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DAS
K. UND K. KRIEGS-ARCHIV
VON SKINKR GRONDUNCt BIS ZUM JAHRE 1900.
ZWEITE AUFLAGE.
IMGKARBEITKT INI) BIS AUF DIE GEGE.NWART ERGÄNZT
VON
JOHANN LANGER,
K. UNO K. MILITlK-KIOtSTRATOR.
WIKN 1900.
VERLAG DES K. UNI) K. KRIECIS ARCHIVS
DRUCK Vt)N IklhnRlCH JASl'FR IN WIKN.
VORWORT
ZUR ZWEITEN AUFLAGE,
Seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieser Mono-
graphie, besonders seit dem Jahre 1888 hat sich die
Organisation, der Zweck, der Umfang und die Bedeutung
des Kriegs-Archivs derart erweitert, dass die damals ent-
worfene Schilderung dem gegenwärtigen Zustande keineswegs
mehr entspricht. Aus dem früher allerdings auch nicht un-
bedeutenden, aber von Wenigen gekannten und von noch
Wenigeren benützten Kriegs- Archiv ist ein wissenschaftliches
Institut von hervorragendem Range geworden, geachtet und
angesehen im In- und Auslande, in lebhaftem Verkehr mit
wissenschaftlichen Instituten und den grossen Archiven.
Cielehrte und Forscher aus allen Gegenden sind ständige
Besucher des Kriegs- Archivs, seit der Zutritt in dasselbe
und die Benützung seines reichhaltigen Materiales auch für
nichtmilitärische Forscher und Geschichtsschreiber so sehr
erleichtert wurde.
Um nun den verwandten wissenschaftlichen Instituten
und der Gelehrtenwelt Kunde von der geänderten Einrichtung
des Kriegs- Archivs zu geben, wird die im Jahre 1878 erschienene
Monographie über das Kriegs-Archiv in einer neuen, um-
gearbeiteten und bis auf die (iegenwart fortgeführten Ausgabe
der Oeffentlichkeit übergeben.
Wien 1900.
INHALTSVERZElCHxMSS.
Seite
Vorwort III
Einleitung.
Das militärische Archivwesen bis zur Errichtung des hofkriegsiäth-
lichen Archivs, 17:1 i
Von der Errichtung des hofkriegsräthhchen Archivs bis zu jener des
Kriegs-Archivs, 1711 — 1801 7
Das Kriegs-Archiv von 1801—1875.
I. Organisationsgeschichte 24
II. Die Kegistraturs- oder Schrifien-Abiheilung 60
III. Die topographische Abtheilung (Karten-Archiv) 80
IV. Die Kriegs-Bibüothek 94
V. Die Abtheilung für kriegsgeschichtliche Arbeiten (Generalsiabs-
Bureau für Kriegsgeschichte) 102
Das Kriegs-Archiv seit der Reorganisation 1876.
Organisation 114
Die kriegsgeschichtliche Abiheilung 125
Die Schriften- Abtheilung 128
Die Karten- Abtheilung 130
Die Bibliothek-Abtheilung 13-
Die Thätigkeit im Kriegs-Archive nach der Hcorganisiiiion 134
Das Materiale im Kriegs- Archive und dessen Benützung.
.1 In der Schriften-Abtheilung 150
H. In der Karten-Abtheilung 165
C. In der Bibliothek Abtheilung 171
VI Inhaltsverzeichniss.
Seite
Schluss . 179
Tabelle I. Personalstand des k. k. Kriegs- Archivs von 1801 bis
Anfangs 1876 184
Tabelle II. Personalstand des k. und k. Kriegs-Archivs von 1876
bis i90<» 195
Tabelle III. Schema des k. und k. Kriegs-Archivs im März 1888 . . 202
Tabelle IV. Schema des k. und k. Kriegs-Archivs im Juni 1900 . . . 204
DAS MILITAERISCHE ACTENWESEN BIS ZUR
ERRICHTUNG DES HOFKRIEGSRAETHLICHEN
ARCHIVS, 1711.
In Oesterreich legte Maximilian I. den Grund zu einem
geordneten Archivwesen, wenn auch seine Absichten nicht
sofort in vollem Umfange verwirklicht wurden. Er befahl
nämlich 1502, alle Urkunden und Documente, welche in den
Erblanden an vielen öffentlichen und privaten Aufbewahrungs-
orten zerstreut waren, in Wien zu sammeln. Der Leibarzt
des Kaisers und Anwalt der Stadt Wien, Johann Cuspinian,
wurde mit der Anlage eines Archivs und Ordnung der Do-
cumente betraut; die Ueberbürdung desselben mit andern
Geschäften, die häufigen diplomatischen Sendungen hinderten
ihn jedoch bis zu seinem 1529 erfolgten Tode, die ordnende
Hand an dieses Werk zu legen. Noch lange nach ihm war
nichts vorhanden, was auch nur theil weise auf den Namen
eines geordneten Archivs hätte Anspruch erheben können;
selbst das nothdürftig Gesammelte blieb nicht vollständig er-
halten. In den Stürmen der einander fast ununterbrochen
folgenden Kriege giengen viele Archivalien verloren, ein Theil
der wichtigsten Documente wurde auf dem Zuge Kaiser
Carl V. nach Tunis ein Raub des Meeres, ein anderer Theil
derselben versank während der Fahrt auf der Donau nach
Wien in den Wellen des Stromes. In Folge dieser Unfälle
besass das Archiv der deutschen Reichskanzlei nur wenige
Documente, welche bis in die Zeit der Kaiser Friedrich III.
und Maximilian I. zurückreichten.
Erst mit der Entwicklung der Centralstellen und der
Nothwendigkeit, deren Agenden und Correspondenzen stets
Geschichte des Kriegt-Archiv«. I
2 Pas militärische Actenwesen
cviiiriu ZU halten . entstanden die Acten-Sammlungcen (Regi-
straturen und Archive) der einzelnen Uehorden. welche da-
<lurch. dass sie allmälich ein g-ereg-elteres , festeres (refuge
annahmen, die (irundlaj^-e zur Schaffung von Fach- Archiven
bildeten, wodurch gleichzeitig eine Theilung der Arbeit und
damit auch die leichtere Bewältigung derselben ermöglicht
wurde.
Die allmäliche Ausbildung einer Centralstelle für Kriegs-
angeh»genheiten schuf auch zugleich die ersten Anfange einer
militärischen Actensammlung als der Vorläuferin eines be-
sonderen Kriegs-.Vrchivs. Die Entwicklung der ^lilitar-
ßeh Orden stand aber im engsten Zusammenhange mit jener
der politischen und rinanz-Hofstellen. Auch die Beziehungen
der östernjichischen lirblande zum deutschen Reiche mussten
trotz der hervorragendt»n, mit vielen Sonder- und Vorrechten
ausgestatteten Stellung, welche sie diesem gegenüber ein-
nahmen, dennoch auf die innere Verwaltung derselben von
bedeutendem Einflüsse sein.
So wie die Erblande politisch kein in sich geschlossenes
Staatswesen bildeten, ebenso ermangelten sie in administra-
tiver Hinsicht einer einheitlichen Organisation. Auf beson-
deren Satzungen, l^rivilegien und Herkommen, aber auch auf
historisch verschiedener Jintwicklung fussend, führte jedes
der l'>l)länder selbstständig seine inneren Angelegenheiten;
es fehlte der vereinigende Brennpunct aller dieser Theile,
deren Zusammengehörigkeit sowohl unter sich, als auch mit
dem deutschen Reiche nur in dem gemeinsamen Oberhaupte
und in den Beitragsleistungen für die Reichsangelegenheiten
zum Ausdruck gelangte. Dieser Mangel eines einheitlichen,
organischen Bandes der habsburgischen Länder untereinander
hatte zur Folge, dass von einer auf gleichen Grundsätzen
beruhenden , einheitlichen , centralisierten Staatsverwaltung
keine Rede sein konnte.
Um einigermassen Ordnung in die administrativen Ver-
liältnissc der Erblande zu bringen, errichtete Maximilian I.
gleich in den ersten Jahren seiner Regierung verschiedene
l*>ehörden, so das ^Regiment'-; oder die Regierung in
bis zur Errichtung des hofkriegsräthlichen Archivs, 171 1. 3
Innsbruck für die oberosterreichischen, jenes in Wien für die
niederosterreichischen Lander, die Schatz- oder Rechnungs-
kammer, sodann im Jahre 1498 die »Allgemeine Hofkammer«
als oberste Finanz-Behörde, den »Geheimen Rath«, die Hof-
kanzlei u. s. w.
Für die Leitung des auf die Defensionsordnungen der
niederosterreichischen und oberosterreichischen Länder sich
gründenden Kriegswesens bestand unter Maximilian L keine
eigene Behörde, sondern die Militärangelegenheiten wurden
im »Geheimen Rath« unter Beiziehung von Räthen der ver-
schiedenen Behörden berathen und von der »Regierung«
besorgt. Diese Behandlung der Kriegssachen von Fall zu
Fall in einer aus Mitgliedern des Geheimen Rathes, der Hof-
kammer, der Hofkanzlei, der Regierung u. s. w. ad hoc
gebildeten Commission als Kriegsrath erschien alsbald zu
schwerfallig und desshalb wurden unter Ferdinand L bereits
im Jahre 1529 anlässlich der Türkengefahr Berathungen über
die Führung der Kriegsangelegenheiten durch einen obersten
Rath gepflogen. Aber erst im Jahre 1556 wurde ein »bestän-
diger« oder »steter Kriegsrath« eingesetzt, aus welchem
sich der »Hof- Kriegsrath« als selbstständige Hofstelle
entwickelte. Diesem CoUegium war die Leitung aller Zweige
des gesammten Kriegswesens mit dem Amtssitze in Wien,
respective am Allerhöchsten Hoflager zugewiesen.
Seit der Ländertheilung 1565 erstreckte sich der Wir-
kungskreis des Wiener oder kaiserlichen Hof • Kriegsrathes
eigentlich nur auf die dem Kaiser Maximilian II. zugefallenen
Länder; denn Erzherzog Carl errichtete sich in Graz für seine
Militärangelegenheiten einen eigenen, den »innerösterreichi-
schen Hof-Kriegsrath«, das Militärwesen Tyrols aber wurde
von den dortigen Hof- und Landesstellen mitverwaltet. Obwohl
also der Wiener Hof- Kriegsrath von der directen Leitung
der inner- und oberösterreichischen Militärangelegenheiten
während der Trennung der österreichischen Erbländer aus-
geschlossen war, übte er dennoch in solchen Angelegenheiten,
welche von der Mitwirkung und Entscheidung des Kaisers
abhiengen, einen indirecten Einfluss aus. Auch nach der
Wiedervereinigung der inner- und niederösterreichischen
1*
A Das militärische Actenwesen
Länder unter Kaiser Ferdinand II. verblieb der inneröster-
reichische Hof- Kriegsrath als selbstständige oberste Militär-
Behörde für Inner-Oesterreich und die Carlstädter und Waras-
diner Grenze; ebenso behielt die »Geheime Stelle« in
Innsbruck die oberste Leitung des ober- und vorderöster-
reichischen Militärwesens. Erst unter Kaiser Joseph I. wurde
im Jahre 1705 bis 1708 das gcsammte Militärwesen aller
habsburgischen Länder dem Wiener Hof-Kriegsrathe unter-
geordnet und dieser wurde dadurch die oberste militärische
Central-Behörde und eine allen Erblanden gemeinsame
Hofstelle.
In dem Masse, als sich die administrative Organisation
entwickelte, bildete sich auch die archivalische Thätigkeit zu
grösserer Vollkommenheit heran. Schon mit der Errichtung
des »beständigen Kriegsrathes« hatte das Kanzleiwesen und
der Geschäftsgang eine ordnungsmässige, geregelte Form
angenommen; man musste der Sammlung und Aufbewahrung
von Documenten, sowie der zum sofortigen Gebrauch nöthigen
Evidenthaltung der Correspondenz des Hof -Kriegsrathes eine
erhöhte Aufmerksamkeit zuwenden und damit war der An-
fangspunct in der Entwicklung des militärischen Archiv-
wesens in Oesterreich gegeben. Selbstverständlich stand die
gleich bei Beginn der Thätigkeit des Hof- Kriegsrathes im
Jahre 1557 angew^endete Methode bezüglich der Ordnung und
Behandlung der Acten nicht auf der Höhe der heutigen
Archiv Wissenschaft; sie war nicht schlechter und nicht besser
als bei andern Hofstellen. Erst durch die fortschreitende
Organisation des Hof - Kriegsrathes und durch die seit 1564
demselben wiederholt ertheilten Kanzleiordnungen und In-
structionen wurde nach und nach ein gewisses System in die
Acten-Manipulation gebracht. Die in der »hofkriegsräthlichen
Registratur« in der kaiserlichen Hofburg hinterlegten Acten
wurden geordnet, regelmässig protokolliert und nummeriert und
durch eine allerdings noch sehr primitive Indicierung die so
nothwendige Uebersichtlichkeit angebahnt. Da jedoch nach
dem damals auch bei andern Hofstellen und Behörden üblich
gewesenen Brauche die einlangenden Schriftstücke nicht so-
fort protokolliert, sondern dem Präsidenten eingehändigt
bis zur Errichtung des hofkriegsräthlichen Archivs, 171 1. ^
und erst nach ihrer Erledignng zugleich mit dem Concepte
der Antwort oder der sonst getroffenen Verfügung an die
Registratur abgegeben wurden, was immer eine geraume Zeit
später, mitunter auch gar nicht erfolgte, so konnte nicht das
Datum des Berichtes, sondern nur jenes des Antwort-Conceptes
oder der sonst getroffenen Verfügung für die Reihenfolge
der Protokollierung und Nummerierung massgebend sein.
Wie bei anderen Behörden, kam es wohl auch beim Hof-
Kriegsrathe vor, dass irgend ein Schriftstück nicht ordnungs-
gemäss protokolliert wurde und desshalb kann ein sonst un-
verdächtiges, alle Merkmale der Echtheit tragendes Schrift-
stück aus dem einzigen Grunde, weil es in den Pro-
tokollen jener Behörde, welche als dessen Verfasserin
erscheint, nicht eingetragen ist, noch nicht als apokryph
erklärt werden.
Die Indicierung war Anfangs sehr mangelhaft; ausser
der Behörde oder Person, von w^elcher das Schriftstück aus-
gieng, oder an welche es gerichtet war, enthalten die Indices
der älteren Zeit höchstens noch den einen oder andern, in
dem Acte vorkommenden Namen, sehr selten aber eine An-
deutung des Inhalts, der Materie. Wenn auch die Führung
der Indices nach und nach durch die genauere Angabe des
Inhalts verbessert und somit brauchbarer wurde, so schloss
mit diesen Einrichtungen dennoch für lange Zeit jeder w^eitere
Fortschritt in der Entwicklung des Archivwesens ab; denn
jene Zeit empfand schon das beruhigende Bewusstsein voll-
kommenster Pflichterfüllung, sobald nur für die Aufbewahrung
der Schriftstücke gesorgt war.
Die fast ununterbrochenen Kriege des 17. Jahrhunderts
nahmen die Thätigkeit nach anderer Richtung hin zu sehr in
Anspruch, als dass sie sich den zu jener Zeit noch lange nicht
ihrem wahren Werthe nach gew^ürdigten Archiven hätte zu-
wenden können. Ausserdem wurde auch das bereits Bestehende
durch Kriegs- und Elementarereignisse empfindlich geschädigt.
Zweimal, 1683 während der Türken-Belagerung und 169g, brach
in der Hofburg Feuer aus und ergriff jene Räume, in denen
die hofkriegsräthliche Registratur untergebracht war. Bei
dem zweiten Brande litten die Archivalien weniger durch
5 Das miltärische Actenwesen etc.
das Feuer selbst, als vielmehr dadurch, dass man alle Acten,
um sie zu retten, durch die Fenster in den sogenannten
Zwinger werfen liess, wobei ein nicht geringer Theil in Verlust
gerieth.
Durch die von Kaiser Joseph I. vom Jahre 1705 bis 1708
durchgeführte Unterordnung des innerosterreichischen Hof-
Kriegsrathes imter jenen in Wien erhielt die Acten-Sammlung
der hofkriegsräthlichen Registratur, als jene der einzigen
militärischen Centralstelle für die gesammten österreichischen
Erblande, eine erhöhte Wichtigkeit.
VON DER ERRICHTUNG DES HOFKRIEGSRAETH-
LICHEN ARCHIVS BIS ZU JENER DES KRIEGS-
ARCHIVS, 1711—1801.
Einen bedeutungsvollen und wahrhaft organisatorischen
Schritt im militärischen Archivwesen Oesterreichs that der
ruhmreiche Führer der kaiserlichen Heere, Prinz Eugen von
Savoyen. Dem umfassenden Geiste dieses, als Feldherr und
Staatsmann gleich hervorragenden Präsidenten des Hof -Kriegs-
rathes konnte weder die hohe Wichtigkeit geordneter Staats-
archive, noch die Unzulänglichkeit ihrer damaligen Verfassung
entgehen. Eben durch das Zusammenströmen der Actenstücke
aller Zweige der Heeresverwaltung an einem einzigen Central-
puncte hatte sich in der hof kriegsräthlichen Registratur eine
solche Masse des heterogensten Materials angehäuft, dass
schon damals die Instandhaltung und damit auch die Benützung
desselben ungemein schwierig geworden war, in der Zukunft
aber nahezu unmöglich werden musste.
Ueber Antrag des Prinzen Eugen von Savoyen ordnete
Kaiser Joseph I. im Jahre 171 1 die Errichtung eines eigenen
Archivs, wie solche bei andern Hofstellen bereits bestanden,
auch beim Hof-Kriegsrathe an. Mit Hofdecret vom 4. April
171 1 *) wurde Bernhard Rosenbaum zum Archivarius bei der
Hof-Kriegskanzlei ernannt und die übrigen Hofstellen von
dieser neuen Einrichtung verständigt. Als Aufgabe dieses
neuen Archivars wird in dem erwähnten Hofdecrete an-
gegeben, dass Se. Majestät »für Dero Dienst zu sein befunden,
dahero auch Gnädigst resolvieret haben, bei Dero kaiserlichen
Hof -Kriegskanzlei ein Archivariat (gleich bei andern Hofstellen
') Kriegs- Arch. »Memoiren', XXVIII. 4. (HKR. 1711, April, Nr. 36, Reg. )
8 Von der Errichtung des hofkriegsräthlichen Archivs
gewöhnlich) anordnen und durch das hierzu bestellende Sub-
jectum die durch ein und anderes Saeculum her wegen Länge
der Zeit ausser Ordnung und in Vergessenheit gekommene,
sonsten aber an sich selbsten sehr importierlich und denk-
würdige Schriften wiederum hervorzusuchen und in gute
Ordnung bringen zu lassen.«
Die dem Archivar Rosenbaum zugleich mit dem Er-
nennungsdecrete ertheilte Instruction vom 4. April 1 7 1 1 lässt
die Grundzüge der neuen Institution vollkommen deutlich er-
kennen und lautet:
»Instruction und Ordnung, wie Unser neubestellter Ar-
chivarius Bernardus Rosenbaum sein Amt und Function
zu verrichten und was er dabei zu beobachten haben wird.
» I. Ist dieses Archivariat von Uns hauptsachlich verordnet
und ganz von Neuem darum angestellt worden, um die bei Un-
serer kaiserlichen Hof -Kriegskanzlei befindlichen alten Schriften
auf ein Neues durchzugehen, solche in gute Ordnung zu setzen,
mithin in Monate und Jahr, wie es gebräuchlich, einzutheilen,
was darin von sonderbarer Importanz ist, als da sind: die
Hauptrelationes von den commandierenden Generalen, Gesandt-
schaften, Commissionen, Friedensschlüssen, Armistitien, Al-
lianzen, Cartellen, Scheidung und Einrichtung der Grenzen,
Anlegung und Fortificierung der Festungen, Ein- und Auf-
richtung der Generalate, Commanden, item Jurisdictions-
Streitigkeiten, gehaltene grosse Kriegsrechte von übergebenen
Festungen, offenbaren Malversationen u. dgl., darauf erfolgte
Executioncn und derlei wichtige Dinge mehr, welche allhier
nicht specificiert werden können, in ein besonderes Protokoll
einzutragen, insonderheit auch vorzumerken, was in den vorigen
Saeculis für Kriege, darinnen auch für Hauptschlachten und
Belagerungen v^orbeigegangen, wer die x\rmeen commandiert,
wie stark solche, auch wie deren Ausschlag glücklich oder
unglücklich gewiesen, w-er dabei wohl oder übel sich ver-
halten, vvelches particulariter an und vorzumerken, auch in
solcher findigen Ordnung Alles zu halten, dass, wann eine
Auskunft darüber verlangt wird, solche gleich staute pede
gegeben werden könne.«
bis zu jener des Kriegs-Archivs, 1711 — 1801. g
»Nachdem nun ihm, Archivario, die Obliegenheit dieses
seines Amtes aus den jetzt recensierten Passibus generaliter
bekannt, so hat er
2. »und specialiter zu beobachten und zwar aus Schuldig-
keit alle Tag (ausser den Sonn- und Feiertagen) Vor- und
Nachmittag gewisse Stunden zur Durchgehung und Einrichtung
sothaner alten Schriften und Aufmerkung der Denkwürdig-
keiten davon anzuwenden; und damit man
3. »dessen Fleiss und Application umsomehr spüren
und dessen gesichert sein möge, so hat derselbe, was er
Merkwürdiges gefunden, per synopsim und extractive zu
verfassen und von Quartal zu Quartal Unserem kaiserlichen
Hof-Kriegsrath und zwar zu Händen Unseres von Zeit zu Zeit
bestellten Hof-Kriegsraths-Präsidenten, oder in dessen Ab-
wesenheit dem Vice-Präsidenten gebührend einzureichen, wo-
bei ihm, Archivario,
4. »expresse untersagt und verboten wird, von dem, was
er Merkwürdiges und Importantes findet. Jemanden, wer der
auch sei, ohne Vorwissen und ausdrückliche Bewilligung er-
meldt Unseres kaiserlichen Hof-Kriegsrathes oder des ex-
pedierenden ersten Referendarii einige Abschriften, noch
weniger aber Original-Concept und schriftliche Urkunden
weder um Geld, noch umsonst hinauszugeben. Für solch seine
Mühe und Arbeit haben Wir ihm
5. »jährlich und zwar jedes Jahr besonders 1200 fl.,
welche durch Ableben Unseres (Titel) Macary dem Aerario
ohnedem heimgefallen, bei Unserem Hof- Kriegskanzlei-Stab
anweisen, ihn auch in den Hofstab eintragen, dann mit einem
convenienten Hofquartier zu versehen Gnädigst verordnen
lassen. Welchem allen er. Unser Hof- Kriegskanzlei- Archi-
varius, also gehorsamst nachzukommen wissen wird.«^)
Mit diesen Verfügungen war nun Zweck und Bestimmung
des Archivs, welches den Namen »Hofkriegsräthliches Archiv«
oder »Archivum bellicumc oder »Hof-Kriegskanzlei-Archiv«
führte, klar festgestellt; der Archivsdienst, von jenem der
*) Kiiegs-Arch. »Memoiren«, XXVIII, 4.
lO Von der Errichtung des hofkriegsräthlichen Archivs
Kanzleien getrennt, erscheint zum crstenmale als eine selbst
ständige Unter- Abtheilung des Hof-Kriegsrathes. Das Jahr
1 7 1 1 kann daher mit voller Berechtigung als das Gründungs-
jahr des Kriegs- Archivs angesehen werden, da dieses im Jahre
1801 durch die Abtrennung der kriegsgeschichtlichen Acten
von dem hofkriegsräthlichen Archive den Grundstock seines
Bestandes erhielt und erst vor einigen Jahren den noch übrigen,
die Zeit vor 181 6 umfassenden Theil des unter dem Namen
»Kanzlei • Archiv« weiter bestandenen hofkriegsräthlichen
Archivs wieder in sich aufnahm.
Die Bestimmungen Joseph I. erhielten sich bis 1764 in
Kraft. Wie enge sie auch die Wirkungssphäre des Archiv-
wesens umgrenzten, so schritt dies doch, selbst bei den un-
zulänglichen Kräften, auf welche es beschränkt war, ununter-
brochen einer gedeihlichen Entwicklung entgegen. Nach
einem Memoire des FM. Grafen Lacy vom 22. August 1764
nahm das hofkriegsräthliche Archiv zu diese Zeit neun Zimmer
(von denen jedoch nur eines heizbar) in der kaiserlichen Hof-
burg ein, in welchem nachfolgende Acten »fasciculiert und
in Fächern eingetheilt« verwahrt wurden:
»Allerhand Missive, oder eingegangene Rapporte«, nebst
den Concepten der hierauf ergangenen Antworten.
»Die Staats-Acten von Neapel und Sicilien« aus der
Zeit, da diese Königreiche noch zu Oesterreich gehorten.
»Die Commissions-Acten, so bei verschiedenen Zusammen-
tretungen in publicis undjustizsachen verhandelt worden.«
»Die Justiz- und Pupillar-Acten.«
»Die Walsegg'schen Familienschriften.«
»Die bayerischen Administrationsschriften« vom Be-
ginne des spanischen Erbfolgekrieges bis 1703.
»Die krainerischen Landes-Commando-Papiere.c
»Feld-Acten vom 16. Jahrhundert«, unvollständig; von 1600
bis 1756 vollständiger.
»Die türkischen Expeditionen« von Residienten und Bot-
schaftern.
»Die Bestallungen.«
»Die ungarischen Landtags-Acten« (unvollständig).
bis zu jener des Kriegs- Archivs, 1711 — 1801. 11
»Die florentinischen Expeditionen«; politische Corre-
spondenzen von 1737 — 1739.
tNeoacquistica«; Acten über die Verwaltung der im Passa-
rovitzer Frieden 1718 eroberten Gebiete: Banat, Serbien
und der fünf walachischen Districte. Endlich
»DieActendesinnerosterreichischenHof-Kriegsrathes
oder der innerosterreichischen Kriegsstelle.«
Die Feld- Acten über die Kriege von 1756 — 1763 waren
noch nicht vollständig geordnet, jedoch giengen die hierauf
bezüglichen Arbeiten der Vollendung entgegen.
Aus den hier geschilderten Bestanden des Archivs lässt
sich mit voller Berechtigung auf eine nicht geringe Thätigkeit
schliessen, wenn auch dieselbe sich nicht ganz in den Bahnen
bewegte, welche dem späteren Kriegs-Archiv vorgezeichnet
wurden. Als einfache Sammel- und Aufbewahrungsstelle mili-
tärischer Acten war das Archiv mit einer Masse von Materiale
belastet, welches ganz abseits des eigentlichen Zweckes lag;
es fehlte an einer bindenden Norm für die Auswahl der auf-
zubewahrenden Actenstücke und dieselbe blieb vorherrschend
Individuen anheimgestellt, die bei allem Eifer für ihre Sache
doch nicht die richtigen Grenzen zu finden wussten. Die
practische Verwerthung der aufgespeicherten historischen
Schätze lag nahezu vollständig brach und beschränkte sich
auf die Erstattung der wenigen Auskünfte, welche von Seite
des Hof -Kriegsrathes oder anderer Behörden verlangt wurden.
Eine selbstständige Thätigkeit des Archivs oder auf das All-
gemeine berechnete Nutzbarmachung desselben lag nicht im
Sinne des damaligen Statutes, welches den Schwerpunct fast
ausschliesslich nur auf die Sammlung und Aufbewahrung
verlegte.
Die reformatorische Thätigkeit des FM. Franz Moriz
Grafen Lacy, welchem die kaiserliche Armee so viele be-
währte Institutionen verdankte, sollte auch dem Archivwesen
die richtige Grundlage zur weiteren Entwicklung geben. Noch
als General - Quartiermeister der Armee hatte FM. Lacy
umfassende Vorschläge für die Reorganisation des hof kriegs-
12 Von der Errichtung des hofkriegsräthlichen Archivs
räthlichen Archivs vorgelegt, welche schon 1764 theilweise
zur Ausführung gelangten, nach seiner Ernennung zum Prä-
sidenten des Hof -Kriegsrathes aber {17Ö6) in erweitertem Um-
fange durgeführt wurden.
Lacy's Bestreben war dahin gerichtet, das Archiv
von dem vielen überflüssigen oder werthlosen Materiale zu
entlasten und Alles auszuscheiden, was nicht unmittelbar dem
Ressort des Kriegswesens angehörte. Jedoch sollte diese
Scartierung nur fachkundigen Händen anvertraut, der wirklich
aufbewahrenswerthe Rest aber dem allgemeinen Besten
nutzbar gemacht werden.
Zu einer durchgreifenden Purification des gesammten
Actenmateriales fehlten damals allerdings die nothwendigen
intellectuellen Kräfte, dennoch aber ermöglichte es Lacy, dass
wenigstens die von früheren commandierenden Generalen, wie
Z.B.Prinz Eugen von Savoyen, Wallis, Seckendorff,
Königsegg u. A- herrührenden Feld- Acten einer genauen
Revision durch den Hof - Kriegsrath selbst unterzogen und
archivmässig geordnet wurden. Eine besondere Aufmerksam-
keit wendete Lacy dem damals in Oesterreich noch sehr
wenig ausgebildeten topographischen Fache zu. Mit aller
Sorgfalt wurden die Karten von Ungarn, der Türkei und den
angrenzenden Ländern gesammelt und restauriert, um erst
»eine Generalkarte, so keine vorhanden, zu bilden, sodann
aber Particular karten daraus zu verfertigen«. Diese, wie
Lacy in seinem Antrage hervorhebt, »unumgänglichen und
unaufschiebbar nothwendigen« Arbeiten wurden auch unver-
weilt in Angriff genommen.
Ausser dieser permanenten und gewissermassen vorbe-
reitenden Thätigkeit fiel dem hofkriegsräthlichen Archive
nach der neuen Organisation noch eine besonders wichtige
Leistung für Kriegsfalle zu. Bei dem bisher allgemeinen
Mangel an Karten überhaupt war eine Betheilung der com-
mandierenden Generale mit topographischen Behelfen ganz
unmöglich gewesen und musste die Aufnahme a la vue zum
grössten Theile die fehlenden Pläne ersetzen.
Nach den Anordnungen des FM. Lacy sollten nun bei
einem ausbrechenden Kriege die nothwendigen Karten und
bis zu jener des Kriegs-Archivs, 1711— 1801. j j
Pläne nach den im Archive angefertigten Originalien durch
Zöglinge der Wiener-Neustädter Militär -Akademie copiert
und die commandierenden Generale mit diesen Copien be-
theilt werden. Durch diese Einrichtung, aus welcher sich ina
späteren Verlaufe die Feld-Archive entwickelten, war es er-
möglicht, die operierenden Armeen mit den nöthigsten karto^
graphischen Mitteln auszurüsten, ohne dadurch die Bestände
des Archivs zu zerstören, wie dies bei der früher üblichen
Ausgabe der ohnehin in geringer Anzahl vorhandenen Original-
karten der Fall war.
Um endlich das Studium der Acten und Karten den
hiezu Berechtigten jederzeit zu ermöglichen, wurde das ein-
zige heizbare Zimmer der Archiv -Localitäten zu diesem
Zwecke adaptiert.
Aus der Reorganisation FM. Lacy's tritt klar jener
leitende Gedanke hervor, welcher in einem Archive nicht
sow^ohl ein blosses Acten-Depöt, sondern vielmehr das Mittel
erkennt, die Erfahrungen der Vergangenheit für die Gegen-
wart nutzbar zu machen. Aus dem rein mechanischen Dienst-
betriebe des hofkriegsräthlichen Archivs entwickelt sich unter
Lacy's belebender Hand eine rege geistige Thätigkeit, welche
der Doppelbestimmung des Archivs: der Aufbewahrung und
Verwerthung geschichtlicher Documente, erfolgreich entgegen-
strebt. Was bis dahin nur als Moder und Actenstaub bei
Seite geschoben, von Wenigen gekannt und von noch Weni-
geren benützt, nur mühsam das Dasein fristete, begann nun
mit Macht einzugreifen in das lebendige Treiben der (xegcn-
wart. Erlaubten die Verhältnisse auch nicht die Reformation
an Haupt und Gliedern bis in das Einzelne durchzuführen, so
war die Bahn gebrochen, auf der die weitere Entwicklung
ermöglicht wurde.
Der Same, welchen FM. Lacy ausgestreut hatte, w^ar
auf fruchtbaren Boden gefallen und sein Nachfolger im Prä-
sidium des Hof-Kriegsrathes pflegte die keimende Pflanze mit
verständnissvoller Sorgfalt.
FM. Graf H a d i k verfugte am 8. Mai 1776 die Vereinigung
des Genie-Archivs mit dem hofkriegsräthlichen Archive und
I^^ Von der Errichtung des hofkriegsräthlichen Archivs
traf zugleich Bestimmungen über die Abgabe von Acten,
Urkunden und Plänen aus den Registraturen des Hof-Krieg^-
rathes, des Genie- und Fortifications-, sowie des Invaliden-
Hauptamtes und des Artillerie-Haupt-Zeugamtes an das hof-
krieg^räthliche Archiv; auch regelte er gleichzeitig theils
durch den erwähnten Erlass, theils durch die Instruction vom
21. December 1776 den Wirkungskreis desselben.^)
Das hofkriegsräthliche Archiv bildete demzufolge den
Ccntralpunct alles Dessen, was sich in Beziehung auf das Kriegs-
wesen Aufbewahrenswerthes vorfand und hatte zu umfassen:
1. Die gesammten Karten und Pläne von eigenen
und fremden Ländern, Festungen, Grenzen und Städten, nebst
den hierauf bezüglichen Relationen und Berichten, femer
alle das Geniewesen betreffenden Risse, Pläne etc.
2. Die Mappen und Bücher, sowie auch die Brouillons
über die Länder-Mappierung.
3. Die vom Aerar aus der Verlassenschaft des FZM. Paul
von B o h n angekauften Bücher über das Genie wesen.
4. Die vorhandenen Exemplare des P o 1 y b i u s und
andere, die Kriegskunst behandelnden Bücher, welche
etwa künftig herausgegeben werden w-ürden.
5. Die gedruckten, wie auch die geschriebenen Regle-
ments, welche bisher erschienen waren und ferner ausgegeben
werden sollten.
6. Die gedruckten oder geschriebenen Instructionen
für die Präsidenten der Hofstelle und der subalternen In-
stanzen des Hof-Kriegsrathes; für die commandierenden Gene-
rale der Armee, die Gouverneure und General-Commandanten,
die Inspectoren und Brigadiere ; für commissariatische Beamte,
Auditore, Commissionen etc.
7. Die gedruckten und geschriebenen Verfassungen
der Erb- und fremden Länder in politico, militari, camerali,
oeconomico, civili et justitiali.
8. Die derzeit verfassten und ferners zu completierenden
oder abzuändernden Codices .in oeconomicis, publico-politicis,
justitialibus et jurisdictionalibus.
HKR. 1776, 55, 8j4.
bis JEU jener des KriegsArchivs, 1711 — 1801. i^
9. Die sowohl vom Hof-Kriegsrathe, als von anderen
Behörden und Länderstellen in Druck gelegten oder zu
legenden Patente, Normalien und Pragmatical-Gesetze.
10. Die Originale der dermalen bestehenden oder künftig
verfasst werdenden Haupt-Systemata. Eine beglaubigte
Abschrift jedes neu erscheinenden ist bis nach Verlauf von
10 Jahren zum Amtsgebrauche aufzubewahren.
11. In gleicher Art alle Nachtrags-Verordnungen zu
bereits erwähnten Codicibus und Systematibus oder Reglements.
12. Sämmtliche Friedens-Tractate.
13. Die Schi/ffahrts- und Handelsverträge.
14. Die mit anderen Potentaten oder den Reichsständen
geschlossenen Verträge, Recesse u.dgl. überSold-Truppen.
15. Die Original-Conventionen über Errichtung
neuer Truppen, Regimenter und Corps.
16. Instrumente,Conventionen,VerträgeundCessionen
und Gebietsveränderungen.
17. Die Cessionen und Instrumente über die an den
Hof-Kriegsrath oder eine Militärbranche abgetretenen
Häuser, Gebäude und Gründe.
18. Instrumente und Extracte über Grenzschei-
dungen und Grenzstreitigkeiten.
19. Cartelle und Conventioncn über Verpflegung
und Auswechslung von Kriegsgefangenen, dann wegen
Auslieferung von Deserteuren und ihren Pferden.
20. Haupt-Lieferungs-Contracte aus früheren, gegen-
wärtigen und künftigen Jahren.
21. Die gedruckten Billets, welche in Kriegszeiten
bei St. Peter wegen Herbeischaffung von Verbandzeug
angeschlagen wurden und künftig angeschlagen werden.
22. Die Feld-Acten (mit Ausnahme jener zur Com-
pletierung der Registratur gehörigen), wozu die während eines
Krieges über Recognoscierungen und Beschaffenheit der aus-
wärtigen Länder erstatteten Berichte, die Dispositionen der
commandierenden Generale, Kundschafts-Nachrichten, Wahr-
nehmungen über Absichten und Operationen des Feindes,
aufgebrachte feindliche Depeschen etc. und andere geheime
Schriften zu rechnen sind.
10 Von der Errichtung des hofkriegsräth liehen Archivs
-V?. Dil* von lien Präsidenten des Hof-Kriegsrathes bei
iliHMn Ausiriiti* oilt^r Ableben hinterlassenen Schriften,
CabinetsarttMi und kaiserlichen Handbillets, insofeme
sif iiiciit l-'aniilitMiverhältnisse betreffen oder ihrem Inhalte
MtU'h an <lii* Ki'jkjisiratur abzugeben sind.
j], Di«' Miliiär-Orilcns-Statuten.
.\S. Dit» Stift- und Zunftbriefe.
jn. Di«' Diplom«*.
.•7. Dir Indulla principum hinsichtlich der Grenzer.
'S. Di«' lürkisrhen Fcrmane.
j). Die Chi ffre- Schlüssel.
;i». Di«' all«Mi Ranijfslisten der k. k. Generale und
i >lM'rsi«*.
ii. Di«' OrijLj inalSchuKlübligationen und andere
«"»MiMiilii'lu' Di»i'uin«»ni«* diT U nternehmer, Lieferanten und
i *«)nir.ihi*i\l«'n.
.^j. Dil* l)iiiu Invaliilen- Amt und bei der Invaliden-
IlauptiMssa iM'tintllii-hrn < >ri|L^inal-(>bl igationen; die Obli-
v»aiionen d«»r ('apelleniiehl«'r der Wiener Garnison, dann
ilie Oblii^Mtioiu'ii iihiT «Lis den hofkriegsräthlichen Beamten
in vori^*"«'!! /«*ii«Mi «»iv^en .i*"i*\vrsiMu* unil aus den Tax-Geldern
iT\\\u*liseiU' Tapiial, \v«)V«>n di«» liueressen zur Bestreitung
«ItT Unkosten d«'s jährlich vom Ilof-Kriegsrathe abzuhaltenden
St. I«>hanncsl'\'sl«^s v«T\vcndi»t wurden.
,^S. Alh' Denk- und sonstijufen Münzen, die sich in
X'tTwahrun;^- des 1 lof- Kri«*i^sraihes befanden.')
^\.\. Di«* echten uuil ri*ciilici«'rten Länder-Conscriptions-
Summarien,
^^5. Das C'er«Mnoniell hei l'\M«Tlichkeiten in und ausser
Landes.
^^(». Die Platten uiul Abil rücke der Promotions- und
l*'la|L*-vivn-Pat«MUe, diT Sc«)nirini, «1er Initialen zu Decreten und
die Platte der i»*ross«Mi ungarisdien Karte.
» Hiezu {gehörten 2. B. ilie Silbermün/en, mit welchen die besten
Schützen unter den Grenzern auf der Schiessstäite 1770 bethcilt wurden;
die in den Könij;reichen Galizien und Lodomcricn ehemals cursicrenden
Silber- und Kupfermünzen etc.
bis zu jener des Kriegs-Archivs, 1711--1801. 17
37. Die Marsch-Diarien und Routen durch fremde
Lander.
38. Die bestandigen Muster und Modelle mit Ausnahme
jener über fortificatorische Werke, welche für die Ingenieur-
Akademie gewidmet, bei selber zu verbleiben hatten. Die
Original-Recruten- und Remonten-Maasse von Taffet-
band; die messingenen Maulthier-Maasse; der appro-
bierte Wiener Werkschuh vom verstorbenen P. Franz;
die vom Zimentierungs-Amte adjustierte Wiener Klafter;
die Säbel und Feuergewehre von altem Kaliber sammt
Kolben etc.
39. Die vorhandenen verschiedenen alten kais. konigl.
und sonstigen Siegel, worunter jene der verstorbenen
General- Kriegs -Commissäre Grafen Brenner, Heister, Schlik,
Thürheim, Nesselrode und Salaburg.
40. Alle besonders wichtigen und geheimen, von der
böhmisch-österreichischen Hofkanzlei übernommenen Acten
der >Sanitäts-Hof-Deputation« und der im siebenjährigen
Kriege bei dem »Directorio in publicis et cameralibus« be-
standenen Militär-Oekonomie-Commission.
Ueberblickt man den ausgedehnten Umfang, welchen
der Dienstbetrieb des hofkriegsräthlichen Archivs durch diese
Normen gewann, so erkennt man darin die Grundzüge zur
Schaffung eines militärischen Central -Archivs, jenes Ideals in
archivalischer Beziehung, dem man nach so langen Versuchen
und Erfahrungen heutzutage endlich bedeutend näher gerückt ist.
Die Durchführung dieser Idee stiess jedoch auf zahl-
reiche Hindernisse, welche allein hinreichend gewesen wären,
die neue Idee zum Falle zu bringen, wenn nicht schon der
Mangel an genügenden intellectuellen Kräften dem alten
Systeme das Wort geredet hätte.
Indess hatte der Schritt nach vorwärts, welchen Hadik's
Reformen in sich schlössen, selbst in seiner beschränkten
Durchführung immer noch überwiegende Vottheile gebracht
und dem Archivwesen eine Zukunft geschaffen.
Es existierte nun endlich eine, wenn auch weit um-
schriebene, so doch bestimmte Norm darüber, was in das
Geschichte des Kriegs-Arcbiv«. 2
I s Von der Errichtung des hofkriegsräthKcheri Archive
hofkriegsräthliche Archiv aufzunehmen war und zweifellos
musstc es im ferneren Verlaufe leichter sein, das vorhandene
Ueberflüssige auszuscheiden, als das zersplitterte Noth wendige
zusammenzusuchen. Manches unschätzbare historische Document
wunh? auf dies«» Art der Vergessenheit für immer entrissen;
die Auswahl iler Acten zur Hinterlegung im Archive blieb
nicht länger «ler nur • selten richtig geleiteten Beurthcilung
untergeordneter Heamten überlassen.
Ausserdem enthalten die Bestimmungen Hadik's den
(xrund zur Anlage eines für die militärwissenschaftliche Bil-
dung hochwichtigen Institutes: der Kriegs-Bibliothek,
als deren Stamm die aus der Bohn'schen Verlassenschaft
angekauften Bücher anzusehen sind.
In den ghuchen Zeitraum fallt auch die Vereinigung
aller bislirr getrennten Departements und Aemter des Hof-
Kriegsnithes in den Räumen des ehemaligen Profess- und
Schulgebäudes der (icsellschaft Jesu ?>am Hof*.^)
Dem hofkriegsräthlichen und dem mit diesem vereinigten
genieämtlichen Archive waren im i. Stockwerke acht Zimmer
zugewiesen, welche das Kriegs-Archiv zum grössten Theile
noch heute innehat und zwar vier Zimmer zur Aufbewahrung
der Urkunden und Obligationen, zwei davon zugleich auch
als Arbeitslocak- für die beim Archive Angestellten; zwei
zur Aufbewahrung der Pläne und topographischen Bestände;
eines als Bibliotheks- und zugleich Zeichen- und Lesezimmer
und ein(»s zur Hinterlegung von Plänen und als »Particular-
Zeichen/immerc bestimmt. In diesen Räumen befanden sich
sowohl die Bibliothek, als auch die Documente, Pläne und
') Früher ein Kloster des Karmeliterurdcns, wurde dasselbe sammt
ilcr dazu gchöri;;en Kiiche 1554 von Ferdinand I. der Gesellschaft Jesu
überlassen, in deren Hesitz es bis zur Aufl()sung des Ordens (1773) ver-
blieb, worauf es zum bleibenden Sitze des Hof-Kriegsrathes und anderer
Militär-Hehörden bestimmt wurde. Die Adaptierungs-Arbeiten dauerten bis
1775, im Jahre darauf wurde es seiner neuen Bestimmung übergeben,
welche durch die an der Frontseite angebrachte Inschrift: >JOSEPHUS II.
KT MARIA THF.KKSIA AUG: SALUTIS PUHLICAE TUTELAE RE
MILITARI NÜVIS INCREMENTIS AUCTA IIAS AEDES DEDICARUNT
MDCCLXXV« angedeutet wird. Gegenwärtig benützt dieselben Räume das
k. und k. Reichs-Kriegsministcrium und der Generalstab.
bis zu jener des Kriegs Archivs, 1711 — 1801. ig
Karten archivalisch geordnet in versperrbaren Kasten auf-
bewahrt.
Die Bibliothek, vorherrschend Werke des Genie-
wesens umfassend und zum Unterrichte der Ingenieur-Officiere
und Cadeten bestimmt, war ebenso wie die Evidenthaltung
der Pläne, Karten und Mappen der Obsorge eines Stabs- und
eines Ober-Officiers vom Ingenieur- Corps anvertraut.
Die übrigen Archivgeschäfte besorgte der Archivar mit
seinen Adjuncten.
Für die Aussenwelt blieb das Archiv strenge abge-
schlossen. Den angestellten Officieren war bei schwerster
\'erantwortung und Strafe untersagt, Irgendwem ohne Autori-
sation von Seite des Ingenieur-Corps-Commandos Einblick in
die Pläne von bereits bestehenden oder projectierten Fortifi-
cationen zu gestatten, viel weniger die Anfertigung von Co-
pien zuzulassen oder Risse und Pläne herauszugeben. War von
einem Plane eine Copie anzufertigen oder eine Pi^ce an eine
Hofstelle auszufolgen, so ward solches dem Archive mittelst
Decret bekanntgegeben, über dessen Anzeige hierauf das
Ingenieur-Corps-Commando die weiteren Verfügungen traf.
Unbrauchbare oder überzählige Exemplare von Plänen etc.
wurden anfanglich verstampft, später jedoch verfügte eine
Verordnung vom 6. December 1781, dass Doublctten von
Karten und Plänen nicht zu vernichten, sondern aufzube-
wahren seien.
Bisher hatte sich die Sammlung von wichtigen Docu-
menten und Actenstücken bloss auf jene beschränken können,
welche im regelmässigen Dienstgange an die verschiedenen
Aemter und Stellen gelangten. Da jedoch in der älteren Zeit
bei der Armee im Felde keine eigentlichen Armee-Behörden
organisiert waren und alle Befehle etc. direct an die Person
des Feldherm oder Commandanten gerichtet wurden, so war
«'S natürlich, dass nach beendeter Function ein bedeutender
Theil oft gerade der wichtigsten Actenstücke in den Händen
hochgestellter Militärs verblieb und nach deren Tode ent-
weder unbeachtet in den verschiedenen Familien -Archiven lag,
oder bei geringerem Verständnisse der Erben spurlos ver-
schwand, oder endlich, auch dieser Fall war nicht ausge-
2"
20 Von der Errichtung des hofkriegsräthlichen Archivs
schlössen, in den Besitz von Personen gelangte, die hievon
einen bedenklichen Gebrauch machten oder doch machen
konnten. Um diesem Uebelstande fortan abzuhelfen und dem
Archive den Zufluss aller wichtigen Documente nach Mög-
lichkeit zu sichern, wurde nicht nur der Archivar beauftragt,
Druckschriften, Manuscripte, Karten und Pläne von histori-
schem Werthe auf öffentlichen Auctionen anzukaufen, sondern
auch die bisher nur auf die Präsidenten des Hof -Kriegsrathes
beschränkte Saisierung des handschriftlichen Nachlasses zu
Gunsten des Archivs auf alle höheren Militärs ausg^ehnt.
Eine am 8. April 1782 erlassene Verordnung verfugte dies-
falls, dass sich ein Angestellter des Archivs unverweilt in
das Sterbehaus begeben und alle vorhandenen Schriften mili-
tärischen Inhaltes in Empfang nehmen solle.
Diese Anordnung, welche bis zum Jahre 1869 in Kraft
blieb, führte dem Archive zahlreiche und auserlesene histo-
rische Schätze zu.
Diö- Verwerthung dieses, mit so viel ernster Mühe ge-
sammelten historischen Materiales blieb bis zum Jahre 1779
eine höchst untergeordnete. Sie beschränkte sich auf den
amtlichen Gebrauch der verschiedenen Stellen unter sich und
konnte sich überhaupt nur innerhalb der sehr engen Grenzen
bewegen, welche durch die, jeden eigentlich wissenschaft-
lichen Zweck ausschliessenden Vorschriften gezogen waren.
Kaiser Joseph n., dessen befreiendes Wort allenthalben
den Geist zu regerer Thätigkeit anspornte, löste auch hier
die hemmenden Fesseln, indem er durch das Handbillet an
FM. Grafen Hadik am 22. November 1779') die actenmässige
BeschreU^ng der letzten Feldzüge bis 1740 zurück anordnete :
»Um eine Grundlage zu der so nöthigen Kenntniss der unter-
schiedlichen Positionen sowohl in den Ländern Ihrer Majestät,
als in den angrenzenden für beständige Zeiten zu legen, so
ist höchst nothwendig, dass von Anno 1740 her sowohl aus
dem Archiv, als wo man immer einige Kenntniss, Pläne und
Journale von den unterschiedlichen Kriegen, welche Bayern,
die Niederlande, Italien, Böhmen, Mähren und Schlesien und
HKR. 1779, G. Nr. 9055.
bis zu jener des Kriegs- Archivs, 1711— 1801. 21
Sachsen betroffen haben, einholen könnte, solche in eine
ordentliche chronologische Sammlung zusammengesetzt und
aus selben eine Art detaillierter Historie verfasst werde, aus
welcher die lernbegierigen, mit Talent und Witz begabten
Generale und Officiere Kenntnisse für die Zukunft einziehet!
und diese auf beständige Zeiten den grossten Theil dw: Mon-
archie durchwanderten Kriege sowohl Mir, als allen andern
Nachfolgern zur nützlichsten Kenntniss und Aufklärung, dann
bei entstehendem neuerlichem Falle zur gedeihlichsten Richt-
schnur dienen könnten.«
Da diese geschichtlichen Arbeiten jedoch nicht für den
Druck oder die Oeffentlichkeit bestimmt waren, so bedurften
sie nach des Kaisers eigenem Ausspruche keines Raisonne-
ments, sondern sollten nur »so viel als möglich alle Haupt-
rubriken zur nöthigen Kenntniss der Vorgänge in sich fassen.
Die Stärke der Armee, die Art ihrer Verpflegung, die unter-
schiedlichen Lager nach dem besten aufgezeichnet, wenn
nicht eigentliche Pläne vorhanden wären; die Märsche, Wege,
nebst den Orten, wo Brücken geschlagen und Flüsse passiert
wurden; die Relationen über die vorgefallenen Bataillen sammt
den Plänen, mit dem Verluste oder gemachten Gefangenen;
die Journale von den Belagerungen mit den Plänen, die
winterquartierlichen Postierungen ; Cartell- Verträge, kurz Alles,
was nur in das Militärfach einschlägt und zur detaillierten
Kenntniss der Länder, in welchen man Krieg geführt hat,
leiten kann, muss man mit diesem Werke nicht ausser Acht
lassen.«
Mit der Ausführung dieser Aufgabe betraute der Kaiser
die Generale von Fabris, Graf Johann Georg Browne und
später von Zechenter.
Schon die Vorarbeiten zeigten bedeutende Lücken in
dem vorhandenen Acten -Materiale und um diese rasch aus-
zufüllen, wurden nicht allein die noch lebenden Generale und
höheren Officiere, sondern auch die Familien und Erben der-
jenigen, welche Commandostellen im Felde bekleidet hatten,
selbst sogar Privatpersonen zur Mittheilung etwa vorhandener
Schriften, Pläne etc. eingeladen. Die Hof- und Staatskanzlei
wurde zu gleichem Zwecke beauftragt, thunlichst nach Bei-
2 2 Von der Errichtung des hofkriegsräthlichen Archivs
trägen zu forschen und man scheute auch die Mühe nicht,
im Auslande schriftliches Materiale zu erwerben.
Mit dieser durch Joseph II. in das Leben gerufenen
kriegsgeschichtlichen Thätigkeit wurde die Grundlage für die
im Beginne des 19. Jahrhunderts erblühende Militär-Literatur
Oestcrreichs, durch die ebenso zahlreichen, als durch ihre
streng geschichtliche Wahrheit hervorragenden Arbeiten
FM. Browne's geschaffen.
Schon am 20. März 1784 überreichte er dem Kaiser die
Geschichte des österreichischen Erbfolgekrieges 1740 — 1748,
dem sich in rascher Folge Ende 1786 jene der Feldzüge
1737 — 1739 gegen die Türken und zu Anfang 1788 die Geschichte
der Fejdzüge des Prinzen Eugen gegen die Türken 17 16 — 17 18
anreihten, für welch* letztere Arbeit der verdienstvolle Ver-
fasser durch ein eigenhändiges Schreiben des Kaisers aus-
gezeichnet wurde, in welchem derselbe »seinen Dank, sein
Wohlgefallen und sein Vergnügen, es zu lesen,« ausdrückte.
Ausserdem beschrieb FM. Browne noch die Feldzüge
gegen die Türken unter Montecuccoli in den Jahren 1661 bis
1664, jenen des Prinzen Eugen vom Jahre 1697 ^^d den
letzten Krieg Oesterreichs gegen die Pforte 1787 — 1790.
FML. von Fabris wurde seinen geschichtlichen Arbeiten
durch den Tod entrissen; GM. Zechenter, welcher erst später
denselben beigezogen wurde, vollendete die Geschichte des
bayerischen Erbfolgekrieges 1778 — 1779, vom siebenjährigen
Krtege jedoch nur die Feldzüge 1756 — 1759.
Diese Arbeiten entsprachen vollständig den Anforderungen,
welche der Kaiser an sie gestellt hatte. Der Mangel jedes
Raisonnements erlaubt zwar nicht, ihnen einen höheren Werth
als den eines Diariums zuzumessen, allein auch als solches
bieten sie durch eine ebenso sorgfältige Wahl, als gewissen-
hafte Benützung des Acten -Materiales eine höchst schätzens-
werthe Stütze für das Studium der Detailgeschichte der von
ihnen behandelten Zeit.
Das Kriegs-Archiv zählt diese, theils bei der Errichtung
1801, theils erst am 7. Januar 1822 aus dem Cabinets- Archive
Sr. Majestät des Kaisers in seinen Besitz gelangten kriegs-
geschichtlichen Elaborate unter seine werthvollsten Schätze.
bis zu jener des Kriegs-Archiva, 1 711—1801. 2^
Die Türkenkriege, der Tod Kaiser Joseph IL und die
hierauf folgenden Kriege mit Frankreich drängten die wissen-
schaftlichen Arbeiten des hofkriegsräthlichen Archivs immer
mehr in den Hintergrund, bis endlich in den letzten Jahren
des 18. Jahrhunderts ein gänzlicher Stillstand eintrat.
Mit diesen Bestrebungen für die Hebung des hofkriegs-
räthlichen Archivs und Förderung der archivalischen Thätig-
keit stand eine im Jahre 1783 getroffene Einrichtung einigcr-
massen im Widerspruche. Mit i. November 1783 wurde
nämlich das seit dem Jahre 1756 bestandene Universal-
Depositen-Amt aufgehoben und jede Behörde hatte fortan
die Angelegenheiten der ihr gehörigen Deposita selbst zu
besorgen. Zu diesem Zwecke wurde auch beim Hof-Kriegsrathe
eine>M ilitär-Depositen- Administration«, errichtet, jedoch
ohne Personal Vermehrung; es wurden einige hofkrieg^räthliche
Beamte, unter diesen auch der hof kriegsräthliche Archivarius
und der Archivs Adjunct, mit dieser Aufgabe betraut und die
neue Depositen-Administration mit dem Archive zu einer Art
Doppelwesen verbunden.^) Es war erklärlich, dass die Organe
des hofkriegsräthlichen Archivs und der Depositen-Admini-
stration in ihrer Doppelstellung den ihnen zur Aufbewahrung
übergebenen Werth-Effecten, für welche sie verantwortlich und
eventuell ersatzpflichtig waren, eine grössere Aufmerksamkeit
und Sorgfalt widmeten, als der interessantesten historischen
Urkunde und dass somit auf dieser Seite die archivalische
Thätigkeit entschieden in den Hintergrund treten musste.
HKR. 1783, G. Nr. 5607 und 5918.
DAS KRIEGS-ARCHIV VON 1801—1875.
L Organisationsgeschichte.
Die von Joseph IL in das Leben gerufene Ven^erthung
deb im hofkrieg^räthlichen Archive gesammelten kriegswissen-
Nchaftlichen B^lateriales trug schon in den franzosischen Re-
volutionskriegen ihre Früchte. Obwohl erst im Entstehen
begriffen imd durch die Verhältnisse nicht minder, als durch
den Mangel an geeigneten Kräften in ihrer vollen Entfaltimg
gehemmt, Hess diese Institution schon in ihren Anfangen
den practischen Nutzen klar erkennen, der aus einer syste-
matischen Ausnützung der Erfahrungen einer so bewegten
Vergangenheit, wie sie Oesterreich aufzuweissn hat, für die
Kriegfuhnmg entspringen müsse. Konnten diese Yortheile
nicht unbeachtet bleiben, sprachen sie in beredter Weise für
den hohen Werth archivalischer Sammlungen und den nicht
zu unterschätzenden Einfluss, den dieselben auch auf die
Gegenwart ausübten, so konnte man sich anderseits auch
der Krkenntniss nicht verschliessen, dass die damalige Organi-
sation des hofkriegsräthlichen Archivs für die Erreichung
h^Achfit 7Ae\Q nicht mehr genüge.
So lange einfach nur die Depositierung und Instand-
haltung Hauptaufgabe des Archivs war, konnte man sich
<lamit bescheiden, die Leitung desselben einem blos archivalisch
gebildeten Vorstande zu übertragen und die Mitwirkung von
Militärs nur auf jene Agenden zu beschränken, welche, wie
Anfertigung von Karten und Plänen und die Landes-
Das Kriegs- Archiv von 1801— 1875. 25
Vermessung, nach damaligen BegrifFen ausschliesslich in das
Ressort des Ingenieur-Corps und General-Quartiermeisterstabes
gehorten. Mit dem Momente jedoch, als die practische Ver-
werthung der Archivalien für die Heeresführung und den
Dienst im Felde in den Vordergrund trat, musste die rein
kanzleimässige Behandlung des Archivs in die zweite Linie
zurückweichen. Es musste sich vor Allem darum handeln,
von dem nicht ausschlieslich für kriegsgeschichtliche
Zwecke bestimmten hofkriegsräthlichen Archive ein alles
Beiwerkes entkleidetes, auf eine rein militärische Grund-
lage gestelltes Institut zu schaffen und nicht nur die Leitung
desselben, sondern auch den innem Dienst durchaus fach-
kundigen Kräften zu übergeben.
Von diesen Anschauungen geleitet, lenkte der General-
Quartiermeister FML. Baron Duka vonKadär noch während
des Feldzuges 1800 die Aufmerksamkeit des Krieg«- und
Marine-Ministers Erzherzog Ca rl auf eine dringend nothwendige
zeitgemässe Reorganisation des hofkriegsräthlichen Archivs,
und dieser hellsehende Prinz erfasste die Idee mit all dem
Eifer, den eine Sache von solcher Tragweite verdiente.
^Wenige Wochen nach dem Friedensschlüsse von Lune-
ville, am 20. März 1801, legte er dem Kaiser ein Memoire
vor, in welchem er die Errichtung eines von dem bisherigen
hofkriegsräthlichen Archiv getrennten, besonderen Kriegs-
Archivs beantragte.^)
»Die bisherige Erfahrung«, fuhrt Erzherzog Carl darin
aus, »hat mich vorzüglich von der grossen Wahrheit über-
zeugt, wie höchst nothwendig es ist, dass Männer von Ein-
sicht und Kenntnissen die ruhigen Zeiten bestens benützen,
Ideen, Urtheile, Vorschläge und Angaben, welche die höhere
Tactik zum Gegenstande haben, zu prüfen, zum Theile mit
Beziehung auf die besonderen Staaten Verhältnisse selbst zu
entwerfen, um bei einem jeden ausbrechenden Kriege mit
den vorzüglichsten Hilfsmitteln vorbereitet zu sein.«
»In allen bisherigen Kriegen zeigte sich die grosse
Wirkung von der klugen Sorgfalt, womit man in Frankreich,
*) Kriegs -Arch.Dion. 1801, Nr. 27.
