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Full text of "Das Leben Jesu / 1. (1837). - XX, 801 S"

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•  '  t 

^    V  o  I*  r  «e  d  « 

is  n  r  '  erste  ii     A  u  f  1  a  g  e. 


Jlcli  könnte  micli  freuen  ^  da8S.  ich  den  zweiten 
:uQd  le^a^ten  Band  dieses  Werkes  so  )>ald  naeh  dem  er- 
sten erscheinen  lassen  kann^  in  d^  Hoffinkng^  ^k 
werden-  sich,  nun  die  Übersicht  des  Ganzen  möglich 
ist^  »manche  AfissT^ständnisse  lösen>  und  manches' 
harte  Urtheil  idildern«  Allein  sowohl  mttndlich  har 
bei;!.  über  den  ersten  Band  eben  diejenigen  tön  laute« 
sten  geschrieen,  welche  keine  Seit^  in  demselben  ge* 
lesen  hatten j^  als  auch  schriftlich  bia  jefat  nur  solche 
über  denselben  geurtheilt,  mit  welchen  ich  keine  Vei^ 
ständigiung  hoffen  kann»  auch  wenn  sie  diesen-  zweii- 
ten  Theil  gelesen  hdbyen  werden«  So  will  ich  mich 
also  keiner  Frende  hin^jeben,  die  mich  doch  täuschen 
würde  j^  aber  ebenso  wenig  auch  fernerhin^  das  Ge« 
schrei  der  Eulen  mich  verdriessen  lassen,  die  ich  denn 


IV  Vorrede  «or  ertten  Avflage.« 

freSicfa  allzu  xttcksichtslos  mit  ungedämpftem  Licht 

gcweckl  haba 

Aus  den  bis  jetot  erschienenen  Beurdieüungen 
fiber  den  ersten  Band  habe  ich  ftkr  den  eweiten  noch 
keinen  Nutxen  miehen  kOnnen^  theils  weil  er  schon 
grftsstentheils  abgedruckt  war^  als  sie  mir  su  Gesicht 
kamen,  theils  wegen  der  Beschaffenheit  der  Beur- 
,  theilungen  selber. 

Die  erste,  die  ich  su  lesen  bdiam,  war  ein^ 
Becensi<m  ron  Herrn  I^.  Paulus  im  Literaturblatt  zur 
aligemein^ti  Hirchenzeitung.  Dem  Urheber  derselben 
bin  ich  Dank  schuldig  ftlr  die  liberale  und  anerken- 
nende Weise,  mit  welcher  er,  bei  durchaus  abweichen- 
der Ansicht,  doch  meine  Arbeit  behandelt  hat.  Sein 
gewichtigster  Einwand  gegen  meine  Methode  ist  der: 
wenn  in  ein«  Erzählung  einiges  Mythische  sei,  so 
folge  daraus  noch  nicht,  dass  Alles  in  ihr  mythisch  sein, 
müsse.  Das  wSre  ohne  Zweifel  ein  sehr  falscher 
Sc^hiss;  aber  den  habe  ich  auch  nicht  gemacht,"^  son- 
dern nur,  dass  dann  auch- Alles  mythisch  sein  kön- 
ne. Ob  es  sich  wurklich  so  Terhfilt,  muss  sieh  aus 
der  Beschaffenheit  der  eineeinen  Erzfihlungen  erge- 


Vorrede  svr  «rtt«n  Apflag«;  V 

ben^  imd  darays  habe  idi.  ea  auch»  wenn  mir  JÜIes 
noch  prSsent  ist^  diirdiaua  entschieden.  Eigene  Em- 
pfindungen hat  es  in  mir  erregt,  des  ehrwflrdigen  alten 
Landsmannes  Freade  Aber  die  Fortschritte  der  yns* 
sen^haftlichen  Freiheit  in  Würteniber|  en  lesen^  rer- 
^£P.  welcher  man  daselbst  dergleichen  jetart  nnge* 
ialurdet  schreiben  hfinnet  au  einer  Zeit|  wo  ich  be- 
leita  auf  m'^e  Schnft  hin  Ton  meiner  Repetenten« - 
stelle  am  Tfibinger  Seminar  entfernt  war. 

Wie  T^m  seiner  Wachsamkeit  nicht  anders  er- 
wartet werden  konnte^  hat  sofort  Herr  Dn  Steu- 
DEi»  gemuht,  den  yerderblichen  Wirkungen  mei- 
aet  Schrift  durch  ein  ^^Vorläufig  su  Beherzi- 
gendes^'*) suTorkommen  zu  sollen.  Man  hat  die- 
sem Biann  schon  so  oft  gesagt,  dass  es  unschicklich 
ist^  wissenschaftliche  Verhandlungen  auf  das  morali- 


^  Der  rolle  Titel  lautet :  ,,Vorläiifig  xu  Befterzigeiidet  bei  Wür- 
dBgung  der  Frag«  Hlier  die  liitlorfoclie  dderinythiaclielfruiMl« 
läge  des  Lebest  Jesu  y  wie  die  canoKitchen  Evasgelien  die- 
se« darttelleiiy  vorgebalten  aus  dem  BewutfUein  eiftee  Gla«. 
bigesy  der  den  Supranaturaliften  beigex'iblt  wird,  xur  Be- 
rubigung  der  Geoiütber  von.O.  Job.  Cbritlian  Friedr.  Stbv- 
WEL.  Besonders  abgedruckt  aus  der  Tübinger  Zeitschrift  Air 
Tbeelogie.  Tübingen,  bei  Ludwig  Friedrich  Fues.  183Ä*" 
i$S  SO 


VI  Voi'rede  ieu^  ersten  Auflag  e, 

sehe  Gebiet  hinüböräuspieliön ,    dem   Gegner   seinie 
Ansichten  in*s  Gei/iisscri  zu 'schieBfen,  tiiid  den  NlcHl- 
orthödoxöh  als  Irrcligrösen  iii  brandmaHcen.  ■  Denflodh 
hat  er  auch  diessmal  wieder  den  gewohnten  Ton  an- 
"gestimmt,     Eä  ist  freilich  das'Xbichtiiste,  statt  in  die 
'Sache  einzugehen,  vielmehr  voriäüfig^uän  sie  heriim  zu 
^r'ed^hV  lihd  beiläufig  deri  Gt^ci'  nlit  gehässigen  Tnsi- 
"  nuiatibn to'  'zu  rerwüiideh,  zumal  weiin  einem'  derglei- 
chen Praktiken  rdn  sonst  her  äidhon  geläufig  sind, 
Dass  abW  daAiit  nichts  ausgerictifet  Ist,'  liegt  am  Ta- 
ge.    Odörja,  man  richtet  etwas' aus  damit,  nämlich 
den  Gegner  bei'm'  grossen  tHiblicum,  das  die  Sache 
nicht  versteht,  recht  schwarz  zu  mächen.  Dazu  brauch- 
te es  dann  iäber  heirien  Doctor  der  ^Theologie ,  son- 
dern man  konnte  es'  ruhig  dem  Gerede  der  CoriVen- 
tikel  und  dem  Geschreibe  der  Tractätchengesellschaf- 
ten  überlassen. 

Auch  ^angeblich  vom  Standpunlu  der  Philosophie 
ist  meine,  Sohrift  bourtheilt  worden  durch  Serm  Prof. 
EsGHosnA^iii^  in  einer  Broschüre  n^it  dem, Titel:  der 
Ischgriptlsmus  imsrer  Tage,  Diese  Ausgeburt  der  le- 
gitimen Ehe  zwischen  theologischer  Ignoranz  \md  reli- 


Virredc  iur  «riVen  A'uiTlage.  ^!^j[ 

giöser  Intbliränz,   eingesig^  VÖft  tefiöör^icÄfliifwan-: 
delideü  tiaU'(iplxie/  föllt  ^6  seÜr  durcfi  sitih  siffistf 
in's  tAchetUiAih'i  class  isid  Jedes  "Wött  (fei-  VfeiiKdidf^ 
gung  üBetflüssig  macht.   'Iht'l'itel  tüierdl^stf  ik  m 
zu  öiner  fa^t  gär  zu  stolzen  Erinnerung  iiilasy  gfeVori 
*den.     An  Le^sikö  namlicl^i,  ^  den  auch  einnml  VPltfel 
"ncr^blattfer  äts'  zweiten  jüdafs  fschäriot  YerttatscK- 
ieh,  weil  dr  ~  freih'^ch*  eine  noch  massivere  BeischuU 
Idigung^'  als  'sie  Herr  E.  gegen  mich  erhcbi  —  fiir  dio 
Herausgabe  der  I^ragmente  semes  Üngehaniiten  Tön 
der  Amsterdamer' Jüd^nscliaft  siich  f  OOÖ  Ducat'en  soll- 
te  haben  bezahlen  lassen.     An  ihn  hätte  mich  übri- 
gens  schon  Benn  Dr,   Steudel's   Vorläufig  zu  Be- 
herzigendes erinnern  können^  wenn  ich  es  mit  Vor- 
bildern und  Weissagungen  leichter  nähme,  denn  auch 
gegen  Lesszno  war  „Etwas  Vorläufiges*^  erschienen 
Tom  Hauptpastor  Gö%s,  gottseligen  Andenkens,  was 
der   heitere    Mann ,     der    Geschmeidigheit    wegen, 
lieber  das  Torläufige  Etwas  nannte.     Und  so  will  ich 
denn  die  Vorrede  zu  diesem  zweiten  Bande  meines 
angeblich  anstössigen  Werks  mit  den  Worten  schlios- 
sen,  mit  welchen  Lessino  erklärt  hat,  warum  er  es 


VIII   '  Vorrede  xuf  ertten  Auflage*  * 

nicht  boi  Herauifgabe  der  ersten  Probe  jener  ärgerli- 
ch^ Fi^agmente^  wie  ich  nicht  bei'm  ersten  Theilß 
dieses  3uchs^  habe  bewQodea  lassen;  ^idarum  nicht, 
weil  ich  übersseugt  bin^  dass  diess  Ärger^iss  Über- 
haupt nichts  als  ein  Popanz  ist>  mit  dem  gewisse 
Leute  gern  allen  und  jeden  Geist  der  Prüfung  ver- 
scheuchen  möchten}  darum  nichts  weijl  es  schlech* 
terdings  zu  nichts  hilft  ^  den  Krebs  nur  halb  schnei- 
den zu  wollen;  darum  nichts  weil  dem  Feuer  musa 
Luft  gemacht  werden^  wenn  es  gelöscht  werden  solL 
Ludwigsburg  im  October  1835* 

Der  Verfasser. 


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t  •  ' 


.  V. 


Inhalt  des  zweiten  Bandes. 


.  :         ,         '  Sdte 

(Zwtftar  Ab«duiiUO  .  ^ 

Neniit««  Kapitel.    Die  Wunder  Jet«         .    i— 2S$ 

^.     90:    Jesus  als  WanderthSter         ^        .        .        .        .  f 

^*     9i*    IHe  Dämo^schen ,   allgemein  befrachtet      -        *  •  .  6 

%.     92.    J^su  DämonenausCreilmngen  einteln  betrachtet   -  22 

|.     95*    Heilungen  Ton' Aussätzigen.  ^                •        •       •  .       5^ 

^.     94.    BUndenheilungen  •        •'      *        •        *       •        •  ^| 
^.    95«    Heilungen  ron  Paraljtitcbte.  Oft  Xeiua  HmUiei* 

ten  alt  Sündenstrafen  betrachtet  habe    -'^      •  84 

^    96.    UnwUlbührUche  Ueiluagto    -       .       *       .        .  '94 

$.    97*    Heilungen  in  die  Ferne         •       •       ^       -       •  104 

f.    98.    Sabbatheilangen     ••^•..«  128 

V    99.    Todtenerweckunge*    ' IS4 

$.  100.    Seean^doten         - 171 

$.  101.    Die  wunderbare  Speieong     •       .        .       •       •  I99 

(.  102.   ieiua  Terwnndelt  Waaaer  ia  Wela       -       -       -  221 

^  los» .  Jetaa  verwttnacbl  einen  unfruchtbaren  FdigenbauB  2S7 

Zehntes  Kapitel.    Jean  VerlLlIrnng   nnd 

letzte  Reit«  nach  Jerusalem  2S4— 302 

^.  104.    Die  Verklärung  Jesu  sls  wunderbarer  Musterer 

Vergang -  2S4 

$.  los*    Die  natürliche  Auffassung  der  Ercählung  in  rer- 

schiedcnen  Formen           .        •        .        •        .  25$ 

^.  106     Die  Verklärungsgeschichte  als  Mythus         •        -  26S 

^.  107.    Abweichende  Nachrichten  über  die  letzte   Beise 

Jesu  nach  Jerusalem                -       -     •  *  t!6 


Scito 
$.  108*    Abweichungen  der  Evangelien  in  Hinsicht  auf  den 

Ausgangspunkt  des  Einzugs  Jesu  in  Jerusalem  28S 

^.  109*     Näherer   Hergang  bei  dem  Einzug.    Zweck  und 

historische  Realität  desselben  .        -       .-    ,    -  290 


Dritter  Abschnitt.   Die  Geschichte  des  Lei- 
dens, Todes^  andder  Aaferstebang  Jesu  305--69O 

' '*    '  Erstes  Kapitel.  VerhHltniss,  Jesu  zu.  der 
Idee  einet  leideWd'^n'  uhA  steWehiden 
.   Meaaias;  seine  Reddn  von:  Tod,  Aufeav  ^ 
j  stehung  und  Wieder  kyuoift     /-  ,    ,'. . ,»  305— 37S 

(..  110.  .  Ob  Jesus  sein  Leiden  mid  seinen  Tod  in  beStinmi- 

.ten  Zügen  vorhergesa^' hafte  ?         -        -        -         305 
$3.  111«    Jesu.  Tpdesverkiindigung    im    Allgemeinen;'  ihr 
I  >  VerhäUniss  zu  den  jüdischenMetsiasbegrilEiBn ;     ' 

.  Aussprüche  Jesu  ttber  de:;is  Zweck  und  die  Wkü-     < 

kungeil  Seinei  Tod^sn  .  •  w,      *        .        «*•      -         31S 
1^112.    Bestimjbte  Aussprüche  Jesn  über  seine   künftige 
i.  it  Auferstehung    —       -  j«  -h  '-      •        -        ...  326 

§^l113«    Bildliche  Reden,  in- welchen  Jesus  «eine  Aufcrste- 
(n  hung  vorhewerkündigt  haben  »soll  .       :.       •  330 

$«:114.    J>ie  Reden  Jesu  von    seiner  Parusie.-  Kritik  -dek* 
* '  >  -      verschiedenen  Auslegungen'     *-        *      1  .    -    »  343 

f«dl5*    Ursprung  der  Red'ön  ober  die' Parusie  -       '-         357 

Zweites  Kapitel.    Anschläge   der  Feinde 

Jesu;  .Verra^h^  4,e«    Judas;-  le.tzt.es  ^ 

Mahl  mit  den  Jii^x^g  e  rn    -        -i     .-•       374—442 

§•116.    Entwicklung  des  Verhältnisses  Jesu  zu  seinen  Fejndcn      374 

§.  H7.    Jesus  und  sein  Verrälher      -        -        *        -        -  380 

".1-  .  .»I 

$.  118*    Verschiedene  Ansichten  über  d^n  Charakter  des  Ju- , 

das  ,   und  die  Motive  seines  Verraths     -        -  390 

$.  119.    Bestellung  des  Paschamahls  -        -        r        -  396 

^.  120.    Abweichende  Angaben  über   die  Zeit  des  letzten 

Mahles  Jesu      -        -        -        -        -        -        -  402 


Injialt.  XI 

..  t   *    i  u  I  hZ 

Seite 
§.  121.    Differenzen  in  Betreff  der  Vorgitiige  beim  lejtzte^ 

Mahle  Jesu    ;     -'      -        - /       -"     .        -        '.  '' M6 

^.  123.     VerkUnaigung  des  Verra^Üs  und  der  Verla lignung  426 

S*  123.    Die  £i&tetzung  des  Abendmahls  ....  457 


.^•i 


Drittes  Kapitel.    Gang  nach  dem   Olberg, 
Gefangennehmung,  Verhör,  Verur- 
theSlung  und  Hreuzigung  Jesu        !  443*^551 
i.  124.    Jesu  Seclenkaropf  im  Garten         -        -     '  *      'L    •♦    44$ 
§.  125-    VcrbÄHniM  de*  Vierten  EvangöHums  zu  den  Voi^-   • 
gingen  in  Gethsemane.  Die  jöhanneischeh  Ab.      ' 
«chiedir^en  und   die  Stene   bei   Anmeldung  *     ' 
der  flellenön     -        .        -   «    .       -        .        .      •  454 
S»  126«    Gefaögennehmüng  Jesu  -        -        .    '  ^"       .  472 

^.127.  Jesu  Verhör  vor  dem  Hohenpriester  -  -  '"^-  •''*48Ö 
%,  128.  Die  Verläugnung  des  Petrus  '  -'  -  '.^^  -1.  '-  ^^q 
S'  129.    Der  Tod  des  VetrSthersf '  *  -^  '     -  '      -    :  '.      '.         4Ä 

V  130.  Jesus  vor 'Pilatus  uftd  H^rodtf 8  -  --  U'  -  512 
$•  131.     Die  Kreuzigung     -       ^        .        .        .        ,        .         523 

Viertes  KapiteL    Tod  und  Auferstehung 

Jesu 556—667 

$.  132.    Die  Naturerscheinungen  bei'm  Tode  Jesu    -        .  556 

S*  133.    Der  Lanzenstich  in  die  Seite  Jesu       ...  55g 

^.  134.    Begräbniss  Jesu     -      ......  «y.       •.       .        .        -  575 

V  135.  Die  Wache  am  Grabe  Jesu  -----  5g4 
\,  136.  Erste  Kunde  der  Auferstehung  -  -  \  -  .  593 
S-  137.     Galiläische  und  judäische,  paulinische  und  apokry-' 

phische  Erscheinungen  des  Auferstandenen  -  612 
|.  138.    Die  Qualifit  des  Leibs   und  Wandels  Jesu  nach 

der  Auferstehung  .---..  532 
t-  139.    Die  Debatte  über  die  Realiti^t  des  Todes  und  der 

Auferstehung  Jesu    -        -        -       -        -        -         648 

FQnftes  KapiteL    Die  Himmelfahrt  668—690 

^  140*  Die  letzten  Anordnimgen  und  Verheissungen  Jesu  668 
^  Ml.    Die  sogenannte  Himmelfahrt  als  übernatürliches 

und  als  natürliches  Ereigniss  •        -        .         676 


XU  I  A  h  a  1 1. 

Seite 
§«  143«    Dat  Ungenügende  der  Nachrichten  über  Jesu  Him- 

melfohrt.    Deren  mythische  Auffktsung  Mi 


Sehlofsabbandlnng.    Die  dogmatlsohe  Beden« 

tung  des  Lebens  Jesu      -        -       -       691—749 

$.  14S.    Nothwendiger  Übergang  der  Kritik  in  das  Dogma  691 

4,  144.    Die  Chrittoh>gie  des  orthodoxen  Systems      -       -  69S 

§.  145«    Bestreitung  der  kirchlichen  l.ehre  Ton  Christo  706 

§.  146.    Die  Christologie  des  Rationalismus      -        -        -  713 

^,  147.  Eine  eklektische  Christologie.  S^unüaaukCMxn  •  71S 
4«  148*    Die  Christologie  9   symbolisch  gewendet.    Himr. 

DU  Wim          .......  715 

^.  149«    Die  speculative  Christologie        .       .       -       -  734 

$•  150.    Lelxtes  Dilemma            -.----  737 

%.  15L    Verhültniss  der  kritisch  -  speculativen  Theologie 

zur  Kirche      ^       -----       ^  745 


^':4-  /r— '0-5  .'■:>^ 


Neante*    l^apittL 

Die    . Wunder    Jent. 


Jesus  ids  WutideMliStBt»,  '  *i  •  ■ 
Dafii  das  Jüdische  Yqlk  m  Jesu  Zeit  Fpm  Messias 
Wunderthaten  erwarrfete,  jst^tfieiJs  an  sich  schon  natOr- 
lieh,  da  ihm  der  Messias  ein  zweiter  Moses  und  der 
gröfste  Prophet  war^  von  Moses  und,  den  Propheten  aber 
die  heilige  Natiohalsage  Wunder  aller  Art  erzählte;  theila 
ISfst  es  «ich  aus. späteren  Jüdischen  Scnriften  Tvahrscheln« 
lieh  machen  ');  theils  M^ird  is  aus  den  Evangelien  selbst 
gewiCs.  Als  Jesus  einmal '  einen  dämonischen  ßlindstum« 
men  (ohne  natürliche  Mittel)  geheilt  hatte ,  wurde  das 
Volk  dadurch  auf  die  Vermutiiung  geführt:  fijjti  Zrog  igiv 
6  vlog  ^aviö  (Matth.  12,23.))  zum  Beweise,  däfs  man 
eine  wunderbare  Heilkraft  als  Attribut  des  Messias  Se- 
trachteCe.  Johannes  der  Tfiufer  wvrde  dtirch  das  Gerücht 
von  den  i{)yoig  Jesu  eu  der  Frage  an  ihn  veranlafst,  ob 
er  der  i(yx6fiivog  sei?  worauf  sich  Jesus,  zum  Belege,  dafs 
er  es  sei,  nur  wieder  auf  seine  Wunderthaten  berief 
(Matlh.  II,  2iF.  parail.)»  Auf  dem  Laubhüttenfeste,  das 
Jesus  in  Jerusalem  feierte,  wurden  Viele  vom  Volk  an 
ihn  gläubig,   indem  sie  dachten,  ort  o  Xqi^og  onuv  aXd^rj, 


1)  S.  die  Im  Iten  Band,  Einleitnüg  S.  73.  Anm.^  angefahrten 
Stellen,  wozu  noch  genommen  werden  kann  4-Esdr.  13,  60. 
(Fabric.  Cod.  pseudepigr.  V.  T.  2,  S.  286)  »nd  Sohar  Exod. 
ibl.  ^  col.  12  (bei  Schött6ki«,  horac,  2,  S.  541«  auch  in  Bbr- 
Taou>T'%  Cbrittol.  ^.  33>  not.  !.)• 
JJas  Lehm  Jesu  11  Band.  1 


2         '    ,.  Zweiter   Abschnitt. 

(Job,  7,  31.); 

Doch  fiicbi  blofsj  daFs  er  überhaupt  Wunder  thnn 
sodte^  sondern  auch  die  verschiedenen  Arten  von  Wun« 
dem  9  welche  der  Messias  verrichten  würde ,  waren  in 
der  Volkserwartiiiig,  vorberbestimoit.  Auch  diefs  durch 
altteitamentliche  Vorbilder  und  Aussprüisbe.  Durch  Mo- 
ses wa^  dem  Volke  auf  tibernatttrliche  Art  Speise  und 
Trank  gewfibrt  worden  (Jk  Mos.  16,17.):  ein  Gleiches  er- 
wartete man,  wie  die  Rabbinen  ausdräcklich  sagen,  vom 
Messias;  auf  l£li^a*s  ßitten  waren  den  £inen  die  Augen  aof 
fibernatürliche  Weise  verschlossen,  den  Andern  ebenso 
geöffnet  worden  (2  Kön.  6.):  auch  der  Messias  sollte  die 
Augen  der  Blinden  aufthun;  selbst  Todte  hatte  der  ge* 
nannte  Prophet  und  sein  Lehrer  wiederbelebt  (1  Kön.  17. 
2  Kön.  4.):  so  konnte  auch  dem  Messias  die  Macht  über 
den  Tod  nicht  fehlen  ^}.  Unter  den  Weissagungen  war 
besonders  Jes.  35,  5  fl  ( vgl.  42,  7. )  auf  diese  Seite  der 
Messias  Vorstellung  von  Einflufs.  Hier  war  von  der  mes« 
sianischen  Zeit  gesagt  (LXX.):  '^6t€  avoix^rxjonai  o^)— 
&a,Xfiol  .tvcpXoiv  j  xal  wra  xwq^iov  axHoovrat'  tore  aXeiTai 
lü^  ekaffog  o  yw^-^Sr  tqccvtj  6e  egat  yXdiaoa  fioyildXonf^ 
was,  bei  Jesnias  zwar  in  bildlichem  Zusammenhange,  doch 
bald  eigentlich  verstanden  wurde,  wie  daraus  erhellt,  dafs 
Jesus  den  Boten  des  Johannes  . gegenüber  (Matth.  11,  5.J 
mit  offenbarer  Beziehung  auf  diese  Prophetenstelie  seine 
'Wunderthaten  beschreibt« 

Diese  Erwartung  trat  auch  Jesu ,  ^ofern  er.cnnfiobst 
für  einen  Propheten,  weiterhin  für  den  Messias,  sieh  gab 
und  gehalten  wui^de,  als  Forderung  entgegen ,  wenn  er 
nach  mehreren  bereits  betrachteten  Stellen  (  Matlh.  12,  38. 
16,  1.  parall.^)  von  seinen  pharisüischen  Gegnern  um  ein 
af]fi  tiov  Angegangen   wurde;  wenn  nach  der  gewaltsamen 


2)  Sf  die  a.  a.  O.  des  1.  Bds  angeführten  rabbiniscben  Stellen. 


Neantes  KapiteL    S«  M»  S 

yfettrMmng  der  ITark&afer  und  WeclMler  ans*  dem  Tempel 
die  Joden  ein  legitimirendes  arjineiov  von  ihm  verlangten 
(Joh.  2y  18.)  >  und  das  Volk  in  der  Synagoge  von  Kaper- 
na«m,  aU  er  Glauben  an  sich  als  den  von  Gott  gesandten 
fofderte,  sur  Bedingong  dieses  Glaobens  machte ,  dafs  er 
ihm  ein  ar^nHov  «eigen  sollte  (Job.  0,  30.) • 

Den  nentestamentlichen    Nachrichten  zufolge   hat  Je- 
sus dieser  Anforderung,  welche  seine  Zeitgenossen  an  den 
Messias  uMicIiten,   mehr  ah*  genuggethan.     Nicht  nur   t>e- 
steht  ein  betrttcbtticher  Theii  der  evangelischen  Ersähtun- 
gen   aus  Besehreibnngen  seiner   Wunderthaten ;   nicht  nur 
liefen    nach  seinem  Tode  seine  Anhänger  vor  Allem  auch 
die  von  ihm  verrichteten  dvvafniQy  or^jueia  und  tiQccta  sich 
md    den    Juden   in  das   Gedfichtnifs  feurOck  (A.  G.  2,  22« 
vgl.  Luc.  24  9  19.)*  sondern  das  Volk  selbst  vrar  schon   sa 
seinen  Lebzeiten   nach   dieser  Seite   so  durch  ihn    befrie- 
digt,   dafa    viele  defswegen    an   ihn  glaubten    (Joh.  2,  23. 
vgL  6,  2.);  dafs   man  ihn  dem  TXufer,    der  kein  orjtitof 
gethas    hatte,    entgegenstellte     (Jok  10,  41.))  tind  selbst 
vem  kfinftigen  Messias   nicht  glaubte ,  dafs   er  ihn  in   die- 
ser flinalcht  v^erde  *  l^fterbieten  können  (Jeh.  7,  Sl.)*    D^f* 
es  Jesus  an  Wundern    bütte  fehlen  lassen ,    scheinen  jene 
Zeichen fordAungen  um  so  weniger   zu  beweisen ,  da  meh- 
rere  derselben     unmittelbar    nach     bedeutenden    Wunder- 
acten  gemacht  wurden,   so  Alatth.  i2,  S8.  nach  der  Heilung 
eines  Dämonischen,   Joh*    (i,2ftO.     nach  der  Speisung  der 
Ffinftauaende.    Freilieb  ist    eben    diese   Stellung    schwie- 
rig; denn   wie  die  Juden    die   ziiei    genannten    nicht  als 
vtchle  (njftHcc  gelten  gelassen  haben  sollten,  ist  nicht  wohl 
t«    liegreifen,    da    namentlich    die   üfimonenaustreibungen 
sehr  hoch  gehalten  wurden  (Luc.  10,  17.);  ®«  mAfste  denn 
das  bk  Jenen  beiden  Stellen  geforderte    Zeichen  aus  Luc. 
il,l&    (vgl.    Matth.  16,  1.    Aiarc.8.  11.)   als  o7ju7ov  i^ 
uqav&  nAber  bestimmt,  ^ud  dabei    an  das   specif  seh  -  mes- 
•ianisebe  öTjiiUCit  xi  vlS  %5  mv9qwtH  iv  %q  ö^jöiv  (l^^^^^h.^ 

1  * 


4  Zweiter  Abschnitt. 

i4>  M.)  gedacht  werden.  WiU  man  aber  Heber  die  Ver- 
bindung jener  Zeichenforderungen  »it  vorhergegangenen 
Wunderacten  auflösen ,  so  kann  Jesus  ganz  wohl  eahi- 
^  reiche  Wunder  gethan,  und  dennoch  einige  feindselige 
Pharisäer,  welche  snffillig  noch  bei  keinem  derselben 
Augenzeugen  gewesen  waren ,  nun  auch  selbst  eines  ku 
sehen  verlangt  haben.  > 

Auch  dars  Jesus  die  Wondersucht  tadelt  (Jeh.  4^ 
48.  )j  und  auf  jene  Zeichenforderungen  jedesmal  ableh- 
nend antwortet ,  beweist  an  sich  gar  nicht ,  da(s  er  nicht 
in  andern  FfiUen  freiwillig  Wunder  gethan  haben  könnte^ 
wo  ihm  solche  besser  angelegt  schienen.  Wenn  er  in 
Beeng  auf  die  Forderung  der  Pharisäer  Marc.  8,  li.  er- 
klärt, es  werde  tij  ytre^  tavtrj  gar  keines,  oder  Match. 
12,  3Ü  f.  16,4.  Luc.  11,  29  f.,  es  werde  ihr  kein  Zeichen 
ausser  dem  arj^ielov  ^[loyü  %5  nfjOfr^TH  gegeben  werden: 
so  kann  er  ja  unter  dieser  yerea^  welche  er  bei  Matthäus 
und  Lukas  als  novfji>d  xal  fiOLX<xlig  näher;  bestimmt ,  auch 
nur  den  ihm  feindlieben  pharisäischen  theil  seiner  Zelt- 
genossen verstanden,  und  versichern  gewollt  haben,  dafa 
diesem,  sei  es  gar  kein ,  oder  nur  4as  Zeichen  des  Jonas^ 
d.  h. ,  wie  er  es  bei  Matthäus  deutet ,  das  Wunder  seiner 
Aqferstehnng,  oder,  wie  neuere  Erklärer  meinen,  ^ias  Be- 
deutsame seiner  Person  und  Predigt,  zu  Theil  werden 
solle.  Allein  nimmt  man  das  »  öod^tjaetai  atn;fj  in  dem 
Sinn ,  dafs  seine  Feinde  nicht  selbst  ein  Zeichen  von  ihm 
BU  sehen  bekonamen  sollen :  so  mOfste  es  tfaeils  sonder- 
bar zugegangen  sein,  wenn  unter  den  vielen  in  der  größ- 
ten Öffentlichkeit  von  Jesu  verrichteten  Wundem  bei 
keinem  sollten  Pharisäer  zugegen  gewesen  sein,  was 
aberdiefS'  Matth.  12,  24  f.  parall. ,  wo  sie  offenbar  als  ge- 
genwärtig bei  der  Heilung  des  Blindstummen  vorausge- 
setzt werden,  deutlich  widersprochen  ist;  theils,  wenn 
hier  von  selbstgesehenen  Zeichen  die  Rede  sein  soll,  »o 
bekamen  ja   die   Auferstehung  Jesa  .  und  den    Auferstan- 


Meantei  Kapitel.    $.90.  Ö 

■  denen  seuie  Feinde  gleichfalls  nicht  ea  aehe«^;  so  dafs 
Mithin  jen^r  Aussprach  nicht  wohl  nur  den  Sinn  haben 
kann,  seine  Feinde  «eilten  vom  Selbstsehen  seiner  Wunder 
au8|[e8chlossen  werden.  Möchte  man  daher  bei  dem  So' 
^r^ai  avxfj  an  ein  Geschehen  cum  Besten  der  beseich- 
neten  Subjecte  denken:  so  sind  die  flbrigen  Wunder  mit 
äer  Sendung  und  injsbesondere  mit  der  Auferstehung  Je- 
su in  gleichem  Sinn  eu  ihrem  Besten  geschehen  oder  nicht, 
Diialich  dem  Erfolge  nach  nicht,  wohl  aber  dem  Zwecke 
Bach.  Ca  bleibt  also  nichts  ttbrig,  als  die  y^v^a  von  den 
Zeitgenossen  Jesu  überhaupt,  und  ebenso  das  dldoadixv, 
Ton  möglicher  Wahrnehmung  fiberhanpt,  mittelbarer  wie 
imaittelbarer,  £u  verstehen,  so  da(s  Jesus  hier  alle  Wun. 
derthfitigkeit  überhaupt  abgelehnt  hfitte. 

So  übel  diefs  ,fliit  den  eahlreichen  Wundererzähl nn- 
gen  in  den  Evangelien  sich  zu  vertragen  scheint,  so  voll- 
kommen stimmt  es  damit  zusammen ,  dafs  in  der  Verkün- 
digong  und  den  Briefen  der  Apostel ,  ein  paar  allgemeine 
Erwfihnnngen  abgerechnet  (A.  ti.  2,  22.  10,  3S  f.) ,  die 
Wander  Jesu  wie  verschollen  sind ,  und  Alles  auf  seine 
Auferstehung  gebaut  wird,  von  weicher  man  wohl  sagen 
<larf ,  dals  sie  weder  so  unerwartet  noch  so  epochema- 
chend hfitte  aeia  können,  wenn  Jesus  vorher  schon  mehr 
>U  Einen  Tocften  erweckt,  lind  die  übernatürlichstea 
Wander  aller  Art  verrichtet  gehabt  hfitte.  So  dals  also 
•ehr  die  Frage  ist,  ob  wir  der  evangelischen  Wunderer- 
tihlongen  wegen  Jenen  Ausspruch  Jesu  umdeuten  oder 
<eine  Ächtheit  bezweifeln  dürfen,  und  nicht  vielmehr  von 
Jenen  Ausspruch  und  dem  Schweigen  der  apostolischen 
Sehriften  aus  gegen  die  zahlreichen  Wundergeschichten 
<ler  Evangelien  mtfstraaisch  werden  mtfssen. 

Doch  diefs  kann  sich  erst  durch  genauere  Erwiignng 
^eser  Erzfiblungen  entscheiden,  von  welchen  wir,  aus 
einem  Grunde,  der  ui)ten  von  selbst, erhellen  wird,  zuerst 
die  BUmonenanstreibungen  vornehmen  wollen. 


6  Zweiter  Abslchnitt 

$•    »1. 

Die  Dümonischen  9   allgemein  betraclitct. 

Während   im  vierten   Evangelium    die  Ansdrffcke  dac" 

fioviov  BXBiv  und*  3aif,iovi^6fi8vng  nur  Jm  Munde   der  Juden 

als  Beschuldigung   gegen   Jesum,   parallel    mit   f^ialveaOxxtf 

vorkommen  (S,   48  f.  10,  20  f.  vgl.   Marc.  3^  ^.  30.  Matth. 

11,  18.):  sind   in  den   drei  erstea  Dämonische ,    man    kann 

sagen  die  gewöhnlichsten  Gegenstände  der   heilenden  Thä- 

tigkeit  Jesu.     Gleich  wo  sie  die  Anfänge    seiner  Wirksam- 

^  keit  in  Galiläa  beschreiben,    stellen    die    Synoptiker    anter 

den   Kranken,  welche  Jesus   geheilt  habe,  die  dati^oviZof.ii" 

vsg  ')    oben    an  (Matth.  4,  24.,  Marc.  1,  34.),    und  diese 

spielen  durchweg  in  ihren  summarischen  Berichten  von  der 

Wirksamkeit  Jesu   in    gewissen   Gegenden  eine  Hauptrolle 

(Matth.*  8,  16  f.   Marc.  1,  39.  3,  11  f.    Luc.  6,  18.)«    Auch 

seinen  Jüngern   theilt  Jesus    vor   allem  Andern   die    Voll- 

macht  mit,   Dämonen  auszutreiben  (Matth.  10,  1.8.   Marc« 

3,  IIK    6>  7.    Luc.  0,  1.),   was   ihnen   zu    ihrer  besondern 

Freude    wirklich  nach    Wunsch    gelang  (Luc.  10^  17«  20. 

Marc.  6,  13.)« 

Aässer  diesen  summarischen  Angaben  aber  werden 
ans  auo^  die  Heilungen  mehrerer  Dämonischen  im  Einzel- 
nen erzählt,  so  dafs  wir  uns  eine  ziemlich  genaue  Vorstel- 
lung von  dem  eigenthömlichen  Zustande  dieser  Leute  ma- 
chen können.  Gleich  bei  demjenigen ,  dessen  Heilung  in 
der  Synagoge  zu^Kapernanm  die  Evangelisten  als  die  er- 
SU  diftÄAi«  Art  ■  setzen  (Marc.  1,  23  ff.  Luc.  4,  83  ff.) ,  fin- 
den wir  einestheiis  eine  Alterirung  des  Selbstbewufstseias, 
vermöge  deren  der  Besessene  in  der  Person  des  Dämon 


1)  D«st  die  ihnen  bei  Matthäus  zugesellten  otZt^natd/uevot  nur 
eine  besondere  Art  von  Dämonischen  sind ,  deren  Krankheit 
sich  nämlich  nach  dem  Mondwechsel  zu  richten  schien,  zeigt 
Matth.  17,  14  IT.,  wo  aus  einem  aihfyiat^ofiivoi  ciA  9M/i6vtov 
ausgetrieben  wird. 


Neuntes  Kapitel.    §•  91.  7 

reAetj  Arn$  sich  auch  bei  andern  D»imonischep ,  wie  bei 
den  Gadarenisciien  ( Matth.  8,  29 f.  parall.)?^  wiederholt; 
anderntheiis  Krämpfe  und  ConFuIshTnen  mit  ivildem  Ge- 
8cbi*ei.  Dieses  lurampfhAfte  Wesen  findet  sich  bei  jenem 
Dämonischen,  der  Eugleich  als  ItfondsOchtiger  bcEeichnet 
ist  (Matth.  17,  Uff.  paralL),  deutlich  als  Fallsucht  ausge- 
bildet ;  denn  das  plötaliche  Niederstürzen  y  oft  an  gefilhrli- 
chen  Orten,  das  Brüllen,  T^ähneknirschen  und  Stihänmen, 
sind  bekannte  l^mptome  der  Epilepsie  -)•  Die  andre  Seite« 
die  Störung  des  Selbstbcwufstseins,  erscheint  besonders 
M  den  Gadarenischen  Besessenen,  neben  ^ete,  dals  gleich- 
falls der  Dftmon,  oder  vieimehr  eine  Mehrheit  too  solchen, 
tls  Sabject  aus  ihnen  spricht,  tum  ftiensckenscheuen  Wahn* 
sinn  mit  Anffillen  einer  gegen  sich  und  Andre  wfithenden 
T  "^^iucht  gesteigert').  Doch  nicht  blols  Wahnsinnige  und 
Epileptische,  sondern  auch  Stumme  (Matth.  9,  32.'  Luc.  11, 
14.  Matrh.  12,  22.  ist' der  dm^ovuofiivog  xwq>6g  «ogleich 
noch  rvq)lcg)y  und  an  gichtlsebei*  Verkrümmung  des  Körpers 
Lieidende  (Luc.  13,,  II.  ff.),  werden  mehi*  oder  minder 
bestimmt  als  Dftmonische  bezeichnet.    ^ 

Die  in  den  Evangelien  vorausgesetste,  auch  von  de- 
ren Verfassern  getheilte,  Vorstellung  von  diesen  Leiden- 
den ist  die,  dafs  ein  böser,iQnreiHer  Geist  (jSaiiiOVioVy  rtverfta 
oxd^aQvov)  oder  mehrere,  sich  ihrer  bemächtigt  haben 
(daher  ihr  Zustand  dutch  daifioviov  i'x^iVj  datfiOviCeadixi 
bezeicbnet  wird),  welche  nun  aus  ihnen  reden  (so  Matth. 
8.  31.  oi  dalftoveg  TtaQixaköv  avtov  liyovzfgyjUnAihreGlled" 
mafsen  nach  Belieben  in  Bewegung  setzen  (so  Marc.  9.,  201 
'0  Ttvhv^ia  ionaQa^ev  aitov)  >  bis  sie  bei  der  Heilung ,  mit 
(lewalt  ausgetrieben ,  den  Menschen  verlassen  <  ixßdXXaiVj 
i^i(lXio9ai').     Nach   der  evangeiiscben    Darstellung    hatte 


2)  Vergl.  die*  Stellen  aller  Ärzte  bei  WuiCa,  bibl.  Realw  brtwb. 
S)  Rab|)iiiischc  u.  a.  Stellen  s.  bei  WI^«R,  a.  a.  O.  S.  192. 


8  Zweiter  Abschnitt. 

aiioh  Jesus  diese  Ansietit  von  der  Sache*  Zwar,  wenn  er 
snin  Behuf  der  Heilung  von  Besessenen  den  in  ihnen  befind- 
lichen Dämon  anredet  (wie  Marc.  !>,  25.  Matth.  S,  32,  Luc. 
4,  35.):  so  könnte  man  diefs  allerdings  mit  Paulus"^)  als 
Eingehen  in  die  fixe  Idee  dieser  mehr  oder  minder  verrück- 
ten Personen  ansehen,,  wozu  der  psychische  Arzt,  um  wir- 
ken SU  können,  sich  bequemen  mufs,  so  sehr  er  von  den» 
Ungrundo  jener  Vorstellung  überzeugt  sein  mag.  «Allein 
wenn  nun  Jesus  auch  in  Privatunterhaltur^en  mit  seinen 
Jüngern  diesen  nicht  allein  niemals  etwas  zur  Untergra- 
bung jener  Vorstellung  sagt,  sondern  vielmehr  wiederholt 
ans  der  Voraussetzung  eines  dämonischen  Grundes  jener 
Zustände  heraus  spricht^ (so,  ausserdem  Auftrag:  daifiona 
i/.ßulXBTB  Matth.  iO,  S.  noch  Luc.  10,  IS^  ff.  und  besonders 
Blatth.  17,  21«  parall. :  iSra  lo  yivogy  sc.  dai^ovicoVy  nc 
iy.rfOQevavat  x»  t,  A.  );  wenn  er  in  einer  rein  theoretischen 
Ausführung,  vielleicht  ebenfalls  im  engeren  Kreise  seiner 
Jünger,  eine  ganz  den  damaligen  Volks  Vorstellungen  sich 
Mischliefsende  Beschreibung  vom  Ausgehen  der  Dfimonen, 
ihrem  ITmirren  in  der  Wüste  und  ihrer  verstärkten  Rück* 
kehr  giebt  (Matth.  12,  43.  ff.)*  ^^  kann  man  nur  ein  Zu* 
rechtmachen  der  Vorstellungen  Jesu  nach  den  nnsrigen 
darin  sehen ,  wenn  sonst  unbefangene  Forscher ,  wie 
WiNER  ^},  Jesnm  die  IMeiming  des  Volks  von  der  Ursache 
dieser  Krankheiten  nicht  theilen,  Sondern  sich  ihr  nur  an- 
bequemen  lassen.  Um  von  jedem  Gedaiikm  an  blofse  Ac- 
Gommodation  abzukommen,  darf  man  sieh  nur  die  zuletzt 
bemerkte  Stelle  genauer  ^ansehen.  Zwar  hat  man  das  Be- 
weisende derselben  dadurch  zu  umgehen  gesucht,  dafs 
man  sie  bildlich  nahm,  oder  gar  als  eine  Parabel  bezeich-  . 
nete  ^).    Dabei ^   wenn    wir  Ausdeutungen,   wie  diejenige, 


4)  ex.  Haadb.  1,  b,  S.  475  J  vgl.  ILlbb,  L.  J.  §.  60. 

Ä)'a.  a.  O.  S.  191. 

6)  Gratz,  Comm.  z.uMatth.  1,  S.  615. 


Neantes  Kapital.  S«  91.  f 

welebt  naish  Calmbt  noch  Olsuausen  gtebt  7) ,  bei  Seite 
lassen,  kommt  das  Wesentliche  der  Erklärung  des  Torgeb- 
liehen  BUdes  immer  darauf  biiiaas,  dafs  oberflächliche  Be^ 
kebrnng  su  der  Sache  Jeso  einen  nar  um  so  schlimmern 
Rückfall  nach  sich  ziehe  ^).  Allein  ich  möchte  wissen,  was 
DAS  denn  fiberhaupt  berechtigt,  von  der  eigentlichen  Aa€- 
fafsong  dieser  Rede  abzuweichen?  In  den  Slisen  selbst 
li^t  k^ne  Andeutung ,  ebensowenig  in»  der  anderweitii^en 
Darstellongsweise  Jesu ,  welcher  sonst  nirgends  sittliehe 
Terhäitnisse  in  daa^  Bild  dämonischei'  Zustände  bttilt,  son«' 
dem  wo  er  sonst  noch,  wie  hier,  von  i^sQxi^dxici  der  bösen 
Geister  spricht,  tu  B«  Matth.  17^  2}.,  die&  eigentlich  will 
Terstande^  wissen.  Aber  in  dem  Zusammenhang  der  £r- 
Obtung?  Lukas  (11,  24,  ff.)  stellt  den  in  Frage  stehenden 
Aostpruch  hinter  die  Vertheidigung  Jesu  gegen  die  phari- 
aisch^  Beschuldigung,  die  Dämonen  durofajBeelzebul  aus- 
Eotreiben,  —  ohne  Zweifel  irrig,  wie  wir  gesehen  haben, 
aber  doch  wohl  zum  Beweise,  dafs  er  si^  eigentlich,  von 
wirklichen  Dämonen,  verstanden  hat.  Auch  Matthäus 
stellt  den  Ausspruch  in  die  !Nähe  jener  Beschuldigung  und 
Apologie,  doch  schiebt  er  die  Zeichenfordernng  nebst  Jesu 
Gegenäusserungen  dazwischen,  und  läfst  iJesuin  am  Schlüs- 
se die  Kotzan\tendung  machen;  üziog  igac  xal  Tfj  yeve^ 
lanrj  tfj  nnrrQr,  Dadurch  giebt  er  freilich  der  Bede  eine 
bildliche  Beziehung  auf  den  sittlich  -  religiösen  ZustandT 
seiner  Zeitgenossen,  aber  ohne  Zweifel  nur  so,  dafs  er  die 
Tomngeschickte  Beschreibung  des  vertriebenen  und  wie- 
derkehrenden Dämons  eigentlich  von  Besessenen  gemeint 
bat,  hierauf  aber  diesen  Hergang  auch  wieder  als  Bild  des 


7)  b.  Ccmm.  1,  S.  424.    Es  sei  vom  judischen  Vollte  die  Rede, 
»     das  Tor  dem  Exil  durch  den  Teufel  in  Form  der  Abgötterei, 

nach   demselben   durch  den  schlimmeren    des  Fharisäitmiis 
besessen  gewesen. 

8)  so  FniTtsciis,  in  Matth.  p.  447« 


10'  Zweiter  Abtcbaitt. 

nioralischen  Zofltaniles  seiner  Zeltgenossen  wendet«  "^eden- 
falls  giebt  Lukas^  der  diesen  Beisatss  nicht  hat,  die  Rede  Je-' 
SU,  wie  Paulus  sich  aasdröokt,  als  cineWarnungTpr  dteo- 
nischer  Recidi?e.  Dafs  nun  die  meisten  jetzigen  Theologen 
ohne  bestimmten  Vorschub  von  Seiten  des  Matthäus,  und 
in  bestimmtem  Widerspruch  gegen  Lukas,  den  Ausspruch 
blofs  bildlich  fassen  wollen,  diefs  scheint  nur  in  der  Sohene 
seinen  Grand  ku  haben,  Jesu  eine  so  aufgeführte  Dämo- 
nologie eueuschreiben,  wie  sie  in  den  eigentlich  gefafsten 
Wortefi  liegt.  Einer  sölcheii  aber  entgeht  man  auch  abge- 
sehen Ton  dieser-  Stelle  dennoch  nicht.  Matth«  12,  35  f.  29. 
spricht  Jesus  von  einem  Reich  und  Haushalt  des  Teufels 
in  einer  Weise,  welche  über  das  blofs  Flgflrllche  augen- 
scheinlich hinausgeht ,  besonders  aber  ist  die  schon  ange- 
fahrte Stelle,^  Luc.  10,  18—20.,  von  der  Art,  dafs  sie  selbst 
einem  Paulus,  der  sonst  den  geheiligten  Personei*  der 
christlichen  Urgeschichte  so  gerne  di^  £insiehten  unseres 
Zeitalters  leiht,  das  Gestfindnifs  abnütbigt,  das  Satansreich 
sei  Jesu  'durchaus  nicht  blofs  Symbol  des  Bösen  gewesen, 
and  er  habe  namentlich  wirkliche  Dfimonenbesitzun^en 
angenommen.  Denn,  sagt  er  ganz  richtig,  da  hier  Jesus 
nicht  KU  den  Kranken,  nicht  zum  Volke,  sondern  zu  sol- 
eben spreche,  welche  selbst  von  dergleichen  Krankheiten 
nach  seiner  Anleitung  befreiten,  so  sei  es  nicht  als  bloHe 
Anbequemung  erklärbar,  wenn  er  ihr  t«  dai^iona  VTTorcJa— 
oerai  i)fuv  bestätigend  wieder  aufnehme,  und  ihre  Befähi- 
gung zur  Heilung  der  Dämonischen  als  eine  Gewalt  über 
die  6vva/mg  tS  e/^^ö  beschreibe').  Ebenso  trefiend  hat 
derselbe  Theologe  an  andern  Orten  dem  Anstofse,  welchen 
solche,  deren  Bildung  mit  dem  Glauben  an  Damonenbesi- 
tzungen  sich  nicht  verträgt,  an  dem  Ergebnisse  nehmen 
könnten,  i^b  Je^as  jenen  Glauben  gehabt  habe,  durch  d^ 
Bemerkung  vorgebeugt,     da£s  selbst  der    ausgezeichnetste 


9)   ex.  üandb.  2,  S.  566. 


Neuntes  Kapitel.    $•  fl«  It 

Uefo^  ei«e  mirielitlge  Zeitrorstellmig  beibehalten  kSnne, 
sefern  sie  nicht  gerade  im  Bereiche  seines  beson^ern  Nach- 
iMmns  liege  ^''). 

£riliDternd  für  die  nentestaiihentlichen  YorsteNungeh 
von  den  DXaionlscben  sind  die  Ansichten,  welche  wir  bei 
andern  mehr  oder  minder  gleichseitigen  Sehriftstellem 
über  diese  Materie  finden.  Die  allgemeinen  ffegriffe  von 
Einflüsse)^  böser  Geister  aaf  den  Melnscben,  welche  Melan* 
eholie,  Wahnsinn,  Epilepsie  enr  Folge  haben,  waren  swar 
sebon  frühe  bei  Griechen  ^i)  wie  bei  Hebrfiem  '^)  yerbrei- 
tet:  aber  die  bestimmlere  Forstellang,  dafii  die  bösen  Gei- 
ster In  den  Leib  des  Alenscben  fahren  und  von  demselben 
Beaits  nehmen,  hat  sich  nachweislich  doch  erst  aiemlich 
apät^  In  Folge  allgemeiner  Vsrbreitang  der  orientaÜschen, 
namentlich  persischen,  Pneamatologie  unter  Hebrfiem  und 
Grieben  ausgebildet'').  Daher  denn  bei  /^sephus  die 
Rede  von  daipiona  zöig  ^(Saiv  eigdvofieva^^)^  iyxa9€^6^ 
fitva  '  ^),  und  dieselben  Vorstellungen  auch  bei  Locian  '^ 
und  Philostratus  ^  7> 


10)  a.  a.  O.  1,  b,  9.  483.   2,  S.  96. 

11)  Daher  wurde  Sas/torSr^  xnxodatjuovSv  rs /utXayxol^v  ^  /ra^vt- 
a9at,  gebraucht,  und  Hippokratet  musste  die  Ableitung 
der  Epilepsie  von  dämoniachem  Einflüsse  bestreiten,  t.  bei 
WrrSTEuf,  S.  282  ff. 

12)  Man  vergleiche  die  njTP  PKO  rUp  IJ^j  welche  den  Sani 
nelanchoUsch  machte,  1.  Sam.  16, 14.  Ihr  Einfluss  auf  Saul 
wird  durch  !)rUnV^>  sie  überfiel  ihn,  ausgedrückt. 

13)  s.  Cnxvzsn,  Symbolik,  3>  S.  69  f. ^  Baur,  ApoUonius  von 
Tyana  und  Christus,   S.  144. 

14)  Bell.  jud.  7,  6,  3. 

15)  Antiq.  6,  11,  2.  von  d«m  Zustand  Sauls. 

16)  F^'Jopseud.  16. 

17)  Vita  ApoUon.  4,20,25.,  vgl.  Baür,  a.  a.  O.  S.  38  f.  42.  In- 
dessen  spricht  auch  schon  Aristoteles ,  de  ndrab.  166.  ed. 
Bekli.>  von  dalfiorC  Jirt  ytro/uiron  xaiöxotg. 


it  Zweiter  Abechnltt 

,  Über  die  Natar  aad  Herkviift  dieser  Geister  finden 
wir  in' den  Evangelien  nichts  ansdrttoklieh  bemerlLt,  als 
dafs  sie  enm  Haushalte  des  Satan  gehören  (Matth.  12, 2e|& 
parall.)»  wefswegen  denn^  was  einer  von  ihnen  tfaut,  auch 
geradesa  dem  Satan  Eugeschrleben  wird  (Lue*  13,  16.)* 
Durch  Josephus'O,  Justin  den  ftlftrtyrer'^)  und  Philo« 
stratus  ^^),  mit  welchen  audi  rabbinische  Schriften  über» 
eiastimmeh '*),  erfahren  wir  nun  aber,  dafs  diese 'Dtfmo- 
nien  von  Hanse  ans  eigentliche  abgeschiedene  Seelen  bdser 
Menschen  seien,  und  neuere  Theologen  haben  keinen  An- 
atand genommen,  diese  Ansicht  vom  ihrer  Herkunft  auch 
dem    N«  T.  untersulegen  ^^>     Näher    bestimmea  jedoch 


18}    a«  a*  O.    des  'bell.  j. :     ra    ya^    uaXJ/ueya  Sat/uSrta  —  Trorrj^dir 
ifiv  ar^^cSnur   nrtii/uara,  roTg    (cSaiy   ilgSvo/isra    Mal  xrtivovra 

19)  ApoU.  1,  18. 

20)  a.  a.  O.  3,  38. 

21)  8.  ExsimuNasR,  entdecktes  Judenthum,  2,  S.  427. 

22^)  Paulus,  exeg.  Handb.  2,  S.  39;  L.  J.  l,a,  S.  217.  Er  beruft 
sieh  hicfiir  '  namentlich  auf  Matth.  14,  2.|  wo  Herodes  auf 
das  Gerücht  von  Jesu  Wunderthaten  hin  sagt:  SrJ;  i<;tr 
Vtüayy^g  6  ßanrig^iy  avTog  ^yit^S'tj  ano  rwy  nx^uy'  worin  Pau- 
lus die  rabbinische  Ansicht  vom  HIIT  ßodet,  vermöge  des- 
sen (im  Unterschiede  vom  7TJI73  oder  der  eigentlichen  See- 
lenwanderung, d.  h.  der  Versetxung  abgeschiedener  Seelen 
in  eben  sich  bildende  Kinderleiber)  zu  der  Seele  eines  Le- 
benden die  eines  Verstorbenen  als  verstärkender  Zusatz  sich 
gesellt  (s.  ExsKNMSNMR,  2,  S«  85  ff.).  Allein,  das»  in  dem 
iyd^^tj  nicht  diese,  sondern  die  Vorstellunf^ner  wirklichen 
Auferstehung  des  Täufers  liege,  bat  u.  A.  Fritzsche  z.  d.  St. 
gezeigt,  und  wenn  auch  jene,  so  wäre  doch  hier  von  einem 
ganz  andern  Verbältnisse  die  Re4^,  als  von  dem  der  dämoni« 
scbeni  Besitzung.  Hier  wäre  es  nämlich  ein  guter  Geist,  der 
in  einen  Propbetaa  zur  Verstärkung  seiner  Kraft  Überge- 
gangen wäre,  wie  nach  späterer  jüdischer  Vorstellung  Seths 
Seele  zu  der  des  MoseS;  und  wieder  Moses  und  Aarons  See- 


Nemites  Kapitel,     f.  91.  U 

Jvsrin  tmä  itte  Rnbbfiieti  rwrangswefse  die  Seelen  der  Rte» 
teti,  tlBT  AbkOoMÄKnge  Jener  Engel^  wetehe   slok  mieden 
TlSehrem  der  Mentchen  Termiscbter» ,    und  die   Rabhineh 
femer  noeh  die  Seeien  der  in  der  Sfindflstb  Umgebonime- 
nen  und  der  Tlieilhaber  am  babylonischen  Thurmban,  als 
Pia|(egeiater    für  die    Überlebenden^^),   in'onilt  aoeh   die 
Klementinen  eusanaienstimineX ,    nach  welehen    gleleMalb 
jene    su    Dflmonen  gewordenen  Rieaenaeelen  alcli  iiia  Üe 
alirkeren    an   menteRliebt  Seeien  sn  bffngen^   nndln 
achenteiber  B«i  fahren  •  anehen  ^^>    Da  nnn  in  im 
weiter  lautenden   Stelle    Justin    den  Heiden  an«  ibreii' ei- 
genen   Vertteifaingen    heran«  die   Dnaterbliehkeit  beweisen 
will,  so  ist  die  Ansieht  von  den  ßfimonen  ala^Seeien  Ver- 
storbener ftberliaopt ,   wekhe  er  dort  finssert ,  sumal  sein 
Sehöler   Tatian   sieh   ausdr<icl&lleli  gegen  diese  Vorstelfauig 
erklfiH  '0,    schwerlieh    als    seine  eigene  cn  Aetraehlen; 
Joeephus  aber    entseheidet  für  die  im  N»'  T.  cnbriÄJretfde 
liegende  Ansieht  defswegen  nirhts^  irfiil  nirfa   tn^pr  gjU 
ehiseiien  Bildung  wegen  sehr  frligt ,  eb  er  jene*  bfehre..  Ih 
der    nrsprilnglleh  jüdischen,    oder  in   grieiairter  Gestalt 
wledargiebt.     Darf  .  man  nun-  annehmen ,  dafe    .die    Dimo- 
nenlehre  £u  den  Bebräern  von  Pevaien  her  gelieaimen  sei : 
so  waren  die.  Dew*s  der  ZendreBgion  beliannüich  vor  dmr 
Hensch^nwelt    entstandene,  von    Hause    aus.bdse  Iveistdr, 
an  welchen  d^  Hehraismns  fOr  sich  nur  den  'leteleren, 
dem  Dualismus  angehöHgen  Zug,    nicht  aber  den  lirsteren, 
EU   verviischen    veranlafst    sein  konnte.      So  wurden   die 
Dftmoned  in  der  hebräischen  Ansicht  ilie  gefatUenea  £ng'el 


len  zu  der  des  Samuel  sich  gesellt  haben  (RtsiKliiSKCSR  a. 
a.  O.) ;  woraus  aber  die  Möglichkeit  eines  Vbergaägi  b^er 
Seelen  in  Lebende  noeh  keineswegs  feigen  würde. 

S)  JasUn.  A^l.  2,  5.    ExssNMKNSsa,  's.  a.  O.  8.  4ttlL 

14)  Homil.  8,  i8  f.    9,  9  f. 

2S)  Grat,  contra  Graecos^  16. 


14  Zweiter  Absehaitt 

Ton  1  B!ki»  j^  die  SMlm    ihrer^  Kiader,  lUr  Riefen,  «iid 
der    gr^en   Verharecber   ver  nnd    onmiieieiber   aeeh  der 
Stfhdflttth  Abetfhaapt,   welche  die  VelkevoreteUanfr  aliaiXh- 
lig  ia  das  Cbermeaechllohe    hineafgeeteigert   hatte;   ttber 
den    Krek   dieser  Seelen    Jedech^   die   aian  ticb   als  dem 
Hofstaat   des    Satans  denken  mochte,  lag  in  «den  Vorstel- 
langea   der  Hebräer  kein  drand   herabeasteigen«     Eia  sol- 
dier  lag  aar  ia   dem   Zusammentreffen  der  griechisch -rd- 
miKban  Bildung    aijt   dar   bebr|fsctfeB :   jene  hatte  keinen 
:£kMa,   aiao  aueh   keinen  eigenthUuiUehen ,  ihm  dienenden 
*6elsteffBti^t ,   wohl  aber  hatte  sie  ihre   Manen,  Leaniren 
ta«  dgl.y  sXmmtlieh  abgeschiedene  Menschengeister,  welche 
die   Lebendea    beunruhigten.     Prodact   nun^  der  Ausglei« 
ichang  jener  jüdischen  Vorstellungen  mit  diesen  griecbisch- 
,yömischen  scheint  die  Derstellungsweise  des  Jesephus  uad 
Jastia,  w^  aueh  der  spfiterea   Rabbinen,    eu  sein.«   da6 
aber  anah  «chon  im  N.  T.    eine  solche  aa  finden  sei,  folgt 
liieraaaiSiicht.    Seadern,    wean  wir  hier  diese    grftcisirle 
Vorsteilungsweiee   nicht  positir  angeaeigt    finden,  wie  sie 
as  ^denn  nirgends  ist,  vielmehr  aa  einigen  Orten  die  Di:' 
möiien  mit  dem  Satan  als  sein    angehdriger  Baushalt    in 
.'Verbindung  gesetzt  sind:   so  müssen  wir,   bei  der  sonsfi- 
gen   (soweit  keine  DmbUdang  in   ehristlieheii  Sinne  ein- 
trat) unvanaisoht  jüdischen   Denkweise    der   sym^ptischen 
.firangelien.,  vielraelo*  jene  rein  and  arspriinglieh  jttdiselM 
Vorstellung  als  die  ihrige  voraassetaen. 

Die  Ultere  Theologie  nun  hat  bekanntlich,  ia  Betracht 
der  Aactoritüt  Jesu  und  der  Evangelisten,  die  Ansicht 
von  einem  wirkh'chen  Besessensein  jener  Menschen  durch 
Dämonen  ^u  der  ihrigen  gemacht*  Die  neuere  Theologie 
dagegen,    besonders  seit  SfiMLBR  ^^),   in  Betracht  derauf» 


26)  t.  dessen  Cotmentstie  de  daemoniacit  qaomm  in  N.  T.  fit 
mentio,  und  umstäadliche  Untersuchung  der  dämonischen 
Leute*  —•  Schon  zu  Origenes  Zeit  gthen  übrigens  die  Ärzte 


Mainites  Kapitel.    S.DI.  IS 

fiiHenikii  Jlhaliobkeit).  weiche  .cwischeA  dem  Zostande  der 
neuCeelementlijolien    Oäraoniscben  i  und    maneher    DatQrJioh 
iUaafcen  luisrer  Zc^t  stattfindet,    bat   angefangen,    aooh 
daa  Übel  vo»  y^nexi  an«  natürlichen  Ursachen    abealelteii, 
wbA   H:^  im   N.  T.  Toraasgeaetste   überMUlrliche   Ursache 
auf    Ufi  'mnng  der  Vorstellangen  jener  Zelt.^VAi  adtfeibeb« 
Dar«  j    \so  in  Jetsiger  Zeit  Epilepsie,  Wahnsinn  ona  selbst 
eine  9  dem  Zustahd  der  neulestaaienllicben  Besessenen  &hn- 
liebe   Alteration  des   Seibstbewurstselns  veri^aoaien,  doch 
nicht  leicht  mehr  an  d&menisehen  Eli^ufii  gedactit  ^ird, 
hat    seinen    tirund    tbtils   darin,    dafs'der  fertgesehinkv^- 
Ben  ^ator«  and  Seeienkapde  jetzt  mehr  JMiliei   andAA- 
ksOpfungspunkte    cor   natiirlicbeir   £rklJKrueg    jener    Zu- 
stände so  Gebote  stehen,  tbeils  darin,  dafs  man-  die  Wi- 
dersprüche,  welche  in  der  Vers|ellung  des  BesessenaeiiM 
liegen ,    wenigstens  dunkel^  sa  erkennen   angfrfbiigen  Jiot. 
J>enn     abgegeben    vea     den     oben     aaseinandergeeetoten 
Seh wierigheiten,^ welche  die  Annahme  der-  Exieiens  iFon 
Teufel    und    OXmonen    fiberbaupt  drucken ,    40  otagi  swmi 
sich  Ati%  VerbältniCi  swiscben.dem  Selbstbewufstsein  imd 
den  leiblichen  XIrganen   denken  wie  man  will  y  iuimer  Ist 
doch  das  schleebterding^  nicht  vorcusteUenynwie  das  Band 
swisohen  beiden  so  lose  sein  aollte ,  dafs  ein  freesdes  Selbsl- 
bewurataeih  sieh  einschieben ,   und ,  \  mit  Verdrfogang  diu 
mm    Orfanismos   gehörigen ,    diesen   jn  .  Besiin    nebmen 
kiMinte.     So  ei'giebt  sich  für  jeden ,   wdchbr  die  Ersebei- 
nnngen   der  Gegenwart  mit  aufgekliirten ,   und  doch    die 
Erafiblungen  des  N.  T.    noch  mit  ortbodoien   Augen   be- 
trachtet,   der   Widerspruch,   da(s  dasselbe,  was  jetat  aus 
natttritchen  Ursaelien  kommt,    an  Jesu  Zeiten  ftbematttr- 
iieb  mOf^te  ?ernrsacht  gewesen  sein. 

Diesen  undenkbaren  Unterschied  der  Zeiten  wegnn- 


von  dgm    7u«4and  der  angeblich  Besessenen  natürliche  Er- 
kllrun^cn,  s.  Orig.  in  Mallh.  17,  15. 


/ 

IG  Zweiter  Abschnitt. 

bringen ,  and  doch  dem  N.  T,  nichts  bv  rergeben  ,  Mag^ 
net  Olshaosbn,  welchen  wir  für  diesen  Punkt  Aiglich  als 
ReprXsentAnten  der  mystischen  Theologie  nnd  Philoeo- 
tohie  jeteiger  Zeit  betrachten  können,  Beides,  sowohl  dafs 
jettft  alle  dergieicilen  Zustände  natürlich,  als  dafs  damals 
alle  ttbernaVttrlieh  Terursacht  gewesen  seien.  Waa  ansre 
Zelt  betrifft,  so  fragt  er,  wenn  die  Apostel  in  nnsi^  Irren- 
httuser  trftten ,  wie  sie  manche  der  Kranken  in  denselben 
nennen  wflrden^^)?  Allerdings,  antworten  wir,  würden 
sie  viele  derselben  Besessene  nennen,  vermöge  ihrer  Zei^ 
'und  Volksversf^Uung  nfimllch,  und  nicht  vermöge . aposto* 
'Ifscher  Erletichtang ;  so  dafs  also  der  hernmfilbrende 
Mann  vom  Fache  sie  Vnit  Recht  eines  Bessern  so  beleh- 
ren soeben  würde,  nnd  daraas  gegen  die  Natflrlichkeit 
j^ner  Zustände  in  unserer  Zeit  lediglich  nichts  folgen 
kann.  Von  der  Zeit  Jesu  behauptet  der  genannte  Theo- 
loge, auch  von  den  Judeu  seien  dieselben  Krankheits« 
formen,  Je  nach  der  -  verschiedenen  fintstehongsart,  das 
elaemal'fttr  dämonisch  gehalten  worden,  das  andremal 
afeht,  so  dafs  s.  B.  eiaer,  der  durch  organische  Verle« 
Isikig  ^$  Gehirns  wahnsinnig,  oder  der  Zunge  stumm 
geworden  war  5  nicht  für  dämonisch  gegolten  haben  wür- 
de, sondern  nur  ein  solcher,  dessen  Zustand  mehr  oder 
«linder  auch  psychisch  veraalafst  gewesen  sei.  Seispiele 
einer  solchen,  im  Zeitalter  Jesu  gemachten  Unterschei- 
dung bleibt  uns  Olshaüsbn,  wie  sich  von  selbst  versteht, 
schuldig«  Wo  hätten  auch  die  damaligen  Juden  die  Kennt- 
1^  der  verborgenen  natürlichen  Ursachen  solcher  Zu- 
stände hergenommen,  wo  die  Kriterien,  einen  durah  Biifs- 
bUduiig  des  Oehirns  entstandenen  Wahnsinn  oder  Blödsinn 
Ton  psychologisch  verarsachtem  eu  nntersohelden  ?  Wa- 
ren sie  nicht  gana  and  gar  auf  die  äussef«  Krseheinung, 
nnd  «war  in  ihren  gröberen  Umrissen,  angewiesen  ?  Diese 


27)  b.  Comm«  1,  S.  296.  Amn. 


Itemites  Kapitel*    9.91.  19 


»her  iat  bei  efaieM   EptleptUcheii  »k   iekiem  ^pMtsIfcbeii 
mforhergeseiieBeii    Kieilerstllrsen    und     seinen     Confvi« 
lioMB,   bei   einem  Wiihnsinnigeii    adt  eelneM   Irrereden, 
Munentlieh  wenn  er,  doreb  Ritefcwirkmig  der    Voiktvor^ 
itelhingen  anf  eeinea  Znstand,  in  d^  Pwteo  einet  Drit- 
ten spricht,    Ton  der  Art,   daft  de  anf  eine  fremde  den 
Menachen  bebemehende  Maefat  hinweist,   and  dafs  folg» 
Ktb  sobald   einmal  der  Olanbe  an    dämenisehe  Be^inan« 
gen  im  Volke  gegeben  ist,  alle  dergteiohen  Zostftade  auf 
•al^he  BnrückgefQbrt  werden  werden,    wie  wir  dieb  im 
N.T.   finden;    wogegen    bei    8«OAimimil..iMd  gichtiseber 
VeriK^IUnmn»|^  oder  Libmnng  die  flerrsehaft  -^iner  lrem> 
iltn   Mnebt  «ebon   wen^er  entsebfcden  indkdrt  ist,    ond 
diese  iiOiden  also  bald  gleiebfalla  einem  Jbesitaenden  Dä^ 
mma  nngesehrieben  werden  JUkioony  bald  aneh  niebt;  wio 
wir  jenes  bei  den  >  schon  «rwfihnten  fimmmm-  Malth  1^, 
^  12|  ÜL    nnd   bei   dmr  ^ferkrömmten' JPrau'^    Lnti   13^ 
11,  dieses  iiek  dem  xciiqpo^  f^npythiXog  Man.  7y  Z2  &  nnd 
bei  den  maneherlei  Paraiytisoben ,   deren  in  den  fivange^ 
liengednnbt  wird,  finden^   wobei  übrigens  die   fintschei« 
dnng   für  die  eine  ocfer  amlre  Ansieht  ip^fa:  niobt  vote 
Krfbrsehong    der    £ntstehangsweise,    sondern   .led^lidi 
fon   der    inasam    fiiraoheinnng    ansgegasigan.ist^i   Haiien 
daamasli   die  dnden,    und  mit   ihnen   die   firangellsten^ 
die  brtleallanptaE^ten  der  hiehergehtfrigen   Znstiade  anf 
dimonisehen  Kinftuia  nnrttekgetWirt,    so  bleibt  £ir   den, 
der  sieh  durch  ihre  NAnsiebb  gebunden  glalibt,  ohne  sieb 
doch  der  BUdnng  unsfpr..Zeife  entmeben  an    wollen,  din 
frtlle  IJngleichbeit,    dieselban  Krankbeite*  in  der  dlnea 
1%U  simmtlich    als   natOrliobo,    in   dar    andern    sfiaunt*' 
lieh  als  ttbenietttrUebe  deniion  sn  mdssen. 

Die  sehlimmsta  &dmiBtif)uit  aber  erwftdist  Ibr  den 
OiJnADSiN'scben    Vermittlnngsversucb    swischen    der  jü- 
disch «nentestamentlichen   Dämonologie   nnd    der  Bildung 
ansrer  Xeit  daraus,  daft  dieses  lecniere  Element  in  ihm 
nat  Ldfen  Jem  IL  Band.  2 


18  Zweiter  AbsehnitU 

der  Ammbnie  persönlicher  Oämanen  wid^ntrekt  Das- 
selbe, der  Bildung  des  gedsehten  Theologen  dureh  die 
]Hat«rpbUo$o(ihi0  aiigehörige  Streben,  das  im  N.  T«  als 
ein  Ueer  dkoret^  Individacn  Gedachte  einanaUstlsoh  in 
das  ContlnuHU  eiaer  äabstans  aufzulösen,  welche  awar 
eiiaaelqie  KriKfita  ana  aich  hervortreten,  diese  jedoch  nlobt 
SU  selbststHndigen  Individuen,  sieh  fiiiren,  sondern  als 
Aceidsnsieajlvieder  in  die  Einheit  der  Subatans  soraelb* 
kehren  lllCtt^i-rr  diesei  Streben  sahen  wir  schon  in  Ols« 
HfüssM*8  Ängel^legie  hindnrefaleuchten ,  und  entschiede» 
ner  tritt  e^  njnnin  der  J>SiBonologie  hervor.  Düoioniache 
Persönliohkelten  sind  eu  widrig ,  bei  den  angebUok  Be* 
ssssenen  namentlich  da»^  wie  .es  ObsUAUSsii  selbst  aus« 
drückt  '>>,  Sssckee  sweier  Subjeete  in  £inem  Indivi« 
dttum  fitt  undenkbar,  als  dafii  man  sich  eine  solche  Vor* 
Stellung  Kummtkta.  könnte*  Dabor  wird  überall  nur  la 
sehwebsdder'  AUgesMiaheit  von  ^nem  Reiebe  des  fiöata 
und  der  finstemift  geredet,  und  ewsr  ein  jpersönlicber 
Fürst  desselben  vorausgesetst,  aber  unter  den  .l)£mo« 
Ben  nur  die  einseifen  Aesflüsse  und  Wirkungen  ver* 
alanden ,  in  wetehen  daa  böse  Prlneip  sich  manifestisC» 
Daher,  und»  tlMoran  i^  O^SAinnii's  Ansicht  von  den  Da* 
monen  am  bestimmtesten  sn;ergrei£eh,  ist  es  ihm  eu  viel, 
dais  Jesns  den  Dämon  im  6adarener  um  seinen  Msnteags«» 
firagt  haben  solle  so  bestimmt  kann  doch  Chvistos  die  von 
dem  Aasleger  beeweifeite  Fersönlicbkeil  jener  Ausflüsse 
des  finsteraReiehes  nicht  vorausgesetst  haben;  wefiswegett 
denn  das  vi  aoi  oW/«a ;  (Msre.'^d,^  ^)  als  Frage  naeh  «femt 
Hamen  nicht  des  Damen,  «senftern  des  Mensehen  aufge* 
falst  wird^^),  gegen  allen  Zusammenhang  oftenbsr,  da 
die  Antwort:  Xafeicv  ^  keineswegs  als  Mi(sverstaiid,  so»* 
dem  als  die 'rechte,  von  Jesns  gewollte^  Antwort  erseheint. 


28;  S.  295  t  ' 

29)  S.  dOif  aach  dem  VQrgsng  von.  Citvurs,,  mw  Hsadb.  1,  B,  &  474. 


Neunies  Kapitel.     |.  Vi.  It 

Sind  nun  nber  die  Dämonen^  nach  Olshaosev's  An- 
hebt, onpersönliche  Kräfte,  8o  bt  es  die  tiesetcMifsigkeit 
lies  Reichs  der  Fiiisternils  in  seinem  Verbältnifs  edoi 
Lfehtrelche^  Was  «sie  leitet  und  eu  ihren  verscbiedenM 
Fanetloneti  bewegt»  Von  dieser  Seite  mfifste  also,  Jli 
sebRninier  der  Menseh  wird,  desto  enger  der  Zasammen* 
bang  Bwisclien  ibm  und  dem  Reiehe  des  Bösen  sich  knü^ 
pfcn,  und  der  engste  denlibare  £osaauDe»hang ,  das  Ein- 
gehen der  finstern  Macht  in  die  Persönlichkeit  des  Men« 
•elMMt)  4*  hb  die  Besessenheit,  müfste  immer  bei  deit 
SeMeehtesten  eintreten*  Diefs  ÜadeA  wir  aber  geschieht* 
Hell  ^r  ttieht  so:  die  Dimonisehett  trscheioen  in  den 
Erangeiien  nnr  so  weit  als  Stfnder^  wie  alle  Kranke 
Vergelmiig  der  SOnde  nötbig  haben,  ond  die  gvöüten 
Sftader,  wie  ein  Jodas,  bleiben  von  der  Besessenheil 
rerschont.  Die  gewöhnliche  Vorstellung,  mit  Ihren  per» 
sfoUebim  Dfimonen,  entgeht/diesem  Widerspruch«  Zwai^ 
hf  It  aach  sie ,  wie  wir  diels  e«  &  in  den  Kiementinen 
finden,  daran  fest,  dais  nnr  dureti  die  Siind^.der  Mensch 
dem  Dirnen  den  Zogang  na/  sieh  eröffne  ^^);  doch  bleibt 
Wr  immer  noch  ein  tipielraum  für  c^  indlfiduelle  Will« 
ktlir*  dee-  Dämon,  welcber  ans  nicht  sn  bereoknendem 
Sttkjftetifen  Mrfinden  oft  den  Sehlechseren  vortibergeheoi 
aaf  den  weniger  ^^hleohten  aber  dagd  machen  kmsää  ^^^y 
Werden  hingegenv  wie  von  ÜLSHAvaai»^  die  DSmonea 
nur  als  die  Aetionen  der  Macht  des  Bösen  in  ihreas. 
dvch  Besetae  geregelten  Verhftltnil's  aor  Macht  des  (ii«ieir 
betrachtet,  se  ist  |ede  Willk«lir  und  Zufälligkeit  ausge« 
sefaloaasüiy  tuid  dedwegett  hat  die  Abweisang  der  Conse« 


30)  HoaiiL  S9  19« 

31)  Wie  sich  Asmodl  die  Ssrs  tmfl  Ihre  MHnti«f  tum  Plageii*tind 
Umbringen  autertiehl,  sMit  weii  jene  pd«r  diese  besMi'» 
ders  schlecht  waren,  ssndern  weil  Sarahs  SshiMiheit  ihn 
anzog,  Tob.  6,  i2*  15* 


20  Zweiter  Ab*chnitt« 

qoenEy    dafii  niieh  seiner  Theorie   eigentlieh    inmer    die 
Schlimaitten    besessen    sein  sollten ,    Olshaubkn   sichtbare 
Mühe  verursacht.     Von  dem  scheinbaren   Kampfe  zweier 
Mächte   in  den   Dfimonlschen  ausgehend^    iTgreift  er  w* 
näclist   den   Ausweg,   da(s  nicht   bei    denjenigen,    weloh# 
sieh  ganz  dem  Bösen  ergeben,  ond  somit  eine  innere  ICiii* 
heit  ihres  Wesens   behalten^   sondern  nur  bei  denen,   ia 
welchen  noch  ein  inneres  Widerstreben  gegen  die  Silnde 
vorhanden  sei,  der  Zustand  des  Besessenseios  eintrete  ^^> 
So  aber,  mm  rein  moralischen  Phänomen  gemacht ,  mAfiite 
dieser  Znstand  weit  häufiger  vorkommen  9  es  müiste  jeder 
heftige  innere   Kampf  >in  dieser  Form  sich  <iissem|    und 
namentlich  diejenigen ,  i  welche  sich  später  dem  ßdsen  gan« 
ergebeuy  ihren  Durchgang  durch  eine  Periode  des  Kampfs^ 
also  des  Besessenseins,  nehmen.     Daher   fflgt  auch   Ols« 
hausbn  noch   ein  physisches  Moment  hinsu,  dafs   nämlich 
das  üü^e  im  Menschen  vorwiegend   seinen  lelbliebea .  Or« 
ganismos,    insbesondej^e    das   Nervensystem,     geschwäehc 
haben  mttss^  wenn  er  fiir  den  dämonischen  Zustand  em« 
pf^nglich  sein  solle.    Allein   wer  sieht  nicht,  .  sümal  ao^ 
ehe  Zerrüttungen   des  X^erveosystems   auch  ohne  sittllihtf 
Versohnldnng  eintreten  .  können,  «dafs  auf  diese  Weise  dieif 
Znstand,  welchen  man '  der  dämonischen  iMaeht  als^  eigen« 
thQmtteber   Ursache  vindicii*en  wollte,  cum  greisen  Theil 
anf  natttrliehe  Gründe  zurückgeftthrt,  und  somit  dem  ei- 
genen Zwecke  widersprochen  wird?    Daher  wendet  atcli 
ULSHAueE«  von  dieser  tSeite   auch  bald  wieder  weg,  und 
verweilt  bei  der  Vergleichnng  des  äaifiOviQofiiavos  mit  dem 
novfjQist   0^*^^  ^^  ^^  ^hn   mit    dem    Jspilepcischen   und 
Wahnsinnigen'  zusammenstellen    sollte,     aus    deren    Ver- 
gleichnng allein  auf  den   Besessenen  ein  Licht  zurückge- 
worfen werden  kann.     Durch  dieses   Uerüberspielen   der 
ftiache    vom   physiologisch  -  p«grc(iologianben   Gebiete    auf 

52)  S.  294. 


Mettütes  KayiteL    %  91.  31 

dtm  MMdUtcK "  MUgttsa  Ist  der  Exeurs  fiber  die  tlffaio* 
Bic«iieii  sa  einem  der  unbraacbbartteii  geworden,  die  Im 
Q^H4.DSBN'«6ben  Buche  eu  finden  sind  ^  ^)» 

JLassen  vi»,  also  die  nnerfreuliebeft  Verittebe,  die 
Beatestamentliohea  Vorstellaagea  von  den  DXmoaitcbeH 
•A.modtfrQiairen^  und  nnsre  Jetzigen .  Begriffe  sa  judai^ 
liren,  fassen  wir  vielmehr  auch  in  diesem  Punkte  das 
N»  T.  auf,  wie  es  siclti  giebt,  oline  Jedoah  durefa  die  Zek- 
und  Volksvorstelloogen  in  demselben  uns  ftfr  weitere  For« 
labungen  die  Hände  binden  au  lassen '^> 

Den  bisher  ermittelten  Vorstellnngen  vom  Wesen  der 
OHmonischen  gemK/s  gestaltete  sich  auch  das  Oeilverfsli^ 
ren  mit  solchen  Personen,  namoitllch  bei  den  Juden.  Da 
die  Krankheitsursache  nicht  ^  wie  bei  natQriicbea  (Jbein^ 
sls  ein  unpersönlicher  Gegenstand  oder  Zustand,  \vh  et» 
«ngesunder  Saft,  eine  krankhafte  Spannung  .oder  3o|iwA- 
ehe,  sondern  als  ein  selbsthewufstes  We^en  r. angesehen 
wurde:  so  suchte  man  auf  dieselbe  auch  n^bt  bloCs  me- 
chanisch, chemisch  und  dergL,  doodern  logisch,  dnrch  das 
Wort,  EU  wirken.  Man  sprach  dem  pfimon  an,  sich  en 
ei^ernen^  und  ^ m  diesem  Zuspruch  Nachdruck  au  ge- 
bfn,  knüpfte  man  ihn  an  die  Namen  iK>n  Wcisen,  welchen 
man  Macht  Ober  das  Reich  der  Dämonen  suschrieb.  Ba- 
lier  als  Hanptmittel  gegen  dämonische, Besitzungen  die  Be- 
schwörung'^), sei  es  bei  dem  Namen  Gottes,  oder  der 
Engel,  oder  eines  andern  tibermäehtigen  Wesens,  wie  des 
Messias  (A.  G.  10,  13.))  in  gewissen  Formeln,  die  man 
von  Salomo  herauieiten  pflegte  ^^),    Übrigens  wurden  hie- 


55)  E#1lÜlt'S.  289-298. 

5^)  BeitrSgc  xa  einer  wissenschaftKcLen  Auffassung  der  ftig- 
liefen  ZiMtände  habe  ich  in  einer  Kritik  deir  KBmvma'iNDficri 
Sc&rifl  Über  Beaeaaene  neuerer  Ceit,  in  den  Jahrbb.  fUr 
wias.  Hr.  sn  geben  gesucht. 

55)  s.  die  Anm.  16.  angeführte  Lucisniacke  Stelle. 

56)  Joseph.  Antiq.  9,  t^  S.  .      i    * 


f»  'ZwtUer  Absohnitt. 

mit  fHich  gewlMe  Wimeln '^),  Steine  ^^)y  Htttoberan« 
^n  ond  Amaiete  '')  in  Verbindttnflr  gesetst,  •bettfalls,  wl« 
man  glaubte,  ao«  Salomonlseher  Überliefeming^  Da  nun 
dte  Uivaehe  von  dergleiohen  Übeln  nieht  eilten  wirklieh 
eine  {leyehisobe  wav^  oder  doch  im  Nervenaysteme  lag^ 
anf  weiehei  steh  Von  getitiger  Seite  iintiereehenbiir  ein* 
wirken  Ittrit,  so  tJTuachte  jenes  psychologische  VmrMiren 
nUsht  darehans,  sondern  es  konnte  oft  wirklich  dareh  die 
im  Kranheif  erregte  Meinung,  dafs  vor  einer  Zauberfor* 
fael  4er  ihn  besitzende  DXmon  sich  nicht  länger  halten 
Jtdnne,  eine  Hebung  des  Übels  bewirkt  werden ;  wie  denn 
flesas  selbst  sogiebt,  dafs  auch  jfldischen  Beschw^hrem 
dergleichen  Karen  bisweilen  gelingen  (Matth.  12,  27.)* 
Von  Jesus  aber  lesen  wir,  daft  er  ohne  anderweitige 
Mittel  und  ohne  Beschwörung  bei  einer  andern  Macht 
durch  sein  bloftes  Wort  die'Dflmonen  ausgetrieben  Jisr- 
«  be,  und  es  sind  die  hervorstechendsten  Heliungen  di^ 
per  Art,  ron  wefehen  uns  die  firangelien  berichten, 
Hnnm^l^r  in  Erwägung  zu  Eiehen* 

§.    M. 
Jesu  Damonenaustreihungen ,    elnieln  betrachtet. 

Unter  den  einseinen  Erztfhlungen,  welche  ujjis  In  den 
drei  ersten  Evangelien  von  den  Kuren  Jesu  an  Ufimoni« 
sehen  gegeben  werden,  ragen  besonders  drei  hervor:  die 
lleilung  eiqes  Uämonischen  in  der  Synagoge  su  Kapern 
naum ,  die  der  von  einer  Menge  Dllmonen  besessenen  da- 
darener,  und  endUdi  die  des  Moadsfichtfgen,  welchen 
die   Jünger  nicht  im   Stande    gewesen   waren   su  heilen. 

Wie  nach  Johannes  ^\e  Wasserverwandlung)  so  ist 
iia«h  Markos  (I,  9? ff,)  und  Lukas  (4,  83ffO  die  Heilung 
dntts  BesMse«eii  In  der^  Synagoge  von  Kapernaum  das  er- 

37)  Joseph,  a,  a«  0, 

38)  Gittin,  f.  67,  2. 

39>  Justin,  Mart,  dial.  «.  Tryph.  85.  •     ' 


I  Nentttes  Kapitel.    %.  ft.  U 

^  ftt  W«n€l«r)  A»  sie  ^M  JeM  tett  «ekier  lUlelikcbr  rea  lier 
Taufe  naeh  Galilfia  sn  ersäkleia  wkten.  Jesus  hatte  aiH 
fiwakigeiii  Eindraek  gelehrt;  ab  auf  winiai  ein  anwe^ 
•eniler  BeseMener  in  der  RöUe  des- Ihn  besHn^nilen  Oft* 
»ans  avfsehrie,  er  weile  mit  ihm  nickts  eu  schaffen  haben^ 

'      er  kenne  Ihn  als  den   Messias,  weleher  gekomasen  sei^  sie^ 
die  DCoienen,  ra  iwrderben;  woravf  Jeans  dea»  BKmon  an 
sehvrefgen   and   ansanfahren   gebot,     was   unter  Oescheei 
vnd  Zmeknwgen  von  Seiten  des  Kranken  mid  an«  gretoen 
Eratnwnen  der  Menge  fllier  solohe  Gewalt  Jesn  -  geaabak. 
Hier  könnte  man  sieb  aflerding«  mtt  ijntledlMÜstisehM 
kwm^egem  die  Sache  so  yosetdllen : .  Wenn   der  Kranke^  der 
wihrend  eines  ilehten  Aogenblieks  im  die  %nagoga  gelM* 
ten  wnr,  ron  der  gewaltigen  Rede  Jesn  einen  lUndrvdk 
befconmen,  nnd  dabei  einen  der  AnweseMei»  ran  Ibm  als 
dem  M^Msiae  hatte  sprechen  hören,  sofcünnte  In'fhm  Jeidit 
die   V4Miitellnng  sich  bilden,    der  Ihn   besltcende  uni'eine 
Geist  könne  mit  dem  heÜigeti  Messias  ntc^ht^'Snsamnienb^ 
stehen,  wodurch  er  In  ParoXTamos  g<erathen,   nifd  seine 
Foraht  Tor  Jesn  in  der  Rolle  desDitmonausi^freobenfroooh* 
tew   Sah  al»er  Jesns  einmal  den  Menschen'se  gestimmt* 
waa  war  ihm  nSher  gelegt,  als,  die  Meiai|ng 'desselben 
?en  seiner  Gewalt  fiber  den  Dämon  m  b^afltaen  ond  die- 
sem daa  Aasfahren  sn  gebfeäNi»  waa  [dann '  nadi 'dem  Ge- 
satcen  der  Seelenfaeitfcnnde,  da  der  Irre  ron  aelHer  fixen 
Idee  ane  ei^pMen  wnrde,  giir  wohl  gfimtigen  Brfbig  ha- 
ben konnte;  welswegen  Paulus  diesen  FaH  fllr  die  Veran- 
lassung hXit,  durch  welche  Jesus  auerst  auf  den  Gedanken 
gefiBbrt  worden  sei,   seine    messianisehe  Geltung  au  Hei- 
lung ron  dergleichen  Kranben  stn  benötsen  ')• 

Doch  erhebt  sich  gegen  diese  natfirlicbe  Vorstellung 
ron  der  Sache  auch  manche  Schwierigkeit.  Dafs  Jesus  der 
Messiaa  aei,  soH  ihr  mifdge  der  Kranke  dtfrch  die  Leute 

1)  excg.  Hsndb.  1,  b.  S.  422 ;  L.  J.  1,  a,  S«  218i 


14  2fW9iter  Abschnitt. 

l|i  <ler  Syniigog»  «rMnvn  bnben«  B«too  «ohweigt  derTett 
nfoht  Mob,  sondern  er  wMertprtebt  einer  teleben  AnmJi- 
me  Anfi'  Bestfimtetle.  Sein  Wissen  nm  Jesu  Messlani» 
tl^  hebt  4er  ans  dem  Mensehen  redende  Dtaien  darth  dM 
olda  ae  rlg  d  x.  r.  L  deatlieh  als  ein  ihn  nicht  vom  Bbn- 
sehen  snAlUi^  mitgetheiitea,  sendem  als  ein  iha  vermag« 
seiner  diinenisolien  'Matnr  wqsentlieh  eolLomfliendes  hev- 
ans.  Ferner  9  wenn  Jesus  ihm  ein  q>ifHo9j]Tt\  snruft,  eo 
Wtfleht  sieh  diefe  eben  anf  das,  was  der  DXni«n  snvor  tob 
meiner  Messianitllt  «ausgesiigt  hatte,  wie  ja  auch  s^nst  vom 
Jesn  eibiUt  wird,  dars  er  ix  t^ib  laXeiy  rä  fatfiona^  oti 
ffifi^av  etivor  <Maire.  1,  34.  Lue.  4,  41.)9  oder,«  iva  /n^  fpO" 
f^p  mhov  Tmtrjatowf  (Marc  3,  12.);  glaobte  alte  Jesos 
«iitrch  dks  deai  i)llaM>n  aufgelegte  Schweigen  das  Bekannt 
werden  seiner  Messianitlit  verhindern  sa  köiyien,  so  myiS% 
«rider  Metnnng  gewesen  sein,  dafs  nicht  Aw  Besessene 
4iireh  das  Velli  in  der  Synagoge  etwas  von  derselben  ge-« 
h3rt  iiabe,  vielmehr  nmgekehrt  dieses  es  von  dem  Beseih 
aenen  erfabren  fc§ante ,  wie  denn  auch  in  der  Zeit  des  er- 
sten Auürritts  Jesu  ,  in  welche  die  Evangelisten  den  Verfall 
vwlegan^  noch  Niemand  an  se&ie  Mes^ianitftt  gedacht  hat. 

Sfsigt^a  s!^  demnach,  wie,  ohne  Mittheilung  von 
aossemi  der  OHknoeische  Jesum  als  Messias  dorchschaat 
biifcen  kftnne?n'So  berofit  sich  Olshausen  auf  ^  kinnat^ir- 
Kch  gasteigerte^  Nerventhätigkeit ,  welche  in  dämonischen 
Personen!  wie  ,  in  somnambalen  ein  verstlErkt^s  Afaaungs- 
vermCgen,  etne  Art  von  Hellsehen  hervorbringe ,  vermöge 
dessen  ein  iolcber  Mensch  gar  wohl  die  Bedeutung  Jesu 
für.  das  ganse  Geisterreich  habe  erkennen  können  ^>  D^ 
*  evangelische  Darstellung  freilich  schreibt  Jene  Kunde  nicht 
einem  Vermögen  des  Kranken,  sondern  des  in  ihm  woh- 
nenden Dümons.  su,  wie  diefs  auch  allein  den  damaligen 
jüdisch^  Voraiellangen  angemessen  ist«*  Der  Messias  soU- 


2)  b.  Comm«  1^296. 


lfe«iit«»Kapit6L    t»  «L  tt 

ftt  ertaheiimi,  ra  Ait  ^itto^obe  RcM^  m  «tifSM  (ob^ 

l/oai  17/fa^,   TgL  1  A>h.  8,  a   Lue.  Id,  ]§  f.>)  «^  TraM 

caMBl  seinen  Engalfi  in  4en  PafMrpfnhl  ra  w#HSm  (lUttii. 

tt,  41.  Otenb,  M,  10.)  >),  und  cüift  nan  die  D««u»Mii  A%w 

jenigen,  der  ein  solches  Gerieht  Aber  sie  bq  flkan  bestimait 

war;  nls  solelien  eriiennen  w#rden,  ergab  sieb  Ten  selbst^ 

Indessen   liefse  sieh   iKefs   als    Einmisehnng    der  Ansieht 

des  Referenten,  unbeschadet  Aer  übrigen  Bmfthlnng,   fn 

Absag  bringen :  wenn  nur  ein  so  weit  gehendes  Ahnnnga- 

veroiögen  dergleichen  ILraniien  adt  8iehei4ieit  nvgesehrie- 

ben  werden  iLdnnte.    Da  es  nun  aber  hdchst  onwalupseheitt» 

lieh  iBty  dafs  ein  aoch'noefa  so  anfgeregter  MenrenlKran- 

ker  Jesnoi  £a  einer  Zeit,  wo  ihn  sonst  noch   Niemand, 

and  Yielieicht  er  sich  selbst  noch  niebt,  flk»  den  Messlas 

bidt,  als  solchen  erhannt  haben  ooHte,  nnd  da  andrerseits 

dieses  Erkanntwerden  des  Messias  Ton  den    DSmonen  so 

gans    nrit  den   Tolbsthdmllchen  Vorsteliungen    sosaniaien« 

trifft:    so   mOisen  wir  wohi  Tcraiatfaen,    dab  In  diesem 

Punkte   die   eyangeli^iche   Tradition  nicht   rein  nach    der 

historischen  Wahrheit  sieh  gebildet   habe,-  sondern  doreh 

Jene    Vorstellnngen    mitbestiinmt    worden    sei  ^)«      Hieaa 

war  am  so  mehr  Veranlassnng,  je  rfihmiicher  lAr  Jesum 


l)  vgl.  BcKTtiOLDT,  Christel.  Jud.  §§.  36.  41. 

4  Nach  Fetikla  in  Jalkut  Schimoni  2j  f.  56>  S.  (s.  BKRrNou>T, 
p.  185.)  erkennt  auf  ähnliche  Weise  der  Satan  den  unter 
dem  Throne  Gottes  prUexistirenden  Messias  mit  Schretlien 
als  demjenigen,  qttt  me^  sagt  er ,  et  omnss  gentihs  in  in- 
fernum  praecipitaturas  ifsf* 
5)  FurrzscHs ,  in  Marc.  p.  35 :  In  mnltit  evmngeiiomm  loth  h0m 
minet  hgca  a  pravit  daemombuM  agitatos^  qmam  prinwm 
conspexerint  *fe»itm,  ium  Messidm  eae^  a  nenrnne  vnqmim  de 
hae  rs  comnwnüoi^  staüm  int§6iger$.  In  qaa  rs  hat  noitri 
»cHpiorwf  äueti  twmt  imUeniia^  consemanmun  §t$§,  Satanae 
MttMUM  fmHU  €ognmxue  Nkinam^  quippe  vmgnia  d§  $§  mp- 
piüta  mlUfmando  tmnUanun* 


•ine  f  oUm  AnirktoiUkiig  von  SMieii  der  Pftoiamit  wai% 
WMihoii  da  <Uo  ErwaoliftefiejEi  ihn  varkannten,  aus  dem 
Miiii4B^  dar  lUndar  Lob  anber^Utt  war  (Afairb.  21,  10,),. 
wia  av^  falli  die  Jtteniebea  «cbwi^en)  -  (ib^raeiigt  war, 
da&  dia  Steine  eohreien  wUrdeii.CLi^clV,  40,))  9Q  mufa« 
te  es  angeaieaaaa  aebeinen  ,  de« ,  welcben  sein  Volk ,  daa 
9A  reiten  er  gekeoiniefi  waTf  niobt  a;»erkeiuien  wollte^ 
van  da«4  Oftiaonen  anarkannt  werden  an  lassen  |  dereo 
Za«|[aira,  weil  aie .  nur  Verderben  von  ihm  au  gewar« 
tan  balien,  lyiiiartetiaeh ,  und  wcjgen  ihrer  höheren  geU 
attgan  IjaUir  auferläaaig  war« 

Haben  wir  in  der  «uleUl  betrachteten  Heilnngsge« 
aobieh^e  einaa  DMmoniaoben  eine  •  von  der  einfachsten  Uat- 
t«ng  gehabt;  ao  begegnet  uns  i^  der  Craählung  "von  der 
Heilung  der  beaa^ftonea  Gadarenar  (Matth,  8^  28  ff^  Marc» 
S,  1  S.  Lue.  8,  2fi  ff.)  eine  höchst  ansacnoiengesetato^ 
indem  wir  hier.,  nahen  mehreren  Abyreiehungen «  der 
Ji?angeliaten|  statt.  £inas.  Dümons  v^ele,  uud  statt  dea 
einfachen  Au&fahre«a  derselben  ein  Fakren  in  oine»  iScbwejl« 
aebeerde  haben. . 

Mach  einer  stürmischen  Überfahrt  über  den  galiläi« 
sehen  See  an  das  östliche  Ufer^  begegnet  Jesu  nach  Mar- 
kus und  Lukas  ein  Pämonisoher,  nelcher  sieh  in  den 
Grabmfilern  jener  Gegend  aufhielt  ^J  und  mit  furchtba- 
rer  Wildheit  gegen  sich  selbst/}  und  Andex*e  zu  wüthea 


>6)  Kia  Lieblingsaufenlhalt  d&:  Gasenden,  s.  Liffarroor  und 
Scu«5tt«sn  9.  d.  St»  y  und  der  unreiaen  Geister ,  s.  die  rah- 
l)ii|ischea  Stellen  bei  VVetsteik. 
7)  Die  Behauptung/  da«f  daai  MtuoMdnn»^  imirot  USoig^  wei- 
ckea  Markus  dem  Betetsenen  zaschreibty  in  lichten  Au^ 
genblipken  «it  Busse  für  seine  Versebiddung  von  ibm  ge- 
schehen tei^  gehört  zu  den  Unrichtigkeiten »  ui,  ¥relchon 
OLtKAUtBN  duroh  teinea  faltehea^  -meralisch  -  religiösen 
Standpunkt  in  Betrachtung  dieser  ErscheinungMi  verführt 
wird,  'da  dosb  bekannt  genug  isi>  wie  gerade  in  den  *Far< 


N««tt4^t  K|kpll«t  4.9S. 


pltgli;  wMh  Haidite»  wart»  et  Hup«»  «w»U'  fa  kt  «n 

iteonlicb,   wie  lei^  afoh  hier  Ae  BarauHiIitik  a^t  eleu« 

de«  AuflüeheeB^  wie,   ileTs  Markos  und  L«kae  mmr  Et 

MQ  nennen,  well  dleeer  duroh   WUdbele  fleh   beteadevi 

enf—0ioh>et,    oder    Maftthikit  »wei,    well  er  den-  de« 

Wahminfiigea   mr  Aufdchl  belgegetieiien  BjtgleÜer   mkk 

gesihk  habe,   md  dergh  »:>  beholfeu    hat,    hia  mm»  eiM 

wlrkliebe   Differena   awiaeben    beiden    Reladenen     aoge» 

ben  naeehte.    Blebel  hat  aian,  tn.£rwtf|aiig  deeten,  daCi 

deegLelehea  Ratende  nngeteUig  mw  eefai  pflegen,  der   An* 

gnbe  der  beiden   mittlem  £?angelitten  den  Vereng  ^gege- 

btfOy  nnd  die  Verdoppelung  dee  £lnen  |]ttnionitelien   bei 

denn  wnten  daraot  erki^irt,    daft  die  Mahrkek  der  del^ 

ficfyegj  von  welehen  in  der  fimäUnng  die  Retle  war,  deal 

Unfcrenton    an    einer  Mehrheit    Ton    imftm^oftepoi    ge»- 

wnvden  tel').    Allein  to  enttehleden  Ut   die  UnmUgUcb^ 

Uit,   dafe  awel  Ratende   in   der    Wirkliehkeii  eich    m^ 

eammengeteUen,   oder  TielMeht  anch  nnr  In  der  nrtprOng- 

Kefaen  Sage  sotammengeteUt  wurden  ^    denn  doeh  nicht, 

^Gi  hieraof   aüeln  gehen   ein    Vorsng    det    Beriehtt  t>ei 

Markos  nm^  Lnkat  vor   dem    bei  Matthlos    $feh  begrfln- 

de«    lieffe.       Wenigsten    wenn    man    fragt,    tivelohe   der 

beiden  DartteUnii|ren    der  Sacke  leichter   aus  der  tnderii, 

alt   der  nrsprfinglichen ,  in    der    Überlieferung  tieh  hebe 

bilden    können!    bo  wird  man  .die  Mögliehkelt  auf  beiden 

Selten  gleieb  grofs  finden.    Denn  wenn  anf  die  oben  »nff^ 

selgte   W^e  die    mehreren  Dtaionen  ra  der  Vor^ellong 

aueh  Ton   mehreren  DäUMnltehen   Anlafii    geheü   konnti^n, 

te  ÜUtt  tloh  ebento    umgekehrt  sagen:    In  der  dem  Fac- 


exysmco  solcher  Kranken  die  tell]^tzerst<Sreiid^  "Wuth  ein- 
tritt. , 

$)  s,  die  Ssoimlüng  von  dergleichen  Erklärungen  bei  FniTz- 
scaty  in  hliKtli.  p,  327. 

n  •o  ScmviZj  Über  das  Abendmahl^  S.  309  ^  Faulvs^  u  d.  St. ; 
lUs«,  l.,  J.  %.  75«  ' 


|«iii  »IlMrea  Uurtltibmg  cIm  Matthliity  wo  von  Base«- 
•enen  i«wolii  Vilt  von  Dümonen  In  der  Mehraahl  die 
Kede  wat,  teat  da«  specifiMh  Aass^rordontlieha,  welchaa 
dieMi^  Fall  In  der  BMflbJun;  der  beiden  andern  bal^  noch 
nicht  berror^  dafi  näaülch  aaf-Ein  Indiridumn  inehrere 
Dtfflionen  kamen ^  und  Indem  man,  nm  dieses  VerhiClC- 
nl£i  ii«rFofsnheben,  sich  beim  Wiedereraählen'  so  au^ 
drücken  mttftie,  dafs  in  einem  Menseben  mehrere  Du» 
»onen  sieh  befnnden  haben,  so  konnte  diels  leiolit  Vep* 
nnlassttn|r  werden ,  dat«  nach  nnd  nach  dem  Plnral  dei* 
Dfiauonen  g^gemlber  der  Besessene  In  den  Slngnlar  ge» 
aetat  wnrib«  Im  Übrigen  ist  In  diesem  ersten  Eingang 
die  ßraählang  des  Matthüns  Jiurs  nnd  aligemein,  die  delp 
Iwiden  andern  ausfabplieh  malend ,  woraus  man  gielolk* 
fiiUs  nicht  ermangelt  hat,  auf  ^te  grdfimre  UrspränglMi« 
keit  der  letateren  sn  schlieliien  <^),  GewiTs  aber  kann 
ebensowohl  die  Änsfahning,  in  welelie  sich  Lukas.  unA 
Markus  thellen,  dafs  der  Besessene  kein  Kleid  an  siois 
geduldet,  alle  Fesseln  aerrissen,  und  sieh  seihst  ^t  Steinen 
geschlagen  habe,  eine  willkahrliche  Ausmalung  dfe^  eiü* 
fachen  Beceichnung  xfxhnoi  XUcv  sein,  welche  Matthäus 
nebst  der  Folge,  dafs  Niemand  Jenen  Weg  habe  ; geben 
kl^aiien,  giebt,  als  diese  eine  ungenaue  Zusammenfsssung 
von  jener. 

Die  £r6£Enung  der  S^ene  ewischen  dem  oder  den  Da* 
monisohen  und  Jesus  geschieht  tiier  wie  oben  dnroh  ei* 
iien  angstvollen  Zuruf  des  Dämonischen  In  der  Person 
d^  Ihn  besitaenden  Dämons,  dals  er  mit  Jesus,  dem 
He«sias,  von  welchem  er  nur  Qualen  na  erwisrten  hätta^ 
nichts  EU  schaffen  haben  wolle.  Die  cur  Erklärung  der 
Erscheinung,  da(s  der  Dämonische  Jesam  sogleich  als 
Messias  erkennt,  gemachten  Postulate,  dafs  Jesus  da» 
mals  wohl  auch  schon  auf  dem  peräischen  Ufer  i4f  Mes* 


iO)  ScsVLSj  a.  s«  0. 


JNenates  Kupitel.    |.  M.  M 

ths  genmuBt  trordtn   §0!  '^)9    oder  fkifs   dem  MeMebea 
(i^elcliefli   seiner   Wildheit    wegen    Kiemand    nahe    koon- 
men   konnte!)    eii^ige   von  den    mit   Jesu    über   den   See 
GekoBmeoen    gesagt   ba|>en ,    dort   sei  der    IMessias    an's 
Land    gestiegen  ^^^y    sind    gleicherweise    grandios ^     als 
ofienbar  ist,    ivie  aneh   hier  dieseibe  jüdisch  -  christliche 
Vorauasetsang   fib^  das    Verhüitnirs   der    Dfimonen  aum 
Bfeaaias,    wie   oben,   diesen  Zag  der    Eraihlnng  hervor- 
gebracht hat  ^  0*    Indefs  tritt  hier  noch  eine  Differens  der 
Jiarichte .  ein.    Kaqh  Matthfius  n&miicb  rufen  die  Besessa* 
nen,   wie  sie  Jesu  ansichtig  werden:  tl  ^f4v  xal  ooi-^; 
%JLO^fg  -^^  ßmaixvlaai  f]fiägi    nach   Lukas  £K|Jt  der   Dämof- 
ttiscbe  Jesa  so  FüCsen,  und  bittet  ihn,  /ii/  ^  ffcufarlaiis' 
ß9keh  iBIarkas  endlich  iänft  er  von  ferne  herbei ,    lun  Jß. 
sam  folsflüiig  hei  Gott  e«  beschwören  >,  dafs  er  ihn  nickt 
qQtlan  mdcl^e.    Wir  haben  also  wieder  einen  Klimax:  bei 
Mattliios  ein  s^hreckenvojles  Abwehren  des   uaerwttnsch« 
kommenden  ^esus:    bei  Luk^s  einq  bittende  Annkbera^g 
an   den    gegenwärtigen;     bei    ft|arkus   sogar    ein    eiliges 
Aofsoeban  des  noch  entfernten.     D\e  Erklärer,  von  Mar- 
kos ansgehend,  mllssen   selbst  angeben^  dafs  das  ,Uer|sa* 
laafen.  a^es  Aimonisohen  ;2tt.  Jesn,   den   er  doch  f flieh- 
tet,   etwaa  Wider^lV^echendes    sei^.  .  wefswcgen    sie    sic|i 
durch  die  Anjial^l^e   helfen,,  de^  Meiiscb,  als   er  sich  ga- 
gen  Jesnm  hin  In  Bewegung  setate,  sei  jn  einem  lich^ 
Angeablicke  gewesen  jt    i^    welchem    er   vom   Dämon  be- 
freit an  werden  ^ttnschte,  and  eri|t  durch  die  firhtfsaqg 
des  Laofans  ^^),  oder  dnr^b  die  Anrede  Jesn  '^J[  sei  er 
ia  den  Paroxysmns  gerathea,  in  welchem  er  in  der  RoUa 


II)  ScauucRMACMSRy  tiBcr  den  Lukas,  S«  127. 

ii)  2jMV9y  L.  J.  1»  a,  S.  232. 

)))  t.  FaiTSSCiiB)  in  Matth.  8«  329. 

U)  Nattirlicke  Geschiebte,  2,  174. 

15)  Fauu^s,  exeg.  Bandb.  1,  b.  6.  473 ;  Olshavsik^  $.  302- 


90  Zweiter  AbfChntfti 

des  Dflmont  um  Onteriaftstuig  der  Austretbang  bat.  AI« 
lefn  in  den  zusammenhängenden  Worten  bei  Markus  i 
Idwv  «^  eÖQccfie  —  xal  ftQoaexvvrjoe  —  xal  xgd^ag  —  eJrcB* 
ist  keine  Spur  von  einem  Wechsel  seines  Znstandes  zd 
finden ,  und  es  bleibt  so  das  Unwahrscheinliche  seiner 
Darstellung;  denn  der  wirklich  'Besessene  hfltte  slch^ 
wenn  er  den  gefbrchteten  Messias  von  ferne  erkannte, 
eher  so  schnell  wie  möglich  daron  gemacht,  als  Sich  Ihm' 
genähert ,  und  wenn  auch  diefs ,  so  konnte  er ,  der  sich 
durch  einen  Gott  feindseligen  Dämon  besessen  glaubte^ 
Jesura  doch  gewils  nicht  bei  Gott  beschwören ,  Wie  Mar- 
kus den  Dämomischen  thon  lälst  >^)*  'Kann  demnach  sei« 
ne  Darsteikmg  hier  die  nrsprOngliche  nicht  sein|  so  ist 
die  de»  Lukas  ihr  zu  verwandt  y  und  elgentfieh  nur  um 
die  Zflge  des  Herznlaufens  und  Beschwörens  einfacher^ 
als  dafs  wir  sie  (Ür  die  dem  Factum  nächste  ansehen  könn- 
ten. Sondern  die  am  reinsten  gehalteWe  ist  ohne  Zweifel 
die  des  Matthäus ,  deren  schrfeckenroUe  Frage l  'ijlffeg 
'ctüde  TiQO  xaiQu  ßaaaytaac  jj/nag^  einem  Dämon,  der  als 
Feind  des  Messiasreicbs  vom  Messias  keine  Schonung 
zu  erwarten  hatte ^  weit  natürlicher  steht,  als  die  Bitte 
"itai  Schonung  bei  Markup  itnd  Lukas,  "wenn  gldch  fhl- 
löstratus  in  einer  £rzählung,  die  man  als  Nachbildung 
dieser  evangelischen  ansehen  könnte^  si6h  an  die  letzter» 
Form  gehalten  hat  >7>  *  ^ 

Während  man  nach  dem  Bisherigenr  glauben  iniifrte, 
dMf  Dämonen  haben  hier  wie  ih  der  ersten  Erzählung, 
ohne  dals' etvl^as  von  Selten  Jesa  vorangegangen  *  war, 
ihn  auf  die  beschriebene  Weise  angesprochen:  so  holeta 
niin .  die  zwei   mittleren   Evangelisten  nachi  Jesus  habe 


16)  DiesI  finden  auch  pAXJUJi  S.  474«  und  OuRAVSk»  S.  30S.  auf' 

fallend* 
i7)  Et  ist  diets  die   Erz^thlung^von  der  Entlarvung  einer  Empusa 
durch  Apolloniui  von  TyanS)  Tit.  Ap.  4»  S5  ;  Bei  Bava  S»  145/ 


Neunte«  KapileL    S^  f2.  M 

Diailieh  dem  atMtvbern  Geiele  geboten  gehaM^  iknfclfe»- 

fffaen  CQ  reHüsseii«     Es  firegt  sioli)   waim  Jestie^ilM«  ge^- 

than   haben   seil?     Das    Nächste  wftre:    ehe    der  Menseh 

um  anredete;   aber  mit  dieser  Anrede  ist  bei  Lukas  das 

nim^in^aej  nnd  anit  dieseaii  weiter  rüokwffrts  das  avoHffd^ 

iog  so  eng  verbanden  ^   daft  man  den  Befehl  Jeso  vor  den 

Sehrei    und  Fuflsfall    als    deren    Ursache    setzen    niOlste» 

Nm  aber  ist  alt  Ursache  davon  vleimehr  der  Uofse  An* 

Uick  J«8U  angegeben  ^  so  dafs  man  bei  Lakas  nickt  sieht^ 

we    jenes    Gebot    Jesu   sdne    Steile   finden'  seil«       Meeh 

•ehliunner  bt  es -bei  Markos^  wo  der  Znruf  Jesa  dnrch 

eine  Ahniiebe  VciAettang  it»  Sfitse  sogar  vor  das  iH^afm 

■arQoligesehoben   wird,    so  da/s-  Jesus    toaderbarerwelee 

sebon  ans.  der  Ferne  dem  Dämon  das   i^iXOs  togerafen 

haben    oiarste.      Wenn  auf  diese  Weise  bei  4m  ^beiden 

mifttfteren  fivangeüeten  entweder  die    vorangeeehidirte    au« 

saamMnbängende    Darstellnnf    oddr    der     darauffalgende 

Zaeats  nnrichtig  sein  moA:    so  fragt  sieh  nnr,  wa»  r%m 

bsfden  ober  den   Schein  des    Dnhisterischen  wider  sieh 

bebe?    Und  hier  hat  selbst  ScBUtiKRMAeuXR   eingerttmnti 

wenn  im  de^  areprfiiiglieben   GreUiInny  iron    einem*  vor» 

aesgegnngenen  Gebote  Jesa  die  Rede  gewesen   wtee^  so 

warde    dieses  govväs    in   seiner'  recbien  ^Steile   vor    der 

Bitte  der  DCmonen,     «md  mit   AnfMrong   der    eigenen 

Worte  Jesa  gegeben  werden  sein;    wogegen-  seine  jetoi» 

ge  St^nag  als  Nachtrag,    nnd  eteneo  seine  abgekttratn 

Fassong  in  der  mmiia  Miqua  <bet  Lulcae;   erst  'Mark«M 

wandelt  eie  nach  seiner  -Wete  in  ermio  rt9ia  um)  sehr 

itarit  die  Vermtitbnng  begrtlnde,    dafi»  es  meh   nm  ein 

cfUireoder  N«cbtra|  des  Referenten  ans   eigener    Cem* 

Jeetnr  sei   '*>      Und  nwar  ist  es  ein  höchst  etörender^ 


i8)  a,  a.  O.  S.  128«  Wenn  ,fr  nqn  aber  diese  unriclitige  Ürg'an. 
sn^f  von  Seiien  des  Lukas  dari^at  erklärt,  da%s  tcinBerickU 
ersUtter  venauthHch  beim  Schiff  beschäftigt  und  etwu  avu 


tt  Zweiter  Abeohnitt 

faMleiii  er  der  gumen  Scene  naohtrXglich  eine  andere 
Cresteit  giebt,  als  sie  ron  rome  berein  seigte.  Zuerst 
nämlieb  war  sie  auf  ein  euvorkommendes  £i  kennen  und 
Bitten  des  Dümoniscben  angelegt:  noa  aber  ftllt  der 
£rafibler,aas  seiner  Rolle,  und  in  der  Meinang,  der 
Bitte  des  Dfinons  am  Sebonong  aiOsse  ein  harter  Be* 
fehl  Jesu  yorangegengen  aein,  bemerkt  er  naehb«lend, 
dala  Jesus  Tielmehr  mit  seinem  Gebote  anyorgekommen« 

An  die  JNacbholnng  dieses  Gebots  sehlieÜBt  nch  nun 
bei  Markus  und  Lukas  die  Frage  Jesu  an  den  D£moa 
an:  %l  oot  ut'QfAai  worauf  sich  eine  Mehrheit  von  Di* 
menen  s«  erkennen  giebt,  und  als  ihreo  Mamen  JU/ec^ 
Ibeseiohuet,  -^  «ine  Zwischen  handlung,  von  welcher  Ma^- 
«hXus  uiohts  hat.  Wie  wäre  es  nun-,  wenn^  wie  der  vo* 
rige  Zuaate  eine  nachtriKgliche  Erfclirung  des  Vorhefga- 
henden ,  so  diese  Frage  und  Antwort  eine .  yaraus^a- 
aehiekte  Einleitung  des  Folgenden  wäre,  und  ebeaao 
aar  ans  den  eigenen  Mitteln  der  Sage  oder  der  Referen- 
ten? 0er  so&rt  vua  den  Dämonen  aAsgesprochene.Wunaah 
n&mtteb^  in  die  Schweineheerde  s«  fahren,  aetat  bei 
Matthäus  noeb  gar  üieh^  nothwandig  eine  Mehrheit  ?imi 
AänuMien  ia  jedem  der  beiden  Besessenen  voraus,  da 
wir  nieht  wüsen  iLännen,  ob  der  Hebräer  nicht  auch 
swei  Dämonen  in  ebt  BesitsuitgaverhältniTs  au  einer  gan- 
«an  Peeflde  nu  setaeo  im  Stande.%var :  wohl  abei^lu>nnie  ein 
apäterer  £niähler  mei^n,  die  Zabi  der  bösen  «Geister 
aait  der  Zahl  der  Sehwifcine  aosgleiehen  au  massen.  Was 
nun  bei  Xhieren  eine  Heerde,  das  ist  bei  Menacben  und 
liöherea  Wesen  ein  Heer  oder  eine  Haereaabthelitti^;, 
«od  da  lag,    wenn  eine  grdfsere  !|U>theilung    beaeichiiat 


rUckgebHeben^  dem  Anfang  der  Scene  mit  dem  Dämoni- 
tchen  nicht  angewohnt  habe,  so  ist  diess  ein  gar  tu  neu- 
gieriger Scharfsinn  neben  der  veralteten  Annahme  einet 
mttglichtt'  unmittelbaren  Verhlltnisses  der  evangeliscfaen  Be- 
richte SU  den  Thatsachen. 


Alantes  KajpiteL    $.92.  Sd 

werden  jellte^  nlehls  Diber^  ele  dtte  W^nisdie  Legtofi^ 
welch«  MmUh.  W,  58«  aaf  die  Engel,  wie  bier  eot  die 
Dtaieneii,  angewendet  ist  -^  Dmtk  et  nun  eber,  eoeh 
«bgeeeben  ton  dieser  näheren  Beiltnunang,  nwhrere  Ul» 
■cmeii  gewesen  sein  sollen ,  welche  hier  in  JEInea  In* 
dividnaai  llire  Wohimng  enfgeschlagen  hatten,  ist  als 
andenkbar  au  heaeichnem  Denn  wenn  man  awar  so  Tiel 
etwa  noch  sieh  Yorsteliig  machen  kann,  wie  Ein  Olaiony 
mit  Unterdraeknng  des  menichltcbea  Bewtilstseins ,  eich 
eines  menschlichen  Organisaras  (MasAchtigen  Ldnnei  9^ 
gabt   •iaeai   doch  alle  Vorsteiinng  aus,    sobald  auin    gar 

>iele  einen  Menschen  besitaende  dimonische  Pecs^^nlich^ 
beitaii  sich  denken  soiL  Denn  da  diesea  Besilcen  nichta 
Anderes  ist,  als,  sich  anm  Snbjnet  des  Bewolstseias  isr 
fineoi  Individuum  machen,  das  Bewnfstsein^ ahcr  in  der 
Wirklichkeit  nur  Eine  Spitze,  Einen  Mlttcijjqnkt^  haben 
kann  1  ao  ist  jedenfalls  .das  sablechterdings  nicht  an  deq<> 
ken ,  ilars  au  gleicher  Zeit  mehrere  Dämonen  von  eineai 
Metiaclien  saUten  Mesita  nehmen  können ,  und  «s  ki»nnM 
die  mehrfache  Besitzung  immer  nur  als  successiYcr  Weqh« 
sei  dea  Sesessenscias  durch  Terschiedeaa  Dämonen  vor» 
bandaa  sein,  und  nicht  wie  hier  ein  ganaes  Ueer  i^f* 
selben  augleich  im  Menschen  wohnen  und  augleich  ihn 
Terlassen« 

Darin  nun  stimmen  weiterhin  alle  Eratiilungen  Über« 
ein,  db^fs  die  Dämonen  Cum  nicht^  wie  Markus  sagt,  ans« 
aar  Landes,  oder  nach  JLukas  in  den  Abgrund  verwiesea 
an  werden  >  Jesnm  um  die  Erlaubnifs  gebeten  haben ,  iA 
die  benachbarte  Schweineheerde  au  fahren,  dafs  ihnen 
diels  ven  Jesu  gestattel  worden,  und  sofort  durch  ihre 
Einwirktti^  sämmtliche  Schweine  (Markus,  man  darf  akhl 
fragen,  ans  welchen  Mitteln,  bestimmt  ihre  Zahl  auf'iUOO) 

,  in  den  See  gestilrat  und  ersoffen  seien«  Bleibt  man  hier 
auf  dem  Standpunkt  der  Beriehte,  welche  durchaus  wirk« 
Hebe  Dämonen  yoraussetaen,  stehen,  so  fragt  es  sieh  2  wie 
•      Dm  L€bm  Jnu  11.  Band.  ^ 


M  Zweiter  Ab»chiiltt.^ 

# 
können  Oinonen,  —  eingerianit  anoh^  dab  sie  von  Men- 
schen BesitB  nehmen  können,  —wie  können  sie  aber,  eis 
in  Jedem  Falle  vernOnftIge  Geister,  den  Wiuiseh  hnben  und 
erreichen,  in  thierische  Bildungen  eineugehen  ?  Jede  Reli* 
gion  und*  Philosophie,  weiche  die  Seelenwandemng  verwirfi^ 
tmifs  ans  demselben  tirunde  auch  die  Möglichheit  eines  sd* 
chen  Überganges  Ifingnen ,  und  Olshadsbn  steiit  voilkom* 
inen  richtig  die  gadarenisehen  Säue  im  N.  T*  mit  Kieams 
Esel  im  alten  als  ein  sehnliches  oitdvdaXop  iccil  f^ogitofifta 
nusammen  '  ^).  Diesem  ist  er  aber  durch  die  Bemerkung, 
dafs  hier  nicht  an  ein  Eingehen  der  einaelnen  Dftmonen  in 
die  einselnen  Schweine ,  sondern  an  ein  blorses  Einwirken 
sfimmtlicher  bösen  Geister  auf  die  Thiermasse  su  denken 
sei,  mehr  ausgewichen,«ils  da(s  er  darOber  hinweggekom«* 
inen  wire.  Denn  das  elgel^elv  etg  rsg  X^iQ^St  ^1®  ®*  dem 
i^tlSklif  ix  t5  dvO^Qions  gegenübersteht,  kann  doch  unmög» 
lieh  etwas  Anderes  l>edeuteii,  als  dars  die  Dämonen  in  das* 
mibe  Verhftitnils,  in  welchem  sie  bisher  su  den  besessenen 
Menschen  gestanden,  nunmehr  su  den  Schweinen  getre- 
ten seien;  auch  konnte  sie  Tor  der  Verbannung  ausser 
Lands  oder  in  den  Abgruird  nicht  ein  blofses  Einwirken, 
^sondern  nur  ein  wirkliches  Einwohnen  In  den  Leibern  der 
Thiere  bewahren:  so  daft  jenes  axdvöixXov  stehen  bleibt» 
Unmöglich  also  kann  Jene  Bitte  von  wirklichen  Dfimonen^ 
sondern  nur  etwa  von  Jüdischen  Wahnsinnigen  vorgebracht 
worden  sein ,  nach  den  Vorstellungen  ihres  Volkes.  Ohne 
leibliche  Hiile  eu  sein,  macht  diesen  zufolge  den  bösen 
Geiste)rn  Qual,  weil  sie  ohne  Leib  ihre  sinnlichen  Lti8t# 
nicht  befriedigen  können  ^^ ;  waren  sie  daher  ans  den 
Menschen  ausgetrieben,  so  mufsten  sii^  in  Thierlelber  eu 
fahren  wünschen,  und  was  taufte  fbr  ein  7%nvftainoi9u(nü¥ 


19)  S.  305.  kfkm, 
3Q)  Clsak  hom.  9^  10. 


Nennten  Kapitel.    S*  92.  35 

besser^  ab  ein  ItS&y  ärd^agröVy  wtt  Äag  Schvrein  war?  2») 
So  weit  tonnten  also  die  fifangelisten  In  diesem  Pnniite  das 
Faktiacfie  richtig   wiedergeben ,    inTdem  sie  nnr  ihrer  Vor- 
•tellang  gemfifa  den  Dämonen   enschrelben  j   was   vielmehr 
die  Kranken   ana  Hvw   Wahne   heraus  sprachen.     Kun 
aber,    wenn  es  weiter  heifst,    die  D&monen  seien  In  die 
Sehweine   gefahren,    berichten  da  die   Evangelisten  nicht 
eine  offenbare  Unmöglichkeit?    Paulus  meint,   auch   hier, 
wie  sonst  immer ,  identificiren  die  Evangelisten  die  besesse- 
nen Menschen  mit  den  sie  besitzenden  Dämonen ,  ond  schrei- 
ben also  das  ilgeX&iTv  etg  rüg  xolqsg  den  letzteren  eu  ,  wfih- 
rend    doch  In    der  Wirklichkeit    nur  die    ersteren    ihrer 
fixen  Idee  gemäfs  auf  die  Schweine  losgerannt  seiei)   ^  -). 
Bier  liefse  sich  ewar  des  Matthäus  änf^XOov  dg  jiig  -/ol- 
Qng,  für  sich  genommen^  etwa  noch  von  [einem  LosVennen 
auf  die  Heerde   verstehen;  aber  nicht  nur  mufs  Paulus 
selbst  einräumen,  dafs  das  etgeX^ot^eg  der  beiden  andern  . 
Synoptiker   ein    wirkliches   Binelngehen  in  die   Schweine 
1>eceicbne,  sondern  es  hat' auch  Matthäus,  wie  die  beiden 
andern^  vor   dem  unr^Xi^ov' ein  i^tX^oneg  ol  dalfioreg  (ßc. 
ix  tcÜy  ccv9QW7i(t)v),  wodurch  also  die  in  die  ßclm  eine  fah- 
renden Dämonen  von  den  Menschen ,  aus  welchen  sie  vor* 
ber  wachen,  deutlich  genug  unterschieden  sind  ^^).    So  er- 
aiblen  also  unsre  Berichterstatter  hier  nicht  blpfs  wirklich 
Vorgefallenes,    gefftrbt  durch  die  VorstellungsM eise  ihrer 
Zelt 9  sondern  hier  haben  sie  einen  Zug,  der  gar  nicht  auf 
diese  Weise  vorgefallen  sein  kann. 


\ 


It)  FamacBX,  in  Mattb.  p.  3S2.  Nscb  f^Kimnvsia  2,  447  ff. 
hatten  sich,  der  jUdkcken  Vorstelkmg  geriiüss,  die  Dämo- 
nen Überhaupt  gern  aa  unraiaea  Orten  auf,  un^  io  Jalkut 
Bubeai  f.  10,  2.  (bei  Wststsin)  findet  t^ich  die  Notiz: 
Afäma  idololatranun^  quae  vemit  a  sptritu  immundo^  vocatur 
porcoM. 

22)  a.  a.  O.  S.  474.  485.    Ebenso  Wiaia,  b.  Rcalw.  1,  S.  192. 

25)  Famscaa,  in  Mttth.  8.  SSa. 

3* 


ar»  Zweiler  AbtchtoitL 

Nenen  Anstefs  mBeht  die  Wirkungf  wetebe  <tie  DA* 
inonen  in  den  Sehweinen  berrorgebracht  luiben  tollen. 
Kaum  in  dieselben  gefahren  nfimlieh  soilen  sie  die  ganae 
Heerde  angetrieben  haben,  sich  in  den  See  eu  stürzen, 
wobei  man  mit  Recht  fragt,  was  denn  die  Dämonen  nun 
dnrch  das  Fahren  In  die  IMiiere  gewonnen  haben,  wenn  sie 
diese  alsbald  vernichteten,  und  sieh  somit  der  so  sehr 
erbetenen  leidlichen  Interimswohnung  selbst  wieder  be* 
raubten  ^^?  Die  Vermutlinng,  die  Absicht  der  Uämonen 
bei  Vernichtung  der  Schweine  sei  gewesen,  die  Gemttther 
der  Eigenthfimer  ('ureh  diesen  Verlust  gegen  Jesum  einzu« 
nehmen,  was  auch  erfolgt  sei^^),  ist  au  weit  hergeholt; 
die  andre,  dab  der  mit  Geschrei  auf  die  Heerde  losstfir- 
eende  Dämonische  sammt  den  im  Schrecken  davonlaufen- 
den Hirten  die  Schweine  scheu  gemacht  und  in*s  Wasser 
gejagt  habe^^),  würde,  wenn  sie  auch  nicht  nach  dem 
Obigerl  dem  Text  so  wider  wäre,  doch  nicht  hinreichen, 
um  das  Ertrinken  einer  Heerde  von  2000  Stocken  nach 
Markus,  oder  Oberhaupt  nur  einer  grofsen  Heerde,  nach 
Matthäus,  SU  erklären.  Die  Ausflucht,  da(s  wohl  nur  ein 
Thell  der  Heerde  ersoffen  sei  ^'^),  hat  in  der  evangelischen 
Ereählung  nicht  den  mindesten  Halt.  ^—  Vermehrt  wird 
fOr  diesen  Punkt  die  Schwierigkeit  durch  die  nahe  lleg3n- 
de  Reflexion  auf  den  nicht  geringen  Schaden,  welchen  das 
Ertrinken  der  Heerde  den  Eigenthümem  brachte,  und  des- 
sen  mittelbarer  Urheber  Jesus  gewesen  wäre.  Die  Ortho- 
doxen, wenn  sie  Jesum  in  irgend  einer  Wendung  dadurch 
rechtfertigen  wollen,  dafs  durch  Zulassung  des  Übergangs 
der  Dämonen  in  die  Schweine  die  Heilung  des  Besessenen 
möglich  gemacht  worden  sei,  und  dafs  doch  gewifs  Thiere 
getOdtet  werden  dOrfen,  damit  iUe  Menschen  lebendig  wer-   | 


24)  Paulv«,  s.  ^  0.  8.  475  f. 

25)  OLSBAVtsir,  S.  307« 
2|S)  Paülu»,  S.  474. 

27)  Paüiüs,  S.  485;  Wiaiii,  S.  S.  0. 


Ntaates  KapUel.    V  1^  S7 

dttn  ^*),  bedenken  nicbt^  ibfs  sie  bieifareh  «iif  die  für 
fliren  Shindpnnkl  IneefieeqoeiitefM  Weite  die  ebtolote 
Macbt  Jein  über  ^m  dlmenltelie  Reieb  besdirftnken« 
IKe  Aoskitnft  aber;  Jeeae  babe,  sefern  dle^  Sdhweine  Jo- 
den gehörten,  diese  für  ihre  gewlnnefiehdge  Übertretonff 
dee  tieeecsee  etrafen  weilen  3^,  ttberhaopt^  habe  er  ans 
KtftUieher  ¥oÜMadil  ^^gehnttdek,  weiche  efe  so  li(ilieren 
Zwecken  BlnMlnee  «eretSre^  nnd  durch  Blit«,  Hagel  ftnd 
Übarsohweoiittang'vMer  M^neehen  Habe  Teniiebten  laeee '  % 
wornber  ttott  der  Uagereelitiglutt  ttnenklagen,  albern  wft« 
re^*),  .^'diers  Ist  wieder  die  auf  orthodoxem  Statidpnnkt 
nnerlanbtetle  YermUehnmg  der-fitaihdea  der  &ndedt4^ng 
Cbriati  mk  dem  aeiBel*Erb6bifti|^  ein  achwirmeffcohee  Hin- 
anagehen  Aber  dat  lieailnneBe  iMMÜnltche  yitfSfiiPW  vno 
fOfiOY  (GaL  4,  4.)  nnd  «crtitor  imhuHiB  (PhUJS,  7.)^  wekfaea 
«na  Jesnm  TftlHg  entfremdet^  Ipdwilces  ihn  anekln  Beeng 
auf  die  sittliebe  BeurtheÜnng  seiner  Handlungen  über  das 
Maafa  dea  Menaelliiehen  htnamli^t«  Es  blieb  daher  nnr 
sech  ihrig)  das  vom  Standpniikle  der  natfürlieben  £rklfl- 
rang  Toraosgesetale  Bin^nrennen  der  ßimonisehen  vnter 
die  Schweine  nnd  deren  dadorek  herbefgeftthrten  Unter* 
gang  als  etwas  Jesa  selbst  Unerwartetes ,  ftlr  daa  er  also 
anch  nicht  rerantwoHÜeh  ael,  damnstellen  ^^)i  im  offensten 
Widerspmeh  gegen  die*  evangellaehe  Darstettmig)  welche 
Jeavm  die  Erfolge,  sofern  er  sie  aneb  nicht  geradesn  be- 
wirkt,  ds«h  «af^  Bestimarteste  Yorbersehen  lifst^s^.  Es 
sebehU  daher  auf  Jean  die  Bescfauldignng  eines  Bingriffii  In 
framdesEigentham  liegen  nn  bleiben,  wie  denn  Gegner  de« 


38)  Olshaüssw,  s,  s.  O« 

^)  Dert.  ebendst« 

90)  Vhtmkwuy  über  die  UnsttiMtli^kelt  Jesu,  la  seinen  Studien, 

1»  I,  S.  51  f. 
31)  OuiuvtBi,  s.  a«  O. 
5J)  Favivk 
S3)  a.  Vujuam. 


3»  .2WeUtrMAhs«h»Ui 

» 

l  hria^n^nu  diene  JEnpftbUM«  tieb  ttngit  gebMg  n  N otse 
gemaebt  haben  '^;  lyienigatoas  wftve  Pythe/jf^vet  in  fifaii- 
iicheoi  Felle  ifek  billiger  TeHUbi^y  de  er  die  Fliebe,  il^ 
ren  LoaleisNng  er  von  .den.  Ekotmnk^  -dte  $ie  g^fengen  hi|k- 
ten,  eati^irktei  ibnetttbee;  be^hk  baben'soll^^)« 

Bei  dieseoi  OewfliMtfTondSebwierigkflIteQ,  welebe  ete- 
menllieb  der  PnniU  «k  de»  Sehweiiicli  in  dl4  vovlSc|tra4e 
tJKrieflblang  bringt,  iatie^  liein  «Wnnder,  diiie  eien  in  Besng 
eaf  dieae  Anekdote  frifaev  inla-  M  -de«  «leialen.  andern  ans 
den  MEmtllohen.  Lehen  Jeau'iahqiefengen  bat,  die  dntMsb«* 
gingige  hkterliebe  ReaKtit  -der  Bmfthlnng  cu  becweifeln, 
und  Inebeaolidere  den  Dntergang  der  Schweine  mit  der  doreh 
Jeanm  bevririUen  Anstreiimnif  der  Dämonen  ansier  Beide- 
hnng  an  aetaen«  So  Imd  Kaoo'  in  der  Slelinng  beider  Krr 
folge  ein  In  d^r  'Tradition .  entotandenca.  vcieQou  nQOTSQOv. 
Die  Sobfräine.  seCan  aehon  i^or'  der  Landung  Jesu  dnroh  den 
Sturm,  der  wXhrend  aeiner  €[be#fiihrt  w Otbete,*  in  den  See 
geattfrst  ivoi4en,  nndtala*  Jeand  naohlier  den  Dimoniaeben 
heilett  ^«dlie,  «Imbe  elntweder  er  aelbat,  oder  elyereua  aei* 
nem»Qefolge^  dmi  Menschen i beredet,  aaine- Mmonen  a^en 
barelle  tit  fene  Scbweinb  fefabren ,  tind  haben  aie  in  den 
See  geiMtrat;.  was  dann  ala  wfarklieh  ae  erfolgt  adfgenom- 
man  «nd. Weite^  gesagt  werdeh  ael  '^>«  K«;  Cb.  L.  ScHvmT 
lAfsl,  «ia  leint  an'a  Land  atfeg^  die  Hirten  ihm  entgegen 
gatien,  hideasm  ren  den'aioh  aeliist  dlieriassenen  Sehwei- 
nen mehrere  In  das  Wasser  stireM,  und« da  nno  um  eben 
diose  Zalt  Jesus  dem  Dornen«  anasufahreB  gelieCba  habe,  so 
haben  die  Uokstohenden  Beides  in  Causalanäammenlulng  ga- 

34)  i.  B.  WooL^Toif,  DUc.  1,  8.  32  ff. 

35)  Jtmblich.  viU  Pytbag.  na.  36.  ed.  Kiessling. 

36)  la  der  Abbandlang  über  genetitobe  oder  formelle  Erklärungs- 
art  der  Wunder,  in  Hknkb*!  Museom  1,  3,  S,  410  ff.  Zu  lo- 
ben i«t  bier  aucb  das  Bewusstsein  dv^Qn,  daaa  die  Darstel- 
lung bei  Mattbäus  die  einfacbere  ^  die  der  bpid^A  andern 
Evangelitten  die  autgescbmücktere  ist. 


ietet  ^7>  Obne  ijpeitere  Beverka^g-erkennl  man  in  dim^ 
UJ^ki/kwmng^rewueheny  an  der  gro(9%n  RolJei  welche  in  dei|- 
aelben  daa  sofallige  Zntainmeotreffen  Ferscbiedener  UnMtln^ 
de  apiell,  die  a|\|p8chickte  Venniacbimg  dar  nytblachen  Er* 
LlXrnng  mil  der  patdrlichen,  wia  sie  den  ersten  UntemelH 
»iHigen  anf  de«  ipjthjscben  Standpunkt  eigen  gewesen  Ist. 
Statt  nlso  ^ne  wi^nderlose  Grundlage  eu  erdenken}  f&r  wel- 
ehe  wir  nirgends  eine  Bürgschaft  batien,  und  welclie  die 
Entstehung  der  wnnderhaft  attsgesehmOekten  Ersllilung  in 
den  Evangelien  laicht  einmal  erklfiri:  mtfssen  wir  Ylelmekr 
fragen,  ob  in  Her  Zeit  der  muthmAfsiicben  Bildung  der 
evangelischen  Ersühlungefi  sieb  nicht  Vorstelligen  finden, 
ans  welchen  sich  der  Zug  jn^t  den  .Schweinen. in  der  for- 
liegenden  Geschichte  erklären  heüei 

Eine  biehergehörige.  Zeitmeinung  hatten  wir  schoii^ 
aXmlich  die,  da(s  Dätucnen  nicht  oiine  Leib  sein  wollen, 
nnd^  dafs  sie  gerne  an  uni*einen  Orten  seien^^  we(swegen 
ihn^n  die  Leiber  von  Schweinen  am  besten  taugen  mufsten: 
iiideCi  erklärt  sich  hieraus  der  Zug  noch  nicht,  dab  sie  die 
Schweine  in  das  Wasser  gestfirct  haben  sollen*  Doch  auch 
biefDr  fehlt  es  nicht  an  erklärenden  Jloticen«  Josepbns  be* 
richtet  von  einem  jüdischen  Beschwörer^  der  durch  Salo- 
monische Formeln  jind  Mittel  «lie  Dämonen  austrieb ,  da(i 
er,  am  die  Anwesenden  von  den  Realität  seiner  Austrei- 
bangen  eu  tiberführen,  in  die  Hähe  des  Besessenen  ein 
Wasaerg^fa  geeilt  habe,  welches  der  ausfahrende  Da« 
non  nmwerfen,  und  dadurch  den  Zuschauern  augenscheifi» 
lieb  neigen  mul^ .  dals  er  ans  dem  Menschen  herauf  sei  ^  f  )• 


}7)  Eseg.  BeitrS^B,  2;.109ff: 

38)  Aaiiq*  S,  2,  6:    ßBld/npß^M  ntlptu'  mtik.nti^äf^f  rok  9«H- 


W  Zweiter  Aksobnltt 

Auf  ähntiohe  Webe  wird  Ten  Apdlenlat  Von  Tyena  ersihtt, 
der«  er  einem  Dtfmon  j  der  einen  Jfingllng  beseiten  hatt», 
befohlen  habe,  sieb  mit  einem  alohtbaren  Zeichen  so  ent- 
fernen, worauf  derselbe  sieb  erbo^  ein  In  der  Nxhe  befind- 
Uehes  Standbild  umsawerfen ,  welches  dann  sum  grolbeit 
Erstaunen  aller  Anwesenden  wirklich  In  dem  Angenbtioke 
■mfiel,  als  der  Dflmon  den  Jüngling  Terllefs'^.  Galt  hl*- 
nach  das  in  Bewegung  Setsen  eines  nahen  Gegenstandes 
ohne  körperliche  BerQhriHig  als  die  sicherste  Probe  dev 
RealttiH  einer  Dftmonenaustrelbnng  s  so  durfte  diese  Probe 
raob  Jesu  nicht  fehlen,  und  nwar,  wenn  Jener  Gegenstand 
f^  einem  Btesear  nnr  /tuxQdv  von  dem  BeschwOrer  und  dont 
^Kranken  entfernt,  mithin  der  Gedanke  an  eine  Tftusehung 
niobt  £ana  awtgeseblossen  war,  so  rlumt  In  Beaug  auf  Je* 
anm  MatthXn«,  hierin  ausmalender  als  die  beiden  andern, 
durch  die  Bemerkung,  dafs  die  Schweinebeerde  ftaitQccp 
*  geweidet  habe,  auch  den  letsten  Rest  einer  solchen  Mög* 
Rcbkelf  hlfiweg.  Oa(s'  der  Gegenstand,  an  welchem  Jesus 
diese  Probe  ablegte,  schon  In  der  urspf anglichen  Ersah- 
Inng  eine  l^ohweineheerde  war,  dielk,  wie  es  sunKchst  aus 
d^r  jäiltacben  Vorstellung  von  unreinen  Geistern  und  Thie- 
reu  herrorgegaagen  war,  so  .gnb  es  nun  femer  erwünschte 
fletefsnbett,  einer  andern  Tenriens  der  Sage  genug  su  thun. 
Jesu»  iollte  nXmIich  nlcHt  blofs  gewöhnliche  Besessene,  w{e 
Jim  der  ersten  Von  uns  betrachteten  Geschichte,  geheilt  ha« 
ben,  aondern  die  schwierigsten  Kuren  'dieser  Art  sollten 
mi  Ipdlungen  sein.  Den  gegenwärtigen  '^all  als  einen  von 
llflisorsfier  Sohwlerigkelt  daraustetlen,  darauf  Ist  von  vorne 
berela  dM  gUnse  Ersählung  mit  ihrer  grellen  Schilderung 
vps  dem  fbrchtbaren  Zustand o  des  ßadaneners  angelegt.  Zu 
4mm  CompHelrCen  eines  solchen  Falles  gehörte  nitu  aber 
besonders,  dalb  die  Be^itsung  keine  einlache,  sonriem,  wie 
bei  Merlii  tfa^alena,   a^^  ijg  dMfi6y$a  intci  i^BltjJiv^u 


S9)  rhÜo«tr.  v'TAp.,  4,  20;  bei  BAua,  a.  a.  O.  S«  S9t 


CLae»  S,  Si^,  ödet  bei  lUr  dtaottliehm  RedA^^  w«  der 
«Mgeu4bbeii^  Dämon  aiC  sieben  ärgeren  wIederkoflMit(MetdL, 
11,  45.),  einb  inehrfeche  wer^  weswegen  denn  hier,  frenrilft 
der  mathmafiillehen  Zald  einer  Beeide,  selbst  diese  Zafaleit^ 
Munendieb  v^n  Mariint,  noeh  weit  äberbolen  sind.  Dfe 
BinfHrkong  d^r  aoe  den  Menschen  ?ertriebenen  Oämenea 
aber,  wie  sie  an  einem  WassergeflUs  od»t  Standbilde  d vreh 
niebts  augenscheinlicher  sieh  neigen  konnte^  als  dadnrch, 
dafs  dasselbe  gegen  sein  natürliches,  durch  das  Gesets  der 
Schwere  bestimmtes  Verhalten  vmfiei;  so  konnte  sie  « 
Thteren  durch  nichts  sicherer  sich  bethätlgen-,  als  leenn 
dleae»  Ihrem  natdrllchen  Blbenstrlebe  snwlder,  sich  an  er« 
siafbn  veraniafst  wurden.  Ifnr  diese  Entstefanng  nnserer 
ErtMklung  ans  dem  Zusammentreffen  rers^ihiedener  Zeitvoiw 
stellangen  nnd  Interessen  erklärt  auch  den  oben  bemerkton 
Widerspruch,  daft  die  Dämonen  suerst  die  Schweine  als 
Aufenthalt  sich  erbitten,  und  unmittelbar  darauf  diesen 
Aufenthalt  selbst  aerstdren.  Jene  Bitte  nämltcb  Ist,  wie 
gesagt,  aus  der  Vorstellung  ?on  der  Scheue  der  Dämonen 
vor  Ktfrperlosigkeit  erwachsen ,  diese  Zerstörung  aber  aus 
der  hiemit  gar  nicht  cusammenhängenden  Ton  einer  Ans* 
trelbangsproi>e;  was  Wunder,  wenn  ans  so  beteros^^hen 
Vorstellungen  swet  widersprechende  ZQge  In  der  EraälM 
huig  hervörgiengan  ? 

Die  dritte  und  letate  ansfilhrlich  enählte  Däraonenansw 
treibung  hat  das  EigenthQmllche ,  dals  suerst  die  Jtfhger 
rergeblich  die  Heilung  versuchten,  hierauf  aber  Jesus  dle-< 
selbe  mit  Leichtigkeit  yoflbringt.  Sämmtliche  Synoptiker 
nämlich  (Matth.  17,  14 ff.;  Marc.  9,  14  ff.;  Luc.  9,  St  «^ 
berichten  elnitlmmig;  wie  Jesus  mit  seinen  drei  Vertraäte- 
ston  Yom  Verkiärdhgsberge  herabgekommen  sei,  habe  er 
seine  übrigen  Jünger  in  der  Verlegenheit  gefunden,  dalk 
ele  einen  besessenen  Knaben ,  welchen  sein  Vater  an  Ih- 
nen  gebracht  hattCi  nicht  im  Stande  gewesen  sefen,  an 


^  Zweiter  M«cl^ai^ 

4uafi  in  «ife9er  E^ftiiUmg  $iidat  eine  Adttafeng  «luft 
|H>n  dergröfiiten  Einfachheit  bei  Matt^n$  bis  eu^l^rsteu 
j/iasfbhrliohkeit    der  Schilderang   bei  JMarkut ,  wnn  defyi 
«ueh  hier  wieder  die  folg^  gehet^  bAt|  daC^  man  den  .B^ 
^ioht  des  Mattbäua  als  den  der  Thatsache  am  fernsten,  ste- 
J^lldea   den  Relationen  der  beiden  anderji  oachsetKrA  «u 
uiOssen  glaubte '^°).    In    Eingänge  l&fst   Matthäus  Je^iini» 
vom  ßerge.  herabgestiegen 9  eu  dem  üxlog  stoben ,  hieravif 
den  ^, Vater  des  Knaben  eu  ihm  treten  und  ihn  fufsfüliig  11191 
ji^eil^ng  desselben  bitten  ;   nach  Lukas  kommt  ihm  der  ox^iJ^ 
en^ege^;   nach   Markus  endlieh  sieht  Jesus  um  d|e  Jün- 
ger viel  Volks  und  Schriftgele^te  ^  die  mit  ihnen  streit«fiy 
das  Volk|  wie  es  seiner  ansichtig  wird,  läuft  hinsi^  uihI  b^^ 
.grQfst  ihn ,    er  aber  fragt ,   was  sie  streiten  ?  wqrsMf  der 
Vater  des  Kriaben  das  Wort  nimmt.       Hier  haben  wir  in 
Be^ng  auf  das  Benehmen  des  Volks  wieder  einen  Klima^ : 
.  ans    dem    sufäUigeu    Zusammentreffen   mit  demselben   bei 
Matthäus  war  schon  bei  Lukas  ein   Entgegenkommen^  des 
Volks  ^wor4ei||  und  dieses  steigert  nun  ]tf  arkus  ku  einem 
Herbeilaufen,    um  Jesnm  eu  begrüfsen^  wozu  er  noch  das 
abenteuerliche  i^e^afißr^O-jj  ffigt.     Was  in  aller  Welt  haue 
,d/it  Volk  y  •  wenn  Jesus  mit  einigen  Jttngern  daherkam ,  so 
^he  »u  erstaunen  ?    Plefs   bleibt  durcl^  alle  andern  Erklii- 
^  rungsgründe,   die  man  aufgesucht  hat,  so  unerklärt,   dafs 
iah  ;den  Gedanken   des  Euthymius  nicht  so  absurd  finden 
jb^anttj  w^e  Feit^^schk  ihn  dafür  ausgiebt,   es  sei  an  dein 
.eben  vom  Verklärungsberg  herabgestiegenen  flesus  noch  et- 
.was  von  dem  himmlischen  Glanse,  der  ihn  dort^  umieuehtet 
hatte,  sichtbar  gewesen ,  wie  bei  Moses,   ^s  ev  ^vo|n  Sinai 
berunterkam  (2  Mos.  34, 29.  f.>    Dafs  unteir  diesem  ^'o,lk^ 
dedränge   sufällig  auch  Schriftgelehrte  sich  befunden  ha« 
bei},  welche  den  Jüngern  wegen  der  mifslungenen  Heiluiig 
««setEten  und  sie  in  einen  Streit,  yerwickelten^  ^t  swar  an 


40)  ScHiTLX;  S.  319. 


umA  Or  rtA  gar  wohl  4«iil^b«r.|,   9hw  \m  ,Zot«»m6olMuig 
Mit  j6«en  Übertreibangen  blnsichtltob  des ,  Verbaltoos  der 
Menge   mnlii  auch  dieaer^Zfig  verdüehtig  werdaQ^  sqnif^ 
^die  beiden  andern  Seriditorstatter  ihn  nicht  haben ;  so  dart, 
wenn  aieh  selgen  Ififst^    aal  wehshe   Weise  der  Referent 
daen  hoAmen  konnte.  Ihn  aj^  eigener  CombinatioA  hinsq^ 
rafligen,    wir  ihn  mit  .böchater  Wahrscheiiilichkeit  fallen 
lacaon  dürfen*    In  Beaug  auf  die  Fähigkeit  Jesu,  Wunder 
m  thmn,   hieb  ea  bei  Markos  frOlier  einipal  (8»  11.)  hei 
Gelegenheit  der  Fordetojng.eiii^hiaMnliiehen  Zeichens  Ton 
den   Pharisäern:  rjQ^avxo  jov^tfmv  ähipr  ond  so  liefii  er 
denn  hier ,  wo  die  Jängdlf  aieh  onflihlg  «hoa  Wandertham 
sefgtaq,   die  grof^enlhells.  «or  pharisäischen  Secta  gehöri- 
gen yfafifimcTg  al^  av^r/räiKtag  %oi$  fta^T^täts  anftreten.  -r- 
Anefa  in  der  folgenden  Sebildemng  der  Umstände  des  'Kna- 
ben findet  dieselbe  AbstuAing  in  ßesog  auf  die  Ansfübri 
liclikeit  statt,  nnr  dafa  Matthflns  das  <7sA?;9'io^67cri  eigen 
hat,  welches  man  ihm  nie  bitte  aom  Vorwurf  machen  sol- 
len ^0>  ^'^  4ie  HerJeitwig  periodischer  Krenkheiten  vom 
Monde  im  Zritalter  Jes«  nichts  Ungewöhnliches  war  ^^y 
Dem  Markes  ist  die  Beaeichnong  des  den  Knaben  besitKen-^ 
den  nvBtfm  als  SlaJjoy  (V.   170  ««<*  xunpov  CV»  25.")  ?i]^B- 
tlMmlidi;  es  kennte  nämUah  das  AusstoM^  nnartleulif- 
ter  Laote  während,  des  eftUeptiscfaeif  Ai^falles  als  Stomv- 
bdt|    Uii^  das   für  jiede  Anrisde  nnaugfii^liebe  Verhalten' 
ibs  Kranken  als  Taubheit; des  Dämons  angesehen  werden. 
Wie  der  Später  Jte^sm^iwn  4m«  G/egeffstande  des  Streites 
und   der'  Unfähigkeit  seinar  Jünger,  den  Knaben  au  heh 
len,  nnterrteblet  hat^  btiohl  J^^wß  ir^.d,ie  Werte  aus  :,yfvi^ 
uaiiog  aal  üugQam^hrj  9t.:%,  X.     Vargl«iicht  man  bei  Maf- 
thäua  den  Sehlnfs  döß  Stsähütuig,  yro  Jeai^  ,4«^  Jtt^gai;^ 


41)  yn^  Scaeü  a^  aJ  0.  wltfaiim  soheiat.   .  r  /     •  ,y 

42)  s.  die  von  Paulus  excg.  Handb.  1,  b,  S.  569,  und  von  Wxhbr, 


1,  8.  191  f.  angeführten  Stellen. 


U'  Zweiter  Abaobnltli 

«uf  die  Frage,    wamm  sie  den  Krenken  nteht  haben  hei* 
len   können  y  snr  Antwort  giebt:    /diä  tt^  amglav  vfiävy 
lind'  bieran  die  Schilderung  der  bergeversetsenden  Macht 
•ehliefst,  welche  ein  anch  nnr  senfkorngrofser  Glaube  ha- 
be (V.  19  ffOs  io  kani|  man  nicht  eweifeibaft  «ein,   daf« 
nicht  auch  jene  unwillige  Anrede  sich  auf  die  Jtfnger  be- 
siehe,   in  deren   Unfähigkeit,    den  Dämon  aussutreiben, 
Jesus  einen  Beweis  ihres  noch  immer  mangelhaften  Glau- 
bens fand  ^^>     Diese  schlfefsliche   Erklärung  des  Unver- 
'  mögens  der  Jünger  atts  ihrer  dmgla  läfst  Lukas  weg,  und 
Markus  thut  ihm  nicht  nur  dieses  nach  >  sondern  flicht  auch 
V«  21  —  24*   eine   ihm  eigen thötaiUehe  Zwischenseene  swt- 
sehen  Jesus  und  dem  Vater  ein ,  in  welcher  er  snerst  £i- 
niges  aber  die  Krankheitsumstände  %   theils  aus  Matchäns, 
theäs  ans  eigenen  Mitteln,  nachholt,  hierauf  aber  den  Va- 
ter cur  7cigig  aufgefordert  werden,  und  sofort  mit  Thränen 
die  Schwäche  seines  Glaubens  und  den  Wunsch  einer  Stär- 
kung desselben  aussprechen  läfst.  Dieses  «usammengenomr 
men  mit  der  Notiz  von  den  streitenden  Schriftgelehrten, 
wird  man  nicht  irre  gehen,  wenn  man   bei  Markus  und 
wohl  auch  bei  Lukas  die  Anrede;  cJ  yeyea  uTtigos^  auf  das 
Publikum  im  Unterschiede  von  den  Jüngern,  nach  Markus 
namentlich  auch  auf  den  Vater  des  Knallen ,  bezieht ,  des- 
aen  Unglaube  hier  als  der  Heilung  hinderlich ,  wie  ander» 
Wärts  (Matth.  8,  %)  iier  Glaube  der  Angehörigen  als  der- 
•elbüi  forderlich,  dargestellt  wird.    Da  aber  beide  Evange- 
listen diesen  Sinn  dadurch  hervorbringen,  dafs  sie  die  Er- 
llCrung  der  Unwirksamkeit  der  Jünger  aus  Ihrer  aitigUt 
sammt  dem  Ausspruch  aber  die  Berge  versetsende  Macht 
des  Glaubens   hier  weglassen:   so  fragt  sich,    ob  die  an- 
dern Verbindungen,  in  welche  sie  diese  Reden  stellen,  pas- 
sender als  die   bei  Matthäus  sind?    Bei  Lukas  nun  steht 
deV  Ausspruch:  w^naihr  Glaoben  iiabt^  wie  ein  Senfknrii 


43)  «0  Fhitzschs  s,  d«  St 


Ifitintet  KApItet     %  9JL  U 

■•  ••  t  (dtna  dM  dia  t^r  äniglaif  vfichf  haken  batde  für 
iiicht}^  nur  mit  der  geringen  Variation^  dafii  aliitt  des  Ber» 
fes  ein  Banm  genannt  bt,  17^  5*  S.  anster  aller  VerbiiH 
dong  weder  mit  dem  Vorhergehenden  noeh  Folgenden  ala  ^ 
dte  Tereprengtes  Redestfick  kleinster  Grdfsej  mit  der  ohne 
Zweifel  nach  Art  Ton  Loc«  11,  ]•  nnd  IS,  23.  gemaehten 
fiinleltongy  dafs  die  Jünger  Jesnm  bitten:  jtQcgSes  i^ftlv  . 
n^^^y*  Markos  giebt  die  Sentene  Yom  Ö^ge  Tersetsen* 
den  Glauben  als  Itatsanwendung  su  der  Geschichte  vom 
reriluchten  Feigenbaume,  wo  sie  auch  Matthäus  wieder  hat. 
Aber  dasn  paTst,  wie  wir  bald  sehen  werden,  der  Ans« 
sprach  gar  nicbt^  sondern ,  wenn  wir  nicht  ganm  dananf 
Tersichten  woUen^^  etwas  von  dem  Anlafs  nn  wissen ,  bei 
welchem  er  gethan  worden  Ist,  so  müssen  wir  die  Ver* 
bindnng  bei  MatthKns  als  die  nrspr Angliche  annehmen; 
denn  nu  einer  den  Jdngern  mifslongenen  fCnr  pafst  er  Ter* 
trefflich.  —  Ausser  dem  Zwischenspiele  mit  dem  Vater  hat 
Markos  die  Scene  anch  dsdureh  noch  effectToUer  cn  ma* 
eben  gesucht,  dafs  er  während  Jener  Zwischenhandtnng  e^ 
aen  Volkszulauf  entstehen, -nach  Austreibung  des  Dimona 
den  Knaben  c^^^l  vexQoVf  so  dafs  Viele  sagten,  on  ani^a-^ 
nVf  hinsinken,  und  von  Jesu,  wie  er  sonst  bei  Todten  that 
(Matth.  0,  25.) ,  durch  ein  tgatelv  lijg  x^^Qog  aufgerich  et 
und  ins  Leben  c«rQokgerufen  werden  Ififst. 

Während  nach  vollendeter  Kur  Lukas  durch  einft 
kurse  Hinweisnng  auf  das  Erstaunen  des  Volkes  schliefst 
Isfsen  die  ersten  Synoptiker  beide  die  Jfinger,  als  sio  mit 
Jesu  allein  iMnd,  die  Frage  an  Ihn  richten,  vvarnm  sie  nieht* 
Im  Stande  gewesen  seien ,  den  Dämon  ausau^reiben  ?  was 
er  nun  bei  Matthäus  sunächst  auf  die  erwähnte  Weise  aus 
ihrem  Unglauben,  bei  Markus  aber  daraus  erklärt',  dalk 
taro  to  yiyos  iv  iderl  dvvarai  i^iX^eXv ,  bI  fitj  iv  nQogsvxfi 
xol  njgeiff  Was  auch  Matthäus  nach  den  Reden  Ober  Un- 
glsnben  und  Glaubensmaeht  noch  hinanfttgt  Dlefs  scheint 
aan  bri  Hnttbäus  eine  fible  Zusapmensetynng  nu  gtben'; 


4«  ^     Zweiter  Abtcbnilf. 

dorn  wenn^  m  d«r  Beilong  Fasten  und  ffeten  eiferderlich 
war:  so  hfUeib  die  Jftnger,  fMls  sie  nicht  yorher  gefastet 
haften ,  auch  mit  dem  festesten  Glauben  den  DXmon  nicht 
ansaatreiben  irerfflocht  ^^).     Ob  nnn  die  Ansl^anft  genüge, 
die  beiden  Von  Jesu  namhaft  gemachten  Gründe  der  Un- 
wiiAsanikeit  der  Jünger  dadörch  bu  irereinigen ,  dafs  man 
Fasten  und  Beten  eben  als  Stärkungsmittel  des  Glaubens 
betrachtet  ^^),   oder  ob  mit  ScHLEiERMA.CHxa  eine  Zusam« 
ttienstellung  von  nicht  cusammengehörigen  Aussprüchen  an- 
ftunehmeri  sei  ^  bleibe  hiei*  dahingestellt.     Dafs  übrigens  ei* 
fie  ^ololie  geistige  und  leibliche  Diftt  des  Exorcisten  auf  den 
Besessenen  von  Wirkung  sein  sollte ,   hat  man  befremdlich 
gefunden ,    und  indem  man  eine  solche  mit  Porphyrius  ^^) 
eher  dem  Kranken  angemessen  dachte  j  hat  man  die  rtQog-' 
evxfj  xcA  rtjgela  als  eine  dem  Besessenen  ^  um  die  Kur  ra* 
dieal  au  machen  ,  gegebene  Voi^sehrift  angesehen  ^'^).    Al- 
lein   in    offenbarem    Widerspruch   gegen   die   Erzählung. 
Denn  wenn  Fasten  und  Beten  von  Seiten  des  Kranken  sunt 
Gelingen; der  Kur  erforderlich  gewesen  wäre:    so  hätten 
wir  eine  allmihlige  Heilung  und  keine  plötsliche,  was  doch 
alle  Kuren  sind|    die  in  den  Evangelien  von  Jesu  erzählt 
werden,  und  wie  namentlich  diese  durch  das  xai  id^eQanev^ 
9fj  0  naig  am  Tfjg  ügag  ixeljnjg  bei  Matthäus,  so  wie  durch 
das  zwischen  insTlfirjOfi  x.  t.  X.  und  anidwxa  x.  t.  X.  hin* 
eingestellte  idoazo   bei  Lukas  deutlich  genug   bezeichnet 
bt*     Freili^  will  Paulus  Jenen  Ausdruck  des  Matthäus 
gerade  zu  seinem  Vortheil  wenden,  indem  er  ihn  so  ver- 
atebt,  von  Jener  Zeit  an  sei  nun  der  Knabe  difrch  Anwen- 
düng  der  vorgeschriebenen  Diät  allmähüg  vollends  gesund 


44)  ScBLiziRUACRia,  S.  150. 

45)  K'ösTSB,  Immanuel,  S.  197$  Fbitkscrb  s».d.  St. 

46)  de  abttinent  2,  p.  204.  und  417  f.    s«  Winaa,  1,  S«  191. 
47>  Vivm,  eaeg.  Baadb«  ^^.  471 1 


NeuBteg  Kapitel/*  $•  92.  47 

feworfen.  AUtin  man  darf  um  dieselbe  Fotmel,  wo  il^ 
86118t  in  den  Evangelien  als  Bcblnrrf'ormel  Ten  Hellongsge* 
sehfehten  Torbommt,  betrachten,  um  sich  Vbn  der  IJnmög- 
iiehkeit  jener  Deutung  cn'  fIberEengen.  Wenn^s.  B.  die 
OiBchiehte  von  der  Helinng  der  Blurflfissigen  mit  der  Be» 
iMrkmig  scbliefst  <Matth.  9,  22.):  yccl  iow&rj  t]  yxml  unl 
r^  vi^ag  iteelvr^Qi  -  so  wird  man  diefs  doch  nicht  fiberse* 
taan  wollen :  ei  earinde  muKer  pauhaim  Bervahatvr,  sondern 
es  kann  nnr  heiben :  aervala  est ,  iet  ecrvatom  ee  praebuit) 
ei  iÜB  tempwie  mometUo.  ^ii^  Anderes ,  worauf  sich  PAtm^ 
beraft)  uos  ku  bewdsen,  dafs  Jesus  fiier  eih  fdrteuse- 
ttencka  HeilrerliBbren  eingeleitet  habe,  ist  das  änidwyev 
aitov  t^  ffccTQl  aurö  bei  Lukas ,  was  nach  ihm  siemiich 
ibevAlfsaig  wSre,  wenn  es  nicht  ein  Übergeben  yu  be- 
sonderer Fürsorge  beceichnen  sollte;  Allein  anodlSwfu 
beilat  lUefat  snnäcbst  (ibergeben,  sondern  cnrflckgeben ,  und 
so  liegt  in  dem  Satze  nnr  der  Sinn :  puerump  quem  so* 
nandttm  acceperatß  etmatum  reddidtt,  oder,  dafs  er  den  ^iner 
fremden  Gewalt,  des  Dfimons,  verfallenen  Sohn  den  fil- 
tern ala  den  ihrigen  smriekgegeben  habe*  Endlich ,  wie 
willllührlicb  ist  es,  wenn  Paulus  das  6x7ro()£i;£Tat  (Matth^ 
V.  21.)  in  der  engeren  Bedeutung  eines  völligen  Weggehens 
Vom  rerliafigen  Ausfahren,  was  aohon  auf  das  Wort  Jesu 
(V.  18.)  geschehen  sei^  unterscheidet.  So  dafs  uns  auch 
hier  keine  Kor  berichtet  ist,  welche  Tage  und  Wochen 
gedauert  hätte,  sondern,  wie  sonst  immer,  eine  in  Einem 
Wunderaet  vollendete;  wefswegen  denn  auch  die  nqogivx^ 
and  rfjgtta  nicht  als  Vorschrift  fdr  den  Patienten  gefafst 
werden  lUkinen. 

Zo  dieser  ganaen  Geschichte  mufs  eine  analoge  £r- 
siUanf  ans  2  Kön*  4,  19  ff.  verglichen  werden.  Hier  will 
der  Prophet  Elisa  einen  gestorbenen  Knaben  dadurch  wie* 
der  mmm  Leben  bringen ,  dafs  er  seinen  Knecht  Gehasi  mit 
sainem  Stabf  aendei^  welchen  dieser  dem  Todteh  (luf  daa 
Aniea&obt  legen  soll;   aber  das    Vornehmen  des   Knechts 


48  Zwlfv  Äbseimltt 

kkibt  ohne  Brfolf^  oml  Elba  müh  selbst  iDSaraen,  um  deu 
Knaben  In's  Leben  sarafen.  Das  gleiche  YertiftltniG^  wie  in 
dieser  A.  T.liehen  Gesebichte  awischen  des  Propheten  ^nd 
seinen  Diener ,  sehen  wir  in  der  N.  T.liehen  Eraühlnng 
Bwischen  dem  Messlss  ond  seinen  JOngem,  dafs  diese  oh* 
tie  ihn  nichts  thnn  Iiännen,  dafs  aber  er|  was  ih^ea  e« 
schwer  ist ,  mit  Sicherheit  vollbringt;  Eb^ndamit  aber  ae* 
,  hen  wir  aach  die  Tendens  beid^  Eraäblnngen :  sie  tat, 
durch  Hinweisung  auf  den  Abstand  swischen  Ihm  und 
selbst  seinen  vertrautesten  Schfllem  den  Meister  au  heben } 
oder,  wenn  wir  die  vorliegende  evangelische  Ersühlung  mit 
der  von  den  gadarenischen  Besessenen  ausammenhalten, 
so  können  wir  sagen :  wie  jener  friher  erwogene  Fall  an 
sieh  selbst  als  einer  von  höchster  Schwi^gkeit  geschildert 
wurde,  so  dieser  durch  das  Verhültnils,  in  welches  die 
demselben  gewachsene  Kraft  Jesu  su  der,  wenn  auch  sonst 
noch  so  grofsen,  doch  hier  nicht  auflohenden  Kraft  ad* 
Der  Jfinger  gestellt  wird. 

Von  den  übrigen,  kOrser  «rsfthlten  Dümonenaustrei- 
bungen  ist  die  Heilung  eines  dämonisch  Stummen  und  ei» 
nes  ebenso  Blindstumdien  oben  bei  Gelegenheit  des  daran 
sich  knöpfenden  Vorwurfs  eines  höllischen  Bündnisses,  bo 
wie  die  %r  eusantmengeböckten  Frau  in  der  allgemeinen 
Betrachtung  über  die  Dfimonischan  bereits  genügend  anr 
Sprache  gekommen ;  die  der  besessenen  Tochter  des  kana* 
n&lschen  Weibes  aber  (Matth«  15,  SS.  tt.  Marc.  7,  SS:  ff.) 
hat  nur  das  Eigenthttmliche,  data  sie  von  Jesn  durch  ein 
Wort  aus  der  Entfernung  bewirkt  wird,  wovon  sptfter. 

Wenn  nun  den  evangelischen  Berichten  safoige  in 
allen  diesen  Fftllen  die  Austreibung  des  Dämons  Jesu  ge- 
lungen ist:  so  bemerkt  Paulus,  dafs  diese  Art  von  Heilun- 
gen ,  unerachtet  sie  für  das  Ansehen  Jesn  bei  der  Menge 
das  Meiste  gewirkt  habe,  doch  an  sich  die  teichtesle  ge- 
^vesen  sei,  und  auch  dk  Witts  will  für  die  Heilung  der 
Dämonischen,^  aber  auch  nur  für  sie,  eine  psjchologiseha 


Jb^Ubvng  geit^  iaMea"^^);  UemerlLtiiigeii ,  w«lclmi  wir 
nicht  werden  amliin  können  bei£uu*etciy4  -Denn  sehen  wir 
al»  die  wirliliche  Grundlage  des  Zustandes  derDämonisclien 
eine  Art  von  Verrllciiang  mit  krampfhafter  Stimmnog  des 
Nervensystems  an,  so  wissen  wir,  dafs  auf  psychische 
and  Nervenluranliheiten  am  ehesten  auch  psychisch  einaii* 
wiriien  ist,  eine  Einwirkung,  au  weicher  bei  dem  llber* 
wiegenden  Ansehen  Jesu  als  Propheten  und  später  selbst 
als  dea  Messias  alle  Bedingungen  vorhanden  waren«  Htm 
aber  findet  unter  solchen  Zuständen  eine  bedeutende  Al>stu» 
fung  atatt,  Je  nachdem 'sich  die  psychische  Verrücknng 
mehr  oder  weniger  auch  schon  körperlich  fizirt  hat,  und 
die  Verstimmung  des  JNervensptems  mehr  oder  minder  ha* 
bitoell  geworden  und  in  die  Übrigen  Systeme  fibergegangen 
ist.  £s  stellt  sich  also  der  Kanon :  je  mehr  das  Übel  bJoüi 
in  einer  Verstimmung  des  (jemttthes  lag,  auf  welches  Je» 
sus  unmittelbar  durch  sein  Wort  geistig  wirken  konnte, 
oder  in  einer  leichteren  des  Nervensystems  ,  auf  welches 
er  durch  Vermittlung  des  Gemüths  gewaltigen  lÜndrucli 
a«  machen  im^  Stande  war:  desto  eher  war  es  möglich, 
dals  Jesus  kcytp  (Matth.  8,  16.)  und  naQax({f/ia  CLnc.  It^ 
13.)  dergleichen  Zuständen  ein  Ende  machen  lionnte;  Je 
mehr  aber  umgekehrt  das  Übel  sich  auch  schon  als  kör* 
perliche  Krankheit  festgesetst  hatte,  desto  schw«l*er  Ist  an* 
aunehmen,  dals  Jesus  im  Stande  gewesen  sei,  auf  rein  psy« 
ehologische  Weise  und  augenblickliih  Hülfe  an  schatten. 
Kin  Bweiter  Kanon  ergiebt  sich  daraus,  dafs,  um  bedeutend 
geistig  einwirken  cu  können ,  das  gänse  Ansehen  Jesu  als 
Propheten  mitwirken  mufste ,  wefswegen  er  in  Zeiten  ipud 
Gegenden,  wo  er  längst  in  diesem  Rufe  stand,  leichter  auf 
Jene  Weise  wirken  konnte,  als  wo  nioh^i 


♦8)  Favujs,  exeg.  Hsndb.  1,  b,  8.  458.    L.  J.  1,  s,  8.  22Ss  »a 
WsTTS,  bibl.  Dsgm.  ^.  222>  Anm.  c. 

Dm  Ubm  Jm  IL  Bmnd.  * 


M  Zweiter  AlfschnitC 

An  diese  beiden  AfafMtftbe  die  efmDgeliselien  Krsflh* 
Jungen  gehalten ,  steht  der  ersten,  von  dem  Vorgang  in  der 
Synagoge  ifiu  Kapernaoni ,    sobald  utan  nnr,  davon  abgeht, 
sie  als  durchans  historisch  2u  betrachten,   nicht  mehr  a(f* 
Eoviel  entgegen.    Denn  ob  sie  gleich  so  lautet,  als  bitte  cf er 
Dämon  Jesnm  aas  sich  selbst  erkannt,  so  kann  doch  theils 
der  in- jenen  Gegenden  bereils  sich  aasbreitende  Rnf  Jeaa, 
theils  seine  gewaltige  Rede  in  der  Synagoge,  auf  den  DA« 
tnonischen  den  Eindruck,  wenn  auch  nicht,  dafs' Jesus  der 
Messias  sei,  wie  die  Evangelisten  sagen,  doch,  dafs  er  ein 
Prophet  sein  mtfsse,  gemacht,  und  so  seinem  Worte  NacIw 
druck  gegeben  haben.    -Was  aber  den  Znstand  des  Kran- 
ken betrifft,  so  wird  uns  nur  ron  der  fixen  Idee  desselbei«, 
besessen  £u  sein  j  und  von  krampfhaften  Anftlfen  gemelder, 
welche    möglicherweise  von    der  leichteren   Art  gewesen 
sein  könnten,   der  sich  auf  psychologischem  Wege  beikom- 
uien  liels.    Schwieriger  in  beiden  Hinsichten  ist   die  Hei- 
lung der  Gadarener,    Denn  einmal  war  Jesus  am  jenseiti- 
gen Dfer  nicht  so  bekannt,  und  dann  wird  uns  der  Zustand 
derselben  als  ein  so  heftiger  und  eingewurzelter  Wahnsinn 
geschildert,   dafs  hier  schwerlich  ein  Wort  Jesu  genügen 
konnte,   um  dem  schrecklichen  Zustand -ein  Ende  su  ma- 
chen.   Hier  reicht  somit  die  natürliche  Erklärung  von  Pao- 
iva  nicht  hin ,   sondern ,   wenn  überhaupt  noch  etwas  von 
der  Erzählung  stehen  bleiben   soll,   so  müfste  man  anneh- 
men ,  dafs ,  wie  andre  Theile  derselben  ,  so  namentlich  die 
Schilderung  von  dem  Zustande  des  ICranken,  sagenhaft  über- 
trieben sei.      Ebendiefs  wäre  In  Bezug  auf  die  Heilung  des 
mondafichtigeu  Knaben  anzunehmen,  da  eine  von  Kindheit 
an  (Marc.  V.  21.)    dauernde,  so  heftige  und  in  bestimmten 
Perioden  sich   wiederholende   Epilepsie  etwas  zu  sehr  im 
Körper  eingewurzellts  ist,    als  dafs  die  Möglichkeit  einer 
so  sohneilen  reinpsychologischen  Hülfe  glaublich  sein  könn- 
te.    DaOi  aber  selbst  Stommheit  und  vieljährige  Verkrflm- 
nang,   welche  doch  nicht  mit  Paulus  als  blofse  närrische 


Nenntes  KapiÜL    %.  91.  51 

Einbildung,  man  dOrfe  nicht  reden  oder  sich  «Dfrichten  ^^). 
genommen  werden  kann^  auf  ein  Wort  gewichen  sei, 
wird  BMui  ohne  vorgefaCste  dogmatische  Meinungen  sich 
Üicht  überreden  können.  Am  wenigsten  endlich  Ixrst  sich 
denken )  dafs  auch  ohne  das  Imposante  seiner  Gegenwart 
der  Wnndertbfiter  aus  der  Ferne  habe  wirken  können,  wie 
diefs  Jesus  auf  die  Tochter  des  kananfiisct^en  Weibes  ge- 
than  haben  soll.  , 

So  sehr  sich  also  der  Katnr  der  Sache  nach  annehmei^^ 
liefse,  dafs  Jesus  manche  Personen  y  welche  an  ?ermeintllek 
dlimoniscber  Verrücknng   oder   Nervenstdrung    litten,  auf 
psychische  Weise,  durch  die  IJliermacbt  seines  Ansehens  und 
Wortes,  geheilt  habe :.  so  augenscheinlich  ist  es  doch  (wenn 
man  nicht  mit  Vknturimi  *^)  und  Kaiser  '')  annehmen  wül^ 
Kranke  dieser  Art  haben  sich  nicht  selten  geheilt  geglaubt, 
wenn  nur  durch  Jesu  Einwirkung  die  Krisis  gebrochen  war, 
und  die  Referenten  haben  sie  dafür  ausgegeben,  w  eil  sTe  nichts 
Weiteres  von  ihnen  erfuhren^  und  also  ifon  der  wahrschein- 
lich  wiedergekehrten  Krankheit  nichts  wufsten),   dafs  die 
Sage   auch  in  diesem   Felde   nicht  gefeiert,    sondern   die 
leichteren  Ffiiie,  welche  allein  auf  jene  Weise  kurirt  wer^ 
den  konnten ,  mit  den  schwersten  und  complicirtesten  ver* 
tauscht  *hat,    auf  welche   eine  psychologische  Beiiart  gar 
keine  Anwendung  finden  konnte  '^).    Ob  sich  hiemit  die 
obige  Verweigerung  jedes  Zeichens  von  Seiten  Jesu  Tcrel* 
nigen  lasse,  oder  ob ,  um  diese  begreiflich  eu  finden,  fiuch 
solche   psychologisch  erklärbare  Heilungen^   welche  aber 
doch  nur  als  Wunder  erscheinen  konnten,  Jesu  abgespro« 


49)  cxeg.  Hsndb.  x.  du  St. 

50}  Natürliche  Geschichte  u.  s.  f.  2,  S.  429* 

&1>  BibL  Theologie,  1,  &  196. 

52)  Zu  den  TorühergcheDdea  VerttinunoBgen,  auf  welche  Jesus 
psychologisch  eingeju^irkt  haben  kaon,  lätttsich  vielleicht  auch 
der  Fieheranfill  der  Schwiegermutter  Fetri  zählen,  welchen 
Jesus  nach  Mailh.  8,  14  ff*  paralL  gehoben  hat. 

4* 


5i  Z\y  elter  Abschnitt. 

eben  iirerden  mOssen?   toll  hier  nur  als  Frage  anfgesteUft 
Verden. 

Werfen  wir  schiierslieh  noch  einen  Blick  aaf  das  Jo- 
hanneische Evangelium^  welches  von  Dämonischen  und  d#* 
ren  Heilung  durch  Jesum  nichts  hat,  so  Ist  diefs  dem  Apo- 
stel Johannes,  dem  voraussetelichen  Verfasser,  nicht  selten 
als  ein  Zeichen  geläuterter  Ansichten  sum  Vortheil  ange- 
rechnet worden  ^^)«  Allein,  wenn  der  genannte  Apostel 
an  wirkliche  Teufelsbesitsungen  nicht  glaubte,  so  hatte  er 
als  Verfasser  des  vierten  Evangeliums,  der  gewöhnlichen 
Ansicht  von  seinem  Verhältnifse  £a  den  Synoptikern  aulol* 
ge ,  die  bestimmteste  Veranlassnng,  sie  eq  berichtigen,  niid 
der  Verbreitung  einer  nach  seiner  Ansicht  falschen  Mei* 
nung  durch  eine  Darstellung  dieser  Heilungen  vom  richti- 
gen Gesichtspunkt  aus  vorzubeugen.  Doch  wie  konnte  der 
Apostel  Johannes  zur  Verwerfung  der  Ansicht,  dafs  Jene 
Krankheiren  ihren  Grund  in  dämonischen  Besitzungen  ha- 
ben, kommen?  Sie  war  nach  Josephus  jüdische  Volksan- 
sicht  in  jener  Zeit,  von  der  ein  palästinischer  Jude,  der^ 
wie  Johannes,  erst  in  späteren  Jahren  in  das  Ausland 
wanderte ,  nicht  mehr  im  Stande  war,  sich  loszumachen  ; 
sie  war ,  der  Matof  der  Sache  und  den  synoptischen  Be- 
richten zufolge,  Ansicht  Jesu  selbst,  seines  angebeteten  Mel« 
sters ,  von  welcher  der  Lleblingsjünger  gewifs  keinen  Fin* 
ger  breit  abzuweichen  geneigt  war.  Thellte  aber  Johan- 
nes mit  seinen  Volksgenossen  nnd  Jesu  selbst  die  Annah- 
me wirklicher  Dämonenbesitznngen ,  nnd  bildete  die  Hei- 
lung solcher  Personen  einen  Uaupttheil ,  ja  vielleicht  die 
eigentliche  Grundlage  der  angeblichen  W'nnderthfttigkeit 
Jesn :    wie  kommt  es ,  dals  er  dessenungeachtet  in  seinem 


53)  So  mehr  oder  minder  von  EtcnnoRH,  in  der  tilg.  Bibliothek, 
4,  S.  455;  Hbrdbr^  von  Gottes  Sohn  u.  s.  f.,  S.  20;  Wis« 
scHBiDiii,  Einl.  in  da«  Bvang«  Job.  8.  3iS.;  nm  Wim,  bibL 
Dopa.  ^.269. 


Nenntet  KnpiteL    $•  93.  S3 

Grangelinni  Ihrer  keine  ErwKhnun;sr  tbut?  Dab  er  sie 
(Ibergangen  habe,  weil  die  Obrigen  Evangelisten  genng  der- 
gleieben  Geschichten  anfgeoommen  hatten,  sollte  san  doch 
endlich  aufhören  ku  sagen ,  da  er  Ja  mehr  als  Eine  von  ih* 
nen  aohon  berichtete  Wnndergeschichte  Wiederholt  hat, 
und  sagt  man ,  diese  habe  er  wiederholt ,  weH  sie  der  Be- 
riehtigung  (»edorften  :  so  haben  wir  bei  Erwftgnng  der  syn- 
^tischen  Relationen  von  den  Heilangen  der  DSroonfsehen 
gesehen,  dals  bei  manchen  derselben  eine  Ztirlickfllhrung 
auf  die  einfache  geschichtliehe  Grundlage  gar  sehr  am  Orte 
gewesen  wSre.  So  bliebe  "hoch,  dafk  Johannes  ans  Anbe- 
«luemitng  an  die  griechische  Cnittir  der  KleloasUiten',  i^iter 
welchen  er  geschrieben  haben  soll,  die  Ihnen  ongfanbllchen 
•der  anstössigen  Dümonengesehichten  aas  seinem  Evange» 
lioaa  weggelassen  hfftte.  Aber  konnte  and  Atnrhe  wohl, 
mofa  man  aneh  hier  fragen^  ein  Apostel  ans  blofiier  Ac- 
rommodatlon  an  die  feinen  Ohren  seiner  Zuhörfer  einen  so 
wesentlichen  Zug  des  Wirkens  Jesu  cnrfiebbehadten?  6e- 
wifii  vieloMhr  deatet  auch  diesem  Stillschweigen  bei  Vor* 
anssetsong  der  Ächthelt  der  drei  ersten  Evangelien  auf  ei« 
nen  Verfasser  hin,  welcher  die  Wirksamkeit  Jesu  hioht  aus 
eigener  Anschauung  kannte,'  l>ei  unsrer  Ansicht  aber  we« 
uigatens  anf  einen  aolchen,  dem  nicht  die  nrsprfiBgltehe,  pa-^ 
Ifistinische,  sondern  nur  eirte  durch  hellel^isch^n  Einflofs 
modificirte  Tradition 'su  Gebote  stand.  In  welcher  daher 
die  der  höheren  griechischen  filMif  hg  weniger  entsprechen^ 
den  OlnM>nenaustreibungen  entweder  gan<  Verschwunden, 
oder  doch  so  curOckgetreten  waren,  dafs  sie  vom  Verfas« 
ser  dea  Evangelinms  fibergangea  werden  konnten. 

Heilungen  von  AussXtzigen. 
Unter  den  Kranken,  welche  Jesus  heilte,  spielen,  ge- 
müfs   dem  leicht    Hantkrankheiten  erzeugenden  Klima  von 
PalJtstina,  die  Aussfiteigen  eine  Hauptrolle.    Wo  Jesus  der 


$4  Zweiter  Abschnitt. 

synoptischen  ErzAhlang  eafolge  die  Abgesandten  des  Tfin- 
fers  auf  die  factischen  Beweise  seiner  Itlesslanitlit  hinweist 
(MattV  tl,  50)  führt  er  nnter  diesen  auch  das  leTiQol  xa- 
9&QL^ovv(xt  aaf;  wo  er  seine  Jflnger  bei  der  ersten  Aus- 
sendanis;  i^ü  allerhand  Wnnderthat^n  bevollmllehtlgt,  stellt 
er  die  ReUiIl^ng  der  Aassfitslgen  oben  an  (Bfatth.  10,  8.)» 
und  svrei  Fl((le  Ton  solchen  HeÜnngen  werden  ans  im  Ein- 
zelnen berichtet. 

Der  eine  ^  Fall  ist  allen  Synoptikern  gemeinschaftlich, 
wiewohl  sie  ihn  in  verschiedenen  Zusammenhang  stellen* 
iMatthäa?  nSml^ch  lll(st  Jesu  bei*m  Herabgehen  ?on  deoi 
Ber|re,  i^iif  welchem  er  die  Bergrede gehalten  (8, 1.  ff.)»  die 
übrigen'  in  jtnbostlmmter  Stellnng  am  Anfang  seiner  gaÜ- 
lälschen  Wirksaml^eit  (Marc.  1,  40  ff.  Luc.  5,  Ifi  ff.)  elneii 
Ausjs&tsigen- begagneni  der  ihn  fufsffillig  am  Reilun^  an* 
fleht,  afid|di^se  aacb  dui^h  efne.  Berührang  Jeso  erhüj^ 
welcher  Uu|  sofort  anweist,  sich  dem  Gesetse  (3  Mos*  14, 
2  ff.)  ^flläfs  dem  Priester  snr  Relaerkifimng  sa  stellen* 
Der  Zflstand  d^/*  Menschen  ^\rA  von  Matthflns  and  Mar- 
kos einfach  darch  X^qq^^^  von  Lukas  starker  duroh  nhjQij^ 
XiTtQccg  b^setohnet.  Nach  Paulus  freilich  war  eben  dieses 
Vxill&ein  TonAassats  ein  Sym^itom  der  Heilbarkelt,  indein, 
das  Ausschlagen  and  AbbiKttern  des  AassatEcs  auf  der  gan- 
Ben  Haut  d\e  Rainignngskrisis  beeeichne,  und  derogemlirs 
stellt  sich  jener  Ausleger  den  Hergang  folgeodermafsen  von 
Der  Aosslitslge  geht  Jfesnm  als  den  Messias  um  ein  Gulh 
achten  über  seinen  Zustand,  and  nach  Befand  um  eine  R€^||* 
erklärong,  m  (et  ^^i^,  dvraüaLfie  ua»aQlaaOj  welche 
ihm  denjGang  enm  Priester  entweder  ersparen,  oder  doch 
eine  tröstliche  Hoffnung  auf  denselben  mitgeben  sollte.  Je- 
sus ,  indem  er  sich  su  einer  Untersuchung  bereit  erklärt 
(^^Xcu),  streckt  die  Hand  aus,  um  ihn  su  befühlen,  ohne 
dafs  doch  der  vielleicht  nocli  ansteckende  Kranke  ihm  su 
nahe  kXmd,  und  nach  genauer  Untersuchung  spricb;  er  als 
£rgebni(ii  derselben  die  Uberseogung  aus,  dals  die  Krank« 


Neaates  KapiteL    $.  SS.  U 

beit  nicht  nelir  ansteckend  ad  (xad^Qlo^rjrO  9  woranf  alcli 
denn  wirklieb  bald  und  lelcbt  Ctv9i(og)  der  Anisatc  ToUenda 
gans  verlor  '>  .       ^ 

Hier  ist  vor  Allem  die  Behaupton|[,  der  Anaaltalge  ael 
gemde  in  der  Relnigungskriae  gewesen ,  dem  Texte  fremd, 
welcher  .bei  den   swei   ersten   Evangelisten   von    Anssats 
achlechtweg  spricht ,  während  das  nlijQt]e  XmQ€eg  des  drit- 
ten   nichts   Andres    bedeuten    kann ,    als   das   A.    T.liehe 
h^  ynSO  (l  Mos.  4,  «.    4  Mos.  €2,  10.    2  Kdn.  5,  27.)^ 
was  dem  Zusammenhang  nach  jedesmal  den  höchsten  Grad 
des  Anssataes  beseichnet.     Dafs  daa  xa&afft^siv  nach  he*- 
brftiachem  und  hciienistlscbem  Spracbgebranch  anch  blofs 
relfierklfiren  bedenten  k^nne,  ist  «war  nicht  in  Abrede  all 
stellen  f  ntfr  mfifste  es  diese  fiedentung  in  dem  ganzen  AIh 
aebnitte  l^eibehalten.    Da|a  nun  aber,    nachdem  von  Jes^ 
ersiblt  war ,   er  habe  das  xa9aQla&tiTi  gesprochen  ^  Mal- 
Ihfina  noch  ein  xol  iii^icog  ixa^^af^la^rj  jr.  r.  X.  in  Aem  Sin- 
ne ,   da(s  also  ^r'  Kranke  wirklich  von  Jesu  relnerklfirt 
worden  sei,  binsugeffigt  haben  sollte,  ist  der  albernen  Tau- 
tologie wegen  so  undenkbar,  da(s  hier,   aber  dann  auch 
im  gansen   Abschnitt ,    das  xaS-ctQl^eaSai  von  wirklichem 
Gereinigtwerden  sn  nehmen  ist.  An  das  lenQol  xa&aQl^cv^ 
uu  (Matth.  II,  5.>and  Xenqsg  xa^aol^ers  (Matth.  10,  S.), 
Wo  doch  das  letotere  Wort  weder  biofse  Reinerklämng, 
aoeh  auch  etwas  Anderes  ak  in  der  vorHegenden  Ersfibr 
lang  beseichnen  kann,  genagt  es  sn  erinnern.     Woran  aber 
d'«  natfiffUeb^  Deutung  der  Anekdote  am  entschiedensten 
scheitert,  das  ist  die  Zerreissung  des  »iha^  fux»aQlo9f]%i. 
Wer  wird  sich  fiberreden  können,  dafs  diese  in  allen  drei 
Berichten  unmittelbar  verbundenen  Woike  durch  eine  cieoi- 
Ikbe  Pause  getrennt  gewesen ,  dafs  das  ^Hm  bei  oder  ei- 
|e«Qtlieh  vor  dem   Befahlen  ^  das  tea^OQlodrjti  aber  nach 
demselben  gesprochen  worden  sei  9    da  doch  sfimmtUehe 


0  exeg.  Haadb.  iy  b^  S.  698  ff. 


M  Zweltei<  Absehallt, 

Bvmg^lht^n  beide  Werte  ohne  Unterschied  wMhrend  der 
BerUhrang  gesprochen  sein  lassen  I  Gewlfs  wttrde,  wenn 
der  angegebene  Sinn  der  nrsprangÜehe  wftre,  wenigstens 
Einer  der  Bvangeilsten  ,  statt  des  rjtfHxrö  avrS  o  ^hjaäg  Al- 
ftoy  d'iha^  xa0i»Qla9^it  sagen:  d  ^L  aTUHQtvmo*  &il(o^  xcei 
utpccftevog  av%ä  bItk^  xa^oQta&fjn.  Ist  aber  das  x&dixQt^ 
ad'fiv^  In  Blnem  Zöge  mit  •^iXta  gebrochen  y  so  daft  Jesus 
lediglich  In  Folge  seines  Willens,  ohne  daswisohenelnge- 
tretene  Untersnehong,  aas  xa^Qt^ea9<n  eintreten  liers :  so 
kann  dteft  nnrndglich  eine  Relnerlttftrong ,  woan  es  einer 
Torgtngigen  Untersnchang  bedurfte,  sondern  mnft  ein  wirk- 
liches Rebimachen  gewesen  sein«  In  diesem  Zosamraenhang 
Ist  dann  anoh  das  aitttaSixi  nicht  von  antersnchender  Be- 
rfilming  sn  verstehen,  sopdem,  wie  sonst  immer  In  sei* 
eben  firstthlnngen,  Ton  hellender» 

FOr  seine  natttriiche  BrlLlXnmg  dieses  Torgangs  beraft 
atcb  Paulus  anf  den  Kanon,  dafs  QbArall  In  einer  Ereffh« 
lang  das  GewdhnHohe  und  Ordentliche  Toraosgesetst  wer» 
den  mfisse ,  wo  nteht  das  Oegenthell  ansdrtteklich  engege« 
ben  set  ^);  eln^Kanon^  welcher  an  der  der  ganaen  ratlena« 
listischen  iLoslegong  etgenthflmllehen  Zweideotigki^t  leidet, 
«ras  ffer  mt,  and  was  für  die  aossnlegenden  Schrlfstetter. 
gewdhnlich  ond  ordenttioh  ist,  nicht  rnn  nnserscheiden« 
Allerdings,  wenn  Ich  einen  Gibbon  vor  mir  habe,  so  darf 
Ich  In  seinen  Brsfthinngen,  sofern  er  nicht  aosdrUcklleh 
das  Gegenthell  anmerkt,  nur  natllrliehe  Ursachen  und  Vor* 
gX'nge  Toransseteen ,  weil  ron  der  Bildang  eines  solcliBn 
Bchrlftatellers  ans  das  UbematOrliche  höchstens  als  selten* 
ste  Ansnahme  denkbar  ist:  schon  anders  TerhMlt  sich  dieft 
bei  einem  Herodot,  in  dessen  Vorsfellnngsweise  das  Ein« 
greifen  htfherer  Mächte  keineswegs  angewöhnlich  and  aus- 
ser der  Ordnung  ist,  and  vollends  in  einer  auf  jüdischem 
Boden  gewachsenen  Anekdotenreilie,  deren  Zweck  ist,  ein 

S)  t*  s.  O,  S«  705  u«  ton«!)»     j 


Ntmites  Kapitel«    $•  M.  9t 

Imllirlihmai  all  Mchaten  Prapheteo ,  aU  mit  Heft  InMgni 
rerbandenen  Hensehen  4arsu8tellen,  v<!rf teilt  tich  ilat  Cbei^ 
natürliche  so  sehr  von  selbst,  dafii  jener  mtfoimllstiseb^ 
Kanon  sich  dahin  umkehrt:  m^o  in  solchen  Ei^sühlunigen 
auf  Erfolge  Gewicht  gelegt  ist,  welohe,  als  natürliche  he* 
trachtet,  keine  Wichtigkeit  haben  würden,  da  asüfsten 
übernatürliche  Uraaehen  aasdrülftklich  ansgeseblosaen  seih, 
wmn  nlcht^  dafs  selche  lai  Spiele  gewesen,  als  Ansicht 
des  EraXhIers  Torausifesefat  werden  sollte.  In  der  vorlie» 
^nclen  tteschlchte  Ist  überdiefs  das  Ansserordentllehe  des 
Hergangs  dadurch  hlnlfin£r||ch  angeifentet,  dafs  es  heilst, 
auf  Jesu  Wort  habe  den  Kranken  der  Aossats  alsbald  vor« 
lassen.  FrelÜeh  welfs  Paulus,  wie  schon  beoaerkt^  diese 
Angabe  anf  eine  allmähliche  natürliche  Genesnng  na  deoleiii 
da  ev^tiog^  wodareh  die  ETangelisten  die  Zelt  derselben 
bestimmen.  Je  nach  dem  verschisdenen  ZnsanMnenhange  das 
stneasal  sog leleh  bedente ,  das  andremal  n«r  bald  nnd  tu^ 
gehindert.  DieTs  eingerünmt,  soll  nun  das  bei  Markns  In 
nnmittelbarem  Znsaaimenhanf  folgei|de  ev^iotg  i^ßaiep 
«rvray  (V.  4S.)  sagen  wollen ,  bald  «nd  nngehlndert  habe 
Jesvs  den  Geheilten  hlnaosgetrleben?  Oder  seit  in  awel 
anfiAuinder  folgenden  Versen  das  Wort  in  Tersehiedenem 
Slane  genommen  werden  I 

Ist  somit  nach  der  Absicht  der  erangetischen  Referen« 
tMS  ?on  einem  aogenblicklicheii  Verschwinden  des  Anssatses 
anf  das  Wort  und  die  Berührung  Jesu  hin  die  Rede  :  so 
Isl^  sieh  dlefs  denkbar  eu  machen ,  freilich  noch  eine  gana 
andre  Anfgabe,  als  die^  Hhs  angenblickUehe  Zurechtbrin« 
gen  eines  mit  fixer  Idee  Behafteten,  oder  einen  bleil>end 
stärkenden  Eindruck  auf  einen  Nervenkranken  sioh  Torau* 
stollen.  Dafs  eine,  in  Folge  tiefer ^Verderbnifs  der  Slifte 
dnrch  den  hartnücklgsten  und  bösartigsten  aller  Ausschlüge 
aerfresaene  Baut  durch  ein  Wort  und  eine  Berührung  au^ 
genblicklich  rein  und  gesund  geworden  sein  sollte,  diefs^ 
Ist  I  weil  es  etwas  einer  langen  Reihe  von  Vermittlongen 


'■--^^ 


M  Zweiter  Abschnitt. 

• 

BedlSrfHget  als  onmlttelbareingetretendiirsteUt,  so  andenb- 
bar  '),  dab  es  jeden»  der  aasserhalb  gewisser  Vorurtbelle 
steht  (was  der  Kritiker  immer  soll),  «nwillkührlich  an  das 
Fabelreich  erinnern  mufs.     Und  im  fnbelhaften  Gebiete  mer- 
geniindisoher^    näher  Jüdischer,  Sage  finden  wir  wirklich 
das  plötzliche  sowolil  Entstehen«  als  Verschwindenmachen 
des  Aussatzes  saerst*     Als  Jehova  den  Moses  aum  Behnf 
seiner  Sendung  nach  Ägypten  mit  der  Fähigkeit,  aUesIei 
Zeichen  eu  thun,  ausrüstete,    hiefs  er  ihn  unter  Anderem 
auch  seine   Hand  in  den  Busen   stecken ,  ^  und  als  er  mle 
heraussog,   war  sie  von  Aussatz  bedeckt:    er  mufste   sie 
noch  einmal  hineinstecken ,    und  beim  abermaligen  tleraos- 
siehen  war  sie  wieder  rein  (2  Mos.  4,  6.  7.)*  Später,    we- 
gen eines  fimpörungsTersuohs  gegen  Moses,   wurde  seine 
Schwester  Mirjam  plötelieh  mit  Aussats  geschlagen,  aber  auf 
die  Fürbitte  des  Moses  bald  wieder  geheilt  (4  Mos.  12, 10.  flEL) 
Besonders  ai>er  spielt  unter  den   WunderthaCen  des  Pro- 
pheten Elisa  die  Heilung  eines  Aussätaigen ,  deren  auch  Je- 
sus (Luc.  4,  17«)  gedenkt,  eine  bedeutende  Rolle.    Der  sy- 
rische Feldherr  Naäman  ,  welcher  am  Aussatze  litt,  wandte 
sich  an  den  israi^litischen  Propheten  um  Hülfe;  dieser  liefe 
ihm  die  Weisung  geben,  er  solle  sich  siebenmal  im  Jerdan 
waschen,  worauf  auch  wirklich  der  Aussats  wich,  weloheh 
aber  der  Prophet  später  veranlafst  war  auf  seinen  betrü- 
gerischen Dieiler  Gehasi  übereutragen    (2Kön.  5.).      Ich 
wflfste  nicht,    was  wir  ausser  diesen  A.  T.Iichen  Vorgän- 

'  gen  noch  weiter  bedürfen  sollten ,  um  die  Entstehung  der 
erangelischen  Anekdote  erldärbar  isu  finden.  Was  der  er* 
ste  Ooäl  in  Jehova's  Auftrag  ?ermochte,  das,  wie  gesagt, 
mufste  auch  der  aweite  su  thun  im  Stande  sein ,  und  oh- 
nehin hinter  einem  Pmpheten  durfte  der  Propheten  f[r6ü* 
ter  nteht  surfickbleiben.  Waren  hienaeh  ohne  Zweifel  8ehon 

fii  dem  Jfidiselien  Messiasbilde  dergleichen  Heilungen  mit- 


3)  vgL  fliSB,  L.  J.  $.  86. 


Nennte«  Kapitel.    $.93.  $9 

begriffen  j  so  waren  noch  besdoimter  dte  ChrUien ,  weiche 
den  Messias  in  Jesu  wirklich  erschienen  |r|aubten ,  yeran- 
lafety  seine  Geschichte  durch  solche  aus  der  mosaischen 
mnd  prophetischen  Sage  genommene  ZOge  sn  verherrlichen, 
nur  dafs  sie  dem  milden  Geiste  des  neuen  Bundes  (Luc. 
9f  55  f.)  gemäfs  die  strafende  Seite  Jener  alten  Wunder 
wegliefs^. 

Etwa<«  mehr  Schein  hat  die  rationalisttsohe  Berufung 
anf  den  Mangel  einer  ausdrOcklichen  Angabt  ^  dafs  eine 
wunderbare  Reinigung  vom  Aussätze  gemeint  sei,  bei  der 
ErsShlnnsr  von  den  sehn  Aussütsigen ,  welche  dem  Lukas 
^^enthflmlich  ist  (17,  12  ffl).  Hier  nfimlioh  rerlangen  we- 
der die  Kranken  ausdrOcklich  die  Hellung ,  sondern  sie  ru- 
fen nur:  Hitjaov  ijfiSg^  noch  thnt  Jesus  ein  hierauf  sich 
bestehendes  Machtwort,  sondern  er  weist^ste  nur  an,  sich 
den  Priestern  cu  selgen,  was  man  denn  ratlonalist{scher* 
Seite  nicht  aXumt,  dahin  su  erklären,  dafs  Jesus,  nach  ge- 
MMumenf  r  Kenntnifs  von  ihrem  Zustande,  sie  ermuntert  ha- 
be, sich  der  priesterlichen  Visitation  eu  unterwerfen  ;  dieffl 
habe  wirklich  ihre  Reinsprechnng  xur  Folge  gehabt,  und 
der  Samariter  sei  umnrekehrt,  um  Jesu  für  seinen  ermnthi- 
genden  Ruth  an  'danken  ^).  Allein  so  angelegentlich  9  ^le 
CS  hier  beschrieben  wird  ,  durch  ein  nlnrnv  inl  nQoacmov^ 
dankt  man  nicht  für  einen  blofften  |lath,  noch  wenififer 
kennte  Jesus  verlangen ,  dafs  um  des  Erfolgs  dieses  Ra- 
thes  willen  alle  Zehne  hütten  umkehren  sollen,  und  «war 
um  Gott  die  Ehre  an  geben  —  soll  man  nun  sagerf  daffir, 
dafs  er  Jesum  befKhigt  habe,  Ihnen  einen  so  guten  Rath 
an  ertheilen  ?  Nein ,  sondern  hier  wird  eine  reellere  Lei- 
stung Torau^esetst,  und  diese  {[lebt  die  Eraffhlnng  wirklich 
an,  wenn  sie  sowohl  die  Umkehr  des  Samariters  durch 
ldo9r  Ott  la^f]  begrOndet,  als  auch  Jesum, den  Grund,  wa- 
er  von  Alien  Dank  erwartet  hiltte,  durch  ext  ol  dixa 


4)  pAVUJt,  L.  J.,  1,  hy  S.  68. 


M  Zweiter  Absehnltt 

ixa9aQla9t]acty;  aostprechen  lUTstj  wag  Beides  doch  nnr 
höchst  geswungen  so  erklärt  werden  kann ,  dafs ,  well  ule 
gesehen,  daft  Jesos  mit  seiner  Reinerk^'rnng  recht  gehabt^ 
der  eine  wirklich  orogekehrt  sei,  ihm  eu  danken,  die  fibri* 
gen  aber  bitten  amkehren  sollen«  Enfscheidend  aber  ge* 
gen  die  natttrliche  Erkllimnsf  ist  der  Sats:  ip  t(^  xmayaiv 
avtiq  iiga9ccQla3-ija(X¥.  Wollte  hier  nach  jener  Dentong 
der  Referent  bloPs  sagen :  wie  die  Kranken ,  beim  Priester 
angekommen,  sich  ihm  selgten,  wurden  sie  für  rein  er- 
UXrt :  se  mofste  er  wenigstens  setsen :  noQevS-ivTBg  esflx— 
9aQla^ijaavi  wogegen  nan  die  abslohtsvolle  Wahl  des  er 
%^  VTtdyeiv  anwiderspreohlich  metgt^  dafli  von  einem  Rein« 
werden  wKtirend  des  Hingebens  die  Rede  ist.  Aach  hier 
also  haben  wir  eine  wunderbare  Anssateheilnng ,  welche 
eben  denselben  StAwierigkeiten  unterliegt,  siber  auch  eben- 
so In  Ihrer  Entstehung  erklärbar  scheint  ^  wie  die  vorige 
Anekdote» 

Doch  es  kommt  bei  dieser  EreXhlung  noch  etwas  Ei* 
genthümliches  in  Betracht,  das  sie  von  der  vorigen  unter- 
scheidet Es  ist  hier  keine  simple  Heilung,  |a  die  Hei- 
Iitng  ist  nicht  einmal  eigentlich  die  Hauptsache;  diese  liegt 
vielmehr  In  dem  verschiedenen  Betragen  der  Oeheilten, 
und  die  Frage  Jesu :  uxl  oi  dixa  ixa^aQlaih^aav  x.  r.  i. 
(V.  17  f«)  bildet  die  *Spitse  des  Gänsen ,  welches  hiemit 
gans  moralisch  schlieCst  und  Bum  Behuf  der  Belehrung 
ereShlt  bu  sein  scheint  ^).  Namentlich  dafs  der  als  Muster 
der  Dankbarkeit  Erscheinende  gerade  ein  Samariter  ist, 
mufs  bei  demjenigen  Evaagelisten  -auffallen,  w,elchem  auch 
die  Lehrrede  vom  barmherslgen  Salnariter  eigenthOmlich 
ist  Wie  ntfmli^h  in  dieser  swei  Juden,  ein  Priester  und 
ein  Levit,  sich  nnbarmherzig  beweisen,  ein  Samariter  da- 
gegen musterhaft  barmheraig:  so  sieht  hier  neun  nndank- 
baren  Juden  ein   Samariter   als  der  einsig  Dankbare  ge- 


5)  SciujKSSiuciisA,  über  den  Lulias,  S«  2i5.1 


Neuntes  RtpiteL    $.04.  ■! 

genfiber.  Wiedaher^  sofern  doch  die  pldtoliehe  BelluBg 
dieMr  Kranken  nicht  historisch  sein  liann,  wenn  wir  aach 
hier,  wie  dort,  eine  von  Jesu  vorgetragene  Parabel  Tor 
nns  hfitten,  welche  die  Dankbarkeir^  wie  Jene  die  Bar«* 
hersigkeit,  am  Beispiel  eines  Samariters  darstellen  solltei 
nur  aber  geschichtlich  verstanden  worden  wlire?  Dieb 
w£re  dann  so,  wie  man  schon  behauptet  hat,  dafii  es  nU 
der  Versnchongsgeschichte  sich  verhalte.  l)och  eben  in 
Bemag  auf  diese  haben  wir  gesehen ,  dafs  un4  waraoi  Je* 
soa  nie  sich  selbst  unmittelbar  in  einer  tileichniHirede  anfr 
treten  Isisgen  konnte,  und  diefs  mlifste  er  hier  gethan  ha- 
leo^  wenn  er  von  jBehn  Aussätzigen  erEfihit  hütte,  die  er 
elnmaJ  geheilt  habe.  Wollen  wir  daher  den  tiedankea, 
Uer  etwas  ursprünglich  ParaiM>llsche8  zu  haben,  nicht  fal« 
len  lassen,  so  hatten  wir  uns  die  Sache  so  £u  denken,  dafs 
ans  der  Sage  von  Heilahgen ,  welche  Jesus  auch  all  Aus* 
sitzigen  vollbracht  habe,  einerseits,  und  andrerseits  ans 
Parabeln^  In  welchen  Jesus,  wie  in  der  vom  barmherzigen 
Samariter,  Individuen  dieses  angefeindeten  Volkes  als  Mn« 
ster  verschiedener  Tugenden  aufstellte,  die  urchristliehe  Sa* 
ge  diese  Erzählung  zusammengewoben  habe,  welche  eben« 
daher  halb  Wund^rerzählüng,  halb  Parabel  i»U 

Blindenheilungea« 

Eine  der  ersten  Stellen  unter  den  von  Jesu  gehellten 

Kranken  nehmen,  gleichfalls  nach  der  Natur  des  Landes  '), 

die  Bllfiden  ein,   von  deren  Hellung  wiederum  nicht  blofa 

in  den  allgemeinen  Schilderungen,  welche  die  Evangelisten' 

(Mattb.  15,  30  f.    Luc.  7,  21.)  oder  Jesus  selbst  (Matth« 

11,  5«)  von  seiner  messianls^ben  Thätigkeit  geben,«  die  Re* 

de  ist,  sondern  auch  einige  einzelne  FfiUe  ausftthrlich  be« 

richtet  werden.    Und  zwar  mehrere  als  von  den  Heilungen 
_^ e 

1)  s.  Wnm,  Reslw.  d.  A.  Blinds. .  ^ 


G2  Zweiter  Abschnitt 

der  miletzt  beschriebenen  Ärt|  ohne  Zweifel,  weil  die  Blind- 
heit, als  ein  Leiden  des  feinsten  nnd  complicirtesten  Or- 
gans, mehrere  abweichende  Behandinngsweisen  suliers«  Eine 
dieser  Blindenheiluhgen  ist  sämmtlichen  Synoptikern  gemein- 
santi ;  die  andern  sind  (sofern  wir  den  dämonischen  Blind- 
stummen  des  Matthäus  hier  nicht  wieder  sfihlen)  je  eine 
dem  ersten,  Eweiten  und  vierten  Evangelisten  eigentbömlich. 
Gemeinsam  ist  den  drei  synoptischen  Evangelien  die 
Ersählung,  dafs  Jesus  auf  seiner  letzten  Reise  nach  Jerusa- 
lem bei  Jericho  eine  Blindenheilung  verrichtet  habe  (Matth* 
20,  29.  parallO:  Aber  bedeutende  Differenzen  finden  statt 
sowohl  in  Bestimmung  des  Objects  der  Heilung,  indem 
'Matthäus  zwei  Blinde  bat,  die  beiden  andern  nur  Einen, 
als  auch  in  Bezug  auf  das  Local  derselben,  indem  Lukas 
sie  beim  Einzug,  Matthäus  und  Markus  bei'm  Auszug 
aus  Jericho  vor  sich  gehen  lassen ; '  auch  wissen  von  delr 
BerOhrung,  mittelst  welcher  nach  dem  ersten  Evangelistait 
Jesus  die  Blinden  heilt,  die  beiden  andern  Berichterstat- 
ter nichts*  Von  diesen  Differenzen  mag  sich  die  letzte 
durch  die  Bemerkung,  dafs  Markus  nnd  Lukas  die  Berüh- 
rung, die  sie  verschweigen,  darum  nicht  läugnen,  etwa  l(i- 
sen  lassen:  schwieriger  ist  die  erste,  welche  die  Zahl  der 
Gehellten  betrifft.  Hier  hat  man  bald  mit  Zngrundlegnng 
des  Matthäus  gesagt,  es  möge  sich  einer  von  beiden  Blin- 
den besonders  ausgezeichnet  haben,  wefswegen  in  die  er- 
ste Überlieferung  er  allein  gekommen  sei;  Matthäus  aber 
als  Augenzeuge  habe  ergänzend  den  zweiten  Blinden  hin- 
zngefögt.  So  widersprechen  weder  Lukas  und  Markus 
dem  Matthäus,  denn  sie  läugnen  nirgends,  dafs  nicht  noch 
mehrere  als  nur  der  von  ihnen  hervorgehobene  Blinde  ge- 
heilt worden  seien;  noch  Matthäus  den  beiden  andern, 
denn  wo  Zwei  seien,  da  sei  auch  Einer  ^).  Allein  wenn 
der  einfache  Erzähler  von  Einem  Lidividunm  spricht  (und 

2)  Gratx,  C0Um.  %.  Matth.  2r  S.  525. 


I^Ieantes  Kapitel.    S**M.  tH 

»ogHTj  wie  Sfai'kag,  dessen  Namen  nennt),  an  weichem  et« 
was  Anssf^i ordentliches  geschehen  sei:  so  bat  er  offenbar 
der  Angabe,  es  sei  an  £wei  Indlvidaen  vorgegangen,  still- 
schweigend VI  idersprochen  ^  was  ausdrücklich  mu  Üuin  er 
lidne  Veranlassung  hatte.  Wenn  man  sich  aber  ftf  die 
andre  Seite  wendet,  und,  die  Einzahl  des  Markus  und  Lu- 
kas cum  Grunde  legend,  von  Matthäus,  der  h!er|Wohl  nicht 
Augenzeuge  gewesen  sei,  yermuthet,  sein  Referent  habe 
vielleicht  den  Fahrer  des  Blinden  für  efnen  zweiten  Blia* 
den  angesehen  '):  so  ist  damit  schon  ein  itahrer  WideiC 
Spruch  zugc;gel>en,  nur  unnöthigerwelse  eine  höchst  unwahr- 
scheinliche Veranlassung  desselben  erdacht..  Dafs  die  drit- 
te JDifferenz,  des  ixnoQevofiinov  ano  und  iv  t(^  iyyl^Biv  itg 
'ffQiX^y  unldsbar  sei,  kann,  wen  die  Worte  nicht  überzeu- 
gen ,  aus  den  gewaltsamen  Ausgleichungs versuchen  lernen, 
welche  von  tiftOTius  bis  Paulus  darfiber  aufgestellt  wor- 
den sind.  ^ 

Besser  haben  daher  die  lilteren  Harmonisten  ^)  getban, 
welchen  defswegen  auch  neuere  Kritiker  beigefallen  sind  ^), 
wenn  sie  mit  Röcksicht  auf  die  zuletzt  besprochene  Diffe« 
renz  hier  zweferlei  Begebenheiten  unterschieden ,  und  an- 
nahmen, Jesus  habe  zuerst  berm  Einzug  in  ilericho  (nach 
Lukas),  dann  wieder  bei*m  Auszug  (nach  Matthäus  und 
Markos)  einen  Blinden  geheilt.  Mit  der  andern  Abwei- 
chung, rOcksichtlich  der  Zahl,  glauben  diese  Barmonisten 
durch  die  Voraussetzung  fertig  zu  werden,  Matthäus  habe 
die  beiden  Blinden,  dien  vor  und  den  hinter  Jericho  ge- 
heilten, zusammengezählt,  und  die  Heilung  von  beiden 
hinter  Jericho  versetzt.  Allein,  wenn  mUn  der  Angabe  des 
Hatthfius  rlicksichtlich  der  Lokalität  der  Heilung  so  viel 
Gewicht  beilegt,  um  ihr  und  der  des  Markus  zufolge  zwei 


5)  PAti.08,  excg.  Handb.  3,  a,  8.  44. 

4)  ScMUJ.z,  Aiunorl(un{;eii  zu  Michazus,  2,  S.  105« 

5)  SimvMtMry  a.  k.  O.  S.  104. 


H  Zweiter  AbschnUt. 

Beiliiiigen,  die  eine  vor|  die  andre.  Ii{nter  der  Stadt  ensn- 
jiahmen :  so  weifs  ieb  nieht|  waram  seine  abweiehende 
Zaliian^abe  nicht  ebensoviel  Geltang  haben  soll,  and  Sroaa 
scheint  mir  consequenter  so  verfahren ,  wenn  er,  aof  bei^ 
de  Oifferctnieen  gleiches  Gewicht  legend,  annimmti  daCi  J^ 
SOS  fiuerst  beÜm  Kinzug  naqh  Jericho  l£inen  Blinden ,  C  I^vi* 
]&at),  dann  bei'ia  Auszog  von  da  awei  Blinde  (Matthfiua) 
geheilt  hdle  ^y.  Kommt  nun  aber  hiebe!  Matthäus  an  sei« 
nem  vollen  Rechte,  so  ist  diele,  hingegen  dem  Markus  ver- 
weigert«.  Denn  wenn  dieser,  wie  hier  geschieht,  um  sei- 
per  Ortsangabe  willen  mit  Matthäus  ausammengesteilt  ist, 
so  geschieht  hiedurch  seiner  Zahiangabe  Gewalt,  welche  fiir 
sich  vielmehr  eine  Zusammenstellung  mit  Lukas  erheiscfaen 
würde:  so  dal's,  i|enn  man  keine  seiner  Angaben  beein* 
trächtigen  will ,  was  man  bei  dieser  Verfahrungsart  nicht 
darf,  er  von  beiden  gleicherweise  getrennt  werden  muia. 
So  hätten  wir  drei  verschiedene  Blindenheilungen  bei  Je» 
richo:  1)  die  Heilung  £ines  Blinden  beim  £inaug,  S)  dia 
eines  weiteren  bei'm  Anssug,  und  3)  die  Heilung  swrier 
Blinden  beim  Ausaug,  aiso  susammen  vier  Blinde.  Den 
aweiten  und  dritten  Fall  nun  auseinand^rsuhalten,  ist  frei- 
lich schwierig.  Denn  wenn  doch  Jesus  sa  swei  verseliie- 
denen  Thoren  au  gleicher  Zeit  nicht  ansgeaogen  sein  kann^ 
so  will  sich  ebensowenig  das  vorstellen  Ibissen,  dab  er,' 
bloCi  auf  der  Durchreise  .begriffen ,  nach  dem  ersten  Aus- 
Eng  wieder  in  die  Stadt  aurlickgekehrt,  und  später  noch 
einmal  ansgeaogen  sein  sollte.  Überhaupt  aber,  drei  sogana 
ähnliche  Vorfälle  hier  ausammentreffen  an  lassen,  will 
kaum  angehen.  Schon  die  Häufung  von  Blindenheilungen 
mufs  befi*emden.  Besonders  aber  wird  das  Benehmen  der 
Begleiter  Jesu  nnbegreiflich,  welche,  hatten  sie  einmal  bei*ai 
Einaug  gesehen,  dafs  das  innif^i^  z<p  tvq>Xi{ßf  iva  oiwni^afi 
nicht  in  Jesu  Sinne  sei,  indem  er  ihn  Ja  aa  sich  rief,  die£s 


6)  Über  den  Zwecli  der  ev.  Geschichte  und  der  Br.  Job.  S.  345. 


Neunte«  R«AiteL    $.  M«  «5 

4e«k-  »ieM  iwl  ^ü  Ancaage^  «nd  kwat  sweMNd^wMer« 

Ult  iuiben.  werden«  SronR'n  Ireiiieii  stdrt  diese  WMerho* 
long  nioht  in  der  Annabme  van  w^itgalene  swel  VovM« 
len  dieser  Art^  denn  Nieaend  wisse  ja>  oh  diejealgenj 
weiehe  liinter  Jerieba  Stille  gebeten  ^  nicht  gans  eMretg«. 
wesen  seien  ^  als  die  vor  der  Sudt  das  ttJ^cke  geilhw 
hatten;  wenn  aber  auch,  so  wäre  eine  soMie'Wiederho* 
hing  eines  von  des»  faetisch  mibbilÜglen  Benelmiens-  nwar 
nnscliicklieh  gewesen ,  aber  darnm  nieht  nniaäglieh,  tta 
•och  die  Jttnger,  weiche  der  erstell  .äpeisvng  angewohnt 
hatten  9  doch  vor  der  eweiten  wieder  gefragt!  hai»iy' wo 
Brot  für  so  Viele  hercunehmen  sei  ?  -^  allein  das  bei&t  ans 
der  Wirlilichiieit  einer  Unmdgliohk^t  anf  die  der  andern 
ssgunentirt^  wie  wir  bald  genng  bei  Betrachtung  des 
doppelten  Speisongswnnders  sehen  werden«  Doeh'iAeht 
allein  das  Benehmen  der  Bereiter,  sonderd  ilberbanpt  faM 
alle  Ztfge  der  Begebenheit  mtt&ten  sieb  an^Mlie  ttBbegreif> 
lichste  Weise  wiederholt  haben.  ISinmal  wie  das  andere 
der  Ruf  der  Blinden:  iUifiov  tipa^f  oder  fie^vli  JvMd\ 
hieranf  (nachdem  ihnen  von  der  Umgehnng  Stfllscbweig^n 
anferlegt  worden)  der  Befehl  Jeso,  sie.  au  ihm  so  bringen; 
seine  Frage 9  was  sie  von  ihm  wollen?  ihre  Antwort:  se^ 
hend  werden;  seine  Gewährang  ihres  Wunsches |>  woranf 
•  aie  ÜußL  dankbar  nachfolgen,  üafs  nieh  diefs  Alles  drei^ 
mal,  oder  auch  nur  Ewelmal  so  wiederholt  iMiben  sollte^ 
ist  eine  der  Unmöglichkeit  gleichkommende  Unwahrschein- 
liehkeity  nnd  es  mOsste  entweder  nach  der  von  SiarrakT 
in  solchen  F&llen  angewandten  Hypothese  eine  sagenhafte 
Assimilation  verschiedener  Facta,  oder  eine  IraditieneUe 
Variation  einer  einsigen  Begebenheit  angenommen  werdem 
Fragt  Buui  sich,  um  hier  an  entscheiden:  was. konnte,  ein» 
mal  eine  Vermittlung  durch  die  Sage  -vonausgesetat,  leichter 
geschehen ,  das  £ine ,  da(s  dieselbe  Geschichte  bald  von 
Einem,  bald  von  Mehreren,  bald  vom  Einzug,  bald  vom  Ans« 
sog  ersihlt  wurde?  so  braucht  man  das  Andre  gar  nicht 
Da$  L^n  Jesu  IL  Band.  5 


•tt  Zweiter  Abechiiill. 

erst  dMnSttdenkeni  4m  jenes  Eitlere  eo  dme  Tergleteliiiiig 
iwähMeftelnlieh  ist,  dmb  man  keinen  AngenliUek  enetelieii 
lüin«,  et  all  wirklich  vomneeutetsen«  Redoeirt  men  al^r 
•o  die  eelieinber  Melireren  Fiieta  auf  wenigere,  eo  bleibe 
»an  nnr  nieht  mit  SiErPBRT  bei  der  Redaetion  auf  awei 
•lelMfi^  da  hlebei  nicht  allein  die  Schwierigkeiten  binsicht- 
lifih  dar  Wiederholung  desselben  Hergangs  bleiben ,  son- 
dern anch  J&B  Conseqnens  verlangt ,  wenn  man  die  eine 
jKbweichnag  (in  der  Zahl)  als  unwesentlich  anfgiebt ,  auch 
Toa  tler  andern  (im  Local)  su  abstrahiren.  Stellt  sich 
nun,  wenn  hier  nur  £ine  Begebenheit  erafthlt  werden  soll, 
die  weitere  Frage ,  welche  der  verschiedenen  Erafthlungen 
Wohl  die  arsprüngliche  seilf  so  wird  die  Ortsangabe  an 
keiaer  Entscheidung  helfen,  da  genau  ebensogut  vor  als 
blauer  Jericho  ein  Blinder  au  Jesu  stoben  konnte»  £ber 
wir«l  man  in  Besag  auf  die  Zahl  Grund  haben,  sich  an 
enisoheiden,  und  awar  au  tiuiuten  de^  Lukas  and  Markos 
für  blols  Einen  Blinden.  Keineswegs  awar  aas  dem  voa 
ScuLBiKaMACttaa  angegebenen  tirunde,  weil  Markus,  der 
durch  4ie  Angabe ,  wie  der  Blinde  gebeiÜsen,  eine  genauere 
Bekanatsehaft  mit  den  Verhftltnissen  bearkunde,  auch  nur 
kinen  habe  ^) ,  4a  dem  so  oft  auf  eigne  Hand  individoali- 
sirenden  Markos  am  wenigsten  bei  den  ihm  eigenthüiuii- 
eben  Kamen  eo  trauen  sein  dürfte;  sondern  wegen  eines  aii- 
idern  Umstaades« 

£s  seheint  nftoüich  die  Verdoppelung  des  Blinden  bei 
Matthäus  durch  die  Erinnerung  an  die  demselben  Evangeli« 
eten  eigentbdmiiche  Erzählung  von  einer  früheren  Heilung 
tfWeier  Blinden  (9, 27  ff.  >  veranlafst  an  sein«  Uier^  gleichfalls 
im  Weggehen,  nftmlich  von  dem  Orte,  wo  er  die  Tochter  des 
uQxun^  wiedererweckt  hatte,  folgen  Jesu  awei  Blinde  nacb, 
(die  bei  Jericho  sieben)  und  rufen  fthnlich  wie  dort  den  Ua« 
viüsitohn  um  Erbarmen  an ,  der  sie  sofort  auch  hier ,   wie 


.    7)  •♦  ak  0.  S.  257. 


Ne»iitM  KaptfeL    f.  M*  07 

4«ireii«ih  MutttühM,  doteh  HwdaQflegang  hellt     Daneben 
fmleB  «ich  fivflioh  nfefit  gering^  Abweichongea  t    tod  el^ 
iieai  StiMegebote  der  Begleiter  Jesu  steht  hier  nicbti,  und 
wlhrend  bei  Jerfoho  Jesus  die   fiiinden   sogleich  an  sieh 
nfty  kommen  sie  in  dem  friheren  Falle  erst  tn  Ihm,  als 
ar  wieder  an  Hause  Ist;  ferner^  während  er  dort  sie  firagt, 
was  sie  ton  ihm  wollen  ?   fragt  er  hier  gleich ,  ob  sie  das 
Vertrauen  haben  ^   dafs  er  sie  heilen  lidnne?    endlich  das 
Verbot,   Niemand  etwas  eu  sagen,  ist  dem  frfiheren  Falle 
eigenthilmlieh.     Bei  diesem   Verhftltnifs  beider  firsühiun* 
gen  kdnnte  wohl  eine  Assimilation  in  der  Art  stattgefunden 
haben,  daiä  dem  Matthäus  die  awei  fiiinden  und  die  BerQli- 
nng  Jesu  aus  der  ersten   Anekdote  in  die  aweite  ^   die 
Form  dea  Rufs  der  Kranken  aber  aus  der  sweiten  in  die 
erste  hineingekommen  wäre. 

%Vie  beide  Geschichten  angelegt  sind ,  acheInt  flir  ei* 
«e  natAriiebe  Erklärung  sich  wenig  daranbieten.    Dennoch 
iMAea  die  rationalistischen  Ausleger  eine  solche  so  veran« 
stalten  gewufst.      Dafs^  Jesus  in  dem  früheren  Falle  die 
Bünden  fragt,  ob  sie  Vertrauen  su  ihm  haben,  erklärt  man 
dahin ,  Jesus  habe  sich   tlberaeugen  wollen ,   ob  sie   ihm 
wohl  bei  der  Operation  festhalten  und'  seine  weiteren  Vor- 
sehriften  pfinktlich  befolgen  würden  ') ;  erst  au  Hause  hier- 
auf,  um  ungestört  au  sein,  habe  er  ihr  Cbel  untersucht, 
und  als  er  in  demselben  ein  heilbares   (nach  VEMTuami  ') 
durch  den  feinen  Staub  Jener  Gegenden  bewirktes)  Übel 
erkannte ,  die  Leidenden  versichert ,  dafs  ihnen  nach  dem 
Maafii  ihres  ZutAiuens  geschehen  solle.     Hierauf  sagt  Paü« 
VM  nur  kura,  Jesus  habe  das  Hindernifs  ihres  Sehens  ent« 
«lemt;    aber  auch  er  muft  sich  etwas  Ähnliches  mit  Vkk- 
Ytmmi  denken,  weleher  Jesum  die  Augen  der  Blinden  mit 
aeharftn,  *  ron  Am  Torher  sobereiteten  Wasser  be* 


t)  PAütüty  L.  3>  iy  t)  S.  349. 

f)  MMriMho  Geschickte  des  Propkaten  von  Kas.  2,  S«  MS. 

ft  ♦ 


c» 


Zureiter  AIrspbnilt 


itreichen,  ond  sie  so  von  dem  entsIliifW^ii  Sfaitbe  reiirf- 
gon  läftt,  worauf  ia  Karsein  ihr  Gesiebt  Burllckgekehit 
sei.  Allein  auch  diese  natürliche  Erldfirung  hat  nicht  die 
mindeste  Wurzel  im  Texte;  denn  weder  kanp  in  der  von 
den  Kranken  geforderten  nlgiß  etwas  Anderes,  als,  wie 
immer  in  Ähnlichen  FJÜlen,  das  Vertrauen  auf  Jesu  Wim- 
dermachti  gefunden  werden,  noch  in  dem  ?V^o  eine  chir- 
urgische  Operation,  sondern  lediglich  jene«  Berähr^, 
vrelches  bei  so  vielen  evangelischen  Heilongswundern ,  uS, 
es  als  Zeichen  oder  als  Leiter  der  heilenden  Kraft  Jesu,  er- 
acheint;  von  weiteifen  Vorschriften  Bur  völligen  Herstel- 
Jung  ist  ohnehin  nichte  sn  bemerken»  Hiebt  anders  verhilt 
es  sich  mit  der  HeUung  der  Blinden  bei  Jericho,  wo  fib^ 
dieEs  die  Ewel  mittleren  ;  Evangelisten  nicht  einmal  eiAer 
Bertthrong  gedenken. 

Sollen  aber  auf  .diese  Weise  nach  dem  Sinne  der  Re* 
ferenten  auf  das  blofee  Wort  oder  die  ßeräbrung  Jesu  1^ 
Blinde  augenblicklich  sehend   geworden  sein:   so  wenden 
wolü  ähnliche  ßedenklichkeiten  hier  eintreten,  wie  in  dem 
vorigen  Falle  mit  den  Aussätzigen.     Denn  ein  Augenttbel, 
es  mag  noch  so  leicht  sein,  wie  es  nicht  ohne  manchfaeb« 
Vermittlung  entstanden  ist,  so  wird  es  noch  weniger  un- 
mittelbar auf  ein  Vort  oder  eine  Berührung  hin  weichen 
wollen,  sondern  es,  erfordert  sehr,  complicirte  theils  chirur- 
gische thells  medioinische  Behandlung,  und  so  vornehmlich 
die  Blindheit,  wenn  sie  überhaupt  bellbarer  Art  ist.     Wie 
sollten  wir  uns  auch  die  ptötsliche  heilende  Einwirkung  ei- 
nes Wortes  und  einer  Hand  auf  ein  erbiindetes  Auge  vor- 
ßtellent  rein  wunderbar  und  magisch!  <1«8  hiefse  das  Den« 
ken  über  die  Sache  aufgeben;  oder  magnetijich?  allein  ei 
ist  ohne  Bebj^el,  dafs  auf  dergleichen, IJb^l, der  Magnetis- 
mus von  Einfluis  gewesen;  o^e;^  endlieb  psfohisebl   sJieo 
die  Blindheit  ist  etwas  vom  Seelenleben  so   ünabhfingiges, 
selbststftndig  Körperliches,  dals  an  eine,  namentlich  ptöts- 
liebe,. Bebung  derselben ^ von  gfuUtiger  S^  hß^  «iiM  h 


Mtaiiil#t  KapiieL    f..  f4.  w 


imikmm  Ist.  Wir  nOami  folgtteh  bekennen,  «ab  elM  ge- 
idbiehUioh«  AmSM&ütg  ^iMter  EnflbloBgtn  mw  nekr  aU 
B«p  soliwer  ftllty  aml  «•  lummt  non  daniHf  a»,  ab  wir 
dia  fiototabiuig  «okistoriaalMr  Sagen  iliasar  Ar«  wabraehate-* 
Ikb  machen  können« 

Die  Stalie  lat  baraltt  ang^Mvt,  wo  naoh  dem  ersten 
and  dritten  £?angellam  Jeina  den  Geaandten  dea  Tüofera 
gageiillliery  welche  ihn  nn  fragen  hatten  ^  ob  et  der  iqxp^ 
ftivog  aely  sich  anf  aeine  Thaten  bmroft,  and  vor  allem  An* 
Mru  herrorheUf.  data  twploi  imßXhiaaif  anm  dentti- 
ebea  Beweif ,  dafa  naraeniilch  anch  aolchei  an  Bünden 
varjriehtetei  Wnnder  vom  Hesaiaa  erwartet  wurden  ^  wie 
Ja  Jeae  Werte  ana  Jas.  3&,  5i.  einer  meaaianiieh  gedente« 
tmLWeiaaagang  ^  genommen  sind ,  nnd  anch  in  einer  oben 
aagilffihrten  rabbiniachen  Stelle  nnter  den  Wnndem,  wei-- 
ehe  'Mftova  in  der  measif^nisohen  Z^eit  auafilliren  werde, 
daa  hervoigehoben  ist,  dafii  er  ocnlof  caecorum  aperieiy 
ii  iptod  pet  MUaam  feeii  '  <>>  £ine  eigentliche  Blindheit 
imn  hat  Elisa  nicht  gebeilt ,  sondern  nnr  einmal  seinem 
Ikenear  die  Angen  fttr  eine  Wahrnehmnng  ans  der  tlber- 
liBnlicben  Welt  eröffnet,  und  dann  eine  in  Folge  seines 
(jebeta  ftber  seine  Feinde  verhängte  Verblendnng  wieder 
aofhören  lassen  (2  Kon.  17- 200«  Diese  Thaten  des  Elisa 
non  fafste  man  ^  ohne  Zweifel  iu  Rücksicht  auf  die  jesaia- 
niiche  Stelle ,  geradezu  ab  Eröffnung  erblindeter  Augen, 
wie  wir  ana  jener  rabbtnischen  Stelle  sehen,  nnd  so 
warden  vom  llessiii^  auch  ßUndenheilnngen  erwartet  '*)« 


10)  t.  Band  i,  8.  73,  Anm. 

11)  Auch  tonst  finden  wir,  dtss  in  jeaer  Zeit  MHnnem,  die  für 
Lieblinge  der  Gottheit  galten,  das  Vermögen  wunderbarer 
Heilung,  namentlich  auch  der  Blindheit,  mgetchrieben  xu 
werden  pflegte.  S«  erxiihlen  uns  Taeitut,  Hist.  4,  81.,  und 
Sueten,  Veapat.  7,  in  Aleundrien  hahe  sich  an  den  kürzlicK 
Imperator  gewordenen  Vespasian  ein  Blinder,  angehlich  nach 
einer  Weitung  des  GoUe»  Serapit ,  mit  der  Bill«  gewendet» 


70  ZweiUr  AbitliMut 

tUhm  nao  die  woiirUtUoU  flentM»,  wfe  «lo  «w  4m 
Jaden^  hervorgegftt^en  war>  Jatnai-fitr  dai  mfthnisoh» 
Sobje^t)  so  muCile.  ftie..ilie  Teadeas  haben,  Ihm  andi  alle 
aMSAfaiabcban  Prftdioatei  md  aa  aoob  das  la  Rade  atohaa" 
de|  Bosuiohreiben. 

Dia  de«  Markas  oijgaatMlaJidia  ISraihhinf  van  aliiar 
BUndanbeilttog  bei  Betbaalda  (g,  Mft)  ist,  neben  der 
glelehfallf  aar  bei  Ihai  ea  ftndeadea  vmi  der  Hettaaf  et* 
Ma  aebwarredeiiden  Tauben  (7»  S2  £) ,  welebe  wir  defW 
Wegen  hier  aiitberfiehelebligea,  die*  Lieblingeeraihiaag  aller 
«iUonaliidacbea  AaBleger.  Wfiren  «ns  deoh,  rafen  sie  aua, 
aoeb  aonet  bei  den  evangalleohen  HeHangageechlcbten  ,wi» 
hier  die  erklärenden  Nebenumstlnde  aafbehalten ,  so  wttr* 
de»  dafa  Jeans  nicht  durch  blofae  Maehtsprüehe  beUte,  hl- 
arorisch  an  erweisen ,  und  fttr  ttefer  Forschende  sagar 
die  aatttrliohert Büttel  seiner Hetlnngen  an  entdecken  sein  ^«)! 
So  Ist)  voraflglich  ans  Veranlassung  dieser  Eraihlnngan, 
weleben  sich  dann  aber  auch  einaelne  Zttge  aas  andarn 
TbaUen  des  aweiten  EvangelinaM  aasebÜefsen ,  Markaa  la 
Zeit  aneh  Ton  aoloheni  die  aonat  dieaer  Anale* 


ihn  durch  Benettung  teiaer  Augen  mit  seinem  Speichel  zu 
hellen»  was  Vespatian  mit  dem  Erfolge  gethan  habe,  dati  der 
Blinde  augenblicklich  das  Gesicht  wieder  erhielt.  Da  Taei^ 
tua  die  Richtigkeit  dieser  ErxKklung  gans  besonders  rer- 
blirgty  so  dlirfle  Vavlv  wohl  nicht  Unrecht  haben,  wenn  er 
die  Sache  alt  Veranstaltung  sohmeichierischer  Priester  an- 
sieht»  welche  durch  subornlrte  Scheinkranke  den  Kaiser  in 
den  Ruf  des  Wunderthäters,  und  dadurch  ihren  Gott»  dessen 
Rath  den  Vorgang  veranlasst  hatte»  bei  ihm  in  Gunst  setaen 
wollten.  Exeg«  Handb.  2,  S.  66  f.  Jedenfalls  aber  sehen  wir 
lüeraus,  was  man  in  jener  Zeit  auch  ausserhalh  PalMstina*a 
Ton  einem  Manne  erwartete »  welcher,  wie  Tacitus  sich  hier 
über  Vespasian  ausdrückt,  einen  favor  e  coeiis  und  eiae  im* 
cUnatio  nwrmnum  genpss. 
12)  So  ungefähr  Paulus,  excg.  Handb.  2,  S.  312.  i91. 


Nemiii««  KnptceL    %  WL  Tt 

fP»mgBwetm  nieht  ebeo  gomtgt  $imA ,  «k  P^lrai  Jer  tmtär^ 
lUbm  ErkUUviig  lUrfeslellt  wm^h  ^^> 

Was  um  aasr«  beiden  Hetlangen  belriflft ,  so  ist  den 
wiHoaaUgtleehen  Anlegern  eoben  des  efaie  gm^  Verbede»» 
twig  9  defii  JetM  beide  KretilKe  voei  Volke  Wef  beeondere 
ntmest^  eoe  keioen  endern  Grande,  wie  iie  glenbe»,  ek 
■a  ibren  Znetand  Irzllieh  so  nntertochen,  enMl  te  sehen, 
•b  eieli  beifen  lasse  oder  niokn  Eine  selebe  UntertMhung 
finden  die  beneielineten  ErkISrer  tob  fiTesigellsien  seihet 
enneselgt ,  wenn  neeh  ihm  Jesns  dem  Tnnbeli  die  Fingen 
in  die  Ohren  steckte,  wobei  er  die  TeUbbeil  nie  efna  heili 
kMe,  vielleieht  nur  dureb  verhärtete  Fenehtigkeii  kb  Ohi^ 
entetandene,  geftinden,  nnd  iileranf,  gleichfalls  mit  Aem 
Fingern ,  das  Hindernif«  dee  Cehdrs  entfernt  habe*  Wie 
das  ißaXe  %og  dcnttvleg  elg  tä  cJro,  so  wird  aoobdas  rjtfßa-^ 
%o  %rfi  yhoQür^g  von  einer  ehirurgiseben  Operation  yerslan^ 
den ,  dnreli  welche  Jesns  das  Zungenband  bis  auf  den  er* 
lerderliehen  Punkt  gel^ist,  und  dem  erstarrten  Organ  sei* 
ne  Gelenkigkeit  wieder  gegeben  habe,  und  ebenso  wird 
dne  ä%i9dg  wg  jfilgag  avttß  bei  dem  Blinden  daliln  erklärt^ 
Jeans  habe  rieUeicht  durdh  ein  DrOcken  der  Augen  die 
verdiekte  Linse  heransgebracbt«  Eine  weitere  Hülfe  fihdei 
diese  Erklirungsweise  darin,  dab  Jesns  beidemale,  an  der 
Zunge  des  Sehwerredenden  nnd  an  den  Augen  des  Blin« 
den,  Speiehel  anwandte.  Schon  fBr  sieh  hat  der  Spdebel, 
besonders  nach  älteren  Amten  '^),  eine  fttr  die  Aogeti  heilsa* 
aie  Kraft;  da  er  indels  so  sohneil  in  keinem  Falle  wirkt, 
Hin  eine  Blindheit  und  einen  Fehkr  der  Spraehorgane  mit 
Eiuenunale  entfernen  co  können ,  so  wird  für  beide  Fälle 
fermuthet,  Jesus  habe  den  Speichel  nur  gebraucht,  um  ein 


13)  SB  Wbttb,  Beitrag  cur  Charakteristik  des  EyangeHsten  Mar« 
kos,  in  ÜLiMiiin'a  itod  UaiBAStT'a  Studien  1,  4^  789 ff.  Vgl. 
KtfaTsm,  Immanueli  S.  72. 

14)  Plia.  H*  N.  ZSj  7.  u.  s.  6U  bei  Wstitsim. 


Tf  Aweiter  ikbscbniii.  ^ 

AmiMiittUlily  wihiwheiiilkh  ein  IftemdM  Paiv«r,  atttttr- 
feachten,  wobei  se^ohl  4er  Sllnrte  mtp  4an  Anaspaek^n  g^ 
hört)  ven  den  dügemisehten  MedkNimenten  eber  ntchte  ge- 
sehen,  mh  -tmfh  der  Taobe  imch  dem  Cieitte  der  Zelt  die 
mtllrlieheir  Büttel- wenig  beuchtet,  oder  die  Sagesfe  tiUfflt 
weiter  eafbewehrt^  habe.  Wird  hlennif  In  der  ErmäMttng 
rom  Tavbeii  die  Heilung  nur  einfach  angegeben,  so  Reieti^ 
Bat  stak  die  vo«i'> Blinden  noch  dadareh  ans,  daft  sie  die 
Wiederiierstellmig  seines  Gesiehts  nmstSndllch  als  eine  aoe- 
eeerive  besdirMbt*  Nachdem-  Jesns  die  Aogen  des  Kren* 
beM  auf  die  beseftriebene  Welse  behandelt  hatte,  fragte  er 
deneelben,  c^re  pikt^i;  gar  nicht,  bemerkt  Paulus  ,  wie 
ei»  Wanderthüter ,  der  des  Eriblges  sicher  ist,  sondern 
recht  wie'  ein  Arst,  der  nach  gemachter  Operation  ^en 
Patienten  probiren  lifst,  ob  ihm  geholfen  sei.  Der  Kran- 
ke erwiedert,  er  sehe,  aber  erst  undeortlich,  so  dafa  Ihm 
die»  Blenseiien  wie  Bffnme  erscheineD.  Hier  kann  nnn  der 
ralionalistlsobe  Erklär«^  siegreich,  wie  «s  scheint,  den 
erlhedexen  fragen :  wenn  Jesu  die  g(ittliche  Kraft  cn  Be- 
wlrknng  von  fleilangen  sn  Gebote  stand,  warum  hellte  er 
Aeb  Blinden  feicht  sogleich  veUstänAg?  Wenn  ihm  das 
IJbel  einen  Wideretand  entgegmsetste,  den  er  nicht  schon 
befm  ersten  Versnche  au  überwinden  yermochte,  wird  daraus 
nicht  klar,  daGs  aeine  Kraft  eine  endliche,  gewöhnlich 
menschliche  gewesen  ist?  Hierauf  \€^  Jesus  noch  ein- 
mal Hand  an  die  Aogen  des  Kranken,  am  der  ersten  Ope- 
ration nachzuhelfen,  und  nun  erst  war  die  Kur  vollendet  ^  ^). 
Die  Freude  der  rationalistischen  Ausleger  an  diesen 
EraShlongen  des  Markus  ist  durch  die  trockene  Q^mer* 
kong  an  stören,  dafs  auch  hier  die  Umstünde,  welche  die 
natürliche  Erklärung  möglich  machen  sollen,  nicht  vom 
Evangelistea  selbst  angegeben,  sondern  von  den  Auslegern 

15)  Paülu«,  a.  s.  O.  S.  512  f.  392  ff.;    natilrUclic  Geschichte,  3, 
S.  31  ff.  216  f ;  «»STiR,  Immanttcl,  S.  188  ff. 


If«ont«8  KapiteL     %.  M.  if 

«ittergesühoben  ttnd.  Denn  bei  b^deir  lleÜntigefi'gfebt' 
llai4o8  nnr '  ifen  Spetehei  her ,  ^na  wMiaine  PoWei*  aftef' 
•tretten  PiDLusimd  yxnTUitiiti  djireln,  wie  Auch  nur  tfA' 
61  sind,  dl0  tos  dem  Legen  der  Finger  In  die  MMl  eüp-' 
•rtt  ein' Sondtren ,  dann  ein  Operiren,  und  ans 'dttei  im-^^ 
ti^'ai  tag  x^'^QCtg  inl  zeg  oq^&aXfidg  «prachwlÄrlg  süttt 
•Ines  Handanflegens  ein  chlrnrgtselies  Handanlegen  ntadien/ 
Aneh  das  Belseilenehnien  der  Kranlien  beftieiiff  efeh  dem' 
ZaeilMHÜlnlwng  safblge  (7»  M«  8,  21h)  auf  Vie  Absicht  Je- 
su, AMi  wunderbaren  Erfeig  gelieim  bq  halten,  nicht  auf 
daa  Verlangen,  In  Anwendung  natürlicher  Mittel  nnge*' 
•l#r€  SU  sein:  so  dafs  der  rationalistischen  Erklärung  alle 
Mttmen  sinken*,  nnd  die  orthodoxe  sich  ihr  auf^s  Neno 
gegenliberstelleii  kann«  Diese  mmmt  die  BerOhrung  ündf 
den  Speichel  entweder  als  Herablassung  ku  den  Kranken, 
wetehen  dadurch  nahe  gelegt  werden  sollte ,  wessen  Macht 
de  ihre  Ueliung  m  verdanken  htftten ,  oder  als  ein  lei- 
tendes Medium  der  geistigen  Kraft  Christi,  an  dessen  6e- 
braueh  er  Jedoch  nicht  gebunden  gewesen  sei  ^^);  dasSuc^ 
eessiye  der  Heilung  aber^sucht^man  dann  theils  so  eu  wen- 
den, dafii  Jesus  durch  die  halbe  Heilung  zuvor  den  Glau« 
ben  des  Blinden  habe  beleben  wollen,  und  erst  als  diesei^ 
gewaohsen  wa«*,  den  nunmehr  Würdigen  ganz  wiederher- 
gestellt habe  '  ^) ;  oder  TertotiHhet  man,  dem  Bllndefn  ,  bd 
seinem  tlefgewurzelten  Leiden,  wfire  eine  plötzliche  Hei- 
laug  vielleicht  schädlich  gewesen  i^). 

Allein  durch  diese  Versuche,  namentlich  die  letzte  Ei- 
geubsit  der  Evangelischen  Erzählung  zu  deuten,  begeben 
sieh  die  aupranatnralistlschen  Theologen,  welche  sie  vor-' 
brtogen,  selbst  auf  Einen  Boden  mit  den  Rationalisten,  in« 


16)  Jenes  Hits,  Geschichte  Jesu,  1,  S.  390  f.  S   dieses  Oi.siuuss]f, 
b.  Comm.  1^  S.  510. 

17)  bei  HvnrtfL,  In  Marc,  p,  110. 

18)  OuEAVtsn,  S.  909.  t 


f|»  Zwtiur  AbMbjiill« 

dav^^ste  nlohl  «lUuUr  ab  Jm«  in  dm  Text  hJmfafifiifin, 
if  A«  la  deiaMlbao  aiolit  ron  ferne  engedeniel  Ue.  Uenn 
wo  ist  in  dem  Beilverfabrea  Jeen  nUl  de«  Krapken  irgend 
^M9  S|HNV  dflis  er  «lertt  mmt  derMf  emgegengen  ael ,  eet» 
MB  OÜnhen  sa  prttfen  und  wm  ttXrken  ?  inJvreicheQi  Falk 
$UÜ  de«  nur  ielnen  JUistem  Zuetond  betre^Tendea  mr^nthm 
avioy  al  %i  ßUsm;  rieleMhr  wie  tUmtÜu  9>  18.  ein  m^aiuQ 
Sfi  düp^fimtH^Q  noätofu^;  stehen  mOCiCe.  Velleiid#  aber 
die  Verourthnng,  eine  plötniiebe  Kur  nftehte  sehi^NM»  ge- 
wesen ßAn\  0er  heilende  Äet  eines  WnnderUil(fe||s  ist 
deeh  (nemendieh  neeh  Ol8HA.uskm's  Ansicht)  nicht  als  der 
blofs  negatire  der  Wegräumung  eines  Übels  9  sondern  n»» 
gleich  ai^  der  positite  einer  Mittlieilnng  nenen  Lebens  und 
frischer  Kraft  an  das  leidende  Organ  sn  betrachten,  l>ei 
welcher  von  Schädlichkeit  Ihres  pldtslichen  Eintritts  nicht 
die  Rede  sein  kann.  Da  somit  kein  Grond  sich  ausfin- 
dig machen  lilst ,  aus  welchem  Jesus  ahsiebilich  dem  an« 
ipnblicklichen  Wirken  seiner  Wunderkraft  Kinbalt  getha« 
lilttci  so  mdlste  sie  nur  ohne  seinen  Willen  \en  Mssen 
durch  die  Macht  des  eingewnraelten  Übels  gehemmt  wor» 
den  sein  9  was  aber  der  ganaen  erangelischen  Vorstellung 
Ton  der  seihst  dem  Tod  überlegenen  Wnndermacbt  Jesu 
entgegen  Ist ,  folgüeh  nicht  Meinung  unsree  Eyangellnien 
eei^  kann«  Sondern  die  Absiebt  des  Markus,  wenn  wir 
seine  ganae  schriftstellerische  EigenthOndiebkeit  erwige% 
kann  auch  hier  auf  nichts  Andres  als  auf  Veransciiauli-» 
chung  gehen.  Alles  Pldlaliche  aber  ist  schwer  sich  nur 
Anschauung  au  bringen:  wer  eine  geschwinde  Bewegung 
einem  Andern  deutlich  machen  will,  der  macht  sie  ihm 
snerst  langsam  iror ,  und  ein  schneller  Erfolg  wird  nor 
dann  recht  ?orstellbar,  wenn  ihn  der  Erz&hler  durch  aU 
le  seine  Momente  hindnrchfcihrt ;  welswegen  denn  ein  Re- 
ferent, dem  es  darum  nn  thnn  Ut,  in  seiner  Eraählung  der 
Vorstetinngskraft  seiner  Leser  möglichst  au  Hülfe  au  kom- 
men, auch  dlo  Neigung  aeigen  wird,  wo  möglich  ttberall  das 


Ife«ttt«tfti^y|t«t   $,M. 


Iboblft  Utr^jÜMiHi»  «dw  ada  OeirihrsiMiifl^rlil  Ittr At  Aa«* 

ülHMÜIdilurflM  tbwi,  WM  «r  swisdMi  die  BÜndb^  de» 

Kmm«  nad  dfe  Yddige  HemtrfkMig  seiMr  Miknrfk  dte 

lilblMFtig»  HiiliMig  edarikt&WimderMaiMdieiiwitBi»! 

m  elMeh4b»    mmd  im  eigne  Gefühl  wird  feden  iegM, 

daft  dteter  Zweok  voUkomaieii  erreteki  UtL     Dnim  mbrn- 

Ikg/k^   wft  *oh  Andre  bemerkt  heben  ^o),  §#  wenig  ehe 

fl^nAeigoag  dei  Markne  ev  nelttrlieher  AnSaeanng  a^hee 

Wemder»  dafs  er  je  vieheehr  nicht  selftea  die  Wunder  wm 

fnifgrttimm  benUtht  iet ,    wie  wir  theii«  bel'ei  Gederener 

geiehaa  heben,  theüs  neeh  öftere  werden  liemeriuin  k<(n« 

nen«      Auf  fthnliehe  Weiee  wird  dann  aneh  daa  sn  benr«« 

tbeilen  ael%  daCi  Markus  namenllleb  in  diesen  ihm  eigenen 

firaÜUangen  (aber  auDb  aonat,  wie  ü,  1^,  wo  er  beflMrkly 

da&  die  iüngw  die  Krenken  inil  Öl  g^albt  haben)  die 

Aawendong  ftuaaerer  Mittel  und  ManlpDlatienea  bei  den^ 

HeÜnngewundern  herverhekt»    Päd  diese  Mittel  ^   wie  be^ 

sonders  der  Speichel  9  in  der  damaligen  Volksanstcht  niobl 

als  natUrUchwirlLtode  Ursachen  der  Heilnng  gelten,  daven 

kann  sohon  die  eben  angefilhrte  Crafiblueg  ?on  Yespasian 

ibersevgeuy  ao  wie  Stellen  JOdiseber  und  römiaeher  Anto* 

ren,  nsich  weichen  das  Ansspneken  als  magiulches  Mitfel, 

vernehanUcb  gegen  Augenllbel,  galt  '')•    So  daTs  Olsuai^ 

suf  gaos  die  damalige  Versti*llnng  giebt  9  wenn  er  Berth* 

ran|t  Speichel  n.  dgl.  fttr  die  Conductoren  der  dem  Wun« 

deruMuaa   inwobnenden  böbereu  ICraft  erklürf*    Nnr  frei* 

Mob  diese  Ansicht  auch  an  d^e  unsrigen  machen  konnten 

ivir  nnr  dann,  wenn  wir  mit  Olshaüssn  von  dner  Parallele 

der  Wnnderkraft  Jesu  mit  dar  animalisch  •magnetiseben 


19)  vgl.  um  WavTBy  KriHk  der  aossitcben  Getckicbte,  S.  S6f. 

JO)  Fbitss€«b  j  Comin.  in  Msrc,  p.  XLUI. 

Hi  s«  d«  St.  bei  WsTtisui  und  Lssanoor  su  Job*  9>  6. 


7ir  ZwellMt4b^*<^hBUiii 


MMgieilgoo,  ekle  VeigMohsng,  weM^  mn  KrUirMg  dbr 
Wunder  Jee«,  faübeomdoee  ik(0  ?ofiiep:e»dett,  mieupeieheed 
«mA  dtnMi  ftfaerflAseig  ist.  Wir  sehi^ben  deber  J^ne  MH^ 
tel  >  ledll^oti  auf  Reehanng  de«  firaojjfefisCm.  A«f.  dieie 
iMDBil.diioii  oImm  ZwelM  «aeh  des  Se^fmderktthmetk  der 
Kranken  ,^  -die  ibertreibende  .Beechreifcoiif  der  VerweMie* 
t^mng  des  Volki  Ci^ttQne^oäg  i^9T€hj(kmno  Sncen^g^  tf 
afO»  md  das  etreoge  Verbot  ^  Miemand  von  den  Ueilna» 
geft  etwM  ca  sagen.  IKeses  Oebeiddialten  •  gab  der  Saebe 
ein  nipteri(^ses  Ansehen ,  welehes  aneh  nad^  'andern  Stei^ 
len  dem  Markus  gefallen  sn  haben  aebeint«  Zu  dem  My* 
aieriösen  gehört  bei  der  Helinng  des  Taab«n  aneh  das 
ivaßlM^pag  elg  ^ov  BQavoy  igha§s  (7,  S4.).  Denn  wosn 
hier  senfsent  über  das  Elend  des  Mensehengescbleohta  ^0» 
das  Jesa  aus  viel  traurigeren  Fällen  längst  bekannt  sein 
oidfste?  oder  wollen  wir  dnreh  die  Erklärung,  dafs  Jener 
Attsdruek  niohts  weiter,  als  stilles  Beten  oder  lautes  Spre- 
ehen  bedeute  ^^)9  der  Schwierigkeit  ausweichen f  Wer 
flun  Markus  kennt,  wird  vielmehr  den  (ibertreibeilden  Er- 
nihler  darin  erkennen ,  dafs  er  Jesu  eine  tiefe  Semfiths- 
bewegung  bei  einem  Anlafs  teuschreibt,  der  eine  solche  gsr 
nieht  hervorbringen  konnte,  aber  von  derselben  beglettel 
sidi  nur  um  so  geheimnifsvoller  ausnahm.  €anc  vorsOg« 
Uoh  aber*seheint  mir  etwas  MysteriSses  darin  au  liegen, 
da(s  Markns  das  gebietende  Wort,  mit  wefchem  Jesus  die 
Ohren  iles  Tauben  aofthut,  in  seiher  ursprünglichen  syrt» 
sehen  Form :  iffcpa&a  wiedergiebt,  wie  bei  der  Erweckung 
der  Tochter  des  Jairus  nur  unser  Evangelist  (5,  41.)  das 
valid^  nSfit  bat.  Man  sagt  wohl,  diefs  seien  nichts  we^ 
niger  als  Zauberformeln  gewesen  2^) ;  allein,  dals  Markus 
diese  Maobtworte  so  gerne  in  der  seinen  Lesern,  denen  er 


23)  so  nach  Euthymius  Fnirzsany  in  Marc.  p.  304. 

23)  Ersteres  Kuinöl,  L«etxteret  Schott. 

24)  Hau,  Gesch.  Jesu,  1,  S.  §91.  Aam.  1. 


äBJmhakItten  mtifn  y'tp^m4en  Ürsi^rache  wfed^r^ebl^  Ife- 
Welsl  -doch,  <kb  er  «bc^  diesin^  Ihrer  arsprOngiichen  Form 
eine  beiomlere  DedeotsAgf  beigelegWhnben  mufs  j  '  welche 
detfi  Z«iaoMiienbftng  enfol^  nur  eine  magische  schefnC  ge- 
wesen eein'Bii  kdnnen.  Die«e  Meigong  cum  Mysteriösen 
ktaneii  wf r  rickwflrte  Ufekend  nun  aach  in  der  Anwen« 
dmg  jeaer  ä«sMren  Mittel  finden ,  welche  enm  Erfolg  tn 
kcimMi  Verhfiltni&  Hehen;  denn  eben  darin  besteht  ja 
das  MyittrkiM,  dafs  nait  einer  Inadäquaten,  endliehen  Form 
eilt  unendyichev  Inhalt^  mit  einem  scheinbar  nnwirksamöa 
Mittel  die  krllftlgete  Wirkung  sich  verbindet. 

Beben  wir  biui  oben  die  einfache  Erzffhlang  sffmntt* 
IftlierSjttopitker  von  der  JBlIndenheliung  bei  Jericho  nicAt 
fttr  bietoriseb  l^ken-  kdnnen  j  «o  sind  wir  diefs  bei  der  ^^ 
h^iamifiroyea  Sekilderoag  des  Einem  Markos  von  der 
Heilang  Mm  BÜmlen  bei  Bethsaida  noch  weniger  im  Stan« 
de ,  sendeihr  Wir  mOisen  sie  alf  ein  Product  der  Sage  niit 
meliF  oder  weitl^t  Znthaten  des  evangelischen  Referen« 
ten  -mseheb,-  miri*  ebenso  die  von  ihm  mit  gleicher  Eigen« 
thUiBliehkeli  ersMilte*  Heilong  des  xaxfcg  fioydaXog.  Denn 
aneii  bei  dieser  letsieren  Geschichte  fehlen  uns  neben  den 
selw^it  awgeftfhrten  negativen  tirönden  gegen  ihre  histort» 
•A^  OkubwQrdigkeit  die  positiven  Veranlassungen  ihrer 
»Tthisehen  Entstehung  nicht,  da  die  Weissagung  auf  die 
meseittiiBehe  Zeit:  TOte^wta  xw'ywv  axöGowai  —  TQav)} 
4i  igai  yXtaüoa  '^oyiXaXcov  Oes.  85,  5«  ö.)  vorhanden 
war,  vikI  nach  MatlÄi,  II,  5«  eigentlich  verstanden  wurde* 

8e  günstig  der  na^rlichen  Erklfirung  auf  den  ersAn 
AnhHek  die  eben  betrachteten  firefihlnngen  des  Markos  fco 
w^in  eebfonens  se  ^ngdnstig  rind  vernichtend,  sollte  man 
fta«beo,  »llssetdttf'^hannelsche  Ersfihlong,  Kap.  0«,  auf 
die-iiallen,  wo»  fttoht*^bii  einem  Blinden  schlechtweg,  des« 
>-ae*iiasrfMilf  ^higehwrtJiei  ^Cbel  lelchier  wieder  so  heben 
:aiiii  'iletbtey  ieiMefli'*vöfr'  eltiem  BHndgebornen  die  Rede 

0mII  wle^^die  Attsl^ei*  «eser  Richtung  seharfiilehtlg 


Zw«Uer  A^Mtinlte. 


•odi  hier  «Miiehet  ibtien  Qlliitllft  mm  'entdecken«    Vvr  Al- 

^  leei  den  Ztntand  det  Kranken  finden  läe^  ae  bestinnnc  nneh 

das  %vg>l6v  ix  yevezijg  ma  lauten  achelnt,  deeh  n«r  tfnge* 

nan  beseiehnet*    Die  Zeitbesdnurang  «wer,  welehe  darin 

liegt,  eoftbält  sich  Paulus  ,  wiewohl  ungern  und  eigfentttefa 

nur  halb,  nmensioCien :   um  so  »ehr  nKifii  er  dann  aber  an 

der  QaalitälsbeMimmung  des  Z^nstaadei  an  rfltteln  aoelien. 

Ttnplds  mfisse  nicht  gerade  totale  Mndiiek  heselehiien, 

und  wenn  Jesus  den  Kranken  anweise,  emn  Sttoatelch  an 

gehen,  nicht  sich  führen  su  lassm,  so  niQsse  derselbe  noch 

einigen  Schein  des  Augenlichts  geliebt  haben,  ndttelst  des* 

len  er  selbst  den  Weg  dahin  finden  kennte«   Noch  melirHll^ 

fe  sehen  die  rationalistischen  Ausl^r  in  denf  Heil?erfahreR 

Jesn«   Gleich  Anfangs  (V.  4.)  sage  er,  er  mOsse  wirken  Stas 

^ftifa  igiv^  in  der  Nacht  lasse  sieh  niebu  mehr  an&rigeni 

Beweis  genug,  dals  er  den  Blinden  niehtjnk  etnea  Me* 

fsen  Maohtwort  an  heilen  im  Sinne  gehabte  habo^  wes  er 

auch  bd  Macht  hätte  aussprechen  können,  dafr  er  Tioi* 

a^lir  eine  ktinstjiche  Operation  habe  Tomehmen  Wollen, 

na  welcher  er  freilich  das  Tageslicht  bednvAe*  Der  mjlog 

ferner,  welchen  Jesus  mitteist  seines  Speichels  macht,  ond 

dem  Blinden  auf  die  Angen  streicht,  ist  Ja  der  natftrli^n 

.  Auslegung  noch  günstiger  als  das  blofse  miaag  bei'm  w^ 

rigen  Fall,  wefswegen  denn  ans  demselben  die  Fragen  mid 

Vermnthnngen   wie  Pilne  in   üppiger  Fülle  aufeehierssn. 

Woher  wuIste  Johannes,   fragt  man 9   dafs  Jona  niebts 

wdter  als  Speichel  und  Staub   an  der  Augensalbe  nahaiJ 

'    war  er  selbst  dabei,  oder  hatte  er  es  hlofii.aua  der  £t«lb« 

long  des  geheilten  Blinden  I    Dieser  konnte  aber  bei  dem 

seh  wachen  Schimnmr,  den  er  nur  |mtte,  nicht  genau  sc* 

.bau,  was  itßUB  rornahm;  er  konnjte  irjnUeiekt^  weitaAe- 

sne,  während  er  aus  andern  XpgrfnMen»len  eine  S^Umvaiidi- 

te,  ButtÜig  auch  anaspuckte,  aapf.deü  Wabn^ vcrfaUeH, 

dem  Ausgespuckten  mA  die  SaUbe  e»telinda»i/  Meeli  1 


Ranntet  Kapitel,    f.  M.  ^ 

lMit^eM«,wXhrenil  oder  ehe  er  etwet  euf  die  Aogifin  strleb^ 
Nleht  eneh  etwas  ans  deoaelben  weggenommen,  weggetfrl* 
cben^  oder  sonnt  etwas  daran  verändert,  was  der  Blinde 
selbet  Md  die  Umstehenden  leicht  für  Nebensache  ansehen 
konnten  ?  Endlich  das  dem  Blinden  gebotene  Waschen  Im 
Teiche  dauerte  vielleicht  mehrere  Tage,  war  eine  iSngere 
Badekur,  und  das  ifX9e  ßliriMv  sagt  nicht,  dafs  er  nach 
dem  ersten  Bade,  sondern  dafs  er  cu  seiner  Zelt,  liadh 
Vollendung  der  Kur,  sehend  wiederkam  ^ ^)« 

Aliein ,  um  von  vorne  anzufangen,  so  wird  hier  dem 
'^fiiQa  und  vt^  eine  Bedeutung  gegeben,  welche  selbst  ei« 
nem  VxiiTimiNi  an  seicht  gewesen  Ist  ^^),  und  namentlich 
dem  Zusammenhange  mit  V«  ft.  suwIderlXnft,  welcher  durch* 
iiua,  eine  Beslebung  der  Worte  auf  den  baldigen  Hingang 
Jesu  erheischt  2  ^>  Was  aber  von  etwaigen  medicinllcben 
Ingrediennlen  des  mjXdg  vermuthet  wird,  ist  um  so  boden« 
loeer^  als  hier  nicht  wie  bei  dem  vorigen  Falle  gesagt  wer» 
den  kann,  es  werde  nur  das  angegeben ^  was  der  Blinde 
durch  das  Oehdr  oder  einen  leichten  Lichtschimmer  wahiv 
nehmen  konnte,  da  Ja  diefsmal  Jesus  den  Kranken  nicht 
allein,  sondern  In  Uegenwart  seiner  Jünger  vornahm.  Über 
die  weitere  Vermuthung  vorangegangener  chirurgischer 
Operationen,  durch  welche  die  im  Texte  allein  angegebeile 
Bestreichung  und  Waschung  cur  Nebensache  vrlrd,  ist 
nichts  SU  sagen,  als  dafs  man  an  diesem  Beispiele  sieht, 
wie  nflgellos  die  einmal  eingelassene  natürliche  Erklfirnng 
aieb  alsbald  gebftrdet,  und  die  klarsten  Worte  des  Textee 
durch  die  Gebilde  ihrer  eigenen  Combinatlon  VerdrSn^t» 
Wenn  ferner  daraus,  dafs  Jesus  den  Blinden  snin  Ti^lche 
gehen  hiels,  gefolgert  wird,  er  müsse  noch  einen  ^S^ihetn 
des  Lichts  gehabt  haben,  so  ist  dagegen  nu  bemerken,  dafii 


2S3  Pacuts,  Conun.  4,  S.  472  S«  .  n 

»}  ffatUrlicke  Getch.  3,  S.  2i5.  '  , 

27)  s*  fbatcea  oad  L(!tMB  x.  d.  St. 


,j80  Zweiter  Aheehftitt 

JesQf  demselben  iiiir  angab^  wohin  er  sich  begeben  Cviui^ 
yeiv)  solle;  wie  er  diefs  näher  angreifen  wollte^  ob  allein 
gehen  oder  einen  Führer  nehmen,  das  überliefs  er  ihm  sel- 
ber« £ndlich  wenn  das  eng?erbundene  anr^ld-ev  &f,xal  eW- 
tparo  xai  ^kd^e  ßlincoiiCV.  7 y  vgl.  V*  11.)  eu  einer  ■iehr-> 
wöchigen  Badekur  auseinandergebogen  wird,  so  bt  diels 
gerade,  wie  wenn  man  das  veni,  vidi,  viei  übersetsen  woUU 
te :  nach  meiner  Ankunft  recognoscirte  ich  mehrere  Tag^ 
lieferte  hierauf  in  gehörigen  Zwischenseiten  unterschiedli« 
che  Schlachten,  und  blieb  endlich  Sieger. 

