Fan, 

Das Garn, dad er ficht vor jm ftahn. 
Mer nicht den traumwen thut all tag, 

Da forg man nicht, Dad er faſt fchlag, 
Wer nicht fein Reht ſchlegt offntlich an, 

Dor dem hüt fih wol jeverman, 

Hett nicht entfremdt fich Nicanor, 

Vnd anders gftelt denn er hett vor, 
Judas hett nicht gemerckt fein gmüt, 
Vnd ſich fo bald vor jm gehüt. 

Dad dundt mich fein ein weifer Herr, 

Der fein fach weiß, fonft niemands mehr, 
Vorauß da im fein heil Leit an, 

Es wil jetzt Reht fein jeberman, 

Vnd treiben folche Kauffmanfchag, 

Die formen leck und binden Frag, 





435 


Ih Halt nicht für, ein weifen Mann, 
Wer nicht fein anfchlag bergen kan, 
Denn Narren raht und Bulerwerd, 
Ein Statt gebauwet auff ein Berg, 
Vnd ſtro das in den Schuhen Ieit, 
Die vier verbergen fich kein zeit, 
Ein armer bhelt wol heimligkeit, 
Eins Reichen fach wirt weit gefpreit, 
Vnd wirt durch vntrew Haußgeſind, 
Gedffnet vnd außbracht geſchwind, 
Ein jedes ding kompt leichtlich auß, 
Durch die bey eim ſeind in dem Hauß. 
Zu ſchaden iſt ein boͤſer feind, 
Denn vie ſtaͤts bey eim wohnend ſeind, 
Vor dem man ſich nicht hüten thut, 
Bringen doch vil vmb leib vnd gut. 


Yon Offenburger, oder Alappernarren. 


Das neun vnd dreypfſigſt Rarren Geſchwarm. 


Das neun vnnd dreiſſigſt Narren Geſchwarm iſt, Von 
Offenburger Narren, welche man fürnemlich auß ſieben 
Schellen ſoll lehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell iſt offentlich trewen vnd ſchelten. 
Dann es ſeind etlih, wann fie wider einen ein hafſz oder 
grollen haben, offen fie folches von flundan durch treuw 
wort auf. Dife fein rechte Narren, inn dem fie ſolches 
gleih außftoffen, dann wann einer einem trewet, warnet 
er denſelbigen, das er ſich vor im ſolle fürſehen. Wel⸗ 
cher einen hund ſchlahen will, fagt er nicht zuuor, auß 
hund, fliehe, ich wil dich fehlahen, fonder ſchleichet allge: 
mach Herbey, gleich wie die Hundtfchlaher pflegen zu thun, 
ond ſchlahen 7 mit heblen zu tod. Dife Narren fein 
gleich den Boglern, fo ihr garn mitten in den weg fpreis 
ten da jederman fürüber gehet. 





- 


436 


2) Die ander Echell der Offenburger Narren if, Scin 
Lift vnd geſchwindigkeit nit Tonnen verbergen. Dann es 
feind etlich, wann fie etwann einen dück haben begangen 
ond derſelb verſchwiegen ift blieben, mögen fie vaflelbig 
nicht verfchweigen, fonder offenbaren es, tamit man wifle, 
wer derfelbig frech geſell fey. 

3) Die dritt Schell der Offenburger narren if, fein 
eygen heimligfeit, fo geichehen fol, vnweißlich offenbaren, 
nemlich diefen fo ihm nicht nützen, fonder ſchaden. Sol⸗ 
ches ift ein recht Narrecht fü, in dem einer fein guten 
rath herauß bladert, vnnd nicht bey ihm behalten Fan. 
Als nemlih (das wir ein liederlich exempel feßen) wenn 
einer ein gut fpill hat, ein offenen rauſch, fan er folches 
nit verſchweigen, fonder zeigt die Kharten einem andern, 
der neben jm fißt, damit lugt berfelbig nachmals darauff, 
das erd möge gewinnen, vnnd verleurts diefer von we 
gen feines blader mauls. Bier ding fein, die man nicht 
verbergen fan, ein Statt auff einem hohen Berg, die lieb 
oder Bulerey, das Strow in den ſchuhen, vnnd des Kar: 
ven rath, das fünfft wirt noch hinzu gethon, ein fpintel 
im fad, vnd ein verborgene Hur im Hauß. Diß if ein: 
mal gewiß, das des Narren fürnemmen vnnd rathichlag 
nicht lang verfehwiegen bleiben, dann er iſt gleich einer 
Sänne, fo ein Ey gelegt hat, die gagat fo lang, biß man 
es findt, alfo thut der Narr auch, der tregt fein anſchleg 
jedermann für. Gleich wie ein Specht mit feinem fingen 
fein junge verräht, alfo verratpt der Narr. auch fein heim: 
ligfeit mit ſchwetzen. 

4) Die vierdt Schell iſt, fein gegenwürdige heimligfeit 
offenbaren. Dann es fein etliche, die meinen, es fehe 
folche niemandt, wenn fie ſchon ein ding offentlich begehn, 
vnd dringen folches nachmals weiter auß, fo doch folches 
vorhin die Fiſcher buben auff den Kühlen außgefchlagen 


haben. f 

5) Die fünfft Schell ift, fein eygen heimligkeit, fo von 
lengſt geſchehen iſt, erfi offenbaren vnnd an tag bringen. 
Es fein etliche, die entweder auß anfechtung der forcht, 
oder auß einer andern anreißung ir heimligkeiten auſſer⸗ 
halb der befantinuß oder Beicht offenbaren, on alle not 


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437 


wendigfeit und nußbarkeit. Darauß demnach groſſe ger 
fahr entfpringen, inn dem ex ſolche heimligkeit offenbaret, 
die doc billich heiten follen verfchwiegen bleiben. 

6) Die ſechſt Schell der Offenburger narren if, ben 
feinden, fo wider verfühnet fein, alle heimligfeit offenba« 
ren. Es ift ein gemein, fprihmwort, das man einem ver: 
fühnten feindt Fein heimligkeit fol offenbaren. Deflen has 
ben wir ein erempel an Zoſephs Brüder, die forchten all: 
zeit, Zofeph würde fih an ihnen rechnen. 

7) Die fiebendt Schell der Offenburger narren tft, fein 
heimligkeit nicht verbergen fönnen vor feinem Haußgefindt. 
Ein haußfeindt vnd haußdieb fein die aller gefährligfien 
vnd böften, die man finden fan. Derwegen werden Rei« 
her leut heimligfeit gar felten verfchwigen, dann fle wer⸗ 
ben durch die vntrewen diener geoffenbaret. Diß fol man 
infonderheit behalten, das du deinem gefinve fein heimlig⸗ 
feit vertraweft, vnnd auch Fein heimligfeit eines anderen 
Herren erförichlef. Welchs fo du es thun wirft, kanſt du 
dich fiher machen vor allen deinen feinden vnd haußge: 
findt. Veracht alle weltliche vnd zeitliche ding, fo werden 
dir deine feindt nit fchaden mögen. Diß fey hie von bis 
fen Narren gefagt, welche anderswo noch weitleuffiger er: 
Fläret werden. 





Der XL. Narr. 


Mer fiht ein Narren fallen hart, 
Vnd er fih darnach nit bewart, 
Der greift eim Rarren an den Bart. 


An Narren fihb Roffen. 


Man ficht teglich der Narren fall, 
Vnd fpottet man jr vberall, 

Vnd findt virachtet bey den Weifen, 
Die doch in Narrnkapp ſich preifen. 
Vnd fchilt ein Narr den antern Narrn, 

Der doch auff feinen weg tbut karrn, 


438 


Vnd ſtoößt ſich da zu aller frift, 
Da-vor der Narr gefallen ift, 
Syppomenes fach mandyen Gauch, 
Vor jm entbaupten, doch wolt er auch 
- Sich wogen, und fein leben gang, 
Des wer nah gfein vunglüd fein ſchantz, 
Ein Blind den andern fehiltet blind, 
Wiewol fie beyd gefallen find, 
Ein Krebd den andern” ſchalt vmb das, 
Er Hinder fi gegangen was, 
Vnd gieng jr feiner für fich doch, 
Denn einer gieng dem andern noch, 
Eim Stieffvatter folgt die! vnd viel, 
Wer nicht feim DVatter folgen wil. 
Hett Phaeton fein faren glan, 
Vnd Icarus gemächer gthan, 
Vnd beid gefolgt jrs Vatters rott, 
Sie weren nicht in der jugent tod, 
Welcher den weg Jeroboam 
Ging, keiner je zu gnaden kam, 
Vnd ſahen doch das Plag vnd Rach, 
Gieng ſtehts vnderlaß darnach, 
Wer ſicht ein Narren fallen hart, 
Der lug das er ſein ſelbſt wol wart, 
Denn das iſt nicht ein thorecht Mann, 
Wer ſich an Narren ſtoſſen kan, 
Der Fuchß wolt nicht inn Berg, vmb das 
Nie keiner wider kommen was. 
Von Disk oder Strauchnarren, oder Vnfürſichtige 
Narren. 
Das viergigfi Narren Geſchwarm. 
Das viergigft Narren Geſchwarm if, von Strauch nars 
sen, oder Bnfürfihtigen narren: nemlich von denen, fo 





439 


auß ander leut narrheit vnd fall nit wißig ober fürfichtig 
werden: fonder fie fallen auch, fo fie ander leut fehen 
vnrecht ihun und fündigen. Es wirt fürwar der mehrer 
theil der Menfchen under diefer Schell begriffen, wie wir 
ſolches ein exempel haben bey dem Efopo. Denfelben ſchickt 
fein Herr der Zantus in das Badt, folt Iugen, ob viel 
leut darin weren, vnd darnach wenig barinn wehren, 
wolt er in das Badt gehn. Als nun Efopus dahin kam, 
vnd fahe, das viel leut in das Badt giengen, fiieffen fih 
aber der gröffer theil an einen flein der onderwegen lag, 
vnnd begert ihn niemandt hinweg zu thun, biß letftlich 
kame einer, der walbet den flein an ein orth, damit fich 
niemandt mehr barann fliefe oder verleget: ba keret Eſo⸗ 
pus wider zu bauß, vnnd faget zu feinem Derren, «8 
wehr nur ein Menſch im Badt. Da nun fein Herr in 
das Badt kame, war das Badt gan voller leut, wardt 
er hefitig wider den Efopum erzürnet vnd ſprach: War 
zumb haft du gefagt, es ſey nur ein menfh im Babi? 
antwortet Efopus, ja es if nur ein menſch barinn, dann 
ſchawet Herr den ftein an, der dort im windel ligt, ber 
lag zuuor mitten im weg, vnd als füch jedermann darann 
ſtieß, war keiner fo wigig, das er ihn heit hinweg ge 
tdan, außgenommen einer, der welßet in in biefen wins 
del, denfelben Halt ich allein für ein menfchen, der an« 
dern aber feinen. Alfo fein folder Narren noch gar viel, 
ob fie ſchon fehen, das ander leut fallen, kehren fie fi 
nicht darann, fonder fahren ihnen nach, vnnd werden jhn 
in allem gleih. Dife Narren fol man aber fürnemlich 
auß den nachuolgenden fihellen lehrnen erfennen. 


1) Die erfte Schell ift, anderer leut fall erfennen vnd 
doch fallen. Dann es fein etliche fo gar naßmeiß vnd 
verſtendig, das fie meinen , fie hören das Grab wachen, 
jedoch können fie ſich nicht hüten vor dem vnglüd, fo ans 
der leuten befchicht, ſonder fallen auch darein, ob fie ſchon 
wol wiſſen, das ihnen folches hefftig gefchadet hat. Diele 
Narren haben minder wiß weder die Mäuß, dann biefels 
ben, wenn fie fchmeden, das ein andere Mauß inn der 
Maußfallen if gefangen worden, kommen fie nicht barein, 
es feye dann fach, das bie Maußfall mit ſiedigem Waſ⸗ 


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440 


fer gebrüet werde: als dann Taffen fie ſich wider fahen. 
Aber ſolche Narren achten es für nicht, wenn fie ſchon 
erfi ſehen, das einer durch ein ding iſt zu grunde gans 
gen, volgen fie im gleichwol nad. Auff gleiche weiß wer⸗ 
den auch foldhe Narren vermahnet durch ein ſchön exem⸗ 
pel der Spinnen. Dann es begab fh, das ein Spinne 
ein langen faden fpan, der vber den offnen weg ginge, 
ta flohe ein Mud ohn alles gefähr dar, vnnd fundt bie 
Spinnen, fraget fie auß, was gemalt fie folches thet, bad 
fie ven Weg alfo verfperret, gab fie ihr zu antwort, ich 
thun folches auß gewalt der Natur, dann ich mein Kunft 
weit außfpreite. Da fprad die Mud zu der Spinnen: 
Lieber, Iehr mich auch etwas; gargern, ſprach die Spinn, 
onnd höre nun mein erfte lehr. Zum erfien hüte dich, 
dag tein Herb vor allen gefendnuß bewaret werde, vnnd 
Leine Augen allezeit munter fein ond für fich fehen, dann 
der menschen Icben flehet nicht minder inn regierung ber 
augen, dann in dem hertz: darumb thun ſolche beide nicht 
mit einander zu. Darnach, das deine augbrawen allzeit 
deinem füßfchaten fürgehen, alfo das die füß nimmer vor 
den augen hergeben. Zum britten, das du dich allzeit 
mehr förchtfi in den ort, da du meinfi am ficherfien zu 
fein, vnnd da am menigften hoffe, da ſich groffe Hoff 
nung thut erzeigen. Dann ein weifer fürchtet im al zeit, 
und wendet fih ab von einem ping. Derhalben Iehr ich 
dich, dz du ruhe, verman dich, das du weißlich ond für: 
ſichtig fortſchreiteſt, vnd Deine füß nit weiter außfredefl 
weder bu gefehen magft: Auß difer vrfach fpan ich mein 
garn auß, das ich die vnrühige möge fahen, vnd leg ben 
Narren ein meh, vnd bereite zu ein peinigung ben be: 
ſchwerten und betrübten. Darauf gab bie Mud zu ant⸗ 
wort, fürwar bein lehr ift faft gut. Ja, fagt die fpinn, 
warn du fie helteſt vnd derſelben nachkommeſt, if fie gut, 
wo nit, fo iſt fie ſchedlich. Was gefchahe aber, die Mud 
vergaß folche lehr bald, flobe herum ohn alle forg, Font 
nicht rüwig gefein, vnd als fie fih in der Spinnwäb 
verwirret, fieng fie an bitterlich zu weinen, das fie fih 
ſelbs betrogen het. Da fprach die Spinn zu ihr, hab ich 
dir nicht vorhin gefagt, das du folleft rüwig fein oder 








441 


forg haben, wo bu Hin fliehefl. Scham, jeb merben ander: 
leut auß deinem ſchaden gewißigt, inn dem bu bein eigen 
heil, verfaumet haft, vnnd als fie diß gefagt hat, bracht 
fie vie Mud omb. 

Dife gleichnuß trifft ſolche auch an, fo ein ding wol 
wiflen, vnd fih doch nit daruor Hütten. 

2) Die ander Schell der Strauch Narren ift, ſich vers 
wundern ab ander leut fahl, vnnd doch gleihwol auch 
damit fallen. Es feind etlih, wann fie hören von ander 
leuten fahl vnd vnglück, verwunteren fie ſich höchlich da» 
rob vnd wiſſen nicht, wie fie ſich mit henden vnnd füſſen 
gnugſam ſollen ſegnen, vnd können fich nicht gnug darob 
verwundren. Fürwar, es iſt ein wunder vber alle wun⸗ 
ver, dz diſe perfon gefallen iſt, wer het doch ein Teuffel 
oder ein einig böß ſtuck in folhem man gefuht? Ich 
Hett gemeint, es wer ehe ein Thurn vmbgefallen, dann 
folder Mann? Machen und gefegnen fie mit vil taufend 
ereugen, bebüt Gott, behũt Gott, ift ſolches diſem Mann 
geſchehen, das hett ich im keins wege vertrawet, vnnd 
inn dem fie fi alfo hoch verwundern, alfo das fie das 
wunder möcht freffen, können fie fih nicht Hütten, fonder 
fallen vil gröbficher dann vie andern. Wölte Gott das 
fih folhe Narren nach der verwunderung wüßten zuver⸗ 
hüten, damit fie nit nachmals auch in anderleuten vers 
wunderung geriehten, vnnd von dem Buchten weißpeit 
lehrneten: der wiſſet fih alfo in handel zu fehiden, das 
er fih auß anverleut ſchaden vor zu künfftigem vnglück 
hütet. Man Iifet, das fih ein alter Lew auff ein zeit 
fand gemacht hab, vnd als die andern Thier zu jm far 
men , in in feiner frandpeit heimzufuchen in ver hülen, 
hab er die von flundan zezerret und gefreflen. Da aber 
der Fuchß auch kommen {ft in heimzuſüchen, hat er geſe⸗ 
hen, wie der anderen Tpier fußtritt all hinein giengen, 
aber keiner wider herauß, da ift er fill geflanden vnd 
hat fie beſchawet, als in aber der Löw gefragt, warumb 
er nicht hinein gieng, hat er geantwort, ich fiehe vil fuß⸗ 
ſtapffen Hinein gehn, aber keine wil herauß, if alfo wi: 
der daruon gezogen. Alfo follen wir durch anverleut vn⸗ 
gluͤck vnd fahl, gleich wie der Fuchß, wißig werben vnd 


“- 


442 


ons vor zufallendem vnglück witzig vnd fürfichtig machen. 
Deßgleichen lefen wir weiters ein Exempel von dem Fuchß, 
darinn wir gelehrt werden, wie wir ons auß anderleut 
vnglück vnd ſchaden follen hüten vnd fürfehen. Es bee 
gab fich, das ver Löw, aller Thieren König, von den 
Thieren begerte, fie folten jm fagen, ob er ein flinden: 
den atham hett, welde fprachen, er flunde nicht, die zer 
riffe er, darumb das fie logen, die aber fo fagten, er 
hette ein flindenden atham, zerriß er auch, glei als wenn 
fie hierinn fein Mapeſtat gefchmebet heiten. Als er aber 
den Fuchſen fragt, ſprach er: Herr König, ich hab vie 
Naßſchnauppen, vnd fan nichts fchmeden, damit errebtet 
er abermals fein leben auß gefahr. Alſo follen wir gäntz⸗ 
lich auch thun, vnd vns ab ander keut fchaden vnd vns 
glüd beffern. 

3) Die dritt Schell der Strauch narren iſt, mitleiden 
tragen, vnd erbärmot haben mit denen, fo fallen, doc 
zugleich mit jhnen fallen. Es fein etliche, die haben ein 
groß mitleiven mit den Narren, fo inn vnglüd gerathen 
fein, aber wiffen nicht deſto minder fih vor ſolchem vn⸗ 
glüd nit zu hüten, fonder fallen zugleich mit den andern, 
O, fprechen fie, es dauret mich des guten Menfchen gar 
obel, das es jm alfo geht, vnnd das er von jedermann 
alfo verfihreiet wirt. Vnd indem er ein ſolches dauren 
mit einem andern hat, felt er in gleiches vnglück vnd 
geht darinn zu grundt. Aber folhes ift nit unrecht, das 
du mitleiden tregfi mit einem andern, fo ferr lug, das bu 
did darab beſſerſt, vnnd nicht in gleiches vnglück gera⸗ 
the, welches dann bir ein groſſe ſchandt wirt fein. 


4) Die vierdt Schell der Strauch narren if, die ges 
fallene verachten ond verlachen, ſich aber vor folchen nit 
wiſſen zu hüten. Es fein etliche nicht daran vernügt, dz 
fie anderleut fall vnd vnglück wiſſen, vnd verwundern 
fih darüber oder haben mitleiden mitAnen, ſonder fie 
verlachen vnd verachten noch folche leut darzu. Yedoch 
fein fie fo groß vnd blind Narren darbey, das fie ſich 
vor folhen Teuten nit wiſſen zu hüten, fonder volgen inen 
offtermals frey willig nach, die fie doch erfi veracht vnd 
verlacht haben. Deſſen haben wir ein erempel an bem 








443 


Phariſeer, der ſich ſelbs fromb machet, vnd dancket Gott, 
das er nit were wie ander leut, ein rauber, ehebrecher, 
vngerecht, vnd gleich wie diſer Zölner: derſelb ſchalt vnnd 
veracht ander leut, fo er doch ſelbs ein grober ſünder 
was, dann der Zolmer gieng frömmnr heim, weber ber 
Phariſeer. Daher ift das fprichwort war, das die verlas 
her vil erger ond böfer fein, weder die lacher, oder die 
zuſeher vil böfer vnd erger fein, dann bie tänber. Ders 
halben fol ein jeder fürfehen, der da flehet, das er nicht 
falle, wie der Apoftel Paulus fagt.. 


5) Die fünfft Schell ift, einen andern ber gefallen if, 
vermanen vnd lehren, das er auffſtehe, fid aber felbs nit 
vor fallen hüten. Diefe Schell trifft alle die an, fo ander 
feut warnen onnd lehren wöllen, das fie vom böfen fols 
fen abſtehn vnd firh beffern, fie aber fleden in folchen Tas 
ftern biß ober die ohren. Deßgleichen ſchüret vnnd feßet 
der leidig Zeuffel ſolchen Iehrern dapffer zu, auff das er 
fie in folche torheit bringe, dieweil vier Yeut heil oder 
verdamnuß darauff flehet. Solche warnungs Narren fein 
glei dem Spapen, der ander Bögel Iehrt, aber wiſt fich 
ſelbs nicht zu hüten. Dann man findt ein erempel in den 
Kabeln Efopi, das fihs begeben hab, das die Holtztau⸗ 
ben ein neft mit jungen auff einem hohen Baum haben 
gehabt, da fey der Fuchs kommen, vnd in geträwet, er 
wolle hinauff Reigen, vnnd wölle die jungen mit dem nefl 
nemmen, wo fie jm nicht ein jungen herab werffen. Da 
fein die Tauben erfchroden vnd jhnen hefftig geförchtet, 
letſtlich haben fie ihm ein funge herab geworfen, die hab 
der Fuchs genommen vnd fey mit daruon gezogen. Als 
er aber hinweg ift kommen, hat der Spab die Holhtaus 
ben ondermweifen vnnd gelehret : wenn er ſchon wider käme, 
folten fie ipm nicht geben, fonder fprechen, fie weren inn 
ihrem nefl, wenn er kühn were, folt er hinauff fleigen. 
Da nun der Fuchs wider if kommen, haben fie fm nicht 
mehr, geben wollen, als bald folches der Fuchs gemerdt, 
das fie der Spaß gewarnet habe, der dann damals auff 
einer dornheck faffe, kehret ex fich zu im, vnnd Iuget, wie _ 
-er ihn möcht mit liſten hindergehn. Dann er ſprach, des 
if ein frey ding vmb ein Bogel, er mag hin fliehen wo 








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er wil, vnd iſt vberall ſicher vor dem Jäger, vnd mag 
ihn niemand bald ſchedigen, allein das iſt böß, vas ſie 
fich im Winter vor kelt vnd windt nicht mögen beſchir⸗ 
men. Darauff ſprach der Spatz mit groſſem rühmen: O 
es ſchadet vns der windt nicht, dann wann er auff der 
rechten ſeiten herwähet, ſo ſtecken wir den Kopff vnder den 
lincken flügel, wähet er aber auff der lincken ſeiten her, 
fo ſtecken wir den Kopff vnder den rechten flügel, vnnd 
mögen wir ons alſo vor allem windt vnd froft erretten: 
Da er nu lang vil gefhweß machet, ſprach der Fuchs, 
du fißeft zu hoch doben, ich mag dich nicht gehören, dann 
ich gehör fonft nicht faR wol, beredet alfo den Spaßen, 
das er weiter herab faß, da fragt in der Fuchs, wie er 
im dann thet, wann der windt vornen her wehet, da fließ 
“er den Kopff zwifchen die bein inn die federn vnd wolts 
jm zeigen, in ſolchem war der Fuchß nit vnbehendt, er⸗ 
wüſcht den Spagen vnnd fraß in. Alfo fam der Spaß 
vmb, der vormals anderen gerahten hat, im aber felbe 
wiſſet er nicht zu rahten. Auff gleicher geftalt werben vil 
gefunden, bie rahten ander leuten, ihnen aber wiffen fie 
nicht zu rahten. 


-6) Die Seht Schell der Straub Narren if, Diſe 
Narren firaffen vnd züchtigen, vnnd auch zu gleich Damit 
fallen. Es feind etliche, die verachten nicht allein die 
Straub Narren, fonder fie ftraffen dieſelben auch noch 
darzu mit peinlichen ftraffen, jedoch fleben fie felbs von 
folhem laſter nicht ab, fonder volgen ihnen ftrads nad 
mit höchſtem eifer. Dife fein fürwar ganh groß Narren, 
das fie anderleut umb ein ding firaffen,, fo fle doch ſelbs 
in demfelben Spital kranck ligen. Vnder difen Schellen 
werben begrieffen , vie fo jr Haußgefind etwann von mes 
gen eines fluchs ſchlagen, fo fie doch Fein wort können 
reden, das fie nieht etwann ein Sacrament oder unten 
herauß werffen. Dergleichen fein etlih, die fraffen jre 
Kinder mit der rudten, wann fie etwann ein Balenfthlas 
gen oder fonft Kinderfpil treiben, fie aber ligen tag vnd 
nacht inn fpielen, raſſeln vnnd andern Iaftern, geben ber 
Jugend böß erempel, vnd betrachten nicht das fprichwort, 
d3 wie bie alten fingen, alfo tangen die Zungen. Dar: 


- 








S 


445 


nah findt man vil, die firaffen eiwann einen vmb ein 
ding, fo fie doch vil ergers im hertzen haben ond betrach⸗ 
“ten: gleich wie Judas, der firafft vie Magdalenam, das 

fie Chriſtum mit fo köſtlicher Salben falbet, Er aber hat 
vil ein ergern Schald hinder den ohren fiten. Dann er 
gedacht zu fiehlen vnd feinen fad zu füllen. 


7) Die Siebendt Schell der Strand Narren if, Auf 
feinem eigen ſchaden vnd vnglück nicht gewibigt werben. 
Es fen etlih, die werben nicht allein nicht wißig auf 
anderleut onglüd, fonder oil minder auß jrem eignen, vud . 
ob fie fhon offt vnd vid in folhen vnfahl gerapten, wife 
fen fie ſich doch nicht daruor zuhüten, ſonder fallen täg⸗ 
lich mehr darein. O du tholler Narr, der du vil tholler 
biſt dann kein Efel. Ein Efel, wann er an einem orht 
felt onnd fo er wider dahin fompt, mag man in mit 
trämmeln onnd benglen nicht darüber treiben: du bift vil 
onbefinnter und Narrechter weder kein efell, dann du fel⸗ 
left von dir ſelbs wider in das loch. Kin vogel, wann 
er einmal auß dem kefig entrinnt, hütet er fih nachmals 
all fein Iebtag daruor, damit er nicht mehr dahin gerahte, 
du aber, wann du ſchon einmal auß einem vunglüd ent 
rinneft, fellft du als bald mit hend vnd füß wirer barein. 
Dann es hat dich Gott der Herr von mancherley gefahr 
errettet, noch fragft du nit varnach, fonder fündigft täge 
lich auff ein newes wider jn. Fürwar, du ſündigſt deffig, 
das du nicht eingedenck biſt der groſſen gutthatten, ſo 
Chriſtus je vnd je an dir begangen hat. Dann lieber, 
würdeſt du nicht für den aller vndanckbarſten gehalten wer⸗ 
den, wann du jetzund in einer tieffen gefengnuß legefl 
von wegen vbeltpat halben, vnnd es Tem ein ſrembder 
Bürft oder Herr pieher, der bittet für did, das man dich 
ledig liefle, du aber were nachmals fo vndanckbar vnd 
alfo vnuerſchampt, das du jm nicht mit einem wort da⸗ 
rumb dandeft, fonter ſchmeheſt in noch darzu, fürwar es 
wirt dich feverman verfpotten vnd mit fingeren auff dich 
deuten vnd fprechen, ſchawt das ift der vndanckbar menſch. 
Alſo Heltefl du dich gegen Gott dem Herren, der bi 
auß der Ewigen gefendnuß erlößt, vnnd hat dir geben 
alles, das du bebarffft zeitlich und ewig, noch biſt du alfo 





446 


vndanckbar, das du nicht nur einmal daran gebächte und 
begerefi, dich zu beſſern. Nachmals ſolleſt du nicht gar 
zuuil auff Dir ſelbs auch Halten, vnd folleft nicht ander 
feuten mehr glauben geben, fo dich rühmen, weder du bey 
bir ſelbs frombfeit ond Gottsforcht weil. Dann es fein 
vil, die denden nicht mehr daran, wann fie ſchon eiwann 
ein böß ſtuck oder etlichs begangen haben, warn man fie 
Iobt vnd ſchmeichlet fahren fie immer fort, und begehn ein 
böß ſtuck, fehand vnd lafter ober das ander: vnd geben 
den nicht einmal daran, wie fie fih mörhten vmbkeren 
ond wider recht thun. Darnad fein bey folden Straub 
Narren offtermald vil obrenträger vnd ſchmeichler, dieſel⸗ 
ben legen jren Herren alles, was fie nur thun, zum beſten 
vnd wolgefalleflen auß. Dann was fie böfes thun, fpre: 
en fie darzu, es fey recht onnd ſtehen ſolche ſtuck feiner 
perfon wol an. Thun gleich, als wann ein Mutter ein 
junges Kindt in ber handt führet vnnd fo das Kindt feit, 
fagt fie, ſchweig mein Kind, du haft gefanpet vnd ge 
forungen, alfo thun fofche fehmeichler auch gegen jren 
erren, dz wann fie ſchon etwann vil ſchandt vnd laſter 
egehen, ſagen ſie: Gnediger Herr, dz ſteht Ewer Gnaden 
gantz wol an, ond ligt nicht daran, ob fr ſchon ſolches 
thut, als dann werden diſe Herren dardurch geſterckt, vnnd 
edencken nicht, das fie gefallen fein, wann ſie alſo von 
olchen Suppenfrefiern vnd tellerfchledern gelobt werden. 
Welches wir ein erempel haben, das auff ein zeit ein Kö⸗ 
nig fein Räht ond Hoff diener gefragt habe, was bie 
leut von fm im Königreich fagten ? Sprachen fie zu Ihm: 
Was folten fie von Eumwer Königlichen Maieſtet fagen, 
bann alles guts? Es liebt jederman Ewer Königliche 
-Maieftet, fagen, das vorhin nie fein frömmerer König ges 
regiert hab weder ihr. Da fragt er fie vnd ſprach, was 
fagen aber ihr felb& perfönlid von mir? Antworteten fie, 
wir fagen Herr, das ihr der aller weile, milteſt, frey⸗ 
gebeſt, frömbſt, flerdeft vnnd krieghaffteſt Fürſt felet, ber 
Gott vnnd den menſchen angenem ſey. Da ward der 
König erzürnt (dann er mercket ihr vntrew vnnd ſchmei⸗ 
chelhafftige wort) vnnd ſagt, ſo die außlendiſchen (welche 
mich nicht kennen noch von meinen thaten wiſſen) mid 
felſchlich loben, iſt es kein wunder. Aber jhr, die täglich 





ME WE MER  TEMEEEn NEE ME UM NE dv ED FU N GE UM ED VE WEN” mE U <i U nme 


447 


ben mir feind, vnnd fehet mein leben vnnd manbel, vnnd 
wiffet, das folches diſem allem zu wiber iſt, barinn fr 
mich jeh gelobt habet. Ir feind Iugner vnd verführer 
mein vnnd der meinigen, dieweil jhr mir alfo ſchmeichelt, 
vnnd ich. Halt euch al mit einander für nicht anders, 
dann lugner vnnd verführer des Bolds: Dann ihr habet 
bißper mich, da ich noch ein Kindt bin geivefen, mit Ewes 
zen füffen vnnd frhmeichelbafften worten verführet, vnnd 
in oil ſchandt vnnd laſter auffergogen, jeb aber bin ich 
kein Kindt mehr, ich weiß wol, was ich thun oder laſſen 
fo, darumb will ich folche fchmeichler vnnd lugner nicht 
mehr bey mir dulden. hr faget, ich fey ein Weiler vnd 
verfiendiger Dann, ich aber fihe dargegen, das ich viel 
vnnũtze vnd fehädtliche Ding begere. Das zu meinem heil 
onnd feeligkeit nothwendig IR, werliere ich, vnd begeben 
dargegen ſchandt vnnd laſter. Ich lig in allen wollüften, 
ſchandt vnd laſtern, vnd das noch vil mehr iſt, ſo verzer 
ich die gantze zeit meines lebens in vppigkeit vnd ſchandt⸗ 
lichem leben. Derwegen, wie haben jhr fo Bin können 
fein, das ihr mich alſo Iugentlich Iobet, fo doch nichts an 
mir zu loben iR? Weichet nun von mir, dann ich halt 
eweren rath vnd gemeinichafft gank für nicht mehr, dann 
wie Tann ich euch guts vertrauwen, fo ihr inn zeitlichen 
vnnd zergenglichen mir alfo vntrewlich rathet, wie wür⸗ 
den ihr dann erfi ifun, wenn ed ewige ding antreffe? 
O wolte Gott, das jedermann alfo inet, vnd fih vor 
ven falfchen Räthen vnnd Schmeichlern hütet, vnnd fi 
ſelbs befferet. 


Der XLI. Rare. 


Ein So on Hüpffel gibt nit thon, 
Ob darinn hangt ein Fuchßſſchwantz ſchon, 
Darumb laß redt für Ohren gohn. 


Richt achten auff alle redt. 


Wer bey der Welt außfommen wil, 
Der muß jeßt leiden kummers vil, 


448 


Vnd ſehen viel vor ſeiner Thuͤr, 

Vnd hören, das er gern entbuͤr. 
Darumb in groſſem lob vie ſtahn, 

Die ſich der Welt han abgethan, 
Vnd ſind durchgangen Berg vnd thal, 

Das ſie die Welt nicht brecht zu fall, 
Vnd ſie vielleicht verſchulden ſich, 

Doch letſt ſie die Welt nicht on ſtich, 
Wiewol ſie nicht verdienen kan, 

Das ſie ſolch Leut fol bey je han, 
Mer recht zu thun den willen- bett, 

Der acht nicht was ein jeder redt, 
Sonder Bleib auff feim fürnem fleiff, 

Kert fich nicht an der Narren Pfeiff, 
Betten Propheten und Weiſſager, 

Sich an nachred bey jren tagen 
Kert, und die Weißheit nicht gefeit, 

Es wer jn jeßt lang morben leyd, 
Es lebt auff Erden gang kein Man, 

Der recht thun jedem Narren kan, 
Wer jedermann kündt dienen recht, 

Der müſt ſein gar ein guter Knecht, 
Vnd früh vor tag darzu auffſtehn, 

Vnd ſelten wider ſchlaffen gehn, 
Der muß Mehl han viel mehr denn viel, 

Mer jedems Maul verſtopffen wil, 
Dem es ſteht nicht in vnſerm gwalt, 

Was jeder Narr red, klaff, oder kallt, 
Die Welt muß treiben was ſie kan, 

Sie hats vor manchem mehr gethan, 
Ein Gauch ſingt Ouch guch dick vnd lang, 

Wie jeder Vogel ſein Geſang. 





449 


Yon Varüwig Warren, 


5 Das ein vnnd viertzigſt Narren Geſchwarm. 


Das ein ond viertzigſt Narren geſchwarm iſt, von Bus 
rumwig narren, nemlıh von denen, fo vbel nachreden nicht 
mögen dulden, vnd ſolches jhnen befftig laſſen angelegen 
fein. Diefe werden auß dreyen Schellen furnemlich ertennet. 

1) Die erfi Schell der Vnrüwig narren ifl, bie vrfach 
des vbels nachredens nicht abwenden. Es fein viel, die 
Hagen für ond für, wie man ihnen vbels vnd ſchandtlichs 
nachrede, aber fie hüten ſich nicht daruor, damit fie die 
gelegenheit ond den böfen argwon von inen abwenden. 
Sie wöllen ein lob haben der Keufchpeit, vnnd enthalten 
fih aber nicht von der gemeinfchafft der Weiber, fonder 
fieden tag onnd nacht früh vnnd fpat inn gemeinem Hur⸗ 
Hauß oder fonft Huren windel. Debgleihen fein etliche, 
die wöllen das Lob haben der freigebigfeit, vnd enthals 
sen ſich aber nicht von rauben vnd fielen. Vnnd wenn 
man fie vmb ſolche Lafer ſtrafft, fprechen fie, man thut 
mir unrecht, Bott weiß mein her wol, darumb frag ich 
nicht darnach, ich hab ein gut gewiffen: das ift beſſer 
dann alle Iugen. Das gib ich dir zu, aber du ſolleſt auch 
darneben leben, das man auß deinem wandel fan fpüren, 
wie es vmb dein her ſtehet, vnd ſolleſt nicht allein dir, 
fonder deinem Nechſten auch leben. Ja, ſprichſt du, wie 
fol ih mich daruor hüten, das ich dem Bbelnachreven Fein 

elegenpeit gebe? Du ſolleſt dich von allem böfen abzie⸗ 

a, vnd nit- allein vor dir, fonder auch vor deinen Nach⸗ 
bawren vnnd Nechſten ein ehrbaren vnd züchtigen handel 
führen. Darnach folleft du das Klappermaul ober den 
falſchen Verleumbder zu dir berüffen, vnnd jhn freundlich 
mwahrnen, das er von ſolchem vbel nachreden vnd ſchandt 
lügen abfiche, ibm auch fo viel jmmer möglich if, ein 
ebrbar und züchtig leben vorführen, damit er nicht verurs 
facpet werde, dir vbeld nad zu reden, vnnd dich gang 
weißlich hüteſt, das du Fein boß erempel gebeſt. O wie 
nlüdfelig fein vie, fo fich der Welt verleugnet haben, und 
allein Gott nach gehenget, damit fie die Welt nicht inn 
angft vnnd fall brächte. Welches viel a haben, die 

Lo 





450 


fein ober Berg vnnd Thal, Staudt und Stein geloffen, 
allein darumb, damit fie die ſchnöde Welt möchten meiden, 
ond folches vbel nachreden nicht hörten. Dann vie Welt 
gaht mit feinen andern fachen vmb, weder allein mit die 
ten, fo fr gleicht. Darumb ift difer gang glüdfälig, der 
fih der Welt entfchlahen mag. 

2) Die ander Schell if, nicht wider flandt tun. Es 
feindt etliche, vie haben ein folchen brauch, das, wenn man 
ſchon ihnen vbels vnnd böfes nachredet, achten fie es für 
nicht, vnd fprechen, was frag ich darnach, e8 gehn folcer 
redt viel in ein füderich Faß, vnd man redt viel, wenn der 
tag lang iſt, mann muß folde Leut reden laſſen, dann bie 
Gaͤnß könnens nicht: Es gilt mir alles gleich, ich hab ein 
gutt gewiſſen, das ift mir ein ftarde Maur wider folche 
Klappermeiler. Tann es ift ein gemein fprihwort: Hit 
dich vor der that, der Iugen wirt wol raht: Darumb 
frag ich nicht ein ſchnall darnach, wenn man mir fon 
lang vbels nad redet. Es ift mir gleich, wie einer Frau 
wen auff ein zeit, die legt man vmb vnfhuldt in das 
Käfig, vnnd da man fie wider auß ließ, fragten fie bie 
let, wie fie gelegen were, gab fie zur antwort, fie wer 
gar fanfft gelegen, dann fie were auff einem guten gewiſ⸗ 
fen vnd der vnſchuldt gelegen: Alſo iſt mir auch, ich weiß 
das ich ein gut gewiflen hab. Daß ift alles recht wie du 
fagft, vnd thuft gan weißlich darann, das bu di auff 
bein gut gewiſſen verlaffeft. Jedoch folt du ſolches nil gar 
laffen Hingehn, fonder dein Ehr offentlih erretten, damit 
tu nicht vor jedermann zu vnehren, durch folche ſchandt⸗ 
Jeuth, gebracht werdeſt. Erftlih folt du ſolches vbel reden 
nicht geftatten, ſonder daffelbig mit vernunfft rechnen, von 
wegen erhaltung vnd befehirmung deines guten nammens 
und lobs. Dann folches dienet vil zu enthaltung der fün« 
den, dieweil wir wiflen, das vnſer lob vnd guter leumbdt 
noch vngeſchwechet if, wo wir aber hören, das er ge 
ſchwecht if, denden wir demſelben befftig nach, vnd wer« 
den dardurch verurfacht zu fändigen, indem wir entweders 
ter rachgirigkeit nachtrachten, oder fon anders böfes ge⸗ 
gen tem, der vnfern guten nammen vnd lob geſchwecht 
hat. Zum andern folt du folches nicht laſſen pin gehn 





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451 


vonn wegen beflen, der dich geichwecht hat, damit fein 
freueffeit ond böſes maul geftrafft werde, vnd er fi ein 
ander mal darfür hüte, das er folches keinem mehr thue. 
Zum dritten, von wegen warnung vieler, die auch mit 
ſolchem lafter dem vbelnachreden befledt fein, das fle ein 
exempel darab nemmen, vnd fih nachmals daruor wiflen 
zu hüten. Alfo kanſt vu dein gut Iob vnnd nammen mit 
deinem vnnd ander leut nuß erhalten. Deßgleichen kanſt 
du auch dein Ehr ond guten leumbdt erhalten mit gütlich⸗ 
feit: nemlich wenn dir folches angezeiget wirt, wie bu 
verleumboet feyeft, folk du nicht gleich mit rauchen worten 
berauß fahren, vnnd darüber wunden vnd martern, auch 
nicht fprechen, er leugt wie ein Ehrlofer Schelm vnnd 
Died, er ift Feind Bidermanns werdt, biß er folches auff 
mich bemeifet, fonder mit gebult fprechen, man leugt viel 
pin vnd wider, vnnd bringt alle tag nemwe lügen auff, 
man thut mir folches nicht allein, fonder man hats wol 
gewaltigern vnd flatilichern leuten gethan, dann ich bin, 
darumb feße ich nicht darauff, wenn fie genug gelogen 
haben, fo werben fie auffporen. Mit dieſen onnd anderen 
worten magft du dein gut lob vnnd nammen wol erret⸗ 
ten, vnnd würdeſt mit felchen worten die ſchmach vnnd 
vbelnachredung alſo glimpfig von dir leihnen, vnd fie auff 
deine widerfächer trechen, welche dann nachmals vor fever: 
mann zu ſchanden werden. So bu ſolches, wie gehöret 
if; thueſt, würdeſt du ohn allen zweiffel allezeit ein gut 
lob und nammen behalten. 


3) Die dritt Schell ift, von wegen Vbelnachredens nicht 
rüwig fein. Es fein etliche, die können nicht rümig fein, 
wenn fie hören ihnen vbels nachreden. Sonder es ligt 
ihn tag vnnd nacht im finn, vnd können fie nicht daruor 
weder fchaffen noch eſſen. Daran thufl du onrecht, mein 
tieber freundt, vnnd laß nur daruon ab, dann du ſchaffeſt 
hierin nichts, dann wie wilt tu jedermann das Maul vers 
ftopffen. Laß die Störd klappern, die Eſel ſchreien, bie 
Fröſch kroxen, die Hundt beilen, die Gänß gagaden, die 
Endten fehnateren, den Gutzgauch guguden,, fie wiſſen 
nicht anders, vnnd haben nichts anders gelehrnet. Es fin. 


get ein jedlicher Bogel, darnach er ein fihnabel bar. Alſo 


452 


wiffen auch folche Tugen meüler nichts guts oder anders 
zu reden, weder allein böfes, vnnd feind ſolche dir gar 
fein ſchadt, fonder viel mehr nub. Es feindt folche Teut 
nicht anders, webeg Bawren, die bir ein Zaun machen 
mit Dörnern, damit du nicht neben auß geheſt auff den 
vnrechten weg, ſonder bleibeft firads für dich auff dem 
rechten weg. Oder es fein folche kunden, gleich den Wech⸗ 
tern, fo auff den Thürnen hüten, die ſchreyen offtermals, 
ich fiehe dich wohl, ich fiehe dich wol, wenn fie ſchon nies 
mandis fehen: Alfo fchreyen folche Klappermeüler auch für 
vnnd für wider die frommen, ob fie fihon nichts böfes 
von ihnen fehen, fo fchrepen fie doch alweg, ih fih di 
wol, ich fiehe Dih wol. Dardurdh werden dann bie froms 
men verurfacht, das fie nicht baldt etwas böfes begehn. 
Sieheſt du nun, wie ſolches nachreden dir zum beften ges 
reiche, indem du vor zufünfftigen böfen vnnd vbel gewar« 
net würdeſt. Derhalben feß nicht viel auff ſolches nach: 
reden , fonder laß alles für ohren gehen. Dann wenn du 
jedermann das maul wölteſt ftopffen, würdeſt du fürwar 
nirgendt lumpen vnd feherwollen gnug befommen mögen. 
Allein Iug, das ſolche nachrevden nicht war werben, vnnd 
behalt allzeit ſolch ſprichwort: Hüt dich vor der that, ber 
Lugen wirbt wol rat. - 


— — — — 


Der XLII. Narr. 


Es iſt der Narren gut entbern, 
Die allzeit mit ſtein werffen gern, 
Bad wöllen kein ſtraff vnd weißheit lehrn. 


Bon Spottusögeln. 
Ihr Narren wöllet von mir lehrn, 
Anfang ber weißheit, forcht des Herrn, 
AN Kunft ver Heiligen ift gefpreit, 
In den weg der fürfichtigkeit. 
Don Weißheit wirt der Menfch geehrt, 
Von jr all tag vnd jar gemehrt, 





var 


453 


Ein Weifer iſt nuß ber Gemein, 

Ein Narr fein Kolben tregt allein, 
Vnd mag für weißheit hören neut, 

Ex fpott der Weifen zu aller zeit, 
Wer ein Spottvogel Iehrnen wil, 

Der macht im felbft gefböttes vif, 
Mer ftrafft ein boßhafftign Mann, 

Der Hendt im felbft ein fvöttlin an, 
Ein Weifen flraff, der Hört dich gern, 

Vnd eilt von dir mehr weißhelt lehrn, 
Wer ein Gerechten ftraffen thut, 

Der hat von im fein flraff für gut, 
Der vngerecht der ſchendet vil, 

Vnd wirt doch felbft gefchennt bey wil, 
Der Höher ein Spottvogel iſt, 

Vnd ift doch vil das jm gebrift, 
Wenn man ein Spötter würfft für Thür 
So kompt mit jm all fpott Hinfür, 
Vnd was er zandt und ſpeywort freibt, 
Das ald denn für der Ihüren bleibt, 

Het Dauid nicht fen ſelbſt gefchont, 
Nabal wer ſeins gefpdtts gelohnt, 
Sannabalath feind ſpottes rauwt, 
Da man die Mauwr Ierufalem bauwt, 
. Die Kind wurden von Bären gtöbt, 
Die glabet ſchuldten den Prophet, 
Semey hat noch gar vil Edhn, 
Die gern mit feinen werfen thün. f 


Von Spsttnarren, sder Spott-Wöglen. 
Das zwey und viergigfi Rarren Gefhwarm. 
Das zwey ond viergigf Narren Gefhwarm ifl, von 


— — — — nn 


454 


Gpötter ober Spott Bögel, welche man fürnemlich auf 
zwo Schellen fol lehrnen erkennen: 

Die erſt Narren Schell der Spott vögel. 

Die erſt Schell der Spotivögel iſt, Chriſtum den Per 
ren verlachen vnnd verfpotten. Vnder dieſer fchellen wer« 
deu zehen geſchlecht oder art der Spott vögel begriffen. 

1) Die erfien Spott vögel Eprifti des Herren fein die 
reichen Geitzhälß. Bon welchen wir leſen Luc. am 16. 
cap., da er wider diefelben Prebigte, mupfften fie ober 
Chriſtum und verachten in, dieweil fie auch Reich waren. 

2) Die andern Spott vögel fein, die den Herrn verla: 
en, als er das abgeftorben Töchterle wolt von den Tod: 
ten aufferweden, ta er ſprach, das Mägdle ift nicht tobt, 
fonder es Iebet, da verlachten fie in all vnd mupfften ober 
Chriſtum den Herren. . 

3) Die dritten Spott vögel Chriſti des Herren fein bie 
diener vnnd Pfaffen knecht Anne des hoben Priefters in 
feinem Hauß, als fie Chriſtum ins Angeficht fchlugen vnd 
verirten fn darzu, er folt inen fagen, wer in geſchlagen hette. 

4) Die vierdten Spott vögel Chriſti des Herren fein 
Herodes vnd fein volck, mit fampt feinen Hoffihrangen, 
die verlachten Chriſtum auffs ſchmechlichſt, als er fein wun⸗ 
der zeichen vor ihnen wolt thun: vber das legt er jihm 
noch ein weyß Narren kleidt an, zu fpott vnd ſchand vor 
jedermann. 

5) Die fünfften Spott vögel Chriſti des Herren waren 
Pilati Reißknaben vnd Kriegsgurgel. Dann als in Pi⸗ 
latus begert ledig zu laſſen, ſchryen ſie mit nichten, ſonder 
Creutzige in, vnd als er mit geißlen war hefftig vnd elen⸗ 
digklich geſchlagen, führten fie in in das Richthauß, vnd 
verfpotten in gantz heftig. Erſtlich fabten fie jm ein dörne 
kon auff fein haupt, darnad gaben fie im ein Ror in die 
hendt, für ein Königlichen fcepter, zum dritten neigten fie 
fih vor fm, vnnd grüften in ein König, vnd in fumma, 
was folche Kriegegurgel vnd ſchramhanſen nur für gefpött 
ervenden mochten, das vbten fie an Chriflo den Herren. 

6) Die fehlen Spott vögel fein die fihreiber der vber⸗ 
fchrifften Ehrifii des Herrn. Dann die Juden reißen Pi- 
latum an, das er ein andere vberſchrifft auff das Ereüß 


455 


ſolt feßen, aber Pilatus fagt, gefchrieben iſt gefchrieben, 
vnnd wolt hiemit nicht die vberſchrifft Chriſti des Herren 
endern. Die Juden aber thetten folches allein darumb, 
damit fie ein fpottliche vnnd verachtliche oberfchrifft Chriſto 
dem Herren auf das Creütz zumegen brechten. 


D Die fiebende fpott vögel Chriſti waren bie, fo für« 
über giengen. Dann die fo vorliber giengen lefterten in 
vnnd frhütleten die köpff ab im vnnd fpraden: Der du 
den tempel Gottes zerbricht, vnd baweſt denfelben in dryen 
tagen wider auff, dilff dir ſelbs, bift du Gottes Son, fo 
ſteig vom creub herab, fo wöllen wir an dich glauben. 
Er dat andern geholffen, heiff er im jetz felber, sc. deren 
wort triben fie gar vil, vnnd leſterten Chriftum den Ders 
ren ohn alle maß. 

8) Die achten Spotivögel Ehrifii des Herren waren 
die Hopenpriefter, Schrifftgelerten, vnnd die elieften des 
Raths. Dife hatten fir) verſamlet, vund flunden bey ſam⸗ 
men, verachteten in zugleich mit ven vorigen ond ſprachen: 
Er Hat andern geholffen, aber kan im ſelbs nicht heiffen. 
SR er der Juden König, fo fleig er vom Ereuß herunder, 
das wirds fehen, als dann wollen wir an fhn glauben. 
Helffe er ihm felbs, wenn er Gottes außgewöhlter: Sohn 
if. Er Hat in Bott vertrawet, der Heiff ihm jetz, dann 
ex bat gefagt, ih bin Goites Sohn. In fumma, fie 
ſchmechten Ehriftum auff alweg, wo fie kondten ond mochten. 

9) Die Reundten Spottuögel Chriſti des Herren feind 
die Kriegsknecht vnd Kriegsgurgel. Diefelbigen verachtes 
ten vnd verfpotteten in auch vnd fpracdhen, fo du der Ju⸗ 
den König bit, fo Hilff dir felbs. Darzu fpilten Re zu 
bon vnd fpott vmb feine Heider, vor angeficht feiner augen. 

10) Die Zehende Spottvögel Chrifli des Herren waren 
bie Schädher onnd Mörder am Ereuß, beren einer ſprach 
zu im, bi du Gottes Sohn, fo Hilff mir vnd dir daruon. 
Difer ob er fhon an gleicher vnnd ſchuldiger marter vnd 
pein hieng, font er doch fein gottlos maul nicht meiftern, 
fonder verfpottet noch Eprifti des Herren, der doch vmb 
aller menſchen ſchuld vnd fünde hie hienge. Durch viſe 
oberzelte Spottungen vnd verachtungen ſollen wir Chriſti 
des Herren Demuth vnnd gedult lehrnen erkennen, vnnd 





456 


ihm in gleicher geftalt nachuolgen, wann vns foldhe ver 
fpottungen vnd veracdhtungen begegnen. 
Die ander Schell der Spott Narren. 

Die ander Schell der Spott Narren oder Spottoögel 
if, ein Chriſten menſchen verachten vnd verfpoiten. Dann 
es feind etlich, die verfpotten zwar Chriſtum ten Derren 
oder Gott nicht perfönlich, fonder feine Ehriften, vnnd die 
menfchen, die Gott dienen. Vnder difer Schellen werden 
drey gefchlecht der Spottwögel gefunden. 

1) Die erfien Spottvögel fein die, fo die einfeltigen 
und frommen verachten vnd verlachen. Sole, fag id, 
verlahen fie vnd halten die frommen vnnd Gottsförchtige 
leut für thorecht: So fie doch ein recht liecht der weißpeit 
fein. Dann fie betrachten nichts anders weder allein das 
gut if, vnd das jnen zu Ehr ond Heil diene. 

2) Die andern Spottvögel auß difer Schellen fein diſe, 
welche die fenigen verachten, fo rew vnd leid ober ihre 
fünd tragen vnd buß thun. Dife fein nichts anders, weder 
krenich vnd fräyen, fo am weg figen, vnd Hauben auf 
den guten famen, ber gefäpet ift auff den Adern, damit 
er nicht fürkomme vnd frucht bringe. Der Ader iR ver 
frommen hertz vnd der faam die heilfam Predig oder Bote 
te8 wort, die Krench vnd kraien fein die böfen verächter 
ond Spottvögel. Derhalben, ob fhon etwann fromme 
hergen fein, die begeren etwas guts vnd rechte zu thun, 
fo werden der Spottvögel fo vil gefunden, die fie verach⸗ 
ten, das nicht daruon zu fagen ifl. Dann warn diefelben 
fehen leut in die Kirchen gehn over zu andern Gottesdien⸗ 
ten, fprechen ſolche gotloß vögel gleich, ſchaw wie if diſer 
ſo Gottsförchtig, er wil vnſerm Herr Gott gar die füß 
abbeiſſen, oder er hatt gewiß im finn, ein Pfaff zu werden, 
oder es bat ihn vnſer Herr Bott mit einem ſonderkichen 
Geiſt erleuchtet: onnd in fumma , fie treiben bes gefpätte 
fouil, da8 nicht gnugfam daruon zu fagen if, aber es 
werden ohn zweiffel ſolche gefellen jren lohn auch entpfa« 
hen mit der zeit, wann ſie der Teuffel auch verſpotten wirdt. 

3) Die dritten Spottvögel auß dieſer Schellen fein -vie, 
fo jre Eltern verachten vnd verfpotten, nemlich fre Ober; 
derrn vnd Haußväter oder fürfteher, welde doch auff das 





457 


höchſt von jeverman follen geehrt werben. Derhalben ſtrafft 
die Peilige fchrifft dife Hefftig, fo jre Eltern oder Ober 
berren verfpotten vnd verachten. Dann fie ſpricht, das 


aug, welches wider fein Batter hönet, vnd wider den leib. 


feiner Mutter fcilet, wirt von den Rappen außgegraben 
werden, vnd werden es die Jungen der Adler verzehren. 
Die Rappen fein nicht anders, weder die Hellifchen flam⸗ 
men, welche das aug, fo feinen Batier verlachet vnd ver: 
bönet hat, außgraben werden vnd daſſelbig mit Ewiger 
pein anfechten. Dann folches if ein groffe todfünd, wer 
feinen Batter oder Mutter verfpottet. Derhalben fol ſich 
jetliches frommes kindt fürfehen,, das es feine Eltern vnd 
Oberherren nicht veracht oder verfpotte, feitenmal foldhe 
fünd nicht vngeſtrafft hingehen. 


Der XLIII. Narr. 


Das ih allein zeitlichs betracht, 
End auf das Ewig hab kein act, 
Das ſchafft ein Aff dat mid gemacht. 


— — 


Berachtung ewiger freud. 


Ein Narr iſt, wer berühmet ſich, 

Das der Gott ließ fein Himmelreich 
Begerend das er leben mag, 

In Narrheit biß an Jüngften tag, 
Vnd bleiben möcht ein gut Geſell, 

Er fahr joch denn wo Gott Hin wöll, 
A Narr, wer doch auff Erd ein freub, 
Die wärt ein tag vnd nacht on leit, 

Das fle nicht wirt verbittert dir, 
So möht ich goenden noch in mir, 
Tas du moͤchſt han etwas vrfach, 
Die doch wer narrecht, Hein vnd ſchwach, 


⸗ 


458 


Denn wer hat warlich tbörecht glüft 

Wen hie die leng zu leben lüſt, 
Da nicht iſt denn das jamerthal, 

Kurtz freud, voll leid ftedt vberal, 
Gedenden fol man wol dabey, 

Das hie Fein bleiblich weſen fey, 
Dieweil wir farend alle fand, 

Bon Hinnen in ein frembbed Land, 
Vil find vorhin, wir kommen nod), 

Mir müffen Gott anfchaumwen doch, 
Es fey zu freuben ober ftraff, 

Darumb fag an du thörechts Schaf, 
Ob gröfler Narr je kam auff Erd, 

Denn der wer ſolchs von dir begert, 
Du wuͤndſcheſt von Gott ſchendlich, 

Vnd wirſt dich ſcheiden ewiglich, 
Ein Honigtröpflin dir gefallt, 

Vnd dort Gall Haben taufenpfalt, 
Ein Augenblid all freud. bie find, 

Dort ewig freud und pein man findt, 
Welch frefflich treiben folche wort, 

Den fehlt jr anfchlag hie und dort. 


Yon Benügig Narren, Veracht Marren, Freudt 
Harren. 


Das drey vnnd vierbigft Narren Geſchwarm. 


Das drey vnd vierkigft narren geſchwarm iſt, von den 
Karren, fo die himmlifchen freudt verachten, vnd die Welt⸗ 
lichen dargegen mit höchftem fleiß vnd eyfer begeren. Diele 
fol man auß zwo Schellen lehrnen erkennen. > 

1) Die erſte Schell ift, die Weltliche freudt difes lebens 
Hoch preifen vnd rühmen, ond ſich mit derſelben inn die⸗ 
fer Welt Iaffen benügen. Dann man findt der Rarren 





459 


viel, die begeren bie ewige freubt gar nicht, fonder Taflen 
fih an der zeitlichen gantz vnd gar vernügen, vnd bringen 
darinn all fr begirdt vnd mwolluft zu: vnnd ob fie ſchon 
etwann der himmliſchen gedenden, gebet es ihnen doch nit 
von erben, fonder rühmen fich derſelben blößlich mit dem 
maul. Dife fein fürwar grofle Narren, in dem fle Gott 
nirgendt in Lieben vnd werdt haben, allein von wegen der 
böfen begirdt der zeitlichen wolluft: So fie doch Bott vor 
allen dingen folten lieben und vor augen haben, gleich als 
das höchſte gut, vnd die höchſte freudt ond ſeeligkeit. Nun 
mercket beſſer darauff, was das für ein Narrbeit fey, fich 
ahn der Weltlihen freudt vnnd wolluſt laffen benügen. 
Ich bitt dich darumb, du Freudt Narr, thue deine glarr 
Augen auff, vnd fiehe die fach recht an, was das für ein 
freudt fey, die du alfo Hoch ſchetzeſt vnnd weit herfür zeu« 
bet, wũrdeſt du ohn zweiffel fehen, das fie gantz vnd gar 
ontüglih vnnd verachtlich ſey. Erſtlich if fie vermifchet 
vnd nicht rein vnd lauter, zum andern ift fie zergencklich, 
vnd weret nur ein augenblid, zum dritten ift fie verfiucht 
ag maleoepei Diefe drey freudt wöllen wir kürtzlich 
efehen. 

Zum erſten if die Weltlich freudt vermiſchet vnnd nicht 
lauter, nemlich Honig vnnd Gallen vnder einander gemi⸗ 
ſchet. Dann in dem du die Weltliche freudt emphaheſt, 
leideſt du zu gleich in deinem hertzen ſchmertzen vnnd be⸗ 
kümmernuß. Iſt dem nicht alſo, das du in der ſorg groß 
angſt vnd noth leideſt, dieweil du ſorg tregſt, wie du mö⸗ 
geſt zeitlich gut bekommen, vnd darinn freudt vnd wolluſt 
habeſt? Wenn du nun am aller frölichſten vnd leichtſin⸗ 
nigſten biſt, ſo ſitzeſt du zugleich in allen gefehrligkeiten. 
Dann es kompt in einem augenblick ein vnglück ober dich, 
alfo, das gleich die freudt in ein leidt verfert wirt, vnd 
auß Donig Gallen wirt. Gleich wie du vor in freuden 
vnnd wolluften gelebt haft, alfo muf du feBundt in traus 
rigleit vnd betrübnuflen fiben, vnd deine vorige freubt 
wol büſſen. Sichef du nun hie, wie die Weltliche freudt 
mit Honig vnd Gallen vermiſchet if. 


Zum andern if die Weltliche freubt nur eines Augen⸗ 
bilde lang, und iſt gleich wie der Schatten an der wandt. 


460 


Hie horche darauff, du Freudt narr: Ob ſchon die Welt: 
liche freudt rein vnd lauter für ſich ſelbs were, iſt fie 
doch nicht beſtendig, ſonder zergenglich, vnnd nichts ans 
ders weder ein eiteler lugen vnd vergebenlich ding. Dann 
die Welt verheiſſet dir freudt, ruhe, vnnd ander viel tau⸗ 
ſent ding mehr, aber ſie helt dir derſelben keins, ſonder 
leiſtet vnd gibt dir Dagegen vnruhe, vnftidt, hertzenleidt, 
bekümmernuß, trübſal, angſt vnd noth, vnnd dergleichen 
ding mehr. Die weltlich freudt iſt gleich dem athem, der 
auß dem Mundt gehet, der iſt kalt vnd warm mit einan⸗ 
der. Nun laß dir ſein, als wenn ſie die gantze zeit deines 
lebens verharret, das doch vnmöglich iſt, was iſt aber bie 
zeit gegen dem ewigen zu rechnen ? Diß leben if} gegen 
dem ewigen nicht anders zu rechen, weder ein tropfen Waſ⸗ 
fer gegen dem Meer. Wilt du nun von wegen der Heinen 
freudt, die immer werendt vnd ewige freudt verfaumen 
und verwerffen? Fürwar du thuſt größlich unrecht, vnd 
ſchadeſt dir felbs gang befftig, Indem du die zeitliche freudt 
. ber ewigen fürfegeft, vnnd wirdt dich ohn zweiffel gereiwen, 
wenn du nicht daruon abſteheſt. 


Zum dritten iſt die freudt diefer Welt von Gott dem 
Herren vermaledeyet onnd verfluht. Dann er fagt, weh 
weh euch Reichen, die jr all ewer vertrawen auff zeitliche 
freudt vnd wolluft ſetzeſt. Zwar die Weltliche freudt if 
nicht onbilid von Gott dem Herren verfiudhet, dann fie 
‚ein führerin ifl zu der ewigen vervamnuß. Die Weltfiche 
freubt if gleich den wanmwißigen leuten, bie erfennen ir 
frandheit nicht, fonder Tachen und fein guts muts, wenn 
jre Freundt vmb fie greinen vnd trawrig fein, dann fie 
erfennen des armen wanwitzigen kranckheit beſſer weder er 


ſelbs. Alfo if es auch gefchaffen mit den wollüften vnnd 


freudt der Welt, darab fremet fih die Welt, aber Chri⸗ 
ſtus der Herr weinet darüber. Es if ein alt fprichwort, 
das nach freudt alweg leidt eruolge, vnnd nach der völle 
ein mangel’ entftehe, alfo ift es einmal gewiß, dz die Welt 
liche freupt nicht allein ift, fonder fie ift am aller nechſten 
bey der Hellifhen angft vnd noth. Daher fagt Gott au 
zum Reihen Mann, gevend mein Sohn, das bu bein 
feeudt in ihener Welt haft gehabt, ı. Hierauß iſt Häw 


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461 


lich zu fehen, das die Weltliche freubt von Gott dem Her: 
ren gehaflet, vnd auffs höchſt verflucht werde. Derpalben 
follen fih alle Menſchen darfür hüten, das fie nicht bie 
weltliche freudt der ewigen fürfeßen, die doch mit gifft 
vnd gall vermifchet, zergenglich vnd von Bott vermalebeyet 
iR. Wer nun fi an diefe drey puncten nicht floft, onnd 
volget der ewigen freubt nicht nach, der wirbt gewißlich 
gröblich dort von Gott ewiglich geſtrafft werben. 

2) Die ander Schell ift, die ewige freudt für gering 
achten vnnd fcheßen. Wie kanſt du freudt Narr, ſolche 
freudbt fo für gering achten vnd fcheßen, welche von allen 
Gottsförchtigen für Hoch vnnd köſtlich gehalten iſt worden ? 
Dann es hat Zachens von biefer freudt wegen fein halbe 
aut verlaffen. Auch haben die Apoſtel vnnd Jünger Chriſti 
folhes gethan, welche all von wegen diſer freudt fr leib 
onnd leben dahinden haben gelaffen, ond haben alfo fren 
glauben vnd fandthafftigkeit, mit der lehr Chriſti die ewige, 
volkommene, vnzergengliche freudt empfangen. So du 
nun nicht wilt den herrlichen Männern nachuolgen, onnd 
thun, wie fie gethan haben, magſt du wol dein leben lang 
auff deinem Narrechten kopff verharren: Was aber bir 
hernachmals zu lohn wirt werben, und mas du für freudt 
werbeft Haben, darffſt du nicht mit mir theilen. Derwe⸗ 
gen ſolleſt du fürfehen, das du die ewige freudt nicht für 
gering ſcheßeſt, gleih als wenn fie nichts werdt were. 
Kürwar, wenn fie alfo gering zu halten were, heiten ſich 
nicht fo viel frommer vnd Gottsförchtiger Leut von fhrent 
wegen in die höchſten pein, marter, angft, jamer, veruol: 
gung vnd durchechtung ergeben. 


Der XLIV. Narr. 


Ber Bögel, Hund in Kirchen führt, 
Bund ander Lent am beiten irrt, - 
Derfelb ven Band wol ſtreicht vnd ſchmierdt. 


462 


Gebreng in der Kirden. 

Man darff nicht fragen, mer die feyn, 
Bey den die hund in der Kirchen fchrein, 

Sp man zucht hat, predigt und fingt, 

Der bey den der Habich ſchwingt, 
Vnd thut fein Echellen fo erklingen, 

Das man nicht betten fan noch fingen, 
So muß man babe denn die heben, 

Da ift ein Elappern vnd ein ſchwetzen, 
Da muß man richten auß al fachen, 

Vnd ſchnip ſchnap mit den Holtzſchuh machen, 
Vnd ſonſt viel vnruh mancher hand, 

Da lugt man wo Fraw Krünhild ſtand, 
Ob ſie nicht wölle vmbher gaffen, 

Vnd machen aus dem Gauch ein Affen, 
Ließ jederman ſein Hund im hauß, | 
Das nicht ein Dieb ftel etwas drauß, 

Diemeil man mer zur Kirchen gangen, 
Ließ er den Bauch ſtehn auff der flangen, 
Vnd braucht der Holtzſchuh auff der Gaſſen, 
Da er ein pfennig wehrt drecks möcht faflen, 
Vnd täubt nicht jedermann die oben, 
Sao kennt man etwann nicht ein tborn, 
Doch die Natur gibt jedem ein, 
Narrheit wil nicht verborgen fein, 
Chriftus der gab vns das Erempel, 
Der treib die Wechßler auß dem Tempel, 
Vnd die da heiten Tauben feil 
Treib er in zorn auß mit eim Seil, 
Solt er jegt offen Sünd auftreiben, 
Wenig in Kirchen würden bleiben, 
Er fleng gar did am Pfarherrn an, 
Vnd würd biß an den Mefner gan, 


x 


u 463 


Dem Hauß Gottes Heiligkeit zufteht, 
Da Gott der Herr fein wonung hett. 


— — 3 


Won Kirch Narren oder verhinder Warren. 


Das vier vnd viertzigſt Narren Geſchwarm. 


Das vier vnnd viertzigſte Narren Geſchwarm iſt, von 
denen, ſo inn der Kirchen oder andern Heiligen orten ein 
thumult bewegen vnd die Göttliche "werd verhindern. 
Dife Narren fol man fürnemlich auß fieben Schellen lehr⸗ 
nen erfennen. 

1) Die erſte Schell der Kirch Narren iſt, Sünd inn 
ber Kirchen begehen, oder anleitung vnd vrſach zu‘ fündte 
gen geben. Es fein, vil die gehen auß böſem fürfaß in 
bie Kirchen, damit fie die fchönen Weiber oder Jungfra⸗ 
wen mögen ſehen, vnnd fie zu ihrer vnehrlichen Tieb an« 
reigen. Diß iſt ein groffe fünd, dann die Kirch ift nicht 
darumb gebamwen, das du ein Hurhauß oder fonft ein ges 
meinen ſchandwinckel darauß macheſt, fonder fie ift geba⸗ 
wen zu aufferbauwung vnnd zu erhaltung ber Seelen, 
nicht zu derfelben ververbung. Dann es wer foldhen ges 
felen wol zu verzeifen, wann fie allein in frem bergen 
die ehe brechen, wo fie nit auch die öhrter entunehrien, 
welches dann gleich ift einem Kirchen diebſtal. 

2) Die ander Schell ver Kirh Narren ift, das Goͤtt⸗ 
liche werd vnd ben Gottspienft verhindern vnd verwir⸗ 
ren. Es fein etliche gefellen, die ziehen inn die Kirchen 
gleich als wann fie auff ein gejägt wöllen, tragen falden 
oder Habich mit jnen inn die Kirchen, mit einem groffen 
bauffen Hund, bie jnen nachuolgen vnd ein groß geheul 
vnd gebell haben, dardurd dann der Gottsdienſt vnnd 
dag gefeng und gebett verhinvert wirt. Dann wann fi 
bie Habich erſchütlen, geben die Schellen ein gethön, darzu 
beulen dann die hund, vnd wirt hiemit jederman im ges 
bete vnd feinem fürfah gehindert. Lieber Weidman, diß 
bauß ift fein Wald oder thal, darinn man jagen ond he⸗ 
ben foll, fonder man bittet da vmb verzeifung. Solche 
gewonpeit ift warlih an jederman höchlich au ſchelten, 


464 u 


fürnemlich aber an ben Pfarherrn vnd Thummherrn, auf 
. welchen. etlich gefunden werden, bie ziehen mit einem fol- 
chen hauffen hünd inn die Kirchen, gleih als wann man 
da ein gejegt wolt anrichten, oder ald wann fie Evellent 
weren: wiewol folhes an den Evelleuten auch nicht zu 
loben ift, jedoch wöllen ſich folde Thumbperren vnd Bis 
fchoff mit dem befchönen , das es Inen fo wol gebüre als 
den Evelleuten, bieweil fie im nechſten gradt nach den 
Evelleuten fein. Wider dife gehört ſolche antwort, welde 
auff ein zeit ein Bawr einem Biſchoff gab. Man Iifet, 
das auff ein zeit ein Bifchoff mit vil Trabanten ond Kriege 
fnechten vber velde geritten fey, vnd als er durch. ein 
Aderveld zoge, fund ein Bawr vnd fahe In lange an, 
alfo das er den pflug auß der hand Tieß gehn vnd das 
maul offen behielt, gaffet alfo den Biſchoff ſtracks an, ba 
fragt in der Biſchoff, was er luge ond gedechte: barauff 
gab im der Bawr zu antwort, ich hab gedacht, ob ber 
Heilig Martinus, welcher auch ein Bilchoff iſt gewefen, 
auch mit einem folchen Kriegdzeug und Gwardey baher 
fey geritten. Dem gab der Bifchoff zu antwort: Ich bin 
nit allein nur ein Bifchoff, fonder auch ein weltlicher Her 
tzog darbey, wie ich denn jeb auff difen tag bin. Wann 
du aber den Bifchoff fehen wilt Cbeflimpt im hiemit ein 
tag), To kommet auff denfelbigen tag in die Kirchen, als 
dann will ich mich ein Bifchoff erzeigen. Darauff .gab 
dann ber Bawr aber mit lachendem mundt zu antwort, 
onnd fagt zum Bifchoff, wann aber der Teuffel (das doch 
Gott wol für fey) den Herkogen hinführet, wo däme ber 
Bifchoff Hin? 

3) Die dritt Schell der Kirch Narren if, Ein thumult 
vnd gethummel in der Kirchen erregen oder machen. 
{ft nicht ein Heine fündt vnnd gantz wider die Natur, das 
man in difen örtern, wo man mit frieven vnd ruhe Zus 
fammen kompt, das gebett vnnd gelübdt zuuolbringen, ein 
auffruhr erwecken, oder geſchrey machen, oder fonft ein 
thumult anfahen. Daruor fich ein jeder mit höchftem fleiß 
ſoll hüten, auff das er ſolches Lafer nicht begehe. 


4) Die vierdt Schell if, In den Kirchen verfamlungen 
vnd gemeine Rapiichleg Halten. DIE If au ‚wider den 





——— — — — — — — — 


— — — — 


465 


rechten brauch: dann die Kirchen oder Tempel haben das 
her fren nammen, das man in nen bie Heilig Göttlich 
fhrifft anſchawen, vud nit darinn verfamlung, Conci⸗ 
lien, Raptichleg over ein Parlament halten fol. Welcher 
brauch befftig im ſchwanck geht bey den Staltänern, bie 
all jre Eoncilien, verfamlungen va» Parlament inn ben 
Kirchen pflegen zu halten. 

5) Die fünfft Schell if, In der Kirchen ein getheder 
ond geſchwetz haben oder vie köpff zuſammen floffen. Dis 
fes geſchwetz vnd heimlichen Colloquia gezimmen fih gang 
ond gar nicht in der Kirchen, fonder man fol da beiten, 
fingen vnd Gott loben vnd preifen. Teflen haben wir 
ein erempel an ten Jüngern Chrifli, die lobten vnd preis 
feten Chriſtum den Herren nicht allein in der Gemein, 
fonder auch auff vem weg, da fie gehn Emauß giengen, 
tedeten fie von Chriſto vem Herren. Aber leyder, es iſt 
au vnſern zeiten dahin gerathen, vas man fehier fonft nire 
gendt kein gefchefft eher und beffer fan außrichten weder 
in der Kirhen. Dann wenn man ein nit weiß zu fin 
den, gibt man gemeinlich befcheidt, das er fn vmb die 
oder jene zeit werde in der Kirchen finden, vnd wenn fie 
nachmals zufamen fommen in der Kirchen, haben fie die 
gantze Predig ein kopff zufammen floffen, vnd ein fold. 
wifpen vnnd wäfpen, das nicht allein der neben inen ſitzt 
nicht mag hören, fonder auch offtmals der Prediger Dur 
fren heimlichen rathſchlag fchier verwirt würdt. Darnach 
fein etliche, die figen in der Kirchen zufammen vnnd has 
ben ein heimlichen anfchlag, wo fie narpmittag wöllen zum 
Bein gehn, wo vnd an welchem orth man den beften 
Wein fohend, ob man Newen oder Birnen fihende: Item, 
wo man ein Abenttang oder fonft ein Danen tan werde 
anrichten. Bnnd in fumma, was fie etwann die sone 
Wochen haben für neuwe zeitung gehöret, das fagen fie 
am Sontag in der Kirchen einander. Alfo das fie manch⸗ 
mals auß der Predig gehn, vnd wenn es ihnen etwas 

roß gülte, fo wiſten fie fein wort, was man jhn da 
te geprediget. Diß wiewol es fey zu Kirchen gangen, 

laß ich jedermann vrihellen. . 
6) Die fehft Schell der Kirch sarren {R, in der Kir 
i. 





466 


dm Kauffmanſchatz ober Krämerey anfangen. In den 
Kirchen over auff den Kirchhöffen fol man gang vnd gar 
fein Kauffmanſchatz oder Krämerey treiben, vmb ber vr⸗ 
fah willen, dieweil felten ein kauff over krämerey on 
fünde gefhicht. Dann wir fehen ſolches an den verfäufs 
fern oder krämern, das fie offt jr feel mit der waar vers 
fauffen, nemlich wenn fie Hoch vnnd thewer fihiweren, das 
fe der fol hinführen, wenn fie ſolches nicht mehr koſte, 
weder fie e8 bie geben. Derwegen iR bie zu fürchten, das 
nicht etwann ein Wunderzeichen geichehe, vnd der Zeuffel 
einen hinfüre, wenn fie alfo vergebenlich ſchweren. Wo 
nun folches gefchehe (das doch Gott vor fey), fo heiten 
die Oottlofen aber einen außzug, das ſie nicht dörfften 
in die Kirchen geben, dann fie würden fprechen, was fle 
folen inn der Kirchen thun, der Teuffel wonet darinn, 
dann er newlih ein Kauffmann darinn hingefürt. Sie 
het du nun, warumb man nicht inn der Kirchen fol 
Kauffmanſchatz oder Krämerei treiben, damit dem orth 
fein onentehrung werde angethan? Auch haben wir fol 
ches ein klärliches exempel an Chriſto dem Derren, der 
trieb die Käuffer vnd verkäuffer auß dem Tempel, vnd 
ftieß den Wächflern jre Zifch vmb vnd fprah: Mein Haus 
ift ein Bethauß, jhr aber habet ein Mördergruben vnd 
Kauffpauß daraus gemadt. 

7) Die fiebendt Schell ver Kirch narren iſt, Weltliche 
©ericht in der Kirchen oben vnd balten. Diefes if keins wegs 
zu geflatten. Daun man findt Rathhäufer vnd andere Blaß 
genug, da man folche haderrechte vnd zändifche Händel kan 
volführen, alfo das man des gefchreys vnd lermens nicht 
in der Kirchen bevarff. Dann welcher ift alfo doll und 
onuerftendig , der nicht wife, das man an folchen orthen 
‚ nicht fol hadern vnnd zanden, die zu dem gebrauch Bots 
tes vnd Gottesdienſt fein geſtiffet. Dann wir wiflen all, 
das der Herr in ſolchen orten vnnd enden wonet, ba fein 

Göttlichs wort gepredigt ond verlündet wirbt. Diß fein 
alfo kürtzlich die fieben Schellen der Kirch narren, mit 
welchen fie die Epriftlich Kirchen entonehren, vnd treiben 
alle ſchandt vnd laſter darinn. Diefelben werden gewiß- 
Up von Gott dem Herren höchlich geftrafft werben, bie 
zeitlich und dort ewiglich. 


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467 
Der XLV. Narr. 


Wen in das Fewr fein mutwill bringt, 
Ovder fonft ſelbſt in Brunnen fpringt, 
Dem geſchicht recht, ob er ſchon ertrindt. 


« Bon mutwilligen vngefell. 


Mancher Narr ift, ver bittet fiet, 

Vnd thut als jn dünckt gut Gebett, 
Mit ruffen zu Gott vberlaut, 

Das er komm von der Narren haut, 
Vnd wil die Kappen noch nicht Ian, 

Er zeucht ſie teglich felber an, 
Vnd meint Gott wol jn hören nit, 

Sp weiß er felbft nicht was er bitt, 
Mer mit mutwill in Brunnen fpringt, 

Vnd fürchten dad er drinn ertrindt, 
Schrey faft, das man ein Seil jm bredit, 

Sein Nachbauwr fprech, ed gſchicht im recht, 
Er ift gefallen felbft darein, 

Er möcht hie auß mol blieben fein. 
Empedocles in ſolch Narrheit Fam, 

Das er auff Ethna fprang in flam, 
Wer in Herauß folt gzogen han, 

Der Hett jm gwalt und unrecht gthan, 
Denn er in Nurrheit was verrucht, 

Er hett es doch vor mehr verfucht, 
Als thut, wer meint das Gottes ſtimm 

In ziehen fol mit gewalt zu jm, 
Im geben gnad vnd gaben vil, 

Sich nicht darzu doch ſchicken mil, 
Mancher verlaufft im felbft fein tag, 

Das Gott in nimmer hören mag, 


468 


Denn er jm nimm bie gnaben gibt, 
Dad er was fruchtbard von jm bitt, 
Wer bett, und weiß nicht was er bett, 
Der bloßt den Wind, und fleucht Die fchet, 
Mancher im Gbett von Gott begert, 
Im wer leid, dad er würd gewert, 
Mer Iebt in eim fürglichen ftaht, 
Der hab den ſchad wie ed-jm gat. 


Bon Fall Narren, Waghelß Uarren, Wag Warren, 
Steuel Marten. 


Das fünff vnd vierkigft Narren Gefhwarm. 


Das fünff vnnd viergigfte Narren Gefhwarm iſt von 
den Narren, fo ſich frepwillig vnd mutwilliger weiß in 
gefahr der feelen und des leib ſtürtzen vnnd werffen. Der 
Narren findt man vnzehlich vil, die fich allein auß jrem 
flöffigen vnd Narrechten Eſelskopff in ewige gefahr brin⸗ 
gen. Welche man fürnemlich auß den nachuolgenden Schel⸗ 
len ſoll lehrnen erkennen. 

1) Die erſt Schell der Wag Narren iſt, ſich der ge 
fahr der todtſündt mutwilliger weiß vnderwerffen vnnd 
ergeben. Es ſein etlich, die begeren zwar nicht zu ſündi⸗ 
gen, aber fie mögen bie vrſach vnd gelegenheit der füns 
den nicht vermeiden. Dann es feind fürnemlich drey ftraudhs 
fein, ober welche wir fallen, warn wir vns daran flofr 
fen. Die erfte gefahr oder der erfte firauchftein ift, Die 
gegenwerffung vnd für augenftellung der böfen exempel. 
Dann e8 fein etlich, die vermeinen, fie thun nichts om 
rechts vnnd fein gar from, geben aber darbey täglich 
böfe augenſcheinlich exempel, in welchen fie wiſſentlich wiſ⸗ 
fen, da, fie täglich fallen vnd irren. Nemlich die fo bey 
inen offene Scottel und Hurenſeck neben jren Eheweiben 
im hauß halten, oder fi hin vnnd wider Inn ben Pu 
renwindeln oder ſonſt vnachtbaren örtern verſchlieffen 
Diſe dieweil ſie bey jnen bewußt ſein, das ſie nit mit 








469 


ſolchen fchottien zu thun haben, vermeinen file, das fie gantz 
fromb vnb ohn madel der Hurerey fein. O wie ein grofle 
thorheit ift diß! Meint du, da du ohn hie ond wermung 
bey dem fewr flehn mögeft ? oder das du on bemelbet 
dur ein Mülen gehn könneſt? Nein freylich, vu kompft 
nicht ohn gebrent vom fewr, vnnd nicht ohn mel auß der 
Mülen. Vnd gleih wie du von folchen zweyen ftüden 
nicht ohn madel entrinneft, alfo kanſt du ſolche Huren⸗ 
winckel auch nicht ohn ſondere böſe ſündt vnd laſter be⸗ 
ſuchen vnd bewohnen. Derhalben ſo du für fromm vnd 
Gottsfürchtig gehalten wilt werden, ſo lug darauff, das 
du ſolcher örther müſſig gangeſt. Die ander gefahr des 
Strauchſteins fein die beluftigungen. Dann es fein et 
liche alfo gefinnet,, das wenn fie etwann ein begird an⸗ 
fompt, merden fie zwar, das ſolches nicht recht if, aber 
doch von wegen der belufligung fahren fie inn folchen 
gedanden immer fort, vnd bevenden nicht, das es alſo 
weit gereichen werde, biß fie letſtlich Durch folche beluftis 
gung in todt fündt fallen. Solche fein gleich einem Bes 
zen, welcher erſtlich ein onformlich und wüſt ſtück fleifch 
gebieret,, nicht gröffer dann ein Mauß, daran man gar 
nicht fihet, das einem Beren gleichet: Rad dem er aber 
daſſelbig lang ſchlecket vnd abfeübert, als dann wirt letfl- 
lich ein geflalt eines Bern darauf. Alſo thun diefe auf. 
Erfilih -geberen fie in jrem finn rohe und fchlechte ge« 
danden, ohn alle begirdt, darnach fchleden fie in frem 
finn folche gedanden, fo lang vnd fo viel, biß ein todt 
fünd darauf ermächft vnnd geformieret wirt. Dardurd 
dann folche Narren in vnglück vnd die ewige verdamnuß 
on bebachter weiß fallen. Die dritt gefahr des Strauch⸗ 
ſteins fein die zweiffelbafftige oder verborgene ding. Dann 
es fein etliche, die ſprechen, das diß oder jhenig ſündt 
fei: dargegen fprechen etliche, es fey fein ſündt, fonder 
recht. Diefe Narren volgen gemeinlich dem vnrechten weg 
nad, vnnd verlaflen mutwillig den rechten. Diele Rars 
ren, fag ich, gehn an dem geflabten des Meexs mil grofe 
fer gefehrligleit, fo fie doch ſonſt ein rechten vnnd richti⸗ 
gen weg mörhten haben, vnd mit freüben mitten hindurd 
wüſchen, fo fälten fie nicht. Welche thorheit in den Re 
Sigions ſachen ganß gefehrlih if, In dem bie Priefter offt 


470 


ein guten weg vor ihn haben, aber bieweil es etwann 
ein wenig aweiffelhafftigs if, fallen fie vom rechten weg 
in ein groffen jrthumb: nemlich, wann fie die fihrifft an« 
ders außlegen, weder fie an ihr feibs if. Dife fein für 
war recht Rarren, dieweil fie alfo auf irem Narrechten 
kopff verharren vnd fih von niemandt wöllen laſſen weifen. 


2) Die ander Schell der Wag narren ift, durch bie 
tobt fündt widerumb hinder fid zu rud fallen. Es fein 
etliche, die gehn fein algemach zu grundt, durch diß, das 
fie fih allein ſolchen gefehrligfeiten onderwerffen, vnnd 
fhleichen verwegenlich vnnd freywillig in die todt fündt. 
Gleich wie ein Froſch, der durch die Barmhertzigkeit Got« 
tes auß allem pful ond Fott if gezogen, vnd auff ein 
fammet Küffen gefeß, eins Tieblichen vnd frölichen gewiſ⸗ 
fens, der ſchleicht allgemach, wie er fan und mag wider 
in den pfull ond lachen. Alſo thun viefe Teut auch, wenn 
fie ſchon etwann auß einer groffen gefahr der fünten 
feindt ertöft worven, fallen fie doch als baldt freywillig 
‚ onnd fein algemach wider darein. O du arme Creatur, 
was bendef du doch, das du dich alfo freywillig dem 
Teuffel ergibſt: Weit dur nicht, das die Seelen inn Got« 
tes hendt fein? du aber nimbft fie auß Gottes hendt, 
vnd gibft fie dem leidigen Teufel: pfuy der ſchandt vnnd 
ſchmach, fo du dir felbs thuſt. Du bift gleih dem Em⸗ 
pebocli, von welchem man lift, dad er ſich freywillig in 
das fewer geflürzet Habe. Was iſt die fündt anders, wes 
der ein brennende fewr, welches fo lang ed vns vor den 
augen if, können wir die Sonn der gerechtigfeit nit ans 
fhawen? Dann es vnderſcheidet vns nichts anders von 
Gott, weder die fündt, welche gleich fein als ein Nebel 
ond Wolden. Daher fpricht Gott, ich wil die fund außs 
tilgen gleich ale ein Nebel, vnd deine vbelthatten vnder⸗ 
truden gleich wie ein wolden. Die fündt fein in der 
warheit nichts anders, weder ein verzerends fewr, wenn 
du nun in diß fewr felleſt, wirbt es dich nicht allein vers 
derben , ſonder alle dein hab ond gut, das ift die gnadt, 
fo dir von Gott befchert ifl, verzeren ond zu nichts mas 
hen. Sieheſt du nun hie du Wag Narr, wie fühn du 
geweſen bi, vnnd was du mit deiner künheit habeft ge« 





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471 


wonnen? Du haft fürwar nichts anders mit außgericht, 
dann allein das du dich inn das fewr ber ewigen ver⸗ 
damnuß freywillig vnd mutwilliger weiß geflürket haſt. 
3) Die dritt Schell der Wag narren ift, fih inn den 
Wyrbel der gewonheit flürken, welder als baldt einen 
in abgrundt verzuckt. Die ifl die gröſte Narrheit, bie 
man vonder der Sonnen mag finden, vnnd wirt gar ſchwer⸗ 
Lich jrs gleichen gefunten. Es ift ſchwer onnd gefehrlich, 
fi der gefahr zu fündigen ergeben, noch ift es gefehrli« 
cher, in die fündt freywillig fallen, aber viel gefehrlicher 
ift es, Inn der fündt von wegen gewonheit verharren vnnd 
bleiben, vnnd ſich gleich als inn ein tieffen Wyrbel ſtür⸗ 


sen. Die gerwonpeit zu fündigen iſt fürwar ein graufas 


mer wyrbel und freffigkeit, fie iſt ein anreigerin der ju⸗ 
gent, ein verderberin der alten, ein begererin der begirs 
den, und ein verführerin des verftandts. Dann wenn wir 
in der gewonheit zu fündigen verharren, laffen wir ons 
nachmals nicht baldt wider daruon abfıhreden. Es iſt 
omb ſolche Ieut, fo zu fündigen gewohnen, gleich wie vmb 
ein Bawm, wenn man ju nit in ber fugent zeucht, wie 
man ja haben wil, laßt er fih nachmals, wenn er alt 
wirt, nicht mehr biegen, fonder Inelt entzwey. Deßgleichen 
wenn man in ein newen hbaffen erfilih ein gut geruch 
geußt, fchmedt er alweg darnach: Alfo iſt es auch mit 
folchen gefchaffen, die gemwonet haben zu fündigen, die 
laſſen gar fchwerlih daruon ab. Diefe Rarren thun 
nichts anders, dann das fie fih inn denn wyrbel der ge⸗ 
wonpeit flürken, in welchem fie gang vnd gar verzuckt 
werden, vnnd alfo lebendig in abgrundt der Hell gerife 
fen. Sie ligen mit dem Razaro In jren laflern vergraben, 
vnnd ift ein groffer flein der Gewonheit vber fie gewöltzt, 
welcher nicht leichtlich vom Grab wirdt hinweg gethan, 
es fey dann ſach, das fie hefftig zu Gott fepreien und 
rüffen, das er in den fein der gewonheit hinweg thue. 
Kürnemlich aber iſt er fchmwerlich hinweg zu thun, wenn 
er mit vielen fchmeichelhafften vberfchrifften iſt gezieret. 
Diefelben vberfhrifft machen dann erfl, das man die ges 
wonpeit zu fündigen nit merdt. Dann wenn bie ohren 
diener vnd fehmeichler alfo frhreiben: Hie ligt begraben 





472 


der fromb ond Gottsförchtig N., welcher tie zeit feins le⸗ 
bens die ehr Gottes vnnd den Gemeinen nutz wol vnd 
trewlich hat gfürdert, x. Wenn fie folch voberfchrifft hö⸗ 
ren leſen, da meinen fie, es fey fein Menſch inen gleich, 
vnnd fie fein fo fromb, das in vnſer Derr Gott noch 
‚fchier hinauß ober jr frombfeit fehuldig fey. Sole Nar⸗ 
ren bedenden aber nicht, das in folches zu gebör gefchries 
ben fey: vnd ligen fie gantz tieff onder dem Grabflein 
der Gewonheit zu fündigen, alfo dag fie nicht baldt mö⸗ 
gen herauß fommen, alle weil fie ten ohren tregern vnd 
dellerfchlederen glauben geben, vnnd aber ihr gewonpeit 
zu fündigen nicht erfennen. Welcher nun nicht vonder diſe 
zal wil gerechnet werden, der ſehe zu, das er fich nicht 
freywillig vnd gewöhnlicher weiß inn die ſünde ſtürtze, 
dann welcher folches thun wirt, der hat ohn zweiffel nichte 
anders zuuerhoffen, dann das er all fein heil onnd fee 
ligleit dardurch verliere. 


— 


Der XLVI. Narr. 


Rarrheit hat ein groß gezelt, 
Bey ir legert die gange Welt, 
Verauß was gmalt hat van vil Belt. 


Vom gewalt der Narren. 


Es ift not, das viel Narren find, 
Denn vil fein an in felbs erblind, 
Die mit gemalt wölln wißig fein, 
Das jederman ficht, vnd ift ſchein, 
Ir Narrheit doch niemand gethar, 
Zu jm fprechen, was thuflu Narr, 
Vnd wenn fle groffer weißheit pflegen, 
So iſt e8 faft von der geuch wegen, 
Bnd wenn fie niemands loben mil, 
Se toben fie fih dick vnd vll, 








473 


So doch der weiß Mann gibt vrkund, 
Das lob ſtinckt auß eim eignen Viund. 
Wer in ſich ſelbſt vertrauwen ſetzt, 
.Der iſt ein Narr vnd thoͤrecht GbR, 
Mer. aber weißlich wandlen iſt, 
Der wirt gelobt zu aller friſt, 
Die Erd iſt ſelig die da hat 
„Ein Herren der in weißheit ſtaht, 
Des raht auch ift zu rechter zeit 
Vnd fuchen nicht wolluft vnd get, 
Weh weh dem Erdtrich Das da bat 
Gin Herren der in Kindheit gat, 
Des Fürſten eſſen morgens früg, 
Vnd achten nit mad weißheit tüg, 
Ein arm Kind das doch meißhelt Hat, 
Iſt beſſer vil in feinem ſtaht, 
Denn ein König ein alter Thor, 
Der nicht fürficht die fünfftig Jor, 
Weh ven Gerechten vber weh, 
Wenn Narren fleigen in vie Höß, 
Aber wenn Narren vnder gehn, \ 
Bar wol die Grechten denn beftehn, 
Das ift dem ganken Land ein Ehr, 
Wenn aus dem rechten wirt ein He, 
Aber Doch wenn ein Narr regiert, 
Sp werden vil mit jm verfürt, 
Der thut nicht techt wer am gericht, 
Durch Breundtfchafft eim ind Angeficht ſicht, 
Derſelb auch vmb ein biſſen Brot, 
Warheit vnd gerechtigkeit verloi, 
Recht vrtheln ſteht eim weiſen wol, 
Ein Richter niemands kennen ſol, 
Raht vnd Gericht hat keinen Freund, 


4174 


Sufannen Richter noch viel feind, 
Die mutwill treiben und gemalt, 
Gerechtigkeit ift faft erfalt, 
Die ſchwerdt die find verroftet beid, 
Vnd wölln nimmer recht auß ber ſcheid, 
Noch ſchneiden mehr da es iſt not, 
Gerechtigkeit ift blind und tod, 
AN ding dem Gelt fein vnderthon, 
Jugurtha da er fihien von Rom, 
Da Ipra er, D du feine Statt 
Wie werft fo bald elend und matt, 
Wenn du ein Kauffmann hetts allein, 
Man findt der Stett noch mehr denn ein, 
Da man Handſchmierung gern auffnimpt, 
Vnd darnach thut viel das nicht zimpt, 
Mit Sreundfchafft al warheit vmbkert, 
Als Moyfen fein Schweher lehrt, 
Pfennig, neid, freunnfchafft, gwalt und gunft, 
Zerbrechen jebt Recht, Brieff und Kunſt. 
Die Bürften waren etwan weiß, 
Hetten alt Reht, gelehrt vnd greiß, 
Da fund ed wol in allem Land, . 
Da warb geftraffet fünd vnd fihand, 
Vnd was gut frid in aller Welt, 
Jetzt Hat die Narrheit ein Gezelt 
Gefchlagen auf, vnd leit zur wehr, 
Sie zwingt die Yürften und jr Heer, 
Das fe ſehnd weißheit, Kunft verlan, 
Allein eigen nub ſehen an, 
Vnd mwölen jn ein Kinvifchen Naht, 
Darumb es leider übel gaht, 
Vnd Hat Fünfftig noch böfer aftalt, 
Groß Narrheit ift bey grofiem gwalt, 


) 


475 


Bott ließ das mancher Fürft regiert, 
Lang zeit, wenn er nicht würd verfürt, 
Vnd vnmilt würb vnd ungerecht, 
Durch anrä falfcher Neht und Knecht, 
Die nemmen gaben, fihend vnd miet; 
Bor dem ein Fürft fi billich Hüt, 
Wer gaben nimpt, der ift nicht frey 
Schend nemmen macht verrehteren, 
Als von Atoth gefchach Eglon, 
Vnd Dalida verriet Samfon, 
Antronicus nam Gulden Faß, 
Des ward getödtet Onias, 
Auch Benedab der König brach 
Sein bündnuß da er gaben fach, 
Tryphon da er betriegen wolt, 
Das Jonathas jm glauben folt, 
Da ſchanckt er Gaben jm vorhin, 
Damit er möcht befcheifien in. 


Von Gewelt Marren, oder Großhauß Warren. 


Das fechs vnd vierbigft Rarren Geſchwarm. 


Das ſechs vnd viertzigſt narren geſchwarm iſt von Gwalt 
Narren. Diſe ſeind, ſo keins wegs wöllen Narren geſchol⸗ 
ten werden, fo fie doch die gröften Narren fein. Solche 
fol man auß fiedben Schellen lehrnen erkennen. 

1) Die erſt Schell ver Gwalt Narren if, Wöllen für 
weiß vnd Hug gehalten werden, fi auch der weißpeit 
hoch rühmen, aber der Narrheit nicht enthalten. Dann 
es fein etlich, die wöllen für weiß und verftendig gehalten 
werden, geben aber darbey mehr exempel der Rarrheit 
weder der weißheit. Es wollen ſolche Narren von anders 
leut für weiß vnd Hug gefehen fein. Diß ift ein grofle 
Thorpeit, einem andern mehr glauben geben, weder jhm 
ſelbs. Dann wann du nicht bey dir empfindeſt, das du 


476 


ug ond weiß ſeieſt? wie fan es dann ein anderer von 
dir fagen oder halten? Darnad wollen auch ſolche Rars 
ren von anderleut gelobt werden, vnd wo folches nit ges 
ſchicht, oben fie fich felbs. Diß tft dann ein recht tho⸗ 
recht lud, das fich einer ſelbs ober, gleich als wann er 
böß Nachbawren heit, die jin nicht begerten zu loben. 
Gedend das ſprichwort, das da fagt, eigen Lob flindt gern. 
Lieber Hieltef du diſen hicht für ein Narren, wann fid 
einer für ein Heiligen Propheten außgeb, vnnd fich felbs 
Iobt vnnd rühmet, fo in fonft niemandt loben over preis. 
fen wolt ? Alfo bi du auch, warn du dich lobeſt, fo 
ſchildteſt du dich nur felbe. 


2) Die ander Schell der Gwalt Narren iſt, vergeben» 
lihe, vnnũtze vnd Narrechte farben handlen. Dann es 
feind etlich, die geben offt zu raht, vnnd haben ein groß 
bin vnd wider lauffen, alfo das man vermeint, fie haben 
groffe und wichtige hendel zu verrichten, wann man «6 
aber beim liecht beficht, fo ift es etwann von der Genf 
wegen, oder font von einem faulen handel, der nicht 
einer ſchnall wert iſt, vnd zerbrechen fo offt den kopff 
ob einer fach, dz doc ein fetlicher Narr oder junges kindt 
möcht verſtehen. Solchen Narren gefchicht gleih als die 
fen, fo fi lang beraptfchlagten, wie fie möchten die würm 
vertreiben, das fie nit im Salt wũchſen. Dan lifet, Das 
fih auff ein zeit vil junge in einer Statt zufammen het 
ten verbunden, das fie wolten die alten al im Raht vmb⸗ 
bringen, damit fie dag Regiment befeffen vnnd auch Her⸗ 
ren wurden: welchen Raptichlag fie auch volbrachten, aber 
einer onter jhn der verbarge fein Batter onnd töpdtet ihn 
nicht. - Da nun die nechfien Stett hörten, was ſich vers 
Ioffen hett, vnd die jungen lappen das Regiment der Statt 
befeffen, erachten fie ein Lift wider die jungen Ginaffen, 
damit fie diefelben verachteten, vnd fihidten zu ihnen vnd 
lieffen fie omb Rahts fragen, wie dem zu thun wer, das 
fein würm in dem ſaltz wüchfen, dann fie hatten fehr vil 
Sales inn derſelbigen Statt. Als fie fd nun darüber 
offt vnnd di beraptfchlagten, was fie in folten für ein 
antwort geben oder rapten, kondten fie nichts erdenden. 
Derwegen Teuteten fie zum offtermals in ten Raht vnnd 





.. — — — — 


477 


giengen zuſammen, berahtfchlagten ſich, wie der ſach ent⸗ 
lich zu thun were. Da nun der Alte, der verborgen was, 
fo offt höret in Raht leuten, fragt er fein Sohn vnd 
fprad : Mein ſohn, warumb Ieut man dor fo offt in 
Raht? da zeigt der Sohn dem Batter den groflen vnd 
wichtigen Rahtſchlag vnnd handel an: Ach, fprach der Bats 
ter, merdet ihr Zungen Rapisherren nicht, das man euch 
veriert vnd verfpottet? dann mit dem Salß vertreibt man 
tie würm. Derhalben gebt in zu antwort, fie follen eins 
mit dem andern vertreiben, vnnd das fie das Salg mit 
Maulefel Mitch beiprengen. Die Mauleſel aber haben Fein 
Mid. Scham, ſolche Rahtſchleg haben bißweilen die ges. 
waltigen. Weiters fein fie etwann bey inen felbs befftig 
geſchefftig, vnnd fein am minften müffig, wann fie am 
aller" müfigften fein, dann fie ziehen hin vnd wider vnd 
im fpaßieren handlen fie vil ſachen. Bißweilen thun fie 
es zum fchein vor den leuten vnd gehen in ben Kirchen 
oder" creußgängen, oder fonft an offenen pläßen, legen 
die hend auff den ruden vnnd fehen vnderſich auff die er. 
den, gant fawr, gleih als wann fie etwas groſſes zu 
gevdenden heiten, allein darumb, das man inen ehr vnd 
reuereng foll anthun. Solcdhe’meinen , fie wiflen alles, 
vnd fein zu allen dingen geſcheidt gnug, aber es fehlet 
fhnen offt weit. 


3) Die dritt Schell der Gwalt Narren if, allein das 
feinig fuchen vnd auff fein nuß fehen, damit fein fad mög 
erfült werden. Welche fein nun diefelbigen Rud? Diefe, 
als Reichthumb, Ehr vnnd Reuerenb oder Stchenck vnd 
Schleck. Nah ſolchen dingen traten fie, darauß dann 
vil böfes entipringt, nemlich falſch antragung, verleumbs 
dung, todfchlag , vngerechte ortheil vnd anfehen der perfos 
nen. Dann fie nemmen Gelt vnd madten ein faulen 
handel gut, bargegen aber ein guten, handel ober fach 
böß: weiches alles das gelt zu wegen bringt. Darumb 
fagt Yugurtda, da er auß Rom ritte: O du Herrliche 
Statt Rom, du bift feil, wenn du nur ein Kauffmann 
hetteſt. Dardurch vermeint er, bas ein jeder möcht die 
Statt Rom belommen, wenn er allein die Oberſten mit 
gelt beſteche. Darnach ſuchen fie ſchleck vnd Hoffbißle 


478 


In den Fürften höffen, ober in den Gemeinbten ober Zünff⸗ 
ten der Statt, vnd gefellen ih vberall zu jres gleichen. 
ehe dem Landt, welches ein Kindt zum König hat, vnnd 
"des Fürften Morgens früh nüchteren vol onnd doll ſeind. 
Dann fie fein vom Morgen an biß auff ven Abent voll, 
ond wirt bey ihnen Fein Gericht vnd Gerechtigkeit gefun⸗ 
den. Auch gilt folcher fpruch nicht, bey fhnen: Den Kö⸗ 
nigen folt bu feinen Wein geben, fonver es fol ihr Herß 
alzeit ein abfchewen tragen vor dem Wein, vnnd den ver« 

wäwen, gleih wie ein Faß voll newes Weins denn jäft 

außſtöſt und außwirfft. Lieber, was ſuchten die zwen al 

ten falfche Richter ? Fürwar nichts anders denn ſchleck 

vnnd wolluſt mit der Sufanna. Was volgt aber her: 

nah? Ein falſch vrtheil ond böfer anſchlag, welcher ober 

ihren kopff nachmals if außgangen. Was Ietfilih bie. 
Ehrgeitzigkeit genübet hab inn allen ſtenden, zeigen job 

des alle die innerliche vnd Burgerliche Krieg deutlich an, 

alfo, das viel herrlicher vnnd mechtiger Stett dardurch zu 

grundt fein gangen. Dermwegen fol ein jeder Richter fi 

fürfehen, das er nicht mehr auff zeitlich gut, wolluſt vnnd 

ehr fehe, weder auff das heil vnnd wolfarth einer gan 

Ben Gemeinde. 


4) Die vierdt Schell der Gewalt narren tft, das Hell 
und wolfarth feiner Vnderthanen gan vnd gär verfau- 
men. Dann es fein etliche, die ligen ihrem eygen nuß 
vnd farben alfo fleiff ob, das fie dargegen der Vndertha⸗ 
nen bändel vnnd fachen gar nicht gedenden, noch helffen 
fürdern, welches dann höchlich vnrecht ift gehandelt. Mau 
if, das von vilen, die fi bey ben Hepden von wegen 
jres Batterlands in den todt vnnd alle andere gefahr bes 
geben haben, damit fie jrer mitbrüder ond des Vatter⸗ 
landts Heil vnd wolfarth erhielten. Gleich wie Codrus 
von Athen, von welchem weiß gefagt war, das wenn er 
vmgebracht würde, möcht das Bold erhalten werden: Aber 
da folches niemandts wollt tun, vnnd jedermann fein ver 
ſchonet, legt er fih mit Bawren Heiver an, vnd zog in 
Krieg mitten vnder die Feindt, auff das er erfihlagen 
würde, vnnd das Bold erlöſt ond erhalten würdt. Des 
gleichen thet auch Marcus Eurtius, der fprang mit dem 


— — — — — — er vr. 5 


479 


Rofiz freywillig zu Rom in die auffgeifane Hüllen, damit 
er fein Batterlandt von folcher groffen gefahr erledigt. 
Aber Leider, man findt der nicht viel bey vns Chriſten, 
die folches thun, vnd je leben für die Vnderthanen laſ⸗ 
fen, ja fie berauben ehe diefelben , ond frhinden vnd fchas . 
ben fie biß auff das mard. Alſo das zum offtermals von 
wegen jrer firengfeit onnd tyranney die armen Vnder⸗ 
ihanen müflen von Weib vnnd Kindt ziehen. Vber das 
blagen fie mandes mal jre armen Bnverthanen biß auff 
den tobt. Fürwar, folhe Dberherren werden ihnen ein 
ſchweres vrtheil auff jren kopff fchöpffen, dann darumb iſt 
die Oberkeit gegeben, das fie die Vnderthanen ſollen vor 
allem gemalt befchügen vnnd beſchirmen, fie nicht halten 
wie die onuernünfftigen hier, ſonder viel mehr betrach⸗ 
ten, das, wo die Vnderthanen nicht weren, köndten fie 
iren hohen flammen nicht erhalten, vnnd jren nachkomme⸗ 
nen ſolchen inn gleicher würden verlaffen. Letſtlich fol 
auch ein Fürſt oder Oberherr fürfehen, das er fronme 
vnd getrewe Räth habe, dann wo ſolche nicht bey einem 
Fürſten oder Herren fein, ift fürwar der Fürſt vnd bie 
Vnderthanen gantz vbel verfehen. Ein guter Rathgeber ift 
golts wert, vnnd ift nichts ober folchen, vnd wo ein Rath 
nicht ein erbar leben fürhet oder freundtlich if, ſchadet er 
fürwar den Vnderthanen vnd feinem Herren ganß viel. 
Dann welcher ſucht in einem pfull oder miſtlachen ein 
brunnen ? oder wer trindet auß einem trüben vnnd lei⸗ 
mächten wafler? Derhalben wo die geilpeit if, wo vn⸗ 
meffigfeit if, wo zerfpreitung vnd zerrüttung {fl der la⸗ 
fer, wer wolt gern bey ſolchem ein Rath fuchen oder bes 
geren ? wo nun folche Tafler bey einem Rath fein, if 
fürwar wenig hoffnung, das er den Vnderthanen könne 
bepütfflich fein. Dieweil er fih felbs nicht kan regieren, 
wie wil er dann die Vnderthanen regieren vnd fie mit 
gutem Rath vnderweiſſen. 


5) Die fünfft Schell iſt, im der Weißheit und Regie⸗ 
rung abnemmen. Dann fo lang ein Fürft auffrecht flehet, 
onnd if auffrichtig in Gerechtigkeit vnd guten gewiflen, 
ſtehet fein Handel vnnd Fürftentpumb wol; wenn er aber 
anfahet, vnd heit weder Gericht noch Gerechtigkeit, vnd 


480 


renteret auch nicht mehr, mie er zunorhin gethan hat, 
geht als baldt fein Reich mit im zu grundt. Bnnd bas 
wir ein erempel feßen: Ein Säul, fo lang fie auffrecht 
vnd firads flehet, tregt fie alles das auff ihr gebawet if, 
. wenn fie aber anfahet vnnd neiget fih zu der Erden, 
felt ald baldt das hauß vnd anders, fo daranff defehtik, 
mit jr zugruudt. Ufo iſt ed auch mit den gewaltigen 
vnnd grofien Herren geſchaffen, fo lang fie gut regiment 
vnd gerechtigkfeit Halten, bleibt jr Reich beflendig, wenn 
fie aber anfahen, vnd neigen fi daruon ab, und plagen 
fre Vnderthanen mit groffen ſchatzungen vnd andern bes 
ſchwernuſſen, fecht ir Reich ahn vnd falt von tag zu tag 
sugrundt. Derwegen follen Fürften vnd Herren lugen, 
das fie fire Vnterthanen nicht zu hefftig plagen mit ſcha⸗ 
Bungen,, vnd ihn Fein vrſach geben zu auffrupr. 


-6) Die fehft Schell der Gewalt narren iſt, ſich ber 
Gemein onnd Vnderthanen gant vnd gar entfchlagen, 
derſelben fih nicht annemmen. Es fein etlihe auß den 
Gewaltigen vnnd Regierern, die entichlagen fich gantz 
ond gar von der Gemein vnnd Vnderthanen: Welches 
dann ein grofie ſtinckende hoffart ift, vnnd ein verfchme 
dung der Bnverthanen, gleich als wenn fie nicht fo gut 
weren als er, dieweil er ein wenig höher gefrhoren iſt, 
weder die armen Vnderthanen. Die gebüret fich feinem 
Oberſten oder Verwalter, fonder er fol ein mittel darinn 
halten, vnd gemeinfchafft haben mit einem feblichen Bn« 
derthanen, mit dem Reichen fo wol als mit dem armen. 
Man lifet vom Keyfer Traiano, als ihn feine Freundt 
ftrafften von wegen ver vielfaltigen gemeinfchafft, fo er 
mit den Vnderthanen hat, vnd fagten, er were gar zu viel 
freundtlich gegen den einfeltigen, vnnd heit mehr gemein» 
ſchafft mit ihnen, weder es feiner Keyferlichen Maleſtat 
gezimmet. Da ſprach er: Er wölle ein folcher Keyfer ge: 
gen den Vnderthanen vnnd gemeinen Perfonen fein, gleich 
wie er gewünſcht hette, das die Keyfer gegen ihm weren. 
Deßgleichen Hat auch C. Julius Ceſar bie Siebe ond gunft 
feiner Kriegslnecht nirgendts anders mit erworben, weder 
allein dardurch, das er fie nicht Kriegßknecht, fonder mite 
gefellen vnnd burſchgeſellen hat genent. Darnach, fo fie 


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481 


etwann ein ſchweren fireit oder fonft ein groffe gefahr 
hetten außzuſtehen, faget er nicht, ihr müſſet folches thun, 
fonder ſprach allweg, kommet jr lieben Kriegbleut, wir 
wollen folches thun, und rechnet alweg Tein Perfon Under 
fie. Welche freunttligkeit dann die Vnderthanen gan 
mutig vnd willig macht, bey ihrem Herren vnd Fürſten 
biß in ben todt zuuerharren. 

D Die fieventt Schell der Gewalt narren if, viel 
heiſſen vnd anrichten, aber felber nichts thun. Es ift nicht 
genug zu eines guten Hauptmanns Strengfeit vnnd Manns 
beit, das er das Kriegßuold wol wiſſe zuuermanen, ge⸗ 
bieten vnd ftraffen, oder fie allein mit bloflen worten ans 
zuordnen : fonver ed gehöret auch darzu, daser fih Mann⸗ 
lich vnd Ritterlich wehre, vnnd als dann jeß vornen, jetz 
hinden im ſtreit ſein, vnnd ſolches Ritterlich mit ſeiner 
haut volſtrecke, daß er ſein Kriegßknecht hat angewiſen 
zu thun. Wo er ſolches nicht thut, handlet er nicht wie 
einem Mannlichen Hauptmann gebüret. Ein ſolcher Haupt⸗ 
mann iſt Caius Julius Ceſar geweſen, der ſaget ſeinen 
Kriegßknechten nicht allein, wie ſie ſich ſolten inn handel 
ſchicken, ſonder er war mit ihnen hinden vnd vornen da⸗ 
ran. Alſo ſollen alle gewaltigen Fürſten vnd Herren ſein, 
wenn fie ihren Vnderthanen Geſatzt fürſchreiben oder ge⸗ 
ben, ſollen ſie dieſelben zu gleich halten, vnnd den En 
derthanen gut exempel vortragen. Welche dann nachmals 
äu- wegen bringen, das fih die Vnderthanen gantz freye 
willig vnnd geneigt gegen ihrer Oberfeit erzeigen. Diß 
ſey alfo red in einer fumm gefagt von den Gewals 
tigen, wie fie ſich follen halten gegen ihre Vnderthanen. 


Der XLVII. Narr. 


Biel thun in Thorheit die beharrn, 
Bud zichen faſt ein ſchweren Karrn, 
Dort wirt ver recht Wag naher fahrn. 





i. 31 


N 


482 


Bon dem weg der feeligfeis. 
Gott leßt ein Narren nicht verftahn 
Sein wunder, die er hat gethan, 
Vnd teglich thut, darumb verbirbt 
Gar mancher Narr der zeitlich ſtirbt, 
Hie vnd dort iſt der ewig tod, 
Das er nicht lehrne Tennen Gott, 
Vnd Leben nad) dem willen fein, 
Hie bat er Plag, dort leit er pein, 
Hie muß er Buͤrd des Karren tragen, 
Dort wirt er erft ziehen im Wagen, 
Darumb Narr nicht frag nach dem Steg, 
Der führet auff der Hellen weg 
Gar leicht man dahin Fommen mag, 
Der weg ſteht offen nacht vnd tag, 
Vnd ift gar breit, glatt, wolgebant, 
Der Narren viel find die in gand. 
Aber der Weg der Secligfeit 
Der weißheit ift allein bereit, 
Der ifl gar eng, fihmal, Hert und hoch, 
Vnd ftellen wenig Leut darnoch, 
Oder die in habn mut zu gan, 
Damit wil ich befchloffen han 
Der Narren frag die offt geichicht, 
Warumb man mehr der Narren ficht, 
Oder die faren zu der Gel, 
Denn bed volcks das nad) weißheit ftel, 
Die Welt in vppigfeit it blind, 
Bil Narren, wenig weiſer find, 
Bi find berüfft zu dem Nachtmol, 
Wenig ermöhlt, Tug für dich wol, 
Sechs Hundert taufent Mann allein, 
Ohn Braumen vnd die Kinder Mein, 





483 


Führt Gott auf durch des Meeres Sand, 
Zwen kommen in das globte Land. 


Yon Irrnarren, oder Straßnarren. 
Das fieben vnnd viertzigſt Narren Geſchwarm. 


Das ſieben vnd viertzigſte Narren Geſchwarm iſt um’ 
Irr Narren oder Straß Narren. Es ſeind ons zwen we 
fürgefeßt. Der ein weg if zum Himmel, vnnd if di 
der weg der Gebotten Gottes. Der ander ift zu der Dell, 
onnd ift diß der weg zu der Hell ond verbamnuß. Welche 
böfes gethon haben, die werden in das ewig fewr gehn. 
Dann ed werden vil gefunden , die erwöhlen den weg zu 
ver Hell; diſe fein Irr Narren und Strafien Rarren, 
ond ziehen herumb, gleich wie die zerfirewten Schaff in 
der wüften, die fein Hirten haben. Solche Narren fol 
man fürnemlih auß zwo Schellen Ichrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell der Irr Narren if, den weg ber 
fünden ermwöhlen. Dann es feind vil, die ermwöhlen ben 
weg der fünden vnd verbamnuß ehe vnnd lieber weder 
den weg zum Himmelreih. Warumb thun fie das? Es 
iR ein wunderbarlich ding, das fie den böfen erwöhlen 
vnd Iaffen den guten fahren. Lieber, wz vrfacht fie darzu? 
Ich wils dir fagen: Es bewegt fie die menge, deren fo 
bifen weg geben, leichtfertigkeit, die Tieblichteit‘ vnd ergetz⸗ 
ligleit. Zum erflen bewegt fie die Ieichifertigleit und ges 
ringfertigfeit. Es if diſer weg bereit vnd wol gebanet, 
alfo dz er gar Teichtlich zu gehn iſt. Dife Teichifertigkeit 
macht die erbfünde,, dardurch wir zum böfen geneigt fein. 
Dann vnfer finn onnd gebanden if von Jugend auff 
sum böfen geneigt. Dife leichtfertigkeit macht vnnd meh 
ret die gewonheit zu fündigen, durch anflifftung des Zeufs 
feld ond der argen Welt. Wo nun diſe lud all zuſam⸗ 
men fommen, fo if es dann fein wunder, das ber ſün⸗ 
ber auff den weg ber laſter gerabte. Darnach if noch 
etwas anders, dz fie bewegt auff folchen weg zu gehn, 
nemlich die Scharen vnd vile fo auff bifem weg pflegen 
au gehn. Dann es geht fehier die gange Welt auff bijem 


484 


weg, vnd iſt jeberman vom rechten abgeireiten, vnnd ifl 
fpier Feiner mehr, der etwas guts thut. Leptlich bewegt 
fie nit allein die vile, fo auff difem weg geben ober ber 
wol gebanet weg, fonder die Tiebligfeit des wege. Für⸗ 
war es ift der weg der fünter, welcder füret zu der ewis 
gen verdamnuß, dann ed gehn vil durch diſen weg, bas 
rumb ift er alfo wol gebanet. Difer weg ift alfo gefchafs 
fen, das er ſich leßt anfehen- gleich wie ein velnt, das 
voller hüpfcher blumen flebt vnnd wolfchmedenven Treu: 
tern. Welche fein nu dife blumen ? Der vberfluß, ehr, 
Reichthumb, fried, freud, wolluſt ond aller mutwill. Die 
fen wolfchmedenden blumen fpringt die geile vnd mutwils 
lige Geiß nach vber ſtaud vnd flein, damit fie folche lieb» 
liche vnd wolſchmeckende blumen erreiche: Difen jagen die 
menfchen allzeit nach, fprichet einer zu dem andern,- fompt 
faffet vns die zeitlichen güter geniefen, weil wir nod 
jung feind vnd flarde hälß Haben zu frefien vnnd faufs 
fen, laßt vns dempffen, prafien vnd füllen, dann wer 
weiß, morgen fein wir etiwann dem alten hauffen zu , fo 
muß vns dann foldhes rewen, das wir fo vil einem an⸗ 
bern geiparet haben. Darumb laßt vns frefien vnd ſauf⸗ 
fen, fpielen vnd raßlen, dann nach diſem leben haben wir 
die Weltlide freudt nit mehr. Diß fein furglich die vr: 
fahen, warumb der gröſte theil ven weg der Hellen zu⸗ 
eilet vnd haben etlich daran fein vernügen, das fie durch 
den weg der verberbnuß gehn, fonder fie verführen au 
andere mit inen. Dann ed ift gemeinlih der Jungen ges 
fellen brauch, das einer zu dem andern fpricht, wollen 
wir? Spricht der ander als bald darauff, ja fom nur 
der mein pfennig bein gefell, ond fol feiner von dem ans 
dern weichen, allweil wir mögen den athem ziehen. Aber 
fürwar, e8 wirt der tag vnd die zeit fommen, in welchen 
fie verfichen werben, wie jämerlich vnd betrüglich fie fein 
verführet worden: dann nach difer lieblichkeit vnnd freud 
volgt ewige traumigkeit ond befümmernuß: vnd wirt dad 
fpridwort war an inen werben, das welcher die den Kars 
ven zeucht, der werde bort ben Wagen mülfen ziehen. 
Dife gleichnuß ift alfo zuuerſtehen: der Karr if die Welle 
li forg vnnd angſt, welche fein in des Narren here vnd 
eingeweidt, gleichwie die Reder am karren. Die jwey re 


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485 


der fein ein böfe vnnd fehedfiche Tiebe,, fo zu böfem ans 
reißen vnd ein nidertrechtige böfe forcht. Daran fein drey 
Roſſz, Hoffarth, Geiß pnud Geilpeit.- Alles das in ber 
Weit ift, Tas wirt durch dife drey Roſſz gezogen. Der 
nun das getümmel des wagens und dz traplen ter pferbt 
nit höret, der iſt fürwar ein doller ond dauber Narr, 
dann diſe drey Roſſz haben ein folch geſtreuch, dz einer 
des nachts nicht mag daruor frhlaffen. Difen Karren mit 
zweien andern ziehen hie diſe Narren, aber anderdwo 
werden fie für zwey reder viere ziehen müflen, nemlich 
fraff onnd ewige pein over verbamnuß. Als dann mer« 
ben folhe Narren mit jrem ſchaden wißig werden, vıd 
erft fehen wie ein Hieblichen weg fie gangen fein. Diß iſt 
die erſt Schell ver Irr Karren. 