26 Das Kriegs- Archiv
im Preussischen. wie dieses :n allen militärischen Staaten sein
muss, die Memoires und Vorschläge aller Art von jeher
sammelte; hiedurch wurden die französischen Chefe der Militär-
partci auch in diesem Kriege, vorzüglich bei der Entwerfimg
der allgemeinen Vertheidigungs- und AngrifFspläne, so wesent-
lich unterstützt.«
^ Unstreitig wurde bis jetzt auf diesen Gegenstand in
der österreichischen Monarchie nicht die gehörige Aufmerksam-
keit verwendet und tüchtige Officiere zu solchen Arbeiten
nicht hinreichend ermuntert.«
^ Dieser Mangel müsste in der Folge, so viel es nur immer
möglich ist, verbessert und das Fehlende nachgeholt werden.«
>Um aber diesen Zweck desto eher und gewisser zu
erreichen, muss vor Allem ein gewisses Point de raillement
bestimmt werden, wo alle auf die Tactik Bezug habenden
Arbeiten gesammelt, geprüft, beurtheilt, registriert und auf-
bewahrt werden müssen.«
»Dieses ist die Errichtung eines Kriegs- Archivs
bloss in Rücksicht auf militärische, tactische, Defensions-,
Angriffs- und Operationsgegenstände.«
»Es existiert zwar ein Archiv, allein die Einrichtung
und Behandlung desselben entspricht diesem Zwecke auf
keinerlei Art.«
3 Es gehört vor Allem ein Archivar dazu, der dem Gegen-
stande gewachsen ist. das Ganze so weit beurtheilen kann,
dass, im Falle er über Gegenstände die verlangte Auskunft
geben soll, er durch eine richtige Verbindung der Gegen-
stände und eine richtige Ordnung und Classification, mit
Einemmale Alles vorzulegen vermag. Diesem Archivar müsste
auch die Aufbewahrung, Registrierung und Classificierung
aller militärischen Karten, Aufnahmen, Zeichnungen und
Kriegs-Joumalien obliegen. Demzufolge kann hiezu nur einer
der Ersten vom bisherigen General-Quartiermeisterstabe ge-
wählt werden.«
»Zu dieser Stelle halte ich den Herrn GM. von Gomez
geeignet und schlage ihn hiezu vor, ohne dass er aber selbst
in dem Stande des General-Quatiermeisterstabes verbleibe.
Diesem würden zur nöthigen Hilfe auch einige Officiere vom
von 1801 — 1875. 21
General - Quartiermeisterstabe zugegeben werden und der
Archivar müsste an den General-Quartiermeister angewiesen
sein.«
Mit der am 23. März 1801 herabgelangten Allerhöchsten
Resolution genehmigte der Kaiser diese Anträge, ernannte
den bisherigen General-Quartiermeister FML. Baron Duka
auch zum General-Quartiermeister in Friedenszeiten und den
GM. von Gomez zum Kriegs- Archivar. Hiedurch trat das
Kriegs-Archiv als integrierender Bestandtheil des General-
Quartiermeisterstabes in die Reihe der militärischen In-
stitutionen.
Neben dem neu errichteten Kriegs-Archive blieb das
mit der Militär-Depositen- Administration vereinigte hofkriegs-
räthliche oder Hof-Kriegskanzlei-Archiv (gewöhnlich
kurzweg Kanzlei-Archiv genannt) bestehen und hatte sich
fortan nur mit der Sammlung und Aufbewahrung der auf
administrative, judicielle und Personalangelegenheiten bezüg-
lichen Urkunden und Schriftstücke zu befassen, w^ährend
dem Kriegs-Archive ausser der Aufgabe des Sammeins und
Instandhaltens die weit wichtigere des Verwerthens der rein
militärischen Archivalien zugewiesen war. Dieser Bestimmung
nach theilte sich das Kriegs- Archiv in drei Gruppen, näm-
lich: die Registratur, die topographische Abtheilung
mit der Bibliothek und eine besondere Abtheilung für
kriegswissenschaftliche Arbeiten. Von diesen bildete die
Registratur oder die Schriften-Abtheilung, welcher mit
der Abtheilung für kriegs Wissenschaft liehe Arbeiten die Samm-
lung, Aufbewahrung und Verwerthung der Archivalien oblag,
den eigentlichen Kern des Archives, während die topogra-
phische Abtheilung mit der Bibliothek nur als untergeordnete
oder Hilfs-Abtheilung betrachtet wurde. Dienstlich bildete
daher das Kriege- Archiv nur einen einzigen Korper, der
seinen Repräsentanten in der Person des jeweiligen Archivars
(Archiv-Directors) fand.
Um die zur Formierung des Kriegs- Archivs gehörigen
Acten herbeizubringen, bat der Gcneral-Quartiermeister Baron
Duka mit Bericht vom 18. Mai 1801 den Hof-Kriegsrath um
28 ^'^ Krieg»- Archiv
die Anordnung, dass das Archiv des Geniecorps alle jene
Pläne. Mappen und sonstigen Karten, welche keinen directen
Einfluss auf den Festungsbau oder Festungskrieg haben, an
den GM. von Gomez übergebe und dass ein Gleiches von
Seite des hofkriegsrathlichen Archivs und der Registratur
des Hof-Kriegsrathes in Betreff aller jener Acten g^eschehen
möge, welche auf die nähere Länderkenntniss und Kriegs-
geschichte von den entfernten bis auf die gegenwärtigen
Zeiten einen Einfluss haben. Diesem Ansuchen willfahrte der
Hof-Kriegsrath mit Erlass vom 19. Mai 1801 und traf auch
die Verfugungen wegen der zur Unterbringimg des Kriegs-
Archivs erforderlichen Localitäten im i. Stocke, nebst einem
zum Zeichnen bestimmten lichten Zimmer im 4. Stocke des
Kriegsgebäudes. *)
Das Personale bestand nach dem Organisations-Statute
aus <) Officieren und 3 Militär-Beamten, wovon i Major, i Ober-
lieutenant, I Kanzlei-Adjunct und 2 Kanzellisten für die Re-
gistratur der Kriegsacten,-) eine gleiche Anzahl für die mit
der Bibliothek vereinigte topographische Abtheilung und
2 Majore mit 2 Hauptleuten zu kriegswissenschaftlichen
Arbeiten bestimmt waren ^).
Sämmtliche Officiere waren dem effectiven Stande des
(ieneralstabes entnommen; von dem Vorstande wurde gefordert,
dass er wenigstens der lateinischen, französischen und italieni-
schen Sprache mächtig sei.
Der innere Archivdienst und die Ordnung des Acten-
Materiales wurden durch eine vom General -Quartiermeister
herausgegebene Instruction geregelt, welche auf dem Principe
fusste, dass das Kriegs-Archiv eine vollständige Quelle zur
Geschichte des Krieges sowohl, als auch zum wissenschaft-
lichen Theil der Länderkenntniss, insofern diese auf den Krieg
Bezug hat, sein solle. Möglichste Vollständigkeit des Materiales
und zweckmässige Ordnung waren daher die Grundbedingungen
'j HKR. 1801, G. Nr. 4121 und 4909.
') So wurde diese Abtheilung auch zum Unterschiede von der hof-
kriegsrathlichen Registratur genannt,
'^) ücber die Veränderungen im Personale von der Gründung bis
zur Gegenwart siehe Beilage Nr. i.
von 1801— 1875. 29
zur Erreichung dieses Zweckes. Erstere war nur durch eine
richtige Auswahl und Zusammenstellung der Acten und Docu-
mente, letztere durch eine streng normierte Classification zu er-
zielen, nach welcher auch die unbedeutendste Pi^ce ihren richtigen
Platz erhielt und im Bedarfsfalle rasch gefunden werden konnte.
Die Instruction ordnete in diesem Sinne die Zerlegung
des ganzen archivalischen Materiales in drei Hauptgruppen
an, welche mit ihren Unter -Abtheilungen jeden möglichen Be-
standtheil des Kriegs- Archivs in sich fassten und zwar: in
die Geschichte des Krieges, die Länderkenntniss und
die Theorie und Geschichte der Kriegswissenschaften.
Zur Geschichte des Krieges gehörten:
a) alle Actenstücke, welche auf die Vorkehrungen vor
Ausbruch desselben in Betreff des Standes, der Bewaffnung
und Verpflegung der Truppen, dann der Befestigungen Bezug
nehmen;
b) die Proclamationen, allgemeinen Operationspläne, Vor-
kehrungen hinsichtlich der Reichs- und alliierten Truppen,
Marschtabellen etc.;
c) jene Actenstücke, welche den Verlauf des Krieges
selbst betreffen, als: Berichte der Feldherren, Truppen-Einthei-
lungen, Pläne von Schlachtordnungen, Lagern und befestigten
Plätzen, Verlusteingaben, Waffenstillstands- Verhandlungen, Dis-
locationen in den Winter-Quartieren und Postierungen etc;
d) alle auf den Abschluss des Friedens oder Einstellung
der Feindseligkeiten Bezug nehmenden Documente und die
in Folge dessen nothwendigen Reductionen oder sonstigen
Aenderungen im Herwesen.
Zur Länderkenntniss:
a) Aufnahmen ganzer Länder oder Provinzen des In- und
Auslandes, sowie Situationspläne jeder Art;
/>) gestochene Karten;
c) Abhandlungen und Vorschläge über Länderkenntniss ;
d) Nachrichten über den Stand des Kriegswesens des
In- und Auslandes.
jo Das Kriegs-Archiv
Die Abtheilung für Theorie und Geschichte der
Kriegs Wissenschaften begriff in sich:
n) eine geordnete Sammlung der besten militärischen
Schriften oder gedruckten Werke in der Ursprache oder
guten Uebersetzungen ;
b) die vorhandenen Manuscripte oder Memoiren über
Führung des Krieges im Allgemeinen, Heeresorganisation
und sonstige Zweige der Kriegswissenschaft, insofern sie
ihrem Inhalte nach nicht in die Abtheilung »Länderkenntniss«,
Punct r, gehörten;
c) eine chronologisch geordnete Sammlung aller auf die
organischen Aenderungen im Heerwesen des In- und Aus-
landes bezugnehmenden Verordnungen. Ausser den gedruckten
oder geschriebenen Reglements aller Staaten sollte das Haupt-
augenmerk auf die Organisation und Tactik der drei Waffen,
die Einrichtung besonderer militärischer Corps oder Branchen,
den Festungsbau und das Seewesen gerichtet werden.
Die Benützung der Archivalien war auch nach dieser
Instruction einer gleich strengen Controle unterworfen, wie
früher beim hofkriegsräthlichen Archive. Der Director des
Kriegs- Archivs und die ihm beigegebenen Officiere mussten
mit ihrer Ehre dafür haften, dass ohne specielle Bewilli-
gung von Seite des General - Quartiermeisters Niemandem
Einsicht in die Acten und Zeichnungen, noch viel weniger
die Anfertigung von Copien oder Auszügen gestattet würde.
Ueber alle zum Gebrauch ausgefolgten Archivalien wurde ein
Journal geführt, welches im Falle von Unregelmässigkeiten
bei der Rückübcrgdbe als Grundlage der weiteren Amts-
handlung diente. Diese Bestimmungen wurden im December
1 802 noch durch strenge Erlässe verschärft, dass ohne schrift-
liche Ermächtigung des Erzherzogs Carl keine Karten oder
Pläne und ohne schriftliche Anweisung des FML. Baron
Duka keine vSchriftstücke ausgefolgt werden durften.
Dies waren im Allgemeinen die organisatorischen Grund-
züge der Einrichtung des Kriegs- Archivs, welche sich ihrem
WevSen nach dem im selben Jahre erschienenen »Regulativ
von i8oi— 1875. 31
für die Geschäftsführung des Kriegs - Departements c an-
schlössen. ^)
Mit demselben Berichte, mit welchem der General-
Quartiermeister die dem GM. von G o m e z ertheilten Weisungen
und die Grundsätze für die erwähnte Instruction zur Kenntniss
des Hof-Kriegsrathes brachte, beziehungsweise zur Genehmi-
gung vorlegte, richtete er eine Anfrage an den Hof-Kriegs-
rath bezüglich der Behandlung der in den Verlassenschaften
von Militärpersonen vorgefundenen militärischen Pläne, Karten,
Aufnahmen, Schriften, Vorschläge, Nachrichten von fremden
IJindem u. s. w., worauf der Hof-Kriegsrath durch eine am
3. Juni 1801 erlassene Circular- Verordnung alle militärischen
Verlassenschafts - Abhandlungsbehörden anwies, die in den
Verlassenschaften etwa vorhandenen derartigen Papiere genau
zu consignieren und an den Hof-Kriegsrath zu senden, wo
ihre Sortierung veranlasst und dasjenige, was als Privat-
eigenthum zu betrachten ist, den Erben zurückgestellt werden
wird. 2)
Die practische Verwerthung der im Kriegs- Archive ge-
sammelten Erfahrungsschätze fand zunächst ihren Ausdruck
in der gleichfalls vom Erzherzog Carl angeordneten Etablie-
rung von Feld- Archiven für den Kriegsfall. Sie enthielten
eine Sammlung von Schriften und Plänen früherer Zeit,
welche auf die Topographie, klimatischen Verhältnisse, Ver-
waltung, Industrie der Länder des Kriegs-Schauplatzes, auf die
Kriegsmittel des Gegners etc. Bezug hatten. Durch diese
stets beim Hauptquartier der operierenden Armee verwahrten
Archivalien sollte in erster Linie der Bedarf an Karten und
Plänen gedeckt, dann aber auch dem Feldherm Gelegenheit
geboten werden, in vergleichenden Studien Anhaltspuncte für
seine Operationen zu finden.
Die erste Anwendung fand diese Institution im Kriege
gegen Frankreich 1805 und sie erhielt sich bis in die Gegen-
*) Nach seinem Verfasser, dem »geheimen Referendar in Kriegs-
sachen und Director des Kriegsministerial-Bureau«, Matthias Fassbender,
allgemein die »Fassbender'sche Instruction« genannt.
*) HKR. i8oi, G. Nr. 4261 und 4549.
32 Das Kriegs- Archiv
wart. Auf das Kriegs -Archiv selbst aber waren die Feld-
Archive durch die mit ihrer Zusammenstellung verbundene
Störung der regelmässigen Arbeit und den häufigen Verlust
von unersetzlichen Archivalien von keinem günstigen Ein-
flüsse. Gleich bei der ersten Etablierung, 1805, giengen in
Deutschland, als Folge der Unfälle bei Ulm, nebst vielen
werthvoUen Schriften auch die Campagne-Pläne aus den
Jahren 1799 und 1800 in Deutschland, der Schweiz und in
Tyrol verloren. Die ohnehin schwier zu fixierenden Grenzen
bei der Auswahl der Pi^cen für die Feld -Archive rückten
im Laufe der Jahre immer weiter hinaus, so dass die Haupt-
quartiere häufig mit einer Masse unnothigen Archiv-Materiales
belastet wurden. Der General- Quartiermeisterstab sah sich
daher 1821 veranlasst, der Kriegs -Archivs-Direction die Wei-
sung zu ertheilen, nur ganz vorzügliche Elaborate, die
sich auf die Landeskunde beziehen, keinesfalls aber Journale,
Berichte, Correspondenzen etc. den Feld-Archiven einzuver-
leiben. Ein Elaborat, welches der Kriegs-Archivs-Director
Oberst von Hannekart im Jahre 1843 durch die Officiere
des Archivs als Grundlage zu einer >Instruction für die k. k.
Feld -Archive und statistischen Bureauxc ausarbeiten Hess,
scheint trotz der lobenden Anerkennung, welche GM* Hess
über diese Arbeit öffentlich aussprach, doch nicht allen Uebel-
ständen abgeholfen zu haben, welche mit der fallweisen
Etablierung der Feld -Archive unzertrennlich waren; denn
acht Jahre später beantragte der Letztere als General-Quartier-
meister die Errichtung einer vierten Geschäfts- Abtheilung im
Kriegs -Archive, welche sich ausschliesslich mit dem Feld-
Archive zu beschäftigen hätte. Der Erlass vom 20. Mai 1851,
welcher diese aus einem Stabsofficier und mehreren Ober-
officieren bestehende Abtheilung activierte, bestimmte als
Zweck derselben die Zusammenstellung eines Haupt-Feld-
Archivs und dessen permanente Evidenthaltung für den
Gebrauch in künftigen Kriegen. Auch diese Einrichtung kam
nicht über die ersten Einleitungen hinaus und ein Erlass
vom 24. December desselben Jahres sistierte alle ferneren
Arbeiten für immer. Erst die fortschreitende Entwicklung der
Topographie und Statistik, sowie die hohe Ausbildung der
von 1801— 1875. ^^
Kartographie übten ihren reformierenden Einfluss auf die
Zusammenstellung der Feld -Archive.
Durch die organisatorischen Verfügungen vom Jahre 1801
war die Thätigkeit des Kriege -Archivs sowohl für den Frieden,
als auch für Kriegszeiten bestimmt normiert; die Zeit sollte
nun erproben, ob damit auch die Bedingungen einer kräftigen,
gedeihlichen Weiterbildung gegeben waren. Jedenfalls war
die Aufgabe, welche das Archiv -Personale zu lösen hatte,
keine leichte. Es mussten vor Allem jene unvermeidlichen
Reibungen überwunden werden, die jeder Neuschöpfung in
mehr oder minderem Grade anhaften und ausserdem waren
auch die Nachwehen kaum überstandener stürmischer Zeiten
der ruhigen Entwicklung des jungen Institutes nicht förder-
lich. Auch die Zukunft Hess nur wenig Günstiges voraussehen,
und in der That sollte die schafFenskräftige Regsamkeit, die
sich im Kriege -Archive entwickelte, nur zu bald durch den
Kriegslärm unterbrochen werden.
Mit Ausbruch des Krieges 1805 w^ar sowohl der General-
Quartiermeister, FML. Baron Mack, als auch der Kriegs-
Archivs-Director, GM. vonGomez, zur Armee abgegangen
und letzterer, sowie die ebenfalls im Kriegs -Archive ange-
stellten Officiere, Oberstlieutenant Ernst, Major Rosenfeld
und Hauptmann Demuth, hatten ihre Eintheilung bei der
ungarischen Insurrection erhalten. Das Kriegs-Archiv ward in
Folge dessen während der Dauer des Krieges dem Hof-
Kriegsrathe direct unterstellt und der Ausfall an Arbeitskräften
für den dringendsten Bedarf durch pensionierte oder minder
kriegsdiensttaugliche Officiere ersetzt.
In Folge der Kriegsunfälle in Deutschland musste das
Archiv mit seinen wichtigen Documenten der drohenden In-
vasion entzogen werden. Obwohl der Befehl des Hof-Kriegs-
rathes in gerechter Würdigung der enormen Schwierigkeiten
einer Abführung des ganzen Kriegs -Archivs von Wien dahin
lautete, »nur das Wichtigste zu retten«, so gelang es dennoch
der rastlosen Thätigkeit der wenigen Archivs-Officiere, das
Ganze in Sicherheit zu bringen. Ende October war das ganze
Kriegs-Archiv in mehr als 200 Kisten verpackt; in den ersten
Tagen des November wurden diese auf zwei Schiffen im
Geidiichtc dm Kriegi*Archivi. 3
^A Das Kriegs-Archiv
Donau-Canale verladen und am 4. unter Leitung des Haupt-
mannes Aigner nach Ofen und Peterwardein abg-efiihrt.
Der Friede von Pressburg stellte allmälich die frühere
Ordnung wieder her. GM. Anton Freiherr Mayer von
Heldensfeld wurde zum General-Quartiermeister ernannt;
GM. v^nGomez, welcher während des Krieges als General-
Quartiermeister der ungarischen Insurrection fungiert hatte^
übernahm wieder die Direction des Kriegs-Archivs und auch
die andern daselbst eingetheilt gewesenen Archivs-Officiere
kehrten auf ihre früheren Posten zurück. Das ursprüngliche
Dienstverhältniss zwischen dem General-Quartiermeisterstabe
und dem Kriegs -Archive wurde jedoch nicht wiederhergestellt,
sondern GM. Mayer und GM. Gomez sollten die ineinander-
greifenden Dienstgeschäfte im freundschaftlichen Einverständ-
nisse besorgen und losen. Es scheint aber, dass diese An-
ordnung den gehegten Erwartungen nicht entsprach, denn
schon im Mai fand sich Erzherzog Carl als Kriegs- und
Marine-Minister veranlasst, das Kriegs -Archiv in allen dienst-
lichen Angelegenheiten direct an die General-Militär-Direction
anzuweisen. Der General-Quartiermeister hatte auf die Ange-
legenheiten des Kriegs -Archivs nur insofern Einfluss, als ihm
die Genehmigung zur Ausfolgung aller für den Dienst oder
den Gebrauch des Generalstabes noth wendigen Archivalien ^
Rücher oder Mess-Instrumente zustand. In diesem Dienst-
verhältnisse blieb das Kriegs-Archiv bis zum Ausbruche des
Krieges 1809.
Der Personalstand wurde vermehrt und bestand ausser
dem Director aus 5 Stabs- und 14 Oberofficieren, nebst den
Registraturs-Bcamtcn.
Mittlerweile war man bemüht, die durch den Krieg zer-
streuten Arx:hivbestände wieder in ihrem Standorte in Wien
zu concentriercn. Das Feld- Archiv der »Armee in Italien« war
bereits am 20. Februar in Wien angelangt und sobald die
Schiflffahrt auf der Donau eröffnet war, v.'urden Anstalten
getroffen, um auch die in Ofen und Peterwardein geborgene
Hauptmasse der Acten an sich zu ziehen. Am 7. P^ebruar
begann Hauptmann Aigner in Peterwardein die Verladung
des Kriegs- und des ihm gleichfalls zugewiesenen Genie-
von 1801—1875. 35
«
Archivs; stürmisches Wetter verzog-erte die Abfahrt bis zum
i*). Februar, aber erst am 12. Mai, nach 8 4-tägiger Bergfahrt,
konnten die Schiffe in Wien landen.
Nach der Wiederaufstellung des Archivs in den früheren
Räumen entwickelte sich im Krieg's-Archive eine ausserordent-
lich rejji^e Thätigkeit auf militär- wissenschaftlichem Gebiete.
Nicht nur die kriegsgeschichtlichen Arbeiten wurden wieder
aufgenommen, sondern Erzherzog Carl ordnete auch die
Vorfassung und Herausgabe mehrerer militärischer Werke
an, wie z. B.: »Die Grundsätze der höheren Kriegskunst«,
Beiträge zum practischen Unterrichte im Felde« u. s. w.
Die Xothwendigkeit, dieselben mit Plänen auszustatten, führte
zur Gründung einer eigenen Kupferstecherschule und ausser-
dem rief Erzherzog Carl die »Oesterreichische militärische
Zeitschrift« in das Leben.
Die rasche Entwicklung des Kriegs Archivs Hess die
Xothwendigkeit einer zeitgemässen Theilung der Arbeit immer
fühlbarer werden.
Das Anwachsen der Bibliothek auf mehr als 5000 Bände
machte zuerst die Trennung derselben von der ohnehin mit
Arbeit überbürdeten topographischen Abtheilung nothwendig,
welche im Juni 1808 durchgeführt wurde. Hauptmann Aign er
erhielt die Oberaufsicht über die Bibliothek, der Rittmeister
Anton Baron Lützow vom Pensionsstande die Leitung der
topographischen Abtheilung.
Die immer schärfer hervortretende Trübung der politischen
Verhältnisse becinflusste schon 1808 die rege Thätigkcit im
Kriegs-Archive. Kurz darauf wurde der (leneralstab für di(»
ungarische Insurrection gebildet und FML. von Gomez aber-
mals zum Chef desselben bestimmt. Am 18. März 1809 gieng
derselbe an seine Bestimmung ab und übergab die? Archivs-
Direction interimistisch an den Oberstlieutenant J^rnst, welcher
unter gleichzeitiger Beförderung zum Obersten in den Armeo-
stand übersetzt wurde. In Folge der Augmentierung des
Generalstabes blieben nur noch 6 Individuen zum perma-
nenten Dienste im Kriegs- Archive zurück, welche jedoch
durch die Zusammenstellung der Feld -Archive so sehr in
3*
j5 I^As Kriegs- Archiv
Anspruch genommen wurden, dass alle übrigen Arbeiten
ruhen mussten.
Der unglückliche Verlauf des Feldzuges machte bald
die nämlichen Sicherheits-Massregeln nothwcndig, welche im
Jahre 1805 getroffen worden waren. Die gcsammten Aemter
des Hof-Kriegsrathes erhielten den Befehl, sich zur Abreise
nach Ungarn bereit zu halten. Bezüglich des Kriegs- Archivs
wurde die Verfügung getroffen, dass nur das Gros der Ar-
chivalien nach Peterwardein geschafft werden, ein SchiflF mit
den wichtigsten, für den Gebrauch der Armee allenfalls noth-
wendigen Karten und Plänen aber als Hand- Archiv sich in
der Nähe der österreichisch -ungarischen Grenze aufhalten
solle. Der am 26. April i8og erlassene Ausführungsbefehl
bestimmte zwar, dass »nur die wichtigsten Aufnahmskarten«
zu bergen, auf die Bibliothek und die Feldzugs-Schriften aber
keine Rücksicht zu nehmen sei ; den Archiv-Officieren gelang
es jedoch ebenso, wie 1805, das ganze Kriegs- Archiv mit
allen seinen Beständen zu sichern.
Das Haupt-Archiv, welches unter Führung des Haupt-
mannes Aigncr am 12. Mai Komorn und am 16. Ofen
passierte, wäre, schon nahe am Ziele, durch einen Brand,
der auf dem Schiffe ausbrach, beinahe vernichtet worden.
Zum Glücke gelang es den Schiffern und der Bedeckungs-
mannschaft, des Feuers Herr zu werden und das SchiflF am
16. Juni bei Peterwardein an das Ufer zu legen. Das zweite
Schiff mit dem Hand-Archive, bei welchem sich Oberst Ernst
und Rittmeister Baron Lützow befanden, gieng anfanglich
nur bis Komorn, später jedoch, als die Verbindung mit der
Armee in Folge der Schlacht bei Wagram unmöglich wurde,
bis Monostorszegh im Bacser Comitate und von dort wieder
stromaufwärts nach Baja, wo es am 22, August landete.
Als nach der Schlacht bei Wagram die bei der ungari-
schen Insurrection errichtete Gencralstabs-Abtheilung wieder
aufgelöst wurde, kehrte FML. Gomez neuerdings auf seinen
Posten als Director des Kriegs-Archivs zurück.
Das Kriegs- Archiv erhielt nun nach Abschluss des
Wiener Friedens (20. October 1809) den Auftrag, die für
die Grenzberichtigungs - Commissionen erforderlichen neuen
von 1801— 1875. 37
Grenzstrecken-K arten in doppelten Exemplaren anzufertigen.
Vierzig, theils dem General- Quartiermeisterstabe, theils den
Regimentern entnommene Officiere waren zu diesem Behufe
der Kriegs- Archivs-Direction zugewiesen worden und bildeten
in Ofen unter Leitung des Obersten C soll ich das Zeichnungs-
Bureiu, wohin auch die Feld-Archive berufen wurden. Das
Hand- Archiv unter Rittmeister Baron Lützow, welches
sammtliche Militäraufnahmen enthielt, langte am 8. November
von Baja in Ofen ein, worauf die Arbeiten mit solcher Energie
in Angriff genommen wurden, dass die hiebei verwendeten
Officiere schon Mitte December zu ihren Abtheilungen ein-
rucken konnten.
Das Hand- Archiv selbst brach am 24. Januar 18 10 von
Ofen auf und langte auf dem Landwege am 12. Februar mit
Oberst Ernst in Wien an. Für den Rücktransport des Haupt-
Archives, der nur zu Wasser geschehen konnte, war die
Jahreszeit schon zu weit vorgerückt; erst am 19. April wurde
die langwierige Bergfahrt angetreten, welche am 14. Juni bei
Simmering (Wien) endete.
So war das k. k. Kriegs -Archiv auch von dieser zweiten
Wanderung glücklich in die alten Räume zurückgekehrt.
Dank der aufopfernden Thätigkeit seiner Mitglieder gieng
es unversehrt aus den Stürmen einer zweimaligen feindlichen
Invasion hervor, konnte es unentwegt wieder der ehrenvollen
Bestimmung sich widmen, der Hüter und Herold von Oester-
reichs kriegsbewegter Vergangenheit zu sein.
Mit berechtigtem Selbstgefühl konnten die Mitglieder
des Kriegs- Archivs auf jene ernste Zeit zurückblicken, in der
jedes von ihnen mehr als seine Pflicht gethan hatte.
FML. Gomez, der dem Kriegs -Archive seit dessen
(iründung als Director vorstand und mit treuer Sorge die
ersten Schritte lenkte, mit denen diese Institution in das Leben
eintrat, erlag am 10. Januar 18 10 zu Ofen den Folgen einer
übergTossen Anspannung der physischen und geistigen Kräfte.
In ihm verlor das Kriegs-Archiv eine bewährte Stütze, einen
Führer von hoher geistiger Begabung. ^)
*)Moriz Gomez de Parientos, k. k. Feldmarschall-Lieutcnant, Ritter
des Leopold-Ordens, Indigena des Königreiches Ungarr^ entstammte einer
j8 Da« Kricg8-Archiv
Sein Nachfolger war Oberst Ferdinand von Ernst.
Die vielfachen Störungen, welche die Consolidierung des
Kriegs -Archivs bisher in mitunter höchst fühlbarer Weise
altadeiigen spanischen Familie und wurde als Sohn eines k. k. Haupt-
mannes am 14. October (nach andern Angaben am 26. December) 1744
zu Nieuport in den Niederlanden geboren. Nach vollendeten Studien in der
Theresianischen Militär-Akademie zu Wiener>Neustadt trat er am 21. Juni
1765 als FahnenCadet in das Infanterie-Regiment Freiherr von Ried, welches
Z796 als Infanterie-Regiment Schmidfeld Nr. 48 aufgelöst wurde. Im Jahre
1775 wurde er als Oberlieutenant zum Professor der Tactik an derselben
Anstalt ernannt, welcher er seine Ausbildung verdankte. 1785 zum Haupt-
mann im General- Quartiermeisterstabe, 1788 zum Major und im
März 1790 zum Oberstlieutenant ebendaselbst befördert, wurde er mit
I. Juli 1791 in gleicher Charge zu dem Infanteiie-Regimente Caprara
(1796 aufgelöst) und mit i. November 1791 zu dem Infanterie-Regimente
Grossherzog von Toscana, welches im Jahre 1809 als Infanterie-Regiment
Nr. 23 aufgelöst wurde, transferiert, jedoch schon im September 1793
wieder in den General-Quartiermeisterstab zurückversetzt. Im Tüikenkriege
von 1788 — 1790 erwarb er sich grosse Verdienste duich seine glücklichen
Entwürfe und durch die Recognoscierungen in Siebenbürgen und der
Walachei, sowie durch seinen in dem Treffen bei Kalafat am 26. Juni 1790
bewiesenen Muth. Auch in den Kriegen gegen Frankreich, bei Mouchain
(1792) und Cambrai (1793), beim Entsätze von Chaileroi (1794) ward sein
Name unter den Tapferen mit Auszeichnung genannt und die letzte
Waffenthat durch die Beförderung zum Obersten belohnt. Im November
1794 wurde er Vice-Commandant von Maynz und fand während der Be-
lagerung dieser Festung, insbesondere bei der Wiedereroberung der Zahl-
bacher Clubislen-Schanze am 2. December 1794 und bei der Zerstörung
der fein Jüchen Werke bei Bretzenheim neuerdings Gelegenheit zur Aus-
zeichnung. Im Jahre 1795 kam er nach Galizien und nahm an der Be-
setzung von Krakau theil. Am 20. October 1800 wurde er zum General-
Major und am 23. März 1801 zum Director des Kriegs- Archivs ernannt.
Als solchen zeichnete ihn der Kaiser im Jahre 1801 dureh die Veileihung
des Indigenais im Königreiche Ungarn und des Ritterkreuzes dts Leopold-
Ordens aus; 1808 erfolgte seine Ernennung zum Feldmarschall-Licutenant.
Zweimal, 1805 und 1809, wurde seine emintnte Befähigung durch die Be-
rufung als Chef des General-Quartiermeisteistabes der ungarischen Insur-
rection anerkannt. FML. Gomez war auch als militäristher Schriftsteller
in hervorragender Weise thätig. Sein 1808 verfasstes »Handbuch der
Terrainlehrec, das erste Werk, welches diesen Gegenstand als selbstständige
Wissenschaft behandelte, war noch in den Dreissigerjahren als Lehrbuch in
allen militärischen Anstalten in Geltung; ebenso löste er die schwierige Aufgabe
der Bearbeitung des Systemisierungsplanes dtr von den Ständen des König-
reiches Ungarn gegründeten Academia Ludovicea zur vollsten Zufriedenheit.
von i8oi — 1875. 3Q
beeinträchtigt hatten, waren zum Anlasse wiederholter Aen-
derung-en in einzelnen Theilen der Organisation geworden,
die aber das Ganze nicht wesentlich berührten.
Wichtig und einschneidend waren erst die Reformen,
welche FML. Graf Radetzky seit seiner nach dem Waffen-
stillstände von Znaym erfolgten Ernennung zum General-
Quartiermeister allmälich durchführte. Von ihm rührt vor
Allem jene Instruction für den inneren Archivdienst her,
deren wesentlichste Bestimmungen mit einigen Modificationen
die Grundlage aller späteren Instructionen bilden. Aber auch
in den übrigen Zweigen des Archiv wesens schuf Radetzky
Neuerungen, die sich theils bleibend erhielten oder als Vor-
läufer späterer Einrichtungen anzusehen sind.
Bisher waren, mit geringen Ausnahmen, sämmtliche
Stellen im Kriegs-Archive mit Officieren des General-Quartier-
meisterstabes besetzt gewesen, was zur Folge hatte, dass im
Falle eines Krieges und der damit verbundenen Einberufung
der Officiere nicht nur die wissenschaftlichen, sondern auch
die Archivarbeiten stockten. Es war dies hauptsächlich hin-
sichtlich der Registraturarbeiten von ungünstigstem Einflüsse,
da diese eine besondere Vertrautheit mit dem Acten-Materiale
und sonstige Eigenschaften erforderten, die nur durch eine
längere Uebung erworben werden konnten.'
Um mindestens für diese ein ständiges Personale zu
gewinnen, theilte FML. Radetzky die archivalischen Arbeiten
in zwei dienstlich getrennte Theile: die Archivs-Manipulation
und die kriegsgeschichtliche Verwerthung. Das Personal für
erstere wurde dem Pensionsstande entnommen und überliaupt
der Grundsatz aufgestellt, dass künftighin nur solche Officiere
des General - Quartiermeisterstabes und des (reniecorps im
Kriegs- Archive zu verwenden seien, welche für Feldkriegs-
dienste nicht mehr die volle Eignung besässen. Die zu wissen
schaftlichen Arbeiten bestimmten Officiere standen fortan
unter dem Befehle des Oberstlieutenants Baron Rothkirch,
als dem Chef der militär-literarischen Arbeiten, das ständige
Personale unter jenem des Archiv-Directors. Die intellectuelle
Oberleitung beider Theile war dem GM. Baron Stuiterheim
übertragen.
^O ^** Kriegs-Archiv
Mit Beginn der Kriege von 1805 und 1809 war in Folge
des Abgehens des General-Quartiermeisters zur Armee das
ganze Dienstverhältniss des Kriegs- Archivs umgestossen und
die Thätigkeit desselben vollständig gelähmt worden. Eine
Wiederholung dieser Uebelstände erschien nun umso nach-
theiliger, als von Seite des General-Quartiermeisterstabes die
schon zum unabweislichen Bedürfnisse gewordene Landes-
Triangulierung begonnen worden war, deren Unterbrechung
bedeutende Nachtheile verursacht hätte. Die Unsicherheit in
den politischen Verhältnissen, welche sich 181 1 schon sehr
fühlbar machte, Hess diese Befürchtungen umso schärfer
hervortreten und veranlasste den FML. Radetzky, durch
Creierung einer Zwischenbehörde die allzugrosse Abhängigkeit
des Kriegs -Archivs von der Person des General-Quartier-
meisters zu mildem, ohne desshalb die principielle Zugehörig-
keit des ersteren zum General -Quartiermeisterstabe aufzuheben.
In diesem Sinne übertrug Radetzky die dienstliche und
intellectuelle Oberleitung des Kriegs-Archivs an den GM.
Richter mit der Bestimmung, dass derselbe auch im Kriegs-
falle diesen Posten zu versehen habe. Diese ohne Zweifel
höchst zweckmässige Massregel wurde jedoch durch die häufige
Verwendung des GM. Richter im auswärtigen Dienste so
sehr beeinträchtigt, dass FML. Radetzky schon 181 2 ge-
nöthigt war, die Oberleitung wieder selbst zu übernehmen.
Von den Kriegsereignissen 181 2 ward das Kriegs- Archiv
nur insofern berührt, als durch die Aufstellung des österreichi-
schen Auxiliar-Corps die currenten Arbeiten erheblich ver-
mehrt und jene der Registratur neuerdings unterbrochen
wurden.
Desto folgenschwerer war das Jahr 1 8 1 3 für die Schick-
sale des Archivs. Am 9. Februar hatte FML. Radetzky die
Geschäfte des General-Quartiermeisters an GM. Richter
übergeben; der Personalstand des Kriegs- Archivs erlitt durch
die Einberufung der zugetheilten Officiere eine fühlbare Ver-
ringerung. Im Juli begann die Zusammenstellung der Feld-
Archive, mit denen der Registraturs- Adjunct Cuveiller
nach Böhmen abgieng.
von 1801 — 1875. AI
Eine bemerkenswerthe Neuerung-, die von der fort-
schreitenden Entwicklung- der Journalistik zeugt und von der
Beachtung, welche man den Kundgebung-en der Tagespresse
zu schenken anfieng, bezeichnet der Auftrag an das Kriegs-
Archiv zur Erstattung sogenannter Press-Rapporte, d. h. die
Zeitungen zu lesen, das militärisch Interessante zu bezeichnen
und dem Hof-Kriegsraths- Präsidenten FM. Grafen Bellegarde
vorzulegen. Femer hatte die Archiv-Direction den »Oester-
reichischen Beobachterc täglich in das Hauptquartier des
2. Reser\'e-Corps zu schicken.
Die Effectuierung beider Aufträge wurde permanent
dem Hauptmanne Seh eis zugewiesen.
Das Misslingen der Unternehmungen der verbündeten
Haupt-Armee gegen Dresden und das Vordringen Napoleons
gegen Böhmen gaben in Wien Anlass, die nöthigen Vor-
kehrungen zu treffen, um das Staatseigenthum vor einer
feindlichen Invasion zu sichern. Auch im Kriegs-Archive
wurde die gewohnliche Thätigkeit eingestellt und Mitte
August mit der Verpackung des Acten-Materiales begonnen.
Erst im November erlaubte die glückliche Wendung der
Kriegs-Operationen, das Archiv wieder in den früheren Stand
zu setzen.
Die welthistorischen Ereignisse des Jahre 1814 blieben
nicht ohne Einfluss auf das Kriegs- Archiv, dessen Acten-
Bestände durch zahlreiche, im topographischen Bureau zu
Paris erbeutete Pläne, Karten, Atlanten und Manuscripte
bereichert wurden. Die Sichtung und Ordnung dieser Archi-
valien nahm die ohnehin nur kurze Friedenspause vollständig-
in Anspruch; die Arbeiten waren kaum beendet, als der
Krieg auf das Neue ausbrach.
Napoleon's Rückkehr von Elba und der Wiedor-
ausbruch des Krieges machten neuerdings die Zusammen-
stellung der kaum zurückgelangten Feld -Archive noth-
wendig und entzogen dem Kriegs-Archive einen guten Theil
seiner Arbeitskräfte. Die unfreiwillige, in der regelmässigen
Thätigkeit des Archivs eingetretene Pause wurde unter
Anderem auch dazu benützt, die vielen zerstreuten Manu-
scripte wissenschaftlichen Inhaltes, welche fast alle Zweige
12 1^** Kriegs- Archiv
der Kricg-skunst behandelten, zu sammeln und nach Materien
zu ordnen.
Diese vorerst nur den Zweck der Sichtung verfolgende
Arbeit, deren innerer Werth jedoch der Archivs- Direction
nicht entgieng, legte den Grund zu den heute in 30 Ab-
theilungen vereinigten »Wissenschaftlichen Memoirenc,
einer reichhaltigen Sammlung interessanter und werthvoller
Nachrichten aus allen Gebieten militärischen Wissens.
Im Jahre 1815 erschien zum erstenmale der officielle
»Militär-Schematismus«, nachdem die Herausgabe periodischer
Nachrichten über die Personalien der Armee bis zum Jahre
18 14 der Privat-Industrie überlassen war').
Vorübergehend wurde 1815 wegen der Rangsverhält-
nisse zwischen dem damaligen Chef des General -Quartier-
meisterstabes und dem Director des Kriegs - Archivs die
dienstliche Stellung des Kriegs- Archivs geändert, indem das-
selbe mit Präsidial-Erlass vom 6. November in allen dienst-
lichen Angelegenheiten an das Präsidial-Bureau, speciell an
den GM. Baron L angenau angewiesen wurde. Diese An-
^) Schon 1790 erschien im Veilage von »Gräffer dem Jüngeren« ein
»MilitärAlmanach», der jedoch als eine Privatarbeit nur sehr dürftige und
oft auch ungenaue Angaben enthielt. Trotzdem fand das Unternehmen so
lebhaften Anklang und vielseitige Unterstützung, dass der »Aimanach«, sehr
erheblich verbessert, als »Jahrbuch« in ununterbrochener Folge bis 1804
erscheinen konnte, in welchem Jahre die damalige Buchhändlerfirma »Gräffer
und Comp.< ein kaiserliches Privilegium zur Herausgabe eines »Militär-
Aimanach oder Schematismus der k. k. Armee« auf die Dauer von zehn
Jahren erwarb. Der vielfache Nutzen, den dics2 Unternehmung in mehr
als einer Hinsicht gewährte, veranlasste die Regierung, nach Erlöschen des
Privilegiums die Weiterführung, Vervollständigung; und Herausgabe dieses
in militärischen Kreisen bereits eingebürgerien und zu einem unentbehr-
lichen Hilfsmittel gewordenen Werkes in eigene Regie zu nehmen. Von
1815 an erschien an Stelle des Gräffer'schen Almanach's im Druck und
Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei der »Militär-Schematismus
des österreichischen Kaiserthumes«, dessen Redaction die hofkriegs-
räthliche Expsdits-Direction besorgte und dessen Biauchbarkeit durch das
vom Jahre 1819 an beigefügte Namensverzeichniss wesentlich erhöht wurde.
Das Kriegs-Archiv war dabei insofern beiheiligt, als ihm die Berichtigungen
des Schematismus übertragen waren.
von 1801— 1875. ^3
Ordnung, Nvelche übrigens auf den Geschäftsgang und das
Personale des Archivs von keinem wesentlich ändernden
Einflüsse war, wurde jedoch schon im August des nächsten
Jahres anlässlich der Ernennung des FML. Baron Prochaska
zum Chef des General-Quartiermeisterstabes widerrufen und
das Kriegs- Archiv in allen Theilen dem General -Quartier-
meisterstabe unterstellt. FML. Baron Prochaska, als Chef
desselben, widmete dem Kriegs- Archive die vollste Aufmerk-
samkeit. Noch Ende 1816 hatte er sich sowohl persönlich,
als auch durch die Detail-Berichte des Obersten Ernst von
dem Geschäftsumfange und der Thätigkfeit des Kriegs- Archivs
überzeugt und bezüglich letzterer sein ungetheiltes Lob aus-
gesprochen; anderseits aber konnten die zahlreichen Rück-
stände in den Registraturs-Arbeiten seiner Aufmerksamkeit
nicht entgehen. Er erkannte in dem Missverhältnisse der
vorhandenen Kräfte gegenüber der ununterbrochen anwachsen-
den Acten-Masse die alleinige Ursache dieser Uebelstände
und hoffte in einer durchgreifenden Restringierung und Puri-
tication das Mittel zu finden, dieselben zu beheben, ohne d'm
wissenschaftliche Ausbeute zu unterbrechen. Als Anhang v.u
«ler Instruction Radetzky's von 18 10 erschienen am 20. März
1817 eine Reihe von Zusätzen, welche alle Zweige des
Kriegs-Archivs umfassten und die weitgehendste Entlastuncr
desselben von heterogenem Materiale zum Zwecke hatten.
Nur was zur Geschichte des Krieges in engerem
.Sinne gehörte, dieses aber vollständig, sollte im
Kriegs- Archive zu finden sein, alles Andere aber an
die competenten Aufbewahrungsorte zurückgeleitet (xKt. wenn
gänzlich werthlos, vernichtet werden. Eine besondere In-
struction regelte beides und gab für jede der drei AbthtMlungen
die Grundzüge an, nach welchen die verblcMbenden l)eständ<»
einzurichten und in Evidenz zu Halten waren.
Der Schwerpunct dieser X'erfügungen ist in (Ut engen
Begrenzung des Umfanges zu suchen, den die Bestände des
Kriegs- Archivs, allen bisherigen I Bestimmungen gegenüber.
erfuhren. Die Massenhaftigkeit des angesammelten Materiales
mag die Anordnungen Prochaska's äusserlich allerdings
rechtfertigen, insbesonden? wenn man die geringen Kräfte
^^ Das Kriegs-Archiv
in Betracht zieht, welche zur Bewältigung so umfangreicher
Arbeiten disponibel waren. Dagegen aber lässt sich nicht
verkennen, dass diese »Regulativen« das Kriege - Archiv
wieder weit von dem grossen Ziele eines »Militar-Central-
Archivs« entfernten, welches durch die Instruction Rad et zky's
von 1810 in so beredter Weise zum Ausdrucke gebracht
worden war.
In dieser Hinsicht bezeichnen die Verordnungen P ro-
ch aska*s einen Wendepunct in der geschichtlichen Ent-
wicklung des Kriegs- Archivs, denn sie veränderten auf De-
cennien hinaus sowohl dessen organisatorisches Gefuge, als
auch das ursprüngliche Ziel, so dass die Durchfuhrung dieser
»Regulative« im Jahre 18 18 füglich einer Neubildung des
Kriegs- Archivs gleichgeachtet werden kann.
Gewiss wird Niemand das Verdienstliche der Absicht
des Gründers bestreiten wollen, in dem Kriegs- Archive ein
Institut zu schaffen, das, im Centralpuncte der Erfahrungen
von Jahrhunderten stehend, aufklärend und belehrend für
die Gegenwart wirken und der Nachwelt jene historischen
Schätze erschliessen sollte, die sonst, unter Moder und Acten-
staub vergraben, der Vergessenheit anheimgefallen wären.
Anderseits aber war es auch natürlich, dass die Schaffung
eines Institutes, zu welchem die Vergangenheit kein Analogon
bot, von bedeutenden Schwierigkeiten begleitet war. Als
Neuschöpfung im eigentlichsten Sinne des Wortes standen
dem Kriegs-Archive keine Erfahrungssätze zur Seite und
so konnte es auch nicht anders kommen, als dass man sich
in mancher Beziehung nicht immer ein vollkommen richtiges
Bild des Ganzen zu entwerfen vermochte, dass man einerseits
manche ernste Schwierigkeit unterschätzte, anderseits aber
in der Wahl der Mittel nicftt immer das Richtige traf.
Es fehlte vor Allem an jedem Massstabc zur Beurtheilung
des wirklichen Werthes der rein archivalischen Arbeiten,
des Sammeins der Acten sow^ohl, als deren ordnungsmässiger
Registrierung. Ueber beides mangelte die richtige Vorstellung;
das Bild, welches man sich hievon entwarf, blieb weit hinter
der Wirklichkeit zurück und eben dies war der Grund, war-
von 1801—1875. 45
um die Resultate nicht nach jeder Richtung hin gleichen
Schritt halten konnten. Das gewiss anerkennenswerthe Streben,
so rasch als möglich mit abgeschlossenen wissenschaftlichen
Leistungen hervorzutreten, Hess übersehen, dass langwierige,
ebensoviel Geduld und Beharrlichkeit, als Gewissenhaftig-
keit und fast pedantischen Ordnungssinn fordernde Vorarbeiten
allen wissenschaftlichen Schöpfungen vorangehen mussten,
wenn wirklich Gediegenes geschaffen werden sollte.
Bis zum Jahre 1813 hatte die Registratur, noch mehr
behindert durch die politischen Stürme, welche den Anfang
dieses Jahrhundertes bezeichnen, nur mit grösster Anstrengung
den Anforderungen des Augenblickes genügen können. An
eine archivalische Behandlung der fortwährend neu zuwachsen-
den Materialien konnte nicht gedacht werden, so dass den
kriegsgeschichtlichen Arbeiten immer nur ein Theil des Acten -
Materiales zur Verfugung stand und diese in dem Masse als
unvollständig erscheinen mussten, als sich durch die fort-
gesetzte Vermehrung der Archiv-Bestände auch neue Quellen,
neue Standpuncte für die Geschichtsforschung eröffneten.
Die bewegten Zeiten, während welcher das Kriegs-
Archiv in die Welt trat, Hessen diese Mängel weniger fühl-
bar werden, oder sie auf Rechnung eben der häufigen
Störungen setzen, welche die stetige Entwicklung des Kriegs-
Archivs überhaupt beeinträchtigten. Erst als die französischen
Kriege mit dem Jahre 1815 dauernd zum Abschlüsse gelangt
waren und die Erfahrungen im Archivwesen verwerthct
werden konnten, traten diese Uebelstände schärfer hervor
und forderten schleunige Abhilfe. Man hatte sich von der
Xoth wendigkeit einer durchgreifenden Registratur- Arbeit um-
so mehr überzeugt, als schon die letzten Kriege allein eine
namhafte Vermehrung des Acten-Materiales im Gefolge hatten.
Unbezweifelt hatten die mit dem Kriegs- Archive so enge
verbundenen kriegsgeschichtlichen und literarischen Arbeiten
den Fortgang des Registraturs-Cieschäftes störend beeinflusst
und FML. Prochaska wurde mit Allerhöchstem llandbillet
vom 28. April 181 7 beauftragt, einen umfassenden Bericht
über den damaligen Zustand des Kriegs-Archivs und An-
träge zur Beseitigung der vorhandenen U(»belstände zu stellen.
^6 I^^s Kiiegs-Archiv
Er entledigte sich dieses Auftrages durch einen umfangreichen
Bericht vom ig. September 1817*) und erklärte darin Folgen-
des als die Ursachen des ungünstigen Zustandes des Kriegs-
Archivs :
1. Den schwachen Stand des für die Archivs- Geschäfte
bestimmten Personales, der zu allen Zeiten so gering bemessen
war, dass man sich jederzeit genöthigt sah, ihn durch Zu-
getheilte zu vermehren.
2. Die öftere Verwechslung der Individuen bei den ver-
schiedenen Geschäftszweigen, wodurch, da zu jedem derselben
eine eigene Sachkenntniss und Routine gehört, um mit
Leichtigkeit und Erfolg darin arbeiten zu können, bei jeder
neuen Aenderung die Nothwendigkeit herbeigeführt wurde,
dass die mit den ihnen zugetheilten Gegenständen und Be-
schäftigungen noch nicht vertrauten Individuen sich vorerst
in ihrem Fach zu orientieren und die nöthige Kenntniss da-
von zu verschaffen trachten mussten, was bei der Menge und
Verschiedenheit der Gegenstände allemal geraume Zeit und
viele Mühe erforderte.
3. Die Verwendung der für die Detail- Geschäfte des
Archivs bestimmten Individuen zu andern Beschäftigungen,
wodurch selbe in ihren Arbeiten gestört und unterbrochen
und ihrer eigentlichen Bestimmung zum Nachtheil für den
innern Dienst des Institutes entzogen wurden.
4. Der zuweilen eingetretene Fall, dass die bei den
Geschäfts-Abtheilungcn angestellten Individuen nicht immer
für das ihnen angewiesene Fach geeignet waren und ent-
weder aus Mangel an Lust und Neigung, oder an Kenntniss
und Fähigkeit sich nicht mit dem zu diesen Geschäften er-
forderlichen Eifer und Sorgfalt denselben widmeten und da-
her manchmal statt den beabsichtigten Zweck zu fördern,
vielmehr Verzögerung herbeiführten, was aber selten gleich
im Entstehen, sondern erst nach einiger Zeit entdeckt und
verbessert werden konnte.
5. Die zeitweise bestandene Trennung des Archivs von
dem Einflüsse des General-Quartiermeisterstabes, wodurch der
1) HKR. 1818, G. Nr. 634.
von 1801—1875. ^«7
•
dem Besten des Dienstes so nöthige Geschäftsverband unter-
brochen wurde und dieses Institut ohne alle Leitung sich
selbst überlassen blieb.
6. Endlich haben auch die in dem Zeiträume von 1801
bis 18 16 stattgefundenen kriegerischen Ereignisse, in Folge
(leren das Archiv zweimal von Wien weggeführt und mehr-
mal die Ausrüstung und üebernahme der Feld- Archive be-
wirkt werden musste, den Fortschritten seines Geschäftsganges
nicht wenig geschadet und solche bedeutend beeinträchtigt.
FML. Prochaska hielt es für unerlässlich, eine be-
stimmtere Trennung der beiden Thätigkeiten, nämlich des
Registraturs- oder Archiv-Geschäftes im engeren Sinne und
der kriegsgeschichtlichen und literarischen Arbeiten zu be-
antragen. Sowohl für die Archiv- Arbeiten, als auch für die
Wrfassung von kriegsgeschichtlichen Elaboraten sollte ein
gesondertes Personale, unbeirrt von einander, seinen Obliegen-
heiten folgen und so nach beiden Richtungen hin die ge-
wünschten Resultate erzielen.
Um nun die bisher so prekäre Existenz des Kriegs-
Archivs und seine schwankende Geschäfts-Manipulation für
die Zukunft festzusetzen und sowohl den Zweck seines Daseins,
als auch den zu beobachtenden Geschäftsgang gründlicli zu
f-nt wickeln und als unabänderliche Norm aufzustellen, legte
FML. Baron Prochaska gleichzeitig den Entwurf einer In-
struction für das Kriegs-Archiv zur Allerhöchsten Genebmi-
i»'ung vor. In derselben waren alle bisher für das Kriegs-An hiv
erlassenen Anordnungen benützt und derselben nur jene Abände-
rungen und Zusätze beigefügt, welche nach den bisherig(Mi Er-
fahrungen als nothwendig erkannt oder durch die beantragte
Ausscheidung der Abtheilung für Kriegsgeschirhte aus dem
Verbände des Kriegs -Archivs veranlasst und bedingt waren.
Die Anträge des FML. Prochaska und (li<* von ihm
entworfene Instruction wurden nach mannigfacher Iiegutac li-
tung und einigen wenigen Abänderungen mit den Aller-
höchsten EntSchliessungen vom i. lufbruar und Ji. Juli iSiS
genehmigt und von dem Hof-Kriegsrathe mit I-'rlass vom
,51. Juli 1818') publiciert.
■» HKR. 1818, G. Nr. 634, 3440, 4229.
^.8 Das Kriegs- Archiv
Nach den hierin ausgesprochenen Grundsätzen wurden
die kriegsgeschichtlichen Arbeiten von den archivalischen
definitiv getrennt; erstere waren einer besonderen Abtheilung
des General-Quartiermeisterstabes zugewiesen, dem Kriegs-^
Archive verblieb nur als einzige Aufgabe: »alle auf den
wissenschaftlichen Theil des Krieges Bezug nehmenden Gegen-
stände zu sammeln und aufzubewahren, um diese Materialien
zum Studium des Kriegswesens, zur Bearbeitung kriegs-
geschichtlicher Werke und zur Vorbereitung für künftige
Kriege benützen zu können c. Dienstilich war das Kriegs-
Archiv auch fortan dem General-Quartiermeister untergeordnet,
dem auch die Oberleitung der kriegsgeschichtlichen Arbeiten
vorbehalten war.
Die innere Gliederung wurde nicht geändert. Der Ge-
sammt-Personalstand aller drei Abtheilungen*) war mit i Stabs-
officier als Director, 3 Stabsofficieren als Abtheilungs -Vor-
ständen, 3 Oberofficieren, i Registraturs-Adjuncten, i Fourier
und 2 Kanzleidienem normiert. Ausserdem waren zur Auf-
arbeitung der rückständigen Registratur- Arbeiten 4 Individuen
und ein Officier zur Besorgung der Reinschriften kriegs-
geschichtlicher Arbeiten für die Zeit des Bedarfes bewilligt.
Der Instruction nach waren für das Kriegs- Archiv > vor-
zugsweise verdienstvolle Stabs- und Oberofficiere von un-
bescholtenem Rufe aus dem General-Quartiermeisterstabe und
dem Geniecorps zu wählen, welche zur Widmung im Kriegs-
Archive die erforderlichen Kenntnisse und sonstigen Eigen-
schaften besitzen, wegen physischer Gebrechen aber oder
etwas vorgerücktem Alter zu Feldkriegsdiensten nicht mehr
vollkommen tauglich sind«.. Auch konnten zur Verwendung
im Kriegs-Archive nöthigenfalls Stabs- und Oberofficiere aus
der Armee oder aus dem Pensionsstande und auch Militär-
beamte in Antrag gebracht werden.
Die vom General - Quartiermeister gleichzeitig vorge-
schlagene »systemmässig aufzustellende, stufenweise Verbesse-
rung in den Anstellungs- Verhältnissen der Individuen des
') Erst seit dem Jahre 1853 sind im Militär-Schematismus auch die
Abtheilungen des Kriegs-Archivs und zwar Anfangs in der Reihenfolge
nach dem Range ihrer Vorstände aufgezählt.
von 1801— 1875. ^g
Kriegs-Archivs« wurde vom Kaiser nicht genehmigt, dagegen
aber bewilligt, »dass in einzelnen Fällen für jene Individuen,
welche sich durch Fleiss und gute Verwendung auszeichnen,
die Allerhöchste Gnade zur Belohnung derselben durch Rangs-
Erhohung oder Gehalts-Vermehrung in Anspruch genommen
werden dürfe«.
Dies waren die Grundzüge der Reorganisation, die dem
Kriegs- Archive jene Gestalt gab, in der es sich bis zum
Jahre 1876 fast unverändert erhielt. Wenn auch dadurch die
Trennung zweier Institute, die ihrer Bestimmung nach zu-
samen gehörten und einander ergänzten, zur Thatsache wurde,
^o ist doch nicht zu verkennen, dass die Reorganisation vom
Jahre 181 8 durch die nun endlich mit Consequenz durch-
geführte Registrierung der Acten den Grund zu jenen muster-
j^nltigen Einrichtungen legte, welche heute die Schriften-
Abtheilung des Kriegs- Archivs so vortheilhaft auszeichnen.
Andauernd friedliche Zeiten unterstützten und ermög-
lichten diese Arbeiten. Während dreissig Jahren wurde das
jreräuschlose Wirken des Kriegs- Archivs nur einmal, im
Jahre 1821, durch Aufstellung der Feld- Archive für die Truppen
in Italien unterbrochen, sonst störte bis 1848 kein historisches
Ereigniss das ruhige, aber mühsame Walten der Archivs-
<>fficiere.
In diesem langen Zeiträume vollzog sich unmerklich,
aber stetig die gänzliche Umwandlung des ursprünglichen
Charakters des Kriegs-Archivs. Nicht allein in dessen Thätig-
keit drückte sich immer prägnanter der Typus reinen Kanzlei-
wesens aus, sondern auch das Personale entfernte sich von
der Quelle, die ihm der Instruction gemäss den Nachwuchs
sichern sollte. Was Anfangs blos »Ausnahme« war, die Bt*-
rufung von Officieren des Truppen- oder Pensionsstandes
zum Archivdienste, wurde allmälich zur stillschwrigend an-
erkannten Regel, bis endlich die Allerhöchste Kntschliessung
vom I. September 1838 es als Norm aufstellte, dass die er-
ledigten Stellen künftighin durch pensionierte Officiere iLreq-en
Erfolg des Superplus auf die Activitäts-Gage und des Quartier-
gcldes besetzt werden sollen.
Geachlcht« det Krieftt-ArchiTt. 4
^O I^^s Kriegs- Archiv
Da ein solches Verhältniss die regelmässige Vorrückuug"
im Range, oder Avancements-Vortheile überhaupt, mit Rück-
sicht auf die damals bestandenen Normen ausschloss, so be-
stimmte Kaiser Franz, dass die kaiserliche Verordnung vom
31. Juli 1819 auch für die Officiere des Pensionsstandes in-
sofeme Giltigkeit habe, als Individuen, welche sich durch
besonders gute Verwendung auszeichnen, für Remunerationen
und Gehaltszulagen in Vorschlag gebracht werden durften.
Ausserdem hatte der Kaiser als ein weiteres Benefice für die
Archivs-Officiere schon im Jahre 1824 gestattet, dass die
Bestimmung, wonach jeder Officier des k. k. Heeres, welcher
30 Jahre mit dem Degen in der Linie gedient hatte, um die
Erhebung in den Adelsstand ansuchen dürfe, auch auf jene
Officiere ausgedehnt werde, die eine vorzügliche dreissig-
jährige Dienstleistung, wenn auch ausserhalb der Linie nach-
weisen können ').
So blieb die Stellung der Archivs-Officiere, bis im Laufe
der späteren Jahre jene Aenderurigen in den organischen
Bestimmungen für das k. k. Heer in das Leben traten,
welche auch für alle ausserhalb der Linie dienenden Offi-
ciere neue Normen brachten. Als Folge davon wurden 1862
die drei Abtheil ungs -Vorstände und zwei Jahre später auch
die übrigen Officiere des Kriegs -Archivs in den Armee-
stand übersetzt und deren persönliche und Avancements-
Verhältnisse analog jenen der activen Officiere des k. k.
Heeres geregelt.