Es  läfst  uns  also  auch  hier  die  natürliche  Erklfirun^ 
IIB  Stiche^  und  wir  behalten  einen  von  Jesu  wnnderbaif 
gctieilteu  BÜadgeborenen.  Dafs  nnsre  obigen  Zweifel  ge- 
gen die  Realität  iler  Blindenheilnngen  hier,  wo  es  sich  von 
Rugeborener  ülindheit  handelt,  in  verstärktem  Maafse  wie» 
der  kehren,  i^t  natürlich.  Und  zwar  kommen  hier  noch  ei- 
nige besondero  kritische  Gründe  hinzu.  Keiner  der  dr^l 
er^tc»n  EvAiiigdiBten  weifs  etwas  von  dieser  Heilung.  JN«n 
aber,  weint  doch  in  der  Gestaltung  der  apostolischen  Tra- 
dition ^f\A  in  der  Auswahl,  welche  sie  unter  den  von  Jean 
EO  erzählenden  Wundern  traf,  irgend  ein  Verstand  gewe»> 
aen  sein  soll,  so  mufs  sich  diese  nach  den  zwei  Gesichts- 
punkten  gerichtet  haben:  erstlich,  die  gröfseren  Wander 
vor  den  scheinbar  minder  bedeutenden  auszuivählen ,  ai|d 
■weitefis  diejenigen,  an  welche  sich  erbauliche  Erörternn- 
gen  knüpften,  vor  denen,  bei  welchen  diefs  nicht  der  Fall 
,wa^.  lo  der  ersteren  Rücksicht  war  nnn  offenbar  die  I)ei- 
lang  eines  von  Geburt  an  Blinden,  als  die  ungleich  schwie» 
rigi^ve,  ypr  der  eines  Blinden  schlechthin  auszuwählen,  und 
man  «begreift  nicht,  wenn  doch  Jesus  wirklich  einen  Blind- 
geborenen, sehend  gemacht  hat^  warum  davon  nichts  In  die 
evangelische  Tradition  und  also  in  die  synoptischen  Evan- 
gelien gekommen  ist.  Freilich  konnte  mit  dieser  Rücksicht 
eaf  die  tiröfse  des  Wunders  die  andere  auf  die  Erbao- 
liebkeit  der  daran  sich  knüpfenden  Reden  niqht, gelten  ^1- 


AeaiiCes  Kapitel.    (.94.  81 

lldiren,  so^  daf«  ein  mliider  aaffalleiidee^  aberducoh  die  6e- 
•jirfiche^  die  e«  veraulaicle^  fruchtbareres  Wunder  eine« 
«uffalleiidereiii  aber  bei  welchem  daa  Letztere  vieiii|^tr  an» 
traf^  forgeaogen  werden  mochte*  Aliein'  die  Ueiluug  dea 
Blindgeborenen  bei  Johiinnea  ist  Ton  so  merkwflrdigen  Ge^ 
tprichen^  saerst  Jesu  mit  den  JOngem^  dann  des  ileheil« 
teil  mit  der  Obrigkeit,  endlich  Jesu  mit  dem  Geheilten,  br« 
gleitet,  wie  ?on  dergleichen  bei  den  sjrnoptisehen  Bündtu« 
bvilnngen  lieine  Spur  ist,  Gespräche,  ?on  welchen,  wenn 
auch  nicht  der  ganee  dialogische  Verlauf,  so  doch  gnoml« 
s<rhe  Perlen,  wie  V.  4«  5.  39«,  sich  auch  für  die  Darstel» 
luiig  der  drei  ersten  Evangelisten  trefflich  eigneten.  Diese 
büiten  also  nicht  umhin  gekonnt,  statt  der  sowohl  weniger 
merkwürdigen,  als  auch  minder  erbaulichen  Blindeuhel- 
luiigen,  welche  sie  haben,  die  Heilung  des  Blindgeborenen 
aufzunehmen,  wenn  dieselbe  in  der  evangelischen  Überlie- 
ferung, aus  welcher  sie  schöpften,  befiudllch  gewesen  wl* 
re.  Der  allgemeinen  evangelischen  Verkündigung  konnte 
ue  möglicherweise  unbekannt  hleiben,  wenn  sie  an  einem 
Orte  ond  unter  Umständen  vorgefallen  war,  die  ihre  Ans« 
breitung  nicht  begfinstigten ,  also  wenn  sie  in  einem  Win- 
kel dea  Landes  ohne  weitere  Zeugen  verrichtet  worden  war. 
.  Ahet  Jesus  vollbringt  sie  Ja  vielmehr  au  Jernaalem , .  im 
Kreise  aeiner  Jünger,  mit  gröfstem  Aufsehen  in  der  Stadt, 
und  som  höchsten  Anstolse  bei  der  Obrigkeit:  da  mulste 
die  Sache  bekannt  werden,  wenn  sie  anders  geschehen  war, 
und  da  wir  sie  in  der  gewöhnlichen  Evangellentradition 
nicht  als  bekannt  antreffen,  bo  entsteht  der  Vei dacht,  sie 
möchte  vielleicht  gar  nicht  geschehe  seln^ 

'  Abf r  der  Gewährsmann  bt  doch  der  Apostel  Johan« 
ne«.  Wenn  diefii  nur  nicht,  ausser  dem  unglaublichen, 
also  schwerlich  von  einem  Augenaeugeii  herrührenden  In* 
halte  des  Berichts,  auch  noch  aus  einem  audern  Grund  nn* 
wahrscheinlich  würde.  Der  Referent  erklärt  nämlich  ^en 
Nümen  des  Teiches  ^Iwafi  durch  das  griechische  amffxl--: 
Düi  Ub$ti  Jesu  11.  Bmnd.  ^ 


8S  Zweiter   Abschnitt 

fitvog  (V.  70  s  otno  faiiclie  Erlillrung,  denn  ein  Abgeschick- 
ter helGit  lyh^^  wogegen  nStff  der  wahrscheinlichsten  £r- 
l&lärufig  Eofolge  einen  Wussergurs  bedeutet  -*)•  Der  Evan- 
gelist wähite  aber  Jene  Deoeung,  weil  er  twischen  den 
Namen  des  Teichs  und  der  Sendung  des  Blinden  su  dem- 
selben eine  bedeutungsvolle  Beeiehung  suchte,  und  sich 
also  vorgestellt  sn  haben  scheint,  dt^r  Teich  habe  durch 
besondere  Ffignng  den  Namen  des  Gesendeten  bekommen, 
weil  dereinst  vom  Messias  Eur  Offenbarung  seiner  Herr- 
lichkeit,ein  Blinder  su  demselben  gesendet  werden  sollte  ^^)* 
Nun  konnte  allerdings  ein  Apostel  eine  grammatisch  un- 
richtige Erldärung  geben,  sofern  er  nur  nicht  als  inspirirt 
vorausgesetct  Wird,  und  auch  ein  geborener  Palästinenser 
konnte  sich  in  Etymologieen  hebrftiscber  Wx)rte  irren,  wie 
das  A*  T*  selber  seigt :  doch  aber  sieht  eine  Spielerei  die- 
ser Art  eher  wie  das  Machwerk  eines  entfernter  Stehen* 
den  als  eines  Augenseugen  aus«  Der  Augenzeuge  hatte  an 
dem  angeschauten  Wunder  und  den  vernommenen  Heden 
genug  Bedeutungsvolles:  erst  bei  dem  entfernter  Stehen- 
den konnte  die  Mikrologie  eintreten,  da(s  er  auch  aus  dea 
kleinsten  Nebensiigen  eine  Bedeutung  heraustupressen  such- 
te. TuOLUCK  und  Lt^CKX  stossen  sich  stark  an  einer  sol- 
chen, wie  der  Letztere  sich  ausdrückt,  an  Unsinn  streifen- 
den Allegorie,  welche  sie  ebendefswegen  sich  nicht  für  jo- 
hanneisch  aufreden  lassen  wollen,  sondern  als  eine  tiloAAe 
bedachten«  Da  jedoch  «die  kritischen  Auetoritüten,  bis 
auf  Efne,  minder  bedeutende,  dieselbe  bieten,  so  ist  eine 
solche  Behauptung  die  haare  Willktthr,  und  man  hat  nur 
die  Wahl,  ob  man  mit  Olsimuskn  ^uch  an  diesem  Zug  als 
einem  apostolischen  sich  erbauen '  ^),  oder  mit  den  Proba- 


28)  t.  Paulus  und  Lücki  x.  d.  St. 

29)  so  Kuthymiut  und  Paulus  z.  d.  St, 

90)  h.  Comm.  2y   S.  250 ,  wo  er  jedoch  das  cln^^aZ/uroi  auf  den 
voa  liott  «Hsgebeudca  Geistetstrom  bezieht. 


]M%aiitfs  Kapitel    $.  M.  »         Sa 

bilien  demel^n  mit  anter  die  Merkmale  ?on  ^m  nicht  apo« 
ftColiachen  Ursprung  des  vierten  £Fangeliums  £$blen  will '  >)« 
Was  nnn  aber  den  Verfasser  des  vierten  fivangtlioBSy 
oder  die  Überlieferung,   ans  welcher  er  achöpfte^  veran» 
lassen  Lonntei  anzufrieden  mit  den  Blihdenheilangen,  ton 
welchen  ^ie  Synoptiker  beriehten ,  die  vorliegende  £rzlih* 
hing  aosKubilden,  liegt  schon  in  dem  bisher  Ansgefflhrten« 
Bs  ist  schon  von  Andern  die  Bemerkung  jgeDacht,  wie  das 
vierte  Evangelium  swar  wenigerei  abemm  so  stärkere  Wun- 
der von  Jesu  ersBählc  ^-)*     So ,. wenn  Ae  fibrigen  Evange- 
lien simple  Paralytische  haben,  welche  Jesus  heilt,  hat  das 
vierte  Bvangellnm  einen,  der  SS  Jahre  lang  gel&hmt  vrurf 
wenn  Jesus  in  jenen  eben  Verstorbene  wiederbelebt,  ruft 
er  in  diesem  einen  schon  vier  Tage  in  der  Gruft  tialege« 
neii,*bei  welchem  bereits  der  Bintritt  der  Verwesung  ^ii 
vermuthen  war,  in   das  Leben   surück;  ebenso  hier  statt  ' 
einfacher  Blindenheilungen  die  Heilung  eines  Blindgebore- 
nen, —  einß  Steigerung  der  Wunder,   wie  sie  der  apolo« 
getisch-dogmatischen  Teifdenz  dieses  Evangeliums  gans  an» 
gemessen  ist*    Auf  weichem  Wege  hiebei  der  Verfasser  des 
Bwingeliums  oder  die  particuläre  Tradition',   welcher  er 
folgte  9  sn  den  eincelnen  Zügen  der .  EriaKhlung  kommen 
konnte^  ergiebt  sich  leicht    Das  Tirhiy  war  bei  magischen 
Augenkuren  gewöhnlich ;  der  Tttjkds  ^^S  ^  Surrogat  einer 
Augensalbe  nahe  und  kommt  auch  sonst  bei  cauberhaften 
Anoceduren  vor  ^ ') ;  der  Befehl,  sich  im  Siloatejch  eu  wa«v 
sehen  y  kann  der  Verordnung  ÜJisa'^,  dafs  "der  auisätsige 
Na§man  sich  siebenmal  im  Jordan  baden  $Me^  uachgebildet 
aeio.  Die  Verhandlungen,  welche  aich  an  die  Heilung  knQ^fen^ 
gehen  theils  ans  der,  auch  von  Storr  bemerklich  gemach- 
ten Tendenz  des  Johanneischen  Evangelloms  hervor,  sowohl 


3i)  S.  93- 

32)  HdtTSR,  InunÄAUely  S«  79;  BAiTtcaxiioiii;  Frobab.  S.  122* 

33)  WsTtTBx%  z.  d.  St. 

6* 


iHf»  Ileilaiiji  mh  die  angcjborne  ßliii<lbeit  des  Menic&en  müg» 
liehst  orkaadlleh  tu  machen  ond  na  verborgen,  daher  dns 
viederbolte  yerhör  des  €eheihen  eelbst  end  sogar  seiuef 
KU^rnj  theits  drehen  sie  sich  um  die  symbolisehe  Bedeutung 
der  Aasdrücke:  tvflos  und  :/?Ai;rcüy,  ij/iipa  und  n>|,  wie  kio 
jfcwar  apeh  den  Synoptikern  nicht  fremd  ist,  noch  spec&fi« 
eeher  jedoch  In  xien  Johanneischen  fiUderknis  gshört. 

Heflun^n  roa  PartlyHsch^tt.    Oh  Jesus  Kr^lih^tea  als 
SUnaeastrafea  hetrachtet  habe. 

Ein  Wichtiger  Zug  in  der  johanneischen  fleiinngsge« 
*"  iehkl^ijdesL  |tlthdgeboi*etten  ist  Übergangen  vvonlen,  weil 
#r  erst  ip  Verbindung  mit  einem  entsprecbenilen  in  der 
synoptischen  Krsähtang  voa  der  Heilang  eines  Paralyti- 
schen iMffttb.  9|  1  ff.  Marc.  2^  1  fil  Luc.  S,  17  fl&),  die  wir 
demnächst  suSbetrachten  liabeni  richtig  gewürdigt  werden 
kann*  Hier  ninrtioli  erklärt  Jesus  dem  i^ranken  auersts 
iipiwvTcd  au  td  ^fia^rlaiaOf  und  hierauf,  als  Beweis^  dab 
er  vm  solelfiBr  Sfindea?ergebung  Töilmachi  habe ,  hellt  er 
ihhi  wobei  die  Besieh^ng  auf  die  Jüdische  Ansicht  nicht 
Terkannt  w^en  kann  ^  daA  das  Übd  nnd  namentlich  die 
Krankheit  des  fikiselaen  Strafe  seiner  Sünde  iel;  eine  An« 
siühty  welche )  In  ihren  Umndaügen  im  A*  T.  angelegt 
<S  Mos.  16,  14  £  5  Mos.  28»  lUL  SChron.  21»  1&  18  f.J, 
ton  den  SfiXteren  ttiidea  aufs  Bestimmteste  ausgesprochen  . 
wurde  ^>  Hikten  w(r  nmn  blels  Jene  synoptische  BrsAb» 
Inng»  so  müfstln  wir  fiaubeni  Jesus  habe  die  Ansiebt  sei* 
ner  Zeit-  hihI  Volksgenossen  über,  diesen  Punkt  ^etheilt, 
inde  #  er  Ja  seine  Befugnirs,  jäünden  (als  Orund  der  Krank- 
heit} i^n  Tergeben»  dureh   eine   Probe*  seiner  Fähigkeit» 


i)  Nedarim  f.  4I|  t.  (bei  SsRSrrsaiv,  f,  8.9S.)l  Dixk  IL  CkSa 
fil.  Abhai  nuiltts  atgPohu  «  wi^frbo  soo  asa^af »  fronte  ipd 
muua  jMccMia  nmism  sink 


kl«t  lli;apUeL    i.  M.  M 


Krunkbelteii  (die  Folgen  der  Sinde)  sa  belteii^  bfwd«t. 
Alleiii)  sagt  man,  es  ^nden  licb  andre  Stellen,  Wo  itnm  dl»> 
aer  jQdUchen  Meinong  geradeen  widerspricht )  ttnd  darava 
folgt,  dafs,  was  er  dort  Bun  Paralyttsdieit  tpraeJb,  bla(aa 
Accommodation  an  die  Vorstellungen  des  Kranken  MrFöi^ 
denuig  seiner  Heilvng  war  *)• 

Die  Hauptstelle,  welehe  lAan  biefür  anantfibren  pfiegt^ 
ist  eben  die  Einleitnng  der  aaletat  betraditeten  Geschichte 
vom  Blindgelkorenen  (Job.  9,  1  —  S).  Hier  nAmlich  legen 
die  Jünger ,  wie  Ua  den  Mann  am  Wege  steKbn  sehen,  den 
nie  als  yonGebnrt  an  Blinden  kennen,  Jean  die  Frage  Tor, 
«>b  seine  Blindheit'  Fqlge  seiner  oigenerf,  oder  der  SOude 
aeiner  filtern  sei!  Der  Fall*  war  Air  die  jodiscba  Ver- 
geitangstheorie  besonders  schwierig.  Von  Übeln ,  wdkhe 
einem  Menschen  eot  im  Verlaufe  seines  Lebens  enge- 
atoasen  sind,  wird  der  auf  eine  gewisse  Softe  sich  einmal 
neigende  Beobachter  leicht  irgend  welehe  eigene  Varsch«^ 
duÄgen  dieses  Menschen  i^  Ursaelie  ausfindig  machen  nder 
doch  Toranssetsen«  Von  angeborenen  Übeln  dagegen  gab 
nwar  die  altbebräische  Aasle^  (2  Mos.  M,  5.  8  Mos.  5,  9. 
SSam.  a,  291)  die  Srkliirong  an  die  lland,  dafs  durch  die- 
selben die  Sünden  der  Vorfahren  an' den  Nachkommen 
bekugesncht  werden;  allein,^  wie  für  das  toensehliche Recht 
ihs  mosaische  Gesets  selbst  verordnete,  da6  Jeder  nur  fiir 
eigene  Vergebungen  aoUs  gestraft  werden  ktanen  (S  Mv^* 
24,  16.  2  Ron.  14,  ^)>  und  aueh  in  Beang  auf  d^  göttli- 
ebe Strafgereelitigkelf  die  Propheten  ein  gleiches  ahnten 
(Jer.  Sl,  39«  £seeh.  18,  10.  &) :  se  ergab  drh  f'Jr  sngcb^» 
rene  Übel  dem  rabbinischeh  Soharftinn^  der  Al  ^  *:^«; ;,  sot- 
a]ie  Menselian  mögen  woU  schon  in  MutterieÄbe  «/t^Aümif^jt 
haben  ')^   nndf  diese  Meiqung  war  ea  ohiie  Zweifel  ^mcb^ 

-  X 

2)  Ha»,  lu  ^  ^  93.    W^m^tHMr  ^  Mattk.  S.  335.*      ^ 
«}  Sankedv«  t  91,  %  und  Cereacliitb  Rabba  f.  .^8,  1.  (I^ei  Li^nr.' 
iooT,'8kl05<K):  JbUotwm$inUfr0gavit  ßabkUJiuktm) :  a  ^ua- 


9$  Zweiter  A^bsehtiiCt  • 

Welche  die  Jinger  bei  ihrer  Frnge  V.  S.  voraossetsten. 
/Wenn  ihn§h  nun  Jesus  zur  Antwort  giebt,  weder  um  ei- 
ner eignen,  noch  um  einer  'Sünde  seiner  Eltern  willen  sei 
Jener  Mensch  blind  zur  Welt  gekommen,  sondern,  um  darcli 
die  Hellong,  welche  er  als  Messias  an  ihm  vollflehen  soll- 
te, die  Wendermaoht  (iotfes  ^.ur  Anschauung  zu  bringen: 
so  wird  diefs  insgemein  so  verstanden^  als  hfitte  damit  Je« 
sns  jene  ganse  Meinung,  dafs  Krankheit  und  sonstiges  Übel 
wesentlich  SOndenstrafe  sei,  verworfen.  Allein  ausdrück- 
lich spricht  hier  Jesus  nur  von  dem  FgUe ,  der  ihm  eben 
vorlag ,  dafs  dieses  bestimmte  Übel  hier  nicht  in  der  Ver- 
schuldung des  Individuums,  sondern  in  höheren  göttlichen 
Absichten  seinen  Grund  habe;  einen  allgemeineren  Sinn  und 
die  Verwerfung  der  ganzen  Jüdischen  Ansicht  in  jenem 
Ausspruche  zu  finden,  könnte  man  nur  durch  andre  be- 
stimmter dahin  lautende  Aussprüche  ein  Recht  bekommen« 
Da  nun  aber  dem  Obigen  zufolge  in  den  synoptischen  Evan- 
gelien eine  Erzählungsich  findet,  welche,  einfach  aufge- 
faßt, vielmehr  ein  Einstimmen  Jesu  in  die  herrschende 
Meinung  enthält,  so  würde  sich  fragen,  was  leichter  an- 
lache, jenen  synoptischen  Aasspruch  Jesn  als  Accommoda* 
tion,  oder  den  johannelschen  nur  mit  Bezug  auf  ..den  vor- 
liegenden Fall  ZQ  fassen?  eine  Frage,  welche  Jeder  za 
Gunsten  des  letzten  Glieded  entscheiden  wird,  der  einerseits 
die  Schwierigkeiten  der  Accomodationshypothese  in  ihrer 
Anwendung  auf  die  evangelischen  Aussprüche  Jesu  kennt, 
.und  amdrerseits  sich  klar  macht,  dais  in  der  beti*e&nden 
Stelle  des  vierten  Evangeliums  eine  allgemeinere  Beziehung 
^ts  Aussjnuchs  gar  nicht  angedeutet  ist. 

Freilich  darf  nach  richtigen  Interpretationegrundsfitzen 
pln  t.>  angellst  nicht  unmittelbar   ans  einem  andern  erläo- 


nnm  tempore  ineipii  maku  qffechts  pramalere  in  homineX  an 
a  hmpore  formaHanis  ejus  (in  uteroyy  an  a  tempore  procesßi^ 
nis  eju$  (jsx  ntero)  ?  DicU  ei  Rabbi :  a  tempore  Jormationii  eftUm 


Meuutos  Kapitel.  %.  1^.  bl 

terl  werden ,  •ond^*n  et  bliebe  in  lyMreoi  Falle  wohl  oiSg. 
Itch,  dab,  w&hrend  die  Synoptiker  Jeiu  Jen«  Zeitanaiebt 
EUflchreiben,    der   höher  gebildete    Verfasser  des   vierten 
Evanveliams  ihn  dieselbe  verwerfen  liefse:  allein  dafs  aneh 
er  jene  Abweisung  der  ^itansicht  von  Seiten  Jeso  nar 
auf  den  einaelnen  Fall  besog,  beweist  er  dureh  die  Art, 
wrie  er  ein  andermal  «Jesum  reden  läfst  Wenn  dieser  näm-  - 
lieb  KU  dem  achtunddreifsigjtfhrigen  Kranken  «loh.  S.  nach 
seiner  Wiederherstellung  warnend  sagt:  fijjydti  afui^cn'if 
U'a  (xi^  x^^^^  "^^  ^0^  yivijtai,  CV.  140}  so  ist  diefs  %e  gut, 
«Is  wenn  er  einem  an  Heilenden  sumft:   ufficavtal  aoi  ai 
cifiaQTiac  an,   beidemale  nämlicb  wird  Krankheit  als  SUii« 
denstrafe  hier  aufgehoben,  dort  angedroht.  Doch  aucb  hier 
wissen  die  Erklärer,  denen  es  unwillkommen  ist,  von  Jesu 
eine  Ansicht,  welche  sie  verwerfen,  anerkannt  au  finden, 
dem  uatllrlichen  Sinne  auszuweichen.    Jesus  soll  das  be- 
aondre  Obel  dieses    Menschen    als   eine  natOrliche  Folge 
gewisser  Ausschweifungen  erkannt,  und  ihn  vor  Wieder* 
holung  derselben  gewarnt  haben ,   weil  diefs  eine  gefährli* 
chere  Recidive  herbeifittfaren  könnte  ^)«    Allein  der  Denk- 
weise des  Zeitalters  Jesu  liegt  die  Einsicht  in  den  natüi*li- 
eben  Zusammenhang  gewisser  Ausschweifungen  mit  gewis- 
sen Krankheiten  als  deren  Folgen  weit  ferner  als  die  An- 
sicht von  einem  positiven  Zusammenhang  der  Sfinde  Ober- 
haupt mit  der  Krankheit  als  deren  Strafe;  es  mtifste  also, 
wenn  wir  dennoch  den  \Vortea  JiBsu  den  ersteren  Sinn 
sollten  unterlegen  dürfen,  dieser  sehr  bestimmt  in  der  Stel- 
le angeseigt  sein.      Mun  aber  ist  in  der  gansen  Eralblung 
Yan  einer  bestimmten  Ausschweifung  des  Siensehen  nicht 
die  Rede,  das  von  Jesu  ihm  angerufene  fiTjKlfi,  äfiäQtarE  be- 
leichnet  nur  Sündigen  überhaupt^   und   eine  Unterredung 
Jesu  mit  dem  Kranken,  in  welcher  er  denselben  üb^r  den 
Zusammenhang  seines  Leidens  mit  einer  bestimmten  Sünde 


4)  Favlvs,  Conun.  4,  S.  264.    Ll'cas,  2f  S.  22. 


M  Zweiter  AbsciMite. 

belehrt  fifttte,  en  sappllren,  ^%  ht  die  willkihrUchnte  Fi- 
rtion.  Welche  Aiiele^ng,  wenn  man,  iiin  einem  degmutigch 
iinAngenehnien  Ergebnirs  anscawetchen^  die  eine  Stelle  (Joh. 
9)  SQ  einer  All^ememheit  erweitert,  welche  nicht  In  ihr 
liegt,  die  andere  (Matth.  9.)  ^<i«*ch  die  Accomeiodationfchypo* 
these  elndirt ,  der  dritten  f  Joh.  5.)  einen  modernet  Begriff 
gewaltsam  anfdrSngt:  atati  dafr,  wenn  «Min  n«r  die  erste 
Stelle  nicht  mehr  M^^en  tfifst  als  sie  engt,  die  beiden  an- 
dern In  ihrem  snnichst  liegenden  Sinne  nicht  im  Mindesten 
angetastet  sn  werden  brauchen! 

Doch  man  bringt  noch  eine  weitere,  und  Bwar  syn- 
optische Stelle  herbei ,  nm  Jesu  die  Erhabenheit  über  die 
heseichnete  Volksmeinnng  sn  rindlclreii.  Wie  Ihm  nftmlich 
eiiimai  von  Galllffern  erzählt  worde,  welche  Pllatns  befm 
Opfern  hatte  niederhanen  lassen ,  and  Ton  andern,  welche 
durch  den  Einsture  eines  Thurmes  rerungNlckt  wäre«  (Luc. 
1.1,  1  ff»),  wobei  die  ErsXhler)  wie  man  glauben  mnfs,  sa 
erkennen  gaben ,  daTs  sie  Jene  Ufiglacksfiille  für  gfittliohe 
Strafen  der  besondem  VerworfSMiheit  jener  Leute  ansehen, 
erwiederCu  Jesus,  de  möchtet^  Ja  nichl  glauben  ^  Jene  Men- 
sehen seien  betonders  sehlecht  gewesen ;  sie  selbst  seien 
um  nichts  besser,  i|nd  sehen  daher,  falls  sie  sich  nicht  be- 
kehren, einem  gleichen  Untergang  entregen.  Ei  ist  in  der 
That  nicht  klar,  wie  man  in  dieser  Äusserung  Jesu  eine 
Verwerfung  Jener  Volksansicht  finden  kann*  Wollte  Jesus 
g^gen  diese  sprechen,  so  mufsfte  er  entweder  sagen:  Ihr 
seid  ebenso  grofse  Stfnder,  wenn  ihs  auch  nicht  auf  die 
gleiche  Weise  leiblich  su  Grunde  gehet;  oder:  glAbet 
Ihr,  daft  Jene  Menschen  ihrer  Sflnde  wegen  eu  6runde  ge- 
gangen seTen?  nein!  dieis  sieht  man  an  euch,  die  ihr  uuh 
erlebtet-  eurer  Schlechtigkeit  doch  nicht  ebensu  bu  Grunde 
irehet*  80  dagegen ,  wie  der  Ausspruch  Jesu  bei  Lukas 
kniet,  kann  ddr  Sinn  desselben  nur  dieser  sein:   dafs  Jene 

»)  Wie  Tai^cjc  i.  d»  St  thut. 


Menaehen  schon  jetxt  etil' solcher  UbMI  betroffeo  bat,  ^ 
«f^ist  aichto  für  ihre  besondre  ScÜeehtlf^eit^  so  wenig  diis, 
ifttk  ibr  bisher  Toti  ilerirfeichen  verschont  sfehllAem  seid, 
tQr  eure  frSTsere  Wardigkelt  beweist;  vielmehr  werden 
frirtier  oder  später  Aber  euch  kommende  ähnliche  Strefp»- 
rtohte  eure  gleiche  Schlechtigkeit  beorkonden  —  wodurch 
also  das  Gesete  dvs  ^osaminenh^ngs^swtschen  Sfinde  und 
Dngiflok  Jedesr  Einzelnen  bestätigt,  nicbt  nmgestorsen  wlk*- 
de*  Diese  vi^ffti- hebrtische  Ansicht  iion  Krankheit  und 
Cbel  steht  nun  allerdings  im  Widersprncher  mit  jener  eeoie- 
riscKen ,  essenisch*eblo«itiscben ,  die  wir  Im  Eingani^  der 
Berffrede,  im  Gteicftnifs  Tom  reichen  Mann  a«d  sonst  gp- 
finncfen  haben,  nach  wet^|ler. vielmehr  die  Gereellte«  in  die- 
sem Aon  die  Leideaden,  Armen,  Kranken,  sind :  allein  bei- 
de Ansiehten  Jiegen  einmal  in  den  Ansserongen  Jesu  fOr 
eine  unbefangene  Exegese  sa  Tage,  und  der  Widerspruch, 
weichen  wir  swiscliea  beiden  finden,  berechtigt  uns  we- 
der ,  die  eine  Klasse  von  Anssprficbcip  gewaltsam  su  deu- 
ten, noch  auehy  sie  Jesu  abnusprechen,  da  yvlt  nicht  1^ 
rechnen  können,  wie  er  defi  Widerstreit  sweierifam  von 
Tertehiedenen  Seiten  der  damal^en  jAdische»  Bildung  her 
gebotenen  Weltanschauungen  ftir  sich  gelöst  haben  mag. 

Wattton  die  oben  erwähnte  Heilung  betrifft,  so^lae« 
sea  die  Synoptiker  Jesom  den  Boten  des  Täufers  gegen- 
über sieb  namentlich  auch  darauf  berufen ,  dafs  durch  sei- 
ne Wnudermacht  x^^i'Ol  nBQinax&aiv  (Mattb,  II,  5.)  9  und 
^hi  i^dermal  wundert  sich  das  Volk ,  wie  es  neben  andern 
Geheilten  auch  xtaX^s  nBfmoctSvrag  und  tvXlig  vyut§  er- 
btlekt  £Matth«  13,  Sl.>  An  der  Stelle  der  polol  werden 
anderwärts  nagalmiitoi  aufgeführt  (Matth.  4,  t4.)>  nnd 
nsmentlieh  sind  In  den  detaillirten  HellungsgescUchten, 
welche  wir  über  diese  Art  von  Kranken  haben^  (wieMatth. 
%  l.  S.  parall.  8,  5*  parallO  nicht  ^coitol,  sondern  naqa-^ 
Inuctfl  genannt.  Der  Kranke  Job.  6,  5.  gehörte  wiphl  so 
den  xüßXuiüi   von  welchen  V.  S.  die  Red^  g«vesen  war; 


iMI  Zwolter  AbschnitU 

«bendiiielbt  find  ^i^^2  aufgef&hrt,  and  86  finden  wirlllattb. 
If  9  9.  ff«  parali.  die  Heilung  eines  Menschen  y  der  eine  x^iif 
^r/^ia  hatte.  Da  jedoch  die  drei  eoletst  angeführten  Hei- 
lungen ¥on  QJiederlLranben  unter  andelrn  Rubriken  uqb 
M'iederkehren- werden:  so  bleibt  hier  nai*  die  Heilang  des 
Paralytischen  Matth.  9,  1  ff.  parali  8u  beleuehten  flbrlg. 

Da  die  Definitionen,  welche  die  alten  Arste  von  der 
naQulvaig  geben,  zwar  alle  aftf  Lähbiung,  aber  unentscbie* 
den^  ob  totale  oder  partiale,  geben  ^),  und  fiberdiefs  von 
den  Evangelisten  kein  strenges  Festhalten  an  der  medieini- 
•chen  Kunstsprache  za  erwarten  ist,  so  mfissen  wir^  ^^m 
sie  unter  Paralytischen  verstehen,  aus  ihren  eignen  Be- 
schreibungen von  dergleichen  Kranken  entnehmen.  In 
unsrer  Stelle  nun  erfahren  wir  ton  dem  nagalvtixog^  dafs 
er  auf  einer  xllvt]  getragen  werden  mufste,  und  dafs,  ihn 
zum  AnCitehen  und  Tragen  seines  Bettes  zu  befähigen, 
fOr  ein  nie  gesehenes  naQado^ov  galt,  woraus  wir  also  auf 
eine  Lfihmung  wenigstens  der  Fdfse  schliefsen  mfissen. 
Während  von  Schmerzen  und  einem  hitzigen  Charakter  der 
Krankheit  in  unsrem  Falle  nicht  die  Rede  ist,  wird  ein 
solcher  in  der  Geschichte  Matth.  8,  6.  unverkennbar  vor- 
ausgesetzt, wenn  der  Centnrio  von  seinem  Knechte  sagt: 
ßißlt^ai^naQalvTtxdg  i  deivcSg  ßaaccvi^Ofifvog ,  so  da(s  wir 
also  unter  der  naQalvocg  in  den  Kvangellen  bald  eine 
schmerzlos  Ifihmende,  bald  eine  schmerzhaft  gichtische 
Gllederkrankheit  zu  verstehen  hätten  ^). 

In  Schilderung  der  Scene ,  wie  der  Paralytische  Matth. 
9,  1  ff.  paralU  zn  Jesu  gebracht  wird,  findet  zwischen  den 
drei  Berichten  eine  merkliche  Abstufung  statt.  Matthäus 
sagt  einfach^    wie  Jesus  von  einem  Ausflug  au  das  jensei- 


6)  Man  sehe  sie  bei  Wetstsui,  N.  T.  1,  S.  284,  und  in  Waiu.*i 
Ciavis  u.  d.  A.  nach. 

7)  vgl.  WiniA,  Rcslw.  1.  Aufl.  S.  776.  und  Fjutzsciis,  in  Matth, 
p.  194. 


Nenntos  Kapitel.    $•  03.  fl 

tige  Ufer  niicb  Kapemanoi  snrfickgekehrt,  eel^  bebe  »an 
Am  einen  Painüytischeni  anf  eine»  Leger  hlngeitreekt,  ge- 
bracht. Lnlias  beechreibt  genau,  wie  Je^us,  von  einer 
grofaen  Menge ,  namentlich  Ton  Pharisäern  und  Schrift- 
gelehrten,  umgeben,  in  einem  Hanse  lehrte  und  heilte,  und 
wie  ille  Trtfgitt*  des  Paralytischen ,  weil  sie  vor  der  Vollto- 
meage  nicht  durch  die  Thfire  so  Jesu  gelangen  konnten, 
den  Kranben  durch  das  Dach  su  ihm  niederiieisen.  Be- 
denkt man  A\ib  Structnr  morgenlffndtscher  Hguser,  auf  de- 
ren plaltes  Dach  aus  dem  oberen  Stockwerk  eine  Öffnmig 
f&hrte  ^),  und  nimmt  man  den  rabbinischen  Sprachgebraneh 
bitixa,  in  welchem  der  via  per  portam  CDTIHD  "pl)  die 
via  per  tecium  C^^  *PD  als  nicht  minder  ordentlidier 
Weg ,  namentlich  um  In  das  vfUQijfOv  sn  gelangen ,  gegen- 
übergestellt wird^):  so  kann  man  unter  dem  xaOtiyai  S$a 
Tiü¥  x€Qdfi(Ov  schwerlich  etwas  Anderes  verstehen ,  als  dab 
die  Träger,  welche  entweder  mittelst  einer  unmittelbar  von 
der  Strafse  dahin  fahrenden  Treppe,  oder  vom  Dache  des 
Macbbarhanses  aus  auf  das  platte  Dach  des  Hauses,  In 
welchem  Jesus  sich  Iwfand,  gelangt  waren,  den  Kranken 
sammt  seinem  Bette  durch  die  im  Dachboden  bereits  be- 
findliehe Öffnung,  wie  es  scheint  an  Stricken,  su  Jesu  her- 
abgelassen haben.  Markus,  der  in  der  Verlegung  der  See* 
ne  nach  Kapernanm  mit  Matthäus,  in  Schilderung  des  gros- 
sen tiedr^nges  und  der  dadurch  veranlafsten  Besteigung  des 
Daches  mit  Lukas  susammenstimmt,  geht,  ausserdem,  dafa 
er  die  Zahl  der  Träger  auf  viere  festsetzt,  darin  noch  wel- 
ter als  Lukas ,  dafs  er  dieselben  ,  ohne  ROcksicht  auf  die 
schon  vorher  vorhandene  Thfire,  das  Dach  abdecken  und 
durch  eine  erst  aufgegrabene  Öffnung  den  Kranken  hinun- 
terbefärdem  läfst. 

Fragen  wir  auch  hier,  in  welcher  Riehtnng,  ob  anf« 


8)  WiKSR,  a.  a.  O.  u.  d.  A.  Dach. 

9)  LiaMTVOOT,  p.  601. 


9i  Zweiler  ilbiehnitt. 

Wirts  oder  abwfirt%  der  Klimax  wohl  eher  eaMenden  sein 
mHgej  so  hat  die  auf  der  Spitse  desteiben  stehende  Ersäh- 
lang des  Markos  so  viel  Sehwleriges»  dafs  sie  wohl  4aiim 
für  die  der  Wahrheit  nfichste  wird  angesehen  werden  kön- 
nen.     Denn  nieht  allein  Ton  Gegnern  ist  gefragt  worden, 
wie  lienn  das  Daeh  habe  aufgegraben  werden  können  ^  oh- 
ne die  daronter  Befindliehen  an  beschidigen  '^)?  sondern 
«neb  Olshausin  rflumt  ein,  dats  die  Zerstärang  der  oberen, 
Bik  Ziegeln  bedeekten,  Flftehe  etwas  Äbenteoerliehes  hm* 
be  *  0*    Diesem  ansanwelehen  nehoien  manehe  Erklürer  an, 
Jefftts  habe  entweder  im  Inneren  Hofe  ''),    oder  vor  ciem 
Hanse  '<)  unter  flreiem  Himmel  gelehrt,  und  die  Trtfger  ha- 
ben nur  von  der  Brustwehr  des  Daehes  ein  StOck  herans* 
gebroehea,  am  den  Kranken  bequemer  beranterlassen  na 
können«    Allein  sowohl  die  Beaelehnnng:  dta%üv  xefaftt>9Pf 
bei  Lukas,    als  die  Ausdrücke  des  Markus  machen  diese 
Auffassung  anmöglich,  indem  hier  weder  ^iy^i  BruMwehr 
des  Daehs,  noch  aTtogsya^m  das  Durchbrechen  von  dieser, 
i^oQVTtfa  aber  doch  nur  das  Aufgraben  eines  Loches  be- 
deuten kann.     Bleibt  hiemit  das  Aufbrechen  des  oberen 
Dachbodens ,  so  wird  diels  auch  nooh  delswegen  nnwahrr 
soheinllch ,  weil  es  völlig  flberflissig  war,  sofern  In  jedem 
J)ache  sich  eine  Thttre  befand.    Daher  hat  man  sieh  dnrch 
die  Annahme  an  helfen  gesucht,  dals  die  TcSger  awar  die 
Im  Dache  schon  vorher  befindlicbe  Thöre  benfltat,  diese 
aber,  weil  sie  für  die  Lagerstatt  des  Kranben  an  eng  ge- 
wesen, durch  Wegbrechen  der  umgebenden  Ziegellagen  er- 
weitert haben  <^);    allein  anoh  hiebel  bleibt  das  Gefiihrli- 


10)  WooLSTOify  Ditc.  4«. 

11)  1»  S.  310  t 

12)  KösTKRy  Immanuel,  S.  166.    Anm«  66. 

13)  So  tcbeint  et  Paulus  xu  meinen,  L.  J.  f,  a,  S.  238.    Anders 
exeg.  Handb.  1,  b,  S.  505. 

14)  So  LlSüTffOOTi  KuiSÖLi  OUttAUtSM  s*  d.  St* 


Neoi*tes  KupiCeL    S»  9S.  fS 

die,    and  die  Worto  lauten  Ton  einer  eigene  gentehle», 
Bkht  bloCi  erweiterten  Öffnnng  im  Dache, 

So  gefthriieb  und  dberflflssig  aber  ein  eolehes  Begin« 
aea  In  der  Wfarklichkeit  war,  so  leicht  Ififtt  sich  erklfireis 
wie  Markos )  in  weiterer  Aosmalong  des  Berichtes  ?mp 
Lakas  begriflen ,  auf  diesen  Zog  verfallen  konnte.    Lukas 
batte  gesagt)  man  habe  den  Kranken  hinabgelassen,  so  dals  er 
ift7tQoe9By  tS^lrflö  herunterkam.    Wie  konnten  die  Leute  ge^ 
rado  diese  Stelle  treffen,   firagte  sich  Markos^  wenn  Jesus 
»lebt  Buftllig  unter  der  TbOre  des  Daches  stand ,  als  ila- 
larch  9  da(s  sie  das  Dach  in  der  tiegend ,   unter  welcher 
de  Jesam  befindlich    wolsten,    aufbrachen,    ianegiyaoav 
ffpß  giff]9  ms  ^  '  *))  '  ^in  Zog,  den  Markus  um  so  lieber 
•afhahoi,  weil  er  den  keine  Mtfhe  scheuenden  Elfer,  wel« 
eben  das  Zun^auen  in  Jesu  den  Leuten  einfldlste,   in  das 
itirksjte  Licht  nu  setxeo  geeignet  war»    Aber  ebM  aus  dem 
kttteren  Interesse  seheint  auch  schon  die  Abweichung  des 
Lakas  von  Matthius  herrorgegangen  au   sein,     fiel  Mat« 
tbius  aimlich,  der  die  Trfiger  den  Paralytischen  auf  dem 
gewöhnlichen  Wege  so  Jesu  bringen  lilst,  indem  er  ohne 
Zweifel   das  mthselige  Herbeischleppen  des  Kranken  auf 
Minem  Lager  für  sieh  schon  als  Probe  ihres  tilaubens  an« 
tah,   tritt  es  doch  minder  bestimmt  herror,  worin  Jestis 
ihre  fdgtg  gesehen  haben  solL    Wurde  nun  die  Getchichte 
ortpranglieh  so ,   wie  sie  Im  ersten  Evangelium  lautet,  vor« 
gstragsn,  ao  konnte  leicht  der  Reis  entstehen,  ein  mehr 
kerrortretendes  Zeichen  ihres  Zutrauens  fttr  die   Träger 
Mtfindig  an  machen ,  welches ,   sofern  man  die  Scene  au« 
gkieh  in  grolsem  Volksgedränge  vor  sich  gehen  liefs,  am 
Angemessensten  in  dem  ungewöholichiDn  Wege  gefunden  an 
werden  scheinen  konnte ,  welchen  die  Leute  einschlugen, 
aai  ihren  Kranken  au  Jesu  an  bringem  \ 


IS)  i.  FRrrctCHBy  in  Marc  S»  $% 


94  Zweiter  Abschnitt. 

Doch  nuch  die  Darsteilang  dei  Mattbfin«  können  wir 
nielit  für  treaen  Bericht  von  einem  Factnni  halten.  Man 
hat  swar  den  Erfolg  dadurch  ala  einen  natfiriichen  dar^u* 
stallen  gea^ucht,  dar«  man  den  Zustand  des  Kranken  nur 
fittr  Nervenschwiche  erkifirte,  bei  welcher  das  Schlimmste 
die  fitabildung  des  Kranken,  sein  Übel  müsse  als  Sünden* 
stcefis  fortdauern )  gewesen  sei  ^^);  man  hat  sich  anf  ana- 
loge Fülle  schneller  psychischer  Heilung  von  Lähmungen 
bmfen  '^),  und  eine  länger  fortgeset£te  Nachkur  ange- 
nommen^^); allein  das  Erste  und  Letzte  ist  reine  Will- 
ktlbr;  wenn  aber  an  den  angeblichen  Analogieen  auch  et- 
was Wahres  sein  sollte,  so  ist  es  doch  immerhin  ohne 
Vergleicbung  leichter  möglich  gewesen,  dafs  Ueilungsge- 
scbkhten  von  x^J^i'Oiß  und  naQalmixoig  den  messlanischen 
Erwartungen  gemäfs  sich  in  der  Sage  hilden ,  als  dafs  sie 
wirklich  erfolgen  konnten.  In  der  schon  angefahrten  Stelle 
des  Jesaias  nämlich^  35,  6,  war  von  der  messianischen 
Zeit  auch  verheifsen:  Tore  aXeitai.  atg  ilafpog  6  xoi^y  und 
in  demselben  Zusammenhang,  V.  3.,  war  den  yot^ata  Tia— 
faXilv/iira  ein  taxpaccra  sugerufen,  was,  wie  die  übrigen 
damit  ausammenhängenden  Züge,  später  eigentlich  verstan- 
den und  als  Wunderleistung  vom  Messias  erwartet  worden 
sein  muf«,  da  sieb,  wie  schon  erwähnt,  Jesus,  cum  Be- 
weise, dafs  er  der  iQxofiivog  sei,  auch  darauf,  dafs  x^i-oi 
luquunuai^  berief. 

S*    96. 

ünwillliUbrliche  Heilongen. 

Etlichemale  In  ihren  allgemeinen  Angaben  über  die  hel- 
fende Thätigkeit  Jesu  bemerken  die  Synoptiker,  dals  Kranke 


16)  Paülvs,  exeg.  Handb.  1,  b,  S.  498.  501. 

17)  BsNCBL,  Gnomon^  1,  S.  245.  ed.  2.  Paulu«,  S.  502,  nimmt 
auch  hier,  wieder  ein  offenbares  Mitbrchen  auf  Livia«  2,  569 
als  natürUch  erklärbare  Geschichle. 

18)  Pavws,  a.  a.  O.    S*  501. 


Noifhteg  Kapitel.  (§•  06.  95 

aller  Art  Jenaiu  mir  sn  berühren,  oder  am  Saume  seines 
Kleides  bu  fassen  gesucht  haben  9  am  geheilt  mn  werden, 
was  dann  auf  die  Berührnng  hin  auch  wirbiich  erfolgt  sei 
(Matth.  14,  36.  Marc  S,  10.  6,  50.  Luc.  6^  19.>  Hier 
wirkte  also  Jesus  nicht,  wie  wir  es  bis  Jetst  immer  gefna* 
den  haben,  mit  bestimmter  Richtung  auf  einzelne  Kranke, 
«ondem,  ohne  dafs  er  Ton  jedem  besondre  Notia  nehmen 
konnte ,  auf  ganze  Massen ;  sein  Vermögen  zu  heilen  er- 
aebeint  hier  nicht,  wie  sonst,  an  seinen  Willen,  sondern 
an  seinen  Leib  und  dessen  Umhüllungen  gebunden;  er 
spendet  nicht  selbstthfitig  Kräfte  aus,  sondern  mnis  sich 
disselben  unwillkührllch  abgewinnen  lassen. 

Auch  von  dieser  Gattung  der  Heilungswutider  Ist  uns 
ein  detaillirtes  Beispiel  aufbehalten,  in  der  Geschichte  von 
der  blutflflssigen  Frau,  welche  sämmtliche  Synoptiker  wie- 
dprgeben,  und  sie  auf  eigenthfimliche  Weise  mit  der  Ge- 
tchichte  Ton  der  Auferweckung  der  Tochter  des  Jairus  so 
Terflechten,  dafs  auf  dem  Hinwege  zu  ffessen  Hause  Jesus 
die  Frau  geheilt  bähen  soll  (Matth.  9,  SO  ff.  Marc.  5, 25  ff. 
Lue.  8,  43  ff.)«  Vergleichen  wir  die  Darstellung  des  Vor» 
gangs  bei  den  verschiedenen  Evangelisten,  so  könnten  wir 
dieramal  versucht  sein,  die  des  Lukas  fUr  die  ursprüngli- 
che zu  halten ,  weil  aus  ihr  die  gleicbmäf^ge  Verl^dun^ 
der  bezeichneten  zwei  Geschichten  sich  vielleicht  erklären 
iiefse.  Wie  nfimlich  die  Leidenszeit  der  Frau  von  sKmmt- 
liehen  Referenten,  so  wird  von  Lukas,  welchem  Markus 
folgt,  auch  das  Lebensalter  des  Mädchens  auf  zwölf  Jahre 
geaetzt,  eine  Gleichheit  der  Zahl,  welche  wohl  im  Stande 
gewesen  sein  könnte,  die  beiden  Geschichten  in  der  evange« 
lischen  Überlieferung  zusammenzngesellen.  Doch  dieses  Mo- 
nent  steht  viel  zu  vereinzelt,  um  für  sich  eine  Entschei- 
dnog  herbeizuführen,  welche  nur  aus  einer  durchgeführten 
Vergleiehung  der  drei  Berichte  nach  ihren  einzelnen  Ztt^ 
gen  hervorgehen  liann.  Matthüus  nun  bezeichnet  die  Frau 
einfach  als  yvwj  alfio^uoSaa  duideyM  sVjj,  was  einen  so  lan- 


M         *  Zweiter    Abschnitt. 

ge  «ndaaerndiaii  starken  Blatrerlast^  rmrmuthiich  in  Form 
cn  reichlicher  Menstraation^  bedeutet  Lukas,  der  aiigeb- 
Ucbe  Arzt,  Eeigt  sich  hier  seinen  Kunstverwandten  keiues- 
%Tegs  hold,  sondern  setzt  hincu,  die  Frau  habe  ihr  ganzes 
Vermögen  an  Arzte  gewendet  9'  ohne  dafs  diese  ihr  liiCtten 
heifen  können.  Markus,  noch  ungünstiger,  fügt  bei,  dafs 
sie  Ton  den  vieien  Ärzten  viel  habe  leiden  müssen,  und 
dals  es  durch  dieselben,  statt  besser,  vielmehr  schlimmer 
mit  ihr  geworden  seL  Die  Umgebung  Jesu,  als  die  Frau 
zu  ihm  tritt,  bilden ^ nach  Matthäus  seine  Jünger,  nach 
Markus  und  Lukas  drängende  Volksmassen.  Nachdem  nua 
alle  drei  Berichterstatter  erzählt  haben,  wie  die  Frau,  el>ett- 
so  schüchtern  als  irertrauensvoll,  Ton  hinten  herzugetreten 
sei  und  den  Saum  Ton  Jesu  Gewand  berührt  habe,  melden 
Markus  und  Lukas,  sie  sei  alsbald  geheilt  worden,  Jesus 
aber  habe^das  Ausgehen  einer  Kraft  gefühlt  und  gefragt, 
wer  ihn  berührt  habe?  Als  die  Jünger  befremdet  erwie- 
dern,  wie  er  denn  bei  so  allgemeinem  Drängen  und  Drücken 
des  Volks  eine  einzelne  Berührutig  habe  unterscheiden  kön- 
nen? beharrt  er  nach  Lukas  auf  seiner  Behauptung,  nach 
Markus  blickt  er  suchend  um  sich,  die  Thäterin  ausfindig 
SQ  machen.  Auf  dieses  kommt  nach  beiden  die  Frau  zic* 
tfrnA  herbei,  fällt  ihm  zu  Füfsen  und  bekennt  Alles,  wor- 
auf er  ihr  die  beruhigende  Versicherung  giebt,  dafs  ihr 
Glaube  ihr  geholfen  habe.  Diesen  eomplicirten  Hergang 
hat  Matthäus  nicht,  sondern  läfst  nach  der  Berührung  Je» 
snm  sich  umschauen,  die  Frau  entdecken  und  ihr  die  Ret- 
tung durch  ihren  Glauben  verkündigen» 

Die  vorgelegte  Differenz  ist  so  erheblich,  dafs  man 
sich  nicht  zu  sehr  wundern  darf,  wenn  Sroaa  zwei  Ter- 
schiedene  Heilungen  blutflüssiger  Frauen  annehmen  woll- 
te ')•  Wurde  er  aber  hiezu  noch  mehr  durch  die  bedeu- 
tenderen Abweichungen  bestimmt,  welche  in  der  mit  vor- 


i)  Vki^r  den  Zweck  der  evang.  Gesch.  und  derBr,  Joh.  S.  551  f. 


Nennte«  Kapitel.    $.06,  9t 

liegender  Heilungsgeschiehte  Terflochtenen  Eirjlilnng  von 
der  Äuferweckung  der  Tochter  des  Jaims  sich  finden:  so 
wird  es  eben  durch  diese  Verflechtung  Tollends  uniaüglleh, 
sich  TorEusteilen,  da(s  Jesns  swdnial^  beidemale  im  Hin- 
weg sor  Wiederbeiebnng  der  Tochter  eines  jOdischen  o^. 
XHüv,    eine  zwölf  Jahre  lang  mit  dem  Blntflafs  bel;aftete 
fraa  geheilt  haben  solle.     Wenn  in   Betracht  dessen  die 
Kritik  Iftngst  für  die  Einheit  der  factischen  Grnndlsge  unp 
serer  drei  Ersählangen  sich  entschieden  hat,   so  hat  sie 
cQglelch  den  Berichten  des  Markas  ond  Lukas,  ihrer  gAs* 
seren  Anschaulichkeit  wegen,  den  Vorzug  gegeben  >).    Al- 
lein^ gleich  von  Torne,  wenn  doch  von  Markus  Jeder  bu* 
geben  wird,   dafs  sein  Zusatz:    ällä  fiaiXov  €ig  to  ;^€?— 
Qov  iX&Saay  als  Ausmalung  des  äx  iaxvaev  in  edevog  &e- 
Qonev^vai  bei  Lukas,  auf  seine  eigene  Rechnung  kommt: 
so  scheint  dieser  Zog  bei  Lukas,  gleichfalls  nur  eine  selbst« 
erschlossene  Ergänzung  des  aifto^QOsaa  dtidexa  hrj  zu  sein, 
welches  Matthäus  ohne  Zusatz  wiedergiebt.    War  die  Frau 
so  lange  krank,  dachte  man,   so  wird  sie  in  dieser  Zelt 
Tiel  mit  Ärzten  zu  thun  gehabt  haben,   und  weil  zugleich 
im  Contrast   gegen  die  Ärzte,  welche  nichts  ausgerichtet 
hatten,  die  Wundermacht  Jesu,  welche  augenblicklich  H<Slf6 
scbaflfite,  in  um  so  glänzenderem  Lichte  erschien :  so  bilde» 
ten  sich  in  der  Sage  oder  bei  den  Referenten  jene  Zusätze. 
Wie  nun,  wenn  es  mit  den  fibrigen  Differenzen  sich  eben«* 
so  rerhielte?    Dafs  die  Frau  auch  nach  Matthäus  Jesum 
nur  Ton  hinten  berührte,  dräckte  das  Bestreben   und  die 
Hoffnung  aus ,  verborgen  zu  bleiben ;  dafs  Jesus  sich  so« 
gleich  nach  ihr  umsah,   darin  lag,  dafs  er  ihre  Bet*dhrung 
gefiOhlt  haben  mufste.    Jone  Hoffnung  der  Frau  wurde  er* 
Uärlicher  und  dieses  Gefühl  Jesu  um  so  wundervoller,  je 
mehr  Menschen  Jesum  umgaben  und  drängten :  daher  wurde 
aus  dem  Geleite  der  (xa^r^al  bei  Matthäus  von  den  beiden 


2)  ScHULX  s.  s.  0.  8.  317;   Olsuausiii,  1,  S.  322. 
^DaiL^benJgm  2teAt{ß  il.  Band.  7 


andern  ein  aw&Xlß^a&oa.  durch  die  o^loi  gemaebf.  Da  so- 
gleich in  dem  aach  von  Matthäus  erwähnten  Umschauen  Je- 
^n  nach  der  Berührung  die  VoraussetEuug  gefunden  vi  erden 
konnte^  dafs  er  diese  auf  eigenthümliche  Weise  empfunden 
babe^  so  bildete  sich  \^eiterlun  die  Sceneans,  wie  Jesn«, 
obgleich  von  allen  Seiten  gedrängt ,  doch  jene  einzelne  Be- 
rflbrnng  an  der  Kraft ,  die  sie  ihm  entlockte,  herausfühlt, 
und  so  wurde  das  einfache  iniSQaq)e}g  xccl  tdwv  aitrjp  def 
l^latthäus  eo  einem  fragenden  und  die  Thäterin  ans  der 
Bienge  heraussuchenden  Sichnmwenden,  welches  das  Ge- 
atändnifs  der  Frau  zur  Folge  hatte,  umgebildet.  Endlich, 
weil  als  das  Eigen  thfimliche  dieser  Heilungsgescbicbte,  auch 
nach  ihrer  Gestalt  im  ersten  Evangelium ,  bei  Vergleichung 
von  14,  36.9  das  erschien,  da(s  die  Berührung  des  Kleide« 
Jesu  für  sich  schon  heiieijd  gewesen :  so  bestrejbte  man 
sich  beFm  Weitererzählen  der  Geschichte  immer  mehr, 
unmittelbar  nach  der  Berührung  den  Erfolg  eintreten,  und 
Jesnm  auch  nach  demselben  noch  längere  Zeit  über  die 
Thäterin  in  Ungewiföheit  sein  zu  lassen  (Letzteres  im  Wi« 
der^ruche  mit  der  sonstigen  Voraussetzung  eines  höheren 
Wissens  Jesu);  so  dafs  sich  von  allen  Seiten  die  Ereäh* 
long^des  ersten  Evangeliums  als  die  frühere  und  einfachere, 
die  der  beiden  andern  als  spätere  und  ansgescbmücktere 
Formation  der  Sage  zu  erkennen  giebt/ 

Was  nun  den  gemeinsohaftlichen  Inhalt  der  Erzählungen 
betrifft ,  so  ist  in  neuerer  Zeit  beiden ,  orthodoxen  wie  ra- 
tionalistischen, Theologen  das  Un wlUkührliche  des  heilenden 
Einwirkens  Jesu  ein  Anstofs  ge\^esen.  Gar  zu  sehr  —  hierin 
stimmen  Paulus  und  Olshausen  zusammen  ^)  —  werde  hie« 
durch  die  Wirsamkeit  Jesu  in  das  Gebiet  des  Physi- 
schen herabgezogen;  Jesus  erscheine  da  wie  ein  Magna- 
^seur,  welcher  böi  dar  bellenden  Berührung  nervensebwu- 


3)  exeg.  Handb.  1,  b,  S.  524 f.;  bibl.  Ccmm.  1,  S.  324 f. i  vgL 
Htttxsa,  JUnmanuel,  S.  201  fU 


Renntes  Kapitel.   ^$.96*  99 

eher  Personen  einen  Abgang  an  Kraft  verspürt;   wie  eine 
geladene  eiektrisebe  Batterie ,  die  bei'm  Betasten  sich  ent- 
ladet.     £ine  solche  Vorstellang  von  Christo  ^  meint  Ols- 
■AUSBir^  verbiete  das  christliche  Bewnfstsein,  welches  sich 
vielmehr  genöthigt  finde  ^   die  in  Jesu  wohnende  KraftfUle 
ab  durchaus  beherrscht  durch  seinen  Willen,  und  diesen 
geleitet  durch  das  Bewufstsein  von  dem  sittlichen  Zustande 
der  SU  heilenden  Personen,   sich  su  denken.     Uefswegen 
wird  nun  vorausgesetzt ,  Jesus  habe  die  Frau  auch  ungese- 
hen wohl  erkannt ,   und  mit  Rücksicht  auf  ihre  Flihigkeit, 
doreh  diese  leibliche  flOlfe  auch  geistig  gewonnen  su  wer* 
den,    seine  hellende  Kraft  vvoblbedacht  in  sie  ausströmen 
lassen,  sich  aber,  um  ihre  falsche  Scham  leu  brechen  und 
sie  Eum  offenen  Bekenntnifs  zu  treiben,  gestellt,  als  ob  er 
nicht  wfifste ,  wer  ihn  berührt  habe.    Allein  das  christliche 
Bewufstsein ,    d.  h,  in  dergleichen  Fällen  nichts  Anderes, 
als  die 'fortgeschrittene  religiöse  Bildung  unsrer  Zeit,  wel- 
che die  alterthümlichen  Torstellungen  der  Bibel  nicht  ea 
den  ihrigen  machen  will ,  hat  eu  schweigen ,  wo  ea  eben 
nicht  auf  dogmatische  Aneignung,  sondern  rein  auf  exege- 
tische Ermittlung  der' biblischen   Vorstellongeh  ankommt. 
Wie  von  der  Einmischung  dieses  angeblich  christlichen  Be* 
wufstseins  die  meisten  Verirrqn^en  der  Exegese  herrühren, 
so  hat  es  auch  hier  den  genannten  Ausleger  von  dem  offenba« 
ren  Sinn  der  Berichte  abgeführt.   Denn  nicht  nur  lautet  in 
den  beiden  ausführlicheren  Ersählungen  die  Frage  Jesu: 
tlg  6  Stpccfievog  fis ;  in  der  Art ,  wie  er  sie  bei  Lukas  wieder- 
holt nnd  bei  Markus  durch  ein  suchendes  Umherblicken 
bekräftigt,    durchaus  als  eine  ernsticb  gemeinte,    vrit  ja 
Oberhaupt  die  Bemühung  dieser  beiden  Evangelisten  dahin 
geht,    das  Wunderbare  an  der  Beilkraft  Jesu  dadurch  In 
ein   besonders   helles  liicht  zu  setsen,  dals  durch  blolaa 
gläubige  Berdbrnng  seines  Gewandes,  ohne  dals  er  die  be- 
rthrende  Person  erst  en  kennen,  oder  ein  Wort  sn  ihr  zu  spre- 
dian  braneble,  Hellung  von  ihm  «u  erlangen  gewesen  sei; 

7* 


IM  Zwelltr  Absch«Itn 

sondern  anob  artprttnglkh  selion  in  der  kfirseren  Daretel- 
Inng  des  Matthäa»  liegt  in  dem  TtQogel^aa  OTua&ev  tit/ßa— 
to  und  inigQaq^elg  xal  Idwv  mtijv   deutlich  diefe,    dnCß 
Jesus  erst  naclideai  sie  ihn  berührt  hatte  9  die  Frau  ken^ 
nen    gelernt    habe.       Lüfst  sich  somit  eine  der  Heiiuii|r 
Toraasgegangene    Kenntnifs  der  Frau   und  ein  qiecieller 
'Wille,    ihr  zu  helfen ^     bei   Jesa  nicht   nachweisen ^  fo 
bliebe  fUr  denjenigen,  welcher  iieine  unwilllLfihrliche  Au9^ 
serung  der  Heilkraft  Jesu  annehmen  will^  nar  fibrlg^  ei- 
nen bestiindigen  allgemeinen  Willen  j    en  heilen  ^  in   ibas 
vorauseusetven,  mit  welchem  dann  nur  der  Glaube  im  Kran- 
iien   cnsammen treffen   durfte ^    um   die  wirkliche  Heilung 
hervorsn  bringen.      Allein   dafs^   unerachtet  eine  specielle 
Willensrichtung  auf  die  Heilung  dieser  Frau  in  Jeqi  nicht 
vorhanden  war,  sie  durch  ihren  blofsen  Glauben,  auch  oh- 
ne Berührung  seines  Kleides^  gesund  geworden  wäre ,  ist 
gewifs  nicht  die  Vorstellung  der  Evangelisten,   s^dem  es 
tritt  hier  an  die  Stelle  des  individuellen  WiUensactes  von 
Seiten  Jesu  die  Berührung  von  Seiten  des  Kranken ;  diese 
ist  eS)  welche  stntt  des  ersteren  die  in  Jesu  ruhende  Kraft 
sur  Äusserung  bringt :   so  dafs  mithin  das  Materialistische 
der  Vorstellung  auf  diesem  Wege  nicht  sn  vermeiden  ist. 
Einen  Schritt  weiter  mufs  die  rationalistische.  Ausle- 
gung gehen,  welcher  nicht  blofs,  wie  dem  oiodernen  Sn- 
pranatnralismus ,  ein  unbewufstes ,  sondern  überhaupt  das 
Ausgehen  heilender  Kräfte  von  Jesu  unglaublich  ist,  wel- 
che aber  doch  die   Evangelisten  geschichtlich  wahr  erzäh- 
len lassen  will.    Mach  ihr  wurde  Jesus  an  der  Frage,  wer 
Ihn  berührt  habe,  lediglich  dadurch  veranlafst,  dafs  er  sich 
im  Vorwärtsgehen  aufgehalten  fühlte ;  dafs  die  Empfindung 
einer  dvva^ig  i^eXx>5aa  die  Veranlassung  gewesen  sei,  ist 
blofser  Schlufs  zweier  Referenten,  von  welchen  der  eine, 
Markus,  es  auch  blofs  als  eigene  Bemerkung  giebt,  und  nur 
Lukas  es  der  Frage  Jesu  einverleibt ;  die  Genesung  der  Frau 
wurde  durch    ihr  exaltirtes  Zutrauen  bewirkt  ^    vermöge 


M  M  der  Bigahrung  des  Saumes  Jet*  fit  etten 
Hervw  BOiftiiiMaiMduMiderte^  wodai^  vielleicht  etaeplststtt 
ehe  ZueaimenElehaiig  der  erwekerten  BlM|;ef)iAe  berbet- 
gefilbvC  iprorde ;  flbrtjfeiM  kennte  «{#  im  Angeribkeke  nur 
»einen,  aiohl  gewife  wissen ,  geheilt  en  sein,  und  erst 
Mieh  «iid  neeh,  vldleiebc  in^Folge  dee  Gelmmehs  von  MM^ 
lein,  die  ihr  Jesus  anrieth ,  wird  das  IMei  sieb  vdlfig  ver^ 
lofen  haben  ^).-  AUeki  wer  wird  sieh  dle^  eehttdbtame  Be>* 
rttbrung  einer  kranlLen  Fran,  deren  Absiebt  war,  verhör^ 
gen  SU  bleiben ,  und  deren  Olanbe  aoeh  dnreh  das  lelsesta 
AAstireifen  HeÜong  oo  erlangen  gewITs  war,  ils  ein  An£ia» 
een  vorstellen ,  weiehes  den  naeh  Ifarkns  and  Lnfcai  vom 
Volk  umdrfogten  Jmub  im  6eben  anfbMt?  wa*  ÜQr  ein 
miiofatiges  Vertraoen  fsrner  auf  die  Maoht  des  Vertrauenft 
gehört  ao  der  Annahme^  dafs  es  ohne  Blnantrltt  einer  rea- 
Im  Kraft  von  Seiten  J^sa  einen  nwttlQfihrigeii  Biatflnft 
gehellt  oder  aach  aar  gemindert  habe  I  endlich  aber,  wenn 
die  Evangelisten  einen  selbstgemachten  Sehloüi  (dafs  ein» 
Kraft  von  ihm  ausgegangen)  Jesn  in  den  Mond  gelegt,  nnd 
eine  nur  snoeeissiv  eingetretene  Wiederherstellnng  ah  eine 
mosMOtane  besolurieben  haben  sollen :  so  fällt  mit  dem  Anf* 
geben  dieser  Züge  die  BOigsohaft  fiv  die  historische  Rea- 
lität der  ganaen  £rsähhing,  aber  ebendanOt  aveh  die  Veis 
nriatimng  hinweg  ,  sieh  mü  der  natürlichen  £rklSruag  ver^ 
gebliebe  Mfthe  an  machen« 

In  der  That  aneh,  betrachten  wir  itnr  die  vorliegende 
Crslhlung  etwas  näher,  und  vergleichen  sie  mit  verwand^ 
ten  Anekdislen,  so  können  wir  über  Ihren  eigentlichen  Cha- 
rakter nicht  im  Zweifel  bleiben.  Wie  hier  nnd  an  eini- 
gM  andern  Stellen  von  Jesn  esnählt  wird,  dais  dnreh  Uo- 
fae  BerOhrong  seines  Kleides  Kranlie  genesen  seien :  so  be- 
fliehtet  die  Apostelgeschichte,  dab  dto  aoäd^ta  umt  aifii^ 

• 

4)  Paumjs,  exeg.  H^idb.  I,  b,  S.  524  f.  530;  L.  J.  1,  •>  S.244L5 
VaatinuKi,  2,  &  204  ff.  S  ftttMnw»  m  a.  O. 


10*  Zweitf^  ANeluiitt    . 

xh9uM,4m  Fftvl««»  wran  maji  «i»  ^aABgß^<,Vk  11 1)»  ««d 
1HMI  Petim  feUbt  il«v  ISkbiittefi,  wann  er  «nf  eiMn  fiel 
(Sy  15«)>  .Knmiui  «Uer  Art  iferaiKl  gemeeht  habc^  oad  apo- 
fcjryphiifobe  Eviuigdieo  leMen  dwfA  die  Wiodd«  mid  das 
IVaiehwasser  de%  Kindes  Jeau  eine  Masse  vea  Kuren  ver- 
liditet  werdai^^9*r  Von  diesen  leteleren  tieM^iicIitoni^eUii 
Jladernaiui,  dafii  e^.sioii  mit  denselben  anf -dem  Gebiete  der 
fii^  ondXiegeaio  befindet;  aber  wednrch  seilen  sich  ren 
diesen  ^are«  4nroh  die  Windeln  Jean  die  HeUaogen  dareh 
die  Sebweilstileber  Panli  antersolMiden  y  als  etwa  dadareb| 
dafii  jene  «ron  einem  Kinde  y  diese  von  einem  Brwaebsane« 
Migehen?  flewifs,  .stände  die  letatef«  Nachrieht  nicht  ia 
daem  kanealsehan  Bliche^  so  würde  sfo  Jeikrmann  für  fe- 
balbaft  haften:  and  doeb  soll  die  Glaabwfirdigkeit  der  Kr* 
ailümgen  niehtanadem  Toransgssatntsn  ürqining  des  Bqc1i% 
das  sie  entlydi,  sondern  itte  Ansiöht  von  dem  Bache  mala 
ans  der  Bescbaflbnlirit  seiner  einadnen  firalhlBngen  er» 
aeblossen-  werden.  Zwisehen  diesen  Heilangen  dnrofa  die 
SebwelfiMeher  aber  nnd  denen  dnreh  die  Bcrilbmng  dea 
Sanms  am  Kleide  findet  wieder  kein  wesentlieber  Unter- 
schied statt.  Beidemale  eine  Bertthmng  ron  Qegenstandea, 
welche  nar  in  äQsserem  Zosaamienhang  ailt  dem  Waader- 
tbiUer  stehaaj.nar  -dals  dieser  Zasammenhang  hü  den 
abgelegten  Sdiwdlstttehern  ein  unterbrochener  y  b^  dcpa 
Gewände  noch  ein  fortdaoermfer  ist;  beidemale  aber 
sind  ISHblge,  walohe  doch  aneh  der  orthodoxe  Stand- 
punkt nur  ans  dem  geistigen  Wesen  jener  Bl^nner  ablei- 
ten, und  als  Acte  ihres  mit  dem  göttlichen  einigen  Willens 
betrachten  wird,  au  phydsefaen  Wirkungen  und  Ausfla»* 
een  gemacht«  Steigt  hiemit  die  Sache  vom  religiösen  und 
theologischen  Standpunkt  auf  den  natariieben  und  physi- 
kalischen herunter,  weil  ein  Mensch  mit  einer  solchen  sei« 
nem  Körper  in  wohnenden  und  ihn  als  Atmosphäre  nmflies- 


5)  9.  da»  Evangelium  infantile  arabicum  bei  Fabiucivs  und  Thilo. 


BiWiiMt  u  ilm'«eg«n<tfiMl«li  ilcv  ÜMM-fcuttiS 
lücbt  OMkr  der  Rdlffitm,  gelUlfM  wlH^t  so  fiiMhit  «ieh  4iv- 
NiMiirwlsMMebaft  äim«p  ^nda,  eine  s«Mie  HäMunA 
dmneb  «idür«  AnMogleen  oder  kUm  Begriffe  fcrt— ttelleo, 
und  ee  füllen  also  Jene  Heilungen,  Tom  objeecifen  GeUet 
mätdu  fttbjeetiire  verlrieken,  der  Psycheiegie  ear  Begutaeb- 
tnng  anbeia.  Diese  wird  n«n  «llerdiog«  ^  wenn  ^  dh 
Mmtht  der  Binlilidttng  nnd  des  Glenbene  In  Keebmmg 
niflMit,  für  «idgKeh  eraehten)  diafs  ohne  eine  wirUMie 
Heilkraft  in  den  vermeintUelien  WnnderthMer,  etnsigd«reh 
dmm  Oberteliwettgtfoke  Zntranen  des  Kranlien  m  üeaMil- 
hen,  fcir|Mviiebe  Leiden,  welebe  mil  dem  Merfeneyetem  In 
engerem  Jbnammenhange  stellen ,  gekeilt  werden  \Mmmmi 
wenn  nun  aber  die  Psyehologle  geseblelitliebe  Belege  bin- 
fkr  anfsueht,  so  wird  ftte  Kritik,  weMie  sie  hiebet  nttHOl- 
fe  nn  nehmen  bat,  bald  finden,  dafii  eine  weit  gröftere  Zahl 
nsa  dergleiehei^ün*en  dvreh  den  Ijiauben  Anderer  erdieli« 
tet,  ab  dnrefa  mi  angeblieh  dabei  fiethelligter  ferriebtet' 
worden  ist.  So  wXre  es  ewar  keineswegs  an  sieh  nn* 
m6glWi|,  dab  dnrcb  den  starken  Glaoben  an  eine  selbst 
den  Kleidern  nnd  Tächern  Jesn  und  der  Apostel  in^  oh- 
nende  Heilkraft  manche  Kranke  bei  Bertthrong  derselben 
wirklieb  Besserung  verspürt  hätten :  M>er  mindestens  eben- 
sognt  Itfftt  sieb  denken,  data  man  erst  spfiter,  als  naeh 
dem  Tode  jener  Männer  Ihr  Ansehen  in  der  Gemeinde  i|n- 
mer  bdher  stieg,  dergleichen  sich  glaubig  ereählt  habe ,  nnd 
es  kommt  "aitf  die  Beschaffenheit  der  Berichte  hieriib^  an, 
fdr  welche  von  beiden  Annahmen  man  sich  eu  entscheiden 
liat.  An  den  allgemeinen  Angaben  nun  in  den  Evangelien 
nnd  der  A.  G. ,  welche  ganze  Massen  anf  Jene  Weise  kn- 
rirt  werden  Us$en ,  ist  eben  diese  Häufung  Jedenfalls  tra- 
ditiondl;  cffe  detaillirte  Geschichte  aber,  welche  wir  bis- 
lier  nntersucht  habv^  hat  darin,  dafs  sie  die  Frau  ganze 
Bwtif  Jahre  lang  an  v  ner  sehr  hartnäckigen  und  am  we- 
nigsten Idors  ^ychisch  cw  heilenden  KranUieit  leiden ,  nud 


104  Zwell^r  Abielisitc 

Me  Halimg»  iMt  *Mb  dltfiteMMong  der  Kr^Miken,  davoh 
•Ine  J6«a  tMk»  uKtwMkmtB  Ki^aft  rot  Mk  g^hm  ISTs^ 
M  tM  MylMiohM,  dal«  wir  «Im  UstvriMlNi  OModiafre 
gar  iddit  Mebr-hemtfiiHkii  kömmi,  ond  dM.6Mifl».db 
&igi»  bateachtan  mdMen. 

Was  diaaam  Zaraiga  dar  evangeÜaahan  Wmidaraage  Ita 
Untaraditode  voa  andern  aain  Dasein  gageben  hat,  bc  niakt 
ariiwer  an  aebea.  Der  ataalieba  Glaabe  dea  Volks«  anft- 
Ug ,  das  05ldiehe  mit  dem  Gadaaken  an  ergreifen,  aCrob«, 
aa  MiBMr  aiebr  in  daa  aiateriaUe  Saia  berabaaaieben.  Dm* 
bar  aiulate  naeh  dar  apäftaren  Heiaang  der  heiUge  Mann 
ala  Knoobenretlqiiie  Wunder  tban»  Christi  Leib  in  der  Ter- 
naadaitca  Hostie  gqfenwfirtig  sein ,  aad  ebendaher  aneb 
naeh  eiaer  sehen  frftbe  ansgebUdeten  Vorsitllang  die  Heil* 
kraft  der  nentestaäMntliohen  Männer  an  ihrem  Leib  vnd 
dessen  Bedeebuagen  haften.  Je  weniger  man  «lesn  Worte 
lystO)  deato  mehr  hielt  man  anf  das  Fassen  seines  Man- 
telai  und  je  mehr  man  aieh  von  der  freien  (ieisteskraft  dea 
Apostela  Panina  entfernte,  desto  getroster  liefii  man  aaine 
Heilkraft  im  Sohweilstnebe  nach  Haaae  tragen« 

I^ongen  in  die  Ferne, 
Von  Jenen  nnwillkdhrlieben  Heilangen  sind  nnn  9oi* 
ohoi  welche  ans  der  Entfernung  bewirkt  werden,  eigeirt- 
lieh  das  gerade  GegentheiL  Geschehen  Jene  durch  blofse 
körperliche  Berflhrnng,  ohne  besondem  Willeosact:  so  er-  ^ 
folgen  diese  durch  den  blofsen  Wiliensact  ohne  leibliche 
Berahrui^  oder  auch  nur  rünmliche  Mähe.  Zugleich  aber 
rnnfs  man  sagen :  war  die  Heilkraft  Jesu  so  materiell,  dafä 
sie  ^  der  bloisea, leiblichen  Berfihrungnnwillkilhrlichsich 
entlud^  so  kann  sie  nicht  so  geistig  gewesen  sbin,  dafs  der 
blofse  Wille  sie  auch  über  bedeutende  Entfernungen  hin- 
übergetragen hätte;  war  sie  aber  ao  geistig,  um  auch  oh- 
ne leibllcha  Gegenwart  an  wirken ,   so  kann  sie  nicht  so 


NtvBiei  ILapiteL    %W7.  IM 


0*  wir  niw  j#iie  rebiiibfaiieb«  WlvImngpVFeis«  Jesu,  b*- 
•w«ifeU  hahwi:  «o  blieb«  iui9  filr  dlete  geistig«  freier  ftiuw, 
■od  die  Kntiebeiduiig  ühmt  dieeftlhe  wirA.alao  r^  toa  der 
Uiiiersoeliung  der  Beriefale  und  der  Saehe  eeUber  «bhAsge«. 
Als  Proben  einer  solelieii  in  ,die  f*en»e  wirluadea  Heii- 
kraft  Jesu  berkbten  iios  MettbSiis  mid  hnkM  die  Bellang 
des  luraafcen  Knechls  einee  BMplMMHU  mi  lUpi^AAllfa, 
Jpbeiinea  die  4^  iLranken  Sobas  einee  ßarnJUnii  ebendur 
jialbst  OitdOk.  8^  S  ff.  Lac  7^  1  ff.  Jeb.  4»  4A  tL^i  Unat 
Mafctl^äoe (lA» 4^  ff.)  und  Merkns  (7f  tä  £)  din HtUapg  dnif 
Tochter  des  ImnanÜfcben  Weiiiee,  wee^u,  da  di^jMitare 
*i«  der  suaunarisefaen  I^Iadea  iMcbta  £%wtbIU|iilialies  kßt, 
99^  die  e^^stufen  beidan  bier  nn  aniemuobyBn  sind.  Dk^gßi- 
wohnliche  Ansicht  nfimlich  fiher  die  beaeichnetais  £n»f  h- 
langen  ist  die,^  ^afs  «war  Matthäus  und  Lukas  dasselbe^ 
Johannes  aber  ein  von  diesen  verschiedenes  Fac^ni  nei- 
de,  da  sein  Beriebt  von  dem  der  beiden  andere  in  folgen- 
den Zagen  abweiche ;  1)  der  Ort,  von  wo  ans  Jesus  hel- 
ia,  sei  bei  den  Syn^tihern  der  Aufenthaltsort  des  Kraji* 
ken,  Kapernaum^  naoh  Johannes  ein  davon  verschiedener^ 
nfimlich  Kana;  2)  die  Zeit,  in  welche  die  Synoptiker  die 
Begebenheit  setzen,  nämboh  beide  ui|||^ttelbar  hinter  die 
Ueiiiikehr  Jesu  naoh  der  Bergrede,  sei  von  der  im  vierten 
tvangeliam  angegebenen,  ebenso  unmittelbar  nach  der  Rileii- 
kehr  Jesu  vom  ersten  Pascha  und  seiner  Wirksamkeit:  in 
Sacaaria,  verschieden;  3^  der  luranke  sei  nach  jenen  der 
Sklave,  nach  diesem  der  Sohn  des  Bittstellers;  die  wioli- 
tigsten  Abweichungen  aber  finden  4)  in  Hinsicht  des  .Bitt- 
stellers selber  statt,  indem  er  im  ersten  und  dritten  Evanr 
gebum  eine  IMilitlirperson  (ein  «xo^ovro^X^),  im  vierteil  ein 
Uolbeamter  ißaöiJUxog')}  nach  jenen  (laut  V*  10  ff*  bei 
Mstth.)  ein  Heide,  nach  diesem  ohne  Zweifel  als  Jade  an 
decken  sei;  hanptsiichlich  aber  werde  er  nach  den  Synop« 
tikern  von  Jeeu  als  Muster  des  innigsten,  demüthigsten 


IM  Zweiter  Absehnltt 

^Hüntiem  belobt)  weil  er  Ja  iesom  In  der  Euveipsteht,  dflCs 
er  andrira«  der  Ferne  heilen  Itönne,  verhinderte/ in  ieio 
Ums  SU  gehen:  nach  Johannes  dagegen  werde  er  umge* 
kehrt,  weil  er  ifie- Gegenwart  Jean  in  seinem  Hanse  sam 
Behuf  der  Belliing  ftlr  nithig  Irfelt,  wegen  seiaes  sdiwii- 
chen,  dertrv^/usfttnnd  T^^cera  bedürftigen  Glaitbens  geta<Mt  ^). 
Diese  Aliwelehnngen  sind  allerdings  bedentend  genng, 
«B  Ton  einem  gewissen  Oesielitspankt  ans  um  ihretwfllen 
mif  der  Versehiedenheit  des  dem  synopttsehen  ond'des  dem 
johanneisehen  Berichte  snm  Gmnde  liegenden  Faerisehea 
sn  beharren ;  niir  sollte  man,  wenn  man  es  Von  dieser  Seite 
so  genaa  nimmt,  «ich  Aber  die  Abweichungen,  welche  avch 
gwlseliett  den  tieiden  synoptischen  Berichten  stattfinden^ 
nielit  verblenilen«  Sehen  In  BeeefaAnnng  der  Person  des 
Lekienden  sämiMn  sie  nicht  gans  Bosammen :  Loiiaa  lieiAt 
ihn  einen  dBiog  Sptifiog  des  Hauptmanns,  l>ei  MatthSus 
nennt  dieser  ihn  o  ncng  fia^  was  ei>ensowohl  einen  Sohn 
als  einen  Diener  bedeuten  kann ,  nnA  dadurch ,  dals  der 
flauptmann  V*  9,  wo  er  von  seinem  Knechte  spricht,  den 
Ausdruck:  dälog  gebraucht,  wfihrend  der  Geheilte  V.  tS. 
noch  einmal  als  o  na7g  avrS  bcEeicbnet  wird,  eher  im  er- 
ateren  Sinne  erklärt  sn  sein  scheint.  In  Betre£F  seines  Lei- 
dens wird  der  Menseh  ron  HatthXusals  ein  naQaXvrixog  dfi- 
ytig  ßaaeoi^oinsvog  geschildert,  von  welcher  Krankheitsform 
Lukas  nicht  allein  schweigt,  sondern,  indem  er  eu  dem  unt>e- 
attmmten :  xaxiig  i'xoyv  noch  ij^ielXe  teXet^^  setst,  Manchen 
eine  andere  Krankheit  vorausEusetaen  scheint,  da  die  Pa- 
riilyse  sonst  nicht  als  schnell  tödtende  Kraniiheit  ror- 
komme  ^).  Als  die  bedefatendste  Differens  aber  geht  durch 
die  gauEe  ErEShlnng  diese  hindurch,  dafs  Alles,  was  nach 
MatthXus  der  Centurio  unmittelbar  selbst  thut,  bei  Lukas 


1)  8.  die  Ausführungen  von  Paulus,  Lücki,   Tiiolucr  und  Ou- 

HAÜSSlf  z.  d.  St. 
3)  ScuLSiBiiMACifSKi  Über  den  Lttkas;  S.  92. 


»euitet  KapIteL    $.17.  MV 


imrüi  GemudteehaftM  wmrnMMtMy  in^vm  «r  Mir  mmmt 
Kkon,  Bichl  wie  bei  BleitbftiM  peMöniioh,   eomlnm  ibrek 
die  sffeoßvti^ss  t^Vadahap^e^mm  on  fÜeHeilangersveti«, 
ikan  «ber*voQ  de»  Betreuen  eeime  Haseee  An  wierieraeii 
elcbt  eelbet  rarflekb&ll^  softdern  durch  .einife  Fremde  «ti- 
Meimea  Jnfel»  Zur  AoegkiebangdieeerDiAreiuijifiei^aiiRi 
sieh  «nf  die  Regel  i   q^^d  quU  per  idimm  fadt  ele.  an   be- 
mfim  ^y.    8oU  deieic,  wie  ec  auf  dem  Standpsdkte  der  eo 
■HiieÜMidMi   ErkÜrer  niebt  endere  deabber  ie«,    geeagt 
Min,   Mattbftus  habe  wehl  gewaGit,   dafr   swfaehe»  deii 
Havptnaami  «nd  Jeao  Allgs  doreb  Mittebpertonen  feibaii 
Mt  wcordea  sei  9  denaeeb  aber  iiabe  er  Üvt  Kftrse  wegen 
■ittelet  /euer  ftedefigvr  ibn  eeUMt  aüt  Jeso  efyreeben  iae-^ 
üa:  eo  bat  Sroaa  veUbooMaen  reebt  aitt  dekr  Cegenbewer 
bang  9  daie  wohl  sebwerUeh  Srgwid  ein  fleecbtebtecbfeibet 
Jeaa  Metooyoiie  eo  bebMirfioh  dureb  eine  ganee  Eraftblnjig 
bbidnrehfilbren  wOrde,  und  awar  in  einem  Falle,  wo  ei- 
neraeita  ilie  Redefignraieb  beincawagf  eo  von  seibet  verratbe^ 
wie  a*  B.  wenn  einem  Feldberm  aogesefariebefl  wird,  wae 
Beine  Soldaten  tbnn,  aad  wo  andreremte  gerade  aof  den  um- 
stand,  ob  die  Person  selbst  öder  dnrob  Andere  gebändelt 
habei  aar  vollen  Erkennbarkeit  ihres  Charakters  etwaa  an- 
konune  ^>    Mit  IMilieber  Conseqnena  b#  daher  Sroaa,  wie 
er  dar  bedeatenden  Differenzen  w^en  die  Eralhlung  dee 
fierten  fivangelittrae  anf  ein  anderes  Factum   bealohen  an 
möseen  glaubte^  als  die  des  erstmi  ond  dritten,  ebenso  nm 
i»  Abweiebongen  wiUen,  welche  er  ewieeben  den  Beiieb- 
tsa  der  lotteren  beiden  fand,  aneb  diese  für  Ertihlnngen 
aweiar  versobiedenen  Begebenbetten  erkllirt.  Wandert  mtan 
sieb ,  dala  au  dnrf  verschiedenen  Malen  ein  so  gana  äbafip 
eher  Hetlongefail  an  dem  gleidien  Orte  vorgekommen 


V)  Auguttin,  de  consent.  ev»«ig.  1,20;  Paulus,  exeg.  Handb.  I, 

b,  S.  709^  HötTBR,  Imatmuel,  S.  6i. 
4)  über  den  Zweck  a.  t.  f.    S.  561. 


M»    ,  Zweiter  Abielialti^ 

mU  (iImmi  anth  aach  JobjMiiies  lag  «ad  genas  der  Kranke 
itt  Kapemavm):  §o  rerwundert  «ieh  Storr  seinerseits,  wie 
arim  iai  Mindestea  onwalmebeiBUefa  finden  könne,  da(s  in 
•libapemattai  au  veneliledeiiea  Zeiten  awei  JOkiuptlente  einen 
kranken  Kneeht,  ond  wieder  ebi  andermal,  ein  Hofbeamter 
eisen  kranken  Sohn  gehabt;  dafs  der  aweite  Hsaptmann 
(des  Lukas)  von  der  Gesehiehte  des  ersten  geblhpt,  siek  anf 
-ihnliehe  Art  an  Jesan  gewendet,  und  sein  Beispiet  ebenso 
dareb  Demotb  au  fibertreffsn  gesucht  habe,  wie  der  erste 
JiaaptaMinn  CMattfa.),  dem  die  frühere  Gesehiehte  des  Hof- 
BMuu»  <Joh.)  iiekannt  gewesen  sei,  das  schwache  Vertrauen 
dieses  letaleren  habe  ttbertreffisn  woHen ,  and  dafs  -endUeh 
Jesus  alle  drei  Patienten  anf  dieselbe  Welse  ans  der  Feme 
gebeut  habe.  Allein  der  Vorfeil,  dafii  ^n  vornehmer  Be- 
amter Ton  Kapemaum  Jesnm  um  dki  fletlung  eines  Ange* 
,iiörigen  bat,  und  Jesus  aus  der  fotfernnng  so  auf  diesen 
einwk^I&te,  daCs  um  dieses  Zelt,  da  Jesus  das  heilende 
Wort  sprach  9  der  Kranke  au  Hanse  genas ,  ist  so  einsig 
fa  seiner  Art,  dafs  eine  dreimalige  Wiederholung  dessel- 
-ken  unmöglich  angenomaien  werden  kann,  und  aueh  schon 
«Ine  blo£i  aweimalige  Schwierigkeiten  hat;  wefswegen  dar 
'  Versuch  genmcht  werden  mufs ,  ob  nicht  die  drei  Berichte 
anf  £ine  Grundlage  aurtfckgeftthrt  werden  können. 

Hier  ist  nun  die  am  allgemeinsten  fttr  verscfaiedenarlig 
gehaltene  Ersihlnng  des  vierten  Evangelisten  nicht  allein 
in  den  schon  angegebenen  Grundatfgen  der  synoptischen 
Tcrwandt,  sondern  in  manchen  bemerkenswerthen  Einsei- 
holten  stimmt  einer  oder  der  andere  der  beiden  synop^ 
aehen  Referenten  genauer  mit  Johannes  ausammen  als  mit 
dem  aadern  Synoptiker.  So,  während  in  dem  Zuge,  dais 
er  den  Kranken  als  nat$  beaeichneti  Matthäus  mindestens 
ebensowohl  mit  dem  Johanneischen  vlog  ttbereiitstimmettd 
gefunden  werden  kann,  als  mit  dem  dSkog  des  Lukas^  tref- 
fen Matthäus  und  Johannes  darin  entschieden  ausammen, 
daCi  nach  beiden  der  kupcrnaitische  Beamte  sich  un  mittel- 


Neant««  KufilteL    %  »7.  IM 

bar  BXk  Jesum  «dber  Wendet,  uad  nieht ,  wie  bei  Lakee^ 
dnreh  VeraiUHer.  Degtgea  slkiiHit  der  JobeniNilsehe  Be» 
riebt  siit  dein  des  Lukas  gegen  de«  Mattfiftae  ia  der  Be- 
sehreibong  de«  Zattendes  Oberein,  in  walebem  der  Lei« 
daade  sieh  befaadeo  bebe«  soll  8  beide  wiesen  alebta  ren 
der  nagalvaiSf  von  welcher  Matthloe  eprioht,  eondem  be- 
leiebtten  de«  Kraakea  als  dem  Tode  aabe,-  Lokae  dareh 
nfiiUs  %eXevt^j  Jobannes  daroh  flfUBHiv  ilTfO^f/axfiy, 
wostt  der  letatere  V.  5S.  naclit^aglleh  bemerkt,  dalb  die 
Krankheit  von  einem  nvQtvog  begl^tet  gewesen.  In  Dar* 
iteliang  der  Art ,  wie  Jesos  die  Heiloag  des  Kranken  voU« 
sog,  and  wie  dessen  Genesung  erfolgle,  stobt  Johannes 
wieder  auf  Seiten  des  MatlfaKns  gegea  den  Lokas.  Wxb* 
find  nflmlieh  dieser  eine  ausdrtfokliohe  Tersieherung  Jesn, 
dsb  der  Knecht  geheilt  sei ,  gsr  aleht  hat ,  lassen  jene  bei* 
dsa  ihn  sehr  übereinstimmend  an  dem  Beamten  sagen,  der 
rine:  SnccySy  xoi  tag  iTtigwaag  y€vr}&^^  aot,  der  andere: 
n^vQj  6  vloe  OS  ^fj^  «ad  auch  der  Schlurs  des  Matthäus: 
Mal  iadfj  d  mug  avtS  iy  tfi  äqff  hmhnfi^  stimmt  wenigstens 
der  Form  nach  mehr  an  der  jobanneischen  Angabe,  bei  ge« 
bsltener  Nachfrage  habe  der  Vater  gefunden ,  dafs  h  ixelvfi 
t^  ä^j  in  weicher  Jesas  Jenes  Wort  gesprochen,  sein 
Sohn  gesund  geworden  sei,  als  aa  der  des  Lakas,  dafs  die 
sarOckgekehrten  Boten  d«n  kranken  Knedit  gesand  enge- 
tro&n  liaben.  In  einem  aadem  Pankte  dieses  Schiussea 
wendet  sieh  nun  aber  die  Zastimmnng  des  Johannes  Ton 
Msttbins  wieder  an  Lakas  aurllek.  Bei  beiden  ntfmiieh 
ist  Ten  ein^  Art  von  tiesandtschaft  die  Rede,  welche  an* 
Istat  noch  ans'  dam  Hanse  des  Beamten  tritt:  bei  Lukas 
eine  Anaalii  von  Freunden  des  IfaiuptpMfins,  welche  Jesom 
alibalten  sollen,  sioh  selbst  iu  bemühen;  bei  Johannes 
Kaecbte,  welche  jubelnd  ihrem  Herrn  entgegenaieben  and 
ihm  die  Kunde  von  der  Genesung  seines  Sohnes  bringen. 
Gewits ,  wo  drei  EraKblungen  so  durcheinander  verschlang 
gen  sind,  wie  diese«  darf  am  nicht  Uob  awai  derselben 


110  Zweiler  Abeoknltt 

fttr  kUniliioh  erklAreii  und  eine  als  retwbledene  stehen  Ine- 
Mii,  »oadern  nan  nure  die  drei  Berichte  entweder  alle 
zueinander  ballen,  oder  alle Eueammenwerfen ,  wie  Letz- 
teres nach  älteren  Vorgfingem  Sbbiler  gethan  ^'),  und  Tho- 
LUOK  weadigstens  fOr  möglieh  erUirt  bat,  es  so  tbnn.  Nor 
snehen  selohe  Anslegw  dann  die.Abweiehungen  der  drei 
Beriefale  so  sn  erklären ,  dafs  keiner  der  Erangelisten  eS* 
was  Falaebes  gesagt  haben  soll.  Den  Stand  des  Bittstel* 
letis  betreffend  sueht  man  den  ßaoihxeg  des  Johannes  «ma 
MitttArbeamten  «i  dMieben  y  wovon  dann  das  kxatovraQxog 
der  beiden  andem^nnr  nähere  BestimmaDg  wäre ;  was  aber 
den  Hanptpnnkt^  das  Benelunen  des  Bittstellers,  betrifTt, 
so  künnten,  meint  imo,  die  verschiedenen  Ersflhler  ver» 
sehiedene  Seiten  der  Sache  in  der  Art  hervorgehoben  ha* 
ben,  dafs  Johannes  nnr  das  Frühere  wiedergäbe,  wie  sich 
Jesus  aber  die  anfiüigliche  Schwäche  des  Glaubens  in  dem 
Bittenden  beklagte ^  die  Synoptiker  nur  das  Spätere,  wie 
er  seinen  schnell  gewadisenen  Glanben  belobte.  Wie  nnin 
aof  noch  leichtere  Weise  die  Hauptdifferens  ewischen  den 
beiden  synoptisohen  Berichten  ,  in  Hinsieht  der  mittelbaren 
oder  nnmittelbaren  Bittstellung  ^  ausgleichen  su  können 
meinte,  ist  bereits  angegeben  worden.  Dieses  Bestreben, 
die  Widerspräche  der  drei  Relationen  auf  gätlichem  Wei^e 
aasnngleicben,  ist  ein  falsches.  Es  bleibt  dabei:  die'Syn* 
optiker  haben  sieh  den  Bittsteller  als  einen  Centurio  ge< 
dacht ,  der  vierte  Evangelist  als  einen  Hofbeamten :  jene 
als  glaubensstark,  dieser  als  der  Stärkung  noch  bedörrtig ; 
Johannes  und  Matthäus  stellten  sich  vor,  er  habe  sich  nn« 
mittelbar,  Lukas,  er  habe  sich  aus  Bescheidenheit  nur  mit« 
teUbar  an  Jesum  gewendet  ^). 

Wer  stellt  nun  die  Sache  auf  die  rechte,  und  wer  auf 
in%e  Weise  dar?    Nebnmn  wnr  Mierst  die  beiden  Synop* 


5)  t.  bei  LÜCKB,  I,  S.  552. 

^)  faiTtsciis,  ia  Mstlh.  p»  5tt;   diicrtpai  mtitm  Imcü$  Um 


Nennte!  K«i»itel.    S»  97.  Hl 

üker  Ar  fiJisb,  «o  Ut  nur  Eine  Stfmme  der  ErklJUnr^  «kCi 
Lukas  die  genauere  Daratellong  gebe.  ScluMi  das  v^Ul  mt^ 
unwahrscheinlich  finden,  dsfs  der  Kranke  nach  Matthftiif 
ein  Paralytischer  gewesen  sein  sollte,  da  bei  dem  Ungefthr» 
liehen  dieses  Leidens  der  bescheidene  Hauptmann  schwer* 
lieb  Jesnm  gleich  bei'm  Eintritt  in  die  Stadt  in  Beschlag 
genonuaeo  haben  würde  ^):  als  ob  ein  sehr  schmerahai- 
tes  Übel,  wie  das  von  Matthäus  beschriebene»  nkht  m^ 
liebst  schnelle  Abhülfe  wünschenswertb  machte,  nnd  als 
ob  es  ein  unbescheidener  Anspruch  gewesen  wKre,  Jie« 
um  noch  V9r  seiner  Naehhauseknnft  um  ein  heilendes 
Vort  SU  ersuchen.  Vielmehr  das  umgekehrte  VerhKlt* 
iiifs  zwischen  AfatthKns  und  Lukas  wird  durch  die  B^ 
nerkung  wahrscheinlich,  dafs  das  Wunder  nnd  also  au^ 
das  Übel  des  wunderbar  Geheilten  in  der  Überlieferung 
lieh  nie  rerkleinert,  sondern  stets  vergrölsert,  daher  eher 
der  arggeplagte  Paralytische  a^m  fiiXl(av  T§lev%^v  gestei* 
gert,  als  dieser  »u  einem  blofs  liCidenden-  herabgesetat  wer- 
den mochte.  Hauptsächlich  aber  die  doppelte  Gesandtschaft 
bei  Lukas  ist  nach  Schl£1£Rmachse  etwas,  das  nicht  leicht 
erdacht  wird.  Wie,  wenn  sieh  dieser  Zog  vielmehr  sehr 
deutlich  als  einen  erdachten  su  erkennen  gäbe?  Während 
bei  Matthäus  der  Hauptmann  Jesum  auf  sein  Erbieten, 
oüt  ihaa  gehen  su  wollen ,  durch  die  Einwendung  zj^ttcb*  ^ 
mhalte«  sucht:  xvQte^  ^x  df^ii  IxavoSy  ivcc  fiH  vno  ttjv  giyijp 
Ü^X^fjSi  l^fst  er  bei  Lukas  durch  die  abgesandten  Freunde 
noch  hlnansetaen:  dto  idi  ifiavrdv  r^^iwoa  nifig  as  iX^iJii^ 
womit  deutlich  genug  der  Schlufs  angegeben  iatj  auf  wel« 
ehern  bliese  Gesandtschaft  beruht  Erklärte  sich  der  Mann 
für  unwürdig  ^  dafs  Jesus  au  ihm  komme^  dachte  man ,  an 


Mmithan  narratioMy  ui  umturiomm  nan  ipsum  vmisse  ad  Jg0 
srnn^'  ted  per  legatoi  cum  eo  egisse  tradat;  qtähm  äisstdenii* 
bus  paccm  obtrudtre^  hoiä  nego  inierpr$tfs  $SS9. 
7)  ScMuiiBBMACiuia,  a.  «•  O.    S.  92  f. 


lit  Zweiter  Absehnilt. 

hat  er  woU  auch  iiefa  selbst  nicht  ftr  wflnltg  gehahen,  tn 
Jlesu  so  kotiimeii\)  eine  Sceigerang  seiner  Demuth ,  durch 
welehe  sich  auch  hier  der  Bericht  des  LukaiT  als  der  st* 
einidftre  sa  ericennen  giebt.  Den  ersten  Anstoß  zu  die- 
ser Gesandtschaft  scheint  übrigens  das  andere  Interesse 
gegeben  ea  liaben^  die  Bereitwilliglceit  Jesu,  in  des  Uef» 
den  Hans  sn  gehen ,  jdorch  eine  TorgXngige  fiikipfirfilang 
desselben  an  motiriren.  Das  ist  ja  das  £rste,  was  die 
nQsaßvteQOt  räv  ^ladaliov ,  nachdem  sie  Jesn  den  Kranliheits* 
fall  (»erichtet,  hinsnsetsen^  ozl  a^iog  igiv  cp  nagi^et  tSto* 
layccTt^  ycQ  to  td-vog  ^^m  x.  7.  A. ,  Ähnlich ,  wie  gleichflilla 
bei  Lukas,  in  der^A«  6.  10,  22.,  die  Boten  des  Corneliua 
dem  Petrus,  um  ihn  so  einem  Gang  in  dessen  Hans  en 
rermögen ,  auseinanderseteen ,  dab  er  ein  av^q  dlxmog  xal 
qfoßBfievog  tov  d-eov^  fiaQrvQöfiavog  %b  vno  oAö  t3  e^^g  roiy 
^Isdai(x)v  sei.  Dafs  die  doppelte  Gesandtschaft  nicht  ursprüng- 
Iteh  sein  kann ,  erhellt  am  dentlichsten  daraus,  ifib  dnrch 
dieselbe  die  firsilhlqng  des  Lukas  alle  Haltung  verliert. 
Bei  Matthäus  hängt  Alles  wohl  zusammen  :  der  Hauptmann 
eeigt  Jesn  suerst  nur  den  Zustand  des  Kranken  an ,  und 
hberläfst  entweder  ihm  selber,  was  er  nun  thun  wolle,  oder 
es  kommt  Ihm,  ehe  er  seine  Bitte  stellt,  Jesus  mit  seinem 
Anerbieten ,  sich  in  sein  Hans  sn  begeben,  zuvor,  was  nun 
der  Hauptmann  auf  die  bekannte  Weise  ablehnt.  Welches 
Benehmen  dagegen ,  wenn  nach  Lukas  der  Cenfurio  Jesu  zu- 
erst durch  die  Jüdischen  Altesten  sagen  läfst,  er  möchte  kom- 
men ii).f^a)v)  und  seinen  Knecht  heilen ,  hierauf  aber ,  wie 
Jesus  wirklich  kommen  will,  gereut  es  ihn  wieder,  ihtfi 
dazu  verflnläfst  zu  haben,  und  er  begehrt  nur  ein  wunder-' 
thätigeü  Wort  Von  ihm.  Dafs  die  erste  Bitte  nur  von  den 
Altesfeen,  nicht  von  demCenturio  ausgegangen  ^),  diese  Aus- 
kunft läuft  den  ausdrticklichen  Worten  des  £vangelisti*n 
entgegen,  welcher  durch  die  Wendung:  aTÜseii'C-nQeaßü-- 


S)  KvxxUl,  in  Mattb.  S.  321  f. 


Neantes  KftpiteL    ^  07.  HS 

tifüg^  i(Hdt(Sv  uiiov  die  Bitte  rU  vom  Haoptaumn  selber 
«nd|negaiigen  darstellt ;    dafs  aber,  flieeer  mit  dem  tl^wv  nur 
gemeiat.  haben  sullte,   Jetas  möchte  sich  in  die  JNihe  seines 
Hauses  begeben,    und  nun  wie  er  gesehen ,  dafs  Jeuk^  so* 
gar  in  sein  Haus  treten  wolle »  diefs  abgelehnt  habe,  wire 
doeh  wohl  eo   ungereimt,  als  dafs  man  es  dem  sonst  ?er^ 
ständigen  Manne  Butranen  könnte,  von  welchem  aber  eben* 
defsbalb  noch  weniger  eine  so  wetterweadisehe  (Jmstim* 
mang  eu  erwarten  ist ,    wie  sie  im  Texte  des  Lakas  liegt« 
Der  ganse  Ubelstand  wäre  vermieden  worden  >  wenn  Lukas 
der  eratenCtesandtschaft,  wieMatthäus  demUenturio  selbst^u* 
erat  nur  die  direote  oder  indirecte  Bitte  um  Heilung  ttberhaupti 
und  dann,  nachdem  Jesus  sich  erboton,.in  das  Haus  des  Kran- 
ken aicb  SU  begeben ,  noch  derselben  ersten  Gesandtschaft 
dae  beschmdene  Ablehnen  dieses  Ana*bietens  In  den  Mund 
gelegt  hätte.     Allein  er  glaubte  ^  den  fintschlufs  Je^u ,    in 
das  Haus  na  geben,    dunoh  eine  ebendahin  sielende  Bitte 
moliviren  su  müssen,-  und  indem  ihm  nun  die  Tradition 
noch   ein  Verlittten    dieser   persönlichen  Bemühung  Jesu 
an  die  Hand  gab :  so  sah  er  sich,  ausser  Stands ,  Bitten  und 
Verbitten  denselben  Personen  j&u  leiben ,  und  mufste  daher 
eine  aweite  Gesandtschaft  veranstalten ;    wodurch  aber  der 
Widersprueh  nur  scheinbar  vermieden  ist,   indem  ja  beide 
Gesandtsebaften  von  dem  Einen  Centorio  abgeschickt  sind. 
Vielloicfat  erinnerte  ihn  auch  der  Hauptmann,   welcher  Je- 
sam  nicht  in  sein  Haus  bemühen  will ,  an  den  Boten,  der 
dem  Jairus  wehrte,    den  Lehrer  in  sein  Qaus  su   bemü- 
hen, nachdem  gleichfalis  eine  Aufforderung,  in. das  Hans 
an  kommen,  vorangegangen  war,  und  er  legte  nun,  wie  au 
Jairos   naoh  ihm  und  Markos  der  Bote  sagt:  fit]  oxvlXe 
top  didaaxcAov   (Luc«  6,  4909   <o   auch  hier  der  aweiten 
Gesandtschaft  ein  xi;(is  nfj  axtiXlo  in  den  Mund;   obwohl' 
au  eii^r  solchen  Gontre*  ordre  nur  bei  Jairus,  in  dessen 
Hause   sich  seit  der  ersten  Aufforderung  durch  den  Tod 
der  Tochter  die  Lage  der   Dinge  verändert  hatte,    ein 
DasLebmJestt  iieJufl.  II.  Band.  ^ 


114  Zweiter    Abacbnitt. 

6raiiil  ?erk(,  krfneswegt  ab^r  bei  dem  Oentarlo^  di 
Knecht  neeh  immer  im  gleichen  Zustande  sich  befand* 

Ua  von  der  Identification  aller  drei  Geschichten  die 
Heueren  Erklfirer  sich  hauptsKchlich  durch  die  Furcht  ab« 
gehalten  finden ,  Johannes  möchte  dabei  in  das  Licht  eines 
selehen  gestellt  werden ,  der  die  Scene  nicht  genau  genug 
aH%efa(sl)  und  wehl  gar  das  Hauptmoment  übersehen  ha- 
be ^:  so  würden  sie  also,  wenn  sie  eine  Vereinigung 
dennoch  wagen  Wollten ,  dem  vierten  EFangeltum  so  viel 
möglieh  die  ursprünglichste  Darstellung  der  Sache  vindiet* 
ren ,  eine  Veraussetsung ,  die  wir  sofort  aus  der  Bescfaaf« 
fenheit  der  Berichte  heraus  bu  prüfen  haben.  Das  nun, 
dafs  dem  vierten  Evangelisten  der  Bittende  ein  ßaaikixog 
Uty  nicht,  wie  den  übrigen,  ein  IxosroWcf^x^,  ist  ein  in- 
differenter Zug ,  aus  welchem  sieh  für  keinen  Theil  etwas 
schliefsen  läfst,  und  ebenso  kann  es  mit  der  Abweichung 
in  Betreff  das  Verfaültnlsaes  des  Kranken  sum  Bittsteller 
sich  EU  verhalten  scheinen.  Indessen,  wenn  man  In  Beung 
auf  den  letsteren  Punkt  sich  fragt:  welche  der  drei  Beseiel^ 
nungswetsen  eignet  sich  am  ehesten  dasu,  die  beiden  an- 
dern aus  sich  haben  entstehen  bu  lassen  ?  so  vrird  man  wohl 
achwerÜob  annehmen  können ,  dafs  aus  dem  johannelseiien 
viog  in  absteigender  Linie  Buerst  unbestimmt  ein  nMQj  dann 
ein  dSlog  geworden  sei ,  und  auch  die  umgcdiebrte  aufstei- 
gende Richtung  ist  hier  minder  wahrscheinlich ,  als  das  Mitt- 
lere, dals  aus  dem  Bweideutigen  nciig  (»  'Vd)>  welches  wir 
im  ersten  Evangelium  finden ,  in  Bwei  Richtungen  das  ei- 
nemal ein  Knecht,  wie  bei  Lbkas,  das  andi^emaleln  Sohn, 
wie  bei  Johannes,  gemacht  worden  sein  maff.  Dafs  die  Be- 
Boiehnung  des  Znstandes,  in  welchem  sich  der  Leidende 
befand,  bei  Johannes  wie  bei  Lukas  sich  bu  der  bei  Mat« 
thiius  als  Steigerung,  nüthin  als  die  spätere  verhalte ,  ist 
bereits  oben   bemerkt.     Der   Unterschied  in  der  Ortsan- 


9)  l^aoLUCK,  S.  loa  f.    Hasb,  §.  68.    Aam.  2. 


gäbe  wfirde   auf  dem  Jetcig^n   Standpunkte  der   Verglei« 
ehenden  E?angelienkritik   ohne  Zweifel  so  beurtfaellt  we]> 
den,   dafii  in  der  Tradition,   ans  welcher  die  Synoptik» 
schöpften,   der  Ort,   von  welebem  äoe  Jesoe  das  Won* 
^er  rerrichtete,  mit  dem,  in  Wekbem   der  Kranke  lag, 
sosammengeflossen ,   das  minder  bekannte   Kana  ron  dem 
berahmten  Kapernanm   TeretUnngen  worden  aei,  Johan« 
nea  al>er,   ala  Angenseoge^pllfii  ^Genauere  aufbewahrt  ha^ 
be.     Allein  so   eraeli^nt  difilVerbfiltnifii  nur,   wenn  man 
den  '  Tierten  £?angeliiten   als  Abgenseogen  schon  iroraos- 
•etst :    aoeht  man ,  wie  man  seil ,  rein  aus  der  Beschaffen- 
heit der  Berichte  heraus  mi  entscheiden,  so  staiit  sich  ein 
gaiiJB  anderes  firgebnils  heraus.     Es  wird  hier  eine^Bel- 
inng  ans  der  Ferne  berichtet,  in  welcher  das  Wunder  um 
so  grdfser  erscheint,   je  weiter  die  Distana  s wischen  dem 
Heilenden  und  Geheilten  ist.     Wird  nun  die  mündliche 
Überltefernng,    wenn  sich   die   firaählnng  in  dieser  fort- 
pflanat,  eine  Neigung  haben,  Jene  £ntfiernnng,  und  damit 
das  Wunder,  ao  yerkleinem,   so  dafs  wir  in  der  Darstel- 
lung .des  Johannes ,  der  Jesum  die  MeHnng  Ton  einem  Orte 
aus  rerrichten  lälst,  von  weicheib  der  Hofbeamte  erst  am 
andern  Tage  bei  dem  Geheilten  ankcAam^die  ur^prOngiicbe, 
in  der  der  Synoptiker  dagegen ,    welche  Jesum  mit   detoi 
kranken  Knecht  in  derselben  Stadt  sich  befinden  lassen,  die 
traditioneil  umgebildete  £raiMung  hfitten?   Nur  das'  um- 
gekehrte  kann  der  Sage  gemäfs  gefunden  werden,  und 
auch   hierin   also  aeigt   sich  der  jobunneisefae  Berieht  als 
ein   abgeleiteter.      Besonders  gemacht  aeigt  sich  noch  die 
Pünktlichkeit,  mit  welcher  Im  vierten  Evangelium  die  Stun- 
de der  äenesung  des  Kranken  absgemittelt  wird.    Aus  ^em 
einfiichen,  auch  sonst  am  Schlüsse  Von  BeilungsgeschieNten* 
vorkommtoden  Id^rj  h  tfj  &Q(f  ixslvfi  des  Matthäus  ist^ei- 
ne  Nachfrage  des   Vaters  nach   der  wQa  iv  ^  itofitpotSQOv 
tax^t  rfn«  Antwort  der  Knechte:  ort  x^^St  üquv  k(id6ft7p^, 
äq^xkv  avtov  6  nvQetvQj   n^A  endlich  das  Resultat,  da£s 

8    * 


11«  Zweiter  Abs4ba!tt. 

iv  ixBlvf]  %fi  wQCfy  if  j].^Jftev  avnp  o  '/.  o  vüg  oh^C^,  die- 
ser wirklich  gesund  geworden  sei ,  gemadit :  eine  äogstll 
che  Genauigkeit,  eine  Ouäiereij mit  der  Rechnung,  welche 
weit  mehr  das  Streben  ^es  Refsrenten,,  das  Wunder  su 
constatiren,  als  den  ursprfinglichen  Hergang  der  Sache  mu 
Beigen  scheint*  Darin,  dafs  er  den  ßttatXtxos  persönlich  mU 
Jesu  verhandeln  Ififst ,  hat  Am  Verfasser  des  vierten  Evan- 
geliums »ehr  als  der  desnldritien  die  nrsprfinglielie  Ein- 
fachheit der  £rflählung  bfaw^hr^  wiewolil  er,  wie  bemerkt, 
in  den  entgegenkommenden  Knechten  eineo  Anklang  an 
die  2 weite  Botschaft  des  XäSikiis  bat.  In  dem  Jlauptdiffe- 
reuspunkt  aber,  dar  detk  Charakter  ie9  Bittstellers  betrifft, 
könnte  man  mit  Aiiwendnng  nnsers  eigenen  MalksCabes  dem 
Johannes  den  Vorzug  -vor  dea  beiden  andern  Referenten 
suerkennen  wollen.  Denn  wenn  diejenige  Ereühlnng  die 
mehr  sagenhafte  ist ,  Wetche  ein  Bestreben  nach  Vergröfse- 
^ng  oder  Verschönerung  ssn*  erkennen  glebt:  ^o  könnte 
man  sagen,  es  seige  dch  der  Bittende,  der  nach  Johannes 
iBiemÜch  schwuch  im  Glauben  gewesen  sei ,  bei  den  Synop- 
tikern £U  einem  Glauhensmuster  verschönert.  Allein,  nicht 
auf  Verschönerung  überhaupt,  sondern  nur  in  Beziehung 
auf  ihren  Haupts week,  welcher  bei  den  Evangelien  die 
Verherrlichung  Jesu  ist,  geht  die  Sage  oder  ein  dichtender 
Referent  aus,  und  hienach  wird  man  in  doppelter  Hinsicht 
die  Verschönerung  auf  Seiten  des  vierten  Evangeliums  fin- 
den. Einmal,  wie  es  ttb^haupt  darauf  ausgeht,  die  Über- 
legenheit Jesu  durch  den  Contrast  mit  der  Schwiche  de- 
rer, die^it  ihm  suthun  haben,  bervorzu helfen ,  konnte  es 
auch  hier  sein  Interesse  sein,  den  Bittsteller  eher  schwaeb- 
als  starkgllubig  darsnstellen,  wobei  ihm  jedoch  die  Erwie- 
derung, welche  es  Jesu  in  den  Mund  legt :  iar  fi^  afjftna 
xai  tigava  ?di;ir«,  &  jwjy  mgevatjTBf  doch  wohl  su  hart  ge- 
rathen  ist ,  wefswegen  sie  denn  auch  die  meisten  Erkilirer 
In  Verlegenheit  setzt.  Zweitens  aber  konnte  es  unschick- 
lich erscheinen ,   da(s  Jesus  von  seinem  anf&ngiicliea  Vor- 


MeiiiKftftKApiieL    f.  Oft.  117 

li  das  Hans  des  Kranken  so  gehen,  tleli  nacblier 
wieder  abbringen  liefs,  nnd  ßo  fremdem  £inflafse  sa  folgen 
•eliiea ;  man  koMite  ee  für  angemesiener  iiaiten,  die  Hei- 
bmg  ans  der  Ferne  ab  aeinen  ttr»prilnglleUen  Vorsata,  und 
idebt  erst  dnrcb  einen  Andern  ihm  eiageredet,  darBostel* 
km.  Sollte  nan  aber,  wie  dlefs  die  UbeBilefervng  an  die 
Hand  gab,  der  Bittstetier  doch  eineJÜarede  getban  haben, 
se  mafiite  diese  die  entgegeagetetito  JUefatang  ab^  bei  den 
SjnopiilMm  belconsmen  y  nldiHeh^  Jeanm  in  einem  tiange 
in  das  Hans  des  Kranken  beatAümen-to  woiUin.    i 

Fragt  es  aioh  nn«  ite  dlftaMfiglidibeit  und^n  nibe* 
ren  Hergang  des  Vorlieginden.  £i*e^nisses,  so  giaabt  die 
'katfiriiehe  firkffirang  am  Jekbteeted  mititler  EmKhiong 
des  vierten  fiTangeiiMma  soi'^htMibeabmefi.  Hier,  wird  be* 
merkt,  sage  Jesn«  aiebts  däveny  ^dafii  .er  die  Bellnag  des 
Kranken  bewirken  mdle,  sondern  w  ?erste^re  den  Vater 
anr,  dafif  daa  lieben  aeines  Sohnes  ausser  frefahr  sei  ii 
viog  oa  ^^),  «od  aneh  *der  Vater,  wie  er  finde,  dals  daa 
BeeaerwmMlen  seines  Sohnes  mit  der  Zeit^  «m  welche  er 
mit  Jesus  gesprochen,  ansamm^nfhlte^  sohÜebe  ketneswegs, 
dab  Jesns  die  Beilimg  ans  der  Ferne  be%virkt  habe.  So 
sei  diese  fiescbichte  nnr  die  Probe  davon,  dafii  Jesus,  Tcr^ 
mdge  grandlieber  Kenntnisse  in  der  Semiotik,  im  Stande 
geweeen  sei,  anf  gegebene  Beschreibong  der  Umstände  ei- 
nes Kranken  Idn  eine  richtige  Prognose  aber  den  Verianf 
seiner  Krankheit  sa  sIeUen ;  dafs  jene  Beaehreibnng  hißr 
nicht  aütgetbellt  sei,  daraus  folge  niebt,  ^fs  sie  Jesus 
steh  nicht  Übe  geben  lassen;  ein  cfjfieXov  aber  werde 
diese  Probe  (V.  54.)  genannt,  als  Zeichen  einer  von  Jo- 
hannes mwer  noch  nicht  angedenteten  Fertigkeit  Jesn,  die 
-tteneenng  eines  iMargUch  Kranken  TorausBusagen  *^  AJ« 
Isin»  abgimshenvon  dieser  Mifsdcatnng  des  ^Wortes  orjfiäov 


10)  VMXivo%y  Comm.  4,  S.  253  f.    VsRTVann,  2,  S.  140  Ü.    Vgl. 
Uits,  V  ^* 


IIB  •  Z9rei^«r;Aift€init«. 

und  jener  Kaseh#Krsufif  eines  iiii  Texte  olobt.ugedeiBtB- 
ton  Oeeprfteluy  ereehien*  bei  dieeer  Anriebt  tob  der  Sn«' 
die  der  CliaMktor  and,  selbst  der  Verstand  Jesu  im 
nweid^dgsfeni  Ciiebte.  Denn,  wenn  wir  sobon  denjenlj^e« 
Arst  Ar  anvdrrie|itif  heiten  wirden ,  weleher  anl  selbst- 
genomnimwB  tAisgdifeofaein  lUn  bei  einäesi  FielierlKrenkefiy 
den  man.^o  «bentndidh,  filr  sterbend  bieit,  die  Genesung 
verbürgte ,  nivd^deAuroh  seinen.  Credit  «nf  das  Spiel  setz- 
te :  om'Twie  viel  femdsseder  iiltte-  Jesne  f^liandeii ,  wenn 
er'  auf  die  bibfln  fieselmihin|  «eUes  Laien  bin  die  Gn* 
AdkrlosiglLdifr  des  Iftnstal«4e9)tei«lebevt  blLtte?  Bn  solebes 
fieneboMAi  b6nnen  brfi^  iiti9>  an  ii^mi  de(swegen  nleht  den- 
ken, weil  er  der'Analogie>ieinefe  senstjfen  ¥erfiihrena,  nud 
dekEindroitt,  wrfehenlneirt-CiiareiUer  bei  den  ZeitKenoe« 
um  nii]MhAltoft,^^ei^adenoiwldere|ilreoben  würden  Hat  nl* 
so  Jftsnsidl0'^|}eaesnnf  «dee  FieberlKlranken.  ancb  nat  ▼or* 
ansgesagt)^  dbne  sie  sa  li^wirlfie%  eo  oiafs  er  dooh  auf  sn« 
rerlärsigeve  Weise  alsdaneb-  Aatttrlidbea  AMsonnement  von 
derselbenr  Teveiebert -gewesen  seiny  er  mnfii  nie  aof  über- 
iiatttrllobtt  Art  gewuisi  haben«  «IKese  Wendf^ig  hat  der 
nöueste  Brkttrer  des  Jehanneit  der  Saobe  au  geben  versnobt. 
Er  stellt  idie  fVage,  ob  wir  hier  «bi  Wnhder  des  Wissens 
oder  deeWiritens  habem?  mid  da  nnn  ven'einer  nnmit- 
telbaren  Wkimng  des  Wdrtes  Jesu  nirgends  die  Rede  sei, 
Senat' iber  im  vierten  Evangeljpm  gerade  das  böltere  Wis* 
9m  desn  besenders  hervorgebebön  werde  ^  so  eriilürt  er 
sich  daUn,  JesnaÜnbe  vetaifige.  sbine^  höheren  Natur  ««r 
gewuTst,  dafs  in  jenem  AugenUieke  die  KranliAeit  sieh  sua 
Lebeventsobled  ^  *>«  AlÜein  die.fiftmre  Hervorbebtag  des  lUi- 
heren  Wlsseiä  Jesu  in  ;unse|rem  livangelinm  beweist  iiie- 
her  nichts,  da<es  ebenso  oft  auf  sein  haba*es  Wirken  auf- 
merksam maslbt^  T^ener,  wenn  von  llbematita^iehein  Wie- 
sen Jesu  die  Rede  ist,  wird  dieb  sonst  deutlich  angegeben 


11)  LCcKs,  1,  S,  550  f. 


lfeant#t  Kapitel.    $.97.  119 

Cwfo  I9  41k  %9i^  i^  M.),  «m1  so  würde  Johanaee,  weiia 
eise  ibernatörlMie  KuihU  tan  der  ohnehin  erl'elgten  Ge- 
aaiiiMg  das  Kaaben  ^geiaint  wlire,  Jetaai  woU  aoek 
iiiar  anf  «imfiahe  Weiae,  wie  dort  ea  Nathane^ ,  sa  dam 
Vater  ^reefaen  lassen ,  dab  er  seinen  Sohn  bereits  in  er* 
tfCglieherem  Zostaade  aaf  ssinem  Bette  erbÜeke.  Niefat 
■nr  aber  ist  von  hdbereai  Wissen  niehts  angedeutet^  so»> 
dein  eine  wunderbare  Wirksamkeit  deatiieh  genog  s»  wer^ 
aieKieA  gegeben«  Wenn  nftmlieh  ?oa  eineai  fiiliünf  amh^ 
&P9Jan%iv  die  piötaliohe  tteoesang  gemeldet  ist,  so  wÜl  man 
•mOichst  die  Drsaebe  wissen,  welche  diese  nnerwarteta 
Wendang  berbeigefilhrt  habe,  nnd  wenn  nnn  ein  Bericht, 
Amt  aoeh  9on§t  auf  das  Wort  seines  Beiden  hfai  Wunder 
•rfalgen  lädt,  eine  Versicherung  desselben,  dals  der  Kran- 
ka  lebe ,  mütheilt,  se  kann  nur  das  falsche  Bestreben ,  das 
Wondsrbare  su  Temrindem,  deop  Anerkenntnils  im  Wege 
ateliea ,  dais  der  Kraihlar  in  diesem  Worte  die  Ursache 
Janer  Veriaderung  angeben  uolie. 

firi  der  synoptisehen  Erafthlung  ist  aüt  der  Annahme 
einer  bloisea  Prognose  nicht  absnkommen,  da  hier  der  Vater 
(Matth«  V.8.)  eine  heilende  l^wirkung  verlangt,  und  Jesus 
iha^  (V.  ia.>  eben  diese  seine  Bitte  gewährt.  Dadurch  schien 
sieh  bei  der  Entfernung  Jesu  von  dem  Kranken,  welche  alle 
physische  wie  psychische  Einwirkung  unmöglich  machte, 
der  natflrlichen  ErklXmng  jeder  Weg  su  versehliefiien : 
%vean  nicht  £in  Zug  der  Eraählung  unerwartete  Hülfe  ge- 
boten bitte«  IKe  Veigleicliung  nimiich,  welche  der  Cen- 
turio  nwisehen  sich  und  Jesu  anstelle,  dafs,  wie  er  nur  ein 
Wort  apssaben  dfirfe ,  um  durch  seine  Soldaten  and  Die« 
asr  dlafii  nnd  Jenes  ansgerichM  au  sehen,  so  auch  Jesum 
es  nnr  ein  Wart  koste,  seinem  Knechte  nur  Gesundheit  au 
vcrhaHSm,  konnte  man  mdglicherweise  so  pressen,  dsfs,  wie 
auf  Seiten  des  Hauptmanns ,  so  aach  auf  Seiten  Jesu  an 
inenschliche  Mittelspersonen  gedacht  wurde.  Demnach  soll 
nun  der  Haoptauuin  Jesu    haben    vorstellen   vi  ollen,    er 


W\  i  Zweiter  Abseknitt.    . 

illtrfe  nmt  ma  eiooD  eeiner  Jiiiger  eio  W«rt  spivebe»,  «e 
merde  dleso^  oüt  ihm  gehea  «ihI  eeiiMn  Knecht  ifcMiiid 
iBAoheii,  WAS  sofort  auch  wirfitieh  geschehen  BtUt  seil-  *  »>• 
Allein,  da  diefs  der  erete  fall  wfire,  dar»  Jesse  dareh  ee^ 
ne  JOnger  heilen  iiefa,  und  der  einsige,  4afii  er  ete  nnnuC- 
telbar  wß  einer  beatimniten  Heiinng:  abaehielUe :  wie  iu)iui- 
te  dieser  eigenthOaliofae  Umstand  segar  in  der  sonst  •• 
Misftlhrlichen '  Eraählnng  des  Lukas  stiUsehweigend  rarw 
aosgesetnt  werden?  warum,  da  dieser  Referent  In  A«*» 
•pinnnng  der  übrigen  Rede  der  Abgesandten  nicht  spMpp 
eam  ist,  geist  er  mit  den  paar  Worten,  welche  Alles  anf» 
geklärt  haben  würden,  wenn  er  nfimlioh  sn  dem  dfti  Ißfffl^ 
ivl  %dp  fta^fp^Af  aa  oder  det^leichen  etwas  gesetal  hfitteif 
Vollende  aber  am  Schlüsse  der  ErsKhiung,  wo  der  Erfolg  ge» 
meldet  wird,  kommt  diese  Oentung  nicht  blefii  durch  dUn 
Stillschweigen  der  Referenten,  sondern  durch  einen  poski« 
¥en  Zug  bei  Lukas  in  die  übelste  Verlegenlieit.  Luks« 
achliefst  nämlich  mit  der  Motis,  cU(s  die  Freunde  des  Hanp«» 
m4inns  bei  ihrer  Rückkehr  in  dessen  Haus  den  Kneeht  be- 
reits gesund  gefunden  haben.  Soll  ihn  nun  Jesus  dadnrttk 
wiederhergestellt  haben  ^  dafs  er  den  Ai>gesandten  einen 
oder  mehrere  seiner  Jünger  mitgab,  so  konnte  es  mit  dem 
Kranken  erst  von  da  an,  als  die  Abgesandten  miifc  den  Jün- 
gern im  flause  ankamen,  allmählig  besser  werden,  nicht 
aller  konnten  sie  ihn  bei  ü:rerv  Ankunfit  schon  hergesteik 
finden.  Paulus  freilich  setzt  voraus,  die  Abgesandten  ha- 
ben sich  bei  den  Reden  Jesu  noch  etwas  verweilt,  und  ao 
seien  die  JüngO!  vor  ihnen  angekoipmen :  aber  wie  sieh 
jene  so  nnnüthig  haben  verweilen  mögen,  und  wi»  der 
Evangelist  neben  der  Absendung  der  Jünger  nun  auch 
noch  das  Zurückbleiben  der  Abgesandten  habe  verschwei- 
gen können,  enthält  er' sich  su  erklären.    Mag  man  nun 


i2)  PAütüt,  exeg.  Handb.  1,  b,  S.  710  f.  5  nilUrliche  Cetcbichte» 
2y  S.  285  ff. 


N  e u  II  t •*•  Ka}i  H« L    f.  «7.  ISI 

•teil  daiten  «h  dat/^ig«,  was  dm  SoMalmi  das  Bmmfi^ 
n^Mwa  anf  tiailatt  Jesu  anlapridit^  KvaiikhelfAdimoneii  ^^% 
ader  dienatbare  Kn^l  i^),  oder  blor»  daa  Wort  and  die 
Aiilkrifte  Jaa«  <  ^)  danken:  Jedenfalla  bleibt  nna  eine  won- 
derbare  Wirkaambeit  in  die  Feme. 

Oieae  Art  des  Wirkens  Jeso  san  hatnaeh  deai  ^g^ 
atfmliilfs  salbet  soleber  Ausleger,  walebe  sonst  daa  Wiin^ 
dawäret  nielit  aoheuen ,  darin  etwas  besonders  Sebwlevb- 
faa,  da(s  durch  den  Mangel  der  persdnilchen  Gegenwart 
4mmm  ntid  Uires  wobltbätigen  Eindrvaks  auf  den  Kranken 
«na  Jede  MllgUobkait  genomaMn  bt,  die  Beilang  duroh  ein 
A«alogon  daa  Naillrlieiien  »ns  denkbar  so  naeben*^. 
Nacli  Olsbavsbv  swar  bat  aoeh  dieae  Ferowirkuf^  ihre 
Analagleän,  nCmlieh  I»  iUeriacheii  Magnetismts  ^^).  lob 
will  dtefii  niaht  geradeaa  Iiestreiten  y  sondern  anr  auf  d^ 
Selu-aiikaB  asfaerlMain  auicbea,  innerhalb  deren  sioh  mti^ 
aas  Wlsaena  diese  Krsebeinang  im  Gebiete  des  Mi)«iieiia- 
mM9  ifluaer  bJtlt.  In  die  Fer«e  hin  wirken  kenn  naeh  Atm 
bislierigeii  £rlafavuhgea  nur  tbeils  der  Magnetiseur  oder 
ein  anderes  im  magnetisehen  Rapport  mit  ihr  stehendes  In<- 
diTiduum  auf  die  somnamhttle  Person,  wo  also  der  Fern- 
whnkung  iasmer  eine  unmittelbare  Berühmog  \urausgegan^ 
gen  sein  mofl,  was  in  dem  VerhlÜtnifs  Jesu  au  dem  lüran* 
kaa  ifnsrer  EraKhiung  nicht  gegeben  ist;  theÜs  findet  stob 
ata  solelies  Wirkungsyeraidgen  bei  den  Somnambulen  selbst 
oder  andern  in  aerrüttetem  Merrenaustande  befitidliohen 
Menaohaa,  was  wiederum  auf  Jesum  keine  Anwendung  fin- 
det. Gabt  alao  ein  solches  Heilen  eatfernter  Personen,  wie 
es  ia  iiiisaBA  £rslblangen  Jesu  augeschvieben  wird ,  über 


13)  so  schon  Clem.  homlL  9,  21 ;  jetzt  Fairzscm,  in  Matth.  51$, 

14)  ^VsTtTKui,  N.  T.  1,  p.  349  5   vgl.  Omhaüsik,  1,  S.  269. 

15)  H'dsTKA,  Immanuel,  S.  195.  Anm. 

16)  LCcMB,  1>  S.  550. 

17)  bibl.  Comm.  1,  8.  268. 


ist  Zu«il«r  A>b#ohniU. 

jene«  Äunertte  naiflrlielier  Wirksamlielt,  wie  wir  et  im 
Magneüsniiii  und  den  verwandten  Ertchefaiangeii  finde», 
no«b  weit  liinAns:.so  wird  ans  dnrek  Jene  firefthiungta, 
•efem  sie  hittoritelie  Geltung  enspreeken,  Jeans  9m  eSibem 
iibernatürliehen  Wesen ,  und  ehe  wir  4ln  selebes  «na  nie 
wiridieh  denken  ^  Terioiint  es  sieh  auf  unserem  kridseben 
Standpunkte,  w?er  noch  su  untersuchen ,  ob  die 
tete  firafihlung  nkht  aueh  ohne  liistoriscfaen  firuod 
tioeh  habe  entstehen  können  ?  snmäi  9kh  j  daft  sie  sti 
hafte  Ingrediensien  enthalte,  schon  an  den  versehiedenen 
Formationen  neigt,  welche  sie  in  den  drei  evangeUselien 
Berichtes  erhalten  bat.  Und  hier  erhellt  es  nun  von  seihet^ 
dafs  das  wunderbare  HeÜen  Jesu  durch  Berltbrung  des 
Kranken,  wie  vHr  es  s.  B.  M.  dem  AussStsigen  Mattlu  %  S. 
und  den  Bünden  Blattb.  9,  M.  antreflfon,  vermöge  eines  na- 
he Hegenden  Klimax  snnichst  snm  Bdle«  Gegenwtetiger 
mittiiät  des  blofsen  Wortes,  wie  bd  den  Dimoniscbe», 
den  Aussitaigen  Luc.  17,  14.  und  andern  Kranken,  dann 
aber  aur  Herstellung  selbst  Abwesender  durch  ein  Wort 
sieh  steigern  konnte ,  wie  denn  schon  im  A.  T.  ein  Analo- 
gen hievon  besonders  herausgehoben  ist«  Wie  nftmlich  nach 
S  Kön.  5, 9  ff.  der  syrische  Feldherr  Maömann  vor  die  V.  oh- 
nung^  des  Propheten  £lisa  kam,  um  sich  von&  Aussatse  hei- 
len au  lassen,  gieng  di^er  nicht  selbst  an  ihm  hersas,  son- 
dern sandte  ihm  einen  Boten  und  liefs  ihn  an  sielieftmall- 
ger  Waschung  im  Jordan  anweisen.  Darüber  wurde  der 
Syrer  so  ungehalten,  dafs  er,  ohne  die  Anweisung  des 
Propheten  an  berflckMchtigen ,  wieder  heimaiehen  wolite. 
£r  habe  erwartet,  erklärt  er,  der  Prophet  werde  an  ihm 
hertreten  und  unter  Anrufung  Gottes  mit  der  Hand  flbmr 
die  aussfttsige  Stelle  fahren;  dafs  nun  aber  der  Prophet, 
ohne  selbst  etwas  an  ihm  vorannehmen,  ihn  an  den  Jor- 
dan verweist,  das  macht  ihn  mnthlos  und  ärgerlich ,  weil, 
wenn  es  auf  Wasser  ankäme,  er  solche  su  Hause  liesser 
als  hier  hätte  Laben  köuuen.    Mau  sieht  aus  dieser  A*  T.U- 


ßUtm  DMiCttlluiig:  4»s  OrdenMiol^y  W|W  ,91^1.  «t«ii  (i)m«| 
P«o|4iet«ii  erwartete,  wer 9  dafe  er  aiiw«arn4  njt  lM(rpei«T 
lieher  Berfihrang  beilea  ki^ime;  dab  er  ee  auch  eatfemt 
«ttd  ohne  fierflJiru^g  renndfe,  wnrde  niebt  voraiiagetetsr. 
ümC*  £Iua  deniHMih.aiif  die  letstere  Weife  die  Kpr  deean^ 
•iuUien  Feldherm  rollbrlegt»  (denn  daa^Waaehen  war  e« 
a«eh  hier  ao  wen%  als  Job.  9^  wm  den  Kraniien  feeimd 
■taelite^  aendirn  die  Wimdermaoht  dea  Prepheteo,  welche 
ibrm  Wlrkaamheit  an  diese  llniaere  Handlang  an  Jin4pf«29 
für  gut  fand)^  dadurch  be^Iea  er  aieh^  ala  einen  betondera 
aoaLi^exeiebneten  Propheten, -*^  nnd  non  derMeteiaat  diirfte 
der  auch  in  dieaein  Stüeke  himer  dem  Propheten  «nrAck* 
"Ueiben?  80  aejgt  sich  onere  N.  TJiche  Ersl^hlnng  ala. 
niftihwefldigefl  GegenbMd  jener  A,  T.lichen«  Wie  dort  def 
Kra«ike  an  die  Möglichkeit  aeiner  WiederhersteUipg  nlqJit 
glauben  wlUi  wenn  der  Prophet  nicht  ana  aefaiem  Hanae 
berana  s|i  ihai  tretet  so  sweifelt  hier  nach  der  eii^^  Re- 
daotion  der  tür  den  Kranken  Bittende  ebenso  an  der  Mögr 
Uobkeit  der  Heilnag ,  wenn  nicht  Jesaa  in  sein  Hans  tre- 
te,  nach  der  andern  im  Gegentbeil  ist  er  von  der  Wirk- 
samkeit der  Heilkraft  Jesu  auch  ohne  das  ftberaengt,  un4 
Bach  beiden  gelingt  hier  Jesu  wie  dort  dem  Propheten  auch 
dieser  besonders  schwierige  Wunderact.    . 

$•    98. 
Sabbathcilungen« 

Grolaen  Anstolk  erregte  den  erangeliaehen  Nachrichten 
«rfblge  Jesus  dadorchf  dafa  er  nicht  gelten  aelne  Heilmigsp 
wrnider  am  Sabbat  verrichtete,  wovon  ein  Beispiel  den  drei 
Sjnoptikem  gemeinschaftlich  ist,  swei  dem  Lukas  eigen- 
thOmlich)  und  swei  dem  Johannes« 

In  jener  den  drei  ersten  Evangelisten  gemetnsehaftli* 
eben  Krslhlung  sind  swei  FfiUe  vermeinter  Sabhat^mtbel- 
llgnng  «erbnnden,  daa  Ahrenraufen  der  Jünger  (Hatib.  IS, 
1.  paralL )  und  die  durch  Jeaom   voUbrachte  HeÜnitfg  des 


Ii4  2weit6r  Abschnitt. 

Bl^ni^bM^niKtfer  Verdorrton  Hand  (V;  9  fit  parmlL).  Naeh 
der  auf' dem  Mde ' vorgetallenen  VeHiandlang  Ober  da« 
Ahrenraufen  fahren  die  beiden  ersten  Evangetisten  so  fort, 
wie  wenn  Jesas  nnoAttelbar  von  diesem  Seene  we^  in  die 
Synagoge  desselben  nicht  nftber  beseiefaneten  Qrts  sich  ver» 
fOg^^  und  hier  ais  Anlafs  der  Heilung  des  Menschen  mit 
der  verdorrten  Hand  aliermals  einen  Streit  fiber  die  HeiÜ* 
gnnjer  des  Sabbats  gehabt  bitte.  Offenbar  aber  waren  diese 
beiden  Geschichten  ursprünglich  nur  der  Ahntichlieic  des 
Inhalts  wegen  cusammengestettt,  vre(swegea  liier  Lukas  sa 
loben  ist,  dafs  er  durch  die  Worte:  iv  hiQijf  üaßßaiif  den 
chronologischen  Zusammenhang  swischea  beiden  ausdrflek- 
lieh  Eorschnitten  hat').  Die  weitere  Untersuchung,  was» 
»en  Erzählung  hiei^  die  ursprünglichere  sei,  können  wir 
durch  die  Bemerkung  erledigen,  daft,  wenn  die  von  Mat- 
thltts  den  Pharisiern  in  den  Mund  gelegte  Frage,  ob  es 
erlaubt  sei,  am  Sabbat  £n  heilen,  9A9  ein  Stück,  von  ge- 
maöhtem  Dtalogistren  bezeichnet  wird  ^>,  dessen  ebensogut 
dieselbe  Frage  beschuldigt  werden  kann,  welche  die  zwei 
mittleren  Evangelisten  Jesu  leihen,  und  noch  dazu  ihre  be- 
lobte ')  Schilderung,  wie  Jesus  den  Kranken  in  die  Mitte 
tr^en  heifst,  und  spffter  strafende  Blicke  ringsundierwirfr, 
einer  gemachten  Anschaulichkeit. 

Das  Übel  des  Kranken  war  nach  den  übereinstimmen- 
den Nachrichten  eine  yß(^  f W^  ^^^^  iSf]Qa/nfihf7]»  So  un- 
bestimmt diese  Bezeichnung  ist,  so  macht  es  sich  doch  die 
natürliche  Erklfirung  alleuleieht,  wenn  sie  mit  Paulus  nur 
eine  durch  Hitze  angegriffene  ^),  oder  gar  nach  Vxnturimi's 
Ausdruck  eine  verstauchte  Hand  ')  darunter  versteht.   Sob- 


1)  ScKLSZKRMAORiR,  über  den  Lulcat^  S.  80  f. 

2)  ScHNKCKEioiUReBR^  übet  den  Ursprung  u.  s.  f.    S.  50. 

3)  SCHIBIBHBIACHBR,    ■•    S.    O. 

4)  ex^g.  Hikfl<tb.  2,  S.  4S  tf; 

O  Natinüche  Gescbishie,  1,  8/'42i;. 


dem  wenn  wir,    om  die  Bedentang  der  N«  T.tteben  Be- 
seichnnngsweUe  £a  bestinmen,    billig  auf  dae  A.  T.  xh* 
rficbgehen,   ao  finden  wir  1  KSo.  13,  4.  eine  Hand,  wel- 
che im  AuMtrecken  i^r^qavdij  CST^'^I)»  eis  nnfiüiig  geschil- 
dert, an  den  Leib  nurAdigefeogen  ^u  werden ,  ao  dafe  also 
an  Lihmnng  nud  Slai'rheiC  der  Hand,   und,  bei  Verglei- 
elmng  dee  von  einen  EpÜ^ptiseiien  gebraneblen  §7}(Hxlvia&4ici 
Mnre»9,  18«,  nngleieh  an  ein  SafdoaWerden  und  Sdiwin- ' 
lien  nn  denlien  IsC  ^).     Dafür  nun  aber,  dafii  JesQs  diesea 
onsl  andre  Cbel  mit  natürlichen   Mitteln  behandelt  habe, 
iprtrd  4m§  der  vorlIe|^n4en  Grsübljttng.  ein  sehr  aeheinbares 
Ai*/(naMnt  abgeleitet.      Unrein  soicjbee  Heilen,  sagt  man, 
^ar  am  Sabbat  .veriH^ten.,   W4'jkbee  Mit  irgend  einer  Be* 
schüfcignng  rerbundto    war«  ako  mfisaen  die  Pharisier, 
weoo  sie,  wie  es  hier  beiist,   von  Jesu  eine   Übertretung 
der  Sabbatsgesetse  durch  Heilen  erwarteten,   gewußt  ha« 
ben,   dafs  er  nicht 'diireh  das  Uo&e  Wort,  sondern  durch 
Medicamente  und  chirurgische  Operationen  su  heilen  pfleg- 
te ^>    Da  indessen ,  'wie  Paulus  selbst  anderswo  anführt, 
am  Sabbat  das  Heilen  auch  nnr  durch  eine  sonst  erlaubte 
BeaehwSrnng  Terboten  war  ^)r,    da  ferner  swischen  den 
Schulen  Hillers  und  Schaniniai*s  ein  Streit  obwaltete,    ob 
aacb  nnr  das  Trusten  der.Kranlien  am  Sabbat  erlaubt  sei  'j, 
und  da  fiberdiefs  nach  Paulus  eigener  Bemerkung  die  äU 
teren  Rabbinen  im  Punkte  des  Sabbats  strenger  waren  als 
diejenigen,   Ton  welchen  die,  ons   roriiegenden   Schriften 
lil>er  diesen  Gegenstand   lieratanmen  >  ^> :   so  konnten  die 
Hellttngen  «lese,  «nch  ohn/»  dala  natOrliehe  Blittel  dabei 


Q  MTntea,  biU.  Realw;  1,.  S.  7>6* 

7)  FAVUJty  s.  s.  O.  8.  49.  54.    KOtnn,  Imauurad,  S.  1851. 

8)  s.  s.  O.  S.  8$.  y  suir  traet.  Scbabbst. 

9)  Scbabbsty  f.  12,  iy  bei  jSciillTTenf,  i,  p.  123. 
10)  a.  d.  xuletzt  s.  O. 


IM  Zweiter  AhsehWItt 

in's  Spiel  kamen,  von  chlcanirendeii  Pheritffem  vnfer  du- 
Kategorie  Ton  SabbatBTerletsnngen  geefigen  werden.  Den 
Haapteinwunde  gegen  die  rationalistische  l£rktfirang,  der  ans 
dem  Schweigen  der  Evangelisten .  von  liatfirlichen  Mitteln 
liergenonitteii  wird,  gladkt  Paulus  für  muern  Fall  duroti 
die  Wendung  mm  begegnen,  dufs  damals  in  der  Synagoge 
wirkUch  keine  snr  Anwendung  gekofamen  seien ,  sondern  Je- 
sus habe  steh  die  Hand  Toraeigen  lassen,  vm  ea  sehen,  wte 
die  bisher  von  ihm  angeordneten  Mittel  (also  werden  der- 
gleichen doch  fingirt)  geholfen  hfitten ,  und  da  habe  er  sie 
bereits  yttUig  geheilt  gttanAea ;  denn  difs  sie  bereits  wie- 
derheirgestellt  gewesen  sei,  nicht  dafs  sie  nun  pldtsttoh  ge- 
sund geworden ,  bedeute  das^  afro)iat€gd&ij  simmtUeher  Ue- 
ÜBrenten.  Allerdings  se6eint  diefs  der  Zusammenhang  mi 
verlangen,  sofern  das  Ausstrecken  der  Hand  ohne  voran- 
gegangene Heilung  so  wenig  mlSglich  gewesen  wäre  als 
1  K0n.  13,  4.  das  Anziehen :  aber  die  Bellung  war  bewirkt 
durch  das  Wort  Jesu,  welches  die  Evangelisten  mittheilen, 
nicht  durch  natürliche  Mittel ,  welche  nur  von  den  £rkl&- 
rern  ersonnen  sind  ^'). 

Gleich  sehr  entscheidend  *  fthr  T  die  Nothwendigkeit, 
hier  eine  Wniiderheilung  anzunehmen ,  wie  für  die  Hög» 
lichkeit,  die  Entstehung  der  Anekdote  eu  erklären,  ist  die 
nähere  Verglelchung  der  bereits  erwähnten  A.  T.lichen  Er- 
cählung  1  Kön,  13,  1  ff.  Als  ein  Prophet  aus  Juda  dem 
am  Götaenaltar  räuchernden  Jerobeam  mit  dem  Untergang 
des  Altars  und  des  Götzendienstes  drohte ,  'und  der  Könfg 
mit  ausgestreckter  Hand  den  Ungfttckspropheren  cn  grei- 
fen befahl,  da  vertrocknete  plötzlich  seine  Hand,  so  dafs 
er  sie  nicht  mehr  znrflckziehen  konntest  und  der  Altar  zer- 
fiel» Wie  ,aber  auf  Ejßsuchen  des  Könfgfs  der  Prophet  Je- 
hova  um  Wiederherstellung  di|r  ^aqd  bat,  konnte  sie  jener 
wieder  an  sich  ziehefi ,   und  sie  wurde,  wie  sie  vorher  ge- 


ll) feuTsscas^  in  Matth.  p.  427;  in  Marc«  S.  79* 


Neance«   Ka|iileL    $.99.  127 

wmmn  wiir  *  ^1.  Aoeh  PAiiuit  verg leicht  hiw  4Uie  fircXh* 
immgj  aber  mir  um  «ach  auf  sie  seine  natürliche  Erkl&rnygs- 
w^ae  durch  die  Bemerkung  anzuwenden,  Jerebeant  Zorn 
liabe  lelebt  eine  voHÜiergebende  iLrampfhafte  £rstamuig 
iW  Msskeln  a.  s.  w.  in  der  gerade  mit  Heftigkeit  aoa- 
gee«reektea  Hand  henrerbriBgen  Iitenen.  Wem  fiUlt  et 
aber  nicht  rielmehr  in  die  Angen  j  dafs  wir  hier  eine  , 
Sage  feur  Verherrllehiing  des  monetheistischen  Prophe* 
•enriHimt  nnd  anr  Brandmarkang  des  israälitischen  Gff« 
diendienats  in  der  Person  seines  Drheliers  Jerobeam  ror 
ans  kaben?  0er  MaAn  Gottes  weissagt  dem  Götsenaltar 
aehnellen  wunderbaren  Roin ;  der  abgöttische  Kdidg  streckt 
fr^irendleh  die  Hand  gegen  den  Gottesmannaos;  die  Hand 
efarrt»  der  Götaenaltar  serftilt  in  Staub,  nnd  nur  anf  die 
FArbitte  des  Pn^heten  wird  der  König  wiederhergnstellt : 
wer  OMg  liier  fiber  wunderbaren  oder  natfirliohen  Hergai^ 
reehten,  wo  man  eine  offenbare  Mythe  ror  sich  hat?  Und 
wer  kann  ferner  in  nnsrer  erangelichen  En^hlung  eine 
Naehldidung  Jener  A.  TJichen  rerkennen,  wobei  nur  deuu 
Geiste  des  Christenthnms  gemüTsdie  Vertroeknung  der  Hand 
nicht  als  Strafwunder  eintritt,  sondern  als  natttrliche  Krank* 
heil  dargestellt,  und  Jesu  nur  die  Heilung  augeschrieben  wird, 
ebendefswegen  auch  nicht  wie  dort  die  Ansstrecknnng  dei^ 
Hand  sur  verbrecherischen  Ursache  und  sum  pönalen  Ha- 
bilas  der  Krankheit,  das  Ansieben  decselben  aber  cum  Zei- 
eben  der  Genesung  gemacht  ist,  sondern  die  Hand,  we)* 
dm  bis  dahin  Imuikfaafi  angesogen  war,  nach  Tollbrachtfr 


ii)  1  K»n,  13^  4.  LXX :  «aV  I3i 


Matth.  12,  10 :  MtA  ISi  S^ 

^dt  (Marc.  ti>iqaßiftiptjpy» 

13:  T6r9  Uy9$  tf  ir^^4ht^* 
ffMTWtPop  r^  'x*Z^  om'  ka\  J^- 


(08  Zweiter  Akschiiilt. 

Heilvfig  witdn»  aqsgettreekt  werden  keim.  Dab  eneh  Mnet 
BBi  Jene  Zeh  im  Orient  den  Liebiinf^en  der  U4Uter  da« 
Vermögen  so  dergleiehen  Ueilangen  sugeaohrieben  wvrde, 
eelien  wir  aus  einer  seboo  früher  aitgelührten  EraAhiimg, 
In  weleher  dem  Veapatiaa  neben  einer  BlindenheUnng  aveli 
die  WiederherateUaif  einer  kranken  Uaad  sngetelirieben 
wird  *'> 

Mickt  selbststftndig  übrigens  nnd  ab  Zweck  ffir  aieh 
tritt  In  dieser  Getehiehte  das  HeÜnagswonder  anf,  eeadeni 
die  Hauptsache  ist,  dafs  es  am  Babbat  geacbieht,  and  die 
Spitse  der  Anekdote  liegt  in  den  Worte»,  dnrcfa  welefie 
JosQS  seine  heilende  Thätigkeit  am  Sabbat  gegen  die  Pha- 
risler  rechtfertigt,  bei  Lukas  und  Markus  nämlich  dmreh 
die  Frage,  was  am  Sabbat  eher  angehe,  Gutes  eu  thnn>e<ler 
Böte9i  ein  Leben  co  erhalten,  oder  za  Terderben?  beiMat» 
tbftus,  neben  einem  Stück  von  dieser  Rede ,  durch  das  Oi^ 
ctnm  von  der  sabbatilchen  Rettung  des  in  die  Grube  gefiai* 
Jenen  Scbaafs«  Lukas,  welcher  diese  Gnome  hier  nicht  hat^ 
legt  sie  mit  der  Abweichung,  dafs  statt  des  f^QoßiXtop  ein 
cvog  9  ßiSy  ^^d  ^^^^  ^^^  Grube  der  Brunnen  steht,  bei 
Gelegenheit  der  Heilung  eines  vdQomikdg  Jesu  in  den  Mvod 
(14,  So  9  ^^^^  Ersählung ,  an  welcher  überhaupt  die  Ahn« 
hchkeit  mit  der  bisher  erwogenen  auffällt.  Jesus  speist  bei 
einem  Pharisäerobersten,  wo  man,  wie  dort  in  der  Sfna* 
goge  nach  den  awei  mittleren  Evangelisten,  auf  ihn  lauert 
Chter:  ^aav  TVHQcetTjQBfievoi  ^  dort:  naQenjQOv^l  es  ist  ein 
Wassersüchtiger  da,  wie  dort  ein  Mensch  mit  verdorrter 
Band ;  wie  dort  nach  Matthäus  die  Pharisäer  Jesum  fra- 
gen;  sl  l^e^t  zols  aißßaav  d-eganevetv;  nach  Markus  und 
^Lnkas  Jesus  sie  fragt,  ob  es  erlaubt  sei,  am  Sabbat  ein 
Leben  nn  retten  n»  s«  f. :  so  legt  er  ihnen  hier  die  Frage 
vor:  d  S^^i^t^  (^ctßßattf  &eQan€veiv;  worauf,  wie  dort, 
die  Gefragten  -aohweigen  (dort  Markus:   ol  di  iaKinwVf 


13)  Taoit.  Histor.  4>  81. 


Neantes  Kapitel.    $.  U8.  129 

hier  Lvkas :  oi  di  r^avxaaecv) ;   eodlieh  all  Epilog  der  Reh 
Itttig,  vfie  dort  bei  Mefthäas  ale  Prolog,   d«g  Ulctam  ron 
dem  in  den  Brannen   gefallenen  Tbiere»    Eine  natarlicfae 
Erklämng,  wie  eie  auch  von  dieeem  Heilnngswnnder  gege* 
ben  worden  ^Ut  ^^)y  erseheint  hier  gane  besonders  als  ret* 
lorene  Mfihe  ^  wo  wir  gar  keine  besondere  Geeobiehte  vor 
uns  haben ,    die  auf  eigenem  historischen  Fondanenfe  ruh- 
te ^  sondern  eine  blofse  Variation  Ober  das  Thema  drrSab« 
batheilnngen  und  die  Gnqme  ron  dem  TeranglQehfen  Last« 
thier ,  weic/he  dem  einen  CMatthäus)  in  Verbindung  mit  der 
Wiederherstellung  einer  dürren  Hand,    dem  andern  (Ln« 
kas)  mit  der  Heilung  eines  Wassersficbtigen ,   dnem  drit- 
ten in  noefa  anderer  Verbindung  sukommen  konnte;  denn 
auch  noch  einer  dritten  Heiiungsgeschichte  Ist  ein  ihnlleber 
Ausspruch  beigesellt.    Lukas  nämlich  ersfihlt  IZ,  16  ff.  die 
Ten  Jesu  am  Sabbat  voll£ogene  Heilung  einer  dümonisch 
Eosammengebfickten  Frau,  wo  auf  die  Beschwerde  des  Syn« 
agogeuTorstehers   Jesus   die  Frage  Eurftclcgiebt,   ob  denn 
nicht  jeder  am  Sabbat  seinen  Ochsen  oder  Esel  von  der 
Krippe  löse  und  cur  Tränke  führe?  eine  Frage,  in  wel« 
eher  die  Variation  der  obigen  nicht  su  yerkennen  ist     So 
gans  identisch  erscheint  diese  Geschichte  mit  der  zuletat  er« 
wähnten,   dals  ScuLXiBaM^CHSR  daraus,  dafs  bei  der  nwei« 
ten  nicht  auf  die  vorhergehende  surttckgewiesen ,  *und   so 
die  Wiederholung  durch  das  Eingeständnifs  entschuldigt  iit, 
sehlielst,  es  könne  Luc.  13,  10  -^  14,  ft.  nicht  von  demsel« 
ben  Verfasser  hintereinander  geschrieben  se^n  '  ^> 

Haben  wir  hienach  gleich  nicht  drei  verschiedene 
VorfUle  hier ,  sondern  nur  drei  verschiedene  Rahmen ,  in 
welche  die  Sage  das  unvergefsliche ,  wahrhaft  volksthtimli* 
ehe  Dictum  von  dem  am  Sabbat  eq  rettenden  oder  xu  ver« 
sorgenden  Hausthier  gefalst  hat:    so  mufs   doch,   seheint 


J4)  Paulos,  exeg.  Hsndb.  2,  S.  S4I  f. 
15)  a.  s.  Ö.    S.  196. 
Das  Leben  Jesu  IteArft.  U.  Band. 


ISO  Zweiter  A  btehnitü 

08.  wenn  wir  Jesa  eine  eo  originelle,  luid  iingenie§aene  Re* 
de  nicht  absprechen  wollen^  irgend  eine,  am  Sabbat  vor- 
gefallene, Heilang  snm  Grunde  liegen.  Nur  nicht  gerade 
eine  wunderbare.  Sondern  wie  Lukas  in  der  suietEt  an- 
geführten Stelle  jenen  Ausspruch  mit  der  Heilung  einer 
dümoniseben  Frau  verbindet,  so  könnte  er  von  Jesu  bei  Ge* 
legenheit  einer  Jener  Heilungen  von  Dämonischen,  deren 
natfirliche  Möglichkeit  wir  unter  gewissen  EinKchrffnkun- 
gen  Eugegelien  hal>en,  gethan  worden  sein;  oder  kann  Je- 
sus auch ,  wenn  er  bei  Krankheitsfüllen  unter  seiner  Ge* 
Seilschaft  in  Anwendung  der  üblichen  Medicamente  auf 
den  Sabbat  keine  Rficksicht  nahm,  jene  Appellation  an 
den  praktischen  Menschenverstand  su  seiner  Rechtfertigung 
nöthig  gehabt  haben;  oder. endlieh,  wenn  an  der  Annahme 
rationalistischer  ErklUr^r  etwas  Wahres  ist,  dafs  Jesus  in 
orientalischer,  ^mentlich  essenischer,  Weise  neben  der 
Seelenheilnng  auch  mit  leiblicher  sich  befafst  habe,  so 
kann  er  hiebei ,  wenn  er  der  Aufiforderung  daeu  auch  am 
Sabbat  nicht  widerstand,  eu  einer  solchen  Apologie  ver* 
anlafst  gewesen  sein ;  nur  dafs  wir  dann  immer  nicht  mit 
jenen  Auslegern  in  den  einseinen  Qbernatttrlichen  Heilun- 
gen ,  welche  die  Evangelien  melden ,  die  sum  Grunde  lie- 
genden natflrlichen  aufsuchen  dürften ,  sondern  wir  müfs* 
ten  eingestehen,  dafs  uns  diese  gans  verloren,  und  Jene  an 
Ihre  Stelle  getreten  seien  !^),  Übrigens  müssen  es  nicht 
einmal  Heilungen  überhaupt  gewesen  sein,  an  welche  sich 
Jener  Ausspruch  Jesu  knöpfte,  sondern  jeder  als  Lebens- 
retlang  oder  Lebenserhaltung  su  betrachtende  und  mit  ßns- 


16)  Tr«fl%nd  Wikeh,  bibl.  Reslw.  1,  S.  796:  ^^mta  sollte  t ich  docli 
bescheiden,  [von  den  Heilnngeii  Jesu]  nicht  in  den  ein- 
z einen  Fällen  eine  natürliche  Erklärung  geben  zu  woi. 
len,  und  immer  bedeaken,  dass  die  Verbannung  des  Wun- 
derbaren aus  der  Wirksamkeit  Jesu,  so  lange  die  Evan- 
gelten  geschichtlich  betrachtet  werden,  niemals 
jungen  kann.^^ 


Retintes   KiipiteK    §,  08.  131 

8(Ter  (jeechäftigkeit  verbundene  Dienst^  den  er  oder  seine 
JGnger  leisteten ,  konnte  ihm  der  pharisK lisch en  Picrrei  ge- 
genttber  Anlafs  eu  einer  solehen  Vertheidigung  Herden« 

Von  den  swei  -  Sabbatheiiungen    des  vierten  Lvange- 
lioms  Ist  die  etne  seboa  mit  den  Blinden heilangen  betrach- 
tet worden;  die  andere  (5,  1  ff.),   welche  unter  den  Hei- 
lungen  der  Paralytischen   vorgenommen    werden  konnte, 
Hefa  sich,  weil  doch  der  Kranke  nicht  mit  Jenem  Ausdrucke 
bezeichnet  ist,  hieher  versjparen*  ^  In  den  Hallen  des  Teichs 
Bethesda  in  Jerusalem  fand  Jesus  einen  schon  38  Jahre, 
ißvie  aus  dem  Folgenden  erhellt,  an  Lfihmung,  kranken  Men- 
sehen ,  welchen   er   mit  einem  Worte  cum  Aufstehen  und 
Heimtragen  seines  Bettes  beflKhigt,  dadurch  Jedoch ,  vieil  es 
Sabbat  war,   die  Feindschaft  der  Jüdischen  Hierarchen  auf 
sieh  ladet.    Auf  eigene  Weise  glaubten  seit  Woolstom  '^), 
Manche  mit   dieser  Geschichte  durch  die  Annahme  fertig 
sa  werden,   dafs  Jesus  hier  nicht  eineU  wirklich  Leiden- 
den gebeilt,  sondern  nur  einen  verstellten  Kranken  entlarvt 
habe  *'>    Der  eiocige  Grund,  der  mit  einigem  Schein  hie- 
für  angefahrt  werden  kann,  ist,^  dafs  der  Gesundgemachte 
Jesnm  seinen  Feinden  als  denjenigen  angebe ,    der  ihm  am 
Sabbat  sein  Bettecu  tragen  befohlen  habe  (V.  15.  vgl.  11  ff.), 
was  sich  nur  dann  erklären  lasse,    wenn  Jesus  ihm  etwas 
Unwillkommenes  erwiesen  hatte.  Allein  Jene  Anceige  konnte 
er  auch  entweder  In  guter  Meinung  machen,  wie  der  Blind- 
geborene (Job.  9, 11.  25.),  oder  wenigstens  in  der  unschul- 
digen,   den   Vorwurf  der  Sabbafsverletcnng  Ton  sich  auf 
einen  Stfirkeren  abanwälcen  ^^).    Dafs  der  Mensch  wirk- 
Ueh  krank,   und  cwar  an  einem  langwieiigen  Ubel  krank 
gewesen   sei,    giebt  wenigstens  der  EvKiigelist  als   seine 
Ansicht,    wenn  er  Um  ab  tgiaxona  xal  cxrci)  S%7j  i)^wv  iv 


i7)  Diso.  5. 

18)  PAVLVt,  Comm.  4,  S.  263  ff*    L.  J.  1,  s,  S.  298  ft 

19)  s.  LiJcKi  und  Tbolvcx  z.  d.  St. 


]$1  Zweiter  Abschnitt. 

rw  aafhfvelrc  heÄelclinet  (V.  5.),  wovon  Paülvs  leine  früher 
vorgetrAgeiie  gewaltsame  Erkiiirang,  nach  welcher  er  die 
38  Jahre  auf  das  Lebensalter,  nicht  auf  die  KrankheitsEeit 
des  Mannes  besog ,  nenerlich  selbst  nicht  mehr  vertreten 
vn^S  *°)*  Unerklftrlicb  bleibt  bei  Jener  Aasicht  von  dem 
\orfalI  anch ,  was  Jesus  bei  einer  späteren  Begegnung  bu 
dem  Geheilten  sprach  (V.  14.) :  ? Je  vyi^g  yiyomg'  fnijxin 
afxdQTovas  hafi^  yßlqov  tl  coi  yhfjtau  Paulus  selbst  si^ht 
«ich  dnrch  diese  Worte  genö(higt ,  ein  wirkliches,  nur  an« 
bedeutendes  9  Unwohlsein  bei  dem  Menschen  voraiiSEUse« 
tcen,  d.  h.  das  Unznreichende  seiner  Grandansicht  von 
dem  Vorfall  selbst  einsugesteheni  so  dafs  wir  also  hier  ein 
Wunder,  und  swar  keines  der  geringsten,  belialten. 

Was  nnn  die  historische  Glaubwürdigkeit  der  Ersüh« 
lang  betrifft,  so  kann  man  es  allerdings  auffallend  finden, 
dafs  einer  so  grofsartigen  Wohltbfitigkeitsanstalt,  wie  Jo* 
hannes  Bethesda  ^schreibt,  weder  4osephns  noch  die  Hab« 
binen  Erwähnung  than,  eumal,  ^vonn  die  Volksmeinung 
an  den  Teich  eliie  wanderbare  Heilkraft  knüpfte--'):  doch 
fährt  diefs  noch  keine  Entscheidung  lierbei.  Dafs  in  der 
Beschreibung  des  Teiches  eih  fabelhafter  Volksglaube  liegt, 
und  vom  Referenten  acceptirt  eu  werden  scheint  (wenn 
auch  V.  4.  unftcht  ist,  so  liegt  etwas  Ahnliches  doch  schon  In 
der  nlvfjoig  tS  vdavog  V.  3.  und  dem  TaQaxO^fj  V.  70>  beweist 
gegen  die  Wahrheit  der  Ersählang  nichts,  da  auch  ein 
Augenseuge  und  Jünger  Jesu  den  betreffenden  Volksglan* 
ben  getheilt  haben  kann.  Daft  nun  aber  ein  seit  38  Jah- 
ren in  der  Art  gelähmter  Mensch,  dafs  er  cum  Gehen  un« 
fähig  auf  einem  Bette  liegen  mufste,  durch  ein  Wort  völlig 
wiederhergestellt  worden  sein  soll,  diefs  denkbar  su  ma- 
chen ,  reicht  weder  die  Annahme  psychologischer  Einwir- 
kung (der  Mensch  kannte  Ja  Jesum  nicht  einmal,  V.  13.^ 

30)  vgl.  mit  Comm.  4,  S.  290.  dst  L.  L  1,  s,  S.  298. 
21)  BasTtCHiisiosa,  Frobab.  S.  69. 


Mtttnle«  KapiteL    %.  K.  JS3 

■oeh  Irfend  welche  pbytitohe  Analogie  (wie  Kagnelkaiae 
n.  dergL)  auch  nur  von  ferne  hin,  sondern,  wenn  diele 
wirklieb  erfolgt  bt,  so  mfiMon  wir  den,  durch  welchen  ea 
erfolgte,  aber  alle  Grenaen  des  Mensoblicben  undKatflrIl« 
eben  binanibeben«  Dagegen  bfitte  man  da«,  dafii  Jesus  aua 
der  Menge  ?on  Kranken,  ivelebe  in  den  Hallen  Ton  ite- 
thesda  sieh  befanden,  nur  diesei  einsigen  anr  Heiliing  ans* 
erkor,  niemals  bedenklieh  finden  sollen  ^-),  da  die  Heilung 
dessen,  der  am  Iftngsten  krank  la^,  anr  Verherrlichung  der 
■leaUanischen  Wunderkraft  nicht  nur  besonders  geeignet, 
aondern  auch  hinreicheud  war«  Dennoch  knflpft  sich  an- 
drerseits eben  an  diesen  Zug  die  Vermutbnng  eines  mythi* 
sehen  CharalUers  der  firaählung.  Auf  einem  grofsmSchau« 
platae  der  Krankheit,  wo  alle  mögliche  Leidende  ausgestellt 
sind,  tritt  der  groCie  Wunderarat  Jesus  anf ,  und  wfthlt 
sich  denjenigen,  der  am  hartaäckigaten  leidet,  heraus,  um 
durch  Wiederherstellung  desselben  die  flänaendste  Probe 
seiner  Hellkraft  abaulegen.  Wie  wir  es  bereits  als  die 
Weise  das  fierten  Evangeliums  kennen,  statt  der  extensir 
gröfseren  Masse  synoptischer  Wundeif  eschlchten  wenige^ 
aber  desto  intensivere  au  geben :  so  hat  es  auch  hier  durch 
die  £rslhluag  von  der  Heilung  eines  88  Jahre  lang  Ge» 
lühmten  alle  synoptischen  Berichte  von  HeÜui^^  gliedere 
kranker  Personen,  von  welchen  die  am  iingsten  leidende 
bei  Lukas  13,  IL  nur  als  eine  yvyj]  nrevfxa  ^oaa  aaOsvUu^ 
ittj  dexa  xal  oxtm  beaeichnet  war ,  bei  Weitem  fiberba»- 
tan.  Ohne  Zweifel  war  dem  Evangelisten  eine,  obwohl^ 
wie  wir  dieCi  auch  sonst  schon  bei  ihm  fanden,  aiemlich  unbe-- 
stimmte,  Kunde  von  dergleichen  Heilungen  Jesn^  namentlich 
der  des  Paralytischen  Matth.  9, 2  ff.  parall,  angekommen,  da 
der  heilende  Zuruf  und  der  Erfulg  der  Heilung: hier  bei 
Jobannes  fast  wärtlich  ebenso^  wie  dort  nameutlioh  beiMar- 


33)  Wie  fljits,  L.  J.  $.  93. 


134 


Zweiter  Abschnitt. 


km,  Hngegeben  Ut  ^'>  Auch  davon ,  «Ufa  in  der  synopti- 
sehen  Ersählnng  jene  Heflong  eugleioh  als  ein  Act  der 
Sündenvergebung  erscheint ,  ist  in  der  vorliegenden  Joban- 
neisehen  Geschichte  noch  eine  Spur,  indem  Jesus ,  wie  er 
dort  den  Kranken  vor  der  Heilung  mit  einem  afpionral 
öoi  al  afi^QtlM  beruhigt,  so  hier  nach  der  Heilung  ihn 
durch  das  ^xiri  afia^avs  k.  t.  L  verwarnt.  Die  so  aus- 
geschmtickte  Heilungsgeschichte  aber  wurde  sugieich  Bor 
Sahbatheilung  gemacht ,  weil  das  darin  vorkommende  Ge- 
heifsy  das  Bette  liinwegsutragen,  als  der  geeignetste  Anlals 
cum  Vorwurf  der  Sabbatentbeiligung  ersehenen  mochte. 

S.    99. 

Todtenerweckungen.  "^ 

Drei  Todtenerweekungen  wissen  die  Evangelisten  von 
Jesu  BQ  erBfifateo,  davon  ^e  den  drei  Synoptikern  ge- 
melnschafUieh,  «ine>  deäi  Lukas,  und  eine  dem  Johannes 
eigenthUmlioh  ist 

Die  gemeinsame  ist  ^ejenige,  welche  von  Jesu  an  ei- 
nem Mädchen  verrlbhtet  worden ,  mid  in  allen  drei  ßerich- 
ton  mit  der  JdMählung  von  der  blutflässigen  Frau  verbuii« 
den  ist  (Matth.  9, 18  f.  23  —  26.  Marc.  5, 22  ff.  Luc.  8, 4 1  ff.). 
In  der  nIElieren  Beseicbnung  des  Mädchens  und  ihres  Va-' 


23) 

Marc.  2,  9: 
(tI  iftp  BuMontSTtQoy,  tlntity 
—  — )  7yt«c»>  «^^<^>'  ^9  "for 
le^djißaTdv  mt»  n$(f$ndrit ; 

10:  —  fyftQt^  Stqov  ror- 
9t^dßßar6v  mt  ««»  vnayf  $lt 
Tor  oiteSt  08, 

OQa<i  Tov  uqdßßarov  il^l^er 
ivavtiov  nävTtar» 


Job.  5y  8: 
fytt^aiy  oQov  Tov  Mqdßßardi^  C9^ 
Mtt\  ntQindrei* 


(9:  Kai  tv94»i  ^drrro  vyt9jg 
i  Sv9-^mnofy  xal  ^^f  ror  u^dft» 
ßaror  auzS  ual  nt^andr^t. 


n autttes  KapiteL    $.99«  IM 

ters  wefohen  die  Synoptiker  ab,  indem  Matthias  den   Va- 
ter, 'ohne  einen  Namen  an  nennen,   anbestimmt  als  uQxtap 
(Ig^    die  beiden  andern    aber  als  8ynafi[ogenvorsteher  Na<^ 
mens.  Vasi^ff  einfähren,  and  ebendiMeiben  anch  die  Tech- 
ter  alsBWölQfihrig,  Lakas  noch  ausserdem  als  das  einsige 
Kind   ihres   Vaters,    bestimmen,    wof^in   Matthfias  nichts 
vreifs.     Bedeatender  ist  die  weitere  üifferens,   dafs  nach 
Matthftos  der  Vater  das  M&dchen  Jeso  gleich  Anfangs  als 
gejitoi*ben   ankindigt,    und   ihre  Wiederbelebong  verlangt,- 
iirUhreiid  er  nach  den   beiden  andern  sie  noch  lebend ,  ob- 
iwohl  in  dep  lotsten  ZOgen,  rerliefs,  nm  Jesnm  aar  Verhtt- 
Sung  ihres  wirklichen  Todes  herbeiaolioien,  and  erst,    wie 
Jesus  mit  Ihm  auf  dem  Wege  war ,  Leute  aos  seinem  flan- 
se  mit  der  Nachricht  komikien ,    dafs  das  filfidcben  indefs 
gestorben  ^  ond  nun  Jede  weitere  ßemähung  Jesn  vergeh« 
lieh  sei*    Aach  die  Umstünde  bei  der  Wiederbelebung  wer- 
den verschieden  beschrieben,    indem  AfatAi^os  namentlich 
davon  nichts  weiCs,  dafs  Jesus  nach  den   beiden  andern 
Referenten  nur  den  engsten  Ausschufs  seiner  Jünger,   den 
Petras  and  die  Zebedaiden ,    als  Zeugen  mitgenommen  ha- 
ben soll.     Diese  Abweichungen  hat  a.  B.  Storr  so  beden- 
tend  gefunden,   dafs   er  fiwei  verschiedene  Fälle  annahm, 
in  welchen  unter  fihnlichen  Umständen  die  Tochter  das  ei- 
iiemal  eines  weltlichen   Sqx^^  iMatthäos) ,   das  andreuial 
eines  Synagogarchen  Jairas  (Blarkus  und  Lukas)  vom  To« 
de  erweckt  worden  sei  ').    Dafs  nun  aber,    was  StoüR 
noch  dasa  annimmt,  und  was  auf  diesem  Standpunkt  an- 
genommen werden  mufs,  Jesns  nicht  blofs  aweimal  ein  M üd- 
ehen  vom  Tode  erweckt,  sondern  auch  beidemale  unmittel- 
bar vorher  eine  Frau  vom  Blotflulse  geheilt  haben  soll,  ist 
ein  Zusamm^nrreffen,  welches  sieh  durch  die  vage  Bemer- 
kang  Storr's,  es  können  sich  su  verschiedenen  Zeiten  gar 
wohl  sehr  ähnliche  Dinge  zutragen,  um  nichts  w^abrscheia- 


1)  tJber  den  Zweck  det  Job.  S.  IBl  IT. 


IM  Zweiler  Absehnil^ 

lieber  wird.  Märi  man  semlt  einrinmeni  c1a6  die  Evap- 
geibteo  mir  Eine  Begebenheit  erschien,  so  eoUte  man  doeh 
dee  weiehiicben  Bestrebens  sich  enlkcblagen,  eine  völlige 
Überefnstimmang  Ihrer  Ersihlungen  heraos^nbrlngen.  Denn 
weder  kiuin  das  ä^i  iteXetiTTjae  bei  Matthäos,  wie  Kuiröl 
will  '),  eH  morii  pro^vima  heifsen,  nooh  lAlst  sich  das 
iaxat(ag  SxBt  und  oTt^Sffjaxs  bei  Markos  nnd  Lakas  von 
bereits  erfolgtem  Tode  verstehen,  aamal  bei  beiden  die 
Todesnachricht  dem  Vater  später  als  etwas  Neues  hinter- 
bracht  wird  '). 

Hat  daher  die  neuere  Kritik  mit  Recht  hier  eine  Ab« 
weichnng  der  Relationen  sugegeben,  so  findet  9ie  die  ge* 
vanere  Darstellnng  des  Hergangs  einstimmig  auf  Seiten  dei^ 
mittlerea  Evangelisten,  sei  es,  dafs  man  mit  Schonung  dfit 
Matthäus  in  seiner  Darstellung  eine  Abküry-nng  ündet,  vi  ii» 
sie  auch  von  einem  Augenzeugen  veranstahet  sein  könn- 
te^), oder  da/s  man  diese  mindere  Genauigkeit  als  Zeichen 
eines  nichtapostoiischen  Ursprungs  des  ersten  Evangeliums 
ansieht  ^).  Dals  nun  Markus  und  Lukas  den  von  Matthäus 
verschwiegenen  Namen  des  Bittstellers  angeben,  und  aueh 
seinen  Stand  genauer  als  Jener  bestimmen,  kann  ebrnso« 
wohl  an  Ungunsten,  als,  wie  gewöhnlich,  su  Cunsten  fe« 
ner  beiden  ausgelegt  werden,  da  die  namentUebe  Beaeich« 


2)  Comm.  in  Matth.  p.  26S.  Welche  Argumentation :  verba  [NB« 
Mattkaei]:  &^r«  irtXttfTf^afr  nen  possnnt  fatine  reddi:  jaxn 
fnortua  est:  nam^  aaciore  [NB.J  Lueoj  patri  ai^nie  xnm 
Christo  eoUoquenii  nuntrabat  sei'vus^  fiiiam  jam  exspirasse^ 
ergo  [ aiMctore  Ma ttbaeol\  Hondum  mortna  erat ,  cum  pater 
ad  Jesum  accederet» 

ft}  Vergl.  über  diese  falschen  Autgleichungtvertuche  SciitEisii* 
MACHKR,  Über  den  Lukas,  S.  132.  und  Frxtzscuk,  in  Matth. 
p.  347  f. 

4)  Olshauskiv,  1,  S.  523. 

5)  ScHLEURBiACKKR,  «.  R.  O.  S.  131  ff«  \^  ScuULZ,  Über  das  Abcndm. 
S,  31G  1,      , 


Neunies  KapiMl«    S«  9^*  iä7 

niuig  der  Pertonen,  wie  tohon  frfllier  benerkt,  ideht  iel- 
tea  Zatfaat  der  spXteren  Sage  Utj  wie  die  blntflfladge  Frao 
erat  in  der  Tradition  eines  Job.  Blalala  Veronilia  ^) ,  dfs 
JianaDlIsehe  Weib  erst  in  den  Kiementlnea  Justa  heirst  7), 
«nd  die  beiden  MitgelLreusigten  Jesu  erat  Im  Evangelium 
Ifieodemi  Gestas  and  Demaa  ^.  Das  f^ovoyevijg  des  Ln- 
las  ehnebin  dient  nur,  die  Sceno  röhrender  sn  diaeben, 
und  das  iwäy  doiSexa  Itonnte  er  ond  nach  ibm  Markos  ans 
der  Gesebiehte  der  BiutflQssigen  heranfnebmen«  Die  Dif- 
ter^nm^  dafs  nach  Matthäus  das  Mädchen  sehen  Anfangs 
als  gestorben,  nach  den  l>eiden  andern  erst  als  slerl>end 
angekOndIgt  wird,  niafste  man  sehr  oberflichlieh  aagese- 
hoii  haben ,  wenn  man  diesell>e  i^aeh  unserem  eigenen  Ka- 
uen EU  Ungunsten  des  Matthäus  unter  dem  Vorwand  ge-^ 
brauehen  au  können  glaubte,  dafs  bei  ihm  das  Wunder 
vergrössert  sei  Denn  auch  bei  den  beiden  andern  wird 
hernach  der  Tod  des  Mädchens  gemeldet,  und  dafs  er  nach 
Matthäus  einige  Äugenblicke  frfiher  eingetreten  sein  mttfs- 
te ,  kann  keine  Vergrofserung  des  Wunders  heilsen.  Um- 
gekehrt muls  man  sagen,  dafs  bei  den  beiden  andern  die 
Wundermaefat  Jesu,  «war  nicht  objectir,  wohl  aber  subjec- 
tir  gröfser,  weil  gesteigert  durch  den  Contrast  und  das 
Unerwartete,  erscheine.  Dort,  wo  Jesus  gleich  Anfangs 
«m  eine  Todtenerweckung  gebeten  wird,  leistet  er  nicht 
»ehr,  als  Ton  Ihm  rerlangt  war;  hier  dagegen,  wo  er,  nur 
umelneKrankenbeilung  ersucht,  eine  Todtenerweckung  voll- 
bringt, thut  er  mehr  als  die  Betheiligten  bitten  und  yet- 
stehen ;  dort,  wo  das  Vermögen,  Todte  zu  erwecken,  Tom ' 
Vater  bei  Jesu  yorausgesetat  wird,  ist  das  Ungemeine  eines 
seleLen  Vermögens  noch  nicht  so  herrorgeboben,  als  hier, 
we  der  Vater  sunäehst  nur  das  Vermögen,  die  Kranke  au 


e)  t.  FiBMcivs,  Cod.  spocr.  N.  T.  2,  S.  449  ff. 

7)  Homil.  3,  10. 

8)  Csp.  10. 


laS  Zweiter  Absohaitt. 

heilen I  yonuissetaft,  luid  al«  der  Tod  eingetreten  ist,  von 
jeder  v^eiteren  Hoffnung  abgenuhnt  wird.    In  der  Art,  wie 
die  Anliunft  ond  dae  Verfahren  Jeeu  im  Leicbeahaoce  be- 
«chrieben  wird,   ist  Matthlus  bei  seiner  KOrse  wenigstes« 
LIarer  als  die  andern  mit  ibren  weitiänftigen  Berichte»« 
Denn  dafs  Jesus,  im  Hanse  angelangt,  die  bereits  sur  Lei- 
obe  versammelten  Pfeifer  sammt  der  tibrigen  Menge  aua 
dem  Grunde  weggewiesen  babe^  weil  es  hier  keine  Leiche 
geben  werde,  ist  vollkommen  verstfindllch ;  wamm  er  aber 
nach  Markus  und  Lukas  ausserdem  anch  seine  Jfinger  bis 
auf  Jene  drei  von  dem  vorsuhehmenden  Schanspiel  ausge- 
schlossen haben  soll,   davon   ist   ein  Grund  schwer  einsn- 
sebep«    Dals  eine  gröfsere  Anzahl  von  Zuschauern  phy* 
sisch  oder  psychologisch  ein  flindernÜs  der  Wieddt^ele- 
bung  gewesen  wäre,  kann  man  nur  unter  Voraussetsung 
eines  natürlichen  Hergangs   sagen:    war  es  ein  Wunder, 
so   könnte    man   den  Grund  jener  Ausschliefsung  nur  in 
der  minderen  Fähigkeit  der  Ausgeschlossenen  suchen,  wel- 
cher aber  eben  durch  die  Anschauung  eines  solchen  Wun- 
ders   hätte  aufgeholfen   werden  sollen.     Vielmehr  scheint 
es  nach  Allem,   als  hätten  die  Ewei  späteran  Synoptiker, 
welche  auch  im  Gegensata  gegen  die  Schlufsformel  'des  Mat- 
thäus,    dals  das   Gerücht  von  diesem  £reignifs   sich   im 
gansen  Lande  wbreitet  habe,    den  Zeugen  desselben  von 
Jesu  das  strengste   Stillschweigen    auflegen    lassen,    den 
Vorgang  als  ein  Mysterium  betrachtet,  su  welchem  aus^r 
den  nächsten  Angehörigen  nur  der  engste  Ausschluls  der 
Jünger  gesogen  worden  seL    Vollends  auf  das  von  Schulz 
herausgehobene,  dafs,  während  Matthäus  Jesum  das  Mäd- 
chen nur  einfach  bei  der  Uand  nehmen  lälst,  Markus  und 
Lukas  uns  die  Worte,  welche  er  dasu  gesprochen,  der  er- 
stere  sogar  in  der  Ursprache,  £u  überliefern  wissen,  kann 
entweder  kein  Gewicht  gelegt  werden ,   oder  nur  in  entge- 
gengesetztem Sinne.    Denn  daCi  Jesus,  wenn  er  bei  Aofer- 
Wockuuj;  eines  Mädcliens  etwas  sprach,  sich  ungcfi^hr  der 


Neoates  KapiteL    S»  99.  139 

Worten  37  nwg  byflfm  hedient  haben  werde,  diefe  konnte 
wolil  aach  der  yom  Factaa  entfernteste  EreShter  auf  el« 
gene  Hand  sieh  vorstellen,  und  bei  Marlius  gar  das 
%aXt^  xsfu  als  Zeichen .  einer  besonders  arsptdingiicl^n 
Quelle,  aas  welcher  der  Evangelist  geschSpft  haiiOi  Ase- 
hen,  heilst  das  Nüherliegende  vergessen ,  dafs  er  es  ebenso 
leicbt  aus  dem  Orieohisohen  seines  Gewährsimanns  fiber- 
trafren  haben  liann,  nm,  wie  bei  jenem  iqxpa^a^  das  geheim- 
airsvolle  Lel>enswort  in  seiner  arsprflnglichen  fremden  Spra- 
eile,  also  luir  um  so  mysteriöser  iLÜngend,  wiedersogeben. 
Gerne  werden  wir  uns  demnach  dessen  bescheiden,  mit 
ScflLKiBaMACHER*schem  Scharfsinit  aaseumachen,  ob  der  ar- 
sprÜAgliche  Gewährsmann  der  Erzfihlung  des  Lalcas  einer 
von  den  drei  sagelassenen  Jflngern  gewesen,  und  ob  der- 
setlro ,  der  sie  Drsprfinglich  berichtete ,  sie  auch  niedergei- 
sehrtcl>en  habe  ^)  ? 

In  Besug  nun  auf  den  voranssusefzenden  wirlillcben 
Hergang  der  Sache  tritt  die  natürliche  Erklärung  hier 
gane  besonders  auversichtlich  anf^,  indem  sie  Jesu  eigene 
Versicherung  ffir  sich  au  haben  glaubt,  da(s  das  Mädchen 
aieht  wirklich  todf  sei,  sondern  nur  in  einem  schlafäbnltchen 
Zustande  der  Ohnmacht  sich  befinde,  und  nicht  biofs  entschie- 
den rationalistische  Ausleger,  wie  Padlus,  oder  halbratio- 
aalisdsohe,  wie  Scbleibrmachbr,  sondern  auch  entschieden 
supranatnralistisehe  Theologen,  wie  Olshauskü,  glauben 
•m  der  beseiehneten  Erklärung  Jesu  wMlen  hier  an  keine 
Todtenerweckung  denken  au  dürfen  '^.  Der  auletat  ge- 
Bannte  Erklärer  legt  besonders  auf  den  Gegensats  in  der 
Bede  Jean  Gewicht,  und  meint,  weil  zu  dem  ha  aTti&ave 
■eeh  das  alla  xa^Bvdu  gesetzt  sei,  so  könne  der  erstere 
Ausdruck  nicht  blob  so  gefalst  werden :  sie  ist  nicht  todt^ 


Q  a.  a.  O.  S.  129.  < 

10)  Pauujs,  eaeg.  Handb.  1,  b,  S.  526.  31  f.    Scuuisaiuciisii,  a. 
a.  O.    S.  132.    OuiuvsBK,  i,  S.  327.  * 


IM  Zwktmr  AbfolinilC. 

indem  loh  den  Vortata  buhe,  sie  su  erwecken  ^  wniider- 
licb|  da  doeb  dieser  Zosets  gerade  enneigt,  dab  sie  nor  ii^ 
aofem  niebt  geifoi'ben  sei,  als  Jeans  sie  sn  erwecken  rw^ 
inOge.  Man  beruft  sieb  femer  a^  die  Erkllrong  Jean  Aber 
det^Lanarut,  Job.  U>14.y  weicbe  mit  ibrem :  Aa^aQog  ani^ 
^aie  der  gerade  Gegenaata  su  nnserem  hü  wvidixve  ro  xoQa^ 
ciop  aeL  Aber  vorber  hatte  Jeans  docb  aneb  von  Lasaroa 
gesagt:  avtfj  37  äo9iveia  ax  ig^'-nQog  ^dyarw  (V. 4.)  und: 
^d^aqog  6  q>lXog  rlf^tiv  xexolfifjrai  (V.  II.)  j  «l^o  gans  die- 
aelbe  Läugnnng  des  Todes  und  Bebanptnng  eines  blofsea 
Scblitfes,  wie  hier,  nnd  doi^  bei  einem  wirldicb  Gestorbe- 
nen. GewUs  hat  demnach  Frittzsche  recht,  wenn  er  den 
Sinn  der  Worte  Jesu  in  unsrer  Stelle  so  angiebt:  pwel- 
lam  ne  pro  tnwrtua  iaketoiey  »ed  dennire  exiMtmutoie,  VV" 
pe  in  vitam  mojc  rediiuram.  Ohneliin,  wenn  Hatthlus 
II,  5.  Jesum  sagen  iä(st:  vsxqoI  iyalQOwaVf  ao  scheint  er, 
der  sonst  keine  Todtenerwekung  ersAhlt,  eben  an  diese 
gedacht  haben  £u  müssen. 

Doeb  auch  abgesehen  von*der  falschen  Deotnng  der 
Worte  Jesu  hat  diese  firlülrnng  noch  manche  andere 
Schwierigkeiten.  Zwar,  dafa  aowolil  an  sich  bei  manchen 
Krankheiten  Zustftnde  eintreten  können,  weiche  dem  Tode 
täuschend  Ihnlich  sehen ,  ala  auch  insbesondere  bei  dem^ 
acblecbten  Znstand  der  Heilkunde  unter  den  dsjualigeu  Ju- 
den eine  Ohnmacht  leicht  ffir  wirklichen  Tod  genommen 
werden  konnte,  iat  nicht  in  Abrede  sn  stellen«  Nun  aber, 
woher  soll  Jesns  gewufst  haben,,  dafs  gerade  bei  diesem 
Mftdcben  ein  blofser  Scheintod  stattfand!  Erslhlte  ihm 
auch  der  Vater  den  Gang  der  Krankheit  noch  ao  genau, 
Ja ,  war  er  mit  den  Umständen  des  Mädchens  vielleioht 
vorher  sdbon  bekannt,  wie  die  natfirliche  Erklärung  sup- 
ponirt,  immer  fri^  sich,  wie  er  hierauf  ao  viel  bauen  konur 
te,  um,  ohi|p|daa  Kind  noch  gesehen  au  haben  ,^  im  Wi* 
derspruche  gegen  die  Versicherung  der  Augensengen ,  es, 
nach  der  mtio^iaUj^ttodiea  i)e{i(||n^  seiner  Worte,  bestimmt 


Nenmldt  Kapitel.    S.  99.  141 

fttr  nicht  |;tttorliefi  m  erkUren  ?  Diefs  wffre  Vf^nncsi^lielt 
gewesen  vnd  Cnklogheit  dann,    wenn  nielit  emiers  Jesus 
sof  flbernatarlichem  Wege  von  dem  wahren  Thatbestande 
sichere  Kenntnifs  hatte  9  womit   eher  der  Standponkt  der 
nattlrliehen  Erklftrong  verlassen  wXre.    Naeh  Jesn  Ankmift 
bei  der  angeblich  Scheintodten  schiebt  nan  Paulus  cwi- 
sehen  das  ixQatf]ae  %f^g  t^i'Qog  ait^g  «nd  dae  rffkQfhj  %h 
xoQaGiaPy  was,  bei  Mathäna  schon  enge  genug  verbanden, 
die   tieiden  andern   Evangelisten   durch  etd^m  und  naga- 
tDW<^  noch  näher  susammenrileken,  eine  längere  Zeit  der 
irstlichen  Behandlung  ein,  nnd  Vinturiki  weifs  die  enge* 
wandten  Mittel  sogar  im  Einseinen  namhaft  au  machen  *'). 
Mit  Recht  hält  gegen  solche  Willktthrlichkeiten  Olsuauseh 
dnran  fest ,  dafa  nach  der  Ansicht  der  Ersähler  der  hole* 
beiide  Ruf  Jesu,  und  wir  können  hinausetsen,  die  ßeräh« 
rang  seiner  mit  göttlicher  Macht  gerflstefen  Hand ,  das  Me» 
diam  der.  Erwecknng  des  Mädchens  gewesen  sei. 

Bei  der  dem  Lukas  eigentbOrolichen  Erwecknngsge* 
seilichte  (7,  II  ff.)  fehlt  der  natürlichen  Erklärung  die 
Handhabe,  die  in  der  anletat  betrachteten  der  Ausspruch 
Jesu  bot,  in  welchem  er  den  wirklich  erfolgtdb  Tod  dea 
Mfidchens  sn  längnen  schien.  Dennoch  fassen  die  ratio« 
aalistischen  Ausleger  Muth,  und  kntfpfen  Ihi^  Hoffnungen 
hauptsächlich  daran,  dafs  Jesus  V.  14.  den  im  Sarge  lie- 
genden  Jäogling  anredet:  anreden  aber,  sagm  sie,  könne 
man  doeh  nicht  einen  Todten ,  sondern  mir  einen  solchen, 
den  man  des  Hörens  fähig  erkannt  habe  oder  verm^ithe  <  0* 
Allein  dieser  Kanon  wörde  auch  beweisen ,  dals  die  Tod* 
ten  alle,  welche  am  Ende  der  Tage  Christue  auferwecken 
wird,  anr  Scheintodte  seien,  da  sie  sonst  niciü,  wie  es 
doeh  anadrOcklich  heifst  (Job.  S,  ».  vgl.  1  Thess.  4,  10.). 
seine  SUmme  hören  könnten,  —  er  würde  also  an  viel  be« 


II)  NalürUche  Geschichte,  2,  S.  %\2. 

M)  Paws,  e«eg.  Handb.  1,  b,  8.  716.  Ana|.  und  719  f. 


14t  Zweiter  Abtolittitt 

wetiMi«    Allardlngt  muby  wer  asgrredet  wird,  als  hSrend 
pnd  in  gewissem  Sione  lebend  rorautgesetet  werden ,  aber 
bier  nur  insofern,    alt  die   Stimme  des  Todtenerweeken» 
aocb  in  eirs^orbene  Obren  dringen  kann.    Näcbstdem  \Ter> 
den  wir  swar  die  Möglicbkeit,    dafii  bei  der  jOdiscben  Un- 
sitte y  die  Todten  sehen   einige   Standen  nach  deren  Ver^ 
soheiden  sn  begraben,    leicht  ein   blofs   Scheintodter  ku 
Grabe  getragen  werden  konnte,  sageben  müssen  ''):   alles 
Weitere  aber,  wodurch   geseigt  werden  soll,   dafs  diese 
Alöglichkeit  hier   Wirklichkeit   gewesen  ,  ist  ein  Gewebe 
von  £rdiehtongen.    Um  eu  erklären,  wie  Jesus,  auch  ohne 
den  Vorsatz,  hier  ein  Wunder  eu  tfaun,  sich  mit  dem  Lei- 
chenzuge einlassen,  wie   er  auf  die  Vermnthung,   der  sä 
ßegrabende  möchte  vielleicht  nicht  wirklich  todt  sein,  kom- 
men konnte,   wird  suerst  fingirt,  die  beiden  Züge,   der 
Leichensug  und  der  Zug  der  Begleiter  Jesu,  solen  gerade 
unter  dem  Stlndtlhor  susadimengetroffen,  und  da  sie  einan* 
iler  den  Weg  sperrten ,  eiue   Weile  aufgehalten   worden : 
geradesu   gegen  den  Text,   der  erst,  als  Jesus  den  Sarg 
anfafste,   die  Träger  stillesteheli  läfst.     Durch  die  £rsäb- 
lang  der  näheren  UmtaMe  des   Todesfalls,    die  er   sich 
während  des  Stillstands  habe  geben   lassen,  gerührt,   sei 
nan  Jesus  s«  der  Mutter  gerreten ,  und  habe,  ohne  Besag 
auf  eine  su  vollbringende  Todtenerweckung ,   rein  nur  als 
tröstenden  Zuspruch,  die  Worte;   ^?j  xXate  su  ilir  gespro- 
chen '^).     Allein  was  wäre  doch  das  für  ein  leerer,    an- 
asafsenfler  Tröster,  welcher  einer  Mutter,  die  ihren  einsi- 
gen   Sohn    begräbt,   nur  geradesu  das    Weinen  verbicrea 
wollte ,  ohne  weder  reale  Hülfe  durch  Wiederbe)ebang  des 
Oestorbeven,    noch  ideale  durch  ansgesnchte  Trostgründe 
ihr  so  bieten?  Das  Letztere  thut  nan  Jesus  nicht:  soll  er 
also  nicht  gana  unzart  aufgetreten  sein,  so  mu(s  er  das 


13)  Ders.  a.  a.  O.    S.  723. 
14^  so  auch  Hase,  Lw  J.  §.  87« 


MeuBies  KapiteK    %  99.  Itf 

liritere  im  Sinne  gehabt  haben ,  ond  dazu  macht  er  anch 
alle  Anstalt,  indem  er  absichtlich  den  Sarg  anhftlt  und  die 
Träger  cum  Stehen  bringt.  Vor  dem  erweckenden  Knfe 
Jeto  schiebt  nan  die  natürliche  Erklärung  den  (Jmstand 
ein  9  diCi  Jesus  an  dem  jQngling^  irgend  ejn  Lebcnsseicfaen 
^eaMrkt,  und  auf  dieses  hin  entweder  unmittelbar,  oder 
nach  vorgängiger  Anwendung  von  Medicamenten  ''),  jene 
W^orte  gesprochen  habe,  weiche  ihn  vollends  erwecken 
lulfen«  Allein  abgesehen  davon ,  dafs  jene  Zwischenmo* 
nente  in  den  Text  nur  eingeschoben  sind,  und  das  starke: 
navloKE^  aol  XiycOj  iyiQd-i^^ij  eher  dem  Machtbefehl  eines 
KTonderthäters  als  dem  öelebnngsversnch  eines  Arstes  ahn« 
lieh  sieht:  wie  konnte  Jesus,  wenn  er  sich  bewuCst  war, 
den  Jüngling  als  lebenden  schon  angetroffen,  nicht  selbst 
em  ihn  vom  Tode  zurOckgerufen  sji  haben,  mit  gutem  Cie« 
wissen  die  Lobpreisungen  hinnehmen ,  welche  dem  Bericht 
sufolge  die  suschanende  Menge  dieser  That  wegen  ihm  als 
grobem  Propheten  zollte?  Mach  Paulus  war  er  selber  un^ 
gewifs ,  wie  er  den  £rfolg  anzusehen  habe ;  aber  eben 
wenn  er  nicht  überzeugt  v»Ar,  den  Erfolg  sich  iselber  ^u* 
Behreiben  zu  dürfen,  so  erwuchs  ihm  die  Pflicht,  alles 
Lob  in  Bezug  auf  denselben  abzulehnen ,  und  er  kommt, 
^^Mn  er  diels  nicht  that,  in  ein  zweideutiges  Licht,  in 
welchem  er  nach  der  übrigen  evangelischen  Geschichte, 
sofern  sie  unbefangen  aufgefafst  wird,  keineswegs  steht. 
Aach  hier  also  mttdsen  wir  anerkennen ,  dafs  der  Evan- 
l^t  uns  eine  wunderbare  Todtenerweckung  erzählen 
^,  und  dafs  nach  ihm  auch  Jesus  seine  That  als  ein 
Wander  angesehen  haben  mufs  **> 

Je  weniger  bei  der  dritten  Todtenerweekungsgeschich- 
^  weiche  dem  johanneischen  Evangelium  (Kap.  11.)  «i* 
pnthümlieh  ist ,  weil  wir  an  Lazarus  keinen  eben  Gestor- 


U)  Vkhtuäuvi,  J,  S,  293. 

16}  TgL  ScHLSumiucifsii,  a.  a.  O.    S.  103  f. 


144  Zweiter  Abschnitt. 

beneo)  oder  auf  dem  Weg  Bom  Grabe  Befindlichen,  eon* 
dern  einen  schon  niehrei*e  Tage  Begrabenen  vor  ons  ha- 
ben, an  eine  natürliche  Erklärung  gedacht  werden  zu  kön^ 
nen  scheint:  desto  künstlicher  und  ausführlicher  hat  sie 
sieh  gerade  in  Be£ag  auf  diese  Ersfihivng  aasgebildet«  Und 
Bwar  ist  liier  neben  der  streng  und  consequent  rationall- 
atiseben  Aoslegungswelse,  weiche  den  evangelischen  Be- 
richt dnrchaas  als  geschichtlich  festhaltend,  alle  Theile  dea- 
selben  natürlich  bu  deuten  sich  anheischig  macht,  aucli 
noch  jene  andere  aufgetreten,  welche  einzelne  Züge  dem 
Berichts  als  solche  ausscheidet ,  die  erst  nach  dem  Erfolg 
hinsugesetet  seien,  womit  also  schon  ein  Schritt  in  die  my- 
thische Erklärung  hinüber  gemacht  worden  ist. 

Auf  die  nämlichen  Prämissen  wie  bei  der  vorigen  Er* 
sählung  gestützt,   dafs  sowohl  an  sich  als  wegen  der  jüdi- 
schen Sitten  ein   Begrabener  wohl  nach  viertägigem  Auf- 
enthalt in  einer  Felsengruft  wieder  zum  Leben  habe  kom- 
men können  —  eine  Möglichkeit,   die  wir  als  solche  auch 
hier  nicht  bestreiten  — ,  beginnt  die  natürliche  Erklärung  '  7) 
mit  der  Voraussetsung,  die  wir«  vielleicht  schon  nicht  mehr 
ebenso  passIren   lassen   sollten,  dafs  bei  dem  Boten,    den 
ihm   die  Schwestern  mit  der  Krankheitsnachricht  sandten, 
Jesus   sich  genau   nach  den  Umständen  der  Krankheit  er- 
kundigt haben  werde,    und  nun  soll  die  Antwort,   welche 
er  dem  Boten  gab  (V.   4.)  2   avirj  ^  aa^iveia  ix  ezi  tiQog 
^ixvatov  X.  T.  3u  ebenso  nur  als  Scblufs  aus  den  von  dem  Bo- 
ten eingesogenen  Nachrichten  seine  Überzeugung   ausdrü- 
cken ,   dafs  die  Krankheit  nicht  tödtiich  sei.     Mit  einer  sol* 
eben  Ansicht  von  dem  Zustande  des  Freundes  würde  aller- 
dings das  aut*8  Beste  zusammenstimmen,    dafs  Jesus  nacli 
erhaltener  Botschaft  noch  zwei  Tage  in  Peräa  blieb  (V.  60> 
indem  er  nach  jener  Voraussetzung  seine  Anwesenheit  in 
^Bethanien  für  nicht  so  dringend  nothwendig  erachten  konnte. 

iT)  f^VhVi,  Cojrm.  A,  S.  535  ff.    L.  J.  1,  b,  S.  55  tL 


Neattt«s  KapiieL    ^09.  149 

Kau  aber,  wie  koamt  et,  daft  er  naeh  Äbflab  dieser  swei  Ta- 
ge nicht  nurentaehlo8«en  ist,  dahin  aa  reisen  (V.  8.),  sondern 
aneh  von  den  Znslande  des  Lazarus  eine  gans  andre  Ansieht, 
Ja  die  bestimmte  Kande  von  seinem  Tode  hat,  weklien  erden 
Jflngern  soerst  verblömt  (V.  ll.),  dann  offen  (V.  14.)  anhOn* 
digt  ?  Hier  erhält  die  l>eaeiehnete  Eriilärongsart  einen  bedeu» 
tenden  Ili(s,  den  sie  durch  die  Fiction  eines  sweiten  Boten  '^), 
welcher  nach   Verflofs   der  t^ei  Tage  Jesu  «tte  Nachricht 
?oa   des   Laaaras  indefs  erfolgtem  Ableben  gebracht  habe, 
aar   nm  so  auffallender  macht.     Denn  von  einem  aweiten 
Boten   kann    wenigstens  der   Verfasser  des    fivangeliams 
nielits  gewnfst  haben,   sonst  müftte  er  seiner  Erwähnung 
thon^  da  die  Verschweigung  desselben  der  gansen  Eraäh- 
iung  einen  andern  Schein  giebt,  den  nämlich,  dafs  Jesus  auf 
wonderbare  Weise  von  dem  Tode  des  Läsarus  KenntnUa 
gehabt  habe»    Dais  sofort  Jesus ,   als  er  entschlossen  war, 
nach  Bethanien  au  reisen,  sn  den  Jöngern  sagte,  er  wolle 
den  eingesehlnmmerten  Lasarus  aufwecken  (xsxo/^t^to»  — - 
i^VTtviow  —  V.  IIO9  wird  auf  diesem  Standpunkte  so  er- 
lüärt,    Jesos  mOsse  ans  d^n  Nachrichten  des  Boten,   der 
den  Tod  de»  Lasaras  meldete,  irgendwie  abgenommen  ha- 
ben,   dais  derselbe  nnr  in  einem  sopordsen  Zustande  sich 
befinde.      Allein  hier  so  wenig  als  oben  können  wir  Jesn 
die  unkluge  Vermessenbeit  antrauen ,  ehe  er  noch  den  an- 
geblich Verstorbenen  gesehen  hatte ,    die  bestimmte  Versi- 
«herang  an  geben,  dals  er  noch  lebe  '^).    Auch  das  hat 
auf  diesem  Standptmkte  seine  Schwierigkeit,  dafs  Jesus  an 
seinen  Jftngern  (V.  ift.)  sagt,  er  freue  sich  um  ihretwillen. 


18)  Im  L.  J.  1!,  b  (Texltibertctzung),  8.  46.  scheinen  gar  nach 
der  im  Evangelium  erwVhnten  Sendung  noch  drei  weitere 
vorausgetetst  su  werden« 

19)  vgU  C.  Ch.  Flatt,  etwa«  »ur  Vcrtheidigung  des  Wunders  der 
Wiederbelebung  des  Lasanis,  in  SOsiaan's  Magatia>  IMes 

Stück  y  S.  93  ff. 


^146  Zweiter  Abiehniftt. 

vor  and  bei  des  Lasarat  Tode  nicht  sogegen  geiMten  ea 
sein,  liva  TUgevatire.  Uia  PAüLüs'sehe  firUär^ng  dieser 
WoHe^  als  ob  Jesus  gefUrohtet  hätte,  der  in  seiner  Gege«w 
wart  erfolgte  Tod  hätte  sie  im  Glauben  an  ihn  wanitend 
machen  kdonen,  hat  nicht  allein  das  von  ÜABi£a  Bemerk- 
te gegen  sich,  dafs  nicsvia  nicht  geradesn  nur  das  Nega- 
tive :  den  Glauben  nicht  verlieren ,  bedeuten  kann ,  was 
vielmehr  darch  dine  Phrasis,  wie:  iva  /aij  ixiMmj  j)  nigfg 
V/4WV  (s«  Luc  32,  32.)  ausgedrückt  sein  mOfiite  ^^),  son- 
dern es  ist  auch  nirgendsher  eine  solche  Vorstellung  der 
Jünger  von  Jesu  als  dem  Messiaa  nach/.uvreisen,  mit  wel- 
cher das  Sterben  eines  Menschen,  oder  näher  eines  Freuii«» 
des,  in  seiner  Gegenwart  unverträglich  gewesen  wäre. 

Von  Jesu  Ankunft  in  Bethanien  an  wird  die  evango- 
Ji seile  firsählung  der  natürlichen  Erklärung  etwas  günsti- 
ger. Zwar  die  Anrede  der  Martha  an  ihn  (V.  Sl.  f.):  wä- 
re ei*  Eugegen  gewesen ,  so  würde  ihr  Bruder  nicht  gestor- 
ben sein :  aXla  xal  vZv  olSaj  Sri,  oaa  ar  ahr^üji  %0¥  iheop^ 
ddiau  aoio  d^eog^  acheint,  unverkennbar  die  Hoffnung  aae- 
Buspreehen,  da(s  Jesus  auch  den  aehon  Gestorbenen  in  das 
Leben  aurückeurufen  vermöge;  allein  dals  sie  auf  die  fol- 
gende Zusicherung  Jesu :  avagt^egai  6  ädsXq^og  ü6y  klein- 
mfithig  erwiedert:  ja,  am  jüngsten  Tage  (V.2409  ^»^  ^^ 
lerdings  einer  Erklärung  Vorschub,  wdehe  nun  rückwärts 
auch  der  obigen  Äusserung  der  Martha  (V.  23.)  den  unbe« 
stimmten  Sinn  unterlegt,-  selbst  jetat  noch,  uneraehtet  er 
ihren  Bruder  nicht  bei*m  Leben  erhalten  habe ,  glaube  sie 
an  Jesum  als  an  denjenigen,  welohem  Gott'  Alles,  was  er 
bitte,  gewähre,  d.  h.  als  den  Liebling  der  Gottheit,  den 
Messias.  Allein  nicht  ntgevcj  sagte  Martha  dort,  sondern 
aUa^  und  die  Wendung:  ich  weils,  dafs  das  und  das  ge- 
schieht, wenn  du  nur  willst,  ist  eine  gewöhnliche  indlrecte 


SO)  G«n.mi's  Jouraalittr  auterletene  theol.  LiterAtar,  3,  2,  S.  261. 


Neuntes  Kapitel.    $.  1>9.  147 

Form  der  Bitte,  und  hier  um  ao  anverkennbarer ,  da  der 
Gegenstand  der  Bitte  ans  dem  voraasgeachickteii  Gegeu^atse 
dahin  klar  wird,  dafa  Martha  sagen  will:  den  Tod  des 
Broders  swar  hast  da  nicht  verhindert ,  aber  auch  jetitt  ist 
es  noch  nicht  sa  spät,  sondern  auf  deine  Bitte  uird  llui 
Gott  dir  ond  ons  wieder  schenken.  Ein  Wechsei  der  Stirn« 
anng ,  wie  er  dann  in  Martha  angenommen  werden  mufs^ 
deren  kaum  geäusserte  UoflFnung  in  der  Erwiederung  V.  24. 
bereits*' wieder  erloschen  ist,  kann  bei  ein^m  Weibe,  wel« 
efaes  hier  und  sonst  als  von  sehr  beweglicher  INatur  sich 
Eeigt,' nicht  zu  sehr  befremden ,  und  wird  in  unserem  Falle 
durch  die  Form  der  vorangegangenen  Zusicherung  Jesu 
tV.  2X)  hinlänglich  erklärt.  Auf  ihre  indirecte  Bitte  näm» 
Beb  hatte  Martha  eine  bestimmte  gewährende  Zusage  er- 
wartet: da  nun  Jesus  nur  gans  allgemein  und  mit  einem 
Ausdruck  antwortet,  welchen  man  auf  die  Auferstehung 
am  Ende  der  Dinge  zu  beziehen  gewohnt  war  (ava^^oetat), 
so  giebt  sie  halb  empfindlich  halb  kleinmfithig  jene  Erniede- 
rong  ^').  Eben  jene  so  allgemein  lautende  Äusserung  Je- 
su aber 9  so  wie  die  nocn  unbestimmteren,  V.  25  f.  iyai 
tifii  37  u^agaalg  h.  u  L^  glaubt  man  nun  rationalistischer- 
seits  dahin  deuten  zu  können,  Jesus  selbst  sei  von  der  Er- 
wartung eines  ausserordentlichen  Erfolgs  noch  entfernt  ge* 
Wesen ,  defswegen  tröste  er  die  Martha  blofs  mit  der  allge- 
meinen Hoffnung,  dafs  er,  der  Messias,  den  an  ihn  Gläu- 
bigen die  einstige  Auferstehung  und  ein  seliges  Leben  ver- 
schaffen werde.  Da  jedoch  Jesus  oben  (V.  II.)  zu  seinen 
Jüngern  suversichtlich  von  einem  Aufwecken  des  Lazarus 
gesprochen  hatte ,  so  mOfste  er  indessen  umgestimmt  wor- 
den sein,  wozu  kein  Anlafs  zu  finden  ist.  Auch  beruft 
sieh  Jesus  V.  40,  wo  er,  im  Begriff,  zur  Erweckung  des 
Lazarus  zu  sciireiteu,  zu  Martha  sagt:  &x  dnov  OOi^  ouy 
üf  mgevofjg,  vipei.  %fiv  io^av  ra  ^^5;  offenbar  auf  V.  23, 


t\)  IfLATT,  a.  s.  O.     S.  102  f. 

10 


148  Zweiter    Abnihiiitt. 

In  welcheiä  er  al8aso^oll  die  ?orxiinehBende  Wiederbele- 
^bang  vorhergesagC  haben  will«  Daf«  er  diese  nielit  be- 
fitimcnfer  beseichnet,  und  das  kanqn  |^egebene  Versprechen 
in  Uexug  auf  den  a(Selq^dg  V.  25  f.  wieder  in  aUgemeine 
Verheifsungen  fflr  den  7iigevu)v  überhaupt  verhOlit,  ge- 
schieht ,  um  den  Glauben  der  Martha  zu  prfifen  und  bu 
stfirlien  -3). 

Wie  nun  Maria  mit  Begleitung  herauskemmt ,  und 
durch  ihr  Weinen  auch  Jesus  bis  su  Thränen  erschüttert 
wird  y  das  ist  ein  Punkt ,  auf  welchen  sich  die  natürliche 
Erklärung  mit  besonderer  Zuversicht  beruft  und  fragt ,  ob 
Jesus,  wenn  ihm  die  Wiederbelebung  des  Freundes  jetet 
schon  gewifs  gewesen  \Täre,  nicht  vielmehr  mit  der  innig- 
sten Freude  sich  seiner  Gruft  genähert  h^ben  würde ,  ans 
der  er  ihn  im  nfichsten  Augenblicke  lebend  wieder  hervoi*- 
rufen  eu  können  sich  bewufst  war?  Hiebei  wird  dann  das 
ivtßQifii^aato  (V.  S3.)  und  ifißgi/ma^avos  (V.  38.)  von  ge- 
waltsamem Zurückdrüngea  des  Schmersens  über  den  Tod 
des  Freundes  verstanden ,  der  sich  hierauf  in  dem  idaxQth- 
ciy  Lnft  gemacht  habe.  Allein*  sowohl  nach  der  £tymolo* 
gie  j  nach  weicher  es  jremere  in  aliquem  oder  m  sr  hdUst^ 
als  nach  der  Analogie  des  N.  T.lichen  Sprachgebranchs,  wo 
CS  Matth.  9,  SO.  Mare.  1,  43.  14,  5.  immer  nur  im  Sinne 
von  imcrepare  aliquem  vorkommt ,  beseichnet  ifißQifiäo9ai 
•ine  Bewegung  Ae9  Zorns,  nicht  des  Schmersens,  und  nwar 
mOfste  es  hier,  wo  es  nicht  mit  dem  Dativ  einer  andern 
Person ,  sondern  mit  x(p  m'evftcetc  nnd  iv  eavTt^  verbunden 
ist,  von  einem  stillen,  verhaltenen  Unwille^  verstanden  vrer- 
den.  In  diesem  Sinne  würde  es  V.  38 ,  wo  es  snm  nwei- 
tenmale  vorkommt,  gans  wohl  passen,  denn  in  der  voran- 
gegangenen Äusserung  der  Juden:  &x  ^dvtctvo  Hvog^  6 
uvol^ag  WS  oqyO'alfiög  %5  Tuq>l5 ,  noiijaai  t>a  xal  s%og  fiij 
ano^ävri;  liegt  Jedenfalls  ein  ax(xvd(xXii&J9ai  ^  indem  Jesu 


22)  Flatt,  a.  «.  O.,  Luckb  und  Trolitch  s.  d.  St. 


Nettntes  Kapitel    (.  99.  149 

MUiere  Tbat  sie  an  seinem  Jeteigen  ßenebmen,  und  dieses 
liinwiedemm  an  jener,  Irre  machte«  Wo  aber  das  ert^temaK* 
Ton  einem  i/ißQifiaad^ai  die  Rede  ist,  V.  33,  scheint  ewar 
das  allgemeine  Weinen  Jesum  eher  su  einer  wehmtithigen 
als  unwilligen  Bewegung  haben  veranlassen  so  kdnnen: 
doch  war  auch  hier  eine  starlie  Mirsbllligiing  der  sich  aei« 
genden  oliyonigla  möglich.  Oafs  hierauf  Jesus  selbst  in 
Thrlnen  ausbrach,  beweist  nur,  dafs  sein  Unwille  über 
die  yevscc  antgog  um  ihn  her  sichin^Wehmuth  auflöste,' 
nicht  aber,  dafs  Wehmuth  von  Anifang  an  seine  ISmpiin- 
düng  war«  ütndlich,  dafs  die  Juden  <V.^.)in  Beaog  auf 
die  Thrinen  Jesu  untereinandei^  sagten :  jSbj  nuig  iqflJLsi 
avTOVf  dlefs  scheint  eher  gegen  als  ftfr  diejenigen  su  sprechen, 
welebe  die  GemOtbsbewegung  Jesu  als  Schmers  Ob^  den  Tod 
des  Freundes  nnd  Mitgefühl  mit  dessen  Schwestern  betrach- 
ten,  da ,  wie  dar  Charakter  der  JobaAiielschen  Darstellung 
flberhaupt  eher  iBinen  Gegensate  awtichin  denl  wirklichen 
Sinne  des  Benebmens  Jesu  und  der  Artf  wie  die  Zuschauer  es 
auflifttu,  erwjjoten  IXfst,  so  Insbesondere  ol  %datoiin  die- 
sem BTan|[elliim  sonst  linm»r  diejenigeil  sind,  welche  Jesu 
Worte  und  Thaten  tbells  milsverstehen ,  tbells  mlfsdeuten. 
Man 'beruft  sich  fireillch  noch  auf  den  sonst  so  milden  Charak- 
ter Jesu,  welchem  die  Härte  nicht  angemessen  sei,  mit  wel- 
cher er  hier  der  Maria  und  den  Übrigen  ihr  so  natOrlichiBS 
Weinen  dbelgehommen  haben  mOfste  ^^):  allein  dem  Jo- 
hanneischen Christus  ist  eine  solche  Denkweise  keineswegs 
flremd.  Derjenige,  welcher  dem  ßaathxog,  der  ihm  mit  der 
un?erfkngllchen  Bitte ,  aar  Heilung  seines  Sohnes  in  sein 
Haus  EU  kommen,  entgegentrat,  den  Verweis  gab:  iavifii] 
ür^fma  xcd  tigcera  tdfjTF^  o  fii^  nigevarjze  (4,  48.) :  der  die 
Jfinger,  welche  sieh  an  der  harten  Rede  des  6ten  Kapitels 
gestossen  hatten,  so  schneidend  mit  einem  %&to  vfiag  axccv^ 
daliZe&;  nnd  fiij  xai  vfitlg  ihüsze  vadyuv;  anliels  (6,  6f. 


33}  LücxB,  2,  8.  388. 


IM  Zweiter  Absehnitl.     /; 

67.) ;  der  seine  eigene.  Hotter,  als  sie  bei  der  Hoeli^^e't  «u. 
Kana  ihm    den    Weinmangei  klagte ,    darch  das  ha^te :  %L 
ifioi  xal  aol,  yvvai;  abwies  (2,4.);  der  also  jedesmal  djiiin 
am  unwilligsten  wurde,  wenn  Menschen,  sein  höheres  Tb un 
und  Denken  nicht   begreifend,    sich   kleinmOthig. oder  zu- 
dringlich  eeigten:  .der  w^r  hier  gans  besonders  eu  fihnli- 
ehern  IJnwilleii  Veranlalst.  ,  Ist  bei  dieser  Erklärnng  der 
Stieile  von  eii^eii^  Schmers  Jesu  ttber  den  To^  des  Lazairoa 
gar  nicht  4ie  i^ed^,    ^so^^ällt  auch  die  Httlfe  weg,   welche, 
die.natijrlicne  Erklärung  des  ganzeii  Her||;aBgs   in  diesem, 
Zuge  SU  j^ndep  Alaybt;.  indes  anohj^ei  der  .anderen  Den** 
tung  läfst  sich  die  augenblickliche  Rfihrung  d^rch  das  Mit** 
gefiihl  Dult  den  Weinenden  gar  woI|l  mit  d^  Voraussicht 
der  Wiederbelebung  Tereinigen  ^4).      Und  i^ie  hätten  sich, 
auch  dio  Worte   der   Juden    V.  $7.  nach  dqr  Behsuptunjf^ 
natUrlifher  Erklärer  ge&iguefj  die  Hoffnung,. (|^i^  (ioU  auch 
JetKt  vtelleictkt  etv^as  Ausz^chnende^  für  |hq^,  tl^un  wer^Oy 
in  Jesu  querst  «anKure^^n^  ^^!fH  ^?   '^^^^^fi>,  4^^^  ^^, 
den,  iDciten  Mfiedererwe^ke^  luinne 9  #ondei;n,^nMr  die  V^r-,^ 
Biutbung;i  dafs  er. vielleicht  (jpu  ^rap^en  a^^^J^|^eh  su  er- 
halten im  Stande  gewesen   wäre,   sprachen,  ja  die  Judef^ 
aus;   es.  ha^  also  schon  früher  Martha  durph  die  .^usao« 
rang,  dafs  auch  jetzt  noch  der  Vater  ihm  gewähren  werd^^ 
was  er  bitte,    mehr  gesagt:   so  d^,  wei^i  dergleichen 
Hoffnungen  erst  tou  aussen  in  Jesu  angeregt  wurden^  di^ 
selben  schon  früher  angeregt  sein  mufstei^,  und  namentlich 
vor  jenem  Weinen  Jesu,  auf  welches  man  sif\^. dafür,  dafs 
sie  noch  nicht  angeregt  gewesen,  eu  berufen  pflegt. 

Dafs  die  Äusserung  der  Martha,  als  Jesus  den  Steia 
Tom  Grabe  «u  nehmen  befiehlt:  kvqu^  ijdtj  o^€i  (V.  39.)» 
für  die  wirklieh  schön  eingetretene  Verwesung  und  also 
gegen  die  Mügliohkeit  einer  natfirliehen  Wiederbelebung 
nichts  beweise,  da  sie  auch  blo(ser  Sohlufs  aus  dem  %^aQ-^ 

24}  Flatt,  a.  a.  0.  S.  104  f.    Lücks,  a.  a.  0. 


Tofog  ml^  kion,  k*  «ndi  Ton  MpramitliriiUttkebf«!  Aiu- 
l«g«m  etngmriiiiiit  worden  -^>    iüeranf  idke»  die  Woriei 
Bit  weleten  Jesus,  die  fiinmde  der  Merdui  eUehoend, 
aaf  der  Öffaung   des  ^rffi^iw  besteht  (Y.  4a),  diil«  sie, 
wena  sie  mir  gUdbe ,  ti^v  d(S^  ra  9m  sehen  werde,  wie 
ksMite  er  dieee  Misjiffeohe»»  wenn  ler  sich  seiner  Maeht, 
den  Laseras  ao  ei^eekefl,  .niete  äars  BestiHMuteste  bewafst 
war?  ^  JNaob  Panuae  segle  J^aw  Aos^raeb  aar  aligeama, 
dalä  der  VertraiieitavoUe  äitf  irgend  eine  Weisa  eine  berr- 
liehe  Äosserimg  der'6i>MblM#.elplebe.     AUito  welebe  berr- 
lieho  Änseerang  der  Cri^AejI  i^ar  denn  bieri.  bei  £röffnang 
der -Graft   eines  seit  ?iar  Tagea  Bagrebeaen  aa  erleben, 
wenii  niebt  die,   dals   er  «oferweelit  werden  sollte?   and 
in  Oegensatae  ToUeads  gegen  die  V^rsieberang  der  Martha, 
dftTs  den  Bruder  bereits  die  Verwesaag,  ergriffen  haben  mfis-' 
se,    was  litoaen  |ene   Worte  für  eiaea  Sinn,  Imben,  als, 
hier  eal  der  Meaa,   der  Verwesung  au  wehren  ?    Um  aber 
gaaa  eiebaa  aa  eMshren ,  was  die  io^tt,  ^3  &sh  in  uii8i*er 
SieHe  sagea  wlU,    darf   oMn  nur  auf  V«  4.  aurflelueheo, 
wa  Jeeua  ges^t  hatte,  die  Kranliheit  des  JLiasarus  sei  jiiclit 
nqog  dcmcf or,  soadera  vtüq  a^  io^^is  ^3  d^eö ,   x.   t.  L 
Uer  erhellt  daeh  wohl  ans  dem  Gegensatc;  nicht  aamTo« 
de,  anabweisbar  ,  dafs  die  de^a  %3  9t3  die  Verherrlichang 
GeCtea  durch  daa  Leben,  also,  seCsrn  er  jetat  bereits  todt 
war,  doreh  dia  Wiederbelebaag  des  Laaarus  bedeutet,  — 
daa  Hoffnang,    welche  Jesus  gerade  iei  entsebeideBsten 
Augenblick  nicht  anaaregea  wagen  konnte,   ohne  eine  hö- 
here Gewißheit  au  haben,  dafs  sie  in  firfülluag  gehen  wer- 
de >^).    Dafs  er  sofort  nach  Erdffitung  der  (jruft,  noeb 
sbe  er  dem  Todten  das  dct^^o  I^Cfi !   Kugerufisn,  bereits  dem 
Vatir  für  die  Erhdrang  seiner  Bitte  dankt,  diels  wird  vom 
Scandponkte  der  natirlichen  £rklXrung  als  der  klarste  Be- 
weis daf&r  angefahrt,  dafs  er  dea  Laaarus  nicht  durch  Je- 

25)  FuLTT,  S.  106;  0aHAvtx5,  2,  S.  26?. 

26)  FuTT,  S.  97  f. 


in  Zvreiter  AbsobMtt. 

net  Wert  erst  In  iIm  Lebeti  gmrafSM,  Miid«^  Mm  Ulntin^ 
bJlok  in  die  Bnift  tbn  bereite  wiederbelebt  gefnnden  beben 
mllMe.    Ein  «olebes  Argoment  teilte  «an  reu  Kenneni  des 
johenneltchen    Evangellnms  In  der  Thet  nlobt  erwerten» 
Wie  gewdbnlkh  Ist  es  dietem  alobt,  n*  B.  in  dem  Aneepraabet 
ido^affdT]  i  vlöQ  %.  a^  des  eret  noeb  fiereMtebende  and  mht 
erst  Angeleimte  ele  bereite  YerwtrUlebtee  d«rs«Mtellen :  wie 
penend  wer  es  nrnnentUeh  bter ,  die  GewUebeit  der  Erb«* 
rangdedarob  henremnheben,  delii  ele  «k  beMitt  feeebe* 
bene  beselebnet  wnrde?  Und  welober  Fietiaiien  bedarf  es 
nun  femer,  om  an  eHilXren,   thette  wie  Jesat  des  In  den 
Laaamt  sarfldigekehrte  Leben  bemerken ,  tbelle  wie  dieser 
wieder  aom  Leben  gebingt  sein  konnte !  Zwiscben  dem  Weg* 
nebmen  des  Steins,  sagt  Paulus,  und  Jesa  Daakgebet  Kegt 
der  Moment  des  fibefrasehenden  Erfolgs;   damals  mnfs  Js- 
siie,  noeb  um  einige  Sebritle  entfernt,  den  Lasaras  als  ei- 
nen Lebenden  erkannt  beben.    Woran?  missen  wfa*  fra« 
gen ,  und  wie  so  sehnell  and  sicher?    and  waram  nur  er 
nad  Niemand  sonst?    Erkennt  m^ge  er  Ihn  haben  an  Be» 
wegnngen,^  Termutbet  man.     Aber  wie  leicbt  konnte   er 
sieh  bierin  tftnsoben  bei  einem  in  dankler  Felsengraft  Jie^ 
genden  Todten ;  wie  Toreilig,  wenn  er ,  ebne  erst  genaoer 
nntersacbt  sn  haben,  so  schnell  and  bestimmt  die  €ber- 
oeogaag,  dafs  er  lebe,  aasspraeh!    Oder,  wenn  die  Bew»- 
gnngen  des  Todtgeglaubten  sterk  and  anverkennbar  waren^ 
wie  konnten  sie  den  Uautehenden  entgehen  ?   EndHcb^  wie 
konnte  Jesus  in  seinem  Gebete  das   bevorstehende  Faetam 
als  Erkennangsseichen   seiner  gfittUchen  Sendung  darstel* 
Jen,  wenn  er  sieh  bewofst  war,  die  Wiederbelebnng  des 
lisaams  nicht  bewirbt,   sondern  nur  entdeckt   sn   haben? 
Für  die  natürliche  Möglichkeit  eines  Wtederaoflebens  des 
schon  Begrabenen  wird  nnsre  Unkenntnifs  der  näheren  Um- 
stände seines  vermeintlichen  Todes,  das  schnelle  Begraben 
bei  den  Juden,  hierauf  die  kühle  Gruft,  die  stark  dufteik» 
den  Specereien,  and  endlich  der  warme  Luftcug  angefilbrty 


Ne«Bt0«  H«plteL    f.  90.  IM 

w^toher  mlf  rfer  AI^ItBaiigllet8t«liw  b«leheii4  lütte  Graft 
ttwBmte.  MU  dieM  ÜHMtiade  |6d«ob  füliren  nicht  iber  Aen 
piedriggtwi  Gmd  der  Mdgllcbkeit^  weleher  der  htehsten 
UiiwalirtoheliilleMLeit  gleich  ist ,  Mnaas ,  womit  dann  die 
OewUcbeit,  mit  wekber  Jemg  den  Krfolg  TomosTerkttn- 
digt,  nnvereliilMir  bleiben  mnCi  ^'). 

Bbton  dfose  Ivesthamten  VerheMagen,  $h  das  HanptMa- 
demilft  einer  natflrliehen  Erklänmg  dieeea  Abeehnitta,  sind 
ee  ilnber,  welche  man,  neeh  Tom  ratioifallatlseben  Stand« 
pinkt  ans,  dn^h  die  AnnabaM  beseitigen  wollte,  dab  ^e 
niefat  Ton  Jeen  aelbtt  herrObren,  aondem  ex  eveniu  r^om 
Referenten  hlnavgefllgt  aein  mtfgen.  Paulus  selbst  fand 
wenigstens  das  iSi'nviato  avf%aif  (V.  11  •)  gar  an  bestimmt, 
nod  wagfe  daher  die  Verrnntining,  dafs  der  Ereihler  nach 
de«  Erfolge  ein  milderndes  Vielleicht,  das  Jeans  hinange* 
setnt  hatte,  weg^felassen  habe  '*)•  Diese  Aoslinnft  hat 
GABLsa  In  erweiterte  Anwendnng  gebracht.  Nleht  blofs 
Aber  den  beaeiebneten  Aussprach  theih  er  dte  PAULü8*sche 
Vermnthong,  sondern  schon  V.  4*  Ist  er  genügt,  das  vnhq 
^  ^^o^^  ^5  Ob5  nnr  anf  Rechnong  des  ETangelisten  an 
sehrvlbett;  ebenso  V.  15.,  bei  dem  xalQO)  Sl  i^tSg^  %va  th^bv^ 
oi;re,  or*  dx  rjin^  ^xet,  rermntbet  er  eine  kleine,  von  Jo* 
kanaes  nach  dem  Erfolg  angebrachte  Verstärkung ;  endlich 
sodi  bei  den  Warten  der  Martha,  V.  t2:  aXku  tnxl  ifTn^ 
oldsr  n*  t.  JL  glelit  er  dem  Gedanken  an  einen  eigenen  Zu- 
säte  dea  Referenten  Raum  ^^).    Dnreh  diese  Wendung  hat 


f7)  T^  auch  hiertibsr  Torzttglich  Piatt  mid  LOoxa« 

28)  So  im  Commentar,  4,,  S.  S37;   im  L.  J.  iy  b,  S.  57,  nad  2, 

b^  S.  46«  wird  diese  Vermutbimg  nickt  mehr  angewend«^ 
28)  s.  a.  O.  S.  212  S,  Wie  Gabler  diese  Äusserungen  nicht  von 
Jesu,  sondern  nur  von  Johannes,  so  glaubte  sie  Di£rr£Kiucii» 
in  Bcrtholdt's  kril.  Journal,  5,  S.  7  ff.,  auch  nicht  von  Jo- 
hannes ableiten  zu  Können ,  und  da  er  das  übrige  fivangc- 
liom  fUr  johanneitch  Inelt,  so  erklVrts  er  jene  Stellen  für 
Ittterpoiatiensa. 


IM  Zweiter  Alis^biiUt» 

die  iiatäl4iehtf  Autflegungewieise^  «ich  g«Mit  eis  onfilhig  Im 
kenat,  eiit  der  Jobenaeieek^  £rMJbbiBg  tetüg  so  wer* 
den.  Denn  wenn  eie,  oai  aieh  an  dereelben  gekend  omi^ 
eben  SB  Unnen,  mehrere,  gerade  der  fceaefabnendetii 
Stellen  anenersen  mafs,  eo  geetebt  $^  daarft  eben^  daCi 
die  firsählong,  eo  wie  sie  rorliegt,  eise  mOlbrUehe  Dev- 
tang  niofat  sialifet«  Zwar  eiad  die  Stdlen,  deren  Diiver- 
trigiiebkeit  mit  der  rattonaltotteehen  firktamngtart  dueb 
AMscfaeidong  dei^elben  <  eingestanden  .wird,),  «ehr  spareaai 
gewählt:  atieln  ans  der  obigen  Dal>8tettuflg  einheilt 9  dala, 
wollte  man  alle  in  diesem  Absebniit  Torkommende  Züge, 
welehe  der  natfirlioben  Ansicht  rom  gansea  Hergang  wi* 
derstreben,  aof  Reobnong  des  Evangelisten  sobreÜMn,  am 
Ende  mir  nicht  gar  Alles  ^  wUs  hier  rerhaadek  ^ird^  als 
•pKtere  Erdichtung  angesehen  werden  miCite.  Hiemit  ist, 
was  bei  den  frfiber  betrachteten  swei  Berichten  Ten  Tod- 
tenerweekungen  wir  gethan  haben,  bei  der  lotsten  und 
merkwArdlgstea  Geschichte  dieser  Art  von  den  verschiede^ 
neu  auf  einander  gefoigten  Erklärnngsversucben  selbst  voll» 
sogen  worden,  nämlich  die  Sache  anf  die  Alternative  sa 
treiben,  dafs  man  von  der  evatageliscbfn  Ereäblung  e«lwa» 
der  den  Hergang  als  ftbernatfirliehen  hi'inebmen,  oder,  wenn  . 
man  ihn  als  solchen  nnglanblich  findet,  den  hisloriscbea 
Charakter  der  Ersähinng  längn^n  mors. 

Um  in  diesem  Dilemma  für  alle  drei  hiehergehdrige 
Ersählongen  eine  Entscheidung  su  finden,  mtlssen  wir  aaf 
den  eigenthttmlichen  Charakter  derjenigen  Art  von  Wundem 
surfickgeben ,  welche  wir  hier  vor  uns  haben.  Wir  sind 
bis  jetst  durch  eine  Stnfenlelter  des  Wunderbaren  anfge« 
stiegen.  Zuerst  Heilungen  von  Geisteskranken;  dann  ron 
allen  Arten  leiblich  iCranker,  deren  Organismus  aber  doch 
noch  nicht  bis  sum  Entweichen  des  Geistes  und  Lebens 
serrüttet  war;  nunmehr  die  Wiederbelebung  solcher  Kör* 
per,  ans  welchen  das  lieben  bereits  geflohen  ist.  Dieser 
Klimax  des  Wunderbaren  ist  sugleich  eine  Stnfenreihe  des 


I 


Umlmhbiit^    Paaniimlict^  ImhMi  wir  iuis  wmw  efpr«  9^ 
Tor9teIl^fi  küpn^^  wie, eine  geudge  St^iing,  bei  uelclier; 
Yoo  ilea  fc,<>i^erlleheu  Oi^giuien  imr  das  dem  GeUte  «unliebst, 
aiyehör{|^  TÜ^rfefksjuteay   «ich   einigerniarseii    aogegrifiea 
leigt^  ^!^t\.  <mf  dem  r^in  geistigen  Wege  des  blofiien  Wi^- 
tesj- ^Qb|ipks ,  £ipdracks  «lesn  gehoben  werden  modhie: 
fe, weiter  n^er  in  das.xKöiyeriiehe  eingedrungen  das  ÜJbel- 
sich). sseigte,  desto  undenkbarer  war  ans  eine  HeUang  di»» 
ser  Art.    Wo. bei  Geisteskranken  das  .Gehirm  |iif  ,cor,.wil* . 
desten  Toh8^cbt^  bei  Nervenkranken  das  Iterrensys^im  bis 
sa  periodi^ff^be^  ^pile|)^  ze^rikttet  war^  da  kohntep  wir 
uns  schoiji  fi^we^* .vorsteUen^  wie  durch  jene  geistige  Clu- 
Wirkung  blei^ejide  Hüjfe gesciiafft  woi^den.sein  sollte;  noch 
schj^e^er^  vfo  Ah  Krankheit  ausser  allem  unopttelbareii 
Zny mqif ^bang  mit  dem  Geistigen  sich  seigtey  wie  bei  Aus- 
sat«->   Blindheit,   Lähmung  und  dergleichen*    Iini^ier  aber 
war  doch  luer  n^ch  etwas  vorhanden^  woran  die  Wunder*  * 
krf^ft  ^esu ,   sofern  wir  sie  uns  doch  geistiger,  Art  denken 
mOssen,  sich  wenden  konnte;    es  war  doch  nqch  ein  Jie; 
¥iffbi$j^  in  den  Menschen,  auf  welcbea  £indruc^  m,  m§^i 
ebep^.nnd  durch  dessen  Vermittlung  m^laoh^rvsei^e  ai^«^ 
auf  den.^K^rpef  solcher  Personen -sn  wirkenr  w|ir.  ,^.un^ 
aber  bei  Todten  ist  das  snders*     Der  Gestorbene,  dem  mii;, 
dem  Leben  auch  das  Bcrwurstiein  entflohen  ist,  hat  den  letsfi« 
ten  Anknfipfungspunkt   fiir  die    Einwirkung  des  Wunder», 
tbfiters  verloren,  er  nimmt  ihn  nicht  mehr  yvaJbr,  bekommt' 
keinen  Eindruck  mehr  von  ihm ,    da  ihm  selbst  die  Ffibig- 
keit,  Eindrucke  eu  bekommen',  aufs  JNeue  verliehen  wer- 
den muls«   .Diese  aber  su  verleihen,  oder   l>eleben  im  el-.^ 
gantlichen  Sinn,  Ist  eine  schöpferische  Thfttigkeit,  welche 
von  einem  Menschen  ausgeübt  so  denken ,   wir  unsre  Vn^ 
fthigkeit  bekennen  müssen. 

Doch  auch  innei^halb  unsrer  drei  Todtenerwecknugs« 
gesebiehten  selbst  findet  ein  unverkennbarer  Klimax  statt 
Hit  Keeht  hat  schon  Woolston  bemerkt,  es  sehe  aus,  wie 


IM  \        Zweiter  Abtohiifitt.    *^ 

wen»  Ton  fUeeen  drei  Ertihlongen  Jede  so  der  vorange- 
henden an  WnnderbareiA.  Iifttte  liinsttftBgen  wollen  ^  was 
dieser  noeh  fehlte  ^^).  Die  Jaimstoobter  erweckt  Jeena 
Boeh  auf  deaaelben  Leger,  anf  welchem  sie  ao  eben  vor- 
•ohieden  war;  den  nainltischen  Jditgling  schon  im  Sarge 
nnd  anf  dem  Wege  stfr  Bettattnng;  den  Lasame  endlich 
nach  Tiertägigem  Aufenthalt  in  der  Gruft.  War  es  in  Je- 
ner ersten  Geschichte  nur  durch  ein  Wort  angenelgt,  daCi 
das  Midchen  den  unterirdischen  Mächten  Tertalien  gewe» 
aen:  so  wurde  dlefs  in  der  swelten  Geschichte  durch  den 
Zug,  dals  man  den  Jflngling  bereits  vor  die  Sradt  hinaus 
8u  Grabe  getragen  habe.,  auch  fftr  die  Anschauung  ausge- 
prägt, am  entschiedensten  aber  ist  der  längst  in  der  Gruft 
Terschlossene  Lasarns  als  ein  bereits  der  Unterwelt  an- 
gehöriger  gescbildei^ ;  so  dafs ,  wenn  die  Wirklichkeit  des 
Todes  Im  ersten  Falle  besweifelt  werden  konnte,  dieb 
bel'm  eweiten  schon  schwerelr,  bei*m  dritten  so  viel  wie 
unmöglich  Ist  'I).  In  dieser  Abstufung  steigt  dünn'  auch' 
die  Schwierigkeit,  die  drei  Begebenheiten  sich  denkbar  sa 
machen:  wenn  anders,  wo  die  Sache  selbst  undenkbar  ts^ 
■wischen  verschiedenen  Modificationen  derselben  eine  Stei» 
gerung  der  Undenkbarkeit  statr^Aclen  kann.  Wärto  näm- 
lich eine  Todtenerweckung  Überhaupt  möglich,  so  mftfiite 
sie  wohl  eher  möglich  sein  bei  einem  so  eben  verschiede- 
nen, noch  lebenswarmen  Individuum,  als  bei  einem  erkal- 
tefen,  das  schon  eu  Grabe  getragen  wird,  und  wiederum 
bei  diesem  eher  als  bei  einem  solchen,  an  welchem  wegen 
bereits  Viertägigen  Aufenthalts  im  Grabe  der  Anfang  der 
Verwesung  als  eingetreten  vorausgesetzt,  und  dafs  sich 
diese  Voraussetzung  bestätigt  habe,  wenigstens  nicht  ver- 
neint wird. 

Doch  auch  abgesehen  von  dem  Wunderbaren  ist  von 
den  betrachteten  Geschichten  Immer  die  folgende  theils  la- 

30)  Disc.  5. 

31)  DjutTSdUkSipss;  Probab.  S.  61. 


Naantet  KapJt^L    f.  M.  197 

Mvltch  onwahrsolieiiiUeliep ,  thells  ÜMserlloh  nwTwrMlrgtpr 
als  die  Torhergahende*  Was  die  innere  Unwafartcheinlich- 
keit  bet^flft,  to  tritt,  ein  Moment  derselben)  welebea  an 
sieh  swar  iir  atten-^  mrf'sonit  aadi  in  der  ersten,  liegt, 
doch  bei  der  eweiten  besonders  berror.  Als  Motl?,  war- 
um  Jesos  den  JOngling  sa  Nain  erweckte,  wird  hier  das 
Mitleiden  mit  seiner  Matter  beseichnet  (V.  I3.)*  Damit 
ist  nach  Olshausbn  eine  Besiehong  dieser  Handlung  auf 
den  Erweckten  selbst  nicht  aosgeschlossen.  Denn  der 
Mensch,  bemerkt  er,  kann  als  bewafstes  Wesen  nie  blofii 
als  Mittel  behandelt  werden ,  wie  es  hier  der  Fall  wfire, 
^^enn  man  die  Freude  der  Mutter  als  alleinigen  Zweck 
'  Jesu  bei  der  Anferw^ckung  des  Jfinglings  betrachten  woll- 
te ^  -)•  Hlednrch  hat  Olsbausbn  auf  dankenswerthe  Weise 
die  Schwjeriglieit  dieser  und  Jeder  Todtenerweckung  nicht 
gehoben,  sondern  in*s  Licht  gestellt.  Denn  der  Schlafs, 
dafs,  was  an  sich,  oder  nach  gelftnterten  Begriffen,  nicht 
erlaubt  oder  schicklich  ist,  von  den  Eyangelis,ten  Jesa  nicht 
cogeschrieben  werden  könne,  ist  ein  durchaus  unerlaubter: 
Tielmehr  mOfste,  die  Reinheit  des  Charakters,  Jesu  yoraus- 
gesetst,  wenn  ihm  die  Evangelien  etwas  Unerlaubtes  bo* 
schreiben,  auf  die  Unrichtigkeit  ihrer  Ersfthlnngen  ge* 
sehlossen  werden.  Dafs  nun  Jesus  bei  seinen  Todtenerwe« 
ekongen  darauf  Rttcksicht  genommen  bitte ,  ob  sie  den  sa 
erweckenden  Personen,  vermöge  des  SeelenEUstands,  in 
welchem  sie  gestorben  waren,  zu  Gute  kommen  oder  nicht, 
davon  finden  wir  keine  Spur;  dafs,  wie  Olshausen  an- 
nimmt, bei  den  leiblich  Erweckten  auch  die  geistige  Erwe- 
ckung habe  eintreten  sollen  und  eingetreten  sei,  wird  nir- 
gends gesagt ;  fiberhaupt  treten  diese  Erweckten,  auch  den 
Lasams  nicht  ausgenommen  ,  nach  ihrer  Erweckung  durch- 
ans  Borflck,  wefswegen  Woolstom  fragen  konYite,  warum 


S2)  1,  S.  176. 


158  Zweiter  Abschnitt 

doch  Jesus  gerade  diese  nnbedentenden  Personen  dem  Tode 
entrissen  habe,  nnd  nicht  einen  Tftufer  Johannes  oder  ei« 
nen  andern  allgemein  nüfzlichen  Mann?  Wollte  mansagen^ 
er  habe  es  als  den  Willen  der  Vorsehung  erkannt,  daft 
diese  Mfinner,  einmal  gestorben,  im  Tode  blieben :  so  hfitte 
er,  scheint  es,  von  allen  einmal  Gestorbenen  so  denken 
müssen,  nnd  es  wird  in  letster  Beeiehang  keine  andere  Ant- 
wort übrig  bleiben,  als  diese:  weil  man  von  berOhmten 
Mfinnern  urkundlich  wufste,  dafs  die  durch  ihren  Tod  ent- 
standene Lücke  durch  kein  Wiederaufleben  ausgefällt  wor- 
den  war^  so  konnte  die  Sage,  was  sie  Ton  Todtenerwe- 
ckungen  en  ersfihlen  Lust  hatte ,  nicht  an  solche  Namen 
knüpfen,  sondern  mufste  unbekannte  Subjecte  wählen,  bei 
welchen  Jene  Controle  wegfiel. 

Ist  dieser  Ansfofs  allen  drei  Krsählnngen  gemein,  nnd 
tritt  bei  der  Eweiten  nur  eines  EufSlligen  Ausdrucks  we- 
gen sichtbarer  hervor:  so  ist  dagegen  die  dritte  Erzlihlung 
voll  von  ganz  eigenthümlichen  Schwierigkeiten,  indem  das 
ganze  Benehmen  Jesu  und  Eum  Theil  auch  der  übrigen 
Personen  nicht  wohl  eu  begreifen  ist.  r  Wie  Jesus  die 
Nachricht  von  der  Krankheit  des  Lazarus  und  die  darin 
enthaltene  Bitte  der  Schwestern,  nach  Bethanien  zu  kom- 
men, erhält,  bleibt  er  noch  zwei  Tage  an  Ort  und  Stelle, 
und  setzt  sich  erst,  nachdem  er  seines  Todes  gewifs  gewor- 
den, nach  Judfia  in  Bewegung.  Warum  diefs?  Dafs  es 
nicht  geschah,  weil  er  etwa  die  Krankheit  für  ungefährlich 
gehalten  hätte,  ist  oben  gezeigt,  da  er  vielmehr  den  Tod 
des  Lazarus  voraussah.  Dafs  es  ebensowenig  Gleichgültig- 
keit gegen  diesen  war,  wird  vom  Evangelisten  (V.  5.)  aus- 
drücklich bemerkt.  Was  also  sonst?  Lücke  vermuthet, 
Jeans  sei  vielleicht  eben  in  einer  besonders  gesegneten  Wirk- 
samkeit in  Peräa  begriffen  gewesen ,  weiche  er  um  des  La- 
Earus  willen  nicht  sogleich  habe  abbrechen  wollen,  indem 
er  für  Pflicht  gehalten  habe,  seinem  höheren  Beruf  als 
Lehrer  den  geringeren  als  heilender  Wunderthäter   und 


Mfendar  Fretad  naehsiiteteeii  ' ').  AUeln  mkm  dem,  di^s 
«r  hier  gaaa  wcfbl  das  Eine  thaa  tind  das  A»dr«  nielit  In^ 
aen  koDiite,  näailich  entweder  einige  Jünger  snr  Fertee- 
,fsohg  «einer  Wirksamkeit  in  Jener  Grgend  Enrileklassen, 
ed0r  den  Lasarus,  sei  es  durch  einen  Junger  ^  oder  diireh 
die  Macht  seines  Willens  4n  die  Ferne,  heilen,  schweigt  fa 
OAser  Referent  völlig  ttber  eine  solche  Yeranlassong  des 
ifingeren  Verweiiens  Jesu,  es  darf  ^ich  also  diese  Ansicht 
ron  demselben  nur  dann  erst,  und  ewar  als  blorse  Ver« 
muthung,  hören  lassen^  wenn  Tom  Evangelisten  kein  an- 
derer Grund  von  Jesu  Verweilen  angedeutet  ist.  Dieser 
Jlegt  aber,  -worauf  auch  Olshausbn  aufmerksam  naeht^ 
gaoE  offen  in  der  ErkiiXmng  Jesu  V«  15. ,  defswegen  sei 
es  ihm  lieb ,  dafs  er  bei  Lasarus  Tode  nicht  gegenHärtig 
gewesen  sei,  well  für  den  Zweck,  den  Cilaul>en  der  Jfin- 
ger  TM  stiirken,  die  Wiederbelebung  des  Gestorbenen  wirk- 
samer sein  werde,  als  die  Heilung  des  nur  erst  Kranken 
bSite  sein  l^önnen.  Absichtlich  also  hatte  Jesu«  den  La- 
aarua  erst  sterben  lassen ,  um  durch  seine  wunderbare  Er- 
weeknng  sich  um  so  mehr  Glauben  bu  verschaffen.  Das- 
selbe im  Gänsen  fassen  Tholdck  und  Olshausin  nur  eu  mo- 
ralisch, %venn  sie  von  einer  pKdagogischen  Absicht  Jesu 
reden,  den  Seelensustand  der  Bethanischen  Familie  und 
seiner  Jiinger  au  vollenden  ^^),  da  es  dach  nach  AusdrO- 
eken  ,  wie  iva  doSaai^fj  i  viog  r.  &.  (V.  4.),  vielmehr  mes- 
sianisch  um  Verbreitung  und  Befestigung  des  Glaubens  an 
Jesum  als  .Gotte«solin ,  sunftchst  freilieh  in  'jenem  engsten 
Kreise,  eb  thun  war.  Hier  ruft  swar  Lücke:  nimmer- 
mehr !  so  wUlkührlich  und  eigensinnig  hat  der  Helfer  in 
der  IVeth,  dar  edelste  Menschenfreund,  nie  gehandelt^'), 
«ad  aoeh  de  Wette  macht  darauf  aufmerksam,  daia  Jesus 


S3)  Comm.  2,  S.  376. 

%k)  Tholdck,  S.  202.    Olshauskn,  2,  S.  260. 

Sa)  a.  a«  O,/ 


MS  Zweiter  Absfbnitt. 

sonst  ütoiilt  aetM  Wander  Abslohiiidi  berbelgefilhrt  od«r 
wergrÜkert  habe  '^).<  Allein  wenn  beide  liierans  schÜefsen, 
es  müsse  also  Jesum  irgend  etwas  Äosseres,  ^b  anderwei- 
tiges Bernfsgesebäft ,  abgebalten  beben:  so  ist  diefs  in 
Obigen  sehen  a|s  dem  Berieht  anwiderlanfend  erwieseA;  so 
dals,  wenn  jene  Männer  mit  Recht  ilaraaf  beharren ,  der 
wiriiliobe  Jesus  habe  so  nicht  bandeln  können ,  das  aber 
nnr  mit  Unrecht  läagnen,  dafs  der  Verfasser  des  vierten 
Eyangellams  seinen  Jesns  so  handeln  lasse,  nichts  Ände*. 
res  übrig  bleibt,  als  ans  dieser  locongruens  des  joBannei« 
sehen  Christus  und  des  denkbar  wirklichen  mit  den  Pro« 
babilien  ^^)  auf  den  unhistoriscfaen  Charakter  der  johan- 
neischen  £r9Klihlung  sn  sehliefsen. 

Auch  das  angebliche  Benehmen  der  Jünger  V.  1%L 
mnls  befremden*  Wenn  ihnen  Jesus  doch ,  sofern  jeden- 
falls ihre  drei  Koryphften  dabei  gegenwärtig  gewesen  wa- 
ren, schon  den  Tod  der  Jairustochter  als  einen  blofsen 
Schlaf  dargestellt  hatte :  wie  konnten  sie  dann ,  wenn  er 
nun  Ton  Lasarus  sagte:  xixolftfjzai  und  i^vTtvlaoi  avtoPf 
an  einen  natürlichen  Schlaf  denken?  Aus  einem  gesunden 
Schlafe  weckt  man  doch  wohl  einen  Patienten  nkht,  and 
so  mufste  den  Jüngern  alsbald  einfallen,  dafs  hier  vielmehr 
in  dem  Sinne,  wie  l>ei  jenem  Mädchen ,  von  einer  xolfiffats 
die  Rede  sei.  Dafs  statt  dessen  die  Jünger  das  tiefer  Ge- 
meinte so  oberflächlich  verstehen,  das  ist  ja  gans  nur  die 
Lieblingsmanier  des  vierten  Evangelisten ,  die  wir  schon 
an  einer  Reihe  von  Beispielen  kennen  gelernt  haben.  Es 
war  ihm  traditionell  der  Sprachgebrauch  Jesu  au  Oliren 
gekommen,  den  Tod  nur  als  einen  Schlaf  eu  beseichnen, 
und  alsbald  ergab  sich  in  seiner,  su  dergleichen  Antithe» 
sen  geneigten  Pfiantasie  für  diese  BUderrede  ein  entspre- 
chendes MifsverständnUs. 


36)  Andachtsbuch,  1,  S.  392  t 
57)  S.  59  f.  79. 


Htmite«  Kapitel.    %  W.  Wl 

Wat.dle  Joden  V.  97*  «^^n»  Ist,  die  Wiiinrfielt  der 
qrneptieefaen  Todtenerweeknngen  yor^lisgesetEt,  schwer  be- 
greiflieh. INe  Joden  berofen  eich  eof '  die  Heiiong  des 
Bliodgeborenen  (Job.  f.),  und  machen  den  Scbiofs,  dafs 
def|i6Bige,  weicher  diesem  som  Gesicht  rerhölftn,  wohl 
mh  im  Stande  gewesen  sein  mfifste ,  den  Tod  des  Laca- 
ms  so  yerliinderh.  Wie  rerfiallen  aie  aof  dieses  heterogene 
Bsd  onsureiohende  Beispiel,  wenn  ihnen  doch  in  den  bei- 
den Todtenerweeknngen  gleichartigere  vorlagen,  nnd  sol- 
ehe ,  weiche  selbst  noch  für  den  FaU  des  bereits  erfolgten 
Todes  Hoffnnng  so  geben  geeignet  waren?  Toi'iingegangeti 
waren  aber  Jene  gaiiiftiscfaen  TodtenerWeclcongen  dieser 
jodKiacben  in  jedem  Fall^  well  Jesus  nach  dieser  nicht 
OMhr  nach  Galilfia  kam;  anch  konnten  Jene  YargRngt  In 
der  Hauptstadt  nicht  nnbekannt  gebtteben  sein,  somal  es 
Ja  Ton  beiden  aosdrficklich  heifst,  das  tierOcht  von  dwisel« 
ben  habe  sich  elg  oXrjv  tr^v  yiji^helvrp^,  iv  öXfi  tf^  ^sdai^  xal 
iv  naaji  zf}  neQixofQo.f  verbreitet.  Den  vpirkllchen  Joden 
also  hiltten  diese  Fälle  nfiher  gelegen :  da  der  vhrte  Evan- 
gelist siö  auf  etwas  weit  weniger  Naheliegendes  sich  be- 
rufen Ififst,  $0  wird  wahrscheinlich,  dafs^  er  von  jenen 
Vorgängen  nichts  gewofst  hat;  denn  dafs  die  Berufung nor 
ihm,  nicht  den  Joden  selber  angehört,  selgt  sich  schon 
darin,  dafs  er  sie  gerade  aof  diejenige  Reilong  sich  bexle- 
bm  Iftfst,  welche  er  nächstzovor  ersflhit  hatte. 

£in  etarker  Anstofs  Hegt  auch  in  dem  Gebete,  welches 
V.  41  f.  Jesu  in  den  Mund  gelegt  wird.  Nachdem  er  dem 
Vater  ffir  die  Erhffrung  gedankt,  setzt  er  hineo,  er  fOr  sich 
wisse  wohl,  dafs  der  Vater  ihn  jederzeit  erhöre,  und  nor 
um  des  Volkes  willen,  om  ihm  Glauben  an  seine  göttliche 
Sendung  beizubringen,  spreche  er  diesen  besonderen  Dank 
ans.  Zuerst  also  glebt  er  seiner  Rede  eine  Beziehung  auf 
Gott,  hinterher  aber  setzt  er  diese  Beziehung  zu  ehier  nur 
um  des  Volks  willen  gemachten  herunter.  Und  diefs  nicht 
nor  so,  wie  Lücrr  will,  dafs  Jesus  für  sich  itwar  biofs 
Datlsb0nJ$m  Tlt^Av^fl.  IL  Band.  11 


j^  Zweitgr  Abschnitt* 

sdU  gebetet  habcjD  würde j  um  4e8  Volke  willen  aber  sein 
Gebet  Uut  spreche  (denn  Air  des  blofs  etille  Beten  liegt  iü 
der  Gewibbeit  der  firhörung  kein  Grund),  eoodern  in  den 
Sinne,  daf«  er.  fflr  eich  doni  Vater  nicht  für  einen  eineeliieu 
Erfolg,  wie  gleißbsam  ttberragcht,£u  danken  brauche,  da  er 
der  GewÄbrnng  im  Voran«  gewif*  «ei,  also' Wunach  und 
Dank  eniamme^fallen,  Überhaupt  sein  Verhltltnirs  sum  Vater 
nicht  in  einseinen  Acten  der  Bitte,  der  Erfahrung  und  dee 
Dankes  sieh  bewege,  sondern  ein  bfetfindiger  und  stetiger 
Austausch  dieser  gegensei^gen   Functionen  sei,  aus  wel- 
chem an   und  für  sich  kein   einzelner  üankact  in  dieser 
Weise  sich  aussondern  würde.     Wenn  nun   allerdings   in 
Beeng  auf  die  Bedürfnisse  des  Volks  und  aus   Sympathie 
mit  demselben  in  Jesu  ein  solcher  einzelner  Act  hervorge- 
treten sein  könnte:  so  müfste  doch,   wenn  in  dieser  6iri* 
lung  Wahrheit  gewesen  sein  soll,  Jesus  gans  im  JMitgeftthl 
aufgegai^en  sein,  den  ätaadpu'nkt  des  Volks  su  dem  sei- 
»igen  gemacht,   und  so  in  jenem  Augenblicke  doch  auch 
aus  eigenem  Trieb  und  für  sich  selber  gebetet  haben.    Uier 
aber  hat  er  kaum  su  beten  angefangen,  so  steigt  ihm  schon 
die  Reflexion  auf,  däts  er  nicht   in  eigenem    Bedürfnisse 
bete,  er  betet  also  nicht  aus  lebendigem  Gefühl,  »oadßtn 
aus  kalter  Accommodation,  und  diefs  mufs  man  anst(^£iig,  Ja 
widrig  finden.    In  keinem  Falle  darf,  wer  auf  diese  Wei- 
se nor  sur  Erbauung  Anderer  betet,  es  diesen  sagen,   es 
geschehe  nicht  von  seinem ,  sondern  nur  von  ihrem  Stand- 
punkt aus,  weil  ein  lautes  Gebet  auf  die  Hörer  nur  dann 
Eindruck  machen  kann,  wenn  sie  voraussetsen,  d^ fs  der  Spi-e* 
ebenda  mit  ganzer  Seele  dabei  sei.    Wie  mochte  also  Je- 
sus sei|i  angefangenes  Gebet  durch  diesen  Zuaats  unwirk- 
sam machen  2    Drängte  es  ihn,   vor  Gott  ein  Bekenntiiifs 
des  wahren  Bestands  der  Sache   abzulegen ,   so  koinice  er 
diefs  im  Stillen  thun;   dafs  er  es  laut  aut»6prach,   und  in 
Folge  dessen  auch  wir  es  hier  lesen,  diefs  könnte  nur  auf 
die  spätere  ChriatenUeit ,  auf  die  Leser  des  Evangelium«», 


neuntes  KapIteL    f.  W.  IM 

bereofaaet  fowetea  «da.   Während  n8ii»lteh  bw  Erweekang 
im  GUobeos   in  der*  nnstehenden  Menge  erkltfrternaften 
das  jUankgebet  ndtbig  wer,    konnte   der  fortgeschrittene 
Gkabe,  wie  ihn  das  ?ierte  £?Angelinni  Toraoseetat,  sich  an  - 
demselben  stossen,  weil  es  aus  einess  an  nntergeordneteni 
oad  naaMntiich  an  wenig  stetigen  Verhiltnlfii  des  Sohns 
aaai  Vater  henrorgegangen  scheinen  konnte;  es  mnfiite  folg- 
Ueh  jenes  Gebet,  das  tOr  die  gegenwärtigen  Hörer  nöthig 
war,  für  die  späteren  Leser  wieder  annnHirt,  oder  auf  den 
Werth  einer  blolsen  Accommodation  restringirt   werden. 
Diese  Rflcksicht  aber  kann  unmdgiich  schon  Jesus,  sondern 
unrein  später  lebender  Christ  gehabt  haben.    Diefs  hat 
schon  frfther^  ein  Kritiker  geftthit,  und  daher  den  42*  Vera 
als  anäehten  Zusata  yon  späterer  Hand  aas  dem  Textewer* 
fen  wollen  ^*)*    Da  jedoch  dieses  Urtheil  ?on  allen  äusseren 
Gründen  verlassen  ist,  so  mfifste  man,  wenn  jene  Worte 
doch  nicht  ?on  Jesu  sein  können,  annehmen ,  wöen  LCcxa 
frfiher  nicht  gana  nngeneigt  war  ^^,  der  Evangelist  habe 
Jesu  jene  Worte  nur  geliehen,  um  die  in  V.  41.  Törange« 
gangenen  au  erläutern»    Gana  gewils  haben  wir  liier  Wor- 
te,  die  Jesu   vom  Evangelisten  nur  gdüehen  dnd:  aber, 
wenn  einmal  diese,  wer  steht  uns  dann  auch  hier. dafür, 
dab  es  nur  aüt  diesen  sich  so  verhält?    In  einem  £vange« 
linai,  in  welchem  wir  schon  so  viele  Reden  als  blols  geile- 
hena  erkannt  haben  ^  im  Zusammenhang  einer  ErEählung, 
welche  an  allen  Enden  historische   ündenkbarkeiton  hat, 
ist  di»  Schwierigkeit  eines  dnaelncn  Verses  nicht  ein  Zei- 
eben,  dafs  er  nicht  aum  Übrigen,  sondern  in  Verbindung 
jais  dem  Übrigen  davon,  dals  das'^Ganae  nicht  in  die  Klas« 
se  historischer  Compositionen  gehört  ^^ 


SS)  insfysHBACH,  über  einige  wahrscbeinlicbe  Interpol stioBen  Im 
Idvsngelium  Johannit,  in  Bsrtholdt^s  krit«  Journal^  5»  S«  8l* 

39)  Comm.  s.  Job.  Ite  Aufl.  2,  S.  310. 

40)  So  sucb  der  Verf.  der  Frobsbüiea  S.  61. 

II* 


164  ZwelUr  Abschnitt.     ' 

Wm  fllr's  Aofllere  die  Abstafang  «wtsGhen  den  drei 
£rEfthlangen  in  Rfieksicfat  aof  die  Sassere  Beglaubigong  be- 
trifft, 80  hat  schon  Woolstok  richtig  beobachtet,  wie  anf- 
fallend  es  sei,  dafs  nur  die  Erweckung  der  Jainistochter, 
in  welcher  das  Wunderbare  am  wenigsten  hervortrete,  bei 
drei  Evangeiisten  vorkomme,  die  beiden  andern  aber  Je  nur 
bei  Einem  ^')9  °°^  zwar,  indem  es  bei  der  Erweckung 
des  Lasarns  noch  weit  weniger  begreiflich  ist,  wie  sie  liei 
den  übrigen  fehlen  kann,  als  bei  der  Erwecknng  des  naini- 
tischen  Jünglings,  so  ist  auch  hier  ein  rollstfi^ndiger  Kli- 
max vorhanden. 

Dafs  die  enletset  genannte  Begebenheit  nur  allein  T6ni 
Terfasser  des  Lnkasevangelinms  erzählt  ist,  dafs  insbeson- 
dere Matthäus  dnd  Markus  sie  nicht  neben  oder  statt  der 
£r£fihlung  von  dem  erweckten  Mädchen  haben,  macht  in 
mehr  als  Eineir  Hinsicht  Seh wierigkeit  ^  0«  Schon  fiber- 
haupt  als  Todtenerweckung,  sollte  man  glauben,  da  deren 
nach  unsern  Berichten  nur  wenige  vorgekommen  waren, 
und  diese  von  ausgezeichneter  Beweiskraft  sind,  es  mafste 
die  Evangelisten  nicht  verdrossen  haben,  neben  der  einen 
auch  noch  die  zweite  aufzunehmen ,  da  es  ja'  Matthäus  Air 
der  MOhe  werth  gehalten  bat ,  z.  B.  von  Blindenheilongen 
drei  Prolen  zu  berichten,  welche  doch  weit  weniger  Ge* 
wicht  hatten,  wo  er  also  weit  eher  mit  Einer  hätte  ab- 
kommen, und  statt  der  übrigen  noch  eine  oder  die  ande- 
re Todtenerweckung  aufnehmen  können.  Gesetzt  aber  auch, 
die  zwei  ersten  Evangelisten  wollten  ans  einem  nicht  mehr 
EU  ermittelnden  Grunde  nicht  weiter  als  Eine  Tt>dtener- 
wecknngsgeschichte  geben,  so  sollten  sie,  mnfs  man  ttd- 
nen,  weit  eher  die  vom  Jüngling  zu  Nain,  sofern  sie  von 
derselben  wufsten,  ausgewählt  haben,  als  die  von  der  Jai- 
ru^tochter,  weil  sie,  wie  oben  ausgeführt,  eine  entschiede- 

41)  Ditc.  5. 

42)  Vgl.  Sciuiuaiuen»,  über  den  Lukas,  S.  101  IL 


ITevAtei  KapiteL    S.  M.  MS 

und  anfallendere  TodtenarwieclLiing  war.     Geben  aie 
deaten  ongeacbtet  nur  die  letztere^  so  kann  von  der  andern 
wenigstens  Mattbäaa   nichta  gewofst  haben;    dem  Marlons 
fireilich  lag  sie  wabrscbeinileh  im  Lokas  vor ,  aber  er  war 
schon  3, 7.  oder  20.  von  Lukas  6, 12.  (170  ^^  Mattbfius  12^  15. 
flbergespmngen>  und  kehrt  erst  4,S5.(21  ff.)  mu  Lukas  $922. 
(16  £)  surflck  ^^),  wo  er  dann  die  Erweeknng  des  Jünglings 
(Luc.  7, 11  ff)  bereits  hinter  sieh  hat.  Die  nunmehr  entstehen-* 
de  zweite  Frage:  wie  kann  die  Wiederbelebung  des  Jfiag« 
linga,  wenn  sie  wirklich  vorgegangen  war,  dem  Verfasser 
des     ersten    Evangeliums   unbekannt  gebliebon  sein?  hat^ 
auch   abgesehen  von  dem  voraussetaiich  apostolischen  Ur« 
sprang  dieses  Evangeliums ,   doch   nicht  geringer^  Schwi^« 
rigkeiten  als  die  vorige.     Waren  doch  ausser  vielem  Vol- 
ke auch  fiad-ijuxl  Ixccvol  dabei;    der  Ort  Nain  kann,    wia 
Josephus  seine  Lage  im  Verhältnlfs  cum  Tbabor  bestimmt^ 
nicht  fern  von  dem  gew (ähnlichen  galiläiscben  Schau plats9 
der  Thfitigkeit  Jesu  gewesen  sein  ^^) ;    endlich  yerbreitetA 
sich  ja  das  Gerficht  von  dem  Ereignifs,  wie  natürlich ,  weit 
«aber  (V.  17.).    ScHUEiEaiiACBER  meint ,  die  nichtapostoli« 
sehen   Verfasser  der  ersten  Aufseichnungen  aus  dem  Le- 
ben Jesu  haben  weniger  gewagt,  die  vielbeschfiftigten  Apo<* 
stel  um  Nötigen  anaugehen,  sondern  mehr  die  Freunde  Je* 
SU  sweiter. Ordnung  angesucht,   und  hiebei  haben  sie  sich 
natärlieh  am  meisten  an  diejen^n  Orte  gevi endet,  wo  sie 
die  reichste  Ernte  hoffen  konnten,   nach  Kspernaum  und 
Jerusalem:   was  sich,  wie  die  in  Rede  stehende  Todtener« 
wecknng,  an  andern  Orten  sugetragen,  das  habe  nieht  s» 
leicht  Gemeingut  werden  können..    Allein  diesQ  Vorstellung 
der  Sache  ist  theiia  £U  subjjectiv,  indem  sie  die  Verbreitung 
der  Kunde   von  Jesu   Tbatea   durch  iN achfrage  einselner 
Liebhaber  und  Anekdotea3(uiunler  gehen  lälst  y  theiU  >  waa 


♦5).  5Uü»iam„A*b€r  die  Quellea  des  Msrku«,  S.  66.  E. 
44)  vgl.  Wwaa,  hibU  a««lw.  d.  A. 


tM  Zweiter  Atiohnitt, 

damit  Basammenhän^ »  liegt  von  dergleichen  GeschMif et i 
d!e  Irrige  Anseht  zam  Grunde,  als  wären  sie  an  den 
PlXtaen ,  wo  sie  vorgegangen,  wie  |^fige  Klumpen  bq  Boden 
gefallen,  desselben  Orts  als  todte  Schätze  verwahrt,  und 
mir  denen,  die  sieh  an  Ort  nnd  Stelle  bemühten  ,  vorgeteigt 
worden :  statt  dafs  dieselben  vielmehr  von  dem  Orte  ^  i^o  . 
sie  sieh  begeben  oder  gebildet  haben ,  lebendig  Isuffllegen, 
allenthalben  nmherschweifen ,  and  nicht  selten  das  Band^ 
das  sie  mit)  dem  Ort  ihrer  Entstehung  verknffpft,  ganz  zer* 
relssen,  wie  wir  an  unzähligen  wahreh  oder  erdichteten 
Geschichten  täglich  sehen,  welche  als  an  den  verschieden« 
aten  Orten  vorgefallen  dargestellt  werden.  Hat  sich  ein- 
mal eine  solche  Erzählung  gebildet ,  so  ist  sie  die  Substanz, 
die  angebliche  Localität  das  Accidens,  keineswegs,  wie  Schlvi- 
Ba?MACHBR  es  wendet,  der  Ort  die  Substanz,  an  welche  die  Ri^ 
nfthlung  als  Atscidend  gebunden  wäre«  Läfst  es  sich  dem- 
nach nicht  wohl  denken,  wie  eine  Begebenheit  dieser  Art^ 
wenn  sie  wirklich  vorgefallen  war,  ausser  der  allgemei- 
nen Überlieferung  bleiben,  nnd  daher  dem  Verfasser  des 
ersten  Evangeliums  unbekannt  sein  konnte:  so  ergiebt sich 
aus  der  Thatsache,  da(s  er  nichts  von  derselben  welfs,  ein 
Schlnfs  gegen  Ihr  wirkliches  Vorgefallensein. 

Doch  mit  ungleich  schwererem  Gewichte  ftllt  dieser 
Zweifelsgrund  auf  die  Erzählung  des  vierten  Evang^iama 
von  der  Anferweekung  des  Lazarus.  Wufsten  die  Verfas- 
ser oder  Sammler  der  drei  ersten  Evangelien  von  dieser ,  so 
konnten  sie  aus  mehr  als  Einem  Grunde  nicht  umhin,  sie 
fai  Ihre  Schriften  aufzunehmen.  Denn  erstlich  Ist  sie  unter 
sämmtlichen  von  Jesu  vollbrachten  Todtenerweckungen ,  Ja 
nnter  seinen  sämmtlichen  Wundem  Oberhaupt  dasjenige, 
dem  der  Charakter  des  WunderbfUfen  am  unverkennbarsten 
aufgeprägt  Ist,  und  welches  daher,  wenn  es  gelingt,  einen 
von  seiner  hiatorisohen  Realität  zu  ttberzengen,  eine  vor- 
sagUeh  starke  Bewelskrafik  hat  ^0;   welswegen  die  Evan- 

4S}  Maa  crinaere  sich  der  bekaantea  Xusserimg  voa  SiriaozA. 