2) Die ander Schell der Irr Narren if, Den Himli⸗ 
fhen weg fliehen vond fchewen. Dann es fein vil, die 
fhewen den Himlifhen weg, von wegen dz wenig den⸗ 
felben gehn , oder dieweil es ein enger weg iſt und ganß 
rauch vnd vnlieblich anzufehen. Difes if} zwar alles war, 
dz er ohn gebanet, rauch, vnlieblich vnd langweilig iſt zu 
gehen, vnd helt vns auch der Teuffel vnd die Welt in 
ſonderheit daruon ab, vnd reitzet vns täglich, dem groſſen 
hauffen nachzuvolgen, wie wir gehört haben. Aber da li⸗ 
get nicht an, ob er ſchon ſchwer vnd rau iſt zu geben, 
fol man in doch nicht ſchewen, fonder mit höchftem eifer 
bemfelbigen nacheilen vnd nachtrachten. Vnd laß dich folche 
nicht erfchredden, das er zum erften ſchmal vnd eng ift, 
er wirt dir wol breit gnug werten, wann du ein zeit 
lang tarauff geheſt: feitemal alle ding von anfang ſchwer 
fein. Darumb folt du dich nit taran feren, das ſolchen 
weg wenig geben, dann es fein vil berüffen, aber wenig 
außermwöhlet. Darzu findt man allweg der Föftlichen din⸗ 
gen minder, weder der frhlechten, dann man doppel mehr 
bley vnnd zinn oder eifen findt, weder Gold, Silber und 
Edelgeſtein. Alfo iſt es hie auch, es werben vil mehr 
böfer gefunden, bie den rechten weg verlaffen vnd dem 
verbampten nachuolgen, weder bie den verbampten ver⸗ 
werffen vnnd dem rechten nachuolgen. Man lift, das ſechs⸗ 
mal hundert faufend Mann auß Egppten fein gezogen, 


486 


aber nur zwen in das globt landt fommen, die andern 
all fein von wegen frer fünde, vnd dz fie von dem rech⸗ 
ten weg fein abgewichen, in der Wüſten blieben. Dar: 
nach fol dich nicht abfchreden die rauchheit, dann Du wirft 
nicht .allein in dem end vnnd höchften gipffel, fonder au 
in dem du noch darinn gebeft, ein groffe Lieblichfeit vnd 
füffigfeit empfinden. In dem höchſten gipffel vnd endt 
wirft du ewig leben vnd die ewigen ruh merden vnd bem 
ewigen frievden empfahen, fo Fein aug nie gefeben, noch 
fein ohr gehört: in dem forthgang aber des wegs, che 
du die enge des eintritts durchbrichſt, wirftu empfinden 
ein füffe lieblichkeit. Derhalben ſolleſt du dich nit von bis 
fem weg laflen abfchreden, fonder darauff verharren, wels 
cher dich inn das ewig leben wirt führen, da alle freubt 
vnnd frölichfeit if. 





Der XLVIU. Narr. 


Der fi thut felgam flellen, 
Bud zu böfer Gſellſchafft gefellen, - 
Der rürt wol dle Rarren ſchellen. 


Narrechte Geſellſchafft. 


Ein Gſellen Schiff fert jetzt daher, 
Das iſt von Handwercks leuten ſchwer 
Von allen gwerben vnd handtiren, 
Jeder fein geſchirr thut mit jm führen, 
Mir woͤlln gehn Franckfurt in die Me, 
Wiewol mancher ftelt in vergeß, 
Das er nicht hat fein rechnung mol, 
Geftelt daheim, wie man denn fol, 
Kein Handwerck fteht mehr in jeim wehrt, 
Es ift alls vberlegt beſchwert, 
Jeder Knecht Meiſter werden wil, 
Das ſind jetzt aller Handwerck viel, 


SHE, 


487 


Mancher zu Meifterfchafft fich Eert, 

Der nie dad Handwerck hat gelehrt, 
Einer dem andern werdt zu leid, 

Pd treibt fich felbft Dick vber dHeid, 
Das erd wolfeil erzeugen Tan, 

Des muß er offt zum Thor aufgan, 
Was diefer nicht wil wolfeil gebn, 

Da find man fonft drey darnebn, 
Die meinen dad erzeugen mol, 

Thund doch nicht arbeit, als man fol, 
Denn man bin funlet jeßt all ding, 

Dad man fie geben mög gering, 
Dabey mag man nicht langzeit bleiben, 

Theuwr fauffen und wolfeil vertreiben, 
Mancher im andern macht ein kauff, 

Der bleibt, fo er zum Thor auplaufft, 
Auff wolfell geben gebt jeverman, 

Vnd ift noch Fein werfchafft dran, 
Denn wenig often man bran leit, 

Vnd wirt als auff die eyl bereyt, 
Das es allein ein mufter hab, 

Damit die Handwerck gehn faſt ab, 
Mögenn nicht wol ernehren ſich, 

Was du nicht thuft Das thu doch ich, 
Und leg daran Fein Koſt noch weil, 

Acht ich allein mög machen vil, 
Ich felbft, das ich Die warheit fag, 

Mit diefen Narrn hab ich vil tag 
Vertrieben, eh ichs hab erticdht, 

No find fie nicht recht zugericht, 
Ich hett bedorfft noch Ienger tag, 

Kein gut werd je erleiden mag. 
Der Maler ver Apelli bracht, 


m 


. 488 


Sein Tafel, die er bald hat gmacht, 
Vnd fprach, er hett geeilt Damit, 

Band er jn bald ohn antwort nit, 
Er ſprach, Die arbeit zeigt wol an, 

Das du haft wenig fleiß gethan, 
Vnd munder ift, das bu nicht vil, 

Dergleich Haft gmacht m kurtzer weil, 

Kein arbeit thet nie gut zur elf. 
Dem ſtich e8 nicht mol leiden mag, 

Zwengig par Schuh auf einen tag, 
Ein toßet Tägen außbereiten, 

Vil werden, auff borg dann beiten, 
Vertreibt gar manchem offt dad Inchen, 

Boöß Zimmerkeut vil Spene machen, 
Die Maurer thun gern groffe brüch, 

Die Schneider thun gern weite ftich, 
Da wirt die nat gar ledig von, 

Die werdient in dem braß vmbgohn, 

Auff ein tag verthunds den Wochenlohr. 
Dann geht8 wieder an ein fretten, 

Bey jn ift gar menig beiten, 
Muß alles eins tags bicheben glat, 

Daran man fonft fechd zu fchaffen Hat, 
Dann fein etlich deß widerſpiel, 

Sin ob ver arbeit fo lang vnd vil, 
Machen doch nicht deſt beſſer werd, 

Das thut, fie fen von Affenberg, 
Vnd habn vie Kunſt nicht baß gelehrt, 

Mancher in diſem Schiff gern fehrt, 
Denn es find vil gut Boſſen drinn. 

Die groß Arbeit vnd kleinen gwinn 
Haben, vnd verzehrn doch das Teicht, 

Denn jn ift wol bey der Weinfeucht, 


489 


Auff Tünfftigs habn gar wenig forg, 
Wenn man allein in gibt auff borg, 

Mancher ein Beltzkauff machen Fan, 
Da er nicht vil gewinnet an. 

Man Tan jept nichts verfauffen meh, 
Man hab dann Bott gefchmoren ch, 
Vnd fo man lang ſchwert ein und auß, 
So wirt ein Bifcherfchlag denn drauf, 

Darbey merdt man dad all dig Welt 
Eich des Cöllifchen gebotts Helt, 

Das Half ab iſt jett faft der ſchlag, 
Berabt dich Gott bricht keim den Sad, 

Die Handtwerd fahren all vaher, 
Noch find vil Schifflin Halber Tähr. 


Yon Handtwerhs Narren. - 


Das acht vnd viergigft Narren Sefhwarm. 


Das acht vnd vierbigft Narren Geſchwarm iſt, von 
Handtwercks Narren. Dife fol man fürnemlih auß fir 
ben fchellen lehrnen vnderſcheiden. 

1) Die erſt Schell. ver Handwercks narren if, zu fräe 
vnd zeitlich zu der Meifterfchafft eilen. Dann etliche, ehe 
fie recht außgelernet haben, wollen fie von flundt an mei⸗ 
fer fein oder werden. Es ift ein armfelig ding, wenn einer 
ein Meifter wit fein, der doch nie fein Lehrſung iſt gewe⸗ 
fen. In allen Handtwerden vnnd Künften ift ſolches ein 
ſchandt vnnd fpott, allein außgenommen in biefen, fo leib 
onnd feel antrifft, Nemlich in den Prieftern vnd Artzten. 
Dann es if dahin kommen, das ein jeder, der ein ſtück 
vom Schulfad gefrefien hat, oder der ein mal burc bie 
Schul ift getrieben worden, gleich wie ein Eſel durch bie 
Mülen, gleih aufffiehet, ohn allen beruff vnd Predigt, 
oder wirt ein Arket: dann heut ift er ein Arbet, morgen 
ein Prebicant, oder vorgefiern war er noch ein fauler 





490 


Bachhant, Heut ift er ein Magifler ober ein halber Doctor 
worden, fo er doch noch nicht fein Grammatic hat geflu« 
dieret, ich will der andern Künften geſchweigen. Diß folt 
man fürwar nicht leiden, dann es if inn andern Handt⸗ 
werden fpöttlih vnd ſchedlich, das einer Meifter wirdt, 
ehe er das Dandtwerd recht lehrnet, wie viel fchebtlicher 
iſt folches, das leib vnd feel antrifftl. Derwegen fol man 
bilich forg haben, das nicht ein jeder Rotzaff, der noch 
nicht drey wort Latein hat geftudiert, wölle auff die Can⸗ 
bel fleigen, oder fir) der Artney annemen. Dann diß ifl 
das künſtlichſt vnnd feharpfffinnigft Handtwerd, das man 
mag erbenden, vnd follen folches billig alle König vnd 
Keyfer, Fürften, Grafen ond Evelleut lehrnen, dieweil 
folches Handiwerck Iehret, wie fich der Menſch mög vor 
allem zeitlichen vnd ewigen vnglück beſchützen vnd beſchir⸗ 
men. Aber diß Handtwerd lernen gar wenig, fo ſich doch 
jedermann auff folches Handtwerd folt begeben, bieweil 
es vns den weg zum Dimmel zeiget. 


2) Die ander Schell der Handtwerds narren ift, mit 
fdandt vnd ſchadt von dem Handtwerd laſſen. Dan fin 
det viel, die mit hendt vnd füffen zu der Meifterfchaft eis 
Ien, onnd ehe fliegen, dann fie federn gewinnen, biefelben 
müflen nachmals mit groffer ſchandt und fpott wider vom 
Handtwerd abfiehen, vnnd auß Meifter erſt Knecht oder 
Lehrfunger werden. Solches aber gefchicht fürnemlich auß 
diſen vrfachen. Erfilih das fie auff borg vnd zill auf 
werden, vnnd als dann von ihren Kunden werben bes 
fpiffen onnd betrogen, oder gar nicht bezalt. Darnach 
nemmen fie von andern bin vnd wider auff borg, das fle 
letſtlich nicht mögen zalen. Vnnd Löfchen offt am einem 
orth auß, vnnd zündten an einem andern orth ein newes 
fewr an, das treiben fie fo Tang, bis fie kein Meinot mehr 
im Hauß haben, dann es fallen die Schufoner ein, vnd 
nemmen herauß was fie befommen ‚mögen, vnd verganten 
daſſelbig, biß fie bezalt werden. Das kompt dann fürs 
nemlich auch daher, das fie offt in einer zech mehr verzeh⸗ 
ren vnd verfauffen, weder fie ein gantze wochen mogen 
gewinnen. Letftlich macht auch folches, das fie vom Handt⸗ 
werd müflen laſſen, wenn fie zum erften die Kunden vber⸗ 


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491 


nemmen vnd zu gar befchweren mit dem lohn, wöllen 
gleich im erften jar Reich werden. Wenn fie dann alfo 
tieff in feel greiffen ond vbernemmen ihre kunden fo hoch, 
bringen fie darmit zu wegen, dag nachmals niemandts bey 
ihnen mehr machet, vnd müflen fie dann mit ſchandt vom 
Dandtwerd laſſen. 


3) Die dritte Schell der Handtwerds narren ifl, feinem 
Nechſten, der ein gleiches Bandtwerd hat, ſchaden thun. 
Dann es feindt etliche, die geben ihr waar vmb halb gelt, 
alfo das fie mit ihrem Geſindt faum das Waſſer darob 
verdienen, tch wil geichweigen das Brot, allein aber geben 
fie e8 fo ſchandt wolfeil, damit fie viel verfauffen, vnd 
ein groſſen zulauff gewinnen, vnd dem nechften Handt⸗ 
werdsmann ſchaden damit zutfun, auff das er nicht fo 
viel vertreibe oder verfauffe als er. Darauf volget dann 
nachmals, das er felbs in die gruben felt, die er einem 
andern gemacht hat, in dem er ein andern hat wöllen vers 
derben , hat er ſich felbs ververbet onnd an bettelftab ges 
bracht, alfo das er mit einem Buben auß der Statt müß 
fauffen , ond dann der ander darinn bleibet, den er bat 
begeret zuuerderben. Darnach ervenden folde Handtwerds 
leut offt vnnd vide, maniche fchepliche hoffarth, alfo das 
fie den Käuffer durch jre neuwe kunſt vnnd waar offt in 
Die gefahr des feib vnd feel führen. Fürwar, ſolche werben 
ſchwerliche rechenfchafft ober ihre newe erfindungen geben 
müflen, vnnd weren auch offt würdig, das man finen für 
jre newe erfindung verehrung geb, wie der Fürſt Phalaris 
dem Perillo von Athen gab, der ihm den ärinen Ochfen 
thet vereberen, den ließ er zum erflen darein fleden, und 
das kunſtſtück verfuchen vnd darinn verbrennen. 

4) Die vierdt Schell der Handtwerds Narren iſt, Gott 
in feinen gebotten verachten onnd verſchmehen. Nemlich 
in liegen, triegen, fälfchlich fchweren wider das ander Ges 
bott. Den Sontag nicht feyren , fonder daran werden, 
als wenn es leib vnd Ieben gülte, das Göttlich wort vers 
achten vnd verfchmehen, allein des zeitlichen guts halben. 
Es feindt viel Handtwerks leut, die fprechen offentlich ohn 
alle fchewe, aber nicht ohn geftrafft, ich Tan mich fonft nit 
ernehren, wenn ich nit leug vnd treug, dann welcher wil 


492 


ein Kauffmann oder Handtwerksmann fein, der muß fürs 
war liegen können, vnd wo er das nicht fan, wirt er 
langfam reich werden. Fürwar, er muß fein feel auff die 
oberthür feßen, oder vnden an die wag benden, damit 
fie weit oberfchlage, dann welcher fi allein mit dem blofs 
fen Handtwerck wil ernehren, der muß verderben, ehe es 
zeit if. Diß if onferer Kauffmänner vnd Bandtwerds 
leuten trew, fo fie jeßt treiben, dardurch fie Dann zu grofs 
fen Reichtpumb vnd ehren lfommen , aber dargegen manis 
hen frommen vnd ehrlichen Bidermann an ven bettelftab 
bringen. Aber gewißlich, Gott der Herr wirt folde Gotik 
Iefterung vnd betriegerey nicht ongeftrafft laſſen hin gehn, 
des follen fie fich gewißlich zu Gott verfehen. . 

5) Die fünfft Schel if, das Werd Halb außmachen 
ober recht volbringen, fonder allein nur auff den augen 
fhein vnd fpiegel fielen. Dann man fintt der Handt⸗ 
werds leut vil, die achten nit, wie gut oder wie flard fie 
ein werd machen, fonver fie fehen allein dahin, wie vl 
einer ein tag außmache. Solches fiht man an den Schu: 
flern vnd Schneideren, das fie fih offt rhümen, fo vil par 
Schuhe, over fo viel Hofen vnnd Wammeſt hab ich vielen 
tag außgemacht, aber fehen nicht dahinn, wie gut fie die: 
felbigen gemacht haben, alfo das mancher ein par Schuße 
oder Hoſen faum fan an die füß legen, fie fein fchon zer 
brochen vnd von einanter. Da fihet man dann fhr kunſt 
vnd meifterfchafft, wie trewlich fie einem Bidermann fein 
geldt abuerdienen. Es kam auff ein zeit einer zu dem 
Apelli und zeiget ihm ein gemalte Taffel, welde er in 
der eil inn kurtzer zeit gemadt hat. Da antwort ihm 
Apelles vnd fprach: Ich fiehe wol, das nicht viel hpfches 
darann iſt vnd du wenig funft darzu gebraucht haft, es 
nimbt mich wunder, das du nicht mehr in ſolcher kurtzen 
zeit gemacht haſt. Deren ſudler findt man vberall so 
viel, die meinen, wenn fie nur viel auff einen tag au 
ſudlen, es feye darmit außgeriht, bedenden aber nicht, 
das fie einen anderen vmb fein gelt befcheiffen vnd betriegen. 

6) Die fechfte Schell der Handtwercks Narren if, nicht 
bey dem Handtwerck in die lenge verharren. Dann «6 
fein etliche, die fahen all tag ein new Handtwerck an, heut 


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493 


dieſes, morgen ein anders, vnd bfeiben bei feinem allein. 
Diefe Rarren bevenden nicht das fprichwort, das da fagt, 
zwölff Handtwerd, dreytzehen vnglück. Dargegen follen 
ſolche Rarren gewarnet fein, das nicht alle tag ein new 
Dandtwerd anfaben, fonder bey dem bleiben, das fie in 
der jugendt gelernet haben. Dann nicht ein jebliches 
Handtwerd mit eines jeden natur vberein fommet, fonder 
es hat einer die natur vnnd neigung zu biefem, ein andes 


rer zum andern. Daher Iifet man von eines Königs Sohn ° 


in Egypten, der war fonft nirgents anders auff geneigt, 
dann allein auff die Baw kunſt, vnd lachet im fein berg 
im leib, wenn er ein Zimmermann fahe, mit benfelben 
macht er auch allein kundifchafft, vnd warzu man ihn fonfl 
wolt gewehnen oder Iehrnen, da kondt er nichts begreiffen. 
Zu vnſern zeiten aber findt man viel, die fahen ein Handt⸗ 
werd ahn, wenn fie ſchon wiflentlich wiffen, das es wiber 
ihr natur ond art iſt onnd jhr verderben barauff ftehet. 
Zwar es erkennet ohn zweiffel einer fein art vnd natur, 
das er wol bey ihm felbs empfindt, was ihm nuß vnd gut 
fey. Darumb fehe ein jeder zu, warauff er geneigt fey, 
dann einer hatt die natur zu diefem, ein andrer zum andern, 


D Die fiebendt Schell der Handtwercks narren ift, fein 
Werd vnd Handthierung nit mit dem rechten ſchlag und 
zeichen verzeichnen. Der erft ſchlag oder zeichen, mit wel: 
chem ein jeder Handtwerds Dann fein werd verzeichnet, 
ift ein rechter vnnd ehrlicher fürſatz, vnnd wo mit foldem 
flag oder zeichen das Werd nicht verzeichnet wirbt, fo 
ift das werd fein nuß. Dann ein ehrlicher vnnd getrewer 
fürfaß macht dem werd ein guten nammen, wo aber der 
fürfaß böß vnnd arg if, fo wird das werd auch boß. 
Difer aber dein fürfaß fol alfo gefchaffen fein, das, wenn 
dir einer etwas verbingt oder zu machen gibt, das du ges 
tenden, ich wit ihm gute wehrfchafft machen, damit er fol 
feben, das ich ihn trewlich gemeinet hab, vnd ihm fein 
gelt ehrlih vnnd wol abvervienet hab. Wenn du alfo 
bey dir gedendeft, fo iſt es ein guter fürfaß, vnnd ſchlegß 
du dem rechten ſchlag, oder das recht zeichen barauff. So 
du aber gedendeft, das if mir ein rechter Tundt, ich wils 
ihm ihewer genug machen, vnd darzu nur obenhin, dann 


494 


er verſtehet fich nicht daranff, darumb wil ich jhn wie 
pber den dölpell werffen. Diefes ift ein böfer fihlag und 
fürfaß , dann hiemit beirelgfi du einen anderen vmb das 
feinig, der dir alles guis hat vertramwet, vnnd feßeft bein 
feel zum pfandt, dann du fchwerefl dem Teuffel ein bein 
ab, e8 feye gute wärfchafft darbey, fo ift es Doch eptel be 
trug vnd befchiefferey darmit. Darfür Hütte fich ein jeder 
Handtwerds Mann, dann er wirbt vber zwen oder brey 
nicht beſcheiſſen vnd betriegen, es werdens andere nach⸗ 
mals innen, vnnd ſchlagen als baldt von ihm zu einem 
anderen. Wilt du nun glüd vnd heil haben in deinem 
Dandtwerd, fo Ing vnnd mac folches mit treüwen, vnd 
hab darbey Gott vor augen, der wirt dir dann nachmals 
den fegen darzu geben. 


— — — — 


Der XLIX. Narr. 


Da werden Kindt den Eltern gleich, 
Wo man für in nit ſchemet ſich, 
Vnd Krug vor in vnd Hafen bridt. 


Böß Erempel der Eltern. 


Mer vor Frauwen und Kindern wil 
Bon bulfchafft, boßheit reden vil, 

Der wart dad von jn widerfar 
Depgleich er vor jn treiben thar, 

Kein zucht noch Ehr ift mehr auff Erd, 
Kind, Frauwen, lehren wort und geberd, 

Die Frauwen dad von Mannen hand, 
Die Kind von Eltern nemmen ſchand, 

Vnd wenn der Apt die Würffel leid, 
Do find die Mönch zum fpiel bereit, 

Die Welt ift jebt voll böfer lehr, 
Man find leider Fein zucht noch chr, 


495 ‘ 


Die DVätter find ſchuͤldig daran, 

Die Tram die lehrt von jrem Dan, 
Der Sohn des Vatters haltet fich, 

Die Tochter ift der Mutter glich, 
Darumb zu wundern niemand eil, 

Ob in der Welt find Narren viel, 
Der Krebs gleich wie fein Vatter tritt, ! 

Es macht ein Wolff Fein Lämblein nit, 
Brutus und Cato find beyb tod, 

Des mehrt fich Catelinen rott, 
Weiß, fittigflich Better tugenbreich, 

Machen auch Kinder jnen gleich, 
Diogenes ein Jungen fach, 

Der trunden was, zu dem er fprach, 
Mein Sohn, das iſt deins Vatters flatt, 

Ein Trundner dich geboren hat, 
Es darff das man gar eben Iug, 

Was man vor Kindern red vnd thu, 
Denn gmonheit andre natur if, 

Die macht dad Kinden vil gebrift, 
Ein jedes leb recht in feim hauß, 


Das ergemiß nicht fomm darauf. . 


Yon verführ Warren, oder böß Erempel Harren. 
Das nenn vnd vierkigft Narren Geſchwarm. 


Das neun vnd viertzigſt narren geſchwarm if, von verführ 
Karren oder böß Exrempel Narren. Dann es fein vil, die 
laſſen fih nit an jren fünden vergnügen, fonder fie vers 
führen auch nor andere mit jnen durch böfe Exempel 
and geberven. Dife fol man auß fieben Schellen lernen 

eunen. 

1) Die erſt Schell der verführ Rarren if, and böfem 
fürfap vund fürnemmen andere verführen zu dem flerblis 


196 


hen. DIE fein natürliche werd vnnd jaghündt bes Telbir 
gen Tenffels, dann was er nicht mag außrichten, ſchickt er 
feine Botten dahin, nemlich foldhe ergerliche vnd verfüs 
riſche leut. Welche fein nun folhe? Die fo die Jugendt 
durch Geilheit vnnd ſchampare worten Lehren viefelbigen, 
wie fie follen Hurerey vnd blutfchand, oder fonft grews 
Iihe ſchandt vnd laſter begeben. O wie ein graufame 
fündt ond vbelthat ift diß, foldhe Zunge vnmündige kinder 
vnd weifen mit böfen exemplen vnnd beyfpielen verfüßren. 
Darna fein etlich, die geben vrfach zu fündigen, denen 
fo ohn das geneigt fein zu fündigen, führen fie wiflents 
lich zu dem zoru, Gottslefterung, Trundenpeit vnd zu an» 
dern ontugentlichen finden. Als nemlich, wann fie eiwann 
ein frawen mit worten vnd werden zu böfen begirden ans 
reißen, die doch ohn das von jr felbs zur geilheit geneigt 
iſt, aber ſolche anreitzung geben fle ihr je laͤnger je mehr 
vrſach zu fündigen. 

2) Die ander Schell der verführ Narren iſt, aus einem 
böfen fürſatz vnnd fürnemmen einen nit fleiß verfüren. 
As nemlih, wann einer durch fehimpffliche vnd Ihampare 
redt ein andern anreißet, auff gleiche weiß ſchampare und 
wöäfle red zu treiben, damit er die leut zum lachen bewege. 
Ste aber iſt zu merden, das wann einer fchimpfliche vnd 
frölige wort auff die bann drehte, damit er fein nechſten 
möchte frölih machen vnd im die trawrigkeit auß dem 
Hergen_ nemmen : wer folches kein Narren lud, fonder 
weißlichꝰ gehandlet, dieweil er begerte, fein Nechften mit 
ſchimpfflichen worten wider auff den rechten weg zu brine 

en vnnd von der trawrigfeit abzuziehen. ‚ Wann er aber 
olches darumb thut, auff das er fein Nechſten zu vnzüch⸗ 
tigen vnd ſchamperen worten anreiße, der fündigt höchlich 
vnd macht ein ander mit jm zu fündigen. 


3) Die dritt Schell der verführ Narren it, nit auf 
fonderem fürfag ergernuß geben, aber doch offentlich ein 
todfünd begefen. Dann es feind etlih, die fündigen nicht 
darumb, das fie andere begeren zu verführen, fonder fün 
digen allein darumb, barmit fie jrem wolluft gnug thun: 
vnnd achten nicht, das ander leut dardurch zu, ergermuß 
angereist werden, vnnd ein vrfach dardurch empfahen, das 


vv. * 


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497 


fie zu gleih auch fünvigen. ‚Dann ein fauler Apffel macht 
sehen öpffel nit jm faul. Item, ein reudig Schaff macht 
ein gang Herd reudig. Alfo ift e8 auch mit ſolchen Nar⸗ 
ren, die machen ein gande Gemein zu fündigen: vnnd ifl, 
wie das fprichwort laut, das ein Narr zeben Narren 
made. Deßgleichen geichicht es gemeinlih, das wie ver 
Daußvatter vnd die Eitern fein, alfo fein auch die Kinder. 


Darnach, wenn wir anfchawen der Fürften onnd Her⸗ 
ren leben vnnd wantel, geben fie fürwar bißweilen auch 
böfe erempel vnnd beyfpiel. Alfo das die Bnterthanen 
offt ihren Herren nachuolgen. Sole fein nichts anders, 
dann verführer, fo ihr Bnterthanen von dem rechten weg 
abführen. Die verführ Narren thun gleich wie auff ein 
zeit ein Bawr thet, der wolte ein hoben Baum biegen, 
verfamlet vil Bawren auß feinen nechſten Nachbawren, 
derfelbig fteig auff den Baum vnnd hendt fih oben an 
den höcften gipffel des Baum, vnnd hieng alfo mit den 
füffen herab, da hendt fi der ander mit ven henden an 
des erften füß, darnach ber dritte an andern, der viert an 
ben dritten, der fünfft an den vierten, vnd alfo forthin, 
biß jhr gar vil einander noch an den füffen hiengen. Als 
aber ver erfi von dem groffen laft der vnderſten Bawren 
beſchweret ward, wolt er fich mit den henden erſt recht 
faffen, da entfchlupffen ihm die hendt, vnd fiel mit fampt 
den andern Bawren herunder. Alſo brachte er fih vnnd 
feine mitgehilffen in den fchweren fabl. Auff gleiche weiß 
thun auch folche verführ Rarren, die verführen ſich vnnd 
andere mit ihnen in abgrund der Hell. Solde gleichnuß 
trifft an die Oberferren vnd gewaltigen, der oberfi Buwr 
bevdeut den Regierer onnd Oberſten inn ber Gemein, der 
feibig fol Iugen, das er feinen Vnderthanen ein gut leben 
vnnd erempel fürtrage, dann mo er fih nicht erbarlich 
ond züchtig heit, verführt er die Bnterthanen mit fm, bier 
weit fie ihm aU an den füſſen hangen. Diß follen ders 
halben alle Stenpt betrachten, das fie jren Bnterthanen 
gut erempel fürtragen, fie nicht zu ergernuß anreigen, 
fonder vil mehr auff das gut achtung geben, vnnd dem⸗ 
felbigen auch nachuolgen. , 

4) Die vierdt Schell der Berführ a iR, ohn ein 

1. 


498 


fürfaß zunerführen, oder opn ein böß exempel ein geſtall 
des böfen erzeigen. Es feindt etliche, vie begehn nicht 
offentliche boßpeit, aber fie verlaffen nicht die geflalt, das 
vbel zuuermeiden, fragen keins wege darnach, wenn ſchon 
ander leut dardurch zu ergernuß werden angereißt. Du 
ſagſt, du ſpieleſt nicht, was thuſt du dann mit den Karten 
oder Würfflen im Hauß? oder ſo du kein Schweinen fleiſch 
iſſeſt, warumb henckeſt du ſolches inn rauch? Item, wenn 
du kein Buler biſt, warumb geheſt du dann von einer mit⸗ 
ternacht zu der andern hin vnd wider auff der gaſſen zu 
löfflen deinem Vrſule? Fürwar, ſo du von ſolchen ſtücken 
wilt ohn argwohn fein, ſo muſt du daruon abflehn. Ders 
wegen, ſo du niemandts auß böſem fürſatz begereſt zuuer⸗ 
führen, ſo lug auch zugleich für dich, damit du nicht an⸗ 
leitung gebeſt, in einem ſtück ſolches zu argwonen. 

5) Die fünfft Schell iſt, zu reichlich außgeben in den 
dingen, fo nit von nöten fein. Dann e8 fein etliche eins 
feltige, wenn fie feben, das man fo viel und groß gut 
dargibt inn religions fachen, ftoffen fie ſich darob. Diefe 
fol man denn vnderweiſen vnd mit gutem erempel ans 
führen. Auch follen ſolche dargegen fürfehen, das fie des 
guten nicht zu viel thun, das ift, das fie nicht mehr thun, 
weder es ſich gebüret, oder was ihr von nöthen iſt: bare 
‚gegen die gebott Gottes verfaumen vnd zurud ſtellen. Did 
trifft die an, fo fpreshen, man muß etwann liegen vmb 
fridens willen, dann ein guter lug fehadet feinem nicht. 
Diß iſt niht war. Man kan zwar bißweilen die warheit 
verbergen, aber man fol darumb nicht liegen friedens hal⸗ 
ben. Derwegen fol man forg tragen, das man auch inn 
den Geiſtlichen fachen nicht zunil thun mit außfleüren vnd 
handtreichungen, damit fie nicht anvere, fo auch begerien 
in folgen ſtandt zu tretten, daruon abfchreden. 

6) Die fehft Schell ver Berführ narren iſt, bie firaff vnnd 
züchtigung ohn eingigen vnderſcheidt führen vnnd vollfire 
cken. Dann die ſtraff vnd peinigung der ſünden gilt eben 
ſo viel, als die anreitzung der ſünden gilt. Wo nun diß 
nicht" mag erreicht werden, das man die Menſchen durch 
bie ſtraff der fünden mag abziehen, fonder viel mehr fis 
damit anreiget, da fol man auffhören zu firaffen, auff 


" 499 


"das fie nicht durch ſolche ſtraff hakflarrig werben vnd ſich 


auff böfers begeben. Welcher nun folches nicht merdet, 
vnd fehrt alfo ſtracks vnnd ohn auffhören mit ver firaff 
forth, der wirt durch folche ftraff fie bewegen zu gröffern 
fünden. Derbalben fol man forg haben, das man nit 
zu fireng mit der züchtigung fey, auff das wicht darburch 
die Vnderthanen inn ein halsftarrigfeit gebracht werben, 
ond nachmals fich nirgendts mehr züchtigen Jaflen, fonder 
auß einer Heinen fündt inn ein groffe fallen. 

7) Die fiebendt Schell ver Berführ Narren ift, die zeit« 
lichen güter ohn underfcheidt befitzen, over dieſelbigen er⸗ 
fordern mit grofler ergernuß. Es fein die Weltlichen güe 
ter zweyerley. Erftlih fein fie und vertrawet vnd gelihen, 
diefelben fol man nicht aus den henden laflen, von wegen 
zwytrachts deren, fo die vns vertrawet oder zu handen 
geftellet Haben. Darnach fein etliche Weltliche güter, die 
fein vnfer, vnnd fein vns nicht von anderen leuten ver« 
trawet, biefelben (mo es fach wer, das wir fie aus ons 
wiſſenheit hetten befeflen) follen wird wider erflatten ohn 
zand vnd ergernuß, damit zand vnnd hader vermitten 
werde. Auch follen wir folches thun von wegen bed ges 
meinen nutzes, damit verfelb zufrieden bleib und fich Fein 
aufflauff erhebe. Welche aber folches nicht thun, fonder 
befißen die Weltliche güter ohn allen vnderſcheid, die ges 
ben dann groffe ergernuß, vnnd verführen andere leut mit 
ijhnen. Diß ſey alfo gnug von Berführ narren gefagt, 
welcher nun etwann ohn alles gefehr under dieſer Narren 
fehellen begrieffen iſt, der fehe zu, das er fih auff das 
aller beldeſt beſſere. 


Der L. Narr. 


Wolluſt durch einfalt manchen fellt, 
Manchen ſie auch am Fluch behelt, 
Biel haben ir end drinn ermöhlt, 


Bon Wolluſt. 
Wolluſt der Melt die gleichet ſich 
Eim böfen Weib, die offentlich, 





498 


fürfab zuuerführen , oder ohn ein böß exempel ein geftafi 
des böfen erzeigen. Es feindt etliche, die begehn nicht 
offentliche boßpeit, aber fie verlaffen nicht die geftalt, das 
vbel zumermeiden, fragen keins wegs darnach, wenn fchon 
ander leut darturch zu ergernuß werben angereißt. Du 
fagft, du fpiele nicht, was thuſt dr dann mit den Karten 
oder Würfflen im Hauß? oder fo du Fein Schweinen fleifch 
iffeft, warumb henckeſt du folches inn rauch? Item, wenn 
ou fein Buler bift, warumb geheſt du dann von einer mits 
ternacht zu der andern hin vnd wider auff der gaffen zu 
löfflen deinem Brfule? Fürwar, fo du von ſolchen ſtücken 
wilt ohn argwohn fein, fo muft du daruon abſtehn. Ders 
wegen, fo bu niemandts auß böfem fürfaß begereſt zuuer⸗ 
führen, fo lug auch zugleich für dich, damit du nicht an⸗ 
lsitung gebeft, in einem ſtück folches zu argwonen. 


5) Die fünft Schell iſt, zu reichlich aufgeben in den 
dingen, fo nit von nöten fein. Dann es fein etliche ein« 
feltige, wenn fie ſehen, das man fo viel vnd groß gut 
dargibt inn religions fachen, floffen fie ſich darob. Diefe 
ſoll man denn vnderweiſen vnd mit gutem exempel ans 
führen. Auch follen folche dargegen fürfehen, das fie des 
guten nicht zu viel thun, das ift, das fie nicht mehr thun, 
weder es fich gebüret, oder was ihr von nötben ifl: bar: 
.. gegen die gebott Gottes verfaumen vnd zurud fiellen. Diß 
trifft Die an, fo ſprechen, man muß etwann liegen vmb 
frivens willen, dann ein guter Iug ſchadet feinem nicht. 
Diß if nit war. Man kan zwar bißweilen die warheit 
verbergen, aber man fol darumb nicht liegen friedene hal⸗ 
ben. Derwegen fol man forg tragen, das man auch inn 
den Geiftlichen fachen nicht zuuil thun mit außfleuren vnd 
bandtreihungen, damit fie nicht andere, fo auch begerien 
in folden ſtandt zu treten, daruon abſchrecken. 

6) Die ſechſt Schell ver Berfüpr narren if, die ſtraff vnnd 
züchtigung ohn eintigen vnderſcheidt führen vnnd vollftre⸗ 
den. Dann die ſtraff vnd peinigung der ſünden gilt eben 
ſo viel, als die anreitzung der ſünden gilt. Wo nun diß 
nicht mag erreicht werden, das man die Menſchen durch 
bie firaff der fünden mag abziehen, fonder viel mehr fie 
damit anreiget, da fol man aufhören zu firaffen, auff 


— — wo vn 


“ 499 


"das fie nicht durch ſolche ſtraff halſtarrig werben vnd fi 


auff böfers begeben. Welcher nun folches nicht merdet, 
vnd fehrt alfo ſtracks vnnd ohn auffhören mit ver flraff 
fort, der wirt durch folche flraff fie bewegen zu gröffern 
fünden. Derhalben fol man forg haben, das man nidt 
zu fireng mit der züchtigung fey, auff das nicht darburd 
die Vnderthanen inn ein halsflarrigfeit gebracht werben, 
vnd nachmals fi nirgendts mehr zuchtigen laſſen, fonder 
auß einer Heinen ſündt inn ein groffe fallen. 

D Die ſiebendt Schell der Berführ Narren ift, die zeit 
lichen güter ohn vnderſcheidt befitzen, over biefelbigen er: 
fordern mit grofler ergernuß. Es fein die Weltlichen gü⸗ 
ter zweperley. Erſtlich fein fie vns vertramet vnd gelihen, 
dieſelben foll man nicht aus den henven laflen, von wegen 
zwytrachts deren, fo die ung vertrawet oder zu handen 
geftellet haben. Darnach fein etliche Weltliche güter, die 
fein vnſer, vnnd fein vns nicht von anderen leuten ver⸗ 
tramet , diefelben (wo es fach wer, das wir fie aus vn⸗ 
wiffenheit beiten beſeſſen) follen wir wider erflatten ohn 
sand vnd ergernuß, damit zand vnnd hater vermitten 
werde. Auch follen wir ſolches thun von wegen des ger 
meinen nutzes, damit verfelb zufrieden bleib und fich Fein 
aufflauff erhebe. Welche aber folches nicht thun, fonder 
befigen die Weltliche güter ohn allen vnderſcheid, die ges 
ben Dann grofle ergernuß, vnnd verführen andere Teut mit 
ihnen. Diß fey alfo gnug von Berführ narren gefagt, 
welcher nun etwann ohn alles gefehr onder diefer Narren 
fhellen begrieffen iſt, der fehe zu, das er fih auff das 
aller beldeſt beſſere. 


Der L. Narr. 


Wolluſt durch einfalt manden fellt, 
Manden fir auch am Fluch behelt, 
Biel haben je end drinn ermöhlt, 





Bon Volluf 
Wolluſt der Welt die gleichet ſich 
Eim böfen Weib, die offentlich. 


- 


500 
Sitzt auff der ſtraß vnd fchreibt ſich auf 


Dad jedermann fomm in jr hauß, 
Vnd fein gemeinfchafft mit jr theil, 

Denn fie umb wenig ©elt fey feil, 
Bittend das man fih mit jr üb, 

In boßheit und in falfcher lieb, 
Als gehn die Narren in jr fehoß, 

Gleich wie zum Schinder geht der Ochß, 
Oder ein einfelt Schäflin geil 

Das nicht verfteht das es ins Seil 
Gefallen ift und in die Streng, 

Biß jm der Pfeil fein Her burchreng. 
Gedenck Narr das es gilt Dein Seel, 

Vnd du tieff falleſt in die Hell, 
Wenn du mit jr vermeinfchaffft Dich, 

Wer wolluſt fleucht, der wirt doch reich, 
Nicht ſuch zeitlich wolluft vnd freud, 

Als Sarbanapalus der Heid, 
Der meint, man folt hie Ieben wol, 

Mit wolluft, freud, vnd füllen voll, 
Es mer fein wolluft nach dem tod, 

Das mas eind rechten Narren roht, 
Das er ſucht zergenglich Freud, 

Doch Hat er jm war felbft gefeid, 
Wer fi) mit wolluſt vberlad, 


Der faufft Klein freud mit Kamer vnd ſchad, 


Kein zeitlich woluft wirt fo füß, 

Dauon nit Gall zulegt ausfließ, 
Der gantzen Welt wollüftigkeit 

Endt fich zulegt mit bitterfeit, 
Wiewol ver Meifter Cpicurus 

Das Höchft gut ſchetzt in wolluſt. 


— ur 


501 


Von Wolluſt Uarren, oder Sufl Marren. 


Das fünffzigſt Narren Gefhwarm. 

Das fünffgigft Narren Gefhwarm ift, von Luft narren, 
weile in diefer Welt fleifchlihe vnd verderbliche wolluſt 
ſuchen vnd nachtrachten. Diſe werden fürnemlih auß 
zwölff ſchellen erkennet. 

1) Die erſte Schell der Wolluſt narren iſt, Wolluſt 
ſuchen in der vnzüchtigen lieb. Nemlich in Ehebruch, Hu⸗ 
rerey oder ſonft andern Geilheit. Bon ſolchen Narren 


haben wir auch droben geſagt bey den Bullnarren. Aber 


hie iſt ſolches in ſonderheit zu behalten, daß das wörtle 
Narr fürnemlich diefen Fantaften gleich als ein eigenthumb 
fein gegeben, dann wann einer mit einer Frawen oder 
Jungfrawen geilet, fprechen fie als baldt: O Narr, was 
madeft du? 

2) Die anter Schell if, ein Wolluft fuchen inn dem 
greiffen feiner oder eines andern heimliche glieder, mit 
küſſen ober empfahungen. So einer nothhalben fi, oder 
ein andern in folchen gliedern angreifft, ift es Fein fündt, 
fo man aber folches Wolufis halben tut, if es ein 
groſſe fündt. 

3) Die dritt Schell if, ein luſt haben auff blofie haut 
zugreiffen, nemlich den Weibern oder Zungfrawen an die 
Brüſtle zu greiffen. Dann es fein etliche darauff gang ges 
neigt, das fie meinen, fie können mit keiner reden, fie 
allen, jr an die Brüftle greiffen, daß iſt dann ein grofie 
geilheit. 

4) Die vierdt Schell if, ein luſt vnd freubt haben in 
brechtigen kleidern. Es wirt der reih Mann gefcholten, 
das er mit Purpur befleidet war, aber targegen wirt ©. 
Johannes gelobt, das er nur mit Kamelhaar war beve: 
det. Den jungen Gefellen ift es faft verterblih, wenn 
fie fih auff weiche vnd brechtige Heider begeben. 

5) Die fünfft Schell der Luft narren ift, Tuft vnd lieb 
fragen ab der fülfigkeit oder liebligkeit der Bether. Wehe 
denen, die wolluft vnd geilpeit Haben in den Helffen bei: 
nen Bethern. Dann welcher ein köſtlich Beth zubereitet, 
allein wolluſt vnd geilheit halben, ver thut höchlich unrecht 

aran, . 


N 


502 


6) Die fehlte Schell if, ein Wolluſt tragen ab der 
Balfomierung oder lieblichkeit der wolfchmedenven falbung. 
Sufanna die falbet onnd fihmieret fi mit köftlicher faife 
fen, von wegen der Reüdigfeit, das fie nicht reüdig würde. 
Deßgleichen ſalbet Maria Magdalena Chriſto dem Herren 
feine füß, von wegen gelübdts vnd groffer liebe, fo fie 
gegen dem Derren trug. Die thetten zwar nicht unrecht, 
aber welcher fi) falbet von wegen ber lichligfeit ond geil 
heit, der ſündiget. 

7) Die fiebennt Schell der Luſt narren iſt, fih beluſti⸗ 
gen ob der liebligfeit der Bäder. Es fein viel Weiber 
vnd Dann, aber das mehr theil der weiber, die gehn offt 
ein Wochen zwey oder breymal in das Badt, allein damit 
fie ihren, leid mögen ſtadtlich vnd zierlich herauß fpieglen 
nach allen wollüften. Sa, fie vörffen auch wol am Son: 
tag daheim das Baptflüble heißen, damit fie ihren folgen 
leib deſto feheinbarlicher nachmals in der Kirchen oder an« 
dern örtern mögen barftellen. 

8) Die acht Schell der Luft narren iſt, ein Wolluſt ha⸗ 
ben ab dem Freſſen onnd Praſſen. Die feindts, fo des 
Morgens kaum recht mögen erwachen, fahen fie von ſtun⸗ 
den an, fich wider zu füllen, Iaffen inn ein Weinfüppen 
machen, oder ein Ey oder zehen inn das Schmalg fchlagen, 
vnnd freffen fih alfo fru voll, ehe denn fie ein Batter 
vnſer gebettet haben. Solche freB narren ſündigen höch⸗ 
lich, vnd werden auch manichmal vermaflen geftrafft, das 
fie letſtlich kaum recht das täglich Brott haben zur nofb 
turfft, ich wil gefchweigen zum vberfluß. 

9) Die neundt Schell der Luft narren ift, fein wolluft 
im fauffen haben. Solches thun allein die Weinſchleüch 
vnnd vollen zapften, die haben fhr luſt onnd freudt jm 
fauffen vnd füllerey. Diß ift’ folcher leut höchſter wolluſt, 
vnnd fingen fie allzeit, früe vnd ſpatt bey dem Wein, da: 
mit fie andere mögen zu jhnen Ioden. 

10) Die zehendt Schell if, fein Luft haben an fehönen 
vnd Hüpfchen weibern zu fehen: over fein luſt vnd freudt 
zu haben, tangen, fpringen, gaffieren onnd fechten, vnnd 
dergleihen vnnützen dingen mehr, fo allein zu Wol⸗ 
Iuft dienen. Solche Rarren werden mittler zeit erfahren, 








503 


was fie hr Fechten vnd fpringen genügt hab, wenn fle 
mit dem Todt onnd Teuffel müſſen fechten, der dans viel 
ſtercker wirt fein, weder fie. 

11) Die eyifft Schell der Luft narren iſt, fein Wolluſt 
. baben in feptten fpielen oder vnzüchtigem fingen. Nem⸗ 
lich inn frhenlichen fingen der Huren onnd Buben lieder, 
oder in böfem gefchweß, damit ander leut außzurichten 
vnd böfes nach zu reden. 

12) Die zwölfft Schell if, fein Wolluſt haben in füflem 
vnd Tieblihem geruch. Dann es fein eilihe, die gehen 
nirgendt hin, fie haben dann ein blumen oder fonft ein 
wol ſchmeckende fpecerey bey jnen, won byfem oder ande 
rem gewürtzen. Diß thun fie allein von Hoffart wegen, 
dann wenn fie es kranckheit halben theten, wer es ihnen 
wol zuuerzeiben, fo fie aber folches thun von wegen hof 
farts vnd brachts, damit man fol fehen, das fie etwann 
ein lieben Holderſtock haben, ift es ein rechte groffe ſündt. 
Das fey alfo inn kurtzem gefagt von den Wolluft narren; 
welcher ihr natur begert weiter zu erlehrnen, der lefe das 
Geſchwarm der Bull narren, da wirt er ein guten theil 
von ihren fitten lehrnen. 


—— ee 


Der LI. Narr. 


Wer nit kan ſchweigen heimligkeit, 
End fein anfhlag eim andern feit, 
Dım widerfeht veum, ſchad und leid. 


— — 


Heimligkeit verſchweigen. 


Der iſt ein Narr, der heimligkeit 
Seiner Frauwen oder jemands ſeit, 
Dardurch der flerdeft Mann verlor 
Samfon fein Augen vnd fein Hor, 
Es ward verrahten auch Alfus, 
Der weillaget Ampbiarus, 


504 


Denn Frauwen find, ald die Gfchrifft feit, 
Boß Hüter in der heimligfeit, 
Wer heimlich ding nicht fehweigen Fan, 
Der thut mit btriegenheit vmbgan, 
Vnd ſpannt fein Leffzen wie ein Thor, 
Da hüt ein jeder Weiß ſich vor, 
Mancher berhümpt ſich groſſer ſach, 
Wo er nachts auf der Bulſchafft wacht, 
Wenn man ſein worten recht nachgründ, 
Offt man jn auff eim Miſthauff fünd, 
Darauß gar dick entſpringet auch, 
Das man merck, wo er etz den Gauch, 
Denn was du wilt, das ich nicht ſag, 
Schweigſtu, gar wol ich ſchweigen mag, 
Magſtu nicht bhalten heimligkeit, 

Die du in gheim mir haſt geſeit, 
Was bgerſt du denn ſchweigen von mir, 
Das du nicht haben mögſt an dir? 

Hett Achab nicht ſein heimlichkeit 
Seinr Frauwen Jezabe geſeit, 
Vnd hett verſchwiegen ſolche wort, 
Es wer geſchehen nicht ein mordt, 
Wer was heimlichs im hertzen trag, 
Der hüt ſich, dad ers niemands fag, 
Sp ift er ficher, dad nieman 
Das innen werd, vnd ſag daruon, 
Der Propbet. ſprach, Ich wil allein 
Mein beinligfeit dan nicht gemein. 


Pon Schwab Warren, oder Vnuerſchwiegen Warren. 
Das ein vnd fünffzigft Narren Gefhwarn. 
Dog ein uud fünffgigf Narren gefchwarm iſt, von denen, 


805 


fo {hr eigen heimligkeit nicht können verfchweigen. Dife 
fol man fürnemlich auß fünff ſchellen Iehrnen erkennen. 


1) Die erſte Schell der Bnuerfchwigenen narren iſt, fein 
beimligfeit einem vertraumen, der nichts verfchweigen fan: 
gleich wie die Weiber thun. Nemlich folchen gefellen, die 
nicht Ienger können fihweigen, dann fo lang fie bei einem 
fein, wenn fie aber ben ruden tert haben, weiß es ſchon 
jedermann, vnnd bringen folche Funden ein ding ehe auß, 
. weder wenn er ed vor der Gemein hett Iaffen verfünven. 
Es fein folche ſchwetzer gleich einem alten Hauß, das vol 
ler fpelt ift, und mo ber windt her gehet, das er nirgendt 
darinn bieibe, fonder vberal durch wähet. Alfo fein fie 
auch voller fpelt vnd Töcher, die nichts heimlichs mögen 
behalten. Auß folcher zaat iſt der ſtarck Samfon geweien, 
der zeiget einem Weib fein heimligkeit ond flerde an, dar⸗ 
durch er dann inn die gefahr feines lebens gerathen iſt. 
Dann er faget der Klapperachten onnd fchentlichen Veitel 
fein heimligkeit, worinn er fein fterde bette, das er dann 
auch inn vngemach feines leibs vnd lebens gerieht. Deren 
Rarren fein noch heutigen tag gar vil, die fagen all jr 
heimligkeit jren weibern, vnnd meinen, fie haben es gar 
wol verwaret, wann folches nur jre Weiber wiffen. Solde . 
Rarren aber venden nicht an den fpruch, welchen wir dro⸗ 
ben anzogen haben, das wenn bu etwas mwölleft verſchwie⸗ 
gen haben, fo folleft du es einem Weib fagen, fo feye es 
inn ihrem herben verfchloflen, gleich als hetteſt du wafler 
in ein Sieb goffen. Deßgleichen fagt auch das gemein 
fprihwort, das zwey Weiber vnd ein Ganß ein Wochen» 
mardt machen. Dardurch wirdt verflanden, bas zwey 
Weiber mögen einer gantzen Statt geſchwetz vnd geräters 
gnug machen. Darumb fo hüten fih die Männer, pas fie 
nicht al fhr heimligkeit ven Weibern offenbaren, oder fonft 
andern Perfonen, die nichts verfchweigen mögen. Bars 
nad fein etlich, die offenbaren fr heimligkeit bey dem wein, 
oder an andern ohrten vnnd enden, da es fich nicht ger 
zimmet. Dann es haben eilich difen brauch, das fie am 
Sontag auff die Dörffer ziehen, gehn Weil, oder gehn 
Binningen, oder gehn fein Hünigen in Krautgarten, oder 
gehn Rieden zu ven guten Fiſchen, vnnd gehen da, wann 





506 


fie dann alfo mit einander fpabieren gehn, fagt jhe einer 
dem andern fein heimligfeit, darauß entipringt dann nach⸗ 
mals groffe gefahr, das einer den andern verfchwegt, vnd 
gefchipet nachmals, das fie mit ganger haut fein auß gans 
gen, vnd kommen aber mit halber haut widerumb heim. 
Welches allein darauf entfpringt, das fie jr heimligfeit 
offenbaren. Alfo gefhach auch dem Samfon, der offen« 
baret fein heimligkeit einem Weib, dardurch er dann nach⸗ 
mals von den Philiftern gefangen ward vnnd alle gefahr 
mußte außftehen. Derwegen wöll ein jener acht haben 
vnd fehen, welchem er fein heimligfeit vertrame oder anzeige. 


2) Die ander Schell der vnuerſchwiegen Narren iſt, 
heimliche anfechtungen vnd gedanden vunerfahrnen leuten 
offenbaren. Dann es fein etlich, Die werben mit vngewon⸗ 
lichen vnd ſchweren verfurhungen geplagt ond angefochten: 
als nemlich inn den gebanden der Gotteleflerung , wider 
das Hochwirdig Sacrament des Tauffs, oder des "Herren 
Nachtmal, oder anderen fluden der Religions fachen, oder 
aweifflung des glaubens, oder inn mißtrawen von ber 
barmhergigfeit Gotted, vnnd deren dingen fehr vil, fo 
manchmal den gläubigen widerfahren. Solcde leut, wann 
. fie fre anfechtungen vnerfahrnen vnnd vnweiſen offenbaren, 
geſchicht es offt, das fle dardurch in gröffer vngemach vnd 
vnglück fallen, ald nemlih, wann fie der onerfahrnen Raht 
folgen und nachkommen, gerahten fle in grofle vnd ſchwert 
frrigumb, welches dann inn der warheit nichts anders iſt, 
weder wann einer einem fein heimligkeit vertrawet, bere 
felbig geht nachmals Hin onnd macht fie offenbar: dar⸗ 
durch denn der ander zu ſchanden wirbt: Alſo gefchicht es 
diſem auch, der vermeint, er Habs wol außgericht, wann 
er die vnerfahren vmb ein trewen raht fragt, fo er bo 
hiemit in gröffer jrrthumb vnd verzweifflung fellet. 

3) Die drit Schell der vnuerſchwiegen Narren if, Tein 
anligen vnd widerwertigkeit zum offtermal mit groffem 


Hagen offenbaren, oder zu andern Weltlichen onnd fleiſch⸗ 


lichen tröftungen lauffen, damit er ſich ſeins anligens vnd 
bekuümmernuß ergebe. oder daffelbig auff ein andere weiß 
vergefle. Pie aber ift zu merden, das diſe feine Narren 
fein, fo ihr befümmernuß vnd hertzenleid offenbaren, da⸗ 


507 ° 


mit fie ein trewen Zroft oder Raht befommen, ſonder 
dife fein Narren, die ihr anligen allein darumb offenbar 
ren, damit man ſehen foll, wie es jnen gehe, vnd rüffen 
folge allein der menſchen troft und Hilff an, fo fie doc 
Gott folten vmb ein trewen raht anfchreyen. Darnach 
fein etlich, die rüffen weder Gott noch die Menſchen an 
mb Hilff, fonder fo fie etwann ein anligen oder hergen« 
leidt haben, gehn fie zum Wein, vnnd fauffen ſich fürfeh« 
licher vnd mutwilliger weiß vol, das fie werer ſtehen noch 
gehn können, allein darumb, auff das fie die befümmernuß 
auß ihrem hertz fchlagen. Welches fürwar ein groffe Narr⸗ 
heit ober alle Rarrpeit ift: Dann was hilfft es dich, wann 
du fhon dein Leid eiwann ein fund oder zwo vergiſſeſt: 
des Morgens aber, wann du wider nüchtern wirft, if 
das leid noch vil gröffer ond erger, weder des gefirigen 
tage. Nemlich wenn du dz gelt verfpielft oder fonft ver⸗ 
ſchwent haft, auch darbey villeicht Gott höchlich geleftert, 
als tann kompt der Zeuffel onnd Hifet dir vor, was bu 
am vorbrigen tag begangen hafl. Da wirt dann dein 
hertzleid je lenger vnd je mehr gröffer. Wann man ein 
Hundt von einem feißten lud bein jagt, bleibt ex nicht 
lang daruon, fonder fompt bald herwiver. Deßgleichen, 
fo man einem Bättler vor einer thür ein groß Auf Brott 
oder vil Gelts gibt, fompt er als bald morgen oder obere 
morgen widerumb. Alſo iſt es auch mit der anfechtung 
vnd befümmernuß, wann du fie ſchon lang einen tag mit 
der Zrundenpeit vertreibeft, kompt fie gleich am anderen 
tag herwider. Daher fagt die Heilig fehrifft: verflucht ſey 
der, fo hilff bey einem Menfchen fucht, vnd nicht bey Gott 
dem Herren. Derhalben, fo wir ein anligen oder herbens 
leidt haben, follen wir Bott den Herren onnd nicht die 
menfchen anrüffen vmb ein trewen Raht vnd beyfiandt, 
der wirt ons allzeit helfen. Dann der Menſchen Rapt 
vnd Hilf if gang kurtz und nicht beflendig. - 

4) Die vierbt Schell der vnuerſchwiegen Narren if, die 
fonderlihen Gnade, To einem von Gott befcheret iſt, nicht 
Können verſchwiegen, fonder jederman offenbaren. Dann 
es fein etliche, den gibt Bott der Herr fonderliche Gnadt 
vor ander Ieuten, (wie dann bie gaben Gottes mancherley 


» 508 


fein).: Als nemlich Weißpeit, Troſt vnnd Gefiht. Deren 
aber werden fehr oil gefunden, die mißbrauchen foldhe ga- 
ben, dann wann fie etwas mehr wiſſen weder ein anderer, 
rühmen fie fich deſſen, vnd fprechen als dann, ich fan das 
ond jenes, vnd machen hiemit fr heimligfeit, fo in von 
Gott inn fonderheit vertramwet if, offenbar. Solchen Nar⸗ 
ren gefchicht gleich wie einer Hennen, wann fie ein ep 
gelegt Hat, verraht fie daſſelbig nachmals felbs mit Ihrem 
geſchrey: -Alfo thun die Offenburger Rarren, die machen 
ihr heimligkeit auch ſelbs offenbar. 


5) Die fünfft Schell der Vnuerſchwiegen Narren if, 
durch vil geſchwetz vnd Klapperens die heimligkeit feines 
hertzens eröffnen. Es ift ein zeichen der weißheit, wenig 
reden vnnd ſchweigen. Ppthagora der Ichrt feine Jünger, 
das fie vor fünff Zaren nicht folten Difputieren oder fra⸗ 
gen, fonder viefelbigen zeit allein auff merden vnnd lehr⸗ 
nen, damit fie nachmals deſto weißlicher antworten, oder 
fragen könten. Die tieffen maffer flieffen gemach, vie klei⸗ 
nen flüß aber und bech Tauffen fireng ond geben ein groß 
geihön. Alfo ift es auch mit dem Weifen, der verſchweigt 
fein peimligfeit im hergen, ein Narr aber bladeret fie 
herauß, vnd macht fie mit großem gethöß offenbar, gleich 
einem braufeten vnnd firengen Wafferfiuß. Die armen 
Kauffleut oder Krämer tragen ihr waar inn einer Laden 
herumb und hauffirennt damit, vnd fihreyen framen, kra⸗ 
men, oder fchreyen hie newe zeitung, hie newe zeitung, 
ſolches aber thun die reichen Kaufflent nicht, fonder wel⸗ 
her etwas kauffen wil, es fey gleih für waar was es 
wölle, fo findt mans bey inen im Laden. Alfo ift ed au 
mit diſen Narren geichaffen, wenn fie etwas heimliche has 
ben, Tauffen fie berumb von hauß zu hauß vnd blabern 
daffelbig auß, aber ſolches thut der Weiß Mann nicht, 
fonder behelt fein heimligkeit bey ihm felbe. Derwegen 
{ft die verfchwiegenpeit ein zeichen der Weißheit. Darnach 
ift auch die verfchwiegenpeit ein bütterin des Gewiſſens. 
Der fchlüffel, mit weichem die Kiften des guten Gewiſſens 
beichloflen wirt, ift ein fihaß aller Tugent, fo aber das 
Gewiſſen offenbart wirbt, verleurt fie der ſchatz von ſtundt. 
Derpalben hab ſorg, das du karg und fündig ſepeſt ober 


509 


deine wort, gleih wie ein Geißiger vber das gelt if. 
Das iſt fo viel gefagt, das du nicht zu viel reveft, fonder 
wenig vnd daffelbig mit verſtandt. Ein verfihmwiegen ges 
müth ift die ftardefte maur, fo man vmb ein Statt mag 
daben. Dargegen aber iſt es vmb ein menfchen, der nicht 
verfchweigen fan, gleich wie vmb ein Statt, die fein thor 
vnd maur hat, oder ein offner Flecken, da laufft jedermann 
auß vnd ein, Wenn man wil, bey nacht ond bey tag, So 
du nun wilt für weiß ond Hug gehalten werben, jo Iug, 
das du dein maul vnnd ber& im zaum balteft, vnd nicht 
alles herauß bladerfi, gleich wie ein anderer Narr. DIE 
fey bie kürklich von den vnuerſchwiegen Narren gefagt, fo 
du aber mehr begereft von ihnen zu willen, fo liß weiter 
proben bey den Dffenburger Narren, als dann würdeſt 
du mehr finden. 


Der LII. Narr. 


Wer vurch Fein ander vrſach meh, 
Denn durch Guts willen greift zur Eh, 
Der bat vil gands, leid, hader, weh. 


Weiben durch guts wegen. 


Wer fchleufft in Eſel vmb pas fchmer, 
Der ift vernunfft und weißheit lär, 

Das er ein alt Weib nimpt zur Eh 
Ein guten tag vnd feinen meh, 

Er bat auch wenig freubt daruon, 
Kein frucht mag jm darauß entflohn, 

Vnd Hat auch nimmehr guten tag, 
Denn po er ficht den Pfenuigjad, 

Der geht jm auch did vmb die Ohren, 
Durch den er worden 'iſt zum Thoren, 

Darauß entfpringt auch offt und Did, 
Das darzu fihlegt gar wenig gli, 


‚510 


So man das gut allein betradht, 
Auff ehr und frombkeit gar nicht acht, 
So bat man fich denn vberweibt, 
Kein fried noch freundſchafft mehr do bleibt, 
Leichter wer jm fein in ber wüſt, . 
Denn das er lang zeit wonen müft 
Bey eim zornwehen böfen weib, 

Denn fie dörrt bald des Mannes leib. 
Marlich zu traumen iſt dem nit, 

Welcher vmb Gelt fein jugend gibt, 
Seid dad im ſchmeckt des ſchmaͤres tauch, 

Er doͤrfft den Eſel ſchinden auch, 
Vnd wenn es lang zeit vmbher gaht, 

So find er nichts dann miſt vnd Kaht. 
Viel ſtellen Achabs Tochter nach, 

Vnd fallen in ſein Sünd vnd Rach, 
Der Teuffel Aſmodeus hat 

Viel gwalt jetzt im Ehelichen ſtadt, 
Es ſeind gar wenig Boas meh, 

Die Ruth begeren zu der Eh, 
Des find man nicht denn ach vnd weh, 

Vnd Criminor te, Kratznor a te. 


(Gene GE 


Won Ehe Warren, oder Weiber Marten. 
Das zwey vnd fünffzigf Narren Geſchwarm. 


Das zwey vnnd fünffpigfte Narren Geſchwarm if, von 
Ehe Narren. Die ift zu merden, warumb fürnemlich "ver 
Eheſtandt fey eingeſetzt, nemlich zweyer vrſachen halb. 
Erſtlich, das man Kinder gebere vnd die Welt mehrete, 
auff das der Namm Gotte® allzeit hie auff diſer Welt 
gepriefen werde. Darnach Hurey vnnd vnkeuſchheit zuuere 
meiden. Vund diſer vrſach halb if fürnemlich der Ehe⸗ 
ſtandt eingeſetzt, aber es ſein vill, die denden wenig da⸗ 





511 


ran, wann fie zu der Ehe greiffen, ſonder fehen allein 
auff gut, vnnd gilt jnen gleich, wes ſtammens oder her⸗ 
fommens diefelbigen fein, fonter nemmen allein fr gelt 
und gut, aber vie Perfon nicht. Bon dilen Ehe Narren 
wöllen wir hie kurplich fagen, welche man fürnemlich auf 
den nachuolgenden Schellen fol Ichrnen erkennen. 


1) Die erft Schell der Ehe Narren iſt, allein zu der 
Ehe greiffen, von wegen Kinder zu bekonimen, aber die 
feiben nicht begeren auffzugieben zu der Ehr Gottes, oder 
des Gottesdienſt, fonrer allein zum Spiegel der Welt, 
damit fie ein Erben vnd flammen hinder in verlaffen, 
der jren Stammen mehre. Dife greiffen den Eheſtandt 
nicht recht an, fonder fie begeben fih allein Weltlicher 
freud halben in die Ehe. 

2) Die ander Schell if, ein Weib nemmen, Burerey 
äuuermeiden, ſich aber gleichwol nicht darfür hüten, ſon⸗ 
der ein weg neben auß gehn, als den andern. 

3) Die dritt Schell ift, ein Weib nemmen vmb gelte 
vnd guts halben. 

4) Die vierte Schell if, zu der Ehe greiffen von we 
gen wollufts, ſchönheit oder mutwillens. 

5) Die fünfft Schell ifl, ein Weib nemmen von rhumbs 
halben , oter der Ehr vnd fladtlichen herkommens. 

A 6) Die ſechſt Schell if, ein Weib nemmen von friedeng 
alben 


T) Die fiebendt Schell if, ein Weib nemmen von we⸗ 


gen feines Batters, auß forcht feiner Eltern. 

8) Die acht Schell der Ehe narren if, ein Weib nem 
men von megen troſt vnd zuflucht. Welcher vmb dieſer 
oberzelten vrſachen ein Weib nimpt, der handlet nicht 
weißlich, vnnd ift fein wunder, wenn jihm ſchon Gott ver 
Herr nachmals fein Kinter oder frucht gibt, dann er hat 
folches nicht recht angefangen in der fort Gottes vnnd 
auß einem Göttlichen fürſatz. Dann es volget felten ein 
gut Endt auff ein böfen anfang. Darnach ſucheſt du ab 
lein Reichthumb durch den Edeſtandt, inn foldem flüd 
hanrieft du vber diemaflen thorecht, dann wenn du ein 
reiche nimbſt, fo rupfft fie bir täglich auff, was fie bir 
an bat gebracht, vnnd muft bu ſolches tag ond naht vmb 


d 


- 


212 


tie ohren hören, ja du muſt auch noch wol ihr kuchen 
Bub- fein, vnnd muft alles thun, was fie nur wil, dar 
rauß enifpringet dann letftlich haver vnd zand vnnd ewig 
fegfewr, alfo das fr on, vnderlaß einander Huret vnd 
Bubet, oder einander rauffet onnd fchlaget, das entfpringt 
allein darauß, dieweil dur nicht deines gleichen haft ge 
nommen. Du haft angefehen viel gelt onnd gut, aber 
nicht trachtet, das folches ein ſchedlich gifft ſey in ver 
Che. Dann e8 were manichmal beffer, wenn man einem 
geb muth für gut. Weiters ſucheſt du wolluft vnd ergetz⸗ 
ligfeit, nemlich fchönheit vnd wolgeflalt: fürwar bu jrreſt 
bierinn auch, dann wann die felbig vergeht (wie fie dann 
felten lang weret), volget als baldt neivt vnd haſſz her: 
rad. Vnd ob fie fchon Yang hüpſch vnnd ſchön bfeibt, 
fedoch fo du ein hüpfchere vnd fehönere ſieheſt, würdeſt vu 
deiner feindt vnnd hetteft Tieber dieſelben. Verners bege: 
reft du ein Edle zu der Ehe, allein von wegen Ehr und 
Rhums. In ſolchem ſtück fehleſt du auch weit, dann in 
dem du nach ehr vnd hohen nammen trachteſt, erlangeſt 
du zugleich ſchmach vnnd vnehr. Dann du würdeſt vom 
Adel veracht, vnd verachteſt du dargegen den Burgerlichen 
ſtandt: Alſo ſitzeſt du zwiſchen zwen ſtülen nider. Der 
Burger ſpricht, er hat eine Edellfraw, die gut vom Adel, 
aber blut arm, darumb wil ich lieber ein reicher Bawer 
fein, weder ein armer Edelmann. Deßßgleichen ſagt der 
Edelmann, was fol ich mit dem Karfibanfen oder Baw⸗ 
ren klotz zu ſchaffen haben, er kan doch weder fehimpff 
noch glimpff, weder zucht noch mores, wenn er reittet, 
fißt er gleich auff dem Pferdt, als het in dz wafler das 
rauff gefüret, vnd deren Dingen viel mehr, damit bu muſt 
geftumpffirt werden, welches du alles vberhaben wereft, 
wenn du dich zu deines gleichen gefellet hetteſt. Was fol 
ih vil fagen? Es ift fürwar gang ſchwer, welde Män⸗ 
ner oder Weiber nemmen, das fie fiher fein vor angft 
und trawrigfeit. Dann höre darauff, lieber Dann, was 
für freudt im Eheflandt fey, wenn du ein fruchtbare Fraw 
nimbſt, die Reich iſt onnd dir ein groffen hauffen Kinder 
zuſammen feßet, muft bu nachmals fürfehung thun, das 
fie recht vnd flatilich erzogen werben, vnd mußt tag vnd 


oo. 513 


naht, frü vnd fpot, forg für fie tragen. So du aber 
arm bift ond auch vil Kinder haft, aber wenig brot darzu, 
alfo das dir die Sonn ehe im hauß ift, weder das brot, 
iA fürwar ein Heine freud da. So du aber ein vufrucht⸗ 
bare nimpfl, da iſt auch trawrigfeit, von des wegen, das 
du fein Erben haft, mit dem du etwann furkweil treibef. 
Sp du ein fchöne vnd hüpfche nimpt, mufl du fürchten, 
das fie dir zur Huren werd vnd von anderen gebulet 
werde. Derhalben, fo du ein hüpſche und ſchöne nimbfl, 
fo Haft du ein gemeine, nimbfl du aber ein Reiche, fo 
haft du zand vnd hader, nimbfl du aber ein arme, fo 
muftu allzeit ein burden auff deinem ruden tragen. S}es 
Doch du nemmeft für eine was du wölleſt, fo befommeft 
du ein Meifter ober di, die dir allzeit wider beffket, 
gleih als ein böfer Hundt. Dip if der Weiber natur 
vnd brauch, das Fe aflzeit den Männern widerreden vnd 
antwort geben. Dann fie volgen jrem- natürlichen vr⸗ 
fprung nad, nemlich dieweil fie auß einem frummen Ripp 
gemacdet fein, fo reden vnd bellen fie allzeit herwider, 
vnd wiſſen auff alle ding ein antwort zu geben. 

Deßgleihen, fo höret auch fr Weiber. So du ein 
mann nimbft, bilde dir in für wie du fn haben will. 
Dann fo er vnglüdhafftig vnnd vngeſchickt if, wirdeſt du 
ewige pein haben. So er aber gerahtet, das er glückſe⸗ 
lig, hüpſch vnnd wolgezogen iſt, bift vu allzeit in forcht 
vnd befümmernuß, das du in verliere durch den tobt. 
Daher wolt auff ein zeit ein Wittfraw nicht mehr zu der 
Ehe greiffen, dann fie fprah, wann ich ein frommen 
Mann befomm, wie der vorige if gewefen, muß ich all» 
zeit förchten, dag er mir flerbe, fo ich aber ein böfen bes 
fomm, muß ich allzeit böfes leiden, darumb wil ich fein 
mann mehr. Was fol ich vil fagen? Es ward nie fein 
mann, er beit ein Wolffszaan. Derhalben ift vberall angſt 
vnd not an allen orbten in ber Ehe, fürnemlih wann 
fie nicht mit rechter Gottsforcht if angefangen. Diß fey 
alfo in kurtzem gefagt von Ehe Narren, welche man auf 
oberzeiten ſtucken fol lehrnen ertennen. 


f 


1. 33 





d 


514 


Der LIII. Rarr. 


Wüchſe das Laub vnd au das Graf, 
Als vntrew, finang, neid und baffz, 
©» heiten die Schaff und Rinder 
Heut diß Jar ein guten Winter. 
Bon Reid vnd Haffı. 
Feindſchafft und Neid macht Narren vil, 
Bon den ich auch Hie fagen wil, 
Der doch entjpringt allein daruon, 
Das du vergünft mir das ich bon, 
Vnd du die hetteſt gern das mein, 
Oder mir fonft nicht hold magſt fein, 
Eß iſt nicht fo ein töntlicd wundt, 
Die nimmermeh wirt recht gefundt, 
Vnd hat die eigenfchafft an jr, 
Wenn fie jr etwas gang ſetzt für, 
So hat ſie kein ruh tag noch nacht, 
Biß fle jrn anfchlag bat- vollbracht. 
So lieb ift je Fein fchlaff noch freud, 
Das fie vergeß jrs hertzen leid, 
Darumb hat fie ein bleichen Mund, 
Dürr, mager, fie iſt wie ein Hund, 
Ir Augen rot, vnd ſicht nieman 
Mit gantzen vollen Augen an, 
Das warb an Saul mit Dauids ſchein, 
Vnd Joſeph mit den Brüdern fein, 
Auch lacht nicht, denn fo vndergaht 
Das Schiff das fie ertrendet bat, 
Vnd wenn ich Tiflet, nagt lang zeit, 
So jßt fie fich, fonft anders neut. 
Wie Ethna fich verzert allein, 
Deß ward Aglauros zu eim Stein, 








515 
Was Gift hab in im neib vnd Hall, 
Das jpürt man zwifchen Brüdern baß, 
As Cayn, Efau, Thyeftes, 
Jacobs Son, und Ethtocles, 
Sie trugen gröflern neid in jn, 
Als weren fie nicht Brüder gfin, 
Wenn das geblüt wert fo entzündt, 
Das es viel mehr denn frembdes brinnt. 


Von Neidtharts Warren, Haflsuarren oder Wergönn 
Barren. 


Das drey ond fünffzigk Narren Geſchwarm. 


Das drey onnd fünfftzigſte Rarren Geſchwarm iſt, von 
Neidharts Narren. Hie ift aber kurtzlich zu merden, was 
der Neidt und Haſſz fey: Der Neidt iR nichts anders 
dann ein trawrigkeit oder ſchmertzen vber eines anderen 
gut vnd glüd, das er einem anderen fein Ehr vnd guten 
leumund auff dz höchſt mißgönnet. Des wir ein Erempel 
haben an den Handtwercks leuten, das je einer dem ans 
deren mißgönnet, wann es einem anderen baß geht, we« 
der im, ond haftet allzeit ein Baffner den anderen. Dife 
Reidtharts Narren fol man fürnemlih auß fünff Schels 
len lehrnen erkennen. 

1) Die erſt Schell der Neidharts Narren iſt, von na⸗ 
tur zu Neidt vnd Haſſz geneigt fein. Dann es fein et⸗ 
Lich DMenfchen kalter vnd feuchter Complexion, biefelben 
fein von Natur hefftig geneigt zu Reid onnd haſſz, wie 
man dann folches offt fihet an den Zungen Kindern, weis: 
bern vnd etlichen andern Yhlegmatifchen menfhen. Sol⸗ 
hen, die von natur neidig vnd häffig fein, iſt es nicht 
alfo gar für vbel zu halten, als den anderen, bie auß 
fürgeiehtem neid ond haſſz einem anderen fein glüd miß⸗ 
gönnen. . 

2) Die ander Schell der Neidharis Narren IR, Kindt⸗ 
Her Neid vnnd Ball. Dann man fiehet offt, das junge 
Kinder, fo noch nicht reden können, wider einanber nei 


- 516 


dig vnd häffig fein, vnd fürchten, es fey eins der Mutter 
lieber weder das andere ıc. | 

3) Die dritte Schell der Neidthardts Narren iſt, vn« 
bedacht vnd auß fhlechten mutmaflen Neiden vnd Daflen. 
Die iſt zwar ein Feine Schell, aber ein groſſe fünd. 

4) Die vierbte Schell der Neidthardts Narren ift, bes 
barhtlicher weiß vnd fondern rahtichlag ober eines andern 
geringes glüd ond gut Neid vnd mißaunft haben. DIE 
tB auch ein Heine Schell, vnd ift gleich einem Heinen dieb⸗ 
ftal, als birn, Öpffel oder fonft eines geringen dinge, 


5) Die fünfft Schell der Neidthardts Narren ift, fo es 
einem wol gebet, jme vaflelbig vergönnen. Diß if ein 
fünde, welche wider tie Gebott Gottes iſt vnd wider bie 
liebe des nechſten. Dann vie Iiebe eifferet nicht, fie ver 
gönnet nicht, fie ift nicht Häffig. . Dis fein die fünff Schek 
len der Neidtharts Narren, welche Narren ober alle Rars 
ren feind. Dann es fein flolte Narren, Geitz Narren, 
wolluſt Rarren, Geil Narren, in fumma fie vbertreffen 
die andern Narren all mit einander. Der iſt ein Rarr, 
der ein Roſſz vmb ein pfeiffen gibt, aber ver ift noch viel 
ein gröfferer Narr, der eind gar vergebens hinweg ſchenckt. 
Ein flolger oder Ehrgeißiger verfaufft fein feel vnnd leib 
allein vınb Ehr. Deßgleichen thut auch ein NReicher, der 
gibt fein feel vmb ein Büdling, allein das er gelt be⸗ 
fomme. Aber diefe Neidt Narren geben ihr feel gar ver 
gebens hinweg, dann fle haben nichts Tieblichers dargegen, 
fonder Creutz vnnd leiden in ihrem hertzen. Vber das 
bringen fie nicht allein die befümmernuß in jhrem hertzen 
daruon, fonder mahen auch jhren leib gang abſcheülich 
darmit, alſo, das ſchon die oberzelten ſchellen nicht- ba 
weren, möcht man fle doch wol auß ihrer geftalt des leibs 
Iehrnen erkennen: nemlicy in den Augen, Läffben, Anges 
fiht, Maul, Zeenen vnd dem gantzen leib. Mit den Au« 
gen fiht er grewlich, vund verwennt biefelbigen gleich 
wie ein flier, dem ein flreich ift worden, er hat ein firads 
vnd Tyrannifch angeficht, wirdt bleih am Mundt vnnd 
vmb den ganken fchnabel, das er einem Todten gleicher 
ſiehet, weber einem lebendigen. Mit den Leffben zwitert 
er, vnd beift die zeen auff einander, vnnd wirbt vor Gift, 








SITZ 


517 


Neidt vnnd Haſſz gand Blut rotte. Auff ihrer Zungen 
haben fie fcharpffe vnnd vergifftige wörter, die ſchneiden 
fhärpffer, weder kein zwey fchneidig ſchwerd. Sie lachen 
nicht, vnd ob fie ſchon lachen, fo gefchicht doch folches 
auß groffem gifft vnnd zorn, gleich einer Schlangen, die 
vor gifft onden am bauch gel ift, alfo ift hie auch das 
lachen gell, aber nichts anders werer gifft. Deßgleichen 
zittert er an feinem gangen leib, alfo das ex por zorn 
vnd Neidt auffipringet, vnnd Tedet oder gumpet wie ein 
Efel, auch Taufft jhm fein hertz vor gifft vnd gallen ober, 
er fan nicht rüwig fein daruor, vnd ſumma, es fein de 
zen flüd fo viel, die folche Reivt Narren treiben, das es 
viel zu Tang weil nemme, bdiefelbigen all zu erzellen. Die: 
weil aber folcher Neidt narren natur ſchier bey jedermann 
befannt- ift, wil ich diefelbigen nicht weiter erfleren, dann 
e8 Tent fie jedermann felbs, was fie für laſter vnnd vn⸗ 
fugent an ihr hat. 


Der LIV. Narr. 


Wem Sadpfeiffen freund, kurtzweil gibt, 
Bud act der Harpff vnd Lauten nit, 
Der ghört wol anff ven Narren fhitt. 


Bon Bngedult der firaff. 

Ein gwiſſes zeichen ber Narrheit 

SH, das ein Narr nimmer vertreit, 
Noch mit gedult geleiden mag, 

Dad man von welfen dingen fag. 
Gin Weifer gern von weißheit Hört, 

Dadurch fein weißheit wirt gemehrt, 
Ein Sachkpfeiff ifl der Narren ſpiel, 

Der Harpffen achtet er nicht vil, 
Kein gut dem Narren in der Welt 

Baß denn fein Kolb vnd pfeift gefellt, 


518 


Kaum leßt ſich ftraffen der verkehrt, 

Narren zal ift on end gemehrt, 
D Narr gevend zu aller frift; 

Das du ein Menſch vnd tößlich bift, 

 Bnd nichts denn“ Leim, Eich, Erd und miſt, 

Vnd vnder aller Ereatur, 

So Hat vernunfft in der Natur, 
Biſtu das minft und ein Beyſchlack, 

Ein Eſchbaum vnd ein trüfenfad, 
Was vberhebft dich deins gewalt, 

Deins Adels, Reichthumb, jugent, gftalt, 
Seid alls das vnder Sonnen iſt, 
Vunnutt iſt, vnd dem weißheit gbriſt, 
Weger das dich ein Weiſer ſtraff, 

Denn dich anlach ein narrecht Schaf, 
Denn wie ein brennend Diſtel kracht, 

Als iſt ein Narr auch wenn er lacht, 
Selig der Menſch, ver in im hat 

Allzeit ein fchreden, wo er gaht, 
Der Weifen berg traumren betracht, 

Ein Narr allein auff pfeiffen acht, 
Man fing und fag, man fleh vnd bitt, 

Abfein eilff augen fompt er nit, 

Vmb ein firaff, lehr ex etwas gibt. 


Von Bufraffbar Warren, oder Straffloß Narren. 


Das vier ond fünffzigft Narren Geſchwarm. 


Das vier vnnd fünffigfte Rarren Geſchwarm ift, von 
Vnſtraffbar over Straffloß Narren. Dann allein der 
Weiß Liebet die Straff, ver Narr aber verwirfft vnd ver⸗ 
haffet fie. Dife Straff Narren fol man fürnemlich auß 
fieben Schelien lehrnen erfennen. 





519 

1) Die erfle Schell der Vnſtraffbar Narren iſt, die 
Straff nicht wöllen hören. Es fein etlich, die wöllen gar 

kein Straff und onderweifung annemmen. Wann fie ver 
mant werben, fie follen in die Predig gehn, fihütlen fie 
den Kopff mit den Narren Schellen, vnd fprechen, ih 
mag nicht, Ich mag niht. Warumb du Narı? Magſt du 
feine Straff Hören? Nein, fagen fle, was hat mich der 
Pfaff zu fohelten, er gibt mir doch nicht zu freſſen, ich 
muß Iugen, wie ih auß fomm. Diß fein rechte grobe 
gefiltzte Narren, dann fie mögen kein Straff gedulden noch 
leiven. Darzu wann ich ſchon zun zeiten darein gehn, fo 
lehrne doch ich nichts anders, dann das Ich etwas newes 
hör, dardurch mein gewiffen vnd gemüt befehweret wirbt: 
Darumb ift es beffer, ich bleibe herauffen, was ich nicht 
weiß, das thut mir nicht wehe. O du Rarr, meineft du, 
das dir deine fünd nicht werben auffgefchrieben werden, 
wann du fie ſchon vnwiſſend begehen? Stehe auff mein 
freund vnd gehe inn vie Predig vnd hör die Straff. Ich 
will nicht, ond mag auch nicht in die Kirchen. Auß was 
vrſach aber? Der vrſach halben, das der, fo mich firafft, 
eben fo böß ift, vnd fo böß erempel gibt, gleich ale ic. 
D da groffer fantaft, wann du in einer gefengfnuß le⸗ 
gef, vnd er wolt dir herauß Helffen, wölteft du darumb 
dir nicht von fm Laffen helffen, dieweil er ein firefflichen 
wandel führet? Du folleft nicht fein Ieben vnd wandel 
anfehen, fonder fein Iehr, dann ein fchafdhaffter menfch 
fan offt ein böfen Straffen, Im in dz berg greiffen, dies 
weil er weiß, wie einem Schald vmb das berg if. Ich 
will nicht fommen, fagt folcher Narr abermals. Ich kan 
wol für mich felbs recht thun, darffs nicht erfi von einem 
andern lehrnen. Solche vnd andere redt mehr treiben bife 
Vnſtraffbar Narren vnd nemmen nirgend Fein firaff auff, 
wann man fie ſchon lang firaffet. 


2) Die ander Schell der Straffloß Narren if, die 
Straff hören, aber nicht erhören. Daun es ſeind eilich, 
die hören zu, das man fie firafft, aber es gebt inen die 
firaff zu einem opt ein vnd zum andern wider auß, vnd 
ift gleich, ale wann man mit einem flummen vnnd tauben 
redt, der thut dergleichen, ald wann er zuhorchet, fo er 





520 


Doch nit hoͤret noch verfichet. Alfo fein auch folde Nar⸗ 
ren, die horchen zu, wann man fie firaffet, vnd fliehen als 
wann fie nit drey könten zellen, fo bald fie aber von der 
firaff fommen, if es jnen wider vergeffen. 


3) Die drit Schell der Straffloß Narren iſt, bie firaff 
. erbören aber nit lang darinn verbarren. Dann es feind 
etlich, die Iaffen ſich ftraffen onnd nemmen auch die flraff 
gutwillig an, aber fie vergeffen dieſelbige züchtigung ale 
baldt widerumb. Sie fein gleich dem wafler, fo man mit 
einem fteden darein fchlegt, theilt fi es von einander, 
aber fleuf als baldt wider zufammen, vnd mag niemanbt 
nefehen, wo der flreich Hingangen ifl. Alfo fein auch ſolche 
Straff narren, wenn fie mit dem fieden ber ftraff oder 
bes zorn Gottes gefchlagen werden, erfchreden fie, vnd 
wirt ihr berg erzitteret, aber es fehret als baldt wider 
zufammen, wenn die firaff fürüber if. ‘ 

4) Die viert Schell der Straffloß narren ift, die firaff 
vnd züchtigung baflen. Es fein etliche, die hören nit als 
lein die ftraff nicht, fonder fie haſſen auch dieſelbige biß 
auffs höchſt. Auß folder waren die Juden, welche Epri- 
ſtum den Herren haffeten, dieweil er fie ftraffet ond ihnen 
die warheit faget. Lieber, wie ein grofle Narrheit if 
doch das, wenn einer den fpiegel verhaſſet vnd zerbricht 
in, der jm anzeigt den madel ond vonflat, fo im am anı 
.. gefiht hanget? Was tft aber der firaffer anders, meter 
ein fpiegel, der dir anzeigt den vnflat vnnd wuſt, fo bir 
an deiner feel hanget? Fürwar, du ſolleſt folchen lieb vnnd 
werdt haben, das er dir den vonflat in deinem angeficht 
gezeiget hat, dann wo er dir jhn micht gezeiget bett, we⸗ 
reft du vor jedermann zu ſchanden auff der gaflen wor« 
den, vnd heiten alle menfchen mit fingern auff dich ges 
deltet vnd gefagt, ſchaw, wie fihet der vnflat, als wenn 
er mit der Nafen rüben graben hette, oder ein ſchornſtein 
gefegt heit. Wilt du nun difem feindt fein, der dich vor 
ſchandt onnd gefpöt warnet? Haſſeſt du jhn darumb, das 
ex dich liebet, vnnd folche Lieb gegen bir erzeiget? Ein 
Batter, der fein Kindt lieb hat, der zlichtigets vnd ſtraf⸗ 
fet ed. Alſo thut diefer gegen dir auch, der ſtrafft vnd 
warnet dich auß Tonderlicher lieb. Dann wenn er bir 





m.—- -  — — wö 20 wüär WE Au, VD Tue 


521 


feindt were, würde er dich zwar nicht vor deinem vnglüd 
warnen , fonder wirt fih vil mehr befleiffen, das er vich 
darein breite. Derhalben fein ſolches Teufflifhe gebärd 
vnd fitten, fo die ſtraff haſſen. Es werden auch folche 
leiſtlich die ewige firaff müflen leiden, dieweil fie hie die 
zeitliche veracht vnd verhaffet haben. 


5) Die fünfft Schell der Straffioß Narren if, mit 
worten widerfireben dem Straffer. Es fein etlich alfo gar 
wider die Straff erzürnet, das fie diefelben nicht allein 
haſſen, fonver ftoffen auch böfe vnnd ſtoltze fcheltwort auß 
wider die, fo fie firaffen. Dann etliche haben den braud, 
wann man fie firafft, wiſſen fie von flundan ein oben 
drauff oder widerred, damit fie die Straff abwenden. 
Gleich wie Adam, der warff die fhuld auff Euam, Eua 
aber warff fie auff Adam. Darnach feind etlih, die ſu⸗ 
hen nicht allein außzüg vnnd entſchuldigung, fonder fie 
geben auch böfe wort darzu auß, vnnd thun gleich als 
ein Hund, der fein eigen Herren beiffet ond verleßt: Letzt⸗ 
lich fein etlich, die dörffen einem in das gficht fpewen, 
ſchmach vnd auffrupffung fürwerffen.. Dife Straffloß Narı 
ren fein gleich einem Igel, welcher fo er angereget wirbt, 
verbirgt er fein lieblich angefiht, vnnd waffnet fih auff 
alle weg, fireuflet feine ftachel inn die höhe vnd begert 
fih zu wehren gegen dem feind, vnd machet fich erſchröck⸗ 
ih anzufehen, fo er doch vorhin ein lieblichen anblid hat. 
Afo fein auch vil Teut, die haben ein Tieblichen anblid 
onnd ein freundtlichs vnnd lieblichs angefiht, vnd flellen 
ſich gar einfeltig. So bald man fie aber etwann firafft, 
da verkehren fie von flundan jr angeficht, vnd wie fie 
vorhin einem Menſchen gleich haben gefehen , fo fehen fie 
jeß dem Teuffel gleich, vnd verfehren jr farb vnd geberdt 
in einem augenblick, gleich dem Igel. 

6) Die ſechſt Schell der Straffloß Narren ift, nicht ale 
fein mit worten, fonder auch mit der that die firaff wi⸗ 
verfechten vnd verwerffen. Dann es werden vil gefunden, 
die fein nicht allein der firaff feindt vnd gehäffig, fonder 
fie veruolgen auch darzu die, fo fie begeren zu flraffen. 
Dann die Juden fihmechten die Propheten vnd Apoftel 
Chriſti, vnd Epriftum den Herren felber, nicht allein mit 





522 


ſchnöden vnd böfen worten, fonder fie veruolgten bie auch 
biß inn den todt. Alſo thun auch vil zu vnſeren zeiten, 
die ſchmehen vnd fohelten nicht allein die lehrer des Gött⸗ 
fihen Worts oder die Oberkeit mit böfen vnnd ſchnöden 
worten, fonder fie flellen denſelbigen auch heimlich nach, 
und Jugen, wo fie einen mögen ergreiffen, fren mut ob nen 
zu erfülen. Dan Iifet von dem Sant Benedicto, ber ein 
frommer Einſydler was, das fih auff ein zeit begeben 
hab, das ein Apt in einem Kofler flarb, da kamen bie 
Mönchen vnnd baten Sant Benedict gang’ fleiffig, das er 
wolt je Apt werben, folches fehlug er inen offt ab, vnnd 
fagt, mein leben vnd ewer leben flimmen nicht miteinan« 
der ober ein. Da fie aber nicht wolten uachlaffen, fons 
der hielten täglich mit der bitt.an, verwilligt er fich, ir 
Apt zu werben, fo ferr fie müſten jhm trewlich volgen, 
welches fie ihm höchlich vwerbieflen. Als er aber Apt ward, 
macht er vil newer orpnung vonder inen, wie fie fich fol- 
ten halten im Geiſtlichem flandt; das daucht nun bie 
Eonuents Brüder zuuil, vnd vermeinten, ber Apt wolt 
fie gar in ein Bodshorn zwingen, bdieweil er fie fo heffe 
tig firaffet, derhalben rewet es fie, das fie ihn zum Apt 
erwöhlet heiten, vnnd erpichten ein Lift, wie fie fein wis 
ber ablemen. Da er num auff ein zeit zu Tiſch ſaß vnd 
wolt trinden, reichten fie ihm inn einem glaß gift za 
trinden, vnnd als er das Heilig creuß nach feinem brauch 
darüber machet, da zerfprang das glaß entzwey vnnd lieff 
bas gifft herauß. Da fund Sant Benebict von flundan 
von dem Tiſch auff vnd ſprach: Gott verzeibe es euch, 
was habt ihr Eonuentg Brüder thun wollen? Hab ic 
euch nicht vorhin gefagt, das mein vnnd eumer leben 
nicht mit einander ober ein flimmen ? Alfo.gieng er wis 
derumb in die Wüfte, bleib da ein Einfpdler. Diefe Far 
bei verkauff ih, wie ich fie gelaufft hab. Aber es fey 
gleich wie ihm wol, fo findt man der Straffloß Narren 
noch gar vil, die etwann fhr neidt vnd haflz gegen Ihe 
rem ftraffer nicht anders mögen außſtoſſen, dann mit 
heimlichen gifft ond auffſatz. Dann es ladet mander cin 
su Gafl, vnnd ſtelt ſich gleich, als were er jhm gar lieb, 
gibt ihme aber darneben ein Welfch füpple zu freilen, das 
er nicht Iang mehr lebt. Das iſt difer Narren art vnd 





523 


natur, das was fie nicht mit worten mögen außrichten, 
thun fie folches mit der that, entweders offentlich oder 
heimlich. Aber es wirbt ſolches gewißlich difen Rarren 
nicht ongeflrafft Hin gehn, fonder es wirbt fie Gott der 
Herr mit der ewigen pein onnd hellen qual firaffen. Dem 
werden fie ihm auch nicht mögen einen widerſtand than. 
7) Die fiebennt Schell der Straffloß Narren if, nicht 
allein die firaff verwerffen, fonder auch andere mit ihm 
anreißen, das fie die flraff verwerffen. Diefe fein gleich 
den Ebern oder Schweinen, wenn fie der Hirt angreifft, 
oder macht fie zu fchreien, da lauffen die anderen all her⸗ 
bey, vnnd fallen inn den Hirten, vnd zerreiffen ihn: Alfo 
fein diefe Narren auch gefinnet, wann einer erzürnet 
wirbt von wegen ber firaff, fo if auch fein gange Ges 
felifchafft erzürnet, vnd fahen fie all an neidt vnd haflz 
zu fragen wider den, der fie geflrafft hat. Sie fein gleich 
dem befefienen menfchen, welcher ein gang Legion vol Teuf⸗ 
fel bey ihm Hat, verfelbig bat Chrikum den Herren, das 
er im vergönnet, inn die herd Sew zu fahren. Solches 
warb jm vergünt von dem Herren, da flürbten fie ſich 
inn das wafler vnd erfeufften die gantze herd Sew mit 
fnen. Welches fie allein darumb theten, damit fie nicht 
allein verbürben. Auff gleiche weiß thun auch diefe Nar⸗ 
ren, die nemmen noch andere vil zu jnen vnd verführen 
fie, allein darumm, das fie nit allein dem Zeuffel heim⸗ 
fahren. Aber fürwar, folhe Narren machen hiemit jre 
Rraff nur deſto gröffer. Diß fey hie von den Straff Nar⸗ 
ren geſagt. Welcher nun vnder difer Schellen einer bes 
grieffen ift, der lug vnd beffer fih ab der Weltlichen firaff, 
auff das er nachmals nicht die ewige Straff empfinde. 


Der LV. Rarr. 


Wer Artzeney ſich nimmet an, 
BVaud doch kein breſten heilen Tan, 
Der iſt ein rechter Gaudelman. 


Mer eim todkrancken bficht den harn, 
. 2nd fpricht, wart big ich bir verfünd, 
Was ich In meinen Büchern find, 

Dieweil er geht zun Büchern heim, - 
So fehrt der Siech gen Todtenheim. 
Viel nemmen Artzeney ſich an, 
Das feiner etwas damit Fan, 
Denn was dad Kreuterbüchlin lehrt, 
Oper von alten Weibern hört, 
Die haben ein Kunſt, die iſt gut, 
Dad ſte all breſten heilen thut, 
Vnd darff Fein vnterſcheid mehr han, 
Vnder jung, alt, Frauwen und Mann, 
Dder feucht, truden, heiß und kalt, 
Ein Kraut das Hat ſolch Frafft vnd gwalt, 
Gleich wie die Salb im Mlabafter, 
Darauf die Echerer al jr Pflafter 
"Machen, all wunden heilen mit, 
Es fein gefchmwer, ſtich, brüch vnd fchnitt, 
Herr Cucule verleßt ſie nit, 
Wer heilen wil mit eim Vnguent 
All trieffend augen, rot, verblendt, 
Purgieren wil on Waſſerglaß, 
Der iſt ein Artzt als Zuhſta was, 
Dem gleich iſt wol ein Aduocat, 
Der in Feine fach Fan geben raht, 
Ein Beichtvatter, iſt wol deßgleich 
Der nicht kan vnterrichten ſich, 
Was vnder jeder Maletzey 
Vnd gſchlecht der Suͤnden mittels ſey, 
Ja on vernunfft geht vmb den Brey. 


524 
Bon Narrechter Arkney. 
Der geht wol heim mit andern Narrn, 


925 


Durch Narren mancher wirt verführt, 
Der ehe verdirbt denn er das fpürt. 


Yon Vuerfahrnen Artzet Marren. 
Das fünff vnnd fünffzigfle Narren Geſchwarm. 
Das fünff vnnd fünffbigfte Narren Gefhwarm fl, von 


pnerfahrnen Arket. Die aber fol man fürfehen, damit ' 


nicht ein mißgriff geſchehe, vnnd wir den gelehrten Arget 
nicht mit dem vngelehrten verbammen oder verierffen. 
Dann wir reden hie nicht von den Arhet, fo die kunſt 
recht vnd wol geftudiert haben, welche aller Ehren werdt 
fein, fonder wir fagen von denen, fo nichts rechts von 
ber Artzney wiſſen, vnnd Fein fundament darinn haben, 
als da feind die Tryackerskrämer, Zanbrecher, Landtſtrei⸗ 
her, ZTeuffelsbefchwerer, onnd die alten Weiber, melde 
doch vie zeit ihres lebens nie kein Buchſtaben auff die 
Artzney geftudiret haben. Derhalben fol man vns recht 
verfiehen, von welchen Narren wir bie reden. Dife fol 
man fürnemlich auß fieben ſchellen Iehrnen erfennen. Wie⸗ 
wol derfelben viel mehr weren, wöllen wir doch nur diefe 
fürplich erzelen, dieweil fie die gelehrten Perfonen allein 
antrifft, diefelben können fie wol in andern fchrifften vnd 
Lateinifcher fprach weitleüffiger finden. 

1) Die erft Schell der Argt narren iſt, ohn die kunſt 
vnd erfahrenpeit ſich vnderſtehen zu Artzeneyen. Dann es 
ſeindt jhr viel, die vnderſtehen fich der Artzeney, vnnd 
ſein doch nicht Artzes genoſſen, ſonder gantz vngeſchickt 
vnnd vnerfahren. Darnach ſein etliche, die wöllen mit 
einer Artzenney alle kranckheit vnd gebreſten heylen. Gleich 
wie auff ein zeit ein Bawr thet, der wolt mit pillulen 
alle kranckheit vertreiben, dieweil fie ihn purgiert vnnd 
geſundt gemacht hatten. Da vermeint er, ſie weren zu 
allen dingen gut vnnd nützlich, alſo, das er ſie auch einem, 
der ein Eſel verloren hat, eingab, damit er den Eſel wi⸗ 
der fünde. Als aber der Bawr den Eſel lang auff dem 
Feldt Hin vnd wider an manichem orth ſuchet vnd ihn 
nirgendt finden mocht, wirdten hiezwiſchen die pillule im 


526 


Bawren, ba Tieff der Bawer durch ein bi gefteubt, fein 
notturfft zu thun, inn dem fand er zu glei den Eſel 
auff der weit gehn, da Iobt er die püllele fa, vnd fagt 
jedermann, fie weren gut vnnd probirt darzu, das wenn 
einer ein Efel oder fonft etwas verloren hetie, das er 
durch fie ſolches möcht wider finden. Alfo fein der Ark 
narren noch viel, die brauchen nur ein Artzney, vnd wöl⸗ 
en mit derſelben alle kranckhheit Ind ſchaden heilen. Für 
nemlih aber thun ſolches die Tryadersfrämer und Zaus 
brecher, die geben offt ein wurgel für taufenterley würs 
ung vnd heilſamkeit auf. Dann fie Ioben biefelben ver: 
maffen, das wenn fie nur in einem flud die würdung 
hett, wie fle die dargeben, wer fie mit golt vnd gelt nicht 
gu bezalen. Deßgleichen haben fie auch. offt ein falb, die 
ft auß mancherley ſchmaltz zugerüſt: nemlih von Mens 
ſchen ſchmaltz, von Beren ſchmaltz, von wildt Kaßen ſchmaltz, 
von Schlangen ſchmaltz, von Dachſen fhmalg, von Hundt 
fhmalg, von Elendt ſchmaltz, ꝛc. vnnd weiß ber Zeuffel 
nicht was für ſchmaltz darbey if, diefelbige falb geben fie 
für maniche heilfamfeit auß, nemlich, das fie gut fey für 
offene alte fehäden, brüchen, flich, fehnit wunden, fall, fliſ⸗ 
fende augen, läme der glieder, geſchwer und dergleichen 
viel. Aber wenn man es bey dem liecht beficht, if es 
offtermals eitel erfunden onnd erlogen ding: Alſo, Tas 
fie mit ihrer Arbeney kaum möchten ein Hundt auß dem 
offen Ioden können, fonder befcheiffen vnnd betriegen allein 
ben gemeinen Mann vmb fein gelt. Daher fie auch ge⸗ 
meinlich von jedermann Landtbefcheiffer und Landtftreicher 
genennt werden. Diß fey alfo die erfi fchell von den vn⸗ 
erfahrnen Artzet Narren. , 
2) Die ander Schell der Artzt narren IR, fahriefiglih 
heilen und curiren. Dan findt viel Arbet, die fein wol 
gelehrt vnnd erfahren in der Artzney, aber gehn gantz far⸗ 
Ieffig vnd Tangfam mit der fach vmb. Nemlich auff diefe 
weiß. Erſtlich fommen fie ihrer Zunft nicht nach, ſonder 
erdenden ein ander fantafey vnnd newe funft, dem Frans 
den darmit zu helffen, die ihn dann offt mißrathet, vnnd 
bringen fie manichen Bidermann dardurch inn den tobt, 
am deren tobt fie dann nachmals frhuldig fein. Darnach 
achten fie der franden wenig, kommen eiwann in breyen 








— — — — — — — 
4 


— — — — — — — — — — 


927 


oder vier wochen Fümerlich ein mal zu hen fanden, vnd 
ziehen fie fo lang auff, das fie dieweil ſterben, vnnd wi⸗ 
der aufferfiehn mochten, ehe das fie zu ihnen kommen: 
biezwifchen aber Jigen fie dem Geib vnd Weltlichen fachen 
ob, vnd vergeflen des armen krancken menſchen. 

3) Die dritt Schell iſt, ſchalckhafftigklich vnd auß bö⸗ 
Sem fürſatz Artzneien. Dann es ſein deren viel, die zie⸗ 
hen auß ſonderm böſen fürſatz die kranckheit lang auff, 
vnnd machen den krancken offt kräncker, dann er vorhin 
geweſen iſt, allein darumb, damit fie deſto mehr gelt mö⸗ 
gen bekommen. Solche ſein hefftig ſcheldens würdig, vnd 
wirdt ihnen gewißlich ſolches nicht ohn geſtrafft Hin gehn. 
Sonder es wirt ein mal darzu kommen, das gleich wie 
ſie dieſen krancken hie auff dem Beth geplaget haben, das 
fie auch Gott wirdt in ein Erandheit laſſen fallen, darinn 
fie dann ein lange zeit werden müflen liegen, vnd büflen, 
das fo fie vorhin einem andern an geihan haben. 

4) Die vierdt Schell der Artzt Narren iſt, zweiffelhaff⸗ 
tig oder auff gerabt wol heilen.- Es feind vil, die wogen 
6, vnnd wöllens verfuchen auff geraht wol. So ein Are 
Bet ab einer Artzney zweifflet, fol er fie Feind wegs einem 
tranden geben, fonder ein beffere erwöplen. Dann es if 
viel ficherer, dz der folches in Gottes hand vnd gewalt 
laſſe, werer ein Artzney geben, daran er zweifelt. Ders 
halben foll ein artzet fürfehen, das er zuuor die Artzney 
probiere, ob es gut oder ſchedlich ſey. 

5) Die fünfft Schell der Artzt Narren if, ſchedlich oder 
verberblicher weiß Artznen: Es feind etlich Artzet, die has 
ben gar kein gewiflen, vnd ligt jnen das heil der ſeel 
wenig an, fonder fehen allein nur auff den leib, wie fie 
den, mögen gefund machen. Dife fein gleich den Schumas 
“bern, welche, fo fie einem ein new par Schuh anlegen, 
achten fie gar nicht, ob er köſtliche oder häßliche hoſen am 
hab, fonder ſudlen mit iren beſchmützten vnd bechechtigen 
henden darüber, vnd fehen allein dahin, dz die Schuh 
glat anligen: Alfo thun auch ſolche Arget, die arten der 
en nicht, wann fie nur allein den leib mögen gefundt 
machen. 

Alſo thet der Artzzet bey dem Eſopo, der lehret ven Loͤ⸗ 
wen, er ſolie Affen fleiſch eſſen für ein verdewliche vnnd 





528 


eichte ſpeiß, welches der Löw ohn das gern Het geſſen, 
vnd heit fih darumb kranck gefchrieben. Dergleichen findt 
man vil, die rahten offt einem, damit er nur von jnen 
gefundt gemachet werde, und das fie Belt verdienen, Bott 
geb, es diene gleich zu des kranckn feel vnd feeligkeit 
oder nicht. 

6) Die ſechßt Schell der Artzt Narren ift, mit gefahr 
heilen. Es fein etlich, die heilen nicht wider die feel, aber 
verfürßen zu gleich den krancken an feiner feel vnnd fee 
ligkeit: Nemlih wenn fie den kranden für gewiß vertrö« 
fien, das er nicht werd ſterben, fonter er fol nur ihm 
vertrawen, er wölle jn in kurtzem wider gefundt machen. 
Auff difen verleßt fih der Krand fleiff, vnnd glaubt feis 
nem guten zufagen. Aber es gefchicht offt, das der kranck 
in einem augenblick ombfchlegt vnd flirbt dahin: Alfo das 
er feiner feelen gar wenig fürfehung gethan hat, dahin 
bringet in der Arbet, dieweil er ihm das leben für gewiß 
hatt zugefagt. Derhalben follen die Arket forg haben, 
das wann fie fchon fehen, das es zimlich wol vmb ven 
franden ftehet, follen fie doch jm kein geroiffes leben zu 
fagen, fonder in vnderweifen, das er fih zu Gott be 
fehre, vnnd ihn vmb verzeihung bitte, der werd dann fein 
bilff onnd fegen darzu verleipen, dz er in kurtzem wiver 
geſund werd. Diß ift eines Artzets ampt und befehl, vnnd 
nicht, das er ihm das leben foll für gewiß verfprecen. 
Dann vnſer leben fteht allein in Gottes handt, berfelbig 
macht allein lebendig vnd todt. 

T) Die fiebend Schell der Artzt Narren iſt, Rauch vnd 
vnbarmhertziglich Heilen. Es fol ein Artzt barmperkig 
fein gegen jederman, fürnemlich aber gegen dem armen, 
der nit groffed gut hat, das er fm etwas geb. Difem 
fol er nicht allein auß barmhertzigkeit vnnd vmb Gottes 
willen heiffen, fonder er fol {m auch tegliche handtreichung 
thun, vnnd fol nachmals von den reichen, fo es bezalen 
mögen, deſto mehr nemmen. Dann Ehriflus der Herr 
faget: felig fein die, fo barmperkig fein, dann fie were 
den die barmhertzigkeit erlangen. Diß fey alfo kurhtzlich 
bie gefagt von den Arbt Narren, welche Arkt fih nu 
diler ſchellen ſchuldig willen, die verfchaffen bey inen, das 

Ache Schell von jren Kappen hinweg komm. 








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529 
Der LVI. Narr. 


So groß gwalt auff Erben nie kam, 
Der nicht gu zeiten end and nam, 
Wenn im fein ziel und flünplein kam. 


Bon endt des Gemalte 


Noch find man Narren mannigfalt, 
Die fih verlan auff jren gmwalt, 
Als ob er ewiglich folt ftahn, 
Der doch thut wie ber ſchnee zergahn. 
Julius der Keifer mad gnug Ä 
Reich, mechtig, und von finnen Flug, 
Eh denn er mit gewalt an fich 

Bracht, fafl regiert das NRömifch Reich, 
Da er ven Zepter an fich nam, 

Sein Sorg vnd angft im hauffecht Fam, 
Vnd was fo wißig nicht an Roht, 

Er ward darumb erftochen tod, 
Darius der hatt groß mechtig Land, 

Bund wer wol bliebn Heim on ſchand, 
Vnd bett behalten gut vnd Chr, 

Aber da er wolt fuchen mehr 
Bnd haben das, das fein was nicht, 

Berlor er auch das fein barmit. 
Zerres der bracht inn Griechenland 

Sp viel des Volcks ald Meeres fand, 
Das Meer mit Schiffen er bevedt, 

Er möcht die gang Welt Han erfterkt, 
Aber was warb jm mehr darvon, 

Er griff Athenad greußlih an, . 
Gleich wie der Louw angreifft ein Hün, 

Vnd floch doch alls bie baſen Kun. 
1. 


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*. 


530 


Der König Nabuchoponofor, 
Da jm zufiel mehr glück denn vor, 
Vnd er Arpharad vberwand, 
Meint er erft haben alle Land, 
Vnd feht ein Göttlich gemalt jm für, 
Ward doch vermandelt in ein hier, 
Der möcht ich mol erzellen meh, 
In alter vnd in newer Ch, 
Aber ed dünckt mich nicht fein not, 
Gar wenig feind in vewen tod, 
Oder die flürben an jrem beth, 
Die man nicht fonft ertöbtet Het, 
Nun merdt barbey je Gwaltigen all, 
Ir fiet zmar' in glückes fahl, 
ESeind witzig vnd trachten das end, 
Das Gott das Rad euch nicht vmbwend, 
Forcht den Herrn vnd dienet jm, 
Mo euch‘ fein zorn ergreifft und grimm, 
Der kürtzlich wirt entflammen fehr, 
Wirt eumer gwalt nicht bleiben mehr, 
Vnd werden jr mit jm zergehn, 
Irion bleib fein Rabt nicht ſtehn, 
Denn er kaufft vmb von Winden Flein. 
Selig wer hofft in Gott allein, 
Er fellt und bleibt nicht in der höh, 
Der Stein den walg mit forg vnd weh 
Den berg auff Siſyphus ber Thor, 
Glück und gewalt wärt nicht Tang for, 
Denn nach der Ulten ſprüch und fage 
Vnglück, vnfahr, das wechſt all tage, 
Der vnrecht gwalt nimpt grünbtlich ab, 
Als Jezabel zeigt und Achab, 
Ob ſchon ein Herr fonft Hat fein Feind, 





531 


Muß er beforgen doch fein Gfind, 
Vnd vnderweil fein nechften Freund, 
Die bringen in vmb fein gewalt, 
Zambri ſeins Herren Reid nachflalt, 
Vnd thet an jm Mord ond todſchlag, 
Vnd ward ein Herr auff fleben tag, 
Mlerander all Welt bezwangk, 
Ein diener tönt jn mit eim trand. 
Darius entran, vnnd was on not, 
Beſſus fein diener ſtach in tod, 
Alſo ver gwalt fich enden thut, 
Cyrus der tranck ſein eigen blut, 
Kein gwalt auff Erd ſo hoch je kam, 
Der nicht ein end mit trauwren nam, 
Nie Feiner hat fo mechtig Fruͤnd, 
Der jm ein tag verheiffen kuͤndt, 
Vnd ficher wer ein augenblid, 
Das er folt haben gmalt und glüd, 
Was die Welt acht auffs allerbeft, 
Das wirt verbittert doch zulekt, 
Wer vberhebt fich das er fland, 
Der lug vnd fchlipff nicht auff dem Sand, 
Das jm nicht werd fchad, fpott und ſchand. 
Groß Narrheit ift vmb groſſen gwalt, 
Denn man jn felten lang zeit bhalt, 
So ich durchfuch all Reich und Heer, 
Aſſyrien, Meden, Perfeer, 
Macedonum vnd Griechenland, 
Carthago vnd ver Römer Stand, 
So hat ed alls gethan fein ziel, 
Das Romiſch Reich bleibt ſo lang Gott wil, 
Bott Hat im gſetzt fein zeit und moß, 
Der geb, das es noch werd fo groß, 


; 





532 - 


Das jm al Erd ſey vnderthan, 
Als es von Recht und gſatz folt han. 


mie — ⸗ 


Von Gewalt Narren, oder vnbeſtendigkeit des ge- 
walts. 


Das ſechs vnd fünfftzigſt Narren Geſchwarm. 


Das ſechs vnd fünfftzigſt narren geſchwarm iſt, von 
Gewalt narren, nemlich von denen, ſo all jr hoffnung 
auff gewalt ſetzen. Diſe ſol man lehrnen erkennen auß 
den nachuolgenden Narren ſchellen. 

1) Die erſt Schell der Gewalt narren iſt, die Vnder⸗ 
thanen verachten vnd verſchmehen. D du Gewalt Rarr, 
was verfchmeheft du den Vnderthanen, gleih ald wenn 
er nicht fo gut were als du? Biſt du nicht fo wol auß 
Leimen gemacht, als der Buperthan ? oder bift du gewiße _ 
lich mit köſtlicher augen gezwagen worden, weder er? 
Oder bift du mit Malvafier, er aber mit wafler getaufft 
worden ? Haben jhr beidt nicht nur ein Gott im Him⸗ 
mel, zu welchem jr rüffet Batter onfer? Warumb vere 
achteſt vnd verfchmehel du dann den, der armer vnnd 
geringer if, weder du? Fürwar, du ſolteſt folches nicht 
thun, fonder deinen NRechften lieben als dich ſelbs. Da⸗ 
rumb hütt dich darfür, du Gewaltiger, das du deinen Bns 
derthanen nicht verachteft,, ſonder gevend, das jhr beidt 
von einem flammen her fomment. 

2) Die ander Schell der Gewalt narren ift, fich ſelbs 
erhöhen ond prächtig machen. O du blinder Maufwerff, 
was wirffeft du groſſe häuffen Erden auff, vnd erböchſt 
dich ſelbs, macheſt dein nammen inn aller Welt herrlich, 
baweft groffe Häuſer auß ander leut gut, vnd ſtelleſt 
nach groffem Reichthumb, allein darumb, das du für herr 
lich vnnd mechtig bie gehalten werdeſt? Aber was ger 
ſchicht, es flehet hie der Gärtner Chriſtus der Herr, war: 
tet fein auff dich, wann du anfaheft auff zu werffen, vnnd 
vermeineft am ficherfien zu fein, fo ergreifft er dich mit 
der Hauwen, vnnd zeucht dich auß dem loch, vnnd ers 
ſchlecht dich. Darumb fiehe für dich, das du dich ſelbs 


. 593 


nicht zu hoch erhebeft, dann wenn bu meinft am ſicherſten 
zu fein, fo bift am aller gefehrligfien orth. 

3) Die dritt Shell der Gewalt narren if, die Vn⸗ 
berthanen ondertruden durch groffe befhwernuß vnnd 
fdabung , oder durch ander viel vnzalbar peinigund, da- 
mit fie die Vnderthanen tag vnd nacht plagen. O du 
Gewalt narr, meineft du, das dir darumb das ſchwert in 
die hendt fey geben, die Vnderthanen damit vmb zubrins 
gen, ond nicht das du fie beſchützeſt vnd befehirmeft ? Zwar 
ob fhon offt Fürſten vnd Herren von natur milt vnd 
Barmperkig fein gegen den Bndertfanen, werben fie 
doch mehrmals durch ihre Hoffihrangen vnnd Ohrenblä⸗ 
fer darzu angeftifftet, das fie rauch vnnd vnbarmhertzig 
gegen den Vnderthanen werben. Hergegen aber fein et» 
liche Herren von natur geneigt auff die Tyranney, vnd 
wenn fie ſchon etwann milte ond barmhertzige Räth has 
ben, behalten fie diefelben nicht ang, fonder nemmen jh⸗ 
res gleichen, die auch ein Tyranniſch gemäth haben wie 
er. Diefe Tiebet er, weil fie ihm allzeit zu ohren tragen, 
vnd im in allen dingen fehmeichlen vnd gewonnen geben. 
Sole, wie lang fie ein beftenvig Regiment haben, iſt 
auß allen Hiftorien offenbar. Dann fein Reich, das mit 
Tpranney wirt geregieret, bleibet lang beſtändig, fonder 
es geht baldt zu grundt. 

4) Die vierdt Schell der Gewalt narren ift, fich des 
Gewalts vberheben, vnd fich deffen torrechter weiß rüh⸗ 
men. Da fehen wir, in was groffer Narrheit ſolche ge 
walt Rarren fleden, inn dem fie fih des Gewalts fres 
men, fo fie doch viel mehr trawrig folten fein. Aber fole 
hen gewaltigen Herren gilt es alles gleich, vnd wenn fie 
die Vnderthanen trawrig vnd betrübt machen, tragen fie 
ein wolgefallen vnd freubt darob, gehn daher mit auffs 
gefperten augen vnd erhebtem gemüth, gleih als wann 
der Erdtbodem under fhn erzittern müſt. Weiſt du aber, 
warumb du dich freweſt? Es laſt dich Gott der Herr auff 
der Welt herſchen, allein zu deinem verberben onnd cha: 
den, nicht aber zu deinem nuß ond gutem. Dann wenn 
er den menfchen die Herrfchafft auff diſer Welt geb von 
wegen nuß vnd heils, heit er fürwar folches auch feinen 


534 . 


Jüngern geben, bie fm Tieb fein geweien, vnnd biut arm 
darbey : Aber er hat nicht gewölt, das feine Jünger auff 
der Welt herfchen follen. Derhalben ſolleſt du Dich ver 
Herrſchafft ond des Gewalts nicht vberheben, oder dich 
heftig darüber frewen. Sonder du ſolleſt vielmehr traw⸗ 
tig fein onnd Gott bitten, das er dir wölle gnadt vers 
leihen, das du ſolchen Gewalt hie recht gebraucheſt, vnd 
das du dich deſſen nicht vberhebeſt. So du ſolches than 
wirft, iſt dir die Herfchafft nicht zum verderben, fonber 
zu deinem Heil onnd mwolfahrt gegeben. 