Die Ereignisslosigkeit, welche die Periode von 1821 bis
1 848 im Allgemeinen charakterisiert, spiegelt sich auch in der
Geschichte des Kriegs -Archivs wieder. Nur Vorkommnisse
rein interner Natur sind es, welche der Chronist verzeichnen
könnte, die aber auf das Wesen des Institutes von keinem
Einflüsse waren.
Mit der Allerhöchsten Entschliessung vom 24. Mai 1836
wurde der bisherige Director des Kriegs -Archivs, Oberst
') Im Kriegs-Archive kam der erste derartige Fall im Jahre 1850 vor,
wo Major Petri in den Adelsstand erhoben wurde.
von 1801 — 1875. ^i
Ernst'), mit dem Charakter und der Pension eines General-
Majors in den Ruhestand versetzt und an seine Stelle der
Oberst Franz Sylvius Ritter von Hannekart zum Director des
Kriegs-Archivs ernannt. Dieser bedeutende Kartograph war
in seinem neuen Wirkungskreise unablässig bemüht, ein für
alle Fälle ausreichendes und geordnetes Feld -Archiv zu-
sammenzustellen, welches mit den anerkannt besten, von ihm
selbst bis zu seinem Tode rectificierten und zweckentsprechend
adjustierten Karten und topographisch-strategischen Behelfen
aller Länder versehen sein sollte.
Als die Ruhe des Weltfriedens durch die Stürme des
Jahres 1848 unterbrochen wurde, stand der inzwischen zum
(tM. beforderte Ritter von Hannekart noch an der Spitze
des Kriegs- Archivs, welches weit weniger, als es die weit
historischen Ereignisse vermuthen lassen könnten, durch die-
selben berührt wurde. Weder die Revolution in Wien, noch
die Aufhebung des Hof-Kriegsrathes, an dessen Stelle das
Kriegs-Ministerium trat, übten einen nachhaltigen Einfluss auf
die Organisation oder das Wirken des Kriegs -Archivs. Nur
die zeitweilige Ernennung des Abtheilungs -Vorstandes, Oberst-
lieutenants Anton Pannasch, zum Ober-Commandanten der
Xationalgarde und die ebenfalls nur vorübergehende Berufung
des GM. von Hanne kart zur Dienstleistung als zweiter
General -Adjutant bei Sr. Majestät dem Kaiser, zog auch das
Kriegs-Archiv theilweise in die Kreise jener Ereignisse. Sonst
'■) Ferdinand von Ernst, Sohn eines Officiers, am 25. September 1766
in Semlin geboren und in der Theresianischen Militär-Akademie zu Wiener-
Neustadt erzogen, wurde am 18. Mai 17S6 als Pahnen-Cadet zum Infanterie-
Regimente Nr. 8 ausgemustert, am 11. November 1787 zum Fähnrich im
Infanterie-Regimente Nr. 31 und am i. Juni 1788 zum Unterlieutenant
ebendaselbst befördert. Am i. Mai 1792 wurde er als Oberlieutenant zum
General-Quartiermeisterstabe übersetzt, 1794 zum Hauptmann, 1709 zum
Major befördert, 1801 bei der Errichtung des Kriegs- Archivs zu kriegs-
geschichtlichen Arbeiten dahin commandiert, 1805 zum Oberstlieutenant,
1807 zum Obersten in der Armee (Armeestand) befördert und in den
effcctiven Stand des Kriegs- Archivs übersetzt. Nach dem Tode des FML.
Gomez wurde er am 18. April 1810 dessen Nachfolger und leitete durch
26 Jahre bis zu seiner Pensionierung dieses Institut. GM. Ernst, welcher
alle Peldzüge von 1788 bi<i 1805 rühmlichst mitgemacht hatte, starb am
13. Juni 1855 in Unter-St. Veit (Wien).
4*
C2 1^*8 Kriegs- Archiv
war die Thätigkeit desselben nur durch die Aufstellung- der
Feld - Archive für die Militärstellen in den Provinzen in
erhöhtem Masse in Anspruch genommen. Auch die tief-
greifenden Reorganisationen im Heerwesen, welche nach
wiederhergestelltem Frieden durchgeführt wurden, berührten
das Kriegs- Archiv nur in administrativer Beziehung; die
neue Geschäftsordnung von i6. Juni 1853 für das an die
Stelle des Kriegs-Ministeriums getretene Armee -Ober- Com-
mando unterordnete das Kriegs- Archiv der IL Section des
Armee- Ober -Commando's, d. h. wie bisher dem General-
Quartiermeisterstabe.
Im Jahre 1854 wurde GM. Hannekart') zufolge Aller-
höchster EntSchliessung vom 25. Juni mit dem Charakter und
') Franz Sylvius Kitter von Hanntkart, geboren 1788 in Pilsen, Sohn
des am 25. Juni 1804 verstorbenen GM. Sylvius Ritter von Hannekart, war
Zögling der k. k. Ingenieur-Akademie. Am 16. December 1805 wurde er
Unterlieutenant im InfanterieRegimente Nr. 33, schon im nächsten Jahre
dem Gcneral-Quartiermeisterstabe zugetheilt und im Kriegs-Archive ver-
wendet. Im Jahre 1809 wurde er zuerst in das damalige Infanterie-Regi-
ment Nr. 63 (jetzt Nr. 55) übersetzt und sodann zum Oberlieutenant im
Gcneral-Quartiermeisterstabe ernannt. Während des Feldzuges i8og nahm
er an mehreren feindlichen Affaiien theil und zeichnete sich besonders bei
Wagram und bei Znaym aus. Im Jahre 18 12 wurde er Hauptmann und
war bei dem Reserve-Corps in Galizien, im nächsten Jahre aber zuerst
beim Corps Frimont,dann im Hauptquartiere des Fürsten Schwarzenberg,
endlich bei dem kais. russischen Corps unter dem General Graf Wittgen-
stein und machte abermals mehrere Schlachten und Gefechte mit. Wegen
seiner vorzüglichen Veiwendung erhielt er am i. October 1813 den russi-
schen St. Wladimir-Orden 4. Classe, als der erste österreichische Officier, dem
in diesem Feldzuge ein russischer Orden verliehen wurde. Ende 18 13 und
1814 war er bei der Nord-Armee unter dem Kronprinzen von Schweden
und erwarb neuerliche Auszeichnungen. Am 2. Februar 1818 wurde er
zum Major und am 27. October 1830 zum Oberstlieutcnant befördert. Nach
dem Kriege wurde er zumeist bei der Landes-Beschreibung verwendet und
war von 1831 bis 1834 mit der Oberleitung des Baues eines verschanzten
Lagers um Linz betraut. Am 13. December 1834 vvurde er mit Oberstens-
Charakter pensioniert, um einem Rufe als Ajo zu dem Prinzen von Modena
folgen zu können; allein schon nach kurzer Zeit bat er um die Enthebung
von diesem Posten und kehrte nach Graz zurück. Am 24. Mai 1836 erfolgte
seine Ernennung zum Direclor des Kriegs-Archivs und am 25. Juni 1854
seine Pensionierung. Er starb in Baden bei Wien am 19. August 1855.
von 1801 — 1875. ^3
der Pension eines Feldmarschall-Lieutenants in den Ruhestand
versetzt und vom General - Quartiermeisterstabe der Oberst
Anton Hermann*) des Ruhestandes mit der einstweiligen
Leitung des Kriege -Archivs betraut, worauf dann mit der
Allerhöchsten Entschliessung von 9. Januar 1855 der General-
Major und Brigadier Julius von Woycziechowski zum
Director des Kriegs -Archivs ernannt wurde.
Unter GM. Woycziechowski blieb das Kriegs- Archiv
gleichfalls von Störungen verschont; denn die Aufstellung
gegen Montenegro 1853, die Occupation der Donaufürsten-
thümer 1854 und der Krieg in Italien 1859 giengen in ihrer
Einwirkung auf das Kriegs-Archiv nicht über die gewöhn-
liche Thätigkeit hinsichtlich der Etablierung und Wieder-
einziehung der Feld-Archive hinaus.
Dagegen entfaltete sich in Hinsicht auf archivalisches
Wirken eine erhöhte Regsamkeit. Die Nothwendigkeit einer
planmässigen Ergänzung des Acten-Materiales hatte schon
längst das Bedürfniss fühlen lassen, auch die Bestände anderer
Archive, insbesondere jene des geheimen Haus-, Hof- und
Staats -Archivs in den Bereich der archivalischen Forschung
einzubeziehen. In diesem Sinne gepflogene Verhandlungen
hatten den Erfolg, dass im Jahre 1856 die gegenseitige Be-
nützung, beziehungsweise der Austausch oder die Abschrift
der Acten des Kriegs-Archivs und des geheimen Haus-, Hof-
und Staats -Archivs angebahnt und 1858 durch den wechsel-
seitigen Austausch der J>enülzungs-Xormen regelmässig durch-
') Anton Hermann, geboren 1789 zu Barzdorf in Schlesien, diente
zuerst durch mehr als 13 Jahre in der Artillerie, dann durch 24 Jahre, zu-
letzt als Oberstlieutenant im General- Quartiermeisterstabe, in welcher
Charge er 1844 als Vorstand des Bureaus für Kriegsgeschichte fungierte
und wurde mit der Allerhöchsten Entschliessung vom 17. Juli 1846 mit
Oberstens-Charakter und Pension in den Ruhestand versetzt. Hr hatte die
Feldzüge von 1813 und 18 14 mitgemacht und sich in der Schlacht bei
Brienne am i. und 2. Februar 1814 ausgezeichnet. Er besass vorzügliche
Kenntnisse in allen Zweigen des militärischen Wissens und desshalb wurden
auch nach seiner Pensionierung seine Dienste wiederholt in Anspruch
genommen. Er leitete die Geschäfte des Kriegs-Archivs durch sechs Monate,
von Ende Juni 1854 bis Anfangs Jaruar 1S55 und starb in Wien am
10. August 1856.
CA Das Kricgs-Archiv
g-efuhrt wurde. Das gleiche Bestreben war Anlass, dass das
Kriegs- Archiv als Körperschaft 1858 dem niederösterreichi-
schen Alterthumsverein und 1870 dem Verein für Landes-
kunde von Nieder-Oesterreich als Mitglied beitrat.
Nach verhältnissmässig kurzer Zeit trat abermals ein
Wechsel in der Direction des Kriegs -Archivs ein, indem
Woycziechowski,^) welcher mit der Allerhöchsten Ent-
schliessung vom 17. December 1859 den Feldmarschall-Lieu-
tenants-Charakter ad honores erhalten hatte, am ig. Februar
1861 als Feldmarschall-Lieutenant in den Ruhestand über-
nommen wurde und der Oberst Adolph Rothmund des General-
Quartiermeisterstabes an seine Stelle trat, indem zugleich
dessen Uebersetzung in den Armeestand erfolgte.
Der Doppelkrieg von 1806 unterbrach alle archivalische
Thätigkeit, das Archivs- Personale wurde nahezu aufgelöst.
Denn nicht allein rückten alle zugetheilten Officiere zu ihren
Truppenkörpern ein, sondern auch die zum Stande des Kriegs-
Archivs gehörigen erhielten zum Theile Verwendung bei den
operierenden Armeen und der Rest w^ar seit den ersten Tagen
des Juli mit den Vorbereitungen zur Sicherung des Archiv-
Materiales beschäftigt. Der ungünstige Verlauf des Feldzuges
in Böhmen rechtfertigte diese Vorsicht. Am 13. und 20. Juli
') Julius Ritter von Woycziechowski, geboren 1805 zu Giabie in
Galizien, Zögling der Ingenieur -Akademie, trat am 2. September 1826
als Fähnrich in das Infanterie Regiment Nr. 45, wurde im August 1828
in gleicher Charge zum Infanterie • Regiment Nr. 30 transferiert, er-
reichte daselbst die Oberlieutenants-Charge und wurde im Jahre 1839 in
den General-Quartiermeisterstab übersetzt, stufenweise daselbst zum Oberst-
lieutenant und am 6. August 1849 zum zweiten Oberst im Infanteiie- Regi-
ment Nr. 60 befördert und zum Commandanten eines Grenadier-Bataillons
ernannt. Am 17. October 1852 nach der Aufhebung der selbstständigen
Grenadier-Bataillone, wurde er in Disponibilität versetzt« am 2. August 1853
reactiviert, zum General-Major befördert und am 9. Januar 1855 zum
Director des Kriegs- Archivs ernannt. Er hatte im Jahre 183 1 im Haupt-
quartiere der kais. russischen Armee während des polnischen Aufstandes
mehreren Gefechten beigewohnt, 1848 und 1849 die Feldzüge in Italien
mitgemacht und für seine Verdienste durch die Verleihung des Ordens der
eisernen Krone 3. Classe und des Militär -Verdienstkreuzes ausgezeichnet
worden. FML. Woycziechowski starb in Wien am 26. August 1867.
von 1801 — 1875. 55
wurden die wichtigsten Actenstücke der Karten- und der
Schriften- Abtheilung unter Commando des Hauptmanns Eck her
nach Ofen in Sicherheit gebracht, der zurückbleibende weit
grössere Theil unter den Schutz der schwedischen Gesandt-
schaft gestellt. Die noch disponiblen Stabs- und Ober-Officiere
des Kriegs- Archivs erhielten den Befehl, im Falle einer feind-
lichen Besetzung unter allen Umständen in Civil-Kleidem in
Wien zu bleiben. Die bald darauf abgeschlossene Waffenruhe
und der Beginn der Friedens -Verhandlungen ermöglichten
jedoch schon am 9. August die Rückkehr der geborgenen
Theile des Archivs nach Wien und die Wiederaufnahme der
archivalischen Thätigkeit.
Die grossartigen Reorganisationen im Gebiete des ganzen
Heerwesens, welche auf diesen Krieg folgten, berührten auch
die Grundlagen, auf denen seit 181 8 das Kriegs- Archiv ruhte
und gaben demselben zuletzt wieder jene allein richtige
Wirkungs.- Sphäre zurück, welche die Basis seiner Grün-
dung war.
Schon 1868 legte über Anordnung des Reichs-Kriegs-
ministers, FML. Freiherrn von Kuhn, der damalige Leiter des
Kriegs- Archivs, Oberst Joseph Edler von Nemethy, welcher
mit der Allerhöchsten Entschliessung vom 28. October 1868
an Stelle des gleichzeitig zum Commandanten des Infanterie-
Regimentes Nr. 78 ernannten Obersten Adolph Rothmund')
^) Adolph Rothmund, geboren am i. Mai 1815 zu Klein-Zell in Ungarn,
trat am 21. März 1831 als Cadet in das Infanterie-Regiment Nr. 44, er-
reichte dort die Charge eines Oberlieutenants und wurde am i. Juli 1848
zum Hauptmann im Geneial-Quartiermeisterstabe befordert. Als solcher
machte er 1848 den Peldzug in Italien und zwar die Schlacht bei Somma
Campagna, 23 Juli, bei Custozza, 25. Juli, das Avantgarde-Gefecht und
Treffen bei Volta, 26. und 27. Juli, den Ueberfall bei Lodi Vecchio, 30. Juli,
die Gefechte bei Mailand, 3. und 5. August, das Gefecht bei Morazzone,
26. Auguat, mit und wurde vom PM. Kadetzky mit Armeebefehl vom
10. November 1848 belobt. Im Feldzuge 1849 war er in Ungarn und nahm
an dem Gefechte bei Eperies, 22. April, dem Scharmützel am Hnilitzer
Pass, 30. April, der Einnahme von Raab, 28. Juni, den Schlachten bei
Komorn, 2. und 11. Juli, dem Angriff auf Makö, 4. August, dem Gefechte
bei Kuga, 9. August und der AfTaire bei Arad am 10. August bei. Für sein
Verhalten bei der Einnahme von Raab und in den Schlachten bei Komorn
erhielt er den Ausdruck der Allerhöchsten Zufriedenheit und in Folge
^6 I^as Kriegs- Archiv
Dircctor des Kriegs -Archivs geworden war, dem Generalstabe
den Entwurf zu einer zeitgemässen Neu-Formation des Kriegs-
Archivs vor, welche die möglichst ausgedehnte Verwerthung
der Archivschätze zur Förderung und Verbreitung der Wissen-
schaft zum Ziele hatte. Die Bemühungen Oberst Nemethy\s
gaben den Anstoss zu weiteren Reform-Bestrebungen von Seite
des Generalstabes selbst, welche in dem 1873 vorgelegten
Reorganisations-Ent würfe ihren Abschluss fanden. Die Aus-
führung dieses Entwurfes, der in seinen Grundzügen die
Vereinigung des »Bureaus für Kriegsgeschichte« mit dem
Kriegs -Archive und die umfassendste systematische Ver-
werthung des Acten-Materiales unter einer gemeinsamen Ober-
leitung befürwortete, verzögerte sich in Folge verschiedener
Umstände bis zum Jahre 1876; die Einleitung hierzu war
bereits vorgesehen, als nach der mit der Allerhöchsten
EntSchliessung vom 26. December 1871 erfolgten Ernennung
des Obersten Xemethy') zum Commandanten des Infanterie-
dessen das Miliiär-Vcrdienstkreuz mit der Kriegs-Decoration. Nachdem er
lange Zeit im Bureau für Kriegsgeschichte verwendet worden war, leitete
er von 1861 bis 186S als Director das Kriegs-Archiv, wurde am 28. Octobtr
1868 Commandant des Infanterie-Regimentes Nr. 78, bald darauf Brigadier,
am 24. October 1869 General-Major, zm i. Mai 1874 Feldmarschall-
Lieutenant, am I. Mai 1876 pensioniert und im Jahre 1882 in den Adels-
stand mit dem Prädicate »Edler von BurgwalU erhoben. Er starb in Wien
am 26. März 1887.
') Joseph Edler von N^methy, geboren am 15. Juli 1819 zu Siemia-
nöwka in Galizien, trat am i. December 1836 als Cadet in das damalige
Feld-Artillerie-Regiment Nr. 3, wurde 1849 Lieutenant im Feld-Artillerie-
Regimente Nr. 4, diente dann in den Chargen vom Oberiieutenant bis zum
überstlieutenant im Ingenieur-Geographen Corps, im militär-geographischen
Institute und im General-Quartiermeisterstabe. Mit der Allerhöchsten Ent-
schiiessung vom 28. October 1868 wurde er unter gleichzeitiger Beförde-
rung zum Obersten im Armeestande zum Director des Kriegs-Archivs, so-
dann am 26. December 1871 zum Commandanten des Infanterie-Regiments
Nr. 40 ernannt. Am i. Mai 1876 wurde er General-Major, am 27. Juli 1879
provisorischer Chef der ökonomischen Section des Reichs-Kriegs-Ministeriums,
am I. Mai 1880 Feldmarschall-Lieutenant und trat am i. September 1882
in den Ruhestand. Schon als Feuerwerker, sowie als Officier wurde er von
1845 bis 1859 "^i^ kurzen Unterbrechungen bei den astronomischen und
geodätischen Arbeiten und der Triangulierung in den verschiedensten
Gegenden der Monarchie verwendet und leistete von 1860 bis 1862 Dienste
von 1801 — 1S75. «7
Regiments Nr. 40 kein neuer Kriegs-Archivs-Director er-
nannt, sondern der damalige Vorstand der Registraturs- oder
Schriften -Abtheilung, Oberstlieutenant Carl Rothauscher*)
^richtig Rottauscher), mit der provisorischen Leitung
betraut und weiter dadurch, dass auch die durch das Abgehen
im Generalstabe. Die Feldzüge 1848 und 1849 machte er in Ungarn mit
und nahm an mehreren AfTairen theil; im Jahre 1859 war er im Haupt-
quartier der IV. Armee in Triest und im Feldzuge 1866 war er Eisenbahn-
Transportsleiter auf dem nördh'chen Kriegs -Schauplätze, dann bis 186S
Generalstabs-Chef in Innsbruck, hierauf Vorstand des Bureaus für Eisen-
bahnen, DampfächifT- und Telegraphenwesen beim Generalstabe bis zu
seiner Ernennung zum Director des Kriegs-Archivs. Nachdem er eine Zeit
als Regiments-Commandant, dann als Geneial-Major und als provisorischer
Chef der ökonomischen Section des Reichs-Kriegs-Ministeriums erspriessliche
Dienste geleislet hatte, wurde er, wie oben erwähnt, in den Ruhestand
versetzt und starb in Wien am 11. Mai 1890. FML. von N^methy war
durch zahlreiche Belobungen und Anerkennungen, sowie durch die Ver-
leihung des Militär -Verdienstkreuzes auitgezeichnet worden.
') Carl Rottauscher von Malata (frühere Schreibweise Rot hau-
scher), geboren zu Kaschau am 31. December 1812, wurde am 28. October
1S32 aus der Theresianischen Militär-Akademie zu Wiener-Neustadt als Fähn-
lich zum Infanterie -Rcgimente Nr. i ausgemustert, diente in diesem Regi-
mente in den Chargen bis zum Hauptmann und wurde am 15. November 1856
zum Major im Infanterie-Regimente Nr. 40 befördert. Von 1838 bis 1848
war er Lehrer, von 1850 bis 1S55 Commandant der Olmützer Cadetten-,
beziehungsweise Infanterie-Schul-Compagnie, dann bis Ende März 1S5S
Commandant des Marburger Cadetten-Institutes, worauf er pensioniert
wurde. Seine Lchrthätigkeit wurde nur durch den Feldzug 1849 unter-
brochen, den er in Ungarn mitmachte. Am i. Mai 1859 wurde er provi-
sorischer und noch in demselben Jahre wirklicher Vorstand der Schriften-
Abtheilung des Kriegs-Archivs unter gleichzeitiger Uebersetzung in die
Kanzlei-Branche und 1864 in den Armeestand. 1865 wurde er Oberst-
lieutcnant, 1872 mit der Führung der Directions Geschäfte des Kriegs Archivs
betraut, am i. Mai 1S73 zum Obersten befördert und fungierte wie früher,
so auch nach der im Jahre 1876 erfolgten Ernennung des Obersten Frei-
herrn von Sacken zum Director des Kriegs- Archivs als Vorstand der
Schriften-Abtheilung bis zu seiner am i. November 1879 unter Verleihung
des Gencral-Majors-Charakttrs und des Militär-Vcrdicnstkreuzes erfolgten
Versetzung in den RuhestanJ. GM. Rottauscher, welcher durch seine lite-
rarische Thätigkeit, sowie durch seine ausgezeichnete Kenntniss des practi-
schcn Archivs-Diensies Hervorragendes leistete, wurde mit der österreichi-
schen und preussischcn goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft
belohnt, im Jahre iSSo in den Adelsstand mit dem Prädicate »von Malata«
erhoben und starb am 23. October 1S96 in Wien.
e3 I^*s Kriegs-Archiv
des Obersten Friedrich von Fischer zum Truppendienste im
November 1871 erledigte Stelle eines Vorstandes des Bureaus
für Kriegsgeschichte durch mehr als ein Jahr unbesetzt blieb,
indem erst am 30. März 187.5 der Oberst des Greneralstabs-
Corps Adolph Freiherr von Sacken zum provisorischen
Leiter dieses Bureaus bestellt und sodann zum präsumtiven
Director des Kriegs-Archivs nach dessen Reorganisierung
designiert wurde.
Während dieser Zeit führte der Leiter des Generalstabes,
GM. von Gallina, nicht nur die ihm organisationsgemäss
über beide Institute zustehende Oberaufsicht, sondern er nahm
den regsten Antheil an dem Gedeihen und Aufblühen der-
selben, indem er in allen wichtigeren Angelegenheiten fordernd
und entscheidend eingriff.
Obwohl nun ein so lange dauerndes Uebergangs-Stadium
der freien Entfaltung eines umfassenden Wirkens in mehr
als einer Beziehung nicht forderlich war, so blieben doch
alle Nachtheile, welche hieraus hätten entstehen können,
gegenüber der Alle beseelenden energischen Initiative ohne
merkbaren Einfluss; im (jcgentheil, trotz so mancher un-
günstiger Verhältnisse traten jene Vortheile imverkennbar
hervor, welche aus der gemeinsamen intellectuellen Leitung
zweier Institute entspringen mussten, deren Zweck und Ziel
auf eine vereinte Thätigkeit hinwies.
Die von dem damaligen Kriegsminister FML. Freiherm
von Kuhn angeordnete Bearbeitung der »Feldzüge des
Prinzen Eugen von Savoyen« gab schon, als die Ver-
einigung des Bureaus für Kriegsgeschichte mit dem Kriegs-
Archive erst im Principe beschlossen war, Anlass zu archi-
valischen Quellen-Forschungen, wie sie in solchem Umfange
kaum je vorher durchgeführt wurden. Wie reichhaltig das Acten-
Material des Kriegs- Archivs durch eine während mehr als
70 Jahren mit unermüdeter Sorgfalt fortgesetzte Sammlung
von Documenten auch geworden war, so machte sich dennoch
bald das Bedürfniss fühlbar, für ein so grossartig angelegtes
Werk wie die »Feldzüge des Prinzen Eugen« die Forschungen
weit über die Grenzen des eigenen Archivs hinaus auszu-
dehnen und auch jene der einzelnen Kronländer, Städte und
von 1801 — 1875. cg
selbst hervorragender Adelsfamilien dem Quellen-Studium zu
öffnen.
Auf Antrag des GM. von Gallina erfolgte die Be-
willigung des k. k. Ministeriums des Innern und des k. k.
Reichs-Finanzministeriums zur Durchforschung ihrer eigenen
reichhaltigen Archive sowohl, als auch jener ihrer Dependenzen.
Die General- und Militär-Commanden erhielten ebenfalls den
Auftrag, durch geeignete Officiere in den Provinzial- und
Städte- Archiven ihres Rayons das militärisch Wichtige zu
inventieren und nach Anweisung des Kriegs- Archivs die noth-
wendigen Abschriften zu besorgen.
Die auf diesem Wege erzielte archivalische Ausbeute
war überaus reich, ebenso jene aus den Familien-Archiven
der altadeligen Geschlechter, deren Repräsentanten, bis auf
eine geringe Minderzahl, dem im Wege des k. k. General-
stabes an sie gestellten Ersuchen bereitwilligst entgegenkamen.
Höher noch ist aber die Rückwirkung dieser Massregel
auf das Kriege- Archiv selbst anzuschlagen. Bisher, trotz aller
Thätigkeit auf einen sehr beschränkten, nur von Wenigen
gekannten und gewürdigten Wirkungskreis angewiesen, hatte
es nun den ersten Schritt gethan, um aus dem Dämmerlichte
seiner bescheidenen Stellung wieder in die Reihe wissen-
schaftlich-productiver Institute einzutreten.
Der Verkehr mit so vielen Archiven der Monarchie
musste ferner nicht nur den Pulsschlag des eigenen Lebens
erhöhen und beschleunigen, sondern es wurde hiedurch auch
die historische Forschung im Allgemeinen auf das grünstigste
beeinflusst. Wohl so manche Pforte that sich da nach langen
Jahren wieder auf, nicht um sich abermals für Decennien zu
schliessen, sondern offen zu bleiben im Dienste der Wissenschaft.
An mehr als einem Orte mag Staub und Moder zuerst nur
dem Impulse gewichen sein, der von dem forschenden Streben
des Kriegs- Archivs ausgieng, um fürder verbannt zu bleiben
durch das wachgerufene Interesse an historischen Studien.
Unbestreitbar aber wurde dieser erste Versuch zur
Hebung so vieler in der Monarchie zerstreuter archivalischer
Schätze für das Kriegs-Archiv zum Anlasse eines bisher un-
gekannten regen Verkehres mit der Aussenwelt, der die
(jQ Das Kriegs- Archiv-
Grenzen seiner befruchtenden Kraft stetig weiter ausdehnen,
die geschichtliche Forschung über die ruhmvolle kriegerische
Vergangenheit unseres \'aterlandes in die richtige Bahn
lenken und hoffentlich auch erhalten wird.
II. Die Registraturs- oder Schriften-Abtheilung.
In der ersten Epoche (1801 — 181 7) nahm unter den Abthei-
lungen des Kriegs -Archivs die Registraturs- oder" Schriften-
Abtheilung ') die hervorragendste Stelle ein.
Als Sammelort der handschriftlichen Archivalien war
sie nicht allein der Mittelpunct jener militär-wissenschaftlichen
Productivität, welche dem Gründer des Kriegs-Archivs als
oberster Zweck dieses Institutes galt, sondern sie bildete zu-
gleich auch die Centrale des militärischen Archivwesens.
Im Geiste dieser Bestimmung verfolgte daher die Re-
gistraturs- Abtheilung zwei einander ergänzende Ziele: die
Sammlung eines umfassenden Acten -Materiales und die Ver-
werthung desselben im Interesse der Kriegs Wissenschaften.
Später -oblag sie jedoch, wie erwähnt, fast ausschliesslich der
archivalischen Thätigkeit.
Da diese Abtheilung die Bestimmung hatte, alle rein
militärischen Archivalien, welche bisher bei den verschiedenen
Departements der Staats- und Militärverwaltung zerstreut
w^aren, zu vereinigen, so bildete sich der Grundstock ihres
Acten-Materiales von selbst durch eine entsprechende Sichtung
der bestehenden Acten-Sammlungen und Abgabe des rein
militärischen Theiles derselben an das Kriegs- Archiv. Es
betraf dies vornehmlich das hofkriegsräthliche Archiv, dann
die Registratur des Hof-Kriegsrathes und jene der Landes-
General-Commanden. Die Registraturs- oder Schriften- Abthei-
lung hatte diese Acten, sowie die von 1801 an direct von
der Militär- Verwaltung einlangenden Einlaufe einer erneuerten
') Diese Abtheiiung führte bis 1876 den Namen »Registratur der
Kriegs-Acten oder Registraturs-Abtheilung des Kriegs-Archivs*, von 1876
bis 1890 hiess sie > Schriften-Archiv«, seit 1890 aber »Schriften- Abtheilung
des k. und k. Kriegs-Archivs«.
von 1801 — 1875. 61
Sichtung- zu unterziehen, alle nicht militärischen Archivalien
an die betreffenden Ressorts abzugeben und das gänzlich
Werthlose zur Vernichtung in Antrag zu bringen. Endlich
erhielt dieselbe vom Tage der Gründung an durch die hof-
kriegsräthliche Expedits-Direction gedruckte Exemplare aller
Verordnungen, Cartelle und sonstigen amtlichen Verlaut-
barungen direct zugestellt; dies währte jedoch nur bis 1836,
wo die Zusendung aus ökonomischen Rücksichten eingestellt
wurde. In Folge der sehr energisch betriebenen Arbeiten
bildete sich rasch eine ansehnliche Sammlung von Archivalien,
so dass nach einem Berichte des GM. Gomez') an den Hof-
Kriegsrath, schon im Mai 1801 mehr als 3500 Fascikel mit
Acten des verschiedensten Inhaltes zur Durchsicht bereitlagen,
aus denen ein ziemlich reichhaltiges Materiale für das Kriegs-
Archiv gewonnen wurde. Die weitere Ergänzung der Acten-
Sammlung wurde in gleicher Weise angestrebt und beruhte
demnach hauptsächlich
ii) auf der fortgesetzten Sichtung der Acten-Bestände
nicht nur der hofkriegsräthlichen, sondern auch sonstiger
amtlicher Acten-Sammlungen, in denen kriegsgeschichtliche
Archivalien verwahrt wurden , welche dann entweder im
Originale oder in beglaubigten Abschriften der Schriften -
Abtheilung einzuverleiben waren;
b) auf der Einziehung der handschriftlichen Nachlässe
hochgestellter Militär- oder solcher Personen, welche eine
auf das Kriegswesen einflussnehmende Stellung bekleidet
hatten ;
c) auf der Erwerbung solcher Actenstücke, welche im
Laufe früherer Zeit in den Privatbesitz gekommen waren und
nun entweder in Familien-Archiven aufbewahrt wurden oder
zerstreut in einzelnen Privat-Sammlungen vorkamen.
Die Aufgabe, welche hiemit dem Kriegs- Archive zufiel,
war keine leichte; Engherzigkeit und beschränkte Auffassung
erschwerten den Erwerb auswärtiger Archivalien nicht minder,
als oft allzuweit gehender Uebereifer. Legte erstere der
Acten-Er Werbung alle nur denkbaren Hindernisse in den Weg,
') HKR. 1801, G. Nr. 3971
52 ^As Kriegs- Archiv
so überschwemmte die Bereitwilligkeit des letzteren die
Schriften- Abtheilung mit einer Masse heterogenen, oft sog^ar
gänzlich werthlosen Materiales, welches bei anstrengender
und zeitraubender Arbeit nur eine sehr bescheidene Aus-
beute lieferte.
Die Begriffe über den Werth historischer Documente
waren eben zu jener Zeit noch sehr wenig geklärt; eine
natürliche Folge der mangelhaften allgemeinen Geschichts-
forschung, welcher alle Wege hermetisch verschlossen waren.
Während man einerseits häufig geschichtlichen Actenstücken
nicht viel mehr Werth als den vergilbten Papieres bei-
zulegen geneigt war, wurden anderseits die Archive mit eifer-
süchtiger Aengstlichkeit bewacht, welche nicht erkannte, dass
eben nur die lebhafteste Wechselbeziehung aller dieser An-
stalten den Werth jeder einzelnen erhöht.
So hatte, um nur einen Fall anzuführen, die Direction
des Kriegs-Archivs von 1807 an durch volle zwei Jahre
fruchtlos mit der Vereinigten Hofkanzlei um Ueberlassung
der militärischen Urkunden von 1529 bis 1600 und gleich-
zeitig auch mit dem k. k. geheimen Haus-, Hof- und Staats-
Archive bezüglich der Acten aus dem spanischen Successions-
Krieg verhandelt Hingegen kam es vor, dass höchst wichtige
Actenstücke an ganz obscuren Orten gefunden wurden,
wie z. B. das aus der Bibliothek des Herzogs von Anhalt-
Bernburg stammende Diarium des kaiserlichen Obersten
und Generral-Quartiermeisters Tobias Hasslinger, in
den Händen eines Wiener Antiquars, welcher dieses geradezu
unersetzliche Document (zehn geschriebene Foliobände mit
136 Handzeichnungen) aus der Zeit des grossen Türkenkrieges
um den Spottpreis von 40 fl. dem Kriegs-Archiv überliess.
Nur durch einen gänzlich ausserhalb jeder dienstlichen Sphäre
liegenden Zufall gelangte man 1801 zur Kenntniss, dass sich
auf dem Dachboden des Budweiser Rathhauses seit undenk-
lichen Zeiten sieben Kisten des Friedländischen Feld-
Archivs aus dem dreissigjährigen Kriege befanden. Durch
den Commandanten der Erherzog Carl-Legion, FZM. Grafen
Sztäray, von diesem wichtigen Funde benachrichtigt, liess
Erzherzog Carl die Acten im Jahre 1802 nach Prag bringen
von 1801 — 1875. 63
und bestimmte den Oberstlieutenant Häuszier zur Durchsicht
und Inventierung- derselben. Gegen Ende 1804 war ein Theil
davon bereits der Schriften- Abtheilung übergeben ; die darauf-
folgende Kriegsepoche unterbrach jedoch diese Arbeiten, und
die Archivalien wurden dem General-Commando zu Prag in
Verwahrung gegeben. Erst 18 10 betrieb der Chef des General-
Qartiermeisterstabes, FML. Graf Radetzky, auf Anregung
des Oberstlieutenants Rothkirch die Ablieferung dieser
Acten und nun zeigte es sich, dass ein bedeutender Theil
derselben fehlte. Die Kisten waren während dieser ganzen
Zeit unverschlossen in einem Zimmer untergebracht, welches
nur von den Ordonnanzen und Dienern benützt wurde und
diese hatten, unbekannt mit dem hohen historischen Werthe
dieser Schriften, auf die Erhaltung derselben nur wenig ge-
achtet.
Ein ähnlicher Fall, wie dieser, ereignete sich noch 1823,
wo sehr werthvolle Acten aus den Kriegsjahren 1794 — 1796
in Italien, auf dem Dachboden des Fuhrwesens-Corps-Comman •
do's zu Wien »entdeckt« wurden.
Diese wenigen Beispiele dürften genügen, um einen
Begriff von den Schwierigkeiten zu geben, mit denen die
Sammlung eines vollständigen Acten-Materiales für die Schriften-
Abtheilung in dieser Hinsicht verbunden war. Eine wirkliche
Gefahr aber erw^uchs der Abtheilung durch das Gebahren
der >Acten-Vertilgungs-Commission«, denn hier handelte
es sich nicht um Auffindung und Erwerbung, sondern um
Erhaltung bereits vorhandenen Acten-Materiales. Wenn man
bedenkt, dass diese Commission, welcher die Sichtung der
seit Jahrhunderten als Haupt-Sammelort historischen Materiales
dienenden, mithin überaus reichhaltigen Bestände des hof-
kriegsräthlichen Archivs und der Registratur des Hof-Kriegs-
rathes überlassen war, vom Anbeginne ihrer Thätigkeit bis
zum Jahre 1818 ohne einen militärisch gebildeten Beirath
nach einer zumeist nur die Bedürfnisse des administrativen
Dienstes beim Hof-Kriegsrathe berücksichtigenden Instruction
amtierte, so lässt sich schon aus diesem Umstände allein ein
Urtheil über die Art ihrer Thätigkeit in Bezug auf die
64 I^^s Kriegs-Archiv
Wahrung der Interessen kriegsgeschichtlicher Forschung bil-
den. Durch den Mangel an Sachkenntniss und richtigem Ver-
ständnisse wurde bei dieser, nur nach der Kanzlei- Schablone
betriebenen Arbeit das historische Moment fast gänzlich in
den Hintergrund gedrängt und eine Fülle des wichtigsten
geschichtlichen A cten-Materiales rücksichtslos der Stampfe
überantwortet. Vornehmlich waren es die dem Geschichts-
forscher so werthvollen Nachweise über organisatorische und
administrative Verhältnisse, über die Aufstellung und Aus-
rüstung der Armeen, welche als »unbrauchbare der Ver-
nichtung anheimfielen und manche unausfüUbare Lücke in
die Acten-Sammlung des Schriften-Archivs rissen.
Erzherzog Carl hatte schon 1803 den Missgriff erkannt,
durch den die Auswahl kriegsgeschichtlichen Quellen-Materiales
ausschliesslich in die Hände von Laien gelegt worden war
und zur Abstellung desselben die Verstärkung der Acten-
Vertilgungs-Commission durch einen fähigen Officier empfohlen.
Aus unbekannten Gründen kam jedoch dieses Project nicht
zur Ausführung. Die Verfugung, welche FML. Radetzky
1810 traf, wonach alle von der Registraturs- Abtheilung des
Kriegs-Archivs scartierten Actenstücke einer Super-Revision
durch den GM. Stutterheim zu unterziehen waren, konnte
nur partielle Abhilfe schaffen, da die Abtheilung eben nur
noch jene Archivalien sichten konnte, welche dem Vemichtungs-
Urtheile der Vertilgungs-Commission entgangen waren.
Erst mit der Reorganisation des Kriegs-Archivs vom
Jahre 181 7 — 18 18 ward diesen Uebelständen mindestens zum
Theile abgeholfen, nachdem der Director desselben, Oberst
Ernst, am 17. December 18 16 in einem ausführlichen Memoire
die Verhältnisse des Archivs geschildert und dringend empfohlen
hatte, »die früheren Kriegs- Acten dem Vandalismus der Ver-
tilgungs-Commission zu entziehen«. Als Folge hievon wurde
dieser letzteren ein fachkundiger Officier zugetheilt und sie
zugleich beauftragt, künftighin der Schriften- Abtheilung perio-
disch ein Verzeichniss der vorgefundenen Militär- Acten zur
Begutachtung und Auswahl einzusenden. In dieser Art wurde
die Durchforschung der hofkriegsräthlichen Acten fortgesetzt
und 1827 beendet.
von 1801—1875. 65
Um gerecht zu sein, darf indess nicht überg-angen
werden, dass auch die Scartierungen im Kriege-Archive selbst
nicht immer mit jener gewissenhaften Gründlichkeit vor-
genommen wurden, die eine so wichtige Arbeit erfordert.
Dass die sehr beschränkten Räumlichkeiten der Registraturs-
Abtheilung gebieterisch forderten, sich alles Entbehrlich-
scheinenden zu entledigen und instructionsgemäss nur >rein
militärische, auf den wissenschaftlichen Theil des
Krieges bezügliche -^ctenc in das Kriege-Archiv auf-
zunehmen, mag immerhin als triftige Entschuldigung gelten;
eben darum aber war die scrupuloseste Genauigkeit in der
Bezeichnung des » Brauchbaren c und »Unbrauchbaren« um
so dringender geboten.
Wenn die Schriften- Abtheilung trotz aller Hindemisse
dennoch zu einer reichhaltigen Vollständigkeit gelangte, durch
welche sie sich heute auszeichnet, so ist dies in erster Linie
dem unermüdeten Eifer jener Männer zu danken, deren an-
spruchslose Thätigkeit von Generation zu Generation sich
fortpflanzend, in nahezu hundertjährigem Schaffen endlich
zum ersehnten Ziele gelangte.
Gefordert wurde dieses Streben durch die verständniss-
volle Unterstützung, welche dem Kriegs-Archive von Seite
seines Gründers sowohl, als auch von anderen hochstehenden
Persönlichkeiten zu Theil wurde. Der erste Aufruf Erzherzog
Carl's: die Acten-Sammlung der Registraturs- oder Schriften-
Abtheilung durch Einsendung handschriftlicher Nachlässe zu
bereichem, hatte den gewünschten Erfolg. Schon im ersten
Jahre ihres Bestehens gelangte die Registratur der Kriegs-
Acten auf diesem Weg^ in den Besitz höchst werthvoller
Archivalien, unter denen als die verzüglichsten zu nennen
sind: Die reiche, leider sehr beschädigte Sammlung der
Piccolomini'schen und Gallas'schen Kriegs-Acten, welche aber
durch die 18 10 von Seite der Herrschaft Nachod erfolgte
Einsendung der Verlassenschaft des kaiserlichen General-
Lieutenants Octavio Piccolomini, die Jahre 1622 — 1656 um-
fassend, noch bedeutend vermehrt wurden; ferner die schrift-
lichen Nachlasse des Prinzen Carl von Lothringen, des Prinzen
GewhkbM des Krieg»- Archivs. 5
56 Das Kriegs* Archiv
Hildburgshausen, FML, Beck, FZM. Browne, FM, Michael
Wallis, Clairfayt, Loudon, Lacy und Wurmser, des G. d. C.
Joseph Kinsky, FZM, AUvintzi, Franz Kinsky u, A.
Eine weitere Bereicherung erfuhr die Schriften- Abtheilung
durch die von den siegreichen k. k. Truppen in Paris er-
beuteten Archivalien, während der Hof-Kriegsrath anderseits
schon 1 808 die Einleitung getroffen hatte, dass zur Ergänzung
der heimatlichen Geschichts-Quellen die Acten der Vereinigten
Hofkanzlei dem Kriegs-Archive nach Bedarf zur Abschrift
überlassen wurden. In ähnlicher Weise wurden in den Jahren
1834 — 1837 in dem Starhemberg'schen Archiv zu Kirchberg
mehr als 2000 Copien höchst werth voller Actenstücke an-
gefertigt und 1856 begann die Sammlung von Acten-Abschriften
im k. k. geheimen Haus-, Hof- und Staats-Archive und im
Ministerium des Innern, die jedoch schon 1857 in Folge des
geringen Personalstandes des Kriegs- Archivs wieder einge-
stellt werden musste. Vom Beginn der Friedens-Epoche nach
den Befreiungskriegen bis in die Neuzeit erhielt die Schriften-
Abtheilung successive Zuschüsse von Archivalien aus der
Cabinets-Kanzlei Seiner Majestät des Kaisers, aus der Hof-
und Fideicommiss-Bibliothek, der aufgelösten staatsräthlichen
Militär-Section und zahlreichen Nachlässen,*) worunter jener
des Erzherzogs Maximilian d'Este vornehmlich zu erwähnen
ist. Eine umfangreiche Ergänzung der Schriften-Abtheilung
geschah endlich in Folge der Durchforschung sämmtlicher
Archive der Monarchie, welche behufs der Materialien-
Sammlung für die Verfassung des Werkes: »Die Feldzüge
des Prinzen Eugen von Savoyen« von Seite der Kriegs-
Archiv-Direction veranlasst wurde. Nicht nur wurden aus
diesem Anlasse an Ort und Stelle zahlreiche Abschriften ge-
nommen, sondern die eingesandten Detail- Verzeichnisse in
eine alphabetisch geordnete Total-Uebersicht vereinigt, so dass
das Kriegs- Archiv in Kenntniss aller Archivalien militärischen
Inhaltes ist, welche ihm auf diesem Wege zugänglich wurden.
') Die seit 1782 bestandene »Verpflichtung« der Erben zur Abgabe
aller schriftlichen Nachlässe wurde 1869, als mit den Rechtsanschauungen
der Gegenwart nicht vereinbar, aufgehoben. Der Erwerb von archivalischen
Nachlässen ist nunmehr Sache gegenseitigen Uebereinkommens,
von 1801— 1875. 5y
Dem vereinten Zusammenwirken aller Kräfte entsprach
auch der Erfolg. Zur Zeit der Reorganisation im Jahre 181 7
bis 181 8 waren die in der Registraturs- Abtheilung gesam-
melten Actenstücke vom siebenjährigen Kriege bis 181 5 fast
vollständig, dagegen jene über die Zeit von 1756 bis zum
dreissigjährigen Kriege zurück noch ziemlich lückenhaft;
zwanzig Jahre später waren diese Lücken grösstentheils aus-
gefüllt und der Acten-Bestand auf rund 800.000 Stücke an-
gewachsen; 1851, nach fünfzigjähriger Thätigkeit, umfasste
die Schriften-Abtheilung 1474 Fascikel und 186 Cahiers von
allen fremdartigen Bestandtheilen gereinigter Acten.
Die innere Geschäfts- Manipulation in der Regi-
stratur der Kriegs- Acten wurde endgiltig durch die Instruction
von 181 8 festgesetzt, welche bis auf unwesentliche Aende-
rungen den Directiven Radetzky's aus dem Jahre 1810 fast
dem Wortlaute nach gleich war.
Das gesammte Acten-Materiale wurde in drei Haupt-
Abtheilungen gesondert, nämlich:
a) Geschichte; hiezu gehorten alle Feld- Acten und
die nach diesen oder anderen amtlichen Quellen bearbeitete
(ieschichte der Kriege, einzelner Feldzüge, Belagerungen etc. ;
b) Documente zur Geschichte des Krieges, zu
welchen jene Denkschriften, Tagebücher oder sonstigen
Schriften gezählt wurden, welche, als von Privaten verfasst,
zwar keinen officiellen Charakter haben, aber zur Aufhellung
und Beleuchtung von Kriegsereignissen von Wichtigkeit sein
können ;
«7 W issenschaft liehe Seh riften über den Krieg
«militär-wissenschaftliche Memoiren); sie umfassten alle jene
Handschriften, welche entweder von der gesammten Kriegs-
wissenschaft oder einem Theile derselben handeln und gehalt-
volle Aufschlüsse oder nützliche Ansichten und Bemerkungen
enthalten.
Die fernere Eintheilung der Acten war nach Kriegs-
und Friedensjahren, nach F'eldzügen und Monaten in chrono-
logischer Ordnung zu bewirken. Bei gleichzeitigen Opera-
68 ^^^ Kriegs-Archiv
tionen von einander unabhängiger Armeen waren die Acten
eines jeden Kriegs- Schauplatzes getrennt aufzubewahren.
Sämmtliche Acten wurden in chronologischer Folge mit
laufenden Nummern bezeichnet und sodann fascikelweise
protokolliert. Das Protokoll enthielt Nummer, Aufbewahrungs-
ort, Datum und Präsentatum jeder Pi^ce, nebst einem kurzen
Auszuge des Inhaltes und einer Rubrik zu besonderen An-
merkungen über die Beziehungen des Stückes zu vorher-
gehenden oder nachfolgenden Acten.
Zur Erleichterung des Nachsuchens war gleich nach
vollendeter Protokollierung jedem Protokolle ein Index anzu-
fügen, dann aber über sämmtliche Acten ein alphabetisch
geordneter Personal- und ein Real -Index anzulegen, in wel-
chem bei jedem Namen oder Gegenstande auf die Jahreszahl,
Haupt- Abtheilung und Seite des ProtokoUes, Nummern der
Fascikcl und Actenstücke und den Aufbewahrungsort hinzu-
weisen war.
Die Correspondenz der Kriegs-Archivs-Direction, d. h.
alle an dieselbe herabgelangten, die innere Einrichtung und
Ordnung, sowie den Dienstbetrieb des Kriegs- Archivs be-
treffenden Erlässe und von derselben erstatteten Berichte, die
Auskünfte auf gestellte Anfragen etc. gehörten nicht unter
die Acten der Schriften-Abtheilung, sondern wurden und
werden in der Kanzlei der Kriegs-Archivs-Direction aufbe-
wahrt.
Die Instandhaltung, Evidenzführung und Vorbereitung
des Acten-Materiales zur wissenschaftlichen Verwerthung bildet
eine so gewaltige Aufgabe, dass es nicht Wunder nehmen
darf, wenn die Fortschritte in dieser Beziehung nicht immer
gleichen Schritt mit den Anforderungen halten konnten. Es
würde zu weit fuhren, sich hier über die Schwierigkeiten ver-
breiten zu wollen, vor denen insbesondere jene Officiere
standen, die in den ersten Jahren des Bestandes des Kriege-
Archivs zu diesem Dienste verwendet wurden und ohne jede
fachmännische Anleitung im practischen Archivdienste sich
selbst zurechtfinden mussten. Namentlich für die älteren
Acten mangelte es dem Kriegs-Archive gänzlich an geeig-
neten, im Lesen solcher Schriftstücke geübten Kräften, zu-
von 1801— 1875. 69
mal auch der für diesen Dienst speciell zugetheilte pensionierte
Professor der Theresianischen Militär-Akademie in Wiener-
Neustadt, Friedrich Keppner, wegen seines hohen Alters
und seiner geschwächten Gesundheit wenig mehr leisten
konnte. *)
Indess hat auch hier beharrliche Ausdauer zum er-
wünschten Ziele geführt. Das umfangreiche Materiale der
Schriften-Abtheilung erfreut sich einer Organisation, welche
von Allen, die sich mit geschichtlichen Forschungen beschäf-
tigen, rühmend anerkannt wird.
Dass die wissenschftliche Verwerthung des Acten-Mate-
riales die Hauptthätigkeit des Kriegs-Archivs bilden sollte,
wurde schon in der Gründungs-Urkunde hervorgehoben. Ur-
sprünglich fasste man blos die Fortsetzung jener kriegs-
qreschichtlichen Arbeiten in das Auge, welche durch die
Generale Fabris, Browne und Zechenter unter Joseph IL
begonnen wurden, nämlich die Verfassung der Geschichte
einzelner Kriege oder Feldzüge. Bald aber gewann die lite-
rarische Thätigkeit eine grössere Ausdehnung und erstreckte
sich von dem geschichtlichen Gebiete auf jenes der Militär-
Wissenschaften überhaupt.
Nach dem thatsächlichen Verlaufe lässt sich daher die
Verwerthung des Archiv -Materiales in vier besondere Ab-
schnitte theilen und zwar:
1. Kriegsgeschichtliche Arbeiten, welche nicht zur
Veröffentlichung oder zum Drucke bestimmt, waren.
2. Kriegswissenschaftliche, zur weiteren Verbrei-
tung durch den Druck bestimmte Werke.
') 1857 wurde ein Versuch gemacht, fast gänzlich verblasste Schrift-
stücke auf photographischem Wege wieder lesbar zu machen. Das Resultat
war zwar ein ganz entsprechendes, jedoch standen der practischen Ver-
werthung sowohl technische als pecuniäre Schwierigkeiten im Wege. Gegen-
wartig, wo dieselben durch die Fortschritte im Gebiete der Photographie
auf ein Minimum reduciert sind, wird diese Methode, welche der Anwen-
dung von Chemikalien vorzuziehen ist, in allen vorkommenden Fällen be-
nützt. Das k. und k. militär-geographische Institut stellt photographische
Copien von überraschender Deutlichkeit her.
yo I^*s Kriegs- Archiv
3. Periodisch erscheinende Druckschriften militär-
wissenschaftlichen Inhaltes.
4. Die private Benützung der Archivalien, als deren
Ergebniss die Geschichte einzelner Regimenter oder Truppen-
körper, ferner die literarischen Erzeugnisse von Geschichts-
forschern. Gelehrten, Schriftstellern etc. erscheinen.
Für die kriegsgeschichtlichen Arbeiten waren die-
selben Grundzüge massgebend, welche Joseph IL hiefür
festgesetzt hatte : die Elaborate sollten eine rein pragmatische,
actengetreue Darstellung der Kriegsereignisse ohne jedes
Raisonnement oder kritisches Urtheil enthalten und letzteres
der Folgezeit überlassen. Die Redaction aller Arbeiten hatte
GM. Gomez zu besorgen, die Schluss - Censur blieb dem
General-Quartiermeister FZM. Baron Duka vorbehalten.
Gegen Ende 1801 waren die nothwendigsten Registraturs-
Arbeiten so weit gediehen, dass ein genügendes Acten-
Materiale zur Bearbeitung vorbereitet war und man schritt
nun mit anerkennenswerthem Eifer zur Ausführung.
Von den Feldzügen in den Niederlanden, Deutschland
und Italien übernahm GM. Gomez jenen von 1792, Major
Stutterheim das Jahr 1793 und Hauptmann Troyer den
Feldzug 1794. Die Feldzüge 1795 — 1797 in Deutschland waren
dem Hauptmann Danzer, jene von 1798 — 1799 in Deutsch-
land und der Schweiz dem Major Ernst zur Bearbeitung
zugewiesen. Hauptmann Geppert übernahm Anfangs 1802
die Zusammenstellung der Geschichte der Feldzüge von 1800
und 1801 in Italien. Schon zu Beginn des Jahres 1803 hatten
GM. Gomez und Major Stutterheim ihre Arbeiten beendet
und übernahmen nun und zwar ersterer den Feldzug von 1799,
letzterer jenen von 1794 — 1795 in Italien, mit welchen sie
Beide in den ersten Monaten 1004 zu Ende kamen.
Die Bearbeitung der Feldzüge 1796 — 1797 in Italien,
im Laufe des Jahres 1804 in Angriff genommen, wurde so
wie die ganze kriegsgeschichtliche Thätigkeit durch den
Wiederausbruch des Krieges unterbrochen, aber schon 1808
wurden die Arbeiten mit der Verfassung der Geschichte des
Feldzuges von 1805 und der Fortsetzung der noch unvoll-
von 1801— 1875. 71
endeten Elaborate wieder aufgenommen. Ein Blick auf die
fast fieberhafte Productivität und die ungünstigen Zeitver-
hältnisse lässt wohl einen Schluss auf die gewonnenen Re-
sultate zu. Die nur durch kurze Pausen unterbrochenen Kriege,
welche die ersten 15 Jahre des Jahrhunderts ausfüllten, der
hiedurclj bedingte häufige Wechsel der Autoren und das
noch sehr lückenhafte Acten-Materiale waren auf die kriegs-
geschichtlichen Arbeiten von nicht minder störendem Ein-
flüsse, als die gleichzeitige Inscenierung einer ausgebreiteten
literarischen Thätigkeit, welche einen bedeutenden Theil der
Arbeitskräfte absorbierte.
Aus diesen Gründen waren auch die Resultate auf
kriegsgeschichtlichem Gebiete von 1 809 angefangen verhältniss-
mässig gering. Im Jahre 18 15 wurde wohl die Bearbeitung
der Feldzüge von 1813 und 1814 angeordnet, allein auch
diese litt an denselben Gebrechen. Eine Durchsicht aller
gelieferten kriegsgeschichtlichen Elaborate ergab, dass sie
sämmtlich von dem seither zugewachsenen Acten-Materiale
überholt, nur den Werth mehr oder minder lückenhafter
Chroniken beanspruchen konnten. Die einzige Ausnahme hie-
von bildete der in fünf Foliobänden mit besonderer Gründlich-
keit von Hauptmann Troyer bearbeitete Feldzug von 1794
in den Niederlanden, in Deutschland und Italien.
Unter solchen Verhältnissen wurde von einer weiteren
Fortsetzung kriegsgeschichtlicher Arbeiten vorläufig abgesehen
und ein Allerhöchstes Handschreiben ordnete 1816 die Neu-
bearbeitung der bisherigen Elaborate an, wozu jenes des
Hauptmanns Troyer als Muster aufgestellt wurde.
Die Vollendung dieser Arbeit, welche sich bis in die
Dreissigerjahre hinauszog, wurde nicht mehr in der Schriften-
Abtheilung bewirkt, da durch die Reorganisation vom Jahre
18 18 eine eigene Abtheilung für kriegsgeschichtliche Thätig-
keit als Bureau des Generalstabes creiert wurde.
Im Kriegs-Archive selbst beschränkte sich seit 181 8 die
Verwerthung des Acten-Materiales auf vereinzelte Leistungen,
die durch besondere Umstände hervorgerufen wurden und
strenggenommen nicht in das Ressort des Generalstabs- Bureaus
j2 I^ss Kriegs-Archiv
für Kriegsgeschichte fielen. Hieher gehörte die von den
Hauptleuten Denkh und Hartlieb 1845 ii^ höheren Auftrage
für die königlich belgische Regierung verfasste Geschichte
der ehemals zur österreichischen Armee zahlenden wallonischen
Regimenter, ferner die Fortsetzung des in Folge des Ab-
lebens des FML. Heller von Hellwald imterbrochenen
Elaborates über die Feldzüge der verbündeten Heere 18 13
und 1814 in Deutschland durch den Major Thielen im Jahre
1862, welcher Thätigkeit auch dieser im Jahre 1865 durch
den Tod entrissen wurde. Ein ebenso verdienstvolles, als
nützliches Werk verfassten im Auftrage des k. k. Kri^fs-
ministeriums die Officiere der Schriften - Abtheilung unter
der Leitung ihres Vorstandes, Major Carl Rothauscher
(Rottauscher), im Laufe des Jahres 1863. Es ist dies eine
alphabetisch-chronologische Zusammenstellung aller AfiFairen
und Kriegs-Untemehmungen, an denen sich die k. k. Truppen
seit dem Jahre 1848 betheiligt hatten.
Im Uebrigen wurden die Kräfte der Schriften- Abtheilung
durch die seit 181 8 mit aller Gründlichkeit durchgeführten Regi-
straturs-Arbeiten auch so sehr in Anspruch genommen, dass
grössere wissenschaftliche Arbeiten sich von selbst ausschlössen.
Von grosser Bedeutung für die Militär-Literatur Oester-
reichs, sowie für die höhere Ausbildung der Officiere waren die
in der Registratur der Kriegsacten oder Schriften- Abtheilung
ausgeführten anderen militär- wissenschaftlichen Arbeiten. Sie
entsprangen sämmtlich der Initiative des Erzherogs Carl,
der sie auch im ferneren Verlaufe nicht nur in munificenter
Weise förderte, sondern auch vielfach persönlichen Antheil
an ihrer Ausführung nahm.
Der erste Versuch in dieser Richtung war 1802 die
Zusammenstellung von »Beispielen über Angriff und
Vertheidigung von Convoys«, über dessen Resultate je-
doch nähere Auskünfte fehlen. Dagegen bezeichnet das Jahr
1806 den Ausgangspunct einer umfassenden literarischen
Thätigkeit. Ueber Anordnung des Erzherzogs Carl wurden die
»Grundsätze der höheren Kriegskunst für die Generale
der k. k. Armee«, die »Beiträge zu dem practischen
von 1801—1875. yj
Unterrichte im Felde« und die Bearbeitung des »Dienst-
Reglements für die k. k, Armee« gleichzeitig in Angriff
genommen. An dem ersteren Werke betheiligten sich die
Generalstabs-Officiere Oberstlieutenants Ernst und Mayer
von Heldensfeld, die Majore Menrad von Geppert und
Eugen Graf Haugwitz, dann der in der Schriften- Abtheilung
angestellte Oberstlieutenant des Ruhestandes von Pokorny.
Die Verfasser der beiden letzteren Werke sind nicht bekannt.
Ausserdem veranlasste der Erzherzog die Herausgabe
der »Oesterreichisch-militärischen Zeitschrift« und er-
theilte dem GM. Gomez die Bewilligung zur Verfassung
einer »Terrainlehre«,
Jene, durch die rasch aufeinander folgenden Kriege
unterbrochen, erschien 181 1 als »Neue militärische Zeit-
schrift«; 1814 — 1816 wurde ein Instructions-Buch über »Die
Anwendung des Exercier-Reglements auf dem wirk-
lichen Terrain« in höherem Auftrage von Oberstlieutenant
Swoboda verfasst und 1818 vollendete Hauptmann Johann
Schels das »Reglement für die Jägertruppe« *).
') Von den in der Schriften-Abtheilung vcrfassten Druckwerken haben
alle die Anerkennung der Zeitgenossen gefunden, manche aber auch ihren
Werth noch lange über die Zeit ihres Erscheinens hinaus behauptet.