MeunCe»  KapiteL    |.  09«  W7 


gotttten,   üe  neebtea  schon  •!••  od«r  awei  andara  Teikeii* 
•rvreekungen  ersihh  habea,  doch  nicht  AberflQMig  fimUii 
konnten  y  aoeh  diese  noch  lünsnsnfilgen.    Zweitens  «he» 
Ipriff  sie,  laut  der  johanneisohen  Darstellnnif,  entseheiden4 
ia  die  Entwiekelong  des  Scbiebsals  Jesu  ein,  indem  naeh 
11 ,   47  £  der  rermehrte  Zdaaf  au  Jesn  nnd  das  greise 
Aaftehen ,  was  die  Wiederhelebang  des  Lasaros  iieriieige. 
ftihrt  liatte,  das  Synedriam  Ei^jenqr  Berati»ehIag«og  ter* 
nnla&te ,    l>ei  weleher  der  blutige  Rath  des  Kaiphas  gege- 
ben wurde  und  Ifiingang  fand.    Diese  doppelte,  dognatisohe 
sowohl  als  pragmatische  Wichtigkeit  des  fire^[nisses  mulste 
€ll«  Synoptiker  ntfthigen ,   es  an  eraähien ,  wie  sie  dafon 
«nifsten.    Indels  die  Theologen  haben  allerlei  Grflnde  au#* 
findig  gemacht,  w^mm  jene  fiyangelisten ,  auch  wenn  ib* 
nea  die  Sache  bekannt  war,  doch  nic|its  von  derselben  sol* 
lan  liaben  ersfthlen  mögen.    Die  einen  waren  der  Meinung, 
sur  Zeit  der  Abfassung  der  drei  ersten  Erangellen  sei  die 
Oeachiebte  noch  in  aller  Monde,   mithin  ihre  Äufseichnung 
ttberAflss^  gewesen  ^^);  Atfdre  ▼ermutheten  umgekehrt,  man 
habe  das  weitere  Bekanntwerden  derselben  verhüten  welle«, 
um  dem  noch  lebenden  Lasarus,  welcher  nach  «loh«  1%  10» 
wegen  des  an  Ihm  geschehenen  Wunders  von  den  JAdiseheu 
Uimurehen  verfolgt  wurde ,  oder  seiner  Familie,  keine  6e* 
fahr  au  bereiten,   was  in  der  späteren  Zeit,   als  Johannes 
aeln  Evangelium  achrieb,    nicht  mehr  su  befilrcbten  gewe- 
sen aei  ^7>     Zwar  heben  sich  nun  diese  beiden  GHInde 
aufs  Sehfoste   gegenseitig  auf ^    und  sind  auch  Jeder  für 
sldi  kaum  einer  ernsthaften  Widerlegung  wertht  doch  sollen, 
weil  Ihnliche  Ausflichte  auch  sonst  noch  öfter  als  man 
glauben  möchte,  angewendet  werden,  einige  Gegenbemer- 
kungen nicht  gespart  sein.    Die  Behauptung,  als  in  ihrem 


46)  Wmm,  Annot.  s.  d.  St. 

47)  So  timenvf »  HaaosA ;   auch  OLSaAmsn  bekenDt  sich  venau« 
Ikuflgsweise  sa  ikt%tt  Ansicht,  3,  S.  2b6t  Anmerk. 


1^  Zweiter  AbsehMitjU 

Krebe  «UgeMln  bekanat  eei  dife  WiedeiMebiiiig  dee  La- 
MTue  von  flen  Synoptikera  niebt  aufgeseichqec  werde«, 
bewekt  sa  viel,  ifidem  asf  diese  WeUe  gerade  die  UaäpC- 
poidite  im  Lebea  Jeso ,   aeiAe  Taufe  im  Jordan ,  sein  To4 
ttad  eeiae  Aaferaieboiig,  hktteii  anbesohriebeii  Ueiben  oi&»- 
sen.      Ea  dient   aber  eine  selche  Schrifi:,  die,  wie  luiara 
ErangeUen ,  in  einer  religiösen  Oenteinde  entsteht,  keines- 
wegs blofs  dasa ,    unbekanntes  bekannt  au  machen ,   sao« 
dem  auch  das  bereits  Bekannte  festsuhalten.     Gegen  dte 
andre  Erklirnng  ist  schon  roa  Andern  bemerkt  worden, 
das  Bekanntwerden  dieser  Geschickte  unter  Nichtpalieti- 
neosern,  für  welche  Markus  und  Lukas  schrieben,   habe 
dem  Lasarns  nichts  schaden  können;  aber  auch  der  Ver- 
£ssser  des  ersten  Erangeliums,  falls  er  in  und  für  Pallstinn 
geschrieben,  würde  wohl  schwerlich  aus  Rücksicht  auf  La- 
sarns, welcher,  ohne  Zweifel  Christ  geworden,   wenn  er 
auch  im  nnwahrscbeiiilichen  f  ali  zur  Zeit  der  Abfassung 
des  ersten  Evangeliums,  noch  geiebt  haben  sollte,  so  wenig 
eis  seine  Familie  sich  weigern,  dMrfti,  um  des   Nameaa 
Ckelsti  willen  au  leiden ,   ein  F  actum  verschwiegen  haben^ 
in  welchem  sich  dessen.  Herrlichkeit. so  besonders  geoffenr 
hart  hatte.    Die  gefährlichste  Zeit  für  Lacarus  war  nac|i 
Job.  Id,  10.  die  gleich  nach  seiner  Wiederbelebung,   und 
schwerlich  konnte  eine  so  spftt  kommende  Ülraithlung  die^e 
Gefahr  erbühen  oder  erneuern ;  überhaupt  mufste  in  der  Ge- 
gend ron  Bethanien  und  Jerusalem,   von  woher  d^m  La- 
narns  die  Gefahr  drohte,  der  Vorgang  so  bekannt  sein  und 
im  Andenken  bleiben,  dafs  durch  Aufgeichnnng  desselben 
nichts  au  verderben  war  ^>}. 


48)  s.  diete  Argumente  zerstreut  bei  Faulds  und  Lückk  t,  d. 
Abtch. ;  bei  Gabler  in  der  angef.  Abhandl.  S.  258  ff.  und 
Hasi,  L.  J.  $.  119.  —  Einen  neuen  Grund,  warum  namentlich 
Matthäus  von  der  Auferweckung  des  Lasarua  schweige,  hat 
ÜBTasMiuiiGK  (über  die  Uosulätsigkeit  der  mjtliischea  Auffiu- 


Neanto»  KjipilaL    %  99.  M» 

Bleibt  es  also,  daTa  die  S jnopdker  von  der  Aaferwe« 
ekang  dee.  Lazaraa,  yo«  wtaJdier  sie  niebts  ercähbn ,  aneb 
Bielile  gewiiCit  beben  können ,  so  entstehi  avob  bte  die 
»feit»  Frage,  wie  die(s  Nichtwissen  aöglieb  war?  Dia 
Bysteriöae  Antwort  I1as£*s  ,  der  Grand  dieser  Aoslasswig 
99l  in  den  gemeinsamen  Verbiütnissea  ▼erborgen,  «Her 
wekiben  die  Synoptiker  (lberhao|it  von  allen  frOberen  Vor*, 
fidlen  in  Judäa  sebweigea,  läfst  wenigstens  dem  Ana* 
driMk  nach  nngewifs,  ob  damit  sa  Ungunsten  des  tierCe« 
firaBgelilims  oder  der  tibfigen  entschieden  sein  solL  H^ 
rade  dieses  Beste  an  der  HASi'schen  Antwort  bat  die  neue« 
sto  Kritik  des  Mattbänsevangeliums  etwas  sufisbread  w%t^ 
diMrben,  indem  sie  Jene  gemeinsamen  VerbKitnisse  eiligsl 
dahin  bestimmte,  dafs  durch  die  Unbekanntschaft  mit  einer 
Qesehiebte,  die  einem  Apostel  habe  bekannt  sein  mttssen, 
die  Synoptiker  sich  sämiotlieh  als  Nicbtapostel  beurkw»- 
den  ^^>»  Durch  diese  Verjßichtieistung  auf  den  apesto« 
liscben  Ursprung  des  ersten  Evangeliums  wird  sein  und 
der  andern  Niobtwissen  um  den  Vorgang  mit  Lazarus  uoeb 
keiiiaswegs  erkliirlich.  Denn  bei  der  Merkwürdigkeit  »des 
Faetvms ,  da  es  ferner  im  Mittelpunkte  des  {adisehen  ba»- 
des  vergefallen  war,  grolses  Aufsehen  erregt  hatte,  und 
die  Apostelals  Augen^.eugen  zugegen  gewesen  waren:  ist 
^r  nicht^einzusehen,  wie  es  nicht  in  die.  allgemeine  Über- 
lieferung, und  aus  ihr  in  die  synoptischen  fivangeUen  hätte 
kemmea  sollen.    Man  beriet  sich  darauf  dafs  diesen  £vaa- 


•ttng ,  2tes  Stück ,  S.  42.)  ausgedacht.  Der  EvangsHst  habe 
•le  übergangen,  weil  sie  mit  einer  Zartheit  uiid  Lebendig- 
keit des  Gefühls  dargestellt  und  behandelt  sein  wolle,  zu 
welcher  er  sich  nicht  fähig  gefühlt  habe.  Daher  habe  der 
bescheidene  Mann  sich  Ijg^er  gar  nicht  an  die  Geschichte 
wagen  wollen,  als  sie  in  seiner  Erzählung  an  rührender  Kraft 
und  Erhabenheit  rerlieren  lassen.  —  Welche  eitle  Beschei- 
denheit diess  gewesen  wäre! 
49)  ScaascammvaasA,  über  den  Urspr«  $•  10. 


(- 


17«  Zweiter  Aksehnilt. 

fretteii  gnliMaehe  S^geis  d.  h.  müitdltehe  BMlhlanfan  nnd 
sehriftliohe  AafniSrse  der  galllAiiobeii  FiCande  and  BegM* 
^p  Jms  sam  Orande  liegen ;  diese  seien  bei  der  Ai^Mrwe* 
ekimg  des  Lasaras  nieht  eogegen  (^wesen,  ond  halMa  sie 
idiee  nidit  In  ihre  DenliwOrdigkeiten  eiifgeneniieD;  die 
VerfMser  der  ersten  Evengeiien  aber,  indem  rie  sieh  etrettg- 
•n  diese  galitiiseheh  Naehriehten  liielten ,  lial>en  die  B^e» 
bmiieit  gleiehfalls  flbergangen  ^^.  Allein  so  seliarf  lüsc 
sieb  die  Seheidewand  swisohen  Galilttisehen  und  Jndli- 
sehem  nieht  aiehen,  dafii  der  Rnf  eines  Ereignisses  wi»  die 
Anferweckang  des  (iasarus  nicht  auch  nach  Galilfta  bitte 
hlnttbertönen  mfissen;  war  es  auch  nicht  in  einer  Festeeit 
rorgefallen,  wo  (wie  Job  4,  45.)  viele  tialilier  Aogen- 
sengen  sein  konnten,  so  waren  doch  die  JQnger^  grobem- 
theils  Galilfter,  dabei  (V.  16.)  >  und  mufsten,  sobald  sie 
nach  Jesa  Auferstehung  wieder  nach  Galilfia  kamen,  das 
Factum  aberall  auch  in  dieser  Proirine  ausbreiten ;  oder 
?ielfflehr  mufsten  schon  vorher ,  an  dem  letaten  von  Jesu 
besuchten  Paschafeste,  die  festbesuchenden  GalilXer  die 
stadtkundige  Begebenheit  erfahren  haben.  Daher  findet 
mmA  Lüokb  diese  GABLaa'sohe  Erklärung  ungenügend ;  wenn 
er  aber  seinerseits  das  fUthel  durch  die  Bemerkung  I5sen 
will,  da£s  die  ursprüngliche  evangelische  Überlieferung, 
welcher  die  Synoptiker  gefolgt  seien,  die  Leidensgeschichte 
wenig  pragmatisch,  also  auch  ohne  Rücksicht  auf  diese 
Begebenheit^  als  das  geheime  Motiv  des  MordbefisMs  ge- 
gen Jesum,  dargestellt  habe,  und  erst  der  in  die  Innere 
Geschichte  des  Synedriums  eingeweihte  Johannes  im  Stande 
gewesen  sei,  diese  Ergfinsung  au  geben  ^i):  so.  könnte 
fiwar  hiemit  der  eine  Grund  entkräftet  au  sein  scheinen, 
der  die  Synoptiker  nöthigen  mulste ,  jene  Begebenheit  auf- 
aonehmeo,  der  nämlich  j  welcher  von  ihrer  pragmatischen 


50)  Gaslis,  a.  a.  O.  S.  340  f. 

51)  Cooua.  s.  Job.  9,  S.  402. 


Hdpnt^i  Kapitel«    $•  90«  '    17I 


Widittglieit  (MrfMiMBMobt;  WMyi aUrbiMNigMctoCwM^ 
ab  Wond«*  «ti  sieh  und  ohne  Jene  näheren  Unuiinda  he- 
treehtet,  hebe  sie  «loh  leieht  unter  den  fibrig^en  Wnnderer- 
efthknigen  verlieren  kdnnen,  Ton  welchen  wir  In  den  dret 
welen  Erengelien  eine  sam  Tbefl  Enftllige  Auswahl  ha* 
ben  t  so  erseheint  die  synoptische  Wunderaoswahl  eben  nur' 
dann  als  eine  sufUlige,  wenn  nuin,  was. hier  erst  bewies 
sen  werden  soU,  sohon  yoraossetst,  dafs  lUe  Johanneisehen 
Wunder  bislorlsch  seien ,  nnd  ist  sie  nicht  bb  «nni  Ver» 
standiosen  eufölilg»  so  jkainn  sie  ein  solches  Wnnder  nidit 
rerioren  haben  ^^>. 

Diese  und  fthnliche  Erwignngen  sind  es  wohl  g^^e* 
sen  9  weicb»*^ nen  der  neuesten  Sprecher  in  der  ^trsltse* 
ehe  des  ersten  ByaUj^elinnis  su  einer  Iftige  der  Klnseitig* 


52)  Darf  ich  mich  auch  aaf  eine  erst  zu  druckende  Schrift  Bezic- 
hen, so  werden  wir  in  den  ScHLiisiufACHKii'schen  Vorlesun- 
gen Über  das  Leben  Jesu  zur  Erklärung  des  fraglichen  Still- 
schweigens darauf  verwiesen  werden ,  dass  die  synoptiscben 
Etangelicn  ilberbaupt  das  Verhültnist  Jesu  zur  Betkanisclien 
Familie  igaoricen,  weil  Tielleicht  die  Apostel  eine  Tertraule 
persönliche  Verbindung  dieser  Art  nicht  in  die  allgemeine 
Tradition  haben  übergehen  lassen  woUen,  aus  welcher  jene 
ETangelisten  schöpften :  mit  dem  Verhältnisse  Jesu  zu  dieser 
Familie  überhaupt  sei  nun  auch  dieses  einzelne  auf  sie  sich 
beziehende  Factum  unbekannt  geblieben.  AUein  was  sollte 
die  Apostel  zu  einem  solchen  Zurtickhdten  bewogen  haben  ? 
sollen  wir  denn  an  geheime ,  oder  mit  VsirrUKisi  sn  zarte 
Verbindungen  denken  ?  sollte  bei  'Jesu  nicht  auch  ein  sol- 
ches PriTatrerhäitniss  des  Erbaulichen  riel  gehabt  haben? 
'Wirklich  enthalten  ja  die  Frohen,  welche  uns  Johannes  und 
Lukas  TOA  dem  Verhältnisse  Jesu  zu  der  bezeichneten  Fami- 
He  geben,  dessen  viel,  und  aus  der  Erzählung  des  Letzteren 
Ton  dem  Besuch  Jesu  bei  Martha  und  Maria  sehen  wir  zu« 
gleidk ,  dass  auch  die  apostolische  Verkündigung  keineswegs 
abgeneigt  war,  etwas  Ton  jenem  Verhältnisae  sehen  s«  lassen, 
•iifsffB  es  sUgeoieiacs  Interesse  gewähren  konnte.    In  dieser. 


5 


171  Zweiter  Absohnitt. 

k«it  ymffoMUmy  mit  weUier  iii|in  die  obige  En^e  inmer 
HOT '  ftuB  Nacbtheil  der  •  Synoptiker  and  namendiob  des 
Matdifiae  beantwortet  habe,  ohne  daran  bu  denken,  4^1^ 
ebenao  nahe  eine  dem  vierten  fivatigeli^m  gefäbriiche  Ant- 
wort liege  ^')|  and  auch  ana  schrecken  LOcks's  Bannatrah- 
Un,  welcher  auch  in  der  neuen  Ausgabe  demjenigen,  der 
ans  dem  Sehweigen  der  Synoptiker  auf  Erdichtung  dieser 
firsähiung  und  Unäohtheit  des  Johanneischen  Evangeliums 
acblieCst,  eine  Akrijiie  sonder  Gleichen  und  gfinalichen  Man« 
gfd  an  Einsicht  in  das  Verhältnifs  unsrer  Evangelien  a|i 
einander  Cwie  es  nämlich  die  geistliche  Sicherheit  dei*  Theo- 
logen, auch  durch  die  aum  Theil  treffenden  Winke  der  Probsi- 
hiliea  nicht  aufgerüttelt,  noch  immer  festhält)  vorwirft, 
nicht  80  «ehr,  um  uns  von  der  bestimmten  Erklärung  su- 
rffcksnhalten ,  dafs  wir  die  Erweckungsgeschichte  des  La- 
saros  für  die  wie  innerlich  unwahrscheinlichste,  so  äusser- 
lich  am  wenigsten  beglaubigte  halten,  und  auch  diesen  Ab- 
schnitt in  Verbindung  mit  den  bisher  beleuchteten  als  Kenn- 
seicben  der  Unächtheit  des  vierten  Evangeliums  betrachten. 

Sind  auf  diese  Weise  alle  drei  evangelische  Todtener- 

weckungsgeschichten    durch    negative  Gründe  mehr   oder 

minder  sweifelhaft  gemächt,  so  fehlt  jetat  nur  noeh  der  po- 

1  sittve  Nachweis,  dafs  leicht  auch  ohne  historischen  Grand 

I  die  Sage,  Jesus  habe  Todte  erweckt,  sich  bilden  konnte* 

Vom    Messias   wurde    bei    seiner   Ankunft  nach   rabbini- 

\  sehen  ^4)  wie  nach  N.  T-lichen  Stellen  (c.  ß.  Job.  5,  2$  £. 


Hinsicht  ragte  nun  aber  die  Auf  erweck  unf;  des  Laxarus  als 
eminentes  Wunder  ohne  Vergleiohung  weiter  als  j«aar  Be- 
such mit  seinem  Mg  }g$  Xd*^^  über  das  PriratTcrhällmss  Je- 
su zur  Bethanisdien  Familie  hinaus :  das  vorausgesetxtc  Stre- 
ben ,  dieses  geheim  zu  halten ,  konnte  der  Verbreitung  ion 
jener  nicht  in  den  Weg  treten. 

53)  Kbrw,  über  den  Ursprung  des  Ersng.  Matth.    Tübing.  Zeil- 
schrift, 1834r2,  S.  110. 

54)  BssTHOLDT,  Ohristol.  Jod«  ).  35« 


Neunter  Kapitel.    %.  99.  17S 

$j  49.  44.    1  Kor.  15.    1  Thets.  4, 1«.)   Am  Aaferweclciing 
dtr^ToHlen  erwnrtet.     Nnn  war  ahet  die  nceoval»  ftc«  Mes- 
•f«e  iii6ns  in  der  Ansicht  der  ersten  Gemeinde  dnroh  f#i- 
nei^  Todinf  swei  Stficke  gebrochen:   in  seine, erste  torlye- 
reifende  Anwesenheit,  welche. nsit  seiner  menschlichen  G^ 
hnrt  begann  und  mit  der  Anferstehong  nnd  HimmelfMitt 
seklolk,  und  in  die  Eweite,  noch  eo  erwartend«,  AhMitft 
in  d^n  Wolken  des  Hinurtels,    um  den  aidy  pikX(ap'vp\tk' 
Hcik  EQ  eröffnen.    Da  es  der  «reten  Parmie  - Jesti  an'  der 
r6ii  einem  Messiaa   erwarteten  Herrlichkeit  gefehlt  hatfb, 
so    wurden  die   greftarügen    Bethfiligiingen  mesefahBicber 
•Maebt^   wie  namentlich  die  allgemeine  Todtenerwe^fc^nl;, 
In  die  Eweite,  noch  tverorstehende,  Parnsie  verlegt.    B^^h 
mafate,   Eom  Unterpfande  für   das   eq  Erwartende,    atfch 
aeboa    durch  die   erste  Anwesenheit  die  flerriichkeit  der 
«weiten  in  einselnen   Proben  hindurchgeschimmert,   Jesus 
EfinMi  Bernfy*  einst  alle  Todte  bu  erwecken,  schon  bei  sei- 
ner «raten  Ankunft  durch  Erweckung   einiger  Todteii  be- 
urkundet haben;   er  mnfste,  um  seine  Messianitit  gefragt, 
oftter  den  KrlteHop  derselben  auch  das  vexqol  iytlQO^tai 
CMatth.  11, 5.)  haben  anfftthren  und  seinen  Aposteln  dieselbe 
Vollmaeht  ertheilen  können  (Matth.  10,  8.  ygl.  A;  H.^,  40. 
fl9y  16.),  namentlich  9^t  als  genaues  Vorspiel  davon,  dafii 
einst  nirteg  ai  iv  toXg  fivrjiaelotg  axaöovtai  tijg  q^wvrg  ec^S 
«ai  iiOioQevaövTai  (Job.  ^y  J8f.),  einem  TioaaQag  ^fiiQag 
rdtj  ^orri  iv  «tji  7/v7;//a/q>  f(xnij  fieyd^fl  ^m  deS(rö  ^§id  eo- 
|erufeir  haben  (Job.  11,  17.  43.).    FOr  die  Entstehung  de- 
taillirt«»  Erailhlangen  von  einzelnen    Tedtenerweekungbn 
lagen  fiberdiefs  im  A.  T.  die  geeignetsten  Vorbilder.    Die 
Propheten  Elias  (I  Kön.  17,  17  ff.)  und  Elisa  (2  Kön.  4, 
18  ff. )    hatten   Todte  erweckt,    und  darauf  berufen  sich 
jüdische  Schriften   als  auf  ein   Vorbild  der  messianischen 
Zeit  '^).    Objeet  ihrer  Todtenerweckungen  war  bei  beiden 


55)  s.  die  Band  1,  S.  7S.  angetUurte  Stelle  ans  TanchiuiMu 


174  Zw«it«r  AbtehnMt. 

du  Kind»  nur  «In  Kimbe^  wie  In  der  den  STnepiSkeni  ge- 
«ieincMHA  Ermälilong  ein  Mfidchen ;   beide  erweekten  es, 
wie  Jee^e  die  Jeii*iutocbter ,   noch  a«f  dem  Beit^  beide 
00)  imü  iie  ekh  «Uein  in  die  TodtenliaauBer  beg»l»eB>  wte 
Jesoe  dort  AÜe  'ausser    in^gen   Vertraalen   iiinimewies; 
«or  braoebl  wie  billig  der  Messias  die  mfibsameo  Mani* 
pulationeA  nlebt  rorsnaehneo ,  dnreh  weiebe  die  Prophsi- 
ten  na  ilireai  ^weciie  ao  gelangen  sveben«    J£Ua  Im  Beeon* 
dem  erweckte  den  Sobn  einer  Wittwe»  wie  <lema  nn  Main 
Aat;  er  begegnete  der  Sareptaolscben  Wittwe  (aber  rerdem 
Tod  ibras  Sohnes)  am  Thor,  wie  Jesns  mit  der  Nainitisebea 
Cnaebibresr  Sohnes  Tod)  anter  dem  Stadtthor  ansammentraf; 
eodlioh  wird  mit  deoselben  Worten  beidemale  gemeldet^  fi4e 
der  Wandertbiter  den  Sohn  der  Matter  nortteligegebmi  ba* 
be  '^).    Selbst  ein  bereits  in's  Grab  Gelegter,  wie  Laaarus, 
wnrde  durch  Elisa  erweclit  (2  lUn»  10,  aiO>  aar  dd$  da- 
mals der  Prophet  llUigst  todt  war,  und  diOvÄerfilmMig  ^ 
oer  Gebeine  den  Eufällig  darauf  gewbrfenen  Leiobnam  be- 
lebte^ Kwisclien  den  auvor  aogeittbrten  A.  TJiciien  Tod^ 
tenerweeliongen  aber  and  der   des  I^aBarns  besteht  darin 
eine  Ähnlichkeit,  dafs  Jesus,  wllirend  er  bei  den  bdden  an- 
dern geradeau  gebietend  auftritt,  bei  dieser^  au  6ett  betet, 
fwie  li^lisa  und  namentlich  £lia  getbtn  hatte.   Wihrend  nun 
Paulus  auch  auf  diese  A.  T.lichen'  Eraähiui|^n  seine  an  dea 
efangelisehen  Tollaogene  natOrlicbe  firliläning  ansdehnt: 
\  haben  weitersehende  Theologen  längst  bemerkt,  dals  die  N* 
I   T.liobea   Todtenerweckungen  nichts  Anderea  ale   Mythen 
Men,  entstanden  aus  der  Neigung  der  ültesten  Gbristenge- 
meindo)  ihren  Messias  dem  Vorbilde  der  Propheten  and 
dem  messimiischen  Ideale  gemlls  an  machen  '<^), 


"7 

56)  1  Kön.  17,    23.  LXX:    ttak  i^uxfr  avrd  rS  fn^Q^  othS.    IMC 
7,  16 :    Mai  USwtttf  avToy  rf  /ufjr^  avrS* 

57)  Soder  Verf.  der  Ahbandlung  über  die vcrscbicdcnwi RöckfJei- 
ica,    in  welcbea  der  Biograph  Jesu  arbeiten  kai^i,   in  Bi«- 


Neunte«  .4^11  piteL     ii  100.'  HS 

'f.    MO. 

Seeaiieltdoten* 
Wie  ftbertiAop^  wenigstem  nuch  der  Darstettmig  der 
drei  ersten  £feiigelisten^  die  €iiigegead  des  gaUlIisch^ki 
8ees  HaaptsebeaplatB  der  Tbiliglieit  Jesa  war:  so  stellt 
nmck  eine  Eiemliehe  Änsahi  seiner  Wunder  mit  dem  See  ta 
unmittelbarer  Bealehung.  ILines  ?on  fiieser  Gattung,  der 
dem  Petrus  bescheerte  wunderbare  Fisehaug,  bat  sieh  yni  ' 
bereite  cur  Betraebtung  dargeboten ;  übrig  sind  nun  %bchv 
Mb  wunderbare  Stillung  des  Sturms,  der,  wftbretfd*  Jeaua 
tochKkefi  auf  dem  See  entstanden  war,  bei  den  drei  Synop* 
tlkem;  daa  Wandeln  Jesu  auf  dem  See,  gleicbfaUa  wldi- 
vend  einee  Sturme,  bei  Mattfafiut,  Markus  und  JobanneS| 


tmoldt's  krit.  Journal,  5,  S.  237  f.  ^  KuaB,  bibL  Theol.  1, 
S.  2U2*  —  £ine  der  iLrweckung  des  JUnglingt  zu  Naia  auffal- 
lend äbnllche  Todtenerweckung  weiss  Fhiiostratus  von  sei^ 
nem  ApoUonius  zu  eraählen:  ^^Wie  es  nacii  Lukas  ein  Jung« 
liiig,  der  einsige  Sohn  einer  Wittwe,  war,  der  schon  vor 
die  Ötadt  hinausgetragen  wurde:  so  ist  es  bei  i^hüostralus 
ein  erwachsenes,  schon  dem  Bräutigam  veriohtes  Madchte, 
dessen  Bahre  ApoUonius  hegegnet.  l>er  Beteiü,  din  Bahre 
niederxuselzen ,  die  blosse  Berührung  und  wenige  ausgespro* 
chcne  Worte  reichea^fier  wie  dort  hin,  den  Xodten  wieder 
zum  Lehea  zu  bringen^^  (Baur,  ApoUonius  v.  Tyana  und 
Christus,  8.  l45.)**  l^k  machte  wissen,  oh  vieUeicht  Paulus 
oder  wer  sonst  Lust  hätte ,  auch  diese  Erzählung  natürUcli 
SU  erklären;  wenn  man  sie  ahei*,  wie  man  wohl  nicht  um« 
bing^aan,  als  NachbUdung  fier  evangelischen  fassen  muss: 
so  gehört  schon  eine  vorgetaösle  Meinung  von  dem  Charak- 
ter  der  N.  X.Uchen  Bücher  dazu,  um  der  Cönsequenz  aus* 
zuweishen,  dass  ebenso  die  in  ihnen  sich  findenden  Todten« 
erwtckungen  nur  minder  absichtUch  entstandene  ISachbüdun* 
gen  jener  A.  X.Uchen  seien,  welche  selbst  aus  dem  Glaubea 
des  Alterthums  an  die  den  Tod  bezwingende  Kraft  gottge- 
Üebter  Manner  (Herkules,  Xsculap),  und  naher  aus  den  |ü* 
discbea  Begrilfcn  von  einem  l^rophetea  absuleitea  und. 


m  Zureiter  Abs«|iaitt 

die  Znsaminenfatiniig /1er  tteifteii  dieaer  Momente,  welche 
der  Anhang  des  .vierten  £viingeli«mi  in  die  Zeit  nach  der 
,  Auferstehang  verlegt ;  endlich  der  von  Petroe  mu  ernngeln- 
de  Stater  bei  Matthfius. 

Die  zuerst  genannte  Ersählang  (Matth.  S,  ftZ  ff.  paralL) 
will  uns  ihrer  eigenen  Schlarsformel  si^folge  Jesua  als 
denjenigen  darstellen ,  welchem  ol  ävefiöi  xol^jj  '&dlaaca 
;tjn(xxöH(HV.  Es  wird  also^  wenn  wir  den  bisherigen  Won* 
.d^tikliniax  verfolgen,  hier  nicht  blols  vorausgesetzt,  dafs 
Jesus  auf  den.  menschlichen  Geist  und  durch  diesen  auf  den 
Körper  psychologisch,  oder  auf  den  vom  Geist  verlassenen 
menschlichen  Organisdias  neu  belebend,  auch  nicht  blofii, 
wie  in  der  früher  erwogenen  Fischzugsgeschichte,  daCi 
er  auf  die  vernunftlose  aber  lebendige  Natur,  sondern, 
dafs  er  selbst  auf  die  leblose  unmittelbar  bestimmend  habe 
einwirken  können.  Durch  ein  richtiges  Bewnfstsein  davon, 
wie  eine  solche  Gewalt  über  die  üasaere  Katur  mit  der 
Bestimmung  Jesu  für  die  Menschheit  und  ihre  Erlösung 
an  sich  nicht  zusammenhänge ,  ist  Olshadsen  auf  den  Ver- 
such geführt  worden,  das  Naturereigniis,  weichem  Jesas 
kier  Einhalt  thnt,  in  eine  Beziehung  zur  Sünde,  und  da* 
mit  wm  Berufe  Jesu  zu  setzen.  Die  Stürme  sind  ihm  die 
Krämpfe  und  Zuckungen  der  Natur,  und  als  solche  Fol* 
gen  der  Sünde ,  welche  in  ihrer  furchtbaren  Wirksamkeit 
auch  die  physische  Seite  des  Daseins  zerrüttet  hat  ').  AI* 
lein  nur  eine  Naturheobachtnng ,  welche  über  dem  Einsei* 
nen  das  Allgemeine  vergtfst,  kann  Stürme,  Gewitter  u.  dgl.  Er- 
aoheinnngen,  die  im  Zusammenhang  des  Ganzen  ihryiothwen- 
dige  Stelle  und  wohlthätige  Wirkung  haben,  als  Übel  und  Ab* 
normitSten  betrachten,  und  eine  Weltsnsloht,  welche  im  Ern- 
ste der  M^ung  ist,  vor  und  ohne  den  Sündenfall  wffrdees 
keine  Stürme  und  Gewitter ,  wie  andrerseits  keine  GIfc* 
pflanzen  und  reissende  Thiere,  gegeben  haben,   streift  — 


1)  bU>L  Comm.  1,  S.  237« 


ncmite«  KapiteK    f.  100.  177 

■an  welb  Jiieht,  toll  mun  äugen,  m  das  SehwInBeritdlio 
oder  an  da«  KindUcbe.  Wosa  aber,  wean  sieh  die  Sache 
aof  diese  Weise  nteht  fassen  Ififst,  bei  Jesa  eine  solche 
Macht  über  die  Natur?  Als  Mittel,  ihn  Glaaben  eb  erwe- 
cken, war  sie  unsureiehend  und  überflüssig ;  denn  einselne 
Clfiubige  fand  Jesus  auch  ohne  diese  Art  von  Macbtbewei* 
sen  ,  und  allgemeinen  Anhang  verschafften  ihm  auch  diese 
nicht.  Als  Bild  der  orsprünglichcn  Herrscbfift  des  Men» 
sehen  über  die  äussere  Natur,  su  deren  Wiedererlangung 
er  bestiuiBit  ist,  kann  sie  ebensowenig  betrachtet  wterden, 
denn  der  Werth  dieser  Herrschaft  besteht  eben  darin ,  dafs 
sie  eine  vermittelte,  durch  das  forfgesetEte  Nachdenken  und 
die  vereinigte  Anstrengung  von  Jahrhunderteii  der  Natur 
abgerungene,  nicht  aber  eine  unmittelbare,  magische  is^ 
welche  nur  ein  Wort  kostet.  So  ist  in  ficEUg  auf  den 
Theil  der  Natur,  von  v^eichem  hier  die  Rede  ist,  der 
Kompafs,  das  Dampfschiff,  eine  ungleich  wahrere  Verwirk- 
lichung der  Herrschaft  des  Menschen  Ober  dieselbe,  als 
die  Beschwichtigung  des  Meeres  durch  ein  blofses  Wort 
gewesen  wSre.  Die  Sache  hat  aber  noch  eine  ändere  Sei- 
te, indem  die  Herrschaft  des  Menschen  über  die  Natur 
nicht  blo(s  eine  in  sie  eingreifende,  praktische,  sondern 
auch  eine  immanente  oder  theoretische  ist ,  vermöge  wel- 
cher der  Mensch,  auch  wo  er  insserlich  der  Macht  des 
Elementes  unterliegt,  doch  innerlich  nicht  von  derselben 
besiegt  wird,  sondern  in  der  Überzeugung,  dafs  die  Na- 
tnrgewalt  nur  das  Natürliche  an  ihm  su  serstüren  vermö- 
ge, sich  in  der  Selbstgewifsheit  des  Geistes  über  den  mög- 
liehen Untergang  seiner  Natürlichkeit  emporhebt.  Diese 
geistige  Macht,  sagt  man,  bewies  Jesus,  indem  er  mitten 
Im  Sturme  ruhig  schlief,  und,  von  den  zagenden  Jüngern 
aofgeweökt,  ihnen  Muth  einsprach.  Da  jedoch,  wenn 
Math  bewiesen  werden  soll,  wirkliche  Gefahr  vorhanden 
sein  mufs,  für  Jesum  aber,  sofern  er  sieh  als  die  nnmit« 
telbare  Macht  über  die  Natar  wuCite ,  eine  solche  gar  nicht 
DtuUbmJem  V^Aufl.  II.  Band.  1^ 


17S  Zweiter   Abichnltt. 

vorhanden  wiir:  so  hätte  er  auch  von  AHner  theoretiechen 
Macht  keine  wahre  Probe  hier  abgelegt/'  i 

In  beiden  Hinsichten  hat  die  nfCfarliche  Erkiffrung  in 
der  fvaiigelischeh  Erzählung  nur  das  Denkbare  pnd  ^Wün- 
echenswehtbe  Jesn  sugeschrieben  finden  wollen,   nämlich 
einerseits  verständige  Beobachtung  des  Gangs  der   Witte- 
rung,  andererseits  hohen  Muth  bei  wirklicher  Gefahr   des 
Untergangs«     Das  6JtiTif.i^  to7(f  avifioig  soll  nur  in  einem 
'Sprechen   über  den   Sturm,  in  einigen  Ausrufungen  Ober 
seine  Heftigkeit ,  das  Stillegebieten  in  der  auf  Beobachtung 
gewisser  Zeichen  gegründeten  Voraussage  bestanden  haben, 
dafs  der  Sturm  sich  nun  wohl  bald'  legen  werde ,    and  der 
Zuspruch  an  die  Jünger  soll ,   wie  jener  bekannte  von  C/i- 
sar ,  nur  aus  dem  Vertrauen  hervorgegangen  sein ,  dafs  ein 
Mann,   auf  welchen  Tfi  der  Weltgeschichte  gerechnet  sei, 
nicht  so  leicht  durch   Zufülle  aus  seiner  Bahn  heraui$ge* 
worfeii  werde.    Däfs  hierauf  die  im  Sehiile  Befindlichen  die 
Stillung  des  Sturms  als  Wirkung  der  Worte  Jesu  angese* 
hen  haben,  beweise  nichts ,  da  ja  Jesus  ihre  Deutung  nir* 
gendi  billige  ,^).     Docb   auch  mirsbilligt  hat  er  sie  nich^ 
uneraebtet  er  den  Eindruck  wohl  bemerken  mufste,   wel- 
chen von  der  beeeichneten  Ansicht  ans  der  Erfolg  auf  die 
liOnte  gemacht  hatte;  er  müfste  also  absichtlich,  wie  Ven- 
TURim   wirklieh   annimmt,   ihre  hohe  Meinung  von  seiner 
Wundermacht  nicht   haben   stören  wollen,    um  sie  desto 
fester  an  sieh  su  knüpfen«     Noch  ganz  abgesehen  hievon 
alwr,  wie  sollte  die  natürlichen  Vorseichen  von  dem  Ende 
des  Sturmes  Jesus,   der  nie  einen  Beruf  auf  dem  See  ge- 
habt hatte,  besser  verstanden  haben,   als  ein~ Petrus,  Ja- 
kobns ,  Johannes ,   welche  von  Jugend  an  auf  demselben 
einheimisch  wären  ^)?   Endlich,  wie  konnte,   wenn  Mat- 

2)  so  Paui^üs,  exeg.  Hsndb.  I,  b,  S.  468  iE.  VEhTCuiKi,  ^,  S;.  166  ff. 
Kaissr,  bi)>l.  Iheol.  1,  S.  197.  Auch  Uas£,  $.  74,  findet 
diese  Ansicht  möglich«  , 

3)  iUsB,  a.  «.  O. 


Ifeantea  Kapitel.    $.  lOd.  )7g 

tfiAu,  swar  daiiMil«  n«*h  «lAt  in  dnc  OaMllMbafk  Jean, 
doeh  «hne  Zweifel  ^oa  dm  «brigt»  <l«ng«rQ  ala  Augen- 
Be«|gMi  den  llerg««f  TeiüMauiMi»  kmt,  ihm  tfieam  deat  bioa- 
aea  RxaMiniMa  Jean  «be»  dM  Weiter  4W  Sinn  einca  ini^ 
ttfifp  gageben  wenlm?       .       ,     ..       , 

£a  bleibt  «Im»  debwlt.  ao,  ivle  dla  SMiigelirtni  ••« 
den  Vorguig  eniUen,  »«aeen  wir.»  deBa«(be»  ein  Wei». 
der  erkennen;  dl«teK  nun  abervvoa  «xegetbeben  Ergeb- 
nUa  snin  wlrkUotien  F«etaai  mt  erbeben,  ,Wk  nach  4tm 
oben  Aaagefbbrteo ÜfaaMrM  aeliwer,  wonH»  gegen  den  hj. 
•toriacbe»  OMrebterderüivllblni^^eJji  Vewl#»bt  «rwichat. 
M«ber  Jedoch  Jifat  alob,  4««  «fettb«na  «o«.  Oninde  gelegt, 
g^gm  die  £rUblmig  bia.wir,Miite^on  V.  86.  niebta  ei», 
wenden,  sondern. «teanabttnot«  bei  seinen  «ftaran  Febrten 
•aC  dem  galJlAiacben  S<w  mb^eb  «InaiJ  geriebJafen  beben, 
•b  «in  »tum,  Miabmeb,  di«  44l»ger  bannten  Ibn  nit  Sohre- 
eb^.  «rmacb^  er  aber  miMg«nd  gefalat  daa  tri  dtdoi  ige, 
ohyömgot^  «n.  ibnen  getpnocben  beben.  Waa  dwfMi^wei- 
4ar  folgt,  4— äftUfif9.!9fi  4kcidaaij  t  srelebea  Marliae  wie- 
der nü  aeiner  bekannten  VorUebeftt»  aolehe  Maebtworto 
mH  den  «i^biieb  ^gtaea  Amdrtehen  Jean  naeh  gHechi- 
aajMr'Dbcnetmng.  (aiwTMt^  ntqUftuaal)  wiedergiebt,  der 
JKrfolf  and  dnt>  ülndrmb,  bannte  ii  der  Sag«  idnragefilgt 
wairden  kein«  .Omb  «in  eolehea  irurtfifn  t^  ^aXdevr)  Jean 
a^gfMUobtet  werden  bannt*.,  dawl  big  die  VeMniaaanng  in 
A*  T.  Uim'.wird.in  p««tiaebett  Dnratelinngan.dea  Onreb- 
grtngn  dbr  ImnS^^  ^wre^d««  rothe  ,||e«ii  J^bova  al«  derw 
Jeoig«  beutebne*,"  wekber  ^nifir^ße  t^  »(wtfp?  »aläam] 
(P*  IM,  «.  LJ[X.<vgl.  Nahna  1,  4.),  dät»  aie  raräebwei- 
«iMaeeUiek-  Ae  mui  daa  Weehaeag  dieeer  ZnrtIcbwcJanng 
dai  r«liien.Meer8  Jloae4  geweaen  war  (S  Ho«.  14,  IA.9I.H 
an  Jag  ea  naba^  «Blaa«  groAen HacbMgc»^  d«m,M«aai)«a» 
eine  «hnliehe  Fnnetlon  Bnanaehrriben ,  wl«  denn  wirklich 
naeb  rabbinlaehen  Stellen-  In  der,  weaalaniaehen  Zelt  ein 
Ihnliebea  Anströcknen  dea  Heerea,  von  Gott  —  ohne  Zwd- 


180  Zweiter  Abtchnlti 

fei  darch  den  Mesflla«  —  bewirkt ,   erwartet  worde  j   wie 
einst  Mose«  eine^Jierbei^eilllir    hatte  ^}.    Dafs  Jesu  hier 
stuft   des  Aostrooknens   nur  ein  Stillen  des   Meers  Eoge* 
aehrieben  wird ,  erkllrt  sich ,  wenn  »an  den  Sturm  and 
die  dsliei  ron   Jesa   bewiesene  Fassnnf|r  historlseh  ntmmt, 
eben  ans  dem   Anknöpfen   den   MytlHsehen  all  diese  ge- 
sehichtliche  Orondlage,  wo  ein  Anstroeknen  des  Sees^  da 
sie  Ja  Btt  Schiffs»  waren  j  nicht  an  «der  Stelle  gewesen  wire. 
Immerhin  indefs  ist  es  ohne    sicheres  Beispiel,   ond 
anch  an  sich  nnwahrscheintich ,   dafit  anf  den  Summ  elnea 
wirklichen  Vorfalls  ein  mythischer  Znsats  in  der  Art  ge- 
pfropft worden  wIre ,  dafs  Jener  tdtttg  nnferilndert  blieb* 
Und  £in  Zug  Ist  schon'  in  Jenem  bisher  als  histortch  vor- 
ausgesetsten  Stttcke,  weleher,  nAher  angesehen,  steh  dock 
eher  dafttr  giebt,  in   der  Sage  gedichtet,    als  wirklich  so 
Torgefallen  m  sein.    Diifs  nimlich  Jesus  vor  dem  Ans* 
bmche  des  Sturmes  elnschKef ,    und  auch  als  er  ausbrach, 
nicht  sogleich  erwachte,  das  war  nicht  seine  That,  son» 
dem  Zufall ;  eben  dle^r  Zofiill  aber  ist  es ,  welcher  der 
gancen  Scene  erst  ihre  rolle  Bedeatong  gtebt}    denn  der 
im  Sturme  schlafende  Jesus  Ist  durch  den  Constrast ,    wel« 
eher  darin  Hegt,  ein  nieht  minder  sinnvelles  Bild,  als  der 
nach  so  rielen  StürsMn  im  Schlaf  an  der  heimischen  Intel 
landende  Odysseos«     Dn(k  nun  Jeans  wirkHeh  bel'm  Ana> 
brach  eines  Sturms  geschlafen  j  kann  «war  ihm  Ungefthr 
In  Einem  Falle  onter  aehn  gesobeheh  sdn:   aoeh  in. dem 
neun  Fällen  aber,  wo  es  nteiit  geschehen  war,  sondern  Je- 
sus nur  Oberhaupt  Im  Scanne  gefafiit  und  matbig  sieh  neig 
te,  wOrde,  glaube  ich,  die  Sage  Ihren  Vorthell  so  wek  eer- 
Stande«  haben ,  dafs  sie  den  Gontrast  der  Seelenrabe  Jeaü 
mit  dem  Toben  der  Elemente ,    wie  er  sieh  filr  den  ti«* 
danken  in  den  Worten  Jesa   aosdrickte ,  so  Ar  die  Aa* 
schauung  in  das  Bild  dea  im  Schiffs  (oder  wie  Markoa 


4)  i.  Bind  1,  8.  73,  Aim«t4L 


NoBiite«  Kapitel,    f.  IM.  181 

m^  %  a«r  ümm  Kbien  fan  |U«terthMl  dm  SdiUEi)  »Mm- 
lenden  Jesna  susammefifanite«  Wenn  sot^  waa  in  £lneia 
Falle  vielleicht  aicb  widLlIab  ereignet  bat  ^  1a  iia«n  FAllen 
fen  der  Sage  predaeirt  werden  oMifttai  $o  iat*deeh  wohl 
wahriohdlnUeber,  dala  wir  hier  einen  dieaer  nenn,  ala 
daCi  wir  jenen  Elisen  Fall  vor  ona  haben.  BBebe  auf  di»- 
ae  Weise  als  biatoriaohe  Grondiage  niebts  BKtbr  flbrig,  rU 
dftia  Jeaua  im  Gegentatae  an  tebenden  Bleareawellen  den 
ttlaubenamuth  seiner  Jünger  in  Anspruch  genonunen ,  sa 
araCi  er  dieCi  nicht  fsrade  aaltten  in  eineai  Seesturm  eder 
llberbanpt  snr  See  gethan  b^ben,  sondern^  so  got.tr  bild- 
lich sagen  konnte  i  wenn  ihr  Glaubea  habt  nuw  eines  Senf- 
liorna  grofii,  so  seid  Ihr  i/ß  Stande  ^  an  dieaeai  Berge  an 
lyrechen ;  bebe  dich  weg  und  wirf  dich  in's  Meer  (Matttu 
Sli  ii.}>  oder  an  diesem  Banme;  entwunde  dich  und  i^aoi* 
ne  dieh  in  den  Ueeresgrond  (Lue.  J7>  6.),  and  beidea  nrft 
£rfolg  (xal  vTTi/xaasy  o^  Vf^ii^f  ^oc.):  $o  konnte  ancb|  sei 
es  er  sich  dea  Bildes  bedienen ,  od^ir  die  Sage  ea  ihm  nactto* 
bildend  leiben ,  dfUa  iemfeaigen,  der  Glauben  habe ,  Wind 
mad  Wellen  auf  daa  Wort  geborsi^m  seien  (ßti.  xcd  tcSg 
at'ifiOig  imxioOH  xoi  t^ndgr^j  h^I  vnfxxmow  owTcj!  (Luc.>. 
Bringen  wir  nnn.noph.in  Reehou^g,  was  auch  Olshausk« 
bemerkt,  nnd  SeniiKCKKiiBiimQia  belegt,  bat  ^),  ^ais  der 
Kampf  des  Gottesreieha  mit  der  Welt  in  der  ersten  chrisl*» 
liehen  Zeit  gwne  ndt  einer  Fahrt  durch  einen  stiirauscheo 
Ooean  verglichen  wurde:  so  sieht  man,  wie  leicht  die  Sa>r 
ge  dann  kommen  konnte »  ans  der  Parallele  mk  Moses,  aua 
Ansaerungen  Jesu ,  und  aua  der  Vorstellung  von  ihm  als 
demjenigen,  welcher  das  SobifiElein  des  Gottesreichs  ditr«h 
die  empörten  Wogen  des  uoofiog  sicher  hindurchstenert^ 
eine  solche  Ersftblung  ansammenausetien^  Oder,  abgese^ 
bau  hieven,  die  Sache  nur  allgemeiii  vom  Begriff  einet 


$}  vgt    SAUim»,  ibcf  die  Qoelltn  de«  Markm,  S.  92^ 

I)  über  dsA  Ursprung  u.  a.  f.    S.  68  L  i|/ 


182  Zweiter    AbschnitL 

Wondertbfiters  «äs  betrachtet,  findet  man  b«  B.  «neb  ei- 
nem Pythiigöms  ftkiiUehe  Mftoht  Ober  Sturm  und  Unwetter 
«ogeechHefien  ^>« 

'Vfef'wfck^lter  eis  dfese  erste  hrt  die  andere  Secf-Anek- 
dot^ ,  '  Hi'lil^be  dem>  Lilfcan  fehlt,  dagegen  ai>er  neben 
flhitth.  14  ,^ft  #.  und  Marc.  6,  45  ff  sich  aoch  bei  Jo- 
hani^  ^9  16^ ff.,  findet,  wo  der  Stumi  die  tn  der  Naeht 
silieln  sehiffi^to  Jfüngär  überftllt,  nnd  sofort  Jesus,  über 
den  Sflie  däh«rwandeind,  ta  ihrer  Rettung  erscheint.  Weh- 
rend aeeh  hier  mit  Jesu*  Eintritt  in  d^s  Schiff  wunderbar 
rer  Wioise  der  Sturm  ^ch  legt ,'  bildet  doch  den  e{gentll«> 
eben  Kji6ten  der  ErsüMung  dicA ,  daTs  in  derselben  der 
Leib  Jesu  :ron  einem  (iesetse,  welches  sonst  ausnahmslos 
aHe  mensdilichen  Leiber  in  seinen  Banden  hfilt.  Von  dem 
Clesets'der  Schwere,  so  sehr  ausgenommen  erscheint,  da& 
er  im  Wasser  nicht  nur  nicht  unter«,  sondern  selbst  nichi 
<^slnkt ,  vlelmehi^  fiber  dl^  Wellen  wie  Itber  festen  Boden 
st6h  cimporhftlt.  Da  mCirste  man  sich  den  Leib  Jesu  in  ir- 
gend einer  Arl  als  eihen  Itherischen  Scheinkdrper  deniieii, 
wie  die  ÜokeUb  thatein , .  leine  VorsreUuHg*,  welche ,  wid 
¥on  den  Kirchenrftti^  lils  eine  trtieligi^tee,  so  von  uns  als 
eine  abenteuarltohe  snrOekgewiesen  werden  mufs.  Zwar 
sagt*  Olsuaüsbh,  an  einer  höheren  LeibÜchfceit,  geschwiln- 
gert  otit  Kräften  e^ner  höheren  Welt,  dürfe  eine  sotehe 
fir^chelnujig  nicht  befremden  ^')i  doch  das  sind  Worte,  mit 
welchen  sich  kein  ^esdluaiter  Gedanke  verbindet.  Wenn 
mau  die  den  Leib  verklfirende  und  vollendende  Tliiitlgkeli 
des  Geistes  Jete,  statt  Me  als  eine  soMie  su  fassen,  wdche 


7)  Nach  Jamblich,  vit»  Pyth.  135,  ed.  Kisisuiie,  wurden  vea 
Pythsgoras  erzählt  aviifimv  fitaUtr  ^tdaiiir  t«  x^aeu^  ntt^vrCxa 

■  n^of   fvfiaq^  T<7r   halqta¥   diäßwuY.    Vgl.  Porphyr.  ▼.  P.  29. 
dert.  Ausg. 

8)  M.  a.  O.  S.  491. 


Kemites   Kapitel,    f.  100.  ]S3 

feinen  Lel|i  den  psjchischen  Geget^n  der  Lnst  nnd  Sinn- 
licltkeit  imiiiei'  vollständiger  entnahm,  rielmelir  ao  Ter^teht^ 
dafd  derselbe  durch  sie  den  physischen  Ciesetsen  der  Schwe- 
re enthoben  worden  sei:  »ölst  dicf«  ein  MaterialiamoayToa 
welehemi  wie  oben  ^  schwer  sn  entscheiden  ist,  obiDaniha 
mehr  phantastisch  nennen  soll  oder  Lindisch.  Ein  Jesos^ 
der  im  Wasser  nicht  einsfinke,  wlire  ein  Gespenst,  nnd 
die  Jünger  in  unserer  Erzählung  hätten  ihn  nicht  mit  Un- 
recht dafür  gehalten«  Auch  daran  müssen  wir  uns  erin- 
nern, dafs  bei  seiner  Taufe  im  Jordan  Jesus  diese  fegen- 
•cfiaft  nicht  Eeigte,  sondern  ordentlich  wie  ein  anderer 
Mensch  untertauchte.  Hatte  er  nun  auch  damals  schon  die 
Fahigkeitj  sich  ober  der  Wasserfläche  eu  halten,  und  wollte 
sie  nur  nicht  gebrauchen  t  und  war  es  also  ein  Act  seinef 
Willens,  sich  schwer  oder  leicht  zu  machen?  oder  aber: 
wie  Olshausen  vielleicht  sagen  würde,  war  ^r  cur  Zeil 
seiner  Taufe  im  Procefs  der  Läuterung  seines  Körper«  noch 
nicht  so  weit  gekommen ,  dafs  ihn  das  Wasser  frei  getra- 
gen hätte,  sondern  soweit  hätte  er  fs  erst  später  gebracht? 
—  Fragen ,  die  wir  nur  machen ,  um  einen  Blick  in  den 
Abgrund  von  Ungereimtheiten  sn  er^ffnenj^  in  welche  man 
sich  i>ei  der  supranaturaÜbtiscben  Deutung  dieser  Ersäh- 
lung  verwickelt. 

Sie  SB  vermeiden,  hat  die  natürliche  Erklärung  man« 
eherlei  Wendungen  genommen.  Am  kühnsten  hat  Paulus 
geradesu  behauptet,  es  stehe  gar  nicht  im  Texte,  dafs  Je- 
sus auf  dem  Meere  gegangen,  das  Wunder  in  dieser  .Stelle 
sei  lediglich  ein  philologisches ,  indem  das  fceQiTSazeiv  inl 
t^g  &aXaaaf]g  nur,  wie  2 Mos.  14,2,  das  gQccTomdevaiv  ml 
tfg  9ala0ar}g  ein  Ladern,  so  ein  Wandeln  über  dem  Meere 
d.  h.  am  erhabenen  Ufer  desselben ,  bedeute  ^).  Der  Be- 
dentong  der  einseinen  Worte  nach  ist  diese  Erklärung  mög- 


9)  Paüivs,  MemorabiHcn,  6.  SlUck,  No.  V.j    cxcg.  Hindb.  2» 
S.  238  ff. 


184  Zweiter  Abiohnitl. 

Üch:   Ihre  wirkliolie  Anwendbarkeit  aber  «aCi  aieh  erat 
aus  dem  Zotammenhang  ergeben.    Dieser  nun  lft(tt  die  Jin- 
ger  25—30  Städten  weit  gefahren  sein  (Job.)  oder  ralttea 
im  See  sich  befinden  (Matth.  u.  Marko?  «nd  nan  helfat  es, 
Jesus  sei  auf. sie  eu«,  und  zwar  so  nahe,  da(s  er  mit  ih« 
nen  sprechen  konnte,  an  das  Schiff  herangekommen,  tibqi^ 
nccrwp  inl  %ijs  »aXaaaf>g—\9\e  konnte  er  diefs,   wenn  er 
am  Ufer  blieb?    Dieser  Instana  ansauweichen ,  vermuthet 
PAums ,    die  Jünger  seien  in  der  stfirmisohen  Nacht  wohl 
nur  am  Ufer  hingefahren:   was  dem  h  (liaif  Tr^g  ^akia-^ 
ürjg^  wenn  es  auch   allerdings   nicht  mathematisch  genau, 
sondern  nach  popnlürer  Redewelse  an  nehmen  isl^,  cu  ent- 
schieden  widerspricht,   um  in  weitere  Rücksicht  kommen 
Bu  können.    Ttfdtlich  aber  verletst  sich  diese  Anffassungs- 
welse  an  der  Stelle,    wo   Matth&us  auch  ron  Petrus  sagt, 
dafs  er  xaraßag  anu  %h  nXols  neotenarj^Bv  inl  to  vdccta 
Cf.  39.)«  was,  da  unmittelbar  darauf  von  xoTaTVOftl^ea^hn 
die  Rede  Ist ,  doch  wohl  kein  Wandeln  am  Dfer  sein  kann, 
und  wenn  dieses  nicht,   dann  auch  nicht  das  wesentlich 
ebenso  beseichnete  Wandeln  Jesu  ■^). 

Aber,  wenn  Petrus  bei  seinem  neQinceTiiv  inl  ta  vdccut 
SU  sinken  anfieng,  könnte  da  nicht  bei  Ihm  sowohl  als  bei 
Jesus  an  ein  Schwimmen  auf  dem  See  oder  an  ein  Watea 
durch  seine  Untiefen  su  denken  sein!  Beide  Anslcbte« 
sind  wirklich  aufgestellt  worden  ^i).  Allein  das  Waten 
mOfste  durch  7ii\U7toatlv  dia  f.  &.  ausgedrückt,  um  das 
Schwimmen  cu  beselchnen  aber  doch  irgend  dpmal  in  dea 
parallelen  Stellen  der  uneigentliche  Ausdruck  mit  dem  ei- 
gentlichen vertauscht  sein;  i^bgesehen  davon,  dals  85 —  M 
Stadien  im  Sturm  sn  schwimmen,  oder  bis  gegen  die  Mitte 


iO)  Gogea  die  h'dchtt  gewaltsame  Auskunft ,   welche  hier  Pav&o> 

traf»   a.  Storh,   Opuac,  acad.  3^  p.  4^88. 
li)  Jcno  von  BocTBify   Bericht  des  Matthäus  z.  d.  St.,   dicio  ^ 

Us.MCs's  neuem  Msgaxia,  6,  2)  S*  W  S. 


Nenntet  KepUeL    S«  100.  1S3 

des  gewICi  nieht  «o  weit  hinein  selchten  Sees  sn  waten, 
beides  gleich  unmöglich  sein  muffte,  ferner  ein  Schwim- 
mender nicht  leicht  fillr  ein  Gespenst  gehalten  werden  konn- 
te, und  endlich  die  Bitte  des  Petrus  um  besondere  Erlaob- 
nifs,  es  Jesu  nacheuthun,  und  dab  er  wegen  Mangels  an 
Glauben  es  nicht  vermochte,  anf  etwas  ÜbernatOrilches 
hinweist  « *-)• 

Da  Räsonnement,  worauf  auch  hier  die  natOrliche  Ansl»t 
gnngsweise  beruht,  hat  bei  dieser  Gelegenheit  Paulus  in 
einer  Weise  ausgesprochen,  an  welcher  der  anm  Grunde 
liegende  Irrthum  besonders  glücklich  In  die  Augen  füllt. 
Die  Frage,  sagt  er,  bleibe  in  solchen  Ffillen  immer  die, 
ob  die  Möglichkeit  eines  nicht  ganz  genauen  Ausdrucks  ?on 
Selten  der  Schriftsteiler,  oder  eine  Abweichung  vom  Na- 
tnrlauf  das  Wahrscheinlichere  sei?  Man  sieht,  wie  falsch 
das  Dilemma  gestellt  Ist,  da  es  vielmehr  nur  beiden  sollte, 
ob  es  wahrscheinlicher  sei,  dals  der  Verfasser  sich  unge« 
nan  (vielmehr  widersinnig)  ausgedfOckt,  oder  dafs  er  eine 
Abweichung  vom  Natnrlauf  habe  ersXhlen  wollen;  denn 
nur  von  dem,  was  er  geben  will,  ist  cunXchst  die  RedeT 
was  wirklich  cum  Grund  gelegen,  das  ist,  selbst  nach  dem 
immerwährenden  PAüLUs'schen  Reden  von  Unterscheidung 
des  ürtheils  vom  Factum,  eine  gana  andere  Frage.  Dai** 
aus,  dafs  unserer  Ansicht  cufolge  eine  Abweichung  vom 
Natturlaufe  nicht  vorgekommen  sein  kann,  folgt  keineswegs, 
dafs  ein  Ersfihier  aus  der  christlichen  Drseit  eine  solche 
nicht  annehmen  und  berichten  konnte  <'):  um  also  das 
Wunderbare  aus  dem  Wege  sn  rXumen ,  dflrfen  wir  es 
nielit  aus  dem  Bericht  hinaus  erklfiren ,  sondern  das  mOssen 
wir  versuchen  ,  ob  nicht  der  Bericht  selbst  gana  oder  cum 
Theil  aus  dem  Kreise  des  Geschichtlichen  ansauschlielsen 
Ist    Und  In  dieser  Hinsicht  hat  nun  suvOrderst  Jede  nnsrer 


12)  v^K  Txxjhvn  und  FniTiacMS  z.  d.  St. 

13)  I.  die  ircffUci»;  StvUc  bei  FjutxiquS)  C<mm.  Uk  Msttb.  p*  9W« 


186  Zweiter  Abtchniti. 

drei  ReUttonen  eigen th II mliohe  Züge,  die  in  biitorischer 
Hinsicht  rerdrichti^  sind. 

Am  aoffailpnd^ten  sticht  ein  solcher  Zag  bei  Markus 
herror,  wenn  er  V.  48.  von  Jpsa  sogt,  er  sei  iiiif  dem 
Meer  gegen  die  JOnger  dah<»rgekommen,  xal  ijd^eXf.  naQeXd^tiv 
aving,  nur  ihr  angstvolles  Rufen  habe  ihn  vermocht,  von  ihnep 

^  Notis  EU  nehmen.  Mit  Reicht  deutet  Fritzschb  diese  Stelle 
90f  dafs  Markus  dadurch  anseigen  wolle,  Jesu^  habe  im 
Sinne  gehabt,,  durch  göttliche  Kraft  unterstötzt,  über  den 
gansenSee,  wie  Ober  festen  Boden,  hinflbersagehen. .  Aber 
mit  eben  so  vielem  Rechte  fragt  Paulus  :  hfitte  etwas  rwcck- 
hserj  abenteuerlicher  sein  können,  als  ein  so  seltsames 
Wunder  cu  thun,  ohne  dafs-  es  gesehen  werden  sollte? 
Nur  dafs  man  dePs wegen  nicht  mit  diesem  Ausleger  den 
Worten  des  Markus  den  natflriichen  Sinn  geben  darf,  als 
hiftte  Jesus  die  in  der  Nfihe  des  Dfers  Schiffenden  bu  Lande 
vorübergehen  wollen,  snmal  die  wunderhafte  Deutung  der 
Stelle  dem  Geist  nnsres  Schriftstellers  vollkommen  ange* 
messen  ist.  Nicht  cufrieden  mit  der  Darstellung  seines  Ge- 
währsmanns ,  dafs  Jesus  mit  besondrer  Rücksicht  auf  die 
JOiiger  diefsmal  einen  so  ausserordentlichen  Weg  gemacht 
habe,  giebt  er  durch  jeneq  Zusate  der  Sache  die  Wendung, 
als  wfire  Jesu  ein  solches  Gehen  auf  dem  Wasser  so  na- 
tflrlich  und  gewöhnlich  gewesen,  dafs  er  auch  ohne  Rück- 
sicht auf  die  JOnger,  wo  ihm  ein  Wasser  im  Wege  la^ 
seine  Strafse  über  dasselbe  so  unbedenklich,  wie  fiber  fe- 
stes Land,  nahm«  Dafs  nnn  ein  solches  Gehen  bei  Jesu  ha- 
bituell gewesen,  dlels  würde  am  entschiedensten  eine  Ols- 
HAUSEN*scben  Leibesverkiftrnng,  mithin  das  Undenkbare,  vor- 
aussetsen,  wodurch  sied  dieser  Zug  als  einer  der  stfirk- 
sten  von  Jenen  cn  erkennen  giebt,  dnrch.welchedas  eweite 
Evangelium  sich  hin  und  wieder  der  lyokryphischen  Über- 
treibung nähert  '^). 


14)  Des  Markus  Neigung  zum  übertreiben  zeigt  sich  auch  in  der 


Heantes  KapIteL    f.  100.  187 

Aof  andre  Weite  findet  sieh  bei  Mattblu  das  Won- 
derbare dea  7orgaiig0,  nicht  sowohl  gesteigert,  als  verviet- 
fkitigt.  Indem  er  ausser  Jesu  auch  den  Petriia  einen,  wi^ 
wohl  nicht  ganz  gut  abgelaufenen  ^  Tersnch  Im  Gehen  aof 
dem  Meere  machen  lüfät.  Diesen  Zog  macht  attsser  dem 
Stillschweigen  der  beiden  Correferenten  Auch  seine  eigne 
Nator  verdächtig.  Aof  das  Wort  Jeso  hin  und  dorcb  sei- 
nen anfKnglichen  Glaoben  vermag  Petros  wirklich  eine 
Zeit  lang  auf  dem  Wasser  eu  gehen ,  und  erst  als  Furcht 
and  Kleingläubigkeit  ihn  ergreift,  fängt  er  onterausinken 
an.  Wasr' Sollen  v^ir  nun  hieVon  denken?  Vermochte  J^ 
tos  mittelst  eines  verklärten  Leibes  auf  dem  Wasser  su  ge* 
Ken:  wie  konnte  er  dem  Petrus,  der  eines  solchen  K6^ 
per«  sich  nicht  erfreute,  cusprechen^  ein  Gleiches  co  thun  ? 
oder  wenn  er  durch  ein  blofses  :Wort  den  Leib  dea  Petros 
vom  Gesetz  der  Schwere  dispensireii  konnte,  Ist  er  dann 
noch  ein  Blensdi?  and  vvenn  ein  Gott,  wird  dieser  auf 
den  Eirtfall'  eines  Menschen  hin  so  spielend  Naturgesetse 
eessiren  lassen?  oder  endlich,  soll  der  Glaube  die  Kraft 
haben,  aogenblicktich  den  Körper  des  Gläobigen  leichter 
so  machen  ?  Der  Glaube  hat  freilich  eine  solche  Kraft,  näm- 
lich in  der  kaum  erwähnten  bildlichen  Rede  Jesu,  nach  wel- 
cher der  Gläubige  Berge  und  Bäume  in'sMeer  su  versetisen,  — 
ond  warom  nicht  auch  selbst  auf  dem  Meere  eu  wandeln  ?  — 
im  Stande  ist.  Und  daß  nun,  sobald  der  Glaube  weiche,  ffU(/h 
das  Gelingen  aufhöre,  dlefs  konnte  in  keinem  der  cwei  et- 
steren  Bilder  so  geschickt  dargestellt  werden ,  wie  In  dem 
letaten  durch  die  Wendnng :  so  lange  einer  Glauben  babe^ 
vermöge  er  ongefiibrdet  aof  dem  wogenden  Meere  einher- 
toschreiten^  sobald  er  aber  Zweifeln  Raom  gebe^  sinke  er 


Scblttssformel,  V.  51  (vgl.  7,  37):  wA  llar  I«  n9^»0c9  Iv 
iavTol$  ii^arro  tut\  i^mi^afor^  worin  man  doch  nicht  mif 
Paulus  (2,  S.  266.)  eine  Mistbillfgung  des  unvcrkältnittmät- 
ti^en  Eritauneat  wird  iindea  wollen. 


188  Zweiter    Abtehditt. 

iinfer^  wenn  nicht  Chrittns .  helfend  ihm  die  Hand  reiche. 
DtkB  also  werden  die  Grendgedanken  der  ?on  Mattbäua  ein- 
geschobenen Ersählnng  «ein,  dafii  Petms  auf  die  Festiglteit 
seines  Gianbens  sn  viel  rertraut  habe,  durch  das  pUfsliche 
Schwachwerden  desselben  in  grofse  Gefahr  geliommen, 
aber  durch  Jesus  gerettet  worden  sei;  ein  Gedaniiei  wel- 
cher sich  Luc*  22,  91  f.  wirUich  ausgesprochen  findet, 
wenn  Jesus  au  Simon  sagt :  o  acnarag  i^fjz^aaTO  iftdg  ti 
0iviSaai  (is  %ov  alzor  iyai  di  idei^O^tjv  fu^l  o5 ,  IVa  ft^ 
ixJLeljif]  ];  nlgig  an.  Diefs  sagt  Jesus  dem  Petrus  mit  Be- 
sug  auf  seine  l>e?orstehende  Verläugnung :  diese  war  der 
Fall,  wo  sein  Glaube,  kraft  dessen  er  sich  so  eben  noch 
erboten  hatte,  mit  Jesu  xal  hq  (pvlcocrjv  xcd  elg  9cn*€aov 
noQ€V€Q9uh  wanicend  wurde,  wenn  nicht  der  Herr  durch 
seine  Fürbitte  ihm  neue  St&rlie  verschafft  bitte.  Nehmen 
wir  daeu  die  schon  erwähnte  Neigung  der  ersten  christli- 
ohen  Zeit,  die  den  Christen  anfechtende  Welt  unter  den 
Milde  eines  wilden  Meeres  darzustellen:  so  werden  wir 
nicht  umhin  litfnnen,  mit  einem  der  neuesten  Kritii&er  in 
dem  sich  muthig  sum  Geben  auf  dem  Meer  anschicIiendeB, 
bald  Jedoch  iKleinmütbig  untersinkenden,  aber  Ton  Jesu 
eiiaiporgehaltenen  Petrus  eine  in  der  Sage  gebildete  allego- 
risch -  mythische  Darstellung  Jener  Glaubensprobe  su  fin- 
den,  welche  der  so  stark  sich  dankende  Jflnger  so  schwach 
bestanden,  und  nur  durch  höheren  Beistand  glAcklich  filier- 
standen hat  '^)« 

Doch  auch  der  Relation  des  rierten  Evangeliums  fehlt 
es  nicht  an  einigen  eigenthfimlichen  Zfigen,  die  eioeii  un- 
liistorischen  Charakter  verrathen.  Von  Jeher  hat  es  den 
Harmoniiten  Krens  gemacht,  dafs  nach  Matthlius  und  Mar- 
kus das  Schiff  erst  ungefähr  in  der  Mitte  des  Sees  sieh 
befand,  als  Jesus  demselben  begegnete:  nach  Johannes  aber 
bald  vollends  das  jenseitige  Ufer  erreicht  gehabt  habei^  soll  { 


15}  S€ttKaq«s«9S6sa,  iUicr  den  Urapruag  ii4  ••  f.    Sk  §8  C« 


Neant^s  Kapitel,    f.  1Ü0.  1S9 

ihfii  imch  lenen  Jemii  wirklieh  noeh  In  f)«s  Sehlff  «tief 5 . 
«tid  damaf  der  Sturm  sich  legte :  nach  Johannes  dagegen 
iRe  Jünger  ihn  «war  in  das  Schiff  nehmen  sollten,  die 
wirkliche  Aafnahme  aber  durch  das  sogleich  erfolgte  An- 
landen überflüssig  gemacht  worde.  Zwar  fand  man  aneh 
hier  Aasgleichongen  in  Menge:  das  co  Xaßtiv  gesetste  r^^^* 
lov  sollte  bald  abandiren ,  bald ,  wie  wenn  es  id'Hovtes 
daßüv  hiefse,  die  freudige  Aufnahme  beseichnen,  bald  nnr 
den  ersten  Eindruck  beschreiben ,  welchen  das  Erkennen 
Jeau  auf  die  Jünger  g^aiaeht  habe,  wobei  die  spffter  wirk« 
Keh  erfolgte  Aufnahme  in  das  Schiff  rerschwiegen  sei*^). 
Doch  cn  einer  solchen  Deutung  liegt  der  einsige  Anlafs  in 
der  unbefugten  Verglelchung  der  Synoptiker:  in  der  Er* 
«Ihlang  des  Johannes  fOr  sich  liej/it  nicht  nur  kein  Grund 
dafür,  sondern  ein  entschiedener  dagegen«  Denn  der  hin* 
Bugefittgte  Sata:  tvO^itüg  to  nloiov  iyivero  ini  t?^g  y^p,  sig 
i^t  vnr^yWy  wenn  er  auch  nicht  durch  dtj  sondern  durch 
xoi  angeknüpft  ist,  kann  doch  nur  adversatiir  in  dem  Sinn 
genommen  werden,  dafs  es  aur  wirklichen  Aufnsihme  Jesu  in 
das  Schiff  unerachtet  der  Bereitwilligkeit  der  Jünger  doch 
»ichl  gekommen  sei,  weil  sie  sich  bereits  am  Ufer  befunden 
imben.  In  Betracht  dieser  Dlfferens  hat  Chrysostomus  swel 
Teraehledene  GXnge  Jesu  auf  dem  Meer  angenommen ,  und 
wenn  er  sagt,  bei  dem  eweiten  Falle,  den  Johannes  erisäh* 
le,  ael  Jesus  niclit  in  das  Sjphiff  gestiegen,  Xva  TO^avfta 
pH^ar  iQYaarjrai  *^j:  to  werden  wir  diese  Absicht  auf 
den  Evangelisten  übertragend  sagen,  wenn  Markus  das 
Wunder  dadurch  vergrüssert  habe,  dafs  er  Jesu  die  Ab* 
sieht,  an  den  Jüngern  rorbei  über  den  ganaen  See  hinüber^ 
iuwandeln,  unterlegte:  so  gehe  Johannes  noch  weiter,- im 
dem  er  ihn  diese  Absicht  wirklich  ausführen,  und  ohne 
Aufiaahme  in  das  Schiff  bis  an  das  jenseitige  IJier  gelaiH 


16)  t.  bei  LCcNS  und  TaoLüca» 

17)  Beaüi.  in  Josna.  43: 


t90  Zweiter  Abschnitt 

gen  laise.  —  Doch  nicht  nnr  sn  TergrS^flem,  sondern  «ncli 
fester  so  begrfinden  ond  bu  constatiren  hat  der  vierte  Evan« 
gelist  das  vorliegende   Wunder  gesucht.    Nach  den  Syn- 
optikern sind  die   eineigen  Gev^fthrsfnftnner  desselben    €Ue> 
Jdnger,   weiche  Jesum  auf  dem. Meere  daherschreiten  mm^ 
hen:  Johannes  fügt  jsu  diesen  wenigen  unmittelbaren  Ge» 
wfthrsmiinnern   eine  Masse  von  mittelbaren  hinsu,    nä«« 
lieh  das   Volk,   das  bei  der  Speisung  versammelt  geweaeü 
war»    Dieses  nürolich,   wie   es  am  andern  Morgen  Jesua 
nicht  mehr  an  Ort  und  Stelle  findet,  berechnet  nach  iksK^ 
1)  cu  Schiff  könne  Jesus  nicht  dbes  den  See  gekommen  aeliiy 
denn  a)  das  Fahrzeug  der  Jünger  habe  er  nicht  mitbestia* 
gen  (V.  22.)9  i)  ein  anderes  Fahnseug,  sei  nicht  dagewesea 
(ebendas.);  .dafs  er  aber  .2)  auch  nicht  isu  Land  hinOber- 
gekommen  sei,  ist  darin  enthalten,  dafs  das  Volk,  als  es 
sofort  über  den  See  fiihrt,  ihn  bereits  am  Jenseitigen  Ufer 
findet  (V.  25.),    wohin  er  su  Lande  in  d^v  kursen  Zwi^ 
schenseit  schwerlich   gelangen,  konnte^    So   bleibt  in  der 
Darstellung  des  vierten  Evangeliums,  indem  alle  natürlichen 
Wege    des  Uinüberkommens  Jesu  abgeschnitten   werden^ 
nur  ein  übernatürlicher  Qbrigi  und  diese  Folgerung  ist  von 
der  Menge  in  der.  verwunderten  Fr#ge.  wirklich  geaogent 
welche  sie  an  Jesum,  als  si^  ihn  am  jenseitigen  Ufer  fin» 
det,  macht:  note  wde  yiyov^g;.  Da  diese  gaujse  Confrole  des 
wunderbaren  Übergangs  Jesu  an  der  schnellen  Überfahrt 
der  Menge  hffngt;  so  beeilt  sich  der  Evangelist,*  Enm  Be» 
huf  von  dieser  äXla  nXotaQia  herbeiauschaffen  (V.  29.> 
Hun   Ut  die  überfahrende  Menge  (V.  22.  20  £).  als  dieje- 
nige bexeiehnet,   welche  Jesus  wunderbar  gesjiai^t  hfittei 
und  diese   belief  sich   (nach  V.   lOO'  auf  5m0  Men^hen, 
Wenn  von  diesen  auch  nur  ^,  Ja  nur^^V  Itiv^^berfulMr^  4f 
bedurfte  es  hiesu,  nach  der  richtigen  Bemerkung  der  ProN 
babilien,  einer  gansen  Flotte  von  &fchi|Pen,  ;iamentlieh  wenn 
mail  an  Fischernacben  denkt;  nimmt  man  aber  Fracbtachi^ 
an,  so  werden  dies»  nicht  g«rade  alle  die  Richtung  iiaeli 


Nenntet  Kapitel.    %  100.  101 

KApernaum  gehabt  y  oder  dem  Begehren  des  Volks  snlidb, 
ibre  ur^prUu^licIie  Richtung  ab^eüiidert  haben«  Es  »cheuit 
abo  diese  gMuiee  Volksüberiahrt  nur  gemaclit  sa  sein'*)^ 
theild  am  das  Wandeln  Jesa  auf  dem  Meer  dorcti  eine 
Controle  bu  bestätigen,  cheils,  wie  Hir  später  noch  sehe« 
iverdcn,  am  Jesum,  welcher  der  Überiieierung  su&lg|B  n»- 
mittelbar  nach  der  Speisung  an  das  andi^'e  Ufer  des  Seea 
sich  begeben  hatte,  noch  mit  dem  Volk  über  die  Speisung 
reden  lassen  su  können« 

Nach  Hinwegnahme  dieser,  den  einselnen  ErsHblungte 
elgenthümlichen  Auswüchse   des  Wanderhaften  bleibt  im- 
mer noch  der  Stamm  des   Wanders,   dafs   nfipiUcb   Jesus 
eine  bedeutende  Strecke  weit  aaf  dem  Mepr  gewandelt  hn- 
be,  mit  aller  oben  auseinandergesetzten  Unwahrscheinlich« 
keit  eines   solchen   Factums   surück«     Doch  hat   uns    die 
Aoflösang  jener  Mebenzfige ,  indem  wir  die  Anlässe,  ihrer 
unkistorischen  Entstehung  entdeckten,  die  Auffindung  sol« 
eher  Anlässe  auch  für  die  Hauptersählang  erleicbtert^  und 
damit  die  Auflösung   auch   dieser   selbst  möglich   geoiaeht. 
üafs  die  üewalt  Gottes  und  des  mit  ihm  einigen  nenscb* 
Hohen  Geistes  über  die  Natur  von  den  Hebräern  nnd  er* 
sten  Christen  gerne  unter  dem  Bilde,  einer  Übermacht  über 
die  tobenden  Meereswellen  vorgestellt  wurde,   haben  wfr  . 
iios  dem  vorigen  Beispiel  gesehen.    ,|n   der  £reählung*  d^ 
Exiidns  stellt  sich  diese  Übermacht  #o  dar,  dafs  das  Aletr 
durch  einen  Wink  aus  seiner  Stelle  verjagt,  und  so^.defa 
Volke  Gottes  ein  trockener  Weg  durch  seinen  Grund  ^fiff« 
net  worde;  in  der  suvor  betrachteten  N.  T.lichen  £rsl|^ 
lang  so,  dafs  das  Meer  an  seiner  Stelle  blieb,  und  nur  s# 
weit  cur  Ruhe  gewiesen  wurde,  dafs  Jesus  und  seine,  J^io* 
ger  EU  Scliifi'e  gefahrlos  über  dasselbe  hinübergelangen  kenn* 
tao :  in  der  jetzt  vorliegenden  Anekdote  wird  aus  der  swel* 
teo  der  Zug  beiEehalten,   dafs  das  Meer  an  seiner  btelle 


iS)  BasTtcnsBioKa^  Frobsbil.  S.  Sl. 


192  Zireicer  AlMehnttt   , 

bleibt,  Boglekh  jedoeh  mna  der  ersten  der  herbeigeholt^ 
daff  SQ  Fofs,  nicht  cu  Schiffe,  hinübergewandelt  wird,  doch, 
mit  Rücksicht,  auf  den  andern  Zng,  nicht  durch  seinen 
4rrund,  sondern  Ober  seine  OberflXche.  Dafs  sich  auf  sol- 
ehe  Weise  die  Anschauung  der  Ul>erniacht  des  Wunder» 
thiters  fll>er  Wasserwogen  fortbildete,  dazu  läCst  sich  tlieUs 
im  A.  T«,  theHs  in  den  Meinungen  des  Zeitalters  Jes« 
noch  nähere  Veranlassung  finden.  Unter  den  Wundeni 
des  Elisa  wird  neben  dem ,  dafs  er  mittelst  seines  Blantels 
den  Jordan  getheilt,  und  so  trockenen  Fulses  habe  hin» 
durchgehen  können  (2Kdn.  2,  H.))  Aooh  das  ersählt,  dafs 
er  ein  in's  Wasser  gefallenes  Eisen  schwimmend  gemaeht 
habe  (2  Kdn.  6,  6.) :  eine  Übermacht  über  das  Gesets  der 
Schwere,  welche  der  Wnnderthtfter  wohl  auch  am  eigenen 
Leibe  geltend  machen,  und  so^  wie  es  Hieb  9,  8.  LXX.  rom 
Jeho?a  heifst,  als  neQinavwv  wg  in  idd^ag  inl  i^aXaaaijg 
sich  darstellen  konnte.  Von  WnnderthXtern,  die  auf  dem 
Wasser  gehen  konnten,  wufste  man  sich  um  die  Zeit  Jesu 
Viele«  SU  erzihlen.  Abgesehen  ron  elgenthümüch  grieclil» 
-•eben  Vorstellungen'^),  so  schrieb  die  orientalisch -grie- 
ehisehe  Sage  dem  Hyperboreer  *  Abaris  einen  Pfeil  su, 
auf  welchem  er  über  Flüsse,  Meere  und  Abgründe  schwe- 
bend setste  ^^j;  der  gemeine  Volksglaube  lieb  manchen 
Thaumaturgen  die  Fähigkeit,  auf  dem  Wasser  cu  gehen  -'): 
'Und  es  erscheint  so  die  M4$glichkeit,  dafs  sich  ans  allen 
diesen  Elementen  und  Veranlassungen  eine  gleiche  Sage 
auch  über  Jesum  bilden  konilte,  ungleich  grüfser,  als  die 
elhes  wirkliehen  Vorgangs  dieser  Art ,  —  womit  unsre 
Rechnung  geschlossen  ist. 

Mit  den  bisher  betrachteten  Seeanekdoten  bat  die  Job. 
^1.  erslhlte  (paviQfoaig  Jesu  inl  %fjg  »aXaaar^g  t^g  TißeQid^ 


J9)  •*  die  Stellen  bei  W«T8Tixjf,  p.  417  f. 

^)  Jsnblich.  vita  Pytbtgorie  136,  vgU  Porphyr.  29* 

ii)  Lndso»  niUopsendes,  13. 


^  00  «riblleiMfo  lfiirfiobkelt|4*6  wir,  obwlHlt  «iit  tferto 
fimng^oM  dm^Vorfiiil'iti  «cHe  Tdge  iter  AMentehttiig  Je- 
M  ▼•rl^,^  doch  flieht  amhliHJiöiHieii,  wie  wir  ite  «chan 
Irflber  ifarem  etnen  Tbdie  naeh  nib  ^»f  Ersiihhmg  rom 
VUehfeag  Peti4  in  Verbiodtiiijgf  bmehten^'fto  nBn'fhrenr  $m^ 
4mi  BeitaiiikbeU  mit-dett  Wimdeln  Jceit*  ufid^  PetrI  «nf 
Jkm  Meer  In  Pereilele  eu  setseti.  Beidwaett  #lrd  Iv  dem 
Mooii  nAehtiieliPen  Diinkel^  deePfÜbiiiorgcptfi»  JiBme^ren  den 
te  Sekiffie  kefindltchen  Jfingeptii  erbHekt,  nuiJ  deCi  er  bei 
dem-  eptttereh;  Falle  niek«  wtb  in  deii  ^iM^rnuk  auf  den 
Meere  geh«)  BÖmAmm  «ü  Uftir  atebt,  nnd  dte^übger  niobt 
dereb  fimrat^/aeadeen  nor  dnrch  die  f  rvehUealgkeit-lhv* 
FfaeherMtrbeil  in  Veriegeabeitgbaetst  aind.  BeUUeiale  f ileek- 
Mn  ale  ihn:  dort,  weil (i^  ihn  fbr  eiir  Ueafanelr  Imhefl, 
ftler  wdgt  ea  keiner,  so  Imgen  j  wev  ev  aeiy  ji^ere^,  9ti  o 
rXvqiog  egit.  Im  Beaondem'  Aber  find^tf  diesem  eraleci 
firaegeliom  eiganChtUnUbhe  JScen»  mit  Petrie  in  ^er  gelien#* 
ten  Statte^  des  Tierton  ihi^Pandlete.  Wie  P^lfcma  dort, 
ela  der  ftber  den  See  einheraehreitende^ie«tia>  aloh  «n  ei^ 
kennen  gtebt,  ihn  nm  die  f;rlnttbnlfii tütet,  nmlhm  Ober 
dna  Waaaer  hingehen^  sn  dttr&n :  ao  ^irfi  er  elek  hlet^, 
eobeld  der  am  Ufer  atehende^ileana  erkannt  tat,  in  daa 
Waaaer,  nm  anf  dem  kttreeateAt  Wege  «chwimmend  em  ihm 
na  gelangen«  Da  anf  dieae  Weiae,  waa  in  jener ^f ruberen 
Jiraählnng  ein  wonderbdrea  Wandeln  auf  dem  Meere  war, 
fai  ttee  rorliegendenrthi  Besng  anf  Jeauna  ein  wnnderloaee  Ste- 
hen nmOfiDV^  in  Bedtugtanf  den  Phtme-^aber  ein  nalArtt- 
ehee  Sehwinuien  igt ,  aomlt  die>letfltere  Geaekfchte  faet'Wto 
eine  ratienaliatisclie  Paraphpase  der  erateren  Jant^t :  ao  hat 
ee  nielit'an  aeichen  gefehlt,  wekhe  wenigatena  r^n  der  |>e- 
Irtniachön  Anekdote  Im  eraten  ßtamgellum  behaupteten  ,  dafa 
aie  eine  traditionelle  Umbildung:  dea  Zugs  Job.  21,  7«  in'a 
Wsnderhafte  sei  '0*      J^^^^  Vermnthnng  anrh  anf  daa 


18)  S6«fiioKaifBtm«sii)  iibar  den  Urtpr.  S.  68. 
i  Das  Lgb9A  Jesu  TIteAvJl.  IL  Band.  13 


• 

dadureb   abg^ltM-,  daft  dietflii   2iiif  das  «U  apastoliMh 
Tot*a«4g«s0We  «iertr  Kvangellilai;  sellMt  is  di^  früheren  £r- 
^«ählitiig    hat;;  w^gegan    ivir  a«lC^  unseredi  Seauctpunkt  e« 
gar  woblf  jiU^gli^U  fiiiflen  araffdef»^ .  daCi  deniattieii  vierien 
JSrAagdtotM.  diN^be  Ge«obiclHe  Jo  awießiabar  Fovman 
..Qhran : gehoflMiM 9  ^nd  von   ihia  all  varaotiiedeAa^.OrMa 
Minar-  EMlÜiliuig  eInverMbt  worden  s^i.    ladaa^an  i  ireMi 
.keide  Oafccbiiditeii  rergUclian  warden  aoUen^^aa  dUrfan  wir 
iMöht  adb#fifiBt«i  Vcfrau«  dia  einof  J#h*  2i^  alaidla.ur- 
ia|itiiiiglialiid)'dfeiafidere,  Mafth.  14*  paiWL;^  akdiaabge* 
Jailate;s#^an>  Mad^ro'iattiaenerat  fragte  ^  wakiMiroti  M- 
dao  iiebiiilM>.;aum  Einen  t>diQr  Andern  eignaJ   AJlendtiigt 
JiBtfti^' «MW  wir  dem   boutfihrfcen  Kanon  folgen,. däfa. die 
wnaderiHifiare  Erelihl«ng  die  ^pfttet«  aei,   so  eraebeini  4Sß 
ffon  Jokk2W  in  fieaag  aaif  .dve/Art,  wie  Jesnaindi^  Nübe 
udai;< Jflngtr,  .und  Petras  auibili  gelangt,  ala  diar-araprdag- 
JUebe.    Ab^r  aufs  längste  ^  hingt  mit  jenem  Kanon  dbr  m^ 
4re  eusaitmen^  dafa  die  einfaebere  Krafiblang  di«  frübeN^ 
•4ie  £i|a«>iaiengea0lstera  die  spiitere  ist,  wie  das  Congiom^ 
,vat  Stifter  aia  > die  «infaefae  Steinbildnng:    und  naob  dis* 
a^m  Kanui  wäre'nmgekebrt  die  Eraählnng  Job.  ül.  die  ab- 
geleile^,    da  in   ihr  die  beseiefaneten  Züge  noch  out  dem 
wunderbaren  FtaohOTig  .reHlbcbten    sind,   während  sie  in 
der   frühere»  Erafthinni^  füif  sieb '  ein  Gaiiaes  ansmachan» 
AUmrdiuga  asrar  kann  aoeh  ein  grtflserea  Gänse  in  kiekere 
SlAeke  serplittarni  doeb  salefaen  Brnchstfl<^ken  iaeben  die 
getrennten  Ersfihlungan  tom  FiaefaKug  undtvom  Wlind^ 
auf  dem  Meere  keineswe||s  fibniich,  weiche  vielmelir  jede  als 
woMgesoblossenes  üanae  aieb  verhalten.     Aus  dieser  Ver> 
fleehinng  mit  dem  Wunder  des  Fisciiangs,  woau  noeh  koaunl» 
dafs  der  gaase  Vorgang  um  den  ani^rstandenen  Jesus,  der 
mn  sieh  acbon  ein  Wunder  ist ,  sich  dreht,  wird  nun  anch 
erklärlich,  wie,  gegen  die  sonstige  Regel,  die  oft  beaeieh- 
Mten  baden  Züge  in  der  späceaen  üaratellung  ihr  Wun- 


JNeujites  Kapitel,    f.  100.  195 

flerhaftes  TerUeren  konnten,  inrfem  sie  n2(mlich  durch  die 
Verbindung  mit  anderweitigem  Wunderbaren  feu  bloben 
Aeben^figen,  snr  natürlichen  Staffage,  heruntergesetst  Vfur* 
den,  ist  aber  auf  diese  Weise  die  firsfibluhg  Job.  21»  ei- 
ne durchaus  abgeleitete ,  so  ist  sie  in  BeiSug  auf  ihreta  hi- 
storischen Werth  bereits  mit  denjenigen  ErEfihlungen  be- 
urtheilt ,  welche  iinre  Grundlage  biiden. 

Sehen  wir ,  ehe  wir  weitet  g^hen ,  knt  die  bisher 
durchlaufene  (Reihe  >oA  Seeanekdoten  surfick,  sio  in» 
den  wir,  dafs  Bwar  die  eine  äus^rste  der  andern  durch- 
aus unähnlich  ist,  indem  in  der  einen  Vlols  Ton  Fachen, 
in  der  andern  blofs  vom  Sturm^  gehandelt  "viird:  doch 
^ber,  je  nachdem  man  sie  aufstellt,  hängt' jede  mit  der 
folgenden  durch  einen  gemeinsamen  Zug  Kusanimen«  Die 
Kreählung  von  der  Berufung  der  Menschenfischer  (Blattfi. 
4,  18  ff«  parall)  eröffnet  die  Reihe ;  mit  dieseir  hat  dfö  vom 
Plschsug  des  Petrus  (Luc.  5,  1  ff.)  die 'Gnome  von  Men- 
schenfischern gemein,  aber  das  Factum  des 'Fischzdgs  ist 
ihr  eigenthttmlich ;  dieser  letztere  kehrt  Job.  11.  i^ieder, 
wo  noch  das  morgenliche  Stehen  Jesu  am  Ufer  und  das 
HlnAberschwimmen  des  Petrus  dazukommt;  diefs  Stehen 
«nd  Schwimmen  erscheint  Matth«  14,  21.  ff.  parall.  als  Ge- 
llen auf  dem  Meer,  und  zugleich  ist  ein  Sturm  und  dessen 
Aufhören  mit  Jesu  Eintritt  in  das  Schiff  hinzugefQgt; 
Matth«  8,  23  ff.  parall.  endlich  steht  die  Stillung  des  Sturms 
durch  Je#um  f&r  sich  allein. 

Entfernter  von  den  bisher  betrachteten  Erzählungen 
steht  die  Geschichte  Matth«  17,24  ff.  Zwar  findet  sich  auch 
hier  wie  bei  einigen  von  jenen  eine  Anweisung  Jesu  ah 
den  Petrus  zum  Fischfang,  welcher,  wie  zwar  nicht  ans- 
drficklich  gesagt  ist,  doch  vorausgesetzt  werden  mufs,  der. 
Erfolg  entspricht:  aber  theils  soll  nur  Ein  Fisch,  und  zwar 
mit  dem  Angel,  gefangen  werden,  theils  ist  die  Hauptsache 
die,  ämü  in  seinem  Maule  ein  Geldstück  gefunden  werden 
mHi  UM  damit  die  Tempelsteuer  fOr  Jesus  und  Petrus,  asa 


Ifß  Zweiter  Abschnitt« 

welcbe  der  letstere  RngegtLUgen  war,  ea  beisahlen«  Diese 
Ereählang,  wie  siß  sanfichst  sieh  giebt.i  hut  elgenlhfimliche 
Schwierigkeiten}  weiche  Paulus  gut  auseinandersetzt,  lind 
«ach  Olshausj^n  nicht  in  Abrede  stellt.  Wenn,  nämlich 
Frische,. mit  Reoht  bemerkt,  ewei  wunderbare  Stöolie 
seien  in  die^p^^  Geschjftl)Jte;i  das  eine ,  dafs  der  Fisch  einen 
Stater  im  Maulelgeh^t  ^  -  das  andere^  da£f  Jesus  diefsvorher- 
gewafst  juib^n  sqlie  :  so  ^rsc^eintitheils  jenes  und  damit  auch 
dieses  «Isabf^feuerlich,  th^s  das  ganze  Wunder  als  uniid- 
thlg«p  Zwar,  dals  FJsche.  Metalle  nnd  Kostbarkeiten  im 
Leil^e  gehabt^ b|iben,/v;ird  aiych  sonst  erzählt  3^),  and  ist 
nicht  nnglauhlieh :  dafs  aber  ein  .Fisch  ein  Geldstfiek  im 
Maq)(9.  haben  and  darin  behalten  sollte,  während  er  so- 
gleich^ nach  dem  Angel  schnappt ,  das  fand  auch  Dr.  Scqnap- 
PUrp^  ^^)  oobegreiflicb.  Uer  Anlafs  fflr  Jesum  aber,  ein 
solcl^s  Wander  su  thun^  .konnte  weder  Geldmangel  sein: 
den»  .wenn  apch  damals  gerade  kein  Vorrath  in  der  ge- 
meinsamen Kasse  war,  so  befand  sich  doch  Jesus  in  dea 
befreundeten  Kapernaum ,  wo  er  auf  natürlichem  Weg  aa 
dem  nöthigen  Gelde  gelangen  konnte",  man  mfifate  deau 
mit  Olsuausen  das  Entlehnen  durch  Zusammenwerfen  mit 
dem  Betteln  gegen  das  von  Jesu  eu  beobachtende  deccrum 
divinum  finden;  noch  konnte  Jesus  nach  so  rieien  Probea 
seiner  Wunderkraft  aach  dieses  Wunder  noch  n5thlg  fin- 
den, um  den  Petrus  im  Glauben  an  seine  Messiaaität  m 
bestärken. 

Deüswegeii  ist  es  nicht  sa  ^erwandern  ^  wenn  ratio- 
nalistische Ausleger  gesucht  haben,  eines  Wunders,  das 
auch  Olsh\us£n  das  schwierigste  in  der  ganeen  evangeli- 
schen Geschichte  nennt,  um  jeden  Preissich  cu  entledigen: 
^  es  kommt  nur  auf  die  Art  an ,  wie  sie  die(s  angegriflba 
haben.    Der  Nerr  der  natOrlichen  Erklärung  des  Factums 


25)  Die  Boispiele  s.  bei  Wbtstbiw  z.  d.  St, 

24)  Die  heil.  Sehrift  des  n.  Buadcs  1,  S.  31^.  2te  Aiifl. 


Nevntes  KüpiteL    $.  tOO.  If7 

thgt  dftHii  y  4mls  man  fa|  del*  Ail^etsang  «lesd  4m  ivi^itg 
nicht  yom  antttittelbarea  Finden  elne#  Statert  im  Fiseha^ 
fMidern  Ton  einem  mittelbaren  Erwerben  dleaes  GelAe» 
tragB  dnrob  Verkauf  des  Erangelte»  rertteht  ^  ^).  Uad  daa 
angezeigte  Wort  aacb  diese  Bedenlwlng  haben  kann,  Ist  so- 
'  angeben,  nur  mnls ,  dafii  es  diese  und  nicht  seine  gewöhn^ 
liehe  Bedentang  habe,  im  einzelnen  Fall^ans  dem  Zmiani* 
nenhang  erhellen.  Wenn  es  abo  in  nnsrem  Fall  hieße; 
nimm  den  ersten  besten  Fisch  ,  trage  ihn  anf  den  Marlit, 
xaxsZ  evQi^asig  gatiJQaj  so  wäre  jene  ErlilKmng  an  der 
Stelle ;  da  statt  dessen  dem  evQiröaig  vielmehr  ein  avol^ug 
xo  cofia  ctvTÖ  vorhergeht,  da  also  nicht  ein  Ort  cum  Ver» 
kaufen,  sondern  nur  ein  Ort  am  Fisch  angegel>en  ist,  liei. 
ilessen  Eröflfhnng  der  Stater  erlangt  werden  sollte,  so  kann 
nur  an  ein  unmittelbares  Finden  des  Geldstfleks  in  diesem 
Theile  des  Flschs  gedacht  werden  ^^\  Wozu  wäre  auch  daa 
Öffnen  des  Fischmanls  ausdrOcklich  bemerkt,  wenn  nicht 
eben  in  demselben  das  Begehrte  gefunden  werden  sollte? 
Paulos  findet  darin  nur  die  Anweisung,  den  Fisch  ungesäumit 
vom  Angel^au  ISsen ,  um  fha  lebendig  au  erhalten  und  desta 
dier  verkäuflich  zu  machen.  Zn  dem  Befehl ,  das  Maut 
des  Fisches  zu  öffnen,  könnte  allerdings,  wenn  sonst  nichts 
dsbet stände,  die  Herausnahme  dea  Angels  als  Zweck  und 
Krfolg  hlnxi>gedacht  werden:  da  aber  evQroets^ceTTJQa  da- 
beisteht, so  Ist  unverkennbar  dieses  als  nächster  Zweck 
des  Maoldfffiens  bezeichnet.  Das  Gefühl ,  dafs ,  so  tang^ 
von  einem  Aufthvn  des  Maules  am  Fisch  in  der  Stelle  die 
Rede  sei,  auch  der  Suter  als  in  demselben  zn  findende!^ 
veransgeaetzt  werde,  bewog  die  rationatistisehen  Erklärer^ 
das  gofia  wo  mögtleh  anf  ein  anderes  Snbject  ah  den  FiseH 
zn  beziehen ,  und  da  war  nur  der  Fischer,  Petrus,  ftbrig. 
Ba  nun  aber  das  gofia  durch  das  dalielstehende  avrö  an 


25)  Paülü«,  excg.  Handb.  2,  502  ff.    vgl.  Ha»i,  L.  J.  ^  IH. 
S6)  vgl.  Ssoaa,  ixi^  l*iiiT*scfacn  Magazin^  2>  &•  68  i» 


Hi  .  Xweiter  Abschnitt.   ^ 

den  ffau^h  f^b^aplen  schien,  so  bat  Dr,  Paulus ^  den  Vor* 
schisi;  eines  Freundes^  statt  avt5 »  ^Qii}aeig  geraden«  dv^ 
iyH*ifi]0Btg  SU  lesen  »  mildernd  oder  fiberbietend^  das  iteben 
gelassene  avts  von  gofta  getrennt,  adverbialiscb  genoninieni 
and  OberseUt:  dn  darfiit  dann  nnr  deinen  Mnnd  anfthua, 
«m  den  Fisch  felUubieten,  so  wirst  du  apf  der  Stelle  C(XvtS) 
einen  Stater  f är  denselben  ansbeaahlt  bekommen*  Wie  konnte 
aber,  mufste  man  noch  fragen ,  in  dem  fisobreiohen  Kaper« 
nanm  ein  einelger  Fisch  so  thener  besahlt  worden  ?  daher 
nahm^dann  Paulus  das  top  amßana  nQWtw  1%^  iqoiß 
collectiy :  nimm  allemal  den  Fisch,  der  dir  suerst  anfstölst, 
und  /nache  so  fort,  bis  da  eines  Stators  wertb  eran- 
gelt hast. 

Werden  wir  dareh  die  Reihe  von  Gewaltthtttigkeiten, 
welche  aar  natOrlichen  Erbljlrnng  dieser  Ersählang  n5- 
thig  sind,  wieder  su  derjenigen  aorttckgewiesen ,  welche 
hier  ein  Wnnder  findet,  and  eivcheint  ans  doch  nach  dem 
früher  Bemerkten  dieses  Wander  als  abenteuerlich  und 
uiindlhig,  mithin  als  unglaublich;  so  bleibt  nichu  flbrig, 
als  anch  hier  ein  sagenhaftes  Element  voraasansetaeo. 
Dlefs  hat  man  so  versucht,  dafs  man  ein  wirkliches  aber 
natttrUches  Factum  aU  aum  Grunde  liegend  annahm,  dsfs 
ntf  milch  Jesuseinmal  den  Petras  angewiesen  habe,  so  Isn« 
ge  sn  fischen ,  bis  die  Tempelstener  erangelt  wfire,  woraus 
dann  die  Sage  entstanden  sei ,  der  Fisch  habe  die  Steuer- 
mifnse  im  Maule  gehabt  -")•  Diesen  Immer  ungenOgeaden 
Mittelweg  ewischen  natüi^lioher  und  mythischer  Erklärong 
feu  vermeiden,  denken  wir  uns  lieber  als  Veranlassung  die- 
ser Anekdote  das  vielbenOtete  Thema  von  einem  Fischfang 
des  Petrus  anf  der  lim^k ,  und  die  beliannten  Erafiblnngen 
von  Kostbarkeiten,  die  im  Leibe  von  Fischen  gefunden 
worden,  auf  der  andern  Seite.  Petras  war,  wie  wir  aus 
Matth.   4,  Luc.  5,  Job.  21.    wissen^  in  der  evangelischen 


27}  Kaisi»,  bibl.  Theol.  1,  S.  200.   vgl.  Hasb,  «•  a.  V* 


Nea»t«s  Kiitilfcei    f.  101.  {ft 

Sage  fl«r  riMfems  welebtai  JaMiTln  versDbiedwM  Foi-nen,. 
«itaMfait  «ynboUseli,  iknn  •^[•iititob,  «Im  rei^bew  F«»g 
beseiieert  hatte.  Ih»  Wcrthvolte  des  Fm^i  tritt  nM  hfer 
ak  GeldoiftnseJimios,  wMohe,  wie  dei^eheit  Dinge  aont« 
ifli  Baoebe  Tta  Fliehen,  so  dvofa  eine  Steigßvuwg  det. 
Wsndkn  gleieh  Im  Manie  dea..FJt€be8  gefuiUka  Werde«, 
Mttoe«  OaTa  ea  gerade  der  aiir  Tempeiateattr  ^ferdeWieU. 
Seater  iat,  könnte  dnreh  eine  Wirk&he  «ianaerung  Jvm 
tber  aeln  VerhihnUa  au  dieser  ilbgah^,  welche  t^tUlig 
mit  jener  Anekdete  tn  Verbinddng  kam ,  veranlafat  ieiA». 
oder  könnte  nmgekehrt  der  in  der  Sage  vem  Flaehfang  n^ 
fKlIlg  rorbandeae  Stater  an  die  Tempelabgabe^  vrelehe  fOr 
awei  Peraone»  eben  ao  viel  betrogt  Qnd|dea  darauf. be-i 
Bdi^iieheu  Aua^roeb  Jean  erinnert  habelL 

In  dieaen  mitupefaenimfkeB  Analfinier  ändigen  d|»  See« 
anekifaiten. 

5.  lOl, 
Dia  wunderbare  iSpeisimg. 
Wie  in  den  Mietst  bfetraohtiitan  fieaehiihien  ^«aoa  be- 
atlmmend  vnd  beaXnftlgead  anf  die  vernMiftloae  vnd  aelbat 
anf  die  iebleae^Natar  einwirkte:  ao  wirkt  er  in  denjimige« 
BraXhIoagen,  an  deren  Betraobtong  ^r  jetat  fortaehr#iir»^ 
•ogar  VCT^melirand  niekt  allein  auf  NaturgegeaatXnde,  aoa* 
dem  seibat  anf  kOnsflicb  verarbeitete  Naturpreduete.- 

DmCä  Jeans,  anbereitete  Mabmagsmlttet  auf  wnnderbar» 
Welae  vermehrt,  mit  wenigen  Broten  nnd  FiaMie»  elaai 
grofae  Menachenmenge  geapelst  hab^  ersihlen  nnä  wA  ael« 
teaer  Einstimmigkeit  sXmmtliehe  Evangelisten  (  AlAtth.  14, 
IS  (f.  Maro.  6,  90  ff.  Lue.  9,  10  ff.  Joh«  6,  1  ff.).  JüuA^ 
gfanben  wir  den  beiden  ersten  von  ihnen,  an  hat  Jeaaa 
diefa  nieht  blor«  Einmal  gethan,  soodem  Matlh.  Ih^  32  ff^. 
Ifare.  8,  1  ff.  wird  eine  swelte  Speisung  eraüblt,  bat  der* 
es  Im  Weeentfiohen  elieasa  wie  bei  der  ersten  angfeng^ 
Sie  fkllt  der  Zeit  nach  ^twas  später;  der.Ort  iatet^iaaanr 


ton  Zw«it4r  Al»8«hiitit.     t' 

den  beaseielHi^  niid  «Ue  OuMi"  6m  AafcnthMfci  der  Mcnm« 
b»i  J%in  «bweiolwtfid  «ngegeb««;  «och  ist^  wt«  mekp  b«s«« 
gen  will ,  das  CMlftenrepblkntfii  BwbebeM  dan  SpeUerer* 
iVkth  and  der  NetieefaeaaieAge  ein  v^gohi^eite»,  Indem  des 
ersteoiiü  mit  9  Breton  und  S  Fischen  5900, '«Us  cweüemel 
Biit  7  Breten  Und  wi^nfj^en  Fischen  4000  Hmn  gesättigt 
werden,  «ftrd  tlort  13,  hter  T  Körbe  mit  Rrocken  fibrig 
bleiben.  Demangee^htot  üt  nicht  fmt  die  Substens  der 
Oeschlchte  auf  beiden  Seiten  gens  dieselbe:  Sittlgnng  ei« 
ner  Volksmenge  mit  «nverhiltntlsmäfslg  wenigen  Mahrongs- 
mittel n,  soifdeHi  auch  die  Ausmalang  der  Scene  ist  in  den 
(IrnndeOgen  gana  analog:  beidemale  das  Leeal  eine  einsa« 
me  Ge!;ead  in  der  Nähe  des  galiliisehen  Sees ;  beidemale 
4lae  Veranlassung  des-  Wanders  ein  cn  langes  Verweilen 
deB  Vo|ks  bei  Jesu;  betdenuite  bieaeoge  lesos  l»ost^  die 
JMenge  aus  eigenen  Mitteln  su  speisen,  was^die  Jftnger  als 
eine  anmögliche  Sache  betrachten;  beidemale  besteht  der 
disponible  Speiserorrath  in  Broten  nnd  Fischen ;  beidemale 
lArst  Jesos  die  Leute  sich  lagern  and  tfaeilt  ihnen  nach 
gesproebbnem  fiank|»ehet  durch  -  Vermittlang  äeiaer  Jinger 
aas;  beiilemale  irerden  sie  rellkommen  satt^  «nd  es  kann 
neek  eine  anieeidifiltnirsmlfsig  grefse  Menge  übrig  gebliebe- 
ner Brocken  in  Körbe  ^  gesammelt  werden  ;  endlieh  einaaal 
wie  das  andere  setst  Jeans  nach  foUbraohterSpeasang  9ber 
den  See. 

Bei  .dieser  Wlederholong  desaielben  Factaois  maohi  na- 
nentlleb  litte  Frage  SahwieflgkeU,  ob  es  wohl  denkbar  sei» 
dafs  die  Jinger,  nachdem^  sie  selbst  mitangesehen  hatteoi 
wie  Jesns  mit  weidgen  Nahrnngsautteln  eine  gro(se  Menge 
eu  speisen  vermochte,  dennoch  bei  einem  ii weiten  fihnli- 
eben Tall  jenen  ersten  sparlos  vergessen  gehabt,  nnd  ge- 
fragt haben  sollten:  nod^sv  :^fuf  ey  iQwh  ^?^o^  Toaötoij  , 
£k€  j^nfnaaai  oxJiov  toaätop;  Wenn  man  sloh  fiir  eine  sol- 
che Vergelsliehkeit  der  Jünger  daraof  beruft,  dals  sie  auf 
ähnliche  nabegreifliche  Weise  die  ErUärnngnn  Jesu  über 


Nennt««  IftnptteL    f.'101. 


9tim  b^orateWrtdei  fieMeH  and  Sterbbn  Tivgesmi  gAkht 
h^hmmj  «1«^ (ImmIW *eintrtt  '),  fo  Ist  esijft  •beiMO  noobeiao 
oh««hw»tonlie  Fmge,   ob  tmeh  so  cieadtrhen  VomiwvagMr 

.  Jms  «ein-Tod\iiBn  Jdngem  co  unerwartnt  biCeto  soiii  kta^ 
»eit?',  Denkt  tnnn  «ieb  aber  swieehen  beide  Spebnngenelto 
Jinfeve  Zeit  ünA  eine  Ansah!  nnaloger  Fllte  hinein,  we 
•bm  Jeans  ni«hl  für  got  gefunden  habe ,  anf  wonderbnrn 
Weise  nn  helfen  0»  so  sind  diefii  theila  retne  Erdiehtangen, 
tKetIa  bliebe  auch  ee  nnbefreifUch  ^   wie  die  gar  ea  apre* 

^  eilende  Äbnliehkelt  'der  Umstfinde  vor  der  svrelten  Spei* 
niqiig  mit  denen  vor  der  ersten  auch  nieht  Einen  der  Jin« 
g0r,  an  diese  sollte  erinnert'  haben.  Mit  Reefat  behauptet 
cUher  Pavlus,  b&lte  Jesos  sehon  einmal  die  Menge  durch 
ein  Wunder  gespeist  gehabt,  so  wttrden  bel'ni  swettenr  Male  • 
die  JOnger  anf  seine  Erklürong,  er  möge  das  Volk  nielii, 
nOchtem  entlassen^  ihn  getrost  snr  Wiederfaolong  des  vo- 
rigen Wunders  aufgefordert  habeui 

Jedenfalls  daher,  wenn  Jesus  sn  nwel  Terffckiedeaen 
Malen  «eine  Volksmenge  orit  unverhKltnifsmfirsig  geringem 
Vorrath  gesättigt  hat,  mfifste  man  mit  einigen.  Kritikern 
annehmen,  dafs  ans  der  Ersählung  von  der  einen  Bogen 
benhelt  viele  Züge  in  die  von  der  andern  übergegangen, 
und  so  beide,  ursprOoglich  «ich  unähnlicher,  in  der  münd^ 
liofaeo  |]ber|i(iCsrung  immer  mehr  ausgeglichen  worden  seien, 


f)  OLSUAUtsii,  .1,  S.  512.  Die  ebendai.  in  der  AüMnerkung  gel-, 
tend  gemachte  Lpstsnx,  dsss  Isut  des  v ^r«^  «x  lUß^/^tv  Matthi 
16,  7.  die  Jünger  auch  nach  der  zweiten  Speisung  noch  sich, 
nicht  gemerkt  hakten,  wie  man  in  der  Nähe  des  Menschen- 
sohns  keine  Speise  für  den  Leib  mitzunehmen  brauche ,  be« 
weist  dessweg/en  nidits ,  weil  die  Umstände  hier  ganz  andere 
waren.  Dass  aus  der  wunderbaren  Sättigung  des  zufällig  in 
der  WUste  \crspäteten  Volks  die  Jünger  nicht  den  heque- 
men  Schluss  zogen,  welchen  der  bibL  Coaun.  daraus  sieht, 
kann  ihnen  nur  zur  Ehre  gereichen« 

%)  Dcrs.  ebend. 


SM:  Zweiter  Abi«bftlin 

wdli«!  fiifo  iiii««iitltoh  dte  sweHUndi  Fmif»  iler  Jdngi-p 
um*  Am  erste,  nieht  aber  anoh  das  Eweteeiat  vorgekebi«- 
■Mfi  eein  kannte  ')«  FOr  eine  solche  Assimttation  bann 
der  DaMtaiid  sa  sprechen  scheinen^  dafs  der  vierte  Bvmn- 
grflct,  der  nanentlieh  in  den  Zahlaniraben  avf  Selten  der 
ersten  Spelsan^  des 'Matthias  und  Markos  ist,  doch  rmn 
deren  sweiter  Speismigsgesdhichte  die  ZOge  hat,  dafa  eine 
Anrede  Jesu,  nicht  der  Jfinger,  dle-Scene  erSffnet,  und 
dafs  das  Velk  so  Jesu  auf  einen  Berg  kommt.  Aliein  wenn 
»an  hiebet  die  Orundsdge:  Wttste,  Speisung  des  Volks, 
Aufsammeln  der  Brocken,  auf  lielden  Seiten  stehen  Iflfst, 
so  ist  auch  ohne  Jene  Fra^e  der  Jünger  immer  noch  an* 
wahrscheinlich  nfcnnfif,  dafs  «^Ine  |olohe  Scene  sich  auf" so 
gans  ihnliche  Weise  wiederholt  haben  sollte;  IXTst  man  hin« 
geflfen  auch  Jene  allgemeinen  Züge  bei  der  einen  Geschichte 
fallen,  so  ist  nicht  weiter  einausehen,  wie  man  die  Treae 
der  eTangelisehen  ErsXhlnng  In  Beisug  auf  den  Hergang  dar 
rweiten  Speisung  auf  allen  Punkten  in  Anspruch  nehmen, 
und  doch  an  der  Angabe,  dafs  eine  solche  vorgefallen, 
f(*'8thalten  kann ,  Bumal  nur  Matthins  und  der  ihm  folgen« 
de  Markos  von  derselben  wissen. 

Daher  haben  neuere  Kritiker,  mit  mehr  ^)  oder  wen!« 
ger  ^)  Entschiedenheit^  die  Ansicht  ausgesprochen,  es  sei 
hier  ein  und  dasselbe  Faktum  durch  Mlfsverstand  des  rr* 
sten  Evangelisten,  welchem  der  sweite  folgte,  verdoppelt 
worden.  Von  der  wunderbaren  Speisung  seien  verschie- 
dene Ersiblungen  im  Umlauf  gewesen ,  welche  namentlich 
in  den  Zahlangaben  von  einander  abwichen,  und  nun  habe 


S)  ORiTt',  Comoi.  s.  Matth.  2,  S.  90  f.    Surraur,  Über  den  Urspr. 
S.  97. 

4)  Thirss,  krlt.  Gommentar,  f ,  S.  168  ff.  Schul«,  über  d.  Abendm. 
S.  511.    vgl.  FumtcHB,  in  Maltb.  p.  525. 

5)  ScHLKiBRMACHiR,  über  den  Lukas,  S;  145.    SiKirrKRT,  a.  t.  0. 
S.  95ii:    Ha»,   $.  97. 


«      Nennte«    RepIteL     i  Ift.  MI 

der  VerflMaer  des  Müen  Bi»nf(eUiinM,  weMie«  jede  Wra- 
dergeicliiobte  weiter  ein  wiULemniener  Fund»  und  der  ileCt«^ 
Wlb  sa  kritiseher  Re^n^tioa  svreaer  vereebieden  lenteiidea 
ErsAhlangender  Art  wenig  geeignet  war,  beide  in  aeiM 
Saeunlung  aufgenenmen.  Dann  erbliCrt  stob  ToUkeinieiiy 
wie  bei  der  e weiten  Speisung  die  Jünger  noch  einaud  eo 
nnglXttbig  sieb  ftussern  können:  weil  nAmÜDb  aoeh  die 
sweite  Gesehichte  da,  wo  der  Verfasser  des  ersten  Ef an* 
gelinms  sie.hernabm»  die  einaige  nnd  erete  gewesen  war, 
und  der  Efangeiist  verwbehte  diesen  Zug  nieht,  weil  evi 
Oberhaupt  die  beiden  Krstfblungen  gann  sO|  wie  er  sie 
liörte  oder  las,  seiner  Schrift  ein?erieibt  sn  haben  scheint,, 
wae  sieh  nnter  Anderem  auch  in  der  Constans  neigt,  mit. 
welcher  er  und  der  ihm  nachschreibende  Markus  nicht  nur 
in  der  Darstellung  der  Begebenheiten  selbst,  iondem  auch, 
in  der  sp&teren  lürwlihnung  derselben  Matth.  16, 9  fl  Marc« 
S,  19  f.  bei  der  ersten  Speisung  die  Körbe  durch  xo^iK>i, 
bei  der  nweiten  durch  anvqldeg  beaeichnet  ^^  Freilich 
wird  mit  Recht  behauptet,  dals  der  Apostel  MatthAus  nn« 
möglich  einerlei  für  aweierlei  habe  aufgreifen,  und  eine 
gsr  nicht  vorgefallene  neue  Geschichte  eraählen  können  ^) ; 
«her  die  Wirklichkeit  einer  doppelten  Speisung  folgt  nur 
dann  hieraus,  wepn  man  den  apostolisclien  Ursprung  des 
ersten  Evangeliums  schon  vorausset2t,^der  doch  erst  au  be- 
weisen ist.  Wenn  ferner  Paulus  einwirft,  die  Verdoppe- 
lung jenes  Factums  wfire  ohne  allen  Vortbeil  für  die  Saehe^ 
des  Evangelisten  gewesen,  und  Olsuaoskn  diefs  näher  dat 
hin  entwickelt,  dafs  die  Sage  die  aweite  Speisnngsgeschichte- 
nicht  so  einfach  und  nüchtern,  wie  die  erste,  gelassen  ha- 
ben wfirde:  %o  kann  dieses  begehrliche  Reden,,  es  sei  et- 
was keine  £rdichtang,  .weil  es  als  solche  noch  ausge- 
sebmOckter  sein  mttfste,  eigentlich  geradean  abgewiesen 


6)  vgl.  8Aim»s  a.  a.  O.    S.  105. 

7)  FAULVt,  ejieg.  Handb.  3,  S.  315.    OuaAVSSir,  1,  S.  512. 


M4  Zwtilev  ÄbichBltt. 

ifvr^,  wett  e»f  jedes  besttttoiCea  Hftllwtabs  enfbehreiHl, 
ofite»  aUen  Dmitlnden  wiederkehren,  und  am  Ende  Am 
MährelMn  selbst  nicht  mährcheahiüft  genn^  finden  wird; 
hisbescmdre  aber  hier  ist  es  deCiwegen  völlig  leer,  weil  es 
die  Ersählnng  iFon  der  ersten  Speisung  als  eine  historiseh 
gensiief'T^aussetfit :  haben  wir  In  dieser  sehen  ein  sagenhaf- 
tes Product,  so  braoobt  sieh  die  Variation  daron,  die  sweite 
Speisnngsgeschiohte ,"  niisht  noeh  doroh  (besondre  tradido- 
nelleZige  anssaeelchnen*  Dooh  nicht  blofs  nicht  in*s  Wun- 
derbarere ist  die  ErsXhlnng  von  der  nweitea  Speisung  ge* 
genttber  von  der  ersten  ausgeschmflekt,  sondern,  indem 
ale,  die  Menge  der  Nahrungsmittel  vermehrend,  die  Zahl 
der  Gesftttigten  vermindiEH*t,  verringert  sie  damit  das  Wan- 
der, und  in  diesem  Antiklimax  findet  man  die  sicherste 
Bürgschaft  f&r  die  Wirldiohkeit  der  eweiten  Speisang,  in- 
dem y  wer  an  der  ersten  noch  eine  liveitere  hinsudicbten 
wollte,  dieselbe  wohl  auch  fiberboten,  und  statt  der  5000 
Menschen  nicht  4000,  sondern  1(^,000  gesetzt  haben  wirde'). 
Auch  diese  Argumentation  beruht  auf  der  unbegrfindeten 
Voraussetzung,  dafs  die  erste  Speisung  historisch  sei,  wo- 
bei Olshaüsbn  selbst  den  Gedanken  hat,  dafs  einer  wohl 
auch  die  zweite  filr  die  historische  Grundlage,  und  die  er- 
ste ffir  die  sagenhafte  Znthat  ansehen  kdnnte,  und  dann 
verhielte  sich  die  erdichtete  cur  wahren,  wie  gefordert  wür- 
de, als  Steigerung.  Wenn  er  nun  aber  biegegen  bemerkt, 
wie  unwahrscheinlich  es  sei,  dafs  der  unlautere  Referent 
das  Achte  Factum  als  das  geringere  nachbringe,  und  das 
falsche  voranstelle,  vielmehr  wolle  ein  solcher  die  Wahr« 
heit  fiberbieten ,  und  stelle  delshalb  immer  das  Erdichtete 
als  das  Glänsendere  hinten  an:  so  ceigt  er  damit  aufs 
T^eue,  dafs  er  sich  auf  die  mTthische  Ansicht  von  den  bi- 
blischen firsfihlungen  nicht  einmal  so  weit  versteht,  als  mt 
Ihrer  Beurtheilung  nöthig  ist.    Denn  von  einem  unlauteren 


8)  OLiaAUtaa,  S.  515« 


Neuntes  Kapit«J*    S*  lAI.  MS 

Referenten  y  weleher  absiehllieh  die  wribre,. SpetswigagB« 
schichte  hätte  ftberbleten  vioiien^  spricht  hier  ^  Niependi 
iMid  um  wenigsten  eriilürt  irgend  wer  den  AlaUhAfis  f^r  ei- 
nen solchen,  sondern^  out  voilkamflieniter ^Redliehkeit 5  kt 
die  Meinaiig,  iiatle  der  eine  von  ifMß^  dei?  s£ndve  yen  4M0 
Gesäuiglen;  gesohrieben,  ebenso  redlieh  schrieb  ^>eMto 
Evangelist  Beides  nach,  und  ebeiv  weil  er  tiUig  arg*  nitd 
absichtslos  bu  Werke  gieag,  kam  es  ihm'  an^Bidkt  dar* 
Auf  an,  welche  von  beiden  'Geschichten  voran*  odeiC'nMil« 
stehe,  die  bedeutendere  oder  die  von  minderem  Belange^  sob« 
dera  er  Üefs  eieh  hierin  dareb-ciifftUige  Umstände,  wie  dab 
er  die  eine  mit  Begebenheiten  sosammengesli^Ut  faod,  .die 
ihm4^'Mihereny  die  andre  mit  solchen  9  die  ibm  die,q|i|i* 
leren  schienen,  bestimmen.  Qenß  dieselbe  Verdopplosg 
findet  sieh  auch  scIien  im  Penlatencb  in  fieng  auf  die  60- 
sehiohten  von  der  Speisang  mk  Wachteln  nnd  den^.Trln« 
kwig  ans  dem  Felsen,  von  wc^en  die  erstere  sewehl  tt  Jtf m* 
]•*  al«  4  Mos.  II,  die  ietetere  aber  3  Mos.  17.  nnd. wieder 
4  Mos.  20,  beidemale  mit  veränderten  Zeit-,  Orto^  and  sen« 
stigen  Umständen,  eraählt  ist  ^).  Hiemit  haben  wir  indeTs 
Uols  das  negative  Resaltat,  daCs  dar  doppelten  finsiblnng 
der  ersten  Evangelien  nicht  swei  verscliiedene.  Begebenhei- 
ten können  cum  Grande  gelegen  haben:  welche,  and  ob 
Oberhaupt  eine  von  beiden  historisch  begründet  aei,  aMifa 
Gegenstand  einer  eigenen  Untereaehang  werden. 

Wenn,  am  dem  magischen  Scheine  auseuweichen,  wel* 
eben  das  vorliegende  Wunder  vor  andern  hat,  Olshausen 
dasselbe  mit  dem  Gemüthszustand  der  betheifigten  Perso« 
nen  in  Beeiehung  setzt,  and  die  wunderbare  Speisung  durch 
den  getuiichen  Hunger  der  Menge  vermittelt  wissen  will: 
so  ist  diefs  nur  ein  zweideutiges  Reden,  das  bei  dem  ersten 


S)  t.  die  f^achweisung  bei  de  Witts  ,  Kritik  der  mos.  Gesch., 
8,  220  ff.  51«^  ff. 


Zweiter  Abtobnitl. 

Venneh^ideii  Slfin  detselben  fegtsusfeUeti,  In  Nichts  «er- 
fkUt*    Denn  bet  Ueilangen  s.  B.  besteht  nach  der  hier  Tor- 
aosgtsef  ten  Ansteht  jene  Vermittlung  darin ,  dars  das  te- 
Biltb  des  Kranlcen  sieh  der  Einwlrbanf^  Jesu  glaubig  öff- 
net, ee  defil  liel  fehlendem  tilauben  auch  der  Wunderkraft 
«lesii  *4ßr   erfoiNierliche    AnknOpfungspunkt   im   Mensclien 
Cefalt  t  Itfer  ako  ist  die  Vermittlung  efne  reale.    Sollte  nun 
kier  diesfihe  Art  von  Vermititung  sfartgehabt,   und   also 
Wl  denjenige^i  iron  der  Menge,  welche  etwa  ungläubig  wa» 
-reo 9'^  aenigende  Einwirkung  Jesu  keinen  Eingang  ge* 
lundes  haben :  so  mOfste  hier  die  Sittigung  wie  dort  die 
•■eilmg  als  etwas  von  Jesu  geradezu   und   ohne  vorange» 
-  gangene  Vermehrung  der  Xusserllch  vorhandenen  Nahi^ungs» 
mittel  in  dem  LeH»e  der  Hungrigen  Gewirktes  angeselieii 
-werden*    Allein  eine  selche  Vorstellung  von  der  Sache  wird, 
^wie  Paulus  mit  Recht  eri^inert,   und  auch  Olshausen  an* 
deutet,  durch  die  Bemerkung  der  Evangelisten  abgesehnit» 
Hte%  dafs  unter  die  Menge  wirklich  Speisen  vertheÜt  wor- 
den seien,  daCi  von  diesen  jeder,  so  viel  er  wollte,  genos* 
<seii  habe ,  und  dafs  am  Ende  noch  mehr  als  ursprfinglicti 
verrMMg  gewesen,  fibfflg  geblieben  sei.    Die  hierin  liegende 
«usserlicb  und  objectiv  vorgegangene  Vermehrung  der  Nah» 
rungsmitstl  kann  nun  doch  nicht  durch  den  Glauben  des 
'.V«lks  auf  reale  Weise  vermittelt  gedacht  werden^  so  dals 
jener  Glaube  mm  GeHegen  der  Bretvermehrung  mitwirken 
murste,  die  Vermittlung  kann  vielmehr  nur  eine  teleologt» 
sehe  gewesen  sein,  d.  h.  dafs  um  eines  gewissen  Gemfiths* 
BUstands  der  Menge  willen  Jesus  die  Speisung  vornahm. 
Eine  solche  Vermittlung  aber  giebt  mir  nicht  die  mbdeste 
Hülfe,  mir  den  fraglichen  Vorgang  denkbarer  eu  machen; 
denn  nicht,- warum  es  so,  sondern  wie  es  augegangen  sei, 
.  ist  die  Frage.    So  beruht  mithin  Alles,  was  Olshausbn  hier 
gethan  au  liabea  glaubt,   um  das   Wunder  denUiarer  su 
machen,  auf  der  Amphibolie  des  Ausdrucks:  Vermittlung, 
und  es  UeiU  d^  Undeokbarkeit  einer  oomitteUMirea  Ein- 


«fMiiiif  vf|«i  Willens  Jem  hut  <lie  Ternvnftloie  Natw  die* 
•er  tteselii^hte  mit  den  soletst  erwogenen  gemein« 

Ueth  eigenthamtieh  vor  den  aodeiii  ist  Ihr  d^  Sehwie» 
ij|fceit,  4er«  hier  nichl  bioft  wie  Msber  toa  einer  den 
- Hütorgegenetllnden  ertfaeilten  Riehtimg  oder  Modtteetion, 
«ondeni  i^en^er  Vernfehmng  derselben,  und  £war  ia's 
Ungcbevre,  die  Rede  iet.  Zwar  ist  uns  nScbts  allügiieber) 
dk  Wa^heibiim  und  Vermehrung  der  Nutorgegenetäiide, 
'  i«i9  ■b^s.^B^'irom  Samenkorn  in  den  Parabeln  vom  Sie- 
mann  nhdlmmt  Senfkorn  dargestellt  ist.  AUein  diese  ge» 
scliMit  ecstUefanlalcht  ohn#  Zutritt  anderer  Natnrdinge,  wie 
£rde,  Wasseiv  Luft,  se  daA  aneh  hier,  nach  dem  betuUm* 
ten  Sats  der  JNatnrlehre^  nieht  eigentlieh  die  Snbstann  rer* 
mehrt,  sondern  nur  die  Aeoidennien  verwandeft  werden; 
srvneUens  gesehieht  dieser  Proeefs  so,  d^fs  er  seine  versehts« 
denen  Sudien  in  en^reehenden  Zeltdistansen  surfieUegt. 
Hier  dagegen,  bei  der  Vermehrnng  der  Nahrungsmittel 
durch  Jesus,  findet  weder  das  Eine  noch  das  Andere  statt: 
das  Brot  in  der  Hand  Jesu  hingt  nicht  mehr,  wie  der 
Halm ,  auf  welchem  die  Frucht  wuchs,  mit  dem  mfitterli« 
eben  Boden  ansammen ,  noch  geseliieht  seine  Vermehrung 
aUflOtUig,  eendem  ^lötnlicb. 

Das  aber  eben  soll  das  Wunderbare  an  der  Sache  sein, 
U9d  namentlich  nach  der  letsteren  Seite  hin  das  gegenwir* 
tige  Wunder  ein  beschleunigter  Naturprocefs  genannt  wer^» 
den  kUnneii.  Was  von  der  Aussaat  bis  cur  £rnte  in  drei 
Vierteljahren  geschiebt,  soll  da  in  Minuten  unter  der  Aus* 
tbeitnng  der  Speise  geschehen  sein ;  denn  einer  Beschleo« 
n^ung  seien  die  Maturentwicklungen  fthig,  und  einer  wie, 
grofsMi ,  das  sei  nicht  cu  bestimmen  '  *^).  £in  beschleunig* 
ter  Naturproeefs  wire  es  gewesen ,  wenn  in  Jesu  Hand 
Je  ein  Korn  hundertfältige  Frucht  getragen  und  cur  Helfe 
gebracht ,  und  er  die  vermelirten  Körner  %pis  immer  vollen 


10)  So,  nach  Fraaxuissa,  OMaAOtan,  1,  S.  4d9  f.  vgl.  Hass,  (.  Vf. 


^  Zweiter  Absohf^tl« 

Bitaden  dem  Volke,  hingeechfittet  hfille,  am^  ven  dieBem 
serreiben,  hneleii  und  backen^  pder  in  der  WOste ,  vre  sie 
wiiren ,  roh  ans  den  Halben  beraoa  geniessen  s»  Jassen ; 
fVfeno  er  einen  lebendigen  Flach  genommen  ^  ohid  dle>|£ler 
in  deaaen  Leibe  plötaiieh  hervorgemfen^  befr«ebl9^  und. an 
.  ansgeiracbaenen  Fi«ohen  genmehi  bfi^^  «i^lebe  dann  die 
Jünger  oder  das  Volk  bitten  aiedeli  odei<  bralt»  MPg^. 
SotbU^gegen  nlmmit.  er  niebi  Korn  In  die  Uund-^^  aondern 
Brot,  ^nd  aneh  die-Fische  müssen ,  so  .wie•lle.in^Stilollen 
au^etbeilt  werden 4  irgend wib  subereit4t^maieUBicbr,  wie 
I^  24>  4^  fgL  Jdh.  21,  0.  gebraten,  4deridngesataen  ge* 
wcuan  aein*  Hier  iat  also  auf  beiden  Seiten  kein  reines, 
lebendiges  Natnrprodnct  mehr,  aondem  ein  todtea  und  durch 
Kfi^  .modlficirtes ;  um  ein  solches  in  einen  Katui^roceTs 
Jemr  Art  au  verseifen ,  hätte , Jeaua  vor  Allem  durch  seine 
Wunderkraft  ans  dem  Bnot  wieder  Körner,  aus  den  Brat- 
fischen wieder  rohe  npd  lebende  machen,  dann  geschwiad 
.  die  b^chriei>ene  Vermehrung  vornebmen-,^  endiioh  sämmt- 
liebes  Vermehrte  T9m  flaturaustand  in  den  kfinstliehen  an- 
rQc^versetaen  mUss^en.  So  wäre  mithin  dieses  Wunder  au- 
.  sammengesetst  J[)  aus  einer  Wiederbelebung,  welche  alle 
aonst  in  den  Evangelien  erzählte  an  ^iraeulosität  iberträ- 
fe;  3)  aoa.i^^m  höchst  beschlen^igten  Natupproeels,  und 
3)  aus  einem  unsichtbar  vorgenommenen  und  ebenfalls  höchst 
be^hleunigten  KunstproceCi , .  indem  alle  die  langen  Proce« 
duren  des  Mipliers  und  Bäckers  auf  der  einen,  und  des 
Kochs  auf  der  andern  Seite  durch  Jesu  Wort  in  einem  An« 
genblick  müfsten  vor  sich  gegangen  sein.  Wie  mag  slio 
Olshaoseh  sich  selbst  und  den  glaubigen  Leser  durch  den 
annehmlich  klingenden  Ausdruck :  beschleunigter  Maturpro- 
cefs,  täuschen,,  wenn  doch  dieser  die  Sache,  von  der  die 
Rede  ist,  nur  cum  dritten  Theil  beeeichnet. 

Wie  sollen  wir  uns  nun  aber  ein  solches  Wunder  aur  An- 
Behauung  bringen,  und  in  welchen  Moment  des  Hergangs 
es  versetaeu?    In  Betreff  des  LfOtvteren  sind  nach  der  An- 


Nemtes  KapiteL    $.  101.      •  209 

mSd  der  in  unsrer  Erzfthlang  handelnden  Groppen  drei 
Aneichten  möglich  ^,  Indem  entweder  in  den  Händen  Jesii^ 
oder  in  denen  der  austheilenden  Jünger,  oder  endlich  erst 
In  denen  des  empfangenden  Volks  die  Vermehrong  vor  sieh 
gegangen  sein  kann.  Die  letstere  Vorstellung  ist  theÜs  bis 
Eora  Abenteuerlichen  minutiös,  wenn  man  sichlJesnm  und 
die  Apostel  denken  will,  mit  Behutsamkeit,  dafs  es  doch 
fa  ausreichen  möge,  Krümchen  vertheilend,  die  in  den  Bän- 
den der  Eippfänger  £u  Stücken  anschMceiien ,  theils  wftre 
es  auch  nicht  einmal  gut  möglich  gewesen  ^  für  eine  |Alass6 
Ton  5000  Mann  aus  5  Broten,  welche  nach  hebrfiischer  Sitte, 
ond  da  sie  Ja  ein  Knabe  trug,  nicht  sehr  grofs  können  gewesen 
sein ,  und  yoliends  aus  2  Fischen  für  jeden  ein ,  wenn  aneh 
noch  so  kleines,  Stückchen  herausenbringen«  Unter  den 
BW  ei  übrigen  Vors  tellungs  weisen  finde  ich  es  mit  Olsbav« 
SSN  am  angemessensten,  dafs  unter  den  schöpferischen  Hän« 
den  Jesu  sich  die  Nahrungsmittel  vermehrt ,  und  er  jiena 
und  immer  neue  Stücke  den  vertheilenden  Jüngern  gebe« 
ten  habe.  Zur  Anschauung  kann  man  sich  dann  den  Vor* 
gang  auf  dia  doppelte  Art  su  bringen  suchen,  dafs  man 
entweder  sieh  vorstellt,  so  oft  ein  Brotkuchen  und  ein 
Fisch  KU  Cnde  war,  sei  aus  den  Händen  Jesu  ein  neuer 
gekommen;  oder  man  denkt  sich,  die  einselnen  Brotku« 
eben  und  Fische  seien  gewachsen,  so  dafs,  wie. ein  Stück 
abgebrochen  wurde,  es  sich  so  lange  wieder  ergänzte ,  bis 
berechnetormafsen  die  Reihe  an  den  folgenden  kommen 
konnte.  Die  erstere  Vorstellung  scheint  dem  Texte  fremd 
an  sein,  weicher,  wenn  er  ron  Brocken  ix  %wv  nevtB  aq^taif 
spricht  (Job.  6,  iS.))  schwerlich  eine  Vermehrung  dieser 
Ansah!  voraussetst,  und  so  bleibt  nur  die  Eweite,  durch 
deron  poätische  Ausmalung  Lavater  der  orthodoxen  An* 
siebt  einen  schlechten  Dienst  erwiesen  hat  i>>  Denn  die* 
ses  Wander  gehört  eu  denjenigen,    welche  nur  so  iange 


II)  Jesus  Meiiiaty  2.  Bd.  No.  14.  15  und  20. 
Da$  L$bin  J^su  ti^AuJU  IL  Bmid.  M 


S14  Zweiter    Abtehnltt 

• 

elnlgerniArsefi  glaublich  erscheinen  kSnnen,  als  man  sie 
Im  Halbdunkel  einer  unbestimmten  Vorstellung  eu  halten 
weifs :  sobald  man  dieselben  an's  Liebt  eleben  und  in  al« 
len  Tbeilen  genau  anschauen  will,  lösen  sie  sich  In  Nebel- 
gebllde  auf«  Brote,  die  in  den  Händen  des  Austheilenden 
wie  angefeuchtete  Schwämme  aufquellen,  Bratfische ^  wel- 
chen, wie  dem  lebendigen  Krebs  die  abgerissenen  Scheeren 
allmählig,so  die  abgebrochenen  Thelle  plötslich  wieder  wach- 
sen ^  gehören   offenbar  i^cht  in  das  Reich  der  Wlrklich- 

.  kelt^  sondern  In  ein  ganz  anderes« 

Wie  grofsen  Dank  verdient  daher  auch  hier  die  ratio* 

'  nalistlscbe  Auslegung,  wenn  es  wahr  Ist,  dafs  sie  uns  Ton 
der  Zumuthung ,  ein  so  unerhörtes  Wunder  aneunehmen, 
auf  die  leichteste  Weise  ku  befreien  weifs.  Hören  wir 
Dr.  Paulus  ''),  so  wollen  die  Evangelisten  gar  kein  Wun- 
der ersfililen  ,  und  das  Wunder  Ist  erst  von  den  £rklä- 
rera  in  Ihren  Bericht  hineingetragen  worden.  Was  sie  er- 
\sähien ,  Ist  nach  Ihm  nur  so  viel ,  dafs  Jesus  seinen  gerin- 
gen Vorrath  an  Lebensmirteln  habe  austheilen  lassen ,  und 
dafs  In  Folge  dessen  die  ganze  Menge  genug  £n  e$sen  be- 
kommen habe.  Hier  hei  Jedenfalls  das  lUitfelglied  ausge- 
lassen ^  welches  näher  angebe,  wie  es  möglich  gewesen, 
dafs^  unerachtet  Jesus  nur  so  wenige  Lebensmittel  mu  Me- 
ten hatte,  dennoch  die  grofse  Volksmasse  habe  gesättigt 
werden  können»  Ein  sehr  nattfrliches  Mittelglied  aber  er- 
gebe sich  aus  der  historischen  Comblnation  der  Umstände. 
Da  nach  Vergleichung  von  Job.  6,  4.  die  Menge  wahrschein- 
lich Eum  gröfseren  Theil  aus  einer  Festkaravane  bestan- 
den habe,  so  könne  sie  nicht  ohne  alle  Spetsevorrätbe  ge- 
wesen ^  und  nur  einigen  Armeren  vielleicht  der  Vorrath 
bereits  ausgegangen  gewesen  sein.  Cm  nun  die  besser  Ver* 
scheuen  Eur  Mittheilung  an  die,  denen  es  fehlte,  au  vei^ 
anlassen,    habe  Jesus  ein  Mahl   veranstaltet,  und  sei  nit 


ii)  cxeg.  Haadb.  2,  S.  205  ff. 


llttiiates  Kapitel.    S-  i^l*  311 

«igenem  Betspiele  in  der  MtfthelHidg  dessen ,  wab  it  and 
seine  Jfinger  von  Ihrem  geringen  Vorrath  entbehren  kenn* 
ten  f  vorangegangen ;  dieser  Vorgang  Ünhe  JNachahmnng 
gefanden ,  und  so  sei ,  indem  Jesu  flrotaustheflang  eine 
aOgemeine  Mittheilüng  veranlaCite ,  der  ganse  VoHuliaafe 
Mtt  geworden.  Allerdings  mUsse  man  dieses  nafftrllißhe 
Mittelglied  In  den  Text  erst  hineindenken ;  ^da  jedoch  das 
fifcernatürliche,  in^elches  man  gewöhnlich  annebne  ^  Me  won* 
derbere  Brotvermehrang  y  ebenso  Wenig  aosdriicklich  ange^ 
geben  sei,  sondern  lieide  gleicherweise  Mnsogedaeht  wer* 
den  mOssen:  so  könne  man  nicht  anders^  als  Ar  das  na* 
tdrJiche  sich  entscheiden.  -^  Dooh  das  hier  behaopf efe  glei* 
che  Verhfiitnirs  der  beiden  Mittelglieder  anm  Teite  findet 
in  der  That  nicht  statt.  Sondern  ^  w&hrend  tum  ikehajtb 
der  natfirlichen  Erklärung  ein  neoes  austheilendes  Subject 
(die  besser  Versebenen  unter  der  Menge) ,  und  elii  neaea 
Sttsgetheiltes  Object  (dmn  Vorrälhe),  sammt  der  Ueiidhing 
des  Austheilens  von  diesen,  hinangedacfat  werden  mnft :  be- 
gnügt sich  die  sopranaturelistlsche  Erkllrung  mit  dem  Vor- 
hände neu  Snbjeot  (Jesu  und  seinen  Jüngern),  Object  Cde- 
reu  kleinem  Vorrath)  und  dessen  Änsthellung,  und  läfirt 
nur  die  Art  hinzudenken ,  wie  dieser  Vorrath  kimt  Sitti- 
gang  der  Menge  sulänglich  gemaeht  wurde,  indem'  er  sieb 
nlmllch  unter  Jesu  (oder  seiner  Jfinger)  Bfinden  wunder* 
bar  termehrte.  Wie  kann  man  hier  noch  behaupten,  dem 
Texte  liege  keines  von  beiden  Mittelgliedern  näher  als  das 
ändere?  Dafs  die  wunderbare  Vermehiting  der  Brote  mdl 
fische  verschwiegen  ist,  erklärt  sieh  daraus,  dals  dieeer 
Vorgang  selbst  sich  nicht  für  die  Anschauung  festhalten 
UkM§em  will,  daher  besser  nar  naah  dem  Erfolg  beaeiehMit 
wird:  wie  ab4r  will  maii  erklären,  ^afb  vom  der  durch 
Jesum  liervorgerufenen  BUttfaeilsamkrit  der  fiMgen  mit  Voffw 
ratii  Versebenen  ntehts  gesagt  ist?  Zwlsdian  das  SSwite 
^oig  fia^als^  cl  di  fia&fjtal  %oig  oxii^HS  (Mattb.  14,  lÄ^) 
«ad   xd  fyayw  nimg  ncH  ixo{l^9»7fia:9  X\.  M«)  JWi 

14? 


212  Zw  elter  Abüebaitt 

MUthoilang  der  Aodera  ^{nelnnidenken,  Unreine  Willkfihri 
wogegep  duroh  da<  xai  zeg  dm  IxO^uag  efiiQioe  naai  (Marc. 
0,  41.)  onverkenoilar  kxkgezeigt  ist ,  dafs  nqr  die  2  Fisehe 
—  und  abo  aaoh  nqr  die  5  Brote  —  das  O^ject  der  Tbei- 
lung  für  Alle  waren  ^^>    Gan«  besonders  aber  kommt  die 
$e  nat4)rJlcb€tJßrJiiIriii)g  mit   den  Körben  in  Verlegenheit, 
^velche,  nachdem  Alle  satt  geworden  j  Jesus  noch  mit  den 
tibrig   gebilebeneo   Brocken  f&Uen  lieCi.     Wenn  hier  der 
vierte  firangeiist  sagt:   aviTJyayov  Jy,  xal  iyifiiaay  dciJexa 
xog>ivHß    xlaofioci^mv   ix  vwv    niwt  aquav   %iov  xQi^iiXüVf 
a  irM^aaevae  Tots  ßaßQtoHSaiv  (fiy  13«):   so  scheint  doch 
hiedoreh  deutlicb  genug  geengt  cn  sein,  defs  eben  von  je- 
nen d  Broten  I  nachdem  MM  Mann   sich   von  denselben 
gesättigt,  noch  12  Körbe  voll  Brocken ,   «Iso  mehr  als  der 
nrsprttngiiche  Vorrath  betragen  hatte,  ttbrig  geblieben  seiem 
Hier   hat  daher  der  natürliche  £rklärer  die  abenteuerlich- 
sten Wendnngen  nGthig,    um  dem  Wunder  auaeuweichen. 
Zwar,  wenn  die  Synoptiker  nur  schlechtweg  sagen ,    msn 
Jiabe  die  Überreste  des  Mahls  gesammelt,  und  mit  denset 
Jben  12  Körbe  gefüllt,  so  könnte  man  vom  Standpunkt  der 
natfirlicben  Erklfirung  etwa  denken ,  Jesus  habe  aus  Ach- 
tung ffir  die  Gottesgabe  aueh  das ,   was  die  Versammlong 
von  den  eigenen  Vorritben  liegen  llefs ,   durch  seine  Jfln- 
^ger  aufsammeln  lassen.    Allein,    wie   das,^  dafs  das  Volk 
das  fibrig  Gebliebene  liegen  liels  und  nicht  cu  sich  steckte, 
ansudeuten  scheint,  dafs  es  die  gereichten  Nahrungsmittel 
als  firemdes  £igenthum  behandelte:   so  scheint  Jesus,  in* 
^m  er  es  ohne  Weiteres  durch  seine  Jfinger  elnsammela 
llCit,  es  als  sein  Eigenthum  su  betrachten.    Daher  nimmt 
denn  Paolos  das  ijQoy  x.  %.  L  der  Synoptiker  nicht  von 
etaem  auf,  das  E^en  erst  erfolgten  Aufiuimmeln  dessen,  wss 
uaeh  SAttignng  der  Menge  fibrig  blieb,   sondern  von  de« 
Cberflttfii  ihres  geringen   Vorsachs  |  welehen  die^  Junger» 


13)  OUBAÜiSlI^  1,  S.  MS.. 


K««nte8  KapileL    S«  101.  S13 

nicbdem  sie  das  für  Jetfdin  ond  sie  selbst  Erforderlich« 
sardckgethan ,  vor  dem  gemeinsaifien  Mable  ond  am  ein 
tolebes  eu  veranlassen  |  herumgefragen  haben.  Wie  kann 
aber,  wenn  nach  t^iayov  nal  iio^naa^rjacof  unmittelbar  xoü 
;  TiQav  folgt ,  damit  anf  die  Zeit  vor  dem  Essen  curiickge- 
sprangen  sein?  mftlste  es  nicht  notbwendig  wenigsten  rj>av^ 
YOQ  heiTsen?  Femer,  wie  kann,  nachdem  eben  gesagt  war» 
das  Totk  habe  sich  sott  gegessen,  90  niQiaqevaav ,  Tollends. 
wenn,  wie  bei  Lukas,  av%o7^  dabei  steht,  etwas  Anderes 
als  das  Vom  Volk  Obergelassene  bedeuten?  Endlieh,  wie 
ist  es  mSglteh,  dafii  von  5  Broten  und  2  Fischen ,  naehden^ 
Jesus  und  seine  Jünger  ihren  ßedarfgenommen,  oder  selbst 
ohne  dieft,  natfirllcherweise  12  Kffibe zur  Austheilung  an  da» 
Volk  ge  f  fi  i  1 1  werden  konnten  ?  Doch  noch  seltsamer  gehtea 
bei  Erkl&rung  der  Johanneischen  Stelle  su»  Wegen  dier  An«^ 
Weisung  Jesu ,  das  ObriggebKebene  eu  sammeln  ^  2va  nrj  ra 
üTwXijtoti^  scheint  der  folgenden  Angabe,  dafi  sie^  von  denn 
Ubersebufs  dm*  5  Brote  12  Körbe  gefällt  haben^  die  BeEiehun^; 
auf  die  Zeit  nach  dem  Mahle  nicht  entEogen  werden  su  k&n-« 
Den,  wobei  dann  ohne  wunderbare  Brotvermehrung  nicht  aln- 
Bukommen  wäre.  Lieber  reiht  daher  Paulus  von  dem  ow-^ 
riyoYOV  6p  das  In  Einem  -fortlaufende  xal  ififiiaccp  diSitexat 
»(Hplvög  X.  T«  iL  ab,  und  läi^t  nun  hier  die  Rede,  noch  här^ 
ter  als  bet  den  Synoptikern ,  ohne  alle  Andeutung  auf  Ein^ 
mal  in  das  Plusquamperfeetum  und  in  die  Zeit  vor  denk 
Mahle  Eurflckspringen^ 

Auch  hiev  demnach  Ibst  die  natOrfiche  Erkllirang  ih«^ 
re  Aiifgabe  nicht :  dem  Texte  bleibt  sein  Wunder,  und 
wenn  wir  Crrfinde  haben,  dieses  unglaublich  nu  finden,  s(^ 
müssen  wir  untersuchen ,  ob  die  ErEählung  des  Textes 
wirklieh  Glauben  verdiene?  F^r  ihre  ansgeseiehnete  Glaub- 
würdigkeit fdhrt  man  gewöhnlich  die  Übereinstimmung 
sXmmtlicber  4  Evangelisten  in  derselben  an:  aber  dieaa. 
Übereinstimmung  ist  so  vollständig  nicht.  Zwar  die  Dif^ 
ftrennen,  welch«  nwiichen  Matthäus  und  Lukas,  und  wi»- 


S14  Zweiter  Abtelinitt. 

der  iipleoh^  diesen  b^fden  afid  dem  aiioh  hle^  iiuauileii« 
den  Markos  ttaUfinden,  femer  swUchen  sAmoitlieben  Syn« 
optikern  and  Johannes  darin ,  dafs  jene  den  Vm^ang 
•ohlec^tweg  an  einen  Tonos  itQijfiog,  dieser  ilin  anf  ein  ofog 
Tersetst,  and^ais  den  Synoptikern  sufolge  die  Handlong^ 
durch  eine  Anrede  der  Jünger,  nach  Johannes  dorob  ei- 
ne  Frage  Jesu  eröffnet  ist  (cwei  Zöge^  wodh ,  wie  bereits 
bemerkt,  die  JohannetsoheErBählun|r  sich  deii|  Berichte  des 
Matthias  und  Markus  yön  der  «weiten  Speisung  nftliert), 
.endlich  no<|h  die  i)ifferens,  dafs  die  Reden ,  gelobe  die 
drei  ersten  Erangelisten  unbeatimmt  tmq  fict^^ais  in  den 
Mund  legen  ,  der  Vierte  ii\  seiner  individualisirendeQ  Wei* 
ae  namentlich  dem  Phiüppus  and  Andreas  leiht ,  welcher 
letctere  aach  als  Träger  der  Brote  und  Fische  bestimmt  ein 
ncciäccQiov  angiebt^  —  diese  Abweichungen  können  wir  als 
minder  wesentlich  übergehen,  um  nur  an  Eine  uns uu  hal- 
ten, welche  tiefer  eingreift  Wührend  nfimlioh  nach  den 
synoptischen  Berichten  Jesus  die  Volksmenge  suerst  lange 
belehrt  und  ihre  Kranken  geheilt  hatte,  und  erst  durch 
den ,  einbrechenden  Abend  und  die  bemerkte  Verspätung 
reranlafst  wurde,  sie  noch  eu  speisen:  ist  bei  Johannes, 
sobald  er  nur  die  Augen  aufhebt  und  das  Volk  beranaie- 
hen  sieht I  Jesu  erster  Gedanke  der,  welchen  er  In  der 
Frage  an  den  Philippus  ausspricht:  woher  Brot  nebaen, 
um  diese  su  speisen?  oder ,  da  er  diefs  nur  neiQa^cov  frag- 
te, wohl  wissend,  tl  ijfieiXe  ftoieiPf  der  Vorsate,  hier  eins 
wunderbare  Speisung  au  veranstalten.  Wie  konnte  denn 
aber  Jesul[bei*m  ersten  Herannahen  des  Volks  sogleich  die 
Aufgabe :  enUtehen ,  ihm  an  essen  au  geben?  Oelsbalb 
kam  es  ja  gar  nicht  au  ihm ,  sondern  um  seiner  Lehre  und 
Heilkraft  willen.  Er  mufste  sich  also  gans  aus  eigenem 
Antrieb  jene  Aufgabe  stellen ,  um  seine  Wundermacht  in 
einer  recht  ausgeaeiohneten  Probe  cu  beweisen.  Ab^  thst 
er  auch  je  sonst  ein  Wunder  so  ohne  Noth  und  selbst  ohne 
Veranlassung,    gans  eigenwillig,  nur  um  ein  Wundw  au 


Menaittt  Kapitel.    iST  lOL  215 

r&nkktent  leh  weiit  ei  nlciit  stark  getivg  M8s«^|reeb«n^ 
wk  nnindglich  hier  das  Esaen.J^iao  erater|  Gedanke  [•ein, 
wie  unoidglich  er  dem  Volke  sein  Spei«ung9vriuider  in  die- 
eer  Weise  aufdringen  konnte.  Bier  gehfraiso  dieaynopti* 
ecke,  DarBteUong,  in  weleker  daa  Wuiid^r  doch  einen  Anr 
iafs  bat,  der  des  vierten  Evangelisten  bedenten^  vor ,  wet^ 
eher,,  sum  Wunder  eilend ,  die  n^thige  Metirlrsng  dessel-« 
h|tn  llherspringt,  and  Jesum  die  Gelegjsnheit.en.  «(emsetbei^ 
nvichen,  nicht  abwarten  lädt.  So  konnte  ein  i^ngentteug^ 
flicht  ersählen,  und  wenn  somit  der .  Bericht  •  d#«jeni||w 
EvaiigeUums,  weiehem  man  jetat  die  grö(ste  Auoteritftt  ein«^ 
rfiumt,  als  on|iistorisch  bei  Seite  gestelk  werden  ranrss 
so  sind  bei  den  ihrigen  die  oben  beregten  Schwierigkei- 
leii  der  Thatssche  hinreichende  Gründe ,  ihre  historische 
Zuverlässigkeit  iku  besweifeln  ^  besoiiders  yenn  sich  neben 
diesen  negativen  auph  positive  Griiif^e  auffinden  lassen, 
welche  eine  unhistorisch^  Entstehung  nns|rer  ErsiÜiioiig 
denkbar  roachcfi«  ,  - 

Solche  Veranlasspngen  finden  sj^b  wirklich, sowohl 
iiiiierhaib  der  evangeüscbea  Berichte  selbst,  als  aasserhalb 
ihi'er  in  der  A«  T.  Hohen  Geschichte  und  dem  jüdischen 
Vulkflglauben«  In  ersterer  Beaiehnng  ist  es  beroerkenswertb, 
Aütk  sowohl  bei  den  Synoptikern  als  bei  Johannes  an  die 
durch  Jesum  voll/o^eiie  S{>eisung  mit  eigentliebep  Brote 
mehr  oder  minder  unmittelbar  Reden  Jesu  von  Brot  unit 
Brotmasse  in  uneigentlichem  Sinne  angehängt  sind ,  näm« 
lieh  hier  die  Auasprüche  vom  w.ahren  Uimmels-  und  Le^ 
bensbrot,  dus  Jenas  gebe  (Job.  6,  27  ffl),  dort  die  vom  fat« 
sehen  Snuerteig  der  Pharisäer  und  Sadducäer,  nämlich  ih« 
ver  fsischen  Lehre  und  Ueuchelei  (Matth.  16,  5  tL  Marc«. 
B,  14  ff.  vgl.  Lue«  Uj  L)»  «»d  beiderseits  wird  diese  bÜd« 
Üebe  Rede  Jcüu  irrig  von  eigentliehem  Brot  verstahden« 
Uienach  läge  die  Vermnthung  nicht  alisufern ,  wie  in  dea 
angefahrten  Stellen  da«  Volk  und  die  Jünger,  sohabeauoh 
die  erste  clui^Uiche  Überlieferuiig  das  ven  Jesu  nneigent« 


ittt  Zweiter  Abtehaltt. 

Uoh  Oemelnte  etgentlleh  gefaftr^  und  wettn  er  steh  etwa 
in  bildlicher  Rede  bUweliftn  Ali  detajentgeo  dargettettt  hat- 
te y  welcher  dem  verirrten  «nd  hongernden  Volk  das  wah- 
re Lebensbret,  die  beste  Zukost,  ca  reichen  TemSge)  wo*^ 
mit  er  rlelleleht  den  Saoerteig  der  Pbarisler  hi  Gegensats 
stellte:  so  habe  diefs  In  der  Sage,  Ihrer  reallsttscben  Rieh- 
tnng  gemS&,  die  Weodnog  genommen,  als  ob  Pestis  wirk- 
lich einmal  in  der  Wfiste  hungernde  YolksoMssen  wunder- 
bar ges]»e{st  hXtte.  Wenn  das  rlerte  ETaAgellnm  die  fle- 
dlNi  roJi  Himmelsbrot  als  reranlafst  dnreh  die  Speisung 
binttelit ,  so  kannte  das  Verhiltnirs  leicht  umgekehrt  dieCi 
gewesen  seift ,  dafs  die  Entstehnng  dieser  Oeschichte  durch 
Jene  Rede  TerahlaTst  war,  sumal  auch  der  Eingang  der  jo- 
hanneiichen  Eralblnng  mit  seinem :  Ttod'Bv  äyoQaaouev  oq^ 
T&^y  ha  q>ayüHmv  uvoi;  sich  gleich  bei'm  ersten  Anblick 
des  Volks  in  Jesu  Munde  eher  denken  lilst,  wenn  er  da« 
mit  aaf  eine  Speisung  durch  dak    Wort  Gottes  (vgl.  Job. 

4,  S2  91) ,  auf  eine  Stillung  des  geistigen  Hungers  (Matth. 

5,  6.)  abspielte ,  um  das  höhere  Verstündnifs  seiner  jQn« 
ger  EU  üben  (yret^a^ttii^) ,  als  wenn  er  wirklich  an  leibliche 
Sättigung  gedacht,  und  seine  Jünger  nnr  in  der  Hinsicht 
auf  die  Probe  gestellt  haben  soll,  ob  sie  sich  dabei  auf 
steine  Wunilerkraft  verlassen  wOrden«  Weniger  ladet  an 
einer  solchen  Ansicht  die  Ersähinng  der  Synoptiker  ein: 
darch  die  bildlichen  Reden  vom  Sauerteig  fdr  sich  konnte 
die  lEntstehnng  der  Speisungsgeschichte  nicht  feraftlafst 
werden,  und  da  somit  das  johanneische  Evangelium  in  Be» 
eng  auf  |enen  Schein  eigentlich  allein  steht,  so  ist  es  dem 
Charakter  desselben  doch  angemessener,  au  vermuthen,  daCSi 
es  die  traditionell  ttberkointncne  Wuaderer;elhlung  su  blld« 
liehen  Reden  Im  alerandrinlschen  Gesohmacke  verwendet, 
als  dafs  es  uns  die  ursprünglichen  Reden  aufbewahrt  ha« 
be,  aus  welchen  die  Sage  Jene  Wundergeschiohte  gespon«» 

nen  hfitte, 

SUi  nun  vollen ds  die  ausserhalb  de^  N.  T,  liegen« 


If  e«lil6f  K«ptt#L   ti  101.  tn 

den  mögtfchen  VerÄnlfttsirtigeB  cur  Bntttrihing  tier  BffX^ 
aongsgescbiehta  sehr  stiifk ;  so  werilen  wir  deit  aa^^nofli« 
nenen  Vetvoch ,  dieselbe  mna  N.  T.Hchen  Stoffen  Bit  eon« 
stmiren ,  wieder  falten  lassen  n&ssete*  Und  bler  ertenert 
iiAa  gleich  der  ?lerte  Evangelist  dareh  die  dem  ▼olke  In 
deA  Mvnd  getegte  Krwihming  des  Mannai  jehee  ffioNBels* 
brots,  welches  Moses  In  der  Wflste  den  Vorfahren  sn  eo- 
sen  gej(eben  habe  (V.  St.)»  An  einen  der  berühmtesten  Zi« 
ge  der  Israelitischen  Urgeschichte  (2  Mos.  IC.))  welcher 
sich  gans  dasn  eignete,  dafs  in  der  messianisehen  Zeit  cAi 
NncfabiM  desselben  erwartet  wurde,  wie  wir  denn  wirk« 
nch  aus  rabblnischen  Schriften  wissen,  d«fs  unter  denJen^ 
gen  Zogen,  welche  vom  ersten  Go^i  auf  den  ewelten  fiber- 
getragen wurden,  das  Verleihen  ron  Himmelsbrot  eine 
Hauptstelle  einnahm  *^).  Und  wenn  das  mosaische  Manna 
sich  dazu  hergiebt,  als  Vorbild  dea  von  Jesn  auf  wunder-, 
bare  Weise  rermehrten  Brotes  angesehen  en  werden :  so 
könnten  die  Fkche,  welche  Jesus  ebenso  wunderbar  Tcr- 
mehrte,  daran  erinnern,  wie  auch  durch  Moses  nicht  nur 
In  dem  Manna  ein  Brotsurrogat,  sondern  auch  In  den 
Waehteln  eine  Fleischspeise  dem  Volke  bu  Theil  geworden 
war  (2  Mos.  16,  S.  12.  13.  4 Mos.  11,  4— Ende).  Ver- 
gleicht man  diese  mosaischen  ErBählongeu  mit  misrer  evan* 
gelischen,  so  findet  sich  auch  In  den  eineelnen  Zfigen  ei- 
ne auffallende  Ähnlichkeit.  Das  Local  ist  beidemale  die 
WUste;  die  Veranlassung  des.  Wunders  hier  wie  dort  die 
'ßfi^orgnirs,  das  Volk  möchte  In  der  Wflste  Mangel  leiden, 
oder  gar  durch  Hunger  bu  Grunde  gehen:  in  der  A*  T.- 
liehen  Geschichte  die  vorfaute,  mit  Murren  verbundene  des 
Volks,  in  der  N.  T.lichen  die  kurBsichtige  der  Jflnger  und 
die  menschenfreundliche  Jesu.  Geht  hierauf  mit  der  An- 
'  Weisung  des  letEteren  an  die  Jfinger,  sie  sollen  dem  Volke 
BU  essen  geben,   In  welcher  schon  sein  Vorhaben  einer 


S4}  %.  dco  1.  l^aAd,  $.  14. 


il6  .  Zw«U«t  AfccaliQUt 

wnsderbarfa  SpeUviff  liegt  ^  die  Zm^e  piundUiei,  wetebe 
JeliOTa  dem  Moses  giib,  das  Volk  mit  Manoa  (S  Mos,  16, 
40  und  mU  Wacbleln  ^  Mos.  16,  12.  4  Mos.  11,  18—30) 
SU  speisen:  so  i$t  g^uis  besonders  spreebend  die  Ahnlloh-  i 
Ibeit  das  Zuges  dar.  aTaiigeliscben  .firs&liluog,  daCi  lUe  y 
Jtti^er  es  als  Unmtfgliobkeit  ansehen ,  fSr  eine  so  grofse 
Voiksmasse  in  der  Wüste  Nahrungsmittel  berbeizuschafEen, 
mit  dem  9  was  der  A.  T.licbe  Bericht  den  Moses  g^g^n 
die  VerbeiCuing  Jeho?a'S|  das  Volk  mit  Fleisch  au  sütti- 
gen,  flweifelnd  einwenden  lä(st  (4  Mos.  11,  31  £).  Wie 
nfimlich  die  Jttnger,  so  findet  auch  Moses  die  ^enge  des 
Volks  au  grofsi  als  daüs  er  fdr  mdglieh  halten  könnte,  es 
hinreichend  mit  Nahrungsmitteln  an  rersorgen;  wie  jena 
fragen,  woher  in  der  Wfiste  so  viele  Brote  nehmen  ?  so  fragt 
Moses  ironisch,  ob  sie  denn  Sehafe  und  lU^der  (was  sie 
nicht  hatten)  sciilachten  sollen?  und  wie  die  Jttnger  eiu- 
wenden,  dafs  nicht  einmal  durch  die  erscböpfendsie  Aus- 
gabe von  ihrer  Seite  dem  BedürfnMs  gründlich  abgeholfen 
werden  könnte:  so  hatte  Moses  in  einer  andern  Wendung 
erklfirt,  um  das  Volk  so,  wie  Jehova  verhlels,  siüigen  au 
können,  müfste  das  Comögliche  geschehen  (die  Fische  aus 
dem  Meer  herbeikommen) ;  Einwendungen,  auf  weiche  dort 
Jehova,  wie  hier  Jesus,  nicht  achtet,  sondern  das  Volk  aur 
Empfangnahme  der  wunderbaren  Speise  sich  rüsten  heifst. 
So  analog  übrigens  der  Hergang  der  ausserordentlichen 
Speisung  auf  beiden  Seiten  ist,  so  findet  sich  doch  der  we- 
sentliche Unterschied,  dafs  im  A.  T.  beidemale,  bei  dem 
Manna  wie  bei  den.  Wachteln,  von  wunderbarer  Beischaf- 
tang  au  vor  nicht  vorhandener  Speise,  im  neuen  aber  von 
wunderbarer  Vermehrung  eines  schon  vorhandenen,  aber 
unzureichenden  Vorraths  die  Rede  ist,  so  dafs  die  Kluft 
awiscben  der  mosaischen  Ersählung  und  der  evangelischen 
^au  grofs  wäre,  um  diese  unmittelbar  aus  jener  ableiten  an 
können.  Sehen  wir  uns  hier  nach  einem  Mittelglied  um, 
so  triilt  es  sich  gana  sachgemäß,  dafs  awiscben  Moses  und 


N««Btet  Kiiplt«L    i  101.  Sl* 

ien  MeMiM  »«ob  In  dieteai  Btfioke  4b  Pr^hctai  eiiitie«l«a. 
Vpn  Elias  Ist  e«  bekannt,  wie  doroh  ibii  und  «m  selnet- 
wUlen  der  gerin|^e  Vorradi  an  Mebl  lind  Öl,  den  er  bei 
der  Wittwe  sn  Zarpath  fand,  wondarbar  rermelirt,  oder 
niber  wäbrend  der  ganzen  Oaoer  einer  Han|erenelb  a«- 
reichend  erhalten  ^urde  (J  Kffn.  IT»^— lO*)«  ^oel|  wei- 
ter, iM>d  mehr  ur  ^biUifi^beit  mit  aer  erangellachen  £r- 
aAhlang  entwiekelt  findet  aieb  diese  Wnndei|[eediicbte  bei 
Elisa  (2Kdn.  4 ».4^  ff.).  Djeser  wlll>  wie  Jesoa  in  der 
Waste  mit  S  Broit^  mü.f  Fischen  5000,  so  wAhrend  ei- 
ner flungersnotb,  mit  tQ  Broten  (welche^  wk  die  Ton  Jesa 
rertheilten  bei  Johannes,  als  Geretenbrode  beaeichnet  wer* 
«lenj  nebst  etwaf  «erriebenem  Getreide  (^Dl@9  I^^:  na^ 
iA9ag)  100  Menfeiiea  speisen ;  ein  MifsveriililtBirs  awisohea 
Vorrath  und  Mannsehfift,  wdehes  sein  Diener,  wie  dort 
Jean  JOnger,  in  der  Frage  ansdrOekt,  was  denn  Air  100 
Mann  diels  Wenige  solle  '0?  £!!•«  wie  Jesas  lifst  sich 
dadnrob  nicht  irren,  sondern  befiehlt  dem  Diener,  das 
Vorhandene  dem  Volke  an  essen  au  geben,  and  wie  in  der 
erangelisehen  Eraihlaog  das  Sammeln  der  fibriggebliebenen 
Brocken,  so  wird  aaoh  in  der  A.  T.lichen  am  Schlosse 
das  besonders  henrorgehoben,  dafs  nnerachtot  ven  dem  Vor- 
rath so  Viele  gegessen  hatten,  doch  noch  Ulierschnfs  sich 
heransgestellt  habe  '  %  Die  einaige  Differena  ist  hier  ei- 
gentlich noch  die  geringereiZabl  der  Brote  nnd  die  grOfsere 
des  gesittigten  Volks  auf  Seiten  der  evangellscheii  Ersüh- 
lung;  allein  wer  weils  aich^  dafs  fiberhanpt  die  Sage  nicht 


15>  2  Kon.  4,  43.  LXX: 
16)  Ebendst.  V.  44:  na\  9fa* 


Job.  6,  9: 
iZXi  raSra  xl  h^r  iU  roadrs^  \ 

Matth.  14,  20 :  »a»  ttpayor  ndr-» 

ro   Trff^KJOfvor    rwr     tfXaa^tiTittr 
jr.  T.  X, 


SM  £w«it«r  AbtoliHitt 

leicht  naohbUdet ,  ohne  cnglelcfa  mn  überbieten  ^  und  wer 
sieht  nicht,  ditfs  es  insbesondre  der  Stellung  des  Messias 
TÖliig  angemessen  war,  seine  Waoderkraft  feu  der  «in^ 
Elisa,  was  das  BedOrfnifs  natOtlicher  iMittel  betrifft,  in 
das  Verhftltnifs  ron  5  eu  20,  was  aber  die  ObernatOrliche 
Leistung,  in  das  ron  5000  su  100  EU  setsen?  Paulus  frei- 
lich, um  die  Folgerang  abeaschneiden ,  dafs,  wie  die  bei- 
den A*  T.Iioben,  so  auch  die  Ihnen  so  auffallend  fthnliche 
evangelische  Eralhlnng  mythisch  eu  fassen  sei,  dehnt  auch 
auf  Jeiie  den  Versuch  einer  natürlichen  Erkiftrung  aus,  den 
er  an  dieser  durchgefflhrt,  und  Iftfst  deir  Ölkrug  der  Witt- 
we  durch  Beiträge  der  Prophetenschüler  voll  erhalten  wek*- 
den,  die  20  Brote  aber  für  100  Mann  vermöge  einer  lo- 
benswerthen  Mftfsigkeie  derselben  suretolien  ■'^,  eine  i^ 
klfirung,  welch^  in  dem  Maafse  noch  weniger  verführis- 
riscb  ist,  als  die  entsprechende  der  *N.  T.lichen  Erxfililong, 
in  welchem  bei  Jener  vermöge  ihrer  gröfseren  Zeitentfer- 
liong  weniger  kritische  ( und  vermöge  ihres  nur  mittelba- 
ren Verhiltnisses  anm  Christenthum  auch  weniger  do^ma- 
^ehe)  Beweggründe  vorhanden  sind,  an  ihrer  historischen 
Richtigkeit  festsuhalten. 

Diese  mythische  Oednctipn  der  Speisungsgeschiehte 
vollständig  EU  machen,  fehlt  nichts  mehr,  als  die  Nach- 
Weisung,  dafs  auch  die  späteren  Juden  noch  ^on  besonders 
heiligen  Männern  glaubten ,  es  werde  durch  ihren  EinfloTs 
geringer  Speisevorrath  anreichend  gemacht,  -^  und  auch 
mit  solchen  Noti^n  hat  uns  der  «neigennütaige  Sammler- 
fleifs  von  Dr.  Paolus  bes<Jbenkt,  wie  namentlich,  dafs  cor 
Zeit  eines  liesonders  heiligen  Mannes  die  wenigen  Schaa- 
brote  Eur  Sättigung  der  Priester  bis  Eum  Uberflufs  EUge- 
reicht  haben  '^).    Consequenterweise   sollte  der  genannte 


17)  exeg.  Handb.  2,  S.  237  f. 
gl  8)  Joma  f.  39,  1 ;     Tempore  Simeonis  fasti  henedUHo  erat  super 
daos  partes  penUcosioles  et  super   decem  panes  n^oSiatm^^    ut 


Nenntet   KtpiteL    S*  102«  Stl 

Aoftlpger  anch  diese  ErsSblung  natürlich)  etwa  glelehfalla 
durch  die  Mäfsigkeit  jener  Prie«ter|  au  erklfiren  sueben: 
dooii  die  Geschichte  steht  ja  nieht  im  Kanon,  daher  kann 
er  üie  nnbedenkileb  für  ein  Mlihrehen  halten ,  ond  rfinnit 
ihrer  auffallenden  Ähnlichkeit  mit  der  erangeiiaeheii  nur 
so  viel  ein ,  dafs  vermöge  des  dnrch  jene  rabbinische  Mo* 
tiz  dokumentirten  Glaubens  der  Juden  an  dergleichen  opel- 
aevermehrungen  auch. die  N«  T.iiche  EraShiung;  yon  jndai- 
sirejiden  Christen  frQhaeitig  in  gleichem  (wnnderhafltem) 
Sinne  habe  aufgefafst  werden  können.  Allein  laut  nnsre^ 
Unterspchnng  ist  der  evangelische  Bericht  in  diesem  Sinne 
achon  abgefafst,  und  lag  dieser  Sinn  im  Geist  der  jüdischen 
Volkssage,  so  ist  die  evangelische  Ersälilong  ohne  Zwdfel 
ein  Prodaet  derselben« 

$.    102. 
Jesus  verwandelt  Wasser  in  Weia. 
An  die  Speisnngsgesehichte  Ififst  sieb  die  ErEfihlnng 
des  vierten   Evangeliums  (2,  1  ff.)   anreihen,    dafs   Jesna^ 
bei  einer  Hochseit  an   Kann  in  Galiläa  Wasser  in  Wein 
verwandelt  habe«    Nach  Olshausen   sollen  beide  Wunder 
unter  dieselbe  Kategorie  ansanunenfaUen,  indem  beidemale 
ein    Substrat  vorhanden   sei,    dessen   Substana   modificirt 
werde  <).    Allein  biebei  ist  der  togische  Unterschied  Ober* 
sehen,  dala  in  der  Speisungsgeschichte  die  Modification  dea 
Snbitrats  eine  blofs  quantitative,  eine  Vermehrung  dea  be« 
reSts  in  dieser  Eigenschaft  Vorhiindenen ,   ist   ( Brot  wird 
nur  mehr  Brot,   aber  bleibt  Brot):    wogegen  bei   der 
Hochseit  au  Kana  daa  Substrat  qualitativ  modificirt,   aua 
etwaa  nicht  blofa  mehr  dergleichen,  sondern  ein  Anderea 


singnli  saeerdotes ,  qm  pro  rata ,  pari§  aecipsnni  quanfitatmn 
oiivas^    ad    satietatem  comidm-eni,    imo   ut   adhue  religuiae 
superesseni, 
1)  bibL  Conm.  2f  S.  74. 


S21  Zweiter  Abechnilt 

(aas  Wasser  Wein)  wird,  somit  eine  eigentliche  Trans- 
snbstantiation  Tor  sich  geht.  Zwargiebt  es  qaaiitati?e  Ver- 
änderongen^  welche  natorgemäls  eriolgeni  und  deren  piöte* 
lichö  Henrorbringang  von  Selten  Jesu  noch  leichter  denk* 
bar  wAre^  als  eine  ebenso  schnelle  Vermehrnng  des  ttuan- 
tnms,  wie  e.  B.  wenn  er  plötEÜch  Most  cn  Wein,  oder 
Wein  ra  Essig  gemacht  haben  würde:  denn  dlefs  wfire 
nur  ein  besehlennigtes  Hindun^hfÜhren  desselben  Tegetabi- 
lischen  SobstratSi  des  Traubensaftes,  durch  rerschiedene 
ihm  natttrlicbe  Zustfindlichkeiten ;  wogegen  es  schon  wnn» 
derbarer  wäre,  wenn  Jesos  deni^.Saft  einer  andern  Pflan« 
Benfracht,  s.  B.  des  Apfels,  die  Qualität  des  Tranbensaftes 
ertheilt  bitte,  ob  er  gleich  hiebei  doch  immer  noch  inner* 
lialb  der  Grfinsen  desselben  Matnrreicbs  stehen  geblieben 
wäre«  EUer  nun  aber,  wo  Wasser  in  Wein  Tcrwandelt 
wird,  ist  Ton  einem  Naturreich  in  das  andere,  Toip  Ele- 
mentarischen  in  das  Vegetabilische  übergesprungen,  ein 
Wunder,  welches  so  weit  Ober  dem  Speisongswunder  steht, 
als  wenn  Jesus  dem  Rath  des  Versuchers  Gehör  gegeben, 
und  aus  Steinen  Brot  gemacht  hätte* 

Auch  auf  diese,  wie  auf  die  vorige  Wonderervählung 
wendet  Olsuausen,  nach  Augnstin'-))  d>®  Kategorie  eines 
beschleunigten  Maturprocesses  an ,  so  dafs  hier  nichts  An- 
dres geschehen  sein  soll^  als  in  accelerlrter  Weise  dassel- 
be, was  in  langsamer  Entwicklung  sich  Jährlich  am  Wein- 
stock darstelle.  Diese  Betrachtungsweise  wäre  in  dem  Fall 
gegründet,  wenn  das  Substrat,  auf  welches  Jesus  ein* 
wirkte,  dasselbe  gewesen  wäre,  aus  welchem  naturgemfib 
der  Wein  henroreugehen  pflegt:  hätte  er  eine  Weinrebe 
Eur  ttänd  genommen,  und  diese  plötzlich  cum  Blühen  und 
Tragen  reifer  Trauben  gebracht,  so  Heise  sich  diefs  ein 
beschleanigter  Natmyroeeft  nennen.    Auch  so  übrigens  häl- 


2)  Ia  Joann.  tract.  8:    Jüii  Diman  ficit  in  nuptiis^  qui  onmi 
afuioJiO€  fmcii  in  vitibm. 


Nevntet  KiiptteL    f.  IM.  Ml 

ten  wir  nooli  keinen  Wetn,  wid  bmchee  Jen»  «im  itr  snr 
Hand  g^enommenen  Rebe  sogleich  aneh  diesen  lierror,  ee 
nurste  er  noch  ein  nnsichlbares  Surrogse  des  Keltern»,  also 
einen  iiesehJennigten  Kohs^rocefk  hIncnfiSgen,  so  dafs  a^i 
so  schon  die  Kategorie  des  l>escblebnigten  Natnrproeesses 
«nsnreicliend  würde.  Doch  wir  hai/en  ja  lieine  Rebe  als 
Substrat  dieser  Weinprodoetion ,  sondern  Wasser  ^  and 
hiebe!  ftiOnnte  Ton  einem  beschleunigten  Natnrproeefs  mv 
darin  mit  Fug  gesprochen  werden,  wenn  jemals  ans  Wa»> 
s er,  sei  es  auch  noch  so  altmlhlig,  Wein  entstände.  Hier 
wird  nun  der  Sache  die  Wendung  gegolten,  dafs  aUerdinga 
aoa  Wasser,  aas  der  durch  Regen  n.  dgl.  In  die  Erde  ge- 
bracbten  Feuchtigkeit,  die  Rebe  ihren  Saft  siehe,  den  ^ 
sofort  sur  Production  der  Tranl>e  und  des  in  ihr  enthal» 
tenen  Weines  verwende,  8o  da(s  folgiieh  allerdings  jähr- 
lich vermöge  eines  natilrlichen  Processes  aus  Wssser  Wein 
entstehe  ^y.  Allein  abgesehen  davon,  dab  das  Wasser  nur 
JÜne  der  elemeotarischen  Poteneen  ist,  welche  die  Rebe 
■Q  ihrer  Fruchtbarkeit  ndtbig  hat,  und  dafs  cn  denselben 
■oeh  Erde,  Luft  und  Licht  hlnBokommen müssen:  so  kdnilte 
•  doch  weder  von  einer,  noch  von  allen  diesen  elementari« 
sehen  Potenaen  Eusasimen  gesagt  werden,  daft  sie  die 
Travbe  oder  den  Wein  hervorbringen ,  dafs  also  Jesus, 
wenn  er  aus  Wasser  Wein  hervorbrachte,  dasselbe,  nur 
schneller,  getban  habe,  was  sich  in  alimähligem  Processe 
jfthrllefa  wiederhole,  sondern  auch  hier  wieder  sind  we* 
sentlieb  v^rscliledene  logische  Kategorieen  verwechselt. 
Wir  mögen  nämlich  das  Verhältnifs  des  Products  zum  Pro* 
dneirenden,  von  welchem  es  sich  hier  handelt,  unter  die 
Kalegorie  ron  Krsft  und  Äusserung,  oder  von  Ursache  und 
Wirkung  stellen:  niemals  wird  gesagt  werden  können^  dafs 

i)  So,  von  OuMAVSBif  gebilligt,  Augustia  s.  s.  O.:  sicai  mim^ 
quod  miurunt  miniäri  in  hydrias^  in  vinum  convsrsum  &st 
optrt  Dominik  $ic  H  tfood  aafrsf /andanl ,  in  vinmn  conveni^ 
iar  9§mdmn  cp$r9  üominL 


tt4  ^  Zweiter  Absehaitt 

daf  Wfisser  die  Kraft  oder  die  Ursache  iei ,  welehe  Tra«-> 
ben  und  Wein  hervorbringe ^  sondern   die  Kraft,   wdcbe 
deren  Entstehung  verursaeht,  ist  immer  nur  die  vegetabi- 
lisehe«  Indiridualltlt  des   Weinstooks ,  zn  welcher  sich   da« 
Wasser  nebst  den  Übrigen  elementarischen  Agensien    n»r. 
wie  die  Sollleitation  sur  Kraft,  wie  die  Veraiilassang  aar 
Drsaclie,   rerhält.    D.  h.  ohne   Einwirkung   Ton   Wasser, 
Lnft  iw  s.  £  kann  allerdings  die  Traube  nicht  entstehen, 
so  wenig   als  ohne  die  Rel>e ;   aber  der   Unterschied  ist , 
daCi  in  der  Rebe  die  Trauiie  an  sich  oder  dem  Keime  nach 
bereits  vorhanden  ist,    welchem  Wasser  u.  s.  f.  nur  awr 
£ntwioblang  verhelfen:   in  diesen  elementarischen  Wesem 
dagegen  i^  die  Traube  weder  aciu  noch  paientia  vorhan-» 
den ,   sie  können  dieselbe  auf  keine  Weise  aus   sich ,  aon* 
•dern  nur  aus  einem  Andern,  der  Rebe,  entwickeln.    Ana 
Wasser  Wein  machen  heifst  i^so  nicht,  eine  Ursache  schnel- 
ler als  auf  natfirUchem  Wege  erfolgen  würde,  sur  Wirk« 
aamkeit  bringen,  sondern  ohne  Ursache,   aus  der  blofsen 
Veranlassung,  die  Wirkung  entstehen  lassen,  oder  bestimai- 
ter  auf  das  Organische  beeogea)   sin  organisches   Product 
ohne  den  producirenden  Organismus  ans  dem   blofsen  un- 
organischen Material,  oder  vielmehr  nur  ans  Einem  Be- 
■  standtheil  dieses  Materials,  hervorrufen ;  ungeflihr  wie  weoii 
Einer  aus  Erde,  ohne  Daswischenkunft  der  Getreidepflaa- 
mej  Brot,  aus  Brot,  ohne  es  vorher  durch  einen  thienschen 
Kiitper  assimiliren  £u  liissen,  Fleisch,  aus  Wein  auf  eben 
dieselbe  Weise  Blut  gemacht  haben  sollte»     Will  man  sieh 
daher  nicht  blofs  auf  das  Unbegreifliche  eines  Allmachta- 
v^orts  Jesu  berufen ,  sondern  mit  Olshauskk  den  Procefa, 
der  in  dem  fraglichen  Wunder  enthalten  sein  müfste,  nadi 
jArt  eines  Maturprocesses  sich  nfiber  bringen ;  so  miifs  man 
nur  nicht,    um  die  Sache  scheinbarer  an   machen,    einen 
Theil  der  dasn  geh(ii-igen  Momente  verschweigen,  sondern 
alle  hervorstellen,  welche  dann  folgende  gewesen  sein  müfs- 
tcn :  I J  2u  dem  elearaatarischen  ageng  4ef  Wassers  mülste 


RfttiltM  KftpiUl.     S.  102.  SS5 

Jmm  dbe  Kmft  der  fibri^eo  oImmi  fenanAten  Elcsente  fr* 
fOgt^  dann  aber  3)  wa«  die  flaupt«acbe  ist^  die  organiacha 
bküridttalität  der  fiebe  ebenso  unsichtbar  berbtigeacbafft 
haben,;  3)  bille  er  non  den  natAjriicben  Proeela  dieser  6e- 
gensUUide  mdM  einander  |  das  Bittben  lind  Frooht tragen  dar 
Aebe  aaaual  dem  Keifen  der  Traube^  1>is  sum  Augenbliek- 
liehen  liesehlennigt;  4)  hierauf  den  Kuostproeefii  des  Prta» 
aeoa  u.  s.  f.  nnaichtbar  and  plötsUeh  geeeheben  lassen^  i^d 
eodlioh  5>  den  weiteren  liatarproceGi  der  <9}||)^u|ig  wind^ 
bia  sQü  Angenblicliiieben  beaehJeuni|gen  fatlaaen«  ./^pfib  hier 
flemnach  ist  die  Beseiebnnng  daa  y^gf^^r^f^p^  ^fr§^i^ 
ala  beaehieonigten  Matqrp|!pee(i|a«,fi||;y<^M^^ij^ 
auilcar  fünfen  hejrgcinoiuiei9>  wiiureqd  ^^j^  wei  unter  die- 
sen 6eiichlap«nl(t  siobgar ^icj^^j^geiit lM«?ii i 7efi.,frei« 
tben  doü^h  die  beiden  eir<^n,  naaMstj^ci^  fiaf  ^^eüef  r^n 
^nam  Belange  sind,  der  selbst  de^  1^  der  Speisnngsge« 
scbicble  von  dieser  VorsleiiQngsweiit|e.fernaebifiss)y^ienAfiH 
»enten  nicht  aukani ;  so  dafs,  also  ?9p  ^fineii»  beseblcaiilg^ 
ten  Uatorproeefs  hier  so  wenig  wie .  dort  die  Rade  seia 
liann  ^>  Da  aber  allerdings  diese  Kategorie  die  einaiga 
oder  £asserste  ist^  unter  welcher  wijr  dcrgleicbep  Vorgin- 
ge unserem  Vorstellen  und  Begieifen  i^|^Mr  bringen  klAk^ 
nen :  $o  ist  mit  der  ünanwendbarkeit  Jener  Kategorie  anch 
die  Dndenkbarkeit  des  Vorgangs  dargeihan« 

Doch  nicht  allein  in  Beang^  auf  die  MdgUel}keif|  soiH 
dem  auch  auf  die  Zwecl&missigfceit  und  ScbickÜebkeit  ist 
das  vorliegende  Wunder  in  Anspruch  genommen  wpfid^«* 
Zwar  der  In  filteren  ')  und  neneren  ^)   Zeitea  gemacbi^ 


4)  Auch  Lücxiy  1,  S.  405}  findet  die  Analogie  ^niit  dem  bc^elclf« 
neten  Naturprocess  mangelhaft  und  undeutlich ,  und  wcitS 
sich  hierüber  nur  dadurch  einigermassen  zu  heruhigen,  das« 
ein  ähnlicher  ühelitand  auch  bei  dem  Speiaungtwundbr  statt« 
finde« 

§)  Bei  Cbrytottomot)  boaül.  in  Josnn.  3f« 

6)  WoouToa,  Ditc.  4. 

IkuUbmJtm^Auß.  //.  Bond.  15 


Mt  Zweiter  Abtelmtet.   ' 

Vomrtit^y  Aiifli  M  Jeia  tmwitiHl^  »«i ,  skA  titeht  iilMn  tu 
fiMelltfehaft  von  Trunkenen  l>etrecen  sir  bnuken^  noncWni 
ihrer  Trankenhele  durch  seine  Wunderiinift  noch  Vorschnb 
Ka  thmi,  ist  aIs  Ofiertrieben  absnweisen,  indem,  trie  cKe 
BrUXrer  mit  Recht  fM^merken ,  aus  dem  ihav  fte9tHTdmi, 
(V.  rO.>,  weiches  der  aoxnqhXivö^  In  Be«o||r  auf  den  ge- 
vrtf hnitchen  Hergang  bei  dergleichen  Mahlen  liemerkt ,  für 
Aaik  damaligen  Fall  nichts  mit  Sicherheit  gefolgert  werden 
i^anhu'  tfo  VtM Jedoch  irfeibt  immer,  was  nicht  allein  Pain 
Lus  irfM  die  PrbbnHllen  7)  bemerldlch  machen,  sondern 
amök  L^dlfir  und  OfcbtfAO^  als  eine  bei*m  ersten  Anbikk 
rieh  anf^rM^Mktt  BdfchUtchkett  Mgest#hen,  däfs  nlmUck 
Jesos  dorih'  AttM  Wunder  nicht ,  wt^  er  sonst  |iflifte, 
tr^nd'  einer  NoA^  i^lMui  wirklichen  Bedtlrfnifii  ahbalf, 
sonderh  tMt  Vt^ik  Vf^Uit^n  Rein  der  Lust  herbeischaAe; 
nicht  sowohl  htlfiMcffi,  als  rleimehr  geiUlIg  sich  erwies; 
mehr  nlir  so  an  sa^eilk  ein  Luxusnirnnderi  ah  ein  wirklich 
wohlUiltftges  VMMcBMIe.  Sagt  man  Mer ,  es  sei  ein  binrei- 
.  chendielr  Zweck  d^s  Wunders  gewesen ,  den  Glauben  der 
JOnger  an  befi^gM  ^)  was  nach  V.  11.  auch  wirklich 
die  Ifolgli  *war:  so  mnfs  man  sich  erinnern,  dafii  bei  dea 
llbrigeh  Wunlibrtr  Jesu  in  der  Regel  nicht  allein  das  Fsr- 
male  dersellren*,  Vi*,  h.  daGi  sie  ausserordentliche  Erfolge 
waren ,  etwas-  Wllnschenswerthes ,  nftmlleh  den  6lsuben 
der  Anwesenden,  uur  Eolge  hatte,  sondern  auch  ihre» 
Materialen ,  d.  h«  daTs^sib  in  Heilungen,  Speisuitgen  u.  dgl. 
IMfifftoden ,  eine  ¥rohlthi^e  Absichi  num  Grunde  lag.  Bei 
-ileilr  j^enwXrfigen  Wunder  fehlt  diese  Seile ,  und  PariiOS 
hat  so  Unrecht  nicht ,  wenn  er  auf  den  Widersprach  auf- 
merksam  macht,  welcher  darin  Hege,  dafs  Jesus swar  deai 
Versucher  gegenüber  jede  Aufforderung  au  solchen  Wan- 
darn, die^   ohne  nuiteriell  wohlthlitig,  und  durch  ein  dria- 


7)  p.  42. 

S)  Tmoluck,  X.  d.  St. 


fMidbt  ^e^Ufarfiiir«  gefc^deH  Mt  adbi^  imr foraiill etwA  GU»* 
ben  Süd  Bswmideraiif  wirken  fcöimleii,  «bgewietMy  wid 
um  ibeh  ein  «olebM  Wsiider  jethan  habra  ^nUü'). 

Mao  w«r  daher  ittfreaetHrellttiitbereette  aef  die  Wen« 

dttng  angewieeeii)  niebt  ülaaben  ttberbaopr,  fi^lel^r  ebei^ 

00  gat  oder  ^noeh  beeeer  ditreh  eine  aiaek  aMderiell  wolii- 

thfttige  WnnderhandloRg  SQ  bewirken  war,  •oadem  eine 

finz  «peeieUe,  eben  nar  dnreh  dieeee  Wunder  au  bewir» 

bände  Uberaengimg  liabe  Jesne  darcb  daeeelbe  ber? orbrin-» 

gen  wellen«    Und  hier  lag  nun  niUtte  näher,  als  darch  den 

tiegeoaaia  von  Waeeer  and  Wün ,  am  weMien  eleh  dae 

Wmider  Arehl,  an  den  Gegeneala  awlfeban  deai  ßcmtlimif 

er  vdttTi  (Mattk  «,  IL)»  ^r  angldcb  ai«  tävop  /ii]  nhm 

\rar  (Lne»  1,  IS.    MettL  II,  !&)>  oad  demjenigen»  Wal« 

aber,  wie  er  ndt  deai  beUigen  Oeiel  %aod  arfi  ITeiier  tanftt^ 

so  aaab  die  fenrige,,  geisiraiebe  Fracht   des  Wainstoebe 

sieb  nialit  rersagley  and  daher  oivOTmijg  ge«ehollen  ward 

(Mnitli»  11,  Itl.),  erinnert  an  werden,  am  so  aiebr,  ibi  das 

tierte  fivangettani ,  welabes  die  firafiblnag  von  der  Boalk 

seit  an  Kana  enthält,   in  seinen  ersten  Absehoitten  beson« 

dara die Tendena neigt,  raai  TänCer  aa  Jesa  berüberanftb- 

reu*    Daher  haben  denn  lUiDEa  <<>)  mnd  naeh  ihm  einige 

Andere  '>)  angenOBMnen,  Jesus  habe  durch  jenes  Vorneb* 

meii  srtnen.  Jtngern,    von  welehen  awhrf^re  vorher  Seht»» 

1er  des  Tänfisrs  gewesen  waren,   das   Verbälcnifs  seinei 

Geistes  nnd  Amtes  an  dem  des  Johaunes  versinnlichen, 

umd  den  Anetoft,  weleben  sie  etwa  an  seiner  liberaleren 

Lebensweise  nebnen  moebten^  doveh  das  Wander  nieder* 

aeUagen  wallen.    Alleia  hier  tritt  nun  das|(»nige  ein,  waa 


9)  CoBuH.  4,  S.  151  f. 

io)  VonGsItet  Sohn  u.  ••  t  ttMch  Jolisiinet  Bvingelitttt^  3.  fSl  t 
11)  G.  C;  PtiTr,  Über  die  Verwandliulg  des  Wassers  in  Weia, 

bi  Siitmm't  Msgsxia,  14*  SlUck,  S.  86 1    Ouhavsbii  s.  s.  O« 

8.  75  f. 


tM  Zweiter  Absctinltt. 

gtAiplifalls  Mliitt  Freunde  dieser  Awlegiing  als  aaibyend  her» 
vorhebett  ^*)  ^  AaSs  Jesus  das-sinnbiidliche  Wuiidor  niohc  be« 
iiOtftf,  fini  dnreh  erläaternde  Reden  seine  Jfing^^r  Ober  sein 
\VrhäUiii&  ftora  Täufer  nufsuklXren.  Wie  ndthig  eine  sol- 
rhe  Anstegung  vrar^  wenn  das  Wunder  nidit  feinen  spe* 
«ieilen  Zweck  verfehlen  sqilte,  erhellt  sogleich  darans,  4lars 
der  Referent  nach  V.  11.  dasselbe  gar  nicht  in  iiiesem 
Sinn  y  als  Veninschaulichung  einer  besondern  Maxime  Je- 
en,  sondern  gana  allgeaiein,  als  qxxveQwaig  seiner  do^a^  ver- 
BfajidiPii  hat'.').  War  also  doch  jene  specicile  Verstftndi- 
gttng  Jesu  Zweck  bei  dem  vorliegenden  Wander,  so  hat 
ihn  der  Verfasser  «des  vierten  Evangeliums,  d.  h.  nach  der 
.VeraussetiBung  jener  firkUrer  sein  empfingliehster  Sclrüler^ 
mifsverstanden^'Und  Jesus,  diesem  Mifsverstlndnils  voriMc* 
.  beugen  I  auf  uns  weck  inäfsige^  Weise  versäumt;  oder,  wen« 
man  dieses  Beides  nicht  annehmen  will,  so  bleibt  es  dabei, 
dafs  Jesus  den  allgemeinen  Zwecli,  seine  Wunderkraft  e« 
Migen,  gegen  seine  sonstige  Weise  durch  eine  Handlung 
ftu  erreichen  gesucht  bitte,  an  deren  Stelle  er  eine  nütssli« 
obere  scheint  haben  setsen  au  können. 

Auch  das  unverhNitnifsmäfidge  Quantum  Weins,  wel- 
ches Jesus  den  Grasten  gewährt,  muts  in  Erstaunen  setseo. 
0  Krtfge,  Jeder  2  bis  S  (xezQr/cas  fassend,  gfiben,  wenn  dep 
4em  hebräischen  iSath  entsprechende  attische  ftttQij^^g^ 
Bu  \\h  rijmischen  amphürii  oder  21  WOrtembergisoben 
Maafiien,  verstanden  ist,  252-  378  Maafs  <'^).  Welches  Quait* 
tum  für  eine  tiesellsohaft ,  die  l>ereits  aiemlich  getrunken 
hatte !  Welche  ungeheuren  Krfige !  ruft  auch  Dr.  Paulus 
aus,  und  wendet  nun  AUes  a%  um  die  Maalsangabe  des  Tex- 


12)  Olsiiausin,  a.  a.  0. 

13)  Auch  LUcni  findet  jene  symbolische  Deutung  £U  weit  herge- 
holt, und  KU  wenig  Im  Tone  der  Erzählung  begründet.  S.  406. 

14)  WvKM,  de  pondcrum,  mensurarum  etc.  rationibus  iq>.  Rem* 
et  Graee.  p.  125.  126.    VgL  LCcr»,  ^.  d.  St. 


Pfaiinlet  KfipikeL    $.102.  'tA 

tt8  m  verkkinem.  Auf  itie  sprachwidrigste  Weise  irfeU^ 
er  dem  ara  statt  seiner  dfstrffcii(iven  einer  sosamnieiifiisseiir» 
de  BedeolMiig)  ao  dafs  die  6  Hydrieii  nicht  Jede,  sondert» 
aasanmen  2  bis  S  M etreten  entfiahen  haben  sollen  y  nnd 
.aneh  OLSBAüSEif  getröstet  sieb  nach  Ssmlkr  dessen ,  dnf« 
^nb^iids  beaiarktaei;  das  Waiser  aller  Krüge  sei  in  Welii 
verwandelt  worden.  Allein  das  sind  AnillOehte:  wem  dtis 
Herbeisehaffttng  eines  sn  rersehwenderisch  and  geftihrlicli 
groben  Quantums  von  Selten  Jesu  anglaabllch  ist,  dermnlk 
daraus  auf  einen  unhiatorlschen  Charakter  der  ganzen  Br«i 
B&hlung  sehliefsen. 

Eigen^thilmllche  Schwierigkeit  macht  bei  dieser  Er^ 
Bihlnng  auch  das  Verliäitnif!«,  in  welches  sieJesam  au  set« 
nw  Matter  und  diese  su  Ihm  setst.  Nach  des  EVangelistefi 
aasdrftoklleher  Angabe  war  dieses  Wonder  die  aQx»}  tcSi^ 
arjifltaf  Jesu:  and  doch  sXhlt  seine  Matter  so  bestimmt 
dftrauf^  er  werde  hier  ein  Wonder  thoi^,  daft  sie  ihm  den 
eingetretenen  Weinmangel  nur  anseigen  £u  dürfen  glaobt, 
um  ihn  ou  fibernatttriicher  Abhfilfe  au  bewege^i,  und  selbst 
als  sie  eine  abwelseiidie  Antwort  erhUlt,  verliert  sie  dieso 
lloflhung  so  wenig ,  dafs  sie  den  Dienern  Anweisung  giebt^ 
der  Winke  ihres  Sohnes  gewitrtig  an  sein  (V.  3.  ftO-  Wie 
sollen  wir  diese  Erwartung  eines  Wunders  bei  Jesu  Mut<^ 
ter erklären?  sollen  wir  diejobanneische  Angabe,  die  Was^ 
serverwandlung  sei  das  erste  2ieieben  Jesu  gewesen ,  nur 
auf  die  Zeil  seines  Öffentlichen  Lebens  besiehen ,  für  seino 
Jugend  aber  die  Jipokryphischen  Wunder  der  Kindbeits«  ( 
evaofklSea  voranssetoen  ?  oder  wenn  diefs  schon  Chrjrsosto-v  ' 
mos  aüt  Recht  su  unkrttiscb  gefunden  hat'^),  sollen  wiv 
lieber  vermathen,  Maria  habe,  vermöge  ihrer  durch  dio 
Zeichen  bei  Jesu  Geburt  bewirkten  Übersengang,  dafs  ei^ 
der  Messias  sei,  auch  Wunder  von  ihm  em artet,  nnd,  wi« 
vielUlcht  acbou  bei  einigen  froheren  y  so  nun  auch  bei  di%« 


IfillUoaiü.  ia  Joson.  x.  d.  St« 


JEw^Iter  AbtohoUt 

iem  iUilalk,  wo  dfo  Verlegenheit  grefii  wer,  eine  Prehe  Je- 
ner Kraft  rou  tbie   rerlaiigt  *^)?     Weav  mir  Jene  frfllie 
Übersee)ping  dar  Angehörigen  Jesu  yon  seiner  Ifeeilaiii^ 
lit  In  etwas  wabrtehelnlleher,  nn4  nenentlieh  itle  ^ntaerer- 
dentltehen  Ereignisse  der  Kindheit,  dnrob  welobe  ele  herrer*. 
gebreebt  worden  sein  soU ,   mehr  bo^laulrfgt  wiren !    wetm 
neoh  komoU«  dnCs»  aneh  den  Oianhen  der  Marie  en  die 
Wnnderliraft  Ihres  Sohnes  roransgesetat,  lamer  nieht  er- 
bellt, wie  sie  nneraohtet  seiner  aliweisenden  Antwort  doeh 
noeh  nnrersiehtlleb  erwarten  konnte  >  er  werde  gerade  bei 
dieser  Uelegenhelt  sein  erstes  Wnnder  thnn ,  nnd  besdsiBU 
nn  wissen  glaubent    er  werde  es  gerade  so  tbnn ,  dafs  sp 
die  Oleiter  dann  gebrauchen  wOrde.     Die(s  bestimmte  Wit^ 
Sf  n  dar  Maria  selbst  nm  die  Modalitit  des  en  rerriohtenden 
Wunders  scheint  auf  eine  rorangegangene  Srdffnung  Je- 
su gegen  sie  an  deuten,  und  so  seret  OtsHAceiM  roraas, 
Jesus  habe  seiner  Mutter  ilier  das  Wunder,   das  er  ver- 
bette,  einen  Winli  gegeben  gehabt.    Wann  aber  soUle  die« 
so  Kr^oan^'  gesebeben  sein?    sobon  wie  sie  en  der  Hosh- 
IMit  giengen  t    da  mafste  also  Jesus  rorausgeseken  bebeO| 
darsesan  Wein  gebrechen  wttrde.  In  weleheni  Falle  dann 
über  Marie  nicht  wie  ron  einer  unerwarteten  Verlegeebeit 
ihn  ron  dem  oho^  ix  üx^ai  In  Kenntntfs  setzen  koasie. 
Oller  erst  niudl  dlesm*  Anseige,  also  in  Verbindung  mit  den 
Werten:   %l  ifiol  jfcfi  aoi  yiWt;  x.  t.  il;l  eher  birmlt  l«f<^ 
ßlcih'  eine .  so  entgegengesetete  Erfiflhnng  gar  nicht  in  Ver- 
bindung  denken ,  men   mftlste  sich  denn  die  abweiseiuieM 
Worte  laut,    die  snsagenden  aber  leise,  blols  flhr'Mari«) 
gesprochen    rorstellen,    wes   eine    Komtfdie    yeranstslteu 
blefie.    Begreift  man  somit  auf  keine  Welse,  wie  Muria  ein 
Wunder,  und  geevide  ein  solches,   erwarten  konnte ,  lo 
lieTie  sich  der  ersteren  Schwierigkeit  awar  durch  die  Anosb- 
me  scheinbiup  enswolcb^,  M§  Merta  nicblia  firwwpwj 


16}  Tmoi,v<;ic,  «.  d,  8^ 


Mmiic««  Kapitän  '%  iw.  tM 

WMrieMi,  «»iMiAni.  «M  so»  wfe  ito  4tU  im  dkn 
•ehwierigeii  Ffillen  bei  liireoi  Soboe  ftftCht.crboUft^  «Ml 
MMk  im  diatMi  •  «ü  Umi  gew^adec  bdbe  ^^)i.  tihtr  BÜitm 
£r«riodariMig,  saigty  d«fii  er  ki  de«  W«Mrt#o  ceiMr*])PMtter 
dim  AoSordarniif  ra  eiMa^.Wwider  ^efvii^Ni  Jimitf,  -ja»4 
«Hie  Anwekong^  welobe  Maria  dea  Dieuem  glebft^fUtik 
ahaehio  faei.dieier  Aannhoie  uiierklfirt; 

Oia  ErwlederoQg  Jega  aitf  die  AnaiabaiiagteiaanlMUuU. 
ter  i\,  4»)  ist  eb#a«o  aft  a«if  flbeririebene  Weiaegetodeh  '  ^X 
als  aaf  oageattgende  gereebtferligt  worden.  Mmm  iMg  iak* 
■Barhia  ««geii^  da«  bebriUtehe  7^}  "y^Qj  dem  das  t^  c/iol 
xaJ  (Tol  eatopreoke,  keanne  m.  SL  t.  San.  16, 10.  aueh  ala 
geiiader  Tadei  vor  'Oi  oder  sieb  darauf  berafeo,  daft  mit 
«Um  AoiCaantriU  Jeen  aeiii  Verhilmift  aar  Malier,  wae  dta 
Wirkaaaikett  betrift,  stob  g^ni  habe  ^^)i  gewUs  dnrfta 
deah  Jeaaa  aaf  die  Gelegenheiten  ,  ariae  WandenBaehl  ia 
Aawendang  aa  bringen,  aut  Beacheideolieit  a«fiiierlLuiHa 
geiaaelit  werdea ,  and  so  wenig  derjenige ,  weicher  ihn  el« 
mm  KrankheilafaU  mie  hiiuBvgefagter  BiUa  am  |llllfc  aa« 
aaigte ,  eiae  SebaiAhuag  verdiente ,  eo  wenig  and  noch  we« 
alger  Maria,  weno  aie  einen  eingetretenen  Mangel  mit  blola 
kinsagedaebfter  Bitte  an  AbhAife'sn  seiner  Keaatnifa  braelw 
tew»  fila  Aaderee  wäre  et  gewesen,  wenn  Jesus  den  Fall 
a&ebt  geeignet,  eder  gar  onwttrdig  gefnndea  bitte,  ela  Woa« 
der  aa  denselben  an  knüpfen:  dann  hlttte  er  die  aaffor^ 
derade  Aaseige  als  fUiaang  aa  falseher  WundeHbltiglLeit 
(wie  ia  der  Veraueliangsgesehiebte)  hart  abweisen  ndgen  ; 
sa  hiagegea,  da  er  bald  darauf  duroh  die  That  neigte ,  da& 
er  dea  Anlafii  allerdiags  eines  Wanders  werth  finde,  ist 
lehleehtardJMgs  aleht  eiauusefaeai  wie  er  der  Mutter  Una 


17>  HsMt,  Getobicbte  letu,  1,  S.  136^    Vgl.  such  Cmtib^  v  d«  St^ 

t8>  Zp  B^  Ton  WooLSTOJi  «•  a«  O. 

10)  Flatt,  a.  a.  O.  S.  90^  Tmolugk,  i.  d.  St* 


Aiiwig«,  Mftkmpmr  yMMAit ainlge  kmgmktUkn  mmti^ 
Im  kMi)  ▼•nUnkM  kannte  ^'). 

Dm  uhlrelehra  Sdiwi«rigkeilMi  4w  topMiiatvrallttS- 
sehen  AaflhMUftg  bat  nui»  avch  htor  dnreh  Mtlfirlielie  De»* 
.  tMig  der  Geeohfehfe  ev  eetfltehen  vemaehL  Ven  der.SMe 
eiMgehend,  Amü  bei  |ll4iiielieii  HonhRMtaa  OetcWenke  tta 
Wetn  oder  Öl  gewMinlieh  waren ,  ond  davon ,  däfii  JeMie, 
der  ft  nevfeworbene  Sohiler  als  nngeladene  Gifte  allbraeb« 
U^  eioen  Mangel  an  Wein  yorantaeben  konnte,  nimmt  aaa 
an,  de«  Seberaes  wegen  habe  Jetn«  sein  Oesohenk  anf  an* 
erwartete  und  geheimnisvolle  Welse  anbringen  wollen.  Die 
do^Of  welebe  er  dnroh  diese  Handlnng  offiMibarte,  ist  hie» 
naeh  nur  seine  Humanitit,  welche  gehMgen  Ortes  anck 
einen  Spafs  au  nmehen  nicht  verschmähte;  die  fügigy  die 
er  sich  dadurch  bei  seinen  Jüngern  anwege  brachte ,  Ist 
das  freudige  Ansohlielsen  an  einen  Mann ,  weleher  niehCs 
von  dem  dräckenden  Ernste  neigte,  den  man  sich  vom 
Messias  prognosticirts.  Die  Matter  wubte  um  den  Vor- 
sata  des  Sohnes  und  mahnt  ihn ,  wie  es  ihr  Zeit  sehlsn, 
denselben  nur  Ansftihrong  au  bringen;  er  aber  erinneK 
sie  schaffend,  ihm  nicht  darch  Vorschnelllgkelt  den  Spsfii 
au  verderben.  Daft  er  Wasser  einschöpifen  liels ,  scheint 
KU  der  schershaftea  Tfiuschung  gehört  an  haben ,  %veiobs 
er  beabsichtigte ;  dafs ,  als  auf  fiinraal  Wein  statt  Wss- 
sers  in  den  Kpdgen  sich  fand,  diefs  filr  eine  wonderbsre 
Verwandlung  gehalten  wurde,  ist  leicht  begreiflich  lu  ei- 
?ier  späten  Nachtstunde,  wo  man  schon  alemJlch  geImnkiMi 
hatte;  da(s  endlich  Jesus  die  Bochaeltlente  aber  den  wali* 
ren  Thatbestand  nicht  anfklärte,  war  die  natilrilche  Coti» 
aequena,  die  hervorgebrachte  soberahafite  Tiusehung  nicht 
selbst  aerstören  an  wollen  ^^>    Wie  fibrlgens  die  Sachs 


%\)  Vgl,  auch  die  Probsbilien,  p.  41  f. 

a^)  Pavivs,  Gomm,  4,  S.  150  ff.;    Lp.  h  I,  «,  S.  169  ff«i   N«^* 
U«hc  C^ivbiclil^i  h  ^*  ^1  ^« 


I,  diw^b  Wdobe  VeniMltlliing  J«nnr  dw  Wifii 
an  die  Stalle  im  Wagaers  gebracht^  dieCi,  mehit  PäVLVBj 
laate  akA  nfeht  mehr  aiteniaelien ;  genog ,  wen«  «vir  wie- 
iMi ,  dbflr  iUlea  oatllrtieii  vor  alch  gegaagen  Ml.  Da  aber 
.nmb  jJerAiMWihnie  «tteset  Auslegers  der  Erangattst  sieh  der 
NetSfflhihkelt  des  Erfolgs  im  AUgemeloen  bewura»  wwf^ 
yßmmmlmlfet  «na  kelneii  Wink  darttber  gegeben?  Wi^te 
er  anefa  den  Leseni  die  Oberrasohang  lierelteii  ^  welehe  Je- 
ans den  Zneohanem  bereitet  hatte:  so  mobte  er  sie  doeh 
hioterber  anflftsen  y  aas  die  Tinsehang  nieht  bleibend  an 
Biaehen.  Namentlich  durfte  er  nicht  den  irrefitbrenden 
Anadrdißk  gebraeehen^  da(s  Jesua  dnrch  diesen  Aet  Ttjv 
do^ixv  avtS  (V)  llOi  was  in  der  Sprache  seines  Evangelinnis 
■nr  dessen  Mhera  Wflrde  bedeuten  kann,  geoffenbart  ha« 
be;  er  durfte  den  Torfall  kein  ai^fielov  nennen,  was  ein 
ÜbemakOrllehea  tnrbkirt;  er  durfke  endtich  niieht  durch 
dei|  Ausdruck :  to  vdcjf  olvov  feyeyijfiivoy  ( V,  9.),  noch  we- 
niger unten  (4,  4^)  durch  die  Beaeichnung  Kana's  mit 
Smr  inobjatv  vdiaq  ohov,  den  Schein  erregen ,  als  stimmte 
er  der  wunderhafken  Auffassung  des  Vorgangs  bei  ^O*  Die- 
se Schwierigkeiten  suchte  der  Verfasser  der  natürlichen 
(Besohlehte  durch  die  Einräumung  au  umgehen,  dafs  der 
ftefereot  selbst,  Johannes,  die  Sache  fttr  ein  Wunder  an- 
gesehen halM  and  als  solches  ersähle.  Indefs,  abgesehen 
▼on  der  unwürdigen  Art,  wie  er  diesen  Irrthum  des  Evan- 
gelisten erklärt  ^^),  wäre  es  von  Jesu  nicht  wohl  denkbar, 
dafs  er  auch  seine  Schaler  in  der  Täuschung  der  übrigen 
ttäste  erhalten,  und  nicht  wenigstens  ihnen  eine  Aufklä- 
rung über  den  wirklieben  Hergang  der  Sache  gegeben  ha- 
ben sollte.  ManmAftte  daher  annehipen,  der  Referent  die- 
ses Vorflalla  im  vierten  ErangeÜum  sei  keiner  von  Jesu 


25)  Vgt  liierttber  Flatt,  s.  a.  O.  S.  77  ff.  und  LUcks,  x.  d.  Absch. 
34)  Er  glebt  dem  fit^wta^at  V,  |0,   eiaa  Beziebung  auch  auf 
den  Jsbsimet« 


*"*'^- 


Üt  ZwelUr  ^lAoliAUt» 

pielvM«rn  f»w«teii,  was  Jeiloeh  fibar  die  Sf\&m  iimmf  Ua- 
lü&rottgtweise  hinavtgehi.  Dooh  auch  Bogc|gebei|,  4aü  der 
Rafertfttl  selbst,  wer  er  InaMr  sei»  nöge»  In  der  Tioscbiuy 
derer,  welsbe  ia  dem  Vorgang  ein  Waader  «alieMi»,ib^{aii^ 
gea  gewesen  sei,  wobei  also  seine  Daralelleiigrfyyeifro  jwd, 
die  Too  Üim  gebrauefaleli  Aosdraeke  begreifli<rfk.W!*r4w» 
ee  Ist  Jesn  Verfahren  and  Handlungsweise  desto  JMbngnUi 
Iklier,  wenn  kein  wirlLlicbes  Wander  ka  Spiele  wen.  Weraa» 
rMitete  er  die  Darbringang  des  tteschenks  mit  reffinirteos 
Fleilse  so  ein,  dab  es  als  wanderbare  Bescbeerang .er- 
seheinen malste?  warum  liefs  er  namentlich  .die  GefUfse, 
in  welche  er  sofort  den  W^n  su  bringen  im  Sinnk  hatts^ 
Torher  mit  Wasser  voll  machen  y  dessen  nothwendige  Wie- 
derentfemnng  am  anbemerkten  Vornehmen  der  Sache  nnr 
hinderlich  sein  konntet  wenn  man  nicht  mit  WooLSTONan* 
nehmen  will ,  er  habe  dem  Wasser  nur  durch  BUgego«sene 
Liqueare  einen  Welngeschoi^k  ertheilt.  Das  Gefühl  die* 
ser  doppelten  Schwierigkeit ,  theils  das  Hineiabrii^ea  dae 
W^s  in  die  bereits  mit  Wasser  gefüllten  Krüge  denkbar 
an  machen,  theils  Jesum  ?on  dem  Verdachte  freiausprechen^ 
als  hfitte  er  den  Schein  einer  wunderbaren  Verwandlung 
des  Wassers  erregen  wollen^  mag  es  geU^esen  sein,  was  den 
Verfasser  der  natfirlichen  üescfaichte  beweg ,  den  Zusana- 
uienhang  a wischen  dem  eingefüllten  Wasser  und  dem  »41&- 
ter  anm  Vorschein  gekommenen  Wein  gana  au  aerreissen 
durch  die  Annahme,  das  Wasser  habe  Jesus  holen  lassen, 
weil  es  auch  daran  fehlte,  un^d  er  den  wohkhKtigen  tie- 
braocb  des  Waschene  vor  and  nach  der  Tafel  empfidiien 
wollte ,  den  Wein  al»er  habe  er  hernach  ans  einer  anstaa- 
senden  Kaauaer,  wn^hin  er  ihn  gestellt  hatte,  iierbeibria- 
gen  lassen  —  eine  Auffassung ,  bei  wekher  fi*eilich  entwe* 
der  die  Trunkenheit  s&mmtlicher  GAste  und  namentlich  dea 
Ue^ferenten  als  aiemlicb  bedeutend  angenommen  werden 
mClfste,  wenn  sie  den  aas  der  Kammer  gebrachten  Wein 
liu*  einen  auj»  den    Wassei*la*ü|(en  geschupften  augcöobea 


bftben  üHbOj^  otlar  dfo  flosobende  Tenmttaftunf  4«mi  «fb 
•ehr  Mn  angtlegt,  was  ntt  «einer  sonstigen  Geradheit  sich 
niofat  rertrffgt. 

In  dieser  Klemme  swfsohen  der  sopranetoraBstischen  «nd 
^r  natürtlehen  Erklärung ,  yon  welchen  auch  hier  die  ein  m 
'vrenfg  ah  dfe  andre  genfigen  klinn ,  mfifsten  wir  nm  mll 
dem  neoestea  Ansleger  des  vierten  Evangelloms  warten^ 
9,bts  es  Gott  gefüllt,  daroh  weitere  Entwicklungen  des  he« 
sonnenen  christlichen  Denkens  die  Lösang  dieser  Rithsel 
mn  allgemeiner  Befriedigung  herbeiaafllhren  •*)«,  wenn 
uns  nicht  ein  Ausweg  schon  dadurch  angeselgt'wire,  daft 
^^ir  die  betrefibnde  Geschichte  nur  l)el  dem  Einen  Jo- 
liannes  finden.  War  sie,  eineig  In  ihrer  Art  wie  sie  ist> 
Kugleich  das  erste  Zeichen  Jesu,  so  mufste  sie,  wenn  auch 
damals  noch  nicht  alle  Zwfilfe  mit  Jesu  waren,  doch  die- 
sen allen  beliannt  werden,  und  wenn  auch  unter  den  llbri« 
gen  Erangelisten  kein  Apostel  Ist,  doch  in  die  idlgemeine 
Tradition  und  von  da  in  die  synoptischen  Aufzeichnungen 
übergehen:  so,  da  sie  nur  Johannes  hat,  scheint  die  An- 
nahme, dafs  sie  in  einem  den  Synoptikern  unbekannten  Sa- 
gengebiet  erst  entstanden ,  leichter  als  die  andere,  dafs  sie 
aus  dem  ihrigen  so  frflhseitig  verschwunden  sei ;  es'  kommt 
nur  darauf  an,  ob  wir  im  Stande  sind,  nachcuweisen ,  wie 
auch  ohne  historischen  Grund  eine  solche  Sage  sich  gestal- 
ten konnte.  Kaiser  verweist  hiefUr  auf  den  abenteuerli- 
chen Geist  des  verwandelnden  Orients:  aber  diese  Iiistans 
kt  so  uhbestimmt,  da(s  Kaiser  allerdings  noch  die  Voraus- 
aetsung  eines  wirklich  vorgefallenen  humanen  ScherEcs  Jesu 
pIKhig  hat  '^,  womit  er  in  der  unglUcklichen  Mitte  bwI- 
achen  myAiscber  und  natürlicher  Erklftrung  stehen  bleibt, 
uns  welcher  man  nicht  eher  lierauskonunt ,  als  bis  man  be- 
atlountere ,  lUUier  liegende  mythische  Anhelto-  und  Eotste- 


15)  L9CKS,  S.  407. 

16}  hU)i.  Tb^pU  1,  S.  W), 


IM  Zweiter  Alitohiiiti. 

iMiiifqHiiikte  für  etne  ^rafthlang  herbelsusoliaffentm  Stanile 
ige  Ia  gegenwärtigen  Falie  nnn  brencht  mu  weder  bei'« 
Orient  überhaupt,  noch  bei  Verwandlangen  im  Ailgeici- 
nea  e teben  sa  bleiben ,  da  stob  bestimmt  Wasserrerwand- 
longen  im  engeren  Kreise  der  hebrfiischen  Urgeschichte 
finde«*  Neben  einigen  Krsählongen,  dab  Moses  den  IsraS- 
l\fy^  in  der  Wttste  ans  dürrem  Felsen  Wasser  .verschafft 
luibe  (2  Mos.  17,  1  ff .  4  Hos.  M,  1  ff.) ;  eine  Wasser- 
bescheerangi  welche  |  nachdem  eie  in  modifioirter  Weise 
aich  in  der  Geschichte  Simson's  wiederholt  hatte  cRicht.  15, 
18  f.),  auch  in  die  messianischen  Erwartungen  Übergetra- 
gen wurde  ^^);  ist  die  erste  dem  Moses  sugeschrlebene 
Wasserverwandinng  Jene  Umwandlung  alles  Wassers  in 
Ägypten  in  Blut,  welche  unter  den  sogenannten  sehn  l'la- 
geii  aufgeführt  wird  (2  Mos.  7,  17  ff.).  Neben  dieser 
mutaiio  in  deieriua  findet  sich  aber  in  der  Geschiclite  des 
Moses  auch  eine  am  Wasser  volleogene  muialio  in  melius^ 
indem  er  bitteres  Wasser  nach  Jehova's  Anweisung  süfs 
machte  (2.  Mos.  14,  23  ff.>,  wie  sptfter  auch  Elisa  ein  un« 
gesundes  Wasser  gut  und  unschfidlich  gemacht  haben  «oll 
(2  Kön.  2, 19  ff.).  Wie,  laut  der  angeführten  rabbinischen 
Scelle,  die  Wasserbescheerung,  so  scheint  unsrer  johaanet- 
sehen  Ereählung  aufoige  auch  die  Wasserrerwandlung  von 
Kloses .  und  den  Propheten  auf  den  Messias  fibergetragen 
worden  eu  sein,  mit  denjenigen  Modificatlonen  jedoch,  wel* 
che  in  der  Natur  der  Sache  lagen.  Konnte  nämlich  auf 
der  einen  Seite  eine  VerKnderung  des  Wassers  in*s  Schlim- 
mere, wie  jene  mosaische  Verwandlung  desselben  in  Blut, 
konnte  ein  solches  Strafwnnder  dem  milden  Geiste  des  als 
Messias  erkannten  Jesus  nicht  wohl  angemessen  gefunden 


27)  In  der  Band  1,  $.  14.  angeführten  Stelle  aus  Midrasoh  Ke« 
heleth  heisst  es  unter  Anderem:  Goet^primus  —  ascenderc 
fecit  puteum  :*  sie  quoquß  Goel  pöstremm  a^endere  facUt 
aquas  9tc. 


w«nlen;  sa  komite  andrerMÜt  «Ine  solche  Ttrindtnmg 
ImW  Bessere^  welehe^  wie  die  Vertreibung  der  Bitterkeit 
eder  SebldlicbLeit^  ionerlieib  der  spe€ie$  de#  Waiifreste« 
ben  blieb)  and  nieht^  wie  jene  Vwwandlting  Sn  Bkit^  die 
Sab^taiui  des  Waciert  selbst  ünderte,  fikr  des  Meesiss 
migenfigend .  erseheiaen ;  beides  etissiaB»engeneflMien  »ebev, 
eise  VerXnmrong  des^  Wassers  in*s  Bessere,  welebesn- 
gleich  eine  speclfisehe  VeräBderang  seiner  SalMtans  wife, 
■infsre  beinahe  ren  selbst  eine  Verwandlnng  in  Wei&  ge« 
ben.  Ditse  ist  bob  von  Johannes  so  ercfihlt,  wie  es  «war 
nieht  der  WirklielilLeit,  am  so  mehr  aber  dem  Geiste  seines 
£rangeliiHBS  angemessen  gefunden  werden  mnfs.  Dean 
so  andenkbar,  gesebiehtlich  betrachtet,  die  Hfirte  Jes^  ge- 
gen seine  Blatter  erscheint:  so  gana  im  Geiste  des  vierton 
JKfStfigeliams  Ist  es ,  seine  Erhabenheit  als  des  gdttÜchen 
Xoyog  dareh  dn  solches  Benehmen  gegen  Bittende  (wie 
Joift.  4,  48.),  und  selbst  gegen  seine  Mutter,  auf  die  Spitte 
an  steilen -^).  £benso  im  Gieiste  dieses  Evangelisten  ist 
es  aneh,  den  festen  Glauben,  welchen  Maria  uneraelitet 
der  abweisenden  Antwort  Jesu  bebielr,  dadurch  herausau- 
liel>en)  dafs  er  sie  in  einer  historisch  unmögliehen  Ahnnng 
selbst  von  der  Art  und  Weise,  wie  Jesus  das  Wunder  ver* 
Hellten  würde,*  die  oben  besprochene  Anweisung  den  Die- 
gelien  Ififst. 


S*  1U3. 
Jesus  verwünscht  einen,  unfruchtbaren  Feigenbaum. 
*  Die  Aneiidote  von  dem  Feigenbaum,  walclien  Jesus, 
weil  er,  hungrig,  keine  FrOchte  auf  ihm  fand,  durch  sein 
Wort  verdorren  machte,  ist  den  awei  ersten  Evangelien 
elgeathömlich  (Matth.  21, 18  ff.  Marc.  11, 12  ff.),  wird  aber 
von  ihnen  mit  Abweichungen  erslhlt,  welche  auf  die  An- 
sieht von  der  Sache  von  Einfluis  sind.    Und  swar  schien 


28)  Vfl.  die  Frobabiüen,  s.  s.  O. 


Zweiter  Abtehaiit. 

^  eltie  dieser  AWelelraifgea  det  Markoe  won  Hbuhiw 
'der  Btftttrliehen  firkltfrang  so  gOnsUg  eu  seln^  dele  siui 
nauieiidieh  aoeb  Bit  Rflolistcht  auf  sie  dem  K?angeU«teA 
neuerlieh  eine  Tendens  sa  natirttoher  Ansloiit  iroa  den 
WtmdeM  ^esa  sagesehriebeO)  ond  «a  dfeser  einen ,  gte*  . 
atlgen,  Abweieliiing  wIUmi  Umi  aoeh  bei  der  jpdwn^  alei' 
Hefa  nnbeqveoMn,  die  steh  in  rorliegender  BJhiftblaNg  in« 
dety  in  SeiHrtB  genoninien  bat. 

Miebe  es  nämlich  bei  der  Art,  wie  der  erste  Kränge* 
listden  Erfolg  der  Verwilnschnng  «lesn  imglebt:  xal  i^fj^ 
fav97]  naoaxd^f*^  V  ^^^  ^^*  ^^Oy  »o  wirde  es  wohl  schwer 
halten^  hier  mit  einer  natflrlieben  Erklimng  amwAommen» 
da  a«eb  die  gewaltsaaie  PAULUs'sche  Deutung,   naeh  wel> 
eher  das  naQoXQ^f*^  ^^^  weiteres  mensehUehes  Zuthnn^ 
nleht  aber  eine  llngere  Zeitfrist  anssebliefiien  ioli,  doeb 
nur  auf  unbefugtem  Herfibertragen  des  Markus   in  de« 
Matthäus  beruht.    Bei  Markus  nftuüieh  rerwttnseht  Jesu« 
den  Baum  am  Morgen  nach  seinem  Cinaog  in  Jerusalem^ 
und  erstem  folgenden  Morgen  bemerken  die  Jfinger  Im  Ver^ 
äbergehen,  dals  der  Baum  rerdorrt  ist.    Oureh  diese  ZwU 
seheneeit,   welche  Markirs  Ewischen  der  Rede  Jesu  und 
dem   Verdorren  des   Baumes  ofien  llfst,  drängt  sieh  nun 
die  natärliche  Erklärung  der  gatieen  Geschichte  ein,  darauf 
fufsend,  dafs  In  dieser  Frist  der  Baum  wohl  auch  durch  n«» 
türliehe  Ursachen  habe  verdorren  können    Demgemäß  soll 
nun  Jesus  an  dem  Banme  neben  dem  Mangel  an  FrOcIi* 
ten  auch   sonst  noch  eine  Beschaffenheit  bemerkt   haben, 
aus  weicher  er  ein  baldiges  Absterben  desselben  prognosti« 
cirte,  und  dieses  Prognostikon  soll  er  ihm  in  den  Worten  : 
Ton  dir  wird  wohl  Niemand   mehr  Frflchte  bh   essen  be* 
kommen,  gestellt  haben.    Als  die  Hitee  des  Tages  die  Vor- 
aussage Jesu  nnrerrnnthet  schnell  yerwlrklichfe,  und  die 
Jünger  dlefs  am  andern  Morgen  bemerkten ,   da  erst  aetu« 
ten   sie  diesen   Erfolg  mit  den  Worten  Jesu  vom  vorigen 
Morgen  in  Verbindung,   und  begannen  diese  als  Verwfia« 


NbMiitet  K«pittl    S.  103. 

aghiwig  ä»farifnltiii ;  dM  DeatimgK  wtleli#  «brigim  ^«.^  , 
t^elu  kMt^igty  sondern  den  JttngMrn  so  beoitttbe  ftohrt, 
mU  UM*  «iaigeai  Selbstrermoeo  werden  »ie  niebt  blofii 
sel-ihe  aefaiui  phjsiologiseh  bemerbbiire  £rfoJge  roranMa- 
jaai^  sofidem  nMli  iriel  Sehwereret  wissen  njid  bewirke« 
künnen  *>  Allein  gasetat  anob^  die  Angabe  des  Alarkin 
w«re  die  HeMllge^  s^  UeiU  doch  aacb  sq  die  »atilriiche  fir- 
kliirang  anmöglich.  Denn  die  Worte  Jes«  l>ei  Markos 
<V.  14«):  ^r^xhi  ix  aö  ec^  tot  oZcSva  fi^fdeis  xctQTfOv  q>ayoi^ 
AöiJsten,  w««n  sie  bUCs  eine  VeriDotbnng^  was  wobl  ge- 
sehehen  werde  ^  ealbalten  soUteo^  notbwendig  ein  «y  bei 
siah  haben  9  iiad  in  deai  firjxiti  ix  an  xaQTwg  yhnjtm  des 
Mathine  ist  ohnehin  der  Befehi  nIebt  an  rerkennen ,  ob- 
fleieh  Paulus  aneb  hier  mit  eiaem  Uol'sen  ^^msg  werden«« 
abkooiaien  mik^bte.  Auch  dafii  Jesus  den  Baoai  selbst  aa- 
Bsdat,  so  wie  des  fisieriiche  dg  tov  uuüyuj  welches  er  bin» 
Bsftigt,  spricht  gegen  rine  sinple  Voraussage  und;  f&r  die 
Vdrwanachnng;  Paulus  fllfatt  diels  wohl,  and  deutet  daher 
lelt  unerlaubter  Gewaltsamkeit  das  Xiyu  airff  au  eineai 
Sagen  in  lieaiehung  auf  den  Baum  um ,  während  er  das 
tlg  Tor  akiha  durch  die  ÜbersetsuMg:  in  die  Folgeaeit  hin^ 
abschwMcht.  Doch  gesetat  auch,  die  Evangelisten  bitten  au« 
ihrer  irrigen  Ansieht  Ton  dem,  Vorgang  heraus  die  Worte 
Jeau  6ber  den  Feigenbaum  in  etwas  verUndert,  und  Jesus 
also  wirklich  dem  Baum  nur  ein  Prognostiken  gestellt:  so 
hat  er  doch^  als  das  Vorausgesagte  eingetreten  war,  den 
£rfolg  seiner  tibematiirlichen  l&inwirkung  augeschrieben. 
Denn  wenn  er  das,  was  er  in  Brsug  auf  den  Feigenbaum 
geleistet,  als  ein  TtotBl^  beaeichnet  (V.  21*  bei  Matth«),  so 
kann  schon  diefs  nur  geswungen  auf  eine  blofse  Voraus* 
sage  beaogen  werden;  namentlich  aber,  wenn  er  es  dem 
Bergerersetaen  gegenüberstellt,  so  mufii,  wie  dieses  nach 
Jeder  uMigliehen  Deutung  doch  immer  ein  Bewirken  Ist, 


I)  Paulus,  exeg.  Handb.,  3,  a,  S.  157  ff. 


t44l  Zw«U«r  Abiclmilli.  / 

tebento  ««eh  jei^a  nh  •Ina  Bfaiwlrkiuig  «if  «h«  Bama  g#> 
fobt  werden;  jedenfali«  nnftle  Jetai  dem  mmjffJmta  des 
Petrus  (V*  Sl*  Mure.)  entweder  widersprechen »  odfer  wer 
sein  Stillschweigen  darüber  Zustiaiaiang.  Schreibt  deiMeeh 
Jesus  des  Verdorren  des  Beoms  hinterher  seiner  £in%«iv» 
knng  en :  so  hat  er  entweder  auch  schon  durch  seiab  Ao» 
rede  an  densell>en  eine  Einwirkung  beabttdMigti  oder  er 
hat  den  nofiilligefi  Erfolg  Bur  Täuschung  seiner  Jünger 
•hrg^iaig  milsbrancht;  ein  Dilemma,  in  welchem  uns  die 
Worte  Jesu,  wie  sie  Ton  den  Evangelisten  relBrirt  sinJ, 
entschieden  auf  die  erstere  Srite  hinweisen* 

Unerbittlich  also  werden  wir  von  diesem  natürlichen 
Erklärungsversuch  auf  die  supranatnralistisehe  Aniaasulig 
surüoligedrängt ,  so  schwierig  diese  auch  gerade  bei  rorU#> 
gender  Geschichte  Ist.  Was  sich  gegen  die  plijsisohe  Hk^ 
lichkeit  einer  solchen  Einwirkung  sagen  lielsei  übergelMsi 
wir,  nicht  swar^  als  ob  wir  mit  Hase  uns  anheischig  m»* 
olien  kdnoten,  sie  aus  der  natflriichen  Magie  su  begi^ei* 
fen  ^)|  sondern  weil  eine  andere  Schwierigkeit  die  Unter- 
«uchung  schon  vorher  abschliefst ,  und  gar  nicht  bis  ssr 
Erwägung  der  physischen  Möglichkeit  kommen  läfst*  Die- 
eer  entscheidende  Anstols  betrifft  die  moralische  Möglich- 
keit einer  solchen  Handlung  von  Selten  Jesu.  Was  er  hier 
volliiebt,  ist  ein  Strafwunder«  Clin-  solches  findet  sich  sonst 
In  den  kanonifichen  Berichten  über  das  Leben  Jesu  nicht: 
nur  die  apokryphischen  Evangelien. sind^  wie  oben  bemerkt 
wurde,  voll  davon«  In  einem  der  kanonischen  Evangelie«' 
findet  sich  vielmehr  eine  gleichfalls  schon  öfters  angefttht«* 
te  .Steile,  Luc.  9,  A5  f.,  welche  es  «is  Bewufstsein  Jee« 
ausspricht,  dafs  eine  Benützung  der  Wunderkraft,  um  Str«» 
fe  £u  üben  und  Rache  su  nehmen,  dem  Geiste  seines  Be» 
rufs  widerj'preche,  und  dasselbe  Bewufiitsein  spricht  der 
Evangelist  über  ihn  ans,  wenn  er  das  jesaianisch«:  xjjla- 

2)  L.  J.  §.  128. 


M«ttnt6t  KapiteL    %,  WZ.  141 

fit^  mnft^ifißdwif  a  xcrrWjfet  ir»  %.  L  .auf  ihn  anwmdat 
iMatd).  13,  20.).  Diemsm  tiruiidMUi  und  seinem  »uMiigtii 
Verfahren  geaiSfs  biltte  Jesiu  vielmehr  einen  dürren  Bhua 
■edbelebeB,  als  einen  grünen  vei*dorren  waeheu  müsaen, 
vnd  am  «eine  dieCinMdige  llandlangswelte  su  begreiien , 
»übten  wir  (hründe  naohsnwei»en  im  Claude  «leiii ,  wel* 
elie  er  gebäht  liehen  könnte,  ven  den  dertaa«geiproclieneQ 
tpmndsata*,  welelier  keine  Zeichen  der  LTnüehtheit  gegen 
sich  hat,  in  diesem  Fall  ahsugehen.  Die  tieiegenheit , 
bei  welcher  er  jenen  Grundsats  aufstellte,  war  die  ans  An^ 
leCs  der*  Weigei4nig  eines  samarischen  Dorfs ,  Jesnm  und 
seine  Jünger  gastUeh  aufnnuehmen,  an  ihn  gevIchiMe  Fra- 
ge der  Zehedalden,  oh  sie  nicht  nach  der  Weise  des  £lias 
¥eaer  auf  das  Dorf  herahregnen  lassen  sollen if  Herauf  sie 
Jesus  an  die  ISügeothümlichkeit  des  Geistes  mahnt ,  dem  * 
sie  *  angehören,  mit  wekber  ein  so  verderbendes  Xkun  sich 
nicht  vertrage.  In  unserem  Falle  iisue  es  Jesus  nicht  wie 
liori  mit  Menschen,  die  sich  unrecht  gegen  ihn  betragen 
Latten,  sondern  mit  einem  Baume  au  tnun,  den  er  nicht *< 
in  der  erwünschten  Verfassung  traf.  Statt  dafs  nun  bierin 
ein  besonderer  tirnnd  lüge,  %on« Jener  Regel  ahaugehen, 
ist  vielmehr  der  Hauptgrund,  welcher  in  jenem  ersten  Falle 
möglicherweise  nur  Verh&ngnng  eines  2>trafw  unders  h&tte 
bewegen  können,  hei  diesem  sweilen  nicht  vorhanden«  Der 
moralische  Zv^eok  der  iStrafe  nämlich,  den  Gestraften  nur 
J^Dsieht  und  Anerkenntnils  seines  Fehlers  au  bringen  und 
dadurch  an  bessern,  füllt  einem  Baume  gegenüber  völlig 
vreg,  und  selbst  von  Strafe  als  Vergeltung  kann  bei  einem 
antreien  Matnrgegenstande  nicht  die  Kede  sein  ^)*  Sich 
gegen  einen  leblosen  Gegenstand,  den  mau  eben  nicht  im 
erwünschten  Zustande  findet,  aa  ereil'ern,  wird  mit  Hecht 


3)  Augattin,  de  Yerhit  Domini  in  ev,  tec.  Joann.  scrmo  44: 
(fmd  arbor  fectreUy  /nutum  non  qfjirtndo^  qua$  culpa  ar^ 
horis  infoecundiiasi 

Das  Leben  Jgsu  ^teAvJl.  IL  Band.  15 


Ml  Zweiler  Abtcbnttt. 

9At  Mangel  «n  BilduNg^  ausgelegt ;  in  soleher  Entrü^aiiiif 
Ms  nr  Zerstöraiig  de«  tiegenetandes  fortsogehen  ^  wird 
selbst  fttr  roh  aiid  uawärdig  angesehen,  nnd  Woolston  hat 
so  Unrecht  nicht,  wenn  er  behauptet,  an  Jedem  Andern 
eis  an  Je^ii  wOrde  eine  solche  Uaniltong  streng  getadelt 
werden  ^).  Zwar  bei  wirliileh  objectir  und  habituell  feh* 
Jerhafter  BeschalFenheit  eines  Natnrgegenstandes  kann  es 
wohl  etwa  gescheheti^  dafs  der  Mensch  ihn  aas  dem  Wege 
rütimt,  um  einen  bessern  an  seine  Stelle  sa  setaen,  woau 
übrigens  immer  nar  der  Eigenthttmer  die  gehörige  Auffor- 
derung und  BefugniHi  hat  (rgl.  Lue.  13,  !•}.  Daü  aber 
dieser  Baum ,  weil  er  eben  damals  lietne  f  rttchte  bot,  auch 
im  lolgendeh  Jahre  keine  getragen  haben  wflrde,  vers»tanit 
deh  keineswegs  ▼on  selbst,  und  aueh  in  der  Kraäblung 
wird  das  tiegentheil  angedeirtet,  wenn  Jesus  seine  Verwfln- 
sohung  se  ausdrllckt,  dafe  auf  dem  Baume  nie  mehr  Früch« 
iß  wachsen  sollen,  %tas  also  ohne  diesen  Fluch  voraussete« 
Heb  ioith  noch  gescliehen  sein  würde* 

War  so  die  Qble  Beschaffenheit  des  Baums  keine  ha« 
bituelle,  sondern  nur  eine  vord hergehende,  so  war  sie^ 
wenn  wir  dem  Markus  weiter  folgen,  nicht  einmal  eine  ob* 
jeetive,  sondern  rein  subjectiv  nur  in  dem  «ufftlllgen  Ver- 
hXltnils  des  Baums  su  dem  augenUicklichen  Wunsch  un«l 
BeddrfnUa  Jesu  gegründet.  Denn  nach  einem  Zusatce,  wel* 
eher  die  sweite  Cigenthümliehkeit  des  Markus  in  dieser 
Crafthlung  bildet,  war  eben  damal«  nicht  Feigea^eit  ,V.  130> 
es  war  also  kein  Fehler,  vielmehr  gahs  in  der  Ordnung, 
dals  auch  dieser  Bau  tu  damals  keine  hatte,  und  Jesus,  an 
den  es  schon  Wunder  nehmen  mufs,  daf«  ei^  so  sur  Vn* 
melt  Feigen  auf  dem  Baum  erwartete,  hlitte  wenigstens,  ml9 
er  keine  fand «  sioh  auf  das  Ungegrttndete  seitier  Erwar- 
tung besinnen,  und  eine  so  gans  unbillige  Handlung,  wie 
die  Verwünschung  war,  unterlassen  sollen.    Schon  Kirohen- 

4)  Disc.  4. 


Kettnlea  Kaptlet.    %.  l^Z.  24S 

rfüfer  stlehen  sich  nn  dM»em  Zng»tse  det  Murliii*,  ait4fiii^ 
den  unter  Voniuiiseteiffig  deMelben  das  Verfahren  Jesu  gmiB 
besonders  rüthselhafl  ^);    Woolstom  aber  spottet  nicht  nit 
Unrecht,   wenn  ein  Kentischer  Baaer  im  Frühjahr  Ohist  In 
seinem  Garten  sachte,  and  die  Büume  amhiebe,  welche  kel* 
nes  haben ,   so  würde  er  von   Jedermann  ausgedacht  wer« 
den.    Die  Äosieger  haben  doroh  eine  Irante  Reihe  von  Con» 
jeetaren  and  Deutungen  der  Scliwlerigiieit  dieses  Znsataes 
so  entgehen  gesucht.       Von   der  einen  Seite  hat  man  den 
Wunsch,  dafs  doch  die  schwierigen  Werte  U#ber  gar  nicht 
dastehen  mdchlen,  geradesa  In  die  Hypothese  verwandelt, 
sie  mögen   wohl  spiEtere  Glosse  sein  ^>    Andrerseits,  da,^ 
'v^etin  ein  ZusatE  der  Art  dastehen  sollte,   eher  die  nmge- 
kehrte  Angabe  «o  wünschen   war,  daflr  damals  Felgenselt  . 
gewesen,  um  nämlich  Jesu  Erwartung,   und  seinen  Unwil^ 
hn^  als  er  sie  getäuscht  sah,   begreifen  so  kennen:  so  hat 
man  auf  verschiedene  Weise  die  Megation  aus  dem  Satse 
r.n  entfernen  gesucht ,  theils  -ganz  gewaltsam ,    Indem  man 
statt  s  H  las,  nach  ry  interpungirte,  hinter  ovxofv  ein  Ewei- 
tes  ijv  svpplirte,   und  übersetate:  nU  enim  tum  versahatmr 
iJents)j  tempUM  ficwmn  erat  ^);    theils  abgeschmaekt ,  dai*ch 
Verwaadlang   des   batses  in  einen  Fragesate:  ^onne  tmm 
He.  *);  theils  dadurch,  daft  das  xai^goviitiv  von  der  Zeit 
der  Feigenlrnte  genommen,  and  so  In  dem  Zusats  die  An- 
gabe,  die  feigen  seien  Bodi  nicht  wegg<ieaen<^  d;  b»  noch 


5)  Orig.  Com«,  in  Matth.  Tom.  16, 29 :  X>  dli  Mi^Qnoii  äray^ti'tffaq 
TU  KOTcl  ror  rdnor,  anf^(pmr<fr  x«  tug  n^og  rd  }r}t6r  n^oai&tjxt^ 
noi^otg.  St*    —    »    ye^   ir  rtn^og   0vihoy'   ^    Elnoi  ya^  Sr  rtg' 

ma^jUr  ya'yA;   ^ft^  Augustia  a«  s.  O.  . 
€)  TooFii,  emendd.  in  Suidam,  1,  p.  330  f. 

7)  Hanctiu«  u.  iL,  bei  Fürrataas  %*  d,  St. 

8)  Maji,  Obs.  s.  bei  dems. 

16* 


«244  Zweiter   Abschnitt 

auf  den  BÄnmeli  geivesen,  gefunden  worde*),  wofllr  mnn 
sich  auf  da»  xaiQog  tüv  xctQjmv  Matth.  21,  34.  berief.    Al- 
lein wie  anW  diesem  Ausdruclie,  der  eigentlich  nnr  das 
onfecedena  der  Amte,    das  Vorhandensein  der  Früchte  aof 
Ackern  oder  Bliumen,  bezeichnet,  wenn  er  in  einem  affirma- 
tiven S«t»e  steht,  das  consequeusy    die  mögliche  Fruchtciw- 
sammlnng,  nur  in  der  Art  verstanden  sein  kann,  dafo  das 
oHtecedenty  das  Dasein  der  Früchte  auf  dem  Felde,  rntteii«- 
geschlossen  bleibt,   folglich  Igt  xaiQog  xaqn^v  nur  so  viel 
bedeuten  kann:  die  (reifen)  Früchte  stehen  auf  den  Äckern, 
und  sind  demnach  cur  Einsammlang  bereit :   ebenso  wird, 
wenn  jener  Ausdruck  in  einem  negativen  Satae  ^teht ,  bu- 
erst  das  anieeedens,  das  Befindlichsein  der  Früchte  auf  dem 
Acker ,  Baum  u.  dgl ,  und  erst  mittelst  dessen  das  conse* 
€p$ensy  die  Einsammlung  der  Früchte ,  aufgehoben ;    äx  igt 
xaiQog  avimv  heifiH  also :  die  Feigen  sind  nicht  auf  den  Bfiu- 
men  gegoawärtig,    und  somit  auch  nicht  aum  Eiiisammein 
bereit,  keineswegs   aber  umgekehrt:   sie  sind  noch  nicht 
eingesammelt,  und  stehen  also  noch  auf  den  Bäumen.  Aber 
nicht  nur  diese  unerhörte  Redefigur,    dafs,    während  den 
Worten  nach  das  antecedens  aufgehoben  wird,  dem  Sinne 
nach  nur^as  «ejM^fiMf/is  aufgehoben,   das  aniecedens  aber 
gesetct  sein  soll,  sondern  noch  eine  andere,  die  man  bald 
Synefaysis,  bald  Hyperbaton  nennt,  mufs  bei  dieser  £rkil* 
rung  angenommen  werden«    Denn  als  Angabe,  dsfs  damals 
die  Feigen  noch  auf  den   Bäumen  gewesen,  giebt  der  ia 
Rede  stehende  Zusate  nicht  den  Grund,  warum  Jesus  auf 
jenem  Baume  keine  fand,  sondern,   warum  er  welche  er* 
wartete:    er  sollte  also  nicht  hinter  sdkp  evQev  x.  r.  iL, 
sondern  nach  ^X9eVf    et  äga  evQrjaei  x.  t.  X.  stehen;   eine 
Versetaung ,   welche  aber  nur  beweist ,   dafs  diese  ganae 
Erklärung  gegen  den  Text  läuft.    Überseugt  einerseits,  da(a 
■  i 

9)  Djlhmk,  ia  Hsmcs^t  n.  Migtsin,  II«  Bd.  2«  Heil,  S.  ISt*    Auch 
Kut]f9ft>  in  M«rc.  p.  150  f.  «. 


N#aal6t  RupUel.    S.  \m.  249 

der  Zusais  ^m  M«rktts  da«  ObwaHen  gttatÜKer  Dnittiiida 
für  das  Vorbandensetn  iron  Falgen  auf  jene«  Banuie  ver* 
»eine  9  aber  aodrevseits  decfabeaübt,  Jefn  En/rartung  s« 
reehtfertigwi,  eaehtea  andre  Brkifirer  jener  Vemelnnng  statt 
des  aligemaiiieii  Siini%  dafii  et  ttberbfiapt  nicbt  nn  der  Jahr»* 
•elt  gewesen  «elj  uroirini  Jesus  nofhwetidig  bftcte-  Notis  ba^ 
ben  mtfssen^'den  pavtleullren  mn  geben  y  dars  mir  besondre 
Umstände,  welofae  Jeso  nieht  nothwendig  bekannt  sein  rnnfsh 
tet^  der  FmUktbarkeit  des  Pelgenbaiiail  entgegeligestand^a 
haben«  Ein  gans  speeidles  Hindernifs  wäre  es  gewesen^ 
uremi  etwa  der  Boden,  in  welchem  der  Bamn  wurzelte^ 
ein  «nfraohtbarer  gewesen  wäre,  und  wlrkKcb  seil  naeli 
filnfgen  ^m^  vvxcdv  einen  ffir  Fefgen  günstigen  Boden  be- 
yeieboen  *°>;  Asdore,  mit  mehr  Ajßhtung  vor  der  Wortbe* 
dentmg  von  xcaQogj  bleiben  swar  bei  der  Erklärung  ton  giSn^ 
stiger  Zeit,  vmr  daÜs  sie  dkr  Angabe  des  Markus  ilteht  unirerselt 
Ton  einer  stehend  and  Alljähriich  der  feigen  ermangelnden 
J^ibresselt,  sondern  Hur  ?on  einedi  ^htieelnen ,  aofKllig  dei% 
Felgen  nnglnstigen  Jsrhrgange  venrteben  '  *).  Allein  xaiQüg 
Ut  «nnäebelydle  reehte  Zelt  im  Gegensatce  eur  Uneeit,  nieht 
eine  günstige  gegenüber  einer  «ngünstigen ;  nuit  aber  kann^ 
wenn  einmr,  anch  in  einem  unfruchtbaren  Jahrgange,  £u  der 
Zieft,  tn  Welcher  sonst- die  FrQchte  ku  reifen  pflegen,  selch« 
sfteht,  doch  nicht  gesagt  werden,  dafs  es  cur  Unseit  sei,  tiel-* 
fftehr  kannte  ein  Mifsjahr  gerade  dadurch  bezeichnet  wer« 
di*n,  dafs,  öre  tjlOey  6  xaiQOg  tiov  xaQnwVy  man  nirgemia 
welche  gsfunden  habe.  Jedenfalls ,  wenn  der  ganae  Jalnv 
gang  die  Feigen,  einein  Palästina  so  häufige  Frucht^  nicht 
begünstigte,  mnfste  Jesus  dlefsfast  ebensogut  wissen,  ak 
wenn  die  unrechte-  Jahrs^elt  wart  so  daft  das  Räthsel 
bleibt,  wie  Jesus  Ober  eine  Beschaienheit  des  Baums,  wet» 


10)  t.  bei  fivtK^y  z.  d.  St. 

If)  PAUUTt,  exeg.  Handb.  S>  a,  S.  175*     Olsnavsia,  b.  CornjOb  |, 
S.  7S2  t. 


«46  Zwet^f  r  .4>«.join^l|4. . 

chet  i>  fP4)lgf|  ihn  h9kM9^}\ MmM^ät  nkfct  «■Jari  «tiii 

,  «  AU«)Mi  «eifiai^ni  wir  «ni  ifockwuTy  ^vitres  itt^  dem 
wir  jenen  Zof  aU  vemlanfwh  .,tteJ8Ajtf«rkii»^  welcher  in 
•einem  erläutaVDKien,  yerengehn^tttlwwlew  ttetttwbep  lo  Men« 

^  obes  eue  eetne«*  Eignen  rw^ttmik^  .«md.  tfinbefc,  wie  llngsC  aa- 
erk/ukpi  i*ly  4hi4  .MBeh  widr  tmt  nnmt^m  Wf^a^  sehan  ser 
Genüge,  grfiuiden  haben ,    nicht  immer  a«f  lUe  fiherlegtefte 

f  Weite  ci| ,  WeHka  geht,  S^  hier  "nimmt  er^^leich  das  enta 
.AnffaUen4e>  V?a«  ilim  beigegnet,  daf«  der  Baam  lieiae 
JFrüchMi  b/^mj  und  ist  eilig  mit  der  Erid/irnnff  hei  der 
üandt  ea^  werde  die  Zeit  i4cht  gewesen,  aein;  ■Mrhtaber 
idcht^  dab  er,  jl^^eipi  er  pbyicilLaiiaoh  die  (^erb<»it  daa  .Banau 
erklArt,  fladurrh  daa  Verfahren  flaa^^m^alich  nnerklftr* 
Jioh  macht,  &if^4|e  eben  erwihnt#>Ahweichm4[  von-Nat« 
tihäuB  in  Bffreff  dar  .Zeit,  innerhalb  welcher  der  :Aa«m 
verdorrte,  iat,  w^U  ei^ttemtj  eine  gröCseae  UrkusdÜcblKeit 
dei  Mari&nt  in  die«er  KüaXhliing  '  2) ,  oder  eine  Keigmig 
SU  natfirlieber  firhlürnng  daa. WeMferbereoiSu   beweisen, 

i  wieder  nur  a«a  denselben  verantcliattlieheaden  Betlrebett, 
wie  der  cn(etst  betraobi«te  Zueata^  hervorgegangen«  Dat 
Bild  eines  auf  ein  Wort  bin  pjölalioh  rerdarrenden  Ban«« 
fftUt  der  Einbildnngskraft  schweren  volhdehen';  •  Wogegen 
es  nicht  übel  dramatisch  genannt  werden  iLann ,  den  Pro- 
cefs  des  Verdorrens  hinter  die  Scene  bq  verlege« ,  lind  ertt 
von  dessen  Resultate  die  spater  Vorfibergelienden  Aiisidit 
nehmen  an  lassen.*^  l^it  seiner  Behauptung  Abrigeni,  es 
sei  damals,  etliche  Tage  vor  Ostern,  lieine  Zeit  filr  Feigen  ge- 
wesen, hfitte ,  auf  die  klimatischen  VerhSltnisse  Paliisttns'i 
gesehen,  Markus  insoiern  recht,  als  in  so  früher  Jahrsseit 
die  frisch*  getriebenen  Feigen  Jenes  Jahrgangs  noch  nicht 


12)  Wie  SiKvrBiiT  meint,  über  den  Ursprung  u.  •.  f.  S.  IW  ff« 
Vcrgl.  dagegen  meine  Hecens.  in  den  Jahrb.  f«  wisi.  Hritiki 
Nor.  1834. 


Meuiite«   K.ii|^il«L.   tiltia.  147 


Mif  wiivea,  tmdem  itta^Frilhfejg»'lktir*ii>ocBit'J<<»h  «rat 
lam  (Ite  Milto  od«r  gegen  Ende  -Juoi's^.  dto  tigentltefaef^U 
He,  die  Karauis,  tJbmr  giur.  «rtt  loii  A«gttttflHMMl  jvlf  wird« 
Dllfegen  konnte  um  die  Oiterselt  Hcieh  ron  forigen  Uerbtt 
und  Ober  den  Winter  her  die  dritte  Froelil  dee  Feigen- 
bemae,  die  epftte  Kemus^  bie  und  da,  ettC'  4kn0m  Beom 
Mgetroffe»  werden  ''),  wie  denn  neeli  Joeephns  ein  Thett 
von  Palltetina  (da^  Uferland  dee  yaKUtfeekeri  Jgeee,  freSlieK 
frnebtbarery  als  die  Gegend  am  Jeraeälte^  W4  die  frag- 
Jicbe  Geaehiobte  vorgieng)  «itJjeer  dinafiiiifh  ^diahUtoh;:^ 

Doeb  wenn  wir  auch  anf  dieee  Wtfee  die  jdic¥iKRgt 
erschwerende  Motia  dee  MaHme^  dafii  der  M»igel  dee 
Ba«flM  kein  wirkiieber  gewesen,  Feedern  «er  Jreer  trer- 
mdge  einer  Irrigen  £rwartqng  so  ersehlenen  sei^  aof  die 
Seite  gebraebt  beben :  so  bleibt  ans  doeb  ait^b  nach  Mat- 
tbios nocb  das  MiGiirerbJUtnIfs ,  dafs  Jesns  irtgen  einet 
rfeUeicbt  blols  Torübergebenden  Mangels  einen  Natur^egen- 
stand  an  Grunde  gerichtet  bitte«  Weil  ibn  falean  weder 
ikonearfsobe  Rflcluichten ,  da  er  nicht  Eigentbdni<>r  des. 
BaaaMa  war,  nocb  auch  »orsliscbe  AlMlcbten  -^  eiif  <^lneii 
bewebtloseli  Natnrgegenstand  —  l>ewogen  balien  kOnnen^ 
ßo  hat  num  den  Ausweg  ergriffen ,  als  das  eigentliche  Ob- 
Ject,  auf  welebes  Jesus  hier  wirken  wollte,  die  JOng^i^ 
r«i  sulistitoiren,  den  Baom  aber  und  was  Jesns  an  ihn 
that,  als  Uolses  Mittel  seiner  Abiiicht  *anf  jene  eu  betracH-. 
ten.  Dieis  ist  die  symbollsohe  Auffnssnng,  dorch  welche 
aclion  die  Kirchenvftier,  und  nun  such  die  meisten  ortho- 
doxen Theologen  unter  den  Neueren  «  die  Uandlunj^sweiie 
Jesu  von  dem  Vorwurfe  des  Unpassenden  au  befreien  ge^ 
»eint  liaben«     Nicht  Erbobung  Ober  den  Baum  ^   der  sel- 


|>)  •.  Pacuts,  a.  t.  O.    S,  !68  f.;   Wim»,  b.  IVta^w.  d.  A.  Fci- 


tl8  Zweiter  Abeehnitt. 

Re«i  HfMifOT'iMbierSltUMf  bot,  w»r  hienaeh  die  StfMmanf 

J^tit  het  'dfew«  Aotey  isein.  Zweek  nicht  soblechweg  Jhm 

Verti^nnflf  4MiuafnRAtb«reii  Oewichee«:  nondern  mit  Be- 

Mfitienhait  bat  er  die  €lele(|[eitheft  eines  früobteleer  befaii- 

denen  Banaieii*:diHBn  benütat,  den  Jünf^em  dnrch  eine  ayiB- . 

beliscbe  AintHnnf  an<(ihnnlichAr  'Und    nnvf>r|Drefiilleher   als 

durch   Worte  die  Wahrheit  ma  machen,  die  nitn  entwpd^r 

«{leclell  so  ^«fiafet  werden   hann ,  da(s  das  JAdtsche  Volk, 

welches  beharnlfaUi  keifoe  Oott  and  den  Messlas  e^efillll^en 

Fr^chte^  bringe,  «n  Omnde  liehen  werde,  oder  all^meiner 

so,   dafs  überhaupt  jeder,    der  von  gaten  Werken  so  enC- 

.  blöfst  seiyiwie  Ibeker  .Baam  von  Frllehten,  einem  lihnlichen 

Strafgericht  entgegenzaselien  habe  '')•    Mit  Reehc  indefs 

fordern  andre  Ausleger  9    wenn   Jesus   mit  der  Handlung 

diefs  bezweckte,  so  h«icte  er  sich  irgendwie  darüber  erfclü- 

ren  müssen  ^^);  denn  war  bei  seinen  Glelehnlfsreden  eine 

Auslegung  nöthig,    se   war  sie    bei  einer   Handlung   om 

so  finentbehrltcher,  je  mehr  diese  ohne  eine  deraKige  Hin- 

Weisung  auf  einen  ausser  ihr  liegenden  Zweck  als  Zweck 

für  sich  selbst  gefafst  werden  mufste*    Zwar  liefse  sieh  aoeh 

hier,  wie  sonst,  annehmen,  Jesus  habe  wohl  eur  VersiSa- 

digung  seiner  Jünger  über  das  von  ihm  Volisogene  noch 

etwas   gesprochen,   was  jedoch  die  Referenten,    mit  dem 

Wunderfactum  euirieden,  weggelassen  haben«    Allein  sollte 

Jesus  eine  Deutung  seiner  Handlung  im  angegebenen  syni- 

bolischen  Sinne  gegeben  haben ,  so  hfitten  die  Evangelistea 

dicia'llede  nicht  blols  versehwiegen,    sondern  eine  falsche 

an  deren  Stelle  gesetst ;  denn  sie  lassen  Jesom  nach  seinrsi 

Vornehmen  mit  dem  Baume  nicht  schweigen ,  sondern  aas 

Anlafs  einer  verwunderangs vollen  Frage  seiner  Jünger,  wie 


15)  Ütt«A?C!f ,    über  die  UnsUndlicbkeit  Jesu,   in  seinen  Studien, 
1,  S.  50.   SisrFBRT,  a.  a.  O.  S.  115  ff.    ÜLSHAUtaiv,  1,  S.  783f. 

16)  Paulus,  a.  a.  O.  S.  170  ;   Uasjj,  L.  J.  §.  128)  auch  Surw«, 


N«aiit«t  Kapil«i    f.  103.  tl9 

es  mit  den  ABane  mngegBngen ,  rine  EriKaterung  gebea, 
welch«  abeF  nieht  Jen«  iymboRsefie ,  soBddili  v«n  Ihr  ver- 
Mrhieden,  fti  ihr  entgegen^esetst  ist.    Oenn  w^n  Jesii»'  Ih- 
»en  sugt,^  iie  sollti»^  sieh  über  das  Verderren  des  Pefgeii- 
.  fcsiims   aof  sein  Wert  hin  nicht  wundem ,  mit  nu^  wenl- 
^em  (Uiraben  werden  m  noeh  6r5(sere8  so  thnn  iitf  S^uide 
sein :  so  .legt  er  das    Hauptgewicht  aaf  sein  TbnJk  in  der 
Si^he ,   idcht  aaf  den  Znstand  und  das  Leiden  detf  Banibs 
«1«  Symbole:   er  bitte  ako,   wenn  doch  aaf  das  Leislere 
sein  Absehen  gieng,   jsfi^eek widrig  sa  seinen  Jiir^eM  ge- 
eprochmi;  oder  Tielmehr,  wenn  er  so  sprach^  kaAh  jenes 
selee  AbsMit   nicht  gewesen  sein.    Ebendamlt  flillt  aqoh 
.SiSKTsa'T'i»^  -ohnehin   aas   der   Lafifc   gegriffene    Hypothese, 
diTs  Jesos  BWar  nicht  nach ,  wohl   aber  Tor  jenem  A(/tO, 
auf  dem  Weg  anm  Feigenbaum  hin,  Aber  den  Zustand  und 
die  Znlialift  des  Isral^litischen  Vollis   mit  seinen   Düngern 
fiespriiehe  geftthtt  habe,  an  welehen  die  symbolisehe  VÄr- 
wilasehang  des  Baums   nnr  als  von  selbst  verstindlicker 
Sehlufsstein  geflBgt  worden  sei;    denn  alles  durch  jene  Ein« 
leitang  etwa  angebahnte  VerstftndniTs  des  fraglichen   Actes 
hitte ,  anmai  bei  der  Neigung  der  Zelt  eam  MiraculSsen, 
durch  jenes  Nsehwort,  weiches  nur  die  wunderbare  S^'ite 
des    (*aetoms   berücksiehtlgte ,    wieder  su   Nichte  gemache 
werden  müssen.     Mit  Recht  hat  daher  Ullmann  4en  hin- 
Kogef5gten  Worten  Jesa  so  weit  nachgegeben,  daPs  er  der 
von  Ihm  anlAssig   gefundenen  symbolischen  Auffassung  die 
andere  noch  vorzieht,   welche   auch  sonst  schon  vqrgetra- 
Ken  war  ''^),  Jesus  habe  durch  die  Wanderhandlang  den 
^ini§en  einen  neuen  Beweis  seiner  Machtvollkommenheit 
i>eben  wollen ,  am  dadurch  ihr  Vertrauen  auf  ihn  für  di^ 
bevorstehenden   Gefahren  su  starken.     Oder  vielmehr,  da 
t'lne   speclelle    Bealehang   auf  das  /  bevorstehende    Leiden 
nirgends  hervorgehoben,   und  in  den  Worten  Jesa  nichts 

J7)  HsfusMiaiStt,  ia  dcu  lliuol.  Navliriclilcni  1814,  Mai,  S.  121  ff. 


•nrtulte«  i<t«  WN8  er  nicht  auch  Mten  fipüher  fttagt  Jilita 
(Madfau  17,  §ß.  J^me.  17>  #.)<  «o  amA  Blau  mit  Faimscu 
als  fli#  A«j|iohc  der  Referealea  gans  aUgeaietn  diese  a«e» 
pprechen,  iesns  buhe  ^iiien  UirivrfUe»  ftber  die  Unfiradis- 
barkei^.  des  Feigenbanais  als  Oelegenbelt  amr  Verriehliiag, 
eines  Wnilders  benfitst,  dessen  JSkeek  nar  der  aUgenieine 
aller  seiiie^  Wunder  war ,  sieh  als  Messias .  aa  liemrlw»- 
den  '  ^\  Gana  in  dem  von  FaiTZSCHS  geaeiobneton  '  ^)  Geiste 
der  4t^fcrenlen  sprieht  dalier  Eulbjadus,  wenn  er  alias 
QWIbeUi  Ober  den  besondeni  Zweek  der  Handlang  verM«» 
tet,  nad  nur  im  Allgemeinen  auf  das  Wwider  in  ihr  aa 
sehen  «ermahnt  ^^)*  Keineswegs  aber  felgt  hieraas,  .dafc 
auch  wir  ans  des  Naehdenkens  bieHtber  eaUmltea,  aml 
ohae  Weiteres  das  Wunder  glaabig  hinaeluaen  mirsCbn : 
'  vielmehr  lidnnen  vrlr  ans  der  Bemeriiaag  niebt  erwehren, 
dafs  das  lieeendere  Wander,  vrelehes  wir  hier  halien,  we- 
der ans  dem  allgemeinea  Zweeiie  des  Waade^ihans  ftber* 
baupt,  noch  aus  Irgend  einem  besondem '  ZwecK  and  tirond 
|ds  wirklieh  von  Jesu  verrichtet  sich  erkliren  Mt^^  viel* 
mehr  in  Jeder  Hinsicht  seiner  Theorie  wie  eonstigent}INraxla 
widerstrebt,  und  derswegen  mit  grörserer  BestiaMatbelt  aU 
irgend  ein  andres^  auch  abgesehen  von  der  Frage  Aber  die 
physische  Möglichkeit,  fkr  ein  solches  erklärt  werden  asaC^ 
welohea  Jesas  nicht  wirklich  verrichtet  haben  bann. 


18)  Comm.  in  Matth.  p^  6S7. 

19)  Comm.  in  Marc.  p.  481 :  Male  —  vv.  dtL  in  eo  fmeserwU^ 
quod  Jesus  sine  ratiene  innocmWn  ficum  aridam  rtMidisge 
videreiWTy  mirU^ue  argutiii  usi  sfint  ^  ut  aliquod  Axjus  wd 
eonsilium  fuisse  ostenderenU  AVmirum  apostoli^  ecangdistaB 
et  omnss  pvimi  temporis  Christiani  ^  qua  erant  ingeniorwn 
simpUcitatey  quid  quantumque  Jesu\  portentose  fecisse  dieereUMTy 
curanint  tantummodo  ^  non  quod  Jesu  in  edendo  miracalo 
eonsilium  fiurii  ^   sahtiiiter  9t  argüte  quäesiverunt . 

20)  M,]  rutöißokoy»^  ^ittxC  liTi/jo^Qtjzat  t6  ipvror^  avtUvtoy  6t'  Uli 
fiQ¥Qw  3($u  j6  i^avjua,  »al  ^avfiat^i  top  ^fflrv//«T*r^;'c/l^ 


NMrttBii^K^j^it#L;'|ilo.r 


1  IndMiiliM  .MiiflJbM  mtb  imif^Mhm 

Jeat^il  V^mfmUmmnogitkH^gtydmrtk  welche,  ««ch 

Mkieli^litbetiiilroad,  «iiM  iokha  fircifHliivg  entit#hen  Uad- 

te: 'ibflndkii  wir  l|pMiMi«r  i;»iirffiifili«ii«n  ttodk«,   dM^Jk. 