5) Die fünfft Schell ver Gewalt narren iſt, vergebens 
lich auff Iangwirig Regiment ond Gewalt Hoffen. Diefe 
Karren haltens gentzlich darfür, gleich als folt ihr Ges 
walt, Regiment, Ehr, Reichthumb, Freudt vnd wolluf 
ewig weten, vnd meinen, fie werben immer vnd ewig 
ober die Welt Herihen. O du Welt narr, bu würbef 
fürwar betrogen werden, dann es kompt ein ſtundt, das 
fh das glück vmbkert, ond wirt dein Reich in einem Aus 
genblid zugrundt gehn. Was meinſt du, das bein Herr⸗ 
shaft vnd Gewalt allzeit werdt weren? Nein gewißlich, 

es fein mechtiger Königreich zu grundt gangen vorhin, 

es wirbt ohn aweiffel deins auch nicht ewig weren. Dann 
wo iſt der Affyrier, Medeer, Perfier, Athenienfer, Römer 
unnd Griechen gemwalt vnd Reich Hin kommen ? Sein fle 
nicht alle zu grundt gangen vnnd gar zu nit worden ? 
Du aber meinefl, deins werde allein ewig bleiben fiehen ? 
Fürwar, du frreft hierinn weit. Deßgleichen, wie viel ſein 
auß König end Keiſern gehenckt, in die acht gethan, vnd 
jammerlich erſchlagen worden ? Wie viel fein in das Elendt 
verjagt, oder fonft auß dem reich mit groffer fchandt vers 
ſtoſſen wardin? Glaubeſtu nun mir, das nichts beflendig 


ff. dieſer Welt ſey? Derbalben, fo du fipeft durch viel _ 


Exempel, das nichts auff diefer Welt ewig weret, fo vers 
Ink dich nieht auff dein Gewalt, fonder feß dein hoffnung 
„md vertrawen allein auff Gott den Herren. Derfelbig 
vwirt dir · xin Königreich geben, das wirt immer vnnd inn 
alle ewi eit. wehren. 


h. 43 . . — — — — 


536 


Ich forih, das auff Erb niemands leb, 

Dem Gott on gnaden etwas geb, 
Oder dem er ſey pflichtig mit, 

Denn er iſt vns gank fihulbig nit, 
Ein freyer Herr fehendt wen er wil, 

Vnd gibt auf wenig ober vil, 

Wie im geliebt, wen geht ed an, 

Er weiß, warumb ers bat getham. 
Ein Häfner auf eim Erdklotz macht 

Ein ehrlich gfchirr, fonft viel veracht, 
As Kachlen, Häfen, Wafferkrüg, 

Darinn man höß end gutes trüg, 
Die Kachel fpricht nicht wider in, 

IH folt ein Krug, ein Hafen fein, 
Gott weiß, dem es allein zufteht, 

Warumb er all ding goronet bett, 
Warumb er Iacob hat erwehlt, 

Vnd nicht Eſau jm gleich gezelt, 
Warum er Nabuchodonofor 

Gefündet viel hett lange for, 

Strafft, vnd zu rhu doch kommen ließ, 

Vnd zu ſeim Reich nach dem er büßt, 
Vnd Pharao mit Geißlen hart 

Strafft, der dauon noch böſer ward, 
Ein Artzney macht einen geſund, 

Vnd macht den andern mehr verwund, 
Denn einer nach dem er entpfand, 
Gottes ſtraff vnd der gwaltigen Hand, 
Bedacht er fein ſünd mit ſeufftzen viel, 

Der ander braucht ſein freyen will, 
Vnd merckend Gottes grechtigkeit, 

Mißbraucht er ſein Barmhertzigkeit, 
Denn Gott nie keinen hat verlan, 


537 


Er wißt, warumb ers hat gethan, 
Wenn ers wolt als gleich han eracht, 

Er het wol nichts denn Roſen gmacht, 
Uber er wolt auch Difteln han, 

Das man fein Grechtigkeit feh an, 
Der was ein neivifch fchaldhafft Knecht, 

Der meint, fein Herr thet im vnrecht, 
Da er jm gab fein gdingten ſold, 

Vnd gab eim andern mad er wolt, 
Der wenig arbeit hat gethon, 

Dem gab er doch ein gleichen lohn. 
Man find gar viel gerechter Ieut, 

Die bie auff Erd habn obel zeit, 
Vnd left in Gott zu handen gahn, 

Als ob fie viel Sünd hetten gtban, 
Dargegen find man Narren did, 

Die zu allen fachen hand viel glüd, 
Vnd in jrn Sünden find fo frey, 
.Als ob jr werck gank heilig ſey, 
Das feind die vrthel Gottes. heimlich, 

Der vrſach wein niemands genglich, 
Je mehr man die zu gründen bgert, 

Je minder man darvon erfehrt, 

Ob jemand ſchon dündt das er wiß, 

So iſt er fein doch vngewiß, 

Denn all ding werden gefpart, 

In Tünfftig vnſicher hinfart. 
Darumb laß Gotts fürmwillengeit 

Vnd ortnung der fürfichtigfeit 
Stehn wie ſie fteht, thu recht und wol, 

Gott ift barmherzig, gnadenvoll, 

Laß wiſſen in alls dad er weiß, 
Thu recht, ven lohn ich dir verhelß, 


538 


Beharr, fo gib ich Dir mein Seel 
Zu pfand, du kompſt nicht in die Hell. 


Bon Befcher Marten, oder Fürſäh Narren, 
Das ſieben vnd fünffgigft Rarren Geſchwarm. 


Das fieben und fünffßigfte Narren Gefhwarm if, von 
Beicher oder Fürfäp Narren. Hie ift zu merden, was bie 
Fürfehung oder orpnung Gottes fey. Nemlich ein Fürſatz, 
das ewig leben zu geben. Oder ift ein gewifle ordnung 
vieler, fo von Gott dem Herren zum ewigen leben fein 
außerwöhlet. Diefe Befcher narren oder Fürſäh narren 
fol man fürnemlih auß fünff fchellen lehrnen erkennen. 

1) Die erfle Schell der Befcher narren iſt, vermeinen, 
Gott der Herr würde nicht von natur frepmwillig in euf 
ferlihen bingen. Auß weicher zall Arifloteles geweſen. 
Der fagt, das auß der notwendigkeit der natur, als die 
Sonn vnd das Fewr, Gott der Herr würdet. 

2) Die ander Schell if, vermeinen, der Menſch könne 
nicht freywillig etwas von ihm thun, fonder es gefchehe 
folhes alles durch die einflieffung der Sternen oder zus 
ſchickung Gottes. Solches thun die Sternen güder, die 
vermeinen , das diefer oder jhener Menſch, zu dem Dieb 
ſtal vnd todtſchlag von natur geboren fein, vnd das fols 
ches fein Planet außmweife. Item, fie fagen, das glüd 
vnnd vnglück flede in anlegen der kleidern, nad ſchwar⸗ 
Ber oder weifer farb. Diß if ein groffe Rarrpeit, vnd 
wider Gott, gleich als wann folche tödliche ding ein feel 
und Geift in ihnen heiten, das fie den Menfchen glüdfe: 
lig oder unglüdfelig könden machen. 

3) Die dritt Schell der Befcher narren iſt, vermeinen, 
Gott thue ein fürfehung, derwegen gelt ed glei, wa ber 
Menſch thue, fo werde er ein weg feelig als den andern. 
Die laß ich dir zu, fo du von Gott beruffen bift, vnnd 
in das Buch der lebendigen gefchrieben ſolleſt werden, fo 
gilt es gleich was du thuſt. Zum andern aber, fo du 
verdammet bift, fo magft bu nicht feelig werden, fo bu 
arauff ſündigeſt vnnd denckeſt, du werdeft nun nicht mehr 


539 


feelig, wenn bu ſchon lang guts thuſt. Zum britten fag 
ih, das folche zwey vorgehende flud gantz Narrecht zu 
betrachten: Dann nimb ein Exrempel ab der Artzney vnd 
einem Bawrs mann. Wer ift alfo Narrecht, das er nit- 
Artzney brauche, over fein Ader pflanpet, ob er fchon 
weiß, das ihm der Zodt von Gott auffgefeßt fey. Bott 
ber Herr ſetzt niemandt Fein ziel vnnd endt ohn ein mtits 
tel. Darumb darfffi du Fein folche rechnung machen, feyeft 
du verdammet, fo würdeſt du nicht ſeelig, oder feyeft du 
zur feefigkeit beruft, fo werdeſt du nicht mehr verbams 
met. Die iſt gantz vnnd gar ein gottlofe rechnung, dann 
weift du nicht, das bey Gott viel Barmperbigkeit ift, vnnd 
das er den todt des fünders nicht wölle, fonder das er 
fih zu ihm befere. ' 

4) Die vierdt Schell ift, vermeinen, das man den Mens 
ſchen nirgendt inn fraffen fol, darumb, dieweil er nichts 
von ihm felber volbringe, fonder er werde ein weg feelig 
als den andern, wenn er zu der feligkeit berüfft fey, wenn . 
er aber verbammet fey, hHelffe es nicht, wenn man ihn 
fhon lang ftraffe onnd zur Gottes forcht vermahne. Das 
rauff gib ich erftlih zu antwort, das es nicht war fey, 
das der menſch nicht von fm ſelbs thun könne. Zum ans 
dern, das er ohn das felig werde, iſt auch nicht war, die⸗ 
weil der Menſch durch folches mittel (nemlich der firaff 
vnd befferung) fan felig werden. Zum britten, fo er fa 
gewiß wiflet, das er verbammet wer, het ed ein andere 
meinung, vnnd wirt fein hoffnung darbey feyn, das er 
möcht fellg werden. Dieweil er aber folches nicht weiß, 
fonder ſtehet allein im zweiffel, fol man jn firaffen vnd 
zu der Gottes forcht und buß anreigen. Zum vierdten, 
das fo lang er auß forcht fürtfchreit, gilt das werd nicht: 
fonder man kompt von der fort zu der Lieb, vnd als 
dann gilt ſolches. 

5) Die fünfft Schell if, vermeinen, Gott fey ein anfes 
ber und annemmer der Perfonen, ond das er denen ſchmach⸗ 
heit und Creutz zuſchicket, fo ernicht erwöhlet hab. Darauff 
gib ich erfilich zu antwort vnnd fag, das Gott niemandt 
verwerffe oder von jm floffe, die ſich. zu ihm begeben, 
dann er wil, das alle Menichen felig werven. Zum ans 
bern, ob ſchon Gott der Herr nicht jedermann felig machte, 





540 


fo thut er doch niemandts vnrecht vnnd gewalt, dann er 
iſt niemandts etwas ſchuldig zu geben. Zum dritten, ſo 
iſt Gott gerecht, vnd an keinem ding ſchuldig oder vrſach. 
Zum vierdten, fol man Gott allezeit dienen. Dieſe ftud 
fol man betrachten vnd Gott vor augen haben, vnd jhn 
nicht in feinen thaten und werden reqhtfertigen. 


Der LVII. Narr. 


Wer leſchen wil eins andern Fewr, 
Vnd brennen Icht fein eigen Schewr, 
Der ift gut auff per Narren Bewer. 


Sein ſelbs vergeffen. 


Wer groß arbeit und vngemach 

Hat, wie er fürder frembde fach, 
Vnd mie eins andern nutzen fchaff, 

Der ift mehr denn ein ander Aff, 
Sp er nicht in feine eignen fach 

Zugt, das er fleipig fey vnd wach, 
Der Narren Büchlin billich Tißt, 

Wer weiß ift vnd fein felb3 vergißt, 
Denn der geordnet Tieb will Han, 

Der foH an jm felbft fahen an, 
Als auch Terentius vermant, 
Ich bin mir aller nechft verwandt, 
Ein jener lug vor feiner ſchantz, 

Che er forg, wie ein ander tantz, 
Der will verderben ehe denn zeit, 

Der jm nicht fäyt, und andern fchneidt, 
Vnd wer eind andern Kleid mit fleiß 

Seubert, vnd er das fein befcheiß, 


541 


Wer tefchen volll eins andern Kauf, 
So jm die flamm ſchlegt oben auf, 
Vnd brennt das fein in alle macht, 
Der hat auff fein nuß wenig acht, 
Wer fürdern will eins andern Karr, 
Vnd hindern fich, der ift ein Narr, 
Wer fich mit frömbber fach belad, 
Vnd felbft verfaumpt, der Hat den ſchad, 
Mer ſich deß vberreven läßt, 
Darauß jm fpott und ſchad ermechft, 
Ter mag die leng fich nicht erwehren, 
Der Narr erwüfcht in bey dem geren, 
Dem leit fein todt am hertſten an, 
Denn fonit erfennet jederman, 
Vnd er firbt und fein Ichen endt, 
Das er fich felbeft Hat erfennt. 


Von Perfoum Warren, vergeffen Marren, oder lie- 
derli Karren. 


Das acht vnd fünffsigft Narren Geſchwarm. 


Das acht vnnd fünfftzigſte Narren Geſchwarm ift, von 
Berfaum Narren. Dife feind es, fo fr eigen gefrhäfft ver: 
faumen vnd ander leuten fürdern. Welche Narren man 
aus fünff Schellen fol Ieprnen erkennen. - 

1) Die erſt Schell der Berfaum Narren ifl, die ver: 
ſaumnuß der Gottesforcht ond fromleit. Es werden onder 
diſer Schellen alle menfchen begriffen. Dann wir fein al 
geneigt, Weltliche vnd zeitliche Künft zu lehrnen, aber fei« 
ner {ft darzu geneigt, die kunſt zu lehrnen, wie er wol 
vnd fromklich leben mög, Gott diene, bie ſünd vermeide, 
barinn fein wir all fahrleſſig vnnd verſaumlich. Wie ein 
groſſe Thorheit iſt das, inn dem wir allein vnnützen vnnd 
vngeſchickten dingen nachtrachten, dargegen aber das jenig 
verſaumen, fo zu vnſer Heil vnd wolfahrt dienet? Es 


ð 


\ 542. 


feind vil, die fpredden: wann ich nun Reich gnug wirkt, 
ale dann will ich auch anfangen ond will mich) zu @ott 
bekehren. O du groffer Narr, wilt du nicht ehe Gott 
Iehrnen erkennen, dann wann du Belt onnd gut guug 
haft ? Zürwar, du handleſt in ſolchem flud thorechter dann 
ein Narr nie gethan hat: Du bift gleich einem Kauffmann, 
der die Kauffmannſchatz vergiffet, vmb welcher vrſach er 
doch fürnemlich gehn Frandfurt in die Mefle gefahren if. 
Alſo thuſt du auch, vmb deren willen du fürnemlich auff 
bie Welt biſt kommen, die verſaumeſt vnnd vergifieh du, 
ond trachteft difen allein nach, die nirgend zu nuß fein. 
Derhalben wölleft du gewarnet fein, das du die zeitlichen 
ding nicht höher adyteft, weder die ewige vnd Göttliche. 


2) Die ander Schell der Berfaum Narren iſt, auß fahr 
Ieffigfeit fein eigen boßheit vnd ſchalckheit nicht vrtheilen. 
Es feind etlich alfo geneigt, das fie fonft nichts anders 
thun, weder allein ander leut leben tadlen vnd vriheilen, 
wann e8 fiesfchon gar nicht angeht: Ihr eigen leben aber 
, ond wandel erwegen und "eramihieren ſie kümmerlich in 
einem gantzen jar einmal oder zweye. Darnach fein etlich, 
denen 28 von Ampis wegen beuoplen ift, uff ander leuit 
achtung zu haben, die kommen frem Ampt alfo fleiffig 
nad , das fie fich felbs verfaumen. O du groffer Narr, 
du laſſeſt dein hauß brennen vnd lauffſt hin, wilt eines 
andern löſchen. Du biſt ein Ziegler und haft ein hauß mit 
from gededt. Du mathſt ander leuten gläfere fenfler, du 
aber Haft daheim Yapiride.. Du bift ein Schneider vnd 
machſt ander leuten hofen, bu aber tregſt zerbrochne, das 
das man bir auff bie blofe haut fihet. In fumma, da 
fürderet ober ander leut vnd verfaumeft dich ſelbs. O 
du groß aug, o du Gugauch, der du auder leut beſchreieft 
vnnd warneſt, das fie ſollen fürſehen, du aber ſiheſt vi 
ſelbs nicht. 

3) Die dritt Schell der Verſaum Narren iſt, die ehr⸗ 
entbietung ber Göttlichen Maieſtet verſaumen. Da ſollen 
fürnemlich die Geiſtlichen Prelaten vnd Kirchendiener für⸗ 
ſehen, das fie nicht vnder diſer Schellen begrieffen werden. 
Dann ich foörcht, das fie von vielfaltiger freundtligkeit 
inn verachtung der Göttlichen Maieftat fallen. Daun die 


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543 


-  vielfaltige gemeinfehafft oder freundiligkeit gebieret die 


verachtung. Darumb follen die Geiſtlichen Herren, was 
ſtandts vnnd würden fie fein, in ſonderheit forg haben, 
das fie nicht zu viel mit der Welt vnnd jrem anhang ges 
meinfchafft machen, vnd Gottes ehr und nammen dargegen 
verfaumen. Dann welche fih hefffig zu der Welt gefellen, 
vnd ligen mit ihr onden vnd oben, bie entunehren dar 
durch die Göttliche Maiefet. - 

4) Die vierdt Schell der Berfaum narren if, feines 
Nechſten Heil vnd wolfarht verhindern oder verfaumen. 
Die Schrift weifet dich, das du vor allen dingen deines 
Nechften, fo etwas daruon zu grundt geht, und du es fin- 
dert, nicht verſaumeſt, dieweil es eines andern if, fonder - 
e8 mit trewen hewareft, gleich als bein eigen ding. Dann 
wenn du deinem Nechften etwas gute thuft, fo tHufl dire 
ſelbs: doch das du dich nicht verfaumef vnd ein andern 
fürderft. 

5) Die fünfft Schell der Berfaum narren if, fein eigen 
feel vnd feligkeit verfaumen. Es fein etlih, die tragen 
alfo groß forg für ander leut heil vnd feligfeit, das fie 
dardurch fr eigen feel verfaumen. O du groffer Rarr, 
warumm haft du alfo groß forg für ander leut heil vnnd 
ſeligkeit, dein eigen feel aber laſſeſt du In abgrundt der 
Sell verderben ?_ Was hilfft ed dich, wenn du fehon bie 
gantze Welt haft, vnd aber ſchaden an der feet leiveft ? 
Derhalben lab von viefer Rarrpeit, und Iug, das bu dich 
vor allen dingen gerüſt machefl, ond dein eigen heil onnd 
feligfeit nicht verſaumeſt. 


Der LIX. Narr. 


Wer begert, das man im thu all tag, 
Bnd er doch-dauck vnd Lohn verſag, 
IR wol, das man im die Britfhen ſchlag. 


Bon vndandbarteit. 


Der ift ein Narr, der viel begert, 
Vnd er nicht thut Der ehren wehrt, 


544 


Vnd gibt eim müh vnd arbeit viel, 

Dem er doch wenig lohnen wil, 
Wer von eint ſach wil haben gwinn, 

Billich ſetzt er in ſeinen ſinn, 
Das er auch koſten leg daran, 

Will anders er mit ehren bſtan, 
Gar ſelten in ſeim weſen bleibt, 

Ein müd Roſfſz, das man vbertreibt, 
Ein willig Roſſz wirt ſtettig bald, 

Wenn man das Futer jm vorhalt, 
Mer eim viel ding zumuten gtar, 

Vnd lohnen nicht, der ift ein Narr, 
Wer nicht mag haben wol für gut, 

Was man vınb ziemlich lohn im thut, 
Der fol zu zeiten fich nicht klagen, 

Ob man jm arbeit thut verfagen, 

Ja fol man jm bie Britſchen fehlagen, 
Wes einer wil, das er genieß, 

Der Ing, dad er auch wider fchieß, 
Vndanckbarkeit nimpt böfen lohn, 

Cie macht den Brummen Waſſers ohn. 
Ein alt Eiftern nicht Waſſer gibt, 

Wenn man nicht Waſſer noch brein ſchuͤtt, 
Ein dörrer Angel gar bald Firrt, 

Wenn man jn nicht mit dl aud ſchmirt, 
Der iſt nicht würbig groffer gichend, 

Wer an die Heinen nicht gebend, 
Dem wirt billih verfagt all Gob, 

Der vmb die Klein nicht faget Iob, 

Der heißt wol ohn vernunfft vnd grob, 
AU Weifen je gehaflend hand, 

Den, der vndanckbar warb erkannt, 


545 


Von Vadanchbar Warren, 


Das neun vnd fünfftzigſt Narren Geſchwarm. 


Das neun vnnd funfftzigft Narren Geſchwarm iſt, von’ 
Vndanckbar narren. Nemlich von dieſen, fo allzeit bege⸗ 
ren, das man jnen guts ſol thun, ſie aber vergelten ſol⸗ 
ches in feinen weg wider. Dieſe fol man auß ſieben 
Schellen lehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell iſt, die guithat vnnd empfangene 
wolthat zwyfach wider gelten. Welcher ein gutthat oder 
wolthat gleich wider vergiltet, derſelb wirt darfür geach⸗ 
tet, als wenn jihm die gutthat nicht angenem were gewe⸗ 
fen. Darumb, wenn dir einer guts thut, fo folt du fie 
nicht gleih wider vergelten, dann wo bu folches thuſt, 
fhmehefl du den darmit, der dir fle bewiefen hat. Auch‘ 
folt du viefelb nicht Doppel vergelten, dann wo du diß 
thuſt, ift es kein guithat geweien, fonder nur geliehen gut. 

2) Die ander Schell der Bndanddar narren iR, die 
gutthat nicht widerumb vergelten. Es fol ein jedlicher, 
dem ein gutthat widerfahren ift, diefelbige zu mitler zeit 
onnd tag nad feinem vermögen widerumb vergeilten, es 
fey gleih in Fleinen oder groſſen fachen. Welcher aber 
ſolches nicht thut, vnd vergiffet die empfangene mwolthat, 
der ift ein Vndanckbarer Rarr von jebermann zu halten. 

3) Die dritt Schell der Bndandbar Narren iſt, die 
empfangenen gutthat vnd woltfat verachten. Dann es 
fein etliche, die flellen fi gegen ihren woltfetern, als 
wenn fie nie fein guts von ihnen empfangen heiten. Es 
fot ein dandbarer Menſch fih gegen feinem guttheter 
vberall erzeigen, Das er gutthat vonn jhm empfangen hab, 
vnnd fol ihn offentlich vor jetermann Toben vnd rühmen, 
onnd nicht heimlich. Dann das iſt der Vndanckbaren 
brauch vnnd natur, das fie die gutthat werfchweigen, vnd 
befennen diefelbige allein heimlich bey ihnen. 

4) Die vierdt Schell der Vndanckar narren iſt, die 
gutthat nicht erkennen, vnd diefelbig gan vnnd gar ver⸗ 
geſſen. Der iR für Vndanckbar zu halten, welcher leug⸗ 
net, das er die empfangene gutthat nicht empfangen hab. 
Der ift Bndanddar, welder die empfangen gutthaten ver⸗ 

i. 


546 


hälet, noch iſt der mehr ondandbarer, welcher vie empfan⸗ 
genen gutthat nirgendt inn vergiftet: aber onder diefen 
beidt ift folder der aller untandbareft, fo die empfangen 
gutthat vergiffet. Dermegen wirt diefer nimmer für band: 
bar geachtet, welcher die empfangene gutthat in vergeß Rellet. 
5) Die fünfft Schell ver Vndanckbar narren ift, böſes 
vmb guted geben vnd vergelten. Alfo thun feier alle 
menfchen, die geben, Gott dem Herren bofes-für gutes. 
Dann er hat uns vil guts geben, nemlich fein geliebten 
Sohn Iheſum Chriſtum, wir aber vergelten ihm böſes 
dargegen, ſchmehen vnnd Schelten ihn: Zür Chriſti guthat, 
fo er ons geben hat, leftern wir ihn, vnd heben jim fein 
beilige wunden vnnd groffe marter auff. Alſo thetten bie 
Römer vnd Mertriten Camillum mit ſchanden auß der 
- Statt, durch deſſen bilff ſie doch die Gallier vberwunden 
hatten. Deßgleichen thetten auch die Athenienfer, die vers 
trieben ihren getrewen Gefaßgeber in das Elendt. Alfo 
geihicht noch vielen zu vnſern zeiten, das, wenn fie ſchon 
etwann dem Gemeinen nuß vnd Regiment wol dienen, 
vnd viel guts beweifen, werden fie Doch offt von den Bes 
meinen verfloffen, vnd wirt inen böſes für gutes vergolten. 

6) Die fechft Schell der Bndandbar narren ift, Die wols 
thaten nicht allein verhälen, fonder diefelbig fchelten und 
verachten. Es if ein als fprihwort, das man feinem ge: 
ſchenckten Roſſz ſol ing maul Iugen, zu befehen wie alt 
es fey. Man findt viel Fraß narren, die Iaffen fih nicht 
vergnügen an zimlichem eſſen vnd trinden, fo etwann ein 
quter Freundt ihnen fürfegt, ſonder fie wollen alle fchleds 
bißle haben, vnd wo man bie felbige Ihnen nicht fürtregt, 
fo verachten fie ihn, vnnd haben ſolches für fein gutthat. 
Ya fie dörffen auch noch wol ven Wirdt darzu flumpffies 
xen, vnnd fprechen, fie beiten gemeint, er bett fie anderft 
tractirt, weder alfo. Aber folche gefellen lehrnet mon 
gleih erkennen an ihren geberven, vnnd machen fie fi 
hierinn zu ſchandt den gafl. 

7) Die fiebendt Schr ver Vndanckbar narren if, die 
gutthat für ein obelthat ſchetzen. Dife Narren fein glei 
den jungen Schulern, wenn fie der Schulmeifter züchtiget, 
vermeinen fie, er ſey inen feindt, vnd thue ſolches auß 





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547 


neidt, fo ers do von wegen Ihres nutzes thut, damit 
fie dem fludieren nachmals mit höherem fleiß obligen. Alfo 
thun folche Narren auch, wenn man jhnen etwann ein 
trewen raht gıbt, vnd wil jnen gute beweiſen, halten fie 
folhes für ein feindtfchafft und neidt. Aber es werben 
ſolche Rarren nachmals wol erfahren, damit fie omb fein 
gangen, in dem fie die guithaten deſſen, fo jm guts ger 
gönnet, verworffen haben. Diß fey alfo nrblich von den 
vndanckbar Narren gefagt, darfür ſich dann ein jeder menſch 
fol hüten, damit er nicht onder dieſe zaal gerechnet werde. 
Seitenmal nichts ärgers vnnd böſers iſt, weder die Vn⸗ 
dandbarkeit. Wie tann auch das gemein ſprichwort laus 
tet, das Undandbarkeit ein Iafter fey. Wilt du nun für 
fein laſterhafften Menſchen gehalten werben, fo fhauw, das 
du dich allzeit gegen deinem Nechſten dandbar erzeigefl. 


: Der LX. Rarr. 


Des Narren brey ich nie vergaß, 
Da mir geflel das Spiegelglaß, 
Hans Eſels Ohr mein Bruder mas. 





Bon im ſelbs wolgefallen. 


Der rürt jm wol den Narrenbrey, 

Wer meinet, das er witzig fey, 
Vnd gfellt allein jm felber mol, 

In Spiegel ficht er manches mol, 
Vnd Fan Boch nicht gemerden das, 

Dad er ein Narren fiht im Glaß, 
Doch wenn er ſchweren folt en Eyd, 

Vnd man von weiß vnd huͤpſchen feld, 
So meint er doch, er werd allein, 

Man fünd fein gleich auff erven fein, 
Vnd ſchwür auch jm gebreft gar neut, 

Sein thun vnd Ian gfellt jm allzeit, 


SIT. 


547 


neidt, fo ers doch von wegen jhres nutzes thut, damit 
fie dem ſtudieren nachmals mit höheren fleiß obligen. Alſo 
thun ſolche Narren auch, wenn man jhnen etwann ein 
trewen raht gibt, vnd wil jnen guts beweiſen, halten ſie 
ſolches für ein feindtſchafft vnd neidt. Aber es werden 
ſolche Narren nachmals wol erfahren, damit ſie vmb ſein 
gangen, in dem fie die gutthaten deſſen, fo im guts ge⸗ 
gönnet, verworffen haben. Diß fey alſo Türglic von den 
ondandbar Narren gelagt, darfür fih dann ein jeder menfch 
fol hüten, damit er nicht vonder diefe zaal gerechnet werde. 
Seitenmal nichts ärgers vnnd böfers if, weder die Vn⸗ 
dandbarkeit. Wie tann auch das gemein ſprichwort lau⸗ 
tet, das Undanckbarkeit ein laſter ſey. Wilt du nun für 
fein Tafterhafften Menfchen gehalten werben, fo fhaumw, das 
du dich allzeit gegen deinem Nechſten dandbar erzeigefl. 


Der LX. Rarr. 


Des Narren brey Ich nie vergaß, 
Da mir gefiel das Spiegelglaß, 
Sans Efels Ohr mein Bruder mas, 


— — 


Von im ſelbs wolgefallen. 


Der rürt jm wol den Narrenbrey, 
Wer meinet, das er witzig ſey, 
Vnd gfellt allein jm ſelber wol, 
In Spiegel ſicht er manches mol, 
Vnd kan doch nicht gemercken das, 
Das er ein Narren fiht im Glaß, 
Doch wenn er ſchweren folt ein Eyd, 
Vnd man von weiß und hüpfchen feld, 
So meint er doch, er werd allein, 
Man fünd feins gleich auff erven fein, 
Vnd ſchwür auch jm gebreft gar neut, 
Sein thun vnd lan gfellt jm allzeit, 


548 


Den Epiegel er nicht von jm leit, 

Er ſitz, lig, gang, wo er fteht, 
Gleich als der Keifer Otto thet, 

Der in dem ftreit ein Spiegel hett, 
Vnd ſchar all tag fein baden zwilch, 

Vnd mufch fie denn mit Eſelsmilch, 
Das ift ein Weibertheiving gut, 

Keine on Spiegel etwas thut, 
Eh fte ſich fchleigern recht darvor 

Vnd mußen, gebt wol auß ein jor, 
Wem fo gefellt weiß, gftalt und werd, 

Das iſt er Aff von Heidelberg, 
Pigmalion geflel fein eigen Bild, 

Des ward er In narrheit gank wild, 
Hett fi Nareiffus gefpiegelt neit, 

Er hett gelebt noch lange zeit, 
Mancher ficht ſtehts den Spiegel an, 

Sicht doch nicht hübſches darinn ſtahn, 
Wer alſo iſt ein narrecht Schaf, 

Der leid auch nicht, das man jn ſtraff, 
Ja geht er in ſeim weſen hin, 

Vnd wil mit gwalt nicht wißig fein. 


Bon Selbsgefallen Marren, oder von Spiegel Marren. 


Das ſechtzigſt Rarren Geſchwarm. 


Das ſechtzigſt Narren gefhwarm if, von Spiegel Nar: 
ren oder Selbsgefallen narren. Dann es fein deren gar 
vil, die inen ſelbs in allen jren werden ond worten alzeit 
allein wolgefallen, vnnd rühmen fi) auch allein nur von 
jrer weißheit, wolredenheit, flerdle, ſchönheit, adel, alten 
herfommen , groffen reichtfumen vnnd andern viel dingen 
mehr. Diefe Narren fol man fürnemlich auß fünff feel: 
Ien lehrnen erkennen. 


549 


1) Die erfie Schell der Selbs wolgefalfen narren if}, 
höchlich frolocken ober die güter des leibs, gleich als wenn 
er fie von im felbs hette. Die güter aber des leibs fein 
firnemlich diefe, ein guter verſtandt, herrliche gedechtnuß, 
flerde , ſchönheit vnd gefundtheit, ꝛc. Die zeitliche güter 
aber fein diefe: reichthumb, ehr, berrligleit, gewalt, letſt⸗ 
lich fein die Geiſtlichen güter, gnadt, weißpeit, vernunfft 
ond erfandtnuß Gottes. Solche narren, die ſich dieſer 
güter des leibs rühmen, gleich als wenn fie diefe von 
inen felbs heiten, fein fürwar hefftig zu fehelten. Dann 
was haft du mit dir auff die welt bracht? biſt du nicht 
nadet onnd. bloß daranff fommen? Du Rarr, was boörffft 
du di dann vil deren rühmen, gleich ale wenn bu fie 
von bir felbs hetteſt. . 


2) Die ander Schell der Spiegel narren iſt, frolocken 
vber die güter des leibs, gleich als wenn fie im durch 
fein verbienft von Gott befchert weren. Es glaubt zwar 
folder Narr, das diefe gaben von Gott herfommen, fein 
jm aber von wegen feines verbienft vonn Gott befcheret. 
Solche Spiegel narren fein den jungen Kindern zuuers 
gleichen, vie vornen auff dem Wammeſt ermeln ein fpies 

el machen von roß vnd vnflat. Alfo bi du auch, du 

piegel Narr, der du dich deines verbienft rühmeſt vnd 
hoch Herfür ſpiegleft. Dann wz thuſt du fonft anders, 
dann dz bu dich im rotz vornen auff den ermein fpiegleft? 
Was ifi anders bein leben, verbienft ond die werd deiner ' 
händt, weber ein wüfter, vnfletiger, dider rotzkengel? Ich 
wolt dirs gern gröber vnnd vnfletiger nennen, wenn ich 
mich nicht fchemmet, folches zu fagen. Dann wie däarfift 
du alfo kühn fein, das bu dich deines verdienſts gegen 
Gott rhümeſt, fo doch all dein werd vnd thaten vonnüß 
fein? Dann wenn bu alles thuft, was bu thun ſolleſt, 
bift du doch nur ein Knecht, vnnd haft erſt gethan, was 
du fchuldig zu thun bift geweien. Derhalben dörffſt du 
dich deines verdienſts gar nicht rühmen, gleich als wenn 
dir Gott etwas guts zu thun ſchuldig were, von wegen 
deines verbienfte. Sonder alles, was du haft ond befißeft, 
das kompt dir auß der guabenreichen handt Gottes. Den 
ſolleſt du auch für bein befcherer vnd geber erfenuen. 


550 


3) Die dritt Schell der Spiegel narren if, frolocken 
und hoch berühmen der güter, fo er nicht hat. Es fein 
viel der Spiegel narren, die haltens darfür, wie fie haben 
ein fiharpfinnigen vnnd hohen verflandt oder gedechtnuß, 
oder groffe-erfahrnuß, wichtige hendel zu volführen , ober 
funderlichen bericht in den fünften und geſchwindigkeit, oder 
fchönheit in der perfon, oder kunft in dem finn, oder weiß: 
beit im Regiment, oder vollfommenpeit in Geiftlihem le⸗ 
ben, vnd ruhmen fich folcher tugenden und fünften, fo fie 
doch in der wahrheit derfelbigen gar keine haben, noch 
belommen werden. Es werben vil vonder biefer fchellen 
begriffen, fürnemlich aber die Hoffleut, daſelbs wil ein 
jeder höchſt vnnd flattlich gefehen werben, vnnd wil ein 
jeder dem Fürften am beften rathen. 


- 4) Die vierdt Schell der Spiegel narren ifl, fih von 
vergeblichen vnd vndüchtigen dingen rühmen. Es fein et 
liche, die ſich zwar nicht gar von vergeblichen dingen rüßs 
men, feboch ift folches, daruon fie ſich rühmen, nit der 
redt werdt. Als nemlich von dingen, die ſich lengſt ver 
Ioffen haben, fürnemlich in Weltlichen fachen, vnd nit in 
Böttlihen. Dann manicer rhümt ſich von feiner ſchön⸗ 
heit, die er etwann gehabt hab, oder von ben groffen 
reichthummen, ehr, wolluft, gewalt, ꝛc. Welche doch all 
mit einander nicht einer ſchnal werdt fein, ſonder zergeng⸗ 
lich vnd zeitlich. Bor diefer Schellen if niemanbt auff 
der gaffen fiher, fonder es habens auch die zwey järige 
findt anbangen, dann wenn man jhnen ein new par 
ſchühle anlegt , rühmen fie fih, vnd vermeinen, «8 hab 
niemandt huͤpſchere weder fie. Deßgleichen werben aud 
Fürften vnd Herren under dieſer fehellen begriffen, dann 
es meinet ein jeblicher, ex ſey der gewaltigft ond fürnembft 
under den anderen. Deſſen haben wir ein erempel an bem 
Keifer Otto, welcher alzeit ein fpiegel mit jm in Krieg 
gefürt. In fumma, es lebt niemandts auff der Welt, der 
nicht vnder diefem Narren geſchwarm begrieffen wirbt. 
Dann es hat ein feder Menſch ein fondern Geift bey ihm, 
dardurch er fi erhebt, und vermeint, er fey höher oder 
etwas ftattlichers weder ein anderer. 

5) Die fünfft Schell der Spiegel narren iſt, fih ober 





551 


andere erheben, vnd vber viefelben wöllen herfchen, gleich 
als wenn er beffer wer dann ander leut, vnd darneben 
ſolche Höclich verachten. Sole Narren fein gleich wie 
der ſchaum in dem hafen, vnd die fprewer vonder dem 
weißen, die fleigen alweg empor. Alfo thun dieſe Narren 
auch, die meinen, fie fein viel beffer onnd frömmer weder 
ander leut, darumb fol man fie oben an das Brett feßen, 
vnnd ihnen ehr beweifen. Dan findt manichen Narren, 
der heit alfo viel auff feinen kuttlen, das er ein eydt mit 
auffgehabnen fingern ſchwüre, es wer niemandt fo gefehrt, 
fo hüpſch vnnd ſchön, fo verfiendig vnd Hug, fo mol bes 
redt weder er, vnnd iſt gar nichts an ihm, das jm miß- 
felt, aber an einem andern gefelt jm nicht, vnnd wenn 
er ſchon fo fhön wer, als die ſchön Helena inn Griechen: 
landt. Alles das, fo ander leut tun, wenn es fon 
recht vnd wol gethan ift, mißfellet im. Aber was er thut, 
das heit er hoch, vnd verwundert fich allein über die ding 
bie er thut. Vnd das ichs mit einem wort fag, es ge: 
falt folhem Karren fein kolb allein, vnnd vermeint er, 
es ſey im der ſchönſt Narren kolb vonder viel taufent zu 
theil worden. Aber es wirt on zweiffel im mit dem kol⸗ 
ben der ewigen vertamnuß gelaufet werden, bieweil er 
jedermann veracdht hat, vnd vermeint, es fey niemandt 
frömmer vnd beffer weder er, fo ex doch der ergft fchald 
it, den man auff zweyen beinen mag finden. Darumb 
wirt in Gott der Herr auch firaffen, vnnd wirt in ver 
werffen von wegen feines vbermuts, vnd gleich wie jm 
die niemandtd gut genug ifl gewefen, vnd er jedermann 
veracht Hat, alfo wirt er in ibener Welt auch veracht 
ond vom angefiht Gottes verftoffen werden. Diß fey in 
einer fumm alfo kürtzlich geſagt von den Spiegel Narren. 


Der LXI. Narr. 


Das beſt am tantzen iſt, das man 
Nicht jmmerdar für ſich gan, 
Bud aud bey zeit vmbkeren Fan. 





952 


Bontandenm 

Ich Hielt noch die für Narren gang, 

Die freudt und luſt han in dem Tank, 
Vnd lauffen vmb, ald merend taub, 

Müd füß zu machen in dem flaub, 
Uber wie ich gedenck darbey, 

Wie Tank mit fünd entfprungen fey, 
Vnd ich fan merden und betracht, 

Das es der Teuffel hat auffbracht, 
Da er dad gülvden Kalb erbadht, 

Vnd fchuff dad Gott ward gank veradht. 
Noch viel er -mit zumegen bringt, 

Auß tanken viel vnrahts entfpringt, 
Da ift hoffart vnd üppigfeit, 

Vnd fürlauff der Bnlauterfeit, 
Da fchleifft man Venus bey der bend, 

Da hat aM ehrbarkeit ein end. 
So weiß ich gang auff dem Erdreich 

Kein fchimpff, der fey eim erſt fo gleich, 
Als dad man tanken hat erbacht, 

Auff Kirchweih erfte Meß auffbracht, 
Da tanken Pfaffen, Mönch vnd Leien, 

Die Kut muß ſich dahinven reien, 
Da lauft man vnd wirfft vmbher ein, 

Das man Hoc) ficht die blofien bein, 
Ich wil der andern ſchand geſchweigen, 

Der tank ſchmeckt baß denn eſſen Feigen, 
Wenn Cuntz mit Meben tantzen mag, 

In hungert nicht ein gantzen tag, 
Sp merben fie des Kauffes eins, ° 

Wie man ein Bod geb vmb ein Geiß, 
Coll das ein Kurkweil fein genannt, 

So hab ih Narrheit vil erfant, 





653 


Piel warten auff den Tantz lang zeit, 
Die doch der Tank erfettiget neit. 


Yon Tantz Warren, Spring Warren, oder Hupff- 
Narren. 


Das ein vnd ſechtzigſt Narren Gefchwarm. 


Das ein vnnd ſechtzigſte Karren Gefhwarm if von 
Tantz Narren. Doch fol man eigentlih merden, von 
welchen tantz Narren wir hie reden, dann es feind die 
nit alle tank Narren, fo tanken, fon weren Dauid vnd 
andere Gottsförchtige Männer, fo auch getantzt haben, au 
für tang Narren zu halten. Sonder wir fagen hie von 
den vnzüchtigen vnd fchandtlichen tantz Narren. Welche 
man fürnemlih auß fieben Schellen Iehrnet erkennen. 

41) Die erſt Schell ver Tantz Narren if, Zu vngelegner 
zeit fanden. Das heißt, zu vngelegner zeit fangen, nem: 
lich wann man an den hohen Feſt tagen, als am Wynacht 
tag, oder am Newen Jars tag, oder auff den Oftertag 
oder auff den Pfingflag, oder andere mehr beftimpte hohe 
Feſt tanget, welche Hohe Feſt nicht tantzes halben fein 
angeftellet, fonder bettens halb, das man auff folhe Feſt 
fol Chriſtum den Herren fürnemlich anrüffen, vnd im lob 
und dandfagen für feine groffe gutihaten, die ex uns be: 
wieſen hat. Doc thun folches nicht allein die Leyen und 
Bawren, fonder die Pfaffen vnnd Mönchen treiben folches 
auch, fürnemfich an difen Feſttagen, vnd meinen, es fey 
jnen zugelaffen und fie haben deſſen ein freiheit von Gott. 
Dife fündigen Hefftiger weder ander Ieut, dann fie folten 
ander leuten weren, fo thun fie es felbs. Damit ich aber 
difer fchellen kurtz abbrich, fag ich, das es ein groſſe todt⸗ 
fünd ſey (mie es fonft auch nicht faft recht if) an folchen 
Feſttagen tangen vnd fpringen, dba man doch Gott den 
Herren vor allen dingen folt loben vnd preifen. Es wirt 
auch ſolches tanken Gott nit vngeſtrafft laſſen hingehn, 
fonder er wirt dife Hochzeitlihe Feſt in leid verkehren, 
welches ir allein mit ewerem tangen zu wegen bringet. ⸗ 

2) Die ander Schell der fang Narren if, Perfonen 


% 


' 554 


tantzen, ‘ven es gar nit gebürt noch zugelaſſen if. 
Den Prieflern, Pfaffen, Mönchen, vnd Nunnen iſt es 
vberall verbotten zu tanken. Dann fle follen eingezogen 
und züchtiger fein weder anderleut, nicht daher fangen, das 
jhm die Kutte auff dem hindern auffhupffet, gleich ale wann 
noch einer under im tanget. Wer weiß aber, villeicht tan« 
Bet der Teuffel darunder, ber reiget in an, das er fol 
tangen, damit er nur fein flandt entunehre vnd der Welt 
böfe exempel geb, auff das vil durch fhn verführet wer: 
den. Dann wie fanft du ein andern ftraffen, er fol fi 
nicht der Geilheit, wolluft vnd mutwillen, zeitlicher freud 
ergeben, fo du doch folches felbs offentlich mit groffer 
fhand vnd fpott begeheft. O du blinder Narr, bevdend, 
warumb bu zu diſem berüffet ſeieſt. Nemlich das du dem 
Bold trewlich fürftehen ſolleſt, vnd fie lehren Gott nad: 
zuoolgen, fo du doch mit ſolchem leben fie von Gott ab« 
wendeſt. Fürwar, es wirt Gott fr blut vnnd fünd von 
deinen henden erfordern. Darumb lug zu, mit was fachen 
bu ombgehefl. 

3) Die dritt Schell der Tan Narren if, vnzüchtigklich 
vnnd üppigflih Tanken. Dann es werden vil gefunden, 
bie tangen alfo Bübifcher weiß mit werden ond geberben, 
das nicht gnugfam von fhrer üppigfeit zu fagen if. Dan 
treibt zu vnſeren zeiten folche vnzimliche vnzuͤchtigkeit vn⸗ 
ber dem tanben, bas vor nie erfehen noch erhört iſt wors 
ven. Deßgleichen bringt man fouil tänge auff die ban, 
die vor nie im brauch fein geweien, das ſich nicht genug 
barob zu verwunderen if. Als da ifl: der Schäffer Tanz, 
der Bawren tang, der Welfch tang, der Edelleuten tan, 
ber Studenten tantz, Keßler tank, Bettler tank, vnnd in 
fumma, wann ich fie all wolt erzelen, Het ich wol ein 
gantze Wochen gnug zu fchaffen. \ 

Darnach findt man Klötz, die tanken alfo Sewiſch vnd 
vnflätig, das fie die Weiber und Jungfrawen dermaſſen 
herumb ſchwencken vnd in vie höhe werffen, das man ihn 
binden vnd vornen binauff fiehet biß in die weich, alfo 
das man ihr die hüpſche weiſſe beinle fiehet vnd ſchwartze 
oder weiß fliffele, die offt fo voller kath und vnrath fein, 
das einer darob fpeuwen oder ondewen folt. Auch find 


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555 


man ˖eilich, bie haben deſſen ein ruhm vnd hoffart, wann 
fie die Jungfrawen oder Weiber hoch inn die höhe können 
fhwenden , ond haben es bißmweilen die Jungfrawen (fo 
anders folche Jungfrawen zu nennen fein) faft gern vnd 
iſt inen mit lieb gelebt, wenn man fie alfo fchwendet, das 
man jhnen, ich weiß nicht wohin fiehet. Pfuy der groffen 
ſchand vnd vnzucht, das du diß ort mutwilliger weiß ent 
bioffeft, das doch Gott und die Natur wil verborgen has 
ben. O ſchand ober fohand, wie gar bift du in die Welt 
gefchloffen in junge vnd alte? Fürwar, wo ſich die Welt 
nicht beflern wirt onnd von dem üppigen leben abflehen, 
fo wirt fie gewißlih Gott der Herr firaffen, wie er denn 
zu Sodoma vnnd Gomora gethan, die er allein vmb ihr 
vppigkeit ond vnkeuſchheit halben mit ſchwebel vnnd bed 
geftrafft hat. Noch het ich ſchier ein Tantz vergeflen, nems 
lich den Reien tantz, da werben auch nit minder onzucht 
und fhand begangen, weder inn den andern, von wegen 
der fehandtliden vnd fchamparen Burenlieder, fo darinn 
geſungen werden, damit man das Weiblich gefchlecht zu 
der geilheit vnd vnkeuſchheit anreitzet. Diß fey hie gnug 
von dem vnzüchtigen tanpen. 

4) Die vierdt Schell der tank Narren if, Auß verker⸗ 
tem vnd bofem fürfaß tanten. Es feind, die gehen das 
rumb zum fand, damit fie andere zur geilheit ond mutts 


‚willen anreigen. Da fahet man an vnd wirt einander 


hold, da ſchwetzet Lieb vnnd leid mit einander, wo fie fonft 
nicht zufammen mögen kommen, da truden fie einander 
bie hand, geben einander Bulen Brieffle, darinn Grebten 
vnd Hanfen anligen fleht, vnd in fumma, es wirbt alles 
bey tem tantz außgericht. Dann wo das Grettle und ber 
Better Wandele fonft nit mögen zufammen kommen, ge 
ſchicht es genblich bey dem tantz. Darnach fein eilich, die 
gehn zwar nicht auß folhem gar böfen fürfag zum tantz, 
gleich wie die erſt gemelte, jedoch tangen fie allein barumm, 
damit fie mögen mit greiffen, fehen und ſchwetzen ir ge 
müt befufligen vnd ergeßen. Solche füntigen eben fo 
ſchwerlich als die andern. 3a, fprechen etlich, ich gebe 
nit darumb zum tan, das ich vnzucht vnnd muttwillen 
wol darbey treiben, oder dz ich woͤll ein andern zu mutk 


556 


- willen anreißen. Daruon fag Ich au, dieweil bu wiftent 
zum tantz geheſt, fo du doch weift, das es vnrecht vnd ein 
onehrlicher tank iſt, wickleſt du dich inn gefahr, darinn du 
auch zu grund gehn würdeſt. 

5) Die fünfft Schell der Tantz narren iſt, did vnd off 
termals fangen. Dan fpricht gemeinlich, welcher tag vnd 
nacht vol vnd toll ift, der begeht ein todt fündt, welcher 
aber zu felßamen zeiten, im jar einmal, zwey ober drey 
fih trunden trindet, der fündiget zwar auch, aber nicht 
fo hart vnd fehwerlich als diefer, der tag vnd nacht, früe 
vnd fpat, durch das gantz jar voll vnd toll if. Alfo if 
es auch hie gefchaffen mit den Tang narren, welche auß 
gewonheit vnd teglichem brauch tangen, die begehn ein 
todt fünde, die aber fo nicht auß gewonheit, fonder allein 
nur zur felgamen zeit (wenn fie ohn gefehr darzu kom⸗ 
men) tantzen, fündigen nicht fo fehwerlich als die andern. 
Jedoch fein fle nicht zu entfihuldigen, gleich als wenn fie 
recht daran theten. Dieweil fie fich folder gefahr under: 
werffen, ander leut zu mutwillen anzureigen, vnnd bewe⸗ 
gen mit ihrem erempel ander leut, ihnen auff gleiche weiß 
nachzuuolgen. 

6) Die ſechſt Schell der Tantz narren iſt, an ortgen 
vnnd enden tanken, fo fich nicht gebüret, nemlich inn den 
Kirhen, Kirchhöfen, oder fonfl andern orten vnnd enten, 
die nicht zu Weltfichen dingen verorbnet fein. Auch fol 
man fih hüten, an gefährlichen orten zu tanen, wo man 
leichtlih mag verzucdt werden, gleich wie den Jungfrawen 
geſchach (im Buch der Richter am letften capitel) die zwi⸗ 
ſchen den Weingarten tantzten, vnd wurden von den Be 
niamitern verzudt vnd hinweg gefürt. Solches fey bie 
gefagt von dieſen ſechs fchellen. Wer iſt nun, der folde 
en in dem tangen vermeidet? welcher nun vonder die: 
er ſchellen einer begriffen wirbt, der iſt ein Tantz Kart 
zu fchelten. Dieweil man aber folche fchellen gar ſchwer⸗ 
lich kan vermeiden bey dem tantzen, fo if es viel beſſer, 
daheimen blieben vnd betrachten, was man zu ſchaffen hat, 
weder da bey dem tand fliehen, zu ginaffen ond fündt begehn. 

7) Die flebendt Schell if, mit verwilligung tanßen. 
Dann der {ft nicht allein ſcheltens würbig, der begeret zu 


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557 


tantzen, ſonder auch die, ſo ſich verwilligen zu tantzen. 
Derhalben werben die auch vnder die Zanß narren gerech⸗ 
net, fo fih in das tanpen verwilligen, welche fürnemlich 
fein: die zuſeher, Pfeiffermeifter, Platzmeiſter, Stubenmei⸗ 
ſter vnd andere mehr, zu dem tanten helffen. Dann bie, 
fo den tanß fürberen vnd darzu heiffen, fein gleich fo gut 
als die tänger, darumb werben fie auch Tantz narren ges 
ſcholten. Daher kompt das ſprichwort, das man fagt: der 
zufeher fey erger weder der täntzer. Wir heiten hie noch 
viel von den Tantz narren zu fehreiben, wenn es die zeit 
möcht leiden: aber wir wöllen ed darbey in der Kirk laſ⸗ 
fen bleiben. "Dann es weiß ein jeder wolfelbs, was gute 
auß dem Zangen entipringet, nemlich das mancher barob 
wundt, lamb, oder gar zu todt geichlagen wirbt. 


— — — — 


Der LXII: Narr. 


Wer viel luſt hat, wie er hofier 
Nachté auff ver Baffen vor der Thür, 
Den glüf, das er wachend erfrär. 


Bon nachts hofieren. 


Jetz wer fchier aus der Narren tank, 
Aber des fpiel wer nicht all gan, 

Wenn nicht bie weren auch die KXeffel, 
Die Gaflentreter und die Böffel, 

Die durch die nacht Fein rhu wölln han, 
Wenn fie nicht auff der Gaſſen gan, 

Vnd fchlagen Lauten vor der thär, 
Ob gucken möll die Metz Herfür, 

Vnd kommen auf der Gaflen nicht, 
Dig man ein Kammer laug jn gibt, 

Oder fie wirfft mit einem flein, 
Es ift die freud in warheit Elein, 


‚958 


In Winters nacht alfo erfrieren, 
So ſie ver Köchin thun hoffieren, 
Mit Seitenfpiel, mit pfeiffen, fingen, 
Am Holtzmarckt vber die blöcyer fpringen, 
Das thun Stupenten, Pfaffen, Leien, 
Die Pfelffen zu dem Narren reien, 
Einer ſchreiet, juchtzet, brüllt und blerdt, 
Als ob er jetzund würb ermörbt, 
Je ein Narr da dem andern feit, 
Wo er muß warten auff befcheid, 
Da muß man jn denn hofrecht machen, - 
Als heimlich belt er feine fachen, 
Dad jedermann dauon muß fagen, 
Die Fiſcher auff den Kübln fchlagen, 
Mancher fein Braum left an dem bett, 
Die Lieber kurtzweil mit jur bett, 
Vnd tangt er an dem Narren fell, 
Nimbt dad gut end, fo darff es Seil. 
Ich ſchweig der, den daſſelb gibt freud, 
Das fie lauffen im Narrenfleid, 
Wenn man ein Narren Lemphen Kick, 
Mancher fih an dem namen ftieh. 


Yon Hoffier Marren, Gaſſaten Narren, Löffel Narren, 


Das zwey vnd ſechtzigſt Narren Geſchwarm. 


Das zwey vnd ſechtzigſte Rarren Geſchwarm iſt, Von 
Hoffier Narren. Hie iſt zu mercken, welche wir Hoffier 
Narren nennen, nemlich nicht diſe, fo Fürſten vnd Her⸗ 
ren mit Seitenſpielen Hoffieren, ſonder wir ſagen hie von 
den Hoffier Narren, ſo des nachts auff der Gaſſen herumb 
ziehen, vnd jrer Bulſchafft Hoffieren vnd löfflen. Diſe 
fol man fürnemlich auß ſieben Schellen lehrnen erkennen. 


559 


1) Die erſt Schell der Hoffier Narren if, mit den aus 
gen oder geſicht Hoffieren. Es fein fünff flud, damit 
man der lieb Hoffiert, mit fon augen, mit einem lieb» 
lichen geſchwetz, mit angreifen, mit küſſen vnd mit der 
that die lieb verfiglen. Dermegen fag ich, es feind vil, vie 
Hoffieren den Weibern vnd Zungfrawen, oder hergegen 
die Zungfrawen und Weiber den Männern, mit braunen 
oder ſchwartzen Auglin. Dife vnderſtehen fi) mit ihren 
braunen vnd ſchwartzen augen die Zungen gefellen vnnd 
Männer zuuerführen. Fürwar, das Weiblich gefchlecht fches 
digt mit dem geficht, onnd ertödt den Menfchen mit jrem 
anblid, gleich wie der Bafilife den menſchen tödtet auß 
feinem anſchawen. Ein falſch vnd vnſchamhafftig aug ifl 
ein vorbott eines falfchen vnd ſchnöden hergend. Derwe⸗ 
gen follen Frawen onnd Mann fürfeben, das fie nicht 
durch die falfchheit oder fchönpeit der augen verführet werden. 

2) Die ander Schell der Hoffier Narren iſt, mit lieb⸗ 
lichem gefprech vnd geſchwetz der Grebten Hoffieren. Es 
fein etlih Weiber, tie haben ein folche lieblich vnd ans 
reigende flimm, das ire wort vnd redt, mit etlicher füfr 
figteit vnd Teiblichkeit durch die herken der menfchen trin« 
gen, alfo dz fie nit allein durch anſchawung, fonder auch 
durch Hicblichkeit der rent, der Zungen gefellen vub der 
Männer herken ermweichen vnd zu vnzüchtiger lieb anreis 
Ben. Deßgleichen fein auch die Männer, die mögen mit 
jrem Tieblichen geſchwätz die Weiber ohn alle kunſt zu 
lieb reißen. Aber fürmwar, foldhes bringt der ledig Teuffel 
zu wegen, ber Iöfet den menichen in ſolchem ftud die zun⸗ 
gen, das fie alfo durch geſchwetz vnd freundtlich geſprech 
einander zu vnzüchtiger Tieb anreiten. 

3) Die drit Schell der Hoffter Narren ift, boffieren 
mit greiffen vnd anrüren. Es fein etlich, die Hoffleren 
iren Elſele mit greiffen hin vnnd wider, jetz hinden, jetz 
vornen, jetz oben, dann vnden, vnd treiben jr Narren 
fpiel alfo mit einander, das offtermalg auß einem ſchimpff 
ein eınk wirbt. Darnach fein etlich, die greiffen jre Bul⸗ 
ſchafft an ven Heidern an oder henden, over geben ir ein 
heichlichen fuß, das es jederman höret: vnd in fumma, 
es fein der dingen fouil, damit fie ihren Bulen wöllen 
gefallen, das nicht gnugfam daruon zu fagen if. 


560 


4) Die vierbt Schell iſt, mit fpeiß vnd malzeiten ober 
fürlegen Hoffieren. Es Hoffiern etlich frer Bulſchafft mit 
fürlegen der guten bißle, oder nemmen jdnen die Speiß 
von den dällern onnd ſchmecken daran, ob fie auch wol 
ſchmäcket ſey, vnd wenn fie jnen nicht gefelt, legen fie 
jnen andere vnd beffere für. Deren Hoffierung vnd ges 
breng, fo die Buler inn Malzeiten Üben, fein gar vnzal⸗ 
barlih viel, nemlih in dem Krebs eflen, Pyren vnnd 
Depffel fchelen, zerlegung der Hüner, vnd andern bingen 
mehr. Diefe hoff zucht gieng zwar etlicher maflen bin, 
vnd wer wol für Höfflich zupalten, wenn man nur nicht 
darinn etliche fondere bedeutung vnnd anzeigung braucht, 
als nemlich, wen man das Hertz, bäs Leberle, ven Kopft, 
vnnd das hindertheil fol fürlegen, darinn dann die Buler 
ihre rend ond fonderliche außweifung vnd bedeutung haben. 

5) Die fünfft Schell der Hoffier narren iſt, mit anzeis 
gung boffieren. Diß iſt der Buler brauch vnd natur, das 
wo fie wiffen, da jhr Bulfchafft ift, ziehen fie jr nad 
vnd erzeigen fle inen, vnnd befleiffen fih, das fie jnen 
an allen orthen vnd enden begegnen vnd jr ein Karren 
gang ſchencken. Deßgleichen,, wenn fie willen, in welde 
Kirchen fie gehet, lauffen fie auch darein vnd flellen ſich 
herfür, damit fie in möge geſehen, vnnd er feine vnd fe 
ihre augen onnd hertz mögen belufiigen. In fumma, fie 
vnderlaſſen gar nicht, das zu anzeigung vnd anreigung 
onzimficher Tiebe gehört. 

6) Die ſechſt Schell der Hoffier narren iſt, mit ges 
ſchenckungen vnd gaben Hoffieren. Es haben au fürnem: 
lich die Buler ond Bulerin den brauch vnnd art an ih 
nen, das fie einander hoffieren mit fchenden und gaben. 
Dann es ſchicket das hertz liebs Annele dem Hofberftod 
ein ſchönen vergulten ſtrauß, oder ein rang mit negefen 
‚ oder neſtlen gemacht, oder ein bulen brieff, ober ein fchön 
par bofen bändel oder hembt, oder außgenehet tüchle, das 
ran er den vnflath wüfchet. Hergegen verehret ber Pol 
derſtock das Eißle widerumb mit einem gulten ring, ober 
mit einem weiflen oder rotten par fliffel, oder mit einem 
yar feiden zupffen,, oder mit einem fammeten gürtel, der 
mit filber beſchlagen ift, over mit einem damafiene Teible, 


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561 


vnnd ambern dingen viel mehr. Diele ſchencken halten 
beyde partey in folchen groffen ehren vnnd würden, gleich 
als wenn es eitel heilthumb were vnnd jnen von Gott 
zugefchidet. Sie widiens ein für ein herrlichen ſchatz, 
küſſen vnd rühmen daſſelbig als für ein onzergenglich ding. 
Dis morgens, wenn fie aufffiehn, feben fie ed an vnnd 
preifen das für Gott, mit difem fahen fie jr gebet an, 
vnd was fie nur handlen vnd wandlen, das ift allein 
auff dieſe fchendung gerichtet. Auff vieles feßen fie all 
ihres hertzens ein troſt, diß if ir einige zuflucht, das fie 
auff diefer Welt haben. Wie ſchwerlich aber ſolche Bul 
narren ond nerrin offt geftrafft werben, ſehen wir auß 
vilen augenfcheinlichen erempel, das maniche Tochter if, 
bie verleſſet fich auff ſolch gefchend vnd denckt, er wirt 
mich nicht betriegen, feßen alfo ir hoffnung allein auff 
bloſſe ond heimliche gefchend, dardurch fie dann offtermals 
omb jr Jungfrawſchafft kommen, vnnd folche geichend 
für jr ehr vnd jungfrawſchafft müffen behalten, wenn ber 
Buler vnnd Holverftod zum thor außfäpret, vnnd fie da 
mit vollem bauch laſt figen. Darfür follen ſich billich die 
jungen, Zörhter vnnd Jungfrawen hüten, damit fle nicht 
durch ſolche gefehend verbiendt vnd verführet werden. 


7) Die fiebendt Schell der Hoffier narren iſt, hoffieren 
mit feiten fpiel, Tauten, zinden, violen, auff der fiedlen, 
mit pfeiffen, fingen, fpringen, tanten, groſſem geblär, des 
nachts auff der gaffen vor den häufern ein geheül haben, 
gleih wie die Hundt. O wie ein groffe thorheit if doch 
dig hoffieren mitten im Winter des nachts auff der gafı 
fen , in kält vnd fchnee erfrieren, vnd anderen leuten fo 
ſchlaffen da in froft und ongemitter wachen: darzu ſolches 
vergebend, vnd offtermals mit grofier ſchandt vnd verach⸗ 
tung. Dann es meinen manichmal folche Narren, fie löff⸗ 
Ien item Elßle over Kätterle, das an dem fenfler Tiget, 
fo iſt es ein weile Kap geweſen. Darnach geſchicht «8 
oft, wenn fie jren Bulen hoffieren, das fie etiwann ein 
andern in jren armen hat, mit dem fie kurtzweilet, vnnd 
wirdt der Hoffier Narr auff der gaflen veracht, auch gibt 
man ihm offt ein fchlafftrund von famerlaugen ond wol: 
ſchmeckendem gereuchle, daruon «8 aſo abe ſtincket, das 

l. 6 


‘ 


562 


einem bie gande gaffen zu eng wirt. Diß ift dann bey 
Hoffier narren rechter Iohn ond gewinn. DBber dad wer: 
den folche Hoffier Narren offiermals dermafien am Nar⸗ 
ren feil geführet, dz fie vermeinen, der Dimmel hang gan 
voller geigen, wenn mand aber beym liecht befichet,, fo 
fein es nur firew wüſche. Fürwar, afle die, fo vnder 
diefer fchellen werben begrieffen, find gang böß vnd ſched⸗ 
- lich Narren: dann fie bringen durch ihr boffieren ſich vnnd 
eins Bidermanns Tochter oder Fraw in ein böß gefchrey 
vnd argwon, dardurch dann nachmals vil vbels entfprin- 
get. Derwegen wölleſt du Hoffier Narr von ſolchem leben 
vnd ſchandlichem wandel abßehn, vnd daheim bleiben, ynd 
lugen, was du zu ſchaffen habeſt, nicht von einer mitter⸗ 
nacht zu der andern herumb lauffen, gleich wie ein lauf⸗ 
fender Hundt oder ein brünſtiger Hirtz, ſonder deinen ges 
ſchefften obligen vnd mit frieden ſchlaffen vnd ruhen. Diß 
ſey alſo kürtzlich von den Hoffier narren geſagt, welcher 
aber von jhr natur vnd art etwas weiters begeret zu 
wiſſen, der leſe das Narren Geſchwarm von den Bul nare 
ren vnd Studier narren. Da wirdt er einen guten theil 


finden. 


—— — — 


Der LXIII. Narr. 


Ich förcht mir gieng an Narren ab, 
Snp hab durchſücht den bettelſtab, 
Klein weißheit ih da funden hab. 


Bon Bettlern 


Der Bettel hat auch Narren viel, 

AU Welt die richt ſich jetzt auffs zit, 
Vnd mil mit bettlen nchren fich, 

Pfaffen, Mönchsörben find faft reich, 
Vnd Hagen ſich, als wern fle arm, 

Zu bettel das es Gott. erbarm, 


SIE. 


563 


Du biſt zu notturfft auch erbacht, 
Vnd Haft groß hauffen zamen bracht, 
Noch fchreit der Prior, trag ber Plus, 
Dem ſack ift der boden auß, 
Deßgleichen thun die Heilthumb fürer, 
Stirnenftoffer, Stationirer, 
Die niemand Fein Kirchweih verleihen, 
Auff der fie nicht öfftlich außfchreien, 
Wie das fle führen in dem Sad, 
Dad Heum daß tieff vergraben lag, 
Vnder der Krippen zu Bethlehelm, 
Das fey von Balamd Ejelbein, 
Ein Feder von Sant Michaeld flügel, 


uh von Sant Jörgen Roflz ein zügel, 
"Der die Bunpfchuh von Sant Elaren, 


Manicher thut bettlen bey den jaren, 
So er mol werden möcht und kundt, 

Vnd er jung, ſtarck iſt vnd gefund, 
Wenn das er ſich nicht wol mag bucken, 

Im ſteckt ein Schelmenbein im rucken, 
Sein Kind die müſſend jung daran, 

On vnderlaß zum bettel gan, 
Vnd lehren wol das Bettel gſchrey, 

Er brech in eh ein arm entzwey, 
Dver lebt jn viel bletzer beulen, 

Damit fie kündten ſchreyen und heulen, 
Der fißen vier und zwentzig nod) 

Zu Strafburg in dem Dummenloch, 
Dn die man fegt in weifen Kaften, 

Aber Bettler thun felten faften, 
Zu Bafel auff dem Kolenberg 

Da treiben fie viel Bubenwerck, 
Ir Rothwelſch fie im brauch hand, 


564 

Ir gfüge narung durch die Lan, 
Jeder fteblein horn Leuten Bat, 

Die Boppen, Verben, Ditzend, gaht, 
Wie fle dem Previger gelt gewinn, 

Der Iug, wo fen der Johan Grimm, 
Durch alle fchechel bloß er lauff, 

Mit Rübling jnen ift fein Tauff, 
Big er befenelt Hie und do, — 

So ſchwentz er fich denn anders wo, 
Verlachend vber den breithar, 

Stilet er all breitfüß vnd Flughart, 
Der fie floͤßlet, vnd lüßling abſchnitt, 

Grantner, Klant, Fetzer, Führen mit, 
Ein wilt beganſchafft der Welt 

Iſt, wie man ſtelt jetzt auff das gelt, 
Herolden, ſprecher, Partzifan, 

Die ſtrafften etwann dfflich ſchand, 
Vnd hetten dardurch ehren viel, 

Ein jeder Narr jetzt ſprechen wil, 
Vnd tragen Steblin rauch vnd glatt, 

Das er werd von dem Bettel ſatt, 
Eim wer leid, das gantz wer ſein gwand, 

Bettler beſcheiſſen alle Land, 
Einer ein filbern Kelch muß han, 

Da al tag fiben Maß eingahn, 
Der geht auff Krüden, fo mans ficht, 

Menn er allein if, darff ers nicht, 
Diefer kan fallen vor den Keuten, 
Das jederman thu auff In beuten, 
Der Ichnet andern jr Kinder ab, 

Das er ein groſſen Hauffen Hab, 
Mit Körb ein Efel thut bemaren, 

Als wolt er zu Sanct Jacob faren, 


565 


Der gebt hinden, ber geht buden, 

Der bindet ein Bein auff ein Kruden, 
Ober ein gerner Bein in die fchluden, 
Wenn man jm recht Iugt zu ver Wunben, 
So feh man, wie er mer gebunden. 

Zum Bettel laß ich mir der weil, 
Denn e3 feind leider Bettler viel, 
Vnd werden ſtets je mehr je meh, 
Denn beitelen dad thut niemand weh, 
On dem, der ed zu not muß treiben, 
Sonft ift gar gut ein Bettler bleiben, 
Denn bettlend des verdirbt man nit, 
Viel begehn fich wol zu Weißbrot mit, 
Die trinden nicht den fchlechten Wein, 
Es muß Rheinfal, Elſaſſer fein, 
Mancher verleßt auff bettlen fich, 
Der fpielt, bubt, heit fich üppiglich, 
Denn fo er ſchon verfchlempt fein haab, 
Schlecht man jm bettlen doch nicht ab, 
Im iſt erlaubt der Bettler flab, 
Dil nehren auß dem Bettel ſich, 
Die meh Gelts han denn du vnd id}. 


Yon Beitel Marren. 


Das drey ond ſechtzigſt Narren Geſchwarm. 

Das drey vnd ſechtzigſt narren geſchwarm ifl, von Vn⸗ 
gerechten und betrüglichen Bettlern. Die follen wir auch 
merden, von welden Bettlern man hie redet, nemlich 
nicht von denen, fo des Almufen würdig fein, vnnd daſ⸗ 
felbig recht gebrauchen, fonder von denen, bie ſolches vn⸗ 
würdig entpfangen, vund fich vor faulfeit auff den Bettel 
begeben, von vieſen wollen wir hie in dem Narren ge: 
fhwarm reden. Welche man fürnemlich auß fieben ſchel⸗ 
ien fol lehrnen erkennen. 


566 

1) Die erfie Schell ver Bettel narren iſt, Bettlen mit 
ongebult und murmlen. Es fein etliche arme leut, welche 
zu Armut geboren fein, die tragen jr armut mit groffer 
vngedult vnd gemürmel wider Gott ten Allmechtigen. 
Die fo in frer armut pie alfo vnwillig vnd vngedultig 
fein, die werden anderswo noch vil ärmer werben, bann 
hie ziehen fie allein ahn dem Karren, dort aber werben 
fie ahn dem Wagen müflen ziehen, dieweil fie Gott den 
Herren Iefteren onnd ober ihn murren, gleih als wenn 
er nicht wiffet, was er jhn geben folt oder nicht. Dars 
nah das fie das Edel Heinot der Armut mißbrauden, 
durch welches der arm Lazarus in des Himmels thron 
if getragen worden. D du groffer Narr, wz befümmerft 
du dich, dieweil du nit reich biſt, betracht den ſpruch ſo 

Chriſtus ſagt: ſelig fen die armen in dem geiſt. Der: 
wegen wölleſt du die armut nicht mit vngedult tragen, 
fonder fie für ein groß Meinot halten, fo dir Gott der 
Herr hat zugeſchickt, damit du defter baß vnd fleiffer auff 
in vertrawefl. Dann wann bu gelte vnd guts gnug det: · 
teſt, ſo würdeſt bu flolß vnd vbermütig dardurch, vnd vers 
geſſeſt Gott des Herren vnd ſeiner wolthaten. Dieweil 
du aber arm biſt, ſo denckeſt du für vnd für an Gott, 
vnnd bitteft in, das er bald wölle kommen vnd dir auß 
der armut heiffen, onnd dich in das Dimmelreich nemmen, 
da du dann alles deines leide vnd armut, fo du hie auff 
diſer welt erlitten Haft, würbeft ergeßet werben. 


2) Die ander Schell der Bettel Narren ift, Bettlen 
ohne alle notwendigfeit oder armut. Es feind etlich, Pie 
vermögen gnug, fo zu leibs narrung vnd notturfft ges 
Hört, jedoch Beitlen fi. Dann man findt deren vil, die 
haben alles anug, fo zu leibs notturfft ond auffentpaltung j 
gehört, jedoch fein fie alfo geitzig vnnd begirig, das ſie 
förchten, es werde jnen vor jrem letſten ende zerrinnen 
vnd manglen. Solche Bettel Narren vnd Gelt Narren 
ſchneiden den andern nottürfftigen das brot vor dem maul 
ab vnd nemmen Rn ed. Aber es wirt jnen ſolches nit 
ongetrafit hin g 

) Die dritt ee der Bettel Rarren if, Betilen von 
wegen des müffiggange vnd faulfeit. Deren findt man 


— — — — — — — — — 


— GE — u — — — — 


vor 


vil vnder Geiftlichen und Weltlichen, die Bettlen allein 
darumb, damit ſie dem müſſiggang obligen vnd ſonſt nichts 
mögen thun. 

4) Die vierdt Schell der Beitel narren iſt, betilen auß 
wolluſt vnd mutwillen, Reichthumb dardurch zu bekommen. 
Dann es ſeindt deren viel, die gelt vnd guts daheim 
gnug vnd die völle haben, ziehen doch im Landt herumb 
vnd ſamlen, damit ſie das jhenig daheim behalten, vnnd 
täglich noch mehr darzu vberkommen. Wie man dann von 
einem liſet, der hat ein groflen hauffen alter grofchen inn 
dem Habermell verborgen, als er aber fierben wolt, nam 
er die herfür vnd verthet fie. 

5) Die fimfft Schell der Bettel narren if, Beitlen auf 
gleißnerey vnd beucheley. Deren findt man vil vonder bem . 
Geiftlihen, die geben für, wie fie zu S. Jacob oder Com⸗ 
peftel zum finftern Stern, oder zu Serufalem, oder an 
andern heiligen örtern fein geweien, vnnd ein groß ge: 
Kübdt außgericht, fo fie doch manchmal nicht recht für ein 
thor, ich wil geſchweigen in frembde Landt fein fommen: 
ond ob fie fhon da weren geweſen, folten fie füch doch 
nit mit dem Bettel wöllen ernehren. Darnach fein auch 
die Ablaßkrämer vnnd Deiligthumbführer , oder die Stirn⸗ 
ſtoſſer vnd Stationirer, die verheiffen groß ablaß, vnd ger 
ben für, wie fie der Heiligen gebein vnd vberbliebene 
heiligthumb Haben. Nemlich das Häw, daruon die Gfelin 
zu Bethlehem geffen haben, oder ein fever von S. Mies 
chaels flügel, oder von ©. Zörgen Roflz ein zügel, over 
©. Zohans haupt, oder Eprifii Rod, der zu Trier fol 
ligen, oder die Kron Chriſti, die zu Rhodis folt verwart 
fein, vnd deren ding gar vil, fo es doch alles erlogen if, 
vnd treiben fie folche gleißnerey allein darumb, damit fie 
geit mögen befommen. Doch lehrt man foldhe leichtlich 
ertennen, dann man fihet baldt an den federn, wz es für 
ein vogel if. 

6) Die fehft Schell der Vettel narren ift, kein ordnung 
vonder den Bettlern halten. Dann es ifl ein folches bett⸗ 
Ien in allen Landen vnd Stetten, das ein ſchand iſt, vnd 
kompt folches nirgendts anders her, weder allein auß fahr 
Seffigkeit der Oberfeit, die in folcher fach kein einſehen 


568 


thut, vnd Taft jedermann betifen wer nur luft bat zu beit 
Ien. Darauß entfpringt dann nachmals alle faulkeit, vnd 
begibt fich jedermann auff das bettien. Auch befompt man 
eber fo vil, der wol ſchwetzen ond lauffen fan, das fie 
fonft zehen taran lieffen vernügen. Dann es Tan ih 
mancher alfo fielen, gleich ald wenn er inu vier wochen 
tein biffen Brot gefehen heit, fo er doch vil mehr gelt 
dorfft haben, weder der, fo im das Almufen mittheilet. 
Daher machen dann folche fehreyer unnd geil Bettler, das 
nachmals der arm vnd dürfftig auch entgelten muß. 

7) Die fiebendt Schell der Bettel narren if, die Belt: 
ler vnd armen biß auff das hinderfi außförfchlen vnd 
fragen. Es feind etliche, die eraminieren vnd fragen ders 
mafien die armen, fo fie ein Almufen von ihnen begeren, 
alfo das fie die Hoch frhelten, fluchen ober ſie, vnnd rupf⸗ 
fen in auff den müſſiggang, vnd fprechen, du bift ein 
fauler Lanptftreicher ond Lofer Vogel, du zeüheſt allein 
herumb, damit du nicht werden darffſt, oder Iandt vnnd 
leut verratheft, warumb ihuft du nicht gleich wie ich thue 
ond werckeſt, fo Hetteft auch zu' bleiben. O du vngerech⸗ 
ter Richter, wz dörffe du lang den armen blagen vnd 
fchelten, wenn du im geben wilt, fo gib jm mit frieden, 
oder laß fin yar lehr gehn: Was haltet du ihn lang 
auff? ich weiß, wenn etwann ein Pfeiffer oder Freyharts 
knab oder fonft ein Gaudler zu dir füme, dem würbefl 
du gleich geben, vnd nicht lang fragen, wo er her lieffe. 
Aber wenn ein Armer vürfftiger menſch zu bir kompt, 
den fragfi du lang vnd fihilteft ihn, das er fih alfo im 
bettel ernehre. Vnd gedenckeſt aber nit, das du fo wol 
müffig gangeſt, als der Bettler, demnach laſt dir Gott 
der Herr fo wol Sonn und Monn ſcheinen ald einem ans 
dern. Derbalben wölleR du von foldem auffrüpffen und 
ſchmehen abſtehn, vnnd wenn du etwas dem armen wilt 
geben, fo thu es mit willen, ond ohn allen verbruß vnd 
auffzug, dann welcher einem armen baldt gibt, der gibt 
hm zweymal. Diß fey kürtzlich hie gefagt von den Bettel 

arıen. 


— — —— — — 


569 
Der LÄIV. Narr. 


Mander der reit gern fpat und fru, 
Kund er vor Frawen kommen zu, 
Die laffen dem Efel felten chn. 


Bon böfen Weibern. | 


In meiner Vorred hab ich gethon 
Ein bezeugnuß, Proteftation, 
Ich wöl der guten Frauwen nicht 
Mit arg gevenden in meim gpicht, 
Aber man wirt bald von mir Flagen, 
Solt ich nicht von. ven böfen fagen, 
Ein Frauw die gern von weißheit Hört, 
Die wirt nicht leicht in ſchand verkert, 
Ein gut Frauw fenfft des Mannes zom, 
Affuerus Hat ein Eid 'gefchworn, 
Noch macht in Heſter weich und ind, 
Abigail fenfft Dauid gſchwind, 
Aber boͤß Frauwen gebn boß Neht, 
As Ochoſias Mutter thet, 
Herodias ihr Tochter hieß, 
Dad man den Teuffer Füpffen Tief, 
Salomon durch Frauwen Raͤht verkert 
Ward, das er die Abgötter ehrt, 
Ein Frauw ift worden bald ein Geb, 
Wenn in fonft wol ift mit geſchwet, 
Vnd Tip Iep fchabern tag und nacht, 
Pieris Hat viel jungen gmacht, 
Den ift gelöht die Zung fo wol, 
Das fle dick brennet wie ein Kol, 
Diß klagt, diß klappert, Diefe leugt, 
Die richt auß alls das ſteubt vnd fleugt. 


—8o 


570 


Die ander Fiflet an dem Beth, 

Der Ehmann felten fried da bett, 
Muß bören Predig auch gar offt, 

Sp manch Barfüfler leit und fchlofft, 
Es zeucht Die Streblaß mancher Mann, 

Der doch das mehrtheil nach muß lan, 
Manch Frauw iſt fromb vnd befcheid gnug, 

Vnd iſt dem Mann allein zu klug, 
Das ſie nicht von jm leiden mag, 

Das er fie etwas lehr vnd jag, 

Gar did ein Mann zu vunglüd fompt, 

Allein durch feiner Frauwen Mund, 
Ad Amphion zu Theba gſchach, 

Da er fein Kind al flerben fach. 
Wenn Braumwen folten reden viel, 
Calphurnia kem bald ins fpiel, 

Ein böß Frauw ſtets jr bößheit eigt 

Die Frauw dern Joſeph dient, dad zeigt, 
Kein gröſſer zorn an jemand ſpürt, 

Denn ſo ein Weibsbild zornig wirt, 
Die wütet wie ein Loöwin ſtrud, 

Der man die jungen nemmen thut, 
Oder ein Bärin, die da ſeugt, 

Meda das vnd Progne zeigt, 

Wenn man die weißheit gank durchgründt 

Kein bittrer Kraut auff Erb man findt, 
Denn Frauwen, der Hertz ift ein Garn, 

Vnd ſtrick darinn viel Thoren farn, 
Dur drey ding wirt die Erd erfchütt, 

Das vierdt das mag fie tragen nit, 
Ein Knecht, der worden ift ein Herr, 

Ein Narr der fich Hat gfüllet fehr, 

Ein neidiſch boß vnd giftig Weib, 


571 


Mer vie vermehlet feinem Leib, 
Das vierdt all Freundſchafft gant verberbt, 
Ein dienſtmagd die jr Brauen erbt, 
Drey ding man nicht erfüllen mag, 
Das vierdt fchreit ſtets Her zuher trag, 
Ein Frauw, die Hell, und das Erdtrich, 
Das ſchluckt all Waſſergüß in fi, 
Das Feuwr fpricht nimmer, hör auff nım, 
Ich hab genug, trag nimm ber zu. 
Drey ding ich nicht erfennen Tan, 
Des vierbten weiß ich gang nicht von, 
. Wenn in der Lufft ein Aoler fleucht, 
Ein Schlang die auff dem Belfen kreucht, 
Ein Schiff das mitten geht im Meer, 
Ein Mann der noch hat kindiſch Lehr, 
Defgleich der weg einer Frauwen ift, 
Die fih zum Ehbruch hat gerüft, 
Die ſchleckt vnd wifcht den Mund gar ſchon, 
Vnd fpricht, ich Hab nichts böfes gthon, 
Ein rinnend Tach zu Winter frift 
Iſt gleich ein Frauw, die zendifch ift, 
HU und Begteuffel Hat genug 
Wer mit einer folchen zeucht im Pflug, 
Vaſchi Hat viel nachkommen glan, 
Die wenig achten auff jr Mann, 
Des Weibs wil ich gefchweigen gar, 
Die zurichten ein Süpplin gtar, 
AS Poncia und Agrippina, 
Belives vnd Elitemneftra, 
Die jr Mann erftochen an dem Beth, 
Als Pharao fein Haußfraw thet, 
Gar ſelten ift Lucretia, 
Oder Catonis Portia, 











372 


Vppiger Frauwen finbt man vil, 
Denn Thais iſt in allem fpil. 


Yon böfen vnd zornigen Weibern, and jhren fitten. 
Das vier und ſechtzigft Narren Geſchwarm. 


Das vier vnnd ſechtzigſte Narren Geſchwarm tft, von 
böfen ond zornigen Weibern. Hie follen die Weiber da⸗ 
rauff merden, das wir, hie nicht von allen Weibern reden 
oder lehren, dann es gehet folches die frommen vnnd ehr⸗ 
lichen nicht an, fonder wir fagen allein von böſen vnd 
aornigen Weibern. Welcher natur vnnd eigenſchafft, fo 
wir fie gründtlich wöllen Iehrnen erkennen, müflen wir 
fürwar wol zwey dutzendt fehellen Haben. Aber damit fie 
nicht gar ober vns erzürnt werden, vnd vns etwann ein 
fluß in ein beih zauberten, wöllen wir auch nur fieben 
fegen, darauß man fie fürnemlich fol Iehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell der böfen Weiber iſt, die begirige 
feit vnd ber Geitz. Es ift ver böfen Weiber art vnd na⸗ 
tur, das fie gang begierig fein auff den gewinn: dann 
ein bofes Weib if ein giftig und freffig Thier, das if, 
fie ift dem Geitz gang vnd gar ergeben. Welches allein 
darauf" entfpringet, dieweil fie Hein gläubig fein, vnd 
vngeſchickt gutt zu gewinnen, förchten fie allwegen, fie wers 
den nicht gnug haben, darumb werden fie geißig vnd nei 
big. Es fagt Arifioteles, das zualelch wie die fafler in 
den Alten leuten anfahen auff zuhören, alfo fang Geiß 
bey jnen an zu wachen. Auß diefer zaal der Geißigen 
Weiber war auch die Sophyra, die fort, fie vnd ihr 
mann, fie würden nicht anug narung haben jr Tebenlang, 
darumb verbarg fie etwas, aber Bott ftrafft fie, das fie 
gehling farb. Bon welcher in ver Apoftel geſchicht am 
5. capitel gefchrieben fleht. O zu was groffer ſchand vnd 
ſchmach dat der Bei offtermals das Weiblich gefchlecht 
gebracht ? alfo, das fie allein von wegen gelid vnd gute 
alle erbarkeit vnd frombfeit haben bindan geſetzet vnd 
dem Bei nad geuolget. Man lifet von einem, als er 

erben wolt, befalch er feiner Frawen, das fie nach ſei⸗ 


573 


. mem tobt ein Ochſen verkauffet, vnnd das gelt für fein 
feel vmb Botts willen geb. Welchen befelch vnd letſten 
willen ihres Manns, ale die Fraw venfelben wolt vol⸗ 
ftreden, ſahe fie den Dchfen lang an, vnd bieweil der 
Ochs gut vnd feift war,. reüwet fie der Ochs und das 
.gut gelt, fo fe auß dem Ochfen würde Iöfen, das fie 
daflelbige für jres Manns feel folt vmb Gotte willen ger 
ben. Bund da fie fi lang bey ihr ſelbs berathfchlug, 
wie doch der fach zu thun were, damit fie das gelt be 
hielt, vnd doch ihrem Mann das zu fagen auch hielte, 
vnd nad langem rathichlag vnd bevenden, erdacht fie den 
ff. Ste namm ein Kaben vnd den Ochſen, vnd führet 
fie beyde mit einander zu mardt, und als ein Kauffmann 
kame vnd fraget, wie thewr fie den Ochſen geb? ſprach 
fle, der Ochs wer nicht feyl, wenn er die Kap nicht au 
kauffet: da antwort er, er wolt gern ben Ochfen Tauffen, 
aber der Katzen fragt er nicht nah; ba ſprach fie aber: 
mals, er böret wol, das fie kein ſtuck allein verfauffet, 
fonder e8 müfte bey einander bleiben. Da fagt der Kauff- 
mann, wie muß ich fie dann beyde haben? Die Kapen, 
fagt fie, laß ich nicht näher weder vmb zweingig gulden, 
dann fie if am aller köſtlichſten vnd am beften, den Ochs 
fen aber laß ich vmb ein heller. Als nun der lauf was 
gemacht, zalt ihr der Käuffer das gelt dar für die Katen, 
vnd nachmals auch den heller für den Ochfen, alfe behelt 
bie Fraw das gelt, fo fie auß der Kaben hat erlöſt, vnd 
gab den heller, fo fie für den Ochſen hat empfangen, vmb 
Gotts willen für des abgeforbenen Manns feel. Sieheſt 
du hie, wie hefftig das Weiblich gefchlecht auff den Geit 
geneigt fey. ’ 

2) Die ander Schell der bofen Weiber if, die vnerſet⸗ 
tigkeit der wolluſt. Dann es fein etliche dermaflen auff 
die Geilheit vnd vnkeuſchheit geneigt, das wenn fie brey 
oder vier Männer bett, möchten fie jr begirde vnnd vner⸗ 
feitigfeit nicht erfüllen. Auß welder zaal die Königin 
inn Egypten, mit nammen Cleopatra ift gemwefen, bie bes 
gieng offentliche ſchandt vnnd vnkeuſchheit mit einem jed⸗ 
lichen Kriegsknecht, der jhr nur ein wenig gefiel. Diefe 
war alfo der Geilheit ergeben, das fie ihren eigenen Sohn 





' 576 


auff die bulſchafft gebt, die wäfchet dz maul vnd fagt: 
fie ſey nie da geweſen. Solches können die weiber fo 
arilich vnd künftlich verbergen, dz einer taufent ein ſchwüre, 
er hette ein fromme Fraw, fo fie von art ein arge Bro 
den vnd Beitel if. Denn man findt der erempel don 
geſchwindigkeit vnnd liſtigkeit der weiber alfo oil, das nicht 
guugfam daruon zu frhreiden if. Darnac if kein trew 
vnd glauben in nen, fie betriegen vnd beliegen allezeit, 
welches daher kompt, das fie vermeinen, man betriege fir. 
Auch iſt es nichts newes, wann fie ſchon gern liegen, 
dann es hat auch foldhes Sara , Rand, Michol und Sa 
phira gethan. Aber es gieng nad etlicher maflen hin, 
wann fie allein Teugen, wo fie nit auch das liegen für 
ein kunſt wölten halten onnd für ein brauch, alfo das fie 
meinen, es fey fein fünd, wann fie-fihon liegen, vnnd 
wöllens biemit befchönen, das fie liegen, friedens halben: 
Aber ſolche irren fehr hefftig, dann ein jedliche Lügen if 
ein fündt, wie folches vie Gebott Gottes außweifen. 

7) Die fiebend Schell der böfen Weiber if, die vn 
uerfünlichkeit und zornmütigfeit der Weiber. Was foll ih 
bie vil fagen? Es meiß feverman, das fein graufamer 
noch erfchrödlicher thier auff der Welt iſt, weder ein böß 
vnnd zornig Weib. Salomon fagt: das beffer fey zu 
wohnen vonder Löwen vnd Trachen, weder bey einem bi 
fen onnd zändifchen Weib. Daniel hat vonder den Löwen 
in der gruben gewont vnd if im gar nichts geſchehen, 
aber Samfon ift dur ein böß vnd ſchnödes Weib ger 
tödt worden. Johannes der Teuffer war ficher inn der 
wüften vor den wilden Thieren, aber nachmals war er 
nit fiher vor einem böfen und giftigen weib, beren exem⸗ 
pel fein noch vil, die anzeigen der böfen weiber gifftige 
vnd verberblihe natur. Es iſt nichts ober der Schlangen 
Kopff, vnd ift fein boßpeit ober eines böfen vnnd zormi 
gen Weibs boßheit. Auch fagt die fehrifft, das ein boß 
Weib fein deß Zeuffels aller fpipigfter vnd fcherffefte pfeil, 
dardurch er die menfchen fellet. Durch difen pfeil hat der 
Teuffel gefellet unnd geſchedigt Adam, Dauidt, Salomon, 
Samſon, Joſeph, Johann vnd Job, zc. Dife fromm 
vnd Gottsförchtige Männer ſein alle durch gifft vnd zorn 


⸗ 





— — - un mio A — TE ED A — — — 


577 


der ſchnöden vnnd böfen Weiber befchebigt worden. Der: 
halben ſoll ſich ein jeder menſch fürfehen vnnd Gott 
höchlich bitten, das er jm ein fromb vnd Gottsfürchtig 
Weib wolle befcheren, den wer ein fromme Kram befompt, 
der hat eiwas grofled. Wer aber ein böß vond zendifch 
weib befompt, der bat nimmer Fein ruh, frü noch fpat, 


vnd hat hie nichts anders, dann ein recht natürlich Feg⸗ 


fewr. Bor ſolchen argen , ſchnöden, nichtswerdigen vnnd 
verfluchten fchlöpfeden wolle Gott einen jeden frommen 
Mann trewlih vnd Vätterlich bepüten. Diß feye inn 
einer fumm hie gefagt von den böfen Weibern (dann fol: 
ches gebt die frommen und ehrlichen Matronen nicht an); 
welche nun vnder diefer Schellen eine begrieffen wirt, pie 
wölle ſich nach allem vermögen beffern vnd von folchen 
laſtern abflehn. 





Der LXV. Rarr. 


Biel aberglanb man jept erdicht, 
Was fünfftig man an den Sternen fldt, 
Ein jeder Rarr ſich darauff richt. 


Bon ahtung des Geſtirns. 


Der ift ein Narr, der mehr verheißt, 
Denn er in feim vermögen weißt, 
Oper denn er zu thun hat mut, 
Verheiſſen ift dem Artzet gut, 
Aber ein Narr verheißt ein tag, _ 
Mehr venn alle Welt geleiften mag, 
Auff Tünfftig ding man jest faft Ienbt, 
Mas das Geſtirn und Birmament 
Vnd der Planeten lauff uns fag, | 
Oder Gott in feim Naht anfchlag, 
Vnd meinen, dad man wiſſen fol, 
Alls das Gott mit vn wircken woll, 
1. 7 





578 


Alls ob das Gſtirn ein notturfft bring, 

Vnd im nach müften gehn all ving, 
Vnd Gott nicht Herr und Meifter wer, 

Der eins leicht macht, das ander ſchwer, 
Bnd laft das viel Satumus Kind, 

Dennoch gerecht, fromb, heilig find, 
Dargegen Sonn vnd Aupiter 

Habn Kind die nicht feind boßheit laͤr, 
Eim Ehriftenmenfchen nicht zufteht, 

Dad er mit Heiden Kunft vumbgeht, 
Dnd mer auff der Planeten Tauff, 

Ob dieſer tag fey gut zum kauff, 
Zu bauwen, Krieg, machung der Eh, 

Zu Freundtfchafft vnd deßgleichen meh, 
All vnſer wort, werck, thun vnd lan 

Auß Gott, in Gott allein ſol gahn, 
Darumb glaubt, der nicht recht in Gott, 

Der auff das Gſtirn ſolch glauben Hot, 
Dad ein flund, Monat, tag und Jor 

Sp glücklich fey, dad man baruor, 
Vnd nach fol groß anfahen neut, 

Wenn es nicht gſchicht viefelbig zeit, 
Das es denn nimm gefchehen mag, 

Wenn ed fey ein verworfiner tag, 
Vnd wer nicht etwas neuwes hat, 

Vnd umb dad neum jar fingen gat, 
Vnd grün Tannreiß ſteckt in fein hauß, 

Der meint, er leb das jar nicht auf, 
Als die Egypter hielten vor 

Degleichen zu dem neuwen Jor, 
Wem man nicht etwas fehenden thut, 

Der meint, dad gank Jar werd nicht gut, 
Vnd deßgleich vnglaub allerley, 


579 


Mit warſagen und Vogelgſchrey, 
Mit Chararterfagen, Treumerbuch, 
Vnd das man bey dem Menfihen fucht, 
Oder der ſchwarzen Kunft nachſtell, 
Nichts iſt, das man wiſſen wöll, 
So jeder ſchwuͤr, es fehlt im nit, 
So fehlt es um ein Bauwren ſchritt, 
Nicht faß der Sternen lauff allein, 
Sie ſagen ja ein jedes klein, 
Vnd allerminſt im Fliegen hirn 
Wil man jetzt ſagen auß dem Gſtirn, 
Vnd was man redet, rotten werd, 
Wie der werd glück han, was geberd, 
Was willen zu fall der Kranckheit, 
Frefflich man auß dem GOſtirn jetzt ſeit, 
In Narrheit iſt all Welt ertaubt, 
Eim jeden Narren man jetzt glaubt, 
Biel Practick vnd weiſſagend Kunſt 
Geht jetzt faſt auß der Trucker gunſt, 
Die trucken alles das man bringt, 
Mas man von ſchanden ſagt vnd fingt, 
Das geht nun alls on ſtraff dahin, 
Die Welt die wil betrogen ſein, 
Wenn man ſolch Kunſt jetzt trieb vnd lehrt, 
Vnd das nicht in viel boßheit kert, 
Oder fonft brecht viel ſchad der Seel, 
Als Moyſes kund und Daniel, 
So wer es nicht ein böfe kunft, 
Ja wer fie würdig rhumbs vnd gunft. 
Aber man weifjagt mir, das Viech fterb, | 
Oder wie Korn und Wein verderb, 
der wenn es ſchneit oder reg, 
Denn es fchön fey, der Wint weg, 


4 


580 


Bauwren fragen nad) folcher Gſchrifft, 
Denn es jn zu geminn antrifft, 
Das fie Korn Hinderfich und Wein 
Halten, bis e8 werd theuwrer fein. 
Da Abrafam laß ſolches Buch, 
Vnd in Chalden fternen fucht, 
Was er der Gficht vnd troftes an, 
Die jm Gott fand in Chanaan, 
Denn es iſt ein leichtfertigfeit, 
Was man von folchen Dingen feit, 
Als ob man Gott wolt zwingen mit, 
Das er müft fein vnd anders nicht, 
Gotts lieb verlofchen iſt und gunft, 
Des fucht man jebt des Teuffeld Kunft, 
- Da Saul der König was verlan, 
Bon Gott rüfft er ven Teuffel an. 


Bon Sag Narren, Aberglaub Warren, oder Stern- 
gücler Warren. 


Das fünff vnd fehgigf Narren Geſchwarm. 


Das fünff vnd ſechtzigſt narren gefhwarm iſt von Aber: 
glaub Karren. Welhe man fürnemlich fol lehrnen er« 
tennen auß den nachgefegten Narren hellen. 

1) Die erfie Schell der Aberglaub narren if, anbeiten 
ein Creatur für Gott, als nemlich den ZTeuffel oder fein 
Großmutter, die Sonn, Monn, Sternen, Himmel, Bäwm 
vnd ander Narrenwerd mehr. 

2) Die ander Schell if, ein Abgötterey begehn over 
verfipafften, welches gemeinlich gefchicht in anräffung vnd 
verehrung her Teuffel. 

3) Die dritt Schell if, Zauberey treiben mit den Ga: 
eramenten des Zauffs und Herren Nachtmal. 

4) Die vierdt Schell ift, viel auf Waarfagen vnnd 
der Schwarßfünftier befcheifferey halten. 


581 


5) Die fünfft Schell if, die Waarſager kunft lehrnen 
vnd fich hefftig darauff begeben. 

6) Die ſechſt Schell if, auß dem Geflirn und Planes 
ten des Menfchen glüd vnd vnglück anzeigen. 

7) Die fiebennt Schell if, achtung geben auff bes 
Monns lauff, oder der Sternen etwas zuthun. 

8) Die acht Schell if, vie Tag nach ber Planeten nam» 
men vnd regierung behalten vnd viel barauff feßen. 

9) Die neundt Schell ver Aberglaub narren if, viel 
newer jar außtheilen auff den newen Jars tag, dardurch 
glüd und heil durch das jar zu erlangen. 

10) Die zehendt Schell if, fein Hauß mit Graß onnd 
Sorberr Barm vmbfleden, damit der Zeuffel nicht darein 
. fomme. - 

11) Die eilfft Schell der Aberglaub narren iſt, achtung 
geben duff vergebenliche apoftützlerey. 

12) Die zwöllfft Schell if, auff weiffagung der Bögel 
gelang achten, vnd denfelben glauben geben. 

13) Die dreyzehendt Schell if, auff Träum halten, ond 
auß denfelbigen weißfagen. 

14) Die vierbgehennt Schell der Aberglaub Narren: if, 
durch Lofung weiffagen vnd zukünfftig verlünben. 

15) Die fünfftzehendt Schell if, durch abnemung vnd 
beyfpiel weiffagen. 

16) Die ſechtzehendt Schell der Aberglaub narren if, 
durch fegen vnd verzeichung, ober cararteren ein kranck⸗ 
heit wollen heiten. 


17) Die fiebendthehendt Schell if, Zauberey brauchen, 


eine oder einen zu vnzüchtiger lieb anzureißen. 

18) Die achbehennt Schell if, glauben, das die Crea⸗ 
turen verwandelt werden in andere form vnd geftalt. 

19) Die neungehendt Schell der Aberglaub narren if, 
glauben, das die böfe Weiber mögen auff einer ofengabel, 
oder auff einem Wolff an alle orth kommen. Diß ift ein 
arofle fantafey vnd ein falfıher Aberglaub. 

20) Die zweintzigſt Schell ift, glauben, das die vorge⸗ 
melte Weiber mögen durch ein verfchloffen Thür gehn. 

21) Die ein vnd zweintzigſt Schell: ift, glauben, das 
ſolche Weiber durch Zauberey vnd Zeuffels beſchwerung 
mögen Bögel nefler finden, vnd die felben verterben nad 


* 





582 


ihrem wolgefallen, ober Weiter vnnd Hagel marken. Wel⸗ 
ches fürwar alles ein groffe fantafey it, vnnd ein böfer 
vnd verfürter Aberglaub, barfür ſich ein jeter Ehriften 
Menfch fol hüten, das er ſich nit ſolchem verfluchten vnd 
Teuffliſchen Aberglaub ergeb. Diß fein alfo kürtzlich vie 
Schellen, darauß man die Aberglaub narren Iehrnet er: 
kennen Und vnderſcheiden. 


Der LXVI. Rarr. 


Wer außmißt Himmel, Erb und Meer, 
Bnd darinn ſucht freud vnd lehr, 
Der lug, das er dem Narren wehr. 


Bon erfahrung aller Landt. 


Ich Halt den auch nicht eitel weiß, 
Der all fein finn legt vnd fein fleiß, 
Wie er erfünnt all Stett und Land, 
Vnd nimpt den Cirdel in die Hand, 
Das er dardurch berichtet. werd, 
Wie breit, wie lang, wie weit bie Erb, 
Wie tieff vnd ferr fich zieh Das Meer, 
Vnd was enthalt den letzten fper, 
Wie fi das Meer zu end der Welt 
Halt, nad es nicht zu thal abfelt. 
Ob man auch omb die gank Welt führ, 
Was voldd wohn under jeder ſchnür, 
Ob vnder vnſern fühlen Leut 
Auch ſeyen, oder da ſey neut, 
Vnd wie fte ſich enthalten auff, 
Das ſie nicht fallen in dem lufft. 
Wie man mit eim ſtecklin außrech, 
Dad man die gantze Welt durchſech, 





IE, 





588 


Archimenides der wuſt deß ſtil, 

Der macht im Puluer, kreiß vnd ziel, 
Damit er viel ausrechnen kundt, 

Vnd molt nicht auffthun feinen mund, 
Er forcht, ed gieng ‘ein Plauft baruon, 

Das jm am Kreiffen ab würb gohn. 
Vnd eh er reden molt ein wort, 

Ließ eh er dad er würd ermordt, 
Der Meilen Funft was er behend, 

Kundt doch außecken nicht fein end. 
Diccarchus der fleißt fich deß, 

Das er die höh der Berg außmeß, 
Vnd fand, das Pelion höher was 

Denn alle Berg, die er je maß, 
Doch maß er nicht mit feiner hand 

Die Alpen Hoch im Schweitzer land, 
Map auch nicht, wie tieff wer das loch, 

Dahin er müßt, und fißet noch. , 
Btolomeus rechnet auß mit grad, 

Was Ieng vnd breit das Erdtrich Hat, 
Die leng zeucht er von Orient, 

Vnd endt vieſelbig in Occident. 
Das hundert achtzig grad eracht, 

Sechtzig vnd drey gehn Mitternacht, 
Die breit vom Equinoctial, 

Gehn Mittemtag iſt fie mehr ſchmal, 
Zwentzig vnd fünff er findet grad, 

Dep lands, fo man erfündet hat, 
Plinius recht das mit fohritten auß, 

Sp macht Strabo Meilen drauf. 
Noch Hat man feither funden vil 
Zand hinder Normegen vnd Thil, 

Als Ißland vnd Pilappen land, 


588 


Archimenides der wuſt deß Mil, 

Der macht jm Puluer, kreiß vnd ziel, 
Damit er viel ausrechnen kundt, 

Vnd wolt nicht auffthun feinen mund, 
Er forcht, es gieng ein Plauſt daruon, 

Das jm am Kreiſſen ab würd gohn. 
Vnd eh er reden wolt ein wort, 

Ließ ch er bad er wuͤrd ermorbt, 
Der Meſſen kunſt mas er behend, 
Kundi doch außecken nicht fein end. 

Diecarchus der fleißt ſich deß, 

Das er die hoh ver Berg außmeß, 
Vnd fand, dad Pelion höher was 

Denn alle Berg, tie er je maß, 
Doch maß er nicht mit feiner hand 

Die Alpen Hoch im Schweitzer land, 
Map auch nicht, wie tieff wer das loch, 

Dahin er müßt, vnd ſitzet noch. 
Ptofomeus rechnet auß mit grad, 

Was Ieng und breit Dad Erdtrich Hat, 
Die Img zeucht er von Orient, 

Vnd endt vieſelbig in Occident. 

Das hundert achtzig grad eracht, 

Sechtzig vnd drey gehn Mitternacht, 
Die breit vom Cquinoctial, 

Gehn Mittemtag iſt ſie mehr ſchmal, 
Zwenkig vnd fuͤnff er ſindet grad, 

Deß lands, jo man erkündet hat, 
Plinius recht das mit ſchritten auß, 

So macht Strabo Meilen drauß. 
Noch hat man ſeither funden vil 

Land hinder Norwegen vnd Thil, 
Als Ißland vnd Pilappen land, 


Das vorhin ald nicht mas befannt. 
Auch Hat man fein in Portugal 
Vnd Hifpanien vberal 
Sold Inplen funden vnd nadent Leut, 
Don den man wußt zu fagen neut, 
Marinus nach dem Meer die Welt 
Rechnet, und bat dran gar wüſt gefehlt, 
Plinius der Meiſter feit, 
Das es fey ein vnſinnigkeit, 
Möllen die größ ver Welt verftehn, 
Vnd auffer der bißweilen gehn, « 
Vnd rechnen bi Hinter das Meer, 
Darinn menfchlich vernunfft irrt fehr, 
Das fie ſolchem nachrechnen allzeit, 
Vnd Tan ſich felb außrechnen neit, | 
Vnd meint, das er die ding verfteht, j 
Das die Melt ſelbs nidyt in jr bett. 
Hercules feßet in das Meer 
Zwo Seulen ald man fagt von aͤhr, 
Die ein die endet Africam, 
Die ander febt an Europam, 
Vnd Hat groß acht auff end der Erd, , 
Wußt nicht, was end im mad bejchert, 
Denn er al Wunderwerck veracht, 
Bon Frauwen lift ward er vmbbracht. 
Bachus zog vmb mit groſſem heer 
In alle Land der Welt vnd Meer, 
Vnd was allein der anſchlag ſein, 
Das jederman fehrt trincken Wein, 
Wo man nicht Wein vnd reben hett, 
So lehrt er machen Bier vnd Meth. 
Sylenus der verlag ſich nicht, 
Im Narrenſchiff fuhr er auch mit, 


584. 
| 





. 985 


Vnd fonft Gauff find und Meben vil, 
Mit grofjer freund und Seitenfpil, 
Er ift ein trundner Schlemmer gfein, 
Das jm jo wol was mit dem Wein, 
Er dorfft nicht arbeit han anfert, 
. Man hett fonft trinden wol gelehrt, 
Man treibt mit prafien gar vil fchand, 
Jetzt fehrt er erſt recht vmb im Land, 
Vnd macht manchen im praß verrucht, 
Des Batter nie Fein Wein verfucht, - 
Aber wad ward Bacho daruon, 
Er mußt zulegt von Gſellen gohn, 
. Vnd fahren hin, da er jeßt trindt, 
Dad jm mehr durſt denn wolluft bringt, 
Wiewol die Heiden in darnoch 
Ehrten als Gott und jn hielten hoch, 
Bon denen Tommen ift feithar, 
Dad man im Land und Bechen fahr, 
Vnd thut jm ehr nach feinem tod, 
Der vns vil vbels Hat auffbrocht, 
Die boͤß givonheiten märend lang, 
Mas vnrecht ift nimpt vberbang, 
Denn darzu ſtehts der Teuffel bleßt, 
Das man fein dienftbarkeit nicht leßt, 
Damit ich auch jetzt widerumb 
Auff mein materi und fürnemmen Tonm, 
Mas not, wohnt doch eim menjchen bey, 
Das er fuch gröflers denn er fey, 
Vnd weiß nicht, was im nußen bring,. 
Wenn er erfehrt ſchon hohe ding, 
Vnd nicht Die zeit feind tobtes kennt, 
Die wie ein ſchatt von binnen rennt, 
Ob ſchon diß kunſt iſt gwiß und wor, 


586 


So ift doch bad ein grofler thor, 
Der in feim finn wigt fo gering, 

Dad er möl willen frembde Ding, 
Vnd die erfennen eigentlich, 

Vnd Fan doch nicht erkennen ſich, 
Auch nicht gedenckt, wie er das lehr, 

Er ſucht allein ruhm, weltlich Ehr, 

Vnd gdenckt nicht an das ewig Reich, 
Wie das weit iſt, ſchön, wunderlich, 
Darinn denn auch vil wohnung find, 

Auff irrdiſch jeder Narr erblindt, 
Vnd fucht fein freud vnd luſt barinn, 

Des er mehr ſchad Het denn gewinn. 
Bil hand erkennt ferr frembde land, 

Da feiner nie fich ſelbs erfannt, 
Wer weiß wirt als Vliſſes ward, 

Da er lang zeit fuhr auff der fahrt, 
Vnd fah vil Land, Leut Stett und Meer, 

Vnd mehrt fich ſtaͤhts in guter Lehr, 
Oder als thet Pythagoras, 

Der au Memphis geboren was, 
Auch Plato durch Egypten zoch, 

Kam in Italiam darnoch, 
Damit er immer teglich lehrt, 

Das fein Kunft, weißheit würb gemehrt, 
Appolonius durchzog al ort, 

Wo er von Glehrten fagen hort, 
Den ſtellt und zog er teglich noch, 

Dad er In Kunften wurd mehr Hoch, 
Fand allenthalb das er mehr lehrt, 

Vnd das er vor nicht hat gehört, 
Mer jeht fol Reiß vnd Landtfahr thet, 

Das er zunem in meißheit ftäht, 





587 


Dem wer zu vberfehen baß, 
Wiewol doch nicht gnug wer daß, 
Denn wen fein finn zu wandern floßt, 
Der mag nicht genglich dienen Gott. 


Von Aandt Warren, sder Sandtfarer Merten, oder 
Straffen Warzen. 


Das ſechs und ſechtzigſt Rarren Geſchwarm. 


Das ſechs vnd ſechtzigſte Narren Geſchwarm iſt, von 
Landt narren, die durch das Landt hin vnd wider lauffen, 
freudt vnd weißheit dardurch zu erlangen. Welche man 
fürnemblich auß ſieben Schellen ſol lehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell der Landtfahr Narren iſt, das Landt 
durch ſtreichen vnd beſichtigen, allein auß fürwitz vnd vn⸗ 
nüßer ſorg. Diſe ſeindts, fo allein darumb im Ptolomeo 
leſen, damit fie die Landſchafften des Erdtreichs vnnd ver 
Stetten gelegenheit mögen erkundigen, oder von andern 
erforſchen, oder ſelbs perſönlich in die Landtſchafften ziehen, 
vnd diefelben erfahren vnd beſichtigen. Welche allein das 
rumb in die Lanptichafften vnnd Prouingen ziehen, dieſel⸗ 
bigen zu befichtigen, vnd jr gelegenheit zu erfahren, die 
fein fürwar nicht gar für weiß zu halten. Dann welcher 
fein zeit onnd weil in onnüßen bingen vnd handthieruns 
gen zu bringt, ter begeht ein vnnütze vnd verdamliche 
fürwig , dieweil er folden dingen nachtrachtet, vnd dar⸗ 
vn Gott verfaumet vnd verwarloffet. Auß diefer zaal 

Archimedes geweien, der viel wift onnd erfahren hat, 
aber ſich ſelbs kandte er nicht. Darumb fol fich ein jeder 
Chriſten Menſch fürfeden, damit er fih nicht mit wiſſen⸗ 
heit vnd erfahrnufien befchwere, fih aber ſelbs verfaume 
vnd nicht lehrne erkennen. 

2) Die ander Schell der Landt narıen If, die Welt 
befichtigen vnd vmbgehn, allein von wegen nichtiger vnd 
vergebliher Ehr. Dann es feindt der Narren viel, vie 
ſuchen ehr vnnd herrlichen rbumb dardurch, vnnd wöllen 
auch von ſolches wegen hoch von ander leuten gehalten 


588 


fein, dieweil fie in ferren und weiten Rändern fein gewe⸗ 
fen. Derhalben begeben fich diefe Landtflreicher offt inn 
groftt gefahr, groffe mühe ond arbeit, zu Waſſer vnd 
Landt, inn Hunger vnnd durſt, allein darumb, damit fie 
Tonnen fagen, wie fie da vnd dort gewefen fein, vnd die⸗ 
ſes oder jhenes gefehen haben. Aber die fein rechte Nar⸗ 
ren, bieweil fie fonft nichts anders daruon bradt haben, 
weder allein das fie etwann ein luſtig vnd ſchön gebäw 
gefehen haben, vnd viel ungefchidter heim kommen, weder 
da fie außzogen, vnnd fein gleich wie ein Ganß, bie 
fleucht ein Band vber das Meer, und kompt ein Gagad 
wider heim. Alſo gefchicht folchen Landt narren aud, die 
Iehrnen fein ander weißheit, dann das fie dag gelt vers 
ehren, vnnd etwann ein frembdes wort ober zwey auß 
embder fprach behalten, nemlich: ha fchala maheret was 
ſchawa, oder furate, fifch bate, kro im fandt, all vier 
mundt auff. Diefe, wenn fie etwann ein wort oder drey 
wiffen zu fagen (und doc daffelbig nicht recht) auß fremb⸗ 
der fprach, vermeinen fie, es fey Ihr reifen gantz wol ans 
eleget, vnnd wöllen auch dardurch nachmals hoch gefehen 
ein onnd gehalten werden. 


3) Die dritt Schell der Landt narren iſt, das Landt 
befichtigen und durch gehen, allein wolluſt vnd ergeßlich⸗ 
feit dardurch zu erlangen. Difer Narren werden gar ons 
zalbarlich vil gefunden, die geben für, wie fie zum heili⸗ 
gen Grab, zum finftern Stern, zum groffen Gott gehn 
Schaffpaufen wöllen ziehen, vnd thun fie ſolches allein 
darumb, wolluſt onnd müffigang dardurch zu fuchen. Darts 
nach fein etliche, die ziehen durch wolluſt des freffens vnd 
fauffens von einem Landt zu dem andern, damit fie das 
frefien vnnd fauffen gewohnen vnnd Iehrnen, gleich wie 
man von dem Bacho Iiefet, der durch viel Landt iſt ges 
zogen, vnd bet die Reut onberwifen, wie fie follen den 
Wein oder das Bier Ichrnen trinden. Zwar folhes wer 
nicht von nöthen geweien, es hetten es die Zeutfchen vnd 
Sachſen wol von inen felbs gelehrnet. Dann es iſt nicht 
von nöthen, das man Leuß in den Bel fehet, fie wach⸗ 
fen wol von jnen ſelbs. Letftlich fein etlih, die ziehen 
von wegen guier gefelfchaft mit einander im Landt herumb, 


589 


onb verhoften ein groſſe freubt vnnd wolluſt dardurch zu 
aben. 

4) Die vierdt Schell der Landt narren iſt, auß boßheit 
liegend onnd triegens, oder auß neidt dur das Landt 
bin vnd wider lauffen. Dife fein gleich den Storden, die 
fliegen von einem Landt in dag ander, vnd wenn fle im 
Sommer in das Teutfchlandt kommen, flieben fie im Win⸗ 
ter wider hinweg, vnd bringen nichts anders mit ihnen, 
weder das fie offt Schlangen vnnd Krotten durch den 
Schornſtein iren Herren oder Haußwirten in das Hauß 
hinab werffen. Alſo thun diefe auch, die Iauffen von eis 
nem Landt zum andern, vnnd tragen mere vnd Flapperey 
bin vnd wider, vnd beiceiffen vnd beiriegen das vold, 
wo fie können vnd mögen. Diefe fein rechte vnd war⸗ 
baffte infirument vnd werd;jeug tes Teuffels, dann gleich 
wie derfelbig herumb zeucht wie ein brüllender Löw , vnd 
fuht, wo er ein Menſchen finnt den er verfehlude, alfo 
hun auch diefe, die durchlaufen das Landt, vnd verführen 
die leut mit liegen vnd betriegen. 


5) Die fünfft Schell der Landt narren if, das Landt 
durchſtreichen vnd Tauffen auß faulkeit vnnd trägpeit. 
Solches entſpringt allein darauß, das wenn man ſich we⸗ 
der in Göttlichen noch zeitlichen dingen vbet, wirt man 
faul vnnd träg dardurch, vnnd gibt nachmals nichts an⸗ 
ders, weder ein faulen Landtfahrer, Landt narren, vnnd 
ein Landt ſchelmen. Derhalben ſol ein jeder Menſch für⸗ 
ſehen, das er alweg etwas anfahe, damit er die zeit recht 
onnd wol anlege, vnd fein gemüth nicht auff mancherley 
zerſtrewet vnnd verwirret werde: dann wenn du alfo in 
deinem Topff verwirret biſt, fo frag dich alsbald felba und 
fag: O Landt Rarr, wo wilt du hin. So du foldhes 
thuſt, würdeſt du dich wol enthalten, damit du Fein Luft 
zum Landftreichen befommeft. 

6) Die fehn Schell der Landt narren iſt, von wegen 
reichthumms vnnd zeitliche gutes dz gantz Landt durchlauf⸗ 
fen. Vnder dieſer Schellen werden fürnemblich die Kauffe 
leut begrieffen, welche von wegen gelts vnd guts, vnd 
damit ſie der Armuth entfliehen, alle gefahr vnnd noth 
außſtehn, zu Waſſer und Landt, vnd pber ſtandt vnd ſtein 


590 


lauffen biß an das endt der weit. Wer hat fonft anders 
in das Teutſchlandt gebracht die verberbliche vnd böfe ſit⸗ 
ten, das freffen vnd fauffen, die fehandtliche vnd wüſte 
Heidung, weder allein bie geißigen Kaufflent? Die in ferre 
Landt von wegen guter waar (welche fie doch nachmals 
befftig verfälfchen) zu kauffen, lauffen ond fommen nach⸗ 
mals wider in frembder vnd felßamer Heidung heim, vnd 
machen alsbaldt mit der newen kleidung auch andere zu 
fantaften, die ihnen gleich wölleh nachuolgen. 

T) Die fiebennt Schell der Landt narren iſt, auß ver: 
*zweifflung vnnd vngedult das Landt befichtigen vnd durch 
lauffen. Es fein etliche, die Lauffen im Landt herumb zu 
ſchweiffen onnd zu flieden, gleich wie Cain, der kondte au 
feinem orth bleiben, alfo thun auch folche Landt narren, 
denen gefelt e8 nirgends zu bieiben, wo fie hin kommen, 
ond ift fhnen vberal Fein orth hüpſch vnd wol gelegen: 
fonder fie lauffen herumb gleih wie ein Windtmül, die 
treibt der windt auff welche feiten er darzu gath. Die 
Narren befommen durch folches Tauffen nichts andere, we⸗ 
ber ein vnrühig weien. Derhalben ſol fih ein jeder vor 
folhem Lanptflreichen hüten, dann man befompt nichts an⸗ 
ders dardurch, weder ein wandelhafftes vnnd verfertes ges 
müth. Es follen alle, die fo ein luft haben zu dem Landis 
ftreichen, difes gemein vnd war fprichiwort für augen ha⸗ 
ben: Bleib da du bifl, und oberwindt, das in bir if. So 
werden dir alle Stett gleih und alle menſchen recht. Das 
ift fo viel gefagt, das du ſolleſt an dem orth bleiben, da 
du gewohnet oder erboren bift, vnnd ſolleſt dich hüten, das 
du nicht mit jedermann zanckeſt ond hadereſt, fonder Dich 
ſelbs bindeſt, ond in allen dingen bein zungen vnd freff 
len mundt im zaum halteſt. So du ſolches würdeſt hun, 
wirt dir jedermann günflig vnd holdt werben, vnnd wür« 
beft hiemit erfahren vnd erfündigen aller Stett vnd Landi⸗ 
ſchafften gelegenpeit. Diß fey hie fürklih von den Landt⸗ 
narren oder Landtflreichern gefagt, welcher aber mehr Landt⸗ 
narren begert zu erkennen, der Iefe die Reümen hieuoz 
geießt, da wirbt er etwas weiters erkundigen. 





59 
Der LXVI. Narr. 


Der Rarr Marflas der verlor, 
Das man jm abzog Haut vnd Bor, 
Hielt doch die Eadyfeiff nad als vor. 


Riht wöllen ein Rarr fein. 