Den ersten Rang nehmen die »Grundsätze der höheren Kriegs-
kunst für die Generale der k. k. Armee« ein. Der Text dieses
Werkes wurde in der Schriften - Abtheilung verfasst, die beigelegten
25 Kupfertafeln in der topographischen Abtheilung des Kriegs-Archivs ge-
stochen und illuminiert, den Druck veranstaltete die General-Militär-Direction
und das Papier wurde von der hofkriegsräthlichen Hausverwaltung bei-
i;e8tellt. Die einzige Auflage, welche 1808 erschien, war nur auf 600 Exem-
plare berechnet, wovon 300 zur Vertheiiung an die activ dienenden Generale
bestimmt waren, der Rest aber zu dem Preise von 25 fl. Banko-Zettel
nach 181 1 40 fl. W. W.) in den Buchhandel kam.
Die »Beitrage zu dem practischen Unterrichte im Felde«
erschienen von 1806— 1811 lieferungsweise in 8 Heften ä i fl. 30 kr. Die Hefte
konnten auch einzeln bezogen werden und dass mehrere derselben sieben
Auflagen erlebten, spricht für den vorzüglichen Inhalt. Auch von diesem
Instnictions-Buche gelangten 500 Exemplare der ersten Auflage zur un-
entgeltlichen Vertheiiung. Von der »Terrainlehre« des G\f. Gomez
musste schon 1808 eine zweite Auflage veranstaltet werden und blieb
dieses Werk noch durch mehrere Decennien als Lehrbuch in den Militär-
Bildungs-Anstalten massgebend.
rA Das Kriegs- Archiv
Die Reorganisation von 1818 setzte auch diesem Zweige
wissenschaftlicher Thätigkeit im Schriften-Archive ein Ziel
und übertrug sie an die speciell hiezu berufenen Bureaux des
Generalstabes.
Der buchhändlerische Vertrieb war anfanglich com-
missionsweise der Wiener Verlags -Buchhandlung Degen
überlassen; später übernahm das Kriegs- Archiv selbst den
Verkauf.
Unter den literarischen Schöpfungen, die 1806 in das
Leben gerufen wurden, hat die »Oesterreichisch- mili-
tärische Zeitschrift« alle übrigen überdauert und bis in
die Gegenwart den Einfluss gewahrt, den sie nach dem Willen
ihres Gründers auf die intellectuelle Ausbildung des k. k.
Heeres nehmen sollte. »Kriegswissenschaft in allen ihren
Zweigen, österreichische Kriegsgeschichte mittlerer und neuerer
Zeit, Länderkenntniss, vorzüglich einheimische c, dies war das
Programm, welches dem ersten Hefte der Zeitschrift voraus-
gieng; sie hat es redlich gehalten im wechselvollen Laufe
der Zeiten. Wie oft auch widrige Verhältnisse scheinbar ver-
nichtend ihre Bahn kreuzten, immer erhob sie sich als un-
abweisbares Bedürfniss wieder von Neuem,
Im Jahre 1806 durch Erzherzog Carl in das Leben
gerufen, erschien die >Oesterreichisch-militärische Zeit-
schrift« vom I. Januar 1808 an unter der Leitung des da-
maligen Archiv-Directors FML. Gomez als Vierteljahrsschrift
und zugleich als officielles Organ des Kriegs-Ministeriums
(später des Hof-Kriegsrathes), Das MiHtär-Aerar trug sämmt-
liche Kosten der Herausgabe; das Redactions-Bureau war in
der Schriften- Abtheilung etabliert und die Mitarbeit aus-
schliesslich auf die der letzteren angehörigen oder zugetheilten
Officiere beschränkt.
Die Kriegsereignisse von 1 809 unterbrachen die Heraus-
gabe zwar schon nach dem Erscheinen der ersten vier Bände,
aber nach wiederhergestelltem Frieden ordnete der Kaiser
mittelst Handbillets die Fortsetzung des Unternehmens an,
mit welcher Oberstlieutenant Baron Rothkirch betraut
wurde. Der Vorschlag desselben, die Zeitschrift nunmehr
von 1801— 1875. 75
monatlich erscheinen zu lassen und ihr durch grössere Mannig-
faltigkeit mehr Interesse und grössere Verbreitung zu ver-
schaffen, ^\'tirde angenommen und als Zeitpunct des Wieder-
erscheinens der Januar 181 1 festgesetzt.
Nun aber zeigten sich Schwierigkeiten, die der ganzen
Unternehmung gleich im Beginn den Untergang drohten und
die Oberstlieutenant Rothkirch in einem Berichte an den
FM. Fürsten Schwarzenberg folgendermassen schildert:
>Die Zeitschrift war ein officielles Blatt; der hochlöbliche
Hof-Kriegsrath glaubte sich für selbes verantwortlich; ich
musste alle Aufsätze zur Prüfung unterlegen. Es würde auf
diese Art schon schwer gewesen sein, über die Zulässigkeit
und Unzulässigkeit mit der für eine Zeitschrift nothwendigen
Schnelligkeit eine Entscheidung zu erhalten; da man aber
vollends auch die Richtigkeit der Ideen und Ansichten einer
strengen Prüfung unterwarf, so war ein guter Fortgang kaum
mehr zu hoffen; auch konnte ich nur durch die grössten Be-
mühungen das erste Heft, das im Januar 181 1 erscheinen
sollte, bis gegen Ende Februar zu Stande bringen. Endlich
war es gedruckt und ich unterlegte das erste Exemplar dem
hochlöblichen Hof-Kriegsrath; aber nun erhoben sich neue,
ganz unvorhergesehene Anstände. Ein früher genehmigter
geschichtlicher Aufsatz über den Feldzug der Oesterreicher
in Sicilien unter Mercy, dem eine Karte der Insel beigefügt
war, machte besorgen, dass die Franzosen Aufschlüsse zur
Eroberung des Landes finden dürften, oder doch wenigstens
der sicilianischc Hof solche Bekanntmachungen ungern sehen
könnte.«
Diese Bedenken gaben Anlass, die Herausgabc dc»s
ersten Heftes der Zeitschrift vorläufig zu sistieren. Da man
sich aber ebensowenig entschliessen konnte, das begonnene
Werk gänzlich einzustellen, als es unter seinem officiellen
Charakter, von dem man zahllose Anstände und Verdriesslich-
keiten befürchtete, fortbestehen zu lassen, so ergriff man den
Ausweg, dem Oberstlieutenant Rothkirch den Antrag zu
machen, die Herausgabe der Zeitschrift als Privatgeschäft
auf eigene Rechnung weiter zu betreiben. Rothkirch gieng
hierauf unter der Bedingung ein, dass die Redaction in der
y6 Das Kriegs- Archiv
Schriften- Abtheilung verbleibe und ihm, sowie seinen Mit-
theilnehmem, den Haupleuten Wag-ner und Schels, die
Quellen desselben so zur Benützung offen stehen, wie vordem,
als die Zeitschrift noch officielles Organ war. Ferner bedingten
sich die neuen Unternehmer aus, »dass man sie in Hinsicht
der Zulässigkeit der Aufsätze keiner strengeren als der
gewöhnlichen Censur unterziehe und in Hinsicht von Meinungen
und Ideen einen freien Spielraum lasse, indem ja eine Zeit-
schrift auf Unfehlbarkeit keinen Anspruch mache und Mannig-
faltigkeit der Aufsatze und Ansichten zu ihrem Gedeihen
unentbehrlich sei«.
Diese und noch andere auf die technische Ausfuhrung
und die Expedition Bezug nehmende Bedingungen wurden
von Seite des Hof-Kriegsrathes zugestanden und so betrat
die bisherige »Oesterreichisch-militärische Zeitschrift c unter
dem Titel »Neue militärische Zeitschrift« im Februar
1811 neuerdings die Bahn der Oeffentlichkeit.
Das Unternehmen war nun ausschliesslich auf die eigenen
Kräfte angewiesen; die Aufforderung zur Mitarbeit gegen ein
Honorar von 25 fl. per Druckbogen blieb ohne nennens-
werthes Resultat; die wissenschaftlichen Corps der Actillerie
und des Geniewesens betheiligten sich fast gar nicht dabei
und von den sonstigen Aufsätzen waren nur wenige vor-
züglich und ohneweiters zum Drucke geeignet. Trotzdem und
ungeachtet des hohen Abonnementspreises von 24 fl. Banco-
zettel, der erst 1812 auf 10 fl. W. W. herabgesetzt wurde,
erstarkte das Unternehmen in so erfreulicher Weise, dass
die Zahl der Abonnenten binnen Jahresfrist 800 erreichte.
Der Krieg gegen Russland und noch mehr die darauf-
folgenden Feldzüge gegen Frankreich beeinträchtigten jedoch
die Herausgabe der Zeitschrift derart, dass dieselbe mit Ende
1813 gänzlich eingestellt werden musste.
Wie kurz die Zeit seines Bestandes auch war, so hatte
sich das Unternehmen dennoch die ehrenvollste Aufnahme
im In- und Auslande zu erwerben gewusst und Oberst Roth-
kirch konnte mit stolzer Befriedigung aufsein Werk zurück-
blicken. Viele Begebenheiten der österreichischen Kriegs-
von 1801— 1875. nn
geschichte, durch fremde Schriftsteller irrig dargestellt, wurden
berichtigt; über Prinz Eugen von Savoyen, Montecuccoli
und Waldstein viele, auch für Geschichtsforscher höchst
wichtige Aufschlüsse gegeben. Mehrere Feldzüge des Revolu-
tions-Krieges und auch frühere Kriege fanden gewandte Dar-
steller und selbst über das kaum Geschehene w^urden dem
künftigen Geschichtsschreiber interessante Materialien geliefert.
. Die weitere Fortsetzung des Unternehmens vom Jahre
18 18 an als »Oesterreichische militärsche Zeitschrift« bis auf
die Gegenwart, berührt die Geschichte der Registraturs- oder
Schriften- Abtheilung nur indirect, da bis 1847 ^^^ um die
Zeitschrift hochverdiente Hauptmann Seh eis*) und nach ihm
der Kriegs-Archivs-Director FML. Hannekart, der Vorstand
der Kriegs Bibliothek Oberst Pannasch und der als Militär-
Schriftsteller bestens bekannte Oberst Heller die Redaction
besorgten.
Die Beziehungen des Kriegs-Archivs und speciell der
Schriften - Abtheilung zur allgemeinen Geschichtsforschung
waren höchst wechselnder Natur. Es prägten sich hier so
^} Johann Baptist Seh eis, 1780 zu Brünn in Mähren geboren, trat
nach Vollendung der philosophischen Studien 1797 in den Staatsdienst und
1880 als Fähnrich in das Linien-Infanterie-Regiment Nr. 28. Als Ober-
lieutenant im General- Quartiermeisterstabe machte er den Feldzug 1805 in
Deutschland mit; 1809 zum Hauptmann im Pionnier-Corps befördert und
1813 zum Infanterie-Regiment Nr. 44 transferiert, wurde Schels, der in
Folge seiner 1809 erhaltenen Wunden den Feldzug nicht mitmachen konnte,
dem General-Quartiermeisterstabe zugetheilt und ihm die Redaction der
Armee-Berichte übertragen. Während des Feldzuges 1815 war er in der
General - Adjutantur des Fürsten Schwarzenberg und kam nach dem
Frieden in die kriegsgeschichtliche Abtheilung des Generalstabes, welcher
er auch nach seiner Pensionierung 182 1 angehörte. Im Jahre 1831 zum
Major befördert und zum Vorstande der Kriegs-Bibliothek ernannt, verblieb
er bis zu seinem Tode im Verbände des k. k. Kriegs-Archivs. Seh eis war
als Militar-Schriftstelier von ausserordentlicher Productivität. Die »Oester-
reichisch-militärische Zeitschrift«, deren Redaction er von 181 8 bis 1847
selbstständig führte, weist über 200, mitunter höchst beachtcnswerthe Auf-
sätze aus seiner Feder auf; der Umfang seiner schriftstellerischen Lei-
stungen überhaupt beziffert sich mit nahezu 1200 Druckbogen. Auch auf
poetischem Gebiete hatte er sich, jedoch mit minderem Erfolge, versucht.
Schels starb als Oberstlieutenant im October 1847.
7 8 Das Kriegs-Archiv
recht deutlich die Strömungen aus, welche in verschiedenen
Zeitabschnitten die massgebenden Kreise beherrschten, jener
Widerstreit der Anschauungen, der erst nach langem Schwanken
in der Gegenwart zur Ruhe kam.
Zu Anfang dieses Jahrhunderts, unter der Aegide des
geistvollen Kriegs- und Marine - Ministers Erzherzog Carl,
herrschte eine ausnehmend freisinnige Richtung vor, die in
der Wissenschaft das geistige Gemeingut Aller, in der Ver-
breitung richtiger historischer Kenntnisse eines der vorzüg-
lichsten Mittel zur Hebung wahrhaft patriotischen Volks-
bewusstseins erblickte.
Unter solchen Auspicien konnte die »Oesterreichisch-
militärische Zeitschrift« in dem Vorberichte zu ihrem ersten
Bande (1808) die Behauptung ausführen: >dass bei den Zeit-
genossen und weit hinaus bei der Nachwelt immer der Staat
Unrecht behält, der seine Archive später eröffnet als die
übrigen*. Bereitwillig öffneten sich noch 181 1 unter dem
General-Quartiermeister FML. Grafen Rad etzky die Pforten
des Kriegs- Archivs für den französischen General Jomini
zur Durchsicht der Acten über 1793 — 1800, aber von da an
blieben sie auf lange Jahre hin der Geschichtsforschung ver-
schlossen. Bis 1824 war nur die dienstliche Benützung des
Archiv-Materiales gestattet; erst unter dem Provisorium des
GM. Baron Trapp bewilligte der General-Quartiermeisterstab
auch die private Forschung durch k. k. Officiere. Die Ersten,
welche hievon Gebrauch machten, waren Oberstlieutenant
M ar et ich (Kriegsgeschichte Croatiens und Slavoniens von 1525
bis zur Neuzeit), Major Spannoghe (siebenjähriger Krieg)
und Hauptmann Kempen (Türkenkrieg 1788). Es scheint
jedoch, als habe diese Concession an den allmälich erwachen-
den Schaffungstrieb gleichzeitig auch wieder die früheren
Bedenken wachgerufen; denn noch in demselben Jahre er-
folgte die Republication einer 1802 erlassenen Verordnung,
wonach jedes für die Oeffentlichkeit bestimmte literarische
Erzeugniss der Censur-Behörde vorgelegt werden musste und
auch strenge untersagt war, eine Schrift im Auslande drucken
zu lassen, welche nicht vorher die inländische Censur passiert
und den Consens erhalten hatte.
von 1801—1875. jQ
Eine wichtige Folge der bedingungsweisen Freigebung
des Archivs zur Benützung durch Officiere, war die nun
allmälich in das Leben tretende Verfassung der Geschichte
einzelner Truppenkorper, deren erste 1829 durch den Haupt-
mann Baron Hayek des Infanterie -Regiments Leiningen
Xr. 31 begonnen wurde.
Unter dem General-Quartiermeister FML. Max Grafen
Wimpffen schien sich der Bann lösen zu wollen, der
bisher alle Nicht-Militärs den Räumen des Archivs fern-
gehalten hatte. 1828 erhielt Professor Forst er die Bewilli-
gung zu geschichtlichen Forschungen über den dreissigjährigen
Krieg und ein Jahr später Graf S^gur zu Arbeiten über
den kaiserlichen FZM. Grafen Dampierre. Aber nur kurze
Zeit währte dieses Aufblitzen liberaler Anschauungen; der
erste Nicht-Militär, dem der Zutritt in das Archiv gestattet
worden war, sollte auch Ursache werden, dass sich dasselbe
noch weit hermetischer nach Aussen hin verschloss, als dies
je der Fall war. Einzelne Publicationen Forster's in dem
zweiten Bande seines Werkes über den dreissigjährigen Krieg
erregten solchen Anstoss, dass auf Anordnung des Hof-
Kriegsraths-Präsidenten, FZM, Ignaz Grafen Gyulai, im
Jahre 1831 die Benützung der Archivalien durch Fremde
neuerdings eingestellt wurde. Selbst Marschall Marmont
und der vaterländische Geschichtsschreiber Graf Majlath
bemühten sich vergebens um den Eintritt in die Schriften-
Abtheilung,
Erst FML. Baron Rothkirch, dem das Kriegs- Archiv
seit seinem Bestehen so viel verdankte, brach als General-
Quartiermeister auch hier der Geschichtsforschung neuerdings
Bahn. Unter ihm begann seit 1838 eine der freien Forschung
höchst günstige Aera, die sich unter seinem gleichgesinnten
Nachfolger GM. Heinrich von Hess fortsetzte und bis in
die Gegenwart nicht mehr unterbrochen wurde.
Hervorragende Geschichtsschreiber und Forscher, wie
Professor Jäger, Hammer-Purgstall, Arneth, Majlath,
Hurter, Gindely, Beda Dudik, Onno Klopp, G. Wolf,
Helfert, Sybel und v. A. fanden in den Acten-Beständen
der Schriften- Abtheilung reichhaltigen Stoff zu ihren Werken.
3o I^^ Krieg 8- Archiv
Doch war die damalige Benützung der Actenschätze des
Kriegs-Archivs durch fremde Forscher verhältnissmässig gering
im Vergleiche zur Jetztzeit, wo fortwährend eine grosse An-
zahl in- und ausländischer Gelehrter zu den ständigen Be-
suchern des Kriegs- Archivs gehören.
III. Die topographische Abtheilung (Karten-Archiv, jetzt
Karten-Abtheilung). ^)
Während das Bedürfniss nach graphischer Terrain-
Darstellung, als Document betrachtet, im bürgerlichen Leben
verhältnissmässig spät ein allgemeines wurde, trat dasselbe
im Kriegswesen umso früher hervor.
Die Nothwendigkeit topographischer Behelfe zur Krieg-
führung wurde mit dem stetigen Fortschreiten der Kriegs-
kunst immer fühlbarer; da aber der niedere Stand der Topo-
graphie anfangs fast gar keine Anlehnung bot, so begann man
zuerst damit, die Schlachtfelder und täglichen Lagerplätze,
dann auch das von den Truppen durchzogene Terrain durch
eigens zu diesem Zwecke angestellte Zeichner (Dessineurs) '
ä la vue aufnehmen zu lassen. Auf diese Art entstanden jene
Albums mehr oder minder gelungener Croquis, w^elche einen
Hauptbestandtheil der »Plansammlung des Hof-Kriegs-
rathes« bildeten. Trotz der oft pedantischen, mitunter so-
gar künstlerischen Sorgfalt in der Ausfuhrung, konnten diese
» Pläne c doch kaum einen andern, als den ungenügenden
Werth von Landschaftsbildern beanspruchen, die höchstens
für tactische Zwecke einigen Nutzen gewähren mochten.
Günstigere Bedingungen fanden sich auf dem Gebiete
der Kriegs-Baukunst. Seit undenklichen Zeiten her in An-
wendung und durch hervorragende Capacitäten cultiviert,
hatte die Befestigung von Oertlichkeiten sich schon früh zur
Kunst entwickelt, die der bildlichen Darstellung nicht ent-
rathen konnte. Die hervorragende Rolle, welche Fortificationen
') Von 1801 — 1876 hiess sie > topographische Abtheilung« oder
»Abtheilung für Topographie und Karten wcsen«, von 1876— 1890 »Karten-
Archiv«, seit i8go »Karten-Abtheilung des k. und k. Kriegs-Archivs«.
von 1801 — 1875. 81
jeder Art in den Kriegen spielten, die einleuchtende Noth-
wendigkeit, die ebenso wichtigen, als kostspieligen Pläne und
Risse für den späteren Gebrauch aufzubewahren, hatte schon
längst zur Gründung des >Genie- Archivs« geführt, welches
einen wirklichen Schatz graphischer Behelfe für die Kriegs-
Baukunst in sich schloss, zur Zeit, wo die Terrain-Darstellung
noch in der Kindheit lag.
Diese Verhältnisse erhielten sich unverändert bis zum
siebenjährigen Kriege, wo das Bedürfniss nach einer ge-
naueren Kenntniss des Kriegs-Theaters besonders lebhaft her-
vortrat und eines der Hauptmotive war, welche zur Errichtung
des k. k. General-Quartiermeisterstabes, des jetzigen k. und k.
( ieneralstabes führten. *)
Die militärische Aufnahme wurde nach dem Kriege
ausschliesslich dem General -Quartiermeisterstabe übertragen
und im Gebiete der Topographie entwickelte sich nun eine
rege Thätigkeit, die besonders in den Regierungsjahren
Joseph IL zur höchsten Blüthe gelangte. Von dem Grund-
satze ausgehend: >dass man, um Länder gut zu regieren, sie
erst genau kennen müsse«,*-) ordnete dieser einsichtsvolle
Monarch die Aufnahme aller Provinzen des Staates an und
Dank der Fürsorge, welche er diesen Arbeiten zuwendete, waren
1787 alle österreichischen Erbländer, einschliesslich Ungarns
und der Niederlande, militärisch-ökonomisch aufgenommen.^)
Wenngleich sich diese topographischen Leistungen nicht
über das Niveau erheben konnten, welches durch den Stand
^) Die Einführungs-Verordnung bezeichnete als Zweck des General-
Quartier meiste rstabes ausdrücklich: »eine vollkommen genaue Kenntniss
der Länder, Strassen und Flüsse zu bekommen und den Armeen sowohl
zu den Lagern, als Märschen alle Vortheile und Bequemlichkeiten zu
erhalten«. — Militär-wissenschaftliche M^moircs; Kriegs Archiv.
') Handschreiben Joseph II. an die ungarischen Obergespane.
') 1766— 1768 die Marmaros; 1769 — 1778 das Banat und die Bezirke
der dortigen Grenz-Regimenter; 1769—1773 Siebenbürgen; 1769 Böhmen
(rcctificiert 1780—1783); 1770—1772 Ober-Ungarn; 1770—1774 die Nieder-
lande; 1773— 1781 das Erzhcrzogthum Oestcrrcich; 1774— 1786 die Militär-
Grenze sammt dem Provinciale; 1779 — 1781 Mähren und -Schlesien; 1781
bis 1784 Galizien; 1782— 1784 Ungarn; 1784— 17S5 Steyermark, Kärnthen
und Krain.
Geschichte it* Kriegt- Archivs. 6
82 ^^ Kriegs- Archiv
der Wissenschaft überhaupt, sowie durch die zu Gebote
stehenden Mittel bestimmt wurde, so waren doch diese
Arbeiten, die sogenannte >Josephinische Aufnahme«,
unstreitig in jener Periode die vorzüglichsten Leistungen auf
topographischem Gebiete und auf Jahrzehnte hinaus die Basis
fernerer Landes -Vermessungen.
Diese Fortschritte im topo- und kartographischen Fache
konnten nicht ohne Rückwirkung auf die archivalische Be-
handlung derartiger ErzeugTiisse bleiben.
Die umfassende, anhaltende und systematische Thätig-
keit in der Militär -Topographie forderte gebieterisch nicht
allein einen Central -Sammelpunct für die topographischen
Arbeiten, sondern auch eine nutzbringende Verwerthung der-
selben. FM. Lacy, der unermüdete Reformator der k. k.
Armee, erfasste auch diesen Gedanken und verwirfilichte ihn
durch die im Jahre 1764 durchgeführte Verschmelzung der
»Plan-Sammlung des Hof-Kriegsrathes« mit dem Genie- Archive.
Diese beiden, bis dahin von einander getrennt wirkenden
Institutionen bildeten von nun an die »topographische
Abtheilung« des hofkriegsräthlichen Archivs. Ihre Auf-
gabe war, nebst der Sammlung und Evidenthaltung der topo-
graphischen Elaborate, »von Ungarn, der Türkei und den
angrenzenden Provinzen eine Generalkarte zu entwerfen und
dann die Particularkarten anzufertigen«.
Die erste wissenschaftliche Verwerthung des topographi-
schen Acten-Materiales fällt in das Jahr 1779, wo Kaiser
Joseph IL, gleichsam als Ergänzung der im selben Jahre
angeordneten Verfassung der Geschichte einzelner Feldzüge *),
gleichzeitig eine chronologische Sammlung aller Pläne, Schriften,
Memoiren etc. verfügte, welche, »in eine Art Historie« zu-
sammengestellt, zur Belehrung der Generale und Officiere in
der Länderkenntniss dienen sollte.
Nach dem Tode Joseph IL und hauptsächlich in Folge
der Kriegswirren zu Ende des 18. Jahrhunderts beschränkten
sich die wissenschaftlichen Leistungen der topographischen
Abtheilung auf die theilweise Anfertigung von Karten und
') Siehe Seite 20.
von 1801 — 1875. 83
Plänen zum Gebrauche für die im Felde commandierenden
Generale.
Indess hatten die Arbeiten dieser Abtheilung, sowie die
von Kaiser Joseph 1782 angeordnete Einziehung topogra-
phischer Nachlässe höherer Militärs, endlich auch der Ankauf
auf Auctionen das topographische Materiale doch so vermehrt,
dass nach Auflösung der topographischen Abtheilung des
hofkriegsräthlichen Archivs im Jahre 1801 dem damsds in
das Leben gerufenen Kriegs- Archive eine reiche Sammlung
von Karten und Plänen erhalten blieb.
In dieser Neuschöpfung Erzherzog CarTs wurde das
Genie-Archiv wieder von der topographischen Abtheilung
des Hof-Krieg^rathes getrennt und diese letztere dem Kriegs-
Archive einverleibt.
Die Instruction von 1801 bezeichnet als Wirkungskreis
der topographischen oder Karten- Abtheilung: i. die militärische
Aufnahme ganzer Länder und Provinzen, erbländischer so-
wohl, als auch ausländischer; 2. die militärische Aufnahme
einzelner Gegenden und Situationen; 3. die Herstellung ge-
stochener Karten; 4. die Verfassung von Abhandlungen und
Vorschlägen, welche eine nähere Länderkenntniss gewähren;
5. Nachrichten und Verordnungen über die Erzeugung aller
Gattungen von Kriegsbedürfnissen in den Erblanden, wie
auch im Auslande, welches eventuell zum Kriegs-Theater
werden kann; 6. die Aufbewahrung der Original- Aufnahms-
Sectionen und Landesbeschreibungs-Memoiren, der Kupfer-
platten zu Kartenwerken und der mathematischen Instrumente
zur Ausrüstung der Mappierungs- Abtheilungen; endlich 7. die
Aufbewahrung der vorräthigen Karten und Pläne und die
Ausrüstung der Feld-Archive mit denselben.
Die topographische Abtheilung umfasste daher in ihrer
damaligen Organisation zum Theile die Wirkungs-Sphäre des
heutigen Militär-geographischen Institutes und des Landes-
beschreibungs-Bureaus und war gleichzeitig ein Karten-
Depositorium für die Armee.
Der ausserordentliche Eifer, mit welchem nach diesem
Zcitpuncte die Vervollständigung des Kriegs-Archivs über-
6*
84 I^A8 Kriegs- Archiv
haupt betrieben wurde, hob auch die Bestände der Karten-
Abtheilung schnell empor. Kaum ein Jahr nach ihrer Acti-
vierungf belief sich die Zahl der Karten auf 30.000. Mit
Ausnahme von Italien, Tyrol und West-Galizien waren voll-
ständige militärische Aufnahmen der Monarchie vorhanden;
an gezeichneten Campagne-Plänen war die Sammlung jener
aus dem siebenjährigen und dem Türkenkriege 1788 bis
1790 vollzählig, jene der Feldzüge aus der ersten Hälfte
des siebzehnten Jahrhunderts zum grösseren Theile im Be-
sitze der Karten -Abtheilung. Lückenhaft war damals nur
die Sammlung der Pläne aus den Feldzügen von 1795,
1796 und 1799 in Italien, da von diesen der grosste Theil
vor der Uebergabe Mantuas vernichtet wurde. Auch an
gestochenen Karten war die Sammlung nahezu vollständig,
da nur Russland und die Türkei in dieser Beziehung man-
gelhaft vertreten waren. Bezüglich des ersteren wurden
indess noch 1802 Massregeln getroffen, um das Fehlende
durch Ankauf zu ersetzen; vom osmanischen Reiche exi-
stierten überhaupt nur wenige, überdies höchst unvollkom-
mene Karten.
Dies war in allgemeinen Zügen der Grundstock, aus
dem sich die Karten-Abtheilung allmälich zu ihrem heutigen
Umfange entwickelte. Die Mittel hiezu waren anfanglich sehr
geringfügig; die Erträgnisse aus dem Verkaufe von Kupfer-
platten und älterem Materiale mussten die ersten Fonds
liefern. Auch als von 1802 angefangen fallweise grössere
Geldmittel zur Completierung des Kriegs-Archivs bewilligt
wurden, participierte die Karten- Abtheilung nur zum geringen
Theile daran, da die nothwendige Ergänzung der Kriegs-
Bibliothek in erster Linie berücksichtigt wurde, wie dies bei
dem damals so ungleichen Stande der Literatur und Topo-
graphie auch vollkommen gerechtfertigt war.
Eigene Erzeugung und Nachlässe höherer Militärs stellten
das weitaus grösste Contingent zur Vermehrung des Material-
Bestandes, ausserdem auch noch die zahlreichen, in den
Jahren 1 8 1 4 — 1 8 1 5 in Paris erbeuteten oder zurückgewonnenen
Archivalien.
von 1801-^1875. 85
Die Reorganisation von 18 17 — 18 18, welche an und für
sich den Wirkungskreis der topographischen Abtheilung ein-
engte, gieng überdies auch von dem Principe aus, dass es
sich nicht um die Anlegung einer vollständigen Sammlung
handle und Hess sich daher, was die Normen für Vermehrung
des Karten-Materiales betraf, vorherrschend von ökonomischen
Rücksichten leiten. Erst als seit 1827 auch diese Abtheilung
mit einer regelmässigen Jahres - Dotation versehen wurde,
konnten auch die Kartenankäufe gleichen Schritt mit den ge-
steigerten Anforderungen halten.
Die Vermehrung der Archiv-Bestände durch neuere Karten
änderte jedoch nichts an dem ursprünglich archivalischen
Charakter der Karten- Abtheilung.
Der Vorrath für die Feld- Archive, sowie die zur Be-
theilung der Truppen bestimmten Karten blieben stets von
den eigentlichen Archiv-Beständen getrennt; diese entwickelten
sich vom Anfange her stetig und umfassten:
it) Pläne von Festungen, Stellungen, Engpässen, Marsch-
lagern, Schlachten, Belagerungen; Operations-Pläne, Grenz-
karten, militärische Beschreibungen ganzer Länder oder Theile
derselben; Denkschriften, Recognoscierungen und Berichte,
welche nähere Kenntniss der Länder oder Aufschlüsse über
geschichtliche Ereignisse gewähren; Nachrichten über die
militärischen Hilfsquellen der Länder etc. etc.
/y Campagne-Pläne einzelner Feldzüge.
c) Kartenwerke.
Zur Evidenthaltung und Uebersichtlichkeit hatte schon
GM. Gomez 1802 einen Karten-Katalog anlegen lassen, der
jedoch nur für den internen Gebrauch bestimmt war. FML.
Radetzky Hess diese durch fortwährende Nachbesserungen
undeutlich gewordenen Protokolle 18 10 länderweise revidieren
und gab ihnen eine solche Einrichtung, dass fernere Correcturen
nicht leicht mehr vorkommen konnten.
Der erste gedruckte Katalog, welcher jedoch, sowie
alle später nachfolgenden nur die durch die Presse her-
gestellten Kartenwerke enthielt, erschien 1824 und wies auf
36 I^AS Kriegs-Archiv
263 Seiten 45 Atlanten und 1899 Kartenwerke mit 7143 Blättern
aus. Ein im folgenden Jahre ausgegebener Anhang zeigte
eine Vermehrung um 481 Kartenwerke in 13 16 Blättern.
Die 1859 veranstaltete Neuauflage umfasste den Inhalt der
beiden früheren Kataloge und specificiert einschliesslich des
1870 erschienenen Supplements den Stand des topographischen
Materiales mit 100 Atlanten und 4529 gestochenen Karten-
werken in 18.513 Blättern. Im Jahre 1875 wurde auch ein
auto-lithographisches Repertorium über sämmtliche, im ge-
druckten Kataloge nicht aufgenommene Handzeichnungen,
Manuscripte etc., jedoch nur für den internen Dienstgebrauch
zusam mengestellt.
In noch höherem Masse als die Benützung handschrift-
licher Actenstücke, war jene des topographischen Materiales
an die strengsten Vorschriften gebunden. Da dasselbe ur-
sprünglich fast ohne Ausnahme nur aus Handzeichnungen und
Denkschriften bestand, welche über die Wehrfähigkeit des
eigenen Staates oder der angrenzenden Länder Aufschluss
gaben, so ist es begreiflich, dass man nach Kräften sich be-
mühte, jedem Uneingeweihten den Einblick in diese werth-
voUen Documente zu verwehren.
Die Wandlungen, welche sich später in dieser Hinsicht
vollzogen, waren nicht allein von den Anschauungen der
massgebenden Persönlichkeiten, sondern auch durch die Fort-
schritte der Topographie und den hiedurch vergrösserten
Umfang der Karten- Abtheilung bedingt.
Schon Joseph IL und Erzherzog Carl hatten topo-
graphische Documente, wenigstens innerhalb der Armee, einem
grösseren Kreise zugänglich gemacht. Aber wenn noch 1802
ohne Anweisung von Seite des General-Quartiermeisters keine
Karten zur Benützung an Officiere verabfolgt werden durften
und zur Ausfolgung von Plänen die Ermächtigung durch
Erzherzog Carl erforderlich war, so konnte FML. Radetzky
mit Rücksicht auf den Stand der Topographie im Allgemeinen
schon 18 10 die Aufhebung der Geheimhaltung officieller
Karten und deren öffentlichen Verkauf beantragen. Diese
Erleichterungen bezogen sich jedoch nur auf gestochene
von 1801 — 1875. 87
Karten; Handzeichnungen und Pläne blieben hievon aus-
geschlossen. Die Instruction von 181 8 verbietet sogar die
Anbringung von Aufschriften an den Kasten, Enveloppes
und Fascikeln, damit > fremde Personen in dem vorhandenen
wichtigen Materiale nicht gleich Bescheid und ungefordert
nichts zu finden vermögen « *). Die Benützung war selbst für
die Officiere und höheren Militär-Beamten auf jene gestochenen
Werke beschränkt, welche zum näheren Verständnisse eines
aus der Kriegs-Bibliothek entliehenen Buches nothwendig
waren. Dem externen Publicum blieben die Pforten der Karten-
Abtheilung hermetisch verschlossen oder öffneten sich nur
ausnahmsweise in besonders rücksichtswürdigen Fällen. Erst
die Instruction vom Jahre 1864 hob die früheren Beschrän-
kungen grösstentheils auf und gestattete die Benützung des
topographischen Materiales der Karten-Abtheilung auch dem
grossen Publicum. Nur die Aufnahms-Sectionen blieben hier-
von ausgeschlossen, da selbst deren dienstliche Benützung
nur über schriftliche Ermächtigung des Generalstabes ge-
stattet war.
Diese Verhältnisse brachten es mit sich, dass während
der ersten drei Decennien jede andere als die dienstliche
Verwerthung des topographischen Materiales ausgeschlossen
blieb. Der erste Fall einer privaten Benützung kam 1 840 vor,
wo den Grafen Andrässy und Szechönyi die Copierung
einiger Blätter der ungarischen Aufnahme bewilligt wurde.
Von da an dauerte es wieder fünfzehn Jahre, bis Ministerial-
Secretär Valentin Ritter von Streffleur das Materiale zur
Anfertigung einer Schichtenkarte in der Karten-Abtheilung
sammeln durfte.
Nun aber begann eine neue Epoche, welche das bisher
nur im engsten Kreise bekannte Wirken der Karten-Abtheilung
in nähere Beziehung zur Oeffentlichkeit brachte.
Das sich so rasch entwickelnde industrielle Leben be-
durfte in vielen Fällen der Topographie als Basis; politische
und commercielle Interessen suchten und fanden eine Stütze
») HKR. 1818, G. Nr. 4229.
r> *■
88 Das Kriegs- Archiv
in dem topographischen Materiale des Kriegs- Archivs, welches
nunmehr in ausgiebigster Weise zu Rathe gezogen wurde.
Industrielle nicht minder, wie Gelehrte erhielten die Bewilli-
gung zur Benützung der Karten- Abtheilung; so z. B. wurde
1856 von dem Ober-Ingenieur Wex das topographische Ma-
teriale über sämmtliche Donau-Mündungen, 1857 von der
Louisenstrasse-Gesellschaft die Pläne des Velebit-Gebirges
und von dem schwedischen Major Klinkowström die Karten
der Schlachtfelder aus dem dreissigjährigen Kriege benützt.
1861 erbat sich die Verwaltung der Carl Ludwig-Bahn die
Aufnahmskarten der Walachei, 1 869 die Donau-Regiilierungs-
Commission die reambulierten Pläne der Umgebungen Wiens,
1870 die Erste österreichische SchifFfahrts-Canal-Actien-Gesell-
schaft die Pläne des Wiener-Neustädter Canales u. A.
Die Eigenthümlichkeit und der verhältnissmässig ge-
ringere Umfang des Materiales gestatteten der topographi-
schen Abtheilung, ihre Thätigkeit viel früher aufzunehmen,
als dies bei den übrigen Abtheilungen des Kriegs- Archivs
möglich war. Dieselbe hielt sich anfänglich strenge innerhalb
der durch die Instruction festgesetzten Grenzen, ohne nach
Aussen hin productiv zu werden, jedoch nach wenigen Jahren
schon trat auch die Karten-Abtheilung jenem militär-wissen-
schaftlichen Schaffen bei, welches das erste Decennium des
Bestandes des Kriegs-Archivs auszeichnet.
Erzherzog Carl übertrug die Herstellung der graphi-
schen Beilagen zu den 1806 in Angriff genommenen literari-
schen Arbeiten dem Kriegs-Archive. Der Bedarf belief sich
auf die vollkommene Herstellung von 25 Plänen für die
»Grundsätze der höheren Kriegskunst«, 45 Beilagen zu den
»Beiträgen zum practischen Unterricht im Felde«; 17 Pläne
für »die Terrainlehre« von Gomez und endlich auf die An-
fertigung sämmtlicher Beilagen für die »Oesterreichisch-militä-
rische Zeitschrift«.
Mit Rücksicht auf die mitunter starken Auflagen der
einzelnen Werke und den verhältnissmässig noch niederen
Stand der vervielfältigenden Kunst war die Aufgabe keine
geringe.
von 1801 — 1875. 89
Wohl erkennend, dass einer solchen Anforderung, welche
nicht zu dem systemisierten Ressort dieser Anstalt gehörte,
mit den vorhandenen Kräften nicht entsprochen werden
könne, verfugte der Erzherzog die Etablierung einer Kupfer-
stecher-Schule in der topographischen Abtheilung, welche
für die Ausbildung eines entsprechenden Personales geübter
Kupferstecher zu sorgen hatte. Diese Anstalt trat noch 1806
unter Leitung des Kupferstechers Ponheimer in das
Leben, dem als erste Eleven i Lieutenant, 2 Fähnriche und
4 Unterofficiere, die bereits einige Vorkenntnisse besassen,
zur Ausbildung zugewiesen wurden. Der beste Erfolg krönte
diese Bemühungen und schon nach 3 — 4 Monaten lieferte
die Abtheilung vollkommen brauchbare Arbeiten, die in fort-
währender Vervollkommnung bald keinen Vergleich mehr zu
scheuen hatten.
Auf solche Weise unterstützt, löste die topographische
oder Karten- Abtheilung ihre Aufgabe auf das glänzendste.
Es wurde ein eigener Zeichensaal eingerichtet, in welchem
22 Officiere und 8 Cadeten beschäftigt waren; später wurden
auch die Zöglinge des »Neustädter Cadetenhauses« (der The-
resianischen Militär-Akademie) und geübte Zeichner des Rom-
bardier-Corps zur Aushilfe beigezogen. Diese Arbeiten ab-
sorbierten bis 1809 alFe Kräfte der Karten- Abtheilung.
Beirrte diese neue Richtung auch in mancher Beziehung
den Detail- Ausbau der inneren Organisation, so erhob sie doch
die Karten- Abtheilung zu der ersten militär-topographischen
Anstalt in Oesterreich und die Nachtheile verschwanden
gegenüber dem Nutzen, welchen Heer und Staat aus den
Leistungen derselben zogen.
Der Krieg 1809 und die in Folge dessen noth wendig
gewordene Uebersiedlung nach Ungarn machte jeder ferneren
Thätigkeit auf geraume Zeit ein Ende. Nach wiederherge-
stellter Ruhe widmete sich die Karten-Abtheilung vorwiegend
ihrer instructionsmässigen Aufgabe, bis 1 8 1 3 die geometrische
Aufnahme der »Stell- und Verschanzungen der Franzosen
am Spitz und in der Lobau sammt Umgebung im Jahre 1809«
ausgeführt durch Oberstlieutenant Pokorny, die Zahl der
externen Arbeiter vermehrte.
QQ Das Kriegs-Archiv
Mit dem Jahre 1815 traten jedoch Verhältnisse ein,
welche das Wesen der topographischen Abtheilung allmälich
modificierten und ihre Wirkungs-Sphäre einschränkten.
In diesem Jahre gelangte Oesterreich mit der Ueber-
nahme der Lombardie zugleich auch in den Besitz des »Mai-
länder Militär-geographischen Institutes«, einer in
gr(*>sserem Massstabe angelegten topographischen Anstalt mit
einem vollständigen Personale geschulter Ingenieur-Geographen.
Die Concurrenz eines mit so überlegenen Mitteln arbeitenden
Institutes konnte nicht lange ohne Einfluss auf die Wirkungs-
Sphäre der topographischen Abtheilung des Kriegs-Archivs
bleiben; sie machte sich umso fühlbarer, als die Reorgani-
sation des Kriegs -Archivs vom Jahre 1817 — 181 8 die lite-
rarischen Arbeiten in demselben gänzlich einstellte und damit
auch der bisher vorwiegend topographischen Thätigkeit der
Karten -Abtheilung den Boden entzog. Anderseits konnten
aber auch der Kriegs-Leitung die Vortheile nicht entgehen,
welche der Besitz einer so vollkommen eingerichteten Anstalt,
wie es das Mailänder Institut war, bei richtiger Benützung
gewähren musste.
Die Erfindung der Lithographie durch Senefelder,
welche der Kartographie eine ganz neue Aera eröffnete, gab
zunächst Veranlassung zur Errichtung einer topographisch-
lithographischen Anstalt beim General-Quartiermeister-
stabe in Wien und nichts. lag nun näher, als eine Vereini-
gung derselben mit dem Mailänder Militär-geographischen In-
stitute, welche denn auch 1 8 1 7 im Principe beschlossen wurde.
Hiemit war die Entscheidung über die künftige Gestaltung der
topographischen oder Karten-Abtheilung des Kriegs-Archivs
gefallen. ,
Wenn auch die Instruction Prochaska's vom Jahre 181 8
die Rückführung derselben zu ihrer ursprünglichen Bestim-
mung, nämlich der einer vorherrschend archivalischen Thätig-
keit, nicht ausdrücklich aussprach, so war dies wohl nur eine
Folge der noch nicht definitiv durchgeführten Vereinigung
beider oben erwähnten topographischen Institute. Indess be-
zeichnet der Wortlaut der Instruction deutlich genug den
von 1 801 — 1875. gi
ferneren Wirkungskreis der Karten- Abtheilung, von deren
Vorstande nur »gründliche Kenntnisse in der Geographie
überhaupt und vorzüglich der europäischen Länder von den
ältesten Zeiten bis auf das jetzige Steiatensystem«, dann eine
richtige Beurtheilung der neu zu acquirierenden Kartenwerke
gefordert wird, während die früher als unerlässlich geltende
Befahigxing: die Herstellung neuer Kartenwerke zu leiten,
nicht weiter erwähnt wurde.
In der That beschränkte sich die Wirkungs-Sphäre der
Karten- Abtheilung von diesem Zeitpuncte an auf die archi-
valische Behandlung des vorhandenen und neu zuwachsenden
Materiales, dann auf die Aufbewahrung der Mappierungs-
Instrumente und der Kupferplatten früher erzeugter Karten.
Die militärische Beschreibung Italiens im Jahre 18 18
ist das letzte selbstständige, innerhalb der Karten- Abtheilung
des Kriegs - Archivs ausgeführte Elaborat dieser Gattung.
Von 1 8 1 9 an war ihre Thätigkeit ausser der Obsorge für die
Feld- Archive und die Karten-Rectificierung, auf vorbereitende
oder solche Arbeiten angewiesen, die dem nunmehr rein archi-
valischen Charakter der Anstalt entsprachen, so z. B. die
Zusammenstellung der Materialien zur Landesbeschreibung
Ungarns (1828) und jener zu einer Karte des osmanischen
Reiches (1830), mit deren Ausführung der damalige Haupt-
mann des Ingenieur-Corps Hauslab') beauftragt war. Pline
der vorzüglichsten Arbeiten war die 1844 für die k. k. Haus-,
Hof- und Staatskanzlei angefertigte Serie von Karten, welche
auf Grund authentischer Documente die Besitzveränderungen
Oesterreichs seit Rudolph von Habsburg bis auf die Gegen-
wart, mit Rücksicht auf Begrenzung, Flächeninhalt und Be-
völkerung in übersichtlicher Weise darstellen.
Als endlich 1839 die Vereinigung des ehemaligen Mai-
länder Militär-geographischen Institutes mit der topographisch-
lithographischen Anstalt des General - Quartiermeisterstabes
perfect geworden war und aus diesen beiden das Militär-
geographische Institut hervorgieng, übernahm dieses auch
ausschliesslich alle Leistungen auf kartographischem Gebiete.
*) Gestorben als Feldzeugroeister in Wien am 11. Februar 1S83.
g2 1^*8 Kriegs- Archiv
Die Karten- Abtheilung dagegen hatte die Evidenthaltung und
Rectificierung der vorhandenen Kartenwerke, dann die Zu-
sammenstellung und Aufbewahrung des nothwendigen Karten-
vorrathes für eine eventuelle Betheilung der Armee im Kriegs-
falle zu besorgen.
Wie gering^gig diese Anforderungen auch auf den
ersten Blick erscheinen mögen, so wuchsen sie doch im Laufe
der Zeit zu einer nicht zu bewältigenden Last. In den ersten
Decennien, welche auf die Reorganisation von 1817 — 18 18
folgten, war sowohl die Evidenthaltung des Karten vorrathes,
als auch dessen Rectificierung keinen besonderen Schwierig-
keiten unterworfen. Anders aber gestaltete sich die Sache,
als durch die ungeahnte Vervielfachung der Communications-
mittel und die nicht minder grossartige Entfaltung der Karto-
graphie nicht allein die Zahl der nothwendigen Karten in
das Ungemessene wuchs, sondern auch deren fortwährende
Richtigstellung nahezu unmöglich wurde. Allerdings lag auch
hier in dem Uebel selbst zugleich eine theilweise Abhilfe,
indem als Folge der ausserordentlichen Leistungen des Militär-
geographischen Institutes in der schnellen Vervielfältigung
kartographischer Erzeugnisse der Kartenvorrath der Karten-
Abtheilung im Jahre 1870 um 191 2 Exemplare in 22.000 Blät-
tern vermindert werden konnte. Trotzdem erreichte der
bleibende Rest immer noch die enorme Ziffer von 1,606.500 Blät-
tern, deren fortwährende Rectificierung nach den sehr häufigen
Veränderungen offenbar nicht durchführbar war. Dies führte
1871 zu der Anordnung, die sämmtlichen K arten vorräthe
schon im Frieden an die Militär-Territorial-Behorden zu ver-
theilen, welche dann die nothwendigen Berichtigungen nur
für den Umfang des eigenen Territoriums auf je einem Blatte
vorzunehmen und diese Evidenzblätter in bestimmten Zeit-
räumen dem Militär - geographischen Institute einzusenden
haben. Diese Anstalt hielt die einlaufenden Berichtigungen
in genauer Evidenz, so dass im Falle einer Mobilisierung
den höheren Commanden und Stäben bis zum Tage der Aus-
gabe richtiggestellte, auf Hanfpapier abgezogene Karten
binnen kürzester Frist geliefert werden konnten. Die übrigen.
von 1801— 1875. 93
bei den Territorial-Behördcn vorräthigen, nicht rectificierten
Karten wurden im Mobilisierungsfalle den Truppenstäben
zur Deckung des augenblicklich dringendsten Bedarfes ver-
abfolgt.
Die Ausfuhrung dieser Massregel, welche im Wesent-
lichen auch heute noch Geltung hat, wurde zu Anfang 1873
beendet. Der Karten-Abtheilung fiel sonach ausser den archi
valischen Arbeiten nur noch die Rectificierung der zum
leihw^eisen Gebrauche bestimmten in- und ausländischen
Kartenwerke zu.
Durch diese Reformen einer, alle Kräfte in Anspruch
nehmenden Verpflichtung entledigt, nahm die topographische
oder Karten- Abtheilung ihre kartographische Thätigkeit wieder
auf und trat schon 1873 mit einer graphischen Darstellung
der allmälichen Erweiterung Wiens vor die Oeffentlichkeit.
Kurz darauf folgte eine von Hauptmann Fritz ausgeführte
Arbeit von historisch- wissenschaftlich em Werthe: die Staaten-
Veränderungen in Europa vom Ausbruche der franzosischen
Revolution bis zur Gegenwart (1789— 1872), graphisch dar-
gestellt auf 10 Exemplaren der Karte Europas von Sehe da
und erläutert durch zwei Hefte Text.
Mit der Herausgabe der >Feldzüge des Prinzen Eugen
von Savoyen« eröffnete sich der Karten- Abtheilung neuer-
dings eine ehrenvolle Thätigkeit, ähnlich der, wie sie zu
Anfang des 19. Jahrhunderts von Erzherzog Carl inauguriert
wurde. Der streng historische Charakter dieses Werkes forderte
auch eine demselben nach jeder Richtung entsprechende
Bearbeitung der graphischen Beilagen. Diesen Anforderungen
nachzukommen war nur die Karten-Abtheilung in der Lage,
welche in ihren werthvollen Archivallen die besten und
authentischen Quellen über jene Periode besitzt. Die unter
Mitwirkung des Militär-geographischen Institutes erschienenen
Beilagen zu dem genannten Werke haben allgemeine, beide
Anstalten ehrende Anerkennung gefunden, welche durch die
in dem folgenden Abschnitte zu erwähnenden weiteren
Leistungen noch erheblich gesteigert wurde.
g^ Das Kriegs-Archiv
IV. Die Kriegs-Bibliothek (jetzt Bibliothek-Abtheilung).
Unter den Abtheilungen des Kriegs-Archivs ist die
Kriegs-Bibliothek jene, welche sich, obwohl zuletzt und aus
ganz unscheinbaren Anfangen entstanden, doch am raschesten
zu einem in sich selbst geschlossenen Institute entwickelte.
Aus der Verlassenschaft des FML. Bohn angekaufte
militär- technische Werke, einige Exemplare des Polybius,
im Ganzen 150 Bände, waren die ersten Bestände der jetzt
so hoch entwickelten Anstalt. Diese ursprünglich im Genie-
Archive aufbewahrten Bücher bildeten sammt diesem seit
1776 einen integrierenden Bestandtheil des damaligen hof-
kriegsräthlichen Archivs.
Auch das Gründungs-Statut des Kriegs- Archivs wies
dieser »Bücher-Sammlung« keine selbstständige Stellung zu.
Die Geringfügigkeit ihrer Bestände und der einseitige Inhalt
derselben Hessen sie nur als ein Supplement der handschrift-
lichen Acten erscheinen, als welches sie der topographischen
Abtheilung des Archivs einverleibt wurde. Indess währte
dieser Zustand nur kurze Zeit. Der schaffende Geist, welcher
das Kriegs-Archiv in das Leben gerufen hatte, legte auch
den Grund zum Aufblühen der so lange vernachlässigten
Bücher-Sam ml ung.
Die Ende 1801 von Erzherzog Carl angeordneten kriegs-
geschichtlichen Arbeiten waren Anlass zu der ersten Ver-
mehrung der Bibliothek; weil das zur Verfügung stehende
handschriftliche Materiale nicht hinreichte, um den historischen
Arbeiten die nothwendige Bestimmtheit und Vollständigkeit
zu geben, so wurde dasselbe durch den Ankauf der besten
älteren und neuen kriegswissenschaftlichen Werke ergänzt.
Schon Ende 1802 konnten 1500 Bände den Officieren des
General-Quartiermeisterstabes und der Garnison zur Benützung
»in und ausser Haus« übergeben werden. Die Fürsorge, welche
man seitdem der Bibliothek zuwandte, beförderte überraschend
schnell die Entwicklung derselben.
Anfangs 1808 hatte sich der Bücherstand so vermehrt,
dass weder die Räume, noch das Personale der topographischen
von 1801— 1875. Q5
Abtheilung genügten, den erhöhten Anforderungen gerecht
zu werden. Die Trennung dieser nunmehr ganz heterogenen
Arbeiten und die Constituierung der Bücher-Sammlung als
selbstständige Abtheilung des Kriegs-Archivs war nicht mehr
zu umgehen; noch in demselben Jahre wurden daher der
Bibliothek gesonderte Räumlichkeiten zugewiesen und Haupt-
mann Aigner zum Bibliothekar ernannt. Die bisherige Be-
zeichnung wurde jedoch nicht geändert: erst 181 1, als die
bereits auf fast 5000 Bände angewachsene Sammlung über
Anordnung FML. R a d e t z k y*s nach wissenschaftlichen
Materien geordnet aufgestellt wurde, erhielt sie die Benennung
iKriegs-Bibliothek« *).
Vom Jahre 18 10 an nahm der Entwicklungsgang der
Kriegs-Bibliothek immer günstigere Verhältnisse an. FML.
Radetzky, welcher dieselbe zu einem in jeder Hinsicht
mustergiltigen Institute emporheben wollte, zog sie in den
Bereich der Verbesserungen, welche das Kriegs- Archiv über-
haupt durch ihn erhielt. Er veranlasste die Classificierung
der Werke nach wissenschaftlichen Grundsätzen und gab die
ersten regelnden Normen für die Vermehrung und Benützung
der Bibliothek. Entsprechend der Idee, ein militärisches Central»
Archiv zu schaffen, die alle Instructionen Radetzky's in
dieser Hinsicht durchzieht, sollte auch die Kriegs-Bibliothek
alle Zweige des Wissens umfassen. Kriegsgeschichte, Kriegs-
wissenschaft, Geschichte, Geographie, Statistik, Politik. Philo-
sophie, Mathematik, Astronomie, nicht minder medicinische
und juridische Werke waren in das Programm der Bibliothek
aufgenommen. Ausserdem öffnete Radetzky auch der Tages-
Literatur den Zutritt in die Kriegs-Bibliothek; insofcrne es
der eigentliche Zweck dieser Anstalt zuliess, sollten weder
gute Zeitschriften, noch politische oder statistische Schriften
fehlen, letztere jedoch nur dann, wenn sie nicht augenschein-
lich nur ephemeren Charakters wären, »die ihr Leben nur
von Messe zu Messe fristen'.
Selbst die höchst ungünstigen Zeitverhältnisse konnten
den Aufschwung nicht hemmen, den die Einrichtungen I'ME.
') Diesen Namen führte sie bis iScjo; seit dieser Zeit heisst sie
> Bibliothek-Abtheilung des k. und k. Kriegs-Archivs«.
q6 ^*s Kriegs-Archiv
Radetzky's angebahnt hatten; die Kriegs-Bibliothek ent-
wickelte sich stetig fort und wies 1818 einen Bücherstand
von nahezu 10.000 Bänden aus.
Was die Benützung der Bibliothek betrifft, so wurden
seit Beginn des Jahres 1 803 den Officieren und Militär-Beamten
in Wien Bücher nach Hause erfolgt, aber Ende 181 4 wurde
diese Verfugung wieder aufgehoben und im Locale des
Kriegs - Archivs ein öffentliches Lesezimmer eingerichtet,
welches mit i. Januar 181 5 eröffnet wurde. Allein die eng-
herzigen Benützungs-Normen und der Umstand, dass der Dienst
der Officiere und die Amtsstunden der Militär-Beamten mit
den zur Lesezeit bestimmten Stunden (8 Uhr Vormittag bis
2 Uhr Nachmittag) zusammenfielen, machen es erklärlich, dass
fast Niemand von dieser Einrichtung Gebrauch machte. Diese
Umstände und die Absicht, eine Anstalt, auf welche der
Staat so viele Kosten verwendete, möglichst gemeinnützig
zu machen und den Officieren Gelegenheit zu ihrer Ausbildung
zu verschaffen, bewogen den FML. Prochaska, die frühere
Benützungsart wieder einzuführen und die Verabfolgung der
Bücher an Officiere und Militär-Beamte nach Hause zu ge-
statten. Die Ausgabe und die Rückstellung der Bücher fand
nur einmal monatlich und zwar die Ausgabe am ersten
Dienstag, die Rückstellung am letzten Samstag jedes Monats
statt') und daraus lässt sich schliessen, dass die Zahl der
ausgegebenen Bücher nicht allzu gross gewesen sein mag.
Die Reform, welcher 181 7 — 1818 das gesammte Kriegs-
Archiv unterzogen wurde, blieb auch nicht ohne Einfluss
auf die Kriegs - Bibliothek. Als ein integrierender Theil
des Kriegs -Archivs musste sie auch an allen Wandlungen
theilnehmen, welche den Wirkungskreis und die Ziele des-
selben modificierten. Während die Kriegs-Bibliothek in den
beiden ersten Decennien ihres Bestehens fast alle Zweige
des Wissens umfasste, beschränkten sie die Reformen von
181 7 — 18 18 auf die rein militär - wissenschaftliche Sphäre.
Naturhistorische, medicinische und philosophische Werke, mit
') HKR, 1818, G. Nr. 634 und 4229.
von 1801 — 1875. Q7
Ausnahme der mathematischen Disciplinen, blieben fortan
ausgeschlossen; von juridischen Werken waren nur jene ge-
stattet, die auf die Militär-Rechtspflege Bezug hatten. Sämmt-
liche Werke wurden in vier Hauptclassen getheilt, die zugleich
den Umfang der Kriegs-Bibliothek in fachwissenschaftlicher
Hinsicht bezeichneten und zwar: I. Kriegswissenschaften,
IL Geschichte und Politik, III. Geographie und Statistik,
rV. Hilfswissenschaften.
Da es nach dem Wortlaute der Instruction nicht beab-
sichtigt war, eine grosse, vollständige Bibliothek aufzustellen,
so musste sich die Neuanschaffung von Büchern nur auf
Werke von anerkannt classischem Werthe beschränken und
durften in der Regel auch diese nur in je Einem Exem-
plare angekauft werden. Im Allgemeinen galt die mög-
lichste Vervollständigung jener Werke, welche auf die
österreichische Monarchie in irgend welcher Richtung Bezug
nahmen, als Richtschnur für alle ferneren Ergänzungen der
Bibliothek.
Der Bibliothekar, von dem die Kenntniss »mehrerer
der vorzüglichsten europäischen Sprachen, eine ausgebreitete
und auserlesene Belesenheit in der Welt- und Kriegsgeschichte,
dann gründliche Kenntnisse in der Geographie, Statistik,
Mathematik und in den Kriegswissenschaften« gefordert wurde,
hatte die Recensionen über alle neuerscheinenden Werke und
den Vorschlag zum Ankauf derselben zu verfassen. Der Archiv-
Director und in letzter Instanz der General -Quartiermeister-
stab entschied über die Zulässigkeit der vorgeschlagenen
Werke.
Die Anschaffung von Zeitschriften, welche für den Dienst-
gebrauch des Hof-Kriegsrathcs und des General - Quartier-
meisterstabes bestimmt waren, wurde jährlich vom Kriegs-
Präsidium besonders angeordnet.
Aehnlich wie bei der Schriften-Abthcilung, hatte die
Zurückfuhrung der Gesammtthätigkeit auf einen engeren
Wirkungskreis auch bei der Kriegs-Bibliothek eine umso
nachhaltigere Consolidierung der internen Verhältnisse zur
G«Khicbtc des Krie(t*Afchivt. 7
gg Das Kriegs- Archiv
Folge. Zwanzig Jahre nach ihrer Gründung entbehrte die
Kriegs-Bibliothek bei einer überraschend schnellen Entwicklung
und stetig zunehmenden Vcrgrösserung noch immer des für
den allgemeinen Gebrauch unentbehrlichen Hilfsmittels, näm-
lich eines geordneten, übersichtlichen Bücher -Verzeichnisses.
Die Katalogisierung vom Jahre 1810 war allerdings nach
wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen worden, allein
sie w^ar blos für den Amtsgebrauch berechnet und wurde in
den folgenden Jahren nicht immer mit der erforderlichen
Genauigkeit fortgesetzt.
Nach der Reform von 181 7 — 181 8 erschien das Bedürfniss
nach einem geordneten Kataloge umso unabw^eislicher, als
in Folge des geänderten Umfanges der Bibliothek eine grosse
Anzahl von Büchern ausgeschieden werden musste, wie z. B.
sämmtliche medicinischen Werke, die der Josephs- Akademie
überlassen wurden.
Die Instruction für die Kriegs-Bibliothek hatte auf diesen
Umstand Bedacht genommen und die bezüglichen Vorarbeiten
noch 18 19 angeordnet. Fast gleichzeitig mit der Vollendung
des grossen, wissenschaftlichen Kataloges, dem eigentlichen
Grundbuche der Kriegs-Bibliothek, erschien 1825 auch der
erste gedruckte Bücherkatalog, 564 Seiten stark, ohne
alphabetische Ordnung und ohne Index. Erst der auf dem
Gebiete der militärischen Literatur bestens bekannte Major
Schels begann als Vorstand der Kriegs-Bibliothek (1831 bis
1847) die Anlage eines alphabetisch geordneten Bücher-
kataloges, der nach den von ihm aufgestellten Grundsätzen
vollendet, im Jahre 1853 veröffentlicht wurde. Dieser zweite
Katalog weist auf 938 Seiten 8817 Werke in 20.843 Bän-
den aus, jedoch ebenfalls noch ohne ein alphabetisches
Register.