T*y  ifvaif  wohl  üanelie  biidliobe  Kcden  onil  ErsäyonpHa 

v<mi>;Bftif«ieii  vihI  vob  .f etgenbftaaMn   inibeflond«» ,  dk^r 

Wiäip^.'Wdoba  SQ  tnuirer  Er^jihlung  eine  so  f|ieelfisohe  ¥ms 

wiifiikeelMffaili£tlei^iiila6  vrir  migeii  ii((nRton|  diese  eei  jemr 

Mcl^Uflotfct;  Statik  deeeen  aber  dttrfan'  wir  im  N.  T;».iiiobt 

«mi«  MKOcm^  ao  4mAm  wir  sobofii,  sberst  In  dee-Ttalirt 

(MaUb.S»  UL^ij  daiwcAn  Jesu  eigMeii^Miiiide  (7, 190 'die 

Giti^aia  voliudeÄ  Bau/ae,   der,  weil  eiA  iLeine  gmt^  Frwkt 

trig^Aabgebalieil  iMid-ina  Fetter  gewoMen  wird,  ond^WW* 

UtfhiA  (L«.ia3)*6  £i)'Andei  aieh  dieaee  Thaola  sn  der^bi. 

girlea  Ceaahinhtff^aioee* Herrn  naageCttlirt,  weleliercnnf  U« 

Ben»  Fe^[nnbiMi  i«  a^ihem  Welnbei^  drei  Jaiire  lang  ver- 

gebiieh  Frttdhi»  aaebtl,  ond  defswegen^deneeHwn  wiiaaien 

iaaaen  wiH>  «wenn  niebt  dureh  die  FttrUtte  dem.Oirtnora 

ihm  noeh  ttina  eiajäliMge  Friat  ansgewirkti'^wfiiHle.    Sehnn 

Ktrelienrfttei^'faaben  in  der  Verwfinachong  der  ffeigfcnbiiwäio 

nvr.^iiBifie.  duiUächUobe  Awaftihrong  de*  Parab^  rovnFel- 

geitbanm  gesunde« -l);   firellieh  in  dekn  SiMe   der'VoiMn 

angeftibften  firU<rang^,   dafa  nJeans  aelka  dem  danialtgeii 

ZuiiiitwL  aadi  das' beveratelieiide   Schiokaai  cfej  jOdiifoben 

Votka,  ni|^  früher  dinreh  eine  kiidliohe  Rede,  ««•dimuMs  dui^h 

eine  ajAiboliacbe  UamUimg  habe  daratellen  WoUeti;   was, 

wie  wir  geaelien  haben,  nndenlbar  lal.    Ofentvoah  werden 

wir  ima   der    Vemuthnng^nMit  erwetiren   kleinen,  daCi 

wir  hier  ein  und  daasetbe  TbenM  in  dreivertobiedenen 

Gestalten  vor  nna  liaben:  Baersi;  in  eoncentrirtester  fV>rm, 

als  Gnome,  dann  aur  Parabel  erweitert,  ond  endli<^h  cur 

Ge«<!hicfal;e  realisirt;   wobei  wir  nur  nieht  annehmen,  dafs 

'  ieaoa,  was 'er  Bweiaal  dureh  Worte,  nuletst  aaeh  noeh 

21)  Aiubrotiu»!  Caaim.  ia  Luc.  s.  d  -$tt. 


Zweiter  Abdolmiti. 

cUreb  «Iw  Hiitifll«ii||  fbrgertellt^  MidMm,  diOs  Ae  Trs^- 
Hm,  was  tk  als  Onome  und  pamholIiolM  Ocaehiebte  vor- 
tmd  j  auch  tollende  mm  wirUieliM  Beg^benbeit  gMUMht 
habe.     Dafii  in  diaäer  wirklkhm  e«i|Mcbt«  da^  Brufo  dti 

rBpaoMT  eiu  etwas  andres  ist,  alß  «iaa  ibm  in  der.  Gnome 

.oid  Oleiehnifiirede  angedrobt  \irtrd,  niadieb  Verdevren 
atett  des  Dag^bauenwerdens ,  darf  nieht  sint  Anetofii  g^ 
a^iehen«    Denn  war  die   Parabel  eiaaud   rar 'Wirkllohen 

-ÜBSohichte,  mit  dem  Snbject  Jesvs,  gewordeoi,  wttr  also 
ibr  gancer  didakttseher  ond  symbottaäber  Oebalt  in  «let  f«s- 
seren  Handlung  angegangen:  ae  wniste  diese,    soUte  ile 

:aE«»li  Gewicht  undi  Interesse  haben,  als  Wnnderhandimig 

^  aSeh  bestimmen ,  also  die  durch  /Ixt  «nd  Hanen  natfirlioh 
vermittelte  Vertilgang  des  Baums  inieln  unmittelbare»  Ver- 
•dorren  auf  das  Wort  Jesn  sich  verwandeln.  Imtk*  «eheInt 
gegen  diese  Ansieht  ?on  der  Elrsähbing,  nacfa  w^etefter  ihr 

f  iMMKSter  Kern  doch  kein  andrer  als  ein  syniboliscbor  blle- 
he^  sioh^ ebendasselbe,  was  gegen  die  oben  erlogene,  ein- 
blenden SU  laaaen ,  dafs  nl(mlicb  die  dara»  aicb  knüpfen- 
de  Rede  Jesu  einer  solchen  Auffasaujig  widerstrebe«  Al- 
ietn  bei  dnarer  Ansicht  vo»  den  Berichten  sind  war  befugt, 
wM  sagen,  dafs  mi^  der  Umwandlung  der  Parabel  «ur  6e- 
s^hiohtd  in  der  Tradition  üuch  der  ursprflngliebe  Sinn  Yen 
jener  verlogen  gieng«  und,  indem  das  Wunderl^re  als  der 

•  Nerv  der  Sache  betrachtet  sn  werden  anfieng,  iiyrigerwel«e 
Jene,  die.Wnndermaeht  nnd  Glaubenakraflt  betreffende  Re- 
de damit  verknüpft  wurde. .  Sogar  die  besondere  Veranlas* 
sung,  wamm  gerade  die  Aede  vom  Bergevereetsea  an  die 

-  £rc£hlung  vom  Felgenbaum  angeknapft  ist,  lifst  aich  aiit 
Wabrscheinliobkeit  nachweisen.  Die  Glaubenakraft,  wel« 
che  hier  durch  ein  fon  Erfolg  begleitetes  Sprechen  eu  eineia 
Ber^e :  aQ^ijvv  am  ßh]&?jTi  eig  t^  &a3Laaaav  dargestellt 
ist,  findet  sich  anderswo  (Luc.  17,  6«)  versinnbildlicht  durch 
ein  ehenso  wirksames  Sprechen  bu  einer  Art  von  Feigenbaum 


Moantot  KnpIteL    (•  lüS.  9AS 

erinnerte  iler  verwflnsehte  Feigenbnnm,  sobnM  »ein  Yer» 
dorren  mh  Wirkung  der  Wunderkraft  Jesu  gi-faftt  wurde, 
•n  den  durch  die  wunderbare  Kraft  dea  Glaubens  su  rer- 
pflansenden  fianm  oder  Berg,  und  so  wurde  diei^es  Dictum 
j^am  Faetam  angehiingt»  flier  also  gebührt  dem  dritten 
Evangelium  der  Preifs,  welubea  uns  die  Parabel  von  der 
nnfruchtbaren  avietj  und  die  Gnome  von  der  durch  den 
(jlauben  su  Terpflansenden  avxafiivog  getrennt  und  ^rein. 
Jede  in  ihrer  urspranglichen  Form  und  Bedeutung^  erhal- 
ten bat:  wfihrend  die  beiden  andern  Synoptiker  die  Para« 
bei  sur  Geschiehte  umgebildet,  die  Gnome  aber  (in  etwas 
andrer  Form)  sn  einer  falschen  Deutung  Jener  aogeUieheA 
ficaebicbte  rerwendel  haben. 


3t&4h  Zweiter   Absehnitt. 


Zehntes    Kapi'tel. 


Jesu  Verklärung   und  letzte  Reise  näcb 
Jerusalem. 


S.    IM. 

"  Die  Verklärung  Jcvu  aU  wuoderbarer  äusserer  Vorgang« 
Mit  den  bisher  nntersncbten  Wanderersihlmigeii  kofinle 
die  tiesehichte  von  der  Verklärung  Jesu  auf  dem  Berge  hiebt 
mehr  verbanden  werden,  nieht  biofs  weil  sie  kein  von  Jesu 
Verrichtetes  Wander,  wie  jene,  vielmehr  ein  an  ihm  vorge- 
gangenes  betrifft,  sondern  auch  weii  sie  ais  ein  fOr  sich 
stehender  Moment  im  Leben  Jesu  hervortritt,  weiche  der 
Gleichi^rtigkeit  wegen  nur  etwa  mit  der  Taufe  und  Auf- 
erstehang  eusammengestellt  werden  könnte ;  wie  denn  Her- 
i)£R  mit  Recht  diese  drei  Begebenheiten  als  die  drei  lieb- 
ten Punkte  himmlischer  Beurkundung  im  Leben  Jesu  be- 
Beichnet  hat  ')• 

So,  wie  sich  die  synoptische  Erzählung  (Matth.  17, 
1  ff.  Marc  9,  2  ff.  Luc.  0,  28  ff.)  —  denn  im  vierten  Evan- 
gelium fehlt  die  Geschichte  —  dem  ersten  Anblicke  darbie- 
tet, haben  wir  hier  einen  wirklichen  äusseren  und  £wsr 
wunderbaren  Vorgang:  als  Jesus  6 — S  Tage  nach 'seiner 
ersten  Leidensverkündigung  mit  seinen  drei  vertrautesten 
J Angern  einen  hohen  Berg  bestieg,  waren  diese  Zeugen, 
>%ie  mit  Einem  Male  sein  Angesicht  und  selbst  seine  Klei- 
der in  überirdischem  Glänze  sich  verklärten,  wi|^  asvei 
ehrwürdige   Gestalten  aus  dem  Geisterreiche,  Moses  und 


i)  Vom  Erlöser   der  Menschen  nach   onsern'drei  ersten  Evan- 
gelien, S.  114. 


ZohntiMi  Küttitel.    $.  104.  M9 

Fl  1^8,  ergehienei»)  sMi  mft  ihn  mm  «nterw4(»ii ,  owl  wie 
endUtch  mtw  einer  li«iitea'  Wolke  eiii6  bimniliHohe  Htimnie 
Jeeum  für  Gottes  Sohn ,  dem  sie  Gehör  eu  schenken  käl- 
ten,  erkiSrte. 

Diese  wenigen  Zfige  der  Gesehichte  regen  eine  Men- 
ge Fregen  itn^  m  deren  Semmlung   sieh    Gablrr  ein  be» 
sonderes  Verdienst  erworben  hiit  ^y     Bei  jedem  der  drei 
Ateosente  des   Vorgangs ,   dem  Glanse,  der  Todtenersehel- 
nnng,   und  der  Stimme,  läfst  sieh  sowohl  neeh  der  Mög* 
ii-*hkelt,  als  naeh  dem  enreiehenden  Zwecke  fragen.    Wo* 
ht^r  soll  vorerst  der  aosserordentliche  Glans  an  Jesnm  ge« 
beatmen  sein  ?    Bedenkt  man ,  dafs  von  einem  fistofiOQ^pB^ 
e^CTi  Jes»  die  Rede  i$t,  so  scheint  nicht  an  ein  iUofses  Be* 
seliienenwerden  von  aussen  her,  sondern  an  eine  von  innen 
komiaende  Verkiärong  gedacht  werden  sn  mdssen,  so  sa 
sagen  an  ein  momentanes  Dorchlenchten  der  göttliclien  d6§a 
dnreh  itte  menschliche  Uiile,   wie   auch  OtsuACSiv  diese 
Begebenheit  als  einen  naaptmoment  in   dem    Lfliit^prirage« 
nnd  Verklflrtingsproeesse.  fafst,  in  welchem  er  die  LelbliclH 
keit  Jesn  während  seines  gAiiKcn  Lebens  bis  snr   Hlmmel- 
fihrt   begriffen  detikt   ')•     Allein,   ohne    das  schon   oben 
Gesagte  Mer  weiter  anssvftthren,  dafs  Jesus  entweder  kei* 
wahrer  Menseh  war,  oder  die  mit  ihm  während  seines  Le- 
bens   vorgegangene  Läuterung   eine  andere  gewesen   sein 
matsy  als   welolie  In  einem  Lieht*-  und  Leiehtwerden  des 
Kärpers  teäländ  t  se  ist  in  keinem  Falle  an  begreifen,  wie 
au  einem  soloben  VerUärungsprocefs  ausser  seinem  Lei- 
be aoeb  seine  Kleider  tbeilnehmen  konnten.    Möchte  man 
dieses    letaterenPunktee  wegen  lieber  an  eine  Beleuchtung 
vea  aussen  denken,  so  vräre  diefs  dann  keine  Metamorpho- 


2)  In  einer  Abhandlung  Üker  die  Verklärangsgeschichte,  in  •• 
neuesten  theoK  Journal ^  1.  Bd.  5.  Stück,  S.  517  i^  Tgl. 
Baitkr,  hcbr.  M^tbol.  2,  S.  :{53  ff. 

i)  bibl.  Cenm.  ly  &•  B^  f.. 


Zweiter    Abtehnitt. 

wBj  y^om  weleber  dodi  die  Efmtgeliittti  spreohen:  «o  dafs 
abo  diese  Scene  sa  keiner  in  sieh  sesammetistlaaMndeii 
Anscbanang  gebracht  werden  kann,  wofern  auin  nicht  et^ 
WA  mit  Olshausem  beides  verbunden,  Jesam  eowobi  streb- 
leed  als  bestrahlt,  sich  denken  will*  Aber  war  dieser  tilans 
auch  iBÖglich :  inmer  bleibt  doch  die  Frsge,  woäu  er  denn 
gedient  luüben  soll?  Sagt  man,  was  am  nfiehsten  li«gt: 
uoi  Jeena  su  yerherrlichen,  so  war  der  geistigen  Verben^ 
lichnng  gegenAber,  welche  Jesus  durch  Rede  und  That 
sioh  selber  gab^  diese  physische  durch  glXn^ende  Beleuch- 
tung eine  sehr  unwesentliche,  und  fasc  kindiseh  sn  nen- 
nen ;  soll  sie  aber  dennoch  sur  Erhaltung  des  allsnsebwa- 
cben  Glaubens  nöthig  gewesen  sein,  so  müfste  sie  vor  der 
Menge,  oder  doch  vor  dem  weiteren  Kreise  der  Jünger, 
nicht  al>er<  vor  dem  engsten  Ausschüsse  der  kräftigsten -vor- 
genommen, mindestens  den  wenigen  Angenaeugen  nicht 
die  Mittheilung  gerade  für  die  am  meisten  kritisdbe  Zeit, 
bis  sqr  Auferstehung,  untersagt  worden  sein«  —  Mit  vor* 
stiirkter  Kraft  kehren  diese  beiden  Fragen  bei  dem  aweiren 
Moment  in  untrer  tieschkhte,  bei  der  Erscheinung  der 
beiden  Verstorl>enen ,  wieder.  Können  abgeschiedene  See- 
len den  Lebenden  erscheinen?  und  wenn,  wie  ea  scheint, 
die  beiden  üottesmSnner  mit  ihrem  vormaligen,  nur  ver- 
kUU*ten,  Leibe  sich  sseigten,  woher  nahmen  sie  diesen  — 
nach  biblischer  Vorstellung  —  vor  der  aiigemeinen  Auf- 
eretebnng  ?  Zwar  bei  Klias,  der  ohn«  Ablegnng,  des  Kdr* 
pen  gen  Bimmel  fuhr,  macht  dieCi  weniger  Schwierig- 
keit: allein  Moses  war  doch  gestorben,  und  sein  Leich- 
nam liegraben  worden.  Vollends  aber  su  Welchem  Zwecke 
eollten  die  beiden  greisen  Todten  ORSchienen  sein?  0ie 
evangelische  Darstellung,  indem  sie  die  l>eiden  Gestalten 
al«  avUu?Mvzeg  t(^  7.  darstellt,  scheint  den  Zweck  der  £r- 
ficheinung  in  Jesnm  su  setsen;  näher,  wenn  Lukas  recht 
hat,  beeog  sich  dieselbe  auf  das  Jesu  bevorstehende  Lei- 
den und  Sterben.    Aber  angekündigt  lU>nnen  sie  ihm  dieiä 


nicht  enriiiiSM;'a«^il^%iAiiteiitgHi  Attf^M^      ÜyMp. 
Iifcer  isäfolgA  HHtioü  aSirW<6m*iMU¥^ii»vt  (wVtfNiiti. 

VmstXiideii  aM^AilÜaihlitt  leiWÄ  td«ie#  geMaut^  mtMw 
richtet  wortfed'*^.  'JH^^'WherfUu  fM  ^fi^dei»'  Stelhmg^ 
iirelchi  die  lSVml^!«lteA'iMi  iM'd^'*iil^to  Pft>{iffaeteii  geben, 
nieh(  angeme^n;  ^kai''^^t' Viltf  iM(ik')iMhrBiifg  bedttrft 
haben  soll  i  andl^e^Ui'  KttMfe  ^eisna  »cKon  frübfei»  sei»  Lei- 
den mit  80  ge^aul;f^Ztf^  Tbi^iergesagt,   dalb  die  speeiel- 
leren  Erö&htingeii;  a^  Hielt  Gcilsrerweit  nor  et^n  da«>ta- 
Qa9idoa&aL  zoi$  IJ?V'6W*^^iJ<Ä  A^7m;W^ai,  wovon  c^'ertt 
später  sagt  (Mättb2*^;-]9.  lik^ö^.^0,1)«),  betroffen  habeii 
könnten.    Oder  sollte' Ute  an  JtfUhA  Ed' machende  MStthd* 
lang  nicht  sowohl  in  einer  itelMiran^  ,^UI'Ui  einer  Be«r- 
liing  für  seih  bevorstehende/  Lddto*^t>estiehen^'^it>-'i^  nm 
dieie  Zeit  noch  l^^itie  Sjnlh^  eiil^  OäuÜflilMfstlMll'b^Je- 
SQ  vorhanden ,  welcher  #tf  n  ^^eistand  dieser  Art  zu  er« 
heischen  seheinen   koiinte;.  für   dß$  spätere    Leiden  aber 
hätte  diese  so  frQhe  Stärkung  doch  nicht  hingereicht,  wie 
viir  daraus  sehen,   dats  in  Geihsemane  eii^e  wMtere  iiötitig 
war*     Werden  wir  so,'  wienohl  bereits  gegen  die  Anlage 
des  Textes,  su  dem  Versuche  veranlafst,   ob  'sich  der  ür- 
seheinong  Mcht  vielleicht  eine  6eEiehung   auf  die  Jünger 
geben  Jasse ,  so   reicht  der  Zweck   der  Glaubensstärku'ng 
überhaupt   snr  Begrün'dflng  einer  so  besondern  Veranstal- 
tung theils  als  zu  iEillgemein  nicht  aus,'  theils  mOfste  Jesus 
in  der  Parabel  voui  reichen  Manne  deii  leidenden  Grundsatn 
der  göttlichen  F'figungeh  in  dieser  Beeiehuhg  falsch  gedeu- 
tet haben,   wenn  er  ihn  dahin' aussprach ,    dafs,    wer  den 
Schriften  des  Mo^es  un4  4^v  l?röpheten  —  und  wie  viel 
laehr.   wer   dem  gegenwärtigen  Christus  —   kein   Gehdr 
schenke,  auch  durch  einen  wiederkehrenden  Todten  nicht 


4)  ÜLSiiACSBif,  a.  a.  O.    S.  537. 

iJu*L4b4nJ4*u  ZleAiOL  IJ.  Band.  17 


9»  ZwBltfrJ^kffik'^Hu 


6lM|bM  i^bmeiit  wvtdm.  wlUrfk^.-yrelnvefeB  denn  ei» 

ne  B^h^  Jiff9^k^^^'U^,^^9kB^f^^^^^f/^f^^f^  Zwecke^  tob 
GpU  iUob(  ?«rfllft  w^prde.  Jl^i^  tp^clfjUeire  Zweck,  die  Jan» 
ger  Ton  |ler  Uhereifif tijpvwipg^^^^bijf^  and  Schick^de 
Jera  mU  Moa^e,  iw4  ßl»  f^^sktlK^  ffiF/^bersenfen^  war 
^np  Theil  eeliMi  peireißhi^  sfun.,XJ^  a)ker  worde  er  ee 
erst  nach  dea  T^^^^nd  der  ^unferfi^bang  Jpsn  und  der 
Amgiefeuag  d(».  fi^Utet,  ^h^  defttfli^  VenfklXmng  in  die- 
ser Uinfiebl  irgend  Kpocbf  geinaeht  hjittß.  —  Endlich  die 
SliiBme  au«  der  liehlen  WplJ|^  CQ^ne  Zwetfel  der  Sehecki-^ 
mtdk')  iUf  gleieh  dar  bei  der  Jauie^  eine  Gottee^Umme: 
aber  wie  anftbropoMorpbifitifoh  tß^^fyi  die  Vorstellung  von 
Gott  -sein ,  welcbe  jpio  wirUiehes  hörbares  Sprechen  Got* 
tes  für  ml^glieb  liält ;  ff^ptt.  wenn  hier  nur  von  einer  Mlt- 
tbdlnng  Gottee  an  das  geistige  Ohr  die  Rede  sein  soll  ^), 
eo  ist  dMiit  dfe  Sairfie  in  das  Visionire  hinttbergespielt,  und 
in  eiae  giuis  Jkiideve  Betr«cbtungsweise  Aberges|imngen. 

$.    1«. 

Die  natürliche  Auffassung  der  Erzählung  in  verschiedenen  Formen. 
Oen  ensgefQhrten  Schwierigkeiten  derjenigen  Ansicht, 
welcba  die  Verkl&rnng  Jesu  als  wunderbare  und  Ewar  ins- 
•ere  Begebenheit  betrachtet,  hat  man  dadurch  eq  entgehen 
gesucht,  dafs  man  den  gansen  Vorgang  in  daf  Innere  der 
dabei  betbeiiigten  Personen  verlegte.  Hiebei  braucht  das 
"Wunderbare  nicbt  sogleich  aufgegeben  eu  werden  ,^  nur 
seheint  es  als  ein  im  menschlichen  Innern  gewirktes  Wun- 
der einfacher  und  denkbarer  eu  sein.  Man  nimmt  daher 
aa,  dafs  durch  göttliche  Einwirkung  das  geistige  Wef^n 
der  drei  Apostel,  und  wohl  auch  Jesu  selbst,  bis  aar 
ükstase  gesteigert  worden  sei,  in  welcher  sie  entweder 
wirklich  mit  der  höheren  Welt  in  Berührung  trateüi, 
oder  deren  Gestalten  aufs   Lebendigste   selbst  produciren 


5)  ÖLtuAUtiKy  S.  539.    vgl.  178. 


ZthniM  Kiipitei    S-  1«S.  S50 

konnten,  4*  h.  man  denkt  sieh' den  WorgMig  n\n  Vitien  ^)« 
Allein  die  ertte  Stfttxe  dieser  AnffWssnng,  diifs  jn  MatthiM 
selbst  doreh  den  Aasdroekf:  vfjaftu  (V.  9.)  die  8aelie  als  ei* 
nen  Uels  sabjeethreo,  fMohUren  Vorgang  beseichne,  welefa| 
.  alsbald,  wenn  man  sich  erinnert,  dafs  weder  to  der  Wort« 
bedeatang  von  d^ccfio  das  Merkmal  des  blofs  Innerlichen 
fiegt,  noch  aoeh  der  N.  T»llohe  Spraehgebraach  den  Aos«^ 
droek  nur  jfittr  irniere,  sondern,  Wie  A  6*  7,  ^1.,  ebenso  anch 
Air  änssere  Anschavnngen  Verwendet  ')•  Die  Sache  selbst 
betreffend  aber.  isT  es  unwahrscheinlich ,  nnd  anch  in  der 
Sehrift  beispiellos,  daft' Hehrere,  wie  hter  Drei  oder  Viere, 
an  demselben,  sehr  aasflihrliehen,6esicbteTheii  gehabt  bllt- 
len  ^) ;  woaa  noch  kommt,  dafs  die  ganee  seliwierige  Frage 
nach  der  Zweckmftfsigkelt  einer  solchen  wunderbaren  Ver- 
aostalcnng  aueh  bei  dieser  Auflkssnng  der  Sache  wiederkehrt. 
Diesen  Anstofs  an  vermeiden,  haben  daher  Andere  de;i 
Vorgang  awar  im  Innern  der  betheiligten  Personen  belas- 
sen, aber  als  Prodoct  einer  natfirllchen  Thiidgkeit  der 
Scele^  das  Oanse  mithin' für  einen  Traum  erklärt  ^).  Wäh- 
rend oder  nach  einem  von  Jesu  oder  ihnen  selbst  gespro* 
ebenen  Gebete,  in  welchem  des  Moses  und  Ellas  gedacht, 
•ad  Ihre  Ankunft  als  messianl^cher  Vorlfiufer  gewünscht 
worden  war,  sebllefen  dieser  AufiTassung  Kvfolge  die  drei 
9fliiger  ein,  und  träumten,  indem  ^obl  auch  die  von  Jesu 
genannten  Namen  Jener  Beiden  in  ihfre  schlaftrunkenen  Oh- 
ren Uaeintönte'n,  als  ob  Moses  und  Elias  •gegenwärtig  wä* 
ren  aad  Jesus  sich  mit  ihnen  unterhielte;  was  ihnen  auch 


I)  So  Tertnll.  adr.  Msrcion  4,  32;  Hsiibsii,  a.  a.  O.  S.  115  f., 
wcleben  auch  Giutx  ,  Coaun.  x.  Mstth*  2,  S.  1€3  f.  169.  bei. 
ttiamrt* 

S)  VtarzMCHEf  in  Matth.  p.  552.    Oimavssh,  1,  S.  533» 

3)  Olsmaussii,  a.  a.  O. 

4}  Rav,  tymbola  ad  illostrandam  Ew.  de  mctamorplios]  J.  Chr. 

narratieAem;   Gablbk,  a.  a«  O*  S.  559  fP.    Kvntfi,  Comm.  s* 

Mattb.  p/ 45^  ff. 

17  • 


bei'in  eMtoA,  tnttben  EnMchM  nocih  einen  Aa|[eiiblick  roi^ 
^fsbweblto.  —  Wie  die  vorige  KrklKrang  attf  49»  oQa^iu  d^* 
JMattbfiiii».  so  etat^  slcli  diese  fUreuf,  ^b  LnkM  4iA  JOn- 
f)Mt  als  ßfßoQfifitroi  iffiupy    «nA  Jsrst  gegen  das  Ende  der 
Soene  wiedd*  «••   itayQr^y0Q^aia%fgy   fcenelchnet  (  V.  31.  > 
Aef  die  Haiidhabei'  welcliAd^  dritte  EvangeUst  biemit  der 
DaHirlicben,ßrliiär*ngbbBte(!,#ird,iiiin  «In  bedealender  Vor- 
eng seiner  Ei*itfMung<Totf  Aar  der  beiden  «rsien  begrfindet^ 
indem  die  neaefen.KriÜlier.erUftren,  dnfii  dnfcb  diese  ond 
andre  ZOg?,  vveicbe  dte  Begebenheit  dent  Maiarliehen  ntf- 
her  bringen,   die  UarHellong  bd^'Lnkasiiieh   als  die  arw 
s|irüiigliobe »  die  des  IMaUhKoK  dagegen  dnreb  Weglassung^ 
derselben  ai^  als  die  abgeieirelb  erweise^  da  bei  der  wunder- 
sttchtigen  RiobAung  jener  Zeit  wohl  JNiemand  solche,  das 
Wander  mindernde  Zikge^  wie  das  Schlafen  Aer  Jfinger^ 
hlusngedlehtet  haben  vrürde  ^)».    JDiese  Sehlifs weise  wor- 
den, wir  so  r  der  unsrigen  machen  müesen ,  wenn  wirklich 
der  beseichnete  Zag  nnr  im  SiAne  der  mitfirlichea  Erkli* 
mng  aafgefafst  werden  könnte.    Bier  dürfen  wir  nnr  aber 
nur  erinnern,  wie  bei  einer  andern  Scene,  in  welcher  das 
nach. Lukas  bei  der  Verklärung  Jesu  ang^kfindigte  Leiden 
in  Erf(lllang  bü  gehen  anfieng,  und  bei  welcher  nach  dem* 
selben plvangelisten  Jesu  gleichfalls  eine  hUunlisehe  Ersehet 
nnng  zn  Theil  wurde,  in  Gethsemane  nftmlich,  die  Jfinge# 
ebenso,  und  zwar  nach  sämmtlicben  Synoptikern,  als  xo^^ 
*  evdovtis  erscheinen  (Blatth.  26,  40  paralL^,    Koänte  hiev 
schon ,  die   blofs  ftnssere,   formelle  Ähuliehkeil  beider  See« 
nen  einen  Referenten  zur  Übertragung  des  Zugs  vom  Schlaf 
.  in  die  Verklttrungsgesohichte  Teranlkssen :    so   konnte  ihm 
noch  mehr  der  Sinn  und  Inhalt  dieses  Zugs  auch  hier  an 
seinem   Orte  scheinen«     Durch   das   Schlafen  der  Jfinger 
nämlich ,  eben  während  mit  ihrem  Meister  das  Wichtigste 


5)  Schulz,  über  du  Abendmahl,  S.  319^   ScMLiisjiiucasa,  über 
den  Lukas,  S.  148  f.;  vgl.  such  KötTsa,  Imauauel,  S«  60f. 


nrg^^  Krltfdl  ihr  uadiiAalMIK  !fldlM«M4'tiln'^    flti^  Vn. 
iNiiigkeil^  aeloe  Robe  ma  errtMen,  ttnd  seiiie  Öbedte^cBlMYt 
beoöidiiitt ;  der  Apopbet)*  d«r  UmpfängeteÜi^^WtSnhäruhf^ 
let^onter  iIm  geWöhnlkbM  Meilltebeti^\fir«r*^Ü'  Wafdkfefn4«t 
fintar  ScfalaiHideniwe&weirBii  ^  »ibb  'gaiD^^Voih^^MBht* ^ 
«ob,  wie  M  deii  tMkteB  LeideirV  m^  VaOlii^'Vki  A^r 
hMMen  Verherrlielluiig  Jeftü  ^e  Jffiiger  iitls*'i»Hi4W^lik-e. 
m»  dacMetelien.    Ist  somit  c^iesor  Zbg"  s</'1lre^'eMWrtity  der 
«atfirlieheii  firkürang  VöVsbhUbio  tKiÄvItfals'^V  Tielmehr 
4Im  an  Jesa  Torgegangene  Wandel-  dtirdb   ifaMti  Contr^st 
heben  wÜl:   so  sind  wir  avch  nicht  iiieb^4y^fogk''lleti  Bet- 
rübt des  Lakas  als  den'brspHlh'^lkftcrii*  ahMAilsU^^  and  auf 
e^ne  Angabe  eise  £rkiMrcrn|(  des  Votffltfts'VJl  baüto,   sott- 
^dem  itegekeArt  werden  wir  ah  jen^m'.Ziitehr,  tit'l^erbtn« 
düng  mit  dem  sebon  erwähnten  ^.ftl,    selnf^  Darstellang 
jds  abgeleitete  und  a«sgesvBttmkte  erkennen  ^,  Wnd  ons 
wuhw  an  dBe  der  beiden  erseen  fiivif^elisteto  helten  nSlsseit. 
■  F«ilt  Mf  ^etfe  Welse -die^  IkaptsWtee  derfehigen  Aof- 
'iMsong,  welehe  Mer  tmr  etoen  natOriicheii  'Traom  der 
Apofliel  siebt:   so  bat  diese  aossertteid  höeh  ^ine  MeifgB 
ianeMr  SebwierigkeitcÄi.    Sie  setfeC  nur 'die  drei  Jünger  als 
tHEomeftd  Toraas ,  und  lifst  Jesina  waehen ,   also  nicht  in 
der  fllnsbMi  begriffen  ifeim  '-Die  ganze  evangelisdie  Dar« 
«CeUoflg  lautet  aber  so,   als  ob  i^iftr  so^  gut  wie  die  J8*« 
ger  die  Ersebefnung- gehabt  bitte;   namentlich  konnte  er, 
wenn  das  fianse  nar  ein  Trattm  di*r  Jönger  wiir,   ihnen 
niclit  bernaeb  sagen :  fiTjdsvl  ifrtijtB  io '  üt>ccf4a ,  #odmHeh  er 
sie  ja  eben  in  der  Meinong  bestärkt  hütte,   dafii  es  etwM 
^B•eolldei(ee  und  Wanfderbares' geweseh  -  seL    Hatte    aber 
Mofe  Jesus  keinen  Thett  tkn  desiTHrtUiie,  so  bleibt  es  dodh 
immer  aeoh  nnerfadrt,  dafii  drei 'Per^nen  cti  gleieher  Zelt 
«laeft  and  denselben  Trämn  boben  soAterf."  Diefs  haben  die 


«)  Diese  Kfnsicht  h«t  B'aüsr,  s. -«.  O.  S.  537,  Kmtxscm»,  p.  556, 
uad  tmm  TkeU'aaoh  FMtst,  «a.  ttüidb.  2,  S.  447  f. 


Freumie  dieser  Krkilquif  .ei^NdMn»  wU  imhft  loU  im« 
•igeiitlich  ««r  doi*  feui-ij^ii  Petrus ,  ^r  Ja  «och  «Uebi  spi^ 
ehe,  80  ge^HlaifM,  die  Referentea  aber  vemiige  eiaer  Syn» 
ekdo^  eilen  Ajoei  Jüngern  amgesehrieben  habe«,  vrae  sMir 
Klnen  von  ihnen  beg^egnet  war*    Allein  dar^is^  dafii  Pe^ 
ttu»  aueli  hier  wie  aonat  den  Sprecher  fnarht,  folgt  nich^ 
daf«  A«cb.fi)i»r  er  allein  Jenes  Gesieht  gebebt  bebe,  weve^ 
das  Gegentl^eil  /lOji  den  lüaren  Worten  der   EvangeUetc« 
dnrch  lieine  Rede6gnr  entfenit  werden  i&an|i.    Ooeb  die  im 
Jlede  stehet  ^lnlUrung  der  Sache  bekennt  ihre  Uns»» 
lSnglici|keit   fu)cb  deutlicher.    Aicht    nur,   wie  sobon   bch 
flierkt»  daat  .laufe  Aussprechen  der  Namen  des  Moaea  nn4 
JEIias  von  Seiten  J[esu  muls  in  den  Tranes  der  Jflnger  im* 
terstfiteend  l)lneinspiel|Bn ,  sondern  «uch  ein  Gewitter  wird 
SU  Hälfe  genommen,  welches  in  denselben  dnrcbaeine  Blitse 
das  Bild  von  ttberlrdiscU^n  Glanx,  und  dui^  seine  Doi^ 
nerseblfige  das  von  Gespriicben  und  Himmelsstimmea  Iiuih 
eingebracht  y  und  sie  .auch  naeb  ihrem  Crwaehen  noeh  et- 
jüge  Zeit  In  4^  Täuschung  erhalten  haben  solL    l)ocb  dafc 
die  Jfioger  nach  Lukas  eben  bei  ihreffi  ülrwacben  Cdso/^ 
yoifrfioutcesy  die  swei  Mfinner  bei  Jesu  stehen  salieO)  sieht 
jiicht  wie  eine  idofsa  aua  dem  Traum  In  das  Waebeo  her- 
filiergenommeue  Täuschung. aus ,  wefs^/egen  denn  KdimÖl 
die  weitere  Annahme  herbelsieht,  daf»^  während  die  Jttii* 
ger  schliefen  9  wirklich  swei  unbekannte  MiUiner  «i  Jesu 
gekomaien  s^ieui  welche  die  Erwachenden  sofort  mit  Ihrsa 
Träumen  in  Verbindung  gebracht,  und  für  Moses  und  Elias 
gehalten  haben,    Dnrch  diese  Wendung  der  Ansicht  sind 
aun  alle  diejenigen  Moment^  welche  <Ue  auf  einen  Traum 
■urückgebende  Aufi^|«sttii§  als  innmrlicb  vorsebwebande  be- 
trachten sollt» 9  wieder  nach  ayssen  getreten,    indem  die 
Vorstellung  einee  Xdehtglannte  durob  die  Blitne,  die  Mei- 
nung,  Stimmen  sn  b5ren,  durch  den  Donner,  endlich  die 
Vorstellung  von  swei  bei  Jesu  anwesenden  Personen  durch 
die   wirkliche  Gegenwart  sweier  Unbekannteu  bervorge- 


bmeht  worih«  9ilin^UiL'''ltfi$^ Atten   konnten   Äe  'Iftln^'ei* 
etgentHeh  nai^  im'  WikllkMk  ii^tilifn'^aien/  linil  fllk  tonitt  die 
^omussettan^  ef Mfirf  TnH^ki^  id«  eine  Aber^ttssige  hinwptr. 
Besier  daher,    soferh  sie' dariii,   dafs'  Ihrer  Drei,  mu 
Kinem  Tramfeii  4'hettgehoninien'iiiilen  mObieA,    eine  eigen« 
thAadiche  Schvil6Hgketir  hat^' den'FAdeni   welcher  imcli 
dfeaer  Erkliran^art  A^    V^^l^ng  n^h'  an  das    Inneres 
fcnO{rflt,  gans  abgeiftä^ri.  ond  Alfas  WiUUr^In  die  AttasJEMi« 
weit  verlegt:    so  dars4#|i^'y  wie  sucfrftt  eln^n  äbe^attfrH« 
lAien,  io  nun  eliiattnatlirlichen  iiiisierbn 'Herväil^Tor'ttm 
haben*.     Den  JQngern  bdtWfctf'Waä  ObJe^ttfM  dar.:^  ulb 
erkJirt  st^h ,  ^ie  es   ineh/b^re^fed^ftfatP  il|^lil(^ehläen  Volls- 
ten; sie  tAoschten  sfelk  irichetid  flbkr^ifii^iVahrgelieniniii- 
ne:  natürlloh,  well  >la  klN'lh  denis^lbfo  VoHüliütigikriU^ 
U  derselben   StimA^^  «tnä*  lÜge  AeK  hetkndkUT  *  0feü^ 
Snitebe  ieafolge  M'lfas  Wi^ealftlldHe  der  «ebne  aof  deA» 
Berge  eine  geheime' Ziiiainiiie|ikiiitft,  wehdie  Jesus  beab« 
sWhtigte ,   und  Sil  diiMbl  «BMiiflr  (Kä  drrit'sKTeMttntg^teli 
sdner  Jlbiglsr  mit  sfoh^  Viiffm. '  WtAr  die  sWet  BtMnner  wa« 
ren^i  mit  welelken  Jifeiko's  ^asamm^n'ki(m ,  wagt  PItjlus  ntbht 
tm  büitlmmen ;  KviKdL'  Vermathet  heinfliehe  Anhajiger'  Ih 
der  Art  des  Nikodeteti^;   hacb   VairrtjRiNi  wÄ*^n  es  Esse« 
«er,  Jei«  |^«helme  Verbftndetei '  Ehe  diese  nobtt  eintrafen, 
betete  Jesus,  und  die  Jtth^,  nttht  aar  Tfa^nahme  gez^ 
gen ,  aebllefen  ein; '  dMh  d6n  Von  Lukas  ah  die' Hand  g^^ 
gebeneii  SSditaf,' wiewohl  it^iuiälds ,  beb« It  dtes^' erkläMrg 
gerne  bei,    «m  bd  e6ein  erst  Erwachten  die  iPäuscbnng 
wahrscbeinltcher  afr  iMcben*     An  fremden  Stiinmen^  >   dto 
•ie  bei  Jes«   httrt^nj  wiitthen  sie  anf,  sehen  J^sum,*ds^ 
walfrteheUriiM  anf  ätkktä  höheren  Punkte  de6  Berges,   AU 
^este  sfeh  gelai;ert'battett,    stand,   in  einem  nngewdhnft«» 
eben  Olanse,  der  von  den  ersten  Morgenstrahfen ,   welche^ 
^iaUMeht  dkircli  Habe  Sohneelagan  snrAekgewerJen,  ai^  Je« 
»um  fielen,  herrührte,   Ten  ihnen  aber'in  dei"  eiNiten'IJberi* 
rasehnng  fttr  «Irtmatarilehe   Verkllrong  gehalten  wnMe; 


p^^»r,lj«t4  ,w,el^)ys«fif  er^^^^«rflt  PHUJ»»  %w(»i  Mi^i- 

da«  .Geh^mniirs^qUe  .  4^.,^a^«erf^^|^t|JKi^iio  Sefiiif   4"!^^ 

M*  Mtj'iMihtejp^,j,(,;^9^,.d^,i  wm«V4«i>«.^!i#^WM" 
«Inf!  StUIjS^:  so  Jiat^aic)  sugleiQ|^q4c|i^  .ini)o«^r«>.^jfi^- 


7)  PAminl,  «».  IUa«>.'S,  4ae>lb>'ii^>4.  «)  b,  &  7A  <Haliui<ip 
tt*-i*-..P-'  -.  ■      /     .     ■■•).... .-.W,     .j.     .:f.' 


Z9fe*#«i§:ttk%t«*b-ltfa(M.  Mi 


mmtrikgm  wilwilrtidische»  Beiden  mofirteii  dto-  Auge»  'm 
^Ip^k  knkeim^mnm  rie  von  Mntttteber  Oi«rl#  «nterteheMeii 
im  ktaMiji^^wIfc  -HA  atff  die  Mefming  kamen,  dafs  ^  bet- 
.dwnBblMiaiiirtta  J%M8  and  Eliag  seieh ,  Iflt  swar  Ul  ke|. 
ypr^e» Afahdr  flo«ftieg*eA  Analchtefi  leicht,  am  aehwerüeii 
•fcei»haignieamy>  ek  •rfeütwa»;  wie  Jetas,  dem  f a  Petnm 
Airfdi  («iiiert  -Antrag,  die  s«  erbauenden  axijväg  beti^end^ 
adteTfPIlMathwiig  der  Jünger  eu  erkennsn  gab,  Ihnen  dteae 
irfubi  Hbenahm»^  >kt  nnbegreHlloh :  wefiwegen  •  Pablus  '  «Mi 
«tr'^dUii'AnnalmM  flüehtet^  Jetos  habe  die  Anvede  des^Pe- 
.i^mmhMhhryi&t^  4Sb  ^anse  Anficht  Ton  geheimen  Verbfhi- 
4eC9^  JMb'k^  ein«  mit  fteeht  versohoUeney  and  enMi)i 
MM^'d^r^tge  diaMr  VerbOndeten,  wekfher  ans  der  Wolke 
•kiHnH  jfilie- \Korta  mi  den  JOngem  sprach,  slefc  eine  nn^ 
4||MM^  Myidfieatiedk  eslattbt. 

>    *»■'   »9-      '  i  li  "  •  ' 

.. ,.,  ^  .    ^  «.    W6. 

1.      f  Cü^  Verkttrongsgescbickte  als  Mythus. 

•  Wle>immer  also ,  so  finden  Wir  uns  anch  hier ,  naeh- 
de|»p.^9 'den  Crets  'der  natai4iehen  ErklXrnngen  dorchlan- 
frnf-b^ibM*^  en  der^llbematQi4ichen  snrackgeftihrt ;  abefr 
elenao  eiHmhledM  Ton  di^el^  abgestoßen,  mOssen  wir,  da 
eia#  mitiirliehe  AnVlegnng  der  Text  Tcrbietet,  die  textge- 
■Mbe  isnprtttialtirale  aber  historisch  festzuhalten  ans  ratio« 
nalen*  Orilnd^n  'lin'mdglleh'  fiKllt ,  nns«Mara  wenden ,  die 
Anssagen  des  Tlktes  kritisch  ^  Ckhtärsnchen.  Diese  sollen 
aWKr  Vtl  vovOegender^&reXhlnng besonders snverixrsig  sein, 
*d4  daiTaetsim  Ton  drei  'f^rangelisten',  welche  namentlich 
aaek  In  der  ^aoen  ZeitbestimsHing  auffallend  zusammen- 
trelEMii^  WttÜdt,  md  ttberAers  Voitt  Apostel  Petras  (d  Petr. 
1,  l|f)  bezeugt  werde  '>.    Jene  fibereinstimmende  Zeitan- 

I)  PAVtvt,  cxeg.  Hsndl».  S.  446;    Giutz,  2,  S.  165  f.    Ouhaü- 
•an,  I,  S.  5S3« «    ) 


gslie,  iwot&nk  Me  ^/ni^iu  oxtti  de§  L«kiit,  Je  AoMken  »üfti 
Bihk,  «It  deo  ^/i^^i^  6|  der  aadem  dMteUbe  mgikifl§m, 
dlerdifigs  Miffrilend;  «ie  Uübt  sieh  «ber^  emmmfr  dem,  4dk 
naeh  eilen  drei  Referenten  auf  die  Verkttndigangeseenil  die 
■eil^Hig  des  dinonkoben  Knaben  Mgt,  '4mn^%^-dängni^ 
nieht  hatten  ^eileii,  können^  toben  dweh  tbn>l)Mpmaf 
der  synoptiteben  Brangelien  ana  «tehend  gem^MPdener  era» 
gefiaeber  Verklfndlgang  erklären,  ron  ilr^cber^ea  niebt 
höher  Wunder  nehaien  darf,  daf«  «ie  manche  'itai^otäi 
ebne  obJeetiFen  ttmnd  auf  beatinmte  Weite  miandaMi 
gnippfirt,  alt  daft  tie  oft  Autdraoke,  in  welohen  tie  bilte 
variirefi  ktonen^  dm*ch  alle  drei  Redaetionta  hinderth 
fettgebalten  hat  -)•  Die  Beurkundong  der6eeehieliieditt«k 
die  drei  Synoptiker  aber  wird  wenigttent  Ar  die  gewib«- 
liebe  Antlofat  ron  dem  Verhältnllt  der  vier  -Sirangeiieä 
durch  das  Schwelgen  des  jobanneitcben  tebr  g%tcfcfrM% 
indem  nicht  elnsuseben  ist,  warum  dieser  Evangelist  eiite 
so  wichtige  Begebenbeit ,  welche  snglelcb  teinem  Sf steint 
so  angemessen,  und  eigentlich  die  anschaulkhe  Verwirkli- 
ehung  seines  Anssprocht  Im  Prolog  (V..  14.)*  »oi  i^fccaa- 
fis^  Tfjv  do^av  avtöj  d6^av  ds  iWöVoyare^  na^ä  noatf^, 
war,  nicht  aufgenommen  haben  solL  l>er  abgenuMe  Oniiid, 
er  habe  die  Begebenbeit  als  dorch  seine  Vprf^nger  be- 
kannt voraustetaen  können,  ist  neben. sei aer  allgemeinin 
Unrichtigkeit  hier  noch  besonders  defswegen  nnbrMiebbar, 
weil  von  den  Synoptikern  diefsmal  keiner  Angenaenge  ge* 
wesen  war,  alte  an  ihren  EraXhlungen  durch  einen,  der, 
wie  Johannes,  die  Seene  miterlebt. hatte, inoeh  Manebts 
BQ  berichtigen  und  su  erläotern  eeie  muTale.  Mab  hst 
aich  daher  nach  einem  andern  Grunde .  fSr  dfete  und  iball- 
che  Auslassungen  im  vierten  Kvangelinm  ua^getabeiiy  m^ 
einen  solchen  in  der  antfgnostfscbeny  näher -aatidoketisehea, 
Tendena  an  finden  geglaubt ,  welche  man  ans  den  JohanD^ 


2)  Vgl.  SS  Warne,  Eiult;it,  in  das  N,  T«  |.  f  9. 


Z^vitM  Kii|ilt%li^titO«. 


*BrMm  *Mh  auf  <U»*8fWgiMum  9llmtmg>'*i'tm''4im 
V#rUJÜ*uigigMdil0hto,  wif4  ki#tM«eh  iMhra^Cer^  I11A10  4m 
um  mmkmehUudB  GIm«^  dte  YtrwtoM^g  setiU#(\Ai» 
in  d«a  UkwrMiMhe,  iW^  MeinMg  VoMclMb  lit^ 
fltea  bOiMiai,  «k  Mi  sefne  meatohliche  Gettdt  ihu»  «idi*toMa» 
htUä  yweiwi,  dnreh  welche  sa  &iten  Mlaa  waliMt^'lUtoi^ 
«MMfMiolie  Natttnbindurcbgskuolitet  luibe;  —in  yniftilii 
«it^  aiteB  PropheHmgtistern  hnht  Mf  die  Vennipibi^  ^b^ 
«m  ItAmm,  «rfMdge  TieUeicht  sellMt-nnr  eine  «ddi«  mi^ 
dgryfceAipcne  S—le  eineii  A.  T.liohen  Freiunien  «ein^  -^ 
Mid  UM  solchen  irr%en  Melnangen,  ifiefehe  unter  gneetip 
ifareodeB  Cbrietea  sieh  IVilbseitif  an  bilden  nnfiengea,  kei- 
ne HaArmmg  am  geben,  bebe  Jehiihnes  dtege  nnd  äbniiehe 
6eeebicbten  Jiebitr  nnterdrfickt  <>  Allein  abgesehen  ^eron» 
diUe  ee  der  apoetoUtoben  itai^^tfiiu  ntobt  enlsprieh^,  ai^*^ 
l|^en  ilUsbniqebs  bei  Einaelnen  wegen  Hanplfaela  der 
evttnffllitelien  Oeaohiebte  an  nnterdrfieken ,  so  mttfrte  Je« 
hawas  Idebei  doeb  mit  einiger  Conaeqnens  yerfahi^Mi  sein, 
md  «He  Eralblni^ny  welebe  eine  deketiscbe  Mifiidentung 
In  glelelieai  'H$m£uB  nit  der  gegenwärtigen  iiervermfen 
kennten,  ans  dem  Kreise  seiiher  Darstellung  ansgeschles- 
sen  Indien.  Mnn  erinnert  deb  aber  s^leleh  Jeder  an  die 
Ossehiebte  Tom  Wandeln  Jesu  auf  dem  See,  welebe  min- 
dfirtens  shentosehr  wie  die  VerkUrnngsgesetiicbte  die  Met« 
wmg  von  einem  blolsen  Scbelnkörper  Jesu  benrorraft, 
nnd  doeb  «n^  ron  Jebannes  aufgenommen  ist.  Die  Wich- 
tigkeit freilich  einee  VorfcM  konnte  hier  noch  einen  Ua- 
torsefaied  bsfHInden,  so  dafii  yon  nwei  EmAblungen  mit 
glaieli  stark  deketisebem  Sebein  Jebannes  dennoch  fr^rse- 
rsr  Wiebtigkelt  wegen  die  eine  anfnahm ,  die^minder  wicb- 
t%s  aiNHP  wegUeTs.  Hier  nun  aber  wird  doch  wohl  Nie- 
mand beimnpten  woüe^  der  Gang  Jesu  auf  dem  See  ste- 
he an  Wichtigkeit  der  Verklftmngsgesohiebte  voran  oder 


3)  So.  SciuiBcxsiieVKsaa,  Beiträge,  &•  fi2  fl*. 


tu  Mil^feU0gl*^1»idmM^\ 

JBUIii«iMk.iWi>.  Allftipi  j6ii¥  «8(6  «lAÄfthtoto  '  witeedrttlM*; 

4Ul6iel*0ä>  nUAt  nelbiui  hal^.>80,  ka»it :<ti»|bih.ja;iie»iftffi>liy 

müht  ithüb^.  hmhM  ,  "wsldbes  itaber  »ititb  .tiraad  där;ab> 

«iobtfifbeii.AiidltesQng  äinttw  (feiohiektouim  idbrtai|;EhM- 

filUMi^ebraaebt  «evdfitt  ckrf ;  «oodern  i«/^Meibt,  Wm  aar 

«l«iHUi4;dfaM»B^geb6Bhieitbatitffty  diiUi,  dafii  saUi  \ite 

iimeadnlchtt.  oder  dMihjjiiehfsi>'Geiii»i«0aimi  dngmlbiihjg» 

M^r«ia»^b«iu  ktttiu     Fi*e!ticb    kaiiii  dWifes  firgaboÜ^inK' 

deti«ii,eioA  Inttaila/feg^fi  den  btstorkobton.  CSbkealiter  4«r 

l^^lHiü^iigl^Qbiobte  aeiii)   welcbe  das  vkrie  fiyangaliii» 

«li  W^k  eines  Apostels  betraehten,   so  j^a£s  also  wir  a» 

diesalii  Stiilscbweigeo  niebt  gegen  die  Wahrheit  der  £r- 

aXblnng  erga^entiren   können:    abar  "bm.  bew^st    aodi 

oaigekebrt  die.  Übereiastimmiing  der  Synoplikte  nichto  fthr 

•dleseihe,    indem  wir  schon  mehr  als  Eine  Eraühliiaf ,  in 

welcher  drei,   |a  alle  vier  ETangelien  sasaauDCMBtioMneii, 

für  anhistorisch  haben   erklären  rnttssen»  — •  Wicia  endlich 

,dss  angebUcbe  .ZeofniCi  des  Petras   betriffi,    so  ist  tiregsn 

der   »ehr   als  nweifelbaften  Äcbtheit   des   sweiten  Brieb 

jßetri   die  allerdings  aaf  unsre    VerklJUoMigsgesfihichte.  be- 

sfigliehe  Stelle   als   Beweis  fUr  die   historiscba  Wahrheit 

derselben  jetst  auch  von  orthodoxen  Theelegoii  attfgq;ebc0 

worden  ^).         - 

Dagegen  babea  wir  aoiser  den  oben  angeyigten  Sehwie- 
rigkeitan,  welche  in  dem  wonderbalilen  IniMiit'  cfor  fir- 
jBihltiog  liegen,  noch  einert  weiteren  Gropd'  g^gen  die 
historische  Geltang  de^  Verklftmagsgeschiöbt^  dii  da- 
tonredong  näe^ich ,  weiche  den  beiden  ersten  JBraogelistea 
enfolge  die  Jfinger  nnniittelbar  nachher  mit  Jesa  gefOhrt 
liaben  sollen.  Wenn  nfimlteh  Im  Herabsteigen  Tom  VerkU- 
rnngsberge  die.  JOnger  Jesom  fragen :  t/  ^  Os  ygofifiatus 


4)  OLSUAutBJi^.S.  5S3.  Ania« 


Zehnies  Kili|if«%i.'J^ IM.  Mf 

Xiysa^r^^mimM  äi9€Un^oriMAhhi  V. -lir.>f.!«i» 
kllfigt^cffr'giiiHiy-  wki>  weim  ttwai'  VMrang^tngef»  wtei^ 
3PoriNi«^tf  Mtte^almeliaen.fliiMtli,  £lhit  ^rerde  aMit  «^ 
Mlieiii^%  iuldf  gav^Mdit,  wie  weaa  sie  eb»frven"eUi4r  Bn- 
,Mh«inaBf.  deMbllülb.lierkiiiMNiy  da  sie  ia  diesem  Felia»  aUkt 
-mmkkM^itgt'  A^fSn ,.  sondero  aafcMeugys4eUt  segea  amft- 
teo;:  «tjrirwg  Äf  toi  yQaftfittig  Xifeaiv  x.  i.  A.  ^^i-ilDalMr 
wird,  den«  die  fMge  dUr  Jttngev  ntn  den  firüftremso  ge- 
dbntety  sfa^ob  sie  nieht  eine  Blias^Brseheinnng  ftkeMuw^ 
eoiuieni  an*  4&r  eben  gehabten  nor '  ein  gewisses  ^  llfeis|iaBScl 
VM^biOl  iiüMn,  -das  ttüailich ,   da|s  naeli  der  AasiMai^der 
SebptDbg^eiiHett  £llas  bei  seinem  Am/hritt  wirksam  und  m- 
JirnMiarisbk  IndisLebea  der  Natiota^  eingreibn  solitai^vfMl» 
fegen  er ' J>el  der  reben  gehabten  firscheinring  ohne  wekere 
Wiekaateheitsoglsloh  wieder  verseiiwanden  wvr^yn  Siese 
ttphUrang  wSre  miiässlg,   wenn   das  anoxattifi^C'f^ntm 
in  dar  Frttg^  der  Jinger  stände :    statt  dessen  aber  steh* 
es"  bei.  beiden  Aeferenten    (Matth.  V.  II.    Marc.  >V.  Ift^) 
snr  hk  der  Aotwert  des« ,   so  dafii  die  Jünger  anf  äusserst 
Tsrheinrio  Weise  das ,  was  sie  eigentlich  vermifsten ,  dsk 
iaoxadigavm'^  Tfarsehwlegen ,   und  nar  das  i'QyiadH^  ^ 
■snnt  haben  milfsten,    was  sie  nach  der  gehabtein  JBrsoiie^ 
mofig   nicht  vermissen  konnten.     Wie  aberdie  Frage  der 
Jinger' keine  geluvte  Elias*firschehrang ,  vielmehr  das  8e- 
AU  des  Mangels  einer  solchen  yoraässelat:  so  anch  dieAai- 
wort,   wel^  ihnen   Jesns   giebt.     Denn  wenn  er  erwi^ 
dsrt:  weM  haben  die  Sehriftgelefarteli  recht,    Wenn  sie  sa- 
gen,  fiKaS  mflsse  vor  dem  Messias  kommen  ;•  tUeis  ist  aber 
kein  6rand  gegen  meine  Messianität^   da  mir  bereits  ein 


5)  t.  lUü,  im  tngef.  Progrimm,  l)ei  Gableh,  neuest,  theo!. ^Jour- 
'     ntl,  1,  3,  8/506. 

6)  FRiTxscMXy  in  Matlh.  p.  555;  OLtMAütBW,  1,  8.  541.  Noch 
weniger  genUgeade  AutkUafte  bei  Gabuis,  a.  a.  0.  und  bei 
MattmaiI)  Reiigiontgl.  der  Apostel,  3>  S..  696. 


■Üil'Tlto  äer  iFinon  Am  Tlnfen  ¥dr«iigt|^ngi»a  l«t,  ^— * 
wemi  tr  ioaiit  seiae  Jtoger  gegen  fleii  a^  der  KtWiirf  ftg 
-^er  yffecfifiotelg  »u  sieheiiien  Zweifel  i  riiti^  Verweieoiig' 
Mf  4mu  iboi  TomngegangeiieB  «neSgentlleiien  fitta»  bb  ifm^- 
Ipraliren' sacht :   so  kann,  eine  Brsebetnuiqf'dee  eigendidiefa. 
SKes  «nnklglieh  ToraBsgegiingen  sein  j   flipnt<  aiiftle>  Jtmm 
«B  aUerent  auf  diese  Krscheinung  ^   and  nur  etwa  weiteiv 
Un  aaeh  BBf  den  Tivfinr,  liingewiesen, haben  7>    Die  mv- 
^lütelbare  Verbindung  dieses  GesprÜehs  nie  jenein  ErseJi^ 
kno^-Üann  also  nicht  historisch  sein,  sondern  nur  der  A;ln^ 
Uehlitft  salieb  gemacht,    weil  in  beiden  von  Elias  die  Aede 
tat  '>    Doch  nicht  einAnal  mittelbar  nnd  dareh  Zwiecheii» 
•begebenlieiten  getrenni»  bann  einer  solehen  Rede  eine  Bi^ 
•cbelanng  des   KUas  Teifangegangen  sein,  da,  wenn  asek 
nodi  so  lange  naeliher,'  sowohl  Jesus  als  die  iM  Augen« 
Beagen  anter  seinen  Jiagem  sich  derselben  erinnern  mnüß^ 
ten,  nnd  nie  so  sprechen  konnten ,   ab  ob  eine  solclw-gar 
nicht  'stattgefunden   hxtto.    Selbst  aber  auch  nach  einer 
solchen  Dnterredang  kann  eine  Eraobeinung  des  wirliticheii 
-fillas  der  orthodoxen  Vorstellung  Fon  Jesu  gentiirs  nieb  wohl 
-etatfcgefunden  haben.     Denn   bb  deutlieh  spriefat   er  hier 
aettie -Ansieht  aas,  dafii  der  eigentliche  Ellas* gai«  nicht  mm 
■erwarten,   sond^m  der  TiofiMf  Jobannes  der  verheilsenB 
Elias  gewesen  sei:  w<re  also  dennoch  später  eine'Ersdiel» 
nung"  des  wirklichen  fillas  noch  eingetreten ,   so  hitte  alek 
Jesitf  geirrt ,    was  gerade  diejenigen ,  welcl^  an  der  h&» 
atorischen  RealltXt  der  Verkllmngsgeschichte  am  meisten 
gelegen  Ist,  am  wenigsten  annehmen  können.  SohUefiien  sich 
somit  Jene  Erseheinung  und  diese  Unterredung  geradeau  aast 
so  fragt  sich ,  welches  ron  beiden  Stücken  eher  aufgegeben 
werden   kann?   Und  hier  Ist  der  Inhalt  der  Unterredungr 
durch  Matth.    ll,  14.   vgl.  Luc.  l,  17. ,   so  bestlitigt,  die 


7)  Dieti  gesteht  sack  Favlo»  zu,  2,  S.  44S, 

8)  ScuunanMACiüEii,  über  den  Lukas,  S,  |49t 


ZeMtti.iUjiit^L    |.i,t«6.  in 

rif^$itefl.Mf^  unwtkhrfchelnlkb  gemacht,  dab  die.  Eotafhei- 
djnijg  Absiii  mweü^lbaft  seia  kann«  £|«  «cheiaen  depiii^iels 
wie,  plKtn^bfn  ^1(0  Maie»  so  anfh  hier  awei  ?oa  j«|if 
'  T^racUe^e^W  V#rti|Metaiiiigen  aa«gehende  and  wohl  aj^eb 
in  versebiedeiv^n  /Seiten  entstandene  £relihiungsst(lekfr  üf 
Bipmiich  aogese.hiokte  Weise  susaramengesetst  worden  i^ 
s^ip ;  das  di^  Unterredang  ^thaltende  Stack  nKuüich  jfht 
Tpn.der,  walvrscheinlich  fffiberen,  Ansicht  ans,  die  Vi^lf. 
si)gung  in  Betreff  des  Elias  sei  eben  nnr  in  Johannes  in 
£rfullang  gegangen;  wogegen  das  Stttcfc  ?on  der  VerJM^« 
rui^y  ohne  Zwj^ifel  spStercm  Ursprungs^  sich  damit  niobt 
begnügt,  dafs  Jn  der  npeasianischen  Zeit  Jesa  Elias  nnei- 
gentlich  imTänfer  aufgetreten  sei:  er  mufste  aoch  persöQ- 
iißh  und  eigentlich y  wenn  auch  nur  in  vorübergebeader 
Er^cbeinangi,  sieb  gezeigt  haben. 

Um  nun  sn  begreifen,  wie,  eine  loicbe  Erzähinng  auf 
sagenhaftem  Wege  entstehen  konnte,  ist  der  enerst  sn  er- 
wügende.  Zug,  an  dessen  Betrachtung  sich  die  aller  fibri- 
gen  am  leichtesten  anreiht,  der  sopnenartige  Glans  des 
Angesichts  und  das  helle  Leuchten  der  Kleider  Jesu* 
Das  Schöne  und  Majestätische  ist  dem  Orientalen,  und  ins- 
besondere dem  Hebräer,  ein  Leuchtendes;  der  Dichter  des 
hohen  Lieds  vergleicht  seine  Geliebte  if^it  der  Morgenröthe, 
den  Mondci  de^  Sonfie  (6,  9.) ;  die  von  Gottes  Segen  nn*  * 
terstOtsteo  &mmmen  werden  der  Sonne  in  ihrer  B|aeht 
verglichen  ^icht.  5,  31.)  9  und  namentlich  das  kfinftige 
Loos  der  Gere^^ten  wird  dem  Gianse  der  Sonne  und  der 
Gestirne  cur  Seite  gesetet  (Dan.  12,  5.  Matth.  13,  43.)  '> 
Daher  erscbeini  niebt  allein  Gott  im  Licbtglana,  und  Engel 
mit  glinsendem  Angesicht  and  leoehtenden  Gewändern  (Ps. 


^)  Vgl.  Jjilkut  Simeoni  R  2,  f.  10,  3.  (bei  Witst»»,  p.  455.): 
Fades  jusioram  futuro  tempore  similes  ernnt  solt  et  lunae^ 
"  §oeJo  ei  steüU^  Julguri  eU. 


f»,  i  t.    Dam  7,  »f.    10/ 9. •. >Lac.  Ü;'^    4iBk^ 

i3*fC),  Wäderji  auch  die  Frommen  dte  h^ttiMdiilü  AlhUt- 

iSwmMy  tvrie  Adam  t&r  dtai  Fa(f>  iiufd  üiilii*'ifen*iMke«fdltei 

MMbeiiÜieh  Blotfes  und  Jotua,  wei^deki  irfi  eMUcttif 'ttileliläA  Lidtil- 

gtam  Vorgestellt '  ^; ;  wie  dedn  dfeii^Itetie  J«MiJ6MfAjifi[le  auch 

lüftgefteichneteii   Rabbinen  In  eri)öbten  Aiig^Miiy&^li  ab^ 

frdlaeben Glans  vertf^  ^  ■  >    Aiii  bdrtthmteÄten HV  das lettdL- 

Hkiiie  A-ntÜtE  des  Mbsea  gewordeä,    fon  Weli;1iedi  *L  itt«?. 

Si^  29.  ff.  di^  Rede  Ut,   nnd  ion  ihm  Waf4e/'%«ri^  bi  an- 

4eAi  Stacken,  so  aach   in  diesem  ein  i^tiiuis  ä  wumri  -M 

^ti^jm  auf  den  Messias'  gemacht,   v«^aA' sollen  de^' Apostel 

PaMas  %  Kor.  3,  7  ff.    andeutet,   wie^öKl  er  de^  Alo^es 

als  dem  diaxovog  t&  ygafifiarog  nicht  Jistim ,  sondern,  ge- 

mSü  der  Veraiüassung  seines  Schreibens,  did  Apostel  und 

christiiehen  Lehrer  als   diaxovag  ra  fCVBvficnas  gegenäb^ 

stellt ,  nnd  die  den  Glanz  des  Moses  iberbleteiUte'  düScr  dle- 

ser  letsteren  erst  als  Gegenstand  der  iXmä  iai  ^nkauftii^ 

Leben   erwartet.      Eigentlich   aber  war  doch  am  Mesaäs 

selbst  ein  Glans  en  erwarten,  welcher  dem' des  Moses  eutspri- 

ehe,  ja  ihn  ttberstrahlte:  nnd  einejfldlsche  Schrlik  die  ^oa 

dnsrer   Verkliimngsgesel^chte  keine  Motis  nimiht,    arg«- 

mentirt  gans  im  Geiste  der  Juden  der  ersteh  chriädichen 

Zeit,  wenn  sie  geltend  macht,  Jesus  könne  nicht"  der  Meii* 

aias  gewesen  sein  ^  *  da  ja  sein  Angesicht  nicht  den  tilans 

des  Angesichts  Mosis,    geschweige  einen  ftdTi(A*en,    gehabt 

habe  '^>.    Solche  ISinwfirfe,  wie  sie  ohnejftwelfel  schön 

10)  Bereschitli  Rabba  20,  29  (bei  Wetstbin)  :  •  Tes/is  *i«m  v^stes 
Adanü  pHmi,  FocoeiiB,  ek  Nachmstitde  (^eb^näas^)?  falgida 
facta  fißit  facise  iVJbm  insiar  soli$y  J(Mom  iiUXur  iunte ;   quai 

*.  ,  idsA%  affirmarmt  vei^nss  de  Adamo^  '     ».  /    .  .  .  * 

11)  In  Firke  i!;iie8er,  2,  findet  sich  nach  Wststbii«  A\q  Angabe 
inter  docendum  radios  ex  facie  ipsius  j  ut  olim  e  Mosis  Ja» 
cie^  prodüsse^  adeo  vi  non  dighq$ceret  quii^  utrwh  dies  «/- 
$et  an  nox» 

12)  Nixsachgn  vetut,  p.  40,  sdExod.  J4,  53.  (bei  Wststkik)  :  ^tcce 


Zekntai  Xa|»U«l..  f.  tOi.  tSZ 


die  «rüm  Ckrteten^ühfllt  ¥M  ilmiai  hftm^  iMb  flth 
•eiber  i»«€b<ii  muAi^,  bemten  niclit  «iider«^  .  «l»  in  d#r 
JUtestea  titm^lmAo  eiiie  Tendena  «rMogen ,  Jene«  Z«g  avt 
4eai  Leban  dis  MeMt  in  Leben  Jean  naofasnblklen,  je  in 
.  JOner  Hioaidil  tn  flbeririete«,  nad  statt  «inea  ienfblaAdfn 
Angaiklita,  daa  «ich  aüt  eineai  Tnebe  verdeoJian  Unb,  Umi 
einen  ai|ah  über  die  Gewfinder  aieh  ergieAenden  Strahlan» 
gkuiay  iirenn  avah  nnr  Terfibergelifnd^  anMMlirtlbcn, 

Dafi  die  VeriiUning  des  Anceaiclila  ven  M99m  ania 
Voebiide  fOr  Jesn  Verklirong  gedient  habe,  Intweiat  ab^r 
«berdiieft  eina  Reihe  eioaelner  Zige.  Mepea  bekam  seinen 
ttinnn  anf  dem  Berge  Sinai:  aueh  lon  Jh)i  Veri^lftrung  ist 
ein  Bwg  der  Scbanplata;  Moses  iiai^  bei  einer  frftheren 
Besteigung  des  Bergs,  welche  mit  dw  späteren,  nacii  der 
aeln  Angesidit  glfinaend  wurde ,  •,  ieinht  eefeamnenfliefsen 
keimte,  aaaser  den  70- Ältesten  lie^ondefi  nlidi  drei  yer* 
Irante ,  Aaron ,  Madab  und  Abibo,  anr  TheJUinabaie  an  dar 
Anseliauang  Jehova*s  mit  sick.  «Inf  den '  Berg  genommen 
<t.Mos.i4, 1.  9— 110*  so  nimmt»  nqn  auch  Jeans  se|«e 
^krei  Te*»aatesten  Junger  mit  Mch,  am»  So  ?iel  l^re  Kräfte 
ea  Fermöoliten,  Zeugen  des.  cjetiehenen  Sohauapieis  an  sein, 
and  ihre  nftchste  Absicht  war  nach  Lud.  V.  ^&  ir^o^- 
§00^01 :  gerade  wie  Jbbete  dmi  Mdsea  aüt  den  Dr^en  und 
den  Altesten  anf '^den  Berg  kommen  keilst,  am  ymw  ferne 
ananbeten.  Wie  hernach,  als  Moses  mit  Josua  deii  Sinai 
ksstieg,  M%d6^a  KvqIb  ab  vefiXij  den  Berg  ledeckte 
(V.  16  f.  LXX.),  wie  Jehora  ans  der  Wolke  heraus  dem 


Mom  magiii$r  nosigrfoHchtm»rtiis^  qui  honu>  tntrm  eraiy 
qmia  Dmi  d$  fmä0  ad  facUm  cum  eo  hcuim  est,  valt^m  tum 
kuimiUm  rHuiiif  nt  Jydaei  t^^nniur  accei$rti  qum(ö  igt. 
tnr  fMgU  d$  ipM  divitUiaU  hoc  icMte  oportet  y  äiquc  Jeta 
JaeUm  ab  w»  OfUs  cardinc  ad  alterumfuigorem  dif andere 
tomoemobai?    At  aea  praedita^  Jmi  ulio.  tpkndore^  Med  r^^ 

%.  Kqmemortalihmi  fuii  eimiWnm,  Qmpropier  s^aiiof ,  non  em 
im  eum  wedmdmn,  ^ 

VmUbmJem  ^Apfl.  Ih  Bami.  1d 


2T4  Ewtitdr  Abniiiillt 

Moiet  rfaif,  feß^^dleser  MrtUfoh  fci  «e  Wolke  n  IbM  hiiF 
ein^fif  ( V.  Hl  -- 18.) :  so  habend  wir  aneh  la  umrer  £r- 
9sRUt^ng  tihte  vefpikt]  qxa^og^  welche  Jesvm  und  die  hleifli* 
fieehen  Ertcheinforigeir  beschatlet,  eine  q^an^  ix  t^  vt(f4hjgf 
«nd  bei  liekei  ^n  ttgeXadv  der  Drei  in  die  Woike.  Wm 
die  Stlami»  et»  der  Wölke  fea  den  Jüngern  eprioht  ^  ist 
Im  egHteb'TiMile  die  grieMÜmisehe  Declaration,  welebe,  ans 
Ps.  f  j  ?•'  liWd  JMb;  4i)  1.  BQsamaiengesetBt ,  sehen  bei  Jesu 
Taufe  von  Hhofeei  ersdioll ;  ios  sweiten  Tii^  ist  sie  ans 
den  Wok^teii  ^nommen,  mit  welchen  Moses  in  der  fMher 
MgeftKbrteir'Stelle  des  DenteronoBiittai  (18,  15.)  nach  dar 
gewOtlnB^hifei(  *0eutling  dem  Volk  den  tiflnftigen  Meeaia« 
anktndlgl  iikd  eB^ltor  Fbigsamkelt  gegen  denselbea  er- 
flkibnt  «>* 

f  Dntteb  ^  Verklirong  aof  dem  Berge  war  Jesu«  aci* 

Deei  VorbkMl^  MeM,  m  die  Seite  gestellt,  und  da  es  in 
'VHm  Srwarfvngeo  der  Jttde'n  lag ,  dals  nach  Jes»  52^  6  ft 
<We  lotessiiiJiiBcbe  liiit  iriehlf  nnr  Einen,  sondern  mefewre 
'>Void<nftr  haben  '^,  tfnd  unter  Atidam  namentlieh  aneb 
der  idte  "^^/cätfiMg^h»  nnr  Zeit  des  Messias  ersdiek^n  aott- 
te  tsyt  «0  ^/^^  fBr  desseti  fitaekeinung  kein  MobmoI  fo- 


19)  Ans  dieser»  Vergleidbnng  mit  des  B^nhetleigiuig  des  Motet 
Ulstt  sisb  TieUeS^  auch  die  Zeitl>etttf^]|mng  der  j/U^m*  H 
ablöten  y  diurch  welche  die  zwei  ersten  Evangelisten  das  ge- 
.  gi^ilwXrtige  Ereignitt  von  dem  zuletzt  erzählten  tvsnnen.  Denn 
auch  die  eigentliche  tjeschichte  Von  den  jAgegnisten'  des 
Moset  auf  dem  Berge  heginni'Äift  di?r  gleichen  Zeithestäa- 
mung,  indem  es  helsst,  nachdem  6  Tage  lang  die  WoUce  den 
Berg  bedeckt  hatte»  tili  HTdses  zu  Jehöra  hernlen  worden 
(V.  16.) 9  eine  Tieitbestimiaung »  welche,  obgleich  dev  Aus- 
gangspurtht  ein  ganz  anddi^r  war,  fUr  die  EiMtemtg  der  be- 
sinn betreffenden  Vei^dKrungsscene  beihcdialten  werden  mochte. 

14)  s.  BiRTKOLDT,  Christ ologia  JudaeolruiA  f.  IS.  S.  60  ft 

15)  Debarim  Babba  3;  (WiTttsm) :  Didtit  Deus  S.  3.  M09i:  p$r 
vii4»m  tuäm^  qiüniüidnUfdafn  tAtam  kann  pösuitH  probrtt^ik 
in  lux  mundo  f^km  tempore  fiuwro^  qwmdo  Elum  preffiMam 


eignete,  nli  tier,  tit  weMim  der  BleMlM  anfdletrifce  Wei- 
sen ,  wie  eiftai  er ,  auf  eiiK^m  Bei^  rerh«rrlkhl  wvrd«» 
Zu  ihm  getelite  iidh  ilann  iron  selbst  Aerjeuif^y  welcher 
nach  Mal.  3,  25«  am  'tieatlmmeestefi  als  meeeianiechw  Vor- 
'  JlCofer,  and  swar  nach  den  Rabbinen  Eiigleieh  mU  Moaee, 
erwartet  wurde.  ErscUefien  beide  Minner  dem  Meerfai, 
•o  ergab  sieh  ?oii  selbst  ^  daft  sM  «kh  mit  ihm  rnit^redee 
haben  werden,  nnd  f^gfe  sicVs  nm  einen  Inhalt  Aesiir 
Unterredung ,  sfo  lag  Tom  letaten  Abschnitt  her  niehts  nKber, 
JUS  das  bevorstehende  Leiden  nird  Sterben  Jesn ,  welebes 
ohnehin  als  das  eigentliehe  mesüiantsehe  Oehelnnirs  dea 
D.  T.  sieh  am  ehesten  su  einer  solchen  Dnferhaltnng  mit 
Wesen  einer  andern  Welt  eignete;  wefswegen  man  sieh 
V  undern  nlufs ,  wie  Olshauskn  behatfphBn '  kann  j  auf  die* 
seil  Inhalt  des  (jespräehs  hätte  die  Mythe  nicht  kemaMn 
können.  So  hätten  wir  also  hier  einen  Mythos,  dessen 
"fendena  die  gedoppelte  Ist: '  erstens,  die  .VerklärangdesMo« 
ses  an  Jesu  in  erhöhter  Weise  an  wiederholen ,  nnd  nwel- 
lena,  Jesum  als  den  Messla«  mit  seinen  lielden  Vorlänfem 
«usammenEubringen,  dtn'ch  diese  Erscheinung  des  Geseta« 
gebers  nnd  des  Propheten,  des  Orflnders  nnd  des  Refeirm*- 
tora  der  Theokratie ,  Jesum  als  den  Vollender  des  Gottes« 
reichs,  als  die  Crtallong -des  tiesetaes  nnd  der  Propheten, 
dawuatellen,  und  seine  messianisebe  W(lrde.no€h  llberdiefs 
durch  eine  Himmelsstimme  behriftigen  an  lassen  *^> 

md  ipsot  mittam ,  voi  duö  Mtem  ietmpore  tmuetii.  T^  Tsa« 
cbum«  f.  42,  if  bei  ScBttrrsnr,  1,  ä;  M9« 
16)  Für  einea  Mythus  erklärt  diese  Erzählung  i^m  Warn,  Hritih 
der  mos,  Gc$ciu  S.  250  J  Bkiitmou)t,  Christologis  Jud.  f.  !5. 
»ot.  17  J  ScHüW,  über  das  Abendmahl ,  8.  519  >  giebt  wenig* 
•tens  ein  Mehr  und  Minder  de»  Mytbi»cben  in  den  rerschie« 
deoea  cvsngelitchcn  Relationen  dcrVirklärungtgeichichtesu, 
und  Faitbsciib,  in  Mattb.  p.  448  f.  und  456,  führt  die  mytbr* 
sehe  Ansicht  von  desselben  nicht  ohne  Zeichen  von  Bciatim«« 
muag  «ttl«  Vcxgl.  such  üvim^,  in  Malth.  p.  459,  und  GaAxx^ 
a,  8.  161  f.  ^^^ 


.  «r  An  «tkram  Beifflleto  IftCit  Bleh  ac|il)elUlch  beKand^Tp 
imseJMisbeiiilicb  «eigen,  wie  die  neeflrlicbe  Erkllrong,  in- 
dem sie  die, historische  GewSrshelt.  Afr,  ErsäUungen  fesl- 
JiAben  will ,  die  ideale  Wehrh^  derselben  veriiert ,  gegen 
die  Pom  den  Inhalt  anfgiebc:  wogegen  die  mytlileche  dtireb. 
^iifo|>fcning  des  geschii  btlichen  Leibes  solcher  Erslblun- 
gen .  doch  die  Idee  derselben  j  welche  ihr  Geist  und  ihre 
Seele  i<t,  erhttlt  und  rettet.  W«^.  fiftinllch  der  natfirlicben 
Brlilärang  sufoige  der  IdchtgUns  am  Jesnm  ein  Eaftlltges 
optisches  Phinomen,  und  die  beiden  Erschienenen  entwe- 
der Traumbilder  odei^  nnbekaniM^  Menschen:  wo  bleibt 
da  die  Bedeutung  der  Begebenheit?  wo  ein  Gmnd,  eine 
solche  ideenlose»  gehalileere,  a|i|f  gemeiner  Tloschn«g  und 
Aberglauben,  beruhende  Anekdote  im  Andenken  der  Ge- 
meinde fesfsuhalten  ?  Dagegen ,  nenn  ich  nach  der  niythi- 
sehen  Auffrtsui^  in  dem  evangeiischen  Berichte  swar  keine 
wirkliche  Begebenheit  finden  kann,  so  behalte  ich  dodi 
einen  Sinn  und  Inhalt  der  RrzXbiung,  ^eifs,  was  die  er- 
ate  Christengemeinde  sich  bei  derselben  gedacht  ^  und  war- 
um die  Verfasser  der  Evangelien  ihr  eine  so  wicht%e  Steile 
ia  ihren  Denkschriften  eingerfumt  haben  <^> 

Abweichende  Kachrtcbten  über  die  letxte  Reise  Jesu  necii 
JeruMlem* 

Bald  nach  der  VerkUtrnng  auf  dem  Berge  lassen  die 
Erangelisten  Jesum  die  TerbängnilsFolle  Reise  antreteni 


17)  Auch  Flato  im  Symposion  (p.  223.  B.  ff.  Steph.)  Tei^errliclit 
seinen  Sokrates  dadurch,  idaat  er  auf  natürlichem  und  ko- 
mi«chem  Grund  eine  ahnliche  Gruppe  veranstaltet ,  wie  die 
Evangelisten  hier  auf  tragischem  und  tihernatUrliohem.  Nach 
oinem  Trinkgelage  Überwacht  Sokrates  die  Freunde,  welche 
schlafend  um  ihn  liegen :  wie  hier  die  JUnger  um  den  Herrn; 
mit  Sokrates  wactien  nur  noch  iwei  grossartig^  Gestalten^ 


"trtridltllin  MMeMi  IMtttk  «ritglB|iynihrCe.  -  Cb^r  ihn  Ort, 
¥ott  Weteheni  ar  M  dhsiS^I&Uä'absgieng;  Wiid  d^ii  Weg, 
welchen  i^  nahm,  '#eiMieii  .die  erangeli^en  Machrlehf'eii 
Ton  efnander  ah;'  Stimmen  ffber  d^n' Ati«|[angt]}unkt  die 
BynoptifcerMuitliiiUt^  fnd^tolie  s«mnith<%  Je#nm  ran  Gi(* 
Müa  ättfbHMheflfe^  lanseii  (MüeA.  liV'l'.^'ltfilrc;  10,  t  Lnö. 
8,  »!.,'  hl  w^her  l^tete^n  »Mte k^v^i^m^  htohc  aus. 
dfOeklteh  genäh&t  fit;,  kbltt^  iäim  d^  Yöthergihäiltilh ,  wk 
nur  ?on  GAlttläk  tifttl  '^iiMliiiicMn-^Oi^Virt^n '<fre  fU^ 
war  j  to  wie  aur  *der  fift  Pöl^rfdKn'f^i^lftAiieir  fteiie  dnroh 
ISamarien,  sieh  rim  ^list^di^g[tMk^'  ):'lo'^hetiien  tiedocA 
Aber  den  Weg,  weMiitt'Jestt^'^^bn^^da'  hüeh  Judäa  g^ 
wählt  habe,  Ton  ekiinrfer  Äbsfijfftfm.  Vi^arVeMd  ille  An« 
gaben  sweier  Tohr  ihnen  iii  iH^m  PnttM  tö  duÄftel,  dab 
«ie  der  harmoaisirendeli  Eiig^se  ViiMM^  atfleliAn  gchefr 
nnlen.    Am  lilWsleii  und  'bettfaiainiM&i  Uitt  Mat^ 


k5nnlen.  Am  kütntmi  und  'bettfaifiiniM&i  U^t 
koa,  Jasna  habe  seinen  Wl%tlber  Perißik^^omm^:  aber 
•ein  IJpxctai  dg  tä  opm  zilg  ''hdcdag  dia  %5  rä^äv  %ö  7o^i- 
doi^o  iat  sebwerlieh  eti^s  Ahderes,  alt  di^  Art,  wie  er 
sieh  den  aehwerTerstindllefaen  Aiisdrlick'det  MatttiSns, 
dem  er  In  diesem  AbsehniUf-folgt,  c/IUlren  an  därfenjgiaob« 
ti^  Was  dieser  mit  seinem  fjetiJQev  in6^  tf^g  taXilaiag  xai 
^l99P  etg  ta  OQia  tijg^lsdalag  nigof  tS^loQÖdva  eigentlTch 
sagan  will,  ist  in  dei/Tfaat  dunkel.  0enn  wenn  die  Ei^ 
klining :   er  kam  in  den  Theil  Ton  JndXa,  welcher  jensehs 


der  tragische  Dichter'  und  der  komische,  die  Beiden  Elemen« 
le  des  früheren  griechischen  Lehens,  welche  Solirafes  in  sich 
▼ereinigte:  wie  mit  Jesu  der  Gesetzgeher  und  der  Prophet 
sieh  unterreden,  die  beiden  Säulen  Als«  A.  TJichen  Lebens, 
welche  Jesus  in  höherer  Weise  in  sich  zutammenscUois  | 
wie  bei  Piato  endlich  such  Agathen  und  Aristophanes  ein« 
schlafen,  und  Sokratcs  allein  das  Feld  behält :  so  verschwin- 
den im  Eyangelium  Moses  und  Elias  zuletzt;  und  die  Jui^er 
sehen  nur  noch  Jcsum  aliein. 
I)  Scaij(uuus4CiiBa>  Über  den  Lukas;  S.  160. 


^Vergteichniig  djMl  M^rlii|t   4i«  m49^n  i^glegtf  gtm^^k 

.jliift  aiic^.nUllhluf  11^  SKffM^  Jc««n  ^^9  Ckiilia  nach 
;^d««  i^a  ijiififfH^  )W«f .  »bor  PeiNla  ii#|mmo  IbCu:  m 
flcb^lot  (Ug^gftn^f^i^.i|(9^.deQ*|ilihenNi9  4iiroh  S«iMria,  «« 
^hreu.  Zwarüit^fei^  AmAnt^k^^^i^  ll,  lUCi  Jewu  a«f 
jMdner  Reit«  iu|ob.  ii^erii^f p  dtfiQ%m^  dia  fUoB  Safia^ag 
xci  raiihtitcs^  kjiirm  |d#^,t j«U  4^  eben  erw^fftM  dei 
J||«nblf9«.  , J)«r  ffiff fll^nlicbea  W.ortbedeo^iuig  nach  atbeial 
•r  ausiii^g^,^  ^9f  Jiabe  m»m  9am»4fn>  d««  ö**tlim 

Aber  diese  A^fei|MH^frf<9lB9  ii^rrerkehre;  denn  fie^g  er 
▼oa  eiaeni  galUinsohefi  Orte  aas,,  so  naftte  er  aaerat  das 
.fibrig^  G|Jlll(e|^;|ii|fl^  dami  er#^  Saparieo  cktrobreiaeo.  Maa 
bat  der«wegi)fi  dem  dd(fx*o9^  d^^  f^fut  x,  t:,  L  die  Bedeatn^g 
einet  Hinaleheya  aof  dar  Orftase,  j^iMbea  Galiläa  aadSa- 
»ariea  gegebe»  ^jr,  ifnd  noa  deci  (iabat  mit  den  beiden  ar- 
tten  Erangdlttea  dureb  die  VorantMsvng  Tareiiiigt,  Jegai 
aei  auf  der  galilftitcb-taaiaritobei^  Gränae  bit  «ttm  Jordan 
biogereltt^  habe  hierauf  dleten  (f|berscbritten^  nnd  sei  tt- 
fort  dnroh  Perfia  nach  Jndfta  and  Jerotalem  gewandert. 
Diete  letatere  Veranttetaung  vertrügt  tich  aber  mit  Lue. 
9,  51  ff.  nicht;  denn  wenn  dieser  Stelle  anfolge  Jetut  nach 
dem  Aufbruch  ans  GaiiUUi  alsbald  einem  aamariteben  Dat- 
fe  angeht»  nnd  bier  flbela  fiindMek  maebt,  S%€  %o  nfoof^ 


S)  KuiiftfL  und  GRAVfy  s.  d.  St. 

3)  So  z.  B.  LitirrrooT)  z.  d.  St. 

4)  Wz-MTWW,    QUHALtlCA,     1.    d.    St.  ^    SCMLZIKIUHACIISII;     S.   S.    0. 

S.  164    214. 


«ter  mmlk4mit9L  gehabt  hi||»,  wul  wir,  i^rdon  jMfrjbattoa 
JtHMy  »It.«iMN^ftMf^  Ibu^fftw  bl6r  .^iia.MwekbiH« 

üfiile  d«i  W^pM  J4ft«  y^whitpn  4to  «Mh:  wiecUr,  Inckp 
AmiI  ihrff  ihgP8iiiri>«wn<leti  Jkrielitai  J^aps  midi  Jcposi^ 
Jmi  vm  Jtricha  jyar  gflrominjwi  ict  CMattluSpy  29»  lMuralL)g 

HuMiri—  gek>i>n<— iij  GalUier  aaf  dei»  geraden  Stnif^  leg. 

Jet  wf  4ie«e  WeiM..i|elir  den  ßyAepttkmi  swar  Ja 
JBiaafciirtf  agf  4e^.Vlen« J«p  fiageieMagefiea  WegeloStrei^ 
«her  4mh  An^Bcaeig  #eiF  den  eitslen  ,4ttegN>gep«olU.«iul  ilp^ 
leiste  SMtafc  dee  WH^^VbeyMioväMuiBi;:  ,ae  weiobi  der  jo- 
h\eaeilnhe  Bwitht  Ig  hetd^^jftijeh^ea  toii  Ihnen  ak    (hp 

|.j|taiMi4<l  ee  gar  iM^  GaUlte»  Ton  wje  Jeeoe  M«f 
airfbefefat^  aondeni  agbon  Tor  dem  I^anb* 
hlHiwiliiie  des  vev%[«  4ßkw$  hatte  er  Jene  Provins.^  enm 
wieeeeehitfal^Terlaeeen  C?»  1*  10.) ;  dafe  cur  swi- 
u«d  dem  Feste  der  Tempelwrthe  (10,  S2.)  wie- 
dir  dflhta  gehemew^n  wire ,  wird  wenigstens  nicht  gesagt  j 
«aek  4leeem  fest  aber  liegab  er  sich  nach  Peria  und  blieb 
4Malbet  il%  4A.>,  bU  ih«  die  Kfankheit  nnd  der  Ted  des 
liieai-i»!  naeb  Jndia,  nnd.in  die  niehste  Habe  Jegneaiety 
teek  B#lhsaien9  rief  (11,  8  ff,)«  Der  Nachstellangen  seiner 
felade  wegjen  Mg  er  sieh  .von  Jii^^  haU  wieder  anrttrl^ 
dseh,  weil  er  das  lievorstehende  Baseha  besnehen  wollt^ 
«V  bis  In  das  Städlehen  Ephraim,  nnweit  der  Wiste  (1 1» 
M.);  jron  wo  ans  $9  dann,  ahne  daA  eines  Aufuitlmlts  in 
Jsriebe  gedacht  würde,  das  amh  ?en  Ephraim  ans,  wto 


5)  FmiTxtCRs»  in  Marc.  p.  fl5:  Mareas  Maithaei  19,  1/  ss  mi^ 
€toHiati  K  L  adsiringit^  dieiiquej  Jesmn  e  Galiläa  (ef,  9y 
330  ^^§§$mm  mm  p^r  P^raeam.  Sedtmci(»'e  JLncal7,ll. 
ia  JaeJamm  emämdü  pm'  Sammrimm  iÜMr^  br  viuhnQ. 


RMh  JeniMi««  mnim  9mkb  rieh' Wgsk  ^     .*«. 

in  nngevrltliiilWh^  It^tebfftfgltorit  imm$tm.    9w  AmAr^A 
•«s  eAllttfirtle«i€^*ri?»i^ft^ilfl^  tt^  nMh  Hk. 

nen  iii«ftt^r  Aafhni(fth'Ctm  lilaton' PiltHMyiiiidhN«* 
VeMe  <I«r  TempelWeih^  g«w«tM  sAi  ^ ,  uMMohtet  er  ^mk 
iiiikm  dnreb  dn«'^  yy  (h)finXpj\fin9m  nig  i^^^  «^  om^ 
t^tffeorg  aikS  (9,  51.)  ^fwk«iob«r  lab  ilofMlieb  au  4«»> 
jenfgen  feste ,  auf  weteheei  Leiden  nttd'  Ted  Jam*  werte- 
ten, heeeiehnet  ist,  end  itfüfeMiehe  Synepttker  die  liter  be- 
gonnene Reise  ndc  Jenem  ÜBitltoilenBfasnf  ^In  JTMwtidaa 
endigen. lutsen,  weleher  anek  dem  ?ter<en  BumfeÜnü m^ 
feige  nnmittelhiir  Ter  dem  lelBten  l^eetiieVeet  erf)e^  M  ^> 
-Soli  Menaeh  der  Anfbraeh  anb'^altlflay  f«n  wdleiHm  ib 
«iwXtilen,  tf^rmm  EnltinlenfiMt*  die  -AriJMinftin -JewMitm 
«her,  welohe  ile  melden ,  die  enm  ipJIteren  Pe»afce  gewt' 
%en  sein :    so  'mUTsten  rie  das  4taoli  dieser  VormMeteetig 
«wissen  lieiden  Punkten  Liegl^nde,  .nilmNeh  #een  Anheeft 
nnd  Anfenthate  in  Jemsaiem  son  Fest  der  Teni{iel#silM^ 
eeine^  Reise  iron  da  nach  Perila,  ron  PerA»  nach  Bethenlsi^ 
und  von  hier  naeb  Kphnifm,  gaas  übergangen  hakeii*  -SebeM 
hieralis  en  feigen,    dale  jene  Beriobter^eitter  Ton  aäsk 
diesem  aneb  nicht«  gewnCst  haben :  so  soll' vtelmebr,  i^ 
gehend  gemacht  .wird ,  Lnkas  dadnrcb,  dafr  er' bald  MaA 
der  Abreise  ans  Galiita  4esnm  anf  SchrMIrgelehite  stofWii 
lasse,  die  ihn  aof  die  Probestellen  wollen  (If,  M  ftV  ^^ 
ihn  in  dem  «lemsalem  benachbarten  Bethanien  neige  (ft, 

38  ff.) ,  bieranf  Ihn  wtedei^  ritokwircs  an  die  GrMMolieM» 
ron  Sanmrien  nnd  SalHia  versetee  <17,  11.) »  «nd  srst  als- 
dann ihn   «am   Pascha  in  Jemsaiem   einsieben  iasss  0% 

39  ftyj  dentllch  genug  daraufhinweisen,  da(s  awischsa  j^ 


6)  Pasiüs,  2,  8.  19S«  5^4.    Vgl«  OLtMAVtair,  |,  S.  sei. 

7)  ScMULiKiDiiicasa,  a.  a.  ü.    8«  IS9* 


Z«V«tk^fti|P4i«t^  ^^m. 


«Ml-8>i-*' AlMii,  mmMw^4lt&  Biihilü|diliiiiiii 

•owkni  nur  fm  alner  fiinUbr  Ja^n  tiM  Alflrdni(<«i*)|lft> 

^0^ä  j«rfMlriMit  fclt^  4ttfii  miÜi  ikr  ^tJUsria^iMiliii 

lüifei«  WtfhnJbiA,  «ad  *h#  J^mub,  fr«mi  «p liitiBaMwniwiiij 

<tt  'il«r*  Nibe  Vm  Jerasi^iM  iM^;[ii4adit  liahn-  "Momm 

«bai^'^ftfi^  svaehriiiifge  «Mb  itor  Ahrals»  (%  flMd*1%  4it) 

iJMMm  oMt  sirf'««r  OHlMe  jwyfaWwiu  €kJÜ»  -wd^adBarteii 

•irtHjMitir^  Mgt  Aar,   dbift  wir  Mm*  Mm  geotdln»  fw«^ 

««b««lt«iid0  El'<iMmig  i^r 'vni  biibin«    OmA  tMmMwt^ 

(IHm  mA  fMdi  diaser  bartfunMriiidM  Ansiebt  ^mif  j^iMi 

iK<i bwihimliagriieiijhalieit  favwte,  «nd  ife  filr  den  gbmi^wd 

g^wimiidwi  «ngadavtvi  baben;  mIb  fmt^Qsiß  dho'tljlt  I^ 

I^Atäag  nMaieh  mII  alf  AndMtong  der  iUlsa  Jif«  Mif  dli 

■SbMfiiiif  eine  Oiegese  absebKefeen,  daa  mAJjX&&^  elg  Ti 

8f^  tljS'^iitdäg  ni^  tS  jft>^(kr#&  dagegen  «Ht  Aiigabeder 

AaJweiabung  ▼€«  Jerasateiii  nach  Perfta  (Jt»te  Ifiy  40^}  ilh«ii 

neu«*  AbeabnitteMAmi;  wobei  übrlgeBs  «hfüeli  Bt»ge»«itn- 

da»  wird ,  daft  ohne  die  Data  de»  JehanitieiB  Meniiiifd  aof 

«iM»  eolebe^KerrelMimg^der  Werte  dea  MaubAit  tonifhen 

wirde  ^).  Dergleieben  KOnsteleien  gegenflber  ist  far  denj^. 

arfgen ,  weleber  die  Riebtigbelt  des  johanMlseben  Berichts 

▼eransaetat,  kein  anderer  Weg  Cbrfg,  ait  der  ron  der  neoe- 

Mett  Krl^  elttgeaebiagene,   nimlieb  die  Autopsie  des  Mat- 

tbina,  der  die  Reise  nnr  gana  knm  l^ehandett,  anfeugebetv, 

To«  Lttkas  aber,  der  einen  ansführliehen  Reiaebei4ebt  hH^ 

«aranniunen,  dafa  er  oder  ein  ron  ihm  benfltater  Banmier 

ttwai  rersebiedene  Berichte ,  ron  welchen  der  eine  die  fHI- 

liere  Keiaa  Jean  auf  das  Faat  der  Tea^ielweihe,  der  andre 


8)  riULVft,  3,  S.  294  i: 

9}  I'aulus,  s.  s.  O.  9Ht  SSkL 


|rffajmrl>ifte>  den  gyacyti— Iw  EfMiylkii  Jimi-id«ai  >li|ii- 
Mi0obin  imu  Wto  aipliiiii  •mrst  miT  fiMten  4»  evcterM 

Z«rlHdieillagBbMtoitM«Md  gfrtoabettWiffalhiateMIbeifii» 
gitt^  «doW  JolMimes  fff^bt:  so  ieheiat  mw-  g^gea  4m  Sn^ 
itft:£4et»lltiieb0r{6btf  M^S«iAMi  Jm  lemm^  eine)  wcimi 
«uk  kMiMi^,  Lfidie  •faMfeMton»  infUü  «r  aiobt*  lU^a 
ImnI^  Mb  Jeans  aber  Jevteke  iiaeb  Jemside«!  g»lrnwwisifc 
la(^\  Man.Jt^im  swar  aagen,  Jofaamiaa.Jiabe^  niiewAahtti 
jAm  SfiMpiikem  «ufinlge  ei«e  BtUi^MheUang  «ad  d«*'  A«> 
aaeb  M  Zaoehlas  in  dieselbe  fiel,  doeh  diese  ba#ahvtaiia 
ibergabea  fcfaaenj  alleia  es  fragt  sieb,  ob  ia  seiner  Oef^ 
ateliaag  aia  Darebgang  darob  Jeiieho  aberhaap«  Reoai  käm> 
Im?  Aaf  daaii Wege f#a  EpKndni  aaeb  Jenaealeai  liegt  dtta 
ganaaate  Sfiidt  afeht^  saadera  bedentead  Mlieh  ab^  «Mte 
lülft  sieh  daber  darob  tdie  Voryiaseetaaag)  ita  EfiJivate 
aas  bebe  Jesoa  allerlei  Nebeareisen  gemapbt,  aaf  einer  vom 
diesea  sei  er  naeb  Jerlebo  gekeaiaien,  aad  vaa  Uer  daaa 
aaeb  Jernsaleai  geaogea^^> 

JedeafaUs  h^reebt-hieaaeh  in  den  eyaagalisidiaa  Naeh» 
rtebtoa  wom  dm  letatea  JEUise  Jaso  eine  besondere. Uaeiaif> 
kfit^  iadeai.  er  der  ralgfren,  syaapikehea  Tradili«ia  anfol- 
fo  aas  Oalilla  Ober  Jeriobo,  and  awar  aacA  MaTfhtos  aad 


'  10}  6cRtsxi]i«i€iitii,  a.  a.'0.  S.  161  f.  Siimmr,  V/btr deitürvpr^ 
S.  104  ff.  Dem  erstereil  stiauat  in  Bexiehung  auf  Lnkas  aucii 
O&SHAutBif  bei  s,  a.  O, 

11)  Tbolosn^  Cemni.  z.  Jek.  S.:119$  CkMuaaoi»  1,  S.  77i  f. 


Zekmf$IL^pl^*l    f.]t8. 


w«ra,  4e«  >itw>  £«Mi|aKui  sitfelg»  «hw.  VM  Bfl^pl» 
Imt  gehoMUbeii  mU  .■Afito:  ^jigtÜMB  )><  ■«rtMb«  wiilrtl 
«te*  .VcMinifUii  ■Miitglinh,  ^er  «Mb  4i»  WaU.wIr 
MluviMig  irt.  > 

p«iBkt  des  Einzug«  Jeto  in  JeruMlenu 

flkUMt  QhMP  d9«  SoUnTt  ider  R^m  J«i%  fiber  diefaMe 
a«iiü#n.v#r  JeMsalMiy  sind  die  EvaiigeUste»  idoiit  |[aMi  «I- 
j||g.  Wäfareitd  M  A«ob  de«  Sjn^fükmpfk  dm  AomImb  Wi^ 
1^  0«i  Ji^siw  voa  Jbrkli»  an«  ohtio  Itfngare«  ZivItelMiHiiii- 
fl!ttAidi.aa  .dciatdben  Tagv  bi«  juieh  Jefmafa»  gfJkwmunen^^ 
ÜitttthT  Stm  M.  21,  l£  paralL)i  llU*ftihadaavtete£ira»* 
jutttMA  Y«n  Epbraiait  «wlicbal  aar  bla  Bathanlett  f  ahaas  ^^^ 
flhamjiahte^  «od  «mi  aai  foigandM  Tage  teioeQ  £ia«ftg  ii| 
dia  Baiii»t|Cadt «halben  il^^  1.  lSff:>  Vm  baide  Ikrstal. 
Iiagan  a«  i^ikfa&aigaii,  «agt  man,  bei  dar  ninp  samauMniebea 
Kraäbiang  dar  Bynopüket  sei  es  nloht  sa  Terwaadara, 
daia  ate  daa  Übavaaebten  in  Bethanien  aieht  aatdrfioliUeh 
kurOhrea»  ohne  ea  defawegen  iäugaea  sa  wollen;  es  finde 
aaaait  kein  Widertproeh  awiaehen  ihnen  and  Johannes  statt, 
«uMlam  y  was  Jene  fcars  aasamiaenfassen ,  lege  dieser  in 
fffjhrr  weltaMü  Aloaiente  auseinander  '>  Allein  wfihaend 
Matthäus  Bethanien  gar  nicht  n#nnt,  thaa  die  beiden;  an- 
dam  Synoptiker  dieaer  Ortsehaft  auf  eine  Weise  Erwäh« 
aaagy  wekhe  der  A anahme,  daCi  Jesus  daselbst  über- 
aaahtet  habe,  aatsehiedea  widerstrebt.  Wenn  sie  nAmlioh 
•raäUlea,  lig  tffymsiß  elg  Bri^^pay^  jccd  BtfSsuvUeyf  haha  sieh 
JeaUiS  aas  den  aichstea  Dorf  einen  Ksel  holen  lassen,  and 
sei  sofort  aatdiaseai  In  die  Stadt  eingeritten:  se  kann  man 
sich  «wischen  die  sa^  rerbandenen  VorglKaga  «aaiögUch  eina 

Uli  II»  t»  t 

J)  raeiASic,  S,  ÜM^'y  QUimstur  J>.S>  77L 


§H  Zwhit^r  hknhmUU  A 


«fc  «BvIlMlIimr  atf  ttto  8c«ilu|f  Jmo  dtr  fiig»iiüiiflitr  dw 
btl  TvrftMbIgC,  ud  wrniJIteMwty  «ttck  derAalmAft  4m 
fiMb  Jmob  ääh  MB  »«Mg  aMgkMrfitekt  bitte.  AmI»  IftAc 
fieh,  wenn  Jmob  in  Bethanien  aber  Nacht  m  Ueibea  im 
Sinne  hatte  |  auf  iLetne  Weise  ein  Zweefc  eeiner  Sendnag 
nach  den  £Bel  ansfindig  madien.  Denn  seil  da«  Derf ,  fai 
wei«hei|  eip  sohielrte,  eben  Bethanien  geweectfl  «ein?  eo  faiitte 
er,  wenn  erst  anf  dien  andern  Morgen  ein  ftritthier  sn  be- 
aletten  war,  niehft  n^tblg,  di»  Hlnger  voMnufnaddcken, 
aendern  konnte  filgÜcb  warten,  bis  er  mit  ihnen  in  0e- 
tlMHilen  angekonHoen  war;  dafii  er  aber,  ehe  er  noch  Be- 
thanien erreiofat  nnd  sich  nageaehen  hatte,  ob  ntclit  liier 
rin  &el  -nn  'Anden  aei ,  iber  dieeea  niehoigelegene  O&K 
^inans  nach  Bethphage  gesohiekt  hal»en  seilte,  nm  dort  anf 
den  andern  Morgen  einen  Esel  anfiniMeteti,  entbebi«  t^ 
lenda  aller  Wahrscheinlichkeit:  nnd  doch  sag^  wenlgsteNs 
Matthtfns  entschieden,  dafs  der  fisel  in  Bediphage  gehiolt 
worden  seii  0asu  kooiAt,  dafs,  der  Daralellnng^  des  Mlif- 
Jlss  snfelge,  als  Jesus  in  Jerusalem  ankam,  bereite  die 
iyßla  angebrochen  (11,  11.  )>  >'"<'  ^  1km  defsw^en  nur 
noch  möglioh  war,  sich  in  Stadt  und  -Tempel  rorlünlfg  um- 
ansehen ,  worauf  er  mit  den  Zw^ilfen  sich  nii^h  Bethanien 
■uradLaog.  Mnn  Iftfst  sich  awar  das  nicht  beweisen ,  was 
schon  behauptet  worden  ist.  dafs  das  rierle  Erangdiam 
den  Einaug  Tielmehr  auf  den  Morgen  verlege:  aber  das 
mufs  man  fragen |  warum  denn  Jesus,  wenn  er  nur  yob 
dem  nahen  Bethanien  kam ,  nicht  blUder  von  da  aufgehro- 
chen ist,  um  in  Jerusalem  auoh  noch  etwas,  das  der  Rede 
werth  wäre,  tliun  au  können  ?  Die  spile  Ankunft  Jesu  in 
der  Stedt,  wie  sie  MariLua  behauptet,  erklärt  sich  olFea- 
bar  nur* aus  dem  längeren  Wege  von  Jericho  her:  kam  er 
blols  von  Bethanien,  so  gieng  er  ^on  hier  schwerlich  so 
spät  erst  weg,  da(s  er,  nachdem  er  die  Stadt  sich  uar 
angesehen  I  wieder  nach  Betimnien  umkehren  mufste,  u« 


ZelintoB'RapiteU    &.  lOB. 

am  foi^ndeti  Tug  ariflger  von  da  «ufenbreekai ,  menti 
||»ii  aber  aojirfi  g^hon  an  vorigen  nichts  gehiml^rc  batte. 
^Preilich  ist  in  seiner  Verlegung  der  Anicunft  Jes«  in  Je- 
rasalem  aaf  den  spfften  Abend  MaFlias  von  den  beiden  an- 
.  dem  Synoptikern  niolit  nntersf Otct,  indem  diese  Jesnm  noeh 
an  Tage  seiner  Ankunft  die  Tenipelreinigiing  vornehmen^ 
und  MatthSns  ihn  selbst  noch  Heilungen  verrichten  ond 
aSoh  gegen  die  Hohenpriester  nnd  Schrlffgelfhrten  verant* 
werten  llifia  (Matth.  21,  12  ff.):  allein  auch  ohne  Jene  Zeit- 
angabe entscheidet  die  Continnitit  der  Momente  des  Hin« 
fcommens  gegen  Jene  Flecken,  der  Sendung  der  Jünger, 
der  Anhoaft  des  fisels,  ond  des  Einreitens,  gegen  die  IMffg- 
J:elikeif,  in  die  ErsIShlnng  der  Sjnoptilier  ein  ßetbaniscitee 
KaeJ>tqaartier  einBuscbieben« 

Bleibt  es  anf  diese  Weise  dabei,  dafs  die  drei  efsfen 
Evangelisten  Jesum  geradeso  von  Jericho  aus,  ohne  Anf- 
enthalt  in  Bethanien,  der  vierte  aber  ihn  nur  von  Betha- 
nien her  nach  Jernstalero  aiehen  Ififst:  so  mössen  sie,  vrenn 
sie  heidefseits  recht  haben  sollen,  von  swei  verschiedenen 
Kinxifgen  reden,  wie  diefs  neuerlich  von  mehreren  Kritikern 
vermnthet  vrorden  ist  ^).  Ihnen  infolge  rog  Jesos  euerst 
(wair  die  Synoptiker  ersliblen)  mit  der  Festkarawane  ge- 
radeKti  nach' Jerusalem,  und  es  erfolgte  hiebei,  viie  er  sich 
durch  die  Besteigung  *des  Thiers  b^mei*kh'ch  machte,  von 
Seiten  der  Mitreisenden  unvorbereitet  eine  laute  Huldigung, 
welche  den  Eineug  in  ^Inen  Trinraphcug  verwandt- Ite.  Maol^ 
den  er  sich  am  Abend  nach  Bethanien  snrOckgezogeni 
gieng  ihm  dann  an  folgenden  Morgen  (was  Johannes  her 
richtet)  eine  grofse  Volksmenge  entgegen,  um  i^hn  einau- 
holen,  nnd  als  er  auf  den  Wege  von  Bethanien  her  mit 
derselben  raitanmentRaf,  wiederholte  slcfh,  diersmal  vorbe» 
reitet  von  Sfeiten  si^lner  Auhllnger,  die  Scene  des  gestrigen. 


2)  Pim-vt,  exeg.  Handb.  3,  a,  S.  92  ff.  98  ff.    ScHLiimiucRBa, 
Über  den  l^ukas,  8.  2U  t  , 


islt  Zweittr  Abtehitfitt. 

Tags  In  noeh  grfirserem  Mnrsstabe.    Dieser  üntorti^Mdnng 
eiriei  früheren  Eiii£ng8  JesQ  in  Jerosnleta,   ehe  Man  hieikr 
'von  seiner  Ankunft  Mrufste,  und  eines  s))äteren,  nachdem 
man  aclion  ^fahren  hatie,    da6   er  In' liithanlen  ad,   tat 
dkl  Dtfferene  gönstig,  dafa  nach   der  synoptischen  Ereffli«' 
lufig  die   Huldigenden    nur  nnodyones   und    äxolnd'ui'tfS 
(Matdi*  V.  9.)>  nach  der  johanneisihen '  aber  i5*nrcnT/J(;<mfir 
(V.  IS.  18.)  sind»    Fragt   man    nun   aber:    warum    geben 
denn  onaere  sffmmtllchen  Referenten  Jeder  nur  fiinen  Kfii« 
eug)  shd  findet  sich  bei  keinem  derselben  von  sweien  eine 
Spiurf   ao   bekommt   man  in    Besug  auf  den  Johannes  die 
Aotworty  dieser  Terschweige  den  ersten  Ein itug  wahrschein- 
lich defswegen,  weil  er  ihn  nicht  mitgemacht  habe,  indem 
er  während  desselben  nach  Bethanien  möge  verschickt  ge* 
weaen  sein,  um  die  Ankunft  Jesu  anzumelden  ').    üa  in« 
defs  nach  onsern  Grundsätzen,   wenn  vom   Verfasser  des 
vierten  Evangeliums ,   dann  auch  von  dem  des  ersten  vor» 
ausgesetzt  werden  darf,  dafs  er  der  in  der  Oberschrift  ge- 
nannte Apostel  gewesen :  so   fragt  man  vergebens ,  wohin 
denn  nun  bei'm  zweiten  Einzüge  Matth/Ius  solle  verschiebt 
gewesen  sein,  dafs  er  von  diesem  nichts  zo  erzählen  wufs- 
te?  da  sich  bei  dem  wiederholten  Gange  von  Bethanien  nseh 
Jerusalem  kein  Anlafs  einer  solchen  Sendung  denken  llfst. 
Übrigens  auch  in  Bezug  auf  den  Johannes  ist  sie  reine  Er- 
dichtung; abgesehen  davon,    dafs,   auch  wenn  die  beidea 
Cvangeliiften  nicht  persönlich  zugegen  waren,  sie  doch  von 
einer  im  Kreise  der  Jflnger  so  vielbesprochenen  Begeben- 
heit, wie  der  feierliche  Einzug  gewifs  auch  In  seiner  Wie« 
derhohing  war,  genug  erfahren  mufsten,  um  von  demselben 
Bericht  erstatten  zu  köanen.    Hauptsächlich  aber,  wie  die 
Erzlhlung  der  Synoptiker  nicht  so  lautet,  als  ob  nach  de« 
von  ihnen  beschriebenen  Einzüge  noch  dn  zweiter  erfolgt 
Vftre:   so  ist  die  Johanneische  von  der  Artj  dafs  vor  deai 


i)  SoBLStSMUcsaa,  a.  s.  O« 


j^dMlit  werde»  kann,  *  Ihr  Mfoi|^  gehe»  nftiglieb  iM  Tag 
mr  deoi  jaliaanaiieban  fiüMfy  aUo  der  \tmmmeiw^tigg^ 
walk  aa  deMaUwn  Tage  «it  de«  ajriiopii^eben ,  riek  ,1^ 
.den  TOB  Jonmlaai  naeh  Bt^Btdm  hiiia««,  weU  eie  von 
•AeM  Ankauft  febdrt  batteo»  fjand  hqb  ihn  ond  den  Vim 
ihaa  evwaekften  I<aMnia  athan  wellten    (V.  ».  vgL  j^.}. 
Allein  wie  kennten  ale  am  Ti^  des  pjripoptischen  ^j^mm^ 
k4ta*Mi,  dafii  Jeane  in  BeÜMittien  eei?  an  jenem  Tage«  gieof 
jn  Jesne  Bethanien  verbd  od«r  dorch,    und  sog  ^era^a 
iMioli  Jervaalem,  ?on  wo  er  naeh  elJi^n  KraMninngan  erat 
an  aplt  AJ^nda  Meh  Bethanien  binan«gegangea  sein  kiui^ 
4tA  Joden  9   die  nnn  mit  ?on  Jernaale«  ane  dahin  gien* 
gen,  niehi  SMhr  hoiTen  kennten , 'ihn  noch  aehen  m  k»n- 
Den  ^>    Woftb*  mochten  als  aber  nar  sieh  die  Afflhe  neh- 
HMity  Jesom  in  Bethanien  anfEnsneheo»  da  sie  ihn  doefa 
an  Jenem  Tag  in  Jerusalem  selber  hatten?  ^gewi^s  mafste 
-ea  in  diesem  FaÜe  nicht  biors  heiften^   sie  seien   u  diä 
nip'lfjasp  ^ovov  aXÜ  iV«  xal  ^iv  ^i^a^ai^  Idtaai,  ge* 
kommen,  sondern,  Jesnm   haben  .sie  xwar  in  Jerosetem 
oslbst  gesehen  gehabt,  nnn  aber  haben  sie  aneh  noch  dm 
LoEams^sehen  woUen,  nnd  seien  debwegen   nach  Botha* 
*»»  fcfangen;  wogegen   der  £fangelist/ welcher  Leoto 
Ton  Jerosalem  aus,  nm  Jesnm  so  sehen «,   nnah  Bethanien 
neben  lifiit,  nnmdglich  vorausgesetzt  haben  lUiUk,  4mfa  eben 
an  diesem  nämlichen  Tage  Jesus  in  Jerusalem  nn  Aehen  m^ 
weaen  aeL     Aneh  das  Weitere,  #enn^  es  bat  Johannea 
ImMat,    am  folgenden  Tag  habe  man  in  Jomaalem  gohaai,^ 
daiii  Jesns'dahin  komme  (V.  I2.>,  klingt  gar  nicht  so,  w&o 
i»enn  Jeew  schon  am  Tage  vorh^  dassibsit  gewesen  wii^ 
aendoM  .als  «b  man  ron  Bethanien  ans  erfabred  bitte,  dt^b 
er  benio  Tollends  heroinkomaMn  wOrde;:  so  .wie  aneh  diir 
Bmpling,'  den  aum  ihm  sofort  beroUet^  nar  als  VerhnoH 


4)  Tgl.  LücKSy  2,  S.  4S3«  Anm. 


^sbiäf-  «rilM  (Mtm  Eitt«K4tt»ltf  Ai^llM|itMifoMiiM  fMlU- 
«eA  Mut  hat,   b#l  seiner  avreiteii  DaMnkunft  atier  nnp  €i- 
ipyyi  d«Mfi  fbglfob  hStle  vermutAbet  werden  k€ii»ea)  wmm 
-Jasitt  Tag»  suTor  anbemerkt  ttnd  angeehrt  bereiageiL#fli- 
wen  Wäre ,    und  auin  dtoft  am  folgendeta  Tag  bfttCe  naehr 
^holen  wctUeii :  nicht  aber  Weiin  der  erste  ISittsag  aobe«  ee 
•gilAeeod  gewesen   war.      Und  awar  mafirten  tleb  bei^n 
'«weiten  alle  Züge  des  ersten  wiederholt  haben ,  was,  «sag 
laan  eS  VMhr  als  abrichtttebe  Veranstaltong  Jesu ,  oder  als 
Bnfälttge  Ffignng  der  ÜinstMnde  betrachten,  immer  bfcbet 
«nwahrschelnlich   bleibt.      Von  Jesu  ist  es  nieht  woiil  mi 
begreifen ,  wie  er  ^n  Schauspiel  wiederholen  Mochte,  da% 
Biamal  bedeatsnm,  in  seiner  Wiederhekmgmatt  md  awoel^ 
■los  war  ^) ;  die  UmstXnde  aber  mOfsten  auf  nnerlidrte  Wei- 
se cusaromengetrofiFen  haben ,  wenn  beldemale  dieselben  Ek» 
renbeaengongen  von  Selten  des  Volks,  dieselben  Äosser«»» 
gen  des  Neides  ron  Selten  seiner  Gegner  eingetreten  sdn, 
aach  beidemale  ein  an  die  VTeissagiing  des  Z^a^Mirfas  erii^ 
nerndes  Heitlhier  au  Gebote  gestanden  haben  sollte.     Naa 
diikMite  daher  die  ^tBFFsaT'sche  Assimilationshypotbee«  aa- 
Hlllfe  nehmen,  and  voraaisetaen ,  die  beiden  £ineQge^  as^ 
^rttnglich  mehr  verschieden,  seien  durch  traditionelle A'«^' 
•mischung-  sieh  so  Ilmlicb  geworden :  wenn  nichtAb^prhaaft 
die  Anaaluae,    dafs  den  evangelischen  firathlnngeti  hier 
cwei  yersebtafone  Facta  anm  Grunde  liegen,  eines  andetf 
UflMtands  wegen  nnm^glich  wfirde. 

Aof  den  ersten  Anblick  awar  scheint  es  die  Annah» 
.ile  von  -Bsrel  vemcbiedenen  Einafigen  an  «nterstOtaen,  wsnn 
nian  bemerktsj  dsfr  Johannes  seinen  £ina«g  den  Tag  naek 
Jenem  Betbanlachen  MaUe ,  bei  welchem  Jesns  itmter  merli- 
wflrdigen  UmsUChden  gesalbt  wurde,  vor  sieb  gehen  lifiit, 
'die  beiden  ersten  Synoptiker  dagegen  (denn  Lnkas  weift 
•IF^  einer  au  iJBeth^nien  ond  in  dieser  Periode  des  tiebena 


J)  Haw,  L.  J.  5-  124.  ^^.„ 


JeM  g^ltenen  MaMsell  bekModioh  niebte)  Ihreii  Bin- 
M|{  «üeMin  AUhl«  vofangebttt.luMen;  wWwek  nkwmy  gans 
«ler  obigen  VomoMeUuiig  gmiiifil^  ckr  «ynoptUeht  tUnsog 
als  der  frllliefe>  der  JobaiineUche  el«  der  epf tere  ersehiene. 
.IKefs  wäre  got^  wenn  nur  niohe  Johaimee  aeinen.Eljisiy 
eo  frOh,  die  Synoptiker  dagegen  ibr  Bethaniaelim  Mahi 
ao  spät  tetsen  wfirden  j  dnla  Jener  anoiö|^iioh  naeh  dieaem 
erst  eifolgt  a^in  kann.  Kach  Joiiannes  nlliniioti  kpmnit  J^ 
aus  sechs  Tage  Tor  dem  Pascha  nach  Bedianien^  OBdalelitaia 
fslgendeii  Tag  in  Jerusalem  ein  i\^  h  1%  i  das  Belliani- 
•1^0  Maiii  der  Synoptiker  dagegen  cAiatth.  M^  6  ft  p«rfdl.) 
kann  iidcliatens  awei  rage  vor  dem  Pascha  gehaitem  worden 
adn  (V.  2.))  ^o  dafs,  wenn  der  synoptische  Einstig  ?or 
dam  Johanneischen.  Mahl  nnd  lUnEog  stattgefunden  haben 
aoU  f  dann  nach  allem  diesem  den  Synopdkern^  anfoige 
Boeb  eine  aweite  Betbanische  ^fahlseit  angenomifien  wer;* 
den  mfibte*  Allein  a wischen  den  hiebei  TorauseiiS)ataenden 
Bwei  Midilaeiten  finde  nun  ebenso,  wie  cwtschen  den  bei« 
den  Einsogen,  bis  in's  fiinselste  hinein  die  aufi'allendsta 
Abnlichlieit  statt,  UAd  dus  Sichverflechten  Ton  swei  der-, 
gleichen  Doppelbegebenheiten  ist  so  verdächtig,  dafs  m/m 
hier  aehwerlkdi  die. Auskunft  wird  anwenden  laögen,  ea 
aalen  swei  Einsäge  und  Mablse^ten ,  die  einandf  y*  iiri|Hrang- 
Beb  weit  unähnlicher  gesehen  beben,  in  d^  TMdit|09  durch 
Übertragfing  V(|n  Zügen  aus  der  einen  ßegebenhfit  j|n  dia^ 
andere  aich  so  ähnlich  geworden ,  wie  wir  sie  Jelaf  iia% 
Ken:  sondern  hier,  wenn  irgendwo^  ist  es  leichtq^  sof^i^, 
einmal  die  Urkundlicbkeit  der  Ilerichte  ßvi%egf:bep^wjird|, 
akb  Torsnstellen,  dafs  in  der  Überlt^ferung  £infi  Begmi 
benbett  variiri;  als  dafs  durch  dieselbe  s^^j^^^ei^be)- 
ien  «saimilirtWoirden  seien  ^).    ,/         ..    .,,o.;,< 


e)  Vgl.  Bd.  1,  isi.  . ,.,   .    ,.., 

DmMLAmJ$$a  üfArfl.  tl  Mafid.  10 


ffilm^  tbft^ksg 'hti  'iM'V^mu^.    7w^cK'  und  historitcli« 

' Wlrtireniil^ifas ^Vierte  .Evangeaäm  enerst  die  Jesu  ent. 
'l^g^ndtftr^^nif^^'Menge  Ihm  ihre  Huldignng  darbringen, 
und  daiiki  etsk  die  Iluveb  Angabe  folgen  läfst,  dafs  Jesus 
^ne^  j^ngisii  %li^iA\  dessen  er  babbaft  worde,  bestWen  ha- 
bir:  'tst^Uli  d^nfSynoptikern  da«  Erste  ^  was  sie^eben^  ein 
tasinijriicliei!'  Berictit  •  wie  Jesus  zu  dem  Esel  kam.  Als 
er  nSmIich  in  eile  Nähe  von  Jerusalem,  gegen  Bethphage 
und  fietAahien  am  Ölb.erg  hingekommen ,  habe  er  ewei  seir 
neif  Jan|er  iq  das  vor  ihnen  liegende  Dorf  geschickt,  mit 
der  WetVung,  wenn  sie  hi|ielnkfimen  ^  würden  sie  —  und 
tiun  sagt'lftatthSus,  eine'lEselin  angebunden,  und  ein  Fol« 
ien  bei  ihr,  die  beiden  aodern^  ein  Füllen,  auf  welchem 
noch  Mitoahd  gesessen  habe,  angebunden  ^-  finden,  das 
(die)  solfiln  sie  losbinden  und  ihm  bringen,  etwaige  Ein« 
wtodungAn  des  EigenthUmers  aber  durch  die  Bemerkung, 
^r^'Hbrr' bedürfe  seiner  (ihrer),  niederschlagen;  die(s  sei 
so  '|[e8cHlhen,  und  die  Jünger  haben  —  auf  die  Thiere 
MM,  'Matthäus ,  nach  den  beiden  andern  auf  das  Eine 
lliie^^^'^^  Kleider  unterbreitend,  Jesnm  gesetzt. 

DaF  Aiiffkllendste  in  diesen  Berichten  ist  offenbar  die 

-  Angk'blf*(a^']Aktä(l(us|  dals'' Jesus  nicht  blofs,  da  doch  nar 

■  i9r  allein  felt^h  wollte ,  Ewel  Esel  requirirt,  sondern  daß 

.  et  äncd  Virklleh"  auf  betde  sich'gesetet  ba)l>en  soll.     Zwar| 

^W  hatirlicb,  hat  es  nicht  an  Versuchen  gefehlt,  das  fir- 

t^te^ük  erklären  ^   nnil  das  Letztere  zu  beseitigen.     Diu 

Mlittmht^r  sott  J^sus  mit  dein  füllen,  auf  welchem  er  eU 

gi^tlicli  f^^eA^bllieV  haWh'iioIeii  lassen,  damit  dasjoii- 

ge,  noch  saugende' Thier  desto  eher  gehen /nöehte*'),  oder 

soll  die  an  das  Junge  gewühnte  Mutter  Ton  salbet  nachge- 


1)  Favlvs,  3,  tLy  S.  115  ^  KviHtfiy  in  Matlh.  p.  541. 


ZeiiH^t  iPäpiteri  tot.  äW 

latifett  uin  ^)7  aiiein  ^in  hoch  durch  Saugen  an  die  fflottar 
gewdÜntes  *M({er'  gab  (der  Eigner  schwerlich  Bom  Reiten 
her*  £In  g^'Mgender  Orund  fDr  Jesum,  Ewet  Thierehol^ 
Sil  laaseiii  lag  nur  darin  ^  ^eiti|  er  auf  beiden  reiten  we'Ü* 
4e;  Waa'Matthiua  äentlich  genuir  eu  aageh  acheinif..  Indien 
er  auf  beide  lliiere  (mavto  cr^&ivj  aoii^hr  die  Kletäer  ir». 
breitet  werden,  als  Jeauin  aich^cetzen  Iflat*/  AUein  wie 
8Ö11  ma(n  aibh  äiela  ToratelC^?^  J^a  etn  abwechselndea  fifei* 
ten  auf  dem  einen  und  andern^  faeiht "Fritzsche  ^} :  aber 
dleb  war,  für  die  kurse  Streike  W^a,  eine  unnSthige- 
Unbequemlichkeit.  Daher  auchten  die  Ansfeffer  ^er  aön^ 
derberen  Angal^  loa  ^ü  werde^f  die  einen  indem' aie,  aet!r 
acliwach^  AnctoritKten  sufolgei  und  gegen  alle  kritiacheli 
Grundafttze^  in  den  Worten  Tom  Auflegen  der  {Kleider^  statt 
inivta  avToiv  lasen  t  iu  avtov  Ctop  nwlw)i  Vrorauf  sodann 
bei  d^r  £rwShnung>  dafs  Jesus  sieh  d&ranf  gesetst  habej 
daa  Aidno  avtwP  auf  die  Aber  dai  Eine  Thier  gebreiteten 
Rleifler  besogen  wird  ^).  Ohne'  Änderung  derf  Lesiiiif^c 
glaubten  Andera  durch  Annahme  *  einer  Enatlage  nume^ 
ansEokommen  ^)^  was  WntEE  dahin' 1»^sKmmt  hai ,  dafl 
>HHüich  der  firmihter  in  ungenau^  Ausdrucksweise  rotit 
hMßn  Thiaren  spreche,  wie  auch  wir  Ton  demjjffigen'j^* 
der  ton  einem  der  Eusammengespannten  Pferde  ^rtngtf^ 
ü^rto,  er  ael  von  d^b  Pferden  gesprungen  ^).  '  U^etistV 
dtee  Anaknnfk  reichte  eu,  *  so  begreift  man  nun  wieder 
iißAt\  wofür  Jeans,  derblenach  nur  des  einen  slch'fö^j 
dialieii  wollte,  swel  Thiere  best^t'hJiben  soll.  Dles^gauEtf 
Att^Mto  iiinfii  um  so  mehr  Terdlehtl|(  werden,'  da' dej^erste^ 
tAnmgfßMt  mit  dmrsalbeti  atteln  äteht;'  denn  das  rtkht  doeh 


2}  OLSMAVtaiiy  1,  S.  776. 
i)  Comm.  in  Msttb.  p.  630. 

4)  Paülcs,  s.  •s.  O.  8.  Ui  ^«     ^  , 

5)  Glassivs,  pl^U  tsor.  p.|73»  XliaUck  Kttvibi.  uii<)  GsAtzs.  d.St 
e)  N.  T.  Grsmm.  S.  149. 


M2  .^,   Zwfitar  Abtolmltf. 

nicht  ans,  noi  die  lU>cIg6||  aaf  seine  Seite  ^  «iffhe^,  wi^ 
nun  fiewöhnlich  sn  lesen  inelLOOinit;  sie .  ne^UMo  nur  dm 
Folien,  Aof|Welcbeai  JesQS  geritten  sei^  4ie  Eselfn,.  ali 
JHebenseche,  lassen  sie  weg,  ohne  sie  aasaasdbUerstiu  ^ 
Frjsgt  es  sich  nun,  wie  Matthias  mu  seiner  ei|pMithftnüi- 
cben  Darstellung  ^^ekoiamen  Ist?  so  haben,  wiewolil  anf 
seltsame  Weise,  diejenigen  auf  ^en  rechten  Punkt  hinge» 
wiesen,  welche  Termutlieten,  Jesus  habe  in  seinfpi  Auf« 
trag  an  die  swei  Jflnger^  und  Matthias  in  seiner  Üraelirifi^ 
der  Stelle  des  Zacharias  (&,  9.)  anfolge  fftr  den  Einen  Be» 

riff  des  Esels  mehrerer  Ausdrficke  sich  bedient,  worans 
aqfort  der  griechische  Uberseteer  des  ersten  EvangelinsM 
milsverständllch  mehrere  Thiere  gemacht  habe  ^y*  Aller- 
dings  sind  die  gehlarten  Beaeichnnngen  des  EsHs  in  je* 
ner  SteUe:  rtOhJTp  TJ1  ntop?  ino^vyiov  xal  nwXop  vhf, 
liXX«,  der  Anlars  der  Verdoppelung  desselben  im  eMen 
Erange^um^  indem  nfii|üich  die  eopuloy  welche  im  Bs« 
'^f^ohfn  erklärend  gemeint  war,  als  hinauf dg^d  gOBoaii* 
^n,  und  statt  „ein  Esel,  d.  h.  ein  Eselsfiillen  u.  s.  w>^ 
vielmehr  „ein  Eselsammt  einem  EseUfttllea^  in  der  SteVi^ 
gefunden  wurde ^^).  Allein  diesen  Fehler  fciinn  nicht  erst 
der  griechische  Übersetzer  gemacht  habeui  welcher  •ebwar^ 
fiph ,  ^enn  er  in  der  g^na^n  Ersfiblung  ie^,  Msttblu«  nur 
Einen  ip|sel  gefunden  h&tte^  rein-  ans^  der  Proplietenstells 
l^eraus^ihn  verdoppelt ».  und  so  oft  sein  Original  von  £i^ 
nem  ^sel^  sprach^  den  ,eifr<plten  hinaugefttgt,  od^  i^attidss 
Singuiftrs  den  Plural  jg^tat,  haben  wOrde:  ii^dfrn  ein 
^d^l^er^  muff  den  Verstorsbe|^i)gen  ,hal^^  ^^Meq  ^»lyt^ 
a^riftlieii  ,fixirte  Quelle,  die  Projpbetcjpsteile.i^ai^  ^us  weh 
elier  er  mit  Zuaiehung  der  mflndlichen  Tradition  seine  gaa« 
se  Eraählnng  hempMspann,  d,  k  der  Verfasser  des  erstw 


7)  EiCRHORNy  allgem.  Bibliotbelc,  5,.  S.  89^  f.,   y^X.Boym,  Be- 
richt des  Matth'iut.tSw  517  <•    .  ..  ..  , 
0)  t.  Fritzschb,  s.  d.  St.  , 


Zehute«  iCapltoL    $.  lOf.  21>3 

Evangettami^  welcher, slioh  freilich niedarch,  wie  d^e  Mueri^ 
KMcIk  mit  i6echt  behaitptet,  önwiederbringU^^  «m  deii 
tüihm  eines  Aiig^neeiigeii  't»rin^'  ^).  .'      , 

bt  dl^m*  Mifsgriff  dem  ersten  Evflngelitim  eigeu  ,  bo 
b^ben  hifaiwlraemni  auch  die  beiden  miuJeren  einen  Zug 
Mr  tSÄy  wefcfaeii  Vermieden  «u  haben  dm  Vi^rfaüer  de« 
Mteo  EQtt  vo^th^it  gereicht.  Auf  da«  ^ehlq|ipende  zwßv 
sM  litti^ t^elikilfig  aufmerke Aüi  gemacht  werden^  wasidarki 
lle|^,  *daf$^''iil&hdem  bei  allen  drei  Synoptikern  Jesus  den 
swei  abg^scUtcktök'Jdngern  genau  vorherbeseiehüet  hatte^ 
wier  sie  den  Esel^^ftHlien ,  und  womit  sie  den  £igenthümet* 
deiMtbbn  ^Üftlkdtik  Btellen  sollten/  nun  Markus  und  tu- 
kaii  sfeh'^und  dela  Leser  die  Alulie^lchC  sparen  ^  atisfüfir^ 
IMhr  Vnd  g^nra  aäs  AJtes  als  ein^e^roä*en  xu  wieder Iiülejji| 
(ßhw.  V.  tftJLuß:  V.  32  ff.),  willirena' Mattfläus  (V.  (>,j 
^Mchfekf  ihnr6h  iAd  noifjoarzeg  xaOiügnQogiia^tv  aiivii^  C  V, 
Mh  «Mttdet*—  Aidfs,  als  blofs  die  |;orEE^  Wtreffeud,  suU 
Itfer  nMhir'wiftt'ter  j^Wtend  gemache  werdeii*  0a s  aber  bu« 
triSl  den  IktKult  deii'SacEje^  daOi  nach  Markus  A*-^iid  Lukas 
«>«IM'«ilii  Ynier  v'ei^laö'i^fe^  ^ajr\9^2 J£i$r  ^aV^öcf^  a^^ 
itu9iO€f  ein  Zog,  von  w'eicbem  'lÜautitfiia  njphto.  wetifa»^ 
Maa  begreift  hier  nicht,*^wie  sieh  Jesus  ^das  Vorwärtskam« 
■MA  dwreh  die  Wahl  eines  noch  nicht  sugerittenea  Tbiera 
absiehtlieh  erschweren  mochte,  welches,  wenn  er  es  nielil; 
dsmb  giittlMie  AMaiaebt  In  «Mtfong  b)e1t' (denn' bei  demi 
«peten  Kitt  aaf  dnen  solchen'^lliiereTetefataueh  die  gröGi* 
ta  menaebliehe  Geschicklichkeit  triebt  aus) ^  gewifs  maneha 
SiSrang  des  festlichen  Zages  herbeigeführt)  haben  wird, 
sMuaal  ihm  kein  Vorangehen  des  Moftterthierp  ,aa  Statten 
kaai,  welches  nur  in  der  VorateUung  des  erstea  fiiraage« 
Uatan  aOtgeiattfen  ist  Dieeer  Uiiaanehailiebkeit  bat  Jesiur 
gewUa  Hiebt  ohne  triftigen  Grand  sich  ausgesetiet,  und  eiis 


9)  Scavis^  über  dsi  Abeadm.   S«  310 f.;    Sixfriat,   über  dea 
Uripr.S.  107  1. 


SM  Zweiter  AbMhiiitt.\    v 

eoleher  teb^t  mhe  fmug  ca  J^mi^lii  iler  A||i||||ht  de» 
Atterttidiiis^^'^w^IcKer  sufolge,  nach  WsT^^i^^*^  Airsdnael^ 

htmiuri  8o  dafi  also  ^esds  fUr  8€|Jne  ^beUIg^.P^i^oii  und 
^  dem  holien  2weokp  ft|pines  ineM|ani8cheii  ^Q^oge  aju,«^ 
iniir  efh  hellijj^ä  Thier  hstte  jgebraucb^ij  ^^f^!^*  Nlfber^p*. 
ii^bgen  Jedoö^  yv^r^aiaii  dlefii  el^I  finoen^.iui^  wi|nderlf^ 
dkzd^  denn  ^ejii  EsW 'Jkennton  die  ZiMchauer  i^  IHD||t  i|f|- 
e^Ken ,   dafs 'er'lnoeli  ^ioht^'^iei^ten^  wair,^!^  d(^ 

ITngebiirdigli'eTi^^niV  ^eloljer.  er  ^^ep^^rtilOff^;  Forttfohrlft, 
<ktf  feterltohen  Zuges  gr^gföi^  Jiabeb^ia^^  So  we^J^. 

wii*  aofdiesie  Weite  begreifen ,  wie  Jei^  iaidQia.^#il0ir 
ge!n  eine«  nicht  sngerittenea  ^hlfkrt  elna^  E^i^e^geen/iliA  l|f- 
belt  kann«  so  beirrettlfoh  werden  wir, es  Andräji,  dafii  Mb^ 
Irdhe  die  cb'dttlij^op  Gemeinde  .ea^aeipei^.  Ebrfj  achnldig  ^pp 
afclii  glaubte,'  Ibn'iinr  anf  einem  solchen  Tb{e|P^  ^lieii^  wie 
ap&ter  Ihn  noir^/n  "einem  nngebrfj,fchtef|,  Grabi^, /4|CC**^  W 
lassen,   was ^1^  ihre  Denl^wtt/digkeitenjiofi^ai^  difli 

Verfasser  der'mft^ären  Eva9|jeliea  k^i)  beden^^,  trv|^»9 
Weil  innen  yreuren  bei'm.  Schrei];^,  dj^r  qie||i^gfir^|Kfpm 
Klet  "blcht  I  die  ü^beauemjficbkelt  Te^rsachtOji^  welche  er 
Jftfsoi  bei*m  Reitell^Verursacbt  nahen  mOl^te.      vf 


ict)  Dsf,«:  jener  9rvp4/iir. dJ^J^Hfegel^a  nisbl.geailge^  Kst 
such  FAy^<Hf  gffiUiU;  (^e^^t^^T  ^^  dem  irei^z w^^den^  S«« 
cHen  nscli  einem  reelleren  und  mehr  tpecifischen  Grunde  ist 
et  zu  erlaären^  dass  ^r  hier  das  einzige  Mal  mystisch  wird| 
und  an  df^  fif  kt^rung  Justins  des  Märtyrers  (die  als  ^noi^f/tor 
beseiohnefö  BseHa  bedeute  die  Juden,  der  noch  nicht  gerit- 
Sene.Bselrte  Hilden',  disl.  c.  Tryph.  53.)9  den  er  sonst  im- 
mer; ids  Urheber  der  ^merhehrten  kirchllehen  Bibeldeutungen 
bsJUlmpfty  «ich  anschliessend,  wahrscheinlich  zm  muchen  sucht, 
Jesus  hsbe  durch  Besteigung  eines  noch  nicht  gerittenen 
Thiers  sich  als  Stifter  und  Regenten  ein<;r  neuen  Religions* 
gssellschsh  anhüadigea  wsUsn;  £xeg.  Handk  i,  #;  S.  116  ff* 


E«l  «endet,   den  «ie  im  nücluten  Dorf  in  cTe^'^'^nf 


le  Tejribre 

j    ••: •   — «.go  ».,,-  uo»iiiPH|cen  ^tanoe  am  bei» 

«BicInMtffirOrte  Vm  UelttEtor  »Sp'  '^Tesam  t^relt'j^alten 
worden  iNJl'»-)  ;•  «Ifeh.  Jfe  rönnu,'  er,  eine  folche  f  emb«-' 
^hiMkpUf^mfi«^ri%m^^^^^  i?''eben'Von  Jeri:; 
clir  i.««?  DiiW  irfdilt  •rfü.fh  p]!üi5fö",ÄeÄ  it^«;  ,An« 
<llre«  wiihndieinllHiar .  AMi  'hiRMfAV  t^-  j1.M  i^i.  li"' .  i^' 


srttoii  vW<r  Ifistthfct^fe  zom  TermtÄfiip'äi  (11;$  WalJ^ihi*^* 
bWÄtol{e«tft*den   Ml^n   *eMto,^''^ogpgi,ii  Jeddch   «o  b«-' 
mAm  Ut,    dafii  J«kui  gkPnfcfet  ''Äie  Vom    ^fichsten  b'^:* 
tlM,  «Miderii  Ton  Aifiedi  bösdälmUn  thiere  «pricht.  'Itfait 
^•liiHwrt  %\m  rfalier,  wenn'^man  e%  *  bei  ÖLSUAUskM  nur  als 
TtriiinlMkhefi  Sinti  der  Referenten  beftehihne^^nifet^  dafa 
deltt  dncMfendten  Hl^llis  Äfles '  durch  Ftf^ong  Gotiea' s^ 
Band  g^»weaen  sei,   wie  er  dessen  ^i^beh  bedurfte;    so  wie, 
daft  iierselbe  Äusiegei-,  um  die  Willfährigkeit  der  Besitzer 
däi   ThMres  su   er&ffiMn^    die  Vora^sseteung  noth wendig' 
findet,   sie  seten   mit  Jesu   Wreundet  gewesen : 'da  viel- 
m^r  durch   diesen   Zug^   di6 ,  gleic|)sam   magische  Gewalt 
datgestellt  werden  Aoll,    welche,   «ohal4  er  nur   wollte , 
de«  bloßen  Nameii  des  /Ti/^io^^  in  wohnte,  bei  «dessen  Nen* 
Hang  iler  Besitzer  äei  feseU  den  £sel»  wie  später  ^Matth. 
St,  18.  parall.)  der  Inllaber  des  Saals  den  ^al,   unwen 
gerfkb  stt  seiner  Uispdsition  stellte.    Zu  dieser  göttlichen 


il>  NsHMriiche  Getciichle;  Sj  S.  566  f. 


ohen  Kran  seines  f^Mf^n«  .  ^^>9fff^  |ioeli,4ft  hftbere  .Wj«. 
•en»  dnrcli  welpbet  Je^  hier,  fin  mtfentes  Vti^Uütmlii,^ 
das  er'  für  Wiie^fiedl^ii^^  «ffm 

bei  den  ange|i^i|fnen  Z^^^  I|^r  Er«ft|ilfifi|g4  w  imtfrH^ 
tKellr  Meb  ,  bi^  dies  «ronderlHu^  .  gtftywwrnteeffeü  «wi4 
VerbefWiel^B  dientelb^  Sofawierigkekea  wie  ifsaier  «Meli 
tlieik  1(«Jlnnen  wir  die  NeiirQM, 4«r  «roMedieliea  Simaf 
eolcbe  Proben  der  bi^here^i^atuf  ibrjM  M[eiel«».jn  «gfibea» 
bereits"  ailsä'gntv'  (>n^}^  d<f  1^  w  die  fienrfmf  der  «w«|. 
BrOderpaai^^  dle^^en^estp  ^faJ[ogie.,  {d>er  bat  die  eb«» 
a'ngeftttu!^,    onten^^fil^^fsyi^bef^  Agt,  wie  Jeaf» 

das  Locai  ^r, seine  iel;»te  J^ahlaeit  ml^  den  2w«tfNi  U^ 
stpilen  Ifi&t)^  als  dafs  ^wir ,  ms  der  Vemo^luf  eafha* 
fen'bbnnten,  aueb'  bter  nur  eja  QebiJde  Jener  Ndgffig 
Tor  ;i*ns  zu  baben.  *i)tefs  wird  um  se  wahrsebeliillebeeti 
yienn  wir  nachzuweis^  im  Stanfle  slnd^  warwü  aleb  bier 
dbs  Fernsehen  Jesu  gerade  als  Wissen  «n  einen  afebnui 
denen  Esel  zeigt ;  wie  denp  eine  sololie  Naobwaiaiuig  al* 
Jerdings  mdglicb  ist»  Über  der  lag^  ersten  und  yteffen 
Erangelium  citirten  Stelle  ans  Zacl^irias  näaUiebi  weiobe 
Tom  Eini*etten  des  sanftmOthigen  !lilin\gß  nur  flberbanpt 
auf  einem  Esel  handelt^  versXumt  man  gewiibnliob,  eine 
andere  A.  T.liehe  Stelle  so  bertcksicbtigeBt  welohe  nfibce 
den  angebundenen  Esel  des  Measias  entbSlt.  Es  Ift 
.  dlefs  die  Stelle  1  Mos.  49,  11.,  wo  de*  sterbende  Jaliob 
SU  Jttda  ?on  Jenem  rhv  ««g^  (LXX.):  däCfiaiiop  n^ 
a/nneXov  tov  nwhjv  ccvtö  xcH  t^  Uuti  tov  ntUkw  %ijs  om 
avTO.  Justin  der  MSrtyrer  fafst  auch  diese  mosaische 
Stelle,  wl^  Jene  prophetische,  als  Weissagung  auf  den 
Kinmiff  Jesu,  und  behauptet  daher  geradezu,  dss  FaUen, 
welebes  Jesus  holen  l|e(s,  sei  au  einen  Weinstocb  gebun* 


Zclkbt«»j|i«^MI}l<|iiM.  SIT' 

ifctrhwpr |toto  Srtafe  iM*  Mässttlr,.  ^^  ü^'MbSii  iti 
«Mb  b#lil»  (MiUfM';  «Mi  tM^^sdlit  'AiAtndm  dert'Ebeb 

4»  rwttiegtnima  ErsAlang  sieh  dertelbM  iüMit  aoiclrllek* 
fl»^4a  mMM» Üi^^biMMoA  »Kh«lftkv('taid0W;''Meht 

MitetlMMaf  il|iitlMdl#Mf,'^  Jebll,  'njichfteiii  er  dem 

imäta^m  inifolg#>«irf  dn»  CM  in  dte  Stadt  gerttten  war, 
dItMiilial'ai  Abtti^narif  alner  iV'etnrebe  angebanden  ha- 
bm*|  alaftl  daib  ^^hn  fsIM^hn  ÄJtcKtte;i  Dorfe  (nach  Mar- 
km*t%m  alMrTlMirtf'anii'Wagä)  lokblitden  Itffst.  Hieriurcb* 
ww40  fliar  JMigMab  diafii  aedi  erreicht)  daft  aill  der  Er- 
fMhMPgjeMr  MdM.  Wehsafaiigeii  neeb*  eine  «IPrebe  de^ 
ibefMtOff%Bbm  WUmm^  Je*« 'md  dei>  mag^pfben  KraAr 
•einee  -|ianiena  rerbi^iide»  ?ir^rden  bennle;  wobei  «Nin  in««^ 
beeoadere  daran  ijbnfceA.Jiaiin,  daf«  ^ueb  8aauiel  einst  sei« 
na  Hebergabe  doi^  4ie  l^ravaaafe  erprebt  battei   dem. 


ii)  ApoL  I,  32;    TQ  if    ^Müftt^^r  tr^o;  SfUitlor  rir  ntiXor  tivri 
—  ^fißoXoT  Si]X»ftMor   Jr  T45»'  ^Myt^QO^t^rmr  ry    Xq9^P  na\  rmr 

7<f»  ».  r.  it. 
13)  s.  ScN»rr«Kv,  tiorae,  2,  p.  146* 
t4).Midr«scb  iJÜ^ba  f.  98.  ^ 


9ky^iMknMmkf^iit..\ 


der  IfacbrioKt,  ^<U^  4i».  CfcUw«^  .4#I«P  .jr««fn,K(»  «M 
fpoikir  $f^  itj^m.  19  y  9.).  IT  fa|i^tal^i<Cvpi««liMl. 
fehlt. ^aitsdor  BwIyiiiHIK  «Hi^^^«MiJ^4l«itS«>i^  i*^  ^f« 
To«  fDgfibnn(lMMp  EmI  ,jmnl.34»IWl. ..  ^  lli»llwN3  '«Id  .«• 
t>ird  pM.«IMa%^.ifeMA^  wfrittp  «SMlV  liMl. ZMltü» 

XbiuiQf a  j^qn : R^WIJMVi^gW ».  Iipi^Mh  4*«  9M^  4Mi hMm^ 
her  ?9^ti^,^iukg^^  %ihai^i.iftiKg«S«iH 

trpg^    frffff   Müh  #jtt«l  »BMOfi^^lMIlliat^^R  BwUtTOiiltM!- 

Worte;  ^i^Tifihogji  iM0im^9Sf^üf»pmi  .JCtigjiiifarftr»»^ 
fem«  eile  .iiiiiti»^  t^Mi»  4^«  «m|«vim,  Atfe.eodUoh^ia  0«i^ 
g.r(ir#pi^  «U  Köirff  o4?rtSobr^p#ffi(bM    Bier.lHi  «wer  ila#« 

nVr  D5f5y  Han  irjri^i  wi#J?«.4ii^,»Cth»4|pB»r*^ 

gHiCiiiii|8fimMl  tilgt  feelbeifcielieaiiel'jftfleeoii^  t>»4,  4mik 
dM'  dem  mrbai«[cjle«deii  V<r«r  ikeMIbea'  MaIim  eiMN»* 

fett  HO*  am  Peeebft*««);  «1^  dai  4iirilsäg«se<cte  ^'i;}<^ 
^wid  and  o  ßee&tl^s't§^IaQaf\iiaiitima  men  Jend  alt* 
genelneiiTeriiehl  iliier'-^ieeied  aiif  #68om' ah  den^^Hleii^ 
anwandle,  ihn  in  eminentem  fiinne  willkommen  lieiften, 
und  feinem  üntemelimen  GlQek  wdnsehen  wollte.  In  B^: 
treff  der  SuBjeote,  welche  die  Huldigong  dacbringen  j^bleil  t 
Lukas  im  engsten  Kreise  stehen ,  er  knOpft  nffmlicli  das 
Breiten  der  Kleider  anf  den  Weg  (V.  HO.)  an  dai»  Vurker- 
gehende  so  an ,  dafs  ee  soheiati   als  sohriebe  er  .es,  wie  das 

13J  vgl*  rAUOJIj  z^  d.  SlK 


i^mß  im^ihU^^  m4tM  V^f  mm^jim  4«iqprm«a# wfe 

4Mp.  dMiWitftülf  rKneW^ider  ft.nhffi^|i»i  ihm^  «dl  MBrfMp:' 
M)j^4^  4fr  4iFJ^itt>(?>2h^  b«l  MaMUtti  ftMhwidi  mt  dfo 

i^y^t^f^pn  tiJb0>i<<ierSy##|Maker  lBii#i4talb  fcp  flbiMm  A» 
fl|it,f|4K|«  r^99d«n  FjMsugetbMbMi.iMil  iMitaMt,  wto' 
ainb^o  ^iiyili  99W(hiilt»r,4ie  gßume  M«ffiteMtiril  fos  Bokban 

^MAf^^^'^t'^^B^rt^Ij»*  hglawmdi  Maiigp»  4m  fitoiiii^ 

läobolaiig  ¥•%  JeroMilea  aus  veranttoket  war  (V»(if  &>  l 
QMiaDii.  %IKIKKPB«94  kSiMm  «vir ,  da  w|^  dl»  WMarlele- 
bmng  des  JLnaamf  o^  kritbeh  beaWeifelt  habewy.niaM 
ge|i#lli;i|««aH;}  mit.  $§kmm  angebUohan  dvmide  ^b«r'  wird^ 
aitoll  dMJWaaMdir  fiMi0loäig  «elbtt  mmtdMort;  muksA 
waA||tw{riib049sJMtii^  wiadie  Wflrde  Jm«  aa- M. MrfoMieM- 
acIldNii  JLanala,  «daiailb»  di«  ttaridaatadt  falaiikb  «fuge* 
IM^  IH^9    «nd'Wie  aa  auch  aoaat  wq  den  fifgantbllailiabF*  * 
Miea  |(^r  Darst^Umig  des  viartan  EvangaUimia  gebftrt^  var' 
d^  Ankauft  «laaaM  4aii  featatt  aa  besehralbafi)  wie  uekuß- 
4ia*^rwaiRli|iig  d^  VjaUia  anf^  ibii.  gaapaanH.  war  (7^  II  ff^' 

Dar  latate  Zag  in  dem  rar  ans  liegenden  Genfilda  iat 
der  ÜMriile  der  Feinde  Jesa  Ober  die  atariM  Anhänglich- 
keit tfVVoIlii  an  ihn,  welche  sich  bei  diaser  Gelegenbeit 
seigte.  ^NaoK  Johannes  (V,  19.)  sprachen  die  PliarifSer 
aa  einander:  da  sehen  wir,  dafs  unser  bisheriges  {sehe* 
.  neod#K)  Verfahren  nichts  nütal  i  alle  VVak  ligngt  ibaa  }a  an 
(wir  wardeM  gawalt^ui^  aiaacbiiUeo  Aüaaan)».  fd^Xakas 


Sit  4l«fe)U«r  Aki^Jmitfi 

(¥ki»i.)  wftftAidilirisli  «faiigt  PiMuElMiei-  «m  O^ir  i«M- 
i«it  dm  ADifoiiiin,4lielii6ii  flohitrtPiP#tillt^^^ito-^iWfct^ 
1«CM)   woraaf  ir  likeu  rar  ABiwi»>i%  "gleMv    wieM»  4lMit^ 
niebt  rafw,  wlrdra  dte  SMm  mIh#Mm.    Wilii«ii«  LMm 
UMfcJohattMt  tttefii  weh  ««f  doi  2i^  W'lrt<dl^grii^%iM». . 
B«ytf,.lrt  60^  M  Bklüaü  «Tfi  IkMilw^  dt  JiBtM^lMt  ^küf 
FMkflng  im  ^ewprf  Mia|fccim<m  war^  «iM  «lle  IMidw  MMib 
hMr  fWtfidiPm^   BodiifMui  dra  SdNM.  OJMMi  ^M  riilte; 
cUa  db  HelmipriaütF  mnA  fkkrittgehitt^ti  ^^aths  MT  dtite ' 
Ikdkf^  wür  tl»  «  hkkM,  airfaie^inam  iitadhleny-%roHflir* 
ernie  alt  dfafr  S«tUem  am  P««  8)6.K^^jE<Ä^^i^/«^ 

e|(i#  S«Mii%  äU  «Itfo  hfor,  umraohM^üe  M  Oy|;ia«A0F%MA 
AiigooielMkilidl  attf  J#lMfa  besidli«,  asf  JegunPatifgc^riniWt-" 
liiriwL  :-r  01»  ?M  fciMuu  aa  dan  BlttMg  aagekitfl^  iajil|i§ 
J«i«  «W^  JevQtakiii   ivird   notea   noek  Itt   IteMMl^Ag^'- 
kaniiiite».  i*  ••'    t>"^    ^*    '       '^^ 

DnawiaideaMg  ajpreoben  Jahamie«  «nd'fhitbeioMliMM«!- ' 
thiiäi  diMPoh  aein  tSio  di  vlov  y^oi^,  iW  TilrjQtij^fi  it.  t.  JL 
y^  5«  daaeedaDkaa  ant,  die  AbsialitiittnäehaC  6«^tteii|  Mtleaa 
er  diäte  Soeoe  varaattaltete,  dannaiber  ai^b^iMlAetslib  J«k 
tM|  alt  MiMriatevaiond  ThelimliiMrt  der  gl^^heir'BMli- 
totüOtte,  mi  gewaattt^  dttreb  diata  OetlaJeimg  seln^'l^- 
augt  aiaa  alte  Wektagoag' a«  erfUien«  Wenn  JeMra  in 
«ler  Stella  det  Zaohariat,  9,  9.  ^^)f  eine  Weistagug  auf 
«iah  aU  deo  Metaiae  tab,  to  luiaD'dlleft^iiiebt  ErkeantDira 
det  b6heren  Frfaioipt  in  ibiii  geiveten  a4ia ,  da  ^  wenn  dia 
XVepbetanttelle  aaeb  niobt  auf  einen  bitteriteben  f  irtlen. 


16)  So  wie  Matthäus  das  Orakel  a^führt^  iil  et  eine  Tiiijfc ii 

Setzung  einer  jesaianiachtn  Stelle  mit  der  det  Zacbarias.  Denn 
das  tlnart  rjf  ^vyor^X  Z««dr  ist  aus  Jet.  62|  11;  dat  "Weitere 
pua  Zach.  9,  9.)  wo  die  hXX^  etwa«  abweichend ,  hat:  idm 
4  fim^iUfSt  #*  'e^tre/  •»#   ^/mi#<   ei&  WC«»  Wvp(   ^^t  mal 


ZeA^ntea    lUpitfL  4,  M9.  191 

I 

eia  naijt^iiflies  Iadi?idiwa  su  b«^«ben  Ut  i^)|  dleüt 
wohl  «lcjE|riejdUfiIier9.«ker  do«h  ak  wekikimr  Fttne^  ukl 
sirar  Im  nidgm  BM^  fq»  Jeroüjpaj  also  («•■  aittbia 
.  als  JüW»  fodMit  werda«  niiili.  fi^olil  abar  adiahit  J«. 
aaa  «af  mt#liob«aii^  ^^a  aa  Jaaev  Bealebaag  ImAaa  kaai- 
am  im  iLtaaiw  >  fi^j^en  wenigjHi^M  #i  fta^UaM  dla  8lai|a 
4«t  Zaehyarlaa  fßi^  fgpoCmf  Übareliiitiqiiimg  »nf  4«»  Maatias 
deutaa.  ^^>  NaoifnlUeh  vfium  vfiß^  dafii)  wail  lUa  luf« 
aaliaiabart  Ankvnf^  Wflfh«  hiaa  v^m  l|ei^  ¥or|iai|iaa|t 
war,  lai  Widarspraoha an  alehen  iofalenadtiiergllnsand^, 
^raloha  DaaJel  farhevTfrfcttndigt  hatta^  dleft  «pitor  dahin 
matgegltcbaa  au  wirdea  pflegte,  dafs,  je  oachdeia^eb  daa 
Jtditeha  Volk  vrOrdig  beweisen  würde  odi^r  nicht |  aeiiilllea« 
•lai  in  dar  herrlichen  oder  in  der  geringen  ilectait  erschei- 
nen salla  ^>>  War  nun  anch  aur  Zrit  Jaeo  diese  Unter* 
aeheidang  noab  niaht  ansgefaiidet,  sondern  nnr  erst  Ober« 
ba«pt  alM  Baatehnag  der  SteUa  Zach.  9^  •,  auf  den  Me^^ 


17)  Bmff  Über  die  Abfatsttngtieit  der  Orakel  Zach.  9— 14)  in 
dttk  theol.  Studien ,  1830  >  1 1  S.  36  ff.  bezieht  die  rorange* 
kenden  Verse  auf  die  Hriegtthaten  dieses  Königs,  alao  den 
gegenwärtigen  wohl  «i|f  seine  friedlichen  Tugenden. 

18)  FAUUJSy  exeg.  Handb.  3,  a,  S.  121  ff.  ^ 

19)  IlosBifMOLLiR,  Schol.  in  V.  T.  7>  4,  S.  274  f&  ^ 

20)  In  der  Thl.  1,  ^.  14.  citirten  Cardinalstelle  aus  IVfidrasch  Co* 
heleth  wird  gleich  Anfangs  das  Zacharianische  pauper  ei  ih- 
aidens  asino  auf  den  Co^  posttemus  besogen.  Dieser  Esel 
des  Messias  wurde  sofart  mit  dem  des  Abraham  und  Moses 
lUr  identisch  gehalten,  s.  Jalkut  Rubeni  f.  79,  3.  4.  bei 
SoAtTrei»,  1,  S.  169,  vgL  Eisnmixoin ,  entdecktes  Juden- 
tltea,  2«  S.  697  f. 

11)  Senkedrin  f.  98, 1.  (bei  WiTsratH) :  A'x/e  R.  jil§xunderi  R. 
Josaa  /•  L«oi  daotm  initr  m  colUuii  Jods  ianqumn  oontrm* 
riis  visis  cbj0cit:  aeribitur  Dan.  7,  13:  sf  scce  com  ao&c* 
hus  co§ä  velui  filiui  hominis  venit*  Ei  scribiUxr  Zadu  9,  9: 
^oi^wr  e#  insidmu  mrin^     Vawn  haic  dno  locm  Um  inUr  $0 


'ük$t  "io  fcoimit  doA  Jetns  sMi  itwii^  Vorst^llmg  nuu 
«ii0Äi  dbfii  i^9  bat  deiner  eriten  PMüsfe,  die  Wätügoiig 
4m  Ztt^^%^  <dfei«l^  aber  bei  seiner  Bweften  cfttf 'des  Da- 
siel  M|  &m  iß  Erfüfiung  geben  mfiscK  Doch  wA^  tndi 
ifaw  OHfte  adgUofa^  Aals  entweder  ein  enftliigei  Etnrefteir 
Jbi«  eiif  einem  Esel  ^n  den  Cbrtstai  später  kaf  diese  Weise 
gedtale^  oder  defs,  Arndt  beb  meMiakficbet  Attribot  ftm 
JbUei  diBT  gense  ffiiifcng  frei  naob  dein^  beiden  Weistagun- 
gen  vod  der  dogmalNehen  Vorenssetliing  einet  bfiberen 
Wfuftni  In  Jeto  oenponirt  worden  wirei 

amdlian  possani:  msrnpe^  ii  justitim-um  mersaniur  ItnMU 
ia$f  Messias  v€niei  cum  nabibus  coelix  ß  auiem  non  msnan» 
tmr^  vgniei  paupir^  H  vehntnr  asinc. 


Dritter    Abschnitt. 

Die  Geschichte  des  Leidens,  Todes» 
iiii<}  der  Auferstehung  Jesu. 


"* 


Verfaältnlss  Jesu  zu  der  Idee  eiti«i  lei« 

dendeif  uud   stMeiideil   Messias;    seine 

Reden  von  Tod»  Aufersteliang  und 

WiederlLonft 


i    IM* 

Ob  JeM$  teilt  Leiden  ttnd  seineii  toi  in  htitimAi^h  Kilgefl 
torhergesägl  hibe? 

Den  £?aiigeUeii  safolga  hatJenuteloM  Jfingei*!!  niehl' 
ili  Einmal  9  und  sebon  geraume  Zelt  tor  dem  Erfolge  *)| 
Torauigeaagtj  dafa  ihm  Leiden  and  gewaltaamef  Tod  be^ 
Torstehe«  Und  «war  blieb  er^  wenn  wir  den  ajnoptiaeheft 
Kaebrichten  tränen,  nicht  bei  Voranaaagang  dieaea  Sohlcii« 
sali  im  Allgemeinen  atehen ,  äondem  beatimmte  den  Ort 
leinet  Leidena  yorber,  nftmlich  Jemaalem }  die  Zeit  deesel« 
ben :  dafa  eiien  auf  dieaer  Feetrelee  Ihn  aein  Sebicliaal  er^ 
•Ueo  würde;  die  Subjecte,  ron  welchen  er  an  leiden  lui«i 
ben  wflrde  {aQXuqei^^  ygafifuneigf  SOrfj)}  die  weaentliobe 
Fdrm  aainea  Leidena:  tCrencigong  In  Folge  elnea  RichteiSi 
qpmeba  J  aneh  NebensOge  aagte  er  torana  i  dafa  ea  an  Qeia« 
•elhiebeni  Spott  nnd.Vertpeien  nicht  fehlen  würde  (Matth« 
1«,  %\.  17,  12.  iSfr  20,  It  &  2«,  12.  mit  den  Parall^^ 
Lue«  IS,  SS.)«  -^  Zwiaohen  clen  Synoptikern  und  dem  Veit' 
iasaar   dea  ?lerten  Erangeliam«  findet  hier  ein  drelfaehe^ 


1)  AVat  er  giot  in  der  fittd  dei  Erfolg«,  in  ie&  ieitttü  Tagetf 
seines  Lebens,  noch  von  einzelnen  Umstünden  seines  Lei-* 
dens  Torbersigte,  kann  erst  weiter  nnlen,  In  der  GesebMite 
lener  Tage,  in  Betrachtung  heaanen# 


Cntertehfed  ttatt.    Fdr  •  Erst«  lauten  bei  Aem  Letsteren  die 
VoniMsagen  Jeta  nicht  so  klar  und  deutlieh  ^   sondern  sind 
■leistsns  in  dnnkler  Bildeürede  rorgetraaeO)  ^on  welcher 
der  Referent  wohl  aacB  seihst  gesteht ,'  dals  sie  den  Jfin* 
gen  efst  nmh  4tm  fiffelge  klar  geworden  sei  (S^  22.\ 
Ausser  einer  hestimniten  Anssenu||,   da(s  er  sein  Leben 
freiwillig  lassen  werde    10,  15  ff.)  9  spielt  *In  diesem  K^irn- 
gelitfni  ^ns  anf  seinen  befor<>i«lieiiden  Tod  besondert  ger^ 
ne  dnrch  den  Ausdruck  ti^^,  v^moVftij  an,  welcher  awi- 
seilen  Erhöhung  an  das  Kreua  und  cor  Henlichbeit  schwenkt 
(3,  14.  8,  2$.  \%j  S2.),  nnd  fergleicbt  die  ihm  beTorstefaen- 
de  Erhöhung  mit  der  der  ehernen  Schlsn|;e  in  der  Wfisis  | 
(3,  14.)  5  \%ie  bei  MattbXus  sein  Schicksal  mit  dem  des  Jo- 
nas (12,  40.;;    dsnn- spricht  er  auch  TOn  einem  Weggehen, 
wohin   man   ihm  nicht   folgen   könne  (^7,  U  £    8,  21  f.)> 
w^  l>ei  den  Synoptikern  von  einem  Kelche,  den  er  trinken 
mOsse,    und  welchen  mit  ihm  en   theilen  seinen  Jfingem 
schwer  fallen   dürfte  cMatth.   20,  22  paralL).     Sind  auf 
diese  Weise  die  |ohanneiscben  Leidensverköndigungen  min« 
4ler  deutlich  als  die  synoptischen :   so  fSngt  dagegen  bei  Jo* 
hannes  Jesus  weit  früher  mit  diesen  Verkfindigungen  sn. 
Bei  den  Synoptikern   fallen  die  bestimmteren  Vorherssgen 
alle  tiieils  unmittelbar  vor,  fheils  anf  die  lotste  Reise;  not* 
die  dunlüe  Rede  vom    Zeichen   des  Jonss    fiele    früher; 
Wogegen  im  vierten  Evangelium  Jesus  bereits  bei  seinem 
ersten  Festl>esuch  auf  seinen  bevorstehenden  Tod  hinsudeu- 
len  anftngt.    Endlich,  wenn  den  drei  ersten  Evangelisten  ca- 
folge  Jesus  Jene  Voraussagungen  nur  dem  vertrauren  Kreise 
der  Zwölfe  mittheilt,  spricht  er  sie  l»ei  Johannes  dem 'Volk 
und  selbst  seinen  Feinden  gegenüiier  aus. 

Bei  der  iiritisehen  Prüfung  dieser  evangelischen  Nach- 
richten werden  wir  vom  Speciellen  cum  Allgemeinen  in  der 
^  Ah  fortsclireiten,  dafs  wir  auerst  fragen :  ist  es  glaublich,  AnU 
Jesus  so  viele  einaelne  Zftge  des  anf  ihn  wartenden  Sohick- 
•als  vorsu9gewufst  habe?    bieMmf  untersuchen ,  ob  «her- 


Erstes   ^apltets   !•  110«  HOT 

bättpt  etti  Voraoswisssn  tmil  Vcyjfanssagdii  seto^s  t^UüM 
ytiii  deited  Jesa  wahrscbeiolieli  Sf^;  wobei  dann  Aet  Um 
terschied  iwisehen  der  synoptrsehen  nnfl jehanneischeft  Dät* 
aüetfnof  wou  selbst  tmt  Spraehe  konimen  wif4i 

Wie  Jesus  die  eineelaen  UmstKode  seines  Leidens  nnJ 

Sterbens  sa,|pin.an  torhifirissen  konnte^  dsrron  giebt  es  eine 

d0ppelte  Erkilrnngsweise:  eine  snpranatiirale  nnd  eine  na« 

tftriicbe«     Die  i^rstere  selieint  ihre  Aufgabe  dnrch  die  ein«: 

fache  Berufung  darauf  lösen  su  können  ^  dafs  yor  dem  prcH 

pbetischen  Oeiste^   weleher  Jesu  in  bffehster  Fttlle  inwotin* 

te  5  Ton  Anfang  an  sein  Schieksal  in  allen  efnseinen  Zögen 

avagebreitet  gelegen  haben  mOsse«     Dn  indessen  Jesus  selbst 

bei  seinen  Leidensyerkttndignngen  ansdröcklieh  sieh  auf  das 

A*  T«  berief,    dessen  Weissagungen  auf  ihn  in  allen  Std- 

eken   erfttUt  werden   n^Ölsten  (Luc.    18y   iL  rgl.  29>  37^ 

S4,  25.  iL   Matth.  lA,  21.   20,  54.)  ^  se  darf  die  orthodpxtf 

Betrachtungsweise  diese  Hölfe  nicht  Verschmähen^  sondern 

mnls  der  Sache  die  Wendung  geben  ^  Jesus  habe^   lebend 

nnd  webend  in  den  Weissagungen  des  A«   T«,  aus  ihnen 

mit  Uolfe  des  ihm  inwohnenden  Oeistes  Jene  SpeclalUIten 

schöpfen  können  ^).    Demnach  mOfste  Jesus^  während  die 

Runde  ron  der  Zeit  seines  Leidens,    wenn  er  diese  nicht 

etwa  aus  Daniel  oder  einer  ähnlichen  Quelle  Ike^echnel  ha-- 

l>en  soli|  seinem  prophetischen  Vorgefithl  öberlasseü  bliebe^ 

auf    Jerusalem    als  den    Ort  seines   Leidens   und    Todes 

dureli  Betrachtung  iles  Schicksals  froherer  Propheten  alt 

Typus  des  seinigen  in  der  Art  gekommen  sein  ^    dafs   der 

Geist  ihm  sagte |  wo  so  rtele  Propheten^   da  mösse  nach 

höherer  Conseqnenn  auch  der  Messias   den  Tod  erleiden 

(Luc.  Ift,  SSO }   traf  seinen  Untergang  in  Folge  förmlicher 

Verortheilnng  mflfste  ihn  etwa  dlefs  geführt  bähen  ^  da(s 

Jes*  5S,  B4  ron  einem  lllier  den  Knecht  Gottes  verhängten 

XOlffO  ond  V«  12.  daton  die  Rede  ist^  dafs  er  ^  toig  avo^ 


S)  rgL  OiMUVSStf,  BiM.  Cosustu  i,  ^*  ^2S* 


Zm  Dritter  Absehnitt. 

ftoig  IkbylGt^ri  (rgl.  Luc.  24,  37->;  «eine  Veriirtbellang  dnreh 
die  Obersten  des  eigenen  Volks  bfitte  er  Tlelleieht  «us  F^ 
118,  22.  geschlossen,  wo  ol  olxodöfiSvtea ,  welche  den  Eck- 
stein rerworfen  haben,  nach  apostolischer  Deutung  (^  6. 
4,  11.)  die  ffldischen  Obern  sind;  seine   Übergabe  an    die 
Heiden  konnte  er  diirin  finden,   dafli  in  mehMAn  A.  T.li« 
liehen  Klagliedern,  die  sich  messlanisch  deateii  llefsen,.  die 
|ilagenden  Subjeete  als  CH^^j   d.  h.  als  Helden,  ersehei« 
nep  [  dafs  sein  Tod  gerade  der  Krensestod  sein  wOrde,  könn- 
te er  tlieils  ans  dem  Typus  der  am  Hole  aufgehängten  eher* 
nen  Sehlange  4*  Mos.  .21,  8  f.  (ygl.  Job.  3,  14.),  tbeüs  aus 
dem  Uurchgraben  der  Hände  und  Forse  Ps.  22,  17.  LXX« 
abgenommen  haben ;  endlich  den  Hohn  und  die  Mirsband- 
long  ans  Stellen ,  wie  im  angeführten  PsAlm  V.  7  ff. '  Jtif. 
50,  6.  tt.  dgl.    Soll  nun  der  Jesu  inwohnende  Geist ,  wel- 
cher  ihm  der  orthodoxen    Ansicht  sufolge  die  Besiehnng' 
dieser  Weissagungen  und  Vorbilder  aufsein  endliches  Schick« 
saI  erkennbar  machte,    ein  Geist  der  Wahrheit  gewesen 
sein:  so  mufs  sich  die  Beziehung  auf  Jesum  als  der  wahre 
und  ursprQngliche  Sinn  Jener  A.  T.iichen  Stellen  nachwei- 
sen  lassen.     Dm   aber  nur  bei  den  Hauptstellen  stehen  au 
bleiben,  so  b^t  Jetzt  eine  gründliche,  grammatisch  •  histori- 
sche Auslegung  für  Alle,    die  sich  ans  dogmatischen  Vor- 
aussetanngen  hinaussnsetEen  im  Stande  sind ,  überseugend 
nachgewiesen ,  dafs  in  denselben  nirgends  vom  Leiden  Chri- 
sti, sondern  Jes.  50,  6.  von  den  Mifshandlongen ,   welche 
der  Prop.hA  8u]  erdulden  hatte  ^),  Jes.  53.  von  den  Drang- 
salen des    Propbetenstandes ,   oder  noch   wahrscheinlicher 
des  Israelitischen  Volks,  die  Rede  sei  ^);  dafs  Ps.  IIS.  von 
der  unerwarteten  Rettung  und  Erhöhung  des  Volks  oder  eines 
Fürsten  desselben  gehandelt  werde  ')  ^  so  wie,  da(s  Ps.  21 


2)  GBSimtrs,  Jetaiaf^  3^  S.  137  ff. ;  Hirzi«,  Comm.  c.  Jes.  S.  550. 

4)  GKtBiiivt)  a.  s.  0.  S.  158  ff.;   Hitxx»,  S.  577  ff. 

5)  DB  VVbt^)  Comm.  zu  den  Psalmen,  S.  514  ff. ,  Ste  Aufl. 


Krau«  K.*yU«L    S>  11«.  M9 

•In  bedrfiogtoi»  Exnlani  apr^dli»  ^^ ;  Jafc  aber  gar  l«  t7feu 
Verse  dieses  Psalns  von  der  Kreusigotig  CInristi  die  fUcto 
sei  (da  doob,  aecb  die  aBwahrsebeiiiUebste  l^klln|0g  des 
« nK3  durcb  fwi^irnfmä  Toraiisges^taty  diefs  in  ketneia  Fall 
^  eigenliicli|  sondern  nnr  bildlich  an  verstehen,  das  Bild  aber 
niebt  ron  dner  Krenaig^ng,  sondern  ton  einer  Jo|d  oder 
oinem  Kampfe  ndt  wilden  Thieren  bergenooiflien  wilre  ^)), 
diels  wfard  JeUt  nur  noch  ton  soleben  bebaopCel,  mit  wel- 
eben  es  sieb  nieb$  rerlohnt  an  streiten.  Sollte  demnach 
Jesus  auf  ikbernatOrliehe  Weise  termdgo  seiner  höheren 
liatnr  in  diesen  Stellen  eine  Vorandentong  der  einaelne<i 
Züge  seines  Leidens  gefonden  Laben:  so  wlrO)  da  eine 
solebe  Beaiehang  nicht  der  wahre  Sinn  jener  Stelien  ist, 
der  Geist  in  Jesu  nicht  der  tieist  der  Wahrheit  imeson ; 
es  wird  also  der  orthof)oxe  Erklärer ,  soiem  er  sieb  mu* 
dem  Lichte  unbefangener  Anslegung  des  A.  T.  nicht  ter- 
achliefst,  ans  eigenem  Interesse  an  der  natdrllchen  Ansicht 
hingetriebeii)  daCs  nicht  hdher%  Sio^ebnngy  sondern  eigeno 
Combination  Jesnm  anf  eine  soleko  Anslegung  der  A.  T«  11* 
eben  Stellen  nnd  auf  die  Voraussieht  der  elnaelnen  Zflge 
aeines  künftigen  Schicksals  geführt  habe. 

Dals  esdieherrseheode  Priestmrpartei  sdn  würde  ^  der 
mr  unterliegen  mdfste)  diels,  kann  man  bienach  sagen  *), 
war  leicht  ▼oransauseben ,  da  diese  theils  rorsttglieh  gegeit 
Jesum  erbittert,  theils  im  Besitu  der  erf^derliehen  Miiebt 
war;  dals  sie  Jerusalem  sum  Scbaoplatae  seiner  Verurthoi« 
faing  nnd  Hiorichtung  iMudien  würde,  ebenfalls,  da  hiev 
der  Mittelpunkt  ihrer  Stärke  war;  dafs  er,  ton  den  Ober^ 
aten  seines  Volks  rerurtbeilt,  den  Römern  nur  Hinrichtung 
würde  übergeheo  werden,  folgte  aoa,  der  damaligen  Bo* 


6)  Dert«  ebendss.,  8.  S24  i^ 

7)  Fatods,  exeg.  Hsndb.  8,  b,  S.  €77  ff.  und  »a  Witts  s«  d.  St. 
9)  s.  diese  Aatichi  susgefttbrt  bei  Faitzuhs,  Comm.  iu  Marc. 

^  581L 


seb«filtaiq[  ikir  jülbchta  fhjrlobttbiirliMt ;  daik  g«rMl#  Amt 
Kreasetlod  Obar  Uiit  forhingt  1t«]Nleii  iMrdd,  konnte  veiw 
muthM  wardan,  da  dlaaa' l^odiMrt  bei  ilan  Rtoern  n«- 
aientfiob  gegafei  AnfrOhrar  ?erfigt  in  wardan  pflegte;  Anü 
andlioli  Gaiftaiimfr  und  Veripartiail'||r  nlaht  fehlen  tn^fif^e,, 
lieTa  aleh  gleiahfUla  aofe  tihniaehilr  8lfte  und  der  RnheÜ 
damallgan  -Cleriahtaverfiillran«  feum  Voraite  baraahnöo.  — 
Doch  y  genaoar  die  Baeiie  erwogen ,'  wfe  kennte  denn  Ja* 
aoi  so  gewifa  wiaten)  ob  nicht  Herodea  ^  der  efne  gefkbril* 
che  AttfmeHtiaadkett  auf  Ihn  gertehtet  hatte  fLue:  IS,  3t.  , 
der  PHesterpartei  sovorl(^mBVBtt  j  and  an  dem  Morde  drs 
Tlofera  auch  den  seines  Nachfolgera  fftgeH  wttrde?  Und 
wenn  er  auch  gewlAi  sein  an  dtfrfen  glaubte ,  dafs  ihm  nur 
von  Seilen  der  Hierarchie  her  wfariüiohe  Gefahr  drolie, 
wei^  yeralcherte  ihn  denn ,  da(s  nkbl  einer  ihrer  tnmvltoa« 
risehen  Nordrersnclie  (vgl.  Jöh«  8,  5t«  10.  St.)  doob  end« 
lieh  gelingen,  und  er  also,  wjie  später  Btephanns,  ohne 
weitere  Förmliehkelt,  mitl  ditme  rorgfingige  Ablieferang  am 
die  Römer,  seinen  Tod  auip  gans  andre  Weise,  als  daroh 
rire  rtfmisebe  Sti*afe  der  Kreuaigong^,  ßnden  könne?  Eiid* 
lieh ,  wie  konnte  er  so  sarersiohtlieb  b^anpten ,  dafs  ge* 
rade  der  oftahste  Anschlag,  nachsotlelenoiirsiungenen,  sei- 
nen Peinden  gkiek^n,  und  eben  die  Jetat  beroraiebaii4a 
l'estrelse  seine  lotste  sein  wflrde?  —  Indessen  kann  aaeh 
die  natOritehe  Krklfirann  hier  die  A.  T^liehaii  Stellen  na 
Hülfe  nehmen  and  sagen,  Jesna  habe,  jsei  es  doroh  An- 
wendung einer  «nter  seinen  Vdksgenosaen  damals  OUi- 
eben  Anslegongswatse,  oder  von  aif  enthAmlieben  Ansichten 
geleitet ,  in  den  schon  aogeftlirteo  flefarlftsteUen  nihereQ 
AafSioUufs  Qbea  den  Hergang  bei  dem  Ihm  als  Mesalaa  be* 
verstebendeii  gewaltaamen  £nde  gefao4en  ^)t  AUaia  wann 
achon  dieA  schwer  ai|  bewelsaa  sein  mftohte,  dsXs  bereits 
pu  (ieb«e{teii  4^m  aUf  difa«  r«rwbi»ilaiieii  StcUea  mf  dan 


9)  it  tmf4i«M«|  §•  at  Ot 


Krslea  KafU^ife    %\l^.  $tt 

HAlitlM  baiog^  worden  mIm;  4tA  Amt  Imlk9  mlht^^mm 

fllgi  vo^  dem  Brfolg',  auf  eine  Mleh»  BeBtebini^  gehi^ffn 

•"^^1,  ebenso  eehwer  denkbar  tat:  ee-  wSre  dm  roUeiNle  da« 

^y^Wander  ihnlleli,  wenn  einer  so  Maoilen  PenUnigjder  £»• 

Jfolg  wirlüteb  eotaproebon  haben'  aoHto;  flbei^tefc  iiiwr  «ol» 

ebon  dio  A.  T.  liehen  Orakel  nnd  forbttder  nfeht'olnaial 

hin,  nm  aHo  rinaelnen  Züge  in  der  Vorhrtrrarhindlgnng 

^ean,  namendleh  di^  genane  Zeifboatliani^ibgv  nn  erldtrei^ 

Kann  aooiit  Jeana  weder  ate^  ObntiatiMiobo  noeii  auf 

itaittlrllohe  WeTae  eine  ao  genaue  Votkenatatra  dei^Avt  nnd 

^^oise  aelnea  Leidena  nnd  Tadoa  feftabi' haben;  ao  ba^'fli« 

ale  ftbarbanpt  nieht  ifehabt^  und^waa  Ibsi  die  firangallalfai 

ikiron  in,  den  Mnnd  legen,    kl  als  MLMmm  p&ti\  rtwa« 

tum  anauaehrn  *^.    flieboi  hat  nuin  nteht'emiaitgok  5  den 

aToopttacben  Berichten  gegentber  den  JoliMnetaahan  au  er^ 

heben  >  indem  eben  die  apeeiellen  Ztfge  der  Voranaaajfnng, 

welehe  ileana  nicht  ao  gegeben  haben  bann^    nnr  bei  den 

Synojiflkem  afeh  finden ,  wlihrend  Johannea  ihm  nnr  mm^ 

beatfmmte  Andeotongen  in  den  Mund-  lege,   nnd  von  die« 

aon  aeine  nach  dem  Erfoli;  gemaebto  Analegnng  deraelbea 

nnleraehelda;  anm  dentlichan  Beweia,  dala  wir  Inarinoni 

£TangeUnm  allein  die  ReHc^n  Jean  nnTerMaekt  in  ihrer  nr« 

aprtagÜebon  (veatalt  beaünm  ^O«    AHeia  nMier  betrachtet 

TOrbXlt  ea  aich  nf<$ht  ao ,  dara  a«f  den  Verfaaser  «foa  rier« 

t«n  Cvai^elinnia  nnr  dio  Schuld  irriger  Denionf  der  dhol« 

gena  unvorMItcht  erhaltenen  Anaaprfiehe  Jean  tele,   aoiw 

dorn  an  Einer  SteHo  wonlgatena  bar  er,  awar  dankol,  abeo 

doeh  nnrarkonnbar,  dio  Voranabeaeichnnng  aoinoa  Todoi 

aia  Kronnoatodoa  ihm  In  den  Mmd  gelegt,  ndthln  die  o%q« 


10)  Favlvs,  ezeg.  Handb,  2j  8,  415'  F«;  Ammoiv,  bibh  TbeaK  9, 
377 f.;  KAtsxn,  bihl.  TbeoL,  1,  S;  246,  Auch  Fjumcaa,  i» 
«•  O.  TJKunt  (Hess  tum  Tb^U  eia« 

j])  RiRTUOLOT,  Einleitung  lo  d.  N,  T,  S.  iSOSlT.J  WMHuauiaai 
Ciakit.  in  dai  iLvaag.  »^olaaai»,  S^  2U  L 


111  D üi 1 1^9  Ab ^c Im I iit 


IM  Wo«*»  4mm  mmk  4mm  KrMg  voiMifii    Wm»  aiw 

|Mi  J«Mt  M  Johmumm  tonst  patrirlteh  «oo  ^omi  infßu^ 

0^p^  4m  MoooebeiisoiMM  9|mobt>  so  Jioantoer  lüeout  swar  - 

m9fHyk$9mihn  seino   firhobiing  snr  Ueniichkoli  meip^o» 

«rieveU  4MBb  1,  14.  w^f«n  «l«"!*  Verglokhoag  mit  der  mmr, 

ioiaabea  SoMaof»,  lifo  bokoontlloh   «n   einor  Suuifo  nw 

littht  woodon  kf^f  kmnUg  oehwor  flülti  aber  womi  or  •»« 

S,  18.  doo-£rbAlioii  du  Mo—chomKihpo  ob  Tbol  ooImot 

Folodo  dortloUl  (oroy  hfmevi^e  foy  vi^y  r,  (f.)f  m  konn« 

Ion  diioe  ilia  nktbft  aoaüttolbor  finr  Borrliofakoit,   loBdont 

Mir  onoi  l^m  ^rkabep,  mid  JobMiies  mhGi  olto,  W4»i.i%. 

iuuor  oUget  Roidliil  geitoa  foU,  dteton  Anodrook  oelbot 

goUldol,   odkr  «W^b  die  aropOiaebeii  Worte  Jom  oohior 

llbertoM  bobon^  und  or  fidlt  daher  mit  den  Sjaoptik^m 

im  WMWÜttbon   unter  eioo  Kategorie,    DaGi  er  Ithrigeaa 

grtfiateiitbeUi  da«  Ikftttiueite,  was  er  sieh  dabei  daehte,  Jo^ 

$mm  ie  diiekelii  AiisdrOoken  verCrsgen  iiefs ,    diel«  bat  in 

der  ganaen  Manier  dieses  Kvangelbton  seilen  Gmiid,  deo* 

«en  Neigung  awai  ftfitbselhaften  Mnd  Hyateridsen  hier  dar 

Forderqhg)   Weissagoilgen,   die  nielit  versteaden  wordoü 

waren«  avob  «nverstündlieb  elnanriobten,  a«f  erwtnsehle 

Art  oatgegenkaaiM 

Jesn  aof  diese  Welse  eine  Vorberrtt4indigmg  dov 
einaeiaeg  Züge  seines  I^eidene«  nementlleb  der  sehnaebtot» 
ien  Kreoaigmgi  ans  dem  ]Srfi>lge  herans  in  den  Mund 
an  legen»  dann  war  die  nrehristlielie  Sage  hinlinglieb  for« 
aiiMst,  Je  Biehr  der  gelurenaigto  Cbriatus  *tadttlmg  piv 
OitJ^dmiM,  'fiUiTai  da  fuoifla  war  (1  Kor.  1,  SS.)}  desto 
mebr  tbal  es  Motb^  diesen  Anstefs  anf  alle  Weise  hinweg^ 
anseliaffenj  nnd  wie  biean  nntar  deai  Maebbefgeeeheheaen 
besonders  die  Ap(9rstebnng,  als  gleichsae»  die  pacbtrf  g^ 
.  liebe  Anfbebvng  jene«  aehmsehvoUen  Todes »  diente)  so 
mofste  es  erwflnsebt  ««in^  jener  anst#(sl|gsn  Ksteetropbo 
OMch  seilen  yor-Unflg  den  Steobel  an  beoehnien»  vaa 
iftfelK  be«#er|  9k  iw^k  «int  ff«teli«  Vtrb«nrwl^4l|wg| 


i 


f^nhAm  kpAnie.  Dmm  wb  dm  Oirib>dhmtoiiJtte,  propl» 
iJMb  voriAi?0rktadlft9  dmreb  ••lobe  AaftMÜuM  In  den  Z«h 
MWMiUi«i|r  eit^ß  h&kwm  WUmm  Bedettavg  g«wlaBt: 
QSi  hAH  iM  StlMBlIilioiitta^  sobald  m  alt  Hoflwnt  alMi 
gMliabea  Beilpbia«  ?orhergesagl  wird,  anf ,  tebaMIbliob 
Ml  «tfa,  «nd  wean  daa»  ralfoads  eben  daijmiige,  Aber 
walahao  aa  varbiagl  iat,  aagleielt  den  propbedsabcn  Qriit 
baaltaly  et  Teraiwaasaben  und  Toranasniagen:  ao  beweist 
er  atcb,  inde«  er  nkbt  bleb  leidet,  sotdern  aneh  das  pM* 
Hohe  WiaaM  nm  aeln  Leiden  Ist,  ab  die  Ideale  Maaht  tter 
daaaelbe  Noob  welter  Ut  hierin  der  rlerle  BrangeÜil  ge* 
ganfen,  Indeia  er  et  der  Khre  Jetn  eehnidig  an  tehji  |iMb» 
te,  ihn  auob  alt  die  reale  Maebi  Aber  aein  Le|WA,  als 
denjea^fan,  welohem  niefac  fremde  Gewalt  die  tffvj^  ent* 
veitae,  toadam  der  tle  aiit  freiem  Willen  hingebe,  daran« 
&tMBu  (lOy  17  t);  eine  Dartlallnng,  an  weleher  dbrfgeoa 
llatth.  96,  &3,,  wo  Jetnt  die  Bl6gliehkeiC  behanptet,  an 
Abwemini^^einea  Leident  den  Valer  nm  fingettegionen 


jkaweiMini^^ 
an  bitten  |bi 


lereltt  ein  Antata  bt» 


S.    111. 

Jttn  Tedetverkiladigung  lai  AUgeaieliieii ;  ilir  Ve^bSOtattf  itt  dta 

jüditcbta  Mett&atbegriffta;  Ausspruche  Jetn  über  den  Zweck 

und  die  'Wirkua^n  seines  Todes. 

Zbhen  wir  anf  diete  Weite  von  den  Anttentogen,  wel« 
ehe  db  Sfangelltten  Jota  über  teln  beirorttebaadet  SeUek-* 
ttl  in  den  Unnd  bgan,  allet  datjenlgn  ab,  waa  die  nifaere 
Bettlmaithelt  dbeer  Katatlropbe  betrifik;  to  Uelbt  nnt  dooh 
naeli  aa  ^lel,  daA  Jbtnt  fibwphanpt  vorhenrerkindigt  habcs 
ihm  ftabe  Leiden  nnd  Tod  heror,  nnd  nwar  Intolean  in 
den  k.  T.lbhen  Orakeln  dam  Meatlat  ^n  eolehet  Sehlek- 
•al  toraotbettlmmt  tel«  Oa  nnn  aber  iBe  iMigefilhrten  A.^ 
T.Hohen  flanptttelien,  welolie  von  I^eiden  nnd  Tod  hmideln,^ 
ni|r  aüt  Unrecht  auf  d^n  Mettbt  be^bogan  werden,  nnd 
Mab  andaro)  wb  i>w.  h  M,  Zaak  M,  It,  dbie  Beab- 


illl  Dpitter  Abtohbltt/ 

hang  nicht  Imtben  ^) :  so  werden  steh  wledertainraid»  Ae 
-Orthodoxen  am  meisten  hfiten  müssen  y"  dem  ffhemaf bi4f- 
ohen  Prlnelii  in  Jesu'^ine  so  falsehe^Dentnng  der  bcfrt^« 
fenden  Weissagungen  soeuschrelben,  ^Dafs  statt  dessett 
Jesns  mdglioherweise  doreh  retn  natfirifche  ComblnacSonett^ 
8as 'aligemeine  Resultat  heransigebracht  haben  kannte;  da 
er  die  Hierarchie  seines  Volks  sich  ear  unrerstflMlflsbta 
Feindin  gemacht ^  so*  habe  er,  sofern  er  «us  der  Bahn  sei- 
nes Berufs  nicht  sm  weichen  fest  entichloäten  ^ar ;  roa 
ihrer  Rachsucht  und  Übermacht  das  Aussersle  «u  fflreb- 
t^n  (Job.  IO9  11  ffO>  daft  er  aus  dem  Schicksal  mehrereh- 
frMieren  Propheten  (Matth.  ft,  12.  i1,  SS  £  Luc.  IS,  nt% 
und  löinaelnen  dahin  gedeutete  Weissagungen  auch  sidi 
ein  Ähnliches  Ende  prognostlclreA,  und  demgemtfs  d<>n  Sbl- 
nigen  voraussafren  konnte  >  frt  sfehA  Ihm  frQher  od<>r  spi« 
ter  ein  gewaltsamer  Tod  b^tor,  *^  das' sollte  man  nicht 
mehr  mit  nnn(^higei^  Überspannung  des  supratiaturatlatl- 
schen  Standpunkts  Iftugnen,  sondern  der  nilldiiaten  Oe- 
trachtungsweise  der  Sache  lAnrJInmen  ^). 

Es  katin  auffallen,  wenn  wir  nach  diesem  Zugestund* 
uifs  noch  die  Frage  machen ,  ob  es  der  N.  T.llchen  Usnr- 
iteHung  uufolge  auch  Wahrscbelnlleh  sei,  dalWilesils  wirk- 
lich Jene  Voraussage  gegeben  habe?  da  ja  eine  allgl^melne 
VorherverkOndigung  des  gewaltsamen' Tod^s  das  Mindeste 
Ist,  was  dfe  evangdischen  Nachrichten  Mt  enthalten  scbei- 
nen.  pie  Meinung  mit  dieser  frage  feit  aber  die,  ob^llnr 
Erfolg,  namentlich  das  Benehmen  der  JUnger,*  in  den  Emn- 
geHen  so  beschrieben  werd^,  dafs  efai^  rerausgegangOae  Br» 
difnung  Jesu  fiber  sein  berorstehendes  Leiden  damit  rer^ 
einbar  sei?    Vm  den  Mogern  olin  bemerken  die  fi?aoge« 


1)  Daniel,    übersetst  und  erklärt  von  Bbiitmou>t,   2y  S«  34t  ff« 
660  IT.    RotSMicüxxsa,  Scbol,  in  V.  T.  7,  4/  S.  359  ff. 

2)  !»•  Wi^rr«,  ie  morle  Christi  expiatoris,  in  dessen  Opusculs 


•  I 


Um  iMrortiriieiicIeo  Tede  und  der  AuftuUilutng  sfok  nidll 
aUeio  aloht  h&bea  iadeo  kMttea,  la  den  ttime,  dafii  sie 
le  Sftohe  «loh  bMm  rar«0b«mlegeo>  adt  illreii  Torgefab» 
a  MestiMbegrifiiMi  aiobt  bq  ptiami  vm&tea>  wie  Petra% 
weoo  er  «leeo  eiif  4tB  er^e  TidesverklDdlgiiiig  Jtie  sarief  t 
Uedg  aoi  jT«^  iS^-^i?  e^m  ae^^iräro^Hetlk  l€y  ».),  eotH 
AbrA  weim  Leliae  dee  0iSb  ^ow  %d  ^^a  dee  Iku^kw 
(9,  %%)  so  weiter  ausfuhrt:   xcrl  i]V  TttjftxMeitaXvfifiipof  Ak* 
ai>r<S?  Smc  ^  cSbd^Sp^pm  ttito  (9|  48«)  ^  •o  Ist  kienft  ielbet 
das  eiiifeeh^WortvereUliidiiir«,  dae-Fieteti^  woteH  iit  Re« 
de  ist,  den  J Angern  abgi^nupben.    Sotrift  eie^fete^cmk 
^ernaeh  die  Verttrtheilsag  on'd  ffiarichtttAg  Jesi  i&Ug  an« 
vorbereitet,  und  verniohtet  deswegen  aUe  fieffbungeif ,  die 
sie   auf  ihn  ais  iMessia«  j^tat  hatten   (Luc.  24,  20  f.: 
huvQiaaav  tnmJv*  rjfiüg  di  ^Inl^ofioitf  on  aif6g  i^iv  6  fiiX^ 
liüv  lucQwdtii  %6v  ^laQcct^l)^'    Aileln   hatl^  Jesua  isit  den 
Jflngern  so  §fiDS  no^^alq  (Marc«  8,  83.)  von  sefaüm  Tede 
gespcocfaen ,  so  mulsten  sie  seine  klaren  Worte  nelkwen«- 
dig  auA  fassen,  und*  hatte  er  flinen  seinen  Tod  als  gegrffn« 
des  in  den  messfatnisthen  .Weissagungen  des  A.  T.,    mithin 
aur  BestiniHiung  des  Messias  gehörig,   nacbgewiesei ,    so 
konnten  sie  nach  seinem  wirklich  erfolgten  To^  den  CJa«- 
ben  an  seine  'M^sianitftt  nicht  so  gana  verlieren.    Iftt  Un- 
recht aw«r  hat  der  Wolfenbättler  FragmeiUilit  H  dem  Be- 
nehflMn'Jesu,  wb  es  die  £vangeHsten  schildern,  Spuren 
auffinden  wollen,  dafs  auch  ihm  selbst  edn  Tod  unerwir- 
tet  gekommen   seil  aber  das  Resultat,   welches  er  siebt, 
beMBt,  auch  wenn  blols  auf  das  Bendi^en  der  Jünger  ge- 
sehen wird,  seine  Gftlcfgk^,  dafs  nftsdlob,  nach  demsd- 
heu  so  urtheilen,  Jesus  den  Jfingern  keine  vorlKnfige.  Mit- 
theilang  Ober  seinen  bevorstehenden  Tod  gemacht  haben 
itönne ,  sondern  sie  scheinen  bis  auf  die  lel^  Zeit  hinaus 
ia  diasem  Stdcke  die  gewöhnliebe  Ansteht  gehabt,  und  erul 
nachdem  sie  der  Tod  deet'  unerwartet  fstroflen ,  aus  dem 


•If  ßtiifJt  A^f«li«ilt 

JErfolge  das  M«rlMMd  jbm  L^Ment  und  Stetteils^i«  ihren 
MaMlitfbegriff  ka%«ii#iiiAtti  ea  b^ben  ^).  Allerdings  mfis- 
Mo  wir  hitr  dM  DilemoMi  «Mtkn:  enevi^sder  sind  die  Aii-^ 
gtbeo  dir  Evengeliiten  ven  de»  ftichirersteiien  der  Jfii^  : 
gut  «nd  ihrer  Übemaebong  bei'm  Tode  Jet«  iaiibistoriecli( 
übevtriebeB  j  oder  sind  die  besttmmteii  Aafsprfiehe  Jes« 
Aber  de%  ihoi  beTorstebenden  Tod  ex  mmuu  gemaebt,  mid 
er  kean  igdebt  elniiel  im  AllgenelDen  seinen  Tod  als  s« 
s^lneoi  fliesstaniscii^  Sohieksal  gehörig  Torh^gesagt  habeii« 
la  beiden  HiiMicbten  kennte  die  Ssm  m  iwhistorisohen 
AarstoUnngen  veeaniarst  sein:  sor  firdiobtong  einer  Vor- 
anssa|^  sfines  Todes  im  Allgemeinen  durch  dieselben  Grfin- 
de»  welehe  oben  als  ItfotiTe  geltend  gedacht  worden  sind| 
ihm  die  Vorberrerkfindigung  der  einseinen  Züge  seines 
Leidens  in  den  Mnnd  an  legey ;  anr  Fiction  eines  so  töI- 
llgen  Unverstandes  von  Seiten  der  jQnger  aber  konnte  man 
sieh  tbeils  durah  die  Neigong^  reranlarst  sehen  ^  die  Tiefe 
4es  voß  Jesu  eröffneten  Mysteriums  Ton  einem  leidendea 
Messias  mittelst  des  Niobtrtrstehens.  der  JOnger  ati  hebeuj 
tbeils  dadurch  9  dals  man  in  der  evangelischen  Verkiindi* 
gnng  die  Jünger. vor  der  AusgiefiMiii|(  des  Ciei«tes  den  au- 
bebebrenden  Jnden  und  Heiden  veräbniichte  ^  welche  At- 
lad  eher^  als  den  Tod  des  Messinsy   begreifen  konnfen« 

Um  dieses  Dileauna  einer  Gnteebeidung  enigegenaufüli* 
ren ,  misse^  wir  anvörderst  die  damaligen  ^eUvorsteliun- 
gen  jfiber  den  Messias  darauf  anfeheui  ab  wohl  das  Merk* 
mal  des  Leidens  und  Sterbens  schon  vor  und  unabbängif 
von  Jesu  Tod  in  denselben  enthalten  war  oder  nicht.  War 
es  schon  an  Lebceiten  Jesu  jfidlsebe  Torstelluog,  daA  der 
Messias  einee  gewaltsamen  TbdeB  sterben  mflsse:  so  haa, 
es  alle  Wabrseheinlichkeit»  dals  aneb  Jesua  diese  Vorstel« 
long  in  seine  Übemengnng  anfgenommen  und  seinen  Jün- 
gern mitgeibeilt  habe,  welehe  dann  um  ao  weniger  in  die« 


f)  Vem  Zweck  Jesu  «ad  «eia^r  iWafer,  S,  114  B.    153  U 


ErstM  KapHeL    1.111.  117 


^em  Stficke  «o  onbelthvt  Uetben  «üd  tmü  wlrkAdiM  Er- 
bfolge «o  gans  damledergetchlagen  wcnlmi  konalMi;   wer 
;~^dbgegen  Jene  yereteUnng  ?mp  Jeen  Tode  iiMii  aater  eehieit 
^t^dBienten  ?erbreftet  x  $o  bleibt  et  mwar  loiaier  Boeh  »äg» 
Beb  9    dab  Jesoe  dweb  elgeaes  RidfeneoMiit  aaf  dieselbe 
koflioien  koniite,  aber  ^bea  M  aMIglieh  bt  dana,  dafii  die 
JUinger  erst  naeh  deü  Erfolg  das  Merkaal  dee  Leidena  »ad 
Todee  In  Ihren  Mesebubegriff  aofgenaaiBian  haben.. 

Die  Frage,  ob  die  Vorstellung  ?on  eiaess  JeldeadM 
«nd  sterbenden  Messias  an  Jesu  Zelt  bereits  unter  den  Jn« 
Amm  verbreitet  gewesen'  liel,  gebttrt  au  den  sehwierigsten, 
und  aber  wefche  die  TbeelMea  noeh  aai  wenigsten  ra« 
J^inTersttadniCi  gekommen  Sind.  Und  awar  liegt  die  Seltwie- 
,  rigkeit  der  Frage  nicht  in  thaologischem  Parteiinreresse ,  se 
dafs  man  hoffen  könnte,  adl  dem  Anfkonmen  nnpartdi« 
scher  Forschung,  werde  sich  die  yerwioklung  tosen,-  da 
rielmehr,  wie  Stactdlir  treffend  nachgewiesen  hat  ^),  so- 
wohl das  orthodoxe  als  das  rationalistische  Interesse  Jedes 
auf  beide  Seiten  hintrelbta  kann;  weisweg^n  wir  denn 
auch  auf  beiden  Seiten  Theologen  von  beiden  Parteien  fin» 
den  *) :  sondern  die  Schwierigkeit  der  Sache  liegt  in  dem 
Mangel  an  Nachrichten ,  und  in  der  Unsicherheit  derjeni» 
gen,  welcfae  Torhanden  sind.  Wenn  das  alte  Testament  die 
Lehre  ?on  einem  leidenden  und  sterbenden  Messlas  ent* 
hielte,  so  wfirde  hinaus  allerdings  adt  mehr  als  blofimr 
Wahtscheinllehkelt  folgen  ^  daft  sie  auch  unter  den  iluden 


4)  über  den  Zweck  und  die  l¥ir]iungen  des  Todes  Jetu^  in  Jlir 
Gdttingitchen  Bibliothek»  1,  4,  S.  252  ff. 

S>  t.  das  Veneicbnitt  bei  vm  Wim  tu  a.  O.  S.  6  ff.  Die  be- 
dealeodtten  StiaiBien  für  das  Vorbandeatein  der  fragUcbea 
Vetateilang  tcfaea  su  LiibttÜen  Jesu  haben  abgegeben  Staoo- 
UM  in  der  aogsL  Abb.  in  der  G'ött.  BibUotb.  l^  S.2S5il;  und 
HsnetTSiiBiaG  9  Cbrittologie  des  A.  T. ,  1,  s,  S.  270  ff.  h, 
8.  290  ff.;  fUr  die  entgegengesetzte  Ansicht  ob  Wnza,  in 
der  sngsftibrten  Abh.,.Oputc.  S.  1  ff^ 


«Slü  llfitte«   lLki«li»itii 

ttii  Mn  Zelt  T^rhuiHleii  g«wetent  so  Kiogey^en,  du  nach 
den  neoaeten  UntersMhangen  wohl  die  Lehre  V09  einer  iu 
der  ■etete«l#eiien  Zeit  vorsonehBiefifieii  SatiMUBg  des  Voikt^^ 
(Bseeh.  S6,  M.  37,  M.  Zeeb.  13,  K  Dm.  9,  M«),  steh  Wp 
A«  T.  •findet,  etier  keine  Sp«r  daron,  dafii  diese  SOhoongN 
dmrek  Leiden  and  Tod  dee  Mesetas  na  fitende  koniMen  eel» 
le  *">!  te  let  ton  dteber  Seite  her  keine  Knteeheldung  der 
Torgefegteit  Frege  s»  erwarten.  Miher  liegen  der  Zeit  Je- 
o«  dto  /|.  T.Uehen  Apokryphen }  aber  da  dieee  Oberhaupt 
Tom  Me«riee  eebweigen,  so  kann  auch  von  Jenem  ipeeieflen 
fmg  faa  fiUdo  desselben  keine  Rede  sein  ?) ;  eo  wie  aneh 
fon  den  beiden  das  fraglioh^  Zeitalter  am  nlehsten  bertth* 
renden  SefariftsteUem,  Philo  nnd  Joeephns ,  der  letetere  dW 
messianisehen  Hoffnungen  sein«»  Nation  yersehwetgt  ^),  der 
erster#  wohl  asessianlsohe  Zelten  nnd  einen  messiasarflgen 
Heideni  aber  niobtt  von  einem  Leiden  desselben  hat  ^).  £s 
Meiben  also  nnr  das  N.  T.  nnd  die  späteren  jfldieelieil 
Behriften  als  ftoellen  Übrig. 

Im  N.  T«  hat  es  fast  durehaits  das  Ansehen,  als  hätte 
an  einen  leidenden  nnd  sterbenden  Messias  unter  den  mit 
Jesn  lebenden  Jaden  Niemand  gedacht.  Wenn  der  Mehr» 
Said  der  Joden  die  Lehre  vom  gekrensigten  Messias  ein 
axafdaXar  War ;  wenn  die  Jünger  Jesn  in  seine  wiederhol« 
ten  dentiiehen  TodesrerkOndlgnngen  sieh  nloht  finden  konn- 
ten: so  sieht  diefa  doeb  gar  «lebt  ans,  als  ob  itte  Lehre 
▼on  einem  leidenden  Messias  anter  ilen  Juden  Jener  Zeit 
Im  Dmlauf  gewesen  wäre;  Tlelmebr  stimmt  mit  diesen  Um» 
aMnden  die  Behauptung  Tlitllg  fiberein ,  welche  der  ?ierte 
Evangelist  dem  Jttdlsehen  oxJiog  in  den  Mund  le^t  (IS,  340  s 


6)  M  Wsrrs,  kibL  0ogffl.  $•  201  f.    BjmieAam «  Cavsivs,  bibL 
TheeL  ^.  54. 

7)  §•  BS  WkttS)  a.  a«  O;    ^.  189  ft 

8)  vgL  et  Wwirttf  th  s.  O.    f.  Id5; 

9)  GfaeaiB,  Philo,  1,  S.  495  fr      , 


Ertt«9.Kftpit#L    S«  111.  S19 

si^.hfitiiii  ans  ckm  rofiog  gelernt  9  ouß  tQigos  fth^H^h  %^ 
aiiüta  ^'')*  Dodh  eine  ellgemeine  Geltang  der  Idee  des  ItU 
dendea  M esiiae  nnter  den  damaligen  Juden  bebanpten  auch 
jene  Theologen  nlcht^  sondern  die  Hoffnung  anf  einen  weit* 
liehen  9^  endlos  iregierenden  Messias  als  die  herrsehende 
«in  räumend  I  halten  sie  nnr  daran  fest^  worin  selbst  der 
WnlFenbüttler  Fragmentist  mit  ihnen  übereinstimme  <  1)9  dafs 
•ine  minder  Eahlreiehe  Partei  9  nach  Staudlin  namentlien  die  , 
Essener,  nach  IlBNosTCMBEtio  der  bessere,  erleuchtetere  Theil 
des  Volks  .überhaupt,  einen  soleben  Messias  angenommen 
hnbe,  welcher  zunächst  in  |fledrigjk;elt  erscheinen ,  nnders^ 
durch  Leiden  und  Tod  nur  Herrlichkeit  eingehen  wtirde*r 
Hiefilr  bemft  man  sich  besonders  auf  nwei  Stellen  y  eine 
sus  dem  dritten,  nnd  eine  aoa  dem  vierten «Kvangelium* 
Wie  Jesus  als  nnmtlndiges  Kind  im  Tempel  au  Jerusalem 
dsfgebtellt  wird,  spricht  der  greise  Simeon  nnter  andern 
Weiaeagungen ,  namentlich  Aber  den  Widerspruch,  welchen 
ihr  Sohn  einst  finden  werde,  nn  Maria  auch  die  Worte: 
md  a£  di  avzrsf^  ifwxfjv  dieXevaeTOi  ^Ofifala  (Luc.U,35.)9  - 
wodorob  ihr  mütterlicher  Schmers  über  den  Tod  ihres  Soh-* 
nes  beseiobnet,  also  die  Ansicht,  dafs  dem  Messias  ein  ge^ 
walfsamer  Tod  bcTorstehe^  als  eine  schon  vor  Christo  «or« 
handena  jlargesitellt  sn  werden  seheint.  Noch  deutlicher 
Hegt  die  Idee  von  einem  leidenden  Messias  in  den  Worten, 
welebe  das  vierte  EvangeJimn  (1,  29.)  den  Täufer  befm 
AnblielK  Jesu  sprechen  läfst,  er  sei  6  äfivog  ra  i^eö  6  a!- 
ffov  t^v  äftaQtlccy  %h  xooftöf  ein  Ausspruch,  welcher ,  in 
seineri^siehung  auf  Jes.  53.,  im  Monde  des  Tüufers  gleieli- 
falls  dafür  sprechen  würde,  daPs  die  Vorstellung  eines  süh* 
nenden  Leidens  des  Messias  schon  vor  Jesu  vorhanden  g^ 


10)  Eine  Stelle  aot  dem  eigen  tMchen  ^6^09  m'dcLte  hier  tcbwer 
xn  finden  sein ;  x>b  Wrm ,  de  morte  9  S.  72.  denkt  an  Jes. 
9>  S.»  LOcKi,  X.  d.  St.  an  Ft.  110,  4.    Dan.. 7,  14k  2,  44« 

11)  Vom  Zweck  Jetn  und  seiner  Jünger^  S.  179  f. 


»20  Dritter   Absclinttt. 

w^seii  sei.  Allein  beide  Stellen  sind  tierolta  oben  »Is  «n» 
histerich  nuehgewieeen  ^  and  es  darf  daran«  ^  djifii  die  m> 
chrlttllcbe  Sage  geraume  Zelt  nach  deni  Erfolge  sieh  be» 
wogen  fandi  Personen^  Welche  üe  fdr  gottbegeisterte  hlelty 
eine  Vorkeiintntrs  des  göttlichen  Rathsohlnsles  hhuhihdleh 
des  Todes  Jesu  in  den  Mund  tu  legen ,  Leineswegs  gefol* 
gen  werden  9  dafit  wirklich  schon  vor  dem  Tode  Jesu  die- 
ee  Einsicht  vorhanden  gewesen.  —  SchltöfsKch  wird  das 
Hoch,  geltend  gemacht ,  da(s  die  Evangelisten  und  Apostel 
die  Idee  eines  leidenden  and  sterbehden.  ftlesslas  im  A.  T. 
nachweisen  j  worans  man  schlielsen  su  dttrfen  glaubt ,  dafä 
diese  Dentong:  def  betreffenden  A.  T.lichen  Stellen  daouds 
onter  den  Juden  nicht  unerhört  gewesen  seL  Allerdings 
berafen  sich  Petras  (A.  O.  S^  18.  1.  Petn  1,  11  f.)  nnd 
Paulas  (A«  0.  26)  SS  f*  1.  Kor«  15,  8.)  aof  Moses  ond 
die  Propheten  als  Verk  findiger  des  Todes  Jela^  and  Pht« 
lippus  deutet  dem  Hthloptschen  Eunuchen  die  Stelle  Jes*  ftS* 
aof  die  Leiden  Christi  (A«  0.  8,  35.):  allein  ^  da  die  ga« 
nannten  MXnner  alles  diefs  nach  dem  Erfolge  sprachen  ond 
schlichen,  so  haben  wir  keine  Sicherheit^  ob  sie  nicht  auch 
blob  aus  dem  Erfolge  heraus^  und  ohne  sich  an  eine  unter 
Ihren  jüdischen  Zeitgenossen  Obliche  Auslegongsweise  an* 
fsuschliefsen ,  Jenen  A.  T.ll'chen  Stellen  eine  Beaiabung  auf 
das  Leiden  des  Messias  gegeben  haben  <  ^). 

Wenn  auf  diese  Weise  die  Annahme,  dafs  die  in  Frag« 
stehende  Idee  Schon  en  Jesu  Lebsetten  unter  seinen  Volks» 
genossen  vorhanden  gewesen  set^  im  M.  T.  keinen  festen 
Grund  bat:  so  fragt  sich  jetst,  ob  ein  solcher  riellelcht  in 
den  späteren  jfldischeh  Schriften  aa  finden  ist  Zu  den  il« 
festen  sais  Abrfgen  Schriften  dieser  Klasse  gehören  die  bei« 
den  ebaldfiisehen  Paraphrasen  von  OnlMos  and  Jonathan, 
md  von  diesen  pflegt  das  Tergam  des  letateren ,  der  mb- 
Unlsthen    Tradition   aufolge  eines    SchOlers    von    flillel 


1)}  s.  »B  WsTTSy  de  aiorle  Chr.  p.  73  f. 


Krstes  K.aplt#L    f.  m« 


MI 


d«  A.  '  ')|  für  4im  YortieUoog  von  einem  letdeDden  Meitia« 
dcAwegen  «Dgefllhrt  mn  werden ,  weil  es  die  StelJe  Jes. 
BS  9  IS— 63^  12.  aof  den  Messlas  besiehe«  Allein  sit  der 
Auslegong  dieser  Steile  im  Targam  Jonathan  hiit  es  die 
eigene  Bewandtnils^  dafs  dasselbe  Ewar  den  Abschnitt  im 
Allgemeinen  messianisch  dentet^  so  oft  aber  ?on  Leiden 
tind  Tod  die  Rede  wird,  recht  absichtlich  nnd  meistens" 
buchst  gewaltsam  entweder  diese  Begriffe  Termeideti  oder 
auf  ein  anderes  Subject,  das  Volle  Israeli  ausbeagt:  snm 
dentlichen  Beweise,  dafs  dem  Verfasser  Leiden  und  gewait- 
Bajmer  Tod  mit  dem  Begriff  des^essias  nnTcreinbar  ge- 
schienen babe  '^>  Doch  diefs  soll  eben  der  Anfang  der 
Abirrung  vom  walu*en  Sinne  des  Oraliels  sein,  eu  welcher 
die  späteren  Juden  ihr  fleischlicher  Sinn  und  die  Opposi- 


iZ)  TgL  GitBivius,  Jetaist,  2  TIil.^  S.  %6;  »1  Wsirt,  fiinleitung 

in  das  A.  T.  ^.  59.  3te  Aoig. 
14) 


VTörtliche  üben,  nacli  Hrrsxe : 

52,  14:  Gleichwie  sich 
Viele  vor  ihm  entsetz« 
ten,  also  entstellt,  nicht 
menschlich,  war  sein  An- 
seheng^  und  seine  Gestalt 
nicht  die  der  Menschenkin- 
ds^ u.  ••  f. 

53,4:  AUeinunsre Krank- 
lieiten  er  trag  sie,  und 
unsere  Schmerzen  lud  er 
•  ich  auf 9  und  wir  achte- 
ten ihn  geschlagen^  getrof- 
fen von  Gott  und  gequält. 


Targum  «Tonatlisn : 

Qutmadmodum  per  maUoi 
diesipsum  9x$p€ct&Tunt  ii- 
rai'litaej  quorum  contahaU 
inier  gentet  adspectus  et  sphn- 
dor  {^et  evanuit)  9  ßliU  homi* 
num  itC4 

Idcirco  pro  delictis  nostris 
ipse  deprecabitury  et  ini- 
quitatea  nostraepropter  eum 
condonabuntury  licet  no$ 
reputati  $imus  eontuä,  plagie 
ajfecti  et  afflictim 


Auch  Origenet  erzählt,  c.  Geis,  1,  55:  wie  ein  UyS/itrot  na^ 
^•Saioii  eoip6f  seiner  christUpfien  Deutung  der  jesaianischen 
Stelle  entgegengehalten  habe:  raOra  mn^oftinOa^ai  äg  ne^l 
hog  r8  Sin  xis ,  xa\  ytvofiivB  h  t|  Staofto^q,  na\  nXfjyivtoty  %y» 
nolloX  n(f0ttjlvTOi  ydriortait 
Das  Leben  Jesu  2ie  AfJifU  2.  Band.  21 


Vn  Dritter    Abschnitt. 

Hon  geges  das  Chrisfenthain  verleitet  habe:  die  filteren 
Aosleger  haben,  sagt  man,  in  der  je8alani6ct>en  Stelle  einen 
leidenden  und  sterbenden  Messias  gefunden»  Allerdings 
beseogen  Abenesra,  Abarbanel  and  Andre,  manche  alto 
Lehrer  haben  Jef »  53.  auf  den  Messias  bezogen  ' ') :  allein 
einige  dieser  Aogabeji  lassen  dunkel,  ob  nicht  ebenso  blofn 
stiifAweise»  wie  Jonathan,  und  bei  allen  bleibt  sweifelhaft, 
ob  die  Erklärer,  von  denen  sie  sprechen  ^  sum  Alter  Jo« 
nathaii's  hinaufreichen ,  iiras  ohnehin  von  den  Theilen  des 
Buchs  Sohar,  welche  die  bezeichnete  Srelle  auf  den  le^* 
denden  Messias  deuten  '^),  unwahrscheinlich  ist.  Diefeni* 
ge  Schrift  aber,  welche  neben  Jonathan  noch  am  nffchsteu 
an  die  Zeit  Jesu  hinanreichen  möchte,  dns  pseudepigrsphi« 
sehe  vierte  Buch  Esra,  der  wahrscheinlichsten  Rechnung 
Eufolge  kurz  nach  der  Zerstörung  Jerusalems  unter  Titus 
abgefafst  ^^')j  erwfihnt  zwar  des  Todes  des  Messias ^  ab^ 
nicht  eines  leidensvoUen ,  sondern  nur  eines  solchen ,  wie 
er  nach  der  langen  Dauer  des  messianischen  Reichs  der 
«llgemeinen  Auferstehung  vorangehen  sollte  '*).  Die  Vor« 
Stellung  von  grofsen  Drangsalen  allerdings,  welche  gleich« 
sam  als  Geburtswehen  dps  Messias  (n'S^H  "hzH »  vgl.  ägx^ 
wdlvojv  Matth.  24,  8.)  dqr  messianischen  Zelt  vorangebea 
wflrden ,  ist  ohne  Zweifel  schon  vor  Christo  verbreitet  ge- 
Wesen  '^),  und  ebenso  frfihe  scheint  an  die  Spir^e  diesei:, 
besonders  das  Volk  Israb'l  bedrängenden  Übel  der  avrixQi* 
goQ  gestellt  worden  zu  cein,  welchen  der  XQigdg  zu  be- 
kämpfen haben  würde  (2Thess.  2,  3  ff.)  ^^):  aber^  indem 

15)  s«  bei  ScnlhrssH,  3,  S.  182  f.    EisiiriiSHSiii,  entdecktes  Jn. 
denthum,  2,  S.  758.  • 

16)  bei  ScHÖTTSSN,  2,  S.  181  f. 

17)  »I  Wirrs,  de  morte  Chr.  espiatoria,  a.  a.  O*  S.  50. 

18)  Cap.  7,  29. 

19)  ScfiöTT&KTV,  2,  6*  509 ff.;  Schmidt,  Chris toloff sehe  Fragmente, 
in  seiner  Bibliothek,  1,  S.  24  ff. ;  Bertholdt,  ChristoL  Jud.  §.  15. 

.20)  ScmMiht,  a.  a.  O. ;    Bbrtholdt,  a.  a.  O.  §.  16. 


Erstet  Kapitel.    $.  uk  3^ 

er  deotelben  anf  übemiNIrlielie  Webe,  tcS  fmvfum  «g 
goficcTOS  €tvt5y  reroicbteii  aollte,  «o  i^ar  hierin  noeh  kein 
Leiden  für  den  Measiaa  enthalten.    Dennoch  finden  aleli 
Stellen  9   in  wilehen  von  einem  Leiden  de«  Messias ,  und 
Ewar  Ton  einem  stelivertretenden  für  dae  Volk,  die  Rede 
ist  >0:  allein  theils  ist  diele  nnr  ein  Leiden,  kein  Sterken 
des  Messias ;   theils  trifft  es  denselben  entweder  ?or  seiner 
Uerabkunft  in  da»  irdische  Leben,  in  seiner  Priexistens  »^), 
oder  in  der  Verborgenheit,  In  welcher  er  sich  von  seiner 
Gebart  bis  sn  seinem  messianischw  Anftritt  hält^^)^  tbeils 
ist  das  Älter  dieser  Vorstellungen  «weifelhaft,  und  slekdnn« 
ten  nach  einigen  Sparen  erst  Von  der  Zersttfrang  des  Jfidl^ 
sehen  Staats  dnrch  Titas  sich  m  dath^n  scheinen  ^^j.    i^, 
dessen  fehlt  es  in  Jttdischen  Schriften  keineswegs  an  Stel« 
len,  in  welchen  geradezu  behauptet  wird,  dafs  ein  Messlaa 
aof  gewaltsame  Weise  Umkommen  werde:  allein  diese  be- 
treffen  nicht  den  eigentlichen   Messlas,    den  Übbdmmllng 
Uairids,  sondern  einen  andern,  aus  der  Nachkommenschaft 
Josephs  und  Ephraims,  welcher  dem  ersteren  In  unterge- 
ordneter Stellung  beigegeben  wurde.    Dieser  Messias  ben 
Jweph  sollte  dem  Messlas  hen  David  vorangehen,  die  sehn 
Stimme  des  ehmaligen  Reichs  Israel  mit  den  swei  StHm* 
men  des  Reichs  Juda  vereinigen ,  hierauf  aber  im  Kriege 
gegen  60g  und  Magog  durch  das  Schwert  umkommen,  wor- 
auf die  Stelle  Zach.  12,  10.  besogen  wurde  ^^).    Doch  von 
diesem  «weiten,  sterbenden  Messias  fbhien  vor  der  babylo« 


21)  Pesikta  in  Abkath  Hocbel,  bei  ScmmDT,  S.  47  t 

22)  Sobar,  P.  2,  85^  2.,  bei  Schmidt,  S«  48  f. 

23)  Gemara  Sanbedrin  f«  98,  1,  bei  »1  Wim,  Ab  motte  Cbr. 
p.  95  f.,  und  bei  HiHStriKsiK«,  S«  292« 

24)  Sobar,  P.  2,  f.  82,  2.  bei  oa  Wsrri,  s/94:  Cum  !$railii^ 
gssent  in  terra  saneia^  per  cultas  religiosös  ei  Macrißcia  quae 
faeiehanif  omnee  Ulo$  morbos  et  poenai  e  mundo  suituigrunt ', 
nunc  vero  Meuias  debet  at\ferre  ea$  ab  homirühui,  ' 

25)  ••  BsüTMOurr,  a.  a*  O.  ^  17* 

21  ♦ 


M^  Dritter  AIrBohnItt. 

nitobenOemara)  wetcbe  loi  6t«n  und  Oten  Jabriuindert 
nach  Christo  gesammelt  ist,  ond  dem  in  ßesog  auf  sein 
Alter  höchst  aweifelharten  Bnche  Schar,  die  sicheren  Spa- 
ren '<i> 

Obscbon  es  hieoach  nicht  naehweislich  nnd  selbst  nicht 
walurseheinlich  ist,  dafs  die  Vorstellung  von  einem  leiden- 
den Messias  au  Jesu  Zeit  schon  nnter  dao  Jaden  vorluin- 
den  gewesen:  so  bliebe  doch  immer  möglich,  da(s  anch 
ohne  solchen  Vorgang. Jesus  selbst  durch  Beobachtung  der 
VerhAltnisse ,  und  Vergleichung  derselben  mit  A.  T.iichea 
£raählnngen  nnd  Weissagungen,  auf  den  Gedanken  gekom> 
men  wäre,  dals  Leiden  nnd  Sterben  sum  Amt  nnd  mr 
BestimiiHing.  des  Messms  gehdre;  wobei  dann  al»er  nattlr* 
lieher  wfire,  dab  er  allaiiiiilig  erst  im  Laufe  seiner  fiffent- 
liehen  Wirksamkeit  diese  Überzeugung  gefalst,  nnd  sie 
haoptsichlich  nur  seinen  Vertrauten  mitgetheilt,  als  dafii  er 
sie  schon  Ton  Anfang  an  gehabt,  nnd  sie  vor  Gleichgültigen, 
Ja  Feinden,  ausgesprochen  hätte:  dieses  die  Art,  wie  Jo- 
hannes.  Jenes,  wie  die  Synoptiker  die  Sache  darstellen. 

Auch  in  Bezug  aaf  die  Äusserungen  Jesu  über  den 
Zweck  und  die  Wirkungen  seines  Todes  können  wii%  wie 
oben  bei  der  VorherTcrkündigung  des  Todee  seilest,  einen 
mehr  natOrlichen  Gesichtspunkt  von  einem  mehr  suprana- 
toralistischen  nntersciieiden.  Wenn  Jesus  im  vierten  Evan- 
gelium sich  mit  dem  trenen  Hirten  vergleicht,  der  flir  sei- 
ne Schafe  das  Leben  lasse  (10,  IL  15.)*  ^o  kann  diefs 
den  ganz  natttrlichen  Sinn  haben,  dafs  er  von  seinem  Hir- 
ten- und  Lehramte  nicht  au  weichen  gesonnen  sei,  sollte 
anch  in  Ffihrung  desselben  der  Tod  ihm  drohen  (morali- 
sche Notb wendigkeit  seines  Todes)  ^'^);  der  ahnungsvolle 
Ausspruch  in  demselben  Evangelium  (12,  24.) >  wenn  das 
Waizenkorn  nicht  in  die  Erde  fallend  ersterbe,  bleibe  es 


^)  i»s.  WsTTB,  de  morte  Chr.  p.  112.    vgl.  53  iF. 
27)  Has«,  L.  J.   i.  108. 


Erst«!  KapIteL    %.  111.  ^9ti 

einsfiiiiy  ersterbe  es  aber,  so  bringe  es  viele  Fruobt^   Ififet 
eine  ebenso  rationale  ErblXrong  von  der  siegenden  Kraft 
jedes  Mflrtyrertods  fiBr  eine  Idee  und  Dberaeugnng  sn  (mo* 
rallsehe  Wirksamkeit  seines  Todes)  *^);. endlich,  was  sich 
in  den  Johanneischen  Äbschiedsreden  so  oft  wiederholt,  es 
srf  den  Jflngern  gut,  dafs  Jesas  hingebe,    denn  ohne  sei- 
nen Hingang  könnte  der  naQaxlt^rog  nicht  ma  ihnen   kom« 
nen,  der  ihn  in  ihnen  rerklfiren,  iind  sie  in  alle  Wahrheit 
leiten  werde ,  darin  könnte  man  die  fifans  natfirliche  Über- 
legung Jesn  finden,  dars  ohne  die  Aufhebung  seiner  sinnfi- 
eben  Gegenwart  die  bis  dahin  noch  so  sinnlichen   messia« 
nischen  Vorstellungisn  seiner  Jünger  nicht  vergeistigt  wer« 
denwfirden  f psychologische  Wirksamkeit  seines  Tjodes)  ^^). 
Mehr  der  supranaturalistiscben   Betrachtungsweise  gehört 
dasjenige  an,  was  Jesus  bei  dec  Stiftung  de    Abenrimahl« 
spricht.    Denn  wenn  swar  das,  vias  die  l>eiden  mittleren 
Evangelisten  ihn  biebei  sagen  lassen,  dafs  das  dargereichte 
fTonfozov  ro  alf^a  ttjq  xaiv^g  dia^xtjg'  (Marc.  14,   24.) 
17  xan*7j  diadyjxTi  iv  ttp  cäjuart  avrö  (Lue.  M,  20.)  sei,  nur 
so  viel  sn  bedeuten  scheinen  könnte :  wie  durch  die  bluti« 
gen  iSpfer  am  Sinai   der  Bund  des  alten  Volkes  mit  Gott, 
so  werde  durch  sein,  des  Messias,  Blut  in  höherer  Weise 
der  Bund  der  neuen  um  ihn   sich  sammelnden  Gemeinde 
besiegelt:  so  verfichmilzt  hingegen  In  der  Relation  des  Mat» 
tlilns,  wenn  er  (20,  28.)  Jesum  hinausetsen  lurst,  sein  Biet 
werde  vergossen  fflr  Viele  ei$  äcpemv  äf/aotiaiv ,   die'  Vor- 
stellnng  des  ßnndesopferi   mit  der  von  einem  Stthnopfer, 
und  auch  bei  den  beiden  andern  ist  durch  den  Zn$f.tx:  ro 
fngl  nollwv  oder  vtjcsq  v^iwv  ixxiryofnvovy  über  das  bior«e 
Bmidesopfer  cum  Süikiiopfer  hinansgegangen.     Wenn   f^r* 
ner  im  ersten  Evangelinm  (20,  28.)  Jesas  sagt,    er  mOs^so 
iwai  xfpf  tpvxtjy  (xvx5  Xvcqov  aftl  jioIXojv:  so  Istdiersohaa 


2S)  Der«,  ebeadas. 

29)  Ders.  eb^udas,  uad  $.  109. 


32t  Dritter  Abichnitt. 

Zweifel  aaf  Je«.  53«  so  beeleben,  wo,  nach  einer,  dem  He- 
bräer auch  sonst  geläufigen  Vorstellung  (Jee.  43,  S.  Fror. 
21 1  18«)  dem  Tode  des  Knechts  Jeliova's  eine  sfibnende 
Beslehnng  auf  die  Qbrige  Menschheit  gegeben  wird, 

Hlenaoh  könnte  Jesus  durch  psychologische  Reflexioo 
darauf  gekommen  sein ,  wie  «ufrügiicb  der  geistigen  Ent« 
Wicklung  seiner  Jflnger  eine  solclie  Katastrophe  sein  wer. 
de,  und  nationalen  Vorstellungen  gemäfs  mit  Berficksichti- 
gung  a.  T.licher  Stellen  selbst  auf  die  Idee  einer  sfihneiv- 
den  Kraft  seine«  messianischen  Todes«  Indessen  kdnnta 
doch  namentlich  das,  was  die  Synoptiker  Jesum  von  sei-. 
nem  Tod  als  Sfihnopfer  sagen  lassen ,  mehr  dem  nach  4e- 
sn  Tode  ausgebildeten  System  ansugehören,  and  was  der 
vierte  Evangelist  ihm  über  die  Beziehung  seines  Todes 
ffum  Paraklet  In  den  Mun4  legt,  ex  eventu  gesagt  s«  aeiA 
scheinen;  so  dafs  auch  bei  diesen  Aussprüchen  Jesu  aber 
den  Zweck  seines  Todef  eine  Sondersng  des  Allgemeinen 
vom  Speciellev  vorgenommen  werden  mfifste« 

$•  112- 
Bestimmte  AutsprUcbo  Jesu  über  seine  künftige  Auferstebung. 
Mit  nicht  minder  klaren  Worten  als  seinen  Tod,  und 
mit  ^iner  besonders  genauen  Zeitbestimmung,  bat  den  evan- 
gelischen fiacbrichte9  eufolge  Jesus  auch  seine  Anferate- 
bong  voraosverkOiidigtr  So  oft  er  seinen  Jüngern  sagte, 
des  Blenscben  Sohn  werde  am  Krause  getödtet  werden,  setste 
ejp  hinan :  xo2  tf^  tQiZT]  i^fiiQf  avag^asrat.  oder  i'y€Q&r;a€%a$ 
(Matth.  16,21.  17, 2S.  20^  19.  parall.  vgL  17, 9.  26,32.  paralh}* 
Ab^e  auch  von  dieser  Vorherverkfindignng  bellst  es, 
die  Jflnger  haben  sie  nicht  gefa&t,  «o  wenig,  da£i  sie  sogar 
miteinander  stritten,  tl  igi/fo  ix  v€x(}aiv  avagV^^  CMare. 
9,  10.);  und  gemäfs  diesem  Nichtv^steben  «eigen  sie  so- 
fort nach  dem  Tode  Jesu  keine  Spur  einer  Erinnerung, 
dafs  ihnen  ein  auf  das  Sterben  folgendes  Auferstehen  Je- 
su vorbergesagt-war,  keinen  Funken  von  Hoffiüuigi   dafi 


Erstes   KapiteL    %  112.  S27 

Hipfts  Zasage  In  Erf&Uang  geben  werde.  Als  die  Freunde 
den  vom  Kreus  abgenommenen  Leichnam  in  das  Grab 
^c^legt  batten^  nabmen  sie  (Job.  19,  40.)  —  oder  behielren 
sich  die  ^Frauen  (Mare.  lOj  I,  tmc.  23,  56.)  —  die  Einbal- 
«»aiDirang  Tor^  was  man  doeb  nnr  bei  einem  solcben  thut, 
weleben  man  als  eine  Beute  der  Verwesung  betrachtet; 
als  an  dem  Morgen,  welcher  nach  N.  T.licher  Rechnung  den 
roransbestimmten  Anferstehungstag  erö£fnete,  die  Frauen 
cum  Grabe  glengen  ,  dachten  sie  so  wenig  an  ebie  vorber- 
gesagte  Auferstehung,  dafs  ihnen  die  vermuthliche Schwie* 
riglieit,  den  Stein  vom  Grabe  euwälEen,  Besorgnifs  mach- 
te (Marc  16,3.);  als  Maria  Magdalena  und  später  Petrus 
da«  Grab  leer  fanden ,  hätte  ihr  erster  Gedanke  sein  mos« 
aen,  dafs  nun  die  Aoferstehnng  WirLlich  erfolgt  sei,  wenn 
eine  solche  Torausgesagt  war :  statt  dessen  Termuthet  jene, 
der  Leichnam  möchte  gestohlen  sein  (Job.  20,  2.),  Petrus 
aber  rerwnndert  sich  blofs ,  ohne  auf  eine  bestimmte  Ver* 
muthung  eu  kommen  (Luc.  21,  12.) ;  als*die  Weiber  den 
JOngern  von  der  gehabten  fingelsersefcelnnng  sagten  ,  und 
sich  des  Auftrags  der  Engel  entledigten,  hielten  die  Jfin- 
ger  ihre  Aussage  theils  fClr  leeres  GeschwIttE  iXrqog  Lne« 
24}  11.)  >  theils  wurden  sie  eu  schreckenvollem  Erstaunen 
erregt  ii^igj^aoev  7)//«^,  Luc.  24,  21  ff.);  als  Maria  Magda« 
lena,  und  hernach  die  Emmauntischen  Jünger,  die  Eilfe 
Teritcherten ,  den  Auferstandenen  selbst  gesehen  eu  haben,* 
schenkten  sie  auch  dieser  Aussage  keinen  Glauben  (Marc 
16|  IL  13.),  wie  später  Thomas  sogar  der  Versicherung 
seiner  Mitapostel  nicht  (Job.  20,  2.5.) ;  endlich,  als  Jesus 
selbst  in  Galiläa  den  Jflngern  erschien,  gaben  noch  nicht 
alle  den  Zweifel  auf  (ol  di  idlgaaavy  Marc.  2S,  17.).  DieCs 
Alles  mufs  man  wohl  mit  dem  Wolfenbflttler  Fragment!- 
sten  <)  onbegreiflich  finden,  wenn  Jesus  seine  Auferstehung 
so  klar  und  bestimmt  Torhergesagt  hatte, 

1)  VgL  seine  belebte  Uiid  schlagende  Aiufubrung,    .om  Zweck 
«.  s.  f.    S.  121  iL 


3W  Dritter  Absehnitt. 

Zwar,  wie  das  Benehmen  der  JOnger  neoh  Je«a  Tod 
gegen  eine  aolehe  von  Jean  gegebene  Voraneaage  spricht, 
so  sobeint  das  setner  Feinde  daför  sn  sprechen.  Denn 
dafs  naeh  Matth.  i7,  62  ff.  die  Hohenpriester  and  Pha- 
risäer an  das  Qrab  Jesu  sieh  von  Pilatus  eine  Waehe 
erbitten,  liat  nach  Ihrer  eigenen  Erklüreng  darin  seinen 
Grand,  dafii  Jesus  bei  seinem  Leben  noch  gesagt  habon 
sollte:  /(ipra  TQsTg  ^fägag  lyÜQOfiau  Allein  diese  Erslh« 
iung  des  ersten  Evangeliams,  die  wir  erst  unten  uIImf 
würdigen  können,  entscheidet  noch  nichts,  sondern  tritt 
nur  auf  die  eine  Seite  des  Dilemma ,  so  dafs  wir  nun  sa- 
gen müssen:  wenn  die  Jünger  nach  dem  Tode  Jesu  sieh 
wirlich  so  benahmen,  dann  luinn  weder  er  seine  Aufer- 
stehung vorhergesagt,  noch  können  die  Juden  aus  RücIl« 
sieht  auf  eine  solche  Vorherverkündigung  eine  Wache  an 
sein  Grab  Iiestellt  haben ;  oder,  wenn  die  beiden  letsterea 
Angaben  richtig  sind ,  können  die  Jünger  sich  nicht  so  be« 
nommen  haben,       ^ 

Die  Schürfe  dieses  Dilemma  hat  man  dadurch  abso- 
etumpfen  versucht,  dafs  man  den  ol>en  angeführten  Vorher- 
Verkündigungen  nicht  den  eigentliohen  Sinn  einer  Wieder- 
kehr des  gestorbenenen  Jesu  ans  dem  Grabe,  sondern  nur 
den  uneigeotlichen  eines  neuen  Aufschwungs  seiner  unter- 
drückten. Lehre  und  Sache  unterlegte  ^).  Wie  die  A.  T.- 
lieben  Propheten ,  wurde  gesagt,  die  Wiederherstellung  des 
israölitisohen  Volks  eu  neuem  Wohlergehen  unter  dem  Bild 
einer  Anftarstohung  der  Todten  darstellen  (Jos.  2G,  19. 
Eceoh.  ^70 ,  wie  sie  diese  kurse  Frist ,  innerhalb  welcher 
uater  gewissen  Bedingungen  diese  \^(|ndttng  der  Dinge  ma 
erwarten  wftre,  durch  den  Ausdruck  beseichnen,  in  Kwei 
bis  drei  Tagen  werde  Jehova  das  Geschlagene  aufrichten 


2)  So  namentlich  Hiroir,  vom  Erlöser  der  >l^ascbea;  St  139  ff* 
vgl.  KviK'<»L,  Comm.  in  Msllb.  p.  444  f. 


Erttei  KapiteL    %.  \l%  M» 

und  da«  Getödtet»  wledarbeMieo  (Bos.  6,  t. ')) ,  elM  Zeit- 
angabe, welche  stach  Jeim  an  bestimmt  fDr  eine  knree  Zeit 
gebrauche  (Lac.  'tS^  32«):    «o  wolle  er  mit  dem  Aaedmeit, 
er  werde  nach  seinem  Tode  tfj  tqItt]  i^/ttiQtf  avagijvai^  nichts 
Anderes  sagen,  als ,  wenn  aach  er  der  Gewalt  seiner  Fdn- 
de  nnterliegen  and  getödtet  werden  sollte,   »o  werde  das 
▼onihm  begonnene  WeriL  doch  nicht  nntergehen,  sondern 
In    koraer  2«eit  einen  neuen  Aufschwung  nehmen.    Diese 
Ton  Jesu  blörs  bildlich  gemeinten   Redensarten   haben  die 
Apostel,  nachdem  Jesus  leiblich  auferstanden  war,  eigent« 
lieh  genommen,  und  fittr  Weissagungen  auf  seine    persSn- 
liehe  Wiederbelebung  angesehen.     Dafs  nun  in  den  ange- 
f Ohrten  PropfaetensteUen  das  nTI^  Dp  ond  |^n  nur[denan« 
gegebenen  tropischen  i^inn  habe,  ist  richtig,  aber  in  Stellen, 
deren  ganzer  Zusammenbang  tropisch  ist,  und  wo  namentlich 
das  dem  Wiederbeleben  vorangegangene  Schlagen  und  Töd« 
ten   selbst  nur   einen  figürlichen  Sinn    hatte.     Da(s  dage- 
gen hier,  wo  die  gance  Torhergehenda  Reihe  Ton  Ausdrtt-  * 
cken,  das  naQadldoa&tUf  xaraxQlveai^aif  gavQ5a&ai^  dno^ 
xzebead'ai  n.  s.  f.,  eigentlich  au  nehmen  war,   auf  Einmal 
mit  dem  lyBQdijvav  und  avagijvac  eine  uneigentliclie  Bedeu* 
tung  eintreten  sollte,  wOrde  doch  ein  unerhörter  Absprung 
sein ;  dessen  nicht  an  gedenken ,  dafs  Stellen,  wie  Matth. 
26,  S2,  wo  Jesus  sagt:  fistu  t6  iyeQ^fjval  fie  nQoa^o)  v/aag 
dg  %r]v  FaXiXalaVf  nur  bei  der  eigentlichen  Bedeutung  des 
iyBlQeod-ai  einen  Sinn  haben.      Ebenso  steht  die  Zeitbe« 
Stimmung  des   dritten  Tages  an  den  beiden  Stellen,  auf 
welche  man  sich  für  die  ungenaue  und  sprichwörtliche  Be- 
^     deutung  einer  kuraen  Zeit  Oberhaupt  bei^ft ,  in  einem  Zu* 
\aammenhang^    welc4er  Ton  selbst  auf  einen  solchen  Sinn 
\^s   Ausdrucks  ftthrt,   indem  In  der  Prophetenstelle  Tor 
d«^  iv  tfj  7]fiiQ<f  tfj  TQltfi^fierä  dvo  i^fiigag^  in  der  eran- 


'MO  Dritter  Abaobaitt. 

geÜBclblen  aber  vor  dem  %^  %^ji''4n^BQov^^m  Wifiov  steht  r 
wogegen  in  allen  Stellen  ^  wo  Jeans  f^e  Auferateiiung 
verkttndigt,  jede  lolohe  Verattlaasung^  von  dem  bestimmlei« 
Sinne  des  Anadrncfci  abBagehen^  fehlt  ^)*  Hat  also  Jesu« 
wirklich  die  Ansdrfike^  und  in  dem  Znsammenhange  ge* 
branefati  wie  die  ErangeÜsten  sie  ihm  in  den  Mnnd  legen, 
so  luum  er,  dnroh  dieselbe  nicht  blora-  nnelgentUch  den 
baldigen  Sieg  seiner  Saclie  haben  verkllndlgen  .wollen ,  sor- 
dorn  aeine  Meinung  mnrs  die  gewesen  sein,  er  selbst  wer- 
de drei  Tage  nach  aelnem  gewakaamen  Tod  anf  s  Nene  in 
das  Leben  tnrllckkehren. 

Da  Jedoch  Jesns^  dem  Benehmen  aeiner  Jfinger  naeh 
seinem  Tode  cnfolgey  aeine  Anferstehnng  nicht  mit  deutli- 
chen Worten  torherterkllndigt  habett  kann  t  so  haben  sich 
andre  Analoger  sn  der  Binrtnmnng  verstanden  ^  die  Evan- 
gelisten haben  den  Reden  Jesn  Aach  dem  Erfolg  eine  Be- 
stimmtheit gegeben ,  welche  sie  In  Jesn  Mnnde  noch  nicht 
gehabt  haben;  iie  haben  daS)  was  Jeana  bildlich  vom  Aaf- 
schwung  seiner  Sache  nach  aelnem  Tode  gesagt  habe,  nicht 
blofs  eigentlich  verstanden ,  sondern  es  dieser  Anfiassnng 
gemäfs  auch  so  nipgeformt,  dafs,  wie  wir  es  jetat  lesen, 
wir  es  allerdings  eigentlich  versteheift  mCissen  ^}.  Doch 
nicht  alle  betreffenden  Reden  Jesn  seien  auf  diese  Weise 
verfindert ,  sondern  hie  nnd  da  anch  noch  seine  nrsprfing- 
liehen  Ausdrucke  stehen  geblieben.         ^ 

S.    115. 

Bildlicbe  Reden^  in  welchen  Jesus  seine  Auferstehang  vorher* 
verkündigt  haben  solL 

Schon  so  Anfang  seiner  öffentlichen  Wirksamkail  hat 
dem  vierten  Evangelium  infolge  Jesai  die  ilupi  feindlich  ge- 


4)  vgL  SOskihdi  einige  Bemerkungen  über  die  Frage',  ob  Jesus 
seine  Auferstehung  bestimmt  vorhergesagt  habe?  in  Fft^rr's 
Magazin,  7,  S.  203  flP. 

5)  Paulus,  a.  t.  0.  2,  S.  415  f.    Basi^  L.  J.  ^.  109. 


Erstts    KaptteL    ^  HS.  MI 

«Ii^^tüi  4uAta  in  bildlicher  fiade  Auf»  aeiae  kfinftllK»  Anf- 
eratehug  blnfewiMen  (2|  19  ffi).  NAohdem.  wihrMid  mI- 
net  ersten  «essianhehen  Fettbesnchs  ^ler  Harktanfuf  fan 
Tiwpel  ihn  sn  Jenem  Schritte  heiligeq  EUm  bewogen  Vt^ 
te^  Tön  weicbaoi  oben  ^ie  Rede  gewesen^  und  wie  nnn  die 
Juden  ilin  um  ein  Zeichen  engiengen^  durch  welches  er 
•ich  all  einen  Gottgetendten  legitimiren  sollte,  der  nur. 
Yomahae  solcher  Gewaltnisisregeln  Befngnifs  hätte ,  fpiebt 
ihnen  Jesus  die  Antwort:  Ivacere  %ov  vccov  %5tw^  xal  iv 
%Qialv  ^idifaig  ly^qui  av%6v.^  Die  Juden  nehuien  diese  Wor- 
te in  deoi  Sinn,  welcher,  da  sie  tm  Tempel  gesprochen 
worden,  am  nXchsten  Ug^  und  hielten  Jesu  en^^egeil,  dafs 
•V  dieeen  Tempel,  an  dessen  Bau  man  46  Jahre  gebraucht 
liabe,  wohl  schwerlich,  wenn  er  nerstört  wäre,  &s  t  Tagen 
wieder  anfffurichliii  im  Stande  sein  dürfte;  al>erder  E?an* 
gelist  belehrt  uns,  dlefs  sei  nicht  die  Meinuqg  Jesu  gewe- 
sen, sondern  dieser  habe,'  wie  fibrigens  den  Jftngern  erst 
^f^9fih  seiner  Auferstehung  lüar geweaden  sei,  ?on  dem  vudg 
tS  awfunog  avzS  geredet,  d.  h.  also  durch  das  Abbrechen 
und  Wiederaufbauen  des  Tempels  auf  seinen  Tod  und  seine 
Auferstehung  hingedeutet.  Giebt  man  hiebei  auch  au,  was 
imlsssen  gemfifsigte  Ausleger  Ifingnen  f ),  dafs  Jesus  die  Ju« 
den  mit  ihrer  Forderung  eines  gegenwärtigen  Zeichens  (wie 
er  es  auch  Matth«  12,  39  ff.  getban  haben  soU)  ftglieh  auf 
•eine  einstige  Auferstehung,  als  das  gröfste  und  namentlich 
für  seine  Feinde  iMSohämendste  Wunder  in  seiner  6e- 
scliichte,  habe  rerweisen  iiönnen:  so  mafste  diese  Hin  Wei- 
sung doch  von  der  Art  sein,  dafs  sie  möglicherweise  Ter- 
stenden  werden  konnte  (wie  Matth.  a*  d.  a»  St  Jesum 
gans  unumwunden  sich  erklären  läfst).  So  hingegen,  wie 
wir  hier  den  Ausspruch  Jesu  haben ,  konnte  er,  als  ihn 
Jesus  thst,  unmöglich  In  diesem  Sinne  begriffen  werden. 
Denn  wer  im  'i^empel  von  der  Zerstöi^ng  dieses  Tempais 


1)  s.  B.  Lilcau,  1>  8.  4^6 ,  Tgl.  dt^e^n  Tmslscx,  S.  71. 


m  Dritter  Abtohnltt 

spricht,  dessen  Rede  wird  Jederouiitn  anf  eben  das  Tbn- 
pelgebinde,  In  welohem  er  stob  befindet,  bealehen*  Bs  mS(e* 
te  denn  Jesus,  als  er  das  zov  vaov  tStw  spraeb,  mnt 
sdnen  Leib  gedentet  liaben ,  was  auch  die  Freunde  dieser 
Erkifimng  meistene  voranssetsen  ^).  Allein  ftlr's  Erste 
sagt  der  E?angelbt  von  einem  solchen  Oestns  nichts,  im- 
erachtet  es  in  seinem  Interesse  lag,  nur  Unterstfitcnng  e^ 
ner  Deutung  denselben  liervoreu heben.  Fdr^s  Andre  liat 
Gabler  mit  Recht  darauf  aufmerksam  gemacht,  wie  matt 
und  schaal  es  g^ewesen  wftre,  einer  Rede,  welche  nach  Ai- 
lem,  was  in  ihr  Wort ,  also  Logisches  war ,  sich  auf  das 
Tempelgcbtfude  becog ,  durch  einen  blofsen  ZusatE  von  Bf  i- 
misohem  eine  gans  andere  Beeiebung  su  geben.  Hat  tffch 
aber  Jesus  dieser  Hfilfe  bedient,  so  Itonnte  sein  Fingereeig 
nicht  unbemerkt  bleiben;  es  mnlsten  die  Juden  eher  dar- 
über mit  ihm  rechten ,  wie  fBt  su  dem  Ubermuth  komme, 
seinen  Leib  vccog  su  nennen  ,  oder  wenn  auch  diels  nicht, 
so  kennten  doch  in  4Polge  Jener  Action  die  Jfinger  nMit 
bis  nach  der  Auferstehung  Jesu  Ober  den  Sinn  seiner  Re- 
de im  Dunkeln  bleiben  ^)» 

Durch  diese  Schwierigkeiten  fand  sich  die  nenere 
Exegese  gedrungen ,  die  johanneische  Auslegung  der  Wor- 
te Jesu  als  eine  ex  eventu  gemachte  Dmdeutung  su  ver- 
lassen, und  zu  versuchen ,  unabhängig  von  der  Erklimng 
des  Referenten  in  den  Sinn  der  rfithselhaften^  Rede  einsn- 
dringen ,  welche  er  Jesu  in  den  Mund  legt  ^^«     Der  Auf- 


2)  t.  Tholvcit,  a.  «.  O. 

3)  Usukb,  Joannes  apostolua  nonnuUorum  Jetu  apophüregmatitm 
in  evang.  suo  et  ipse  interpres.  In  PottU  und  RupcRTi't 
Sylloge  Comm.  theol.  1,  S.  9;  Gablbr,  Recension  des  Hkiv« 
Kirschen  Programms  im  neuesten  theol.  Journal,  2, 1,  S.  '8S » 
LiJcKB,  z.  d.  St. 

4)  So,  ausser  Hbnkb  im  angef.  Programm,  Ubrdbe,  von  Gottes 
Solin  jsacb  Johannes  Evang. ,  S.  135  f. ;  Paulus  ,  Cojam.  4, 
S.  165  I.    L.  J.  I,  a^  S.  173  f.  i   ViüMi  s.  d.  St. 


Erstes  Kapitel,    f.  113.  333 

fiitsQng  der  Joden ,  welche  die  Worte  Jesa  auf  ein  wlrkli- 
ebea  Abbrechen  and  Wiederaufbaaen  des  Nationalheilig- 
tboAis  besogcDi  kann  man  nicht  beistimmen  wollen  ^  ohne 
Jesa  gegen  seinen  sonstigen  Charakter  eine  in's  Ungeheu- 
re getriebene  leere  Grofssprecherei  eneaschreiben.  Sieht 
man  sich  delswegen  nach  einem  irgendwie  oneigentlichen  ^ 
Verstände  des  Aosspmehs  nm^  so  begegnet  man  in  demsel- 
ben fivangeKnm  EuersI  der  Stelle  4^  31  ff«)  wo  Jesus  der 
Samariterin  verkttndigl^  es  komme  nächstens  die  Zeit,  wo 
man  nicht  mehr  iv  '^[eQOOoXvfioig  den  Vater  anbeten ,  son- 
dern ihn  als  Geist  geistig  rerehren  werde.  Eine  Abro- 
f irnng  des  rermeintlich  allein  gültigen  Tempelcoltus  eu  Je- 
rusalem könnte  das  Xveiv  des  vaog  Anch  in  unsrer  Stelle 
ursprdoglich  bedeutet  haben.  Diese  Auffassung  wird  durch 
eine  Ers£hlung  der  Apostelgeschichte ,  6,  14. ,  bestätigt. 
Stephanus,  welcher ,  wie  es  scheint,  den  in  Frage  stehen- 
den Ausspruch  Jesu  adoptirt  hatte,  wurde  von  seinen  An- 
klägern beschuldigt,  geäussert  su  haben ,  ort  ^Ir^aög  6  iVa- 
ita^atos  üTog  xcaaXvou  %6v  %6nov  z&rovj  xal  akkä^ei  tu 
iOtjj  ä  naqidwxe  Mwvoi^g ,  wo  demnach  als  Folge  des  Tem- 
pelabbruchs eine  Änderung  der  mosaischen  Religionsver-  ^ 
fassnng,  ohne  Zweifel  eine  VergelBtigung  derselben,  be- 
■eichnet  wird.  Dasu  kommt  noch  eine  Stelle  in  den 
synoptischen  Evangelien.  Dieselben  Worte  beinahe,  wel- 
che bei  Johannes  Jesus  selbst  ausspricht,  kommen  in  den 
Rwei  ersten  Evangelien  (Matth.  26,  60  f.  Marc.  14,  57  f.) 
als  Anklage  falscher  Zeugen  gegen  ihn  vor,  und  hier  hat 
Markus  den  Zusats,  dab  er  den  absubrechenden  vadg  als 
X^QonolrjTog  f  den  von  Jesus  neu  sn  bauenden  als  alkogf 
ax^iQonolT^og  bezeichnet,  was  derselbe  Gegentatz  von  sinn- 
licher und  geistiger  Religionsverfassung  su  sein  scheint. 
Demgemäß  läfst  sich  nun  auch  die  johanneische  Stelle  so 
erklären:  das  ist  das  Zeichen  meiner  Vollmacht,  dab  ich  im 
Blande  bin ,  an  die  Stelle  des  mosaischen  C^rpmonialdien- 
•tes  1b  kOrsesler  Frist  einen  neuen ,  geistigen  ^ttesdienst 


3;I4  Dritter  Absehnitt. 

cn  •et«eii.  Allein ,  Abgesehen  ron  der  mincler  bedeuten- 
den Schwierigkeit,  dafi  bei  Johannes  nicht  wie  bei  deri 
Synoptikern  das  Sabject  gewechselt,  nnd  der  neasner- 
richtende  vvcog  als  ciiXog^  sondern  darch  avTog  als  dersel- 
be äit  dem  zerstörten  bezeichnet  wird  ^),  so  Ififst  sich  na* 
menttieh  das  iv  xqlolv  ^^eqmg  nach  dem  oben  Aasgeftthr^ 
ten  tmrik  hier  nicht  ohne  Weiteres  In  dem  unbestimmten 
Sinne  ron  Iiureer  Zeit  fassen  ^):  in  seiner  genauen  Be- 
deutung genommen  aber  pafst  es  nur  als  Termin  der  Aof* 
erstehung  Jesu,  nicht  aber  der  Vergeistigung  des  Rell* 
gionswesens« 

So  ron  beiden  Erklärungen  in  gleicher  Weise  angeco» 
gen  und  abgestossen,  flüchtet  sich  Olshausen  eu  einem  Dop- 
pcelsinn,  welcher  indefs  nicht  zwischen  der  johannelschen 
und  der  suletet  dargelegten  symbolischen,  sondern  zwischen 
der  Johanneischen  üeutung  und  der  jüdischen  die  Mitte 
hält,  indem  Jesus  nur,  um  die  Juden  abzuweisen,  sie  zum. 
Abbrechen  ihres  Tempels,  als  zu  etwas  Unmögfichem,  auf- 
gefordert, und  unter  dieser  nie  eintreffenden  Bedingung 
sich  zum  Bau  eines  neuen  erboten  haben  soll;  so  jedoch, 
dafs  neben  diesem  ostensibeln  Sinn  für  die  Menge  noch  ein 
Terborgener  liergieng,  der  den  Jüngern  erst  nach  der  Auf« 
erstehung  klar  wurde,  nach  weichem  vacg  den  Leib  Jeso 
bezeichnete*  Allein  jene  an  die  Juden  gerichtete  Auffor- 
derung sammt  dem  darangehffngtdn  Erbieten  Wäre  ein  un- 
würdiger Mothwille,  die  darin  verborgene  Andeutung  fdr 
die  Jünger  eine  nutzlose  Spielerei  gewesen,  und  überhaupt 
ist  ein  Doppelsinn  dieser  Art  in  der  Rede  eines  verständi- 
gen Meuschea  unerhört  Da  man  auf  diese  Weise  an  der 
Erlüärbarlieit  der  johannelschen  Stelle  ganz  verzweifeln 
möchte,  so  beruft  sich  der  Verfasser  der  Probabilien  dar- 
auf ^   dals  die  Synoptiker  die  Zeugen  ^  welche  vor  Gericht 


5)  Storr,  in  Flatt^s  Magazin,  4,  S.  199« 

6)  Tholvcu  und  Olsrausin,  z.  d.  St. 


Erstes  KapiteL    %.  HS.  MS 

bebftvpteten,  Jesus  habe  Jenen  Aussprach  gedutt,  als  ym)^ 
dofiaQTVfrag  beseiebnen,  woraas  er  folgert ,  dafs  Jesas  so 
etwas ,  wie  Johamies  ihn .  hier  jpneehen  lasse ,  gar  nieht 
gesagt  habe,  and  sieb  sooift  einer  £rklirang  der  johaaneir 
sehen  Stelle  fiberhebt,  Indem  e»  si{^  als  ein  Flment  des 
▼ierten  Evangelisten  betraehtet,  welcher  die  Venraiadang 
Jener  Aniilltger  sowohl  erkläret,  als  durch  eine  ajrstisehe 
Deutung  der  Worte  Jesu  habe  abwenden  wollen  "^^^  AI» 
Jein  thells  fol^t  aus  der  sjnoptlsehen  Beseiehnang  jener 
Zeugen  als  bischer  nicht,  daTs  der  Ansicht  Jener  £range* 
Haren  snfolge  J^sus  gar  nichts  ron  dem,  wessen  sie  ihn 
beschuldigten  y  gentkgt  habe,  da  er  es  Ja  auch  nur  etwas 
anders  gesagt  oder  anders  gemeint  beben  kann,  thells  ist, 
wenn  er  gar  nichts  der  Art  gesagt  haben  soll,  schwer  au 
erklären,  wie  die  falschen  Saugen  auf  jene  Aussage,  und 
namentlich  auf  das  sonderbare  iv  tqunv  ijfii()aig  geliommen 
sein  sollen. 

Wenn  hienach  bei  Jeder  Deutung  des, Ausspruchs,  aus» 
ser  bei  der  unmöglichen  auf  den  Leib  Jesu,  das  iv  zgialy 
ij^iQatg  einen  Anstofs  bildet:  so  werden  wir,  wie  es  scheint, 
auf  diejenige  Relationales  Ausspruchs  hingewiesen,  inwel- 
eher  Jene  Zeitbestimmung  fehlt,  d.  h.  auf  die  Relation  der 
Apostelgeschichte.  Hier  wird  Stephanus  nur  beschuldigt, 
gesagt  eu  halben ,  Sri  V«  o  Na^*  Hvog  xcetaXvoei  tov  TOnoy 
tSvop  itov  8yicv)y  xai  äXXd^H  %ci  H&ij  ü  7iaf}id(oxe  Mtava^g. 
Das  Falsche  an  dieser  Aussage  -r*  denn  auch  die  Zeugen 
gegen  Stephanns  werden  als  fiaQTVQeg  tpevdsig  beeeiehnet  — 
könnte  der  aweite  Sats  sein,  welcher  mit  eigentlichen  Woiw 
ten  Ton  einer  Änderung  der  mosaischen  ReligionsTerfas<*^ 
sung  spricht,  und  statt  dessen  Stephanus  wohl  in  der 
oben  ansgefflhrten  figürlichen  Bedeutung  gesagt  haben :  xal 
nahv  olkodofiijau  avzov^  oder  nci  aXkov  CaxeiQonolfjtor} 
olxodofiijcai» 


7)  Frobabfl.  p.  SS  ff. 


SM  Dritter  AbffihnUt 

Hfttta  mm  in  dtettai  SIiiim  aaeh  ackoii  Jmw  jeaei 
Anssprocb-)  arb«!'  ohne  die  Bettimniang  4er  drei  Tege,  g&> 
than.  ttnd  dadareh  nifter  den  Juden  bedeatenden  Änttofii 
erregt,  ab  lag  ea  nach  s^er  Äsferstehnng  nahe,  den  aa 
serstörmulen  and  wiideraiii«abaQenden  Tempel  als  Beseicli* 
Bnng  dM  Leibes  Jesu  aofenfassen,  um  thdls  den  jadisdien 
BesehsMIgongen  aasenwetohen,  theils  eine  Weissagung  der 
Auferstehung  mehr  eu  haben.  <  Einmal  abertlen  Anssproob 
auf  die  Auferstehung  beeogen ,  ergab  es  sich  von  setbs^ 
dafii  Euerst  auch  das  bei  der  Bestimmung  von  dieser  soleans 
iv  TQialv  '^fiBQaig  hineingetragen,  und  dann  wditerhin  dsi 
öiUov  in  avTOVj  das  ohodo^ir^Oia  in  iy^qä  verwandelt  wurde. 
Wie  hier  durch  das  Bild  von)  abanbreefaeuden  und  nea 
aufaubanenden  Tempel,  so  soll  Jesus  bei  einer  lindern  Ge- 
legenheit durch  das  Vorbild  des  Propheten  Jonas  auf  seiae 
Auferstehung  im  Voraus  hingedeutet  haben  (Mattb.  l!^^9ff. 
vgL  1«,  4.  Luc.  11,  29  fE>  Als  die  Schriftgelehrten  nod 
PharisXer  ein  arj^eiov  von  ihm  au  sehen  verlangten ,  soll 
Jesus  ihr  Ansinnen  durch  die  Erwiederung  BttrOckgewiesen 
haben,  dafs  einer  so  schlimmen  fevea  kein  Zeichen  gege* 
ben  werde,  als  %6  Ofjftelov  ^Ixava  t5  i^Qtnp^TSj  welches  in  der 
ersten  Stelle  bei  Matthäus  Jesus  selbst  dabin  erkifirt:  wis 
Jonas  drei  Tage  und  drei  Nftchte  iv  ^fj  xoiUq  tö  xjJtbq  ge* 
Wesen  sei,  so  werde  auch  des  Menschen  Sohn  drei  Tage 
und  drei  Nichte  ip  Tjj  xaQÖiif  T^g  ytjg  aubringen«  An  der 
«weiten  Stelle,  wo  Matthfius  Jesu  diesen  Ausspruch  leiht, 
wiederholt  er  die  angegebene  Deutung  nicht;  Lukas  aber 
in  der  ParaUelstelie  erklärt  denselben  nur  so:  xa&tog  yag 
iffiväTO  ^I(ovag  (n^fttiov  %otg  Ntvevtzaigj  &z(og  eg<iii  xal  o  viog 
tS  ar^Qiins  tfj  yeva^  tarntj,'  Gegen  diö  Möglichkeit,  dafc 
Jesus  die  Auslegung  des  Jonasaeichens,  welche  ihm  Mat- 
thäus, V*  441.,  in  den  Mund  legt,  selbst  gegeben  habe, 
läist  sich  Verschiedenes  einwenden.  Oas  awar,  dafs  Jesus 
von  drei  Tagen  und  drei  Müchteo,  welche  er  im  Hersen 
der  Erde  subrlngen  werde,  deiswegen  nicht  habe  sprechen 


Bira^tft  KM)pll«l.    %  llS.  «t7 


kinimiy  well  er  irar  einen  leg  uiid  emi  Mifble  i«  Qvßhß 
gewesea  sei  '),  wM  <ileh  lohwerlicb  ee*gegeBM^<P  !«■« 
eeii,  de  der  K«  TJioW  SpriiAgelNPeMek  eaüekiedei  4lie«i. 
geftbeUiuH)  de«  Aef emlMdt  Jeia  im  firdbe,  weit  %r  den 
THg  Ter  dem  Sebhiit  dwefaUen  «Abegd^  and  den  nneh  din 
SfOibat  dttreh  de»  Mei^avMh  l^fibrle)^  einen  dveiligig»n 
SU  nenaen ;  werde  a&er  einmal  dieeer  fiine  Tag  aewmt 
nw^  Mtehtea  ftr  dMi'veUe  T4[e*  ginemniee^  so  ww'pa 
mir  eiM  Umtohveibwig  fteeaea  «VeUfeins^  da£$  an  den  1k* 
gen  aneh  noetk  die  Naobte  getetnt  wnrden^  waa  aieb  etee- 
kln  In  der  Vergl^beng  ndt  dem  dni  Tagen  nnd  MKehlen 
des  Jenaa  ven  aelbei  etpJk^")*  'Omgkg/Uk  wäre  ea^imtenn 
deeiM  ron  de«  Cfifulw  'Umfä  iUe  iLriiiärimg  gab^  yalobe 
ihm  Matthine  l^bt»  itoe  ao^  Uare^  .VennMaageMg^aeiner 
Anferetehnng  geweaen»  deG»  aea.  dtoaiil^ei^  tieiadcii^  mkl' 
ebe  naeb  dem  Obigen  deak^igMtlidben  >Vefe«ararblndig«n- 
ffM  deraeihen  «nlgegenateben^f^ealii  aHeb  MeBf^iUaskläwmmg 
sieht  ge^bea  bebea^enn»  4edantttti  Umfalli  iai*  dte>nnefa 
V.  49.  enweeepden  Jtteger.iea  einer  Krage  a»  Jean^i  ver- 
we  eieb  denn« ««labt  i^naebeniMili  wamm  er,ib« 
die  Saobe  niebt  eeUälda  l^ler'geB«Mb|»i  alae  milteigeiK- 
Ifeben  Werten  aelne  Aofeeal^nitf  ^  «wthert^erhMigt  beben 
aelUt.  lUnn  w  aber  dieb^  niehtf  |^an  haben^  weU  aenat 
die  Jftnget  nneb  aeinem  Tode  aleb*.i4ebl.  ae  bänemmnn  Im- 
bau  könnten,  wie  ato  aieb  dea  eveegeÜaeben  Maobaiebfitii 
nnColge  benabmena  eo.  lunn  er  ailob  niebt.idureb  jeM  Ver- 
^Ifleiehang  dea  ihm  beeeaetebeoden  flchiekaale  mit  dmn  dea 
dyea  eine  Frage  dmr  Ji^ger  berrl^emfen  beben,  webd» 
er,  'wenn  ale  an  iba  geatellt  wnrde,  anab  beantwertmi  mnla* 
te^eber^em.filfaige  naeb  niebf  baantwertet  haben  bann. 

Ana  dieaen  ttrflnden  hat  aieb  die  neeece  lüritik  dahin 
«ugeepeeeben,  ^dbidle  Alatthiiaebe  £rkltfmiig  dea  aj^/^aiov 

e)  Paou»,  Mag.  ÜMidb.  s.  d.  St. 

e>  Tgl«  Kmtx9C«k  und  OLtiuutc«,  x«  d.  St« 

DmUb$iiJ*ia  ^$A^ß.  U.  Bmnd.    '  22 


«g  BrItteF  |bM6tbii4tn 


Vrfiiv  dni  fMÜ  £mimlmm  vMi.  Bgai^ettrta»  jpwi  rAii  üfp- 
Üfif  iMy  wflth»  er  fikcMleh  AmmoL^im  ^n  M«iid  lege  «<^. 

•ihifrfe<^»»y  alMt^iHir  bi  defti  Silin,  in  ^Pfttteheai  m  L^k^ji 
A^n  wkliTM  Ji&t,  4^«,  wteiiioraft.Mlhitt  ieiM  bbTte  Ge- 
tnyaiir>ie:PMd..tips  RaCi^d%;tyi«|Hi0  Wttttd«^  dMi  lliB«#i- 
;i0».4l«  gStltttheft  2cibhen  ^mllgt  Übe:  so  aneli  eoiM  Zeil- 
.tgenotseif,  M«ttawib.  WumieBtritbeni^«!!  biieehi»^  sieh  «n 
-idfiiiei»'  PtrsMi'  «umI-  Predigt.  peail|;eii  iMtea  soUeBw  Mese 
•^•«ffassmif  ht  iMe  .ekisi^e  dMi  Ziw^ifcwlMiig  tAv  Rede 

4««»A.eMh  b«lMivnb^w4^iQnd.  MHer  der  PareUefe  nri- 
(teehen  den- Verhiltiii^.fUr  B^hiMim  Kit  Jenes  «nd  deeider 

»&lidgiii  des  Mdeiüri^u  Snloaie  fHtgfiietMtiew    Wie  ee  die 

«den  ^  Kvdi^  nülkhmAftifjHkOfgtm  fMdler  »e  hei  Jem»  ««eh 
"  iMfipbndeei  Attededck  dee  MeithCve  Mlglieli  sein  xtQtiyfiti^ 
>.e«f  mielehee  fttit^dle  Nkteriten  Bufte  tbiKen.  Ute  Fetwue 
^ifi'  dedi  fietse  bei  Likk^t  Q^wg^mi  not  i'tiig  %.  a.  e^ 
f«l«£^Hr«tJiif(<cn^/ie7t^)/«^on  wekheei  mtm  ghMibe«  »tebto, 
^  -fa  köetfe^  nleM  edf  den  gegeit^prlrtlffeii '  Jetm  eed  eeiee  Pre- 
digt, eeadem  «deee-'e^f  >ei«vad'iUilitig<^  «rie  eetee  Aefet- 
etebung,  heitogm  Intimi  geht  In  deih«That  ner  aef  die 
knnMg»  H(ftöigf  tn^WetehersIeh  lie»feraMtlen  wfrd,^  «faife^ 
iKie  llhp  die  NhtevMdn  Jones,  io  Vmr  die  damais  lebendenJu- 
d^n  Jesne  alr^i^jueScmbireobnet  war.  ^frMieeitig  niofe  Jedeeli, 
wfBfHravi'dem  eMfeh£raegelimn  ertebta,  de»  SeMebeele 
des  Jenee   eine  lypi^he  Beslt^benf  aof  den  Tori  end  die 
A*fertlehfmg  deen  gelben  werden  eeln ,  Indeei  die  ^yate 
'  Gemeinde  f&r  die  »o  «nsMAfge  Katastrophe  tbree  tS^Ams^ 
mH  Aegetttohbeft  Oherell  Im  A.  T.  Vorbilder  and  Weisen- 
gimg#ii  aofMebfe« 
^   Neob  einige  AnsafirMie  Jesv  linden  «sleli  im  Tieften 


10)  Pauluk,  cxeg.  Handb.  2,  8.  07  ff.    Scimz,  Über  das  Abend». 
8.  317  f. 