Die Eigenfchafft Hat jeder Narr, 
Das er nicht kann genemmen war, 
Das man fein fpott, darumb verlor 
Der Narr Marfias haut und hor, 
Aber Narrheit iR fo verblendt, 
Ein Narr zu allen zeiten wenbt, 
Er ſey witig ſo mag ſein lach, 
Vnd ein Gaufftheding auß jm mach, 
Stelt er fich ernftlich zu ver fach, 
Das man jn auch für witzig halt, 
Biß die pfeiff auß dem ermel falt, 
Wer vil gut bat, der bat vil Freund, 
Dem Hilfft man redlich auch zu fünd, 
Ein jeder lugt, wie er jn ſchind, 
Sp lang das wärt, biß er wirt arm, 
So fpricht er, Hey das Gott erbarm, 
Wie Hat ich vor nachlauff fo viel, 
Kein freund iſt, der mich tröften mil. 
Het ich das vor bey zeiten bracht, 
Ich mer noch reich vnd nicht veracht, 
Ein groß Thorheit iſt das fürmwar, 
Welcher verthut in einem ar, 
Da er fein tag fol leben mit, 
Das er das üppigklich aufgibt, 
Vnd meint zeitlich feirabend han, 
Das er moͤg nach dem Vettel gahn, 


592 


Sp jm denn fldßt under fein benb, 
Armut, verachtung, Spott, Elend, 
Bnd er zerrifien laufft vnd blog, 
So kompt jm denn ber reumelftoß. 
Mol dem, der-jm freund machen Tan 
Aug Gut, das er doch fie muß Ian, 
Die in tröften vnd bey jm ftohn, 
Sp er ift allenthalb verlohn, 
Dargegen ift mandyer Narr auff erd, 
Der fih annimpt Nerrifcher geberb, 
Vnd wenn man jn ja fehünd und für, 
So fönt er doch gank nicht Damit, _ 
Dann das er etwunn die Ohren fihütt, 
Wil Närrifh fein mit allem fleiß, 
Do niemands gfelt fein Narren weiß, 
Wiewol er gleih eim Narren thut, 
. Nimpt doch niemands fein ſchimpff für gut, 
Auch ſprechen von im etlich Geſelln, 
Der Narr wolt fih gen Närrifch ſtelln, 
Sp Tan er weder weiß noch gberd, 
Er ift ein Nare und niemands wehrt, 
Vnd iſt ein felgam ding auff Erd, 
Mancher wil fein ein witzig Mann, 
Der fich der Thorheit nimmet an, 
Vnd meint, dad man jn rühmen fol, 
Wenn man fpricht, der Fan Narrbeit mol, 
Dargegen feind viel Narren auch, 
Die außgebrütet hat ein auch, 
Die wöllen von ber weißheit fagen, 
Es ſey gehawen over nfchlagen, 
So wölln fie wißig fein gezelt, 
So man die doch für Narren bet, 
Wenn man ein Narren Tnifchet Hein, 


593 


A6 man dem pfeffer thut im Stein, 
Bad fließ in darein doch lang Jor, 
So blieb er doch ein Narr als vor, 
Denn jedem Narren das gebriſt, 

Das Wonolff Btriegols Bruder iſt, 
Mancher der ließ ſich halber ſchinden, 

Vnd jm all vier mit Seilen binden, 
Das jm allein gieng ®elt darauf, 

Vnd er vil Golts Hett in feim Hauß, 
Der leid auch, das er Ieg zu Bett, 

Vnd er der Reichen ſiechtag Hett, 
Vnd man jn wie ein Buben fchelt, 

Acht er daruon het zin vnd Gelt, 
Mit zimlich niemand bnügen wil, 

Wer vil hat, der wil habn zu vil, 
Aug Reichthumb vbermut entfpringt, 

Reichthumb gar felten demut bringt, 

Was fol ein dreck, wenn er nicht flindt. 
Vil feind allein, die hand fein Kindt, 

Kein Bruder noch fonft nahen Freund, 
Vnd hoͤrn nicht auff arbeiten doch, 

It augen fült kein Reichthumb auch, 
Noch gdencken nicht, wenn werd ich vor, 
Hab vbel zeit ich Bauch and Thor, 
Gott gibt manchem Neichthumb" und Ehe, 
Vnd gbrift feine Seel nicht anders mehr, 
Denn das jm Gott nicht darzu gibt, 

Das er dad brauch zu rechter zit, 
Auch das nicht nieſſen zimlich gthar, 

Ja es eim frembden völler par, 
Tantalus fipt in Waſſers Luft, 

Vnd Hat an Wafler doch gebruft, 
Wiewol er ficht die öpffel an, 
1. 





394 


Hat er doch wenig freub baruon, 
Das Schafft, dad er jm ſelbs nichts gahn. 


Von Wen Harren, oder für hein Marren wöllen 
gehalten werden. 


Das fieben vnd fehBigfi Narren Geſchwarm. 


Das fieben vnnd ſechtzigſte Narren Geſchwarm if, von 
Ben Rarren: nemlich von denen, die auff fih ſelbs viel 
balten, vnd vermeinen, fie fein allein wigig, ſo doch gar 
fein wig vnd verflandt in ihnen erfcheinet. Diefe fol man 
fürnemiich auß fieben fchellen lehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell der Wen Rarren iſt, ſich nicht wii 
fen in boffen zu flellen, vnd gang vnd gar vngeſchickt fein, 
ander leut mit feiner Narrheit zu freudt anzureiden. Es 
fein viel deren, die fih Rarrecht fellen vnd Narrechte ges 
bärdt treiben, aber fie wiſſen fih nicht in den rechten 
boſſen zu ſchicken, vnd wenn fie vermeinen, fie geben ber 
fach die aller beſte geſtalt und form, fo fallen fie mit bei 
den henden in dred, alfo, das fie von jepermann veripot 
vnnd verlacht werden. Auch fagt jedermann, der Narr 
wolt fi geren Narredtig und boßechtig fielen, wenn es 
ihm nur wol anflünde. In fumma: «8 wiffen fi folde 
Narren nicht anders inn den boflen zu flellen, dann das 
fie allein eiwann die Rarren kapyen vnnd die Ohren er: 
fhüttlen. Dann es ift ein fonderliche kanft, wer einem 
jeden fein weiß vnnd gebert wil nach thun, vnnd daffelbig 
mit artliden vnd zirlichen boflen. 

2) Die ander Schell ver Wen Narren iſt, vngeſchicklich 
ſich nad der Weiſen fitten vnd geberdt flellen. Es fein 
etlih Narren, wann file von anderleuten verlachet werden, 
ftellen fie fih gang ernfihafftig onnd weißlih, vnd fahen 
au offt von der fach gantz weißlich an zu reden, allein 
damit man foll vermeinen,, das fie weiß und Hug fein, 
fo fie doch won jederman verlachet werden. Dife hörem, 
nicht auff, für Hug vnd weiß gehalten zu werben, biß jnen 
die pfeiff auß dem ermel falt, das ift fo viel gefagt, das 
fie nit aufhören für weiß gehalten zu werben, biß fie 





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595 


mit mworten vnd werden, ober anderen böfen filten ihr 
Rarrheit an tag bringen. Solche Narren wöllen offt nit 
von jrem fürnemmen abflehen, biß fie letzilich vberwunden 
werden, vnd geſchicht jn nochmals gleich wie dem Marfie, 
der von dem Apolline vberwunden ward, noch wolt er 
nicht von ſeiner pfeiffen laſſen. Alſo thun ſolche Narren 
auch, die laſſen fich nirgend von abwendig machen vnd 
gefelt allein jnen ir Kolb am beſten. 


3) Die dritte Schell iſt, der liſtigen vnnd geſcheiden 
ſchmeichlern vnnd Suppenfreſſern ſein haab vnd gut reich⸗ 
lich außtheilen. Man findt deren Narren vil, die vermei⸗ 
nen, wann fie vil geſellen vnd ſtattliche burſch haben, bie 
inen nachtretten oder mit jnen gehn, vnnd etwann ein 
faulen Raht geben, das fie dardurch für weiß vnnd klug 
werben gehalten. O bu groſſer Narr, weiſtu nicht, warumb 
dir dz Bürſchle nachhenget, allein darumb, dieweil bein 
ſeckel jedermans garkuchen iſt, vnnd ein jeder darauf ver: 
thut foutl er wil, aber wann nicht mehr darinn ifl, vnd 
bein haab und gut alles verfchlemmet und verdemmet if, 
werden fie nit lang bey dir bleiben, fonder werben zer: 
firewet werden, gleich wie bie fprewer von dem wind. Als 
Bann wirt folden Narren geſchehen, mie dem verlohrnen 
Sohn, der Het vil freundt, weil er glüdfelig war, aber 
ba er nit mehr hat, ſchlugen fie in auß vnd mußt er ſich 
bey den Sewen ernehren, x. Auff gleiche weiß wirbt es 
ſolchen Rarren ergehn, dann wann er dem fedel das mauf 
nit mehr wirt konnen auffzieben, werben fie fih all von 
ihm ſchlagen vnd In verachten. 

4) Die vierdt Schell der Wen Narren if, mit vnrecht 
vnnd gefchwindigfeit. vil Gelt und gut befommen. Dann 
welcher hie auff diefer welt mit geſchwindigkeit vnd hin⸗ 
derliſt vil gelt vnd groß gut befommt, ven haltet die welt - 
für ein mweifen vnd Eugen Mann, fo er doch in der war« 
heit für ein Narren zw halten if. Dann man findt mans 
Ken, der leidt alles. da, fo man erdenden möcht, allein von 
wegen gelts vnd guts, vnd wann man ihn halber ſchünde, 
trüg er folches mit gedult, damit er nur Belt befeme. 
Wie groffe Rarren diſe fein, Tan ein jeder wol merden, 
ia dem er fein gefunden leib von wegen bes Gelts im 





896 


gefahr ſtecket, fo er doch nit weiß, wie lang er ſolches 
nutzet vnd gebraudt. 

5) Die fünfft Schell der Wen Narren iſt, ſich allein 
fürtrefflih vnd hochuerſtendig in feiner kunſt ſcheßen. Bn- 
der diſer Schellen werden alle Stend Geiſtliche vnd Welt⸗ 
lich begriffen. Dann es iſt kein Schulmeiſter ſo gering, 
Bein Prieſter fo vngeſchickt, kein Profeſſor fo vnerſahren, 
es ſey gleich inn welcher Facultet es wölle, er wendt vnd 
vermeint bey ihm ſelbs, er fey allein der geſchickeſt vnd 
fürtrefflichft, den man möge finden oder ſehen. Deßglei⸗ 
chen iſt es auch vnder den Handtwercks leuten, da iſt kein 
Schneider, kein Kürßner, kein Schumacher, kein Sattler, 
kein Schmidt x. vnd andere mehr, das nicht ein jeder 
vermeine, er fey der befl, und er Hab das Handtwerck am 
aller beften gelehrnet. Derwegen ifi niemandt außgenom: 
men, fonder es werden alle Denfchen, Geiſtlich vnd Welt⸗ 
lich vonder diefer fchellen begriffen. Solches fey hie kürtz⸗ 
lich gefaget von den Narren, bie auff fi viel halten, 
vnd aber nichts anders fein, weber rechte gegoſſene Narren. 


Der LXVII. Narr. 


Ber Kindt vnd Narren fi nimpt an, 
Der folt je ſchimpff für gut and dan, 
Er muß fon mit den Rarren gahn. 


Schimpff niht verſtehn. 

Der iſt ein Narr, der nicht verſteht, 

Wenn er mit einem Narren redt, 
Der iſt ein Narr, der widerbillt 

Vnd ſich mit einem truncken ſchilt, 
Mit Kind vnd Narren ſchimpffen wil, 

Vnd nicht auffnemmen Narren ſpiel, 
Wer wil mit Jegern gehn, der hetz, 

Wer keglen wil, der ſelb auffſetz, 


—3 


897 


Der heul, ber bey den Wölffen iſt, 
‚ Der fprech, ich lig dem nuß gebrifl, 
Wort geben vmb wort if Narren weiß, 
Guts geben vmb böß hat Hohen preiß, 
Wer gibt das boß vmb gutes auf, 
Dem lompt böß nimmer auß dem hauß, 
Mer lachet, des ein ander weint, 
Dem kompt es gleich, fo erd nicht meint, 
Ein weiſer gern bei weiſen flebt, 
Ein Narr mit Narıen gern vmbgeht, 
Das niemands leiden mag ein Narr, 
Das Tompt auß feinem hochmut bar, 
Mehr leid gefchicht eim Narren dran, 
Das er ficht etlich vor jm gan, 
Denn er hab freud, das jm fonft al 
Nachgangen vnd zun füflen fall, 
Vnd das merdeft, wie ich es mein, 
Ein ſtoltzer wer gem Herr allein. 
Aman hat nicht grofien geluft, 
Dad jedermann jn anbett fuft, 
Al er hat leid, das in ein Mann 
Nicht bettet Mardocheus an, 
Nicht not, Dad man Narren auffmerd, 
Man fpürt ein Narren an feim werd, 
Per weiß wolt fein als jever fol, 
Der gieng der Narren müſſig wol. 


—— aim 


Yon Schimpff Marten. 
Das acht Und ſechtzigſt Narren Gefhwarm. 


Das acht vnnd ſechtzigſte Narren Geſchwarm iſt, von 
den Narren, die kein Schimpff können verſtehen. Dieſe 
ſeindis fürnemlich, die ander leut wiſſen zu veriven vnd 





598 


flumpfieren, aber fie können dargegen weder ſchimpff noch 
limpff verſtehen. Diſe Narren fol man fürnemlich auf 
Geben fhellen lehrnen erkennen. 


1) Die erſt Schell der Schimpff narren iſt, mit ſched⸗ 
lichen vnnd ſchamparen worten oder wercken ſchimpffen. 
Gleich wie dem heiligen Hieronymo geſchach, als die Mön⸗ 
hen mit jm wolten ſchimpffen, legten ſie im des Morgens, 
da er in die Kirchen wolt gehn, für ein Corrock ein Wei⸗ 
ber Rock an, dardurch er dann von jedermann verlachet 
wardt. Welches zwar nicht geſchimpffet war, ſonder viel 
mehr geſchendt. Alſo findt man auch noch vil, die ſchimpf⸗ 
fen alſo grob vnnd wüſt, das mancher dardurch zu ſchau⸗ 
den kompt. Aber es gehören ſolche ſtück nicht zum ſchimpff, 
ſonder ſein viel mehr verachtung vnd verkleinerung, dann 
ſchimpffliche vnd lächerliche boſſen. 

2) Die ander Schell der Schimpff narren iſt, durch 
ſchimpff vnnd geſpöt all ſein Würdigkeit vnnd Ehrbarkeit 
zu nicht machen. Dann es ſeindt etliche, die halten weder 
glimpff noch maß in dem ſchimpffen, ſonder ſie reiſſen alſo 

robe zotten vnnd boſſen vnder dem gemeinen Volck, das 

e dardurch fr anſehen vnnd dignitet verkleinern. Der⸗ 
halben ſollen wir vns fürſehen, das wann wir vns wöl⸗ 
len beluſtigen vnd freud machen, das wir dem nicht zu 
oil thun vnd den Narren gar lauffen laſſen. 

3) Die dritte Schell der Schimpff Narren iſt, dem 
Schimpff allein nachtrachten, vnd darneben nicht anſehen 
die perſon, orth, zeit vnd gelegenheit. Dann der ſchimpff 
ſol nach einer jeden perſon, zeit vnd orth gericht werden, 
ſeitenmal ein zeit iſt zu lachen, vnd ein zeit zu trawren. 
Darauff ſoll ein jeder menſch achtung geben, das er alle⸗ 
zeit mit der perſon, zeit vnd orth vbereinſtimme. 

4) Die vierdt Schell if, fein höchſte wolfahrt vnd freud 
ſetzen auff den ſchimpff vnd vexieren. Dann es ſein diſer 
Narren vil, die ſetzen all jr heil vnd wolfahrt allein auff 
den ſchimpff und Weltliche boffen,, vnnd vermeinen, «es 
könne in hie nichts lieblichers widerfahren. 

5) Die fünfft Schell der Schimpff Rarren if, ſchimpf⸗ 
fen mit den Narren, ond ein wolgefallen ab inen tragen. 
DIE IR ein ſonderlichs zeichen der Thorheit, das einer ges 


De A te DE ee En 2 —— — — 





599 


mein mit den Narren begert zu haben. Es fl ein gemein 
fpridwort: das gleich vnd gleich gefelle fich gern. Darumb 
wenn du für ein Narren wilt gehalten werden, fo gebe 
derfeiben müſſig ond nimb dich fren nicht an. Jedoch fo 
du je wilt mit Narren vmbgehn vnd dieſelben befchawen, 
fo kauff ein fpiegel vnd befiche dich darin, fo wirft du 
Karren gnug finden. 

6) Die ſechßt Schell der Schimpff Narren if, durch 
ſchimpff vnd verieren die Narren zur fünd anreisen. Man 
findt der Dölpel vil, die reiben die Narren an zu zorn, 
Gottsleſterung, zand, trunckenheit ond Geilheit, ander leut 
damit zu lachen bewegen. Die ſolches thun, fündigen 
befftig, vnd müſſen fle die fünd vnd ſchwere Gottslefterung 
fo der Narr thut, gewißlich büffen vnd abtragen. Ders 
halben fol man die Narren zufrieden laffen vnnd fie nit 
zu Gottsleſterung oder fünden anreitzen. Dann welder 
ſolches thut, der muß ohn alle außred die fünd der Gotts⸗ 
leſterung vnnd andere mehr, darzu er den Narren ange 
reiget hat, büſſen vnd abtragen. Man lißt, das die Sm 
racenen die Narren, fo von natur alfo geboren fein, in 
großen ehren vnd reuereng halten, allein von wegen jrer 
onfehuldt, und das fie ohn begangıie fündt ſeind. Wieuil 
mehr follen wir Chriſten folches thun ? Diefelben nicht an⸗ 
reiben böfes zu thun, fonder fle zu Gott bekeren vnd ſouil 
immer möglih, fnen venfelben einpflanten, das fie die 
bende gegen Gott auffheben, ond die knie biegen, wann 
‚man den Nammen Ehrifti Zefu meldet, vnd fie ondermeis 
fen gleiy wie die Zungen Kinder. Darnach fein etlid, 
die machen die halben Narren gar zu Rarren vnd fanta« 
ſten, welche doch mitler zeit wol heiten mögen zurecht ges 
bracht werden. Die, fo die halben Narren zu gantzen 
Karren machen, fündigen gar ſchwerlich vnd wirt auch dz 
vrtheil Gottes fie nicht vbergehn. 

7) Die fiebendt Schell der Schimpff narren iſt, nicht 
Schimpff vnnd Berieren können verflehen, fürnemlich aber 
von den Karren, welche fie zunorhin geftumpffieret vnnd 
vexieret haben. Es fein etliche Gefellen, die fönnen einer 
jeden Lauf ein ftelgen machen, und einem jeden ein ſchlö⸗ 
derle anpenden, wenn man fie aber hergegen aush veriert, 


609 


ſo leiden fie weder fchimpff noch glimpff. Darnad fein 
etliche , die wollen mit Narren vnnd Kinderen fchimpfien, 
aber fie leiden dargegen Fein fchimpff von ihnen, ſonder 
wenn fie denfelben etwann nur ein wenig in ſchilt reden 
onnd zu viel boflen mit ihnen treiben, brennen fie als⸗ 
baldt wider dife auff, vnd wöllen gleich mit feuflen darein 
fhlagen. Diefe fein rechte gegoſſene vnnd gemachte Rars 
zen, dieweil fie mit Narren vnd Kindern wöllen ſchimpffen 
vnnd kurtzweylen, aber dargegen der Narren vnd Kinder 
fpiel nicht für gut auffnemmen. Du Rarr, weift du nit: 
Ber keglen will, der fol auch zuſezen, onnd wer vonder 
den Wolffen if, der muß mis ihnen heulen. Woher 
aber kompt ſolches, das dieſe Narren nicht ſchimpff no 
verieren Tonnen verfiehen? Allein auß vbermuth vnd lol: 
heit. Dann ein Narr mag nicht leiden, das ein anderer 
vor ihm gebet, vnnd höher gehalten wirbt, weder er. 
. Darumb fiehet er lieber zwengig oder dreyffig ihm nad 
- gehn, weder einen vornen an, vmb dieſer vrſach halben, 
das er allein gern wolt Herr vnd Meifter fein, vnd vie 
anderen alle feine Diener. Diefe Narren fein gleich dem 
Aman, ter wolt, das jhn jedermann anbettet onnd ehr 
bewiefe, Mardacheus aber allein wolt ihn nicht anbetten, 
noch vor ihm aufffiehen vnnd fih neigen; baher wardt ex 
heftig ober ven Marbocheum erzürnet, ond ließ ein Gal⸗ 
gen auffrichten, vnnd wolt in, den Mardocheum daran 
benden, aber eg fehlet jhm fein anfchlag, vnnd richtet er 
einem anderen ein Galgen auff, darann er nachmals felbs 
gehenckt ward. Derhalben fol fi ein jeder für obermuih 
oder hoffark hüten, vnd fich nicht vor anderen herfür zie⸗ 
ben, vnnd ſelbs beffer halten, weder ein andeten. Diß 
ſey hie kürtzlich von den Schimpff narren geſagt, darauß 
man fürnemlich die fol lehrnen erkennen, welche ander Ieut 
biß auff das euffereft wiffen zu flumpffieren vnd verieren, 
wenn man aber fie inn gleicher geflalt wil verieren, mö⸗ 
gen fie e8 nicht dulden, fonder brennen auff vnnd nem- 
men folches für Ernſt an. Welche Narren man dann auch 
leichtlich mag auß dem nachuolgenden Rarren geſchwarm 
lehrnen erkennen, vnnd iR ſolches nicht ohn vrſach dieſem 
abßſeten dieweil Schimpff vnnd Ernſt gern bey einan⸗ 
er iſt. 








— a Ta — — — — — 


——— _ Tem 


601 


Der LiIX. Rarr. 


Der wirffet in vie höh den Ball, 
Bund wartet nicht des wiverfall, 
Ber wii die Leut erzürnen all. 


Böß thun und nidht warten. 


Der ift ein Narr, der andern thut, 
Was er von feim mag han für gut, 
Lug jeder, was er andern tüg, 
Das jm Damit auch wol benüg, 
ie jeder vor dem Wald in bilt, 
Deßgleich jm allzeit widerhilt. 
Mer andre ſtofſſen wil in Sad, 
Der wart auch ſelbs den Badenfchlag, 
Mer vilen fagt, was jedem gbrift, 
Der Hört gar offt auch, wer er ifl, 
Wie Adoniſedech hat gethon, 
Vil andren als warb im der lohn, 
Berillus lag felber in der Kuh, 
Die er Het andren grüftet zu; 
Deßgleich geſchach auch Buſyris, 
. Diomedi und Phalaris, 
Mancher eim andren macht ein Loch, 
Darein er ſelber fellet doch, 
Ein Galg eim andren macht Aman, 
Da er ward ſelbſt gehendt an, 
Traum jedem wol, lug doch für dich, 
Denn wärlich, trew iſt miſſelich, 
Lug vor, was hinder jedem ſteck, 
Wol trawen reit vil Pferd hinweg, 
Nicht iß mit einem neidiſchen Mann, 
Noch woͤlleſt mit im zu Tiſch gahn, 


Pr u 


602 


Wenn er von fund an vberfchlacdht, 
Das du nie haft in Dir gedacht, 

Er fpricht zu dir, freund jß vnd trind, 
Noch iſt fein Herb an bir gank lind, 

Als ob er fprech, wol günt ichs dir, 
Als hetts ein Dieb geftolen mir, 

Mancher der lacht dich an in ſchertz, 
Der dir doch heimlich eß bein Hertz. 


Yon Ernſt Harren, Sch Warren, niemandts frenndt 
oder Jeutſcheüch Marren, Vuholtfelig Warren, 
FSeindtfelig Warren. 


Das neun ond fehhigft Narren Geſchwarm. 


Das neun vnd ſechtzigſt narren geſchwarm ifl, von 
Ernft narren. Nemlich von diefen , die inn allen Dingen 
weder maß noch glimpff wiſſen, fonder alles nach jhrem 
legen fopff richten onnd außtragen wöllen. Diefe fol man 
fürnemlih auß den nachuolgenden Narren Scellen lehr⸗ 
nen erkennen. 

1) Die erfie Schell der Ernfi Narren ift, ſchmechwort 
vnnd fcheltwort außftoffen ohn eintzigen vnderſcheidt, vn⸗ 
der dem ſchein der ſtraff oder zuchtigung. Dann es ſein 
etliche, die ſtraffen manchen mit ſolchen ſcharpffen vnd 
ſchmachlichen worten, das es viel gleicher einer rach, dann 
einer ſtraͤff fiehet. Dieſe, fo jhren Freundt oder bruder 
alſo ſtraffen, die ſein nicht für ſträffer, ſonder für ſchmä⸗ 
her vnd feindt zu halten. 

2) Die ander Schell der Ernſt narren iſt, ein kleine 
ſchmach vnd geringes laſter gegen einem außſtoſſen, auß 
zorn oder leichtfertigkeit, welche den menſchen doch nicht 
hefftig an ſeinen ehren verletzet. Diß iſt zwar ein kleine 
ſchell, aber fie klinget offtermals ſehr laut, alſo das durch 
ein kleine ſchmach nachmals etwann groſſe gefahr entſtehet. 

3) Die vritt Schell der Ernſt narren iſt, ein grofſe 
vnd ſchedliche ſchmachredt oder leſterung wider einen Tes 





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, 603 


ven, entweders fi an dem felbigen zu rechen, ober jhm 
ein fonderliche ſchmach zu beweifen, damit ex in entunebre 
vnnd an feinem guten nammen oder leumbden verleße. 
Diß iſt ein todt fündt, wenn einer einem frommen ehrlis 
chen Bivermann fein ehr vnnd guten leumbven abftilet 
dur ein ſchmachredt oder leſterung, vnnd wirdt folder 
Diebſtall mit der ewigen pein geftrafft werden, dieweil ed 
wider die lieb Gottes vnd des Nechfien if. 


4) Die vierdt Schell der Ernſt narren if, die ſchmach 
redt vnd leſterung ohn vnderſcheidt tragen vnd vngerech⸗ 
net laſſen hingehn. Dann es fein etliche fo einfeltig vnnd 
thorecht, das, wenn man fie ſchon offentlich vnd mit ernſt 
fehiltet vnd ſchmehet, fragen fie nicht darnach, fonder las 
en darüber, vnnd laſſens alfo vngeſtrafft fürüber gehn, 
fo fie doch folten billih einer Oberkeit diefed Hagen, vnnd 
jren guten nammen bey altem flaht erhalten. Derwegen 
fol einer, der gefcholten wirt, folches feiner Oberkeit vnnd 
vor Gericht anzeigen vmb dreyer vrfachen halb. Erſtlich 
zu erhalten den ehrlichen nammen vnnd leumbven. Darts 
nah das folcher freueler kundt vnd hudler geftrafft werde, 
damit er fein freuelleit ond böfes maul nachmals im 
zaum haltet. Zum dritten jur warnung anderer mehr, 
die auch mit dem laſter des Vbelnachredens vnnd ſchme⸗ 
hens befledt fein, auff das fie ein exempel darab nem: 
men, vnd nicht einem frommen Biermann fein Ehr alfo 
leichtlich abſchneiden. Wenn ein jeder folches thet, würde 
man nicht alfo viel zandens vnd haterens haben. 

5) Die fünfft Schell der ernſt narren ift, die ſchmach⸗ 
redt vnd leſterung fo in Ernft gefchicht, nicht mit vnder⸗ 
ſcheidt tragen vud dulden. Es fein etilich alſo gefinnet, 
das wenn ihn etwann ein fhmachredt oder lefterung wis 
derferth, Hagen fie dieſelbige nit jrer Oberkeit oder Rich⸗ 
tern, ſonder wöllen fie als bald von jhnen ſelbs rechnen, 
vnnd fegen manichmal leib, ehr vnnd gut darauff, damit 
fie den lefterer mögen ondertruden ond vmbringen, vnd 
achten es für nicht, wenn fie fhon Bott vnd den Rech« 
ften dardurch verachten , fonder es gilt ihnen alles gleich, 
wenn fie nur ihren muth mögen külen ab dem, ber fie 
geleftert hat. Diß if gan vnnd gar vnrecht, dann Bots 


604 


tes iſt die Rach, dem folt bu fie befehlen,, vnd nit von 
dir ſelbs rechnen. Diß fey hie kürtzlich gefagt von ven 
Ernſt narren, welche man leichtlid mag auß den oberzel⸗ 
ten Schellen Ichrnen erkennen. 


Der LXX. Narr. 


Der nicht im Sommer ggblen Fan, 
Der muß im Winter mangel han, 
Den Bürentans dick chen an. 


Nicht fürfehen bey zeit. 


Man findt gar manch gleichgültig menfh, 
Das if fo gar ein Wettertrenfch, 
Das er fich nirgents fehlen Tan, 
Zu allem, das er.fahet an, 
Kein ding bey zeiten er beftelt, 
Nichts vbernötig& er behelt, 
Denn das er fonft fo heyloß iſt, 
Das er nicht gevend, was jm gebriſt, 
Vnd was er haben muß zur not, 
Denn fo es an ein treffen got, 
Nicht weiter gdenck er auff all flund, 
Denn von der Nafen biß in mundt, 
Wer in dem Sommer famlen fan, 
Das er den Winter mög beflahn, 
Den nenn ich mol ein weiſen Sun, 
Vnd wer im Sommer nichts wil thun, 
Denn ſchlaffen allzeit an der Sonnen, 
Der bat Gut, das vor iſt gewonnen, 
Oder muß durch den Winter fich 
Behelffen etwann fhlechtlich, 





605 


Vnd an ben doppen faugen Gert, 

Biß er des hungers ſich erwehrt, 
Der nicht im Sommer machet Heuw, 

Der laufft im Winter mit gefchrey, 
Vnd hat zufammen gbunden Sell, 

Auffent, dad man fm Heuw geb feil, 
Der tregt im Winter ungern -erdt, 

Im Sommer bettlen er ſich nehrt, 
Vnd muß leiden manch vbel zeit, 
Vnd beifcht viel, wenig man jm geit, 
Lehr Narr und werd der Omeiß glich, 

In guter Zeit verforg du dich, 

Das du nicht müſſeſt mangel han, 

Wenn ander Leut zu freuben gan. 


Yon unfürfihtig Warren, Siederli oder Verſaum- 
Warren. 


Das ficbengigf Narren Geſchwarm. 


Das fiebengign Narren geſchwarm if, von lievderlich 
oder Berfaum Narren in den zeitlichen dingen. Dann 
es fein etlich, die laſſen es nacht vnd tag werden, vnd 
fragen nicht darnach, wo fie narung befommen für ir 
Beib und Kind, fonder es gilt inen alles gleich , vnd laſ⸗ 
fen ein Hein Waldtvögele forgen. Dife Tieverlih Narren 
fol man fürnemlich auß dreien Schellen lehrnen erkennen. 

1) Die erſt Schell der vnfürſichtig Narren iR, nichts 
bepalten. Dann es iſt nicht minder ein tugendt, das ges 
wonnen gut zu behalten, weder es erſt gewinnen: aud 
ift ein guter fparer gleich einem guten gewinner. Ders 
wegen fol ein jeder menich forg tragen, das er das ge⸗ 
wonnen, fo er entweders ererbt oder fonft befommen hat, 
aufammen ‚halte, vnd es nit mutwilliger weiß durch die 
Beinfirafien fhide, oder verfpiele, oder ſonſt verthue, 
fonder daflelbig zufammen halte onnd feinen nachkommen 
auch etwas verlaffe. 


606 


2) Die ander Schell ver vnfürfihiig Narren if, nichts 
begeren zu gewinnen, fonder müffig geben, feines leibs ver⸗ 
fhonen, vnd die arbeit fliehen gleich wie der Zeuffel dz 
Heilig Ereuß oder der hund die ofen gabel. Sie fagen: 
was fol ih vil werden, es thun doch die vögel auch 
nichts ond haben dennoch zu eflen. Es if war, wie du 
ſageſt. Aber doch bleiben fie nit auff den eften der beu⸗ 
men ober im neſt fiben, ſonder fo frü fie erwachen, flies 
gen fie auß vnd ſuchen jr narung. Sie thun fouil in 
möglih if. Du fauler Narr aber ſitzeſt vnnd begereft 
nicht zu werden, ſonder vermeineft, es fol dir ein bra⸗ 
tene Daub in das mauf fliegen. Derhalben thu du ſouil 
als dir möglich if, werd vnd gewinn fo vil du magſt, 
dann die arbeit iſt darum erfchaffen, damit du beiner forg 
vnd befümmernuß vergeſſeſt. Du bift zu mühe vnnd ar« 
beit geboren: der Bogel aber zu fliegen. Vnd gleich wie 
der Bogel fcheltens werbt were, wann er in dem neft 
oder auff dem baum blieb fißen, vnd wolt nicht außflies 
gen, fein narung zufuchen, alfo biſt auch zu fehelten, wann 
du nicht werden wilt vnnd dich mit Gott vnd ehrem er 
nehren. Derhalben wöllek du werden vnd thun was bir 
zu fleht, fo wirt dir Gott der Herr glüd vnd ben fegen 
mitheilen. 

3) Die dritt Schell ter vnfürfichtig Narren if, fi 
nicht befümmern von wegen des zulünfftigen, vnnd fi. 
des fpruch Chriſti behelffen, da er fagt: feind nicht: forg« 
feltig, wz jr eſſen ond trinden werden, x. Dit folchen 
ond anderen fluden mehr wöllen fie jr treg vnd faul 
eben befchönen. Dife verfiehn hie die ſchrifft nicht recht, 
vnd legen Chrifio dem Herren feine wort andere auß, 
weder ers gemeint hat: Dann er fagt nit, das du nicht 
folt forg haben für das zufünfftig, gar nicht thun, oder 
ein fauler Schelm bleiben, fonder er fagt, das man dem 
zeitlichen nicht gar zu heftig folk: nachhengen, das ewig 
aber verfaumen vnd verwarlofen. Dann wann man gar 
fein forg folt tragen vber das zukünfftig, warumb fagt 
dann die frhrifft und der Weiß mann: O du fauler Lentz, 
gehe zu der Omeiß und Iehrn von ir, vnd betrachte jren 
weg vnd ernfhafftigkeit, vnd lehrn meißpeit von fx, welche 





—— — — nn — — — — 


607 


doch kein Hertzogen, noch ein ſchutz Herren, 106 weib 
vnd kind hat, jedoch ſamlet ſie im Sommer ein, das ſie 
im Winter zu bleiben vnd zu leben hat. Darumb bes 
tracht, das folches dir vnd allen faulen fchelmen, die nicht 
wollen werden, weib vnd find halb hunger laſſen flerben, 
gefagt fey. Dann wienil böfer thaten ond ſchandt laſtern 
entipringen auß folder faulheit und tregpeit, nemlich todt⸗ 
ſchlag, diebſtal, raßlen vnd fpielen, da lauffen fie in ven 
krieg, werden mörder vnd ſtraſſen reuber, vnnd laſſen 
weib vnd Kindt daheim in hunger vnd froft fipen, alſo 
das fie gleich wie der Bär die dopen ſaugen müſſen, vnd 
mandmal mit guten zeenen vbel eflen. Da erfahren fie 
dann, das diß ſprichwort war ſey: 

Wer nicht zu rechter zeit gablet, 

Im Sommer, wenn die Brem zablet, 

Der laufft im Winter mit einem Seit, 

Bnd fragt, hat jemand höw feil. 

Dardurch fein dann ſolche vnfürfihtig Narren gewar⸗ 
net, das fie arbeiten vnd etwas befommen, damit fie mö⸗ 
gen weib ond kind ernebren, vnnd durch den Winter zu 
bleiben haben, auff das fie nicht mit dem Bäwren die 
dopen faugen. Auch fol ein jede Oberkeit forg haben, 
damit folhe faule lenken vnd Weinfchleuh das frig nit 
mit mutwillen verthun, vnd nachmals weib vnnd Kind 
den bitteren hunger müſſen leiden, oder gar an bettelftab 
gerahten, fonver das fie werden vnd mit jrer hand ars 
beit rechtſchuldige forg tragen, damit fie ſich vnd en weid 
vnnd find mit ehren ernehren. 


— — — 


Der Lxxi. Narr. 


Gar dick ver Hechlen er empfind, 
‚Wer ſtetes zancket wie ein Kind, 
Bud meint vie warheit machen blindt. 





Zanden onnd zu Gericht gehn. 
Bon den Narren wil ich auch fagen, 
Welch in einr jeden fach wenb tagen, 


608 


Vnd nicht mit Tieb laßn Tommen ab, 

Da man nicht vor ein zand vmb hab, 
Damit vie fach ſich lang verzieh, 

Vnd man der grechtigkeit entflich,. 
Laßn fie fich bitten, treiben, manen, 

Achten, verleuten vnd verbanen, 
Verlaſſen fich, das fie das Recht 

Wol bigen, das ed nicht bleib fchlecht, 
Als ob es wer ein Wechfen Naß, 

Nicht denden, das fie feind der Haß, 
Wer in der Schreiber Pfeffer kumpt, 

Der Vogt, Gwalthaber vnd Fürmmb, 
Vnd Aduocat muß zu feim Tifch 

Dauon auch Han ein fchledle Fiſch, 
Die Eünnen denn die fach wol breiten, 

Vnd jr Garn nach dem Wildpret fhreiten, 
Vnd auf eim fechle wirt ein fach, 

Vnd auß eim rüngle wirt ein Bach, 
Man muß jet Föftlich Redner Dingen, 

Vnd fle von ferren Landen bringen, 
Das fie die fachen mol verflügen, 

Vnd mit gefchmeg ein Richter btriegen, 
So muß man denn viel tag anftellen, 

Damit der tagfold mög aufffchwellen, 
Vnd werd verritten und verzert, 

Mehr denn ber Hauptfach zugebört. 
Mancher verzert in Peterle meh, 

Denn im auß feinem tag entfleh, 
Noch meint er warheit alfo blenven, 

So er bie fach nicht bald left enden, 
Ich wolt, wen wol mit zanden wer, 

Das er am arß heit Hechlen ſchwer. 


609 


Von Zanch Warren, oder Hader Warren, sder von - 
Marren, ſe allzeit vor Gericht zu ſchaffen haben. 


Das ein vnd firbengigfi Narren Geſchwarm. 


Das ein vnnd fiebengigfe Narren Geſchwarm iſt, von 
Zand Narren: nemlich von difen, fo allzeit vor Gericht 
omb zeitlich gut ganden ond hadern. Diefe fol man fürs 
nemlich auß fieben fchellen lehrnen erkennen. 

1) Die erfle Schell der Zand narren if, die güter, fo 
einem befohlen vnd vertramet fein, laſſen fahren, ergernuß 
dardurch zuuermeiden. Die güter fein zweyerley: etliche 
fein vnſer eigen, etliche aber fein ons von andern Jeuten 
verliehen, die felbige zu gebrauchen ond genieſſen auff ein 
zeitlang, oder das der nuß, fo barauß geht, under die ges 
mein werde außgetheilet: gleich wie die Kirchen güter den 
Prelaten oder Superintendenten vertraumet werben, ober 
die gemeine güter einer jedlichen Oberkeit, einem Regie 
rer oder Statthalter onder die hendt geben werten. Der 
halben, fo einer ſolche güter befibt, fol er fie nicht mit 
gewalt wöllen beherfchen , fonder fo man biefelbige wider 
von ihm begert, fol er fie wiver zu handen flellen, ohn 
allen zanck vnnd Gerichtlichen proceß, damit er ergernuß 
vnd böß erempel vermeide. 

2) Die ander Schell der Zand narren iſt, eygen gut 
nicht auß den henden laſſen, von wegen vnwiſſenheit der 
fugent. Dann fo ein zwitracht ober ergernuß entfpringet 
von wegen zeitlicher güter, deren fo wir ein lange zeit 
haben befefien vnd darüber natürliche Herrn fein, aber 
daflelbig durch vnwiſſenheit onferer Borfahren ift befeffen, 
follen wir entweders daſſelbig gar laffen fahren, oder 
ſollen den rechtshandel vnd zand gütlich mit den, fo ein 
anſprach daran haben, vertragen. . 

3) Die dritt Schell if, fein eygen güter laſſen fahren 
von wegen zand der Phariſeer. Dann es weht offt vnd 
di zand auß neidt vnnd boßheit, welchen zanck man ein 
zand der Pharifeer nenne. Bann nun folder zand er⸗ 
zeget wirbt, da folt man nicht von dem gut abflehn, fons 
der daflelbig befaupten. Denn wenn man bierinn diſen 
Zand narren wiche, geb man ihnen getegenheit vnnd vr⸗ 

L, 


610 


fach zu rauben, vnnd wirt folches ven Räubern aud 
Ihädtich fein, dann fie würden dardurch in jrem böſen 
fürnemmen gefterdt, vnd blieben alfo in den fünden Dies 
fer boßheit fteden, ander leut das jprig zu nemmen, vnd 
es on alle recht vnd billigteit befigen. 


4) Die vierdt Schell der Zand narren ifl, auß fihald: 
heit und boßpeit die ſchulden nicht wollen bezalen. Es 
feindt etliche , die vermögen wol jhre ſchulden zu bezalen, 
aber fie:ziehen biefelben freywillig vnnd auß lauter boB- 
heit von tag zu tag auff, vnnd wo fie nit mit recht 
barzu getrieben werden, begeren fie niemandt zu bezalen. 
Sie dörffen auch wol höfflich fprechen, wir wöllen den 
Kläger alfo lang im Rechten herumb ziehen, das er hins 
ven nach des Rechtens eben fo müpt wirbt werden, ald 
wir, vnd das er mehr wirt müffen außgeben und ver- 
terhtigen, weder die hauptſumm if. Diß ift ein böfe rech⸗ 
nung vnnd gand ſchedlich, dann es erfennet Gott ſolcher 
böfer leut hertzen, vnnd wirbt fie auch nachmals offenbar 
machen, das jedermann ihr ſchalckheit vnnd arged gemüth 
wirdt lehrnen erkennen. 

5) Die fünfft Schell der Zand narren if, bie ſchulden 
auß fahrleffigkeit oder verfaumnuß nicht bezalen. Dann 
es fein etliche, die vermögen auß armuth jhr ſchulden nicht 
zu bezalen. Die gehören nieht vnder diß Narren geſchwarm, 
fonver zu den fahrleffigen Narren. 

6) Die fh Schell ver Zand narren if, die ſchuldner 
nicht treiben vnd vermapnen zu bezalen. Es fein etliche 
Aduocaten, Kürfprechen, Notarij, vnnd andere dergleichen 
mehr, die bereven den Richter offtermals dahin mit Ihrem 
geſchwetz, dag er nicht weiß, nach welcher parthey er rich⸗ 
ten fol, vnnd machen folhe Zungenträfcher manichmal 
auß einem Heinen handel ein groſſen. Diefe fein mit ih⸗ 
xem geſchwetz dem gemeinen nutz gan ſchedlich, dann fie 
folten darauff geneigt fein, das fie allen zand vnd Hader 
nor Gericht abwenien, fo bringen fie biefelben erſt her 
für auff die baan, allein von wegen gewinß, vnnd daß 
deſter mehr koſten daranff lanffe, daruon fie dann ein 
aut gewinn haben, vnd ſchmecken ihm die heel bißle 
gar wol. 


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BZ 


611 


7) Die fiebendt Schell der Zand narren iſt, den Rechts: 
handel nicht mit gutem willen vertragen vnnd nicht zu 
frieden fein. Dann es fein etlihe, wenn fle ein guten 
handel haben, wöllen fie fih mit dem wiverfächer auff 
keinerley weiß inn ein vertrag einlaffen, fonder fahren 
frads forth für Gericht, vnd wöllen da des handele ein 
außtrag erwarten, fo fie doch vorhin mit guter ruhe vnd 
friven weren mit jhrem widerfächer oberein fommen , vnd 
hetten fie ſolcher mühe vnd arbeit aller nicht bedörfft. Pie 
heiten wir zwar viel zu fagen, aber wir wöllen es inn 
furdem barbey laſſen bieiben, vnd hiemit alle Chriften 
Menfchen vermahnet haben, das fie von Gerichtlihen zand 
ond hader abfichen, onnd ſich freunpfich mit einander vers 
tragen, welches dann Chriften Teuten wol anftebet. Auch 
wölle fidh einer ober den andern erbarmen vnd Barmper» 
Bigfeit beweifen, vnnd fo er nicht vermag, gleich alfo par 
fein ſchuld zu bezalen, wolle er gedult mit im haben, 
vnd jn nicht gleich vor dem Schuitheifen ond Richter vere 
Hagen, das er ihn in gefendunuß und thurn werffe. Wel⸗ 
ches dann fürwar gar nicht Ehrifilich ift gehandlet, dann 
e8 fol ein Menfch des andern gebrechen mit gebult auffs 
nemmen vnd fragen. Diß fey alfo kürtzlich hie gefagt 
von den Zand narren, welcher aber etwas weiters von 
jhn begert zu wiflen, der gehe under das Rathhauß, wenn 
man Gericht heit, da wirt er viel zanck vnnd hader fe 
ben, fo diefe Zand narren täglich treiben. 


— — — — — 


Der LXXII. Narr. 


Bü, ſchamper wort aureitzung gibt, 
Bud Hört gar offt die guten ſitt, 
GSo man zu faß die Samgiod ſchütt. 


Bon groben Rarren. 


Ein neumwer Heilg beißt Grobian, 
Den wil jegt füren jedermann, 


612 


Vnd ehren in an allem ori 

Mit ſchendlich müftmerf weiß und mort, 
Vnd wölln das ziehen in ein ſchimpff, 

Wiewol der Gürtel hat Fein glimpff, 
Herr Glimpfius ift leider tobt, 
Der Narr die Saum bein ohren Hot, 
Schütt fie, das jhr die Seumglod kling, 

Vnd fie dem Moringer jm fing, 
Die Saum hat jebt allein ven tank, 

Sie Helt das Narrenfchiff beim ſchwantz, 
Das es nicht vndergeht von ſchwer, 

Das doch groß ſchad auff Erden wer, 
Den wo Narren nicht trinden Wein, 

Er gilt jett kaum ein drtelein, 
Aber Die Sam macht jeßt viel jungen, 

Die wüſt Rott bat Weißheit vertrungen, 
Vnd laͤßt fie niemand zu dem brett, 

Die Saum allein die Kron auff bett, 
Mer wol die Seuwglock Teuten Tan, 

Der muß jebt fein da vornen dran, 
Wer jegt fan treiben folche merd, 

Als trieb der Pfaff vom Kalenberg, 
Oder Mönh Eilſam mit ſeim bart, 

Der meint, er thu ein gute fart, 
Mancher der treibt folch weiß vnd wort, 

Wenn die Horeftes feh vnd hort, 
Der doch was aller finnen on, 

Er fprech, es hetts Fein finniger gthon, 
Sauber ins Dorff ift worden blind,“ 

Das fchafft, das Bauren trunden find, 
Herr Ellerfung den Vortantz hat, 

Mit wüft genug vnd felten fatt, 
Sin jeder Narr wil Seumerd treiben, 


613 


Das man jm laß die Bürfchten bleiben, 
Welch man vmbführt mit Eſelsſchmer, 

Die Eſelsbüchs wirt felten lär, 
Wiewol ein jeder drein wil greiffen, 

Vnd damit fihmieren fein Sadpfeiffen, 
AU grobheit ift jetzt kommen auf, 

Vnd wohnt gar nah in jedem Hauß, 
Das man nicht vil vernunfft mehr treibt, 
Was man jebt redet oder fihreibt, 
Das ift ald auß der Buͤchſen gnommen, 

Vorauß wann praffer zſammen Tommen, 
En hebt die Sam die Metten an, 

Die Primzeit ift im Eſelthon, 

Die Tertz it von Sant Grokian, 
Hütmacher knecht fingen ven Sext, 

Bon groben Filtzen iſt der Tert, 
AA wüſte Rott fißt in der Non, 

Schlemmer und demmer darzu gohn, 
Darnad die Saum zur Veſper Hingt, 

Bnflot und Schamperin denn fingt, 
Denn wirt fich machen die Compfet, 

Wenn man AN voll gefungen bett, 
Das Eſelſchmaltz vnmüſſig if, 

Mit bergen ſchmer ift es vermijcht, 
Das ftreicht ein Gſell dem andern an, 

Wenn er will in der Gſellſchafft han, 

Der wüft wil fein, vnd das nit Fan, 
Man fchont nicht Gott noch erbarkeit, 

Von allem wüften ding man feit, 
Wer fan der aller frhnapperft fein, 

Dem beutet man ein Glaß mit Weln, 
Vnd lacht fein, daß dad Hauß erwag, 

Man bitt in, dad er noch eind fag, 


614 


Man fpricht, das iſt ein guter ſchwanck, 
Damit wirt vns die Weil nicht Tang, 
Ein Narr den andern führelet an, 
Big gut Geſell und frölich mann, 
Betigran fehier, Ebelli fchier, 
Was freud auff erden Hand fonft wir, 
Wenn wir nicht gut Gefellen fegen, 
Laßt vns fein frölich, braſſen, ſchreien, 
Wir habn noch klein zeit hie auff erd, 
Das vns daſſelb zu Lieb doch werd, 
Denn wer mit todt abſtirbt der leit, 
Vnd Hat darnach kein frölich zeit, 
Mir habn von keim noch nie vernommen, 
Wer von der Hell ſey widerkommen, 
Vnd vns doch fagt, wie ed da flünd, 
But Gſellſchafft treiben ift nicht fünd, 
Die Pfaffen reden mas fie wend, 
Vnd dad fie diß vnd jenes ſchend, 
Wer es fo fünd, als ſie vns ſchreiben, 
Sie theten es nicht ſelber treiben, 
Wenn nicht der Pfaff vom Teuffel ſeit, 
Der Hirt von Wolffen klagt fein leid, 
So heiten fie beid nicht? daruon, 
Mit folcher red Narren vmbgon, 
Vnd thun mit jrer groben Rott, 
AU Welt gefchenden und auch Gott, 
Noch werben Die zu lebt zu fpott. 
"Yon Grob Marren, Wüſt Warren, Yugefhaffen Mar- 
ren, Saum Warren, Wuflätig Marren x. 
Das zwey und fiebengigf Narren Geſchwarm. 
Das zwey vnd fiebengigk Rarıen Geſchwarm iR, von 


615 


Mühen vnnd Säwifchen Narren, nemlich von denen, To 
wüfte vnd vnfletig wort, weiß vnnd fhandtliche werd 
treiben. Welche man fürnemlich auß den nachuolgenden 
Rarren ſchellen oder Saw fchellen fol Ichrnen erkennen. 


1) Die erfie Schell der Groben narren ift, wüſte vnd 
onfletige ding begepn. O wie wüßte vnd vnzüchtige bing 
begehn doch folge Narren, alfo, das «8 «ein ſchandt iR 
zu gebenden, ich wil geichmeigen , öffentlichen zu fagen, 
nemiih in Freſſen vnd Sauffen, Spielen vnd Raßlen, 
Huren vnd Ehebrechen, ꝛc. und deren dingen noch viel 
mehr, die hie nit gebüren zu erzeien. Aber fürwar, «6 
wirt in ſolche vnzucht vnnd geilheit von Gott nicht vn⸗ 
geftrafft hingehn. 

2) Die ander Schell der Säw narren iſt, ſchandtlicht 
weißen und gebärt treiben, nemlich gröpſen, vber fiebene 
werffen, tantzen vnd ſpringen, ſchreien wie ein Zanbre⸗ 
der, wüfte vnd ſchandtliche Hurren lieder ſingen, oder 
fartzen wie ein Eſel, oder gar in die Hoſen ſcheiſſen (mit 
vrlaub zu reden), vnnd andere viel vnzüchtige vnnd wüfle 
gebärt mehr, die die von wegen fchandt vnd laſter zuuer- 
ſchweigen fein, welde vonfletige und Säwifche gebärden 
die Beiber von folchen wollen Säwen müllen dulden, vnd 
doch güte wort darzu geben, damit fie ihnen nicht inn 
der vollen weiß die haut wol fchlagen, oder fle mit dem 
Saar die Ruben auff onb ab ziehen, -ond die Auben mit 
inen fegen, damit fie fein gelt für bäfen dörffen geben. 
Zu fumma, wenn ib diefer Säw narren wüſte vnd vn⸗ 
fletige geberbt al wolt befchreiben, möcht ich wol ein 

8 Buch daruon können machen. 

3) Die dritt Schell if, fchampare vnnd vnzüchtige wort 
treiben, nemlich von Bnteufcheit, Durerey vnd andern ons 
züchtigen dingen mehr, welches Gott vnd bie natur will 
verſchwiegen ond verborgen haben. Aber du ſageſt, wir 
gebenden nichts böfes, fonder wir foherben nur alfo mit 
einander, wir haben darumb nichts böfes in vnſerem hers 
gen. D du groffer Rarr, wie fanft bu böfes reden, wenn 
du nicht böſes gedendeft? gehen nicht die gebanden ber 
redt vor? oder fchlaffe du, wenn du rede? Wes das 
herß vol ift, des geht der mundt ober: Alfo iſt dein Herb 


” 


616 


voller vnzucht onnd Geilheit, das es baruon vberlauffl. 
Derhalben, wenn du böfes vnd vnzüchtigs redeft, ift nicht 
zu glauben, das bu eim rein vnnd keuſch here habef. 
Es wirbt ſolche vnzucht nicht vergebens fchampar ‘over 
ſchandtbar genennt, dann es tregt feine außlegung auff 
dem ruden, vnd heift fo viel, ale ſchandt vnnd lafler ger 
beren: dann es kreucht vnd ſchleicht ir reb gleich wie ein 
Krebs zum ‚andern, vnnd werden vil leut durch jhr ſcham⸗ 
pare redt vnd geberdt verführet. Ja, fprechen fie, wir 
thun ſolches nicht darumb, andere leut darmit zuuerfüs 
ren, ſonder das wir fie froölich machen vnd zum gelächter 
bewegen, dann die gute ſchwenck vnd kurtzweiligkeit ſein 
lieblicher zu hören, weder Fein laut noch ſeitenſpiel. O 
du mein Gott vnd Herr der groſſen Narrheit, weiſt du, 
was du biſt. Du biſt ver Wagen vnnd Fuhrman, mit 
welchem du zur Hellen fähreft vnd fingeft mit freuden, 
fahren wir mit den guten fehwenden zu ber Helen, vnd 
wirffeſt alfo dich vnd die fo auff vem Wagen fißen in 
pie ewige verbamnuß, das feind dann deine gute ſchwenck. 
Du bift ver aller ergft Dieb, den man auff der Welt fin« 
den mag, dan du flilef die zeit den menfchen, welche köſt⸗ 
licher ond herrlicher if, dann kein Heinot auff difer Welt. 
Du bift ein tröfler, deren fo dem Teuffel ſchon in dem 
rachen fteden. Du machſt mit deinen guten ſchwencken, 
denen fo zu der Hellen Tauffen, den weg kurtzweilig, vnnd 
führe fie vnnd dich mit freuden inn abgrund der Hell. 
Siheſt du jebundt, wie kurtzweilig du feyelt, vnd wie gu⸗ 
ter Ding vnd was du für ein lauter biſt? Vber das bifl 
du ein Aff, mit welchem der Teuffel fein Affenfpiel treibet, 
damit er die leut zu lachen bewegt. Pie fieheft du, was 
du für ein freud vnd troft deinen gefellen macheſt, vnd 
was du für ein nuß daruon habef, nemlich das du eim 
werdzeug werdeſt des Teuffels vnd feiner Helliichen char. 
Solchen lohn bringefi du mit deiner kurtzweil baruon. 
Derhalben folten alle menfchen betrachten, das fie von fol 
wen ſchamparen und vnzüchtigen worten, weifen vnd were 
den abſtehen vnd fich mit höchſtem fleiß daruor hüten, das 
fie nicht Gott onnd die Welt dur jre kurtzweil vnd gute 
fhwend erzürnen. Diß fey hie kurklich von den Sewi⸗ 
ſchen vnnd vnfletigen Narren gefagt, welcher aber begert, 


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617 


etwas weiters von jhnen zu willen, der gang in ein 
Wirtshauß oder an andere ori vnd end, ba bie frefler 
vnd füller bey einander feind, da wirt er vnfletige vnnd 
vnzüchtige wort ond geberd nur gar vil hören, oder leſe 
er den Brobianum, der erzelt jr fchöne tugend all in eis 
ner fumma. 


— — — — — 


Der LXXIII. Narr. 


Mancher ſtelt nad Geiſtlichkeit, 
Der anthut Pfaffen Klöſter kleid, 
Den es berenwt vnd wirt jim leid. 


Von Geiſtlich werden. 


Noch hat man anders jetzt gelehrt, 
Das auch ins Narrenſchiff gehoͤrt, 

Des thut ſich brauchen jederman, 
Jeder Bawr wil ein Pfaffen han, 

Der ſich mit müſſiggehn ernehrt, 
On arbeit leb vnd ſey ein Herr, 

Nicht das er das thu von andacht, 
Oder auff Seelen heil hab acht, 

Sonder daß er mög habn ein Herren, . 
Der al fein Gſchwiſter mög ernehren, 
Vnd legt in wenig darzu lehren, 

Man fpricht, er mög leicht barzu Tünnen, 
Er darff nach gröffer Funft nicht finnen, 
Acht er, ein Pfruͤnden Tan gewinnen, 

Vnd wigt Priefterfchafft jo gering, 

Als ob es fey ein leichte Ding, 

Des findt man jetzt viel junger Pfaffen, 
Die als viel künnen ald die Affen, 

Vnd nemmen doch Seelforg auff fi, - 
Da man faum eim vertraumt ein Viech, 


618 


Wiffen als vil von Kirchen regieren, 

WU Müllers Efel fan Quintieren, 
Die Bifchoff die ſeind ſchuldig ran, 

Sie ſoltens nicht zum Orden Ian, 
Vnd zu Seelforg vorauflen neut, 

Es weren denn gank tapffer Leut, 
Das einer wer ein weifer Hirt, 

Der nicht fein Schaf mit jm verführt, 
‚Aber jetzt dencken die jungen Affen, 

Wenn fie allein auch werden Pfaffen, 
So hett jr jeder was er wol, 

Es iſt fürwar nicht alles Golt, 
Das an dem Sattel etwann gleißt, 

Mancher die Hend daran befcheißt, 
Vnd leßt fich zu Priefter weihen, 

Vnd denn ſich ſelbſt thut maledeyen, 
Das er nicht laͤnger gebeitet hett, 

Derſelben mancher bettlen geht, 
Hett er ein rechte Pfründ gehan, 

Eh er die Prieſterſchafft nam an, 
Es wer jm darzu fommen nicht, 

Viel weicht man durch der Herren bitt, 
Ober auff diß vnd jenes Tiſch, 

Von dem er doch jßt wenig Fiſch, 
Man borget brieff ein ander ab, _ 

Mit welchen man ein Titel hab, 
Vnd wölln den Biſchoff betriegen, 

So fie mit jrm verderben liegen, 
Kein armer Vieh auff Erden ift, 

Denn Priefterfchafft, den narung gbriſt, 
Sie habn fonft abzug vberal, 

Biſchoff, Vicary und Fiſcal, 
Den Lehen herren ſein eigen Freund, 


% 
619 \ 
4 


Auch die Kellerin vnd Heine Kind, 
Vnd geben im erft rechte büff, 
Das er kom in das Narrenſchiff, 

Vnd damit aller freud vergeß, 

Ach Bott, es heit auch mancher Me, 
Das beſſer wer, er Heß daruon, 

Vnd rürt den altar nimmer an, 
Wenn Gott acht vnſers opffers nicht, 

Das in fünden mit fünden gfchicht, 
Zu Moyft fprach Gott der Herr, 

Ein jedes Thier Das mach fich ferr, 
Vnd rür den heiligen Berg nicht an, 

Dad es nicht grofle Plag muß han, 
Oza ber angerüret hett 

Die Arch, deß ſtarb er an ver flett, 
Chore dad Weyhraach Faß rürt an, 

Bud ftarb, Dathan und “Abyron, 
Geweihet Fleiſch ſchmeckt manchem wol, 

Vnd wermt ſich gern bey Kloſter Kol, 
Dem doch zuletzt wirt fewr vnd glut, 

Verſtandnen Leuten iſt predigen gut, 
Man ſiößt manch Kind jetzt in Orden, 

Eh es iſt zu eim Menſchen worden, 
Vnd es verſteht, ob das jm ſey 

Gut oder ſchad, ſteckt e8 im Brey, 
Wiewol gut gwonheit bringet vil, 

Reuwt es doch manches vnderweil, 
Die den verfluchen all jr freund, 

Die vrfach ſolches Ordens feind, 
Gar wenig jetzt in Klöfter gehn, 

In folcher elt, das fie es verftehn, 
Oder die durch Gotts willen dar 

Kommen vnd nicht mehr Durch ir Narr, 


620 


Vnd habn der Geiftlichkeit nicht acht, 
AU ding thun fie denn on andacht, 
Vorauß in allen drden gang, . 
Vnd man nicht haltet Obferuank, 
Solch Klofter Katzen fein gar gell, " 
Das fchafft, man Kind fie nicht ans feil, 
Noch leichter, wer fein Orben dan, 
Denn nicht recht thun ein Orbensman. 


Bon Geifllihen Warren. 
Das drey vnd fiebentzigſt Narren Geſchwarm. 


Das drey vnd fiebentzigſte Narren Geſchwarm iſt, von 
Geiſtlichen Narren. Remlich von dieſen, fo im antritt 
oder fürfchritt des Geiftlichen ſtandis irren. Diefe Narren 
ol man fürnemlid, auß vier ſchellen lehrnen erkennen. 

1) Die erfi Schell der Geiftlichen Narren if, den Geiſi⸗ 
lichen ſtandt auß böfem fürſatz eingehn. Dann welcher 
nicht auß ſolchem fürfag den Geifilichen ſtandt antritt, 
das er wöll darinn mit allem fleiß Gott dienen, vnd ſei⸗ 
ner feel Heil vnd feeligfeit erwerben, vnd ein Gottsförd» 
tig vnnd frommeg Ieben führen, ber tritt den Geiftliyen 
ftand nicht recht an. Derhalben, welcher ven rechten fland 
der Geiflichfeit antretten til, der richte allein fein gedan« 
den dapin, das er Gott wölfe dienen vnd nach feinen ges 
botten pandien, welcher bag thut, ber ift fein Geiſtlicher 
Narr, fonder ein frommer vnd Gottsförchtiger Mann. 
Dargegen aber fein etlich, die fehen das gut leben vnd 
rümige tag ber Geiſtlichen an, vnnd begeben fich darumb 
inn den Geiſtlichen ſtand. Solche gedencken dem ſprich⸗ 
wort noch, das, welcher begert einmal wol zu leben, der 
tod) ein Denn, telcher zweimal, ber top ein Ganß, wel⸗ 
ber die gange Worten, ber ſtech ein Schwein, welder ein 
Monat, der fihlag ein Ochſen, welcher ein gang Zar, der 
nemme ein Weib, welcher aber allzeit begert gute tag und 
feißte bißle zu paben, der werbe ein Pfaff oder Priefter, 
fo mangelt im nicht. Solches betrachien die, fo auß br 


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621 


fem fürfab fih in ven Geiſtlichen flandt begeben. Dann 
fie fprechen : die Pfaffen vnd Priefter haben nur gute tag, 
fie vörffen Fein forg haben, man träge inen alles zu hauß, 
was fle nur bebörffen. Fürwar, alle die, fo fih auß fol 
chem fürfa in den Geiftlichen Standt begeben, die ſündi⸗ 
gen gantz döchlich, vnd wirt fie auch Gott nit 'ongeflrafft 
iaffen. Auch geben fie dardurch ver Welt böfe exempel 
vnd reißen fie an zu fünden und ſchanden. Darnad fein 
etlich, die fehen allein Belt und Gut an, und begeben fi 
allein tarumb in den Geiftlihen Stand, das fie grofie 
reichthumb befommen. Dife fein mitgefellen des Verräh⸗ 
ters Jude, der nam gelt vnnd verriet Chriſtum, alfo thun 
fie auch, nemmen Belt vnd verlauffen under dem fein 
ver Geifllichleit Gottes ehr vnnd nammen. Leptlich ber 
wegt etlich die Ehrgeitzigkeit. Dann es fein etlich, die bee 
geben fi allein von wegen Ehr vnd würdigkeit in den 
Geiſtlichen Standt, damit fie etwann Bapft oder ein Bw 
ſchoff, oder ein Apt, oder ein Cardinal mögen werden. 
Dife, dieweil fie etwann von Fürſtlichen flammen erboren 
fein, aber arm, alfo, das fie jhren Höfflicden und ſchand⸗ 
lichen pracht nicht mögen geführen, begeben fie ſich darumb 
inn Geiftlihen ſtandt, das fie ein Bifchoff werden, auff 
das fie nachmals mit zwey oder dreihundert Pferdt daher 
können reiten vnd jren pracht auß den Kirchen gütern vol 
ſtrecken. Wie ein grofle vnd ſchedliche ſünd das ſey, kan 
jederman wol betrachten. Dann in dem Geiftlichen flandt 
fod man Gott dienen, dife aber dienen der Welt vnnd 
nicht Gott. Ein Bifchoff fol vunfirefflich fein vnd Bott 
dienen, wie der Apoſtel Yaulus fagt, heißt nun das Bott 


* gebienet, das man ſich allein darumb in Geiftlichen Standt 


begibt, Wolluſt, Gelt vnd ehr dardurch zu befommen? Iſt 
das nach Gottes ehr vnd fürbernuß feines Göttlichen Nam⸗ 
mens geftellet? Dienet man mit foldden fluden Gott ? 
Kein, fürwar man dienet biemit dem Teuffel, der ein ane 
Kiffter ift aller Wollüſt, Geitzs vnd Ehrgeitzigkeit. Darumb 
ſollen fich ſolche geſellen wol fürſehen, fo vmb Wolluſt, 
Gelts vnd Ehrwürdigkeit in den Geiſtlichen Standt tret⸗ 
ten, dann es wirt jhnen ſolches nicht vngeſtrafft hingehn. 

2) Die ander Schell der Geiſtlichen Narren iſt, ohn 


622 


beruf fih in den Geiſtlichen Rand einiringen vnnd ein⸗ 
wicklen, ober beufelbigen nicht mit rechtem verfiaud aus 
nemmen. Dann es fol ein jever, fo in den Geiſtlichen 
Rand tritt, fih zum erften probieren, ob er tugentlich darzu 
fein oder nicht. Darnach, ob er alt genug fey. Zum drit⸗ 
ten, ob er gefhidt vnd Hug darzu fey, folden Rand zu 
vertreten. Welcher nun diſes nicht thut, der empfahet dem 
Geiſtlichen ſtand nicht recht. 

3) Die dritt Schell der Geiſtlichen Karren if, den 
Geiſtlichen ſtandt vbel vnnd bößlich verrichten. Welche 
Geiſtliche Herren vnd Conuentz Brüder fein nicht hierun⸗ 
der begrieffen? Es iſt hie keiner außgenommen vnder den 
Geiſtlichen. Dann wer verricht ſein gebett recht gegen 
Gott, für das anligen der gantzen Welt, mie er das zu 
thun ſchuldig iſt? Wer ift, der allzeit fein Ampt verfehe 
im Predigen vnd nicht etwann fahrleffig vnd faul darinn 
werde? Wer if, dem die franden, Wittwen vnd Weiſen 
von bergen anligen? In fumma, das ichs mit kurtzem 
fag, e8 if feiner under allen Geiftlichen, der nicht etwann 
faul vnnd treg werde, vnnd fein Ampt wicht auß richte, 
wie er es billich folte außrichten vnnd volführen. Der 
wegen follen folches alle Beiftlichen betrachten, vnd fehen 
fo vil ihn möglich if, das fie Ihr ampt reiht vnnd na 
Göttlichem einfag verrichten vnd dem nachkommen. Nicht 
von einer mitternacht zu der andern bey dem wein ober 
Spiel fiben (wie dann etliche thun) vnnd bargegen den 
Sottesdienft an dem nagel laſſen hangen. Dann welde 
folches nicht thun, die binden in ein fchwere bürden auf 
den ruden, und geben dem gemeinen Pöfel dardurch auch 
groffe anreißung vnnd ergernuß zu fündigen. 

4) Die viert Schell der Geiftlihen Rarren if, andere 
auß böfem fürfat in den Geiftlichen ſtandt ftoffen vnnd 
zwingen. Dann es feind etlich Eltern, die floffen ihre 
Söhn vnnd Töchter inn ven Geiftlihen flandt, nicht auß 
andacht, oder Tas fie Gott damit wolten dienen, fonder 
auß anderem böfen fürfab. Etlich fein, bie thun ſolches 
auß armut, dieweil fie nicht haben, damit fie fre Kinder 
mögen erziehen vnnd erhalten. Dife fragen nicht darnach, 
Bott geb, wie es jren Kindern gehe in den Klöftern, oder 


623 


wie fie geraten, wann fie allein nur ihrer ablommen, 


vnd fie diefelben nicht mehr vber ihrem brotlaften müſſen 
erziehen. Darnach thun folches eilich auß ſtoltzheit, bar 
mit fie ihre Kinder zu hohen ehren bringen inn diſer Weit. 
Beiters fein etlih, die thun foldhes von wegen des ges 
winnes, damit er ein gute feifte Pfründ befomme, das er 
feine gefchwifterte, Baiter ond mutter, vnd fein gantze 
freundſchafft ernehre. Dann da laufft jeverman zu vnnd 
fagt: ver Pfaff hats wol, er hat ein gut feißte pfrund, 
es ſchadet im nicht, er hat fein febenlang gnug, vnd ligen 
ſolche tag vnnd nacht an dem Pfaffen zu lüllen, gleich wie 
die Jungen hund an der hündin ligen. Diß iſt ein böſer 
fürſatz, dann wann er ſchon etwas vbrigs hat, vnnd wol 
vermag, ſo ſol er ſolches nicht dir vnd einem andern vn⸗ 
flaht anhencken, ſonder er ſol es vnder die armen theilen. 
So du aber arm biſt, als dann ſol er dir vor einem an⸗ 
dern behülfflich ſein vnd dir mittheilen. Aber da fol man 
nit tag vnd nacht vber jm ligen mit freſſen vnd ſauffen, 
gleich wie in einem offnen Würtshauß. Doch muß ich 
ſolches auch darbey ſagen, das offtermals etlich Pfaffen 
mit ſolchen geſten gang wol iſt, damit fie leut bey jinen 
haben, die mit jhnen trumpffen vnd inn dem bretifpielen, 
oder einanter zu fauffen, das der Pfaff auff dem tiſch 
bleibt ligen, vnnd der gaf etwann auff dem band ober 
onder dem band. Dife Elteren, fo ihre Kinder auß fols 
Gem fürfatz inn den Geiſtlichen Standt oder Klöſter flofs 
fen , die fein gleich denen, fo vil Kinder haben, deren fie 
die hHefizlihfien over vngefchaffeſten für ven Spital ober 
für ein Wirtshauß feßen vnd laſſen fie da figen, damit 
man fie an demfelben ort ernehre. Alſo thun diſe auch, 
ſchicken ire Kinder allein inn die Klöſter, damit fie dieſel⸗ 
ben nicht vörffen auß ihren brotfaften erziehen. Darnach 
fein fie gleich den Bawren, die vmb Herbft zeit die mas 
gern Sew Inn den Aecker der Eychel treiben, nit das 
fe Eychel aufflefen oder ven Bald follen düngen, fonder 
das fie feißt vnnd voller ſchmaltz werden. Alfo thun dife 
auch, die ſtoſſen ihre Kinder nit darumb inn den Geiſt⸗ 
lichen Standt oder in die Höfter, dz fie follen Gottes 
wort fürdern vnd Göttlich Frucht bringen, oder Gottes 
wort pflangen: fonder allein, das fie feißt vnd gemeflet 


624 


darinn werben, das if, das fie Rei, Sewaltig vnnd zu 
hohen Ehren mögen fommen. Aber alle die, fo ihre Kin 
ver auß ſolchem fürfag in den Geiſtlichen Standt oder 
Kiöfler Hoffen vnnd zwingen, die werden gewiß von Bott 
nicht vngeſtrafft bleiben. Daher kompt ed dann, das off⸗ 
termals die Kinder nicht gerathen, vnnd die Eltern ſchandt 
vnd ſchmach an ihnen erleben, welches nichts anders if, 
weder ein flraff Gottes, dieweil fie Gott erzürnet haben, 
inn dem das fie ihre Kinder auß böfem fürfag inn den 
Geiftlihen flandt gezwungen haben. Derwegen wöllen 
die Eltern forg haben, das fie ihre Kinder nicht auß bir 
ſem fürfaß zu dem Geifllichen ſtandt ziehen, ſonder allein 
dahin fehen, wie der namme Gottes durch fie mög inn 
der Epriftenpeit gepflantzet vnd gemepret werben. Welche 
nun jhre Kinder auß folchem fürfag zu bem Geiſtlichen 
ſtandt ziehen, die werden zeitlich vnnd ewige freudt an 
jonen erleben. Diß ſey hie kürtzlich von den Geiſtlichen 
Narren geſagt. Welche nun darunder werden begrieffen, 
die ſehen, das ſie daruon abſtehen. 


Der LXXIV. Narr.. 


Mancher viel koſt auff jagen leit, 
Das im doch wenig nug außtreit, 
Wiewol cr did ein weidſpruch feit. 


Bon onnügem jagen. 


Jagen ift auch on Narrheit nicht, 
Viel zeit zertreibt man on nuß mit, 
Wiewol es fein fol ein kurtzweil, 
So darff ed dennoch koſtens viel, 
Denn Leithund, Wind, Nauden vnd Brarden 
On koſten füllen nicht jr baden, 
Depgleichen Hund, Vögel, Federſpiel, 
Bringt ald fein nuß vnd koſtet viel. 


-.._„_au—m._‚m: ES ED Gum. VE WE WED — 


625 


Kein Hafen, Rebhuhn fehet man, 
Es fteht ein pfund den Jeger an, 
Darzu darff man viel herter zeit, 
Mie man jm nachlauff, geb vnd reit, 
Vnd fucht all Berg, thal, Weld und Heck, 
Da man vor bag wart vnd verfted 
Mancher verfchleicht mehr, denn er jagt, 
Das Schafft, er Hat nicht recht gehagt, 
Der ander feht ein Haſen offt, 

Denn er hat auff dem mardt gefaufft, 
Mancher der will gar freubig fein, 

Wagt fi an Lömen, Bären, Schwein, 
Oder ſteigt fonft ven Gempſen noch, 

Dem wirt der lohn zu letſten doch, 

Die Bawren jagen in dem Schnee, 

Der Adel Hat Tein vortheil meh, 
Wenn er dem Wilpret lang nach Taufft, 

So hats der Bawr heimlich verkaufft, 
Nemeoth zum erſt fleng jagen an, 

Denn er von Gott gank was verlan, 
Eſau der jagt, vmb das er was 

Ein Sünder vnd der, Gottd vergaß. 
Wenig Jäger als Humpertus, 

Sind man jebt und Euflachiug, 
Die Tieffen doch den Jeger flat, 

Sunft trawten fie nicht zdienen Gott. 


Yon Ing Narren. 
Das vier vnd fiecbengigf Narren Gefhwarm. 


Das vier vnd fiebenbigfte Narren Geſchwarm if, von 
vnnützen Zag Narren. Nemlich von denen, fo vil vnnütze 
zeit onnd weil vertreiben mit Jagen nn een. Welcht 

1. 


626 


man fürnentlih auß fünff Schellen foll lehrnen erfeunen. 

4) Die erſt Schell ver Jag Narren ifl, zu vngelegner 
vnd verbottner zeit jagen vnd heben. Nemlich wann man 
in der Kirchen if am feirtag vnd Gottes wort höret. 
Dann folches iſt verbotten in Weltlichen und Geiſtlichen 
Rechten, das man nicht Jagen fol, wann man Gottes 
wort Predigt, es fey dann fach, das foldhes geſchehe von 
hungersnoth halben. Aber das achten gar wenig zu DM 
fern zeiten, fonder fo etwann der Herr zum knecht fagt 
am feirtag, er fol inn die Predig gehn, fagt er darauf, 
ich will lieber für die lange weil mit ven Hunden fpaßies 
ven gehen and beichawen, das ich etwann einen Hafen 
mög Jagen oder fhieften, welcher beifer if, weder in die 
Predig gehen. . 

2) Die ander Schell ver Jag Narren if, Jagen mit 
anderleut groflem fchaden. Die Jäger, fo ander leuten 
bie äder zextretten oder vermüflen, vie Weinberg vnd die 
frucht ſchedigen, follen folches wider erflatten auß jrem 
eignen koſten, vnnd welcher diß nicht thut, der fündiget 
heftig. Man findet manchen Jäger, der laufft mis feinen 
Hunden durch vie Kornäder, Weinberg vnd andere güter 
mehr, fo gepflanget fein, vnd machen ein folchen vnrath 
vnnd ſchaden barinn, das es nicht gnugſam dauon zu far 
- gen ifl, und wenn man fie darumb ftrafft, geben fie böfe 
wort darüber auß, Fluchen vnd fihelvden zu dem, das fie 
einem Bidermann das feinig befcheniget haben. Darnach 
fein etliche, die jagen vnd heben in ander leuten Wälden, 
da fie weder fug noch recht haben zu fagen. Vnnd hilft 
fie dieſe regel nicht, das die wilden Thier gemein fein, 
vnnd eines fedlichen bleiben, ver fie zum erflen gefangen 
bat. Dann da diefe Geſatzt fein geben vnd geichrieben 
worden, lagen damals diefelbigen örther noch wüſt vnnd 
dot, vnnd waren feinem Fürften noch Herren vnderworf⸗ 
fen. Aber jetzt zu vnſern zeiten if} es viel ein ander ding. 
Darumb gebürt nicht einem jebtlichen zu jagen vnd zu 
voglen wo er wil. Rod vil minder gebüret fh, das 
man durch das jagen ander Ieut fol ſchaden zufügen. 


3) Die dritt Schell iſt, durch das Jagen die Bader 
thanen an jrem werd verhindern vnd verfaumen. Dann 


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N —— 


627 


welcher ein Bawrsmann, oder ein Fifcher, oder ein Bogs 
ler, oder andere mehr an Ihrer handthierung verhindert, 
ver fol ipm koſten vnnd ſchaden abtragen, wie folches die 
Recht außweiſen. Pie hetten wir vil zu fagen von Ge⸗ 
reihtigleit des Jagens, aber dieweil ſolches den gemeinen 
Daun nicht angeht, wollen wir es den Juriſten vnnd 
Rechtsgelerten befehlen, die mögen ſolches wol inn ihren 
Suriften Büchern leſen vnd fludieren. Allein fol man diß 
bie merden, welche fürnemlich für Jag narren gehalten 
werden, nemlich die fo durch ir Jagen ander leuten ver« 
$inderlich ond verfaumlich fein. 


4) Die vierdt Schell der Jag narren iſt, wenn perfonen 
Jagen, deren würden vnd dignitet ed nicht zuſtehet. Nem⸗ 
lieh, wann Pfaffen vnd Mönchen, Priefter vnd Geiſtlich 
perfon fagen, denen es inn Geiſtlichen onnd Weltlichen 
Rechten verbotten if. Dann es gebürt Feiner Geiflichen 
perfon zu jagen, heben vnd voglen vnd filden, vnnd das 
fie auff dem velde herumb Lauffen wie ein anderer Hunds⸗ 
bub. Jedoch wirt es jnen in etlichen puncten zugelafien, 
welche jnen in ven Geiftlihen Rechten fein fürgefchrier 
ben. Diefelbigen laſſen wir hie auch ven Rechtsgelerten 
zu erfennen. 

5) Die fünfft Schell der Jag Narren iſt, auß böfem 
fürfaß Jagen. Es fein etlih, die Jagen allein auß eitel 
ruhm vnd ehrgeißigkeit, dann fie meinen, wann fie dem 
geiägt fleiff obligen, werden fie defter fiattlicher vnd herr⸗ 
licher gehalten, vnd ſey folches jrem Stammen ein wols 
Randt vnd zier. Diefe fälen hie weit, dann fie verkleinern 
dardurch ihren Stammen vil mehr, denn das fle denfelben 
herrlich vnd namhafftig machen. Darnach fein eilich ‚die 
jagen von wollufs wegen vnnd damit fie die zeit mögen 
vertreiben. Dife thun auch vnrecht. Man findt nirgendt 
gefchrieben, das under den Zägern ein 9. mann gefunden 
worden, darumb iR Leicht zu merden, was man auff ihren 
Randt fol Halten. Zum dritten fein etlich Jeger, die Jar 
gen von wegen gewinns. Dife, fo gewinns halben jagen, 
verfaumen ond zerreiffen offt dreimal foull an fhuhen und 
Neidern , weder das wildprät werd If. Dann es fahet 
mancher ein hafen, der in mehr dann einen gulden koſtet, 


628 


fo er doch einen vmb feche batzen auff dem mardt kaufft het. 
Deren jag narren findt man vil, die offt ein ganh jar ja⸗ 
gen und voglen vnd kümmerlich für ein gulden over gehen 
darauß nuß entpfahen , fo fie doch bargegen breiffig oder 
viertzig gulden eingebüflet haben an Hafen vnnd Bögel 
garnen vnnd andere ding mehr. Dife Narren fahen mit 
einem gulden beren oder angel filh. Dann ver koſten 
it dreimal mehr wert, weber bie nußung. Derwegen 
wöllen ſolche Sag Narren forg haben, das fie jnen vnnd 
anderleut nicht fcheblich fein mit jrem jagen, ſonder dem 
ewigen Ken nachfagen, welches das aller befi jagen auff 
der welt if. 


Der LXXV. Narr. 
Wer ſchieſſen wil, der Ing und triff, 
Denn thut er nicht die rechten griff, 
So fheußt er zu dem Rarrenſchiff. 


Bon böfen Schützen. 


Wolts die Schüpen nicht verbrieffen, 

Sch richt zu ein Narrenfchleflen, 
Vnd machen ein fchügenhoff an ven flaben 

Des mancher fehlt nit on fein ſchaden, 
Darzu feind Gaben auch beftellt, 

Der nechft beim ziel derſelb der belt, 
Zum minft er zuverfiehen fumpt, 

Doch lug er vnd heb nicht in grund, 
Noch in die Höh fonver ins Ziel, 

Menn er den Zweck fonft rüren wil, 

Vnd thu fein anfchlag nicht zur eil, 
Viel feind die ſchieſſen vberuß, 

Eim bricht der bogen Senn vnd nuß, 
Wer thut am anfchlag manchen fchlipff, 

Dem ift verruckt ſtul ober fchipff, 


S.624 


629 


Dem loßt dad Armbruft, fo ers ruͤrt, 
Das fchafft, ver Windfad iſt gefchmirt, 
Dem ftedt das ziel nicht gleich ala ch, 
Vnd Fan fein gmerck nicht haben meh, 
Der hat gemacht gang viel ver Schüß, 
Die jm doch feind gank wenig nüß, 
Das fchafft, im wirt bie Saum nit wol, 
Wenn man zu letft verfchieflen fol, 
Kein ſchütz fo wol ſich jmmer rüſt 
Er find allzeit das jm gebrift, 
Denn viß denn jenes, damit er hett 
Ein wehrwort, das fein glimpff errett, 
Wenn er nicht Hett gefehlt daran, 
So hett er frey vie Gab behan, 
Vorauß weiß ich noch Schüßen mehr, 
Menn die hören ein fchieflen ferr, 
Dahin von all ven Landen weit 
Bu ziehen auff beflimpte zeit, 
Die beften, die man finven Tan, 
Der einr die gaab nicht vor wolt Ban, 
Menn er al ſchuͤß helt an ven Zweck, 
Das einer venn ift fo ein Bed, 
Vnd weiß, das er nichts givinnet gar, 
Vnd dennoch dahin ziehen bar, 
Vnd da verfuchen auch fein heil, 
ch nemb fein zerung für fein theil, 
Ich wil des Gelts im boppel gfchweigen, 
Die Saum wirt jm in Ermel ſchreien, 
Kür meißheit mancher fchieflen wil, 
Vnd wenig treffen doch das ziel, 
Es fchafft, man zielt nicht recht darnach, 
Jenr helt zu niber, der zu hoch, 
Mancher leßt fich bringen auß dem gſey, 


4 


630 


So felt dem andern fein Naht entwey, 
Auch thut der als Jonathas ein ſchuß, 

Manche Hilft ſeim anſchlag hinden auß, 
Mer weißheit eben treffen wil, 

Vedoͤrfft dad er bet folche pfeil, 

Wenn Hercles hat er mehr denn vil, 
Mit ven er traff alls dad er bgert, 

Vnd was er traff, fiel tod zur Er, 
Wer recht zur weißheit ſchieſſen wil, 

Mag fehen, das er Halt maß vnd ziel, 
Wenn er felt oder hebt nicht dran, 

So muß er mit dem Narren gahı, 
Mer fchieflen wil und fehlt des rein, 

Mag tragn die Saum im &rmel heim, 
Wer jagen, ftechen, fchieflen mil, 

Hat Kleinen nuß vnd koſtens vil. 


Yon Schieß Narren. 
Das fünf ond ſiebentzigſt Narren Geſchwarm. 


Das fünff onnd fiebengigft Narren Geſchwarm if, von 
ven Schieß narren. Weihe man fürnemlih auß den 
nachuolgenden Narren fchellen fol lehrnen erfennen. 

1) Die erfle Schell der Schieß narren if, Armbrufl 
oder andere wehr machen, die-Chriflen damit zu befchebi« 
gen. Als da fein die, fo Pfeil, Armbdrufter und Geſchütz 
oder andere gewehr machen , ond verfauffen fie denen, fo 
fie wider die Epriften gebrauchen. Dife, fo die gewehr 
vnd waffen allein darumb machen, mit denſelben die Chris 
fien zu meßgen vnnd zu ſchedigen, die begehn ein tobt 
fündt. Gleich wie die 5 karten, Würffel vnd ander ding 
machen , dardurch die Menfchen offt erfchlagen vnd erfto: 
den werben, ober der namme Gottes gelefteret wirt. Die 
fein nit würbig, das fie under einer ehrlichen Geſellſchaft 
wohnen, fonder man fol fle für Zürden vnnd Heiden hal« 


—-— | 3 Kr — — 


631 


ten, dann fie fein nichts befier. Auch weren ſolche Mel 
ſter offt würdig, das man ihnen ein belohnung geb für 
jr meiſterſchafft, gleich wie der Fürſt Phalaris dem Berillo 
gab, als er im den ärnen Dchfen verehret, der muf dann 
ſelbs zum erfien darinn verbrennen. Alfo wer ber lawe 
vnnd er&böß wicht würdig geweien, der die Büchfen zum 
erften erfunden bat, dz man in in ein büchſen geftedt het, 
onnd wider ein maur gefchoffen. Dann er hat das ges 
ſchoß vmb Feiner andern vrſach erfunden, weder allein 
das er den Chriften feind iſt geweſen, vnd jr verberben 
vund- fchaden Hat begert. Deren böfen buben findt man 
noch vil, die erdenden alle tag newe find vnnd practid, 
allein darumb, das fie ven Ehriften mögen fehapen zufügen. 

2) Die ander Schell der Schieß Narren if, von wegen 
gewinne oder anderem fürfaß fchieffen. Das gefellen ſchief⸗ 
ten if allein darumb erfunden worden, zu ergeben das 
gemüt oder vbung des leibs, oder andern tugentlichen vnd 
Ritterlichen übungen, welche nun auß anderem fürfag ſich 
auf das fchieffen Segen, gewinn oder nut dardurch zu bes 
fommen, die frren weit. Dann all fpiel feia darumb er» 
dacht worden, damit ſich der menfch zu gelegner zeit er⸗ 
auide vnd freud darinn babe, Aber nicht darumb, das 
einer bem andern das feinig abgewinne, vnnd einet den 
andern an Bettelſtab bringe. Welches dann feiner freub 
oder kurtzzweil, fonder vil mehr einer trawrigkeit vnd ver⸗ 
derben gleich fichet. 

3) Die drit Schell der Schieß Narren ift, fh gar zu 
befftig vnd vber die maffen auff das fhieffen legen. Es 
entfpringt bißmweifen auß der vbung des gemüts inn ben 
fpielen und kurtzweilungen ein, onzimliche vnd ongebürliche 
übung, nemlich auff dreyerley weib. Erfilih: die fpiel 
vnd kurtzweil, fo mit vnderſcheiden perfonen gebüret (dann 
es wirt jeverman zugelaflen, Gerfllihen vnnd Weltlichen 
verfonen , ergetzlichkeit vnd kurtzweilige vbung des gemü⸗ 
tes). Es fein etlich fpiel erfunden für die jungen Knäble, 
als auff ſtecken reiten. Darnach fein etlich fpiel, fo den 
jungen gefellen zugehören, als das Ballſchlagen, ringen 
ond fpringen. Etlich für die Männer, als das ſchachſpiel, 
welches den Geiftlichen perfonen auch vergönnet wirbt. 


A1 


632 


Aber doch Sollen fie daſſelbig nicht offentlich treiben under 
dem Bold von wegen ergernuß. Darnad fein andere fpiel, 
fo Fürſten vnd Herren, Bifchoff onnd Prelaten gebüren, 
zur ergeblichfeit des gemütd. Welche nun biefelbige er⸗ 
getzlichkeit oder fpiel nit recht brauchen, fo jren perfonen 
zuftehen,, die machen auß dem fpiel und vbung ein Unger 
pärlichteit. Darnach fol man maß vnd ziel halten in ven 
übungen vnd fpielen. Dann zu wenig vnd zu vil, vers 
bönet alle fpiel. Derwegen follen folches die ſchieß Nar⸗ 
ren betrachten, das fie fich nicht gar zu vil auff das fchiel 
fen Tegen. Wie heftig aber man in diefem ſtuck feplet, 
if jederman wol bewüßt, alfo das man die fürnembfle 
zeit zubringt im ſpielen ond Turgweilen, vnd barinn- we 
der maß noch glimpff gehalten würdt. Zum dritten fol 
man achtung geben auff gelegenpheit der zeit. Nemlich das 
man nicht an ven feirtagen, wann man Gottes wort fol 
hören, fich folcher kurtzweil vnd übung gebraudt. Dann 
wir fehen folches an ben ſchützen, wann fie am Sontag 
des morgens auffiehen, nemmen fie von flundan jr Arm 
bruft oder Büchfen herfür, ehe dann fie ein Batter onfer 
gebett haben, vnd fahen an, fie auszubugen vnd zurüften, 
fo bald fle aber zu morgen geffen haben, nemmen fie bie 
ober die achfel und ziehen auff den ſchießplatz, da vertrei⸗ 
ben fie den gantzen feirtag mit fihieflen, fpielen, keglen, 
würfflen, blattenfchiefien vnd anderen furkweilungen mehr, 
vnnd iſt Feiner, der daran gedechte, das er folt Gottes 
wort hören. Dip, wiewol es den feirtag geheiliget fey, 
fiehet man wol auß augenfcheinlichen erempeln. Auff dife 
weiß wirt die Übung vnd ergeblichkeit des gemüts in ein 
onzimliche ond vngepürliche vbung verkert. Dafür fol ſich 
ein jeder ſchütz onnd’alle menfchen hüten, das fie die freis 
heit, fo in von Gott gegeben ift, nicht mißbrauden. Dann 
es ift ein gemein ſprichwort: Zuuil if ongefundt. 

4) Die vierdt Schell der Schieß Narren iR, die Goͤtt⸗ 
liche pfeil außfchlagen vnd neben abweiſen. Es iR Gott 
der Herr au ein Schuß, welcher die pfeil außfcheußt der 
trübfeligteit onnd befümmernuß: Nemlich thewrung, Per 
ftlleng,, Krieg, Krandheit, armut, ſchmach vnnd veruol« 
gung. DIE fein die pfeil Gottes. Der bogen aber vnd 


— — — — — — — — 


633 


Das Armbruft des Herren fein die Tyraunen, böfe vnnd 
gottlofe leut, vnd andere ding mehr, welche ons Gott der 
Herr zu ſchicket. Dife pfeil, das if, anfechtungen vnnd 
plagen fchidet er ober gute ond boͤſe. So du ein from- 
mer vnd Gotteförchtiger menfch bif, fehidet er dir etwann 
ein geichwer oder fonft ein plag in ein bein, darnach 
ſcheußt er vnd macht es dir heimlich wider gefund, das 
Du nicht weiſt wie es geheilet il. Wann did nun folde 
plag anfallen, folt du nicht meinen, das fie anders woher 
Tommen, weder allein von Bott dem Herren. Darumb 
wann du in frandheit falleſt, wölle du nicht darüber 
onwillig fein vnnd zürnen, gleich ald wann fie Dir nicht 
von Goit wer zugefidt. Dann er fcheußt feine pfeil der 
plag vber gut vnd böß. Weiters Hat Gott ein andern 
Shüben auff difer Welt, welchs if fein Heiliges vnnd 
Gottlihd wort. Darmit ſcheußt er dich vnd vermah⸗ 
net dich, das du wölleſt in dardurch Iehrnen erfennen, vnd 
ihm auffmerden, was er darinn laß verlündigen. Dife 
folt du dann nit außfchlagen und neben abweiſen, fonder 
demfelbigen trewlich nachkommen vnd gehorchen. Mit dies 
fem pfeil feines Göttlichen worts fehießt ex jeverman, aber 
es fein wenig, die folche ſchütz empfinden vnd auff halten, 
fonder es fchlehet fie jedermann auß, vnd achtet niemand 
derfelbigen. Dit folder verachtung vnd außfchlahung brin⸗ 
gen fie dann zumegen, das jnen Gott der Derr fchärpffere 
vund fpißere pfeil zu ſchicket, nemlich Thewrung, Peſtilentz, 
Krieg vnnd andere plagen mehr. Dannoch werden vil 
gefunden, die halten ſolches für kein zuſchickung Gottes, 
ſonder ſchlagen fie auß vnd weiſen fie neben ab. 

5) Die fünfft Schell iſt, die fewrige pfeilen des Teuf⸗ 
fels annemmen vnd nicht außſchlagen. Dann es ſcheuſt 
der Teuffel fewrige pfeil auß vonder die Menſchen. Die 
fes fein aber fürnemlich die fewrigen pfeil, fo der Zeuffel 
vnder die Menfchen fcheuft, Zorn vnd Rachgirigkeit wider 
ven Nechſten, Hurerey vnnd andere böfe gelüften ond bes 
gierden. Solche pfeil nemmen die Menfchen gern an vnd 
ſchlagen fie nicht auß, gleich wie fie Bott des Herren thun. 
Dife pfeil des teuffels fag ich, nemmen fie gern an, vnd 
ſchlagen fie nicpt auß, ſonder fliehen gleich wie ein Pirk, 





634 


bis er geichoffen wirt. Dann es iſt des Pirken natur, 
wenn er etwas newes fiehet, fiehet er ſtil vnd fchaumel 
daffelbig an, vnd vermundert fih darob, dardurch er den 
manchmal gefangen wirt. Debgleihen wirt er offt auf 
folche weiß gefangen, nemlich wenn zwenn jäger fein, die 
ibn begeren zu faben, verfchleufft ficd der ein hinder ein 
flauden, der ander äber ftellet ſich mit den bunden für ben 
Hirk, darob dann der Hirtz erflaunet, vnd fiehet den 3üs 
ger, fo vor ihm fleht, an, indes fheuft jhn der ander Jä⸗ 
ger, ond wirt der Hirk hiemit durch fein einfeltiges fehen 
gefangen. Alſo geichicht ons au, wir haben vil Jäger, 
die ons auff den dienſt warten, auß dieſen flehet einer 
ons für die augen, nemlich die Welt mit jren beluſtigun⸗ 
gen und wollüften, einer aber verfiedt fih, als der Teuf. 
fel, ver fcheuft ons heimlich mit ferwrigen pfeilen,, welder 
nemlich mit viellerley anfechtung fleifchlicher begirden. Wenn 
wir dann alfo in Weltlichen lüflen verharren vnd bleiben, 
tompt der ZTeuffel etwann ohn alles gefahr, vnnd fcheuft 
ons mit einer todſünd, dz wir barinn flerben vnnd ver: 
derben. Wie wir folches ein erenipel haben an Eua, die 
bat ein [uf ab dem Apfel, da flund der Zeuffel heimlich 
darbey vnd fagt, fie folte den Apffel frölich abbreden 
vnd ihren Iuft büffen, es wirt ir gar nicht ſchaden. Brit 
vifen worten ſchoß "fie der teuffel, dz fie dardurch in ein 
tod fünd fiel. Alſo fcheußt er noch Heutige tags vil mit 
feinen pfeilen , onnd treibt fie zu fünden, ſchandt vnd la⸗ 
ſtern, in dem er fnen die wollüſt vnd freudt diſer welt 
für augen malet, da bieibt dann die welt leben, vnd ver: 
giſſet ir ſelbs, vnd ſiehet allein auff die wollüf, und em⸗ 
fahet hierin die pfeil des teuffels mit freuten aufl. Aber 
wann fie ein zeitlang darinn verharren, fcheußt er fie letzt⸗ 
lich mit der todt fünd, alfo das fie von den fewrigen vnd 
giftigen pfeilen müffen flerben. Derhalben wölleft du dich 
durch des Teuffels Lift und geſchwetz nicht laflen verführen 
vnd mit feinen pfeilen nit laſſen treffen, ſonder fliehen fo 
weit als du kanſt, damit bu ficher vor bes teuffels pfeil 
ſepeſt. Dann er fcheußt nicht nur an ein orbt onnd end 
pfeiß, fonder vberall. Derwegen ſolleſt du in allen orthen 
gut forg haben, damit du nicht von feinen pfeilen verle: 
get werdeſt. 


— — — — U — —— — — — 0 To m 2 u ws 


635 


6) Die ſechßt Schell ver Schieß Narren iſt, das ziel ber 
lauterkeit vnd reinigteit vbertretten vnd nicht halten. Es 
werden eilich Gottsförchtige hertzen gefunden, die fich heff⸗ 
tig in Göttlichen dingen üben vnnd bemühen inn faſten, 
verachtung der weltlichen dingen, vnd thun mehr dann 
inen beuohlen iſt, alſo das fie all fr, finn vnnd gedancken 
auff nach gründung des Göttlichen worts legen, vnd dar⸗ 
gegen aber das recht ziel nicht erlangen noch treffen. Diſe 
irren in ſolchem ſtuck vnd halten nicht auff das recht ziel, 
vanı in dem fie vil begären zu wiffen, erfahren fie wenig. 
Difen gefhicht gleich als einem wander gefellen, der ober 
landt reifet, vnd den weg nicht weiß vnd frret, der geht 
gleihwol immer fort, vermeint, ex gehe recht, biß Im et⸗ 
wann einer begegnet, der fagt im, das er jrre gehe. Alfo 
geſchicht ſolchen auch, die ſich hefitig bemühen mit peini« 
gung des fleiſchs ond in erfundigung der ſchrifft, die fah⸗ 
ren immerfort, vnd betrachten nicht, wo es hinauß lange 
oder reiche, vınd warn fie dann lang darinn fein verhars 
tet, fehen fie letztlich, das fie jrr fein gangen vnd nicht 
dem rechten weg nachgeuolgt, damit if al jr mühe vnnd 
arbeit vergebend geweien, vnd müſſen fie erfi ein andern 
weg gehn, wöllen fie anders zu dem erwünſchten ziel 
fommen. Dann wann fie fi ſchon hoch bemühen in far 
fen, wachen, walfahrten ond anderen dingen mehr, bülfft 
e8 fie doch wenig zur feeligfeit, fondern fie müflen ein 
andern weg gehn, der fie neber vnd richtiger führet, weder 
difer. Nemlich fie müſſen Gott von pergen lieben vnnd 
‚ren nechſten als fih ſelbs. Wo fie diefen weg nit gehn, 
fehlen fie weit ‚von dem rechten zweck, vnnd wirt fie ir 
faften vnd keuſchheit nicht zum ziel bringen. Wiewol «6 
Löblihe Au fein der lauterfeit vnd reinigfeit, jedoch fein 
fie vergebenlich, wo nicht die andere Chriſtliche vbung, bie 
höher von nöten fein, weder dife, voran hin gehen vnd 
den rechten weg zeigen. Derwegen foll ein jeder fehen, 
wann er wil Gott dienen vnd wolgefallen, das er dem 
rechten blat vnd zweck zuſchieſſe. Dann welcher nit dem 
rechten weg nachtrachtet, der in den Himmel füret, fonder 
auff gut duncken hingeht, der ift gleich eim Schützen, der 
in den Iufft fcheußt, da fan man nicht vrtheilen, ob er 
artlich vnnd wol gefchoffen hab, oder nit. Wann er 





636 


aber dem zweck nachſcheußt, fiehet man gleich, ob er ein 
guter fhüß ſey ober nicht. Alſo ift e8 auch auch mit de⸗ 
nen, wann fie jhr fürnemmen auff ein rechten zweck feben, 
fiehet man gleich, wo ihr Gottodienſt Hinreiche vnnd hintreffe. 

7 Die fiebend Schell der Schieß narren if, von dem 
außreden, fo die Schützen pflegen zu thun. Dann es fein 
etliche, die haben gar kein erfahrnuß im Schieſſen, noch 
wollen fie gleichwol mit in der Gefellfchafft fein, vnd wie 
es jnen ergeht, fo willen fie alweg ein außred barüber, 
deren wöllen wir etliche kürtzlich erzelen. Der erfte der 
hat ein newe büchfen, ond wenn er felet, fo gibt er ter 
bücdfen die ſchuldt vnnd fagt, er hab der büchfen no 
nicht gewohnet, vnnd fey nicht auff feine anfchleg gericht, 
fonft wolt er gewiß getroffen haben. Der ander fagt, er 
fey nächten getrunden geweſen, vnnd hab gezittert. Der 
dritt gibt dem Pulfer die ſchuldt vnnd fagt, «8 hab ge⸗ 
pfitzt. Der vierdt gibt dem Windt die ſchuldt, vnnd fagt, 
er feye zu ſtarck gangen, vnnd feye das Puluer zimlich 
ſchwach, das es durch den Windt nicht hab mögen trin- 
gen vnnd das ziel erreichen. Die fünfften legen die 
ſchuldt auff ven Büchfenfchmidt, wenn nicht ver Dan ge: 
radt auffſchlegt vnd das ſchloß nit wil laſſen, fo er doch 
zu zittern ſtehet im ſtandt, vnnd kan kümmerlich die Büch⸗ 
ſen gehalten, daran muß der Büchſenſchmidt nachmals 
ſchuldig ſein. Die ſechſten geben dem Puluer die ſchuldt, 
das es vngleich gemacht ſey. Dem ſiebenden iſt das Männle 
erloſchen. Den achten hat das abſehen betrogen vnd ge⸗ 
fehlet. Der neundt hat den ſtein vor dem Puluer inn 
die Büchſen gethan, oder hat ſonſt den ſtein nicht recht 
ein juſtiret. Der zehendt beklagt ſich, er hab ſich nicht 
können ſtellen. Dem eilfften gebt das ſchloß loß, ehe er 
recht zielet het. Der zwölfft hat es zu hart an den ba⸗ 
den gehalten. Der dreyzehend hat die Büchſen nicht ſtarck 
gnug geladen. Dem viertgehenten iſt die Büchfen zu 
leicht oder zu ſchwer. Dem fünffgehenven if das Tchloß 
verrof. Dem ſechtzehenden ift zu noth zu ſchieſſen gewe⸗ 
fen. Der fiebendtzehende hat das züngle nicht können recht 
ergreiffen. Der achtzehendt klagt vber feine finger, tat 
er ein mangel Daran hab. Der neungependt fagt, er fey 





— — — — — — — — — 


637 


vnluſtig vnd melancoliſch. Der zweintzigſt gibt dem Wei⸗ 


ter die ſchuldt. Der ein vnd zweintzigfi gibt der ſcheiben 
die ſchuldt, das fie krumb hang, oder zu hoch oder zu 
nider. In fumma, es fein deren ſtück vnzehlich viel, dar 
mit fi ſolche Schieß narren thun außreden, fo doch nicht 
anders die vrſach ift des felens, weder allein das fie nicht 
darauff geübt fein ond nur auff geradt wol dahinn ſchieſ⸗ 
fen. Diß haben wir hie Geiftlider weiß von dem fchiefe 
fen darumb aufgelegt, damit man fehe, wie weit wir von 
dem zweck des Himmelifchen lebens fehieflen. 


Der LXXVI. Rarr. 


Nitter Beter von alten joren, 

Ich muß euch greiffen an die ohren, 

Mir gdenckt, das wir beid Narren woren, 
Wiewol ir führet Ritters ſporen. 


— — 


Von groſſem Rühmen. 


Die Gecken, Narren ich auch bring, 
Welch ſich berühmen hoher ding, 
Vnd wöllen fein, das fie nicht find, 
Vnd wenen, das al Welt fen blind, 
Man Tenn ſie nicht, und frag nicht noch, 
Mancher wil Ebel fein vnd hoch, 
Des Batter doch macht bumle bum, 
Vnd mit dem Küfferwerf gieng vmb, 
‚Oper hat fich alfo begangen, 
Was er feht mit einr fleheln flangen, 
Oder rennt mit eim Jubenfpieß, 
Das er gar viel zu boden fließ, 
Vnd wil, dad man in Junder nenn, 
Alls ob man nicht fein Vatter kenn, 


638 


Das man fpredy Meifter Hanß von Meing, 

Vnd auch fein Son Juncker Heintz, 

‚ Biel chümen hoher fachen ſich, 

Vnd bochen ſtäts zu widerſtich, 

Vnd ſind doch Narren in der Haut, 

Alls Ritter Peter von Brundraut, 
Der wil, das man jm Ritter ſprech, 

Denn er zu Murten in dem gſtech 
Geweſen fey, da im fo not 

Zu fliehen was, das jm ber Kot 
So hoch fein Hoſen hat beſchlempt, 

Dad man jm weſchen mußt dad Hembd, 
Vnd hat doch Schilt vnd Helm darvon 

Bracht, das er ſey ein Edelman, 

Ein Habich hat farb wie ein Reiger, 

Vnd auff dem Helm ein Neſt mit Eyer, 
Darbey ein Han ſitzt in der Mauß, 

Welcher die Eyer wil brühten auß, 
Derſelben Narren find man mehr, 

Welch des wölln haben gar groß Ehr, 
Das fle feind vornen gwefen dran, 
Weie es wolt an ein fliehen gahn, 

Lugten fie hinder ſich Tang zeit, 

Ob in nachlemen auch mehr leut, 
Mancher fagt von feim fechten groß, 

Wie er den flach vnd jenen ſchoß, 
Der doch von jm was mol als weit, 

Er thet jm mit eine handtbüchß neut, 
Vil ſtellen jebt nach edlen Woppen, 

Wie fle führen vil Löwen doppen, 
Ein Krönten Helm vnd gulden veld, 

Die feind deß Adels von Hünfelbt, 
Ein theil feind Edel von ven Frawen, 


639 


Der Batter faß in Ruperchts aumen, 
Seinr mutter ſchilt gar mancher führt, 

Das er vieleicht am Batter jrrt. 
Bil haben de Brieff und Siegel gut, 

Wie das fie feind von edlem biut,- 
Sie wölln die erflen fein von Recht, 

Die engel feind in irem gfchlecht, 
Wiewol ichs nicht gang flraff noch acht, 

Aug tugend ift al Adel gmacht, 
Wer nach gut Sitt, Chr, Tugent fan, 

Den halt ich für ein Edelman, 
Aber wer bett Tein tugent nit, 

Kein zucht, fcham, ehr noch gute fitt, 
.„ Den halt ich alles Adels IAr, | 

Ob doch ein Fürft fein Vatter wer, 
Adel allein bey tugent fteht, 

Auf tugent aller Adel geht. 
Deßgleichen wil mancher Doctor fein, 

Der nie gſah Sert Clementin, 
Decret, Digeft, alt Inftitut, 

Denn das er Hat ein Perment gut, 
‚Da fleht fein Recht gefhrieben an, 

Derjelb brieff weiß alls, das er Ian, 
Vnd das er gut ſey auff der Pfeiff, 

Darumb fo ſteht hie Doctor Greiff, 
Der iſt ein glehrt und witzig mar, 
Er greifft eim jeden die ohren an, 

Vnd kan mehr, denn manch Doctor kan, 
Der iſt doch in viel Schulen gſtanden, 

In nahen vnd in ferren Landen, 
Da doch die Geuch nie kamen hin, 

Die mit gwalt wölln Doctores fin, 
Man muß in auch Herr Doctor fagen, 


640 


Darumb das fle rot Roͤck an tragen, 
Vnd dad ein Aff jr mutter iſt, 

Ich weiß noch einen, Heiſt Gans miſt, 
Der wil all welt des vberreben, 

Er fey zu Norwegen und Schweden, 
Zu Alkeir gweſt vnd zu Granat, 

Vnd da der Pfeifer wechſt und flaht, 
Der da nie kam fo ferr hinauf, 

Hett fein Mutter daheim zu hauß 
Ein Pfankuch oder Würft gebachen, 

Er Hettö gefchmert und hören Tradhen. 
Dep rhumens ift auff Erd fo viel, 

Dad es zu zeiten nem groß weil, 
Denn jedem Narren das gebrift, 

Das er mil fein, das er nicht iſt. 


You Rühm Warren. 
Das ſechs und fiebengigfi Narren Geſchwarm. 


Das ſechs vnd fiebengigft Rarren Geſchwarm if von 
Rühm Narren, welche man fürnemblich auß fieben Schek 
Ien ſoll lehrnen erkennen. - 

1) Die erfle Schell der Rühm Narren if, ih Rühmen 
von dem faften. Es fein etlich, die rühmen ſich, wie fie 
etlich tag nicht geffen haben, vnd treiben ein groffen fchein 
vor der Welt, gleich als wann fie fo Goitsförchtig weren, 
und von wegen bes firengen Gottesdienſt fafleten. Dar⸗ 
nach fein etlich, die faften auch, aber nicht fireng, dieſel⸗ 
ben ziehen tn den Wirtsheufern herumb von einem Tiſch 
sum andern ond Bettlen, freffen fi alfo offt durch diß 
Beitlen fo vol, das nichts mehr in fie mag, das heißt 
dann gar wol gefaflet. Jedoch vermeinen fie, dardurch 
ein groß faften volbracht haben, dieweil fie jr narung ha 
ben müflen erft famlen. Weiters fein etlich, die rühmen 
fich Hoch, wie fie ein lange zeit gefaftet, aber heimlich ha⸗ 


641 


ben fie ſich gefüllet wie die Beden Moren ’ vnd damit ich 
pifer Schellen abbrich,, fo fein deren Rarren vil, die fh 
rühmen, wie fie ein groß faften volbradt haben, fo fie 
doch venfelbigen tag etwann vonder drey ober vier mal ſich 
nicht gefült haben. 

2) Die ander Schell der Ruhm Narren ift, ſich Hefftig 
rühmen bes gebetts, man findt der Narren vil, die rüp: 
men ſich jres gebetts. Das gebett aber ift nicht anders, 
weder ein groſſe zuverſicht vnd anräffung Gottes, darinn 
wir etwas Gott den Herren bitten. Es fein etlih, bie 
beiten vilerley gebett vnnd werffen alles unter einander, 
alfo das wann man fie folt fragen, was fie gebetiet het⸗ 
ten, tönten fie es nicht fagen. Die fo jr gebätt allein 
von gewonpeit vnd rümung thun, die bitten nit von Gott 
(dann fie wiffen nicht was fie betten), auch loben fie Gott 
nicht mit frem gebet, Tonder ſchmeher ihn mehr, bamit 
weder fie in anrüffen oder preifen. Dann wie kann dich 
Gott erhören, wann du nicht von fm bitteft ? Vnd ob er 
dir ſchon etwas befcheren wolt, fo weiß er nicht, was er 
dir geben fol, dieweil du felbft nicht weift, was du bitteſt. 
Dermegen, wann bu beiten wilt, fo nim bir ein gewiſſes 
gebeit für, vnnd ruff Bott reiht an, alsdann wirt er nn 
fönnen verftehn , vnd geben, was bu begerefl. Darna 
fein etfich , vie beiten allein auff der gaflen vnnd an ofs 
fenifichen’örthern, damit fie von der Welt gelobt werden. 
Diß fein rechte Rühm Narren. Dieweil fie hit anders 
durch das gebett fuchen, weder allein pracht und hoffart. 
Zum dritten etlich, die Haben ſonderliche geberb vnd fltten. 
Bann fie beiten in der Kirchen, werffen fie die hend von 
einander vnnd Tegen fie dann wider zufammen, fehen in 
Dimmel mit groffen feuffgen, ſchlagen an die bruft, vnd 
treiben andere vngezogne geberven mehr, alfo das man 
fie ehe für Gauckler anfehe, weder für Gottsförchtige leut. 
Zum vierdten fein etlich , die rühmen fi mit offentlihen 
worten, wie vil fie all tag beiten. Welches fie allein 
ruhms halben thun. Zum fünfften fein etlich, die beiten 
ſtillſchweigend mit verfertem angefiht, und wann man fie 
fragt, was fie betten, fehweigen fie darüber, oder geben 
zu antwort: Gott weiß e8 wol, Diſe, fo ſtill ale fie bey 

1. 41 





644 


fo fie doch weder mit Tugend noch weißheit auderient 
goetueften, fonder allein inn frefien, fauffen, fpielen, rap 
en, fluden, facramenten vnnd gantz Thonnen voll wun⸗ 
den Eprifti des Herren außher werffen, boden vnd ſchnar⸗ 
‚ den, vnd in groffem pracht daher treiten. Welcher diefe 
ftud kan zu vnſern zeiten, ber wirt für ein Evellmann ge: 
halten. Es Rühmen fih auch vie Edelleut fonft keiner 
anderer Zugend vnd fitten, weder allein der ob erzeiten 
büpfchen ſtücklin. O du groffer Narr, was vörffteh du 
dich vil des Adels Rühmen, dieweil du kein ader an dei⸗ 
nem leib haft, die einem Evellfnecht fich vergleihet? Da⸗ 
rumb wann du fein andere Tugend vnd fitten wilt ans 
nemmten, weder du jebund haft, fo darfſt du dich nicht fo 
hoch Rühmen, Tas vu ein Evelimann feyeft, fonder man 
fifets wol an deinem Rühmen, das du ein vonflaht bi 
onnd Fein Edellman. Darnach feind etliche, die rhümen 
fih , wie fie inn Kriegen vnnd Schlachten feyen geweſen, 
fo fie doch etwann gar feinen feind gefehen haben. Man 
find! auch deren vil, die fich grofler ſtreich rüͤmen, wie 
fie in difem vnd jenem Krieg fein gewefen vnnd wie viel 
mannlicher thaten fie darinn haben außgericht, mit bren⸗ 
nen, verbergen, rauben, flälen, plündern, würgen vnnd 
mörben der armen leut, vnnd dardurd fein fie zu Ritter 
gefchlagen worden. D du groffer Rhüm Narr, wie darf: 
fe du dich doch einer folchen Iofen handlung rhümen ? 
Iſt diß dein mannheit? Sein folches deine Ritterliche tha⸗ 
ten, damit bu den feind vberwunden ha? Bif du darumb 
inn Krieg gezogen, dad du arme leut wolteft machen, raus 
ben vnnd mörden. Pfuy der ſchand vnnd ſchmach. Weiſt 
du nicht, was eines rechten Hauptmanns vnnd Ritters 
ampt iſt in einem Krieg vnd warumb dieſer Ritterlicher 
orden iſt angeſtelt? Nemlich darumb: das er die Chriſt⸗ 
liche Kirchen beſchützen vnnd beſchirmen, vnd wider den 
vberfahl der vngleubigen bewaren, die armen, witwen vnd 
weiſen vor ſchmach, not vnd angſt erretten, den gemeinen 
Landtsfrieden in allen Prouintzen helffen erhalten, vnd 
Chriſti des Herren nammen helffen erweiteren auff dieſer 
welt. Wider den Türcken vnnd alle vngleubigen ſtreitten 
vnnd fie zum Chriſtlichen glauben helffen bringen. Das 
iſt eines dapfferen vnd redlichen Ritters ampt vnd beuelch, 





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645 


hieruon fol ſich ein jeder Ritter rhümen, wie mannlich, 
wie gefahrlich, wie Ritterlich vnd ſtandhafftig er allwe 

wider den feindt der Chriſtenheit, namlich den Türcken v 

alle ongleubigen geftritten hab, damit er feinem vatter: 
Iandt wol gedienet onnd es befchüget onnd befchirmet vor 
alten heimlichen anfchlägen , böfen, falfchen vnd gefchwin- 
den practiden der feinden, auch allen anſtöſſen der vngleu⸗ 
bigen mit allem ernft vnd fandhafftigfeit wiverflanven. 
Bann du nu folches thuft, fo biſt du ein recht Edler vnd 
Strenger Ritter zu nennen vnd zu halten, vnd barffeit 
dich nicht mehr beichemmen deines Rammens onnd Erien 
herkommens zu rühmen, dann du bift deffen wol würdig. 
Bir Hetten hie vil zu fehreiben von dem lob vnd mann» 
Tichen thaten, fo die Ritter onnd Edlen etwann begangen 


haben, aber wir vberhupffen folches mit fleiß, dieweil alle 


dierien vol fein jhrer loblichen thaten, fo fie begangen 
en. 

7) Die fiebend Schell der Rühm Narren iftz fich rhü⸗ 
men von der Funft und dem Doctorifchen Rammen. Man 
findt vil Doctores, die rhümen fi des Nammens eines 
Doctors vnd derer Gerechtigkeiten vnd Prinilegien, welde 
den Doctoribus gegeben fein, fo doch dargegen weder funft 
noch tugend, die zu einem Doctor gehören, in ihnen ſte⸗ 
det noch ſcheinet. Difer Doctor. findt man vberal gar viel, 
die fih rhümen, wie fie da vnd dort auff jener hohen 
Schül geftudiert haben, vnd was fie für hochgelehrte Män⸗ 
ner zu Preceptores haben gehabt, auch wie gelehrt vnd 
geihicdlich fie geantwort haben, als man fie zu Doctorn 
hab gemacht, vnd wie ein herrlich Teflamonium oder Brieff 
fie Haben, darinn fr kunſt gefchrieben ſtehen, wie fie fein 
Doctor worden. Wann fie aber etwann follen ein handel 
führen ond in einer wichtigen fach rhaten, da iſt minder 
wig vnd verfiandt bey ihnen, weder bey einem Bawren 
auff dem Schwarkwald, ver fein lebenlang Fein Buch nie 
hat angefehen. Solche Doctor rhümen fih nirgend ans 
ders von, weder allein von dem blofien Rammen, aber 
von der kunſt vnd gefchidlichkeit, fo zu einem Doctor ger 
hört, wiffen fie gar wenig zu fagen. Es fein foldhe Docs 
tor gleich einem Wirdt, ver ein fchilt außſteckt und fehreibt 
daran: Die herein, ta fehendt man gut wein. Wann 


ru 


646 


“aber die Ge kommen vnnd wöllen gehen, gibt er Ihn 
halb effig, vnd betreugt alfo mit feinem fehilt bie leut, 
das fie vermeinen, er geb gutten wein, fo er doch nur 
öpffeltrand ſchencket. Alſo fein auch fohhe Doctor, bie 
nicht geſtudiert haben vnnd allein den bloffen NRammen 
- haben eines Doctord. Dife geben baher in ihren hoben 
Sammaten pareten vnnd gulbenen Ringen an den henden, 
onnd bißweilen gulden Ketten vmb den half, tragen wehr 
ond tolchen mit filber beſchlagen, vnnd in fumma, fie 
brangen auff das aller flattlicheft daher, bamit man vers 
meinen folle, es fiede alle kunſt hinber. ihn verborgen, fo 
man fie aber vmb vapts fraget, oder fo fie follen ein wid 
tigen vnd nambafftigen handel führen, alßdann wiflen fie 
nichts. Dife betriegen fich ſelbs vnd ander leut mit jhn, 
inn dem fie nicht gefludiert haben vnnd doch gleich wol 
Doctor wollen fein. Dann es geſchicht offt, das ſolche 
Doctores ein guten handel durch vnerfahrenheit verderben, 
dardurch bringen dann fie fich felbs vnd den armen mann 
in groffe ſchand, ſchaden ond vngemach. Derwegen foll 
ein jeder fürfeben,, der fich vnderſtehet, den Doctorifchen 
Rammen zu entpfahen ond tragen, das er gefchidt vnd 
gelehrt fey, vnnd dz er ein gang Regiment vnd Statt 
mit feiner weißheit vnd erfahrenpeit ziere, damit er auch 
wol vnd recht mög Negieren. Dann es if ein herrliche 
Kleinot vmb ein gefrhidten, verfländigen vnnd gelehrten 
Doctor, vnd ſolche feind hoch von nöten in allen Stans 
den auff diſer welt. Darumb fein fie auch mit vielen 
Freyheiten vnnd Priuilegien gefreyet vnd vbertreffen fie 
andere perſonen in vilen dingen. Erſtlich werden fie Edel 
genennt, Herren vnnd Freund der Fürſten. Zum andern 
ſeind ſie groſſer würde vnd dignitet. Zum dritten mögen 
ſie Frey Grauen werden, wann fie zwentzig jar in Rechts⸗ 
händlen wol vnnd geſchicktlich leſen oder profitieren. Zum 
vierdten vbertreffen ſie all Ritter vnnd Edel zu vnſeren 
zeiten, dann es iſt der gröſte theil nicht für Edel zu hal⸗ 
ten oder zu achten. Zu dem fünfften mögen ſie auch auff 
Guttſchen wägen fahren, gleich wie die Fürſten, vnd ſollen 
ihn aller Fürſten Höffe offen ſtehen, vnd ſollen fie die 
Fürſten in jren Brieffen vnd Cantzleyen Vätter nennen. 
Zum ſechſten ſeind fie aller beſchwerden, Zinß, Zöl vnnd 


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647 


andern bingen mehr frey. DIR fein kürklich der Rechts⸗ 
gelehrten vnd Doctorn freiheiten. Aber es werben deren 
wenig gefunden, die fie recht gebrauchen, ſonder es braucht 
fie der mertheil vonder dem fchein vnnd bloffen nammen. 
Solches Haben wir bie kurtzlich wöllen erzellen von den 
Rühm Narren, wollen aber diefe außgenonimen haben, fo 
recht ond wol gelehrt feind, deren man nor findet, bies 
felbigen geht das fchelten hie nicht an vnd werden fie vns 
auch nit hierinn für ongut haben. Dann es iſt ein ge 
mein ſprichwort: es fey Fein herd fchaff, man findt ein 
reudigs darunder, alfo ift ed auch under ben Gelehrten 
ond allen Ständen, darunder findt man allzeit die fich 
darftellen, ald wann fie rein vnd fauber weren, fo fie 
doch vnfläter fein. 


Der LXXVII. Narr. 