Major Schels hat sich unstreitig grosse Verdienste um
die Kriegs -Bibliothek erworben; unter der Leitung dieses
literarisch hochgebildeten Vorstandes erhob sie sich aus den
Banden des Kanzlei wesens zu einem wissenschaftlichen Institute.
Auch seine Nachfolger, die Oberste Pannasch und Beck, dann
Major Gugg von Guggenthal, bauten rüstig auf dem so gut
vorbereiteten Grunde weiter ; den Anforderungen der Neuzeit ent-
von 1801 — 1875. QQ
sprechende Einrichtung-en erhielt die Kriegs-Bibliothek jedoch
erst unter der Leitung des Vorstandes Oberstlieutenant Appel
(1865 — 1876). Grründliche, umfassende Bildung, gediegenes
historisches Wissen vereinten sich bei ihm mit selbstloser
Hingebung für sein Fach und einem ungewöhnlich treuen
Gedächtnisse. Diese Eigenschaften ermöglichten es ihm, in
verhältnissmässig kurzer Zeit die Sichtung der aus der Ver-
lassenschaft des Generals Vaccani angekauften Bibliothek
durchzufuhren, wodurch die Kriegs-Bibliothek um 281 vor-
zügliche Werke bereichert wurde. Von Oberstlieutenant
Appel rührt unter Anderem nicht allein der erste voll-
ständige Bücherkatalog her, w^elcher 1869 erschien, sondern
auch die Anlage eines Standorte -Kataloges, durch welchen
die Revision des vorhandenen Materiales leichter erfolgen
konnte.
Die durchgreifenden Verbesserungen, welche besonders
während dieser letzteren Epoche in den internen Verhält-
nissen der Kriegs - Bibliothek durchgeführt wurden, ermög-
lichen es, das allmäliche Anwachsen der Bücherbestände
vom Zeitpuncte der Gründung des Kriegs- Archivs an zu ver-
folgen.
Eine statistische Zusammenstellung, welcher die ursprüng-
lich vorhandenen 150 Bände aus dem Bohn'schen Nachlasse
als Ausgangspunct dient, giebt eine Uebersicht der Bücher-
bestände in der Zeit bis 1875, aus denen der Zuwachs an
Büchern in den einzelnen Zeitperioden ersichtlich ist. Es sind
demnach zugewachsen : von 1801 — 1852 8817 Werke in
20.843 Bänden; von 1853 — 1867 5271 Werke in 11. 491 Bänden;
von 1868 — 1869 763 Werke in i486 Bänden und von 1870
bis 1875 2198 Werke in 4399 Bänden.
Ebenso rasch wie der Bücherstand vermehrte sich in
der Kriegs-Bibliothek die Zahl der Zeitungen. Durch FML.
Radetzky 18 10 in das Programm der Bibliothek aufgenommen,
hatte sich diese Neuerung so sehr bewährt, dass sie auch die
Reorganisation von 181 7 — 18 18 überdauerte, trotzdem diese
Tagesblätter bei dem fast gänzlichen Mangel an Fach-Zeitungen,
vorherrschend politischen Inhaltes waren.
7*
loo ^^ Kriegs- Archiv
Im Jahre 1820 verfugte die Kriegs-Bibliothek über 15
Zeitungen^); 16 Jahre später war deren Zahl bereits auf 29
gestiegen und Ende 1875 repräsentierten 88 der her\'or-
ragendsten politischen und Fach-Blätter die Tages-Literatur
aller gebildeten Nationen.
Unter den früheren Censur -Verhältnissen litt die Ent-
wicklung der Kriegs- Bibliothek allerdings insofeme, als durch
dieselben der Bücher- Ankauf im Allgemeinen beschränkt
wurde. Bemcrkenswerth aber ist, dass der Besitz verbotener
Bücher der Kriegs-Bibliothek nicht nur nicht verwehrt, son-
dern deren Erwerb unter gewissen Bedingungen sogar ge-
fördert wurde. Am 3. Juni 1827 erliess die »Oberste Polizei-
Hofstcllec an die Censur-Behorde den Befehl, alle in den
\'erlassenschaftcn von Militär-Personen vorgefundenen ver-
botenen Bücher auf Verlangen der Kriegs- Archivs-Direction
ohneweiters der Kriegs-Bibliothek auszufolgen. Von der all-
gemeinen! Benützung waren derlei Bücher jedoch ausgeschlossen
und durften nur mit besonderer Bewilligung von Seite der
Archivs-Direction oder des General-Quartiermeisterstabes aus-
gefolgt werden.
Die Ausgaben für »Bücher und Karten € beliefen sich
1806 auf 4102 fl., stiegen bis 18 10 auf 8400 fl. und sanken
181 8 auf 2105 fl. Silbermünze und 676 fl. in Einlösungs-
scheinen. Erst 1827 wurde eine fixe Jahres-Dotation von 3000 fl.
für Bücher bestimmt. Der steigende Bedarf erhöhte diese
Dotation bis zum Jahre 1854 allmälich auf 5000 fl. und 1873
auf Oooo, wx»lche Summe auch bis Ende 1875 nicht geändert
wurde.
Hinsichtlich der Beschaffung von Zeitungen bestanden
im Allgemeinen die gleichen Verhältnisse, nur wurden die
hierauf verwendeten Beträge besonders verrechnet, weil das
') Moniteur; Vrai liberal; Minerve fran9aise; Conservateurj Journal
de Francfort; Allgemeine Zeitung; Aarauer Correspondent; Oppositions-
Blätter; Neue Naiional-Chronik der Deutschen; Literarisches Wochenblatt;
Preussische Staats-Zeitung; Russischer Invalide; Oesterreichischcr Beob-
achter; Wiener Zeitung.
von 1801— 1875. lOi
Abonnement auf Tagesblätter nur im Auftrage des Kriegs-
Präsidiums, ohne Vorschlag von Seite des Bibliothekars, ein-
geleitet wurde. Die erste Anschaffung 18 10 betrug 231 fl. in
Bankozetteln und 151 fl. in Silber; im Jahre 18 18 261 fl. in
Silber und 2118 fl. in Einlösungsscheinen. Gleichzeitig mit
den Auslagen für Bücher wurden 1827 auch jene für Zeitungen
und zwar mit einer Jahres-Dotation von 600 fl. festgesetzt;
seit 1854 sind jedoch die Abonnements- Gelder in der Gesammt-
Dotation mit inbegriffen.
Zur richtigen Beurtheilung des Verhältnisses der ma-
teriellen Mittel zu den Resultaten ist nicht nur auf den, gegen
heute bedeutend höheren Preis aller literarischen und journa-
listischen Erzeugnisse, sowie auch auf die, von 1 8 n an, lange
Jahre dauernde Entwerthung der Valuta Rücksicht zu nehmen,
sondern auch darauf, dass der zu Ende 1875 ausgewiesene
Bücherstand bei Weitem nicht die richtige Ziffer der that-
sächlich gemachten Anschaffungen darstellt.
So wie das Kriegs- Archiv im Ganzen, hatte vornehmlich
die Kriegs-Bibliothek mit dem Mangel genügender Räumlich-
keiten zu kämpfen. Mehr als einmal kam es vor, dass ein
Theil der Bücher und 1826 — 1827 durch volle acht Monate
sogar die ganze Kriegs-Bibliothek in Kisten verpackt der
Benützung entzogen werden musste, weil die nöthigen Ubica-
tionen zur Aufstellung fehlten. Die Kriegs-Bibliothek war
daher aus diesem Grunde genöthigt, wiederholt ihre Bestände
zu vermindern. Ausser der bereits erwähnten Abgabe der
Bücher medicinischen Inhaltes an die Josephs- Akademie wurden
unter Anderem 1838 fast sämmtliche Doubletten an die Militär-
Akademie in Wiener-Neustadt und 1872 die gesammte ehe-
malige Veroneser Garnisons-Bibliothek der Kriegsschule in
Wien abgetreten und einzelne Regiments-Bibliotheken durch
Ueberlassung überzähliger Werke ergänzt.
Diesen Verhältnissen gegenüber erschienen die Resultate
umso grösser; sie konnten auch nur durch eine weise Oeko-
nomie und die umsichtige Benützung der vortheilhaftesten
Bezugsquellen erreicht werden.
102 I^*' Kriega-Archiv
V. Die Abtheilung für kriegsgeschichtliche Arbeiten, später
Generalstabs-Bureau für Kriegsgeschichte J)
Nicht minder als die zur Sammlung und Erhaltunjg^
der Archivalien bestimmte Abtheilung des Kriegs-Archivs
war auch die mit der Vervverthung der Archivalien be-
traute kriegsgeschichtliche oder literarische Abtheilung durch
die Kriegsereignisse, durch den beständigen Wechsel des
Personales und die Verwendung der Officiere zu verschiedenen
anderen, ihrer eigentlichen Bestimmung ganz ferne liegenden
Arbeiten in ihrer Thätigkeit gehindert.*-^ In seinem Berichte
vom IQ. Februar 1817 über das k. k. Kriegs- Archiv ') ens'ähnt
FML. Prochaska diese Mängel und zählt die bis dahin ver-
fassten kriegsgeschichtlichen Arbeiten auf, nämlich die
Feldzüge:
I. Am Rhein, in Frankreich und den Niederlanden.
1792 am Rhein, in Frankreich und den Niederlanden,
von FML. Gomez;
1793 am Rhein und in den Niederlanden, von FML.
Stutterheim;
1794 in den Niederlanden und am Rhein, von Haupt-
mann Troyer;
1795 in Deutschland, von Hauptmann (Major) Danzer
des General-Quartiermeisterstabcs ;
1796 in Deutschland, von Major Danzer und Oberste
lieutenant Svoboda;
1798 und 1799 in Deutschland, Tyrol und der Schweiz,
von Major Ernst des General -Quartiermeisterstabes;
1805 in Deutschland und Italien, von Oberstlieutenant
Mayer von Heldcnsfeld des General-Quartiermeisterstabes.
') Anfänglich wurde diese Abtheilung verschiedentlich benannt, als:
»Abtheilung für geschichtliche Arbeitenc, »literarische Abtheilung«, »Ab-
theilung des historischen Faches« u. s. w. — HKR. 1818, G. Nr. 634.
') Siehe oben Seite 66 ff.
^) HKR. 181S, G. Nr. 634.
von 1801— 1875. 103
2. In Italien.
1792, vom Archivs-Director FML. Gomez;
1793, 1794, 1795 und zum Theil 1796, von FML. Stutter-
heim;
1798 und 1799, von FML. Gomez;
1800, von GM. Chevalier de Geppert.
Unter allen diesen Arbeiten bezeichnet FML. Prochaska
in seinem erwähnten Berichte vom 19. September 181 7 jene
des Hauptmannes Troyer über den Feldzug am Rhein und
in den Niederlanden vom Jahre 1794 als die gelungenste und
gehaltreichste, während die übrigen Feldzüge ohne einen zu
Grunde gelegten allgemeinen und einheitlichen Plan jeder
anders nach dem Geiste und der Ansicht der verschiedenen
Verfasser bearbeitet wurden und daher als selbstständige
Werke, nicht als Theile einer einheitlichen, zusammen-
hängenden Kriegsgeschichte betrachtet werden können.
Die Resultate einer mehr als fünfzehnjährigen Erfahrung
hatten gegen Ende des zweiten Decenniums des Bestandes
des Kriegs-Archivs eine präcisere Unterscheidung zwischen
der conservierenden und verwerthenden Thätigkeit desselben
wünschenswerth erscheinen lassen. FML. Graf Radetzky
hatte zwar schon 18 10 diese beiden Functionen insofern ge-
schieden, als er die wissenschaftliche Ausnützung der Archi-
valien der speciellen Leitung des Oberstlieutenants Baron
Rothkirch unterstellte, während jene der rein archivalischen
Thätigkeit der Archivs-Direction vorbehalten blieb. Diese
Massregel enthielt jedoch keine definitive Trennung im eigent-
lichen Sinne, sondern nur eine mehr oder minder verclausu-
lierte Coordination der beiden leitenden Organe. Immer noch
war das Kriegs- Archiv der Stammkörper, die Abtheilung fiir
die wissenschaftliche Verwerthung ein integrierender Bestand-
theil desselben und von 18 13 an begann selbst auch die von
FML. Radetzky gezogene Unterscheidung allmälich wieder
zu schwinden.
Erst die Reorganisation vom Jahre 18 18 setzte in end-
giltiger Weise die definitive Trennung dadurch fest, dass sie
I04 ^A> Kriegs-Archiv
die wissenschaftliche Bearbeitung der Archivalien ausschliess-
lich dem Generalstabe überwies und zu diesem Zwecke eine
eigene Abtheilung desselben schuf. Die dienstliche Bezeich-
nung derselben w^ar in der ersten Zeit keine fest bestimmte;
sie hiess wechselnd »kriegsgeschichtliche Abtheilung«, »Ab-
theilung für kriegsgeschichtliche Arbeiten« und »General-
stabs-Bureau für Kriegsgeschichte«, welch letztere Be-
nennung zuletzt beibehalten wurde. Die intellectuelle Leitung
der kriegswissenschaftlichen Arbeiten wurde dem Obersten
Baron Rothkirch anvertraut und ihm zugleich überlassen,
zu der Instruction vom 31. Juli 1818, durch welche die
Grundzüge, nach denen die Arbeiten im Bureau durchgeführt
werden sollten, im Allgemeinen angegeben worden waren,
die Detail-Bestimmungen auszuarbeiten.
Diese Instruction war das erste Regulativ für die wissen-
schaftliche Verwerthung der Archivalien, in w^elcher Hinsicht
bisher nur die Ansichten der sehr häufig wechselnden Leiter
derselben massgebend waren. Indem die nutzbringende Ver-
werthung des gesammelten Acten-Materiales als dessen wesent-
licher Zweck aufgestellt wurde, theilte die Instruction die
Mittel, welche dazu fuhren konnten, in zwei Theile und zwar:
»In die Bearbeitung von Kriegsgeschichten, dann Ver-
fassung von Denkschriften und Entwürfen für künftige Kriege,
welche auf höhere Anordnung zum Dienstgebrauche, oder von
Officieren aus eigenem Antriebe in verschiedenen Absichten
unternommen« und
»in die Benützung der Bibliothek und Kartensammlung
durch Individuen, w^elchen solche zu ihrer Belehrung gestattet
werden kann«.
Die Instruction reflectierte daher, ausser auf rein dienst-
liche Arbeiten, auch auf die privaten Leistungen von Officieren
und externen Forschern. Die Individuen für erstere bestimmte
der Chef des General-Quartiermeisterstabes aus dem Corps,
nöthigenfalls auch aus der Armee oder dem Pensions-Stande
und stellte sie je nach Massgabe ihrer Aufgaben entweder
unter die Leitung eines Stabsofficiers des General-Quartier-
meisterstabes, oder wies sie an den Director des Kriegs-
von 1801— 1875. 105
Archivs. Die Arbeiten selbst mussten, wenn nicht besondere
Gründe eine Ausnahme nothwendig machten, im Kriege-
Archive, ^in einem angemessenen, ruhigen Localec vor-
genommen werden.
Dem leitenden Stabsofficier oblag die planmässige
Einleitung der Vorarbeiten und die Beschaffung, respective
Ergänzung des Quellen-Materiales. Vor dem Beginne der
eigentlichen Arbeiten hatte er »eine Voreinleitung und einen
Plan, in welchem die Ordnung und Eintheilung des Werkes
ersichtlich wird, zu entwerfen und zur Genehmigung vor-
zulegen.«
Bezüglich der kriegsgeschichtlichen Elaborate besagt die
Instruction, »dass dieselben eine wohlgeordnete, getreue und
unparteiische Darstellung der Kriegs-Begebenheiten, in einem
einfachen und deutlichen Vortrage enthalten sollen. Jede ge-
schilderte Kriegsthat ist aus den Armee-Acten oder auch aus
anderen legalisierten Behelfen gehörig zu documentieren. Es
sind überall die auf den Gang der Operationen von Einfluss
gewesenen Ursachen ersichtlich zu machen und die Erfolge
der Kriegs-Untemehmungen nach solchen gründlich und ohne
alle Parteilichkeit zu würdigen.«
»Kritische Bemerkungen sollen nur in Fällen, wo solche
zur gehörigen Beleuchtung der vorgetragenen Begebenheiten
erforderlich sind, statthaben und es ist überhaupt jedes zur
Sache nicht wesentlich nothwendige Raisonnement gänzlich zu
vermeiden.«
»Wenn mehrere Individuen bei einer solchen Aus-
arbeitung verwendet werden, muss der diese Arbeit leitende
Stabs-Officier dafür besorgt sein, dass in dem Vortrag durch-
aus eine gleiche Art und Ordnung herrsche und in der Be-
urtheilung der Begebenheiten nach gleichen Grundsätzen und
Ansichten verfahren werde.«
Die Maculare aller Aufsätze mussten abschnittsweise
dem Chef des General-Quartiermeisterstabes vorgelegt werden,
worauf sie der hiezu eigens bestimmte Officier des Kriegs-
Archivs zur Anfertigung der Reinschrift erhielt.
Pläne und anderweitige kartographische Beilagen waren
nach Befund des Chefs des General-Quartiermeisterstabes ein-
io6 Das KriegsArchiv
weder im Kriegs-Archive oder in der Zeichnungs-Kanzlei des
General-Quartiermeisterstabes zu bearbeiten.
Die Ausfuhrung aller sonstigen dienstlichen militär-
wissenschaftlichen Arbeiten richtete sich im Allgemeinen nach
den hier angeführten Normen. Bei solchen jedoch, welche
mit Rücksicht auf künftige Kriege unternommen w^urden, war
strengste Geheimhaltung die oberste Pflicht der hiemit betrauten
Individuen, denen stets ein abgesondertes Arbeits-Locale an-
gewiesen wurde. Ueber den Fortgang der Arbeiten hatte der
leitende Stabsofficier Ende April und October einen umständ-
lichen Bericht an den General-Ouartiermeister zu erstatten.
Was den Zweck und die Bestimmung der kriegsgeschicht-
lichen Arbeiten anbelangt, so lässt sich aus der Instruction
entnehmen, dass man in dieser Hinsicht noch immer an jenen
Principien hielt, die einst Kaiser Joseph II. bei gleichem
Anlasse aufgestellt hatte. Die Thätigkeit des »Bureau für
Kriegsgeschichte« war nur auf die engen Grenzen des »eigenen
Gebrauches« beschränkt; eine Veröffentlichung der erzielten
Resultate zu allgemeinem Nutzen wurde nicht beabsichtigt.
Die Directiven, welche Oberst Baron Rothkirch 1819 für
die Verfassung von Kriegsgeschichten erliess, sprechen dies
mit voller Klarheit aus: »Die Kriegsgeschichten sollen eine
getreue und erschöpfende Darstellung der Ereignisse, ihrer
Veranlassung und ihrer Folgen enthalten. Sie müssen umso
mehr mit rücksichtsloser Unparteilichkeit geschrieben werden,
da sie nicht zur öffentlichen Bekanntmachung, sondern als
ein wichtiges Actenstück zur Einsicht und zum gelegentlichen
Gebrauche bestimmt sind und man aus ihnen erst dasjenige
ziehen wird, was man durch den Druck zu verbreiten in der
Folge angemessen erachten dürfte.«
Mannigfache, nicht vorherzusehende Hindernisse ver-
zögerten die Activierung des neuen Institutes bis zu Beginn
181 9 und auch in der Folge hatte dasselbe Jahre hindurch
mit Schwierigkeiten aller Art zu kämpfen, bevor es "wirklich
festen Fuss fassen konnte.
Im Jahre 1821 wirkten die Ereignisse in Italien störend
auf die ruhige Entwicklung und kaum ein Jahr später verlor
von 1801— 1875. 107
das Bureau seine bewährteste Kraft durch die Beförderung
Rothkirch's zum General-Major und dessen Versetzung als
Brigadier nach Laibach. Ein fast ununterbrochener Wechsel
des Personales sowohl, als auch der leitenden Vorstände ^)
beinträchtigte fühlbar die bei kriegsgeschichtlichen Arbeiten
so nothwendige Stabilität der Autoren; 1831 wurde wohl ein
definitiver Personalstand von 7 Officieren (5 vom General-
stabe, 2 aus dem Pensions-Stande) festgesetzt, aber diese waren
so vielfach mit anderen Arbeiten beschäftigt, dass selten
mehr als 3 Officiere für kriegsgeschichtliche Erzeugnisse ver-
fügbar blieben. Ueberhaupt nahm die eigentliche Bestimmung
des Bureaus im Laufe der Jahre immer unbestimmtere Formen
an, w^elche sich nach Umständen erweiterten oder beschränkten,
denn nicht nur wurde demselben die Verfassung und Druck-
legung von Instructions* und Dienstbüchern zugewiesen, son-
dern ihm in den Vierzigerjahren sogar auch die Arbeiten
über die Evidenthaltung fremder Heere übertragen. Immerhin
muss es daher als eine keineswegs geringe Leistung ange-
sehen werden, wenn das Bureau in den beiden ersten Decennien
sejnes Bestehens nicht nur die vollständige Neubearbeitung
der Revolutions- und der französischen Kriege von 1794 bis
1809 bewältigte, sondern nebst mehreren Arbeiten geringeren
Umfanges, auch noch die Geschichte der Feldzüge 1756 und
1757 des siebenjährigen Krieges zu Ende führte.
Alle diese Arbeiten waren, wie schon früher erwähnt,
nur als im Archive zu hinterlegende Urkunden über die Ge-
schichte des k. k. Heeres verfasst. Die Ereignisse der Jahre
1848 — 1849, welche auch auf dem Gebiete der Literatur durch-
greifende Umwälzungen hervorgerufen hatten, wurden hin-
sichtlich der officiellen Geschichtsschreibung zum Anlasse,
von den bisherigen Principien theilweise abzugehen. Um den
Unzukömmlichkeiten vorzubeugen, die sich nothwendig er-
geben mussten, wenn die Geschichte dieser beiden ereigniss-
vollen Jahre unrichtig oder entstellt in die Oeffentlichkeit
gebracht würde, wurde die unverweilte Herausgabe einer
officiellen Darstellung nach Original-Acten angeordnet. In
') Siehe Anhang, Tabelle I.
io8 I^as Kriegs- Archiv
Folge dessen erschienen in den Jahren 1851 — 1852 »Die Feld-
züge der österreichischen Armee in Italien 1848 und
1849«, welchen 1854 die officielle Darstellung des »Winter-
feldzuges 1848 — 1849 in Ungarn« folgte.
Diese ersten Versuche, das Feld der Oeffentlichkeit zu
betreten, waren von so günstigen Erfolgen begleitet, dass ein
systematisches Verfolgen dieser neuen Richtung beschlossen
wurde. Die ausserordentlich bewegten Zeiten nach den Jahren
1848 und 1849 forderten von selbst dazu auf, mit der Tages-
Literatur gleichen Schritt zu halten und den kriegerischen
Ereignissen unmittelbar die officielle Darstellung folgen zu
lassen.
Die Aenderungen in der Organisation des Generalstabes
nach dem Kriege mit Frankreich und Sardinien 1859 gaben
daher auch den Anlass, das Bureau für Kriegsgeschichte den
neuen Anforderungen entsprechend zu reformieren. Die am
20. Mai 1860 verlautbarte Instruction wies dem Bureau für
Kriegsgeschichte eine zweifache Aufgabe zu. Seine Arbeiten
hatten einerseits die Bestimmung der Publicität, »um das
Falsche, Entstellte und Uebertriebene, wovon die einschlägige
Tages-Literatur wimmelt, zu berichtigen, auf die öffentliche
Meinung zu wirken und der Armee ihr unverfälschtes Eigen-
thum, ihre Geschichte zu übergeben«, anderntheils sollten
sie »das Kriegs- Archiv mit Elaboraten historischen Werthes
bereichern, welche Schilderungen kriegerischer Zeit-Epochen
in ihrer Gesammtheit umfassen, um für eine frühere oder
spätere Zukunft auch Dasjenige aufzudecken, was aus höheren
Staatsrücksichten für die Oeffentlichkeit der Gegenwart noch
unenthüllt bleiben muss.«
Für die erste Kategorie, welche hauptsächlich auf die
öffentliche Meinung und auf die Bildung der Armee berechnet
war, wurde eine mit den Zeit-Ereignissen gleichen Schritt
haltende Publication und eine »gefallige, den Leser ge-
winnende« Darstellung gefordert, welche »nicht nur das Ge-
präge des historisch-wissenschaftlichen, sondern auch jenes
einer für Jedermann leicht fasslichen, das Gemüth erwärmen-
den, aber auch das Vertrauen des Geschichtsforschers fesseln-
den Leetüre« habe.
von 1801— 1875. 109
Für die dem Archive zu übergebenden Elaborate entfiel
die Nothwendigkeit einer unmittelbar auf die Ereignisse fol-
genden Darstellung. »Mehr für die Nachwelt bestimmt, sollen
sie mit der Müsse und dem Forscherblicke eines Geschichts-
schreibers in alle Winkel der Begebenheiten dringen und,
wie alle Wissenschaft, nicht den Sporn der Eile zu erdulden
haben. Diese Elaborate müssen sich demnach unabänderlich
und rücksichtslos auf kriegswissenschaftlicher Basis bewegen
und kein anderes Verdienst als jenes der Wahrheit bean-
spruchen.«
Es ist überflüssig, auf das Meritorische dieser Doppel-
forderung näher einzugehen; hinsichtlich der zur Publicität
bestimmten Werke war Zeit und Zweck zu eng umschrieben,
der Zusammenhang mit der allgemeinen Geschichtsschreibung
nicht nachdrücklich genug zur Bedingung gemacht; aber
auch die zweite Kategorie konnte erfahrungsgemäss dem an-
gestrebten Zweck nur zum geringen Theile entsprechen, da
diese Elaborate, wie es auch thatsächlich der Fall ist,
schliesslich doch nur die Bestimmung haben, als »schätzbares
Material« nutzlos die Kasten der Schriften- Abtheilung zu
füllen. Bei aller theoretischen Richtigkeit, die den hierauf
bezüglichen Bestimmungen innewohnt, hat man doch über-
sehen, dass der Zeitpunct, wo die Acten in ihr volles Recht
treten, wo keine personlichen Rücksichten mehr vor^valtcn
und es daher ermöglicht sein würde, eine strenge wahrheits-
getreue, objective Darstellung eines Krieges im Zusammen-
hange mit der Weltgeschichte zu liefern, oft ein Jahrhundert
weit entfernt ist. Dann aber nehmen die Epigonen, eben so
wenig als heute wir, ein solches Elaborat nicht ohne Weiteres
auf Treu und Glauben hin; sie sehen in ihm mit Recht eine
durch subjective Eindrücke aller Art beeinflusste Darstellung
und greifen behufs ihrer Geschichtsschreibung doch wieder
von Neuem zu den Acten, als den einzig glaubwürdigen
Zeugen einer längst entschwundenen Vergangenheit.
Diese Anschauungen behaupteten sich jedoch nur wenige
Jahre; dann machte das immer rascher pulsierende geistige
Streben auch hier seine Rechte geltend und führte, auf das
HO Das Kriegs- Archiv
regste gefordert durch den Kriegsminister FML. Franz
Freiherrn von John, die ersten Anfange auf diesem Ge-
biete einer würdigen officiellen Geschichtsschreibung ent-
gegen. Schon die unmittelbar nach Beendigung der Kriege
von 1866 angeordnete Schilderung der Kämpfe in Böhmen
und in Italien konnte die Darstellung eines »vollkommen
wahren, objectiven Bildes der bisher wenig aufgeklärten
Ereignisse und dabei Jedem das Seine* an Verdienst und
Schuld zu geben«, als Programm aufstellen und auch ein-
halten.
Die ausserordentliche Thätigkeit der hiezu bestimmten
Officiere des Generalstabes und die fachkundige Leitung des
Bureau- Vorstandes Obersten Friedrich von Fischer ermög-
lichten es, den ersten Band von »Oesterreichs Kämpfe
1866« im Jahre 1867 der Oeffentlichkeit zu übergeben und
das ganze, fünf Bände umfassende, mustergiltige Geschichts-
werk binnen drei Jahren zu vollenden.
Die Herausgabe dieses Werkes bezeichnet den Beginn
einer neuen Aera in der österreichischen Kriegsgeschichts-
schreibung. Den Kriegsministem FML. Freiherrn von John
und FML. Franz Freiherm von Kuhn gebührt das Verdienst,
mit den engherzigen Anschauungen früherer Perioden voll-
ständig gebrochen und das Bureau für Kriegsgeschichte auf
jene Stufe gehoben zu haben, die es als erste Autorität auf
dem Gebiete der Kriegsgeschichte Oesterreichs einzunehmen
berufen ist.
In nächster Folge erschienen nun unter Leitung des
Generalstabs -Obersten Friedrich von Fischer werthvolle
historische Publicationen. Die Geschichte des »Krieges tn
in Italien 1859« wurde durch Hauptmann Nosinich nach
der für die Schriften- Abtheilung bestimmten, im Bureau für
Kriegsgeschichte unter Direction des Generalstabs-Obersten
von Drechsler verfassten Darstellung neu bearbeitet und ge-
langte von 1872 — 1876 in drei Bänden zur Veröffentlichung.
Ein Werk, dessen historischer und militärischer Werth be-
sonders dadurch erhöht wird, dass Se. Majestät der Kaiser,
welcher sich dasselbe im Manuscripte vorlegen Hess, die
Drucklegung desselben ungeachtet der weitgehendsten, selbst-
^ n.
von 1801—1875. III
losesten Objectivität der Darstellung, dem vollen Inhalte nach
genehmigte.
Die neuen Grundzüge für die Militär -Geschichtsschrei-
bung: durchaus patriotische und loyale Haltung, jedoch ohne
Beschönigung oder Parteilichkeit, erhielten hiedurch in be-
stimmtester Form die kaiserliche Sanction.
In gleicher Weise wurde 1870 die (schon in den Jahren
1864 und 186*5 von dem damaligen Major Friedrich von
Fischer verfasste) Geschichte des Feldzuges in Schleswig-
Jütland 1864 einer erneuerten Durchsicht unterzogen und
1870 in der »Oesterreichischen Militärischen Zeitschrift« ver-
öffentlicht.
So waren denn die Waffenthaten der Gegenwart verewigt,
der Blick konnte sich nun der Vergangenheit zuwenden,
prüfend, ob dort nicht manche Schuld zu tilgen, manche
ruhmvolle That der Vergessenheit zu entreissen wäre.
Der Kriegsminister FML. Freiherr von Kuhn, die
Unfruchtbarkeit des Beginnens erkennend, authentische Dar-
stellungen früherer Perioden der österreichischen Geschichte
blos in dem Sinne als Acten-Materiale zu verwerthen, wäh-
rend mangelhafte und unrichtige Schilderungen die OeflFentlich-
keit beherrschten, ergriff die Initiative, um jene Lücken aus-
zufüllen, die zum Nachtheile Oesterreichs bisher in dessen
ruhmvoller Geschichte geblieben waren. Mit richtigem Ver-
ständnisse erkannte er, dass die Reihe grösserer Werke über
die Vergangenheit des kaiserlichen Heeres mit den Thaten jenes
Heroen eröffnet werden müsse, der, unerreicht in seinem
Wirken als Krieger und Staatsmann, durch ein halbes Jahr-
hundert für Oesterreichs Ruhm und Grösse wirkte.
Am 21. Mai 1869 erhielt der Leiter des Generalstabes,
GM. von Gallina, den Befehl, die Bearbeitung der »Feld-
züge des Prinzen Eugen von Savoyen« in Angriff
nehmen zu lassen.
Die Vorarbeiten, welche die Bewältigung eines so gross-
artig angelegten Werkes erforderte, wurden unter der Leitung
des Bureau -Vorstandes Obersten Friedrich von Fischer
und nach dessen im Herbste 1871 erfolgtem Abgehen zum
112 Das Kriegs-Archiv
Truppendienste bis zu der Ende März 1873 stattgefundenen
Ernennung des Obersten des Generalstabs-Corps Adolph Frei-
herm von Sacken zum provisorischen Leiter des Bureaus für
Kriegsgeschichte unter jener des GM. von Gallina ausgeführt.
Die zahlreichen und verantwortungsvollen Dienstgeschäfte als
Leiter des Gcneralstabes hinderten den GM. von Gallina nicht,
mit allem Eifer und der ihm eigenen Sachkenntniss sich des
Werkes anzunehmen und dem Bureau für Kriegsgeschichte
wenigstens die allgemeinen Principien und die Hauptrichtung
anzugeben, nach welcher bei der Arbeit vorgegangen werden
sollte. Ein endgiltiges Programm, sowie ausführliche Direc-
tiven für die Bearbeitung des Werkes waren damals noch
nicht vorhanden; die Officiere des Bureaus für Kriegsge-
schichte blieben während der anderthalb Jahre, welche zwi-
schen dem Abgange des Obersten Friedrich von Fischer
und dem Eintreffen des Obersten Adolph Freiherm von
Sacken lagen, d. i. vom Herbste 1871 bis zum Früh-
jahre 1873, bezüglich der Details ihrer Arbeit auf sich
selbst angewiesen, ein Umstand, der jeden einzelnen an-
spornte, sich selbst den Plan zu entwerfen, den Weg und
die Mittel zu dessen Ausführung zu finden und zu zeigen,
was er aus eigener Kraft zu leisten vermochte. Erst als
der von dem damaligen Hauptmann des Generalstabs-Corps,
späteren FML. und Director des Kriegs-Archivs Leander von
Wetzer verfasste dritte Band der »Feldzüge des Prinzen
Eugen von Savoyenc im Manuscripte vorlag, war eine
Basis für Methode und Ziel des Werkes gewonnen und durch
die von dem Obersten Freiherrn von Sacken im Jahre 1875
verfassten Directiven für den Vorgang bei der Ver-
fassung der einzelnen Bände des Werkes »Feldzüge
des Prinzen Eugen von Savoyen« der vom Hauptmann
Wetzer eingeschlagene, für richtig anerkannte Weg als
Richtschnur für die weiteren Arbeiten festgesetzt. Das Werk
sollte die Geschichte aller Feldzüge umfassen, welche der
Prinz als Ober-Feldherr geleitet, oder die zur Zeit, als er
Präsident des Hof-Kriegsrathes war, von den kaiserlichen
Armeen ausgefochten wurden. Demgemäss wurde das Werk
in zwei Serien getheilt, wovon die erste die Feldzüge von
von 1801 — 1875. 113
1697 — 1707, die zweite jene von 1708 bis zum Tode Eugens
behandelt.
Die Darstellung dieser Feldzüge sollte sich nicht auf
eine trockene Aufzeichnung der Thatsachen beschränken,
sondern im Geiste neuerer Geschichtsschreibung den Zusammen-
hang der Krieg^ereignisse mit dem Gange der Weltgeschichte,
die Wechselbeziehungen zwischen Politik und Krieg, dann
aber auch das innere Getriebe dieses letzteren, die Mittel,
mit welchen er gefuhrt ward, kurz, Ursache und Wirkung
in klarem Bilde vor dem geistigen Auge des Lesers ent-
wickeln.
In diesem Sinne hatte auch die Organisation, Bewaff-
nung, Ausrüstung und Verpflegung, die Tactik und das
Wesen der kaiserlichen, alliierten und feindlichen Heere einen
integrierenden Theil der Darstellung zu bilden.
Im Frühjahre 1876 erschienen die ersten Bände dieses
in grossem Style angelegten Werkes, welches mit dem im
Jahre 1891 erschienenen 20. Bande seinen textlichen und im
folgenden Jahre durch den das ganze Werk umfassenden
Registerband seinen vollständigen Abschluss fand.
Getchichtt des Kriegv-Archivt. 8
DAS KRIEGS -ARCHIV SEIT DER REORGANI-
SATION 1876.
(Direction: I., Am Hof 14.)
Organisation.
Nach vielfachen Erwägxingen und eingehender Prüfung"
traten im Februar 1876 jene reformierenden Grundsätze in
Kraft, durch welche FZM. Freiherr von Kuhn dem Kriegs-
Archive eine neue Gestalt zu geben beabsichtigte.
Als über Antrag des Chefs des k. k. Generalstabes,
FZM. Freiherr von John, die »organischen Bestimmungen
für das k. k. Kriegs -Archiv«, laut welchen das bisherige
» Generalstab s-Bureau für Kriegsgeschichte« wieder mit dem
Kriegs- Archive vereinigt wurde, am 15. Januar 1876 die
Allerhöchste Genehmigung erhalten hatten, wurde mit der
Allerhöchsten Entschliessung vom 31. Januar 1876^) der bis-
herige Leiter des Bureaus für Kriegsgeschichte, Oberst 4^s
Generalstabs-Corps Adolph Freiherr von Sacken, zum Director
des Kriegs- Archivs und Vorstand der Abtheilung für Kriegs-
geschichte ernannt und hiermit fanden endlich die bisherigen,
einem einheitlichen, zielbewussten Wirken keineswegs förder-
lichen Provisorien ein Ende. Durch die Wiedervereinigung
mit dem »Bureau für Kriegsgeschichte« wurde dem Kriegs-
Archive abermals jener Wirkungskreis zugewiesen, den es
vor dem Jahre 181 8 in so anerkennenswerther Weise ausge-
') RKM. 1876, Präs. Nr. 266 und 586.
Das Kriegs-Archiv seit der Reorganisation 1876. n^
füllt hatte. Nebst der archivalischen Behandlung des Acten-
Materiales fiel ihm nun als erste Obliegenheit auch dessen,
den Forderungen der Gegenwart entsprechende Verwerthung zu.
Die neuen Normen ^) zeichneten dem Kriegs- Archive eine
dreifache Thätigkeit vor und zwar:
a) die Ausfuhrung kriegsgeschichtlicher Arbeiten;
b) die Sammlung, Aufbewahrung, Sichtung und Vor-
bereitung der zu kriegsgeschichtlichen Arbeiten, sowie zum
Studium des Kriegswesens nöthigen Schriften, Karten und
Zeichnungen;
c) die Sammlung und Bereithaltung aller guten mili-
tärischen und militär-hilfswissenschaftlichen Werke.
Entsprechend diesem Wirkungskreise gliederte sich das
Kriegs -Archiv in vier Abtheilungen: die Abtheilung für
Kriegs-Geschichte, das Schriften-Archiv, das Karten-
Archiv und die Kriegs-Bibliothek, deren jede einem
Stabsofficiere als Abtheilungs- Vorstand untergeordnet wurde ^).
Nach diesen organischen Bestimmungen und der auf
dieselben gegründeten Dienstvorschrift bestand das Personale
des Kriegs-Archivs aus einem General oder Obersten des
Generalstabs-Corps als Director, dann 7 Stabs- und 24 Ober-
officieren, die theils zu vorübergehender, theils zu stabiler
Dienstleistung bestimmt waren. Erstere gehorten zum Stande
des Generalstabes, der Truppenkorper und Specialstäbe;
letztere ergänzten sich aus Officieren des Armeestandes, welche
literarische Gewandtheit, kartographische und Sprachkenntnisse
besitzen sollten. In beiden Fällen wurde die Wahl von der
fachlichen Befähigung abhängig gemacht.
Ausser diesem Stande an Officieren waren dem Kriegs-
Archive noch drei Unterofficiere als Schreiber und Zeichner
zugewiesen.
Das Kriegs-Archiv war in wissenschaftlicher Beziehung
und in Personal- Angelegenheiten dem k. k. Chef des General-
stabes, in allem Uebrigen aber dem Reichs-Kriegs-Ministerium
im Wege des Generalstabes untergeordnet.
») RKM. 1876, Präs. Nr. 266 und 440 (N. V. Bl. 9. St. ex 1876).
') Die oben angegebenen Namen führten die Abtheilungen des Kriegs-
Archivs bis 1890.
8*
1 1 6 Das Kriegs- Archiv
Der Kriegs-Archivs-Director war zugleich Vorstand
der Abtheilung für Kriegs-Geschichte. Er leitete sämmtliche
Arbeiten des Kriegs- Archivs und hatte Sorge zu tragen, dass
den kriegsgeschichtlichen Darstellungen ein gründliches, um-
fassendes Quellenstudium vorangehe. Seine Aufgabe war es
daher, die auswärtigen Archive für die Officiere des Kriegs-
Archivs zugänglich zu machen und für die Erschliessung
neuer Quellen thätig zu sein. Ihm oblag femer, die Tendenz
und Form der Arbeiten festzusetzen, eventuell dem k. k. Chef
des Generalstabes darüber Anträge zu stellen.
Die endgiltige Redaction aller Arbeiten hatte er nach
Zulässigkeit selbst zu übernehmen, oder doch zu überwachen.
In allen Angelegenheiten, die das Wesen des Archivs,
dessen Arbeiten, die Bereicherung der Sammlungen und die
persönlichen Angelegenheiten der Archivs-Officiere betreflFen,
stellte der Director des Kriegs-Archivs seine Anträge direct
an den Generalstab.
Der übrige Inhalt der organischen Bestimmungen vom
Jahre 1876 unterscheidet sich nicht wesentlich von den jetzt
geltenden, weiter unten mitgetheilten Normen.
Frisches Leben war mit dieser Neu-Organisierung und
dem neuen Director Oberst Adolph Freiherrn von Sacken in
das Kriegs-Archiv eingezogen und mit diesem Zeitpuncte
begann der durch die Reformen von 1888 — 1889 ^^ ^^^
richtigen Bahnen gelenkte Aufschwung dieses Institutes zu
einer früher nicht geahnten Höhe. Zwar trat nach einem
Jahrzehnt, als der bisherige Kriegs-Archivs-Director FMI-.
Adolph Freiherr von Sacken*) auf seine Bitte durch die
') Adolph Freiherr von Sacken, geboren in Wien am 16. Mai 1830,
war Zögling der Theresianischen Militär-Akademie in Wiener-Neustadt und
wurde am 20. October 1847 als Unterlieutenant zum Infanterie-Regimente
Nr. 14 ausgemustert. Als solcher machte er während des Peldzuges in
Italien im Jahre 1848 die Gefechte bei Pieve di Cadore am 25., 27. und
28. Mai, die Cernierung von Venedig, 16. bis 30. Juli, die Einschliessung
und Einnahme von Osoppo, Ende August bis 9. October, dann im Feld-
zuge 1849 ^^^ Cernierung Venedigs von Mitte bis Ende März mit und
wurde vom k. k. Kriegs-Ministerium für sein thätiges, unerschrockenes
Benehmen während des Feldzuges belobt. Am 15. April 1849 wurde er
seit der Reorganisation 1876. 1 1 y
Allerhöchste Entschliessung vom 2. April 1886 mit i. Mai
1886 in den Ruhestand übernommen wurde, abermals eine
dem General-Quartiermeisterstabe zugetheilt und am 16. August 1849 zum
Oberlieutenant befördert. Er war bei dem nach Holstein bestimmten Corps
des PML. Legedi tsch, besuchte hierauf die Kriegsschule, wurde nach Ab-
solvierung derselben mit der Allerhöchsten Entschliessung vom 31. October
1854 definitiv in den General-Quartiermeisterstab übersetzt und zum Haupt-
mann 2. Classe befördert. Er erhielt seine Eintheilung bei der Armee in
Italien, führte von 1856-- 1858 die Geschäfte des Festungs-Commandos in
Ancona und war während des Peldzuges 185g in der Operations-Kanzlei
der 2. Armee angestellt. Für seine Leistungen seit dem Beginne des Feld.
Zuges wurde ihm mit Allerhöchstem Armeebefehl vom 27. Juni 1859 die
Allerhöchste Anerkennung ausgesprochen und für sein ausgezeichnetes Be-
nehmen in der Schlacht von Solferino mit der Allerhöchsten Entschliessung
vom II. August 1859 der Orden der eisernen Krone 3 Classe verliehen.
Hierauf war Hauptmann Freiherr von Sacken, welcher im Jahre
1858 in die i. Classe dieser Charge vorgerückt war, in verschiedenen An-
stellungen, als im Landesbeschreibungs-Bureau, beim Armee-Obercommando
und beim Gcneral-Commando in Brunn thätig und wurde am 7. Januar 1865
zum Major im Generalstabs- Corps befördert. Im Feldzuge 1866 befand er
sich im Haupt-Quartier der Nord-Armee, nahm an der Schlacht bei König-
grätz, 3. Juli und an dem Gefechte bei Tobitschau, 15. Juli, theil und wurde
für seine verdienstlichen Leistungen durch die Allerhöchste belobende An-
erkennung ausgezeichnet. Nach dem Feldzuge war er bis November 1868
Lehrer an der Kriegsschule und wurde mit i. November 1868 zum Oberst-
lieutenant im Infanterie-Kegimente Nr. 73 befördert, sodann am i. Mai 1871
zum Generalstabs-Chef beim 7. Infanterie-Truppen-Divisions- und Militär-
Commando in Triest, hierauf im November 1872 zum Obersten, im August
1873 zum Leiter des Bureaus für Kriegsgeschichte mit der Bestimmung
als künftiger Director des Kriegs-Archivs, endlich am 31. Januar 1876 zum
wirklichen Director des reorganisierten Kriegs-Archivs ernannt und am
21. September 1878 zum General-Major befördert. In Anerkennung seiner
hervorragenden Leistungen als Director des Kriegs- Archivs und seines
besonders erfolgreichen Wirkens auf kriegsgeschichtlichem Gebiete erhielt
GM. Freiherr von Sacken mit der Allerhöchsten Entschliessung vom i. Mai
1880 das Comthurkreuz des Franz-Joseph-Ordens. Am i. Mai 1883 wurde
Freiherr von Sacken zum Feldmarschall-Lieutenant befördert und zufolge
Allefhöchster Entschliessung vom 2. April 1S86 auf sein Ansuchen in den
Ruhestand versetzt, wobei ihm in Anerkennung seiner vieljährigen, im
Frieden und im Kriege ausgezeichneten Dienste der Orden der eisernen
Krone 2. Classe mit der Kriegs-Dccorat'on der 3. Classe verliehen wurde.
Ausser den oben erwähnten österreichischen Ordens-Decorationcn
besass PML. Feiherr von Sacken auch zahlreiche ausländische Orden und
Ehrenzeichen. Er starb in Wien am 12. März 1900.
1 1 8 Das Kriegs-Archiv
Unterbrechung in der einheitlichen Leitung des Kriegs- Archivs
ein; allein es war keine Aenderung der Organisation, sondern
nur ein durch äussere Umstände bedingtes Provisorium. Zum
Director des Kriegs-Archivs war der Oberstlieutenant des
Generalstabs- Corps Leander Wetz er, welcher während seiner
Verwendung in der Abtheilung für Kriegs-Geschichte durch
seine Leistungen bei der Bearbeitung der »Feldzüge des
Prinzen Eugen von Savoyen« seine ganz besondere Be-
fähigung für diesen Posten erwiesen hatte, unter allen Um-
ständen designiert, aber der Vorstand des Schriften -Archivs,
Oberst Joseph Ritter Rechberger von Rechcron, bekleidete
einen höheren Rang als der künftige Director, so dass Oberst-
lieutenant Wetz er nicht zum Vorgesetzten des Vorstandes
der Schriften-Abtheilung bestellt werden konnte. Der k. k.
Chef des Generalstabes, FML. Freiherr von Beck, übertrug
also mit Erlass vom 8. April 1886 die Gesammtleitung des
Kriegs - Archivs seinem Stellvertreter FML. Moriz Ritter
Daublebsky von Sterneck, welcher demnach die eigent-
lichen Agenden der Direction zu führen und in allen wichtigen
Angelegenheiten die Entscheidung zu treffen hatte. Die Ab-
theilungen des Kriegs-Archivs wurden in zwei gesonderte,
einander vollständig coordinierte Gruppen getheilt. Die eine
Gruppe umfasste das Schriften- und Karten- Archiv und die
Kriegs-Bibliothek und die Leitung derselben hatte der Oberst
Joseph Ritter Rechberger von Rechcron bei gleichzeitiger
Fortführung der Geschäfte als Vorstand des Schriften- Archivs
zu führen; die andere Gruppe bestand aus der Abtheilung
für Kriegs-Geschichte unter der Leitung des Oberstlieutenants
Leander Wetz er. Die Vorstände beider Gruppe hatten in
allen wichtigen Angelegenheiten dem FML. Moriz Ritter
Daublebsky von Sterneck direct zu referieren und dessen
Entscheidung einzuholen.
Dieses den Arbeiten des Kriegs-Archivs keineswegs
förderliche Provisorium unter der Oberleitung des jeweiligen
Stellvertreters des k. k. Chefs des Generalstabes*) währte
') Nach FML. Daublebsky von Sterneck wurde am 27. Februar
1887 FML. Anton Galgötzy Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
seit der Reorganisation 1876. iig
g^nau zwei Jahre, indem mit der Allerhöchsten Entschliessung-
vom 8. April 1888 Oberst Rechb erger von Rechcron
in den Ruhestand übernommen und mit der Allerhöchsten
Entschliessung- vom 15. April 1888 Oberst von WetzerM
zum Director des Kriegs- Archivs ernannt und so der frühere
Zustand mit der im Jahre 1876 genehmigten Gliederung des
Archivs wiederhergestellt wurde.
Der neue Director Oberst von Wetzer schritt zielbewusst
zur Ausführung seiner durch langjährige Erfahrung und ernstes
Studium des Archivwesens gereiften Pläne zur Ausgestaltung
des Kriegs- Archivs. Das Kriegs-Archiv sollte aus den seit 1876
zwar etwas erweiterten, aber immerhin noch recht bescheidenen
Grenzen hinaustreten, durch die Vereinigung aller, bisher
doch noch in einem gewissen Grade selbstständig gewesenen
Abtheilungen desselben unter der Leitung des Directors ein
einheitliches Gepräge erlangen, zu einem militär-wissenschaft-
lichen und kriegsgeschichtlichen Institute ersten Ranges er-
hoben, mit den vornehmsten in- und ausländischen Archiven
und wissenschaftlichen Instituten derselben Art als vollkommen
ebenbürtig auf gleiche Stufe und in regen wissenschaftlichen
Verkehr gebracht, die früher, namentlich für Forscher des Civil-
standes etwas erschwerte und desshalb nur seltene Benützung
des Kriegs-Archivs durch fremde Forscher nach den im k. k.
Haus-, Hof- und Staats- Archive beobachteten Grundsätzen ein-
gerichtet und wesentlich erleichtert, sowie eine rege Verbin-
dung mit der Gelehrtenwelt gewonnen werden. Das Kriegs-
Archiv sollte sich ferner zum massgebenden Factor auf dem Ge-
biete der militärischen Geschichtsschreibung und zugleich zu
einem militärischen Central- Archiv emporschwingen und in den
Stand gesetzt werden, über alle Fragen der Kriegsgeschichte,
über die Fragen der Entwicklung der Heeres-Organisation und
Kriegs- Verwaltung für den wissenschaftlichen, wie dienstlichen
Gebrauch sichere und authentische Auskunft zu geben.
Von diesem zielbewussten Streben geleitet, gieng Director
Oberst von Wetzer in thatkräftigster Weise daran, seine
*) Siehe die biographischen Notizen im Schlusscapitel.
I20 ^A> Kriegs- Archiv
Ideen zur Ausfuhrung zu bringen. Zu diesem Zwecke war
eine neuerliche Reorganisation des Kriegs -Archivs in allen
seinen Abtheilungen und Zweigen behufs Herstellung einer
vollständigen Homogenität, ferner die Gewinnung tüchtiger,
mit der für die verschiedenen Kategorien des Archivsdienstes
unumgänglich nöthigen wissenschaftlichen Bildimg und practi-
schen Routine ausgerüsteter Officiere, endlich aber auch eine
Vermehrung und Vervollständigung des Archivs- Materiales
nöthig. Zuerst unterzog er die bisherige Dienstvorschrift mit
ihren Nachträgen und Zusätzen einer Durchsicht und Um-
arbeitung im Sinne der Vereinigung aller Abtheilungen des
Kriegs-Archivs zu einem einzigen, einheitlich geleiteten
wissenschaftlichen Institute und erhielt für dieselbe am 29. De-
cember 1888 die Genehmigung des k. und k. Chefs des
Generalstabes. Hierauf erwirkte er auf Grund eines Berichtes
vom 9. April 1889 die Allerhöchste Bewilligung*), dass die
im Kriegs-Archive anzustellenden Officiere einen zweijährigen
Curs im Institute für österreichische Geschieh ts-Forschung an
der Wiener Universität frequentieren und sich die für den
Archivsdienst unentbehrlichen Kenntnisse der historischen
Hilfswissenschaften aneignen. Dann beantragte er einige
Aenderungen der organischen Bestimmungen für das Kriegs-
Archiv, um einerseits der Einheitlichkeit dieser Heeres- Anstalt
einen correcteren Ausdruck zu geben, anderseits die aus
dienstlichen Gründen wünschenswerthen Neuerungen einzu-
führen*^).
Die bisherigen Benennungen: »Schriften- Archiv«, »Karten-
Archiv« und »Kriegs -Bibliothek« führten zu mancherlei
Irrungen und Missverständnissen, indem diese Abtheilungen
häufig nicht als Bestandtheile des Kriegs -Archivs, sondern
als selbstständige, dem Kriegs- Archive coordinierte und von
demselben zu unterscheidende Heeres-Anstalten angesehen
wurden. Ebenso zeigten sich die Beschränkungen in der
Auswahl der im Kriegs-Archive anzustellenden Officiere in
manchen Fällen als nicht zweckmässig und daher beantragte
') RKM. 1889, Präs. Nr. 2220.
-) RKM. Präs. Nr. 5055 ex 1889.
seit der Reorganisation 1876. 121
Oberst von Wetz er, dass ausser Officieren des Armeestandes
auch solche des Ruhestandes und Militär-Beamte, eventuell
auch sehr g^t qualificierte, aber kriegsdienstuntaugliche Zög-
linge der Militär-Bildungsanstalten im Kriegs-Archiv angestellt
werden können. Nachdem diese Anträge mit der Allerhöchsten
EntSchliessung vom 30. December 1889 genehmigt worden
waren, wurden die neuen »organischen Bestimmungen für
das Kriegs- Archiv« und gleichzeitig die neuen »Bestimmungen
über die Benützung der Acten, Karten und Bücher des Kriegs-
Archivsc mit der Circular -Verordnung des Reichs-Kriegs-
ministeriums vom 7. Januar 1890*) verlautbart, auch wurde
die bisherige, auf Grund der Circular- Verordnung Präs. Nr. 440
vom 7. Februar 1876 verfasste Dienstvorschrift für das Kriegs-
Archive den neuen Normen entsprechend geändert und im
Jahre 1899 einer Revision und Neuauflage unterzogen.
Diese neuen, jetzt in Kraft stehenden organischen Be-
stimmungen für das Kriegs- Archiv lauten:*)
I.
Das k. und k. Kriegs- Archiv ist eine in Wien etablierte
Heeres- Anstalt. Derselben obliegt:
a) Die Ausführung der kriegsgeschichtlichen Arbeiten;
b) die Sammlung, Sichtung und Aufbewahrung der auf
das k. und k. Heer und das Kriegswesen bezugnehmenden
Schriften, Karten und Zeichnungen und Vorbereitung der-
selben für geschichtliche Bearbeitung;
c) die Sammlung und Bereithaltung aller guten militäri-
schen und militärisch-hilfswissenschaftlichen Werke.
IL
Das Kriegs-Archiv gliedert sich in vier Abtheilungen:
1. Die kriegsgeschichtliche Abtheilung
2. die Schriften-Abtheilung des k. und k.
3. die Karten-Abtheilung Kriegs-Archivs.
4. die Bibliothek- Abtheilung
») RKM. Präs. Nr. 6810 ex 1889, N. V. Bl. 2. St. ex 1890.
122 l^aa Kriegs- Archiv
Ein General oder Oberst des Generalstabs - Corps ist
Director des Krieg-s- Archivs und zugleich Vorstand der kriegs-
geschichtlichen Abtheilung.
m.
Das Kriegs-Archiv ist in wissenschaftlicher Beziehung
und in Personal- A ngelegenheiten dem k. und k. Chef des
Generalstabes, in allen übrigen Richtungen im Wege des
Chefs des Generalstabes dem Reichs-Kriegsministerium unter-
geordnet.
IV.
Zur Dienstleistung im Kriegs-Archive werden bestimmt:
1. Zur vorübergehenden Verwendung: Ofificiere
aus dem Stande des Generalstabes, der Truppenkorper und
Specialstäbe ;
2. in stabiler Anstellung: Officiere des Armee-
oder Ruhestandes, eventuell auch Beamte der Militär-Regi-
straturs-Beamten-Branche oder des Militär-geographischen In-
stitutes , welche allgemeine wissenschaftliche Vorbildung,
literarische Gewandtheit, archivalische, kartographische und
Sprachkenntnisse besitzen oder im Archivdienste besonders
bewährt sind.
Die um eine stabile Anstellung im k. und k. Kriegs-
Archive sich bewerbenden Officiere werden vor ihrer defini-
tiven Eintheilung einer entsprechenden Erprobung unterzogen.
Der normale Stand des Kriegs-Archivs ist aus dem
beigeschlossenen Schema^) zu ersehen, doch kann derselbe
bei eintretendem Bedarfe innerhalb des durch das Budget
gegebenen Rahmens verändert werden.
^) Laut dieses Schemas sind systemisiert: i General oder Oberst
des Generalstabs-Corps als Director und ein ihm für die Verwaltung bei-
gegebener Officier; für die kriegsgeschichtliche Abtheilung 4 Officiere des
Generalstabs-Corps und 5 Officiere vom eigenen Stande des Kriegs- Archivs;
für die Schriften-Abtheilung i Stabsofficier als Vorstand, 2 andere Stabs-
und 9 Officiere vom Hauptmann abwärts; für die Karten- und Bibliothek-
Abtheilung je ein Stabsofficier als Vorstand und je 3 Officiere vom Haupt-
mann abwärts
seit der Reorganisation 1876. 123
Die Auswahl der Personen richtet sich nach ihrer fach-
lichen Befähigung und dienstlichen Qualification.
Die im k. und k. Kriegs- Archiv eingetheilten Officiere
werden bis zu ihrer Uebersetzung in den Armeestand bei
ihren Truppenkörpem, die Beamten bei ihren Branchen, über-
complet geführt.
V.
Der Dienstbetrieb im Kriegs- Archiv, sowie die Gebahrung
mit den Pauschalgeldem sind durch die »Dienstvorschrift
für das k. und k. Kriegs -Archiv vom 29. December 1888«
geregelt. ^)
Nach den Bestimmungen der erwähnten Dienstvorschrift
leitet der Director sämmtliche Arbeiten des Kriegs- Archivs
und überwacht den Dienstbetrieb. Er führt die ihm vom
k. und k. Chef des Generalstabes in wissenschaftlicher und
dienstlicher Richtung ertheilten Weisungen aus und vertheilt
im Uebrigen die Arbeiten nach eigenem Ermessen. Das
Detail des Archiv-Dienstes, die Anschaffung von Manuscripten,
Büchern, Zeichnungen und Karten und die fachgemässe Ver-
theilung und Verwendung der Dotation, die Anschaffungen
aus dem Schreibspesen-Pauschale, die Ausscheidung unbrauch-
baren Archiv-Materiales, die Redaction und Drucklegung der
Publicationen, sowie deren Ausstattung mit Karten und Plänen,
die Eröffnung der Verbindung mit fremden Archiven, die
Verhandlungen mit Forscficm, die Bewilligung des Zutrittes
in das Archiv sind dem Director vorbehalten. Ebenso ist der
Director des Kriegs-Archivs in allen auf den wissenschaft-
lichen Dienst und die genannten Agenden bezüglichen Fragen
zum unmittelbaren Verkehr mit fremden Archiven, Einzeln-
personen, Corporationen, Geschäftsfirmen und Behörden ein-
schliesslich der militärischen Commanden und Behörden er-
mächtigt.
Die Vorstände der Schriften-, Karten- und Bibliothek-
Abtheilung werden durch den Director des Kriegs- Archivs
n Diese Dienstvorschrift wurde, wie erwähnt, im Jahre 1899 den
Bedürfnissen entsprechend umgearbeitet und neu gedruckt.
124 ^** Kriegs- Archiv
im Wege des k. und k. Chefs des Generalstabes in Antrag
gebracht und vom k. und k. Reichs-Kriegs-Ministerium ernannt.
Sie sind für die Leitung ihrer Abtheilungen nach den von der
Archivs-Direction erhaltenen Weisungen , für Gründlichkeit
bei der Bearbeitung aller Aufgaben, für schickliche Behand-
lung fremder Besucher, für wissenschaftliche Forderung der
ihnen unterstehenden Abtheilungen, nicht minder aber auch
für militärische Ordnung und correcten Dienstbetrieb ver-
antwortlich.