AüfeMtciiMUBg  gefiifiit  werden  sind«  Dia  Bade  vom  W«t* 
ftetikora  «w«r,  1%  My  Uatobt  aioJt  «<i  iMgwaelidiklicb  Mif 
a»f  das  dorob  saiMO  Ted  m  Afdernda  Wuk  imm^  ab 
«Ufa  iia  himr  w^itf  i«  Bemiebl  lio«iaiaa  ktonta»  Aba^  in 
difa  joiianiialioliaii  Abschiadaredan  findaa  $i^h  alaiiga  Äipt- 
ayHtohay  walahe  noch  taiaer  Mancba  rait  dar  Aofaijilaiiaag 
vaimtahan  mdahten«  Wenn  deius  sfigl:  Iah  fi^ai^  tfiah 
Bliebt  f  amalat  lasaan ,  iab  komoia  an  aoah ;  noeb  bttiaa 
Zait|  so  aiabt  dia  Walt  mkb  nioht  oiahr^  Ibr  abar  aabet 
ariab)  ftibar  ain  Kleinesy  ao  f»tfrd«f  ihr  q^eb  ulabt  aiftbr 
adian  9  and  wladar  über  ein  Kieinaa  f  i#  werdet  ihr  odeb 
aelatn  a.  a«  fL  (14, 18  K  16,  IGffo;  ao  gJanbaa  IHIaiMsbai  dle^ 
aa  Kadaa).aüldaai  VerhiUtnIfa  T«n  fiiMgivxtu  acäuv  tiUQoi^ 
■lit  daai  Gagaaaataa  swia^baii  i^ffavl^mv  %tdif  {.t^a  fia^r^- 
9mg)  ufd  oxl  i^p  xoofi^h  nüc  d»»Mi  toa  ga^  perattniialiaai 
Mfjadavadiad  buitaadaa  nuXn^  atpo^uu  ond  o^fmdt^  kOaaan 
aMif  niebta  Andara^  ala  aat'  die  Au£iralabaag  baaagaa  war« 
ilaa^  laabsba  abaa  daa  kara  ^nt  daa  Dkbtaabaii  gafalgt« 
SahaBy  tind  awar  alo  parai^nbobaa  oad  aaf  dIa  Fraoada 
Jaaa  aiagaaaliräoktaa  9  gf  waaaa  aal '  *>  AUaiii  ^ihut%  tmr* 
ktUMt^e  Wiadaraaban  baaabraib^  Jaaaa  blar  aagkiab  aal 
aiaa  Waiaa,  waieba  fOr  dia  TiÜe  jlar  Aalerüabaag  niolic 
gaaa  p«Maa  will«  Waaa  daa  ou  ^  £cii  (14,  19.)  aalna 
AoCaratabttog  badaalen  aaUs  $b  y^0$  piWi  gar  niahf^  waa 
In  diaaaai  Zttaanuaanbaaga  d#a  aa2  ifuiig  (^'oecrA^  bdiäan 
will}  wann  Jaana  aagtj  M  J«Mn  Wiadaraaban  werden 
afljM  Jteg«^  «ein  VerbUtaUa  aflb  Yalar  «rkaanen^  ood 
ttV  »kbU  aebr  an  tngfiB  hraoctaw  (14,  9».  16,  UOt  bo 
■Miahtaa  ala  ja  »oeb  am  lat^tan  Taga  tbrai  Zaaamttanaafna 
ßi$  ihm  naab  dar  Aafaralabang  aiaa,  attd  awar  lai  Sinne 
6ß$  Tiarira  ErangallnaM jraete  ^ufaratfadtgai  frage  an  Ibn 
CA«  O4  V**}}  endliab^  Y^ann  ef  fetapriebt^  dala  aa  deai- 


il)  MaaQ»,  a.  a.  O.    8«  164  A 

SS 


MO  Dritter   Abichnitt. 

ji^nlgen,  der  Ihn  liebe,  er  vnd  der  Vater  konmeii  itml 
Wohnung  bei  ihm  machen  werden :  80  wird  voUenda  klar, 
dafs  Jesos  liier  nicht  von  einem  Idbllcben,  sondern  ron 
seinem  geistigen  Wlederiiommen  durch  den  naffdxl^^og 
r^Ait  >  -)•  Hat  jedoch  auch  diese  ErUSrung  llure  Schwie- 
rigkeiten, indem  hinwiederum  das  o^^ea^i  fie  and  oipopcu 
rnug  auf  jene  blofii  geistige  Wiederkunft  nicht  gms  paaeea 
will:  so  mOssen  wir  die  Lösung  dieses  schdnbaren  Wi» 
derspmchs  auf  die  genauere  Beleuchtung  dieser  Aussprli- 
ehe  an  einer  spiteren  Stelle  rersparen,  und  erinnern  einst- 
wellen nur,  dafs  aus  den  Johanneischen  Abschiedsreden , 
deren  Uiitermischong  mir  eignen  Gedanken  des  Evangeli* 
sten  JetsEt  selbst  von  Freunden  des  vierten  Evangelfumii  so- 
gestanden  Ist,  am  wenigsten  ein  IBeweis  in  dieser  Sache 
genommen  werden  kannl 

Nach  allem  diesem  könnte  der  Ausweg  nocAi  fibrig* 
ctt  sein  scheinen,  dafs  Jesus  awar  allerdings  über  srfhe 
künftige  Auferstehung  sich  nicht  geäussert,  nichts  deste 
weniger  aber  sie  fOr  sich  vorhergewofst  habe.  Wufste  er 
seine  Auferstehung  vorher,  so  wufste  er  sie  entweder  aof 
ftbernatüMiche  Weise,  vermöge  des  ihm  in^ohnenden  pre* 
phetisclien  freistes,  höhert»n  Prlncips,  -^  wenn  man  wiü, 
seiner  göttlichen  Natur:  'oder  er  wufste  sie  auf  natfirUche 
Weise,  durch  versttfndige  menschliche  Überlegung.  Atlefss 
ein  Abemafilrliehei  Torberwissen  jenes  Ereignisses  ist  auch 
hier,  wie  in  Bestehnng  auf  den  Tod,  wegeif  der  Besiehung 
undenkbar,  In  weiche  J^us  dasselbe  cum  A.  T.  setet. 
Hiebt  bloft  in  Steilen  nlmliefa ,  wie  Luc.  18,  Sl,  welehe, 
als  ¥orhersagungen,  nach  dem  Brgebnifs  unsrer  lotsten 
Ontersuehung,  uns  schon  nieht  mehr  als  Mstoriseh  gelten 
können ,  stellt  Jesus  seine  Auferstehung,  wie  sein  Leiden 
und  seinen  Tod,  als  elntel^adij^^ai  Trcm-ow  ruhf  y^yp«!«— 
fiiriov  did  %äv  TtQoq^rjrii»  tm  viip^  ra  dvO-Qimü  dar^  soa» 


12)  t.  Lvcxs,  z.  d.  St, 


EmCttii   Küf^it«!.    %  lU.  34I 

dem  Micli  Baeb  dem  &£»!§  bilt  «r  den  an  aetner  Apfer- 
^tebaiig  sweifeloden  JOngera  vor^  sie  hfitten  ^^Uiibeii  «iil« 
Jen  ^Iffi  nSaiv  oig  üiU^ainf  oi  nqoifvfloUf  dab  nlüelicb  fui-^ 
tm  ülei>  7ia&HV  %6v  X^oVf^  x€d  eiatX^eiv  eis  ^^^  do^  ainö 
(Lue.  24,  25  f.)*  Laut  de«  Verfolgs  der  firsfifalong  bat 
Jesus  sofort  diesen  J  Ungern  (den  Emnaun tischen)  alle  von 
ihm  bändelnden  Scbriftsteüen ,  at)tdfiivos  duo  Miaoims  ^ot 
oflpo  ndytiov  ttiv  jtQo^ijcüv,j  woeu  weiter  nnten  Mch  neoh 
die  i^oA^ol  gesetat  werden  (V.  450i  enmelegt;  im  Einael« 
neu  jedoch  wird  nns  keine  Stelle  angegeben ,  welebe  und^ 
mim  sie  4^9Q%  auf  seine  Wiederbelebung  gedeutet  b^tte, 
lUMser  daCi  aus  Mattb«  12,  39  f.  folgen  würde,  er  habe  das 
Schicksal  des  Propheten  Jonas  als  Vorbild,  des  seinigeu 
betracbtet,  und  aus  der  späteren  apostolischen  Deutung^ 
«Is  mulhmarslichem  Nachhall  der  seinigen,  gescblossen  wer- 
den könnte,  dafs  er,  wie  nachmals  die  Apostel,  hauptsficb- 
lieh  in  P$.  lü,  8  ff.  (A.6.  3,  25  ff.  13,  350>  Jes.53.  (A.G. 
8>  32  fiL),  Jes.  55,  3.  (A.G.  13,  34.),  nnd  dann  etwa  noch 
in  Bos.  6,  2.  solche^  Weissagungen  gefunden  habe«  Allein 
das  Schicksal  des  Jona#  hat  mit  dem  Schicksal  Jesu  nicht 
einmal  recht  eine  äusserliche  Ähnlichkeit,  nnd  das  ihn  be« 
treffende  itneh  trügt  seinen  Zweck  so  sehr  in  iich  selber, 
dafii  derjenige  es  gewifs  nicht  nach  seinem  wahren  Sinn 
■ad  der  Absiebt  seines  Verfassers  deutet,  der  ihm  oder 
einem  Zuge  desselben  eine  vorbildliche  Beeiehung  auf  £r« 
eignisse  der  Zukunft  unterlegt;  Jes.  55,  3.  ist  so  äugen« 
aeheinJieh  heterogen,  dafs  man  kaum  begreift,  wie  die  Stelle 
Bor.mit  der  Auferstehung  Jesu  bat  in  Bezit>bung  gebracht 
werden  Ldnnen ;  Jes.  53.  besiebt  sich  entschieden  auf  ein 
in  immer  neuen  Gliedern  wiederaoflebendes  Collektivsub« 
ject;  Hosea  6.  unverkennbar  bildlieh  auf  Volk  und  Staat 
laraäl;  endlich  die  Houptstelle,  Ps.  16.,  kann  nur  auf  ei- 
nen Frommen  gedeutet  werden , .  welcher  durch  Jehova's 
Hülfe  einer  Todesgefahr  su  entrinnen  hofft,  und  zwar  nicht 
in  der  Art,  dad  er^  wie  Jesus,  aus  dem  Grabe  w  icder  her- 


94i  '  Drirtrr  Ahsdhnittt 

vopgtben ,  •onilem  gar  nliAit  wf rktloh  fit  ilas^be  veruMtt 
weiHiM  wflrde,  vAratebt  steh,  fttefs  nnr  ror  der -HiiimI.  anil 
«tft  A^m  Vorbehalt,  aetoer  Zeit  allerdlfi^s  der  Mator  dmi 
Tribut  mm  etitrithteo  <')|  wai  aaf  Jesam  wtederam  nleht 
pasien  wflrde«  flMtte  also  ein  ObernatCIrliehes  Princtp  In 
J^tn ,  ein  prophetlacher  fielst ,  Ihn  In  diesen  A.  T.Üobeit 
Oesebieliten  und  ütellrn  ein»  Vorandentann  seiner  Anfer* 
stehnnf  (iodea  lasseni  so  könnte,  d#  In  keiner  derseIHrn 
eine  solohe  Beidehttny  wirklich  liegt  ^  der  Geist  tn  Sh« 
nteht  der  Geist  der  Wahrheit,  sondern  er  nirste  ein  Llh 
gengelst  gewesen  sein,  das  llbernatQrUehe  Prinölp  In  Ihm 
iiioht  ein  göttliches,  sondern  ein  dKmonisches«  Bleibt,  nm 
dieser  Conseqaens  sn  entgehen ,  dem  für  rer^tftndlge  Ans« 
Jegung  des  A.  T.  eugXngllchen  Snpranatnrallsten  nichts 
übrig,  als  das  Vorherwissen  Jesu  von  seiner  Anferstehanf 
eis  ein  natdrllch-aienschtlches  Kn  betrachten:  so  war  die 
Auferstehung,  als  Wunder  genommen,  ein  GehelmnlTs  dst 
göttllebeQ  Itathschlusses ,  in  welches  einaudringen  de« 
niefisohllohen  Verstände  Tor  dem  Erfolg  onmögUeh  war; 
nJ«  netllrlteher  Erfiilg  angesehen  aber  war  sie  der  unbere« 
(fhenbunste  Zufall,  wenn  man'  nicht  einen  von  Jean  und  sei« 
nen  Verbündeten  planmifslg  herbeigeführten  Scheintod  lUH 
Rthmen  wUlt 

Also  nach  dem  Erfbig  erst  {et  so  Voraoaeieht  wie 
Voraussage  der  Auferstehung  Jesu  beigelegt,  und  nun  war 
es  euch  bei  der  bodenlosen  Willkühr  Jüdischer  Exegese 
den  Jüngern  und  Verfassern  der  N.  T.Uoben  Schriften  ein 
lielchtea,  Im  A,  T«  Vorbilder  und  Weissagungen  auf  die 
Wiederbelebung  ihres  Messias  aufaufinden«  Nicht  als  eb 
sie  Aietk  mit  schlauer  AbetchtUebkeit,  und  aelbst  ?en  dsr 
Ntcht^elt  ihrer  Anstegungs«  und  Schlefsweise  übereeegtf 
gethan  httten,  wie  der  WaMsnbüttler  Fregasmttat  und  ioh 
dre  seinesgleichen  Metern ;  sendtrn  wie  es  dem,  der  in  4ii 


»)  it  PS  Wsne,  Comm.  Vbw  die  nsbnee)  S,  m« 


iiinsleht,  Ihr  BiM  erUioMl^  so  MiHMr  ite,  ihuHib  »m  IW- 
gfUttrmmg  für  dan  netten  MeMiM  gehlemlet,  fai  de«  eiiicl^ 
ll^eo  Bnehe,  im  «e  lasen,  4eai  ▲•  T.y  ihn  Obenill^  smt  ih« 
re,  in  den  wahren  Gefiliitder&fHMigmigtlefaier  Bedlifw 
nieBe  gegrQmliCe  Vberseogunfr,  <iafar  Jeane-  der  Jleaaiaieeiy 
ein  OefftU  und  eine  Überrengteg/  die  nneh  pdr  neek  eb- 
ran^  griff,  aebeld  es  aieh  inni  i  ifleijenaniftüdge  Uewelse 
hnndelle,  nneh  Statnen,  wilohe  iCngal-fabredw«  aindy  und 
9dUmt  dnreh  ^»  eifMgete  BemMMn  einer  hinter  der  Zeit 
— rflökgehttebenea   Kxegete   nkhl  BMbr  hnkhar   gtniaeht 


S-    114* 

Me  Aadea  Jtta  mon  seinar  Pamtia.    Britik  dar  vartahle- 
danan  Aut>lagua^aii. . 

Deeh  nieht  allein  deia  er  drei  Tagefneeh  aefamn  Te. 
de  wieder  anflehen  werde,  um  -  sieb  aalnen  Frennden  em 
ae%en,  iondem  aueh,  dab  er  apitar  einpal,  ndüen  in  der 
Dmagaalacelt,  welebe  aneh  die  Zeratttrang  des  Teaipela  In 
Jarvaalani  herbeÜbbren  xollle ,  in  den  Wolken  daa  Uiaunela 
keaaMn  werde,  nm  die  gtfgenwivlige  Weltpertode  abnn« 
eabllelsen,  und  durah  ein  allgaaeinea  flarioht  die  kfinfti^ 
nn  heginnen,  hat  Jeaoa  den  evangelieben  Naobriahten  n»- 
folge  reaansgesagt  (Mattk  M»  and  U.  Mar^  13.  IdUK  17| 
M-S7.  M,  ft-MO* 

Ak  Jeans  nnm  leCstennude  nne  dem  Tenpel  gieng  (Uh 
luie  hat  dieae  Beatiianinng  ninht)  nnd  seine  JOnger  (Iah 
fcaa  nnbesUMiMiit:  Kinige>  ihn  nnf  den  berrüeken  Dan  hnp 
wnndemd  nnAnerksani  maebtln,  gab  er  i^nen  die  Versi* 
}f  daCi  allea,  wle^rfe  ea  da  leben,  ton  tirt^  ane 
stire  wüpden  «firde  (Matlb.  i4,  1.  %  pereli.).  Anf 
die  Frage  der  Jlnger^  wann  dieCa  geaaliehan,  und  was  dna 
Zeiahenivder  Ihrer  Aosloht  nach  damit  nuaaaimenh£ngenden 
Ankmift  dea  Heasiae  •Ak  werde  iV.  i.)^  wnrni  sie  Jeausy 


Mk  aklit  4«idi  Lmm^   wsleb  dali  fkInWMi  49^  ik« 


«»4  4w€h  die  Maimuig,  fMdi  Bntrh 
Vurwridiin  ibMjw  -dJa  fWfiiiCeia  KMatfrephe 
Mg««  ^  irreUhrm  so  lataen ;  denn  Kriefe  «nd  KHeituffe* 
pifli»,  lütapfe  TOfi  Vdiluni  »itd  fteIelft«Hi  ygciwinawder, 
Uwfiwndii  Pmttt  unA  SwUmImii  da  «nd  deri,  Mien  nvr 
dl*  erg>an  Aaftivf«  de«  El#Md«t,  weleliM  der  Ankmift  de« 
BfeftUt  vermfelMieperdefV^i-*-^).  Aeelieieseika^s^tiie 
Anhinger  werde»  evfer  neeb  Baftt  Veifelfaef  nnd  McmH 
•ber  aieh  ergeben  leewii  mMutm ;  Tresleeigkek^  Vemith, 
Tfiiieeheag4liiffeb  fideohe.PMphelen,  UehUigUU  ud  «U- 
geeieines  Sittenrerderben  werde  anter  den  Meaeebes  eiareio 
een ,  RogleSob  aber  mfiste  die  fieltehaft  reoi  Meedetreiali 
neoh  vorher  in  Aw  gaoaen  Welt  verkfindigt  werden ;  oaok 
aUen  djeaei  efet  kOmie  das  Ende  der  Jetaigen  Weltperio« 
de  eintreten,  auf  weichet  mit  Standhaftigk^  harrai  Hdle- 
ae»  wer  an  deai  GlAeke  derhioftigeB  Antheil  bekomsen 
woUe  (V.  f— 14.>  Kin  näheret  Yorec4ehen  tebon  veti 
dieter  Katattropbe  tei  die  ErflÜlnng  dee  Oanieliteheo  Om- 
k«It  Ol»  «7.)  von  dem  an  beiliger  Stätte  anfkntteilmdeM 
Verwdttongtgrieel  (nach  Lukat,  Sl,  StO,  die  lJnieteilfffii|r 
ileretalewt  doreb  Kriegtfaeert> ;  wenn  dietet  etatrete, 
dann  tei  et  (naeh  Lukat,  weil  die  Verödung  Jemtaleoui  iie» 
i^erttehe,  welche. L«e.  19^  4ft  f.-in  eine«*  Anrede  Jetn  a« 
die  Stadt  daroh  ntQißaiJm»  ok^x^^  oo  ^o^oxa  «K^e,   ttcil 

tm  xci  rie  finra  ao  ^  oei,  nai  ex  üfrwmv  i¥  üA  IL^v 
inl  Xl»v  niher  bet(taimt.ltt>  die  bdehtte  ZeH  mr  tehlei». 
nigtlen  Flacht,  bei  welclMr  aUe  am  tehnellen  Fortlu>mmea 
Gehinderte  s«  bedanern,  und  Ten  welcher,  dafii  tie  t«  bei« 
ne  oi^attige  Zeit  fetten  mäge^  aagelege«dlch  an  wteeehen 
tei ;  denn  et  trete  daan  eine  beltpieileee  Drai«|[takMit  eki 
(nach  Lnc  V*  t4*  baopttichiich  darin  bettehend ,  -dalt  veat 
Volk  ItHäl  riete  «ladLOflunen,  andere  gefangen  weggeAbre, 
dertifalem   aber J*  eine    rovberbettllimte   Pwiede  bindmeh 


EMt««   ÜA^itek    t«1t4.  S4» 


ifiwileinrDlb  Abkftrsmig  Ihfer  Dimer  i^on  gtüi  B^tbm  «•• 
Rtektielit  Mf  «UeEnvÜiltM  ertriKlIib  wmk  (V.  l$«^4i^^ 
Um  itttee  ihit  wmibfi  fUMlie  Prepbeton  imd  Mmfaüe^ 
cfcirth  W«iHl#r  und  Zeithm  sn  ^iMielim  fueben,  and  iW 
oder  Aort  den  BkMtM  s«  seij|;m  fvrspveelMi  r  da  doth 
«!•  Mtri—  j  d«r  Irgendwo  rerhoiyn  wire  niwljmfgmiülil 
werden  mirtie,  bBia  wnhrer  eeki  klnne,  imb«  deaeenr  An* 
kmift  wie  de»4ietWtgn  des  BRtees  eine  pMtsillehe,  gfcerair 
hin  Arln|[ende  (Mfenbmpnng  sei,  nnd  ebensobeld  aleb  imi 
Ihn  die  beetfniaiten  Anhlnirer  8iiin«eln  werden  (V*  tS 
— fS  >  Onttillelbftr  neeb  dieter  Orangmleeek  werde  tloh 
nfM  dvrolK  Verfineterang  ron  Sonne  nnd  Mond,  dnrdi 
HerebAillen  der  Sterne  and  Ersehttttornng  aller  UrMifce  des 
HlfnnMrtt,  die  fetohelnnng  des  NoMlae  eialelleni  Weleher 
sofort  noB  Sehreeken  der  Erdenl^ewohner  wtt  groÜMr 
H«*rltcbkeit  In  den  Wolken  dea^  flinmela  dahefkoaiinen,^ 
Hnd  alakeld  dnreh  Engel  mit  Trompetentchall  aeine  Er^ 
wlkben  Ton  allen  Enden  der  Erde  aoaaonnennrfen  laasen 
werde  (Vt  20— Sl.)»  An  den- rergenannlen  Zeldien  aei die 
Mfhe  der  angegebenen  Katastrophe  ao  aieber,  wie  an  dem 
Avsseblagen  des  FeigenbanaM  die  Nähe  de«  SomaMra,  b« 
erkennen ;  nooh  daa  gegenwiCrtlge  Zeitalter  werde ,  liel  al- 
laai  was  sMier  sei,  daa  Alles  erleben,  ebgleieh  der  genant 
re  Termin  nnr  Oott  allein  bekannt  sei  (V.  S2-30.).  Wie 
aller  die  Menaehen  seien  (das  Folgende  haben  Markos  nnd 
Lukas  Ihetfs  gar  nieht,  tbeUa  nldit  in  dieseai  ZttsaoMnen- 
bnng),  so  werden  sie  aaeh  die  Anknnft  dea  Messias,  wie 
efawl  die  der  Sfindflatb,  nrit  lelchteinniger  Sieherbeil  her« 
anrfteken  laasen  (V.  ST-^MOs  «^  doeh  werde  es  ela 
gnaaofil  krUisober  Zeitpnnbt  sein,  der  dkjenlgea,  weloiie 
in  den  nXdisten  Vittilltnltiim  gestanden,  gana  entgegen- 
gesetatem  Loos  Überantworten  werde  (V.  40.  4I*)*  Danun 
sei  Waehaaoikett  netb  (V,  42.),  wie  imnier,  wenn  von  ei- 
entscbrtdeoden  Erfolge  der  Zeitpunkt  seines  B^tref- 


Zt^  »wltfw  hh^timltu 


hcvm  Md  DM  (V.  4S«  44.),  vmi  KMohto ,  dea  dkr  var- 
liiiaili  flbrr  dte  AmkUbt  Umtöm  Hiatirtgga  Mfwr- 
tHMl  iV.  4ft— il.)«  teaer  tm  ikn  Ui^m  tmi  thifiditia 
JüBgfoMMn  (i5»  1— U*)9  endUdk  vm  dan.TaliaH«  (V.  14 
— MO9  vamptali— Muhr  wird.  HtarMf  folgt 
bM^dot  ffatottahin  OerMrti,  wMkm  imp  HoüiM.! 
alfo  ViWMr  lMkii^  ud  1«  woIcIm«  «r  Mdb  d«r  lUfbiielH, 
ob  «Mr  dit  PttdMM  dar  M« 
libit«ii^r*^atetliaba»  Seligkail  odar  Vardaartiaifc 
werde  (?.  11—44.)  <> 

In  dieiea  iUdaa  tgadlgl  aha  Jeeae  fcald  Ui»*^  Mj 
M.)  naoh  derfenlgaa  l)rmngsal|  im  irelaKir  mtt  irnrnrnrnKt* 
iWih  nueh  der  OarateMang  des  Lakatevaagettma«)  'die  Zar» 
st4rang^  Jerataleaif  and  eeinee  Teaipeli  erfceaaen  aiigetn, 
uad  «o,  daTt  ee  die  Qeneratfea  aalBer  Zeitgeuaitea  iij 
y&¥Bä  cAvf}  ¥•  M«)  nooh  eritbea  warda,  eeine  eiehibwa 
Wiederkanft  in  den  Wolken  aad  das  Ende  der.gigea* 
wärdgea  Zrftperlode  an.  Da  non  bald  tot  18M  Jabran 
die  ZertMniag  der  f4disehen  Hanptetadt  erfolgt ,  and  ( 
8olan|{e  bor  die  ZeitgenoMeneohaft  Jota  aasgettorbea, 
•Mitbere  Wiederkanft  aber  and  das  von  ihm  aüt  deraet- 
ben  in  Verbladang  getetate  Weltende  aoeh  iaiaier  nielit  ai»* 
^treten  iet:  eo  eebeint  iniofem  die  VoriierYerkfiad%aaf 
•Uta  eine  irrige  gewesen  aa  seiD.  Seban  in  der  ilteeiatt 
obriedtobea  Zeit ,  da  die  Wiederkaaft  Cbrisll  rfeh  länger 
veraog,  alt  auw  eieh  gedaebt  batte^  ttaaden,  aaeh  ••  Pata.- 
3)  3  f.  Spfttter  arft  der  Frage  aaf  t  n6  i^w  ij  -ifutf/üim 
%!js  mtQB^lag  ain;  of  ^  yaif  öl  Mo^g  woifuj&f/omp^ 
nmta  Svm  iutfihm  an  igx^  uUömog.  la  neaerer  Zelt  iet 
die  naabtbeliige  Folgeraag » •  welebe  ant  deai  beaeiebaatea 
Verhiitnift  gegen  Jeeva  aad  diailApeatel  tieh  eebeiabar 


i)  V^.    ttbar  dtnfUhall   und    Zutaaunenhang  dieter    Redtm 
FmvMo^»  ia  Mattli.  p.  69S  ff. 


Ei^rtM  Kapitel.    S«*«4. 


«Im,    ab  Tofi  dam   WolfeiiMtfkr  VMgMMtklHi*  ^fbdm^ 
\f9tM§9nag'in  dar  gt^nmn  Schrift,  *awtet  er^««l4M£4M 
aUitn  Sdto  batthRiatar  rorfrairageii ,  mmt  4mt  >iAi'iM>n 
barer  lUeah  beAuidei»  werden,  als  dieee^  leiiehedeidi^ei' 
der^rviMbtaleii  det  geMiamteii  OMetowdiMieUldik'  lOiid 
•war  iiebe  er  darin  Meht  elaeii  Uoften  hnAmMii^^täimm* 
etnemabeielitlielien  Betrai;  der  Apeetel  <deaea^   «üA  ^■lüij 
J^Mi  telbet,  er  jenes  Vrmpreeliea  and  die  ee 
Beden  BueehreHü),  liereei^e(r<«ngrn^  ans  d^ 
kelt,   dte  Leute,  ron  deren  Beitrl||en  ale  Hiva»  I 
iMlen  wölken,  dereh  da«  Verepreelieo  einer  nahiü  lelf  b 
Mg  aaMleoken,  md  ke^nbar  an  der  Kahlbeit,  iOfc  wnla 
ile  den  «M  dtai  nünnlangen  Veiwgder  WiederirwJI 
<^bHM  erwaebeendtn  Zweifeln ,  wie  Faulns  ialtai  Tbae>^ 
eekmieberbrief  doreh^  Vertlrelupieien  mit  dankiln  Hedane 
nrtenr  nnd  gar  Pelme  in  eelaier  nweiten  Epietol  dnreh  dae 
Dngebenre  einer  Berafniig  anf  die  gtfitliehe  Zetoeehnung^ 
In  weioher  MM  Jahre  «  einem  Tage  eeien ,  ma  entgehen 
endien  •> 

Der  tMlliehen  Wmde,  welehe  man  durah  eelehe  Vnl« 
gemngen  ane  dem  vor  nne  liegenden  Ahtehnitte  dem  Chrl* 
aleirthnm  beibringen  wettle,  mnfiite  nattfrlleh  die  Exegeae 
«rf  Jede  Weite  anaanbengen  anehen«  Und  nwar  näher,  i* 
dem  der  gnnn»  Knoten  darin  beataht,  deft  deana  mit  etwaa 
nnnmehr  lingal  Vergangenem  in  nnmktelbaren  Zeltnoeam» 
menbang  etwaa  neeh  launer  ZnbinlUgee  «i  aataen  ■abejati 
ao  waren  die  drei  Anewege  aidgUeh  t  entweder  nn  liugnen, 
dn£i  deana  mm  Tbett  aneh  von  etwaa  jelot  aeben  Vergan» 
genem  apreehe ,  nnd  iltfi  von  lantar  nanh  laimar  Znfcinftt» 
gem  reden  an  iaaaen;  oder  nn  lingnen ,  doTa  ein  Thell  aal« 
ner  Rede  etwaa  nooh  Jetat  ZnkAnftigea  betreife,  aoaüt  die 
ganao  Voranaaagnng  auf  etwaa  baraita  liinter  nna  Liegen« 


i)  Vam  Zweck  Jem  und  teinev.  Magar,  t.  184.  fOl  ft.  JD7  f. 


Irritier  AkMchmiH^rA 

im'wm  tiaiiliisiit;  •dnc,  endKoh  mwmt  ««siigiBhen^  d«Gi  dar 
Vnmig  Jmi  tIliUt  ftitf  fi^lclm,  wm  mm  mImb  «in  V«i^ 
giuigdMi)  tlMlk  a«f  80M168,  was  uns  Mab  ein  ZttkAirf- 
tifasia^  aiab  baaiebB,  aber  EaÜiigiien^  daft  er  svlaehaa 
baMaoi  ehMr  «Maittelbare  ZeUialfa  Ubahavplat  halM. 
^  H  «IndariirdirÜdieheii  firwartmgilarWiaiksfcuft€lMriali 
wm$M  Maad,  und  -sngleioh  in  (|eregnkar  Esegaae  nicht  aa 
geftbt^  fom  «bar  einige  flftrtan  einer  adnat  erwAnaahten.fi<)- 
Idaiawig  nieht  binwagaeben  an  können ,  ^ogen  eifiife  Mir^ 
e^NItar,  wielrentaa  nnd  Uilanina  0,  4ea  gmnnen  Ab« 
itbilir  ydn  arinem  Anfang  Ma«th.  24,  Ua  «1  aelnani  £nda 
Ka^  45 ,  an»  die  noeh  b^eratahande  Winderknnik  ChriaÜ 
mkum  Sariebt»  Allein  ^  indem  dieae  Anaiagnngaweian  na» 
glail»b  ^nrinjnt,  van  tome  berefai  bebe  Jeana  nla  Vjfm 
dieaer  letzten  Kalastro|ibe  die  Zeratttmng  Jemaatema  ge* 
bvaneht:  ae  glebt  aie  damit  aieb  aelbat  wieder  anf^  detm 
was  helfrt  Jenes  Zugeständnis  andere  ^  als  dafii  dar  Anfang 
dar  fraglieben  Reden  Enniebat  den  Eindmek  maeba,  wie 
wenn  ven  der  Zeratörnng  Jemsalaaiay  alae  etwaa  benüs 
Vergangenem  9  die  Rede  wäre,  nnd  dafa  unreine  weitere 
fteflexlen  nnd  'Combination  denselben  eine  Beniebang  anf 
etwas  neeb  in  der  Zukunft  Liegendes  geben  könne. 

Dar  neuere  Rationalismus ,  welobem  in  aainen  natnMu- 
iatiaohen  Anfängen  Jede  OoiEiung  anf  die  Wlederkni^ 
Obristi  nu  Nichte  gewerden  war,  und  weiaber,  um  das 
Ibia  MlftAÜliga  aus  der  Sebrift  wegsnbrinfan,  Jede  exege- 
tiaehe  Gewaittfant  sich  erlaubte  ,  urarf  sich  de&wegen  «itf 
die  entgegeiigesetste  Seite,  nnd  wagte  den  Veraneh,  die  bn- 
tveffmden  Anden  Jean  in  ihvem  gmnaen  Verianf  nnr  nnf 
die  Zerstönuig  Jeraaalema ,  nnd  was  ibr  nnnäehst  ra 


3)  Jener  adv.  haeret.  5,  25»  dieser  Gomm.  in  Matth.  z.  d.  St. 
Vergl.  über  die  verschiedenen  Ausleguilgen  «fieses  Abschnitts 
das  Verseichniss  hei  Scmotv,  Gommentariiu  in  eos  J.  Chr. 
termoiiasy  qm  de  fedita  ejus  ad  j^diciHm^  —  sgunt,  p.  7i  S, 


£i«vt««itjipit«L.it»  114. 


gSMif  «Ml  Algle^  m  bMtehei  f).     tümn 

Arfh^ren  4<rj»4ü  ifc^bekbifaehwi  WtkgettatamgfidbiteMi 
ihr  AnbMik  €l»Mi  in  dm  Woifcm  Geübte  t^mMMIbi^ 
Btisdail— ity  4er  Vertoiitaag  «nd  i«»4Mt9ir4«inir  %ih»; 
A»^  V«rsMMil«ii|r  Anp  IMÜBt  «m  Ocrkiift  mmI  4(piXetM^ 
Miig  <hr  «iiiefi  in  dl»  SMgktte,  d«r  Mid<M«tordiMRI^ 
4*»niiittü  €ln  BU4  «in  die  begIMiMdm  Felgtet^eki^  pm^ 
«b#  dt#  Aaelgwnag  der  iielMpe  «nd  SmIw  if^  Md  4pMlle 
Cbely  welehe  die  GMehgOklgheit  eder  ger  Fidirfietofti^ 
gen  dieriibei  idiUlidMi  fillure.     AUei«  hieM  dvvirdf^eWiJib^ 

•umd  der  BÜdefk.vM»  de»  Ideen  — g -rmii  HndeMnail 

m  efeh  «erlOcr^i«!«  te  JleseAdem  ider  alekt  dIedUindIt, 
we^defutM-i^ieeb  GehUdet^redettd^  -^  ii rf  «■(faij  idefi 
ele,  we  er  MB  A^kMik  dee  Meetks  ;M  d*i..W(»lki*y  m» 
üwMkt  wunA  Ende  der  gegeiiwJMIgeB  WekfdWjKfe:ü^ 
i»  jigoirtitehilen  Veveteade  nelmiea  wHidte.  *.«  :U 
'  Übt  «Mf-dleM  Webe  die  Bede  deea  ,ii»ef  «Mften 
Ltage  Beeb  wider  «afdle  Zeretdrnnf  ifar  Jftdhofcftn  "B^m¥, 
etif  die  Veeg&i^  am  Ende  iear  f>mgi  siell«  hneinhi : 
ele  auf  etamt  von  Mdem  Veveehtedte^  hetogen 
in,  «renn.Jedeeauil  an  eiseni  «nd  nhnndunMfiltMin  Hkg 
jmm  gidappakelJMnigfiebiidft  haften  würde.  80  4»kirUi^t 
4kB  Siebe  nieiit  y  eondeni  wikvend  anf  dee  Uvm  Eddcuder 
Welfr  niekt  keMgen  werden  kann  9  .was  IfatäuitMf  %k  ß. 
a§£  Ten  Vecevtf^aag  des  Teoipek  ■•  e.  ww  i^eetg^^^fad: 
hmm  naifeliekrt  anf  die  Zerttfomig  JeraeekaM,  4ai  ididit 
gehen,  waa  U,  31  ff*  ren  dem  dareh  dee  Meneeken  «Sahn 
an.  halieyden  fiartehle  rerhtodig«  ift.  Indem  bienaeh  in  d^ 
Jlede  Jee«  .ran  rem  herein  die  Besiehnng  auf  die  Zerstd- 
rang  Jemualemi ,   nach  hinten  an  aber  die  anf  das  Ende 


4)  BiJouMTf  tlbertettimg  des  N.  T.,  1,  S*  1105^  Stie  Ausg.; 
EcMMmmAWKy  Handbuch  der  Glaukentlehre^  2f  S«  579.  ^  8. 427« 
457.  709  ff«;  und  Andere^  bei  Sohoxti  a«  a«  0« 


iAi9ilMi#»4i0T»ri«egmite  httm^ifd  ein«  Tfa^ÜMg  «flg- 
84M»^;ia  d»  Art,  dafe  ihr  erale  Tiiril  >d«r  RUa  Mrf|0m 
»allwt*M  i;  4tr  awdie  aaf  dtotan  #iuIhM«m  JirA%  fc^io* 
d^püt^WmAMi  luum«  '  INdb  M  iler  roainlM  iieiifwi  jwimiH 
:  a^gkiiwi  ^^ImgßtMagmm  MilleliMg  f.  Iieistrdofcil  #»  «bh 
-iMiriJigi^  <if»  iler»  filiKohoitt  ra  aadbtii  Jitj  wcMtr  bflWe 
*«|»ilil»t«fe  «iMwItr  iMimt.  ^ft'  Mlrtw  N^ll«  «fa  m§b^ 
-iM^  tüiiiWilrfn  rdrataritehükb  die  gftnM&l|  foa  d«ti7iiwli* 
•Itaiiii^  IwiAai  U».«uii  jttii9Neli^hg9.Mds«i  iMttAiuiftlish 
^üT/ieifNwi  wa  nwkrgrw  jtf h|la«>üiirteo^  WrtriiifwiUt  w 
-4*tt^«to>  mifi  mn  dmkeii^  kenilllfehühMtlilHüi, .  «ad 
ifMilghih^Jeteli»  md  lait   UhurriMtÜB—wg  Ml  fladm  Mii. 

tSiiM  Ma  g«tM  V#rMfabm  fifr  4lle>ui»ar«p«Mi^wif, 
dhie'ÜbereiiMtlwwmgTvrgeMieh  inrin,  Hniiafcr 
4«ü  mvdiMenstrn  Örcnti  4ir  iUd#  Je«i  jmmt  Ak« 

0^  nf  dUr  «tMn  Beile  90  viel  wNeUeden  •*  üfe 

•liilep  y }  dale  «eoigeteos   der  SeMoft  des  Mton  ftepiteb| 

INH'^/Al;^  «i^  aik  dM  Reden  von  dmm  feteHUeheB  €MdMt| 

:  lerfeheel dt»  Jieeaüit  >  roB  den  Kagelii  uageiwii,  lÜMr  eUf 

Mie«lker  iHikea  werde,    niekt  auf  dieZek  der  aorettowg 

jjfcfielhwe  beMge^  werde«   ktaaei  ee  'gkidMe«  Maaehe 

^  gWeeldgea  Uer  die  Drtfnse  ebetoekn,  «od  Ue  M,  J».  Mver 

^<lie*aettielMag  «if  dn  finde  dee  jfldleehen' Simlee  feeduil- 

**leA  011  fcAnti0il,^i«n  d«  an  alier  Boni  W^llgM-iekt  aoii  Kade 

iderOtig« tbeigehen  «a  aMtoeen  ^>     Aiaftlh«  AiaCi  bd  dk- 

Imt  ii^  Handy  4»tien  diafe,  die  grafee  Klafc^;  welehe  dar- 

*aMg^  awieeliea  Sft^  30.  and  ah  etattfiadbn  ayUErte, 

darek  ate*  ÜidbeiiM  de  keaelefanet  aa  eeken^  *^Oaa».abir 


1» 


5)  So  LieanooTy  s.  d.  St.;  Flait,  Comm.  de  noHone  rocii 
fimaiX9ia  r^r  iqavSwj  in  Vkltrusxm's  u.  A.  Sainiiilung9  2y461f-^ 
Säkky  EMdHning  (fcr  ITeiisagtingcn  Jesu  Yon  der  Zerttöni'og 

•  Jerutalenw  u.  t.  w.,  in  Bik^bl^s  A^clihr  2,  I,  S.  7^  f.,  und 
Aaderei  ••  bei  Sckoir^  S.  75  f. 


mhA  Udk<  nkht  luir  dM  rm  Sonnen  •  und  MowUjJnily- 
0{4«Bii,  £«4Mh*i>  pn4  herahfiiUe^dcn  Sternen  Qf^eagte  .i^i 
Mofime  BUd  ifilf  .den  Uoter^aC  ^  Jfidiechen  Stneto.»^ 
CMmni  eulrjli»,  „fendern  f  dab  Mf  Sh  ? o»  Sleeain#  geeist 
ittty  ibm  w«rde  mT  .den  Wi^^mo  iMMsmea,  dae  soU  Jke}«- 
aeni  miiinh»fc<»;.mte  Bfeebt»  de«  beifse:  nmr^imch  eeifie 
Wirliii^n  bM^MUmr;  «Je  vieler  HerrUebkeÜ,  d.>  f»it 
eitor  «oM^n,*  die  nM  Jene»  WMutnftn  werde  eee^fcjtftiiyn 
vverdep.  k^nen;  di^  allei  Vdlker  nneammeptrwin^äldf" 
äyfil$i:mkfHr  eotfen  die  predigenden  Apoetel  sein  ^> 

SäHl^himm^  dfr  Ymmdi,  Ton  hinten  ber^.fguhipfird 
ke(«i^,aÖ.  «i^QlheUen,  dmr^bdle  Unftb^kelt,  daß  w^i^r 
yerwcM»  J»M|^de  m  erkttrea.  In  eich  eel^t  nnji<^Bi»|i ; 
•n-liig  e$.9§i^.i  vnn  vorne  Jierein  nn  eehen,  hif  wiiJ^n^die 
.  Iteeiflliiing  nnf  die  nXeiiste  Znfcnnft  nolbweadig  fiiKjfuhpl- 
len.nei»  ji^d  4«  org*l»  flfoh  der  evete  Rj|hep«i>kt^Jiif^r 
14)40»;  denn  erns  Ue  dahin  ?on  Krieg  nnd andrer  N^, 
T^n  Arinel  im  Tempel,  von  der  NoibwendlgMt  sefUeAni- 
ger  Cinelil^  nm  MepieUosem  Elend  m  entgehen »  gtf#g< 
iat,  das  kann  «na  der  Beniebnng  nnt  Zeretörnng  JieriM^* 
Wma  ohne  diegiM^rsle  GewaU  nicht  §eriaeen  werden;  was 
eher  folgt,  vom  Eraelieinen  dae  MefuMDhenaohna  in  den  Wol- 
ken o,  ••£,  evbeiael^  eben  ao  dringend  eine  6esiehni|g  ttßt 
die  lernten  Dinge  ^h  fliehel  jadoeh  seheint  ^  snTdrdeitttt  on* 
begnetiiels .  wie  aum  den  nngebenrcn  Zeitranm,  weleber  ^Ji^h 
kei  (dieanr  JErkÜrnng  nwiaabM  den  einen  imd.and^m  Thfil 
der  Rede  l|Ut,  gerade  nwisehqik  awei  Verae  Uiyeinii^^ 
hnim,  welebe  Mattbine  dnreb  eife  Partikel  der  k^w0^$^n 
Zeit  i9i9^y  vefbindat.  Man  bat  dleeem  Übelatande^dm^rh 
die  Bebenpt««c  anmmweiebon  veranebt  i.  dufa  ^Mog  bi^ 
niebl  dif^eeboemr^  der  einen  Begebenbeil  auf  die  a^ 


g)  So  aamentlich  JAnr,  in  der  angeführten  Abh.    . 
7)  Sp  Sromnj  Opntc.  acad.  ft^  S.  Mff*    Favujt,  esegt  Haadb. 
5,  a,  S.  346  f.  402  t 


Ai  Dritter  Abacliattt.. 

4ere,   sondern  nor  das  itnerwartete  KIntrelen  ebies  firei]|»- 
niiTsifs  bezeichne,   and  Also  hier  nur  so  fiel  getagt  wenle: 
jilötifelfch  einmal   (unbestiiinit)   wie  lange)  nadh  jenen  His- 
«irUngnissen  bei  der  Zerstömng  JerosÜeiM  #efe4ednr  M^ 
*^Mas  siehtbar  erscheinen.      Ab^^eseiien  Al#oit'^|edoeh)    dafs 
'eilte  solche  Deaiung  von  6vd4(agy    nHe  OtiteMnr  rfcMg 
tfiebi,^iB  blofser  NeChbehrif  IfiH^  so  ist  dareb  dleaiiiis  -wAJkt 
dmftal  ^rkticb  geholfen,  indem  ntoht  idkiiv  der  paratWe 
Bliriitis  V.  M.  durch  sein  iy  ixeivaig  vtägr  ^ftSfune  pHu 
r^  dUipiv  ixely7]v  die  von  liier  an  gencMeCen  firfialgja  in 
dieselbe  Zeltreiiie  «it  den  0iir6r  erfiMUten  verlegt,  eendsra 
'koch  liurs   hernach   ilberelntthkiDiend  in   idlen-ftehll< 
'  (Bbttfi.  ?«  34«  paraH.)  die  Versichening  etoh-^ndeiv 
dieß  werde  noch  von  der  gegenwf rtigen  Generatlen  erlebt 
weissen:     Da  anf  diese   Weise   der  AnnslMc,   dalcTin 
^.''^9.   an  Alles  anf  die  Wiederkunft  ebristt  ftna  Welt- 
gericlit  gehe,  dnrch  den34ten  Vers  VemlbhtiingdiN»tole#*tto 
wurde  nunmehr,   wie  schon   der  WolfenbÜtiter- kingl  *)i 
'  das'  Wort  ysved  gefoltert ,  dafs  es  der  Voraassetmng  nicht 
mehr  entgegen    seih   sollte*    Bald  rnuAte/  es   die  jüdiscbs 
Nation  ^),    bald   dtte   Anhängerschaft  Jesn^'')  bedentea, 
und  Ton  der  einen   oder  andern  sollte  «lesns  sageti,  sie 
werde,    unbestimttt  irder  wierlelten  llenerailon,   bel^ 
Eintritt  Jener  Katastrophe   noch  vorhanden  kielnw      So  dai 
gedachten  *^ers  su  erklffn»n ,  daCyter  eine  Kettbeülmmaag 
gar  nicht  enthalte,    soll  setbet '  nottjnvendig  sein  in  Roek- 
aieht  anf  den  gleichfolg#nden  $5ten;  da  nämlich  InUiessbi 
Jesus  den  Zeir))unkt  Jener  Katas^ophe  au  bestimmen  Ar 
unmöglich  eridäre,  so  kenne  er  nieht  unmütelbar  Terber 
•Ine  solche    ßestimninng  gegeben   iMben  durch- die  *Vcni- 
dienüng^  dafii  seine  £citgen^sseh  iJbeh'  AUea  erleben  wir- 


8)  a.  a.  O.  8.  HS. 

9)  Sroaiky  a.  a.  O.    S.  S9.  IIS  ff. 
10)  Favws,  z.  d.  St. 


ItrMtt  H^pittl.    f.  114.  m 

dhn.  Idleft  4ti«d  Mgd^dha  SiMtilgtag,  iUs  y^via  im 
«II  daataD^  ifl  -liitfit  aus  ileai  Wege  ^esebalft  dareh  die 
Untereelieidiiiif  SfrligiMi  delr  nvf eftbren  Besetefanvog  des 
ZeitMMie,  ibev  den  Auf  frtogtiobe  KreignUe  nicht  hinaus- 
fsUen  ^eide  (}^^),  wel«ke^  Jesäs  g^br,  and  der  genstiea 
BesOaiiiNig  des.ZeilpoiAu  <i}jui^  icoi  ai^)>  in  welchem 
es  eintpeien  «tawie  y  die  er  nieht  geben  mxl  bOfaneii  versi- 
cbert  ^^.  Deeb  selbe«  die  MfgliebiLek,  ytHot,^  efne  der  an* 
gfigebenen  Artett-cu  deuten  ,  ?ersidlhif ladet ,  Metm  man  er- 
lägt,  daTs  in  Verbindnog  teit  etoem  Verbam  der  Z^it  und 
ohne  .aewtige  BestiiMrang  ^r^yea  innidglicb  eiiie  andre  als 
seine  nriprangliobe  Bedeiiiiing:  tieneration}  Zeltalter«  %a« 
he»  kÄSHi ;  dafi-  in  eiae«  Znasaniiaenhaag^  wric^iar  die  Zo- 
knnlt  dae  Messias  durah  Zeieheii  an' bestimmen  sacht  ^  ein 
Attsspraoh  ^Übel  pustfen  wöi-de,  der,  statt' über  dM  Ein'» 
taki  Jeter  Kertastrophe  etwas  aus£Qsa|en,  iridmehr  Von  der 
JDaner  des  j«dUehen  Volki  odet^  der  ehrbtUdhäni  ibemeinde 
bandeli*,  Ten  wieloher  gar  nicht  die  Rede  waVf  dafi  aoch 
sehen  V»  U*  fe  dem  iffitlgZxatß  Idj^ze  n&na  tavtoj 
ymioiWf^  x..t.  iU  Toransges^at  ist,  die  Angeredeten  wfir- 
den  die  Aiinibemg  di>s  fraglichen  Ereignivses  Jn'oöh  erle- 
ben jdndücb,  däCi  an  einer  andern  Stelle  (Matth.  16,  28. 
iMnilL).  die  Versichening ,  die  Ankunft  des  JHenschftJsobns 
jieeb  Ml  mrleben  9  statt  ron  der  yevea  avzi]  geradtffen  von 
viel  w^  ^e  k^uitwv  gegeben  wird ,  wodurch  Btib  £nt*>' 
ssbiidetidnte  dargetban  ist,  dafs  Jesus  aoch  an  onsrer  Stelle 
uater  Jenem  Ausdrupke  4as  GescMeefat  seiner  Zeitgenossen 
verstanden  bat,  welches  noch  oicht  ausgestorben ^sein  soll« 
te,  bis  jene  Matastropbe  eintreten  wdrde  ^^. 

findet,  sich  demnach  noch  V«  $4.  etwas,  das  anf  ein'' 
dem  Zeitalter  Jesu  sAfar  nahes  fireignUs  au  beaiehen  ist : 


11)  t.  Kooittft,  in  Mstth.  S.  649. 

12)  vgl,  dea  WolfcnbUttler  Fragmentittea,  s.  s.  0.  S.  190  ff.  ScaoTT 
«.  a.  O.    S.  127  ff. 

Das  Leben  Jem  2te  A^fl.  3-  Btmd.  ^ 


«D  knnn  nicht  scboa  ;r<^  IT.  St«  an  41«  Bade  Jmk  «of  dU« 
eiitfei^nte  fiade  cl^r  Wek  geben,  eondern.  man , ■»&  dem 
Einßchnitt  noch  ^tivae  weiter  h¥Ni«flri<^V'^vni)0hV,  dd.  oder 
42.  9etsen/;P«  ;4U!ain.hieM.Mi<iU,ii|A|iidiiaa  Aus^rOdM 
iin  Rückeqi  weiche  der  Peoti^ig  enf  die  Zeb  fien  ^ewmmk* 
If.me  Zei^störnng^  die  |immi  dem  AbtehnMt  ki»  ^at-den  -he- 
seichneten  Vqf899  g^hep  *^Ui>  widei«trebe»;'meA  ««&  in 
den  Rede^  %(^  dem  herrlichen  Kitomen  ObriiÜ  auf  den 
Wolken  nnd  dep  ^erfammeln  aller  Völker  dnreh  Eagel 
(V.  30.  f.)  dlfaelhisn  uegebfiiiren  Tropm  finden^  an  weleheo^ 
wie  wir  oben  gesehen  haben 9.  eine. andere  .Abtfieilwi^  ge- 
scheitert ist, .       ,  ,  1  .         ' 

Bit  auf.di^e  Weise  der  f^af^mh  Y.  34,  wielehefv 
sammt  4®r  voranget^end^ii  IS^ldeviiBilB  ?om  Fetgenhanm  <ILt 
32  fO  und  der  angehangen  Qekrftftigoiig  (V.  3S.)9  mut  ein 
sehr  nahes,  l^rfdgnilis ,aich  beai^hw  nmis,  ßQwAl.^k^Mgk 
torwärts  ftfi^en). welche  nur  anf  die  f€ii9»,Katasinlpli0ge» 
hen  können,  als  a«ch  rttqfcwftrts  bereits  eben  selohei  m 
scheint  er  in  dem  Cantexte  der  übrigen  Redb  ala  Oase  vmi 
eigenthamlichem  Sini^  mitten,  ipn$  na  iiegiKi»     Se  pimaU 
ScuoTT  an,  nachdem  Jesns  bis  V.  20.  ]re»rder  ZerstMgang 
Jerusalems  gespreeliWs  *^i  ^^  awar  V«  XJ*  auf  die.£relg^- 
nisse  i^^ndc^   der    jetzigen   WeJtperiode  ilbei^gsg^ngeiH, 
V.  ,32.  ab^r  komme  er  auf  das  die  Zerstörung:  Janawitemet 
Behreffi^de  surück,  und, fahre  erst  Y.  36.  ^wieder  Aber  das. 
Weltende  an  spredien  fort  ^    Allein  das  heiAti  In  der 
Veraweiflui^  den  Text  ferhaoken;   dmn  so  lUMmdentlicii 
nnd  springend  kann.Jefiu,   pooh  dann  ohne  in  der.  A«» 
einanderreihnng  der  S£tee  eine  AndmtMg.  s«  geMn,  u* 
möglich,  gesprochen  haben« 

Uas  soll  er  auch  nicht,  meint  die.neateete  Kritik, 


13)  Jones  Sl'sKxifo,  vermitchte  AufsKtze^  S.  90ff.^  dieses  RDiifS&, 
in  Matth.  p.  65S  S. 

14)  t.  dessen  Commentarlasy  z.  d.  Sl. 


Br«te4  Kapitel,    i.  in,  (5} 

dem  auf  Rechnung  der  Ref«i«iiten  Zolles  koinmen,  v«. 
eohiedene,  olefat  suaamiiieftg^hdHge  Ansftprdche  detd  nicht 
in  der  beeeen-  Oitfn^h^  ahelilknd^rgefrf||t'  mL'  faiben.    Mati. 
tfiltut  flpettMi,  Mumi  tfcflOi^  \IM,  %ctfW\i«P  dl^  Itedeff 
ata  hl  Blnem  Zage  ge^ri»dtotfi  rot,  and  üdl^'Williifti^  od^ 
Gewalt  ktfnna  «ie  In  dieser  HU^tchtlil^aiMeifreiMeni 
«Mkwerlleif  aber  habe  ^tan  setbst  ^liABfttdit'iSi^annB^n- 
hang  ttttd  mit  dtteem  Tbta/geprflge  tbrg0li*a^en  '^.  'Dl# 
Terachledenen  Momenre  'meiner  Zaknaft,    ittknt''Hraff'rUT^ 
ftftM  nnelclftbare  Parusie  aof^  ZerdU^fig^if^agitetei^  nni» 
seine  eigentliche  am  £nde  '4er  Dinge  ^  'M^  J^^  awar 
nlchl  anedrfIcUlcfa  gesondert  haben,  rfoMrläi^  er'tle  si- 
eber auc4i  nicht  positir  verbunden  >  sonderü/' 'ii^aVe&''siiU« 
schweigend  aneinanderreihte ,  das  set  ifcil  £tiuigelViten  der 
Dtf  nkellieit  des  Gegenstandesf  wegen  IneltfMidel*  f  üAlMft  n  (>^> 
Ufid  indem  hier  swisohen  Mattlähis  ttii^  Lnkai  dM'fliffe- 
renas  wiederkehrt,   dafii,   wali  Matthlns  In  £ilieii''Znsam* 
membange  gesprochen  sein  Iffist,  bei  Lukas  an  ?e»tchiedene 
Stellen  Tertfaeilt  Ist,  woeu  noch  Itetettt,    dafs  er  manchea 
?on  Matthltts  Mitgetheilte  theUs   gar  ilicbt,  thells  anders 
glebt:  so  glaubte  sich  ScHLfiiaBMACMA  ^^)  bereclMgt,  die 
Cihmposition  des  Matthftns  geradeau  aus  Lukas  au  rectiil- 
ciraA  und  au  behaupten ,   während  bei  Lukas  die  awei  ge* 
trennten  Reden,  17,  t%  tt.  und  21,  9'ft,  Jede  ihren  guten 
Zusammenhang  und  ihre  nnaweifelhafte  Beaiefaung  haben, 
sei   bei   Matthäus  (Kap.  24.  und  tS.)  durch  Vermengung 
jener  beiden  Vorträge  und  ffinsufilgung'  andef^eltiger.  Re* 
destfteke  sowohl  der  Zusammenbang  ?erdorben,  als  die  Be- 
aiehong  Tcrdunkelt  worden«     Soll  nun  aber  in  der  Rede 
Luc.  IL  für  sich  genommen  nichts  sein,  was  Aber  die  Be- 
aiehnng  auf  die  l£innahme  Jerusalems  uhd  das  damit  Zu* 


15)  Vber  das  Abendmahl,  S.  3J5  f. 

16)  über  den  Ursprung  dct  ersten  kanon.  Eraa^.  S.  1|9  ff. 

17)  ttber  dsA  Luiuis,  S.  315  IT.  HS  iL 


«♦ 


39a  DriUer  /rbtfbnttt. 

gai|»meiih|Uiteiide  binao^gttofe :  io  fiadet  sieh  chieb  a«ck 
hier  (V*)  27«  dai  ^ar#  oifßowm  rar  i/^y  ra  orft^;];»  iW" 
Heß!9^  iv  v^tpifijl»  ^^^  wetm  dieb  ScHLSismAcusft  als  blofiMi 
lUId  ftr^dit  fiiTage  J&obmmii4«  Kfiigidie  B^deMing  der 
urorba^fMtlpuieo  poUtUcbeo  üod  HAliirbegebeiiheltoB  er* 
blür$:  i^JUt  d^  .eine  fS^walUsoikeity  an  welcher  «eiJia^ 
gaQ£ft  Aiia^  .jmdfpi  VerbiltiiUe  der  beidea  Berkbte 
spbeitevt.  .  i^i^an  .e«f  diese  Weise  ia  der  VerlteApfeng 
d0$  jEyjf  ^  eil^r.  Oinge.  mit  der  Zeritörwiif  des  Tsm- 
yelf  »a  ^erm«LDA^DtA|ihSQa  iLeioeswegs  jJiain  stehl,  soih 
d)Brn  Ltt)^  si^  gleichfalls  maekt,  und  obnebia  Markos^  dsr 
in  diesejiii  A/^t^hnitt  einen  Aussog  aus  Matfhins  giebt:  is 
mag  Ewar.viellelcbC  auch  in  dieser  Rede  Jeev^  wie  in  am« 
dern,  d^f ^aie  mlUheJAen^  Majiehes  so  versehledeoeii  Zataa  6s« 
sproobeni»  CQsamaiengeseellt  sein;  aber  an  der  AnoabsM  bst 
man  fce^^  Raobt,  dals  gerade  das  auf  jene  beiden  naoh  es- 
srer  Vorf tellnng  so  weit  anseinanderliegenden  Begebenbci» 
ten  sieh  Beaiehende  di|s  NjchtansaauneAgehdrige  sei,  taaal 
wir  ans,  der  übereinstimmenden  Darstellung  d«r  fibrigM 
H.  T.lie^n  Schriften  ersehen,  dals  die  erste  GeoMiade  die 
Wiederk^ft  Christi  sammt  dem  finde  der  gegenw&Higsn 
Welr|)eriode  .als  nahe  bevorstehend  erwiirtete  (s«  1*  Ksr. 
10,  XL  15,  5L  Phil.  4,  6.  l.  Thess.  4,  15  ff.  Jae.5,^ 
1.  Petn  4,  7.  l.  Job.  2|  18.  Oflbnb.  1,  1.  X  1,  H-  '^ 
7.  10.  1%.  20. 

Ist  biemit.der  lotste  Versneh  gesebeitert,  die  grefte 
Kluft,  welche  auf  unsrem  bentigea  ätandponkte  awische« 
der  Zerßtörong  Jenisalems  und  dem  finde  aller  Diog®  ^' 
festigt  ist,  auch  In  die  vorliegenden  Reden  hineinsabris- 
gen:  so  sind  wir  thatoächlioh  belehrt,  dafs  jene  TreaiiuRg 
eben  nur  unsre  Vorstellnug  ist ,  die  Wir  in  die  Oarstellss| 
des  Textes  nicht  hineintragen  dürfen.  |Dnd  wenn  wir  ^ 
wffgen,  dafs  wir  die  Vorstellnng  von  jcn^r  Kloft  tmr  Aef 
Erfahrung  der  vielen  Jahrhunderte  verdanken ,  welche  n^^^ 
der  Zersr^jrnng  Jerusalems  verflossen  sind:  so  mub  ^  ^^ 


Erste«  Kapitel    1.  1I5.  357 

Mcht  werden,  uns  sn  denken,  wie  der  Urlieber  dieser 
Reden  9  welcher  diese  Erfabrang  noch  nicht  hinter  «ich 
hatte,  die  VorsteUong  hegen  konnte,  daPs  bald  nach  dem 
Fnlie  des  jüdischen  Uelfigtbums,  nach  JOdischer  Vorstellung 
des  Mittelpunkts  der  Jetzigen  Welt,  es  auch  mit  dieser 
selbst  ein  Ende  nehmen ,  und  der  Messias  cum  Gericht  er- 
seheineo  werde. 

Ursprung  der  Rsden  ttbcr  die  Parusie. 

In  dem  suletst  gesogenen  Resultat  über  die  nnsrer  Be- 
traeiilmif  roriiegenden  Reden  Ist  nun  aber  etwas  enthal- 
ten y  welefaes  sn  vermeiden  alle  bisher  beurtbeilten  falschen 
l^rUirangsversiiehe  gemaobt  worden  sind.  Hat  nlimlich 
Jesus  defa  rorgestdlt  and  ausgesprochen,  dars  bald 
naeh  dem  Falle  des  jddfschen  Hdligthums  seine  sichtbare 
Wiederkanft  und  das  Ende  deir  Welt  erfolgen  Merde,  vrüh« 
read  nun  s^t  jener  ersten  Katastrophe  fast  1800  Jahro 
hingegani^fi  sind ,  ohne  dafs  die  andere  eingetreten  w/tre  : 
60  hat  er  In  diesem  Stfleke  geirrt,  und  wer  nun  auch  der 
etegetitehan  Eridenu  so  riei  Aacbgiebt ,  um  in  jenem  Ro- 
subate  Ober  den  Sinn  der  vorffegenden  Reden  mit  uns  liber- 
einattstimaien ,  der  sncfht  doeh  aas  dogmatischen  R&cksicli« 
tau  dieser  Conse<{aena  desselben  aussaweichen. 

Bekanntlieh  hat  Hsnostxkbsro  in  Besag  auf  die  Ge* 
siebte  Aer  hebrilsehen  Propheten  die  Ansiebt  aufgebracht, 
welehe  auch  bei  Andern  Beiftdl  gefunden ,  es  haben  sich 
dem  geistigen  Schauen  dieser  MSnner  die  sukOnftlgen  Din« 
ge  nicht  sowohl  in  dem  Medium  der  Zelt,  als  vielmehr^des 
Raums,  gleichsam  als  grolse  Tableaut,  dargeboten,  wo« 
bei,  wie  diefs  bei  6em«lden  6der  Fernsichten  der  Fall  ist, 
das  Entfernteste  oft  anasittelbar  hinter  dem.  Nächsten  au 
•tehe«  geschienen.  Vorder*  and  Hintergrund  sich  miteinan« 
der  vermengt  haben :  und  dtose  Theorie  Ton  eii.pm  per« 
spectivisohen  Schauen  soll  nuu  aach  auf  Jesum,    nsment« 


tfS  Jl^Utßr  Absehnttt 

Uoh  In  Betreff  cltp  yorlicf^^  Reileii ,  tbie  AxmtnAwng 
finden  ^).  Allein,  wus  Paulus  schlafend  bevmrkt  hat  ^, 
wie  derjenige,  weieiier  in  einer  inMerlieb  gegebenen 
Pertpecüve  die  Distansen  nic|it  mn  nnteracbeiden  welb, 
alcb  In  einer  op tischen  Tfiuschnng  befindet,  .d«  h.  Irrt: 
ebenso  wird  bei  einer  Innerlichen  Perspectire  von  Veriti4- 
longen,  wenn  es  so  etwas  iriebt«  das  UlM»rsebenr  der  Oi* 
stansen  ein  Irrthnm  genannt  werden  müssen,  und  es  r^^ift 
s6«it  diese  Theorie  nielit ,  dafs  Jene  Minner  nicht  geirrt 
haben,  sondern  ericlärt  rlebaebr  nur,  wie  s{e  leicht  irrea 
konnten« 

Aach  Olshausbn  bKit  daher  diese  y  roa  ihm  sonst 
adoptfarte  Betrachtungsweise  nicht  filr  nnraichend^  in  ge- 
genwilrtigem  Fall  allen  Schein  des  IrrthnaM  von  Jesu  nneat- 
iTemen,  und  sucht  deHiwegen  ans  der  elgenthftilijslion  Natnr 
des  Factums,  von  dessen  Voranssage  es  sieb  liandelt,  noch 
besondere  Recfatfertlgungegr^fide  absnleilen^>  Fir's  Bnts 
foU  es  nur  ethischen  BedentsamlLelt  der  Lehre  von  Chritti 
Wiederltnnft  gehören,  dafs  die«»  jeden  Angenbliefc  flir 
möglich,  Ja  wahraoheinlichj^  gehalten  werde*  Allein  litedorrh 
sind  blob  Anssemngen,  wie  Mattb«  S4,  S7ff.,  gereebtfnr- 
tigt,  wo  Jesus  nur  WacifasemiKeit  ennabnt^  weit  Niemand 
wissen  iLtfnne,  wie  bald  der  eptscbal^ende  AngenbUek  kean 
me;  keineswegs  aber  solche  ,.iV7le  24,  Si,  wo  er ,  vmreichert, 
noch  vor  Ablauf  eines  llhnscbeniilters  werde  alles  In  Er- 
fiillnng  gehen;  denn  das  MögUcbe  denkt  sich,  wer  eiaa 
richtige  Vorstellung  bat,  eben  ab  nUllgUeb,  das  Wahreebeia- 
liebe  als  wahrscheinlich,  und  wenn  er  bei  der  Wahrbelt 
bleiben  will,  stellt  er  es  eben  so  dar:  wer  hingegen  dsi 
nur  Mögliche  joder  Wahrscbeinliohe  als  Wirklichee  %kk 
vorstellt,  der  Irrt,  und  wer  es,   ohne  es  selbst  so  versa« 


^)  Hsv^mwBsae,  Ckrisidlogio.  dm  A«  T.«   1,  s,  8.  SOS  f* 
i)  ezeg.  Handb«  3,  s,  S.  4ea« 
3)  bibl.  Comm.  J,  S.  374  ff. 


Eritet'KrojpItelL    %.  115.  'M9 

ÜüNeii^'  doek  vm  cfaiei  reÜgilMMn  oder  nortiltidiMi' Zweites 
wilkn^afMr  amgiebt,  dkr  bat  sksh  eine  pia  fruiu  erimihit. 
Wetter  beaerkt  Olshaübin  ,  die  Ansicht,  rfaft  die  Zulauft 
€hrieii  seeiehst  beronrtehe,  habe  ihre  Wiilirbeit  darin, 
data  wirklieh  die  faiiee  Weltgeschichte  eitf  Kommeii  Chri* 
att  aei,  ebne  dafa  jedoeh  biedareh  selti  abiehliefaeodes  Kooi« 
aen  ate  Knde  «ter  Dinge  aasgesohlosaeti  wife#  *  Afleifi, 
wenn  Jetna  als  nKchstlMrorsteheiHl  bewiraenerAaraeh  sein 
eigentliches,  abschlieaaendes  Kommen  darstellt^,  in  Wahr- 
heit aber  n«r  aein  «neigenttfriies,  fbrtwih^itod^  Kommen 
auch  in  der  nioliaten  Zeit  achon  eingetreten  iif^'  so  hat  er 
dieae  beiden  Arten  seines  Kommens  verwechselt;  ^as  LeCfe« 
ta,  waa  OLasAussv  anfthrtt  Watt  die  Beiftfhteinil^g  oder 
Vemagemng  der  Wiedinrkinift  Christi  Wli'tfera  Benehmen 
der  Metlacben,  adso  ron  der  FMilieft,  ab^bige^  so  aei  seine 
WeislMgnng  nur  bedingt  m  Torstehen  i  stfcht  lind  faßt  mit 
dem  Braten ;  denn  eCwaa  Vedftogtes  unbedingt  därstdien, 
heibt  eiaie  hrlge  Vorstellnng  vei>breiteh.  '  "  '    ' 

In  flhnliehinr  Weise  hfilt  auch  Sisff^RT  dte  Crfinde, 
dmreh  welche  OtsnAuaBK' dle'Be^tlmmnngen  Jein  Aber  sei- 
ne Wiederknnft  dem  fiebtete  des  Irrthüms  au  entnehmen 
sneht,  Mr  «ngenllgend:  dannoiSh  al>er  meiht  er,  dem  christ- 
UebaR  ftewnfstsein  sei  es  nnm«gllch ,  desu  eine  getluschte 
üfftartmng  sasnschrelbon  '^>  In  (keinem  Falle  würde  diefa 
bareehtigen ,  in  der  ReAs  Jesu  diejenigen  Elemente ,  wal« 
ehe  aaf  49n  niheren,  nM  Welsbo  Inf  den  nach  unserer 
^inatebe  entfernteren  Krfolg  aioli  besilAen ,  \%  illkahrllch  von 
einander  an  aeheidehraandem,  wenn  wir  Gründe  hStt(i% 
einen  aulehen  Irrtbnm^  von  GMtim  Jesu  flDr  nndenkbar  an 
halten^  ao  wtfrden  wir  Hberbanpt  die  Reden  von  der  Par- 
nste  ihm  abspreeben  müssen.  Indefs,  vom  orthodoxen 
Standpunkt  betraektet,  fragt  mUn  nicht  snerst ,  üiras  einem 
bentigM  ehiiatliokan  Bawvfrtsefai  beliebe,  von  Christo  an« 


4)  über  den  Ursprung  u«  »«  f.    S«  ll^. 


V 


Mt  .  OrUtMAbfokaitt 

Mjiab«w  ««br  iMit»  ioii40ra%  wm  vom  CMtt« 
ban  tleli^i  ist  4l«  Frag«,  warafai  siab-diiwi  da«  BawoGit- 
aein  wird  mn  aehickan  anelian  aMIssan  so  g«t  tM  geht;  m* 
tioii^l .  diai  Saaiia  angefallen  aber  iMt  ein  aafehaa  airf  Vor- 
»aiiaafanngaq  rabeiidea  ^Ahl,  wie  das  aaj^.'okriatttebe  Be- 
wnfrtaaia  ist,  in  wiasantohaftUahen  Verhandlmgen  fcaine 
SdaHae^.Bnd  Ut^  so  oft  ea  sieh  in  sdche  misalMn  wltt, 
dnreh  ein  alafadian  mtMer  iaeeai  in  ecdesiml  wast  Ord* 
uoBf  an  wcfitan. 

Aragt.  ea  aieli  nun,  ob  wir  ytailaiebt  andre  Oriade 
haben»  die  \!^eiaaagnngen  Blatdi«  24,  tf.  paralL  Jea«  ab- 
jmapeea^en,  ao  ItOnnen-  wir  unare  UnterMebnng  an  die  Be- 
banptnsg  an|iranf(»ira4istiaoher  Theologen  anlinapfiNi ,  waa 
Jesaa  hier.  Taranaaege,  Imbe  er  nieht  auf  deai  natirlielien 
Wege  verttXndjger  Bereelinvag,  aondam  nur  aof  ibcmatfr« 
liohe  Weite  vorherwiasen  I^^nnen  ^}l  Sahen  daa  Mgeinel- 
ne,  dalf  der  Teaipel.aerstärc^  und  Jarasalefli  verw<atet 
werden  würde ,  luinnte  nach  dieser  Anal ebl  niolit  ao  siefier 
¥oranige]9rnrst  werden.  Wer  hfitte  vernralhen  l^tonen,  fregt 
man »  da(a  die  Juden,  so  weit  in  ilnrer  Raterei  gehen  wür- 
den, dafs  fen^  Ausgang  herbelgefilhrt  werden  atvlate?  wer 
konnte  bareabnea,  daCi  gerade  aolobe  Kaiser  aelehe  Proeu- 
ratoren  tcUcken  würden,  welobe  dnreh  Miedertrieiidgkett 
•{ad  Schwftehe  snr  Kapürnng  reinten  f  Moeh  aufiaflendep 
ist  dann,  dafs  manebealnaaiila  2üge,  die  Jeans  rerfaeraag* 
Uj  wlrUieh  elngetrofbn  trihd#  !lMa  Kriege,  Senehen,  Erd* 
beben,  Hangertnötben,  w^lelie  er  propheneihte,  laaaen  alah 
^  der  felgendea  (ietohlelite  wiH(ltefa  naehweiaen;  die 
Tfolgungen  tainar  Anhiager  sind  ohnehin  eingel^-eten ; 
Vt  Voraustagung  von  faltebeu  Froplwten,  und  swar   aa« 

^^^  ^b  von  tolehen ,   die  du«ah  Verapreeliea  von  Wun« 

iKientU^  «n  ^^  V«>ik  in  die  WiUte  loeben  würden  (Mattb. 

deraaieb  ft  paralL)^  UH  rieh  aiit  eine»  auffiüiend  ibnii« 

___ — —    ,  V^;  Coaiiyi.  %,  UtMu  t^VAW. 

5)  •.  -  ^-  ^ 


Eq^sUt  SiiptUL    S.Uk  'fll 


werMoiP  'f^^al^fi  M  LokM,   wonk  der  ;po(>cr$  M  t«r«> 
girtih—  in^'w^lehsr  iiMb  If«e.  1^  41  f.  aai  JerMiilMrg«- 

sfrdta,  dufe  nach  JosepliQs  ZeogAifiiTittti  #rtiiialwi 
«im  iii|«ev  efaiselilMfm  Heb  ');  «o  wie  endMh 
c«eh  4es  avffülen  ke^n,  defSi  4le  Anffeben:  »x  atped-i^tmcci 
U9og  inl  U&tp  in  Besog  auf  den  Tempel,  vnd  ida(pt5ai  as 
(Lm.  19»  440  t»  9wt»g  ttnt  die  Stadt,  in  wdrtHolk  Er- 
fillhin^  gegMigen  aind. 

Wenn  mm  mau  der  DmnggHehkeit,  dergleleheit  Itt  imh 
iMltberWelae  voraoesneeben,  mai  evtbodetem  Standpankl 
•ine'  tbematttrliebe  Kinsiebt  Jet«  gefolgert  wird :  so  na- 
letilegt  die  AnnabaM  einer  eoieben  aiieb  bier  der  gleloben 
'SAwtMigbek ,  wie  eben  bei  den  Vorber?erkind^nngen 
dei  Todes  «nd  der  Anüwfehnng,  und  noeh  dner  weiteren 
dMe.  rOrV  ISrste  nimlieb  hat  naeb  Matth&ne  (S4i  15.) 
and  Mariine  (IS,  14.)  Jesoü  das  Eintreten  der  Katastrophe 
an  die  EHttHwig  der  DanleilsriMm  Weissagvng  von  einem 
ßiHit^YUn^^g  itniiMiüetog  geknüpft,  folgUeh  Dan.  9,  27.  (Tgi^ 
II»  U.  M^  IK)  avf  ein  EreigniTs  bei  der  Zerstörung  Je* 
fasahm  dnrcii  die  Himer  besogen.  Denn  was  Paulus  be« 
lms|iUI ,  Jesus  bebe  bier  nnr  einen  Aosdmek  von  Daniel 
«debnt,  olme  Jenen  Ansspmeb  des  Propheten  als  Weis« 
sagmgv  anl  e#wne  s«  seiner  Zeit  noeh  KfinfUges  an  lie- 
•tvaeliten ,  wird  hier  besonders  dnreh  den  Znsats :  o  oiti- 
f^mktfMß  n^$k^f  nndenUbar.    Nnn  aber  darf  es  auf  dem 


6)  Antlq.  20,8,  6  (vgl.  Bell.  jod.  2,  13,  4.):    Ol  Sh  rdt^tu  f«^ 
tnto&a$.    /itiltir   yaf    tftnar   l^ff^/f  r^ftara  mai  otiftt'ia^    umrm 

7)  Bdl.  }«d.  i,  i%j  1.  2. 


J^telfM  Mtmdf^9nkUr4m  A^  T JIAm  KiWk  i 

^ßUU^  in  Danhl  a«f  «lie  Jipl^flilHuq^  dfl*  Haittgtlww  m- 

t«r  4u»tfaobii«  ülpiphaiM  rie^  beatoliM  •),   dUo  «a  Du- 

tfiag  4i|BmUbeil|  welcke  dfo  ttfaogalbleii  hier  Jaaa  kihM, 

«Im  faliobe  iat.    FeraAr  aber,  wai  dfeair  Waiiaagwif^ 

gentbaailioli  üt,  sie  i4t  ihnt  aaah  ibrea  fiinani  Jarotakm 

betreffaoden,  SfUfafaigetMfiEdii)  naah  dar  aadcMm  abor,  Üa 

aioh  auf  dia  Wiadarb^nfi  Jea«  aiid  daa  Wakand4   baaog, 

«aarfilllt  gabUebea.    £ine  saiahe  balbwahre   Wdsaagaag 

non  aber  kann  Jesa  nicht  aoa  feioar  httbaraa  Mater  ge- 

.boianien,    aandera  er  mfiCrta  hiaciii  aaiMp»  nantahliahin 

Geittaskraft  äbarlataao  gaweeaa  arfa*  •  Dach  eben,   «i»  er 

iailtal«t  diäter  im  Stande  gewesen  aeia^  aolltej  einen  aen 

so  vielen  ZufAiliglLeiten  abbinglgaa  firftOf  ^  iirfa  die  Zar- 

atöraog  Jaroealeou,  mit adnan  Einaelheiten  aeifaaiiinbiei, 

acheint  nnbegreiflieb»  und  ohw  wird  van  blar  «*■  a«f  die 

Vernuitbang  gefObrt,  dab  diese  Red^n  in  der  Beatfaaiit- 

beit,  wie  wir  sie  hier  lesen,  nidit  Tor  den  l^^^y  «i^ 

.  hin  nicht  ?an  Jesa,  gespraeben,  aondem  naah  dias  Kriiig 

iiun  als  Weissagang  in  den  Mond  gelegt  wordea  sela  ad- 

gern    So  nimmt  a.  fi«  KAissa  an,  Jesna  bebe  «nr  bediagt, 

far  den  Fall,  dafs  die  NaÜon  sich  nicht  ^dareb  dem  MiiiiUi 

retten  liebe,  dem  Tempel  and  der  Stadt  ein  iehMabMobta 

Schicksal  durch  die  JfUmer  gedroht,  and  dieia  im  f^äfkt 

ttsahen  Bildern  beschrieben :  die  anbediogle  HakiNig  abtr 

and  die  genaneren  Bestimmangen  seien  aeioar  Rade  emt 

.  ps^  evemitm  gegebjui  werden  •).     Mar  fasiUeh  aOtfäla  ik 

Weissagung,  wie  wir  sie  in  den  beiden  ersten  Evangelien 

lesen,  anmittelbar  nach,  oder  selbst  wihread  des  Erfolgs 

gebildet  worden  sein,  da  hier  fitlr  die  nftchste  Zeit  najch  de« 


8)  BaaraoLDT,  Daniel  tibcrtetst  oad  erbtürl,  ),  8.  6^«;  i  fiv^ 
ftüi»  cxcg.  Handb.  3,  a,  8«  MO  f* 

9)  bibl.  Tlicoh  1,  S.  247. 


g»Ua  il»ginila»i  iittirmMmmmg  dm  fimtimwBMJmighm^i 
väädp  wwIr  aplter^tt  Jahrea  nloht  Mehr  Aa  Erwartung 
.«•ia  koiiBto»  Da  dieae  imvülielfciupa  Zaitvarbladiiitg  der 
kaideft  Ka«a«lra^hiii  bei  LaMa  tloh  nlcbt  ao  aoaihHIaUieh 
fiadet^aakalaMutTon  ihn  anganoataiefi,  er  gebe  die  Wek- 
aifni^io  dar  Fem,  wie  wie  aieh  dureb  die  firftJutmg  Mi- 
gebUdat  habe,  dbla.  iiaah  der  ZaraOnuig  Jervaaleau  keliiea* 
vegt  toofov^Paniaie  «ad  Wellende  gefolgt  warea  ^ 

In  Gegaaaate  gegea  diaaa  beiden  Ansiehten,  iroa  eiaer 
Sbematttfliebeai  uod  einer  erst  nach  dem  Erfolge  gemaoh- 
tpa  Weitaagaag,  aaote  aiaa  vea  einer  dritten  8^te  her  die 
Mitgiiebfc^it  daraatbaa,  daCi,  was  hier  Toraasgesagt  wird, 
wirUieh  aeben  Jesaa  aatilrlieherwebe  habe  wiesen  kdn« 
nea  ^0*  ~  Wenn  nuin  ror  Allem  das  befreia^tteh  gefoa- 
den  hat^  dafs  ndt  einaelaen  Zügen  der  Weissagang  Jesa 
dar  Erfolg  so  geaau  aasamaiengetroffiin  aeia  soll :  so  wird 
«baa  di#sea  ZusanaientreflFen  in  Ansprach  geaoainien. 
Das  (JerosaleaA  propheaeihte  Mv^Xöc^ai  vno  gQatonidtav 
warda  y»a  Titas  bei  Josepbas  gerade  als  anapsfilhrbar  be- 
^^net  ^^i  ebenso,  wenn  das  Aufwerfon  eines  xa^a^ora 
4ie  Stadt  foraasgesagt  werde,  so  melde  Josephns,  dafr, 
aeebdem  dar  erste  Versach  ^es  x^f*^  dnreh  Brandstlf- 
t^g  Ton  Seiten  der  Belagerten  vereitelt  worden,  Titas 
ffm  Aaf  werfen  weiterer  Wälle  abgestanden  sei  ^'> ;  von 
fllscboa  Messiasen»  die  in  der  Zeit  von  Jean  Ted  bis  anr 
t^t^ra^g  4#rafa>ema  aafgeetaaden  wären,  melde  die  Qe* 
ilshI|By|^ei,aiebt«;  (Ve  Välkerbewegaagen  nad  Natarersehel- 
.nnagiin  intJWnr.Ptriedeaelea  bei  Weitem  nicht  so  bedea« 


tö)  DS  ^rm,  Einl.  in  d.  N.  T-  $•  97.  iOl. 

11)  BivtVt)  FaxtztCRSy  s.  d.  Absch. 

12)  b.  )•  S,  12»  1:    Kv»hiaao9at  rt  yaq  rg  ?f«t»S  r^r  ndhf  ^  ^^ 
To  ßi4yt9-09  nmk  SuiX^f^y  ^^   fv/uaii*i   tcrai    Mai  Cfait^or  aÜMS 

li)  b.  j.  5,  11}  1  iL   12>  i. 


iül  DriCier  Abrteliiiitt. 

Umi  fMTMea,  wi#  sie  Mar  geseMMert  wenleii;  MinrallMh 
aber  Mi  in  dfeten  R^ien^  nmoh  ihrer  Oeetel»  M  Mattfcftts 
imd  Markoe,  lieine  ZeMtönmg  JenMalem«,  sonAum  nm^^ 
Tenpele  vorhergesagt :  lauter  AbweielMingeii  4er  Weftne- 
g«Bg  von  Erfeige,  welelie  niclit  etattfittde«  wirken,  wenn 
enAwMler  ein  ftbernatarlicber  BlIeiL  in  die  Znltonft,  ofier 
•in  tmiieimimm  fosi  emmfmm  in  Spiele  wSre. 

Kiebt  rorwfirti,  in  Erfolge,  dOHen  daher  nadi  )iiini 
Tl^ologen  die  GegenbUder  dieser  Weieeagnngen  an^esnebt 
werden ;  sondern  rAekwttrts,  anf  Vorbilder  der  Vergangen- 
heifcp  soll  der  tlrheber  derselben  gesehen  faabslu  Eine  Mas- 
se seleber  Vorbilder  lieferte  die  jüdtsehe  VorsteUnng  Ten 
den  CoutXnden,  welebe  der  Adknnft  des  Messias  vorans- 
gehen  sollten.  Falsche  Propheten  nnd  Messiase,  K^teg, 
Tbeurung  nnd  Senehen,  Erdbeben  nnd  ßewegangien  an 
Hinnel ,  dherbandnehnende  Sittenlosigheit ,  Verfoigungea 
der  gUabigen  Jehoradiener,  galten  als  die  nXdieten  Ver- 
boten des  Messiasreiehs,  nnd  es  linden  sieh  bei  den  Pre- 
pbeteli  so  analoge  Besehreibnngen  der .  Drangsale ,  weiche 
den  Tag  des  Könnens  Jehora's  ankündigen  und  begtsicen 
(Jes.  13,  1ȣ  Jorl  1,  19.  2,  1  ff.  10  ff.  3,  3  ff*  4,  15  f.  Zepb. 
1,  Hff.  Hagg.  2,  7.  Zach.  14,  1  ff.  Mal.  3,  1  ff.),  oderifen 
Eintritte  des  ipiessianischen  Reichs  der  Heiligen  rorange- 
hen  sollten  (Dan.  7 — 12.),  nnd  ohnebih  fn  spffteren  jfldi« 
soben  Sebriflan  Ansspriicfae,  welche  nit  nnsetfn  erangeH- 
sehen  so  viel  Verwandtschaft  haben  *^^) ,  dnls  nan  nfcbt 
nweifeln  kann,  es  sei  hier  ans  einen  Kreise  Ten  Zeihr«r- 
Stellungen  herans  «her  die  Zeit  der  Ankunft  des  -Messiss 
gesprochen. 

Eine  andere  Frage  ist,  ob  der  Gmndeog  in  den  vor- 
liegenden Gen&lde,  die  Zerstörung  des  Tempels  nnd  dis 
Verödung  der  Stadt    vor    der  Ankunft  des  Messias^  sich 


14)  fl.  die  Stellen  Bei  ScHtfrTCfir,  3,  8.  509Ci  BaaawimT,§.  13. ; 
St  «MIM-,  Biblisik.  J,  S.  34  ff. 


Erstes   Kupitol,    S*liri.  Mfr 

•beMQ  lyU  du  TJieil  der  ailgfaieimn  Vorttelliutgea  Mr  Z^t 
•ftMa  ntithw^Men  Imso  ?  In  jAiRscImii  Sebrifteu  iockt  «kih 
die  Meiaiii^;,  die  (>#bBrt  dee  Jieeeie«  treffe  i»it  der  2^r»lft. 
vpng  dei  HeiligdmiM  MMUMien.  '*) :  dooh  diese  Verttel» 
lumg  b%t  eiajii  offiBuber  erst  meh  deoi  Uiiterg enge  dee  Te«» 
ft^  gßhUi^f  am  .aos  den  .tief «ton  Pankte  des  UoglAd^ 
die  QoeUe  dee  Trestee  entt^ingen  so  ieeseiu  Jeeeplme 
finflet  Im  Denld  neben  dem  auf  AiitiocbusBe»agliclien|itieb 
eine  Weissegnng  auf  die  Vemiefatosg  des  jtfdlscbee  Staats 
4arch  die  Rttmer  ^^)i  dech^  wie  diefii  von  keinem  der  jQa^ 
nielIsQhen  Gesiebte  die  nreprtingllebe  Bealebung  ist  ^  so 
kannte  Jeeepbas  diese  Oentang  erst  naeh  dem  Erfolge  go*> 
me^kt  haben  >  in  welehoi  Falle  sie  fOr  die  Zeiten  Jesu 
nidite  beweisen  würde.  Indessen  Heise  sieb  deck  deidien, 
dafs  aueh  sebon  so  Jesn  Zeit  die  Joden  den  Weissagon« 
gen  Daniels,  oneraebtet  sie  in  der  Tbat  weit  frilbere  Zeit- 

15)  s«  bei  Scu'ÖTTasic,  3,  S.  52$  f. 

16)  Antiq.  10>  11^  7.  Nachdem  er  das  kleine  Hörn  auf  Antiochus 
gedeutet,  tetit  er  kurx  hinzu:  Tov  ouzor  Sh  r^dnor  /layt^log 
ma\  nt^\  t??  rwr  'Pta/taivr  i^tfioviat  arty^ay^t ,  xo\  St$  vn*  av- 
ftSr  t^fj^w^tjatrat  (to  Ji^ros  ^/utSr^»  Auf  die  Rbmer  bezog  er 
ohne  Zweifel  die  vierte,  eiserne  Monarchie,  Dan.  2,  40,  wie 
ausser  dem  xQor^aet  elg  Snary  was  er  ihr  zuschreibt,  beson- 
ders daraas  erhellt,  dass  er  ihre  Zerstörung  dnrcb  den 
Stein  für  etwas  nach  Xukttoiliges  erklärt,  Antiq.  |0 ,  ID,  4 : 
lSiflt»0$  4>  «A>  nt^l.rS  U^B  jättrtijl^g  rf  ßm0$laiiy  aJUC  l/tä>\  ftkv 
iu  l^0$a  riffo  t^o^fZy,  tt^nttftiS;drta  aal  tu  ytynv^^iva  avyY^d» 
^irf  H  TU  fi4lXorT9  SftUcmtt,  Den  Stein  nümlicb  deutet  Daniel 
7  9  44.  auf  das  himmlische  Königreich ,  welches  das  eiserne 
zerstören,  selbst  aber  ewig  bleiben  werde,  —  ein  messiani- 
scher  Zug,  auf  welchen  sich  Josephus  nicht  weiter  einlassen 
will.  Dass  nacb  richtiger  Auslegung  die  eisernen  Schenkel 
des  Bildes  das  macedanisebe ,    die  ans  Thon  und  Eisen  ge* 

-mischten  Flisse  aber  die  aas  dem  macedoniscben  entstände* 
nen  Reiche,  also  namentlich  das  syrische,  bezeichnen^  darüber 
▼gL  as  Wbtts>  Einl.  in  das  A.  T.  ^.  254« 


DriJtter    Abt^hnitt«  ' 

verbllltnlMe  betreffen ,  eine  Beslehang  aaf  noeh  bertftafe. 
bentie  i^reignift^e  gegeben  bitten ;  aua  demeelben  Sronde 
nimlfch,  ans  welchem  die  Cbriaten  J^ttiger  ZeM  4er  Tollen 
Verwl^kiiehung  von  Mafth.  S4.  Sft.  tioeh  en^gentaNtt. 
Da  nflmHcb  naeh  dem  Untergange  der  kiit  Thon  nnd'  Ei^ 
sen  jgMiUebten  fteiche,  nnd  des  Hernes,  das  Ale  OoMM» 
Ufotiifungen  amatdfrt  nnd  gegen  die  Heiligen  streitet ,  afs« 
bald  ilas  Kommen  des  Mensehensohns  in  den  Wollien  m»d 
der  eintritt  des  ewigen  Reichs  der  HeiHgen  geweissag^ 
dftiie  Krfolge  aber  nach  der'  Überwindung  des  Äntfdehfti 
lieineswegs  sofort  eingetreten  Waren :  so  war  man  Teran«« 
tkbC^  mit  diesem  himmlischen  Reiche  anch  die  ihm  onmte^ 
t^lbtfr  vorangestellten  Drangsale  durch  das  eiserne  und  g&^ 
ttisehte  Reich,  worunter  man  nach  iknalogie  des  vom  Ho^- 
ne  Vorhergesagten  namentlich  die  Entweihung  des  Heilig 
tbuiiis  verstand,  erst  noch  einmal  von  der  Zukunft  su  eK 
warten.  Wxhrend  nun  aber' bei  Daniel  nur  EntweUinng 
des  Tempels  und  Störung  des  Cultus,  nebst  (theilweiser)  ^ 
Zerstörung  der  Stadt  geweissagt  ist:  wird  in  den  vorlie- 
genden Reden  dem  Tempel  —  und  auch  der  Stadt  nicht 
blofs  bei  Lukas,  wo  es  entschieden  ist,  sondern  ohne 
Zweifel  auch  bei  den  beiden  andern,  wo  die  Ermahnung 
Bur  eiligen  Flucht  aus  der  Stadt  dasselbe  ansndeuten 
acbeint  ^^  völlige  Zerstörung  vorhergesagt;  was  also,  weil 
in  dem  Verbilde  nicht  enthalten,  nur  aus  dem  Erfol- 
ge scheint  genommen  sein  an  können.  Allein  tbeils  lieb 
sieh  die  Beschreibung  bei  Daniel  mit  den  Ausdrücken 
IBCaf  und  PiTyxfry  C^»  ^^f*  l^?  llO»  welche  die  LXX.  durch 
iQrjiwatg  und  öiaipd^dQdi}  wiedergeben,  leicht  auch  von  vöK 
liger  Zerstörung  verstehen;  theils  war  ja  schon  einmal  im  Zn- 
aammenhange  mit  den  Sünden  des  Volks  Tempel  und  Stadt 
eers4ört  und  das  Volk  gefangen  weggeführt  worden;  es 
konnte  mithin  von  da  an  jeder  begeisterte  Isralflite,   dem 


17)  ••  Jt>teph.  Antiq.  12>  5* 


Jorin  MbMie»  Scr^|ei4oitt•  «rffM^ii  umI  vt>irh^i'»ittltti» 
dljpiK''  JSieMdh'iiiiitfllbstiiailQpig«^  wm,  kat  dWlü  v^ 
]i|^  fb  ggyihtuwnf-flaMlelkgg,  Ltfkaa  T«r  gefn^it  iMMeir 
CgwfiWElwi  an  flJBttfaittfttit  d*r  «MuBehwn  SAfe  t%rffltf> 
hilyiiiiate  von  der  Ait^  dnfr  m  un#ntf«Mgen  wti^l»^  MP 
wMbfCebi  iibernatStfIMiea  Vöi^herwissen,  oder  ein  twf MpiArai 
paif  eniMlMn  ansnnehnien:  MDdern^a^^ifet  akk^AUÄfe  «M 
awnanaiyi^aBarafekatelidf  ig  daaaM  «lUftiren,  ivaa  ÜMr'dM 
iirate;  aMoMn^pg  Oarnialenia  t  KOo/^M»  2  Ohron»  Mlf  du* 
Jwt^M9  62^  evnihk  lat  .  p»«»  ^ 

i:»4  IKuk- tfitn«  BeidMiBtig  Unnte  iwim^  da  Orliabtir  dle^ 
satJUdaii^  niaht  ania  irgaod  wahhati  V^rbMeni^  aolMlM^ii' 
mftfste  aie'  aoa  iiabimibar  genamaMn  haben  ^  die  Veaatatwsftf^ 
rM^nAfilMi,  dnbidia  Kataatrapha,  welebe  ei^  beaehaleb, 
i¥m4i  UrffbMHMl  «daa  daaMdiga«AieiiaolMNudtera  eintreten »«nini«^  . 
(|w.  Ittefa  aaM  .aüiar.  abematfirlicban  SrfcemMfnlla  abanOi^ 
t%fl|i.«MMem  Jl«rir  jraa  daa^  oben  arwftHntan  Gmnde  Bede»*'' 
kaa.txagafl^.  matt  aa  nMalieh  nnr  rar  Hälfte  eingatvMIm 
ittiiWagagiMl^  noadaa  Andere ^  dafa  wenigalena  die^ne 
HlUteidev  Waiaaagung  ao  ebiallend  to  «efMInng  gt^pan« 
ffen  ist^^ribenatf  gegen  die  AmmiImm  einait  bldlä  itaiOrMelien: 

Vaaberbefreobuing  nifälraulaeh,  nhd'gen^l'Maehenikdnn*^ 
%  wenlgateM  diaae  ZeilbealininiUng'  ala  eine  ira^  naoh^dem- 
li*Mgr/l«<.dto  ftadan  Jäan  hineingdmageMi  an  be»raelit«ii% 
lad^  dib  Wtedevbtanifr?Cfai«atf  glanblen  naeb  den  so  fin«' 
<la>*daa>jrprigaii|>  angeffihrton  Stelled  anoh  die   A|iostd' 
•albat  naah  sfi  erleben:  nnd^ao  hattwobl  auch  Jeraa  dia^I 
•aibe^  n4bat:  dar  nacb  Daniel  Ibr  vbrattgebenden  Dl-aiigsal 
der  Stadt  nnd  dea  Tempela,   in  der  näcbaten  Zaknnft  er- 
wartet. ^ 

Paa  Allgemeine  der  Erwartiing  nümliahi  irgend  ein-» 
mal  in  den  Wolken  dea  Hfnunala  aa.waebaiaen)  «n  die 
Tadien  n«  erweeken ,   Geriebt  an   lialten ,  nnd  ein  ewigea 


/ 


DrUte?  iWiiachnUl.    . 

lUichtMi  hagrtadM,  wav  Amm.^\maiMA  ftgdbi%  alt « 
O^hlElr  ,4en  M«Mia8  Iridt  »it  %km%  mi  ÜMMy  wo  jcm 

«ipb  Ji#n  iliefil  iteaua  AnfiOigf ,  wfo  es  /imIi  MAllfa.  IQ^  tt 
^^bfin^^  kteate,  wo  itr»  noch  obf  üeitM- B«l#B  uiaiWi 
S|iUM#ii  Mm^is  boroHifFitfeiiy  olovio^  f<<>>^gioiftt  —  h—» 
mßß>  yorspricbt,  als  ei»«  Vorfattrrlicbwigy  welohe  aosh  isi 
V«tl4Vife  4Mfies  Lebens,  eintrelea  wttcde :  se  iHsr  ehtsriti 
p^  4S*  BefUmmoogy  dafs  ^  «ach  ondieve  tmi  eefaMiZ«ift' 
gfpioss^fif  n^  erlebe»  wirdoA  (Metth.  liyiSi>9  mkgasKit» 
iHMtf  w>rde  aoeiv  dadareb  irfeht  aolk wendig  slrffrfiiilws, 
wenn  Jesus  späterhin,  als  ihm  der  Tod  gesvifs  gewsrdvi 
weis  -Mb»«  mesliaiiisebk  Parnsie  als  eim  dnrcb  deb  Tod  fe^ 
«Uttitles  WiederkomineA  hscreohtole^  eine  Vorstelbinfy'ssi 
vmM^  hereas  Maltfatf  M^  64*  gesprooben  Ist*         ' 

lUne  Einwendung  gegen  die  lebibeisdtor.  gfnspthdlwii 
Beden  ttber  die  Paraaie  Ist  noeh  EiHPäeh  5  sie  her  MM^ 
a«f.;«nsreni  Siandpubte  wenifsr  Ifirhebßebkeit/  M  nt 
dees  4er  jelat  gewöbnUeben  Kirangeiinnkritik^  disffnug« 
nlteriieb^  welche  ans  den  FeUen  jeder  ausfätvlIeben-SeUI- 
dening  der  ibanfUfeai  ParasljO  Jesu  im  Johannebn^hen  lt?sn* 
geliitfa  hergi^sMNsmett  weede*  kann  ^^).  Zwar  die  CreiMl« 
besIMdibeile  dee  Leb«»  imm  dsr  Wlederbmift  €bHsU  sisd 
aeehtim  TierCen  Jtv^ngdiam  niebt  ao  verkeimen  ^j.  Je- 
ans sehneibt^ch  In  demeelben  dm^  einstige. tieriebs  nnddit 
Aaifinh^eekling.  der  .Tedften  au  (J<rfu  5^  2i^M.)yiWikhe  | 
Inlateve  ab  Moment  der  Zukunft' Ohiisti  aWar  4b  den  eSea 
erwogenen  synopiiscben  Reden  niebt  bervortrill^  abdl^sooft 
Iflfr'N»  T«  nicht  selten  in  jenem  Zusammien bange  vorfcoaMUt 
(E.  Bi  1  Kor.  I&^  «k  1  Tbess.  i,  !«.>    Wenn  Jesus  in 


18)  fl.  Ha^b,  L.  J.  §.  J30. 

1^)  Die  biehergebttrigen  Sleflen  finden  sich  xusammengestent  tmd 

eriiutevl  bei  Sciion^Comnisntatius  etc.  p.  3(?4ff.9  vgl.  LCcm^ 

MI  defifl. 


Krstes  KapitaL    $.  |15«  IK9 

Vierten  fivangellniii  bitweilen  liofnet^  Mm  Geriet  in  dl« 
Welt  gekonmen  su  sein  (3/ 17.  8,  13.  1%  47.) ^  so  giU 
diefs  theils  nur  ?en  feiner  ersfen  Anvt  esenbeit^  tbfiiJ«  wird 
es  durch  entgegengesercte  iJLusserongeu^  t%o  er  Fidtuebr  be* 
bauptet^  Buoi  Gerichte  geliommen  ßä  ^eln  (0, 59,  vgl,  8>  16.  j, 
ipf  den  Sinn  eingeschränkt,  dafs  rier  Zi%eck  äf;jtier  Sen« 
dang  nicht  Verdammen,  sondern  Retten,  und  sein  Gencijt 
nicht  ein  particuiaristisches  oder  sonstwie  imrtejiBches,  über* 
hanpt  kein  subjectiver  Machtsprach  sf iner  Person,  sondern 
ein  objectiver  Act  der  Sa^he  ff Ibst  sei ;  wie  dlefs  cientUch 
aasgesprochen  ist  in  der  Versicherongi  wer  sein  Wort  ge- 
höri^habci  ohne  sn  giauben,  den  richte  nicht  er,  sondern 
6  koyosy  oy  ildXjjaa^  xQivel  afjTov  ip  %fi  iaxd^fi  whv  (**» 
48.)*  Wenn  ferner  der  johanneisch^  Jesus  von  dem  Glau- 
benden sagt:  8  xQlv€TCUy  stV  KQiaiv  8X^;(6irai  (3;  lA.  ft,  24.): 
so  ist  diefs  von  einem  Gerichte  mit  verdammendem  Ausgang 
sa  verstehen;  heilst  es  dagegen  von  dem  Üngiüubigen;  ijdjj 
xixQiToi  C3>  18.):  eo  sagt  diefs  nur  so  viel,  dafs  die  An« 
Weisung  des  verdienten  Looses  fär  Jeden  nicht  erst  dem 
kanftigen.  Gericht  am  Ende  der  Dinge  aufbehalten  sei^ 
sondern  miit  seiner  Innern  Beschaffenheit  schon  jetst  Jeder 
das  Ihm  gebührende  Schicksal  in  sich  trage.  Dadurcli  ist 
An  bevorstehender  solenner  Gerichtsact,  an  welchem  das 
Jeut  nur  erst  an  sich  Vorhandene  snr  feierlichen  Offenba* 
Eaog  gelangen  wird,  nicht  ausgeschiosien,  wie  denn  in  der 
suletst  angefahrten  Stelle  die  Zuerkennung  der  Verdamm* 
nils,  und  sonst  auch  die  Ertheilong  der  Seligkeit  (5,  28  f. 
6,  39  f.  54.) 9  en  den  jüngsten  Tag  und  die  Auferstehung 
geknflpft  wird.  Ebenso  sagt  ja  auch  bei  Lukas  Jesus  in 
demselben  Zusammenhang,  in  vielchem  er  seine  Wieder- 
kunft als  eine  noch  bevorstehende  äussere  Katastrophe  be- 
schreibt,  17,20  f.^   das  Reich  Gottes  komme  nicht  ^erJ 

^  ßaailela  tö  d-eo  ivrog  v^wv  igiv.  —   Auch  dafs  seine 
Wiederkunft  in  Kurcem   bevorstehe,   soll  naeh  einer  ge« 
Da$  Leben  Jem  ^eAvjL  Ih  Band.  24 


d?0  Uritter   Ab^cJ^nitt 

wissen  Deiitang  seiner  'Worte  der  johanneffche  Jetu^  ^^ 
fiassert  haben.     Die   schon  erwähnten  Ausspräche  in  den 

Abffohiedareden  iiftmlioh,  wo  Jesus  seinen  Jüngern  Ter 
spricht^  sie  nicht  verwaist  snrtfc^eulassen,  sondern,  hinge- 
gangen Kum  Vater,  in  Rursem  (16,  16.)  wieder  8«  ihnen 
EU  kommen  (14,  S.  IS«) ,  sind  nicht  selten  auch  von  der 
Wiederlianft  Christi  aai  Ende  der  Tage' verstanden  wor 
den  ^^ ;  aber  wenn  man  von  dieser  nämlichen  Wieder- 
kunft Jesnm  sagen  hört,  dafs  er  bei  derselben  nur  feinen 

'  Jüngern,  nicht  aber  der  Welt  sich  offenbaren  werde  (14, 
19.  vgl.  22.):  80  kiinn  man  unmöglich  an  die  WiederiLonft 
Euui  Qeriohte  denken,  wo  Jesus  sich  Guten  und  Bösen 
ohne  thiferschied  eu  offenbaren  gedachte.  Besonders  Hftb- 
selhaft  ist  noch  im  Anhang  des  vierten  Evangeliums,  K«p. 

»21,  vop  dem  Kommen  Jesa  die  Rede.  Anf  die  Frage  de« 
Petrus,  was  es  mit  dem  Apostel  Johannes  werden  solle, 
erwiedert  hier  Jesus:  iav  aviov  diXia  ^iviiv^  l\og  fi?^^.««'» 
tl  nQog  ai;  (V.  22.)  was,  wie  hinzagesetst  wird,  die  Chri- 
sten so  verstanden,  als  sollte  Johannes  gar  nicht  sterben, 
indem  sie  das  fQx^a&cci  auf  die  letzte  Wiederkunft  Cbri«(i 
besogen,  bei  vrelcher  die  sie  Erlebenden,  ohne  den  Tod 
E#  schmecken,  verwandelt  werden  sollten  (I  Kor.  15,151  f)* 
Aberi  setEt  der  Verfas^r  berichtigend  hinsu,  Jesus  hnbe 
nicht  gesagt,  der  Jünger  werde  nicht  sterben,  sondern 
nur,  wenn  er  wolle,  dafs  er  bleibe,  bis  er  komme,  wss 
es  den  Petrus  angehe?  Hiedurch  kann  der  Evangelist 
sweierlei  berichtigen  wollen.  Entweder  schien  es  ihm  on- 
richtig,  das  Bleiben,  bis  Jesus  komme,  geradenn  mit  nicht 
sterben  eu  identificiren ,  d.  h«  also  das  Kommen ,  von  Glei- 
chem hier  Jesus  sprach,  fSr  das  letzte,  welches  dem  Tod 
ein  Ende  machen  sollte ,  eu  nehmen ,  und  dann  mObte  er 
sich  ein  unsichtbares  Kommen  Christi,  etwa  in  der  Zer- 
störung Jerusalems,  darunter  gedacht  haben  *0«  Oder  hielt 

20)  8.  bei  Tholucit,   S.  259. 
2t)  vgl.  Tholvcm,  z.  d.  St. 


ErttQ#  Kupitei.    %  HS.  t71 

er  es  ftr  }rrl|^,  wm  Jesus  nnr'  hypotlMdseh  gesagt  bntte : 
weiMi  er  eveh  etwa  des  AngegebeiiM  woUte,  so  gienge  Ais 
doefa  den  Pehws  niehts  an,  kategorfseh  eu  fassen,  ab  ob 
e«  Jesu  wirUicber  Wille  gewesen  \>^re,  wobei  dann  des 
if}jlPftai  seine  gewähnÜehe  Bedeotong  behielte  '^ 
*  -  Sind  blenach  allerdings  die  Gmodsüge  der  Lebre  Ton 
der  Psrusle  aaeh  im  vierten  Evangelliim  Jesu  in  den  Mond 
gelegt,  9Q  finden  wir  doch  nirgends  etwas  von  der  aas« 
flihrlichen  sinnlichen  Schildernng  des  Xassem  Hergangs  iiel 
derselben,  und  der  mit  ihr  sasammenhSngehden  Vorgfinge, 
wie  wir  sie  in  den  synoptisoben  Evangelien  lesen*  Dieses 
¥erbilJlnirs  macht  bei  <ier  gewdhnliehen  Ansiebt  von  dem 
Drsprang  der  Evangelien ,  ni^mentlieh  des  vierten ,  nicht 
weif  ig  Schwierigkeit.  Wenn  Jesus  wirklieh  so  ansüihr- 
Msh  und  felerlicfa,  wie  ihn  die  Synoptiker  daton  re«len 
hssen,  foa  seiner  Wiederkunft  .gesprochen,  und  die  rich- 
tige Erk^nntnirs  ond  Beobaehtang  der  Zeichen  derselben 
ah  etwa«  so  Wichtiges  behandele  bat:  so  Ist  es  nnbegrelf* 
litb,  wio  der  Verfasser  des  vierten  Evangelioms  das  Alles 
ibergehes  konnte,  wenn  er  anders  ein  nnmittelbarer  Se^ 
kr  Jesn  wer.  Das  gewöhnliche  Reden,  er  habe  diefis^ns 
den  Syn  opdkem  oder  der  mandlicben  Verkflndfgnny  als 
bekannt  vorausgesetst ,  reicht  hier  om  so  weniger  am ,  je 
»ehr  alles,  was  Weissagung  ist,  namentlich  einer  so  er» 
sebnten  «nd  geffirchteten  Katastrophe ,  der  Miff deutung 
bio&stebt,  wie  wir  aus  der^nietat  erwShnten  Berichtigung, 
sehen,  welcly  der  Verfasser  von  Job«  3I.  an  der  Meinnag 
seiner  Zeitgenossen  Aber  die  dem  Jobannes  von  Jesn  ge- 
gebene Verbeifiinng  ananbringen  für  nötbig  fand.  Hier  al* 
so  ein  verständigendes  WocA  an  reden,  wie  aweckmXftfg 
und  verdienstlich  wäre  es  gewesen,  besonders  da  die  Dar- 
steliong  des  prsten  Evangeliums ,  welche  sogleich  auf  die 
Zerstörnng  des  Tempels  das  Ende  der  Dinge  folgen  lie£S| 


22)  So  LCcxB,  such  Taoiooi,  x.  d.  81.    Schott,  p.  409. 


^72  Dritter  Abschnitt 

:  je  nfiher  jenes  JEMgolfs  kern,  and  noeb  mehr  als  es  To^ 
iber  war  9  immer  Imenklieher  und  anstörsiger  werdeu 
mufste,  und  wer  war  eher  im  Stande,  eine  solche  Beriob- 
tigang  sa  geben,'  als  der  Lieblingsjttnger,  cnmal/wenn  er 
naeh  Marc.  IS,  S.  der  eineige  E?angelist  war,  der  den  E^ 
^rterangen  Jesa  über  diesen  Gegenstand  angewohnt  hsffe? 
Daher  sucht  man  auch  hier  einen  besondem  Grand  seiiiei 
Stillsehweigens  in  der  angeblichen  Bestimmung  seines  Evao- 
geliums  fttr  nichtjOdische,  ideaiisirende  Gnostiher,  für  de- 
ren Standpanl|t  jene  Schilderangen  nicht  gepalst  bsbe% 
and  defehalb  weggelassen  worden  seien  ^^).  Allein  fera« 
de  solchen  Lesern  gegenOber  wftre  es  rine  pflichtwidrige 
Nachgiebigkeit,  eine  Bestfirknng  in  ihrer  ideallsireadeii 
Riehtang  gewesen ,  wenn  Johannes  ihnen  solieb  die  resle 
Seite  an  der  Wiederkunft  Christi  hfttte  EurOekireten  kseen. 
Dem  Hang  dieser  Leute,  das  Xosserlich  Geeehichtlicbe  des 
Ciiristenthnms  bu  ?erflAcfatigen,  muffte  der  Apostel  dadurch 
entgegentreten,  dafs  er  eben  diese  Seite  gebührend  berfor- 
hob ;  wie  er  in  seinem  Brief  ihrem  Ooketismus  gegenAbcr 
^e  Leiblichkeit  Jesu  premirt,  so  muCue  er  im  Gegenisti 
gef  en  ihren  Idealismus  an  der  Wiederkunft  Christi  die  Im- 
seren  Momente  ihres  Eintritts  mit  besonderem  Flelfse  her- 
v(Mrkehren»  Stattdessen  spricht  er  selbst  fast  wie  ein  One- 
stiker,  and  sacht  die  Wiederkunft  Christi  von  der  Bedeic 
tung  eines  ftussem ,  snkfinftigen  Vorgangs  immer  wieder 
in  das  Innere  und  die  Gegenwart  surttckEurofen.  Es  ht 
also  nicht  so  Qbertrieben,  wie  Olsh ausin  .meint,  wenn 
Fleck  befiaoptet,  da(s  die  synoptische  und  die  johsnnei- 
sehe  Darstellung  der  Lehre  Jesu  von  seiner  Wiede^ 
knnft  sich  ausschliefsend,  eu  '  einander  verhalten  ^ ;  son- 
dern, wenn  der  Verfasser  des  vierten  Evangeliums  ein 
Apostel  ist,  so  können  die  Reden,  welche  die  drei  ersten 


33)  Oi.siiAV8iiiy  iy  9.  870. 

24)  FuiCK,  de  regne  divino,  p.  4S3- 


£p8te9   KapitnL    $.  115.  3TS 

£viifigelUten  Jesu  Über  seine  Pariuie  in  den  Mund  legen, 
uiclit  «o  von  ihm  gesprochen  wordeil>%eiu,  nnd  amgekehrt« 
Doch^  wie  gesagt,  dieses  Argunents  kennen  wir  ons  nicht 
bedienen  j  da  .  wir  die  VoraassetBling  eines  apostolischen 
Ursprongs  fDr  das  vierte  Evangilium  IXngst  aufgegeben 
haben.  Auf  unserem  Standpunkte  können  wir  uns  nun 
aber  das  VerhälftniTs  der  johani^ischen  Darstellung  cur 
synoptischen  vollkommen  erklftren.  In  Palästina,  wo  sich 
die  in  den  drei  ersten  Evangelien  aufgezeichnete  Tradi. 
tion  bildete ,  wurde  die  daselbst  verbreitete  und  von  Je- 
su ajoptirte  Lehre  von  einer  feierlichen  Ankunft  des  Mes- 
sias in  ihrer  ganzen  Breite  in  die  christliche  Verkindi« 
l^nng  aufgenommen :  wogegen  in  dem  hellenistisch  •  theo« 
sophischen  Kreise,  in  welchem  das  vierte  Evangelium  ent* 
stand,  diese  Idee  ihr  sinnliches  Gewand  abstreifte,  und 
die  Wiederkunft  Christi  zu  dem  zwisciien  einem  realen 
niid  idealen,  gegenwfirtigen  und  künftigen  Vorgang  schwe« 
benden  Hittelding  wurde^  wie  sie  im  vierten  Evangelium 
erscheint« 


374    ^  Dritter  Absebnitt 


Zweites    K  «  p- 1  t  e  li 

Anschläge  der  Feinde  Jesu;  Verrath  des 
Judas;  letztes  Mahl  mit  den  Jüngern. 


S.    11«. 

KntwicUung  des  Verh'ältiiiste«  Jesu  za  seinen  Feinden* 
AI«  die  Feinde  Jesa  erscbeinen  in  den  drei  ersten  Eras- 
geiien  äs  htfufigsten  liie  Oagioaloi  xai  yQaftfKneig  0  j  ^^' 
ebe.  in  ihm  den  verderblichsten  Gegner  ihres  Satsongswe- 
sens erkannten^  «nd  neben  diesen  bdden  die  aQXiiQelg  snil 
ftgeaßvTSQOit  weiche  als  Häi^iter  des  äusseren  Tempeicsl- 
tns  nnd  der  auf  diesen  gegründeten  Hierardhte  mit  desje- 
nigen 9  der  bei  Jeder  Gelegenheit  auf  den  inneren  Gottei' 
dienst  des  Gemüths  als  die  Hauptsache  hinwies,  sich  nlclit 
befreunden  Iconnten,  Sonst  treten  wohl  auch  die  2c^ü' 
xaToi  unter  den  Gegnern  Jesu  auf  (Matth.  lO,  1.  2S|  23  S 
parall.  vgl.  Matth.  16^  6  £f.  parall.),  deren  MaterislitiBB« 
Manches  an  seinen  Ansichten  euwider  sein  mnfste.  unddia 
Herodische  Partei  (Marc.  3,  f.  Matth.  22,  16.  psrall.)» 
welche,  wie  dem  Tfiufer,  so  auch  seinem  Mashfolger  sk- 
hold  ^ar.  Das  vierte  Evangelium,  obwohl  es  einigesials 
die  aQX^^Qfl'^S  und  OuQiaaioi  nennt ,  beseiebnet  die  Feinda 
Jesu  doch  am  häufigsten |dnrch  den  aligemeinen  AnsdmeL: 
oi  %daZoc ,  was  vom  späteren,  christlichen  Standpunkt  voi 
gesprochen  ist. 

Übereinstimmend  berichten  sämmtUehe  vier  Evaogell- 
sten,  dafs  die  bestimmteren  Anschläge  der  pharisäiseb-U*^ 


1)  s.  WutSR's  bihl.  aealwütterh.  d.  A.  A. 


Zweites  Ka|»UeL    %,  116.  .,^-H76 

arohischen  Partei  gegeik  Jesom  Fpn  dnem  VMutorae  d^et&l- 
ben  gegen  die  den  Sabbat  betreffenden  Satzungen  ihi^n 
Anfang  genommen  haben.  Aie  Jmos  den  Menseben  mlU 
der  yertroekneten  Hand  am  Sabbat  wiederhergestellt  hatte^ 
bei&t  es  bei  Matthäus:  oi  di  OccQiaioi  avfißuXiov  ilaßov 
xcer  avtS^  omog  avTov  junoUamaiv  (12,  14.  vgl.  Mare.  3^  6. 
Lac.  6,  110  9  und  ebenso  bemerkt  Johannes  bei  der  sabbat- 
liehen  Heilung  am  Teich  Betbesda:  xal  dia  %&io  idi(oxo¥ 
TOP  ^L  oi  ^iHÖatotj  nnd  flKhrt,  nachdem  er  noch  einen, Aus- 
sprach Jelm  gemeldet,  fort:  dia  t5%o  «v  fiaHov  S^i^zo^av^, 
Tov  ol  ^lüSaloL  anoxreivai  (5,  16.  18.). 

Sogleich  nach  diesem  Anfangsponkt  aber  gplien  die 
synoptische  and  die  johanneische  Darsteüang.  des  fraglichen 
Verhältnisses  auseinander.  Bei  den  Synoptikern  giebt  den 
nächsten  Anstofs  die  Vernachlässigung  des  Wascheps  vor 
Tische  von  Seiten  Jesu  und  seiner  Jünger  nnd  die  schar« 
ftn  AnsfiUle,  welche  er,  darüber  cur  Rede  gestellt,  ge- 
gen den  &leinlichten  Satzungsgeist  nnd  die  damit  Terban* 
dene  Heochelei  and  Verfolgungssacht  der  Pharisäer  aad 
Resetaku ndigen  macht,  wo  es  dann  am  EndeheUst,  siehe« 
bea  tiefe  n  Groll  gegen  ihn  gefafst,  and  ihn  aossaholen,  ihm  . 
verfängliche  Reden  abzulocken  gesacht ,  um  Grand  aur  An«- 
kkge  gegen  ihn  bu  geWinnen  (Luc.  11,  37— 54.  vgl.  Haltlu 
15,  1  ff.  Marc.  7,  1  ff.)*  Auf  seiner  letaten  Reise  nach  Je* 
rvsalem  iiefsen  die  Pha<|säer  Jesu  eine  Warnung  vor  He* 
rodes  aukommen  (Luc.  13,  41.),  die  wahrscheinlich  nar 
den  Zweck  hatte,  ilft  aus  der  Gegend  wegeobringen.  Den 
nächsten  Ilauptanstofs  nimmt  die  hierarchische  Partei  ah 
der  ^(1  fallenden  Huldigung,  welche  Jesu  bei'm  Einsng  fn 
Jerusalem  vom  Volke  dargebracht  wird,  und  an  der  Tem« 
pelreinignng,  an  welcher  er  sofort  sclireitet :  doch  etwas  Ge- 
waltsames gegen  Hin  an  unternehmen,  hielt  sie  sein  star- 
ker Anhang  unter  dem  Volke  noch  aurttök  (Mattn.  21,  15  f. 
Marc.  II,  18.  Luc.  VX  30.  s7  f.%  Wis  auch  der  einzige  ' 
fsruud  war,  warum  sie  nach  der  scharfen  Zekhanng  durch 


S70  Drrtur  Absohntti. 

das  Glelcbnllk  ron  den  l^etngftrtiiern  tloh  letner  Person 
nicht  bemfiobtigte  (Mdh|i.  31,  45  f.  parall.)*  Nach  diesem 
ITorgängen  bedurfte  es  kabm  mehr  der  aotipharislischen 
Rede  Mattli,  SS,  um  kors  vor  dem  Pascha  die  HobeDprie* 
ster,  Sohriftgelehreii  and  Ältesten,  d.  h.  das  Synedrinuiy 
In  den  Palast  «ies  Hohenpriesters  au  einer  Berathtii^  sa- 
'sammensafahrim ,  7,va  %?)v  V.  <foXi^  xQcar^awai  kal  mOKttl^ 
naoiv  (Mnttb.  i6,  3  ff.  paraii.)« 

Ancb  im  vierten  Evangeliam  swar  wird  der.^|rroM  An«« 
bang  Jeia  nnter  dem  Volk  elnigemale  als  der  Grand  be^ 
nelobMt|  warum  ihn  seine  Feinde  haben  wollen  festnehmen 
lassen  Ö9  32.  44.  t|[I-  4,  1  ff.)«  und  sein  feierlicher  EinB«|f. 
|n  Jernsalem  erbittert  steaachhier(12,  19.);  bisweilen  wird 
ihrer  Mordahschläge  ohne  Angabe  einer  Veranlassnng  ge- 
dacht (7,  1*  19.  25.  8 ,  40.) :  aber  den  HaoptanstoCi  geben 
In  diesem  Evangellam  die  Aassagen  Jeso  Aber  seine  h8hev9 
Würde.  Schon  bei  jener  Sabbatheilung  reitste  das  haupt* 
sfichÜcb  die  Joden  auf,  dafs  Jesus  dieselbe  durch  Bern» 
fung  auf  die  ununterbrochene  Thätigkeit  Gottes,  als  seinen 
Vaters,  rechf^rtigte ,  worin  nach  ihrer  Meinung  ein  blas« 
phemiscbes  Vaar  Icancv  noieiv  T<f  d-i^  lag  (5,  IS.);  wenn 
er  von  seiner  göttlichen  Sendung  sprach,  suchten  sie  ihn 
ßa  greifen  (7»  30,  vgl.  8,  20.) ;  wegen  der  Behauptung,  vor 
Abraham  sei  er ,  hoben  sie  Steine  gegen  ihn  auf  (S,  59.) ; 
dasselbe  thaten  sie,  als  er  äusserte ,  er  und  der  Vater  seien 
£ins  (10,  31«) 9  und  Wie  er  behauptete,  der  Vater  sei  in 
Ihm,  und  er"  im  Vater,  suchten  sie  sich  abermals  seiner 
fu  bemächtigen  (10,  390«  Was  aber  den  Ausschlag  giebt 
nach  der  DM^tellung  des  vierten  Evangeliums,  und  die 
feindliche  Partei  au  fftrmlicber  Beschjufsnahme  gegen  Je* 
sum  veranlafst ,  {st^  die  Auferweckung  des  Laaarus.  Ats 
diese  That  den  Pharisäern  gemeldet  wurde,  veranstalteten 
sie  und  die  Hohenpriester  eine  Synedriumssitsung,  in  %ifl« 
eher  sie  in  Erwägung  sogen,  wenn  Jesus  fortfahre,  se 
viet^  O'^fif^tu  B*>  thun^  werde  ihm  i^uietat  Alles  anhängen^ 


Zweites  Kapitel,    i  Ue.  W 

und  dann  die  RömW  dfiratdrend  eineehreiteil';  worauf  der 
Hohepriester  Kaiphas  den  verhXngnifsvollen  Aofspmoh  that, 
es  sei  besser,  dafs  Ein  Mensch  fUf  d^  Volk  sterbe,  aft 
da(s  das  ganee  Volk  an  Grunde  gehe.  Mon  war  sein  Tod 
besofaiossen ,  nnd  as  warde  Jedem  aar  Pflicht  geoMcht,  sei« 
nen  Anfenthaltsort  aneuseigen,  na  sieh  seiner  Person  be- 
mächtigen an  können  (11,  46  ff.)* 

In  Beeng  anf  diese  Differens  bemerkt  die  neuere  Kri-' 
lik ,  data  |rir  aaS  den  synoptischen  Berichten  die  tragische 
Wendung  des  Schicksals  Jesu  gar  nicht  k^fgreifen  wArden, 
nnd  nnr  Johannes  einen  Blick  in  die  stufenweise  Steige«    * 
rung   der  Spannung  swischen  der  hierarchische^  Partei 
und  Jesu  uns  eröffne ,.  kurs,  dafs  naoMutlich  auch  in  die« 
seaStflekedie  Darstellung  des  vierten  Evangeliums  als  eina-» 
pragmatische  sich  aeige ,   was  die  der  übrigen  nicht  sei  *)• 
Allein  y    was  hier  an  stufenweisem  Fortschreiten  die  johan- 
aeische  Erzfihlnng  voraushaben  soll,  ist  schwer  einsusehen, 
da  ja  gleich  die   erste  bestimmtere  Angeld  über  das  sich 
bildende  BUfsverhältnifs  (5,  16.)  in  dem  iaq|i  kavzov  nouSv 
fV  ^^V  ^^  Höchste  des  Anstofses ,   in  dem  i^i^av  av%6v 
irmnuvai  aber  das  Höchste  der  Feindseligkeit  enthftlt,  so    ' 
da(s  AUea  ,  was  weiter  von  der  Feindschaft  der  ^[adaloi  er- 
aählt  wird,    blofse  Wiederholung  ist,    nnd  nur  der  Syne« 
^iumsbeachluls  Kap.  11.  als  Fortschritt  aum  BcHitfmmteren 
sich  darstellt«     In  diesem  Sinne  fehlt  aber  auch  der  syn* 
optischen  Darstellung  der  Fortschritt  nicht,  von  dem  nn* 
bestimmten  ivedifsveiv  und  dialaXtiv ,    %l  av  noiiqouonf  %0 
V/^   (Luc»  11,  54,    6,  11.),  oder,  wie  es  hei  Matthäua 
0%  14«)  und  Markus   CS^  60  bestimmter  lautet,   ^vfißa^ 
hw  Xaftßdvuv  omag  aviov  anoXimßoiv^  bis  an  dem  in  Be- 
sag anf  Art  (doiUti)   und  Zeit  O^  iv  tjj  lo^)  nunmehr 
genau  bestimmten  Beschlüsse  (Matth.  26,  4  f.  parall.).  — 


•)  ScmiBCKBKBVASBii,  Ubcr  den  Urspr.,  S.  9  f.  LI'ckb^  1^  S.  13S, 
IS9.    2|  S.  402. 


378  Dritrer   Abschnitt 

Nifh^r  wird  opn  aber  den  drei  er|fen  Evangelisten  beson* 
ders  das  sum  Vorwort  gemacht ,  dafs  sie  in  der  Äuferwe- 
ckung  des  Lazarus  diejenige  Begebenheit  fibergangen  ha- 
ben ^  welche  ffir  die  letzte  Wendung  des  Scliicksals  Jesu 
entscheidend  geworden  sei  ^.  Massen  dagegen  wir,  mit 
Rficksicht  auf  das  obige  Resultat  nnsrer  Kritik  dieser  Won- 
derersählnng,  vielmehr  die  Synoptiker  loben,  dafs  sie  nicht 
eine  Begebenheit  zom  Wendepunkte  des  Sohiclisals  Jesu 
uaoh^iti)  welche  gar  nicht  wirklich  vorgefallen  ist :  so  be- 
urkundet sich  der  vierte  Evangelist  auch  dnro&  die  Art, 
wie  er  den  dadurch  veraniafsten  Mordbeschlufs  berichtet, 
keinesi^egl  als  einen  solchen,  dessen  Anctoritfit  uns  die 
Wahrheit  seiner  Erzählung  verbargen  könnte.  Das  zwar, 
dafs  er,  ohne  Zweifel  nach  einer  aberglfinbischen  Zeitvor- 
stellung '0  i  dem  Hohenpriester  die  Gabe  der  Propbetie  zu- 
schreibt, ond  seinen  Ausspruch  für  eine  Weissagung  auf 
den  Tod  Jesu  hält,  diels  würde  für  sich  noch  keineswegs 
beweisen,  dafs  er  nicht  ein  Augen^uge  und  ApostM  könnte 
gewesen,  sein  ^).  Das  aber  ist  mit  Recht  bedenidich  gefun-^ 
den  worden,  iafs  unser  Evangelist  den  Kaiphas  als  a^;(<€— 
QSVQ  zs  iviavTS  ixslva  bezeichnet  (11,  39.) ,  also  vorausAU* 
setzen  scheint,  diese  Würde  sei,  wie  manche  römische  llIa-> 
gistraturen ,  eine  jfihrige  gewesen  ,  da  sie  doch  ursprüng- 
lich eine  lebenslfingliche  wari  und  auch  in  jener  Zeit  der 
römischen 'Qberherr«chaft  nicht  regelmäfsig  j&hrlich,  son^ 
dorn  so  oft  es  der  WiUkühr  der  Römer  gefiel,  abwechselte. 
Auf  die  Auctoritttt  des  vierten  Evangeliums  hin  gegen  d;e 
sonstige  Sitte  und  nnerachtet  des  Stillschweigens  des  Jo&e* 
phus  anzunehmen,  Annas  und  Kaiphas  haben  vermöge  ei- 
nef   PrivatQbereinkunft  jährlich  gewechselt  ^) ,    dazu  mag 

S)  Vgl.,  auiter  den  angeführten  Kritikern,  Hvs,  Binleit.  in  das 
N.  T.  2y  S.  215. 

4)  Hierüber  am  ri€hti|;sten  LOci»|  8|  S.  kOt  ff. 

5)  Wie  die  Probsbilien  meinen,  S.  -94. 

6)  Uvs^  a.  a.  (K    S.  aiSl. 


Zweites  KapiteL    $.  11«.  fT» 

«loh,  wer  Lost  hat,  enüdUiefteii ;   inawS  «nbeetlMmt  Dir 
XQOrfi  SU  uehmeii  %   ist  wegen  der  doppelten  Wiederbo- 
laog  desselben  Aasdmeks  V.  51.  nnf^  18>  13.  unBolIssig; 
da(s  in  jener  Zeit  das  Hoheprieslertbiini  so  hfiofig  weob» 
salte^  und  einige  Hobepriester  niebt  Iflnger  als  ein  Jalir  in 
ibrer  Stelle  belassen  wurden  ^)j   berechtigte  nnsem  Sehrift- 
steller  nicht)  den  Kaiphas  als  Hohenpriester  eines  Jabracu  bej. 
seiehneni  welcher  gerade  vielmehr  eine  Reibe  von  Jabreni 
namenfclicb  wibwnd  der  gansen  Dauer  von  Jesu  •ffentll« 
eher  Wirksamkeit  Jene  Stelle  bekleidete;  dals  aber  endlleli 
Johannes  soll  sagen  wollen,  im  Todesjahr  Jesu  sei  Kaiphas 
Uoherpriester  gewesen,  ohne  dadurch  frühere  und  spitare 
Jahre  aussnschliefsen ,    in  welchen  er  dieses  Amt  {gleich- 
falls  bekleidet    habe  ')    geht    ebensowenig.     Denn  wenn 
die  Zeity  in  welche  eine  Begebenheit  fUlt,  als  ein  gewisses 
Jahr  baseichnet  wird ,    so  mufs  ^Uefs  darin  seinen  Grund 
haben,  ila(s  entweder  die  Begebenheit,  deren  Zeit  bestimmt 
werden   seit,  oder  das  Datum,  nach  welchem  man  dieselbe 
bestifDa»eu  will,   mit  dem  Jahresweclisel  zusammenhängt. 
Kntwed^r  muls  also  der  Ersähler  im  yierten  Evangelium 
der  MefttOBg  gewesen  sein,  von  Jesu  Tod,  ca  welchem 
sie  damals  den  Anschlag  machten ,  sei  anf  jenes  ganse  Jahr^ 
aber  weiter  nicht ,   eine  Falle  von  Gei^tesgaben,  unter  wel<< 
eben  auch  die  prophetische  Gabe  des  damaligen  Hohenprie« 
stera,  ausgeflossen  ^^) :   oder ,  wenn  diels  eine  gesuchte  Er- 
Märung  ist,  so  muCi  er  den  Kaiphj^  als  Hohenpriester  eben 
nur  jenes  Jahrgangs  sich  vorgestellt  haben.      Wenn   also 
LOCKB  schlielst,  da  nach  Josephus  der  damalige  Hoheprie« 
•ter  dieses  Amt  sehn  Jahre  hintereinander  verwaltet  babci 
so  k$nne  Johannes  ihit  dem  oQiUQevs  %5  iviatnä  iuilfa 


f)  KoxHi$L,  t.  d.  Sl 

8)  PAüLUiy  Comm.  4,  S.  579  f* 

9)  LDcKii  z.  d.  St. 
10)  LiSUTVOOTj  z.  d.  St. 


S80  Dritter  Aliichiiit:!. 

nicht  gemdnt  haben  ^  das  hohepriesterltebe  Amt  sei  damals 
jIliHg  gewesen :  so  kehrt  sieh  dieser  SeUnGi ,  da  das  Zu* 
tageÜegen  dieser  Meinung  in  den  Worten  des  Evangelioms 
sicherer  ist{  ais  dab  dessen  Verfasser  Johannes  gevresen, 
in  den  der  Probabilien  am:  da  das  vierte  Evangeliam  hier 
Mne  Vorstellnng  von  der  Daner  des  Hohenpriesteramfea 
Beige,  die  man  in  Palftsttna  nicht  haben  kLonnte,  so  Icdnne 
der  Verfasser  desselben  kein  Palästinens<Hr  gewesen  sein  ^0- 
'  Attcb  von  den  weiteren  Angaben  Aber  di^  Punkte, 
durch  welche  Jesus  der  Hierarchie  seinA  Volkes  anstdCdg 
geworden  sei,  sind  nur  diejenigen  glaublich,  welche  die 
Synoptiker  allein  oder  mit  Johannes  gemein  haben:  die 
.dem  letEteren  eigenthtfmiichen  nicht»,  Von  dem  Oeoiein* 
schaftlichen  war  der  Anstofs  an  seinem  feierlichen  Einsoj^ 
und  der  starken  Anhänglichkeit  des  Volks  an  ihn,  die  sich 
dabei  seigte,  ebenso  natürlich,  als  die  Erbitterung  Ober  sein 
Reden  und  Thun  gegen  die  Sabbatsvorschriften ,  worin  im- 
mer letzteres  bestanden  haben  mag ;  dagegen  ist  die  Art, 
wie  dem  vierten  Evangelium  Buüpige  die  Juden  an  den  Äua- 
semngen  Jesu  fiber  sich  als  Sohn  Gottes  Anstols  geaom* 
men  haben  sollen,  nach  einer  frfiheren  Auseinandersetaung  ^ 
ebenso  undenkbar ,  als  es  in  der  Ordnung  |^t,  dafs  die  Po- 
lemik gegen  den  Pharisfiismus,  welche  ihm  die  drei  ersten 
Evangelien  leihen ,  die  Getrogenen  verdrielsen  mulste.  So 
ist  Aber  die  Drsacjien  und  Motive  der  Reaction,  weiche 
gegen  Jesnm  sich  bildete ,  in  der  Johanneisehen  Darstellung 
kein  neuer  und  tieferer  Aufschlufs  sn  holen:  aber  was 
die  Synoptiker  bieten ,  reicht  auch  vollkommen  hin ,  jene 
Erscheinung  nn  begreifen* 

f.    117. 

Jeios  und  sein  VerrSther. 
Cnerachtet  im  Rathe  der  Hohenpriester  nnd  Äiteaten 

11)  FrobabU.  a.  a.  O. 
if)  1.  Band,  §.  62. 


Z\Teit«s  Kupitei.    f.  117.  IM 

b^aehksteo  werden  war ,  die  Fe^seit'  ertt  vorttbei^geheii  sn 
lassen,  weil  eine  ib  ^eseo  Tagen  an  Jesa  ?erQbte  ttewMt- 
that  unter  der  MaMe  ihm  gAnsUger-  Festbesocher  leielit  ei- 
nen Anftland  erregen  iLonnte  (Matib. .  i6,  5.  Mare«  14,  ^0  • 
•0  warde  diese  Rlieksielit  doeli  dureh  ^e  Leiehtigkeit  iber-« 
wogen ,  mit  weleher.  einer  seiner  Jftnger  ihn  in  ilnre  Hän- 
de sn  liefern  sieh  anbeisehig  maefate*  Judas  nimÜetf,  ohne 
Zweifel  tob  seiner  Abstammnog  a«»  der  JedÜschen  8t«dt 
Kerioth  (Jos.  15,  UOi^-foircr^iain;^  genannt  0)  gi^ng  denSyn* 
oylikern  safolge '  wenige  Tage  yor  dem  Pasebafest  an  den 
Vorstehern  der  Priestersebaft^  nnd  erbot  sich,  Jesnm  ih- 
nen in  der  Stille  bu  ab«4iejfiÜi,  woOr  sie  ihm  Geld,  naeh  . 
MattblnsdrsissigSilbprsekel  C^QyvfuOi  rerspraehen  (Matth, 
tfg  14ff.  parall.)«  Von  einer  seloli^tt  rorlftufigen  Verfaand- 
kng  das  Jndas  mit  den  Feiaden  Jesu  Bildet  daa  vierte 
Evangelinm  niebt  nor  nichts  ^  sondern  seheint  auch  smst 
die  Sache  so«diraiistellen,  als  hätte  J|^as  erst  bei  der  ieta- 
ten  Mablaeit  den  £ntschlafs  gefafst«  and  sogleieb  aasge* 
ftbrt,  Jasum  an  die  Priestersehaft  an  rerrathen.  Dassel- 
ke  iloBlJ^elv  des  Satan  in  Jndas  nämlicb ,  welches  l»AJias 
(2^  30  vor  seinen  ersün  Sang  bb  den  Hohenpriestern,  4lnd 
Alb  aocb  aum  Paschafest  Anstalt  gemacht  ist,  setat,^  ISibt 
der  VerfiiMer  des  ▼ierteo  Evangelinms  bei  diesem  Mahle 
tiotreteo,  ehe  Judas  die  Gesellsehaft  rerUeTs  (13,  37.): 
sam  Beweis,  wie  es  scheint,  dafs  nacb  der  Ansicht  dieses 
Kfangelisten  Jndas  erst  Jctat  den  ««vfitberischen  Gang  ge- 
maelit  hat.    Zwar  schon  vor  dem  Mahle,  beoMrkt  derselba 

. . "  A 

I)  Gemnere  Auskunft  über  die  Abttunmung  det  VertXthers 
weist  OtSHAVssif  <u  geben ,  wenn  er  bibl.  Gonun.  2y  S.  458 
Anm.  sagt:  y,VieUeicht  ist  1  Mos.  49,  17.  [:Dan  wird  eine 
Schlange  sein  auf  dessWege,  ein  Gerast  auf  dem  Fusssteigc, 
der  das  Pferd  in  die  Hufe  stiebt,  dass  sein  Reiter  rückwärts 
\  fällt]  der  Verratb  des  Judas  prophetiscb  angedeutet,  wor- 
nacb  man  tcbliessen  kttnnte,  dats  er  aus  dem  Stsauac  Dan 
war." 


Ses  Dritter  Abschnitt 

(IS,  SO)  iMibe  der  Tevfel  den  Jndas  In'e  Hers  gegeben 
^%lHibt,  Jetsn  stt  Terratben,  ond  dieses  tS  diaßoln  ßeßh;- 
xagog  etgT^  xagdiop  wird  gemeiniglieh  dem  elsfji9i  aara-' 
ySg  bei  .Lukas  gleiebgesetst,  «ad  Top  dem  £ntseliliMse  iqb 
Verraih  verstanden)  in  dessen  Felge  Jndas  so  den  Hshen- 
priestetfn  gegangen  sei :  allein  y  war  er  sokoa  dasrab  nit 
denselben  einig  geworden,  so  war  der  Verrath  bereUsfoU- 
sogen,  nad  Mn  weift  dann  kanm,  was  das  Bigijl^  (ig 
aitw  6  0{XTaväg  bei'm  lotsten  Malde  noch  bedenten  soll,  <k 
das  Binaoefilhren  derer,  welche  Jesmn  greifen  soBten,  M" 
nener  Teufelsentschhib ,  sondern  nnr  die  VoUalehong  dei  i 
l>ereits  gefinfsten  war«  Der  Ansdrueb  bei  Johannes  V.  ^. 
befconnit  in  Unterschiede  von  Y.  %.  nur  dann  einen  gunt 
passenden  Sinn ,  wenn  man  das  ßalXeiv  Big  tjjv  xcffikf 
Tonrdem  Aufsteigen  des  tiedankens,  das  ee^cA^^iy  sberfos  4 
deoi  Reifen  desselben  Enm  EntscMufs  versteht,  also  nieht 
voraossetst,  dafs  4pdas  schon  vor  /ien  Mahle  den  Buhen- 
priestem  eine  Zasage^genacht  habe  ^.  Stehen  sich  skr 
«nf  diese  Weise  die  Angabe  der  Synoptiker,  dafs  Mm 
•Aan  einige  Zeit  vor  der  AnsfAhrong  seines  Verratbi  nit 
den  Feinden  Jesn  in  UnterhandlnUg  gestanden,  und  die  je* 
hanneisebe,  dafs  er  erat  unmittelbar  vor  der  Thstiieh 
mit  ihnen  in  Verbindong  geseifet  habe ,  entgefbn ;  90  H^ 
aclieidet  sich  awar  Lücke  in  der  Ar%  fOr  den  JehsniMf) 
dafs  er  behauptet ,  erst  nach  dem  Anfbroch  von  Istxtes 
Mahl  (Job.  13,  30.)  habe  Judas  den  Gang  sn  den  flsben* 
prieatern  geauicht^  welchen  die  Synoptiker  CMstth.  M) 
Hi4  f*  parail.)  vor  das  Mahl  versetsen  ^ :  aber  er  thnt  A^b 


i)  Dnt  nach  der  jolisnneitcben  Darstelluog  Judas  erst  roa 
Mäkle  weg  sum  erstenmal  zu  4en  Hohenpriestern  g«'g«"S^'^ 
sei,  hat  auch  Lasarroor  anerkannt  (borae,  p.  465. );  aberjoi^ 
destwegen  das  Ton  Johannes  erzählte  Mahl  fUr  ein  friUieiTS 
alt  das  tynoptitche  gehalten« 

3)  Comm.  z.  Joh.  2,  S.  484« 


Zweites  Kapitel.    $;  117.  383 

l  nur  der  Toransgedctzteii  Anetorlfft  des  Jöhrnmes  siilieb; 
denn  wenn  auch,  wie  er  bemerkt,  bei  ebeh  einbrechender 
lAachr  Jndas  mit  den  Priestern  nobh  recht  ffiift  tmteirhan- 
dein  konnte:  so  Ist  doch,  die  Sache  ohne  Voräussetzonj^ 
betrachtet,  die  Wahrscheinlichkeit  dhne  Vta^eichnng  mehr 
aof  Seiten  der  Syaoptiker,  welche  der  Sache  d6c^  einige 
Zeit  lassen ,  als  des  Johannes ,  bei  weloh^iii  AUes  Knall 
tind  Fall  geht,  und  Jndas,  allerdings  wie  besessen,  nach 
Einbruch  der  Nacht  noeh  davonrehnt,  um  mit  den  Prie« 
Stern  so  unterhandeln ,  und  unmittelbar  darauf  cur  That 
I     mm  schreiten, 

I  Ober  die  Motive,  welche  den  Jndas  bewogen  haben, 

I     sich  mit  deil  Feinden  Jesu  gegen  ihn  zu  verbinden ,    erfah- 
ren wir  aus  den  drei  ersten  Evangelien  nur,  dafs  er  von 
1.     den  Hohenpriestern  Geld  bekommen  habe*     Diefs  wlirde, 
besonders  nach  der  Rrefihlnng  bei  Matthflus,    wo  Judas, 
ehe  er  den  Verrath  zusagt,  die  Frage  macht:  rl^ileti  fioc 
d^vai;  für  Hab-  und  Gewinnsucht  als  Triebfeder  sprechen. 
Bestimmteres   Licht   wirft  hierauf  noch   die  Angabe   des 
vierten  Evangeliums  (12, 4  ff.),  sehen  bei  dem  Bethanisehen 
k    Mahle  habe  Judas  sich  ttber  die  Salbung,    als  eine  unnö- 
^    thige  Verschwendung,  geärgert;  er  habe  nftmlich  den  Beti- 
j    tel   geführt,    sei  aber  an  ^mselben  zum  Dieb  geworden; 
wornach  also  anzunehmen  wäre,   dafs  die  Habsucht  Aen 
\*  JadAS>  durch  das,   was  er  der  Gesellschafrscasse  abstehlen 
konnte,  nicht  mehr  befriedigt ,  d^rch  die  Überlieferung  Je- 
an -  an    die    reiche    und    mächrige   Priesterpartei  nachhal« 
tigeren  Gewinn  zu  machen    gehofft   habe.  '  Man  wird  es 
dem  Verfasser  des  vierten  Evangelitims  Dank  wissen  müs- 
sen/dafs  er  uns  durch  die  Aufbewahrung  dieser  Notizen, 
welche  den  übrigen  Evan^v  listen  fehlen ,  die  That  des  Ju- 
das einigermafsen  begreiflich  gemacht  hat,  <-*  sobald  sich 
seine    Angaben  als   historisch  begründet  zeigen.    Hier  ist 
nun  aber  in  Bezug  darauf,   dafs  gerade  Judas  |sne  Rige 
uisgesprochen  habe,  schon  oben  ausgeführt  worden,  vrie 


384  Ortlter  AlMclin|ft.^ 

iinwAhniieMpUch  es  sd.,  dab  die  S«g9  diesen  Zog  verff 
ren  haben  seilte  0  •  wie  wahrscheinlich  dagegen^eine  ss- 
genlmCte  IJlntstehong  desselben  ist,  erhellt  leifiht*  DasBe- 
thaniscbeJM^hl  stfind  in  der  evangelischen  Ütierlieferong 
dem  Ausgsj^  des  Lebens  Jesa  durch  ^tn  Verrath  des  Ja- 
das  naife :  wie  leicht  konnte  einem  de^  Gedanke  anfttei- 
gen,  jen^  eijgherzige  Tadel  edler  Verschwendung  könae 
nor  von  dejffL.ihahsücl)^igen  Jadas  aasgegangen  sein?  Dafs 
der  Tadel  zugleich  aof  Ye^knofen  der  Salbe  sBum  Best«» 
der  Arm^n  drang ^  Jkenwlie  im  Monde  fies  Jadaa  nur  ein 
Verwand  gewesen  sein,  hinter  welchen  sich  sein  Üigen- 
natz  versteckte :  eignen  ¥#rtheU  aber  konnte  er  von  den 
Verkauf  Jener  Salbe  nur  dann  erwarten  ^  wenn  er  sieb 
erlaubte,  .von  dem  erlöstem  Geld  etwas  an  untertoblagen, 
und  diefs  konnte  er  wiederum  nur,  wenn  er  Cassenf&b- 
rer  war.  Zeigt  sich  so  auch  von  dem  Zuge,  dafs  «fadas 
xXkrmjg^  f^v  xal  %q  yXoioaoxofiOv  ef^e,  eine  unhistorische 
Entstehung  als  mögliich:  so  ist  nun  zu  untersuchen,  ob 
sich  Grönde  au  der  Annahme  finden,  da£s  es  sich  wirk« 
Ueh  so  verhalte  {^ 

Hier  mufs  ein  andrer  Punkt  hinzugenommen  werdea, 
in  welchem  die  Synoptiker  und  Johannes  differiren,  nun« 
lieh  das  Verherwissen  Jesu  -n^ on  des  Judas  VerrStbereL 
Bei  den  Synoptikern  zeigt  Jesus  diese  Kunde  erst  am  lets- 
ten  Mahle,  also  zu  einer  Zeit,  wo  die  That  des  Judas  ei- 
gentlich schon  geschehen  war,  und  noch  kurz  vorher,  wie 
es  scheint,  ahnte  Jesus  noch  so  wenig  davon,  dafs  einer 
der  Zwölfe  ihm  verloren  gehen  würde ,  dafs  er  ihneii  al- 
len^  wie  sie  da  Waren»  bei  der  Palingenesie  ein  Sitzen  aof 
12  Richterstahlen  verhiefs  (Matth.  19,  28.)*  Nach  ^bsn- 
nes  dagegen  versichert  ^esus  schon  um  die  Zeit  des  vor- 
letzten Pascha ,  also  ein  Jahr  vor  dem  Erfolg ,  einer  von 
den  Zwölfen  sei  ein  diaßolog,  womit  er,  laut  der  ße- 


4)  1.  Band  S*  88. 


ZweitM'lMitLitel.    1117.  38S 

W^kUDifr  det  ETängelist^n »   den  JuJAs,  ftU^feiaen  kOiif« 
tigen  Yerräther,  meinte  (6,7009   denn,  wie- kors  vorher 
fV.  64.)  bemerkt  fir4ir>  ^du  i^  oQx^iG  o  ^Irfing^  —  %ig  ignß 
V  fite^dwawp  amiv.    Hltmach  hätte  aIso  Jesus  von  Anfang 
feiner  fiekanntsohaft  mit  dem  Ji^das  gewuftit,  dafs  dieser 
ikn  verrathen  wQrde^  und  lüebtblors  diesen /aissernLrfolg 
hiltte  er  vorbergeaehen,  sondern,  da  er  ja  wurste^  has  im 
lUenacben  war  (Job*  2,  2Su),  so  bfitte  er  aacii  die  'triebfe* 
dern  des  Judas  durchschaut^  dafs  er  nämlich  ans  Habsucht 
und  Geldgier  Jene  That^  begehen  würde«   Und  dabei  soll  er 
ihn  Bom  Cassefflhrer  gemacht,  d«  h.  ihn  auf  einen  Posten 
gestellt  haben,  auf  welchem  s^  Hang,  sich  auf  jede,  wenn 
auch  unrechte  Art  Gewinn  zu  schaffen^  die  reichste  Nah« 
^  mng^bekommen  mnfite  7  er  soll  ihn  durch  Gelegenheit  zum 
Dieb  gemacht,  und  sich^  wie  absichtlich,  an  ihm  einen  Ver« 
rüther  groCs  gezogen  haben?    Schon  vom   öfconomischen 
htandpnnkt  aus  betrachtet:  wer  vertraut  denn  einem  eine 
Casse  an,  von  dem  er  weiiji,  dafs  er  sie  bestlehit  ?  dai^n 
pädagogisch:,  wer  sjtellt  den  Schwachen  auf  einen  IMatz, 
der  gerade  seine  schwache  Seite  so  bestKndig  in  Anspruch 
nimmt,  dafs  vorauszusehen  ist^  er  ipüf^e  Irbher  oder  spä- 
ter unterliegen?  Mein  in  der  That,  so  hat  Jcmis  mit  den 
ilu»  zun&ehst  anvertrauten  Seelen  nicht  gespielt,  so  nicht 
«las  Xpegentheil  von  dem  ihnen  erwiesen,  was  er  sie  beten 
lehrte:  ^5  tiaeviyxjjg  ij^ä^  Mg  yietQWfiOv  (RIntth,  6,.  13.)> 
cUfs  er  den  Judas,  von  welchem  er  vorausw»l'»te,  er  werde ' 
ans  Gewinnsucht  sein  Verräther  werden,  zum  Casseftthror 
ernannt  iMiben   kannte ;  oder   wenn  er  ihn  dazu  machte^ 
so  kknn  er  jenes  Yorherwissen  nicht  gehabt  haben. 

,  Dm  in  dieser  Alternative  zu  einer  Entscheidung  za 
gabuigea,  mfifsen  wii>  jenes  Vorherwissen  für  sich  ueiimen, 
und  sehin,  ob  es^abgesehen  von  dem  Cassenamte  des  Judas, 
wahrscheinlich  ist  oder  nicht?  Auf  die  Frage  nach  der 
psychologischen  Möglichkeit  wollen  wir  uns  nicht  einlassen, 
da  es  ja  immer  frei  steht,  sich  auf  die  g  Htliche  Matnr  in 
Du$Ub€nJ§im  Ü^Ai^  ü.  Band.  25 


SM  Dritter  AbaehnlO. 

Jeto  CO  berafen;  aber  ron  der  moralitehen  M6{[lkhiieif 
HÜ*d  e«  sich  fragen,  ob  es  bei  jener  Veraussicht  su  recht- 
fertigen aeif   daf«  Jesoa  den  Judas  unter-  die  Zwölfe  ge^ 
wfihlt,  und  in  diesem  Kreise  bebaiten  babe?    Da  dorch 
diese  ßeroAing  sein  Yerratfa  als  solcber  erst  m^gÜGb  wur- 
de ,  ao  scheint  Jesus ,  wenn  er  diesen  vorherwafste',  und 
den  Judas  doch  berief,  ihn  absicbtiich  in  jene  Sfinde  hin* 
eingesogen  su  haben.    Man    wendet  ein ,  dnrcb  den  Um- 
gang mit  Jesu  sei  dem  Judas  ja  auch  die  Md^^chlieit  ge» 
geben  worden,  jenem  Abgrund  an  entgeben  ^) :  aber  Jesus 
hatte  ja  vorausgeseben,  dafs  sich  diese  Möglicblteit  nicht 
verwirklichen  wfirde;   nan  sagt  weiter,  auch  in  andern 
Krei  en  würde  das  in  Judas  gelegene  Bdee  sich ,  nur  in 
andrer  Form,  cAtwicIselt  baben,  was  schon  stariL  detarmi» 
n istisch  Itlingt*;  so  wie  vol  ends  dIeBebauptang,  es  sei  kei« 
ne  wahre  Hälfe  flBr  den  Menschen,  wenn  das  Böae^  wosu 
der  KeimJn  ihm^liegt,  nicht  cur  Ausbildung  komme,  auf 
Consequenaen  au  fahren  scheint,  wie  sie  Rom*  3,  8.  6, 1  f. 
verworfen  sind.    Und  auch  nur  von  der  gemflthlicben  Sei* 
te  angesehen,  -*  wie  konnte  Jesus  es  ertragen,  einen  Men- 
schen, von  welchem  er   wufste,  dafs  er  sein  Verräther 
werden ,  und  alle  Unterweisung  an  ihm  fruchtlos  bleiben 
würde,    die  ganae   Zeit  seines  i^ffentlicben  Lebens  hiii- 
durch  um  sich   au  haben?  mufste  ihm  dorch   densdbett 
nicht  jede  Stunde  traulichen  Zusammenseins  mit  den  ZwdI- 
fen  verkOmmert  werden!  Gewifs  triftige  Grfinde  mafsten 
es  gewesen  sein,  um  deren  willen  Jesus  sich  dieses  Widri- 
ge und  Harte  aufgelegt  hStte.  Solche  Gründe  undKKuecke 
konnten  sich  entweder  auf  den  Judas  beziehen ,   und  hier 
also  in  der  Absicht  bestehen,  ihn  su  bessern,  welche  a^r 
durch  4ie  bestimmte  Vorausiicht  seliil^s  Verbrechens  «um 
Voraus  abgeschnitten  war;  oder  sie  beeogen  sich  Huf  Je- 


5)  Diesen  und  die  folgenden  Gründe  s.  bei  OuMAüsaa,  1,  S« 
458  ff. 


Zweites    lU^iteK    Vtl7.  SSK 

Ktitn  selbst  und  sein  Werk,  so  dafs  er  die  €l)eir£ett|riing 
gehabt  hätte,  wenn  die  Erlösung  doreh  seinen  Ted  «n  Stan- 
de kommen  s^le,  niliss9;«neh  einer  sein,  der  Ihn  verra» 
the^)*  Allein  sbo  jenem  Zwecke  war  liaehtobiplstlllber  Vor« 
ftii«setzQng  nnr  der  Tod  Jesn  elis  naenlbekrttehes  Mittel : 
ob  dieser  aber  mittelst  eines  Verrafthft,^odfi#>  Wie  sonst,  her- 
beigeffihrt  wui4e,  hatte  fftr  deni£rläsiingseweek  kein  Mo« 
ment,  nnd  dafs  es  den  Feinden  Jesu  auch  ohne  den  J»daa 
fraher  oder  später  hfttte  gelingta  müssen,  ihn  In  ikr^^Oe« 
Malt  an  bekommen,  Ist  nnllEiighar;  dafs  aber  der  Verri- 
ther  tinentbehriieb* gewesen,  nm  Jean  -l^odehln  amfPaseha^ 
fedte,^as  s^n  typisehes  VorbiU  eoltialley;  an  Stande  m 
bringen  0  2  —  ^^^  soloh«n  Spielereien' Wiird^an  uns  d|^h 
heuriges  Tags  nicht  mehr  kihbAltan-woileo«. 

Lifst  sich  somit  anf  keine  Weisa  /elii»  genOgeode  Ab-' 
sieht  aasfindig  mschen,  welche  Jes«p«j^0|v>gen.k0i»iite,  In 
der  Person  des  Jodas  wis^entlidli  seine»  Veirfither.  an  sich 
tu  ciehan  und  nm  sich  au  behslten:  so  scheint  Entschieden, 
dafs  er  Ihn  als  solchen  nicht  im.  V^dtns  gakannt  haben 
kann.  ScBLitBRMACHBR,  nm  nicht  dnrck  Ltfugnong  dieses 
Vorherwiasens  der  johanrfeischen  Anctorität  an  iMihe  an 
treten ,  sweifek  lieber  daran ,  dafs  Jesus  die  Zwdlfe  rein 
Ifdbststlndig  ansgewShlt  habe,  nnd  indem  nnn  dieser  Kreis 
•t<jh  mehr  durch  freiea  Anschliefsan  der  Jllf^er  von  selbst 
gebildet  haben  soll,  so  könne  «lesas  lelebter  dsrAber.  ge« 
rechtfertigt  werden,  dafs  er  den  sich  'andrängenden  Judas 
nicht  surttckwies,  als  wten  ^r  ihn  aus  freier  Wahl  au 
sich  gaaogen  hfttte  *)•  Allein  die  Aifttoritfit  des  Johannes 
wird  hiednreh  doch  Tcrletat,  da  ja  gerade  er  Jesum  Au  den 
ZwUtCsn  sagen  läfst:  ^  vftü^fi9  ^U^aa98fiX£  iyalt  i^a^ 

' ^       :    ',    * 

0)  OlSSAVtlV,  s.   s.  O«        '  '    ^ 

7)  E%i  isiches  Argument  Beile  sieh  unf  Am  sBleitea,  wst  Qu- 

■lüsSH,  2,  S.  387  unten  und  388  oben  sagt.  ^    , 

g)  über  den  Lnkat,  S.  88. 

25  • 


3SS  Dritter   Absehnttf.  ^ 

USdpßpf  ipSg  (I&9 1^  vgl.  6^  70.);  übrfgeiM  einen  bettfanni* 
ten  WuhlMt  aneh  weggedaeht,  ao  brauchte  es  doefa,  da- 
mit einer  bestXndig  am  Jetom  bbflben  durfte,  aeiser  firUnb- 
nffa  tind  Bettfttlgang,  und  schon  diese  konnte  er  mensch- 
llcherweise  efitem- Manne  nicht  geben,  von  welchem  er  wnfa- 
te/dafserdareh  dIeseaVerfaiitnifsca  ihm  der  schwfiraesten 
Frevelthat  entgegenreife ;  sich  aber  gane,  \rieman  sagt,  in  den 
Sfandpunkt  Gottes  su  Teraetsen,  und  um  der  MSglichkett 
der  Besserung  wltlen,  von  der  er  doch  \ofaaswdf«te,  dafs 
a(e  nie  sur  Wirklictikeit  werden  wttrde,  dtn  Judas  In  ad- 
ner  Ctesellschaft  mm  lassen  y  das  wäre  eine  gSttKehe  Dn- 
menschliohkelt,  nichts  Oottmensehllches,  gewesen«  So  |^ wer 
es  kienach  hUff,  dfe  Angabe  des  vierten  Evangeliums,  dafs 
Je<<u8  von  Anfang  anöden  tludas  als  seinen  YerrXther  ge- 
kannt hako^  als  historisch  festsnhalten:  so  leicht  entdeckt 
siehy  WM  asrck'ohne  geaekichttichen  Grund  nu  einm^  aol- 
ekea  Darstellung  bewegen  konnte. 

Dafs  der  von  einem  seiner  eignen  AchOier  an  Jean 
begangene  Verrath  ihm  in  den  Augen  seiner  Feinde  eum 
Nachthetl  gereichte,  ist  natürlich,  wenn  wir  auch  nicht 
von  Ceisus  wOfsten,  dafs  er  in  der^Rollo  eines  Juden  Je* 
so  vorwarf,  ort  inp  wv  (ovcftaVs  ^aOrftotv  ^Qadoihjf  «um 
Beweis ,  dafs  er  weniger  als  jeder  Riloberhauptmann  die 
Seinigen  an  sich  su  fesseln  vermocht  habe  *).  Wie  nun 
die  aus  d^m  schrnfthlichen  Tode  Jesu  su'  siehende  fible 
Folgerung  durch  die  Behauptung,  er  hake  seinen  Tod  lan* 
ge  vorhergewuf;it ,  am  besten  abgeschnitten  su  werden 
schien:  ebenso  das,  ^as  man  ans  dem  Verrathe  des  Ja« 
das  Schlimmes  gegen  Jesum  ableitete,  Jinrth  die  Angabe, 
dafs  er  von  Anfang  ah  jdien  Verräther  durchschaut  habe, 
und  4lm,  was  ihm  diesd)M>ereitete,  hfftte  entgehen  kön« 
nen,  mithin  mit  Fr^hfit  und  aus  höheren  Rficksichten 
aleh  seiner  Trettloa%keit  ausgesetst  habe  '0;  woni^  an* 

9)  Orig.  c.  C4b.  2,  11  f. 
10)  Tgl.  Frokskil.  p.  IS9. 


Zw«U«si^«I»U«L    f.  117.  m» 

glflob  iHiek  4mf  VMtbeil  sa  g^wintten  war  y.  de«  la  Jtdbr 
•«fehlieh  «tagctreffemt»  Verwuneying  filr  iIm  VerMt-' 
verkandig«|i4M  liegt  9  lutd  wekhen  der  ri»te  Kmagelkt 
naiv  eeiaen  JeefM  ensspreolien  übt  9  ««mi  er  ihai  aach 
der  BeniiebiiitJig  des  Verritker«  htVm  ktotea  Mehle  die 
WeHk  leiht:  un    uf/it  Xiyn^  ifät  nfi  t6  yiWuAoi,  Iru, 

«p'  ]4yi^«i#5rf^ttiai^ei  ozi  iytl  mf*$  (IS,  !••)  ^^  ia  der 
At^  dae  bette  tielto  %u  eUen  väiimnS^  pmi  emtiimm. 
Diese  "beiden  jfimeke  wardea  desto  velMieinnieaer  snsisb% 
je  weiter  sorttek  im  Lebe«  Jesa  dieses  Vorherwlseea-  ge- 
setst  wavde,  woreas  sieh  eise  erkürt,  werom  der  Verfss«- 
ser  ie9  rierten  EreageliaaM^  ntebt  aafeiedea  dsttlt^  deCi 
nach"*  der  gewöhnlleben  lAvetellnng  Jeeas  bei*ni  letstt* a 
Mahia  den  *  Verrath  dds  Jadas  verherrerhAndlgt  bsbm 
seilte ,  sein  Wissen  am  dsnselben  sehen  ia  die  Aafiing^ 
des  Zusammenseins  Jeso  adt  Jadas  Terlegte  ^% 

Ist  hienfit  ein  so  frihes  Wistea  Jesa  am  die  ^  Ver* 
rKtberjei  des  «ladas  als  aabietorisob  beseitigt,  so  wire  Raam 
für  die  Angsbe  geaiachft,  dafs  Jar'ae  den  Beatel  der  6e* 
selbelisft  Jesa  geftthrt  habe,  wss  sich  nur  mit  jeaem  Vor» 
sQSwJssen  nieht  sa  Tertragen  schien^  ^og^geil  aaa,  wenn 
sieh  Jeeas  ttberhaüpt  in  Judas  irrtr,  er  in  eben  diesem  Irr« 
thum  ihm  anch  die  Casse  an?ertraat  laben  könnte.   Ällf  in 


II)  Noch  weitsr  rUokwMrts  wird,  alskt  dss  Witten  Jetn  am  tei- 
een  Verritber ,  aker  deck  ein  kedeuttsmct  ZutamaieBirsfea 
mit  demtclben,  im  «pokryplüsckca  (.tangeHiim  infsntiss  ara* 
bicum  c.  35.9  bei  Fabmicius  I,  p.  197  f.,  bei  Thilo,  1,  p.^OSf« 
getetzt.  Hier  wird  ein  dämoniscber  Ifnabe,  der  im  Anfall  niil 
den  Zähnen  nm  ticb  bitt,  tu  dem  Kinde  Jetut  gebracht,  er 
beittt  nach  ihm,  uM  weil  er  et  mit  dca  Zähnen  nicht  errei* 
cken  kann,  versetzt  er  ihm  einen  Schlag  auf  die  re<^e  Seite» 
woranf  das  Jesuskind  weint ,  der  Satan  aber  einem! ;nrütben- 
den  Hunde  ähnlick  aat  dem  Haabei|  fährt*.  Hie  mamn  finer^ 
qiä  Jesum  ptroMsU  $$  ar  fito  Salat  as  suh  Jormm  canU  ex<- 
vhy  ßuit  Juda$  "kduwioteff  qui  illum  Jadmzis  prodidi\ 


Amtok  die  Naeliw^wigjr  4if(i  die  johmmlitlig  ftirrttihwig 
fai^R«B»g:  auf.  das  WImm  Jasu  mi  mImü  Y^f**^^!»»«^« 
gvi^mhfe  Miy  ist  4(e  OtaobwIlvd^gJMit  Jirijj^ii  in  4i««r 
Smeim  toi-ei  ■ehittert^' daft  AMui'ftooh  «v  J^er  «ndeni  An* 
g«k#  kcinreditAs  *VeHniii«a  {ktaen  Iimii».  H^  ^^  f  erfat» 
•er'dli  iFterCea  BvaogelliNM  das  VerhlÜifiir«  ewbAca  Je- 
•o-  iind  Judas  an  d^r  J^^am  KetraffaMen  fbita  Mi|[M^t: 
fo  wirtt'ar  sahwepltoh  die  Saito  4ias  Jodaa  aii^aralwlli« 
laäaaa  kalm;  bat  ar  dia  Tfcalwadie)  dafa^^Jaste  ferrafteii 
^rovden  lat,  dadnfob  «Infakitati  dafii  e»  Jmmm  JMi 
Sebloktal  varlimrscAian  ÜaTa,  ao  nuig  Mahtixlaa  Aadart^  4fi 
tr  dw  Judas  seliia  Gew inna«dit  darch  nntreiia  RBknuig 
dfa  Baatels  Tarans  aohon  naigen*  Übt ,  nur  £inlaitiiBg  di- 
an  »ebij  dafs  Judas  Jaaws  vai^athan  bat  • 

Ooab,  arifasan  wir  aiieh  Aa  jaliaaMisohan  Wiaka  Ihr 
dan  Charakter  ond  die  Motiva  daa  J«daa  aulfebia  l  !■• 
naridn  bahaltaii  wfa*  anch  in  dan  oben  dargelegten  Aogt« 
b^n  dar  Synoptiker  die  bestnnniiasta  Hinwaisiing  ßwtSiflh 
sueht  ab  tirundtriabfeder  s^nar  Tbat,- 

Verschiedene  AnUcIUen  i'tbev  deiv  CharsKtw  des  Jodit  uad 
die  Motiva  «einet  Verrakbs, 

Von  den  filresten  bis  auf  die  neuesten  Zeiten  hat  ei 
salphe  gegeben,  welche  mit  diesmp  AnaiehC  dar  IL  T.liebea 
Sobriftsteller  Ton  dem  Baweggranda  des  Judas'  und  »it  ih* 
rem  durohaus  Ternerfenden  UrtheH  Ober  denselben  (?|L 
A.  G.  Ij  16  ff. )  ni  ht  aberetusdmmen  au  können  glaobten, 
und  Kwar  k^nuen  wir  sageui  dafs  diese  Abweichung  tbeik 
»US  fibevtriebaiteai  Supranaturali^uS|  tbeils  ans  einem  ra* 
tionalistisoben  Haiigd  berror|^gangen  ist 

Ein  Qberspannter  Supranaturalismus  konnte  von  dem 
Im  N,  T*  seibat  an  die  Hand  gegehenenv  Gesichtspunkt  so«) 
i»C4  der  Tod  Jesu,  im  göttlieben  Weltplan  bescbTosseoi 
suoi  Hell  der  Mensebbeit  gedient  baBe^  nun  aAcb  dea  Jft* 


Zwtima  KiA|>iitL    |.  118.  Z91 


dAt,  dwd^  imun  Vamith  dtr  Xod  Jesu  haiMgdUirt  woi^- 
d«  iaitymnr^U  «fai  W«vkarag  fai  dar  Hand  der  Varwfcmig, 
flit  elMn  MUarMier  u  dar  BrldiBBg  dar  MensaUiaU  be- 
traafcCan»  la  diaaaa  Liabt  boaaia  wt  dadarab  gaataUl^  nwr- 
dan;  daA  jpMi  Ilmi  atn  Wiaaa»  am  jaiian  gAidiahäa  R«th* 
aoUnA  liald^i  und  dia  VaUsSalMui|  dataaH»aa  ab  bamiCiten 
2mak  liyaayyarrathae  aatata*  üiaia  fiatraabtaogavraifa 
4RiB  wilVirUMi  bat  dar  gaatt  aaban  FarM  dar  Kaini- 
lan,  frddba  d^  akan  Hftvaaiolagan  Biifal|;e  da»  Jndaa  ftr 
denjabigaa  bietteo,  dar  stab  Aber  dia  basobrSnkta  Jftdi- 
aeba  AaaMit  dar  ftbrigen  Jinger  enr  Gnad»  erhaben,  »iid 
äleser  gemiCi  JesttBirerraitben  babe,  waUerark^imte,  duf^ 
^wrch  seinen  Tod  daa  Reich  der  die  Walt  babarreebenden 
aiadaren  6i||ter  geetOrat  werden  wirde  *>  Andere  In  der 
litevan  Kirebe  rämniea  awar  ein ,  dafe  Jadaa  Jeslun  aus 
OMibmaaebt  raMitben  habe ;  daeh  aatt  er  niefat  erwartet 
lieben )  daf«  JaslM  gettfdtet  werden  würde ,  sandem  der 
lläfnttiig  gewesen  sein,  ar  werde ,  wie  aohon  tfftera ,  so 
a«ch  diefsmal,  dareb  aeine  tibernatirliche  Macht  seinen 
Feinden  entgehen  ^ ;  eine  Ansicht,  welche  bereits  den  Über* 
gang  an  den  neaeren  Rectitfertigongen  des  Verrädiers  bildet. 


1)  Iren.  tdr.  hter.  I,  55 :  *  Jtidtan  proditorem  —  soiaM  prae  ce» 
tsrii  cognote^ntgm  vmnimtmn  perfmme  prodüicnis  mytteriüm^ 
ptr  qaun  §t  Hmna  §t  €0$UsHa  omRia  dissokUa  ditm^  fipi. 
pb«n.  58,  5:  CUnige  Kaiailta  tsfiii,  Judas  bsbe  Jetum  sls 
siaen  7i9»Ji^or  Terratbea,  weU  er  das  gutp  Gesetz  sufl'ösen 
wollte,  alloi  Sh  rmv  mirth^^  «xiff^^Vi  illa  aytt&oy  aikoy  ärrm 
noadSmnt  Mßra   r^r   hia^rtov  yvwnv.     fyrmcttr   ydq^  f^^^y,  ol 

aa&trif  Siira/ns»  Mal  rSrdy  9fj0»y  yris  i  ItiSag^  fantvi/9  Ma\  ndr-* 
T«  IWWiTtfty,  ftJ«r«  nttfaSSvat  avror  ^  aya^or  Iqyoy  not^gas  ^^Tr 
tlg  omr>i^lay,  *a\  Stl  ^/iSg  InaiVitv  xai  anoSiSdvat  avr^  ror 
fnmporj  &t$  Sl  uthn  u«r%9»9Hß^o9tj  ^jutw  j}  r«  gav^S  ntnti^U  mu\ 
if  ^10  lijg  rotavrtii  tina^andg  rtSr  Svv»  nnoMäivtfin 
$)  XheophyUct.  U  Mstlh.  27,  4. 


tm  Dritter  Abtektiitn 

Wl^tf^lNMieiohMte.  iupMiMtmaUtiwiii  EriwlMiqr  ilet 
Jttdiii  bei  d^i».Kaitokeli  muntichHrcn  ibrer  Oppesitio»  ge* 
gen'iAmM  JiMtentbiiv  «atgieitg,  krsft  dcrem'^Ue  sieh  Mia 
i^miulMts  g^tameUt  h«t*M,  «Ue  rom  im  fodbcheit  ¥erfii#- 
jent4^  «Heny  t»d^r'  den  jadtiisireniien  d6i|^iDeii€n  TaMi^ 
wdMIte  geMdolt«(Pert#ndA'S<t  ehren  tind  umgekehrt:  ee  Ter* 
«ffiriedeeBaAiiHiMeiiiNii.  besondeTi  in  t^M  «Mtoa  6ih 
vfiäen  4lker  Aeieiige  Kaechtechelt;  der  Vemnaft  Stktn 
Fetealm  der  Aeeterltttt,  einen  gewteeen  B«ts  Hi  eieh,  wie 
die  wen  der  etthedoxen  Aitiiehl  -  e^tner  MeinMng  Mich  ea 
«ehr  iiFerg^tortenbiUiseheB  Pertonen  ihres  Niidbfli  m  ent* 
kJeiden^/ee^ie  in  ehe»  dieser  Antiebt  verdaaunten  eier 
nnriekfesälalten  M vertheidigen  nnd subeben«  iteheryVHis 
diie  iu  T«  betrifft,  die  £i4iebong  EMu'e-ab«  Jeeeb»  Snnl*t 
aber-SutuU^-im  neuen  der  Merthe  über  die  Merlay  die 
Lebreden  enf  den  EW«tfeluden  Tlienint|  und  Mm  mggßt  die 
A.|»eilagie  des  Verrätheet  Judas.  Detk  Einen  war  er  ein 
VMPbreeber  ans  4i)eteidi||^er  Ehre:  die  Ari|  wie  daMa|bn 
b«d  derBethaniscbenJtfAiilseit  geafiehiig^  dieZarfidü^nn j 
überhaupt,  die  er  i«i  Vergleieh  mit  andern  J  fingern  erfoliri 
verwandelte  seilte  Uebi«  an  deai  Lehrer  in  HsCi  und  Raeh« 
gler^j.  Aikdere  haben  «ich  mehr  der  von  Theophylakt  auf* 
bohai(enen  VeruMUhung  aagesehlossen,  dafs  Judas  gahoflft 
heben  m^ige,  Jesus  werde  anoh  diefsmal  seinen  Feindea 
mitgehen«  IMefs  faTsten  die  Einen  neeh  snpranatnmlietiseh 
so,  als  hätte  Judas  erwartet,  Jesns  w^rde  sieh  dnrok  An« 
wendnng  seiner  Wunderlcraft  in  Freiheit  setaen^);  eonse- 
qnenter  anf  ihrem  Standponkt  muthmafsten  Andere,  Jndas 
mdge  wohl  erwartet  haben,  wenn  Jaeus  gefangen  wäre. 


3}  Kaisbr,  bibl.  Tbeol.  1,  S.  249«    Ähnlich  auch  Ki.0PtToai,  im 
Messias. 

4)  H.  Cm.  L.  StiümoT,    exeg.   Beiträge,    I.  Tbl.    2ter  V ersucb,  ^ 
S.  18  ff. ;  vgl.  denselbco  in  Sckmiot's  Bibliotlick ,   3  >  I ,  S. 
165  ff. 


Zweit»«  KftptuL   %  118. 


wm^  «iHVdMMiyfotsad  su  «einen  6i 
iko'betrtim  ^  Jodh«  wird  lifeneei»  al«  el« 
g0$telk,  der,  darin  ilw^[en«  den  nndem  Jttngem  gieleh^ 
da«  MeenUsreich  Irdledi  rnid  pelkiceh  «ieii  daebte,  nnd 
daher  unsafrledeB  wr,  daf«  Je«««  düe  6nn«t  des  V#lli«ee 
laufe  alebt  benUlate,  nm  «ieh  soai  meeaianleeben  HmreellM 
•ofanweHiNi«  ^fcaniafat  aan  entweder  dareh  Beeteehnnge 
Tersselie  de«  Smedrlnm« ,  eder  dnreb  das  Oefieht  teü  diee- 
Men  Plane,  JettMa  nach  dem  Feet  uwgehcEini 
habe  Jnda«  diesem  AneeMag,  der  Jeeum  fsrdeifc«n 
KttvorsnliomflMn ,  und  eine  Verlmftnng  noeli  wifarend  de« 
Fest«  zo  Stande  ea  bringen  feaneli«,  ««»  er  fesrfl«  liefen 
vi-ktfnnett  glanbte^  Jesnmdareh  einen  Vetkiaufstand  befcelt^ 
ebendamft  aber  genMhlgt  nu  #ehen ,  sieb  endlleh  dea^  Valk 
in  dl»  Arme  an  werfen  y  nnd  nur  Qrtfndnnf  eeinetr  Barr 
«ekdj^  de«  «ntseheldenden  Scbrkt  an  tbnn«  Ba  er  JeeH« 
Ten  der  üotbffendigiiLeit  seiner  Qefangennehmnnf ,  nnd 
iA  er  in  drei  Tagen  sieh  wieder  erbeben  weed«!  Wfte^ 
eben  bGrte,  bebe  er  diefs  als  Zeichen  der  Ehmtlaniuing  Je* 
sn  ii^  selnan  Plan  genonMnen,  in  diesem  Wahne  deseen 
ibrige  «binahnende  Reden  tbeils  ttberberc,  «bell«  fldnob  ge- 
denlety  namemlieh  das  S  tvom?^,  noifjvop  ra^ior  als  eine 
wirkKoba  Ermnntemng  nur  Ansftbrnng  selaes  Verbibens 
tn%^afs«.  Die  3#  Silberllnge  habe  er  von^  den  Mestem 
tiuummnn »  entnmder  nm  seine  wabre  Abileb^  Unear  den 
Sebein.  der  Babenebt  nn  rerbergen,  nnd  ihnen  dadnreh 
Jedsn  Verdaebt  an  benehmen;  oder  bnbe  er  neben  dsr  Er- 
bebnnf  nn  einer  der  ersten  Steilen  im  Rilehe  aelnee  Mei* 
stein,  die  er  erwartete,  nneb  jenen  kleinan  VoHheU  nneh 
mknelimen  wetten.  Aber  Jnda«  habe  sieh.  In  nwet  Punk- 
ten verreebnet:  einmal,  indem  er  yielit  bedaehte,  dafii 
naehder  dnrobsefaamnstenPaaehanaohtdaaYelk  nieht  frlha 


5)  Faulvi,  exeg.  Haadb.  3>  b,  8.  4Siff.    L.  J.  I,  b^  S.  iM§L 
Hau,  L.  J.  S*  i^ 


uitM  9rilUr  ilJ^MlMiitl. 


,AAfiitea4  WMb  sein  wird«}  mm^mmf  imimm  er 

,9Mi^^mmmg^,dtü  4m  SjMcbrlMi  etba  wfirde,-  Jattun  in 

,.4fo  MlM#  dar  JUmt  sn  bringta»  lUoea  ein  Yolktai^CrtMd 

•  ibn  MhlvMplidi  mi  irtreitig«  im  Bu»40  wiup.    Sa  mU  mib 

0  J4mIim  Mlweder  «in  wmtkmmBUt  hmww  Umn  (Scmiot); 
^  oiiftQ  •!«  GtliQMikter  Mfai»  der  aber  kein  |(Miciur  Cka- 

.yftbl^r,    tielnahr  fai  eeliei^  VersweÜMf  nooh  ein  THte- 

>»ü^a,apiiiteUtflher  OWtfbe  vmr  (Bam>;  oder  eoU  «r^'swer 
4m^  <iii  leUediüt  MMid ,  dooli  eine^  guten  Zirecfc  U- 
hdni.eiweWMi  woUm  (PAHLOt). 

<  Lttegan  diu  sneiet  anegeffelute  Anetebt  nnn,  woMiedea 
Veieralb.  dei  Jndee  mm  gJuiinkteni  EbrgeUnblehe^  ia  in 
Beeng  anf  den  Verweie  beiei  Bethenbchen  MeUn»  nnfden 

,  nMin  en  giHi&ee  Qeirieht  legt ,  eoben  bet  andrer  6«legea- 
bA  die  UetfMrkmmg  der^eneelen  Kritik  gekehrt  «rnrdeni 
daft  die  Milde  Jenee  Verweieee,    #ie  «le  namnifeh  am 

i  der  Verglelehnng  nüt  der  weit  eebirfiMien  Zarechtweianeg 
des  P«tm%  Mattk  16,  iS.  erbelle ,  In  gar  keine«  VerbUt- 
niCi  an  dem  Omll  ettnde,  den  er  In  Jndae  erregt  beben 
eell  0;  daft  dieeer  aber  eenet  Znriekeetanng  grgnn  aeiae 
Mit|4lnger  erfahiM  habe  ,  da?on  fehk  nne  Jade  8|Mir.  ~IK« 

« imdre  Aneleht ,  walehe  dem  Jndaa  die  Heffanag  anf  Befiwi- 
nug  «l«Mi  nnterlegt,  fUet  bnnpteiebliek  daranf,  4aft  er, 
naebdemihm  die  Abliefemng  J^en  an  die  Römer  nad  die 

1  U/HPerm^IdUebkelt '  eeitiee  Tedee  an  Obren  gekwnmmi  f  in 
'   Varawetiang  gerathen  eei,  ali  Bewtffa,  daTf  er  einen  eut- 

.  gegengeaHaten  Brfiiig  erwartet  batte.    AUein  aiehtf  blafii  der 

'•MgMeklfehe  Erfolg,    wie  Pmu»  aieint,  eondem  el»eaM> 

..  tumh  der  glnakHebe,   eder  das  Oattngen  de«  Vcrbceebeaf , 

.i,s€jgt  daseelbe,    wnlehee  «amn  eteb  reriier  aater  lannefid 

finCeebnldigttngigHlnden  rereelileierte,  In  aeiner  ecbwaraeü 

eigenthimlieben  fiestait.<<    Dae  real  gewordene  Verbreebea 

wirft  die  Maeke  ab,  die  man  dem  nnr  erat  Idealeu,  im  Ge- 


6)  I.  Bind,  $•  9S.    VgU  noch  Ham,  a.  «•  0. 


ümkei  mkmMheBrMS^iknf  wenn  er  den  Oemerdetai  ver  iMh 

Uegea  jü^kt ,  beweis ,  deGi  er  dien  Mer4  niekt  wk^kU^  be* 

ebtiehdgt  iMbe  c  etente.  wenig  kenn  die  des  Jndee^  eb  er 

49mm  obM.Aellnng  mkf  beweisen ,  defii  er  nieht  vomhm* 

bereehnot  bette^  et  werde  Jetfea  des  JLeben  kesien.    ün» 

mögUeb  elwr,  segt  wmn  ferner,  iLenn  Hebraebt  die  Xrhbft 

der  dee  Jndae  «giweMB  eeia;  denn  weiMi  ee  ibü  «tt  He* 

wina  s»  tbna.wer^  eo   kennte  ibn  niehi  enlgebeft^  4ide 

die  fepftdeeernde  CetsenfUMning  in  der  Geaellaehnft  Jeen 

ihm  nehv  ebif erfbn  wärde ,  nk  die  elenden  SO  SUbetrBiige, 

eneret  Oeldee^SO— d5  Tiuder,  die  er  bekan,  was  bd  den 

Jeden  diei  Vergünng  (ät  einen  verietsten  Skleye»!  ittk  Teg- 

lubn  eaf  4  MoniiCe  wer.    Allein  eben  die  M  SlMberillge 

sueb^  oian  vieegiibUeb  bei  eilen  Bdriehtentettern  mnm»  Met- 

thilat.    Jftbennee  «ehweigt  Ttfllig  Aber  einen  ,deii  Jedes 

vsQ  den   Priestern  gebotenen   Lohn;   Markos  und  JLnkas 

•fireshen  tuibestinimt  von  agyvQiOv^  des  sie  Üun  flnpspro- 

sben  babta,    und  aoeh  den   Petrus  lAlst  die  Apestdge- 

•^^biebte.  Cl%  18.)  nur  fou  einem  ^idt>dg  reden,  derdem  in- 

4ts.en  Tbeii  geworden  sei.    Matthäus  aJ^»  der  aÜdn  Jene 

»^tttieiMte  SusMoe  hat,   iirst  uns  sogleleb  keinen  Zvyieifel 

Ober  den  bistorUebenWerth  seiner  Angabe.  KrdtirtMmlleb, 

nsebdem  er  das  Ende  des  Judas  berichtet  (27,  9  f.),  eine 

Stelle  aus  Zacharias (11, f2  f.;  auslrrthum  schreibt  er  Jere- 

Aiss)  , .  in  weleher  ebenfalls  30  Silberlinge  sls  Ifreils  ?or- 

ko«mn,  aftwelebeni  einer  angesehlsgen  worden  seL    Zwar 

find  In  der  Pri^beteflstelle  die  M  Silberlinge  kein  iUnf- 

prsifs,  sondoM  ein  Lohn;,  der  damit  Beoahlte  Ist  der  Je- 

hevs*s  Person  rerstellende  Prophet ,  und  durah  die  geringe 

BsuMie  wird  die  Geringsebltnung  angeaelgt,   welehe  die 

Juden. gegen  so  viele  göttliehe  Wohlthaten  sieh  au  Sebul- 

dea  konwen  lielsen  ')•    Wie  ieieht  ober  konnte  ein  ehrist« 


7)  RosssmClub,  ScboU  ia  V.  T.  7,  4,  8.  M8  t^. 


m$  Dritter  Ab«tliBUt» 

ttohtr  Ii6Mr  doreh .  4iate  fk^lh ,  ia  «piloher  r«n 
«tliAiliUeli  geriogea  PreiCie  (tMaiiek  'ym  ^r^W)  die  IM« 
war  9  UM  welchen  die  hrüälieii  einen  Im  Orakel  Redend«  n 
nngeeeblagen  heben,  en  seinen  -Meeeles  erinnert  werden, 
der  nm  ein  aeinea  Werlhe  gegenttber  Jedenfatta  geriaget 
Geld  aelnan  Feinden  rerkanft  worden  war,  mid  er  kenma 
nnn  ans  dieser  Ste^  herana  den  Preifa  beatfammi^  rief 
dem  Judaa  ffer  die  UberOeferang  dean  benahk  worden  war. 
Hienaeh  geben  die  tQicKOvux  dffyvQia  dnrebana  k^ien  Pnakt 
ab,  anf  den  sich  derjenige  aUksen  könnte,  welebar  bewei- 
aen  will ,  der  geringe  Lohn  kdane  ea  nieht  gewesen  seiR, 
was  den  Jndas  nnin  Verräther  nuiehte ;  denn  wie  gerleg 
oder  bedentend  der  Lohn  war,  welchen  Jedes  bekaM,  wie- 
sen wir  geschichtlieh  gar  nicht« 

Da  alfe  andern  Gründe,  weiebe  ffer  edlere  Triebfedern 
des  Jndas  sprechen  sollen ,  noch  scliwieher  als  die  nnter- 
suchten  sind:  so  finden  wir  uns  inuner  wieder  anf  die  (le- 
winnsncht  enrOckgewIesen ,  welche  ans  dorch  die  e^aage- 
llschen  Nachrichten  an  die  Hand  gegeben  Ist,  nnd  seilte 
diese  als  Modr  an  einem  aolchisn  Schritte  nicht  genfigen, 
so  ist  es  besser  gethan,  die  UnnidgKchteit,  hier  Aber  la'i 
'  Klare  an  koatlnen ,  offen  au  bekennen ,  als  durah  Infttgei 
Pragaatisiren  die  mangelbaflten  Data  anfsnpataen  ^ 

i.  119. 
Bettetlung  des  Pascksmalilt. 
jbn  ersten  Tage  der  «ngesieerten  Brote,  an  dessea 
Abend  das  Pasehalamai  gescblaehtat  werden  aralstoy  alte 
den  Tag  ror  deoi  elgentllcfaen  Feate,  welehes  aber  an  de«- 
selben  Abend  noch  seinen  Anfang  nahm,  d«  h.  den  Uten 
Niaan^  aoU  Jesus,  naeb  den  awei  ersten  Evangelien  auf 
^e  ren  den  Jingern  an  ihn  gerichtete  Anfrage,  nach  Mst- 
tbina  nnbestiaunt,  welche  und  wie  viele,  nach  Markoa  awei 


8)  Tgl.  such  FaiTiscMS;  iji  MsÜhc  p.  759  t 


Zweitem  Kapital,    f.  119.  MT 

Jnnger,  welcfie  Lukas  als  den  Pefrits  onrl  Johannes  be* 
Kelchnet,  sur  Stadt  geschickt  haben  (vielleicht  ron  Betha- 
nien aas)  y  Qm  für  die  Festmafalseit  ein  Local  co  bestellen, 
und  die  weiteren  Anordnungen  zu  treffen  (Matth.  26, 17  ff. 
pnritll.>  Was  Jesus  diesen  Jüngern  fflr  eine  Weisung  ge« ' 
geben,  ^arln  stimmen  die  drei  Berichterstatter  nicht  gans 
iberein«  Mach  allen  schickt  er  sie  £u  einem  Manne,  bei 
wekshem  sie  nur  Im  Auftrage  des  diddaxalos  ein  Local  ssur 
Pasrbafeler  begehren  dürften,  um  sogleich  eines  elngerfumt 
SU  bekommen :  aber  theils  wird  dieses  Loeal  von  den  bei- 
den andern  nüher  als  von  MatthXns  beselehnet,  nffmllob 
als  ein  grofses  oberes  Qmmer,  wetebes  bereits  mit  Polstern 
Tersehen ,  und  xum  Empfcng  von  Cysten  jEogerlchtet  sei ; 
theÜs  wird  namentlich  die  Art,  wie  sie  den  EigentbOmer 
desselben  auffinden  soHten ,  von  jenen  anders  als  von  die« 
iem  angegeben«  Matthfius  nftmlich  Iftfst  Jesum  nur  sagen, 
sie  sollten  hingehen  nQog  tdv^  detvat  die  übrigen  aber,  sie 
würden.  In  die  Stadt  getreten,  eiuem  Menschen  begegnen^ 
welcher  ein  xBQa/niov  tionog  trage ,  dem  sollten  sie  In  das 
Hans ,  in  welches  er  gehe ,  folgen ,  und  daselbst  mit  dem 
Hausherrn  unterhandeln.  '  , 

In  dieser  lürsfiSlung  hat  man  eine  Menge  ^on  Anst8s<%. 
•en  gefunden,  welche  Gablei(  In  einer  eigenen  Abhandlung 
cnsammengestellt  hat  ')•  Schon  das  ist  aufgefallen,  dafs 
Je«us  erst  am  letzten  Tage  an  die  Bestellung  des  Mahles 
geflacht  haben  soll.  Ja  nach  den  beiden  ersten  Evangelisten 
nach  durch  die  Jünger  daran  erinnert  werden  moft ,  da  doch 
bei  dem  groften  Andrang  von  Menschen  in  der  Paschazeit 
(2|tiÜ,000  nach  Josephus  ^)  die  stüdtischen  Locale  bald 
▼^geben  waren,  und  die  meisten  Fremden  vor  der  Stadt 
vnüir  Zelten  campiren  mufsten.    Um    so  sonderbarer  Ist 


t)  Ober  die  Anordaang  des  letstcn  Paschamahlt  Jesu,  in  seinem 

'  aeuetton  tbeol.  Journal,  2«  5f  S.  441  ff. 
^bcll.  jud.  6,  9,  $. 


Dritter  Abschnitt. 

Anmy  itih  demviierachtet  dl«  Boten  Jesu  cIm  rerUngte 
ZltuUfr  niebt  betetet  finden,  ••ndern  der  Eigenlbfloier, 
ftU  hätte  er  Jesu  Bestellung  geahnt,  es  fttr  flin  onfgebolmi, 
iiad  bereits  für  ein  Gastmahl  2ugericlite|  hatte«  Und  des- 
sen Tertlebt  sich  Jesus  $o  gevrKs ,  dais  er  den  Haoseigen- 
tbftsaer  nicht  erst  fragen  Iftfiit,  ^b  er  bei  Ihm  ein  Le« 
cal  «ur  Pasehamablseit  bekommen  bönne,  sondern  ohne 
Weiteret  ^  w  o  das  ffir  ihn  geeignete  Local  sei  ?  oder  nach 
Mattblos  ihm  nnr  ansagen  läfst,  bei  ihm  werde  er  das  Pa- 
scha essen;  woeq  noch  Itommti  dafs  nach  Marfcns  and  Ln- 
km^  Jesvs  sogar  diers  weifs,  was  fär  ein  Zimmer  and  in 
wefdiem  Theile  des  flanses  ihnen  eingeräumt  werden  wfirde. 
Besonders  aoffallend  i.st  nnn  aber  nach  diesen  beiden  die 
Art|  wie  die  JOnger  den  Weg  sn  dem  betreffenden  Hause 
finden  solien«  Lastet  nfimlich  bei  Matthftns  das  vndytu 
eis  ii]v  noXiv  ni>dg  tov  delvcc  einfach  so,  als  hfttte  swnr  Je- 
sus den  Namen  dessen,  so  dem  sie  gehen  sollten ,  genannt^ 
d«f  Referent  aber  ihn  nicht  mehr  angeben  wollen  oder 
lüinaen:  so  beeelchoet  bei  den  beiden  andern  Berichter- 
stattern Jeans  den  J Angern  das  Hans,  in  das  sie  zn  gehen 
hätten,  durch  einen  Wasserträger,  dem  sie  begegnen  wflr- 
den*  Wie  konnte  nnn  Jesus  in  Bethanien,  oder  wo  er 
lonst  eben  war,  diesen  Bufältigen  Umstand  rorherwiasen,  wenn 
anders  nleht  ?erher  verabredet  worden  w*ar,  dafs  am  diese 
Ztfit  ehi  ÜJi^cht  ans  jenem  Hanse  mit  einem  Krng  Wasser 
alcli  celgen^  und  auf  die  Boten  Jesu  warten  sollte  ?  Auf 
«Ine  vorhergegangene  Verabrednng  schien  den  ratipnalbti* 
eehen  firUärern  Alles  In  ansrer  £rsählnng  jiinsnMreiaea, 
and  durch  diese  Voraossetsung  ungleich  allje.  Sohwierlg- 
Jieitea  derselben  steh  en  Idsen.  Die  so  spät  erst  ausgetsoM'^lK«^ 
ten  Jfinger  koonten  nur  dann  noch  ein  Local  unbesef/'  fi^* 
den,  wenn  diefs  von  Jesu  vorher  bestellt  worden  war;  nnr 
dann  konnte  er  dem  Hansbesitaer  so  l&ategorisch  sieh  an- 
aagen  lassen,  wenn  er  mit  ihm  schon  friihei^  Alfrede  g<*- 
batte;   ans  einer  solchen  erklärt  sich  auc^  Jesu 


Zweites   KiiptteL    %.  ^9. 

genaue  Kenntnirs  von  dem  Loeete,  und  endlieh,  woroii  «m« 
gegannfen  wonie,.  aeine  Gewibhek^  dafii  die  JOoger  ekbetu 
Wassertriger  aus  jenem  Hanse  begegnen  würden*  Den  Um- 
sehweif  dieser  Beseiehnung  des  Hauses ,  der  dnreb  ekifa« 
che  Nennung  lies  Namens  Tom  £igenth4mer  an  reMelden 
war,  soll  Jesus  gemacht, haben 9  nm  den  Ort,  wo  er  die 
Mahlaeit  halten  wollte,  nicht  vor  der  Zeit  dem  Vennith^'r 
bekannt  werden  an  lassen,  der  sonst  vielleicht  sehen  dort 
ilm  auf  störende  Weise  überfallen  haben  würde  ')• 

Allein  diesen  Elndrock  macht  die  evangeUsehe  £iMh* 
luKg  dafcbans  nieht.    Von  einer  Verabredung,  vorglhigigen 
Beafellnng,  bat  sie  nichts;   viehnebr  scheint  das  «v^on  ao^ 
&iog  tt^nev  av%oig  bei  Markus  and  Lukas  darauf  Irfnwai^ 
sen  wm  sollen,   dafs  4e9m%  Alles,  wie  es  sieh  sjiAter  ;wirli* . 
licli  fand,  voransa«sag|^  Im  Stande  war;%ine  AirebtsanM- 
Vorsicht  ist  nirgends  aogeseigt ,  vidmebr  deatet  Alles  auf 
eiiM  wnndersanm   Voraussieht  hin.     Nfiher  Ist  liier,   wie  ^ 
oben  bei  der  Bestellung  des  Reitthieres  sum  fifaiaog  in 
Jerusalem,    das^  awiefüche   Wunder  vorhanden,    dala  el^^ 
nerseits  für  Jesu   Bedürfnisse  AUes  bereit  ist,   «ndl  der  < 
Gewalt  seines  Namens  Niemand  au  wiederstehen  vermag; 
andrerseits    aber   Jesus    in    entfernte    VerhAtlnisse .  einen 
BMek   ea   werfen,    und  das  ZufUlligste  vorhenmsagen  im 
Stande   ist  ^).    Es   mufs   befremden ,   daCi  diese  so  oinab* 
weisbar  sich   darbietende  sopranaturalistisohe  Auffassung 
dea  vorliegenden   Berichts   diefsmal   selbst  OLsaAusav  Uk 
nmgehen  sucht,  mit  Oründen,   durch  wdclie  die  nMcislen 
WandergescUchten  umaustofsen  wären,  «ad  wolelie 


S)  to  {)ABiBiiy  a.  a.  O.;  ähnlich  PAumt,  sxeg.  Handb.  S,  b,  &  481* 
4)  Ricbtig,  nur  mit  zu  tpecieller  Beziehung  auf.  das  Jesu  bevor« 
•tebendc  Leiden,  giebt  Beza,  zu  MaUh.  26>  18t,  fU  Zweclc 
dicter  Vorherbezeichnung  an^  ui  magis  ae  magit  inteUig§m 
rtni  diseipuli^  nihil  iemsrt  in  urbe  magisiro  eveniurum^  $ed 
qua§  ad  minuiimnmi  wuqm  eircmntianiMi  pmUm  ptrtpeeta 


4M  Dritter    Abschnitt. 

tonst  nw  ron  Raflannlisteii  wm  bik-en  gewohnt  i«t«  De« 
unpertelischen  Ansl«*ger,  migt  er  ^)y  gebe  die  firziblung 
uloht  du«  6criir|;Atf  nn  die  Bffnil,  rfat  die  WQnderhafte 
AttfFM«ang  rechfertigce  *«  man  glfluhr  sich  bereite  imPAiT« 
Lus  Cetfflieiilar  veraetst ;  wollten  die  Ueferenten  ein  Wun- 
der ereäblen,  so  hfftten  «le  ansdrdcklioh  bemerken  müeien, 
es  habe  keine  Vembredang  stattgefunden  —  gans  das  na- 
tionalistiaeiie  Begehren,  wenn  eine  Heilung  als  wnnderba« 
re  anerkannt  werden  sollte ,  so  müfste  die  Anwendung  na- 
tfiiÜeber  Mittel  aoedrüeklich  gelfiiignet  sein ;  auch  ein  Zweck 
diesoa  Wnnders  sei  nicht  einansehen,  insbesondere  ebe 
Gianliensstirkvng  der  Jünger  si^i  damals  nicht  ndthig,  und 
naeb  de«  fHlheren  erliabeneren  Wandern  durch  dieaes  we- 
niger iMdeotende  nicht  «a  erretvlten  gewesen  —  Gritnrie, 
dMPeh  welche  ebtpso  namentlich  aiyli  die  ganfa  ffhniirhe 
Eraihkng  ?on  der  Vorherbeseichniuig  des  iisels  bei  m  Ein- 
E«gf  weieiie  doeh  Olsuadsbn  aU  wanderbar  festhült,  ana 
deai  Krriaa  des  Übernatllrlichen  aosgeacblossea  werden 
wird«. 

Sben  dieser  frahevaa  firsifalang  nnn  aber  ist  die  ge- 
genwärtige so  auffallend  analoge  dafs  Ober  die  historische 
Realftit  der  einen  idcht  anders  als  Ober  die  der  andern  genr- 
tbellt  werden  kann.  Hier  wie  dort  bat  Jesus  ein  BedOrfnifs, 
fOr  dessen  achleanige  Befiriedigong  von  Gott  so  gesorgt 
ist  j  daik  JesQS  die  Art  dieser  Befriedigung  aufs  Genaaste 
Torherweifii;  hier  bedarf  er  einen  Spdsesaal,  wie  dort  ein 
Reilthlir;  hier  wie  dort  sendet  er  ewei  Jünger  «os,  on 
die  Besteüang  sn  machen ;  hier  giebt  er  ihnen  einen  be« 
gegnmidea  Wassertr&ger  als  Kenneeichen  für  das  Hans 
aoy  wie  dort  der  angebundene  Esel  das  Zeiehen  war; 
kier  wie  dort  weist  er  die  Jünger  an,  dem  Eigenthfimer 
aar  ihn,  hier  als  didaaxaXogf  wie  dort  als  xvQioSf  an  nea- 
Ben,  am  sogleleh  die  unweigerliche  Geifährnng  seines  Vor* 


S)  kibl.  Coaun.  2,  S.  385  f. 


Zweitet  KapitH    S«  119.  4»1 

lasgeiis  Aiusii wirken^  beldemale  tnttprioht  der  Erfolg  sei. 
ner  VoranMage  genau.  Aach  bei  dieser  Ersählnng,  wie 
M  der  frttbeiren,  fehlt  der  hinreichende  Zweck  |  weichen 
Bttlieb  ein  lolchee  mehrfache!  Wander  könnte  veranttaltee 
worden  eein ;  wogegen  der  Grand  ebenso  leicht  wie  bei 
Jener  in  die  Angen  fällt  ^  rermdge  dessen  sich  in  der  or* 
diristKchen  Sage  die  WanderersäMang  ausgebildet  haben 
mag«  An  eine  ^  T.  liehe  Erieählang  inibesondere  ^  an 
^welche  wir  schon  dort  ctenken  mufsten ,  werden  wir  hier 
noch  bestinunter  erinnert.  Zum  Zeichen,  dafs  er  ihm  mit 
(irand  der  Wahrheit  die  Herrschaft  tlber  Israel  yerkün* 
digt  habe,  sagt  Samnel  dem  Saul  yorher,  wer  ihm  berm 
Weggehen  ?on  ihm  begegnen  werden  Nfimlich  sonächst 
nwei  Männer  mit  der  .Nachricht,  dals  seines  Vaters  Ese- 
linnen wiedergefunden  seien;  hierauf  drei  andere,  weiche 
Opferthiere,  Brot  und  Wein  tragen  und  ihm  von  dem 
Brote  anbieten  werden  u.  s.  f.  (I  Sam.  10,  lff.)9  woiaaa 
wir  sehen,  durch  welcherlei  Yorhersagungen  die  hebräl« 
•che  Sage  ihre  Propheten  sich  beglaubigen  liefs. 

Was  schliefiilich  das  Yerhältnifd  der  Evangelien  be» 
trifft,  so  wird  gewöhnlich  die  Erzählung  des  Matthäna 
tief  unter  die  der  swei  andern  Synoptiker  gesetzt,  und 
als  die  spätere  und  abgeleitete  betrachtet  *).  Vor  Allem  soll 
der  Umstand  mit  dem  Wasserträger,  welchen  jene  beiden 
geben,  dem  ursprOnglicben  Factum  angehören,  in  der  Sage 
aber,  bis  sie  an  Matthäus  kam,  verloren  gegangen,  und 
nun  das  räthselhafce  vnayere  ngog  %ov  detva  an  seine  Stelle 
gesetst  worden  sein.  Allein,  wie  wir  gefunden  habend 
ist  der  ÖHva  vielmehr  unverfänglich,  der  Wasserträger 
aber  im  höchsten  Grade  räthselhaft  0*    Noch  weniger  iälst 


6)  ScHVLK,  Über  das  Abendmahl,  S.  321;  ScaLHisiucMSR ,  Über 
den  Lukas,  S.  280. 

7)  ••  Tniilr,  über  die  letzte  Mahlzeit  Jesu,   in  Wijikii^s  und 
£ii6BLitAiu>T*s  neuem  krit.  Journal,  2,  S.  169.  Aom. 

Das  Lebm  Jesu  Üe  Jtuß.  2.  Band.  26 


4H  Dritter  Abflchnitt. 

•kh  darin )  duft  Hntthln«  dte  abgeschickten  Jflnger  nicht 
wie  Lnka«  als  den   Petmt  und  Johannes  be£eiehnet,   eine 
Spnr  finden,   dafs  die  Erzählung  des  dritten  EvangeliaBS 
die  nrspröDglichere   sei.     Denn  wenn  Sculeimacher    sagt, 
dieser  Zog  habe  wohl   im  Hindurchgehen  dureh  nehrere 
Hände  vei'loren  gehen,  nicht  leicht  aber  dorch  eine  spfftere 
Band  hinsokoninien  können ,  so  ist  wenigstens  die  letstere 
Behanptong  ohne  Grund.     So  wenig  wahrscheinlich  es  ist, 
dafs  an  einer  so  rein  ökonomischen  Set telinna  Jesus  gerade  die 
l>eiden  ersten  Apostel  verwendet  haben  soUfei'so  leicht  Ififst 
sich  denken,  dsfii^Boerst  nnhe»t<mmt,  wie  wir  bei  Maf'h/Iits 
lesen )  eine  Sendnng  der  «der  eiliger  Jlliger  rrzlihir  wor- 
dC)  deren  Zahl  hierauf,   vielleicht  au4  der  Erzählung  von 
der  Sendung  nach  dem  E^el,  auf  £wei  festgesetst,  und  die- 
se Stellen  endlich ,  da  e^  von  einer  Auswahl  au  einem  Ge- 
schfifit  von  späterhin  hoher  Bedeutung  —  der  Bereitung  des 
loteten  Mahles  Jesu  —  sich  handelte,  durch  die  beiden  ersten 
Apostel  ausgefüllt   wurden.    So  dafs   hier  selbst  Markus 
sich  der  orsprQnglichei  Wahrheit   wieder  mehr  genühert 
EU  haben  scheint,    in(?em   er  die  von  Lukas  an  die  Hund 
gegebenen   Namen  der  beiden  Jfinger  In  seine  Ersähiung 
nicht  aufnahm. 

Abweichende  Angaben  über  die  V.cit  dei  letztes  Mabict  Jesu. 

Meldet  der  vierte  E^ange'ist  von  der  bisher  bespro- 
chenen Bestellung  der  PaschM  mahl  zeit  nichts,  so  weicht 
er  auch  in  Bezug  auf  das  Mahl  selbst  auffallend  von  den 
Abrigen  ab.  Abgesehen  nümlich  von  der  durchgehenden 
Differena  im  Inhalt  der  Scene^  von  welcher  erst  spXter 
die  Rede  werden  kann ,  scheint  er ,  was  die  Zeit  des  Mah- 
les betrifft,  es  mit  eben  der  Bestimmtheit  als  eine  vor  dem 
Pascha  gehaltene  Mahlzeit  su  geben ,  wie  die  Synoptiker 
als  das  Pa^chamahl    («elbst. 

Wenn  diesen  sufolge  der  Tag ,  an  welchem  die  Jon- 


ger  Ton  Jesu  sdp  BesttUanf  i^  Malilea  ^ngtmiemin  wo»* 
den,  bereits  ij  m/dttj  %m  liivfitop  wr^  iv  tf,  idu  dtea^t 
%d  nia%a  (Nattb.  M>  17«  pamll.)-  «o  kann  da«  darmaf 
gefolgte  Mabl  kein  aaderea  ala  eben  cbis  Pasehamahl  ge* 
Wesen  sein;  wenn  fern«*  die  Jflnger  Jesnm  fragen x  fig 
S-iXetg  hoifiätHafdw  aov  gHxyuv  t6  nao%a  Cebendas.);  wenn 
es  hterinif  Ten  denselben  heifst:  iq%ol(xaauv  %o  n4o%a 
CMattb*  V.  19.  parcll.))  nnd  sofert  ron  Jesns  itl^ag  f^vofii'-* 
^g  avineito  /lerd  twv  dioffexa  (V.  20«)  :\  so  wAre  das  Malil, 
mn  welcbem  man  sieb  bier  niederliefs,  sehen  ttberfltfssig  als 
das  Pasebamahl  beseiebnet,  wenn  aneb  niobt  Lnbas  (fiS^ 
ISO  Jetam  dasselbe  ndt  den  Worten  eröffnen  iiefse :  in$9v^ 
fil^  ine&vfi7]aa  %5to  t6  niaxa  qtctynv  fted^  i)/ici5y/-—  Wenn 
^■g^n  '•«  Herte  Evangeliam  seine  £nBfthidng  ?on  dem 
letzten  JMable  mit  der  Zeitbestimmung:  ngo  di  tf^g  io(fTfg 
%5  ndoxcij  erfftfhet  (13,  1.) ,  so  scbeiiit  das  itlntw^  dessen 
es  unmittelbar  darauf  (V.  2.)  gedenkt,  ebenfalls  noeh  vor 
das  PaschaCest  en  fallen,,  eumal  in  der  ganaen  jobannrf* 
sehen  Schilderung  dieses  Abends,  welebe  namentlleh  In 
Beeng  auf  die  an  das  Mahl  sieb  knöpfenden  Reden  böebat 
ansfiihrlieh  ist ,  Jede  Erwähnung  und  gelbst  jede  Anspie* 
Inng  darauf,  da(s  bier  das  Pasehamahl  gefeiert  werde, 
felilt«  Wenn  ferner  die  Aufforderung  Jesu  an  den  Verri« 
ther  nach  dem  Essen,  was  er  thue,  schnell  £n  thun,  ron 
den  Jttngern  dahin  mifsrerstanden  wird,  oti  Xiyet  avr^* 
ayoqaaoyt  luv  %qüav  txo^ev  etg  t^v  io(ni^v  (V«  29.):  so  be- 
sogen  sich  die  Festbedtfrfiiisse  doch  baupt jfichlioh  auf  das 
Paschamahl,  und  kann  folglieb  die  so  eben  rollendete  Mahl« 
seit  nicht  wohl  schon  das  Pasebamahl  gewesen  sein.  Wenn 
es  dann  C18>  %•)  weiter  heiCit,  am  folgenden  Morgen  seien 
die  Juden  niebt  In  das  heidnische  Prätori  um  gegangen, 
tra  lii)  fiutrdiüoiyf  ^IX  ha  fpaytaat  ro  ndaxa:  so  scheint 
auch  bienach  die  Pascbamahleeit  noch  boforgestanden  so 
haben*  Dasu  kommt,  dals  (19,  14»)  eben  dieser  folgende 
Tag,  an  welchem  Jesus  gekreusiget'  w«rde,  als  na(f(iiOXBvij 

26* 


404  Dritttr  Abschnitt. 

n  naü%a  beaelchMt  wird,  d.  h.  alt  derjenige  Tag,  an  ilei- 
sen  Abend  erat  daa  PaaehalaoiM  reraehrt  werden  sollte; 
aaeh,  wenn  von  deoi  sweiten  Tage  naeb  Jener  Mahlaeit,  wel- 
eben  Jesoa  im  Grabe  nnbracht»,  goMgt  wird :  j^  yaq  /.f- 
yaXri  17  r/uipa  htelvH  i5  {nxßßate  (19,  »1.)  *  «o  Bcheint  die- 
ae  besendere  FeierliebJk*'it  eben  daher  gerührt  an  haben, 
data  auf  jenen  Sabbat  ipr  erste  Paacbatag  fiel,  alM  d» 
Oaterlamia  nicht  schon  am  Abend  der  Gefangennehn«ng 
Jean  gefeiert  worden  war,  sondern  erst  am  Abend  seiiiei 
JSegräbnisses  gehalten  wnrde. 

Diese  Abweichangen  sind  so  bedeutend,  dafs  naoche 

Attslegeri   um  die  Evangelisten  Dicht  in  Widerspruch  mit- 

einander  liommen  au  lassen,  auch   hier  die   alte  probate 

Ausknnft  angewendet  haben,  sie  reden  gar  nicht  ron  de^ 

selben  Sache,   Johannes  meine   eine  gann  andre  Mahlseit 

als  die  SynoptilLer»    Das  johanneische  dunvov  i«t  hienacli 

ein  gewöhnliches  Abendessen,  ohne  Zweifel  in  Betbaaiea; 

bei  diesem  nahm  Jesus  die  Fufswaschnng  vor,  sprach  ?aB 

Verräther,  und  fdgte,  nachdem  dieser  die  Gesellschaft  ?er 

lassen,  noch  andere   Reden   tröstenden  und  ermabneadeB 

Inhalts  hinan ,   bia  er  endlich  am  Morgen  des  14ten  Misan 

dnreh  die  Worte :  aya/^a^e,  oycn^u^y  ivzey&ev  (14,  31.)i  ^ 

Jfinger  snm  Aufbruch  von  Bethanien  und  aum  Gang  nach 

Jeruaalem  ermahnte.    Hiev  fallen  nun  die  Synoptiker  ein, 

indem  aie  ihn  auf  dem   Wege  nach  Jerusalem  die  twai 

Jflnger  nur  Bestellung  des  Mahls  aussenden  lassen,  bieranf 

dä9  Paschamahl  einfflgen,  von  welchem  Johannes  schweigt 

und  seinerseits  erst  wieder  mit  den  nach  dem  Pascbamahl 

gehaltenen  R^den  (15p  1  £)  eingreift  0«.   Gegen  diesen  Ve^ 

such ,  durch  Beaiehnng  der  beiderseitigen  Ereählnngen  auf 

gans  verschiedene   Vorfälle  den   Widerspruch  an  vemei- 

den,  kehrt  sieh  nun  aber  die  in  mehreren  Zdg^n  nu?er- 

I)  So  LiaHTFOOT,  borae,  p.  4^5  ff,;   Hast,  Geschichte  Jatu,  t 
S.  273  ff. ,    auch^^iHTvaziii,  3,  S.  654  ffl 


Zweites  Kepitel.    %.l^  40fl 

k^nnbftre  Mentitftt  beMtr  MahlseileB  bemo«.     Ahgetebeo 
nflmlich  Ton  rfaseloeA:  Stücken ,  die  sich  gleleherweise  Im 
beiden  Relatieneo  finden,  will  effenbsr  Johannes  wie  die 
Synoptiker  das  leiste  Mahl  scbUdern^  welches  Jesus  nüt 
seinen    Schfilern  gehalteft  hat«    Daranf  deutet  schon  die 
JSinleitnng  der  Johanneiselien  lirBJIhlQng  hin :  denn  der  Be* 
weis  y  der  ihr  snfolge  hier  gegeben  werden  soll  y  wie  J»* 
sns  die  Sdnigen  elg  tikog  geiiebt  liabe,  liefs  sich  am  pas« 
sendeten  aas  seinem  lotsten    geselligen  Znsammensein   mit 
denselben  entnehmen.    Ebenso  weisen  die  nach  dem  MaUe 
geführten  Reden  anf  unmittelbar  bevorstehenden  Abschied 
hin,  und  an  die  Mahlseit  und  die  Reden  schliefst  sich  auch 
bei  Johannes  nnmictelbar  der  UingaBg  nach  Gethsemane 
und  die  Gefangennehmung  Jesu  an.    Freilieh  sollen  dieser 
Ansicht  snfolge  die  nuletst  gemannten  Vorgänge  nur  an  die« 
jenigen  GesprSehe  sich  anmittelbar  angeknflpft  haben,  wef^ 
che  bei  dam  späteren,  von  Johannes  übergangenen,  Mahl« 
geführt  worden  sind  (Kap.  15—170:  nllein,  daCi  nwischeo 
14,  31.  und  15,  1.  der  Verfasser  des  vierten  Evangeliuou 
auf  bewafste  Weise  das  ganse  Pasehamahl  ausgelassen  ha- 
be ,  diefs ,    obwohl  dadurch   das   wunderliche    iyslQsa^ 
Sywfisp  irtevSev  nicht  übel   erklftrt  nu  werden  scheinen 
könnte,  wird  wohl  Niemand  mehr  im   £mst  behaupten 
weilen.    Doch,  diefs  auch  sog€|||Bben,  so  sagt  Ja  schon  13, 
38.  Jesus  dem  Petrus  seine  Verllngnung  mit  der  Zeitbe^ 
Stimmung:  a  ^i;  akixr(OQ  gxtnn^ari,  voraus,  wie  er  nur  bei 
der  lotsten  Mahlseit  sprechen  konnte^  und  nicht  ^  wie  hier 
forausgesetst  wird ,   bei  einer  früheren  ^. 

Dieser  Ausweg  also  mufs  verlassen,  und  sagestanden 
werden,  dafs  sämmtliche  Evangelisten  von  der  gleichen 
Mahlseit,  der  lotsten,  welche  Jesus  mit  seinen  Jüngern 
hielt,  reden  wollen.  Und  hiebei  schien  die  Billigkeit,  die 
num  jedem  Autor  schuldig  ist ,  und  in  besonderem   Maise 


2)  ISipc  ungenügende  Autkuaft  gisbt  Lssarroor,  p.  482 


400  Dritter  Abt^lraitt. 

den  blbMiAhen  tobnlilSg  im  t#ln  gimibto,  ikn  VeMiah«*  er» 
fWrdam,  ob  nloht,  an^enrhrer  sie  Btnen  und  ^ntelboii  Vor* 
ganif  Im  m^rpren  Bedefiungefi  ioitertC  «bweiebelid  dur* 
tteüen,  dennooti  beide  Theile  reobt  bid>en  könnten.  Bc 
aAbte  sieh  aUi,  wa«  die  Zeit  betrIlR,  selgen  latMn,  entwi« 
der,  diifs  atieh  die  drei  ersten  Einingeilsten  wie  der  vierte 
Bieht  ein  Pasehnanihl,  oder^  dsr«  Aocb  dieser  wie  jbne  el« 
solches  geben  wolle.  Rin  altes  Pregment ")  hat  die  Anfall« 
be  aaf  dem  ersteren  Wege  en  Ittsen  Tersneht,  Indesi  «s  iiog> 
oet,  dafiiMatthMus  das  lotete  Mahl  Jesa  aaf  den  Abend  des 
l4ten  Nisan,  als  die  eigentliche  Zeit  flir  das  Pasobamabli 
nnd  sein  Leiden  auf  den  15ten  Mlsan,  als  den  ersten  Tag 
des  Pasohafestes,  setse;  allein  es  Ist  nhht  abBOsebon,  y^ 
dte  ansdrilokllchen  Rinweisnngen  auf  das  Pascha  in  den 
gyrtoptikern  beseitigt  werden  sollen.  Welt  allgemdner  ist 
daher  In  neuem  Zeiten  der  Versuch  genaeht  worden,  den 
Johinnas  auf  die  Seite  der  fibrtgen  herilbenBUBlehen  ^). 
Sein  TtQO  t}]<:  ioqtijg  %S  naaxot  (13»  1.)  glaubte  man  durch 
die  Beobachtung  beseitigen  bu  können,  wie  Ja  an  diese 
Worte  Hiebt  unmittelbar  das  Salnvovj  sondern  nur  die  Be* 
merkung  siob  ansohlloAe,  daA  Jesus  gewuist  habe,  nun 
sei  seine  Stunde  gekommen,  und  dafs  er  die  Seinigen  bis 
an*s  Bade  geliebt  habe;  mrst  im  folgenden  Vers  sei  dann 
▼om  Mahle  die  Rede,  auf  welches  also  Jene  Zeltbestimmuag 
sieh  nicht  boBlehe.  Worauf  soll  sie  sich  dann  aber  beaie- 
hen?  auf  das  Wissen,  dafs  seioe  Stunde  gekommen  >seil 
difA  ist  nur  eine  Nebenbemerkung ;  oder  auf  die  bis  Bum 
Ende  Imwahrte  Liebet  bu  dieser  aber  kann  eine  so  spe- 
elelle  Zeitbestimmung  nur  dann  gehören,  wenn  sie  als  eta 
iusserer  Liebesbeweis  gemaint  ist,  und  als  solcher  liethf- 
ligle  sie  sich  el>en  bei  Jenem  Mahle,  welohes  aiso 


i)  Fra^.  ex  Claudii  ApolÜDarit  libro  de  Faicbate,   in  Cluroa. 

Faschal.  ed.  du  Fretne.    Paria  1688.    p.  6  f.  praef. 
4)  ••  nameatüdi  T«mocx  und  Oubaoibv,  s.  d.  A]»s€lu 


Zweit««   K«.piteL    f,  IM.  407 

im  VmAt  UaMMt»  im  dbMh  jeM  TanaWttfaüiuMg  ixtit 
wmpdm  mIL  Diiher  Teranebet  M«a  femo,  iIm  is^  %^ 
i»f>$^C  ^  ^uu  AnbeiyBeaMiiig  an  dia  GriaelMii  fMPtd«!,  fibp 
w«lebe  JebiniiM  geichrif  ben  biibe :  weil  diese  den  Tag 
atebt  wie  ilie  Jedes  wdt  dem  Abend  beganaeo :  ee  eel  ib« 
aeo  dae  aai  Anfang  d«^  erstef^  Pajcebatags  geballene  Mahl 
ala  eine  Mahlaett  am  Vinbend  des  Paidia  eiteblenen» 
Allein  «welcher  Terstindige  Schriftsteller,  wenn  er  einen 
»ffgiSeben  Mifsrerttand  des  Lesers  vermothet,  schreibt 
dann  lieiier  gleich  se,  wie  der  Le«er  ihn  mifs verstehen 
wird?  — -  Schwieriger  noch  ist  18,  38,  we  die  Juden  am 
Morgen  nach  Jesn  Cefsngennebmnng  das  Pritorinm  nicht 
betreten,  nm  sich  nicht  sn  remnreinigen,  HX  £ra  faywi^ 
le  naaxcu  Doch  gUnbte  aMin  nach  Stellen,  wie  5  Mos» 
16,  1.  S^  we  sXmmtliche  in  der  Pascbaseit  an  scblachtei^ 
ds  Opfer  dtfveb  den  Ansdmek  nC8  beaeichnet  sind,  ti 
nilajua  hier  ron  den  (Ibrigen  während  der  Pasehawoehe 
dbunubringenden  Opfern,  namentlich  ron  der  gegen  Ende 
ilss  ersten  Festtags  an  rersehrencfen  Chagiga,  Tersteben 
m  dfirfen«  Atlcin  sehen  Moshbim  hatte  richtig  bemerkt, 
daraos,  sl^ifs  bisweilen  das  PasehaUmm  einscblierslich  der 
Ibrigen  In  der  Paachaffeit  an  bringenden  Opfer  dnrch  na^ 
üia  bexelchnet  werde,  folge  keineswegs,  dafs  aneh  diese 
Ibrigen  Opfer  mit  Anssehlafs  des  Paschslamam  so  genannt 
werden  Kennen  *>.  Dagegen  suchten  nunmehr  die  Freun* 
ds  Jener  Ansieht  au  Ihrer  Deutung  der  Johanneisehen  Mo- 
Ha  durch  die  Bemerkung  au  n^thigen,  dals  an  der  Pa-- 
sehamahiaeit,  die  in  den  Spitabend,  also  schon  in  den 
Anfang  des  folgenden  Tages,  fiel,  das  Betreten  eines  heid- 
nlichen  Hauses  am  Morgen,  als  eine  nur  den  laufenden 
Tag  hindurch  dauernde  Verunreinigung,  nicht  verhindert 
haken  wOrde:  wohl  aber  am  Genu&ae  der  Chagiga,  welche 


S)  DUt.   de  vcr«  noiione  coenae  Domini,   xu  CtDwORTa.  syst. 
intcU.  p.  tu.  not.  i. 


M6  Dritter  Absebaltt 

Mtt  Naehntttiif,  alto  noeh  «n  dMitelben  T«|^  mit  4&r  $m 

diifs  niso  n«r  di^ne,  nickt  Jene  gemeint  sein  kdnne«  Alleii 
tbeilt  wbsen  wir  nleht,  ob  der  Eintritt  In  ein  beidnitehet 
Haas  nur  für  den  Teg  vemnreinigte,  theik  waren,  weitn 
^h  diefs  aneh  so  verbleit,  die  Juden  dnroh  eine  Verea* 
Mintgnng-am  %loi*^An  doch  an  der  Seibitvomahme  der  rof* 
bereitenden  |Ge8ohifte ,  ,dle  In  den  Nachmittag  des  14t«« 
Kisan  fielen,  wie  am  Schlachten  der  Limmer  im  Tempel 
▼•rbof,  Terhindert  —  Um  endlich  auch  die  Stelle  19, 14-  fai 
ihrem  Sinne  so  denten,  nriimen  die  Harmonisten  naQomtit^ 
rS  ndax^  Ton  dem  Rllettag  anf  den  Sabbat  In  der  Oster- 
woche;  eine  Gewaltsamkeit,  welche  wenigstens  in  19,31, 
wo  die  naQaaxev^  als  ROattag  anf  den  Sabbat  beeeichnst 
ist,  keine  Httlfe  findet,  weil  hieraas  nur  erheUt,  dars  der 
üfangelist  die  Vorsteliang  hat,  der  erste  Paaefaatag  sei  ds- 
mals  aof  den  Sabbat  gefallen  *). 

ImOef&hlder  UnmSglichkeit,  die  VereinigengderSfa- 
optiker  mit  Johannes  in  dieser  einfachen  Weise  an  Stsa*- 
de  sa  bringen ,  haben  andere  Aasleger  eine  eomplioirtevs 
Aaskanft  ergriffen.  Der  Schein,  als  ob  die  i^Tangelistea 
das  lotste  Mahl  Jesu  anf  verschiedene  Tage  verlegten,  soU 
darin  seine  Wahrheit  haben,  dafs  wirklich  damals  entwe- 
der die  Jaden  oder  Jesus  das  l'aschamabl  auf  einen  anders 
Tagverlegt  hatten.  Die  Juden,  sagen  die  einen,  um  der 
Unbequemlichkeit  aossaweiehen,  welche  darin  lag,  dsfii  ^ 
jenem  Jahre  der  erste  Paschatag  auf  den  Freitag  M9  *^ 
swei  Tage  hintereinander  als  Subbate  hatten  gefeit^rt  wer* 
den  mfissen,  heben  des  Paschamahl  auf  den  Freitag  Ab^d 
verlegt,  wefswrgen  sie  am  Tag  der  Kreuslgung  sieb  noeb 
vor  Verunreinigung  in  Acht  au  nehmen  hatten ;  Jesu«  *^» 
streng  am  Gesetze  haltend,  habe  ea  cur  gehörlgeo^lt,  «■ 


6)  Diese  Oegenb^merkungen  ••  betenden  bei  LSoeb  %*  d»  Ab*^'^ 
und  bei  Siirrsar,  über  den  Vripr.  S.  127  IL 


Dwincmtüg  AhtinAy  gBtäbsik,  lo  4A  towoiil  dit  S^optt- 
ker  reebt  habeit,  Wetm  tfle  dA«  lotste  MaM  JeM  ali  ein 
«rirkliehes  PMcfaaetsen  betehrefben ,   als  äueh  Johannes, 
wenn  er  die  Juden  erst  Tegt  dnranf  dem  Otterlamm  ent- 
l^^nsehen  lasee  ').   In  diesem  Pall  bitte  also  Markns  mit 
seiner  Angabe,  dafs  an  dem  Tag,   ore  to  ndaxcc    i&vov 
(V*  19.),   aneh  Jesus  es  habe  enrlchten  lassen,   nnrecht; 
was  aber  die  Hauptsache  ist ,   so  ^ieng  es  cwar  in  gewis«^ 
sen  Fllten  an,  das  Pascha  einen  Monat  spftter,  dann  aber 
a«eh  am  15ten  desselben,  sn  feiern,  von  einer  Verlegung 
anf  einen  spSteren  Tag  desselben  Monats  hingegen  findet 
sieh  nirgends  eine  Spur.   —  Lieber  wandte  man  sich  da- 
her anf  die  andre  Seite,   und  nahm  an,   Jesus  habe   das 
Pascha  asif  einen  frfiheren  Tag  verlegt.    Ans  rein  pers5n- 
liehem  BedArfhifs,    meinten   Einige,   in    der  Yoranssicht, 
rfsfs  er  um  die  eigentliche  Zelt  des  Paschamahls  schon  Im 
ttrabe  rohen  werde,   oder  doch   seines   Lebens  bis  dahin 
nicht  mehr  sicher  sei,   habe  er  In  ähnlicher  Weise,   wie 
yon  jeher  dl^nigen  Joden ,   welche   an   der  Festreise  ge- 
hindert waren,  und  wie  die  jetsigen  Juden   alle,  ohne  ein 
geopfertes  Lamm ,   mit  blofsen  Surrogaten  desselben ,  ein 
niaxa  firrjftovevTiyov  gefeiert  ^.    Allein  erstlich   hStte  so 
Jesos  nicht,  wie  Lukas  sagt,  das  Pascha  an  dem  Tag,  iv  f^ 
Uh  Svea^m  ro  naaxa^  auch  gefeiert;  dann  aber  hffit,  wer 
die  blofse  Gedächtidrsfeier  begeht,  mit  Aufgebong  der  fOr 
das  Pascha  bestimmten  Örtlichkeit   (Jerusalem)  doch  die 
Zelt  desselben   (Abend  vom  Kten   auf  den  15ten  Nisan) 
onferbrOchlich  fest:  wogegen  Jesus  dasselbe  gerade  umge- 
kehrt, swar  an  dem  gewöhnlichen  Ort,  aber  zu  ungewöhn- 
lieber  Zelt ,  gefeiert  haben  müfste ,  was  ohne  Beispiel  ist. 
(legen  diesen  Vorwurf  des  Unerhörten  und  KigenmKchtigen 
hat  man  die  von  Jesu  angeblich  vorgenommene  Verlegung 


7)  CALVifi  ZU  Matth.  26,  17. 

8)  GaoTivs,  zu  Matth.  26,  18* 


41*  Prittar  AM^hAMt^ 

diid«r«li  BS  MMf sm  füBtht,  4$b  pmb  flui  »tl  afaMr  gMf 
Ben  Partai  «rinar  VaUufanaMan  das  Paaalia  fraliar  ab  ilia 
abrig«»»  friern  lieb.  Wia  niaiUeh  von  der  JttdiMhaa  Par» 
tml  ilt*r  KaHltr  oder  Soriptiirarier  bekannt  ist,  dafs  sie  ?aa 
den  tUbbaallan  oder  Traditionarlern  lynMBlÜefa  aaeli  ia 
der  Bestimmnnf  des  NeiiaMnds  iibweieban,  indem  sie  he* 
luiaptells,  die  Art  dar  letateran,  den  NaMOuind  nacli  das 
äilronojaitehen  Calcal  featsosetBan,  ad  eine  Meneraiiif,  we* 
gefien  aie,  der  alten^  geaetalieheD  Sitte  gatrea,  denaelbea 
naeh  der  eaipiriachen  BeobaehUuig  der  Pbaae  des  Neuliehta 
bestlninien :  «o  tollen  aohoo  bu  Jean  Zeit  die  Sadduciiary 
von  welchen  die  Karlier  ab^tamaieB  aoUen,  den  Ke«nond 
und  mit  ihm  daa  ron  demaelben  abliftcigigO  Osterfest  an- 
ders als  die  Pharisäer  bestimnit,  und  Jesus,  ala  Gegner 
der  Tradition  and  Freund  der  Sebrift,  sich  bierin  an  sie 
angeschlossen  haben  ^.  Allein  abgesehen  davon,  dais  der 
Zusammenhang  derKarSer  mit  den  alten  Sadduclern  eiae 
btofse  Vermurhung  ist,  so  ist  es  Ja  eben  der  gegründete 
Vorwarf  der  Karäer,  dafs  die  ßesiimmung  des*  Meuwoods 
durch  den  Caicul  erst  nach  der  Zersttirang  des  Tempels 
durch  die  Römer  aufgekommen  sei :  so  da(s  also  sur  Zeit 
Jesu  eine  solche  Ab\veichung  noch  gar  nicht  atatfgefunden 
haben  kann ;  ohnehin  vom  Pascbafest  findet  ans  jener  Zeit 
sich  keine  Spur,  dafs  es  von  verschiedenen  Parteien  an 
verschiedenen  Tagen  gefeiert  worden  wäre  ^^).  Angenom^ 
men  jedoch^  jene  Ditferens  in  der  Bestimmung  des  Nea» 
monds  habe  schon  damals  obgewaltet,  so  würde  die  Fes^ 
setaung  desselben  nach  der  Phase ,  welcher  Jesua  gefolgt 
sein  soll,  eher  ein  späteres  als  ein  früheres  Pascha  Bur 
f'ol^^  gehabt  haben;  wefs wegen  denn  wirklich -Einige  ver- 
mutheten,  Jesus  möge  vielmehr  dem  astronomischen  Cai- 
cul gefolgt  sein  ^^). 

9)  Ikkk^  Diss.  philol.  thcol.  Vol.  2,  p.  416  ff. 

10)  8.  Paulus,  cxcg.  Handh.  3, '«,  S.  M6  ff. 

11)  MiCKAaus,  Anm.  zu  Job.  13. 


AmMmr  ^»lAy  wm  tkk  m^  ^Bm9  Wdt»  gBgtm  JdUa 

elnselaea.  d«r  V«rfiabe,  die  Angaben  der  Krtngelbten  fiber . 
die  Zeit  dei  letoten  Muliles  Je««  gOdich  mu  Fereinigen,  m^ 
gea  Mttf  eiitacheidet  gegeo  alle  BueaoiHieo  ein  UoMtaody 
weleimn  erist  die  oeoeeCe  Kridk  gehdrig  berrergebaben  hat» 
IL9  verbfilt  sieh  nledich  Ait  diesem  Widerstreite  niebt  se^ 
dafs  miter  gröfiit^ntbeils  harmonirendea  Sielieo  nnr  etwa 
Eine  Äusserung  von  sehe^fibar  entgegeiigeaüatem  Simie  top? 
lUTioe,  wobei  man  dann  sagen  liöHnte^  der  Verfasser  iMibe 
sieb  hier  eines  abgeiiaaen  Aosdrucl&s  bedient,  der  aas  dea, 
abrigen  Steilen  su  erlilftre«  sei;  s^ndyn  alle  Zrftbettim« 
nangea  der  Synoptiker  sind  von  der  Art ,  dafs  naoh  ihnen 
Jesus  das  Paseha  nocb  i|^tgefeiert  haben  mOiste,  alle 
Johanneisehen  dagegen  so,  daCi  er  es  «licht  autgefeiert 
haben  kann  ^^«  Da  sieb  auf  diese  Weise  swei  unter 
^h  dlfferirende  Gesammtheiten  evangelischer  Stellen  ge- 
genüberstehen^ die  auf  afvei  virsohiedene  Grundanslohten 
der  Referenten  über  die  Sache  hinweisen:  so  kann  es, 
wie  SiBFP£ftT  selu*  wahr  bemerkt,  nicht  wehr  als  wissen- 
•ebafUiehe  Aaslegnng,  sondern  nur  als  unwissenschafdiche 
Willkahr  und  Eigensinn  betrachtet  werden ,  wenn  man  auf 
llishtanerkennung  der  Difierens  «wischen  den  synoptischen 
Erangelien  und  dem  vierten  bestehen  will. 
0i  So  bat  sich  denn  die  neuere  Kritik  daau  verstehen  mfis* 
lea,  aof  einer  oder  dermudern  Seite  einen  irrthnoi^anxn- 
ashmen,  und  zmßr  war  es,  ausserdem  gangbaren "Yorur* 
tbeilen  fttr  das  johanneische  Evangelium ,  ein  bedeutender, 
tirond,  welcher  su  nl^thigen  schien,  den  Irrthum  auf  die. 
Seite  der  Synoptiker  sii  verlegen.  Schon  Jenes  alte ,  an- 
geblieh ApdMiuarisebe  Fragment  wendet  gegen  die  Mei- 
nang,  dais  Jesus  tfj  fisyalrj  rifiBQtf  rcSv  ä^vfiwv  ^a^svj  ein, 
dab  sie  aavfiffvnog  rtp  v6fi(^  sei,  und  so  ist  atieh  neuerlich 
wieder  bemerkt  worden,  der  auf  das  letate  Mahl  Jesu  fol- 


12)  Suvfsar,  a.  s.  0.^  Hau,  L.  J.  $•  IM. 


41S  Dritter  Abtdhnltt 

gende  Tug  werde  ron  allen  Sdten  eo  werktigltdi  behtn« 
dett,  d«rs  steh  nicht  denken  lasse,  er  liet  der  erste  Pt- 
•ehatag,  und  folglich  das  Mahl  am  Abend  vorher  das  Pt- 
•ehamahl  gewesen.  Jesns  felre  ihn  nicht,  indem  er,  was 
I«  der  Pasehanacht  Terboten  war,  sich  ans  der  Stadt  ent- 
leme;  seine  Freunde  nicht  ^  indem  sie  seine  Beststtnng 
noeh  sn  besorgen  anfangen ,  nnd  dieselbe  nur  wegen  An- 
bruchs des  nlchsteft  Tags ,  des  Sabbats,  unvollendet  lassen; 
noch  weniger  die  Mitglieder  des  Sjnedriums,  Indem  sie  nidit 
nur  ihre  Diener  aus  der  Stadt  sur  Verhaftung  Jesu  sen* 
den,  sondern  auch  |pers5nlich  Oerlchtssitaung,  VerhOr,  Ur- 
theil  und  Klage Ibei  dem  Procurator  yornehmen;  Hberhsnpt 
seige  sich  durchaus  nur  die  Furcht ,  den  folgenden  Ts^, 
der  am  Abend  uAch  de^  Kreuaigung  anbrach ,  eu  entheili- 
gen ,  nirgends  eine  Sorge  fttr  den  laufenden  9  lauter  Zei- 
chen ,  dafs  die  synoptische  Darstellung  Jenes  Mahls  als  ei- 
nes Pascha  ein  spftterer  Irrthum  sei ,  da  in  der  QbrigeB 
Erafthlung  dieser  Evangelisten  selbst  das  Richtige,  dafs  Je- 
sus den  Tag  vor  dem  Pascha  gekreusfgt  worden,  noch  an- 
verkennbar  durchscheine  ^^«  Diese  Bemerkungen  sind  al- 
lerdins[8  von  Gewicht  Zwar  die  erste  könnte  man  dorch 
den  Widerstreit  der  JUdifchen  Bestimmungen  über  jenen 
Punkt  vielleicht  entkräften  ^*);  der  letsten  nnd  stfirkstop 
die  Thatsaohe  entgegenhalten ,  dafs  Verhören  und  Ricift 
an  Sabbaten  nnd  Festen  bei  den  Juden  nicht  nur  erlsnbt^ 
sondern  fflr  solche  Tage  wegen  des  Volfcsandrangs  selftit 
ein ' gröfseres  Gerichtsloeal   vorhanden  gewesen  sei,    wie 


13)  Thiilb,  a.  s.  O.  157  ff. )  Sismav  und  LUcKr  «.  «.  0. 

14)  Pesachin  f.  65,  2,  bei  Lssarroor ,  p.  654 :  PoMto/tf  pnmo  ti- 
netur  quispiam  ad  pernoctationem,  Gioss, :  Paschatizans  tenh 
tur  ad  pwnoctandum  in  Hierosolyma  nocte  prima.  Dagegen 
Toiaphoth  ad  tr.  Pesachin  8 :  Jn  Pasdiate  Aegyptiaco  did' 
tur :  nemo  exeai  —  usquB  ad  man».  Sed  sie  non  foui  in  st- 
qnentibus  generationibus ,  —  ifuiboi  eomedtbatur  id  warn  hco 
ei  ptrnociabant  in  alio.  Vgl.  SoaxacKsiiavRSsa,  Beiträge,  S.  9* 


Zweites  Kapitel.    S*  130.  413 

denn  aneh  nech  dem  N.  T«  felbtt  die  Jnden  en  der  rjdQu 
fuyalfj  des  Leobhattenfetts  Diener  anisoblckten ,  um  Je* 
sam  an  greifen  (Job.  7}  44  f.)  y  und  am  Feste  der  Tem- 
pelweibe  ihn  steinigen  wollten  (Job.  10,  Si.);  Herodesaber 
wlbrend  der  ijfieQai,  tuiv  ä^vfiuv  den  Petrus  gefangen  se* 
tsen  liels,  und  vieileicbt  in  eben  diesen  Tagen  Jakobus  den 
älteren  hatte  hinrichten  lassen  (A.  6.  12,  2  f.)  ^^).  Dafs 
Jesu  Hinrichtung  am  Paschafest  habe  vorgenommen  werden 
dOrfen,  dafflr  beruft  man  sich  theils  darauf,  dafs  die  Exe- 
cntion  durch  römische  Soldaten  geschehen,  übrigens  auch 
nach  jadiscber  Sitte  fiblich  gewesen  sei,  die  Hinrichtung 
bedeutender  Verbrecher  auf  eine  Festaeit  au  versparen,  um 
durch  dieselbe  auf  eine  desto  gröfsere  Menge  Eindruck  au 
machen  *^.  Allein  nur  so  viel  ist  erweislich,  dafawfihrend 
der  Festaeit,  also  bei*m  Pascha  an  den  fttnf  mittleren ,  we- 
niger feierlichen  Tagen ,  Verbrecher  verurtheiit  und  hinge- 
richtet werden  konnten ,  nicht  aber ,  dafs  diefs  auch  am 
ersten  und  letzten  Paschatage,  welche  Sabbatsrang  hatten, 
BolSssig  gewesen  sei  ^^ ;  wie  denn  auch  nach  dem  Talmud 
Jesus  am  nOC  2"\y  ^'  h.  am  Vorabend  des  Pascha ,  gekreu- 
sigt  worden  ist  ^^.  Ein  Anderes  wfire  es,  wenn,  wie  Or. 
Baor  nachzuweisen  sucht,  in  dem  Wesen  und  der  ßedeu- 
tiifig  des  Pascha  als  eines  Sfibnfestes  die  Hinrichtung  von 
Verbrechern ,  als  blutige  Söhne  f&r  das  Volk ,  gelegen  hät- 
te 9  und  die  von  den  Evangelisten  Angemerkte  Sitte ,  auf 
das  Fest  einen  Gefangenen  loszulassen,  zu  der  Hinrichtung 
eines  andern  nur  als  die  Kehrseite,  wie  die  beiden  Böcke 
vnd  Sperlinge  Jüdischer  Sfihn-  und  Relaigungsopfer,  sich 
vwhielte  ^0* 

i5)  TnoLUc«,  S.  344  f. 

16)  Tract.  Sanhedr.  f*  89,  1.  Bei  ScRthrsaii,  1,  p.  224,  vgl,  Fav- 
1.U8,  a.  a.  O.  S.  492.  and  Tuoi.ucm,  a.  a.  O« 

17)  YmmucuMy  in  Matth.  p.  765  f.    vgl.  755.    LOcks,  2,  S.  614. 

18>  Sanhadr.  f.  45,  1,  bei  ScKi^TraBii,  2,  S.  700. 

19)  Ül>cr  die  urtpriingliche  Bedeutung  des  Pastahfettei  u.  s.  w. 
Tübinger  Zeitschrift  f.  Theol.  1852,  I,  S.  90  fl^ 


414  Dritter  Abtehnttt''' 

Leicht  konnte  freilich  die  urchrlstlirhe  Trailitlon  aedi 
auf  onhifitorischejii  Wege  dasakommen ,  Jesu  lettteit  MrIiI 
mit  dem  Osterlamm,  und  seinen  Todestag  mit  dem  Pasebii- 
fest  zu  combiniren.  Da  nfiirtlich  das  christliche  Aben^* 
mahl  ebenso  von  der  einen  Seite,  du:*oh  seine  Form,  dti 
Pascha,  wie  ron  der  andern,  durch  seine  Bedeutung,  den 
Tod  Jesu  berflhrte:  so  lag  es  nahe  genug,  diese  beiden 
Punkte  KUsammenseurflckeQ,  und  die  Hinrichtung  Jesu  nof 
den  ersten  Paschatag  eu  verlegen,  seine  letzte  MnMceit 
aber,  bei  welcher  er  das  Abendmahl  gestiftet  haben  sollt?, 
als  das  Paschamahl  eu  betrachten.  Freilich,  wenn  der 
Verfasser  des  ersten  Evangeliums  als  Apostel  und  SelbiN 
theilnehmer  an  dem  letzten  Mahle  Jesu  vorausgesetst  wird, 
bleibt  es  schwer  zu  erklären ,  wie  er  zu  einem  solchen 
Irrthum  kommen  konnte«  Wenigstens  reicht  es  nicht  hini 
sich  mit  TiiEiLE  darauf  zu  berufen ,  je  mehr  dns  letste 
mit  ihrem  Meister  gehaltene  Mahl  den  Jüngern  Qber  alle 
Paschamahle  gegangen  sei,  desto  weniger  sei  Ihnen  auf 
die  Zeit  desselben,  ob  es  am  Paschaabend  selbst,  oderd- 
nen  Tag  froher  gehalten  worden  war,  angehommen  ^ 
Denn  der  erste  Evangelist  Ififst  diefs  nicht  etwa  nar  nn* 
bestimmt,  sondern  er  spricht  ausdrücklich  von  einett  Pa* 
sehamahl,  und  so  konnte  sich  ein  wirklicher  Theilnebiaer 
desselben ,  wenn  er  auch  noch  so  lange  Zeit  nach  jene« 
Abend  schrieb,  unmöglich  tauschen.  Die  Aogenreogeo* 
scbaft  des  ersten  Evangelisten  also  wird  man  bei  dieser 
Ansicht  aufgeben,  und  ihn  sammt  den  beiden  mittlereo 
aus  der  Tradition  schöpfen  lassen  müssen  *0*  ^^^ 
atofs  daran ,  dafs  sfimmtliobe  Synoptiker,  also  «Üe  dieje- 
nigen ,  welche  uns  die  vulgfire  EvangeUentraditlon  der  er* 
•eten  Zeit  anfbehaken  haben  ^    in  einem  soleben  Irrtbi» 


2(0  s*  a.  0«    S.  167  ff. 

21)  SisraBKT,  a.  a.  0.  S.  144  ff.    Lvexi,  S.  628  ff^ 


Zweites  KAplteL    f.  120.  «IS 

fiberelnstiimien  teilen  ^,  lifirt  rieh  Tiellelcht  inrt^  4te 
Bemerkung  aas  dem  Wege  rSnmen ,  dnfii ,  so  eilgemelii  la 
den  Jadenehrlsüiehen  Oemeiitden,  in  weidien  doch  die 
erangelische  Uberlieferong  sieh  umprOnglich  geUldec  het, 
dss  jüdische  Pascha  noch  mitgefeiert  wurde  y  so  ali^^niein 
sich  auch  der  Versuch  darbieten  mofste,  demselben  durch 
die  Beziehung  auf  den  Tod  und  das  ietcte  Mahl  Jesu  eine 
chriarliehe  Bedeutung  su  geben. 

KbenKowohl  aber  liefse  sich,  die  Richtigkeit  der  syn- 
eptiFchen  Zeitbestimmung  voransgeseUt,  denken,  wie  Jo* 
hanree  irrig  daBukommen  konnte,  den  Tod  Jesu  auf  den 
Nachmittag  des  I4ten  Nisan ,  und  seine  leiste  Mahlseic  auf 
den  Abend  vorher  su  verlegen.  Wenn  nfimlich  dieser 
Efangeiist  in  dem  Umstände ,  dafs  dem  gekreusigten  Chri- 
stas die  Beine  nicht  «erschlagen  wurden ,  eine  £rf(lllung 
des  ogöy  ö  cwxQißijaetai  avrq)  (2  Mos.  12,  46.)  fand:  eo 
konnte  ihn  diese  Besiehung  des  Todes  Jesu  auf  das  Oster- 
Ismm  SU  der  Vorstellung  veranlassen,  dafs  um  dieselbe 
Zeit ,  in  welcher  die  Pasehalftmmer  geschlachtet  wurden, 
am  Naehinittng  des  14ten  Misan,  Jesus  am  Kreuse  gelitten 
«ad  den  Geist  aufgegeben  habe  2^),  also  die  am  Abend 
vorher  gefeierte  Mahlseit  noch  nicht  das  Pasohamahl  ge- 
wesen sei  -0* 

lat  auf  diese  Welse  eine  mögliche  Veranlassung  cum 
Irrthum  auf  beiden  Seiten  vorhanden,  und  findet  die  inne- 
re Schwierigkeit  der  sjnoptischen  Zeitbestimmung,  die 
vielfaehe  Verletsung  des  ersten  Paschategs,  theils  In  den 
aageffllirten  Bemerkungen  einigermafsen  ihre  Erledigung, 
^keUs  In  der  Zusammenstimmnng  dreier  Evangelisten  ein 


22)  FMTzfCHB,  in  Matth.  p.  763.  Ksiiif ,  über  den  Ursprung  des 
Kvang.  Mattb.  in  der  TUb.  Zeitschrift,  1834,  1,  S.  98. 

2S)  vgl.  SvicKR,  thenanr.  3,  S.  613. 

24)  Kine  andere  Ansicht  über  die  Veranlassung  des  Irrthums  iai 
4ten  Evaogeliiun  geben  die  Frobabüien,  8.  100  ff. 


416  Orllt»  Aksahnttt 

Oeg«iig«wfeht :  m  iit  vor  dtr  Hand  nur  der  mmafllteliehe 
Widerttreit  der  betderteiHgea  DartfellHngeii  uneaerkeiinee, 
eine  Knlsebetdiuif  aber  y  welehe  die  richdge  fei,  ivech  uieht 
Btt^wegee« 

f.     12h 

Pifleronsen  in  Betreff  der  Vorgang«  beim  letzten  Mable  Jcsiu 

Doch  nicht  allein  in  Beeog  auf  die  Zeit  des  letsten 
Mahlet  Jesa,  sondern  aneb  aaf  dasjenige,  u^as  bei  demsel- 
ben  vorgegangen  sein  soll,  gehen  die  Evangelisten  von 
einander  ab.  Die  Haoptdifferens  findet  sivischen  den  syn- 
optischen und  dem  vierten  Evangelinm  statt;  nXber  aber 
verhält  es  sich  so ,  dafs  nur  Mattblius  und  Marlins  genau 
sosammenstimmen ,  Lukas  schon  siemlich  abweicht,  doch 
im  Gänsen  mit  seinen  beiden  Vorgängern  immer  noeh  ein* 
etimmiger  ist,  als  mit  »einem  Macbfoiger« 

Gemeinsam  ist  sftmmtiichen  Evangelisten ,  ausser  dem 
Mahle  selbst  j  dafs  Hber  demselben  von  dem  bevorstehenden 
Verrath  des  Judas  gesprochen  wird,  und  da(s  während 
oder  nach  demselben  Jesus  dem  Petrus  seine  Verlliugnniig 
'vorherverkündigt.  Aber  abgesehen  davon,  dafs  bei  Johan- 
nes die  Beeeiehnung  des  Verrfithers  eine  andere  und  ge» 
neuere,  auch  von  einem  Erfolge  begleitet  ist,  von  Melcbea 
die  übrigen  nichts  wissen;  dafs  ferner  bei  demselben  naeb 
dem  Mahle  gedehnte  Abschiedsreden  sich  finden,  Vielehe 
den  andern  fehlen  :  so  ist  der  Hauptunterschied  der  ,  dafs, 
wfthrend  den  Synoptikern  sufolge  Jesus  bei  dieser  letatea 
Mahlzeit  das  Abendmahl  eingesetet  hat,  er  bei  Johann« 
Tielmehr  eine  Fufs Waschung  mit  den  Jüngern  vornimmt. 

Die  drei  Synoptiker  unter  sich  haben  die  Stiftung  des 
Abendmahls  sammt  der  Verkündigung  des  Verraths  und  der 
VerlAugnung  gemein;  aber  Abweichung  findet  Bwiscbea 
den  beiden  ersten  und  dem  dritten  schon  in  der  Anord- 
■nng  dieser  Stücke  statt ,  indem  bei  jenen  die  Verkflndi- 
jgnng  des  Verraths,  bei  diesem  die  Stiftung  des  Aliendmabls 


Zweites  Kapitel,    f,  Itll.  417 

TOMnttaht;  die  Vorbersagiing  der  Verliagnang  des  Petroe 
aber  nach  Lukas,  wie  es  scheint,  noeh  im  Speisesaal,  nach 
den  beiden  andern  aber  erst  auf  dem  Hinweg  snm  Ölberge 
vor  sieh  geht.     Dann  aber  bringt  LvAmb  auch  einige  Sttteke 
bei ,  welche  die   beiden  ersten  Evangelisten  entweder  gar 
nicht,  oder  nicht  in  diesem  Zusammenhang  haben:  In  gans 
anderem  Znsammenhang  steht  bei  ihnen  der  Rangstreit  und 
die    Verheifsung  des    SUsens  auf  Thronen;   wogegen. die 
Rede  von  den  Schwertern  vergeblich  bei  ihnen  gesucht  wird. 
In  seiner  Abweichung  von  den   beiden  ersten  Evan* 
gellsten    hat  der  dritte  einige  Annihemng  an   den   vier- 
ten,   tiemeinsam    nimlich  ist   dem  Lukas  und  Johannes, 
dafs  ,  wie  dieser  in  der  Fufswaschnng  eine  auf  Rangstrdt 
sich   besiehende  symbolische  Handlung  nebst  angehipgten 
Demuthsreden  hat :  so  Lukas  wirklich  einen  Rangstreit  und 
darauf  bcaögliche  Reden  meldet,    welche  nicht  gans  ohiy 
Analogie  mit  den  johanneischen  rfnd ;  dals  ferner  auch  bei 
Ihm  wie   bei  Johannes  die  Reden  vom  Verräiher  das  Mahl 
nicht  erüfFnen,  sondern  erst  nach  einer  symbolischen  Hand« 
lung  eintreten;   endlich  dafs  auoh  er  die  VerlXugnung  des 
Petrus  noch  ImLocalder  Mahlseltverkdndlgt  vi  erden  lälst. 
Ami  meisten  Schwierigkeit  macht  hier  natfirlich  die 
Differenz ,  dafs  bei  Johannes  die  von  den  Synoptikern  ein- 
stimmig berichtete  Einsetsung  des  Abendmahls   fehlt,  und 
an  ihrer  Statt  eine  gans  andere  Handlung  Jesu,  eine  Fnft* 
Waschung,  gemeldet  wird.    Freilich,  wenn  man  sich  durch 
den  gansen  bisherigen  Verlauf  der  evangelischen  Geschieh* 
te  mit  der  Annahme  hindurchgeholfen  hat,  Johannes  habo 
den  Zweck  gehabt,   die  Hbrlgen  Evangelien  sn   ergXncen^ 
so  kommt  man  auch  Aber  diese  Schwierigkeit  so  gut  oder 
so  schlecht  wie   über  di^  andern  alle  hinweg.    Die  Ein« 
•etaung  des  Abendmahls,  heifst  es,  fand  Johannes  bei  den 
drei  ersten  Evangelisten  auf  eine  Weise  eralihlt  schon  vor, 
welche  mit  seiner  eigenen  Erinnerung  völlig  llliereinstimm* 
^•)    vfelswegen  er  sieh  denn  nicht  iNSwogen  fand,  sie  sa 


418  Dritter   Absehnltt» 

i^iederbolefi  ^).  Allein,  wenn  wirklich  der  vierte  Evange- 
list von  den  schon  in  den  drei  ersten  Evangelien  aofge- 
seiclineten  Geschichten  nur  diejenigen  noch  einmal  ersah* 
Jen  wollte,  an  deren  Darstellung  er  etwas  sa  berichtigen 
oder  SU  ergfineen  fand :  warum  erzählt  er  dann  die  Spei- 
sungsgeschichte,  an  der  er  nichts  irgend  Erhebliches  sa 
I^essern  weifs,  noch  einmal,  die  Stiftung  des  Abendmahls 
dagegen  nicht  ^  bei  welcher  ihn  doch  schon  die  Differen- 
sen  der  Synoptiker  in  Anordnung  der  Scene  und  Fassung 
der  Worte  Jesu,  baoptsächlic.h  aber  der  Umstand,  dnCi 
sie,  nacli  seiner  Darstellung  irrig,  jene  Einsetzung  am  Pa- 
schaabend vorgehen  lassen,  zur  Mittheilnng  eines  authen- 
tischen Berichts  hätte  verlassen  müssen?  Mit  ROcksicht 
auf  diese  Schwierigkeit  giebt  man  nun  wohl  die  Behaup- 
tung auf,  der  Verfasser  des  vierten  Evangeliums  habe  eine 
Kenntnifs  von  den  draf  ersten,  und  die  Absicht,  sie  zu 
ergänzen  und  zu  berichtigen,  gehabt :  doch  aber  soll  er 
die  vulgäre  mündliche  Evangelientradition  gekannt  und  bei 
•einen  Lesern  vorausgesetzt,  und  in  dieser  Rdcksicht  die 
Stiftung  des  Abendmahls,  als  allgemein  bekannte  Geschich- 
te, übergangen  haben  ^.  Allein  dieser  Zweck  einer  evan- 
gelischen Schrift  y  nur  das  minder  Bekannte  zu  erzählen, 
das  Bekannte  aber  sn  Qbergehen ,  läfst  sich  eigentlich  gar 
nicht  denken.  Die  schriftliche  Aufzeichnung  geht  Ja  aus 
von  Mifstrauen  gegen  die  mündliche  Überlieferung ;  sie  will 
diese  nicht  blofs  ergänzen ,  sondern  auch  befestigen ,  onci 
so  kann  sie  gerade  die  Hauptpunkte,  welche,  wie  sie  alz 
die  meistbesprochenen  der  Entstellung  am  meisten  ansge* 
setzt  sind,  so  die  genaueste  Aufbewahrung  wünschenswerth 
machen,  am  wenigsten  fibergeben :  ebenso  demnach  {auch  Jo- 
hannes die  Stiftung  des  Abendmahls  nicht ,  an  dessen  Eln- 
setznngsworteni   wenn  wir  die  verschiedenen  JN.  T.lichen 


1)  FAiavt,  ?iy  b,  S.  499«    OiSHAVSKN,  2,  S.  294. 

2)  LCcxB,  2,  S.  484  f. 


Zw^Uet  Kapitel,    f.  121.  «M 

Relationen  Ta*gleiclien,  fril»eillg  entweder  ZnaÜBe  oder 
WeglAsungen  mllateo  genaoht  worden  sein*    Aber,   sagt 
■an  weiter,  die  Stiftung  des  Abendmahls  eq  ersibleii^ 
war  fdr  den   Zweck  des  joiianneiselieii  Ktaa^titwis  ven 
keiner  Bedentnng  *)•     Wie?    fftr.den  allgenelnen  Zweek 
desselben,    seine  iieser  na  aberaengea,   Bft^  '//^ofi^  ^t^  o 
^Q^gosy  o  vios  %5  &Bi  C^,  »IO9  •oUte  die  Mittlieilttiig  ei- 
ner Seene  nicht  Ten  Befaing  gewesen  sein ,   in  welcher  er 
als  Stifter  einer  xoty^  dtaik^urj  erseheint?    nnd  ffir  den  be» 
sondet'en  Zweck  des  betreffenden  Abschnitts,  Jesu  bis  an*s 
l£nde  sich  gleich   gebliebene  Liebe  ins   Lieht   sn   setsen 
(11,  !•) ,  seilte  es  nichts  aasgetragen  haben,  an  erwUhnan, 
wie  er  s^nen  Leib  und  sein  Blut  den  Seinen  als  Speise 
md  Trank  dargeboten^  nnd  daaut  seinen  Worten  Jeh«  #.. 
Reah'tat  gegeben  habe?  Dedi,  dem  Johannes  soll  ^  hier 
wie  ttberall  vorangswelse  0ur  uat^die  d^feren  Reden  Jesu 
an  chnn  gewesen  sein,  nnd  dcAwegen  soll  er  die  Elnsetnnng 
des  Abendmahls  ftbergangen,  nnd  erst  nit  den  anf  die  Fufs- 
waschunj{  besliglichen  Reden  seine  BrMhlnng  begonnen  ha» 
ben  ^.    allein  diese  Demothsvedeto  kanti  nnr  isln  ftsrhär* 
letes  Vomrtbell  für  das  trlerto  KiangeltMn  für  tiefbr  ans- 
geben ,  aJs  dasjenige,  was  Jesus  helÜinsetaang  des  Abend- 
mahls  yoB  dem  Genüsse  seines  Leibes ^mmI, Blutes  fan  Btol 
nnd  Weine  sagt. 

Die  Hauptsache  Ist  n«i  aber,^dUs  uns  die  .Hurmniü- 
sten  nachweisen,  wo  denn  Jebnnilbs,  w«nti.er döcbatlbst 
▼eranssetnea  soll,  Jeetis  habe  bei  diaser  letzen  MaUiseitdas 
Abendouihl  gestiftet ,  dlbses  ttberspruagen.vfcabe,  -^  dars 
sie  ufis  in  der  jobamieischen  Oar^eUuug  .dieses  letalen 
Abends  die  Fnge  zeigen.  In  weMM sieh  jetier  Viwgang  ein- 
passen llfst.  Sehen  wir  uns  ia  den  .Cemmentaren  um,  s^ 
scheint  mehr  als  Eine  Sutie  sieh  su  sekher  Binscbiebung 


3)  OftSHAUsncy  a.  a.  O. 

4)  SiBrFiJn>  über  den  Urspr.    8.  15». 

27 


«M  Dritter  AbtehBitt 

voHr«llfoh  mn  «igMen«  Olsbiusen  w^nt^  «m  Ende  de« 
ISten  »Kairftels,  nach  der  Verkfindigung  der  VerUkgosng 
des  Astres,  sei  itte  Sttftnng  des  Abendmahls  hineuiBuden« 
ken:  mit  dieser  hebe  sieh  die  Mahlseit  geschlessen,  und 
die  feigenden  Reden  Ton  14,  1.  an  habe  Jesus  naeh  deat 
Aeflurocb  vom  Tisobe  stehend  im  Saale  noeh  gesprochen  ^. 
AUehi  hier  schalet  sieh  Omaosem,  nrnnwisefaen  IS,  38. 
und  14,  ]•  einen  Rahepnnkt  sn  bekommen,  derTfinsclHiPg 
faincogeben,  als  ob  das  ifelQea&By  ayfofieif  ineSd^j  bei 
inrelchem  er  Jasnm  vom  Tisebe  sieh  erliebeB  und  das  folgen- 
de  noch  stehend  spreelien  Üifst,  sehen  hier,  am  £nde  des 
ISten  Kapitels,  stXnde,  da  es  doch  erst  am  Edide  des  14ten 
sich  findet  An  nnsrer Steile  ist  kein  Raum,  um  eine  See- 
,tie  wie  das  Abendmahl  euieascbalten«  Jesus  hatte  von  sei- 
nem Hingang,  webin  ihm  die  Seinigen  nicht  folgen  kann- 
ten, gesprochen,  und  das  vermessene  Erbieten  des  Petrua^ 
das  Leben  ffer  ihn  au  liusen ,  durch  die  Voraussage  seiner 
.Vei4fi«gnung  Burüekgewtesen:  nnn,  14,  L  ff.,  beruhigter 
die  Iiiedurch  erschlttcpten  Gemfither  wieder,  itideas  er  sie 
auf  den  fJlauben  und  die  .segensreichen  Wirkungen  seinee 
Hingangs  venwetst»  -^  Durch  den  festen  Znsa'mmenhalt  die- 
etr  RedetbeUe  fiurllcb|pwiesen ,  rücken  andre  Ausleger 
weiter  hinauf,  tuud  glauben  nach /dem  Abgang  des  Verrft- 
thers,  13,30,  die  schickliebste  Stelle  nur  EinscbielMing  dea 
Abendmahls  an  finden,  .indem  der  Hingang  des  Judas ^  um 
sefcien  Verrath  au  velleaden,  leicht  die  Todesgedanken  ia 
•Jean  rege  auiehen  konnte,  welche  der  Stiftung  d^n  Abend- 
mahls Bum*  Grunde  liegen  ^).  Allein  nicht  nur  wenn  man 
mit  LüCKfi  n.  A^  das  ot€  i§^l9e  bu  dem  folgenden  Uyu  6 
^tr^aög  Bi4ht ,  sondern  auch  ohne  diels  hat  das  vvv  iäo^aa^ 
6  mag  re  ivD^TW  x.  sr.  A«  (V*  31.)  >  und  was  Jesus  wei- 
terhin (V.  33.)  von  seinem  haldigen  Hingang  spricht ,  sei- 


5)  2,  S.  310.  38t  f. 

6)  Faulvs^  cxeg.  Haadb.  S>  b,  S.  497. 


Zweites  KaplUL    f.  \tU  4tl 

ne  niehtte  Bedehnng  anrerkennbar  auf  den  Weggang  des 
Judas.  Denn  w^nn  das  do^a^etv  Im  Tierten  Crang«llnai  !«• 
flier  die  ¥erherrlIchoiig  Jesa  bedeutet ,  welcher  ihn  sein  Lei- 
den entgegenflihrt,  so  war  eben  mit  dem  Gang  des  vetiore- 
nen  Jfingers  ra  denen ,  weiebe  Leiden  rnid  Tod  Ober  Je* 
sam  brachten,  seine  VerberrHclMnig  and  sein  baMiger  Hin- 
gang entsebleden.  —  Hingen  auf  diese  Welse  die  Verse  31 
—  81.  nntrennbar  arft  V.  99.  no<aliien :  so  bann  aian  sieh 
bewogen  finden  ^  mit  den  Abendmahl'  wieder  efwas  herab- 
rarfteken ,  und  es  dabin  an  atellen ,  wo  dieser  Znsamnien« 
hang  ein  Ende  an  haben  seheinen  kann  t  nnd  so  täflit  denn 
Lücke  die  Klnsetanng  desselben  nwlsehea  ¥.  S9.  nnd  3C 
In  der  Art  falien,  dab,  iiaehdem*  Jeans  ▼•  tI^-33.  die 
dnreh  das  BUnansgehen  des  Vdrrithers  nerstreolen  nnd  er* 
lehroekenen  Oemilther  bemhigt  imd  anf  das  AbendaaM 
forbereitet  haboi  ernnn  ▼•  Mf.  «r  dto  AnstkeÜnng  desseb» 
len  das  nene  Gebot  der  Liebe  knüpft.  AMetil ,  wie  simst 
sehen  beanerkt  worden  Ist^,  wenii'¥.  M.  Petras  mit  Be^ 
siehnng  mnf  V.  33»  Jesnm  fragt,  wo  er  denn  hingehe?  so 
kann  nnnnögtteh  nach  jenem  Anssprneh  Jean  V.  S3*  das 
Abendmahl  eingesetst  worden  sein,  weit  sonst  PetMs  das 
vnayo)  darch  das  ocHftct  diSoftsPov  nnd  dlfiec  i)tiür6fi$v&p  er> 
kiKrt ,  jttdenfklls  aber  sich  eher  an  efaier  Frage  Iber  die 
Bedentnng  dieser  letstersn  Ausdipacke  Toranlafst  finden  nraft- 
ts.  —  Man  mnrs  daher  abermals  aufvrirts  gehen,  nnr  noch 
weiter  als  Paulus  gethan  hitt;  hier  aber  bietet  deh,  da 
von  V.  30«  bis  hinauf  an  V;  18.  in  Einem  Zöge  vom  Ver- 
rither  die  Rede  Ist,  das  GesprXch  Aber  diesen  aber  -  leh 
wiederum  untrennbar  an  die  Fnfswaschmig  nnd  die  0eii- 
tung  derselben  schlleftt ,  bis  aum  Anfang  des  Kapitels  kei- 
ne Stelle  dar,  an  welcher  die  Abendmahlsstiftnng  elnge* 
fügt  werden  könnte.  Hier  jedoch  soll  sie  sich  nach  ei« 
nem   der  neuesten   Kritiker  auf  eine  Weise  einreihen  las« 


7)  Maxaa,  Coinm.  über  den  Joh.^  z.  d.  St, 


4t2  Dritter  Abtcbnltt 

worf  fftins  befireie^  durch  «ine  $oh«inbareoBtlnii{Hirli  f*n^ 
ichrdtande,  and  doch  diu  AbeodiMbi  Abersprfaiifende  Onr« 
•toUoag  d^n  lieser  irre  genaobt  au  habes.  Denn  gleich 
vm  Anfang  m^fib«  akit^^^hajuraftgar  ntaht  anheUchig,  tapi 
Mahle  aelbfit;  «od  urae  ddb#t  vwrgtf&llea,  eCwae  an  «raäh- 
len,  eandeitt  nur  waa  «a«lä  dep  AMhltf  sich  begebe«,  wal« 
hl  ar  berl^btcMi; ,  wie  dMü  dae  dditv^  yevohim  naeh  aeiiier 
MMrUabilfQ  Bedetttom  »belfiiei  ^aebdeai  die  Mahlaait  ?or* 
•bar  war,  4«p,4)^a(ferai*i«  ta  38im'€i  aber  deatlioh  seiga, 
dafa  die  FiUaw/iiwhwK|.ietwaa  avat  aaob  dem  fitten  Verge« 
«ommeBet  geite«Mi  aai  ^  AUakiy  wenn  ea  Ten  Jasu  nach 
TollbrftobAer  PiifiliVHMtiQbavg  beiCil;:  wanBijwf  fuili¥  C\ .  IS«), 
ae  war  fab^Ueb  dle^tlthlaelt  nooh  nicht  voriber,  al«  ar 
aieb  wr  FaGiwaaabipng  lerhab,  ond  daa  iyslQetaii»  %5iunrH 
will  ungan ,  itßSß '  er  m^B,  dem  M^ble  berana  ,  dus  GLaaan, 
ader  wenigstonp  4aa  porllafige  «i|  Tische  Süaea  imtarbra- 
ebeiHlf  n  Jeaeoi  (bMcMfi^  an^aatandiin  sei.  Das  delTtvä 
fsvoftimi  abei;  beilaC  ^  wenig:  nachdem  ein  Mahl  gebal- 
lan  war,  alafird  Y/  y^^fU*^  ^  B^^oW^r  (Matth.  S6,  6.)  aar 
ysA  wUl:  nachdem  Jesns  in  Bathanien  gewesen  war,  a»«- 
dern,  indem  ans  dnreb  Jene  Wendung  Johaiiaea  den  Ver- 
Jjmif  der  Biablceit  #elbat  *),  wie  Matthfiua  dnrch  diese  die 
Dauer  des  Betbaniaehen  Äafentbails  4esii,  rorfahrt,  aa 
aMcht  er  alch  damit  anheiaohig,  uns  alles,  was  während 
/ener  MahlaeU  Merkwflrdige%  y^fiel,  av  berichten,  und 
wenn  er  nun  •  die  bei  dertelbep  ?orga6illene  Stiftung  des 
Ab^^ndombls  nicht  meldet,  sc  bleibt  diefa  ein  Sprung,  der 
ihm  den  Varwurf  anaiebt,  lHakenhaft  eraiihlt,  und  gerade 
das  Wichtigste  Obefgangen  «n  haben« 

Wie  sieh  alse  im   Al%emrinan  liein   Qrund   denken 
llers,  warum  Johanne»,  wmia  er  einmal  von  diesem  leta« 


8)  SiKrrsRT,  S.  152  ff. 