Bil Haba zu Spiel groffen Taf, 
Das fie kein Eurgmeil achten full, 
Tan merden nit küufftig verluß. 


Bon Spielen. 


Sonft find ich Närrifcher Narren viel, 
Die al jr freud habn in dem ſpiel, 
Meinen, fie möchten leben nit, 
Solten fie nicht vmbgehen mit, 
Vnd tag vnd nacht fpielen vnd raflen, 
Mit Karten, Würffeln vnd mit praflen, 
Die gang nacht auß vnd auf fie jeflen, 
Das fie nicht ſchlaffen oder eſſen, 
Aber man muß getrunden han, 
Das fpiel das zünd die Leber an, 
Dad man wirt börr vnd durſtes vol, 
Des morgens fo empfindt mans wol, 


648 


Einer ficht wie die guten Bieren, 
Der ander ſpewt hinder Die Thüͤren, 
Der dritt ein farb hat an fi gnommen, 
AUS wer er auß dem grab erft kommen, 
Oder gleißt in feim angeftcht 
Gleich als vor tag ein Schmitknecht ficht, 
Den Kopff Hat-er alſo gebeint, 
Das er den ganzen tag auffgeint, 
AUS 06 er fliegen fahen wolt, 
Keiner verdienen möcht groß Golt, 
. Dad er an einer Predigt ſeß 
Ein flund, vnd er des ſchlaffs vergep, 
Er würd den Kopff fihlagen in gören, 
Als ob der Prediger auff folt hören, 
Aber in ſpiel gar ange zeit 
Eigen, acht man des fchlaffed neut. 
Viel Frauwen die find auch fo blindt, 
Das fie vergefien, wer fle find, 
Vnd daß verbieten alle Recht 
Sol vermifhung aller Geſchlecht, 
Die mit den Mannen ſitzen zamen, 
Ir zucht vnd Gſchlechts fich nicht ſchamen, 
Vnd Spielen, raflen fpat vnd fr, 
Welchs doch den Frauwen nicht fteht zu, 
Sie folten an ver Eundel leden, 
Vnd nicht im Spiel bey Mannen fteden. 
Wenn jeder ſpielt mit feines glich, 
Dörfft er des minder ſchemen fich, 
Da Aleranderd Vatter wolt, 
Das er und Gaben lauffen folt, 
Denn er zu Lauffen faft geng was, 
Sprach er zu feinem Vatter bad, 
Billich wer es, das ich das thet, 


649 


Das mich mein Batter hieß und bet, 
On zweiffel ich gern lauffen wollt, 

Wenn ich mit Köngen Tauffen folt, 
Man dürfft darzu nicht bitten mich, 

Wenn ic) bett jemands meines glich, 
Mber es ift jet darzu kommen, 

Das Pfaffen, Adel, Bürger, Frommen 
Setzen an lofe Knaben ſich, 

Die jn nicht find an Ehren glich, 
Vorauß die Pfaffen mit ven Leigin, 

Solten jr Spiel lan und erwegen, 
Wenn fte recht wol betrachten daß, 

Ir auffſatz vnd den alten Haß, 
Der Neidhart iſt fonft under im, 

Der regt ſich mit verluft und gwinn, 
Vnd auch das in verbotten ift, 

Kein Spiel zu thun zu aller friſt, 
Mer mit jm felber fpielen Tan, 

Dem gminnt gar felten jemands an, 
Vnd ift on forg, das er verlier, 

Dder dad man jm fluch böfe ſchwür, 
Dieweil ich aber fagen fol, 

Was fleht eim rechten Spieler wol, 
Wil ich Virgillum Her bringen, 

Der alfo redt von felben vingen, 
Veracht dad Epiel zu aller zeit, 

Das dich nicht btrüͤb der ſchendlich geit, 
Denn Spiel ift ein unfinnig bgir, 

Die all vernunfft zerflört in dir, 
Ir dapffren hütet euwrer Ehr, 

Das auch das Epiel die nicht verfehr, 
Ein Spieler muß han gelt und mut, 

Ob er verleurt das han vergut, 





650 


Kein zorn, fluch, ſchwur außfloflen gang, 
Wer Gelt bringt, der lug wol ber fihang, 

Denn mancher zu wem Spiel kompt ſchwer, 
Der doch zur thüren auß geht Iär, 

Wer fpielt allein durch großen gwinn, 
Dem gebt es felten nach feim finn, 

Der hat gut fried, verfpielet nit, 
Mer fpielet, der muß aufffeßen mit, 

Mer al ürten beftten mil 
Vnd ſuchen glüd auff jedem Spiel, 

Der muß mol auff zu feten han, 
Oder muß dick on gelt heim gon, 

Wer drey feucht Hat vnd flelt nach mir, 
So werben vnſer jehmeftern vier, 

Spiel mag gar felten fein on fünd, - 
Ein Spieler ift nicht Gottes Freund, 
Die Spieler find des Teuffeld Kind. 


Won Spiel Narren. 
Das fieben und fiebgigft Rarren Geſchwarm. 


Das fieben vnd fiebengigft Narren Gefhwarm If von 
Spiel Narren, welche man fürnemlich auß fieben Narren 
Schellen fol lehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell der Spiel Narren if, im breit 
Spielen von wegen erquidung des gemüts. Solches fpiel 
if zwar zugelaſſen Leyen und Weltlichen perfonen, fo ferr 
das fie nicht vmb gelt oder gewinns willen fpielen. Den 
Geiſtlichen perfonen aber wirt es in Weltlichen und Geiſt⸗ 
lichen Rechten verbotten. Jedoch iſt inen ſolches von et: 
lihen Rechtsgelehrten vergönt vnd zu gelaflen, fo ferr 
bes fie vergebens vnd kurtzweil halben darinn Spielen, 
wann fie aber vmb Gelt vnnd gewinn Spielen, iſt es 
inen hoch verbotten. Im Schacht aber iſt es fnen nicht 
vergönt, weder vmb gelt nom vergebens zu fpielen. Dann 





—— — m — 


651 


es fein die Geiſtlichen perſonen darzu verordnet vnnd iſt 
ſolches ir Ampt, das fie ſich ſollen in Göttlicher ſchrifft 
üben vnd darinn ein kurtzweil haben. 

2) Die ander Schell der Spiel Narren iſt, im Brett 
Spielen mit vngleihen perfonen. Dife Schell trifft die 
weiber an vnd vie Geifllichen. Dann es vergeffen die 
weiber offt jrer ſcham vnd ehrbarkeit, und feßen ſich vn⸗ 
der die männer vnd ſpielen mit jnen von einer mitter⸗ 
naht zu der andern. Deßgleichen thun auch ſolches die 
Geiſtlichen, die vermifchen ſich under die Leyen vnd Tofen 
kunden, vnd fpielen offentlich mit inen, welches dann frer 
perfon vnd würdigkeit ganh und gar nit gezimmet. Es 
wolt Alerander Magnus nit mit ungleichen perfonen vmb 
ein Heinot lauffen, ond als in fein Batter darzu wollte 
zwingen , fprac er: Ich wolt folches wol für mich ſelbs 
ihun, wann ich perfonen bett, die meines gleichen weren. 
Alſo follen auch die Weiber onnd Geiftliche perfonen thun, 
die ſollen ſich zu fres gleichen gefellen und verfügen. 

3) Die drit Schell der Spiel Narren if, Spielen auß 


- fonderlichem begier onnd fürfaß, einem andern das feinig 


ab zu gewinnen. Es fein vil, die Spielen allein barumb, 
damit fie einem andern das feinig abgewinnen. Welches 
fürwar ein groffe tod fünd if ond wider die Gebott 
@ottes , welche verbieten , das man vnſers nechften Gelt 
ond gut mit begeren folle mit eines andern ſchaden. 
DIE thuti nun der Spieler, der begert nichts anders durch 
das Spielen, weder feines nechfien Belt ond gut mit bes 
ſchiß vnd betrug an fich zu ziehen, vnd leit daran nicht, 
ob fhon der ander mit willen Spielet, welches er nicht 
thun folt onnd gebürt ihm auch nicht. Derwegen fündis 
gen beide parthey auff dz höchſt, vnd fündigt der fo wol 
der gewinnt, als der verleurt. Wie ein groffe vnfinnig⸗ 
fett ond Narrheit das Spielen ſey, tft nicht gnugfam zu 
fagen, dann es zerflört die vernunfft vnd reiget den mens 
fhen an zu allen böfen fiuden, vnd bringt fn in alle 
fand ond ſchmach. Ich will gefihweigen ber andern bö⸗ 
fen vnd ſchendlichen Taftern, fo auß dem Spielen entfprin« 
gen. Erfilih vie Abgötterey vnd Götzendienſt. Woher 
begeht man Abgötterey in Spielen? Nemlich inn vifem 


652 


Auf, wann ein Würffel oder Kart vnder ben Tiſch fel⸗ 
let, da fleht jederman auff vnd buckt fi, zündet mit dem 
liebt under den Tiſch vnd fuchet mit groffem fletß die 
Karten oder den Würffel, damit er nicht mit den füflen 
vertretten werte, thun alfo dem Würffel groſſe ehr am, 
mit buden ond knie biegen, weder fie in der Kirchen 
Eprifti nammen bemeifen. Dann wenn man ben nammen 
Eprifti in der Kirchen nennet, haben fie ein folh lang 
Schelmenbein in den knien fteden, ond fein fo faul, das 
fie ſich nicht neigen mögen, ich wil gefchweigen, wenn fie 
fih erfi buden folten. Derwegen halten fie den Würffel 
ond die Karten höher weder Gott, vund iſt das Karten: 
fpiel gantz ir abgott. Das ander lafter, fo auß dem Spie: 
fen entfpringt, if} die fhwere und harte verdamnuf. Dann 
e8 ergibt fich der Spieler der dienſtbarkeit ber ewigen vers 
damnuß. Das dritt laſter ifl die verfaummuß der seit, da 
er folt daheim Haußhalten, fo fißet er bey dem raßlen 
vnnd fpielen, vnd laßt fein Haushaltung am nagel han⸗ 
en. Zum vierbten ift die groffe vnd grewliche Gottsle⸗ 
erung. O du mein Gott vnd Herr, wie graufame vnd 
erfchrödenliche Bottslefterung gehn doch bey dem fpielen 
für, alfo, das einem offt das haar gu berg fleiget, vnd 
wer offt nicht ein wunder, das Gott der Herr folche Goits⸗ 
fefterer gleich inn abgrundt der Helle flieffe. Zum fünff⸗ 
ten iſt die ſchmach vnd Iefterung, fo fie ondereinander 
ſelbs thun, da einer den andern an feinen ehren ſchmehet 
ond leſtert. Zum fechften ift die verſchwendung vnnd hins 
durchrichtung des gut. Dann e8 verfpielet mander auff 
ein ſitz all fein hab vnd gut, vnnd verleurth alles, was 
er hie vnd dapeim hat. Zum fiebenden if die verachtung 
vnd verkleinerung, fo fie gegen einander thun. Zum ach⸗ 
ten ift dz frefien ond fauffen, fo man bey dem fpielen 
treibt , dann das fpielen kan nicht on fauffen fein, damit 
man inn die hendt fpüße, vnd bie Würffel oder Karten 
deſter mannlicher könne berauß werffen. Zum neundten 
it der todtſchlag vnnd mördet, dann es wirbt mander 
darob erfiochen vnnd erfchlagen. Zum eilfften if die ars 
muth inn ter Haußhaltung, dann wenn man fpielet, fo 
findt der Spiler vnd raßler alweg gelt vol auff, wo man 
aber in der haußpaltung fol gelt haben, da ift dem ſeckel 


— {mm —— — — — — (ie WE E GE EEE up — — — — 


653 


der boden auß, vnd muß Weib vnd Kindi groſſen mans 
gel haben, hunger vnd durſt leiden. Zum zwölfften iſt 
das liegen vnd triegen, ſo in den ſpielen geübt wirt. Zum 
dreyzehenden iſt die verſaumnuß der Göttlichen dingen. 
Zum viertzehenden iſt verſaumnuß vnnd verwerffung des 
Feirtags, dann es kompt kein Spieler inn die Kirchen, 
ſonder er leidt am Sontag früh ob dem ſpielen, vnd 
wenn in Gott ſchon erleüchtet, das er in die Kirchen geht, 
ſo behaltet er doch nichts auß der Predig vnd Gottes 
wort, ſonder er denckt für vnd für an das ſpielen. Zum 
fünfftzehenden iſt der Diebſtal, dann wenn man kein gelt 
mehr hat, das man ſpielen kan, ſo fahet man an zu ſte⸗ 
len vnnd rauben. Zum ſechtzehenden iſt die böfe ergernuß, 
dardurch er ander leut auch anreitzt zu ſpielen. Zum fle 
bengehenven ift der zorn vnd trewung, damit die Spieler 
einander trewen auff leib vnd leben. Zum achbehenden 
it der falſch eydt ſchwur, dann es fehwert mander dem 


. Zeuffel ein bein ab von wegen eins pfeninge. Zum neund⸗ 


tzehenden iſt die beiriegung , dann es wirbt aller beichiß 
vnd betrug im fpielen geübt. Zum zweintigſten if die 
böfe begird, welche ein brun ift alles vbeld. Zum ein 
und zwentzigſten if die verzweifflung, denn wenn fie hab 
vnd gut verfpielet haben, "verzweiffeln fie nachmals, vnd 
benden oder ertrenden fich ſelbs. Sieheſt du hie, du Raß⸗ 
ler ond Spieler, was für gute tugent auß dem fpielen 
eruolgen, nemlich ewige verzweifflung vnd verbamnuß. 


4) Die viert Schell der Spiel narren iſt, dem fpielen 
zufehen. Es fein etliche Spiel, in welchen vie zufeher vr⸗ 
fa fein des fpielens, vnnd welche nicht gehalten werden 
ohn zufeher,, ald da fein Gaudel fpiel, Fechter, Thurnie⸗ 
ren, Ringen ond Springen, darinn fündigen bie aufeher 
eben fo Hoch, als die Spieler. Dann es dienen folche 
fpiel nirgendt anders zu, weder zu vnglück des menfihen, 
dardurc der zufeher vmb das Belt betrogen wirt, vnnd 
der Spieler etwann vmb fein leid kompt. Darumb fein 
fie auff beybe weg au fliehen. 

5) Die fünfft Schell ver Spiel narren ift, blab vnnd 
gelegenpeit geden zu dem fpielen. Vnder dieſer Schelfen 
werden alle die begrieffen, fo das fpielen fürdern, vnd 


654 


Karten ober Würffel, lierhter oder andere inſtrument mehr 
darzu geben. Diele fündigen eben fo hefftig, als die Spie- 
ler, dann wenn fie nicht weren, föndten fie nicht fpielen. 

6) Die fehft Schell der Spiel narren if, werdjeug 
zu dem fpielen machen vnd geben. Als da fein die Bürf: 
felmacher, Kartenmacher, Bretipielmacher, vnd andere mehr. 
Auch werden ynder diefer Schellen begrieffen, die fo folche 
ding feil haben. Diefe fündigen gleih fo wol als die 
Spieler, vnd fehler höher. Dann wenn fie nicht weren, 
fpielet man nicht fo hefftig. 

D Die fiebendt Schell der Spiel narren if, Die vers 
botten fpiel nicht abftellen onnd verbieten. Da folten alle 
Oberkeit forg haben, damit fie folche fpiel nicht geſtatten, 
dann wo man das fpielen onnd raßlen mit ernſt verbütte, 
ond fleiff mit peen vnnd firaff darob bielte, würden nicht 
alfo viel gefunden, bie ſich auff das fpiel begeben. Der: 
wegen fol ein jede Oberfeit forg tragen, auff pas foldhes 
fpielen ond raßlen abgefiellet werde, vnnd die ihenigen, 
fo ven gebotten nicht nachlommen, mit ernft geftrafft würden. 





— 


Der LXXVIN. Narr. 


Biel Narren feind in dieſem Trud, 
Die Thoren find in mandem flud, 
Den fitzt der Efel auff dem Ruck. 


—— — 


Bon Getruckten Rarren. 


Sp viel find in dem Narxrenorben, 
Das ich fchier wer verfeflen worden, 
Vnd bett des Schiffed mich verfaumpt, 
Hett mir der Efel nicht geraumpt, 
Ich bin der, ven all ding thun truden, 
Wil mich recht in mindel.fchmuden, 
Ob mich der Efel wolt verlon, . 
Vnd nicht ſtaͤts auff mein Rüden ſtohn. 





Eos 


655 


Wenn ich allein gdult darzu hab, 
Hoff ich des Eſels kommen ab, 
Noch Hab ich viel Geſellen gut, 
Die trudt alls, das mich trucken thut, 
AUS der nicht volget gutem Roth, 
Wer zürnet, fo es nicht ift not, 
Wer Vnglück Taufft, wer trauwrt on fach, 
Mer lieber Krieg Hat denn gemadh, 
Mer gern ſicht mutmill feiner Kind, 
MWer belt fein Nachbauren nicht zu Bründ, 
Wer leidet, das jn trudt fein ſchuch, 
Bud in fein frauw im weinhauß fucht, 
Der ghört wol in dad Narrenbuch, 
Wer mer verzert, den er gewint, 
Vnd borget viel, fo jm zerrint, 
Wer zeucht fein fraum eim anderen vor, 
Der if ein Narr, Bauch, Efel, Thor, 
Mer goendt die viel der fünben fein, 
Vnd was er drumb muß leiden pein, 
Vnd mag doch frölich fein darmit, 
Der ghört auff den Efel nicht, 
Sonder der Efel auff fein Ruck, 
Das er in -gank zu boden druck, 
Der iſt ein Narr, der ficht das gut, 
Vnd nah dem Höfen ftellen thut, 
Hiermit feind Narren viel gerürt, 
Die difer Eſel mit im führt. 


You Getrucht vnd Geplagt Warren. 
Das acht ond ſiebentzigſt Narren Gefhwarm. 


Das acht vnnd fiebenpigft Rarren Geſchwarm iſt, von 
Getruckt narren. Nemlich von denen, fo eins theils inen 
ſelbs bürden vnd anferhtung auff den ruden Iegen, ans 


656 


ders theils aber durch zuſchickung Gottes ſolche bürden 
tragen mäflen. Diefe fol man fürnemfich auß zwölff Schel⸗ 
len lehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell der Getruckt narren iſt, ih an gu: 
ten ond heilfamen räthen nicht laffen vernügen. Wie viel 
fein dardurch in groffes vngemach vnd gefahr geratben, 
das fie ander leut guten rath nicht geuolget haben, ton: 
der auff ihrem Narren Eopff verharret. Dann fürnemlic 
alle verdampte fünvder fein auß verachtung Göttliches 
raths fn höchfte gefahr kommen. 

2) Die ander Schell iſt, ohn vrſach zürnen vnnd ſich 
zu zorn bewegen. Dieſe, ſo ohn vrſach zürnen, bochen 
vnd balgen, fein inen vnnd andern leuten ein ſchwert 
bürden vnd creutz, vnd ſein gleich einem kützlichen Pferdt, 
das, ſo bald man es angreifft, ſtampffet vnnd ſcharret es 
mit den füſſen: alſo ſein auch ſolche Narren, die on alle 
vrſach zürnen vnd den Eſel reiten. Darumm wölle ſich 
ein feder hüten vor ſchnellen zorn, vnd jm nicht ſelbs ein 
bürden auff den ruden binden. 

3) Die dritt Schell der Getrudt narren if, vngläd 
fauffen. Es fein etliche alfo genatüret, das fie müſſen 
gebalget vnnd gezandt haben, und wenn fie fein vrſach 
haben, brechen fie ehe ein vrfach von einem zaun oder 
fauffen eine. Diefe fein recht Narren, ond leidt nicht da⸗ 
ran, wenn e8 fn fhon vnglücklich geht, dann fie habens 
nicht anders wöllen haben. 

4) Die vierdt Schell if, ober die maflen fehr trawren 
vnd fih befümmern. Es fol ein Chriften menfch omb kei⸗ 
ner andern vrfach höher tramwren, weder allein darumb 
das entwederd er oder ein anderer Gott erzürnet hat. 
Derwegen, welcher vmb einer andern vrfach trawret, der 
fündiget hefftig wider Gott. Aber es fein der Narren 
jetz fo oil, die vmb einer Tieverlichen orfach tramren, vnnd 
auch oftmals durch die trawrigkeit in ein frandheit fallen. 

5) Die fünfft Schell if, freuel vnd khün fein, oder ſich 
zu den freflen vnd freudigen gefellen. Es fein deren vil, 
die mifchen fich offt onder Lofe Geſellſchafft, vnd fallen 
mit mutwillen in gefahr und noth, gleich einem Pfeiff⸗ 
holter oder Zwepfalter vogel, der fleuget auß freyem wil⸗ 
len ina Tas fewer oder licht, 





— — — — — — — — — —— 


657 


6, Die ſehſt Schell If, feine Kinder nit ſchlagen noch 
fraffen. Man findt deren oil, die fchlagen noch züchtigen 
jre Kinder gar nicht, fonder geftatten in allen mutwillen, 
dardurch fie dann verrucht vnnd gottloß werden. Golde 
Eltern machen mit jrer fahrleffigkeit Inen ein groſſes vnd 
ſchweres ereutz vnd bürden auff den ruck. Dann welcher 
die ruth an feinen Kindern fparet, der haſſet feine Kinder. 


D Die ſiebendt Schell ver Getrudt narren iſt, feine 
Nachbawren beläftigen onnd befchweren. Dan faget, wenn 
einem ein Judt etwas böß wölle wünfcen, fo wünfche 
er im ein böfen Nachbawren, vnd das all fein hab vnd 
gut an parem gelt fey. Es ift beffer ein trewer Nach⸗ 
bawr , weder ein Bruder, der weit fißet. 


8) Die aht Schell ver Getrudt Narren if, getrudte . 


oder enge Schuh oder Kleider tragen. Wie hoch dieſe 
Schell jegundt inn der Welt Hingle, tft nicht daruon zu 
fohreiben , fonder e8 hat ſchier jedermann dieſe Schell an⸗ 
Sangen. Dann es tregt manicher ein par ſchuh an von 
boffart wegen, und wenn es fm etwas grofies gülte, To 
köndte er Fein zehen gerüren noch fireden. Alfo iſt es 
auch mit der hoffart der engen Meldung, da fledet ſich 
mancher in ein folch eng kleidt, das er kümmerlih Tan 
ein athem ziehen. Solche fein rechte Getrudt narren. 

9) Die neundt Schell der Getrudt narren iſt, dem 
Wein obligen vnd ſich alfo füllen vnd volfauffen, das er 
nicht gehn noch ftehn Tan. Die heift dann recht vom wein 
getrudt werden. 

10) Die zehendt Schell der Getrudt Narren iſt, das 
feinig verfchlemmen vnd verdemmen, vnd durch bie Wein⸗ 
ftraflen fagen. Oder mehr wöllen verzeren, weder fein 
yflug mag ernehren, oder für ander leut bürg werben. 
Mit difer Schellen werden fehr vil angefochten vnd ge 
trudt, alfo, dz manicher ſich felbs erhendt oder ertrendt, 
wenn er alles das feinig verfchlemmet vnd verbraffet hat. 

11) Die eitfft Schell der Getrudt Rarren iſt, einem an⸗ 
dern ein Weib ziehen vnd ernehren. Es fein etliche, die 
Iaflen freywillig zu, das andere Männer mit feiner Frawen 
zu fchaffen haben. Diefe fein nichts anders, dann Nars 
ven vnd Hurenwirdt. Darnach fein euite die ziehen jirt 

i. 


⁊ 


658 - 


Weiber gand Föfllih, vnd laſſen fe zieren vnd herauf 
fhmuden auff das aller ſchöneft, vnd ziehen fie bey ven 
offentlichen Zängen vnd Gaſterepen Herfür, rühmen fie 
bey jederman, wie fie ein ſolches fchönes und adeliches 
weib haben. Dardurch bringen fie dann zu wegen, das 
jre Weiber von antern geliebt vnd gebufet werden, vnd 
machen fie jhn ein freywillig ereutz vnd burden, fo fe 
fonft darfür weren frey geweien, wenn fie fr Frawen da⸗ 
heim heiten behalten, vnd nicht andern gezeigt vnnd fe 
gelobet von wegen frer fchönpeit. 

12) Die zwölfft Schell der Getrud Narren iſt, feine 
fündt vnnd miffethat erfennen, aber nicht darob bewegt 
ober trawrig werden, fonder darüber fih frewen vnd ein 
wolgefallen noch daran haben, vnd fih ber zulunfftigen 
ewigen verbamnuß freiwillig ergeben. O wie ein groffe 
fünd if das, wann einer fein fünd erkennet vnd weiß 
das er geflindigt hat, vnd flehet nicht daruon ab, ſonder 
fahret immer darin forth, der legt im ein groffe on» 
ſchwere bürden auff den ruden, deren er nicht baldt mehr 
wirt ledig werben, bie zeitlich onnd dort ewigklich. Diß 
fein die zwölff Schellen der Getrudt Narren. 


Der LXXIX. Rare. 


Beun Reuter, Schreiber greiffen an 
Ein feiften, ſchlechten, bauwriſchen Mann, 
Der muß vie Leber geffen han. 


Reuter vnd Schreiber. 


Schreiber vnd Reuter man auch fpot, 
Sie feyen in der Narren rot, 
Cie begehn ſich auch mit gleicher Nahr, 
Der ſchind Heimlich, ver offenbar, 
Der wagt fein leib in trudn und naß, 
Vnd fegt fein Seel ins vintenfaß, 








659 


So flößt der Meuter viel Scheuwen an, 
Ein Schreiber muß ein Bauwren han, 
Der feift fey und mag trieffen wol, 
2 Damit er riechen macht ſein Kol, 
Wenn jeder thet, was er thun ſol, 
So weren ſie beid Geltes wehrt, 
Einer mit Federn, der mit ſchwerdt, 
Möcht man jr beid entberen nit, 
Wenn ob jr hand nicht wer jr ſchnitt, 
Vnd durch ſie wirt das recht verſert, 
Man auß dem Stegreiff ſich ernehrt, 
Weil aber auff ſein eigen gwinn, 
Ein jeder flelt fein mut vnd finn, 
Vnd mwöllen auch verzeihen mir, 
| Weil ichs im Narrenfchiff auch führ, 
| Ich Hab fie des gebeten nit, 
| Ir jever ſelbs den fuhrlohn gibt, 
Vnd wil ſich auff ein news verbingen, 
Sonft fündten viel ind Schiff zubringen, 
Schreiber vnd gleißner feind noch vil, 
Sie treiben jegt wild Reuterfpil, 
Vnd ueren fich kurtz vor der Sand, 
Gleich wie die Reißknecht auff dem Lan, 
Es ift marlich ein groffe ſchand, ” 
Das man die fraffen nicht wil fregen, 
Das Fuhrleut, Kauffleut ficher jeyen, 
Aber ich weiß wol, was ed thut, 
Man fpricht, es mach das Gleyd faft gut. 





Yon Beit oder Schreib Marren. 


Das neun vnd fiebengigft Narren Gefgwarm. 


Das neun ond flebengigft Narren Geſchwarm if, von 
Reit oder Schreib Narren. Die werden nicht ohn vrſach 


— 





658 - 


Weiber gant köſtlich, vnd laſſen fie zieren und herauß 
ſchmucken auff das aller ſchöneſt, vnd ziehen fie bey ven 
offentlihen Täntzen vnd Gaftereyen herfür, rühmen fie 
bey jederman, wie fie ein foldhes ſchönes vnd adeliches 
weib haben. Darburch bringen fie dann zu wegen, das 
jre Weiber von antern geliebt vnd gebulet werden, vnd 
machen fie jhn ein freywillig creug vnd burden, fo fe 
fonft darfür weren frey gewefen, wenn fie ir Frawen da⸗ 
heim beiten behalten, vnd nicht andern gezeigt vnnd fe 
gelobet von wegen frer fchönpelt. 

12) Die zwölfft Schell der Getruck Narren ift, feine 
fündt vnnd miffethat erkennen, aber nicht darob bewegt 
oder trawrig werten, fonder darüber fidh frewen vnd em 
wolgefallen noch daran haben, vnd ſich ber zulunfftigen 
ewigen verbamnuß freiwillig ergeben. O wie ein grofle 
fünd iſt das, warn einer fein fünd erlennet vnd weiß 
das er gefündigt hat, vnd flehet nicht daruon ab, fonder 
fapret immer darin forth, ver legt jm ein groffe vu» 
ſchwere bürden auff den ruden, veren er nicht baldt mehr 
wirt ledig werden, bie zeitlich vnnd dort ewigfiih. Diß 
fein die zwölff Schellen der Getrudt Narren. 


Der LXXIX. Rare. 


Beun Reuter, Schreiber greiffen an 
Ein friften, ſchlechten, bauwriſchen Hann, 
Der muß die Leber geffen han. 


Reuter ond Schreiber. 


Schreiber und Reuter man auch ſpot, 
Sie feyen in der Narren rot, 
Cie begehn ſich auch mit gleicher Nahr, 
ODer ſchind Heimlich, der offenbar, 
Der wagt fein Leib in truckn vnd naß, 
Vnd ſetzt fein Seel ind bintenfaß, 


659 


Eo ftößt der Meuter viel Scheuwrn an, 
Ein Echreiber muß ein Bauwren han, - 
Der feift fey vnd mag trieffen mol, 
Damit er riechen macht fein Kol, 
Werm jeber thet, was er thun fol, 
So weren fe beid Geltes wehrt, 
Einer mit Federn, der mit ſchwerdt, 
Möcht man jr beid entberen nit, 
Wenn ob jr band nicht wer jr fehnitt, 
Vnd durch fle wirt Das recht verfert, 
Man auf dem Stegreiff fi ernehrt, 
Teil aber auff fein eigen gwinn, 
Ein jeder ftelt fein mut vnd finn, _ 
Vnd mwöllen auch verzeihen mir, 
Weil ichs im Narrenfchiff auch führ, 
Ich Hab fie des gebeten nit, . 
Ir jever ſelbs den fuhrlohn gibt, 
Bud mil ſich auff ein news verbingen, 
Sonft kuͤndten viel ins Schiff zubringen, 
Schreiber und gleißner feind noch vil, 
Sk treiben jegt wild Reuterſpil, 
Vnd neren ſich kurtz vor der Hand, 
Gleich wie die Reißknecht auff dem Land, 
Es ift warlich ein groſſe fihand, u 
Das man die flraffen nicht wil freyen, 
Das Fuhrleut, Kauffleut ficher feyen, 
. Aber ich weiß wol, was es thut, 
Man fpricht, es mach das Gleyd faſt gut. 





Yon Weit oder Schreib Warren. 
Das neun ond ſiebentzigſt Rarren Geſchwarm. 


Das neun vnd flebengigfi Rarren Geſchwarm if, von 
Nelt oder Schreib Rarren. Die merben nicht ohn vrſach 


— 


4 


x 


660 


zu fammen gefehet, dann fie feind felten allein, fonder 
wo der Reuter if, ba iſt auch der Schreiber vnnd alfo 
bergegen. Auch ernehren fie ſich beyb fchier auß ei iem 
flegreiff, dann der wagt ben leib in das naß, difer fein 
feel ins dintenfaß, vnd ſchindt der ein heimlich, der ander 
offenbar. Darumb gehören fie nicht onbillih zufammen. 
Dife fol man fürnemlich auß fieben Schellen Ichruen erkennen. 


1) Die erſt Schell der Reit oder Schreib Narren if, 
mit abtröwen etwas herauß fihreden. Dann «8 fein der 
dintenfreffer vnd ftiffelfchmierer vil, bie trewen den Vn⸗ 
tertbanen offt mit fcharpffen worten, wo fie nicht gutwils 
fig jnen etwas wöllen geben, wöllen fie verfchaffen,, das 
fie vmb hab vnd gut, ja vmb leib vnd leben müflen kom» 
men, vnd thun gleich wie der Fuchß den Zauben thet 
(von welcher fabel wir droben auch gehört haben), der 
irewet jnen, wo fie jm fein junge geben, wolt er auff 
ten baum fleigen vnd die übrigen a freſſen. Alfo pfle⸗ 
gen auch folche dürren muden zu thun, die erfchreden die 
vnterthanen mit ſolchen trewworten, vnd vermeinen, fie 
wöllen mit der weiß etwas herauß fchreden. Aber es feh⸗ 
fet inen bißweilen, dann es bekommen die Vnderthanen 
etwann ein hertz durch einen trewen Raht, das fie fi 
u fhnaphanen widerfeßen, vnd jren willen nicht ges 

atten. 

2) Die ander Schell der Reit oder Schreib Narren if, 
faul anſpruch fuchen, vnd ein vrſach ab dem zaum bre⸗ 
hen. Es ift ein gemein fprichwort, wann einer ein ſchlaf⸗ 
fenden hund wölle weden, finde er Leichtlich ein fleden 
darzu. Alfo thun folche kunden auch, bie Iefen manchmal 
ein vrſach im weg auff, damit fle die armen vnterthanen 
vmb dz jrig bringen. Sie ihun gleich dem Wolff, der 
ſchalte das Schaff vnd fagt, es hette jm den Brunnen 
trüb gemacht, fo es doch vnden an dem außflieffenden 
waffer heite getrunden. Dan liſet von einem XTyrannen, 
der fucht au ein vrſach ab feiner onterthanen einem, ber 
was faft reich, und als der Tyrann gern fein Belt het 
gehabt, Tieß er ihn fahen vnd fagt, du haft mir meine 
feind auffenthalten, vnd haft inen vnder fchleiff und wo⸗ 
nung geben. Da merdt der Bntertban gleich, das er das 





661 


elt vermeinet, gab hiemit dem Tyrannen alle fein paar 
chafft, da ward er wider ledig auß der gefendnuß, vnd 
ward des Tyrannen befler freund. Alſo gefchicht es noch 
heutigs tag vilen, die werben durch gefendnuß vnd ges 
welt ohn vrſach vmb hab und gut gebradt. 


3) Die dritt Schell der Reit Narren ift, ſich nicht an 
dem Sold Taffen benligen, fonver über den Sold greiffen. 
Es fein etlich, die laſſen ſich nicht an jrem ſold vernügen, 
fonder fle fuchen vberal mehr mit Rauben, flelen, fifchen 
auff weiter beiden vnnd in den finftern Wälden ,. ond wo 
fie mögen zufommen, vnd fein fr Roffz darzu gezogen, 
das fie manchem Kauffman die Täfchen mit fampt dem 
Geldt an der feiten abbeiffen, mit den zänen, die da Heifs 
fen greiff darnach. Darnach fein etlich, die greiffen in 
andern bingen vber jren ſold vnd wöllen fih ernehren 
mit freſſen vnd ſauffen, ſpielen, raßlen, fluchen vnd ſchwe⸗ 
ren. In fumma, es ſein der ſtuck vil, darauff ſich ſolche 
ſchnaphanen wiſſen zu ernehren. Welche nun mit ſolchen 
laſtern behafftet ſein, die laſſen ſich nicht an jrem ſold 
vernügen, ſonder greiffen vnbillicher weiß vnd ohn alle 
recht vnnd billigkeit ober jre beſoldung. 

4) Die vierdt Schell der Reit oder Schreib Narren iſt, 
vnrecht vnd vnchriftlich geheiß oder befelch der Obern vol⸗ 
ſtrecken. Es fein etlich alſo geartet, das wann jre Ober⸗ 
herren etwann ein vnbillich vnnd vnleidlich gebott laſſen 
außgehen vber die Vnterthanen, volſtrecken fie es mit ſol⸗ 
chem ernſt vnd eifer, das mancher armer Biderman von 
wegen jhrer ſtrengkeit muß entlauffen. In diſem ſtuck 
ſündigen die amptleut vnnd Reuter gantz hefftig, dann 
wann fr Oberherrn etwann laffen ein Mandat außgehn 
wider die Vnterthanen, das vnchriſtlich vnd vnleidlich iſt, 
ſolten ſie darwider ſein vnd ſolches mit bitt abwenden. 
Aber man findt derſelbigen gar wenig, die es begeren zu 
thun, ſonder fie dörffen noch wol die gebott und beſchwer⸗ 
nuß vnleidlicher machen, weder es von den Oberherren 
beuohlen geweſen iſt. Diſe vier Schellen treffen fürnem⸗ 
li⸗ die Reit Narren an, die vbrigen gehören den ſchrei⸗ 

ern. zu 


zu. 
5) Die fünfft Schell der Schreib Narren if, vnuol⸗ 


662 


Sommene vnd vnrechte inftrument auffrichten, oder bie 
rechte vnd vollommene infirument verfihweigen vnd ver 
hälen. Diſe Notary vnd fchreiber, fo folches thun, fein 
gantz ſchedliche vnd ververbliche Narren, dann fie bringen 
anderleut vm das zeitlich gut, vnd dargegen ir feel vnd 
heil in groſſe gefahr. Es fein ver faulen ud vnd boflen 
gar oil, fo die fchreiber und Rotary gebrauchen, in den 
offentlichen inftrumenten, von welchen hie nicht not iſt zu 
reden. _ 

6) Die ſechßt fchell der Schreib Narren if, inſtrumen⸗ 

ten auffrichten von wegen gewinns oder gelaß, vnd ſta⸗ 
tuten fihreiben wider die Geiflichen freiheit, dieſelben of⸗ 
fentlih außfchreiben und publicieren. Da follen die Stprei: 
ber vnd Notary darauff merden, das fie nit wider bie 
Chriſtliche Kirchen offentlihe Ediet vnd flatuta fchreiben, 
dann folches ift wider jr gewiffen ond ehr. Auch iſt fol- 
ches inn Geiftlihen vnd Weltlichen Rechten bey Hoher 
peen vnd ftraff verboiten. _ 
- 7) Die fiebendt Schell der Schreib Narren if, zu weit 
ober die ſchnur hawen in dem ſoldt, vnd boppel mehr 
gelt heifchen, weder er an dem frhreiben vervienet hat. 
Es fein etlich, die nemmen offt fo onbillih vil von einem 
geringen zedel zu fchreiben, pas er mit dem gelt wol fol- 
hen Brieff drey verveden möcht. Dife fündigen höchlich, 
in dem fie den armen Mann alfo fehinden vnd fchaben, 
‚pub erben fie gewißlich jr Seel inn dem Dintenfaß er: 
trenden. - 


— — — —— 


Der LXXX. Narr. 


Ich bin gelauffen ferr vnd weit, 
Nie laͤr das Fläſchlin was allzeit, 
Biß ich diß brieff den Narren bent. 


Narrechte Bottſchaft. 


Ob ich der Botten nun vergeß, 
Vnd in nicht Thorheit auch zumeß, 














663 


Sie manten mich eb felber dran, 
Narren müflen ein Botten dan, 
Der trag im mund, vnd fey nicht laß, 
Ein bdriefflin, das er nicht werd naf, 
Vnd feuberlich geh auff dem bach, 
Auff das der Ziegelhauff nicht krach, 
Lug auch, das es jn nicht befilt, 
Mehr enden, denn man jm empfilt, 
Vnd was man thun fol vud man heißt, 
Das er vor Wein darumb nicht weiß, 
Vnd lang zeit ſich auff der Strap nicht fum, 
Damit das jm viel Leut befum, 
Vnd lug, das er zer an der neh, 
Vnd drey fund vor die brieff befeh, 
Ob er künd wiſſen, mas er trag, 
Vnd was ed weiß, bald weiter ſag, 
Vnd leg fein Teich nachts auff ein band, 
So er nimpt von dem Wein ein fchwand, 
Dad konrm on arbeit wider heim, 
Welchs find die Narren, die ich mein, 
Dem Narrenfchiff Iauffen fie nad, 
Sie finden es hie zwiſchen auch, 
Noch füllen fie fich des vermeflen, 
Vnd ſie des Fleſchlins nicht vergeflen, 
Wenn jn jr Leber vnd Geſchir 
Bon lauffen, ligen wirt gan dürr, 
Wie gut der Schnee erfülung geit, 
Wenn man jn find in Sommers zeit, 
Alſo erzeigt ein treumwer Bott, 
Den der jn außgefendet Hot, 
Ein Bott ift lob vnd ehren wehrt, 
Welcher bald fan werben, das man bgert. 


— u 


- 


664 


Von Bott Harrın. 
Das achtzigſt Narren Geſchwarm. 


Das achtzigſt Narren Geſchwarm if, von Bott Narren 
vnd jhren verächtern, welche man fürnemlich fol Ichrnen 

erkennen auß fieben Schellen. 
4) Die erfie Schell der Bott Narren if, den befelch 
nicht außrichten, fonder das halb vergeffen, fo ihm befoh⸗ 
len il. Dann es fein deren Botten viel, die ein ſolchen 
dollen ond vnuerſtendigen kopff haben, das fie nicht das 
halb behalten oder außrichten. Bon folchen fahrleffigen 
vnd vergeß Narren IR man von einem, den fein Herr 
oberfeldt ſchickt, er ſolt ihm etwas außrichten, er aber 
vergaß das jhenig, fo Ihm befohlen war, vnd als er an 
das orth kam, dahinn er geſchickt ward, kondte er nicht 
fagen, was ihm befohlen war, fonder fagt allein, er folt 
etwas holen vnnd feinem Herren bringen ; da fpracdh der 
ander : ich weiß wol, was dein Herr begert, da ligt ein 
grofier flein, den wil er brauchen; alfo nam ’der Bott 
den fihweren vnd läſtlichen flein vnd bradt den feinem 
Derren, der wardt nachmals zu dem, bas er ſchwer ge: 
tragen, heftig von feinem Herren gefcholten. Alfo warbt 
er Doppel geftrafft von wegen feiner vergefienpeit. 

2) Die ander Schell der Bott narren iſt, mehr auß⸗ 

richten denn fm befohlen iſt, vnd den befeldh Ienger mas 
chen. Es fein etliche Botten fo naß weiß, vnnd wollen 
alfo für weiß gehalten werben, das fie offt mehr außrich⸗ 
ten, weder ihn befoplen ifi: darauß entfpringt dann, das 
fie das jhenig, fo ihnen befohlen ift, nicht halb außrich⸗ 
sen. Diefe fein gleih den Bawren, die gefchidt wurden, 
das fie follen ein Erucifir kauffen in die Kirchen: vnnd 
als ſie der Bildtfchniger fraget, ob fie ein lebendige oder 
todes Erucifir wolten haben ? fprachen fie, fie wolten lie 
ber ein lebendige haben, dann wenn baffelbig fren Baw⸗ 
ren nicht gefiel, fo köndten fie es baldt tödten. Alſo thun 
ſolche Rarren auch offt, die richten mehr auß, weder ihn 
befohlen tft. | 

3) Die dritt Schell ver Botten narren If, heimlichen 
Yingen nachforſchen. Es fein etliche Botten alfo geneigt, 


665 


das fie allen dingen nach forſchen, damit fie viel newer 
zeytung wiffen zu fagen. Auch leſen fie offt die brieff, fo 
ihnen vertramet fein, oder brechen die brieff auff vnd ſe⸗ 
pen, was darinn gefchrieben flieht, damit fie nachmals 
viel newer zeytung oder Jugen haben außzufchreien. 

4) Die vierdt Schell der Botten narren if, bie heim⸗ 
lichkeit oder erforfchete ding jedermann offenbaren oder 
außſchreien. Diß ift gantz böß vnd ſchädlich, das fie an⸗ 
dern leuten ſolche heimligkeit offenbaren, vnd iſt gleich 
einer verrätherei. 

5) Die fünfft Schell iſt, den befelch vntrewlich vnnd 
faprleffig außrichten. Es fein etliche, die nemmen von 
einem Principal die gantze befoldung für die veiß, has 
ben aber darneben andere gefchefften auch, vie fie außrich⸗ 
ten, vnnd verfaumen offlermals fhres Principals geſcheff⸗ 
ten vnd richten andere auß, vınb deren fie doch nit dahin 
geſchickt ſein worden. Dife verfaumen alfo die zeit durch 
anber leut gefchefft, und richten jres principals handel nit 
auß, dem fie doch vor allen dingen folten trewen bienft 
geleiftet Haben, dann vmb deſſen willen fie dahin geſchickt 
fein. Darnach fein etliche, die fauffen fih voll Wein, 
vnd denden den gefchefften gar nirht nach, fonder kom⸗ 
men offt wider heim zu hauß, vnd haben fo viel außge⸗ 
richt als nicht. 

6) Die fehft Schell der Botien narren if, lang auff 
der firaffen herumb ziehen vnd fich nicht begeren zu hauß 
zu machen. Es fein etlich Botten alfo geneigt, das wenn 
fie nur das gelt bekommen, fragen fie nicht darnach, wie 
lang fie auff der firaffen ligen. Dife fein dann inen 
ſelbs vnd den fhenigen, die fie außgefchidt Haben, ſched⸗ 
lich. Auch fein folche fahrleffige vnnd loſe kunden hoch 
firaffend wol würdig. 

7) Die fiebendt Schell der Botten narren if, die Bot⸗ 
ten nicht freundtlich, fonder vnfreundtlich vnnd mit böfen, 
worten empfahen. &s fein etliche alſo onfreundilich ges 
gen den Botten, das fle nicht recht mit fhnen reden mo» 
gen, fonder laſſen fie flehn wie ein andern Götzen, gleich 
als wenn fie feine DMenfchen weren. Diefe fo foldes 
thun, fündigen pefftig, dann es if ein feber Menſch des 


666 


andern wehrt, auch mag dem frembven nichts lieblichers 
‚widerfaßren, weder wenn man ihn In frembden Landen 
freundtlich vnd Tieblich empfapet. Diß fein alſo kürtzlich 
die fieben Schellen, barauß man bie Botten Rarren fol 
fehrnen erkennen. 


Der LXXXI. Narr. 


Die kommen Kcher, Koh, Ehalten, 
AU die des Hanfes forg than walten, 
Die redlich in dem Schiff than falten. 


Bon Koh vnd Keller. 


Ein Bdttlin erſt vor und Hinlieff, 

Fragen thet nach dem Narrenfchiff, 
Dem gaben wir verfalßen fuppen, 

Das er dem Blefchlin wol möcht Tuppen, 
Im mas zu lauffen alfo goch, 

Das Fleſchlin er on traumren zoch, 
Mir wolten im brieff geben han, 

Wolt er doch nicht fo lang ſtill flahn, 
Vnd kommen wir die Stroß hie fehlecht, 

Keller und Koch, Magd, Ehalt, Knecht, 
Welch mit der Kuchen feind behafft, 

Mir tragen all auff nach kundſchafft, 
Darauß Fein traumren vns beſteht, 

Aug vnferem Sedel e8 nicht geht, 
Vorauß wenn vnſer Herrſchafft nicht 

Zu Hauß iſt vnd es niemand ſicht, 
So ſchlemmen wir vnd tabernieren, 

Frembde praſſer wir mit vns heimführen, 
Vnd geben da gar manchen ſtoß 

Der Kannen, Krauſſen, Fleſchen groß, 


866. 


667 


Wenn nachts die Herrſchafft fchlaffen gaht 

Vnd Nigel, Thor befchloflen hat, 
Da trinden wir denn nicht des böften, 

Wir laſſen aus dem Faß dem gröften, 
Vnd mag man ed nicht mol anfpüren, 

And beth wir denn einander führen, 
Noch thun wir vor zwen Soden an, 

Das vns die Herrfchafft nicht Hör gan, 
Vnd ob man fchon hört etwas Frachen, 

Man wendt, die Katzen thun das machen, 
Vnd wenn ein Hein zeit vmbher gat, 

So went der Herr, das er noch hat 
In ſeim Feßlein guten trund, - 

So macht ver Zapff ven glund glund glund, 
Das ift ein zeichen darzu daß, 

Gar wenig tft mehr in dem Faß, 
Auff das wir darauff fleifftg achten, 

Wie wir zurichten viel der Trachten, 
Damit den gluft und Magen reigen 

Mit kochen, ſieden, broten, ſchweitzen, 
Mit röften, baden, Pfefferbrey, 

Bol Zuder, Würk und Specerey, 
Geben wir eim ein Orymel, 

Vnd bey der Steigen leid gewell, 
Oder muß das von jm purgiern 

Mit Syropen vnd mit Kriftiern, 
Auch achten wir gang nütz zumol, 

Wenn wir auch werben dabey vol, 
Vnſer felbft wir nicht vergeflen, 

Das beft wir ab dem hafen eflen, 
Wenn ob wir hungers flurben fchon, 

Man fpredh, es wer von völ gethon. 
Der Keller fpricht, brat mir ein Wurſt, 


. 


4 





668 


Herr Koch, fo leſch ich dir den Durft, - 
Der Keller ift des Weins verrähter, 

Der Koch ift des Teuffels bräßter, 
Hie thut er gwohnen bey dem Feuwr, 

Was jm dort fommen wirt zu ſteuwr, 
Keller und Köch find jelten Ir, 

Sie tragen auff alld bey ber ſchwer, 

Ind Narrenſchiff fteht aM jr beger, 
Als Iofeph in Egypten kam, 

Der Bürft ver Köch ein zu jm nam, 

Jerufalem gewan Naburfadam. 


Bon Dienſt Marsen, Sofem Gefindt Maren, Ancht 
Narren, Koch Narren, Keller Warren, Ehehalt 
Harren. 


Das ein und achtzigſt Narren Geſchwarm. 


Das ein vnd achtzigſt Narren Geſchwarm iſt, von al⸗ 
lerley Hudelmans geſindt vnnd vntrewen Dienſt Narren. 
Welche man kürtzlich auß fieben Schellen lehrnet erkennen. 

1) Die erſte Schell der Dienſt Narren iſt, das gut 
der Herren laſſen vnder gehn vnnd verderben, entweders 
mit willen oder auß fahrleſfigkeit. Es fein offt die Mägdt 
vnd die Knecht jhrer Herrſchafft alſo vntrew, das ſie die 
beſten ſpeiß verderben, oder Häfen vnd ander geſchier on 
alles dauren vnnd fuͤrſichtigkeit, eins hienauß, das ander 
dorth nauß werffen vnd zerbrechen, ſolche ſein dann heim⸗ 
liche vnd verderbliche Dieb, die ire Herrſchafft durch hin⸗ 
derliſt begeren zu uerderben. 

2) Die ander Schell der Dienſt Narren if, heimliche 
Bafterey Halten, durch heimlich abtragen onnd flelen ver 
ſpeiß, Eyer, Sleifh, Wein vnnd andere ding mehr. Es 
fein etliche auff das ſchlecken alfo geneigt, das, wenn ſie 
fhon fonft ihr haut voll haben zu frefien vnnd zu faufe 
fen, laſſen fie fih doch nicht darann vernügen, ſonder 
tragen heimlich gang Häfen voll Wein ab, vnd flellen fie 


668 


vonder bas Beih, damit fie des nachts mögen bufen. Auch 
legen fie des nachts ſocken an vnd fihmieren die thür mit 
öl, damit man fie nicht höre gehn. Diefe fein rechte 
Hauß Dieb ond ſchleckerhaffte Kapen. 

3) Die dritt Schell der vntrewen Dienſt Narren iſt, 
ander lent mit jm heimlich zu Hauß führen. Es haben 
etliche darann nicht vernügen, das fie heimlich abtragen, 
oder freſſen vnd ſauffen, ſonder fie führen auch noch an⸗ 
dere mit jhnen heim, damit fie defter fröficher können fein, 
vnnd verbirgt mande Magdt ihren aller Liebften Bulen 
onder dem Beth, damit fie des nachts ein ſchlaff trund 
mögen mit einander zeren. Aber es nemmen folche ſchlaff⸗ 
tründ offtermals ein böß endt. 

4) Die vierdt Schell der vntrewen Dienfl Narren ifl, 
das befi ab dem Hafen freffen, oder pas Fleifch frefien 
onnd die fuppen auff den Zifch flellen. Wenn man alfo 
heimlich gafterey hat vnd collatz, laſſen fie ſich nicht da⸗ 

rann vernfigen, das fie dem Herren Wein vnd Brot heim: 
"ri ſtelen, ſonder fle verſchlecken auch die Gaſtbißle, fo 
ihr Herrfchafft auffgehalten hat zu fonderlichen ehren, vnd 
wenn fie nachmals vermeinen, fle haben ſolche Gaſtbißle 
noch im Hauß, fo ift ed von der Kapen mit zweyen beie 
nen gefrefien vnd verfchledet. 

5) Die fünfft Schell der vntrewen Dienfl narren ift, 
mehr kauften vnd fochen, dann von nöthen oder man bes. 
fohlen hat. Es Haben die Mägdt offt den brauch, das fie 
nicht allein kauffen, was der Herr vnd die Bram gern 
iffet, fonder fie kauffen auch ein, was ihnen frhmedet, vnd 
rechnen offt ein ding noch zweymal fo thewer, weder fie 
es erfaufft haben. 

6) Die fehft Schell der ontrewen Dienft narren ift, ſich mit 
einander im Hauß vereinbaren vnd ein pact maden. Es 
ſtehet deſſen Haußhaltung nicht faft wol, wenn fih ter 
Koch vnd der Keller wider fren Herren vereinbarene Dann 
e8 gibt der Koch dem Keller ein Wurf, hergegen löfchet 
der Keller dem Koch den durſt. Welches doch als auß 
des Herren Keller und Kuchen kompt. 

7) Die fiebendt Schell der vntrewen Dienft narren if, 
fpeiß vnnd trand heimlich auß dem Hauß tragen. Diß 





670 


it ein grofle vntrew, fa wol ein’ Diebftal, entweders feis 
nen Freunden vnd Gefellen, oder andern Huren fäden 
folches abgetragen gut zu Hauß bringen. Sole weren 
würdig, das man fle offentlih firaffet vnnd vor jeder 
mann zu frhanden machet. Diefes fein alfo inn einer kurs 
gen fumm die Schellen onnd lafter, darauß man die ons 
trewen Dienft narren fol lehrnen erkennen. Welcher fols 
cher vntrew vnd heimliche practid all wolt befchreiben, 
der köndte wol ein gank Buch von inen madhen, wir 
aber mwöllen es hiebey laſſen bleiben vnd alfo kürtzlich 
angedeiget haben, worauß man fie fürnemlich fol Ichrnen 
estennen. 


Der LXXXI. Rarr. 


Ih bett vergeffen noch in mir, 
Das ich nicht noch ein Schiff einführt, 
Da ich der Bauwren Narrheit rür. 


Von Bäuwriſchem auffgang 


Die Bauwren einfalt etwann warn 

Neuwlich in kurtz vergangen jarn, 
Gerechtigkeit was bey den Bauwrn, 

Da ſie floh auß den Stett vnd mawrn, 
Wolt ſie in firdern Hüttlin fein, 

Eh denn die Baumwren trunden Wein, 
Denn fie auch jeßt mol mögen bulden, 

Sie ftedten fi in große ſchulden, 
Miemol in Korn und Wein gilt vll, 

Nemmen fte doch auff borg vnd ziel, 
Vnd wend bezalen nicht bey - zeiten, 

Dan muß fe bannen und verleuten, 
In ſchmeckt der Zwilch nicht wol als ch, 

Die Bawren wend Fein Gippen meh, 


-- — — — — 


671 


Es muß ſein Lündiſch vnd Mechelſch kleid, 
Vnd gantz zerhacket vnd geſpreit, 
Mit aller farb wild vberwild, 
Vnd auff dem Ermel ein Gauchsbild, 
Das Stattuolck jetzt von Bawren lehrt, 
Wie es in boßheit werd gemehrt, 
AUT bſchiß jebt von den Bawren kumpt, 
AU tag haben fie ein newen fund, 
Kein einfalt ift mehr in der Welt, 
Die Bawren ſtecken gank voll gelt, 
Korn vnd Wein Haltens hinder fich, 
Vnd anders, dad fie werden reich, 
Vnd machen felber in ein Theuwr, 
Big daß der donner fompt mit Feuwr, 
So wirt verbrennt denn Korn vnd ſcheuwr. 
Depgleich bei onfern zeiten auch 
Iſt auffgeftanden mancher Gauch. 
Der vor ein Burgerfauffmann was, 
Wil Edel fein und Nitterögnoß, 
Der Edelman bgert fein ein Frey, 
Der Graff, pad er gefürftet fey, 
Der Fürft die Kron des Königs" gert, 
Vil werden Ritter, die Fein Schwert 
Thun brauchen für die Gerechtigkeit, 
Vnd Bauwren tragen Seiden Tleid, 
Vnd Gulden Ketten an vem Leib, 
88 kompt daher ein Burger Weib 
Vil ſtoͤlßer denn ein Greffin thut, 
Wo jeht gelt if da ift hochmut, 
Was ein Ganß von der andern ſicht, 
Darauff ohn vnderlaß fle dicht, 
Solchs muß man han, es thut funft weh, 
Der Adel hat Tein vortheil meh, . 


672 


Man find eind Handiwerds Mannes Weib, 
Die befier wert tregt an dem leib, 
Bon Rod, Ring, Mentel, Borten fchmal, 
Welch fie im hauß bat vberal, 
Damit verbirbt manch Biderman, 
Der mit feim Weib muß Bettlen gan, 
- Im Winter trinden auß eim Krug, 
Das er feim Weib mög thun genug, 
Wenn fie heut alle, das fle glangt, 
Gar bald es vor dem Keuffer hangt, 
Wer Frawen gluft wil hengen noch, 
Den frewrt gar did, fo er ſpricht ſchoch, 
In allen Landen ift groß ſchand, 
Keinen benügt mehr mit feim Stand, 
Niemands denckt, wer die forbern woren, 
Des ift die welt jebt gank vol thoren, 
So Ih das warlich fagen mag, . 
Der dreyfbig ber muß in ben Sad. 


Bon der Bawren Hoffart, oder non Ehrgeik War- 
ren, Steig Warren, auffgehnd Marten, Hochfahrt- 
Ä Warren. 


Das zwey und ahkigft Rurren Geſchwarm. 


Das zwey vnnd achtzigſt Narren Geſchwarm iſt, von 
den Steig Narren. Dann es ſteht ieh alfo auff difer 
Welt, das fih niemand laſſen an feinem Standt vnd 
Würden, fo ihm von Gott gegeben ift, benügen, fonder 
es begert ein jeder Höher zu fleigen. Der Bawrsmann 
will ein Burger fein, der Burger ein Edelmann, ber 
Edelmann ein Freyherr, der Frepherr ein Graffe, der 
Graff ein Fürft, der Fürft ein Hertzog, der Herbog ein 
König, vnd alfo fort anfin. Alfo iſt es auch vnder ben 
Geiſtlichen, da begeret je einer höher zu fleigen weder der 





673 


ander. Dife fleig oder Eprgeiß Narren fol man Fürklich 
anf den nachuolgenden Schellen lehrnen erkennen. 

1) Die erft Schell der Steig Rarren iſt, durch eines 
andern Hilf vnd gunft aufffleigen vnnd zu hohen ehren 
Iommen , diefe Narren fein gleich dee Ephöw, welches 
für ich felbs nicht mag in die höhe auffwachfen, wo es 
nit an einer mauren oder baum wachßt, daran «8 auffe 
ſteigt, alfo fein auch ſolche Narren, die mögen für fi 
felbs zu keinen hohen ehren vnd würden fommen, wo fie 
nicht gute gönner vnnd mitgehilffen haben, die ihnen fort 
heiffen. Aber ſolche Steig Narren fein offtermals jnen 
vnd denen, fo fie zu difen würden gebracht haben, gan 
ſchedlich: Nemlich wann fie irem ampt vnd befelh Durch 
jr vnerfahrenheit nicht mögen nachkommen. Auch fleigen 
offt ſolche Narren höher hinauff, weder die, ſo ſie gefür⸗ 
dert haben, vnd werden nachmals den andern hefftig vber⸗ 
leſtlich. 

2) Die ander Schell der Steig Narren iſt, aufffleigen 
ond hohem ampt nachtrachten von wegen rachgierigkeit. 
Es fein eilich, die begeren fih an fren wiberfächern zu 
rechnen, vnd wann fie folches .niht mögen zu wegen 
bringen, traten fie darnach, wie fie zu hohem gewalt 
mögen kommen, damit fie fih an ihren widerſächern mös 
gen rechnen. 

3) Die dritte Schell der Ehrgeitz Narren if, durch neid 
vnd haſſz aufffieigen ond den ehren nachſtellen. Dife Rars 
ren fein gleich einem Büchbaum, der hat die arht an jm, 
das er kein fraut vonder jm in die Höhe Laffet wachfen, 
fonvder fo bald ſich eins herfür macht vnd begert in bie 
höhe zu wachſen, erſteckt ers mit feinem fchatten und wacht 
ex immer forht in die höhe auff, vnnd je höher er auff⸗ 
ſteigt vnd wechßt, je breiter er ſein äſt außſpreitet, damit 
er ein groffen ſchatten vnter jm made. Wann er aber 
gantz hoch gewächßt, fo kompt der wind vnd reißt fn zu 
boden: Alfo thun die neidigen ond mißgünftigen au, 
vie fleigen immer in die höhe auff, vnd wann fie einen 
feben, der auch begert auff zuſteigen, truden fie in vonder 
ond vergönnen jm ſolches. Zruden als bald in mit jrem 
fehatten des fälfcplichen verliegens vnd ann böfen vnnd 

1. 


” 
% 


| 


674 


ffligen ſtucken ernider. Aber folhes bleibt jnen ſtehn 
iß auff fein zeit, da kompt dann ber tobt vnd wirfft fie 
hernider inn die ewige verdamnuß. 

4) Die vierdt Schell der Steig Narren if, aufffleigen 
von Gelis vnnd guts wegen. Dife fein gleich den Rifen, 
von melden man liſet, das fie groffe Berg zu, fammen 
haben gehauffet, darauf den Gott Jupiter im Himmel zu 
friegen, aber fie fein von dem Bimlifchen fewr berniter 
geflürgt worden. Alfo fein auch folche Narren, die bawen 
ein hauß auff das ander, damit fie hoch gefehen vnnd de 
fer ehe zu hohen ämptern gebraucht werden. Aber fie 
werben von dem Stralhernider gefchlagen vnd zugrumd gehn. 

5) Die fünfft Schell der Steig Narren if, durch gleib- 
nerey aufffeigen. Dife Narren fein gleich einem Weien, 
oder Geyr, derfelbig hat die art an im, wann er in bie 
höhe fleugt, fchreiet er, pfy, pfy, pfy, ſtellet ſich gleich als 
warn Er nirgendt auff achtung hette, fo bald er aber ein 
tod aaß ſihet, fcheuffet er mit vollem flug herab auff daf- 
felbig vnnd füllet fih da: alfo thun auch ſolche gleiß 
Narren, warn fie etwann einen fehen, der vol vnnd thol 
iR, ſtellen fie fich, gleich ale wann fie ein groß abfchewen 
darob heiten vnnd fprechen: Pfy, Pfy, Piy, das Tan ein 
volle Mor oder Sam fein: fo bald fie aber gelegenpeit 
haben, vnd fie jres fugs ſehen, fallen fie mit hend vn» 
füffen darein vnnd fauffen füh fo vol, das fie weber ge: 
den noch ſtehn können. Es fleugt auch der Geyr vmb 
feiner andern vrſach alfo hoch in bie lüfft, weder allein 
das er befehe, wo die Rindende aaß Ligen, alfo Reigen 
folcde heüchler auch vmb Feiner andern vrfach in die hoͤhe, 
weder allein, das fie jren wolluſt mögen büffen, vnd fie 
für groffe Herren werben gehalten. 

6) Die ſechſt Schell IR, durch groſſe müh vnnd lang» 
wirige arbeit auff pin fleigen, aber doch nicht mögen ver: 
barren. Dife Narren fein gleich der Schneden,, die kroch 
neun Jar, biß fie den Bauwm hinauff fam, vmnd da fie 
auff den Bam kam, fiel fie wider herab, da ſprach fie, 
eylen thet nie Fein gut. Alſo fein auch ſolche Narren, 
wenn man fie mit groffer mühe, angſt vnnd noth dahin 
bringt, das fie Buß thun, fallen fie vonn flundan wider 
vmdb vnd werden Ärger weder vorhin. 


675 


D Die ſiebendt Schell der Steig narren iſt, durch be⸗ 
trug vnd Lift zu hohen Epren fommen. Es fein etliche, 
die kommen alfo vonuerwarneter fach zu hohen ehren, das 
man ſich darob offt vermundern muß. Diefe fein gleich 
einer Schlangen , die verborgen fit auff einem Selfen, 
deren weg man doch nicht fiehet, wie fie auff den Bellen 
fommen fey: alfo fein auch folhe Steig narren, die ſich 
ohn verwarneter fach zu hohen ehren erheben. Diß fey 
bie Furblich gefagt von den Ehrgeipigen oder Steig Narren. 


Der LXXXIU. Narr. 


DIE Rarren frewt nichts in ver Welt, 
Es fey denn, das er fhmed nad Belt, 
Sie ghören auf ind Narren felt. 


Bon veradbtung des Armuts. 


Gelt Narren find auch vberal, 
So viel, das man nicht find jr zal, 
Die Lieber haben Gelt venn Chr, 
Nach Armut fragt jeht niemand mehr, 
Gar kaum auff Erd jegt fommen auf, 
Die Tugent habn fonft nichts im Hauß, 
Man thut Weißheit kein Ehr mehr an, 
Ehrbarkeit muß ferr da hinden flahn, 
Vnd kompt gar kaum auff grünen zweig, 
Man wil jetzt, das man jr geſchweig, 
Vnd wer auff Reichthumb ſleiſſet ſich, 
Vnd lugt auch, das er bald werd reich, 
Vnd acht Fein Sund, Mord, Wucher, ſchand, 
Deßgleich verrehterey der Land, 
Welches jetzt gemein iſt auff der Welt, 
AM boßheit findt man jetzt vmb Gelt, 


- 


676 


Gerechtigkeit vmb Gelt ift fehl, 

Durch Gelt kem mancher an ein ſeyl, 
Wenn er mit Gelt ſich nicht abkaufft, 

Vmb gelt viel fünd bleibt vngeſtrafft, 
Vnd ſagt dir Teutſch, wie ich das mein, 

Man henckt die kleinen Dieb allein, 
Ein brem nicht in dem Spinweb klebt, 

Die kleinen Mücklin es behebt, 
Achab ließ nicht benügen fich 

Mit feinem ganten Königreidh, 
Er wolt auch Naboths Garten han, 

Vnd flarb on Recht der arm fromm Dann, 
Allein der arm muß in ven fad, 

Was Belt gibt, das hat guten gichmad, 
Armut die ift jebt gantz vnwehrt, 

Was etwann lieb und hoch auff Erb, 
Vnd was genem der gülden Welt, 

Da was niemands' der achtet Belt, 
Oder der etwas hat allein, 

AU ding die waren da gemein, 
Vnd lieg man des benügen fich, 

Mas one arbeit dad Erdtrich 
Vnd die natur on forgen trug, 

Nah dem man brauchen warb den Pflug, 
Da fing man an auch geikig fein, 

Da flund auch auff, wer mein das bein, 
AU Tugent waren noch auff Erd, 

Da man nichts denn zimlichs begert, 
Armut die ift ein gab von Bott, 

Miewol fle jetzt ift ver Welt fpoit, 
Das ſchafft allein, das niemands ift, 

Der gevend das Armut nicht gebrift, 
Vnd das der nichtd verlieren mag, 


677 


Der .vor nichts bat in feinem fad, 
Vnd das leicht mag ſchwimmen welt, 
Wer nadet ift und an bat neut, 
Ein Armer fingt frey durch den Wald, 
Dem Armen felten was empyfalt, 
Solche fregheit bat ein armer Mann, 

Das man in boch leſt bettlen gahn, 

Ob man in fchon ſicht vbel an, 
Vnd ob man jhm gar nichtes geit, 

So bat er doch deſt minder neut, 
Bey armut findt man beffern Naht, 

Denn Reichthumb je gegeben hat, 
Das meifet Quintus Curius, 

Vnd der berümpt Fabricius, 
Der nicht wolt haben gut noch Gelt, 

Sonder ehre, tugent erwehlt, 
Armut hat geben Fundament, 

Vnd anfang allem Regiment, 
Armut hat gebauwet alle Stett, 

All Kunſt Armut erfunden hett, 
Alls vbels Armut iſt wol an, 

All Ehr auß Armut mag erſtan, 
Bey allen Voͤlkern auff der Erd 

Iſt armut lang zeit geweſen wehrt, 
Vorauß die Griechen dardurch hand 

Viel Stett bezwungen, Leut vnd Land, 
Ariſtides war arm, gerecht, 

Epaminundas ſtreng vnd ſchlecht, 
Homerus war arm vnd gelehrt, 

In weißheit Socrates geehrt, 
Phocyon in milt obertrifft, 

Das lob hat Armut in der Gſchrifft, 
Was nicht auff Erd je was ſo groß, 


678 


Das nicht von erft auß armut flog, 
Das Romiſch Reich vnd fein hoher nam, 
Anfenklih auß armut ber Tam, 
Denn merkt vnd gedenckt darbey, 
Das Rom von Hirten gbauwet ſey, 
Von armut Bauwren lang regiert, 
Darnach durch Reichthumb gang verfürt, 
Der mag wol mercken, das armut, 
Rom baß hat gthan denn groſſes gut, 
Wer Creſus arm vnd weiß geſein, 
Er hett behalten wol das ſein, 
Da man fragt Solon vmb beſcheid, 
Ob er hett rechte ſeligkeit, 
Denn er was mechtig reich vnd werht, 
Sprach Solon, man ſolt hie auff Erd 
Kein heiſſen ſelig vor ſeim tod, 
Man weiß nicht, was hernacher goht, 
Wer meint, das er feſt ſteht noch heut, 
Der weiß doch nicht die künfftig zeit, 
Der Herr fprach, euch fey web vnd leid, 
Ir Reichen Habt hie euwer freub, 
Ergeplichkeit in eumwerm gut, 
Selig der Arm mit freyem mut, 
Wer famlet gut durch liegens Trafft, 
Der ift unnüg vnnd gank zaghafft, 
Vnd macht fich feift mit feim unglüd, 
Das er erwürgt am todes firid, - 
Wer einem Armen vnrecht thut, 
Vnd damit hauffen wil fein gut, 
Der findt ein reichern dem er gibt, 
Sein gut fo er in armut bleibt, 
Nicht richt dein Augen auff das gut, 
Das allzeit von bir fliehen thut, 


679 


Denn es gleich wie der Adler gwinnt 
Federn, und fleugt bald durch den Wint, 
Wer gut auff Erben reich hie fein, 

Chriſtus mer nicht der ermſt gefein, 
Wer fpricht, das im fonft nicht gebreft, 

Denn on Pfennig fey fein Teich, 
Derfelb ift aller Weißheit an, 

Im gbriſt mehr denn er fagen fan, 
Vnd vorauß das er nicht erkennt, 

Daß er ſey ermer, denn er went. 


Yen Gelt Narren, sder Reich Warren, oder Ver- 
acht Warren, 


Das drey vnd achtzigſt Narren Geſchwarm. 


Das drey vnnd ans Rarren Geſchwarm ift, von 
Gelt narren oder von Reich Narren. Bon diefen Gelt 
narren oder Veracht Narren der Armut haben wir aud 
droben gefagt im dritten vnd fiebendgehenden Narren Ge: 
ſchwarm, darumb acht ich hie nicht von nöthen zu fein, 
ſolches widerumb weitleüffig zu erfieren. Wiewol man des 
guten nicht zu viel fan thun, vnd ift auch ſolches Narren 
geihwarm nicht on vrfach hie widerumb gefeßt. Aber 
dieweil die Reimen hie vornen etwas weitleüffigers fol« 
cher Narren natur und art anrüren, wöllen wir hie de: 
ſter türber fein. Doch fol man fie fürnemlich auß zwo 
Schellen lehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell der Gelt Narren iſt, die Reichen 
Kautzen, vnd die Reichthumb allein hoch halten vnd lie⸗ 
ben. Es ſein etliche, die halten mehr auff Reichthumb, 
gelt vnd gut, weder auff ehren, würden, ehrbarkeit vnd 
Gottsforcht. In ſumma, ſie begehen alle ſchandt vnd la⸗ 
ſter, allein damit fie gelt vnd gut bekommen, vnd dörff⸗ 
ten ſolche der Saw in ars (mit vrlaub zu reden) ſchlief⸗ 
fen von wegen des ſchmers. Ja fie nemmen get wand 
fHinden ein Efel, wann er ſchon drey tag wer tobt ge 


680 


weten. Es iſt bey ſolchen Gettzhälſen und Gelt narren 
mehr get werer Bolt. In ſumma, fie halten Die Reiche 
thumb gank für fren Gott ond feßen all it vertrawen 
darauff. Aber es wirt fie warlich gerewen. 

2) Die ander Schell der Gelt Narren if, die armen 
verachten, die Reichen aber dargegen für hoch halten vnud 
ihnen alle reueren$ vnnd ehrerbietung erzeigen. Dann 
ed werben deren fehr vil gefunden, die halten die armen 
alfo ſchnöd vnnd verachtlidh, das wann fie für einen gehe, 
fpewen fie ober ihn. Pfuy der groffen (hand vnnd vber⸗ 
muts, meinefl du, das du etwas beffer onnd höher ges 
fhoren feieft, weder der arm? Nein fürwar, der arm if 
an einem glied beffer vnd frömmer gegen Gott, weber 
du an beim gantzen leib biſt, noch werben wirf. Daher 
fagt die fhrifft: wer einen armen verachtet vnd verhönet, 
der verachtet Ehriftum den Herren felbs. Derhalben wöl⸗ 
Ien fich ſolche Gelt Narren hüten, damit fie die armen 
nicht geringer vnd ſchnöder halten, weder etwann ein 
Reihen hanſen. Diß wöllen wir hie kurtzlich angezeigt 
haben, als zu einer verwarnung; welder aber weiters 
begert non. der Gelt Narren vnd veracht Narren art vnd 
fitten zu wiffen, der Iefe das drit und fiebenzehendt Nar⸗ 
sen aa , da wirt er ein groflen hauffen finden 
rer lafter. 


— me —- 


Der LXXXIV. Rarr. 


Biel greiffen den Pflug an gar reſch, 
Bud enden vbel doc zu Leif, 
Das thut, der Bau der bleibt im Ne. 





Bon bebarren in gutem. 


Biel Iegen die Hand an den Pflug, 
Vnd find von, erft inbränftig gnug 

Zu weißheit vnd zu gutem werd, 
Steigend doch nit wol auff ven berg, 





Ser. 


4 





681 


Der fie führ zu dem Himmelreich, 
Sonder feben ſie hinder feich, 
Vnd gfellt in wol Egypten Iand, 
Da fie ir Fleiſchhaͤfen glaflen Hank, 
Vnd lauffen zu den fünden groß, 
Gleich wie der Hund zu feinem of, 
Was er jeht offtmal geflen Hat, 
Die hand fürwar ein forglich flat, 
Gar kaum ein wund wider genißt, 
Die mehr denn eind auffbrochen if. 
Wenn fich der ſiech nicht Heltet recht, 
Das widerumb fein Kranckheit fchlecht, 
So ift faft forglih, dad er mag 
Genefen nicht in langem tag, 
Vil weger wer nicht fahen an, 
Wenn nach dem anfıng doch abflahn, 
Bott fpricht, ich wolt du hettſt geftalt, 
Dad du werft warm oder gang kalt, 
Aber dieweil du lauw wilt fein, 
Da vnwilft du ber Seelen mein, 
Ob ein doch vil gute Hab gthon, 
So würd jm doch nicht der recht lohn, 
Wenn ex nicht bharret in das end, 
Aug grofiem vbel Fam behend, 
Vnd ward erlößt die Haußfrauw Loht, 
Aber da fie nicht hielt das gbott, 
Vnd widerumb fah Hinder fich, 
Bleib fie denn flehn gank wunderlich, 
Ein Narr laufft wider zu feiner Schelln, 
Blei wie ein Hund zu feiner Belln. 


r— u 


682 


Yon Fall sder Strand) Marten. 


Das vier vnd achtzigſt Narren Gefhwarm. 


Das vier vnnd achtzigſt Narren Gefchwarm if, von Fall 
Rarren, nemlich von dilen, fo in einem guten fürnemmen 
fein, aber wider hinderſich zu rud fallen vnnd fündigen. 
Bon difen Narren haben wir broben im neun vnd breif 
figftien Narren Geſchwarm weitleuffig geredt, darumb wöl⸗ 
Ien wir hie etwas deſter kurtzer fein. Jedoch foll man fie 
lehrnen vnderſcheiden auß fünff Rarren Schellen. 

1) Die erſt Schell der Fall Narren iſt, in der Kindts 
beit wider hinderſich zurud fallen vnd ſich dem Teuffel 
ergeben. In fünden vnd ſchandt werden wir geboren, 
aber durch das Bad der widergeburt, das ift durch ven 
Zauff werden wir von allem madel vnnd fünden gerei⸗ 
nigt vnnd in den Himmel erhebt. Aber leider, Gott er: 
barms, man findt vil, die fallen gleich in jrer Kindtheit 
wider zuruck und ergeben fich dem leidigen Teuffel. Nem⸗ 
lich die, fo durch frer Eltern faprleffigfeit verhindert, oder 
durch fie felbs zu aller ſchandt vnnd laftern angereißt 
werden. Darumb werden dann die Eitern am Jüngſten 
tag rechenfchafft geben müffen, onnd wird das vnſchuldig 
blut, fo durch fie verfürt iſt worden, raach ober fie fihreien. 

2) Die ander Schell der Fall Narren if, in dem al« 
ter erft wider hinderſich zu rud fallen und ſich den ſün⸗ 
den ergeben. Es fein etlih, die führen in jrer jugend 
ein vnſtrefflich vnnd erbares leben, wann fie aber auff 
ihr geflanden alter kommen, fahen fie an, ergeben fich erft 
ben ſünden vnd verharren alfo darinn biß Inn den tob. 
Dife fein fürwar gang fcherlih Narren. 

3) Die drit Schell der Fall Narren iſt, in feinem Tetfl- 
ten end abfallen vnd fich den fünden ergeben. O wie 
graufam vnd erfihroden ding ift folches, am lebten end, 
wann leib vnnd feel von einander fcheibet, fich erſt wider 
der fünd ergeben? Dann diß if die gröfle vnnd fiheb- 
lichſte gefahr, darein fih der menſch begibt, dann nad 
diſem leben if kein buß mehr zu thun, vnd iſt fein Hoffe 
nung mehr vorhanden , das er wider vmbkere vnnd Gott 
lehrne erkennen. Derhalben fol fih ein jeder menſch für⸗ 


683 


fehen ond Gott allzeit bitten, das er ihm ein befiendig 
end wölle verleihen, dann wo das end nicht gut if, fo 
ine alles verloren ond verberbt, was wir hie gehandelt 
baben.. " 

4) Die vierdt Schell der Fall Narren iſt, fälſchlich vnd 
durch gleißnerey wider binverfih zurud fallen. Es fein 
etlich, die Rlellen fih, als wann fie die aller frömbſten 
onnd Gottsförchtigften weren, flrnemlich inn der Oeſter⸗ 
dichen zeit, da beichten fie vnd gehn zum Nachtmal des 
Herren vnd fielen fi, gleich als wann fie Gott bie füß 
wolten abbeiffen mit jrer heiligkeit, welches fle doch alles 
thun allein von wegen fcheins vnd euflerlichem glanh. 
Sobald aber die Oſtern fürüber tft, fahen fie wider an 
mit dem Judenſpieß zu flechen vnd rennen andern Weltli« 
den dingen nah, das fie feumerlih nachmals daflelbig 
Zar mehr in ein Kirchen kommen. Deren Ofter Ehriften 
findt man an allen orten fehr vil. 

5) Die fünfft Schell der Fall Narren iſt, täglich Hin- 
derfih zurud fallen, welches auff vierlep weiß gefchicht: 
nemlich in flehn, fallen, wider auffſtehn oder gar bleiben 
Ligen ond fi nicht wider auffrichten. Das erft flud ges 
hört einem Engel, das ander dem Menfchen, das dritt 
dem Teuffel. Welcher nun allzeit ſteht vnnd nicht felt, 
der if für ein Engel zu halten. Welcher aber felt vnnd 
wider aufffleht, der iſt ein menſch. Welcher aber gar nicht 
wider aufffleht, fonder bleibt in den fünden ligen, ber iſt 
ein Zeuffel, dann er fahret dem Teuffel Inn den Rachen, 
dieweil er fich nicht zu Gott wit beferen. Diß fein alfo 
kürtzlich die Schellen, darauß man die Fall Rarren fol 
lehrnen erkennen. 


— — — — 


Der LXXXV. Narr. 


Mag Adel, But, Sterck, Ingents zier 
Han fried vnd ruh, O tod vor bir, 
Us daß das leben je gewan, 

Bud födlich If, das muß daran. 


684 


. Nicht fürfehen den tob. 
Wir werden birogen lieben Herrn, 
- AM die auff erven leben gern, 
Das wir fürfehen nicht bey zeit 
Den tobt der vnſer Doch ſchont neut, 
Wir wiſſen e8, und ift wol kund, 
Das vns gefeßet iſt die flund, 
Dad wiffen nicht wo, wenn vnd wie, 
Der Tod der Tieß nie Teinen bie, 
Wir fterben all vnd flieflen Hin, 
Dem wafler gleich zur erden ein, 
Darumb find wir groß Narrecht Thoren, 
Welchs wir nicht goenden in vil Ioren, 
Die und Gott darumb eben Iot, 
Dad wir vns rüften zu dem tob, 
Vnd Ichrnen das wir müſſen Tünnen, 
Vnd mögen in Fein weg entrünnen, 
Der Weinkauff ift getrunden ſchon, 
- Wir mögen nicht dem Tauff abflohn, 
Die erfte fund die letſt auch bracht, 
Vnd der ben erften bat gemacht, 
Der wußt auch wie der letft würd flerhen, 
Aber die Narrheit thut vns ferben, 
Das wir gedenden nicht daran, 
Das und der tobt nicht hie wirt lan, 
Vnd vnſers hüpfchen hars nicht fchonen, 
Noch vnſer grünen Treng vnd fronen, 
Er Heißt warlich Sans acht fein nit, 
Aber welchen er begreifft und ſchütt, 
Er ſey wie ſtarck, ſchoͤn oder jung, 
Den lehrt er gar ein ſaltzam ſprung, 
Welchen ich billich den todſprung heiß, 


Das eim außdringt kelt, grim vnd ſchweiß, 





685 - 


Vnd ſtreckt und Erümpt fich wie ein Wurm, 
Wenn da thut man ven rechten flurm. 
O tod, wie flard iſt bein gemalt, 
Seit du Hinnimpft beid jung und alt, 
O tod, wie bitter ift dein Nam, 
Dem Apel, gwalt und hohem flam, 
Vorauß, dem der fein freud und mut 
Allein ſetzt auff das zeitlich gut, 
Der tod mit gleichem Fuß zerfchütt, 
Der König Säl vnd Hirten Hütt, 
Er acht kein Pomp, gewalt und gut, 
Dem Pabft er wie dem Bauwren thut, 
Darumb ein Thor iſt, wer all tag 
Fleucht dem er nicht enirinnen mag, 
Vnd meint, wenn er fein Schellen fchütt, 
Das in der top darumb ſeh nit, 
Auff folch geding ein jeder harr, 
Biß das er auch von binnen far 
Vnd er erlaubet fen dem tod, 
Wenn von dem Leib die Seel außgoht, 
Mit gleichem gſatz der tod Hinführt 
AUS das das leben je berütt, 
Du ſtirbſt, der Bleibt noch Ienger hie, 
Vnd bleibt die Ing doch Feiner nie, 
Auch taufent Jar erlebten fchon, 
Die müften doch zu letſt auch gohn, 
Es iſt kaum vnib ein Rod zu thun, 
Vnd nach dem Vatter leb der Sun, 
Der vor dem Vatter ſtirbt zu zeit, . 
Wenn man findt auch viel Kelber Heut, 
Je einer fehrt dem andern nadh, 
Wer nicht wol flirbt, der. finpt fein Rach, 
Deßgleich jr Narrheit auch erfcheinen, 


686 


Vnd vmb den todten traumren, meinen, 


Vnd im vergünnen feiner hu, 
Da wir doch all begeren zu, 
Wenn Feiner fehrt zu frü dahin, 
Da ſer muß emwiglichen fein, 
Ja gſchicht gar manchem wol daran, 
Das Gott jm rüfft zeitlich hindan, 
Der tod ift manchen nub gefein, 
Dad er ohn warb trübfal und pein, 
Viel habn ven ton auch felbft begert, 
Der tods viel danck an den bewärt, 
Zu den er Tam, ch man jm ruff, 
Biel gefangen er in freiheit fchuff, 
Piel Hat er auß dem Kerder bracht, 
Den er was emwiglich eracht, 
Das glück tHeilt ungleich gut und eich, 
Aber der tod macht alles gleich, 
Der iſt ein Richter, der gang nit 
Etwas abloß durch jemands bitt, 
Der ift-allein der all ping jont, 
Der ift der nie keim hat gefchont, 
Nie keim gehorfam er je ward, 
Sie muften all auff feine fart, 
Vnd tanken jm nach feinem reyen, 
Bäpft, Keifer, König, Biſchoff, Leyen, 
Der mancher noch nie hat gebacht, 
Das man den Vortantz im bat bracht, 
Dad er muß tanken an dem gzotter, 
Den Weflerwelder und ben trotter, 
Het er ſich vor darzu gerüft, 
Er wer nicht fo flümpffling erwuͤſcht, 
Wenn manch groß Narr ift jet dahin, 
Der forg hat auff die grebnuß fein, 


687 


Bud legt daran fo grofles gut, 

Das ed noch manchen wundren. thut, 
Als Mauſalum das jrem Man 

Arthemeſia bat machen Ian, 
Bud fouil Eoften dran gelelt, 

Mit groffer gzierd vnd reichligfeit, 
Das er ver fieben Wunder eind 

If, die man findt im Erden kreiß, 
Auch greber in Egypten Iand, 

Die man Piramides bat gnannt, 
Vorauß ald Chemnis macht ein Grab, 

Daran er hendt fein Gut vnd Hab, 
Vnd dreimal hundert taufend man, 

Vnd ſechtzig tauſend werckten an, 
Wenn er vmb kraut gab alſo vil, 

Der ander koſt ich ſchweigen wil, 
Kein Fürſten ich ſo Reich jetzt halt, 

Der das allein möcht habn bezalt. 
Deßgleich auch Amafis im macht, 

Wie Khodope hat eins vollbracht, 
Das was ein groß Thorheit der Welt, 

Das man legt ein fo medhtig Gelt 
An Greber, da man wirffet hin j 

Den Eſchſack und Die Schelmenbein, 
Vnd gab fo großen koſten auf, 

Das man den Würmen macht ein hauß, 
Vnd durch der Seelen willen neut 

Thut, die doch leben muß allzeit, 
Die Seel hilfft nicht ein koſtlich Grab, 

Oper dad man groß Marmal hab, 
Vnd man aufffengt Schilt, Helm, Baner groß, 

Hie leit ein Herr, iſt woppens gnoß, 
Hauwet man jm denn einen Stein, 


+ 


| 


688 


Der recht Schilt ift ein Todten bein, 
Daran Würm, Schlangen, Krotten nagen, 
Das Woppen Keifer, Bauwren tragen, 
Vnd mer hie zeucht ein felßten wangſt, 
Vnd ſpeißt fein wepner aller Ianaft, 
Da iſt ein fechten, reifen, brechen, 
Die Freund fi vmb das gut erflechen, 
Welcher es gantz bezalen woͤll, 
Die Teuffel ſind gewiß der Seel, 
Vnd thun mit der wüft Triumphieren 
Von eim bad ins ander fuͤhren, 
Von eitel kelt in eitel Hik, 
Wir menſchen leben gang ohn witz, 
Das wir der Seel nicht nemmen war, 
Des leib wir ſorgen immerdar, 
All Erd die iſt geſegnet Gott, 
Wol leit der, der da wol iſt tod, 
Der Himmel manchen todten deckt, 
Der vnder kein Stein ſich ſtreckt, 

Wie kondt er han ein ſchoͤner Grab, 
Denn das Geftirn leucht oben ab. 
Mer wol flirbt, des Grab ift pas hoͤchſt, 

Der Sünder top der iſt ber böfl. 


Von Sodts Narren, oder Sterb Karren. 
Das fünf vnd achtzigſt Narren Gefhwarm. 


Das fünff vnd achtzigſt Narren Gefhwarm if, von 
Sterb ober Todts Narren. Nemlich von denen, fo nicht 
von dem Todt wöllen hören fagen vnd fih nit zu dem 
Todt geſchickt machen. Diefe Narren fol man fürnemlich 
auß vier Schellen lehrnen erkennen. 

1) Die erfi Schell der Todt narren if, nicht wöllen 
betrachten, noch viel minder fi rüften, no etwas hören 


689 


von dem Todt. O wie ein groffe KRarrheit iR doch diß, 
das ſolche Rarren dieſes köſtlich vnd edel Heinot verwerfe 
fen, welches Töftlicher if weder filber, vnd dem fein ſchatz 
auff diefer welt ift zuuergleichen. Dann wir werben dur 
den Zodt auß allem jamer vnnd trübfal erlöft, vnd er⸗ 
langen dardurch ewige freubt vnd frolodung, welche wir 
dur fein Evelgeflein, noch durch fielber vnd goldt mö⸗ 
gen erfauffen. Darumb follen wir den Todt hoch halten, 
gleich als für ein erquidung aller trübfeligteit. . 

2) Die ander Schell der Todt narren if, fih nicht zu 
dem Todt bereiten oder gerüft machen. Es fein etliche, 
die ziehen die Buß von tag zu tag auff, vnd fparen fie 
allezeit auff die letſten band, biß in zu letſt das ziel zu 
fur wirt. Dann es fein etliche, die haben ein foldhen 
brauch, das fie alle tag wöllen anfangen Buß zu thun 
vnnd fih zu dem Todt rüflen, doch haben fie alweg noch 
ein geichefft, das fie erſt wöllen verrichten, onnd wenn fie 
daffelbig haben außgericht, fahen fie wider ein newes an, 
werden alfo durch die forg der zeitlichen nachrung ver⸗ 
hindert , das fie den Todt gang vnnd gar in vergeß flel- 
Ien, vnnd ob fie fon daran gedenden, hengen fie doch 
vermaflen dem zeitlichen vnnd zergenglichen nad, das fie 
ich nicht zu dem Todt rüflen, noch gefchidt machen. Diß 
if fürwar ein groffe thorheit, dz der menfih von wegen 
dee zeitlichen, da ewige vnd immerwerende gut verfaumet 
vnd verwarlofet. 

3) Die dritt Schell if, die abgeflorbnen zu hefftig vnd 
ober die maffen beweinen. Das man die abgeflorbne be 
weinet vnd leidt vber fle tregt, iſt nicht onrecht, aber das 
man gar zu hefftig ond ober die maflen fi von derſel⸗ 
ben wegen befümmere, ift nicht recht geihan, dann wenn 
einer allo Hefftig die abgeflorbnen beflaget, if ſolche Mag 
für nichts anders zu achten, dann das man den abgeſtorb⸗ 
nen die ewige ruh mißgönnet. Wilt du nun nicht darfür 
gehalten werben, als der, fo den abgeftorbnen bie freurt 
mißgönnet , fo beweine fie nicht zu hefftig. 

4) Die vierdf Schell if, groffe forg tragen für die be» 
‚grebnuß, vnnd ein groffen vnzehlichen koſten darann wen. 
ven. Diß if ein fehr groſſe thorheit, Yu einer feinem 

1. 


690 


Rindenden leib ond maden ſack ein fol köſtlich grab zus 
. räftet mit Marmolſtein, bargegen aber fein Seel in ein 
finfter Mäußloch ſtecket vnd vergraben läſt. O du groffer 
Narr, welchs tft am köſtlichſten? Der leib oder die feel? 
Zu welchem theil folle du am meiften forg tragen? Zu 
dem leib oder zu der feel? Run weit du ſelbſt, das pie 
feet köflicher it weder der leid. Darumb wolle du alle 
“zeit zum erſten forg tragen für die feel, dann wenn du 
die feel verforgeft, fo wirt om zweiffel der leib auch wol 
verfehen werden. 


— —— 


Der LXXXVI. Narr. 


Wer meint, Gott wöl jn ſtraffen neut, 
Darumb das er beit lange zeit, 
Den ſchlegt der Donner dick noch heut. 


Bon verahtung Gottes. 


Der ift ein Narr, der Gott veracht 
Vnd wider in ficht tag vnd nacht, 
Vnd meint, er fey den menfchen gleich, 
Das er ſchweig vnd laß faben fich, 

- Denn mandıer ſich darauf verlegt, 

So jm der donner nicht anftößt, 
Sein Hauß fo bald vnd ſchlecht in top, 
Co ex fein boßheit Hat werbrocht, 

Oder nicht ftirbet gebelich, 
Das er nicht mehr dörfit fürchten fich, 
Mann Gott hat fein vergeflen doch, 
Meil er fo fang jar beitet noch, 
Er werd jm darzu lohnen auch, 
So verfünet fi) mancher Gauch, 
Welcher erſt in fein fünden verbarrt, 
Weil im Gott das etlich zeit fpart, 


691 


Meint ex jm greiffen an ben bart, 
Ad 0b er mit jm fchimpfien wolt, 

Vnd Bott vertragen folches folt, 
Hör zu o Thor, werd wihig Narr, 

Verlag dich nicht auff ſolche Haar, 
Es ift warlih ein graufam band, 

Melcher Gott fellet in fein Hand, 
Denn ob er doch lang zeit dein fchont, 

Wirt dir des warten wol gelont, 
Manchen leßt ſünden Gott der Her, 

Das er jn flraffet doch deſt mehr, 
Vnd im bezal dad, und das ein, 

Man fpricht, e8 mach den Sedel rein, 

Mancher der ftirbt in fünden Klein, 
Dem thut Bott ſolche gnad daran, 

Das er in zeitlich nimpt von dann, 
Damit er nicht vil fünd aufflad, 

Vnd gröffer werd ver feeln fchad, 
Gott Hat all rewern zugefeit 

Ablaß vnd fein barmhertzigkeit, 
Keim Sünder er doch je verhieß, 

Das er in fo lang leben ließ, 

Biß er reumt vnd nem befrung an, 
Oder das er reum würd empfahn, 
Gott geb eim did fein gnab noch heut, 
Vnd wil er jm doch geben neut, 

Ezechias von Bott erwarb, 
Das er auff fein gſatzt ziel nicht flach, 
Sonder lebt nach dem fünffgehen jor, 
Balthafar durch fünd ſeim ziel kam vor, 
Die Hand von aller freud jim treib, 
Die Dane, Phared, Thetel fchreib, 
Er was zu leicht an dem Gewicht, 


692 


Darumb ward jm entzuckt fein Tiecht, 
Vnd merdet nicht, das fein Vatter vor 

Durch Gott geftrafft vor manchen jor, 
Zur beflerung und Buß fich Fert, 

Darumb warb er von Bott gehört, 
Das er in Viehs geftalt nicht flarb, 

Durch reuw er gnad vnd ziel erwarb, 
Eim jeden iſt gefeßt fein zeit, 

Vnd zal der fünd darüber neut, 
Darumb zu fünden niemandß ell, 

Mer viel fünd, der iſt bald zum ziel, 
Viel find tod jetzt in biefem jor, 

Hetten jte ſich gebeflert vor, 
Vnd jr ftund glaß vmbkert bey zeit, 

Der fand wer ausgelaufen neut, 

Sie lebten noch on zweiffel heut. 


Yon Gottes veradht Warren. 
Das ſechs und achtzigſt Narren Gefhwarm. 


Das ſechs vnd achtzigſt Narren geſchwarm if, von 
Gotts veracht Narren: Remlich von denen, fo Gott ven 
Herren (von wegen feiner groflen Barmberßigfeit, fo er 
den Menfchen mittheilet) leſtern vnd verachten. Diefe 
Veracht Narren fol man fürnemlich aus vier Schellen 
lehrnen erfennen. 

1) Die erfle Schell der Veracht Rarren iR, fündigen 
ober die Barmhertzigkeit Gottes ohn ein fürfag ber Buß. 
Die if ein ſehr groffe vnd ſchwere fündt, die au von 
Gott niht ongeftrafft wirt hingehn. 

2) Die ander Schell ift, ober die Barmhertzigkeit Got⸗ 
te8 fündigen, mit einem fürfab,, Buß zu thun auff ge 
Iegne zeit vnd ziel. Diefes iſt auch ein groffe fündt, das 
einer Gott ein gewiffe zeit wil fürfchreiben, wenn er Buß 
wolle thun, fo er doch nicht weih, ob ex leb biß auff den 
morgenden tag. 





4 


693 


3) Die dritt Schell der Veracht narren ift, fünpigen 
ober die Barmperpigfeit Gottes, mit einem fürſatz Buß 
zu thun, aber zu vngewiffer zeit. Diß fürnemmen ift 
gantz böß ond ſchedlich. Derhalben wölle fih ein jeder 
menfch darfür hüten, das er fein Buß nicht von tag zu 
tag auffziebe, fürnemlich aber biß zu dem endt feines le⸗ 
bene. Auß ſolchen wirdt fürwar vonder hundert taufent 
nicht einer felig werden. 

4) Die vierdt. Schell der Veracht Narren ift, ober die 
Barmperbigkeit Gottes ſündigen, dieweil er die firaff ver 
fünden lang auffzeucht. O wehe denen, die alfo frefenlich 
ober die Barmperpigfeit Gottes fündigen. Dann meinft 
Du, das er dein vergeffen hab? oder das er dir’ deine 
fündt werde fohenden vnd dich Tang hie leben laſſen? 
Kein fürwar, was er hie thut, das gefchicht entweders 
zu. deinem heil oder zu deinem verberben. Dann das er 
die flraff lang auffzeucht, thut er folches vieleicht darumb, 
pamit du dich beſſereſt, vnd nicht in deinen ſünden ſter⸗ 
beft vnnd dem Zeuffel heimfahrefi, oder das deine fünpt 
defter mehr werden, onnd du nachmals in der Hell defter 
gröffer pein vnnd qual müffeft leiden. Darumb wilt du 
tolcher gefahr entgehn, fo thue bey rechter zeit Buß, vnnd 
fündige nicht alfo freuenlich ober die Barmherpigfeit Got⸗ 
tes. Dann es ift onfer Herr Gott fein Bavr, er laͤſt fi 
nicht von einem jeden Rurren flumpffieren vnd verieren 
wie fie wöllen, 


— — — — — 


Der LXXXVII. Narr. 


Wer leſtert Gott mit fluchen, ſchweren, 
Der lebt mit ſchand vnd ſtirbt on ehren, 
Mag Ab vom Stral nicht entwehren, 
Weh dem, der ſolchs auch nit thut wehren. 


Bon Gottes leſteren. 


Die groͤſten Narren ich auch kenn, 
Vnd doch nit weiß, wie man ſie nenn, 


694 

Sie nicht benügt an aller fünd, 

Vnd das ſie find des Teuffeld Kind, 
Sie müſſen dfflich zeugen daß, 

Wie fie feyen in Gottes Kap, 
Vnd haben im gang wiberfeit, 

Der beb Bott fein Omechtigfeit, 
Der ander jm fein Marter für, 

Sein Milk, fein Hirn, fein Kröß, fein Nier. 

Wer jetzt kan ungewönlich ſchwür, 
Die denn verbieten thun alle Necht, 

Den belt man für ein frifchen knecht, 
Der muß ein Spieß, ein Armbruft ban, 

Vnd gethar allein wol vier beftahn, 
Vnd auf der Fleſchen freudig fein, 

Mörbtlich ſchwür thut man bei dem Wein, 
Vnd bey dem fpiel vmb wenig Belt, 

Nicht wunder wer, ob Gott die Welt 
Durch ſolche ſchwür ließ vndergahn, 

Oder der Himmel brech daruan, 
So leſtert vnd geſchmecht man Gott, 

Aber ehrbarkeit iſt leider tod, 
Vnd geht mit recht kein ſtraff darnach, 

Des leiden wir vil plag vnd rach, 
Denn es fo Öfftlih jetz geſchicht, 

Vnd es al Welt merckt, Hört vnd ſicht, 
Nicht wunder, ob Gott ſelber richt, 

Gott mags die leng vertragen nicht, 
Wenn er empfahl, das man ſolt thun, 

Verſteinen den Iſraeliten Son, 
Sennacherib der fluchet Gott, 

Vnd ward geplagt mit ſchand vnd ſpott, 
Lycaon vnd Mezencius 

Empfand das, vnd Anthiochus. 


695 - 


Yen Schwer und Icher Marien, oder Gstisleflern. 


Das fieben und ahuigf Narren Geſchwarm. 


Das fleben vnnd achtzigſt Rarren Geſchwarm if, von 
Gottsiefter Narren, weldhe man fürnemlih auß fieben 
Schellen fol Ichrnen erkennen. 

1) Die erft Schell ver lefter Narren ifl, die Göttliche 
fürſichtigkeit leſtern vnd ſchmehen. Es fein etlih, die 
ſchmehen Gott vnd ſprechen: er hab kein fürſehung für 
das menſchlich Geſchlecht, ſonder es geſchehe alles auß dem 
glück vnd geraht wol, dieweil fie ſehen, das den frommen 
böſes vnd den gottloſen gutes widerfehret. O du groſſer 
Narr , wie darffſtu alfo kün fein, dz bu Gottes werd 
fchme Her vnd ſchilteſt: Weiſt du nicht, das fein werd vn⸗ 
gründtlich vnd vnerfahrlich fein, vnd vnſer verflandt vn⸗ 
geihädt darzu iſt, ſolche zu erkundigen ? 

2) Die ander Schell der Gottsiefterer iſt, Göttlichen 
gewalt ſchmehen onnd Ieftern. Deren Narren findt man 
oil, die fchmehen Gottes gemalt und macht, fo er doc 
alles fan, vnd etwz auß nit machen: jedoch finpt man 
deren vil, die fprechen, es ift nit möglich, das ſolches mög 
von Bott befchehen. Solche Narren fielen Gott rem All 
mechtigen fein Gewalt vnd Altmentigkeit. 

3) Die dritt Schell der Leſter Narren iſt, Gottes Ger 
rechtigkeit ſchmehen vnnd leſtern. Es fein etlich, die ſchme⸗ 
hen die Gerechtigkeit Gottes vnd ſagen, Gott der Herr 
ſey nicht gerecht, dieweil er etliche Menſchen hefftig pla⸗ 
get vnd heimſuchet, darumb ſagen ſie, er ſey ſtreng vnd 
ſcharpff, ſo er doch gantz milt vnd Barmhertzig iſt. Dieſe 
Narrheit vnd Gottsleſterung bringt die ewige verdamnuß 
mit jhnen. 

4) Die vierdt Schell der Gottsleſterer iſt, durch wünfchen 
Gott vbel reden vnd ſchelten, gleich als einer anderen 
Creatur, vnd ſich von grundt feines hertzen an fm bege⸗ 
ren zu rechnen. Man findt deren Gottsleſter Narren vil, 
die wünſchen, Gott im Himmel durch ſchwere vnd giff⸗ 
tige wort alles böſes. Darnach fein etliche, die begehn 
ſoiches wünſchen mit der that: Gleich wie ibener Böß- 
wicht thet, ver in dem fpiel pas feine hat verloren, ter 


. 696 


warff den dolden in bie Stubenbän- und fagt, er wollt 
Gott im Himmel erwerffen, da fiel der dolch wider von 
der wandt hernider vnd fielen etliche blutsdropffen her⸗ 
nad. D weh, weh der graufamen vnerhörten Gottsleſte⸗ 
rung. Darnach fein etlih, bie leſtern Bott heimlich im 
ihrem bergen, folde fündigen dann au nicht ein wenig- 

5) Die fünfft Spell ift, vnuerfhempt vnnd ohn alle 
nothivendigfeit durch die glieder vnnd leiden Chriſti des 
Herren fluchen. Es haben etlich die gewohnheit, das fte 
fein wort können reden, fie fluchen gleich durch die glies 
der Chriſti, vnd ob Schon folche flüch nicht gar ſchedlich 
ſein, werden ſie doch für ſünden gehalten. Als wenn einer 
fluchet, ſamer Gots lug du entgeheſt mir nicht, oder das 
dich Gottzs Lung ſchendt. Diß iſt ein groſſe Sotisiche 
rung, dann du folleft den nammen Gottes nicht mißbrau- 
hen. Hie aber nenneft du Eprifti des Herren Lungen vn⸗ 
gebürlicher weiß, vnd Gotisleſtereſt in dardurch. 

6) Die ſechſt Schell iſt, ſich wider die glieder Chriſti 
des Herren in den gedancken zurechnen, vnd dieſelben wi⸗ 
der Chriſtum ſtuck weiß erzelen. Es ſein etliche, die ſchwe⸗ 
ren nicht durch die glieder Chriſti, vnd fluchen auch nicht 
dardurch jrem Nechften, ſonder gebenden allein jm ſinn 
darann, wie fie ſich durch die glieder mit fluchen vnd 
ſchelten mögen rechnen. Als nemlich, wenn einer nit of 
fentlich fluchet, aber doch bey jm gedencket, wie er ‚Rugen 
wölle, wenn er den zorn außftofle, 

T) Die fiebendt Schell der Sottsleflerer if, durch Gous. 
leſtern die Heiligen Gottes erzehlen, oder durch jre glie⸗ 
der fluchen vnd ſchweren. Solches if auch ein groffe ſündt, 
dann man ſol die Todten ruhen laſſen vund jhnen nicht 
fluchen, oder jren in boͤſem gedencken. Diß fein alſo fürg« 
lich die Schellen, dardurch man die Gottsleſterer ſol lehr⸗ 
nen erlennen. Wie groß aber vnd grewlich ſolche Gotts⸗ 
leſterer ſündigen wider Gott vnnd ſein geliebten Sohn, 
iſt hie nicht von nöhten zu erzehlen, dann man lieſet ſol⸗ 

dee gnug pin vnd wider in der Göttlichen ſchrifft, vnd 
—* ſolches täglich in allen Predigen, darumb wöllen 
wir es hie kürtzlich bleiben laſſen. 


— — — ——— 


697 
Der LXXXVIII. Rare. 


Wer meint, das ons Gott ſtrafft zu viel, 
Das er vns plaget undermeil, 
Des plag iſt nit ein viertheil meil. 


Bon Plag vnd firaff Gottes. 


Ein Narr ift, wer für Wunder helt, 
Das Gott der Herr jebt Rrafft die welt, 
Vnd ein Plag ſchickt der ander noch, 
Dieweil viel Chriften feyen doch, 
Vnd under ven viel Geiſilich Leut, 
Don den viel faflen, gbett allzeit 
Geſchehen ſtäts on vnderloß, 
Do Hör, es iſt Fein wunder groß, 
Denn du nicht findeft eine Statt, 
In dee es jet nicht vbel gaht, 
Da nicht abnem Sitt und gebrauch, 
Darzu fo tft des Weifen fpruch, 
Wenn du zerbrichft das ich dir baum, 
Sp wirt und beyden nichtd denn raum, 
Vnd dad wir arbeit hand verlorn, 


So fpricht auch fonft der Herr mit zorn, 


Wenn jr nicht haftet mein Gebott, 
Wil ich euch geben Plag vnd tobt, 
Krieg, Hunger, Peflileng und theuwr, 
Hitz, Reiff, Hagel und Tonderd Feuwr, 
Vnd medren daB von tag zu tag, 
Vnd nicht erhören bett vnd Flag, 
Ob doch Mofes vnd Samuel 
Mich bebt, fo bin ich doch der Seel 
Ep feindt, die nicht von fünven laht, 
Sie muß han plag, well ich bin Gott, 


— 


698 


Man feh allein an JZüdiſch Land, 
Was fle durch fünd verloren hand, 
Wie di fle Gott vertrieben hat, 
Durch fünden auß der Heiligen Statt, 
Die Ehriften hand das auch verlor, 
Da fie verdienten Gottes zorn, 
Mein forg ift, mir verlieren meh, 
Vnd Dad ed vns noch vbler geb. 


Von Plag Warren. 
Das acht vnd achtzigſt Narren Gefdwarm. 


Das acht vnnd achtzigſt Narren Gefhwarm if, von 
plag Narren, nemlich von diſen, fo fi vber die plag 
verwundern, vnd vermeinen, Gott fchide den menfchen 
zuuil plag vber den half. Sole Narren fol man für- 
nemlich lehrnen erfennen auß dreyen Schellen. 

1) Die erfi Schell der Plag narren if, fi verwun⸗ 
bern vber bie plag vnd unglüd, fo von Gott vber das 
menfchlich gefchlecht geſchickt werden. Es fein etlih, die 
klagen vnd vermunderen fi) hoch darüber, mo doch ſolche 
vilfeltige plag vnd firaff herfommen, nemlich Peftileng, 
Krieg, Hunger, Bngewitter vnd Thewrung der zeitlichen 
narung, vnd haben mancherlei gedancken vnnd vrſachen 
vber dieſelben. Es ſein etlich, die ſchreiben ſolches den 
Planeten zu oder den böſen Weibern, oder den zaubern, 
oder anderen vnnützen dingen, welches doch alles vergeb⸗ 
liche meinung ſein. Dann wann ſolches auß diſen Ele⸗ 
menten ober dingen entſprünge, fo müßte auch ber ſünd⸗ 
fluß daher kommen vnd nit von Gott. Ru ſag mir hie 
ein Sternfeher, welcher Planet hat zu’ den zeiten des Sünd⸗ 
fluß Noe geregiert. Welcher hat geregiert, als es ſchwe⸗ 
bei vnd bech regnet ond Sodoma zu efchen verbrennt 
ward? Welcher Planet bat geregiert, als zu den zeiten 
Pharons und auch Dauids folche groffe thewrung im land 
waren? Sole wirt nit bald einer mögen fehen, vnd ob 





699 


fie es fhon können fehen, folt darumb ver Planet ber 
Stern an ſolchen plagen vnd ſtraffen ſchuldig fein geme: 
fen? Nein fürwar: Solchs if die eingige vrſach aller 
plag vnd ſtraff, jo ober die menfhen gehn, dieweil feiner 
auff erd lebt, der nach Gottes willen trachtet vnd denſel⸗ 
ben begere zu volbringen. Sonder es fein alle menſchen 
anff boßheit, ſchandt vnnd laſter geneigt, ond if die gang 
Welt voller ungerechtigkeit, fchand vnd laſter. Diß fein 
die vrſach, darauß die plagen vnd firaff ober dz menſch⸗ 
lich gefchiecht eruolgen. So du nun wilt folcher plag vnd 
firaff frey fein, fo Reh von deinem böfen wandel ab und fahe 
ein bußfertig leben an, fo wirt Gott der Herr auch nad 
laſſen, die plag ond ftraff ober dich zu ſchicken. Derwe⸗ 

en wölle ſich ein jeder menfch hüten, das ex nicht wider 

ott murre vnd zürne, gleich als wann er onbilliher 
weiß folche plag vnd firaff ober in fchidet. Sonder wann 
im Gott ein ftraff zu ſchicket, folle ex gedencken, dz fie 
omb keiner andern vrfach gefchehe, weder allein von we⸗ 
gen feiner fünden vnd vbertreitung, fo er gegen Bott 
täglich begeht. 

2) Die ander Schell der Plag Narren if, ſich hoch 
verwundern, warumb bie vnſchuldigen und frommen folde 
plag vnd firaff zu gleich mit den ſchuldigen vnd goitlo⸗ 
fen müſſen leiden. Solches gefchicht erſtlich von wegen 
der erbfünd. Darumb werben die frommen vnnd Ootts⸗ 
förchtigen mit plagen angefochten, dieweil ſie inn ſünden 
geboren ſein. Daher lompt es, das auch offt die jungen 
Kinder, fo noch in der Wiegen ligen, groffe kranchheit, 
ſchmertzen vnd Hag leiden. Welches alled auß der Erb» 
fündt entfpringet, vnd geſchicht ſolches nicht vnbillich, ſon⸗ 
der alles auß dem gerechten vrtheil Gottes. Auch kompi 
ſolche plag offt ober die Kinder von wegen der Eltern 
ſündt vnnd laſter, vnd ſtrafft Gott folhes an den jungen 
Kindern, das fie groß herben leidt, jamer vnd noth an 
ipnen ſehen. Welches Gott den Eltern zufchidet zu einem 
beyſpiel ond erempel, damit fie fich follen befferen vnd 
ven fungen Kindern gute Erempel vortragen. Derwegen 
wölle fich feiner verwundern, wie es zugehe, das die From⸗ 
men offt mit den Gottlofen ſtraff vnnd plag leiden. Wel⸗ 





S 


700 


ches fürnemlich daher kompt, biewell alle Menſchen ven 
Sünden vnderworffen fein, der Gerecht fo wol als ver 
Gottloß. Aber doch Haben die frommen ein fondern troft 
onnd zuuerfiht zu Gott, das er ihn nicht mehr aufflege, 
weder fie tragen mögen. Auch tragen fie foldes mit ge: 
dult, und wiſſen, das fie dardurch allein probiert werden, 
vnd darumb von Gott mit plagen heim gefuht, damit 
fie fein Bätterliche ruth vnnd zücdtigung merden. Dann 
ein Batter, der fein Kindt Iteb Hat, der züchtiget ed, Das 
mit es nicht böß vnnd mutwillig werde, alfo thut Gott 
auch Hie mit den frommen, ber ſchicket allein darumb plag 
End flraff ober fie, damit fle fein nicht vergeflen. 

3) Die dritt Schell der Plag narren ift, ſich verwun⸗ 
bern, warumb die frommen vnd Gottsförchtigen dur 
iren verbienft, die Plag vnd firaff von diefer Welt nicht 
können abwendig machen. Es fein die frommen auff dies 
fer Welt glei als das mard vnnd leben des gantzen 
teibs der Chriftlihen Kirchen, fo lang nun das mard inn 
dem Bawm friſch und gefundt bleibt, fo Tang biüet ver 
Bawm vud bringt fruht. Wenn aber der Bawm für 
fih ſelbs anfahet zuuerberben, vnnd die äſt deßgleichen, 
fo muß das mard mit ihm zu grundt gehn. Alfo iR es 
auch hie gefchaffen mit den frommen, wenn fie ſchon from 
vnd Gottsförchtig fein, fo findt Doch dargegen der Gott: 
ofen fo vnzalbarlid vil, das die frommen von ihnen 
gan vndergetruckt werben, vnd nimpt der gottlofen we⸗ 
fen, ſchandt vnd laſter gar zu weit vberhandt, alfo, das 
der frommen fürbitt und Gottesforcht da fein plaß noch 
ſtadt mag haben. Yedoch erhört Gott der Herr alweg 
ihr gebett, vnnd hilft ihnen mit freuden herdurch, vnnd 
feidt nicht darann, ob fie fhon bißweylen auch mit den 
Gottloſen geftraffet vnnd geplaget werden. Derwegen fol 
ef du nicht vermeinen, das die frommen nichts mit jh⸗ 
sem gebett mögen außrichten,, fonder der frommen vnnd 
anligenven gebett vermag allzeit vil, vnnd leidt gar nicht 
darann, ob fihon Gott Plag vnd flraff fchidet ober gut 
und böß. Diß fey hie fürklich von den Straff Rarren gefagt. 





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— — — — — — — — — 


701 


Der LXXXIX. Narr. 


Wer fein Roſſz vmb ein Sadpfeiff geit, 
Derfelb ſeins tauſchens gnenffet neut, 
Band muß oft achn, fo er gern reit. 


Bon Thörehtem wechſel. 


Viel groͤſſer arbeit hat ein Narr, 
Wie das fein Seel zur Hellen fahr, 
Denn kein Einſidel vor je hat 
In aller Wüft vnd heimlich flat, 
Da er dient faftend bettent Got, 
Mann ficht was Hoffart arbeit Bat, 
Wie man fi) muß, fchmier, neftel, preiß, 
Vnd hart druck leid im manche weiß, 
Der Geiß treibt manchen vber See, 

Durch vngewitter, Reg und Schnee, 
In Norwegen, Pilappen land, 

Kein chu noch raſt die Buler band, 
Die Spieler Haben vbel zeit, 

Viel mehr der Schnapphan; der da reit, 
Auff ven Halfader wagen fich 

Des Prafiers wil, gefchweigen ich, 
Der allzeit voll ift vmb fein Herb, 

Was tregt der leid vnd heimlich fehmerk, 
Des eifers zeit iſt nicht Die beſt, 

Er förcht ein andern Bauch im Nefl, 
Sein eigen Glieder kocht der neid, 

Niemand durch Gottes Ehr fich leid. 
Der in gedult anfeh fein See, 

AS Noe, Job vnd Daniel, 
Gar viel feind, den das höß gefellt, 

ar jelten, ver dad gut erwehlt, 


702 


Ermwehlen guts ein Weiſer fol, 

Das böß kompt all tag felber wol, 
Mer gibt dad Himmelreih vmb Miſt, 
Der ift ein Narr, fo viel fein ifl, 

Sein- taufchen der geneuflet nicht, 
Wer ewigs vmb zergenglichs gibt, 
Vnd das ichs kurtz mit worten bgreiff, 
Gibt er ein Eſel vmb ein Pfeiff. 


Yon Tauſch Warren, Wechſel Aarren, sder 
Krämer Narren. 


Das neun vnd achtzigſt Rarren Geſchwarm. 


Das neun vnnd achtzigſt Narren Geſchwarm iſt, von 
Tauſch Narren oder Wechſel Narren. Diſe ſoll man für⸗ 
nemlich auß drey Schellen lehrnen erkennen. 

1) Die erſt Schell der Tauſch Narren iſt, das Himliſch 
vnnd ewig Reich vmb ein miſt oder dreck geben: das iſt 
ſouil geſagt, vmb das Weltlich gut vnd Reichthumb, wel⸗ 
ches doch nichts anders iſt, weder kaat vnnd ſtaub, das 
himliſch vertauſchen. Dann alles was in diſer welt iſt, 
das iſt entweders fleiſchliche begirde, oder ergetzlichkeit der 
angen, oder Hoffart diſes lebens, nemlich beluſtigung des 
fleiſchs, Reichthumb vnnd vergebliche ehr x. Dann mas 
ſein fleiſchliche begirden anders, weder allein ein miſt vnd 
kat der füllerey vnd ſchlemmerey? Deßgleichen was fein 
die Reichthumb anders dann Aecker, Weinberg, Wieſen 
vnd ein gemiftet Erdtreich? Auch iſt das Goldt vnd Sil⸗ 
ber nichts anders, weder truſen vnnd kaat des Erdtrichs. 
Letſtlich iſt die zeitlich ehr vnd der pracht, die köſtliche vnd 
prächtige kleider nichts anders weder ein fauler, ſtincken⸗ 
ber dreck, darinn ſich die würm vnd alles vngeziffer, leuß, 
flöh, ratten vnd Schlangen erhalten mögen. In ſumma, 
was auff diſer welt iſt, dz iſt miſt vnd kaat vnd alles zer⸗ 
genglich. Darumb wöll ſich ein jeder Weltwurm fürſehen. 
das jm mit das Weltlich Lieber fey weder das ewig. 


703 


2) Die ander Schell der Taufıh Narren ifi, den Gotr 
tesdienſt für des Teuffelsdienſt vertaufpen vnnd geben. 
Diß if ein groffe Thorpeit, ein foldden ehrlichen, nutzba⸗ 
ren, lieblihen , freundtlihen vnnd leichten Gottespienft 
vertaufchen vmb ein fo fchweren, gefährlichen , verderbiis 
hen vnnd ſchmechlichen Teuffelsdienſt. Pfup ber groffen 
blindtheit der menichen. Dann was hilfft es Dich o menfch, 
wann du fhon die gande Welt hetteſt, dargegen aber 
fhaden an deiner Seel leideſt? Darumb follen fih alle 
menſchen befleifien, das fie nicht dem zeitlichen nachhengen 
vnd nachfagen, dargegen aber das ewig verfaumen. Dann 
wann wir betrachten, wie ſchwer vnd grewlich des Teuf- 
feld joch vnd dienftbarfeit if, folten vns alle haar zu berg 
Reigen vnd darob erzittern, auch Gott teglich frü ond 
fpat bitten, das er vns wölle bey feinem dienſt erhalten, 
damit wir nicht von jm abweichen ond dem Zeuffel Lieber 
dienen weder Gott. 

3) Die drit Schell der Taufh Narren if, ein rofl 
vmb ein pfeiffen geben oder vertaufhen. Dz roflz iſt die 
gerechtigfeit, die pfeiffen iſt die gemechligkeit oder nutzbar⸗ 
keit. Dann wir verlafien die Göttliche Gerechtigkeit al 
fein darum, auff das wir vnſerem eigennuß deſter fleiffer 
vnd ernfllider mögen obligen. Solches if fürwar ein 
Nörrifcher Tauſch, da einer die ewige Gerechtigkeit vmb 
ein Heinen gewinn vnd eigennuß gibt vnnd vertaufchet. 
Dis Pferbt if nichts anders, dann die Gerechtigkeit Bots 
tes, welches vns führet in das Dimmelreih. So du nun 
wilt in das Dimmelreich kommen, fo bebalt das Pferdt, 
das ift die Gerechtigkeit Gottes, ald dann wirft bu nicht 
irr fahren. Mit folchem Pferdt ift Elias auff dem fewris 
gen wagen in den Himmel gefahren. Derwegen, fo du 
begereft in gleicher geftalt in Himmel zu fahren, fo behalt 
diß Pferdt vnd vertaufh es nicht omb ein Sadpfeiffen. 
Die Sadpfeiff bebeut die Welt, darinn alle böfe und finan⸗ 
gerey ſtecken, fo baldt du nun in den Sad blafeft, fahet 
der Bum hart an zu brummen, vnd magft bu nicht mehr 
daruor gehören. Das iſt, wann du dich dem zeitlichen 
begirden vnd wolluften ergibt, onnd deinem eignen nuß 
allein nachtrachteſt, werden dir deine finn und gebanden 


704 


alfo verflodet, das bu nicht mehr von Boltes wort vnd 
gebott magft hören, ſonder bleibft allein auff deiner geigen 
forthanhin, vnd laſſeſt das ewig von wegen des zeitlichen 
fahren. Dip Hei woll ein Roſſz vmb ein Pfeifen geben, 
in dem bu das immer werendt vnd ewig gut vmb das 
zeitlich vertauſcheſt. Solchen Narren, die alfo dem zeitli« 
chen nachjagen, vnnd das ewig wutwilliger weiß verfau- 
men vnd verachten, wirt Gott nachmals mit dem Kolben 
der ewigen verdamnuß laufen. 