Ausser den in der Geschäfts-Ordnung der Karten- und
Bibliothek-Abtheilung bezeichneten Ausnahmen übernehmen
und vollziehen die Vorstände keinen etwa an die betreffende
Abtheilung als solche gerichteten Auftrag, der ihnen nicht
im Wege der Direction zugekommen ist, wie auch jede Er-
ledigung denselben Weg zu gehen hat. Ueberhaupt ist keine
der im Kriegs- Archive eingetheilten Personen berechtigt, ohne
Befehl der Direction Daten aus dem vorhandenen Materiale,
oder auf dieses basierte Arbeiten zu w^as immer für Zwecken
nach auswärts zu liefern. Anforderungen dieser Art, welche
von irgend einer Seite direct an ein Organ des Kriegs- Archivs
gestellt werden, sind an die Direction des Archivs zu weisen,
eventuell die Meldung darüber im Wege des Abtheilungs-
Vorstandes an die Direction zu erstatten und deren weitere
Verfügung abzuwarten.
In der Schriften-, Karten- und Bibliothek- Abtheilung
fungieren ausser dem Vorstande je ein Manipulations-Officier
(eine Bezeichnung, die statt der vorgeschlagenen »Custodenc
gewählt werden musste, um den gegen diesen sonst wenig
gebräuchlichen Dienstausdruck gerichteten Bedenken aus-
zuweichen, der aber sachlich keineswegs entspricht), mehrere
Referenten und je ein Schreiber. Die Bezeichnungen »Mani-
pulations-Officiere« und »Referent« betreffen jedoch nur das
übertragene Amt und sind nicht Titel.
Die im k. und k. Kriegs-Archive eingetheilten Officiere
und Beamten sollen Sprach- und Fachkenntnisse, Ordnungs-
sinn, Unverdrossenheit, Verschwiegenheit, sowie Lust und
Liebe zu wissenschaftlicher Arbeit besitzen, sich ihre eigene
Ausbildung unausgesetzt angelegen sein lassen und jederzeit
seit der Reorganisation 1876. 125
ein correctes, militärisches Benehmen zeigen. Bei den Officieren
der kriegsgeschichtlichen Abtheilung und den Or-
ganen der Schriften-Abtheilung, welch letztere gleich-
falls berufen sind, nebst ihren Ressort-Geschäften auch einzelne
Kriegsbegebenheiten oder Episoden aus der Heeresgeschichte
und Armee- Verwaltung quellenmässig zu bearbeiten, erhöhen
sich die allgemeinen Anforderungen entsprechend dem speciellen
Wirkungskreise auch auf strategisches und tactisches Urtheil,
Geschicklichkeit in der Geschichtsschreibung, Wahrheitsliebe,
Tact und Verschwiegenheit. Den Officieren der Karten-
Abtheilung ist die Kenntniss des Aufnahms- und Karten-
wesens in allen Systemen, sowie der verschiedenen Productions-
arten und ihrer Leistungsfähigkeit unentbehrlich; dagegen
finden jene der Bibliothek- Abtheilung eine bedeutende
geistige Arbeit in der Verfolgung der Fortschritte der Litera-
tur und der kritischen Vergleichung ihrer Erzeugnisse.
Zur Anschaffung von Büchern, Karten und Zeitschriften
wird dem Kriegs -Archive jährlich im Heeres-Budget eine
bestimmte Summe (derzeit 14.000 Kr.), dann zur Bestreitung der
Auslagen für Kanzlei-Erfordernisse ein Schreibspesen-Pauschale
von jährlich 1600 Kr. zugewiesen. Das Verfügungsrecht über
beide Pauschalien, welche dem Kriegs- Archive vierteljährig
voraus erfolgt werden, steht dem Director des Kriegs- Archivs
zu und die Durchführung der Pauschalien-Gebahrung auf
Grnind der vom Director angewiesenen Documente obliegt
der aus den Vorständen der Schriften-, Karten- und Bibliothek-
Abtheilung zusammengesetzten » Cassa-Commission des Kriegs-
Archivs«.
Die kriegsgeschichtliche Abtheilung.
(I., Deutschmeisterplatz 3.)
Die kriegsgeschichtliche Abtheilung des k. und k. Kriegs-
Archivs, welche vor dem Jahre 1890 den Namen »Abtheilung
für Kriegsgeschichte« führte, hat den Director des Kriegs-
Archivs zum Vorstande und ein systemisiertes Arbeits-Personale
von 2 Stabs- und 8 Ober-Officieren, von denen ein Stabs- und
126 ^^ Kriegs-Archiv
3 Ober-Officiere vom Dienststaiide des Generalstabes blos
temporär, die übrigen aber vom Stande des Kriegs- Archivs
dauernd eingetheilt sind.
Bestimmung dieser Abtheilung ist, ganze Kriegs-Epochen
in pragmatischem Zusammenhange, oder einzelne Feldzüge und
Kriegs-Episoden, namentlich jene des österreichischen Heeres,
zu beschreiben. Sie hat die Geschichte der Organisation imd
Administration desselben allmälich zu vervollständigen, die
kriegsgeschichtlichen Hauptpersonen , sowie die jeweiligen
Kriegsmittel zu charakterisieren und durch Veröffentlichung
ihrer Arbeiten nicht nur das militärische Wissen zu fördern,
sondern auch zur Hebung der Vaterlandsliebe und des
nationalen Selbstgefühles beizutragen.
Die Geschichte jedes Krieges hat daher zu enthalten:
die politischen Ursachen und Zwecke desselben; die diplo-
matische Einleitung; die Organisation, Administration, Be-
waffnung und Ausrüstung der kämpfenden Heere; die Art
der Verpflegung; die geographische Gestalt und Boden-
Beschaffenheit des Kriegs-Schauplatzes; die technischen Her-
richtungen desselben, das geistige Element der Heere, der
Feldherren, Commandanten ; den Verlauf des Feldzuges und
die militärische Würdigung der Begebenheiten; endlich die
nothwendigen schriftlichen und graphischen Beilagen.
Aber nicht blos die Kriegsgeschichte im eigentlichen
Sinne des Wortes, sondern das ganze, weite Gebiet der Ent-
wicklung des österreichisch-ungarischen Heerwesens und der
Armee- Verwaltung, die Geschichte der Armee und der ver-
schiedenen, im Laufe der Zeit entstandenen und wieder ver-
schwundenen militärischen Einrichtungen sollen in der kriegs-
geschichtlichen Abtheilung ihre Kenner und fachkundigen
Bearbeiter finden.
Insbesondere soll in den »Mitheilungen des k. und k.
Kriegs- Archivs« auf eine gewisse Vielseitigkeit, sowie auf
die Bedürfnisse und Anforderungen der verschiedenen Leser-
Kategorien Bedacht genommen werden. Es ist daher sowohl
die Publication von geeigneten Schriften hervorragender
Persönlichkeiten und von bemerkenswerthen andern Archi-
valien, als auch die Bearbeitung von Kriegen der älteren
seit der Reorganisation 1876. 127
Zeit, Beiträge zur Geschichte des dreissigjährigen Krieges,
Episoden aus verschiedenen Kriegen, wenn sie einer ein-
gehenderen Schilderung bedürfen, als ihnen etwa in einem
Hauptwerk über den betreffenden Krieg zugestanden werden
konnte, endlich als Vorarbeit für die spätere umfassende Be-
arbeitung eine kutze orientierende Darstellung der Kriege
von 1792 ab in geschlossener Reihenfolge, doch mit Aus-
nahme der Feldzüge des Erzherzogs Carl, welche bereits
in anderef Bearbeitung vorhanden sind, in das Auge zu
fassen ').
Die Arbeiten sind auf ein umfassendes, gründliches
Quellenstudiiun und strengste Unparteilichkeit zu basieren;
sie sollen einen streng wissenschaftlichen Charakter tragen,
dem ernsten, fachmännischen Studium als Quelle dienen und
mic allen zu diesem Zwecke erforderlichen Beilagen ausgestattet
sein. Dies darf aber nicht hindern, dass für die Darstellung
stets eine angenehme, leicht lesbare und anregende Schreib-
weise gewählt und auf die Stylisierung die äusserste Sorgfalt
verwendet werde, um die schriftstellerischen Leistungen der
kriegsgeschichtlichen Abtheilung als des k. und k. General-
stabes und des Kriegs - Archivs würdige Arbeiten in der
Oeffentlichkeit erscheinen zu lassen.
Als eine Aneiferung sowohl, wie nicht minder als stete
Mahnung an die strengste Gewissenhaftigkeit wird der Ver-
fasser jeder veröffentlichten Arbeit als Autor auf dem Titel-
blatte genannt.
Als Herausgeber aller Arbeiten der Abtheilung erschien
früher der k. und k. Generalstab, jetzt aber die Direction
des k. und k. Kriegs-Archivs.
In der kriegsgeschichtlichen Abtheilung soll stets eine
eigene Redaction eingerichtet sein, welche den ganzen
technischen Theil der Drucklegung aller zu veröffentlichenden
Arbeiten besorgt, deren Organe aber ausserdem gleich-
falls mit sclbstständigen Studien oder Elaboraten beauftragt
werden.
*) Erlass des k. und k. Chefs des Generalstabes vom 7. December
1888, Nr. 1472.
128 ^'^ Kriegs-Archiv
Die Schriften-Abtheilung.
(L, Am Hof 14. Seizergasse 4 und Fleischmarkt 19.)
Der wesentlichste Theil des archivalischen Dienstes ob-
liegt der Schriften- Abtheilung, dem früher sogenannten
Schriften- Archiv. Die Sichtung, Ordnung, Protokollierung und
Aufbewahrung 4^s vorhandenen und des jeweilig neu hinzu-
kommenden Acten-Materiales, die Verfassung archivalischer
Erhebungen, d. h. die Ertheilung schriftlicher Auskünfte zu
dienstlichen Zwecken oder über privates, an die Kriegs-
Archivs-Direction gerichtetes Ansuchen, die Vermittlung der
Benützung des Archivs durch fremde Forscher, sowie besondere
Arbeiten und die Mitwirkung an der literarischen Verwerthung
der Archiv - Schätze gehört zu den Aufgaben der Schriften-
Abtheilung.
Zur Durchführung dieser Aufgaben ist der Personalstand
der Schriften- Abtheilung gegenwärtig mit einem Stabs-Officier
als Vorstand, zwei Stabs-Officieren für besondere Arbeiten und
9 Ober-Officieren, beziehungsweise Militär-Beamten systemi-
siert*). Für den wissenschaftlichen Dienst der Abtheilung
bestehen 6 Referenten, nämlich zwei für die Zeit vor 1740,
zwei für jene von 1740 — 18 15, einer für die Zeit von 181 6
bis zur Gegenwart und einer für die Muster- und Standes-
Acten von 1740 — 1820.
Diese Referenten haben nicht blos die Instandnahme,
Protokollierung und Indicierung der neu zuwachsenden Acten,
sondern auch die Verfassung archivalischer Erhebungen, die
Aufsuchung und Aushebung der vom Reichs - Kriegs - Mini-
sterium, dem Generalstabe oder andern Behörden zum Dienst-
gebrauche benöthigten Acten zu bewirken, den ft-emden
Forschern mit Rath und That zur Seite zu stehen und ihnen
das vorhandene Materiale zur Benützung zugänglich zu machen.
Ein Officier führt die Manipulation, nämlich den Einlauf
und die Expedition durch die Direction aller an die Abthei-
lu^g" gelangenden Stücke, er wacht über die Aufrechthaltung
^) RKM. Präs. Nr. 6810 ex 1889, N. V. Bl. 2. St. ex 1890.
seit der Reorganisation 1876. 129
der bestmöglichen Ordnung und Reinlichkeit, beaufsichtigt
das Schreiber-Personale, besorgt die ökonomischen Angelegen-
heiten der Abtheilung u. s. w., ebenso die Ausgabe und Rück-
übemahme der Archivalien an und von Behörden und For-
schem und betheiligt sich nach Massgabe der Zeit an den
eigentlichen archivalischen Arbeiten der Abtheilung.
Die^ Schriften- Abtheilung soll stets in Verbindung mit
der Registraturs-Direction des k. und k. Reichs-Kriegs-
Ministeriums stehen, um von beabsichtigten Ausmerzungen
von Acten in den verschiedenen Registraturen Kenntniss zu
erhalten und eventuell der Direction des Kriegs- Archivs An-
träge auf Uebemahme historisch belangreichen Materiales,
wenn sich solches bei den von der Scartierung bedrohten
Acten befindet, zu stellen. Ueberhaupt hat dieselbe sich er-
gebende Gelegenheiten zur Erwerbung kriegsgeschichtUch
werthvoUer Schriftstücke oder Sammlungen stets im Auge zu
behalten und hievon die Direction des Kriegs-Archivs unter
Beifügung ihrer Anträge in Kenntniss zu setzen. Zu selbst-
ständigen Anschaffungen ist die Schriften-Abtheilung jedoch
nicht berechtigt.
Hinsichtlich der Sammlung und Bereithaltung der Acten
für dienstliche Anforderungen oder für fremde Forscher und
insbesondere zur Erzielung der Vollständigkeit bei archivali-
schen Erhebungen hat sich die Schriften- Abtheilung sowohl
mit der Registratur und dem Kanzlei- Archiv des Reichs-
Kriegs-Ministeriums in Verbindung zu setzen, als auch in
stetem mündlichen und persönlichen Verkehr mit den übrigen
Staats- und Privat- Archiven in Wien zu bleiben, um über das
zu kriegsgeschichtlichen Zwecken und sonstigen Bedürfnissen
des Kriegs-Archivs dienliche Materiale stets informiert zu
sein. Allein ein directer schriftlicher Verkehr der Schriften-
Abtheilung mit fremden Archiven, Privat-Personen, Commanden,
Aemtem oder Behörden ist nicht zulässig, sondern der ganze
Verkehr nach Aussen geht ausschliesslich durch die Direction
des k. und k. Kriegs-Archivs und nach deren Weisungen.
Die Schriften-Abtheilung, welche in dem letzten Decen-
nium ganz ausserordentlich an Ausdehnung zugenommen hat,
zerfallt in drei Sectionen, doch ist dies keine organisations-
GMcUchte des Kri^^ Archivs. 9
ijo I^fts Kriegs* Archiv
massige Gliederung, sondern nur eine räumliche Eintheilung,
worüber weiter unten in dem Abschnitte über das Materiale
der Schriften- Abtheilung das Nähere angegeben ist.
Die Karten-Abtheilung.
(I., Am Hof 14.)
Die Aufgabe der Karten-Abtheilung oder des früheren
Karten-Archivs besteht in der Sammlung, Sichtung, Aufbe-
wahrung und Conservierung
1. der bestehenden modernen Uebersichts-, Special- und
General-Karten, Pläne, Ansichten und Detail- Aufnahmen aller
Länder;
2. der historischen Karten und Zeichnungen: Schlacht-
pläne, Operations-Karten aus den verschiedenen Feldzügen,
Fortifications- und Belagerungs-Pläne, Bilder u. s. w., sowie
der älteren, ausser Gebrauch gesetzten und nur noch für
kriegsgeschichtliche Arbeiten geeigneten Special- und General-
Karten;
3. der älteren, ausser Gebrauch gesetzten Landesbeschrei-
bungs-Elaborate und einschlägigen Memoiren;
4. der Sammlung von Porträts, Adjustierungs-Bildem
und Beschreibungen des österreichisch-ungarischen und fremder
Heere, wozu auch die Vormerkung über Abbildungen und
Beschreibungen gehört, welche sich in den Werken der Bi-
bliothek-Abtheilung vorfinden, Miscellen etc.; endlich
5. der erst in jüngster Zeit hinzugekommenen, noch im
Entstehen begriffenen Medaillen-Sammlung.
Ausserdem besorgt die Karten- Abtheilung die Zeichnung,
Herrichtung oder Einleitung der Reproduction, dann die Her-
stellung aller für die Publicationen des k. und k. Kriegs-
Archivs erforderlichen Karten, Pläne u. s. w.
Für den Dienst in der Karten- Abtheilung sind bestimmt:
ein Stabs-Officier als Vorstand, zwei Ober-Officiere als Refe-
renten und ein Manipulations-Officier. Zu dem einen Referate
gehören die modernen geographischen uriti topographischen
Karten-Werke, zu dem andern die historischen Karten und
seit der Reorganisation 1876. i^i
Pläne, sowie das alte geographische und topographische Ma-
teriale; die Porträts- und Bilder-Sammlung, sowie die Me-
daillen-Sammlung besorgt der Vorstand der Abtheilung selbst.
Der Dienst in der Karten- Abtheilung umfasst den eigent-
lichen Archivdienst und den graphischen Dienst.
Der eigentliche Archivdienst besteht in der Erwerbung
von Karten und einschlägigem Material, in der Instandnahme,
Katalogisierung, Eintheilung und Aufspannung, dann in der
leihweisen Ausgabe und Rückübernahme desselben, in der
Ueberprüfung der Rechnungen und in besonderen Arbeiten.
Behufs Erwerbung geeigneter Karten und Pläne, sowie
der erforderlichen Hilfsbücher (als solche nur besonders ge-
diegene Orts-Lexica, Wörter-Bücher und Werke über die offi-
cielle Kartographie fremder Staaten), hat die Karten- Abthei-
lung sowohl neu erscheinende Werke, als auch antiquarisch
vorhandenes oder erlangbares Material, endlich Kunst-Auc-
tionen, Verkauf und Auflosung von Sammlungen und Biblio-
theken im Auge zu behalten und Ankaufs- Anträge in kurzem
Wege an die Direction des k. und k. Kriegs-Archivs zu
stellen. Zu selbstständigen Anschaffungen ist die Karten-
Abtheilung nicht ermächtigt.
Die Instandnahme, Katalogisierung, Eintheilung und Auf-
bewahrung der neu hinzukommenden Werke und die Führung
der Grundbuchs-(Zuwachs-)Zettel gehört zu den Obliegenheiten
der Referenten, während der Manipulations-Officier nebst der
leihweisen Ausgabe und Rückübernahme der Karten das zu-
gleich als Rechnungs-Document dienende Zuwachs-Protokoll
und die Vormerkungen über das Aufspannen der Karten und
über die Buchbinder- Arbeiten zu führen hat.
Die erwähnten Zuwachs-Zettel enthalten den genauen
Titel der Karte unter Beisatz des etwa angegebenen Namens
des Kupferstechers, Massstab, Blattzahl, Blattgrösse in Centi-
metem, wobei die erstgenannte Zahl die Höhe bezeichnet,
dann eventuell Bemerkungen über das Materiale (Seide, Per-
gament, Leinwand), auf welchem die Karte ausgeführt ist
und den Titel und Massstab aller Nebenkarten. Weiters folgt
der Name der Firma, von welcher die Karte bezogen wurde,
9*
1^2 ^AS Kriegs- Archiv
Datum und Preis der Anschaffung, oder bei Schenkungen
der Name des Gebers, beziehungsweise der Befehl, zufolge
dessen die Karte in Stand zu nehmen ist; dann bei grossen
Karten-Werken Nummer und Namen der eben erschienenen
Blätter und, wo nothig, eine kurze orientierende Bemerkung
über den Werth nnd die Brauchbarkeit der Karte.
Der graphische Dienst der Karten- Abtheilung besteht
in der Anfertigung, beziehungsweise Herrichtung der für die
Publicationen des Kriegs-Archivs erforderlichen Karten, Pläne
oder anderweitigen graphischen Beilagen und in der Evident-
haltung jener Karten-Werke des Archivs, für welche statt
der Neuabdrücke nur Correctur-Blätter ausgegeben werden, die
also durch Einzeichnung richtiggestellt werden müssen. Der
erste Theil dieser Arbeit wird durch die in der kriegs-
geschichtlichen Abtheilung eingetheilten Zeichner über Auftrag
des Kriegs- Archivs-Directors, der zweite Theil nach Anord-
nung des Vorstandes der Karten- Abtheilung durch den ein-
getheilten Schreiber ausgeführt.
Ein directer schriftlicher Verkehr der Karten-
Abtheilung mit Privat-Personen, Aemtem, Bureaux oder Com-
manden ist nicht zulässig und erfordern Auskünfte, Arbeiten.
Ausweise etc. dieser Art die vorangegangene Genehmigung
des Kriegs- Archivs-Directors.
Die Bibliothek-Abtheilung.
(I., Am Hof 14.)
Der Bibliothek-Abtheilung oder der früheren Kriegs-
Bibliothek obliegt die Anschaffung, Aufbewahrung, Ver-
waltung und Beurtheilung der auf das Kriegs- Wesen und
dessen Hilfswissenschaften sich beziehenden Druckwerke des
In- und Auslandes.
Neben der eigentlichen Militär-Literatur (Heerwesen,
Reglements, Tactik, Strategie, Waffenwesen, Kriegs-Technik,
Kriegsgeschichte) sollen in der Bibliothek -Abtheilung auch
reine und angewandte Mathematik, Erdbeschreibung, Natur-
wissenschaften und Technik, allgemeine und Special-Geschichte,
seit der Reorganisation 1876. 133
Statistik, Staatswissenschaft, Politik, Volkswirthschaft, Rechts-
pflege, Medicinalwesen und Erziehungswesen nach Mass des
Bedarfes theils in umfassender Weise, theils wenigstens in
guten Nachschlage- und Orientierungs- Werken vertreten und
ausserdem Lexica, Encyklopädien etc. vorhanden sein.
Das Personale der Bibliothek- Abtheilung besteht aus einem
Stabs-Officier als Vorstand, zwei Ober-Officieren als Referenten
und einem Manipulations-Officier. Von den beiden Referenten
ist der eine für Heeres- Verfassung und Verwaltung, Regle-
ments, Tactik, Pferde- und Waffenwesen, Pionnier-Dienst,
Marine, Generalstab, Kriegs- und Civil-Baukunst, Eisenbahn-
Wesen, Telegraphie, Mathematik, Zeichnungslehre, Terrain-
lehre, Naturwissenschaften etc., der andere aber für Kriegs-
Geschichte, allgemeine Geschichte, Geographie, Staatswissen-
schaft und Politik, Rechtspflege, Medicinalwesen, Pädagogik,
Sprachen etc. bestellt.
Der Manipulations-Officier besorgt die Ausgabe und Rück-
übemahme der Bücher, die Ueberprüfung aller auf Lieferungen
oder Arbeiten für die Bibliothek bezüglichen Rechnungen
und die sonstigen Administrations-Geschäfte.
Der Dienst in der Bibliothek- Abtheilung umfasst:
1. Die Erwerbung von Büchern;
2. die Instandnahme, Katalogisierung und Veranlassung
des Einbindens der Bücher;
3. die leihweise Bücherausgabe und Rückübernahme;
4. die Ueberprüfung der Bibliotheks-Rechnungen;
5. die Durchführung besonderer Arbeiten.
Die Bibliothek- Abtheilung soll stets über die literarischen
Erscheinungen auf dem Büchermarkte, über die antiquarischen
Angebote, sowie über den vorkommenden Verkauf von be-
sonderen Sammlungen, Bibliotheken etc. orientiert sein. Sie
erwirbt ihre Bücher durch Ankauf bei Buchhandels- und An-
tiquariats-Firmen, bei Auctionen, dann durch die Militär-
Bevollmächtigten der k. und k. Gesandtschaften, durch
Tausch u. s. w.
IJ4 Das Kriegs- Archiv
Die Anschaffungs-Anträge sind im kurzen Wege an die
Direction des Kriegs- Archivs zu stellen; zu selbstständigen
Anschaffungen ist die Bibliothek- Abtheilung nicht ermächtigt.
Nach dem Einlangen der neuerworbenen Bücher erfolgt
die Instandnahme und Katalogisierung derselben durch die
Referenten und die Veranlassung des Einbindens, die An-
bringung der Signatur und die Einreihung an der durch die
Katalogisierung bestimmten Stelle.
Die Ausscheidung und anderweitige Verwerthung über-
flüssigen und unbrauchbaren Materiales geschieht über Antrag
des Vorstandes an die Direction des Kriegs- Archivs, welcher
die Genehmigung und Verfügung zusteht. Entbehrliche und
zum Ausscheiden bestimmte Bücher werden, falls ein diesbe-
zügliches Ansuchen gestellt wird, an die Bibliotheken mili-
tärischer Anstalten (Schulen, Spitäler, Badehäuser u. s. w.)
unentgeltlich überlassen.
Ein directer schriftlicher Verkehr der Bibliothek-Ab-
theilung mit Privat-Personen, Aemtern, Bureaux oder Com-
manden ist nicht zulässig; alle an die Bibliothek- Abtheilung
gerichteten Aufträge und Anfragen sind daher an die Kriegs-
Archivs-Direction zu leiten, nur die leihweise Bücherausgabe
an die Bureaux des Reichs-Kriegsministeriums, des General-
stabes, dann an die in Wien befindlichen Militär-Behörden,
Anstalten und Truppen-Commanden, Officiere und Militär-
Beamten des k. und k. Heeres, der Kriegs-Marine und der
Landwehren ist ohne weitere Bewilligung gegen einzulegende
Quittung gestattet.
Die Thätigkeit im Kriegs-Archive nach der Reorganisation.
Mit der Reorganisation 1876 kam allmälich neues Leben
in das Wirken des Kriegs- Archivs; man kann sie vollberech-
tigt als die Wiedergeburt dieses Institutes bezeichnen. Bisher
waren die durch eine lange Reihe von Jahren fortgesetzten
eigentlichen Archivs-Arbeiten, die Früchte eines mühsamen,
wenn auch äusserlich unscheinbaren Strebens, entweder nur
einzelnen Forschern zu Gute gekommen, oder wurden doch
seit der Reorganisation 1876. i^c
nur in besonderen Fällen für engere Ziele verwerthet. Aller-
dings hatte sich schon seit etwa einem Jahrzehnt eine erhöhte
Rührigkeit auf kriegsgeschichtlichem Wege erkennen lassen,
allein es fehlte noch an jenen festigenden Principien, welche
ein einheitliches und zugleich umfassendes Ausnützen der vor-
handenen archivalischen Schätze als Ziel und Zweck er-
strebten.
Die Grundsätze, nach denen das Kriegs- Archiv 1876 und
noch mehr jene, nach denen es im Jahre 1888 und 1889 re-
construiert wurde, öffneten der Thätigkeit desselben ganz
neue Bahnen; eine systematische Gruppierung der den er-
höhten Anforderungen der Gegenwart angepassten Kräfte
sicherte das ergänzende Ineinandergreifen derselben. Während
die Abtheilungs- Vorstände als Specialisten in ihren Fächern,
und unterstützt durch ein gut gewähltes und geschultes Per-
sonale, die Vorbereitung und Verwendung des geschichtlichen
Materiales besorgen, fällt dem an der Spitze des Institutes
stehenden höheren Officier des Generalstabs-Corps die Auf-
gabe zu, im steten Contacte mit der militärischen Aussenwelt
den Anforderungen Rechnung zu tragen, welche diese an die
fortschreitende Wissenschaft stellt.
Die literarische Productivität entwickelte sich daher nicht
mehr auf Kosten einzelner Agenden des Kriegs- Archivs, denn
es wurden in richtiger Erkenntniss des unentbehrlichen Zu-
sammenwirkens aller Abtheilungen dieselben gleichmässig zu
dem wissenschaftlichen Streben beigezogen und somit voll-
zieht sich auch der Ausbau des Ganzen in steter Homo-
genitat.
Zuerst machten sich die Wirkungen der neuen Normen
in der »kriegsgeschichtlichen Abtheilung« fühlbar.
So wie einst die Registratur der Kriegs-Acten oder die Schriften-
Abtheilung in Folge der literarischen Thätigkeit, welche sich
dort entwickelte, die erste Stelle im Kriegs- Archive einnahm,
übergieng dieser hervorragende Platz nunmehr auf die kriegs-
geschichtliche Abtheilung. Diese repräsentiert das productive.
verwerthende Element, während die übrigen Abtheilungen in
erster Linie den eigentlichen archivalischen Dienst und die
136 Das Kriegs- Archiv
Hilfs- Agenden für die kriegsgeschichtliche Abtheilung besorgen
und erst in zweiter Linie an der literarischen Thätigkeit
theilnehmen können und thatsächlich theilnehmen.
Die Vorarbeiten zu dem Werke »Feldzüge des Prinzen
Eugen von Savoyenc hatten die Mängel der bisherigen
Einrichtung und die Nothwendigkeit gründlicher Reformen
festgestellt und die Activierung der Reorganisation recht-
fertigte auch im ferneren Verlaufe die gehegten Erwar-
tungen.
Bereits im Jahre 1876 konnte der I. und III. Band
dieses grossen Werkes der Oeffentlichkeit übergeben werden,
bald darauf folgte der IL und 1877 der IV. Band und im
Jahre 1892 erreichte dieses gross angelegte, aus 20 Bänden
Text, nebst den dazu gehörigen Karten und einem Register-
band bestehende Quellenwerk seinen Abschluss. Nicht nur die
Angehörigen der kriegsgeschichtlichen, sondern mittelbar auch
jene der übrigen Abtheilungen des Kriegs- Archivs hatten bei
diesem Werke Gelegenheit gefunden, alle ihre Kräfte anzu-
spannen und jeder in seiner Sphäre an einem Werke mitzu-
wirken, welches bestimmt ist, die ruhmreichste Periode Oester-
reich-Ungams zu schildern und das Andenken an einen der
grössten Führer des tapferen kaiserlichen Heeres lebendig
zu erhalten. Die allgemeine Anerkennung, welche dieses Werk
im In- und Auslande fand, kann die Verfasser desselben mit
Stolz erfüllen.
In Folge der Reorganisation des Kriegs- Archivs wurden
auch jene Bedingungen wieder geschaffen, welche kurz nach
der Gründung desselben eine umfassende Thätigkeit auf dem
Gebiete der vaterländischen Kriegsgeschichte ermöglicht
hatten. Die durch die Vorarbeiten zu den »Feldzügen des
Prinzen Eugen von Savoyen« und durch die Bearbeitung der
ersten Bände dieses Werkes gewonnene Erfahrung, gestei-
gerte Productionskraft und die systematische Gliederung, ver-
bunden mit einer einheitlichen Leitung, deren sich das Kriege-
Archiv seit der Reorganisation von 1876 und insbesonders jener
von 1889 erfreute, gestatten diese Wirksamkeit in noch weit
grösserem Umfange und mit gegründeter Aussicht auf einen
dauernderen Bestand, als dies im Jahre 1806 möglich war,
seit der Reorganisation 1876. 137
wieder aufzunehmen, ohne dadurch die Publicationen im
grossen Massstabe zu beeinträchtigen.
Um die Schätze des Kriegs-Archivs der Armee zu er-
schliessen und im Interesse der Kriegsgeschichte, namentlich
jener Oesterreichs, zu wirken, gründete der Archivs-Director
Oberst Freiherr von Sacken, mit Zustimmung des Chefs des
Generalstabes die »Mittheilungen des k. k. Kriegs-
Archivs«, welche seit September 1876 als Beiheft zur
>Oesterreichischen Militärischen Zeitschrift« periodisch er-
schienen, lieber Tendenz und Ziel dieser Publicationen giebt
das im i. Hefte derselben veröffentlichte, etwas weitgehende
Programm Aufschluss. Dasselbe lautet:
>Durch die Neu-Organisation des Kriegs- Archivs, nament-
lich durch die Vereinigung desselben mit der Abtheilung fiir
Kriegsgeschichte erhielt diese Anstalt ein einheitliches, die
Productionskraft forderndes Gefüge. Es sind hiedurch die
Bedingungen geschaffen, um nebst der inneren geschäftlichen
Thätigkeit auch nach aussen im Interesse der Armee geistig
zu wirken, wie dies schon während der ersten Decennien
dieses Jahrhunderts durch Herausgabe der »Oesterreichisch-
militärischen Zeitschrift« der Fall war.«
>Diese Thätigkeit nach Aussen soll sich zuvörderst durch
periodische, im Drucke zu veröffentlichende Arbeiten, als: ^Mit-
theilungen des Kriegs- Archivs« manifestieren.«
»Die bezüglichen Arbeiten sollen der Armee militärisch-
historisch, archivalisch und kartographisch Interessantes bieten
und den Leser, so weit als thunlich, in Kenntniss von dem
jeweiligen Standpuncte dieser Materien erhalten.«
»Diese Arbeiten sollen getragen sein von dem Streben,
die Armee mit ihrer ruhmreichen Vergangenheit vertraut zu
machen, ihr — basiert auf Archivs-Quellen — im treuen Spiegel-
bilde, die glänzenden, erhebenden Momente ihrer Geschichte
vorzuführen und anzukämpfen gegen jene pessimistischen
Anschauungen, die von Aussen, oft aus unlauterer Quelle
herrührend, so schnell sich verbreiten und festen Fuss fassen.
Es sollen die ewig unwandelbaren Wahrheiten der Strategie
und Tactik durch die Erfahrungen des Krieges erhärtet,
Ij8 Das Kriegs-Archiv
dunkle Puncte in der Geschichte geklärt, Vorurtheile bekämpft,
die historischen Anschauungen auf wahre Bahnen gelenkt
und manche der Vergessenheit anheimgefallene Persönlich-
keiten dieser entrissen werden.«
»Diesen allgemeinen Grundzügen entsprechend, werden
sich sonach die »Mittheilungen des Kriegs- Archivs« in fol-
gender Weise gliedern:«
»Aus dem Gebiete der Kriegsgeschichte.«
»Darstellung der neueren und neuesten Kriegsereignisse;
Studien über die allgemeine und vaterländische Kriegsge-
schichte; Erörterung lehrreicher, erhebender, noch nicht ge-
nügend gewürdigter Episoden oder Thaten der älteren Kriegs-
geschichte, dann Besprechung der Angelegenheiten der Special-,
namentlich der Regiments-Geschichtsschreibung.«
»Aus dem Gebiete der Archivs-Forschung.«
»Studien über Gebräuche, Einrichtungen und Eigenthüm-
lichkeiten der Armeen in älterer Zeit; Mittheilung von Bio-
graphien ; Veröffentlichung interessanter, noch nicht bekannter
Archivalien; Nachrichten über die Ergebnisse auswärtiger
Archivs-Forschungen. *
»Aus dem Gebiete der Kartographie und Geographie.«
»Verzeichniss der besseren neu erscheinenden Karten-
werke, Bezeichnung jener, welche für das Kriegs-Archiv
angeschafft wurden; Studium der Militär-Karten des In- und
Auslandes ; Mittheilungen der wichtigsten geographischen
Neuerungen, Entdeckungen, Forschungen und ihrer Ergebnisse. «
»Aus dem Gebiete des Bücherwesens.«
»Verzeichniss jener Bücher, welche für die Kriegs-Biblio-
thek angekauft wurden; kritische Besprechung der besseren,
neu erscheinenden historischen Werke; Beobachtungen auf
dem Gebiete des Büchermarktes und Rathschläge für die
Anschaffung oder Vervollständigung militärischer . Biblio-
theken.«
seit der Reorganisation 1876. i^g
Die UnZweckmässigkeit der Publication der > Mitthei-
lungen« in Verbindung mit der besten militärischen Zeitschrift
zeigte sich bald und desshalb wurde mit Erlass des Reichs-
Kriegs-Ministeriums vom 17. October 1880, Präs. Nr. 4881,
die selbststandige Herausgabe der :>Mittheilungendesk. k.
Kriegs-Archivs«, dem Antrage der Kriegs Archivs-Direc-
tion entsprechend, unter der Bedingung genehmigt, dass jede
Inanspruchnahme des Heeres-Budgets zur Deckung der Her-
stellungskosten dauernd zu vermeiden sei. Die t Mittheilungen«
müssen sich ausschliesslich selbst erhalten und steht dem
Director des k. und k. Kriegs- Archivs zur Ermöglichung dieser
Aufgabe daher die Verwaltung und Verwendung der Erträg-
nisse der > Mittheilungen des Kriegs-Archivs« zu, welche zu-
nächst bestimmt sind, diese Publication weiter zu erhalten,
seit 1 888 aber auch die Kosten für die Ausbildung des Archiv-
Personals aufzubringen und eventuelle nothwendige Anschaf-
fungen, für welche andere Geldmittel nicht normiert sind, zu
besorgen.
Von 1880 — 1886 wurden die »Mittheilungen« in Heften,
jährlich vier, ausgegeben und war der k. k. Generalstab als
Herausgeber bezeichnet; seit 1887 aber erfolgt die Ausgabe
in Bänden ohne Festsetzung eines bestimmten Erscheinungs-
Termines. Der i. Band dieser >Neuen Folge« wurde 1887
ausgegeben und nicht mehr der k. k., beziehungsweise k. und k.
Generalstab, sondern die Direction des k. k., seit 1889
k. und k, Kriegs-Archivs als Herausgeber genannt.
Der Jahrgang 1876 enthält als ersten Artikel unter dem
Titel: >Ueber die Verfassung der Special-Geschichte eines
Truppenkorpers« eine Anleitung für jene Officiere, welche
zur Verfassung der Geschichte ihres Regiments in das Kriegs-
Archiv commandiert werden. In demselben Jahrgange der
»Mittheilungen« begann cWich die von dem Vorstande der
Schriften- Abtheilung, Oberst Rot hau sc her (Rot tau sc her),
verfasste Zusammenstellung: »Oesterreichs Kriege seit 141)5*
welche im Jahre 1878 beendigt wurde und in demselben
Jahre in einer Sonderausgabe erschien. Dieselbe entliält eine
chronologische und nach Kriegs-Schauplätzen j^eordnetc Ueber-
sicht aller Kriegs-AfFairen, an welchen kaiserliche Truppen
140 ^a* Kriegs- Archiv
entweder allein oder mit ihren Allierten seit Maximilian L,
1495, theilnahmen, unter Beifugrung der nächsten tactischen
Folgen. Eine in der Karten-Abtheilung nach Angabe der
damaligen Archivs - Direction entworfene und gezeichnete
Karte ergänzt diese Zusammenstellung durch die in Farben-
druck ausgeführte > Darstellung der territorialen Ausdehnung
und der Dichtigkeit von Oesterreichs Kriegen seit 1495 c.
Die bisher erschienenen 22 Bände, beziehungsweise Jahr-
gänge der »Mittheilungenc, welche unter FML. von Wetzer
eine strenger wissenschaftliche Richtung erhielten, enthalten
eine Reihe werthvoller Arbeiten aus allen Zweigen der Kriegs-
und Heeres-Geschichte, sowie auch über andere Fragen der
historischen Forschungen. Einige der in den »Mittheilungen«
veröffentlichten Abhandlungen wurden auch als separate Werke
(Sonder-Abdrücke) in den Buchhandel gebracht.
Zu den theils als ganz selbstständige Werke, theils als
Sonder-Ausgaben aus den »Mittheilungen« seit 1876 bis 1886
veröffentlichten literarischen Arbeiten des Kriegs - Archivs
gehören :
1. Das wiederholt erwähnte grosse Quellenwerk: »Feld-
züge des Prinzen Eugen von Savoyen« bis zum X. Band.
2. Die oben besprochene Schrift: »Oesterreichs Kriege
seit 1495«. Wien 1878.
3. »Das k. k. Kriegs- Archiv ; Geschichte und Mono-
graphie. « (Von Major Rechberger von R e c h c r o n.)
Wien 1878.
4. »Das Bildungswesen im österreichischen Heere vom
dreissigjährigen Kriege bis zur Gegenwart. € Von Major Jo-
seph Rechberger von Rechcron. Wien 1878.
5. »Die Occupation Bosnien» 1878.« Wien 1879.
6. »Der Aufstand in der Hercegovina, Süd-Bosnien und
Süd-Dalmatien 1881 — 1882.« Wien 1883.
7. »Das Kriegsjahr i683.€ Wien 1883.
8. »Beiträge zur Geschichte der österreichischen Caval-
lerie.« Von Major Friedrich Freiherm von Mühlwerth-
Gärtner. Wien 1882.
seit der Reorganisation 1876. i^i
9. > Waldstein und die Pilsner Reverse, 1634.« Von
Oberstlieutenant L. H. Wetzer. Wien 1884.
10. »Die Donau von Tum-Severin bis Semlin-Belgrad. «
Topographisch -historische Notizen, aus Anlass der Reise Ihrer
k. und k. Hoheiten des Kronprinzen und der Kronprinzessin
zusammengestellt in der Abtheilung für Kriegsgeschichte.
Wien 1884.
11. »Kaiser Joseph II. als Staatsmann und Feldherrr.«
Von Oberst J. Nosinich und Major L. Wiener. Wien 1885.
12. »Die Eroberung von Ofen und der Feldzug gegen
die Türken in Ungarn i686.< Wien 1886.
Von 1886 — 1900.
ad. I. »Feldzüge des Prinzen Eugen vonSavoyen.« Von
X. — XXI. Band. Schluss.
13. »Biographien k. k. Heerführer und Generale.« Wien
1888. Verfasst anlässlich der Enthüllung des Maria Theresien-
Monumentes in Wien.
14. »Unterrichts-Behelfe zur Handschriften -Kunde des
16., 17. und 18. Jahrhunderts.« Wien 1889. Dieselben werden
an mehreren Universitäten als Lehr-Behelfe benützt.
15. »Kriegs -Chronik Oesterreich- Ungarns.« In vier
Theilen, erschienen 1885 — 1891.
16. »Der österreichische Erbfolgekrieg 1740 — 1748.«
Dieses auf Befehl Sr. Excellenz des k. und k. Chefs des.
Generalstabes FZM. Freiherrn von Beck im Jahre 1892 in
Angriff genommene Werk ist die Fortsetzung der mit den
»Feldzügen des Prinzen Eugen von Savoyen« begonnenen
Bearbeitung der »Geschichte der Kämpfe Oesterreichs«, die
Darstellung der »Kriege unter der Regierung der Kaiserin-
Königin Maria Theresia«. Der I. Band (in zwei Ab-
theilungen) erschien 1896, in demselben Jahre folgte der IL,
1898 der III. Band, der IV. Band ist im Erscheinen, alle
mit zahlreichen graphischen Beilagen.
17. »Geschichte der k. und k. Wehrmacht.« Bearbeitet
von Major Alphons Freiherrn von Wrede. Dieses Werk
wird in sechs Bänden, von denen die beiden ersten bereits
im Jahre 1898 erschienen, Daten über die Errichtung, Organi-
1^.2 Das Kriegs-Archiv
sation und Geschichte der Regimenter, Corps, Branchen und
Anstalten von 1618 bis Ende des 19. Jahrhunderts bringen
und hat den Zweck, ein militar-geschichtliches Hilfs- und
Nachschlagebuch zu werden.
18. »Ausgewählte Schriften des General-Lieutenants und
Feldmarschalls Raimund Fürsten Montecuccoli.« Bearbeitet
von Hauptmann Alois Veltzö. Der I. und IL Band enthalten
die militärischen, der IIL Band die historischen Schriften, der
IV. Miscellen und Correspondenzen des berühmten Feldherm.
Mit Ausnahme der »Aphorismen (über den Krieg gegen die
Türken)« und der »Kriegskunst«, welche bereits wiederholt,
jedoch in deutscher Uebersetzung nur einmal und zwar im
Jahre 1736, veröffentlicht wurden, werden die übrigen Schriften
Montecuccoli's hier zum erstenmale in deutscher Sprache,
vielfach überhaupt zum erstenmale der Oeffentlichkeit über-
geben.
Dieses rege Schaffen auf militär-geschichtlichem Gebiete
musste folgerichtig seine Rückwirkung auch auf jene Ab-
theilungen des Kriegs-Archivs äussern, die das archivalische
Material zu sammeln oder zu ergänzen bestimmt sind.
In der Schriften- Abtheilung hatte die schon vor
der Reorganisation begonnene Durchforschung externer Archive
die lebhafteste Thätigkeit hervorgerufen. Nunmehr handelte
es sich darum, die gewonnenen Resultate nicht allein zu
historiographischen Zwecken zu verwerthen, sondern sie fest-
zuhalten und derart zu erweitern, dass fernerhin die Möglich-
keit geboten werde, sich Kenntnisse über solche Quellen zu
verschaffen, welche nur in auswärtigen Staats- oder Privat-
Archiven zu finden sind.
Zu diesem Zwecke wurden besondere Verzeichnisse in
einer systematisch geordneten Zusammenstellung derart an-
gefertigt, dass sie eine leichte und möglichst vollständige
Uebersicht des für die geschichtliche, speciell für die militar-
geschichtliche Forschung in Betracht kommenden Acten-
Materiales jener Archive gewähren. Sie enthalten nicht allein
die Anführung der für die Militär - Geschichtsschreibung
wichtigsten Documente nach Gattung (ob politisch, militärisch
seit der Reorganisation 1876. i^j
oder fachlich) und Zeit-Epochen geordnet, sondern geben auch
genauen Aufschluss über den Sitz und die Verwaltung jedes
einzelnen Archivs und über jene Personen, an welche sich
der Forscher im Bedarfsfalle zu wenden hat.
Die Zahl der auf diese Art durchforschten und in Vor-
merkung geführten Documenten- und Urkunden-Sammlungen
umfasst schon jetzt fast alle Staats- und Landes-, sowie die
meisten Privat-Archive Oesterreich-Ungarns, zum Theil auch
des Auslandes und in dieser »Evidenz fremder Archive«
besitzt das Kriegs-Archiv ein willkommenes Hilfsmittel bei
der Forschung nach Quellen für historische Arbeiten.
Die ungeheure Vermehrung des Acten- Mater iales der
Schriften- Abtheilung, über welche im nächsten Abschnitte
gesprochen werden wird, erheischte und ermöglichte viele
Arbeiten, die für den Dienst des militärischen Archivs Oester-
reich-Ungarns entweder unentbehrlich oder in hohem Grade
fiirderlich sind. Vor Allem ist dies die archivalische Bearbeitung
der neu erworbenen Acten, dann die Führung der schon von
dem Archivs-Director Oberst Nemethy zur Erlangung einer
besseren Uebersicht über das handschriftliche Materiale in
Vorschlag gebrachten, aber erst unter Oberst Freiherrn von
Sacken eingeführten Acten-Repertorien, durch welche mit
Zusammenfassung alles Gleichartigen der Inhalt der Acten
der einzelnen Feldzüge, Jahrgänge oder Gruppen in kurzen
Worten ersichtlich gemacht wird. Diese Repertorien sind
jedoch noch nichtbeendet, indem die stets neu hinzukommenden
Actenschätze auch stets die Neuanfertigung eines Repertoriums
über dieselben nothig machen. Ferner wurde ein Verzeichniss
der k. und k. Regimenter und deren Inhaber vom Beginn
des 17. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, ebenso ein Ver-
zeichniss aller kaiserlichen, beziehungsweise k. k. Generale
vom Ende des 16. Jahrhunderts vorerst bis 1815 angelegt
und dieses im Jahre 1898 durch ein neues von 1810 bis zur
Gegenwart ergänzt und fortgesetzt. Weiters wurde ein \'er-
zeichniss aller vor dem Feinde gefallenen oder in T'olge er-
littener Wunden gestorbenen (ienerale und Oberste verfasst,
dessgleichen wurden und wenden die Verzeichnisse über die
1^4 Das Kriegs- Archiv
mit Tapferkeits-Medaillen ausgezeichnete Mannschaft vervoll-
ständigt und weitergeführt. Endlich wurde ein Zettelkatalog
über die in den aus der Fach-Rechnungs- Abtheilung des Reichs-
Kriegs -Ministeriums an das Kriegs -Archiv übernommenen
Muster- und Standeslisten vorkommenden Namen der Officiere
in Angriflf genommen und bereits bezüglich einer ziemlichen
Anzahl von Truppenkorpem fertiggestellt.
Zur Thätigkeit der Schriften- Abtheilung gehört auch die
Richtigstellung jener Daten, welche in dem Militär-Schematis-
mus hinsichtlich der Errichtung, Auflösung, Neuformation etc.
der k. und k. Regimenter enthalten sind. Der Mangel an
authentischen Quellen musste zur Zeit der Gründung des
Schematismus die Genauigkeit der Angaben umso mehr be-
einträchtigen, als die Herausgabe desselben ursprünglich das
Werk eines Privatunternehmers war, dem selbst das vor-
handene Material nur in beschränktem Masse zur Verfugung
stand. Eine Berichtigung der zahlreichen unrichtigen oder
zweifelhaften Daten, welche nicht blos auf die Geschichts-
schreibung von störendstem Einflüsse waren, sondern auch
nicht selten die Interessen der Regimenter empfindlich be-
rührten, war daher schon längst als Bedürfniss empfunden,
dessen Befriedigung aber an den ebenso umfangreichen, als
mühevollen Arbeiten scheiterte, welche hiezu erforderlich waren.
Die Direction des Kriegs-Archivs regte nun endlich die
Ordnung auch dieser Angelegenheit an und erhielt im März
1877 von Seite des Reichs-Kriegs-Ministeriums den Auftrag,
sämmtliche über die historische Vergangenheit der kaiser-
lichen Regimenter, Branchen und Anstalten im Militär-
Schematismus vorkommenden Angaben zu prüfen und zweifel-
los richtig zu stellen. Gleichzeitig wurde durch eine tabellarische
Zusammenstellung aller seit Beginn des dreissigjährigen Krieges
bis zur Gegenwart bestandenen und aufgelösten Fuss- und
Reiter - Regimenter des kaiserlichen Heeres , die Detail-
Geschichtsforschung wesentlich erleichtert.
Seit dem Jahre 1897 ist der Inhalt des Militär-Schema-
tismus durch ein vollständiges Verzeichniss aller lebenden
und verstorbenen Mitglieder des Militär-Maria-Theresien-
seit der Reorganisation 1876. i «e
Ordens bereichert; in den früheren Schematismen waren
nämlich nur die zur Zeit noch lebenden Ordens-Mitglieder
verzeichnet.
Endlich ist auch noch des fordernden Einflusses zu er-
wähnen, den das Kriegs- Archiv auf die Verfassung der Special-
geschichte einzelner Truppenkorper nimmt. Die Thätigkeit
in diesem Zweige der Geschichtsschreibung ist in neuester
Zeit eine ersichtlich zunehmende und sind, mit Ausnahme
der Zeit, wo Truppen-Uebungen stattfinden, stets mehrere
von ihren Regimentern delegierte Officiere in dieser Richtung
beschäftigt.
Diese Arbeiten werden, so weit es sich um genaue und
vollständige Sammlung des Materiales handelt, insofeme ge-
fordert, als jedem Einzelnen Anleitungen zur zweckmässigsten
Bearbeitung an die Hand gegeben und etwaige Schwierig-
keiten oder Anstände durch Aufklärung und Rath behoben
werden.
Die weitaus überwiegende Zahl der Regimenter und
selbstständigen Bataillone haben auf diese Art bereits
ihre Geschichte verfassen und im Drucke veröffentlichen
lassen.
Auf die Karten-Abtheilung hatte schon die rapid
fortschreitende Entwicklung des Communicationswesens, der
immer weiter gezogene Kreis jener Disciplinen, welche sich
der kartographischen Darstellung bedienen, endlich der un-
gemeine Aufschwung, den die graphischen Künste, insbeson-
dere aber die Karten-Erzeugung, in den letzten Jahrzehnten
genommen hatten, einen nachhaltig modificierenden Einfluss
geübt; die organischen Bestimmungen der Reorganisation
gaben jedoch dem Charakter derselben ein von früher ganz
verschiedenes Gepräge.
Die Karten-Abtheilung soll nunmehr weder ein Karten-
Depot für die Armee sein, noch verfolgt sie als Zweck die
Sammlung vorwiegend moderner Karten und deren Ver-
theilung an die Truppen, was gegenwärtig Aufgabe des
militär-geographischen Institutes ist; sie soll vielmehr eine
Geftchicbte des Kriegs» Archivs. 10
i^^6 I^fts Kriegs- Archiv
nach bibliotheks-wissenschaftlichen Grundsätzen angelegte
Sammlung gedruckter oder gezeichneter Karten aller Zeiten
und Länder, von Schlachten- und Belagerungs-Plänen und
endlich älterer Landesbeschreibungs-M6moiren enthalten. Die
Karten-Abtheilung ist daher ihrem Wesen nach zunächst
einer wohlgeordneten Bibliothek verwandt und dient so wie
diese ausschliesslich nur wissenschaftlichen Arbeiten und der
geschichtlichen Forschung.
Die umfassenden und mühevollen Aenderungen in der
inneren Gliederung, der Katalogisierung etc., welche durch
diese gänzliche Umgestaltung des ursprünglichen Charakters
bedingt sind, gaben der Karten- Abtheilung eine ganz neue
Gestalt. Die bei der Gründung der topographischen Abtheilung
des Kriegs- Archivs angenommene Art der Gruppierung, Ein-
theilung und Katalogisierung des Materiales war für den da-
maligen Zweck der Abtheilung, welche gleichzeitig ein Karten-
Depot für die Armee sein sollte und mit Rücksicht auf das
im Vergleiche zur Jetztzeit geringfügige Materiale vollkommen
genügend und dem damaligen Stande der Archivs- Wissenschaft
entsprechend. Allein mit der stetigen und bedeutenden Zu-
nahme des Materiales wurde das frühere System der Ein-
theilung und Katalogisierung unhaltbar und desshalb ordnete
der Kriegs- Archivs-Director im Jahre 1890 eine vollständige
Neuaufnahme, Neueintheilung nach bibliotheks-wissenschaft-
lichen Grundsätzen und neue Katalogisierung des gesammten
Materiales der Karten- Abtheilung an. Und so kam ein neuer
Katalog zu Stande, der aber bisher noch nicht durch den
Druck veröffentlicht wurde.
An der wissenschaftlichen Thätigkeit, die sich seit der
Wiedervereinigung des ehemaligen >Generalstabs-Bureaus für
Kriegsgeschichte« mit dem Kriegs- Archive in letzterem ent-
wickelte, nimmt auch die Karten-Abtheilung regen Antheil,
indem sie die Anfertigung, beziehungsweise Herrichtung der
für die Publicationen des Kriegs - Archivs erforderlichen
Karten, Pläne oder anderweitigen graphischen Beilagen aus-
fuhrt. Die Beilagen der > Feldzüge des Prinzen Eugen von
Savoyen«, der »Mittheilungen des Kriegs -Archivs«, des
seit der Reorganisation 1876. l^y
im Erscheinen begriflfenen Werkes »Der österreichische Erb-
folgekrieg 1740 — 1748« und der sonstigen Publicationen
geben Zeugniss von der erfolgreichen Thätigkeit dieser Ab-
theilung.
In ihrer Wesenheit schon früher consolidiert als die
übrigen Abtheilungen des Kriegs- Archivs, bot die Biblio-
thek-Abtheilung auch weniger Anhaltspuncte für eine
reformierende Thätigkeit.
Das Wirken einer Bibliothek überhaupt, ruhig und wenig
bemerkbar an die Oeffentlichkeit tretend, sieht das Ziel einer
gleichwohl volle Geisteskraft und unermüdliche Ausdauer
fordernden Thätigkeit vornehmlich in der sorgfaltigen Vor-
bereitung des literarischen Materiales für den wissenschaft-
lichen Gebrauch, in der practischen Anordnung des Ganzen,
welche ein schnelles Auffinden jedes einzelnen Werkes er-
möglicht.
In dieser Hinsicht war auch die Kriegs-Bibliothek nicht
allein im eigenen Bereiche erfolgreich thätig, sondern nahm
auch auf publicistischem Wege Einfluss auf die Regelung
des Bibliothek- Wesens militär-wissenschaftlicher Vereine und
einzelner Truppenkörper.
Das rasche Anwachsen der Büchersammlung machte
wiederholt eine Erweiterung, beziehungsweise eine intensivere
Ausnützung der Localitäten und damit auch die Umstellung
der Bücher nothwendig. Gleichzeitig wurde der Standorte-
Katalog fortgesetzt und Fortsetzungen und Ergänzungen des
Bücher-Kataloges über den neuen Zuwachs dem Drucke
übergeben.
Aber es war nicht zu leugnen, dass die Methode der
früheren Bibliothek-Führung umständlich, etwas schwerfallig
und mit endlosen Schreibereien verbunden war. Je mehr die
2^hl der Bücher wuchs, desto fühlbarer machte sich ein
Uebelstand, nämlich. die bei der Errichtung der »Kriegs-Biblio-
thek« angenommene und bis in die neuere Zeit beibehaltene
Signierung der Bücher nach ihrem Aufstellungsorte,
d. h. nach Kasten^ Fach und Nummer im Fache. Dies hatte
10*
148 I^M Kriegs-Archiv
zur Folge, dass bei jeder Aendening in den Localitäten
und selbst nur in den Kasten stets die Bezeichnung einer
ganzen Menge von Büchern geändert und diese Aendening
nicht blos an den Büchern selbst, sondern auch in dem
Standorts-Kataloge durchgeführt werden musste und trotz-
dem das Zusammengehörige nicht beisammengehalten werden
konnte, sondern in verschiedenen Kasten, ja selbst in ver-
schiedenen Zimmern aufbewahrt war.
FML. von Wetz er veranlasste daher als Kriegs- Archivs-
Director eine vollständige Neuordnung und neue
Katalogisierung der gesammten Bibliothek; das System
der Bezeichnung der Bücher nach Standorten wurde
aufgegeben und dafür die wissenschaftliche Ein-
theilung, d. h. nach dem Inhalte der Bücher ange-
nommen. Der ganze Bücherbestand zerfallt in 24 Gruppen,
welche mit den grossen Buchstaben des lateinischen Alpha-
bets bezeichnet werden und jede Gruppe wieder in mehrere
Abtheilungen und Unter- Abtheilungen, innerhalb welcher die
einzelnen Werke möglichst chronologisch nach dem
Erscheinungsjahre eingereiht sind. Auf diese Weise sind
die Werke jedes Zweiges der Wissenschaft auch räumlich
vereinigt und im Falle einer Aendening der Aufbewahrungs-
Räume ist nicht die mindeste Aenderung in der Signatur
der Bücher oder in dem die Stelle eines Grundbuches
vertretenden Zettel -Kataloge nothwendig und die neu hin-
zukommenden Bücher können stets an der nach ihrem
Inhalte ihnen zukommenden Stelle ihrer Gmippe, Ab-
theilung und Unter -Abtheilung eingereiht und aufgestellt
werden.
Diese gründliche Neugestaltung der Bibliothek und die
Neu-Katalogisierung des gesammten Bücherbestandes von mehr
als 25.000 Werken in rund 61.000 Bänden, welche die ange-
strengteste Thätigkeit und den unermüdlichsten Fleiss des
gesammten Bibliotheks-Personales erforderte, wurde im
Jahre 1896 beendigt und mit der Circular- Verordnung des
Reichs-Kriegs -Ministeriums vom 10. Februar 1897 (Normal-
Verordnungsblatt 5. Stück) der neue aus zwei Bänden oder
fünf Theilen, nebst einem Autoren - Verzeichnisse bestehende
; »■•■.
seit der Reorganisation 1876. i^g
»Katalog der Bibliothek-Abtheilung des k. und k.
Kriegs -Archivs < ^) ausgegeben.
Ueber den neuen Bücher-Zuwachs erscheinen von Zeit zu
Zeit Ergänzungen, welche, worauf schon bei der Drucklegung
des Kataloges Bedacht genommen wurde, an gehöriger Stelle
auf- oder eingeklebt werden können.
') Wien 1896, Verlag des k. und k. Reichs-Kriegs-Ministeriums.
DAS MATERIALE IM KRIEGS -ARCHIVE UND
DESSEN BENUETZUNG.
A. In der Schriften-Abtheilung.
Ein reger, durch fast ein Jahrhundert fortgepflanzter
Sammlerfleiss fand in der Schriften-Abtheilung ein weites
Feld zu fruchtbringender Thätigkeit und machte es möglich,
dass heute ein mehrere Millionen Actenstücke zählendes hand-
schriftliches Material für die kritisch-pragmatische Darstellung
der Kriegs- und Heeres-Geschichte, sowie der Verwaltimg
der dem Hof-Kriegsrathe seinerzeit anvertraut gewesenen
Länder und Landestheile bereit liegt. Seit der ersten Reorgani-
sation des Kriegs- Archivs im Jahre 1876 hat sich der Acten-
bestand der Schriften-Abtheilung stetig vermehrt, seit der
zweiten vom Jahre 1888 aber mindestens verfünffacht.
Kurz nach der Reorganisation brachte die Direction des
Kriegs-Archivs eine für die militärische Geschichtsschreibung
in hohem Grade wichtige Frage in Anregung, indem sie mit
Bericht vom 6. März 1876, Nr. 86, die Vereinigung des
Kanzlei-Archivs^), beziehungsweise der »alten Registratur«
des Reichs-Kriegs-Ministeriums mit dem Kriegs- Archive be-
antragte. Es sei eine aus der längst aufgegebenen Anschauung
') Das seit 1783 mit dem Universal- Depositenamte vereinigte hof-
kriegsräthliche oder Kanzlei-Archiv wurde im Jahre 1846 der Registratur
einverleibt und die Acten desselben der »alten Registratur« zur Auf-
bewahrung übergeben, letzterer auch die Besorgung der Geschäfte dieses
Archivs übertragen, HKR. 1846, L. Nr. 3809, 4152, 5087.
Das Materiale im Kriegs- Archive und dessen Benützung. i^i
früherer Zeiten herrührende Anomalie, wenn bei derselben
Central-Stelle zwei getrennte, nach ganz verschiedenen Grund-
sätzen und von verschiedenen Stellen verwaltete Archive
bestehen. Das Kanzlei -Archiv sei bisher der historischen
Forschung beinahe unbekannt geblieben und dasselbe sei
auch nicht darnach eingerichtet, neben den täglichen Ge-
schäften des Registraturs-Dienstes den Ansprüchen der Ge-
schichtsforschung genügen zu können, abgesehen davon, dass
die unheizbaren Räume, in welchen die Acten der alten
Registratur damals untergebracht waren, jede andauernde
Arbeit unmöglich machten^).