9)  Vgl.  LücK«,  s.  m. 


Zweites   KapiteL    %  12t.  iü 

ten  /kbend  ^ranh ,  die  Stiftang  des  Abendmahls  fibergan- 
gen  habeil  sollte:  »o  findet  sielt  auch  im  Einzelnen  keine 
Stelle^  wo  sie  in  den  VerUuf  seiner  Darslellang  eingesehe- 
ben  werden  könnte,  und  es  hieibr  somit  nichts  fibrig,  als 
die  Annabmey  er  erslble  sie  nicht,  weil  er  nichts  Ton  der- 
selben gewnfst  habe.  Nämlich  von  dem  A,bendmahi  als 
ehrtstliebem  Ritas  i>riirste  er  wohl,  wie  sein  6t€0  Kapitel 
■eigt,  und  Bufsie  daton  wissen,  da  es,  wie  wir  ans  den 
panlinischen  Briefen  abnehnUm  können,  schon  iu  der  er- 
sten  Zeit  allgemein  in  der  Christenheit  Terbreitet  war: 
d-ts  aber  kann  ihm  anbekanni  gewesen  sein,  anter wel- 
chen Unstünden  Jesus  das  Abendmahl  förmlich  einge- 
setet  haben  sollte*  £inen  to  Jiochi^ehaltenen  Gebrauch  auf 
die  Attctorität  Jesu  selbst  enfffcksoftthren ,  lag  swar  auch 
ihm  nahe,  nur  that  er  diefs  aus  Unbekfpntschaft  mit  Je- 
ner S7ia<>|»tischen  Stiftungsscene ,  so  wie  aus  Vorliebe  fttr 
da(s  (leheimnirsvolle,  vermöge  welcher  ^  Jesu  ^rne  Aus«^ 
sprAehe  in  den  Mund  legte,  die,  für  den  Augenblick  on- 
Terstlndlich,  erst  aus  dem  s})Kteren  Ijlrfolge  Licht  bekomm^  ^ 
haben  sollten  >  nicht  so,  dafs  er  Jesum  wirklich  schon  den 
Ritas  einsetaen,  sondern  nur  ao,  dala  er  ihn  dunkle  Wor- 
te fon  der  NothweiHigkeit,  sein  Fleisd^  Ku  essen  und  sebi 
Blut  an  trinken,  sprechen  liers,  welche,  nur  aus  den  naah 
•einem  Tode  in  der  Gemeinde  aufgekommenen  Abendmahls- 
rittts  veratHndlich,  als  indirecte  Stiftung  Ton  diesem  ange- 
sehen werden  konnten. 

Uafx,  so  wenig  als  Johtnnes  von  der  Einsetsnng  des 
Abendmahls,  die  Synoptiker  von  der  Fufswaschung {etwas 
gewufst  haben  können ,  weil  sie  derselben  keine  £rwfth- 
nnnv  thun  ,  diefs  kann  theils  wegen  der  minderen  Wich- 
tigkeit der  Sache  und  der^hier  mehr  fragmentarischen 
Darstellung  dieser  Evangelisten  nicht  so  bestimmt  behaup- 
tet werden,  theils  hat,  wie  oben  bemerkt,  Lukas  in  dem 
Rangstri»it  V.  24  AT.  etwas,  des  mit  Jener  Fufswaschung, 
als  Anlafs  derselbeoj^  juisanunenJMibän^eB,  mancheu  £rkl&- 


4M  Dritter  Absehnltt. 

rem  geschienen  hat  ^^   kt  nun  aber  In  Besag  jraf  diesen 
Bang^trett  bereits  oben  dargelegt,  wie  er,  In  den  Znaam- 
menhang  der  vorliegenden  Scene  nicht  passend,  nar  einer 
nfltligen  Ideenassoeiation  des  Ereihlers  seine  Stelle  ver- 
danlLe  ^0  *  *^  könnte  die  Fnfswaschangsscene  bei  Johan- 
nes nur  die  sagenhafte  Ausfttfarong  einer  synoptischen  De« 
niathsrede  en  sein  scheinen*    Wenn  nfimlich  bei  Matthias 
(iO,  26 IF.)  Jesus  seine  Jünger  ermahnt,   wer  anter  ihnen 
grofs  sein  wolle,  der  solle  der  andern  diaxovog  sein,  gleich- 
wie er  nicht  gekommen  sei,  diaxovf]&^vat^  äHa   deaxo)*^- 
«rot,  und  wenn   er  diefs  hier  bei  Lakas  (22, 27.)  io  ^ 
Frage  ansdrUckt:  vtg  yaQ  fisl^tav;  6  avaxBl(i€vogj  rj  o  itot-- 
Movüiv;  and  mit  der  Hinweisang  verbindet :  i/co  di  etftiif 
fdatf  vfiwvatg  6  SiaxovcSvt  so  könnte  swar  sehr  wohl  Je- 
ans «elbst  ftr  gut  gefanden  haben,  diesen  Aussprach  darch 
«In  wirkliches  diatcwstv  inmitten  seiner,  die  Rolle  der  cmr- 
^ü^tvoL  spielenden  Jünger  su  veranschanlichen,  ebensogut 
aber  könnte  man,  sofern  die  Synoptiker  von  einem  aolchen 
Vornehmen  schweigen,  die  Vermuthung  fassen,  ea  möge, 
aei  es  die  Sage,  wie  sie  dem  Vierten  Evangelisten  su  Oh- 
ren kam,  oder,  er  selbst,  aus  jenem  Dictum  dieses  Factun 
herausgesponnen  haben  ^^.    Und  ohne  dafs  ihm  gersde, 
der  Darstellung  des  Lukas  gemäfs,  jener  Ausspruch  Jesu 
als  wibrend  der  letcten  Mahleeit  gethan  sugekommen  eb 
aein  brauchte,  ergab  es  sich  aas  dem  ävaxeTa9cci  und  J/cr- 
Hovetv  von  selbst,  dafs  die  Versinnttchung   dieses  Verfallt- 
nisses  an  ein  Mahl  geknüpft  wurde,    welches  dann  sns 
leicht  denkbaren  Gründen  am  schicklichsten  das  letale  fs- 
wesen  an  sein  scheinen  konnte. 


10)  SuvfSKT,  S»  ISS.    Fauujs  uad  OssoAVtaa,  s«  d.  St. 

11)  1.  Band,  ^.  BS. 

12)  Zu  weit  hergeholt  ist,  was  die  Probabilien,  S.  70f'>  über  die 
IDotstebung  dieser  Aaelidole  venuutfato. 


Zweites  Kapitel    t-  Hl-    '  ^ 

DuCi.^ieraaf  nach  der  Oaritelliing  bei  Lakaa  imvm 
die  jAnger  'als  solche  anredet,  welche  bei  ihm  in  seine» 
Berfrinfnissen  beharrt  haben,   and  ihnen  daf&r  yerheirst, 
dafs  ^ie  mit  ihm  in  seinem  Reich  ku  Tische  sltsen,  and  aaf 
Thronen  die  IS  Stimme  Israeli  richten  sollen  (V.  tS— SO.)k 
das  scheint  in  den  Znsammftnhang  einer  Scene  nicht  sa 
passen,  In  welcher  er  anmittelbar  Torülto*  einem  der  ZwMfe 
den  Verrath,  nnmlttelbar  nachher  elnMk  andeni  die  Ver« 
ISaj(nang  Torhergesagt  haben  soll,  and  in  einen  Zeifpatnt^ 
In  welchem  die  eigentlichen  TUtfKthfiol  erst   bevorstanden. 
So  wie  nach  einer  frlAieren  Betrachtang  die  Scene  bei  La- 
hns Ton  Torne  herein  angelegt  ist,  dürfen    wir  den  GnXn'd 
der  Kinschaltnng  dieses  Redestllcks   schwerlich  in  etwas 
Anderem,  als  In  einer  saftlllgen  Ideenassociation,  Sachen, 
rermttge  welcher  etwa  der  Rangsstrelt  der  Jflnger  den  Bs- 
ferenten  an  den  ihnen  Ton  Jesn  rerheirsenen  Hang,  and 
die  Rede  vom  Aufwartenden  and  sa  Tische  Sltsendeo  an 
das  Ihnen  versprochene  cu  llsche   Sitnen  im  messianischto 
Reiche  erinnern   mochte. 

In  Besag  aaf  das  folgende  Gesprfichi  wo  ^esos  sei- 
nen  Jüngern  bildlich  sagt,  von  nan  an  würde  es  Koth 
than,  sie  kauften  sich  Schwerter,  so  feindlich  werde  man 
ihnen  von  allen  Seiten  entgegentreten,  sie  aber  ihn  eigent- 
lich verstehen,  and  auf  Bwei  in  der  Gesellschaft  vorräthige 
Schwerter  verweisen,  möchte  ich  am  liebsten  Schleier- 
MACHBR'n  beistimmen  ,  welcher  der  M einang  ist ,  um  das 
in  der  folgenden  Ersfihhing  vorkommende  Hauen  des  Pe- 
tras mit  dem  Schwert  ca  bevorworten,  habe  der  Refe« 
rent  dieses  Redestück  hiehergestellt  ^'). 

Die  übrigen  Oifferenaen  in  Besag  auf  das  letste  Mahl 
werdea  im  Verlauf  der  folgeAden  Untersuchungen  aar 
Sprache  konuncQ. 


13)  über  den  Luluit|  S.  XIS. 


4- 


Vorkündiguag  des  Verrath«  und  der  Verla'ugwmg. 

I  Wenn  »U  dar,  Angi^be,  dafs  Jesus  von  jeher. «eteett 
VlEirtKther  gekannt  und  durchsehsut  iMtbe,  der  vierte  Cifei^ 
gejist  «Uein  slctb^:  sp  sti#fiefi,  dMf'm  alle  viere  En#eiB>en» 
dars.  er  bei  4,«j»eni  ^^tetan  AWile  voi^ergesegt  hebe^  ^i^er 
lefjfilir.  J^fipger  w^rdiji  Uv*  yerrathen^ 

^y  Oe^l|.  findet  fnf^rst  schon  dario.eliie  DiSrnrens  etail, 
ifflif,  »<l^nd  dM  bei^^  ersten .  EnengeUsten  nufqlgft.die 
nefien  vom.^  Verräther  die  Scene  erü£Enen|  und  nianen(i|iek 
der  Stiftung  d^  Abendmahl«  vorangehen  (Matth.  M,  21  £ 
tH^^f^  14t  1^  ,ff*)*  Lukas  erst  nach  eiogenommeneni  Mahl 
jH^d  gefjtifteter  Ged^eh^nirsfeier  <;a2^  %l  B.}  Jesnm.von  den» 
Ij^vorstebend^n  Verrathe  sprechen  Ififut;  tMii  JehA^ifi^g^febt 
di)|  au^  den  Verrfither  sich  ßeciehende  ^Hbreo^  ^nd  nach 
Afi:  Fnfsifjisqbung  vor  (13,  10— 30.>  Die  an  pich  unl>e- 
deutende.  IVage  9  welcher  GvangeJjlst  hier  redht  hidie,  ist 
d^n  Thi^ojpgen /«US  dem  Grund  .üh^reus  wichtig  ^  weil  jn 
nach  der  Entscheidung  derselben  sich  die  andere  Frage  mm 
beantporten  Scheint ,  ob  auch  der  Verrfithev  das  Abend- 
pia^  noch  mitgenossen  habe?  Weder  mit  der  Idee  des 
Abendmahls,  alii  des  M^hls  der  innigsten  Liebe  und  Ver« 
elnigungy  schien  sich  die  Theilnahme  eines  so  fremdarti- 
gen Glieds  an  demselben  an  vortragen,  noch  auch  mit  der 
liicbe  und  Bermheraigkett  des  Herrn  das,  dafs  er  sollte 
einen  Unwürdigen  slir  Erhöhung  seiner  Schuld  das  Abend* 
m|ihl' haben  mitgeniefsen  Jatsen  '>  Diesem  gefiirclUeeea 
tJmstand  glaubte  man  dadurch  sn  entgehen,  dafs  msa^ 
der  Anordnung  des  Matthäus  nnd  Markus  folgend,  die  Be- 
aeichnnng  des  Verräthers  der  Stiftung  des  Abendmshla 
vorangehen  liefs,  nnd  da  m^n  nun  aus  Johannes  wuf«te^ 
daC^,  nachdem  er  sich  entdeckt  und  bezeichnet  sah,  Jndiia 
aus  der  Gesellschaft  gegangen  sei:   90  glaubte  man  anneh- 


1)  OuBAUsaa,  2,  S.  380. 


Zweit««    KapiteL    |»  122.  4Xt 

■Ben  mn  dirfeD,  dafs  erat  nach  diäter  Entfaming  das  \mt^ 
rAthert  Jeaoa  die  £iiiaets«ng  dea  AbendmaMs  Torgenemnien 
habe  ^,  Aiieki  dieae  Abbalfe  koauot  nar  dureb  imertaubte 
Vermiachutigdea  Jobanneaadtdea  Syneptikera  au  flkandaw 
Denn  von  einer  Entfemnng  dea  Judaa  ana  dar  SeaeUsohaft 
weift  «ben  nur  der  vierte  Brangeliat,  und  er  allein  bat 
auch  dieae  Annabaie  lUkldf,  weil  aaeb  ihm  Jadaa  erat  JeMib 
aeioe  ünterhaadlnagea  adt  den  feinden  Jeaa  mAMylip 
alae,  um  adt  ibaen  einig  an  werden»  und  Badooknag^fatt 
ihnen  au  erhalten^  eine  etwa«  längere  Zeit  braaehte :  bA 
den  .Synoptikern  dagegen  iat  keine  Spur,  dab  der  W^itH:^ 
ther  die  Geaeilseluft  rerlataen  hlltte»  ea  iaf  Allea  ao  eraftUi, 
wie  wenn  er  erst' bei  dem  allgemeinen  Aufbraeh,  atati  d»* 
reet  in  den  Garten»  an  den  Hohenpriestern  gegangen  wäre, 
r^n  welchen  er  dann,  da  die  Unterhandlongen  acbea  ror* 
bar  angeknüpft  waren,  anreraflgUch  die  ni^thige  Mainachaft 
aar  Veriiaffeang  Jesn  erhalten  konnte.  Mag  also  in  An<nnt- 
■nag  der  Soene  Lukas  oder  Matthtea  reeht  haben ;  naeh 
aimmtlicben  Synoptikern  bat  Jadaa,  der  Ihnen  aafolge  sich 
gar  nicht  vor  der  Zeit  aaa  der  Oeaellscbaft  eaifcrnta»  das 
Abendmahl  mitgenossen. 

Aber  auch  in  der  Art  und  Welse,  wie  J^as  seinen 
Verrlther  beaeiehnet  haben  soll,  weiehen  die  Evangelifiren 
aieht  «nbedeotend  yoa  einander  ab.  Bei  Lukas  giebt  Je«us 
aar  knre  die  Versleberaag,  dafa  die  Hand  seines  Verritl^f>rs 
aüa  ihn  über  Tische  sei,  worauf  die  Jünger  anter  sieh  fra- 
gen, wer  ea  wohl  aein  möge,  der  ao  etwaa  an  thnn  I^l 
Stande  wffre?  Bei  Matdilns  und  Markus  sagt  er  auerst, 
ainar  der  Anwesenden  werde  ihn  rerratben,  und  als  von 
de«  Jangem  ihn  Jeder  einzeln  fragt,  ob  er  es  sei?  ervrie« 
dert  er:  der  mit  ihm  in  die  Schüssel  tauche;  bis  endlldi 
naeh  einem  ober  den  Verrilber  aasgesprochenen  Wehe  dem 
Matthttaa  aufolge  aneh  Jndaa  Jeae  Frage  thut,  worauf  ihm 


3)  So  LUcKB,  PaulvS)  Olsuaussst. 


4ti  AritUr  Abschnitt. 

J«M8  eine  bejahende  Antwort  giebt.  Bei  Johannes  de«- 
let  Jesos  snerst  wlbrend  ond  naeh  dme  Fnrswaeriiung  an, 
daTs  nieht  afle  anwesenden  Jünger  rein  seien »  d«f«  viel- 
mehr die  Schrift  erfilUt  werden  aHtose:  der  stit  aiir  dna 
Bret  ifst,  erhebt  die  Ferse  gegen  mich«  Dann  sagt  er  ge- 
mdemi)  einer  von  Ihnen  werde  ihn  rerratfaen,  und  als  die 
Jtoger  forschend  einander  anblicken,  wen  er  wohl  meifiay 
lUkt  Petru  durch  den  santtchst  au  Jesu  liegenden  JoImii- 
nes  fragen,  wer  es  sei!  worauf  Jesus  erwiedert,  der,  wel- 
ehem  er  den  Bissen  eintauche  und  gebe,  was  er  sofort  dem 
Judas  thnt,  odt  beigefOgter  Erinnerung,  die  Ausführung 
seines  Vorhabens  au  beschleanigen ;  worauf  dieser  die  6e* 
seilsebafk  wAäbt. 

Die  Harmonisten  sind  auch  hier  schnell  damit  fertig 
gewesen,  die  rerschiedenen  Scenen  Ineinander  dnauschie» 
ben  und  miteinander  rertrJIglich  su  maclien.    Da  soll  Jesus 
auf  die  Frage  der  einseinen  Jttnger,  ob  sie  es  seien,  ■•- 
erst  mit  laoter  Stimme  erklUrt  haben ,   einer  seiner  Tisch- 
genossen  wm^de  ihn  verratben  (MaUh.);    hierauf  soll  Je- 
tiaanes  leise  gefragt  haben  ^  iNwr  ea  nAber  sei,  und  Jesus 
ilioi ebenso  leise  die  Antwort  ertheilt:   der,  dem  er  den 
Bissen  gebe  (Job.);  dann  soll  auch  Jndas,  gieicbfailt  lei- 
se, gefragt  haben,   ob  er  es  sei,   ond  Jesos  ebenso  seine 
Frage  bejaht  haben  (Bf atth.j  f  endlich  aber  soll   aaf  eme 
antreibende  Mahnung  Jesu  der  Verrüther  ans  der  Gesell- 
schaft gegangen  sein  (Jeh.)  ^l.    Allein  dafs  die  swischcii 
Jesus  und  Judas  gewechscke  Frage  Und  Antwort,  wdebe 
Matthins  miuheilt,  leise  gesprechea  worden  sei,  daYoo  be- 
merkt der  Evangelist  nichts,  auch  Ififtt  es  sich  nicht  wohl 
denken,  wenn  man  nicht  das  Unwahrseheinlielie  vorsuste- 
Jtsen  will,  dafs  Judas  auf  der  andern  Seite  wie  Johannea 
auf  der  einen  neben  Jesu  gelegen  habe;  wsr  aber  die  Ver- 
Landlnng  laut,  so  konnten  die  Janger  nicht,  wie  Johannes 

3)  Huistfi.,  in  Mstth.  p.  707. 


Zireitet  Kapit«L    S-  U%  4f9 

erefihll ,  das  o  noulg  nolrjaov  %axtw  aof  so  wanderBehe 
Weise  mifsTerstehen,  —  und  mit  einer  stotternden  Frage  von 
Seiten  des  Jadss  and  leichthin  gesprochenen  Antwort  Jesu 
wird  j  man  sich;  nicht  im  Ernst  beruhten  l&önnen '^t  Aoch 
das  ist  nicht  wahrscheinlich,  dafs  Jesos,  nachdem  er  schon 
die  ISrlilfirung  gegeben:  der  mit  mir  in  die  Schüssel 
taoclity  wird  mich  verratfaeni  sar  bestimmteren  Beseich- 
nang  des  Verrithers  nun  noch  selbst  ihm  einen  Bissen  eia« 
getaucht  haben  solfte:  sondern  beides  ist  wohl  dasselbe) 
nur  verschieden  referirt.  Erkennt  man  al>er  einm^il  diefs 
mit  Paulus  and  Olshausbm  an,  so  bat  m|n  bereits  dem  ei- 
nen oder  andern  Bericht  so  viel  vergeben,  dafs  man  sich 
aach  über  die  SchwieriglLei^  welche  in  der  aosdrücklichen 
Antwort  liegt,  die  M atthftus  Jesom  dem  Verrftther  geben 
llfst,  nicht  mit  Zwang  hinUberhelfen,  sondern  eingestehen 
sollte,  liier-  swei  abweichende  Berichte  vor  sieh  an  haben, 
deren  einer  nicht  darauf  berechnet  ist,  durch  den  .andern 
ergKast  so  ti^erden* 

bt  man  mit  Sibffert  und  Fritzschb  so  dieser  Einsicht 
gekommen :  so  fragt  sich  nar  noch,  welchem  von  beiden 
Berichten  als  dem  artprünglichen  der  Vorzag  zu  geben  sei? 
SurraaT  hat  diese  Frage  mit  grofser  Entschiedenheit  ra 
Bansten  des  Johannes  beantwortet,  nicht  blofs,  wie  er  be* 
baaptet ,  vermöge  des  Vorurtheils  fflr  die  angebliche  An« 
gonzeugenschaft  dieses  Evangelisten,  sondern  aach,  weil 
sich  aeine  Erafthlong  in  diesem  Abschnitt  darch  innere 
Wahrlieit  nnd  malerische  Anschanlichkeit  aaf s  Unverkenn« 
barste  vor  der  des  Matthftas  auszeichne,  welcher  ietstem 
die  Sparen  der  Autopsie  auch  hier  durchaus  fehlen,  Wfih« 
reod  nimllch  Johannes  das  Genaueste  über  die  Art  zu  sa« 
gen  wisse,  wie  Jesus  den  Verrither  bezeichnet  habe:  klinge 
die  Ersfiblang  des  ersten  Evangeliums  so,  als  ob  seinem 
Verfasser  nur  die  allgemeine  Modz,  dals  Jesus  seinen  Ver« 


^>  Wie  OtsMAVtiv^  2j  S.  402.    S.  dagegen  StitfiaT,  S«  149  C 


4M  Dritter  Abtehalti. 

rSther  aaoh  persönlich  besetehnet  habe  y  ssgekenimen  ge- 
wesen wäre  '>     Wenn   in  dieser  Hinsieht  allerdings  von 
der  runden  Antwort,  die  Jesus  hei  Matthfios  (V,  25.)  dem 
Jndas  giebt,   nicht  gelfiagnet  werden  kann^   dafs  sie  gaoB 
darnach  aussieht^  naeh  Jener  Notis  anf  ziemlich  trockene 
Weise  gemacht  zn  sein,  und  in  sofern  der  yerblllmteren, 
also  doch  immer  wahrscheinlicheren  Art,   wie  Johannes 
diese  Beceichnnng  wendet,  nachsteht :  so  ist  dagegen  swi* 
sehen  dem*  0  i^ßaipag  oder  ifißamofievog  fier  i^S  bei  den 
zwei  ersten  ETangelisten ,  nnd  dem  johanneischen  ^  iyta 
ßdtpag  TO  xpo)film  tniddofo^  das  Verhältnifs  ein  ganz  an- 
deres ;  hier  nimlich  Ist  offenbar  die  grSfsere  Bestimmtheit 
der  ßezeichnang,  mithin  die  geringere  Wahrscheinlichkeit 
des  Berichts,    anf  Seiten   des  vierten  ETangelioms.    Bei 
Lokas  bezeichnet  Jesus  den  Verrither  nur  als  einen  der 
mit  ihm  bei  Tische  Sitzenden^  nnd  anch  von  dem  o  i^ßa^ 
^ag  X,  T.  L  bei  Matthfins  nnd  Markus  ist  die  Deutung, 
welche  Kuin&.  pnd  HENNEBEao  *)  von  demselben  geben :  ei- 
ner von   meinen  Tiscbgenossen ^  unbestimmt  welcher,  — 
so  irreleitend  nicht,  wie  Ouhavskk  sie  dafür  aasgiebt. 
Denn  anch  anf  die  Frage  der  einzelnen  Jfinger:  bin  ich's! 
konnte  ja  Jesus  theils  immer  noch  eine  ausweichende  Ant« 
wort  zn  geben  fttr  gut  finden,  theib  verhielt  sich  en  dem 
frflheren :  elg  i§  ifiih  naQadciaei  fie  (V.  SIO9  nach  Kvnh 
dL*s  richtiger  Bemerkung  jene  Antwort  auch  in  diesem  Sin- 
ne als  angemessene  Steigerung,  indem  sie  das  den  Verrath 
noch  besonders  gravlrende  Moment  der  Tjschgenossenschsft 
hervorhob.    Wenn  anch  die   Verfasser  der  beiden  ersCeii 
Evangelien  den  fraglichen  Ausdruck  bereits  so  verstanden, 
als  ob  gerade  Judas  mit  Jesu  die  Hand  in  die  SchQssel  ge- 
taucht, und  somit  jene  Äusserung  ihn  persönlich  bezeich- 


5)  •.  a.  O,  8.  147  ff. 

6)  Commenl.  Über  die  Geschichte  des  Leidens  und  Todes  Jesu, 
z.  d.  St. 


Zweit««  Kapitel    i'  Itt.  -491 

net  hfitte :  so  Beigt  ioch  die  Parällele|bei  Luka« ,  nitd  bei 
Markus  das  dem  6  ifjßcento^evog  vorgesetzte  «Ig  &  twv  Jw- 
dsxa,  dafs  orsprüngtieh  jenes  nur  £pexegete  Ton  diesem 
war,  wenn  es  gleich  vermöge  des  Wunsches ,  Seine  rteht 
bestimmte  Vorherbezeichnong  des  Verrffthers  ron  Seiteil  Je« 
so  SU  haben ,  frühzeitig  in  jenem  andern  Sinne  genommen 
wurde.  Haben  wir  aber  so  einmal  eine  sagenhafte  Stetge» 
rung  der  Bestimmtheit  Jener  Bezeiehfiong:  so  ist  auch  die 
Art  j  wie  das  vierte  Evangelium  den  Verrfftber  bezeichnet 
werden  Ifffst ,  in  diese  Reihe  zu  ziehen ,  und  zwar  mfifste 
lie  nach  Sirffert  die  ursprüngliche  gewesen  sein,  von  wel- 
cher alle  übrigen  ausgegangen  wären.  Nun  aber  ist  sie, 
wenn  wir  das  av  eJnag  des  Matthäus  zum  Voraus  preiisge* 
ben,  die  bestimmteste  Bezeichnungsweise,  zu  welcher  sich 
der  Ausdruck  :  meiiler  TischgenosseU'  einer ,  nur  als  ganz 
unbestimmt  verhält,  und  auch  der  Wink:  derjenige,  wel« 
eher  jetzt  eben  mit  'mir  in  die  Schüssel  taucht ,  war  noch 
weniger  clirect,  als  wenn  Jesus  selbt  ihm  den  Bissen  ein- 
tauchte und  reichte.  Ist  es  denn  nun  im  Geist  der  alten 
Sage,  die  bestimmteste  Bezeichnung,  wenn  Jesus  eine  sol- 
che gegeben  hatte,  fallen  zu  lassen ,  und  auf  unbestimmte- 
re zu  redticiren ,  also  das  Wunder  des  Vorherwissens  Je* 
ta  zu  verringern?  Oewlfs  vielmehr  das  Umgekehrte:  so 
daft  Matthäus  neben  dem  unhistoriscben  Bestimmten  doch 
SQgleicb  noch  das  ursprüngliche  Unbestimmte  aufbewahrt, 
Johannes  dagegen  dieses  ganz  verloren ,  und  nur  jenes  be- 
halten "hat. 

Geben  wir  auf  diese  Wei^e  dasjenige ,  was  von  per- 
sdalicher  Bezeiehnnng  des  Verräthers  durch  Jesum  erzählt 
wird,  als  posi  evenium  gebildet,  auf.  So  bleibt  uns  doch 
die  allgemeine  Voraussicht  und  Vorhersage  Jesu  noch,  da(s 
überhaupt  einer  seiner  Schüler  und  Tischgenossen  ihn  vor- 
ntben  werde.  Doch  auch  schon  diefs  hat  Schwierigkei- 
ten. Dafs  Jesus  auf  den  im  Kreise  seiner  Vertrautesten 
brütenden  Verrath  von  Andern  aufmerksam  gcimaoht  wdr- 


A»  Djptiter  Abtciiiilie. 

den  wlrO}  daTra  findet  doh  In  den  Ejfangelien  keine  Spar: 
nur  ans  der  Schrift  scheint  er  andh  dieses  Yerbingnift  ber> 
ansj^elesen  m  haben«  Wiederholt  erUärt  Jesus  y  durch 
den  ihm  beTorstehendlen  Verrath  werde  die  Schrift  erfbllt 
CJoh.  IS,  18.  17,  1%  rgl  Matth.  26,  24.  paralL),  nnd  in 
Tierten  Evangelian  (13,  la)  fahrt  er  als  diese  7^9^  aas 
Ps»  41,  10.  die  Worte  an:  o  tQwyaw  /i€t  ifi5  tw  agror. 
ifffißev  kl  ifik  T^  mBQVixv  avtS.  Die  Psalmstelle  besiehi 
sich  entweder  anf  die  belLannteti  treulosea  Freunde  Darids, 
Ahitophel  nnd  Mephjiboseth,  oder,  wenn  der  Psalm  nicht 
Bavidisch  ist,  auf  UnbelLannte,  die  mit  dem  Dichter  dem- 
selben in  ihnlichem  VerhXltnils  standen  0*  Von  messiaai- 
scher  Besiehnng  ist  so  wenig  eine  Spur ,  dafs  selbst  Tbo- 
LUCK  nnd  Olshavsen  den  angegebenen  Sinn  als  den  ur> 
sprCInglichen  anerkei|nen.  Mnn  soll  aber  nach  dem  Letate- 
ren  in  dem  Schiclisal  Davids  sich  das  des  Messias  abspie- 
geln; nach  dem  firsteren  sogar  David  selbst  auf  göttlichen 
Antrieb  oft  Ansdrüclie .von  sieh  gebraucht  haben,  welche 
specielte  Hinweisungen  anf  die  Schiclcsale  Jesu  enthielteD. 
Wenn  aber  Tholuck  daansetst,  David  selbst  habe  in  der 
Begeisterung  diesen  tieferen  Sinn  seiner  Aussprüche  nicht 
immer  gane  begriffen :  was  ist  diels  anders,  als  ein  Zuge- 
stündnils ,  daCi  durch  die  Deutung  auf  Christum  aolchen 
Stellen  ein  anderei'  Sinn  gegeben  werde,  als  den  der  Yer> 
fasser  ursprünglich  in  dieselben  gelegt  hat  T  Dafs  non  Je- 
sus aus  dieser  Psalmstelle  vor  dem  Erfolg  durch  natfirli- 
ohe  Überlegung  sollte  herausgelesen  haben,  ihm  stehe  Ver- 
rath dnreh  einen  Freund  bevor,  ist  um  so  undenkbarer, 
als  sieh  keine  Spur  findet,  dafs  der  Psalm  unter  den  Ju- 
den messianiseh  gedeutet  worden  wäre :  dafs  aber  das  Gott« 
liehe  in  Jesu  ihm  eine  solche  Deutung  an  die  Hand  gege- 
ben habe,  ist  defs wegen  unmöglich,  weil  es  eine  falsche 
Deutung  ist»    Vielmehr  nach  dem  Erfolg  erst  wurde  der 


7)  ••  as  Wsm,  s.  d.^  Fs. 


Ps«^i|i«t<^le  einet, Bf KiehiiDg  mof  d<^^  ^^^ff^t^MlVl^^^.afiT . 
He^M*.    l)A$4an^.d«a  gew^ltsam^  Tod  det  ^)^tIiJl«  ilb«w 
nüclMe  6^aiiätb:,,feiii0r.ewten  A|ihtog^r.,ml«  n^an  jrich ' 
in  «Bgaliicher  60|chttftigkelt  denke]} V^4i«4^>9fUcM«l  de«., 
•«U>en  so  lK|greife%  wag  ahpir  bei  jadi«c^  tfebi^deteo  ni«h$ 
bieb,  e8  mit  BexrufiiUein  nndVenrnnft^  «ond^n  mit  dt^r 
Schrit't'fin^ßlnhlaffg  brinfeii*    Sp  fande^  aie^nicht  nnr  ael^ 
oen  Tod  V  «ondejcn  aiii|h^.  dafa  er  .diu^h  die, Treulosigkeit 
elaea  aeioer  F;-eiuide  aar  Qrimde  ^gehen^  wfirde ,   and  siflbsl; 
dM..  weitere   So)ii(9kaai  jinfl  £nde  des  Verritbera  (Matth^. 
«7,  9  f.  A»  B.  l,f^0O  ioi  A.  T/5  vorbergesagt  y  und  om  fön 
den  Verraih  eioe  X  T.Ucbe  AnotoritKl  zo^ifindeii^  bot  sicil 
am  meisiea  jene  Stelle  aiia  Pa,  41,  wo  der  Verfasser  aW. 
Mi&bancÜDngdarck  einen  setnier  Vertrantesten  Klace  führt. 
Di^^e  fia|ege  ana  de^.A»-  T.  koonten  die  Scbreiber  der  JN^ 
TJ^en  G^chjie|t9  ^olweder  als  ibre  und  Anderer  JReflexiö* 
nea  bei  ftteldung.fies  Brfplgs  binzfii^taejDy  wie  dleVerfaMer 
df s  er^^^i^  t^vfingeiiiuna  and  der  Apostelgjescbicjhte,  wo  sie^ 
das  Ende  des  Jud^  referirfin  ;  oder,   was^  noch  scblageu- 
dtr  war^    $ie  kqnnten  sie  Jesa  selbst  schon  Tor  de«  £r* 
folf  in   <|en   Mund  legen ,    wie  der  VerfaM^  dee  vierte^ 
KY#o|^Uqnia  hief  tbot.     Der  Psalmist  hatt^   mit  seinem 
^Cn^^Qk  einen  jioleben  gemeint,   der   fiber.hanpt  da« 
Brot  mit  ihan  s«;lheilen  pflege:  leicht  aberkennte  eaaia 
die  Beaeiebüaoiig  eines  solehen  angeaeben  werden,  der  jet^t 
eben  mit  dem  jhi  der  Weissagang  GemeiotCMi  esae,   amt 
•0  wmpde  als  SeeMO  der  VorherbezeiebnaAg'einJtfalü  JeM, 
«it  seinen  ifüng^n,  ond  wegen  deif.JSfibe  des  %fqigs  am 
aehiekUebaten  das  ietate,  gewühlt.    An  die  Wi^rHe  derTaalm« 
alaUe  ahrigena  bMd  man  aieh  io  d^r  Arif  wie  maa  Jesnm., 
den  Vevräther  beoaicbaen  Üefii,  weiter  Bipht,.sondera,^aha% 
•^ttdea  o  Tfiiymv  fin  ifß  voy  äfvpßf  entweder.,  dfs  ajnof»^ 
oqMi^iMs  ^  evi  ^  tQamii^gf  ^  i^M»  ode%  da  dei| 
SynoptÜMm  enfolge  dieaea  letzte  Mahi  ein  Pasebamahl  war, 
•e  wählte  Bum  mit  Bezog  jiaf  die  jlem  Paaehamabl  eigen- 
Dm$  Lebm  Jtm  2t§  jitjl.  1.  Bmid.  28 


4S4   .  britter  Abtelinftt' 

ßUWf  wie  Md^küir  hüii  Ibtthiiu.  Dfeft/iEoem  gims  r^ 
otijm  dem  &^f^y(Af  x.  t.  L,  als  Be^eichDang  irgend  t^ 
B^8  selni^'Ttiabl^biseii  j  wtfrdb  bald,  Al' man  eine  per- 
•ftiilioh^' Bdi^etiifaniiii^  haUn  wollte,  duröÜ^lRttWerttand  lur 
gewendet,*  Üb  ob  Ju Aas 'WnfklM^' zugleich  mit  Jean  in  Ale 
Sehfissel  gegi^fhiik  iiMtle,  iind  todlicli  wtfr^e,  lun  die  Be- 
seiohnnng  mi^gircihat  niäWilielbiill^  sa  machen ,  der  von  «In- 
cfas  Buglelch  i^it  «l^sü'  in  diä'S^hÜgsel  getaochte  Biaam 
Tom  Tierten  EVangelisten  In  ein^tl  aoloben  verwandelt,  de» 
Jean«  dem  VetfrXtber  eingistancht  uiid  gegeben  ^abe. 

Aach  ao|i8£  lat  In  der  fohanneiachen  Daratelhing  cHe« 
aer  Sc^ne  Manchea,  waa  gar  nicht  nattfrüeb,  wie  Snorstv* 
iivill,  sondern  vielmehr  gemacht  erscheint.  Die  Art,  wie 
Petmt  sich  der  Vermiitlling  dea  SchooAjfingera  bedienea 
mofa,  nm  von  Jean  einen  nAlierea  Wink  Aber  deh  WerHL* 
ther  beraoaenbrlngän ,  Wie  aie  den  Synoptikern  fremd  iat, 
ao  gebiert  ^le  auch  tinr  sa  der  unhistoriachen  Wendung, 
welche,  wie  oben  anaeinandergeaetEt,  das  vierte  Cvangetittni 
deoi  Verhältnifa  der  beiden  Apostel  glebt.  Die  unter  ei- 
ner Handlang  der  Freundschaft,  wie  daa^Reichen  dea  tta- 
aens ,  verborgene  BcEeicbnang  im  schlimiben  Sinne  fcmer 
bi^t  immer  etwaa  Dnwahrea  und  Widrigea,  waa  man  andi 
von  eamGmnde  liegenden  Abslebten,  den  ^errltiier  noeb  ms 
rlihreli  \u  dergL,  erdenken  mag.  £ndlioh  ändi  daa  o  nraici^ 
9ro/i7aoria2ioy,man  mag  es  sn  mildern  ancbeii,  wie  man  will'), 
lat  doch  Immer  hart,  und  mit  einem  gewlsamTrots  deai  her»- 
einbrechenden  Schickaal  gegenflber  geaproehea,  nnd  ehe  i«li. 
die  Worte  durch  Irgelid  eine  Kttnatelel  ala  ven  Jea«  gB^ 
aprochen^  l^ecfctfertlge,  atimme  tob  lieber  dem  Verfaaaer  der- 
FirobaibiBen  bei-,  weleheir  in  denaetben  daa  Beatreben  de#« 
vierten  Bvangeliaten  atehti  die  gewfthnfiehe^Daratelknig, - 
welcher  sufolge  Jöaöa  dta  Vervttth  vonummfrte  md  nleht 


i)  s.  Ltoia  und  ^tmwock^t.  d.  St» 


Zw« tu«  K«|)it«L'   %.  tn.  OS 

hl»ia#te,  daroli  dl«  Wendunft  «r  hab«  «f«'^  terr«^  «o.* 

gw  «w  ßMoWeiiiifg«njr  iafa^  Vorh.beu.'iäfc«ifo^„t.»« 

tbtf^eten*).  ■•■■•■:■■■    -r     ^.'i  .,.?.  ,,-.p,    »'* 

Wie  den  Jad«  den' Terrath,  «o'«'o«^«;i,--deii' 
Pet»^  die  Veriltfgndtfg  Torhergesagt  haben,  und  iw.r 
■It  dfe*  besonder«  g<»i«tteri'Zertbe8timiiiunx,  «••f«,  ehe 
am  nXehaten  Pr«hiÄio»igea  der  Hahn  („ach  Marko«  «wei- 
■1*1)  krihe,  Petra«  Ihnjireikal  verlfiugoet  haben  werde 
i  ,^^^**''^  ^  ff.  p«r.flO,  W.8  den  Evangelien  «nfoJ.e 
rtfrG^ijM«,*«  el.Jgefroferi  ht.  Hier  ist  Ton  r.tion.«. 
.«Wher  SUfe  bemerkt  wöMen ,  die  Erstreckong  der  Sc- 
hH^Kbe  *«f  iolchelfebfenitllg«,  wie  der  flahnensohrei,  mO«. 
*  "^»*»»  wre^enj  eben««,  d«f«  Jesu,,  Watt«« war. 
M» ,  Vialftehr  d«a  Crftflg  wie  lin*er»eidJich  »orheraace  "^ 
w«  dierdln«.  ^„«  riaeh  der  Ar,  de,  ,ragi„hen  fltJl 
dilrtfriMh«!!  I««t«t,  wo  a*  JMenich  in  da,  ih»  yo«  Or«. 
W  V«rberg«Mgte,  Indeiü  rt-  erWmielderf'^iJi,  Wnnoch 
hinelngerlth.  FreUieh,  wenn  dann  PawW  wedir  da«  «' 
foiy^au  mifteifop  iU^iOq,  no«h  d«4  iAa^väitOau  i»o^h  ««•» 
rf^fflb  d«r  genauen,  wSrUIehen  Bedeutung gÄprochen  wu. 
Mü  wiH  j  «ondam  d«r  ganzen  fUdd  nui>  den  ungelithren 
■nd  proM«M«ti«ehen  Sinn  gtebtr  «o  feieht  bb  «rMshflttern 
Mi  die  v«rmeint«  fWigkeit  d«tf  iäng«r«,  da&  «wiMhen 
jMst  ttaidde«!  iifeluMn  Morgen  «c&on£refgnIsi^' eintreten 
kfooMi,  di«  ihn  irer»nla«««n  wOnlen,  mehr  al«  Einoai  an 
Uiik  Ift«  Aod  iha  untriBu  sa  wevd«n:  «o  i«t  dieT«  nicht 
dl»  r«ebt«  At«,  dl«  Sbbwtertgkeit  de«  erangeiiacben  ße-' 
»Wkto  ••«  de*  Wege  n  rinmen ;  df«  Je,n  in  den  Mond 
|M«gt«a  Wertv  «timn««  Mit  deä  naeliherigeu  fi^foke  so 

V>  p.  6J:   rdiqm  quidtm   narrmt  toangelistat,    urvatorem  tci. 

vitm  jHToditionh  contilium ,   nee  impwtfwWj    ipnan  vero  ex. 

€U6$m  Judwn  ad  j^oditiomtm,  mmo  ttrrnn  diüt,  imow  eon. 

-    v»*it  hoe  Jesu, 

10)  P4m,p.,  cxcg.  Handb.  3,  k,  8.  SM.  L.  J.  1,  h,  8. 10«.    Bub, 


* 


436  .    DiüttAr  AbidOhnUt.    -> 

^usämmennaQge  von  lauter  vaiicinits  post  event§$^  vi'C9r^i\; 
Wir  Buch  hlerianneltiuen  tiiiis&€ii^  ^^afs^  nuehdem  wtrtUclt 
Petras  In  jener  ^Nacht;  Jedum  iiiehrjj|^Js  verläugnet  mite^ 
1 1  k!  Vo p|i er verk  Ü  n f  1 1^  ii n§  ,^  a^o  r|  ^  J  e a ti  in  de n  M u n  d  gelt^gt 
wurde,  mit  jlef  Ublicheii  Zeltbeetjj^niung  vom  Ufihneii* 
schrei  '^i  ,  uod,  m^t^iW  ^dut^tion  auf  die  runde  ^bIiI  ipoo. 
drei  Verla ug n i| ng ö*ii ' ^ e« *  ..UarÄ^  4^e^^.,  ^it-  und  ZahlW*. 
i^UtiiiDang  in  der  eTfiii^flU^l^r^^Pfiteriieferang  «tel^qd  bütb 
(flufiser  dafi  IKLar^us,  pline  Zyt^mfei  durch  eine;  wHlkührU^ 
che  Künstelei  5^  iini  dein  Tß?*;  der  Yerläugnun^  geprenülwr; 
auch  den  H^hnen^clifei  diirch  eine  Zahl  J&Pi  heäiimiüeiij"''* 
eifietn  zweimalige^  laufen  des  Hahns  ^SJlric*hl),  diefa  scheint 
sieh  au9  der  AnachauHchkeit  und  Behaltharkett  jener  fröh- 
zeitig  gewähiten  AusdrJJcke ,  die  sich  gans  kq  einer  »^^i 
hcndeii  Besünm^ung  eigaeten,  uhtie  alUu  gr»f£e  Schwierig- 
keit eu    frklfirciu*     .^     ^      ^        ^    ;.;,  _    ,,  t  .K»-,U*tfl    . 

Da  Ca  endlich  Jesus  auch  den  äbrigen  Jüngern  rar- 
aussagt,  sie  werden  in  der  bevorstehenden  Nacht  allein 
ihofi  Irre  wercjepj  ihn  Torjjf  s^f  o  qnd  a^  fser^t^repen  <Mattb. 
26/31./ paraÜ,  v^l^r^o^.^  ljß^:32),^Ji|it,  woW  e.benjioweiug 
Ansppuqb/aln,  wlp>^iic}^<{.  W^fN^OR« J^tg^M^W  ^^  W 
den^  zama^  bier^^if  zw^l  first^i^^ßvangiBmtefi  in  ^ffi  pi^ 

%ec  TiQoßava  i^^S^mljiiri^  .^«o  A.,JC^c|ie  £|telli)^£Z##|ji.  Ji» 
7.)  «elbf^r  an^  d|e  Ii(ind  ^^^elx^^  ji^elo^,^  «^r^t  ?4>ii  dM 
Anhllagerii  Jesu  «ir  ^en^a  V^rst^4|gJ9iig  .Utifur^d^a^fT^ 
ihres.  Meiatert  nnd  dessen  z^n^c\^  trs^ylgB^Fitigf^^f^* 
gesacht,  bald  Jeaa  selbst  ala  Vorhersagong  dieaer  Erfolge 
in  den  Mund  gelegt  wurde. 


11)  vgl.  Li«iiTropT  uad  Pauuts,  s.  d.  St. 


Zweites  Ka'^rtVt:    ^^iU.  '  437 

DlB  Einsettung  des  AtWfftiiiifi^.*  *       '^'      ' 

Bei  dem  letzten  lÜSaKle  war  es ,  HAch  cl«iti  Berichte  rfer 
drei  ersten  Evangelisten',  mit  welchem  aueh  lUr  Apostel 
Paalas  C^t  Kor,  11^.^3  ff.)  susammensflcumt^  flafijjcsua  dem 
ungesSuerten  Brot  und  dem  Wein^ ,  vras  nach  der  Sit- 
te dee  Paschafestes  ^)  er  als  f;iimili^hap|>t  unter  iseine 
Schiller  so- vertheilen  hatte,  eine  ßerieliung  aof  ecir^cii  na- 
he bevorstehenden  Tod  gegeben  Iint«  Während  des  Ksfeu^i 
nSmlieh  soll  er  einen  BroikucBen  genommen ,  nacli'  ge^^rtp- 
ebenem  Dankgebet  ihn  gebrocbep  und  seinen  Jüngern  s^ 
reicht  haben  ^  mit  der  Lrk($rq[ng:  %hto  igt  to  omtd  ^fiSr 
woeü  Paulus  und  Lukas  noch  setzen  ;  ro  vTiio  vuiür  i^^Je— 
^uvov  oder'  xXa^fievoVf , —  und  ebenso  hierauf,  bc||  Paulus 
und  Liikas  nach  dem  Cisseh^^^oH  er  ihnen  einei^^^L^ach^r 
^tus  mit'den  Worten  hingegeben  liaben:  lüiiUgtji^^l^ 
fiö,  Tu  rf^g  xaivfjg  diaf}^x^Cj  ^ode^ ^  nach  Pfiuius  und  Lu- 
kas: rj  xaiv^  äia^r^xT],  iv  Tcji  aiftuii  fujj  lo  nliil^fl:o}.lt^', 
oder  vn§Q  vfiuivy  i^p^\oii^vov^  ,,vvo^u  Mauhäns  iNuh  »setzt: 
ilg  Htpamv  ci/naQziui^  Paulus  abjer^  wa^  er  pndJLukas  auch 
schon  oben  bei'm  Brote  Hatten:  thto  noitTj;^  (Vau^^ bei m 
VI  ein  oaaxig  UV  nlrr^ie).ilg%r^vifi][^va$^^^^  i, ,  ^,    • 

Der  Streit  de^  Cbi^fessionen  dher  die  B^deutung![j^i^. 
ser  Worte,  ob  sie  eine  Verwancllunfif  voaBrot  uod  W«an 
in  den  Leib  und  das  ßlu^XIhristL  odei;  pi^.  ,y^^^ 
▼on  Leib  und  Blut  Christi  mit  ui)a^  uniter  jep^g^file^<^t0U> 
'  oder  endlich  diefs  au#d^*ück^;ji,.  daCs.  Brot  nnd^^Wein  Chri* 
^ti  Leib  und  Blut  bedeuten  sollen,  ist  als  obsoJet|EU  be- 
zeichnen, i|nd  solitQ  ^enig^tens  exegetisch  -di^^wegefi  nicht 
^mehr  nachgefmirt  w erden j^.  weil /^r  auf  einer  uni[j[^tigeii 
Disjunction  beruht,  ^ituryin  der  Übertragung  J^i  daf  ab- 
stractere  Bewufstsein  des  Abeadlandes  und  der  neuerh  Zeit 


'    1)' vßl.  über  iiesc  vo^:namli'c&  ti&MTjroor ,  Lorae  ^>,  4/4  &/,  und 

'^    •  rlvw»,  cxcß.  faaadi;  3,  b;^s;  in  ff.  *    *     ' 


496  .  DriUar  AbfobnItI; 

Mrftlk  ^Mjmtgi»  wm  4er,  «Itaa  OpImI^I«  sloli  muttr  «ei» 
peM  rwo  is^  4^^!»  Jn  Jen0  ve^ii^hiadeneB  MögUchkeltmi 
d^r  Be4eiit*ngt  welche  wir»  wenn  wir  dea  JirsprIngÜehen 
Gedanken  iii  ans  nachMlden  wollen,  gar  nfcht  anf  MbßB 
Weise  trennen  dttrfen*  Erklärt  man  die  fraglicben  Worte 
ton  Vßrwandlong:  so  lat  das  .sn  riet  nad  sn  bestinunt; 
nimnioian  sie  fon  einer  Kxistens  «ihm  ei  mA  speeie  eie* : 
ao  Ist  dfefi  an  kfinstUch ;  fiWsetzt  man  aber  s  diefs  bedentd^: 
so  hat  man  so  wenig  nndya  nüchtern  gedaebt  Den  Schrei« 
bern  alisrer  Evangelien  war  das  Bret  im  Abendmahl  der 
Leib  ChrtatI;  eWr  bitte  man  ele  gefimgt,  ob  also  das  Bret 
verWanilelt  aelf  ae  wWen  ü^  es  verneint;  bitte  man  ih- 
nen vedi  einem  jBennTs  d^'  fiejhea  mit  ond  anter  der  Oeetnk 
des  Bri|^  gespl^l^n:  se  würden  sie  diefs  nicht  veralan* 
den;  Utte  man  geschlossen,  daft  mithin  das  Brij^  den 
Leib  blofs  bedente:  so  würden  aie  sich  ||adarcb  nicht  be* 
ftjMdIgt  gefanden  haben* 

Hierfiber  also  verlohnt  es  steh  nicht,  gelter  n  atrel- 
tan;  eberkann  di^  Frage  Interesalren,  ob  Jesus  Jene  ei* 
genditimticb  bedeutsame  Brot*  und  Welnaosth^ong  nnr 
eis  dnen  Act  des  Abschied'  von  seiriftn  Jfingern,  oder  ob 
er  dtoselbe  in  Aet  Absicht  vorgenommen  habe,  dafs  sie 
eooh  aaeh  aeihem  fltngAiig  von''9einen  AnhXngem  ram  An* 
denken  an  ibil  gefeiert  wi^rden  so^fte?  Hätten  wir  blob  die 
Beridbte  der  beidön  fersten  fivaiigelisten — dieb  geben  hier 
eelbst  orthodoxe  Theo(e|[en  in  ^*—  so  wf  re  kein  entsehet- 
dender  GMiid  ku  d^t  letsteren  Annahme  vorhanden :  allein 
entseheldend  scheint  bei  Panlns  lind  Lukas  der  Zusats:  rSre 
noislv»  efe  %f]P  ifiijv  ävdfmjair^  wdehem  sufolge  Jesus  of- 
fenbar die  Absieht  hatte,  eiii  GedffchtniiTsmahl  sn  stiften, 
.  das  UAöh  Paulos  die  (Christen  feiern  sflllten ,  axQii:  5  ar 
£l^    Allein  eben  von  diesen  /Küit&taen  hat  man  nenerlieb 


1)  MtiOH»,   in  6ßr  Abbindh^na :   hal  Jetut^dst  Abenitmahl  alt 
einen  masmoaiachealUtusaaff^Qrdost;  lat.MAgaxia|  il,  S.ilL 


'lirfiU«#^«plHi   li  1«.  419 

41iiimM»  iji<>gt  4».  HotthitUeiida  VoeMm9<^  Gtimrinim^ 
glieder  aargeforchrft  haben ,  dieiet  Mahl  Mrii  ünmar  sma 
Aa49iiii#ficCMiilfrM  HtMaH«il«%>M4.an9  iVaae»  welurife. 
JMi^ii  ftiHMH  4ilM  fMm  ittr  W«rt#  «n  ikr  ftade|JMi  ga- 
aiMi^EW  iaM4iB^  Oagüi  4iaaf  VanMülMiiig  aalli«.ma« 
aUbt  Mit  OasB^MSii  die  AMtavItil  daa  Apaitela  Paalot  fai 
4ar  Übaripaawiig.fateeiai  aiaalw^»»  Mi  last  aeioer  Tai^ 
aharmig«  noQilaßw  dm  w  lfo(p£»»  «r  Uer  aaa  einar  ta- 
aiiti^lbariNi  OffMolNurmg  CMatf^.  Ja  dafif  CbriaCoa  aaibit 
JMe»  ifesa  ihai  aniPeahaiaAi  dook»  wie  aaito  SMam»  sngage* 
'hau,  vimI  Mfmliaii  tfaioftfl  aef a  Bündigtia  bawlaaaii  hat  0» 
miyalotyi^Kmir  mo  mi^  aleht  ain  «asrittalbarea  Be&oni* 
aMiitar<Hi  alaaal  >  aaadarw  nttr  ain  adtlalha^aa  Überbomnea 
«Ran  alnaai  bar^  alaa  darcb  Überlieferung,  bededefi  kann. 
Bat  aber  Panlna  Jenen  Zoaata  niabt  ran  Jean  aelbat  gehabt: 
ae  gbvbt  swar  SüaiLiiiDJdiaweiaen  an  kOtinen,  erjnfiaae 
ihai  vi^n  eineni  Apeatel  oiilgetheiü  eder  nindealeM  beatft- 
Ügt  wMi^n  aeln,  und  nmlnt  in  dar  Weiae  aeiner  Sahnle 
dureb  efale  Reihe  abatraeier  Diafnnotionen  stehere  Mauth« 
ftaien  sieben  a»  litonen)  weiche  da«  Kdndringei|  einer  nn« 
kiateriftfhen  Sage  In  dteaeaai  StMke  verhindern  «aiüen:  ai« 
lein  die  atren^  UrknndÜebkeit  nnaerer  Tage  darfvon  einfr 
werdenden  Rcllgianigetellachait  ilicht  erwartet  werdm,  de- 
ren an  reraebiedenen  Orten  liefiiidiielto  YheÜe  noeh  keinen 
geordneten  Znaammenhang  und  uMiatena  nnr  mfindfichen 
Verkehr  halten«  Ibenaliweaig  aber  darf  manfdaian,  daa 
vöfo  notüte  y.  V.  X.  für  einen  apitof^n  Znsat«  an  den  Wer- 
ten Jean  an  halten,  darf  h  Calaiba  Grande,  wie  dafa  et  ge- 
gMi  die  Oeinath  dean  Yeratäfam/hliben:  wirde,  sich  seibat 


3)  Paolus,  excg.  Uandb.  5,  b,  S.  527. 
^)  Über  däv  Abendaakl,   S.  217  iL 


(4«  '    ^rt4tmk  i*#«%4i»ifvS 

iriitii  ti«illotiini(M»toMlil  Hifleti '»)  il  4|<l,'*  >i<^*t»i>Wii|iJu 

iwhaeh  aniehliiKiMi. '.    ^'  *  ^  "'-»•'      •'*'  '^  • 

^ernFffvige:  wie  Olb«rhi^yt'JM)li0'*iidhi'g(^iitM«^ 

'te  elgenthattKoh  MMiittiiMib  9m  ^^  tiiiArWttitaiMbi^MMig 
mit  «eiJieii  Jttugem  vämrti«Ni6elll  *^WM^'ttfSBr  «rlhbtoiie 
Anrfclit  von  dMr  ftr8aiViM(itt''iMto  dte*,^«ifer*^«llli^  gMlIl- 

-«ohen ,  dt^  Werien  toA*  nammtlkh  ein  eUmihRgM  »dttr 

'  pi^tsHebes  Eiifstelieir'Taii  ftüh^r  iiielitdiigewefllMmiPlKt«ta 
vnd  VetsAtaen  mltgticätC  sa  etitfetHim  siiifht:  so  feg^ibr 
fittfolfe' SABttit  d«Bi  VoHiefwieaen  nte  sein  SehfokM^  imd 
setnen  ganeen  Pkiiie  enob  der  Vortäte,  da«  AbeinkmU, 
«nd  flwap  ata  GedlofatniCf feler  fdr  a^M  KiHrtie,  mt  üMten, 
Toti  Jeher  in  Jean,  nnd  diese  Aneiehtiianaralth  weni^atw 
dafttr,  da(a  Jeane  schon  ein  Jahr  vorfaier  daa  Abendinhl 
In  Sinne  gehabt^  habe,  auf  dIeiidlehiA  eielenden  AtfUpieliiii- 
gen  berafeniy  welahe  daa   vierte  fivaHgelinai  te  i«clMen 

'  Kapitel'  Jean  in  den  ilhind  kgt.  ^•    <   ^     * 

JPpeiliob  ist  diefb  ^ne  nnsiehdre  Stütae,  da  nteh  ei?^ 
tier   früheren  'Untarsuehang -«jene    for   der   Sfiftnng    dba 
'Abendnahia  /scbleehferdings   Qni¥«»sr«ndlibhen   Anapleiiiti- 

'  gen  niobt  ^on:Jasn  seibat,  saiiden»  nor-ram  ErangeHaten 
•herrühren  liOnneN  *).     Und   da  «a  f^tier  tiberliattpl  die 

'  Wahrheit  der  menatAltatien  Nalw»  in^  Jetia  aofitaheben  aoliletiy 
in  {hat  Von  jeliai^^  oder  Weniptens  vom  Anfange  des  r^ 
fen  Altars  an  ^  AUes  $Aotk  tepiig  unA  vorgesahen*  sieh  au 
denken  t  ao  iiat  4er  AattonaÜsnios  im  Gegentliail  behaup- 
tet, nlaht  früher,    als  ahen  au^janem  Abend  sei  d^  tiis« 

.  idanite  jener  ainiibildUbhen  Uaudlung  -und  Rede  'in 


5}  Kai^sr,  bibl.  Tbcol.  2)  S;  S.  39.    SrsriuKi,  das  b.  Abendai. 

S.  <)1.  *' 

Q  1.  Bd.  ^  80.  , 


cheiiBti'Brtim'mkA^'9LMgeg6nBenen*W^nt$  Jeiotai  eUfe  Ah- 
^aii|r.MI}i^  tHilien  gewaltsamen  Tb^  angewandelt,'  ei^  ioU 
'^ta^jentfdi  ein  'Bild  leinei  htneorlcfiMiden  Leff^s^  in  cHäMln 
4elAet**ini  vefj^MMnden  'Mutes  erUlbkt,  und  iBesen  ang^ 
bUeli  liehen   Eiadraek   gegen  seine   Jttnger  ansgesprocb^a 
^httb^*^')*'  ^Mn  sdlchen  tragtscheii'Eindrück  aber  konnte 
' 'Am^»<A«up  tokcMrittoif^  ihrtai  w  eelMn  gewaltsamen  TiA  fn 
^'deiKNMIl^'  sah.  '  iMfa  dieCt  bd  Jenem  Mahle  mit  grSrsti^r 
Besttmlnih^  der  l*ldl  gcpwesenr,    seBeint  die  Tifrstclternfig 
Mlt'%e|vvefsön',    welche-  er  nach   sKmmttUshen   synaptischen 
<^BMebtiy  eeinen  JHiigf^rn  gab,  dars  el>  l^n'detti  Äewichs 
des  Wiatttstoeki  nl^ht  mehr  trinken  werde,  4>is  ^  M  neu 
geiMsMi  tfrc«<de  itt  Aeiebe  seines  Vaterr;  womaoh  ei^  a|so, 
da  aH  Mtt  Esthaltmgs^S^bde  sa  denken  kein  Gntikd  IM, 
fSr  die  htfcheten  Tkge  sein  Ehde  Torausgesehen  haben  nttfs- 
U.   ^hen  wlir  Jedoch,  wie  bei  Lnkas  dieser  Yersiciltemng 
tn  BiBSiBg  auf  den  Wein  die  Erkllrnng^  Jesu  Toränge^t,  das 
'l^sebii  W^Me  to  nicht  mehr  genlefsen' bis  snr  Erftilivng  iin 
Oetiessmlche :    so  Ist  wohl    ursprMgltch  auch  nnter  d^'m 
^yptj^tcr  tf^g  äftniXB  nicht  Wein  übcMiaopt,  sondern  speeiell 
dsir  Pas  chatmnk  t^r^nden  gewesen,  wovon  man  auch  bei 
Matthftnf  nnd  Markus  in  dem  rt/re,  Welches  sie  au  yew^^ 
fitai>^'  aMfcen-,  eine  Spvi*  tatdecfcen  'kdnnte.     Von  Mahlzel« 
ten  Ins  Biessianischen  Reiche  sprach  Jesti»,  gemIfA  den  Vor- 
bleUanifM  seiner  ZMt,((Mrs,  und  ktr^ag  er^i^Wartet  haben, 
dilft  in  demselben  naäientHch  das  ftschamahl  mit*  besonde- 
rer Feierllchtfek  wemb  begangen  werden.    Wenn  er  nun 
^n^Stchert,  diaMs  Mahl  nicht  mehr  in  diesem,  sondern  erst 
In  jenem  Aon  wieder  em  gentefsen :'  so  liegt  darin  ^rstetis 
nicht,  wie,  wenn  er  von  Eisen  und  TriAken   Oberhaupt 
spriehe,  daTs  schon  in  den  nichsten  Tagen,  sondern  nur, 
daft  vor  Ablauf  eioes  Jahr*  das  Verweilen  in  dieser  vor- 


7)  l'At'tijtj  ü.  4.  0.  S.  H9  Ü.    Haisi«,  a.  a.  ü.  S.  37  ff. 


WcilwdiiBiig  m  ihp.^Snda  hAm 

de;  sweltM«  aoeb  d«s  nicht  nothweadlg^.ibri  diese  Ver» 

.  todernng  dareh  eeiiieii  Tod  werde  lierbeiig^fl|licl  jrefdfi^ 

,eoo«lera  er  Unnle  asoh  }eiet  noch  erwertel  haben  i  aeek 

.  wlhrend  aeinea  Lebena  wevde  «laa  MfMyriappiob  atfnen  A»* 

.fai|g  nehmen. 

Indeaaen  Jet«  afefa  für  diece  leftiMe  Zfiit  Jedi»  Ahmiiif 
aebiee  Endet  Im  Allgemeine«  ahanipyefiiciaj  ni^d  niir  tbeila 
dnreh  die  frahere  Ofiteranchnng  niobti  hmpßlA^i  tbeüa 
pursten  wir  mit  deinelben  aacb  die  ß^tttmg  dea  AbeffU 
mahls  dnreh  Jesnm  l^weifiiUn,  waa.'wegeit  dea  pamfini- 
aehen  Zengnissea  niebl  angebt»  6a»  «robl  denkbar  ist  ea 
anchy  da(a  die  ima^r  gr^Uaare  VerwicUnng  seines  Ver- 
hftitniises  zur  Jttdiüchen  Hierarchie  JeifMnam  Sn4A.Mider 
Einsieht  braehte,,  sein  Tod  werde  nnrirüeidBch  aeiy»  nnd 
dtktk  er  in  bewegter  Gemäthsstimmnng  sogar  das  nficd»sle 
Pase^fest  als  den  Termin  bestimmen. sq  kSi^n^  ^nbläa> 
welchen  er  nicht  mehr  erleben .  werden  Von  hier  am  ^r* 
scheint  dann  Beides  als  gleich  mSgUeht  sowohl  daCi  er  Mr- 
Bwlge  einer  Eingebung  des  bedeutuifproUen  Angepiblleka 
bei  dem  lotsten  Pasebai  das  er  mit  seinen  JOngi^m  feiertet 
Brot  nnd  Wein  sn  Symbolen  seines  fn  tSdteiMien  lioihea 
nnd  an  vergielsenden  Blutes  gemacht  bgltey.#der  daCi  #r 
schon  einige  Zelt  nn^or  anf  den  Ged^inken  gakoBMien  wX* 
re,  seinen  Anhängern  e|n  solches  GedAobtnifinMhl  n«  bin* 
.terlassen ,  wobei  er  dann  gar  wohl  auch  ^ne  von  Panlna 
nnd  Lakas  aafbehaltenen  Worte  gniproi^hmi  b^b^  ktonte. 
Ehe  aber  die  JOnger  dl^ae  Andeotniig  des  Todes  dean  aieb 
gehörig  angeeignet  nnd  in  ihre  übera^f gyng.  nn%enopa[wt 
hatten  9  iberraschte  sie  der  wirlMtche  Erifblg.,  welcher  rie 
ebendelswegen  noch  9ß  gpt  als  gans  nnvyrberejtet  tra£ 


'.    ,> ..-.  ff  ^    '' 

GftBgr  naeh  den  Oelber^ »   Gefanfenneli- 
mnng,  Vertiöf,   Vfeioirthiefffang  iilid 
r  Itreiiziguiig  Jfesw- 


Jeta  Seelcnkampf  im  Gartett. 

Den  sjn^itcbeQ  Beriebt^n  nfotf»  gienf  Jerat  Mg|eMi 
Meh  Beendi^rmig  des  Mahles  anil  Absiwguog  de«  Hallet,  wie 
•r  flberb.aiipl  wfihreiHi  dieaer  FesUeit  aast erMb  Jeruaa- 
lenia  m  ttbenifcbteii  plcf te  (Malth.  tl,  17*  Lm.  2^  S9.], 
Iiinaaa  m  den  Oalberf,  In  ein  x^^or  ( bei  Jok  x^/ioff), 
Geehieaiue  cana^nf  CMaUb.  26,  SO.  36.  parall.>,  wohin 
tbn  Johannes,  aiit  dar  anadHIeUicben  ErwXhnnnfy  dab  ea 
Aber  den  B#eh  KifU*on  gegangen  aei,  erat  nach  einer  lan- 
gen, Reibe  ^fon  Afa^ehledareden  .(Kap.  14—17.),  euf  welche 
vir  ipller  su  veiden  fcooinien  werden,  anfbreeben  llfat« 
Wihrend  an  die  Anfcnnft  Jean  im  Garten  Johannef  «!!• 
jnitteibar  die  OeCaiigennebninng  knüpft:  aehieben  die  Sjm- 
eptilMr  iioeb.  dif^nige  Seene  daawiachen,  welche  Man  ala 
ibn  Seelenkaaipf  Jean  an  beseiehnen  pflegt 

Ihre  Berichte  hierüber  ^d:  niqht  gleichlantend.  Nach 
Hatthlna  «nd  Markoa  nlmsit  ^^«na,  indem  er  die  übrigen 
Jünger  anrückUelbeir  faeifiit,  #iÄne  ^el  Yertrantest^,  den 
Peema  and  die  Zebedaiden,  mit  akl^  wird  von  Bangigkeit 
Md  Zifpi  überfallen,  erUirt  den  Prelen,  bte  aum  Tode 
betrübt  an  aeln,  und  reifst  sich  anch  von  ihnen,  indem  er 
ale  WMh  an  bleiben  ermahnt,  loa,  nm  für  aleh  ein  Gebet 
verrichten  nn  k5nnen,  in  upfcliem  er,  das  "Angesicht  anf 
dial£rdis  gebaug/l^  in  der  beti^npfen  Weis^  »mMwendung 


Aen  LetiUnsMoht  Bellt,  ftbrigen^  Allel  dem  Willen  eeb« 
Vaters  enheimstellt.  Wie  er  wieder  en  den  Jingern  koavt, 
findet  er  eie  fct^ef(^d|^  ^inBahot^i|e|i||ieeaial8  sar  WaeiH 
aamkeit,  entfernt  Sien  dann  noch  einmal  nnd  wiederboll 
,  4aa  rmige  tiebat^  ifVaiif  n^^^iiie  Jhnger^edor  üUi« 
fend<aj|triffL,.2wp|  ifUffOüBml  entfer»^  ßv  aifh  nao^  «a 
das  Gebet  eii  wiederholen ,  und  wiederkommend  findet  er 
eam  drittenmal 'die  Sttnf er '  tcblafend"|  erweckt  sie  aber! 
jetzt,  um  dem  nahenden  Verrither  entgegensogehen. -«-^  Voa ' 
den  beiden  Dreizahlen,  weiche  1^  dieser  ErzShlnng  der  bei-t 
den  ersten  Evangelisten  eine  Rolle  spielen^  hat  Lukas  aicbtS| 
sondern  nach  ihm  entfernt  sich  Jesns  von  sämmtlichen  Jia- 
gern-,  naöhUöoT'er  gte  Kfitr  Wachsamkeit  erssAhnf,  niigefihr 
^änf 'eines  Stlltnwafffg^Weite,  und  betet  knleehd;  nor'ßa» 
mal,  aber  fast  mtt  dehselben  Worien,  wie  thn'die  beidea 
andern  beten  lasseh V  kehrt  d^nn  au  den  MKgeril*  suräek 
tind  erweckt  sie,  weil  Judas  mit  der  &chaar'iiefk  nibeH. 
Daftfr  hat  nun  aber^'Lukas  in  der  ^h«ifeii  tJeiiistescene, 
Voll  welcher  er  weift,  swtf  Umstände,*  dl^f  deif  Qbrigen  lle> 
rtchterstattern  ft*emd  sind ,  dafs  nlmlldi  wflhrend  des  Ge- 
bets, unmittelbar  ehe  der  heftigste-  t9^erih0m][^f  eintrat, 
eia' Engel  erschienen  sei,  Jeslim  tn  iHh'ken,  wfiturend  der 
Aaranf  gefolgten  ayoma  aber  Jesus  SelWeflb^^  wie  zur  Er- 
de fallende  Blutstropfen,  vergössen  hebif.    '      '    " 

Von  jehev  ist  an' diesem 'Vorgang  irr'GefJhsemane  An« 
stofj  genommen  worden  j  Well  in  d^mielben  Jesos  eine 
Schwache  lind  Tbdesfai*öMf  izu  zeigeii^cheinf,  "wdehe  man 
'Ihm' unangemessen  glaorbeil  *ktfnntei  -  Ein' Celsns  und' Je- 
Itan  haben,  in  RUcks^ht  ohne'Eweifel  auf  "die  gi^n»«ii  Mu- 
ster eine's  'sterbende!/^  4%ftrkte8  und  änderer  beldniifeheu 
Weisen,  das  Zagen  tfesu  Vor  d^nl  Tod«  gesebmibt  0^  ein 

,      1)  Orig.  C.  Ceti.  2,    24:    Xfy{$'CS  Xelöogy'   tI'  HrnoTriarai^    x<u 
oSu^9Tatf  xai  toy  jS  oX^&qh  wofiöv  §üxszcu  naigmoQa/uiir  ^    l^ywr 


iMlei|«l9iili4te^0firib«ii^aK«B1iC  jpii  Um  Jltiihl«»«ia« 

ker  berief  man    sieb   aof  den  ünt6r8ol\M''de«  Ueiilain^A^  ' 
tiMl»n)iiL'0l^iMb,*iabd'kMdb.4^  «ad  «diaiBitte 

ntn  4Jtoakfewilaaamb«;()im(  iba^ÄKoa*!^  £if«lMin)f 

if^,  ^M>  ditib7//4».d«iii<){«ieiil  adbdrfkkavvgAuMoban  ^amr  ari  «>' 
011  jed«tliKlliaAill)^i«lii#^aiiiBiiii(^sigo  TraMrnif^tenWW 
a«o  «loto  iir^aa^eoIVi  diäUfeicbis  2a^Mi^amh>.fMir  «alm^ 
■iM««bUeb*r^  Jf ater  fmli^porßleMbdUii  IfcISrpadkbaii  ^  Lei«^ 
dM  tbni  iilcli|/«roMiant«BtelMi»  icble4:  to»  gdb  ^an  aelnaic 
Bakigigkeik  «Um  gßhtigmifAft^og'^  «lid  HMchte-tie^am^inav 
^ni|Nilhe^lach«»v'<iMi»li  a^  nan^idie  RMOoffgleelr  iei^Jmi 
d%ß^.ii».1i^hhsm^b%Kwähm^iU»gmrA  dtobtej  midHdaa 
S^lclMai»  vriMi^a^adlinair.VIoliHi'befMaliiidiy  f^wei«n  aal« 

*i      ,  «i    .»     ■    •.     .u    ;    'i     '      i-^4h«IO'    :*».♦*     .  t»"'    1»*/-  .'»  i  :*  r  .;.,-| 

*'*'Tfiirtia;  *Ä'ÄfuKTBh,  fi^Mgnl/'tttr.  iraec.    I^aicV  IJ 'p!  iJi"; 

av^tpo^ar  ip^^ttv  tvadltaf  i  Svvdfitro^ ,    Mai  iht*  SyyikB^  &idf  ih; 
^  Jviaiy^rau  r         •  .;  ..u  ^    .n, .  »  .:  t/* 

2)  Graipoii4.,  hiil.  GaU.  tj)  exe.  üanr,  IV^   L,Jij  Br^Wi»  J^- 

ci7«ttf   Tan VII  —  du/n  in  f^t^ifmkipi  truhilur^  rr.xQMst^  ifludit 
*  in  hacc  eader\  ve^a:  iifi^m.f^j^s^^prq^  ^Qr^.  in^beilis 

potior  i  ego  impirUrritus  morion  '       ,        . 

,4)  KbeaiUf,  S.  706>  4rwia^rliH«dai  4mi  Saluit    ^  ^^  i^ti«^ 
5)  So  tchon  Origeneti  c«  Gelt«  2^25* 


m  '  ''BAtU*'kk^hkUt  ^ 


$M^  mm  1km  mMm  Tiwrf|(hite>i|liniwiet>ü  % 

Itv  ilaiillnliiii  artültdwBr iMiaüiniiiwirig  «ttf-tin»  ^IgMe 

JUb  4mmim^imM  MitfifMil  4«#  fl«MkMcliiü4  ibr  «mma 
Mwtthhtit  TOiBMCst  ge#QM»  M^  mtiAiMUBSti$rm  i^  die- 
itlU  ftiilvütrtteiMt  MiftfoiidiM  Mbä  ^^  wobei  Mcb  4or 
AmMd^mtL  Btnigeamgir  dm  ToUU  seUbt  ak  Icsii  ge- 
wmmgm  htJbem  •oü.^j         :   .^  ^       i^  - 

Doch  Mn  aiiiMi.talelbii  fiHpide^^dir.  BmgtgMe  d»^ 
M  ■talit  Bithto  im  TMto^  jridnübr»  wio  Md»i  iMmtitu  S«, 
SS  £  pwalL),  «o  mub,  aMh  iiltor  da» mn^^iw^  ««  datoa 
AliitfaiHM  JcMf  liitüßt,  rra  teiMM  «IgmM   Leiden  nmä 
Ted^  Teffetandea  wMpden.    Zugbüob  Üfpgt  jener  kirehllehea 
Aneicht  ein»  nnhibükehe  Veeelelliag  vmi  der  SteUvwtre* 
mag  Mm  Offmi«U«    Jaen  Leiden  in  eUeMÜnge  anek  eebnn 
in  d^r  ^V^rslettnng  rder  SjqMii^ker    ein    atettfertretendee 
fgr  die  Stoden  Vieler;    nilein.  die  StnUrerlMlnng  bmteiit 
nneh  Ümenidebt  denip,  defii.dnene  aAuettielbef  dieid  Sen- 
den nnd  4lee  ibmtieegen  der  Meneobbelt  gieMnreodn  Lei» 
den  sn  empinden  bekloM:  eondem  für  Jene  SOnden^  nnd 
nm.  Ihre  Strafe  aof anheben ,^  idrd  Ihm, ein  rpai^nlieliee 
Leiden  nnfgelegt.    Wie  ihn  al«e  am  ürense  nicht  direet 


g)  tteroa.  Coamu  in  Matth.  t.  d.  St. :    CoMristMOnr  mam  <i. 

wkö^  ptUitmdif  qoi  mi  hoe  vmtrat^  ui  pateremr^  säd  propim- 

'^  v^ätidinrnani  Jkdmn,  §t  scandaiam  ommiunt  apouaianm^  M 


7)  CALTm»  Coam.  In  barm,  eraagg.  sn  Matth.  26,  37:  Ibm  — 
mertem  hmmui  ämpUdimr^  ifmiiwm  trtm$klu  tu  #  aMod», 
anT  ^fna  JornMaküU  Dti  trihmMd  im  §rai  ante  maAw,  jwAx 
ipm,  imeompHhmshdU  vimdittä  m^mmm^  p§c€ätt4^mro  mosirm^ 

,  oßHM  iUi  mrai  Unp9$iiam ,  mm  if^getoi  moh.  mm  piv- 
VgL  LvraeaPa  Haa^tttUey  die  ertePattianafradigl. 

8)  Ltemveer^  p.  884  (    . 


Zürn  Oio^HM,  Miiiirffaffa  dte  lllBi  beigebracht«!!  Wnnden^^ 
Miiitai«"Mner  gffneen  jiiliittierTolleii^,L«ge,  In  weiche  m^ 
iWfItob  '«tiiii  ^der*  SffMieit  iler  MentMihelt  willen  TereeM* 
i^^nr,  e^nüprtfMi  f  'itoWar  e«  der  'ViMteHttng  der  STtfngv 
lieien  snfblgeewch  In  Gethsemane  nieht  amnlttetbardäefl««'. 
IMM^^^fiLfNit  iiWr  Mensehhele,  ^nd^M  da«  VerglflBhl 
•fttnee  eigenen  ^  aii^rdbige  an  der  Stelle  der  Mentehbelt  mk 
Mieroehinenden  Leideni,  waa  tlui  in  jene  Aanglgkell  Ttr** 


* '  V&n  ddr'^lialtbar  lieAnndenen  htrchliehen  Andeht  ilev' 
Sw<anlwiipfr  Jesn  iaC  man   in  neuerer  Zelt  eineraeks  In* 
rMMtt  Materiafhainii  sttHloligefatlen  \  indem  aMn  die  Bthn*- 
ii^^gj  weiche  man  ethiaeh  rechtfertigen  im  kOnnen  vei^' 
v/reÜBlte,    n  einer  rein  phyriichen  nachte ,  nhd  Jeav  bt 
Unthawaneeine  Übelkeit  austofaen  Uefii  *)]   eine  Anaieh^' 
wvtehei^Aütim  irft einer  Strenge,  die  er  nvr fleiaaiger aneli> 
gnge»'aefne^enen  Brklii*nngen  bitte  kehren  aoilen,  für» 
eiaie  «naeMeUiehe, 'teztwldrige  Umdentnng  erkiirt,  dabd" 
aber  daiwaah  üie  BaüMAiiti'ache  HypeAese  nieht  unwahr* 
laiiainileh  findet,  dafs  nn  deai  imi^m  Schaieni  eine  leib« 
lielM  IfaMitang  in  dem  vom  Kidroniinreliaehnittenen  Thal- 
giaind  wenigatena  hlnailgekoamen  aei  ^,    Von  der  andern, 
S^te  liat  man  der  Seene  mit  moderner  Kmpfindaamkeit  mwt^ 
s«tMlfen  geaneht,  und  daa  FrevndaehaftggrfUil ,  den  Tren» 
nmjigaaebmersy  die  Abteliledagedanken,  ala  da^enige  betmcli* 
tat ,  wna  Jeau'  Ihinerea  an  ntrriaaen  habe  *^ ;    oder  ein  tri« 
bM  fiemiaeh  ron  dem  AlÜBm,  Ton  pelbatiaeftibm  und  theil« 
ifliniandem,.  ainniieliem  nndgelatigem  Sdunem  ?orauaga». 
aetat  ^.    PiDLua  deatet  das  d  dwa^op  i$$t  nanel^k^  ti 


9>  Tamtf,  krit.  Conau  8.  4f S  ft 
t#)  a.  a«  O:  S.  554  f.  Anm.  549. 
tl>  Scausraa,  aar  EriXutemag  des  ff.  T.,  in  Eicaaoaii*8  Bildiodu 

9,  S.  lOiS  t. 
U)  HaM«  Getchickte  Jeta,  S>  8.  323  IT.  Rijni«i^  in  ttattk.  p.  7Ü. 


min^oy  abrdii  iMmli(Mfce  ÄagttftifcM^'iiMiV  f«k  m^ 
wiriLÜtlL  OoitM  WiUe:#ei,  duTs  er  9ldl>4«|M  .i|#ah^M«^ 
gtahendm  Angriff  hiagdbe,  ob  m  fO^M-fjolfiebriSiltgfiMr 
1%^  fvire,  dieser  G^i^r  noeh  Rojipiiweioh«« :.  er  iRnebr 
s«r  Uofaea  Aafrsfe  a«  ttoU^  was  ofcufcay  .4»e.  4«imBndelf 

Bttto  iet  ;      .   L      '.  •  

.  Während  OLSHAuaa^  sieh  in  die  fcivci|Ui^  Aasfcht  mt 
i«elHeirft,  «ind  den  Meehtopnieh  thoft,  c|ie  Jlleiniiaf »  pU 
h«lte 4m iin«ee#iiebe«  kfirpentiobe teidMikm  Kamf^t in  Jec«. 
lienrorgerafen ,  mfisse  alt  eine  daa  Wesen  seiner  ErrehMJu 
BMiig  Telmleb«eode  entfernt  #MAsft:  h^kß»  An^l«^rriehti- 
ger  anerkennt y  dafs  hier  allerdings  d^  nm)fiM9iigtm  g»* 
wordene  WooM^b,  <bi  beromtehenAsn  fproMapen  Iieide^i 
Überhoben  Bn.sein,  die  Solmnei»  der  ainnÜebeii  Netnr  nr 
ihrer  Vemiobtnng  y  sich  aeigen  ^^  W|p  nim  aber  aneh 
TOtt  jeher  bemerkt  xvarden  ist,  um  einf  soicEl»e  iH^ishheft 
dhr  Stiainiung  Jesu  von  Jede«i<.V0rwavfe  mm  befreite,  dnfc 
die  sehlennige  Überwindung  der  widerstvehenilea.Siiinlieli- 
iMit  jeden  Sehein  den  Sflndhafte»  ^eder  CiMsMa*  ^% 
daft  daeiBeben  der  iinäliehen  Matvr  yoä  Ihner  rllewieht—g 
M  ihren  wesendtchen  Ldb^enslnssernngen  gehMi  ^;  ibC% 
je:  rdner  dietnenaehltehe  Katnr  in  einem  sei^  deeto  ena- 
pfindiietier  ^  sie  gegen  Aehmers  nf^i  Verniehtnog  sieh  im^ 
iMdto  ^);  dafs  das  Dnrehempfioden  nnd  Übereriniien  -den 
SeiMnenies  gvfifser  sei  als.  eine  etoisobe  Uoelnpfindliehkeit 
gegen  densfitbein  ^^:  immer. blribt  dooh  die  a^ih  vimi  OiiS» 
HAUSEN  getlieilte  Bedenkliehkeit,  -dafs  ein  «eitthea  Zage«  vor 
klta*p^liefaem  BebmerB  nnd  Tod  Jesum*  unter  einen  Sekm- 
tea  nnd  manche  Andere  liemntemuaetaett  seheinen-kttman. 


13)  tJtAMXfiVj  Über  flie  ÜBtündÜchkeit  Jesu,    in  t.  Studien ,   1, 
S.  61.    HAtsaTy  ebend.  3;  1»  S*.66,ff. 

14)  VuMJüiHy  !•  m.  0« 
1()  Uassrt,  ••  s.  Q. 

16)  LmuBRy  in  der  Predigt  rom  Leiden  Cbritti  im  Garten. 

17)  Aaibf'osiut  in  Luc«  Tom.  iO,  56. 


Drittes  Kapitel.    $.  124.  449 

Defewegen  tolhe  wohl  derjenige  enf  den  Danlc  besonders 
lier  Orthodoxen  reohnen  dürfen,  der  es  nnteminat,  die 
Oknbwiirdigkeit  der  betreffenden  ürEifalangen  lurltiseh  teu 
vntarsnehen. 

Aueh  hier  indessen  dttrfen  wir  die  Kritik  niehterst  an- 
fangen, welche  rielmehr,  namentlich  dsreh  die  eigentMlinll« 
ehe  Darstellnng  des  dritten  Bvangelinais,  schon  lAsgst  her- 
Torgemfsn  worden  Ist  Der  stSrkende  Engel  hat,  wie  Mt 
dogmatischen  Gr finden  der  alten  Kirche,  so  der  neueren 
Auslegung  aus  kritischen  Gründen,  nu  schaffen  gemacht* 
Ein  altes  Scholion,  in  Betracht,  Sri  tijg  taxvog  t5  dyyiXa 
83C  imdievo  6  vno  naorjg  iiiaQccvla  övnifi&ag  qfoßtf  xcd  %q6^ 
^(f  ftQogxvpefievog  xcd  do^a^ofievogj  falst  das  dem  £ngel 
zugeschriebene  iviaxvHV  als  ein  flir  stark  Erklären,  d.  h. 
als  Darbringung  einer  Doxologie  ^^ ;  wogegen  Andere  lie* 
ber,  als  Jesum  einer  Stirkung  durch  einen  Engel  bedürf* 
tig  sein  EU  lassen,  den  ayyekog  iviaxvw0  aura  bösen  Engel 
Aachen,  welcher  gegen  Jesum  Gewalt  brauchen  wollte  ^^* 
Wenn  nun  auch  die  Orthodoxen  durch' die  Unterscheidung 
des  Standes  der  Erniedrigung  und  Entiusserung  bei  Christo 
Ton  dem  Stande  seiner  Erhöhung,  oder  auf  Ihnliche  Wel- 
ne,  den  Stachel  der  dogmaüschen  Bedenklichkdt  längst  ab- 
gestumpft  haben:  so  hat  sich  an  deren  Stelle  nur  um  so 
entschiedener  ein  kritisches  Bedenken  ausgebildet.  In  Er- 
frignng  des  Verdachts,  welchen  nach  früheren  Bemerkun- 
gen angebliche  Angelophanien  Jederseit  gegen  sich  haben, 
hat  man  auch  in  dem  hier  erscheinenden  Engel  bald  einen 
Menschen  ^ ,  bald  ein  Bild  für  die  Ton  Jesu  wiederge- 
wonnene Ruhe  *0  finden  wollen.  Doch  delr  eigentliche 
Ort  für  den  kritischen  Angriff  auf  die  Engelerscheiming 


18)  Itt  MiTTHJLBi't  N.  T.  p.  447. 

19)  LMiiTrooT,  s.  1.  O. 

20)  VncTUsijfii  3,  677.  und  Tcrmutbungsweiic  such  FAVT.r8,  S.  561. 
2i)  EicMMORH,  tilg.  Bibl.  1,  S.  628.    Thie»»,  z.  <I.  St. 


450  Dritter    Abtchnlit 

war  dvch  den  ÜMttaiid  angeseigt,  daf«  Liika«  der  rinsigi 
kt)  TOB  welebem  wir  dieselbe  er£ihrea  ^^    Sind  iMt  der 
gewVboUeheii  VoraateetiBiuig  des  erste  und  vierte  £vaii||e« 
UaBi  apottolisehen  Urepmngt :  waront  schwelgt  dann  Mai* 
thlusy  der  doeh  im  GarlM  war,  von  de«  Eogel,  warn« 
besonders  Johannes,   der  unter  den  Dreten  In  d«r  Nihe 
Jes«  sich  befiuid?    Sagt  man:  weil  sie,  schiafcmniien,  wie 
sie  waren,  end  immet4dn  in  einiger  Entfernangi  «och  das« 
bei  flacht,  ihn  nicht  bemerkten,  so  fragt  sich,  woher  Ln* 
Jlss  die  Notis  bekommen  haben  soU-O'    Oafs,  sofern  die 
Jünger  die  Erscheinung  nicht  selbst  beobachtet  hatten.  Je» 
^  ^s  ihnen  noch  in  jener  flacht  von  derselben  sollte  ersfilüt 
haben ,   ist  wegen  der  gespannten  Stimmung  jener  Stun* 
den ,  und  der  unmittelbar .  nach  der  ZurQckkunft  Jesu  sn 
seinen  Jüngern  erfolgten  Annfthernng   des  Judas  wenig 
wahrscheinlich;  ebenso,   dafs  er  in  den  Tagen  der  Auf« 
erstehung  es  ihnen  sollte  mitgetheilt,   und  diese  Kunde 
nun  nur  dem  dritten  Evangelisten ,   an  welchen  sie  doeh 
blofs  mittelbar  gelangte,  der  Aufseichnung  werth  geschie- 
nen haben«    Da  auf  diese  Weise  Alles  gegen  den  iiistori* 
sehen  Charakt^  der  Engelerscheinuog  sich  vereinigt:  war- 
um sollten  wir  nicht  auch  sie,  wie  alle,  namentÜeh  in  der 
Kindheitsgeschichte  Jesu  uns  vorgekommenen  Erscfaelnuii« 
gen  dieser  Art ,  mythisch  fassen  ?    Schon  Gabusr  hat  die 
Ansicht  vorgetragen,  €iafs  man  in  der  filtesten  Gemeinde 
den  schnellen  Übergang   von  der  heftigsten  Gemfithsbewe- 
gong  SU  der  ruhigsten  Ergebung,  welcher  in  jener  Nacht 
an  Jesu  bemerklich  war,  sich  der  jadischen  Denkweise  ge* 
mfifs  durch  die  Daswischenkunft  eines  stärkenden  Engeln 
erklärt,    und  diese  Erklärung  sich  in   die  Ersählnag  ge- 


22)  vgl.  hierüber  tiird  Über  das  Folgende  GiBtiR,    im  nenesten 
theol.  Journal,  t>  2,  S.  109  ff.     S,  S.  217  ff. 

23)  Tgl.  Julian  bei  Theod.  v.  Mopsv.  in  Münrm^s  Fragm.   Fitr. 
p.  121  f. 


Drittes  Kiipftel.    $•  114.  4SI 

mtseht  haben  möge,  an4  iteat.ttiKCuiA€iuiR  iadet  nie  dee 
WAhrscheiniichile ,  ^fe  wium  ftteee,  taii  Jeea  MÜbet  aH 
iehwer  beselelNMtea  AagenUioiie  MHIg  imweh  EttgekrtdieU 
nnngen  hymabeh  TerhcivAcbt ,  wiA  dtir  Rafcytnt  im  drit^ 
ten  E?ftngell«itt  ibeiea  msprfliigttoh  klafii  po^ltnA  OMUilntii 
geschichtlich  genominea  bebe  '^t  Ob  ^se  Aiifiisetiiigg«^^ 
nOgt,  ob  sie  nicht  elwes  ek  geeeUditlieh  MAiOramie  l#gty 
wes  selbst  noch  ram  Mythisebett  gensehnjl  m^fäM^mut^ 
kenn  steh  erst  weiter  unten  neigen«  ^ 

Nicht  minder  enstarsig  nk  dto  8t«rbmf  <Wmb.  den 
Engel  ist  sehen  froheekig  der  andere  dem.XttkBS  elgenf« 
thamliche  Zog,  der  bl»t%e  Sehwetfs,  gefimdea  worden. 
Wenigstens  seheint  es  dieser  tot  Allem  gewesen  nn  aei% 
welcher  die  Wegiassong  der  gannen  Einsdhellrtng  M  Luv 
kas  V.  49.  nnd  44.  ans  mehreren  allen  Ev^ngiiUeiteiiMipli^ 
ren  veranlafol  hat»  Denn  wie  die  OrtbodoKeQi  wislebeaaoli 
Epiphanias  ^  die  XteUe  ansmerftten,  bmiptlXchlieh  den 
tiefsten  Grad  der  Bangigkeit,  der  sieh  In  dem  fUntsohwelfe 
ansdrffckt,  geschent  nn  haben  seheinen:  so  kttnnen  beson* 
ders  die  dolietiscb  Gesinnten  nnter  denen,  welche  die  Stel« 
le  nicht  lasen  ^),  nnr  Jenen  Sehw^s  perhorrescirt  haben« 
Erhob  man  auf  diese  Wdse  früher  ens  dogmatischen  ROck^ 
sichten  gegen  die  Schickllehkeit  des  Blntsehwellses  Jesu 
Bweifel :  so  hat  man  diek  in  neuerer  Zeit  ans  pbysioio« 
gisehen  Gründen  gegen  die  Müglichkeit  desselben  getluuu 
Zwar  werden  für  das  Vorkommen  von  blutigem  Schweifs 
ron  Aristoteles  '0  1^^  ^^^  ^®  neueren  Katnrforscher  herun» 
tmt^  Auctorititen  aufgeführt:  aber  man  findet  eine  aoi« 
•he  Erscheinung  immer  nur  als  hdehste  Seltenheit  nnd  eis 


M)  tfbcr  den  LakU|  8.  288. 

25)  AncoratuSy  Si. 

26)  8.  bei  WsTtntif)  8.  807« 

37)  De  psrt.  animiL  3»  15* 

38)  s.  bei  Bliciumt^  Aaoi«  t.d«8t.  und  Remtt,  inLne»  p«691fL 


4i^   ,  Dritter  Abtehnitt 

S^ptom  betdmmter  Krankheiten  erwähnt»    Daher  mftcbt 
pAiJLi»  Mif^at  ciffel  anfmerksam ,    weichem  snfolge   hier 
nleht»  gfk^deta  %9A  einem  BlutBebweifs  y  sondern  nur  von 
einem  mit  Bt«t  tergleiehbaren  SohweiCs  die  Rede  sei:  die- 
se V«rg{AielNHtf  aber  besieht   er  nor/  auf  die  dichte  Tro- 
pfM>ild«Ag,  «nd  aeeh  Olshadskn  stimmt  ihm  so  weit  bei, 
dt^'  die  retK#  Farbe  des  Sohweifses  nicht  nothwendig  b 
dei^^eliglelebiing  etathaiten  sei«     Allein  im  Zosammeohang 
einer  ErsXhlang,  welche  ein  Vorspiel  des  blatigen  Todes  Jesu 
gebeiK^Wil^  1l4rd  es  doch  immer  das  Natürlichste  bleiben, 
dt^pi^ergieiotiisg  des  Schweifses  mit  Blutstropfen  in  Ihrem 
y^lien  Sinoei  e«  nehmen.  —  Femer  kehrt  nun  aber  hier 
Hooh  gewiebtiger  als   bei  der  Engelersebeinnng  die  Frage 
flui^dk,  wie  Lukas  su  dieser  Notis  gekommen  ist,  oder, 
nm  alle  Fragil ,  die  sieh  hier  gane   wie  6ben  gestaltesi 
ffö  dbergehen,  wie  die  Jünger  ans  der  Entfernung  und  ia 
der  Nacht  das  Herabfallen  blutiger  Tropfen  vom  Leibe  Je- 
su bemerken  konnten  ?    Zwar  soll  nach  Paulus  nicht  ge- 
sagt «ein ,  daTs  der  Schweifs  herabgefallen  sei ,  sondern, 
'^  indem  das  xccraßalvoneg  statt  auf  iÖQfiLg  vielmehr  auf  die 
nur  zur  Vergleichung  herbeigesogenen  O^ofißoi  aÜftaros  sieh 
beziehe,  so  sei  nur  gemeint,  dafs  ein  Schweifs,  so  dkht 
und  schwer  wie  fallende  Blutstropfen,  auf  Jesu  Stirne  ge- 
standen habe.    Allein  ob  es  heifst:   der  Schweifs  fiel  wie 
Blutstropfen  auf  <lie  Erde,  oder :  er  war  wie  auf  die  Erde 
fallende  Blutstropfen ,  wird  wohl  siemlich  auf  Eines  hin- 
auslaufen ;    wenigstens  w£re  die   Vergleichung .  eines  auf 
der  Stirne  stehenden  Schweifses  mit  sur  Erde  trSufelndem 
Blute  ungeschickt,  vollends  wenn  mit  dem  Fallen  auch  dk 
Farbe  des  Bluts  aus  der  Vergleichung  wegbleiben,  und  von 
dem   (oael  d'QOfißoi  at^cevog  xataßalvovrsg  etg  zijv  yiyy  ei- 
gentlich nur  das  wael  d-QOfißot^  einen  bestimmten  Sinn  ha- 
ben soll»   Nehmen  wir  also,  da  wir  den  Din stand  weder  be- 
greifen, noch  uns  denken  können,  woher  der  Referent  dr 
■e  historische  Kunde  Fon  demselben  haben  sollte,  lieber 


Dviti9$  Kapitel,  v}.  i^  4M 

nuch  diesen  Zog  mit  ScHtfiiBRMACHSR  all  ^en  pöMscben, 
welchen  der  Evangelist  geschichtlich  genommeto^  oder  bes* 
ser  als  einen  mythischen ,  dessen  fintstehang  sich  leicht 
ans  dem  Trieb  eriLliiren  Ififst,  das  Vorspiel  des  Leidens 
Jesu  am  Kreuae,  was  dieser  Kampf  fm  Garten  war,  da« 
durch  EU  vervollständigen ,  dafs  nicht  blofs  das  psychische 
Bloment  jenes  Leidens  in  der  BekOmmerniA,  s^nd^n  auch 
das  physische  In  dem  BlutschweiCi  sollt«  vorgc^bildet  gewe« 
sen  sein. 

Dieser  Eigentbamlichkeit  des  Lukas  gegenüber  ist  seU 
nen  beiden  Vorgfingern,  wie  gesagt,  die  doppelte  Dreicalil, 
der  Jünger,  und  der  Entfernungen  und  Gebete  Jesu,  eigen. 
Können   wir  hier  an  der  ersteren  keinen   besondern  An* 
stofs  nehmen,   so   hat   doch  die  aweite  etwas  Befremden- 
des*   Man  bat  zwar  ein  so  unstetes  Hinnndhergeben ,   ein 
so  schnell  wechselndes  Sichenffernen  tind  Wiederkommen» 
gans  der  Stimmung  angemessen  gefunden ,  in  welcher  Je* 
tns  damals  war'O»  und  ebenso  in  d^  Wiederholung  des 
Gebeta  eine  saehgemärse  Steigerung,  aine  immer  vollstän- 
digere Ergebung   in    den   Willen    des  Vaters  nachgewie* 
•en  ^.    Allein  dafs  die  beiden  Referenten  die  Günne  Je- 
SQ  alhten,    von  ix  dewige  und  ix  tqlxs  spreehen,  aeigt 
sehen ,   dafs  ihnen  gerade  an  der  Dreisabi  besonders  viel 
gelegen  war;  wenn  dann  Matthäus  swar  dem  sweiten  Ge- 
bet c^inen   von   dem   des  ersten   etwas   verschiedenen  Aos- 
drack  SU  geben  weifii,  beim  dritten  aber  Jesum  nur  tov 
avrov   Xoyov  wiederholen  lifst,  was  Markus  schon   befm 
aweiten  Male  thut:  so  wird  voUendft  deutlich ,  dafs  sie  in 
Verlegenheit  waren ,  die  beliebte  Dreieahl  der  Gebete  mit 
gehörigem   Inhalt  auszufallen.    Mach  Olshausir  soll  Mat- 
thius  mit  seinen  drei  Acten  dieses  Kampfs  schon  defshalb 
gegen  Lukas  recht  haben,  weil  diese  drei  auf  Jesum  mit« 


29)  VkXiiM%y  a.  a.  O.  S.  549. 

90)  Taaiui,  in  Wiaaa's  und  Ext Buuairr*s  iirit.  Journal,  3,  S.  353« 


IM  Oritlar  Ab6oh»itt. 

uUt  der  Fwnki  geomehten  AngriKb  den  drei  Anfrtffeii 
mitleUl  der  Last  In  der  Vertuohung^gesohichte  parelM 
eteben.  Diese  Parallele  Ut  gegründet,  nnr  fdhrl  eie  aof  das 
entgegengetetate  fteaoltat  ron  ^emjenlgaai  weichet  Olshili}» 
aav  ans  ihr  sieben  will.  Denn  wae  iai  nun  wahraoheinlt» 
eher:  dafe  in  beiden  FifJlen  die  drelnalige  Wiederholung 
dea  AngrÜGi  ihren  objerdren  Grand  in  einer  verborgenen 
OeaetomifsigkeU  de«  Gelffterreiobs  gehabt  habe,  anithiii  ala 
wlrlülob  historisch  anausehen  sei ;  oder  dafs  ihr  blofa  sob* 
Jeettrer  Orund  in  der  Manier  der  Sage  liege,  und  den« 
nach  das  YcHrkooiaien  dieser  Zahl  uns  hier  so  sicher  wie 
oben  l>et  der  Versuchnngsgesohiofate  auf  etwas  Mjthlsefaea 
hinweise  T 

Reclmen  wir  also  Engel ,  Blutsebwelfs  und  die  dreU 
mallge  Wiederholung  der  Entfernung  und  des  Gebets  Je<u 
als  mythbehe  Z|ithaten  ab  i  so  bliebe  rerlfiuiig  nU  blstori» 
acher  Rem  das  Factum ,  dafs  Jesus  an  Jenem  Abend  Im 
Garten  In  ein  heftiges  Zagen  hinelngeratben  sei,  und  Gott 
um  Abwendung  seines  Leidens ,  mit  Vorbehalt  Jedooh  der 
Unterwerfung  unter  seinen  Willen,  gebeten  habe:  wobei 
wß  Indefs  unter  Voraussetautig  der  gewdhnllcben  Ansicht 
vom  VerhSltnife  unserer  Erangellen  nicht  wenig  befremden 
■Kifs,  dafs  dem  Jobannetschen  Evangelium  seibat  diese  Grund* 
aige  der  {n  Rede  stehenden  Geeohlebte  fohlent 

VerkVltBlts  des  vierten  EvsageUiuBs  su  den  VorgVngen  In  Gelb- 

semsne«    Die  johanneitcben  Abschiedsreden  und  die  Scene 

bei  Anmeldung  der  Hellenen. 

Das  Verlmiten  dea  Johannes  au  den  bisbmr  erwogeneu 
Eraählunfen  der  Synoptiker  liat  aunftcbst  die  swei  Seiten, 
dsfs  er  erstlich,  von  dem,  was  dlessr  gelten,  nii&ts  bnt,  und 
Bweltens statt  dessen  etwas  bat,  wsii  mit  dem  ven  den  Sjm- 
epatLern  EraliUien  unvereinbar  scheint« 


Drittes  Kapital.    |.  125.  4di 

Was  die  erste,  negstlTe,  Seite  betrifft,  so  ist,  beider 
Ifewfthnliehen  Voreassetsunt^  über  den  Verfasser  des  Tier» 
ten  K^aiigellans  und  die  Richtigkeit  des  synoptischen  Be- 
riohtes,  s«  erUfiren,  wie  es  kommt,  dafs  Johannes,  der 
deeh  den  beiden  ersten  Evangelien  safoige  einer  der  drei 
gewesen  ist,  welebe  Jesus  ais  die  näheren  Zeugen  seines 
Kaaipfes  mit  sieh  nahm ,  den  gansen  Vorgang  mit  Still« 
sohweigen  flbergeht?  Anf  seine  SchläfriglLeit,wiihrend  det- 
Adben  darf  bmui  sieh  nicht  berufen ,  da ,  wenn  diese  eiii 
lÜBdemUs  war,  simmtliehe  Evangelisten,  nicht  Johannes 
allein,  von  der  Sache  schweigen  miilsten«  Daher  sieht  man 
auch  hier  das  Vulgäre  herai^  er  übergehe  die  Scene ,  weil 
er  sie  schon  bei  den  Synoptikern  sorgfältig  genug  darge* 
stellt  gefunden  habe  0«  Allein  swischen  den  beiden  ersten 
Synopti  kern  und  dem  dritten  findet  Ja  eine  so  bedeutende 
Dlffereias  statt,  dafs  sie  den  Johannes,  wenn  er  auf  ihre 
DarstelLungen  Rflcksicht  nahm,  ai|f  s  Dringendste  an£fordern 
mfste,  in  diesem  StreU  ein  vermittelndes  Wort  au  spre- 
chen. Wenn  aber  auch  nicht  aas  den  vor  ihm  liegenden 
Arbeiteo  seiner  Vorgänger,  so  soll  Johannes  doch  haben 
voraussetsen  können ,  dafs  ans  der  evangelischen  Tradition 
Jene  Geschichte  seinen  Lesern  hinlüngllch  bekannt  sein  wer- 
de *).  Doch,  da  ans  dieser  Tradition  die  so  sehr  abwei- 
chenden Darstellungen  der  Synoptiker  hervorgegangen  sind, 
so  mufs  in  ihr  selbst  schon  frühiseitig  ein  Schwanken  ge- 
wesen ,  und  die  Sache  bald  90  bald  anders  erzählt  worden, 
folglich  auch  von  hier  aus  t^n  den  Verfasser  des  vierten 
Evangelinms  die  Aufforderung  ergangen  sein,  diese  schwan- 
iLcnden  Ersähinngen  durcK  seine  Auctorität  su  berichtigen« 
Daher  hat  man  neuestens  aof  etwas  gans  Besonderes  ge- 
vathen,  dafs  nämlich  Johannes  die  Vorgänge  in  Gethsema- 
ne  defswegen  Obergehe ,   um  nicht  durch  Erwähnung  des 


1)  Olshausbic,  2,  S,  429. 

aj  Tuou7C«,  S.  315.    LOgkb,  2,  8.  591. 


456  Dritter   Absohnitt 

stlrfcenden  Rngela  der  ebtonttlsehen  Meuiasg  .Vor«<»biib  m 
thao,   das  Höhere  in  Christo  sei  ein  Engel  gewesen,   der 
sich  mit  ihm  bei  der  Tanfe  verbanden  liabe,    and  damnlS| 
Tor  den  Antritt  des  Leideüos,    wie  man  glauben  iLoonte, 
wieder  von  ihm  geschieden  sei  ')•    Aliein,  aneh  abgeaebca 
davon,  dals  wir  diese  Hypothese  schon  sonst  als  ttasarei« 
chend  gefiindea  haben,  die  Aoslassongea  im  johaoneisclien 
£vangeltam  sv  erkUn^n«  so  mofste  «lohannes ,    wenn  er  et* 
Be  engere  Beaiehung  Jesu  auf  Engel  vermelden  wollte, 
auch  noch  andere   Stellen  ans  seinem  Evangelium  weglas- 
sen :  vor  allen,  worauf  LCckb  aufmerksam  macht  ^  ,  1,  5S. 
den   Ausspruch  von   den  über  ihm  auf«  und  ab^teigeadea 
Engeln ,    dann  aber  auch  das ,    swar  nur  als  Vermutheng 
etlicher  Umstehenden  gegebene,   ayyakog  ^inij!  AeilaAjjxfr 
12,  29.     Nahm  er  aber  aus  Irgend  einem  Grunde  an  dem 
Engel  im  Garten  ganz  hesondern  Anstofs:  so  konnte  doch 
hierin   nur  ein  Grund  liegen,  mit  Matthäus  und  Markus 
die  üaswischenkuuft  des  Engels,  nicht  aber,  die  ganae,  von 
der  Angelophanie  wohl  trennbare  Geschichte  wegsnlssaen. 
.Will  ^ich  nun  schon  das  Fehlen  der  Begebenheit  bei 
Johannes  nicht  erkl&ren  lassen :  so  wächst  die  Schwierig- 
keit, wenn  wir  dasjenige  erii^ägen,   was  derselbe  statt  die- 
ser Scene  im  Garten  über  die  Stimmung  Jesu  in  den  lets>- 
ten  Stunden  vor  seiner  Gefangennehmong  mttheilt.    Nfim- 
lich  an   der  gleichen  Stelle  zwar,  volche  die  Synoptiker 
dem  Seelenkampf  anweisen,  hat  Johannes  nichts,  indem  er 
nach  Jesu  Ankunft  im  Garten  sogleich  die  Verhaftung  er- 
folgen Iftlst:   aber  unmittelbar  vorher,   i^i  und  nach  dem 
letaten  Mahle,  hat  er  Reden,  von  einer  Stimmung  beveelt^ 
auf  welche  dergleichen  Sceiiea ,   wie  sie  laut  der  synopti- 
schen Berichte  im  GMten  vorgegangen  sein  sollen,   nietu 
wohl  gefolgt  sein  kdnnen*    In  den  Abschiedsreden  bei  J«- 


3)  ScanscKBNBVRfiSRy  Beitrüge^  S.  65  f. 

4)  Co«m.  1,  S.  177  f. 


Dvittes  RapiteL    $.  1^  457 

Johanna  iitaillch,  Kap.  14 — 17,.  spricht  Jeans  gans  wie  el-^ 
ner ,    der  das  be? orsteheode  Leiden  innerlich  schon  röilig 
flberfritnden  liat;  von  einem  Standpunkt,  welchem  der  Tod 
in  den  Strahlen  der  anf  ihn  folgenden  flerrliefakeit  rer- 
schwimmt;   mit  einer  göttlichen  Rahe,  die  tn  der  Gewifs« 
heit  ihrer  UnereehOtterttchkeit  heiter  Ist:   wie  konnte  ihm 
otnmittelbar  daraaf  diese  Rohe  in  der  heftigsten  GemOths- 
bewegnng,  diese  Heiterkeit  in  Todesbetrfibnift  antergehen, 
snd  er  ans  dem  schon  gewonnenen  Sieg  wieder  sam  schwan- 
kenden Kampf,  in  welchem  er  der  Stärkung  darcfa  einen  En- 
gel bedurfte,  BurAcksinken ?    In  Jenen  Abschiedsreden  isl 
er  es  durchaus,  weicher  aus  der  Falle  seiner  inneircm  Klar« 
heit  und  Sicherheit  die  sagenden  Freunde  beruhigt :  und 
nun  soll  er  bei  den  schlaftrunkenen  SchOlem  geiiÜgen  Bei 
stsiMi  gesucht  haben,  indem  er  sie  mit  ihm  su  vflißhen  bat : 
dort  ist  er  der  heilsamen  Wirkungen  seines  berot*stehenden 
Todes  so  gewiis,  dafs  er  die  Jfinger  versicherte  es  sei  gut 
dar«  er  hingehe ,  sonst  kXme  der  naQdxlijtog  nicht  an  ih< 
nen :    nun  soll  er  hier  wieder  gCEweifelt  haben ,   ob  sein 
Tod  auch  wirklich   des  Vaters  WiUe  sei;    dort  ceigt  ei 
ein  Bewulstsein ,   welchea  in  der  Nothwendigkeit  des  To 
des  dadurch ,   dafs  es  diese   begreift,    die  Freiheit  wieder 
findet,  BO  da(s  sein  Sterbenwollen  mit  dem  gdtlfctlchen  Wil 
Jen ,  dafs  er  sterben  solle,  eins  bt :    hier  geben  diese  bei- 
den Willen  so  auseinander,  daft  sich  der  sub/ectiTe  untei 
den  absoluten  ewar  freiwillig,  aber  doch  ntir  sdnn^rshaft 
beugt.    Und  diese  beiden  so  entgegeogesctsten  Silmmungei 
sind  nicht  etwa  durch  eive  swiscfaendngetretene  schrecken 
de  Begebenheit,  sondern  nur  durch  den  geringen  Zeitraun 
getrennt,  welcher  w£hrend  des  Gangs  aus  Jerusal^ü  flbei 
den  Kidron  nach  dem  Ölberg  verlief:    gans  als  wire  Je 
8«  in  Jenem  Bache,  wie  den  Seelen  im  Lethe,  alle  Ednnemni 
an  die  vorangegangenen  Reden  und  Stimmungen  versunken 
Man  beruft  sich  swar  auf  den  Wechsel  der  Stimmun 
gen,  welcher  natfirlich,  je  nAher  dem  entseheidenden  Mo 


4W  Dritter  Ab«ohiiItt 

aieaty  im^o  «cbaeUtr  werde  ^);  avf  die  Thettiiebe,  defe 
tticht  selten  im  Leben  glAubiger  Pertenen  eine  ptetsllehe 
£iitEiebung  der  höheren  Lebentkrifte ,  eine  Gettrerlaegea- 
beit,  eiittretei  weiehe  den  doeh  erfelgenden  Steg  erst  wabr» 
htktt  grotk  nud  liewiindenHieenh  meehe  ^).  Allein  dieee 
letetere  Ansieht  verrfttb  ihren  nngeistigen  Ursprung  a«s  ei- 
Dem  imagiiiirenden  Uenl(en  (welebefli  die  Serie  etwn  wie 
ein  See  erscheinen  iLana,  der,  je  naetidea  die  enfUhren* 
den  Kanftle  verseUossen,  eder  deren  Seblevsen  gedfl&ieC 
werden,  ebbt  eder  fliithet)  segleieh  dnrob  die  Widerspre- 
che ,  in  welche  sie  nach  allen  Seiten  sidi  yerwlelielt.  Der 
Sjeg  Christi  aber  die  Todesfurcht  soll  erst  dadaroh  seine 
rechte  Bedeutu'ig  gewinnen,  dafs,  w&hrend  ein  Sekretes 
nar  siegen  konnte,  indem  er  im  vollen  Besita  seiner  gei- 
stigen Kraftfülle  blieb,  Christas  Ober  die  gnnae  Macht 
der  Finsternifs  aaeh  in  der  Verlassenheit  von  Gott  und 
der  Fttlle  seines  Geistes,  durch  seine  blofse  menschliebe 
tpv)^  j  an  siegen  im  Stande  war  — :  ist  diels  nicht  der 
roheste  Pelagianismas ,  der  grellste  Widersprach  gegen 
Kirchenlehre  wie  gegen  gesnnde  Philosophie ,  welche  glei- 
cherweise darauf  bestehen,  dafs  ohne  Gott  der  Mensch 
nichts  Gates  than,  nur  durch  seinen  Harnisch  die  Pfeile 
des  Bösewichts  sorfickschlsgen  könne?  Um  diesem  Wi- 
dersprach gegen  die  Ergebnisse  eines  wirklichen  Denkens 
au  entgehen ,  mafs  jenes  phantasirende  Denken  einen  Wi* 
difrsprttch  mit  sich  selbst  hinsnfQgen,  sofern  nun  in  deos 
atlirkenden  Engel  (welcher  bellüafig  auch  gegen  allen  Wort- 
verstand der  Stelle  an  einer  bloCs  innerlieben  Ersclietnun^^ 
die  Jesus  hatte,  umgedeutet  wird)  dem  In  der  böchstint 
Verlasseaheit  ringenden  Jesu  ein  Zuflufs  geistiger  Krftfte 
au  Theil  geworden  sein  soll,  so  dafs  er  eise  doch  nicb% 
wie  vorher  gerfibmt  worden  war^  ohne^   sondern  mit  fiil« 


5)  LCcKii,  2,  S.  592  ff. 
€)  Ombamw,  2>  3.  429  f. 


Dritte«  KapiteL    $.  125.  4M 

fe  gdttikher  Krftfte  gattogt  bitt« :  wenn  ntaüieb  naeh  L»- 
kas  iler  Kugel  var  dam  letstan,  beftigsten  Mooienta  da« 
Kampfs,  am  Jatum  für  dentalbeti  an  itirken,  ertehianea 
•ein  aalJ«  Daob  abe  aum  bq  offeobar  sieb  selbst  wider- 
apriehti  widarsprlebt  ourn  lieber  rersteokt  dem  Text-,  und 
SQ  verdrebt  noji  Olshavsin  die  Steliaag  der  Momente,  ia- 
dam  er  obue  Weiter^  annimmt ,  die  Stärkung  sei  nacb 
dam  dreimaUgaa  Gebete,  alsa  naob  bereits  errungenem  Sie- 
ge, eingetreten,  so  weichem  Qebuf  dann  das  nach  Erwäh- 
nung des  Engels  stehende  xol  'ysvoftsvog  h  ayuivUf  i$t€ivlgs^ 
Qov  nQogipix^o  mit  höchster  WiUkahr  als  Plusquampap* 
feettim  gedeutet  wird. 

Doch  auch  abgesehen  von  dieser  sifmlichen  Ausmalung 
lies  Grundes,  welcher  den  sehneilea  Weclisel  in  Jesu  Stim- 
mung bm*l>eigeftfbrt  haben  soll,  Ut  die  Annahme  eines  solchen 
auch  an  sieh  yon  vielen  Sobwierigkeifen  gedrfickt.  Mäher 
nämlieh  wäre,  was  hier  bei  Jesu  stattfände,  nicht  ein  blo- 
fnar  Wechsel,  sondern  ein  fUlckfall  der  bedenklichsten  Art. 
MamentUobin  dem  sogenannten  hohenpriesterlichen  Gebete, 
Job.  17,  hatte  Jesus  seine  Rechnung  mit  dem  Vater  völlig 
abgesehlossen;  jedes  Zagen  in  ßeaug  auf  dss,  was  ihm  be- 
vorstand, lag  hier  bereits  so  weit  hinter  ihm,  dsCs  er  ober 
sein  eigeniM  Leiden  kein  Wort  verlor,  und  nur  der  Di*ang- 
aale  gedachte,  welche  seinen  Freunden  drohten ;  den  Haupt« 
Inhalt  sriner  Unterhaltung  mit  dem  Vater  bildete  die  Herr- 
liebkeit,  in  welche  er  sofort  einaugehen,  und  die  Selig- 
kalt,  welche  er  den  Seinigen  erworben  mi  haben  hoffte: 
so  dafa  sein  Hingang  feum  Seliauplata  der  Gefangennehmnng 
gans  den  Charakter  iiat,  dem  innerlicb  und  wesentlioh  be- 
reits Voilaogenen  nur  noch  die  äussere  VenvirkÜebong  als 
aeeidentelle  Beigabe  binausufägen*  Wenn  nun  Jesus  naeb 
diesem  Abseblusse  die  Rechnung  mit  Gott  noch  einmal  er» 
dffnete,  wenn  er,  nachdem  er  sich  schon  Sieger  gemeint, 
noch  einmal  in  ängstlichen  Kampf  surfieksank:  mlllate.er 
da  nicht  sich  fragen  lassen:  warum  hast  dn,  statt  in  eiteln 


450  Dritter   Abschnitt. 

floffnan^en  der  HerrÜehkett  sa  röhwelgen  ,  dich  nicht  lie- 
ber bei  Zeit  mit  dem  ernsten  Gedanken  des  bevorstehenden 
Leidens  beschäftigt,  am  dir  dorch  solche  Yorbereitong  die 
gefftbriiche  Überraschung  dnrch  das  Herannahen  demselben 
za  ersparen?  waram  hast  du  Triumph  gerufen,  ehe  da 
gekfitnpft  hattest,  um  dann  bei  Annftherung  des  Kampfs 
Qiit  Beschämung  um  Hülfe  rufen  zu  müssen  ?  In  der  Tliaty 
nach  der  in  jenen  Abschiedsreden,  und  besonders  im  Sciblufs- 
gebet,  ausgesprochenen  Gewifsheit  des  bereits  errungenen 
Siegs  wäre  das  Herabsinken  in  eine  Stimmung )  wie  sie  die 
Synoptiker  schildern,  ein  sehr  demfithigender  Rückfidl  ge- 
wesjBn,  welchen  Jesus  nicht  vorausgesehen  haben  könnte, 
sonst  wflrde  er  sich  rorher  nicht  so  selbstgewifs  ansgeapro- 
chen  haben,  welcher  demnach  beweisen  wörde,  dafs  er 
steh  ober  sich  selbst  getfinsehst,  dafs  er  sich  ffir  stärker 
genommen  hätte ,  als  er  sich  wirklich  fand ,  und  dafs  er 
Jene  bu  hohe  Meinung  von  sich  nicht  ohne  einige  Vermes* 
senheit  ausgesprochen  hätte.  Wer  nun  diefs  dem  sonstigen, 
ebenso  besonnenen  als  bescheidenen  Wesen  Jesu  nicht  an« 
gemessen  findet,  der  wird  sich  eu  dem  Dilemma  gedrun- 
gen fühlen,  dafs  entweder  die  Johanneischen  Abschiedsre» 
den,  und  namentlich  das  .Schlufsgebet ,  oder  aber  die  Vor- 
gänge in  Gethsemane  nicht  historisch  sein  können. 

Schade,  dafs  bei  der  Entscrheidung  hierüber  die  Theo« 
logen  mehr  von  dogmatischen  Vorurtheilen ,  sls  von  kriti- 
schen Gründen  ausgegangen  sind.  DsTEafs  Behauptung  we- 
tiigHtens,  dafs  nur  die  Johanneisohe  Darstellung  der  Stim- 
mung Jesu  in  seinen  letaten  Stunden  die  richtige,  die  der 
Synoptiker  aber  unhistoriseh  sei  *),  wird  man  nur  aua  der 
damaligen  Anhänglichkeit  ihres  Urhebers  an  die  Paragraphen 
der  ScBLEiERMACHBu'schen  Dogmatik  erklärlich  finden,^  in 
welcher  der  Begriff  der  Unsündliohkeit  Christi  auf  eine  Weise 

7)  Commentatio  critica,  qua  ETangelium  Joannis  genuinum  esse 
-«>  oslenditur,  p.  57  ff. 


Drittes    Kapitel.    %.  125.  Ul 

gespannt  wird  y  die  seibat  das  Kleinste  von  Kampf  ans* 
schliefst;  denn  dafs^  abgesehen  von  solchen  VorAuscetzon- 
gen,  die  Johanneische  Darsteliong  der  letzten  Stunden  JesQ 
eine  natürlichere  und  saehgemfirsere  ^würe,  möchte  schwer 
nachzuweisen  sein»  £ber  könnte  umgekehrt  Bretschneider 
recht  zu  haben  scheinen ,  wenn  er  für  die  Synoptiker  die 
grölsere  Natürlichkeit  und  innere  Wahrheit  der  Schilde« 
rang  in  Ansprach  nimmt  0^  wenn  nur  nicht  di^Art,  wie 
ihm  an  den  Ton  Johannes  in  diesen  Zeitpunkt  gestellten 
Reden  hauptsSehlich  das  Dogmatisehe  und  Metaphysische 
zuwider  ist,  an  den  Ursprung  seiner  ganzen  Polemik  ge« 
gen  den  Johannes  aus  dem  Widerwillen  seiner  kritischen 
Reflexionsphilosophie  gegen  den  speculativen  Gehalt  des 
▼ierten  Evangeliums  erinnerte« 

Gans  übrigens  bat,   wie  auch  die  Probabilien  bemer« 
kenj  Johannes  die  Beängstigung  Jesu  in  Bezug  auf  seinen 

.  bevorstehenden  Tod  nicht  übergangen,  nur  dafs  er  sie 
schon  an  einer  früheren  Stelle,  Job.  12,  27  ff«,  eingefügt 
hat  Bei  aller  Verschiedenheit  der  Verhiltnisse  (da  die 
?on  Johannes  beschriebene  Scene  unmittelbar  nach  dem 
Einzug  Jesu  in  Jerusalem  vorgeht,  als  ihn  mitten  unter 
der  Menge  einige  zum  Fest  gekommene  Hellenen ,  ohne 
Zweifei  Proselyten  des  Thors,  zu  sprechen  wünsdhten)  und 
des  Hergangs  selbst ,  findet  doch  zwischen  diesem  Vorfall 
and  dem,  weichen  die  Synoptiker  in  den  letzten  Abend  des 
Lebens  Jesu  und  in  die  Einsamkeit  des  Gartens  versetzen, 
eine  auffallende   Übereinstimmung  statt.     Wie  Jesus   hier 

^seinen  Jungem  erklärt:  neglXvnog  igiv  ^  ^vxij  jua  ^ü9g  ^a« 
foxs  (Matth.  26,  38.) :  so  sagt  er  dort :  vvv  i^  tpvxij  fta  %€^ 


8)  Frobab.  p.  33  ff.  In  einer  etwaigen  dritten  Ausgabe  mt5ge 
doch  OLSMAriSTf  endlich  den  Verf.  der  Probabilien  aus  der 
Reibe  derer  wegstreichen,  welche  die  synoptische  Erzählung 
vom  Kampf  in  Gethsemane  mit  Rücksicht  auf  das  Stillschwei- 
gen des  Augenzeugen  Johannes  fUr  irrig  halten  (2,  S.  428«) ! 


462  Dritter  Abiehnitt. 

fccQCnttai  (Job.  1%  27.))  ^®  ^^  bler  betet,  tva^  et  ^intr- 
tor  igif  naqiX&ri  an  avtS  ij  tÜQa  (Marc.  14,  55.) :  so  bSt- 
tet  er  dort:  ndreQ^  auiaov  fie  ix  tijg  wgag  tavTijg  (Job. 
ebdsO;  wie  er  aber  hier  sieb  darofi  die  Restriction :  dUÜ 
e  tl  iyd  9kha^  aXla  tl  oriJ,  berabigt  (Marc  14,  S6.):  «o 
dort  durcb  die  Reflexion :  iXka  dui  tSto  tjX&ov  etg  t^wQcof 
xavTfjv  (Job.  ebendas«) ;  endlicb  ^  wie  bier  ein  ayyeXog  in^ 
oxvtav  Jesu  ertcbeint  (Lue.  22,  43.)  •  ^^  ereignet  8icb  aueh 
dort  etwa«,  daB  einige  der  ümstebenden  en  der  Ausserang 
Teranlabt:  ayyeXog  avtq}  XBlalrjxeif  (Job*  V.  29.)«  Dureh 
diese  Abniichkeit  bewogen,  baben  neoere  Tbeologen  den 
Vorgang  J.  12,  27  ff.  mit  dem  in  Gethsemane  ilir  iden* 
ticb  erlilärt ;  wobei  es  nnr  daranf  anicam,  auf  welcbe  von 
beiden  Seiten  der  Vorwurf  nngenaaer  ErsRblung  und  na» 
mentlich  nnricbtiger  Stellung  fallen  sollte« 

Der  Richtung  der  neueren  Evangelienliritilc  gemfifg  ist 
\  snniebst  den  Synoptikern  aufgebürdet  worden,  in  dieser 
Saebe  sieb  geirrt  eu  haben.  Die  wahre  Veranlassung  des 
Seelenkampfs  Jesu  sollte  nur  bei  Johannes  eu  finden  sein, 
in  der  Annäherung  Jener  Hellenen  ntimlieh,  welche  ihm 
durcb  Philippus  und  Andreas  den  Wunsch  eu  erkennen 
gaben ,  ihn  zu  sehen«  Diese  baben  ihm  ohne  Zweifel  An* 
träge  machen  wollen,  Palästina  sn  verlassen,  und  anter 
den  auswärtigen  Juden  fortzuwirken ;  ein  solcher  Antrag 
habe  einen  Reiz  f&r  ihn  enthalten ,  sich  der  drohenden  Ge* 
fahr  zu  entziehen ,  und  diefs  Um  auf  einige  Augenblicke 
In  einen  Zustand  von  Zweifei  und  innerem  Kampf  gesetzt, 
welcher  jedoch  damit  geendigt  habe,  dafs  er  die  Hellenen 
nicht  vor  sich  Uefs  ^.  Das  beifst  nun  nichts  Anderes,  ab 
mit  einem 9  durcb  doppeltes,  kritisches  wie  dogmatisebei 


9)  GotDBoiiif ,  über  dal  Scbweigeii  des  Soh.  EvsAg.  Ober  den 
Seelenkampf  Jesu  in  Gethsemane  |  in  TzsciuiiNBit^t  Magazin 
f.  cbrittHche  frediger,  1,  2>  S.  1  ff. 


Drittfti  Kiiptt^L    f.  M5.  4M 

Vornrthett  gttehArfton  Gesieht  Ewiioh«n  den   Zi^tleii  im 
Tettet  gelesen ;  denn  von  einem  solchen  Antrag,  den  die 
Hellenen  beabsichtigt  hitlett)  ist  bei  Johannes  keine  Spar: 
da  es  doeh ,  gesetat  aaeh  y  der  Evangelist  habe  Ton  des 
Plan  der  Hellenen  doroh  diese  selber  niebts  gewnrst,  de« 
Reden  Jesu  ansnmerken  sein  müfste,  dafs  sieh  seine  6e- 
nttthsbewegang  auf  einen  solchen  Antrag  besog*    Nach  dem 
ZnsamBMnbang  der  johannelachen  Darstellung  hatte  das  Be- 
gehren der  BeUenen  Iieinen  andern  Grund,   als  daft  sie 
daroh  den  feierliehen  Einsug  und  das  viele  Reden  der  Lente 
von  Jesu  begierig  geworden  waren,  den  gefeierten  Mann 
tu  aeben  und  kennen  su  lernen^   und  die  Gemtftbsliewe» 
gong,    in  welche  Jestfs  bei  diesem  Anlafs  hineingerieth, 
klang  mit  ihrem  B/Bgehre«  nur  so  nasammen ,    dals  Jesus 
dsduroh  veranlafst  wnrde,  an  die  baldige  Verbreitnag  sei» 
nes  Reichs  in  der  Heidenwelt,  nnd  an  die  unerlursllche 
Bedingang  von  dieser,  an  seinen  Tod,  au  denken.    Je  vor» 
nittelter  und  entfernter  aber  hienach  die  Vorsteilung  sei* 
aes  bevorstehenden   Todes  Jesu  vor  die  Seele  trat:    desto 
weniger  ist  au  begreifen ,    wie  sie  ihn  so  stark  erschüttern 
konnte,  da&  er  sieh  gedrungen  fttiüte ,  den  Vater  um  Ret- 
tang ana  dieser  Stunde  anaoflehen,   und  wenn  er  einmal 
ha  Vorgefühl  des  Todes  im  Innersten  erbebt  haben  soll,  so 
scheinen    die  Synoptiker  dieses   Zagen   an  eine  richtigere 
Stelle ,    in  die  unmittelbarste  Nfthe  des  beginnenden  Lei* 
dens ,    au  verlegen*    Auch  das  fällt  bei  der  Johanneiscbe« 
Darstellung  weg ,    was  die  Synoptiker  aar  Rechtfertigung 
der  Bangigkeit  Jesu  an  die  Hand  geben,  dafs  in  der  Ein« 
samkeit   des  Gartens  und  der  Nacht,   deren  Schauer  ihn 
überfielen,  sich  eine  solche  GemQthsbewegung  eher  begrei- 
fen ,  nnd  ihre  unverholene  Äusserung  im  Kreise  von  lauter 
Vertrauten  und  Würdigen  sich  wohl  rechtfertigen  au  las* 
sen  scheint.    Denn  nach  Johannes  befiel  Jene  Erschfltterung 
Jesum  am  hellen  Tage ,    mitten  unter  dem  anströmenden 
Volke,  wo  amn  sonst  leichter  die  Fassung  behAl^  oder  vor 


4M  Dritter  Abschnitt.  ' 

weiebem  man  doeh ,  des  mdgilchen  MlfsTerstffndnisses 
gen,  stärkere  GemUthsbewegongen  in  sich  verschlief sl. 

Weit  eher  wird  man  daher  der  Ansieht  Thsiles  sostim« 
men  Iii^nnen ,  da(s  der  Verfasser  des  vierten  Evangeliamt 
die  von  den  Synoptikern  richtig  eingeffigte  Begebenheit  an 
einen  falschen  Ort  gestellt  habe  ^^  Da  Jesus  sbr  Einlei- 
tong  einer  Antwort  an  die  Hellenen,  welche  den  durch 
den  Einsog  Verherrlichten  sprechen  wollten,  gesagt  hatte : 
ja,  die  Stnnde  meiner  Verherrllchnng  ist  da,  aber  der  Ver> 
herrUchnng  dorch  den  Tod  (12,  ^.  f.):  so  habe  diefs  den 
ErEähler  verleitet,  statt  die  wirkliche  Antwort  Jesa  an  die 
Hellenen  sammt  dem  weiteren  Verfolg  ansageben,  vielfliehr 
Jesam  sich  ausführlich  über  die  innere  Nothwendigkdtsei* 
nes  Todes  verbreiten  sn  lassen,  wo  er  dann  fast  nnbewvfirt 
auch  die  Schilderung  des  inneren  Kampfs,  den  Jesus  rAck- 
•ichtlich  seiner  freiwilligen  Aufopferung  sn  bestehen  hatt«^ 
eingeAochten  habe,  welchen  er  defswegen  spXter,  an  sei» 
ner  eigentliehen  Stelle,  fibergehe.  Eigen  ist  hiebei  nur, 
dafs  Thbilb  der  Meinung  ist,  eine  solche  Umstellung  habe 
dem  Apostel  Johannes  selbst  begegnen  können.  Daia  sich 
ihm  der  Vorgang  in  Gethscmane,  da  er  w£ln«nd  detaelben 
schlaftrunken  gewesen,  nicht  tief  eingeprägt  habe,  nnd 
dafs  derselbe  fiberdem  durch  den  schnell  darauf  erfolgten 
Kreusestod  in  den  Hintergrund  seines  Bewnfstseins  gerückt 
Worden  sei,  dadurch  könnte  man  etwa  erlilärt  findet, 
w^n  er  ihn  gans  übergangen ,  oder  nur  summarisch  dar^ 
gestellt  hätte,  keineswegs  aber,  dafs  er  ihn  an  unrechter 
Stelle  eihgefiDgt  hat«  So  viel  mnfste  er  doch,  wenn  er  an- 
erachtet  seiner  damaligen  Sohlfifrigkeit  von  dem  Vorgang 
Motis genommen  hatte,'  behalten,  dafs  Jene  eigenthamliche 
Stimmung!  Jesum  hart  vor  dem  Anfang  seines  Leidens,  und 
in  Macht  nnd  Einsamkeit  befallen  habe:  wie  konnte  er  |e- 


10>  t.  die  Recens.  von  üstkm's  Comment.  crit.,  in  WiKiJi't  ^d 
Ek^buurdt's  n.  kr.  Journal,  2,  S.  559  ff. 


Drittes   KapIteL    %.  VJ&.  465 

malt  seine  Erinnemi»g  so  weit  yerlfiugnen>  dafii  er  die  Sce^ 
ne  in  weit  frühereir  Zeit,  am  hellen  Tag  und  unter  vielem 
Volke  vorgehen  liefs  ?  Um  nicht  anf  diese  Weise  die  Acht« 
heit  des  johanneischen  £raiigeliams  su  gefährden,  bleiben 
Andere  dabei,  mit  Bernfang  darauf,  dafs  eine  solche  Stin^- 
mnng  im  lotsten  Abschnitte  des  Lebens  Jesu  mehrn^ais  ha« 
be  vorkommen  könpen,  die  Identität  der  beiden  Scenen 
sa  läugnen^^)* 

Allerdings  finden  zwischen  der  ^jnoptischen  Dsrstel^r 
Jung  des  Seelenkampfs  Jesu  und  der  jobanneischen ,  auch 
ausser  der  verschiedenen  äusseren  Stellung,  im  Inhalt  bei- 
der Vorgänge  noch  bedeutende  DiiFerenKen  statt,  indem 
namentlich  die  johanneische  Erzählung  Züge  enthält,  wel« 
che  in  den  fiericl^ten  der  drei  ersten  Evangelisten  über 
den  Vorfall  in  Getbsemane  keine  Analogie  findet «  Wenn 
nämlich  zwar  das  Flehen  des  Johanneibcheu  Jesus  um  Ret- 
tung ans  dieser  Stunde  bei  den  Synoptikern  vollkommen 
anklingt:  so  fehlt  es  doch  für  die  bei  Johannes  hinzöge«* 
fügte  Bitte:  ndteQ^  do^aaov  oö  to  ovofiu  C12,  28.),  an  ei- 
ner Parallele;  ferner,  wenn  zwar  in  beiden  Dar»tellungen 
von  einem  £ngel  die  Rede  ist,  so  ist  doch  von  einer  iHuk" 
melsstimme,  welche  im  vierten  Evangelium  die  Aleiuung, 
es  sei  ein  £ngel  im  Spiel  gewesen,  veranlal'st,  bei  den  Syr« 
optikern  keine  Spur.  Sondern  solche  fiimmelsstimmen  fii  • 
den  wir  in  diesen  Evangelien  nur  bei  der  Taufe  und  wie- 
der in  der  Verklärungsgeschichte^  an  welche  letztere  auch 
die  Bitte  des  johanneisohen  Jesus :  ndiiQ^  do^aoov  aa  tq 
crofiUf  erinnern  kann.  In  der  synoptischen  Beschreibung 
der  Verklärung  zwar  findet  sich  der  Ausdruck  id'o^a  und 
do^d^Hv  nicht,  dagegen  läfst  der  zweite  Brief  Petri  Jesu 
bei  der  Verklärung  zifiijv  xal  do^av  zu  Theil  werden,  und 
die  Uimmelsstimme  aus  der  fuyalonQeTii^g  do^a  erschaUen 
Cl,  17  fO*    So  bietet  sich  denn  zu  den  beiden  bisdaber  be* 


11)  ÜAta,  L.  J.  V  }S4.    Ll'caB,  2,  8.  591  f«  Anm.  ' 
Das  Leb^n  J$m  2t9  AuJI  IL  Band.  30 


460  Dritter   Absehnitt« 

traohteten  EvEÜdnngen  nach  eine  dritte  nie  Parallele  dar, 
indem  die  Seene  Job.  12,  27 ff., ^ wie  einer^eitt  durch  die 
Bekfimmernirc  und  den  finget  mit  dem  Vorgang  in  tietb- 
semane,  80  andreraeits  durch  die  Bitre  am  VerklKrong  and 
die  gewfthrende   Htmmelsstimme   mit    der    Verklfirongsge- 
achichte  fiatammenbftngt.     Und  nun   sind  swei  Ffille  mög- 
lich:   entweder  iat   die  jobanneiscbe  Erefihlang  die  einfa- 
che  Wurad ,   aus  welcher  auf  traditionellem  Wege  doreh 
Scheidung  der  in  ihr  enthaltenen  t^lemente  die  beiden  syn- 
optischen Anekdoten  ron  der  Verklärung  und  dem  Seelen- 
kumpf  hervorgewachsen  sind:    oder  sind  diese  letsteren  die 
nrsprünglichen  Gestaltungen,  aus  deren  Auflösung  und  Ver- 
schviemmnng  in  der  Saf^e  die  johanneisohe  Er^fihlung  als 
gemischtes    Product  susammengeflossen  ist;    woräbfr  nur 
die  Beschaffenheit  der  drei  Anekdoten  entscheiden  kann. 
J>ars  nun   die   synoptischen  Eraählungen  Ten  der  Verklf* 
rung  und  dem  Seelenkampf  klare  Gemftlde  mit  bestimmt 
ausgebildeten  ZOgen  sind,  kann  für  sich  nichts  beweisen, 
da«  wie  wir  cur  Genfige  gefunden   haben,  eine  aus  aagen- 
haftem  Boden  erwachsene  Erzählung  ebensogut,  als  eine  rein 
historische,  Jene  Eigenschaften  besitaen  kann.    Wäre  also 
die  Johanneische  Darstellung  jenes  Auftritts  nur  minder 
klar  und  bestimmt  gehalten,  so  kannte  sie  defswegen  doch 
für  den  urspriinglichen ,   einfachen  Bericht  gehalten  wer- 
den, aus  welchem  sich  durch  die  ausschmfickende  und  ma* 
lende  Arbeit  der  Überlieferung  Jene  farbigeren    Gebilde 
berausentwickelt  hätten.    Nun  aber  fehlt  ea  der  Johannei- 
achen  Ersählnng  nicht  blofs  an  Bestimmtheit,   sondern  an 
Übereinstimmung  mit  den  umgebenden  Verhältnissen  und 
mit  sich  selbst.     Wo  Jesu  Antwort   auf  das  Gesuch  der 
Hellenen  bleibt,    und  wo  diese  selber  hinkommen,   weils 
niemand;  die  plötaliche  Beklemmung  Jesu  und  die  Bitle 
am  eine  Ehrenerklärung  ?on  Seiten  Gottes  sind  nicht  ge- 
hörig  motivirt.    Ein  solches  Gemisch   uneusammengehöri- 
ger  Theile  ist  aber  immer  das  Kenuaeichen  eines  seoandä- 


Drittes  Kapitel.    $.  125.  467 

ren  Products,  eines  zasam mengeschwemmten  Conglomerats : 
und  so  scheint  denn  der  Schlafs  gerechtfertigt,   dafs  in  der 
Johanneischen  Ersfihlnng  die  beiden  synoptischen  Anekdo- 
ten von  der  Verklärung  und  rom  Seelenkampf  ssusammen- 
geflossen  seien.    Hatte  dem  Verfasser  des  vierten  Rvange- 
liams   die   Sage,   wie   es   scheint,    schon    ziemlich    verwa* 
sehen  und  nur  in  unbestimmten  Umrissen ,   von  jenen  bei- 
den Vorfällen   Kande   zugeführt:   so   konnten    ihm   leicht, 
wie  «ein  Begriff  von  do^d^etv  diese  Zweiseitigkeit  von  Lei- 
den und  Herrlichkeit  hat ,   beide  sich   vermengen ;   was  er 
in  der  Erzählung  des  Seelenkampfs  von  einer  Anrede  Jesu 
|in  den  Vater  vernommen  hatte,    konnte  et*  mit  der  göttß- 
eheh  Stimme   aus   der  Verklärungsgeschichte    als  Aitwort 
darauf  verbinden;    dieser  Stimme,    deren   näherer  Inhalt, 
wie  die  Synoptiker   ihn  gehen,    ihm  nioht    berichtet  war, 
gab  er  aus  der  allgemeinen  Vorstellung  von  dieser  Begeben- 
heit, alm  einer  Jesu  zu  Theil  gewordenen   (io^a,  den  In- 
halt:  yccl  ido^aaa,    xal  nahv  öo^docOj    und  um  auf  diese 
göttliche    Erwiederung  zu  passen,  mufste  der  Anrede  Jesu 
ausser  der  Bitte  um  Rettung  noch  die  um  Verklarung  hin- 
zugeffigt  werden ;   der  stärkende  Engel ,   von  welchem  der 
vierte    Evangelist  vielleicht   auch  etwas  vernommen  hatte, 
wurde  als  Ansicht  der  Leute  von  dem  Ursprung  der  Him- 
melastimme mit  aufgenommen;    in  Betreff  des  Zeitpunkts 
wurde  zwischen  dem   der  Verklärung  und  dem  des  Seelen- 
kampfs  die  ungefähre  Mitte  gehalten,  wobei  die   Wahl  der 
Verhältnisse  aus  Unkenntnifs  der  ursprünglichen  übel  ausfieL 
Sehen  wir  von  hier  auf  die  Frage  zarfick ,   von  wel- 
cher wir  ausgegangen  sind,  ob  wir  eher  die  johanneischen 
Abschiedsreden  Jesu  als  historisch  festhalten,  und  dagegen 
die  synoptische  Darstellung  der  Scene  in  Gethsemane  auf- 
geben wollen,   oder  umgekehrt:   so  werden   wir   vermöge 
«les   Ergebnisses  unsrer  eben  geführten  Untersuchung  zu 
der  letzteren  Annahme  geneigter  sein.    Die  Schwierigkeit, 
welche  schon  darin  liegt,    dafii   mau   kaum  begreift,  vrie 

30  • 


466  Dritter  Abschnitt. 

Johanneft  diese  langen  Reden  Jeso  genau  behaltMi  konntei 
hat  Paulus  durch  die  Vermuthnng  zu  lösen  geglaubt,  dafs 
der  Apostel  wohl  schon  am  nächsten  Sabbat,  während  J«- 
BUS  im  Grabe  lag,  die  Gesprfiche  des  vorigen  Abends  aieh 
in  die  Erinnerung  zarttckgerufen ,  und  sie  vieileiebt  auch 
niedergeschrieben  habe  '^.    Allein  in  jener  Zeit,  der  Nie» 
dergeschlagenheit,  welche  auch  Johannes  theilte,  w&re  er 
wohl  nicht  im  Stande  gewesen,   diese  Reden  wiedersnge* 
ben,  ohne  ihr  eigen thtimliches  Colorit  der  ruhigsten  Heiter- 
keit en  verwischen ;  sondern,  wie  der  Wolfenbttttler  sagt, 
wenn  die  Evangelisten  in  den  paar  Tagen  nach  Jesu  Tode 
die  Ersählnng  von  seinen  Reden  und  Thaten  hätten  sn  Pa« 
pier  bringen  sollen ,  so   würden ,  da  sie  selber  keine  Hoff- 
nung mehr  hatten,  auch  ^e  verbeißenden  Reden  aus  ih- 
ren Evangelien  weggeblieben  sein  ^^.    Daher  hat  auch  Lo* 
CKK,  in  Betracht  der  eigenthiimlich  johanneischen  Ausdrnckt- 
weise,  welche  sich  namentlich  in  dem  Schlufsgebet  findet, 
die  Behauptung,  dars  Jesus  mit  denselben  Worten  gespro- 
chen habe,  welche  ihm  Johannes  in  den  Mund  legt,  oder 
die  Behauptung  der  Authentie  dieser   Reden   im  eagetai 
Sinn,  aufgegeben,  aber  nur  um  ihre  Authentie  im  weiterea 
^Sinn,  die  Acbtheit  des  Gedankenlnbalts,   desto  fester  sa 
halten  ^*).    Doch  auch  gegen  diesen  hat  der  Verfasser  der 
Pfiibabilien  seim^n  Angriff  gewendet,  indem  er  namentlick 
Sn  Befiug  auf  Kap.  17.  fragt,  ob  es  denkbar  sei,  dafs  Je- 
sus in  der  Erwartung  des  gewaltsamsten  Todes  nichts  An- 
gelegeneres zu  thun  gehabt  habe,  als  mit  Gott  von  seiner 
Person,  seinen  Irfsherigen  Leistungen,  und  der  su  erwarten- 
den HttHrlichkelt  sich  r.u  unterhalten?    und  ob  es  defswe- 
gen  nicht  vielmehr  alle  Wahrscheinlichkeit  habe,  dafs  die- 
ses Gebet  nur  aus  dem  Sinne  des  Schriftstellers  gefloe* 


12)  L.  J.  1,  b,  S.  165  f. 

13)  Vom  Zweck  Jesu  und  seiner  Pdnger,  S.  1^ 

14)  2,  S.  588  f* 


Drittes  KapiteL    S-  1^-  46!^ 

Ben  aAy  welelier  dnreh  daatelbe  thells  seine  hAve  von  Je* 
aus  als  dem  fleischgewordenen  Xoyos  bestfttigen,  theils  das 
Ansehen  der  Apostel  befestigen  wollte  ^^)  ?  In  dieser  Aas» 
atellnng  liegi  das  Richtige,  dafs  das  fragliche  Schlofsgebel 
nicht  als  ein  nnmittelbarer  firgofs,  sondern  als  Product 
der  Reflexion  j  eher  als  eine  Rede  Ober  Jesnm ,  denn  ala 
eine  Rede  von  ihm  erscheint.  Cberall  aeigt  sich  in  dem- 
aelben  das  Denken  ein^s  solchen,  der  schon  weit  rorwfirti 
im  Erfolge  steht,  nnd  defswegen  die  Gestalt  Jesu  bereits 
In  fernem,  verklirendem  Duft  erblickt,  ein  Zauber,  wel- 
chen er  dadurch  vermehrt,  dafs  er  seine,  auf  der  Höhe 
einer  fortgeschrittenen  fintwicklnng  der  christlichen  Ge* 
meiiide  entsprnrfgeneu  Gedanken  von  dem  Gründer  dersel« 
ben  schon  vor  ihrer  eigentlichen  Entstehung  ausgesprochen 
sein  läfst.  Aber  auch  in  den  vorhergehenden  Abschiedsre- 
den erscheint  Manches  aus  dei^  Erfolge  heransgesprochen. 
Der  ganae  Ton  derselben  erklärt  sich  doch  am  natOrlich« 
sten,  wenn  die  Reden  Werk  eines  solchen  sind,  welchem 
der  Tod  Jesu  bereits  ein  Vergangenes  war,  dessen  Schreck- 
licbk€||  in  den  segensreichen  Folgen  und  der  andäehtigen 
Betrachtungsweise  der  Gemeinde  sich  gelind  aufgelöst  hat>- 
te.  Im  Einzelnen  Ist,  abgesehen  von  dem  5ber  die  Wieder« 
kunft  Gesagten,  auch  diejenige  Wendung  der  christlichen 
Sache,  welche  man  als  Sendung  des  heiligen  Geistes  r.« 
bezeichnen  pflegt,  i^den  Äusserungen  ftber  den  Paraklet 
und  deseen  fiber  die  Welt  zu  bähendes  Gericht  (14,  16  ff. 
S5  f.  15,  26.  16,  7  ff.  13  ff.)  mit  einer  Bestimmtheit  vor* 
ausgesagt,  welche  auf  die  Zeit  nach  dem  Erfolge  hinzu- 
weisen scheint. 

Indem  aber  auch  von  dem  nXchstbevorstehenden  Er- 
folge, dem  Leiden  und  Tod  Jesu,  das  bestimmte  Voraus-» 
wissen  in  diesen  Absehiedsreden  liegt  (1^,  18  ff.  33.  :3^ 
14,  30  f.  16,  5  ff.  16»  32  f.),  tritt  die  johanueische  üarstel- 


«) 


470  Dritter  A,b«oli&itt. 

lung  mit  der  synoptlscIieD  auf  Einen  Boden,  da  iinek  db- 
86  Auf  der  Voraussetzung  der  genaoesten  Voraussicht  Aef 
Stunde  und  des  Augenblicks ,  wann  das  Leiden  eintreien 
werde  9  rnht.  Nicht  allein  berm  leteten  Mahle  und  bet*A 
Hinausgehen  an  deti  Olberg  seigte  sich  dieses  Vorherwis- 
sen nach  den  drei  ersten  ETaiigelieni  indem,  wie  im  vier- 
ten, dem  Petrus  eine  Veriftugnnng,  ehe  der  Hahn  kr&hea 
werde,  vorhergesagt  wird;  nicht  nur  beruht  der  ganve 
Seelenkampf  im  Garten  auf  der  Voraussieht  des  in  den 
nächsten  Augenblicken  bevorstehenden  Leidens:  sondern 
am  Ende  dieses  Kampfes  weifs  Jesus  sogar  auf  die  Minu- 
te hin  zu,  sagen,  dafs  jetzt  der  Verrfit her  heranrücke  (Matth. 
26,  45  f.)«  Zwar  behauptet  Paulus,  Jesus  habe,  die  Trup- 
pe der  Häscher  von  ferne  schon  aus  der  Stadt  Leranrücken 
sehen,  was  allerdings,  da  sie  Fackeln  hatten,  von  einem 
Garten  am  Olberg  aus  vleyeicht  möglich  war;  allein  ohne 
vorher  von  den  Planen  »einer  Feinde  unterrichtet  zu  aein, 
konnte  Jesus  nicht  wissen,  dafs  es  auf  ihn  abgesehen  sei, 
und  jedenfalls  berichten  es  die  Evangelisten  als  Probe  dea 
tlbernatttrlichen  Wissens  Jesu.  Vom  höheren  Priuiip  in 
ihm  kann  nun  aber ,  wenn  dem  Obigen  zufolge  nicht  das 
Yorherwlssen  der  Katastrophe  überhaupt  und  ihrejr  einzel;- 
neu  Momente,  dann  auch  nicht  das  ihres  Zeitpunkts,  aus- 
gegangen sein ;  dafs  ihm  aber  auf  natürlichem  Wege,  durch 
geheime  Freunde  im  ^ynedrium,  ed^  wie  sonst,  die  Kun- 
de von  dem  vernichtenden  Schlage  zugekommen  wäre,  wei- 
chen die  jüdischen  Herrscher  mit  Hülfe  eines  seiner  Jün- 
ger in  der  nächsten  Nacht  gegen  ihn  zu  führen  beabsichtig- 
ten, davon  haben  wir  keine  Spur  in  unsiern  Berichten, 
und  sind  also  auch  nicht  befugt,  dergleichen  etwas  voraus« 
susetzen.  Sondern  so,,  wie  es  uns  die  Referenten  als  Be- 
weis seines  höheren  Wissens  geben,  müi>seu  wir  es  ent- 
weder hinnehmen,  oder,  wenn  wir  diefs  nicht  können,  so 
folgt  vorerst  nur  das  Negative,  dofs  sie  uns  hier  mit  Un- 
recht eine  solche  Probe  erzählen,    woran  dann   £uuäcb&t 


%itte8  K«|iit«U    S*  125.  471 

niekt  iIm  Positive  gränzty  dab  j«Ms  Wiatra  wobt  um*  ein 
jiatttrliehM  gewesen ,  sondern  das,  dafs  die  avM^eiiscIien 
firsAbler  ein  Interesse  gehabt  b^ben  mttssen,  eine  fiher* 
nat^rllebe  Kunde  Jesn  von  seinem  (»evorstebenden  Leiden 
an  bebfiupten ;  ein  Interesse  j  wetehea  aohoB  oi>en  ansein- 
aadergasetet  worden  isU 

Waa  non  abe%der  Gmnd  war,  daa  Vorberwissan  eh 
einem  wirlüicben  Vor/^e^tthl  an  steigern ,  und  so  die  Seena 
in  Gethsemaae  ai^sanbilden , .  liegt  gleichfalls  nahie.  Kiner- 
setis  nSmlich  giebt  es  keine  augenselieinllcbare  Probe ^  dafii 
Ton  einem  £rfolg  oder  Zustand  ein  Yorberwissen  stattge« 
fnnden  hat ,  als  wenn  es  bis  sor  Lebendiglieit  eines  Vor* 
gefiDbIs  gestiegen  ist,  andrerseits  mnia  das  Leiden  am  so 
furchtbarer  erscheinen ,  wenn  es  aohon  im  bloTs^n  Vörge^ 
fAhl  dem  daau  Bestimmten  Angst  bis  zum  blntlgen  Schweifs 
und  die  Bitte  um  Enthebung  ansprefst.  Ferner  aefgte  sich 
das  Leiden  Jesn  in  höherem  Sinn  als  ein  freiwilliges,  wenn 
er,  ehe  es  ftusserlieh  an  ihn  kam,  sich  innerlich  in  dassel- 
be eiPgab ;  und  endlieh  muCite  ^  der  nrchristlichen  An* 
deicht  erwttnacht  sein ,  den  eigeintlichen  Kern  dieses  Liei- 
dens  den  profanen  Augfm ,  welchen  er  am  Kreuce  anege- 
setat  war,  an  entaiehen,nnd  als  ein  Mysterium  in  den  engeren 
Kreis  einiger  Geweihten  au  verlegen.  Zur^;Au4piUung 
dieser  Scene  bot  sich  neben  der  Schilderung  des  Soba^ar* 
aena  und  Gebets,  weiche  s^^on  selbst  erg^b,  theils  daa 
von  Jesu  aelher  (Matth.  20^ßt.}  nur  Bezeichnui^g  iieinef 
Leidena  gebrauchte  Bild  eines  nonjQiov^  tfaeils  A.  T«  liehe 
Stellen  in  Klagepsalmen,  42, 6.  12.  43,  5.,  wo  in  der  LXX« 
die  ifJvxi]  neQlXtmog  Vorkommt,  wobei  das  h'tog  ^orvcriBl Jon. 
4,  9.  um  80  nfiher  lag,  da  4^sus  hier  wirklich  dem  Tod 
entgegengieng.  Frühzeitig  mufs  diese  Darstellung  entstan- 
den fein,  weil  sich  schon  im  Hebrilerbrief  (5, 7.)  eine  An« 
spielung,  oVine  Zweifel  auf  diese  Scene,  findet*  ^  Es  war  al- 
so SU  wenig  gesagt,  wenn  Gabler  die  fingelserscheinung 
ffir  mythische  Kinkleiduag   der  Tliatsache  erklfirte,    da6 


fta  Dritt«?  Ab8«hnift.  • 

JesDt  ilCtiTtm  tieft ten  Sehm^rae  jener  Nacht  plBfrNeb  ge- 
ttftrkt  gefühlt  habe:  da  vielmehr  jener  ganze  Seelenkampf, 
weil  aaf  onerweliltchen  VoraasaetEongen  ruhend,  anfge» 
geben  werden  nn^At. 

'Hieaiit  fXlIt  daa  oben  gestellte  Dilemma  weg,  indea 
wir.nleht  biofa  eine  von  beiden,  aondem  b^e  DarateUnn- 
gen  der  letKten  Standen  Jesu  vor  selnei^-Oefangennebmung 
als  nnhiflftorisöh  bezeiebnen  massen.  Nur  so  viel  bleibe  von 
einem  Dntersohied  des-gesehiohtlloben  Wertbs  zwiaohen 
der  synoptischen  Erzfthlnng  und  der  johanneischen ,  dafsi 
während  jene,  so  sn  sagen,  eine  mythische  Bildong  erster 
Potenz  ist,  diese  die  zweite  Potenz  traditioneller  Gestal* 
tong  zeigt,  '-—  oder  nfiher  Ist  jene  schon  eine  BUdanir 
isweiten,  and  somit  diese  des  dritten  Grades,  kt  nSmlidi 
die  den  Synoptikern  und  dem  Jobannes  gemeinsame  Dar- 
stellung, dafs  Jesua  sein  Leiden  anf  Tag  tfnd  Stunde  bin 
torhergewufst  habe,  die  erste  Umgestaltang,  welche  die 
fromme  Sag*e  niit  der  wirkliehen  Geschichte  Jesu  vor- 
nahm i  so  Ist  die  Angabe  der  Synoptiker,  er  habe  sein 
Leiden  sogar  vorherempfanden ,  die  zweite  Stafe  des  My- 
thischen ;  dafs  er  es  •  aber ,  obwohl  er  es  vorbergewafst, 
und  aneh  frfiher  einmal  '(Job.  12, 37  fiF.)  vorh^esebmeefcl^ 
döeh  Vhon  lange  «nm  Vorans  v($Uig  überwanden ,  und 
deoftelben^  ala  es  unmittelbar  bevorstand,  mit  unersebAt- 
terter  lAhhB  In's  Auge  geUSy  halie ,  —  diese  Darsteilong 
dea  l^h^nneischen  Evang^^M  ist  die  dritte  und  bSchsta 
Stnle  andächtiger,  abeir  angesobiohtlicher,  Versebönemn|{. 

S«    136. 

Gcfangennejynung  Jesu. 
Qenan  zusammentreffend  mit  der  Erklffrung  Jesu  an 
die  schlafenden  Jünger,  dafs  eben  jetzt  der  Verrfither  nahe, 
soll,  während  er  noch  redete,  Judas  mit  einer  bewaffneten 
Macht  herangerückt  sein  (Matth.  26,  47»  paralL  vgl.  Joh. 
IS;  ;).)•    Dle^e  Scba«i*  kam  den   Synopükera  zufolge  v#« 


Drittes  Kapitel.    $•  126.  473 

den  Hohenpriestern  und  Altesten,  und  war  nach  Lukas  ron 
den  CQcnr^yoig  ra  leQS  angeführt ,  also  wi^hrscheinlicb  eine 
Abtheilong  Tempelsoldaten,  an  welche  sieh  übrigens,  ans 
der  Befielchnung  als  ox^og  und  ihrer  tbeilweisen  Bewaff- 
Dong  mit  ^vXoig  su  scbiierseo,  noch  anderes  Gesindel 
tumultnarlsch  angeschlossen  zu  haben  scheint ;  der  Darstel- 
lung bei  Johannes  snfolge ,  welcher  neben  den  vnrjQhaig 
tiov  agxiSQiiov  xal  (paqioodtov  Ton  einer  andga  und  einem  . 
Xi^lctQ%og^  ohne  Erwähnung  tumultuanscher  Bewaffnung, 
spricht,  scheint  es,  als  hfitten  sich  die  jüdischen  Obern 
auch  eine  Abtheilung  römischen  MllitXrs  ftur  Unterstützung 
ansgebeten  gehabt  ^). 

Während  sofort  nach  den  drei  ersten  Evangelisten  Jn- 
dst  fortritt  und  Jesum  liüfst,  um  ihn  durch  dieiee  yerab- 
,  redete  Zeichen  der  anrüclienden  Scbaar  als  denjenigen  kennt- 
Hell  an  machen,  welchen  sie  eu  greifen  hfttte:  geht  laut 
des  vierten  Evangeliums  umgekehrt  Jesus  Ihnen  ^  wie  es 
scheint ,  vor  den  Clarten  hinaus  U^bX^wv)  9  entgegen ,  und- 
bezeichnet  sich  selbst  als  denjenigen ,  welchen  sie  suchen. 
Diese  abweichenden  Darstellungen  eu  vereinigen,  haben 
Einige  den  Hergang  sich  so  gedacht,  dafs,  um  eine  Ver- 
haftung seiner  Jünger  bu  verhüten,  Jesus  gleich «uerst  dem 
Haufen  entgegengegangen  sei ,  und  sich  bu  erkennen  gege- 
ben habe;  hierauf  erst  sei  Judas  hervorgetreten,  und  habe 
ihn  durbh  den  Kufs  beseichn^^.  Allein,  hatte  sich  Je- 
sus bereits  selbst  bu  erkennen  gegeben ,  so  konnte  Judas 
den  Kufs  ersparen ;  denn  dafs  die  Leute  der  Angabe  Jesn^ 
er  sei  es,  den  sie  suchen,  nicht  geglaubt,  und  noch  auf 
die  Bekräftigung  derselben  durch  den  Kufs  des  bestoche- 
nen Jüngers  gewartet  haben,  kann  nicht  gesagt  werden, 
wenn  nach  der  Angabe  des  vierten  Evangeliums  jenes  ^cj 
«1/1^  B^  starken  Eindruck  auf  sie  machte  ^  dafs  sie  wjbl  Bu- 


1)  t.  LVcxB,  X.  d.  St.    Ha8i,  L.  J.  $,  135. 

2)  Fadlui,  ojiGg.  Handb.^  3,  b,  S.  567. 


474  Dritter  Abschnitt. 

den  sanken«  Oerswegen  haben  Andere  die  Ordming  der 
Soenen  in  der  Art  umgekehrt ,  daft  suerst  Judas ,  voraa* 
tretend,  Jesum  durch  den  Kufs  beseichnet,  dann  aber, 
noch  ehe  der  Haufe  in  den  Garten  eindringen-  kannte,  Je- 
sus SU  ihnen  hinaustretend  sich  zu  erkennen  gegeben  lia- 
be  ^).  Allein,  wenn  ihn  Judas  bereits  durch  den  Ka(s  be- 
sseiohnet,  und  er- den  Zweck  des  Kusses  so  gut  verstanden 
hatte  9  wie  es  sieh  in  seiner  Erwiederung  auf  denselben 
Luc.  V.  48.  ausspricht :  so  brauchte  er  sich  nicht  noch  be« 
sonders  tsu  erkennen  eu  geben ,  da  er  schon  kenntlich  ge* 
macht  war ;  es  cum  Schutae  der  JOnger  mu  thnn ,  war  eben- 
so fiberflassig,  da  er  an  dem  verrätherischen  Kusse  mer- 
ken muTste ,  es  sei  darauf  abgesehen ,  ihn  aus  seinem  Ge- 
folge heranssufangen ;  that  er  es  blofs  um  seinen  Mnth  su 
seigen,  so  war  dlefs  fast  etwas  schauspielerisch ;  Sberhaupt 
aber  kommt  dadurch ,  dafs  Jesus  i^wischen  den  Judaskofs 
und  das  gewifs  unmittelbar  darauf  erfolgte  Eindringen  der 
Scbaar  hinein  dieser  noch  mit  Fragen  und  Anreden  entge- 
gengetreten sein  soll ,  in  sein  Benehmen  eine  Hast  «nd  Sü- 
fertigkeit,  welche  ihm  unter  diesen  Umstiindfn  so  fibel  na- 
steht,  dafs  die  Evangelisten  schwerlich  beabsichtigen,  Ihsi 
eine  solche  eusnschreiben.  Alan  sollte  demnach  anerken- 
nen ,  dafs  von  den  beiden  Darstellungen  keine  darauf  be* 
rechnet  ist ,  durch  die  andere  ergftnet  eu  werden  ^),  indes 
Jede  die  Art,  wie  Jesus  erkannt  wurde,  und  wie  Jadas 
dabei   thfttig  war,    auf  aMere   Weise  fafst    Dafs  Judas 


3)  LücKK,  2,  S.  599.    Hasb,  a.  a.  O.     Olshausbn,  2,  S.  435. 

4)  Wie  mag  Lücke  die  Auslassung  des  Judaskusses  im  joban- 
neischen  Evangelium  daraus  erklären^  dass  er  gar  zu  bekamt 
gewesen  sei;  und  wie  hiezu  als  Analogie  das  anfiibrcn,  das« 
Johannes  auch  die  Verhandlung  des  Wrrhlhcrs  mit  dem  Syn- 
edrium  übergehe  ?  da  zwar  diese  Verhandlung  als  etwas  bin. 
ter  der  Scenc  Vorgegangenes  wohl  übergangen  werden  konn- 
te, keineswegs  aber  etwas,  das,  wie  jener  Kuss,  so  ganz  in 
Vordergrund  und  Mittelpunkt   der  Handlung  geschehen  war. 


Dritte«  Kapit^L    f.  126.  475 

oit^^og  'geSg  eviXaßsoi  tov  ^IijeSv  gewesen  CA«  6.  1,  16.)» 
darin  stimmen  alle  ETtngellen  siuammen*  Nan  aber,  wäh- 
rend nach  der  synoptischen  Darsteilnng  enm  Geschäft  des 
Judas  aassev  der  Ortsbezeichnung  auch  noch  die  Beseicb- 
ntmg  der  Person  gehört ,  welche  durch  den  Kufs  geschieht: 
iärst  Johannes  die  Thätigkeit  des  Verräthers  mit  der  Be- 
selcbnung  des  Orts  ihr  £nde  erreichen^  und  ihn  nach  der 
Ankunft  an  Ort  wid  Stelle  mfiCrig  bei  den  Übrigen  stehen 
if-lgijitst  de  M€cl  ^ÜSag — /uct  avtwv.  V.5.>  Warum  die  jo« 
hsnneische  Darstellung  dem  Judas  das  Geschäft  der  per- 
sönlichen Beeeichnung  Jesu  nicht  ertheilt ,  ist  leicht  su  se- 
hen :  damit  nämlich  Jesus  nicht  als  ein  Überlieferter,  son- 
dern als  ein  sich  selbst  Überliefernder ,  somit  sein  Leiden 
in  h(»herem  Grad  als  frei  Qbernommenes  erscheinen  möchte. 
Man  darf  sich  nur  erinnern ,  wie  von  jeher  die  Gegner  des 
Christenthums  Jesu  seinen  Weggang  aus  der  Stadt  in  den 
abgelegenen  Garten  als  schimpfliche  riucht  ror  seinen  Fein- 
den aafraohneten  ^),  um  es  begreiflioh  zu  finden,  dafs  fräh- 
zeitig  unter  den  Christen  eine  Neigung  e  Atand ,  die  Art, 
wie  er  aich  bei  seiner  Verhaftung  benahn^  noch  in  höhe- 
rem Grade,  als  diefs  in  der  gewöhnlichen  Evangelientradi- 
tion der  Fall  war ,  im  Licht  einer  freiwilligen  Hingabe  er- 
seheinen zu  lassen. 

Reiht  sich  nun  bei  den  Synoptikern  an  den  Judasknfs 
eine  einschneidende  Frage  Jesu  an  den  Verräther,  so  sehliefst 
sich  bei  Johannes  au  das  von .  Jesu  gesprochene :  iyoi  eifii 
die  Erwähnung,  dafs  vor  diesem  Machtworte  die  zn  seiner 
Verhaftung  gekommene  Schaar  zurückgewichen  und  zn  Bo- 
den gefallen  sei,  so  dafs  Jesus  seine  Erklärung  wiederho- 
len, und  die  Leute  gleichsam  ermuthigen  mufste,  ihn  zu 
greifen.    Hierin  will  man  neuerdings  kein  Wunder  mehr 


5}  So  sagt  der  Jude  des  Celtus  bei  Orig.  c.  Ccls.  2«  9 :  IneiSij 


tn  Dritter  AlraehBitt.  - 

erbliekea ,   sondern  psydiologifeh  soU  der  Eiodrsek  Jem 
mof  diejenigen  nnter  der  Sehaar ,    welehe  ihn  sefaen  ••«et 
Mters  gesehen  und  gehört  hatten,   gewirkt  haben;   wobo 
man  sich   anf  die  Beispiele  ans  dem  Leben  eines  Marin*, 
eines  Telign  j  n.  A.  beruft  *),    Allein  weder  nach  der  syn- 
optisehen  Darstellang,  laut  deren  es  der  Be|eiehnnng  Jesa 
dnreh  den  Kurs,  noph  anch  nach  der  jehannelschen ,  naeh 
weleher  es  der  Erkllmng  Jesu,  dafsenes  sei,    bednrfte, 
war  Jesus  dem  Haufen  genauer,    am  wenigsten  anf  eine 
tiefere  Weise,  bekannt;  Jene  Beispiele  aber  beweisen  nur, 
dafs  bisweilen  der  gewaltige  Eindmek  eines  Mannes  mör- 
derische Ufinde  Einselner  oder  Weniger  gelihmt  bat,  nicht 
aber,  dals  ein  ganees  Detacbement  von  Gerichtsdlenem  und 
Soldaten  nicht  blofs  snrif ckgewichen ,  sondern  en  Beden 
/  gefallen  wAre.    Was   soll  es  nOtsen ,    wenn  Lücke  suer^t 
,   einige,  dann  den  gansen  Banfen ,  nlederstOrsen  läfst,  wo- 
'    durch  es  vollends  unmöglich  wird,  sich  die  Sache.auf  ernst* 
I  hafte  Weise  voranstellen  ?   Wir  hehren  daher  sn  den  Alten 
'  cuHIck,    welcA   hier  allgemein  ein  Wunder  anerkannten« 
^  Der  Christus ,  gleicher  durch  ein  Wort  seines  Mundes  die 
feindlichen  Schaar^n  niederwirft^  fot  kein  anderer,  als  der- 
jenige,  welcher  naeh  2.  Tbess*  2,  8.  den  Antichrist  ofo— 
Xfoaei  T(^  Tn^evficcTi  %a  go/aarbg  amSf  d«  h.  aber  nicht  der 
historische ,    sondern   der   Christus  der  Jädischen  und  nr- 
christlichen  Phantasie.    Der  Verfasser  des  vierten  Evange- 
liums insbesondere,  der  so  oft  bemerkt  hatte,  wie  die  Feinde 
Jesu  und  ihre  Schergen  unsser  Stands  gewesen  seien ,  Hand 


6)  LücKS,  2y  S.  597  f.;  Olshaüssii,  2,  S.  435*;  vgl.  Tnökucr, 
S.  S19.  Dass  der  letztere  statt  Tcligny^s  dessen  bekannte« 
ren  Schwiegervater,  Coligny,  anführt,  beruht  wohl  auf  Ver« 
wechslung;  denn  bei  Coligny*8  Ermordung  bewies  sich  ge« 
rade  der  Eindruck  des  ehrwürdigen  Greisen  auffallend  un- 
wirksam. S.  ScuiLLia,  Werke,  16.  Bd.  S.  382  f.  384;  Easca 
uad  GauBsa*!  Eneyclopädie,  7.  Bd.  S.  452  f. 


DfitteB  Kiipit«h    S«  128.  i77 

an  ihn  sn  legen,  well  seine  Stunde  noeh  nicht  gekommen 
gewesen  sei  (7,  30.  32.  44  S.  8,  SO.))  war  yeranUrst ,  nnn, 
als  die  Stande  erschienen  war,  den  wirklich  gemachten 
Versuch  stinfichst  noc(^  einmal  anf  recht  eklatante  Weise  ' 
mifslingen  en  lassen,  snmal  diefs  gans  mit  dem  Interesse 
ensammenstimmte,  welches  in  der  Beschreibang  dieser  gan« 
£en  Scene  ihn  beherrscht ,  die  Verhaftung  Jesn  rein  als 
Act  seines  freien  Willens  darsnstellen.  Inclem  Jesus  die 
Soldaten  durch  die  Ma^ht  seines  Wortes  niederwirft,  giebt 
er  ihnen  eine  Probe,  was  er  yermöchte,  wenn  es  ihm  am 
Befreiung  bu  thun  würe ,  und  wenn  er  sich  nun  unmittel- 
bar darauf  greifen  läfst,  so  erscheint  diefs  al^  die  freiwil- 
hgste  Hingabe.  So  giebt  Jesus  iin  vierten  Evangelium  eine 
factische  Probe  jener  Macht ,  welche  er  im  ersten  nur  mit 
Worten  ausdrackt ,  wenn  er  ku  einem  seiner  Jfinger  sagt : 
ioxeig,  ort  a  dvva^iai  aQTi  naQaxaXiaai  tov  natiqa  //&, 
xol  naQagfjaet  ^ot  nkelag  5)  dwdexa  laymvag  ayyiXwv  (V.  53.);    ; 

Nachdem  hierauf  Aw  Verfasser  des  vierten  Evangeliums 
einen  früher  richtiger  anf  die  geistige  Bewahrung  seiner  Schü- 
ler basogenen  Ausspruch  Jesu  (17, 12.),  dafs  er  keinen  der 
iha  von  Gott  Anvertrauten  verloren  habe,  sehr  unpassend 
in  der  Sorgfalt  erfüllt  gefunden,  welche  Jesus  angewen* 
det  habe,  dafs  seine  Jünger  nicht  mit  ihm  verhaftet  wür- 
den, stimmen  nun  sämmtliche  Evangelisten  darin  snsam» 
raen,  dafs,  als  die  Soldaten  Hand  an  Jesom  zu  legen  an- 
fiengen,  einer  seiner  Anhinger  das  Schwert  gesogen,  und 
des  Hohenpriesters  Knecht  ein  Ohr  abgehauen  habe,  was 
von  Jesu  roifsbilligt  worden  sei.  Doch  haben  Lukas  und 
Johannes  jeder  einen  eigenthümlichen  Znj;«  Abgesehen  da- 
von, dafs  beide  das  von  den  Vorminnern  unbestimmt  ge* 
lassene  Ohr  als  das  rechte  nfiher  bestimmen,  nenni  der  letz- 
tere nicht  blols  den  verwundeten  Knecht  mit  Namen ,  son- 
dern bemerkt  auch,  dafs  der  hanende  Jünger  Petrus  ge- 
wesen sei.  Warum  die  Synoptiker  den  Petrus  nicht  nen- 
nen, hat  man  auf  varsohiedeiio  Weise  sn  ^klären  versucht. 


«n  Dritter  Abschnitt. 

Dbü  sie  den  svr  Zeit  der  Abfassung  ihrer  Erangdien  nodi 
lebenden  Apostel  nicht  doroh  Nennung  seines  Namens  ha- 
ben   Gompromittiren  wollen  ^ ,  ^gehört  sn  den  mit  Reeht 
verschollenen  Fictionen  einer  fasloh  p«*agmatisirenden  Exe- 
gese;  dafs   sie  aber  auch  sonst  die  Namen  meistens  Qber- 
geben  ^  y  ist  in  dieser  Ailgemeinhett  nicht  einmal  Fon  Mat- 
thäus wahr ,  welcher  wohl  unberiihmte ,  gleicbgaitige  Per» 
soneq  ungenannt  Iftfst,  wie  einen  Jairns,  einen  Bartiaios: 
dafs  aber  ans  einer  Petrosanekdote^  welche  so  sehr  in  die 
Rolle  dieses  Apostels  pafste,  der  wirkliche  Matthftua,  oder 
auch  nur  die  vulgäre  Evangelientradition,  so  frühzeitig  ood 
allgemein  den  Namen  verloren  haben  sollte,  wird  man  nicht 
sehr  glaublich  finden.    Weit  eher  könnte  ich  mir  das  Dm- 
gekebrte  denkbar  machen,  ds^fs  die  Anekdote  nrsprfinglieh 
ohne    Namensangabe   umgelaufen  wire  (und  warom  sollte 
nicht  auch  ein  sonst  minder  ansgeeeichneter  unter  «ien  An- 
hängern Jesu  —  denn  nach   den   Synoptikern    scheint  es 
nicht  einmal  nothwendig  einer  der  Zwölfe  gewesen  seia 
zu  mOssen  -—  dessen  Name  daher  eher  ku  vergessen  war, 
Muth  und  Übereilung  genug  gehabt  haben ,  in  Jenem  Zeit- 
pnnkt  das  Schwert  eu  sieben?),  ein  späterer  Referent  aber 
eine  solche   Handlungsweise   dem   raschen   Charakter  des 
Petrus  besonders  angemessen  gefunden,  und  sie  debwegen 
ans  eigener  Combination   ihm  zugeschrieben  hätte.    Dann 
brauchen  wir  uns  auch  nicht  ffir  die  Möglichkeit ,   da(s  Jo- 
hannes den  Namen  des  Knechts  wissen  konnte,   auf  seine 
Bekanntschaft  im  hohenpriesterlichen  Hause  zu*  berufen'), 
so  wenig  Markus,  um  zur  Kenntnifs  des  Namens  von  je- 
nem Blinden  zu  gelangen ,    einer  besondern  Bekanntschaft 
in  Jericho  bedurfte. 

Lukas   hat  bei  dieser  Schwertsoene  das  Eigenthtfmli- 


7)  Paulus,  excg.  Handb.  3,  b,  S.  570. 

8)  Ders.  ebendas. 

9)  Wie  L^CKB,  Troxuck  und  OiMAüssif,  z.  d.  St. 


Drittes  KapiteL    {.  126.  47* 

che,  darf  nach  ihm  Jesus  das  Ohr  des  Kneebts,  wie  es 
scheint  durch  ein  Wander,  wieder  geheilt  hat.  Während 
Olshausbh  die  sofriedene  Anmerkung  macht,  dieser  Um- 
stand erkläre  am  besten,  wie  Petrus  sich  unverietst  so- 
rOekziehen  Konnte  —  das  Erstaunen  über  die  Heilung  wer- 
de die  allgemeine  Aufmerksamkeit  in  Anspruch  genommen 
haben:  wollte  nach  "Paulus  Jesus  das  verwundete  Ohr  durch 
die  Beffihlung  (jaxpa^evog)  nur  untersuchen,  und  gab  so* 
fort  an,  was  sum  Behuf  der  Heilnng  zu  thun  sei  (iaaaro 
€xvt6v)\  hätte  er  ihn  durch  ein  Wunder  geheilt,  so  müfste 
doch  auch  ein  Erstaunen  der  Anwesenden  gemeldet  sein. 
Solehe  (Quälerei  ist  diefsmal  besonders  unnöthig,  da  das 
AHeinstehen  des  Lukas  mit  dem  fraglichen  Zug  und  der  ganze 
ZtMammenhang  der  Scene  uns  deutlich  genug  sagt,  was 
vrlr  von  der  Sache  zu  halten  haben.  Jesus,  der  so  vieles 
Leiden,  an  welchem  er  unschuldig  war,  durch  seine  Wan- 
derkraft gehoben  hatte,  der  sollte  ein  Leiden,  welches  ei- 
ner  von  seinen  Jüngern  aus  Anhänglichkeit  an  ihn,  also 
mittelbar  er  selbst,  verursacht  hatte,  ungeheilt  gelassen 
haben  ?  üiefs  mofste  mnn  bald  undenkbar  finden,  und  so 
dem  Schwertstreich  des  Petrus  eine  Wunderheilung  von 
Seiten  Jesu  —  die  letzte  in  der  evangelischen  Geschichte 
—   sich   anschliefsen. 

Hieher,  unmittelbar  vor  seine  Abföhrung ,  stellen  die 
Synoptiker  den  Vorwurf,  welchen  Jesus  den  zu  seiner 
Gefangennehmung  Gekommenen  machte,  dafs  sie  ihn,  der 
ihnen  durch  sein  tägliches  öffentliches  Auftreten  im  Tem* 
pel  die  beste  Gelegenheit  gegeben  habe,  sich  seiner  auf  die 
einfachste  Weise  zu  bemächtigen,  —  ein  schlimmes  An- 
fieichen  fOr  die  Reinheit  ihrer  Sache  —  mit  so  vielen  Um« 
ständen,  wie  einen  Räuber  hier  aussen  aufsuchen.  Das  vier- 
te Evangelium  läfst  ihn  etwas  Ahnliches  später  zu  Annas 
sagen,  dessen  Erkundigung  nach  seinen  Schülern  und  sei- 
ner Lehre  er  auf  die  Öffentlichkeit  seines  gsnzen  Wirket^, 
auf  sein  Lehren  in  Tempel  und  Synagoge,  verweist  (18, 20  f.). 


480  Dritter   Abschnitt» 

Wiö  wenn  er  ron  Beidem  vernommen  hitte,  sowohl  M§ 
Jesos  so  etwas  dem  Hohenpriester,  als  dafs  er  es  bei  sei- 
ner  Gefangennehmung  gesagt  habe,  Ififst  Lnkas  die  Ho- 
henpriester und  Ältesten  selbst  bei  der  Verhaftung  gegen- 
wärtig" sein,  und  Jesum  hier  auf  jene  Weise  zu  ihnen 
sprechen,  was  gewifs  nur  Irrthum  ist^^» 

Nach  den  zwei  ersten  Evangelisten  fliehen  nun  alle 
Jünger,  wobei  Markus  den  speciellen  Zug  bat,  dals  ein 
Jüngling,  der  eine  Leinwand  um  den  blofsen  Leib  gewoi^ 
ien  hatte,  als  man  ihn  grejfen  wollte,  mit  Zurücklassung 
der  Leinwand  nackt  davongefloben  sei.  Abgesehen  von 
den  müssigen  Vermuthungen  älterer  und  selbst  neuerer 
Erklärer,  wer  dieser  Jüngling  gewesen  sein  möge,  hat  man 
mit  Unrecht  aus  dieser  Notie  auf  nahe  Gleichzeitigkeit  des 
Markusevangeliums  geschlossen,  weil  eine  solche  kleine, 
namenlose  Anekdote  nur  in  der  Nähe  der  Personen  nn4 
Begebenheiten  habe  interessiren  können  ^^) ;  da  doch  die- 
ser Zug  selbst  uns,  in  der  weitesten  Zeitferne,  noch  eine^ 
lebendige  Anschauung  von  dem  panischen  Schrecken  und 
der  schnellen  Flucht  der  Anhänger  Jesu  giebt,  und  also 
dem  Markus,  wober  er  ihn  auch  bekommen,  und  wie  spli 
auch  geschrieben  haben  mag,  willkommen  sein  mnlate. 

§.  127. 
Jesu  Verhör  vor  dem  Hohenpriester. 
Von  dem  Orte  der  Gefangennehmung  lassen  die  Sjn* 
optiker  Jesum  zum  Hohenpriester,  dessen  Namen,^  Kaiphaa^ 
Jedoch  hier  nur  Matthäus  nennt,  Johannes  aber  zu  Annas, 
dem  Schwiegervater  des  damaligen  Hohenpriesters,  und 
von  diesem  erst  zu  Kaiphas,  geführt  werden  CHatth.  M, 
57  S.  parall.  Job.  IS,  12  ff.)}  ^^  b^i  ^^°>  Ansehen  des 
Annas  eben  so  denkbar  ist,  als  sich  das  Stillschweig^i  ilar 


10)  ScHLBitAM^CHKR,  Über  den  Lukas^  S.  290* 

11)  FAVLVt,  exeg.  Hmndh.  3,  h^.  576. 


Drittes    Knpitel.    $.  127.  4SI 

Synoptiker  daran«  erkiflrt,  dafs  der  gewesene  Boheprle* 
eter  keine  Entscheidung  in  dieseV  Sache  herbeifahren  konnte. 
Um  fo  aoffaliender  Ist  ea  aber,  dafs,  wie  man  dem  er« 
sten  Anblick  nach  glauben  mofa,  der  vierte  firangeltat  um« 
gekehrt  nur  aua  der  Verhandlung  mit  Anoaa  einiges  Ns- 
here  mitsutheilen ,  das  entscheidende  Verhör  des  wirkli« 
eben  Hohenpriesters  dagegen ,  ausser  dafs  er  sagt^  Jesus 
sei  dahin  abgeführt  worden,-  gans  su  (Ibergehen  scheint. 
Michts  lag  daher  der  Harmonistik  näher,  als  die  AnnahmOj 
wie  sie  sich  s«  B.  schon  bei  Euthymins  findet ,  Johannes 
habe  vermöge  seines  Ergönsungsaweckes  das  von  den  Syn« 
optikern  übergangene  Verhör  vor  Annas  nachgeholt,  daa 
vor  Kaiphaa  aber  übergangen,  weil  eS-von  seinen  Vorgfin« 
gern  ausführlich  genug  beschrieben  war^*  Diese  Ansicht, 
dafs  Johannes  and  die  Synoptiker  von  gann  verschiedenen 
Verhören  reden,  findet  darin  eine  Bestätigung,  ^Isfs  der 
Inhalt  des  Verhörs  auf  beiden  Seiten  ein  gans  verschiede- 
ner ist.  Während  nämlleh  bei  dem,  welches  die  Synop« 
tiker  beschreiben «  nach  Mattiiäus  und  Markus  euerst  die 
Calsohen  Zeugen  gegen  Jesnm  aufitreten,  hierauf  der  Hohe* 
priester  ihn  firagt,  ob  er  sieh  wirklich  für  den  Messlaa 
ausgebe,  und  auf  die  Bejahung  davon  ihn  der  Blaspheaüe 
nd  des  Todes  schuldig  erklärt ,  woran  aieh  Mlfshandlun« 
gen  aohliefsen :  so  wird  in  de»  von  Johannes  geschilder- 
ten Verhöre  Jeius  nur  nach  seinen  Jüngern  und  nach  sei- 
ner Lehre  gefiragt ,  worauf  er  aieh  auf  die  ÖfTentlichkeit 
#eines  Wirkens  beruft,  und  nachdem  er  hierüber  von  ei« 
nem  Diener  mlEiliandelt  worden  war,  wird  er,  ohne  dalä 
ein  Drtlieil  gefällt  wäre ,  weiter  geachickt.  Dafs  nun  aber 
hienach  diir  vierte  Evangelist  von  dem  Verhöre  vor  Kai- 
phaa nichts  Näheres  angiebt,  ist  um  so  auffallender,  da  in 
dem  Tor  Annaa,  wenn  es  dieses  ist,  von  dem  er  ersähl^ 
seiner  eigenen  Darstellung  zufeige  nichts  entschieden  wor- 


I)  Paülüi,  i.  a.  O.  S.  57T.    OtMAriEw,  S.  244. 
Das  L^m  Jem  2ie  Avfi.  3.  Band.  31 


4Sa  DVitter  Abaehnitt. 

den  Ut|  mithiii  die  Grfiode  and  der  Act  der  Vermrthei- 
long  Jera  dorch  das  Jfiditehe  Gerieht  in  «einea  EvanKe- 
liiini  dnrchane  fehlen.  Dlefii  aus  deai  Ergfinsnngsaweek 
erklären ,  heifiit  dem  Johannes  ein  gar  £a  reikehrtes  V(^ 
fahren  cor  Last  legen;  da,  wenn  er  das  dbergieng,  ww 
die  Andern  schon  hatten^.obne  aiiKodeoten,  daf«  er  et  aar 
defswegen  weglasse ,  er  berechnen  könnt«"}  dadurch  nur 
Verwirrung,  and  gegen  sich  den  Schein  eines  faladienBc 
richts,  Eowege  zu  bringen*  Die  Meinung,  dafs  das  Ver- 
hör Tor  Annas  das  Hauptverhör  gewesen  sei,  und  debwe- 
gen  das  andre  übergangen  werden  dOrfe,  lunn  c  auch 
nicht  wolü  gehabt  haben,  da  er  ja  keinen  BeacbJofs,  der 
in  jeneoi  gefafst  worden  wftre,  anzugeben  weir^jwafita 
^r  ai>er  endlich  das  Verhör  vor  Kaipbaa  als  das  Uanpuer- 
hör,  und  gab  doch  keine  nähere  Auskauft  darflber,  so  iit 
auch  diels  ein  höchst  sonderbares  Verfahren« 

Von  selbst  ergiebt  sieh  daher  der  Versuch,  is  ^' 
Darstellung  des  rierten  Evangeliums  Spuren  daran  an  ^t- 
ilecken,  dafs  anch  sein  Bericht  von  einem  Verhöre  M 
Kaiphas  zu  verstehen  mU  Die  auffsHend^e  Spar  aistf 
möglichen  Identitfit  beider  Verhöre  ist  die  Ideotität  einer 
nebenherspielenden  Begebenheit,  indem  auch  Jobanns%  wie 
die  Synoptiker,  während  des  von  ibm.beiiphritl^fii^ii  V^ 
börs  Jesum  von  Petrus  vfrläugnet  werden  labt.  FsrfMV 
kann  es  auffallen,  daHs,  nachdem  V.  13.  von  Annas,  fU 
dem  n€v%>eQ6g  %5  KaXccfpa^  die  Rede  gewesen,  nun  dnf  nl* 
here  Bezeichnung  des  letzteren,  als  Urhebers  voa  jen^ 
verhängnifsvoUen  Rathe,  Job.  II,  50.,  foig^  >vefin dofh s«« 
fort  nicht  ein  von  ihm,  sondern  von  dem  ersteraa.  v<ir|S- 
nommenes  Verhör  erzählt  werden  sojl.  Onqn  ist  aoch  is 
der  Beschreibung  des  Verhörs  selbst  durfßhaus  vom  Palaste 
und  von  Fragen  f«  uQXJttQifag  die  Rede^  vvie  doch  Joh*«»* 
Des  sonst  nirgends  den  Annas,  sonderri  nnp*  den  Ksipbss 
nennt.  Dafs  aber  nun  auf  diese  Weise  schon  von  V.  15. 
an  von  etwas  bei   iCaiphas  Vor^egang^em   die  ^^^^  ^ 


Dritte«  Ka|iiteL    $•  127.  483 

•ollte,  scheint  freilich  wegen  V.  24.  anoiöglicb^  weil  eB  hier 
erpt  beifit)  Annas  habe  Jesum  ea  Kaiphat  geschieht ,  so 
dafs  er  also  bis  dahin  bei  Annas  gewesen  sein  mfifste* 
Schnell  besonnen  setste  man  daher  'Eoerst  den  24ten  Vers 
dahin,  wo  man  ihn  braochte,  nfimlich  hinter  V»  13.,  und 
schob  die  Scl^uld ,  dais  er  Jetet  weit  später  geiesen  wird, 
anf  die  Nachlässiglieit  der  Abschreiber  ^).  Da  jedoch  diese 
Umstellang,  in  ihrer  Verlassenheit  von  liritisohen  Auetori- 
ttften,  als  wiUkfiLrliohe  Gewalthülfe  erscheinen  muffete,  so 
bat  man  sofort  versacht,  ob  sich  nicht  der  Motis  V.  24, 
ohne  sie  wirklich  aus  ihrem  Orte  bq  rücken,  doch  eine 
solche  Deutung  geben  liefse,  dafs  sie  dem  Sinne  nach  hin« 
ter  V.  13.  EU  stehen  kAme,  d.  h.  man  nahm  das  antgti^ev 
in  der  Bedeatnng  eines  Plasquamperfects,  und  dachfe  sich, 
Johannes  wolle  hier  nachholen,  was  er  bei  V.  13.  /a  be- 
inerken  wergessen,  dafs  nümlich  Annas  Jesum  alsbald  zm 
Kaiphas  geschickt  habe,  folglich  das  beschriebene  Verhör 
Ton  diesem  vorgenommen  worden  sei  ^.  Da  die  allgemei- 
ne Möglichkeit  einer  solchen  enallage  letnporuut  Eosngeben 
ist,  so  faragt  sich  nur,  ob  sie  ca  der  £lgenthümlichkeit  des 
gegenwärtigen  Schriftstellers  pafst,  und  im  Zueamoienhange 
angedeutet  ist»  In  letaterer  Uinsicht  konnte  nun  allerdings 
der  Evangelist,  wenn  vor  Annas  nichts  Bedeutendes  vorge* 
fidlen  war,  sich  durch  die  an  die  Angabe  seines  Verhält- 
nisses eu  Kaiphas  geknOpfte  nähere  Bezeichnung  dieses 
LetEtern  verf obren  lassen,  sofort  ohne  Weiteres ^eu  dem 
Verhöre  des  Kaiphas  überEugehen,  und  diesen  Übergang 
etwa  nachträglieh,  bei  irgend  einem  Rnhepunkte,  wie  hier 
nach  dem  Schlüsse  der  Verhandlungen  des  Hohenpriesters 
mit  Jesu,  bemerklich  bu  machen.  Ein  genau  griechisch 
Schreibender  freilich  würde  JLn  diesem  Falle  |   wenn  auch 


2)  So  s.  B.  EaUBiDS,  s.  d.  St. 

5)  So  WiKia,  N.  T.  Gramm,   f.  41,  5;   Tuolvck  und  Lvsxa, 
s.  d.  St. 

31  • 


481  Drireer    Abachiiilt. 

nicht  das  PlofqoaB|ierfectoni  gebnmeht,  doeh  «n  ilm 
Aorist  dsreb  ein  yao  die  erliofemde  Besiehanir  «af  d«t 
Vorhergehende  sichtbar  gedacht  heben.  Dnser  Evangelii^ 
hingegen ,  l>ei  'weicheoi  die  Eigenheit  der  heilenistiselien 
Schriftsteller,  dem  Geist  der  hebrXischen  SpmeLe  gemiiri 
die  SXtce  nur  lose  bq  verbinden,  besonders  ausg^prffgt  sieh 
Eeigt,  kenn  jene  Nechholang  H'ohl  auch  entweder  oh«e 
Partikel,  oder  der  gewohnlichen  Lesart  anfblge  durch 
er,  das  nicht  blob  fortfahrend,  sondern  auch  wiederfinf- 
nehmend  ist  ^,  eingeffigt  haben.  EraShlt  hienaeh  auch  t-r 
das  Verhör  Ter  Kaiphas:  so  erhellt  freilich  theils  aebou 
ans  der  Ansteht  seiner  Darstellong  fSr  sich,  theils  aas  ili- 
rer  oben  angestellten  Vergleichnng  nt  der  synoptiachen, 
dafs  seine  Ersfihiung  nicht  Tollstlndi^  sein  kann. 

Sind  wir  hiemit  an  den  Bericht  der  Synoptiker  ge- 
wteaea,  so  finden  auch  anter  Ihnen,  awischen  den  bttden 
ersten  nSmlich  and  dem  dritten,  mehrfache  Abweiehongen 
statt.  Wfthrend  nach  Jenen  beiden,  als  man  Jesnm  in  den 
hohenpriesterlichen  Palast  brachte,  die  Schriftgelehrten  an4 
Altesten  bereits  Tcrsammelt  waren,  nnd  nun  noch  in  der 
t^  Wacht  .über  ihn  Gericht  hielten,  wobei  aoerst  Zeogen  auf- 
traten, dann  der  Hohepriester  Ihm  die  entscheidende  Frage 
Torlegte,  auf  deren  Beantwortung  hin  die  Versammlung 
Ihn  des  Todes  schuldig  erklärte  (auch  bei  Jobannes  gebt 
das  Verhör  in  der  Nacht  vor  sich,  ohne  dafs' jedoch  von 
der  Anwesenheit  des  hohen  Rachs  die  Rede  wfire):  vFird 
nach  der  Darstellung  im  dritten  Evangelium  Jesus  die 
Nacht  über  im  Palaste  des  Hohenpriesters  nur  einstweilen 
verwahrt  und  von  der  Dienerschaft  mifshandelt,  bis  erst 
mit  Tagesanbruch  das  Synedrinm  sich  versamme|t,  und 
nun,  ohne  dafs  vorher  Zeogen  auftreten,  der  Hohepriester 
,  durch  jene  entscheidende  Frage  die  Verurtheilung  besehleu* 
nigt.    Dafs  nun  die  Mitglieder  des  hohen  Ratbs  aehoo  in 


4}  WiNBR,  Gramm.  §.  57,  4. 


Otittea  KapiteL    f.  127.  485 

der  Nacht,   wfibrend  Joda«   mit  der  Wache   aoagerüclU 
%var,  eur  Empfangnahme  Jesu  sich  versammelt  haben^könn- 
te  man  anwahrscbeinlich  finden,  und  insefern  die  Darbtet 
lang  des  dritten  Evangeliums  vorsiehen   wollen,   welche« 
hiß  erst  l>ei  Tagesanbruch  snsammenkommen  läfst  *):  wenn 
sieh  Lukas  nur  nicht  diesen  Vortheil  dadurch   selbst  wie»  . 
der  entedge,  da(s  er  die  Hohenpriester  und  Altesten  bei 
der  Gefangennebmung  Im  Oarte b  sugegen  seiu   Iftfst ;  ein 
Eifer,  der  sie  wohl    auch  getrieben    haben  würde,   sich 
alsbald  cur  schleunigen  Beschlufsnahme  Busammensuthm».. 
Indels  auch  bei  Marthfins  und  Markus  ist  das  seltsam,  dafs, 
nachdem  sie  uns  das  gansse  Verhör  sammt  der  Beschlufs- 
nahme ersShlt  haben,   sie  doch   noch  (27,  !•  und  15,  !•) 
«tagen:  nQtotag  da  y^voftevijg  avfißehov  eX&ßovy  so  dafs  esfl 
seheint,   die  Synedristen  haben,   wenn  nicht  gar  sich  ao^'l 
Morgen  wieder  versammelt,  da  sie  schon  die  ganse  Nachl  i 
beisammen  gewesen  waren,  doch  jetst  erst  einen  Beschlufs 
gegen  Jesum  gefafst,  der  auch  nach  ihnen  bereits  in  der 
nXchtliehen  Versamminng  gefaßt  worden  war  ^;    wenn 
nian  nieht  sagen  will,   bu  dem  bereits  gefUhen  Todesar-> 
thelt   sei   am  Morgen   nooh  der  Beschiula  der  Ablieferung 
nn  Pilatus  gekommen:   allein   diefs  verstand  sieh  nach  da* 
nsaligem  RechtsBostande  von   selbst  und  bedurfte  keines  . 
besonderen  Beschlusses«  Dafs  Lukas  und  Johanne«  die  Vor« 
handlnng  mit  den  tpevSoftaQtvQig  ttbergehen,   ist   ab   eine 
fjflcke  in  ihrer  Darstellung  bo  betrachten.    Denn  dafsr  Je- 
sus Aen  Ausspruch  vom   Abbruch  und   Aufbau   des  Tem- 
pels (doch  wohi  ohne  die  Bestimmung  der  drei  Tage)  ge* 
ihan,  hat   bei  dem  Zusammentreffen  von  Job.  2,  10.  un 
A.  6.  6y  14«  mit  Mattbfins   und  Markus  alle   Wabrschein* 
liebkeit;  dals  man  dann  aber  vor  Gericht  jene  Aussernn 


5)  So  ScMUUBiiMAcaBft,  üBsr  den  T  »kat,  S»  295. 

€)  bcMLSissMAcusa,  s.  a.  0.;  irgl.  IfüMSfr^iis,  z.  d.  St«  de»  Ms  tb. 


4b0  Dritter   Abschnitt. 

nU  Anklflgoponkt  gog^n  ihn  benüfcfe,  ergab  sich  von  selbtt 
Das  Fehlen  dieses  wichtigen  Punl&tes  bei  Lukas  erklärt 
ScKLEiERMAcnka  aas  dem  Umstände,  dafs  der  Verfasser  die- 
ses Stileks  im  dritten  Erangeliam  swar  vom  Garten  herHa 
dem  Zage,  der  Jesam  geleitete,  gefolgt,  vom  hobenprie* 
sf erliehen  Palast  aber  mit  den  meisten  Übrigen  ausgeschlos- 
sen worden  sei,  mithin  dns  In  diesem  Vorgefallene  norvem 
Hörensagen  erefthle.  Allein  ein  so  nahes  Verhftltnifii  lies 
Berichterstatters  in  diesem  Abschnitte  des  LnkaserMige- 
linms  Bur  Thatsache  kann ,  um  aus  dem  Folgenden  niehts 
mn  anticipiren,  auch  nur  nm  des  Einen  Zugs  willen  Ton 
der  Heilung  des  verwundeten  Knechts  nicht  angenommen 
werden.  Vielmehr  scheint  dem  dritten  Evangelisten  die- 
ser Ausspruch  nur  als  Klagartikel  gegen  Stephanns,  nicht 
ge^en  Jesus,  dem  vierten  aber  nur  als  Ausspruch  Jesu, 
nitiht  auch  als  Klagartikel  gegen  ihn,  sugekommen  au  aeln. 
Weiter  ist  über  denselben,  da  er  schon  früher  erlAatert 
werden  mufste,  hier  nichts  mehr  eu  bemerken  Obrig  ^ 

Wie  Jesus  auf  die  Aussage  der  Zeugen  nichts  erwie« 
derte ,  fragte  ihn  den  beiden  ersten  Evangelisten  sufolge 
der  Hohepriester,  im  dritten  Evangelium  ohne  jen6  Veran- 
Ussung  das  Synedrium,  ob  er  wirklich  der  Messias  (der 
Sohn  Gottes)  20  sein  behaupte?  was  er  nach  Jenen  l>eiden 
ohne  Weiter  Sk'  durch  au  (htas  und  iyd  elfu  bejaht  ^  und 
hinzusetzt,  dafs  sie  von  jetzt  an,  oder  demnächst  Ci^ 
aQzOj  des  Menschen  Sohn  zur  Rechten  der  göttlichen  Macht 
sitzen,  und  in  den  Wolken  des  Himmels  kommen  sehen 
würden;  nach  Lukas  hingegen  erklärt  er  euerst|  dafs  Ibn 
seine  Antwort  doch  nichts  nützen  werde,  fügt  übrigens 
hinzu,  von  jetzt  an  werde  des  Menschen  Sohn  zur  fiech- 
ten  der  göttlichen  Macht  «itzen,  worauf  ihn  Alle  gespannt 
fragen,  ob  er  demnach  der  Sohn  Gottes  sei?  was   er  be- 


7)  Bd.  1.  §.  6Ö. ;   ßd.  2,  §.  il5. 


Drittes  KapiuL    f.  127«  4St^ 

jAbt.    Bter  sprlohC  also  Jestu  die  EvwaHwig  aas ,  Haroh 
••inen  Tod  nunmehr  an  der  Herrlichkeit  des  aiessisnlseheii 
SItaens  anr  Reehten  Gottes,  nach  ff  f.  110,  1.,  den  er  schon 
Matth.  SU,  44.  auf  den  Messias  gedeutet  hatte,  einan^ehen. 
Denn  wenn  er  auch  seine  nessianische  VerherrKchong  sich 
Anfangs  rielleieht  ohne   Vermitdaiig  doroh  den  Tod  ge- 
dacht haben  mag,  weil  eine    solche  Vermittinng  In  den 
Vorstellungen  der  Zeit  ihm  nicht  scheint  an  die  Hand  ge« 
geben  gewesen  au  sein;  wenn  ihm  erst  später  In  Folge  der 
Verhältnisse  eine  solche  Ahnung  mit  allmählig  stefgendcfc» 
Bestimmtheit  aufaugehen  anfieng:  jetzt,  gefangen,  iron  sei- 
nen  Anhängern  Torlassen ,  dem  erbitterten  t>ynedriam  ge* 
genfiber,  mnfste  es  ihm,  wenn  er  flberhaopt  noch  die  Über* 
skOttgung  Ton  seiner  Messianität  festhalten  wollte,   aar  jQe* 
wifsheit  werden ,   dafs  er  an  seiner  mesrisnischen   Ver- 
berrlichnng  nur  durch   den   Tod  eingehen  Ldnne.     Wenn 
den  awei  ersten  Evangelisten  anfojge  Jesus  au  dem  xa^h^ 
fuvw  id  dt^iühf  tijg  Swdfi$o)g  noch  xoi  iQxoftBvov  inl  %üv 
rHpslwv  %5  agapS  setat,  so  sagt  er,  wie  schon  frfiber,  sei- 
ne baldige  Paruste^  und  ewar  hier    bestimmt  als**  Wieder* 
knnft,  voraus.  Dach  Olshauskm  soll  das  an  u(ni  Am  Mat- 
thäus nur  auf  Ka&ijxtvov  x.  t.  L  betogen  werden,  weil  es 
sn  iQjfQfttvov  X«  r«  X.  nicht  passen  würde,  indem  »ich  liicht 
deniien  lasse,  wie  Jesus  sich  damals  schon  als  demnächst 
Kommenden  habe  darstellen  kdnrent  eine  ledigBch  dogma- 
tische   Bedenkliehkeit,    welcjie   auf  onsrem    Stsndponkte 
nicht  stattfindet,   aof  keinem  aber  die  grammatische  Aus* 
l^gung  so  weit,  wie  liier  bei  Olsuausev,  iirderben  sollte. 
Auf  die  gedachte  Erklärung  Jesu  aerrei^st  räch  Matthäus 
und  Markus  der  Hohepriester  seine  Kleider,  erklärt  Jesum 
der  Blasphemie  fOr  tiberwiesen,   und  die  Versammlung  er- 
kennt ihn  des  Todes  schuldig;    wie  auch    nach   Lukas  die 
Versnmmelten  bemerken,    nun    brauche  es    kein    weiteres 
Zeugnifs  mehr,  da  die   verbreclierlsche  Aubcsge  %on  Jesu 
selbst  vor  ihren  Ohren  gethan  uordea  sei. 


489  Urllter  Abtebsilt 

An  4fai  VmiVilMilttnfr  teMUrst  tkib  damn  M  ^fen  I 
eritaa  Eyangelitten  die  Mifshandlnng  Jeto,  welche  Jeha»* 
iies^  der  hier  Iteiner  Verurtheilong  erwähnt,  n«eh  der  Be- 
T«ftuig  Jesa  eaf  die  Öffeotlichlieh  seines  Wirltens  erfel- 
Kenlfils^  Lttluis  aber  sehen  vor  dds  Verhör  verlegt;  wahr- 
sebefailich«^,  weil  man  nicht  mehr  genau  wnfste,  wana 
diese  MUshandlangea  Torgeftdlen  waren,  als  weil  sie  s« 
Terschledenen  Zeiten  nnd  onter  rerschiedenen  Verhftltale« 
aen  wfoderhelt  worden  wSren«  Die  Verflbnng  dieser  Mirs* 
handlangen  wird  bei  Johannes  nnd  Lukas  ansdrfieklieli 
dort  einem  vwjQkijg^  hier  den  avS(ßeg  awixovT€g  top  ^L  «i- 
gesohrieben ;  dagegen  müssen  hei  Marlius ,  wenn  mt  Ina 
Folgenden  die  vntjQhag  von  ihnen  anterseheidet|  die  rtwig 
ififttvamg  einige  von  den  navt^g  sein,  welclie  Ihn  ebem 
rorher  renirthellt  hatten ,  und  auch  bei  MattbSns,  der,  eb- 
ne ein  neues  Subjeet  au  setaen,  nur  durch  rore  jj^erm 
fortfkhrt,  sind  es  eflenbar  die  Synedristen  seiiist,  weldin 
sieh  jene  unwürdigen  Handlungen  erlauben ;  was  ScBLKum« 
M40UKa  mit  Recht  unwahrscheinlich  gefunden ,  und  Insofens 
die  Darstellung  des  Lultas  der  des  Matthius  ▼orgetfogmi 
liat  *>  Die  MUsbandlung  besteht  l>ei  Johannes  in 
Baokenatrelch  (J^nia^a)^  welchen  ein  IMener ,  wegen  eis 
venueintlieh  unbescheidenen  Rede  gegen  den  Hehenpri^ 
ater,  Jesu  giebt;  bei  Matth&us  und  Markus  ist  es  Ver» 
apetung  des  Angesichts  (jkvJLmvaav  slg  %6  ngoatamv  aizSy^ 
BchlSge  auf  den  Kopf  und.Baekenstrriehe,  wosn,  aueb 
nach  Lukas,  das  kam,  dafs  er  bei  verhülltem  Bbupte  gu- 
acldagen  und  höhnend  aufgefoHlert  wurde ,  aelnen  mnssia 
iiiscbea  Seherblick  durch  Angabe  des  Thiters  an  beurkun- 
den *)•    Nach  Olshaussm  hat  der  Geist  der  Weissag»^ 


8)  s.  s.  O. 

9)  Datt  Matthäus  hier  der  VcrbiUIun^  aicht  gedenkt ,  Ist  doe 
KachUssigkeit  »einer  Darstellung ,  da  ohne  jene  Notis  dst 
nqo(f^T»uaov  n,  t.  i.  keiasA  recbtea  Sinn  hsl. 


Dritte«  KaplUL    |^  197. 

rt  nicht  Wit«r  miner  Wfirde  gehtkeiii  diese  Rohbetten  Im 
Kloselnen  vorberzoverfcfiiidigen,  und  eagleicb  die  Gealltbe« 
V  erfasuiDg  sa  seichnen,  welche  der  Heilige  Gottes  der  an« 
t  *?iligen  Menge   entgegenstellte.    Kicbtig   wird  bieso  Jee. 
iU)  6  U  angefabrt  (LXX.)  :  tov  vurfOPfiB  dkdmta  dg  fiagi^ 
'^uQi  tag  di  aiccyovag  fis  elg  ^anlafiaraf  %6  di  nqoatajiov 
fio  u»  anigQe^a  ano  ahxmig  i^nvvofiM(aw  x.  r,  2. ,  vgl« 
Micb.  4)  14,  und  fftr  die  Art  |  wie  Jesus  das  Alles  ertrugt 
die  bekannte  Stelle  Jes.  53 >  7,  wo  Tom  Knecbt  Gott«  das 
Scbweigen  unter  den  Mifsbandlnngen  berrorgeboben  wird« 
Allein,   dafs  Jes«  50,  4  ff.  eine  Weissagung  auf  den  Mes- 
sias sei,  ist  ebenso  gegen  den  Zusammenbang  des  Absebnitts, 
wie  bei  Jes.  53.  *^ ;  folglich  mtf fste  das  ZusamMontrefien  des 
Erfolgs  mit  diesen  Stellen  entweder  menscblicb  beabsich- 
tigt,   oder  rein  aufXllig  gewesen  sein.    So  wenig  nnn  die 
Diener  und  Soldaten  bei  ihren  Ml/sbandlungen  die  Absiebt 
gehabt  haben  werden,  Weissagungen  an  Jesu  In  Erfüllung 
geben  an  lassen :    so  weni|[  wird  man  diesem  eeibst  das 
Affectirte  anschreiben  wollen,  ans  dieser  Absiebt  gesebwie- 
gen  zu  haben ;  aus  dem  Uolsen  Zufall  aber  ein  solches,  aller« 
«Uags,  wie  Olsuaussn  sagt,  in*s  Einaelne  gehendes ,  Znsam- 
mentreffen hercnleiten,  ist  immer  mirsiiclu    So  wabrschein* 
lieb  es  al^o  auch  der  rohen  Sitte  Jener  Zeit  sufoige  ist,  ; 
dafii  der  gefangene  Jesus  mlfsbandelt,   und  unter  Andrem  i 
auch  so  mißhandelt  worden  ist,   wie  die  Erangellsten  eej 
lieschreibeA :  so  lafst  sich  doch  bäum  verkennen,  dafs  ihre 
Sebildernngen  nach  Weissigongen  gemacht  sind,    welche 
nsan,  da  Jesus  einmal  als  Leidender  und  Mifsbandelter  ge- 
geben war,  auf  ihn  besog;  ebenso,  wie  angemessen  es  aucb  / 
dem  Charakter  Jesu  ist,,  diese  Hifsbandlungen  geduldig  er- V 
tragen,  und- unbefugte  Fragen  mit  edlem  Schweigen  aurllck-/ 
gewiesen  nu  haben:   so  bitten  doch  schwerlich  die  Eran- 
gelisten    dlels    so    oft   und    angelegentlidi    benrorgehn* 


10)  t.  GifSKtv»;  z.  d.  Abteil. 


4M  Dritter   Abaobnltt. 

ben  'O9  wenn  es  thneo  nicht  daram  so  thoo  geweeen  wtoa^ 
daduroli'A.  TJlche  Ordiei  als  erfiült  sn  seigeiu 

S.  128. 
Die  Verlaugnung  des  Petmt« 
Bei  der  AbfQhi  ung  Jesu  aas  dem  Garten  lassMi  lie 
swel  ersten  ETangelisten  im  Aiigen,blick  ewar  alle  Jinger 
die  Flacht  ergreifen,  doch  folgt  auch  liei  ihnen,  wie  bei 
den  Übrigen,  Petras  von  ferne,  und  weiA  sich  mit  dem 
Zage  Riiigsng  in  den  Hof  des  hohenpriesterliehen  Paläste 
EO  verschaffen.  Wahrend  den  SynopCil&ern  sofolge  Petrus 
allein  es  ist^  der  diese  Probe  von  Math  und  Anhfinglicbkeit 
an  Jeaam ,  die  ihm  aber  bald  genug  aor  tiefsten  Demllthi- 
gung  ausschlagen  sollte,  ablegt :  gesellt  ihm  das  vierte  Eraii« 
geliam  den  Johannes  bei ,  and  ewar  so ,  dafs  es  dieser  ist, 
welcher  durch  seine  Bekanntschaft  mit  dem  Hoheupriestrt* 
dem  Petrus  Zutritt  su  dessen  Palast  verschafft;  eine  Ab* 
weichung,  die  mit  dem  ganeen  eigenthOmlichen  Verhlltnifii, 
in  weiches  dieses  Evangelium  den  Petras  au  Johannes  Betmtj 
schon  fraher  erwogen  worden  ist  V). 

Sffmmtlichen  Evangelisten  auf o Ige  war  es  in  dieser  avJbljy 
dafs  Petras,  eingeschüchtert  durch  die  bedenkliche  Wen- 
dung der  Sache  Jesu  und  die  hohenpriesterliche  Diener- 
schaft, die  ihn  umgab,  den  entstandenen  und  wiederholt 
geftusserten  Verdacht,  dafs  er  zu  den  Anhängern  des  ver- 
hafteten Galiliiers  gehöre,  durch  wiederholte  Yersicheran- 
gen,  ihn  nicht  sn  kennen,  niederauschlagen  suchte.  Doch, 
wie  bereits  angedeutet,  in  Beaog  auf  den  Inhaber  dieses 
Locals   kann   awischen  dem  vierten   Evangelium  and  den 

11)  Mallh.  26,  63.    vgl.  Markus  14,  61:   S  Sk  V.  iat^a. 
Matth.  27,  12  :   SSer  antn^Cvaro! 
Matth.  27,  14.  vgl.  Marc.  15,  5  :  mcCt  S»  antx^Cyaro  avi^  7t^ 

Ltlp*   23,  9 1     crvroc  Sh  tSSfy  antxqlyäTO  aOrn* 
Job.  19,  9 :     6  Sk  V*  andxQtatr  Sm  iSmxty  uvtm* 
i)  1.  Bd.  §.  75. 


Drittes    KapiteL    %  138.  «•! 

übrigen    eine    Abwelohang   ttattsafinilen   Mhebiea«    Dem 
ereren  Anblick  seiner  EixftMang  naeh  so  nrtlieileBy   fiLUt 
nSnlioli  bei  Jobannes  die  erste^  Verläagnnng  (18, 170  will« 
rend  des  Verhörs  vor  Annas ,  da  sie  naeb  der  Notis ,  dafii 
Jesus  sa  Annas  cV«  130»  ^^^  ▼^^  ^^9  ^^  ersu  Kaiphas 
geführt  i;vorden  sei  (V.  24«)  ^  steiu,  and  nur  dieswei  wei- 
teren Acte  der   Vcrlängnang,    sofern  sie  auf  die  ErwAh« 
nung  der  AbfBbrang  an  Kaiphas  erst  folgen  (V.  25— »tT«), 
nnd  nnmlttelbar  nach  ihnen  die  Ablieferung  an  den  Pila- 
tus ersfihlt  wird   C^.  28.) ,   scheinen  auch  nach  Johannes 
wffhrend  des  Verhörs  vor  Kaiphas ,  in  dessen  Palaste,  vor- 
gegangen SU  sein*     Allein  diese  Annahae  einer  Verscble^ 
denheit  der  Localitfit  für  die  erste  Verläpgnnng  und  die 
beiden    folgenden,   hat  in   der  Johauoeisehen   Darstellung 
selbst   ein    Hindernifs.    Nachdem  die  er^te,   schon  an  der 
Pforte  des  Palastes,   wie  es   scheint,   von  Annas,   vorge« 
fallane  Verl&ognung  gemeldet  ist,   belfst  es,   die  Diener- 
sehaft   habe  sich   der  Kälte  wegen  ein  Koblenfener  ange- 
macht, 3JV  dl  xcu  fiST  avtüv  6  IlitQog  f^cu»'  xal  &bq^oliv6^ 
^irog  (\.  18  )•     Wenn  nun  später  die  Erzählung  von  der 
Bweiten   und  dritten  Yerlängnung  fast  mit  den  nämlichen 
Worten:  J[y  di2i\uiov  JlivQoglgwgxai  v^f()/<airo/ue>'Oy(V.25.) 
lieh  eröffnet :    so  kann  man  nicht  anders  denken,  als  durch 
jene  erste  Erwähnung  des  Kohlenfeuers ,    und  dafs  Petrus 
so  demselben  getreten ,    solle  der  Umstand  eingeleitet  wer- 
den,   dafs   die   zweite   und    dritte  Verläognung  an  diesem 
Feuer,   also  nach  obiger  Ansieht  gleichfalls  nocb  im  Hause 
des  Annas ,    vorgefallen  sei.    Zwar  sprechen  die  8f  nopti« 
ker  CMarc.  V.  54.    Luc.  V.  55.)  auch  im  Hofe  des  Kaiphas 
von  einem  Feuer,   an  welchem  Petrus  (nur  hier  sitzend, 
wie  bei  Johannes  stehend)  sich  gewärmt  habe:  doch  diärins 
folgt  nicht,    dafs   auch  Johannes  im  Hofe  des  regierenden 
Hohenpriesters  ein  ähnliches  Feuer  sich  gedacht  habe,  wie 
er  der  lusherigen  Voraussetzung  zufolge  imr  bei  Annas  ei- 
nes solchen  gedenkt.    Wer  daher  die  Veriuntbung  des  £u- 


Wi  Dritter  Abschnitt 

MiyttiM  CQ  kfinttiich  findet,  defs  die  Wohnungen  des 
Annai  nnrf  Kaiphas  vielleicht  einen  gemeinschafrlicbcn  Hof* 
räum  gehabt,^  und  folglich  Petrus  nach  der  Abführung  Jea« 
Vom  ersteren  £um  letateren  an  demselben  Feuer  habe  ste- 
hen bleiben  können ,  der  nimm^  lieber  an,  die  sweite  und 
^dritte  Veriliognnng  sei  dem  Johannes  snfolge  nicht  naeli, 
sondern  eben  wShrend  der  Abftthrung  Jesu  von  Annas  s« 
Kaipbas  gescliehen  ^.  Bleibt  somit  bei  der  Vorausseievniry 
dufs  Johannes  ein  Verhör  ror  Annas  berichte,  die  Diffe> 
rens  der  Evangelien,  in  Beang  anf  die  Örtlichkeit  der  Ver- 
IXugnung  eine  totale,  so  haben  die  Einen  su  Gunsten  des 
Johannes  sich  dahin  entschieden,  daüs  die  Tersprengtea 
Jflnger  über  diese  Scenen  nur  fragmentarische  Nachrieii- 
ten  gehabt ,  und  der  in  Jerusalem  nicht  einheimische  Pe- 
trus selbst  nicht  gevrufst  habe ,  In  ifiralchen  Palast  er  s« 
seinem  OnglQck  hineingekommen  war;  sondern  er,  und 
nach  ihm  die  ersten  Evangelisten ,  haben  gemeint ,  die 
Verläugnungen  seien  im  Hofe  des  Kalphas  vorgefallen,  was 
jedoch  der  in  der  Stadt  und  dem  hohenpriesterlichen  Pa- 
läste bekanntere  Johannes  berichtige  *)•  Allein  auch  das 
Ung^ublic^ie  cugegeben,  dafs  Petrus  irrig  gemeint  liaben 
sollte ,  im  Palaste  des  Kalphas  geliugnet  cu  haben ,  so  hfit- 
*te  doch  gewifs  Johannes,  "tier  in  diesen  Tagen  um  dea 
Petrus  war,  seine  Aussage  gleich  damals  berichtigt,  es 
daPs  jene  Irrige  Meinung  sich  gar  nicht  bitte  fixlren  kön- 
nen. Man  könnte  daher  den  Umgekehrten  Versuch  machea^ 
und  auf  Rosten  des  vierten  Evangeliums  den  Synoptikern 
Recht  geben  wollen :  wenn  nicht  in  der  Bemerkung  dos 
vorigen  $.,  wonach  Johannes,  nachdem  er  die  AbfBhrung 
Jesu  SU  Annas  falefs  erwfihnt  hat  ^    schon  von  V.  15.  an 


i)  So  ScBiBiimucaBR,  über  den  Lukas  f  S«  289.    Olssapsss»  2, 

8.  445. 
i)  So  l^MWi,  s.  a.  O.    S.  577  U* 


Drittes  Raptt^L     $.128.  |t| 

von  den  Yorgingen  Im  Paläste  des  Raiphas  aprleht^  die 
Lösaog  aaeh  dieses  scheinbaren  Widerspruches  Iffge« 

In  Besog  aaf  die  ef  nselnen  Acte  der  Verliognang  atioH 
sen  sämmtliche  Brangelisten  darin   susammen,  dals  es  de- 
ren, gemifs  der  Vorhersage  Jesu,  drei  gewesen  seien ;  aber 
in  dir  Beschreibang  derselben  weichen  sie  Ton  einander  ab* 
Zoerst  OrCe  and  Personen  betreffend ,   geschieht  nach  Jo« 
bannes  die  erste  Verläognnng  bereits  bei'm  Eintritt  des  Pe- 
tras gegen  eine  naidla^tj  ^vQioijog  (V.  17.) :  bei  den  Syn* 
optikern  erst  im   Innern  Hofranm,   wo  Petras  am  Feoer 
aafs ,    gegen  eine  natdiaxT]  (Matth.  V.  69  f.  parall.)*    Die 
sweite    geschieht  nach  Johannes  (V^  25.)  ond  auch   nach 
Lukas,  der  wenigstens  keine  Veränderung  des  Standpunkts 
anmerkt  (V.  58.),  am  Feaer:   bei  Mattbfios  (V.  7].)  und 
Markus  (V.  68  ff«) ,  nachdem  Petrus  in  den  vorderen  Hof 
CnvlwVf  nQoavliov)  hinausgegangen  war ;    ferner  nach  Jo- 
bannes gegen  mehrere,   nach   Lukas  gegen  Einen  Mann; 
nach  Matthfins  gegen  eine  andere,  nach  Markus  gegen  die» 
'  selbe  Magd,  vor  welcher  er  das  erstemal  gelfiugnet  hatte* 
Die  dritte  Verlfiugnnng  geschah  nach  Matthftus  und  Mar- 
kus ^   die  keine  Ortsverfinderung  gegen  die  sweite  bemer« 
ken ,  gleichfalls  im  yorderen  Hof:  nach  Lukas  und  Johan* 
nee,  sofern  sie  gleichfalls  keines  Localwechsels  gedenken,' 
ohne  Zweifel  noch  im  inneren,   am   Feuer;   femer  nach 
Matthfins  und  Markus   gegen  mehrere  Umstehende:   nach 
Lukas  gegen  Einen :  nach  Johannes  bestimmt  gegen  einen 
Anrerwandten  des  Im  Garten  verwundeten  Knechts.  —  Was 
far*s  Andere  die  Reden  betriffit,   welche  bei  dieser  Gele« 
genheit  gewechselt  werden ,  so  sind  die  Anreden  der  Leute 
bald  an  Petrus  selbst,   bald  an  die  Umstehenden  gerichtet, 
nm  sie  auf  ihn  aufmerksam  su  machen,  und  lauten  die  bei* 
den  ersten  Male  siemiich  gleich  dahin ,  dafs  aiich  er  einer 
von  den  Anhfingern  dt^  eben  Verhafteten  su  sein  scheine; 
nur  bei*m  drittenmal ,  wo  die  Leute  ihren  Verdacht  gegen 
Petrus  mottviren  wollen ,  gebrauchen  sie  nach  den  Sjnop« 


IM  Dritter  Abtehnttt 

tikern  nU  Bewetsgrand  seinen  galilfiischen  Diiilelct,  bei  Jo- 
hannes beruft  sich  der  Verwandte  des  Malcha«  dfimaf,  ihn 
im  Garten  bei  Jesu  gesehen  sn  haben ;  wo  die  erstere  Mo« 
tiTirong  ebenso  natllrlich ,  als  die  Bweite^  sammt  der  Be* 
ieeichnnng  dessen,  der  sie  vorbrachte,  als  eines  Verwand- 
ten Jenes  Mafchus,  icOnstiich  und  gemacht  lilingt,  um  die 
Beeiebung  Jenes  Schwertstreichs  anf  Petrus  recht  fe9t  in 
die  ErsXhiung  so  verweben.  In  den  Antworten  f\en  Petrus 
findet  die  Abweichung  statt,  dafs  er  nach  Matthäus  schon 
die  Bweite,  nach  Marlius  erst  die  dritte,  bei  den  l>eiden 
andern  gar  keine  seiner  Verleugnungen  durch  einen  Schwur 
bekräftigt;  bei  Matthäus  ist  dann  an  der  dritten  Verlang* 
nung  die  Steigerung  dadurch  hervorgebracht,  dafe  bu  den 
Ofivvstv  noch  das  yaTcna^efiarl^eiv  gefügt  ist,  was  denai)« 
dem  gegen  Ober  allerdings  als  übertreibende  Darstellung 
erscheinen  kann« 

Diese  so  verschieden  ereählten  Verläugnnngen  d«r^e- 
ttalt  ineinander  einzuschieben,  dafs  kein  Evangelist  einer 
unrichtigen,  Ja  auch  nur  ungenauen  Darstellung  beschuldigt 
werden  mCirste,  war  nun  gans  ein  Geschäft  ffir  die  Haroio- 
nisten.  Nicht  nur  die  älteren,  supranaturalistischen  Aus- 
leger, wie  Benoel,  haben  sich  diesem  Geschäft  unterso* 
gen,  sondern  auch  neuestens  noch  hat  sich  Paulus  viele 
Mfihe  gegeben,  die  verschiedenen,  von  den  Evangelisten 
erBihlten  Verlängnungsacte  in  schickliche  Ordnung  und 
pragmatischen  Zusammenhang  bu  bringen«  Nach  ihm  ver* 
läugnet  Petrus  den  Herrn 

1)  vor  der  Pfljrtnerin  (Ite  Verläugnung  bei  Johannes) ; 

2)  vor  mehrereh  am  Feuer  Stehenden   C^te  bei  Job.); 

3)  vor  einer  Magd  am  Feuer  (Ite  bei  den  Synoptikern); 

4)  vor  einem,  der  nicht  näher  beBeichnet  wird  (3te 
bei  Lukas); 

5)  t>ei*m  Hinausgehen  in  den  vordem  Hof  vor  einer 
Magd  (2te  bei  Matthäus  und  Markus.  Ana  dieser 
VeiHlängnnng  mttfste  Paulus  consequenterweise  Bwet 


Dritte«  KuptteL    (.  128. 

machen,  da  die  Magd,  welche    die  Dmftehenden 

aaf  den  Petras  aofmerksan^   macht,    nach   Markos 

dieselbe  mit  No.  3.,  nach  Itfatthäas  aber  eine  andere 

war) ; 
6)  vor  dem  Verwandten  des  Malehos  (dritte  bei  Jeh.) ; 
T)  vor  einem,  der  ihn  am  galilüi^chen  Dialekt  erkennen 

will  (dritte  bei  Lukas),  welchem   sofort 
8)  mehrere  Andere  beistimmen,    gegen  welche  sich  Pe- 

tros  noch  stjirker  bethenert,   Jesum  nicht  eo  kennen 

(dritte  bei  Matthftos  ond  Markus). 
Indefs  dorch  solche  vom  Respect  vor  der  Glaubwfir- 
digkeit  der  Evangelisten  eingegebene  Auseinanderhaltung 
ihrer  Berichte  kam  man  in  (lefahr,  die  noch  wichtigere 
f^laubwürdigkeit  Jesu  ansotasten;  denn  dieser  hatte  von 
dreimaligem  Verleugnen  gesprochen:  nun  aber  soll  Petrus, 
je  nachdem  man  mehr  oder  minder  contequent  im  Ausein- 
anderhalten ist ,  6  ^  9  mal  verlft'ugnet  haben.  Die  ültere 
Exegese  half  sich  durch  den  Kanon :  mbftegafio  ad  plure» 
phtrhim  inferrogatienes  facta  vno  parojry9mOj  pro  vfia 
ftttmeratur^.  Allein  auch  die  Zulüssigkeit  einer  solchen 
Zllhlung  eingeräumt,  so  mttfsten,  da  Jeder^er  vier  Referen- 
ten Ewiscben  den  einzelnen  von  ihm  berichteten  VerlAug- 
nongen  meistens  grdfsere  oder  kleinere^  Zwif  chenEeiten  be» 
inerklich  macht,  allemal  gerade  die  von  verschiedenen  Kvan- 
f^elisten  erEfihlten,  also  eine  von  Matthäus  berichtete  mit 
einer  von  Markos  u*  s«  f.,  in  Einem  Zöge  geschehen  sein : 
was  eine  durchaos  willkfirliche  Voraossetsong  ist.  Daher 
hat  man  sich  neoerllch  lieber  darauf  berufen,  dafs  das  tQ}g 
im  Monde  Jeso  nur  eine  runde  Zahl  ffir  ein  wiederholtes 
VerlÜognen  gewesen  sei,  ond  dafs  Petros,  einmal  In  die 
Verlegenheit  vermeintlicher  flothldgen  versunken,  seine  Be- 
theurungen eher  gegen  6—7,  als  blofs  gegen  drei  argv^öh« 
nisch   Fragende  wiederholt  haben  möge^).    Allein,  wenn 

4)  Bbiisrl,  im  Gnomon. 

5)  PAVUJt,  s.  s.  O.  S.  57S«    . 


MB  Dritter  Abtohnitt 

man  mch  nacb  Lokas  (V.  S9  f.)  die  Zdtdistiiiift  Ten  der 
ersten  Verl&ugnang  bk  ear  l«t»ten  sa  mehr  eis  einer  Stmsh 
de  enachlffgt,  «o  ist  doch  ein  solches  Fmgen  iiller  Leoie 
«n  allen  Knden  und  Ecken,  und  dafs  liei  diesem  so  ailge* 
meinen  Verdacht  Petrus  doch  frei  ansgfeng,  höchst  onwahr- 
seheinlieh»  und  wenn  die  Erkifirer  die  Stimmung  de«  Pe- 
trus während  dieser  Scene  als  eine  völlige  Betäubung  be- 
schreiten 0  9  *o  geben  sie  hiemit  vielmehr  die  Sllnuniing 
an,  in  welche  der  Leser  hineingerith,  der  in  ein  aolohas 
Gedränge  von  immer  sich  wiederholenden  Fragen  und  Ant- 
worten gleichen  Inhalts,  dem  sinn*  und  endlosen  Fort- 
schlagen einer  in  Unordnung  gekommenen  Uhr  vergleieh« 
bar,  sich  hineinverseteen  soll.  Mit  Recht  hat  Olshavseh 
die  Bemühung,  dergleichen  Differenzen  wegsusehaffen,  als 
eine  unbelohnende  von  der  Hand  gewiesen :  doch  sucht  er 
theils  selbst  unmittelbar  darauf  an  einigen  Punkten  dieser 
Eraählung  die  Abweichungen  auf  geawungene  Weiee  aus- 
suglelchen,  theils,*  wenn  er  darauf  besteht,  dafs  gerade 
drei  Verläugnungen  vorgefallen,  so  hat  doch  wieder  Pao« 
LU8  das  Richtigere  gesehen,  wenn  er  das  absichtliehe  Be* 
streben  der  Evangelisten  bemerklieh  macht,  eben  eine  drei- 
fache Abläugnung  herauszubringen.  Dieses  Streben  babea 
sie  sunichst  mit  Rflcksioht  auf  die  Vorhersagung  Jesu: 
allein,  dafs  dieser  gerade  so  bestimmt  von  drei  Verläugnnags* 
fkllen  gesprochen  haben  sollte,  ist  elienso  unwahrscbeln« 
lieb,  ab  dafs  er,  wenn  er  den  Ausdruck :  tglgj  gebrauebte, 
diefs  blofs  sprücbwörtlieb  gemeint  habe.  Sondern  beide 
Dreisablen  sind  wohl  aueh  hier,  wie  sonst  so  oft,  in  der 
Sage  entstanden ,  so  dafs ,  was  an  jenem  Abende  vieUeieht 
EU  vriederholien  Malen  (nur  nicht  8  — 9  mal)  vorgekomneii 
war,  auf  dreimal  fixirt,  und  demgemäfs  auch  Jesu  eine 
Vorherverliflndigung  eben  dieser  Zahl  von  Verläugnuogen 
in  den  Mund  gelegt  wurde. 


6)  Hsts,  Geschickte  Jesu,  2,  S.  343. 


Drittem  Ka|<itel.    S-  128  487 

Den  Endpiiiikc  ond  f(leiuli»4iii  die  lUidltvoi^be-  der 
ganzen  VerlüagiiuAgtgeieliit'ltte  fährt  ii«rh  nUei^  lievi«  blea 
dei*  Vorhersegung  Jesu  gemiil«  dat»  Krähen  des  Uabns  her» 
bei.  Maeh  Markos  krftbt  derselbe  sehen  naeh  der  ersten 
VtHrIfittgnung  (V.  680>  npd  dann  naeh  der  dritten  mnin  awei* 
teiimal :  bei  den  übrigen  nnr  Einmal ,  nach  dem  letzten  Veiv 
iäugnungsact  Während  mit  diwem  Datum  J^ha^nes  sei*. 
Be  Oarstellung  hescbliefst,  fittgen  Alarthftns  und. Markus 
]i4/cb  biiuu ,  daU  Pfetrus  bei  dem  .liahnensjohreJ  sieh  der 
Vuraus$agung  Jesa  eriunert  nnd  geweint  hake;  Lukas  aber 
luit  di^  eigentJi^inliohe  AnsCtlhrung,  dafs  bei  m  Krähen  des 
Hahns  Je^us  sieh  ni»gew«ndety  nnd  den  Petrus  angesehen 
habe,  wcuranf  dies^,  d«r  Voranssage  Jesu  eingedenk,  in 
bitteres  Weinen  ausgebrochen  sei*  Da  nan  aber  nach  den 
beiden  ersten  E?angeUslen  Pttms  nickt  in  dcmielben  Xo« 
cal  mit  Jesu,  sondern  i^ui  (||pttb.  V.  6ft>  oder  utkio  (Marc* 
V,  6&)  iv  rff  avX^ ,  alse  Jesus  innen  oder  oben  lüt  Palaste 
W4ir,  so  mufs  omu  fragen^  wie  denn  Jesus  die  Verikngnun« 
gen  des  Petrus  habe  mit  anhören,  und  hieraut' lltn  ansehen 
kdnnenü  Auf  das  Letztere  bekommt  nian  gemöhelieb  die 
Antwort,  Jesus  sei  jetibt  eben  ans  dem.  Palaste  des  Annas 
in  den  des  Kaiphas  abgeftttirt  worden,  und  habe  im  Vor- 
übergehen den  schwachen  Jünger  bedeutend  angesehen  ^y 
Allein  von  einem  solehen  Abiühren  weils  Lukas  nichts; 
auch  lantet  sein  gQaq-tig  6  Kv^wg  ivißiMipt  tcp  ni%Q(if  nicht 
aeivohl,  wie  wenn  Jesus  Im  tiehen,  als  wie  wenn  er^ 
abgewendet  ^tebead,  sieh  nach  Petrus. umgesehen  fafitte^ 
eniUidi  aber  ist  durch  Jene  Voranssetsnng  nocbniotit  er«> 
klärt,  wie  Jesus  Kur  Kenntnib  von  den  Verläugnungen 
des  Jüngers  gekommen  war,  da  er  bei  dem  Getümmel  die- 
ses Abends  doch  nicht  wohl,  wie  Paulus  meint,  im  Zim- 
mer den  anf  dem  Hofe  lautredenden  Petrus  hören  konnte. 
Freilich  findet  sich  jene  ansdrüeklicbe  Unterscheidung  des 


7)  Paulus  und  Olsuausen,  z.  d.  St.  Schlbuikmacnsh,  a.  a.  O.  S.  289« 
Das  Leben  Jesu  2le /tuft    II,  lia/uL  M 


4M  HrH^ter  AbtehnUu 

OriMy  wo  Jetm,   von  dMi,  wo  Petnu  WAr,  bei  LqIlm 
nlehi,  •onrterii  luieh  ihni  könnte  «neh  Jegnt  einige  Zeit  i« 
Hofe  steh  haben  aafbalren  ntttten :  altein  tlieilt  iat  hier  die 
Darsteliang  der  andera  an   sich  wahrseheinlieher,    theils 
naeht  anch  die  eigene  Eralbinng  des  Lnkas  von  den  Ver* 
llngnnngen  ron  Tome  herein  nicht  den  Eindraek ,    als  ob 
Jeans  in  unmittelbarer  Nihe  gewesen   wäre.    Man  bitte 
sieh  abrigens  die  Hypothesen  cor  Erklllrong  Jenap  Bliekes 
ersparen  kSnnen,  wenn  »an  anf  den  Ursprung  dieses  Zages 
einen  kritisohen  Blick  gerichtet  hätte.    Schon  die  Unklar- 
heit y  mit  welcher  der  in  der  gansen  früheren  Verhandlung 
hinter  die  Scene  gerflckte  Jesus  hier  auf  einaial  einen  Blick 
tu  dieselbe  wirft,  hätte,  cusaniniengenoHiBMn  mit  dem  Still- 
•ehweigen  der  {übrigen  Erangelisten ,   ein  flngerseig  sein 
aollen ,  wie  es  mit  dieser  Notis  steht.    Dann,  wenn  tiluEu« 
gesetst  wird ,  als  Jesus  den  Pf^us  anblickte ,  habe  sich  dle- 
aer  des  Wortes  erinnert,  welches  Jesus  früher  Ober  seine 
berorstebende  Yerläugnnag  su  ihm  gesprochen  hatte :    so 
hätte  nuMi  bemerken  können,  wie  der  Blick  Jesu  nichts 
Andres  Ist,  als  die  cur  äussern  Anschauung  gemachte  Er* 
Innerung  des  Petrus  an  die  Worte  seines  Meisters*    Zeigt 
die  hierin  einfachste  Johanneische  Ersählurig  nur  objectir 
das  Eintrellen  der  Verheifsuiig  Jesu  durch  das  Krähen  des 
Hahnes  an ;   fügen  die  swei  ersten  Evangelisten  biesu  aodi 
den  subjectiven  Eindruck  ^  welchen  dieses  Zusammentref- 
fen auf  den  Petrus  machte:  so  wendet  Lukas  dicfs  wieder 
objectir,  und  läfst   die  schmersliafte   Erinnerung  an  die 
Worte   des   Meisters  als  einen  durchbebrendeu  Bliek  tob 
€iiese|i  in  das  Innere  des  J^Ongers  dringen. 

fi.    129. 

Der  Tod  dct  Verräthert. 

k^f  die  Nachricht ,    daCi  Jesus  cum  Tode  verurtheilt 

Oet,  Ififüt  das  erste  Erangelium  (27,  3  ff.)  den  Judas ,  inm 

Reue  «ergriffen,  su  den  Hohenpriestern  ftnd' Ältesten  eileB| 


ürhtes  Kapitel.    S«  1^.  199 

um  ilie  30  Silberlinge , .  mit  der  Ei4ilirang)  dar«  er  einen 
Unschuldigen  vermthen  habe,  ihnen  znrOckEOgeben.  AU 
aber  die^e  höhnisch  alle  Verantwortlichkeit  für  Jene  That 
auf  ihn  allein  schieben :  geht  Jadäs ,  nachdem  er  das  Geld 
in  Tempel  hinge worfen,  ?on  Vers weiflung  getrieben,  ^®gi 
ond  erhängt  sich.  Die  Synedristen  hierauf  kaufen  um  das 
Yon  Judas  EurOckgegebene  Geld,  welches  sie  als  Blntgeld 
nieht  in  den  Tempelschata  legeti  cu  dtirfeiti  glauben ,  einen 
TOpfersacker,  sum  Begrfibnifs  für  Fremde*  Uieeu  bemerkt 
der  £rangelist  swelerlei :  erstlich,  dafs  eben  dieser  Art  dev 
Erwerbung  wegen  das  ürnndsttfck  bis  auf  seine  Zeit  Blut- 
aeker  genannt  worden  sei,  und  zweitens,  dafs  dnrch  die* 
seo  Gang  der  Sache  eine  alte  Weissagung  sich  erffiUt  ha- 
be. —  Während  die  übrigen  Evangelisten  fiber  das  Ende 
des  Judas  schweigen,  finden  wir  dagegen  in  der  Apostel» 
geschlohte  (1,  16  ff.)  einen  Bericht  Ober  dasselbe ,  welcher 
Ton  den  des  MatthAus  in  mehreren  Stocken  abweichl. 
Petras  y  wo  er  die  Ergänieung  der  apostolischen  Zwölfzahl 
durch  die  Wahl  eines  neuen  Mitgliedes  in  Ai^rag  bringt, 
findet  angemessen,  »uvor  an  die  Art,  wie  die  Lücke  im 
AposteiJkreise  entstanden  war,  d.h.  au  den  Verrathunddas 
Ende  tles  Judas,  su  erinnern,  und  sagt  in  let£terer  Bezie- 
hung ,  der  Verrftther  habe  für  den  Lo-n  seiner  Schandthat 
ein  tirundstflc|i  sich  erworben ,  sei  aber  Jählings  herabge- 
stflrat  j  und  mitten  entzweigeborsten,  so  dafs  alle  Einge- 
weide lierausgetreten  seien;  das  Grundstock  abdr  habe 
man^  well  die  Sache  in  gans  Jerusalem  bekannt  gewor^ 
den,  axtldaftcci  d.  h.  Blutland,  geheifsen«  Woan  dann  der 
£«ferent  den  Petrus  bemerken  Ififst,  dals  dadurch  cwei 
Paalmstellen  in  Erfüllung  gegangen  seien. 

Zwischen  diesen  beiden  Berichten  findet  eine  doppelte  « 
Abweichung  statt:   die  eine  über  die  Todesart  des  Jodaa, 
die  andere  darüber,   wann  und  von  wem  das  Grundstück 
erworben  worden  seL    Was  das  Erstere  l>etrifit,  so  ist  es 
naeh  Hattlillas  Judas  selbst,   weleher  aus  Reue  ond  Ver* 

82  • 


90«  Dritter  Abschnitt. 

eweifliing  Hand  an  üeU  legt:  wogegen  in  der  A.  6.  Ton 
keiner  Rene  des  Verratbers  (]ie  Rede  ist,  and  sein  Tod 
niobi  aU  Selbst^iord ,  sondern  als  enfäljiger ,  oder  näher 
vom  Himmel  cor  Strafe  Ferbängter  jUngtücksfalt  erscheint; 
ferner  ist  ^s  bei  Natthlius  d^  Strick^  durch  v;'eiohen  er 
•ich  den  Tod  giebt:  i^ch  der  UarsteUung  des  Petrus  ist 
es  ein  Stare ,  der  durch  ein  grlifsliches  Bersten  des  Lei« 
bes  seiaem  Leben  .^in  Ende  macht.  Wie  tbütig  von  Jeher 
die  Haraionisten  gewesen  sind,  diese  Abweichungen  ansso* 
glf^i^^hea ,  mag  maa  bei  SuiCEa  0  ^^^  Kuinöl  naclilesen : 
liier  sollen  nur  kurs  die  Uauptversuche  aufgeftthrt  wer« 
den.  Da  dia  bezeichnete  Abweichung  ihren  flaaptsits  in 
den  Worien  aftjjy^azo  bei  9Iatthfius,  »od  TtQrptrfi  ympem 
bei  Lukas  bat ;  so  lag  es  am  nacktsten,  cusnseben,  ob  nicbt 
der  eine  dieser  AusdNIcke  auf  die  3eite  des  aodem  M 
sieben  w£re«  Dlefs  hat  man  mjt  am^y^ctio  auf  verscUe* 
dene  Weise  versucht ,  indem  die^s  Wort  bald  nor  <üe 
Beängstigungen  des  bösen  Gewissens  ^} ,  bald  eine  Krssk* 
heit  in  Folge,  derselben  3),  bald  .Jeden  ans  Sokf^enaath  üikI 
Verzweiflung  gew&blten  Tod  bedeuten  sollte  '^) ;  wosn  dann 
erst  das  nQtp^fi  yevofievog  k.  t.  L  der  Apo^teigeschicbte  iß 
Genauere  nachbringe^  daTs  die  Todesart  ^  su  welcher  dao 
Judas  das  böse  Gewissen  u^id  .die  Versweiflung  trieb,  der 
Sturz  von  steiler  Höbe  herunter  gewesen  sei.  Aodeis 
haben  umgekehrt  das  j^fit^i^g  yevoftepog  dem  awljylato  •«• 
Eupassen  gesuchr,  in  der  Ajrt,  dafs  es  nichts  And^  w^ 
drücken  sollte  9  als  dasjenige  als  Zustand,  wasda^a^^j^ 
als  Handlung :  wenn  dieses  durch  «e  m^pendU ,  so  sollte 
Jenes  durch  HUipenem  Oberset^t  werden  0«  -^  DerofisAba* 


1)  Thesaurus,  s.  v.  dna^x*^-  * 

2)  Grotiüs, 

3)  Hbinsics.  •    *     j      '.  .      , 

4)  Fbrizomus.  .'  *    /^  '     .     ^ 

5)  So  die  VulgaU  uud  Emisküs.  S.  gegen  alle  diese  I)e«fitaf» 
^    KuiÄÖL,  in  MatUi.  p*  745.1&         . 


Drittes  iCii'plt«!.    ^1».  501 

ren  tiewaltsamkeit  dieser  Versnobe  gegenUkea^  lUibeti  Air- 
dere  mit  Schonung  der  natfirlicben  Bedevtnng  i^er  lieidei«> 
eeitigen  Ausdriiclie  die  abweiehenden  BeHcrble  iurth  die 
Antifthme  rsreinigt,  dafs  Metthlns  einen  früberen,  tf  e  A.  9. 
einen  spSteren  Moment  In  dem  Hergang  bei  de»  BfcHle|Aek 
Judas  beriebte.  Und  zwar  hielten  einige  dei'  hlSMftil  B#- 
klarer  beide  Momente  so  weit  aateinander,  dafs'iiie  fii  drib 
lini^y^ino  nur  einen  miCilongenen  Versneb  cum  lltsAkifttMrC 
snhen,  welchen  Judas,  Indem  der  Saumast,  Mi'4en  e^ 
sich  hingen  wollte,  sich  bog,  oder  aus  sonst  elfHn^'ürsa>- 
ehe,  überlebte,  bis  spffter  die  S/tlrätt  des  HflfrM^s  durch 
das  ftQTp^g  yewiiierog  ihn  ereilte  ^.  Allein ,  ää  Matifaltis 
sein  anrjy^ccto  offenbar  In  der  Melnotig  und  Absicht  set»t, 
von  dem  Verrither  das  Letete  zu  beriehten:  so  bat  matt  III 
neuerer  Zeit  die  beiden  Momente ,  In  deren  Beiieh^  trieb 
das  erste  Evangelium  und  die  A.  O«  theilen  sdlen,  Aflher 
susamdiengezogen ,  und  angenommen ,  Jttdas  habe  steh  auf 
einer  Bebe  an  einem  Baume  aufhingen  wollen,  da  aber 
der  Strick  rifs,  bder  der  Baumast  brach,  ael  eifüber  schro^ 
fb  Klippen  und  spitze  Gestriuche,  die  seinen  L^b  «er» 
fldsehten,  bis  tn's  Thal  beruntergestHrut  0*  Doch  schon 
der  Verfasser  einer  Abhandlung  über  die  letzten  Schicksale 
des  Judas  In  8cBMlbT*B  Bibliothek^  hat  es  auftbUend  ge- 


6).  Oekumf  nius  z.  A«  G.  I :  S  'Mag  itt  irand&ar9  tJ  ayx^rjif 
alX  hiifiCia^  ifttTtr^jf  ^*ij  n^o  ^T«  an  on  rty^rat.  Vgl.  Theophy- 
lakt  XU  Matth.  27^  und  ein  Schol.  IdnoZtra^ia  hei  Mjittiusi. 

7)  80,  nach  Cacauboihos,  Favlus,  3,  b,  S.  457;  KuiK)^i.,inMa!tb. 
747  f.  y  und  nn*t  halber  Bcistimmung  Olshaussv,  2,  S.  4SS  f. 
Selbst  Kaitz8CH£  ist  durch  den  langen  Weg  bis  zu  diesen 
letzten  Kapiteln  des  Matthäus  so  matt  gemacht,  dass  er  sich 
bei  dieser  Ausgleichung  beruhigt,  und  unter  Voraussetzung 
derselben  behauptet ,  da^s  die  beiden  Berichte  amicissime 
lohspiiircn 

8)  %  Bd,  2.  Stück,  S.  248  f. 


SM  Dritt«*  A^.btcbnlt^ 

fimden ,  wk"  ((e^rmUch  •teb  naeb  dlattr  AiBii#h»e  dte  httt 
fieii.b»iUUder  in  die  Naeliriobt  flretheUt.baben  mObtoa,  !«• 
de«  niobt  «tw«  der  eine  das  UnbesÜnimte,  der  ander«  das 
BettöoDiMtore  beriehte ,  aoodem  beide  ersAblen  beettmaity 
mv  der  eine  den  ersten  TbeH  der  BegebealieU  ohne  den 
nweltei^i^  der  andere  den  nwetten,  ebne  den  ersten  nn  be- 
rühren», nnd  Hasi  behauptet  mit  Recht ,  beide  Berlehter- 
etaitte«  iiaben  Jeder  nnr  den  Ton  ihm  aqffenmanenen  Tbal- 
bentsnd  scannt ,  da  sie  sonst  die  andere  Hälfte  nieht  bifr» 
teo  anslassen  können  *). 

-  Nachdem  wir  so  an  der  ersten  Dlfferens  die  Verrfnl« 
gongsrersvcbe  Jiaben  seliettem  sehen  9  fragt  sieh'  nnn,  ob 
die  andere,  die  Erwerbnng  des  Grnndstfieks  betreffende, 
s{oh  leichter  beilegen  labt.  Sie  besteht  darin,  daft  hA  Mat- 
thins  erst  nach  des  Jadas  Entieibeng  die  Synedristen  fdr 
4as  von  ihm  snrfickgeliissene  Geld  einen  Acker  (nsKl  swer 
von  einem  T5|ifer  —  eine  Bestimmnng,  die  in  der  A.  6. 
fehlt)  erkaufen:  wogegen  nach  der  A.  0.  Judas  selbst 
noch  das  Gnindstliek  fttr  sich  erwirbt ,  und  auf  demselben 
i!om  jtthen  Tode  ereilt  wird ;  so  dafs  nach  diesem  Beriebt 
das'  Grondstfiok  ron  dem  darauf  Ycrgossenen  {Blnte  des 
Verräthers ,  nach  Jenem  ron  dem  am  Rauhreifs  desselben 
klebenden  Blnte  Jesu ,  aygdg  oder  xtoQtov  t&fUKXog  genannt 
worden  an  sein  scheint.  Hier  ist  nun  die  i^mdmekswei« 
so  des  Matthäus  so  bestlramt,  dafs  an  ihr  nicht  wohl  nn 
.  Gunsten  der  and^ti  Nachricht  gedeutelt  werden  kann:  weU 
'  aber  hat  das  iM^tfiaro  in  der  A.  G«  eingeladen,  es  nach 
M/itthäus  nmeudentea«  Durch  den  Verrätherlohn,  soll  tfe 
Stelle  der  A.  G*  sagen  wollen,  erwarb  er  einen  Acker: 
flicht  unmittelbar,  sondern  mittelbar,  indem  er  durch  ^ 
Zarfickgabe  des  Geldes  Veranlassung  aum  Ankauf  eines 
Grandstttoks  gab ;  nicht  fttr  sich ,  sondern  fttr  das  Syne- 
driam  oder  das  allgemeine  Beste  ^^.    Doch  so  viele  Stei-. 

9)  L.  J.  %.  132. 
10;  s.  Himrtfi^  in  Matlh.  p.  748. 


kn  BMui  a«€h  ««fflllifl«!!  Mag,  te  wtlebaii  ^  «roo^cu  in 
der  Bedentmig:  filr  «inen  Anilin  erwerben  s  ▼orkoamCi 
eo  mnb  doeh  in  diesem  Falle  nethweodig  die  andre  Per* 
«on,  fkr  welebe  einer  erwirbt  ^  angegeben  eder  angedeutet 
«eia.^  und  wenn  diers^  wie  in  der  Stelle  der.A«  6.|  niebC 
der  Fall  ist,  so  bleibt  es  bei  der  Bedentang:  für  sieb  selbst 
erwerben  «*>  üieTs  hat  Paulos  geftthlt,  und  daber  der 
Sacbe  die  Wendnng  gegeben  ^  ?oa  Jndas ,  der  durob  den 
sehanderliaften  Stnrs  auf  eiue  Lbio/engrnbe  der  AnlaCt  ge« 
worden  sei ,  dafs  dieses  Grnndstliek  den  Sjnedristea  ?er« 
knaft  wnrde,  habe  Petms  wohl  ironiseh  sagen  können^  er 
habe  noeh  im  Tode  dnrsh  den  Fall  seines  Leiehnams  Ma 
schönes  BesiUtham  sieh  aogeeigi  et  ^^.  Doch  diese  Oea» 
tang  ist  tliells  an  sich  get ehraabt,  theik  aeigt  das  yirf}9r^ 
TM  ij  mavlig  ctmö  i'iftjfiogf  welehes  der  Petms  der  A.  0.  im 
Folgenden  ans  den  Psalmen  anffihrt,  daCi  er  sieh  das  Grand- 
atOek  als  wirkliches  Eigeatbam  des  Jadas  gedacht  habe^  wel< 
ches  aar  Strafe  darch  seinen  Tod  ferödet  worden  sei. 

Da  sieh  hlenaeh  weder  die  eine  noeh  die  andre  Oif« 
fsrena  auf  glltlichem  Wege  aasglelchen  IKst,  so  hat  sehen 
SALMAsn»  eine  wirkliche  Abweiehnng  der  beiden  Beviehta 
angestanden,  aad  Hasb  glaabt  diese  Erscheinang,  ehaa 
den  apestoUsehea  Ursprang  der  beiden  Angaben  aa  geffibr» 
den,  ans  der  gewaltigen  Bewegang  jener  Tage  erkliren  aa 
ktaaea,  in  welcher  nur  das  Factum  des  SelbstaKnrde  Toa 
Jadas  beiunint  geworden,  Aber  den  niheren  Hergang  des* 
selben  aber  rerscbledene  Gerfiehte  geglaabt  wordea  seien. 
Allein  in  der  A«  G.  ist  Yen  einem  Selbetmerde  gar  (nicht 
die  Rede,  und  daCi  nun  awei  Apostel ,  wie  Matthius  und 
Petrus,  wenn  das  erste  EfangeÜam  ?on  jenem,  die  Reda 
in  der  A.  G.  aber  von  diesem  berHIhren  soll.  Aber  den 
in  ihrer  niesten  Nihe  erfolgten  Tod  ihres  dimallgen  Mit« 


II)  t.  ScNMioVk  Bibliotb.  «.  «.  O.     S.  25t  f. 
13)  FAVhv^f  hj  hf  S.  4S7  L    FkusscMS,  p.  799« 


fM  Drittel*' Aftmchnitt.   *  ' 

ipo  tels  so  sehr  fin  Ddnk^n  ^MieK^n  wfft^n,  dftfii  der  ei- 
ne Ihn  ^tAeg  zamit]B;Hi ,  Vf^t*' ahdre' eihes  eelbs^gftwShfffn 
Tode«  sterben^  llefs,  ist  schvt^r  ^n  glntiben.  0afo  rfuher 
nni*  eine  der  beiden  Röintfonen  als  apo^tothch  f^t^haHen 
werden  könne;  hat  der  Verfasser  der  schon  ervrSfinten  Ab- 
handlung in  Scumidt's  BTbliotbek  rfchtfg  l^lngeselieii.  Vfid 
«war  Ist  er  Hei'  der  W«'il  zwischen  beiden  voit  dem  tfn 
und  fiir  lieh  richtisren  Onindsatee  avficresriin^en ,  dafs  die 
minder  auf  Verherrltchong  eingrerichtete  Ersfibhin^dte^tatib- 
wflrdtgere  sei ;  wefswegcn  er  denn  der  Oarstetlimg  der 
Ä.  6.,  welche  den  verherrliehenden  Zug  der  Rene  des 
Jndas  and  seines  ßekenntn!.<«ses  von  Jesa  Unschald  nicht 
hat,  vor  der  des  ersten  KvÄngelinins  den  Vor«ug  giebt 
Doch  wie  es  Immer  Ist  bei  zwei  sich  widersprechenden 
Aerichten,  dafs  der  eine  den  andern  nicht  nnr  durch  sein  Ste- 
hen ausschliefst,  sondern  aoch  durch  sein  Fallen  miterscbSt- 
tert :  so  haben  wir  auch  hier,  wenn  diejenige  Darsteltungder 
Sache,  welche  das  Ahsehen  des  Apostels  Matthias  f^r  sieh  gel- 
tend macht,  aufgegeben  ist,  keine  Bflrgschaft  mehr  fOr  die 
andere,  welche  sich  dem  Apostel  Petrus  In  den  Mond  legt 
Dürfen  wir  soipnit  beide  Berichte  Auf  einen  Fafs  be* 
tiandeln,  nfimlich  als  Sagen,  von  welchen  erst  ausenmachea 
ist,  wie  weit  ihr  geschichellc^her  Kern ,  u<id  iHe  weit  das 
traditionell  Aufgetragene  ge^t:  so  mttasen  wD^^  tun  hier* 
Über  in's  Klare  zu  kommen ,  die  Anhaltspunkte  betraeh- 
ten  y  an  welche  die  Erzählungen  sich  knüpfen.  Hier  eelgt 
sich  ein  beiden  gemeinsamer,  lieben  zwei  ändern  y  deren 
einen  jede  för  sich  eigen  "bat  Gemeinsehafkdch  lat  bei- 
den Relationen  das  Datum ,  dafs  es  In  oder  bei  Jerusa- 
lem ein  Grundstfick  gegeben  ba«»e,  da«  äyQog  oder  ^^wp/oF 
atftatOQj  in  dt  r  Ursprache  nach  der  Angabe  der  A.  0- 
axeXdaitäj  hiefs.  Da  in  dieser  Motiz  zwei  sonst  so  gans 
auselnanderge!:ende  Berichte  ^uFammentreffen ,  und  fiber- 
diefs  der  V*  rfasK^r  des  ersU^n  Cvangeliums  sich  darauf 
beruft,,  daf«  noch  en   seiner  Zeit  jener \Name  des  Ackers 


DritUB  Ktfpitel.    S.  It».  56» 

verhftiHleii  gewemn  t^ :  fo  darf  iBe  Exi«l«ntt  «ines  so  be* 
nannCefl  6rui»il^taeki  wohl  nicht  beewelfelt  werden.  Defs 
i^e  eine  wirkMche  BeKiehung  Anf  den  Verrüher  Jesn  ge* 
habt  habe,  fstacHon  weniger  gewlfii,  da  untre  beiden  Re- 
lationen diese  tteiiiehaiig  rertehieden  angeben:  der  eine 
den  Jttdat  selbst  da«  Gat  erwerben,  der  andere  es  erat 
nach  seinem  Tod^  om  die  M  Siiberlinge  gekanft  werden 
llfst  Wir  können  daher  nur  so  viel  sagen,  dafs  die  ur- 
ehrfstliche  IJage  Jenem  fili^acker  frfibveitig  ein^  Beziehnng 
mmt  den  Verr*lther  gegeben  haben  moAi.  Waram  aber  in 
TOTSohiedener  Weise  ^  davon  ist  der  Grund  in  dem  andern 
Anhaitspanki:  unsrer  Erftählongen  an  sacken ,  in  den  A.- 
T.ttehen  Stellen  nAodich,  ulrelche  d||  Keferentenj  feder 
ttbrigens  andere ,  als  efffiUt  durvhj  das  oMsksal  des  Jadaa 
anführen« 

In  der  Spelte  der  A.  6.  wird  Ps.  4$^  20.  ond  Ps*  109,  a 
in  dieser  Wei^fe  angeführt.  Der  le^t^e^lst  ein  Psalm,  wel- 
ehen  die  ersten  Christen  ans  den  Jdden  gar  nicht  omhin 
koäaten ,  auf  das  Verkältnirs  des  Jädas  ra  Jesu  an  beeie* 
ken.  Dann  nicht  niir:4priehi  der  Verftissfr  (an|r(»blich  Pa« 
Tid,  ohne  2*welM  über  ein  weh  späterer  ^^)  von  rorne  her- 
«fta  von  solchen ,  die  ftUseh  und  giüig  wider  ihn  reden, 
Wnd  ihm  für  seine  Liebe  Hafs  nnrdckgehen,  sondern  von 
Vft  6.  an,  wo  die  Verwünschungen  angehen,  wendet  er 
alth  g»gen  eine  eineeiae  P^^rson,  ao  dafs  die  jüdischen  Aus- 
lager ah  DoÜg,  Davids  Verlänmder  bei  Saal,  dachten,  ond 
-ebenso  natüHieh  die  Christen  an  den  JMdaa.  Ans  diesem 
Paalm  ist  hier  derjenige  Vers  herausgelesen ,  welcher,  von 
der  Übertragwig  des.  Amts  an  ^fnen  andera  handelnd,  gsns 
auf  den  Fall  ^»  dudas  sn  {lassen  «chien«  Der  andre  Pualm 
redet  ewar  unbestimmter  von  solcben ,  die  den  Verfasser 
ohne  Ursache  hassen  und  verfolgen  :  doch  ist  er ,  ebenfalls 
angeblich  Davidisch ,  dem  andern  an  Inhalt  nnd  Manier  so 


13)  •.  »s  Witts,  x.  d.  Ps. 


80»  Dffitler   Abaoballt 

ihnlloh,  daff  er  ab  Parallak  mm  feMoi  geltaBi  «n^ 
aui  jenenii  dann  anoh  an«  dieMM  Verwinaebnngea  auf  dta 
Verräther  angewendet  werden  konjaten  ^0»  Hatte  ana 
'Judat  wirklieh  mm  seinen  Verrüherseld  ein  6ot  gekanfti 
welches  hernach  wegen  saiaes  anf  deoMelben  erfolgten 
gräflichen  Endes  dde  liegen  blieb:  so  ergab  es  sieh  vea 
selbst,  ans  diesem  Psalm  gerade  diejenige  Stelle ^  welehs 
den  Feinden  Ver5dnng  ihrer  STiavkig  anwfinscht ,  anf  ihn 
au  besiehen.  Wie  es  jedoeh,  beider  Abweichmig  des  Mat- 
thäus, nweifelhaft  ist,  ob  Jndas  selbst  steh  jenes  Gnuntstiek 
erkauft  habe  nnd  änf  demselben  rerunglttckt  sei;  so  war 
auch  schwerlich  den  Juden  das  Stttck\Land,  auf  welehesi 
der  Verräther  Jesapgeendet  hatte ,  so  abscbeniich  ,  um  es 
aU  Blntland  d,(||ft^egea  su  lassen;  sondern  diese  Benea» 
nnng  hatte  wohl  einen  andern,  nicht  mehr  an  ermittelndea, 
Ursprung  gehabt,  nnd  die  Christen  haben  sie  in  ihrem  Sin- 
ne umgedeutet;  so  da£i  wir  nicht  ans  einem  wirkliekea 
Besltzthum  des  Judas  die  Anwendung  der  Psalmslelle  uad 
die  Benennung  Jenes  öden  Plataes,  sondern  aus  diesen  bei- 
den Momenten  die  Sage  rön  einem  3esitse  des  Jndas  ablst- 
ten  mOssen.  Waren  nämlich  die  genani^en  beiden  Psal- 
men einmal  auf  den  Verräther  Jesu  bezogen,  und  in  d^ 
ren  einem  ihm  Verödung  seiner  inon>JUg  (LXX)  gewOnscbt: 
80  mufste  er  vorher  im  Besits  einer  solehen  gewesen  sein, 
und  diese,  dachte  man  sich,  wird  er  wohl  um  den  Loba 
seines  Verraths  erkauft  haben.  Oder  yielmehr,  dafs  bmmi 
aus  jenen  Psalmen  gerade  die  Verödung  der  ^avXtg  be- 
sonders hervorhob,  scheint  in  der  nahe  liegenden  Voraas- 
setEong  seinen  Grund  gehabt  an  haben,  dafs  eben  an  et- 
was, das  er  sich  um  sein  Sündengeld  erworben,  der  Fluch  sick 
geäussert  haben  werde:  der  Mittelpunkt  des  £rwerbllchea 


14)  Auch  sontt  im  N.  T.  sind  Stellen  dietet  Psalms  messisniscb 
angewendet,  wie  V.  5.  Joh.  15«  25. ;  V.  iO.  Mt.  2,  17«,  ani 
ioh.  19,  28  f.  wahrscheinlich  V.  22. 


Dritttt  K«plt«L    I.  1».  MT 

Aker  «nter  ^m«  wiis  ilte  ({^dachten  Piafaneii  milllllireii,  bt 
die  ^nocvlig^  Dieser  Wencfunfr  der  Saehe  kam  nun  auf  er« 
wÜRschte  Weise  das  in  der  Nshe  Jerusalems  gelegene  äxfl* 
fkrjt/o  eiitgegeiiy  welches,  je  weniger  man  den  wahren  Ur* 
sprang  seiner  Benennong  ond  des  an  ihm  haftenden  Ab- 
sehens kannte )  desto  leichter  sich  da«n  hergab  |  ron  der 
archristllchen  Sage  fOr  sich  rerweiidet,  und  alt  die  Snav^ 
Xtg  ^Qfj^Mfiihn]  des  Verräthers  betrachtet  en  werden« 

Statt  dieser  Psalmstellen  fOhrt  das  erste  ErAngeliam 
als  erfflllt  Anrvh  das  endliche  Benehmen  df>s  Jvdat  eine 
Steife  angeblich  ans  Jeremias  an,  ffir  welche  sieb  aber 
nur  bei  Zacharias,  11,  12  f. «  etwas  Entsprechendes  findet^ 
ipreOwesfen  man  jetatsfemlich  allgemein  eine  Terwe^hslnng 
der  Namen  Ten  S<>tten  des  RTangelisten  rorattssetst  '^  Wie 
Matthäus  doroh  den  6mnd|;edanken  dieser  Stelle  —  einen 
anbMRg  gering(>n  Preifs  fllr  den  tm  Orakel  Redenden  — 
sn  einer  Anwendung  auf  den  Verrath  des  Jodaa^  der  nm 
•in  schn0des  Geld  seinen  Meister  gleichsam  rerkauft  hatte, 
sich  veranlafst  finden  konnte,  ist  sehen  oben  anseinander- 
gtmeiKt  *^.  Nun  war  In  i^r  Prophetenstelle  deai  Crheber 
fies  Orakels  Ton  Jehora  befohlen^  das  schlechte  Geld,  womit 
«r  abgelohnt  worden  war,  in  das  Gotteshaus,  und  swar 
na^Vn  Sk>  sv  werfen»  und  er  bemerkt,  dafs  mr  dlefs  ge« 
than  habe.  Der  Hinwerfende  ist  Im  Orakel  dieselbe  Per- 
aon  mit  dem  Sprechenden,  also  mit  dem  des  geringen  Prei- 
fsea  werth  Geachteten,  weil  hier  das  Geld  nicht  Kauf^reifs 
sondern  Lohn  ist,  folglich  eben  von  dem  so  niedrig  Ange«' 
•chlagenen  eingenommen  wird,  und  nur  ron  diesem  wieder 
hingeworfen  werden  kann :  in  der  Anwendung  des  Evan- 
gelisten dagegen,  wo  das  Geld  ein  Kaufpreifs  ist,  war  ein 
anderer  ab  der  so  gering  Angeschlagene  als  derfenlge  an 
denken,  welcher  das  Geld  eingenommen  und  wieder  hin- 


|5>  Doch  '•  andere,  Vermuthujigen  bei  HciKtft,  x.  d.  Sl. 
16^  >.  118. 