Der XC. Narr. 


Da folt ehren vnd ghorfam fein 
Dem Batter und der Mutter bein, 
So wirfin langes Ichen dan, 

Bor Gott vnd Welt mit chrn beſtahn. 


Ehre Batter vnd Wutter. 


Der ift ein Narr, der Kinvern gibt, 

Da er fein zeit fol leben mit, 
Verlaſſen ſich auff guten won, 

Das in fein Kindt nicht follen Ion, 
Vnd im auch helffen in ver net, 

Dem wünfdht man allen tag den tobt, 
Vnd wirt gar bald ein vberlaft, 

Den Kindern fie ein vnwehrt Gaft, 
Es gſchicht jm Doch wol halber recht, 
Warlich ift er an wigen ſchlecht, 
Wenn er mit worten jm laft Tlaufen, 

Man fol in des mit Kolben laufen, 
Doc Lebt verfelb nicht lang auff Erd, 

Wen Batter, Mutter feind vnwehrt, 
In mit der finfter Iefcht das liecht, 

Wer Batter, Mutter ehret nicht, 


705 


An feim Batter bſchuld Abfolon, 

Das in vunglüd folt jung angofn, 
Auch warde verfluchet ver Cham, 

Als er entblößt ſeins Vatters fcham, 
Balthafar Hat nicht viel gelüd, 

Als er fein Vatter hieb in ſtück 
Sennacherib von fein Sönen ſtarb, 

Ir feiner noch das Meich erwarb, 
Thobias gab feim Son die Iehr, 

Er fole fein Mutter han in ehr, 
Darumb ftund König Salomon 

Seine Mutter auff von feinem thron, 

Als Corilaus auch bat gthon, 
Die Sön Rechab lobt ſelber Gott, 

Weil ſie hielten jrd Vatters gbott, 
Wer leben wil, ſpricht Gott der Herr, 

Zeig Vatter vnd Mutter die ehr, 

So wirt er alt vnd reichen ſehr. 


Von Kindt Narren, sder vngehorſamen Kindern. 


Das neungigfi Narren Geſchwarm 


Das neuntzigſt Narren Geſchwarm iſt, von Kindt Rar- 
ren: Nemlich von denen, fo jre Eltern nicht ehren, fonder 
fie viel mehr vervammen vnd veradten. Diele fol man 
fürnemlih auß fieben Schellen Ichrnen erkennen. 

1) Die erfle Schell der Bngehorfamen Kinder hanget 
oben auff dem kopff vnd iſt diefe: Die Eltern entweders 
mit der that, oder dem Fopff fchütlen oder mupffen, verach⸗ 
ten vnd verfhmehen. Solches ift ein tobt ſindt, vnnd 
wirt niht von Gott ongeftrafft hingehn. 

2) Die ander Schell ver Kinder narren hangt an ben 
Ohren, ond if diſe, den Eltern nicht gehorfam feyn noch 
wöllen volgen. Es follen die Kinder den Eitern in allen 

l. 5 


3706 


bingen sehorfam fein und wilfahren, fo zu ihrer notturfft 
gehöret, vnd zu wolfarth zeitlichs vnd ewige. Auch follen 
fie in geborfam fein inn den bingen, fo au der Ichr, gu 
ger fitten vnd geberden gehören. Welche foldhes thun, die 
werden jren Eltern ein freubt fein, ond wirt in Gott der 
Herr vil glüds vnd heils verleihen auff difer welt. Welche 
aber wiverfpennig fein vnnd nicht gehorchen, bie werden 
ihre Eltern vonder das Erbireich bringen, vnd wirbt fie 
Bott nachmals zeitlich vnd ewig firaffen. Dann foldes 
ift wider die gebott Gottes. 

3) Die dritt Schell der Kinder Narren hanget vornen 
ober das Maul herab, vnd ift diefe: Die Eltern hefftig 
betrüben vnd verwirren mit böfen worten vnd wiberbel- 
len. Nemlich die Eltern mit auffrüpfflichen, fchmechlichen, 
verlächerlichen, vermaledeiten vnd Läfterlichen worten an« 
fahren vnd befümmern. Auch folches nicht allein wider 
die lebendigen, fonder auch wider die abgefiorbenen ber 
gehn. Solches ift ein todt fünbt, vnd wirt fie Gott nicht 
ungeftrafft Taffen hingehn. Deßgleichen fündigen auch die 
Kinder, wenn fle hefftig wider die Eltern fireiten, vner⸗ 
barlich oder vnfreundtlich ihnen antwort geben. 

4) Die vierdt Schell der Kinder narren hanget vber 
dem Hertzen, ond {ft fürnemlich diefe: Seine Eltern nicht 
non herhen lieben, fonder Inen offtermals den Todt wün« 
fhen, damit fie das gut mögen befommen. DIE ift aud 
ein fchwere todt fündt, vnnd bleibt felten von Bott ons 
gerochen, fonver die, fo ihrer Eltern todt begeren, allein 
von wegen des Erbs, die flerben gemeinlich vor Iren El⸗ 
tern. Auch werden fie infonverheit darumb geftrafft, bies 
weit fie ihre Eltern nicht von hergen lieben, welches doch 
wider die Ratur if. 

3) Die fünfft Schell ver Kinder narren hangt hinden 
auff dem ruden, vnd ift diefe: Seine Eltern nicht wöllen 
tragen, noch inen zu hilff kommen, wenn fie es ſchon wol 
vermögen: fürnemlich in groffer nothwendigkeit vnd leibs⸗ 
blödigkeit vnd kranckheit. Es gebeut dir Gott, du folt 
mit deinen Reichtpumben den Armen zu hilff fommen vnd 
ihnen in der noth handtreichung thun. So du dann fol 
ches ander leuten zu thun frhuldig bift, wie viel mehr bift 


707 


du folches deinen Eltern ſchuldig zu thun? Kürwar, es 
it ein groffe fündt vnnd ſchmach, das du deine Eitern 
läſeſt bettien gehn, fo du fie doch wol mögteft ernehren, 
vnnd thuſt gleich, als wenn folches Fein fündt were. Aber 
es wirt dich Gott der Herr gewißlich vonn wegen deiner 
groffen vndanckbarkeit hie zeitlich und dort ewigklich firafs 
fen, vnnd gleich wie bu beine Eltern verlaffen haft vnd 
dein angefirht von ihnen abgewendt, alfo wirt Gott der 
Herr auch am jüngſten tag fein angefiht von dire wenden, 
ond wirt dich in die ewige Helen verftoffen. Als dann 
würden du erft betrachten, was groffer fünden bu an dei 
nen Eltern begangen habe. 

6) Die fehft Schell der Kinder narren hanget Inn ber 
rechien Handt, vnd if diefe: Seine Eltern fihlagen vnd 
plagen. Welcher feine Eltern wiſſentlich oder vnwiſſent⸗ 
lich, viel oder wenig fihlegt, ber begeht ein groffe vnd 
ſchwere todt fündt. Vnnd ift ſolche fündt nie vngeſtrafft 
blieben auff diefer Welt. Wie wir dann folcher exempel 
viel haben an dem Abfalon ond andern mehr. 

D Die fiebendt Schell der Kinder Narren hanget an 
der linden handt, vnd if diefe: Seine Eltern an fhrer 
Seel vnd feeligkeit verhindern. Diefe feins, fo die Eitern 
durch liſt vnnd practid verhindern, damit fie kein Teſta⸗ 
ment in ihrem leben oder todtbeth mögen außrichten. Oder 
fie verhindern, das fie Fein fürfehung thun ihrer Seelen. 
Solche verruchte vnd gottlofe Kinder, fo ihren Eltern vers 
hinderlich fein an zeitlichem vnd ewigen heil, die werben 
gewißlich größlih von Gott hie zeitlich vnd dort ewigklich 
geftrafft werben. Derbalben wöllen die Kinder fleiſſig forg 
haben, damit fie Ihr Eltern nicht zu zorn anreißen, ober 
fie an ihrer feeligkeit verhindern, fonder inen gehorſam 
fein, fie Tieb ond werdt halten. Welche nun viefes wer: 
ven thun, die wirds Gott nicht allein auff diefer Welt 
reichlich fegnen vnnd jiha viel glüd vnnd heyl verleihen, 
fonver er wirds in auch in ihener Welt das ewig Leben 
geben. . 





706 


bingen gehorfam fein vnd wilfahren, fo zu ihrer nofturfft 
gehöret, vnd zu wolfarth zeitlich vnd ewige. Auch follen 
fie in gehorfam fein inn den bingen, fo zu der lehr, gu» 
ter fitten vnd geberden gehören. Welche folhes thun, die 
werden jren Eltern ein freubt fein, vnd wirt in Gott ber 
Herr vil glüds vnd heils verleihen auff pifer welt. Welche 
aber wivderfpennig fein vnnd nicht gehorchen, die werden 
ihre Eltern vonder das Erbtreich bringen, vnd wirbt fie 
Gott nachmals zeitlich ond ewig firaffen. Dann foldes 
if wider die gebott Gottes. 

3) Die dritt Schell der Kinder Narren hanget vornen 
ober das Maul herab, vnd ift diefe: Die Eltern heftig 
betrüben vnd verwirren mit böfen worten vnd wiberbels 
len. Nemlich die Eltern mit auffrüpfflichen, fchmechlichen, 
verlächerlichen, vermaledeiten vnd Läfterlichen worten ans 
fahren vnd befümmern. Auch folches nicht allein wider 
die lebendigen, fonder auch wider die abgeftorbenen bes 
gehn. Solches ift ein todt fünbt, vnd wirt fie Gott nicht 
ungeftrafft Iaffen hingen. Deßgleichen fündigen auch bie 
Kinder, wenn fie Hefftig wider die Eltern fireiten, vner⸗ 
barlich oder onfreundtlich Ihnen antwort geben. 

4) Die vierdt Schell der Kinder narren hanget ober 
dem Derben, ond if fürnemlich diefe: Seine Eltern nicht 
non bergen Lieben, fonder inen offtermals den Todt win« 
fen, damit fie das gut mögen befommen. Diß iſt auch 
ein ſchwere todt ſündt, vnnd bleibt felten von Gott on: 
gerochen, fonder die, fo ihrer Eltern todt begeren, allein 
don wegen des Erbs, die flerben gemeinlich vor jren Ele 
tern. Auch werben fie Infonderheit darumb geftrafft, die⸗ 
weit fie ihre Eitern nicht von hertzen Lieben, welches doch 
wider die Ratur ifl. 

5) Die fünfft Schell ver Kinder narren hangt binden 
auff dem ruden, vnd tft diefe: Seine Eltern nicht wöllen 
tragen, nor jnen zu hilff kommen, wenn fie es fhon wol 
vermögen: fürnemlich in groffer nothwendigkeit vnd leibs⸗ 
biödigfeit vnd kranckheit. Es gebeut dir Gott, du folt 
mit deinen Reichthumben den Armen zu hilff fommen ond 
ihnen in der noth handtreichung tun. So du dann fol 
bes ander Teuten zu thun ſchuldig bift, wie viel mehr biſt 


707 


du folches deinen Eltern ſchuldig zu tun? Fürwar, es 
it ein groffe fündt onnd fhmad ; das du deine Eitern 
läſeſt bettien gehn, fo du fle doch wol mögteft ernehren, 
vnnd thuft gleich, als wenn folches fein fündt were. Aber 
es wirt dich Gott der Herr gewißlich vonn wegen beiner 
groffen ondandbarkeit hie zeitlich vnd dort ewigklich ſtraf⸗ 
fen, onnd gleich wie du beine Eltern verlaſſen haſt vnd 
bein angeficht von ihnen abgewendt, alfo wirt Gott der 
Herr auch am jüngften tag fein angeſicht von dir wenden, 
vnd wirt dich in die ewige Hellen verftoffen. Als dann 
würbeft du erft betrachten, was grofler fünten du an deis 
nen Eltern begangen habe. 

6) Die fehft Schell der Kinder narren hanget Inn der 
rechten Handt, vnd if diefe: Seine Eltern ſchlagen und 
plagen. Welcher feine Eltern wiflentlich oder vnwiſſent⸗ 
lich, viel oder wenig ſchlegt, der begeht ein groffe vnd 
ſchwere todt fündt. Vnnd iſt ſolche fündt nie vngeſtrafft 
blieben auff dieſer Welt. Wie wir dann ſolcher exempel 
viel haben an dem Abſalon vnd andern mehr. 

7) Die fiebendt Schell der Kinder Rarren hanget an 
ver linden handt, vnd if diefe: Seine Eltern an ihrer 
Seel ond feeligkeit verhinvern. Diefe feins, fo die Eltern 
durch Li vnnd practid verhindern, damit fie kein Teſta⸗ 
ment in ihrem Ieben oder tobtbeth mögen außrichten. Oper 
fie verhindern, das fie fein fürfehung thun ihrer Seelen. 
Solche verruchte ond gottloſe Kinder, fo Ihren Eltern vers 
hinderlich fein an zeitlichen vnd ewigem heil, die werden 
gewißlich größlich von Gott Hie zeitlich vnd dort ewigklich 
geftrafft werben. Derhalben wöllen die Kinder fleiſſig ſorg 
baben, damit fie jhr Eltern nicht zu zorn anreitzen, oder 
fie an ihrer feeligkeit verhindern, fonder inen gehorfam 
fein, fie Tieb ond werdt halten. Welche nun diefes wer» 
ven thun, die wirbt Gott nicht allein auff diefer Welt 
reichlich fegnen vnnd jihn viel glüd vnnd heyl verleihen, 
fonder er wirdt in auch im ihener Welt das ewig Leben 
geben. » 


708 


Der XCl. Narr. 


Sm Ehor gar manider Rarr and ficht, 
Der vnnütz ſchwetzt und bilfft und rabt, 
Das Säiff vnd Wag vom land bald gebt. 


Von fhwegen im Chor. 


Biel fein in Kirchen vnd im Chor, 

Die ſchwetzen, rahten durch das Jor, 
Wie ſie zurichten Schiff. und Karr, 

Dad man gen Narragonien fahr, 
Da fagt man von dem Welfchen Krieg, 

Da lugt man, das man’ reblich Tieg, 
Vnd etwas neums bring auff bie Ban, 

Als wirt die Metten gfangen an, 
Vnd wärt dick zu der Veſper zeit, 

Biel femen nit, triebd nit der geit, 
Vnd dad man gelt geb im Chor, 

Sonft wern fle on die Kirch viel jor, 
Es wer beffer vnd weger eim, 

Er blieb gan vberal daheim, 
Vnd richt das Flapperbendklin zu, 

Vnd feinen Genßmarck anderßwo, 
Denn das er in der Kirchen wil 

Sich jrren vnd ſonſt ander viel, 
Was mancher nicht außrichten kan, 

Das ſchlecht er in der Kirchen an, 
Wie er auffrüſt Schiff vnd geſchir, 

Vnd bring viel neuwer mär herfür, 
Vnd hat groß fleiß vnd ernſtlich gberd, 

Damit das Schiff nicht wendig werd, 
Er gieng eh auß dem Chor ſpaciern, 


Das er den Magen recht möcht ſchmiern, 


I W8. 





709 


Aber von den barff ich nicht truden, 
Die in den Chor allein thun guden, 
Vnd zeigen ſich mit Prefentiern, 
Treffen doch bald wider die Thürn, 
Das iſt andechtig gbett vnd gut, 
Da man fol ding aufrichten thut, 
Bad werden Pfrünvden wol verbient, 
So man den Roraffen zu gient. 


Yon Eher Narren, sder Schwetz Warren im Chor. 
Das ein und neungigft Narren Geſchwarm. 


Das ein vnnd neungigfi Narren Geſchwarm if, von Chor 
Karren oder Schwetz Rarıen, nemlich von diefen, fo mit 
ihrem geſchwetz vnd gedetter das Göitlich Ampt oder den 
Gottesvienft verhindern. Bon diefen Rarren haben wir 
au droben zum theil gefagt bey den Kir Narren, im 
44. Narren Geſchwarm, darumb wöllen wir hie kürtzlich 
von inen handlen. Diefe fol man fürnemlich iehrnen er 
kennen auß fieben Narren fchellen. 

1) Die erfi Schell der Epor narren ift, nußliche ding 
Iefen vnd erzelen im Ehor, gleich wie die Apuocaten pfles 
"gen zu thun, die verfigien offt brieff in ber Kirchen oder 
richten fonft andere nüßliche gefchefft auf. Es feindt et⸗ 
liche, die vermeinen, wenn fie von nußbaren vnd wichti⸗ 
gen dingen In der Kirchen reden, fey es kein ſündt. Solche 
Narren irren wept, dann alles das ihenig, fo in der Kir: 
hen gehandelt wirt, zu verhindern den Gottesdienſt, dag 
ift fündt. Dann die Kirchen ift Fein Rath oder Schwetz 
Dauß, fonder ein Betthauß. 

2) Die ander Schell if, vnnütz gefhweß vnd batern 
in der Kirchen berfür bringen. So wir von einem jebli« 
Ken vnnützen vnnd vergeblichen wort müffen rechenfchafft 
geben am füngfien tag. O wie fihwere rechnung müflen 
die Chorherrn geben von dem unnügen gefchweß vnd rath, 
fo fie in den Kirchen getrieben haben zu ber zeit, ba 
man Gott Hat follen loben vnd preifen! Dann fie ergebe 


710 


len in dem Chor alle geſchicht, fo fih auff dem ganken 
Erdtboden Hin vnnd wider verlauffen, von Kriegen vnd 
andern onnüßen dingen, vnd haben ein ſolch gefchweß 
vnd gedeler im Chor, gleich wie die Weiber auff dem 
Mardt oder inn der Mebig. 


3) Die dritt Schell der Chor narren if, dem vnnützen 
geſchwetz vnd gedeter zuhören. Es fein etliche, die treis 
ben kein geſchwetz im Ehor, aber hören gleichwol ven 
fhweßern zu, welche nicht minder zu fehelten fein, dann 
die andern. Dann wenn fie dem ſchwetzer nicht zuhörten, 
müfte ex fchanden halben auffhören zu Happern, er wolt 
dann folches offentlih vor dem Bold außfchreien. Der 
wegen wolle du dem ſchwetzer nicht gelegenheit geben zu 
ſchwetzen, fonder fo er anfahet zu ſchwetzen, fprich zu 
ibm; halt das maul, es ift hie nicht gelegenheit zu klappern 
onnd zu dattern, fonter man fol Gott loben vnd preifen. 


4) Die vierdt Schell der Chor narren ifl, das Ge⸗ 
ſchwetz vnnd gefläpper geftatten vnd zulaſſen. Diefe Schell 
trifft die Obern an, als den Prior, Probſt ober Apt, 
welche ihren Eonuents Brüderen follen verbieten, daß fie 
kein folch gefchweg im Ehor treiben. Aber fie fehen biß⸗ 
weilen durch die finger, vnd thun gleich, als wenn fie fol 
ches nicht fehen. Darinn fündigen diefe Oberen hefftig, 
vnd fein fie fo wol firefflih als die fehweßer, dann ver 
thäter vnd vergönner oder zufeher ift einer, wie der an⸗ 
der. Vnd iſt gleich als wenn einer ſtielet, vnnd der an⸗ 
der den far auffhebet. Alfo ift es auch bie mit beyven 
pariheyen, ver ein ſchwetzt, der ander fichet im zu vnnd 
une Ihm nicht, fo er doch folches vonn Ampts halben 
thun ſolt. 


5) Die fünfft Schell der Chor narren iſt, in dem Chor 
auß ond ein Iauffen oder fpabieren. Es fein etliche, Die 
bligen im Chor auß vnd ein, gleich wie die Baber ine 
der Badtſtuben. Welches fie allein darumb thun, damit 
fie ihr geſchwetz und Elapperey mögen vollbringen. Wenn 
mann fie aber darumb firafft, haben fie viel außrebt, da⸗ 
mit fie fich entfchuldigen, welches doch faule und nichtige 
entſchuldigung fein. Derhalben fo du nicht inn der Kir⸗ 


211 


Sen an bleiben, were es viel beſſer, du blibeſt vorhinn 
braufen. 

6) Die ſechſt Schell der Ehor narren tft, den kopff zu 
der Kirchthür einhin fleden, vnnd in die Kirchen guden 
oder fchmeden, gleich wie ein Hundt in die Kirchen. Es 
fein etliche, die fommen nur von wegen bed Gelts in den 
Chor, vnd wo daſſelbig nicht were, kemen fie nimmer inn 
ein Kirchen oder Chor. Auch fein etliche, fo baldt fie das 
gelt empfangen haben, vond ihre prefeng erzeigt, fahren 
fie vonn flundan wider auß der Kirchen, damit fie jhre 
geſchwetz vnd nichtige gefchefft auff dem Marckt oder inn 
den Ereußgengen mögen außrichten. Solche Kirchenflie 
ber fielen Gott onnd der Welt das {hr ab, vnder dem 
ſchein der Geiſtlichkeit. Dann fie verrichten nicht ihr 
Ampt, wie ihn befoßlen if. 

7) Die fiebendt Schell der Ehor narren iſt, ſchweigen 
vnd gienen, oder dem Roraffen zuſehen. Es fein etliche, 
die verharren in der Kirchen, gehn nicht herauß, vnd trei⸗ 
ben auch kein geſchwetz darinn, ſonder ſtehn gank fill, 
ond fitzen da als wie die flummen, oder als wenn fie 
fein maul hetien, bamit fie könden fingen ond Gott lo⸗ 
ben, vnnd fitzen glei, als wenn fie ein Muden wolten 
fahen. 3a, ſpricht mancher: ich kan nicht fingen! So 
lehrne es, dann man gibt dir die Pfründt nicht vergebens, 
ſo du nun diefelbig nicht weift guuerfehen, fo laß fie fah⸗ 
ren vnd gib fie einem andern, ber das Ampt ond den 
dienſt verfehen fan. Weref du daran vergnügt, wenn ein 
Schumader das gelt von dir neme, vnnd macht bir aber 
feine Schuh, fonder entſchuldigt fih vnnd ſprech: ich fan 
fie nicht gemacen? Rein fürwar, du würdeſt ohn zwepf⸗ 
fel fprechen, er folt dir entweders das gelt ober die ſchuch 
geben, alfo thun du auch, fo du das Ampt nicht weiſt 
auuerfehen, befilh es einem andern, der es fan vnd fol: 
ches würdig if. Wilt du aber von der Pfründbt vnnd 
Geiſtlichen fachen leben, fo Iug,, das du bein Ampt trew⸗ 
lich außrichteſt vnd verſeheſt. Diß fey alfo kürtzlich bie 
gefagt von Chor oder Schwetz Rarren. 





112 


Der XCH. Narr. 
Ber boffertig iſt vnd thut ih loben, 
Bund fisen wil allein fa oben, 
Den feht der Zeuffel auff fein loben. 





Bberhebung der Hoffart. 


Der fähret auff eim ſtröwen Dad, 
Der auff der Welt thun febt fein ſach, 
Vnd al ving thut auff zeitlich Chr, 
Dem wirt zu letfl nichts anders mehr, 
Denn das fein wohn jn Hat betrogen, 
So er bauwt auff ein Regenbogen, 
Mer bawen mil auff dennen faul, 
Dem wirt eh zeit fein anfchlag faul, 
Mer ruhm vnd Weltlich ehr bie bgert, 
Der wart nicht, das jim dort mehr werb, 
Man Narr Helt filh gar hoch darumb, 
Das er auß Welfchen landen kumb, 
Vnd fey zu Schulen worden meiß, 
Zu Bonony, zu Pauy, Pariß, 
Zu hohen Sinn und in der Sapieng, 
Auch in der Schul zu Orlieng, 
Vnd den Roraffen gfeben bet, 
Vnd Meter Pyrr de Conniget, 
Als ob nicht auch in Teutfcher art 
Noch wer vernunfft vnd Heupter zart, 
Damit man weißheit, kunſt möcht lehren, 
Nicht not fo ferr in Schulen kehren, 
Melcher mil Iehren in felm Land, 
Der findt jeg Bücher aller hand, 
Das niemand mag entfchuldigen fich, 
Gr woͤll denn liegen lefterlich, 





713 


Man meint etwann, es wer fein lehr, 
Wenn zu Athenad vber leer, 
Darnach man fie bey Wahlen fand, 
Jet ficht man auch in ZTeutfchen Iand, 
Vnd gbreſt uns nicht, wer nicht der wein, 
Vnd das wir Teutfchen voll wölln fein, 
Vnd mögen fein recht arbeit thun, 
Wohl dem, der hat ein Weifen Son, 
Ih acht nicht, das man vil kunſt künn, 
Vnd flell damit nach Hoffart, gwinn, 
Vnd meint darburch fein flolg vnd Flug, 
Wer weiß if, ver fan kunſt genug, 
Mer lehrt durch hoffart und durch Gelt, 
Der fpiegelt ſich allein der Welt, 
Gleich ald ein Nerrin, die fich mußt, - 
Vnd fpieglen thut der Welt zu truß, 
So fie aufffpannt des Teuffeld garn, 
Vnd macht viel Seel zur Hellen fahrn, 
Das iſt das Keutzlin vnd Der Klob, 
Dardurch der Teuffel ſucht groß lob, 
Vnd hat geführet manchen bin, 
Der fi) bebundt fürwigig fein, 
Balaam gab Balach ein vaft, 
Das Ifrael erzürnet Gott, 
Vnd nicht möcht In dem flreit beſtahn, 
Das er durch Frauwen zu möcht gan, 
Hett Judith fich nicht auffgeziert, 
Holofernes wer nicht verführt, 
Jeſabel ftreich fich farben vol, 
Da fie meint Jeſu gfallen wol, 
Der Weißmann fpricht, Ter dich geſchwind 
Bon rauen, fle reißt dich zur fünd, 
Der Nerrin viel find alfo geil, ° 


214 


Vnd je Geſicht bald biehten feil, 
Vnd meinen, ed fol ſchaden nicht, 

Ob fie ein Hlid den Narren gibt, 
Warlich geficht bringt boß geband, 

Vnd fest ein auff Die Narrenband, 
Der darnach leichtlich nicht abſteht, 

Biß er den Heher gfangen hett, 
Hett Berſabe jrn leib bedeckt, 

Sie wer durch Ehbruch nicht befleckt, 
Dina wolt ſchauwen frembde man, 

Biß vmb jr jungfrauwſchafft fle kam, 
Ein demütig Frauw iſt ehren wehrt, 

Vnd wirdig, das ſie werd geehrt, 
Aber welch hoffart nimpt für hend, 

Dern hoffart iſt auch gantz on end, 
Die will auch allzeit vornen dran, 

Das niemandt mit jr gſtellen kan, 
Die groͤßt weißheit auff aller erd, 

Iſt können thun das jeder bgert, 
Vnd wo man das für gut nicht nimpt, 

Doch künnen thun, das jedem zimpt, 
Wer aber frauwen thun wil recht, 

Vnd muß ſein etwann meh denn knecht, 
Wenn ſie gar offt durch blodigkeit 

Mehr thun denn durch jr liſtigkeit, 
Der hoffart die da hand Gotts haß, 

Steiget ftähts auff je baß je baß, 
Vnd fellt zu letzt zu boben Doch, 

Zu Lucifer ind Hellen loch, 
Hdr hoffart, e8 kompt dir die ſtund, 

Das du fprichft auß deim eigen mund, 
Was bringt mein hoher mut mir freud, 

So ih Hie fi in trübfal leid, 








715 


Was Hilft mich gelt, gut vnd reichihum, 
Mas. Hilfft der welt ehr, Iob und rhum, 
Er ift nicht denn ein fehatt gefeln, 

Augenblicklich iſt e8 dahin, 

Wol dem, der diß alls hat veracht, 

Vnd hat allein ewigs betracht, 

Nichts dunckt ein Narren hie ſo hoch, 
Es fellt mit jm zu letzten doch, 
Vnd vorauß die ſchendlich hoffart, 

Die hatten ir natur vnd art, 
Das fie den höchſten Engel ſtieß 

Pom himmel ab, und auch nicht ließ 
Sm paradeiß den erflen man, 

Sie mag auch nicht auff erden beflan, 
Sie muß jr ſuchen jren Stuel, 

Bey Lucifer in hellen pfuel 
Sucht fie den, der fie hat erdacht, 
Soffart ift bald zur hellen bracht, 
Agar durch Hoffart warb von hauß 

Mit jrem Kind getrieben auß, 
Durch Hoffart Pharao verbarb, ‚ 

Chore mit feiner Gefellfchafft flarb, 
Der Herr gar größlich des erzurm, 

Da man in hoffart macht ven Thum, 
Als Dauid thet in Hoffart zelen 

Das vold, muſt er ein Plag ermehlen, 
Herodas kleidt in boffart fich, 

Als ob fein weſen wer Böttlid, 
Vnd wolt auch Haben Böttlich ehr, 

Vnd ward vom Engel gfchlagen fehr, 
Mer hoffart treibt, den nidert Gott, 

Demut er allzeit erhöcht hat. 


vr. 


716 


Yon Goffert Warren, oder Vberheb Warren. 
Das zwey ond neungigf Narren Geſchwarm. 


Das zwey vnd neunzigſt Narren Gefchwarm if von 
Hoffart Narren. Diefe fol man fürnemlich auß den nad: 
uolgenden Schellen Ichrnen erkennen. 

1) Die erfte Schell der Hoffart Narren iſt, ſich vber⸗ 

heben der gefundtheit des leibs. D du groffer Narr, was 
rümef du dich fang deines gefunden leibs, weift du nicht, 
das der heut gefundt ifl, morgen tobt frand ligt, vnd der 
fo heut lebt, morgen todt if. Dann des Menſchen leben 
ift gleich dem Schatten an der wandt, welcher in einem 
augenblid verfehwindt. 
‚.2) Die ander Schell der Vberheb narıen ift, ſtolßie⸗ 
ren von Wegen ber flerde des leibs. O du groffer Rarr, 
was rümeſt bu dich von deiner ſtercke, weiſt du nicht, dz 
fie dir mehr ſchedlich iſt, weder nuß. Dann du würde 
dadurch verurfacht, einem andern ſchaden zu zufügen. 

3) Die dritt Schell der Hoffart narren if, fih vber⸗ 
beben der geſchwindigkeit und geringfertigkeit feines leibs. 
Du Rarr, was rümeft bu dich viel der geſchwindigkeit, 
fo doch die Hundt, Hirtzen und Hafen an geichwindigkeit 
dich weit obertreffen. 

4) Die vierdt Schell ift, fich oberbeben ver ſchönheit feins 
leibs. Weiſt du Narr, wes du dich vberhebſt? Du bi 
gleich einem geflorbnen, der fih rümet von der begrebnuß 
ſeines grabs, alfo it auch bein Seel geftorben in den fün- 

‚den, vnnd Jigt begraben in deinem gemalten cörpel. O 
katt onnd mifl, was rümef du dich viel von dem fehnee, 
mit welchem du bevedet bifl ? 

5) Die fünfft Schell der Hoffart narren tft, fih des 
Adels ond herrlichen Rammens vberheben. O du ſchwar⸗ 
ber Rapp, du treibef vergebens Hoffart mit bes Pfawen 
federn. Ich gib es zu, das deine Eltern fein vom Adel 
gewefen, vnnd ven befommen haben von wegen jrer tu: 
gendt, du aber firdeft in allen fünden, ſchandt und laſtern, 
vnd würdeſt durch ſolche Tafter gleich eim ſchwartzen vnd 
vnfletigen Rappen. 

6) Die ſechſt Schell der Vberheb narren iſt, ſich ſeines 


717 


leibs frepheit vberheben, biewell er niemaubt vnderworffen 
il. O du Narr, was rümeft du dich viel deiner frey⸗ 
heit, weift bu nicht, das wir alle Knecht fein bie auff die⸗ 
fer Reit ? . 

7) Die fiebenbt Schell der Vberheb narren iſt, fi ſei⸗ 
ner geſchickligkeit vberheben. Remlich das er ein gut ge 
dechtnuß hab, ond das er Teichtfich ein Ding möge behalten. 

8) Die acht Schell der Bberheb narren iſt, fih der 
Reichthumb oberheben, ond Yon wegen berfelben jederman 
verachten. D du Narr, was treibeft du groſſe Doffart 
mit beinen Reichthumben, die doch gleich einem Mülſtein 
fein, der dir an halß gehendt if, damit du erfeufft werdeſt. 

9) Die neundt Schell der Bberheb narren if, ſich des 
gewalts vnd herrligfeit oberheben. Du Narr, was rüh—⸗ 
meft du dich lang, fo du doch in dem aller gefehrlühften 
vnnd forglihften fand wandleſt. Dann die, fo in gewalt 
fißen,, müflen fi vor auffruhr ond andern feindtfchafften 
tag vnd nacht hefftig fürchten. ' 

10) Die zehennt Schell der Vberheb Narren if, fi 
feines Herren oder anderlent gunft rühmen vnnd beflen 
erheben. D du Narr, du bawſt auff ein Regenbogen 
ond rühmeft dich deſſen. Dann was ift der menſchen gunfl 
anders, weder ein Regenbogen von mancherley farb, ber 
lieblich anzufehen if, aber in einem augenblid verwandlei 
wirt. Alſo ift es vmb der menfhen gunft vnd lieb, beut 
bit du lieb ond werbt, morgen hats ſichs alles verkert. 
peut sin du deines Herren fahrende hab, morgen biſt tu 
ſchabab. 

11) Die eilfft Schell der Vberheb Narren iſt, ſich der 
Weltlichen ehr, lob vnd ruhms erheben. O du Narr, 
weiſt du nicht, das die Weltlich ehr zergenglich iſt, vnnd 
gleich dem ſchatten an der wand, welcher inn einem au⸗ 
genblick verſchwindt. 

12) Die zwöfft Schell iſt, ſich der kunſt vnd erfahren⸗ 
heit vberheden. O du Narr, was rühmſt du dich vil der 
erfahrenheit, weiſt du nicht, der, fo inn vil dingen erfah⸗ 
renheit hat, offt trawrig if, wann anderleut fröoͤlich fein. 
Darumb wann du dich von der erfahrenpeit rühmeſt, fo 

rũmeſt du did nur der irauwrigkeit. 


7148 
13) Die dreitzehend Schell iſt, fi der tugenb vberhe⸗ 
ben ond Hoffart dardurch treiben. Du Narr, wz treibt 
du lang hoffart mit der artzney, durch welche du verwun- 
det bift worden. Die tugenden fein ein ar&ney der ferien, 


wann du nun biefelben mißbrauchſt, wirt auß den tugen: 
den ein lafler. 


14) Die viertzehendt Schell der Hoffart Narren iſt, fi 
des fingend, oder der gebrochen flim, oder reinen vnd ho« 
hen flimm vberheben vnnd ein Hoffart Dadurch haben. O 
du Narr, weit du nicht, das die gebrochen flimm ein ge 
wiffes beyfpiel ift eines zerbrochnen vnnd vnbeſtendigen 
hertzens vnd gemüts. Gleich wie das krauſecht Haar an 
den Männern, vnd runßfechten Heider an den Weibern 
zu ſchelten fein, alfo tft auch ein gebrochen vnnd reine 
ftimm in dem fingen zuuerwerffen. 

15) Die fünffgehend Schell der Hoffart Narren if, ſtol⸗ 
gieren mit feinen Büchern. D du Karr, liebeft du noch 
bie ſchönheit oder die menge der Bücher, hab ich virs 
droben im erflen Rarren gefchwarm nicht deutlich gnug 
gefagt, wie du dich mit ven Büchern folt halten. 

16) Die fechbehend Schell der Hoffart Rarren ifl, mit 
fchönen vnnd Köſtlichen heuſern Hoffart vnnd pracht trei⸗ 
ben. Du rümeſt dich hoch von einem Roſſzſtall, da rein 
du dein ftinden leib ſetzeſt, aber für das ſchoͤneſt vnd köf⸗ 
lichſt hauß eins guten gewiffen, darinn Gott fol wonen, 
haft du Fein forg. 

17) Die fiebentzehendt Schell der Hoffart Narren if, 
fih der köftfichen malzeit zu ruhmen. O du Narr, was 
rüpmeft du dich vil daruon? Es wirt dir doch folches lob 
nit zugelegt, fonder dem Koh, der fol köſtlich malzeit 
hat zubereitet. 

18). Die achtzehendt Schell der Hoffart Narren ift, fi 
oberheben der grofien haußpaltung. Du Narr, was rüß 
meſt du dich vil, das du ein groffe haußhaltung vnnd vil 
gefind habeſt. Fürwar, folche dienen dir nit deines nutzes, 
fonder allein ires nutzes hafb, damit jr fad vol werd. 

19) Die neuntzehendt Schell der Hoffart Narren iſt, ſich 
vberheben, dieweil er zu reiten bat, vnd ein anderer zu 
fuß gehen muß. O du narr, wz rümf du dich ſolches, 


— — — — — 
. 


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719 


e8 were bir ein gröſſer Iob onnd rhum, wann bu alfo 
ſtarck wereft, das du das Roſſz tragen möchteſt, weder das 
du von fm getragen wirft. 

20) Die zwengigft Schell if, Hoffart treiben mit weis 
Ken vnd fanfften bettern. Es fein gleich folche beit zu» 
gerüft von fammet oder von felden, fo Tigft du gleichwol 
auff einem faulen madenfad. Darumb wölleſt du dich 
deren nit rühmen vnd Hoffart damit treiben. 

21) Die ein vnd zwentzigſt Schell der Hoffart Rarren 
ift, groffe vnd ſtinckende hoffart treiben mit den Kleidern. 
Hie Hetten wir gar vil zu fagen von der ſchandtlichen 
hoffart der kleidung, fo die Männer und Weiber üben ; 
aber dieweil ſolches zuuor etwas weitleuffiger in den rei 
men ond droben bey den Spiegel Narren iR erklärt wor⸗ 
den, wöllen wirs hie auff dißmal Taffen beruhen, vnnd 
allein von den Schellen gefagt haben, darauf man bie 
Hoffart Narren foll Ichrnen erkennen. 


Der XCHI. Narr. 


Die Wuchrer führen wild gewerb, 
Den armen find fie rauch vnd herb, 
Nicht achtens, das all Welt verberb. 


Bucher vnd Fürkauff. 

Dem ſol man greiffen zu der hauben, 

Vnd jm die zecken wol abklauben, 
Dad rupffen die Fluckfeder auß, 

Wer hinder ſich kaufft in ſein Hauß, 
AU Wein vnd Korn im gantzen Landt, 

Vnd förchten weder fünd noch ſchand, 
Damit ein arm Mann nidhtes findt, 

Vnd hungers fterb mit weib vnd kindt, 
Dardurch, ſo hat man jetzt viel theuwr, 

Vnd iſt denn fernig böfer heuwe, 


720 


Nun gilt der Wein kaum zehen pfunbt, 

In eim Monat es darzu Tumpt, 
Das er jebt giltet dreiſſig gern, 

Als gfchichts mit Weiffen, Noden, Kern, 
Ih will vom vbernug nicht fchreiben, 

Den man mit Zin und Gült thut treiben, 
Mit leihen, Beltzkauff, und mit borgen 

Manchem ein pfundt gewinnt ein Morgen, 
Mehr denn es thun ein jar lang folt, 

Man leihet eim jetzt Müntz vmb Golbt, 
Für zehen fchreibt man eilff ins Buch, 

Gar leichtlich mer der Juden gfuch, 
Aber fie mögen nicht mehr bleiben, 

Die EChriften, Juden, ſie vertreiben, 
Mit dem Judenſpieß diefelbn rennen, 

Ih kenn vil, die ich nicht will nennen, 
Die treiben Doch viel Kauffmanfchag, 

Vnd ſchweigt darzu all recht und Gag, 
Ir vil fich gegen dem Hagel neigen, 

Die Tachend auff den reiffen zeigen, 
Noch gfchicht Dargegen auch gar did, 

Das mancher bendt fi an ein ſtrick, 
Mer reich will fein mit ſchad der mein, 

Der ift ein Narr doch nicht allein. 


Ben Wucher Merten, Fürkauff Warren, Iuden- 
Herren, Kauf Marren, Schadtkauff Marten, 
Schadt Warren. 


Das drey vnd neungigfi Narren Gelhmarm. 


Das drey vnnd neungigft Narren Geſchwarm If, von 
Schad Narren oder Wucher Rarren, deren gar onzälich 
viel fein, welche, fo man fie all wolt erzehlen onnd einem 


721 


jeden ein Schellen anbenden, möchte fünff dutzendt nicht 
befchieffen oder gnug fein. Doch damit man foldhe kürtz⸗ 
lich lehrn erkennen, fo wöllen wir fieben Schellen ſetzen, 
darauß man fr art ond eigenfchafft fol Ichrnen erkennen. 


1) Die erfi Schell ver Wucher Narren ift, fürfauffen, 
darmit doppel zu Wuchern. Es feind deren viel, die kauf⸗ 
fen zu Herbfi oder Erndt zeit alles auf, Wein vnnd 
Korn, vnnd frhütten es auff, damit fie ſolches nachmals 
dreyfach tewrer verfauffen,, onnd fehen allein dahin, wie 
fie ein tewrung mögen inn das Landt bringen, auff das 
fie die Frücht vnnd Wein nach ihrem wolgefallen vnnd 
bergenluft mögen verlauffen. Diefe werden an vielen ohr⸗ 
ten der Gefchrifft wilde vnd Freifchliche hier genennet. 
Dann fie fein fo wilt ond Teuffelfüchtig, das fie Feines 
andern armut oder noth anfehen, fonder fie lugen allein, 
wie fhr Matenfad erfült werde. Ja fie fein noch wol 
erger dann wilde Thier, dann ein wilt Thier kompt dem 
anderen zu hilff in der not, aber folcher Zeuffelifcher 
Wucherer vnd Fürkeuffer thut ſolches nicht, fonder wenn 
er fehe, das feinem Rechflen die Seel außgieng , feme er 


ihm nicht mit einem ftüd Brott oder Wein zu hilf. Bber _ 


vas fein fie alfo auff den Wucher vnd Geiß geneiget, 
das wenn fhon ein armer dörfftiger Menſch kompt vnd 
hat Das par gelt in der handt, vnd wil im doppel mehr 
darum geben, weder es jhn zuuorhin koſtet hat, erbarmet 
er- fi) gar nicht ober jm', fonder zeuchet es lenger auff, 
biß es viel mal mehr gilt, weder es jhn koſtet hat. Ya, 
fprechen fie, ich wil mein Korn vnd Wein behalten, biß 
S. Gregory auff einem falben Hengſt daher reittet: dar⸗ 
durch vermeinen dann folche Eräbuben, es fol reiffen vnnd 
Falte morgen geben, auff das Wein vnnd Korn erfriere. 
D du Gotilofer, Ehrnfofer, Dieb vnnd Bößwicht, wie 
kanſt du alfo gar inn der Tieb gegen deinem Nechſten er 
kaltet fein? oder wie kanſt du doch fo ein verſtockt vnnd 
wildt herb haben gegen. veinem Rechften, das du begereft, 
es fol Bein vnnd Korn vmb deinet halben erfrieren vnd 
verberben, damit bein Teuffelsfad vnnd bodenloſer Geitz⸗ 
ſack (ich fag darumb bodenloß, tann es if fein ehr bey 
ſolchen Wuchern, vnnd bleibt auch keine bey ihnen, fon« 
I. 46 





722 


der fie felt alle durch den Sad) voll werde, bargegem 
aber manicher armer dürfftiger menfch werden vnnd ar« 
beyten muß, das im das blut zu den neglen herauß möchte 
lauffen. Auch müſſen vil Wittwen ond weiſſen, fung on» 
alt, groffen hunger vond fummer leiden. Du Wucherhals 
aber fißeft in deinem bracht und lacheſt in die fauft, wenn 
es hagelt vnd ein greülich vngewitter if. O wie ein 
ſchwer vrtheil ladeſt du dir auff den hals, inndem du nicht 
allein den armen ſchindeſt vnd ſchabeſt biß auff das marck, 
ſonder du erzürneft auch Gott im Himmel grauſamlich, 
dieweil du darwider bif, wann er vollommene ond frucht⸗ 
bare jar gibt. Fürwar, folche gottlofe Teutfchinder vnnd 
wucherhels folt man vonder Feiner ehrlichen Geſellſchafft 
oder Gemein dulden, noch leiden, fonder in halten vil 
erger, weder fein Zuden. Dann ein Jud feht fein Scel 
offentlich darauff, vnd ſchembt ſich folches nicht, aber diſe 
Wucherhels richten folches alles auß vnder dem ſchein des 
Cyhriſtlichen nammens. Pfupy der ſchandt, das der Bott 
lich namm folcher ehrenlofer Wucherhels ſchandtdeckel muB 
ſein. Aber ſie werden ohn zweiffel von Gott geſtrafft wer⸗ 
den, vnd geſchicht es hie nicht, ſo geſchicht es dort mit 
dem Helliſchen fewr. Doch ſterben ſolche Wucher vnd ſchin⸗ 
der ſelten eins rechten todts, ſonder der ein erſticht fich 
ſelbs, der ander henckt ſich, der dritt ertrenckt ſich, der 
vierdt ſtirbet gehling oder fürt in ſonſt der Teuffel hin. 
Darum wöllen ſolche Wucherhels gewarnet ſein, das fie 
ſich nicht alſo gar dem Wucher vnnd dem Teuffel erge⸗ 
ben, dargegen Gott vnd des menſchen gantz vnd gar 
vergeſſen. 

2) Die ander Schell der Wucher narren iſt, betrüglie 
cher weiß nachkauffen. O du mein Gott ond Derr, wie 
viel werben vonder dieſer Schellen begriffen. Dann es 
fein die Wucherer darauff geneigt, das fie fein warten, 
biß ein ding wolffeit if, da kauffen fie ein nach allem 
vermögen, vnd füllen käſten und keller an allen orthen, 
biß nichts mehr darein mag, darnach befchlieflen fie es 
vnnd laſſen nicht daruon kommen, biß etwan ein then- 
rung einfelt, als dann thun fie die Fäften ond keller auff, 
vnd geben es nur nach fjrem wolgefallen, ond fefen nicht 


723 


an, wenn fie ſchon an einem gulden ſechs oder ſieben 
gewinnen. Pfuy der groffen fünbt vnd ſchandt, fo folche 
Wucherer begehn. Es wehr kein wunder, das Gott ver 
Herr dem faß den boden ließ außfahren und das Korn 
die würm freffen. 

3) Die dritt Schell iſt, gelt auffnemmen, oder ander 
ding mehr, darmit zu wuchern. Diele, fo foldhes thun, 
begeben auch ein todt Sündt, fo wol als die anderen 
Wucherer. 

4) Die vierdt Schell der Wucher narren iſt, gelt auß⸗ 
leihen auff kleider oder andere bewegliche güter. Dieſe 
ſündigen auch, dann es ſagt die Schrifft, du ſolt deines 
Nechſten kleider nicht vber nacht im Hauß behalten von 
gewinnß halben. 

5) Die fünfft Schell der Wucher narren iſt, gelt auß⸗ 
leihen auff ligende oder vnbewegliche pſender, als auff 
Hauß, Hoff, Acker, Wyſen vnd Weingerten, das er hie⸗ 
zwiſchen die nutzung daruon brauch, vnnd der ander das 
gelihen gelt gleichwol ſchuldig ſey. Dieſe ſündigen auch 
gleich wie die vorigen. 

6) Die ſechſt Schell der Wucher narren iſt, gelt außlei⸗ 
ben, damit er mög ein Ampt dardurch erlangen vnnd 
erreichen. Diß if auch vnredt. 

7) Die fiebendt Schell der Wucher narren if, fein Gelt 
hinder ein Kauffmann. oder andern Handwercks Mann Ic: 
gen, damit zu wuchern onnd rangion zu treiben. Diefer 
fündiget au hefftig. Diß fein alfo gantz kürtzlich die 
Scellen ver Wucher narren, darauß man allein mag fc« 
ben, was fhr anhang vnd fürfaß if. Aber was bargegen 
ihr Wucher vnd Rantzion ift, fo fie darmit gewinnen, ift 
nicht gnugfam zu fügen. Aber die, fo ſolches thun vnnd 
nit daruon abfichen werben, bielelben wirt Gott nicht 
vngeſtrafft laffen von diefer Welt fommen. Dann e8 ge: 
schicht Fein Wucher fo gering, es ift ein todt fündt. O 
du thorrechter Menfch, was Wuchereft du einem Menfchen ? 
Solt du nicht viel mehr Gott wuchern, der dir es hun⸗ 
dertfeltig wider vergelten, vnd das ewig leben zu befißen 
geben kan. Derhalben Iug ein jeder Wucherer, das ex 
von dem Wucher abflch, vnd dem ewigen vnd Gätlichen 


724 


nachtrachte. Dann was hielfft es dich, wann du ſchon 
die gantze welt hetteſt, vnnd aber bargegen frhaden au 
der Seel Tittef ? 


Der XCIV. Rarr. 


Manicher frewt fi auff frembde hab, 
Wie er viel erb und trag au Grab, 
Die mit frim gbein bie ni werffn ab. 


Bon hoffnung auff erben. 


Sin Narr ift, mer ſich darauff ſpitzt, 

Das er eind andern Erb befißt, 
Oder für jn fomm in den Kobt, 

Sein gut, pfründ, ampt beſitz nad tod, 
Mancher eins andern tobt fich freut, 

Des end er ninmmermehr befcheumt, 
Hofft einen tragen hin zum Grub, 

Der mit feim gbein wirfft Bieren ab, 
Wer hHoffet auff eind andern tobt, 

Vnd weiß nicht, wenn fein Seel außgoht, 
Derfelb den Eſel thut befchlagen, 

Der in get Narrenberg wirt tragen, 
83 fterben jung, ſtarck, froͤlich Ient, 

So findt man auch viel Kelber beut, 
Es geht allein nicht vber vie Küh, 

Eim jeden fein armut benüg, 
Vnd bger nicht, das es gröffer werd, 

Ein wilder vmblauff iſt auff Erd, 
Bulgarus erbt auch ſeinen Sun, 

Des er nie hat gehofft zu thun, 
Piramus ſah ſein Kind all ſterben, 

Die er hofft, ſte würden ſein Erben, 





I. 


725 


Abfolon ſeins Vatters tod nachfchleich, 
Vnd reicht fein Erbtheil an der Eich, 
Manchem ein Erb wirt vbernacht, 
Auff das er vor nie hat erdacht, 
Mancher ein Erben vberfumpt, 
Dem lieber wer, in erbt ein Hunt, 
Nicht jedem gehet nach hoffend wohn, 
Als Abraham und Simeon, 
Laß Voͤgling forgen wenn Gott voll, 
Sp fompt das glüd, zeit, end vnd ziel. 
Das beit Erb ift im DVatterlandt, 
Da wir hin hoffen alle fampt, 
Gar wenig ftößt e8 doch zur hand. 


Yon Erb Warren, oder Hoff Marren anf Erb. 
Das vier vnd neuntzigſt Rarren Gefhwarm. 


Das vier onnd neungigf Narren Gefchwarm iſt von 
den Erb Narren, nemlich von den gottlofen vnnd vers 
ruchten Kindern, fo fich auff jrer Eltern tobt, oder auff 
anderer freund tod frewen vnd warten, allein von Welt⸗ 
liches guts, das felbig zu ererben. Solche böfe vnd gott: 
Iofe Kinder oder Erb Narren foll man fürnemlich auß zwo 
Schellen Iehrnen erkennen. 

1) Die Er Schell ver Erb Narren ift, Hoffen auf 
zeitlichd Erb vnd Reichthum. Es fein etlich, die hoffen 
vnd vermeinen, das fie ein gut erb wöllen erlangen durch 
jrer Eltern todt: Aber folche Narren werden zum offter- 
malen betrogen. Diß kan ihn auff dreyerley weg wider: 
fahren. Erftlich mögen fie verhinvert werden. Nemlich, 
wann die Eitern fehen vie ondandbarkeit der Kinder ge: 
gen in, mögen fie das gut einem andern vermdihen, oder 
den armen verfiifften, oder ein andern Sohn in Kinds⸗ 

Rat annemmen ond im daffelbig vermachen. Zum anderır 
werden fie ihrer hoffnung betrogen, das fie manchmal che 


726 


flerben, weder die Eltern, vnd nicht fo glüdielig fein, 
das fe fhrer Eltern gut mit freuden follen geniefen. 
Dann ed ift nicht ein jeder verfüchert, das er nicht werde 
fterben, ehe er den Derren fehe, gleich wie Simon. Man 
findt eben ſouil kelber heut, als küh heut. Ja man findt 
Doppel mehr Felber heut, werer Küh heut. Dann es läßt 
Gott der Herr etwann die jugendt dahin flerben, dieweil 
er fiehet, das wann fie lang folten leben, wurden fie jhr 
feel in abgrund der Hell bringen. Diß ift die dritte vr: 
fach, dardurch du deiner hoffnung betrogen wirdſt. Solchs 
baben wir ein exempel an dem Abfalon, der feinen Bat« 
ter allein von wegen des zeitlichen Erbs veruolget, das 
rumb firieff jn Gott, das er jung dahin flarb. Derwe⸗ 
gen wöll ſich ein jeder daruor hüten, er ſey gleich jung 
oder alt, das er feines anderen menfchen todt begere von 
wegen des Erbe. Dann welder fih feiner Elter oder 
eines anderen todt frewet vnnd darauff boffet von wegen 
des Erbes, der wirbt folches nicht genieſen oder erleben. 
Vnnd ob er es ſchon erlebet, fo wirts doch Gott in nicht 
laffen geniefen. 

2) Die ander Schell der Erb Narren tft, nidt auf 
da Himlifch vnd ewig Erb hoffen. Dis if das Recht Erb, 
auff welches jeverman mit höchſtem eifer vnnd eruſt fol 
hoffen ond warten. Das ift das recht Himlifch vnnd Emig 
Erbgut, dahin follen wir all vnſer finn vnd gevanden, 
thun vnd laſſen richten. Die if das flählin vnd eifen 
Erb, welches kein roſt noch ſchaben frißt, noch fein Dieb 
mag ftelen, oder vngewitter, Hagel oder Windt mag ſcha⸗ 
den thun. Nach ſolchem Erbgut haben alle Ertzuätter ond 
Heiligen Gottes geftellet. Welcher nun diß Erb erreicht, 
dem mangelt nicht mehr hie zeitlich und dort Ewigklich. 
Derhalben fol ein jeder nah diſem Erb tag und nacht 
trachten, damit er es mög erreichen, vnd das zeitlich laſ⸗ 
fen fahren, welches verichwindt gleih wie Quedfilber: 
Die aber bleibt in all ewigkeit. 


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727 


Der XCV. Narr. 


Mander fol zu der Kirchen gahn, 
Bad an dem Feyertag müffig ſtahn, 
Der fi doch viel geſchefft nimpt an. 


Bon verführung am Feyertag. 

Das fein Bürger zu Affenberg, 

Die all jr fachen und jr werd 
Sparen allein auff gebannen tagen, 

Auch müflen auff den Affenwagen, 
Den andern Knöpflin feßen an, 

Welchs man nun längft folt han gethan, 
Als man ſaß bey dem fpiel und wein, 

Dem füllet man die fyiken fein, 
Viel Hudeln muß man baren ſtoſſen, 

Eim mug man anthun Rod vnd Hoſen, 
Solch! möcht er fonft nicht legen an, 

Hett ers nicht auff ein Feyertag gthan, 
Köch die richten zu Feuwr vnd gut, 

Eh man die Kirch morgens auffthut, 
So findt man bey jn ſchlemmen ond praffen, 

Eh jemands recht kompt auff die gaflen, 
So feind vie Weinheufer fchier voll, 

Welch man treibt on end Immer Doll, 
Vorauß auff den gebannen tagen, 

So andre werd feind vunberfchlagen, 
So thut man fahren mit dem Karren, 

Feyertag manchen macht zum Narren, 
Der meint, der Feyertag fey erbackt, 

Ein Feine arbeit Gott nicht acht, 
Als das man hol im Spilbret fchlag, 
- Bad Karten fiß ein ganken tag, 


728 


Viel Ian fonft werden jr Geſindt, 
Vnd Hand Fein acht das dienſt und kind 
Zu Kirchen, Previg, Gotts dienſt gohn, 
Oper frü zu der Mett auffitohn, 
Den Meth mölln fle erft recht außkochen, 
Den fie gefotten hand vie Wochen, 
Kein Handwerck ift dem nicht gefüg, 
Das ed am Feyertag etwas tüg, 
Eie feind dem Pfennig alfo gferd, 
Als ob fein tag mehr wer auff Erb, 
Gin theil ſtehn ſchwetzen auff ver Gaflen, 
Die andern fiten, ſpielen, raflen, 
Manchem im Wein da mehr zerrinnt, 

- Denn er ein woch mit arbeit gwinnt, 
Der muß ein fchmürkler, Hömpler fein, 
Mer nicht wil figen bey dem wein 

Tag und nacht biß der Hane kreht, 
Oper der Morgen lufft Her weht, 
Die Juden ſpotten vnſer fehr, 
Dad wir dem Peirtag thun folche ehr, 
Den fie noch Halten alfo fteiff, 
Das ich fie nicht ind Narrenfchiff 
Molt feßen, wenn fie nicht all flund 
Sonft jrrten wie ein tauber Hund, 
Ein aım Mann holg am Feirtag laß, 
-  DBnd wart verfteint allein vmb das, 
Die Machabeer wolten neut 
‚ Am Beirtag wehren fi zu fireit, 
Ir wurden viel erfchlagen zu tod, 
Man famlet nicht das Himmelbrot 
Auff den Beirtag, als Gott gebött, 
Aber wir arbeiten on not, 
Vud fraren viel auff ben Feirtag, 


129 


Das wir nicht thun wölln andere tag 
D Narr ven Belrtag halt vnd ehr, 

Es fein noch werdtag viel und mehr, 
Wenn du fchon fauleft in dem grundt, 

Auß Geibigfeit alles laſter kompt. 


Yon Feyr Karren. 
Das fünf und neungigfi Narren Geſchwarm. 


Das fünff vnnd neunpigft Narren Gefhwarm if, von 
Feyr Narren, nemlih von diſen, fo den feirtag nicht Hei 
ligen vnd verachten. Dife fol man fürnemlich auß zwo 
Stellen lehrnen erkennen. 

1) Die erſt Schell ver Feyr Rarren if, am Sontag 
ein Knechtiſch werd begehen oder volbringen. Ein knech⸗ 
tiſch werd nenne ich ein todtſünd, ſie geſchehe auff was 
weiß es wolle, in ſtoltzheit, reichthumb oder geilheit. Erſt⸗ 
lich an flolgheit, nemlich wann du am Sontag bed mor: 
gens-auff fieheft, legeſt du dich auffs Föflliheft an vnnd 
bugeft dich nach aller hoffart Herfür, damit du daher trets 
teft wie ein Pfaw, auff ver gaffen vnd mit deiner hofs 
fart das mannlich gefchlecht zur vnkeuſchheit vnd geilpeit 
aureisef. Dip if ein todtfünd vnnd entheiligft hiemit 
ven feirtag. Darnach entheiligeft du den feirtag und ber 
geheſt ein Inechtifh werd, wann du am heiligen Sontag 
von wegen gewinng fpielefl, ond damit du etwas gewins 
neft, fo Ieugft du, treugfi, flucheſt vnd ſchwereſt wie ein 
ongleubiger Türck, vnnd wirfffi deinen nechflen ober das 
feil, wo du fanft vnnd magfl. Hiemit Haft du dann ein 
knechtiſch werd begangen vnd den feirtag gebrochen. Zum 
pritten entheiligft du den feirtag, wann du daran hurefl 
vnd dubef, die ehe brichſt, oder fonft ſchand vnnd vnzucht 
begeheft, oder eine in vnehren angreiffeft, oder zum tantz 
laufe, fpringeft vnd hupffeſt vnd nit,an Gottes wort 
gedenckeſt, dz du folt zu Gottes wort gehn. Zum vierten, 
wann du am feirtag flucheſt, Gottsleſtereſt, fchmeheft die 
leut, zandeft, hadereſt, oder balgeſt, oder zuͤrneſt, oder 


200 ». 


die zugefügte ſchmach rechefl. Item, fo bu dich vol fauf 
fe vnd nachmals ſpeuweſt gleich wie ein gerber hund. 
Stem, fo du am Sontag werdef, gleih ald wann es am 
werdtag nicht gut wer. Welche nun difer fluden eines 
begehn am feirtag, die entunehren denn den Heiligen Sabs 
battag und begehn ein Knechtifche fünd daran. Ich nenne 
aber folche fünd ein Knechtifche ſünd, dieweil ver, fo fün 
den begeht, ein Kmecht der ſünden if. Darumb, welcher 
pifen laſtern ergeben ift am feirtag, der fündigt wiffent- 
lich, vnd wirt jm folches nicht ongeftrafft hingehen. 

2) Die ander Schell der Feir Narren if, die Göit⸗ 
liche werd vnd Gotisdienſt verfaumen vnnd verachten, 
welches geſchicht auff fieben weg. Zum erſten iſt die ver⸗ 
ſaumung bes Gottsdlenſts, das er nicht bey dem geſang 
iſt. Zum anderen, die zubörung des Wort Gottes. Zum 
dritten if der fürfaß, von fünden abzuftehen, buß zu thun. 
Zum vierbten ift die volftredung der gebotten Gottes. 
Zum fünfften iſt die gebechtnuß der gutipaten Gottes, fo 
wir von Gott empfangen. Zum fechßten if, Bott bitten 
ond anrüffen. Zum fiebenven ift Allmuſen geben vnd ben 
armen bandtreihung thun. Welcher diefe fiuck am fein 
tag belt, der feiret ven Sabbat recht ond wol. Der aber 
den obgemelten laſtern anhangt ond fich darauff begibt, 
ber entheiliget den feirtag. Dife, fo den Feirtag alfo in 
fhandt vnd laſter zu bringen, die wirt Gott vrplötzlich 
firaffen , ehe dann fie fich folches..verfehen. 


Der XCVI. Narr. 


Der if ein Rarr, ver trawrt all tag, 
Bmb das er nit gewenden mag, 
Diver den reumt, das er hat gthon 
Eim guts, ders noch nit fan verſtohn 


Schenden vnnd gereumen. 
Der ift ein Narr, ver chenden thut, 
Vnd das nicht gibt mit gutem mut, 





731 


Vnd darzu ſauwr vnd vbel ficht, 
Das eim nicht liebs daruon geſchicht, 


. Damit er gab vnd lohn verleuwrt, 


So im ſein ſchenck fo faſt bedeurt, 
Als thut auch der, der etwas gut 

Durch Gottes Ehr vnd willen thut, 
Vnd hat doch rew vnd leid daruon, 

Wenn Gott jm nicht gleich gibt ven lohn, 
Denn wer mit Ehren fchenden wol, 

Der lach vnd fen ein gut Geſell, 
Vnd fprech, nicht zwar ich thus ungern, 
Will er nicht danck vnd Ion entbärn, 
Denn Gott fiht auch des Saab nicht an, 
Wer nicht mit fröuden fchenden fan, 
Jeder das fein behaltet wol, 

Zu fihendn man niemandt zwingen fol, - 
Allein auß freyem hertzen gebt 

Die ſchenck, die jedem wol anfleht, 
Selten verloren mirt der band, 

Wiewol er etwann kummet lang, 
So wirt es doch gemonlich fchlecht, 

Wenn zwen vmb ein ift fabenrecht, 
Ob einer ſchon vndanckbar fey, 

Bindt man dargegen ehren frey, 
Ein dandbaren und weifen Dan, 

Der es alls wibergelten Tan, 
Aber wer ſchenck verweſen thut, 

Der will ven druck nicht han für gut, 
Vnd will nicht warten weiter gob, 

Verweiſen fchend ift gar zu grob, 
Man ſicht in vber die achfeln an 

Der fein gutthat verweifen Tan, 

Vnd wirt jm fonft nicht mehr baruan. 


— — 4 


732 


Von Schench Harsen, oder Gab Herren. 


Das ſechs und neungigf Narren Gefhwarm. 

Das ſechs vnnd neungigfi Narren Gefhwarn if, von 
Gab oder Scend narren. Nemlich von diefen, fo mit 
traumwrigfeit oder rew einander etwas fihenden. Dife 
fol man auß ſechs Schellen lehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell der Schend narren if, mit faurem 
angefiht vnd trawrigem gemüt einem etwas fehenden. 
Sp du wilt einem etwas fihenden, fo tue foldes auß 
freyem willen und mit wolluſt. Dann ein frepywillig ges 
müt vnd ein fröfich angeficht macht die fchende herrlich 
vnd angenem. 

2) Die ander Schell if, ſchencken mit langem verzug. 
So du einem etwas wilt fchenden, fo thu baflelbig ohn 
allen verzug , dann wenn du ed lang auffziebeft, fo bla⸗ 
geft ihn mehr darmit, werer du ihn begabefl. Du thuf 
glei als wenn einer einem Hundt ein ftud fleifh oder 

rott geben wil, vnd fledt ihms an das Mefler, läſt in 

hoch darnach fpringen vnd tantzen, alfo das er offt das 
maul darob zerfelt, ehe ers erreicht, darob dann der Hundt 
vnluſtig wirt, vnd iſt im nicht fo angenem, ald wenn du 
ed jm gleich geben hetteſt. Auff gleiche weis iſt «6 den⸗ 
ihenigen auch nicht angenehm, fo du etwas fchendeft, wenn 
ſolches mit Tangem verzug gefchicht. 

3) Die dritt Schell ift, ſchedliches vnnd böfes einem 
fhenden. So du jemands wilt etwas verehren ond ſchen⸗ 
den, fo gib achtung darauff, ob es dem andern nüß oder 
had ſey. Dann wenn folches zu feinem fehaden dienet, 
würdeft du wenig band dardurch erlangen. 

4) Die vierdbt Schell iſt, Die gefchend und gutthat auffe 
rupffen. Welcher folchs thut, der ift ein onuerichampter 
fhend Narr. Dann es fol der Berfehender der gab glei 
vergeſſen, vnnd folt hergegen ver ander, fo die gutthat 
empfangen bat, folcher als baldt eingedend fein, und deſ⸗ 
felbig nimmer vergeffen. 

5) Die fünfft Schell it, auß boßheit vnd argliſtigem 
gernüt die ſchenck wider zurud ziehen vnd nicht Halten, 
o er verheiffen hat. Deren fein ein gut teil, die vers 
yeiffen viel, aber halten wenig. 


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733 


6) Die ſechſt Schell ift, von dem Vndanckbaren Hagen, 
ond ſich die ſchenck laſſen gerewen. So du einem gute 
thuſt, vnd er hergegen ondandbar if, folt du nicht von 
im Hagen, vnnd auch die fchend laſſen gerewen, ſonder 
folt folches mit gedult tragen, ond ihm fe Tenger je mehr 
guts beweifen, fo du nun folches thuſt, fo würdeſt du ihn 
mit deiner gütigleit vberwinden, dz er nachmals vefter 
vandbarer gegen dir werde. Diß fey alfo kürtzlich gefagt 
von den Schend Narren. Dann wir allein Fl ha⸗ 
ben wöllen anzeigen, was jhr natur vnd leben ſey. 


— — — — 


Der XCVII. Narr. 


Tragheit findt man in allen Gſchlechten, 
Vorauß in Dienſtmaͤgden vnd Knechten, 
Den kan man nicht genugſam lohnen, 
Sie können doch jr felb wol fhonen. 


— — 


Bon Tragheit ovnd faulkeit. 


Kein beſſer Narr in aller ſach 
Iſt wenn der allzeit thar thun gmach, 
Vnd iſt fo träg, das im verbrennt 
Sein Schinbein, eh er ſich verwendt, 
Wie Rauch den Augen ift nicht gut, 
Was eſſig auch ven Zänen thut, 
Deßgleich der treg vnd faul thut fcheln, 
Denen die hand gefenbet jn, 

Ein treger Menfch iſt niemands nuß, 
Denn das er fey ein Winterbuß, 
Vnd dad man jhn laß fchlaffen gnug, 

Eigen beym Ofen ift fein fug, 
Selig, der wert mit feinem Karft, 
Mer müſſig geht, der ift der Narrſt, 


734 
Die müffig geben ftrafft ber Herr, 

Vnd gibt der arbeit lohn und ’chr, 
Der böß Feind nimpt der tragheit war, 
Vnd füet gar bald fein famen bar, 

Sragbeit ift vrfach aller fünd, 
Macht murmeln Ifrael die Kind, 
Dauid thet Ehbruch und Topfchlag, 
Darumb dad er treg müſſig lag, 
Bad Carthago was gank vmbkert, 
Darumb ward Rom auch gang zerfldrt, 
Ein gröffern ſchaden Nom empfleng, 
An dem das Carthago vndergieng, 
Wenn fie von flreit empfleng baruor, 
Bon jr hundert und fechbehn jor, 
Der träg der nicht gern geht herfür, 
Vnd ſpricht, der Löw ſteht vor ver thär, 
Der thoͤrecht Hund jn heim bebalt, 
Faulheit erdenckt ein wehrwort bald, 
Faulheit ſich wider wendt herfür, 
Gleich wie der Angel an der thuͤr. 


Von Saul Narren, Träg Warren. 
Das ſieben vnd neuntzigſt Narren Geſchwarm. 


Das fieben vnnd neuntzigſt Narren Geſchwarm iſt, von 
Faul Narren oder Träg narren. Dieſe ſol man fürnem⸗ 
lich auß zwölff ſchellen lehrnen erkennen. 

1) Die erſte Schell der Faul Narren il, die löwbeyt 
oder lewe. Diß if ein böfe faulkeit, dieweil du werer 
falt noch warm bift, fonder lewe. Darauf volget dann, 
wenn bu alfo lewe bift, dieneſt du nirgendt Zu, weder zu 
ſieden noch zu braten. 

2) Die ander Schell der Kauf narren iſt, die weichhett 
oder zartheit. Es fein etliche fo faul, das, wenn fie ein 


735 


werd anfahen vnnd daſſelbig ihn nicht gang wol von 
ftadt gebet, fonder etwas ſchwers barinn für felt, Reben 
fie von flund an wider daruon ab, vnd werden alfo inn 
jhrem zarten geift zu nicht gemacht. 

3) Die dritt Schell der Faul narren ift, die fehläffrig« 
feit, fürnemlich in Betten vnd anrüffung Gottes. Es 
fein etliche alfo verfchlaffen vnd träg, das fie nisht recht 
die FEB mögen in das Beth bringen, fo ift jhn ber kopff 
ſchon entfchlaffen. Solches gefchicht allein durch des Teufe 
fel8 einblaffen, der kratzet dir alfo fanfft vnd lieblich hin⸗ 
der den ohren, damit du entfchlaffefl. Welches fürwar ein 
grofie faulfeit if, dieweil du nicht ein halbe fund kanſt 
wachen, vnd Gott Ioben vnd preifen, das er dich bepät 
hat vor allem vnglück. 

4) Die vierdt Schell der Faul narren iſt der müffige 
gang, welcher iſt ein wurtzel alles böfen, ſchandt vnd la⸗ 
fſter, fürnemlich der Geilheit, wolluſts, ſorgligkeit, liegens 
vnd triegens, vnd aller Hoffart ein Mutter. 

5) Die fünfft Schell der Faul narren iſt, den auf 
ſchlag vnd auffzug buß zu thun. Es fißen ſolchen verzug 
Narren die Rappen (nemlich die ſchwartze biutfarbe fünde) 
oben auff dem Hauß vnnd fihreyen, Cras, Cras, Cras, 


vnnd ehe das Graß gewachſt, fo iſt das Omath ſchon 


vergangen. Solches iſt der Narren natur, die ſprechen 
alweg, Morgen wöllen wir Buß thun, vnnd ziehen das 
morgen alſo lang auff, biß ein gantz jar darauß wirt, 
vnd ſterben ſie manichmal dahin, ehe der Meyen kompt, 
darinn das graß pflegt zu wachſen. 

6) Die ſechſt Schell der Faul Narren iſt, die lang⸗ 
ſamkeit, gemechligkeit, vnuerfanckligkeit. Es fein etliche 
alfo faul vnnd träg, das was fie anfangen, laſſen fie ihn 
nirgendt gelingen, fonder gehn algemacd mit der ſach 
vmb, damit fie das milg nicht fleche, vnd ziehen die faue 
fen fchelmenienten hbernach, gleih als wenn fn ber rud 
entzwey were, fo fie doch nur ein faul fchelmenbein ta 
rin haben. In fumma, all jr werden geht ihn von fladt, 
al wenn einer mit Ochfen zader fahrt oder Eſel treibt, 
der mag dann ein tag etwann zwo oder drey meil reifen. 
Alſo fein auch folche ſchleich vnd lemp Narren, die gehn 


736 . 


mit dem werden omb, gleich ale wenn fir ob Eyrn ſeſ⸗ 
fen, diefelben außzubrüten. 

7) Die fiedennt Schell iſt, die fahrleffigfeit vnd vn- 
fleiſſigkeit. Es fein etliche gefindt vnnd dienſt alfo fahr: 
Ieffig, das wann fie fhon etwas thund ond werden, fo 
iſt doch daſſelbig halb recht, vnfleiffig vnd liederlich ge⸗ 
macht. Dann man findt deren Narren vil, die ſudlen 
vnd hudlen das werd hinweg vnnd gilt in gleich, es ſey 
gut oder böß, wann ed nur aufgemacht vnd zum end 
gebracht if. Diß fein rechte faule hudler vnd Iofe vögel. 
Dann fie fielen einem Biderman das feinig ab mit be 
trug vnd faufkeit inn dem, bieweil fie das werd bezalt 
nemmen, vnd aber nachmals halb außmachen, fonder nur 
obenhin, gleich wie man den grindigen lauſet. 

8) Die acht Schell der faul narren if, die vnuolkomen⸗ 
heit. Dann es fein etlich, die fahen vil an, vnnd machen 
wenig auß. Dife gehören vonder bie wandel Narren. 


9) Die neundt Schell der Faul Rarren if, bie nad» 
Ieffigfeit oder nachhengigfeit, oder von tag zu tag erger 
werden. Dann es fein etlich, die fahen ein werd an, vnd 
werden ein tag ober wen fireng daran, darnach ſtehen 
fie allgemedplih von tag zu tag wider daruon ab, vnd 
laffen es zum letſten gar ligen. . 

10) Die zehendt Schell ver Faul Narren iſt, die ver: 
laſſenheit. Es fein difer gefellen gang vil, warn ſich et 
wann ein ſchwerlicher und wichtiger handel zu tregt vn⸗ 
der ihrer regierung, flehn fie von jrem ampt ab vnd ge 
ben es auff, allein damit fie fih in folchen groſſen wich⸗ 
tigen fashen nit börffen bemühen. Diß fein rechte faul 
Karren, dann vorhin, da ed alled wol zu gieng, beger⸗ 
ten fie groffe Hanſen zu feinim regiment, nachmals aber, 
als betrübnuß vnnd widerwertigfeit einfiel, fagen fie das 
regiment auff. . 

11) Die eitfft Schell der Faul Narren iſt, bie vnſorg⸗ 
ſamkeit. Man findt vil, die haben gar fein forg zu jren 
ſachen vnd Haußpaltungen, fonder ſchlagens alles in winkt 
vndbd laſſen ein Hein Walduögelein forgen. 

12) Die zwölfft Schell iſt die groſſe flindenve fauffeit. 
Es fein etlih feuler dann mift, vnd wann fie im miſt 


737 


ond kot Segen, und heiten neben in ein ſchön vnd köſtlich 
zubereit bett fiehen, weren fie alfo faul vnd treg, das 
fie vor faulkeit nicht möchten auffflehn vnd fih inn das 
fauber bett legen, fonder bfieben ehe im mift vnnd Tot 
ligen. Ja es ift mander fo faul, das wann er vonder 
dem thachtrieff leg, möchte er vor faulkeit die augen nicht 
zuthun, fonder biß fie im der thachtrauff außfchlagen, 
oder wann er bey dem fewr Ieg, ließ er jim ehe die ze⸗ 
den abbrennen, weder das er vor faulfeit die füß an fich 
zöge. Vnd das ichs mit einem wort fag, es ließ fi 
mancher ehe den Teuffel hinführen, weder er Gott anrüfs 
fe vnd vmb verzeibung feiner fünden bäte. Denn wies 
uil figen am Sontag, wann man Gottes wort foll hö⸗ 
ren im bett zu ſchnarchen vnd ſchnauffen, vnd fein fo 
faul, das fie nicht mögen auffftehen, Gottes wort au hö⸗ 
ren, auch wann fie ſchon in der Kirchen fein, laſſen file 
fih die faulfeit dermaſſen oberwinden, das fie vor grof 
fer fauffeit die oren vnd augen nicht mögen auffihun vnd 
zu horchen, was man in fage, fonder fitzen do gleich wie 
ein gefchnitter götz, der weder gehört, nor fiehet, noch 
reden fan. Dis ſey hie von den Faul Narren kürtzlich 
gefagt, von welchen wir zwar nech vif heiten zu fagen, 
wie faul vnd dürr wir fein gegen Gott vnd feinem Gött⸗ 
lihen wort, auch gegen den armen. Aber wir müflen 
weiter fortfahren, damit wir diß werd zum end bringen 
mögen. 


—— — — 


Der XCVII. Narr. 


Die Hab ih gſtellt noch vil zufammen, 
Die Rarren feind und hand den nammen, 
Der andern Rarren fi bog (damen. 


Bon Außlendigen Narren. 


Noch find fonft vil vnnützer Teut, 
Die wüft gehn in der Narren heut, 
1. 47 


738 


Vnd feind darinn verbarret gank, 

Gebunden auff des Teuffels fchmang, 
Vnd feind zu bringen nicht daruon, 

Wil ich ſtillſchweigend für fie gohn, 
Vnd fie Ian in thorheit bleiben, 

Vnd von jr thorheit menig gfchreiber, 
Als Saracenen, Türen, Heiden, 

AR die vom Glauben ſeind geſcheiden, 
Den gleich ich auch die Ketzer Schul, 

Die Het zu Prag ven Narrenftul, 
Vnd Hat gefpreit auß jren fand, 

Das fle auch bat jedt Merrhern land, 
Die wüſt m der Narren Rappen tretten, 
Gleich wie all Die anders anbetten, 

Denn drey Perfon, ein waren Gott, 
Den vnſer glaub ift wie ein fhott, 
Welch ich nicht für ſchlecht Narren han, 
Sie müflen auff ver Kappen ftahn, 

Wenn je Narrheit fo öffentlich ift, 
Dad jevem Tuch zur Kappen gbrifl, 
Deßgleich all die verzweiffelt hand, 
Vnd find verftricdt in Teuffeld band, 
Als thörecht Frauwen, böfe Weiber, 
AM Kupplerin, Pfaumentreiber, 
Vnd andere, bie in ſünden find 
Vnd in je Narrheit gank verblindt, 
Damit wil ich auch deren gedenden, 
Die fich ſelbs tödten ober hencken, 
Vnd Kind verderben und ertrenden, 
Die find nit würdig ver Geſatz, 
Oper das man fie lehr vnd faß, 
Noch ghören fie in Narren zal, 
It Narrheit gibt in Kappen all 


739 


Yon Auflendigen Warren. 
Das acht vnd neunbigfi Narren Gefhwarm. 


Das acht Hnnd neuntzigſt Narren Geſchwarm iſt von 
Außlendigen Narren, nemlich von vungläubigen, als Zürs 
ten, Heiden, Saracenen, Zartarn, verzweiffelte menfchen, 
fo von Gott abfallen vnd fich dem ZTeuffel ergeben, over 
fich ſelbs erhenden oder ertrenden. Dife fol man fürnem: 
lich vnd kürtzlich auß fünff Schellen Iehrnen erkennen. 

1) Die erfie Schell der Außlendigen oder Bngläubigen 
Narren ift, die Artidel des Chriftlichen Glaubens nicht 
glauben oder annemmen wöllen. Vnder diefer Schellen 
werden fürnemlich begrieffen Zürden, Zuden, Heiden, Sa: 
racenen, Tartarn, Scyten, Kebermeifter vnd ein guter 
theif der Chriften. Dann ein feder, der in feinem glau: 
ben zweiffelhafftig oder vngewiß iſt, der wirt für ein vn⸗ 

läubigen gehalten. Deren findt man gar viel onder den 
hriſten, die wiſſen fo wenig vom glauben zu fagen, 
oder woran fie glauben, als ein Türck oder Heid. Diele 
fein dann billich under die Vngläubigen zu rechnen. 

2) Die ander Schell der Bngläubigen oder Außlendis 
gen Narren ift, verzweifflen, von Gott abfallen auß Hein 
mütigfeit ond fehreden. Dann man findt etliche, wenn 
es ihnen vbel geht, vnnd das fie etwan gefehrlie ans 
ftöß haben, vermeinen fie von flundan, fie fein von Gott 
verlaffen, darumb fahen fie an ond fallen in grofle an⸗ 
fehtung ond befümmernuß, welches dann Tetklih durch 
anreigung bes böfen Geiſts etwan böſen lohn gibt. Sole, 
fo alſo Nleingläubig fein vnd fi nicht in Gott konnen 
getröften, die fein erger weder Türden ond Heiden. 

3) Die dritt Schell der Außlendigen Narren iſt, ver 
rucht, verwegen vnd gottloß werten, oder fih den wol» 
füften ergeben. Es fein etliche, die vermeinen, was ihnen 
in finn komme, das fey recht, dardurch werben fie dann 
verrucht vnd verwegen. Vnder biefer Schellen werben 
fürnemlich begrieffen Huren vnd Buben, Schelmen, Dieb, 
Mörder, Räuber, Gottsleſterer, Todtſchläger vnd ander 
ſchelmen onnd hudelmans gefindt. Dann fie ergeben fich 
auf wolluft, Hurerey, rauben, fpielen, morden vnnd ſchla⸗ 





740 _ 


en, dardurch fie alfo verrucht vnd gottloß werben, das 
ee weder Gott, noch die Welt mehr für augen haben, 
biß ſie letſtlich der Teuffel gar hinfürt, da ſich etfich ſelbs 
denden , ertrenden oder fonft auff andere weg ſich entlei- 
ben. Auch werben vonder dieſer Schellen begriffen bie 
Kupelerin, Hurenmwirt, Deren vnd böfe falfche weiber vnd 
männer, fo mit frer zungen vil böfes anſtifften vnd zu 
wegen bringen. Es wirt ſolches hudelmans gefindt nice 
vnbillich under diſe Schellen gefeßt, diemweil fie des Teuf⸗ 
fels werdzeug fein, vnnd fan er dardurch die Seelen ver: 
derben. Dann es iſt ein gemein fprihmort: Was der 
Teuffel durch in nicht fan außrichten, Töne er ſolches durch 
ein böß weib oder falfche zungen zu wegen bringen, wel- 
cher erempel wir etlich droben bey dem Schweiß Narren 
baben erzelet. Dardurch dann klärlich zu fehen if, das 
ſolche ZTeuffelsinftrument viel erger vnnd gifftiger fein, 
weder der Teuffel felbs. 


4) Die viert Schell der Außlendigen Rarren if, fi 
ſelbs entfeiben, exhenden, ertrenden , oder fonft fih felbe 
erwürgen. Difes if ein groſſe vnd vnaußſprechliche fünd, 
die nimmermehr verziehen wirt, ond ift wider alle natür: 
liche Lieb, dann wer hat jemals fein eigen fleifch vnnd 
blut gehaffet. Fürwar, es ift gang erichrödiich zu hören 
vnd zu ſehen, das einer fein eigen leib vnd feel verberbt 
und in abgrundt der Hell ftoßt, wider alle natürliche ge: 
rechtigkeit. Daher werden ſolche verzweifelte bößwichter 
nachmals nicht für würdig gehalten, das man fie ſoll be: 
graben onnd der gemeinichafft der Chriftgleubigen zuge: 
tbon, fouder fie werden inn füffer gefrhlagen und ein 
Galg oben darauff gemacht, vnd das waſſer hinab ges 
fhiet oder verbrennt. Auß difer vrſach werden fie dar« 
nach für Außlendig gehalten, vieweil fie weder in ber 
Welt, nach bey Gott daheim fein. 

5) Die fünfft Schell der Außlendigen Narren if, bie 
frucht im leib ombringen oder die jungen finder, verder⸗ 

"ben ond ertrenden. DO wie ein groffe todtſündt, Tafter 
.vnd ſchandtliche that iſt doch di, inn dem du nicht als 
lein das blut ond fleifch verderbeſt, fonder au die vn⸗ 
zeitige frucht oder das jung vnfchuldig blut des hoben 


741 


fhaßes der tauff beraubeft und jnen fr feel dardurch zu 
verderben bringefl. Es if fürwar ſolches ein vnabläßlich 
fünd, die Gott der Herr hie zeitlich ond dort ewigklich 
hefftig ſtraffen wirdt. Wie wir denn folches in vilen Hi⸗ 
florien finden, das folche heimlich mördt vnd todtfchleg 
nie ongerochen fein hingangen, ſonder es haben ſolche 
findtsverberberin allweg jren Ton bie zeitlich empfangen. 
Die ſey alfo Furklich gefagt von den Außlendigen Nar⸗ 
ren, welde darumb alfo genennt werben, dieweil fie 
werer bie auff difer Welt noch bey Gott daheimen fein. 


Der XCIX. Narr. 


Ih bitt eu Herren groß vnd Hein, 
Berendend den nug der Gemein, 
Laßt mir mein Rarrenkapp allein. 


Bon abgang des Chriſtlichen Glaubens. 


Wenn ich gedend feumnig vnd fchand, 
So man jekt fpürt in allem Land, 
Bon Fürflen, Herren, Landen, Stett, 
Mer wunder nicht, ob ich fehon bet 
Mein augen gank der zehern voll. 
Das man fo fehmählich fehen fol 
Den EChriften Glauben nemmen ab, 
Verzeib man mir, ob ich ſchon hab 
Die Fürſten auch gefeßet har, 
Wir nemmen leider gröblich war 
Des Chriſten Glaubens not vnd Mag, 
Vnd mindert fi von tag zu tag, 
Zum erften hand die Ketzer hert 
Auch Halb zerrifien vnd zerftört, 
Darnach der ſchendtlich Machometh 
In mehr und mehr verwüſtet bett, 


742 


Vnd den mit feim irrſal gefchendt, 
Der vor was groß in Orient, 
Vnd was Gleubig alla Afta, 
Der Mehrern land vnd Africa, 
Jetzt Hand mir darinn gank nichts meh, 
Es möcht eim harten flein thun wer, 
Was wir allein verloren hand, 
In klein Aſien und Griechenland, 
Welchs man die groß Türdey jeßt nennt, 
Vnd ift dem Glauben abgetrent, 
Da feind die fleben Kirchen gfein, 
Da hat Iohannes gfchrieben hin, 
Da ift ein: fo gut Land verlorn, 
Das es alle Welt möcht han verſchworn, 
On das man in Europa feit 
Verloren hat in Eurker zeit 
Zwey Keifertbumb, vil Königreich, 
Viel mechtig Land vnd Stett deßgleich, 
Gonftantinoyel, Trapezunt, 
Die Landt feind aller Welt wol kundt, 
Achaicham, Ethollam, 
Boetiam, Theſſaliam, 
Thraciam, Macevoniam, 
Atticam, und beyd Myſiam, 
Auch Tribulos vnd Scordicos, 
Baſtarnas ſampt vnd Tauricos, 
Euboiam genennt Nigrapont, 
Auch Peram, Eapham vnd Idrunt, 
Ohn ander ſchaden vnd verluſt, 
Die wie erlitten haben ſuſt 
In Moria, Dalmacia, 
Steir, Kernten vnd Croacia, 
In Vngern vnd der Windſchen Marck, 


743 


Jetzt feind bie Türden alfo flard, 
Das fie nicht Hand das Meer allein, 

Sonder bie Thonaw iſt je gmein, 
Vnd thund hie einbruch wenn fle wend, 

Piel Biſtumb, Kirchen feind gefchent, 
Jetzt greifft er an Apullam, 

Darnach gar bald Siciliam, 
Italia die flößt daran, 

Sp wirt ed denn an Rom auch gahn, 
An Lombardey und an Welfchlandt 

Den Beind han wir an der hand, 
Vnd mwölln doch ſchlaffend flerben all, 
. Der Wolff ift warlich in dem Stall, 
.Vnd raubt der heilgen Kirchen Schaff, 

Dieweil der Hirt Tigt in dem fchlaff, 
Die Römifh Kirch vier Schweſtern bat, 

Vud man hielt Patriarchen flat, 
Conſtautinopel, Alerandria, 

Jeruſalem, Antiochia, 
Die find jetzt kommen gantz daruon, 

Es wirt bald an das Haupt auch gohn, 
Das. iſt alls vnſer ſünden ſchuld, 

Keins mit dem andern hat gedult, 
Oder mitleiden ſeiner ſchwer, 

Jever woͤlt das er gröfler wer, 
Vnd gfchicht vns ald den Ochſen gſchach, 

Da einer dem andern zuſach, 
Biß das der Wolff ſie all zerreiß, 

Erſt gieng dem letzten auß der ſchweiß, 
Jeder greifft jetzt mit der hand, 

Ob noch kalt ſey fein mauwr vnd wand, 
Vnd gdenckt, das er nicht vor leſch auß 

Das feuwr, eh es jm kompt zu hauß, 





744 
So fommet jm denn reuw vnd leib, 
Zwitracht und vngehorfamkeit, 
Den Chriften Staub zerftören thut, 
On not vergengt man Chriften blut, 
Niemand gedendt, wie nah es fey, 
Vnd wölln doch alliveg bleiben frey, 
Biß im vnglück Tompt vor fein thür, 
So flößt er denn ven Eopff Herfür, 
Die Pforten Europe offen find, 
Zu allen feiten ift der Wind, 
Wer nicht fchlaffen noch ruhen thut, 
In dürft allein nach Chriften blut. 
O Rom, da du hattft König vor, 
Da warftı eigen lange jor, 
Darnach in Freyheit wardſt geführt, 
Als dich ein gmeiner Rath regiert, 
Aber da man nach hoffart ſtalt, 
Nach Reichthumb vnd nach groſſem gwalt, 
Vnd Bürger wider Bürger wacht, 
Des gmeinen nutzes niemand acht, 
Da warb der gwalt zum theil zergohn, 
Zu letzt eim Keiſer vnderthon, 
Vnd vnder ſolchem gwalt vnd ſchein, 
Biß fünfftzehnhundert jar geſein, 
Vnd ſtäts genommen ab vnd von, 
Gleich wie ſich mindern thut der Mon, 
So er ſchwindt vnd im ſchein gebriſt, 
Das jetzt an dir gar wenig iſt, 
WEN Gott, das du auch gröſſeſt dich, 
Damit du fichft dem Mond gab glich, 
Den dunckt nicht, das er etwas hab, 
Wer nicht dem Romſchen Reich bricht ab, 
Zum erſt Die Sarrasenen bank 


745 


Das Heilig und das globte land, 
Darnach die Türen han fo viel, 

Des alls zu zelen nem viel weil, 
Viel Stett fich bracht hand in gemehr, 

Vnd achten jeßt Feind Keiferd mehr, 
Ein jeder Fürft der Ganß bricht ab, 

Das er daruon ein Fever hab, 
Darumb ift es nicht wunder groß, 

Ob joch das Neich fey blut und bloß, 
Man bindt eim jeden vor das ein, 

Das er nicht fordern fol das fein, 
Vnd laſſen jeder in feim ftabt, 

Wie ers bißher gebrauchet hat, 
Durch Gott jr Fürften fehen an, 

Was ſchad zu lebt darauß wirt gahn, 
Wenn ein andrer vberfäm das Neich, 

Ir bleiben auch nicht ewiglich, 
Ein jedes ding mehr fterdung bat, 

Wenn es bey einander beftaht, 
Wenn fo «8 ift zertheilt von ein, 

Einhelligkeit in ver Gemein, 
Auffiwachfen die bald all ding macht, 

Aber durch mißhell und zweitracht 
Werben auch große ding zerflört, 
Der Teutfchen Iob was hoch geehrt, 
Vnd hat erworben durch folh rhum, - 
Das man in geb das Keiferthumb, 
Aber Die Teutfchen fleiflen fich, 

Mie fle vernichten felb8 jr Reich, 
Damit die Statt zerflörung Hab, 

Beiffen die Pferd jre fchwenk ab. 
Warlich jet auff den füfjen ift 

Der Ceraſtes und Bafiliſt. 


—— 


746 


Mancher der wirt vergifften fich, 

Der gifft der fchmeicht dem Römfchen Reich, 
Aber jr Herren, König, Land, 

Leut mwöllen gflatten folche ſchand, 
MWöllen dem Römfchen Reich beyftahn, 

Sp mag das Schiff noch auffrecht gabe, 
Ir Haben zwar ein König milt, 

Der euch wol führt mit Ritters fchilt, 
Vnd zwingen thut al Land gemein, 

Wenn jr im belffen mwölt allein, 
Der Edel Keifer Marimilon 

Mol würdig ift der Nömfchen Kron, 
Vnd Tompt ohn zweiffel in fein hand 

Die Heilig Erd und das globt Land, 
Vnd wirt fein anfang thun all tag, 

Wenn er allein euch haben mag, : 
Werffen von euch folch ſchmach vnd fpott, 

Denn Fleined Heeres waltet Gott, 
Wiewol wir viel verloren band, 

Sind doch noch fo viel Chriften Land, 
Fromm König, Bürften, Adel gmein, 

Das fie die ganke Welt allein‘ 
Gewinnen und vmbbringen bald, 

Wenn man allein ſich zammen halt, 
Trew, friend, und Vieblich brauchen thut, 

Ich Hoff zu Gott, e8 werd alls gut, 
Ir feit Negierer Doch der Land, 

Wachend und thut von euch all fchand, 
Das man euch nicht dem Schiffman gleich, 

Der auff dem Meer fleift fchlaffen fich, 
So er das vngewitter ficht 

Der ein Hund der Heulet nicht, 
Diver ein Wechter ber nicht wacht, 


747 


Vnd auff fein Hut Hat gan kein acht, 
Stehnd auff und wachen von dem traum, 
Warlich die Art flebt an dem Baum. 

Ach Gott gib vnfern Häuptern eln, 
Das fte fuchen die ehre dein, 
Vnd nicht jeder fein nuß allein, 
So hab ih aller forgen fein, 
Vnd gibft und Sieg in Eurken tagen, 
Des wir dir ewig lob thun fagen, 
IH mein all Stett der gangen Welt, 
Was würd vnd titel find gezelt, 
Vnd fie nicht thund als die Schiffleut, 
Welch vneind find vnd band ein flreit, 
Menn fie find mitten auff dem Meer, 
In wind vnd vngewitter ehr, 
Bnd eh fie werden eins darfür, 
So nimpt die Galee ein grundrur, 
Wer ohren hab, der merk und hör, 
Das Schifflin ſchwanckt auff dem Meer, 
Menn Chriftus jeßt nicht felber wacht, 
Es ift bald worden vmb vns nacht, 
Darumb jr, die nach euwerm flat 
Darzu Gott außerwehlet hat, 
Das jr folt vornen an der ſpitz, 
Nicht laßt das es an euch erſth, 
Thund mas euch zimpt nach eumerm grad, 
Damit nicht gröffer werd der fihad, 
Vnd gank abnem die Sonn vnd Mon, 
Das Haupt und Glieder vundergohn, 
Es leßt fich eben fürglich an, 
Leb ich, ih man noch manchen dran, 
Vnd mer nicht an mein wort gebendt, 
Die Narrenlappen ich im fchend. 


750 


rechtigkeit, noch Geſatz geftubteret Haben. Sonder all je 
finn vnd gedanden, that vnd werd allein auff vppiges 
ond böfes leben gericht ik? Derwegen fol man die Se 
lehrten nicht alfo gar verfihmehen onnd verachten, fonder 
der Römer erempel nachuolgen, die alweg ir Regiment 
mit gelerten leuten haben befeßt. 


5) Die fünfft Schell der Regler narren iſt, nach dem 
geblüt ond Edelkeit, oder altem Gefchlecht ein Oberſten 
erwöhlen. Fürwar, folches ift auch hefftig au ſchelten zu 
onfern zeiten, das man nicht mehr auff frombfeit, hoben 
uerſtandt, weißheit vnnd erfahrenheit, fonder allein auff 
den ältern flammen vnd geſchlecht fihet, vnd darauß die 
Regierer erwohlet. Fürwar, folches Iafter hat inn Zeut« 
fhem Iandt fehr vberhandt genommen, dann da acht man 
nicht, welche Bifchoff oder Fürſteher am Gelehrteften oder 
frömbften fein, oder welche Rathsherren und Amptleut am 
weifeften fein, ſonder welde von Stattliherm vnd Rei⸗ 
chem Gefchlecht ihr herfommen haben. Solches ift fürwar 
gantz ſchedtlich, vnd hat dem Teutſchlandt bißfer mehr 
fihaden , dann nutz gebracht. 

6) Die ſechſte Schell der Negier Narren if, allein feis 
nen nuß betrachten vnd fürderen. Vnder diſer Schellen 
werden al Fürften ond Herren begriffen, dann es fichet 
ein ferer dahin, wie er fein Reich vnd Fürſtenthumb möge 
erweitern vnd ein ferern vom Römiſchen Adler rupffen. 
Dardurch wirt dann das Römiſch Neich gefchmelert, vnd 
feichtlich zu grundt gehn. Daran werden dann Fürften 
onnd Herren felbs ſchuldig fein, das ihr gewalt vnnd 
Fürftenthum zugleich mit dem Römiſchen Reich wirt zu 
grundt gehn vnd zerflört werben. 

7) Die fiebendt Schell der Regier Narren ifl, von las 
fern nicht abſtehen, ſonder dieſelben heimlich verbergen. 
Diß laſter ift alles vnglücks ein Fundament vnnd vrſach: 
vnnd ſein wir Chriſten vmb keiner andern vrſach halben 
ſo offt vom Türcken vnd Vngleubigen vberwunden wor⸗ 
den, weder allein von wegen vnſer fündt vnd fahrleſſig⸗ 
keit. Dann es vermeindt ein jeder, er fey der froͤmbſte 
vnnd gebe ihn nicht an, wenn man die fünder fchelt. 
Wie fromb man aber iR, Fürften und Derren, hope vnd 


277 





RX 


Br vu ,s 


751 2 


nider ſtands, ſiehet man leider wol täglich. Dann es iſt 
der mehrer theil dem Freſſen vnd ſauffen, fluchen vnnd 
ſchweren, ſpielen vnd raßlen ergeben, alſo, das wenig vn⸗ 
derſcheidt wirbt gefunden vnder hohem vnnd niderm flandt. 
Darumb ſtrafft ons Gott auch täglich. Den Vndertha⸗ 
nen mit Krieg vnd teurer zeit, ven Obern aber mit ver: 
lierung vnnd vertreibung fres Landts. Diß gefchicht al: 
ed von wegen des fihandtlihen vnd vppigen lebens hal: 
ben, darinn die gantze Welt fledt, vnnd ift kein Oberkeit, 
die folches mit ernft ftrafft. Fürwar, es If} zu förchten, 
wo die Welt nicht von jihrem böfen Ieben abftehet, es 
werde baldt ein endt werden mit dem Römifchen Reich, 
darfür doch Gott vns trewlich vnd Vätterlich wölle behüten. 


— — — — — 


Der C. Narr. 


Wer jetzt kan ſtreichen wol den Hengſt, 
Bad if zu allem bſchiß der genſt, 
Der meint zu boffe fein der lengſt. 


Bon falben hHengf freien. 

Mir tem ein gedeckt Schiff jetzt recht, 

Darein ich feß der Herren Knecht, 
Vnd ander die zu Hof gehn fihleden, 

Vnd heimlich bey den Herren fteden, 
Damit fte ſeſſen gar allein, 

Vnd vngetrengt von der Gemein, 
Wenn fie ſich nicht wol mögen leiden, 

Der ein klaubt Federn, der ftreicht Kreiden, 
Der lieb koßt, der bleßt in Die ohren, 

Das er auff komm in kurtzen Ioren, 
Vnd fih mit Dellerfchleden nebr, 

Mancher durch liegen wirt ein Herr, 
Wenn er den KRauben ftreichen Tan, 

Vnd mit dem falben Hengſt vmbgahn, 


152 


Zu blafen mehl ift er gefchwind, 

Den Mantel benden gen dem Wind, 
Zu dütlen hilfft je manchem für, 

Der fonft lang zeit bleib vor ver thür, 
Wer fchlagen Fan herunder wol, 

Derjelb zu Hof gern bleiben: fol, 
Da ift er warlich lieb vnd mert, 

Eprbarfeit man da nicht begert, 
Mit tborbeit thun fie all vmbgohn, 

Wöolln mir die Narrenfapp nicht lohn, 
Noch ftriegelt mancher offt fo rau, 

Das jn der Hengſt fchlecht in den bauch, 

Oder gibt jm ein tritt in die Rippen, 

Das jm der veller fellt in die Frippen, 
Derfelben mer gut müflig gehn, 

Wen man fonft weißheit wolt verftehn, 
Wenn jeder wer, als er ſich ftelt, 

Den man für fromm vnd redlich bielt, 
Oder ftell ſich, als er denn wer, 

Viel Narrenfappen flünden lär. 


Yon Hoff Narren, Schmeichel Haren. 
Das hundertſt Narren Gefhwarm. 


Das hunderfi Narren Geſchwarm if, von Hoff Narren, 
nemlih von dieſen, fo ihren Derren in allen dingen 
Sthmeichlen vnnd Fuchßſchwentzen. Dife Rarren nennt 
man auff mancherfey weiß: falben hengft flreicher, Kutzen⸗ 
fireicher „ Kreidenftreiher, Federleſſer, Schmeichler vnd 
Fuchßſchwentzer. Dife fol man kurtzlich auß den nadhuol: 
genden Schellen Iehrnen erkennen. 

1) Die eri Schell der Schmeichler ift, einen Ioben, 
wann er böfes begeht. O wehe denen, die ba fprechen, 
daß das böß gut fey, vnd dag gut böß. 


753 


2) Die ander Schell ver Schmeichler ift, einen Ioben 
den er doch nicht Tennet. Du folt feinen auß dem an⸗ 
. fhawen Toben vnd rühmen, ſonder zunor in probieren: 
was hinder jm fled. Dann es erzeigt fi) mander from, 
fo er doch ein ſchalck im hertzen vnnd hinder den ohren 
fleden hat. ” 

3) Die dritt Schell iR, einem Schmeichlen, damit er 
in felfchlih betriege vnnd fehaden zufüge, nemlich das er 
im etwas fiele, oder fonft fein hauß mit Hurerey oder 
anderer vnzucht beſchmeiſſe. Es fein die wunden vil befs- 
fer deſſen, fo einen haffet, weder des andern, fo einem 
ſelſchlich vnder dem ſchein der Lieb ein kuß gibt. 

4) Die fünfft Schell der Schmeichler ift, mit böfen tha= 
ten vnd fluden fich zu deppifch machen. Deren findt man 
vil bey den Hoffſchrantzen, die legen offt wider alle billig» 
feit einem armen tropffen gewalt an, damit fle ihren Ber: 
ren gefallen vnd lieb werben. 

5) Die fehft Schell der Schmeichel Narren ift, fich lieb 
ond angenem machen durch eitele Ehr vnd ruhm. Dann 
es fein etlich, bie rühmen vnd ftreichen iren Herren der⸗ 
maflen den kauen, das fie vermeinen, es fein inn nie 
mandt gleich an frombfeit und Adelich fitten. Welche alles 
allein diſe fchmeichler mit jrem kaußenftreiden zu wegen 
dringen. Deren kautzenſtreicher und fuppenfreffer oder del 
lerſchlecker findt man an böffen vnd dienften fehr vil, vnd 
Schmeichlet ein jeder feinem Herren over Frawen, damit 
er feinem Herren oder Frawen ver Tiebeft fey. Diß fey 
kurtzlich geſagt von den faußenftreichern, darauf man al- 
lein mag erkennen ihr fitten vnd natur. 


— 


Der CI. Narr. 


Ein zeigen der Teichtfertigkeit 
IR glauben, was ein jeder feit, 
Ein Klapprer bald vil lent vertreit. 





1. 48 








754 


Bon Öhrendblafen. 


Der ift ein Narr, der faßt ind Haupt, 
Vnd leichtlich jedes ſchwetzen glaubt, 
Das iſt ein anzeig zu eim Thoren, 
Wenn ein dünn vnd weit bat Obren, 
Man heit nicht für ein redlich Mann, 
Wer einen wil zu ruck angahn, 
Vnd fchlagen eh denn ers jm fag, 
So er ſich nicht gewehren mag, 
Aber verliegen hinder rud, 
Das fol jebt fein ein Meifterfiud, 
Mas man nicht leicht verfeben Fan, 
Das thut jetzt treiben jedermann, 
Mit Hinderred abfchneid Die ehr, 
Berrathen, und bergfeichen mehr, 
Das Tan man ferben und verflügen, 
Damit man mög deſt baß betriegen, 
Vnd fchaffen das man glaubt deſt eh, 
Den andern theil hört man nicht meh. 
Ein vrtheil vber manchen gabt, 
Der fih noch nie verantwort hat, 
Vnd fein vnſchuld noch nicht entvedt, 
Das ſchafft, er ift im Sad erftredt, 
Ad Aman Mardocheo thet, 
Siba der Knecht Myphibofeth, 
Groß Alerander lob erholt, 
Das er nicht Teichtlich glauben wolt, - 
Denn die verflagten Jonatham, 
Bald glauben fein gut end nie nam, 
Adam wer nicht der gnaden braubt,. 
Hett er nicht bald der Frauwen glaubt, 
Vnd fle dem Schlangen feiner wort, 
Wer bald glaubt, der ftifft bi ein mordt, 





7155 


Nicht jedem Geift man glauben fol, 
Die Welt iſt falfch vnd Liegens voll. 


— — 


Yon GOhrenblaß Warren, oder Schwetz Marren. 
Das hunderſt vnd erfi Narren Geſchwarm. 


Das hunderfi vnnd erſt Narren Geſchwarm ift, von 
Ohrenblaß narten, Schweß Narren, oder Yerlieg narten, 
nemlich von bdiefen, fo böfes von ander leuten heimlich 
vnnd felfchlih zu ohren tragen oder ſchwetzen. Bon dies 
fen Rarren haben wir auch droben gefagt im fiebenven 
Narren Gefhwarm, darumb wöllen wir hie nach der kürtze 
handlen. Diefe fol man fürnemlich auß zwo Narren 
Schellen lehrnen erfennen. 

1) Die erſt Schell der Blaßnarren iſt, böſes von ei⸗ 
nem heimlich ſagen vnd zu ohren tragen. Es ſein etlich, 
die tragen hin vnd wider märle vnnd geſchwetz von einem 
zum andern, vnnd was ſie böſes von dieſem oder jhenem 
wiſſen, bladern ſie daſſelbig auß. Dann es fein ſolche ob: 
rentreger gefinnet, das, wenn fie ein geringe vbertrettung 
etwan von einem wiflen, gehn fie von ſtundan, vnd tras 
gen ſolches dem Richter oder fren Herren zu ohren, vnd 
liegen noch dreymal fo viel darzu, weder die fach an jhr 
felbs if. Diefe Oprenbläfer fein gleich einem fewrigen 
Bloßbalg, dardurch der Teuffel dz fewr aller zweytrechtig⸗ 
keit, neidt vnd haſſz anblaſet vnd zu brennen macht. De⸗ 
ren falſchen vnd gifftigen exempel haben wir etlich droben 
im fiebenden Narren geſchwarm angezogen. Dann es 
bringen ſolche gifftig vnd Teuffliſche zungen zu wegen, das 
mancher armer vnd vnſchuldiger menſch vor Gericht wi⸗ 
der alle billichkeit verdampt wird, ehe er in das Gericht 
berufft vnnd verhört wirt. Aber fürwar, es wirt Bott 
ber Herr ſolche Ohrenträger vnd Ehrenabſchneider nicht 
vngeſtrafft ab dieſer Welt laſſen kommen. Deßgleichen 
wirt er ben, fo dem Oprenträger auffhorchet, auch nicht 
oberhüpffen, fonder wirt einen mit dem andern flraffen, 
dann es iſt einer fo gut als der ander. 

2) Die ander Schell ver Ohrentreger if, den Ohren 








758 


Man egt den weg jeht zu Der furdh, 
Die alte Müng ift gan herdurch, 

Vnd möcht nit lenger zeit beſtohn, 
Hett man jr nit ein zufaß gthon, 

Die Müntz ſchwechert fich nit Hein, 
Falſch gelt ift worden jeß gemein, 

Vnd falſcher raht, falfch Geiſtlichkeit, 
Mönch, Prieſter, Begein, Nolharter treit, 
Viel Wöoͤlff gehn jetzt in Schaͤfen kleid. 

Damit ich nicht vergeß hiebey 
Den groſſen bſchiß der Alchamey, 

Die macht das Silber, Golt, auffgahn, 
Das vor iſt in das ſtecklin gthan, 

Sie gaucklen vnd verſchlagen grob, 

Sie laſſen ein ſehen vor ein prob, 

So wirt denn bald ein Vncken drauß, 

Der Guckauß manchen treibt von hauß, 

Der vor gar ſanfft vnd trucken ſaß, 

Vnd ſtößt fein gut ind Affen glaß, 

Biß erd zu Puluer fo verbrennt, 
Vnd er fich felber nit mehr Fennt, 

Viel haben fo ververbet fidh, 

Gar menig feind fein worden reich, 

Denn Nriftoteles der fpricht, 

Die gftalt der ding verwandIn fich nicht, 

Piel fallen ſchwer in dieſer fucht, 

Den doch darauf gar wenig frucht, + 

Für Golt man Kupffer jebt zurüft, 
Meußdreck man vnder den Pfeffer mifcht, 

Man Fan das Belztzwerck alles ferben, 

Vnd thut es auff das fchlechteft gerben, 

Das es behelt gar wenig haar, 

Wenn mans faum tregt ein viertbeil jar, 


159 


Ziſmuß die geben Biſem viel, 
Des gſtanck man fchmedt ein halbe meil, 
Die faulen Hering man vermifcht, 
Das man fie verfauffet gar frifch, 
AU Gaſſen fein Türfäuffer vol, 
Kreinerwverd treiben ſchmeckt gar mol, 
Firn vnd neuw man vermauchlen fan, 
Mit betriegnuß gebt vmb jeder Mann, 
Kein Kauffmanſchatz ftebt in feim wehrt, 
Jever mit falfch vertreiben bgert, 
Das er feind Kramd mög kommen ab, 
Ob es Gall, vberbein, joch hab, 
Selig on zweiffel ift der Dann, 
Der ſich vor falſch jeßt hüten Fan, 
Das Kind fein Eltern btreugt und mag, 
Der Batter bat keint fippfchafft frag, 
Der wirt den Gaſt, der Gaſt ven Wirt, 
Falſch, vntreuw, bſchiß wirt gank gefpürt, 
Tas ift dem Endchriſt gut fürlauff, 
Vnd wirt jn falſch thun all fein kauff, 
Denn was er gdenckt, heißt, thut vnd lehrt, 
Wirt mit dem falſch vntreuw verfert. 


Sant Peters Schifflein. 


Seid Ih den fürlauff Hab gethan, 

Bon denen, die mit falſch vmbgahn, 
Sp findt ih noch die rechten Knaben, 

Die bey dem Narrenfchiff vmbtraben, 
Wie fle ſich vnd fonft vil betriegen, 

Die Heilig Gſchrifft krümmen vnd biegen, 
Die gebun dem Olauben erft ein biff, 

Vnd negen dad Papiın Schiff, 


760 


Ein jeder etwas reißt barab, 
Das es deſtminder bort mehr Hab, 
Ruder und Riemen nimpt daruon, 
Dad es deſt ehe mög vndergohn, 
Bil fein in jrem finn fo flug, 
Vnd duncken ſich witzig genug, 
Das auß eigner vernunff im fall, 
Die heilig gſchrifft außlegen all. 
Daran ſie fehlen doch gar offt, 
Vnd wirt jr falſche lehr geſtrofft, 
Wemn fie aus andern Gſchrifften wol, 
Der allenthalb die welt iſt vol, 
Möchten ſonſt vnderrichten fich, 

Wenn ſie nicht wolten ſonderlich 
Geſehen ſein für ander leut, 

Damit verfert Das Schiff zu zeit. 
Diefelden man wol trunden nennt, 

Das fle die warheit Han erfennt, 
Vnd doch daffelb umbferen gang, 

Damit man feh jrn fchein vnd glank, 
Vnd ſeind falfcher Propheten lehr, 

Bor den ſich hüten heiſt der Herr. 


Bon Falſch sder Seſchiß Narren, sder 
Betrieg Marten. 


Das hunderſt ond ander Rarren Geſchwarm. 


Das hunderſt onnd ander Narren Gefhwarm iſt von 
Falſch Rarren oder Betrieg Narren, nemlich von denen, 
fo in allen bingen ein Falſch ond beichiß treiben. Wenn 
einer diefer Karren Schell al wolt befchreiben, der muf 
fürwar drey tugendt haben, aber wir wöllens auff Das 
fürgeft machen, vnd derfelben nur acht feßen. Darauf 
man fie fol lehrnen ertennen. 





761 


1) Die erſte Schell der Beichiß Narren if, im Gewerb 
beſcheiſſen vnd beiriegen. Welcher Kauffmann ift alfo 
fromb vnd auffrecht in feiner waar, der nicht ein beitrug 
vnd befchiß treib, onnd in der waar eins für das ander 
verlauffe? In der waar gibt er Alchimiſtiſch ſylber für 
ut onnd lauter ſilber, gefelfchten wein für guten, faul 
Hindendt fleifch für frifches, gemengte würß für lautere ıc. 
Deßgleichen inn dem gewicht wegt er achte für zehene, 
gleich wie die Metzger thun, die verkauffen die handt vnd 
den daumen auch darmit. In der zaal zehlen fle zehen 
yren ober öpffel für vierßehen. In der maß brauchen 
e ein elen, die einer halben handt zu kurtz iſt, oder meſ⸗ 
fen ein maß wein für anderhalben, oder geben ein halb 
malter forn für ein gantzes, vnd ftelen die Müller nach⸗ 
mals auch ihren tHeil daruon, vnnd das ichs mit einem 
wort befchließ, fo wirt fein Gewerbfchafft fo gering ger 
funden, darin man nicht befehiß vnd finangerep treib. Ders 
wegen neme es gar vil zeit ond weil, wenn ich jre tüd 
vnd Kauffmansbößle alle wolt erzehlen. 
2) Die ander Schell der Betrieg Narren iſt, der bes 
fhiB vnd beirug der Handwercks leut. Welcher Handts 
- werds Mann ift nicht vonder dieſer Schellen begrieffen ? 
Ihr Schneiter, faget mir zum erften, haben jhr nie feinen 
befchiffen vnd ein ell thuch mehr genommen, weder je bes 
dörffet, oder ein halben ell vonder die band nach ven Mäus 
fen geworften? Deßgleichen fein auch die Schumader, 
die nemmen faul tretgarn vnd papyren leder, vnd verkaufe 
ien e8 nachmals für gut. Die Kürßner börren die Beltz 
in der fluben, damit fie nicht runblecht werben, vnd vers 
fauffen fie nachmals für das beft gefülß. Deßgleichen thun 
auch die Beden onnd Müller, die faumen ſich auch nicht, 
fonder machen das Brot hol vnd gank Hein, alfo, das 
einer wol auf ein mal al fein wodhenfolt am Brot 
verzehret. Die Maler fein auch alles beirugs vnd beſchiß 
voll, dann wenn man inen ein arbeit verbingt, fo dolden 
fie daruon, vnnd machen offt für ein Engel ein Zeuffel. 
In fumma, es ift kein Handtwerd, es treibt befhiß vnnd 
betrug. Darumb ſteht es alfo vbel auff der Welt. 
3) Die dritt Schell der Betrieg Narren ift, inn dem 


762 


Ackerbaw befeiffen vnd beiriegen. Darin iſt auch ein 
groſſer beitrug, als im zehendt geben, da gibt man nichts 
anders, dann zuſamen geftümpfflet ding, das ein iſt Halb 
faul, das ander fonft nit nüß. Darnach bawen fie vie 
verbingte äcker auch fo fälſchlich, dz kaum das hafb feitt 
frucht bringt. In fumma, es if aller beſchieß vnd beirug 


binder dem Bawersmann. 


4) Die vierdt Schell der Betrieg Narren if, betriegen 
in gemeinem Regiment, in Geiftlihen fo wol als in 
Weltlichen. Die richten offt nach gunft vnd anſehen ber 
perfon. Deßgleichen thun auch die Zürfprechen ond Zuns 
gen trefiher, die machen offt auß einer faulen fach ein 
gute, vnnd auß der guten ein böfe. Darzu faumen fi 
die Schreiber und Rotarif auch nicht, die hawen redlich 
vber die fohnur in der befoldung, vnd heifcht offt einer 
mehr, weber fein leben lang der brauch if gewefen. In 
fumma, es tft fein ampt, das fih an einer ehrlichen be: 
foldung Taffet vernügen, fonver es greifft ein jeder ober 
den foldt vnnd mil fich mit befcheifferey ernehren. 

5) Die fünfft Schell der Betrieg narrem if, im Haus 
regiment betrieglich handlen. Es arbepten bie Taglöhner, 
Knecht vnd Mägd gang betrüglich vnd fahrleffig, vnnd 
wenn man vermeint, fie wercken auff dem Feldt, ſo ligen 
ſie hinder einer ſtaude zu faullentzen vnd ſchlaffen. Im 
ſumma, was fie fchaffen vnd werden, das iſt alles mit 
betrug vnd auff den augenfchein geriht. Daun fo baldt 
der Herr den ruden tert, Ligen fie und haben ven Topf 
in der handt, oder legen die hendt in die fchoß, oder 
ſtehn fonft zu ginaffen. Alſo trewlich verbienen jeB die 
Dienft ihren lohn. 

6) Die fehft Schell der betrieg Narren iſt, in eiguem 
Regiment betriegen. O mein Gott ond Herr, wie ein 
falſch vnd läſterlich leben ift doc foldes jetzt zu vnſern 
zeiten? fürnemlich deren, fo am aller frömbſten ſolten 
fein, als Pfaffen vnd Mönchen, Begynen vnd Blotzbrü⸗ 
der. Dieſe ſolten vor den andern allen ein erbar vnd 
züchtig leben führen, fo fein ſie eben fo verrucht vnd gott⸗ 
loß, ſo beſchiſſen vnd voller betrug, als ander leut. 

7) Die fiebendt Schell iſt, in allen dingen betrüglich 


NL. 





Typs Tun — 


NS VE N 


- . 763 


vnd fälſchlich handlen. Was fol ich viel Schellen erzelen, 
es ift Fein Standt auff diefer Welt, der nicht voller bes 
trug vnd falfchheit if. Die Warheit if erfchlagen, vnd 
ift die Trew ober Meer geflohen. Darumb ift aller. vn⸗ 
fer thun vnd Taflen alles voller argliftigkeit vnd falfch- 
beit. Dermwegen iſt nit von nöthen, das ich vil baruon 
fhreib, es weiß Doch ein jeder bey jm felbe, wie dem 
Schalck vmbs Her if. 

8) Die acht Schell der Betrieg Narren gehört zu ©. 
Peters Sciffle, vnnd werden kürtzlich darunder begrieffen 
alle fehrifft Gelehrten vnd lehrer des Volcks. Nemlich die, 
fo die H. Göttliche fehrifft durch ihren falſchen wohn vnd 
meinung anders außlegen, weder die Schrifft außmelfet. 
Auß diefer Schellen köndt einer wol drei dutzendt Schel⸗ 
Ien machen. Dann es werden alle falfche Lehrer, Keber: 
meifter, Schwirmgeifter vnd Eigenrichtige köpff darunder 
begrieffen, welde die Göttliche fehrifft von einem orth auff 
das ander biegen, nach jhrem Narrechtigen vnd ftofgen 
kopff, vnnd meinen fie, es fey alles recht außgericht, was 
fie nur fürnemmen in jrem ſtoltzen finn. Aber es fehlet 
folden Hochnarren offt weit, ond fallen fie manchmal gar 
in tieffe finfternuß, tarauß fie nicht Teichtlich mögen kom: 
men. Welches alles daher fompt, das fie vntrewlich ge: 
handelt haben, vnd mit ihrem betrug ander Teut von dem 
rechten weg abzuführen onderflanten haben. Diß fey alfo 
fürglich gelagt von den beſchiß Narren, welcher falichpeit 
vnd betrüglichkeit, fo wir fie alle wolten befchreiben, würde 
ons wol ein Kühhaut zu Hein darzu fein. 


— — nn — 


Der CIII. Narr. 