Allerdings war man sich bewusst, dass die Ausfuhrung
dieses Gedankens einer späteren Zeit vorbehalten werden
müsse, wo sowohl die Lösung der materiellen Frage, als auch
hauptsächlich jene der damit eng verbundenen Vergrösserung
der Archivs-Localitäten auf weniger Schwierigkeiten stossen
würde, als dies damals der Fall war. Indess genehmigte das
Reichs-Kriegs-Ministerium die Anträge der Kriegs-Archivs-
Direction nicht nur im Principe und für den Fall, als die
angestrebte Gründung eines Militär-Central- Archivs seinerzeit
definitiv beschlossen werden würde, sondern gestattete auch,
dass die vorbereitenden Schritte eingeleitet und mit der Cen-
tralisierung der Acten begonaen werde, insofeme Zeit und
Umstände dies ermöglichten.
Als erstes Resultat der über die Angelegenheit ge-
pflogenen ßerathungen erfolgte die Uebergabe von 50 Fascikeln
Bestallungs-Dccrete aus den Jahren 1466 — 1768, nebst den
dazu gehörigen Protokollen.
Mit dem k. und k. Haus-, Hof- und Staats • Archive
und dem Archive des Ministeriums des Innern waren schon
seit längerer Zeit ähnliche Abkommen getroffen und ein
Gleiches wurde bezügliqh anderer Archive, namentlich des
Cabinets-Archivs Sr. Majestät des Kaisers und Königs mit
dem günstigsten Erfolge angestrebt, wodurch eine grosse Zahl
höchst wichtiger militärischer Actenstückc für das Kriegs-
Archiv erworben wurde.
RKM. 1876, Präs. Nr. 1896, 3521.
\
1^2 I^as Materiale im Kriegs- Archive
Zur Seite dieser auf die Vermehrung des kriegsgeschicht-
lichen Acten-Materiales überhaupt gerichteten Bestrebungen
gieng die Sammlung aller jener Quellen über Bekleidimg,
Ausrüstung und Bewaffnung der österreichischen Armee in
früherer Zeit, welche als Grundlagen zur Organisations-
Geschichte des k. und k. Heeres unentbehrlich sind. Diese
ursprünglich von der Schriften - Abtheilung angelegte und
geführte, in jüngster Zeit aber der Karten-Abtheilung über-
tragene Sammlung erstreckt sich auf alle bildlichen Dar-
stellungen, Druckwerke und Schriften, in denen authentische
Daten über obige Fragen enthalten sind.
Die Bereicherung der Schriften-Abtheilung bis zum
Jahre 1888 w^ar jedoch sehr massig im Vergleiche zu den
späteren Erwerbungen. Die grosste und bedeutendste Ver-
mehrung oder eigentlich Vervielfältigung der Acten-Bestande
erhielt die Schriften- Abtheilung seit dem Jahre 1889. In einem
Berichte vom 30. September 1888 an den Chef des General-
stabes wies der kurz zuvor zum Director des Kriegs-Archivs
ernannte Oberst von Wetz er darauf hin, dass sich in der
Verwaltung der Registratur des Reichs-Kriegs-Ministeriums
noch der reiche Bestand der Acten des ehemalig^en Hof-
Kriegsrathes befinde, dass diese Acten, welche bis in die
Mitte des 16. Jahrhunderts zurückreichen, insofern eine Be-
lastung der Registratur bilden, als diese, ihrem Wesen nach
vor Allem ein Hilfsamt für den laufenden administrativen
Dienst des Reichs-Kriegs-Ministeriums, durch den Besitz dieser
Acten genöthigt sei, auch den zahlreichen rein archivalischen
Anforderungen zu entsprechen, welche in Bezug auf Ge-
schichtsforschung, genealogische Erhebungen und gelegent-
liche privatrechtliche Fragen gestellt werden. Dieser Acten-
Bestand des Hof-Kriegsrathes bilde für sich ein vollständiges
Archiv, welches eine von der normalen Manipulation der Re-
gistratur ganz abweichende Behandlung erfahren müsse und
eine Acten-Sammlung darstelle, die nach Inhalt, historischem
Werth und vielfach wissenschaftlicher Bedeutung dem Kriegs-
Archive enge verwandt, von den im Kriegs-Archive arbeiten-
den Forschern ebenso begehrt werde, wie die Acten des
Kriegs- Archivs selbst. Es sei eine bisher stets sich wieder-
und dessen Benützung. 1^3
holende Erscheinung, dass jede archivalische Anfrage oder
Aufgabe, welche im Kriegs-Archive bearbeitet, beziehungs-
weise demselben zugewiesen werde, eine zweite, parallele
Bearbeitung in der Registratur erfahren müsse, ein Vorgang,
der gewiss weder dem Interesse der Registratur, noch des
Kriegs-Archivs, noch jenem der Sache selbst entspreche. Es
liege daher der seit vielen Jahren im Kriegs- Archive gehegte
Wunsch nahe, dass die Verwaltung des gesammten alten hof-
kriegsräthlichen Acten-Bestandes bis zu einem näher zu be-
stimmenden historischen Zeitabschnitt, bis zu welchem die
im laufenden administrativen Dienste des Reichs-Kriegs-
Ministeriums benöthigten Voracten zurückreichen können, dem
Kriegs-Archive übergeben werden.
Der k. und k. Chef des Generalstabes unterstützte diesen
Antrag und legte ihn dem Reichs-Kriegs-Ministerium zur
Entscheidung vor, worauf dasselbe nach Abhaltung einer
commissionellen Berathung der Angelegenheit mit dem Er-
lasse vom 13. Februar 1889, Präs. Nr. 673, die Uebergabe
der Acten von 1557 — 1815 aus der Verwahrung der Regi-
stratur an das Kriegs-Archiv bewilligte. Mit den Acten wurden
zugleich die Localitäten, in welchen die Hauptmasse dieser
Acten bisher aufbewahrt waren, nämlich der Zubau im Stall-
hofe des Kriegsgebäudes, nebst den drei anstossenden Zimmern
und dem sogenannten »Thurme«, d. i. dem den Balkon der
Kirche »Am Hof« gegen den »Schulhof« hin begrenzenden
Tract, dem Kriegs- Archive übergeben. Diese Räumlichkeiten
genügten jedoch nicht, um alle Acten aus der Zeit von
1557 — 1815, von denen ein Theil in den sonstigen Registra-
turs-Localitäten, ein Theil in den Kasten auf dem Gange
untergebracht waren, vollständig aufzunehmen und da dem
Kriegs- Archive keine weiteren Räumlichkeiten zugewiesen
werden konnten, musste ein Theil solcher Acten aus der Zeit
vor 1815, welche ihrer Natur nach ebenfalls in das Kriegs-
Archiv gehören würden, vorläufig in der Registratur belassen
werden.
Im Jahre 1891 erwirkte die Kriegs- Archivs-Direction
einen Erlass des Reichs-Kriegs-Ministeriums an alle Corps-
i^^. Das Materiale im Kriegs-Archive
Commandcn, worin die Anfertigung und Einsendung von
Verzeichnissen aller jener in den Registraturen der Corps-
Commanden aufbewahrten Acten, welche einen krieg^geschicht-
lichcn oder sonstigen historischen Werth besitzen, angeordnet
wurde. Zunächst sollte bei dieser Zusammenstellung mit
der Zeit des österreichischen Erbfolgekrieges begonnen,
weil eben damals in der kriegsgeschichtlichen Abtheilung
die Bearbeitung der Geschichte dieses Krieges in Angriff
genommen wurde, dann aber nach und nach die Gesammt-
masse der bei jedem Corps vorhandenen historischen Acten
von der ältesten Zeit bis einschliesslich des Jahres 1866 ver-
zeichnet werden.
Auf Grund der eingesandten Uebersichten w^ar das
Kriegs-Archiv in der Lage, jene Acten zu bezeichnen, welche
in erster Linie für die Darstellung des österreichischen Erb-
folgekrieges, dann für das Kriegs- Archiv und die historische
Forschung überhaupt einen Werth haben. Das Reichs Kriegs-
Ministerium genehmigte mit den Erlässen vom 16. Februar 1892,
Präs. Nr. 559 und vom 2. October 1893, Präs. Nr. 4724, die
Einziehung der historischen Acten vom Jahre 1740 — 1748,
dann aller jener, welche das Kriegs-Archiv fallweise bean-
spruchen würde und verordnete bezüglich der übrigen vom
Kriegs-Archive bezeichneten Acten, welche nur wegen des
daselbst herrschenden Raummangels nicht eingezogen werden
konnten, dass dieselben als >für das k. und k. Kriegs-
Archiv bestimmt« vorläufig bei den Corps-Commanden
aufbewahrt werden sollen. Hierdurch gewann die Schriften-
Abtheilung einen reichen Schatz archivalischen Materiales,
abgesehen davon, dass die Verzeichnisse selbst ein werth-
voUes Hilfsmittel zur eventuellen Auffindung von Archivalien
in solchen Fällen bieten, wenn die eigenen Acten der
Schriften- Abtheilung nicht ausreichen.
Unter den auf diese Art eingezogenen Acten sind
namentlich die »Belohnungsanträge«, d. h. die Acten, welche
die an Officiere und Soldaten verliehenen Auszeichnungen,
Orden und Tapferkeits-Medaillen behandeln, von grosser
Wichtigkeit, denn sie erhalten nicht nur das Andenken an
verdienstvolle Männer und ihre Thaten lebendig, sondern ent-
und dessen Benützung. 1^5
halten auch in den beigebrachten Zeugnissen und Beschrei-
bungen der That die Schilderung interessanter Episoden aus
kriegerischen Aflfairen.
Auch von verschiedenen anderen Behörden erwarb das
Kriege- Archiv grössere oder kleinere Acten-Bestände, so aus
der Militär-Kanzlei Seiner Majestät des Kaisers und Königs
verschiedene ältere Ranglisten und Standes-Ausweise, von
dem k. k. Landesvertheidigungs-Ministerium den daselbst auf-
bewahrten Theil der Kriegsgerichts-Acten, welche die Er-
eignisse der Jahre 1848 und 1849 zum Gegenstande haben,
u. A. m.
Eine weitere, bedeutende Vermehrung des Acten-Bestandes
der Schriften- Abtheilung erfolgte im Jahre 1896 durch die
auf Antrag der Kriegs-Archivs- Direction vom k. und k. Reichs-
Kriegs-Ministerium mit Erlass vom 27. März 1896, Präs. Nr. 1026,
bewilligte Uebergabe sämmtlicher Muster- und Standes- Acten
von der Mitte des vorigen Jahrhunderts bis zum Jahre 1820
aus der Verwahrung und Verwaltung der Fach-Rechnungs-
Abtheilung des k. und k. Reichs-Kriegs-Ministeriums an das
Kriegs- Archiv, beziehungsweise an die Schriften- Abtheilung.
Diese bei Forschungen nach Personal-Daten sehr wichtigen
Listen sind mit keinem Index versehen, es muss also, um in
denselben forschen zu können, die Zeit, wann und der
Truppenkörper, in welchem die gesuchte Persönlichkeit
diente, bekannt sein, was jedoch nicht immer der Fall ist.
Es musste also immer zuerst im Kriegs-Archive die Zeit und
der Truppenkörper festgestellt werden, da sonst die Fach-
Rechnung^-Abtheilung keine Auskunft zu geben vermochte
und die Folge davon war eine zeitraubende Correspondenz.
Aus diesem Grunde bewilligte das Reichs-Kriegs-Ministerium
mit dem oben erwähnten Erlasse die Uebergabe dieser Acten,
welche für die Fach-Rechnungs-Abtheilung des Reichs-Kriegs-
Ministeriums nur eine Last, für die Schriften-Abtheilung eine
werthvolle Ergänzung ihres Acten-Materiales bildeten, nebst
den Localitäten im Hause L, Fleischmarkt 19, in welchen sie
bisher untergebracht waren, an das Kriegs-Archiv.
ic5 Das Materiale im Kriegs- Archive
Das gesammte, ungefähr 20.000 Actenbündel und die da-
zugehörigen Indices, Register und Protokolle umfassende
Materiale der Schriften-Abtheilung gliedert sich aus rein
technischen und örtlichen Rücksichten in drei Sectionen, von
denen die »I. Section« mit dem früheren »Schriften- Archive«
oder der »Schriften- Abtheilung« vor dem Jahre 1889 iden-
tisch ist; die »IL Section« umfasst die im Jahre 1889 von der
Registratur des k. und k. Reichs-Kriegs-Ministeriums an das
Kriegs-Archiv abgegebenen Acten und Localitaten, diese
beiden Sectionen befinden sich im Gebäude des k. und k.
Reichs-Kriegs-Ministeriums, L, »Am Hof« 14; die »IIL Section«
endlich die im Jahre 1896 aus der Verwaltung der Fach-
Rechnungs- Abtheilung in jene des Kriegs- Archivs überwiesenen
Muster- und Standeslisten, nebst den Localitaten in dem soge-
nannten »Laurenzergebäude«, L, Fleischmarkt 19.
Das Archivs-Materiale der einzelnen Sectionen der
Schriften-Abtheilung besteht im Wesentlichen aus folgenden
Acten-Gruppen :
L Section.
1. Feld- Acten. Diese bestehen, wie schon ihr Name
anzeigt, aus den Acten der Befehlshaber der operierenden
Armeen, also aus den Befehlen und Instructionen, welche vom
Kaiser und dem Hof-Kriegsrathe an den Höchst-Comman-
dierenden und von diesem an die Untergebenen ertheilt, sowie
aus den Berichten der Untcr-Commandanten an den Armee-
Commandanten und des Armee-Commandanten an den Hof-
Kriegsrath und den Kaiser, endlich aus der sonstigen im
Felde geführten Correspondenz, den Standes-Tabellen, Ope-
rations-Journalen u. dgl.
Vereinzelte Stücke dieser Feldacten reichen zwar bis in
das 14. und 15. Jahrhundert zurück, allein erst bei jenen aus
den Zeiten Ferdinand I. beginnt eine grössere Reichhaltig-
keit und Continuität, welche sich, je näher der Gegenwart,
immer mehr ausbildet und vervollständigt.
2. Hofkriegsräthliche Acten. Die hofkriegsräth-
lichen Acten der I. Section bestehen aus solchen Acten, welche
und dessen Benützung. jcn
vor dem Jahre 1889, also zu jener Zeit, als die Acten des bestan-
denen Hof-Kriegsrathes noch in der Registratur des Reichs-
Kriegs-Ministeriums aufbewahrt waren, aus der Registratur an
das Kriegs- Archiv abgegeben wurden. Dem damaligen Zwecke
des Kriegs- Archivs entsprechend, wurden natürlich nur solche
Acten übernommen, welche kriegerische Ereignisse zum Ge-
genstande und einen ausgesprochen kriegsgeschicht-
lichen Werth haben.
Die Hauptmasse der hofkriegsräthlichen Acten blieb bis
1889 in der Verwaltung der Registratur des Reichs-Kriegs-
Ministeriums und bildet jetzt den Haupt-Bestandtheil der
IL Section der Schriften-Abtheilung.
3. Die Cabin et s- Acten. Diese Benennung führen ver-
schiedene Gruppen von Acten, welche aus dem kaiserlichen
Cabinets-Archive an das Kriegs-Archiv abgegeben wurden.
Sie enthalten den schriftlichen Verkehr des Allerhöchsten
Hofes mit der obersten Kriegsstelle und den Befehlshabern
der Heere und behandeln Angelegenheiten der Armee, des
Krieges oder der Landes- Vertheidigung, der Heeres-Organi-
sation, Bewaffnung und Ausrüstung, Personal- Angelegenheiten,
den Stand der Armee u. s. w.
Die einzelnen Gruppen dieser Cabinets- Acten stammen aus
verschiedenen Perioden von 1686 bis 1836.
4. Die Bestallungen, die Concepte solcher Patente
und Decrete, welche mit der kaiserlichen Unterschrift im
Wege des Hof-Kriegsrathes ausgefertigt wurden. Sie betreffen
die Errichtung von Truppenkörpern und deren weitere Ver-
leihung, Ernennungen der Generale und Stabsofficiere, Werb-
patente, Schutzbriefe, Privilegien u. dgl. und reichen, abge-
sehen von vereinzelten Stücken aus älterer Zeit, von der
Mitte des 16. Jahrhunderts bis 1768. Doch enthalten diese
Bestallungen keineswegs alle unter kaiserlicher Signatur im
Wege des Hof-Kriegsrathes ausgefertigten Patente und De-
crete, sondern die überwiegende Mehrzahl derselben befindet
sich noch unter den hofkriegsräthlichen Acten der IL Section.
5. Acten des bestandenen hofkriegsräthlichen.
späteren Kanzlei-Archivs von der Mitte des 16. Jahr-
hunderts bis 181 5. Dieselben bestehen aus drei Gruppen, den
158 I^&s Materiale im Kriegs-Archive
sogenannten eigentlichen »Kanzlei- Archivs- Acten«, den »Civil-«
und den > Militär-Impressen« und betreffen die verschiedensten
Zweige der Militär- Verwaltung und Heeres-Organisation, die
Verwaltung der bestandenen Militär-Grenze u. s. w. und ent-
halten Instructionen aller Art, Patente, Gesetze und Normal-
Verordnungen über alle Zweige der Civil-, Staats- und Militär-
Verwaltung.
6. Acten verschiedener Militär-Behörden. Es sind
dies jene Acten, welche auf Grund der von den Registraturen
der Corps -Commanden über ihren Acten-Bestand verfassten
Verzeichnisse von dem Kriegs-Archive als für die kriegs-
geschichtliche oder allgemeine historische Forschung brauch-
bar bezeichnet und bereits im Sinne des oben erwähnten
Erlasses des Reichs- Kriegs-Ministeriums vom 2. October 1893,
Präs. Nr. 4724, eingezogen wurden. Dieselben stammen aus
verschiedenen Zeitperioden zwischen 1740 und 1853, zumeist
aus den Jahren 1848 — 1853, welch' letztere die Ereignisse von
1 848/1 849 zum Gegenstande haben.
7. Belohnungen. Eine Sammlung, von Tapferkeits-
Zeugnissen und Belohnungsanträgen für die Feldzüge der
Jahre 1 848/1 849 in Italien und Ungarn, 1859 in Italien, 1866
in Böhmen und Italien, 1869 in Dalmatien und 1 878/1 879
in Bosnien und der Hcrcegovina. Dieselben wurden zu Folge
Erlasses des k. und k. Reichs - Kriegs - Ministeriiuns vom
16. December 1891, Präs. Nr. 5005, von der Militär-Kanzlei
Seiner Majestät des Kaisers und Königs, von den Regi-
straturen des Reichs-Kriegs-Ministeriums, der Corps-Comman-
den und des Militär-Commandos in Zara an das Kriegs- Archiv
abgetreten.
8. Die kriegswissenschaftlichen M6moiren, mei-
stens Studien und Abhandlungen über das Kriegswesen, die
Kriegswissenschaften und die Kriegsgeschichte im Allgemeinen,
über Bewaffnung, Bekleidung, Bewegung und Führung der
Truppen im Besonderen, sowie überhaupt über alle Zweige
der Armee -Verwaltung. Sie rühren zum grössten Theile von
Geschenken und aus Verlassenschaften hervorragender Militärs
her und enthalten ausser Studien und Abhandlungen auch
einzelne officielle Acten und Verordnungen.
und dessen Benützung. i^g
9. Armee-Schemata. Unter diesem Namen besteht eine
Sammlung von Verzeichnissen über Generale und Officiere
der kaiserlichen Armee. Wenn auch diese Sammlung des
ununterbrochenen chronologischen Zusammenhanges und der
Vollständigkeit entbehrt, so ist sie trotzdem von Werth, weil
sie aus Zeiten stammt, in denen es noch keine Militär-
Schematismen gab. Interessant ist darunter ein vollständiges
Verzeichniss der Officiere aller Infanterie- und Cavallerie-
Regimenter aus dem Jahre 1699.
10. Haupt-, Stand- und Dienst-Tabellen, Normal-
stände und Dislocations-Tabellen der Armee aus ver-
schiedenen Perioden von 1790 — 1888.
11. National- und Dienstbeschreibungen der Ge-
nerale, Individual-Beschreibungen und Conduitelisten
der Stabs- und Ober-Officiere, mit grösserer oder ge-
ringerer Vollständigkeit den Zeitraum von 1781 — 1850 um-
fassend.
12. Zahlreiche, theils in der Schriften-Abtheilung
selbst verfasste Evidenzen, Uebersichten und Ver-
zeichnisse, theils Sammlungen und Druckwerke, Schema-
tismen, Regiments-Geschichten u. dgl., welche als Archivs-
Behelfe zur schnelleren Orientierung dem Forscher treffliche
Dienste leisten.
II. Section.
Den Haupt- und wichtigsten Bestandtheil dieser Section
bilden die Acten des ehemaligen Hof-Kriegsrathes vom Jahre
1557 — 1815; ausserdem gehören zu dieser Section noch zahl-
reiche grössere oder kleinere Acten-Gruppen von verschiedenen
aufgelösten Commanden, Behörden oder Anstalten.
I. Hofkriegsräthlich/B Acten von 1557 — 1815. Mehr
als 5000 Acten-Bündel, nebst den dazu gehörigen Indices und
Protokollen, welche die gesammten, dem Hof-Kriegsrathe
als der obersten Militär -Behörde jener Zeit zukommenden
Agenden enthalten. Diesen Acten sind auch jene Schrift-
stücke entnommen, welche in der I. Section unter dem Titel
»hofkriegsräthliche Acten« aufbewahrt werden. Wenn auch
diese Acten, namentlich jene der älteren Zeit, durch über-
i5o ^As Materiale im Kriegs- Archive
massige Scartierungen ihre Vollständigkeit verloren haben,
so geben doch die ziemlich ausfuhrlichen Protokolle Aus-
kunft über Alles, was bei dieser, dem jetzigen k. und k.
Reichs-Kriegs-Ministerium entsprechenden ehemaligen Militär-
Behörde verhandelt oder angeordnet wurde.
2. Acten des Prager Hof-Kriegsrathes. Diese im
Ganzen aus drei Acten-Bündeln und vier Protokollen bestehen-
den Acten umfassen die Zeit von 1594 — 161 1 und enthalten
die Ueberreste jener Schriftstücke, welche aus der von Kaiser
Rudolph n. während seines Aufenthaltes in Prag daselbst
eingerichteten eigenen Kriegfskanzlei, dem »Prager Hof-
Kriegsrathe« vStammen. Sie enthalten grösstentheils Corre-
spondenzen des Prager Hof-Kriegsrathes mit jenem am Hofe
des Erzherzogs (Königs) Matthias befindlichen »Wiener Hof-
Kricgsrathe«.
3. Acten des innerösterreichischen Hof-Kriegs-
rathes. Als nach dem Tode Kaiser Ferdinand I. die
habsburgischen Länder unter dessen Söhne getheilt wurden
und dann im Jahre 1578 Kaiser Rudolph II. dem Erzherzog
Carl von Steyermark die Verwaltung und Vertheidigimg der
croatischen und windischen Grenze vollständig übertrug, er-
richtete Erzherzog Carl zur Besorgung des Militärwesens
der innerösterreichischen Lande, der croatischen und windi-
schen Grenze und der Küstenländer einen eigenen Hof-Kriegs-
rath in Graz. Auch nach der Wiedervereinigung der ge-
sammten österreichischen Erblande blieb der inneröster-
reichische Hof-Kriegsrath bis zum Jahre 1705 in seinem frühem
Wirkungskreise und seiner selbstständigen Stellung, dann aber
wurde er als »innerösterreichische Kriegsstelle« dem Wiener
Hof-Kriegsrathe untergeordnet und endlich 1749 ^^ ^^^ ein-
faches General-Commando für Inner-Oesterreich umgewandelt.
Die Acten desselben, im Ganzen 69 Fascikel und 134 Pro-
tokolle, sind sehr unvollständig, aber für die Geschichte der
innerösterreichischen Länder und der von diesen verwalteten
Militär-Grenzen von Wichtigkeit.
4. Die Armee-Acten. Nach Beendigung eines Krieges
wurden die Acten der bestandenen Commanden der operieren-
den Armee oder Armee-Corps, beziehungsweise der Armee-
und dessen Benützung. i6i
General-Commanden, an den Hof-Kriegsrath gesendet und in
dem hofkriegsräthlichen Archive aufbewahrt. Nach der Er-
richtung des Kriegs - Archivs wurden diese Acten einer
Durchsicht unterzogen und jener Theil derselben, welcher
einen streng kriegsgeschichtlichen Werth besitzt, in
das Kriegs-Archiv übernommen und bildet die in der I. Sec-
tion der Schriften -Abtheilung aufbewahrten älteren Feld- Acten,
während der Rest sammt den Original-Protokollen an die
Registratur zurückgegeben wurde und im Jahre 1889 mit den
andern Acten der »alten Registratur« an das Kriegs- Archiv
gelangte.
Wenn auch diese »Armee- Acten« keinen hervorra-
genden kriegsgeschichtlichen Werth besitzen, so sind
dieselben dennoch besonders bei Erhebungen von Personalien,
Truppenmärschen, dann wegen der in denselben erliegenden
zahlreichen Tapferkeits - Zeugnisse , Medaillen - Verleihungen
und auch aus dem Grunde wichtig, weil bei der damals
nicht allzu genauen Sichtung manches Schriftstück in den
Armee- Acten der IL Section zurückblieb, das seinem Inhalte
nach unbedingt in die »Feld-Acten« der I. Section gehören
würde.
Der grösste und inhaltreichste Theil dieser etwa 700 Acten-
Bündel umfassenden Feld -Acten bezieht sich auf die Kriege
von 1778 — 1815, während die Acten der früheren und spä-
teren Zeit von minderem Umfange sind. Eine Sichtung dieser
Acten behufs Ausscheidung alles Werthlosen ist im Zuge.
5. Medaillen. Die unter diesem Namen vorhandenen
18 Fascikel enthalten Tapferkeits-Zeugnisse und Belohnungs-
anträge für die Mannschaft aus der Zeit von 1793 — 1809. In
diese Gruppe werden demnächst auch die, wie oben erwähnt,
in den »Armee- Acten« erliegenden zahlreichen Tapferkeits-
Zeugnisse und ähnlichen Schriftstücke eingereiht werden.
6. Niederländer General-Commando -Acten von
1766 — 1794; im Ganzen 19 Actenbündel und 157 Protokolle.
7. Acten des bestandenen General-Kriegs-Com-
missariats von 1738 — 1768. Dieselben haben den Stand der
Armee, ihre Verpflegung, Ausrüstung, Bezahlung, Bequartie-
rung und alle jene Gegenstände zum Inhalte, welche später
Gtschichte des Kriegt-Arcbivi. 1 1
i62 ^^s Materiale im Kriegs- Archive
in den Wirkungskreis der ökonomischen Abtheilungen des
Hof-Kriegsrathes gehörten.
8. Reichs-General-Kriegs-Commissariat. Die'
Agenden dieser nach der Eröffnung des Reichskrieges gegen
Frankreich im Jahre 1793 eingesetzten Reichs-Behörde er-
streckten sich auf die Erhebung und Verw^altung der Reichs-
Beiträge, Beschaffung der Kriegsbedürfnisse für die Reichs-
Armee, kurz auf alle ökonomischen Angelegenheiten der
Reichs-Contingente. Diese die Zeit von 1793 — 1 800 umfassenden
Acten, ungefähr 250 Acten-Bündel, werden gegenwärtig einer
Sichtung und Ausscheidung unterzogen.
9. Invaliden-Hauptamt, 195 Acten-Bündel, nebst den
dazu gehörigen Indices und Protokollen vom Jahre 1723 bis
1803. Dieselben betreffen die Versorgung der dienstuntaug-
lichen Officiere und Mannschaft, sowie deren Wittwen und
Waisen, die Angelegenheiten der Invalidenhäuser und der
Erziehungs -Anstalten für Officiers- und Soldatenkinder, die
Personal-Angelegenheiten der Pensionisten u. s. w.
10. Verpflegs-Hauptamts- Acten von 1780 — 1793,
welche die Verpflegung der Armee, das Verpflegs-Fuhrwesen,
sowie die Personal-Angelegenheiten der Verpflegs-Beamten und
des Fuhrwesens-Corps zum Gegenstande haben.
11. Commercialia oder Acten des ehemaligen >Com-
mercial-Directoriums« und der »Commercial- Hofstelle« von
1 7 5 1 — 1776 über Handels- und Schifffahrts- Angelegenheiten und
die Verwaltung der österreichischen Küstenländer und See-
städte. Sie bestehen aus 18 Acten-Bündeln, nebst Index.
12. Zahlreiche andere Acten-Gruppen aus dem 18. und
dem Anfange des 19. Jahrhunderts: »Verlassenschaften«
oder Testamente, »Pupillaria«, »Nobilitationen«, »Pensio-
nen«, »Sanitäts-Acten«, »vorderösterreichisches Ge-
neral-Commando« u. a. m., deren Inhalt durch den Namen
selbst angedeutet ist.
III. Section.
Diese Section der Schriften-Abtheilung umfasst die bis
zum Jahre 1896 in der Verwahrung und Verwaltung der
Fach-Rechnungs- Abtheilung des k. und k. Reichs - Kriegs-
f . .
und dessen Benützung. 163
Ministeriums gewesenen und aus etwa 10.000 Acten-Bündeln
bestehenden Muster- und Standeslisten der einzelnen Truppen-
korper von etwa 1740 — 1820. Dieselben enthalten die Ziffern
über den Stand der einzelnen Reg-imenter und Corps, die
Namens- Verzeichnisse und Personal-Daten aller Angehörigen
(Officiere und Mannschaft) der einzelnen Truppenkörper und
die mit denselben vorgegangenen Veränderungen. Leider sind
diese Acten sehr unvollständig und von einzelnen Truppen-
körpem fehlen die Listen ganzer Jahrzehnte. Sie sind nur
nach Truppenkörpem geordnet und desshalb muss, wenn nach
einer bestimmten Person geforscht werden soll, der Truppen-
körper bekannt sein. Um diesem Mangel abzuhelfen, hat die
Kriegs-Archivs-Direction die Verfassung eines Zettel-Kataloges,
zunächst über die in den Muster- und Standeslisten ge-
nannten Officiere angeordnet, an dessen Herstellung eifrigst
gearbeitet wird.
Ausser diesen Listen besitzt die IH. Section noch verschie-
dene Ausweise und Personal -Verzeichnisse, wie Stabsbücher,
Pensionisten -Ausweise, Heiraths-Cautions-Protokolle u. dgl.
Für die Benützung der Schriften -Abtheilung sind im
Allgemeinen die Bestimmungen der Circular- Verordnung des
k. und k. Reichs -Kriegs -Ministeriums vom 7. Januar 1890,
Präs. Nr. 6810 ex 1889, Normal- Vorordnungsblatt 2. Stück
ex 1890, massgebend, nämlich:
Die Benützung der Schriften -Abtheilung des Kriegs-
Archivs zum Zwecke der Geschichtsforschung ist nur nach
erhaltener Bewilligung von Seite der k. und k. Kriegs-Archivs-
Direction gestattet. Das Ansuchen ist mit Angabe des Zweckes
der Forschung schriftlich zu stellen und wird in gleicher
Weise erledigt. Geschichtsforscher, welche ihre Forschungen
weiter auszudehnen wünschen, als ursprünglich beabsichtigt
war, haben ihre diesbezüglichen Wünsche der Kriegs-Archivs-
Direction bekanntzugeben.
In der Regel dürfen an fremde Forscher, welche dem
k. und k. Heere nicht angehören, Acten aus der Zeit nach
1840 nicht ausgegeben werden; in besonderen Fällen verfugt
der Director das Weitere.
II*
i54 ^^^ Materiale im Kriegs- Archive
Die Ausfolgung der Acten an Forscher geschieht immer
nur in angemessenen Partien, wobei jedoch die Wünsche der
Forscher nach Möglichkeit berücksichtigt werden und gegen
Unterfertigung einer über dieselben verfassten Quittung, auf
welcher sich zugleich folgender Revers befindet:
»Ich verpflichte mich, die mir zur Durchforschung ein-
gehändigten Archivalien unter keiner Bedingung auch nur
für kurze Zeit aus dem Archivs-Locale zu entfernen. Ich
mache mich ausserdem verbindlich, nur in die von mir zur
Durchforschung angesuchten und mir selbst von dem Archivs-
Officiere mitgetheilten Archivalien Einsicht zu nehmen, die
mir zur Benützung übergebenen Urkunden, Actenstücke und
literarischen Hilfsmittel vor jeder Beschädigung sorgrfaltigst
zu bewahren und die von mir benützten Acten-Partien dem
Officier jedesmal in der Ordnung und Reihenfolge der ein-
zelnen Actenstücke zurückzustellen, in der sie mir übergeben
wurden.«
Wenn Geschichtsforscher die Abschriftnahme von Acten,
Copien von Plänen, Zeichnungen u. s. w. wünschen, so wird
dies in der Regel zugestanden, doch haben dieselben für die
Beschaffung vertrauenswürdiger Copisten selbst zu sorgen,
falls sie die Copien nicht persönlich anfertigen wollen.
Reproductionen von Plänen, Acten etc. auf photographi-
schem Wege dürfen nur im militär-geographischen Institute
zugelassen werden und die Karten- Abtheilung des Kriegs-
Archivs besorgt dieselben.
Die Anfertigung von Copien durch das eigene Personale
des Kriegs- Archivs würd von der Direction nur in ganz aus-
nahmsvveisen Fällen bewilligt.
Für den Dienstgebrauch in den Bureaux des Reichs-
Kriegs-Ministeriums und des Generalstabes dürfen Acten nur
auf Grund der von dem betreffenden Amtsvorstande zu unter-
fertigenden, an die Direction des Kriegs- Archivs zu leitenden
Begehrzettel erfolgt werden.
Archi valische Auskünfte ( » archi valische Erhebungen « )
werden zu dienstlichen Zwecken selbstverständlich immer
gegeben; zu genealogischen, historischen, wie andern legalen
Zwecken privater Personen, Corporationen , Institute etc.,
und dessen Benützung. i5^
geschieht dies auf schriftliches an die Direction gerichtetes
Ansuchen unter entsprechender Darlegung der Motive.
B. In der Karten-Abtheilung.
Das Materiale der Karten- Abtheilung besteht aus mehr
als 18.000 Werken in rund 81.000 gestochenen, 57.500 ge-
zeichneten und 2100 lithographierten, zusammen also mehr
als 140.000 Blättern. Ferner befinden sich in der Karten-
Abtheilung die erforderlichen geographischen Lexika, Hilfs-
bücher, Zeitschriften, Beilagen zu Kartenwerken, ältere Landes-
beschreibungs-Elaborate oder Beilagen zu Kriegskarten.
Um das Wesen des vorhandenen Materiales zu charakteri-
sieren, werden hier einige der bedeutenderen kartographischen
Werke der Karten-Abtheilung genannt.
Von den ältesten Darstellungen bewahrt die Karten-
Abtheilung unter dem Titel: »Claudii Ptolemaei viri Ale-
xandrini mathematicae disciplinae philosophi doc-
tissimi geographiae opus«, ein Exemplar der durch den
Strassburger Bürger Johannes Schott 1513 veranstalteten
Neuausgabe der acht Bücher des Ptolemäus und der von
Agathodaemon gezeichneten 24 Karten des Ptolemäischen
Weltsystems. Dieses Werk ist desshalb von hohem historischen
Interesse, weil auf 20 in Holzschnitt ausgeführten Karten mit
erläuterndem lateinischen Texte der Umfang der damals
»neuen« Geographie dargestellt wird.
Femer die unter dem Namen »Tabula Peutingeriana«
bekannte Routen-Karte der Römer, reproduciert durch Chri-
stoph Scheibs, Wien 1753.
Dann ein Blatt: »Geographische Vorstellung eines
Globi, welchen anno 1492 Herr Martin Behaim im
Diameter bei 20 Zollen zu Nürnberg exhibieret«.
Aus dem 16. Jahrhundert ist Abraham Ortelius' »The-
atrum orbisterrarum« und dessen »Parergon sive veteris
geographiae aliquot tabulae« mit 108 Karten, Antwerpen
1592, hervorzuheben, sowie das im folgenden Saeculum von
Mercator und Hondius 1633 herausgegebene Kartenwerk:
l56 ^As Materiale im Kriegs- Archive
»Gerardi Mercatoris et J. Hondii Atlas, das ist Abbil-
dung der ganzen Welt mit allen darin begriffenen
Ländern und Provinzen etc.,« welches zum Theile nach
der, noch heute bei Seekarten üblichen Projection Mercator's
entworfen ist. An diese schliesst sich, bemerkenswerth durch
vorzüglich schöne Ausstattung und einen beigegebenen Plan
der Umgebung von Wien, Nicolaus Vischer's »Atlas
minor sive geographia compendiosa qua orbis terra-
rum«, Amsterdam 1660 — 1670.
Die älteste Specialkarte der Karten- Abtheilung, welche
zugleich auch den Uebergang vom Holzschnitte zum Kupfer-
stiche bezeichnet, ist jene der Grafschaft Tyrol, welche
Matthias Burgklehner zu Thierburg und Volantsegg
1629 herausgab. Sie ist mit Rücksicht auf die Vorzüglichkeit
und Genauigkeit der Ausführung, die erste wirklich brauch-
bare Karte aus jener Zeit und blieb durch mehr als andert-
halb Jahrhunderte im Gebrauch.
Die hervorragendsten österreichischen Kartenwerke des
17. Jahrhunderts sind jedoch unstreitig die Specialkarten von
Oesterreich ob und unter der Enns, dann Steyermark, welche
Georg Matth. Fischer von 1667 — 1678, zusammen 20 Blätter
(i : 153.000), herausgab.
Besonders werthvoll für das Studium der topographischen
Verhältnisse der östlichen Erbländer Oesterreichs im 18. Jahr-
hunderte ist die von dem kaiserlichen Ingenieur-Hauptmann
Christoph Müller auf Grund der von GFWM. Marsigli vor-
genommenen Ortsbestimmungen und Messungen, 1709 in
4 Blättern (1:550.000) herausgegebene Karte von Ungarn:
»Augustissimo Romanorum Imperatori Josepho I.
Hungariae Regi invictissimo mappam hanc Regni
Hungariae etc.« dann eine Karte des »Temesvarer Ban-
nats«, welche Prinz Eugen von Savoyen 1723 durch kaiser-
liche Officicre im Masse von i : 274.000 ausführen Hess.
Erstere zeichnet sich durch eine annähernd richtige Pro-
jection aus, wodurch das Königreich Ungarn zum erstenmale
in correcteren Verhältnissen dargestellt erscheint; letztere ist
ausser den sehr genauen topographischen Details noch aus
dem Grunde von Interesse, weil sie, abweichend von der
und dessen Benützung. 167
zu jener Zeit noch allgemein üblichen perspectivischen Zeich-
nung, die Bodenerhebungen in Horizontal-Projection, wenn
auch noch mit systemloser Anwendung schräger Beleuchtung,
mittelst Lavieruug in blasser Tusche darstellt. Sie wurde, so
wie die 1747 durch Officiere des Ingenieur-Corps gezeichnete
erste Generalkarte der gesammten österreichischen
Erblande, nie veröffentlicht.
Den ersten Versuch, Bodenerhebungen in Horizontal-
Projection mittelst Schraffierung darzustellen , bezeichnet I gn a z
Müller's »Mappa geographica novissima Regni Hun-
gariae« (Wien 1769, 12 BL, 1:360.000), ohne jedoch, trotz
mancher anderer Neuerungen, die vorzüglichen Kartenwerke
Christoph Müller's an Correctheit der Ausführung und
Brauchbarkeit zu erreichen.
Weiter wären als interessante Besitzthümer der Karten-
Abtheilung zu erw^ähnen: Eine Original- Aufnahmskarte von
Morea aus dem 17. Jahrhunderte von Fr. Vandeyk, dann
Appian's Karte von Bayern aus dem 16. Jahrhunderte unter
dem Titel »Chorographia Bavariae, 1568«, 24 Blätter im
Massstabe 1:150.000; ferner die bekannte Karte Tyrols von
Peter Anich und Blasius Hueber in 20 Blättern aus der
Zeit der Kaiserin Maria Theresia.
Die Kriegskarten beginnen mit einer Federzeichnung,
dem Plane der Belagerung von Heidelberg (1622); sie um-
fassen in chronologischer Folge Karten und Pläne aus allen
Kriegs -Unternehmungen Oesterreichs, vom dreissigjährigen
Kriege bis auf die Neuzeit und jene fremder Mächte von
1635 — 1871. In den meisten derselben sind auch die Truppen-
stellungen auf das Genaueste eingezeichnet.'
Die Zahl der neueren Karten steht im Verhältnisse zur
Entwicklung der vervielfältigenden Künste; die Karten- Abthei-
lung enthält daher eine bedeutende Sammlung kartographischer
Erzeugnisse aus der Periode von 1800 bis zur Gegenwart.
Obwohl dem Zeitpuncte des Entstehens nach, dem
letzten Drittel des 18. Jahrhunderts angehörend, muss die
Josephinische Aufnahme^) doch als eine Arbeit bezeichnet
f) Siehe Seite 81.
x68 ^^ Mater iale im Kriegs- Archive
werden, welche ihrer Vorzüglichkeit wegen selbst bis in die
Tage der Gegenwart einen hohen Werth behält. Da sie je-
doch nicht auf allgemeine astronomisch-trigonometrische Ver-
messungen basiert wurde, so konnte sie zur Zusammenstellung
einer den neueren Anforderungen entsprechenden General-
karte der Monarchie nicht benützt werden.
Die von Kaiser Franz 1807 verfugte Neuaufnahme der
Monarchie war bestimmt, diesem Uebelstande abzuhelfen und
die Grundlage für die erste Generalstabs-Karte des österreichi-
schen Kaiserstaates zu bilden.
Unter den privaten Erzeugnissen ist die vom Freiherm von
Lichtenstern 1810 herausgegebene Karte von Nieder-
Oesterreich (1:338.000) als die erste Grad-Karte, welche in
Oesterreich erzeugt wurde, hervorzuheben; dann auch GM.
Fallon's werthvoUe »Generalkarte des Kaiserthumes
Oesterreich« {1822, 9 Blätter, 1:865.000).
Hervorragend auf kartographischem Gebiete, ja geradezu
epochemachend, sind die Kartenwerke des k. k. Obersten
Ritter von Sehe da. Die von ihm 1843 herausgegebene
»Generalkarte von Europa« (25 Blätter, 1:2,592.000)
repräsentiert den »ersten Linienfarbendruck«; seine »General-
karte von Central-Europa«, Wien 187 1 (ursprünglich nur
die österreichische Monarchie umfassend und erst später zu
obigem Umfange erweitert), enthält ungeachtet des kleinen
Massstabes (1:576.000) mit geringen Ausnahmen Alles, was
in den anderen Generalkarten aufgenommen ist. In Folge
dessen ist allerdings die Darstellung an der äussersten Grenze
des Kleinen und der Gedrängtheit angelangt und stellt an
die Güte der Augen eine ziemlich bedeutende Anforderung;
immerhin aber zählt diese Karte zu den glänzendsten Lei-
stungen der Kartographie und bietet stets, insbesondere so-
lange keine zusammenhängende Generalkarte der Monarchie
und der Nachbarländer geschaffen ist, ein höchst werthvolles
Material. Für die wahrhaft meisterhafte technische Ausfüh-
rung spricht wohl am deutlichsten die Thatsache, dass die
Scheda'sche Generalkarte von Central-Europa in den Jahren
1873 — 1876 durch das k. k. Militär-geographische Institut
anstandslos auf i : 300.000 vergrössert werden konnte.
und dessen Benützung. i5q
Veranlasst durch die Fortschritte, sowohl auf wissen-
schaftlichem, als culturellem Gebiete, veranstaltete das k. k.
Militär -geographische Institut 1875 die Ausgabe einer »Spe-
cialkarte der österreichisch-ungarischen Monarchie«
nach den neuesten Aufnahmen in 715 Blättern (1:75.000).
Von den übrigen Staaten Europas und den fremden
Erdtheilen findet sich in der Karten- Abtheilung eine Aus-
wahl der vorzüglichsten Kartenwerke, namentlich alle bedeu-
tenderen Militär-Karten der grosseren Staaten.
An die Karten-Sammlung schliesst sich eine Bilder-
Sammlung an, bestehend aus vier Abtheilungen : i. Porträts,
2. Adjustierungs-Bilder, 3. Schlachten- und Manöver-
Bilder, 4. Abbildungen von Denkmälern.
Die Porträt-Sammlung enthält bereits über 1600 Por-
träts militärischer Persönlichkeiten und wird fortwährend
durch Ankäufe zu ergänzen gesucht.
Die Zahl der in der Karten -Abtheilung vorhandenen
Adjustierungs-Bilder der österreichisch-ungarischen Armee
von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart beträgt un-
gefähr 800 Stück, zumeist in geschlossenen Sammlungen.
Die Schlachten- und Manöver-Bilder zeigen ausser
einigen alten Darstellungen aus der Zeit des Prinzen Eugen
von Savoyen ziemlich viele Schlachten und Gefechte aus
den Napoleonischen Kriegen, vorzüglich aber die Kämpfe
der Jahre 1 848/1 849. Sie umfassen 194 Blätter.
Die Sammlung von Abbildungen und Beschreibungen
militärischer Denkmäler enthält bis jetzt 210 Stück.
Endlich wurde erst in allerjüngster Zeit die Anlegung
einer Medaillen-Sammlung, vorwiegend militärischen Cha-
rakters, in Angriff genommen, welche allerdings, wie bei der
Kürze der Zeit erklärlich, noch wenig reichhaltig ist.
Ueber das gesammte Materiale der Karten- Abtheilung,
von welchem das kartographische auf der im Jahre 1891 in
Wien veranstalteten Ausstellung des IX. deutschen Geo-
graphentages, an welcher sich die Karten-Abtheilung in her-
vorragender Weise betheiligte, die allgemeine Anerkennung
ijo I^fls Materiale im Kriegs- Archive
der Fachmänner und Besucher fand, besteht ein, jedoch noch
nicht gedruckter Katalog-, welcher, so wie das Materiale in
folgende Abtheilungen zerfallt:
A. Topographische Karten, über lo.ooo Werke
in etwa 74.000 gestochenen, 46.500 gezeichneten und 1600
lithographierten Blättern.
B. Städte -Pläne, in 3459 Werken mit 4255 ge-
stochenen, 2873 gezeichneten und 334 lithographierten Blättern.
C Kriegskarten, in 1947 Werken mit 4406 ge-
stochenen, 6 134 gezeichneten und 134 lithographierten Blättern.
D, Landesbeschreibungs-Materiale in 7515 Heften,
beziehungsweise Bogen, theils geschrieben, theils gedruckt,
mit 2388 Karten.
£. Die Bilder-Sammlung, d. i. Porträts, Adjustierungs-
Bilder und Abbildungen einzelner Adjustierungs- und Aus-
rüstungs-Gegenstände, Schlachtenbilder, Denkmäler, zusammen
rund 2960 Stück.
F, Die erst im Entstehen begriffene Medaillen-Samm-
lung mit einer derzeit noch geringen Zahl von Medaillen.
Für die Benützung der Karten- Abtheilung sind gleich-
falls die Bestimmungen der Circular-Verordnung des k. und k.
Reichs-Kriegs-Ministcriums vom 7. Januar 1890, Präs. Nr. 6810
ex 1889, Normal- Verordnungsblatt 2. Stück ex 1890, und die
Dienstvorschrift für das Kriegs- Archiv massgebend.
Die Karten und Pläne der Karten- Abtheilung sind vor-
zugsweise zum dienstlichen Gebrauche der Abtheilungen und
Bureaux des Reichs-Kriegs-Ministeriums und des Generalstabes
bestimmt. Nach Zulässigkeit kann jedoch die Benützung und
Entleihung auch anderen Militär-Behörden und Anstalten,
dann Officieren und Militär-Beamten des k. und k. Heeres,
der Kriegs-Marine und der Landwehr zugestanden werden.
Aeltere Aufnahms-Sectionen, sowie seltene oder werth-
volle Kartenwerke dürfen für den Privatgebrauch nur im
Kriegs-Archiv eingesehen, Copierungen aber nur dann ge-
stattet werden, wenn ihr Zweck dem Director des Kriegs-
Archivs entsprechend begründet wird.
und dessen Benützung. lyi
Die Leihzeit für ein zu dienstlichen Zwecken entnom-
menes Kartenwerk erstreckt sich zwar auf die Dauer des
Bedarfs, jedoch ist diese seitens des Benutzers nach Möglich-
keit einzuschränken. Bei Entleihungen zu Privatzwecken soll
sich die Leihzeit auf höchstens acht Wochen erstrecken; zu
längerer Benützung ist die Bewilligung des Kriegs- Archivs-
Directors einzuholen.
C. In der Bibliothek-Abtheilung.
Mit Ende des Jahres 1875 umfasste die Bibliothek- Ab-
theilung 17.049 Werke in 32.219 Bänden; bis 1899 war ihr
Besitzstand auf rund 25.500 Werke in 61.200 Bänden ange-
wachsen.
Ausser den regelmässigen Ankäufen und gelegent-
lichen Schenkungen einzelner Bücher erfuhr die Bibliothek-
Abtheilung in zwei Fällen eine reichliche Vermehrung. Der
am 16. März 1892 in Perchtoldsdorf bei Wien verstorbene
Hauptmann des Ruhestandes Jakob Homolla^) hatte bereits
mit Zuschrift vom 26. October 1889 ^^^ Kriegs-Archivs-
Direction in Kenntniss gesetzt, dass er seine reichhaltige
Bibliothek dem k. und k. Kriegs-Archive durch eine letzt-
willige Anordnung hinterlassen werde. Am 30. April 1892
wurde dieses Vermächtniss nach Wien überführt und in der
Bibliothek- Abtheilung als eine selbstständige, von dem übrigen
Bücherschatze getrennte und durch eine besondere Bezeich-
nung der Bücher kennbar gemachte Gruppe unter dem Namen
»Donation Homolla« aufgestellt. Diese Schenkung umfasst
1229 Werke in 3040 Bänden, darunter 666 Werke, welche
die Bibliothek-Abtheilung bis dahin nicht besessen hatte.
^) Jakob Homolla, geboren 1804 in Brunn, trat iSiS aU Cadet in
das Infanterie-Reginnent Nr. 40, erreichte daselbst die Oberlieutenants-Charge,
diente hierauf in den Infanterie-Regimentern Nr. 30 und 24, zuletzt als
Hauptmann und wurde am i. Juni 1850 in den Ruhestand versetzt. Haupt-
mann Homolla hatte im Jahre 184S die Beschiessung Wiens und im
Jahre 1849 den Peldzug in Ungarn mitgemacht. Er starb am 16. März 1892
in Perchtoldsdorf bei Wien im 88. Lebensjahre.
iy2 Das Materiale im Kriegs-Archive
Ein ebenso werthvolles Geschenk erhielt die Bibliothek-
Abtheilung im Jahre 1899, indem Seine Durchlaucht der
regierende Fürst Johann IL von und zu Liechtenstein den
militärischen Theil der berühmten Sammlung des als Soldat
und Gelehrter gleich ausgezeichneten, am 11. Februar 1883
in Wien verstorbenen k. und k. Feldzeugmeisters Franz
Ritter von Hauslab in das Eigenthum des Reichs-Kriegs-
Ministeriums übertrug, welches mit Erlass vom 28. Mai 1899,
Präs. Nr. 2898, anordnete, dass diese Sammlung der Biblio-
thek-Abtheilung des k. und k. Kriegs- Archivs als abgeson-
derte und in sich geschlossene Gruppe einverleibt werde, da-
selbst in würdiger Weise zur Aufstellung gelange und dem
betreffenden Räume der Name des Gründers und des Spenders
der Sammlung zu geben sei. Demgemäss wurde die aus etwa
1500 Werken in rund 2100 Bänden bestehende, viele seltene
militär-wissenschaftliche Schriften, z. B. alte Reglements und
artilleristische und fortificatorische Werke aus dem 16. und
17. Jahrhundert umfassende Sammlung in dem schönsten
Zimmer der Bibliothek- Abtheilung aufgestellt und jedes ein-
zelne Buch derselben, ähnlich wie bei der »Homolla-Biblio-
thek«, mit einer besonderen, seine Zugehörigkeit zu dieser
Sammlung ausdrückenden Bezeichnung versehen.
Ausser zahlreichen Pracht- und Bilderwerken besitzt die
Bibliothek-Abtheilung eine Reihe seltener Druckwerke aus
dem 16. und 17. Jahrhundert. Das älteste unter diesen sind
»Institutionum reipublicae militaris ac civilis libri novem« des
Marescalcus Thurius. Rostock 15 15. Hieran schliesst sich
Albrecht Dürer's »Vnderw^eysung der Messung mit dem
zirkel vfl richtscheyt, in Linien ebenen vnd gantzen corporen*
aus dem Jahre 1525; sodann dessen Abhandlung: »Ettliche
vnderricht zu befestigung der Statt, Schloss und Flecken«,
Nürnberg 1527.
Nun folgt eine stattliche Reihe werthvoUer Werke
älterer Zeit über Kriegskunst im Allgemeinen, über Fortifi-
cations- und Artilleriewesen, alte Reglements, Geschichts-
werke etc., aus deren Zahl folgende hier Erw^ähnung finden
mögen :
und dessen Benützung. ly^
Robert Valturius: »De re militaric, 12 Bände, Paris
1533; Vegetius: »De Tart militaire«, Paris 1536; Avila et
ZuÜiga: »Commentariorum de hello Germanico a Carolo V.
Caesare Maximo gesto libri duo etc.c, Antwerpen 1550;
du Choul: »Discours sur la castrametation et discipline mi-
litaire des Romains«, Lyon 1557; sehr interessante Aufschlüsse
über die Zeit der Landsknechte finden sich in Fronds-
berger's »Von Geschütz und Feuerwerk etc.« und dessen
»Fünf Bücher vom Kriegs-Regiment und Ordnung, wie sich
ein jeder Kriegsmann in seinem Amt und Befehl hallen soll«,
rwei Foliobände, Nürnberg 1557 ^^^ i558j dann in der
»Historia, Herrn Georgen und Herrn Casparn von Frunds-
berg, Vatters und Sons, beiden Herren zu Bündelheim,
kaiserlichen Obristen Feldherrn, Frankfurt a. M. 1572«, und
endlich in Lazarus Schwendi's »Kriegs-Discurs«, Frank-
fiirta. M. 1592; Speckle: »Architectura von Festungen etc.«,
Strassburg 1589; Belici: »Nuovainventione di fabbricar for-
tezze etc.«, Venedig 1598; Marchi: »Della architettura mili-
tare«, 1599; Saint-Julien: »La forge de Vulcain«, Haag 1606;
Junghans: »Kriegsordnung zu Wasser und Land«, Coln 161 1;
Sirtori: »Govemo della cavalleria«, Frankfurt 1614; Wall-
hausen: »Alphabetum pro tyrone pedestri«, Frankfurt 1615;
Desselben: »Corpus militare« und »Archiley- Kriegskunst«,
beide Hanau 1617; Melzo: »Reigles militaires«, Antwerpen
1615; Breen: »Neue Nassauische Waffenhandlung etc.«,
Gravenhagen 1618; Ruscellus: »Kriegs- und Archeley-Kunst«,
Frankfurt 1620; Sardi: »L'artiglieria«, Venedig 1621; Ger-
hardt: »Samuel Maroloys Fortification«, Amsterdam 1627;
Furtenbach: »Halinitro-Pyrobolia, Beschreibung einerneuen
Büchsenmeisterei«, Ulm 1630; Lavater: »Kriegsbüchlein«,
Zürich 1667; »Reglement et ordonnances du roy pour les
gens de guerre«, Paris j68o — 1691; »Reglement über die
Heeresverpflegung von Kaiser Leopold«, Linz 1684; Win-
ker: »Kurtzer Begriff der Kriegskunst von der Infanterie nach
hochfurstl. Waldeckischer Manier«, Nürnberg 1689; Leopold:
»Les exercices de Mars. Eigentliche Beschreibung und Ab-
bildung des Soldatenlebens etc.«, Augsburg 1700: »Exercitium
des löblichen General Graff Wallis'schcn Regiments zu Fuss
inA Das Materiale im Kriegs-Archive
sambt dessen Kriegsgebräuchen«, 1705; »Recueil des ordon-
nances militaires de Sa Majeste Britanniqufe pour le regle-
ment des troupes«, Brüssel 1706; Kleinschmidt: »Regle-
ment und Exercitium der Infanterie etc.«, Augsburg 17 15;
Dumont: »Histoire militaire du Prince Eugene de Savoye,
du Prince et Duc de Marlborough et du Prince de Nassau-
Prise«, Haag 1729 — 1747 u. A. m.
Ebenso reichhaltig wie die rein militärischen Fächer ist
die Geschichte vertreten und insbesondere jene von Oester-
reich-Ungcam. Mit dem Werke: >Epitome belli papistanim
contra Germaniam atque patriam ipsam caesare Carolo V. duce,
1546«, dann einer Sammlung von Berichten »Johannes
de Castro's, kais. Majestät im Neapolitanischen Reichshaupt-
mann, an den durchlauchtigsten König zu Hungam und Be-
heim, 1528« und einigen »Chroniken« beginnen die ältesten
geschichtlichen Druckwerke der Bibliothek-Abtheilung und
von den bedeutenderen historischen Schriften der Neuzeit
werden kaum einige vermisst, namentlich zeigen jene über die
Geschichte Oesterreich-Ungams keine merkliche Lücke.
Von den Pracht- und Bilderwerken älterer Zeit
nimmt das »Theatrum Europaeum« den ersten Platz ein; es
behandelt in 2 1 reich illustrierten Foliobänden (Frankfurt a. M.
1642 — 1738) alle historischen Ereignisse von 161 7 — 1629.
Würdig hieran reiht sich Johann Weichard Valvasor's
»Die Ehre des Herzogthums Krain«, Laibach und Nürnberg
1689, 2 Foliobände und Bernard de Montfaucon's »L'antiquit6
expliqu6e et repr^sent6e en figures«, Paris 17 19 — 1724,
12 Foliobände.
Von jenen der neueren Zeit aber wären zu nennen:
»Die hervorragendsten Kunstwerke der Schatzkammer
des österreichischen Kaiserhauses. s Wien 1870 — 1873, Folio.
»Monographien der kaiserlichen Lustschlösser Schonbrunn
und Laxenburg.« Wien 1875 und 1878, Folio. Alle 3 Werke
wurden auf Allerhöchsten Befehl und unter Leitung des k. k.
Oberstkämmerers Franz Grafen FoUiotde Crenneville von
dem k. k. Regierungsrathe und Schatzmeister Quirin Lei tn er
herausgegeben.
und dessen Benützung. lys
Siebmacher's »Grossesund allgemeines Wappenbuch«,
Nürnberg 1856; noch im Erscheinen begriffen; bis jetzt
71 Bände.
Detaille: >L'arm6e fran^aise. Types et uniformes.«
Paris 1885— 1889.
Herzig: »Viribus unitis. Das Buch vom Kaiser.« (Salon-
Ausgabe mit zahlreichen Illustrationen.) Budapest, Wien und
Leipzig 1898.
Schnitzer: »Franz Joseph I. und seine Zeit. Cul-
turhistorischer Rückblick auf die Francisco -Josephinische
Epoche.« (Prachtwerk mit zahlreichen Porträts und Illustra-
tionen.) Wien und München 1898.
»A magyar nemzet tört6nete.« (Mit vielen Abbildungen
und Beilagen.) 10 Bände. Budapest 1895 — 1898.
»Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Aller-
höchsten Kaiserhauses.« (i. — 20. Band.) Wien und Prag 1883
bis 1899.
Für die Benützung und Auswahl der Bücher liegt in
der Bibliothek - Abtheilung der neuverfasste Katalog auf,
welcher, wie oben erwähnt, nach einem von dem frühern ganz
verschiedenen Systeme angelegt wurde, womit eine voll-
ständige Neuordnung des ganzen Bücherbestandes verbun-
den war. ^
Der gesammte Bücherbestand der Bibliothek-Abthei-
liing ist in 24, durch grosse römische Buchstaben bezeichnete
wissenschaftliche Gruppen, jede mit mehreren Abtheilungen,
eventuell auch Unter -Abtheilungen eingetheilt. Bei jenen
Ghruppen, welche nur Abtheilungen enthalten, sind diese mit
kleinen lateinischen Buchstaben, bei jenen aber, wo Ab-
theilungen und Unter -Abtheilungen bestehen, die ersteren
durch romische Ziffern, die letzteren durch kleine lateinische
Buchstaben ersichtlich gemacht.
In den Unter -Abtheilungen, beziehungsweise Abthei-
lungen, folgen die Werke chronologisch nach ihrem Erschei-
nungsjahr, die Einzel-Biographien, M6moiren und Correspon-
denzen jedoch in alphabetischer Ordnung.
1*7 5 ^^B Materiale im Kriegs- Archive
Dieselbe Eintheilung- wie in dem Kataloge, welcher aus
2 Bänden in 5 Theilen und einem Autoren-Register, somit
aus 6 Theilen besteht und mit der Circular- Verordnung des
k. und k. Reichs-Kriegs-Ministeriums vom 10. Februar 1897,
Präs. Nr. 535 (Normal- Verordnungsblatt 5. Stück), ausgegeben
wurde, ist auch bei der Aufstellung der Bücher beobachtet,
so dass die in dieselbe Abtheilung oder Unter-Abtheilung
gehörigen Werke auch räumlich in demselben Fache oder
Kasten vereinigt sind.