50d  Drit t e r  A bso'hliftt ' ' 

gevrorfen  habe;  War  der  um  so  geringen  Pk^iß  Verkaufte 
Jesus :  «o* konnte  der,  welcher  das  Geld  eingezoo^en  hfftte 
und  wieder  hinwarf,  nar  sein  Verrather  sein.  Daher  heifst 
es  nun  von  diesem,  er  habe  die  ccQyvQia  iv  tqJ  wt^  hinge- 
Worfen,  ent.5prechend  dem  TiyiT  TV^  Vik  "tl^ViC^HI  In  der  Pro- 
pheten^ttelle  öbwolil  gerade  diese  Worte  in  der  höchst  ent- 
^stellenden  Auführongdes  Matthfias  fehlen.  Nun  aber  stmid 
neben  dem  r(VT  TY^  i  wohin  das  Geld  geworfen  worden 
war,  noch  dei*  Baisatei  Ig^'^ri'SH»  Die  LXX.  Oberaetst:  &g 
to  x^^vEin^'uovj  in  den  Sohmeleofen;  jetst  vermothet  naa 
niit  Qrond^  es  sei  H^^ItSM)  In  den  Schate,  su  lesen  ^0; 
der  VerfftM^i^  unsres  ßv^ngelinins  blieb  bei  dar  wSrtllcheB 
Übei^effeuwg  durch  xeQafdfnig.  Was  aber  dar  Töpfer  hier 
thun,  wariin  ihm  daa  Geld  gegeben  wer^ien  sollte,  mufale 
ihm  i^niCohst  «ebensd  nnverstlUidJioh  a^n,  wie  #ns,  wena 
wir  bei  deir  gewöhnliehen  Lesart  bleiben.  Nun  fiel  ibnmber 
der  Blutacker  ein,  welchem,  wie  wir  aus  der  A.  6.  aehea, 
die  christliche  Sage  eine  Besiebun^  auf  d^n  Judas  gegeben 
hatte,  Und  so  ergab  sich  die  willkommene  Combinationy  je- 
ner Acker  sei.  es  wohl  gewesen,  für  welchen  dem  Ha^/Libvg 
die  30  Silb^^rlinge  erlegt  werden  mu/aten«  Da  aber  der 
Töpfer  nicht  im  Tempel  su  denken  war,  und  deeb  iaoC 
der  Prophetenstelle  die  Silberlinge  in  den  Tempel  |fewor- 
feu  worden  waren:  so  wurde  das  Hinwerfen  in  dea  Tem- 
pel von  dem  Abgeben  an  den  Töpfer  getrennt,  M uf&te  je- 
nes dem  Judas  zugeschrieben  werden,  hatte  er  ako  einmal 
das  Geld  ans  der  Hand  gegeben:  so  konnte  nicht  mehr  er 
selbst  das  Grundstück  von  dem  Töpfer  kaufen,  sondern 
diefs  mufslen  mit  dem  hingewotrfenen  Gelde  Andere  tKun. 
Wer  diese  gewesen  sein  mufsten ,  ergab  sich  von  selbst : 


17)  Hitzig,  in  ÜLLMArnv's  und  ümbrkit'«  Studien,  1830,  1,  S.  55. 
GasBKius,  im  Lcx.^  vgl.  Rosbnmüllbr^i  Schofia  in  V.  T.  7,  4, 


S.  320  ff. 


Drittes   Kupttel.    S.;)29.  ^ 

^rarf  Jndas  Am  Geld  hin,  so  wird  er  es  d(;ii9n  jbJi|igew6r- 
fpf«  !)flben ,   Ton  violchen  er  es  erhalten  halte;    Mn^f  er  es 
in   den  Tempel,  so  fi^l  es  dessen  Vorstehern  in  die  llündei 
auf  beide  Weise  »iso  den  Synedristen.     Der  Zvieek  ,  H^el- 
chen  diese  bei  dem  Ai»liaufe  des  Grund«tüc|is  gehabt  haben 
muftiten,  ergab  sich  vielleicht  ans  der  wirlilichen  B<>njQtzung 
jenes  öden  Platzes.     Sollte  endlich  Judas  den  Lohn  seine» 
Verraths  von  sich  geworfei^  haben  :  so  konnte  diefs,  mufste 
Bii'n  schlieCsen,  nnr  ans  Rene  geschehen  sei;i^    Den  Judas 
R€*ne    zeigen   ku   lassen,  und   so    dem  Verräther  selbst  ein 
ZeugniA»  für  die  UnschiUd  Jesu   abzugewinnen^    lag  phne- 
hin  der  Vorf^tellung  der  ältesten    Christengemeinde  ebenso 
nnhe,  oder  vielmehr  noch  näher,  als  es  ibn'.lag,  den  Pilar 
tps  sich  bekehren^^  ^ un^  gelbst  den  Tiber^uf  im  riinuschen 
Senat  auf  Yergöljternng  Jesu  antrfij^eip  jZU  iflfi^^}}  **0.     Wif^ 
vrird  sich  nun  aber  die  Rene  des  Jpdas   ferq^i;  j^Spssj^rp 
Imben?     Dafä  er  sich  znm    (inten    8urOekge,^,e^li|j;ti  .|iattau 
ciavon  wufste  man  nicht  nur  niohts,  sondern  es  viar  auch 
für  den  VerrÄther  viel  zu  gut:    folglich  j'i'jrd  die  Keue  in 
ihm  zur  VerzvFeiflung  geworden  seiny  und  er  das  Ende  des 
aas  Davids  Geschichte  bekannten  Verrfithers  Äbironhi^l  ge- 
nommen haben  ^    von   welchem    es  2.  Sam.  )7,  23.    heifst : 
avigrj  >ial  unrlitEf  —  x(uinrj^a%o^  Mfie  von   Ji|4<'8   |iier: 
avexioQf;oa  xal  an:€Xt>wp  anr^y^ujo.  ,  .  . 

ElnaaufdeilPHpiaszarüclgefilhrtefiberlieferauigacheittt 
sieb  mehr  nur  an  die  Relation  der  Apostelgeschichte-  an  zu« 


J8)  Teflull.  A|)ol©gct.  C,  21 :  Ea  ompia  super  Christo  Pifatusy 
et  ipse  jam  pro  sim  conscientia  Christianus ,  Caesari  tum  Ti^ 
tierio  nunciavit.  c.  5 :  Tibetia^  ergo ,  cujus  t^pore  notnen 
Chrisitanum  in  seomltimintroHt^  rnnnundatum  sibi  ex  Sjria 
Palqestina  ^  tfuod  Ulic  veritakem  Ulm»  I^imnittUis  revelaverat , 
ddt^il  ad  .Senottun  €^m  praerogaiiva  Mi^agü  saL  Senatusy 
iftüa  nan  ip$fi ,  proh^v^at ^  resßuit*^  Weiteres  hierüber  ündet 
nvui  gesammelt  bei  Fa|»ucxus,  Cod.4pAcr«  N.  T.  1,  p.  214  iF. 
298  ff. ;   vgl.  2,  p.  505. 


Sit  Dritter  Absohnitt 

tchlleljeii*  öknmeiiias  führt  ans  deiii  gpnantifen  Tr»ditio- 
nensammleratiy  Jodastei  eum  «bschrpcketK^Mi  ß«ti«|iielefller 
Gottlosigkeit  deriUHfieii  am  Leibe  eofgeschi^cilif n,  dnrs  o*, 
wo  ein  Wegen  durchfahren  konnte,  nicht  mehr  durchkam, 
und  endiicb,  von  einem  Wagen  gequetscht,  serborst  und  alle 
Eingeweide  ausschflttete  ^0*  Die  letste  Angabe  ist  ohne 
Zweifel  ein  MifsTerstand  der  alten  Sage ;  denn  der  durch* 
fahrende  Wagen  war  ursprOnglich  In  keine  unmittelbare 
Berfihmng  mit  dem  Leibe  des  Judas  gebracht,  sondern  nnr 
als  filals  für  dessen  Dicke  gebraucht,  und  diefs  wurde  spi- 
ter  irrig  so  anfgefaist,  als  ob  ein  forflberfahrender  Wagen 
den  aufgeschwollenen  Judas  serquetscht  hfttia.  Wirklich 
linden  wir  daher  nicht  allein  bei  Theophylaki  und  in  einem 
alten  SchoUon  ^  ohne  bestimmte  ZurückfOhrnng  tmt  dea 
Papias,  sondern  auch  in  einer  Gatene  mit  genauer  AnfWn 
mng  seiner  i^fjyrfieig^  die  Saehe  ohne  Jenen  Znsatnmmlblt  ^> 
Das  ungeheuere  Anschwelle|i  des  Judas,  Toii  welchem  b 


19)  O^cmnea«  ad  Act.  I. :  tStq  Hh  cafd^t^or  tgof§X  Uanlaiy  S  7Wrv» 

/19  Siirmo&€U  StiZ&tXrf  i/nilijc  ^^/Wc  Sit^x^/^^^t  ^^  r^  m/d' 

20)  i.  obea  Anm.  6. 

21)  In  MDma's  Fragm«  Fair.  1^  p.  17  ff.   Die  SteDe  laatet  iibri- 

geni  sehr  übnlich  der  4et  Oekumeniut,   «md  Überbietet  tit 
lum  Theil  noch  Z   rSro  Sh  caf^^t^or  i^o^X  JlanCaq ,   o  ^mcvr9 

Tijotr  6  IdSm^*  n^tfüMf  M  rooStor  r^r  «fd^tm ,  «S^«  ftifSi  6nd^ 
4^r  S/iaiaifSimgSUfX^Ta»^  h§Xror  ^rmg&m  ^aZ&Mir^  m22i  ^^t 
ovror  fidpor  rip  dynor  x^  Mifvlfi  adxi'  vm  /thr  ya^  fiidftf^ 
rOr  Sf^ai/tmr  adxS  (Cod.  Venct. :  ^pttb\  roüdxor  ^otd^»,  ^ 
«Jror  ^  ma&dU  xo  fmg  fi^  ftUnttr)  fttfSh  thtd  lar^S  ^idnr^ 
Xdip^^vm  Sdrme&9*  «•  r*  i*  Jl/tr«  noiXig  dh  ftaodr9g  ttmk  Xi/tm^i 
Ir  iSff^  f«<r^  X^^  teXtvTfJffarTOi  te*  t*  i» 


DritUtKaprieL    f.  19t.  iU 

«lieteii  Stellen  die  ftede  ist,  sollte  wohl  orspranglleh  nm  eine 
£rb  iärang  fiSr  das  Zerplatsen  und  Ausscbtttten  der  Eingeweide 
sein,'  und  ebenso  könnte  man  die  Wassersneht,  tn  welche  Theo- 
phylakt  ihn  Terfallen  Iftfst,  wiedernni  nur  als  eine  Erklärung 
dieses  Ansch  wellens  betraehten :  indessen,  wenn  nan  in  dem, 
A.  G.  1,  20.  auf  den  Judas  angewendeten  Ps«  109.  unter  an- 
dern Vorwfirfen  aueh  den  liest:  *Q")p9  0^3  (nSSp)  KlMIl 
LXX:  dg^l^er  (»J  xorcr^)  wgtl  vöwq  etg  %a  eyxccia  avts 
CV.18*):  so  könntcT  doch  möglicherweise  die  vcaos  viiQixtj 
au4^h  aus  dieser  Stelle  geholt  sein ;  wie  der  Zug  der  monströsen 
Besehreibung,  welche  der  angebliche  Plspias  ?on  dem  Zustan- 
de des  Judas  macht^  dafs  er  nfimlich  wegen  ungeheuren  An* 
achwellens  der  Augeulieder  das  Tageslicht  nicht  mehr  habe  se* 
ben  können,  an  V.S4.  des  andern  Judaspsalms  erinnern  dürf* 
!•,  wo  unter  den  Venw  Ansehungen  namentlich  auch  die  vor- 
kommt: axorio^^ci/oav  Ol  ü(f&aXfiOi  avtcSt  tS  fi^  ßlinuVf 
eine    Verhindening  am   Sehen,    weiche,   einmal  den   ge- 
schwollenen Leib  des  Judas  vorausgesetzt,  als  Zuschwellen 
der   Aogenlieder  sich    gebtaiten   mur»te»    Bat   so   die   an 
A.  G.  1«  sich  anschlielsende  Traditlou  ihre  Ansicht  von  dem 
Ende  des  Judas  banptsfichlich    nach  Ausdrücken   der   be- 
seiehneten  beiden  Psalmen  weilergebildet,  und  ist  in  jener 
Stelle  der  A.  G.  lelbst  die  Angabe  von  dem  VerhSltnif«  des 
Jndas  SU  dem  Landgut  ebendaher  entnommen :  so  liegt  die 
Vermuthung  nicht  allzufern,  dafs  auch  schon,  was  die  A.  G. 
Aber  das  £nde  des   VerrXthers  sagt,  aus  derselben  Quelle 
geflossen  sein  möge.    Dafs  er  eines  frOhseitigen  Todes  ge- 
storben, kann  historisch  sein:  aber  auch  wenn  nicht,  so 
vrar  ein  froher  Tod  schon  Ps.  109,  in  demselben  8ten  Verse, 
weicher  die  Verleihung  der  imoKOJirj  an  einen  andern  ent- 
hielt, in  den  Worten :  y^'jj9?ltiooar  ai  i^fii(HU  avfö  oUyai^ 
ihm  verktfndigt,  und  fast  möchte  man  glauben,  dafs  auch 
der  Tod  durch  einen  Jähen  fall  aus   Ps.  «0,  83. ,  wo   es 
heifat:  ytvij97]%fa  ^  tQain^^aavtüv-^HgaxaydakovCv^ff^^yy 
entstanden  seL 


91t  Dritter  Aibtc/haitt. 

S4ibweHieliidso  Vfiteen  wir  von  Judins  aiioh  nor  toriel 
gewifs,  dnf«  «r  auf  gewaltsame  WeUe  vor  der  Zeit  n«8 
Lebea  geka^uu^n :  suiidern  wenn  er,  wie  nacb  seinem  A«s- 
tritt  Mf»  der  Gesellschaft  Jesu  natürlich  war,  ffir  diese  in 
die  Ounkelheit  sarücktrat,  in  welcher  die  historische  Kiin* 
da  von  «einem  weiterem  Schicksal  erlosch:  so  konnte  die 
christliche  Sage  ungehindert  alles  das  an  ihm  in  Erffillnng 
geheii  lassen,  was  die  Weissagungen  ,and  Vorbilder  des 
A.  T.  dem  falscb/en  Freunde  des  Davidssohnes  drohten,  und 
konnte  selbst  an  eine  bekannte  uiiheiiige  Stfitte  in  der  Nübe 
Jerusalems  das.  J&jidenken  seines  Verbrechens  knOpfeo. 

S,  130. 
Jesus  vor  Tilatiis  und  Herodes. 
Nach  sämmtllchen  Evangelisten  war  es  Morgens,  als 
die  jlldisehen  .Obern  Jesuio,  nachdem  aft  ihn  des  Todes 
schuldig  erkanj|,»t  hat(;en^),  (fesseln — nachjloh.  IS,  12.  war 
er  Ächon  im  üarten  bei  der  befangen  nehmung  gefesselt  wor- 
den ;  Lukas  erfr&hnt  d^^  Bindeus  gar  nicht  —  und)  zu  de« 
römischen  Prociarator  Pontius  Pilatus  führen  li.efsen  cAlatcb. 
27  ,  1  9.  paralL  tf  oh.  ]8>  2S0*  Hiezu  nötbig;te  sio  nacb 
Joh.  18,  31.  der  Umstand,  dafs  dem  Synedrium  die  Befug« 
nifs,  Todesst  laufen  (ohne  römisehe  tienelimi^un^)  mi  vulJ* 
ziehen,  abge^^ommeu  war  ^ :  jedenfalls  indels  mufsie  diels- 


1)  Nach  Babyl  Saixbedrin,  bei  Lioiitfoot,  p.  480,  wo  c«  heisst: 
judicia  de  capitalihus  Jiniixnt  eodem  die^  si  sint  ab  ab^oiutio' 
nem  j  si  vero  sint  ad  damnationem ,  Jiniuntar  die  sequcute  — 
wäre  diess  Verfahren  ungesetzlich  gewescji. 

2)  Ausser  dem  johanneischen :  ij^iv  «*  tlfgty  anoxrelrat  H$irr^ 
spricht  für  diesen  Stand  der  Dinge  nur  noch  eine  dunkle 
und  schwankend  ausgelegte  Tradition  ,  Avoda  Zara  f.  S  ^  2 
(LiSHTFOor,  p.  iriSf.)^  Raf>h.  Cahna  dicit,  cum  aegrotaret  F, 
Jsmael  kor  Jo^Cy.  miserimi  ad  eurriy  diceniesx  die  nobis,  o 
Domine ,  €iuö  aut  tria ,  quae  aliquando  dixisti  nMs  nomine 
patris  fuf.     JJicit  iis quadvaginta  annis   ante  extidium 


Dritlea   KapiteL    %.  130.  SM 

mal  die  jfidische  Reglerang  wünschen ,  die  Römer  in  die 
Sache  <u  elehen^  weil  nur  deren  Macht  ihr  gegen  einen 
O-OQvßog  iv  T(f  Xwj^f  den  sie  Ton  einer  Hinrichtung  Jesi» 
während  der  Festaseit  beffirehtete  (Matth.  26^  5.  parallo, 
Sicherheit  gewähren 'lionnte« 

Bei'm  Prätorium  angekommea,  blieben,  nach  der  Dar- 
ateliong  des  rierten  Evangeliums,  die  Juden  ans  Scheue 
vor  ievitischer  Verunreinigung  aussen,  Jesus  aber  wurde 
in  das  Innere  des  Gebäudes  geführt,  so  dafs  Pilatus  ab- 
wechslungsweise, wenn  er  mit  den  Juden  verhandeln  woll- 
te, herauskommen,  wenn  er  aber  Jesum  inquirirte,  hin* 
eingehen  mufstc  (18,  28  ff.)«  Die  Synoptiker  stellen  im 
Verfolg  Jesiim  mit  Pilatus  und  den  Juden  in  £inem  und 
demselben  Locale  vor,  da  bei  ihnen  Jesus  die  Aukiagr  n  der 
Juden  unmittelbar  hört,  und  vor  Pilatus  beantwortet.  Da 
sie,  wie  Johannes,  die  Vernrtheilnng  unter  freiem  Himmel 
vorgehen  lassen  (nach  derselben  lassen  sie  ja  Jesum  in 
das  Prätorium  hineingeführt  werden,  Matth.  27, 27. ,  und 
Matthäus  wie  Johannes  19, 13.,  läfst  den  Pilatus  das  ßrj^iu 
besteigen,  V.  19. ,  welches  nach  Josephus  ^  unter  freiem 
Bimmel  stand) ,  ohne  im  Verhältnifs  snm    Verhör  einer 


templi  migracit  Sjnedriwn  et  sedit  in  tahemis.  Quid  Mhi 
vult  haec  traditio!  Rabh  JsaaCy  bar  Abdimi  dicit:  non  ju- 
dicärunt  judicia  mulctativa.  Dixit  R,'  ISachman  bar  Isaac : 
ne  dicat  y   quod  non  judicarunt  jadicia  mulctativa^   sed  quod 

'  non  judicarunt  judicia  capitalia  —  womit  noch  die  Notiz  bei 
Jotepbus,  Antiq.  20,  9,  1.,  verglichen  werden  kann,  dass  es 
Sx  mov  iy  *Avdvip  (dem  Hohenpriester)  ;if«c>c  r^i  intCvs  (des 
Procuralors)  yvtifitjq  xa&iaai  auriS^tor.  Dagegen  könnte  zwar 
die  ohne  Zuziehung  der  Römer  erfolgte  Hinrichtung  des  Sle- 
phanus,  A.  G.  7,  zu  sprechen  scheinen :  allein  dies«  war  ein 
tumultuarischer  Act,  unternommen  vielleicht  im  Vertrauen 
•uf  die  Abwesenheit  des  Pilatus.  Vgl.  über  diesen  Punkt 
LtCKE,  2,  S.  n51  ff.  • 

5)  Dr  bell.  jud.  2,  9,  3. 

Dai  Leben  Jesu  2te  .4nfl.   11.  Band^  33 


514  Dritter  AbsctiMilt. 

OrtsverSnderong  im  gedenlteii :   so  haben   sie  sieh  wahr» 
scheiDÜch  die  ganze  Verhandlung," aber,,  abvreichend  von 
Johannes,  auch  Jesom  selbst,  anf  jenem  Vorplatze  geilacht, 
^  Die  erste  Frage   des  Pilatus  an  Jesum  ist  nach  allen 

Evangelien  :  av  ei  6  ßaoilevg  tvHv  ^ladalwv ,  d,  h.  der  Ales- 
sias!  Bei  den  Bwel  ersten  Evangelisten  ist  diese  Frage  ohne 
Einleitung  duroh  eine  Klage  der  Juden^  (Matth.  V.  11. 
Marc«  V.  2.);  bei  Johannes  fragt  Pilatus,  ans  dem  Präto* 
rium  heraustretend,  die  Juden,  vias  sie  gegen  Jesum  za 
klagen  hfitten  C^S,  I9.')*i  worauf  sie  ihm  trotzig  erwie- 
liern  :  el  j/uij  övog  ^v  xaxoTioiog,  öx  av  aov  noQeäcixaftev 
ancovj  wodaroh  sie  Qbrigens  sieh  nicht  versprechen  konn- 
t%m,  dem  Römer  die  Bestfitlgung  auf  die  schnellste  Weise 
abzudringen  ^ ,  sondern  nur  ihn  su  erbittern.  Nachdem 
üuien  Pilatus  hierauf  nitit  anffallendor  Gelindlgkeit  zur 
Antwort  gegeben :  so  mö^n  sie  ihn  nehlhen  und  nach  ihrem 
(lesetze  richten  —  indem  er  an  ein  todeswürdige^i  Verbre- 
chen nicht  gedacht  zu  haben  scheint  — ,  und  die  Juden 
ihm  ihre  Iiicompetens  eur  Vollzieliung  von  Todesstrafen 
entgegengehalten  haben:  geht  der  Procurator  hinein,  und 
legt  Jesu  gleich  die  bestimmte  Frag^  vor,  ob  er  der  König  der 
Juden  sei?  welche  aibmit  hier  gleichfalls  nicht  gehörig 
eingeleitet  ist  Nur  bei  Lukas  ist  die(s  der  Fall,  welcher 
zuerst  die  Anklagen  der  Sjrnedristen  gegen  Jesum  auf- 
führt, dafs  er  das  Volk  aufwiegle,  und  zur  Verweigerung 
der  Steuer  an  den  C^sar  reize ,  indem  er  sich  för  Xqi^op 
ßuüdia  ausgebe  (23,  St.)* 

Begriffe  man  auf  diese  Weise  aus  der  Relation  des 
Lukas,  wie  Pilatus  sofort  die  Frage  an  Jesnot  richten 
konnte ,  ob  er  der  König  der  Juden  sei?  so  ist  bei  ihm  um 
so  dunkler,  wie  auf  die .  bejahende  Antwort  Jesu  hin  Pila- 
tus ohne  Weiteres  den  Ankifigern  erklfiren  konnte,  an  dem 
beklagten   keine    Schuld  zu   finden.    Er  mufste  doch  erst 


4)  \V  c  Lücke  annimmt,  S.  631. 


Dritte«  KapiteLv   %.  130.  ölS 

den  Cirund  oder  Ungmnd  der  Anklage  auf  Volksanfwiege- 
luiig  nntersochen,    und  aneh  fiber  den  Sinn,   in  welchem 
sieh  JesQs  f  Qr  den  ßaailevg  toh  ^Isdalcov  ausgab ,  sich  mit 
ihm  verstfindigen ,   ehe  er  sein  odkv  ivQlaxot  attiov  iv  %^ 
av&Qcia(p  THti^   aussprechen  konnte,     fiel   Mattbfins  und 
Markus  folgt  swar  auf  die  Bejahung  Jesu  ^   der  König  der 
Juden  SBU  sein,  noch  sein  den  Pilatus  befremdendes  Schwel- 
gen  gegenfiber   den  gehfiuften  Anklagen  der  Synedristen; 
auch  wird  hierauf  nicht  eine  bestimmte  Erkl^'rong  j  dafs  an 
Jesu  keine  Schuld  su  finden  sei ,  sondern  blofs  der  Versuch 
des  Procurators  gemeldet,   Jesum  durch  die  Zusammenstel- 
lung mit  ßarabbas  in  Freiheit  cn  seteen:    doch  auch  nur, 
was  ihn  su  diesem  Versuche  bewog,  geht  ans  den  genann* 
ten  Evangelien  nicht  hervor.    Hinlänglich  klar  dagegen  wird 
dieser  Punkt  im  vierten  Evangelium.    Mach  der  Frage  des 
Pilatus,    ob  er  wirklich   der   Judenkönig  sei,   befremdet 
Bwar  die  Gegenfrage  Jesu,    ob  er   diefs  von  sich  selbst, 
oder  auf  Eingebung  Anderer  rede?    Man  kann  einen  Be- 
klagten,   möge  er  immer  sich  unschuldig  wissen,  su  einer 
solchen  Frage  nicht  befugt  finden ,   wefswegen  man    denn 
auch  auf  allerlei  Arten  versucht  hat ,   derselben  einen  ei- 
triglicheren  Sinn  zu  geben ;  allein,  tfm  blofs  eine  Zurück- 
weisung der  Beschuldigung  als  einer  widersinnigen  2U|8ein  ^, 
ist  die  Frage  Jesu  su  bestimmt:  als  Erkundigung  aber,  ob 
der   Procurator  das  ßaadavs  tmy  %dauov  im  römischen 
Co^   larra)  oder   Im  jüdischen  Sinne   (aAAoi  ooi^  tlnw') 
meine  ^) ,  cu  unbestimmt.    Auch  fafst  es  Pilatus  nicht  so, 
sondern  als  unbefugte  Frage,  aufweiche  es  noch  sehr  milde 
Ist ,    dals   er  zunächst  zwar  ungeduldig  die  zweite  Gegen- 
frage macht,  ob  er  denn  ein  Jude  sei ,  um  durch  sich  selbst 
Ton  einem  so  speeifisch  jüdischen  Verbrechen  Notiz  haben  zu 
können?  hierauf  aber  gutwillig  erklärt,  die  Juden  und  de- 


5)  CALvn,  <•  d.  St. 

6)  LCcKS  und  Tmoluck,  z.  d.  St« 

33  • 


5!6  Dritter  Abschnitt. 

ren   OJbere  seien  es  ja  •    dareh  welche  er  ihm  überliefert 
worden,   er  möge  also  über  das  ihm  ?on  diesen  Eur  Last 
gelegte  Vergehen  sich  näher  aussprechen.     Auf  dieses    nun 
aber  giebt  ihm  Jesus  eine  Antwort,  welche,  ei^sammenge- 
nommen  mit  dem  Eindruck  seiner  ganzen  Erscheinung,  dem 
Procura tor  allerdings  die  Übereeugung  von  seiner  Unschuld 
beibringen  konnte.    Er  erwiedert  nfimlich ,    seine  ßaailtla 
sei  nicht  ix  t5  xoofJLH  %HiSj   und  fahrt  den  Beweis  hiefflr 
aus  dem  ruhigen ,  passiven  Verhalten  seiner  AnhUnger  bei 
seiner  Gefangenneb mong  (S.  36.).    Auf  die  weitere  Frage 
des    Pilatus,    da  Jesus  sich   hiemit  eine  ßaaihlaj    wenn 
gleich  keine  irdische,  sngeschrieben  hatte,  ob  er  also  doch 
für  eipen  König  sich  ausgebe  ?  erwiedert  er ,  allerdings  sei 
er  das ,    doch  nur  insofern  er  cum  Zeugnifs  der  W  ahrhelt 
geboren  sei ;   worauf  von  Seiten  des  Pilatus  das  bekannte : 
li  igiv  dlri&sia;  erfolgt   Ob  nun  gleich  an  dieser  letzteren 
Wendung  das   eigenthfimlich  johanneische  Colorit  im  Ge- 
brauch des  Begriffs  von  aXrj^ua^  wie  weiter  oben  das  Un- 
gefügige in  der  Gegenfrage  Jesu ,  auffällt :  so  begreift  man 
doch  nach  dieser  Darstellung,   wie  Pilatus   sofort  hiuaus- 
treten,  und  den  Juden  erklären  konnte,    keine  Schuld  an 
ihm  zu  finden.    Doch  könnte  leicht  ein  andrer  Punkt  gegeu 
diesen-  Bericht   des  Johannes  wieder  bedenklich    machen. 
Wenn  ihm  zufolge  das  Verhör  Jesu  im  Innern  des  Präto- 
riumsvor  sich  gieng,  welches  kein  Jude  betreten  mochte  : 
wer  soll  dann  das  Gespräch  des  Procurators  mit  Jesu  ge- 
hört,   und  als    Gewährsmann   dem  Verfasser  des  vierten 
Evangeliums  zugebracht  haben?  Die  Ansicht  älterer  Erklä- 
rer,  dafs  Jesus  selbst  nach  der  Aufer«tehuiig  den  Jüngern 
diese  Verhandlungen  erzählt  habe,  ist  als  abenteuerlich  auf- 
gegeben; die  neuere,  dafs  vielleicht  Pilatus  selbt  die  Quelle 
der  Nachrichten  über  das  Verhör  gewesen  sei ,  ist  kaum 
minder  unwahrscheinlich,  und  ehe  ich  mir,  wie  LCcke  ,  da- 
mit hälfe,  dafs  Jesus  ans  Eingange  des  Prätoriums  steht  n  ge- 
blieben sei,    und  somit  die  aussen  Zunächststehenden  bei 


Drittes  KapiteL    S.  130.  517 

einiger  Aufmerksamkeit  and  Stille  (?)  die  Unterredunur 
haben  hören  können ,  würde  ich  mich  noch  lieber  auf  die 
Umgebungen  des  Proenrators,  der  schwerlich  mit  Jesu  al« 
lein  war,  berufen.  Leicht  könnten  wir  indefs  hier  ein  Ge- 
spräch haben ,  das  nur  der  eignen  Combinatlon  des  Evan* 
gellsten  seinen  Ursprung  verdankt,  und  in  diesem  Falle 
dOrfte  man  sich  dann  nicht  so  viele  Mühe  In  Bezug  auf 
den  eigentlichen  Sinn  der  Frage  des  Pilatus  :  was  Ist  Wahr- 
heit? geben,  da  diefs  nur  die  beliebte  dialogische  Fi^nr 
des  vierten  Evangeliums  wäre,  bei  tiefen  Eröffnungen  von 
Seiten  Jesu  die  Zuhörer  Fragen  entweder  des  Mirsverstands 
oder  des  gar  nicht  Verstehens  machen  zu  lassen;  wie  12,  34. 
die  Juden  fragen:  %lg  igiv  srog  6  viog  t5  ay&Q(ji7f3i  so 
hier  Pilatus:  tI  igiv  aXij^eia  0; 

Vor  der  Diversion  mit  Barabbas ,  welche  nun  bei  den 
Obrigen  folgt ,  hat  Lukas  ein  eigenthfimliches  Zwischen* 
spiel.  Auf  die  ErklKrung  des  Pilatus  nämlich,  an  dem, 
Beklagten  keine  Schuld  zu  finden,  bleiben  hier  die  Hohen- 
priester sammt  ihrem  Anhang  unter  der  Menge  dabei, 
Jesus  rege  das  Volk  auf  durch  seine  Wirksamkeit  aU 
Lehrer  von  Oaliliia  bis  Jerusalem;  Pilatus  fafst  Galiläa 
in's  Ohr,  fragt,  ob  der  Beklagte  ein  Galiläer  sei  ?  und  wie 
diefs  besifttigt  wird,  ergreift  er  es  als  eine  willkommene 
Gelegenheit ,  sich  des  unwillkommenen  Handels  zu  entle- 
digen, schickt  also  dem  Tetrarchen  von  Galiläa,  dem  zur 
Festzeit  in  Jerusalem  anwesenden  Herodes  Antipas,  Jestim 
zu,  mit  der  Piebenabsicht  vielleicht,  was  wenigstens  der 
Erfolg  war,  den  kleinen  Ffirsten  durch  solchen  Respect 
vor  seinem  Forum  sich  zu  verbinden.  Herodes,  heifst  es, 
sei  darfiber  erfreut  gewesen,  weil  er  nach  dem  Vielen,  was 
er  schon  von  Jesu  gehört  hatte,  längst  wttnschste,  ihn  za 
sehen ,  in  der  Hoffnung ,  er  wärde  vielleicht  ein  Wunder 
zum  Besten  geben.     Der  Tetrarch   habe  nun  verschiedene 


7)  Vgl.  Kaisbk,  bibi.  Thcol.  1,  S.  252. 


918  Dritter   Absehnitt 

Fragen  an  ihn  gerichtet  ^  auch  die  Sjnedri«ten  hart«  Kift- 
gen  g^gen  ihn  erhoben,    Jesus  aber  lieliie  Antwort  gege» 
ben ;    worauf  dann  Herodes  mit  seinen  Soldaten  aicli  sas 
Spotte  gewendet,  and  endlich  Jesum  in  einem  Prachtge  wände 
SQ  PilatM  Nracl(gescbiol(t  habe  (23,  4ff.>    Diese  Ermlh- 
l«ng  des  LolLas  hat,  sowohl  in  ihr  selbst,  als  in  ihreas 
VerliftltnUs  au  den  übrigen  Brangelien ,  aiehreres  Befreasd- 
licbe«    Gehörte  wirklich  Jesus  als  GaliUer  nnter^dle  G^ 
Hcbtsbarl^t  des  Herodes,  wie  Pilatus  duroh  die  Übergabe 
4es  Beklagten  an  ihn  aneuerkennen  scheint :  wie  kam  es, 
dafs  Jesus,  nicht  nur  der  sfindlose  des  orthodoxen  Systems, 
aondern  auch  der  gegen   die  bestehende  Obrigkeit  unter* 
wllrfige  der  Geschichte  Tom  Zinsgroschen ,  Ihm  die  schul« 
dige  Antwort  versagte?  wie,   dafs  ihn  Herodes  ohna  Wei* 
teres  wieder  ?on  seinem  Forum  aurflckschickte?  Mit  Ols« 
HAUSSK  au  sagen ,   es  habe  sich  im  Verhör  hei  Herodes  er- 
geben, daCs  Jesus  nicht  in  Nacaret  und  Galilffa,  sendera 
In  Bethlehem,  also  in  Judffa,  geboren  war,  Ist  theils  eine 
unerlaubte  Beaugnahme  auf  die  Geburtsgeschichte,  von  de- 
ren Angaben  sich  Im  ganaen  seitherigen  Verlauf  des  Ln« 
kasevangoliums  keine  Spur  mehr  gefunden  hat,  theils  wür- 
de wohl  eine  so  gana  aufKliige  Geburt  in  JudXa ,   wie  sie 
Lukas  darstellt,  wtfhrend  die  Elrern  Jesu  vor-  und  nachher, 
und  auch  Jesus  selber,  in  Galiläa  anslsslg  blielien ,  Jesuai 
an    keinem  Judler  gemacht    haben;    hauptslehlich    ab«r 
mufs  man  fragen,    durch  wen  denn  die  Judftische  Abkuaft 
Jesu  an  den  Tag  gekommen  sein  soll,  da  es  von  Jesu  heiTst, 
er  iiabe  keine  Autwort  gegeben ,  den  Juden  aber  Jene  Ab- 
kunft nach  allem ,  was  wir  wissen,  unbekannt  war  ?  Eher 
mag  man  das  Stillschweigen  Jesu  aus  der  unwürdigen,  nicht 
den  Ernst  des  Richters,  sondern  blofse  Neugier  verratheo- 
den  Art  der  Fragen  des  Herodes,   und  die  Znrficksendang 
an  Pilatus  daraus  erklären ,   dafs  doch  nicht  allein  clie  Ver- 
haftung, sodern  auch  ein  Theii  der  Wirksamkeit^ Jesu  in 
das  Gebiet  des  Pilatus  gefallen  war.     Wariim  aber  berich- 


Drittes    Kapltet    t-  IM.  919 

ten  die  flbrigen  Bvangettsten  von  dieser  gansen  Zwischen« 
seene  nichts?  Namentlich  wenn  man  den  Verfasser  de« 
▼ierten  fivangeliams  als  den  Apostel  Johannes  sich  denlit, 
ist  schwer  eiiizasehen ,  wie  man  diese  Auslassung  erklären 
wilf.  Die  gewöhnliche  HOlfci  er  habe  die  Abfllhrang  bu 
Herodes  ans  den  Synoptiheru  nnd  fiberhanpt  als  bekannt 
▼oransgesetst,  schlägt  liier  nicht  an,  da  Ja  nnr  der  Eine 
Lnki^  die  Geschichte  meldet,  sie  also  nicht  sehr  verbrei- 
tet gewesen  bq  sein  scheint;  die  Vermnthnng,  sie  mü- 
ge  ihm  wohl  b«  nnerhebiich  gewesen  sein  ^ ,  verliert  da- 
durch  iliren  Bod^n,  dafs  Johannes  auch  der  Uinfilhrung 
Btt  Annas,  welche  doch  ebenso  wenig  entscheidend  war,  bu 
gedenken  nicht  verschmäht;  Oberhaupt  ist,  wie  auch  Scrlbi* 
KRMACUER  Bugesteht,  die  johanneische  Ercähiniig  dieser 
Vorgänge  so  zusammenhängend,  dafs  sich  nirgends  eine  Fu- 
ge zeigen  will,  um  eine  solche  Zwischenscene  einzuschie- 
ben. Flachtet  sich  daher  auch  Schlrikrmachbr  zuletzt  zu 
der  Vermuthung,  es  möge  wohl  dem  Johannes  die  Abfüh- 
rung Jesu  zu  Berodes  entgangen  sein ,  weil  sie  auf  einer 
entgegengesetzten  Seite,  als  wo  der  Jflnger  stand,  durch  ei- 
ne HinterthOre,  geschehen  sei,  dem  Lukas  aber  eine  Kun- 
de von  derselben  zugekommen,  weil  sein  Gewährsmann 
eben90  eine  Bekanntschaft  im  Hause  des  Herodes  gehabt 
habe,  wie  Johannes  in  dem  des  Annas:  so  ist  Jene  erstere 
Vermuthung  eben  nur  eine  Hinterthflre,  die  letztere  aber  ei- 
ne verzweifelte  Flction.  Setzen  wir  freilich  den  Verfas- 
ser des  vierten  Evangeliums  nicht  als  Apostel  voraus:  so 
verlieren  wir  die  Unterlage ,  am  gegen  die  Erzählung  des 
Lukas  den  Hebel  anzusetzen,  welche  Jedenfalls ,  da  schon 
Justin  von  der  Abführung  zu  Herodes  welfs  ^ ,  von  sehr 
frOhem  Ursprung  ist.  Immerhin  indessen  bleibt  tbeiis  das 
Stilkchweigen  der  übrigen  Evangelisten  in  einem  Abschnitt, 


8)  ScHLKiKKiuACMKit,  übcr  dco  J^uliat,  S.  291. 

9)  Dial.  c.  Tr}ph.  lOS. 


5M  Dritter   Abtehnltt. 

vro  sonst  Über  die  Hanptstadiea  der  EntwidüiiDg  ron  J^ 
m  Sache  Übereinstimmniig  ca  hemeben  pflegt,  tlieile  die 
innere  Schwierigkeit  dte*  CreKhlung  so  bedenklich ,  ärnfk  die 
VenDUthiing  offen  bleiben  ranfsy  die  Anekdote  sei  ans  des 
Bestreben  entstanden^  Jesom  ror  alle  möglicherweiee  in  Je- 
rasalem  casammensubringende  RichterstQhle  zu  stellen,  von 
atten  nicht  hierarchischen  Behörden  ihn  swar  Terichtiich  be« 
handelt,  aber  doch  seine  Unschnld  laut  oder  stili8ehwei|read 
anerkannt  werden,  ihn  selbst  aber  vor  ullen  seine  gleicb- 
mäfsige  Haltung  nnd  WOrde  behaupten  bu  lassen.  Wire 
diefs  von  der  vorliegenden  Erslblung,  mit  welcher  dear  drit- 
te Erangelist  allein  steht,  anEunehm^:  so  wfirde  eine  fiha- 
liche  Vermnthung  von  der  Hinfihrung  cn  Annas,  »it  irel* 
eher  wir  den  vierten  Evangelisten  alleinsteheod  gefunden 
haben,  nur  durch  den  Umstand  abgewehrt  werden,  dafs 
diese  Scene  nicht  näher  beschrieben  ist,  mithin  auch  J&ei^ 
ne  inneren  Schwierigkeiten  darbietet. 

Nachdem  er  Jesum  von  Herodes  surflckgesandt  be- 
kommen hatte,  berief  nun  dem  Lukas  cufolge  Pilatus  die 
Sjnedristen  und  das  Volk  wieder  eu  sich,  und  erklärte, 
auf  das  mit  dem  seinigen  Übereinstimmende  Ortheil  des 
Herodes  gestützt,  Jesum  mit  einer  Zfichtigung  loslassen  au 
wollen;  wozu  er  die  Sitte,  am  Paschafest  einen  Gefange- 
nen frei  EU  lassen  ^®^,  benOtsen  konnte.  Dieser  bei  Lu- 
kas etwas  verkürete  Umstand  tritt  bei  den  flbrigen,  na- 
mentlich bei  Matthäus,  deutlicher  heraus.  Da  nfiifilich  die 
Befugnifs,  sich  einen  Gefangenen  lossubitten,  dem  txi^og 
sukam:  so  suchte  Pilatus,  wohl  wissend,  dafs  nur  der 
Neid  der  Grofsen  Jesum  vctrfbigte,  die  bessere  Stimmung 
des  Volks  für  ihn  bu  benfitsen,  und  um  dasselbe  zor  Be- 


10)  Man  xwcif^lt,  ob  diese  Sitte,  von  welcher  wir  ohne  dtsN.  T. 
nichts  wissen  würden,  römischen  oder  jüdischen  Ursprungs 
wir;  vgl.  FRrrzscHB  und  Paulus  i.  d.  St.,  und  Baur,  über 
die  ursprüngliche  Bedeutung  des  Fassahfestes  u.  t.  f.  Tuh. 
Zeitschr.  f.  Theol.  1832,  1,  S.  94. 


Dritte»    Kapitei.    $.  130.  Ml 

freiang  Jeta  eigentlteh  sn  nöthlgen,  stellte  er  Ihn ,  den  er, 
som  Theil  zwar  aaa  Spott  gegen  die  Joden,  eam  TheÜ 
aber  am  sie  von  seiner  Hinriebtung,  als  für  sie  selbst  sehimpf- 
lieh,  absabringen,  Messias  oder  Juden könig  nannte/  sar 
Aaswabl  mit  einem  Sia/aiog  inlatjftog,  Barabbas  ^*)  y  ea« 
•ammen,  welchen  Johannes  als  Xrjg^gj  Markas  nnd  Lnkas 
aber  als  einen  solchen ,  der  wegen  Aafrahrs  ond  Mords 
rerfaaftet  war,  beseichnen.  Der  Plan  schlug  aber  fehl ,  da 
das  Volk,  sabomirt ,  wie  die  swei  ersten  Evangelisten  an- 
merken, von  seinen  .Oberen,  mit  grofser  Einstimmigkeit  die 
Freigebnng  des  Barabbas,  and  fttr  tlesam  die  Kreocigung 
Terlangte. 

Als  ein  besonderes  Gewicht,  das  bei  Pilatus  doch  in 
die  Wagsohale  Jesu  fiel,  und  ihn  bewog,  den  Versuch 
mit  Barabbas  aufs  Machdrficklichste  geltend  su  machen, 
wird  von  Matthftus  das  angefahrt ,  dafs,  wie  der  Procara- 
tor  auf  dem  Richterstahle  safs,  seine  Gemahlin^  ihn  bi 
Folge  eines  fingstigenden  Traumes  ^  warnen  liefs ,  sich  ja 
nichts  gegen  jenen  Gerechten  su  Schulden  kommen  zu  las* 
sen  (27,  190*  Nicht  allein  Paulus  ,  sondern  auch  Olshau- 
81N  erklärt  diesen  Traam  als  natörliches  Ergebnifs  aus  dem- 
jenigen, was  die  Frau  des  Pilatus  von  Jesu  und  seiner  am 
vorigen  Abend  erfolgten  Gefangennebmang  gehört  haben    ' 


11)  Einer  Lesart  nach  biess  dieser  Mensch  mit  seinem  vollen  Namen 
*Itj0HiBa^aßßdi^  was  hier  nur  desswegen  bemerkt  wird,  weil  Oi.s- 
HATiSBif  es  „merkwürdig^'  gefunden  hat.  Indem  ni^mlich  bar 
Abl^a  Sohn  des  Vaters  bedeutet,  so  ruft  Olshauskn  aus :  Al- 
les, was  an  dem  Erlöser  Wesen  war ,  erschien  bei  dem  Mör- 
,  der  als  Carrioatur !  und  findet  den  Vers  anwendbar :  ludit  in 
hanumis  divina  potentia  rebus.  Wir  können  in  dieser  Oi.8- 
luvsBif^schen  Betrachtung  nur  einen  lusus  humanae  impoientiae 
finden. 

13)  Im  Evang.  Nicodemi  und  bei  späteren  Kirchengescbicbfschrci- 
bern  hcisst  sie  Proculoy  JjQfixltj»  Vgl.  hierüber  Thilo  ,  Cod. 
Apocr.  N.  T.,  p.  522)  Paulus,  cxeg.  Handb.,  3,  b,  S.  b4o  f. 


titt  Dritter  Abschnitt 

mochte;  wosn  man  noch  die  Notis  des  Ereogel,  Ntoodemi 
«b  erklXreiide  Vermathang  siehen  kaiui)  da(s  dieselbe  eine 
&8oa€ßijg  ond  IsSat^öaa  gewesen  sei  ^')*  Indessen ,  %rie 
iniDier  im  N*  T.,  namentlich  im  MstthänseTangeliam^  Trio» 
me  als  höhere  Sohicknng  betrachtet  werden:  so  ist  «neh 
dieser  gewifs  in  der  Ansicht  des  Referenten  n^m  gime  mh 
mine  gewesen,  ond  es  mnfs  sich  daher  ein  Grand  und  ZwccIl 
seiner  Zuschieliang  denlLcn  lassen«  Sollte  der  Traam  wirk- 
lich den  Tod  Jesa  hintertreiben,  se  mflfste  man  vom  ortho- 
doxen Standpanlit  ans,  anf  welchem  dieser  Tod  sor  Seligkeit 
der  Menschen  nothwendig  war,  «nf  die  Vermnthang  riniger 
Alten  kommen,  der  Teufel  möge  es  gewesen  sein,  weleher 
der  Fran  des  Procnrators  jenen  Tranm  eingab-,  um  den 
Versdhniingstod  sn  Terhindem  '*);  sollte  der  Tod  Jesn 
nicht  Tcrhindert  werden,  so  könnte  der  Zweck  des  Trau- 
mes nnr  anf  PÜaCns  oder  seine  Gattin  geben.  Allein  dem 
Pilatus  konnte  eine  so  spftt  kommende  Wamnng  wohl  nnr 
die  Schuld  ?ermehren,  ohne  ihn  von  dem  bereits  halb  ge- 
thanen  Schrkt  surück bringen  sn  können;  dafs  aber  seine 
Gattin  durch  den  Traum  bekehrt  worden  sei,  wie  Manche 
angenommen  haben  ^^,  ist  theils  nirgendsher  bekannt, 
theils  spricht  sich  in  der  Ersählung  nicht  dieser  Zweck 
aus.  Sondern,  wie  schon  die  Figur  des  Pilatus  in  der 
evangelischen  Erzählung  so  gehalten  ist,  dals  dem  blind^i 
Hasse  der  Volksgenossen  Jesu  das  unparteiische  Urtheil 
eines  Heiden  gegenfiberstehen  soll:  so  wird  nun  auch  sd- 
ner  Gattin  ein  Zeugnifs  für  Jesnm  abgewonnen,  um,  wie 


IS)  Cap.  2,  S.  520.  bei  Thilo. 

14)  Ignat.  ad  Fhilippeni.  4:  ipoßeX  S^  (der  Teufel)  ro  y^vaiov,  tr 
oftif^Oi^  adro  uazaTa^dTTtav  Mai  natJitv  Trti^c^ra*  Ter  gara  row 
gav^Sr*  VgL  Thilo  ,  p.  52S.  Die  Juden  im  Evang.  Nicod., 
c,  2 ,  p.  524 ,  erklären  den  Traum  fUr  ein  Zaoberstiick  Ton 
Jesu :  yo'j/c  Iffl  —  ISh  iv€t(t6ntfjinTa  Jhtejurpi  Tt^Of  tjJv  ywmiitu  99* 

15)  z.  B.  Thcophylact,  i.  Thilo,  p.  52$. 


Drittes  Kapitet    $.190.  MS 

oAch  Blatth.  21,  16.  ,aiu  dem  Mvnde  A^iW.wfjftUw  xal  ^o 
XaQovzwfp^  MO  nunmehr  aus  dem  Munde  rines  seliweehen 
Weihet,  ihm  ein  Loh  cu  bereiten,  welches,  siir  Mehrung 
«•Inet  Gewichts,  ans  ein^m  hedeutungsvolien  Traume  ab« 
geleitet  wird.  Je  mehr  man,  um  diesen  wahrscheinlich 
sm  machen,  auch  ans  der  Profangescliichte  dergleichen 
Tvluaie  anführt  9  welche  einer  blutigen  Katastrophe  bo* 
lagstigend  und  warnend  Torangeschritten  sind  ^*) :  desto 
naehr  wird  der  Verdacht  angeregt,  dab,  wie  die  meisten 
WQU  diesen,  sor  such  der  Traum  in  nnsrer  Stelle  nach  dem 
Brfolge  gemacht  sein  mOge,  um  dessen  tragiselid  Wirkung 
sn  erhöhen* 

Wie  nun  die  Juden  auf  wiederholtes  Behagen  4M  PI« 
latus  die  LoslassnngfOr  Barabbas,  für  Jesmn  aber  die  Kren- 
sigung,  stürmisch  und  beharrlich  verlangen :  lassen  die  I>ei- 
den  mittleren  Erangelisten  ihn  in  ihr  Begehren  sofort  wil- 
ligen, Hatthftus  aber  schiebt  noch  eine  Ceremonle  and  ei« 
ne  We^h^lrede  dazwischen  C^,  24  ff.).  Mach  ihm  nXm- 
lieh  läfs^  sich  Pilatus  Wasser  geben,  wascht 'sich  damit 
die  Rinde  vor  dem  Volk,  und  erklfirt  sich  fftr  unschuldig 
am  Blute  dieses  Gerechten.  IKe  flandwasehnng  ids  Rein- 
erklflrung  von  einer  Blutschuld  war  speeifisch  JOdische 
Sitte,  nach  5.  Mos.  21,  6  f.  ^^.  Man  hat  unwahrschein- 
lich gefunden ,  dafs  der  Römer  diese  jOdlsche  Gewohnheit 
hier  nachgeahmt  habe,  und  defswegen  sich  darauf  berufen, 
wie  Jedem,  der  seine  Unschuld  feierlieh  erUfiren  will, 
nichts  leichter,  als  eipie  solche  Handwaschnng^  einfallen 
könne  '^.  Allein,  um  ohne  Anhalt  an  einer  gewohnten 
Sitte  eine  symbolische  Handlung  gleichsam  im  Augenblick 


16)  Wie  Paiaas  und  KuibUl,  z.  d.  St.,  welche  namenllicli  an  den 
Traum  Ton  Cäsar^s  Gemahlin  in  der  Nacht  yor  seiner  Er- 
mordung erinnern. 

J7)  Vgl.  Sola,  8,  6. 

IS)  FkiTZSCHB,  in  MatUi.  p.  808« 


Sit  Dritter    Abscknitt 

ea  erfinden,  oder  auch   nnr  in  einen  fremden   Velks^ 
brauch  sieh  hineinsuwerfen ,  daso  gehört,  dafs  dem,  wef- 
eher  eine  solche  Handlang  rornimmt,  an  demjenigen,  was 
er  durch  dieselbe  beeeichnen   wiU,   angemein  viel  gelegen 
sei.    So  angemein  viel  al»er  konnte  doch  nicht  sowohl  dem 
Pilatus  daran  gelegen  sein,  seine  Unschuld  an  der  Hinrieli- 
tung  Jesu  KU  beseugen,    als  vielmehr  den  Christen  damn, 
auf  diese  Weise  die  Unsehn|4  ihres  Messias  beseagen  ni 
lassen;  woraus  der  Verdacht  erwachst,  dafs  vielleicht  erst 
ihnen  die  Handwaschung  des  Pilatus  ihre  Entstehang  ver- 
danken möge.    Diese  Vermnthnng  bestfitigt  sich,  wenn  wir 
den  Ausspruch  erwägen  j   mit  welchem    Pilatus  jene   sym- 
bolische Handlung   begleitet  haben   soll:   ad'diog  elfti  am 
%H  cSfiOTog  XH  dixala  rar».    Denn ,   „dafs  der  Richter  öf- 
fentlich und  emphatisch  den,   welchen  er  doch  der  bfirtr- 
sten  Bestrafung  hingab,  einen  dlxaiog  genannt  haben  soll- 
te^,   findet  auch  Paulus  so  in  sieh  widersprechend,  dafs 
er  hier,  gegen  die  sonstige  Weise  seiner  Aostegnng,   an- 
nimmt, der  Erzfihler  interpretire  selbst,  was  Pilatus  seiner 
Meinung  nach  bei  der  Handwaschung  gedacht  haben  mos- 
se«    Zu  verwundem  ist,  dafs  ihm  das  ebenso  Unwahrsehein« 
liehe  nicht  auflKUt,  was  den  Juden   bei  dieser  Gelegenbett 
in   den  Hund  gelegt   ist.     Nachdem  nXmIlch   Pilatus  sich 
für  unschuldig  an  dem.  Blute  Jesu  erklärt,  und  durch  das 
hinzugeffigte :    vfielg  otpea&Cj  die   Verantwortung  auf  die 
Juden  fibergewfilst  hatte,   soll  nach  Matthftus  nag  i  ?c^ 
gerufen   haben :  t6  alfia  avra  i(p  ij^iag  ral  inl  zu  rixva 
r;fiüiv.    Allein  dlefs  ist  doch  augenscheinlich  nur  vom  Stand- 
punkte der  Christen  aus  gesprochen,  die  in  dem  UnglOck, 
welches  bald  nach  Jesu  Tode  in  immer  verstärkten  Sehli- 
gen fiber  die  jfidische  Nation  hereinbrach,    nlehts  Andres, 
als  die  Blutschuld  von  der  Hinrichtung  Jesu  her  erblicli- 
ten  :  so  dafs  also  diese  ganze  dem  ersten  £vangelinm  et- 
genthOmliche  Episode  im  höchsten  Grad^  verdächtig  ist* 
Nach  Matthäus  und  Markus  li^  nun  Pilatus  Jesam 


Drittes  Kapitel.    S*  130.  9S5 

gelsselii,  rfm  ihn  sofoi^  tsnr  KreiiB%iingr  #bfähirett  eq  las» 
sen.  Die  Gefsselnng  ersoheint  hier  gane  so,  wie  naoh  rö« 
misoher  Sitte  das  virgis  eaedera  dem  securi  percutere^  und 
bei  Sclaven  die  Geisselang  der  Krensigung,  Voransugehen 
pflegte  ^0*  Bei  Lukas  ersoheint  'sie  gans  anders.  Während  es 
dort  heifst:  tov  di  Y.  ^QccyelXwaag  naqidwxsv  %vd  gavqto^ 
^fl :  erbietet  sieh  hier  Pilatus  wiederholt ,  V.  16  und  22 : 
ncaöevaag  amov  dnoXrCtOj  d.Ji.  wie  dort  das  Geissein  als 
einteitendes  Äceidens  der  Hinrichtung  erscheint :  so  hier  als 
ableitendes  Surrogat  derselben;  Pilatus  will  dnreh  diese 
Zfichtigung  den  Hass  der  Feinde  Jesu  befriedigen,  und  sie 
bewegen,  ron  dem  Verlangen  seiner  Hinrlehtung  abzuste- 
hen. Während  es  aber  bei  Lukas  zur  wirklichen  Geisse- 
lung  nicht  kommt,  weil  auf  den  wiederholten  Vorschlag 
des  Pilatus  die  Juden  in  keiner  Weise  eingehen  wollen: 
so  läfst  dieser  bei  Jobannes  Jesum  wirklieh  geissein,  stellt 
ihn  sofort  mit  dem  Purpurkleid  und  Dornenkranz  dem 
Volke  ¥or,  und  versucht,  ob  nicht  sein  kläglicher  Anblick, 
mit  der  wiederholten  Erklärung  seiner  Unschuld  verbun^ 
den,  einen  Eindruck  auf  die  erbitterten  Gemtither  machen 
mdchte;  aber  auch  diefs  ist  vergebens  (19,  1  ff.)-  £«  t^^ 
steht  somit  zwischen  den  Evangelisten  in  Betreff  der  Geis- 
selang Jesu  ein  Widerspruch  5  welchen  man  nicht  mit 
Paclds  dadurch  ausgleichen  darf^  dafsman  das  tov  V.  ^^a— 
yillciaag  naQsdoxev  llva  gccvgvo&fl  bei  Matthäus  und  Mar- 
kos so  umschreibt :  Jesus,  den  er  sohon  vorher  hatte  geis- 
tein lassen,  um  ihn  zu  retten,  hatte  diels  vergeblich  er- 
duldet, indem  er  nun  doch  zur  Kreuzigung  hingegeben 
wurde.  Sondern,  die  Differenz  der  Berichte  anerkennend, 
mofs  man  nur  fragen,  welcher  von  beiden  die  grdfsere  hi- 
srorisehe  Wahrscheinliehkeit  fOr  sich  habe?  Wiewohl  sieh 
nun   freilich  nicht  nachweisen  läfst,   dals  Geisselung  vor 


19)  Vgl.  besondert  die  von  Witstsih  zu   Matth.  27,  26,  ange- 
führten Stellen. 


ftM^  Dritter, Absöhnttt 


I 


d«r  Kvetti]^(mg  aasnahmfttose  r9ni!««he  Sitte  gewesen  wl- 
re:  so  ist  es  doch  sndrerseits  anoh  einrJg  rus  harmoni- 
stischeai  Bestreben,  wenn  behauptet  wirrt,  dafs  nur,  wenn 
einer  liesonders  hart  gestraft  werden  aollte,  vor  der  Kren* 
Eigang  noch  die  Geisselnng'yerhffngt  worden  sei  ^,  und 
folglich  Pilatus,  der  gegen  Jesnm  nicht  graasani  sein  woU- 
te,  nur  in  del*  beaondem  Alraicht,  welche  Lnkas  nnd  Jo- 
hannes neiden,  nnd  welche  4inch  bei  ihren  beiden  Vormin- 
nern  hlnKnsndenken  sei,  ihn  könne  haben  geissein  lassen. 
Weit  wahrscheinlicher  ist  es  vielmehr,  dafs  in  der  Wirk- 
lirhkell  zwar  die  Oeisselnng  nur  so ,  wie  die  Ewel  ersten 
Evangelisten  berichten,  als  Vorspiel  Eor  Hiarichtang ,  ver- 
genommen  worden  Ist,  die  christliche  Sage  aber,  wie  ihr 
Bom  Zeogirtfs  gegen  die  Juden  am  Charakter  des  PiUfus 
diejenige  Seite  besonders  willkommen  war,  vemfige  wel- 
clker  er  Jegtom  an  retten  sich  auf  verschiedene  Weise  be* 
strebt  haben  soll,  so  nim  auch  die  Notis  von  der  Geisse- 
lang  bentttzt  habe,  um  an  ihr  einen  neuen  Befreinn^sver- 
such  des  Pilatus  zu  gewinnen.  Diese  Benützung  erscheint 
Im  dritten  Evangelium  nur  erst  als  eine  begonnene,  indem 
hier  das  Oeisselnlassen  blofse  Erbietong  des  Pilntus  ist: 
wogegen  Im  vierten  die  Geisselun^  wirklich  vollzogen,  nod 
zu  einem  weiteren  Acte  ^s  Drama  vern  endet  ^ird. 

An  die  Oeisselnng  schliefst  sich  bei  den  zwei  erstes 
Evangelisten  und  dem  vierten  die  Mifshandlung  und  Ver- 
spottung Jesu  durch  die  Soldaten,  welelie  ihm  ein  Por- 
purkleid  umlegten,  einen  Kranz  von  Domgestrfiuch  ihm  auf 
das  Haupt  setzten  ^),  nach  Matthfius  Ihm  auch  einen  Ruhr- 


20)  Paüuts,  s.  s.  O.  S.  647. 

21)  Durch  die  Auselnsndertetcung  von  Paulos,  S.  649  f.«  geirioot 
et  alle  Wahrscheinlichkeit,  dast  der  ^f^rof  il  imaw^^r  akkt 
ein  Krans  aus  spitzen  Dornen  war,  aoadern  von  dem  näch- 
sten betten Heckengetträuch  genommen,  um  durch  die  tilit- 
sima  Corona ,  gpineola  (Plin.  H.  N.  21  >  10.)  Jetum  zu  Ter- 
höhnen. 


Drittes  Kapitel.    $.130.  537 

gtab  in  die  Hand  gnben^  und  in  dieser  Vermumnang  ihn 
tht'ils  aU  Jadenki^nig  begrGfsten,  theiU  schlugen  and  mifs- 
hniidelten-^  Lukas  weifs  hier  von  keiner  Verhöhnung 
durch  die  Soldaten,  wohl  aber  hat  er  in  seiner  ErBfthinng 
von  der  Abführung  Jesu  eu  Herodes  etwas  Ähnliches,  in« 
dem  er  hier  den  Uerodes  ovv  töig  gQaTevfiaaiv  avts  Jesnm 
verspotten,  nnd  ihn  in  einer  iod-tjQ  Xafmqa  au  Piiatns  zu« 
röckxenden  läfst.  Manche  nehmen  an,  diefs  sei  dasselbe  Pnr- 
purgewand,  welches  nachher  die  Soldaten  des  Pilatus  Je- 
su Eum  BweitenmHl  angfKogen  haben;  aber  vielmehr  drei« 
mal  mUlste,  wenn  wir  den  Johannes  daaunehmen,  und  zu« 
gleich  keinen  der  Synoptiker  des  Irrthums  besehnldigen  wol« 
len,  ibit  Jesu  diese  Yermommung  vorgenommen  worden 
sein :  euerst  bei  Herodes  (Lnkas) ;  hierauf  ehe  Pilatus  Je« 
sum  den  Juden  vorfährte,  um  durch  das:  ?Js  c  avS-qumogj 
ihr  Mitleid  rege  en  machen  CJob.) ;  endlich  noch  einmal, 
nachdem  er  den  Soldaten  eur  Kreuxigung  Qbeilassen  war 
(Matfh.  und  Markus).  Diefs  ist  nun  ebenso  unwahrschein« 
lieh,  als!  es  wahrschi^inlich  ist,  dafs  die  Evangelisten  eine 
und  dieselbe  Vermnmmung,  von  der  sie  gehört,  an  ver- 
schiedene Orte  ond  Zeiten  verlegt,  und  verschiedenen  Per« 
sonen  zugeschrieben   haben. 

Während  bei  den  zwei  ersten  Evangelisten  vor  der 
Getsselung  Jesu  die  Gerichtsverhandlung  bereits  geschlos« 
Ben  ist,  bei*m  dritten  auf  die  Miehtannabme  des  naidtvaag 
avtov  aTtolvao)  von  Seiten  der  Juden  Piiatns  Jesum  znr 
Kreuzigung  hinglebt:  spinnt  sich  im  vierten  Evangelium 
die  tierichtsscenefolgenriermafsen  noch  weiter.  Als  auch  die 
Vorstellung  des  gegeisselten  und  vermummten  Jesus  nichts 
fruchtet,  sondern  beharrlich  seine  Kreuzigung  verlangt 
wird,  ruft  der  Procurator  entrflstet  den  Juden  zu :  so  m0« 


22)  Eine  ähnliche  Vcrmummung  einet  Menschen,  um  einen  Drit- 
ten zu  verhöhnen,  führt  aus  Philo,  in  Haccum,  Wsistbui, 
an,    p.  533  f« 


fitS  Dritter  Abiolinitt 

gen  tie  tellist  ihn  hinDehmen  und  kreuzigen,  denn  er  fin- 
de keine  Schuld  an  ihm.  Die  Jaden  erwiedern,  nach  ih- 
rem  Gesetze  müsse  er  sterben,  da  er  sich  seihst  enm  vwg 
&e5  gemacht  habe;  eine  Bemerkung,  welche  dem  Pilatos 
abergifiubische  Forcht  einjagli,  wefswegen  er  Jesam  noch- 
mals in  das  Prfitorinm  faweinföhrt^  und  nach  seinar  C^b 
wirklich  himmlischen?)  Abkunft  fragt,  worauf  ihm  aber  Je- 
sus keine  Antwort  giebt,  und,  als  ihm  der  Procurator 'mit 
der  ihm  snstehenden  Gewalt  über  sein  Leben  schrecken 
will,  ihn  auf  die  höhere  Macht,  die  ihm  diese  Gewalt  ge- 
geben habe,  verweist.  Zwar  strebte  in  Folge  dles«c  Re- 
den Pilatus  Cnech  angelegentlicher  als  bisher),  Jesnm  an 
befreien:  endlich  aber  fanden  nun  die  Juden  da»  rechte 
Mittel,  ihn  nach  ihrem  Willen  sn  stimmen,  indem  sie 
die  Bemerkung  hinwarfen,  wenn  er  Jesüm  loslasse,  der 
sich  dem  Cäsar  als  Usurpator  gegenüberstellte,  sei  er  kein 
qdXog  t5  KaiauQog.  So,  durch  eine  mögliche  Ansehwür- 
£ung  bei  Tiberios  eingescKtichtert ,  besteigt  er  den  Rieb- 
terstuhl,  und  greift,  da  er  seinen  Willen  nicht  durch- 
setsen  kann,  fium  Hohn  gegen  die  Juden,  in  der  Frage , 
ob  sie  denn  wollen,  dafs  er  ihren  König  kreueigen  solle? 
worauf  sie  aber,  die  zuletzt  mit  so  sichtbarem  £rfolg  an- 
genommene Stellung  behauptend,  erklären,  von  keinem  Kö- 
nig, als  von  dem  Cäsar,  wissen  zu  wollen»  Jetzt  willigt 
der  Procurator  darein,  Jesum  zur  Kreusigung  fDhren  su 
lassen,  zu  welchem  Behofe  man  ihm,  wie  die'  swei^  ersten 
Evangelisten  bemerken,  den  Purpurroantel  anszog,  und  sei- 
ne eigenen  Kleider   wieder  anlegte. 

§.     131. 

Die   Kreuzigung. 

Schon  fiber  den  Hingsng  Jesu  zum  Orte  der  Krenxi- 

gung  differiren  die  Synoptiker  und  Johannes,   indem  dem 

letzteren  zufolge  Jesus  das  Kreuz  selber  dahin  trug  (19, 17.1) 

während  die  ersteren  melden,   man  habe  es  an  seiner  statt 


Drittes   KnpIteL    f.  131.  529 

einem  Simon  Ton  Cyrene  aufgelegt  (Matth.  ^,  32.  parall.)* 
Die  Commeotatoren  swar^  wie  wenn  es  sieh  Ton  selbst  vcr 
gtlnde,  Tereinigen  diese  Angaben  dahin:  suerst  habe  Je* 
SOS  aelbtt  das  Kreus  zu  tragen  versaeht,  hierauf  aber,  als 
es  sich  zeigte,  dafs  er  zu  erscböpfl;  war,  habe  man  es  dem 
SüBon  aufgeladen  0«  Aliein  wenn  Johannes  sagt :  yal  ßa^ 
ga^iOfif  %6v  gavQOv  avtS  i^rXi^ev  elg  —  roXya&a"  onn  avtrv 
igavQmaav :  so  setzt  er  offenbar  nieht  voraus,  dals  auf  dem 
Weg  dabin  Jesu  das  Kreuz  abgenommen  worden  wfire  ^)* 
£s  seheint  aber  die  von  den  Synoptil&ern  so  einstimmig  ge- 
gebene Mptiz  von  dem  untergeschobenen  Simon  um  so  we- 
niger abgewiesen  vverden  zu  können,  Je  weniger  sieh  ein 
Anlafs,  aus  dem  sie  erdichtet  worden  sein  könnte,  auffin- 
den läfst.  Wohl  hingegen  könnte  dieser  Mriividueile  Zug 
im  Kreise  der  Entstehung  des  vierten  Evangeliums  unbe« 
liannt  gi^blteben  sein,  und  der  Verfasser  i!esselben  sich  ge- 
dacht haben,  dafs  der  allgemeinen  Sitt^  zufolge  Jesus  selbst 
das  Kreuz  werde  haben  tragen  mflssen«  Sfimmtliche  Syn- 
optiker bezeichnen  .jenen  Simon  als  einen  KvQr^valogy  d.  h* 
wahrscheinlich  einen,  aus  der  libyschen  Stadt  Cyrene,  wo 
Tide  Juden  wohnten  ^,  zum  Fest  nach  Jerusalem  Gekom- 
menen. Nach  allen  wurde  er  auf  gewaltsame  Weise  zum 
Tragen  des  Kreuzes  gebracht,  was  aber  ebensowenig  für,  als 
gegen  die  Annahme,  dafs  er  Jesu  gUnstig  gewesen,  benutzt 
werden  kann  ^.  Nach  Lukas  und  Markus  kam  der  Mann  ^ 
gerade  an  ayqa^  und  wie  er  am  Kreuzigungszuge  vorOber- 
gehen  wollte,  verwendete  man  ihn  zur  Unterstützung  Jesu. 
Markus  bezeichnet  ihn  noch  bestimmter  als  nazrJQ  l/A/^'Ji  — 
ÖQS  xal  Tdipe^  ohne  Zweifel,  weil  diefs  in  der  ei*sten  Ge- 
meinde bekannte  Männer  waren  (vgl.  A.6.  19,  33.    Köm. 


1)  So  Paulus  ,   KuinSl  ,   Tuoluck  und  Olsuausbi«  in'  den  Comm. 

2)  Fhitzschs,   in  Marc.   684:    Significat  Joannes^   Jetum  suam 
crucem  poriavisse ,  donec  ad  caloariae  locum  perottässot. 

3}  Joseph.  Antiq.  14>  7,  2. 

4)  Dafür  benützt  es  i.  B.  Gkonut;  dagegen  OLtHAitiH,  2,  S. 481. 

Das  Lehen  Jem  2ie  Auß,  2.  Band,  34 


530  Dritter  Abschnitt. 

109  13«  1.  Hau  1,  20.  %  Tim.  4,  14)  <»),  an  welche  er, 
es  ist  nicht  ssu  entscheiden,  ob  mit  oder  ohne  geschichtll- 
eben  Grand,  den  Simon  anlinOpft» 

Auf  dem  Hinweg  zum  Richtplatze,  meldet  Lukas,  sei 
eine  grofse  Volksmasse,  namentlich  auch  Weiber,  wehkla- 
gend Jesu  nachgefolgt,  deren  Klagen  er  aber  anf  sie  selbst 
nnd  ihre  Kinder  verwiesen  habe,  mit  Hinsicht  aof  die 
schrecklichen  Zeiten,  welche  bald  Ober  sie  hereinbrechen 
worden  (23,  27  ff.).  Uie  ZOge  sind  theils  ans  der  Rede 
Ober  die  Parasie,  Lue.  21,  23.,  entlehnt,  da,  wie  dort  den 
Schwangeren  und  Säugenden  in  jener  Zeit  Wehe  gerufen 
war,  so  hier  gesagt  wird,  es  kommen  f^^iqai^  in  welchen 
m  gse^cn,  xal  HoiUai  ät  ix  iyiwrjaccv^  xal  fiagol  ot  hx  e^'— 
XamxPf  werde^glOckUch  gepriesen  werden ;  theils  ist  aas 
Hosea  10,  8.  geborgt,  denn  das  ioire  aQ^ovrai  Xiyeiv  %oig 
OQeai  jc  r.  iL  ist  beinahe  wOrtlich  die  alexandrinische  Über« 
setsung  jener  Stelle. 

Deif  Plats  der  Hinrichtung  nennen  sffmmtliche  Evange« 
listen  Golgatha,  das  chaldäische  KTlS^Sa»  pnderklftren  diese 
BeBeiehming  durch  xQcofUi  %mog  oder  x^viov  (Mattb.  V.  33. 
paralL).  Der  letsteren  Bezeichnang  nach  könnte  es  seiiei- 
nen ,  der  Ort  sei  von  seint^r  sohftdelfiürnugen  Figor  so  ge- 
nannt  gewesen;  wogegen  die  erstere  Erklärung  und  wobl 
auch  die  Natur  der  Sache  wahrscheinlicher  macht,  daf« 
er  seiner  Bestimmung  als  Richtplats  und  den  daselbst  be* 
lindlichen  Gerippen  und  Sebädetn  der  Hingerichteten  seine 
Benennung  verdankte.  Wo  dieser  Fiats  gelegen  war,  Ist 
nicht  bekannt,  doch  ohne  Zweifel  ausserhalb  der  Stadt; 
auch  dafs  ,er  ein  HOgel  gewesen ,   wird  nur  vermuthet  ^). 

Den  Hergang  nach  der  Ankunft  Jesu  auf  dem  Rieht» 
platK  erzählt  Matthäas  (V.  34  ff.)  in  etwas  sonderbarer  Fol- 


5)  ^  gl.  Paulus  und  FnirzsctiK,  z.  d.  St. 

6)  6.  INuLUS  und  Fritzschi  z.  d.  Abtckn.     Wimr,  bibl.  Reaiw. 
d.  A.  Golgatha. 


Zweites  KnpUel.    S-  131.  531 

ge*  Zuerst  erwfihnt  er  des  Jesu  nngeboteneo  Tranks;  dann, 
dafs^  nachdeoi  sie  ihn  an  das  Kreuz  geschlagen,  die  8ol« 
daten  seine  Kleider  rertheilt  habqn ;   hierauf,  wie  sie  s^ich 
niedersetsten,  um  ihn  eu  bewachen;  n^ch  diesem  die  dem 
Krence  gegebene  Überschrift,  und  nun  erst  wird,  und  zwar 
Dicht  als  Nachholnng,  sondern  durch  eine  Partikel  der  Zeit« 
fojige  (tot€)  die  Notiz  angeknfipft,  dafs  man  mit  ihm  zwei 
Räuber  gelireuzigt  habe.    Während  Markus  dem  Matthäus 
folgt,  nur  daCi   er  statt  der  Angabe  der  Bewachung  des 
Kreuzes  eine  Zeitbestimmung  hat,  berichtet  Lukas  richri« 
ger  zuerst  die  Kreuzigung  der  l>eiden  Verbrecher  mit  Jesu^ 
dann  erst'  die  Kleiderrerloosung,  und  in  ähnlicher  Abfolge 
aoeh  Jobannes»    Defswegen  aber  die  Verse  bei  Matthäus 
umzustellen  (34.  37.  S8.  35«  36.))  wie  schon  vorgesehlagen 
Wurde  ')>  ist  unerlaubt,  und  man  mnfs  vielmehr  auf  dem 
Verfasser  des  ersten  Evangeliums  hier  die  Beschuliliguiig 
liegen  lassen,  dafs  er  Aber  dem  Bestreben,  von  den  Kaupt« 
Vorgängen  bei  der  Kreuzigung  Jesu  nur  keinen  zu  ti berge« 
heu  9  die  natürliche  Zeitfolge  vernachlässigt  habe  ^). 

Was  die  Art  der  Kreuzigung  betrifift,  ist  Jetzt  taum 
mehr  etwas  streitig,  als  nur  die  Frage,  ob  dem  Gekreu« 
•Igten  ausser  den  Händen  auch  die  Fofse  angenagelt  wor- 
den seien?  Die  Bejahung  dieser  Frage  liegt  ebenso  im 
Interesse  der  orthodoxen,  wie  die  Verneinung  In  dem  der 
ratioiialistischen  Ansicht.  Von  Justin  dem  Märtyrer  an  ^ 
bis  auf  BEMGSTSNBSao  ^®)  und  Olshavsen  finden  die  Ortho- 
doxen in  den  angenagelten  Ffifsen  Jesu  eine  Erfüllung  der 
Weissagung  Ps«  22,  17.,  wo  die  LXX.  äQv^av  %hqus  ^h 


7)  von  Wassikbirsh«,  in  der  Diss.  de  trajectJonibut  N.  T.  zu 
Valckenaer's  scholae  in  11.  quosd.  N.  T.  2,  p.  31. 

8)  VgU  ScHLBWRWACMtR,  übcT  dcn  Lukas,  S.  295 ;  Wiäbh,  N.  T. 
Gramm.  S.  22G. ,  uod  Frxtzsghb,  in  Matth.  p.  814. 

9)  Apol.  1,  55.     D.al.  c.  Tryph.  97. 

10)  ChriÄlologic  des  A.  T.  J,  a,  S.  182  Ä 

34  ♦ 


531  Dritur  Abgchnitt. 

jeol  noiäg  fiber^etst:  allein  im  6r«ndtext  ist  sehwerKeh  voa 
DarchbohreuJ,   in  keinem    Fall  von  einer  Kreuzigung  die 
Rede;  aach  wird    die  Steile  im  N.  T«  nirgends  auf  Clui- 
stnm   angeblendet»     Den   Rationalisten  hingegen    wird   ea 
theilt  leiehter^  den  Tod  Jean  für  blofsen  Scheintod  sa  er» 
kifiren,  theilt  nur ^  dann  möglich,  snbegreifen,  wie  er  nach 
der  Änferstehnng  aoa[leich  ^wieder  gehen  konnte,  wenn  an 
den  Füften  keine   Verwandnag  stattgefunden  hatte:   alleia 
vielmehr,  wenn  es  sieh  geschichtlich  ergäbe ,  dafs  wirklieh 
auch  die  Fafse  Jesu  angenagelt  waren,    möfste  gefolgert 
werden,  dafs  die  Wiederbelebung  und  das  Wandeln  nach 
derselben  entweder  auf    fibematfirliche  Weise,    oder  gar 
nicht,    geschehen    seL    Neues tens  stehen    sich  besonders 
swei  gelehrte  und  gründliche  Untersuchungen  dieses  Puak* 
te%y  von  Paulus  und  von  BIrr,  jene  gegen,  diese  fllr  die 
Annagelung  der  Ffilse,    gegenüber  '0*    Aus  der  evangeli* 
scheu  Brelhlunj;  kann   die  erstere  Ansicht  vor  Allem  das 
fdr  sich  geltend  machen ,  dafs  weder  jene  Psalmstelle,  die 
doch  unter  Voraussetaung  einer  Fufsannagelung^  dem  Prag* 
matismas  der  Evangeliiten  %o  nahe  lag,  irgendwo  benftist, 
noch  in  der  Auferstehungsgeschichte  neben  den  Nfigelmah« 
len  in  den  Händen  und  der  Seitenwnnde  einer  Wunde  ia 
den  FOfsen  gedacht  ist  (-loh.  20,  20.  25.  27.):  wogegen  die 
andere  Ansicht  sich  nicht  ohne  Grund  darauf  beruft,  dafa 
Lue.  24,  30.  Jesus  die  jQnger  auffordert:  Idexe  tag  ;t^i— 
Qccg  fis  Hcu  Tag  nodag  fi&^  wo  zwar,  dafs  die  Füfse  durefa- 
bohrt  gewesen,  nicht  gejagt,  aber  auch  schwer  au  begrei* 
fen  ist ,   wie ,    blofs  um  von  der  Realität   seines  Körpers " 
Oberhaupt  au   Qberaeugen,   Jesus  gerade  die  Füfse  vorge» 
seigt  haben  soll.     Dals  unter  den  lUrofaenvätern  auch  aol* 
ehe,  welche,  vor  Constantin  lebend,  die  ELreuzigung  noch 
aus  eigener  Anschauung  kennen  konnten,  wie  Justin  nod 


11)  Paulus,  im   exeg.    Handbuch  3>   b|   S.  6()9-~754;   BImr,    ia 
TaoLücx^s  iiter.  Anzeiger  für  christL«  TheoL  1855 ,  No.  1-^. 


Drittes  Kapit«l.    $.  ISl.  53S 

Tertallian,  die  Ffifse  Jeta  angenageit  werden  lassen,  ist 
Ton  Gewicht,  and  wenn  man  auch  aas  der  Beraerkong  Aeß 
letsteren:  qid  CCktistua')  solvs  a  populo  lam  insignifer 
emeißxua  ett  ^^),  scbUe(sen  iKöante,  der  PsaJoistelie  eo- 
Ueb  haben  diese  Vxter  angenomnien,  Christas  sei  aasnabiis- 
weise  mit  Darehbebrang  auch  4ler  Ffifse  gelcreazigt  wor- 
den :  Bo  wird  doeb ,  wenn  er  vorher  die  Darehbohmng 
der  Hände  und  Ffifse  die  propria  alrocia  erweis  nanpte, 
klar,  dais  jene  Worte  nicht  eine  audgeceiebnete  Art  der 
Krensigang,  sondern  die  so  aoffallend  mit  der  Weissagang 
aosammentreffende  Todesart  der  Kreazigavg  Insdeaten.  Un- 
ter den  Stellen  der  Profsnscribenten  ist  die  wicIitigAte  die 
Plaotintscbe,  wo,  allerdings  als  aasnahmsweise  verschärfte 
Kreasigang,  offigantmr  Us  pede^y  bis  hrachia  Torkommt  ^^)* 
Hier  fragt  es  sich:  soll  das  Ungewöhnliche  in  drm^its  be- 
stellen ,  so  dafs  als  das  auch  sonst  Übliche  die  einfaehe 
Anheftang  sowohl  von  Ffifsen  als  Händen  Tora  nsgese  tat  wird; 
oder  soll  das  bis  efßgere  der  Bände,  d.  h.  dafs  beide  Häa<« 
de  angenagelt  wurden,  das  Gewöhnliche  gewesen,  das  An* 
nageln  beider  Ffifse  aber  als  aasserordentliche  Verschär- 
fang  binaugekommen  sein  7  wovon  jeder  das  £rstere  den 
Worten  angemessener  finden  wird.  Hienach  acheInt  sieh 
mir  dermalen  das  Übergewicht  der  historiseben  Grfinde  aaf 
Seiten  derer  an  neigen,  welche  behaaptea,  dafs  Jesa  an. 
Kreoz  beides,  Hände  and  Ffifse,  angenagelt  werden  seien. 
Koch  vor  der  Kreaaigang  war  es  laut  der  beiden  er^ 
9ten  Evangelisten ,  dafs  Jesa  ein  Getränk  angeboten  wor^ 
de,  welches  Matthäas  (V.  340  als  o^og  fina  )(pXffi ^tt^iy^ 
fdiyovy  Markos  (V.  23.)  als  iofivfvußfiivov  iHvov  beseiehnet,. 
das  aber  beiden  aafolge  Jesas,  bei  Matthätfs  nachdem  er 
es  vorher  gekostet,  nicht  an  sich  nehmen  mochte.  Da  man 
nicht  begreift,  an  welchem  Zwecke  man  unter  den  £ssig 


12)  Adv.  Marcion. 

5,  19. 

19)  MosteUaria  2, 

1. 

/ 

4  • 

1 

i 

i 

i 

5S4  Dritter  Aba^hntti. 

jGall«  gMBiMht  liabea  mfige,  so  «rklfirt  imii  gewöhnlich  die 
Xi^ltj  des  MaUhfiuft,  aas  dam  ia^v^uffiivov  des  Markos» 
von  bUtam  vegetabilisehen  Ii^rediensien,  wie  luuBentUeh 
Myrrhe»  nad  liest  dann  aneh  statt  o^og  entweder  garade- 
aa  ohofj  oder  versteht  doch  jenes  von  sanrem  Wein^^» 
am  so  das  betlabeode  Getrtfnk  aus  Wein  und  starlien  Spe- 
cereien heranssu bringen,  welches  nach  jüdischer  Sitte  den 
Hineariohtenden  aar  Abstampfua((  des  Schmersgefilhls  ge- 
reicht an  werden  pflegte  ^.  Allein  wenn  anch  der  Text 
diese  Lesart,  und  die  Worte  diese  firJdftrongen  snlielaen» 
so  wfirde  doch  wohl  Matthloa  gegen  die  Binaasdevtoag 
der  wirlüicben  Galle  und  des  £ssigs  ans  seiner  Erefihlang 
sehr  protestiren,  weil  ihm  diadureh  die  £rfttllang  der  Wor- 
te des  auch  sonst  messianisch  ^«brauchten  Dngiftckspsaimi 
69>  V.  22.  (LXX):  x(d  Säutxay  ug  %d.ßQcifid  fta  %oA];r,  zul 
elg  Ti^if  dlyjav  fiH  inotiGuv  fia  o^og^  verloren  gienge.  Diesim 
Orakel  gemäfs  meint  Matthäus  unstreitig  wirkliche  Galle 
mit.  Essig»  und  ans  der  Vergleichung  des  Markos  darf  nar 
die  Frage  genommen  werden»  ob  es  wahrscheinlicher  «ei, 
liafs  der  Vorgang»  wie  ihn  Markos  darstellt»  das  Urspring- 
Itche  gawssen»  was  erst  Matthäus  an  genanerer  Ähnlichkeit 
mit  der  Weissagung' umgeformt,  oder  ob  Matthäus  ursprOng- 
lich  den  Zog  aus  der  Psaimttelle  geschöpft »  Markus  aber 
Ihn  hinterher  au  grdflierer  gesehichtlicher  Wahrscheinlidi- 
kelt  umgebildet  habe? 

Um  hierttber  entaeheiden  co  kl^nneo»  mfissen  wir  aneh 
die  beiden  andern  Evangelisten  mit  in  die  Betrachtoog 
cifshen.    Von  einer  Tränkung  Jesu  aidt  Essig  nämlich  mel- 


14)  ••  KvuföL,  Pauixts,  z.  d.  St. 

15)  Sanhedrin,  f.  43,  I9  bei  WsTtTixK»  p.  6S5 :  DixU  IL  Chaf\ 
f,  R.  Ascher^  dixisse  IL  Chasdam :  exeurUi ,  ni  capiU  pleda» 
tur^  dani  bihendum  grcumm  taris  in  pocvdo  vini^  ui  alieae' 
tur  mens  ejasj  sec,  d.  Prov.  51,  6:  dtUe  sic€ram  perwnü  ü 
vtujun  amaris  anima. 


Drittes  KapiteL    (.131.  535 

den  alle  riere,  und  anch  jene  beiden,  welehe*  den  mit  tial« 
le  verinisehten  Etdg,  oder  den  Mjrrfaenwein,  als  den  er- 
sten Trank,  der  Jesu  geboten  wurde,  haben,  wissen  spft« 
ter  noch  von  einer  Trfinknng  mit  blofsem  Essig  sn  sagen» 
Nach  Lukas  war  das  o^og  nQogq>i()€iv  eine  Verhöhnung^ 
welche  die  Soldaten  gegen  Jesum,  wie  es  scheint,  nicht 
sehr  lange  nach  der  Krensigung,  noch  vor  der  Finsternifs, 
vornahmen  CV.  36 f.);  nach  Markus  reichte  kurs  vor  dem 
Ende,  drei  Stunden  nach  Entstehung  der  Finstomifs,  ei- 
ner der  Umstehenden  auf  den  Ruf  Jesu:  mein  Gottu.s*w*, 
ihm,  gleichfalls  in  spöttischer  Absicht,  mittelst  eines  auf 
ein  Rohr  gesteckten  Schwammes  Essig  dar  (V.3G.);  nach 
Matthftns  bot  ihm  einer  der  Dmstehenden  auf  eben  jenen 
Ruf  hin  und  auf  dieselbe*  Weise  den  Essig,  aber  In  guter 
Absicht,  wie  man  daraus  sieht,  dafs  die  Spötter  ihn  davon 
abhalten  wollten  (V*  4S  f.)  ^0 ;  wogegen  es  bei  Johannes 
auf  den  ausdrflcklichen  Ruf:  diipuif  Ist,  dafs  einige  ei- 
nen Schwamm  in  ein  nahe  stehendes  GefXfs  mit  Essig 
tauchten ,  und  auf  einem  ¥sopstengel  eum  Munde  Jesa 
brachten  (V.  29)«  Man  hat  daher  drei  verschiedene  Ver* 
suche,  Jesum  zu  trXnken,  angenommen:  den  ersten  vor 
der  Kreuzigung,  mit  dem  betfinbenden  Tranke  (Matth*  und 
Markus) ;  den  zweiten  nach  der  Ereuzigang,  wo  ihm  die 
Soldaten  zum  Hohne  von  Ihrem  gewöhnliehen  Getrink,  ei* 
ner  Mischung  ans  Essig  und  Wasser,  poaca  genannt  '*), 
boten  CLukas),  und  endlich  die  dritte  TrXnkung,  welche 
auf  den  klagenden  Ruf  Jesu  erfolgte  (Hatth.  Mark,  und 
Job.)  ^^.  Allein,  will  man  einmal  Ungleichlantendes  am» 
einanderhalten ,  so  mofs  man  auch  folgerecht  verfahren: 
soll  die  von  Lukas  berichtete  TrXnkung  von  der  des  Mat- 
thäus  und  Markus  wegen  einer  Zeitdifferenz  verschledea 


16)  t.  KatTxtcuK,  s.  d.  St. 

i7)  vgl.  Paulvs,  X.  d.  SU 

iS)  So  HuiKÖL,  io  Luc.  p.  71i>  t.    'Imoluck^  p.  S42. 


536  Dritter  Absebnitt. 

selfii  «o  itt  die  dea  MattTUSas  yon  der  des  Markos  dareh 
eine  DifTeren«  der  Absicht  verschieden ,  nnd  wiederam  ist 
das,  was  Johannes  berichtet ^  nicht  dasselbe  mit  dem  ^vaa 
i^ie  beiden  ersten  Synoptiker,  da  es  ja  auf  einen  gans  an- 
dern  Raf  Jesa  ertolgU^  So  bekfimen  wir  im  Gänsen  f Hof 
TWinkangen,  und  köiltiten  wenigstens  nicht  wohl  begreifen, 
warum  Jesus,  nachdem  ihm  schon  dreimal  Essig  som  Man* 
de  geföhrt  war,  noch  Kum  viertenmal  zu  trinken  verlangt 
Iilttte.  Müssen  wir  demnach  auf  Vereinfachung  bedacht 
sein :  so  ist  aber  keineswegs  nur  die  Tränkung  bei  den 
vwei  ersten  Evangelisten  und  dem  vierten  wegen  des  Zu* 
fammentreffens  der  Zeit  nnd  der  Art  der  Darreichung  ffir 
Line  su  erklären,  sondern  ebenso  die  des  Markus  (ood 
mittelst  dieser  die  übrigen)  mit  der  des  Lukas  wegen  Gleieh« 
1  eit  der  höhnischen  Absicht.  So  bleiben  uns  zwei  Trfin- 
knngen,  die  eine  vor  Her  Kreuzigung,  die  andre  nach  der- 
selben, und  beide  haben,  die  erstere  an  der  Jüdischen  Sit- 
te mit  dem  betiiubenden  Trank  für  Hinzurichtende,  die  an- 
dre an  der  römischen,  vermöge  welcher  die  Soldaten  za 
Kxpeditionen ,  dergleichen  aoch  die  Vollziehung  der  Hin- 
richtung eine  war,  ihre  posca  mit  sich  zu  führen  pflegten, 
einen  historischen ,  an  der  Weissagung  Ps.  69.  aber  einen 
prophetischen  Haltpunkt.  Beide  Haltpunkte  wirken  entge- 
gengesetzt: der  prophetische  erregt  Verdacht,  ob  auch  wirk- 
ii:*h  der  Erzählung  etwas  Geschichtliches  zum  Grunde  lie-> 
ge;  der  historische  macht  es  zweifelhaft,  dafs  die  ganz« 
,  Sache  nur  au.s  Weissagungen  sollte  herausgesponnen  sein. 
Überblicken  wir  noch  einmal  die  verschiedenen  Be- 
richte ,  so  sind  wenigstens  ihre  Abweichungen  ganz  von 
der  Art,  wie  sie  ans  verschiedener  Anwendung  der  Psalm^ 
stelle  entstehen  konnten.  Da  in  derselben  von  Galleessen 
und  Essigtrinken  die  Rede  war,  so  seheint  man  zunickst 
das  Erstere,  nU  undenkbar,  bei  Seite  gelassen,  und  die 
Erfüllung  jeiur  Weissagung  darin  gefunden  zu  haben,  dafa^ 
ih^as  wohl  histoiiseh  sein  kann,  wie  les  von  allen  vier  Evaa« 


Drittes   Kapitel.    $.  ISL  flST 

geltsten  gemeldet  wird ,  Je^oiis  am  Krease  mit  Essig  getrXnkt 
worden  sei.     Uiefs  konnte  man  entweder  als  Bandlong  des 
Mitleids,   wie  Matth&os    und  Johannes,  oder  des  Spottes, 
mit  Markos  nnd  Lukas,  betrachten.    Da  auf  diese  Weise 
ewar   das   inoviadv  fie  o^og^  noch  nicht   aber  auch  das 
elg  Ji^v  dltpav  fin  des  Orakels  ausdrfloklloh  erfüllt  war,  so 
hielt  es  der  Verfasser  des  vierten  Evangeliums   f&r  wahr- 
scheinlich,   dafs  Jesus  auch  wirklich  die  Empfindung  des 
Durstes  geäussert,  d«  h.  öiipai  gerufen  habe;  ein  Ruf,  den 
er  aosdrOcklich  als   ErfOllung  der  yQccqiTJ ,   worunter  ohne 
Zweifel    die   genannte  Psalmstelle   (vgl*    Ps«    22,  16.)  ver- 
standen ist,  bezeichnet,   und  zwar,  indem  er  das  ha  te^ 
lei(a!>!]  rj  yQ(xq}rj  durch  «iJwg  o  ^Ir^asg^   Ott  navza  ijdf]  t€- 
^slspui  einleitet ,   so  scheint  er  fast  sagen  eu  wollen ,    die 
ErfiQllung  der  Weissagung  sei  die  eigene  Absicht  Jesu  bei 
jenem   Ausruf  gewesen:  aliein   mit  solchofu  typologischen 
Spiel  wird  kein  am  Kreuz  im  Todeskampf  begriffener  sich 
abgeben,    sondern   nur   sein   in  ruhiger  Lage  befindlicher 
Biograph*    Indefs,  auch  hiedurch  war  immer  nur  die  eine 
HAlfte  jenes  messianischen  Verses,    die  auf  den  Essig  be- 
sfigliche,  erfällt:  die  von  der  Galle  handelnde,  welche  als 
Inbegriff  aller  Bitterkeit  zu    einer  Beziehung  auf  den  lei- 
denden Messias  ganz  besonders  geeignet  schien ,  war  noch 
fibrlg.     Zwar,   dafs  %o^2j  als  ßQwfta  gegeben  worden   sei, 
was  die  Psalmstelle  strenggenommen  verlangte,  blieb  als  un- 
denkbar bei  Seite  gestellt:    wohl  aber  schien  es  dem  ersten 
Evangelisten,  oder  wem  er  hier  fol^t,   thunlieb,  die  Galle 
als  Ingredienz  unter  den  Essig  zu  mischen,  eine  Mischung, 
welche  dann  freilich  Jesus ,   des  fibeln  Geschmacks  wegen, 
nicht  trinken  konnte.     Der   zweite   Evangelist,    mehr  auf 
den    pragmatischen  als    auf  den  prophetischen  Znsammen- 
bang  bedacht,  machte  dann,  mit  Beziehung  auf  eine  jüdi- 
sche Sitte,     und  vielleicht  zusammentreffend  mit  der  ge- 
a^hlcbtUchen  Wirklichkeit,  ani  dem  Essig  mit  Galle  hit^ern 
JMjrrhenwein  ,    und  liefs  Jcsum  diesen ,    ohne  Zneifel  ans 


538  Dritter  Abtohnith 

Scheue  vor  Betftabung,  aussohUgeii.  Da  aber  diesen  bei- 
den Evangelisten  neben  der  Ersählung  von  dem  mit  Galle 
jgemUchten  Essig  auch  noch  die  orsprOngliche,  von  blafsea 
Essig ,  sagekommen  war :  so  wollten  sie  diese  durch  jene 
nicht  verdrängen  lassen  ^  ond  stellten  daher  beide  neben- 
einander. Hiemit  soll  abstr,  wie  schon  bemerkt,  keineswegs 
gelXognet  werden  ^  dals  Jesn  vor  der  Kreuzignng  ein  fol- 
eher  Misehtrank,  ond  nachher  noch  Essig  möge  gereirJiC 
worden  sein,  da  Jenes,  wie  es  scheint,  gewöhnlich ,  und 
dieses  bei  dem  Durst,  welcher  die  Gekreuzigten  plagt, 
natfirlich  war :  nur  so  viel  soll  gesagt  sein,  dafs  die  Kvan- 
gelisten  diesen  Umstand,  und  awar  in  so  versclüedenen 
Wendungen  y  nicht  defswegen  erefthlen ,  weil  sie  histori^h 
wufsten,  er  sei  auf  diese  oder  jene  Weise  wirklich  vorge- 
kommen, sondern  weil  sie  dogmatisch  Gberzeugt  waren,  er 
mdsse  Jener  Weissagung  zufolge,  die  sie  aber  verschie- 
dentlich anwandten ,  sich  ereignet  haben« 

Während  oder  unmittelbar  nach  der  Kreuzigung  läßt 
Lukas  Jesum  sprechen :  nareQ ,  aq>eg  avtoTg*  ö  yaQ  tXiam. 
%L  notSai  (V.  34.)  9  eine  Fürbitte,  die  man  bsld  auf  die 
Soldaten,  die  ihn  kreuzigten ,  beschränkt  '^),  bald  aof  die 
eigentlichen  Urheber  seines  Todes,  die  Synedristen  and  Pi- 
latus, ausdehnt  ^^.  So  angemessen  eine  solche  Bitte  den 
sonstigen  Grundsätzen  Jesn  Ober  Feindesliebe  ist  (Mattli. 
5,  44«)  9  und  so  viele  innere  Glaubwürdigkeit  von  dieser 
Seite  die  Notiz  des  JLukas  hat : '  so  ist  doch ,  zumal  er  mit 
derselben  allein  steht,  darauf  aufmerksam  zu  machen,  Antk 
mtfglioherweise  dieser  Zug  aus  dem  f&r  messianjseh  gelml- 
tenen  Abschnitt  Jes«  53.  genommen  sein  künntä,  wo  es  im 
letzten  Vers^  In  demsjelben,  ans  welchem  auch  das  fittu 
avofioiv  iXoylo&jj  entlehnt  Ist,  heifst:  ^JEJJ  D'^yosSl»  >*as 
zwar  die  LXX.  unrichtig  durch  dia  vag  dvofiias  avtah  na^ 

J9)  KuxwÖL,  in  Luc.  p.  710. 
20)  Ouiuv8sii|  S.  484. 


Orittes  Kapitel    S«  131.  539 

edod-rj^  aber  bereits  das  Targam  Jonathan  durch  pro  pce* 
eatU  (sollte  heUsea  peccatortbus)  deprecatua  esi  wie- 
dergiebt. 

Dafs  mit  Jesu  sogleich  dvo  xaxsQyoty    welche   Mat- 
thäus und  Markus  als  Xrjgäg  bezeichnen ,   in  der  Art  ge« 
krensigt  worden  seien,  dafs  sein  Krens  In  der  Mitte  stand, 
darin  stimmen  die  Evangelisten  snsaramen ,   und  Markus, 
wenn  sein  28ter  Vers  Icht  ist ,    sieht  darin  eine  wörtliche 
Erffitlang  des  Jesaianischen :  fieza  avogxiov  Hoylad'Ji)  welches 
nach  Lukas  22.  37.  Jesus  schon  »m  Abend  vorher  als  eine 
demnffchst  an  ihm  zu  erfüllende  Weissagung  angeführt  hatte« 
Von  dem  weiteren  Verhalten  dieser  Mitgekreuzigten  berich« 
tet  uns  Johannes  nichts;  die  beiden  ersten  Synoptiker  las- 
sen  sie  Schmähungen    gegen    Jesum    ausstofsen    {Matth* 
27,  44.    Marc»  15,  32.):  wogegen  Lukas  erzfihlt,    nur  der 
eine  von  ihnen  habe  sich  diefs  erlaubt,  sei  aber  von  dem 
andern  zurechtgewiesen  worden  (23,  39.  ff.)-    um  diese  dif- 
ferenz  auszugleichen,  haben  die  Erklärer  die  Voraussetzung 
gemacht ,  zuerst  mögen  wohl  beide  Verbrecher  Jesum  ge- 
schmitht  haben  ,  dann  aber  durch  die  ausserordentliche  Flu- 
sternifs  der  eine  umgestimmt  worden  sein  *^) ;   neuere  ha- 
ben sich  auf  eine  enaUage  numeri  berufen  *^ ;  gewifs  aber 
nur  diejenigen  recht  gesehen ,   welche  eine  wirUiche  Diffe- 
renz zwischen  Lukas  und  seinen  Vormflnnera  zugaben  '')• 
Offenbur  haben   von  dem  Genaueren ,    was  jener  über  das 
Verhftltnifs  der  beiden  Mitgekrcusigten  zu  Jesu  zu  berSch* 
tan  weifs,  die  lewei  ersten  Evangelisten  nichts  gewnfst.    Nft« 
her  erslUt  oä*nltrh  Lukas,  als  der  einii  der  beiden  Ver- 
breelier  Jesum  durch  die  Aufforderung  höhnte,,  wenn  er 
wirklich  der  Messias  sei,  sich  und  sie  zu  befreien,  habe 


2i)    So   CRBTtOtTOMVt  U.   A. 

22)  BszA  und  Grotius. 

23)  Paulus,    S.  763,   Winbr,   X.  T.  Gramm.  S.  149;   FaiTZtciu, 
in  Matth.  p.  817. 


SM  '  Orliter  Abtehaltt 

Ihm  der  andere ^folchea  Hohn  gegen  einen,  mit  dem  er 
doch  das  gleiche  Schioktal ,  und  »war  als  Schuldiger  aut 
dem  Onschoidigen,  theile,  ernstlich  rerwiesen,  Jesnm  aber 
gebeten,  wenn  er  in  uelner  ßaaiJida  kommen  werde ,  sei- 
ner an  gedenken ;  worauf  ihm  Jesus  das  Versprechen  ga- 
geben habe ,  noch  heute  werde  er  aüt  ihm  ip  %ff  nagadU^ 
aq)  sein*  An  dieser  Scene  ist  tou  Torn  herein  niehte  Aa- 
^töfsiges,  bis  au  der  Anrede  des  aweiten  Mitgekreusigtasi 
an  Jesum.  Denn  um  von  einem  am  Kreua  Hingendea  ate 
einstiges  Kommen  anr  Errichtung  des  Messiasreiclis  mm  er- 
warten y  dasn  gehörte  das  ganae  System  tou  einem  ster- 
benden Messlas,  welches  die  Apostel  Tor  der  Auferstehas^ 
nicht  begriffen,  und  welches  somit  ein  Jifjg^  vor  Ihnen 
gefafst  haben  mflfste«  Diefs  ist  so  unwahrscheinlich,  di^ 
es  kein  Wunder  ist ,  wenn  Manche  in  der  Bekehrung  «las 
RKubers  am  Krens  ein  Wunder  haben  seilen  wollen  **), 
und  es  wird  durch  die. Annahme,  welche  die  Erklärer  sa 
Hßlfe  rufen,  der  Mensch  werde  wohl  kein  gemeiner ,  eea- 
dem  ein  politisoher  Verbrecher,  rielleicht  einer  d^  irv- 
gceaiagdiv  des  Barabbas ,  gewesen  sein  ^) ,  nur  noch  an- 
denkbarer. Denn  war  er  ein  aom  Aufrahr  geaeigter  la- 
raölit ,  der  auf  Befreiung  seines  Volks  vom  römischen  Ja- 
che hinarbeiten  wollte:  so  war  gewiüs  Auch  seine  Idee 
vom  Messias  am  weitesten  davon  entfernt,  einen  pelitiseh 
so  gana  yernichteten ,  wie  Jesus  'damals  war,  als  solehea 
ansuerkennen.  Man  darf  aber  nur  ein  Auge  fSr  Sagea- 
bildung  haben ,  so  wird  man  sie  hier  besonders  kenntliah 
wiederfinden.  Zwei  Ubelthiiter  waren  mit  Jesu  gekreucigt, 
so  viel  hatte  die  Geschichte,   oder  auch  diefs  schon  die 


24)  •;  TMXLd,  Cod.  apocr.  I.  S.  143.  Weitere  spokrypbitche  Nach- 
richten von  den  beiden  Mitgekreuzigten  finden  sich  imevang. 
infsnt.  arab.  c.  23,  bei  Thilo,  p.  92f.9  Tgl.  die  Anm.  p.  |45; 
im  cv.  Nicod.  c.  0.  10,  Thilo,  p.  581  ff.  c.  26y  p.  766  ff. 

25)  Favlvs  und  KuikUl,  x.  d.  St. 


Drittes  KapiteL    $.  ISL  541 

Wetflsagiuig  Jes.  58, 12,  an  die  Hand  gegeben.  SieUengen 
sunächst  als  stnmrae  Personen  da ,  wie  wir  sie  im  vierten 
Evangeiiam  finden,  in  dessen  £ntstehungsgebiet  nur  die 
einfache  Nacfiricht ,  dafs  sie  mit  Jesu  gekrensigt  worden, 
gedrungen  war.  So  unbentttat  aber  konnte  sie  die  Sage  in 
die  LSnge  unmöglich  lassen :  sie  öffnete  ihnen  den  Mund, 
and  da  sie  ftbrigens  nur  yon  Schmähungen  der  Umgeben- 
;  den  zu  berichten  liatte,  so  lie(s  sie  in  den  allgemeinen  Hohn 
gegen  Jesum  auch  die  beiden  ObelthSter,  aunSclist  ohne 
nfihere  Angabe  ihrer  Reden,  einstimmen  (MatllL  und  Mar* 
kos).  Doch  die  Mitgelureuaigten  lieben  sich  noch  besser 
IbenQtsen.  Hatte  ein  Pilatus  Zeugnifs  für  Jesum  abgelegt, 
seugte  bald  darauf  ein  römischer  Centurio ,  ja  die  gance 
nrnnderbar  aufgeregte  Datur  für  ihn :  so  werden  auch  sei« 
ne  beiden  Leidensgenotsen,  wiewohl  Verbrecher,  gegen  den 
£indrnck  seiner  Gröfse  nicht  gans  rerschlossen  geblieben 
sein,  sondern,  wenn  swar  der  eine,  der  nrsprOngllchen 
Gestaltung  der  Sage  gemftfs,  Ifisterte,  so  mufste  wohl  der 
andere  sich  in  entgegengesetztem  Sinn  geäussert,  und  Glau- 
ben an  Jeess  als  den  Messias  bewiesen  haben  (Lukas).  ^ 
Gans  im  Geist  der  Jüdischen  Denk-  und  Redeweise  ist  dann 
seine  Anrede  an  Jesum  und  dessen  Antwort ;  denn  das  Pa- 
radies war  nach  damaliger  Vorstellung  derjenige  Theil  der 
Unterwelt,  welcher  die  Seelen  der  Frommen  in  der  Zwi- 
schenzeit zwischen  ihren  Tod  und  der  Auferstehung  be- 
herbergen sollte;  um  eine  Stelle  im  Paradies  und  ein  gnädi- 
ges Andenken  im  künftigen  Aon  bittet  der  Isra^lite  Gott, 
und  so  hier  den  Messias  ^0)  ^^^  ▼^'^  einem  ausgezeich- 
net froaunen  Manne  glaubte  man^    dafs  er  den  in  seiner 


2S)  Ccafetsio  Judsei  aegroti,  Bei  WitstiiX}  p.  820:  —  da  por^ 
tionem  meam  in  Jwrto  Edenis,  et  memento  mei  m  secuiofa- 
turoy  quod  absconditum  est  juiiis.  Andere  Stellen  s.  bei 
ebendems.,  p.  S19* 


94S  Dritter  Abtehnitt 

StertetUmJa  Anwesenden  nüt  skh  in  daf  Paradies  einfiSi- 

ren  könne  *V 

Den  Krease  Jesu  worde  nach  römischer  Sitee^  eine 
ijtiyqaq>^  (Marc.  Luc.) ,  ein  %l%XoQ  (Job.),  angeheftet ,  der 
Tryatr/oyatT&CMatth.  MarcOenthieit^ivelche  nach  sämvl- 
liehen  ETangelisten  dnrcb  die  Worte:  6 ßaoihvs  tw  Ya- 
dalfop  bexeiehnet  war.    Lukas  nnd  Johannes  meiden ,  daCs 
diese  Anf*ehrift  in  drei  Sprachen  sn  lesen  gewesen  ael^ 
und  der  letctere  giebt  noch  die  NotiBy  dafs  die  jfidischea' 
Obern  den  Spotf,   der  in   dieser  Fassung  der  Überschrift 
gegen  ihre  Nation   lag,  wohl  geftthlt,   nnd  defsbalb  den 
Pilatus  9  jedoch  Tergebiich,  um  Ab£ndernng  derseJbea  ge- 
beten haben  (V.  %l  f.)*  ' 

Von  den  Soldaten ,  welche  Jesum  gekredElgt  hiietv% 
deren  Zaiil  Jobannes  auf  vier  angiebt|  berichten  die  £▼««• 
gellsten  einstimmige  dafs  sie  die  Kleider  Jesu  mit  Anwe»» 
düng  des  Looses  unter  sich  yertheilt  haben.  Nach  dem 
römisobeii  Gesetise  de  boms  damnaiorum  ^^)  fielen  die  Klei* 
dungsstOeke  der  Hingerichteten  als  qtolta  den  Vollstreckern 
des  Urtlieils  su ,  und  insofiam  hat  Jene  Angabe  der  £nui« 
gelisten  einen  historischen  Anhaltspunkt  Doch,  wie  die 
meisten  Zöge  dieser  loteten  Scene  im  Leben  Jesu ,  hat  sie 
auch  einen  prophetischen.  Bei  Matthäus  swar  ist  die  An- 
f&hrung  der  Stelle  Ps.  22, 19.  ohne  Zweifel  eingeschoben, 
sicher  loht  dagegen  dasselbe  fitat  bei  Johannes  (19,  24. ): 
%va  ^  yQO^  nlt]Q09fj  ^  Uysaa  (wörtlich  nach  der  LXX.> 
dufiBQlactvTO  td  ifiatid  fiS  kavroig  >  xal  irü  tov  Ificcrtafior 
fiH  sßaXw  xiSJQOv.    Auch  hier  hat  nach  der  Versicherung 


27)  Cetuboth  f.  103,  bei  Wetstmh,  p.  819 :  Quo  die  Hahbi 
riturus  erat  y  venit  vox  de  coelo^  dixitquei  qui  pra 
aderit  morienti  Rabbi ,  ille  intrabit  in  paradisum. 

28)  s.  WiTSTBiK,  z.  d.  St.  des  Matthäus. 

29)  Angeführt  bei  Wbtstbin  ,  p.  536 ,  womit  übrigens  die  Text - 
bericbtigung  von  Favlos^  exeg.  Handb.  3,  b,  S.  751}  zu  ver- 
gleichen ist. 


Drittel  KapiteL    .{.  ISl.  MS 

der  orthodoxen  Aiuleger  der  Verfasser  des  PsalsM^  DaTid^ 
nach  einer  fieberen  LeitUDg,  im  Zustand  der  Begeisterong 
solche  bildliche  Ausdrücke  gewählt,  welche  bei  Christo  in 
eigentlichem  Sinne  eugetroffen  sind  '®>  «Vielmehr  aber 
gab  David,  oder  wer  sonst  der  Urheber  des  Psalms  ist, 
als  ein  Mann  von  dichterischem  Geiste  jene  Aosdrfickenar 
bildlich ,  im  Sinne  Ton  gftnslichem  Unterliegen ;  aber  die 
iJeinlichte,  prosaische  Aoslegqngsweise  der  spfiteren  Ja« 
den,  welche  die  Evangelisten  ohne  ihre  Schuld  theilten, 
und  von  welcher  sich  die  orthodoxen  Theologen,  aber 
durch  eigene  Schuld,  nach  IS  Jahrhunderten  noch  immer 
nicht  frei  gemacht  haben,  glaubte  jene  Worte  eigentlich 
nehmen,  und  in  diesem  Sinn  als  am  Messias^ erfiüllt  nach- 
weisen SU  müssen.  -—  Ob  nun  die  Evangelisten  die  Klei* 
derverloosnng  mehr  aus  historischen  Nachrichten,  die  ih- 
nen KU  tiebote  standen,  oder  aus  der  prophetischen  Stelle, 
welche  sie  verschiedentlich  auslegten,  geschöpft  haben, 
mufs  aus  der  Vergleichung  ihrer  Berichte  sich  ergeben. 
Diese  welchen  darin  von  einander  ab,  dafs,  jährend  den 
Synoptikern  zufolge  sämmtliche  Kleider  durch  das  Loos 
vertheilt  wurden,  was  schon  aus  dem  diefiBqlaayzo  %a  2jUa— 
%ia  avtSf  ßaXXovteg  xXrJQOv  bei  Matthäus  CV.  35.)  und  der 
Ähnlichen  Wendung  des  Lukas  (V*  34.)  >  am  entschieden- 
sten aber  aus  dem  Zusats  des  Markus :  %lg  %L  f^Tj  (V.  24.), 
erhellt:  bei  Johannes  die  fibrigen  Stttcke  ohne  Loos  ver- 
theilt, und  nur  um  das  Unterkleid  geloost  wird(V.  23.  f.)« 
Diese  Abweichung  wird  gewöhnlich  viel  zu  leicht  genom- 
men, und  stillschweigend  so  behandelt,  als  ob  die  Dar- 
stellung der  Synoptiker  zur  johanneischen  sich  nur  wie  die 
anbestimmtere  zur  bestimmteren  verhielte.  KoiMöi»  über- 
aetst  mit  Rficksicht  auf  den  Johannes  das  Matthilisclie 
di€fi€(il^ano  ßdllovreg  geradesu  durch:  partim  divide* 
bani ,   pariim  in  wrtem  conjiciebani ;  allein  so  lft£st  sich 


SO)  Tholuck,  S.  S41. 


S44  Dritter  Abschnitt. 

nicht  theilen,  sondern  das  öufieQi^ovro  giebt  an ,  was,  du 
ßakXovTBQ  nh  y  wie  sie  es  gethan  haben  :  ohnebin  fiber  du 
%Iq  %l  ^QU  schwelgt  KuiNÖL  still ,  weil  hierin  unverkeniibvr 
liegt,  da&  sie  um  mehrere  Stflcke  geloost  haben,  wibrerd 
sich  .nach  Johannes  das  Loos  nnr  auf  Ein  Kleidongsstütk 
bezog«  Fragt  es  sich  nun,  welche  von  beiden  widerspre- 
chenden Angaben  die  richtige  sei ,  so  wird  auf  dem  Jetii* 
gen  Standpunkte  der  vergleichenden  Evangelieokritik  die  | 
Antwort  ohne  Zweifel  so  lauten,  dafs  der  Augenseuge  Jo- 
hannes das  Richtige  gebe,  den  Synoptikern  aber  sei  nur 
das  Unbestimmte  £u  Ohren  gekommen^  dafa  bei  der  re^ 
theilnng  der  Kleider  Jesu  die  Soldaten  das  Leos  in  An- 
wendung gebracht  haben,  und  diefs  haben  sie  aus  [Jokeno^ 
nifs  der  n&heren  Verhfiltnisse  so  versunden,  als  ob  Ober 
sämmtliche  Kleidungsstücke  Jesu  das  Loos  geworfen  woh 
den  wäre.  Allein,  wenn  schon  der  Umstand,  dafs  gerade 
Johannes  allein  es  ist^  der  die  Psalmstelle  tfusdrfickljcb 
anfuhrt,  eine,  vorsügliche  Berücküichtigung  derselben  tob 
seiner  Seite  beweist,  so  ist  überhaupt  diese  Abweichusg 
der  Evangelisten  eine  solche,  welche  einer  verscbiedeneo 
Auslegung  Jener  Stelle  aufs  Genaueste  entspricht.  Wenn 
der  Psalm  von  einem  Vertheilen  der  Kleider  und  Verloa- 
sen  des  Gewandes  redet,  so  ist  im  Siune  des  hebr£i«cben 
Parallelismiis  das  sweite  nur  nähere  Bestimmung  <<«<  ^ 
•ten,  und  in  richtigem  Verstfindnils  hievon  setiteu  die  Sf o- 
optiker  das  eine  der  beiden  Verba  in's  Participium.  V^^' 
aber  entweder  diese  Eigenheit  des  hebräischen  Sprscbge- 
1»rattchs  nicht  berücksichtigte,  oder  ein  Interesse  hnUe, Je- 
den einseinen  Zug  der  Weissagung  als  besonders  erfüU- 
ten  berausiKuheben ,  der  konnte  Jene  näher  bestioiineode 
copvla  als  hinauf  ügend  fassen ,  und  so  In  dem  Verloooen 
einen  von  dem  Vertheilen  verschicftenen  Act  finden.  Oi^^ 
mufste  auch  der  ificcriofios  (U^S)  >  welcher  urspröng'»*'" 
ein  synonymum  von  iftutia  (D^ö)  war,  ein  von  die$^^ 
versdüedenes  Kleidungsstück  werden ,    dessen  näbei'e  Be- 


Dritt««  KapiteL    S.  ISI.  545 

«iliiiiiHing)  weil  de  im  Wort  anf  keine  Welse  hg\  dem 
Belieben  ftberlassen  blieb«    Der  yierle  ETangelist  bestimmte 
ee  als  xitwv^  und  weil  er  seinen  Lesern  aoeh  einen  Grand 
acboldlf  BQ  sein  glanbto ,  warum  auf  ^eses  Stfick  ein  von 
der   Vertbeilung  der   fibrigen  so  Tersofaledenes  Veriabrtfh 
angewendet  worden  sei,   braehte  er  heraus ,   der  Grund, 
w«ram  man  das  Unterkleid*  lieber  T^oosQn  als  aerthelien 
wollte,  werde  wohl  gewesen  sein,  dafs  es  keine  das  Zei^ 
trennen  begünstigenden  Nihte  gehabt  ia^iHxqfog)^  aus  Einem 
St&ck  gewoben  ivfavtds  dl  oXb)    gewesen  sei  '^>    Ottha^ 
ben    wir  also  bei  dem  rierten  Erangellsten  gftto  dasselKe 
Verfahren,  wie  wir  es  In  der  Gesehiehte  des  i^iniogs  aiff 
Seiten  des  ersten  gefunden  haben:  beidemale  die  Verdopj^ 
lang  eines  ursprÄoglieh  einfaehen  Zogs  aus  fah^faer  Faa- 
suog  der  copula  im  hebrfiischen  Parallellsmus^  llurlstder 
mrste  Evangelist  ati  Jener  Steile  (iarin  noch  weniger  willkdlns- 
Üeh,  als  hier  der  vierte,  dafs  er  uns  wentgsteiismitder  Auf- 
apfirnng  des  Grandes  verschont,  warum  damals  fBr  Einen  Rei- 
ter swel  Esel  haben  requirirt  werden  mttssen»  Je  mehr  slrii 
auf  diese  Weite  die  Darstellung  des  beseiehneten  Punkts 
bei  den  Evangelisten  abhängig  selgt  von  der  Art,   wie  f^ 
der  Jene  vermeintlich  prophetische  Psalmstelle  verstand:  da« 
sto  weniger  scheint  eine  sichere  historisehe  Kunde  an  ih« 
rer  Darstellang  Theil  gehabt  au  haben ,   und  wir  wissen 
demnach  nicht ,    ob  bei  der  Vertbeilung  der  Kleider  Jestr 
das  Laos  angewendet,  Ja  ob  überhaupt  unter  dem  Kreuae 
Jesu  eine  fUeidertheilung  vorgenommen  worden  Ist;    so 
■uversiehtlich  sich  Justin  gerade,  auch  Air  diesen  Zug  auf 
die  Acten  des  Pilatus  beruft,  welche  er  nie  gesehen  hatte  ^« 


Zi)  Die  Ausleger  merken  hiezu  in,  dsst  such  das  Kleid  des  jU« 
dischen  Hohenpriesters  von  dieser  Besclisffenheit  war.  Jo- 
seph, antiq.  3,  7»  4.  —  Die  richtige  Ansicht  von  obiger  Dif« 
ferenz  ist  bereits  in  den  Probsbilien  aufgestellt  y^p.  80  £• 

39  Apol.  !y  35. 
Da$Leb9nJmL  V^Aufl.  IL  Bund.  39 


546  Dritter  Abselinitt. 

9 

Von  dem  Bcnehjaen  der  bet*m  Kreuee  Jesa  unwet^n- 
den   Jodea  meldet  uns  Jobannei  nichts;  Lskas  M»t  das 
Volk  zutohaoend  dastehen ,    und  nur  die  o^^^oiTf^  und  die 
Soldaten  Jetum  durcb  die  Aufforderang ,    sich  ca  reiten, 
wenn  er  der  MeMias  sei,    wozu  von  Seiten  der  ietateren 
noch  das  Anbieten  des  Kssigs  kommf^  verhöhnen  (V.  35  ff.) ; 
Alattlifius  und  Markns  haben  von  einem  Spotte  der  Solda- 
ten hier  nichts,  dafOr  aber  lassen  sie  ausser  den  agiu^j;^ 
yQafdfiatHQ  und  nQeoßvuQOi  noch  die  naQOHOQavoftCHU  Lfi- 
ateruagen  ge|ren  Jesom  ausstofsen   (V.  39£29ft.).     Die 
Äusserungen  dieser  Leute  besiehen  sich  theik  auf  frflhere 
Keden  und  Thaten  Jesu,   wie  der  Spott:  o  xaj^alvatp  rov 
vaov  xci  &f  TQi4Üv  ^fdiQOig  otxodofitSVf  aäoov  aeavtcif  (Matth, 
Mark.)  anf  die  gleichlauteiide  Rede^    die  man  Jesu  zu- 
schrieb» der  Vorwurf  aber:  äkksg  ea(oae¥y  iavtov  a  dvvazmi 
Oiiaai  oder  ataointo  iauio$f  (bei  allen  dreien)  anf  seine  Hei- 
lungen sich  bezieht.    Theila  aber  ist  das    Benehanen   der 
Juden   gegen  den  Gekreuzigten  nach  demselben  Psalm  ge- 
zeichnet I  von  welchem  Tertullian  mit  Rceht  sagt  ,^  dab  er 
/e#iiM  Ckrisii  pmmntm  in  sich   enthalte  ^.     Wenn  wir 
nämlich  bei  Matthftu«  und  Markus  lesen:    ol  di  na^a^ 
neQevofievoi  ißhHHf^^Bv  (Lukas  von  den  ^qxop^q:  i^$^ 
fiVx^jJQt^ovy  avvaiff   xufäieg  zag  x^q^ulag  ai;fcüy  x«k2  liyw^ 
teg'    so  ist  diels  dociv  geH^ils  nichts  Anderes ,  als  was  Ps. 
aa,  8.  (LXX.)  steht:*  navtag  oi  OeiagS^rig  /ae  i§B^vxT9JQ& 
adv  fi€^  ildkrjCctpivxßileGiv,  ixlvtjaaw  xeq>aKr^j  und  hierauf 
bei  Matthäus  die  den  Synedristen  geliehenen  Worte :    m^ 
noid-ep  inl  tov  ^«or,  (ivadad^u»  vvv  avtoVf   et  &ilei  aiftCTf 
sind  ganz  dieselben  zdt  den  Worten  des  folgenden  Verses 
in  jenem  Psalm :  ijlnioev  tnl  Kvqiov^  ^vaWxHa  avxo^  oiu- 
adtüi  avtov  j  ort  d'ilec  avtov.    Kann  nun  zwar  jenes  Spot- 
ten  und  Kopfschfltteln  der  Feinde  Jesu,    unerachtet  die 
Zeichnung  desselbA  nach  einer  A.  T.llchen  Stelle  abge» 


53)  Adv.  MsTcion.  s.  s.  0. 


Drittes    Kapitel.    $•  131.  547 

t 
•chattet  ist ,  dennoch  gar  wohl  wirklieh  so  vor  sich  gegan- 
gen  sein :  so  terbfilt  es  sich  dagegen  mit  dieser  den  Spot- 
tern  geliehenen  Rede  anders.  Worte,  die,  wie  die  ange- 
gebeiien,  im  A.  T.  den  Feinden  des  Frommen  in  den  Mund 
gelegt  sind,  könnten  die  Synedristen  nicht  adoptiren ,  oh- 
ne damit  sich  seihst  als  Gottlose  hineostellen ;  wovor  sie 
sich  wohl  gehatet  haben  werden.  Nor  die  christliche  Sage, 
wenn  sie  einmal  den  Psalm  auf  das  Leiden  Jesu ,  nnd  na* 
mentlich  auf  seine  letzten  Stunden,  anwandte,  konnte  auch 
diese  Worte  den  JOdischen  Obern  in  den  Hund  legen,  und 
darin  die  £rfallnng  einer  Weissagung  finden. 

Dafii  von  den  Zwölfen  einer  bei  der-Kreueigang  Jesu 
cngegen  gewesen  wftre,  davon  melden  die  swei  vorderen 
Cvangelisien  nichts :  sie  erwähnen  lilofs  mehrerer  galili&fr* 
sehen  Frauen ,  von  welchen  sie  drei  namhaft  machen,  nfim» 
lieh  Maria  Magdalena,  Maria,  die  Mutter  des  kleinen  Ja* 
kobus  nnd  des  Joses;  die  dritte  beseichnet  Matthäus  als 
Mutter  der  Zebedaiden,  Markus  nennt  sie  Salome,  was 
nach  der  gewöhnlichen  Ansicht  £ine  und  dieselbe  Person 
Ist  (Mattb.  V.  55 f.  Marc.  V.  40 f.):  die  Zwölfe  scheinen 
sich  ihnen  von  ihrer  Flucht  bei  Jesu  Gefangennehmung 
noch  nicht  wieder  gCMiuimelt  gehabt  zu  haben  ^.  Bei 
Lukas  dagegen  sind  unt^r  den  ndvzeg  ol  yvwsoI  avts^  wel- 
che er  der  Kreuzigung  zuseien  Itffst  (V.  49.) »  wohl  andi 
dHe  Zwölfo  mitzubegreifen :  das  rierte  Evangelium  aber 
ttennt  von  den  Jüngern  ansdrücklieh  denjenigen,  ov  ijyimx 
o  V«,  d.  h.  den  Johannes,  als  anwesend,  und  unter  den 
Frauen,  neben  Maria  Magdalena  und  der  von  Klopas  be- 
nannten, statt  der  Mutter  der  Zebedaiden  die  eigene  Mat- 
ter Jesu.  Und  zwar,  während  nach  allen  übrigen  Be- 
rkhten  die  Bekannten  Jesu  ftaxqodev  stehen,  mttlsten  dem 
vierten  Evangelium  zufolge  Johannes  und  die  Mutter  Jesu 


34)  Justin^  Apol.  I,  50.  und  sonst,  spricht   gar  von  Abfall  uad 
VerlMugnung  sller  Jünger  nach  der  Kreosigung  Jesu. 

35* 


54$  Dritter  Abschnitt 

in  der  nächsten  Mfthe  des  Kreaees  gestanden  babfa, 
da  nach  dessen  Berieht  Jesas  Tom  Krease  heninter  den 
Johannes  zum  Stellvertreter  in  dem  Undiichen  VerbHitnlfs 
zu  seiner  Motter  beraft  (V.  25  ff.)*  Wenn  Olshactskn 
den  Widerspruch,  welcher  ewtschen  der  synoptischen 
Angabc  nnd  der  johartneischen  Voraussetsong  von  <ier  Stcl- 
long  der  Bekannten  Jesn  su  seinem  Krense  stattfindet, 
dorch  die  Verrnnthong  jeu  heben  meint,  dafs  dieselben  An- 
fangs zwar  ferne  gestanden ,  spltterhin  aber  einige  nahe 
an  das  Kreuz  herangetreten  seien :  so  ist  hiegegen  en  be- 
merken, da(s  die  Synoptiker  gerade  am  Schlüsse  der  Kres- 
ses-  Hod  Todesseene,  unmittelbar  vor  der  Kreuzabnahme, 
jener  Stellung  der  Angehörigen  Jesu  gedenken ,  also  vor- 
aussetzen ,  dals  sie  dieselbe  bis  zam  finde  der  Scene  ein- 
genommen haben ;  was  wir  der  furchtsamen  Stimmung  der 
Jfinger  in  jenen  Tagen,  und  namentlich  der  weiUichei 
Schüchternheit,  ganz  angemessen  finden  mOssen.  Könnte 
man  zwar  von  der  mütterlichen  Zärtlichkeit  vielleicht  den 
Heroimus  eines  näheren  Uinzutretens  erwarten:  so  macht 
dagegen  das  völlige  Schweigen  der  Synoptiker,  als  der  In- 
terpreten der  gewöhnlichen  evangelischen  Tradition ,  die 
historische  Realität  jenes  Zuges  zweifelhaft.  Die  Synopti- 
ker können  weder  von  der  Anwesenheit  der  Mutter  Jesu 
bei'm  Kreuz  etwas  gewnfst  haben:  sonst  würden  sie  vor 
allen  andern  Frauen  sie  als  die  Hauptperson  namhafit  ma- 
chen; noch  scheint  von  einem  engeren  Verbal tnifs  dersel- 
ben zn  Johannes  etwas  bekannt  gewesen  zu  sein :  wenig- 
stens läfst  die  Apostelgeschichte  (1,  13  f.)  die  Mutter  Jesu 
^it  den  Zwölfen  überhaupt,  seinen  Brüdern  und  den 
Frauen  Zusammensein,  Wie  aber  die  Kunde  von  jener  rüh- 
renden Gegenwart  und  diesem  merkwürdigen  Verhältnifs 
verlorM  gehen  konnte ,  begreift  sich  wenigstens  nicht  so 
leicht,  als  wie  sie  in  dem  Kreise ,  aus  welchem  das  vierte 
Evangelium  hervorgegangen  ist^  hat  entstehen  können. 
Müssen   wir  uns  nach  früher  erwogenen  Spuren   diesen 


Dritte«  Kapitel.    $•  13K  549 

Kreis  als  einen  soloben  denken  >  in  welebem  der  Apostel  • 
Jobannes  besondere  Verehrung  gepors,  wefs^egen  ihn  denn 
imser  KFangelinm  aus  der  Dreisahl  der  genaueren  Ver- 
trauten Jesn  heranshebt,  nnd  allein  sum  Liebilngsjünger 
■Mieht:  so  lionnte  znr  Besiegluog  dieses  Verhftltniaises 
Biebts  Selilagenderes  gefunden  werden^  als  die  Angal>e,  d»fs 
Jesus  die  theüerste  Hinterlas^iischnft^  seine  Mutter  0» 
Besiehung  auf  weiche  ^  wie  auf  den  angebliclien  Liebling!^ 
jünger^  ohnehin  die  Frage  ^he  lag,  ob  sie  den»  in^e^er 
letaten  Moth  Ton  der  Seite  J^^  gewichen  seien?) ,  dem  Jo«. 
banues  gleichsam  letstwillig  ttbergebeui  diesen  fton»it  an  sei* 
ne  Stelle  gesetzt  y  ihn  zum  vicäriu$  Ckrüii  gemacht  habe. 
Ist  die  Anrede  Jesu  an  die  Mutter  und  den  Jünger 
dem  vierten  £vangeliam  eigenthiimllch:  so  finde^slch  um- 
gekehrt der  Aufraf:  TjU,  7]Ü^  Icefici  oaßaxdavi;  nur  in  den 
awei  ersten  Erangelien  (Matth.  V.  46.  Marc.  V.  24.)-  Die- 
ser Ausruf  und  der  innere  Zustand ,  aus  welchem  er  her« 
Torgegsngen,  wird,  wie  der  SeelenlMmpf  in  Gethse- 
mane  ^  Ton  der  kirchliehen  Ansicht  als  ein  Theil  des  stell» 
Teriretenden  Leidens  Jesu  gefafst«  Da  man  sieb  fedooh 
auch  hier  das  AuflFaliende  nicht  verbergen  konnte,  welches 
darin  liegt ,  wenn  der  blofs  körperliche  Schmerc  f erbun* 
den  mit  dem  fiusserlichen  Unterliegen  seiner  Sache  Jesum 
bis  Biim  tieftfhle  der  Gott  Verlassenheit  niedergedräeht  ha* 
ben  sollte,  wfiiirend  es  vor  und  nach  ihm  solche  gegeben 
bat ,  welche  unter  ebenso  ^rofsen  Leiden  doch  die  Fassung 
nnd  Stfirke  des  Geistes  beibehalten  haben:  so  hat  die  kirch* 
liehe  Ansicht  auch  hier  su  dem  natürlichen  körperlichen 
md  Seelenschmerz  als  den  eigentlichen  Grund  jener  Stim^ 
flinng  Jesu  ein  Zurückweichen  Gottes  von  seinem  Innern, 
eine  Empfindung  des  göttlichen  Zorns,  hinzugefügt,  was  au 
der  Stelle  der  Menschen,  die  es  eigentlich  als  Strafe  ver- 
dient hfttten,  fiber  ihn  verhängt  worden  sei^).    VVi^  aber  bei 

S5)  s.  Calvin,   Comm.  in  barm.  cw.  zu  Mstth.  27,  46.    Olsuau- 
%mH  z.  d.  St. 


StO  Dritter  Absehnitt. 

den  kirchlichen  Voraattetean^n  fiber  die  Pewon  ChHtd 
ein  Zarttckweichen  tiotte«  von  seinem  Innern  gedacht  ww- 
den  kenn ,  mögen  die  Vertheidlger  dieser  Ansieht  seihet  sn- 
sehan^.  Soli  es  die  menschliche  Natur  in  ihm  gewesen  sein, 
die  sich  so  verlassen  ftthlte :  so  wäre  ihre^  Kinhek  mit  der 
göttlichen  unterbrochen ,  aUe  die  Grundlage  der  Persta- 
iiohkeit  Christi  nach  jenem  System  anfgehoben  fsi^esen; 
oder  die  göttliche :  so  hätte  sich  die  «weite  Person  in  der 
Gottheit  von  der  ersten  losgeritfen;  der  ans  beiden  Natorea 
bestehende  Gottmensoh  aber  vl^n  es  ebensowenig  gewesen 
seiny  was  sich  gottverlassen  fahlte,  da  dieser  Ja  eben  die 
Einheit  nnd  DnsertrennlichkcSt  des  Göttlichen  und  Mensch- 
liehen  ist  So  dnroh  den  Widersprach  dieser  sopranatnrs- 
listUchen  Erklärung  bu  der  natöriichen  Ableitong  jenes 
Ausrufs  ausdem  Oeföhi  des  äusseren  Leidens  surückgewoe- 
fen,  und  doch  von  der  Annahme  |  dafs  dmeh  dieses  Jesus 
so  tief  sollte  gebengt  gewesen  seiUi  abgestofsen^  liut  nua 
dem  Ausruf  einen  mildem  Sinn  untereulegen  versudit 
Da  es  die  Anfangsworte  des  fSr  diesen  lotsten  Absdinitt  in 
Leben  Jesu  dassischen  Ps  ti.  sind,  dieser  Psalm  aber  mit 
klagender  Sohilderung  tiefsten  Leidens  nwar  i^ginnt,  doeh 
im  Verlaufe  su  froher  Hoffnung  der  Rettung  sieh  au£Bch wingt, 
so  hat  man  angenommen ,  die  Worte,  welche  Jesus  unsut- 
-tslbar  ausspricht)  geben  nicht  seine  ganse  Empfindungi 
sondern,  indem  er  den  ersten  Vers  ausspreche,  eitlre  er 
damit  den  gansen  Psalm,  namentlich  aueh  seinen  freudi- 
gen Sehlufs ,  gleich  als  vrollte  er  sagen  x  auch  ich  uwar, 
wie  der  Verfasser  jenes  Psalms,  scheine  jetst  von  Gott  ver- 
lassen, aber  an  mir,  wie  an  ihm,  wird  sieh  nnr  um  so 
mehr  die  Httlfe  Gottes  verherrlichen  ^y  Allein ,  that  Je- 
sus jenen  Ausmf  in  Besug  auf  die  umstehenden ,  um  sie 
der   bjUdigen    Wendung  seines  Schicksals  nu  versichern: 


36)  So  Pattlus,  Grits  z«  d.  St.    Schlsiismacüss,  Glsabeaslehrc, 
2,  S.  154.  AAin. 


Ovitte«  KapileL    $.  131.  MI 

lio  hätte  er  et  avf  die  BWeekwkfar%[ete  W«lie  engegriffen, 
wenii  er  gerade  diejenigen  Werte  des  Paelms  ansgesiMro« 
eben  hMoy  wetolie  vom  tiefflen  Elend  bandeln  i  and  w 
hlHe  statt  des  ersten  Verses  eb^p  einen  der  Verse  vom 
KRen  bis  12ten,  oder  vom  SOtea  bis  sim  Ende,  anfitibren 
wissen ;  wollte  er  aber  dareb  |enen  Rof  nor  seiner  eignen 
Eapfindang  Laft  osacben :  se  würde  er  niebt  diesen  Vers 
gewtblt  beben  y  wenn  niebt  eben  das  in  diesem ,  sondern 
das  In  den  folgenden  ansgesprocbene  Gefftbl  sein  eigenes 
in  diesem  Angenbli^l^  gewesen  wire.  War  es  aber  sein 
eigenes,  and^  naioh  Beseitignng  fibematfirlieber  Erklirangs« 
grOnde,  ans  %8einer  damaligen  finssem  Calamlt&t  bemnrge- 
i;angen:  so  konnte  derjenige,  weleber,  wie  die  Evange* 
lien  von  Jesu  berichten,  das  Leiden  nad  Sterben  längst  la 
seinen  Messlasbegriff  anfgenommen,  mithin  als  göttliehe 
fdbrang  begriflEsn  hatte,  das  Minmehr  wirklich  elygetre* 
tene  scbwerlieb  als  eine  Gottverlassenbeit  beklagmi ,  eoD* 
dorn  der  fjedanfce  wfirde  sehr  nahe  liegen,  Jesus  habe  sieh 
in  früher  geliegten  Erwartungen  darch  die  unglflckliebe 
Wendung  seines  Schicksals  getäuscht  gefunden,  and  so  in 
UurcbfUirung  seines  Plans  von  Gott  verlassen  geglaubt  *^. 
Doch  auf  solche  Vermuthungen  hätten  wir  dann  ^rst  uns 
elnsulassen ,  wenn  jener  Ausruf  Jesu  bistorisoh  sicffcer  be- 
gründet wäre.  In  dieser  Hinsicht  würde  uns  B#Ar  das 
Stillschweigen  des  Lukas  und  Johannes  nicht  so  sehr  an» 
fechten,  dafs  wir  cu  Erklfirungen  desselben  onsre  Zuflucht 
«pähmen,  wie  die:  Johsnnes  habe  den  A.nsmf  verschwie* 
gen,  um  nicht  der  gnosrischen  Ansicht  Vorschub  an  thun^ 
als  hätte  der  leldensunf&hige  Aon  Jesum  damals  scheu  ver- 
lassen gehabt  ^ ;  wohl  aber  macht  das  Verhfiltnifs  der. 
Worte  Jesu  zum  22ten  Psalm  diesen  Zug  verdächtig.     War 


37)  So  der  WoifenbUttler ,   vom  Zweck  Jetu  und  seiner  Jünger, 
S.  153. 

38)  ScMSBOXEHBVSssA,  Beiträge,  S.  66  f. 


U%  Dritter  M««linitl.^ 

Aflmlloh  ittr  MmsIm  «InniaJ  «Is  leidender  aifjpelkftt,  umA 
warde  Jenev  Pealoi  gfelefaMm  sU  ein  Progrmmm  eelnee  IM* 
dens  benfltEt^  wosn  e$  k^netwegs  des  Anieeeae  bedurfte^ 
dafs  Jeeus  am  Kreos  eine  SteUe  deeaalben  wirUioh  ange- 
iBhrtliatte:  so  mafslen  die  Aafangsworte  des  PfaiaM,  wel* 
obe  das  OeflUd  des  ttefsten  Leidens  aasspreoheo^  aioh  gaaa 
|i!a«onders  eignent,  dem  ^[ekreaaiften  Messias  in  den  Mand 
gelegt  au  werden»  In  diesem  Falle  kannte  dann  aneh  iHe 
aaC  Jenen  Ansrof  Jesa  sich  beaiehende  Spottrede  ^  der 
Dflistehendeni  oti  ^HUav  q^fonl  maff^  s.  w*»  nar  so  eni« 
standen  sdn ,  dals  dem  Wansohe ,  für  diese  Seeao  dem 
balm  genütfs  Tersckledene  Spottreden  an  beiuimaMiij  dsr 
Gieiehkiang  des  i^üi  in  dem  Jesu  gelieiienen  Aaarala  mit 
dem  auf  den  llesstas  ttesogenen  £lias  en^gegengekonuaea 
wirew 

Über  den  letaten  Laat,  welehar  Ton  dem  sterhendea 
«lesns»  remommen  wnrdoy  differiren  die  Eraagalisten*  Naek 
den  {beiden  ersten  war  es  blo(s  eine  ^nof^  fieyäXtjf  mit 
welehar  er  rerschiad  (V.50.S70;  nach  Lalias  das  Gebet: 
nanfff  «^  tägag  ob  naQadijaofioi  %6  nvivfia  {la  (V*  46.); 
.»aeh  Johannes  das  korae  ttfiJuBgah  woraaf  er  das  flaapt 


59)  Nach  (HtBAVssvy  8.  495  y  ist  ein  solcher  Sinn  der  Rede  mit 
keiner  Sylhe  angedeutet,  vielmehr  soll  schon  jetzt  sich  ein 
heimlicher  Schauder  ühcr  die  Gemtither  ausgebreitet ,  und 
die  Spötter  bei  dem  Gedanken  geheht  haben ,  Elias  mUchU 
im  Wetter  erscheinen.  Allein  wenn  sofort  unter  dem  Vor- 
wände,  ansehen  tu  wollen,  ^l  i^x^«^  'MZlag,  a^Saiar  aSroty  ei^ 
toer,  der  Jesu  zu  trinken  geben  will,  davon  abgemahnt  wiidi 
so  ist  doch  hiedurch  jener  Vorwand  deutlich  genug  alt  ibi 
kObnischer  bezeichnet,  und  gebort  also  der  Schauder  und 
das  Beben  nur  der  unwissenschaftlichen  Stimmung  des  bihL 
Commentators  an,  in  welcher  er  sich  namentlich  der  Lei- 
r  densgeschichte ,  als  einem  myst^rtum  tr$inmidxun  gegenüber 
befindet ,  and  die  ihn  auch  schon  in  Pilatus  eine  Tiefe  fin« 
den  Hess ,  welche  die  Evangelisten  diesem  R^mer  nirgends 
gSben» 


Dritte«  KapiteL    f.  129.  85S 

Bälgte  «nd  t^rschied  (V.  Sa).    Hter  lassen   sieb  die  BWel 
ersten  ETangelisteo  ait  Je  eloem  oder  dem  andern  der  fol- 
genden dnrob  lUe  Annahme  vereinigen :  was  Jene  anbe* 
«timmt  als  laaten  Sehrei  beselchnen,  und  was  man  naeb 
ibrer  Darsteliong  fbr  einen  nnarticolirten   Schmereenslaut 
htAtm  könnte,   davon  geben   dIesQ  näher  die  Worte  an* 
Sebwerer  hingegen  fkllt  die  Vereinigung  der  ewei  lotsten 
Eyangelien  miteinander.    Denn  soll  nun  Jesus  suerst  sei- 
ne  Seele  Gott  befohlen,  und  hierauf  noch :  es  ist  ToUbraebt! 
gernfbn  haben,  oder  umgekehrt:  so  Ist  beides    gleicbsebr 
gegen  die  Absiebt  der  Evangelisten,  da  des  Lukas  xal  tccv^ 
%a  dnwv  i^ijtvsvaevj  nteht  mit  Paulus  durch  „bald  nach- 
dem er  dieses  gesprochen,   verschied  er<<  wiedergegeben 
werden  bann,  und  Johannes  sehen  dem  Worte  oaeb  einen 
lotsten,  abschHelsenden  Ausruf  geben  will,  wekhen  aber 
der  eine  so,  der  andere  anders  dachte«   Dem  Lukas  scheint 
die  für  das  Sterben  J^ftu  gewöhnliche  Formel :  nagidioxe 
90  nnvftcc^  BU   einer  ansdriickiichen  Übergabe  des  Geistes 
an  Gott  von  Seiten  Jesu  geworden  su  sein,  und  mit  Rflck- 
sieht  auf  die  Stelle  Ps.  91,  ft.  (LXX) :  OtvQit)  sig  x^^oig 
08  naqa9riaonai  %o  nvevfia  fia  —  eine  Stelle,  die  sich  wo* 
gen  der  genauen  Ähnlichkeit  dieses  Psalms  mft  dem  22ten 
leicht  darbot,  sich   sn  Jenem  Ruf  ausgebildet  su  haben. 
Wogegen  der  Verfasser  des  vierten  Evangeftunis  mehr  aus 
der  Situation  Jesu  heraus  ihm  einen   Ausruf  geliehen  sa 
haben  scheint.  Indem  er  ihn  durch  das  teiih^ai  die  Voll- 
endung seines   Werkes,    oder  die   Erflllltrng  ^fimmtUcher 
Weissagungen   (mit  Ausnahme  DafKrIich  dessen,  was  sich 
erst  noch  in  der  Anferstefaung  vollenden  und  erfiEllIen  soll- 
te) aussprechen  lilfst. 

Doch  nicht  bloft  diese  lotsten,  sondern  auch  schon  die 
frOberen  Reden  Jesu  am  Krense  lassen  sieh  nicht  so,  wie 
man  gemeiniglich  glaubt,  .ineinanderschieben«  Man  suhlt 
gewöhnlich  sieben  Worte  Jesu  am  Krettce:  allein  so  vielo 
hat  kein  einselner  Evangelist,    sondern  die   beiden  erstoy 


Sit  Dritter  Abtehaltt» 

iiaben  nnr  Einet:  den  Rvf  ijli,  ^lXx.t.Ki  L«ka8  bat  drai: 
die  Bitte  CBr  die  Feinde,  die  VerfaetTsiuig  an  dea  Mitge- 
lireazigten,  and  die  Übergabe  des  Geists  in  dee  Vaters 
BXnde;  Johannes  hat  gleichfalls  drei,  aber  andere:  die 
Anrede  an  Matter  and  Jfinger,  das  ditfKOy  nnd  das  frev£U- 
gai.  Hier  liefsen  sieh  die  Fürbitte,  die  VerheUsni^,  nad 
die  Anempfehlang^der  Matter  wohl  in  solcher  Aafeinan« 
derfolge  denken:  aber  das^  di^  und  das  t^  Yerwieketn 
eich  bereits,  indem  nach  beiden  Ansrafangen^  das  Glelebe^ 

'  die  Trftnkang  mit  Essig  darch  einen  aof  ein  Rohr  gesteck- 
ten Schwamm,  erfolgt  sein  solL  Nimait  man  hies«.  die 
Verwielilung  des  terilegai:  and  des  nät€Q  x.t.Li  so  soUie 
man  wohl  einsehen  und  nogestehen,  dals  keiner  der  Evao- 
gelisten  bei  den  Worten,  welche  er  «lesu  am  Kreus  In  den 
Mund  legt ,  aaf  diejenigen ,  welche  der  andre  ihm  leibr, 
gerechnet,  und  von  denselben  etwas  gewulst  habe;  rkl- 
mehr  malt  diese  Scene  Jeder  auf  seine  Weise,  je  nach- 
dem er  oder  die  ihm  eu  Gebet  stehende  Sage  nach  dieser 
oder  jener  Weissagung  oder  sonstigen  RAcksieht  die  Vor> 
Stellung  Ton  derselben  ausgebildet  hatte. 

Eigenthümliche  Schwierigkeit  maeht  hier  noch  die 
Stundensihiung.  Nach  sffmmtlicheu  Synoptikern  fand  argo 
&ni]g  ägag  Swg  oiQag  i¥va%r^  (nach  unsrer  Rechnung  von 
Mittags  12  bis  Machmittags  3  Uhr)  die  FinstemiTs  statt; 
nach  Matthflns  und  Markus  war  es  um  die  letstere  Stun- 
de,  dafs  Jesns  über  Gottverlassenbeit  klagte,  and  bald  dar- 
auf den  Geist  aufgab ;  nach  Markos  war  es  ÜQa  tglti]  (Vor- 
mittags^ 9  Uhr)  gewesen,  als  sie  Jesum  kreusigten  (V.SS.). 
Dagegen  hat  nach  Johannes  (19,  14k)  um  die  sechste  Srnin 
de,  wo  nach  Markus  Jesus  bereits  drei  Stunden  am  Kreo* 
mb  hieng,  Pilatus  erst  über  ihn  i^  Geri<$ht  gesessen.  Dieb 
Ist,  wenn  nicht,  wie  nu  HIskias  Zeiten,  der  Sonnensei^flr 
rOckwArts  gegangen  sein  soll,  ein  WlderSfiruch^   der  sieh 

^weder  durch  gewaltsame  Aiiderung  der  Lesart,  noch  darch 
Berufung  auf  das  wsü  bei  Johannes ,   oder  auf  die  ünfi- 


Drittes  KapiteL    $.131.  955 

fifgkelt  der  Jünger,  i^nter  so  schmersvollen  Eindrficken 
die  Stonde  geuao  eu  beobachten,  heben  Ififst;  hijchstons 
vielleicht  dadurch,  wenn  sich  beweisen  lierse,  dafs  das 
Tierte  Evangellara  darcbaos  von  einer  andern  Stnndensfth* 
long  ais  die  ttbrigen  aasgehe  ^ 


40)  So  Rim«,  exegetische  Analekten,  in  Ullbunh^s  uad^üx- 
srsit's  Studien,  1830,  1,  S.  106  iP.  Vgl.  über  .die  verschie- 
denen Ausgleichungsversuche  Lvcxi  x.  d.  St.  des  Joh. 


556  brIttVr  Absehaitt 


/ 


Viertes     KapiteL 

Tod,   und   Auferstehung  Jesu. 


Die  Naturerscheinungen  bei^m  Tode  Jeku. 
Der  Tod  Jeta  war  nach  den  evangelischen  Beriehten 
von  aosserordentlichön  Ersoheinnngen  begleitet«  Schon  drei 
Stunden  vorher  soll  eine  Finsternirs  sich  verbreitet  >  und 
bis  zn  seinem  Verscheiden  gedauert  haben  (Matth.  27,  45» 
parall.);  Im  Angenblicke  des  Todes  sei  der  Vorhang  in 
Tempel  von  oben  an  bis  unten  aus  Eerrissen,  die  Erde  hs* 
be  gebebt,  die  Felsen  sich  gespalten,  die  Grfiber  sich  anf- 
gethan,  und  viele  Leiber  heiliger  Verstorbenen  seien  auf« 
erstanden,  in  die  Stadt  gekommen,  und  Vielen  erschienen 
(Matth.  V.  51  ff.  parall.)*  In  diese  Nachrichten  tlieilen 
sich  übrigens  die  Evangelisten  sehr  ungleich:  nur  das  er- 
ste enthält  sie  alle ;  das  sweite  und  dritte  blofs  die  Fin- 
sternifs  und  das  Zerreifsen  des  Vorhangs;  das  vierte  aber 
weifs  von  allen  diesen  Zeichen  nichts. 

Nehmen  wir  sie  einsein  nach  der  Reihe  vor:  so  kann 
Buerst  das  OieoTog^  welches,  während  Jesus  am  Kreuze  hieng, 
entstanden  sein  soll,  keine  gewöhnliche,  durch  Oaswi- 
schenkunft  des  Mondes  vermittelte  Sonnenfinsternifs  gewe- 
sen sein  0,  da  es  Ja  am  Pascha,  also  um  die  Zeit  des  Voll- 
/  monds,  war«    Doch  indem  nun  auch  die  Evangelien  nicht 


I)  Das  Evang.  Nicodemi  lässt  die  Juden  sehr  unverständig  be- 
haupten :  i^lsitp^s  n^  yiyovt  xara  t6  ilw^ds,  €.  II ,  p.  592> 
bei  Thilo. 


Viertes  Ki^plt^i    S- JS2.  W 

bof^timint  von  einer  exXf.iilftgr  t5  f;Xls  ^fTtchen^  sondern  dl^ 
beiden  ersten  nur  überhaupt  rxm  gxoiog^  woza  das  dritl^ 
zwar  etwas  genauer :  xai  ioxorlüS-^  q  fj^iog^  set^t^  was  aber 
gleichfalls  von  jeder  Art  der  Verdoiikjelan^  des  Sonnenliehts 
gesagt  werden  kann:  so  Jag.  es  iHib^i  statt  eineir.ait^^opf« 
sehen  an  eine  atmosphärifcbe  Ursachp  >Ueser  riasternilii 
so  denlien,  und  sie  von  verdunkelnden  ^Impfeii  in  der 
Luft,  wie  sie  Eu«ial  vor  Erdbeben  herzugehen  pAegen^ 
abzuleiten  ^«  Dafs  solche  Verdunkelungen  der  Luft  über 
ganze  Länder  sieh  ausbreiten  können,  ist  richtig;  aber  wenn 
auch  die  oXt]  oder  näaa  f^  y^,  aber  welche  sieb  diese  Finsteiw 
nlfs  erstreckt  haben  soll,  nicht  mit  Fritzsche  als  der  ganze' 
Erdkreis  genommen  wird,  so  zeigt  doch  der  Zusammei^ 
hang,  in  welche  sie  die  Evangelisten  stellen,  deutlich  genug, 
dafs  sie  sich  etwas  Wunderbares  dachten;  wobei  dann  aber 
das  Suchen  nach  einem  denkbaren  Grund  und  Zwecke  dea 
Wunders  in  die  Frage  nach  seiner  historischen  Realität  sich 
verwandeln  mufs«  Fdr  diese  beriefen  sich  die  Kirchenv4* 
ter  auf  Zeugnisse  heidnischer  Schriftsteller,  von  welchen 
namentlich  Phlegon  in  seinen  xQ^vinoTs  Jene  FJUisternifs 
angemerkt  haben  sollte  ') :  allein  wena  man  die  bei  Ease» 
bios  wahrscheinlich  aufbewahrte  Stelle  des  Phlegon  vei^ 
gleicht,  so  ist  in  dieser  nur  die  Olympiade,  schwerlich  das 
Jahr,  in  keinem  Fall  die  Jahrszeit  und  der  Tag  dieser 
Finsrernifs  bestimmt  ^.  Heuere  berufen  sich  auf  fihnliche 
Fftlle  aus  der  alten  Geschichte,  von  welchen  namentlich 
Wbtstein  eine  reiche  Sammlung  angelegt  hat.  Er  bringt 
ans  griechischen  and  rtfmischen  Schriftstellern  die  Notizen 
von  den  Sonnenfinsternissen  bei,  welche  bei  der  Wegnah* 
me  des  Romnlus,  bei*m  Tode  Cfisar's^),  und  ähnlichen  Er- 


2)  So  Vivuit  und  KvxrSl,  z.  d.  St. ;  Hass,  L.  J.  $.  143. 

3)  TcrtuU.  Apologet,  c.  21.  Orig.  c.  Gels.  2,  33>  59. 

4)  Euseb.  can.  ehren,  ad  Ol.  202.  ann.  4.  Vgl.  Vaitijjs/S.  765ff. 

5)  Serv.  ad  Virgil.  Georg.  1,465  ff. :    Omstat^  oceiw  Ca$uire  in 


958  Dritter  Abvohnltt 

elgnUnmj  tt« tfgefanden ;  er  führt  AiHsprllche  An,  welche 
die  Vorstellung  enthalten,  dafs  Sonnenfifinternisse  den  Stera 
ven  Reichen,  den  Tod  von  Königen  bedeuten;  endlieh  weist 
er  A.  T.iiche  (Jet.  50,  3.  Jolü  3,  20.  Arnos  8,  9.  rgl.  Jer, 
15,  9.)  vnd  rabbinische  Stellen  nach,  in  welchen  theils  die 
Verfinsterang  des  Tageslichts  als  das  göttliche  TraoerG<r> 
stflai  beschrieben^,  theils  der  Tod  grofser  Lehrer  mit  dem 
pldtsHehen  Untergang  der  Sonne  am  Mittag  verglichen  ^J, 
ttieils  die  Ansicht  vorgetragen  wird,  dafs  bei  dem  Tode 
hoher  hierarchischen  Beamten,  wenn  ihnen  die  letzte  Eh» 
re  nicht  erwiesen  werde,  die  Sonne  sich  sn  verfinstern 
pflege  *)•  Al>er  statt  Sttlrsen  der  Gianbwfirdigkeit  der 
evangelischen  £rsIhlong  £u  sein,  sind  diese  Parallelen  el>en* 
•o  viele  Prämissen  eu  dem  Schlüsse,  dafs  wir  auch  hier 
nur  eine  ans  verbreiteten  Vorstellungen  entsprungene  christ- 
liche Sage  haben,  welche  den  tragischen  Tod  des  Messias 
von  der  ganzen  Matnr  durch  ihr  solennes  TraaercostOsi 
mitfeiern  lassen  wollte  ^. 

Das  zweite  Prodiginm  ist  das  Zerreissen  des  Tem- 
pelvorfaangs,  ohne  Zweifel  des  inneren ,  vor  dem  Allerh«- 
Ugsten,  indem  das  diesen  bezeichnende  PChQ  von  der  LXJL 
durch  xaranhaofta  wiedergegeben  zo  werden  pflegt.  Auch 
diefs  Zerreissen  des  Vorhangs  glaubte  man  als  natOrliches 
Ereigniis  deuten  zu  können,  indem  man  es  als  ViTlrkung 
der  Erderschfitterung  ansah«    Allein   von  dieser  ist,    wie 


Senatu  pridie  \ldas  Martias^   soUs  fuisse  defectwn    ah   horm 
sexta  msque  ad  noctßnu 

6)  Echa  R.  3»  28. 

7)  R.  Bechai  Cod.  Hakkema :  Cum  insignii  RtMiims  faio  cm- 
€$deret^  dLcii  gaidam:  ist€  dies  graoii  est  Israeli  ^  ui  am 
toi  oeddit  ipso  meridie. 

6)  Succa ,  f .  29 ,  1 :  DiXeruni  doctores :  quatuar  de  caasis  sd 
deßfit :  prtma  ,  ob  patrem  domus  judimi  morluam ,  cai  ere- 
qmae  non  fiunt  ut  decet  etc» 

9)  s.  FaiTcscBS,  s.  d.  St. 


viertes  KapiteL    (.133.  109 

«chon  LiOBTFOOT  rfchtig  bemerkt,  eher  begrelflieli,  ^Ib  sli 
feste  Körper,  dergleichen  die  nachher  erwähnten  nitgat 
sind,  »iu  wie  sie  einen  dehnbaren,  freibingenden  Vorhang 
SV  serreiisen  im  Stande  war.  Daher  soll  nun  nach  Paulus 
Annahme  der  Vorhang  im  Tempel  ausgespannt,  unten  und 
mm(  den  Seiten  befestigt  gewesen  sein.  Aliein  tbeils  ist 
diafii  blofse  Vermuthnng,  theils,  wenn  das  Erdbeben  die 
üVinde  des  Tempels  so  starli  erschütterte,  dafs  eln^  ob 
••eh  ausgespannter,  doch  immer  noch  dehnbarer  Vorhaing 
serrifs :  so  wäre  von  solcher  Erschfitterung  wohl  eher  et- 
was am  Gebäude  eingefallen,  wie  nach  dem  Hebräerevan- 
geiiura  geschehen  sdn  soU  ^^ :  wenn  man  nicht  mit  Kuinöl 
die  weitere  Vermutbun^  binsuffigen  will,  der  Vorbang  sei 
vor  Aller  mürbe,  und  daher  auch  durch  eine  kleine  Er- 
schütterung zu  aerreissen  gewesen.  Dafs  in  keinem  Fall 
nnsre  Berichterstatter  an  einen  solchen  Caosalznsammen- 
hang  gedacht  haben,  beweist  des  sweiten  und  dritten  Evan- 
geliften  Schweigen  von  dem  Erdttofs,  und  bei  dem  er- 
sten das,  dafs  er  desselben  erst  nach  dem  Zerreissen  des 
Vorhangs  gedeiKkt.  Müssen  wir  demnach  dieses  Ereignifs, 
wenn  es  sich  wirklich  angetragen  haben  soll,  als  wunder- 
bares festhalten:  so  könnte  der  göttliche  Zweck  bei  dessen 
Uervorbringung  nar  dieser  gewesen  sein,  auf  die  Jüdischen 
Zeitgenossen  einen  starken  Eindruck  von  der  Bedeutsam- 
keit des  Todes  Jesu  h^rvorso bringen,  und  den  ersten  Ver- 
küiid^rn  des  Evangeliums  etwas  an  die  Hand  zu  geben, 
worauf  sie  sieh  'in  ihren  BeweisfDhrungen  stütsen  könnten. 
Allein,  wie  auch  ScB|.EiEaMAcHBa  herausgehoben  hat,  nir- 
gends sonst  im  N.  T. ,  weder  in  den  apostolischen  Brie- 
fan,  noch  ia  der  A.  6.,  noch  im  Brief  an  die  Hebräer,  auf 


10)  Hieron.  ad  Hedib.  ep.  149,  8.  (vgl.  Comm.  z.  d.  St.):  vt 
evangelio  auiemy  quod  hebraicis  literis  scriptum  est  y  legimnsy 
non  velum  templi  icissumy  sed  saperüminare  t$mpU  nurae 
magnitadUds  corruisM^ 


A$ts9fiT9^  yf^^  ot  fast  nicht  )omgaag«n  werden  konnte  y  fa- 
scbieht  dieses  Factams  Evwähauiig :  »andern  bis  auf  diese 
trockene  synoptische   Notis  ist  Jede  Spur   desselben  ver- 
lor^n}  was   schvrerUch   der  Fall   sein    könnte,  wenn   et 
HiriifkUpli  einen  Stützpunkt  apxustelischer  Bevireisffihrang  gb- 
Vildet  bfltte.     EsaittTste    ai^o   die  g<)ttlicbe  Absicht    bei 
Yeranstaltiing  .dieses  V^unders  :durqb8«a  verfehlt  worden 
»ein,    odqr»   da   di^fa  undenkbar  ist^   ao  kann    es   nioht 
upk  diefea, Zweckes  willen,  d.  h.  aber,- da  sieb  ein  andrer 
nicht  denken  läfst^  gf^r  nicht  gesohahen  sein.  -—  In  anderer 
Weis)9  konnat  freilich  ein  elgenthümliches  Verhlknifs  Jesu 
iBum  JOdiachen  TempelvQrhang  im  üebrSerbrief  zur  Spra- 
che.    Während  rpr  Christo  nur  die  Priester  in  das  He^ 
llge,^  in  das  Allerheiiigste  aber  «uij^  .der. Höbe jiriester  Ein- 
nal  des  J^hrs  mit  dem.SUhnungsblute  Zvtritt  gehabt  hsbe^ 
sei  Christus  als  ewiger  llohepriester. mittelst  sei»^  eignen 
JBIutes  elg  %d  iau)TS(fav  fs  iuxtanetaoiMnog  y   in  das  Alier- 
heiligste  des  Himmels,  eingegangen,  womit  er  der  yr^od^ 
liOS  der  Christen  geworden  sei,   nnd  auch  ihnen  den  Zn- 
gang  dabin  eröffnet,  eine  cimiov  XvzqtaiM  gestiftet  habe 
C6,  19  f.  9,  6—12.  10,  .19  f.).    Diese  Metaphern  findet  auch 
Paulus  unsrer  Ersfihlnng  "^P  verwandt,  daf«  er  es  mdglicii 
findet,  dleste  au  den  Fabeln  ra  rechnen  ^  welche  naeb  des 
HsNKB'schen  Programm  e  figurata  gemere  dicmdi  absniel* 
ten  sind;   wenigstens. sei  die  Sache,  wenn  aoeh  wirklidi 
vorgefallen,  doch  den  Christen  vorisfiglleh  wegen  jener,  des 
Bildern   des  HebKfterbi;ie&   verwandten   symbelisehen   Be- 
deutsamkeit wichtig  gewesen,  dals  nfindich  durch   Christi 
Tod  der   Vorhang  d^  j^di^chen   jColtps    eerrissen,   der 
Zutritt  SU  Gott  ohne  Prie#ter  durch  ngoarnnw  h  nr^i^ 
fiont  jedem  eröffnet  sei.    Ist  aber,  wie  gezeigt,  die  histo- 
^jriscbb  Wahrscheinlichkeit    des  fraglichen    Ereignisses  %o 
-schwach,  dagegen  die  AnUsse,  aus  welchen  die  Eraihlnng 
ohne  historischen  Grund  sich  bilden  konnte,  so  bedeutend: 
so  ist  es  folgerichtiger,  mit  Schleierm^chkr  den  Vorgang 


Viertes  Kapitel.    %.  n±  561 

nU  gedchichtlichen  ganz  anfzogeben,  in  Krwffgang,  dars 
,, sobald  inao  anfieiig,  das  Verdienat  Christi  unter  den  im 
Brief  an  die  Hebräer  herrschenden  Bildern  darzustellen, 
}a  schon  bei  den  ersten,  leisesten  Übergängen  zu  dieser 
fjehrweise,  bei  der  ersten  Aafhahme  der  Heiden,  die  man 
sum  jüdischen  Cultus  nicht  verpflichtete,  und  die  also  anch 
ohne  Antheil  an  den  jüdischen  Sfihiiungen  blieben ,  solche 
Darstellangen  in  die  christlichen  Hymnen  [and  die  eyan* 
geliscben  Erzählangen]  kommen  mufsten  ^0/< 

Über  das  folgende:  ^  yijiaelo^Tjy  ^al alnkcqaiiaxla^ 
^aav^  kann  nur  im  Znsammenhang  mit  dem  Vorhergehen* 
den  geartheilt  ,werdem  £in  Erdbeben,  welches  Felsen  zer- 
reifst, ist  als  natürliche  Erscbeinang  möglich :  nicht  sei» 
ten  aber  kommt  es  auch  als  poetische  oder  mythische  Ana- 
ai^hmllcknng  ei^es  groben  Todesfalles  vor,  wie  Virgil  bei  Ca« 
aars  Tode  nicht  allein  die  Sonn^  sich  verfinstern,  sondern  anch 
Ton  ungewohnter  Erschatterung  die  Alpen  erzititerfl  läfst  '^. 
Da  wir  nun  die  torbergemeldeten ,  Prodigien  nur  aas  die- 
sem letzteren  Gesichtspf|ikte  habea  fassen  können ,  und  da 
fiberdiefs  gegen  die  historische  Begründung  der  jetzt  vorlie- 
genden Zfige  ihr  alleiniges  Vorkommen  bei  JMattbftus  spricht : 
ao  werden  wir  anch  sie  nur  so  ansehen,  wie  Fritzschb 
sagt:  Meuiae  Mtum  atrocüm$  OitenHs,  ^ptäms,  quantm^ 
vir  quummaxime  exspiräsaei^  orK  terrmwn  indicareiur^ 
iUvtirem  e$te  opariebai.  ^). 


11)  über  den  Lukas,  S.  293. 

12)  Georg,  i,  463  ff. 

13)  Wenn  Hasb,  §.  143,  ftchreibf  2  ))(es)  erbebte  die  Krde,  mit- 
trauernd  um  ihren  gr'dssten  Solui'^ :  to  sieht  man ,  wie  der 
Historüier)  indem  er  jenen  Zug  als  geschichtlichen  festhal'- 
ten  will,  dabei  unwillkührlicb  cum  Poüten  wird,  und  wenn 
der  Verf.  in  der  zweiten  Auflage  die  Phrase  durch  ein  ein« 
gesetztes  ^^gleichsam'^  mildert:  ao  zeigt  sich  weiter,  dass 
sein  historisches  Gewissen  ihn  darüber  zu  schlagen  na«h« 
träglich  nicht  unterlassen  hat. 

'  Da$  Laben  Jim  2t$  Avifl    U,  B^nä.  36 


5C2  llritter   Abst^hnitt. 

Oa»  letzte,  gleichfalU  dem  ertöten  Evangeliam  eigen- 
thOmliche  Wimilerseichen  beriii  Tode  Jesa  ist  die  Eröff- 
nung der  OrKber,  der  Uervorgang  vieler  Todten  aoa  den« 
selben ,  und  deren  Erseheinang  in  Jerasalem.  Diesen  Vor- 
gang sich  denkbar  su  machen ,  fällt  besonder«  schwer.  An 
sich  schon  ist  weder  klar,  wie  es  diesen  althebrfiischen 
ay/oig  ^*)  nach  dieser  Aufcrsfehnng  ergangen  sein  soll  *^), 
noch  auch  ist  über  den  Zwe^k  einer  so  ausserordentli- 
chen Veranstaltung  etwas  Genfigendes  ausenmifteln  ^*)« 
Rein  in  den  Auferweckten  selbst  scheint  der  Zweck  nicht 
gelegen  eu  haben,  da  steh  sonst  kein  Grund  denken  Hes- 
se ,  warum  sie  alle  eben  im  Momente  des  Todes  Jesu  aufer- 
weckt  wurden,  und  nicht  Jeder  in  dem  durch  den  Gang  sei- 
ner eigenen  Entwicklung  bedingten  Zeitpunkte.  War  aber 
die  Überzeugung  Anderer  der  Zweck:  so  wire  dieser 
noch  weniger  erreicht  worden  als  bei  dem  Wunder  des 
eerrissenen  Vorhangs,  da  auf  die  Erscheinung^ der  Heilf- 
gen  nicht  nur  in  den  apostolischen  Briefen  und  Reden  jede 
Berufung  fehlt,  sondern  auch  unti^  den  Evangelisten  Mat- 
thäus mit  seiner  Erwähnung  derselben  allein  steht.  Eine 
besondere .  Schwierigkeit  erwächst  aus  der  seltsamen  Stel- 
lung, welche  cwischen  den  scheinbar  sEUsammengehöri- 
gen  Momeikten  der  Begebenheit  die  Zeitbestimmung:  fistä 
nyv  sye^ai^v  aurS,  einnimmt.    Denn  wenn  man  diese  Worte 


14)  Nur  an  solche,  nicht  an  seciatores  Christi^  wie  Kimr'dL  will, 
ist  zu  denken.  Im  evang.  Nicodemi ,  c.  17,  sind  es  allerdings 
auch  Verehrer  Jesu,  welche  bei  dieser  Gelegenheit  anferste* 
hen,  nämlich  Simeon  (aus  Luc.  20  und  seine  beiden  Söhne; 
die  Mehrzahl  aber  bilden  auch  nach  diesem  Apocryphum, 
wie  nach  der  arcupo^a  üiXarB  (Tbilo,  p.  810.  )i  nach  Eptpha- 
nius,  orat.  in  sepulcrum  Chr.  275,  Ignat.  tiA  Magnes.  9.  u.  K» 
(vgl.  Thilo,  p.  780 ff.*)  A.  T.liche  Personen,  wie  Adam  und 
Eya,  die  Patriarchen  imd  Propheten. 

15)  Vgl.  die  rerschiedenea  Meinungen  bei  Thilo,  p.  78S  f- 

16)  Vgl.  besondcrt  Eicuttoaii,  EinL  in  d.  N.  T.  1,  S.  446  ff. 


Viertes    KapIteL    $.  m.  663 

sam  Vorhergehenden  zieht,    also  die  verstorbenen  From- 
men im  Augenbiielie  des  Todes  Jesu  nor  VFiederbeiebt  wer- 
den,  aas  den  tirfibern  aber  erst  nach  seiner  Aufer8tehun|[ 
gehen  iäfst :  so  wfire  diefs  eine  Qnal  fttr  Verdammte,  nicht 
ein  Lohn  ffir  Heilige  gewesen;  verbindet  man  dagegen  jene 
Zeitbestimmung  mit   dem   Folgenden,   so  dais  die  Äufer* 
weckten   zwar  gleich  nach  ihrer  bei*m  Tode  Jesu  erfolg« 
ten  Wiederbelebung  auch  ans  den   Gräbern  hervorgegan- 
gen sein,  aber  erst  nach  seiner  Auferstehung  sollen  in  die 
Stadt  haben  gehen  dürfen:   so  sucht  man  von  dem  Letzte« 
ren   vergeblich    irgend  einen  Grund.    Diese  Schwierigkel- 
ten zu  vermeiden,  ist  es  eine  grobe  GewalthOlfe  gewesen, 
die  ganze   Stelle  ohne  kritische  Gründe  für  eingeschoben 
zu  erklären '0;   feiner  ist  die  Art,   wie   die  rationalisti- 
schen Erklärer  durch  Beseitigung  des  Wunderbaren  in  dem 
Ereignifs  auch  die  übrigen  Schwierigkeiten  wegzuräumen 
suchen.    Wie  bei*m    Zerreissen   des  Vorhangs  wird  auch 
hier  meistens  an   das  Erdbeben  angeknüpft:    durch  dieses 
sollen   mehrere  Grabmäler,  namentlich  auch  von  Prophe- 
ten ,  geöifnet  worden  sein ,   in  welchen  man ,  sei  es ,   dafs 
sie  verschüttet,  oder  verwest ,  öder  von  wilden  Thieren  ge- 
raubt worden  waren ,    keine  Leichen  mehr  gefunden  habe. 
Als  nun  nach  Jesu  Auferstehung  die  ihm  Geneigten  unter 
den  Fe  wohnern  Jerusalems  voll  von  Auferstehungsgedanken 
gewesen,  so  haben  diese  Gedanken,  zusammen  mit  den  leer- 
gefundenen   Gräbern ,    Träume  und  Visionen  in  ihnen  er^ 
regt,    in  welchen  sie  die  in  Jenen  Gräbern  beigesetzt  ge* 
w  esenen  frommen  Vorfahren  zu  sehen  geglaubt  haben  ^^. 


17)  Staoth,  von  Interpolationen  im  Evang.  Matth.  In  ExcHROHii't 
Repertorium ,  9 1  S.  139.  Nicht  viel  besser  ist  die  KiRw^sche 
Auskunft,  die  Stelle  als  Einschiebsel  des  griechischen  Über- 
setzers zu  betrachten,  über  den  Ursprung  des  £t.  Matth. 
S.  25  und  100.  ^ 

18)  So  Pavlv»  und  Kuim'öl,  z.  d.  St.,  welcher  letztere  diese  Er- 
kiäruna  eine  mythische  nennt» 


564  Dritter    Abschnitt.  , 

Allein    die   leergefnndenen    Grffber    hätten  auch  mit    der 
^  Kunde  von  Jesa  Aaferstehung  Eusammen  schwerlich    sol- 
che Träome  hervorgebracht ,  wenn  nicht  schon  vorher  un- 
ter den  Jaden  die  Erwartung  geherrscht  fafitte,   der  Mes- 
sias  werde  die  verstorbenen   frommen  Israeliten  aufn-we- 
cken.     War  aber  diese  Erwartung,  vorhanden ,    so  konnte 
aus  derselben,   eher  als  TrSume,   vielmehr  die  Sage  von 
einer  bei'm  Tode  Jesu  geschehenen  Auferstehung  der  Hei- 
ligen hervorgehen,  wefswegen  Hase  mit  Recht  die  Voraus- 
setzung von  Träuniea  fallen  llilst,   und  allein  mit  den  leer- 
gefundenen  GrAbern  auf  def  einen   and  Jener  jadischen 
Erwartung  auf  der  andern  Seite  auszureichen  sucht  ^')« 
Ilfiher  angesehen   Ind^fs,   wenn  einmal  diese  Vorstellong 
vorhanden  war,   so   bedurfte  es  keiner  wirklichen  Erdff- 
nung  der  Gräber ,   um  einem  solchen  Mythus  Entstehung 
Bu  geben  I  und  so  hat  Schleiermacher  die  leergefundenen 
Gräber  aas  seiner  Rechnang  weggelassen  '^.     Wenn  nan 
aber  er  statt  dessen  von  visionären  Erscheinungen  sprich^ 
ivelche,  durch  Jesa  Auferstehung  angeregt,  seine  Anhänger 
in  Jerasalem  gehabt  haben :  so  ist  diefs  ebenso  einseitig,  wie 
wenn  Hase,  die  Träam^  weglassend,  an  der  Grabdflfnang 
festhält ;  da ,  wenn  einmal  das  eine ,  dann  auch  das  andere 
dieser  engverbundenen  Momente  als  historisch  aafgegeben 
werden  mufs« 

Freilich  Ist  biegegen  nicht  ohne  Schein  bemerkt  wor- 
den ,  dals  zur  Erklärung  des  Entstehens  eines  solchen  Hj- 
thus  ^le  angefahrte  jttdische  Erwartung  nicht  ausreiche  ^0* 
J)ie  Erwartung  war  näher  diese«  Vom  Apostel  Paulus 
(1  Thess.  4^  16.  vrgl.  1  Kor.  15, 22.'f.)  dnd  bestimmter  aus  der 
Apokalypse  (20,  4.  f.)  wissen  wir,  dafs  die  ersten  Christen 
bei  der  Wiederkunft  Christi  eine  Auferstehung  der  From- 


19)  L.  J.  §.  148. 

20)  Über  d^n  Ursprung,  S.  67. 

21)  Paulus,  exeg.  Handb.  3^  b^  S. 


Viertei  Kapitel.    %.  ISL  505 

iiien  el*warteten|  welche  sofort  mit  Christo  1000  Jahre  regie- 
ren sollten ;  erst  nach  dieser  Zeit  sollten  dann  aoch  die  Übri- 
gen  auferstehen,    und  von   dieser     Evreiten  Auferstehung 
wurde  jene  als  jy  avagaaig  t]  nQiovrj^  oder  tutv  dixaliov  (Luc. 
14,  140>  woffir  Justin  j^  ayla  avdgaaig  hat  ^,   unterschie- 
den.   Doch  dlefs  ist  schon  die  christianisirte  Form   der 
jadischen  Vorstellung;  diese  heeog  sieh  nicht  auf  die  Wie- 
derkunft, sondern  auf  die  erste  Ankunft  des  Messias,  und 
erwartete   bei   dieser   nur  die    Auferstehung   der   Israeli- 
ten ^.    In  die  Zeit  der  ersten  Parusie  des  Messias  ver- 
legt   nun  zwar  aneh    die   Nachricht   bei   Matthäus   jene 
Auferweckung :  aber  warum  sie  dieselbe  gerade  an  seinen 
Tod   knOpft,   dafür  liegt  allerdings   in  der  jüdischen  Er- 
wartung ao  und  für  sich  kein  Grund ,  und  in  der  Modifi- 
-cation,    weiche   die   Anhinger  Jesu  an  dieser  Erwartung 
anbrachten,  hAtte,  wie  es  scheint,  eher  ein  Anlals  gelegen^ 
die   Aufern^eckung    der    Frommen    mit  seiner  Auferste- 
hung eu  verbinden,  Eumal  die  Anknüpfung  an  seinen  Tod 
mit   der   sonstigen    nrchristlichen  Vorstellung  in   Wider>- 
Spruch  an  kommen  scheint,  welcher  snfelge  Jesus  nQonotoxog 
ixtdivvexQwv  (KoL  1, 18.  Offenb.  1,  5.),  ano^  tih  xtxoi^i]^ 
fiivwv  (i  Kor.  15,  SO.)  ist.    Doch  wir  wissen  ja  nicht,   ob 
diese  Vorstellung  die  allgemeine  war,  und  | wenn  die  Et- 
ilen der  eminenten    Würde  Jesu  schuldig  eu  sein  glaub- 
ten ,  ihn  als  den  ersten  der  Auferstandenen  eu  betrachten, 
so  bieten'  sich  doch  auch  Gründe  dar,   welche  Andere  be- 
wegen konnten ,  schon  bei  seinem  Tod  einige  Fromme  auf- 
erstehen  EU   lassen.    Einmal   der  Äussere,   da  unter  den 
Prodigien  bei  Jesu  Tod  auch  ein  Erdbeben  hervorgehobea 
ist,  und  in  der  Beschreibung  seiner  Heftigkeit  dem  nkga^ 
iaxio^aav  sich  leicht  das  auch  sonst  bei  Schilderung  hef- 


22)  Dial.  c,  Tryph.  115. 

23)  s.  die  Sammlung  hi^bcrgehörigcr  Stellen  bei   Sch'ött«siv  y  2, 
p.  570  ff.  >  und  in  Biaitto&i»!'«  Christoi.  §,  35. 


56G  Dritter  Abseb  Dilt. 

tiger  Erdbeben  vorkommende  '^)  ftuTj^iBia  iv&^x^^v^  ^^^ 
gesellen  konnte :  so  war  hier  ein  einladender  Änknflpfang9- 
pankt  für  die  Aaferstehang  der  Frommen  gegeben.  Aber 
mach  aas  dem  Innern  der  Vorstellnng  vom  Tode  Jeso  her- 
an«, wie  sie  sich  frflhseitig  in  der  christlichen  Genarinde 
aas1>ildete,  dafs  nämlich  derselbe  das  eigentlich  erlöseoda 
Moment  seiner  Wirksamkeit  ausmache,  und  namenlidi  dorch 
den  daran  gekailpften  Hinab^ang  r.am  Hades  (1  Petr.S,  19.  f.> 
die  früher  Verstorbenen  ans  demselben  befreit  worden 
seien  ^ ,  konnte  sich  ein  Anlafs  ergeben ,  gerade  doreh 
den  Tod  Jesa  die  Bande  des  Grabes  für  die  alten  Frommen 
gesprengt  werden  zu  lassen.  Ohnehin  wurde  durch  diase 
StdUung  noch  entschiedener  als  durch  eine  Verbindung 
mit  Jesu  Wiederbelebung  die  Auferweckung  der  Gerech« 
ten  nach  jfidischer  Vorstellung  in  die  erste  Parusie  des 
Messias  gesetzt;  eine  Vorstellungi  welche  in  Judaisiren  den 
Kreisen  der  ersten  Christenheit  gar  wohl  uochin  einer  solchen 
£rs£hlung  nachklingen  konnte:  während  ein  Paulas  und 
auch  der  Verfasser  der  Apokalypse  bereits  auch  die  ovcr^aaii; 
yi  nQiOTJj  in  die  zweite ,  erst  zu  erwartende  Ankunft  des 
Messias  verlegten.  Mit  Rücksicht  auf  diese  Vorstellnng 
acheint  es  dann  f  dafs ,  wahrscheinlich  vom  Verfasser  des 
ersten  Evangeliums  selbst ,  das  fiera  %i]v  iyeQatv  ccvvS  als 
Restriotion  angebracht  wurde. 

ihre  Beschreibung  der  Vorgänge  bei  dem  Tode  Jesu 
schliefsen  die  Synoptiker  mit  einer  Angabe  des  Eindmcks^ 
welchen  dieselben  ^  zudächst  auf  den  wachhabenden  roni« 
sehen  Centnrio,  gemacht  haben.  Nach  Lukas  (V.  47.> 
war  dieser  Eindruck  durch  Vo  yevo/ievoy^  d.  h. ,  da  er  die 
^insternifs  schon  früher ,  zuletzt  aber  nur  das  Verschei- 
den Jesu  mit  lautem  Gebete  gemeldet  hat  ^  durch  eben  die- 


24}  ••  die  Ton  Wststbih  ^sauuncltcn  Stellen. 
25)  ••  diese    Vorstellung  weiter   ausgeführt  im  EvangeL  Nicod. 
cap.  18  IT. 


Vierte«  Kapitel.    %.  132.  507 

808  letEtere  hervorgebracht;  wie  denn  Markos,  den  Lnkii8 
I>leich8ani  amlegend,  den  Hauptmann  dadurch,  dafs  Jesus 
iii^if}  üQa^ag  i^hcvBvatVj  su  dem  Animf :  o  av9g(tmog  mag 
vioQ  Tjv  d-tOy  veranlafst  werden  Ififst  (V.  390*  Bei  Lukas 
nun,  der  als  die  letsten  Laute  Jesu  ein  Gebet  giebt,  ist 
wohl  etwa  su  begreifen  ,  wie  durch  dieses  erbauliche  Ende 
der  Hauptmann  eo  einer  vortheiihaften  Ansicht  von  Jesu 
gebracht  werden  mochte:  wie  hingegen  aus  dem  Verschei- 
den rn^t  lautem  Geschrei  auf  die  Würde  eines  Gottessohns 
geschlossen  werden  konnte ,  will  auf  keine  Weise  einleuch- 
ten. Die  passendste  Beziehung  aber  glebtjdpm  Ausruf 
des  Centurio  Matthäus,  welcher  denselben  durch  das  Erd- 
beben und  die  fibrigen  VorftUe  bei'm  Tode  Jesu  voran« 
lafstsein  Ifflst:  wenn  nur  nicht  die  historische  Realität  dieser 
Rede  des  Hauptmanns  mit  der  ihrer  angeblichen  Veran- 
lassungen stände  und  fiele.  In  der  Angabe  der  Worte 
des  Centurio  hingegen  hat  hinwiederum  Lukas  die  histo- 
rische Wahrscheinlichkeit  besser,  als  seine  beiden  Vor- 
männer, beobachtet.  Denn  Jesum  als  viog  9ih  erklärt  im 
indischen  Sinne  hat  der  römische  Krieger  schwerlich:  er 
konnte  es  nur  im  Sinne  der  heidnischen  Göttersengungen ; 
ia  diesem  Sinne  aber  melden  die  Evangelisten  wenig- 
stens seinen  Ausspruch  nicht,  sondern  sie  wollen  hier 
.aelt>8t  einen  Helden  f&r  die  Messian^tät  Jesu  seugen  las- 
sen: wogegen,  dafs  er,  wie  Lukas  berichtet,  Jesom  als 
qvO^Qfonog  dlxaiog  bezeichnet  hätte,  an  aich  wohl  möglich 
i^re,  wenn  nicht  mit  der  ganzen  Darstellung  der  Kreu- 
siguugs-  und  Todesscene  auch  dieser  Schlufstein  dersel- 
ben verdächtig  wärde  —  zumal  bei  Lukas,  der  zu  dem 
Eindruck  auf  den  Hanpfmann  noch  den  auf  die  übrige 
Volksmenge  fügt,  und  diese  mit  Zeichen  der  Reue  und 
Trauer  in  die  Stadt  zurllcU kehren  läfät,  ein  Zog,  \%eicher 
nicht  sowohl  anzugeben  Scheint,  \yas  die  Juden  wirklich 
empfunden  und  gethan,  als  \%us  sie  nach  christlicher  Au- 
•icht  hätte  thuu  und  empfinden  sollen. 


508  Dritur  Abschnitt. 

§•     133. 
Der  LsiueBstich  in  die  Seite  Jesu. 

Während  die  Synoptiker  Jetum  Ten  der  Ufa  bnmrj^ 
d.  h.  MaohmittagsSUhr,  wo  er  verschied,  bb  sa  Aatotpia^ 
d.  h.  wohl  bis  gegen  6  Uhr  Abends,  am  Kreuze  hfingea 
lassen,  ohne  dafs  welter  etwas  mit  ihm  vorgienge:  schiebt 
der  vierte  Evangelist  eine  merftwfirdige  Zwisehensceae  ein. 
Nach  ihm  baten  nftmlieb  die  iTaden,  om  en  veriifiten,  dab 
nicht  doroh  das  Httngenbleiben  der  Gekreuzigten  der  be- 
vorstehende besonders  heilige  Sabbat  entweiht  würde,  den 
Proonrator,  es  möchte  durch  Zerschlagung  der  Beine  ihr 
Tod  beschleunigt,  und  sie  sofort  abgenommen  werden. 
Die  hiezu  beauftragten  Soldaten  vollzogen  diefs  an  den  bei- 
den neben  Jesu  gekreuzigten  Verbrechern:  wie  aie  aber 
an  Jesu  die  Zeichen  des  bereits  eingetretenen  Todes  bemerk* 
ten,  hielten  sie  bei  ihm  ein  solches  Vornehmen  fiSr.Ab^r« 
flüssig,  und  begnügten  sieh,  In  seine  Seite  einen  Speerstteh 
SU  machen,    worauf  Blut  und  Wasser  haransfiofs  (19,  31 

— 370- 

Diese  Thatsanhe  wird  gewöhnlich  als  Hanptbeleg  fir 
die  Wirklichkdt  des  Todes  Jesu  angesehen,  ond  im  Ver- 
hftltnifs  zu  ihr  der  aus  den  SynoptÜLern  zu  fbhrende  Be- 
weis fflr  unzulänglich  gehalten.  Nach  derjenigen  Rech* 
jinng  nffmlich,  welche  den  Iffngsten  Zeitraum  giebt,  der  des 
Markus,  hleng  Jesus  von  der  dritten  bis  neunten,  also  0 
Stunden,  am  Kreuze,  ehe  er  starb;  wenn,  wie  Manchen 
wahrscheinlich  gewesen  ist ,  bei  den  beiden  andern  Synop- 
tikern die  mit  der  sechsten  Stunde  eingetretene  Finstemila 
zugleich  den  Anfang  der  Kreuzigung  bezeichnet ,  so  bieng 
nach  ihnen  Jesus  nur  drei  Stui^den  lebend  am  Kreuze^ 
und  wenn  wir  bei  Johannes  die  jüdische  Stundenzihlnng 
voraussetzen,  und  ihm  die  gleiche  Ansicht  vom  Zeitpuniite 
des  Todes  Jesu  zuschreiben :  so  müfste ,  da  er  um  die  , 
seohste  Stunde  den  Pilatos  erst  das  Urtheil  sprechen  Ififsr, 
/esos  nach  nichi  viel  über  zwei  Stunden  Kreuzigung  b^ 


^    Vierted  Kapitel.    $.  ti\.  Sft9 

reits  gestorben  sein.     So  schnell  aber  tödtet  die  Kreosigang 
tonst  nicht :   was  theÜs  aas  der  Natar  dieser  Strafe ,  wel- 
che nicht  durch  starke  Verwandang  ein  schnelles  Verbla- 
sen,   sondern   mehr  nar  durch  Ausspannung  der  Glieder 
ein  allmähliges  Erstarren  hervorbringt,  sich  ergiebt ;   theila' 
aus  den  eigenen  Ärtgaben   der  Evangelisten  erhellt , .  nach 
welchen  Jesus  unmittelbar  vor  dem  Äugenblicke,    den  sie 
fBr  den  letzten  hielten,'  noch  Kraft  snm  lauten  Rufen  hat- 
te,  auch  die  beiden  Mitgekreusigten  nach  jener  Zeit  noch 
am  Leben  waren;   theils  endlich  durch  Beispeile  von  sol- 
chen sa  belegen  ist,  welche  mehrere  Tage  lebend  am  Kreuz 
Bugebracht  haben,  and  erst  durch  Hungere,  dgl.  allmfihligge- 
t5dtet  worden  sind  ^).   Daher  haben  Kirchenväter  und  ältere 
Theologen  die  Ansicht  aufgestellt,  Jesu  Tod,  der  auf  na- 
tfirlichem  Wege  noch  nicht  so  bald  erfolgt  sein  würde,  sei 
auf  fibernatQriiche  Weise,  entweder  durch  ihn  selber,  oder 
durch  Gott,    beschleunigt   worden  ^;    Ärzte  und  neuere 
Theologen  haben  sich  auf  die  gehäuften  körperlichen  und 
Seelenleiden   berafen,    welche  Jesos  den  Abend  and  die 
Nacht  vor  seiner  KreasEigung  eu  dulden  hatte  *)  :  doch  auch 
sie  lassen   noch   die  Möglichkeit   offen,    dafs,    was   den 
Evangelisten  der  Eintritt  des  Todes  schien,  nur  eine  durch 
Stockung  des  Blutumlaufs  herbeigeführte  Ohnmacht  gewe- 
sen sei ,  und  erst  der  Speerstich  in  die  Seite  den  Tod  Je- 
sa  entschieden  habe. 

Doch  eben  fiber  diesen  Speerstich,  über  den  Ort,  an 
welchem,  das  Instrament,  durch  welches,  ond  die  Art  and 
Weise,  wie  er  beigebracht  worden,  fiber  seinen  Zweck  und 


i)  Das  Hiehergeh)5rige  findet  sich  zusammengestellt  bei  Paulus, 
exeg.  Htndb.  i,  b,  S.  781  ff. ;  Wikkr,  bibl.  Healw'drterb.  1, 
S.  672  ff.;  aad  Oisi,  ^  ^^• 

S>  Jeaes  TertulUsn,  dielet  Grotivs,  s.  bei  Paulus,  S.  784,  Amn. 

S)  80  Gaunia  u.  A.  bei  Paulus,  S.  782  ff.    Hasi,  a.  a.  0. 


570  Dritter  /kbiohnitt. 

•eine  Wlrkang,  waren  ron  jeher  die  Meinangen  «ehr  ver- 
•ehieden.     Das  Instrument   becelchnet   der   Erangeltst  alt 
eine  Xoyx^^  was  ebensogut  den  leichteren  Wurfspiefs,  als 
die  schwere  Lance  bedeuten   liann :  so  dafs  wir  über  den 
Umfang  der  Wunde  im  Ungewissen  bleiben.   Die  Art,  wie 
die  Wunde  beigebracht  wurde,  beschreibt  er  durch  rvaasiv : 
diefs  bedeutet  aber  bald  eine  tödtliehe  Verwundung,   bald 
ein  leichtes  Ritsen ,   fa  einen  Stols,  der  nicht  einmal  Blut 
giebt;    wir  wissen  also  nicht,   wie  tief  die  Wunde  gieng: 
wiewohl ,  wenn  Jesus  nach  der  Auferstehung  deh  Thomai 
in  die  NXgelmahle  swar  den  Finger,  in,  oder  auch  nur  au 
die  Seitenwunde  aber  die  Hand  legen  l&fst  (Job.  30,  27.)» 
der  Stich  eine  bedeutende  Wunde  gemacht  su  haben  scheint. 
Doch  daliei  liommt  es  vor  Allem  noch  auf  die  -Stelle  der 
Verwundung  an*    Diese  bestimmt  Johannes  als  die  nXevQGf 
wo  freilich,   wenn  der  Stich  an   der  linkeu  Seite  swischea 
den  Rippen  bis  in  das  Hers  drang,  der  Tod  unausbleiblich 
erfolgen  mufste :  'allein  jener  Ausdruck  kann  ebensowohl 
die  rechte  Selie  als  die  linke,  und  an  beiden  jeden  Ort  vom 
der  Schulter  bis  sur  Hofte  bedeuten.     Die  meisten  dieser 
Punkte  wttrden  sich  freilich  von  selbst  bestimmen,  wenn 
die  Absicht  des  Kriegers  mit  dem   Lansenstich  gewesen 
wäre,  Jesum,  sofern  er  noch  nicht  gestorben  wXre,  eu  tod- 
ten;  denn  in  diesem  Falle  wttrde  er  ohne  Zweifel  am  tödt- 
iichsten  Plata  und  so  tief  wie   möglich  gestochen  haben. 
Allein  diese  Absicht  ist  Eweifelhaffc,   und  ,der  Zusammen- 
hang der  Stelle  scheint  ehei:  daffir  eu  sprechen,   dafs  der 
Soldat  durch  den  Stich 'vorerst  nur  erforschen  wollte,  ob 
der  Tod  wirklich  schon  eingetreten   sei,  was  er  aus  dem 
HervorfiUefsen  von  Blut  und  Wasser  aus  der  Wunde  sicher 
abnehmen  nu  können  glaubte. 

Aber  freilich  über  diese  Folge  des  Speerstichs  ist 
man  am  allerwenigsten  einig.  Die  KirchenvSter  haben,  ia 
Betracht,  dafs  aus  Leichen  kein  ßlut  mehr  fliefse,  in  dem 
aus  Jesu  Leichnam  hervorgequollenen  cdftcc  xoc  vdwQ  ein 


VUrt«!  Kapitel»    S-  ISS.  571 

Wander,  ein  Z^eichen  ^ner  hohem  Natur,  gefimden*). 
Neaere,  Ton  der  gleichen  Erfahrung  ausgehend,  haben  in 
dem  Ausdruck  eine  Hendiadys  gesehen,  und  denselben  von 
noch  flfissigem  Blute,  einem  Zeichen  des  noch  nicht,  oder 
doch  eben  erst,  erfolgten  Todes,  verstanden  ^),  Da  jedoch 
das  Blut  fttr  sich  schon  ein  Flfissiges  Isf,  so  liann  das  £a 
cipiix  gesetzte  vd(OQ  nicht  blofs  den  flttssigen  Zustand  toh^ 
jenem  bedeuten,  sondern  mufs  eine  besondere  BeimischuQjj 
I>e2eichnen,  welche  das  aus  der  Wunde  Jesu  fliefsende 
Blut  ^enthielt.  Um  sich  diese  zu  erkUren,  und  zugleich 
die  möglichst  sichere  Todesprobe  eu  bekommen,  sind  An« 
dere  auf  den  Einfall  gerathen,  das  dem  Blute  beigemisch- 
te Wasser  sei  wohl  aus  dem  von  der  Lanze  getroffenen 
Herzbeutel  gekommen,  in  welchem  sich,  namentlich  bei  sol- 
ehen,  die  unter  starker  BeAngstigntig  sterben,  eine  Quan- 
tität FlQssigkeit  sammeln  soll<^.  Allein  ausserdem,  dafs 
.das  Eindringen  der  Lanze  in  das  Pericardium  blofse  Vor- 
aussetzung ist,  so  ist  theils,  wo  keine  Wassersucht  statt- 
findet, das  Quantum  jener  FlQssigkeit  so  gering,  dafs 
Ihr  Ausflufs4iicht  in  die  Augen  fiele;  theils  ist  es  nur  ein 
einziger  kleiner  Fteck  vorn  an  der  Brust^  wo  das  Pericar- 
dium so  getroffen  werden  kann,  dals  eine  Entleerung  nach 
aussen  möglich  ist:  in  allen  andern  Füllen  wOrde,*  was 
ausfliefst,   in  das  innere  der  Brusthöhle   sich  ergiefsen^. 


4)  Orig.  C.  Cell.  3,  36:  rSv  fthv  Sr  aZ2»r  me^Sr  at^fithtay  vo 
aifia  n^yntTatf  nal  Vä»^  xa^a^or  in  anof^eX'  t«  dh  nara  rov 
'IijaSv  rfXfiS  ctSjuaros^  ro  na^ädo^ov  ^  ttai  nt^i  to  vtxqov  atafta 
^  ai/ta  9a\  €^wq  ano  rwr  nZiVQwy  nQOXvS^r^  Vgl.  Euthymiiis 
Z«  d.  St«:  |j»  rtXQH  ya(f  ^9-^cSna j  xar  /uvQtdxti  rö^fi  n^,  3m 
li^ZtifciTai  al/ua*  dntdfvhg  tSto  ro  n^ay/ia^  xal  r^aviSs  dtddo^ 
»ovy    Srt  vnhQ  Sr^Qumor  S  rvyfk» 

5)  ScKUSTBit,  in  Eichkorb's  Bibl.  9,  S.  1036  iF. 

6)  Gruhsk,  Coqud.  de  mortc  J.  Chr.  vera,  p,  47. 

7)  VgL  Uasi,  a.  a.  O. 


572  Dritter   Äbachaitt. 

Ohne  Zweifel  geht  vielmehr  der,  Evangelist  von  d^  bei 
jeder  Aderlässe  sn  machenden  Erfahrungr  aus,  daf«  das 
Biot,  sobald  es  anfgehört  hat,  im  Lebensprocesse  begriffen 
Bu  sein,  sioh  in  Blutkuohen,  pJactfäay^unA  Blntwasser, 
serumj  zu  Eersetsen  anfängt,  und  will  nun  daraus,  daCi 
am  Blute  Jesu  sich  bereits  diese  Scheidung  geeelgt  habe, 
dessen  wirklich  erfolgten  Tod  beweisen^.  Ob  nun  aber 
dieses  Ansfliefsen  von  Blut  und  Wasser  in  bemerkbarer 
Sonderung  eine  mögliche  Todesprobe  ist,  ob  Hase  und  Wi^ 
HER  recht  haben,  wönn  sie  behaupten,  bei  tieferen  Ein- 
schnitten in  Leichen  quelle  bisweilen  das  so  eersetste  Blut 
heraus,  oder  die  Kirchenv&ter,  wenn  sie  diefs  ffir  so  un- 
erhört hielten,  dafs  sie  es  bei  Jesu  als  ein  Wunder  anse* 
hen  SU  mfissen  glaubten,  ist  noch  eine  andere  Frage.  Mir 
hat  ein  ausgezeichneter  Anatom  den  Stand  der  Sache  fol- 
gendermafsen  angegeben.  Ffir  gewöhnlich  pflegt  binnen 
einer  Stunde  nach  dem  Tode  das  Blut  in  den  Geftisen  au 
gerinnen,  und  sofort  bei  Einschnitten  nichts  mehr  aosicn- 
fliefsen;  nur  ausnahmsweise,  bei  gewissen  Todesarten, 
wie  Nervenfieber,  Erstickung,  behilt  das  Blut  im  Leich- 
nam seine  Flüssigkeit.  Wollte  man  nun  den  Tod  am  Krens 
etwa  unter  die  Kategorie  der  Erstickung  stellen,  —  was 
Jedoch  wegen  der  langen  Zeit,  welche  die  Gekreusi^tea 
oft  noch  am  Leben  blieben,  und  bei  Jesu  insbesondere, 
weil  er  ja  bis  snletst  gesprochen  haben  soll ,  unthunlich 
scheint;  oder  wollte  man  annehmen,  so  bald  schon  nach 
dem  Augenblicke  des  Todes  sei  der  Stich  in  die  Seite  erfolgt, 
dafs  er  das  Blut  noch  flOssig  fand,  —  was  den  Berichten 
unangemessen  ist,  welchen  snfolge  Jesus  schon  Nachmit- 
tags drei  Uhr  gestorben  war,  die  Leichen  aber  erst  Abends 
6  Uhr  abgenommen  sein  mufsten :  so  wäre,  wenn  der  Stich 
ein  gröfseres  BlntgefKfs  traf,  Blut,  aber  ohne  Wasser,  aus- 
geflossen ;  war  aber  der  Tod  Jesu  vor  etwa  einer  Stunde 


8)  VViMiR^  a.  a.  O. 


Viertes   Kapitel.    $•  13S.  ,  57S 

erfolgt^  und  sein  I^fchiuim  Im  gewöhnlichen  Znstande:  so 
flofs  gar  nichts  aua.  Also  entweder  Blut,  oder  nichts: 
Wasser  and  Blut  in  keinem  Falle,  weil  sich  aerum  und  pla* 
centa  in  den  GefKfsen  des  Leichnams  gar  nicht  so  sondert, 
wie  im  Geschirre  nach  der  Aderlfisse«  Schwerlich  also  hat 
der  Urheber  dieses  Zugs  im  vierten  fivangeliam  das  alfia 
xtre  vdü)Q  selbst  aus  der  Seite  Jesn  als  Zeichen  des  erfolg- 
ten Todes  kommen  sehen :  sondern  weil  er  bei  BlotUssea 
schon  jene  Scheidung  im  ersterbenden  Blute  gesehen  h*t- 
te,  und  ihm  anlag,  eine  sichere  Probe  für  den  Tod  Jesu 
SU  bekommen ,  liefs  er  aus  dessen  verwundetem  Jjeichnam 
jene  geschiedenen  Bestandtheile  kommen. 

Dafs  sich  diefs  mit  Jesu  wirklich  sugetragen  habe, 
und  sein  Bericht  davon,  als  auf  Autopsie  gegründet,  eo« 
Yerlfissig  sei,  versichert  fibrigens  der  Evangelist  aufs  An« 
gelegentlichste  (V.  35.)*  Nach  Einigen  defswegen^  om  do- 
ketische  Gnostiker,  welche  die  wahre  Leibliebkeit  Jesu 
llugneten,  zu  widerlegen  ^ :  allein  wozu  dann  die  EiHvKh« 
nnng  des  v3ü}q1  Nach  Andern  wegen  der  merkwürdigen 
ErfOllung  zweier  Weissagungen  durch  Jenes  ^Vornehmen  mit 
der  Leiche  Jesn  ^^:  aber,  wie  LOcks  selber  sagt,  wenn 
allerdings  auch  sonst  Johannes  selbst  in  Nebenpunkten  •{• 
ne  Erfüllung  der  Schrift  sucht,  so  legt  er  doch  nirgend« 
•in  so  ausserordentliches  Gewicht  darauf,  wie  er  hier  nach 
dieser  Auffassung  tbnn  würde.  Daher  scheint  es  immer 
noch  die  natürlichste  Annahme  zu  sein,  dafs  der  Evangelist 
durch  jene  Versicherungen  die  Wahrheit  des  Todes  Jesu 
bekräftigen  wolle  ^%  die  Hinweisnng  auf  die  Schrifterfül* 
Inng  aber  nur  als  weiteren,  erläuternden  Znsatz  beifüge« 
üer  Mangel  einer  historischen  Spur,  dafs  schon  zur  Zeit 
der  Abfassung  des  Johanneischen  Evangeliums  der  Verdacht 


9)  WsTSTinr  und  Ouiuvlsir,  z.  d.  St.;  rgL  Hasi,  a.  a.  O, 

10)  LCcKB,  z.  d.  St. 

11)  so  Lcss,  Aoferstehungsgetcbiclite,  S.  95  f*    Tmoi.ucx  z.  d.  St. 


574  Dritter  Absobnitt. 

eineß  Scheintods  Jesu  rege  gewe»oii>  beweist  bei  der  Man- 
gelhaftigkeit  der  Nachrichten,   die   nns   Ober  jene  Zeit  so 
Gebote  stehen,  nicht,  dafs  ein  so  nahe  liegender  Verdacht 
nicht  wirl&iich  in  dem  Kreise,   in  welchem   das  gt^nannte 
£vangeliam  entstand,  ea  bekämpfen  gewesen  ist,  und  daCi 
dasselbe  nicht,   wie  sar   Mittheiiang  von   Anferstehvngs- 
proben,    so  aach  eine  Todesprobe  mitsatheilen  Teranlafst 
gewesen  sein  Itann  ^^«    Ist  doch  ancb    schon  im    Evango- 
linm  des  Marlias  ein  fibnliches  Bestreben  sichtbar.    Wenn 
dieser  von  Pilatos,  als  Joseph  sich  den  Leichnam  Jean  ans» 
bat,  sagt:  i^av(iaaev^  «2  r^dij  ze&vfjxe  (V;  44.):   »o  Jaotet 
diefs  ganz,  als  wollte  er  dem  Pilatus  eine   Verwanderang 
leihen,   die  er  von  manchen  seiner  Zeitgenossen  Ober  drn 
so  gar  schnell  erfolgten  Tod  Jesu  mufste  äussern   h^ren, 
und  wenn  er  sofort  den  Procnrator  von  dem  Centnrio  si- 
chere Kundschaft  einziehen  läfst,  dafs  Jesus  nalai  ani^ 
^ceve:  so  scheint  er  mit  der  Bedenklichbelt  des  Pilatus  zu- 
gleich die   seiner  Zeitgenossen  beschwichtigen  zu  wellen; 
wobei  er  aber  von  einem  Lanzenstiche  nichts  gewufst  ha- 
ben kann,  sonst  hätte  er  ihn,  als  die  sicherste  Bfirgaehaft 
des  wirklich  erfolgten  Todes,  nicht   unerwähnt  gelassen: 
so  dafs   die   Darstellung    bei  Johannes  als  weitere  Ausbil- 
dung eines  schon  bei  Markus  sichtbaren  Triebs  der  Sage 
erscheint. 

Diese  Ansicht  von  der  jbhanneischen  Erzählung  wird 
auch  noch  durch  die  Anführung  A.  T.licher  Weissagungen 
bestätigt,  welche  der  Referent  in  diesem  Vorgang  erfollt 
sieht*  in  dem  Lanzenstiche  sieht  er  die  Erfüllung  von  Zacb. 
12, 10.,  wo  das  von  Johannes  richtig  und  besser  als  von  der 
LXX«  fibersetzte :  rpi^  '^(ff^  n»  ^Sk  ^tD''5n]  von  Jehova  eu 
den  Israeliten  geredet  ist,  in  dem  Sinne,  dafs  sie  an  ihn, 
>den  sie  so  schwer  gekränkt,  sich  einst  wieder  wenden  wlr- 


12)  Vgl,  iUxssR,  bibl.  Theo!.  1>  S.  253«. 


Viertes  Rapftel.    $.  133.  875 

den  *-^.  ht  schon  das  "p^,  durchbohren,  etwas,  das,  ei- 
gentlich gefafst,  eher  gegen  einen  Menschen,  als  gegen  Je- 
liova  scheint  unternommen  werden  zu  können,  und  wird 
diese  Deutung  durch  die  abweichende  Lesart:  vSk^  nn- 
terstötst :  so  piufste  das  Folgende  in  dieser  Auffassung  be- 
sUirken ,  da  nun  in  der  dritten  Person  fortgefahren  wird : 
und  sie  werden  um  ihn  klagen ,  wie  um  ein  einsiges  Kind 
und  um  einen  firstgeborenen.  Daher  wurde  diese  Stelle 
von  den  ttabbinen  auf  den  Messias  ben  Joseph  gedeutetj 
welcher  im  Kriege  Tom  Schwert  durchbohrt  werden  soll« 
te  ^^) ,  and  von  Christen  konnte  sie ,  wie  so  manche  Stel« 
len  in  UnglOckspsalmen ,  auf  ihren  Messias  besogen  wer- 
den ,  Indem  das  Durchbohren  sanfiehst  vielleicht  entweder 
tropisch,  oder  von  dem  Durchnageln  der  Hände  (und  Föfse) 
b  J  der  Kreuzigung  verstanden  wurde  (Vgl.  Offenb.  1,  7.)> 
his  endlich  einer,  der  eine  zuverlässigere  Todesprobe,  als 
die  Kreuzigung  an  sich  ist,  zu  haben  wünschte,  es  Als 
ein  besondres  Durchbohren  mit  der  Lanze  fafste« 

Ist  ans  den  zusammentreffenden  Interessen,  eine  To- 
desprebe, und  eine  buchstäbliche  fii^fOUnng  der  Weissa- > 
gang  SU  gewinnen ,  der  Zug  mit  dei^ Lanzenstich  hervor- 
gegangen: ßo  gehört  das  Übrige  nurlenr  Motivirnng  die* 
MOS  Zages.  Ein  Stich  als  Todesprobe  war  nur  nöthig,  wenn 
Jesus  frühzeitig  vom  Kreuz  abgenommen  werden  sollte^ 
was  nach  jüdischem  Gesetze  (5.  Mos.  21,  22.  Jos.  8,  29.  10, 
Wf.^--  eine  Ausnahme  2.  Sam.  21,  6  ff.)  *^)  jedenfalls  vor 
Piacht,  Insbesondere  aber  diefsmal,  was  Johannes  allein 
her  Aushebt,  vor  Anbruch  des  Paschafestes,  geschehen  mofs- 
te.     War  Jesns  ungewöhnlich  schnell  gestorben,  und  soll« 


iS)  RosaimCtLiR,  Schol.  in  V.  T.  7,  4,  p.  340. 

14)  8.  bei  RosixmBllir,  z.  d.  St.  Scutfn^SN,  2y  p.  221.  Bsrtroldt, 
^.  17,   not.  12. 

15)  vgl.  Joseph,  b.  h  4,  5.  2.    Sanhedrin  6,  5.   bei  Li^anoor, 
p.  499. 


576  Djrltter  Abflchnift. 

ten  doah  aaeh  die  beiHen  mit  ihm  GekareaKigten  abgmom« 
men  werden:  so  rnuiste  man  bei  diesen  den  Tod  gewalt- 
sam beschleunigen;  was  etwa  durch  das  crurifragium  ge« 
schehen  konntei  welches  sich  auch  sonst,  tbeils  in  VerliiB- 
dnng  mit  der  Kreaeigang ,  theils  als  Todesstrafe  fdr  sick, 
findet  ^%  Da  dlefs  an  dem  bereits  gestorbenen  Jesus  nicht 
Bu  geschehen  brauchte ,  so  gab  die(s  sur  Anwendung  des 
ogSv  ä  üvnQlipete  äii  avrS  ans  dem  Pascharitnal ,  2  Mos. 
12,  42.  LXX ,  um  so  mehr  Veranlassung ,  als ,  wie  schon 
frfiher  bemerkt ,  der  getödtete  Jesus  mit  de»  Pascha isam 
verglichen  zu  werden  pflegte« 

S.    1S4. 

BegrKbnist  Jesu. 
Während  der  Leichnam  Jesu  nach  römischer  Sitte  am 
KreuB  hätte  hängen  bleiben  mfissen ,  bis  Witterung^  VSgel 
und'  Verwesung  ihn  Versehrten  ^) ;  nach  jüdischer   aber 
vor  Abend  abgenommen  y  auf  dem  unehrlichen  Begr&bnifs* 
^  platze  der  Hingerichteten  ?erscharrt  worden  wäre  ^:  erbst 
sich  den  evangelischen  Nachrichten  sufolge  ein  snges^e* 
iier  Anhänger  des  Getödteten  vom  Procurator  seinen  Ldch* 
iiam,  der  ihm  nach  römischem  Gesetse  ^  nicht  verweigert, 
sondern  alsbald  verabfolgt  wurde  (Matth.  27,  ,57.  paraU.> 
Dieser  Mann,  welchen  alle  Evangelien  Joseph  nennen,  und 
von  Arimathäa  stammen  lassen ,  war  nach  Matthäus  ein 
reicher  Mann  und  SchOler  JesU|  doch  dlefs,  wie  Jokannes 
hlnsuftigt,    blols  heimlich,  gewesen;  die  beiden  mittleren 
JBvangelisten  bezeichnen  ihn  als  ein  ehrenwerthes  Mitglied 
des  hohen  Ratbes,  als  welches  er  flbrigens,  wie  Lukas  be« 
merkt ,  zu  der  Verurtheilung  Jesu  seine  Stimme  nieht  ge- 


J6)  s.  WsTSTSiN  und  Lücke  z,  d.  St. 

1)  Vgl.  WiMR,  1,  S.  802. 

2)  Sanhedrin,  bei  L^GurrooT,  p.  499. 

3)  ülpian.  48,  24,  1  ff. 


Viertes  KapileL    $.134.  677 

geben   bette  >   und  ^lassen  Ihn  raessianiacben  Erwartnngen 
sngetbaii  sein.     Uafa  wir  hier  eine  alioifihlig  in*a  Beatimm- 
tere  aaagearbeltete   PersonalbezeichDong  haben,    f&Ut  in 
die  Angeo.    Im  ersten  ETangeiiam  ist  Joseph  ein  Scbilier 
Jesu  -«  nnd  daa  mnfs  wohl  derjen^e  gewesen  aein,   der 
aich  nnter  ao  nngünatigen  Uknstftiiden  nieht  sohente,  seines 
lieiehnams  sich  anssunehmen ;  tiäfa  er  nach  demselben  Etan* 
gelinm  ein  äv^Qwnog  nkoaiog  gewesen  sein  soll,  Mfst  sehen 
an  Jes*  53,  9.  denken ,  wo   es  lieibt :  Ytlp  ü'jW^T^t^  W^ 
Trb3  'y0Jl'^^^3  was  mdgUeherwelse  von  einem  Begräbnifs 
bei  Reichen  verstanden^  nnd  so  die  Quelle  wenigstens  von 
diesem  Pr&dieate  des  Joseph  von  Arimattilia  werden  bonn« 
te.    Dafa  er  messianisehen  Ideen  ergeben,  war,  was  Lnhaa 
nnd  Markus  binsuftigen ,  folgte  ans  seinem  Verhältnisse  zu 
Jesu  von  selbst;  dafs  er  ein  ßalewijg  gewesen,   was  die« 
selben  Evangelisten  versiobern,    ist  freilich  eine  neue  N#« 
tis:    dafs  er   aber  als  solcher  nicht  in  die  Vemrtheiliing 
JesB   eingestimmt  haben   iLonnte,  ergab  sich  wieder  von 
selbst;    endlich ,  dafs  er  seine  Anhänglichkeit  an  Jesum 
bisher  geheim  gehalten,  was  Johannes  anmerkt,  hängt  mit 
der  eigenthfimiichen   Stellung   zusammen,    welche   dieser 
Evangelist  gewissen   vornehmen  Anhängern,   wie  nameni« 
lieh  dem  im  Folgenden  dem  Joseph  beigesellten  Nikode« 
mns,  zu  Jesu  giebt:  so  dafs  nicht  eben  angenommen  wer« 
den   mufs,  was  J^der  folgende  Evangelist  weiter  als  der 
vorhergehende   giebt,  beruhe  auf  eben   so  vielen  histori- 
schen Notizen,  die  er  vor  den  übrigen  voraus  hatte. 

Während  die  Synoptiker  die  Bestattnng  Jesu  durch 
Joseph  allein  verrichten ,  nnd  nur  noch  die  Frauen  zn- 
aehen  lassen,  fühH  Johannes  als  Gehflifen  dabei,  wie 
gesagt,  den  Nikodemns  auf;  eine  Notiz,  über  deren  Ver- 
läfsiichkeit  schon  eben,  wo  Mikodemus  zum  erstenmal 
vorkam ,  gehandelt  werden  ist  ^«    Dieser  bringt  zum  Be« 


4)  1.  Band^  §.  70. 

Das  Lehtn  Jesu  2t§  Aofl.  3.  -Hamf.  37 


578  Dritter  Absohnitt. 

Irafe  der  Einbalia«iruji|[  Jetu  Speoereleo,  nlmlieh  eine  Mi* 
firhaDg  voa  Myrrhen  und  AJoS ,  in  der  Quantität  Ton  na- 
gefKhr  100  Pfänden ,  berbeL    Vergeblich  bat  man  «loh  be* 
mCiht ,   d^m  von  Johannes  hier  gebrauehtan  ^V^  die  Be- 
deatang  des  iateinbohen  Iura  sa  entsieben  ,   und  die  einee 
Heineren  Gewichtes  untersosehieben  ^)$    iodefs  möge  fbr 
jene  anlfallend  grobe  Quantität  einstweilen  die  Bemerkaog 
Olshausbn*s  genfigen,  dals  das  Ubermafs  natflriicher  A«e- 
druck   der  Verehrung  Jener  Männer  fkr  Jetvui  geweeen 
sei.    Im  [yievten  firangelinm   voUiuebeo  nun  gleich   naoh 
der  Krensabnahme  die  beidea  Männer  die  Einbalsamirang[ 
nach  jfidischer  Sitte,    indem  sie   den   Leichnam  mit  den 
Specereien  in  LeiatQcher  wickein;    bei  Lukas  sorgen  die 
Frauen  nach  ihrer   Heimkehr  Tom  Grabe  Jesu  ffir  Speee» 
reien  und  Salben ,    um  nach  dem  Sabbat  die  fiinbalsami- 
rung  yorsnnehmen  (23,  56«  24,  1.);  bei  Markos  kaufen  sie 
die  aq^ifiara  erst  nach  Verflufs  des  Sabbats  (16|  1.) ;    bei 
Matthäus  aber  ist  von  einer  Einbaisamirung  des  Leichnam« 
Jesu  gar   nicht,   sondern  nur  von  Ein  Wickelung  in  reine 
Leinwand  die  tlede  (27,  59.)« 

Hier  hat  man  snerst  die  DifiTerens  Kwischen  Markos 
und  Lukas  in  Beeng  auf  die  Zeit  des  Einkaufs  der  Spe-> 
cereien  dadurch  ausgleichen  su  können  gemeint,  dafs  man 
den  einen  von  l>eiden  Referenten  auf  die  Seite  des  andern 
herObersog»  Am  leichtesten  schien  Markus  nach  Lukas 
umgedeutet  werden  su  können,  durch  die  Annahme  einer 
enallage  lemparum ,  indem  sein  vom  Tage  nach  dem  Sab- 
^bat  gesagtes  f^yogaacev^  als  Plnsquamperfectum  genommen, 
dlEisselbe  eu  sagen  schien,  wie  des  Lukas  Angabe ,  .dafs  die 
Frauen  schon  vom  ßegräbnifsabend  her  die  Specereien  in 
Bereitschaft  gehabt  haben  ^).  Allein  gegen  diese  Ausglel« 
ehung  ist  bereits   vom   Wolfenbttttler   Fragmentisten   mit 


5)  MicHAKus,  Begräbnist  -  und  Auferstehniigsgeschiclite,  S.  68 1t» 

6)  So  Grotius;   Lsss,  Aufer  stehnngsgescliichte,  S.  165* 


Vierten  KapiteL    i.  1S4.  ST» 

ft{egi*eleheiii  UnwiUen  bemerkt  worden ,  ilefs  der  ctvtgcben 
eine   Zeitbestimmung   and   die  Angabe  eines  Zwecke  hin* 
eingestellte  Aorist  nnmdglich   etwas  Anderes  ^   als  das  nm 
|ene  Zelt  so  diesem  Zwecke  descbehene,  also  hier  das  swi* 
sehen  diayevofiiva  ra  aaßßdzB  and  %va  ik&öaai  aleltfftoaiP 
mzov  gestellte  rjyoQuoav  ägiifiaTa  nur  einen  nach  Verflols 
des  Sabbats   Torgenommenen   Einkauf  bedeute^   könne  ')•  - 
Daher  hat  Michaelis  ^   welcher  die   Widerspmcbslosigkeit 
der    Begräbnifs-  und    Anferstehongtgeschichte  gegen    die 
Angriffs  des  Fragmentisten  sn  retten  untemabmi  sich  auf 
die  andere  Seite  geschlagen,  und  den  Lukas  dem  Markos 
sn  conformiren  gesncht.    Wenn  Lukas  schreibt:  inogqi^ 
tpaaai  di  ^ol^aaav  aQWficcva  xal  fivQai   so   soll  er  damit 
siebt  sagen  wollen,   dals  sie  unmittelbar  nach  der  Rück- 
kehr, also  noch  am  Begrlbnifsabend,    diese  Einkäufe  ge- 
macht hätten:  ?ielmehr  durch  den  Zusats:  xal  tofih  aaß'» 
ficevov  ^avxßaav  xccia  t^v  ivroX^^  gebe  er  selbst  bu  verste- 
hen, dafs  es  erst  nach'  Veriluls  des  Sabbats  geschehen  sei,  da 
swisehen  ihrer  Ruqkkehr  vom  Grab  und  dem  Anbruch  des 
Sabbats  mit  6  Uhr  Abends  keine  Zeit  sum  Einkaufen  mehr 
ibrig    gewesen    war")*     Allein,    wenn  Lukas    swischen 
inogqk\paoat  und  ^aii^o^acry  sein  rj%olfiaG(;iv  stellt :  so  kann 
diefs  ebensowenig  etwas  erst  nach  der   Sabbatrnhe  Vorge- 
fallenes bedeuten,    als  hei  Marluis   das  auf  ähnliche  Art 
in   die  Mitte  gestellte  f/yoqaow  etwas,  das   vor  dem  Sab- 
bat wäre  geschehen   gewesen.    Man    hat  daher  neuerlich 
Bwar  eingesehen,  dafs  man  Jedem  dieser  beiden  Evangeli- 
sten in  Betreff  des   Ankaufs  der  Speccreieu  seinen  eige- 
nen Sinn  lassen  mflsse :  doch  glaubte  man  den  Schein  des 
Irrthums  auf  der  einen  oder  andern  Seite  dprch  die  An« 


7}  s.  das  fUnfte  Fragment,  in  Lsssik»'s  viertem  Bcitrsg  sur  öe- 
schichte  und  Literatur,  S.  467  f.  Vgl.  übsr  diese  Differensen 
such  Lsssiivf^s  Dapliic. 

8).  Micaasusy  a.  a,  O.  8«  103' f« 

47* 


5>S0  Dritter  AbKchnitt. 

nähme  entfernen  su  können,  die  noch  ror  fiem  Sabbat 
bereiteten  Specereien  haben  nicht  xugereicht,  und  d^^fswe* 
gen  die  Fraaen  dem  Marlons  zufolge  wirklich  nach  dem 
Sabbat  noch  weitere  dazogekanft^.  yDas  mfifste  aber  doch 
ein  ungeheurer  Spe cereiverbrauch  gewesen  sein ,  wenn  eit- 
erst der  von  Nikodeibus  herbeigebracbte  Centner  nicht  ge- 
reicht, und  defswegea  die  Frauen  noch  Abends  vor  dem  Sab- 
bat weitere  Specereien  bereit  gelegt  hätten,  dann  aber  wä- 
re auch  diefs  als  eu  wenig  befunden  worden,  und  sie  bit- 
ten am  Morgen  nach  dem  Sabbat  noch  etwas  Weiteres  da- 
Kugekauft. 

So  nSmlich  mflfste  man  doch  consequepterweise  auch  den 
Eweiten    Widerspruch  lösen  9    welcher  zwischen  den  ewei 
mittleren  Evangelisten    susammen   nnd  dem  vierten  statt- 
findet, dafs  nKfenlich   nach  diesem  Jesus  bei  seiner  GraUe- 
guiig  mit  100  Pfund  Salben  einbalsamirt  worden^  nach  je- 
nen dagegen  die  Einbalsamirung   bis  nach  dem  Sabbat  vor- 
behalten war.    Nun  waren  aber  der  Materie  nach  die  100 
Pfund  Myrrhen  und  Aloe  mehr  als  genug:  was  fehlte,  und 
nach  dem   Sabbat  nachgeholt  werden    sollte,    könnte   nor 
etwa  die  Form  gewesen  sein,  d*  h.  dafs  die  Specereien  noch 
nicht  auf  die  rechte  Weise  an   dem    Leichnam  angebracht 
waren,    weil   bierin  der  Anbruch   des  Sabbats  unterbro- 
chen hatte  ^%    Allein,   wenn  wir  den  Johannes  hören,  so 
war  die  Beisetzung  Jesu    am  Abend   seines   Todes  xa9ug 
fOog  igi  %o!g  %3aloig  ivvacpid^eiVf  d.  h.  ritcj  In  aller  Fern, 
Torgenomnien  worden,  indem  der  Leichnam  fisva  taiv  oQiO' 
fiOTiov  in  o^ona  gebunden  wurde    (V.  400)  was  eben  das 
Ganze  der  jfidischen  £inbalsam}mng  war,   welcher   sonit 
nach  Johannes  auch  in  Betreff  der  Form  nichts  mehr  fehl- 
te ^0 ;  Abgesehen  davon,  da(s,  wenn  doch  die  Weiber  nach 


9)  KriKÖL)  in  Luc.  p.  721. 
iO)  So  TMotucK,  z.  d.  St. 
il)  8.  den  Fsagmeotisten,  a.  a.  O.,  S.  469  ff. 


Viertel   KapiteL    $.  134.'  581 

Markae  und  Lvkas  neae  Specereien  kaafen  und  in  B«re!^ 
«cliaft  stellen)  die  Einbalsamining  des  Nikodemus  aaeh  ma« 
teriell  anvoUständig  gewesen  sein  müfste.  Da  somit  an 
der  Bestattung  Jesu,  wie  sie  Johannes  erzählt,  objectiv 
nichts  gefehlt  haben  kann :  so  soll  sie  doch^  subjecti?  ffir 
die  Weiber  eine  nicht  vorgenommene  gewesen  sein,  d«  h.  sie 
sollen  nicht  gewnfst  haben,  da  ('s  Jesus  bereiis  durch  Miko- 
d,emas  und  Joseph  eiiibaiitamirc  war  ^^.  Man  erstaune 
über  eine  solche  Behauptung,  da  man  doch  bei  den  Synop« 
tikem  ausdrücklich  liest,  dafs  die  f*rauen  bei  der  Bestat- 
tung Jesu  Eugegen  gewesen  seien,  und  nicht  blofs  deu  Ort 
ini  T/9£7ai,  Markus),  sondera  auoh  die  Art,  wi^  er  bei« 
gesetzt  wurde  Ccu»  izitf-i^f  Lukas),   mit  angesehen  haben* 

Die  dritte  diesen  Punkt  betreuende  Abweichung,  wel- 
che swischen  Mntthäns  und  den  übrigen  insofern  stattfin« 
det,  als  jener  überhaupt  von  keiner  £inbalsamirung ,  wt* 
der  vor  noch  nach  dem  Sabbat,  weifs,  hat  man,  weil  sie 
blofs  im  Schweigen  eines  Referenten  besteht,  bisher  vvenig 
berücksichtigt)  und  selbst  der  Wolfenbüttler  gab  £u,  dafs 
in  der  von  Matthäus  gemeldeten  Einwickelung  in  reiue 
Leinwand  die  jüdische  £inbalsamirung  bereits  mitenthalten 
seL  Allein  diefamal  möchte  doch  wohl  ejc  nlentia  ein  Ar- 
gument sich  sieben  lassen.  Wenn  man  in  der  Erzählung 
von  der  Bethanischen  Salbung  das  Wort  Jesu  liest,  durch 
ihre  That  habe  A\e  Frau  die  Salbung  seines  Leibes  zum 
ßegräbnifs  anticipirt  (Matth.  26,  12.  paralL):  so  hat  diefs 
swar  allerdings  in  allen  Relationen  seinen  Sinn,  einen 
gan^  besonders  (reffenden  aber  doch  bei  Matthäus,  nach 
dessen  weiterer  £rzäblung  bei'm  ßegräbnifs  Jesu  keine 
Salbung  stattfand  ,  und  nur  hieraus  scheint  sich  auch  das 
besondere  Gewicht,  welches  die  evangelische  Tradition 
auf  jene  Handlung  der  Frau   legte>  genügend  zu  erklären. 


12}  MiCHABus^  a.  a.  O.,  5.  99  I.  >.  Kuiköl  und  Lvcnb  lassen  ^wi* 
sehen  dieser  Auskunft  und  der  vorigen  die  WsU* 


5S2  Dritter  Absohiiitt 

War  dem  «Is  Messiai  Verehrten  bei  eelnem  Begrlbnlb  i« 
Drang  der  nn^Qnstigen  Umstfinde  die  gebührende  Ehre  in 
Kinbalsamirong  nicht  geworden:    so  maftte    frellieh  dar 
Bliek  «einer  Anhftnger  mit  besonderem  WohlgeCallen   a«f 
einer  Begebenheit  aas  dem  letaten  Abschnitte  s^ea   Le- 
bens rahen,  wo  eine  demothsrolle  Verehrerin  ^  wie  weiui 
ale  geahnet  hätte,  dafs  dem  Todten  diese  Ehre  Teraagt  aeta 
werde  ^  sie  dem  Lebenden  erwiesen  hatte.    Von  hier  a«a 
wfirde  sieh  dann  aach  die  rersehiedene  Darstelloag  dar 
letaten  Saibang  bei  den  übrigen  Eyangellsten  in  daa  lieht 
einer  stofenweisen  Entwiokelung    der   Sage    stellen.    Bei 
Markos  und  Lnkas  steht  es  noch,  wie  I>ei  Matthlna,  fest, 
dafs  der  Leichnam  Jesu  nicht  wirklich  einbalsamirt  wor- 
den ist:  so  war  ilnn  aber  doch,  sagte  man  über  daa  erate 
Evaolgellam   hinauaschreitend ,    die    Einbalsamlrang   Bo^e- 
dacht,  dem  Eingang  der  Fraoen  sa  seinem  Grab  aai  Mer* 
gen  nnch  dem  Sabbat  lag  diese  Absicht  som  Grande,  de- 
ren Ansftthrung  nar  seine   Aaferstehong  aavorkam«    lai 
vierten  E?angeliam  dagegen  flofa  Jene  bei  dem  Lebeodeift 
antlciplrte,  and  diese  dem  Todten  sagedachte  Salbwg  la 
eine   mit  dem   Todten    vorgenommene   Basammen,    neben 
welcher  übrigens,  nach  der  Art  der  Sagenbildnng,  die  Be- 
»iehang  auch  der  früheren  Salbung  aof  das  Begrlbnifs  Je* 
aa  atehen  ptish. 

Der  Leichnam  Jesu  wurde  soiwt  nach  almmtUehm 
Referenten  in  einer  Felsengraft  tielgeaetst,  welche  mit  «!• 
nem  grofsen  Stein  verschlossen  wurde.  Matthfiua  beseicli- 
jiet  dieses  Grabmal  als  xcuvoPy  was,  Lukas  und  Johannes 
genauer  dahin  l>estimmen,  dafs  noch  Miemand  in  demsel- 
ben beigesetEt  gewesen  sei.  Beilfiufig  gesagt,  hat  man  ge- 
gen diese  Neuheit  des  Grabes  ebenso  Ursache,  mUatraaiseh 
%u  vein,  wie  bei  der  Geschichte  des  Einsogs  Jesu  gegen  den 
atigerittenen  Esel,  da  hier  auf  ahnliche  Weise  wie  dort  die 
Versuchung  nnwlderstehiich  nahe  lag,auoh  ohne  historisebea 
liruad  dAl  heilige  BehSltnifs  de9^  Leibea  Jean  ala  ein  nedi 


Viertes    KapiteL    S*  IM.  583 

dorch  keine  Leiehe  Temnreinigtes  vorsuffeiieo.    Aneh  in 
BesQg  auf  dieses   Grabmal  indeüs  zeigt  sich  eine  Abwei« 
ehung  derEvangelisten.    Nach  Bf  atthXas  i^ar  es  das  Eigen- 
tliam  des  Joseph^  welches  er  selbst  hatte  in  Felsen  hauen 
lassen,  «od  anch  die  beiden  andern  Synoptiker,  indem  sie 
cten  Joseph  ohne  Weiteres  über  das  tirab  verfOgen  lassen, 
seheinen  von  der  gleichen  Voraussetzung  aosangehen*    Nach 
Johannes  hingegen  war  nicht  das  Eigenthumsrecht  des  Jo* 
seph  anf  das  Grab  der  Gmnd,  warum  man  Jesum  in  das- 
selbe legte,  sondern,  weil  die  Zeit  drängte,  legte  man  .ihn 
in  die  frische  Gruft,   welche  iii  einem  benachbarten  Gar- 
ten sieh  befand.    Aueh  -hier  hat  die  Barmunistik  auf  bei- 
den  Seiten  ihre    Kfinste   rersncht.    Matthüus    sollte    snr 
Ubereinstimmang  mit  Johannes  gebracht  werden^durcb  die 
ObserTatlen,  dafs  eine  Handschrift  sefftes  Eraiigelinms  das 
zu  fiyr^^f.l(p  gesetzte  avzS  weglasse,  eine  alte  Übersetsang 
aber  ttmtt  o  iXcnoftT^aep  —  o  \v  itXaiOftTjfthot'  gelesen  ha- 
be '^:  als  ob  nicht  diese  Änderungen  ft  ahrscheinlich  selbst 
schon  dem  harmonlstisohen   Bestreben  ihr  Dasein  zu  ver- 
danken hätten.    Daher  hat  man,  auf  die  andere  Seite  sich 
wendend,  bemerkt,  die  jobanneisehen  Worte  scbliefsen  gar 
nicht  ans,  dafs  nicht  Joseph  kfftinte  der  Elgenthemer  rier 
Gruft  gewesen  sein,  da  Ja  beide  Grflnde,  die  Nahe,  und 
dals  das  Grab  dem  Joseph  gehörte,  zufaufmengewirkt  ha- 
ben kennen  ^.    Vielmehr  aber  schliefst  die  Nähe ,   wenn 
sie  als  Beweggrund  herauiigehoben  wird,  das  Eigenthuma- 
rerhältnifs  aus:  ein  Baus,  in  welches  ich  bei  einfallendeni 
Regen  der  Nähe  wegen  trete,  ist  nicht  mein  eigenes;   ich 
müfste  denn  Besitzer  mehrerer  Häuser,   eines    nahen   und 
eines  entfernteren,  sein,  von  Mi  leben  das  letztere  meine  ei- 
gentliche Wohnung  wäre:   und  ebenso  ein  Gral,  in  wel- 
ches einer  einen  Verwandten  oder  Freund,   der   für  sieh 


13)  MicHASus,  a.  s.  O.,  S.  45*  ff. 

14)  Hvuitfi.,  in  Matib.  p.  786.    Hase,  $.  145. 


ft84     .  Dritter  AbMhmItt 

kein  Orabmal  liat|  der  Nftbe  wegen  legt^  kein  idekt  Nb 
eigenes  seini  er  mfifste  denn  mehrere  Gräber  betitseDi  ind 
den  Todten  bei  besserer  Mnfse  in  ein  anderes  brisgu 
wollen ;  was  aber  in  aoserm  Falle,  da  das  nal^  Grab  dorek 
seine  Neuheit  cur  Beiseteang  Jesu  in  demselben  vor  tllet 
andern  sich  eignete ,  nicht  wohl  denkbar  ist.  Bleibt  w 
auch  hier  der  Widerspi*ueh ,  so  scheint  im  Innern  beider 
entgegengesetcten  Angaben  kein  Grund  sur  EntsoheidiiB| 
für  die  eine  oder  andere  an  liegen  ^^). 

S.  135. 
Die  Wache  am  Grabe  Jesu« 
Am  folgenden  Tag,  als  km  Sabbat  Ot  eollen  mm  mth 
Matthäus  (27,  62  flf.)  die  Hohenpriester  und  Phartsler  b« 
Pilatus  cnsammengekommen  sein,  und  ihn,  mit  Rfleksieht 
auf  die  Voraussage  Jesu,  er  werde  nach  dreien  Tsgsnani* 
erstjshen,  gebeten  haben,  eine  Wache  an  sein,  Grab  sn  stel- 
len ,  damit  nicht  seine  Anhänger  von  der  durch  Jens  Vo^ 
aussage  erregten  Erwartung  Gelegenheit  nähmen,  teifiea 
Leichnam  an  stehlen,  und  ihn  sofort  fbr  auferstsaden  aoi« 
cugeben.  Pilatus  gewährt  ihre  Bitte,  «nd  so  gehen  sie 
hin ,  versiegeln  den  Stein ,  und  steilen  die  Wache  ver  <!•< 


15)  Aus  einer  Verwechslung  des  dem  fUditplatxe  benacbbtrlei 
M^o$^  WO  Jesw^  nach  Johannes,  begraben  wurde,  »(i<^ 
Gartens  Gethsemane,  wo  er  gefangen  worden  wac,  tdieiAt 
die  Angabe  des  evang.  Nicodemi  geflossen  zu  seia,  Jesiü  ^i 
gekreuzigt  worden  h  rf  «j/n^,  Snm  ht$d0^.  C.  9»  P*  SSO* 
bei  Thilo. 
I)  1%  »navQior,  IJric  hl  f^rra  T>ir  ntt^aautv^r,  ist  frciUcb  ei«»« 
sonderbare  Umschrcihudg  des  Sabbate,  da  es  eine  VerUb- 
rung  ist,  einen  feierlichen  Tag  als  den  Tag  nach  ^^  ^^'' 
tage  zu  bezeichnen  :  doch  muss  man  bei  dieser  Deutung  i>l  * 
ben,  so  lange  man  derselben  nicht  auf  natilrlicbere  yy^^^ 
als  ScHVKcmtARViifrSB  in  sein o>  Chronologie  der  Leideo**^^^' 
Beiträge  S*  3 ff.,  auszuweichen  weiss» 


VUrtcs  K«plt«L    %,  13S.  96» 

Grab.    Aln  nun  (dieTt  rnnft  hto  antlelptrt  wankii)  die 
AaferstehiiDg  Jesa  erfolgte,  setzte  die  mi^  derselben  Terbanr 
dene  fingelerscbeinang  die  Wäcliter  f o  in  Farcht,  dafs  'sie 
tasel  vexQol  wurden,  übrigens  dech  sofort  in  die  Stadt  eil- 
ten, und  den  Hohenpriestern  die  Anzeige  von  dem  Vorfall 
machten«    Diese,  nachdem  sie  sich  in  einer  Versammlang 
darilber  berathen,  bestachen  die  Soldaten,  dafs  sie  Yorgeben 
sollten,  die  Jünger  haben  bei  Macht  den  Leichnam  gestoh- 
len;  woher  sich,  wie  der  Referent  hinzusetzt,  dieses  Ge- 
rficht verbreitete,  und  bis  auf  seine  Zeit  erhielt  (28, 4. 11  ff.)* . 
Bei  dieser,   dem   erstep  Evangeliam  eigenthümlichen 
Erzählung  hat  man  allerlei  Bedenken  gefanden,  welche  der 
Wolfenbüttler  Fragmentist  und  nach  ihm  Paulus  am  scharf- 
ainnigsten  in's  Licht  gestellt  haben  ^.    Die  Schwierigkei- 
ten liegen  zuvörderst  darin,  dafs  weder  die  erforderlichen 
Bedingungen  dieses   Vorgangs,   noch   seine  nothwendigen 
Folgen  in  der  übrigen  N,  T.lichen  Geschichte  gegeben  sind. 
In  ersterer  Hinsicht  ist  es  nicht  zu  begreifen,  wie  die  Syn- 
edristen  zu  der  Motiz  kommen    konnten,    dafs    drei   Tage 
nach  seinem  Tode  Jesos  wieder  in  das  Leben  zurückkeh- 
ren solle:  da  selbst  bei  seinen  Jüngern  ?on  einer  solchen 
Kunde  keine  Spur  sich  findet.    Sie  sagen ;  ifivria&ijfiev  oiv 
ixtlvog  6  fiXd>og  elnev  m  ^wv  x,  r,  X.    Soll  diefs  heifsen, 
sie  erinnern  sich,  ihn  selber  davon  reden  gehört  zu  haben : 
so  sprach  laut  der  evangelischen  Machrichten  Jesus  seinen 
Feinden  gegenüber  nie  bestimmt  von  seiner  Auferstehang; 
die  bildlichen  Reden  aber,  welche  seinen  vertrauten  Schü- 
lern unverständlich  blieben,   kennten  die  an  seine  Denk- 
end Ausdrncksweise  weniger  gewöhnten  Jüdischen  Hierar^ 
eben  gewils  noch  weniger  verstehen.    Wollen  aber  die  Byn- 
edristen  blofii  sagen,  sie  haben  von  Andern  gehört,   dafs 
Jesus  jenes  Versprechen  gegeben  habe:  so  könnte  diese 


i)  Ersterer  s.  s.  O«  S.  4S7  ff. ;  lettterer  im  exeg.  Handb.  3,  b, 
S.  897  ff.    Vgl.  Kaisss,  bibL  TheoL  1,  S.  2S3. 


586  Dritter    Abichoitt. 

Nachricht  nur  tod  den  Jdngern  aatgegangen  sein;  aber 
diese,  welche  weder  vor  noch  nach  dem  Tode  Jeao  eine 
Ahnung  von  bevorst^fiender  Wiederbelebung  hatten,  iLoniK 
ten  auch  in  Andern  diese  Vorstellung  nicht  erregen  —  ab- 
gesehen davon,  dafs  wir  die  Jesu  geliehenen  Vorherrerklln* 
digungen  seiner  Auferstehung  sAmmtlich  ab  nnbistoriseh 
haben  von  der  Hand  weisen  mttssen.  Wie  aber  bei  den 
Feinden  Jesu  diese  Kenntnifs:  so  ist  bei  seinen  Freunden^ 
den  Aposteln  und  fibrigen  Evangelisten  ausser  Mattbfius^ 
Ihr  Schweigen  von  einem  ihrer  Sache  so  günstigen  Umstan* 
de  nicht  su  begreifen.  Zwar  das  ist  so  modern,  was  der 
Wolfenbfittler  den  Jüngern  anmnthet,  sie  bitten  sieh  dar- 
über, dafs  eine  Bewachung  des  Grabes  angeordnet  worden, 
alsbald  Brief  und  Siegel  von  Pilatus  erbitten  müssen:  doch 
so  viel  bleibt,  dafs  es  auffallen  mufs,  in  der  apostolischen 
VerliOndigung  nirgends  eine  Berufung  auf  eine  so  schla* 
gende  Thatsache  zu  finden,  und  auch  in  den  Evangelien, 
ausser  dem  ersten,  jede  Spur  davon  £u  vermissen.  Man 
bat  diefs  Stillschweigen  daraus  su  erklären  versucht,  dafs 
ja  durch  die  Bestechung  der  Wache  von  Seiten  des  Syne« 
driums  die  Berufung  auf  sie  eine  fruchtlose  geworden  sei  *): 
allein  um  solcher  offenbaren  Lüge  willen  giebt  man  die 
Wahrheit  nicht  sogleich  auf,  und  jedenfalls  in  der  Ver- 
antwortung der  Anhänger  Jesu  vor  dem  Synedrium  maf»- 
te  die  Erwähnung  jener  Thatsache  eine  schlagende  Waflb 
sein,  flalb  verloren  giebt  man  schon,  wenn  man  sich  da- 
hin EurOciLEieht,  die  Jünger  haben  wohl  von  dem  wahren 
Hergänge  nicht  sogleich,  sondern  erst  spät,  als  die  Wäch- 
ter anfiengen,  denselben  aussuschwatsen,  Kenntnifs  bi»  kom- 
men ^.  Denn  brachten  die  Wächter  im  Augenblick  auch 
blofs  das  Mährchen  von  dem  Diebstahl  vor^  und  gaben  al- 


5)  MiCHABut,  Begräbnitt-  und  Auferstehungsgeschidile,  S.  206. 

Olsmausriv,  3,  S.  506. 
4)  MiCHABUt,  a.  a.  O. 


Viertes  KapIteL     S-  135.  587  , 

so  BÖ,  dafs  gie  bei'm  Grabe  aufgestellt  geyresen :  so  konn- 
ten die  Anhänger  Jesu  sieh  den  fvahren  Thalbestand  schon 
oonstruiren,  und  sieh  dreist  anf  die  Wächter  berufen,  wel- 
ehe  Yon  etwas  gans  Anderem,  als  einem  Leichendiebstahli 
raflisten  Zeugen  gewesen  sein*    Doch  damit  man  nicht  et« 
wa  die  UngOltigkeit  des  Arguments  aus  der  blofs  negati- 
Ten  Thatsache  des  Stillschweigens  anrufe,  so  wird   von 
einem  Tbeil  der  Anhingferschaft  Jesu,   nämlich   von  den 
Frauen,  etwas  positiv  eraähit,  was   sich   mit  der  Wache 
am  Grabe   nicht  verträgt,    Nicht  blofs  wollen  nämlich  die 
Frauen,  welche  am  Morgen  nach  dem  Sabbat  eum  Grabe 
Hjiengen,  die  Salbung  vollenden,  was  sie  nicht  hoffen  konn- 
ten, thun  £U  dflrfen,  wenn  sie  wufsten,   dafs  eine  Wache 
vor  das  Grab  gestellt,   und  dieses  noch   daen   versiegelt 
war'):  sondern  nach  Markus  besteht  ihre  ganse  Bedenk- 
lichkeit während  des  Uinausgehens  darin,   wer  ihnen  wohl 
den  Stein  vom  Grabe  wälsen  werde?  cum   deutlichen  Be- 
weise, dafs  sie  von  den  Wächtern  nichts  wufsten,  welche 
entweder  einen  auch  noch  so  leichten  Stein  wegsunehmen 
ihnen  nicht  gestattet,  oder,  wenn  diefs,  dann  wohl  auch  den 
•ohwereren  ihnen  hlllfreich  weggewälzt,  in  jedem  Fall  al- 
so die  Bedenklichkeit  wegen  der  Schwere  des  Steins  Ober- 
flttssig  gemacht  haben  wfirden«     Dafs  aber  die  Aufstellung 
der  Wache  den  Wett>ern  sollte  unbekannt  geblieben  sein, 
ist  bei  dem  Aufsehen,   welches  alles  das  £nde  Jesu.  Betref- 
fende in  Jerusalem  machte  (Luc.  24,  180>  «ehr  unwahr- 
scheinlich. 

Doch  auch  innerhalb  der  £r£ählung  ist  Alles  voll 
¥0D  Schwierigkeiten,  indem  nach  dem  Ausdrueke  von  Pau- 
lus keine  einaige  der  in  derselben  auftretenden  Personen 
Ihrem  Charakter  gemäfs  bandelt.    Schon  dafs  Pilatus  den 


5)  Den  letsteren  Punkt  tibersieht  ÖLSHAiisiif,  wenn  er  a.  s.  O. 
•tgt,  die  Wache  habe  js  nicht  den  Befehl  gehabt,  die  toU- 
•tändigc  Beitsttung  Jesu  zu  hindern. 


588  Dritter   Abschnitt. 

ffiditohen  Obern  ihr  Gesuch  um  eine  Wache ,  ich  will 
nicht  sagen ,  ohne  Weigerung ,  aber  so  g^nz  ohjie  Spotr^ 
gewährt  haben  soll ,  mufs  nach  seinem  bisherigen  Beneh- 
men gegen  sie  auffallen  ^) ;  obwohl  diefs  von  Mattbins  in 
seiner  summarischen  Darstellung  auch  nur  Obergangen  seia 
könnte«  B«^fremdender  ist,  dafs  die  Wächter  sa  der  bei 
der  Strenge  römischer  Kriegssncht  sehr  gefährlichen  Lfige^ 
sie  haben  ihren  Dienst  durch  Schlafen  versäumt,  sfch  so 
leicht  hergaben ;  Eumal  sie  bei  dem  gespannten  Verhältnib 
des  Synedriumü  Eum  Procurator  nicht  wissen  konnten, 
wie  viel  ihnen  die  von  dem  ersteren  fiugesagte  Vermittlong 
nütsen  wQrde.  Am  undenkbarsten  aber  ist  das  angebliche 
ßenehmen  dar  Synedristen.  Zwar  die  Schwierigkeit ,  wel- 
che darin  liegt,  dafs  sie  am  Sabliat  sn  dem  heidnischen 
Procurator  giengen,  sich  am  Grabe  verunreinigten,  und  ei- 
ne Wache  ausräcken  liefsen,  hat  der  WolfenbOttler  auf 
die  Spitae  gesleljit ;  aber  ihr  Benehmen ,  als  die  vom  Grab 
eurfickgekehrte  Wache  die  Auferstehung  Jesu  meldete,  ist 
in  der  Tbat  ein  unmögliches.  Sie  glauben  der  Aussage 
der  Soldaten ,  dafs  Jesus  auf  wundervolle  Weise  ans  sei- 
nem Grabe  auferstanden  seL  Wie  konnte  diefs  der  hohe 
Rnth,  der  eines  guten  Theils  aus  Saddncäern  bestand, 
glaublich  finden?  Nicht  einmal  die  Pharisäer  in  demselben, 
welche  in  thesi-  die  Möglichkeit  der  Auferstehung  behaup- 
teten, konnten  bei  der  geringen  Meinung,  die  sie  von  Jösn 
hatten ,  an  die  seinige  su  glauben  g^eigt  sein  ;  sumal  die 
Aussage  im  Munde  der  weggelaufenen  Wächter  gans  wie 
eine  sur  Knt^ehuldigung  eines  Dienstfehlers  ersonnene  Lo« 
ge  lautete.  Statt  dafs  somit  die  wirklichen  Sjnedristen  b^ 
einer  solchen  Aussage  der  Soldaten  erbittert  gesagt  tuiben 


6)  O1.SHAUSB1V  freilich  ist  es  auch  hier  noch  immer  so  schauer- 
lieh  zu  Muthe,  dass  er  den  Pilatus  bei  dieser  MütbciluBg 
der  Synedristen  von  uabesciureihlichen  Gefülüen  durchsekau- 
erl  werden  lässl ,  S.  505% 


Viertes  KapiteL    $.139.  089 

^?rßrden:  ihr  iHgt!  ihr  habt  geschlafen  and  ihn  stehlen  las* 
sen  ;  aber  das  werdet  ihr  theuer  bezahlen  mOssen,  wenn  es 
erst  vom  Procurator  nntersncht  werden  wird  ^-  statt  des» 
«en  bitten  sie  dieselben  noch  schön:  lögt  doch,  ihr  habt 
geschlafen  nnd  ihn  stehlen  lassen ;  bezahlen  sie  fiberdiela 
theuer  fiSrdlese  Lüge,  und  versprechen,  sie  beim  Procura- 
tor zu  entschuldigen.  Man  sieht,  diefs  ist  ganz  aus  der 
ehristlichen  Voraussetzung  von  der  Realität  der  Anferste*, 
hung.  Jesu  gesprochen,  eine  Voraussetzung,  welche  aber 
ganz  mit  Unrecht  auf  die  Mitglieder  des  Synedriums  über** 
getragen  wird.  Auch  darin  liegt  eine,  nicht  blofs  voib 
f*ragmentisten  aufgesuchte,  sondern  selbst  von  orthodoxen 
Auslegern  ^)  anerkannte  Schwierigkeit,  dafs  das  Syne* 
fliriam  in  einer  ordei)tlichen  Versammlung  und  nach  form« 
lieber  Berathnng  sich  entschlossen  haben  soll ,  die  Soldaten 
KU  bestechen,  und  ihneil  eine  Löge  in  den  Mund  zu  geben* 
Dafs  auf  diese  Weise  ein  CoUegium  von  70  Männern  ein 
Falsum  zu  begehen  amtlich  beschlossen  haben  sollte,  ist^ 
\^ie  Olshausen  richtig  sagt,  zu  sehr  gegen  das  Itecorum^ 
das  natfirliche  Anstandsgefühl,  einer  solchen  Versammlung. 
Die  Auskunft,  es  sei  eine  blofse  Privatversammlung  gewe« 
sen  y  da  Ja  nur  von  den  uQyjeQtTg  nnd  nQeoßureQoi ,  nicht 
auch  von  den  yQajitftaTeTg  gesagt  sei,  sie  haben  die  Solda- 
ten zu  Jbestechen  den  Beschlufs  gefafst  ^) ,  liefe  au^  das 
Wunderliche  hinaus,  dafs  bei  di^||  Zusammenkunft  die 
yQafifiatug^  bei  dem  kurz  vorher^P derselben  Angeiegen- 
keic  gemachten  Gange  zum  Procurator  aber,  wo  die  Schrift- 
gelehrten durch  die  ihre  Mehrheit  bildenden  Pharisäer  ver- 
treten sind ,  die  nQeaßvrsQOi  gefehlt  haben  möfsten :  woraus 
aber  vielmehr  erhellt,  dafs  das  Synedrium ,  weil ,  es  jedes- 
mal durch  vollständige  Aufzählung  seiner  Bestandtheile  zn 
bezeichnen,  unbequem  war,  nicht  selten  durch  Erwähnung* 


7)  Olshausen,  S.  506. 

8)  MicuAtus,  a.  a.  O.    S.  198  f. 


SM  Dritter    Abschnitt. 

nur  etnigtr  oder  Eines  ¥on  denselben  sngetfetgt  Wsrde«  Bleibt 
es  somit  dabei ,  dsTs  nacli  Matthias  der  hohe  Rath  in  fönnli- 
eher  Sitzang  die  Besteohang  der  Wächter  beschlossen  ha» 
ben  mAfste:  so  konnte  eine  solahe  Niederträchrigheit  doeii 
wohl  nor  die  Erbitterung  der  ersten  Christen,  unter  denen 
unsre  Anelidote  entstanden  ist^  dem  CoiieglnM  als  solehea 
Eutrauen. 

Diese  Schwierigkeiten  der  vorliegenden  ErsAblong  des 
ersten  Evi^ngeliams  hat  man  schon  so,  drfickend  gefondaa, 
dafs  man  sie  durch  die  Annahme  einer  Interpolation  nm 
entfernen  sucht|e  ') ,  was  neuerlich  dahin  gemildert  worden 
ist  y   dafs  die  Anekdote  BW|ir  nicht  vom  Apostel  Matthins 
selbst,  doch  auch  nicht  von  einer  unsrem  Evaiigelinm  sonst 
fremden  Hand  herrfihren,   sondern  von  dem  griechischen 
Übersetser   des    hebräischen  Matthäus  angeschoben    sein 
sollte  ^^.    Gegen  das  Erstere  Ist  der  Mangel  jeder  kriti« 
sehen  Begründung  entscheidend ;   die  Berufung  der  andern 
Ansicht  auf  den  unapostolischen  Charakter  der  Anekdote 
würde  eine  Ausscheidung  derselben  ans  dem  Contex'e  der 
Übrigen  ErBäblnng  nur  dann  begründen,  wenn  der  apo- 
stolische Ursprung  des  Übrigen  schon  bewiesen  wäre;    Msn- 
gel an  Zusammenhang  mit  dem  Übrigen  aber  findet  so  we- 
nig statt,  dafs  vielmehr  Paulus  recht  hat  mit  der  Bemer- 
kung,   ein  tnterpoiafor  (oder  einschiebender  Übersetser) 
würde  sich  schwerU^ h  die  Mühe  gegeben  haben,  sein  Ein« 
schiebsei  an  drei  Onb^Ty  62— (M.  29,  4.  11—15.)  an  ver- 
theilen,  sondern  er  hatte  es  an  Einer,  höchstens  swei  Stel- 
len ausamniengedrängt*    Auch  so  leichten  Kaufs  läfst  sieb 
die  Sache  nicht  abmachen,  wie  Olshausrn  will ,  dafs  näm- 
lich die  ganze  Erzählung  apostolisch  und  im  Übrigen  licfa- 


9)  Stroth,  in  EfcimoiiR^s  Repertorium,  9|  S.  141. 
10)  Hbiuv,  über  den  Ursprung   des  Ev.  Matth.    Tiib.    ZcitscBrifl, 
1854,  2,  S.  100  f.  vgl.  125.  Vergl.  meine  Rccens.,  Jahrbttcl^r 
f.  wist   Kritik,  Nov.  1354,  am  Schlüsse« 


Viertes   Kapitel.    S-  tt^.  SM 

ttg  iein  sM^  nor  darin  habe  der  Evangelist  geirrt,  dafser 
die  Bestechung  im  vollen  Rathe  besohloMen  werden  lasse^ 
da  die  Ssebe  wahrscheinlich  von  Kaiphas  allein  unter  der 
Band  abgemacbt  worden  sei:  als  ob  diese  RathtversaninH 
Ivng  die  einzige  Schwierig iieit  der  Eralhlnng  wftre,  und 
als  ob,  wenn  in  ^esng  auf  sie,  dann  nicht  auch  in  andern 
Besiehnngen  Irrthflmer  sich  eingeschlichen  haben  kdnn« 
ten  ")• 

Mit  Recht  Macht   Paulus  darauf  aofmerksam,   wie 
Matthäus  selbst  durch  seine  Notiz:   xql  duqffjfila^  6  lo-^ 
yoi  öTog  naQu  ^lödaloi'g  i^ixQi  %fjg  atjfiSQOVj  auf  ein  verlflum- 
deritches  jidisches   GerOcbt   als  die  Quelle  seiner  Ercfib- 
lung  hinweise«     Wenn  nun  aber  Paulos  der  Bf  einung  ist, 
die  Juden  selbst  haben  ausgesprengt,  sie  hätten  eine  Wa« 
che  an  Jesu  Grab  gesrellt,  diese  aber  seinen  Leichnam  steh« 
len  lassen:  so  Ut  diefs  ebenso  verkehrt,    wie  wenn   Hasu 
vermuthet,    da^s   beceicbnete   GerOcht  sei  auerst  von  den 
Freunden  Jesu  ausgegangen,  und  hernach  von  seinen  Fein« 
den    modificirt  worden.    Denn  was  die  erstere  Annahme 
betrifft ,    so   hat  schon  Kuinöl  richtig  darauf  hiagewiesea, 
dafs  Matthäus  blofs  die  Aussage  vom  Leichendiebstahl,  nicht 
die  ganze  Erzählung  von  Aufstellung  einer  Wache,  als  Jtt- 
disches  Gerücht  bezeichne ;  auch  läfst  sich  kein  Grund  den« 
ken,  warum  die  Juden  sollten  ausgesprengt  haben,  es  sei 
aus  Grabe  Jesu  eine   Wache  aufgestellt  gewesen.    Wenn 
Paolps  sagt,  man  habe  dadurch  die  Behauptung ,  der  Leib 
Jesu  sei  von  seinen  Jüngern  gestohlen  worden,  den  Leicht« 
gläubigen   um   so  glaublicher  machen   wollen:   so  mfifstea 
das  allerdings  sehr  Leichtgläubige  gewesen  sein, die  nicht 
bemerkt  hätten,  dafs  eben  durch  die  aufgestellte  Wache 
die  Entfernung  des  Leichnams  Jesu  mittelst  eines  Diebstahls 
unwahrscheinlich  werde.  Paulus  scheint  sich  die  Sache  etwa 
so  vorzustellen :  die  Juden  haben  f ttr  die  Behauptung  eines 


II)  Ulis,  L.  J.  S*  145. 


592  Dritter  Abschnitt. 

Diebstahls  gleichsam  Zeogen  steilen  geweilt,  und  hfesu  die 
aafgestellten  WlTchter  fingirt.    Aber  dafs  die  Wfichter  mit 
offenen  Augen  ruhig  cngesehen  hfitten ,  wie  die  Anhinger 
Jesu   dessen   Leichnam  wegnahmen,  konnte  doch  den  Jq- 
tien  Niemand  glanben ;  sahen  sie  aber  nichts  davoa  ^  ifeil 
sie  schliefen,  so  gaben  sie  auch  lieine  Zeogen  ab^    indem 
sie  dann  nur  durch  einen  Sclilnfs  zn  dem  Resultat  kom- 
men konnten ,   der  Leichnam  möge  gestohlen  worden  seio  : 
das  aber  konnte  man  ohne  sie  ebensogut.    Keineswegs  also 
kLAnn  die  Wache  schon  zum  Jfidischen  Grundstock  der  vor- 
liegenden   Sage  gehört  haben ,  sondern  das  unter  den  Jv* 
den  Tcrbreitete  Gerficbt  bestand,  wie  auch  der  Text  sagt, 
nur  darin,  dafs  dfe  JOnger  den  Leichnam  gestohlen  habe» 
aollten.    Lidem  die  Christen  diese  Verläumdung  bq  wider- 
legen wönschten ,    bildete  sich  unter  ihnen  die  Sage  Ton  ei* 
ner  am  Grabe  Jesu  aufgestellten  Wache,    und  nun  konnten 
sie  Jener  Verläumdung  dreist  durch  die  Frage  entgegentre- 
ten: wie  kann  der  Leichnam  entwendet  worden  sein,  da 
ihr  ja  eine  Wache  am  Grab  aufgestellt ,  und  den  Stein  Ter- 
siegeit  hattet!    Und  weil,  wie  wir  im  Verlauf  der  Unter- 
suchung es  selbst  erprobt  haben,  einer  Sage  erst  dann  ih- 
re Grundlosigkeit  völlig  nachgewiesen  ist,  wenn  es  gelinis;!, 
SU  «eigen,  wie  sie  auch  ohne  historischen  Grund  sich  bil- 
den konnte:   so  versuchte  man  von  chrbtiicher  Seite,    ne- 
ben  der  Aufstellung  des  vermeintlich   wahren  Thatbej^fan- 
des,  zugleich  die  Genesis  der  falschen  Sage  nacksuwi-isen, 
indem  man  die  verbreitete  jfidische  LOge  aus  einer  Anstif- 
tung des  Synedriums  und  seiner  mit  der  Wache  vorgenaa- 
menen  Bestechung  herleitete.    Gerade  das  Umgekehi*te  ?on 
dem  ist  ako  wahr,  was  Hase  sagt,   die  Sage  sei  wohl  ob- 
ter  den  Freunden  Jesu  entstanden,    und  von  seinen  Fein- 
den modificirt  worden:   die  Freunde  hatten  nur  dann  erst 
Veranlassung,  eine  Wache  ku  erdichten ,  wenn  die  Feiaile 
▼orher  von  einem  Diebstahl  gesprochen  hatten^ 


Viertes   KiipiteK    %.  130. 

S.    136« 

Erste  Kufide   der    Auferstehung. 

Oafs  die  erste  Kande  von  dem  eröffneten  und  Jeeren 
Chrabe  Jesn  am  £wetten  Morgen  nach  seinem  BegrftbnUs 
clarf^h  Franenmond  an  die  JOnge'r  gekommen,  darin  stim« 
nen  die  vier  Evangelisten  flberein :  aber  Uk  allen  näheren 
Umständen  weichen  sie  aof  eine  Weise  von  einander  ab, 
welche  der  Polemik  eines  Wolfenbfittler  Fragmentisten  den 
reichsten  Stoff  geboten,  and  dagegen  den  Uarmonisten  und 
Apologeten  voUanf  eu  thnn  gegeben  hat,  ohne  dafs  bis  jetst 
eine  befriedigende  Vermittiang  «wischen  beiden  Parteien 
sa  Stande  gekommen  wäre. 

Sehen  wir  von  der  an  die  Abweiehangen  der  Begrab* 
nffsgeschichte  sich  anscbliersenden  Differenz  in  Angabe  des 
Zweckes  ab ,   welchen   die   Franen    bei    ihrem  Gang  sam 
Grabe  hatten,    indem  sie  nach  den  beiden  mittleren  Evan« 
gellsten   eine   Salbung   mit  dem  Leichnam  Jesn  vorauneh« 
men  gedachten,  nach  den  beiden  andern   nur  einen  Besnch 
am  Grabe  machen  wollten,  —  so  findet   Euerst  in  Beeng 
auf  die  Zahl  der  Frauen,  weiche  diesen  Gang  machen,  die 
manchfachste  Abweichung  statt.    Nach  Lukas  sind  es  un- 
bestimmt viele,  nämlich  nicht  allein  diejenigen,  welche  er 
23, 55.  als  awekfjlv&vtai  f  qi  Y.  Ix  t^g  ralikalag  beEcich« 
net,  und  von  welcheq  er  24, 10*  Maria  Magdalena,  Joban- 
oa  nnd  Maria  JakobI  namhaft  macht,  sondern  auch  noch 
%ivkg  avv  avtalg  (24,  l.)*    Bei  Markus  sind  es  blors  drei 
Frpiuen,  nämlich  Ewei  von  denen,  die  auch  Lukas  nennt, 
die  dritte  aber,  statt  der  Johanna,  Salome  (16,  L)»    Mat- 
thäus hat  diese  dritte,    über  welche  die   swel   mittleren 
Kvangelisten  differiren,  gar  nicht,  sondern  blors  die  beiden 
Marien,  ^ber   welche   sie  einig  sind  (28,  L)*    Johannes 
endlich  hat  nur  die  Eine  von   diesen,  die  Magdaleneria 
(20,  !.)•  —  Die  Zelt,  in  welcher  die  Frauen  sum  Grabe 
geben,  wird  gleichfalls  nicht  gana  gleichförmig  bestimmt} 
denn  wenn  auch  des  Matthäus  otpi  oaßßmtavy  rfi  inufUHh^ 
^  DaiLib$nJ€m  ^•Aqfl.  Ih  Band.  88 


914  llrirrer  A  bscbnitt. 

xiari  etg  filav  aaßßauov  keine  Differens  Macht ^),  »wt 
doch  der  Zasats  des  Markae :  ävaveilccyrag  %5  ^lis  mit  im 
jobanoeUchen  axotlag  m  äojjs  and  dem  oQd^QS  ßa^iti 
Lakaa  im  Widerapniche.  —  Über  den  Zustand,  in  welebea 
die  Frauen  saerst  das   Grab  erblickten^   kann  wenigsteoi 
Bwischen  MattbMus  and  den  drei  übrigen  eine  AbweiehoBf 
stattzufinden  scheinen.   Nach  diesen  sehen  sie,  wie  lieoi- 
her  kommen,  und  nach  dem  Grabe  hinblicken,  den  Stein  be^ 
reits'J^duroh  unbekannte  Hand  von    demselben  abgewilxt: 
wogegen  die  Ersählang  des  ersten   Eyangelisten-Msrnben 
so  z^  lauten  geschienen  hat,   als  hfitten   die  Weiber  lelto 
noch  die  Abwälzung   darch  einen  Engel  mitangesehen.  - 
Manchfaltiger  werden  die  Abweichongen  in  Bezug  auf  d«- 
jenige,  was  die  Fraaen  weiter  am  Grabe  sahen  und  erfuh- 
ven.    Nach  Lukas  gehen  sie  in  das    Grab  hinein,  fiodeA 
den  Leib  Jesu  nicht,  und  indem  sie  liieraber  betroffen  »\»i, 
stehen  zwei  Männer  in  strahlenden  Gewändern  beiihnei, 
welche  ihnen  seine   Auferstehung  verkfihdigen.    Bei  mf' 
]£us,  der  sie  gleichfalls  in  die  Gruft   hineingehen  läTst,  se- 
hen sie  nurEinenJfingling  in  weifsem  Kleide  auf  der  rech- 
ten Seite  nicht    stehen^  sondern  sitzen,  der  ihnen  die«el- 
be  Kunde  ertheilti.    Bei  Matthäus  bekommen  sie  diese  Naeh- 
rieht  ehe  sie  in  das  Grab  hineingehen  von  dem  Engel,  ««f 
nach  Abwälzung  des  Steins  sich  auf  denselben  geserst  bit- 
te.    Nach  Johannes  endlich  läuft  Maria  Magdalena,  ssbal<l 
sie  den  Stein  abgenommen  sieht,   ohne  eine   Engelen^^ 
nnng  gehabt  zu  haben,  in  die  Stadt  zurfick.  —  Aocb  dii 
Verhältnifs,  in   welches    die   Jönger  Jesu  zu  der  ersten 
Kunde  von  seiner  Auferstehung  gesetzt  werden,  ut  le 
verschiedenen   Evangelien  ein  verschiedenes«    J^^^^ 
kus  sagen  die  Frauen  aus  Furcht  Niemand  etWMS  fonj^ 
gehabten  Engelerscheinung;  nach  Johanpes  weiU 

1)  VgU  Fkitzschs,  z.  d.  St.,  und  Ksaz,  Ttib.  W*»^*  *^* 
S.  102  f. 


Viertes  Kapitel*    $.196*  5S0 

Magdalena  flem  Johannes  and  Petras^  «i  wekhen  sfe  vom 
(irabe  hinweg  eilt,  nichts  so  sagen^  als  dafs  Jesns  daraus 
weggenommen  sei;  nach  Lakas  berichten  die  Fraoen  den 
J fingern  überhaupt)  nicht  blols  fiweien  derselben ,  die  ge- 
habte Erscheinong;  nach  Matthäus  aber  kam  ihnen^  wie 
sie  so  den  Jfingern  eilen  woUteui  Jesus  selbst  noch  in  den 
Weg^  und  sto  konnten  auch  diels  schon  den  Jüngern  mit- 
tbeilen.  Dafs  einer  von  diesen  auf  die  Nachrieht  der 
Frauen  selbst  £nm  Urabe  gegangen  wäre,  davon  sagen  die 
ftwei  ersten  fivangelien  nichts;  nach  Lukas  gleng.Petroa 
hinaus,  fand  es  leer,  und  kehrte  verwundert  ivieder  um, 
und  aus  Luc»  24,24.  ist  £u  ersehen,  dafs  noch  andere  JOn« 
ger  ausser  ihm  in  ähnlicher  Weise  dahin  g^angen  waren ; 
nach  dem  vierten  Evangelium  war  Petrus  von  Johannes 
begleitet,  welcher  sieh  biebei  von  der  Auferstehung  Jesn 
fiberseugte.  Diesen  Gang  machte  dem  Lukas  sufolge. Pe- 
trus ,  nachdem  er  bereits  durch  die  Weiber  von  der  En« 
gelerscheinung  benachrichtigt  trar:  laut  itB  vierten}  Evan« 
gelioms  aber  giengen  die  beiden  Jünger  sum  Grabe,  ehe 
ihnen  Maria  Magdalena  von  einer  solchen  hatte  sagen  kdn« 
neu;  denn  erst,  als  diese  mit  denselben  Beiden  den  swei« 
ten  Gang  sum  Grabe  gemacht  hatte,  und  die  Apostel  wie* 
der  umgekehrt  waren,  sah  sie  «nach  dem  vierten  Evange» 
lium,  sich  in  das  Grabmal  backend,  swei  Engel  in  weifsen 
Kleidern,  oben  und  unten  an  der  Stelle,  wo  Jesus  gelegen 
hstte,  sitsen,  welche  sie  fragten,  warum  sie  weine?  und 
als  sie  sich  umwendete,  erblickte  sie  gar  Jesom  selbst^ 
wovon  auch  bei  Markus,  V.  9,  eine  abgerissene  Notle  sich 
findet,  mit  dem  Beisatis^,  dafs  sie  diese  Nachricht  seinen 
ehemaligen  Begleitern  gebracht  habe* 

Die  meisten  von  diesen  Enaotlophanieen  glaubte  man 
euch  hier  durch  Aoseinanderhaltung  des  verschieden  Lau» 
tenden  zu  lösen ,  indem  man  statt  Einer  manchfaltig  dar« 
gestellten,  eine  Manchfaltigkelt  verschiedener  Seenen  her« 
auebrachte;   wo£u  dann  noch  die  gewöhnlichen  grammatf* 

S8» 


596  Dritter  Abtchoitt. 

sehen  u.  a.  Kanttttifeke   der  Harmcoutik  kamen.     Damit 
Blarkaa  dem  axoTias  $u  sarjg  bei  Johannes  nicht  wider- 
spräche, entblödete  man  sich  nicht,  sein  avctteiXavtog  m 
^Xla  dorch  ariturö  sole  mu  ttlierseteen  ^;   eher  gienge  es 
noch  an,   den  Widerspruch  sswischen   Matthäus   und  den 
übrigen,  wenn  jener  £n  sagen  scheint,   die  Weiber  habea 
die  Abwälsung  des  Steins  dnrch  den  Ehgel  mitangeselien, 
dadurch  zu  lieben,  dafs  man  zwar  nicht  mit  Micharlis^> 
xal  Idti  als  NacBholnng  von  etwas  früherem,  und  aitsxvhae 
in  der  Bedentang  eines  Plusqnamperfectnms  nimmt ,   was 
gegen  Lessikg,  der  es  noch  gestatten  wollte,   die  neoere 
Kritik   mit  Recht  rerwehrt*),   wohl  aber  etwa  dadureb, 
dafs  man  das  iJX^e  V*  1.  von  noch  nicht  vollendetem  Gan- 
ge der  Weiber  versteht,   wo  sodann  das  xai  Idä  und  was 
folgt,  seiner  eigentlichen  Bedeutung  gemlfs,  etwas  anzei- 
gen kann,  das  erst  naöh  dem  Weggange  der  Frauen  von 
Hanse,  doch  aber  vor  ihrer  Ankunft  am  Grabe,   erfolgte* 
In  Bezug  auf  die  Zahl  und   den  Gang  der  Frauen  wurde 
zunächst  geltend  gemacht,  dafs  auch  nach  Johannes,  ob 
er  gleich  die  Magdalena  allein  namhaft  mache,  mit  dieser 
noch  mehrere  Frauen  zum  Grabe  gegangen  sein    mössen, 
da  er  sie  ja  nach  ihrer  Rückkehr  von   demselben    zu   den 
beiden  Jüngern  sagen  läfsf:  bx  cudafisr^  n5e&r^xav  avtor^}; 
ein  Plural,  der  allerdings  auf  verschwiegene  weitere  Per* 
sonen  deutet,  mit  welchen   Magdalena,   sei  es  am  Grabe 
selbst,   oder  auf  dem  Rückweg,  ehe  sie  zu  den  Aposteln 
kam,   über   den  Gegenstand  verhandelt   hatte.    So  gieng 
also,  sagt  man,  Magdalena  mit  andern  Weibern,  von  denea 


2)  KuiK^Ly  in  Marc.  {>•  194  f. 