Wer durch liebkoſen vnd traäuwort 
Die Warheit ſetzet an ein ort, 
Der klopfft dem Endchriſt an der pfort. 


Von warheit verſchweigen. 
Der iſt ein Narr, wer wirt zerftört 
In feim gemüt, fo man anfehrt, 


- 


I. 





- . 763 


vnd fälſchlich handlen. Was fol ich viel Schellen erzeien, 
es ift kein Standt auff diefer Welt, der nicht voller be» 
trug vnd falfchheit if. Die Warheit if erfchlagen, vnd 
ift die Trew ober Meer geflohen. Darumb if aller. on: 
fer thun vnd laſſen alles voller argliftigfeit und falfch 
beit. Dermegen iſt nit von nötpen, das ich vil baruon 
ſchreib, es weiß doch ein jeder bey im felbe, wie tem 
Schalck vmbs hertz if. 

8) Die acht Schell der Betrieg Narren gehört zu ©. 
Peters Schiffle, vnnd werden fürglich darunder begrieffen 
alle fihrifft Gelehrten vnd Iehrer des Volcks. Nemlich die, 
fo die 9. Göttliche fehrifft durch ihren falfchen wohn vnd 
meinung anders auflegen, weder die Schrifft außweifet. 
Auß diefer Schellen köndt einer wol drei dutzendt Schel⸗ 
len machen. Dann es werden alle falfche Lehrer, Keper: 
meifter, Schwirmgeifter vnd Eigenrichtige köpff barunder 
begrieffen, welche die Göttliche fehrifft von einem orth auff 
das ander biegen, nad ihrem Narrechtigen vnd flolgen 
kopff, vnnd meinen fie, es ſey alles recht außgericht, was 
fie nur fürnemmen in jrem flolgen finn. Aber es fehlet 
ſolchen Hochnarren offt weit, vnd fallen fie manchmal gar 
in tieffe finfternuß, darauß fie nicht Teichtlih mögen kom— 
men. Welches alles daher fompt, das fie vntrewlich ge 
handelt haben, vnd mit jhrem betrug ander leut von dem 
rechten weg abzuführen vnderſtanden haben. Die fey alfe 
fürglich gefagt von den beſchiß Narren, welcher falſchheit 
ond betrüglichkeit, fo wir fie alle wolten beichreiben, würde 
ons wol ein Kühhaut zu Hein darzu fein. 


— — — — — 


Der CIII. Narr. 


Mer dur liebkoſen und traumort 
Die Warheit feget an ein ort, 
Der klopfft dem Endchriſt an ver pfort. 


Bon warheit verfhweigen. 
Der ift ein Narr, wer wirt zerftört 
In feim gemüt, fo man anfehtt, 


764 


Vnd mit gemalt jn zwingen wöl, 

Das er die warheit ſchweigen ſoll, 
Sein weißheit vnderwegen lahn, 

Vnd ſol den weg der warheit gahn, 
Denn der on zweiffel anhin fehrt, 

Vnd ſich an ſolche Trauwort kert, 
Dieweil doch Gott auff ſeiner ſeit 

Iſt vnd ſchirmet den allzeit, 
Der von der warheit ſich nicht ſcheid, 

Vnd er zu keiner zeit bekleid, 
Sein füß, wer auff der warheit bleibt, 

Bald der all Feinde von jim treibt, 
Ein meißmann fellt ver warheit zu, 

Ob er joch ſeh Phalaridis Kuh, 
Wer nicht kan bey der marheit ftahn, 

Mag wol ven weg der Thorheit gahn, 
Hett Jonas warheit Fündt bey zeit, 

Der Fiſch hett in verfchludet neit, - 
Heliad bielt mit marheit preiß, 

Darumb fuhr er ind Paradeiß, 
Johannes oh der Narren lauff, 

Darumb kam Chriftus zu feim Tauff, 
Wer einen Tieblich ftraffen thut, - 

Ob ers joch Hat nicht gleich für gut, 
So wirt doch etwann fein die fund, 

Vnd es jm zu verbanden kumpt, 
Vnd -gröffer danck nimpt vmb flrafjwort, 

Menn ob er reb das man gern hort, 
Daniel fein lieb darneben wolt, 

Als er Balthefar fagen folt, 
Vnd im die warheit legen auf, 

Dein gelt bleib, fprach er, in veim Hauß. 
Vnd wolt thun wider die warheit, 





765 


Des ward verkehrt alls, das er feit, 
Der Efel ftrafft den, der in reit, 
Zwey ding mag man verbergen nit, 
Zu ewig zeit ficht man das dritt, 
Ein Statt gebauwen in die höh, 
Ein Narr, er ſteh, fi oder geh, 
Sicht man doch bald weſen vnd bſcheid, 
Warheit ſicht man in ewigkeit, 
Vnd wirt ſich nimmermehr verligen, 
. Wenn Narren ſchon ven halß abſchrien, 
Warheit ehrt man durch alle Land, 
Der Narren freud ift fpott vnd ſchand, 
IH bin gar offt gerennet an, 
Weil ich das Schiff gezimmert han, 
Ich folt e8 doch ein wenig ferben, 
Vnd nicht mit Eichenrinden gerben, 
Sonder mit Linvenfafft auch fchmiern, 
Vnd etlich ding etwas gloflern, 
Aber ich ließ fie all erfriern, 
Das ich anders denn warheit feit, 
Warheit bleibet in ewigkeit, 
Vnd wirt eim vnder augen flohn, 
Wenn nimmer wer diE Büchlin ſchon, 
Warheit ift ſtercker denn all vie, 
Mich Hinverreven over fie, 
Wenn ich mich hett gefert daran, 
. Ich müft beyn gröften Narren flahn, 
Die ih in allen Schiffen han. 


Bon Predig Narren, oder Werfchweig Warren 
der Warheit, 
Das hunderſt und dritt Narren Gefhwarm. 
Das Hundert vnnd dritt Narren Gefhwarm if, von 





766 


Predig Narren, nemlich von biefen, fo fälſchlich vnd nicht 
die warheit Predigen, oder fo das wort Gotted nicht mit 
rechtem verftanpt hören vnd faffen. Dife fol man für- 
nemlich auß zwo Rarren Schellen Iehrnen erkennen. 


1) Die erſte Schell der Predig Narren if, Gottes wort 
nicht deutlich vnd recht verkündigen, fonder die warheit 
verfehweigen vnd nur Predigen, wie e8 den menfchen wol- 
gefalle, damit er niemandt erzüme. Diſe, fo dem vold 
allein zu gehör Prebigen, vnd jnen die warpeit nicht für: 
halten, oder fie nit vmb jre fündt firaffen, die ſündigen 
gantz hefftig, vnd fein folche für bauch Prediger zu hal 
ten. Es fol fih ein Prediger befleiffen, das er bie wars 
heit gantz beyter herauß fag vnd Fein blat für das maul 
neme. Sonder er fol thun glei wie ein Trometer, der 
bläſt inn den Zinden, das es über die gantze Statt er⸗ 
ſchallet vnd ihn jedermann mag gehören. Alfo fol auch 
ein Prediger thun, der fol dem gemeinen Bold feine fünrt 
fürtragen, vnd jedermann vmb fein fündt, ſchandt vnd 
lafter fraffen, und gar niemandis verſchonen, er fey gleich 
groß Dans oder Hein Hand. Dann folches befilht Gott 
im Propheten Eſaia am lviij. capitel, da er ſpricht: Schrey 
ond hör nicht auff, fonder erbeb dein ſtimm, gleich wie 
ein Pofaunen, vnd verfündige meinem Bold feine ſündt 
ond verfohon ihren gar nicht. Diefem befeih follen alle 
Prediger nachlommen vnd den mit höchftem fleiß außrich⸗ 
ten. Dann welcher folches nicht thun wirt vnnd die wars 
beit verfchweigen , von deſſen hendt wirdt Gott der Herr 
die ſündt des Volcks erfordern. 

2) Die ander Schell der Predig Rarren iſt, die Pre 
dig und Gottes wort nit mit fleiß oder rechtem verſtandt 
bören. O mein Gott ond Herr, wie viel werten doch 
under biefer Schellen begriffen? Dann es iſt vnder hun 
vert nicht einer, dem die Predig rerht zu herken gebt, 
ſonder es fißet der mehr theil in der Kirchen vnd fchlaf 
fet, Weib ond Mann, fung vnd alt, vnnd ob fie ſchon 
nicht ſchlaffen, fo haben fie doch hr gebanden fonft ans 
derswo im Gerftenfelnt, alfo, das fie mit dem leib in 
ber Kirchen, mit den gedanden aber ober etlih meil wege 
von dannen fein. Solches Hei Gott mehr erzurnet, ge 


= . 


707 

nnehrt, dann verfünet. Derwegen fol ein jeder forg tra: 
gen, das er nicht inn die Kirchen gehe wie ein vnuer⸗ 
nünfftiger Hundt, der Taufft darein vnd wider herauß, 
vnd weiß nirgendt von nichts, weder allein, wenn fie 
fehen, das die Altar mit Düchern gededt fein, vermeinen 
fie, man werde da ein gute malzeit halten, alfo -gehn 
ſolche Gedanck Narren allein von ſchein vnd rhums hal: 
ben in die Kirchen, vnd nicht darumb, das fie Gott be⸗ 
geren zu bitten vnd anzurüffen. Diß fey Fürglich hie von 
Predig Narren gefagt, vnd von denen, fo Gottes wort 
vnd Predig fahrleffig Hören. 


De — — — 


Der CIV. Narr. 


Wer wil ber Marheit bey geſtahn. 
Der muß gar viel veredter han, 
Tie ihn abkeren vnderſtahn. 


Bon hindernuß des guten. 


Der ift ein Narr durch al fein blut, 
Mer hindern wil eind andern gut, 
Vnd er zu mehren vnderſtaht, 
Dauon er doch empfacht Fein ſchad, ’ 
Vnd ficht gern, dad ein ander jey 
Im gleich, und ſteck im Narrendrey, 
Wenn Narren alkeit haſſen thund, 
Die fo mit guten ding vmbgohnt, 
Ein Thor den andern nicht gern fidht, 
Dem rechten Thoren doch gefchicht, 
Vnd er in freuden ich nicht fhar, 
Das er allein nicht fey ein Narr, 
Darumb er allzeit fleiſſet fich, 
Wie jedermann feb feinen gleich, 


768 


Vnd raht das er nicht fey allein, 
Der Narr der trag den Kolben heim, 
Wenn man ficht einen der da wil, 
Necht thun vnd find in meißbeit ftill, 
So ſpricht man, ſchauw der Dudelmeufer, 
Er wil allein fein ein Gartheufer, 
Vnd treibt Apoftüßler flott, 
Er wil verzweiffeln gang an Gott, 
Mir wölln eben ald mol erwerben, 
Das Gott vns laß in gnaden flerben, 
Als er wenn er ſchon tag vnd nadıt 
Leit auff ven Knien bett und wacht, . 
Er wil faften und Zellen bauen, 
Er gthar Gott noch der Welt traumwen, | 
Man ermirbt drumb in Klöftern nicht Ä 
Allzeit feligkeit, eh denn man ftirbt, 
Sondern muß auff Chriſtum bauwen, 
Im vnd nicht vnſern werden trauen, 
So treffen wir den rechten zweck, 
Darinn die gante feligfett fleckt. 





Yon Abzieh Warren, Irr Warren, Ginder- 
zedt Warren. Ä 


Das hunderſt vnd vierdt Narren Geſchwarm. 


Das hunderſt vnnd vierdt Narren Geſchwarm iſt von 
Abziech oder Verfür narren, nemlich von dieſen, ſo an⸗ 
der leut von dem guten abziehen vnd zu böfem anreitzen. 
Diefe fol man fürnemlich auß drey Schellen lehrnen erkennen. 

1) Die erfie Schell der Abziech narren ift, ander leut | 
verhindern ond abziehen von einem nußbaren vnd noth« 
wendigen ding. Diefe feindts, fo auß fonderm fürfaß 1 
andere von irer Schulmeifter oder Oberberren befelh oder | 
gehorfam verhindern und auffhalten. Es fein etlih alfo 


769 


geſinnet, wenn fie ihren mitgefellen oder Schufgefellen - 
ſehen, das er fleiffig begert zu fludieren , verhinderen fie 
in, ond ſprechen: bleib bey vns vnd fpiel ober ſchnarch 
noch ein flundt, du kompſt noch frü gnug inn die lection, 
dann du würbeft nicht auff ein tag Dortor werden. O 
du fauler eng, iſt es nicht gnug, bas du nicht nuß bifl 
ond für dich felbs fünd begeheft, was darffſt du erfi ein 
andern abziehen, das er auch fündige? Fürwar, es wirt 
dir difer mutwil vnnd freuel nicht ongefirafft hingehn. 
Alfo if es onder allen fündern gefchaffen, da verfürt ie 
einer den andern, vnd weift je einer dem andern den 
weg zu der Hellen. So doch viel mehr einer den andern 
zur buß vnd abwendung der fünden folt vermanen. ' 


2) Die ander Schell der Abziech Narren if, ein ans 
dern von einem guten werd abziehen onnd hinderſtellig 
machen. Es feind etliche, wenn Be fehen, das fich einer 
frömblich vnd Gottsförchtig helt vnnd Gott dienen wil, 
ſo verſpotten fie jn, ſprechen, ſchaw, wie iſt der ſo gar 
fromm vnnd Gottsförchtig, er wil vnſerm Herr Gott die 
füß abbeiſſen mit ſeinem betten. Er iſt gar ein Cartheu⸗ 
ſer worden, ich muß mich auch an jhm reiben, damit ich 
heyligkeit vnd Gottesforcht von im mög bekommen. In 
ſumma, es iſt des geſpöts vnd gelechters ſo viel, das 
nicht gnugſam daruon zu ſagen iſt. Solche Spottvögel 
vnd Abziech narren bringen ſich nicht allein in verderben, 
ſonder ander leut mit ihnen. Dieſe aber werben Gott . 
am Süngften tag fihwere rechnung müflen geben. 

3) Die dritte Schell ift, von dem aller beten vnd fürs 
trefflichfien fürnemmen abziehen. Es fein etliche Funden 
alſo gefinnet, wenn fie vermerden, das einer wil von 
fünden abfiehen, vnd fih Gott ergeben, vnd ein bußfer- 
tigs Ieben anfahen, damit er recht vnd Gottfelig ab dies 
fer welt abſcheide, da Tauffen fie zu jhm vnnd fprechen, 
wie gehts Bruder, wöllen wir nicht ein Karten ober 
Bäcker nemmen vnd für die lange weil fpielen, fey friſch 
auff, du flirbeft noch nicht, laß die trawrigkeit fahren, 
wer weiß, wer morgen hie if, ſey recht vor deinem endt 
noch einmal guter Ding, es dörfft dir wol etwann nims 
mer fo gut werben, trind ©. Johans Tat mit vns, 

1. 


770 ‘ - 
" ! 

vnd laß dich nicht anfechten, was der Pfaff fagt, das du 
dich folt zu Gott beferen, bu haft noch zeit gnug, Das 
du dich zu jihm bekereft, wenn bu nun nimmer eſſen vnd 
trinden magft ond dir alle deine krefften entpfallen. Mit 
diefen ond andern Gottlofen worten mehr verhindern 
ſolche loſe hudler manchen frommen menfchen, der fon 
auff dem weg if vnd fi zu Gott wil bekeren. Wie 
fihwerlich aber folch Berpinder Narren von Gott werden 
zukünfftig geftrafft werben, gib ich jedermann zu bevenden. 


— — — — — 


Der CV. Narr. 


Ber hie anzündt fein Ampel wol 
Bnd brennen leßt fein liecht vnd öl, 
Derſelb ſich ewig frenwen fol. 


Von nachlaſſung guter werck 


Der iſt ein Narr, der zu ber -zeit, 

Sp Gott fein letztes vrtheil geit, 
Sich vriheiln muß auß eignem munbt, 
Das er vergraben hab fein Pfund, 

Das im befohlen hat fein Her, 
Das er damit folt gwinnen mehr, 
Dem wirt daflelb genommen hin, 
Vnd er gemorffen in bie pein, 
Deßgleich auch die jr Ampel band 
Verſchütt vnd nit mit öl gebrannt, 
, nd wölln erft fuchen ander df, 
So jetzt aufgfahren ift die Seel, 
Vier Eleine ding fein jebt auff Erb, 
Sind melfer doch denn menfchen gberb, 
Die Omeiß bie Feine arbeit ſchont, 
Ein Heßlin das im Belfen wont, 


771 


Die Heuwſteff die fein König band, 
Vnd ziehen doch zu feldt allfant, 
Gin jedes geht auff fein henden auf, 
Vnd wohnt doch in der König hauß, 
Wer Honig findt und Waffen fcharff, 
Der eß nicht mehr denn er bebarff, 
Vnd Hüt für feulung ſich der füß, 
Dad ers nicht wider fpeyen müß, . 
Ob joch ein Weifer gebling licht, 
Sein Seel doch nimmermehr verdirbt, 
Aber der Narr vnd vnweiß Mann 
Verdirbt und muß fein hauſung han 
In ewigkeit in feinem Grab, 
Den Breunden leßt er Seel vnd hab, 
Kein gröfler Thor warb nie gemacht, 
Denu der das Tünfftig nicht Betracht, 
Vnd zeitlich für das ewig acht, 
Der ift ein Narr mit aller macht. 


Von Siederlid Warren, oder Werfaum Warren 
gutes Werd. 


Das hunderſt vnd fünfft Narren Geſchwarm 


Das Hundert vnnd fünfft Rarıen Geſchwarm if, von 
ltederlich oder verfaum narren, nemlich von denen, bie 
ihr Seelenpeil vnd ſeligkeit verſaumen. Dife fol man 
fürnemlich auß zwo Schellen Ichrnen erkennen. 

1) Die erſt ell der Liederlih Rarren if, die gab 
vnd gnaden Gottes mißbrauchen. Das Reich Gottes iſt 
gleich einem Menfchen, der ober Landt ziehen wolt, ber 
berüfft feine Knecht und vbergab inen fein gut. Einem 

ab er fünff talent, ꝛc. Hie Höret darauf, je knecht des 
erren, hoͤret zu, fag Ich vnd Lernet, wie ihr Tollet Kauffe 
manſchatz treiben, damit ix nicht wie vnnütze knecht im 


772 


das Hellifch fewer gemworffen werbt, wie das Euang. 
Matt. am xxv. cap. außweilet. Sehet zu, dz jr die guts 
that ond dz vertrawet gut, fo euch vom Derren befoplen 
it, recht ond wol anleget, dann wo jhr ſolches nicht wol 
‚werdet anlegen, wirt es euch ergehn, gleich wie es denen 
im Euangelio ergangen iſt. Derwegen mögen alle Men⸗ 
ſchen mit fleiß ſorg tragen, damit fie das vertraut gut, 
es ſey gleich wenig oder viel, rehtv .” gebrauden. 
Dann welcher in dem wenigften nicht getrewlich handlet, 
wie fan er dann im groſſen getrew erfunden werden ? 
Fürwar, alle die, fo die zeitlichen güter hie mißbrauchen, 
die werben nachmals auß den guthaten, fo fie von Gott 
empfangen haben geurtheilet werden. Derbalben lug ein 
jeder, wie er die zeitlichen güter wol anlege, vnd nicht 
dardurch fein Seel vnd fellgkeit in gefahr bringe. ' 

2) Die ander Schell der Liederlih Narren if, noch 
nicht bereit fein. Die haben wir aber ein gleihnuß auf 
der heiligen Schrift zu nemmen, nemlich wie die zehen 
Jungfrawen, fo auff ven Breutgam gewartet haben, nicht 
fein bereitet geweien ,‘ fonder die fünff haben ihr Ampel 
lehr gehabt, vnnd ſich nicht gerüftet auff die zufunfft des 
Herren. Alſo findt man gar vil, die rüften fich nicht zum 
todt, fonder wenn er fompt, fprechen fie, wir fein noch 
nicht bereitet. O ihr Berzug Narren, merdet hie darauff 
vnd Tehrnet auß dem uangelio Matth. am xxv. cap. 
was euch Chriſtus der Herr fagt, da er fpriht: Wachet 
onnd bettet, dann ir wiffet nicht, wenn ber Herr fommet, x. 
Fürwar, wenn wir diß zu bergen führeten,, würden nicht 
alfo viel Menfchen zu grundt gehn. Dann wie viel ſter⸗ 
ben in der Füllerey, denen der Wein pas hertz abflöfl, oder 
fonft den halß abfallen? Wie viel werden in der Pure 
rey, Spielen und Raßlen erſtochen? Wie viel kommen 
font omb, die gehling flerben vnnd verderben ? Diele 
alle fein noch nicht bereidt zum tobt, fonder ſterben da⸗ 
hin, gleich wie die onuernunfftigen Thier. O wehe des 
elenden fterbeng, die alfo dahin fahren. Zürwar, es iſt zu 
förchten, es fahren ſolche Teut, vie alfo inn ihrer fündt 
dahin flerden, inn ven Pimmel, da bie öpffel auff dem 
Simbfen braten. Derwegen fol ſich jedermann gerüſt vnnd 


Pr} 


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0277 


773 


bereidt machen, das fein Ampel vol öls feye, damit fie 
nicht das erfchrödlich ortheil hören: Sch kenn euch nicht, 
gehet in die ewige pein, dann ich hab euch offt zur Buß 
Iaffen berüffen, aber ihr habt meine treuwe warnung aufs 
geichlagen,, vnnd mich nicht. wöllen hören, ſonder habent 
dem zeitlichen für bag ewig nachgetrachtet. O der grau⸗ 
famen erſchröcklichen ſtimm, vnd des firengen Vrtheil Got⸗ 
tes, wer mag doch ſolche ſtimm ohn groſſes wehe klagen 
hören? Wer wirdt da nicht ſprechen: Ihr Berg fallet 
vber vns vnnd decket vns? Wer wirdt da nicht zeenklap⸗ 
pern, heülen vnnd ſchreien? Derhalben wöllen alle Men⸗ 
ſchen gewarnet ſein, das ſie ſich bereyt machen vnnd dem 
erſchröcklichen vrtheil Gottes entfliehen. Nicht dem zeitli⸗ 
chen nachtrachten vnnd das ewig verlieren. Dann die, ſo 
dem zeitlichen nachtrachten, vnnd das ewig dargegen ver⸗ 
lieren, ſein rechte vnnd gantz blinde Narren, vnnd geben 
an tschein, das viel Königreich wert if, vmb ein 
eiffen. 


Der CVI. Narr. 


Zu rechter band finpt man die Kron, 
Zur linden Yand die Kappen flohen, 
Denfelben weg all Rarren gobn, 
Vnd finden endlich böfen lohn. 


rm il 


Bon Iohn der Weißheit. 


Nach groifer Kunft flellt mancher thor, 
Wie er bald werd Meifter Doctor, 
Bad man in belt der Welt ein licht, 
Der Tan doch das betrachten nicht, 
Mie er die rechte kunſt wol lehr, 
Mit ver er zu dem Himmel ker, 
Vnd das all weißheit diefer Welt 
Iſt gegen Gott ein Thorheit gzelt, 


774 


Biel meinen, fein auff- rechtem weg, 

Die doch verirren an dem fleg, 
Der zu dem waren leben fürt, 

Wol dem, ver auff dem weg nit jrrt, 
Wenn er in ſchon ergriffen hat, 

Denn offt der neben weg abgabt, 
Das einer bald Form ab ber ſtraß, 

Es fey denn, das jn Gott nit laß, 
Hereles in feiner jugend gdacht, 

Mes wegs er doch wolt haben acht, 
Ob er der wolluft nach wolt gahn, 

Oper allein nach tugend ſtahn, 
In dem gebend kommen zu jm 

Zwo Frauwen, die er bald on ſtimm 
Erkannt an jrem leben wol, 

Die ein was aller wolluft voll, 
Vnd Hüpfch geziert mit reden füR, 

Groß Iuft und freub ſie jm verhieß, 
Der end doch wer ver Top mit wehr, 

Darnach Fein freud noch molluft mehr. 
Die ander fah bleich ſauwr vnd hert, 

Vnd Hat on freud ein ernftlich gbert, 
Die fprach, kein wolluft ich verheiß, 

Kein rum denn arbeit in dem ſchweiß, 
Bon tugent zu ber tugent gohn, 

Darumb wirt dir denn ewig lohn. 
Wolt Gott, als wir begeren all, 

Leben nach vnſerm wolgefall, 
Das wir begären auch deßgleich, 

Zu habn ein Ieben tugenbreich, 
MWarlich wir fliehen manchen ftäg, 

Welcher ung führt auff ven Narren weg, 
Nun weil aber wir all nicht wend 


[4 


775 


Gedencken, wo ein jeder Iend, 
Vnd leben blinkend in der nacht, 
San wir keins rechten weges acht, 
Dad wir gar offt felbs wiflen nit, 
Wo vns hinfüren vnſer tritt. 
Herauß entſpringt, das vns all tag 
Berüwen all vnſer anſchlag, 

So wirs erfolgen nicht ohn weh, 
Begaͤren wir nicht anders meh, 
Solchs kompt allein darauß, das wir 

All han ein angeborn begir, 
Wie vns das recht gut hie auff Erd 
Bekompt an weh vnd endtlich werd, 
Nun weil aber das nicht mag ſein, 
Vnd wir jrren im finſtern ſchein, 
So hat Gott geben vns das liecht 
Der Weißheit, da von man geſicht, 
Die macht der finſterniß ein end, 
Wenn ſie nemmen recht für hend, 
Dad zeigt und bald den vnderſcheid, 
Der Thoren weg von der Weißheit, 
Derfelden Weißheit ftellten noch 
Pytagoras, Plato der Hoch, 
Socrates und all vie durch jhr lehr 
Han erholt ewig rhum vnd ehr, 
Vnd küuͤnden doch ergründen nie 
Die rechte Weißheit Funden hie, 
Darumb von jn fpricht Gott der Dem, 
Ich will verwerffen kunſt und ehr, 
Vnd Weißheit deren, die Weiß find, 
Lehren dieſelb die Fleinen Sind, 
Das feind alle die Weißheit hand, 
Er folget dort im Votterfand, . 


776 


Die ſolche Weißheit han gelehrt, 
Werden in ewigkeit geehrt, 
Vnd ſcheinen wie das Firmament, 
Welch han gerechtigkeit erkennt, 
Vnd darinn vnderweiſen fich 
Vnd ander mehr, die leuchten gleich 
Als Lucifer von Orient, 
Vnd Heſperus gen Occident, 
Bion der Meiſter ſpricht, das gleich 
Wie zu den Maͤgdten gſellten ſich 
Die vmb Penelope lang zeit 
Bulten, vnd möcht jn werden neut, 
Als thun Die hie nicht künnen gantz 
Begreiffen der rechten Weißheit glank, 
Die nahen Durch viel tugend zier, 
(Die je Megdt feind) doch faft zu Ir, 
AU Freud ver Welt nimpt trauwrig end, 
Ein jever lug, wo er hin lend. 


— — 


Bon Weg Narren oder Irr Warren. 
Das hunderſt und ſechſt Narren Geſchwarm 


Das hunderſt onnd ſechſt Narren Geſchwarm ik, von 
Weg Narren, nemlich von biefen, fo den weg ber Weiß: 
heit verlaffen onnd dem Zeuffel vnnd feinem anhang nach⸗ 
nolgen. Bon diefen Narren haben wir broben bey den 
Irr Narren oder Straß Narren etwas weitleuffiger ges 
ſagt, darumb wöllen wir hie deſter kürtzer von dieſen 
Weg Narren handlen, fürnemlich dieweil die vorgehende 
Verß ſolcher Narren natur vnd ſitten auch nad ber lenge 
anzeigen. Derhalben fol man ſolche Narren kürkliih auß 
zwo Schellen Ichrnen erfennen. 

1) Die erfte Schell der Weg Narren ifl, den Rarren 
weg, den Karren weg, oder bie gebant flraß gehn. - Wels 
ches if aber der Narren weg? Die fündt, ſchand onud 


777 


after, die eygen lieb, verachtung Gottes, Teines eignen 
nußes betrachtung und verachtung feines nechſten. Es 
iR diefer Weg im eingang gant breit onnd wolgebanet 
onnd gantz Furkweilig anzufehen, aber in dem Enbt if 
er gantz rauch, gefehrlich vnd vnheimlich. Der Weg fo 
zu der Hellen führet, ift gantz breit ond wol gebanet, vnd 
feindt viel, fo diefen gehn. Ja freplich fein deren viel, fo 
diefen weg gehn, dann man findt vonder taufent nicht eis 
nen, der dem rechten weg nachtrachtet, fonder fie gehn 
al dem Holtzweg nad, vnnd eylen hefftig, biß fie zu der 
Hellen kommen. O du groffer Narr, was volgeſt du bie 
fem weg nad, der dich inn die ewige verdamnuß führet. 
Die wolluft ond zeitliche freudt fein nichts anders, dann 
ein Lucern, die dir des nachts Teuchtet, wo du hingeheſt. 
Alſo fein auch die zeitlichen freudt vnd wolluſt, die leuch⸗ 
ten bir vor, damit du jnen nachhengeft, vnd inn die hel- 
liſche pfull falle. Sag an, du groffer Narr: warumm 
volgeft du nicht der Sonnen ſchein nach, die Teuchiet dir 
tag vnnd nacht, vnnd magſt gefehen, wo du hin gebeft, 
barffeft auch nicht forgen, das dir folches Hecht verlefche, 
onnd wenn du dem fleiffig nachkommeſt, fo führt es dich 
au dem ewigen licht. Wilt du nun mutwilliger weiß Ites 
ber dem Zeuffel nachuolgen, welcher ein Zürft ift der Fin⸗ 
ſternuß, oder wilt du lieber der Sonnen, nemlich Chriſto 
dem Herren nachhengen, welcher bich zu dem ewigen licht 
führet? Da haft du kalt und warm bey einander flehen, 
die feligkeit onnd verbamligfeit. Darumb Iug, erwüſche 
das recht, dann wo bu nicht das rerht ziel würbeft er⸗ 
greiffen, fo haft du nichts anders zu erwarten, weder bie 
ewige verdamnuß, helliſche qual vnd pein, die ohn alles 
auffhoören weret. Derhalben lug eben darauff, das du 
den rechten weg geheſt. 

2) Die ander Schell der Weg Narren iſt, ven Weg ber 
Weißheit verlafien. Welches iſt aber der weg ver Weiß 
heit ? die iugent, die gute werd, liebe Gottes, Tiebhabung 
der Gerechtigkeit, nicht das fein, fonder wz Eprifti des 
Herten ft, ſuchen und nachtrachten. Diefer Weg iſt dem 
vorigen ganh zuwider, dann er iſt im erſten eintrit gand 
eng, rauch ont ongebanet, vnnd gank unheimlich an zu 


‘ 


7728 


ſehen. Warumb geſchicht aber ſolches, das er alſo rauch 
vnd vngebanet iſt? Darumb, dieweil deren wenig gefun⸗ 
den werden, die dieſen weg gehn, ſonder es eylet der 
mehrer theil dem gröften hauffen nach. Aber daruon ſoll 
fich niemandt laſſen abſchrecken, dann es kompt Chriſtus 
der Herr, welcher der recht Wegweiſer iſt, der wirdt dir 
den rechten weg wol lehren vnd zeigen, vnd leidt nicht 
daran, ob er ſchon verſchneiet oder mit graß verwachſen 
iſt. Es hat Chriſtus der Herr den weg wol genug geba- 
net, vnd fein denfelben feine Apoftel ond Jünger gangen, 
ond alle Chriſtgleubige und Gottsfördhtige Seelen. Auch 


bat er nah jm verlaffen fein Göttlichs vnd beilfames 


wort, dadurch ein jeder Menſch gang wol, fo er anders 
wil, den weg in Himmel fan finden, vnnd ohn fondere 
gefahr und noth dahin kommen. Derwegen follen fich die 
Menſchen dahin begeben, das fie den rechten weg lehrnen 
erkennen, vnd demſelben mit höchſtem eyfer vnd ernſt nach⸗ 
jagen. Dann es iſt dieſer Weg zu vnſern zeiten ſo leicht⸗ 
lich zu finden, als er vor etlich hundert jaren geweſen iſt, 
feptenmal das Göttlich wort vnd Euangelium an allen 
orten der Welt ſo klar vnd lauter am tag iſt, das ein 
jeder den Weg ohn alles irr gehn mag treffen. Es ſey 
den ſach, das ſich einer ſelbs wölle rechtfertigen, vnd von 
dem guten auß freyem mutwillen zu dem böſen fallen. 
Die aber ſolches thun, vnd freuentlicher weiß dem weg 
der Hellen nachtrachten, die werden ohn zweiffel ein be⸗ 
lohnung daruon bekommen, deren fie nicht werden gela⸗ 
chen mögen: ſonder es wirt nichts anders bey ihnen fein, 
weder ach ond wehe. Darfür wolle Gott alle Chriſtgleu⸗ 
bigen Menfchen behüten vnd bewaren. 





Der CVII. Rarr. 


Sr Sfellen kommen ber zu band, 
Wir fahren in Schlauraffen land, 
Vnd gfieden doch im Meer und fand. 


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| — 779 


Das Shlauraffen Schiff. 
Mit meint je Narren fein allem, 
Wir hand noch Brüder groß vnd Hein, 
In allen Landen vberal, 
Dn end iſt vnſer Narren zal, 
Wir fahren vmb durch alle Yan, 

Bon Narbon in Schlauraffen land, 
Darnach wölln wir gehn Monteflafcon, 
Vnd in dad Landt gen Narragon, 

AU Pfort durchſuchen vnd geſtad, 
Wir fahren vmb mit groſſem ſchad, 
Vnd konnen doch nicht treffen wol 
Den ſtaden, da man lenden ſol, 
Vnſer vmbfahren iſt ohn end, 
Denn keiner weiß wo er zu lend, 
Vnd han doch kein rhu tag noch nacht, 
Auff weißheit vnſer keiner acht, 
Darzu han wir noch vil geſpanen, 
Trabanten viel vnd Turtiſanen, 
Welch vnſerm Hof ſtaͤhts ziehen noch, 
Kommen ins Schiff zum letſten doch, 
Vnd fahren mit vns auff gewinn, 
Ohn forg, vernunfft, weißheit vnd ſinn, 
Thun wir fürwar ein ſorglich fart, 
Denn keiner ſorgt, lugt, merckt vnd wart 
Auff Tablemarin vnd den Compaß, 
Oder ein außlauff deß ſtund glaß, 
Noch minder des geſtirnes zwang, 
Wohin Bootes Vrſa gang, 
Arcturus oder Hyades, 
Des treffen wir Simpleiabes, 
Das und die Felſen an das Schiff 
Zu beyven feiten gehn flard büff, 


780 


Dad knitſchen das fo gar zu trimmern, 
Das wenig auß dem Schiffbruch ſchwimmen,“ 
Wir wagen vns durch Malfortum, 
Des Tommen wir zu land herumb, 
Durch Scyllam, Syrtim vnd Charibd, 
Vnd ſeind gantz auß dem rechten trieb, 
Solchs iſt nicht wunder, ob auch wir 
Im Meer ſehen viel wunder Thier, 
Als Delphinen vnd Syrenen, 
Sie fingen und füß Cantilenen, 
Bad machen vns als faft entfchloffen, 
So iſt vnſers zu land Fein hoffen, 
Vud müflen fehen vmb vnd vmb 
Cyclopen mit ven Augen krumb, 
Dem doch Vlyſſes dad außſtach, 
Das er vor weißheit in nicht fah, 

Vnd jm kein ſchaden zu möcht fügen, 
Dem das er brüllen thet und lügen, 
Gleich wie ein Ochß dem wirt ein flreidh, - 
Nicht minder der Weiß von jm weich, 

Vnd ließ jn fihreien, greinen, weinen, 
Doch warff er noch mit groflen ſteinen, 
Daffelb Aug wechßt im wider fehr, 
Wenn er anſicht der Narren Heer, 
So ſperrt ers auff gen in fo welt, - . 
Das man fonft ficht im Antlig neut, 
Sein Maul fpagiert zu beyden Ohren, 
Mit dem er verſchluckt manchen Thoren, 
Die andern die jm ſchon entrinnen, 
Der wirt Antiphates doch innen, 
Mit feim vol der Leflrigonum, 
Welch gehn erft mit den Narren vmb, 
Denn die fonft anders eſſen neut 


N 


781 


Denn Narren fleifch zu aller zeit, 
Vnd trinden blut für jren Wein, 
Da wirt der Narren Gerberg fein, 
Homerus hat diß alls erpacht, 
Damit man hett auff Weißheit acht, 
Vnd fich nicht waget auff das Meer, 
Auch lobet er Vlyſſem ſehr, 
Weiß anſchleg vnd gut Raͤht er gab, 
Weil man ſtreit vnd vor Troia lag, 
Vnd wie der zehen jar darnoch 
Mit groſſem glück durch all Meer zoch. 
Als Circe mit jirs trancks gewalt 
Sein Gſellen kehrt in Thiers geſtalt, 
Da was Vlyſſes alſo weiß, 
Er nam keine tranck oder ſpeiß, 
Biß er das falſch Weib oberbloßt, 
Vnd fein Geſellen all erloßt, 
Mit eim Kraut, dad man Moly heißt, 
Alſo Halff im auß mancher not 
Sein Weißheit vnd vernünfftig roht, 
Nun weil er aber je wolt fahren, 
Mocht er ſich die leng nicht bewaren, 
Im kem zu letſt ein widerwindt, 
Der jm fein Schiff zerführet gſchwindt, 
Vnd im fein Gſellen al ertrunden, 
AN Ruder, Schiff, Segel, verfunden, 
Sein Weißheit im zubilff doch Fam, 
Vnd er allein nadend auß ſchwam, 
Vnd wißt von viel unglüd zu fagen, 
Ward doch von ſeim Sohn ztodt gefchlagen, 
Als er klopfft an feiner eignen thür, 
Da fund Weißheit nicht helffen für, 
Niemandt mad, der in Tennen kundt, 


182 


Im ganken Hof allein die Hundt, 
Vnd flarb darumb, dad man nicht wolt 

In kennen ald man billich folk, 
Damit komm ich auff vnſer feer, 

Wir fuchen gwinn im tieffen Meer, 
Vnd wirt und bald ein böfe rhur, 

Denn vns bricht Maſtbaum, Segel, Schnur, 
Vnd fonnen doch im Meer nicht fchwimmen, 
Die mällen fein boß auff zu klimmen. 

Wenn einer went, er ſitz gar Hoch, 
So ftoflen fie in zu boben doch, 
Der Windt der treibt fie auff vnd niber, 
Das Narrenfchiff kompt nimmer wider, 
Wenn es recht vndergangen ift, 
Denn wir han weder finn noch liſt, 
Das wir außſchwimmen zu dem ftab, 
Als thet Vlyſſes nach feim ſchad, 
Der mehr bracht mit im nadet auf, 
Denn er verlor und hatt zu hauß, 
Mir fahren auff vnfalles ſchliff, 
Die wällen fhlagen vbers Schiff, 
Vnd nemmen und viel Galeoten, 
Es wirt an nSchiffleut auch gerohten, 
Vnd auch zu letſt an vie Patron, 
Das Schiff thut wär in ſchwencken gohn, 
Vnd möcht gar leicht ein wirbel finden, 
Der Schiff vnd Sciffleut wirt verfchlinden. 
AU hilff vnd raht hat vns verlon, 
Wir werden in dharr vntergohn, 
Der wind verführt vns mit gewalt, 
Ein weiß Mann ſich daheim behalt, $ 
Vnd nem bey vns ein weißlich lehr, 
Wag ſich nicht leichtlich auff das Meer, 


783 


Er Fonn denn mit Winden ftreiten, 
Als Vlyſſes thet zu fein zeiten, 
Vnd ob das Schlif gieng vnder joch, 
Das er zu land könn ſchwimmen doch, 
Darumb ertrinden Narren viel, 
Zun flad der weißheit jener mil, 
Vnd nemm die Ruder im die hand, 
Damit er wiß, wo er bin Iend, 
Mer weiß ift, fompt zu Sand mit fug, 
Es find on dad Narren genug, 
Der ift der beſt, ver felber wol 
Weiß, was man tbun vnd laſſen fol, 
Vnd den man nit darff vnderweiſen, 
Sonder die weißheit ſelb thun preifen, 
Der ift auch gut, wer ander hört, 
Vnd von in zucht und weißheit lehrt, 
Wer aber ver keins vberal 
Kan, der ift in der Narren zal, 
Ob der dig ſchiffs fich Hat verfumpt, 
So wart er bif ein anders kumpt, 
Er wirt Gefelfchafft finden. gring, 
Mit den er Gaudeamus fing, 
Oder das Lied im Narren thon, 
Dir Han viel Brüder drauſſen glan, 
Das Schiff auch wirt zu boden gan. 


Yon Schlauraffen Karten. 
Das hunderſt und ſiebend Narren Gefhwarm. 


Das Hunderft und ſiebendt Rarren Geſchwarm If von 
Schlauraffen Rarren, nemlich von dieſen, fo ſich an ber 
zeitlichen freubt laſſen vernügen, fonft Kein ander orth 
oder endt jhnen fürfeßen, ober nicht begeren zu Landt zu 


184 


fahren, ſonder fchweiffen alfo auff den Meer Hin vnd wi⸗ 
der, vnd werben vom Windt jeßt in biefe, dann in jene 
Infel geworffen, fahren on -alle forg Hin vnd her, achten 
weder des Eompaß noch der Stern auffgang oder abgang, 
gilt jnen alles gleich, wo fie hinfahren. Dann fle fahren 
ohn alle forg, weißheit ond finn, vnd haben weder Schiff 
mann noch Steürmann, fonder fie ſetzen es alles dem glüd 
beim, vnd laſſen fie in allen dingen ein Hein Wald Bögele 
forgen. Diefe Narren fol man fürglich auß fieben Schel⸗ 
len lehrnen erfennen. 


1) Die erft Schell der Schlauraffen Narren ift, von 
dem zukünfftigen leben gar nicht halten, ſonder all fein 
freubt vnd wolluft auff das gegenwärtig Leben feßen. 

2) Die ander Schell’ der Schlauraffen Rarren iſt, dem 
gegenwertigen Ieben, fleifchlichen wollüften mit allem fleiß 
nachhengen, vnd feiner feelen heil und feligfeit gantz vnd 
gar vergeffen. 

3) Die dritt Schell der .Schlauraffen Rarren iſt, zeit 
licher Epr, Reichthumb onnd Gewalt narpirachten, vnnd 
die ewige Reichthumb vnnd Göttliche Ehr vnd Herrligleit 
in wind frhlagen vnd verachten. 

4) Die vierdt Schell ift, durch zeitlichen Gewalt bie 
ermen onderiruden, vnnd ſich dardurch in ewige gefahr 

ringen. 

5) Die fünfft Schell ifl, die Frommen auff biefer welt 
veruolgen, oder ſchmechlich peinigen, vnd nicht betrachten, 
das Gott hergegen inn fhener welt in folches werde vers 
gehn vnd widerumb flraffen mit dem ewigen Hellifchen 
eiwer. 

6) Die fehft Schell ift, in der boßheit vnd fehaldheit 

ang vnd gar erblinden, vnd darin ſterben. D das ik 
—* ein böſer fürſatz vnd ein Schell, die nit wol klinglet. 

7) Die ſiebendt Schell der Schlauraffen Rarren iſt, 
dem Teuffel vberal nachuolgen, vnd flh Ihm gantz vnnd 
gar ergeben. Dieſe iſt die böſeſt Schell vnder den andern 
al, bie wir vnder den Torrechten Narren biß auf diß 
Karren Geſchwarm erzelet haben. Danır die vonder der 
erfien Schellen, fo das zufünfftig leben verachten, fein bie, 
fo da ſprechen: Kommet herbep ihr Schlemmer vnd dem⸗ 


L_ 


! 


785 


mer, vnd laſt ons frolich fein, damit wir bes zeitlichen 
lebens gnug genieffen. Die andern fagen, laſt ons frö- 
lich fein, Zangen vnd fpringen, dann wir bringen fonfl 
nichts mit ons von diefer Welt, diß ift allein vnſer folbt, 
fo wir hie zu lohn haben. Die dritten fprechen, laſt ung 
zeitliche Ehr und Reichthumb nachtrachten, damit wir ein 
Herrlichen nammen hinvder vns verlaffen. Ya fie fprechen: 
lafl und den Armen vnd frommen vmbbringen, vnd laſt 
ons niemandt verſchonen, weder Weib noch Mann, fung 
vnnd alt, dann fie machen mit ihrem feuffßen vnnd wehe 
‚Hagen vns bie zeit lang. Die vierbien fprechen, laſt vns 
den Gerechten vnd Heiligen tödten, vnd auffs hinderſt vers 
uolgen, dann wir mögen nicht vor ihnen geneſen vnd zu⸗ 
kommen, fonder fle widerfiehn ung allzeit. Die fünfften, 
fechften vnd fiebenten fein alfo halflarig vnd erflodet in 
irer boßheit, das fie fih dem Teuffel gantz und gar erges 


ben, vnd fein hie auff diefer Welt des Teuffels Steden=. 


knecht vnd Scherganten, dann wo der Teuffel nicht mag 
binfommen, fo fickt er folche faghundt dapin. In fumma: 
fie fragen weder Gott noch der Welt nad, fonder fie fin: 
gen alzeit, vnd Jaffen ein Hein Wald Vögele forgen. Die 
ift der Schlauraffen Narren art onnd natur, welche man 
auffs kürtzeft mag auß diefen Selen oder oberzelten ſtü⸗ 
den lehrnen erkennen. 


Der CV. Narr. 


Der if ein Narr, der nit verhaft, 
So jm vnfall zu handen gaht, 

Das er fh weißlich ſchick varein, 
Vnglück wil niht veradtet fein. 


Bon verahtung vngefells. 
Manchem vem ift mit glüd nit wol, 
Vnd ringt darnach doch immer tol, 
Darumb fol er nicht wunder han, 
Ob jm das Schiff wirt vndergahn, 
1. 50 


786 


Ob vnglück etwan joch iſt Klein, 
So kompt «3 felten noch allein, 
Wenn nah der Alten ſprüch vnd fag, 
Vnglück und Haar das wechft all tag, 
Darumb den anfang man abwend, 
Man weiß nicht, mo der außgang lend, 
Mer auff dad Meer fi) magen tbut, 
Der darff wol glück und wetter gut, 
Wenn hinder fich fert der geſchwind, 
Wer ſchiffen wil nit wie der Wind, 
Der Weiß nach dem Wind feglen lehrt, 
Ein Narr Hat bald ein Schiff vmbkert, 


‚ Der Weiß der helt in feiner hand 


Den Ruder und fehrt leicht zu hand, 
Ein Narr verfieht fich nicht auff fuhr, 

Darumb er offt nimpt ein grundrhur, 
Ein weiß Mann ſich vnd andre führt, 

Ein Narr verbirbt eh denn ers fpürt, 


Hett fih nicht gſchickt nach vnſer lehr 


Alexander in hohem Meer, 
Das im fein Schiff warff an ein feit, 
Vnd bett fich grichtet nach der zeit, 
Er wer im Meer getrunden gfein, 
Vnd nit tod an vergifftem Wein, 
Pompeius hat groß rhum vnd ehr, 
Dad er gereinigt bett das Meer, 
Vnd die Merreuber vertrieben all, 
Hatt in Egypten doch unfall, 
Welch meißheit, tugend an in hand, 
Die‘ Schwimmen nadend wol zu land, 
As ſpricht Sebaſtianus Brant. 


187 


Von Werfahr Harren sder Vnglüch Warren. 


Das hunderſt vnd acht Narren Geſchwarm. 


Das hunderſt vnnd acht Rarren Geſchwarm iſt von 
Verfahr Narren, nemlich von denen, ſo Verfahren vnnd 
ander lent mit ihn verführen, oder ſich freywillig in die 

efahr begeben. Diefe fol man fürnemlich auß fieben 
hellen lehrnen erfennen. 

1) Die erfie Schell der Berfahr Narren if, die gefahr 
oder vngefehl nicht fürchten. Es fein etliche eines ſolchen 
balftarrigen kopffs, das fie kein gefahr vermeiten noch 
förchten, ſonder fallen freywillig darein. Sie fein gleich 
den Dieben vnnd Mördern, die fehen ihr Gefellen hencken 
oder radtbrechen, dannoch keren fie ſich nicht daran, vnnd 
vermeinen, es werde jhnen ſolches nicht widerfahren, ja 
fie dörffen auch noch wol vnder dem Galgen ſtälen vnd 
ſeckel abſchneiden. Alſo ſein auch ſolche Narren, die nem⸗ 
men kein warnung darab, wann ſie ſehen, das es einem 
andern vbel gehet, ſonder fie folgen denſelbigen mutwilli⸗ 
ger weiſe nach, vnnd begeben ſich wiſſentlich in ein grofſe 
gefährligkeit. 

2) Die ander Schell der Verfahr Narren iſt, die ge⸗ 
fahr vnd vnfell nicht empfinden. Diß ſein fürwar dolle 
vnnd volle Narren, dieweil ſie ihr eigen vnglück nicht 
empfinden. Sie fein gleich dem Zone, vmb defien willen 
das groß vngewitter auff dem Meer entflunde, da fihrey 
jedermann vnd rüffet Gott an, dann fie fahen,, daß das 
Schiff zu grundt würde gehn. Aber Jonas der lag vnd 
ſchlieff, ließ ein Hein Wald Bögele forgen, empfandt fein 
. eigen vnglück vnd gefahr nicht, fonder ſchlieff ohn alle 
forg in der groffen vngeſtümmigkeit. Alfo thun auch folche 
Karren, die empfinden jhr eigen vnglück nicht, 

3) Die dritt Schell der gefahr Narren if, die gefahr 
fleben ond derſelben nachhengen. Es fein eilich alfo auff 
ſündt und fihandt geneigt, das fie mit freyem willen an 
die orth vnd endt gehn, da fie doch willen, das fie ge 
fehrligkeit müffen außſtehen. Als da fein: die offentlich 
Hurnheuſer vnd Hurenwinckel, oder Spielheuſer, darinn 
man nichts anders volbringt dann ſpielen, freffen vnnd 


"788 


fauffen. Weihe num ſich an folche örter verfügen, die 
begeben ſich freywilig in die gefahr vnd Tieben viefelbige. 

4) Die vierdt Schell der Verfahr Narren if, mit an 
dern zugleich in der gefahr oumblommen. Es fein etliche, 
die Tieben nicht allein die gefahr, fonder fie begeben fi 
auch mit andern in gefahr, alfo das fie fih nicht mehr 
von inen laffen abziehen. Dife fein gleich demjhenigen, 
‚der einem finn Waffers noth wil zu hilff fommen, damit 
er nicht ertrinde, der hendt fih hart an jhn, vnd vers 
meint, er wölle ihn herauß ziehen. Wenn fie fih aber 
an einander verwirren, ziehen fie beidt einander zu grundt 
vnnd müſſen allbeydt ertrinden. Alfo ift es auch mit fols 
chen Narren, die woͤllen mit ihren Gefellen verberben vnd 
fterben, vnnd wil feiner ohn den andern fein, fonder inn 
allen gefahren bey einander bleiben. 

5) Die fünfft Schell der Berfahr Narren if, fih inn 
den vngefellen ond gefahr je lenger vnd mehr befchiweren. 
Dann e8 fein etlich, die flürken fich nicht allein freywil- 
lig in die gefahr, fonder fie befehweren fih je lenger je 
mehr mit Weltlichen ond zergenglichen Reichthumben. Dana 
die, fo begeren reich zu werten, fallen in verfuchung und 
ſtrick des Teuffels. 

6) Die ſechſt Schell der Verfahr Narren iſt, inn der 
gefahr vnnd noth Gott nicht anruffen. Es fein etliche, 
wenn fle in gefahr fleden, rüffen fie Gott nit an, Tas 
er ihnen wölle zu Hilff kommen, ſonder fie verachten viel 
mehr diefe, fo Ihnen begeren bilff zu thun, vnd verlachen 
fie wol höfflich. Dife Narren fein gleih Lotthen Tochter 
Männern, da er fie warnet, das fie auß der verbanpten 
Statt folten fliehen, verachteten und verfpotteten fie jhn. 
Aber was geſchach, fie wurden mit den anderen vom 
Schwefel ond Beh verzeret, Alfo wirt es folchen Narren 
auch ergehn, die Fein firaff wöllen annemmen. 

D Die fiebendt Schell if, in der gefahr ongebultig 
fein. Es fein etlihe, die rüffen Gott in der noth nicht 
allein nit an, fonder fie fluchen vnd murren auch wider 
in, gleih als wenn fie ſolches vngefell nicht verſchuldet 
detten, onnd wenn fie fehen, das es einem andern glüde 
licher geht weder ihnen, fluchen vnnd ſchweren fie ober 


ED Fan Fa Don a. 


7788. 


189 


Bott. Fürwar, die folches thun, bringen fih in vil gröf: 
fere gefahr, weder fie vorhin waren, nemlich in die gefahr 
der ewigen verdamnuß. Dann file machen mit jrer Gottes: 
Iefterung, das fie Gott Taffet fallen vnd in abgrundt der 


Hell verfinden. . 


Der CIX. Narr. 


Mancher Narr riht auß jedermann, 
Vnd henckt der Raben ſchellen an, 
Vnd wil fein doch kein wort nicht han. 


Bon hinderredt des guten. 


Viel mancher der Hat freub darab, 
Dad ich viel Narren gfamlet hab, 
Vnd nempt darbey ein nüßlich lehr, 
Wie er fi) von der Narrheit Fehr. 
Dargegen ift es manchem leid, 
Der meint, ich hab im war gefeit, 
Vnd gthar doch öfftlich reden nicht, 
Wenn das er fchiltet das gebicht, 
Vnd hendt der Katz die Echellen an, 
Die jm auff beyden ohren ftahn, 
Ein reudig Roſſz leidet nit lang, 

Dad man mit ftrigeln vmb es gang, 
Wirfft man vnder viel Hund ein bein, 
Sp ſchreit der troffen wirt allein, 
Wenn gwißlich ich mich des verſich, 

Das Narren werben fchelten mid), 
Vnd mein, es flünde mir nit zu, 

Das ich die Narren ftraffen thu, 
Vnd jedem zeig was jm gebrift, 

Jeder redt was jm eben ift, 


790 


Vnd Eagt fih da in druck ver ſchuch, 

Wen nit gefellt diß Narrenbuch, 
Der mag wol laſſen das es Tauff, 

IH bitt keinen, das er es kauff, 
Es woͤll deng witzig werben brab, 

Vnd ziehen ſelbs die kappen ab, 
Ich hab lang zeit gezogen bran, 

Vnd wil mir doch nit gank abgan, 
Mer firaffet das er nicht verftoht, 

Der Fauff diß Buch, es thut im not, 
Ein jeder was er fich verftaht, 

Zu dem gr lieb und neigung hat, 
Wer warheit wiberfprechen gthar, 

Vnd weiß wil fein, der iſt ein Narr. 


Bon Verkehr Norren sder Hinderredt Merren. 


Das hunderſt und neundt Rarren Gefdwarm. 


Das hunderſt vnd neundt Narren Gefhwarm ifl von 
Verkehr Narren, nemlich von diſen, fo das gut für 608 
halten, vnd böß für gutes. Die fol man Fürklih auf 
zweien geringen Schellen Iehrnen erkennen. 

1) 2) Die erfi vnd ander Schell ift, böß für gut ober 
gute für böß Halten. Dife zwo Schellen, ob fie fihon ger 
ring anzufehen fein, haben fie doch vil vrfach, barauß fie 
entfpringen, vnder welchen wir fürnemlich drey wöllen er⸗ 
zelen. Zum erſten if die verferte vnd arge begird vnd 
anmutung gegen feinem nechfien. Dann wann einer ein 
haſſz auff einen legt, oder fonft einem Spinnenfeind iR 
auß geringer anleitungen, was nun berfelbig thut, es ſey 
gleich recht oder unrecht, fo halte bifer mißgönner vnnd 
neidig menfch alles für böß vnnd mupfft ober ijn. Dife 
macht dann mit der weiß auß dem guten böfes vnd auf 
dem böfen gutes. Die ander vrſach if bie böfe gewon- 
heit. Dann die, fo ein böfe gewonheit oder böß fitten 


4 


% 


791 


an in haben, wann man fie begeret baruon abwendig zu 
machen , halten fie venfelben von flundan darfür, als 
wann er ihn feind were, ob erd doch gang gut gemeint. 
Dife machen auch auß dem guten böfed. Dann es iſt je 
ir nutz, dieweil fie der ander begert von böfem weg ab: 
wendig zumachen und auff den rechten begert zubringen. 
Aber folche Narren wöllen fein firaff für gut auffnemmen, 
fonder fe halten darfür, man fey ihn feind, fo man doch 
fren nuß vnd frommen dardurch ſuchet. Wann nun fe 
mand folche verruchte vnnd gottlofe menfchen firafft, fo 
nemmen fie folches von flundan für böfes auff, vnd hal⸗ 
tens darfür, man fey jnen feind, fo mans doch gut mit 
inen gemeint. Diß fei alfo fürglich gefagt von der art 
der Berker Narren: Nemlih von difen, fo alle ding zum 
böften vnd ergſten außlegen vnnd Fein flraff für gut ha⸗ 
ben, welche wol mit ben Straff narren mögen verglichen 
werben, von denen wir droben auch gefagt haben. 


— — — — — 


Der TCX. Narr. 


DH Tiſch begeht man grobheit vil, 
Die man hie Rarrheit vnderweil. 
Bon ven zuletzt ich fagen wil. 


Bon Tiſchs vnzucht. 


So ich all Narrheit gantz durchſuch, 
Setz ich billich zu end diß Buch, 
Etlich die man für Narren acht, 
Der ich doch vor nicht hab gedacht, 
Wenn ob fle ſchon ein Mißbrauch Hand, 
Damit die Hofzucht wirt gefchandt, 
Auch grob vnd vungezogen find, 
Seind fle doch nicht fo genslich blind, 
- Das Ehrbarkeit von ihn werd giebt, 
Als die thund, die ich Hab vorafeht, 


792 


Oper fie Gotts darumb vergeffen, 

Sonder mit trinden ond effen, 

Sind ſie faft grob vnd vnerfahren, 

Das man fie Heißt vnhoͤfflich Narren, 
Als die nicht weſchen thund je hend, 

Wenn fie zu Tiſch fich fehen wend, 
Ober die fich zu Tifch thun fehen, 

Vnd andere an dem fißen letzen, 

Die vor jn folten fein geſeſſen, 

Vernunfft, Hofzucht alfo vergeffer, 
Dad man zu in muß fprechen Ho, 

Wolauff gut Freund, ſitz abher do, 
Laß den dar fißen an bein flatt, 

Ober Der vor gebettet bat 
Den Segen vber Wein und Brot, 

Eh denn das er zum Tiſch hingoht, 
Der auch zu erſt greifft in die Schüſſel, 
Vund ſtoößt Das Eſſen in den brüffel 
Vor ehrbaren Leuten, Frawen, Herren, 
Welch er doch ſolt vernänfftlich ehren, 
Dad fie zum erften greiffen an, 

Vnd nicht were zu foͤrderſt dran, 
Dem auch fo not zu eſſen ſey, 

Das er blaß in das Muß vnd Brey, 
Vnd thut ſein backen zerbloſen, 

Als wolt er eim ein Schewr anſtoſſen, 
Mancher betreufft Tiſchlach vnd kleid, 

Auch in die Blatt er wider leit, 
Was im fo gröblich iſt empfallen, 

Welchs vnluſt bringt den Geſten allen, 
Auch etlich die ſein alſo faul, 

Wenn ſie den Löffel zu dem Maul 
hun, henden fie den offnen trüffel 


793 


Vber die Blatten, Muß vnd Schüffel, 
Wenn jm empfellet denn darnider, 

Dafielb kompt in die Schüffel wider, 
Etlich die fein alfo naßweiß, 

Die vorhin ſchmecken an die fpeiß, 
Vnd machen mit jm ander Leut 

Bnluftig und ſchandbar zu zeit, 
Etlich die keuwen in dem mund, 

Vnd werffen dad von in zu flund 
Auffs Tifchtuch, Schüffel oder Erd, 


Das mancher darumb nimpt böß wehrt, 


Wer von eim mund wol geffen Hat, 
Vnd legt ven wider In die Blat, 
Oper fich leget auff den Tifch, 
Vnd Iugt, wo leit gut fleifch und fifch, 
Ob das fchon vor eim andern leit, 
Greifft er vnd nimpt Das boch zu zeit, 
Dad laßt das vor jm bleiben allein, 
Das es keim andern werd gemeln, 
Denfelden Mann ein fchlinprapp nennt, 
Der Tiſch allein fich kennt, 
Vnd darauff legt arbeit vnd fleiß, 
Weil er allein eß alle fyeiß, 
Vnd er allein mög füllen fich, 
Vnd andern nicht günnt deßgleich, 
Diefelben heiß ich Raum den bag, 
Lerßkerli ſchmier, Wenft füll ven Mag, 
Solchs ift ein böfer maßgenoß, 
Vnd wirt geheiffen wol ein froß, 
Welcher mit folcher vnzucht moß, 
So jm gut effen bfchert das Heil, 
Vnd er es mit eim andern tbeil, 
Auch der fein backen füllt alfo, 


2 


794 


As ob fie fledten voller firoß, 
Vnd mit dem eſſen vmb ſich gaff 

In alle winckel wie ein Aff, 
Vnd ficht eim jeden zu mit bger, 

Ob ver vielleicht mehr eſſz denn er, 
Vnd ehe diſer ein munpffel zudt, 

Hatt er vier oder fünff verſchluckt, 
Vnd das jm nicht vielleicht gebreft, 

Tregt er auffn veller Hin zu Neft, 
Das er fich vielleicht nicht verfaumpt, 

Lugt er, wie er die Blatten raumpt, 
Eh er die fpeiß thut abhin fchluden, 

Thut er ein flih Im Becher guden, 
Vnd macht ein fuppen mit dem Wein, 

Damit ſchwenckt er die baden fein, 
Vnd iſt im offt darzu fo not, 

Dad es im halb zur Naß außgoht, 
Oder fprüßt es eim andern licht 

Ins trinckgſchirr oder angeficht. 
Neun Taubenzüg vmb cin Blapphart, 

Das ift mit trinden jegt der art, 
Sein ſchmutzigen mund wüſcht Teiner im, 

Damit das feißt im Becher ſchwim. 
Schmaßen am trinden lob ich nicht, 

Man teubet ander leut damit, 
Wenn man fo fürflet durch die zän, 

Solch trinden gibt ein böB gethön, 
Mancher trinkt mit ſolchem gefchrey, 

Als ob ein Kub kem von dem Heuw, 
Ein ehr was etwan trinden noch, 

Jetzt iſt den Meinfchleuch alfo joch, 
Damit fie trinden mögen vor, 

Das Trinckgeſchirr heben embor, 


795 


Vnd bringen eim ein freundilich trund, 
Damit der Becher macht glunck glund, 
Vnd meynen damit ander ehren, 
Das fle ven Becher vor vmbkeren. ‘ 
Ih darff' derſelben Hofzucht nicht, 
Das man mir vor das glaß vmbfchätt, 
Ober man mich zu trinden bitt, 
Ich trinck mir ſelbs Tein andern zu, 
Mer ſich gern füllt, ver ift ein Kuh, 
Der auch ſchwetzt vber Tisch allein, ' 
Vnd nit laßt reden fein Gemein, 
Sonder muß hören jedermann, 
Im zu, dad er viel ſchwetzen fan, 
Kein andern er auß reden loßt, 
Ein jevern er mit worten ftoßt, 
Vnd Binder redet alle frift 
Manchen, der nicht zugegen ift, 
Auch der ſich Traget in dem grind, 
Vnd Iug ob er fein wilbpret findt, 
Mit ſechß füß und ein Vlmer ſchilt, 
Das er den auff dem deller knilt, 
Vnd in die Blatt die Finger thü, 
Damit er mach ein Negligbrü, 
Ob er jm ſelbs die Nafen wifch 
Vnd ſtreich den Finger an ven Tiſch, 
Die auch fo höflich feind erzogen, 
Die auff jr Arm vnd Ellenbogen 
Sich Iehnen und ven Tifch beivegen, 
Darauff mit allen vieren liegen, 
AB die Braut thet vom Heyn, 
Die auff den deller Iegt jr Bein, 
Da fie fi budet nach dem ſturtz, 
Entfur jr ob dem Tisch ein furk, . 


796 


Vnd ließ ein reubgen jr entwifchen, 

Wo man nit kommen wer darzwiſchen 
Mit Fühlen, ond jr auff bett gtban 

Dad maul, Fein Zan het fie beban. 
Etlich die thun alfo hofiern, 

Dad fie dad Brot faft wol befchmiern 
Mit ſchmutzigen henden, Pfefferbrey, 

Damit e8 wol gefalbet fey, 
Es ift ein vortheil auff fürlegen, 

Das aller beft thut man anregen, 
Vnd was nicht mol gefellet mir, 

Das leg ich gern eim andern für, 
Darburch wirt dem ein weg gemacht, 

Damit ich nach dem beiten tradht, 
Eim jeden wirt waß ich nit wil, 

Das beit wirt mir, des fchmeig ich fill, 
Mancher bat mit mir offt hofiert, 

Ich wolt er hetts nie angerürt, 
Damit fo wer mir blieben baß 

Welchs vor mir lag vnd mir ſchmackt baß, 
Mancher den Schlendrianum treibt, 

Die Blatt er auff dem Tiſch umbicheibt, 
Damit das beit für jn fomm bar, 

Ih Hab das viel genommen war, 
Mancher treibet foldye abentheumer, 

Welch zu ſeim anfchlag im gab fleumr,; 
Damit jm werb gefüllt fein bauch, 

Solchs bat der Tiſch manch felgam gbrauch, 
Wenn ich die all erzelen folt, 

Ein gantz Legend erzelen wolt, 
Wie man thet in ben Becher pfeifen, 

Mit Fingern in das Saltzfaß greifen, 
Das mancher acht, es fey als grob, 


797 


Warlich daſſelbig ich viel mehr lob, 
Wenn dad man falg nem mit dem mefler, 

Ein gewafchne hand ift viel befler, 
Vnd feubrer denn ein Meſſer zeucht, 

Welchs man erft auß der ſcheiden leucht, 
Vnd man nicht weiß zu welchen flunben, 

Ob man ein Kab mit hab gefchunden, 
Deßgleich für vnuernunfft man halt, 

Wenn man bie Eyer fchlegt vnd fpalt, 
Vnd ander depgleich gaudelfpil, 

- Ich jetzt daruon nit fehreiben wil, 
Tenn e3 fein fol ein böflichkeit, 

Ich ſchreib allein hie von grobheit, 
Vnd nit fubtile höflich fuchen, 

Ich wolt fonft wol ein Bibel machen, 
Solt ih all mißbreuch Hie befchreiben, 

Die man tbut ob dem effen treiben, 
Depgleich fo achte ich auch neut, 

Wenn etwas in dem Trinkkgſchirr leit, 
Ob man das mit den mund abloß, 

Oder darinn das meſſer ftoß, 
Dder ein fihnitten von dem Brot, 

Wiewol vaflelbig höflicher ftoht, 
Sp haft ich dad doch alfo num, 

Das man ein jedes wol mag thım, 
“Mo man e8 aber fo Hat vor gut, 

Das man es auß dem Trinckgſchirr thut, 
Vnd man ein frifched darinn ninpt, 

Als fich bey ehren des wol ziempt, 
Das mag man fihelten nit mit glimpff, 

Für arm leut ift nicht folcher ſchimpff, 
Ein arm Mann fich benügen lot, 

Was jm Gott gibt vnd jnt berot, 


798 


Der darff nit aller Hofzucht pflegen, 

Zum lebten ſprech man doch den fegen, 
So man genommen hat dad maß, 

So fag man Deo gratiag, 
Wer fich In dieſem vberflcht, 

Den acht ich für Kein weiſen nicht, 
Sonder ich billich Tprechen mag, 

Das er die. Narrenfapp auch trag. 


Yen TCiſch Narren. 
Das Hunderfi und gehend Narren Geſchwarm. 


Das hunderfi onnd gehend Rarren Geſchwarm ift von 
Tiſch Narren, nemlich von denen, fo fih vnzüchtig ober 
Tiſch Halten. Bon difen Narren haben wir auch droben 
sefagt bey den Füll Narrin. Darumb wöllen wir hie 
defter fürger von inen handlen. Difer Narren groben 
fitten ond Säwmores fol man kürtzlich auß den zwölf 
nachgehnden Schellen Iehrnen erkennen. 

1) Die er Schell if, die hend nicht weichen. Diß fol 
ein jeder (Gott geb mas flandt er fey) fleiffig behalten, 
das er die hendt wäfche, ehe dann man zu Tiſch gebe; 
welcher das nun nicht tut, der if zwar für fein fünder 
zu halten in dem flud, aber für ein faulen Lümmel vnd 
onfletigen menſchen. Dann es haben folches die Alten 
nicht vergebens angeftellet, fonder es hatt ein fonderlich 
geheimnuß hinder im. 

2) Die ander Schell if, oben anfitzen, oder vor anderen 
in die blatten fahren, der erſt vnd ver letſt in ber blatten 
fein. Die ift ein onpöfftichfeit, welche auch Chriflus der 
Herr felbs im Enangilio fchiltet. 

3) Die drit Schell tft, vor vnd noch dem effen nicht 
betten, fonder zum vnd von dem Tiſch lauffen gleich wie 
ein Saw zum trog. Es fol Fein Chriften menſch effen 
over trinden, er fol zuuorhin Bott Toben vnd dandfagen 
vmm bie befhärte gutthaten. Welches uns Ehriftus der 
Herr felbs mit feinem Exempel gelehrt hatt, dann er hat 


EM TE Gm VE TO EEE Wu 


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799 


allmeg vor vnnd nach dem effen Gott gelobt. Dem fols 
len wir billich nachuolgen. 

4) Die vierdte Schell der Tiſch Narren iſt, die fpeiß 
ang durchleſen, außgrüblen, daran fchmeden vnd diefelb 
vrtheilen, wie fie nicht recht gekocht fein. Diß if ein 
eroffe vnhöfflichkeit, fürnemlich in anderleut Beufern, das 
pin du zu gef gelaven bifl. 

5) Die fünfft Schell if, vngekewt die fpeiß Hinab ſchlu⸗ 
den, gleich wie ein Stord. Dife fein gleich, ald wann 
einer ein gantze Nuß verfchludet. Solches if auch ein 
grobe hoffzucht, vnd iſt ein zeichen eines füllers vnd frefs 
fers. Daruor fol fih ein jeder hüten, das er nicht freſſz 
wie ein ander onuernünfftig thier. 

6) Die ſechßt Schell der Tiſch narren if, ohn allen 
hunger vnd durſt zum Tiſch fiben. Welcher ohn hunger 
vnd durft iffet vnd trindet, der verwäftet allein den ma⸗ 
gen dadurch, vnd frhmedet im nichts, Gott geb wie köſt⸗ 
lich es zu bereitet fey. 

T) Die fiebendt Schell der Tiſch Narren iſt, ober bem 
Tiſch fich Hinden vnd vornen kratzen. Dis if ein groſſe 
onhöffligfeit, wenn einer ob dem Tiſch Läuß fuchet, vnd 
fih fonft Trab, gleich wie ein Hund, der voller flüg laufſt. 
- 8) Die at Schell if, einer dem andern zufauffen vnd 
zutrinden , das der halb theil under die band, der ander 
Halb auff die band felt vor volle. Bon diefen Sauff Nar⸗ 
ren haben wir droben bey den FÜ Narren gefagt. 

9) Die neundt Schell if, ober dem Effen ein groß ges 
ſchwetz, gelech vnd gereter haben, gleich als wenn er in 
der Badtfluben oder in der Mebig were. Dann es fein 
etliche, die treiben ein folch geſchwetz und gedeter ober dem 
Tiſch, das jedermann ihnen zu muß hören, vnd niemandt 
vor jhn zu reden kan kommen. Diß ift auch ein grobe 
vnd Säwiſche hoffzucht. Dann ein weifer redt nicht viel, 
fonder er ſchweigt vnd höret, was ander leut reden. 

10) Die zehendt Schell ift, die Höffliche vnnd Adeliche 
ſitten der Gäften nicht achten, vnnd auch denfelben nit 
naduolgen. Solche, die ander leut höffliche fitten nit abs 
nemmen vnd denfelbigen nicht nachuolgen , die fein rechte 
Grobianer vnd Säwpanfen Dann es if Fein fhandt, 


u 


800 


wenn einer nicht Tan, aber es iſt ein ſchandt, nichts wöl⸗ 
len lehrnen. Diß fey alfo kürtzlich von den tifh Narren 
gefaget, darinn man fürnemlich jr filten vnd gebert fan 
abnemmen. Welcher aber begert, etwas weiterd von ihn 
zu wiffen, der Iefe droben bey den Full Narren, da wirkt 
er auch viel von ihnen finden. 


Der CXI. Narr. 


Die Rarın die habn die Faßnacht erdacht, n 
Dardurch fie haben getrieben jirn pradt, 
SR mander zum armen Mann gemadt. 


Bon Faßnacht Narren. 


Ich weiß noch etlih Faßnacht narrn, 
Die in ver Thorenkappen bharrn, 
Ein theil die thun fich faft beruken, 
Antlitz vnd Leib fle gan verbußen, 
Mancher wil nit, das man jn Fennt, 
Melcher fich Doch felb8 zu letſt nennt, 
So Im der kopff ſchon ift vermacht, 
Wil er Doch, das man auff in acht, 
Das Man fprech, ſchauw mein Herr von Runckel 
RKombpt jetzt und bringt am arm ein Kundel, 
Es muß ja etwas groß bedeuten, 
Weil ee doch kompt zu armen Teuten, 
Durch ſein demut vns thut beſehn, 
Sein meinung iſt, er wolt gern ſchmehn, 
Kuͤchlin ſucht man in manchem Hauß, 
Vil beſſer wer, man blieb darauß, 
Vrſach iſt zu erzelen ſo viel, 
Das ich viel lieber ſchweigen wil, 
Aber die Narrheit hat erdacht, 


800. 


801 


Das man fucht freuden zu Faßnacht, 
Man laufft dar affter auff ven gaſſen, 

In maß als folt man Imen faflen, 
Welcher denn mag fein fchelling gang, 

Vermeint er hab billich ven Krank, 
Bon eim hauß zu dem andern laufft, 

Groß füllen er on bargelt kaufft, 
Dafielb DIE wärt nach mitternacht, 
Der Teuffel hat das ſpil erdacht, 
So man folt fuchen Seelen Heil, 

Das man erfl tank am Narrenfeil, 
Mancher der füll thut fo vergeflen, 

Als folt er in eim jar nicht eflen, 
Die welt die wil jirn willen han, 

Vnd thut nicht bald daruon abſtahn, 

Darumb ftrafft und Gott on abelan. 


Bon Faßnacht Marren oder Bub Warren. 


Das Hunderfi vnd eilfft, vnd letſt Narren 
Geſchwarm. 


Diß Narrengeſchwarm iſt nicht vergebens den Tiſch 
VParren nachgeſetzt, dann fie kommen in ſitten vnd ges 
berden ſchier mit einander vberein. Diſe fol man kürtzlich 
auß fieben Schellen lehrnen erkennen. 


Die erſte Schell iſt, frölich ſein, ſpringen vnd tantzen, 
vnd fih ſtellen, gleich als wenn der Teuffel gar in ihn 
gefchloffen were. Dis tft ein groffe fündt, dann zu diefer 
zeit fol man trawrig fein, onnd betrachten, wie Chriſtus 
der Herr fey vom Zeuffel verfuchet onnd in die Wüften 
gefüret worden. 

2) Die ander Schell iſt, fi vermummen vnd verbußen 
onnd dem Zeuffel gleich machen. Dife verbugung vnnd 
Mummerey bat nirgendt anders her fein vrfprung, weder 

i. 51 


802 


von den Heiden vnd dem Teufel. Der Hat bie menſchen 
alfo verfürt, das fie ſich im gleich gemacht haben. 

3) Die dritt Schell if, Schlemmen, braffen, freien vnd 
füllen gleich wie ein Auf. Fürwar, folhes iR ein groffe 
fündt, vnd wirt file Gott nicht ongeftrafft hingehn Iaffen. 

4) Die vierdt Schell ift, ſchlecken gehn. Dife feindte, 
fo von einem Hauß zum andern lauffen , zu füllen over 
zu frefien, vnd barneben das Küchle holen vber dem Tiſch, 
da man die Schuh under das Beth fiellet. Dann meinft 
du, das fich ſolche Gſellen vmb des Küchled vnd fchlaff 
trunds halben vermummen vnnd verbußen? Rein frey 
Inh, es gefchicht allein darumb, damit fie dir alfo in der 
tummen vnd vollen weiß dein Haußfraw, Tochter oder 
Magd befcheiffen. Das Heift dann hüpſch das Küchle ges 
holt, welches nachmals ober ein Zar nach milch vnd mel 
fihreyet, das man andere Kühle bache. Derhalben wolle 
ſich ein jeder frommer Haußwirt hüten, das ihm folde 
ſpürhundt ond fchlederhaffte kunden nicht zu hauß kommen. 

5) Die fünfft Schell der Faßnacht Narren if, fich bra: 
men vnd befudlen under dem angefiht am Efchermitiwo: 
en, oder auff den Faßnacht tag. Diß iſt fürwar ein 
groffe fündt vnd fihandt. Dann man darff den Teuffel 
nit an das Hauß mahlen, er fompt wol für ſich felbe 
barein. Alſo darffft du dich nicht in des Teuffels geſtalt 
verendern, du bift vorhin ein ärger vnd ſchwartzer Zeuffel 
gnug, in dem bu täglich wider Gott ſündigeſt vnd groffe 
hoffart treibeſt, darinn bu dann dich dem Teuffel viel glei⸗ 
der vnd förmlicher macheſt weder Gott. Derhalben wöl 
ein jeder Ehriftenmenfch gewarnet fein, dz er folche Heid 
nifche brauch vnd fitten abtfue, und Chriſto feinem erlö⸗ 
fef nachuolge, damit nicht al fein handel und werd, 
fo er hie auff diefer welt. begept, vergebens fein. 





— eo — —— — — — — — 577— 


803 
Der weiß Mann. 


Bon Narren hab ih außgefeit, 

Damit man bo wiß recht befcheip, 
Ber wigig fey gantz vmb vnd vmb, 
Der leß mein freundt Birgilium. . 





Bon Weißpeit. 
Gin gut vernünfftig witzig Mann, 
Deßgleich man nicht möcht einen han, 
In aller Welt als Socrates, 
Apollo gab im kundtſchafft des, 
Derfelb fein eigen Richter ifl, 
Wo abgang und weißheit gebrift, 


Verſucht er auff ein naͤglin fich, 


Er acht nicht was der Adel fpricht, 
Ober des gmeinen volcks gefchrey, 

Er ift rotund gang wie ein Ey, 
Damit Tein frembder mackel blieb, 

Der ſich auff glaiten weg an rieb, 
Wie lang der tag im Krebs fich flredt, 

Wie lang die nacht den Steinbod deckt, 
So gdenckt er vnd wigt eben auf, 

Das in keim windel in ſeim hauf, 
Er trieb oder er red em wort, 

Das nit gleich weg auff alle ort, 
Damit nit fehl das winckelmeß, 

Ja faft fey mes er ftch vermeß, 
Sonder all anlauff mit ver hand, 

Verſetz und bald hab abgewand, 
So ift jm nit fo lieb kein ſchlaff, 

Dad er nit gbend ferr und ſich ſtraff, 
Mas er den langen tag hat gthan, 

Wo nberfehen er ſich mag han, 


804 


Was er bey zeit folt han betracht, 
Vnd das zu vnzeit Hab vollbracht, 
Warumb vollendt er hab die fach, 
Vnziemlichkeit und all vrſach, 
Vnd er viel zeit vnnutz vertreib, 
Marumb er auff dem anfchlag bleib, 
Den er wol möcht verbeilert dan, ° 
Vnd nit den armen gſehen an, 
Warumb er in ſeim gmüt bat viel 
Empfunden fchmerg und widerwill, 
Vnd mwarumb er diß hab gethan, 
Vnd hab jend vnderwegen glahn, 
Warumb es fey fo offt gelekt, 
Vnd hat ven nuß vor ehr gefekt, 
Vnd ſich verſchuldt mit wort vnd gfdhicht, 
Der ehrbarkeit geachtet nicht, 
Warumb er der Natur nachheng, 
Sein hertz zu zucht ſich nicht bezweng, 
Alſo bewärt er werd vnd wort, 
Bon morgen biß zu tages ort, 
Gedenck al fachen vie er thut, 
Verwirfft das boß und lobt das gut, 
Das ift eins rechten weifen nut, 
Den in feim Gdicht und zeichet auß 
Der hochgelehrt DVirgilius, 
Mer alfo lebet hie auff Erd, 
Der wer bey Gott on zweiffel wehrt, 
Das er recht Weißheit Hett erkannt, 
Die in führt in dad Vatterland, 
Das vnd Gott geben wol zu band, 
Wunſch ich Sehaflianud Brand. 


805 


Bon dem Weifen Mann und der Weißheit, auch 
wie diefelbig fürnemlich durch fieben gülden Knöpf 
fey zu erkennen, 


Dieweil uns Gott alfo lang hat Iaffen Ieben, das wir 
die oberzelten Narren mit ihren vntugenten vnd laftern 
erflärt haben, were jetz von nöten, das wir auch ein ſon⸗ 
dere vermanung zu der Weißheit anftelten, bieweil aber 
ſolches zuuil zeit onnd weil neme, auch wir vieleicht dem 
Lefer dardurch verdrüßlich möchten fein, mwöllen wire bey 
der vermanung laflen bleiben, fo wir droben im 58. vnd 
59. blat gethan haben, darauß dann ein jeder, der luft 
ond Heb zu der Weißpeit hat, Fürblich mag fehen, worzu 
die Weißpeit dient. Doc damit wir nicht für Saul Nars 
ren hierin möchten gefcholten werben, fo wöllen wir mit 
wenig worten anzeigen, durch wie vil gülden Knöpff die 
Weißheit fey zuerkennen. 

1) Der erſt gulden Knopff iſt, fich felbs vrtheilen und 
recht lehrnen erkennen. Dann welcher fich ſelbs recht lehr⸗ 
net ertennen, der veracht nicht baldt ein andern, vnd ent« 
halt fih von den fünden. 

2) Der ander gulden Knopff ift, rüwig fein, vnd nicht 
ander leuten gefchefft fo vntüchtig fein vnd jhm nicht zu⸗ 
ſtehn wöllen, außrichten. Dann was dich nicht brendt, 
foltu nicht blofen, das ift fo viel gefagt: Das dur nicht 
"folt forg tragen für ein Oberfeit, over ander leut, wie 
fie jr gefchefft außrichten, vnnd folt fie darinn nicht ſtraf⸗ 
fen, als wenn bu weifer wereſt weber ein ganger Rath. 

3) Der dritt gulden Knopff if, rundt vnd kuglecht fein, 
gleich wie die welt. Damit du auff alle weg gerüft feyeft, 
ond ben rod bendeft, wo der windt her wehet. Welches 
aber nicht auff vie boßheit zu deuten iſt, das du folleft 
alfo geſchmitzt vnd gefchidt fein auff ſchandt vnd Tafter, 
fonder das du Dich nach Gottes willen wiffef zu fehiden, 
ed geh dir gleich wol oder vbel, das du folches alzeit mit 
geduldt mögeft tragen. | 

4) Der vierbt gulden Knopff iſt, das zufunfftig ver: 
ſtehn und betrachten. Ein Weifer mann betrachtet alzeil 
das zufänfftig, onnd thut gleich wie ein Schiffmaun, der 


⸗ 


2 


806 


ſiehet nicht allein auff das gegenwärtig, ſonder richtet and 
das Schiff auff pas zulünfftig, damit er nicht auff einem 
felfen oder Rod fahr, alfo thut ein weifer, der betracht 
nit allein das gegenwärtig, fonder auch das zufünfftig. 

5) Der fünfft gulden Knopff ift, das vergangen alzeit 
vor augen haben vnnd ſich darnach richten. Kin Weifer 
mann richt al fein thun an auff das zulünfftig ond ver: 
gangen. Dann fo er eiwan fihaden ab einem bing em 
pfangen hat, hütet er fich, dz im ſolchs nachmals nit wi« 
der begegne. 

6) Der fehR gulden Knopff if, all fein finn vnnd ge 
danden, thun vnd laſſen, werd vnd that alkein auff Gott 
ond fein Göttliche Ehr richten. Gott für allen bingen 
lieben vnd werth haben, tag und nacht nad feinen gebot» 
ten trachten vnd flellen. "Welcher diß thut, der if für eim 
Weiſen mann zu halten, vnnd wird er nimmer vnder die 
zaal der Narren gerechnet werden. Auch wirt jhn Gott 
nicht verachten, gleich wie er die Weltwürm und Welt 
Narren verlachet, vnd fie in abgrundt der Hell ſtoſſet von 
wegen ihrer Rarrheit, in dem fie die Welt mehr werer 
ihn geliebt Haben. Sonder wirt ihn die ewige Weißpeit 
mittheilen , weiche Chriſtus der Herr felbs if, inn deren 
dad ewig leben verborgen ligt und fledt. Wer nun Chri⸗ 
flum von grundt feins bergen liebet, der erlangt die ewige 
weißheit, welche nichts anders iſt, bann das ewig leben, 
da alle freudt vnnd frolodung if. Darzu heiff uns Ihe 
fus Chriſtus, Gottes geliebter Sohn und vnſer Heylandt 
allen mit einander, Amen. 


— —— 


Entſchuldigung des Tichters. 


Leicht wer es, Rarren fahen an, 

Wenn man auch kündt von Rarrheit lan, 
Weider das fhon wolt underftahn, 

Der wirt dod viel gehindert dran. 


Der iſt ein Narr vnd groffer Thor, 
Der eim Werdmann den Ion gibt vor,' 





— — — — — 


807 


Der macht nit werfchafft auff den mardt, 
Mer nicht auff fünfftig blonung wart, 
Gar felten wirt verbienter lohn, 
Der vor verzert ift und verthon, 
Das werd gar Iangfam naher gobt, 
Was man macht auff vorgefien brot, 
Darumb hett man mir vorgelont, 
Vnd ich der Narren bett verfchont, 
Ich hett mich wenig daran Fert, 
Darzu wer es doch jebt verzert, 
Vnd heit die Ieng mich nicht gemwert, 
Als alles das da ift auff Erd, 
Das ift vnnütz Thorheit geacht, 
Wenn ich auch diß vmb gelt hett gmacht, 
Sorg ich mir würd nit gleicher lohn, 
Ich hetts warlich lang laſſen ſtohn, 
Aber dieweil ichs hab gethon, 
Durch Gottes ehr vnd nutz der welt, 
So hab ich weder gunſt noch gelt, 
Noch anders zeitlich gſehen an, 
Des wil ich Gott zu zeugen han, 
Vnd wiß doch, das nit mag bleiben 
Gantz vngeſtrafft in meinem ſchreiben, 
Den guten wil ichs laſſen nach, 
Ir ſtraff, einred, auffnemmen auch, 
Denn ich mich des gen Gott bezeug, 
Iſt etwas hie daran ich leug, 
Oder das ſey wider Gottes lehr, 
Der Seelen heil, vernunfft vnd ehr, 
Des ſtraff nimb ich auch mit gedult, 
Ich wil am glauben nit han ſchult, 
Vnd bitten hiemit jedermann, 
Das man von mir für gut wöll han, 


808 


Denn ich habs darumb nit gebicht, 
Aber ich weiß, das mir gefchicht 
Gleich wie der Blumen, vie wol veucht, 
Darauf das Bienlin honig zeucht, 

Aber wenn barauff fompt ein fpinn, 
Sp ſucht fte gifft nach jrem gwinn, 
Das wirt hierinn auch nit gefpart, 
Ein jedes: thut nach feiner art, 
- Wo nicht iſt gutes in em hauß, 
Da Tan man nit guts tragen auf, 
. Wer nit gern Hört vom weißheit fagen, 
Der wirt beit dickter von mir klagen, 
Dem hört man an fein morten an, 
Was er fey vor ein gaudelman, 
Ich hab gefehen manchen Thor, 
Der auff erhebt was Hoch emhor, 
Gleich als der Eeder Libani, 
Der bdaucht ſich ſeiner Narrheit frey, 
Ich wart ein weil vnd hort ſein nimm, 
Ich ſucht in, er gab mir kein ſtimm, 
Man kundt auch finden nit die ſtadt, 
Da derſelb narr gewohnet hat, 
Mer ohren hab der merck vnd hör, 
Ich ſchweig, der wolf iſt mir nit. ferr, 
Sin Narr ftrafft manchen vor der zeit, 
Das er nit meiß was im anleit, 
Müft jeder fein des andern rud, 

Er würbt bald innen was jn drudt, 
Darumb ob man molt fühelten mich, 

Vnd fprechen, Art, Heil ſelber vich, 
Denn du auch bift in vnſer Mott, 

Ih Tenn das vnd befenn es Gott, 
Das ich viel thorheit hab gethan, 


809 


Vnd noch im Narren Orden gohn, 
Wie fat ih an der Kappen fchüt, 

Wil fie mich Doch gan laflen nit, 
Doch Han ich fleiß vnd ernft anfert, 

Damit als du fichft Han gelehrt, 
Das ich jetz kenn der Narren viel, 

Hab mut auch fürter ob Gott will, 
Mit wig mich beſſern mit ber zeit, 

Ob mir fo viel Gott gnaden geit, 
Ein jeder lug das er nicht fehl, 

Das jm nit bleibt ver Narren firel, 
Der kolb veralt in feiner hand, 

Des fey ein jeder Narr genannt, 
Alfo befchleuft Sebaflian Brand, 

Vnd weift das fchiff zu land, 
hut jederman zur weißheit Ienden, 

Vnd allen diß gevichte fchenden, 

Das wir fein im beflen folln gevenden. 


Eutfhuldigung bed Außlegers oder Tolmets 
ſchers an den freundtlichen Lefer. 


Günftiger vnd Freundilicher Leſer, diß fein bie auß⸗ 
legung, ſo weiland der Hochgelehrte Doctor Johann 
Geiler von Keiſerſperg vber das Narrenſchiff zu Straß⸗ 
burg in dem Stifft zum Alten Sant Peter gepredigt 
hat im Jar M. CCCC. X Cviij. Vnd nachmals 
durch Jacob Other in Latheiniſcher ſprach beſchrieben. 
Wo nun dieſelbige etlicher maſſen zu ſcharpff (wie ſie 
dann an vilen orten fein) ond etlichen Narren die 
Schellen zu hefftig gefchütlet würben, wöllen ſie mich 
bierinn entfchufbiget Haben. Dann ich mich des in 


810 


ſonderheit hab befliffen, pas ich allein feine wort vnd 
ſchoͤne gleichnuß die er bin vnd wider einführt, mit 
fleiß vertolmetfchet vnd dem Lefer für augen fleller. 
"Auch hab ich vie -Schellen, fo er eim jeden Marten 
hat angehendet, nit gemert, ſonder biefelbigen, wie er 
fie gefegt hat, auffs kurtzeſt verteufchet. Verhoff der⸗ 
halben, es werbe mich niemand zu fchelten haben, gleich 
als wenn ich für mich ſelbs fo naßweiß wer gemefen, 
und hette da mein gemüt, under dem deckel eined an⸗ 
dern, wöllen an den Narren erfülen. Auch ſoll mid 
niemand darfür anfehen, gleich ald wann ich mich al⸗ 
lein für £lug bielte, ober’ nicht under die Narren wölte 
gezelt werben, vnd vmb berfelbigen vrſach halben diſe 
außlegung verteufchet. Oder das ich zeitlich Ruhm, 
Preiß, Ehr, Lob und Reichthumb dardurch begert zu 
ſuchen. Vmb foldher vrſach halben hab ichs nit ge= 
thon: dann ich ſelbs bekennen muß, das ich hefftig 
mit dem Narren Kolben geſchlagen ſey worden. Son⸗ 
der ich hab ſolches allein gethon zu aufferbawung des 
Goͤttlichen Nammens, vnd zu anreitzung der tugend 
vnd ehrbarlichem leben der menſchen. Dann es wer⸗ 
den ſo ſchoͤne vnd Chriſtenliche Lehren in diſen auß⸗ 
legungen begriffen, dz ſie billich mit andern, ſo die 
menfchen ‘von vntugenden zu tugend vnnd einem er⸗ 
baren leben anreitzen, mögen verglichen werden. Der⸗ 
halben bitte ich Guͤnſtiger Leſer, das du diſe meine 
geringe vnd ſchlechte Translation wölteft inn gutem 
auffnemmen, und bir Diefelbige laſſen wolgefallen. Mich 
auch dargegen inn allen fluden, darinn du efmann zu 
hart angetaftet würbeft, in freundtlicher vnd guter mei⸗ 
nung entſchuldigt haben. 


— — 


— Je Du Des 0 DE 0 DEE 7 EEE. 5 DI SE 3 — 


Regiſter der Narren, ſo in difem Narren 
Schiff werden begriffen. 


Seite 
1. Bon Gelehrt Narren, Buchnarren, Heublins Rarren, Ge⸗ 
banptnarren, Paretlind Narren . 232 
"2. Bon Bngeredten Richtern, Geſilbten Rarren, ei pa 
Rarren . 239 
3. Bon Belt Rarren, Raranarren, Buder Narren. .2242 
4. Bon Gemalt Narren, Seltzam Narren, Mus Narren, 


Zier Narren, Spiegel Rarren. 246 
5. Bon Alten Narren rn 34 
6. Bon Kinder Karren . 260 
1. Bon Klapper Narren, Sqwet Narren, Tant Narren, 

Zweitracht Narren, Märletrager Narren . 265 
8. Bon Freuel Rarren, Eigenriätig Rarren, Bugefölgig 

Narren, Eſelsköpff Rarren . 209 


9. Bon Vnzüchtig, Bngeberdig, Wüften vnd unfletigen Narren 2713 
10. Bon Freundts Narren oder falſchen Brennden . . 277 
11. Bon Glaub Rarren oder Veracht Narren der Goͤttlichen 
Geſchrifft.. 202 
12. Son Schnell Rarren, Strudel Narren, Bnbefinten Rarı 
zen, Efelstöpff Rarren, Zwolff Narren, Schwindel Narren 288 
13. Bon Bul Narren, Löffel Rarren, Hoffler Narren, Gaſſa⸗ 
ten Rarıen . . 2090 
14. Bon Hoff Narren, PT Rarren, Bermeflen Rarcen, der 
barmhertzigkeit Gottes FE." 
15. Bon Baw Rarren . 30% 
16. Bon Praff Narren, Zul Karten, gaffel Rarten, Bein 
ſchleuchen, Weinganflen . . 311 
17. Von veracht Narren der Armen, oeu Rarren, Geit⸗ 
halfen . . 417 
18. Von Gabel Karren ober von giweien vienſt Rarıen . 33 


a — 


. 812 


Erite 
19. Bon Schwetz vnd Mapper Kar . .  ...39 
20. Bon Findt Narren. . en .. 334 
21. Von Straff Narren vnd ſelbe chun .. . 38 
22. Bon der lehr der weißheit.. ..—42444 
23. Bon Glück Narren und Vberheb Rarren er 1 
2. Bon Sorg Karren —. .382 
3. Bon Borg Narren, Lehe Narren .. 337 
26. Bon Bnnützen Wünſch Narren.. 365 
7. Bon Studier Rarren vnnd faulen Badanten, ober vnnü⸗ 


. Bon ven Gottſtraffer ober wider Gott. reder .. n7 


J 


gem Stupieren . 


28 
9. Bon Vrtheil Narrrenn. 38831 
30. Bon Pfründt Rarıen . . . 37 
31. Bon Beit Narıen, Harr Karren, Verzug Rarren vand 

Aufffhlag Rarrıın . . . MM 
32. Bon Brawen hät Narren oder Hüt Narren. 0... 
33. Bon Ehebruch Narren over Ehe Rasen » .  . 06 
34. Bon Wandel Raven . . . 
3. Bon Zürn Karren, Geh Narren, Eſel⸗ Rarren .416 
36. Bon Eigenrichtig Rarren, Eigenfinnig Narren, Store 

Narren, Bnweißlih Rarren 420 
37. Bon Bnglüd Rarren oder Leidt Narren 0. 428 
38. Bon Sich oder Krand Narren bie nicht volgen 429 
3. Bon Dffenburger Narren oder Klapper Narren . 43 
40. Bon Stoß oder Straud Narren, over Bnfürfihtig Rarren 438 
41. Bon Vurüwig Narren, oder vie ſich an alle nachredt kehren 449 
42. Bon Spott Narren oder Spottuöglen . 453 
43. Bon Benüg Narren ver Weltlihen freubt, Beracht Rarı 

ren der Ewigen freudt, Freudt Narren . . 4646 
44. Bon Kirch Rarren 463 
45. Bon Fall Narren, Wag Narren, Waghels, Bra Ratten 468 
46. Bon Gewalt oder Großhanß Narren . 475 
47. Bon Irr oder Straß Rarın . . 483 
48. Bon Haudtwercks Narren 489 
49. Bon Berführ oder böß exempel Rarren 48 
50. Bon Wolluſt Narren ober Euf Karten . . . 50 
51. Bon Shwäg over Bnuerfhwigen Narren 504 
872. 


Bon Ehe Karren oder Weiber Rarren, bie von wegen 
Guts zur ehe greiffen re 


« 


* 
® 


813 


Seite 
53. Bon Reidharts, Haſſz oder Bergönn narren. . 516 
54. Bon vuſtraffbar oder Straffloß Narren . . . 318 
55. Bon onerfahrnen Argt Narren . . 58 
56. Bon Gwalt Rarren oder onbefendigteit des Giade 532 
57. Bon Beſcher Narren over fürſehe Rarıen . . 538 
58. Bon Berfaum Narren, oder felbE vergeß Narren, oder 
Liederlich Rarren .. ... 4341 
59. Bon vndanckbar oder vergeß Rarren . 56465 
60. Bon ſelbs gefall oder Spiegel Narren © 
61. Bon Tans, Spring oder Hupf Karen . 0... 6553 
62. Bon BHoffler, Gaſſaten oder Löffel Narren 0... 588 
63. Bon Bettel oder betrüglidden Bettel Rarren ..0..656 
64. Bon böfen Weibern vnd jren ftten . . 57 
65. Bon Aberglaub Narren, Sorg Narren ober Eternengut 
ler Narren . oo. 580 
66. Bon Landtfahrer oder Strafen Narren 587 
67. Bon Wön oder kein Narr wöllen fein . 59 
68. Bon Schimpff Narren, oder bie kein fhimpff fönnen verſtehn 597 
69. Bon Ernſt, Letzt, Leutſcheuch, Vnholdſelig, Feindtſelig 
Narren 602 
70. Bon Vufürſichtig Rarren, eiederlich ober Berfaum Karren 605 
11. Bon Zand oder von Hader Narren, die allgeit vor Ge: 


72. 
13. 


TA. 
75. 


76. 


11. 
78. 
79. 


80. 
8. 


8. 


83. 


richt zu fhaffen haben . 
Bon roh, Wüft, Bugefhaffen, Sum oder unflätig Narren 614 
Bon Geiſtlich Rarren, oder geiſtlich werden . 62 
Bon vnnützen Jag oder Weid Narren .. 4328 
Bon Schieß Rarren oder böſen Schützen 
Bon Rühm Rarren oder vngeſchickten Doctorn, oder. ou: 

tugentlichen Rittern onnd edlen .. 
Bon Spiegel Rarıın . 

Bon getrudt oder geplagt Narren 

Bon Schreib oder Reit Rarrın . 

Bon Bott Rarren . 

Bon Dienſt, Knecht, Rod, Rekr, Ehehalt Rarren ober 

fonft von liederlichem geflnd . 

Bon Bawr Rarren vnnd deren Ooffart, Ehrgeib, Gteig, 

Auffgend, oder Hoffart Rarren 
Bon Geldt Narren, nn Narren, Beradt Rarren der 

armut 679 


8 288888 


oa 
1 
we 


814 


. Bon Außlendigen Narren, nemlid von ongläubigen, als 


Zürden, Senden, Seracenen, Tartarn vnd verzwepfficten 739 


Seite 
3. Bon Fall oder Strauch Narren, von nit behar Karren 682 
85. Von Todt over Sterb Narren . . 00... 688 
36. Bon Gotsveracht Rarıeın „. . en ir 
87. Bon Schwer oder Gottsleſter Narren . . 688 
8. Son Plag over Straf RNRarren.. 8 
89. Bon Tauſch Narren. 02 
0. Bon Kindt Rarıeın . . . 705 
91. Bon Ehor Narren, oder Saw Rarren im Eher . 70 
92. Bon Hoffart Rarren, vberheb Narren .. 716 
93. Bon Wucher Rarren, Furkauff Narren, Zub Raree, 
Kauf Narren . . 0. 70 
94. Bon Erb Narren oder hoffen auf Ch oo. 2» 
9%. Bon Feir Narren, die ſich am Feirtag laſſen yerführen 729 
3%. Bon Schenck Narren ober Gab Rarten, vnd nachmals 
laſſen gerewen. .. 732 
9. Bon Faul Narren oder Treg narren . 7% 
8 
N) 


. Bon Haupt Narren, Regier Rarren, Gewalt Narren, 


Surf Narren . 748 


100. Von Hoff Narren, Sqmeichel Karren, oder falben Hensh 
ſtreichen, Kantzenſtreicher, federlefer vnd Buapfämengee 752 
101. Bon Ohrenblaß oder Schwetz Narren .. 155 
102. Bon Falſch over befhiß Narren . .. |" | 
103. Bon Previg Narren . . .7 
104. Bon Abziech oder Hinderredt Narren. en TB 
105. Bon Berfanm Karren guter werd . . 0.0. Mm 
106. Bon Weg Narren oder Irre Narren 220. 776 
107. Bon Schlauraffen Rarren. 7 
108. Bon verfahr oder unglud Rarıın . .. . . 787 
109. Bon Berkehr oder Hinderren Narren | 
110. Bon Tiſch Karen . . en 78 
.r1ı. Bon Faßnacht oder Buy Karren .  - ') 


Bom Weifen Mann und der Weißheit .  < 
Entfhuldigung des. Tichters oder Auflieger . . 809 


E77 


11. Thomas Muruer. 


„Thomas Murner wurde zu Straßburg 1475 
geboren. In feiner Kindheit warb er feine Meimmg 
nach von einem alten Weihe lahm gebert, aber auch 
wieder curirt, was er jelbft in feinem Buche de phi- 
tonico contraetu, oder von der zauberiſchen Bere 
lähmung , befchreibt. Sein Lehrer war Jakob Locher, 
der Brants Narrenfchiff in Inteinifche Verſe überſetzte. 
1499 war er ſchon ein Braneifcaner und wurde zu 
Paris Magifter. Um dieſe Zeit befand er ſich auch unter 
den Lehrern zu Freiburg im Breisgau, Weil er das 
mald unter die beften deutfchen Dichter gehörte, fo 
wurde er vom Kaifer Marimiltan 1. zu Worms zum 
Poeten gefrönt. Zu Krakau, wo er auch lehrte, murbe 
er Baccalaureus ver Xheologie, und 1509 war er 
fehon Doktor dieſer Wiſſenſchaft. Zu Branffurt am 


Main previgte er 1512 feine damals gebrudte Nare 


renbeſchwörung un Schelmenzunft. 

Das wäre alfo ein Bendant zu Geiler's Prebigten 
über Brants Narrenfchiff. Murners Predigten über bie 
Cchelmenzunft murben über lauter Sprüchwörter ge 
halten, welche ven Tert ausmachten over das Thema. 
Und weil unter bemfelben auch eines vorlam „von 
blauen Enten oder Bänfen predigen”, fo erhielt er ven 
Namen der „Bänfeprediger”. Zu Straßburg lad er 
1520 juriftifche Eollegla, Nicht Iange hernach war er 
in England bei vem König Heinrich VIII., der ihn 


816 


als Luthers Feind ausbrüdlich zu fich berufen hatte. — 
Murnerd Rüdreife aus England geſchah im Jahr 1523, 
Im Iahe 1526 war er Pfarrer und Profeffor ver 
Theologie zu Luzern in der Echweiz, und wohnte noch 
in eben dieſem Jahre einer Öffentlichen Religionspifpu- 
tation bei, welche zu Baden zwifchen ven Katholiken 
und Proteftanten gehalten wurde. Weil er zu Luzern 
allerhand Echmähfchriften wider vie proteftantifchen Kane 
tone herausgab, fo verlangten Zürich und ‘Bern burch 
Gefandte deßwegen Genugthuung ; daher mußte er 1529 
die Schweiz unter Schimpf und Schande verlaflen. 
Wenn Murner geftorben, iſt ungewig. Wie Waldau 
nachweiöt, war er 1537 ſchon todt *). 


Gervinus**) fagt von unfreem Murner: 


„Thomas Murner Inüpft fih fchon als Lanpemanu 
an Seb. Brandt enge an, und iſt übrigens auch feiner 
ganzen Manier, in Ditung und Satire, nah fein ſclavi⸗ 
ſcher Nachahmer. Rur darin macht er einen wefentlichen 
Fortſchritt, daß ihn unter ven Erflen der neue Geiſt, der 
jest mit einemmale die freiwillige Cenſur abichüttelte, 
welche man fich bisher aus Scheu und Gewohnheit aufges 
legt hatte, weiter riß, als fih Brandt gewagt hatte, daß 
er zu dem Mebergang der Satire von dem Aflgemeinen 
zu dem Beſonderen, wohin fie Hutten führte, das Signal 

ab. Er Iegt die ruhige Mäßigung Sebaflian’s ab, «x 
ebält feine Derbheit, und verdunfelt den edlen und reinen 
Dintergrund, auf dem jener feine Bilder aufgetragen hatte. 
Der Charakter der Dichter fängt nun an, für die Dich: 
tungen von Wichtigkeit zu werden, weil bie Dichtung jetzt 
wieder mit dem äußeren Leben ganz zufammenfällt. Se: 
baftian Brandt war ein wolgefinnter, ruhig und befonnen 


2) Klögel Gefchichte der Fomifchen Literatur. 
**), Geſchichte der poetifchen Nationaf-Fiteratur der Deut: 
fen. Bd. 1. ©, 417 ff. 


817 


Mätiger Mann, der ſich von feiner Leivenfchaft in feinem 
practifchen vnd Literarifchen Wirken Hinreißen ließ; Mur 
ner war ein unruhiger, ausſchweifender Monch, unzufries 
den mit feiner Stellung und doch nicht fähig, eine andere 
einzunehmen, anmaßend und dabei ein ſchwacher Kopf, 
Rrebend ohne Ausdauer, unftet bald in Italien, bald tn 
Deutfhland, in Paris und Kralau fi umtreibend und 
nirgends nur eine Heine Zeit anfäßtg und ausharrend; 
jeßt ein Nachbeter des Brandt, daß er nicht allein das 
Narrenſchiff in feinen Gedichten copirte, fondern auch ſelbſt 
die Rolle des Geiler übernahm und darüber predigte, und 
dann wieder mit ihm überworfen; jebt ein Widerfacher 
der obfcuren Theologen und der Bartholiften, dann feibft 
in Poefie nnd Wiſſenſchaft mit den größten Thorheiten der 
ſcholaſtiſchen Gelehrſamkeit befchäftigt; jebt, wie es fcheint, 
ein gutmeinender Ueberſetzer Intherifcher Schriften, dann 
einer der heftigſten Gegner der Reformation und im Solo 
von Heinrich VIII. von England, oder der Tatholifchen 
Parteien in ber Schweiz und im Elſaß; 1526 aus Stras« 
burg geflüchtet, warb er in Lucern aufgenommen und ließ 
von hier aus feine Schmähfchriften (Keberalmanad 1527 
u. a.) gegen die Schweizer Reformatoren ausgehen; er 
entflammte im Cappeler Kriege den Religionspaß, ward 
dann nad dem Neligionsfrieden (1529) wieder verfolgt 
und machte nun an dem Hofe von Heidelberg Glück. In 
den Briefen der dunklen Männer warb er noch unter den 
Sreunden Reuchlin's genannt, und feine erſten poetifchen 
Werte fiellen ihn auch der Gefinnung nach nothwendig 
unter dieſe; er warb daher feit feinem Auftreten gegen 
Luther, das nur die Scheelfurht eines‘ unmächtigen Ehr⸗ 
geizes eingegeben haben konnte, mit einer ungeheuren 
Wuth als Apoftat verfolgt, und zeigt uns alfo in der Dich⸗ 
tungsgefchichte einen der Abtrünnigen und Schwankenden, 
die in der Gefchichte der Humaniftit und Reformation fo 
häufig find. Wenige derfeiben find fo arg mitgenommen 
worden; Niclaus Manuel hat es vielfach mit dem Dr. 
Murnarr zu thun; Wimpfeling behandelt ihn ganz als 
einen niederträchtigen Gefellen, und Simon Heffus ſcheint 
den Ragel auf den Kopf getroffen zu haben, wenn er in 
1. 52 


818 


feiner „Urfache, warum die Tutherifihen Bücher verbrannt 
wurben“ von ihm fagt, er fei ein armer Barfüßermönd 
Branciscanerordeng gewefen, ein Doctor ber heiligen Schrift, 
ber aber nad) feinem Sinne noch nicht genug Würdigkeit 
gehabt und bei ſich gedacht, wie er lux mundi mörhte 
werben, und dazu Doctor in beiden Rechten, denn er hätte 
das Inſtitut verdeutſcht und halte fih felber für einen 
hochberühmten Zuriften, wiewohl ihm's Niemand glaubt. 
&o habe er In Bafel Doctor in beiden Rechten werden 
wollen, und damit er einen herrlichen Pomp und Gepränge 
haben möchte, habe er die Stabtpfeifer aus Strasburg 
mit fih gebracht, Habe wollen mit großer Pracht herein- 
zeiten, damit ihn fein Franciscus nicht mehr kenne, allein 
fein Anſchlag ſei fehlgegangen und er habe ohne Geſchrei 
und Pomp, wie einem Mönch gebührt, müſſen Doctor 
werden. Dies enthält in der That den Schlüſſel zu feis 
nem Character, den eine Mafle von Pasquillen und 
Schandfihriften in Murner's Tagen aufs gehäſſigſte ande 
malten. Allein nicht bios tie Zeitgenofien, auch bie Spä« 
tern konnten dem armen Gänſeprediger, wie fie ihn nann⸗ 
ten, nicht vergeben; Fiſchart nimmt ihn gleichfam als einen 
Repräfentanten des alten üblen Schlags von Mönchen, 
„der Schälke, Murmeltpiere, Murner und Brüder Murr⸗ 
narren ;“ und noch Mofcherofch nennt feine Schriften mit 
mehr Wibelei als Wis ein verfümmertes, verſtümmeltes, 
verfehimmeltes Gemaunze. Seine Poeſien haben in ber 
That wenig Driginales, obwohl man der Schelmenzunft 
die Ehre angethan hat, fle ins Lateinifhe und Holläne 
difche zu überfeßen; und man möchte fagen, wo er den 
Brandt nicht ausfchreibt und breit tritt, varlirt er ſich 
ſelbſt. Ohne ein mehrfaches Intereſſe find fie gleichwohl 
nicht. Man flieht vor Allem daran, wie nun mit Gewalt 
der Volksgeſchmack alles bis Ins tieffle Herabriß und wie 
nun ſelbſt die gelehrien und adeligen Poeten fich vergebe 
lich hiergegen mehr ſtemmten, und wie bie große Kluft 
awiichen den Tateinifchen und deutſchen Poeflen in diefen 
ſtürmiſchen Zeiten verfchieden durchbrochen ward. Ernſte 
Gtrafrede und Ermahnung, fagt Murner am Schluffe ſei⸗ 
wer Bäuchmatte, Helfen jebt nicht mehr trotz Bitten und 





— — — — — — — — — — — — — 


819 


Flehen; man zwingt die Gelehrten, von allen Dinge 

ſchimpflich zu reden und im Scherz. &s bleibt daher nich 

übrig, als Schimpf mit Ernft zu miſchen. Biele muthen 
mir an, ich folte geiftlich fchreiben und auff dem Ernſte 
bleiben. Wahrlich, fünfzig Bücher Habe ich geiftlich ger 
fihrieben, allein die Buchoruder weiſen mich damit ab, 
und fo bleibt Gott in der Kifte liegen. Kein deutſch Buch 
warb fe von mir gebichtet, ich dichtete es daneben au 
für die Ernften ond Weifen in Latein, allein die Druder 
laffen es mir liegen. Zugleich fügt ex bei, was auf die 
verbreitete Gewöhnung an Reime ein Licht wirft: daß er 
in Reimen dichte, dafür könne er nicht; wenn er ſchon 
anders reden wolle, fo würde ihm ber Mund voll Reime, 
und wer das fo von Natur habe, dem werde es nicht 
fauer; auch komme ja darauf nichts an, wenn man ihn 
nur verftehe, fo ſei es ebenviel, ob ex in Reimen rebe ober 
nicht. Er gibt ſich alfo der deutſchen Dichtung für’s Bolt 
din, allein nachdem er diefen Einen Schritt gethan hat, 
thut er auch einen zweiten, der ganz unndthig war. Er 
redet nicht allein popular, fonvern plebefifch, und wenn 
man ihm die Dichtung oder Herausgabe oder Heberfeßung 
des Eulenfpiegel ohne rund in die Schuhe ſchob, fo Hat 
doch dieſe Erbichtung in fo fern einen Sinn, als er im 
unnöthigen Schmuß in feinen Berfen und in ben Arabes⸗ 
ten, die diefe umgeben, viel zu weit in gemeinem Fluchen 
and Schimpfen, im Nachahmen ver rothwälſchen Ausprüde 
und ber rohen Berfehrsart ber St. Grobianiſten, im lang⸗ 
weiligen Variiren des Einen Witzes, daß er die figärli« 
hen Sprihwörter, die zu feinen Eapiteln bie Themata 
hergeben, tn unfigürlichen Holzſchnitten eulenfpiegelifih bare 
ſtellen läßt, überhaupt in jeder Art Austbung feiner onls 
garen Kunſt, die er, fagte man, in Freiburg im faulen 
Pelzen erichnappt haben müſſe. Ob man dem wadern 
Manne überhaupt glauben ſoll, daß er fo viele lateiniſche 
und ernfle Bücher gefchrieben? Mit feiner Berleugnung 
der Gelehrfamteit zu Gunſten des Vollsgeſchmackes iſt's 
eine eigne Sache; man brachte damals geehrte hiſtoriſche 
und mythiſche Andeutungen ohne Anftand fogar in's Bolld- 
lied, und daß Murner’s Poeflen davon fo leer find, daß 


820 


er wenig Bibel darin allegiet und nicht viel griechiſch und 
chaldaäiſch dazu gebraucht, macht man ihm ausbrüdiich zum 
Bormwurfe, denn nur in der Gäuchmatie dreht er ih um 
einen Heinen Kreis von folhen Beifpielen, die ihm, wie 
er ſelbſt geſteht, fehr fauer zu erwerben waren, und die 
doch von dem Brandt und Hand Sachs zu hunderten aus 
dem Aermel gefchüttelt werden. Murner fonnte, wie das 
Brandt und Hand Sache getfan haben, den groben Ton 
der Zeit angeben und nachahmend befämpfen, allein er 
verfiel zu tief darin, fo wie er felbft in feiner Polemik 
gegen feine Standesgenoffen, die Geiflihen und Mönche, 
nicht feiner eigenen Vorſchrift nachkommt, daß der Bogel 
fein eigenes Neft nicht beſchmutzen ſoll, und wie er in 
übertriebener und gezwungener Nahahmung der Stelle 
im Narrenſchiff, wo Brandt fih ſelbſt an Bord anführt, 
allzuhäufig fich ſelbſt beſchimpft, anſchuldigt und ſich luſtig 
über ſich ſelbſt macht, ein Zug, der etwas ganz Gemeines 
und Jüdiſches an ſich trägt. \ 

Die Art und Weiſe Übrigens, wie Murner in der Nar⸗ 
renbefhwörung, die Kaifer Dar das andere Narren: 
Schiff nannte, und in ber Schelmenzunft (beide 1512) 
die Gelehrten und Geiftlichen,, die Zuriften und Fürften 
angreift, leitet das, was zunächſt in der Literatur und im 
Leben gegen dieſe Stände alles Stürmifche losbricht, ein. 
Er Höhnt aufs Derbfle die Schriftmeifter, pie ſich Docto⸗ 
ren fchelten laffen und nicht willen, was bie Rüben gel« 
ten, und bie des Narrenbeſchwörers weit mehr bepürfen, 
als mande Laien des Lehrers. Wenn wir unfere Bibel 
Iefen , fagt er, fo find wir fo froh, ald ob wir Bohnen 
ſtroh fanten; wir adten nicht das göttliche Recht, es 
macht uns fohamplicht im Kopfes wir zeigen dir das ewige 
Leben und geben felbft weit irre; wir glauben wie ge⸗ 
ſchrieben lebt, und handeln fo fehr anders, als ob es 
falfehe Lehre wäre; wir find die erſten, die verfpotien, was 
- wie dich Ichren und dir rathen. Die Pfaffen plappern 
Gebete gedantenlos Hin; ihre wahren Gedanken find nur 
auf Befiß und Geld gerichtet und auf kriegeriſche Stärke. 
Man fiidet jet Prälaten, die jagen,’ blafen, heulen, das 
Wild fällen, beißen, den Armen durch ihre Felder rennen, 


>20 Oo EEE VE VE | Ein “> ru Sn 3 ⏑⏑——— —5———— — —5— 


821 


und iſt das geiftfich, wenn bie Prieſter Jäger werben und - 
die Hunde die Mefle fingen? Die Bilchoffe find Wölfe 
ans Hirten geworden und führen eines Kaifers Sinn mit 
dem Gut der Kirche; fie find zu Pirten gefchaffen und 
jebt will man nur Adelige. zu Bifchöffen haben: das durch» 
aufeßen hat der Teuffel viele Schuhe zerriffen. Der Für- 
fen Kinder follen nun Pfrlnden haben, wenn fie noch in 
den Windeln Tiegen; und die Ermwachfenen Snfulträger 
wolen dann nicht fingen und fleden doch die Gulden ein. 
Alles ift nun käuflich, Pfründen, Sacramente, Tugend und 
Eprbarkeit, Reu und Leid um unfere Sünde, Alles feil. 
Sonſt mußte ein Chriſtenlehrer in Rechtichaffenheit und 
Lehre predigen und regieren, jetzt überläpt man einen mit 
Aemtern, wie andere Efel mit Säden. Das Alles marht 
der Pfennig; fol ich beichten, fo muß ich nach der Taſche 
greifen, fol ich zum Sacrament geben, ebenfo, fol ich zur 
Weihe, fo muß ich mir’s verfihreiben laffen und das Sie 
el tapfer neben. Die Menfchen vertrauen fo leicht, wenn 
ch einer heilig gebärbet, doch ift er ein Menfch wie ein 
anderer und kann nur den befonderen $und, dag er feine 
Wolfshaut deckt. Wolle man fegt einem Almofen geben, 
fo wähle man, flatt auf die Noth zu fehen, unter ven vers 
f&hiedenen Bettelorden einen aus; um diefe Wahl gebe er 
nicht einen Rübenfohnig, fo wenig, wie wenn man ihm 
unter hunderttaufend Wölfen die Wahl frei gebe. Die 
Mönche gehen an Frau Benus Bad und fleigen des Nachts 
Über die Mauer (auf diefe Stelle fpielt Fiſchart an); vie 
Nonnen, in zarter Jugend vom armen Adel ind Kiofter 
geſtoßen, hätten fich lieber mit einem armen Manne ver 
gnügt und verunehren dann im reiferen Alter das Klofter. 
Wenn fie einen Teller fallen Iaffen, pas Handwaſchen vor 
Tiſch vergeſſen, fo beten die Kioftergeiftlichen zu Gott, daß 
er die böfe That nicht räche, diefer Beginentand ift ihnen 
eine große Sache; wenn fie aber buhlen und alle Klöfter 
durchlaufen und neidige Dracden find und Zwiefpalt flif« 
ten und jedem ein Lotterfpöttlein anhängen und alle Welt 
zuſammenkuppeln, deffen dürfen fie fich nicht fhämen. Die 
Decane dürfen nicht gegen den Bifchoff für den gemeinen 
Augen fprechen, fie müffen fein Lied pfeifen und nach ihm 





822 


tanzen. Ehe einer Decan wird, muß er fchwörgn, nicht 
in des Bifchoffs Sache zu reden, dem Capitel durch feine 
Finger zu fehen, Alles im alten Sinne gehen zu Iaflen, 
und wenn die Köchin die Meffe fingt und das puer natus 
ruft, mit feinem Gefang dazu zu fiimmen und nicht mit 
dem Baſſe zu biffoniren. Dagegen gibt ihm der Bifchoff 
das Gleiche, fie grüßen fi Gevatter über den Zaun unb 
foicher Gevattern läuft die Welt: vol und Gries kennt 
ten Gramen wohl. Leichtfinnig wird von der Gewalt ber 
Kirche und dem Banne Mißbrauch gemacht, fo baß der 
Glauben auf Stelzen gebt und eheſtens den Hals abbre: 
hen wird. Man hat fo oft im Namen der Kirche den 
Türkenkrieg bei und geprebigt, und ung fo oft betrogen 
und ums Geld gelogen, daß einen Wunder nimmt, wann 
wohl die Deutichen werben wißig werden. Man traut 
auf den Sprud, St. Peter’s Schiff folle nicht untergehn, 
und doch ſchwankt es ſchon; Königreiche und Kaiſerthümer 
fallen nach einander um, und die Schuld liegt an den 
Fürſten, die dem Kaiſer nicht gehorfam find, an den Städ⸗ 
tern und Bauern, die ihm nicht beifleuern. Am Regie 
nıente fißen Tyrannen, die den Unterthan in ein Mau 
loch bringen und nicht venfen, daß fie Menfchen find, die 
dann wohl auch einmal mit Fäuften drein fchlagen, denn 
die Welt will jeßt nicht gezwungen fein. In ihrem Rathe 
und am Brette find, die Alles feinen Bang gehen laſſen, 
ſtillſchweigen und ihren Sold nehmen, nichts aufrichten 
und Alles Tiegen laflen, und ihren Oberen die Ohren mel: 
fen und ſchön thun und fuppeln, die Suppenfreffer, Schma⸗ 
rotzer, Schmalzbettler und wie er fie alle in Rothwälſch 
nennt, die fih dann zum Bergelte wieder von ihren Her 
ren auf ein Kiffen ſetzen und fauberlich halten laffen, ſtatt 
daß fie auf dem Rade figen follten. Daneben treiben die 
Nitter ihr Unmefen: Feine Kunft fei es, fagen fie, daß 
König Ferdinand Infeln mit Specereien in Indien ents 
decke, fle fänden beren zu Schiff auf dem Rheine, auf dem 
man vordem nichts von Specereien gewußt habe. Und 
dann die Apvolaten, mit großen Büchern und Heinem Ber« 
ſtande, die ben graden Zert mit Gloſſen krumm machen, 
der unnügen Sarhe den Fuß halten, und wenn fie Accur⸗ 


823 


Fns abfpricht, mit zehn anderen verfechten, bie ben arten _ 
Bauern weiß machen, feine Sade fei warm, ba fie es 
nur für fie ſelbſt if, wenn fener auch dabei erfrieren mag, 
und mit beren Eintritt Ing Reich ‘das gute Recht im deut: 
ſchen Lande aufgehört bat. 