Die 24 Gruppen, nach welchen die Bücher und der
Katalog eingetheilt wurden, sind:
A. Kriegswissenschaften und Heereswesen im Allge-
meinen; Truppenkunde und Heeres-Organisation.
ß, Heeres-Ergänzung, Entlassung, Mobilisierung, Ver-
waltung und Bekleidung; Personal -Angelegenheiten.
C, Truppen- Ausbildung, Dienst und Exercieren.
D. Kriegskunst.
£, Waffenwesen und Artillerie.
/^ Kriegs- und allgemeine Baukunst; Genie- und Pionnier-
wesen.
G, Technologie und Verkehrswesen.
//. Militär-Train- und Pferdewesen, Pferdezucht, Thier-
heilkunde. Reit- und Fahrkunst.
y. Terrainkunde, Landesvermessung, militär-geographi-
sche Institute.
K, Seewesen, Marine.
Z. Mathematik, Astronomie.
Af. Naturwissenschaften.
J\/. Sanitätswesen.
O, Geographie, Statistik, Volkswirthschaft, Reisen.
P. Kriegsgeschichte.
Q. Heeres- und Truppengeschichte, Militär-Schemata.
R. Allgemeine und Staatengeschichte.
S, Biographien, Memoiren und Correspondenzen.
T. Staats- und Rechtswissenschaft.
U, Culturgeschichte und Religionswesen.
F. Philosophie und Unterrichtswesen.
W, Sprachwissenschaft, Literatur und Kunst.
und dessen Benützung. lyy
X. Encyklopädien.
Y, Bibliotheks- Wissenschaft, Bücherkunde und Archiv-
wesen.
Für die Benützung der Bibliothek- Abtheilung sind nebst
der neu revidierten Geschäftsordnung vom Jahre 1899 die
Bestimmungen der Circular -Verordnung des Reichs-Kriegs-
Ministeriums vom 27. Januar 1890, Präs. Nr. 6810 ex 1889
(Normal- Verordnungsblatt 2. Stück ex 1890), massgebend:
T^a) Die Werke der Bibliothek- Abtheilung sind in erster
Linie zum dienstlichen Gebrauche der Abtheilungen und
Bureaux desReichs-Kriegs-Ministeriums und des Generalstabes
bestimmt; in zweiter Linie ist die Entleihung den übrigen
Militär-Behörden, Anstalten und Truppen-Commanden, femer
den Officieren und Militär-Beamten des k. und k. Heeres,
der Kriegsmarine und der Landwehren, welche sich in Wien
befinden, ohne weitere Bewilligung gegen einzulegende Quit-
tung gestattet.
b) Die Entleihung von Werken der Bibliothek- Abthei-
lung an die ausserhalb Wiens befindlichen Militär-Behörden,
Anstalten und Truppenkörper, femer an die ausserhalb Wiens
befindlichen Officiere und Militär-Beamten des k. und k. Heeres,
der Kriegsmarine und der Landwehren ist nur mit Bewilli-
gung der Kriegs- Archiv-Direction gestattet, welche dieselbe
nach Zulässigkeit und auf Grund eines kurzen schriftlichen
Einschreitens ertheilt. Dieses Einschreiten hat die Angabe
der Autor-Namen und die Buch-Titel zu enthalten.
c) Die in Wien anwesenden Staatsbeamten, Gelehrten etc.
können die Werke der Bibliothek-Abtheilung unter den im
Puncte b) angeführten Modalitäten benützen.
d) Die Versendung der Werke (Punct b) geschieht auf
Kosten der ansprechenden Parteien, welche die beigelegte
Quittung zu unterfertigen und ungesäumt zurückzusenden
haben.
e) Encyklopädien, Lexika, Prachtausgaben oder sehr
kostspielige Werke dürfen nur im Locale der Bibliothek nach
Zulässigkeit des dortigen Raumes benützt werden.
Getcbichtc des Kriefs- Archivs. 12
lyg Das Materiale im Kriegs- Archive und dessen Benützung.
f) Bücher zum Privatgebrauche werden nur an Wochen-
tagen zwischen lo und i Uhr ausgegeben.
g) Für die Quittungen werden die Blankette verwendet,
welche die Erklärung enthalten, dass sich der Empfanger
verpflichtet, das entliehene Werk rechtzeitig und unbeschädigft
zurückzugeben, widrigenfalls der Kostenpreis desselben zu
ersetzen ist.
h) Bücher werden nur, nachdem dieselben bibliothe-
karisch behandelt und gebunden wurden, ausgegeben.
i) Bei einem und demselben Entleiher sollen in der
Regel nicht mehr als zwei Werke auf einmal sich befinden.
k) Die Leihzeit für die zu Privatzwecken entnommenen
Bücher erstreckt sich normalmässig auf acht Wochen, bei
dienstlichen Arbeiten der Bureaux und Abtheilungen des
Reichs-Kriegs-Ministeriums und Generalstabes auf die Dauer
des Bedarfes.
l) Falls zu Privatzwecken ausgeliehene Bücher aus-
nahmsweise länger als acht Wochen benöthigt werden sollten,
oder bei Bedarf einer grösseren Anzahl von Werken ist die
Zustimmung der Direction des Kriegs-Archivs einzuholen.
m) Am Schlüsse eines jeden Jahres wird eine allgemeine
Revision der von der Bibliothek -Abtheilung ausgegebenen,
eventuell die Rückforderung der ausständigen Werke vor-
genommen. Mit Rücksicht auf die ungestörte Durchführung
dieser Arbeit werden in der Zeit vom i6. bis letzten De-
cember zu Privatzwecken keine Bücher neu ausgegeben.
n) Ein der Bibliothek -Abtheilung entliehenes Werk darf
nur mit Zustimmung des Vorstandes derselben vom Entleiher
an eine andere bezugsberechtigte Person (ein anderes Amt)
weiter gegeben werden.«
SCHLUSS.
Aus dem Entwicklungsgange des k. und k. Kriegs-
Archivs lässt sich die Thatsache nicht verkennen, dass die
Direction desselben stets an dem allgemeinen Streben nach Ver-
besserung des staatlichen Archivwesens redlich mitwirkte. Sie
war auf die Hebung der Thätigkeit und des Ansehens des
Kriegs- Archivs, sowie die Vermehrung und Vervollständigung
der Archivalien eifrigst bedacht und speciell der inzwischen
zum FML. beförderte Director von Wetzer ^) brachte es
*) Leander Heinrich von Wetz er, geboren am 17. Februar 1840
zu Freiburg im Breisgau als Sohn eines Universitäts- Professors, trat im
Jahre 1854 in die k. k. Pionnierschule in Tulln, kam 1857 als Corporal in
das 4. Pionnier-Bataillon nach Mailand und wurde beim Ausbruche des
Krieges 1859 zum Unterlieutenant im Pionniercorps befördert. Er machte,
vielfach verwendet, den Feldzug in Italien mit, wurde 1865 Oberlieutenant,
nahm als solcher während des Feldzuges in Böhmen 1866 an den Gefechten
bei Skalitz und Schweinschädel und an der Schlacht bei Königgrätz theil
und wurde für seine entschlossene und aufopfernde Thätigkeit während
des Ueberganges eines Theiles der Armee über die Elbe bei Plaöka am
Abend des Schlachttages durch die Verleihung des Militär-Verdienstkreuzes
mit der Kriegsdecoration ausgezeichnet. Später übernahm er freiwillig die
Führung des Donaudampfers »Földvär«, welcher nebst einigen anderen
Fahrzeugen bestimmt war, bei dem erwarteten Uebergangsversuche der
Preussen über die Donau die Brücken derselben zu zerstören. Der Waffen-
stillstand Hess diese schöne, allerdings für ihn persönlich voraussichtlich
abschliessende Aufgabe nicht zur Ausführung kommen.
Nach dem Peldzuge, Anfang 1867, trat Oberlieutenant Wetz er
nach fast zehnjährigem Compagniedienste in die k. k. Kriegsschule, absol-
vierte dieselbe 1868 mit »sehr gutem« Erfolge und veröffentlichte, dem
Generalstabe zugetheilt, T869 und 1870 aus Krakau seine ersten literarischen
Arbeiten, welche die Aufmerksamkeit des damaligen Leiters des General-
12*
I go Schluss.
durch die von ihm eingeführten Reformen und seine ziel-
bewusste Thätigkeit dahin, dass das Kriegs-Archiv sich jetzt
Stabes, General-Major von Gallina, erregten, so dass Wetz er nach ein-
jähriger Dienstleistung in der 5. Abtheilung des Reichs-Kriegs- Ministeriums
im Jahre 1871 zur Mitarbeit an dem geplanten Werke »Feldzüge des Prinzen
Eugen von Savoyenc in das kriegsgeschichtliche Bureau des General-
stabes berufen wurde. In dieser Verwendung, während welcher er 1872
zum Hauptmann im Generalstabe befördert wurde, verfasste er bis
1875 die beiden zuerst erschienenen Bände III. und IV. (Feldzüge 1701
und 1702) des genannten Werkes und einen grossen Theil des I. Bandes.
Da ein festes Programm für die Anordnung des Stoffes und die Form der
Darstellung der »Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyent damals
noch nicht bestand, war Hauptmann Wetzer bei dieser Arbeit auf
sein eigenes Urtheil und Wissen angewiesen und löste seine Aufgabe in
einer solchen Weise, dass er mit dem Ritterkreuze des Franz Joseph-Ordens
ausgezeichnet wurde und die von ihm verfassten Bände die Grundlage für
die weitere Bearbeitung des Werkes nach Form und Anordnung blieben.
Im Jahre 1875 wurde Hauptmann Wetzer Lehrer an der Kriegs-
schule, 1879 Major, 1880 Bataillons-Commandant beim Infanterie-Regimen te
Nr. 41 in Znaym, 1882 Generalstabs-Chef der 19. Infanterie-Truppendivision
in Pilsen, 1883 Oberstlieutenant im Generalstabs- Corps und 1884 abermals
in die kriegsgeschichtliche Abtheilung des Kriegs- Archivs eingetheilt, 1886
Vorstand der kriegsgeschichtlichen Abtheilung und zum Obersten befördert,
1887 in den Adelstand erhoben, 1888 zum Director des Kriegs-Archivs er-
nannt, am I. Mai 1892 zum General-Major und am i. November 1895 zum
Feldmarschall-Lieutenant befördert.
Von seinen zahlreichen literarischen Arbeiten seien hier erwähnt:
»Ueber Milizen« (Organ des militär-wissenschaftlichen Vereines, 187 1);
»Studie über die Gefechtsweise im dreisslgjährigen Kriege« (Organ des
militär-wissenschaftlichen Vereines, 1872); »Feldzüge des Prinzen Eugen
von Savoyen« (III. und IV. Bd.); »Behelfe zum Studium des administra-
tiven Generalstabsdienstes« 2 Bände, 1880); »Waldstein und die Pilsner
Reverse« (Mitth. des k. und k. Kriegs-Archivs, 1886); »Zwischen Donau
und Elbe« (Mitth., 1886): »Der Feldzug 1638 am Ober-Rhein und die
Belagerung Breisachs 1638« (Mitth., 1886 — 1888); »Meinungen und Mah-
nungen. Lose Blätter aus der Mappe eines alten kaiserlichen Soldaten«
(Wien 1895); dann in dem Werke »Oesterre ichischer Erbfolgekrieg
1740 — 1748« die Artikel »Pragmatische Sanction« und die Capitel der
»Politischen Einleitung«.
Wie FML. von Wetz er einst als ein anerkannt bewahrter, erfahrener
und vor dem Feinde ausgezeichneter Truppen-Officier in den Generalstab
gekommen war, so wurde ihm jetzt in seinen letzten Dienstjahren für die
Richtigkeit und Erspriesslichkeit der Reformen, welche er zur Entwicklung
und Ausgestaltung des Kriegs-Archivs in Antrag und zur Durchfuhrung
Schluss. I g I
eines Ansehens erfreut und zu einer Bedeutung gelangt ist,
wie nie zuvor. Ausser der Durchfuhrung der oben besprochenen
durchgreifenden Reform und Neuordnung des Archivs ver-
fasste FML. von Wetzer neue Archiv -Instructionen, er-
leichterte den fremden Forschern den Besuch und die Be-
nützung des Archivs und gewann dadurch weitreichende
Verbindungen mit der Gelehrtenwelt. Namentlich die kriegs-
geschichtlichen Arbeiten des königlich preussischen General-
stabes fanden und finden im Kriegs -Archive wesentlichste
Unterstützung; auch das königlich bayerische und das königlich
sächsische Kriegs-Archiv benützten das Materiale des k. und k.
Kriegs- Archivs häufig. Ebenso aber hat das k. und k. Kriegs-
Archiv in allen fremden Archiven stets das weitgehendste
Entgegenkommen gefunden. Die Vorarbeiten für das nach der
Beendigung der »Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen«
in Angriff genommene Werk »Oesterreichischer Erbfolgekrieg
1740 — 1748« wurden unter seiner Leitung in der gründlichsten
und umfassendsten Weise geführt und Archivs-Officiere in
die Archive von München, Paris und Simancas entsendet,
um Quellen-Materiale zu sammeln. Ferner sorgte er durch
die Erwirkimg der Zulassung der jüngeren Archivs-Officiere
zum Studium im Institute für österreichische Geschichts-
forschung an der Universität in Wien für die Heranbildung
eines tüchtigen, theoretisch und practisch geschulten Personales
zur Verwirklichung des grossen Arbeits-Programmes.
Die hohen Anforderungen, welche an die Kenntnisse
und wissenschaftliche Befähigung, sowie an die practisch e
Ausbildung der Archivs-Officiere gestellt werden, waren die
brachte, sowie für seine Leistungen in wissenschaftlicher Richtung und
als Director des Kriegs- Archivs äussere Anerkennung in besonderem Masse
zu Theil. Von den hohen in- und ausländischen Orden abgesehen, gereichen
die Verleihung des Ehrenzeichens für Kunst und Wissenschaft, wie die
seit dem Bestände der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in W*ien
mit ihm erst zum zweitenmale auf ein Mitglied des Heeres gefallene
Wahl zum wirklichen Mitgliede derselben, die Berufung in den k. k. Archiv-
rath und in das Curatorium des k. und k. Heeres-Museums, wie auch die
Verleihung der Ehrenmitgliedschaft ausländischer wissenschaftlicher Vereine
dem FML. von Wetzer, sowie dem Kriegs- Archive zu Ehre und Aus-
zeichnung.
iSz Schluss.
Veranlassung, dass dieselben anlässlich der Reorganisation
des Armeestandes in die i . Gruppe der Armeestands-Officiere
eingereiht wurden.
Die auf die Vermehrung und Vervollständigung der
Archivalien gerichteten Bestrebungen vor dem Jahre 1888
hatten zwar theilweise einen recht günstigen Erfolg, allein
er blieb doch relativ gering im Vergleiche zu dem, was nach
dem genannten Jahre erreicht wurde, wie aus dem Abschnitte
»das Materiale im Kriegs- Archiv und dessen Benützung« zu
ersehen ist. Nicht nur die Masse, sondern auch der Umfang
des Archiv-Materiales wurde dahin erweitert, dass jetzt nicht
wie früher nur streng kriegsgeschichtliche Acten, sondern
alle Archivalien berücksichtigt werden, welche sich auf die
Entwicklung und die Geschichte der k. und k. Wehrmacht,
ihrer Behörden und Anstalten, überhaupt auf die verschiedenen
Zweige der Militär- Verwaltung beziehen. Durch die in dem
Capitel »Die Thätigkeit im Kriegs-Archive nach der Re-
organisation« erwähnten, theils bereits fertiggestellten, theils
noch zu vollendenden Behelfe und Uebersichten wird die
Benützung dieses ungeheuren Materiales wesentlich erleichtert.
Die Wiedervereinigung der kriegsgeschichtlichen Abthci-
lung mit dem Kriegs-Archive und die engere Zusammen-
fassung aller Abtheilungen unter der einheitlichen Leitung
des Directors gab dem Kriegs- Archive einen von den anderen
österreichisch-ungarischen Archiven wesentlich verschiedenen
Charakter. Während andere Archive die wissenschaftliche
Verwerthung erst in die zweite Linie ihrer Aufgaben stellen,
besitzt das Kriegs- Archiv eine ausschliesslich mit kriegs-
geschichtlichen Arbeiten betraute Abtheilung und die wissen-
schaftliche Verwerthung der Archivalien ist eine organi-
sationsmässig festgesetzte Aufgabe undObliegen-
heit des Kriegs- Archivs.
P'ür die Ausgestaltung des Kriegs- Archivs ist indessen
noch Vieles zu thun. Unerlässlich ist die fortgesetzte Sammlung
alles kriegsgeschichtlichen und militär-wissenschaftlichen Ma-
teriales, die Vollendung der begonnenen und die Inangriff-
nahme neuer Behelfe zur Erleichterung der Benützbarkeit der
Archivalien, sowie die stete Sorgfalt bei der Heranziehung
. »^■■i-
Schluss. 183
und Ausbildung neuer Personen zum Dienste im Kriegs-
Archive. Bezüglich der Sammlung des Acten-Materiales er-
geben sich noch manche Schwierigkeiten. Der beständige
Raummangel, mit welchem das Kriegs - Archiv seit seiner
Errichtung zu kämpfen hat und der von Jahr zu Jahr zunimmt,
nothigte zur Unterbringung des bereits im Besitze und in
der Verwahrung des Kriegs - Archivs befindlichen Acten-
Materiales in zum Theil sehr ungeeigneten Localen dreier
verschiedener Gebäude, so dass an die Einziehung der in
den Registraturen der verschiedenen Militär -Behörden er-
liegenden, für das Kriegs- Archiv bestimmten Acten noch nicht
gedacht werden kann und dass ganze Acten- Gruppen aus dem
18. Jahrhundert und sämmtliche Hof-Kriegsraths- Acten vom
Jahre 1816 herwärts sich noch in der Verwahrung der
Registratur des k. und k. Reichs-Kriegs-Ministeriums befinden,
während bei ' anderen Centralstellen die über 40 oder 50 Jahre
alten Acten in der Regel schon an die Archive abgegeben
sind. Wie es aber sei und werde, es möge, wer nun auch in
der Zukunft das Archiv zu leiten berufen werde, den Muth
nicht verlieren, vorwärts zu arbeiten, damit es dem Kaiser,
dem Reiche, dem Heere zum Nutzen und Segen gereiche.
TABELLE L
Personalstand des k. k. Kriegs-Archivs von 1801
bis Anfangs 1876.
Archiv - Directoren.
Gomez deParientos Moriz, General-Major — Feldmarschall-
Lieutenant, 1 80 1 — 1 8 1 o.
Ernst Ferdinand von, Oberst, 1810 — 1836.
Hannekart Franz Ritter von, Oberst, 1836 — 1854.
Hermann Anton, Oberst, 1854 — 1855.
Woycziechowski Julius Ritter von, General - Major —
Feldmarschall-Lieutenant, 1855 — 1 86 1 .
Rothmund Adolph, Oberst, 1 861 — 1868.
N^methy Joseph Edler von, Oberst, 1868 — 1871.
Rothauscher (richtig Rottausche r) Carl, Oberstlieutenant
— Oberst, provisorisch mit der Leitung betraut, 1872
bis 1876.
Abtheilungs-Vorstände.
Rosenfeld Carl Freiherr von, Oberst, 1801 — 1805.
Ernst Ferdinand von, Oberstlieutenant, 1806 — 1809.
Pokorny Franz, Oberstlieutenant, 1806 — 1833.
Swoboda Johann, Oberstlieutenant, 181 2 — 181 6.
Renner Emanuel von, Oberstlieutenant, 181 8 — 1833.
Schels Johann Bapt., Major, 1831 — 1847.
Müller von Löwenfeld Anton, Major, 1833 — 1853.
Egger von Eggstein Franz, Major, 1834 — 1847.
Personalstand des k. k. Kriegs -Archivs von 1801 bis Anfangs 1876. 185
Pannasch Anton, Oberstlieutenant, 1848 — 1855.
Grumeth Ritter von Treuenfeld Franz, Major, 1848 bis
1855.
Hartlieb Friedrich Ritter von. Major, 1850 — 1853.
Ow Joseph Freiherr von. Major, 1854 — 1855.
Gugg von Guggenthal Victor, Major, 1856 — 1865.
Beck Johann, Oberst, 1856 — 1859.
Denkh Ambros, Hauptmann (prov.), 1856 — 1857.
Czermak Carl Ritter von, Oberstlieutenant, 1859.
Rothauscher Carl, Major — Oberst, 1859 — 1879J)
Petz Eduard, Major, 1860 — 1872.
Appel Joseph, Major, 1866 — 1876J)
Jahn von Jahnau Eduard, Major, 1872 — 1877J)
Archivs - OfBciere.^)
Kaiser Joseph, Oberlieutenant, 1801 — 1805.
Hartmann Friedrich, Registrant, 1801 — 1806.
Paris Arthur, Kanzlist, 1801 — 1802.
Cuveiller Comel, Kanzlist, 1801 — 1837.
Demut h Anton, Hauptmann, 1806 — 1809.
Aigner Franz, Hauptmann, 1806 — 1809.
Tielke Wilhelm, Hauptmann, 18 10 — 1831.
Müller von Löwenfeld Anton, Hauptmann, 1819 — 1832.
Hutter Ferdinand, Rittmeister, 18 19 — 1846.
Egger von Eggstein Franz, Hauptmann, 1820 — 1833.
Grumeth Ritter von Treuenfeld Franz, Hauptmann, 1833
bis 1847.
Frischherz Michael, Rittmeister, 1833 — 1847.
Lindenstein Ferdinand Freiherr von, Rittmeister, 1839
bis 1849.
Hartlieb Friedrich Ritter von, Hauptmann, 1847 — 1849.
Denkh Ambros, Hauptmann, 1848 — 1856.
Stierle-Holzmeister Joseph, Hauptmann, 1848.
Pfau Franz, Hauptmann, 1850 — 1858.
Brab^e Wilhelm, Hauptmann, 1850 — 1855.
•) Siehe Tabelle II.
^) Mit Ausschluss der temporär Zugetheihen.
i86 Personalstand des k. k. Kriegs-Archivs
Strack Joseph, Hauptmann, 1850 — 1852.
Petz Eduard, Hauptmann, 1850 — 1852.
Kluger von Teschenberg Anton, Hauptmann, 1850 bis
1852.
Boleslawski Wladimir, Hauptmann -Auditor, 1850 — 1852.
Hartlieb Friedrich Ritter von. Major, 1854 — 1855.
Boleslawski Wladimir, Hauptmann-Auditor, 1856 — 1859.
Petz Eduard, Hauptmann, 1856 — 1859.
Frey Michael, Hauptmann, 1856 — 1868.
Strack Joseph, Hauptmann, 1856 — 1858.
Gorup von Besä netz Gustav Freiherr, Rittmeister, 1856
bis 1858.
Ekher Leopold, Hauptmann, 1856 — 1876.
Kluger von Teschenberg Anton, Hauptmann, 1856 bis
1857.
Jahn von Jahnau Eduard, Hauptmann, 1857 — 1872.
Kubik Alois, Hauptmann, 1857 — 1862.
Appel Joseph, Hauptmann, 1859 — 1865.
Sauer von Nordendorf Alois, Hauptmann, 1859 — 1873.
The im er Alexander, Rittmeister, 1859 — 1876.
Gemperly von Weidenthal Ernst, Rittmeister, 1860 bis
1861.
Gömöry de Gömör Gustav, Hauptmann, 1860 — 1888.^)
Kayser von Kaysersheimb Johann, Hauptmann, 1860 bis
1874.
Blöchlinger von Bannholz Carl, Rittmeister, 1860 — 1873.
Dreyer Johann, Hauptmann, 1860 — 1873.
Lackenbacher de Salamon Moriz, Hauptmann, 1863 t)is
1873.
Vogl Heinrich, Hauptmann, 1866 — 1868.
Csermelyi Ludwig, Rittmeister, 1867 — 1870.
Kr ebner Franz, Hauptmann, i86g — 1882J)
Rummel von Ruhmburg Wilhelm, Hauptmann, 1869 bis
i879.t)
Bergmann Maximilian Ritter von, Hauptmann, 1869 t)i^
1888J)
1) Siehe Tabelle II.
^.«.v
von 1801 bis Anfangs 1876. igy
Viszkelety Joseph von, Rittmeister, 1869 — 1873.
Hassenmüller von Ortenstein Robert Ritter, Hauptmann,
1869— 1876.
Koblitz Ludwig, Hauptmann, 1869.
Bayer er Vincenz, Hauptmann — Major, 1869 — 1886.
Staudach Franz Freiherr von, Hauptmann, 1869 — 187 1.
Haradauer Edler von Heldendauer Carl, Hauptmann,
1869— 1877J)
F'ritz Julius, Hauptmann, 1869 — 1889.
Nowak Alois, Lieutenant — Oberlieutenant, 1870 — 1882.')
Zerbs Anton, Hauptmann, 1872 — 1876.
Porth Wenzel, Hauptmann, 1875 — 1877.
Janko Wilhelm Edler von, Militär-Registraturs-Official, 1870
bis 1879J)
Zugetheilt.
Burcell Franz Freiherr von. Major des Generalstabes, 1801
bis 1802.
Stutterheim Joseph von, Major des Generalstabes, 1801 bis
1802.
Ernst Ferdinand, Major des Generalstabes, 1801 — 1802.
Danzer Kaspar, Hauptmann des Generalstabes, 1801 — 1802.
Troyer Anton, Hauptmann des Generalstabes, 1801 — 1802.
Tielke Wilhelm, Oberlieutenant des Generalstabes, 1801 bis
1802.
Settele Joseph, Oberlieutenant des 10. Inf. -Reg., 1801 — 1802.
Peusquens Hubert, Oberstlieutenant des Generalstabes, 1803
bis 1804.
Demuth Anton, Hauptmann d. R., 1805 — 1806.
Aigner Franz, Hauptmann d. R., 1805 — 1806 und 1810 bis
1812.
Mayer von Held ensfeld Johann, Oberstlieutenant des Gene-
ralstabes, 1 806 — 1 807 .
Geppert Menhard von. Major des Generalstabes, 1806 — 1807.
Haugwitz Graf Eugen, Major des Generalstabes, 1806 — 1807.
') Siehe Tabelle II.
igg Personalstand des k. k. Kriegs-Archivs.
Keppner Friedrich, pensionierter Professor der Neustädter
Militär- Akademie, 1806 — 18 17.
Lützow Anton Freiherr von, Rittmeister d. R., 1808 — 181 3.
Niederle, Oberlieutenant d. R. 1808 — 1809.
Swoboda Johann, Oberstlieutenant des 15. Inf.-Reg., 18 10
bis 181 1.
Wagner, Hauptmann, 1810 — 1815.
Meyern Joseph, Hauptmann des 17. Inf.-Reg., 18 10 — 181 5.
Schels Johann. Hauptmann des 44. Inf.-Reg., 1810 — 1815.
Pfuhl Ernst, Hauptmann des 11. Inf.-Reg., 1810 — 1815.
Bittner Freiherr von. Major, 1812 — 1815.
Hutter Ferdinand, Rittmeister d. R., 181 2 — 18 19.
Weiss Johann, Hauptmann des 47. Inf.-Reg., 181 2 — 1813.
Habbach von Haller au Moriz, Hauptmann des 22, Inf.-Reg.,
1812 — 1813.
Pittschaft Friedrich Ritter von, Oberlieutenant des 27. Inf.-
Reg., 1812 — 1813.
Grimmer Carl, Oberlieutenant des 8. (Gradiskaner) Grenz-
Reg., 1812 — 1813.
Jetzer August, Lieutenant des 63. Inf.-Reg., 1812 — 1815.
Willisen, Lieutenant, 1812 — 1815.
Moll Anton, Hauptmann des 9. Jäger-Bat., 181 7 — 18 18.
Gröger Johann von, Lieutenant d. R., 1817 — 1821.
Müller von Lowenfeld Anton, Hauptmann d. R., 1818 bis
1819.
Behr Franz von, Hauptmann d. R., 1818 — 1838.
Fabriczi Wilhelm, Hauptmann d. R., 1818 — 1846.
Egger von Eggstein Franz, Hauptmann d. R., 1819 — 1820.
Ebner Wenzel, Fähnrich des 2. Inf.-Reg., 1819 — 1820.
Grumeth von Treuen feld Franz, Hauptmann des 57. Inf.-
Reg., 1820— 1833.
Lindenstein Ferdinand Freiherr von, Oberlieutenant des
4. Chevaux-legers-Reg., 1820 — 1821.
Lankmeyer Carl von, Oberlieutenant des ^s. Inf.-Reg., 1820
bis 1821.
Becker Wenzel von, Hauptmann des i. Grenz-Reg., 1821
bis 1822.
Calzada Ignaz, Hauptmann d. R., 1821 — 1824.
von i8oi bis Anfangs 1876. 189
Steindl Maximilian, Hauptmann des 4. Jäger-Bat., 1821 bis
1831.
Wetzlar Joseph Freiherr von, Hauptmann des 49. Inf.-Reg.,
1821.
Frischherz Michael, Rittmeister d. R., 1821 — 1833.
Domnig Simon, Hauptmann d. R., 1822 — 1841.
O'Karin Johann, Oberlieutenant des Invalidenhauses zu
Wien, 1831 — 1837.
Kress von Kressenstein Christoph Freiherr, Hauptmann
des Armeestandes, 1833 — 1836.
Dobrofsky Carl, Hauptmann d. R., 1833 — 1834.
Pfau Franz, Hauptmann d. R., 1834 — 1850.
Weiss von Weissenheim Franz, Hauptmann d. R., 1834
bis 1836,
Nehiba von Arbelowitz Gregor, Hauptmann d. R., 1834
bis 1836.
Lindenstein Ferdinand Freiherr von, Rittmeister d. R.,
1834— 1839.
Denkh Ambros, Hauptmann d. R., 1839 — 1848.
Bock Johann, Hauptmann, d. R., 1839 — 1840.
Ujfalvy von Mezökovesd Samuel, Rittmeister d. R., 1839
bis 1843.
Vieth Victor, Hauptmann d. R., 1841 — 1848.
Hartlieb Friedrich Ritter von, Hauptmann d. R., 1841 bis
1847.
Stierle-Holzmeister Joseph, Capitain - Lieutenant d. R.,
1841 — 1848.
Petri de Travers Georg, Titular-Major d. R., 1844 — 1849.
Brab6e Wilhelm, Hauptmann d. R., 1846 — 1850.
Strack Joseph, Hauptmann d. R., 1846 — 1850 und 1865 bis
1870.
Huebmann Carl, Hauptmann d. R., 1847 — 1849.
Kluger von Teschenberg Anton, Rittmeister d. R., 1848
bis 1850.
Petz Eduard, Hauptmann d. R., 1848 — 1850.
Boleslawski Wladimir, Hauptmann- Auditor d. R., 1848 bis
1850.
Hochwaldsky Julius, Hauptmann d. R., 1848 — 1849.
IQO Personalstand des k. k. Kriegs- Archivs
Ragosnik Johann, Hauptmann d. R., 1850 — 1853.
Rausz August, Rittmeister d. R., 1850 — 1852.
Gorup von Besanetz Gustav Freiherr, Rittmeister d. R.,
1853— 1856.
Frey Michael, Hauptmann d. R., 1853 — 1856.
Syrbu Johann, Hauptmann d. R., 1853 — 1854.
Kubik Alois, Hauptmann d. R., 1856 — 1857.
Jahn von Jahnau Eduard, Hauptmann d. R., 1856 — 1857.
Sauer Edler von Nordendorf Alois, Hauptmann d. R.,
1856— 1859.
Steinsdorfer Adolph, Oberlieutenant des 14. Inf. -Reg., 1856.
Maurer Alois, Hauptmann des 9. Inf.-Reg., 1856 — 1857.
Schmidt von Kehlau Theodor, Oberlieutenant des 57. Inf.-
Reg., 1856— 1857.
Frankl Joseph, Lieutenant des 51. Inf.-Reg., 1856— 1858.
Woborzil Ludwig, Lieutenant des 16. Inf.-Reg., 1856 bis
1858.
Kayser von Kaysersheimb Johann, Hauptmann d. R.,
1856— 1860.
Gemperly von Weidenthal Ernst, Rittmeister d. R., 1856
bis 1860.
Eckhardt von Eckhardtsburg Gustav, Hauptmann des
21. Inf.-Reg., 1856.
Kleindorf Julius Edler von, Hauptmann des 22. Inf.-Reg.,
1856.
Querlonde du Hamel Alois Ritter von, Hauptmann des
27. Inf.-Reg., 1856.
Driancourt Paul, Hauptmann des 30. Inf.-Reg., 1856.
Kämpf Carl, Hauptmann des 54. Inf.-Reg., 1856 — 1858.
Gömöry von Gömör Anton, Hauptmann d. R., 1846 — 1858.
Blöchlinger von Bannholz Carl, Rittmeister d. R., 1856
bis' 1860.
Grobben Wilhelm, Hauptmann des 60. Inf.-Reg., 1857 — 1858.
Kleyle Alfred von, Oberlieutenant des 10. Inf.-Reg., 1857.
Froschmayer Guido, Oberlieutenant des 22. Inf.-Reg., 1857.
Die der ich Stephan, Hauptmann d. R., 1857.
Kolber Alois, Hauptmann d. R., 1857.
Caravaggio Carl, Rittmeister d. R., 1857 — 1860.
von 1801 bis Anfangs 1876. igi
Nowotny Alois, Oberlieutenant des 27. Inf.-Reg., 1858.
Habermann Ferdinand, Oberlieutenant des 8. Inf.-Reg., 1858.
Wolf von Wolffenburg Eduard, Hauptmann des 4. Inf.-
Reg., 1858.
Irmtraut Rudolph Freiherr von, Lieutenant des 50. Inf.-Reg.,
1858.
Appel Joseph, Hauptmann d. R., 1858 — 1859.
Henicke Adolph, Hauptmann d. R., 1859.
Schlacher Johann, Hauptmann d. R., 1859.
Dreyer Johann, Hauptmann d. R., 1859 — 1860.
Lackenbacher von Salamon Moriz, Hauptmann d. R.,
1859— 1863.
Webenau Victor von, Hauptmann d. R., 1859 — 1861.
Seinsheim Joseph Graf, Lieutenant des Invalidenhauses zu
Wien, 1859 — 1860.
Sedlaczek Anton, Lieutenant d. R., 1859 — 1860.
Hoch Adalbert Ritter von. Major d. R., 1859 — 1864.
Aue Johann, Oberlieutenant des 77. Inf.-Reg., 1860 — 1864.
Michl Carl, Lieutenant des 27. Inf.-Reg., 1860 — 1861.
Huber Johann, Hauptmann des 46. Inf.-Reg., 1860 — 1863.
Deseo de Szt. Vizlö Ludwig, Hauptmann des 37. Inf.-Reg.,
1860— 1861.
Markuzzi Johann, Rittmeister des 10. Drag. -Reg., 1860 bis
1861.
Derschatta von Standhalt Wilhelm, Hauptmann des 58. Inf.-
Reg., 1860 — 1864.
Ruff Wilhelm, Hauptmann des 46. Inf.-Reg., 1860 — 1866.
Bergmann Maximilian Ritter von, Hauptmann d. R., 1860
bis 1869.
Schertlin Carl von, Hauptmann d. R., 1860 — 1861.
Zaremba Laurenz Ritter von, Hauptmann des 21. Inf.-Reg.,
1861.
Nosinich Johann, Hauptmann d. R., 1862.
Gastgeb Peregrin, Hauptmann d. R., 1863 — 1865.
Linderski Anton, Rittmeister d. R., 1863.
Koblitz Ludwig, Hauptmann des 18. Inf.-Reg., 1865 — 1869.
Haradauer Edler von Heldendauer Carl, Hauptmann des
9. Jäger-ßat., 1865 — 1869.
102 Personalstand des k. k. Kriege* Archivs.
Schenzl Carl, Oberlieutenant des 12. Jäger-Bat., 1865 — 1866.
Vogel Heinrich, Hauptmann d. R., 1865. — 1866.
Steindl Maximilian, Hauptmann d. R., 1866 — 1873.
Hassenmüller von Ortenstein Robert Ritter, Hauptmann
des lo, Inf.-Reg., 1866 — 1869.
Fürstenwärther Franz Freiherr von, Hauptmann des 56. Inf.-
Reg., 1866 — 1867.
Stankiewicz Leonhard Ritter von, Hauptmann des 24. Inf.-
Reg., 1866— 1868.
Staudach Franz Freiherr von, Hauptmann des 40. Inf.-Reg.,
1867— 1869.
Viszkelety Joseph von, Rittmeister des i. Drag.-Reg., 1867
bis 1869.
Bayer e r Vincenz, Hauptmann des 21. Inf.-Reg., 1868 — 1869.
Fritz Julius, Hauptmann des 60. Inf.-Reg., 1868 — 1869.
Krebner Franz, Hauptmann d. R., 1868 — 1869.
Maurer von Kronegg Johann, Hauptmann des 49. Inf.-Reg.,
1869 — 1872.
Rummel von Ruhmburg Wilhelm, Hauptmann des 22. Jäger-
Bat., 1869.
Wibiral Carl, Hauptmann des 66. Inf.-Reg., 1869 — 1870.
Vilas Emanuel von, Oberlieutenant d. R., 1869 — 1870.
Nowak Alois, Lieutenant d. R., 1869 — 1870.
Erben Emil, Hauptmann des 54. Inf.-Reg., 1870.
Des Logos Joseph Chevalier, Hauptmann des 30. Inf.-Reg.,
1870.
Karg von Bebenburg Emil Freiherr, Hauptmann d. R.,
1870 — 1871.
Karg von Bebenburg Emil Freiherr, Titular-Major d. R.,
1875— 1879.
Debelak Julius, Hauptmann d. R., 1872 — 1875.
Angeli Moriz Edler von, Titular-Major d. R., 1873 — 1875.
Aichner von Possbach Eduard, Titular-Major d. R., 1874
bis 1876.
Porth Wenzel, Hauptmann des 32, Jäger-Bat., 1874 — 1875.
Janny Franz, Hauptmann des 19. Inf.-Reg., 1875 — 1876.
Madurowicz Oscar Ritter von, Oberstlieutenant d. R., 1875
bis 1878.
. ^ .* -
Vorstände des »Generalstabs- Bureau für Kriegsgeschichte c. X93
Pfusterschmidt Moriz Ritter von, Hauptmann des 54. Inf.-
Reg-. 1875.
Heinzel Ferdinand, Hauptmann des 48. Inf.-Reg., 1875 bis
1876.
D^esy Heinrich von, Hauptmann des 2. Jäger-Bat., 1875.
Turek Maximilian von, Rittmeister d. R., 1875 — 1885.
Vorstände des > Generalstabs-Bureau für Kriegs-
geschichte« von 1823 — 1876.
Lakos Anton Freiherr von, Oberstlieutenant, 1823 — 1825.
Hauer Anton, Freiherr von, Oberstlieutenant, 1826 — 1828.
Schels Johann, Bapt. Hauptmann d. R. (prov.), 1829.
Weing-arten Adam von. Major, 1830.
Hess Heinrich von, Oberst, 1831.
Magdeburg Johann von. Major, (prov.) 1832.
Schön Anton Freiherr von, Oberst, 1833 — 1835.
Mengewein Georg, Oberst, 1836 — 1843.
Hermann Anton, Oberstlieutenant, 1844.
Zeisberg Carl, Oberstlieutenant, 1845 — 1847.
Pott Gustav, Oberst, 1848.
(Unbesetzt bis Ende October 1849.)
Marenzi von Marensfeld und Schönegg Franz Freiherr von,
Oberst, 1849 — 1850.
Lang Gustav, Oberst, 1850.
Ramming von Riedkirchen Wilhelm Ritter, Oberst, 1851
bis 18^4.
(Von April 1854 bis Ende 1855 unbesetzt.)
Sponar von Blinsdorf Anton, Major (prov.), 1856,
Huyn Johann Graf, Oberst, 1857.
Krismaniö Gedeon Ritter von, Oberst, 1858.
Wagner Johann, Oberst, 1859.
Drechsler Carl, Oberst, 1860 — 18O1.
Gallina Joseph, Oberst, 1862 — 1865.
Schmidt Franz, Oberst, 1860.
Gctchicbte des Kriegt-Afchiv«. 13
194 Officiere des > Generaist abs-Bureau für Kriegsgeschichte«.
Fischer Friedrich von, Oberst, 1867 — 1872.
(Dann unbesetzt bis Augxist 1873; die Arbeiten überwachte
General-Major — Feldmarschall-Lieutenant Gallina als Leiter
des Generalstabes persönlich.)
Sacken Adolph Freiherr von, Oberst, 1873— 1876.
Officiere des » Generalstabs-Bureau für Kriegs-
geschichte « von 1 87 1 — 1876.
a) Aus dem Generalstabs-Corps.
Wetzer Leander, Hauptmann, 1871 — 1875.
Bancalari Gustav, Hauptmann, 1871 — 1874.
Mayerhofer von Grün buhl Emil Freiherr von, Major, 1873
bis 1877.
Ratzenhofer Gustav, Hauptmann, 1874 — 1878.
Kirchhammer Alexander, Hauptmann, 1874 — 1876.
Beck Ernst, Hauptmann, 1875 — 1876.
b) Commandierte und Zugetheilte.
Duncker Carl, Oberlieutenant — Major, 1867 — 1890.-)
Danzer Alphons, Oberlieutenant — Hauptmann, 1870 — 1879. 2)
No sin ich Johann, Major, seit 1869.
Rechberger von Rech er on Joseph Ritter, Major, seit 1874.
Angeli Moriz Edler von, Titular-Major, seit 1874.
Madurowicz Oscar Ritter von, Oberstlieutenant, seit 1875.
Pfusterschmidt Moriz Ritter von, Hauptmann, seit 1875.
Deesy Heinrich von, Hauptmann, seit 1875.
Turek Maximilian von, Rittmeister d. R., seit 1875.
') Siehe oben die betreffende Tabelle.
•) Siehe auch Tabelle II.
TABELLE IL
Personalstand des k. und k. Kriegs -Archivs von
1876 — 1900.
Archiv -Directoren.
Sacken Adolph Freiherr von, Oberst — Feldmarschall-Lieu-
tenant, 1876 — 1886.
Wetzer Leander von, Oberst — Feldmarschall - Lieutenant,
1888—.
Abtheilungs -Vorstände.
Kriegsgeschich t liehe Abtheilung.
Der jeweilige Director; von 1886 — 1888 Oberstlieutenant —
Oberst Leander von Wetzer.
Schriften - Abtheilung,
Rothauscher (Rottauscher von Malata) Carl, Oberst-
lieutenant — Oberst, 1859 — 1879,*) pensioniert als Titular-
General-Major.
Zezschwitz Friedrich Freiherr von, Oberst, 187g — 1884,
pensioniert als Titular-General-Major.
') Siehe Tabelle I.
13''
IQÖ Personalstand des k. und k. Kriegs- Archivs von 1876 — 1900.
Rechberger von Rechcron Joseph Ritter, Oberst, 1884
bis 1888, war von 1886 — 1888 Leiter der Schriften-,
Karten- und Bibliothek-Abtheilung.
Mühlwerth-Gärtner Friedrich Freiherr von, Oberstlieutenant,
1888— 1890.
Duncker Carl von, Major — Oberstlieutenant, 1890 — 1895,
pensioniert als Titular-Oberst.
Hipssich Carl Freiherr von, Oberstlieutenant — Oberst,
1895—.
Karten -Abtheilung,
Jahn von Jahnau Eduard, Major, 1872 — 1877 J)
Haradauer Edler von Heldendauer Carl, Major — Oberst-
lieutenant, 1877 — 1890.
Weiss Ludwig Ritter von, Major, 1890 — 1892.
Teuchmann Heinrich, Hauptmann, 1892 — 1893 (provis.).
Kulnigg Friedrich, Hauptmann — Major. 1893 — 1900.
Dits Martial, Major, 1900.
Bibliothek - Abtheilung.
Appel Joseph, Titular-Oberstlieutenant, 1866 — 1876.*)
Hassenmüller von Ortenstein Robert Ritter, Major —
Oberstlieutenant, 1876 — 1886.
Bayerer Vincenz, Major — Oberstlieutenant, 1886 — 1891.
Boltek Joseph, Hauptmann, 1891 — 1893 (provis.).
•
Spigl Friedrich, Hauptmann — Major, 1893 — 1895.
Neuwirth Ferdinand, Major — Oberstlieutenant, 1895 — .
Archivs- Officiere und Beamte von 1876 — 1900
(Siehe auch Tabelle I und II [Vorstände].)
Gömöry von Gömör Gustav, Hauptmann, 1860 — 1888.
Duncker Carl von, Oberlieutenant — Major, 1867 — 1890.
Siehe Tabelle I.
Archivs-Officiere und Beamte von 1876—1900. igy
Krebner Franz, Hauptmann, 1869 — 1882.
Rummel von Ruhmburg Wilhelm, Hauptmann, 1869 bis
1879.
Bergmann Maximilian Ritter von, Hauptmann, 1869 bis
1888.
Bayerer Vincenz, Hauptmann — Major, 1869 — 1886.
Haradauer von Heldendauer Carl, Hauptmann, 1869 bis
1877.
Fritz Julius, Hauptmann, 1869 — 1879.
Nosinich Johann, Major — Oberst, 1869 — 1883-
Nowak Alois, Lieutenant — Oberlieutenant, 1870 — 1882.
Janko Wilhelm Edler von, Militär-Registraturs-Official, 1870
bis 1879.
Danzer Alphons, Oberlieutenant- — Hauptmann, 1870 bis
1879.
Mayerhofer von Grünbühl Emil Freiherr von. Major, 1873
bis 1877.
Rechberger von Rechcron Joseph Ritter, Major — Oberst.
1874— 1884.
Ratzenhofer Gustav, Hauptmann, 1874 — 1878.
Angeli Moriz Edler von. Major — Oberst, 1875 — 1895.
Madurowicz Oskar Ritter von, Oberstlieutenant, 1875 bis
1878.
Porth Wenzel, Hauptmann, 1875 — 1878.
Karg von Bebenburg Emil Freiherr, Hauptmann — Titular-
Major, 1875—1879.
Turck Maximilian von, Rittmeister, 1875 — 1885.
Manega Joseph. Oberlieutenant, i87() — 1877.
Meyer Theodor Ritter von. Hauptmann, i87()— 1878.
I^ckhart Friedrich, Hauptmann, 1876.
Schinzl Adolph, Hauptmann. i87() — 1886.
Heinzel I^'erdinand, Hauptmann, 187O.
Fernes Carl, Hauptmann, 1876- -1883.
Janny PVanz, Hauptmann, 1876 — 1888.
(^.hahiupka Ernst. Hauptmann - Titular-Major, 1870-.
Spigl Friedrich, ( )berlieutenant — Major, 1876-181^3.
iq8 Archivs-Officiere und Beamte
Habiger von Harteneck Victor, Oberstlieutenant, 1877 bis
1878.
Körners von Lindenbach Camillo Freiherr, Major, 1877
bis 1882.
Hammer Rudolph, Titular-Major, 1877 — 1885.
Staudach Franz Freiherr von, Titular-Major, 1877 — 1878.
Klopfstock Joseph, Hauptmann, 1877 — 1886.
Hipssich Carl Freiherr von, Major — Oberstlieutenant, 1878
bis 1895.
Kirchhammer Alexander, Hauptmann, 1878 — 1882.
Siebert Joseph, Hauptmann, 1879 — 1881.
Buss Hermann Ritter von, Hauptmann, 1879 — 1881.
Potiorek Oskar, Hauptmann, 1879 — 1880.
Gatti Friedrich, Hauptmann, 1879 — 1887.
Weiss Ludwig Ritter voi>, Hauptmann, 1879 — 1890.
Mally Emanuel, Hauptmann, 1879 — 1890.
Mühlwerth-Gärtner Friedrich Freiherr von. Major — Oberst-
lieutenant, 1879 — 1888.
Haynisch Johann, Hauptmann, 1879 — 1885.
Lange August, Oberlieutenant, 1879 — 1882.
Jihn Friedrich, Hauptmann, 1880 — 1884.
Kuenburg Vincenz Graf, Oberlieutenant, 1880 — 1882.
Sterlini Edler von Sterling Arthur, Hauptmann, 1881 bis
1883.
D'Elvert Arthur Ritter, Hauptmann, 1882 — 1884.
Wiener Ludwig, Hauptmann ^— Major, 1882 — 1884.
Fritz Heinrich, Oberlieutenant — Hauptmann, 1882 — 1889.
Ha 11 er August, Oberlieutenant — Hauptmann, 1882 bis
1895.
Hock Franz, Oberlieutenant — Hauptmann, 1882 — 1895.
Kreipner Julius, Hauptmann, 1883 — 1884.
Boltek Franz, Hauptmann, 1883 — 1891.
Wetzer Leander von, Oberstlieutenant, 1884 — 1886.
Esch Carl, Hauptmann, 1884 — 1886.
Siegler Edler von Ebers wald Heinrich, Hauptmann —
Major, 1884—1888.
Ornstein Edler von Hortstein Franz, Hauptmann, 1884
bis 1886.
von 1876 -1900, ig(^
Hacklaender Wilhelm Ritter von, Rittmeister, 1884 bis
1885.
Vetter von der Lilie Gustav Graf, Lieutenant — Haupt-
mann, 1884 — .
Alexich Carl. Hauptmann, 1885 — 1890.
Allram Raoul Ritter von, Rittmeister, 1885— 1890.
Dits Martial, Hauptmann — Major, 1886 — 1900.
Kulnigg Friedrich, Hauptmann, 1886 — 1893.
Gerba Raimund, Hauptmann — Major, 1886 — 1890.
Machalicky Ottokar, Hauptmann, i88ö — 1891.
Matuschka Ludwig, Oberlieutenant — Hauptmann, 1886
bis 1890.
Teuchmann Heinrich, Hauptmann, 1886 — 1893.
Normann Alexander, Hauptmann, 1886 — 1887.
Chavanne Ludwig Edler von, Hauptmann, 1887 — 1889.
Tarnoczy Ferdinand von, Hauptmann, 1887 — 1890.
Wrede Alphons Freiherr von, Hauptmann — Major,
1887—.
Pallua (Pallua-Gall) Julian, Oberlieutenant — Hauptmann,
1888—.
Langer Johann, Militär-Registraturs-Official — Registrator,
1888—.
Gciszberg Camillo, Hauptmann, 1888 — 1892.
Hausenblas Alfred, Hauptmann, 1889 — i8g2.
Strobl Edler von Ravelsberg Ferdinand, Oberlieutcnant —
Rittmeister, 1 8H9 — 1 895.
Weber Joseph. Militär - Registraturs -Accessist — Official,
1889—.
Dziedzicki Leo, Oberlieutenant — Hauptmann, 1890 bis
1896.
Kematmüller Heinrich, Rittmeister. iHgo — .
Minarelli-Fitzgerald Alexander C'hev., Hauptmann —Major.
1890 — 1^94.
Zerboni di Sposeti Julius. Hauptmann. iSüo — 1894.
Wittchen (rustav. Haui)tnKinn, i8(n---i«'^«j.5.
Criste Oskar, Oberlieutenant -- Hauptmann, i8i»i — .
Rausch (»r Martin, RittmfMster — Major. 1890 — .
200 Archivs-Officiere und Beamte
Bülow-Zibühl Heinrich von, Oberlieutenant — Rittmeister,
1890 — 1894.
Mayer Joseph, Rittmeister — Major, 1890 — .
Kienast Andreas, Oberlieutenant — Hauptmann, 1890 — .
Polak Edler von Mürzsprung Friedrich, Hauptmann, 1891
bis 1894.
Gäl Julius, Oberlieutenant — Hauptmann, 1892 — 1897.
Karger Johann, technischer Assistent — Official, 1892 — .
Rebracha Carl Edler von, Hauptmann, 1892 — 1896.
Christen Franz, Hauptmann, 1892 — 1896.
Gottlieb Israel, Militär -Registraturs- Accessist — Official,
1892— 1898.
Semek Anton, Hauptmann, 1893 — .
Hubatka Ludwig, Rittmeister, 1893 — 1895.
Gablenz Dionys Freiherr von, Oberlieutenant, 1893 bis
1897.
Masser Franz, Hauptmann, 1894 — 1897.
Hof mann Peter, Hauptmann — Major, 1894 — 1899.
Veltz(^ Alois, Oberlieutenant — Hauptmann, 1894 — .
Kusmanek Hermann, Major — Oberstlieutenant, 1895 bis
1898.
Jacubenz Paul, Hauptmann, 1895 — .
Paldus Joseph, Oberlieutenant — Hauptmann, 1895 — •
Besel Guido, Hauptmann, 1895 — 1896.
Zsivan von Melencze Alexander, Hauptmann, 1895 bis
1896.
Prohaska von Marchried Rudolph, Hauptmann — Major,
1895—.
Neffzern Vincenz Freiherr von, Lieutenant, 1895 bis
1896.
Bartsch Rudolph, Lieutenant — Oberlieutenant, 1895 — .
Sei dl Eduard, Hauptmann, 1896 — 1897.
Hoen Maximilian Ritter von, Hauptmann, 1896 — .
Sommeregger Carl, Hauptmann, 1896 — .
Zitterhofer Joseph, Lieutenant — Oberlieutenant, 1896—.
Weissmann Joseph, Militär- Rechnungs- Official, 1896 — .
Porges August, Hauptmann, 1897 — .
von 1876— 1900. 201
Gopferth von Altburg Adalbert, Oberlieutnant, 1897 — .
Eberle Ludwig, Hauptmann, 1898 — .
Zwiedinek Edler von Südenhorst und Schidlo Ferdinand,
Hauptmann, 1899 — .
Budeschinsky Adolph , Militär - Registraturs - Accessist,
1899 — .
Le Beau Aurel von, Hauptmann, 1898 — .
Czeike Joseph, Hauptmann, 1900.
TABELLE IIL
Schema des k. und k. Kriegs -Archivs im März 1888.
Director.
(Unbesetzt.)
Abtheilung für Kriegsgeschichte,
Vorstand: Wetzer Leander von, Oberst des Generalstabs-
Corps.
Mühlwerth-Gärtner Friedrich Freiherr von, Oberstlieute-
nant des Armeestandes.
Angeli Moriz Edler von. Major des Armeestandes.
Dunckcr Carl, Hauptmann i. Cl. des Armeestandes.
AI ex ich Carl, Hauptmann i. Cl. des Armeestandes.
Gerba Raimund, Hauptmann i. Cl. des Generalstabs-Corps.
Siegler Edler von Ebers wald Heinrich, Hauptmann i. Cl.
des Generalstabs-Corps.
Kulnig-g- Friedrich, Hauptmann i. Cl. des Inf. -Reg. Nr. 20.
Machalicky Ottokar, Hauptmann i. Cl. des Generalstabs-
Corps.
Matuschka Ludwig, Hauptmann i. Cl. des Generalstabs-
Corps.
Dits Martial, Hauptmann 2. Cl. des Feld-Jäger-Bat. Nr. 20.
Fritz Heinrich, Hauptmann 2. Cl. des Armeestandes.
Schriften - Archiv.
Vorstand: Rechb erger von Rechcron Joseph Ritter,
Oberst des Armeestandes.
Schema des k. und k Kriegs-Archivs im März 1888. 203
Gömory von Gomör Gustav, Hauptmann i. Cl. des Armee-
standes.
Bergmann Maximilian Ritter von, Hauptmann i. Cl. des
Armeestandes.
Janny Franz, Hauptmann i. Cl. des Inf. -Reg. Nr. 19.
Spigl Friedrich, Hauptmann i. Cl. des Armeestandes.
Hall er August, Oberlieutenant des Inf.-Reg. Nr. 84.
Karten - Archiv,
Vorstand: Haradauer Edler von Heldendauer Carl,
Oberstlieutenant des Armeestandes.
Weiss Ludwig Ritter von, Hauptmann i. Cl. des Armee-
standes.
Chalaupka Ernst, Hauptmann i. Cl. des Inf.-Reg. Nr. 50.
Mally Emanuel, Hauptmann i. Cl. des Inf.-Reg. Nr. 36.
Teuchmann Heinrich, Hauptmann i. Cl. des Pionnier.-Reg.
Boltek Joseph, Hauptmann i. Cl. des Corps- Art.-Reg. Nr. 6.
Kriegs - Bibliothek,
Vorstand: Bayerer Vincenz, Major des Armeestandes.
Chavanne Ludwig Edler von, Hauptmann i. Cl. des Inf.-Reg.
Nr. 86.
Allram Raoul Ritter von, Rittmeister 2. Cl. des Armee-
standes.
Hock Franz. Oberlieutenant des Armeestandes.
Vetter von der Lilie Gustav Graf, Oberlieutenant des
Armeestandes.
Zugetheilte.
Hipssich Carl Freiherr von, Major d. R.
Tarnoczy Ferdinand von, Hauptmann 1. Cl. d. R.
Wrede Alphons TVeilierr von, Hauptmann i. CM. des FnF.-Reg.
Nr. 47.
TABELLE IV.
Schema des k. und k. Kriegs -Archivs im Juni 1900.
Direction.
Director: Wetzer Leander von, LO-R., FJO-R., Ehren-
zeichen für Kunst und Wissenschaft, MVK. (kd),
(k) (m) D.^, wirkliches Mitglied der kaiserlichen Akademie
der Wissenschaften in Wien, ordentliches Mitglied des
k. k. Archivrathes und Mitglied des Curatoriums des
k. und k. Heeres-Museums, Feldmarschall-Lieutenant.
Eberle Ludwig, ^ (m), Hauptmann i. Cl. des Armeestandes.
Kriegsgeschichtliche Abtheilung,
Vorstand: Der Kriegs -Archivs -Director.
Wrede Alphons Freiherr von, FJO-R., (k) (m) D3, Major des
Armeestandes.
Chalaupka Ernst, (k) (m) Dj, Titular-Major d. R.
Semck Anton, (m), Hauptmann i. Cl. des Armeestandes.
Le Beau Aurel von, fn), Hauptmann i. Cl. des Generalstabs-
Corps.
Criste Oskar, (m), Hauptmann i. Cl. des Armeestandes.
Porges August, (m), Hauptmann 1. Cl. des Generalstabs-
Corps.
Kienast Andreas, (k) (m\ Hauptmann 1. Cl. des Armee-
standes.
Hoen Maximilian Ritter von, (m), Hauptmann i. Cl. des
Generalstabs-Corps.
Schema des k. und k. Kriegs* Archivs im Jahre 1900. 205
Zwiedinek Edler von Südenhorst und Schidlo Ferdinand,
(m), Hauptmann i. Cl. des Generalstabs-Corps.
Karger Johann, (m) d.2, technischer Official 3. Cl. des militär-
geograplyschen Institutes.
Schriften- Abtheilung,
Vorstand: Hipssich Carl Freiherr von, FJO-R., (k) (m) D3,
Oberst des Armeestandes.
Mayer Joseph, (m) D3, Major des Armeestandes.
Prohaska von Marchried Rudolph, (m), Major des Armee-
standes.
Kematmüller Heinrich, (m) D3, Rittmeister i. Cl. des Armee-
standes.
Pallua-Gall Julian, (m), Hauptmann i. Cl. des Armee-
standes.
Sommeregger Carl, (m), Hauptmann i. Cl. des Armee-
standes.
Czeike Joseph, (k) (m), Hauptmann i. Cl. des Inf. -Reg.
Nr. 1 1 .
Jacubenz Paul, (k) (m), Hauptmann i. Cl. des Armee-
standes.
Veltz6 Alois, (m , Hauptmann i. Cl. des Armeestandes.
Langer Johann, GVK. m. Kr., (m\ Militär-Registrator.
Weber Joseph, (m) d.j, Militär-Registraturs-Official 3. Cl.
Budeschinsky Adolph, (mi d.^, Militär-Registraturs-Accessist.
Karten- Abtheiltmg .
Vorstand: Dits Martial, ^ (yi) 1).,, Major des Armeestandes.
Paldus Joseph, (m), Hauptmann i. Cl. des Armeestandes.
Zitterhofer Joseph, <mi, Oberlieutenant des Armeestandes.
Bibliothek- Ahtheiliufg,
Vorstand: Xeuwirth Ferdinand, im), D3, Oberstlieutenant
des Armeestandes.
Rauscher Martin, ^ imi Dp Major des Armeestand(»s.
Vetter von der Lilie Gustav Graf, «k) im), iVj, Hauptmann
I. Cl. des Armeestandes.
2o6 Schema des k. und k. Kriegs* Archivs im Juni 1900.
Göpferth von Altburg Adalbert, (m), Oberlieutenant des
Armeestandes.
Bartsch Rudolph, (m), Oberlieutenant des Armeestandes.
Zugetheilt.
Weissmann Joseph, (k) (m) Dj, Militär -Rechnungs-Ofificial
2. Cl.
Erklärung der Zeichen und Abkürzungen.
LO-R. — Ritter des Leopold-Ordens.
FJO-R. — Ritter des Franz Joseph-Ordens.
MVK. (kd) = Militär -Verdien 8t kreuz mit der Kriegs-Decoration.
^ ^^. Militär -Verdienst-Medaille am rothen Bande.
GVK. m. Kr. = Goldenes Verdienstkreuz mit der Krone.
(k) -~ Kriegs-Medaille,
(u) -- JubiläumsErinnerungs Medaille.
Dj (3) = Ofüciers-Dienstzeichen 2. (3.) Classe.
D^ = Mannschafts Dienstzeichen 2. Classe.
90Sr2 CDS
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DATE DUE
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STANFORD UNIVERSITY LIBRARIES^I
STANFORD. CALIFORNIA ^H
94505 S