Man wird bald fehen, hier find im Umriſſe alle die 
Gegenftände angegeben, um bie fi bald das ganze refor- 
miftifche Streben in Deutfchland regte, und bie Ulrich 
Hutten mit Feder und Schwert anzufechten zunächſt auf: 


- trat. Die Schelmenzunft if in dieſer Hinficht weniger 


wichtig. Auch hier will er zwar der Welt im Allgemeinen 
ihr nequam fagen und meint, ed brauche dazu nicht viel 
Vernunft, weil der tägliche Brauch dies wohl lehre; er 
bat alfo wirklich keinen Begriff davon, daß man nicht in, 
fondern über der böfen Welt fiehen muß, die man beleh⸗ 
ren will, wie auch feine fämmtlichen Bücher nicht eine 
Spur von dem rundfäßlichen der Brandtifchen Moral 
an ſich tragen. In diefer Schelmenzunft aber, obgleich 
er fih auch hier auf alle Elaffen von Menſchen einläßt, 
die er meift kurz redend einführt und fie dann in eigener 
Perſon anfährt und zurechtfeßt, obgleich er auch hier 
Sprichwörter oft fehr feltfamer und unftreitig neuer Art, 
häufig die nämlichen wie in der Narrenbeſchwörung, zum 
Thema feiner oft vielfinnigen Auslegungen gemadt, in 
diefer Schelmenzunft ift ed doch mehr auf die Lafter des 
Verkehrs abgefehen, auf die frommen Buben, die freien 
Knechte, die Iuftigen Geſellen, die Demmer und Schlem« 
mer und ihre rohe Unterhaltung, auf jene eifenfrefferifchen 
Fluchmäuler und Prahler, auf die Aufbinder und Stroh⸗ 
bariflechter, auf die Kerbholzredner, die adelig verfprechen 
und es für bäurifch nehmen zu halten, auf die Kothrüttes 
ler, die Alles .verläumden und alles Nebel auffuhen, auf 
die Zutrinker, die wie die Gänſe einander nachtrinken ohne 
Durſt, die nach löblicher Sitte der Deutfchen nichts an« 
fangen ohne die Flaſche, und mit der Flaſche nicht enden, 
bis der Wein Hinein, der Witz heraus if, und fie dann 
von Dirdendein anfangen zu lallen. In diefe Klafie 
ehören dann auch die Kannegießer („die von den Reich 

dien reden,“ Heißen fie bier), die ihren Rüden mit frem⸗ 
ber Sache beladen, mehr tragen wollen als fie können, für 


——— 


824 


andere Klage führen, Tag und Naht ſorgen, wem die 
Benediger Geld abborgen und wie fie es wollen wieder: 


‚geben , wie der Papſt Haus führt und wie der Franzofe 


des römischen Könige Bund. nicht hält. Wo wir trinken 
und effen, fagt Murner, vergeflen wir ben König nicht, 
und die Franzoſen, und wie der Türke kommt über Meer, 


- and jeder Dred liegt und am Herzen und macht ung Kum⸗ 


mer. Die Reihfläpte müflen auch dran; fie Haben uns 
dies und das gethan, das können wir nicht ungerochen 
laffen. Lieber Schelm, ſchüfft du das Deine und Ließefl 
die Reichſtädte Reichflädte fein und 'tränfft einen guten 
Bein dafür, fo ging er dir deſto glätter ein. — Dan 
merkt fogleih, daß dies einen aufgeregten Ton der politis 
fihen Unterhaltung verräth, der au in ber Geſchichte 
ſonſt angetroffen wird und bie erſten Bauerntumultt in 
dieſem Jahrhundert bald nach dieſen Schriften begleitete 
oder ihnen voranging.“ 


Ich laſſe Hier einen getreuen Abdruck der „Scheb 
menzunft” *) folgen (nad) ber Örankfurter Ausgabe, 
1567, HM. Octav.): 


Die Schelmen Zunfft 


In welcher anzeiget wirdt, 


aller Welt mütwillen, büberey vnd fchaldheiten, 
fo in difen zeiten fehr im fchwand gehen. Durd 


- Doctor Thoman Murnern von Straßburg ſchimpf⸗ 


lich befchrieben, ond zu Srandfurt mit. ernftlichen 
fürnemen gepredigt. 


Jetzund wiederum von neuwem auß ber Geſellenzunfft, 
onter der Roſen zu reden, gemehret vnd gebeſſert, ꝛtc. 


M. D. LXVII. 


*) Die Narrenbefhwörung c. liefere ih in ei⸗ 
nem der nächften Bände. 





mn 7 mi 3 „TR Di GmG ME um 


2 AM a — — — — — 


824 


andere Klage führen, Tag und Nacht forgen, wem bie 
Benediger Geld abborgen und wie fie es wollen wieder: 
geben, wie der Papft Haus führt und wie der Zranzofe 
des römischen Könige Bund. nicht hält. Wo wir trinken 
und effen, fagt Murner, vergeflen wir den König nicht, 
und die Sranzofen, und wie der Türle kommt über Meer, 
- und jeder Dred liegt uns am Herzen und macht uns Kum⸗ 
mer. Die Reichſtädte müſſen auch dran; ſie haben uns 
dies und das gethan, das können wir nicht ungerochen 
laſſen. Lieber Schelm, ſchüfſt du das Deine und ließef 
die Reichſtädte Reichfläpte fein und tränkſt einen guten 
Wein dafür, fo ging er dir defto glätter ein. — Wan 
merkt fogleich, daß dies einen aufgeregten Ton der politis 
fihen Unterhaltung verräth, der au in der Geſchichte 
fon angetroffen wird und die erſten Bauerntumulte in 
dieſem Jahrhundert bald nach diefen Schriften begleittte 
oder ihnen voranging.“ 


Ih Lafle Hier einen getreuen Abdruck der „Sche> 
menzunft” *) folgen (nach der Brankfurter Ausgabe, 
1567, M. Octav.): | 


Die Schelmen Zunft 


In welcher anzeiget wirbt, 


aller Welt mütwillen, büberey vnd fehaldheiten, 
fo in difen zeiten ſehr im fhmwand geben. Durch 
- Doctor Thoman Murnern von Strapburg ſchimpf⸗ 
lich befchrieben, vnd zu Frandfurt mit ernſtlichen 
fürnemen gepredigt. 
Jetzund wiederum von neuwem auß der Gefellenzunfit, 
onter der Rofen zu reden, gemehret vnd gebeflert, ıc. 
M.D.LXVIL 


*) Die Narrenbeſchwörung x. lieſere ich in ei⸗ 
nem der nächſten Bände. 


. Lid 


wir 
ıy6 
X 
is 
* 








— —— 277 ug 


— — — — 


825 


1. Vorrede der Schelmenzunfft. 


Villich ſitz Ich vornen dran, 
ſo ich die Schelmen kennen kan 
Durch ein gantzen ſtählin Berg, 
wann ſchon drey legen vberzwerg. 
Ich weiß was allen Schelmen priſt, 
auch wie in vmb jr hertze iſt, 
Bann da ih was noch jung und klein, 
rib ich mich an eind Schelmenbein. 
Vnd hett den fchald hinder mein orn, 
da ich erſt kuͤrtzlich war geborn. 
Darumb hat mich die zunfft erwelt, 
vnd für ein Schreiber 'hergeſtelt. 
Ob jemands bie wolt zünfftig werden, 
durch mutwill, und fein böß geberben. 
Stäuel, bubenſtuck vnd tandt, 
'dem will ich oronen feinen ftandt. 
Wiewol ich manchen hieher zel 
dem bad zimmet ein galgen gſtel. 
Das rad vnd auch des heuckers feir, 
doch darff er gar eine groſſen fleür. 
Das er vemfelben man ertrinn, 
fürwar der darff auch Fluger ſinn. 
Der allen ſchelmen jehe an, 
was jeder für ein flüdlin Fan. 
Vnd als fte treiben offt und bid, 
vff deutſch nen ichs ein ſchelmenſtück. 
Zu Franckfurt nent mans bubentand, 
hett ich den halben teil erkand. 
Den ich nu ſeidher hab erfarn, 


826 


ih künd mein Ehr je bad bewarn. 
Darnach lernt ich erkennen ſchon, 

da fie mir ſchaden Hetten thon. 
Welcher fte Tennt der kaufft fie nit, 

ich weiß das ich Hab außgeſchit. 
Das find, mit fürfab auß dem bad, 

fie trden vaft, e8 werd mir ſchad. 
Das ich mit fchrifften von in Flag, 

Gott und ber welt irn Nequam fag. 
Mit ſchimpff vnd ernft verglimpff ich fchon, 

womit die fchelmen all vmbgon. 
Darzu darff ich nicht groß vernunfft, 

das ich befchreib ver Schelmen zunfft. 
Der teglich brauch Ieert mich das wol, 

wie ich jr zunfft befchreiben fol. 
In fonderheit irn falfchen mund, 

wann ich den wol beichreiben kund. 
Dad man ſich wuft vor jm zu hüten, 

fo folt man mir das hälmlin bieten. 
O wie manchem ift mißlungen, 

durch falfche, böfe, öde zungen. 
Ein zung verriet Chriftum ein Gott, 

ein zung bracht Troy in groffen fpot 
Ein zung bracht Adam in ven fall, 

ein zung zwang Nom in jamers qual 
Ierufalem ein zung zerflört, 

das ſtatt vnd maur warb vmgefert 
Diefelben öden, falfchen zungen, 

von Babilonia find entfprungen. 
Vnd Haben fich alfo weit gefpreibt, 

dz fie vns teutfchen auch thund leib. 
Hat fle ver Teuffel ſchwimmen Ieeren, 

vber Meer zu vns einferen. 


827 


Dadurch manch frommer wird verfürt, 
den ein falfche zung berürt. 
Hey, nun fchlag der bonner drein, 
dad böfe zungen feind fo gemein: 
Der blig, der Hagel, und der Schnee, 
dad fchenblich zungen thun fo wee. 
Ein nachpaur thut dem andern das, 
der jm alzeit nie ſchedlich maß. 
Ein freund verrat den andern freund 
von Ältern lernen dad die Find. 
Des fprichwortd hab ich offt gelacht, 
dad ein Krä Fein Haͤtzen macht. 
Vnd hab von Adam vnd ua ghört, 
das fle vns mutwill haben geleert. 
Miewol wir nit wölln merden das, 
und doch gots flraff gleich dabey wz 
D falfche zung, bu boſes Fraut, 
in bar, in fleifch, in bein, in haut. 
Wie gern fehe ich ein folchen man, 
der gnugfam daruon fihreiben Tan, 
den wolt ich vor mir dichten lan. 
O Cchelmenzunft, mem ſchadſt du nit 
das dich ver hertz jar ritten ſchit. 
Wann ich von diſen Echelmen fchreib 
fo wüt alla blüt in meinem Telb, 
Irn Zunffmeifter Hand fie mir gſand, 
Da ich diß Buch nam in die hand. 
Schalt mich ein Schelmen da mit liſt, 
als der Echelmen gewonheit ft, 
Da fie ein jeden achten gſchwind, 
recht wie-fie ſelbs im hertzen find. 
Er meint ich foltd nit han befchriben, 
das jre flüd verborgen bliben. 


828 


Wiewol ich mich Tehr nichts baran, 
ich Hoff ich fen ein eeren man, 
fo lang mir Gott derſelben gan. 
Bad laß fie reden was fie wellen, 
ich wil file an ein ordnung ftellen. 
Wann ich in allen ber hab zilt, 
nu büt dich du vor wem du wilt. 
Ich traw jnen allen nit ein har, 
ob fie mir fchwüren zehen jar. 
Wann fle mich all befchiffen handt, 
in deutſchem vnd in welſchem landt, 
das ich jr liſt gar wol verſtandt. 
Ach Gott hett ichs verſtanden baß, 
ein mal, da ed mir nöter was, 
So bett ich felber auch gethan, 
das ich dich jetz Tan leeren fchon. 
Bor den Schelmen dich beivaren, 
das bir nicht8 leids möcht widerfarn. 
Do kam Fein werdman nie zu fpat, 
mit guter kunſt und weiſem rat. 
Volg meiner ler, vnd acht mein fchreiben 
nimm war wie fie jr ftüdlin treiben. 
So wird ed dich ein wunder nemen, 
das fich vie fihelmen gar nichts fchemen. | 
Das fie entferbten fich darab, | 
ich weiß das ich ein Neidthart hab. 
Mit diefem Bud auff mich geladen, 
vnd von den fchelmen wart ben fchaten 
Das Hab ich drauff gefeket ſchon, | 
wem es nit gefellt ver laß mich gon. | 


Gm — 


829 


2. Yon Blawen Enten predigen. 


Ich Hin ver erft in diefer Rott 
dann ich dz Gotswort verfpot. 
Wenn ich verfünd dz himmelreich, 
fag ich daruon fo gar ſchimpleich. 
Als 0b ich wolt die Chriften fchebigen, 
vnd in von Blawen Enten predigen. 
Ich ſchwür bocks darm vnd auch bocks lung 
der prediger hat ein falſche zung. 
Der mir fürhalten ſoll die geſchrifft, 
was feel, leib, ehr, vnd gut antrifft. 
So ſagt er nus ein Faßnacht tandt, 
vnd all new mär in Teutſchen landt. 
Er lacht, und ſchimpfft, dz nit folt feln 
die Pfaffen wöllen auch darein. 
Eie machen aud dem ernft ein fpott, 
fo dend ich far auch mit der Mott, 
Ih nimm das Gottswort von jm an, 
als wenn ich keuwet Entzian. 
Wenn ich dad Gotswort hören voll, 
der Banbrieff ließ er mir fo vil. 
Wie Heinken Elß, vnd Cuntzen Gret 
den Jecklin nit bezalet bef, 
Wie die von Luſtnaw, vnd von Stauffen 
vmb ein Barchat wöllen lauffen. 
Auch wenn Gret Müllerin Jarßtag werd, 
und all tantmär auf diſer erd. 
Er folt das @uangelj leren, 
fo muß ich diſen Trippel Hören. 
Wie fie einander richten auf, 
als Hippenbuben vor dem hauß. 
Geſchaͤch nur eins dad wer mein pitt, 


830 


dad man fie auch mit dreck befchütt. 
So ſie einander heiffen liegen, 

vnd auff der Cantzel alfo kriegen. 
Ein ſollich predig hindert mee, 

dan hundert die er thet vor ee. 
Damit er vns gar ſchwerlich fchebigt, 

fo er von Blawen Enten prebigt. 


3. Ein loch durchn Brief reden. 


Verſiegelt fchon der Bapft mit biey 

fo Tan ichs wiberfprechen frey. 
Ih bin derfelbig tapffer man, 

der Siegel und brieff durch reden Tan. 
Was wolt ich nach dem Rechten finmen, 

wann ich nur dz gelt fan geminnen. 
Es Heift ein vol zu teutfch Juriſten, 

wie find mir das fo felgam Chriſten. 
Das vecht thun fie fo ſpitzig biegen, 

vnd kündens wo man wil hin fliegen. 
Coder, Lover, Decretal, 

hurenkinder, guldin zal. 
Bartolus, Baldus, das Deeret, 

das fürtuch das Metz Vnmuß het. 
Judiſcher gfuch, Iuriften Bud), 

ald es jeb flat vmb Mechelich tuch. 
So hilfft fein bleier figel dran, 

man befcheift fchier damit jeberman. 
Bor Juriſten folt du dich hüten, 

vnd vor niderlendiſchem pieten. 
Der Juriſt fan wol Appellieren, 

ber ander bey ber nafen flerem. 





Sa 


831 


Quid eft Figuris auff der lauten, 
infortiat die Inftitauten. 
Die feind vermifchet alle zeit, 
daß dad recht wird gar zu weit. 
Wiewol dad Recht ift wol befchrieben, 
ja wer die Glos darinn aufblichen. 
Hett ich fchon hundert taufent brieff, 
vnd dem Rechten ftät3 nach Tieff. 
So ift es mit eim dreck verftegelt, 
vnd mit eine wächftn fall verrigelt. 
Denn lauff ich zu dem Aduocaten, 
der dient uns, dieweil wir guldin hatten, 
Ta er vns außgelärt die Tafchen, 
nam er vnd am herd die afchen. 
Derfelb frumb, redlich, biderman, 
mit Gelt ein brieff durchreden Fan. 


4. Den Wein außrüffen. 


Ich ruf manch frommen man den wein 
der nie Tein legt in Teller ein. 
Vnd warlich theürer mit der that, 
dan es der from verfchülnet hat. 
Das Tenn ich wol mit argem lift, 
das mancher dran ertrunden iſt. 
Mer hat dich heiſſen hieher flan, 
Meinrüffer, du onmechtig man. 
Sag an, du Schelm, mas ift dein lon, 
dag vu Fein frommen laſt daruon. 
Du henckeſt im ein Schellen an, 
der hat dir das, ber jhens gethan. 
Dein rüffend wär lengſt genug, 


.833 


börteft du auff, e8 Het wol fug. 
Der ift ein Schelm, ver if nit gut, 

der iſt zu wild, der ſpilen tut. 
Der pübt, der hurt, der fpilt, der prendt 

wer ift, den diß boß zung nit ſchend. 
Der pfaff, der münch, die magt, der knecht, 

der Keifer Fan dir nit fhun recht. 
Gartheufer, Prediger, Carmeliten, 

ruͤffft du den Wein, zu allen zeiten. 
Der dich doch darumb nie gebat, 

vnd dir fein leid auff erven that. 
Der ſich alls guts zu bir verficht, 

den left du nit vnaußgericht. 

Iſt das dein Ampt, fo fey dein Ion, 
vom Pranger zu dem Galgen gon. 
Du rüffft ven Wein, noch nur zu rud, 

vnd brauchſt auch funft vil ſchelmen ſtuck. 
IR das nit ein böfe art, 
das der Schelm fein menfchen fpart. 
Ste müflen durch fein ſtinckends maul, 
das biß inns Arßloch hin if faul. 
Ich ſtellt ver Schelmen keinen häre, 
wann jeder Iugte wer er wäre, 
Doch woͤlln wir ſchenden jeberman, 
fo mir im dreck über die orn flan. 


5. Ber Eifenbeifer. 


Wa ich meinen Feind ſelbs anewend, 
fprich ich dz dich poß marter chend. 
IH bin der Eifenbeiffer Enecht, 
der weit vnd breit groß lob erfecht. 





833 


Land vond leut hab ich bezwungen, 
boch thu ichs vaſt alls mit der zungen. 
Wer jetz will fein ein redlich knecht, 
vnd Fan die groffen fchwür nit recht. 
Pocks marter, wunden, vältin, kyrein, 
ber nimpt fein boppel folt nit ein. 
Bann je ein Schelm vil fluchens Fan, 
bald fegt man in zu eim hauptman. 
Des fein wir unglüchafftig Teut, 
das wir mit jn angehnt ein ftreit. 
Die bey den heilgen alfo fehweren, 
und Gott fo leſterlich enteren. 
Was fig und glüd kan bey den fein, 
fie ſchwern fich felb in ewig pein. 
. Die Marterhanfen, arme tropffen, 


man thut in drumm den Ieymen Mopffen 


Sie fommen vmb das Recht nit häre 
den Schelmen ift der Pflug zu ſchwaͤre 
Vnd mwöllen ſich darnach nit bucken, 
ein Schelmenbein hand ſie im rucken 
Ir kriegen iſt faſt wider Gott, 
vnd auß den heilgen treiben ſpott. 
Sie martern, fluchen, ſchwern, vnd ſchelten 
man ficht ſie aber beten ſelten 
Der Eiſenbeiſſer kenn ich mere, 
die krefftigklich ein gantzes Heexe 
Bey einer Zeche hand erſchlagen, 
vnd ward fein todter nie hintragen. 
Sie ſtechen, hawen bey dem Wein, 
welcher Herr woll witzig fein. 
Der laß die Schelmen die ſo ſchwern, 
vnd ſich mit boͤſen flüchen nern. 


1. 53 





834 


Wann fle fchon alles Eiſen beiſſen, 
fo müſſen ſie es doch wider ſcheiſſen. 


6. Ein ſtrsen Bart fledhten. 


Ich ghoͤr auch an die Schelmen rot, 
fo ih Tan thun ein gferbten fpott. 
Vnd dir ein-fach fürhalten do, 
du ſchwürſt ein Eyd es wer alfo. 
Wan du die ſach beſtheſt recht, 
fo iſts ein ſtroen bart geflecht. 
Landſchelm wereſt du doch ee kommen, 
‚du müſt den erſten ſtand han genommen 
Die Schelmen feind je alſo gneigt, 
wa Dir einer das wafler ‚zeigt. 
So meint er feür, dad wiß fürtwor, 
es ift je nit als es was vor. 
Dad nein fey nein, vnd jo jey jo, 
man flicht ein bart jetzund auß fire. 
Was man jekund im herken tragt, 
fein fchelm daſſelbig heraufſer ſagt. 
Er redet wol das widertheil, 
damit tregt er lockfoͤgel feil. 
Vnd lockt auß bir dein meinung all, 
biß er dich bringt Eleglich in fall. 
Schreift du den, hilff wiver vff, 
. jo fehlegt er über dich den muff. 
Por zeiten fprach man, forcht bir nit, 
wann Du geft den rechten trit. 
Thu jetzt recht, fürcht dannoch vier, 
feind wirt in ehrn gedacht gar ſchier 
Der jeß boppel ift mit worten, 


S 84. 


835 


den feßt man hoch an allen ortten, 
Vnd helt in für ein welfen mann, 
das er fein her beveden Tan. 
Vnd hielts auch felb für ein weißheit, 
wann man barzu Fein Lügen felt. 
Kein warhett ift in allem kauff, 
man fpricht, es heißt der welte Tauff 
Fa laufft in aller Teuffel namen, 
in der Hell fompt jr zufammen. 
Lauffend bald, verfaumpt euch nit, 
das euch der hertz jar ritte fehlt. 


(un —⸗ 


7. An ein Kerbholtz reden. 


Hie bin ich, fecht mich frölich an, 

Ich darf auch mol zun fihelmen flan. 
Vnd hab offt an ein Kerb gerebt, 

da niemand fein bezalung thebt. 
Verheiſſen dunckt mich adlich fein, 

fo leiſten geht in Bauren fchein. 
Was ich verheißt, das iſt gewiß, 

ohn hindergang, ohn allen beſchiß. 
Du weiſt wol wie die Krebs hergon. 

ich Hab gar manchs verheiffen thum 
Dad mir nie kam in meinen fin, 

wann ich des frommen Adels bin. 
Der viel verheißt an ein Kerbholg, 

zu letft dir fidert einen Boltz. 
Ih ſchneid offt an ein Kerbholtz an, 

dad hab ic manchem Wirt gethan. 
Der fich des gebens nit beſchampt, 

vnd ſchrib mirs an die kerb alls ſampt 


836 


Vnd recht mird darnach alles ab, 
fo fprich ich, jeh Fein münk ich hab. 
Vnd wenn der Wirt will haben gelt, 
triff ich das loch weit übers felb. 
Mit meinen ferfen bezalt ich dag, 
fo an ver kerben zeichnet was, 
Mein Herr mir felber alſo thett, 
der mich auch an das kerbholtz red. 
Der kauffman thut das auch im land, - 
deſtminder ift e8 mir ein fchand. 
. &3 ift fein glaub mehr auff erden, _ 
die Herrn felb8 Terbenrenner werben. 
Die dir verfigeln und verfchreiben, 
dz al dein freund nit von in treiben 
Sprihft du den gut brieff ich Hab, 
fo fagen fle denn, friß darab, 
Vnd wilt du e8 nit laflen fein, 
fo gang verfigel du eim ſchwein ‚ 
Dad arloch, Dad der Donner drein 
fchlag, das ich fo grob müß fein. 


8. Auff den Sleifchband geben. 


Mein zung bringt manchen vmb fein leben, 
den ich Hab auff ven fleifchband geben 
Ich Hab mich lang daruon genert, 
Judas hat mich die kunſt gelert. 
Darumb folt ich zu forberft ſton, 
fo ih Judas zum meifter han, 
Hat Judas ſchon unrecht gethon, 
fo nam er doch dad gelt daruon. 
Auff den Bleifchband gab er Gott, 


837 


das Fan jetz baß der Schelmen rott. 
Die jetzund in der newen welt, 
weder pfenning nimpt noch Gelt. 
Vnd verraten ein vinb ſonſt, 
pas heift die rechte Meiſter kunſt. 
Bud die rechten riemen zogen, 
vmb fonft verraten vnd verlogen. 
Wenn Judas wär jebundt auff erben, 
fo müßt er wider Schüler werben. ; 
Vnd das handwerck Iermen baß, { 
darinn er noch fein Meifler waß. 
Bid niemands fans auf und gevenden, 
fo dörffen wir uns nit drumm henden. 
Als Judas vnfer Meifter thät, | 
man ſetzt vns oben an das bret. 
Wann wir nit verraten fündten, 
Die Herrn vns fein dienſt nit gündten 
Ja wol, wir feind die najlen fnaben, 
die es beſſer dann bie Herrn haben. 
Vnd fitzen offt auff einem Küfien, 
fo jre Herrn nichts drumb wiſſen. 
Wir nemen gelt, vnd ſeind eim feind, 
Got geb wa Recht vnd Richter ſeind. 
Wir thund dz nur vmb geſellen willen, 
das wir verraͤterey erfüllen. 
Wir ſeind dieſelben frommen leut, 
ob man vns nimmer heller geyt. 
So iſt das vnfer geiftlich leben, 
ein frommen auff den Fleiſchbanck geben. 


840 


wie es mir gfiel gieng ich mit vmb. 
IH heiß knecht Being, vnd hab mer gſellen 

die alzeit mehr außrichten woͤllen. 
Dann man ja beuolben hat, 

doch felten mit einr guten that. 
Nur mit falfihen Schelmenſtücken, 

dad wir all ding zu vnfal schier. 
Vnd vnſern Herrn zu orten tragen, 

was wir willen, jnen fagen. 
Was wir nit wiflen, liegen wir, 

biſt vu weiß, hüt dich vor mir. 
Der mich dingt, fart an ein flod, 

vnd muß mir geben ein grawen Rod. 


12. Einen Dre finden. 


Es ift ein art der wuͤſten Schwein, 
wenn fie im Garten lauffen ein. 
So finden fie wol ee ein dreck, 
dann fihöne blümlein an dem weg. 
Auß einem dreck macht man vil wort, 
vnd acht nit aller blumen bort. 
Man findt wol die zu kirchen gon, 
ond al gut leeren laflen fton. 
Was man fie von tugent Icert, 
wann fte aber haben gebert. 
Ein boffen der mir ift entwifcht, 
der nit gantz wol behobelt if. 
Das fönten fle wol außbläflern, 
nit eim allein, zwen, dreien, viern. 
Was wol gerebt ift durch das jar, 
des achten fie nit vmb ein bar, 


840: 


841 


Nur daß ein groflen dreck band funden, 
Ah weiß noch ein verfelben kunden.“ 
Der diß mein dicht durchlefen hat, 

da der Samfröner bat fein flat. 
Vnd meint ich wer ein geiftlich man, 

dem follich red ſtünd übel an. 
Vnd wolt darbey nit merden das, 

das follicdy red der grobianer maß. 
Ald fie dann thund an allem ort 

vnd nit dad ich thu ſollichs wort. 
Dann nur allein in melbend weiß, 

wie man die fam Frönet mit fleiß. 
Das ander bat.er ald vurchlefen, 

vnd fpricht, e8 ſey wol dicht gewefen. 
Auch laßt Diefelben blümlein ftohn, 

vnd beflert ſich gar nichts daruon. 
Vnd hat nur funden einen dreck, 

hinderm zaun, weit von dem wegk. 
Damit der Schelm ſein ſtinckend mund 

waͤſcht, on vrſach vnd on grund. 
Als ob er mich fo goͤtlich fünd, 

vnd ich felb auch nit jrren kuͤnd. 
Darumb dad er mich Bat verfpot, 

muß er auch in der Schelmen Rott. 


11. Aus einem holen Hafen reden. 


Mer Gelt nimpt, da feines ift, 

und ruft mich, da mir far gebrifl. 
Vnd fuchet Tieb an leives flat, 

auch ift bereit ehe man jn bat. 
ALS wir Hafenredner Fonnen, 


842 


der ift vaft von funftreichen finnen. 
Pfaffen, Mönch, die Beiftlichhett, 
Nunnen, und was Kutten treit. 
Die Nunnen zu der Kirchen gehn, 
auff das fie in ver ordnung ſtehn. 
Mann fte folten Mettin beten, 
ſpaciern gehen fle einher tretten. 
Wann fte ſchon beten over leſen, 
fo ift jr ber im Bad geweſen. 
Sie willen auch offt felber nit, 
warumb jr einer Gott erbitt. 
Dann das fie beten mit dem mund, 
ver feiner nie Latein verftund. 
Sag mir durch gott, was iſt dz gbet, 
da Teiner Fein verftand nit het. 
Lefen, beten ohn verftand, 
ald die Nunnen gefungen band. 
das mag wol fein ein Lürlig tand. 
Vnd auf eim Holen Hafen Elaffen, 
was fönnen fte mit beten fchaffen. 
So ſie doch nit verftehen latein, 
und broden doch die wörter ein. 
Vnd kewen alle wörter do, 
ald vnſer Kü das haberfiro. 
Mir feind verfehen mit fürbitter, 
al8 in ver ernd mit faulen fohnitter. 
Sie follen vnſer not Gott Flagen, 
vnd wiſſen felb nit was ſie fagen. 
Ich wolt das einer lernt Tatein, 
oder ließ bie pfaffheit fein. 
Nit beten wie die jungen Find, 
in keim holen hafen wörter find. 


—— — 


843 


13. Ber SHippenbüben orden. 

Spppenbüben, Würffelleger, 

freihartsknaben, ſackauftreger. 
Die loben, ſchenden wen ſie wend. 

den ſie loben der iſt geſchend. 
Du fichſt jr ſchelten als lang ſtincken, 

big fie auß dem Furtzfaß trincken. 
Nun ſich ich das ed naher gat, 

fo der Hüppenbüb her ſtat. 
Die Schelmenzunfft ſich mol erftredt 

ald wenn man fich mit hoſen deckt. 
Hyppenbuben ift ein orben, 

wer darin iſt meifter worben. 
Der Fan fchelten wenn er wil, 

und wider loben nur zu vil. 
Wann du einem lob zufagft, 

fo lob in das du jn fihelten magft. 
In Toben halt ein zimlich maß, 

mit fihelten lug beſinn nich bas. 
Wen man fchilt der fchreibts in flein, 

der aber fchilt, in ſtaub hinein. 
In flein fchreiben, nit vergeffen, 

darumb folt du es mol ermeflen. 
Wan ehr verlieren das thut wee, 

und wurßelt ein je mee vnd mee. 
Diß ort verleih ich allen ven, 

die nit wiflen, wie und wen. 
Wer, wieuil, wo, und womit, 

vnd laflen doch jr fehelten nit. 
Die einen fchelten ober tringen, 

bis fle in vmb fein ehr bringen. 
Vnd bringen in in grofle fchand, 

die fie doch felb8 erdichtet Hand. 





844 


Vnd keren eim das bletlin vmb, 

ba der fromm man nicht weiß drumb. 
Iſt das jr ampt, fo fey ir lohn, 

vor dem Kauf im kübel fton. 
Vnd daruon nit weichen ein tritt, 

bis das man fie mit dreck beſchit. 


14. Die ohren laſſen melden. 


Mer mir freundlich mildt ein ohr, 

vnnd jagt mir dz ich hab ſchön har. 
Auch fagt mir alle das ich gern hör, 

ber fan der Obrenmelder leer. 
So brift im nichts dan nur ber lohn, 

von dem Rab zum Galgen gohn. 
Dren melden in ein Kübel, 

ericheuffet manchem menfchen übel 
Alle Herren feind des gewon, 

dad ſie ihre Dren melden Ion. 
Vnd hören was da ift erlogen, 

das fie mit willen feind betrogen. 
Wan die ſchelmen haben vie art, 

das jeder gern die warheit fpart. 
Warheit fagen bringt vil Haß, 

oren melden kompt in baß. 
Darumb der orenmelder lern, 

wes fein berrichafft höret gern. 
Dad er daſſelbig al zeit fag, 

anmütig red zu oren trag. 
Ob fie ſchon erlogen weren, 

ſo ſoltu dich daran nit keren. 
Man hats vor zeiten auch gethan, 








845 


das Keyſer, König haben Ian. 
Alfo jre oren melden, 
. von lugenhafftigen fchelden. 
Das fle fich Lieflen beten an, 
vnd hieſſen fich vor götter han. 
. Ja götter als wer geht daher. 
wan er in dieſer zunfft nit wer. 
Vnd lieg jm fein oren nit melden, 
dad fie im bangen und ſchon ſchwelcken 
Er wißt, dad er nit was ein gott, 
noch Tan die Funft der ſchelmen rott. 
Das ſie mich überreden Tonnen, 
wie das ich fie von hohen finnen. 
Wan ich8 dann ſich gan überall, 
fo kan die loß Mer in dem ftall 
dan daß ich mir nur ſelbs gefall. 


15. Ben dreh rütlen das er flindt. 


Man Hett mich nit geftellet her, 
fagt ich nit jedem was er wer. 
Vnd bring herfür mit böfem lift, 
das ſchon lang zeit vergefien tft. 
Damit der dred fach wider an, 
zu flinden manchem armen man. 
Ih fans nit finden in der vernunfft, 
das on dich die Schelmenzunfft. 
Auffgericht werd gank vnd gar, 
was vor hundert taufent jar. 
Geſchehen iſt und gang vergeſſen, 
das kanſt du widerumb ermeſſen. 
Klaffen, ſchwaͤtzen und erliegen, 


846 


wider vrſach, gen zu Triegen. 
Vnglück machen, den drick rütlen, 
vnd im Sib hierumher fchätlen. 
Dem der geſtanck was fchon dahin, 
den rürft du wider on bein gewin. 
Darnach lauffftu ven fchelmengand, 
vnnd Fanft dich wenden auß dem gſtanck. 
Was fleifeft dich vil alter ſchand, 
wider zu benden, in dem land. 
Der newen feind doch nur zu vil. 
die man kaum vergefien wil. 
Ih bit dich, Taf den dreck nur ligen, 
fo, bleibt verborgen und verfchwiegen. 
Manche armen übelthat, 
der doch drumb ein rewen hat. 
Vnd fich Higher frömmlichen ftellt, 
das jm fein dreck mehr bin empfellt. 
Solt alles übel geftraffet werden, 
von Nichtern hie auff diefer erben. 
Was blib den auff den jüngften tag, 
da follen kommen Hin Die Flag. 
Mann mir die Priefterfchafft das feit, 
am jüngften tag ſey Gott bereit. 
Vnd auff den Richterſtul gefeflen, 
zu ftraffen das hie bleibt vergefien. 


16, Gelt zuruch nemen. 
Ih Hab gevient fo manchem man, 
vnd dorfft Fein Ion jm fordern an 
Mer fich befchembt ein Lohn zu memen, 
der folt des bienfts fih billig ſchemen, 
Es feind fürmar groß fehelmenftudk, 


847 


wa einer nimpt das gelt zuruck. 
Wie fan das jmmermer fein recht, 

das du dringeft einen folchen knecht. 
Dem du dich fchemmft ein lohn zu geben 

vnnd nimpt jn doch zuruck darneben. 
Das feind fürwar die naflen knaben, 

die zu Lohn fünff ſchilling haben. 
Zu Brandfurt, die in anderm land, 

butzbacher knecht werden genant. 
Wir gehn mit folchen fachen vmb, 

der wir vns fchemen vmb vnd umb. 
Das gefchicht bey Fürften und Herrn 

die fich mit gaben laſſen vereren. 
Damit fie werden offt bemegt, 

das mir das Necht bey jn erftedt. 
Kom ich für herrſchaft mit der fchenden 

fo darff ichs offenlich nit venden. 
Warumb ich ſolche gaben heut, 

ſo witzig ſeind jetzund die leut. 
Das ſie ſolches nur wol verſton. 

wie das es ſey vmb dienſt der lohn. 
Wan wo ich nichts zu ſchaffen hett, 

kein ſolche gaben ich im thet. 
Er merckt mich mol fo fen ich in, 

ach legen wir allbeid im Hein. 
Das er ſich fürber des müft fchamen, 

das fein Iyolon Hat feinen namen. 
Damit‘ der arm man wird gefchebigt, _ 

verftanden leuten wird geprebigt. 
Wann nem fein lohn hie jederman, 

er möcht in dann mit ehren han. 
Sp bett ich niemandd her geftelt, 

vnd ſtünd vil baß in diefer welt. 





848 


17. Ben Braten ſchmechen. 


Schmadenbrätlin ift mein nam, 
Schmarogens ich mich nimmer ſcham. 
AU Kirchweyh, Hochzeit, vnnd pandet 
vnd wa man zechet frü vnd fbet. 
Da Fan ich algeit voran flon, 
war man bezalt Tauff ich daruon. 
Laufft du doruon ma man bezalt, - 
vnnd feßft Dich wa man wirtichafft Halt. 
. Auch nimbft vil ein, vnd gibft nichts wider 
fo folteft du wol ſitzen niber. 
Ein mal an ein örtlin dar, 
da Schelmen, buben offenbar. 
Sigen als vnwerde geft, 
ein ftülin bringen wer das befl. 
Wann du nit gelaben biſt, 
oder dir Monet gebrift. 
Hetft du ein mauf gen Rom binein, 
woltft on bezalen trinden wein. 
Den Braten foltft mir nimmer ſchmacken, 
mit Roßdreck füll du beine baden. 
Wan du das nit vergelten wilt, 
fo werd dein mag mit Geißbon gfüllt 
Mancher will auff ander zeren. 
der niemand wolt ein Hündlin neren. 
Des niemands gneußt vmm ein pfennig, 
groß oder Klein, vil oder wenig. 
Zu Nürmberg thet das jeberman, 
bie ließ man dich den ritten han. 
Der fchelmen zunfft hat dieſe art, 
dz mancher ſchelm fein pfennig fpart. 
Da er billicher mit bezalt, 
ond Eompt jm banocht auß gmalt. 


849 
Vnnüglih an eim andern ort, 
der offt nit danckt mit einem wort. 
Schmack den Praten ober nit, 
kanſtu frefien, bezal auch mit, 
Haſtu nit gelt fo gib ein pfanbt, 
was geht und an dein fchelmen tandt. 


18. Gut Garn fpinnen. 


Wa zwitracht gericht fol werden, 
fan ich zu beider part gferben. 
Das jeder meine ich red das fein, 
fo würff ich ftül und bend drein. 
Noch Tan jr Feiner das erfarn, 
und meinen all ich fpin gut garn. 
Bit du derſelbig fachen richter, 
auff beiden feiten ein erbichter. 
Das jeder meint du Haltft fein part, 
feiner von dir dad innen wart. 
Vnderkeuffer, Profoneten, 
die auff beiden feiten reden. 
Die feind vertragen, Taufichleg machen, 
und liegen dad die balden Erachen. 
Zwo zungen tragen in eim half, 
und jre wort erliegen als, 
Heiffen da vnd dort verbieten, 
mit falfchem mund ein fach brgieten. 
Mann einer meint du redſt fein wort, 
was dur bie fagft das leugſt du dort. 
Und leugſt ſchedlich auff beiden feiten, 
fan er fein fug damit erbeiten. 
So fihafft er jm fein eigen sein, 
1 5 


850 


das ih damit werborben bin. 
Als ich meint er täbingt mir, 

pa blib er dinn, ich vor der thür. 
Ich fprach zu im, du falfcher man, 

ich meint, du hetſt mein wort gethan. 
Er antwort mir, hin hinder tritt, 

ebe das man dich mit dreck beſchitt. 
Ich Sucht, vnd verbroß mich übel, 

va fprach er, fleuch, jch bring ben kübel 
Ey, nun bring, du oder man, 

zun fchelmen foltu billich fan, 
Das du nun alfo fehenblich leugſt, 

und vmb mein gelt darzu betreugſt 
Da ich meint du hieltſt mein theil, 

trugſt du mein ſach den Feinden feil. 


19. Feuß in Peltz ſezen. 


Es wer nit not, als ichs thu ſchehen 
geſchiltet leuß in Peltz zu ſetzen. 
Sie wachſen ſelb darinn zuhand, 
drumm halt ichs für ein groſſe ſchand 
Das mancher ſchelm das böfte zeigt, 
fo wir darzu feind ſelbs geneigt, 
All menfchlich finn vnd jr vermunfft, 
feind je gneigt in die ſchelmen zunffk 
Wann fte mit jrem böfen leben, 
dem nechften boß erempel geben. 
Vnd Ieren mich vil büberey, 
diefelben Tan ich leichnam frey. 
Mancher zündt eim ein feurlin an, 
das om fein zünden felber bran. 





851 


Die jung welt ift jeb fo verfert, 
mich dundt wer fie je boßhelt Iert. 
Der tregt dad wafler in den Mein, 
man find je wol ein megtleim. 
Das Tan mer lift vnd fchelmenftäd, 
dann ein alte, offt vnd Did. 
Die ſechs höre durchloffen ift, 
fein fpittelmud am peltz gebrift. 
Darumb ichs für groß übel Han, 
das du mer leuß wolft feßen dran. 
So der Peltz laufft alfo vol, 
das ih in nimm Tan feubern wol. 
Ih ſags bey eyd vnd auff mein ehre, 
es Hiffft Fein firaff und tugent mere. 
Die junge welt Tan ſouil ſchwencken, 
das die alt nie dorfft gebenden. 
Ich will geſchweigen das fie es thet, 
darumb ed warlich übel ftet. 
Die müttern jeß jr töchtern leren, 
fih mit der ſchelmenzunfft erneren. 
Mich dunckt fürwar es wer nit not, 
zu boßheit geben folchen rot. 
Es lernt fih alle ſtunden felber, 
das Küe im ſtall geberen Felber. 


20. Pas SKlapperbenclin. 


Liebe geuatter feltenfrid, 
folt e8 mich verfchmahen nit. 
Das mich der dde ſchendlich man, 
hat zu den ſchelmen heiſſen fan. 
Ach Helffen mir ich Tan fo vil, 


852 


das ich in wol verzaubern wil. 
Der teuffel bat dich heiſſen kommen, 
ich habs in meinen finn nie genommen. 
Das ich dich ber hab heiſſen ſton, 
du wilt ſelbander diß ort han. 
Vnd bringſt fraw ſeltenfrid mit Dir, 
vnd treweſt zuuerzaubern mir. 
Ich glaub das du vnd der böß feind, 
warlich ſeyen gefchwifter Find. 
Mann wa du folt zu Kirchen geben, 
fo bleibftu auff der gaffen ſtehen. 
Vnd richteft Pabſt und Keyſer auf, 
auch Fombftu nimmer heim zu hauß. 
Du habeſt dann die leut vnd land, 
mit deinen boͤſen worten geſchand. 
Vnd viertzigtauſent lügen gedicht, 
Gott vnd die welt außgericht. 
Ja wenn ein vogel kem hieher, 
tauſent meil weit über Meer. 
Du henckteſt im ein fpöttlin an, 
und fchilft mich erft ein öben man. 
Gond herzu ind Teufeld namen, 
du vnd feltenfriv zufamen. 
Ir Eappern alle ding on maß, 
ſchenden die leut on vnderlaß. 
So ſtond jr mol drey ganger flund, 
und weſchent ewren faulen mund. 
Mit frommen, erbarn, biver leuten, 
und dad vorab in heiligen zeiten. 
Ewres ſchwetzens ift fein end, 
bis jr band jederman gefchendt. 
Als jr mir jetz auch band gethan, 
do ich euch hieß zun fchelmen flan. 


853 


21. Swiſchen flülen nieberfizen. 


Heiliger Teichnam, und bocks darm 
ich meint gar offt ich ſeſſe warm. 
Vnd hett in bad gar gute hiken, 
da muft ich ſchendlich niderfigen. 
Zwiſchen zweien Kleinen ftülen, 
da mer fchelmen niver fielen. 
Zweien Herren dienft zufagen, 
mit einem hund zwen hafen jagen. 
loben da vnd dorthin lagen. 
Das kan nit fein, Durch groffe witzen, 
und macht offt manchen fchelmen figen 
Zwiſchen zweien ftülen nider, 
das er ſelten aufſtat wider. 
Man ſagt mir, wer vil handwerck kan, 
der wirt zu letſt ein armer man. 
Das er keinem thue genug. 
vnd legt ſein hand an einen pflug, 
Berewt in bald, iſt nur ſein ſchuld, 
damit verleurt er Gottes huld. 
Wir nemen offt vierhundert pfründ, 
fo wir nit einr vergnügen thünd. 
Auch feind wir hie und anderſtwa, 
und fißen weder hie noch da. 
Wir werden mündh vmm ewigs leben, 
und dienen doch der welt darneben. 
Wir wolten gern auff beiden felten, 
ebrlih auff eim fleden reiten. 
Vnd wenn wir haben den dienft gethon, 
fo gibt vns doch jr Feiner Lohn. 
Je einer weißt und auff den ein, 
wer fein lohn nimpt von der gmein, 


856 


als die Saw thut in der flige. 
Sucht das beſt von allen ſtucken, 
karpffenzüngling thut verſchlucken. 
Kalbskopff, Hirn, und Treufchenleber, 
hawen vrein recht wie ein Eber. 
Vnd laſt ein rduͤptzen das es Fracht, 
vnd halten auch allein den pracht. 
Mit wüſten worten vnd mit wercken, 
die ſawglock laſſet vns auch mercken. 
Kommt ein münch vnnd beißt durch gott, 
fo hört das zu ver Schelmen rott. 
Das du jn fragft, wie offt vnd Did, 
ein nacht verfuchet Gab fein glück. 
Wie lang er hab’ wie groß er ſey, 
das Hört alles zu ber ſchelmerey. 
Wolt er ſich dann da von Dir Magen, 
fo ſprich, O münd vu hörft in wagen. 
Wißt mein fraw bein Adams rut, 
ſo thet ſie mir nimmer gut. 

Bis guter ding, vnd kotz darneben, 
den will ich dir erſt vrlaub geben. 
Sa grüß mir in, du merckſt mich wol, 
gaͤbſt mir von deiner grobheit zol 
So mechtig wer kein Herr am Rein, 
der mit mir legt gleich pfennig ein. 


nn — | 


24. Ölatte wörter ſchleiffen. 


Die welt ift feß der Lift fo voll, 
welcher fie überliften fol. 

Der iſt gang von funftreichen finnen, 
und muß mer dan ich felber Können, 


I E36. 


857 


Auch nach den rechten fehnürlin greifen, 
vnd freilich glatte wörter fchlelifen. 
AN warheit ligt jetzund auff erd, 
wer mit umbgehet, der ift nit werd. 
Es feind der jchmeichler aljo vil, 
ber feiner bie warheit reden will. 
Das es leider iſt ein ſchand, 
das lügen voll ſeind alle land. 
Man find jet meifter vie dich Ieren, 
wie du dein wörter vmb folt Teren. 
Schleifen glat, und gligend gerben, 
vnd auff der zungen zierlich ferben. 
Dad fie gang glatt mir fallen ein, 
als mer es nichts dann füffer wein. 
Auch wie man fol ein Tittel geben, 
durchleuchtig, hochgeborn, eben. 
In der geburt ift auffgefliegen, 
boch oben da tie füfler ligen. 
Wir müflen je den Barren ehren, 
fürfichtig, weifen Lieben Herren. 
Sie laſſen ſich fürfichtig fchelten, 
und wiſſen nit was die rüben gelten 
Seien mir dann geiftlich3 orben, 
und hoch Tittellieret worden. 
Als geiftlich, fromm, vnd heilig vetter, 
den himel dient vnd alle wetter. 
Was fol ich vil jagen daruon, 
ber leiblich Teufel hats gethon. 
Das ein demütig geiftlich man, 
bochfertig, glatte wort will han. 
Da wil e8 zuleft außhin geben, 
oder wie lang mag es beftehen. 


—— 


858 


25. Der naß Knab. 


Das feind mir freilich nafle Inaben, 

bie vil verzeren vnd wenig haben. 
Vnd feind mit böfem mafler gewefchen, 

auch hand den fchlüffel in der tefchen. 
Damit ſie den ſchalck außher Ion, 

doch kuͤnden wider befchlieflen ſchon. 
Könden ſich in dem ſtegreiff neren, 

mit newen beſen ſtuben keren, 

die fliegen von den Herrn weren. 
Thund heimlich in den mantel ſtechen, 

mit fenſter werffen, ſich ſelbs rechen. 
Schmachbüchlin ſchreiben on ein namen, 

mit lügen been wider zamen. 
In ver kutten geiftlich berben, 

dem dennocht möcht ein drtlin werden 
Bey difem frommen naflen knaben, 

ob ſie mird ſchon für übel haben. 
Das ich viefelben hieher ſtell, 

was fan ich für mein vngefell. 
So ich diß jar zunfftmeifter bin, 

fo ftell ich nach meinem fin. 
Wann fle ein andern nach mir welen, 

der mags nach feinem willen flellen. 
Dieweil ich bin an meinem ampt, 

fer ich mich nit an fie alle fampt. 
Naſſe Enaben, trunden flefchen, 

mit böfem waſſer find ſie geweſchen. 
Das ich Fein ander drtlin find, 

dann diß, für ſolche böfe Find. 


⸗ 


859 


26. Von Reichſtetten reden. 


Mancher will alles richten auß, 
was in dem reich iſt vnd daraus. 
Wie dad Romiſch reich beſtand, 
mit Teutſchen vnd mit Welſchenland. 
Vnd wenn mans bei dem liecht bſicht 
ſo iſt jm doch beuohlen nicht. 
Wer ander ſachen mit ſeim ſchaden, 
auff fein rüden will beladen. 
Vnd wil mer tragen dann er mag, 
und für einander füren Flag. 
Der tag vnd nacht. hat groffe forgen, 
wem die Denediger gelt erborgen. 
Pie fle e8 möllen wider geben. 
und wie der Pabft halt hauß daneben. 
Vnd wie des NRömfchen Königs Pund 
der Frantzos nit halten Tund. 
Vnd nimpt ſich vil des Königs an, 
der jm nie Fein befehl Het than. 
der mag wol fein ein geugfel man. 
Wa wir teinden oder effen, 
des Königs mwöllen wir nit vergefien. 
Vnd fragen wie ver Pabſt Haug Halt, 
und Hagen des Frantzoſen gewalt. 
Auch wie er vns mit lift Barneben, 
eind vff den ſchwantz vns werde geben. 
Auch wie der Künig von Arragon, 
die von Venedig nit woͤll Ion. 
Vnd der Türd Tompt über Mere, 
das fümmert vns jm berken fere. 
Der dreck Tigt vns fo nach beim herken, 
dz wir daruon haben groffen fchmergen. 





860 


Die Reichftett müflen auch daran, 

die haben vns das vnd diß gethan. 

wir mwöllend nit ungerochen Ian. 
Leber fchelm, fchaffeftu das dein, 

vnd ließ bie Reichſtett Reichftett fein. 
Dad tründeft guten wein barfür; 

dz reich darumb Fein flatt verlewr. 


ö —i 


27. Ein fpechlin auff die fallen legen. 


Wer nach feim fin will fahen meuß, 
der fchmier die Fall vorhin mit fleiß. 
Es ift ein ſprichwort heut als fern, 
wa man fohmiert, da fert man gern, 
Wiltu, das deine thür nit Tieren, 
fo folt du fie vor wol befchmiren. 
Mer nit wol fchmieren fan ein Ball, 
mit honig ftreichen gifft vnd gall. 
Sawr mit füß vermifchen Tan, 

. ver laß bie Meß zu Brandfurt ſtan. 
Da lernfiu wol des Kauffmanns tand, 
wie man in treibt in allem land. 

Das oberft ift ſchon zugeräft, 
lug du für dich mas vnden gbriſt. 
Der ſchawfalt hat ein gut gefcht, 
wiewol dem andern vil gebricht. 
Darumb fo heißt es abentheur, 
oben füß und vnden ſewr. 
AU ding feind auff ven Tauff bereit, 
was man feil zu meſſen treit. 
Mie Fan jeb ein kauffman fein, 
ber fein fall nit richt darein. 








A⸗c⸗ 


861 


Vnd ftreicht das fpeelin vornen dran 
damit man narren fahen Tan. 

Die Tremer band gut reich zu werden, 
wa narren Tauffen on geferben. 

Wann du fohon ein man betreugft, 
wie achteft aber das bu leugſt. 

Vnd ein frommen bringft vmm gelt, 
fo jm der war bargegen fellt. 

Das du mit recht folt widerferen, 
betriegens, raubens, wilt Dich neren 

Den kauffman henckt man für die flat 
der follich Teuff getrieben hat. 

Fuͤrwar es wer mir gleich fo lieb, 
das mir mein gelt doch fiel ein dieb. 

Dann das mich einer offenlich treugt, 
vnd fo ſchedlich mir erleugt. 


— — 


28. Waſſer in brunnen ſchütten. 


Man ſagt mir wol, der brun ſey nit gut, 
darein man waſſer tregt vnnd thut. 
Alle ſtraffen mögen nicht, 
erfchieflen an eim bößwicht. 
Die alten haben dad wol gewift, 
das nit aufgeht, da nichts inn fl. 
Was wol will, thut allmeg recht, 
wa aber ift ein böfer knecht. 
Da muß ein guter meifter fein, 
ber jm ein mund voll guts brecht ein. 
Hieher gehören meine Find, 
an ben all ftraff verloren find. 
Vnd laſſen in fagen, pfeiffen, fingen, 


864 


30. Das manl in Himmel flsffen. 


Man fagt mir, das in alter zeit 
weren vil gefchnebelt leut. 
Ich Fans nit für ein wunder han, 
fo man jeß find ein fchnäbler man. 
Der mit feim maul erreichen mag, 
den himmel vnd die ſtern all tag. 
Da ſchlag ver leiblich Teufel zu, 
das jegund ift fo groß vnruw. 
Das Gott felb nit mehr ficher iſt, 
den fchelmen auch fein ſchnabel briſt. 
Damit fie bis in Himmel reichen, 
und ftraffen Gott in feinen zeichen. 
Jetz Bat er in nit recht gethan, 
dad er uns hie hat regen Ion. 
Jetz iſts zu warm, denn iſis zu Talt, 
und reden Gott in fein gewalt. 
Wir haben fo groffe forg auff erven, 
— wie es doch fol gewittert werben. 
Wie die Son vnd auch der Mon, 
nach vnſerm willen ſollen gon. 
Darumb thun wir vns ein Proceß, 
vnd leſen für das wetter meß. 
Wir gehen mit Creutzen vnd mit fingen 
das wir die fchelmen zamen bringen. 
Kem vnſer herr Gott hie auff erben, 
fo müft er erft ein fchüler werben.- 
Wie er und doch folt wittern lafien, 
wir habens ald nach ver rechten maſſen. 
Ein ſchelm will Sott regieren leren, 
der und nit kond ein fewftall keren. 
Vnd flraffet Bott in feinen fachen, 


865 


der nie kein Töffelholg Fund machen. 
Mas nement jr euch an fo vif, 
laſſet Gott machen wie er will. 
Ich Hör wol von deins aderd wegen, 
folt Gott geben bir ein regen. 
Das funft zwentzig feld darneben, 
vmm dein willen jm wafler ſchweben. 


31. Ein reiff außfechen. 


Der ſteckt den reiff vergebens auf, 

der fein wein hat in ſeim hauß. 
Es wird mancher ſchelm veracht, 

der jm das wort doch felber macht. 
Wiltu haben ein erbern fchein, 

fo zeuch den fchelmenreiff hinein. 
Sanct Paul fpricht man fol fich hüten, 

vnd nit allein daß böß verbieten. 
Sonder ſcheuhung Haben drab, 

was geftalt zu böfem hab. 
Wer ein vieb mit werden ift, 

der fol nit brauchen diebiſch TR. 
Wer nit fchenden will ven wein, 

ver zeuch ind Teuffeld namen ein. 
Den reiff, fo fiht man was da briſt, 

und das Fein wein daſelbſt feil if. 
Man find wol weiber die feind fromb, 

des ſchwür Ich taufent eyd darumb. 
Wann ich das frölich vörffte fagen, 

fie bett ven arß im dſchantz geichlagen. 
Alle weiber haben die art, 

wann fihon ein nimmer übel fart. 
1. 55 





366 


So hat fle doch ein freud darab, 

das man von jr gefallen Hab. 
Vnd das fle reitzen jederman, 

mit farben die fie ſtreichen an. 
Aa ob fie felber Teuflich weren, 

und dz man fie fihier muß begeren. 
Es thut nit not ein man zu reißen, 

er frißt fich ſelbs in diſer beißen. 
Den framen vnd ducaten Gold, 

iſt man ſunſt vergebens hold. 
Die weiber haben ein freud daran, 

fo vmb ſie wirbet mancher man. 
Sie ſagen aber nit darneben, 

das ſie darzu hand vrſach geben. 
Lieſſen fie das reiflin flan, 

fie. wurden nit vil werber han. 


— m 


37. Per unnüz Vogel. 


Der vogel Hat ein böfe art, 

der fein eigen neft nit fpart. 
Sonder er felber fcheißt darein, 

den gſchmack doch felber nimmet ein. 
Ich mer woll mad dem felben brift, 

das er im ſelbs ein nequam il. 
Der vogel fan nit fein ver beft, 

der ſcheiſſet in fein eigen nefl.. 
Wer jim ſelbs ein fchald will fein, 

wie fihont er dan ber ehren mein. 
‘ Ein pfaff, der ander pfaffen ſchend, 

und in der predig an fie. wend. 
Den leien klagt jr übelthat, 


S.A06. 


867 


auff ver Cantzel, da es bat. 
Meder glimpff, vnd weder fug, 

‚ich habs gehört, der waſſerkrug. 
Laß fich fo lang zum brunnen tragen, 

bis das er wird in ſtück geſchlagen. 
Mer da ſhend fein rats genoß, 

bey den er iſt ein vnderfaß. 
Wer ſein eigen ſtatt verderbt, 

vnd ſein leiblich kind enterbt. 
Vnd jm felber ſtelen Fan, 

dag im Fein frembber rüret an. 
Die geiftlichfeit thuts allermeift, 

was einer von dem andern weißt. 
Das muß herauf, fo jedernan, 

mit andacht Fompt zu predig gan. 
Wir fuchen vnſer feelen Heil, 

fo zeigt er mir den Neidhart fell. 
Vnd Flagt mir von fein brübern vil, 

fo jemands da nit richten will. 
Ein auffrur macht und Barrabas, 

und macht und zand da friven mas. 
Das mag ein dber vogel fein, 

der in fein neft felb fcheifjet ein, 

fo er doch ſelber figet drein. 


33. Der ſchelmen beicht. 


&in fchelmen kent man bey der beicht, 
man jm die fag ligt alfo leicht. 
Das er fpricht mein lieber herr, 
richtet mich auß, ich muß noch fer. 
Lauff nur Hin, bis außgericht, 


868 


meinenthalben iſts ſchon gefchlicht. 
Es mag wol fein ein ſchelmen beicht, 

wan einer fpricht, ob ich villeicht. 
Hett wider Gott den herren than, 

den pelß will ich mie wefchen Ian. 
Vnd den harnifch fauber fegen; 

wad ich nit fan, muß der pfaff fregen. 
Man ich ven fchelmen fragen folt, 
ond er nit felber jagen wolt. 
Ich wolt in fragen wie meit were, 

zwifchen Echnerfheim gen Ferrere. 
Vnd widerumb zum Kocherfperg, 

was doͤrffer legen vberzwerg. 
Wes fragftu nit, da du es wolf, 

handeln das du noch nit folft. 
Kanftu die ſchelmenſtuck began, 

fo lerns auch Klagen Gott daruon. 
Vnd nur in aller Teufel namen, 

wiltu Dich der Flag den ſchamen. 
Sp hüt dich vor den werden auch, 

mad) fein feur vu, fo meitſt ven rauch. 
Vnd kompſt darzu als fpöttlich gan, 

ich wolt den harniſch fegen lan. 
Bud fragen wenn gut beichten fey, 

und treibent nur ein fchelmerey. 
Aug den heiligen Sarramenten, 

als ob ed waren blawe enten. 
Spott deins gleichen, biftu weiß, 

und ſchon der Sacrament mit fleiß, 
Den bitteftu mich du armer tropff, 

dz ich mein hend leg auff vein Topf. 
Ich tem wol an vnd legt virs hrauff, 

das du fprechft, ach Hörent auff. 


869 


34. Auffs Tenfels fhwanz bunden. 


Ih Hab wol manchen fchelmen funden, 

dem teufel vff den ſchwantz gbunden. 
Der in feiner widermwertigfeit, 

dem Teufel bündnuß zu hatt gfeit. 
Vnd meint jm würde nimmer baß, 

bid dad er bey dem Teufel faß. 
Etlich fich dem Teufel geben, 

wann es jn übel gehet jm leben. 
Co bald verzweifeln fie daran, 

vnd möllen fein dult in fachen Ban. 
Vnd meinen, Gott der hab nit recht, 

bad er ſey mit ſtraff durchecht. 
Sp fie es nit verbienet haben, 

das feind mir freylich naſſe knaben. 
Vnd gar zeitlich auffergogen, 

das fte ald ſchendlich und erlogen. 
Gott den herren dörffent ftrafen, 

das er nit forg, vnd leg fich fchlafen. 
Vnd nem jr guten werd nit adht, 

das er vmb fein belonung tradht. 
Gleich als 0b ver Herr nit mift, 

vmb emwern betrug vnd falfchen liſt. 
Geb er euch vervienten lohn, 

jr wurben warlicy übel flon. 
Sp er euch nit gleich auffmüfcht, 

und euch zu Helffen ift gerüft. 
Wie jr das felber wellen, 

und allen rath euch thut beftellen. 
So thund jr wider in vaft Tallen, 

die fach will euch gang nichts gfallen. 
Vnd fahen euch an zu ertrenden, 


— — — — — — — — — — 


870 


eritechen, erwürgen vnd erhencken. 
Verzweifeln an gots barmhertzigkeit, 

kurtz ab, ich hab gethan ein eyd. 
Aller ſchelmen zunfft gemein, 

das ich derſelben ſtell her kein. 
Der im ſelber thut den tobt, 

ber hört nit in der fchelmen rott. 
Er ift nit werd Dad er fol fein, 

beyn fchelmen, er gehört in Rein. 
Vnd in der Hell hat er vil Funden, 

vffs teufels ſchwantz iſt er gebunden. 


nn] 


35. Das muß verfalzen. 


Ih bin auch einer berfelben. Enaben, 
die die rechten griff drauff haben. 
Wie man foll das muß verfalgen, 
gute fach mit böfer fihmalken. 
Kein fach ift mir doch nie fo gut, 
ich weiß wie mand verfalgen thut. 
Schelm, du rümbft dich guter Ding, 
muß verfalgen ift gering. 
Wee aber dem ders effen muß, 
dem iſts freilich ein harte bu. 
Ih meiß das nie fein fache waß, 
will man darzu brauchen haß. 
Vnd fie auch zu dem böſten Feren, 
aggerieren oder meren. 
Sp macht man warme fachen Talt, 
. bis daß das muß in die Afchen falt. 
Dad uangeli und göttlich lere, 
die Gott und gab zu heil und ehre. 


I 870 


e- 


- 


81 


Dad bat fo manche Feberey, 

verfalgen und den fronmen brey. 
Dad der merer theil der Chriften, 

nit mercken künden oder wilten. 
Welchem doch zu glauben were, 

darumb die Chriften über Mere. 
Durch folche groſſe ketzerey, 

abfielen, dad Gott Elaget jey, 
hut mand dem Guangelium, 

fo warb Fein fach noch nie fo fromm. 
Kein brey auff erden nie fo gut, 

den ein böfer falfcher mut. 
Mit lugen nit verfalgen Tund, 

fompt man aber auff den grund. 
Vnd wird der fachen öfflich innen, 

das fie werden daran gewinnen. 
Das baten fle bald behalten than, 

gedenf das du vor Gott muft ftan. 
Darumb mach Fein gut ſach böß, 

es gilt die feel, leid, Haut vnd kroͤß. 


36. Pilatus im Credo. 


Das teftament im felber macht, 
Pilatus das fein würd gedacht. - 
Dfft und did, zu kleinen ehren, 
darbey ein mweifer mag wol leren. 
Warnach ein jever felber tringt, 
dasfelb jm ein nachreden bringt. 
Darff ein ſchelm fein alſo Hp, 
alſo bübſch, vnd alſo ſchnöd. 
Das jm kein ſchalckheit iſt zu klein, 





872 


fo ift als doͤrſtig die gemein. 
Das fie ed alled darff von jm Tlagen, 
-pfelffen, fingen, previgen, fagen. 
Wann es ift alfo fommen ber, 

boß werd geben Fleine ehr. 
Wann man bein gebendt alfo, 

wie Pilatus im Crebo, 

fo folteftu felten werben fro. 
Das ift Pilatus Teſtament, 

wan tiner nach feim letſten end. 
Auff erden laßt ein böfen namen, 

des al fein Tind fich müffen fchamen. 
Verſorgt er fihon mit gut fein Find, 

und brecht zu reichthumb al fein fründ. 
Noch dörffen fie nit auffrecht tragen, 

je augen, Die fie under fchlagen, 

wa mon jr fohelmenftuf fan fagen. 
Ich Hab das ortlin in zu geben, 

allen, die nach diſem leben. 
Leſtern, ſchenden, ala jr gefchlecht, 

und thund felber auch nit recht. 
Denn fo Tigt gank nichtd daran, 

was nach dem tod red von jn gan. 
Die güter nam beweget nie, 

in ibener welt, vnd vorab bie. 
Salomon fpricht, Hab forg vnd acht, 

dad dir nimmer werd gemacht. 
Hie vnd dort ein böfer namen 
des bu dich allzeit müſſeſt ſchamen. 


873. 


37. Ein kurzen athem haben. 


Wir Teichnam frommen trundnen Enaben, 
gank ein kurtzen athem haben. 
Mann er vnd ſchier will gar zerinnen, 
das wir doch nit behalten Fönnen. 
Darumb dad wir fein holfaß find, 
ſtehen wir hie, wir armen find. 
IH muß mich über euch erbarmen, 
je frommen find, vnd auch jr armen. 
Ach das euch Gott behüten müß, 
von dem haupt bis auff die füß. 
Ewer glivmaß al mit ein, 
wie feind jr jeb fo katzen rein. 
Sand jr einen verdruß barab, 
das ich euch her geftellet hab. 
Wes treibt jr Dan fo manche fag, 
das euch der blitz vnd donner fchlag. 
Wer hat euch doch beuohlen das, 
das heimlich vnd verſchwiegen was. 
Das legen jr alles an ven tag, 
ehe dad man darumb thut ein frag. 
Hör und ſich, und ſchweig darbey, 
ja wan dir wol mit frieden ſey. 
Iſt dir aber wol mit Triegen, 
heimlichs fagen und liegen. 
Würd Dir denn der leimen klopfft, 
ond Dir dein ſchoͤn harr anfgeropfft. 
Sp wolt ich durch Die finger lachen, 
darumb fo lern fparmunde machen. 
Hett Sampfon fein heimlichkekt, 
Dalive nit felb8 gefeit. 
Er wer nit kommen vmb fein harr, 


874 


vmb fein leben auch fürwar. 
Wilt etwas thun, fo ſchweig, nit warn, 
du fpreiteft ſunſt dad vogelgarn. 
Dffenlich den vögeln dar, 
das jeder fein bald nimmet war, 
darumb fo lug dein athem fparr. 


38. Mit allen winden feglen. 


Wer feglen- fan mit allem mind, 
und lauſen oben hin im grind. 
Den man empfahen wie er ift, 
der ift von fonverlichem liſt. 
Vnd muß die wind freilidy wol kennen, 
ia will er farn ſchnell von bennen. 
Mer eins bie leugt, dad ander bört, 
berfelb mit allen winven fert. 
Radt du aber mir wahin, 
da wiberferen nit mag fin. 
Da fie ſtetigs müſſen bleiben, 
das feind die fchelmen, die da treiben. 
Auff beiden feiten gfellig wort, 
fhelten hie, und loben dort. 
Sagen nein, dort fprechen ja, 
lachen hie, vnd weinen ba. 
Geiftlich fein vor angeficht, , 
vnd halten dannocht fromfeit nicht. 
Spricht man denn, dz euch Got ſchend, 
das jr vil frommer leut verblend. 
Das jr euch alfo geiftlich zeigen, 
buden, biegen, beten, neigen. 
Vnd zeigen euch das jr nit fing, 


875 


fo geben ſie antwort mir gſchwind. 
Schweig, das dich der ritten fchit, 

das tuch behielt vie farb funft nit. 
Wer ſich jet nit geifllich Teugt, 

vnd die welt mit lift betreugt. 
Derfelb müft jetzund hungers fterben, 

vnd jm fein eigen ſchmaltz verberben. 
Dan muß die welt füren alfo, 

es hört in Bawrn haberftro. 
Mir mügen wol fein was wir fein, 

nur das wir tragen guten fchein. 
Iſt das war, hand jr den vertrag, 

der Donner jchlag in bettel ſagk. 
Ir Habt eim menfchen bald gelogen, 

doch mein ich, gott werd nit birogen. 


39. Sich felbs kuzlen. 


Wer fich felber Tüßlet vil, 
der mag wol lachen wen er wil. 
Mie ift den kindern alfo wol, 
warn jn der magen ift fo vol. 
Sp wir ſchweigen je miffethat, 
noch wirfft er auß was er drin hat. 
Wan wir riechen und feind alt, 
vnd ift vns leib vnd blut erfalt. 
Vnd mögen merer gud noch gad, 
noch fagen wir, ich dend den tag. 
Tas ich der welt auch mas geleich, 
alfo fhön vnd fünberleich. 
Tas mir die frawen waren hol, 
vnd fchandten mir gut filber gold. 


878 


41. Eim ein bad vberhenchen. 


Man fagt mir vil von guten fchiwenden, 
dz heißt eim feind bad vberhenden. 
Das mancher offt muß leider ſchwitzen, 
von dent ſchnee ald von der hitzen. 
Das manchem macht fein großer ſchad, 
proftciat, Spricht man, jm das bad. 
So Hug vnd weiß warb nie fein man, 

der folche Bäder machen kan. 
Vnd die Fräuter denn darzu, 

oder wie man fie wermen thu. 
. Darinn ein man on alle higen, 

von dem fihnee facht an zu ſchwitzen. 
Durchtringet jm ein ſolcher fchweiß, 

das ich bey meinem eyd nit weiß. 
Ob je Fein bad auff erden was, 

darin die menfchen fchwigen bas. 
Die frawen Tonnen, aber machen, 

das möcht der leiblich Teufel lachen. 
Mir was ein mal eind zugerüft, 

das ich bey eyd vnd ehr nit wüſt. 
Ob mir warn was ober kalt, 

noch dennocht ſchwitzt ich mit gwalt. 
Das mir der toͤdlich ſchweiß außtrang, 

des Hub ich darnach an vnd fang. 
Darnach weint ich jr denn wider, 

ber ſchweiß burchtrang all meine glider. 
Ich Tieff, ich tobt, ich fprang, ich wüt, 

vnd walt in mir alld mein geblüt. 
Mir mad der tag gleich wie bie nacht, 

alfo warb mir ein bad gemacht. 
Wenn ich zwelfftaufient guldin hett, 


SITE 


879 


ich thet nimm was ich dazumal thet. 
Solt ich in dad bad wiberfiken, 
ich wur mein jeel vom leib außſchwitzen. 
Dad was mir die gröfte pein, 
-das Treutlin darzu lachet fein. 
Hüt Herr Gott, bhüt mir fin vnd wih, 
das ich in dem bad nit mehr fihwih. 


42. Die Saw verhanffen. 


Ma ein ehrlich geſellſchafft ift, 
ſchimpfleich vnd züchtig zugerüft. 
Noch find man dennocht einen man, 

der die Sam verfauffen Tan. 
Dadurch ein gantz gefelfchafft muß, 
groß ſchande tragen oder buß. 
Den iſts freilich ein ſchwere bürd, 
wa züchtiglich verfamelt würd. 
Ein freundlich afellfchafft je zu freuben, 
die ein ſchelm thut gar beleiden. 
Vnd facht ein ſchedlichs fpil in an, 
damit fle all zu fehaffen han. 
Mit leib und leben kaum entrinnen, 
am ſawkauff wenig nuß gewinnen. 
Derfelben ſchelmen feind fo vil, 
wann niemantd die ſaw fauffen wil. 
Sp gend fie die wolfeil dan, 
das der kauff muß für fi) gan. 
Vnd band auch weder raſt noch rm, 
ehe ſchancktens eim die ſaw barzu. 
Paris verkaufft ein folches ſchwein, 
do Troy gang fiel In efchen ein. 


880 
Von dem ich dz Hab grünntlich ahbrt, 


dz durch fein Fauff Troy ward zerflört. 


Durch kriegen vnd ſchedlich reifen, 

darzu gemacht witwen vnd weifen. 
Daran Paris nun ſchuld gewan, 

ich wolt das ein ſolch dder man. 
Der durch einen ſawkauff bringt, 

dad man leut vnd land beziwingt. 
Dörffer, Flecken, Stett und mauren, 

barzu verbrennt die armen bauren. 
Das er die Sam ſelbs freffen müfl, 

auf dem Fat recht alfo wüfl. 
Dad er ein folche wüſte fyeiß, 

nit mer anricht für mandel reif. 
Vnd vnuerfauffet fürter Tieß, 

die Saw, bis ich8 in felber hieß. 


43. Den Pelz; weſchen. 


Mancher Tan ein Peltz wol weichen, 
vnd darff web lauch noch efchen. 
Je mehr man weicht ein Peltz fürmwer, 

je mer vnd mehr bſcheißt mans hart. 
Alfo vil gewint der daran, 

der ftrafft ein unftreflichen man. 
IH Hab der merken kinder vil, 

ber feiner ftraffen leiden will. 
Man fing und fag in mad man mdll, 

fo find man nichts das jm gefdll. 
Dan fle jung zu ſchulen gan, 

frü facht die neſſel brennen an. 
Bergifften ſich und ander Find, 


in 
ı ü 


881 


thet man fte nit weg geſchwind. 
Ste folten wol ven ganken flal, 

reudig machen überal. 
Den wird feins vatters flraffen Fund, 

den bringt er warlich in den grund. 
Es Hilfft pa weder flraff noch rath, 

mein fon ein aug verferet hat. 
Don dem galgen zu dem rad, 

da wird zu Ietit fein waſſer bad. 
Kompt er dann im jar einmal, 

zu predig gan, fo merdt er wol. 
Auff des Prieſters flraffen all, 

ob jm jendert eine fall. 
Ale leer gefelt jm nit, 

von pfaffen, münchen, auch damit. 
Er fpricht, ich doͤrfft ein heller nemen, 

wa man fompt zu predig zemen. 
Wan ich mein Ichtag mer darkomm, 

fo werd ich blind, lam, oder krumm. 
Got wöll dem mündh den ritten geben, 

wes ftrafft er fich nit ſelbs barneben. 
Schulmeifters, predigers, vaters zorn, 

iſt grund vnd boden alls verlorn. 
Wan aber kompt der Hencker gon, 

ber gibt jm erſt den rechten Ion. 


44. Boten was die Näben gelten, 


Es lond ſich vil Ratgnoſſen fehelten, 
vnd wiſſen nit was die rüben gelten. 
Du magſt woll land und leut verfüren, 
ſo du dein hauß nit kanſt regle een. 
1. 


882 


Ein ſchelm des reichs ſich vnderſtund, 
der doch der ſchwein nit huͤten kund. 
O was brauch ich groß vernunfft, 
das ich ratsleut bring in die zunfft. 
Ich nenn ſie doch nit all gemein, 
die groſſen ſchelmen nur allein. 
Die die andern all verfüren, 
all ſachen wie ſie wend, regieren. 
Wan ſie wöllen vmbher fragen, 
je meinung thund ſie vorhin ſagen. 
Als Cayphas Chriſto Jeſu thet, 
do er in vor verurteilt bet. 
Als er den tod verwircket Hat, 
darnach fraget er erft vmb rat. 
Da fprachen fie, man folt in hencken, 
das kond ich vorhin wol gebenden. 
Mann die graffen fchelmen wöllen, 
jr vrteil zu. dem erften fellen. 
Vnd jr meinung vorhin fagen, 
das die Heinen nachher jagen. 
Ja herren nennt mand hie zu land, 
was bie erften geurteilt hand. 
Sp dundt es fie allfament recht, 
dasſelb jr Feiner widerfecht. 
Sa herr, gnad herr, Herr wider herr, 
iſt es nit weit, fo fey es ferr. 
Iſt es nit Kalt, jo ſey es warm, 
ed geht jetzund daß Gott erbarm. 
Wie ift ein frommer rat fo felgen, 
ach gott, es gebet jetz alls auff ſtelden. 
Bis das einmal den halß abflürgt, 
unweifer rath ein land verkürgt. 
Wiewol ein welfer leut und land, 
halt in wefen und beſtand. 


83 


.45. Ein weyer verbrennen. 


Per verurteilt wird mit recht, 
vnd das mit trden wiberfecht. 
Hawen, Triegen, mörben, flechen, 
und ſich an grofien Herren reden, 
Den laßt man lauffen, wüten, rennen, 
er tan doch nur ein weyer verbrennen. 
Mir fchelmen han ein ſondere art, 
wa man vnd bezminget hatt. 
Vnd wir das recht verloren hand, 
fo reden wir und an dem land. 
Vnd fagen wittwen, welfen ab, 
bis das fie geben amı bettelftab. 
Vnd rechen ſich nur an ben frommen, 
zu ben rechten fie nit kommen. 
Ein vrfach hat ver ſchelm erbicht, 
dad er gern guldin hett villicht. 
Darumb er arme leut verbrenbt, 
finpbetterin und die finder fchend. 
Die kirchen Gottes darzu bricht, 
und die prieflerfchafft erflicht. 
So haftu dich gerochen dann, 
an dem armen ſchlechten maı, 
der. dir fein leid nie hat gethan. 
Die ſchelmen Hand noch brüber, 
deren buben weißt ein jeder. 
Aller weg gelegenheit, 
vnd feind tag end nacht bereit. 
Ma man fchebigen will ein flatt, 
fo ſeinds bereit ehe man fte bat. 
Die fich kriegs vnd vnglücks frewen, 
den armen noch vil boͤſers trewen. 


884 

Vnd ſchaden thun ehe fie abfagen, 

warnen fo fle e3 hin hand tragen. 
So fol man fich denn erft verfeben, 

fo der fchade iſt gefihehen, 

wann ich dörfit, jo wolt ich jehen. 
Dad ich die folt gefehet han, 

zu den fihelmen vornen dran. 


46. Der Teufel if Abt. 


Das ift freslich ein frembder orben, 
darinn der Teufel Abt iſt morben. 
Ta gehört nit hin das Heilig creuß, 
der Abt müft weichen funft befeiß. 
Betbücher lugt verberget all, 
das vnſer Abt nit drüber fall, 
Wie dundt das euch fo frembde mere, 
ob der Teufel Abt ſchon mere. 
Man find wol follich böß Prelaten, 
die thund vil teuflifcher gethaten. 
Dann der Teufel in der hellen, 
geiftlich Prelaten jagen wellen, - 
blafen, heulen, Hochgwild fellen. 
Bnfinniglich rennen, beißen, 
den armen leuten durch den weißen. 
Mit zwenkig, dreiffig, vierkig pferben, 
feind das geiftlich prelätifch berven, 
warn die Biſchoͤff jeger werben. 
Vnd die Hund die Metten fingen, 
mit heulen den gotöbienft volbringen. 
In Elöftern thund das auch die Ebt, 
ih weiß wol wie man binnen Icht. 


885 


Die Cloſter feind geftifftet worben, 
zu halten ein geiftlichen orven. 
So wöllt jr jegund Fürftlich leben, 
wert jr dauß man würd euch geben. 
"Schmale pfennigwert zu efien, 
der Teufel bat euch gar befeflen. 
Das jr doch auf geiftlichen gaben, 


vil mehr Bund gezogen haben. e 


Dann brüder in dem lofter find, 
oder funft geiftliche Find. 

Vnd hand dad Clofter gar vergifft, 
die pfründen auff die hund geflifft. 

Molan, wolan, was wolt je wetten, 
ewer brüder werben metten. 

Gin mal fingen, von emert wegen, 
das euch der Teufel gibt den fegen. 

So er doch on das Abt ift worben, 
in ewerm fo ſchelligen orden. 


AT. Ganz leiß gebachen. 


Fraw Venus mit höflichen ſachen, 
iſt gantz vnd gar zu leiß gebachen. 
Vnd iſt auß ſeiden faden gſpunnen, 
vil verthan, vnd wenig gwunnen. 
Ich kann nit wiſſen wies zugat, 
das jetz ein jede Sammat bat, 
darinn ſie hoflich einher gat. 
Vnd jetzund iſt kein vnderſcheid, 
was ſeck ſeind, oder ſeiden kleid. 
Man find jetzund wol ein ſack, 
der doch weder nacht noch tag. 





886 


Arbeiten ober dienen Tan, 

noch will er ſeydin Kleider han. 
Ein fpannen over zwa beleit, 

an dem Rod den er antreit. 
Don Sammat, dammaft, und von feiben, 

und von den beften tuchen ſchneiden. 
Darzu fo hüuͤriſch und fo frech, 

ob ed ſchon morn gank wider bredi. 
Es warn frawen in Furgen jaren, 

fo hübſch, als jr je immer waren. 
Alſo zierlich, alſo fchon, 

frommer, Lieber, der ehren ein Tron. 
Moch warends nit fo lei gebachen, 

bſchiſſen, als jr euch jebt machen. 
Noch ſetzt jr auff ein gelbe br, 

und Tugt jede wie ſie jm thü. 
Das fe jr prangen fürher bring, 

und wöllen haben alle ding. 
Sie Iond jn ſeidin kleider meflen, 

vnd hants brot nit jm hauß zu freffen. 
Ververbt euch felber und den man, 

das jr müßt an ben bettel gan. 
Laßt euch darfür ein Fittel machen, 

und feind nit alfo leiß gebachen. 
Das man wiß ein vnderſcheld, 

was adlich ſey, vnd peuriſch kleid. 


48. Bie bachen hülen. 


Die gend hand gar ein ſchöne art, 
ob ſchon eine nit durſtet hart. 

So bald ein andre trunden bat, 
trinckt ſte gleich an derſelben flat. 


887 


Gleich alfo Fülen wir die baden, 

und koͤnnen weder gu noch gaden. 
Ich hab wol jehen die baden fülen, 

das bie ſchelmen niberfielen. 
Vnd firauchten von der wand, 

bet ich jn vmb ein gwiflen fland, 
Geben taufent gulbin Ion, 

fie hettens warlich nit gethan, 

vnd künden weder gan noch ſtan. 
Was der Teutjch auff erd anfacht, 

fo wirt darbey der flefchen gedacht. 
Des hat man vns im Welſchem land, 

zu teutſch Inebriag genant. 
Vnd ift ons allen fampt ein fpott, 

vor der welt und auch vor Gott. 
Dad alle welt von vns muß fagen, 

wie jeder teutfch ein fleſch thu tragen. 
Wir wir, zutrinden einander nöten, 

ond vns mit Tanffen Telber töben. 
Wiewol das offt pie Oberkeit, 

verbotten hat hoch bey dem eyd. 
Noch keren wir vns nit daran, 

dad waſſer muß fein lauff woll han. 
Wan wir die baden Hand gekült, 

ein gut gefell dem anbern zielt. 
Gang auf das glas, ober vier fein, 

die wiß herauf, den wein hinein. 
Den werden mir fo voll all fanpt,' 

das ſich ein jeder billich ſchampt. 
Alſo wie ein Tun zutrinden, 

wann und dan bie zung wirb binden. 
Sp gat es erft recht an Die rieman, 

ond will ded andern zag fein nieman. 


888 


Je einer den andern fürter bitt, 
das ers mit Fübeln in fich fchüt. 
Den weinbach durch den fragen richt, 
damit er jm fein leben bricht. 


» 49. Vnder der Noſen reden. 


Ich hab offt under roten Roſen, 
geflafft, gefallet, vnd gfofen. 
Hett ich ein dreck zur felben ftund, 
dafür gehabt in meinem mund. 
Ih hett fein warlich baß genoflen, 
und wer tauglicher mir erfchoflen. 
Reden ift nit allweg gut, 
darumb fo halt dein maul in hut. 
Vnd richt nit alle tand mer auf, 
das Dir nit fomm vnglück ins hauß. 
Halt zu vnd befchleuß die prottefch, 
dein vnnütz maul nit allzeit weich. 
Mit frommen vnd mit erbern. leuten, 
red iſt nit gut zu allen zeiten. 
Darumb fo lern fparmunde machen, 
du muft funft wein, fo vu möcht lachen. 
Doc Hand die ſchelmen einen fund, 
mad fie ſchwetzen alle ſtund. 
Bnd von den erbern leuten ofen, 
band fie e8 than under ber Roſen. 
Nit weiter fol es kommen dan, 
ich weiß nit mie verfchwigen Tan. 
Bon vilen bleiben follich veb, 
bie er ſelbs nie verfchwigen het. 
Wes ſchwig er nit ins Teuffels namen, 


SIES. 


889 


fo fchwigen die andere allfamen. 
Den fahents an glofleren fchon, 
wie man jr reden foll verſton. 
In beichtend weiß, vnd anderſt nit, 
wa hat der arm fein ehr damit. 
Der da fromm iſt und auch biber, 
wer gibt im denn fein ehren wider. 
Die du jm abfchweheft zu rud, 
mit lugen vnd mit fchelmenftud.” 
Der Teufel bat Dich fo verkert, 
mit falfchen Lügen beichten gelert, 
er hat dich felber auch gehört. 
Vnd wird dir geben veinen Ion, 
zu feiner zeit Abfolution. 
(Die enbei fich die Schelmenzunfft, und volgt hernach 
der verloren fon.) 


50. Ber verloren Son. 


Ih bin derſelb verloren Son, 

vnd Fan üppig, fchenplich verthun. 

Was mir mein vatter gibt zun ehren, 

warn ich mich dan nim fan erneren. 
Vnd gank vnd gar nim ſchwimmen Fan, 

fo lauff ich Heim vnd wein jm dran. 
Ich bin derfelbig trunden knab, 

mein erb ich Tängft gefordert hab. 
Bon meinem vatter in feinem leben, 

ein ftrid an halß folt er mir geben. 
Den ich doch bad verſchuldet Hat, 

dann dad ich vmb mein erbteil bat. 
Noch Hab ich das von freuelm mut, 


898 


gefordert, an meins vatters gut, 
al8 ein junger lecker thut. 
Der doch nit erkennen fan, 
wie ſawr dad gut iſt fommen an. 
Mein armen vatter und den frommen, 
der das gar hart Hat überfommen. 
Dad ih on wig und all vernunfft, 
gab, dz ich Faufft der fchelmenzunfft. 
Die mir zuletft gab böfen lohn, 
vnd ließ mich in groß armut fton. 
Das ich ſchier hungers mas geftorben, 
bett ich nit vumb ein Ampt geworben. 
Der ſchwein zu hüten, zu jn gefeflen, 
vnd mit in grobe kleien gfreffen. 
Der id) doch nit genug mocht han, 
ba fiengs mir an zu bergen gan. 
Vnd Iernt In meiner armut fihwimmen, 
do ich fo gank fund matten nimmen. 
IH ſprach, O Herr Gott, vatter mein, 
wie kert ich zu Dir wider ein. 
Sp ich mein erb, vnd alls dein gut, 
verzeret Hab in argem mut. 
Mit der öden fchelmen rott, 
das ich bin worden gar zu ſpott. 
Herr fih mich an, ich bin der knab, 
darumb du ftigft vom himmel ab. 
Vnd fuchft mich arms verlorend find, 
dem du doch billich wereft find. 
Herr vatter, ich bin bein creatur, 
die du erarnteft alfo fawr. 
Vnd fandft mich an dem galgen wider, 
bo du bein haupt in tob legſt nider. 
Wie fromm ich Bin, merck alle welt, 


891 


das du mich fandſt am galgen feld. 
Hetſtu mich an ehrlichem ort, 
gewüßt, du hetſt gefuchet dort. 
Sp ih nun, was ein galgen Find, 
da man all böß lecker find. 
Da ich folt Hillicher gehangen fein, 
dann vu, hertzliebſter vatter mein. 
Vnd doch dein vetterliched gemüt, 
vor gröfferm fall freundlich behüt. 
Grharm dich mein Herr, und verzeich, 
beiveiß mir gnad in deinem Reich. 


51. Des Watters Antwort, 


Komb herein, Hergliehfles Find, 
wann all mein glid beweget find. 
Mein hertz, mein leib, vnd all mein mut, 
empfahen vich mein fleifch und blut. 
Wie hab ich dich fo ſawr erarnt, 
vnd fo vätterlich gemarnt. 
Ich armer vatter meiner Find, 
das fie mir fo gar vntrew find. 
Mein lieber fon, du fagft war, 
das ich dich fucht am galgen vor. 
Ich muft wol fuchen da du waſt, 
fo du Dich felb dar gefüget haft. 
Wie was ich fo ein betrübter man, 
jetz Teit mir noch ein ſchweres an, 
das ich doch nit vergefien Tan. 
IH wolt gern leiden noch ein tod, 
das ich abthet ver fchelmen rott. 
Darinn ich dich jeß fand mein find, 











892 


wie biſtu doch fo gar erblind. 
Das du dich felbft zun fchelmen bar, 
und meiner güt vergifleft gar. 
Wer hat doch dieſe zunfft gemacht, 
und Dich auch zu den fchelmen bracht. 
Du foltft dich Doch ver ſchelmen fchamen, 
von eins ehrlichen vatterd namen. 
Der da iſt ein frommer man, 
vond nie kein fchelmenftud Hat than. 
- Glaub mir, es bringt mir groſſen ſchmertzen, 
und geht mir ganz Fleglich zu bergen. 
Das jr euch fo zufamen rotten, 
mit fehelmenftuden mich verfpotten. 
Vnd mir ift doch ein herte pein, 
dad ich mag nimmer frölich fein. 
Wa ich dad hör von meinen Tinden, 
das ſie ſich bey den ſchelmen finden. 
Vnd erft ein zunfft band zugerüft, 
was freuden das eim vatter iſt. 
Das merd ein jener bey felm Find, 
wan er das vnehrlich find. 


52. Berfpruc des verlorenen Sons. 


Ih Hab geſünd mit böfen berben, 
vor dir mein Gott, vnd vff erben. 
Vnd Hab mein erbtheil gar verthan, 
jeß fachts mir an zu bergen gan, 
ich fich das es nit mag beftan. 
Darumb ich mich des billich klag, 
und vetterlichem hertzen ſag. 
Das ichs vmb dich wol hab verſchuld, 


893 


verloren gar meins vatterd huld. 
Darzu mich felber auch geſchend, 

vnd fol dein fon nimm fein genenbt. 
Wir konden auch nit mer begeren, 

dan das wir nur dein Diener weren. 
Mir band nit than als fromme find, 

darumb werft du vns billich find. 
So du vns aber Hilfft auf leidt, | 

durch dein grundloß barmhertzigkeit. 
Vnd Durch bein vetterlichen mut, 

erfenft vns für bein fleiſch und blut. 
Vnd für deine arme Tind, 

die fo gar verfaren find, 
Grmanen wir Dich noch einmal, 

als ein kind billichen fol. 
Verzeihe und vnſer Here und Gott, 
das wir ſtehen in der ſchelmenrott. 
Vnd Hand ein fihenplich zunfft gemacht, 
wahin es reicht nit vor betracht. 
Meret die zunfft ſchon Large zeit, 

ed kompt ein flund daß fie erleit. 
Zange zeit ward ewig nie, 

dort wird dz end, wert fie ſchon hie. 
Dife zunfft kompt gar zu ſpott, 

on Gottes ehr, und fein gebott. 
Die will ich vatter dir erzelen, 

mich vnd all meine gefellen. 
Das alle ding kleglich zergan, 

on du mein Gott und vnſer Ion. 
Wiß vatter, das vns niemands hat, 

geſtellt her an der ſchelmen ſtat. 
Dan vnſer fräuel vnd mutwill, 

der vns verleckert nur zu vil. 


894 


Wir band vns felber Hergeftellt, 

und wiflen dad ed dir nit gefellt. 
Es hat auch niemants ſchuld daran, 

wir hand das alles felber than. 
Durch vnſern böfen frenen willen, 

thun wir die fchelmenzunfft erfüllen. 
Ein ebenbild laßt mich euch fein, 

jr Öden fchelmen all gemein. - 
VWVnd merckt wie got mich Hat empfangen, 

wie ſchendliches mir iſt ergangen. 
Da ich euer Zunffigenoß was, 

vnd gang in meines vatterd haß. 
Vnd hat durch fein barmhertzigkeit, 

dannocht erlößt auß allem leid. 
Mich böfen fein verloren fon, 

do ich fein gut alls hett verthon. 
Kert vmb mit mir zu gotted gmad, 

dz euch der fchelmenzunfft nit fchab. 
Wan mer von blawen enten prebigt, 

mit falfcher leer den glauben ſchedigt. 
Derfelbig leret Gott gar wol, 

wie er jn jelber ftraffen fol. 
Mer jederman den wein aufßräfft, 

derſelb fich offt vnd dick vertiefit. 
Vnd find gerad ein folchen man, 

der jm den wein auch rüffen Tan. 
Wedſtu ſchon dein brieff entzwey, 

noch ſeind der Richter mancherley. 
Vnd muſt mit gott erſt darnach rechten, 

er jm fein ſtrden bart laßt flechten: 
Vnd kert ſich an Fein eifenbelfen, 

noch laßt kein groben boflen reiffen. 
Kanſtu denn auff den Fleiſchbanck geben, 





- 


" 895 


des nimpt bir wider gott bein leben. 
Vnd Fan dir mort mit mort ermeffen, 
fo du meint er habs vergeffen. 
&r laßt im an fein Kerbholg rechen, 
und jm ein heller: nit abbrechen. 
Es muß bezalt fein bey eim har, 
ja feind die gottes mörter war. 
Friß den ſchulſack wie du wilt, 
noch ift damit Gott nit geftillt. 
Verdienſtu noch zwelff grawer röd, 
fo ferftu dannocht an die flöd. 
Dad Gott vergilt ven falfchen dden, 
die auß eim Holen Hafen reben. 
Die alten dreck auch ftinden machen, 
das fie e8 werben nimmer lachen. 
Vnd gehet auch nimmer wol den ſchelcken, 
die felfchlich unfer ohren melden, - 
So ift ver Hyppenbuben orven, 
offt hie und hört geftraffet worden. 
Vnd die daß gelt nemen zurud, 
fein redlich man braucht folche flud. 
So weiß ich wol wer faul garn fpinnt, 
das er zu knuͤpffen vil gewint. 
Bud Hilfft Fein praten ſchmecken mehr, 
So werdent leuß im ‘PBelg fo fer. 
Dich beiflen, dad du folteft wöllen, 
feine nimmer rein zu ftellen. 
Auch ift Happern vnd ſchwetzen hie, 
vngeftrafft blieben nie. 
Zwifchen ftülen niderſitzen, 
ward nie geachtet für ein witzen. 
Mas Hilft ed das wir wörter geben, 
tieff erfchäpffet in dem leben. 





896 


Wem ver tod jetz zuber kompt, 
fo ift ber Prunn vnd mund erflumpt. 
Den würd bir leid die Sam zu Frönen, 
vnd Hilfft nit mer Die wort befchönen. 
Auch wird die Hi vns thun fo wee, 
das Fein Nafler knab wirb mer. 
Die Neichftett feind mit dir zergangen, 
fo werden nit mehr Meuß gefangen. 
Hetteft allen ſpeck auff erden, 
fo mag fein Fall mer bſtrichen merben. 
Wer will denn in den Prunnen tragen, 
ober Nüß im fa zernagen. 
Vnnuͤtz vdgel, falfche beicht, 
vnd alles das vie feed macht leicht, 
grund vnd boden dannen weicht. 
Vnd alle fchelmenftuf damit, 
die ich weiters erzele nit. 
Vnd alle zierven bie auff erden, 
allein wir zu dir fehen werben. 
Auff dein gnad, in deine hend, 
barumb wir jehund vatter wend. 
Der ſchelmenzunfft vff erd vns maflen, 
und von deinen wegen laflen. 
Wamit die ſchendlich zunfft vmbgat, 
wir ſehen das es nit fug hat. 
Vnd mag die leng hie nit beſton, 
fo nimpt es dort ein böfen Ion. 
Seind wir ſchon fhelmen, vnd nit biber, 
noch keren wir jetzund all wider. 
Mit dem verlornen fon mit fchall, 
zu vnferm lieben vatter all. 
Dad er durch fein gnabreichen mut, 
erkenn vns für fein fleifch vnd blut. 


897 


Vnd für fein verlornes ind, . 
der noch vil auff erben find, 

Herb liebſter vatter, Herr vnd gott, - 
erbarm dich über bie fchelmen rott. 


52. Pie Entſchuldigung des Dunfftmeiflers. 


Berlorner hauff und fchelmen vott, 
du Haft verachtet und verfpott. 
Mich vnd mein einfeltigd gevicht, 
darumb Das ichs Hab villicht. 
Nit gefeht nach deinem willen, 
wie. fan ich jedes begird erfüllen. 
Vnd euch al fehen vornen dran, 
fo je ſollt in der ordnung ftan. 
Sp jr nun murmlen wider mich, 
verfeh ein jeder felber fich. 
In hunderttaufent Teufel namen, 
ſetzt euch ſelbs vnd rudent zamen. 
Ich muß mer ſcheltens von euch hoͤren, 
dann wert jr erbar leut von ehren. 
Dem bin ich grob, dem andern ſchlecht, 
vnd kan euch ſchelmen thun nit recht. 
Ir meint, ich ſolts bas han beſchönt, 
da ich die ſaw Hab vor gefrönt. 
Vnus folt euch anders Han geftellt, 
wie euch daſſelb nur wol gefellt. 
So ih Zunfftmeifter bin gemefen, 
hab ich Die zunfft außerlefen. 
Wie ich fie allzeit leckers find, 
jr thund wie die böfen find. 
Vnd greift mit in mein Ampt hinein, 
1 57 


898 


ich will nit mer Zunfftmeifter feir. 
Ich ließ euch wol den titten han, 
ebe das ichd mer wölt nemen an. 
Eo jr auff mich fürt foldhe Ting, 
glaubt mir, dz auff den jüngften tag. 
Wird man euch ein Meifter geben, 
der euch zu fiellen weißt gar eben. 
Ma dann ein jeder bin gehört, 
da mancher fihelm ſelbs übel foͤrt. 
Der wird euch warlich leren flan, 
vnd geben den verdienten Tor. 
So werd jr fagen, Ich was Biter, 
ach heiten wir den Murner mider. 
Des überred mich denn Fein man, 
das ich das Ampt nem miber an. 
Sch Hab die ſchelmenzunfft bſchriben, 
und bin auff gemeiner red blieben. 
Wa ich dann heit infonderbeit, 
troffen ein das wer mir leid. 
Wann mein meinung ernftlich maß, 
niemands melden bie auß haß. 
Freundlich, fehimpflich zeigen an, 
wa doch jrret jederman. 
Vnd wie man ehrlich gſellſchafft Int, 
und in der fchelmenzunfft vmbgat. 
Die ich zu Brandfurt an dem Main, 
anfenglich vichtet zu latein. 
Darin du findſt dad ich auch Fan, 
ernften, wa e8 fug mag han. 
Miewol ich bin in Teutfcher ſprach, 
vil fehimpffreden gangen nach. 
Darumb du dich nit ergern folt, 
das ich fo fihimpflich- reden: wollt: 


Tan wer dem vngelerten will, _ 
fchreiben, der muß ſchimpffen vil. 
Wiewol mein fchimpffen wer außrot, 
warlichen vil der bitter tod. 
Frag einen, der von Brandfurt ifl, 
wer dieſe zunfft hat zugerüfl. 
So wirftu wol ein antwort finden, 
von man und weib vnd auch von Finden. 
Das ich ernſten Tan mit ſchimpff, 
und doch nit laß der ehren glimpff. 
IH Fan das böß und auch das gut, 
und fchi mein ſach als billich thut. 
Der nach gelegenheit der fachen, 
groſſen ernft Tan fchimpflich machen. 
Groſſen ſchimpff mit ernſt verkeren, 
vnd mit beiden arten leren. 
Ich wolt der welte tand beſchreiben, 
da muſt ich auff dem ſchlag bleiben. 
Wan wer beſchreibt der welte ſtat, 
der muß wol ſagen wie es gat. 
So gat es warlich nit vaſt wol, 
all diſe welt iſt ſchelmen vol. 
Die ich tariert hab in der gmein, 
inſonderheit genermet kein, 
treff ich ein mit dem ſchelmenbein. 
Das er mit fluchen widerred, 
ſo wißt ich das ich troffen het. 
Darumb wer weißheit brauchen will, 
derſelbig ſchweig nur lauter ſtill. 
Vnd nem ſich dieſer zunfft nit an, 
fo will ih jn mit friden Ian. 
Bolt er aber zornig ſchnurren, 
vnd wider mein zunfftanoffen murren. 


0 


“ 
— — — — — — — 


900 


Der Keyfer wer jm nit barfür, 
er müft fich fielen Ion von mir. 
In dieſe zunfft, und vornen dran, 
als ich ven andern hab gethan. 
Ich-Hab jr manchen ber geftellt, 
der bett verwettet alls fein gelt. 
Das ich fo Fräuel Immer were, 
zun fchelmen jn zuftellen here. 
Des flucht man mir manch guten ritten, 
durch Gott hab Ich es alls erlitten. 
Tugent wird gelobet hie, 
wiewol jt warb vergolten nie. 
Gott gibt der tugent Ion, 
des ward ich auch in Himmels thron, 
als alle Prediger hand gethan. 


Die ſchelmen kamen einmal zamen, 

vnd baten vmb ein anderen namen. 
Das ichs doch nennt der geſellen rott, 

nein ich warlich vnd bey Gott. 
Wöoͤllt jr euch der ſchelmen ſchamen, 

ſo thund ehrlich ins henckers namen. 
Vnd laſſent ewern ſchelmen tand, 

in teutſchem vnd in welſchem land. 
So ſeind jr des von mir vertragen, 

vnd dörffen nit mer von mir Elagen. 
Allweil jr euch der ftud nit maflen, 

fo müſſet jr mich ſchreiben Taflen. 
Ja follt euch ewer berg zerbrechen, 

'man bat mir trewet offt zu erftechen. 
Do ich die Narren hab befchmern, 


901 


alls trewen ift an mir verlorn. 
To ich die Narren wolt befchweren, 


fie meinten mir auch dad zu weren. 


Der muß freylih frü auffftan, 
der jeberman wol dienen Tan. 
Vnd jedem ftopffen wol den mund, 


der wüßt mer dan Gott felber fund. 


Dann diefe zunfft ift-alio blind, 
das fie vmb warheit werden find. 
Ich bin fo flare nit in mein gliver, 
das ich des waſſers lauff fer wider. 
Darumb muß ich fte laſſen fchelten, 
und der warheit offt entgelten. 

So ich ein breiten ruden hab, 
erſchreck ich deſter minder drab. 
Die boͤſen wort mag ich wol tragen, 

des laß ichs an ein kerbholtz ſagen. 
Ob es euch ſchon gantz nit gefelt, 

noch dannocht ſeind jr her geſtelt, 

von mir geſchend in aller welt. 


End. 


oa m un —= 


o 


Regifter zu der Schelmenzunft. 


— — — — — 


.Vorrede der Schelmenzunft 

. Bon Blawen Enten predigen . 
. Ein lo durchn Brieff reden . . . 
. Den Wein augrüffen . 

. Der Eiffenbeiffer . . . 


Ein firöen Bart fichten 


. An ein Kerbholg reden 

.Auff den Fleiſchbanck geben . 

. Ein Säulfad freffen . 
. Ein Grawen Rod verdienen . 
. Einen Dred finden 

. Aus einem bolen Hafen reden 


Der Hippenbüben orten v 


. Die Dhren laſſen melden 

. Den dreck rütlen, das er ſtinckt. 

. Belt gurud nemen oo. .. 

. Den Braten ſchmecken . . 

. But Garn fpinnen >. . . . 

. Leuß in Pelg ſetzen 

. Das Klapperbendiin . 

. Zwiſchen flülen niederſitzen 

. Tieffe wörter geben rn 

. Die Sam könn . . . 

.Glatte wörter ſchleiffen . 

. Der naß Knab . ee .. . . . 
- Bon Reichſtetten reden . . . . 
. Ein ſpecklin auff vie fallen fegen . 

. Wafler in brunnen fhütten . ,„ . 


227 
382 


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BEEERE: 


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2337 


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29. 


31. 


8 3. 


35. 


36. 


37. 


40. 
41. 
42. 
43. 
44. 


47. 
48. 
49. 
50. 
51. 


22. 


903 


Rüß durch ein Sad beiffen . 
. Das maul in Himmel foffen 


Ein reiff außfteden 


. Der unnüg Bogel 


Der fhelmen beit 


.Auffs Teufels ſchwanz bunden 


Das muß verſalzen 
Pilatus im Credo 

Ein kurzen athem haben 
Mit allen winden ſeglen 


.Sich ſelbs kutzlen. 


‘ 


Schauflen für den arf ſclagen 


Eim ein bad vberhencken 
Die Saw verlaufen . 
Den Peltz weichen 


Raten was die Rüben gelten 
. Ein weyer verbrennen 
. Der Zeufel it Abt . 


Ganz leiß gebachen 
Die baden fülen . 
Vnder der Rofen reden 
Der verloren Son . 
Des Batters Antwort . 


Berfprud des verlornen Sons . 


Seite 


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Erläuternded Berzeichnig ber Abbildungen und 
Anweifung, wo fie einzubinden find. 


1) Bildniß Abrahams a St. Klara als Titelbifo 
2) Der verwegene Rat . 2 2 202.06 3 
3—12) Das Herz des Menfihen. In gehen Bil: 
ven . - - . . laut Paginirung 
13) Das Rad ber ewigen Höffengual 0. 8 196 
14) Briefe von Gott und Chriftus . „. . . S. 21 
15) Nach einem alten Kupferftiche mit folgender 
Unterfchrift : 


Ein Fener glimmet jest in verer Menſchen 

Bricht's aus, fo brennt die Welt, es frenet 
b 

Drum bete frommer Cbriſt, ““ it fürwahr 


fein Eder 
Wend' ab durcqh bein Gebet Gefahr, Unglüd 
und Roth 217 a. 


16) Ein auf den Zahrmärften belichtes Bild, mit 
nachflehender Erflärung : 


A. Die Herabfunft des Königs aller Könige vom 
Himmel, mit feinem Heer der Berufenen, Auder⸗ 
wählten und Glaubigen, auf weißen Pferden, ges 
gen Serufalem. 3a ar: C. 14 .Joh. 

Sers 11-16. €. 17. Vers 14. fo no ge 
(Sicht über taufend Sapr vor dem jüngfen 


" 905 


Dffenb. Joh. C. 20. V. 4. 5. B Große Ries 
derlage und Schlacht aller Nationen bei Har⸗ 
magebdon, fo wider Jerufalem ſtreiten, allwo 
vas Blat bis an die Pferbezäume gebt. C. Je⸗ 
rufale und gegenüber die Berge Gilboa, wo 
das Blut ſchwellt. D. Der Engel in ver 
Sonne, fo ven Vögeln rufet. Offenb. Joh. €. 15. 
8. 17. 18. E. Sturz des Thiers und bes fals 
fen Propheten in den Pfuhl. Dffend. Joh. E. 
19. 8. 19. 20. F. Star des Draden in ven 
Abgrund. Dffend. Joh. C. 20. B.2.3. — „Der 
elaubige Lefer nehme nur fo viel aus dem Bilde, 
daß er ſich nur etwas aus dem Worte Gottes 
vorbildet ; man kann doch die eigentlihe Geftaft 
der Sade nit malen, der Slaube traut dem 
Wort. Matth. €. 5. B. 18. Etwas aber muß 
man fi fürbilden, and dieß if für ven Glau⸗ 
den genug. Wer recht glaubt und die wahre 
Ehre fuht, bat Theil am 14. Bers Dffenb. 
So. 19.” 2. 2 2 2 2 2 2 2 22. G.. 212. b. 
17) Xeiter, führend zur Krone des Lebens (Aug 
Herradis von Yanfperg Hortus deliciarum. 


Bon M. C. Engelhardt. Stuttg. 1818) ) S. 212 c. 


I perradis von Lanfperg, eines edlen Geſchlehtes, 
ebtiffin gu St. Odilien oder Böpenburg im zwölften Jahr⸗ 
hunderte, eine Zeitgenoffin Kaiſer Friedrichs 1. deſſen Schut 
ſie genoß, eine würdige Nachfolgerin der heiligen Odilie ſelbſt, 
geſchmückt mit vielfeitigen Gaben, unternahm es, ein Werk 
su ſchreiben, was zu tdun vor ihr noch nicht gewagt worden 
war. Diefes ift ihr „„Hortus delictarum“, eine Jufammen: 
ſtellung lateiniſcher, meiſt profaifher Exzerpte aus der biblis 
fen Geſchichte, aus dem eebrgebäude jener Zeit, Blicke in 
die Aftronomie, Geographie, tbofogie, Philoſophie, Welt: 
eſchichte, eingreifend in die Gefdigte der Kirche, etwas uber 
höre Künſte und Wiffenfhaften — von jedem fo viel, als 
zu Belehrung damaliger Klofterbemohnerinnen, nad dem bürfs 
tigen Zeitenmaßſtabe, und befonders nad. ber Sammlerin 
teligiofem Standpunkte, nöthig und au möglid war. 
Diefem Werke fhaltete Herrapdis ihre eigenen lateint: 
ſchen Gedichte ein, meift mit Mufttbegleitung, und eine Reihe 
von Örmaälden diente der Sammlung zur Zterde. Dem Him⸗ 
mel und den Wiffenfhaften gewinmet, verfloß ihr Leben In 
beitiger Sottergebenbeit. Den 25. Juli 1195 verfhieb fie. 
te manderlei Schidfale, welche das Kloſter erleiven mußte, 
haben vermuthli die gerlänung ihrer Rubeflätte vernichtet; 
aber ihr Rame lebt fort in ihrem bintsrlaflenen Werte. 


906 


18) Et ne nos inducas in tentationem, sed li- 
bera nos a malo. Nach einem alten Ges 


mälle - 2 2 2 2 2 . 6.2120. 
19) Der Eonceptiong=Zeddel * 2. 8.212 e. 





Bon den beigefügten Gemälden wählen wir pie Leiter, 
führend zur Krone des Lebens, und theilen dieſelbe 
mit. Die Krone reicht die Achte Gottes aus den Wollen. 
Unf bie nach derfelben Hinauffteigenven ſchießen Zeufel ihre 

feife ab, und unten, am Buße der Leiter, lauert der hölliſche 

rache. Zwar find Engel mit Schwertern bewaffnet zur Ab⸗ 
wehr ; aber die Waffen der Hölle find gar flegend. Denn vie 
Emporfeigenden flurzen nur allaufehr von den Sproffen der 
Leiter; von der oberften,, ein Eremit, der fein Gartlein dem 
Gebete vorzieht; weiterhin der Karthaufer oder Klaufener, 
binabgegogen durch ein Lotterbettlein; der Mönch durch Gold; 
der Beltgeiftliche (Clericus) dur eine reihbefegte Tafel und 
fein Siebhen (amlea Clericht, die vom Kirchdache winkt; Non: 
nen, gereist durch Weltgüter und Liebesfreuden, gu denen 
auch ein Weltgeiflliher fie verleitet. Die Weltleute taumeln 
leid von den unterfien Sproffen herab; der Krieger, dur 

ferde, Waffen und Ehrgeiz betbort, das Weib vurch Bug 
und Welteitelfett.e Nur die chriſtliche Liebe (Carlıas) 
allein errricht vie oberſte Sproffe der Leiter, und empfangt 
den himmlifhen Lohn. Jedoch die Seitenftange der Leiter hat 
die Troſtworte, daß durch Buße vie Gefallenen wieder zum 
neuen Streben gelangen konnen. 


*) Der Eonceptiondsgettel, und bad Seſpräch mit 
ben Teufeln. 


„Als ungefähr vor AO Jahren oder mehr, ein DMägdleim, 
ihres Alters 19 Jahr, von einer ganzen Legion, das iR 6666 
Teufeln befeffen morden, und als man alle Mühe und Arbeir 
angewendet, folde auszutreiben, war Alles umfonf und ver« 
gebens, dahero denn dieſes Mägdlein naher Alt⸗Oettingen, 

u dem uralten und wunderthätigen Gnaden-Bild, der aller⸗ 
beitigfen Mutter Gottes Maria, geführet worden ; indem 
man aber oft und vielmahl die Teufel befhworen, hat endlich 
einer aus benfelbigen zu denen Geifllihen gefproden: Gie 
hatten keine Macht uber fle; allein es ſtehe einer zu Münden 
bei denen Franciscanern auf der Canzel, ver habe Gewalt 
über fie; weicher auch alfobald berufen, und ihm anbefohlen 
worden, das brfeffiene Magplein zu befhwören. 

Als nun der Pater, mit Namen Lucas, nad langmwieriger 
Caſteiung feines Leibes, mit diefem Mägdlein nichte aneıt, ⸗ 
ten kunte, gene er auf eine Zeit, nad vollendetem Studirem, 
bei diefem befefienen Maͤgdlein vorbei; drauf redet ibn einer 


807 
20, Bildniß Sebaftian Brandt’d . » . . . ©. 213 
21) Bildniß Geiler's von Kalfersberg . . . ©. 215 


22) Barfimile der Handſchrift Brandt’d (Aus 9. 
W. Strobels Beiträgen. Straßb. 1827) ©. 220 


aus den Zeuffeln unverhoffter Weife alfo an: Du motificireſt 
bie Zag und Racht, und trachteſt auf alle Weiß und auszu⸗ 
treiben, kanſt aber nichts ausrichten ; wenn bu aber beut hät« 
teſt wohl betrachtet, was du wegen unfer gelefen, würden ba 
viel fharfer als bishero mit uns verfahren feyn. 


Bald darauf verfügte fih der Pater in fein Zimmer, wies 
verbolte alles, was er zuvor gelefen,, bis er endlich das Fun⸗ 
dament ergriffen, folde Zettel gu machen, welche er aud ver« 
fertiget und angefangen dieſes Mägplein gu befhwören. Da 
fhrie einer aus den fürnehmſten Teufeln zu dem Pater: Web 
uns, daß du Soldes weißt. Der andere aber hingegen, der 
ſolches geoffenbaret, ſchrie: Und wehe mir, daß \ Solches 
geſagt! Darauf hat der Pater, mit vorgehendem Exorcismus, 
das Magvlein gezwungen, einen foldhen Zettel einzunehmen ; 
fo bald dieſes oeläehen ſeynd die Teufel alle mensch onen. 

Wer einen folden Zettel brauchen will, muß ihn vorhero 
benegen mit h. drei König Waſſer, und bernad nur einmal 
beten, gu Ehren der Geburt Chriſti und ber undefledien Em: 
pfängniß Maria, 3 Baterunfer, 3 Ave Maria, dreimal pas 
Gloria Patri 32. famt einem Glauben; nah dieſem ſpricht er 
diefe zwei Wörter: Ave, Amen!’ 


Serhrauß der Zettel. 


„Erſtlich, wer einen folden Zettel bei ſich trägt, IR der 
vor aller erdenklichen Zauberei; follte aber einer vorher ver⸗ 
zaubert ſeyn, der muß einen folden Zettel verſchlingen, alfo 
wird er davon befreiet werben. Und kann and bem verzan: 
berten Vieh ein folcher Zettel eingegeben werden, der Menſch 
muß aber anflatt des Biches das Gebeth verrichten; alfo 
auch, wenn ein folder Zettel in eine Wiegen geleget, oder 
dem Kinde angehanget wird, damit es nit verzaubert werde, 
fo muß die Mutter anflatt des Kindes das Gebeth verrichten. 
2. Wann folde Zettel in ein Blechel verlöthet, geleget werben 
in die 4 Eden des Gartens oder Aders, fo können nicht ſcha⸗ 
den die gegauberte Ungewitter und Ungeziefer. 3. Kann ein 
ſolcher Zettel eingefpündet werden in das Butter⸗Faß, bamit 
die Zauberei verhütet werde. 4. Können folde eingefpundet 
werben unter die Thürſchwellen, ſowohl in menſchlichen Wobs 
nungen, ale aub in ven Bichflällen. Item in die Krippen 
und Leitern, daraus die Schaaf, Pferd und anderes Bich zu 
freffen pflegen, kann im geringften nichts verzaubert werben. 


908 


23 —59) Sämmiliche 111 Bilder zum Narren 
ſchiff, auf 37 Tafeln, nachgebildet den 
Holzfehnitten (in der Basler Ausgabe durh . 
Nic. Höniger 1574) -» . . . Sant Yaginirung 

60) Bildniß Thomas Murner’s nach einem alten 
Holzfehnitte (durch die Güte des Herrn Pro: 
feffor Strobel in Straßburg) ”?) . . ©. 815 

61) Faefimile der Handfihrift Murner's (Aus W. 
Strobels Beiträgen. Straßb. 182 . ©. 825 

62—72) Nachbildung von 33 Holzfchnitten (auf 
11 Zafeln) der Shelmenzunft in der 
hier abgedrudten Ausgabe . . laut Paginirung. 


5. Seynd die Zettel fehr dienlich den gebähtenben Sranen; 
wann fie kurz vor der Geburt einen folden Zettel verfälin: 

en, fo bringt das Kind öfters den Zettel mit fih auf vie 

elt, entweder an der Stirn, oder zwiſchen ven Leffzen, oder 
aber in einem Handel. 6. Berhüten die Bettel im Bran:Bant 
unter dem Zapfen, wo man das Bier abzulaſſen pfleget, alle 
Zauberei, aud in einer Mühl, in dem Mühl⸗Kad, wann ein 
vergleichen Zettel eingeſpündet wird, auf in die Radelftuben 
feitenhalber, fo kann weder das Braubauf, no die Mübl, 
keineswegs verzaubert werben. 7. Berhüten diefe Zettel die 
Zauberei, wann fle geleget werden in die Bühfen, Röbren 
und anderes Geſchoß. 8. Diefe Zettel können auch gelegt 
werden in die Agnus DEI; denjenigen aber, welden man ſolche 
Agnus DEI gicht, muß ihnen gefagt werden, damit fie das 
Gebeth verrichten. Letzlichen ift auch zu merken, daß eine jede 
kranke Perfon einen folden Zettel könne verfchlingen, ed mag 
fegn eine gezauberte oder natürlihe Krankheit.“ 

Diefen Zettel baben im vorigen 1721. Jahre die Carmeli⸗ 
ten in einer gewiffen Stadt haufig den Leuten gu verlaufen 
und auszutheilen pflegen. (Enriofitäten VIII. 6.) 


9 Mit nahfichenden Worten: „Hier if das Contrafel des be» 
rühmten, biffigen und unrubigen Herrn Doctors Murner. 
Es ift von einem alten polyfänitt fallirt, und Habit, Seit 
reist Be an foanomir, (deinen wahrſcheinlich zu maden, va 
er fo au . 


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Der zweite