3)  MicuASL^s^  a.  a.  O.    S.  112. 

4)  ScHKBCKSKBVRSKR)  Über  den  Urspr.  des  ersten  kanon.  Erang. 
S.  62  f.  Vgl.  den  Wolfenbüttler  Fragmentisten  in  Lbss»»*« 
viertem  Beitrag,  S.  472  ff.  Dagegen  Lbssis^'s  Dupllir,  Wer- 
ke,  CarUr.  Ausg.  24.  Thl.    S.  137  f. 

5)  tocBABus,  S.  ISO  ff. 


Viertes  Kapitel    $•  136.  597 

«Ite  flbrigen  ETangeUsten,  dieser  Biehrere,  Jener  wenigere, 
namhaft  maeiien)   zum  Grabe:    da  sie  aber  zvrfiekkoinint, 
ohne  da(s  sie,  wie  die  übrigen  Franen,  einen  Engel  gese- 
llen hatte,   so  wird  nun  angenommen,  sie  sei,  sobald  sie 
den  Stein  weggewfilst  sah,  allein  zorfickgelanfen ;  was  mau 
c^urch  ihre  heftige  GemQthsart,  als  einer  ehedem  Dämoni- 
schen,  motivirt  ^.     Während  sie  znr  Sftadt  zurflokeilte, 
hatten   non  die  übrigen  Frauen  die   Erschelnangen ,    von 
welchen  die  Sjnoptiker  sprechen«  —  Allen,  wird  behaop« 
tet,  erschienen  die  Engel  innerhalb  des  Grabes;  denn  dafs 
einer  anssen  auf  dem  Stein  gesessen,  ist  bei  Matthäus  nar 
Piusqaamperfectura:    als  die  Frauen  kamen,  hatte  er  sich 
bereits  in  das  Grab  zurfiekgezogen  ^   da  ja  nach  ihrer  On- 
terhaltnng  mit  ihm  die  Frauen  als  i^eX&aaat  ix  %h  fivrjfusla 
bezeichnet  werden  ^:   wobei  nar  übersehen  ist,  dafs  zwi- 
si^hen  der   ersten  Anrede   des  Engels  und   dem  i^sld'sacci 
seine  Auiforderang  an  die  Franen  steht,    mit  ihm  (in  das 
(irab)  zu  kommen,    und  den  Ort  zn  betrachten,   wo  Je« 
SOS  gelegen  hatte.  —  Wenn  nach  den  beiden  ersten  Evaii« 
geltsten  die  Frauen  nar  Einen,  nach  dem  dritten  aber  zwei 
Engel  sehen:   so   behilft  sich   selbst  Calvin  mit  der  ärm- 
lichen Aaskanfk  der  Synekdoche,  so  dafs  zwar  sämmdiche 
Evangelisten  von  zwei  Engeln  wissen,  Matthäus  und  Mar* 
kas  aber  nar  desjenigen  von  ihnen,  der  das  Wort  führte, 
Erivähnang  thun  sollen.   Andere  lassen  verschiedene  Franen 
hier  Verschiedenes  sehen :   die  einen ,   von  welchen    Mat» 
thfiu)  unfl  Markus  sprechen,  sahen  nur  Einen  Engel,  die 
andern ,    von   weichen  ^  Lukas   erzählt ,   und  welche   frü- 
her oder  auch  später  als  die  vorgenannten  kamen,   sahen 
»wei  ");  allein  Lukas  läfst  dieselben   beiden  Marien  den 


6)  Paulus,  exeg.  Handb.  Sy  b,  S.  82S- 

7)  MiciuBLi8>  S.  117. 

8)  MiCMAKLis,  S.  146.  •—  Schon  CeUut.  stiess  sich  an  dieser  die 
Zahl  der  Engel  betreffenden  Differenz,  und  Origenes  vctwies 


59i  Dritter  Abschnitt. 

Aposteln  ?on  einer  Erscheinung  zweier  Engel  referlreD, 
welche  nach  seinen  Vormfinnern  nur  Einen  Engel  gesehen 
bitten.  — -  Aoch  den  Rttckweg  sollen  die  Franen  in  ge- 
trennten Gruppen  gemacht  haben,  so  daTs  denen ,  von 
welchen  Matthftns  spricht,  Jesus  begegnen  konnte,  ohne 
von  denen  des  Lnkas  gesehen  £n  werden,  und  die  des 
ÜMarkas  vor  Schrecken  Anfang«  Niemand  etwas  sagen, 
die  übrigen  ab^r ,  und  auch  jene  selbst  spffter ,  die  Jfin« 
ger  in  Kenntnils  setEcn  konnten  ^;  —  Auf  die  dorcfa  meh« 
rere  Franen  erhaltene  Nachricht  hin  geht  d^m  Lakas  cu- 
folge  Petrus  eum  Grabe,  findet  es  leer,  und  kehrt  verwundert 
wiederum*  Aber  schon  geraume  Zeit  vor  den  fibrigen  Wei« 
l>em  war  nach  dieser  Hypothese  Magdalena  zurOckgelaufen, 
und  hatte  den  Petrus  und  Johannes  mit  herausgefiihrr.  Vs 
mühtm  also  Petrus  zuerst  auf  die  unvollständige  Kunde  der 
Magdalena  vom  leeren  Grabe  hin  mit  Johannes  hinaus^e« 
gangen  sein,  hernach  auf  die  Nachricht  der  Frauen  von 
der  Eogelersoheinnng  noch  einmal  allein:  wobei  besonders 
auffallend  wfire,  dafs,  während  sein  Begleiter  gleich  bei'si 
ersten  Gange  zum  Glauben  an  Jesu  Wiederbelebung  gelang« 
Se^  er  selbsl  durch  den  zweiten  Gang  nicht  weiter  als  bis 
zur  Verwunderung  es  gebracht  haben  sollte.  Uberdiefs 
aind,  wie  der  Wolfenbfittler  Fragmentist  schon  gut  heraus- 
gehoben, hat,  die  Erzählungen  des  dritten  Evangeliums  voa 
dem  Gange  des  Petrus  allein,  nnd  des  vierten  von  dem  des 
Petrus  nnd  Johannes  $o  auffallend  selbst  bis  auf  die  Wor- 
te, einander  ähnlich  ^,  dafs  die  meisten  Ausleger  hier  blofs 


ihn  dsrauf ,  dais  die  ETangelisten  versclüedene  Engel  »ei* 
nen:  Matthäus  und  Markus  den,  der  den  Stein  abgewälst 
hatte,  Lukas  und  Johannes  diejenigen,  welche  als  Berichter« 
•tatter  für  die  Frauen  aufgestellt  waren.   €•  Geis.  5,  56. 

9)  Faoios,  8.  d.  Sl.  des  Matth. 

ftO)  Ich  seUe  die  vom  WolfenbUttler  (a.  s.  0.  S.  477  f.)  ^i^^^^'* 
feae  TaJbsUt;  hicher: 


Vierles  kapiteL    $•  126.  5110 

fiioen  Gang,  nur  bei  Luka«  den  BegMter  de^  Petrus  ver^ 
soh wiegen,  finden,  wofttr  sie  sieh  auf  Lue«  24,  24*  berufen 
können.  Ist  aber  der  durob  Magdalena's  Zurfickkunft  ver* 
anlaCite  Gang  der  beiden  Apostel  mil  dem  durch  die  Rück- 
kehr der  Weiber  refanlafsten  des  Petrus  ein  und  derselbe : 
dann  ist  auch  die  Rflckkehr  der  IfVauen  keine  doppelte ;  sind 
sie  (aber  miteinander  umgekehrt:  so  sollten  sie  auch  das 
Gleiche  gesehen  haben,  und  da  die  Evangelisten  sie  Verschie- 
denes sehen  lassen,  so  ist  diefs  ein  Widerspruch*  — Nachdem 
nun  die  beiden  Apostel  umgekehrt  sind,  ohne  einen  Engel 
gesehen  su  haben,  erblickt  die  aur  fielt  gebliebene  Maria,  wie 
sie  in  das  Grab  hineinsieht,  auf  Einmal  deren  awei«  Welch 
wunderliches  Versteckspiden  der  Engel  nach  der  barmoni« 
stischen  ZusammenfOgung  dieser  Eraiihlungen !  Zuerst  sei^t 
sich  dem  einen  Trupp  der  Weiber  nur  Einer;  dann  einem 
andern  deren  swei;  vor  den  J fingern  hierauf  ?erbergen 
sich  beide;  nach  deren  Abgang  aber  kommen  beide  wie- 
der cum  Vorschein.  Um  diefs  unterbrechende  Verschwin» 
den  £u  entfernen,  hat  Paulus  die  der  Magdalena  au  Theil 
gewordene  Erscheinung  vor  die  Ankunft  der  beiden  Jfin- 
ger  gestellt:  aber  durch  diese  gewaltsame  Umstellung  der 
Tom  Berichterstatter  gewfthlten  Ordnung  nur  ein  Bekenut- 


Fetrut  lief  zum  Grabe,  Jf^^oftfr, 
Petrus  und  Johannes  liefen,  Mrq$x^^' 
Fetrua  Iiuclite  hinein,  tfa^auihffai. 
Johannes  kuchte  hinein,  na^tuni^e» 
Petrus   sähe    die    Tücher    allein   liegen, 

ßUnn  rm  o&Snm  n%Cft$va  fidra. 
Fetrus  sähe   die  Tücher  liegen,   und  das 
Schweisttuch  nicht  mit  den  Tüchern  lie- 
gen :    ^tmqtX  xa  o&Jyta  Mtt/tMva ,    nai  %o 
geSd^ioy  S  /igta  rtSp  o^ovlmr  Mtlft%tov, 
Fetrus  gieng  heim,  an^X^e  nf>6i  imvtSy 
Fetrns  und  Johannes  giengen  wieder  heim. 


„D 

Luc« 

24, 

12: 

Joh. 

20, 

4: 

i) 

Luc. 

V. 

12: 

Joh. 

V. 

5: 

3) 

Luc. 

V. 

12: 

Joh.V.  6 

.7: 

4) 

Luc. 

V. 

12: 

Job. 

V. 

10: 

4 


Dritter    Abiohnitt; 

niTi  der  llomdglichkeit  abgelegt,  die  Ersihlttngen  der  rer- 
eohiedenen  £Tangelisten  auf  diete  Weite  ineinander  dos»* 
•chieben.  ^  Hierauf,  wie  eich  Magdalena  vom  Hioeiaee- 
hen  in  das  Grab  anfriohtet  und  nmachanty  siebt  sie  Jaeua 
hinter  sieh  stehen.  Nach  Matthftus  erschien  Jesus  der 
Magdalena  und  der  andern  Maria,  als  diese  bereits  ssf 
dem  Rückweg  in  die  Stadt  begriffen,  mithin  vom  Grabe 
entfernt  waren.  So  wftre  also  Jesus  ener^t  der  Maria 
Magdalena  alieio  hart  am  Grabe,  hierauf  ihr  in  Gesell- 
schaft einer  andern  Frau  auf  dem  Wege  erschienen.  Dm 
das  Zwecklose  dieser  in  so  kurser  Frist  wiederholten  Er- 
scheinung Jesn  Tor  derselben  Person  sn  vermeiden ,  hat 
man  die  obige  Behauptung  benutzt,  von  den  Frauen,  von 
welchen  Matthfius  spreche,  habe  sich  Magdalena  schon 
frtther  getrennt  gehabt  ^^) :  allein  dann  wftre  es ,  da  A«st- 
thftns  ausser  der  Magdalena  nur  noch  die  andere  Maris 
b^t,  nur  eine  einzige  Frau  gewesen,  welcher  auf  dem  Rück« 
wege  Jesus  erschien :  während  doch  Matthftus  durchaus  von 
mehreren  spricht  (janfjpij^oiv  avrcug  u.  s.  f.) 

Dm  diesem  unsteten  Hinundherrennen  der  Jünger  und 
freuen,  dem  phantasmagorischen  Erscheinen,  Versch win- 
den und  Wiedererscheinen  der  Engel,  und  der  swecklosen 
Jlffufung  der  Erscheinungen  Jesu  vor  derselben  Person, 
wie  sie  bei  dieser  harmonistischen  Methode  herauskommt, 
JEU  entgehen ,  mflssen  wir  jeden  Evangelisten  für  sich  be- 
trachten ,  dann  bekommen  wir  von  jedem  ein  ruhiges  Bild 
mit  einfachen ,  wOrdigen  Zügen :  Einen  Gang  der  Fraoea, 
oder  nach  Johannes  swei;  Eine  Engderscheinnng:  Eine 
Erscheinung  Jesu  nach  Johannes  und  Matthfius ,  und  Ei- 
nen Gang  Eines  oder  sweier  Jünger  nach  Lukas  und  Jo- 
hannes. 

Doch  SU  jenen  materiellen  Schwierigkeiten  der  hsr- 
tnjnistischen  Einschiebungsmethode  gesellt  sich  noch  dis 


11)  KvuiöL,  ia  Mattb.  p.  809  f. 


Viertes  Kapitel.    |.  ISA.  001 

i»rmelie  Frage,  wie  es  denn  onter  den  Voraassetsnngen  jene 
Ansieht  komine,  dafsaas  der  Fülle  des  Geschehenen  jeder  Re- 
ferent ein  andres  Stück  fflr  sich  beraasgesohnitten,  von  den 
▼lelen  Gingen  and  Erseheinnngen  keiner  alle,    und  fast 
keiner  dieselben  wie  sein  Nachbar,   sondern  meistens  nar 
Jeder  Eine ,  und  'jeder  wieder  eine  aüdere  snr  Darstellung 
«osgewihlt  habe?    Die  plausibelste  Antwort  auf  diese  Fra* 
Ite  hat  Grissbaoh  in  einem  eigenen  Programm  Aber  diesen 
Ge^renstand  gegeben  ^^ ,    indem  er  annahm ,  jeder  Evange- 
list gebe  die  Art  und  Weise  wieder,   wie  ihm  gerade  zu- 
erst die  Auferstehung  Jesu  bekanntgeworden  war.  Johan« 
nes  habe   die  erste  Nachricht  durch  Maria  Magdalena  er- 
halten, und  so  ersähle  er  auch  nnr ,   was  er  von  dieser  er- 
fahren habe;   dem  Matthäus  (denn  die  Jönger  haben,  als 
festbesuchende   Fremde ,    ohne   Zweifel  in   verschiedenen 
Quartieren  der  Stadt  gewohnt)  sei  die  erste  Kunde  durch 
diejenigen  Weiber  augekommen ,   welchen  auf  dem  Röck- 
weg vom  Grabe  Jesus  selbst  erschienen  war,  und  so  thei- 
le  er  denn  nur   das   von   diesen  Erlebte  mit.    Doch  hier 
aeheitert   diese  Krklffrung  bereits   daran,    dafs  theils    {>ei 
MatthXus  unter  den  Frauen  ,  welche  auf  dem  Rfickwege  die 
Christophs  nie  haben,  auch  Magdalena  ist,  theils  bei  Johannes 
Magdalena  nach  ihrem  e weiten  Gang,  aufVelchem  ihr  Jesus 
erschienen  war,  nicht  mehr  «u  Johannes  und  Petrus  allein, 
aondern  an  den  fia^tjrais  Oberhaupt  gieng,  und  ihnen  die  ge« 
0   bebte  Erscheinung  und  den  erhaltenen «Auftrsg  mittheilte: 
so  daft  also  Matth&as  in  jedem  Fall  auch  von  der  firschei- 
Dung  Jesu  vor  Magdalena  wissen  mufste  ").     Wenn  dann 
ferner  nach  dieser  Hypothese  Markus  die  Auferstehungsge« 
schiebte  so,  wie  er  sie  im  Hause  seiner  an  Jerusalem  leben« 


12)  Progr.  do  fontlbut,  unde  Evangelistae  tuas  de  resurrectione 
Domini  narrationes  hauierint.  Opusc.  scad.  ed.  Gablir, 
Vol.  2,  p.  241  ff. 

13)  Vgl.  ScMxicKBKBoasss,  s.  s.  O.  S.  64  f.    Amn. 


fiOa  Dritter  Abacbaitt* 

den  Mutter  (A.  Q.  1%  12«),  Lakai,  wie  er  sie  voa  der  bri  iba 
allein  genannten  Jobanna  erfabren  hatte,  eraftblen  soll: 
ao  muff  man  sich  Ober  die  Zähigkeit  verwundern,  mit  wel- 
cher bienach  jeder  an  der  eußülig  soerst  vernommenen 
.Erj&äbinng  hängen  geblieben  wäre ,  da  doch  gerade  über 
die  Auferstehung  Jean  der  Anstauich  der  Ersfilünngen  nn- 
ter  seinen  Anhängern  der  lebhafteste  sein,  und  so  die  Vor- 
stellungen über  das  erste  Bekanntwerden  derselben  sieb 
ausgleichen  mufsten.üiese  Schwierigkeit  zu  heben,  hat  Gaiss« 
BACH  weiter  angenommen,  die  Jünger  haben  wohl  im  Sinne 
gehabt,  die  uuEUsammenstimmenden  Berichte  der  Frauen  a« 
vergleichen  und  in  Ordnung  eu  bringen,  als  aber  der 


derbelebte  Jesus  selbst  in  ihre  Mitte  getreten  sei ,  haben 
sie  diefs  unterlassen,  weil  sie  nun  nicht  mehr  auf  die  Ana- 
sagen  der  Weiber,  sondern  auf  die  selbstgebabten  £raebei- 
nungen  ihren  Glauben  gegründet  haben :  allein  eben ,  je 
mehr  auf  diese  Weise  die  Nachrichten  der  Weiber  in  den 
Hintergrund  traten ,  desto  weniger  ist  eu  begreifen  j  wie 
fernerhin  jeder  so  starr  an  demjenigen  hängen  bleiben 
konnte,  was  ihm  sufällig  snerst  diese  oder  jene  Fran  be- 
richtet hatte. 

Führt  bienach  das  einschiebende  Verfahren  nicht  sum 
Ziele:  so  ist  das  auswählende  zu  versuchen,  und  zu  se- 
hen, ob  wir  nicht  etwa  an  Einen  der  vier  Berichte,  als 
vorzugsweise  apostolischen ,  uns  eu  halten ,  und  nach  ihm 
die  übrigen  eu  berichtigen  haben ;  wobei  wie  sonst,  so 
auch  hier,  um  der  wesentlichen  Gleichheit  der  äusseren 
Beglaubigung  willen ,  nur  die  innere  Bescbaffenbeit  der 
einzelnen  Relationen  entscheiden  kann. 

Aus  der  Zahl  derjenigen  Berichte  über  das  erste  Kund« 
werden  der  Auferstehung  Jesu,  welche  auf  den  Rang  anl- 
optischer  Urkunden  Anspruch  haben ,  ist  der  des  ersten 
Evangeliums  durch  die  neuere  Kritik  weggeräumt  worden  *0i 

14)  ScKVLX,   über  dsi  Abeodmahi,   S.  321  f.    ScMMiCKWscsfts»! 
a.  a.  O.    S.  61  ff. 


Vlertei   Kapitel.    S*  186.  603 

ohne  Ahb  wir  uns  übar  diese  Unganst,   wie  in  andern  Ffil* 
len,  als  über  eine  ungerechte,  beklagen  iiönnten.    Denn  in 
mehrerlei  Beziehungen  eeigt  sich  diefsoial  die  Erzählung 
des  ersten  Evangeliums  um  eine  Stelle  weiter  vorwärts  in 
der  Aasbildung  der  Tradition  y*  als  die  der  übrigen  Evan- 
gelien.   Einmal^  dafs  die  wunderbare  Eröffnung  des  Gra- 
bes von  den  tVauen  noch  mitangeseben  worden,  wofern  dießi 
Matthäus  sagen  will,  diefs  konnte  sich,  wenn  es  vi^rklich  der 
Fall  gewesen  war,  schwerlieh  so,  wie  bei  den  übrigen  Evange- 
listen, wieder  verlieren,  wohl  aber  sich  nach  und  nach  frei 
in  ^l^r  Überlieferung  bilden ;  ferner,  dafs  die  Abvrälsungdes 
Steins  durch  den  Engel  geschehen  sei,  beruht  offenbar  nur  auf 
der  Combination  eines  solchen,  welcher  die  Frage,  wie|denn 
wohl  der  grofse  Stein  vom  Grabe  gekommen,  und  die  Wächter 
bei  Seite  geschafft  worden  seien ,   nicht  besser  beantworten 
zn.Jiönnen  glaubte,  als  wenn  er  eu  Beidem  den  Engel  be- 
nfitzte ,  welchen  ihm  die  umlaufenden  Erzählungen  von  der 
den  Frauen  zu  Theil  gewordenen  Erscheinung  boten;  wo- 
su  er  ferner  das  Erdbeben,  als  weitere  Verrheriichung  der 
Scene,  setzte.    Aber  auch  ausserdem  ist  in  der  Erzählung 
des  Matthäus  noch  ein  Zug ,  der  nichts  weniger  als  histo- 
risch klingen  will.    Nachdem  den  Frauen   bereits  der  En- 
gel die  Auferstehung  Jesu  verkOndigt,     und  sie  mit  dem 
Auftrag  an  die  Jfinger  gesendet  hatte  ^    dafs  sie  nach  Ga- 
liläa gehen  sollen ,  dort  werde  ihnen  der  Auferstandene  er* 
scheinen :  begegnet  ihnen  dieser  selbst ,  nnd  wiederholt  den 
Auftrag  an  die  Jfinger.    Diefs  ist  ein   sonderbarer  Ubeiv 
fluß.^   Zum  Inhalte  des  Auftrags,  den  die  Engel  den  Frauen 
gegeben,    hatte  Jesus  nichts  mehr  hinznzuffigen ;    mithin 
mfiftte  er  denselben  nur  noch  haben  bekräftigen  and  glaub- 
hafter machen  wollen.    Allein  bei  den  Frauen  bedurfte  es 
weiterer  Beglaubigung   nicht  ^    denn  sie   waren  Ja  schon 
durch  die  Nachricht  des  Engels  x<^^S  f^^yccJi^S  ^o"»  ^'^^ 
gläubig;    bei  den  Jfingem  aber  reichte  auch  jene  Bekräf« 
tigttü|{  nicht  bin ,   denn  sie  blieben  selbst  auf  den  tterioht 


604  Dritter  Absehnllt 

derjenigen )  welche  Jesuin  gesehen  so  haben .  yersleher- 
teil  j  bis  sie  ihn  selbst  eu  sehen  bekamen ,  ooglfiabig. 
Ks  scheinen  sich  also  hier  sweierlei  Relationen  über  die 
erste  Kunde  der  Auferstehung  in  einander  verwictielt  wm 
haben,  vpn  welchen  die  eine  die  Weiber  durch  Kngel ,  die 
andre  durch  Jesum  selbst  von  seiner  Wiederbelabong  in 
Kenntnifs  gesetst,  und  an  die  Jünger  abgeschickt  werden 
liefs  —  die  letstere  offenbar  die  spfttere. 

Der  dem  Berichte  des  Matthäus  entzogene  Vorrang  der 
Autopsie  wird  auch  hier  wie  sonst  dem  johanneiaohen  mo« 
erkannt.  So  charakteristische  Zfige,  sagt  LOcki,  wie,  data 
bei*m  Gang  zum  Grabe  der  allog  ^ad^r^g  schneller  wXn  Pe- 
trus gegangen,  und  vor  ihm  an  Ort  und  Stelle  gekommen 
sei,  beurkunden  die  Ächtheit  des  Evangeliums  auch  dem 
Zweifelsllchtigsten.  Allein  hier  hat  LüCKB ,  bei  uns  wenig- 
stens, ganz  die  unrechte  Saite  angeschlagen«  Denn  eben 
diesen  Zug  haben  wir  oben  als  einen  von  denjenigen  uns 
gemerkt,  welche  dem  eigenthümlichen  Bestreben  des  vier- 
ten Evangeliums  angeh^iren,  den  Jobannes  Ober  den  Pe- 
trus zu  stellen  ^^).  Wir  haben  diets  hier  genauer  sn  be- 
trachten, indem  wir  den  Bericht  des  Lukas  Ober  den  Gang 
des  Petrns  mit  dem  Berichte  des  vierten  Evangelioms  Ober 
den  Gang  der  beiden  Jfinger  vergleichen.  Mach  Lulias 
(^,  12.)  läuft  Petrus  zum  Grabe:  nach  Johannes  (20,  3  ff.) 
Petrus  and  der  Lieblingsjünger  zusammen ,  doch  so ,  da(s 
der  letztere  schneller  läufl ,  und  zuerst  zum  Grabe  kommt 
Im  dritten  Evangelium  bOckt  sich  Petrus  in  das  Grab  hiik- 
ein ,  und  sieht  die  leeren  Tücher :  im  vierten  thut  Johan- 
nes diefs,  und  sieht  dasselbe«  Nun  von  einem  Hineinge- 
hen in  die  Gruft  hat  der  dritte  Evangelist  gar  nichts :  der 
vierte  aber  läfst  zuerst  den  Petrus  hineingehen  und  die 
Tücher  genauer  besichtigen,  dann  auch  den  Johannes,  und 
diesen  mit  dem  Erfolge  ^   dafs  er  an  die  Wiederlielebnog 


15)  Band  1.  §.  73. 


Viertes  Kapitel.    $.  138.  601 

Jejbtk  KU  glauben  anftngt  ^^>  Dafs  hier  von  Einem  ond 
demselben  Vorfalle  die  Rede  sei,  ist  oben  durchs  die  genaue 
Analogie  selbst  des  Ausdrucks  wafarsohetniich  gemaoht  wor- 
den. Es  fragt  sich  also  nur ,  welches  wohl  die  Ursprung- 
liehe,  dem  Factum  nähere  Erzählung  gewesen  sei  ?  Wenn 
die  des  Johannes:  dann  mttfste  sich  also  dessen  Name  all- 
mählig  aus  der  Überlieferung  verloren  haben,  und  der  Gang 
dem  Einen  Petrus  zugeschrieben  worden  sein;  was  sich 
bei  dem  alle  andern  verdunkelnden  Ansehen  des  Petrus 
gar  wohl  denken  liefse.  Hiebet  wfirde  man,  diese  beiden 
parallelen  Erzählungen  fttr  sich  betrachtet,  sich  beruhigen 
können:  allein  im  Zusammenhang  mit  der  ganzen  verdäch- 
tigen Stellung  y  welche  das  vierte  Evangelium  dem  Johan« 
nes,  gegenflber  von  Petrus,  ertheilt,  mnfs  auch  hier  das 
umgekehrte  Verhältnifii  der  beiden  Berichte  wahrscheinli- 
cher werden.  Vl^ie  bei  dem  Gang  in  den  bohenpriesterll- 
ehen  Palast,  so  wird  auch  bei  dem  zum  Grabe  Jesu  nur 
allein  im  vierten  Evangelium  dem  Petrus  Johannes  beige- 
geben ;  wie  er  dort  den  Petrus  einftthrt,  so  läuft  er  ihm 
hier  voran,  und  wirft  den  ersten  Blick  in  das  Grab,  was 
wiederholt  hervorgehoben  wird.  Dafs  sofort  Petrus  zuerst 
in  das  Grab  hinangeht ,  ist  nur  der  Schein  eines  Vorzugs, 
der  ihm  aus  Rarksicht  auf  die  vulgäre  Vorstellung  von 
ihm  eingeräumt  wird ;  denn  nach  ihm  geht  Ja  auch  Johan- 
nes hinein,  und  zwar  mit  einem  Erfolge,  wie  Petrus  sich 
dessen  nicht  rühmen  konnte ,  dafs  er  nämlich  an  die  Auf- 
erstehung Jesu  —  als  der  Erste  —  gläubig  wurde.  Aus 
diesem  Bestreben,  den  Johannes  zum  Erstgebornen  der 
Gläubigen  an  Jesu  Auferstehung  zu  machen ,  erklärt  sich 
dann  auch  die  AJiweiohung,  dafs  nach  dem  Berichte  des  ein- 
sigen  vierten  Evangeliums  Magdalena,  noch  ehe  sie  einen 


16)  Über  diesen  Sinn  des  hiCqtvatyy  und  dass  ihm  das  Inia  yttq 
jiSriaay  r^r  y^atp^r  «•  t.  !•  nicht  widerspricht  ,<  das  Richtige 
bei  LUcKi  z,  d.  St. 


600  Dritter  Abaehnitt. 

JSnget  gesehen »  en  den  beiden  Jüngern  EorllelieilU    Dc«n 
hfitte  sie  schon  vorher  eine  Engelerscheinong  gehabt,  wel- 
cher sie  dann  so  wenig  als  die  Frauen  bei  Matrhios  alfa- 
traut  haben  würde  ,  «o  w&re  ja  sie  die  erste  tilläbige  ge- 
wesen, nnd  hiitte  vor  Johannes  einen  Vorsog  gewonnen: 
was  nun   dadurch  vermieden  ist,   dafs  sie  blofs  mit  dar 
Wahrnehmung  des  leeren  Grabes  und  der  Medondi  erreg- 
ten  Unruhe  su  den  beiden  JOngern  liomnit*    Auch  das  er* 
lilfirt   sich  unter   dieser  «Voranssetsung ,    dals   das    vierte 
£vangelinm  die  vom  Grabe  Burttckkehrende  Fraa  nicht  eb 
den  Jüngern  überhaupt,   sondern  nur  cn  Petras!  und  Jo- 
hannes gehen  läfsf.      Da  nfimlich  die   der  nraprOoglieben 
Erzfiblong    nach  an  sUmmtUche   Jünger   gebrachte  Nach- 
richt nach  Lukas  sunfichst  nur  den  Petras  su  einem  Gang 
an   das   Grab  veranlafste,    wie  denn   auch  nsieh   Markus 
CV.  7.)  die   Botschaft  der  Franen  gans  besonders  ftr  Pe- 
trus bestimmt  war:   so  konnte  sich  leicht  die  Vorstellnng 
bilden ,   die  Nachricht  sei  nur  an  diesen  gekommen  ,    wel- 
chem dann  der  vierte  Evangelist  seinen  Zwecken  gemifs 
noch  den  Johannes  beigesellen  muTste.    Dafa  derseliie  Evan- 
gelist statt  der  mehreren  Frauen  nur  die  Eine  Magdalena 
hat,   diefs   könnte   freilich  unter  andern   Umstfinden ^als 
das  Drsprünglicbe  angesehen  werden,  woraus  die  synopti- 
sche  Darstellung  durch  Generalisirung  entstanden  wire: 
ebensogut  jedoch   können    die   übrigen  Frauen  als  oiinder 
bekannt  hinter    Magdalena   surückgetreten  sein.   —   Naa 
erst,  nachdem  die  beiden  Jünger  bei*m  Grabe  gewesen  wa- 
ren, nnd  sein  Johannes  Glauben  gewonnen  hatte,  konnte 
der   Verfasser   des    vierten   Evangeliums  die   Erj^heinang 
der  Engel  und  Jesu  selbst  einfügen,  welche  den  Weibera 
Bu  Theil  geworden  sein  sollte,   und  weiche  entweder  er, 
eder  schon  die  ihm  zu  Gebote  stehende  Tradition  auf  die 
Eine  Maria  Magdalena  beschränkt  hatte.     Die  Ausmaianf 
der  Scene ,   mit  dem  anfSngilchen  Nichterkennen  u.  s.  f., 
macht  der  geistreichen  und  gefühlvollen  Manier  des  Ver- 


Viertes  KapIteL    $.136  «07* 

fitsers  Ehre :  indeb  findet  sich  auch  hier  ein  Shnlieber  un« 
historischer  Überflars ,  ivie  bei  Matthfias.  Denn  hier  ha- « 
ben  die  Engel  der  Magdalena  nicht ,  wie  bei  den  ttbrigen 
Eyangelisten  den  Fraoen,  die  Aoferstehnng  Jesu  so  ver- 
kOndigen,  and  ihr  einen  AnfBchlufs  an  geben,  sondern  sie 
fragen  sie  nur?  r/  xkcdeig;  worauf  sie  ihnen  das  Yer- 
sob winden  des  Leichnams  Jesu  klagt,  aber,  ohne  weitem 
Anfschiurs  abzuwarten,  wendet  sie  sich  sofort  nm,  und 
sieht  Jesam  stehen.  Wie  also  bei  Matthäus  die  Erschei- 
nung Jesu,  welche  doch  noch  nicht  die  eigentliche  und 
rechte  sein  soll,  eine  überflüssige  Zugabe  zu  der  Engeler- 
scheinung ist:  so  hier  die  Engelerscheinang  eine  mfilsig 
prunkende  Einleitung  cur  Erscheinung  Jesq. 

Sehen  wir  hierauf  den  dritten  Bericht,  den  des  Mar^ 
kos,  darauf  an,  ob  nicht  er  Tielleicht  der  dem  Factum 
nSchste  sein  möchte :  so  ist  er  auf  eine  Weise  in  sich  Ecr- 
rissen  und  aas  nngei^gigen  Bestandthellen  susammenge« 
aetKt ,  dafs  an  ein  solches  Yerh&ltnifs  nicht  zu  denken  ist« 
llachdem  nämlich  l>ereits  erzählt  war,  dafs  am  Frühmor- 
gen des  Tags  nach  dem  Sabbat  die  Frauen  zum  Grabe 
Jesu  gekommen^  und  durch  einen  Engel  yon  seiner  Aufer- 
stehung benachrichtigt  worden  seien  ^  aas  Furcht  aber 
Niemand  etwas  von  der  gehabten  Erscheinung  gesagt  ha- 
lten (16,  1 — 8.) :  wird  nun  (V.  9.) ,  als  ob  weder  von  der 
Auferstehung ,  noch  von  der  Zeit  derselben ,  die  Rede  ge- 
wesen wäre,  fortgefahren :  ^agag  dk  TiQwt  nQwtfj  aaßßd^ 
mv  ifovTi  nQckav  Maqlfftff  MaydaXrjvfi.  Dieser  Zog  pafst 
auch  defshalb  zu  der  vorangegangenen  Erzählong  nicht, 
weil  diese  gar  nicht  Huf  eine  der  Magdalena 'besonders 
sügedachte  Erscheinang  eingerichtet  ist;  sondern,  da  sie 
mit  zwei  andern  Frauen  durch  einen  Engel  von  Jesu  Anf- 
erstehong  benachrichtigt  wird ,  so  konnte  ihr  vorher  Jesus 
noch  nicht  erschienen  sein,  nachher  aber,  auf  dem  Wege 
Bur  Stadt,  war  sie  mit  den  Übrigen  Frauen  zusammen^ 
wo  sie  dann  wirklich  nach  Matthäus  miteinander  die  Chri« 


«08 


Dritter  Abftcbnitt. 


fetophante  haften.  Ob  man  defswegten  Ak%  Ende  des  H«r- 
katevangeUams ,  von  V.  9.  an,  als  einen  apSt^ren  Zsaals 
ansehen  darf  ^^9  ^^t  zwar  wegen  de«  M«ngela  an  entaebei- 
denden  .  kritischen  Grfinden  ^  ond  noch  inehr  w^en  des 
abgebrochenen  Schlüsse  mit  iqfoßövto  YoiQy  der  aich  Aman 
ergiebti  zweifelhaft;  in  jedem  Fall  aber  haben  wir  hier 
einen  Bericht,  welchen  der  Verfasser  ans  versohiedenarü- 
gen  Elementen  der  umgebenden  Sage ,  welche  er  nieht  wa 
foel^errschen  wnfste,  ohne  klare  Anschannng  von  den 
Hergang  der  Sache  ond  der  Anfeinanderfolg^  der  Me- 
joente,  eilfertig  ensammeDgesetEt  bat« 

In  der  Erzählang  des  Lnkas  wäre  Bwar  fibrigens  kdn 
besonderer  Anstofs:  doch  aber  bat  sie  ein  verdfichtiges 
.  Element ,  die  lllngelerscbeinnng ,  ond  zwar  in  der  Zwei- 
eahl,  mit  den  Übrigen  gemein.  Was  sollten  die  Engel  bei 
dieser  Scene  ?  MatthSus  sagt  nns :  den  Stein  von  der  Gmft 
wälzen ;  wogegen  schon  Celsos  bemerkt  hat,  dafs  nach  der 
orthodoxen  Voraossetsnng  der  Gottessohn  biesn  keiner  sal- 
„chen  Holfie  benöthigt  sein  konnte:  ^^  nor  etwa  achickÜeh 
mochte  er  sie  finden.  Bei  Markus  ond  Lokas  erscheinen 
die  Engel  mehr  nor  als  diejenigen ,  welche  den  Weibern 
Kachricht  und  Aoftrfige  ertheilen  sollten  :  allein  da  naeb 
Matthäus  und  Johannes  unmittelbar  darauf  Jeans  selber 
ersohlciii,  ond  jene  Aufträge  wiederholte,  so  war  die  Be- 
stellung durch  Engel  überflüssig.  Es  bleibt  daher  nichts 
fibrig ,  als  zu  sagen :  die  Engel  gehörten  zur  Verherrli- 
chung der  grofsen  Scene ,  als  himmlische  Dienerschaft, 
welche  dem  Messias  die  Thttr  anfzutbun  hatte,  durch 
weiche  er  fiusgehen  wollte;  als  Ehrenwache  an  der  Stelle, 


17)  Wie  z.  B.  Paulus  und  Fritzschr.    Eine  vermittelnde  Änsic&t 
bei  Hu«,  Einl.  in  d.  N.  T.  2,  §.  69. 

18)  Bei  Orig.  c.  CeU.  5,  52:     6  ya^  "^^  ^«»  ^«««»    "«  fo#»*r,  »« 


Viei'te«  KäpiteL    S.  \U.  60d 

welishb  Aet  GetSdtete  so  eben  lebendig  verlassen  batte» 
Hier  ist  nan  aber  eben  die  Fraget  giebt  es  einen  solcben 
PraniL  in  dem  wirklichen  Hansbalt  Gottes  ^  oder  nur  in 
der  liindllchen^orsteliong)  welche  sich  die  Vorzeit  von 
demselben  machte? 

Man  hat  sich  daher  terschiedentlicli  Mfihe  gc^geben^ 
die  Engel  der  Aoferstehangitgeschtehte  in  natfirllebe  Kr« 
scheinungen  sn  verwandeln.  Gieng  man  hiebei  von  dem 
JBeriehte  des  ersten  Erangellnms  ans^  nnd  erwog,  dafsdem 
Engel  eine  Idia  dg  a^oanr} »  als  Wirkung  die  Abwfiiftong 
des  Steins  und  die  Betäubung  der  Höter  engescbriebeii^ 
auch  mit  seiner  Erscheinung  eine  Erderschötterung  in  Ver« 
bindung  gesetst  wird :  so  lag  es  nicht  mehr  fern^  entwe* 
der  an  einen  Blita  su  denken  y  weleher  mit  erschttttemdem 
Schlage  den  das  Grabmal  schliefBenden  Stein  auf  die  Seltd 
geschmettert,  und  die  HOfer  £u  Boden  geworfen  habe} 
oder  an  ein  Erdbeben^  welches,  l>egleifet  von  aus  der  Erdla 
schlagenden  Flammen,  dieselben  Wirkongen  hervorgebrachC 
habe;  wobei  denn  das  Feurige  und  ÜbermScbtlge  der  Er* 
scheinung  von  den  wachhabenden  Soldaten  für  einen  En« 
gel  gehalten  worden  sei  ^^«  Allein  theils  der  Umstand^ 
dafs  der  Engel  sich  auf  den  abgewälzten  Stein  gesetist^ 
tbeils  und  noch  mehr  die  Notie,  dafs  er  mit  den  Wei-* 
bem  geredet  haben  soll,  macht  diese  Hypothese  unE»» 
reichend«  Man  hat  sie  defswegen  durch  die  Annahme  tu. 
ergänzen  gesucht,  der  hohe  Gedanke,  Jesus  sei  auferstan« 
den ,  welcher  aus  Veranlassung  des  leergefundenen  Grab^ 
in  den  Frauen  entstand,  nnd  allmähllg  der  anfänglichen 
Zweifel  Meister  wurde,  sei  Von  den  Frauen  nach  oHenta« 
lischer  Denk  -  und  Redeweise  einem  Engel  sugesohrieben 
worden  ^^4    Wie  aber^    dals  in  sämmtlichen  Evangelien 


19)  ScHviTia,  in  Eicmhobh^s  allg.  Biblioth.  9^  8.  1034  ffi    Attn'ötf 
in  Matth.  p.  ^99i  . 

20)  Fkibduich  f  über  die  fidgefl  in  det  Aüferltebungigeicliiclite« 
In  Eiohhorn's  allg.  Bibl.  6>  S.  700  ff«    KumOi.,  a.  a.  O« 

Das  Ubtn  Jesu  ^iAtfi.  Ih  BmL  BO 


610  Dritter  Abschnitt. 


/ 


die  Engel  uls  gekleidet  In  weisse,    strahlende  GewXnder 
dargestellt  werden?   soll  aach  das  orientalische  Itilderrede 
sein?     Der  Orientale  kann  wohl  etwa  einen  guten  Gedan- 
ken, der  ihm  koamt,   als  einen  beaeiohnen,  den  ihm  «in 
Engel  Engeflttstert  habe :  aber  nun  noch  die  Kleidung  «ad 
das  Aussehen  dieses  Engels  sn  beschreiben,  das  geht  Qber 
das  Maars  des  Uoften  Bildes  anch  im  Orient  hinaus.    Bei 
der  Beschreibung  im  ersten  Evangelium  lidonte  man  etwa 
den  angeblichen  Blits  zu  Hälfe  nehmen,    und  vermotben, 
was  den  Frauen  bei'm  Anblick  desselben  durch  den  Sinn 
fuhr,  das  haben  sie  einem  Engel  sugeschrieben,   welchen 
sie  mit  Rficksicht  auf  jenen  Blitn  als   eineä  gUnaend  ge- 
kleideten schilderten.    Allein  nach  den   fibrigen  EFangeli- 
sten  sahen  die  Weiber  die  Abwfilznng  des  Steins  tx  ilype- 
ihen  durch  den  Blits  nicht  mehr  mit  an,  sondern,  wie  »ie 
in  das  Grab  giengen  oder  schauten,  erschienen  ihnen  gans 
ruhig  die  weissen  Gestalten.    Hienach  mufs  es  etwas  in 
Grabe  gewesen  sein,  was  in  ihnen  den  Gedanken  an  weifs- 
gekleidete  Engel  erregte;   im  Grabe  aber  lagen  nach  Lnlus 
and  Johannes  die  i^eissen  Leintficher,  in  welche  der  Leich- 
nam Jesu  gewickelt  gewesen  war:   diese,  welche  ?oa  lien 
ruhigeren  und  behersteren  Männern  ein^ch  als  solche  er- 
kannt wurden,  konnten,   sagt  man,  von  furchtsamen  und 
aufgeregten  Weibern  in  der  dunkeln  Gruft  bei   tiuscben-  | 
der  Morgendämmerung  gar  wohl  fttr  Engel  gehalten  wer- 
*  den  ^0*     Doch  wie  sollten  die  Frauen,  welche  doch   er- 
warten mnlsten ,  einen  welfseingewickelten  Todten  in  der 
Gruft  zu  finden,   durch  den  Anblick  jener  Tficher  auf  »o 
gana  besondere  Gedanken  gekommen  sein,  und   swar  ge- 
rade darauf,  was  ihnen  damals  am  fernsten  lag,  ۆefs  wA* 
gen  wohi  Engel  sein«   welche  die  Auferstehung  ihres  bis- 


21)  So  eine  Abhandlang  in  Eicbhoiui's  sUg.  BibL  8,  S.  629  C,  und 
in  Schmwt's  BibL  2,  S.  543  f.  3  such  Baobr,  hehr.  MythoL 
2,  S.  259. 


Viertes    Kapitel.    %.  l3d.  611 

gerfohteten  Lehrers  ihnen  ankündigen  wollen  ?  —  Wie  son- 
derbar aber  j  mufste  man  Ton  anderer  Seite  her  denken, 
-hier   so  ylele  künstliche  Vermuthongen  aufzastellen ,  was 
wohl  die  £ngel  gewesen  sein  mögen,   da  doch  unter  den 
Tier  Berlehten  swei  nns  ausdrücklich  sagen ,  was  sie  ge- 
wesen sind  y  nämlich  natürliche  Menschen  y  wenn  Ja  Mar- 
kos  seinen  Engel  als  vsavlaxav^  Lakas   die  seinlgen  als 
avÖQag  dvo  bezeichnet  ^.     Wer   sollen    non  aber  diese 
Männer  gewesen  sein?    Hier  ist  wieder  Thür  und  Thor 
geöffnet  für  die  Annahme  Ton  geheimen   Verbündeten  Je- 
su,  welche  selbst  den  J  Ungern   unbekannt  gewesen  sein 
BÜssten:   es  werden  dieselben  gewesen  sein,  welch»  bei 
der  sogenannten  Verkläruogsgeschichte  mit  ihm  Eusamaien- 
kamen,  Tielleicht  Essener,    welche  sich  weifs  sn  kleiden 
pflegten  — ^  und  was  dergleichen  aus  der  Mode  gekomoo^ 
De  Vermuthungen  eines  BAHRDTisch  -  VsNTURiNl'schen  JPk*8g- 
■latismns  mehr  sind.    Oder  will  man  lieber  ein   rein  su« 
fälliges  Znsammentreffen  postuliren ;  oder  endlich  mit  Pa^u* 
Lvs  die  Sache  in  einem  Dunkel  lassen,  aus  welchfugs»  so- 
bald  man   es    durch   bestimmte  Gedanken  an£EuhelleD  Ter- 
sucht,  doch  immer  wieder  die  Gestalten  der  geheimeii  Var- 
bündeten  herrortreten  ?    Der  richtige  Sinn  wird  anob  Ußt 
Tielmehr  die  Gestalten  der  Jüdischen  Volksrorstelini^  es^ 
kennen,  durch  welche  die  urchristliche  Tradition  die  AiijC- 
erstehung  ihres  Messias  yerherrlichen  eu  müssen  glaubte; 
eine  Ansicht,   durch  wdcbe  sich  sugleich  die  Difibrensoa 
in.  Zahl  und  Erscheinungsweise  *Jener  Überirdischen  We* 
aen  yon  selbst  auf  die  kunstloseste  Welse  lösen  ^. 


22)  FiVLüS  exeg.   Hindbuch  3,   B,  S.  829.  55.  60.  62. 

23)  FRixzscHS,  in  Marc.  s.  d.  St.  Nemo  —  quispiam  prkm  fem- 
fori»  Christianu  tarn  dignng  videri  poUrai , .  qui  de  IVkma 
in  vitam  reverso  nuntium  ad  homines  perferrety  quam  ange* 
luSj  Dei  minister  y  divinorumque  consilioram  interpres  et  ad^ 
jatar.  —  Dann  über  die  DüFereosen  in  Bexug  auf  die  Anzahl 

35  * 


012  Dritter   Absohnitt» 

Eben  hiemit  Ist  aber  aach  anerkannt,  dafa  wir  so 
wenig  mit  d^m  anawlblenden,  als  mit  dem  einscbiebenden 
Verfahren  aasreichen,  vielmelu*  beltennen  mfissen,  in  aftm^K 
liehen  eyanf^elisohen  Darstellungen  dieser  ersten  Knnde  der 
Auferstehnng  nur  tradition^e  Beriebte  vor  uaa  mm  ha- 
ben *0- 

S»    IST. 

GtlUXitche  und  jadüische,  ptHlSnitche  und  apoluryphisclie  E^* 
scheiaimgea,  des  Äufertttndeaen. 

Wohl  die  bedeutendste  von  allen  In  der  Aoferstehnogs* 
gesehiehte  vorkommenden  Differenzen  betrifft  die  Frage, 
.  welches  der  von  Jesu  beabsichtigte  HauptschaoplatB  aeiner 
Erscheinungen  nach  der  Auferstehnng  gewesen  sei?  Die 
beiden  ersten  Evangelien  •  lassen  Jesum  noch  vor  aelneai 
Tode  bei*m  Hinausgang  an  den  Olberg  den  JQngem  die 
Zusage  machen:  /lerce  to  iyegd'ijval  fie  ftQoa^io  v^äg  ag 
T^v  rahjialay  CMatth.  26,  32.  Marc.  14,  28.);  dieselbe 
Versicherung  giebt  am  Auf  ersteh  ungsmorgen  der  Engel  den 
Weibern  mit  dem  Zusatz :  ixeZ  avtov  oipea!>B  CMatth.  28, 7. 
Marc.  16,  7.) ,  und  bei  Matthäus  ertheilt  Ober  alles  die- 
ses Jesus  in  eigener  Person  den  Weibern  den  Auftrag, 
den  Jangern  zu  sagen:  %va  dnü&(oaiv  elg  Ttjv  rulilcdav^ 
xaxeZ  fie  cxjjowat  (28,  10.).  Bei  Matthftus  wird  sofort 
wirklich  die  Abreise  der  .Jfinger  nach  Galiläa,  und  die 
Erscheinung,  welche  sie  dort  von  Jesu  hatten  (die  einzige 
den  J fingern  zu  Theil  gewordene,  deren  Matthäus  gedenkt), 
gemeldet^  Markus  bricht,  nachdem  er  die  Bestflrzung  be- 
schrieben, in  welche  die  Engelerscheinung  die  Frauen 


der  Engel  u.  s.  f . :    Nimirwn  in^perato  Jesu  Messia^  in  of- 
tam  r$ditvd  miracula  adjecere  alii  alia^  qaae  Evangelistae  rr- 
Ugiosey  quemadmodxun  ah  suis  auctoribus  acceperant  ^    läms 
mandarant, 
24)  Kaisik,  bibl.  Theol.  I,  S.  254  ff. 


Viert««  kapiteK    S«  137.  61S 

4i^«t  habe  9  Wäf  die  sehen  erwähnte  rSthtelbafte  Art  ab^ 
hSngt  einige  Erseheinangen  Jesa  an,  weiche,  da  swiachen 
ilar  ersten,  die  als  onmitteibar  naeh  der  Anferstehnng  er» 
falgt,  nothwendig  in  Jerasaiem  au  denlien  ist,  und  den 
folgenden  iieine  Qrtsveränderong  bemerlit,  nnd  der  Zusam- 
menhang mit  der  früheren  Weisung  nach  Galiläa  aufgehe- 
iien  ist,  sämoltlieh  ais  Erscheinungen  in  und  um^Jerusa» 
lern  tietrachtet  werden  mfissen.  Johannes  weifs  von  einer 
Weisung  der  Jünger  nach  (Galiläa  nichts,  und  läfst  Jesum 
am  Abende  des  Anferstehungstages  nnd  acht  Tage  später 
den  Jüngern  in  Jerusalem  sich  neigen;  doch  wird  in  dem 
angehängten  Schiufdkapitel  eine  Erscheinung  am  gafiläischea 
See  beschrieben.  Eei  Lukas  dagegen  ist  nicht  blofs  toq 
•iner  galilfiischen  Erscheinung  keine  Spur,  nnd  Jerusalem 
mit  der  Umgegend  cum  alleinigen  Schauplatse  der  Christo^ 
phanieen^  welche  dieses  Evangelium  hat^  gemacht,  sondern 
es  wird  auch  Jesu,  wie  er  am  Abend  nach  der  Auferste- 
hung den  versammelten  Jüngern  in  Jerusalem  erscheint, 
die  Weisung  in  den  Mund  gelegt:  vfiaig  de  xa^lcart  iv 
%fi  nolec  Cwas  die  A.  G.  1,  4.  bestimmter  negativ  durch 
am  ^kqooolv^v^  fiig  xfagl^BO^ai  ausdrückt),  iwg  a  ivdv^ 
at](J»a  dwafuv  i§  v^ag  (i4,  49.).  Hiermufs  sweieriei  g<* 
ffl«gt  werden :  1)  wie  kann  Jesus  die  Jünger  su  einer 
Reise  nach  Galiläa  angewiesen,  und  ihnen  doch  sugleich 
geboten  haben,  bis  P&ngsten  in  Jerusalem  sn  bleiben  I  und 
2)  wie  kounle  er  sie  darauf  verweisen,  in  Galiläa  sich  ih- 
nen BD  seigen,  wenn  er-  doch  im  Sinne  hatte,  noch  am 
ulmUchenTag  ihnen  in  und  l»ei  Jerusalem  su  erscheinen? 

Den  ersteren  Widerspruch,  welcher  sunäclist  kwI* 
seilen  Matthäus  and  Lukas  stattfinde^,  hat  Mifemand  sebfir- 
fer  hingestellt,  als  der  Wolfenbütder  Fragmenfist.  Ist  es 
walir,  schrellit  er,  was  Lukaa  sagt,  dafs  Jesus  gleich  am 
ersten  Tage  seiner  Auferstehung  seinen  Jüngern  in  Jero- 
salem  erschienen  ist,  und  befohlen  hat,  da  an  bleiben,  n»Ml 
nicht  voa  da  wegsugehen  bis  Pfingsten  i  so  ist  ea  falsch,. 


614  Dritter  Absehttitt 

dab  er  ihnen  befohlen  habe»  in  derselben  Zeit  naeh  dcM 
InsserttenGalilSa  eu  wandern,  um  ihnen  da  so  erschelaeB, 
und  amgekebrt  *}•  Die  Harmonisten  gaben  sich  swar  Aa 
Miene,  als  wftre  dieser  £inwarf  anbedeotend^  und  bemerk- 
fan  nur  knre,  die  Aijiweisnng,  in  einer  Stadt  so  bl^i>€% 
sei  kein  Stadtarrest^  und  sohliefse  also  SpasiergXnge  qimI 
Nebenreisen  nicht  ans ;  sondern  nur  die  Verlegmig  des 
Wehnsitaes  von  Jerusalem  weg,  und  das  Ausgehen  in  alle 
Weit  cur  Predigt  des  Evangeliums  habe  Jesus  den  Jün- 
gern bis  Bu  Jenem  Termin  verbieten  wollen  ^.  Allein  ein 
Spaaiergahg  ist  die  Reise  von  Jerusalem  nach  Galilfia  doeh 
wohl  nicht ^  sondern  der  weiteste  Zug,  den  der  Jude  im 
Inland  machen  konnte;  ebeiiso  wenig  war  es  für  die  Apo« 
sl^el  eine  Nehenreisei  fielmehr  eine  Rfickreise  In  ihre  Hei* 
math ;  was  aber  Jesus  durch  jene  Weisung  den  Jungem 
untierrsagen  wollte,  kann  weder  das  Ausgehen  in  alle  Weh 
aur  Verktlndigung  des  Evangeliums  gewesen  sein,  wosa 
sie  ver  der  Ai^sglefsnng  des  Geistes  gar  keinen  Trieb  in 
eich  ftsrsptfrten ;  noch  die  Verlegung  des  Wohnsitaes  von 
Jerusalem  weg,  wo  sie  nur  als  festbesuchende  Fremde  sieh 
anfliielten :  sondern  el>en  von  der  Reise  mufs  sie  Jesus  ha- 
ben fenrllckhaiten  wollen,  weiche  an  machen  ilmen  aai 
nSohsten  lag,  d«  h.  von  der  Rfickkehr  in  ihre  Heimath  6a- 
lllfta  nach  Verflufs  der  Festtage«  Überdiela  *  worüber  auch 
BIiOHABLisr  gesteht,  sich  wundern  an  müssen  —  wenn  Lu- 
kas durch  jenes  Verbot  Jesu! die  Reise  nach  Galilfia  aleht 
ausschliefsen  will,  warum  erwfihnt  er  derselben  oüt  kei- 
nem Wort!  und  ebenso,  wenn  Matthäus  aloh  bewnfst  war, 
daTs  seine  Hinweisung  nach  Galiläa  sich  mit  dem  Befehl^ 
in  der  Hauptstadt  au  bleii>en,  vertrage,  warum  hat  er  die> 
aen,  sammt  den  Jerusalemischen  Erscheinungen,  übei^[an« 
gen?  gewifs  ein  deutlicher  Beweis,  dafs  Jeder  von  beiden 


1)  In  Lstiiwo^t  Beiträgen,  a.  a.  0.    S.  485* 

2)  MicsAaus,  S.  259  f.    ^vuMiy  in  Luc.  p.  743. 


Viertes  Kapitel.    %.  1^7.  615 

«iiier  Andern  Qmndansicht  vom  Schapplatxe  dar  firsohei- 
nnngen  des  auferstandenen  Jesns  gefolgt  ist. 

In  diesem  Gedränge^  swei  an  demselben  Tage  gegebene 
«ntgegengesetcte  Befehle  ansammenanreimen)  bot  die  Ver- 
^leiebnng  der  Apostelgeschichte  eine  erwünschte  Hfiife  durch 
Uaterscheidnng  der  Zeiten  c^r.  Hier  findet  sich  nämlich 
Aer  Befehl  Jesu,  Jernsal^in  nicht  so  verlassen,  in  seine 
letate  Erscheinung,  40  Tage  nach  der  Auferstehung,  nii- 
mittetbar  vor  der  Rimmelfshrt,  verlegt;  am  Schlüsse  des 
JLnkasevangeliums  ist  es  gleichfalls  die  ietste  mit  der  Him- 
melfahrt schiiefsende  Zusammenkunft,  in  welcher  jener 
Befehl  ertheilt  wird,  und  wenn  man  nun  gleich,  die  ge« 
clrlingte  Darstellung  des  Evangeliums  fttr  sieh  genommen, 
islanben  mOlste,  das  Alles  sei  noch  am  Tage  der  Anferste» 
bang  selbst  vorgegangen:  %o  ersehe  man  doch,  heifst  es, 
aus  der  A.  6.  desselben  Verfassers,  dafs  swisehen  V.  43 
und  44  im  lotsten  Kapitel  seines  Evangeliums  die  49  Tage 
von  der  Auferstehung  bis  Eur  Himmelfahrt  mitten  inne  lie- 
gen* Hiemit  aber  verschwinde  auch  der  scheinlmre  Wider- 
spruch Jener  beiden  Weisungen:  denn  gar  wohl  könne, 
wer  suerst  zwar  au  einer  Reise  nach  GalilXa  angewiesen 
hatte,  40  Tage  spXrer,  nachdem  diese  Reise  gemacht,  und 
man  in  die  Hauptstadt  curfickgekehrt  war,  nunmehr  jede 
weitere  Entfernung  von  da  verboten  haben  *).  Allein  so 
wenig  der  an  befahrende  Widerspruch  verschiedener  N«  T.» 
lieber  Schriftsteller  ein  Grund  sein  darf,  von  der  natfirli- 
chen  Deutung  ihrer  AussprOche  abaugeben :  so  wenig  kann 
man  hieau  durch  die  Furcht  berechtigt  sein,  ea  möelite 
sonst  ein  und  derselbe  Autor  in  verschiedenen  Schriftea 
sieh  widersprechen ;  da,  wenn  die  eine  etwas  später  ala 
die  andere  geschrieben  ist,  der  Schriftsteller  in  der  Zwi« 
schenseit  Aber  Manches  anders  berichtet  worden  sein  kann^ 
als  er  es  bei  Abfassung  der  ersten  Schrift  war*  Dafs  diefa 


3)  ScoLBiiaitAcaas,  Über  den  Lukas,  S.  299 f.    Pjvivs,  S.  910. 


0M  Dvitter  Absobaltl, 

in  BeMg  1^  die  Begebenheiten  tot  and  «uülelisl  uMh  49e 
Anferitehang  bei  Lnket  wirklieh  der  Fall  wer,  werden 
w)r  «.  Bt  aus  der  Vergleiehang  von  Lue.  S4,  M«  mit  A-  Q« 
]y  IS.  spftter  noch  sehen  s  womit  denn  Jeder  GTiuid  ver- 
sohwindet,  nwischen  das  SgHxyeif  V,  43.  und  slru  ii  V«  44, 
gegen  den  Aogensehein  eines  lyimittelbaren  Znsainineiihange 
beinahe  6  Wochen  ZwischeuBei^insnsehieben,  ebenae  aber 
anoh  die  Mögliehkeit,  die  entgecrengesetsten  Befehl«  Jean 
bei  Hatllatns  nnd  Lnkas  doroh  Onlerseheldnng  der  Zelten 
pn  rereinigen. 

IndeCi)  geseist  aneh,  dieser  Widerspruch  liefbe  sieh 
anf  irgend  eine  Weise  heben ,  so  würden  dennoch,  selbst 
ohn#  Jenen  ansdracklichen  Befehl ,  welchen  Lnkas  aseldei, 
a#eh  di^  Uofsen  Facta ,  wie  sie  bei  ihm  nnd  seinens  Vo^ 
;Diann  nnd  Nachfolger  erafthtt  sind,  mit  der  Wetsang,  wei* 
<)he  Jesus  bei  Matthäus  den  Jangevn  ertheilt,  unTcrelnbarblei* 
hon.  Denn  haben  Ihn,  fragt  der  Wolfcftbftttler,  diea&nunt- 
lieiien  Jfinger  au  aweien  Malen  in  Jerusalem  gesehen,  ge» 
aprocben,  betastet  und  mit  ihm  gespeist :  wie  kann  es  seiUi 
dafa  sie^  um  ihn  an  sehen,  die  weite  Reise  nach  6aÜl£a  haben 
ihun  mftssen^>?  Die  Harmonisten  erwiedem  awar  dr^s^ 
damit,  dafs  Jesus  den  Jüngern  sagen  lasse,  in  Galiläa  wer- 
den sie  ihn  sehen,  sei  keineswegs  gesagt,  da(s  sie  Ihn  sonst 
liirgends,  namentlich  nicht  in  Jerusalem,  sehen  würden ')« 
AUeln,  kannte  ihnen  der  Woifenbllttler  entgegnen,  so  we« 
lüg,  wer  au  mir  sagt:  geh'  nach  R,om,  dort  wirst  dn  dea 
Pahat  sehen ,  meinen  kann ,  der  Pabst  werde  awar  auror 
noch  durch  meinen  jetaigen  Aufenthaltsort  kommen,  und 
da  Yon  ndr  gesehen  werden  kttnnen ,  hernach  aber  soll 
10b  tueb  uooh  nach  Rom  gehen ,  um  ihn  dort  wieder  ap 


4)  s.  «.  Q,  a,  48e, 

f)  Gsii9m(Mf«  Vort^uQgea  über  Hen&eaentik  des  N.  T.>  aul 
Anwendung  auf  die  Leidens  -  und  AuferttehungsgetdndU 


viert«»  Kapitel.    $.  m.  017 

•«4^1 :  so  \Tef»Ig  wttr^  der  Engd  bei  Matthftnt  and  BIap- 
kua  y  wena  er  von  der  jerasalemiaehen  firaobehioDg  noch 
am  nfimlicben  Tage  etwas  geahnt  bitte,  den  Jüngern  ge« 
eag^  baben:  gebt  naob  GaJllfia,  dort  wbd  aioh  euob  Je» 
•US  aeigen ,  sondern :  seid  nur  getrost,  bierselbst  in  Jerusa- 
ieai  werdet  ibr  iba  ?or  Abend  nocb  au  seben  beliomaien« 
Wosa  die  Verweisnng  auf  das  Entferntere,  wenn  ein  gleich- 
artiges Näheres  daswisobenlag  ?  und  wozu  eine  Besleliang 
der  Jünger  iiaab  Galiläa  durch  die  Weiber,  wenn  Jesus 
Torhersab,  am  nämlichen.  Tage  noch  die  Jünger  persön- 
iichaa  sprechen  ?  Mit  Recht  beharot  die  neuere  Kritik  auf 
dem,  was  schon  Lkssing  geltend  gemacht  bat  ^,  ^dafs 
kein  Vernünftiger  seinen  Freunden  durch  eine  dritte  Per- 
son eiae  später»  Zusammenkunft  an  freudigem  )Viederse« 
heB  an  einem  entfernten  Ort  anberaumen  lasse,  wenn  er 
noch  an  demselben  Tag  und  üfters  am  gegenwärtigen  Or- 
te  sie  an  sehen  gewUs  sei  0*  Kann  mithin  der  Engel  und 
Jesus  selbst ,  als  sie  am  Morgen  durch  die  Frauen  die  Jün- 
ger nach  Galiläa  besehieden ,  noch  nichts  'ilavon  gewufst 
haben,  dafs  er  am  Abende  desselben  Tages  bei  und  in  Jem- 
saleia  sich  ihnen  aeigen  werde:  so  mufs  er  also  am  Mor- 
gen noch  im  Sinne  gehabt  haben ,  sogleich  nach  Galiläa 
au  geben,  im  Verlaufe  des  Tags  aber  auf  andre  Gedanken 
gekommen  sein«  Von  jenem  anfänglichen  Vorsatae  findet 
sich  nach  Pi.utus  ^)  auch  bei  Lukas  eine  Spur,  in  der  Wan- 
derung Jesu  nach  dem  in  der  Richtung  gegen  Galiläa  >hin 
gelegenen  Emmans ;  als  Grund  der  Abänderung  des  Plans 
aber  Tcrmutbet  derselbe  Ausleger,  welchem  hierin ^Olshau- 
8SN  beistimmt^,  den  Unglauben  der  Jünger,  wie  er  sich 
Jesu  namentlich  bei  Gelegenheit  des  Gangs  nach  Emmana 


6)  Puplik,  Werke,  34.  Bd.    S.  204. 

7}  ScHMKCKBKsuRCss,  Über  dea  Urspr.  des  ersten  ksuon.  Evsng.^ 
S,  17  U 

8)  exeg.  Uandb.  3,  b,  S.  8S5* 

9)  UbL  GoQua.  2j  S*  524. 


|18'  Dritter  Abschaitt. 


EQ  erkenMA  gegebe»  hatte.    Wie  tteb  eine  solehe  irrige 
BereehDong  yon  Seiten  Jeea  mit  der  orthodoxen  Ansieht 
von  «einer  Perton  vertrage,  mtfge  hiebet  Olshaüsen  suse- 
ben ;  aber  anoh  rein  meneebiieh  betrachte  y  liegt  kein  g»» 
ntfgender  Gmnd  jener  Uastlnunang  vor«    Namentlich  seit 
Jesus  von  den  b^den  Emmatintisehen  Jfingern  erkannt  wor- 
den wai%  dorfte  er  gewÜe  sein ,  dmb  das  ZeagnUs  d^r  Mfin- 
ner  die  Aussage  der  Weiber  so  beglaubigen  würde ,  um 
die  Jfinger  wenigstens  mit  glimmenden  Funken  des  Glau- 
bens und  der  Hoffnung  nach  GalilXa  mi  ffibren«    Überhaupt 
aber  9  wenn  eine  Umstimniang,   und  eine  Yerschiedenbeit 
des  Plans  Jesu  vor  und  nach  derselben  stattfand:   warum 
glebt  dann  kein  ISvangeÜst  von  einem  solchen  Wendepunkte 
Nachricht  I    sondern  spricht  Lukas  so^   wie  wenn  er  von 
dem  urspfingllohen  Plane ;   Matthäus,  wie  wenn  er  von  ei- 
ner späteren  Abänderung  desselben  nichts  wflfste ;  Joban- 
neS)  als  ob  der  Hauptschanplatu  der  Erscheinungen  des  Aaf> 
erstandenen  Jerfisalem  gewesen,  und  er  nur  naehtrfiglich 
auch  einmal  nach  Galiläa  gekommen  wäre;  endlich  Mar- 
kos so  I  dafs  man  wohl  sieht,   er  hat  die  anfkngliche  Wei- 
sung nach  Galiläa,  welche  er  aus  Matthäus,   und  die  fol- 
genden  Erscheinungen  in  Jerusalem  und  der  Dmgegend, 
welche  er  aus  Lukas ,   und  woher  sonst  noch ,    schöpfte, 
auf  keine  Weise  su  vereinigen  gewnfst  oder  auch  nur  ge- 
sucht, sondern  sie  roh  und  widersprechend,   wie  er  sie 
fand,  ensammengestellt? 

Mufs  man  demnach  mit  der  neuesten  Krtük  des  Mat- 
thäosevangeliums  den  Widerspruch  swlschen  diesem  und 
den  übrigen  in  Beeng  auf  die  Localität  der  Erscheinungf^a 
Jesu  nach  der  Auferstehung  anerkennen:  so  fragt  es  sich, 
ob  man  derselben  auch  darin  beistimmen  kann,  daCi  sie 
ohne  Weiteres  die  Darstellung  des  ersten  Evangeliums  ge- 
gen die  der  übrigen  aufgiebt!  *<^  Stellen  wir,  abgesehen 


10)  Wie  ScKOLS,  Über  d.  Abeadmahl,  S.  S21.  ScMjucKBHBvassa,  a.  a.  0, 


ViertM  KaplteL    $.  tS7.  «0» 


von  viiF«8t;696tsteni  «pottolbobeD  Dnpnmg  4e§  «bMiiolar 
Alldorn  fivaogeiittms,  die  Frage:  welche  der  beiden  abwel» 
eilenden  Darstollangen  eignet  tich  mehr  dasa ,  als  tradiäo» 
oelle  Um-  und    Weiterbildung  der  andern  angesehen  «i 
vrerden  ?  io  können  wir  hier ,   aosser  der  allgemeinen  Be- 
«efaaflFenheit  der  Ersftblangeni    noch  anf  einen  einseinen 
Ponkt  sehen  y  an  weichem  beide  sich  anf  eharnkteristisoha 
Welse  berfihren.  *^DIefs  ist  die  Anrede  der  Engel  an  die 
Frauen )  in  welcher  nach  stfmmdichen  Synoptikern  Galt- 
lüa*s  erwfthnt   wird,    aber  auf  yerschiedene  Weise.    Bei 
Matthtftts  sagt  der  Engel ,  wie  schon  erwftbot  y   von  Jesn : 
nQoayei  v^ag  elg  Ttpf  Faktlalav  -^  Wo  elnop  vfuv  (i8,  7.)» 
Bei  Markus  sagt  er  dasselbe ,   nur  dsCs  er  statt  des  letct^ 
ren  Znsatses^  durch  welchen  bei  Matthfius  der  EngcJ  sein» 
.  eignen  Worte  den  Frauen  elnprigen^  will ,  den  Znsats  hat  i 
xa^g  elnev  vfiiv  9  mit  weichem  er  sie  auf  die  frühere  Vor^ 
hersage  Jesn  iber  dieeen  Gegenstand  surfickwelst.    Ver- 
gleichen wir  sunächst  diese  beiden  Darstellungen  1  so  k^^nnte 
leicht  das  bekrlftigende{  elnov  vfuv  ttberflttssig  und  nichts« 
sagend  ersch^iiien,    dagegen   die  ZurOckweUunjp  aiif  Jesn 
frfihere  Vorhersaguog  durch  elTier  passender »   und  darauf 
könnte   man  die   Vermnthung  begründen ,    dafs  hier  viel« 
leicht    Markus    das    Richrlge    nnd    Vrsprfingliche ,    Mat- 
thius  aber  ein  nicht  ohne  Mifsverständnifs  Abgeleitetes .  ha- 
he  ^0*     Ziehen  wir  nun  aber  auch  den  Bericht  des  Lnkks 
In  die  Vergleichung  herein:    so  wird  auch  hier,  wie  bei 
Markus  9   durch  ein  /iri;a9i^e,   wg  iXaXtjbsr  vfih  hi  wv  iy 
%fj  raldalfft   Ufav  x.  t.  L  auf  eine  frfthere  Vorhersage 
Jesn  curOcKgewiesen  y    aber  nicht  auf  eine  nach  GalilAa 
weisende,  sondern  auf  eine  in  Galiltfa  gegebene.    Hier  fragt 
sieh :    ist  es  wahrschrfnlieher,  dafs  das  urspriogKck  «ir 
Bestimmung  des  Locals,  in  welchem  die  Weismgnng  der 


11)  \Ve8twegen  MiCKASut,   8.  118  £•>    such  bei  MttihXtu  #m«r 
fUr  die  ursprüngliche  Lesart  hält. 


DrltUr  Absttiiftiftt. 

AnfbratehoBg  gefdbm  wurde »  hlnmgetetst«  OalUX«  stHttir 
Irrig  ak  Bestimfflong  detjenigeo  Looak)  wo  der  Anftr- 
sUndene  ersohetnen  wollte  f  nmgedeatot  worden  iet ,  oder 
«oigekehrt!  DiefB  miiff  iioh  darnaeh  entscheiden,  In  wel- 
oher  von  beiden  Stellnni^  die  Erwähnung  6aliUa*s  finni- 
ger in  den  Zneaoinienhang  paTst.  Datk  nnn  bei  Verkfin- 
dlgnng  der  Anferstehnng  Alles  darauf  anlLam,  ob  und  wa 
der  Auferstandene  au  sehen  sei,  erhellt  iron  selbst;  weni- 
ger lag ,  wenn  auf  eine  frühere  Websagung  surfickgewie* 
sen  werden  sollte,  daran,  wo  diese  gegeben  worden  war. 
Hienach  könnte  man  schon  Ton  dieser  Vergleiehung  der 
Steilen  aas  es  walirscheinllcber  finden,  daTs  es  ursprfing* 
lieh  geheifsen  haben  möge,  der  Engel  habe  die  Jinger 
nach  GaiilXa  gewiesen,  um  dort  den  Auferstandenen  na 
aehen  (Matth.);  hierauf  aber,  als  die  Ersäblungen  von  jn- 
däischen  Ersoheinungen  Jesu  die  galilliscben  Tcrdrangt 
hatten ,  liabe  man  das  Galiläa  in  der  Engelrede  dahin  uai* 
gestellt,  da£s  es  nnn  hieb,  schon  in  Oalilfia  habe  Jesus  sei« 
ne  Auferstehung  yorhergesagt  (Lukas) ;  worauf  dann  Blar- 
kns  yermittelnd  eingetreten  nu  sdn  scheint,  indem  er  aüt 
Lukas  das  elnoy^  in  dnev  yerwandelt ,  auf  Jesum  benog, 
Galiläa  aber  mit  Matthäus  als  Schauplats  nicht  der  frfihe- 
ren  Vorhersagong,  sondern  der  bevorstehenden  Erachet- 
nung  Jesu  beibehielt. 

Ziehen  wir  hierauf  die  allgemeine  Beschaffenheit  der 
beiden  Eraäblungen  und  die  Natur  der  Sache  in  Betracht, 
so  stehen  der  Annahme,  dafs  Jesus  nach  seiner  Anferste« 
hung  den  Jfingern  wirklich  mehrerenuJe  in  und  bei  Jeru« 
salem  erschienen  sei ,  die  Kunde  hieven  aber  ans  der  Tra- 
dition,  wie  sie  dem  ersten  Evangelium  cum  Grunde  lag, 
sich  verloren  habe,  dieselben  Sehwterigkettea  entg^en, 
und  die  entgegengesetste  hat  eben  so  viel  ffir  sich,  wie  wir 
diefs  bei  einer  frfiheren  Untersuchung  in  Beeng  auf  die 
mehreren  Festreisen  und  judäischen  Aufenthalte  Jean  ge- 


Viertes  Kapitel,    t  lÜT.  Mt 

fanden  haben  ^^»    Daft  die  jemialeoiliehen  Ersehetnan« 
gen  des  Auferstandenen  in  Galilia,   wo   dieser  Voraasse« 
tsang  naoh  die  Matthänstradition  sieh  bildete,  unabsieht« 
lieh,    also  dnroh  völliges   Versehwinden   der  Runde   von 
denselben  y  in  Vergessenheit  gelLommen  wären ,  lälst  sieh 
bei  der  WiohtigiLeit 'gerade  dieser  Ersebeinungen ,  welche^ 
wie  die  Tor  den  yersanimelten  Eilfen  und  vor  Thomas,  lÜe 
aiebersten   liongnisse   fltr    die  Realität  der  Auferstehung 
enthielten,   nnd    bei   dem  organisirenden  Einflufs  der  Ge- 
meinde in  Jerusalem,  nicht  wohl  denken;  dafs.man  aber 
In  Galiläa  von  den  judälschen  Ersebeinungen  Jesu  swar 
gewufst,    der  Verfasser  des  ersten  Evangeliums  aber  sie 
absiehtÜeh  verschwiegen  haben  sollte,    um  seiner  Provins 
allein  die  Ehre  derselben  an  erhalten,  diefs  setst  einen  ga-. 
lUälseben   Particnlarismus ,   eine  Opposition   der  dortigen 
Christen  gegen  die  Gemeinde  au  Jerusalem  voraus,  wovon 
ons  jede  geschichljiche  Spur  abgebt*    Das  andere  Mögliche 
hingegen,  dafs  vielleicht j   nachdem  ursprOnglich  blols  ga« 
Ülälsehe   Erscheinungen  des  Auferstandenen   bekannt  ge- 
wesen waren,  in  der  Uberlieferong  allmählig  immer  mehr 
Judäisehe  nnd  jemsalemische  hinzugefögt ,  und  durch  diese 
endlich  Jene  ganz  verdrängt  worden  sein  mögen ,  läfst  sich 
durch  mancherlei  GrOnde  cur  Wahrscheinlichkeit  erheben. 
Schon  der  Zeit  nach  war  die   Kunde  von  der  Auferste- 
hung Jesu  um  so  schlagender,   fe  unmittelbarer  seine  Er- 
aeheinungen   auf  Begräbnifs  nnd   Wiederbelebung  gefolgt 
waren :    sollte  er  aber  erst  in  Galiläa  erschienen  sein  y  so 
fand  eine  solche  unmittelbare  Aufeinanderfolge  nicht  statt; 
femer  war  es  eine  natarliche  Vorstellung,   dafs  sich  die 
Auferstehung  Jesu  an  Ort  und  Stelle  seines  Todes  durch 
Erscheinungen  documentirt  haben  mflsse;  endlich  aber  der 
Vorwurf,  dafs  Jesus  naoh  seiner  angeblichen  Wiederbele- 
bung nur  den  Seinigen,   und  äwar  in  einem  Winkel  von 


12)  J.  Bind,  (.  56. 


eS2  Dritter  Abiebnltt 

GaliUa,  «rsobienen  sei,  war  dadurch  einlgemaTien  svrfiak- 
gewiaten  y  wenn  man  sieh  darauf  berufen  kotifif»-,    dafi  er 
Tielmehr  in  der  Hauptstadt  ^    mitten  unter  seinen  ergri««- 
ten  Feinden  y  aber  freilich  von  diesen  weder  au  sehen  itaeh 
cn   greifen,  als  Auferstandener  gewandelt  bal>e.      flatte 
maa  aber  einmal  mehrere  Erscheinungen  Jesu  nach  Jodis 
«nd  Jerusalem  irerlegt :   so   rerloren  die  galillischea  ihre 
Wichtigkeit,  und  konnten  hinfort  entweder  in  der  unter- 
geordneten Weise,  wie  im  vierten  Erangelium,   nachge- 
tragen werden^  oder  auch,  wie  im  dritten ,  gans  ansfallen. 
Dm  diesem  ,  vom  Standpunkte  mdgiicher  Sagenbiklnng  ans 
eieh  ergebenden  Resultate  hier  nicht  wie  oben  in  der  Ga- 
tersachung  filier  den  Schauplats  der  Wirksamkeit  des  la- 
benden Jeane  wom  Gesichtspunkt  der  VerhAitalese  nnd  Ab- 
sichten Jesu   ans  ein  umgekehrtes  sich  entgegensetar:  so 
brauchen  wir  hier  die  Entscheidung  nicht  dabingesfellt  ca 
lassen  ,  sondern  dfirfen  im  Widerspruch  gegen  die  jets^ 
Kritik   an   Gunsten  des  eraten    Evangeliums  entscheiden, 
dessen   Bericht  fiber  das  Erscheinen  des  Anferstandenea 
ohnehin   als  der  einfachere  und  mindeip  schwierige  sich 
empfehlen  wird* 

Was  nun  die  ErscheUinngen  des  auferstandenen  Jcrm» 
im  Einaelnen  betrifft,  so  hat  deren  das  erste  E?angelttia 
nweis  eine  am  Anferstehnngsmorgen  vor  den  Frauen  (3S, 
9*  f.) 9  und  eine,  unbestimmt  wann,  vor  den  Eilfen  in  üth 
lil£a  (28,  16.  ff.)-  Markus  hat,  in  Obrigens  blofs  samma- 
rischer  Angabe,  drei:  die  erste,  welche  am  Morgen  der 
Auferstehung  der  Maria  Magdalena  (16,  9.  fO>  eiae  an- 
dere ^  welche  swei  aufs  Land  gehenden  Jfingern  (16,  U), 
und  eine  dritte  f  welche  den  an  Tische  aitaenden  fillCn, 
ohne  Zweifel  in  Jerusalem,  au  Th^  geworden  ist  (16,  ]4.> 
LukMM  ereihlt  awar  nur  ewei  Ersoheinnngen :  die  Tor  den 
Emmauntischen  Jfingern  am  Anferstehnngstag  (24,  13.  £) 
und  die  letate,  vor  den  Eilfen  und  andern  Jfingern  an  Je- 
rusalem^ nach  S4|  36*  ff.  am  Abende  desselben  Tagr,  aash 


Viertes    Kapitel«    $.  137.  6tt 

A.6.  1,  4.  ff.  yiereigTage  spfiter;  aber  wenn  den  Emma^ 
vntischen  Wanderern  bei  ihrem  Eintritte  su  den  Aposteln 
diese  y  noch  ehe  Jesas  in  ihre  Mitfe  getreten  ist  y  entgegen« 
rofen :  rjyiQd'rj  i  KvQiog  ovTo>g^  xal  wqi^r]  Slfiani  (24,  34.) : 
so  wird  hier  eine  dritte  Erseheinnng  Toransgesetat,  welche 
dem  Petras  allein  an  Theil  geworden  war.  Johannes  hat 
vier  dergleichen  Erscheinnngen :  die  erste,  welche  der  Maria 
Magdalena  am  Grabe  an  Theil  wnrde  (20,  14.  ff.);  die 
eweite,  welche  die  Jfinger  an  Jerusalem  bei  rerscblosse« 
nen  Thilren  hatten  (20,  19«  ff.);  die  dritte,  acht  Tage  spl- 
ter^  ebenfalls  in  Jerusalem,  bei  welcher  Thomas  sich 
llbereeugte  (20,  20.  ff;^;  die  rierte,' unbestimmt  wann,  am 
galilAischen  See  (2I.>.  Hier  ist  nun  aber  aneh  eine  Nach- 
richt des  Apostels  Paulos  an  berllcksiebtigen,  welche 
1  Kor.  15,  5.  ff.,  wenn  man  die  ihm  selbst  an  The{l  ge- 
wordene Christophanie  abrechnet ,  fQnf  Erscheinnngen  des 
Auferstandenen  aufeählt,  ohne  sie  Jedoch  nfther  an  be- 
achreibien  :  auerst  eine  dem  Kephas  gewordene ;  dann  eine 
Ter  den  Zwölfen ;  hierauf  eine  Tor  mehr  als  fiBnfhnndert 
Brüdern  auf  einmal ;  weiter  eine  vor  Jakobns,  und  endlich 
eine  vor  sXmmtlichen  Aposteln. 

Wie  fttgen  wir  nun  diese  verschiedenen  Erscheinun« 
gen  in  einander  ein?  Den  Anpruch  darauf,  die  erste  an 
sein,  macht  bei  Johannes,  und  ansdraeklicher  noch  bei 
Markus ,  die  der  Maria  Magdalena  an  Theil  gewordene.  '— 
Die  aweite  mttsste  das  Zusammentreffen  Jesu  mit  den  vom 
Grabe  anrttck kehrenden  Weibern,  bei  MatthXus,  gewesen 
a^in ;  da  aber  unter  diesen  Magdalena  gleichfails  war,  und 
ktsine  Spur  vorhanden  ist ,  dafs  sie  schon  vorher  den  Auf- 
erstandenen hätte  gesehen  gehabt :  so  können ,  wie  bereits 
bemerkt,  diese  beiden  Erscheinungen  nicht  auseinanderge- 
halten werden ,  sondern  wir  haben  über  Eine  und  dieselbe 
eine  schwankende  Relation.  Dafs  Paulus,  welcher  in  der 
angefahrten  Stelle  spricht,  als  wollte  er  alle  Erscheinun- 
gen des  wiederbelebten  Christus  anfiBählen^   von  denen  er 


OM  DrttUr   Absebnitt 

wnlite)  di«  besetehnete  fibergeht,  kenii  man  daras^  müt^ 
reo,    dar«  er  Weiber  nicht  als  Ziagen  aaffahreA  weihen 
Da  die  Ordonus^^  in  welcher  er  feine  Christophanieen  wie- 
derglebt ,  der ,  Reihe  ren  eha  tibd  meira  und  dem  Schlab 
mit  %a%a%<^   nach  sn    artheilen ,    die  Zeitfolge    mm    «eis 
eeheint  ^^ ;  io   wäre  i^ach  ihm  die  Erscbelnaiig  Tor  Ke- 
phai  die  erste  einem  Manne  an  Theil  gewordene 
Diefe  wfirde  sich  mit  der  Darstellung  des  Lukas  gut 
tragen,  bei  welchem  den  Emmaantisehen  Wanderern  bei  ih- 
rem Eintritte  die  Jfinger  au  Jerasalem  mit  der  Naofcrieht 
entgegenkommen,  dafe   Jesus  wirklieh   auferstanden   wmA 
dem  Simon  erschienen  sei ,    was  möglicherweise  noeh  vor 
dem  Zusammentreffen  mit  jenen  beiden  der  Fall  gewea^ 
sein  könnte«  —   Als  die-  nächste  Erscheinung  mllfste  aber 
hierauf  nach  Lukas  die  suletst  genannte  geEäh|t  werdea, 
welche  Paulus  nicht  erwähnen  wfirde,   etwa  weil  er  aor 
die  Aposteln  su  Theil  gewordenen ,  und  ?on  den  Ahrigf n 
biols  solche,    welche  vor  gröfseren  Massen  erfolgt  warea, 
aufauföhren  gedachte,  oder  wahrscheinlicher,   weil  er  von 
derselben  nichts  wufste.    Markus  16 ,  Vi  t.  meint  ofiEeabsr 
dieselbe  Erscheinung;,  der  Widersprach,  dafa,   währead 
bei  Lukas  die  versammelten  Jflnger  den  von  Emmaos  Kosh 
menden  mit  dem  gläubigen  Ruf:  ^iQi^tj  6  KvQtag  x.t.L 
entgegentreten,  bei  Markus  die  Jünger  auch  auf  die  Narb- 
rieht  jener  beiden  hin   noch   nicht  geglaubt  haben  soMeii, 
rflhrt  wohl  nur  von   einer  Übertreibung  des  Markus  btr, 
welcher  den  Contrast  der  flbereeugendsten  Envcbeiaungfs 
Jesu  mit  dem  fortdauernden  Unglaoben  der  Jfinger  atek 
aus  den  Händen  lassen  will.  —  An  die  Emmauntische  sobliefft 
sich  bei  Lukas  unmittelbar  die  Erscheinung  Jesu  in  der 
Versammlung  der  l'vdcxa  und  anderer  an«     Diese  hält  nin 
gemeiniglich  ffir  identisch  mit  der  paolinischen  Ersehn- 
nung  vor  den  dcJdfxc^  und  mit  dem,  was  Johannes  benth« 


13)  s.  Bnutoni^s  Coxnmenttr  t»  d.  St« 


Vierte«  RepileL    %  IST»  (tSS 

dß  tu ,  dafs  Ml  Abend  each  der  Avferstetiiing  Jecns  bei  ver- 

hi.eehleMenen  TMren  mm  den  JABgern^  ia  deren  VersenM* 

fv  lang  Obrigen«  TbemM  febite^  eingetreten  fei.     ibegegea 

I  is  4erf  man  cwar  das  iW^Mr  d^  l^nka«,  da  dech  nacb  Je« 

a^  hannee  nur  eehn  Apestal  dabei  geweten  eind,  ebenao  we« 

•^,  nig  nrgiren,  alt  bei  Patilns  das  diadexa^  wo'docb  in  jedem 

^   i'alle  Judas  abgerechnet  werden  niofs;  anehsobeint  die  bei 

]ii  den  beiden  Evangelisten  gans  gleiebe  Besehreibnng  des  Her* 

^  WikemflMns  desn  dorch  S^  ip  fdai^  ixik£p  und  igfj  ^ 

/'  ^  fdaoTy   nnd  die  Anfttbmng  des  Grofses:   €ifr^  ifäv^ 

9   nnf  Identität  beider  £rsehein«ngen  binnn weisen  {   ifndefip, 

,     wenn  man  bedenkt,   wie  das  Betasten   des  iieibes  Jesn, 

welobes  bei  Jebannes  erst  in  die  acbt  Tagp  spätere  Er» 

.    eebeinnng  flUlt,  und  das  £ssen  rem  Bratllscb)  welebes  Jeh 

bannes  erst  bei  der  noeb  spiteren  gaüläisoben  firsebeinnnf 

.    bat,  von  Lnkas  in  Jene  jernsalemisehe  am  Tilge  der  Amtmt^ 

atebnng  veriegt  wird :  so  erbellt,  da(s  -^  wie  man  nnn  aap 

gen  will  --  entweder  der  dritte  fivmigeiist  bier  mehrere 

Vorgänge  in  Einen  sosammengeBogen,  oder  der  vierte  Ei^ 

Ben  in  mehrere  anseinander  gescbiagen  bat»    Diese  Jbrnsi^« 

lomiselm  Erseheinnng  vor  den  Aposteln  ktfnnte  aber,  wie 

oben  beafterkt,  nacb  Matthftns  gar  itioht  stattgebinibt  beben^ 

da  diesw  Evangelist  die  ivd^xa^  nm  Jesnm  ra  s^en,  naeh 

Galiläa  wanderfi  läfst.     Markns  und   Lukas   kndpfeh  an 

dieselbe  die  Himmelfahrt  an,  stbltelsen  also  alle  späteren 

Erscheinungen  aus.    *^   Der  Apostel   Panlns  hat  als  die 

Bäcfaste  Erschei'iung  die  vor  500  Brüdern,  welche  man  ge» 

.Wdholioh  mit  lUrjenigen  ittr  identisch  liält,  die  Matthäus 

anf  einen  Berg  in  Galiläa  verlegt  ^^)i  allein  bei  dieser 

sind  nur  die  Mftca  als  gegenwärtig  angegeben,  und  auch 

die  Gespräche,  welche  Jesus  mit  Ihnen  führt,  scheinen^ 

als  vorwiegend  amtliche  InStmctlonen,  mehr  für  diesen  en« 

geren  Kreis  en  passen»  ~  Demnäohst  flihrt  Panlits  eine  dem 


14)  Paulus,  exeg.  ilandbv  S^  b^  i.  897»    OilaArti^.  2y  S»  ä41» 
Ali  Leb$n  Jefu  2ts  JUJl  2.  Mond,   .  40 


•  \  . 


C2fi         ^  Dritter  Abschnitt. 

Jftkobns  so    Theil    gewordene  Erscheinong   aof ,    von   d^ 
auch  im  Hebräerevangeiiam  des  flieronymas  sich  «ine  «p»- 
fcryphisdie  Nadbriofat   findet^    nach    welcher  si^  aber  die 
erste  Ton  allen  gewesen  sein  mfifste  '^)«   — ^^  Hierauf  wire 
fflr  Jene  Erscheinung  RaiuB,  bei  welcher  dem  vierten  Kviui* 
geKnm  snfolgeacht^Tage  nach  der  Aaferstehung  Jeso  Tba- 
nias  tibereengt  worden  sein  soll ;  womit  Paulos  genaf;  fil^r- 
einstimmen  wörde,  wenn  wirk  lieh  sein  ro/paTiogo^o/^  ^o- 
Civ  (V.  7.),  vor  welchen  er  seine  fttnfte  Erscheinung  vor- 
'gehen  läfst,   von   einer   Pletiar Versammlung  der  Eiltr-^   i« 
Unterschied  von  der  frfiheren,  bei  welcher  Thomas  gefpfiit 
hatt6,  so  verstehen  wJire:   was  aber,    weil   Paulus,  nach 
der  hier  besprochenen  Voraussetzung ,  auch  diese  als  eine 
Erscheinung  vor^ToTg  dojdexa  bezeichnet  hatte,    nnraöglieh 
angeht,  sondern  der  Appstdl  versteht  sowohl  unter  dioifxa 
als  unter  ö^  ano^oXoL  ndnsg  die  sämmtlioben,  dain/|lf  •  öbri- 
"gens  um  Einen   jMEann    unvollzähiigea    Apostel   im  G^cgeo- 
aats  gegen  jiie  eifiAeliien  Individuen  '(Kfpl|f^  "l^ffiM^l^ftl^Ö^ 
von  welchen  er;bddemale  ui^mitlelbar  verhör  als   v^f|  fol- 
chea  gesprochen  hatte,  denen  eine  C-hrlstopbanie  su^  Tb^l 
geworden.  ^  Soll  aber  dennoch  die  fünfte  paolioisehe  fii*- 


IS)  Hi^ron.  de  viris  iliustr.  2:    Evangelium  quoquey  quod  mppd- 
laiur  stcundum  Ihbraeos  y   ->*    poit   resurrectionem   Saloatitris 
'    referi:     Dominus  aatemy   postquam    {Udisstt  sindonem    serco 
sacerdoiis  (wahrscheinlich  in  Bezug  auf  die  Wache  am  Grabe, 
welche  hier  aus   einer  römischen  zu  einer  priesterlichen  ge- 
macht wäre;    s.  CrkdkkR)  Beiträge  zur  Einieit.  in  d.    iV.   T. 
'S.  406  f.)    ivit  ad  Jacobum  ät   apparuii  ei,    Juraverai  enim 
JacobttSj  se  non   come stumm   panem  ab  illa  hora^  qua  biberat 
calicem  Dominik  d^ec  vidertt  eum  resurgenUm  a  dormientüms 
.(wie  undenithar  ein  solches  Gelübde  bei  der  HbfiTnungslosig- 
Keit  der  Ji'ui^er ,    darüber  vgl.   Michabus,   S.  122.)-     Jiarsus- 
que  post  pauliäum  :  Afferte^   ait  Dominus  y  mensam  et  panem* 
Statimque  additur:    Tulii  panem  et  benedixit   ac  fregity  et 
dedit\  Jacobo    justo^  et    dixit   ei:  Jrater  mi,    comede  panem 
tuum^  quia  resarrexit  fiÜAs  hominis  a  dormientibui. 


,   Viertes    KapHeK    §.  137.  627 

scheinnng  Jeso  mit  der  dritten  jobanneischen  identisch  sein: 
so  würde  nur  um  so  deutlicher  erhellen,  dals  die  tierte^ 
paulinische,  vor  den  500  Brfldern)  nicht  die  galilfiisehe  dps 
Matthfias  sein  kann.  Da  nftarflch  bei  Johannes  die  dritte 
isi  Jernsatem  statt  fand)  die  vierte  aber  in  Galilffa:  so 
■Oirsten  also  Jesus  und  die  Zwölfe  nacli  den  erst^^  jerti- 
salearfschen  Erscheinungen  nach  Galiläa  gegangen,  und  auf 
de«  Berge  smaramengekommen  sein;  hierauf  bütten  sie 
sieh  wieder  nach  Jerusalem  begaben  y  wo  Jesos  sich  dem 
Thomas  «e^te;  dann  wieder  iiaeh  Galilfia,  wo  die  £r- 
tfcbeinnng  am  See  erfolgte;  endlieh  sur  Himmelfahrt  wie« 
der  nach  Jerusalem.  Um  diefs  swecklose  Hinundherwan- 
dern  sn  vermeiden,  und  doch  jene  beiden  Erscheinungen 
conbiniren  en  können,  verlegt  Olshaosen  die  Erscheinung 
vor  Thomas  nach  Galiläa:  ein  unerlaubter  Gewaltstreich, 
d«  sieht  nur  swischen  dieser  und  der  vorhergehenden,  ein« 
gestasdoenbafsen  jernsfllemlsclien,  Erscheinung  keiner  Orts- 
reräai^rmng  gedaeht,  soodem  der  Versamadnogaort  gans 
auf  dieselbe  Welse  besohriebeH  tat,  Ja  der  Znasta;  %ci¥ 
9vQiSv'xsxXeiOfthioVy  nur  an  die  Hauptstadt  denken  liifst, 
weil  in  dem  von  priesterlichem  Hasse  gegen  Jesum  weni- 
ger inficirten  Galiläa  sich  der  Grund  Jenes  Verschllefsens, 
der  q>6ßos  %wy  ^Indaliov^  nicht  ebenso  denken  lifst»  -^  Erst 
da  also^  wo  mit  der  acht  Tage  nach  der  Auferstehung  er- 
folgten die  frtlhern  judäischen  Erscheinungen  su  Ende 
sind,  bekämen  wir  Raum,  die  galüäisoben  des  Matthäus 
and  Johannes  einzufügen.  Mit  diesen  hat  es  nnn  aber  die 
eigene  Bewandtnifs,  dafs  jede  von  beiden  die  erste,  und  die 
des  Matthäus  noch  ausserdem  zugleich  die  letzte  leu  sein, 
den  Anspruch  macht  ^^).  Durch  seine  gailze  Darstellung 
nieht  nur,  sondern  ausdrücklich  durch  den  Zusats:  u 
ita^ato  avxoig  o  V.  sn  dem  galiläischen  ogog^  6uf  welches 
die  Eilfe  giengen,  beseiobnet  Matthäus  diese  Erscheinung 

16)  LM8t?f6,  Dilpllk,  S.  199  ff. 

40  * 


628  Dritter  Abschnitt    , 

als  diejenige,  auf  welche  Jesus  am  AnferstehungsmorgeB, 
Buerst  durch  den  Engei^  dann  persöDÜcb,  verwiesen  hatte; 
nnn  aber  yerabredet  man  nkht  eine  eweite  Zusammenkunft 
In  einer  Gegend ,   indem  man  die  erste  nnbestimmt  Ififst: 
folglich  mnfs ,   da  ein  unvorhergesehenes  früheres  Zusaia* 
mentreffen  bei  der  eTangelisbhen  Vorstellung  foh  Jesu  siah 
nicht  denken  iftfst,  Jene  Zusammenkunft,  weil  die  Terahre- 
dete,  auch  die  erste  gaUliüsche  gewesen  scdii.    Kann  aomit 
die  firsch^ung  am  See  Tiberias  bei  Johannes  unmoglieh 
Tor  die  auf  dem  Berge  bei  Matthftns  gesetet  werden:  ra 
will  die  letstere  Jene  ebensowenig  nach  sich  dulden,  da  sie 
eincfi  förmlichen  Abschied  Jesu  ron  seinen  Jttngem  eat- 
hält;  auch  wUrste  man  gar  nicht,  wie  man   die  Johanne!» 
sehe  Erscheinung  nach  der  eigenen  Angabe  des  EFangeß- 
Bten  als  die  dritte  q>aviQL00ig  des  auferstandenen  Christus 
vor  seinen  jua^/^at^  (21,  14.)  herausbringen  wollte,  wenn 
auch  noeh  Jene  des  ersten  Evangeliums  ihr  vorange|;ang«i 
sein  soUte    Indef^,  auch  weua  man  jene  voraostelll^  bleibt 
die'  Verlegenheit  mit  dieser    fobanneischen  Z&hinng  gre|s 
gen^g«    Zwar  die  Erscheinungen  vor  den  Weihern  dOrfien 
wir  abrechnen,  weil  Johannes  selbst  die  der  Magdalena  m 
Theil  gewordene  wohl  erzählt,  aber  nicht  afihlt :  nnn  aber, 
wenn  wir  die  dem  Kephas  gewordene  als  die  erste  sihlep, 
und  die  Emmauntlsche  als  die  sweite :  %o  wärde  swlscben 
diese  und  die  vor  den  Eilfen  am  Abend  des  Auferstehungs« 
tags  in  Jerusalem  diese  galiläische  als  die  dritte  fallen,  was 
eine  gana  unmöglich  schnelle  Ortsverffnderung  voraussetsen 
wfirde;  Ja,  wenn  Jene  Erscheinung  vor  den  versammelten 
Eiifen  diejenige  ist,   bei  welcher  nach  Johannes  Thomas 
fehlte;    so   fiele   die   dritte  Erscheinung  bei  Johannes  vor 
aelne  erste.  Vielleicht  aber,  wenn  wir  den  Ausdruck  :  iqwm^ 
^d-f]  zoZq  fia&rjtals  ccvz5  betrachten,  dflrfen  wir  nur  sol- 
che Erscheinungen  von  Johannes  geafthlt  uns  denken,  wel« 
che  vor  mehreren  Jangem  sngleich  sich  ereigneten,  so  intk 
also  die  Erscheinungen  vor  dem  einaigen  Petrus  und  Ja» 


Viertes  ilapitei    $.137.  629 

kotns  abBoreohneB ,  wKren*  Dann  wäre  wiä  4ie  ente  nw 
sE&hlen  die  den  Mdeo  Emmäoiitifohen  jQngeira  gewordene^ 
als  die  «weifte  die  yor  den  versammelten  Eilfen  ^m  Abend 
des  Anferttehnngstags :  so  dafs  nunmehr  in  die  acht  Tage 
9%vi«eheB  dieser  nnd  der  vor  Thomas  die  Reise  nach  6a* 
lilAa  Bwar  etwas  bequemer  fiele,  aber  aiieb  so  ^  die  dritte 
Ersebeiming  bei  Johannes  wenigstens  vor  seine  awefte. 
Ks  ereehienen  also  woh^  dem  Verfasser  des  vierten  Evan« 
geliiims  owet  Jllngeri  wie  die,  denen  Jesos  auf  d^m  Weg 
nach  Emmaus  begegnete,  als  eine  cu  geringe  Zahl,  um  ei- 
ne nur  so  vielen  na  Theil  gewordne  Ghrlstophanie  als  eia' 
qHxviQÜa&m  Tolg  fii»^tp:atg  u  sfthlen.  Dann  wffre^lso  ner 
Eintritt  in  die  Jfingerversammlung  am  Abend^  die  erste  Er- 
«•bc^nang;  hierauf  wären  die  500  ßrttder,  welchen  sich 
Je999  auf  Einmal  seigte,  gewifs  sahlreich  genug,  um  in 
Anschlag  gebracht  sa  werden:  so  dafs  also  nach  dieser^ 
rfann  aber  immer^  wieder  vor  der  dem  Thomas  nni  den 
»/togvXeig  naot  gewordenen,  welche  Johannes  als  die  ewel« 
•e  sfthh,  seine  dritte,  die  gaiiläische,  eingeschoben  Weitden- 
mafttow  Viellefcht  aber  Ist  |ene  Erscheinung  Jes«  ter  den 
FVnflMmderlen  spftter  sn  setsen,  so  dafii  nach  jMem  fün* 
iMit ' Jesu '  In  die  J^taKerversamaJang  sunfiehst  die  Seene 
aM -Thomas,  liach' dieser  die  am  galUXIsclten  See,  und 
htofanf  erst  dbr^den  Fttnfbnnderten  gewährte  AnUtck  fol- 
gen wttrde«  Dann  abfr  mff6te,  wenn  doch  die  Erscheinung 
vor  Thomas  dieselbe  iein  soll  mit  der  fiSnfIton  bel^m  Apo* 
stel  Paulus,  dieser  die  beiden  lotsten  Erscbekiungen,  wet- 
eho^  er  aufaUilt/ umgestellt  haben,  wosu  doch  kein  Grund 
vorhanden  war:  vielmehr 'lag  es  niher,  die  Erscheinung 
vor  500  Brüdern ,  als  die  gewichtigste,  suJetsI  au  stellen. 
£s  bliebe  als<^  nichts  Obrig ,  ab  so  sagen ,  Johannes  habe 
»nier  den  fia97p:aTg  immer  nur  rine  grtfsere  oder  kleinoi» 
re  Versammhing  von  Aposteln  verstanden,  unter  den  Fönf- 
lumderten  aber  seien  keine  A|»ostel  gewesen,  def8we:gen 
h*be  er  auch  diese  tthergangen^  und  so  mit  Recht  di«  Er- 


MbeiMUig  Mt  Sbe  Tiberiii»ji(i  dte  dritte  gMfikti:    wen 
.dle»e  Bfiflitieh  vor  der  auf  dem  galUäisoheU  Berge  etattgi»- 
Ainden  haben   könnte,  wa«  nac|i  dem  Obigen  undenkbar 
int.     Es  bleibt  also  nichts  übrig,  ak  zn  bekennen^  der  vier» 
fi»   Evangelist    rfihle   nur   diejenigen   ErscheinnogeD   Jean 
vor  seinen  Jüngern,   weiche  er  seihst  ersfthlt  hatte,    a^d 
dayen  wird  der  Grand  schwerlieh  gewesen  sein,  dafa  ihm 
die  übrigen  aus  irgend   welchen  Ursaebe^  minder  bed^»^ 
tfud  schienen,  sondern,  dals  er  nichts  von  danseUieA  wvT^ 
ie.    Wie,  denn  auch  wieder om  Blatthfins  mit  seiner  leta* 
ten  galilfiischen  Ertoh^inang  nichts,  von  den  jeriisaleaiixcbea 
d6s  Johannes  gewoüst  haben  kann;  dann  wenn  sieh  in  der 
ersten  von  diepen  beiden  eehn  Apostel,  in  d^r  zweiten  aijer 
sfilbst  Thomas  von  der  Realität  der  Anferstehong  Jean  über-» 
sengt  hatten:  so  konnten  nicht  bei  jener  späteren  Ersrht4- 
hnag  anf  dem  ^iläischen  Berge  noch  einige  von  den  EU* 
fen  C^enn  nur  diese  iifst  Matthfins  dorthin  luimmen)  Zwei« 
fei  haben  Coi  Ü^d^gccaca^  V.  17.>.    Endlioh  aber,  wenn  Je> 
SOS  hier  seinen  Jüngern  schon  dieletaten  Befehle,  lehrend 
und  taufend  in  alle  Welt  ;en  gehen,  nnd  di»  Zneage,  alle 
Tiig#  bia  ano|  Knda  d^  gegenwärtigen  Aoe  bei  ihnen  an 
sein,  waTgann  Worte  eines  Hoheidenden  sind,  gigehsn 
hatte:  so  kann  er  nieht.apiter  neeb  einmali  wie  die  A|ie» 
stelgesdiiehte  im  Ki^adf  aNidel,  bei  lennahm  ibnee  die 
letzten  Aufträge  ertheilt,  nnd  Absebied  von  ihnen  fsnom- 
men  haben.    Nach   dem   Schlnsse  des  Lukaseyangelinms 
fällt  dieser  Absdiied  im  Gegentheil  viel  früher,  als  ernaeh 
Matthäus  [zn  denken  wäre,  nnd  der  Sehinfs  des'  Markns- 
evangelinms  1^  dem  n^h  am  Tage  der  Auferstehnng  zn 
Jerusalem  von  seinen  Jüngern  Scheidenden  zum  Theii  die* 
selben  Worte  In  den  Mund,  welehe  nach  Matthäns  in  Ga* 
'liläa,  und  jedenfalls  später  als  am  Anferstehnngstage,  ge« 
sprachen  sind«    Darauf,   dafs  die  zwei  Bücher  des  Einen 
Lukas  in  Bezug  auf  den  Zeitraum,  'während  dessen  JesM 
nach  seiher  Auferstehung  noch  erschien ,  so  weit  von  ein- 


•^mimr  $kgfbmp  d^  imß^  «in«  diatea  ZeUrtmsi  «U  eial«||i|h 
d^u$  Alliiere,  aU  Tiervigtigig  betttoma,  kmn  ersi  tiefer  «in? 
ton  nähere  Rftoksicbt  genomnen  werden. 

Wenn  so  die  veracbiedenen  evangeliaehen  Referenten 
der  Erscheinungen  Jesu  narb  seiner  Auferstehung  nur  in 
vrenlgen  derselben  snsumaienst  iiimen ;  wenn  die  LooaJbe« 
saiebnnng  des  einen  die  ton  den  Qbrli^en'  bericht6tsln  £r- 
iKebelnnngMi  «usscbliefirt;  die  ZeiibestiaiiuoBg  eines  andern 
fü#ldte  firMUsiigen  der  ttbHgen  keine  Frist  IftTat ;  die  Zülw 
la*g  eines  l>ritten-  ohne  alle  Rieksieht  anf  die  «ndern  aiH 
l^elegt  ist;    endlieh  unter  mehreren  Ton  Tersehiedenen  Re# 

.  fflveoran  hertehteteji  Erscheinungen  jede  die  letsite  sein  wül^ 
umA  -dech  mit  d^n  Abrigen  nichts  getn^n  hat :  so  mfifst'Si 
wun  shsiobtliob  blind  sein  wollen ,  wenn  »an  nicht  aneri« 
kennen  wttrde^  dafs  beiner  der  Beriohtelrslatter  das,  waa 
Awt  Andere  beriohtei|  kannte  .nnd  ToraiiaseCale ,  dals  Je» 
der  ^i»  &Mhe  wieder  anders  gekfiri  hatte,  dafs  e^KBit  ftber 

'die  i^clMAmingett  des  auferstandenen  Jesus  frttbjceitig 
ner  8cli#ankende  eod  vielfkoh  Tarüeta  GerAehte  im  Uoik 
leiil  wavan  '0*       ' 

-.  :   Dadnreb  wird.ftbrigana  die  SteUe  eis' demeraten  Ke* 
rtealierbrief^  lUcht  emihättrirt,.welehen,  MsweMsiheil  iieht, 

' etm^^  nal<  *des<^ J  db»  611^  nkehi  6brkite,  ^niMm  nmk  keine  M 
JebPft.Mdb  nahten  JknMBtnhntig,  geschviaban  h4  ^^  Dien 
sa»  JUldidehti  nAasen  wir  das  gJkauben^i  dals  fiele  «nr  Zeit 
dar  Abfassung  de^  BmkU  neeb  lebende  Mitglieder  der  er* 
sten  Gemeinde,  nainentli<fb  die  Apostel,  Obereeqgt  waren, 
Ereebeinnngen  des  auferstandeneu  Lbristoa  gehabt  an  haben« 
Oh  hiemit  auch  das.  sehen  gegeben  ist)  dafs  diesen  firsohei« 
nungen  etwas  objeeiiv  Wirfciic4ies  «um  Gronde  lag,  wirfl 
spüter  9ur  Unters^ctiang  kämmen;  Aber  den  gegeewlirtip 
gen  Punkt,  die  Abweiobung  dar  Kiangelislett,  naiaentJiah 


17)  Vgl.  Hxt9Khy  bibl.  Tbeol.  1,  S.  254  m 
18>  i>s  YfKTt^y  Kinl.  in  das  N.  T.  §    1S2 


6»  BrltU¥   flLbt«h»itt.  * 

»e  EatiöheidttDg  so  entnehaieDy  sofenaer  kdtte  jener  Er* 
eeheiiivogeii  näher  besehriebeii  hat« 

f.    1S8. 

Die  Qualität  4^  Leibe»  und  Waa^eU  Jem  n$Kh,  im 

Auferstehung.   . 

Wie  lieben  wir  nm  nnn  aber  dfeee  FoHeetnnng  ilet 
liebens  Jesu  naoh  der  Anferttehong,  nnd  nenientlleb  iKe 
Beeehaffionbeh  seines  Leibee  fai  dieser  Perled»,  yoranstei- 
|en?    Za  dem  Ende  müssen  ^ir  die  einseinen  Erailiinn* 
f^en  reo  Atfn  ErseheinnQgen  des  Anf«rstendenen  n«>eb  eia- 
nial  durohseben.    Naeh  MaUbikie  begegnet  («oijynfcnvO  Je- 
ane am  Anferstebnngsmorgen  den  rem  Grabe  nnriebeile«- 
den  Weibern  I   sie  erkennen  ibn,  nmfassen  verebmageTott 
soiim  Fllfse ,  worauf  er  nn  Ihnen  ^nrlelit.    Bei  der  nwelien 
Kosammenknnft  auf  dem  gidiifiiseiien  Beign  aeben  Um  die 
Jünger  CtSöVT9g%  dqoh  nweifeln  einige  noel^  nnd  aneh  liier 
a|>rietil  Jesus  sn  ihnen«    Von  der  Art^    wie  er  kam  und 
gteng,  wird  liier  aiobta  N  äherea  geeagt.    Bei  Lukas  geaeüt 
aleh  Jeans  nn  nwei  Jüngern,  die  auf  dem  Wege  ren  Jem- 
aalem  in  daa  benaebbnrte  Derf  Emmana  waren  (fyyiatt^ 
0vmwQ9vwo  aitdig) ;  diese  erkennen  Ihn  nnterw^  nldit^ 
waa  Lukas  einem  dnreb  höhere  iUH^trkung  in  Ihnen  Iier* 
vorgebraehlen  snbjeetiren  Bindernifa  (ol  mp9alfi6i  mkmr 
^r^ttffiiv e^  %S  fif)  iruyvwvai  oik oy),  und  erst  Blarkus  ,   der 
dieeee  fireignifa  in  wenige  Worte  nnsamBMndrlngt ,  ein^r 
objeetifen  Verftndemng  seiner  Gestalt  nnscbrelbt  (^  k^ 
iioq^h    «Aiuf  dem  Weg  unterhält  sieb  Jesus  mit  den  bei« 
den,  begleitet  sie  naoh  der  Ankunft  Im  Derf  auf  ihre  Eio- 
Indnng  in  Ihr  Quartier,  setnt  sich  mÜ  ihnen  su  Tisehej  und 
übernimmt  nach  seiner  Gewohnheit  das  Brechen  nnd  Ver- 
fheiien  des  Brotes.    In  diesem  AugenbÜeke  weicht  von  den 
Augen  der  Jünger  der  wunderbare  Bann ,  und  sie  erkea« 


»«II  tkn  *) :  Ui#r  k¥  dfomteiben  MMMntt  wM  er  tHiiM  pl9(a-^ 
IMi  wwSchtiwr  iwfavc^^ifh^Ad  mnwv}.  Ebenso  plöts* 
lioby  wl»€P  hier  verschwand^  «eheint  er  eich  onmitCelbAr 
»achhm^  i»  der  Versaaittliing  dei^  JOnger  geeeigt  an  haben, 
wenn  ee  beiftt,  er  habe  ndt  Einem  Male  in  ihrer  Mitte  ge* 
itnndea  iSgJj^  iv  fdafft  m%m^  nnd  eie^  hierQber  ersehroeken, 
bnlicin  gegtanbt,  einen  G^t  sn  sehen«.  Cm  ihnen  diese- 
ängstigend»  Blekinng  mi  lienehmen  j  neigte  ihnen  Jesu» 
seine  Hände  ond  Ffifse-,  «nd  forderte  sie  eom  Betasten 
anf ,  damit  sie  dnreh  die  Wahrnehranng  seines  oaqua  xcet 
jg^«  enthaltenden  Leibes  sieh  ähersengen  könnten,  dafe 
er  kein  Gespenst  sei;  auch  Üels  er  sich  ein  Stflok  BriK 
isch  und  etwns  von  einem  Honigkuohen  ^ben ,  nnd  ▼er^ 
aehrtees  Ter  ihren  Aogen.  Die  dem  Simon  zn  Thetl  ge#erde* 
»e  Erseheianng  IfiJst  Lnkas  ämüKäqt^fj  beneiehnen,  was  aneb 
FaiikiS  im  ersten  Kerintherbriefe  Ar  all^  dort  aofgenlhlten 
€hristophanleen  gebraneht,  und  sfimmtilche  Ersobeinangen 
de»  Anferstandenen  während  der  riersig  Tage  fafst  Lnkas 
A16.1>  &.  in  dem  Ansdroek  OTnccveftevog  j  A*  G.  lä,  4QL 
durch  i^fcenj  fevia9aä ,  snsammen ;  ähnüeh  wie  Martina 
die  Erseheianng  Ter  Ifagdelena  durch  ignivTff  die  vor  den 
wandernden  Jttngem  nnd  vor  den  Eilfen  durch  ifanQci^ 
9fl  y  Johannes  aber  die  Erscheinung  am  See  Tiberias  durch 
ifotvi(Haee¥  iewrw  heeeiehnet ,  und  sämmtlicbe  Christophe- 
nieea,  die  er  ^rsfthlt  hat,  unter  Aen  Ausdriick  iqxxveQtidTj 
fafet.  B^  Markus  nnd  Lukas  kommt  hierauf  ab  Sohlnfs 
dee  irdischen  Wandels  des  Anftrstandenen  diefs  fctaen,  iatk 
er  Tor  den  Augen  der  JOnger  weggenommen,  und  (durch 
rine  Wolke,  nach  A.  6«  1,  9.)  cum  Himmel  empörgetragen 
wnrde«  — -  Im  vierten  Evangelium  steht  Jesas  «nerst»  als 


I)  Dast  et  die  liei^m  Brotbrecbea  tick  enthüllenden   Nifgelmale ' 
in  den  IMnden  gewesen  seien,  «n  wekbea  hiev  Jesus  erkannt 
warde  (FxvhVy  exeg.  Handb.  3,  b,  S.  883.    Kuui'<^,  in  Lu«^ 
p.  7^),  ist  ohne  sUq  A^deuttin^  im  Tests 


634  Oritte«  A4V«b«itt^     ' 

Murla  Mafdalen»  sich  t*iii  Grabe  einwendet,    hiriter  ikr, 
iötih  erkeonc  de  ihn  eacfa  anf  eine  Anrede  Idn  nicht,  •••- 
dem  fallt  ihn  fOr  den  GXrtner,    l»ie  er  sie  (ait  dem  ihr  m 
wohl  bekanhten  Tone)   bei  Namen  nennt     Wie  ^ie   ih« 
hieraof  ihre  Verehmng  beaeigen  will ,   hilt  sie  Jesus  dorch 
die  Worte  fiij  ft$t  ams  ab,    nnd  sendet  sie  mit  Botschaft 
an  den  Jangem«    Die  aweite  Johanneische  Erseheinnng^  Je- 
su fiel  onter  besonders  nierkw5i4igen  Omsttf Mlen*  Vbr» '  INe 
JSrtger  waren  ans  Faroht  vor  den"  feindlich  getfanü^  Ju- 
den bei  Tcrschlossenen  Thtfren   verssnioielt :    da   kam    auf 
einmal  Jesus  ,  stellte  sich  in  ihi^  Mitte,  begrdfste  sie,    nnd 
eeigte  ihnen  -^  wahrscheinlich  blort  dem  Gesichte  —  seine 
Hftnde  nnd  seine  Seite,  um  sich  als  den  Gekrpuaigten  kennt- 
lich au  machen.     Als  Thomas,    der  damals  nicht  sngegen 
gewesen  war ,  durch  den  Bericht  seiner  Mitjftnger  Ton  der 
Realität  dieser   Erscheinung  sieh  nicht  tlbensengen  lief«, 
and  B«  dem   Ende  die  Wundenmale  Jesu  sellist  an  sehen 
nnd  au  betasten  verlangte:  gewährte  ihm  Jesus  bei  einer 
acht  Tage  darauf  unter  denselben  Umständen  wiederhoiren 
ENcheliinng  auch  diefs,    indem  er  ihn  die  Nigelmale  iu 
seinen  ffffnden  und  die  Stichwunde  in  seiper  Seite  befah- 
len   liefs.     Endlich  bei  der   Erscheinung  am   galillisehea 
'See  stand  Jesus  in  der  Morgendämmerpng,  nnerhspn^vou 
den  im  Schiffe  befindlichen  Jangern,  am  Ufer,  fragte  sie 
nm  ein  Gericht  Fische,  und  wurde  hierauf  an  dem  reiche« 
Fischzoge,  den  er  ihnen  gewährte,  von  Johannes  erkannt; 
doch  so,  dafs  die  an's  Land  gestiegenen  Jdnger  nicht  Hsg- 
feil ,    ihn  au  fragen ,    ob  er  es  wirklich  seL     Hierauf  ver- 
tlieilte  er  Brot  und  Fische  unter  sie,  wovon  er  ohne  Zwei- 
fei  selbst  auch  mttgenofs,.  und  hatte  hernach  mit  JohMiAuea 
und  Petrus  eine  Unterredung  ^. 


Uy  Von  demjenigen  Tbeile  dieser  Unterredang,  welcher  den  Jo- 
hannes bctrifit ,  ist  schoa  oben  die  Rede  g<;wescn.  Den  Fe» 
trus    anlangend  bezieht   sieb  die   dreimal  wiederbeltc  Frage 


Sind  nun  die  beiden  Hanptvorstellviig/Mi  $'  die  naii  yoa 
dtfxa  Leben,  Jei$u  nach  seiner  Auferstehung  haben  kann, 
die  9  dafs  man  dasselbe  entweder  als  ein  natirlicheS)  voU- 
kommen  menschliches,  demgemäfs  auch  seinen  JUelb  fort* 
\^librend  den  physischen  und  organischen  tiesetsen  anteiv 
worfen,  sich  denkt;  oder  dalii  num  «dn  Leban  bereita  alt 
ein  böberes,  gbenaeneehlicbat ,  und  s^aniielbala  einen 
Obarnatlrlieban,  verlülrteai  sieh  vofpteUt:  se  sind  die  an«, 

iengestellten  Berichte  Ton  der  Art,  dals  sunächst  jede 


Jesu:  ayanüg  oder  fiXtXg  /ut;  der  gewöhnlichen  Ansicht  nach 
auf  seine  Verlaugnung;  dem  Srt  ^g  rewre^og,  i^tJvyveg  atav-^ 
r^  »a\  m^iMnärtig  Sn9  f&tlt^  Srar  ii  yfj^oojliy  i*T'iyeig  rag 
Zf*^f  <f*  *«^  miog  09  J^niati  ita\  oXaet  Uni  h  ir^lptg  (V.  18  f.) 
aber  wird  vom  Lvangelisten  selbst  die  Deutung  gegeben,  Je- 
sus habe  es  tM  Betrus  gesprochen,  oijfitttvtty ^  nofy  &avthrt^ 
äoido9*  rit  ^f4v'  Diess  miisate  auf  die  Hreuzigaag  gfehta, 
was  der  kirchlicben  Sage  aufolge  (TertuU.  de  praesor.  haer« 
36.  Euseb.  ü.  £.  2,  2&.)  die  Todesart  des. Betrus  war,  und 
auf  welche  im  Sinne  des  Evangelisten  auch  das  a»iU99$  fiOA 
V.  20  und  22.  (d.  b.  folge  mir,  in  der  gleichen  Todesart) 
hinsuweisen  scheint.  Allein  gerade  der  Hauptzug  bei  dieser 
Deutung,  das  ixrtvtlg  rag  x'^^ag,  .ist  hier  so  gestellt,  dass  die 
Besiebung  auf  die  Kreuzigung  unm'dglich  wird,  nämlich  vor 
dtte  Abführung)^ wohin  man  nicht  will;  umgekehrt  das  Gürten, 
was  dach  nur  das  Binden  zum  Behuf  der  Abführung'  bedeu* 
tea  kann,  sollte  vor  dem  Ausstrecken  der  Hände  am  Kreuze 
stehen.  Sieht  man  von  der  Deutung  ab ,,  welche  der  Refe- 
rent, wie  auch  Lücxi  (S.  703.)  zugesteht,  ea:  eventu,  den 
Worten  Jesu  giebt :  so  scheinen  diese  nichts  als  den  Ge- 
meinplatz von  der  HülÜosigkeit  des  Alfers  im  Gegensatze  zu 
der  Rüstigkeit  der  Jugend  zu  enthalten,  worüber  auch  das 
0(ö€$  Sna  H  -^^It ig  jitlcht  hinausgeht.  Der  Verf.  von  Joh.  21« 
aber,  dem  die  Worte,  sei  es  als  Ausspruch  Jesu,  oder  wie 
sonst,  bekannt  waren ,  glaubte  sie  in  der  Weite  des  vierten 
Evangeliums  als  verdeckte  Weissagung  auf  den  Krenaested 
des  Petrus  verwenden  zu  klSnnen. 


Dritter  AubgehailK 

d«r  beiden   VorsteMmigsiiretieii  steh  attf  gewtfse  Züge  ki 
denselben  berafeh  kann«   Die  menschttehe  Gestalt  mit  ihratt 
natiirliohen   Gliedmarsen ,  d{e  Möglichkeit,   An  deraelban 
wieder  erkannt  ra  werdeii,  die  Fertdaner  der  Wan<ianaia- 
le^  4as  BenschHohe  Redeui  Gehen,  Brotbrecben :  das  Allee 
seheint  f&r  ein  wöüüg  natOrliehes  Leben  Jesa  anoh  nnek 
lier  Aofcrstehnng  en  sprechen«    Kdnnte  man  doch   noeh 
Zweifel  hegen ,  und  vertaiatfaen ,  es  m5ge  wohl  aMok  eiaa 
höhere,  himmlisehe  LeIbKchheit  ein  solcnes  Ansseina  eieb 
geben,  und  solche  Fii^etionen  rerriehten  kennen :   so  vrer^ 
dfin  dqdh  alle  Bedenklichkeiten  durah  die  swei  weitareA 
ZOge  niedergeschlagen,  da(s  Jesns  nach  der  Anferstehong 
irilische  Nahrung  genossen  ,  und  sich  hat  betasten  lasaea» 
Wenn    dergleichen    wohl   in   alten    Mythen  auch   höhe- 
ren   Wesen    sugesehrieben    sein    mag  ^    wie    das    Essen 
den    drei  himnUisohen  Gestalten,  von  welel|en   Abraham 
einen   Besooh  erhftlt  (!•  Mos«  iS,  a),  die  Tastbnrkeit 
dem  mit  Jakob  ringenden  Gott  (1.  Mos.  32,  S4.  £):  ae 
nrars  dech,  darauf  beharrt  werden,  daft  In  der  Wirklich- 
keit Beides  nur  bei  Wesen  mit  materiellem,   organischem 
Leibe  yorkommen  kann«    Daher  finden'  denn  nicht  aOein 
die  rationalistlscben ,  sondern  auch  orthodoxe  Ausleger  in 
Riesen  Zfigen  den  nnnmst&rslichen  Bewds ,  daCs  Leih  und 
Leben  Jesu  nach  der  Auferstehung  noeh  imaMr  als  netäfw 
lieh  uMuscbliche ^[edaeht  werden  mflssen  *>    Diese  Bebanp» 
tung  unterstHtet  man  noch  tturch  dSn  BeoMrkung,  dafs  in 
dem  Befinden  des  Auferstandenen  sich  ganu  derjenige  Fort- 
sithritt  ueige ,   welcher  bei  der  allmihligen  nat<lrliebea  60- 
nesung  eines   schwer   Verwundeten  au  erwarten  seL    In 
den  ersten  Stunden  naeh  der  Auferstehung  mtfsse  er  sich 
noch  hl  der  M£be  des  Grabes  halten}*  am  Kachmittaf  rel- 
>  ■ 

^)  pAütvSy  ex.  Handb.  S,  b,  S.  834  ff.  L.  J.  f ^  b,  S.  afö  ff.  V^. 
VUtMy  Li  J.  ^  149. «—  Miciuiusj  a.  a«  O.  S.  251  f.  Tsoijd€% 
8.  S$2. 


VieTte«  KapiteL    f.  138*  -  «87 

f^hen  seine  Kräfte  eu  einem  6aD|^  nach  dem  benachbarten 
iSmmaas ;  erst  spfiter  finde  er  sich  im  Stande,  die  weitere 
fttise  nach  Galiläa  su  unternehmen.  Dann  aneh  io  dem 
Betastenlassen  finde  der  bemeriienswertbe  Fortsehritt  statt, 
^güTa  am  Auferstefaungsmorgen  awar  Jesns  der  Maria  Müg« 
.dal^ena  yerbiete,  Ihn  anzarühren,  weil  sein  verwundeter 
Lieib  noch  au  leidend  and  empfindlich  war:  acht  T<*ge 
spüter  aber,  nachdem  seine  Heilnng  weiter  fovtgeschritlen 
i^ar,  fordre  er  selber  den  Thomas  aar  Bertthrang*  seiner 
Wunden  anf.  Selbst  aoeh  das,  da(s,  Jesas  naeh  seiner 
Auferstehong  so  selten  ond  köre  mit  seinen  Jlingem  jbo* 
ssinimen  War ,  s^ugt  naeh  dieien  £rklfirem  dafür ,  daf«  er 
seinen  natflrliehen  mensehlichen  Leib  ans  dem  Grabe  wie« 
diergebracht  hatte,  indem  eben  ein  solcher  von  dar  Verwaa* 
dnng  und  Qual  am  Kreuae  her  sich  so  schwach  fthieii 
■iafste ,  am  nach  karsen  Momenten  der  ThXCigkelt  immer 
wieder  Ifingere  Zwischenperioden  ruhiger  Znrfickgezogen« 
iuit  ntfthig  sa  haben. 

Da  iadefs^  wie  wir  gesehen  haben,  die  N.  T.llehen 
firoHhinngen  ebenso  aneh  Zage  enthalten ,  welefe  die  eni» 
gegengeeetateVorstellaog  voll  deIrLeibliehkeit  Jeeo  naefader 
Aaferatehnng  hegäostigeat  so  mub  die  bisher  dargelegte 
Anflicht  es  Ober  sidi  nehmen ,  auch  diese ,  ihr  scheinbar 
feindlichen  Zfige  so  s«  deuten ,  dafs  sie  ihr  nicht  mehr 
widersprechen.  Hier  nun  können  schon  die  Ausdrfioke, 
durch  welche  die  Erscheinangen  Jesu  eingefflhrt  sn  wer- 
den pflegen,  namentlich  äq>&f]f  wodurch  auch  die  Erschei« 
nting  im  feurigen  Buseh,  2  Mos«  3,  S«  LXX;  Smccvofisvog, 
wie  die  Erscheioung  des  Engels,  Tob.  12,  19.;  iq^cewjj  wie 
die  Engelersebeinnn^en,  Mattb.  1.'und2.,  beaeichnet  siüd,  anf 
etwas  Übermenschliches  hinenweisen  scheinen.  Bestimmter 
aber  steht  dem  natOrlichen  Gehen  und  Kommen ,  welches 
bei  einigen  Scenen  vorkusgesetat  werden  kann ,  in  ändern 
ein  plötzliches  Erscheinen  und  Verschwinden ;  der  Annahme 
eines  gewöhnlichen  menschlichen  Körpers  daa  Öftere  Mi^ht« 


638  Dritter  Abschnitt. 

eriLanntwenlen,  ja  die  ausdrUcklicKe  Krwfthnang  einer  lirocr 
fiOQ(p^j  entgegen:    hauptsächlich  aber  scheint  der    Betast- 
barkeit  des  Leibes  Jesa  die  Eigenschaft  sa  v^lderatrebe«, 
welche  ihm  Johannes ,  de»  ersten  Eindraoke  seiner  Wcirte 
Eülblge,   leiht,    dareh   Tersehiossene   TbArea  eingugahtn, 
ÜLÜein ,    daCi  Alaria   Magdalena  Jeaan  AoAmgi  Ahr   d«i 
9njf9SQdg  Kielt ,  daron  glaol>en  selbst  solche  Ausleger  ^  weJ- 
ehe  aleh  aefttt  vor  dem  Wanderbaren  keineswegs  scbeoen, 
den  Grand  darin  anchen  sn  dürfen,    dafs  Jesus  von  dem 
GUrtner ,  der  wohl  in  der  MXhe  der  Gruf^  seine  Wohnong 
gehabt  haben  mdge ,  sich  einen  Ansng  hal>e  geben  lassen ; 
woan  sowohl  hier  als  bei  dem   Gange  nach  Emmaos  die 
Entstellaag  dies  Angesichts   Jesu   durch   die   Qualen    der 
Krenaigong  beigetragen  haben  möge  y   nnd  eben  nur  dieaes 
beides  soll  auch  durch   die  hi()a  ^OQqyfj  bei  Alarkaa   aua- 
gadrOckt  werden  ^.  -  Oenseiben  Emmauntischen  Jungem 
habe-aich  Jesus  sofort  in  der  freudigen  Bestflraong,    wel- 
ehe  das  plötsliche  Wiedererkennen  des  Todtgaglaabtan  Ter- 
araachte ,  leieht  aaf  die  natörliofaste  Weise  anbeaierkt  eat- 
aiahan   kAaDen;   was   dann  von  ihnen ^  daaan   dieganae 
SaelM  mit  Jeaa   Wiederbeleimng  ein   Waadar  war,  Ar 
ein   liberirrfUehea  VeraahwSaden    gehaltaa  worden   aei  '). 
Aneh  la  dam  fpj  hf  ftiq(p  adttov  oder  dg  %6  pköw  Ke^, 
aamal  bei  Johannes,  wo  das  ordentliche  f^XOhv  und  tfjx^iai 
dabeistehe,  lilch^s  ÜbernatCirliehes ,  sondern  ner  die  über- 
raschende Ankunft  eines  Solchen,  von  dem  maa  gerade  ge- 
aprochen  hat ,  ohne  ihn  so  erwarten ,    und  für  ein  fiyfr/ia 
jiai>en  ihn  die  Versammelten  gehalten,    aieht  weil  er  aaf 
wunderbar^  Welse  eingetreten  war ,    sondern   weil  sie  an 
die  wirldiohe  Wiederbelebung  des  Gestorbenen  nicht  ghio* 


4)  Tholucr,  z.  d.  St. ,  vgl.  Paulus,  exeg.  Haodb.  S»  b,  S.  866. 
S81.  Eine  älinlichc  natürliche  ErkiSruag  bat  neuetteat  LC- 
CKB  Ton  Hü»  angenommen. 

5)  PAVsas,  a.  a.  O.    8.  882. 


Viertes  Kapitel.     S*  138. 

ben    konnten  %    Selbst  der   Zag  endliek,  vpn  ^welchem 
VBun  meinen  sollte ,  er  sei  g<^gen  die  Ansi^^bt  von  dem  Le- 
ben des  Auferstandenen  als  einem  natürlieli  mensclUiehen 
eatscbei^od ,   das  ^q^BO^ai  /&v(}ijifv  nttxlsiafjtivwv  bei  Johan- 
ne^^.jlst  l^gstfpgifr  Tpn  orthodoxen  Theologen  so  gedeutet 
Wprcii^,.,v4aj^r/^'<.j^n(nr  Ansieht  nicht  mehr  entgegen  ist. 
Ahgesehen  von  fifklärongen  ^    wie  die  HsoMAKiü'sche ,   die 
S-tifai  seien  nicht  die  des  Versammlangshavses  der  Jun- 
ger y  sondern  ttberhanpt  die  Thüren  in  Jernsalemj  und  die 
Angabe,   dafs  sie  verschlossen  gewesen,   sei  eine  Beselali« 
irang  derjenigen  Stunde  in  der  Naeht  y   in  weicher  man  die 
Thfiren  zu  sebliefsen  gepflegt  habe,  der  q>6ß0g  %wv  jfoda/ctfv 
aber  gebe  nicht  den   Grund  des  Thdrschliefiiens ,    sondern 
dee  Zusammenseins  der  Jünger  an,  —  so  beseiehnet  selbst 
Calvin   die  Meinung)    dafs  der  Leib  des, Anferstandenen 
per  medium  ferrum  et  asäeres  hindorchgedrungen  sei  >  als 
pmerües    argutiae^     woeu   der   Text   keine    Veranlassung 
gehe^    welcher  nicht  sage,    Jesas  sei  per  janmas  clausas 
eingedrungen ,   sondern  nur ,   er  sei  plötslieh  unter  seine 
Jfif^eir* getreten,  cum  climsae  e$aent  jamuae  0*    i)ennoeh 
hüt  Calvin  den  fiinCritt  Jesu  ^  von  welchem  hier  JoiuMi« 
nes   spricht,    aU  ein  -  Wun^r  fest,   welches  dann*  i^her 
dikhln  SU  bei^immen  würe,  Jesus  sei  eingetrelen,   cum  /&* 
res   dausae   fmasenf  y    eed    qnae    Domino    venienfe    subito 
paiuerunt  ad  nuium  divinae  majestatis  ejuß  ®).  AVfihrend 
neuere  Orthodoxe  nur  da^  Unbestimmte   retten,    dals   bei 
diesem  Eintritt  Jesu  etwas  Wunderbares  —  unansgemaobt, 
welcher  A^  —  stattgefunden  habe  ^ :    hat  der  Rationalis- 
mus ans  demselben  das  Wunderbare  vollends  gane  eu  ver- 
bannen  gewubt.    Die  verschlossenen  Thttren  seien  Jesu 


f 

6)  Paulus,  a.  a.  O.     S.  883.  93.    Lückb;  2y  S.  684  f. 

7)  Calvin,  Gomm.  in  Job.  z.  d.  St.  p,  363  f.    ed.  Tholuck, 

8)  So  SüxcEB,  Thes.  ».  v.  ^^.    Vgl.  Mxcbasus,  S.  265. 

9)  Tholuck  und  OLSHAUtBit,  z.  d.  St.   . 


M9  Dritter    AbdchniCU 

Ton  Meaiobeiihliiden  g^ttaet  worden ;  wes  Jehiiiuies  wmt 
defswegen  eu  berichten  aoteriaiie ,  weil  es  eich  ro«  «dfar 
verstehe ,  Ja  abgeschmackt  gewesen  wire ,  wenn  er  gesagt 
bfittes  sie  BMichten  ihm  die  Thttren  aof,  «ad  er  gieaf 
hinein  '<> 

AUein  bei  dieser  Dentnng  des  €0xeuxt  ttSv  9v^w  «t- 
nlaußfiipiap  sind  die  Theologen  keineswegs  unbefangen  g^ew^ 
sen.    Am  wenigsten  Calvin;    denn  wenn  er  sagt,  die  Pa* 
pisten  hehaapten  ein  wirkliches  Durchdringen  des  Leibes 
Jestt  dnreh  geschiosscHe   Thdren   delsw^gen,    tti 
Cftrult  imwtetuam  «ste»    mdhqm  hcQ  cmimeri 
se  strfipbt  .er  sich  mithin  gegen  jene  Anslegang  der  je- 
hanneischen  Worte  nur  defswegen  so,    um  der  ihm  sm* 
stofsigen  Lehre  von  der  UbiquitAt  des  Leibes  Jeaa  iieliie 
SMtae  SU  geben.    Die  neueren  Ausleger  dag^rea  liattaa 
das  Interesse,   dem  Widerspruch  auseuwdchen,  weleher 
nach  unsem  Einsichten  darin  liegt,  da(s  ein  Körper  «b» 
gleich  aus  fester  Materie  bestehen,  und  doch  durch  andre 
feste  Materie  ungehindert  sollte  hindurchgehen  kOanen; 
aUeifli  da  wir  nicht  wissen,  ob  diefs  auch  auf  dem  Stsmd- 
punkte  dei*  N.T.lichen  Schriltstellmr  ein  Widers|Hnich  war, 
ao  giebt  uns  die  Scheue  vor  einem  solchen  kein  Recht^.  Je- 
ner Deutung,  sofern   sie  als  die  textgeaUllse  sich  selgea 
sollte,  uns  an  eataiehen.    Hier  könnte  man  nun^  allerdiogs i 
das  Twp  ^Q(Sy  xexXiiafiiiKüv  zunächst  lediglich  als  Beaeich- 
Dung    des  üngstlichen   Znstandes  fassen,  in  welchen   die 
Jfinger  durch  die  Hinrichtung  Jesu  .versetct  waren«  Doch, 
schon  dafs  diese  Notia  bei  der  Erscheinung  Jesu  von  Tho- 
mas wiederholt  ist ,  erregt  Bedenken,  da,  wenn  dorch  di^ 
selbe  weiter  nichts,  als  das  Angegebene,  gesagt  sein  aoU, 
es  sich   kaum  verlohnte,   sie  au  wiederholen  ^0*    Wenn 


10)  Giixst9iCH,  Vorlesungen  über  Hermeneutik,  S.  305.    Favui, 
S.  835.    Vgl.  LÜCKB,  3,  S.  685  tf. 

11)  ••  TuoLVCic,  X.  d.  St. 


Viertes  Kapitel,    f.  138.  641 

noo  bei  diesem  sweiten  Falle  Jene^  Grand,  wariini  die  Thil« 
ren  verschlossen  waren ,   weggelassen,    da^regen    mit  d^m 
t(Sv  dvQuiv  xexXeiafievtDr  das  sQx^Tat  anmlfttflbar  Terbonden 
Ist :  so  wird  der  Scbe|ii  Bor  Wahrscheinlichkeit  ,^  dsfa  durch 
Jene  Notis  zugleich  die  Art  des  Kommens  Jesu  nliher  be* 
stimmt   werden  solle  ^^.     Ist  ferner   mit    der  wiederhol« 
ten  Angabe  I  Jesus  sei  bei  verschlossenen  TbOren  geltom« 
men ,   wiederholt  das  egfj  aig  to  fdaov  verbunden ,    was, 
auch  Ui  Verbindung  mit  jjA^cy,   woeu   es   sich  als  nähere 
Bestimmung  verhält ,  immer  ein  plötzliches  Dastehen  Jesu, 
ohne  dafs  man  ihn  hatte,  kommen  sehen,  ausdrOcIit:  so  er- 
hellt aus  diesen  Ztfgen  zusammen  unläugbar  wenigstens  so 
viel,    dafs  hier  von  einem  Kommen  ohne  die  gewöhnli- 
chen Vermittlungen,  mithin  von  einem  wunderbaren,  die 
Rede  ist«    Dafs  aber  dieses  Wunder  nicht  in  einem  Drin- . 
gen  durch  die  Dielen  der  Thflren  bestanden  habe,    dafür 
benrfen  sich  auch  die  Wanderfreunde  unter  den  Auslegern 
sehr  zuversiohtlich  darauf,  dafs  es  ja  nirgends  heifse,  er 
sei  dia  t£v  ^vqüp  xexXeiafiirtuv  hereingelionimen  **).    Al- 
iMn   das  will  der   Evangelist  auch  gar  nicht  bestimmen, 
dafa  Jesas,   wie  Michaelis  sich  ausdrilclit,  gerade  dorch 
die  '  Poren  des   ISoIeos  an   der  Thiire  In  das  Zimmer  ge- 
drungen sei,  sondern  seine  Meinung  Ist  nur,  die  Thttren 
seien  verschlossen  gewesen  and  geblieben,  und  doch  habe 
Jesus   aaf  Einmal  im   Zimmer  gestanden,   welchem  also 
Winde,  Thilren,  kurz  alle  materiellen  Zwischenlagen,  kein 
Bindemifs  gewesen  seien,  hereinzakommen.  Statt  ihrer  un- 
billigen Forderung  an  uns  also,  ihnen  im  Texte  des  Jo- 
bannes eine  Bestimmung  nachzuweisen ,    welche  dieser  gar 
nicht  geben  will,  mflssen  wir  vielmehr  von  ihnen  verlengen, 
ans  zu  erklären,   warum  er  das  Cwunderbare)  Aufgehen 
der  ThQren,  wenn  er  ein  solches  voraossetzte,  nicht  her- 


12)  Vgl.  OLSRAVtsif,  3>  S.  53f.  Anm. 

13)  So,  ausser  Calitik,  Lvcxb,  s.  «.  0.;  Ouitiviiiv,  530t  * 
Das  Leben  Jem  VeAufl.  Ih  Band.  41 


642  Dritter  Abach^nitU 

vorgehoben  hat?  In  dieser  Hinsicht  ist  e« sehr  ungl&ckitr'i, 
dafs  Calvin  sich  auf  Ä.6.  12^  6.  ff.  beruft,  wo  von  Te- 
trus  erafählt  %verde ,  er  sei  ans  dem  verschlossenen  Kerker 
entkommen ,  ohne  dafs  jemand  daran  denke ,  die  Thfires 
seien  verschlossen  geblieben ,  and  er  durch  Bretter  und  Ei- 
sen hindurchgedrungen.  Natörlich  nicht,  weil  hier  Ton  der 
eisernenGeffifiga)rs2ifortey  welche  cur  Stadt  führte,  aosdrfiek- 
iich  gesagt  wird :  ijiig  aotofidiij  irvoiy^l>ij  avrdig  (V.  10.), 
•ine  Bemerkang,  welche ,  weil  sie  eine  schöne  Ansdbauvng 
des  VVnnders  giebt,  gewifs  auch  nnser  Kviingelist  nielit 
beidemale  weggelassen  haben  würde,  wei'n  er  an  ein  wan* 
derbares  Aufspringen  der  Thilre  gedacht  hfitte.  —  So  we- 
nig aber  lo  dieser  lohanneisohen  Ersfthlnng  das  Ubema- 
tllrliohe  sich  beseitigen  oder  vermindern  lUfst:  so  weni^ 
will  die  natürliche  ßrklämng  der  Aasdrücke  genügen,  mit 
welchen  Lukas  das  Kommen  und  Gehen  Jesu  beseichnet. 
Denn  wenn  nach  diesem  Evangelisten  sein  Kommen  ein 
pjvat  iv  (liaco  %uiv  itad-rjxviv^  sein  Gehen  ein  a^ariog 
yivsaihxi  an  aiiiSv  war :  so  Iftfst  das  TUisammentreffen  die- 
ser Züge,  mitelngereohnet  noch  den  Schrecken  der  Jila* 
ger  und  ihren  Wahn ,  er  sei  ein  Gespenst,^  schwerlich  an 
etwas  Anderes,  als  an  ein  wunderbares  Erscheinen  den* 
len.  Ohnehin,  wenn  man  sich  das  zwar  etwa  noch  vorstel- 
len konnte,  wie  Jesus  «in  ein  von  Menschen  erfülltes  Zimmer 
auf  natürliche  Weise  unbemerkt  hineinkommen  konnte :  so 
lüfst  sieh  doch  das  auf  keine  Weise  anschaulieh  machen, 
wie  es  ihm  sollte  möglich  gewesen  sein ,  den  Kivei  Emma- 
untischen Jüngern,  mit  welchen  er,  wie  es  seheint,  alleia 
BU  Tische  safs ,  anbemerkt,  und  ohne  dafs  sie  ihm  nachge- 
hen konnten,  sich  eu  entziehen  ^^). 

Dafs  Markus  unter  der  Itkqa  fioQqyij  eine  wonderbar 
verfinderte  Gestalt  verstehe ,  hfitte  man  niemals  Ifiugnea 
sollen  ^');    doch  hat  diefs  weniger  Gewicht,   weil  es  nur 

14)  ^0|^AU8EN,  a.  a.  O.    S.  5MU 

15)  vgl.  l*RiTzscu£,' in  Marc,  p.  725. 


Viertes  Kapitel.    §•  138.  643 

de^  Referenten  eigene  ErklSrong  des  Umstände«  ist^  wei* 
chen  Lukas,  aber  anders  erklfirt^   an  die  Hand  gab,  dafs 
die  beiden    Wanderer  Jesum  nicht  erkannt  haben.    Dafs 
Maria  Magdalena  Jesum  fttr  den  Gtfrtner  hielt,  war  nach 
der  Ansicht  des  fiFangelisten  schwerlloh  Folge  entlehnter 
Gfirtnerkleider :  sondern,  dafs  sie  ihn  nicht  kannte,  wird 
man  sich  dem  Geiste  der  Erzfihlung  gemilfs  entweder  dorch 
ein   xoccrelad-cti  der   Äugen  Magdalena's,   oder   aus  einer 
eriga  fiOQfpi]  Jesu  erklfiren  müssen ;   dafs  sie  ihn  aber'fttr 
den  Gftrtner  ansah,  kam  dann  einfach  daher,  dafs  sie  ihn 
im   Garten  traf«    Auch  eine   Entstellung  Jesu  durch  die 
Qualen  der  Kreuzigung,  und  ein  all^fihliges  Heilen  seiner 
Wunden  anzunehmen,   sind  wir  durch  die  evangelischen 
Nachrichten  nicht  berechtigt.   Das  Johanneische  fii^  fis  anTOf 
"wenn  es  Abwehr  einer  schmerzüchen   Berührung  sein  soll* 
te ,  stünde  im  Widerspruche  nicht  blofs  mit  Matthäus,  nach 
welchem  Jesus  an  demselben  Auferstehungsmorgen  durch 
die  Frauen  seine  fldfse  umfassen  liefe,   sondern  auch  mit 
Lukas,   welchem  zufolge  er  noch  am  nSmlichen  Tage  die 
Jünger  auffordert,  ihn  zu  betasten,  und  es  frfige  sich  als« 
dann,    welche    Darstellung  die  richtige  w5re?    Aber  es 
liegt  Ja   im   Zusammenhange   gar  nichts ,  was  darauf  hin* 
wiese,  dafs  Jesus  sich  das  unteod^at  eb«n  als  etwas  Schmerz« 
ha  fies   verbitte,    sondern   diefs   kann    aus    verschiedenen 
Gründen  geschehen  sein:   ans  welchen,  Ist   bei  der  Dun» 
kelheit   der  Stelle   bis  Jetzt   nicht  zur  Entscheidung  ge- 
bracht *^. 

Die  wunderlichste  Verkehrung  aber  ist  es ,  wenn  ge* 
sagt  wird ,  die  seltenen  und  kurzen  Zusammenkünfte  Jesu 
mit  seinen  Jüngern  nach  der  Auferstehung  beweisen,  dafli 
er  .  für  Ifingere  und  häufigere  Anstrengungen  noch  zu 
schwach,  also  ein  natürlich  Genesender,  gewesen  seL  Eben 


16)  Die  verschiedenen  Erklärungen  ••  Bei  Trolvck  und  Lückb, 
welcher  letztere  eine  Xnderung  der  Leiart  ntfthlg  findet. 

41  ♦ 


644  Drttttr  Absehnitt. 

wenn   er   auf  diese  Weise   körperlicher  Pflege  bedürftig 
war:  so  sollte  er  nicht  selten,   sondern   immer  bei  «einen 
Jfingern   gewesen   sein,  welche  die  nächsten  waren,   rou 
denen  er  eine  solche  Pflege  ßu  erwarten  hatte.     DetMi  wo 
soll  er  nun  in  den  langen  Zwiscbenseiten  zwischen  seineo 
Erscheinungen  sich  aufgehalten  haben?  in  der  Einsamkeit? 
im  Freien?  in  der  Wüste  und  auf  Bergen?    Das  war  kein 
Aufenthalt  für  «inen  Kranben,  und  es  bleibt  nichts  flbrig, 
als   er    mfifste   bei    geheimen    Verbttndefen,  von  wekben 
selbst  seine  Jttnger   nichte  wuHiten,    yerborgen    gewesen 
sein«    Ein  solches  Geheimhalten  seines  eigentlichen  Aufent« 
halts  aber  selbst  vor  seinen  Schülern,    denen  er  nur  sel- 
ten, und  mit  Absicht  pltitzlich  sich  einstellend  und  wieder 
entfernend,  sich  zeigte ,  wfire  ein  Spielen  unter  der  Decke, 
'  ein  falscher  Sohein  des  Übernatürlichen  gewesen,  woicbea 
er    ihnen   vorgemacht    hätte,    der  uns   Jesam   und    seine 
gajice  Sache  in   einem   Lichte  erscheinen  liefse,    welches 
dem    Gegenstande   selbst,   wie    er  in   den    Uuellen     vor 
uns  liegt ,    fremd ,    nur  durch  die  Bleodlaterne  moderner, 
übrigens   bereits   wiedar  verschollener,   Vorstellungen  auf 
denselben  geworfen  ist.     Die  Ansicht  der  Evangelisten  ist 
keine  andere,  als  dafs  der  Auferstandene  nach  jenen  kar- 
ten Erscheinungen  unter  den  SeJnij^en  sich  wie  ein  höhe- 
res Wesen  in  die  Unsichtbarkeit  zurückgezogen  habe,  und 
aus  dieser  wieder,  wo  ,uiid  wann  er  es  sweckmäfsig  fand, 
hervorgetreten  sei. 

Endlich,  wie  will  man  sich  bei  der  Voraussetzung, 
dafs  Jesus  durch  die  Auferstehung  in  ein  rein  natürliches 
Leben  zurückgekehrt  sei,  das  Ende  desselben  denken? 
Consequenter weise  mufs  man  lim ,  sei  es  längere  ^^}  oder 
kürzere  Zeit  nach  seiner  Wiederbelebung  eines  natfiriichea 


17)  BrbkickckB)  biblischer  Beweis,  dass  Jesus  nach  seiner  Aufer- 
stehung noch  27  Jahre  leibhaftig  auf  Erden  gelebt,  und  zun 
Wohle  der  Menschheit  in  der  Stille  fortgewirkt  habe.    Ui9. 


Viertes   Kupttel.    $•  138.  641» 

Todes  sterben  lassen ,   wie  aach  Paulus  andeutet,  dafs  der 
aillsa  heftig  afficirte  Leib  Jesu ,  onerachtet  er  sieh  tod  der 
eodffhnlichen   Erstarrung   am   Kreace    wieder  erholt  hattr^ 
doch  durch  natdriiches  Kränkeln  und  verEehrendes  Fieber 
vollends  aufgerieben  worden  sei  ^.    Dafs  die(s  wenigstens 
die  Ansicht  der  Evangelisten  vom  Ende  ihres  Christos  nicht 
Belj  ist  offenbar,   da  ihn   die  einen  von  ihnen  vHe  einen 
Unsterblichen  von  den  Jöngern  Abschied  nehmen,  die  an- 
dern ihn  sichtbar  in  den  Himmel  sieh  erheben  lassen*    Vor 
der  Himmelfahrt   also  spätestens  mfifste,   wenn  bis   dahin 
Jenmn  einen  natdrlich  menschlichen  Leib  beibehalten  hatte^ 
eine  VerXnderong  mit  demselben  vorgegangen  sein,  welche 
Ihn  Eom  Aufenthalt  in  den  himmlischen  Regionen  befthigte; 
es  mOfste  die  Schlacke  der  groben  Leiblichkeit  niederge- 
fallen,  und   nur  etwa   der  feinste  Extract  derselben  mit* 
emporgestiegen  sein«     Davon  aber,  dafs  von  dem  EQm  Hirn* 
mel  sich  erhebenden  Jesos  irgend  ein  materieller  Oberrest 
snrflekgebliehen,    melden  die  Evangelisten  nichts  ^   und  da 
es  die  Eoschanend^n  JOnger  doeh  bemerkt  haben  mfifsten, 
so  bleibt  für  diese  Ansicht  am  Ende  nichts,  afs   die  Aus» 
konft  Jenes  Theolofi^en  ans  der  Tfibinger  Schule,  das  Resi- 
duum von  Jesu  Leibliehkelt  sei  Jene  Wolke  gewesen,  die 
ihn  bei  der  Himmelfahrt  umhttllte.   In  welche  sich,   was 
materiell  an  ihm  war,    aufgelöst   habe  und  gleichsam  ver* 
pufft  sei  *^.     Da  somit  die  Evangelisten  das  finde  des  ir- 
dischen Wandels  Jesu  nach  der  Auferstehung  weder  als 
einen  nstfirlichen  Tod  sich  vorstellen,  noch  bei  der  Bim- 
nelfahrt  irgend  einer  mit  seinem  Körper  vorgegangenen 
VerSndernng  gedenken,   ttberdiefs  aus  der  Zeit  Ewisohen 
der  Auferstehung  und  Himmelfahrt  Dinge  Von  Jesu  berich- 


18)  a.  a.  O.    S.  793.  925. 

19)  Noch  etwas  über  die  Frage:  wanim  haben  die  Apostel  Mat- 
thäus und  Jobinnet  nicht  ebenso  wie  die  zwei  Evangelisten 
Markus  und  Lukas  die  Himmelfahrt  ausdrücklich  erz'ihlt? 
In  SijiKXKD's  Magazin,  17,  S.  165  ff. 


Ö4tf  Dritter  Abschnitt. 

ten  9  welobe  ran  einem  luitCrUchen  Leib  nndenklmr  eiad : 
•o  können  sie  sieh  sein  Leihen  seit  der  Anfersteluing  nicht 
als  ein  natdrliohesy  sondern  nor  als  ein  ÜbematQrlichea, 
nnd  seinen  Leib  nicht  als  einen  organisch -materieUeo, 
sondern  nur  als  einen  verklärten  yorgestelit  haben. 

Dieser   Vorstellung  widersprechen    aof    dem    Stand* 
punkte  der  Evangelisten  anch  diejenigen  Züge  nicht,  wel« 
ahe  die  Freunde  der  rein  natürlichen  Ansicht  vom  Lel»ea 
des  Auferstandenen  fHr  sich  geltend  su  maolien  pflegen. 
Dafs  Jesua  als  und  trank,  das  setzte  in  dem  beseichneten 
Vorstellungskreise  so  wenig  ein  wirkliches  Bedfirfnifs  bei 
ttim  Toraua»  als  das  Mahl ,  welches  Jehova  mit  swei  En« 
geln  bei  Abraham  einnahm :  Essenkönnen  ist  biet  kein  Be- 
weis fHr  Essenmttssen*    Da(&  er  sich  betasten  liels  j  war 
der  einsig  mögliche  Beweis  gegen  die  Vermuthnng,  ein 
körperloses  Gespenst  möge  den  J fingern  erschienen  sein} 
anch  Götterwesen  erschienen    In   alterthfimllohep ,    nicht 
blofs  griechischer  I  sondern  (nach  der  oben   angefahrten 
Stelle^  1.  Mos.  SS,  24.)  auch  hebräischer  Yorstellungy  bis- 
weilen betastbar,  im.  Unterschiede  von  wesenlosen  Schatten^ 
#nerachtet  sie  sonst  an  die  Gesetse  der  Materialität  so  we» 
■ig  gebunden  sich  eeigten,  als  der  betastbare  Jesus^wena 
gt  doch  ptötBÜch  verschwinden,  und  in  verschloseene  Zim« 
mer  ohne  Hindemiis  eindringen  konnte  '^ 

Eine  gann  andere  Frage  ist,  ob  auch  auf  unserem, 
durob  genauere  Natnrkenntnifs  gebildeten  Standpunkte  jene 
beiderlei  Zöge  sich  vertragen  ?  Und  da  werden  wir  freU 
lieh  sagen  müssen:  ein  Leib,  der  sichtbare  Speise  geniel^ 
mufa auch  selbst  ein  sichtbarer  sein;  der  Genofs  der  Spei- 
ee  seist  einen  Organismus  voraus,  der  Organismus  aber  ist 

iO)  Das  Unbestinuiite  der  hier  sum  Grunde  liegenden  VorttelIuii|( 
drUfikt  Origeacs  gut  aus,  wenn  er,  c.  Gelt,  iy  62.  von  Jesu  sagt: 


Viertes  Kapitel.    $.  138*  647 

or^ankirte  Materie,  vnd  dleee  hat  die  E'^enacbaft  nicht, 
in  beliebigem  Wechsel  verschwinden  und  wieder  siebtbar 
\irerdea  £U  können«  Gans  besonders  aber,  wenn  der  Leib 
Jeau  sieh  betasten  iiefs,  and  Fleisch  and  Knochen  sn  ffik- 
ien  gab 9  so  seigte  er  damit  die  Widerstandskraft  der  Ma- 
tatie^  und  swar  wie  sie  ihr  als  fester  eigen thömlicb  ist: 
mrenn  er  dagegen  in  verschlossene  Hfiuser  nnd  Zimmer^ 
ungehindert  durch  daswischenliegende  Winde  nnd  Thfiren, 
elnaugehen  im  Stande  war,  so  bewies  er  hiedurch,  dafs 
eben  diese  Widerstand Araft  der  festen  Materie  ihm  nicht 
Kukam;  indem  er  aiae  nach  den  evangelischen  Berichten 
lümelbe  Bigenschaft  um  dieselbe  Zeit  gehabt  nnd  nicht  ge» 
hnbt  haben  mtifste:  $o  setgt  sich  die  evangelische  Darstel* 
lung  der  Leiblichkett  Jesn  nach  der  Auferstehang  ab  eine 
in  sich  widersprechende.  Und  SBwar  ist  dieser  Widerspruch 
nicht  etwa  von  der  Art,  dafs  er  sich  unter  die  verschle« 
denen  Berichterstatter  vertheilte;  sondern  der  Bericht  Ei» 
n«s  nnd  desselben  C?angelisten  schliefst  Jene  widerspre- 
chenden Züge  in  sich*.  Der  kurae  Bericht  des  Matthäus 
«\irar  enthält  in  dem  htQUTt^aav  aiks  t^  nodixg  (V.  90 
^ur  das  Moment  der  Betastbarkeit,  ohne  dafs  ebenso  ein 
entgegengesetEtes  hervorgehoben  wäre :  bei  Markus  umge^ 
kehrt  spricht  sein  iv  hiQtf  foggffj  (V.  12«)  fAr  etwas  jD her- 
Rntirliches,  ohne  dalä  andrerseits  aneb  wieder  das  Gegen- 
theii  bestimmt  voransgesetst  würde:  dagegen  sprieht  bei 
Lvkas  das  .Siebbetastenlassen  nnd  Esse»  ebenso  bestimmt 
fffr  orgsnische  Materialität,  als  das  pl(itdiche  Erscheinen 
iMid  Verschwinden  gegen  eine  solche;  ganz  besonders  hart 
aber  stofsen  die  Glieder  dieses  Widerspruchs  im  vierten 
Kvangelium  iEUsammen,  wo  Jesus,  unmittelbar  nachdem  er 
in  das  verschlossene  Gemach  unberührt  durch  Wände  und 
ThOren  eingedrungen  ist  ^O^  si^l^  von  dem  sweifelnden 
Thomas  berühren  läfst. 


2i)  Mit  der  Fälligkeit  Jesu,  durch  vertcMossene  ThUrea  zu  drin. 


648  Dritter   Abschnitt. 

S.    IM. 

Die  Debatte  llber  die  Realität  des  Todes  und  der  Aufer- 
stehung Jesu. 

Der  Satz:  ein  Todter  ist  wiederbelebt  worden,  ist 
aus  Ewei  so  widersprechenden  Bestandtheilen  cusammen- 
gesetst,  dafs  immer,  wenn  man  den  einen  festhalten  will, 
der  andere  zu  verschwinden  droht.  Ist  er  wlrltlich  wie> 
der  com  Leben  gekommen,  so  liegt  es  nahe,  sa  denken, 
er  werde  nicht  ^anz  todt  gewesen  sein;  war  er  aber  wirk- 
lich todt,  60  hfift  es  schwer,  za  glanben,  dalä  er  wirklick 
lebendig  geworden  sei. 

Bei  einer  richtigen  Ansicht  Ober  das  VerbMtnifs  von 
Seele  und  Leib,  welche  diese  beiden  nicht  abstract  aoseio« 
anderhfilt,  sondern  sie  zugleich  in  ihrer  Identitüt,  die  Seele 
als  die  Innerlichkeit  des  Leibes,  den  Leib  als  die  Äusser- 
lichkeit  der  Seele  begreift,  weifs  man  schon  gar  nicht,  wie 
man  sich  die  Wiederbelebung  eines  Todten  nur  vorstellen, 
geschweige  denn  sie  verstehen  solle.  Haben  die  Krifte 
und  Thätigkeiten  des  Leibes  einmal  aufgehört,  in  denjeni- 
gen regierenden  Mittelpunkt  eusammenzulanfea ,  weleben 
wir  die  Seele  nennen,  deren  Thfitigkeit,  oder  vielmehr  de 
selbst,  in  der  ununterbrochenen  Niederfaaltung  aller  andl^ 
m  Körper  möglicfien  Processe  unter  der  höheren  Einheit 
des  organischen  Lebensprocesses ,  welche  befm  Menschen 
ffugleich  die  Basis  des  Geistigen  isj,  besteht:  so  treten  in 
den  verschiedenen  Theilen  des  Körpers  jene  andern ,  nie- 
drigem Principien  als  herrschend  auf,  deren  Geschäft  in 
seiner  Fortsetzung  die   Verwesung  ist    Haben  diese   eiki- 


/  gen ,  fanden  manche  Hirehenväter  und  orthodoxe  Theologen 
das  nicht  recht  vereinbar,  dass  zum  Behufe  der  Auferstehung 
Jesu  vorher  der  Stein  vom  Grabe  gewälzt  worden  sein  solie, 
und  behaupteten  daher :  resurrexit  Christus  clauso  sepulcro, 
sine  nondum  ab  ostio  sepulcri  revoluto  per  angelum  lapids, 
QuswsTBDT^  theol.  didact.  poiem.  S^  p*  542* 


Yiertet  KapIteL    S*  ISO.  649 

mal  die  Hemohaft  angetreten:  ao  werden  sie  ntofit  geneigt 
«ein,  sie  an  den  Torigen  Herrn,  die  Seele,  snrflckaogeben ; 
4bder  vielmehr  ist  diers  defsweg^n  unmöglieh,  weil/'gans 
Abgesehen  ron  der  Frage  Über  die  Unsterbli<»likeit  des 
menschlichen  Geistes,  mit  ihrer  Herrschaft  nnd  Thtftigkeit, 
welche  ihre  Existens  ist,  die  Seele  als  solche  an  sein  auf- 
hört, mithin  bei  einer  Wiederbelebung,  selbst  wenn  man 
•loh  auf  ein  Wunder  beriifen  wollte,  diels  geradean  in 
€ler  Erschaffung  einer  neuen  Seele  bestehen  mfifste. 

Nur  der  popultfrgewordene  Dualismus  in  Bezug  auf 
das  Verhfiltnifs  von  Leib  und  Seele  begfinstigt  die  Mel- 
sung  voa  der  Möglichkeit  einer  eigentlichen  Wiederbeie- 
bung.  fiia  wird  die  Seele  in  ihrem  VerblUtnifs  anm  Kör- 
per wie  der  Vogel  vorgestellt,  welcher,  wenn  anch  eine 
Weiie  aas  dem  Käfig  entflogen,  doch  wiedar  eingefangen, 
und  in  denselben  zurückgebracht  werden  kann,  und  an  der- 
gleichen BUder  hält  sich  ein  imaginirendes  Denken,  um  die 
Vorstellung  der  Wiederbelebung  festzuhalten.  Doch  selbst 
auf  dem  Standpunkte  dieses  Dualismas  versteckt  sich  die 
Undenkbarkeit  eines  solchen  Vorgangs  mehr,  als  dafs  sie 
•ich  eigentlich  verringerte«  Denn  so  gleichgültig  and  on- 
Icbendigl,  wie  bei  einer  Schachtel  and  deren  Inhalt,  darf 
nlan  sieh  doch  das  Zusammensein  des  Leibs  und  der  Seele 
^auch  bei  der  abstractesten  Trennung  nicht  denken,  son- 
dern dia  Gegenwart  der  Seele  bringt  im  Körper  Wirkun« 
-^gen  heatyoty  wekhe  binwiedernm  die  Möglichkeit  Jener  Ge- 
genwart der  Seele  In  ihm  bedingen.  Sobald  also  die  Seele 
den  Körper  verlassen  hat,  werden  in  diesem  diefenigen 
Thätigkeiten  stille  stehen ,  welche  nach  der  dualistischen 
Vorstelinngs weise  die  unmittelbarsten  Äusserungen  des  Ein- 
flusses der  Seele  waren;  ebendamit  werden  die  Organe 
dieser  Thätigkeiten,  Gehirn,  Blut  u.  s.  f. ,  zn  stocken  und 
starr  zu  werden  beginnen ,  und  zwar  wird  diese  Verände- 
rung mit  dem  Augenblicke  des  wirklichen  Todes  ihren  An- 
fang nehmen.    Könnte  es  also  anch  der  entflohenen  Seele 


OM  Dritter  AbsekaltV 


ein&UaBy  oder  «fo  dareli  einen  Andern  denn  genStUgt  wcrw 
den,  ihrai  vorigen  Wobntits,  den  Kftrper,  wieder  aofim* 
tocben :   so  wflrde  sie  ihn  deeb  nach  den  ersten  AogemUi- 
eken    schon   in  seinen  edelstMi  Tbellen  nnbewohnbar  mid 
fflr  iliren  Dienst  nntanglicb  finden.     Wiederherstellen 
wie  ein  kranlies  Glied ,   könnte  sie  die  nnbranchber  j 
denen  nnmittelbarsten  Organe  ihrer  Wirksamkeit  nnf  kei- 
ne Weise,  da  sie,  nm  irgend  etwas  im  Kdrper  wa  wirken, 
des  Dienstes  eben  dieser  Organe  bedarf:   sie  milfste  also, 
ob  anch  wieder  in  den  Leib  snvfickgebannt,   deuseH^ea 
doch  geradesn  rermodem  lassen,   weil  sie  keinen  Kinflnfa 
auf  ihn   aassnaben  im  Stande  wXre;  oder  es  mttfste  s« 
dem  Wnnder  ihrer  Znröekf&hmng  in  den  Kdrper  das  swei- 
te  einer  Restaarimng  ihrer  abgettorlienen  körperÜchmi  Or- 
gane hinsukommen  — -  ein  nnmittelbares  Eingreifen  Gottes 
in  den  gesetzlichen  Veriaof  des  Naturlebens ,  wie  es  gel£v« 
terten  Ansichten  von  dem  Verh&ltnils  Gottes  Eur  Welt  wi- 
derspricht. 

Sehr  bestimmt  bat  daher  die  neuere  jBildnng  in  Besug 
auf  Jesnm  das  Dilemma  anfgestellt,  dals  er  entweder  nicht 
wirldich  gestorben,  oder  nicht  wirldioh  auferstanden  seL 

Der   Rationalismus  hat   sich  vorwiegend  der  erstereo 
Annahme  angewendet     Die  kurze  Zeit ,  welche  Jesus  am 
Krense  hieng,  Eusammengenommen^  mit  der  sonst  bekenn* 
ten  Langsamkeit  des  Kreusestodes;  die  Ungewisse  Beschaf- 
fenheit und  Wirkung  des  Laneenstichs  Cwelchen  wir  nicht 
einmal  für  historisch  halten  konnten) ,  schienen  die  Wirk- 
lichkeit des  Todes  eweifelhaft  au  machen*    Dafs  die  Voll- 
strecker der  Krenzignng,  wie  die  Jfinger  selbst,  keinem 
solchen  Zweifel  Raum  geben,   wfirde  sich  ausser  der  all- 
gemeinen Schwierigkeit,  tiefe  Ohnmächten  nnd  synkoptische 
Erstarrungen  vom  wirklichen  Tode  sn  unterscheiden ,  ans 
dem  niedrigen  Stande  der  medicinischen  Kenntnisse  in  je- 
ner Zeit  erklären;  wogegen  wenigstens  Ein  Beispiel,  dafs 
ein  vom  KreuE  Abgenommener  wieder  genas,  ein  erfiilg- 


Viertes    KapiteL    S*  13».  651 

tes    Wiederaufleben    «veh   bei  Jesu  denkbar  so  «aehen 
aohien.    DieBes  Beispiel  findet  sicti  bei  Josephoe ,  weicher 
beriehtet)    dafii  von  drei  gekrensigten  Beliannten,  die  er 
▼on  Titas  losgebeten  liabe ,  nach  der  Abnahme  vom  Krenze 
m'wei  gestorben ,    einer  aber  mit  dem  Leben  davongekom- 
men sei»  0*    Wie  lange  diese  Leate  am  Kreuae  gehangen 
hmUen^  liemerkt  Josephns  nicht;    doch  da  er  sie  mit  sei- 
ner  Expedition   nach   Tliekoa  in  der  Art  in  Verbindang 
bringjk,    dafs   er  sie  bei  seiner  Rückkehr  von  da  erblickt 
habe :   so  mfitsen  sie  wohl  eben  wfthrend  dieser  Expedition 
gekreasigt  worden  sein,  nnd  da  diese,   vermöge  der  gerin- 
gen Entfernung  des  genannten  Orts  von  Jerusalem  ^   mdg- 
lleherwei.e  in  Einem  Tage  beendigt  sein  konnte,  so  hat- 
ten sie  wohl  nicht  über  einen  Tag,   vielleicht  noch  kftraer, 
nm  Kreuze  gehangen.    Wenn  nun  von  drei  Gekreuzigten^ 
welche  schwerlich  viel  ifinger  gehangen  hatten,   als  Jesue, 
der  nach  Markus  von  Morgens  9  Uhr  bis  Abends  gegen  6  Uhr 
am  Kreuze  sich  befand,  und  welche,   wie  es  scheint,  hoch 
mit  den  Zeichen  des  Lebens  herabgenommen  wurden,    bei 
der  sorgfältigsten  Ärztlichen  Pflege  nur  Einer  davon  kam: 
wie  unwahrscheinlich  mufs  es  werden,  dals  Jesus,  welcher 
bereits  mit  allen    Zeichen    des  Todes  vom  Kreuze  genom- 
men worden  war,  ohne  Anwendung  tfrztlicher  Mittel  ganz 
von  selbst  wieder  zum  Leben  gekommen  sei!  ^J 


1)  Joseph.  vit8|  75  :  m^tpd'tU  ^  ^i  Tlr»  Xa(aa^of  <tiv  Xe^taXCtj^ 
Mal  jifii^oi«  Inmvatr  tJt  nti^tjy  rtra  Benthr  Xeyo/ufytjy^  n^og  tca» 
rardijaiy  ^  il  rdno;  hnr^Sitdg  iqi  ;|f</^ajra  S^ao&ai^  iSg  iMflSer 
^of^ifwr  tlSoy  nollig  alxjualtSrßg  aytgav^«*/iiyBg  ^  mal  r^tlf 
yna^iaag  cvr^^etg  /tot  ytrcjuirag^  ^lytiüa  rijy  y^xi^t  ««^  /*€Ti 
SaM^tty  n^oa§X&<ay  Tlrtp  ilnoy,  *0  ^  9v9'vg  %M%Uva$y  ira^a«« 
^t&^yrag  aurag  ^i^ane^g  hn/nZigärtjg  rv;|f«?r«  «al  ot  fikv  SJo 
TiXtvTäaty  ^i(>antvd/utyot^  ö  Sh  rqCrog  Utifjoty*  Aus  dieser  Sfelle 
argumentirt  besonders  Paulus,  ex.  Handb.  3,  b,  S.  786,  und 
im  Anliang,  S.  929  iP. 

S)  BaiTtcHirsiosm,  über  den  aogeblicben  Scheintod  Jein  smHreu- 


65S  Dritter  /Ibichnltt 

Diese   beiden  Momente:  ein   Rett   des  bewafsten  Le- 
bens,   and  sorgfältige  Xrstliche  Behandlang,    haben  indefs 
nach  einer  gewissen  Ansicht  aacb  bei  Jesus  nicht  gefehlt 
nvenn  sie  gleich  von  den   Evangelisten  yerschwie^en    wer- 
den.   Hiennch  hat  Jesos,  weil  er  keinen  andern  Weg  sab, 
die  herrschende  Messiasidee  von  ihren  sinnlich  -  polidaclieB 
Beimischungen   eu  reinigeii,  sich   der  Kreasignng  aa^e- 
setzt ,  dabei  aber  sich  darauf  verlassen ,   durch  ein  frflhsei* 
tiges    Neigen   des    Hauptes    seine   baldige   Abnahme    TmD 
Kreuze  zo  bewirken,  und  hernach  von  heilkundigen  MXn- 
nern  unter  seinen  geheimen  Verbfindeten  wiederbergesteUt 
eu  werden,  um  zugleich  durch  den  Schein  einer  Wieder- 
belebang  das  Volk  zu  begeistern  ^«     Von  dieser  Absicht- 
lichkeit haben  Andere  wenigstens   Jesum  freigesprocben, 
und   ihn    wirklieh    in    todähnlichen   Schlummer  versiaken 
lassen ,   seinen  Anhängern  aber  von  vom  herein  den  Plan 
zugeschrieben,  den  durch  einen  Trank  scheintodt  gemaeb* 
ten  und  frühe   vom   Kreuz  abgenommenen    in    das  Leben 
zurückzurufen  ^).    Allein  von  allem  dem  deuten  die  Quel- 
len   nichts   an,   und  es  zu  vermuthen,    haben  wir   keioea 
Grund.     Verständige   Freunde   der  natörlichen  Erklärong, 
welchen   dergleichen   Ausgeburten   eines   zOgel losen   Prig- 
matisirens  zuwider  sind,   haben  daher  zur  Erklärung  von 
Jesu  Wiederbelebung,  statt  eines  Restes  von  bewttfstem  Le- 
ben  in   ihm,    mit  der   Lel»enskraft  sich  begnfigt,  welche 
auch  nach   dem  Schwinden  des  Bewufstseins  im  Innersten 
des  Jugendkräftigen   Körpers   Jesu  zurfickgeblieben    war. 


ze,  in  VjjMAim^i  und  Umbrkit^s  Studien,  1832,  3»  S.  625  IT. 
Hufr,  Beiträge  zur  Geschichte  des  Verfahrens  bei  der  Todes- 
strafe der  Kreuiigung,  Freiburger  Zeitschr.  7,  S.  144  ff. 

3)  BiiHBDT,  Ausführung  des  Plans  und  Zwecks  Jesu.  Vgl.  dage- 
gen Paulus,  exeg.  Handb.  3,  b,  793  f. 

4)  Xenodoxien,  in  der  Abb. :  Joseph  und  Niliodemus.  Vgl.  da- 
gegen KlaibirU  Studien  der  würtembcrg.  Geistiichhcil,  2}  2, 
8.  84  ff. 


Viertel   KapiteL    S*  139.  «53 

und  statt  absichtlicher  Pflege  dorcb  Menscbenfafinde  auf  den 
wohlthUtigen  Einflufs  aafmerksain  gemacht,  \7elchen  die  um 
seinen  Leib  gefegten  sam  Tbeii  wohl  öligen  Substaneea 
auf  Heilung  seiner  Wanden,  und,  susammengenommea 
mit  der  von  dem  Dufte  der  Speeereien  geschwflngertea 
JLuft  in  der  Höhle,  auf  Wiedererweckung  des  Gefühls  und 
fewufstseins  Jesu  gehabt  haben  müssen  ^) ;  wozn  man  wohl 
auch  noch  als  entscheidendes  Moment  die  ErschQtterung  und 
den  Plitsstrahi  ftigte,  welcher  am  Auferstehungsmorgen  das 
Grabmal  Jesu  eröffnet  habe  ^).  Hiegegen  haben  jedoch 
andere  darauf  aofmerkiam  gemacht,  wie  die  kalte  Luft 
la  einer  Höhle  am  wenigsti^n  etwas  Belebendes  haben 
konnte ;  wie  stärke  Aroma  in  einem  verschlossenen  Räume 
vielmehr  betäubend  und  erstickend  wirken  O9  ^^^  gleiche 
Wirkung  mfifste  ein  in  die  Gruft  schlagender  Blitestrahl 
gehabt  haben ,  wenn  dieser  nicht  blofse  Erdichtung  ratio* 
Dalistisclier  Ausleger  wfire. 

ünerachtet  aller  dieser  (Jnwahrseheinlichkeiten  Jedoch, 
welche  die  Ansicht  gegen  sich  hat,  dafs  Jesus  aus  einem 
blofsen  Scheintode  durch  natOrliche  Ursachen  wieder  sum 
Leben  gekommen  sei,  bleibt  sie  doch  insoweit  möglich, 
dafs,  wenn  uns  die  Wiederbelebung  Jesu  sieher  verbürgt 
vifire,  wir  aus  der  Entschiedenheit  des  Erfolgs  die  Locken 
der  Berichte  über  den  Hergang  der  Sache  ergönaen,  und 
der  bisher  vorgetragenen  Ansicht ,  mit  Abweisung  Jedoch 
aller  bestimmten  Vermutbungen,  beitreten  könnten.  Ver« 
bürgt  wäre  uns  die  Auferstehung  Jesu ,  wenn  sie  von  nn« 
parteiischen  Zeugen  auf  l>estlmmte  und  snsammenstimmen* 
de  Weise  beurkundet  wäre«  Aber  eben  die  Unparteilich* 
keit  der  angeblichen  Zeugen  für  die  Auferstehung  Jestt  ha* 
ben  die  Gegner  des  Cbristenthums  von  Celsua  bis  auf  den 


5)  Paulus,  cxcg.  Handb.  5,  b,  S.  785  ff.    L.  J.  1,  b,  S.  281  fL 
6}  ScHCSTER,  in  EiCHMOHN^s  allg.  Bibl.  9^  S.  1053* 
7)  Wuiaii>  bibl.  Aealw.  1,  S.  674, 


654  Dritter    Abschnitt 

Wolfenbflttter  Fragmentisten  herab  in  Ansprach  genoot- 
men*  Nur  seinen  Anhängern  habe  sich  Jesus  geseif; t: 
waram  nicht  aach  seinen  Feinden ,  am  auch  sie  su  fiber> 
ceugen^  and  durch  ihr  Zeugnifs  der  Nachwelt  jede  Ver- 
mathong  einer  absichtlichen  Tfiuschung  von  Seiten  seiner 
-J(f nger  sa  benehmen  ?  ^  So  wenig  ich-  nan  auch  roa  d^n 
Erwiederungen  der  Apologeten  auf  diesen  Einwand  balreo 
kann,  von  dem  Orlgeneischen  iq^eldei^o  yoQ  xal  tS  xara- 
SixdaccvTog  xal  Tc3y  inrjQeaaivtcav  6  Xff^gog^  tva  foj  ncctax- 
&(üaiv  äoQaalif^  an,  bis  auf  die  Meinungen  der  Netteren, 
welche  durch  das  Schwanaen  awiseben  der  Behauptung, 
durch  eine  solche  ErscheinL»ng  wiren  die  Feinde  Jean  sun 
Glauben  geewnngen  worden,  und  der  andern,  sie  wfirden 
auch  auf  eine  solche  hin  nicht  geglaubt  haben,  sich  aellist 
widerlegen  ^^ :  so  kann  doch  Jenem  Einwurfe  das  enfge- 
gengehalfen  werden,  dafs  die  AnltXnger  Jesu  durch  ihre 
Hoffnungslosigkeit,  welche,  i^ie  sie  aus  der  Zusammenatin- 
niung  der  Berichte  erhellt,  so  der  Matur  der  Sache  voU- 
' kommen  angemessen  ist,  hier  cum  Range  onpartriiscfaer 
Zeugen  sich  erheben.  Hätten  sie  eine  Auferstehung  Jesu 
erwartet,  und  sollten  wir  diese  nun  allein  auf  ihr  Zeug- 
nifs hin  glauben:  so  wäre  allerdings  die  Möglichkeit,  und 
Tielleicht  Wahrscheinlichkeit,   wenn  nicht  eines  abalelitli- 


8)  Orig.  C.  Cels.  2,  65 :     Mtra  rovra  6  Xa^og   hm   «jMray^o^'- 

^tCoy  Su¥apity  tKff^vat  ^&eX§r  6  '/.  9  autoig  toi;  Ix^^eaiMr««  yc« 
T»5  xaraSutdaam  noi  SXws  nSoiy  otpS^rai,  —  671  i  yv^  —  «j» 
T«T  fnt'u<p&ij  T^r  aqxh^y  Vy«  Xd^n*  Vgl.  den  Wolfenbättkr, 
bei  Lbssik«,  S.  450.  60.  92  ff.  Woolstoic,  Disc«  6.  SraraU} 
ep.  23.  ad  Oldenburg,  p.  558  f.   ed.  GrattuR. 

9)  s.  a.  0.  67* 

10)  Vgl.  MosHiiM,  in  seiner  Übersetzung  der  Schrift  des  Orfge- 
nes  gegen  den  Celsus,  z.  d.  angef.  St.  Michasus,  Anou  som 
fünften  Fragment,   S.  407. 


Viertes  KapiteL    $.  139.  «^5 

f  hen  Betrags,  doch  onwilikfihrlicber  Selbattfioscbnng  von 
ihrer  Seite  vorbanden;  diese  verscbwindet  aber  in  den 
<jr»de  y  ais  die  Jttnger  Jesu  nacb  seinem  Tode  aHe  HoiF- 
iivng  verloren  batten.  Zwar  rtthrt  nun  naeh  den  Ergeb- 
nissen ansrer  bisherigen  Untersnohangen. keines  der  £yan« 
geiien  unmittelbar  von  einem  Jünger  Jesn  her:  doch,  da 
ans  den  paulinischen  Briefen  und  der  Apostelgesebiehte 
gewifii  ist,  dals  die  Apostel  selbst  die  Überzeugung  hatten, 
den  Auferstandenen  gesehen  zu  haben,  so  könnten  wir  uns 
an  den  N.T.lichen  Zeugnissen  ffir  die  Auferstehung  immer» 
hin  genfigen  lassen,  wenn  nur  diese  Zeugnisse  theils  be- 
stimmt genug  wären,  theils  unter  einander,  und  jedes  mit  sich 
selbst,  Busammenstimmten.  Nun  aber  ist  das  in  sich  einstim- 
mige und  auch  sonst  gewichtigste  Zengnils  des  Paulus  so 
allgemein  und  unbestimmt,  dals  es  für  sich  uns  fiber  diesub- 
Jectlve  Thatsache ,  die  Jfinger  seien  von  der  Auferstehung 
Jesu  fiberzengt  gewesen,  nicht  hinausffihrt;  die  bestimm- 
teren Erzfihlungen  der  Evangelien  dagegen,  in  welchen  die 
Auferstehung  Jesu  als  objective  Thatsache  erscheint ,  sind 
ihrer  aufgezeigten  Widersprfiohe  wegen  nicht  als  Zeug* 
nisse  zu  gebraueben,  überhaupt  ist  ihr  Bericht  fiber  den 
Wandel  Jesu  nach  seiner  Auferstehung  kein  in  sich  zu- 
sammenhängender, der  uns  eine  klare  historische  An- 
schauung der  Sache  gäbe ,  sondern  ein  fragmentarischer '% 
der  uns  mehr  eine  Reibe  von  Visionen,  als  eine  fortlau- 
fende Geschichte  zur  Anschauung  bringt. 

Vergleicht  man  mit  diesem  Bericht  Aber  die  Wieder- 
belebung Jesu  den  bestimmten  in  sich  einstimmigen  fiber 
seinen  Tod :  so  mu(s  man  in  dem  oben  gestellten  Dilemma 
auf  die  andre  Seite  sich  neigen,  und  eher  die  Realität  der 


11)  UiSB,  L.  J.  (.  149.  Dist.:  li]>rorimi  tacrorum  de  J.  Cbr.  a 
mortuis  revocatö  atque  in  coelum  tublato  narrationem  cella« 
tis  Tuigaribut  illa  aetate  Judaeorum  de  morte  opinionibus 
interjpretari  conatua  est  C.  A.  Faxei,  p.  12  f. 


d56  Dritter   Abtohnttt. 

Aaferstehang,    ab  die  des  Todes  in  Ansj^rpoh  sa 

8ich  veraniafst  fioden«    Aof  iUese  Seite  ist  daher  schon  Cel- 

sos  getreten,  indem  er  die  angeblichen  Ersehelnongen  Jen 

nach  der  Auferstehnng  entweder  ana  SeibittXvschang  mip 

ner  Anhänger,   namentlich  der  Weiber ,  im  Traom   eder 

Wachen^  oder  was  ihm  noch  wahrscheinlicher  war^  Bm9  ab- 

aichtlichem    Betrog   ableitete  ^Oi    ^nd  Nenere,     wie   na* 

mentlich  der  Wolfenbüttler  Fragmentist,  haben  aioh  an  die 

jadiscbe  Beschuldignog  bei  Matthtfos  angeaehlosaeny    daTs 

die  Jfinger  den  Leichnam  Jesu  gestohlen,    nnd  hernach 

die  ErEfihlnngen  von  seiner  Aoferstebodgand  de»  Krsebei« 

nungen  nach  derselben  anf  fibel  ^osammenstimmeiide  Weise 

fingirt    haben  ^-^«     Dieser  Verdacht  ist  schon  durah  dl« 

Bemerkung  des  Origenes  niedergeschlagen!  dafs  eine  seÜMt- 

erfondene  LOge  die  Jfinger  nnm$glich  ta  einer  so  atani*« 

haften    Verbfindlgnng   der  Anferstebung  Jesu   onter  des 

grörsten  Gefahren   hätte  begeistern   können  ^^,    nnd  mit 

Recht  bestehen  noch  jetst  die  Apologeten  daraof,  dafs  dar 

ungeheure  Umschwung  von  der  tiefen  Niedergeschlagenhdt 

und  ginslicben  Hoffnungslosigkeit  der  Jfinger  bei  dem  Tode 

Jesu  zu  der  Glanbenskraft  und  Begeisterung,  mit  welcher 

sie  am  folgenden  Pfingstfest  ihn  als  Messias  Terkfindigtea, 

sich  nicht  erklären  liefse,   wenn  nicht  in  der  Zwischen* 

Eeit   etwas  ganz  ausserordentlich  £rmuthigendes  Yorge&t 


12)  Bei  Orig  c.  CeU.  3,  55:  rCt  rSto  tlSi;  (die  durchboBreen 
Hände  Jesu ,  und  überhaupt  seine  Erscheinungen  nach  der 
Auferstehung)  yvv^  nadoi^^o^,  tff  far^y  Mal  sl  ng  iXZ^f  tSf  if 
Ttji  avrtji  yofjTtiafy  ^roi  »ard  nra  3id9'€0ir  orti^taiaif  {  v^* 
tjJk  avrS  ßilrjaiv  So^ji  ntnlavtjfitvn  tpavracitad'tti y  Snt^  <^f  f^ 
^{oi^  av/ißifit^ietr     §,  üne^  /taXlowy  tMnZ^la^  t»«  lommg  rjf  rt^ 

13)  Das  5te  Fragment ,  in  Lassme's  4tem  Beitrag.  Wootfi«% 
Disc.  8. 

14)  a.  a.  O.  56« 


Tlerl^f  Kupiiel    i.  (30.  (t&f 

tmn  ^it^f  und  swar  nfther  etwas  ^  itar  sie  von  if«r  Wie* 
derbelebang  def  gekreaaigten  Jesita  ftber^eirgte  '^«    Dafa 
aiber  diaaea  Übersavgaode  gerade  eine  wlrktiehe  Krsehei« 
Bung  des  Auferatandeneii  ^    dalä  ea  ttbertiaupt  ein  Anaaereir 
Vorgang  geweaen  aeiii  mttaae,  iai  damit  noerb  heineiwega  be^ 
'wieaen.    Man  kdnntey  wenn  man  aof  anpranatorakm  Beden 
bleiben  wellte ,  etwa  mit  SpiNOZik  eine  Im  Innern  der  Jün« 
gcrr    anf  wunderbare   Weise   bewii^kitf   Vision    annehmen, 
-welehe  den  Zweok  gehabt  fafiftcr^   ihnen  naeh  ihrer  ¥m* 
sangskraft  nod  der  VorsteUangaweiae  ihrer  Zeit  ansehen- 
li«b  mm  maehenj  dafa  Jeans  dnrch  sein  tugendhaftea  Le- 
hen  ?om  getatigen  Todle  auferstanden  sei,  und  denen,  weK 
.ehe   seineA  Beispiel  folgen,^  eine  ähnliche  Auferstehung 
▼erjeihe  ^^>     Uaa  aus  dem  Zauberkreise  des  Snpranatura- 
llsniaa  In  Betreff  dieser  Erseheinungen  heraussukemmen, 
beben  Andere  naeh  natfirÜeben  ftuaseren    VeranJaasnngen 
g;^aiieht,  wekhe  die  Mefatmig  erregen  kennten,  Jesoa  sei 


IS)  üixjMwn,  tr«  sei «t  di«  Stiftcmg  dter  c^UtUchen  RircEe  durcfc 
eine»  Gekrem>gten  Toraus?  In  a.  Studieii,  iSS2j  S>  S*.  589f« 
(R»Ma>  Briefe  über  den  RaFtienfttismii«^  S.  39.  256r  Tänivt, 
exegr  Umdb.  ^  b,  8.  826  f.    Ha»,  ^  146^ 

IQ  Sfxkoia,  a.  a.  O.;  Apetlolas  omne»  emnina  efedidismy  ^ttMi 
CMsius  a  morte  reswrrgxerit  f  ei  ad  ceehim  rectrm  msandg" 
rii  -^  €go  non  negOw    JVsm   ips€  eiiam  Abrakamus  €tediditj 
^aod  Deu9  apad  ipsum  pransus  fuerit  —  evtm  tarnen  kaee  ei 
piura   alia  hu/usmodi   appariiione»  sev  revehthmes  Jueriniy 
eaptui  ei  opfnionibus  €&ftam  hommum  aecommodaiäe  y  ^foiBuf 
Deu9  meniem  tttmn  iisdem  revelare  vohiU.    Cönelnd&  üatpjof 
Christi  0  martais  resarredhmem  reteita  spiritaalemy  ei  seilt 
fideUbue  ad  eorwn  capiam  revelatam  Juissef  nempe  qnod  Chri^ 
Sias  aeternüaie  denaiusfaiiy  ei  a  mortah  (mortoös  hk  rnieiU'- 
ga  et>  serisBy  quo  Christus  dixii:   sinrte  mortuos  sepedre  mor- 
iuos  stu»')  sarresitf  simulatque  vifa  et  morte  srmgaieris  san^ 
etitatis  exemphun  dediiy   ei  eatenus  distipnlos  suas  a  mortuis 
susciiaty  quaienut  ipsi  hoe  vitae  ejvts  ei    mortis   exempium 
tequuntur. 
DtuLOtenJesm  ^eAsJL  Ih  Band.  42 


658  Dritter  Abschnitt. 

aaferstiitiden  and  als  Aaferttandener  g;ese(ten  worda».  9m 
ersten  Anstofs ,  vermutbete  man ,  habe  das  gelben ,  Mt 
am  eweiten  Morgen  nach  dem  BegräbniTs  sein  Grab  Icet 
gefunden  wnrde,  dessen  Leintücher  enerst  für  Ei^ 
dann  fttr  eine  Enchelnnng  des  Auferstandenen  selbst  g^ 
halten  worden  seien  ^^:  allein,  wenn  der  Leib  Jes«  nk^ 
neo belebt  ans  dem  Grabe  hervorgegangen  ist,  wie  soll  fr 
denn  herausgekommen  sein?  Da  mOfste  mai^  ja  wieder 
an  Diebstahl  denken:  wenn  man  nicht  ans  der  Andevton^ 
bei  Johannes,  dafs  Jesos  der  Eile  wegen  in  ein  fremd«^ 
Grab  gelegt  worden,  die  Vermuthnng  herleiten  will,  dsfii 
vielleicht  der  EigenthSmer  der  Graft  den  Leichnam  hathe 
entfernen  lassen;  was  aber  die  Jfliiger  nachtriglich  hitt«^n 
erfahren  rafissen,  and  vi^as  in  Jedem  Fall  an  der  verei«- 
selten  Angabe  des  vierten  Evaugeliams  eine  ea  schwache 
Grandlage  hat. 

Ungleich  fruchtbarer  ist  die  Rinweisung  aaf  die  pi»Q- 
linlsche  Stelle  L  Kor.  15,  5  ff . ,  als  den  geeignetsten  Am- 
gangspunkt  in  dieser  Sache,  und  den  ScfafOsscl  anr  Vef> 
ständignng  Über  alle  Erscheinnngen  Jesu  nach  seiner  Aof* 
erstehung  ^^).  Wenn  nämlich  Paulus  dort  die  ihm  so 
Theil  gewordene  Christophanie  mit  den  Erscheinungen  Je- 
su In  den  Tagen  n/>ch  seiner  Auferstehung  in  Eine  Reihe 
ftellr,  so  berechtigt  diefs,  sofern  sonst  nichts  im  Wege  steht, 
zu  dem  Schlüsse,  dafs,  so  viel  der  Apostel  wufste,  jene 
frnheren  Erscheinungen  von  derselben  Art,  wie  die  ih« 
gewordene,  gewesen  seien.  Von  dieser  letzteren  nun  aber, 
wie  sie  uns  die  Apostelgeschichte  (9,  1  ff.  22,  3 ff.  26, 12 ff.) 
err.lihlt,    ist  es  nach   den  Analysen  von  Eicbborm  *')  und 


17)  VerMich  über   die  Aoferstehuirg  Jesu ,  in-  Scbmwt^s  Biblio- 
thek, 2,  4,  S.  545  ff. 

18)  S.  die  angeführte   Abhandlung  in   ScniHinT^s  Bibl. ,    S.  537.; 
Kaiser,  bibl.  TheoK  iy  S.  258  f. ;   Frbok,  a.  a.  O.  p.  13. 

19)  In  seiner  allg.  Bibliothek,  6,  1,  S.  1  fl'. 


Vierte«  KApttel.    S*  1S9*  659 

AiOfOK  ^  Qleht  webl  »ehr  mOglieb^  sie  als  ftoatere,  obje« 
etive   Erscheinong   des  wirklichen   Chiiitus  fettsohalfen ; 
selbst  Ne ANDER  ^0,  gctraat  sicli  hlofs,  eine  innere  Einwir- 
liaag  Christi  aaf  das  Gemfitb  des  Paolus  sicher  za  behaup* 
ten  f  die  Annahme  einer  Süsseren  Erscheinung  aber  hängt 
er  nur  sehr  bittweise  hinten  an,  nnd  anch  jene  innere  Ein- 
wirkang  macht  er  dadurch  selbst  OberflOssig,  dafs  er  die 
Momente  namhaft  macht,  welche  auf  natürliche  Weise  ei- 
ne solche  Revolution  in   der  Gesinnung  des   Mannes   her- 
Torbringen  konnten:   die  gQnstigen  EindrOcke,  welche  er 
di^  and  dort  vom  Christenthum,  von  der  Lehre,  dem  Le- 
ben ond  Benehmen  seiner  Anhänger,  namentlich  auch  durch 
d^  Märtjrertod  des  Stephanus,  bekommen  hatte,  und  wel- 
che sein  Gemflth  in  eine  Spannung  und  in   einen  innern 
Kampf  Tersetvten,  den  er  wohl  einige  Zeit  gewaltsam,  und 
Tielleieht  selbst  durch  verdoppeltes  Eifern  gegen  die  neue 
Seete,  unterdrücken  konnte,  der  sich  aber  zuletzt  in  einer 
entsebeidenden  geistigen  Krisis  entladen  mufste,   von  wel- 
cher es   uns  bei  einem  Orientalen  nur  gar  nicht  wundem 
darf,    da(s  sie  db  Gestalt  einer   Christophanie   annahm. 
Haben  wir  hiemit  an  dem  Apostel  Paukis  ein  Beispiel,  dafs 
starke  EindrOcke  von  der  Jungen  Christengemeinde  ein  feu- 
riges Gemfitb,  das  ihr  längere  Zeit  entgegengestrebt  hatte, 
bU  zur  Christophanie  ilnd  völligen  Sinnesänderung  steigern 
konnten :  so  wird  wohl  auch  der  gewaltige  Eindruck  der 
grofsartigen   Persönlichkeit  Jesu  im  Stande  gewesen  sein, 
seine  onmittelbaren  Schüler  im  Kampfe  mit  den  Zweifeln 
an  seiner  Messianität,   welche  sein  Tod  in  ihnen  erregt 
hatte,  za  ähnlichen  Gesichten  zu  begeistern.    Wer  zur  Er- 
klärung der  paullnischeü  Christephanie  noch  ein  äusseres 


20)*  Gomm.  cxeg.  de  repentina  Stuli  —  conversione.   In  «.  opusc. 

theol. 
21)  Geschichte   der  Ffianzung  und  Leitung  der   christi.  Kirchs 

durch  die  Apostel,  1,  S.  75  ff. 

42  * 


660  Dritter  Absehiittt 

Naturphfinomen,  wie  Bilre  und  Donnersehla^,  so  HUfc  neh« 
inen  en  mflssen  ond  bu  dflrfen  glaobt,  der  mag  aaeh  die 
Erklftmng  der  Ersobeioimgeii,  weiche  frfiher  die  on mittel- 
baren Schüler  Jesa  von  dem  Auferstandenen  ca  häbea 
glaubten,  daroh  Vorauesetzang  fihnlioher  Ereignisse  sieh 
SQ  erieichtern  snehen  ^.  Nnr,  wie  die  EiCHHORN'sche  l!;^ 
klärang  des  Vorgangs  mit  Paulus  daran  scheiterte,  dsri 
sie  alle  und  Jede  Zflge  der  N.  T.iiehen  Ersfiblung,  wie  die 
Blindheit  des  Paulus  und  deren  Heilung,  die  Vision  des 
Ananias  n.  s.  f.,  als  historische  festhielt,  und  diese  begreif- 
lich nur  sehr  geswungen  in  natflrliche  Erfolge  nmdentea 
konnte :  so  wOrde  freilich  derfeiilge  die  psychologische  Er« 
klfirnng  der  Erscheinungen  des  auferstandenen  Jesus  selbst 
sich  unmöglich  machen ,  welcher  alle  evangelischen  ErsXh- 
lungen  von  denselben,  namentlich  von  den  Proben,  welche 
Thomas  durch  Betastung  angestellt,  und  der  Auferstandene 
selbst  durch  Genufs  von  Nahrung  abgelegt  haben  soll ,  als 
historisch  anerkennen  wollte;  worauf  aber  diese  ErsKhlun- 
gen  ihrer  anfgeseigten  Widersprüche  wegen  .nioht  den  min- 
desten Ansprach  haben.  Die  swei  ersten  Evangelien,  und 
'  der  Hauptgewährsmann  in  dieser  Sache,  der  Apostel  Pau- 
lus, erzählen  uns  von  dergleichen  Proben  nichtSj  und  es 
ist  ganz  natflrlich,  dafs  die  Christophanieen,  welche,  so  wie 
sie  den  Frauen  ynd  Aposteln  wirklich  vorgeschwebt  bst- 
ten ,  mehr  das  visionäre  Gepräge  derjenigen  gehabt  haben 
mögen  ,  welche  Paulus  auf  dem  Wege  nach  Damaskus  hat- 
te, einmal  in  die  Tradition  aufgenommen,  sich  vermöge  des 
apologetischen  Bestrebens,  alle  Zweifel  an  der  Realität  der- 
selben abzuschneiden,  immer  mehr  consolidirten ,  von  stnmr 
men  Erscheinungen  zu  redenden ,  von  geisterhaften  zu  es- 
senden, von  sichtbaren  zu  handgreiflichen  wurden. 

Hier  kehrt  sich  jedoch  ein  Unterschied  heraus,  wel- 


^)  So   die   Abhandlung   in   ScumidtU   Bibliothek,    und  Haisib, 
a.  a.  O. 


Viertes  KapiteL    $.  139.  651 

cber  den  Vorgang  mit  Paulos  zur  Erklürung  jener  frflhe- 
r«n  Erscheinungen  mit  Einem  Male  unbrauchbar  su  ma- 
chen scheint.  Dem  Apostel  Paulos  nämlich  war  die  Vor- 
•tellong^  dafs  Jesus  auferstanden  and  mehreren  Personen 
erschienen  sei,  als  Glaube  der  Secte^  die  er  verfolgte,  ge- 
greben;  er  hatte  sie  nur  noch  in  seine  Ubereengnng  aufsn- 
nehmen,  und  doreh  die  Phantasie  bis  eur  eigenen  Erfahr 
rang  so  beleben:  die  älteren  Jünger  hingegen  hatten  le- 
diglich den  Tod  ihres  Messias  als  Factum  vor  sich ,  die 
Ansicht  einer  Auferstehung  desselben  konnten  sie  nir- 
gendsher nehmen,  sondern  mufsten [dieselbe,  nach  unserer 
Vorstellung  von  der  Sache,  erst  produciren;  eine  Aufga- 
be, Vielehe  über  alle  Vergieichang  hinaus  schwieriger  zo 
sein  scheint,  als  die,  welche  sich  später  dem  Apostel  Pau- 
lus stellte.  Um  hierüber  richtig  ortbeiien  isu  können,  müs- 
sen wir  uns  noch  genauer  in  die  Lage  und  Stimmung  der 
Jünger  Jesu  nach  seinem  Tode  hineindenken.  Er  hatte 
während  seines  mehrjälirigen  Zusammenseins  mit  ihnen  im« 
mer  mehr  und  entschiedener  den  Eindruck  des  Messias 
auf  sie  gemacht:  sein  Tod  aber,  den  sie  init  ihren  Mes- 
aiasbegriffen  nicht  reimen  konnten,  hatte  diesen  Eindruck^ 
f  ir  den  Augenblick  wieder  vernichtet.  Wie  sich  nun,  nach- 
dem der  erste  Schrecken  vorüber  war,  der  frühere  Ein- 
druck wieder  cu  regen  begann  :  entstand  in  ihnen  von  selbst 
das  psychologische  Bedürfnifs ,  den  Widerspruch  der  lete- 
ten  ScMcksale  Jeso  mit  ihrer  früheren  Ansicht  von  ihm 
oufKulösen,  in  ihren  Begriff  vom  Messias  das  Merkmal  des 
Leidens  und  Todes  mitaufeunehmen.  Da  a1l>er  Begreifen 
bei  den  Juden  Jener  Zeit  eben  nur  hiefs,  etwas  aus  den 
heiligen  Schriften  ableiten :  so  waren  sie  an  diese  gewie- 
sen, ob  nicht  In  ihnen  vielleicht  Andeutungen  eines  lei- 
denden und  sterbenden  Messias  sich  fänden.  Dergleichen 
Andentungen  mufuten  sich  den  Jüngern  Jesu,  welche  sie 
SU  finden  wünschten,  so  fremd  auch  die  Idee  eines  solchen 
Messias  dem  A.  T.  ist,  dennoch  in  allen  denjenigen  poäti* 


662  Dritter   Absebnitt. 

fohen  und  prophetischen   Steilen  darbieten,    welcl^ay    wie 
Jesp  5ij    Pb.  22^   die  M&nner  Gottes  als  geplagt  ond  g«» 
beagt  bis  Bam  Tode  darstellten.    Das  ist  es  anch,  fvas  Lk- 
kas   als   das  Hauptgeschäft  des    auferstandenen    Jesus  bei 
seinen  Zasamineiikünf^en  mit  den  Jüngern  heraoshebt^  dafr 
er  oQ^dfievog  and  Mioaiayg  xal  ano  navtbiv  twv  fiQoq^j^rwf 
dif]Q/iiriv€vev  avtoig  iv  naaaig  %a7g  yQaffolg  va  niQl  airs^ 
dafs  nKmIich  tavra  edn  naSnv  tov  Xqicov  (24  26  f.  44£). 
Hatten  sie   auf  diese  Weise  Schmach,  Leiden  und  Tod  in 
Ihre  Messiasidee  anfgenommen :  so  war  ihnen  der  schmach- 
voll getödtete  Jesus  nicht  Tcrloren ,  sondern  geblieben  ^  er 
war  dorch  den  Tod  nur  in  seine  messianische  do^a  einge- 
gangen (Lac.  24,  26.),  in  welcher  er  unsichtbar  mit  Uioen 
war  ndaag  rag   ^ftigag,    ioi^  z^g  awrelelag  %h    auTtrog 
(Matth.  29,  20.)*    Ans  dieser  Herrlichkeit  aber,  in  welclier 
er  lebte ,   wie  konnte  er  es  unterlassen,  den  Seinigen  Kaa- 
de  ron  sich  sn  geben?    und  wie  konnten  sie,  wenn  ihnen 
der  Sinn  für  die  bisher  verborgene  Lehre  der  Schriffc  voot 
sterbenden   Messias   anfgieng,  und  in  ungewohnter  ßegei* 
Störung  ihre  xccQÖia  xato^h^tj  war  (Luc.  24,  92.)  >  umhin, 
k  diefs  als  Einwirkung  ihres  verherrlichten  Christus  auf  sie, 
als  ein  von  ihm  ausgehendes   diavolyeiv  top  v5v  C^.  45},  ja 
als  ein  Reden  mit  ihnen  aufsufassen?    wie  denkbar  eod- 
lieh  Ist  es,  dafs  diese  Empfindungen  bisweilen  bei  Eiosel- 
nen,  namentlich  Frauen,  rein  subjectiv  zur  wirklichen  Vi- 
alon  sich  steigerton;   auf  Andere  dagegen,    auch  auf  ganee 
Versamoilungen ,  irgend  etwa«  Objectives,  Sichtbares  oder 
Hörbares,  biswellen  vielleicht  der  An  blick  einer  unbekannten 
Person,  den  Eindruck  einer  Offenbarung  oder  Erscheinung 
Jesu  machte :  eine  Höhe  des  frommen  Enthusiasmus  ,  wel- 
che auch    sonst   bei   religiösen    Gesellschaften ,    besondert 
gedrfickten   und   verfolgten,    vorcokommen  pflegt     Sollte 
aber   der    gekreuzigte    Messias    wahrhaft    in   die    höchste 
Form  des  seligen  Lebens  eingegangen   sein :    so  durfte  er 
seiaen   Leib  nicht  im   Grabe  gelassen   haben,    und  wemi 


Viertes  KLaipiteL    $•  IM.  663 

I 
iB«f»  gerade  in  solchen  A.  T.Ucben  Stellen  ^    welche  eine 

vorbildtiche  Besiehnng  aaf  das  Leiden  des  Messias    aulti^ 
r«eii,  sogleich  die  Hoffnung  sich  ausgesprochen  fand:   Zti 
we  iyxcctaXelipeig  tijy  V^^  M^  ^  ^^^»  ^^^  dwaeig  tov 
Baioy  OB  Idelv  diag>&0Qdv  (Ps.  16,  10.  A«  6.  2^  27.) ;  wenn 
3bb.  53,  10.  dem  sur  Schlachtbank  Geführten,  Getödteten 
laad  Begrabenen  nachher  noch  ein  langes  Leben  rerheifsen 
"vrar :    was  lag  den  Jüngern  nfther ,   als  ihre  frühere  jüdi- 
sche Vorstellung,   oTt  o  XQigog  fikvu  alg  %w  alüva  (Joh. 
12,   34.)  I    die   ihnen   im   Tode   Jesn  untergegangen  war, 
darch  Vermittlung  des  Gedaokens  einer  wirklichen  Wie- 
derbelebung des  Getödteten  wiederhersustellen,  und  swar, 
da   es  mesdanisches  Attribut  war,   einst  die  Todten  leib- 
lich   zu   erwecken ,    ihn  gleichfalls  in  Form  der  dragaots 
io  das  Leben  surückkebren  su  lassen? 

liidefs,  wenn  doch  der  Leichnam  Jesn  an  einem  be- 
kannten Platze  beigesetst  war ,  und  an  diesem  C^fern  wir 
weder  einen  Diebstahl,  noch  eine  sufälllge  Entfernung  des« 
selben  postnliren  mögen)  aufgesucht  und  nachgeWiesen 
urerden  konnte:  ist  es  schwer  su  begreifen,  wie  die  Jün- 
f(er  in  Jerusalem  selbst,  und  nicht  volle  zwei  Tage  nach 
der  Beerdigung,  meinen  und  aussagen  konnten,  Jesus  »m 
auferstanden,  ohne  durch  den  Augenschein  am  Grabe  «iu!i 
selbst  zu  widerlegen,  und  ron  ihren  Widersachern  (de- 
nen sie  freilich  erst  an  Pfingsten  etwas  von  der  Auferste- 
hung ihres  Messias  eröffnet  zu  haben  scheinen)  [widerlegt 
Bu  werden  ^^).  Hier  ist  es  nun ,  wo  der  mit  Unrecht  zu- 
rückgesetzte Bericht  des  ersten  £Fangeliums  lösend  und  be- 
friedigend eintritt«  Auch  nach  diesem  Evangelium  erscheint 
zwar  der  Auferstandene  einmal  noch  in  Jerusalem,  aber 
nur  den  Weibern,  und  so  sehr  blofs  auf  eine  folgende  Zu- 
ssmoienkunft,  und  zwar  auf  überflüssige  Weise,  vorbereitend, 
dafs  schon  oben  diese  Ercheinung  bezweifelt,  und  nur  als  ei« 


35)  Vgl.  bAiKOHi€ii ,    in  EicuuoRK^s  Bibliothek)  7,  S.  223. 


tm  Dritter  Ab»ehiiU(# 

fie  «pKtere  Dngestaltong  der  Sage  von  4^  EngdserMMmai^ 

vreLehe  Matthäus  neben  Ihr  noeb  aaifnehm ,  hingestellt  w«r* 
de  ^^).  Die  Eine  Haapterseheinnng  Jesa  naeh  der  Anftr- 
atebung  fsllt  bei  Matthäua  naeh  Galllfia,  wohin  ein  En- 
gel and  Jesas  selbst  am  loteten  Abend  seines  Lebens  and 
um  Auferstehangs'uorgen  auf s  Angelegentliebste  yerweiaoai 
und  wohin  auch  diis  vierte  Evangeliom  Im  Maehtrag  eiao 
g'oviQOßaig  des  Wiederbelebten  verlegt  Da(s  sich  die  dordi 
den  ScfareciLen  Aber  die  Hinrichtnng  ihres  Messiaa  ver^ ' 
sprengten  Jflnger  in  ihre  Ueiinath  Galiläa  BarOokaogen, 
wo  sie  nicht,  wie  in  der  Hauptstadt  Jndäa's,  deai  Sitae  der 
Feinde  ihr^s  gekreazigten  Christas,  ndtbig  hatten,  did  vor 
g)6ßay  ttHv  ^isdaiiav  dto  Tfadren  aa  verschlief son ,  war  mt- 
tllrlieh;  hier  war  der-  Ort,  wo  sie  allaUihlig  wieder 
freier  aufathmen ,  and  ihr  damiedergescMagenor  Glaube 
an  Jesuia  sich  wieder  in  den  erslw  Regangen  erbebe« 
h4wit$ ;  hier  aber  auch ,  wo  kein  im  Grabe  naeliBawoiseM 
der  Leichnam  die  kühnen  Voraassetsangen  widerlegta, 
konnte  sich  allmihlig  die  Vorstellung  von  der  Auferstebaag 
Jesu  bilden ;  und  bis  diese  Oberseagang  den  ^Hatb  aad  die 
Segeisterung  seiner  Anhänger  so  weit  gehoben  hatte,  daCi 
aie  es  wagten ,  in  der  Hauptstadt  mit  derselben  aufiaatra» 
ten ,  war  es  nicht  mehr  möglich,  darch  den  Leichnam  Ja* 
aa  sich  selbst  aa  AberfOhren ,  oder  von  Andern  filierfftlirt 
an  werden« 

Mach  der  Apostelgeschichte  awar  sind  die  Jfiager  aohoa 
am  nächsten  Pfingstfeste,  sieben  Wochen  nach  dem  Tode 
Jesu ,  mit  der  Verkflndignng  seiner  Anferstebnng  in  Jera« 
salem  hervorgetreten,  und  auf  die  eigene  Dberseagung  von 
derselben  bereits  am  aweiten  Morgen  nach  seiner  GraUa» 
gling ,  durch  Erscheinungen ,  die  sie  hatten ,  gekommen« 
Allein  wie  lange  wird  es  noch  anstehen,  bis  die  Art,  wie 
dib  A«  6^   den  ersten   Hervortritt  der  Jfinger  Jesu  aUt 


24)  Vgl.  ^n^h  Sciwi>t'8  Bibl,  ?,  S.  5tö* 


Viertes  KapIteL    S»  tS9.  «9 

VarkttndtfUBg  der  neaen  LehM  gerade  auf  das  Fett  der 
Verkiiidigang  des  alteo  Getetaes  verlegt,  als  eine  solche 
•rkaont  wird  i    welche  lediglieh  aaf  degoiatischeai  Grande 
atabt^  aiithia  historiseh  werthlos,   uns  aaf  keine   Weise 
kiiulet ,   jene   Zeit   der  stillen  Vorbereitung  in-  Galiläa  so 
kars  ao  ^  setaen  ?    Was  aber  das  Andere  betrifft  —  wenn 
aich  auch  die  Stiraanng  der  Jünger  erst  nach  Verflufs  eini- 
ger Zeit  bis  au  der  Hdhe  erhoben  hatte,    welche  daea  ge« 
h^rte,    dafs  dieser  oder  Jener   Eanzelne  rein  aus  seinem 
Inaero  heraus  den  erstandeaen  Christus  sich  auf  visionfire 
Weise  vergegenwürtigte,  und  ganse  begeisterte  Versamm- 
Jungen  ihn  In  jedem  auffallenden  Ton  oder  Anblick,  der 
aich  ihnen  darbot,    an  htfren  und  au  sehen  glaubten:    so 
■surste  man  sich  doch  denken ,  dals  er,  ao^^t  äx  ijvtfwcr- 
^oy  MQinei^i^ai  avTOv  ivfo  ra  9avaxB  (A*  6»  2,  i4.) ,  nur 
iLuraeZieit  im  Grabe  augebracht  habe*    Zur  näheren  Bestim- 
aauug  dieses  Zeitraums,  wenn  mafi  sich  nicht  x^mit  begnflgen 
asill,  dafs  die  solenne  Ureiaahi  Ton  Tagen  am  nächsten  iag, 
■seefate  sich,  mag  es  nun  historiseh  sein  oder  nicht,   dafs 
Jesus  am  Abend  vor  einem  Sabbat  l>egraben  worden»  die  Vor* 
atellnog  bieten,  dafs  er  im  Grabe  nur  eine  Sabbatruhe  ge- 
Judten  habe ,  also  nqwt  nQiazfj  aaßßattop.  auferstanden  sei, 
was   mit  der  runden  Zahl  von  drei  Tagen  durch  die  be- 
kannte Zählung  vereinigt  werden  konnte  *')• 

Hatte  sich  auf  diese  Weise  die  Vorstellung  einer  Auf- 
erstehung Jesu  gebildet ,  so  konnte  diese  nicht  so  einfach 
vor  sich  gegangen  sein,  sondern  mufste  mit  allem  Geprän- 
ge, welches  die  jfidische  Vorsteünngsweise  bot,  uaigeben 


25)  Ist  etwa  such  der  dreitägige  Aufenthslt  des  Jonas  im  Wall- 
fisch  von  Einfluss  auf  diese  Zeitbestinunung  gewesen,  wel- 
cher freilich  nur  in  Einem  Evangelium,  in  Beziehung  mit 
derselben  gesetzt  wird?  und  die,  oben,  ^.  112*  Anm.  3., 
angeführte  Stelle  aus  Hosea ,  welche  übrigens  im  N.  T.  nir- 
gends benutzt  ist? 


M«  Dritter  Abiohoitt. 

und  verherrlleht  werden*  Der  Haoptrierratb,  welcher  so 
diesem ^ Behuf  sn  Gebote  stand,  waren  Engel:  diese  araGH 
ten  daher  das  Grab  Jesu  eröffnet,  nachdem  er  henrerge- 
atiegen  war ,  an  der  leeren  StStte  Wache  gehabten ,  «od 
den  Weibern ,  welche ,  gleichsam  als  der  bewegliebere 
Vortrab  der  Änhängerschaffc  Jesn ,  näd  weil  ohne  Zweifel 
Weiber  die  ersten  Visionen  gehabt  hatten,  znerst  snoi 
Grabe  gehen  mufsten,  von  dem  Vorgefallenen  Nacbriefat 
gegeben  haben*  Da  es  GaKifia  war ,  wo  ihnen  später  Je* 
sus  erschien ,  so  wurde  die  Reise  der  JOnger  dahin ,  wel* 
che  nichts  Anderes,  als  ihre  durch  Furcht  beschleoDigts 
Rückkehr  in  die  Heimath  war,  von  der  Weisung  eines 
Engels  abgeleitet ,  Ja  Jesus^  selbst  mofste  schon  vor  seinem 
Tode,  und,  wie  MatfhSos  gar  su  eifrig  hinsuffigt,  audi 
nach  der  Auferstehung  noch  einmal,  die  JCInger  dahin  ge- 
wiesen haben.  Je  weiter  sich  aber  diese  Ersihlnngen  in 
der  Überlieferung  fortpflauEten ,  desto  mehr  nnifsta  die 
Verschiedenheit  der  LocalitSt  der  Auferstehung  selbst  und 
der  Erscheinungen  des  Auferstandenen  als  unbeqaem  ver* 
schwinden ,  und ,  da  die  Örtlichkeit  des  Todes  und  der 
Auferstehung  feststand,  die  Erscheinungen  allmfthiig  in 
dieselbe  Localitfit  mit  der  Auferstehung,  nach  Jerusalem, 
verlegt  werden,  welches  als  der  gläneendere  Schanplats  und 
als  Sitz  der  ersten  christlichen  Gemeinde  besonders  das« 
geeignet  war  2«), 


26^  Die  Auferstellungsgeschichte  ist  eine  der  Parthiecn,  in  wel- 
chen die  mythische  Erklärung  durch  FesthaltuBg  einer  hi- 
storischen Grundlage  den  Beweis  giebt,  das«  es  ihr  hc^ines- 
wegs  um  Auflösung  der  Geschichte  zu  thun  ist,  dass  sie  die- 
se vielmehr  willig  anerkennt  und  wohl  zu  schätzen  weiss, 
sobald  sie  ihr  auf  glaubhafte  Weise  entgegentritt.  Dass  diess, 
unerachtet  der  vielen  Kriterien  des  Mythischen,  welche  die 
evangelischen  Berichte  von  der  Auferstehung  Jesu  theils  in 
ihrem  wunderhaften  Charakter,  theils  in  dem  Mangel  an  Zu- 
sammenstimmung ,   gegen  sich  haben,   dennoch  gerade   hier 


Viertes  RtpiteL    i,  (39.  ßtH 

mit  besonderer  Enttchiedenbeit  der  Ftll  üt,  hat  darin' sei- 
nen Grund  y  dass  für  das  Factum  des  Glaubens  an  Jesu  Wie- 
derbelebung auch  ausserhalb  der  evangelischen  Erxjihlungen, 
in  den  Briefen  des  Paulus  und  überhaupt  in  der  Entstehung 
und  dem  Bestände  der  christlichen  Gemeinde,  sich  die  sicher- 
sten Zeugnisse  finden.  Damit  aber  sinlit  unsre  Ansicht  l^ei- 
neswegs  voni  mythischen  Standpunkte  zu  dem  der  natürlichen 
Erklärung  herunter:  sofern  wir  uns,  unerachtet  der  Aner- 
kennung des  Factums  (nicht  der  Wiederbelebung  selbst,  aber 
des  Glaubens  an  dieselbe,  und  vermeintlicher  Erscheinungen 
des  Auferstandenen}  im  Allgemeinen,  doch  allen  und  jeden 
Einzelheiten  der  Erzählungen  gegenüber  frei  verhalten ,  und 
sie  als  sagenhafte  Gebilde  behandeln* 


Im  Dritter  Ab^hnitt. 


Ffinfte«     KapiteL 

Die  X  Himmelfahrt 


S.     140. 

Die  letzten  Anordnungen  und  Verheistungen  Jesa. 

Bei  der  let£ten  Zotammenkonft  mit  seinea  JAngem, 
welche  nach  Markos  und  Lukas  mit  der  Himmelfahrt  scblora, 
lassen  die  drei  ersten  Evangelisten  (der  vierte  bat  etwas 
Ähnliches  schon  bei  der  ersten  Znsammenkonft )  Jesam 
letst willige. Verordnongen  und  Verheifsungen  geben,  wel* 
che  sich  auf  die  Stiftung  und  Verbreitung  des  messiani- 
sehen  Reichs  auf  Erden  beaogen. 

Was  die  Verordnungen  betrifft,  so  ernennt  bei  Lu- 
kas (24, 47  f.  A.6.  1,8.)  Jesus  scheidend  seine  Jfinger  mm 
Zeigen  seiner  Messianitfft,  und  beauftragt  sie,  von  Jeru- 
salem an  bis  an  die  Enden  der  Erde  in  seinem  Namen 
fiBTavoiav  xal  aqisaiv  afiaQTiuiv  au  verkündigen.  Bei  Mar- 
kus (16,  15  f.)  weist  er  sie  an,  in  alle  Welt  aussugehen, 
und  die  frohe  Botschaft  des  durch  ihn  gestifteten  Messiaa- 
reichs  aller  Creatur  an  bringen;  wer  glaube  und  sich  tau- 
fen lasse,  werde  gerettet,  wer  aber  nicht  glaube,  (im  be- 
vorstehenden messianischen  Gerichte)  verortheilt  werden« 
Bei  Matthfius  (28,  19 f.)  werden  die  Jflnger  ebenfalls  be- 
auftragt, nävta  ra  edyt]  au  Schülern  Jesu  su  machen,  und 
dabei  wird  die  Taufe  nicht  blofs  heilfiufig,  wie  bei  Mar- 
kus, erwKhnt,  sondern  als  ausdrückliche  Verordnung  Jesu 
hervorgehoben,  und  noch  daau  als  Taufe  eig  t6  ovofta  la 
fUXTQog  xal  ts  vis  xal  t5  ctyla  nvevfiatog  nüher  bestimmt« 
Was  hiehei  dem  entgegensteht,  dafs  Jesus  seinen  Jfin« 
gern  den  ausdrücklichen  Befehl  gegeben  haben  soll,  auch 


FSnftes  Ktpltel.    t  140.  «69 

an  Heiden  sieh  mit  der  evangeliteben  Verkffndigang  ca 
wenden ,  ist  schon  frdher  bemerklieti  geaiftcht  worden  ^). 
Al>er  aoch  der  snletet  angegebenen  näheren  Bestimmung 
der  Taufe  steht  das  entgegen,  dafs  eine  solche  Zosammen« 
atellang  von  Vater,  Sohn  ond  Geist  sonst  nur  in  apostoii- 
sehen  Schriften  als  Grnfsformel  (2*  Kor.  13,  13:  ij  x^Q^S 
r5  KbqIh  Y.  X.  x.  %.  A.);  cds  nähere  Beseiohnang  der  Taufe 
aber  im  ganeen  N.  T«  einsig  in  der  angefahrten  Stelle  des 
ersten  £vangeliams  ansntreffen  ist:  wogegen  in  den  apo« 
stolischen  Briefen  and  anch  in  der  A«  6.  die  Taufe  nur 
als  ßaml^eiv  eig  XQigov  YjaSv,  oder  elg  to  ovofta  t5  KvQla 
^ir^aü  und  auf  fthnliche  Weise  beseichnet  wird  C  Rom.  6,  3. 
Gai.  8,  27.  A.  6.  2,  88.  8^  15.  10,  48.  19,  5.),  und  erst 
bei  Kirchensehriftstellem,  wie  Jostin '),  dieselbe  dreifache 
Besiehung  auf  Gott,  Jesnm  and  den  Geist  sich  findet.  Auch 
lautet  die  Formel  bei  Matthäus  schon  so  gans  wie  ans  dem 
liirchllchen  Ritaal,  dafs  es  nicht  wenig  Wabrscheinlichlieit 
hat,  sie  ans  diesem  in  Jesu  Mund  Abergetragen^^n  deo* 
ken.  üefM wegen  aber  diese  Stelle  als  Interpolaticm  ans  dem 
Texte  so  werfen  *),  ist  man  nicht ' berechtigt ,  da,  wenn 
man  Alles  dasjenige  in  den  Evangelien,  was  «lesn  nicht 
begegnet,  von  ihm  nicht  so  gethan  und  gesprochisn  sein 
linno,  fdr  eingeschoben  erklären  wollte,  der  Interpoiatio«, 
nen  leicht  sa  viele  werden  dfirften.  Insofern  ist  mit  Recht 
von  Anderen  die  Äcbcheit  der  Taofformel  vertheidigt  wer- 
'  den  ^j;  aber  indem  ihre  Grflnde  ffir  die  Behauptung,  die« 
selbe  sei  seh  >ii  von  Jesu  selbst  auf  diese  Weise  vorgetra- 
gen worden,  nicht  aasreichen:  vereinigen  sich  beide  An« 


\ 

1)  Band  1.  5.  67. 

2)  Apol.  I,  61. 

S)  Wie  Tbllia  ,  im  exciurt.  2.  ad  Burneti  1.  de  fide  et  offio. 
Christ,  p.  262. 

4)  Die  Schrift  von  Bsciouut,  über  die  Xchtheit  der  sog.  Tauf- 
formel, 1794,  fand  allgemeine  Zustimmung. 


AT«  Dritter  Abfohnitt 

stehten  in  dar  dritten  y  dafs  diese  nähere  BestiaiiniiBfr  der 
Tanfe  swer  dem  arsprfingliehen  Contexte  des  ersten  Efmi- 
geiinns  angehdre,  ohne  jedoch  schon  ron  Jesu  «o  Vorge- 
tragen worden  bu  sein  ^)«  überhaupt,  sei  es,  dafs  Uat 
des  rferten  Evangeliums  die  Jflnger  sehen  s«  L^kseiten 
Jesn  tauften,  oder  da(s  sie  erst  nach  seinem  Tode  diesen 
Ritus  cum  Zeichen  der  Aufnahme  ifi  die  neue  messianiselie 
Gesellsclyift  machten:  fedenfalis  war  es  gans  in  der  Are 
de^  Sage,  die  Anweisung  daau,  wie  cum  Ausgang  in  alle 
Welt,  dem  scheidenden  Chriatna  als  lotete  WÜlenaerkli- 
rung  in  den  Mund  zu  legen. 

Die  Verhelfsungen ,  welche  Jesus  scheidend  den  Sei* 
nigen  giebt,   beschränken  sich    bei  Matthäus,   wo  sie  ans- 
schliefslich  an  die  Eilfe  gerichtet  sind,  einfach  darauf,  dafi 
er,  dem  als  Messias  alle  Gewalt  im  Himmel  und  aaf- Er- 
den abertragen  worden,  auch  während  des  gegenwärtigen 
atwv  immer  unsichtbar  bei  ihnen  sei,  bis  er  mit  der  avpti» 
iuBia  desselben  in  beständige  sichtbare  Gemeinschaft  out  A- 
nen  treten  werde:  gane  der  Ausdruck  des   Bewufstseinf, 
wie  es  sich  nach  Ausgleichung  der  Schwankungen^  wekiie 
der  Tod  Jesu  erregt  hatte,   in  der  ersten   Cremeiode  bil- 
dete« *-^  Bei  Markus  erscheinen  die  loteten  Verheifsuagen 
Jesu   ans  der  Yolksmeinong  genommen,  wie  sie  snr  Zeit 
der   Abfassung  dieses  Evangeliums  aber  die  wnnderbarea 
Gaben  der  Christen  gangbar  war.    Von  den  aiyidoiQ^  wel* 
ehe   den  Gläubigen   Oberhaupt   hier  verheifsen  sind,  msg 
das  XaXüv  ,fhiocaiQ  {xaivaig)  im  Sinne  von  1.  Kor.  14L,  nur 
sieht  in  dem  bereits  mythischen  von  A.  6.  2.  0 1    in  der 
ersten  Gemeinde  wirklich  vorgekommen  sein ;   ebenso  dss 
iaifiona  ixßalXeiv^  undfauch  dafs  Kranke  durch  den  Glas- 
ben an  die  Kraft  di^r  hüd-eüig  x^^v  eines  Christen  gern- 


6)  Vgl.  OB  Witte,  kurze  Ausleg.  de«  Ev.  Matth.   S.  246. 
€)  Vgl.  Baur,  in  der  Tübinger  Zeitschrift  für  Theologie^  Jahr- 
gang 1830,  2y  S.  75  ff. 


Fünftes    KapiteL    §«  140.  671 

sen,  liftt  fleh  anf  natfirliebe  Weise  denken:  dagegen  hat 
ihia  ofpug  a^Qnv  (vgl.  Lue.  10,  19.)  nnd  derCiennfs  tödcli« 
eher  Getriinke,  ebne  Schaden  so  nehmen,  wohl  immer  nur, 
in  der  abergifiobischen  Voiksraeinung  eine  Stejie  gehabt, 
und  am  wenigsten  hätte  Jesus  auf  dergleichen  Dinge,  als 
Zeichen  seiner  Jflngerschaft,  einen  Werth  gelegt.  —  Bei 
fiokas  ist  der  Gegenstand  der  letsten  Verheifsong  Jesn  Alm 
Svy^fftg  i^  v^pag^  welöbe  er,  gemfifs  der  inayyeXla  %5  ncetQog^ 
den  Aapsteln  schkkeil,  nnd  deren  Mittheiiung  sie  in  J»- 
rnsalem  abwarten  soUtei^i  (24,  49.))  nnd  Ä.  G.  1,  5  ff.  be- 
stimmt Jesus  diese  Kraftmittheilnng  näher  als  eine  Taufe 
mit  dem  nvevfta  ixyiovj  welche  nach  wenigen  Tagen  den 
«langem  sn  Theil  werden,  nnd  sie  zar  VerkOndigong  des 
Krangeliums  befähigen  werde.  —  Mit  diesen  Steilen  des 
JLokas,  Welche  die  Mittheilang  des  heiligen  Geistes  in  die 
Tage  nach  der  Himmelfahrt  setsen,  scheint  die  Nachricht 
de«  Tierten  Evangelioms  im  Widerspruche  eu  stehen,  dafs 
Jesus  schon  in  den  Tagen  seiner  Aaferstehung,  und  swar 
bei  der  ersten  Erscheinung  im  Kreise  der  Eilfe,  ihnen  den 
heiligen  Geist  mitgetheilt  habe.    Job.  20 ,  22  f.  lesen  wir  i 

nfimÜch,   dafs  Jesus,    bei  yerschlossenen  Thtfren  ersohei;^         / 
nend,   die  Jflnger  angeblasen,  und  gesprochen  habe:   Xa^        i 
ßere  TneTfia  äyiovy  womit  er  die  Befngnifs,  Sfinden  au  er-       / 
Jassen  und  en  behalten,  verbunden  habe.  '' 

Hätte  man  fiber  die  Mittheilung  des  nvevfia  blofs  diese 
Stelle,  so  würde  jedermann  glauben,  die  JOnger  haben  / 
es  schon  damals  von  dem  persönlich  gegenwärtigen  Jesus, 
nnd  nicht  erst  später  nach  seiner  Erhebung  zum  Himmel, 
mitgetheilt  bekommen.  Aber  in  harmonistlschem  Interesse 
hat  schon  Theodor  von  Mopsvestia,  wie  jetzt  Tholdck,  'ge- 
schlossen, das  Xdßere  bei  Johanne»  mösse  in  der  Beden-/ 
tung  von  Xr^t/jea9e  genommen  werden,  weil  ja  nach  Lnka^ 
der  heilige  Geist  den  Jüngern  erst  später,  am  Pfingstfeste, 
mitgetheilt  worden  sei.  Allein,  wie -wenn  er  einer,  solchen 
Verdrehung  rorbengen  wollte,  fügt  der  johanneische  J^s 


) 


67S  Dritter  Abfohnlti.  ^ 

ieioen  Worten  die  nimbildllche  HendlaDg  des  Anhattefaeni 
hineoi  weiche  aufs    unverkennbarste  das  Xaftßarft»  des 
nvevfta   sls   ein  gegenwärtiges  darstellt  ')•    Die  Ausleger 
freilich  wissen   anob  dieses  Anblasen  sa  eindiren,    indeai 
sie  ihm  dem  Sinn  unterlegen:  so  gewifs  sie  Jesus  jef  st  an« 
*  hancbe)  so  gewifs  sollen  sie  kfinftig  den  heiligen  GeHt  be- 
kommen ^.     Aliein   das   Anblasen   ist  eben  bo  eutsehiedeR 
Symbol  einer  gegenwMrtigen  Mittheilong,  als  die  Batidaufle- 
gung,   und  wie  also  diejenigen  ,  auf  welohe  die  AiMstet  die 
Hände  legten^  anf  der  Stelle  Tom7rvet;/uaerfallt  wurden  (A6« 
8,  17*  19,  6.') :  so  mufs  sieh  Jenei' Stelle  eufolge  der  Verfasser 
des  vierten  Evangeliums  gedacht  haben,  die  ApcnCel  haben 
"'"^  eben  damals  von  Jesu  den  Geist  mitgetheilt  bekommen«    Cm 
nun  wedei^  g^g^n  den  klaren  Sinn  des  Johannes  iängnen  sa 
müssen,  dafs  wirklich  schon  nach  der  Auferstehung  eine  Gel* 
i  stesmittheilong  an  die  Jinger  stattgefunden ,  noeh  uueh  mit 
Lukas  in  Widerspruch  au   kommen,    welcher  die   Aasgie- 
.  fsung  des  Geistes  später  setzt ,  nehmen  jetet  die  Ausleger 
gewöhnlich  Beides  an,  dafs'sowol^l  damals  als  später  den 
Aposteln  nvev^tix  verliehen,  am  Plingstfeste  die  frdhere  Mir« 
theilnng  nur  vermehrt  und  vollendet  worden  sei  ^.     Oder 
\  näher,  indem  sehpn  Matth.  10,  iO.^  von  dem  nrevpa  %5  nat^ 
die  Rede  ist,  welches  die  Apostel  bei  ihrer  ersten  Missioas- 
reise  unterstOtsen  sollte,  so  wird  angenommen,  einige  hö- 
here Krafifc  haben'  sie  schon  vor  Jener  Reise,   bei  Lebseiiea 
1  Jesu ,  bekommen ;  hier ,   nach  der  Auferstehung ,  habe  er 
,  ihnen  diese  Kraft  erhöht ;  die  ganse  Falle  des  Geistes  aber 
'    ^  sei  erst  am  Pfingstfest  aber  sie  ausgegossen  worden  '*)• 
,  Aber  wes  nun  die  Unterschiede  dieser  Stufen  geweseirseiei^ 
1  und  worin  namentlich  die  diefsmalige  Vermehrung  der  Geistes^ 


7)  LücAb,  Comm.  z.  Job.  2>  S.  686. 

8)  Litt,  Aufcrstehungsgeschichtc,  S«  281^  Rüiröl,  x.  d.  St, 

9)  LCcKi,  S.  687, 

10)  s.  bei  MicaASLit,  Begräbnist-  und  Auferstebung«getcbidkte, 
\        S.  268.    Olmiavsss,  2. 


Fttnftes  Kapitel.    %.  140.  673 

gaben  bettai^dea  haben  solle ,  ist,  irie  schon  Michaelis  be« 
merkt  hat,  nicht  abzusehen*  War  den  Aposteln  das  er- 
stemal die  Wunderhraft  (Matth.  10,  1.  8.)  nebst  der  Gabe 
der  Parrhesie  vor  Gericht  (V.  20.)  mirgetheilt  vi  orden :  so 
könnte  es  nur  etwa,  noch  die  richtigere  Einsicht  in  die 
Oeistigkeit  seines  Reiches  gewesen  sein,  was  ihnen  Jesus 
durch  das  Anblasen  verlieh ;  allein  diese  hatten  sie  ja  un- 
mittelbar vor  der  Himmelfahrt  noch  nicht,  wo  sie  nach 
A.  G.  1,  6.  fragten ,  ob  mit  der  Geistesmittbeilong  in  den 
nächsten  Tagen  die  Wiederherstellung  des  Reiches  |8ra^ 
verbunden  sein  werde?  Klmmt  man  aber  au,  nicht  neue 
Vermögen  seien  den  Jüngern  bei  jeder  folgenden  Geistes- 
jnittheilnng  verliehen,  sondern  das  mit  allen  Vermögen  schon 
In  ihnen  Vorhandene  nur  erhöht  worden;  so  mul's  es  doch 
au  Hallen^  dais  kein  Evangelist  neben  einer  früheren  Mit« 
tbeilung  noch  einer  späteren  Vermehrung  gedenkt,  son« 
dern,  ausser  einer  beiläufigen  Erwähnung  des  .apologetis(ihen 
nrtv^ia  bei  Lukas  (12,  12.),  welche,  weil  sie  hier  nicht, 
wie  bei  Matthl^us,  mit  einer  Aussendung  zusammenbfingt, 
nor  als  Hinweisung  auf  die  Zeit  nach  der  späteren  Aus- 
giefsung  des  Geistes  erscheinen  kann  ,  gedenkt  jeder  blofs 
Einer  solchen ,  und  läfst  diese  die  erste  und  letzte^  sein  : 
cum  deutlichen  Beweise,  dais  jene  Zusammenstellung  dreier 
derselben ,  als  verschiedener  Stufen ,  nur  durch  das  har« 
monistische  Bestreben  in  die  Urkunden  hineingetragen  ist. 

Drei  verschiedene  Ansichten  also  über  die  Mittheilung 
des  nveifia  an  die  Jünger  Jesu  finden  sich  im  M.  T.,  wel« 
che  in  zweifacher  Hinsicht  einen  Klimax  bilden.  Der  Zeit 
nach  nämlich  setzt  Matthäus  die  Mittheilung  am  frühsten: 
noch  in  die  Periode  des  natürlichen  Lebens  Jesu;  Lukaa 
am  spätesten :  in  die  Zeit  nach  seinem  völligen  Abschied 
von  der  Erde;  Johannes  in  eine  mittlere  Zelt:  In  die  Tage 
der  Auferstehung.  Die  Fassung  des  Factums  dieser  Mit- 
theilnng  aber  ist  bei  Matthäus  die  einfachste,  am  wenig- 
sten sinnliche,  indem  er  keinen  besondem  und  äusserlicb 
Das  Leben  Jesu  2te  Apfl,  2.  Band.  43 


574  Oritter   Abgchnitt. 

anschBalichen    Mittheilongsact  hat; '  JohunnM  hat  bereits 
einen  «olehen  in  der  Handlang;  des  Anblaeens;   bei  Lukas 
in  der  A.  G   ist  das  sanfte  Anhauchen  zum  heftigen  Star« 
me  geworden,    der  da«  Hans  bewegt,    und  mit  weiche* 
sich    noch    andre    wnndeAare  Erscheinungen   verbinden. 
Von  diesen  beiden  Stufenreihen  steht  die  eine  «ur  histori- 
schen Wahr«cheinlichkeit  in  umgeliehrtem  VerhfiltniTs  ah 
die  andere,     Dafs  so  früh,   wie  Matthäus   berichtet,    da« 
nvf.vftay    welche»,    übernatttriich   oder    natürlich    gefiiftt^ 
doch  immer   die  begeisternde   Kraft  des  christlich  modifi- 
cirten  Messianismus  ist,  den  Anhängern  Jesu  eu  TheiJ  ge- 
worden sei ,    wird  durch  seine  eigene  weitere  Darstellung 
M^iderlegt,  laut  %^elcher  sie  eben  jene  christliche  Modifica- 
tion ,  das  Momöirt  de«  Leidens  nnd  Tode«  im  Begriffe  de« 
Messias,  noch  lange    nach  jener   Aussendong   Matth.    10. 
nicht  begriffen    hatten;    und  da  jene  Instructionsrede  auch 
sonst  Bestandtheile  enthalt,    welche  erst  auf  spfftere  Zeiten 
und  Verh&itnisse  passen :  so  kann  leicht  auch  die  fragliehe 
Verheifsung   aas   dem  späteren   Erfolg  in  jene  frflhe  Zeit 
KurOckgetragen    sein.    Erst  nach  dem    Tod  und  der  Auf- 
erstehung Jesu  läfst  sich  die  Entwicklung  dessen,  was  da« 
N.  T.  das  Tivevfia  ayiov   nennt,    in  den  Jüngern  denken, 
nnd  insofern  steht  die  johannelsche  Darstellung  der  Wahr- 
heit näher,    als  die  des  Matthäus ;  doch,    da  gewifs  nicht 
schon  «wei  Tage  nach  dem  Kreueestode  Jesu  der  im  rori- 
gen  S*   beschriebene   Umschwung  in  der  Stimmung  seiner 
Anhänger  erfolgt  war,    so  tritft  auch  der  Bericht  de«  Jo« 
hannes  die  Wahrheit  nicht  so  nahe,    wie   der  des  Lukas, 
welcher   doch   wenigstens    5<l    Tage    eur    Ausbildung   der 
neuen  Ansichten  in  den  Jüngern  Frist  giebt.  —  Umu^ekehrt 
steilen  sich  die  Erzählungen  cur  geschichtlichen  Wahrht-it 
durch   den   andern    Klimax.     Denn  je  sinnlicher  uns   die 
Mittheilung  einer  geistigen  Kraft,  je  miracuiöser  die  Au^ 
bildung  einer  Stimmung,  welche  auf  natürliche  Weise  ent« 
atehea  konnte  ^    je  momentaner  endlich  die  Entstehung  ei* 


Fünftes  Kapitel     $•  m  675 

ner  Tüchtigkeit ,    welche  nor  allmählig   sich  aasgebildet 
haben  kann,  dargestellt  ist:   desto  weiter  liegt  eine  solche 
Darstellang  von  der  Wahrheit  ab ,  and  in  dieser  Hinsicht 
stfinde  ihr  also  Matthäus  am  nächsten,   Lukas  am  entfern* 
testen«  Erkennen  wir  somit  In  der  Darstellung  des  letzteren 
die  am  weitesten  fortgeschrittene  Tradition,  so  kann  es  Wun* 
der  nehmen ,  wie  hienach  die  Überlieferung  in  entgegenge« 
setster  Weise  gewirkt  haben  müfste :  in  Bezug  auf  die  Be- 
stimmung  der  Art  und   Form   jener  Mittheilung  von  der 
Wahrheit  entfernend,  in  Betreff  der  Zeitbestimmung  aber 
dem  Richtigen  annähernd«     Doch  diefs  erklärt  sich,  sobald 
man  bemerkt,  dafs  auch  zu  den  Änderungen  in  der  Zeit- 
bestimmung die  Tradition  nicht  durch  kritisches  Forschen 
nach  Wahrheit ,  weiches  freilich  an  ihr  befremden  mOfste, 
sondern  durch  dieselbe  Tendenz ,  jene  Mittheilung  als  ein« 
seinen  Wunderact  hinzustellen,  verleitet  wurd^*,   wie    sa 
der  andern  Abänderung.     Sollte  nämlich  Jesus  durch    ei* 
nen  besondern   Act  seinen  Jüngern  das  Tinvfia  verliehen 
haben :  so  mufste  es  angemessen  erscheinen,  diesen  Act  in. 
den  Stand  seiner  Verherrlichung,  d.  h«  also  entweder  mit  Jq<% 
hannes  in  die  ^eit  nach  der  Auferstehung,  oder  noch  be»-^ 
«er  mit  Lukas  auch  noch  nach  der  Himmelfahrt,    zu  ver- 
setzen, wie  ja  das  vierte  Evangelium  ausdrücklich  bemerkt, 
sa  Jesu  Lebzeiten  habe  es  noch  kein  nvevfia  ayiov  gege« 
ben,  ort  ^Irjong  idinu)  idolaal^v^  ^Oj  ^^O« 

Diese  Fasspng  der  Ansicht  des  vierten  Evangeliums 
über  die  Mittheilnng  des  Geistes  an  die  Jünger  bewährt 
sieh  als  die  richtige  noch  dadurch,  dafs  sie  auf  eine  frü« 
her  unentschieden  gelassene  Dunkelheit  in  diesem  Evange- 
lium ein  unerwartetes  Licht  zurückwirft«  In  den  Abschieds- 
reden Jesu  nämlich  konnte  der  Streit  nicht  geschlichtet 
werden,  ob  das ,  was  Jesus  dort  von  seiner  Wiederkunft 
ssgt ,  auf  die  Tage  seiner  Auferstehung,  oder  auf  die  Aus- 
gielsung  des  Geistes  za  beziehen  sei ,  weil  für  das  Erstere 
die  Beschreibung  Jener  Wiederkunft  als  eines  Wiederse- 

43  • 


67G  Dritter    Abschnitt. 

henfl,  für  Am  Letttere  die  Bemerkong,   dals  sie  in  jener 
Zeit  ihn  nichts  mehr  fragen,  ihn  ganz  verstehen  wOrden,  gleich 
entscheidend  su  sprechen  schien:  ein  Zwiespalt ,  der  anfii 
Erwünschteste  geschlichtet  ist,  wenn  nach  der  Ansicht  des 
Referenten  die  Geistesmittheiinng  in  die  Tage  der  Aafer- 
stehung  fiel.     Zunächst  swar  sollte  man  freilich  denken, 
diese    Mittheilang )  zumal  mit  derselben  bei  Johannes  die 
örnliehe    Grnennnnf[  der   tJflnger  za  seinen  Abgesandten 
and  die  Ertheilang  der  Vollmacht  zar  Vergebung  und  Be- 
haltung der   Sauden  verbunden   ist  (vgl.  Matth.  18,  18.), 
möge   sich  eher  an  den  Schlufs  j   als  für  den  Anfang  der 
Ercheinungen   des  Auferstandenen ,   und   in   eine    Plenar- 
versammluf^g  der  Apostel  eher,   als  in  eine,    wo  Thomas 
fehlte I    geeignet   haben;   allein   defswegen   mit  Olshauskh 
anzunehmen  y  der  Evangelist  hänge  nur  der  KOrze  wegea 
die  Geistesmittheiinng   gleich   der  ersten  Erscheinung  an, 
während  sie  eigentlich  in  eine  spätere  Zusammenkunft  ge- 
höre 5  klcll't  immer  eine  unerlaubte  Willkühr;   statt  deren 
man  vielmehr  anerkennen   mufs,    dafs   der    Verfasser   des 
vierten   Evangeliums  diese  erste  Erscheinung  Jesu  als  die 
Hauptersoheinung,  die  nach  acht  Tagen  nur  als  eine  Nach- 
holung tu  Gunsten  des  Thomas   angesehen  hat.     Die  Er- 
scheinung Kap.  21.  ist  ohnehin  ein  Nachtrag,  der  dem  Ver- 
fasser, als  er  das  Evangelium  schrieb,  entweder  noch  nicht 
bekannt,  oder  doch  nicht  gegenwärtig  war. 

S.    141. 

Die  sogcfnannte  Himmelfahrt  als   übernatürliches  und  als 
natürliches  Ereigniss. 

Über  die  Himmelfahrt  Jesu  haben  wir  im  N.  T.  drei 
Berichte,  welche  in  Hinsicht  der  Ausführlichkeit  und  An- 
schaulichkeit eine  Stufenreihe  bilden«  Markus,  in  seines 
letzten  Abschnitt  überhaupt  sehr  kurz  und  abgebrochen, 
sagt  nur,  nachdem  Jesus  zum  letztenmale  mit  seinen  Jfin* 
gern  gesprochen  hatte,   sei  er  in  den  Himmel  aufgehoben 


FOnftes  Kapitel.    $.  141.  677 

i^orden  (juvBXriq>9^Tj)  and  habe  sich  zur  Rechten  Gottes  ge- 
setzt (16,  19.)*  Kaum  anschaulicher  heifat  es  im  Lukas* 
evaogelium :  Jesus  habe  seine  Jünger  l^o)  Viag  elg  Br^^avLuv 
hinausgefOhrt)  und  wfihrend  er  hier  mit  aufgehobenen 
Händen  ihnen  den  Segen  ertheilte ,  habe  er  sich  von  Ihnen 
entfernt  (jSU^ij)^  and  sei  zum  Himmel  erhoben  worden  (juve-^ 
9>^^€T0);  worauf  die  Jünger  anbetend  niedergefallen,  und 
sofort  mit  Freuden  nach  Jerusalem  umgekehrt  seien  (24,^ 
50  ffO-  I"^  Eingang  der  Apostelgeschichte  fiDhrt  dlefs  Lu*^ 
liAs  ^^eiter.aus.  Auf  dem  0|berge,^  wo  Jesus  seinen  JOn-^ 
gern  die  letzten  Befehle  und  Verlteifsungen  gab,  wurde  er 
vor  ihren  Augen  aufgehoben  Cini^Q9rj^^  und  eine  Wolke, 
nahm  ihn  auf,  die  ihn  ihren  Blicken  entzog.  Die  Jänger 
s«*hauten  ihm  nach,  wie  er  auf  der  Wolke  in  den  Himmel 
hinein  sfch  entfernte:  da  standen  plötzlich  zwei  Mfinner  in 
welfsen  Gewfindern  bei  ihnen,  und  brachten  sie  von  ihrem 
I^achsiehen  durch  die  Versicherung  ab,  dafs  der  ihnen 
entnommene  Jesus  auf  dieselbe  Weise,  wie  er  so' eben  in. 
den.  Himmel  sich  erhoben ,  wieder  vom  Himmel  kommen 
werde;  worauf  sie  befriedigt  nach  Jerusalem  umkehrten 
(1,  1-120. 

Der  erste  Eindruck  dieser  Erzählung  Ist  offenbar, 
dafs  sie  einen  wunderbaren  Vorgang,  eine  wirkliche  Er- 
hebung Jesu  in  den  Himmel,  als  den  Wohnsitz  Gottes,  und 
eine  Bestätigung  demselben  durch  Engel  .berichten  wolle;' 
wie  filtere  and  neuere  Orthodoxe  mit  Recht  behaupten«' 
Es  fragt  sich  nur,  ob  sie  uns  auch  über  die  Schwierig- 
keiten hintiberhelfen  können,  welche  es  bat,  einen  solchen 
Vorgang  sielr  denkbar  zu  machen«  Die  eine  Hauptschwie- 
rigkeit ist,  wie  ein  tastbarer  Leib ,  welcher  noch  accQxu  xal 
ocßa  hat,  und  materielle  Nahrung  geniefst,  für  einen  fiber- 
irdischen Aufenthalt  tauge?  wie  er  sich  auch  nur  dem  Ge- 
setz der  Schwere  so  weit  zu  entziehen  veriaöge,  um  eines 
Aufsteigcns  durch  die  Lüfte  fähig  zu  sein  ?  und  wie  Gott 
eine  so  wldernatüi  liehe  Fähigkeit  dein  Leibe  Jesu  durch  ein 


678  Dritter  Absehnitt 

Wonder  habe  geben  mögen  0'  ^^^  EInrig»» 
hier  etwa  noch  ragen  kann,,  ist,  die  gröberen  Tbeile,  wel* 
che  der  Leib  Jesu  aaeb  nach  der  Auferstehnng  nocli(  bat> 
te,  Be\en  vor  der  Himmelfahrt  noch  entfernt  worden  ,  und 
nnr  der  feinste  £xtract  seiner  Körperlichkeit  al«  flaue 
der  Seele  mit  gen  Himmel  gefahren  ^).  Aliein  da  die  Jlla- 
ger,  welche  bei  der  Himmelfahrt  Jesu  zugegen  waren, 
nichts  davon  bemerkten^  dafs  von  seinem  Leib  ein  Reo- 
4uam  znrOckgeblieben  wäre,  so  führt  diefs  entweder  auf 
die  ehe»  erwfihnte  Absurdität  einer  Verdunstung  des  Leibs 
Jesa  in  Form  der  Wolkci  oder  auf  den  OLSHAUsEN'sebeo 
Länternngsprocefs ,  welcher  auch  nach  der  Auferstehoog 
noch  nicht,  sondern  erst  im  Augenblicke  der  Himmelfahrt 
vollendet  gewesen  sei;  ein  Procefs,  welcher  nur  wonder- 
Jich  schnell  in  dieser  letcten  Zeit  mit  retrograden  Bewa- 
gnngen  gewechselt  haben  mQfste,  wenn  doch  Jesus  bei'si 
Eindringen  in  das  verschlossene  Versammlungssi mmer  der 
Jünger  einen  immateriellen,  unmittelbar  hierauf,  als  Tho- 
mas  ihn  befühlte,  einen  materiellen,  endlich  bei  der  Hiai- 
melfahrt  wieder  einen  immateriellen  Leib  gehabt  halien 
eollte*  ^—  Die  andere  Schwierigkeit  liegt  darin,  dafs  nsch 
richtigi>(r  Weltvorstellung  der  Sita  Gottes  und  der  Seligen, 
ma  welchem  Jeitus  sich  erhoben  haben  soll,  keineswegs  im 
oberen  Luftraum,  Oberhaupt  an  keinem  bestimmten  Orts 
SU  suchen  ist,  sondern  diefs  gehört  nur  zur  kindlich  be- 
sehränkren  Vorstellungsweise  der  alten  Welt«  Wer  an 
Gott  und  sin  den  Bezirk  der  SeU^fCn  kommen  will,  der,  das 
wissen  wir,  macht  einen  dberllüssigen  Umweg,  wenn  er 
£n  diesem  Behuf  in  die  höheren  Luftschichten  sich  empor* 
schwingen  eu  müssen  meint,    und   diesen   wird  Jesus,   je 


I)  GiALia,  im  neuesten  theol.  Journal,  3,  S.  417. ,  und  in  der 
Vorrede  zu  Grikshich^  oputc.  acad.  p.  XCVI.  Vgl.  Kuiaöi., 
in  Marc.  p.  222. 

i)  SsxLia,  bei  Kuintfi.,  a.  a.  O. ,  S.  223. 


Fttnftefl  Kapitel.    $•  141.  «79 

Tertraoter  er  mit  Gott  yivl  göttliehen  Dingen  war,  gewifs 
nicht  gemacht  haben  ^  noch  Gott  ihn  denselben  haben  ma- 
chen lasten  ')•  Man  mtfbte  also  nur  etwa  eine  göttliche 
Aecommodation  an  die  damalige  Welt  Vorstellung  annehmen, 
und  sagen:  um  die  Jttnger  von  dem  ZarUekgang  Jesn  in 
die  höhere  Welt  eo  fiberaeogen,  habe  Gott,  obgleich  diese 
Welt  der  Wirklichkeit  nach  keineswegs  im  oberen  Luft- 
raum ftn  suchen  sei ,  doch  das  Spectakel  einer  solchen  Er- 
hebung veranstaltet ;  was  aber  Gott  cum  täuschenden  Schaa^. 
Spieler  machen'  heifst. 

Als  einen  Versuch  j  solchen  Schwierigkeiten  nnd  Un- 
gereimtheiten uns  SU  entheben )  müssen  wir  die  natürliche 
Erklärung  dieses  Factom8  willkommen  beifsen  *)•  Sie  un- 
terscheidet in  den  evangelbchen  Eraählungen  von  der  Bim- 
mel fuhrt  das  Angeschaute  von  dem  durch  Raisonnement 
Krschlossenen«  Freilich ,  indem  es  in  der  A.  G.  helfet : 
ßXenovTiov  ccvttiy  iiiJjQd'fj :  so  scheint  hier  eben  die  £rhe-' 
bung  in  den  Himmel  aU  angeschautes  Factum  dargestellt 
zo  werden«  Hier  soll  nun  aber  inr^Qdr]  nicht  eine  Erhe- 
bung Ober  den  Boden,  sondern  nur  diefs  bedeuten,  dals 
Je^ns  y  um  die  Jünger  au  segnen ,  sich  hoch  aufgerichtet 
haboy  und  ihnen  dadurch  erhabener  erschienen  sei.  So« 
fort  wird  aus  dem  Schlüsse  des  Lukasevangeliums  das  dUgtj^ 
herübergebolt,  in  der  Bedeutung,  dafs  Jesus,  indem  er  sich 
von  seinen  Jüngern  verabschiedete,  sich  entfernter  von  ih- 
nen gestellt  habe«  Hierauf  sei  in  ähnlicher  Weise,  wie  auf 
dem  Verklärungsberge,  ein  Gewiilke  swiseben  Jesum  und 
die  Jünger  getreten,  und  habe  ihn,  in  Verbindung  mit  den 
zahlreichen  Ölbäumen  des  Bergs,  ihren  Blicken  entaogen, 
was   sie  dann   auf  die   Versicherung  zweier  unbekannten 


3)  Vgl.  Favlvs,  exeg  Handb.  S,  b^  5.  921.    di  Wim,  Religion 
und  Theologie,  S.  161. 

4)  Wie   sie  namentlich  Paulus   giebt,    a.  a.  0.  S.  910  ff*    L.  J. 
1,  b,  8.  3ib  ff. 


680  Dritter  Abschnitt. 

Mtfnner  bia  ffir  eine  Aufnahme  Jesu  in  den  Himniel  gehal- 
ten haben.  Allein ,  wenn  Lnkas  in  der  A.  6.  das  emjgSfi 
nnmittelbar  mit  der  Angabe  verbindet:  xal  veqiXr^  vfieia- 
ßev  aircovi  so  soll  doch  wohl  jene  Erhebung  die  Einleitung 
Bu  dem  Aufgenomoien werden  durh  die  Wolke  sein;  was 
sie  nicht  ist ,  wenn  sie  nur  ein  Sichaufrichten  ,  sondern 
nur^  wenn  sie  eine  R^rhebang;  Jesu  ober  den  Boden  war, 
da  nur  in  diesem  Falle  eine  Wolke  sich  ihm  tragend  nnd  Fer- 
büllend  unterschieben  konnte,  was  in  vTtkXaßev  enthalten 
ist*  Ebenso,  wenn  im  Lukasevangelium  das  dui^Tj  an  av^ 
Tciv  als  etwas  iv  tQ  evXoysTv  avzov  ccvTsg  Vorgegangenes 
dargestellt  wird,  so  wird  doch  Niemand,  wfihrend  er  ei- 
nem Andern  den  Segen  ertheilt,  von  ihm  weggehen:  wo«. 
gegen  es  sehr  passend  erscheint ,  dafs  Jesus  wfihrend  der 
Erthellung  des  Segens  an  die  Jünger  in  die  Höhe  gehoben 
wurde,  und  so  noch  von  oben  herab  die  segnenden  Hände 
über  sie  breitete.  Die  natürliche  Erklärung  des  Versehwin- 
dens  in  der  Wolke  fällt  hlemlt  von  selbst  hinweg;  in  der 
Voraussetzung  aber ,  dafs  die  ewei  Welfsgekleideten  natdr» 
liehe  Menschen  gewesen  seien ,  tritt  schliefslich  noch  ein- 
mal besonders  stark  die  BAURDTisch-V£NTCTRiNi8che,von  Pau- 
lus nur  verdeckte,  Ansicht  hervor^  dafs  mehrere  Banpt- 
epochen  im  Leben  Jesu ,  besonders  seit  seiner  Kreuzigung, 
durch  geheime  VerbOndete  bewirkt  gewesen  seien.  Und 
Jesus  selbst,  wie  soll  es  ihm  denn  dieser  Vorstellung  ge- 
mäfs  nach  jener  letzten  Entfernung  von  seinen  Jungem 
weiter  ergangen  sein  ?  Wollen  wir  mit  Bahrdt  eine  Es» 
aenerloge  träumen,  in  welche  er  sich  nach  vollbrachtem 
Werke  eurOckgezogen  habe?  und  mit  Brenneckb  daför, 
dafs  Jesus  noch  längere  Zeit  im  Stillen  zum  Besten  der 
Menschheit  fortgewirkt  habe,  auf  seine  Erscheinung  zum 
3ehuf  der  Bekehrung  des  Paulus  uns  berufen,  welche 
doch,  die  Erzählung  der  A.  6.  geschichtlich  genommen, 
mit  Umständen  und  Wirkungen  verbunden  war,  die  kein 
aatarlicher  Mensch^    wenn  auch  Mitglied  eines  geheimen 


FUnftes  Kapitel.    $.142.  «81 

Ordens ,  hervorbringen  konnte.  Oder  will  man  mit  Pau- 
lus annehmen,  bald  nach  dieser  letzten  Zusammenkunft  sei 
der  angegriffene  Leib  Jesu  dei\^  erhaltenen  Verleteungen 
erlegen  :  so  kann  diefs  doch  nicht  wohl  in  den  nächsten 
Aogenbllcken ,  nachdem  er  so  eben  noCh  röstig  mit  seinen 
Jüngern  snsammen  gewesen  war,  geschehen  sein  ,  so  dafs 
die  £wei  hinzutretenden  Männer  Zeugen  seines  Verschei- 
dens  gewesen  wfiren,  welche  Übrigens  auch  in  diesem  Falle 
gar  nicht  der  Wahrheit  gemäfs  gesprochen  hfitten ;  lebte 
er  aber  noch  längere  Zeit,  so  möfste  er  die  Absicht  gehabt 
haben ,  von  jenem  Zeitpunkt  an  bis  zu  seinem  Ende  in 
d*»r  Verborgenheit  einer  geheimen  Gesellschaft  zu  bleiben, 
fler  dann  wohl  auch  die  zwei  Weifsgekleideten  angehör« 
ten,  welche  den  Jüngern,  ohne  Zweifel  mit  seinem  Vor- 
Ibissen,  seine  Erhebung  zum  Himmel  einredeten ,  —  eine 
Vorstellung,  von  welcher  sich  auch  hier,  wie  immer^  der 
gesunde  Sinn  mit  Widerwillen  abwendet, 

§.     142» 

Das  Ungenügende  der  Nachrichten  über  Jesu  Himmelfahrt. 
Deren  mythische  Auffassung. 

Am  «wenigsten  unter  allen  N.  T.Uchen  Wunderge* 
schichten  war  bei  der  Himmelfahrt  ein  solcher  Aufwand 
annattfrlichen  Scharfsinns  nöthig,  da  die  historische  Gel- 
tung dieser  ErKühlung  nicht  allein  für  uns,  die  wir  kei- 
nen wirklich  Auferstandenen,  mithin  auch  keinen  haben, 
der  gen  Himmel  gefahren  sein  könnte,  sondern  an  sich  und 
auf  jedem  Standpunkte,  gsnz  besonders  schwach  verborgt 
ist.  Matthfius  und  Johannes,  der  gewöhnlichen  Vorstel- 
lung nach  die  beiden  Augenzeugen  unter  den  Evangr.>iisfen, 
erwähnen  ihrer  nicht;  nur  Markus  und  Lukas  berichten 
dieselbe;  während  auch  in  den  übrigen  N.T. liehen  Schrif- 
ten bestimmte  Hitivieisun^en  auf  sie  fehlen.  J)oc^  eben 
dieses  Fehlen  der  Himmelfahrt  im  (ihrigen  N.  T.  iHUgnen 
die  orthodoxen  Aubieger.     Wenn  Jesus   bei   Matthäus  (25, 


adi  Dritter    Abschnitt 

64.)  vor  Gericht  versichere,  von  jetst  an  werde  man  des 
Menschen  Sohn  snr  Rechten  der  Kraft  Gottes  silKen  se- 
hen: so  sei  hiebe!  doch  wohl  auch  eine  Erhebnng  dahio, 
mithin  eine  Himmelfahrt,  voraosgesetst ;  wenn  er  bei  Jo- 
hannes (3,  i5.)  sage,  keiner  sei  in  den  Himmel  geatiegen, 
ausser  dem  vom  Himmel  gekommenen  Menschensohne,  and 
ein  andermal  (6,  62.)  die  Jfinger  darauf  verweise,  dafs 
sie  ihn  einst  dahin  wfirden  aufsteigen  sehen,  wo  er  vorher 
gewesen  sei;'  ferner,  wenn  er  am  Morgen  nach  der  Auf- 
erstehung erkifire,  noch  nicht  zu  seinem  Vater  aufgesHe- 
gen  zu  sein,  aber  demnfichst  sich  dahin  zu  erheben  (20, 
17.) :  so  könne  es  deutlichere  Hinweisungen  auf  die  Hirn« 
melfahrt  nicht  wohl  geben;  ebenso,  wenn  die  Apoatel  ia 
den  Acten  so  oft  von  Erhöhung  Jesu  zur  Rechten  Gottes 
sprechen  (2,  33;  5,  31.  vgl.  7,  56.),  und  Paulus  ihn  als 
ccpaßag  vneQavo)  navtov  zciv  SQavciy  (Eph.  4^  10.),  Petrus 
als  TiOQBvO'elg.  dg  SQccvdv  darstelle  (l<  Petr.  3,  22.) :  so  kön- 
ne kein  Zweifel  sein,  dafs  sie  nicht  alle  von  seiner  Him- 
melfahrt gewufst  haben  ^).  Alle  diese  Stellen  jedoch,  mit 
Ausnahme  etwa  der  eineigen  Job.  6,  62.,  welche  von  ei- 
nem d-saußelv  avaßalvovra  tov  vlov  %5  äv&Qcjna  sprich^ 
enthalten  nur  Überhaupt  eine  Erhebung  in  d^n  Himmel, 
ohne  Andeutung,  dafs  sie  ein  Süsseres,  sichtbares,  und 
zwar  von  den  Jöngern  mitangeschautes  Factum  gewesen. 
Vielmehr,  wenn  wir  1.  Kor.  15,  5  ff.  finden,  wie  Paulas 
die  ihm  zu  Theil  gewordene  Erscheinung  Jesu,  welche 
lange  nach  der  voraussetzlichen  Himmelfahrt  stattfand,  mit 
den  Christophanieen  vor  dieser  Epoche  so  ohne  alle  Un- 
terbrechung oder  Andeutung  Irgend  eines  Unterschieds  zu- 
sammenstellt:   so  mufs  man  zweifeln,  nicht  blofs,  ob  alle 


1)  Sbilbr,  bei  Küxn'öl,  a.  a.  0.  S.  221.  Olshaus»  ,  S.  591  f. 
Vgl.  Gmbsbäch  ,  locorum  N.  T.  ad  ascensionem  Christi  in 
coeium  spectantium  sylloge.  In  8.  opusc.  acad.  ed.  Giblbb, 
Vol.  2,  S.  484  ff. 


Ffinflet  KapItaL    %  143U  46S 

Ersfihcliiiiogea,  dto  er  a«tter  der  irfnigeii  avIkiMty  ror  d!e 
Himmelfahrt  fallen  *)f  aendero,  ob  dm*  Apote!  iberhaopt 
Ton  einer  Himmelfahrt  als  äugferemi  den  irdbchen  Wan« 
del  des  Auferstandenen  beschliefsenden  Factum  etwas  ge- 
wufst  haben  kSnne  ?  In  Besag  auf  den  Verfasser  des  jfer* 
tea  Ei^angeliums  aber  awingt  ans  bei  seiner  Bildersprache 
das  i^£ü}Q![%e  schwerlich,  ihm  ein  Wissen  am  die  sichtbare 
Uimmeifahrt  Jesa  cusaschreiben^  da  er  ron  einer  solchen 
JUA  Sehlasse  seines  Evangeliams  nichts  ersfiltlt. 

Die  Aasleger  freilich  haben  sich  sUe  ersinnliche  MO- 
he  gegeben ,  das  Fehlen  einer  Erzuhlnng  von  der  Himmel- 
fahrt im  ersten  und  vierten  Evangelium  auf  eine,  der  Au« 
ctoritfit  dieser  Schriften,  wie  der  historischen  (jeltung  fenes 
Fsctams,  unschädliche  Weise  so  erklfiren.  Die  '^'Immel- 
fahrt  Jesu  zu  erschien,  soll  den  Evangelisten,  welche  sie 
▼erschweigen ,  theils  als  unnöthig,  theils  als  unmöglich  er- 
achienen  sein.  Als  unndthig  entweder  an  und  für  sich,  we« 
gen  der  minderen  Wichtigkeit  des  Ereignisses  ^ ;  oder  mit 
Rficl^sicht  auf  die  evangelische  Überlieferung,  durch  wel- 
che  sie  allgemein  bekannt  war^);  Johannes  insbesondre 
soll  sie  aus  Markus  und  Lukas  voraussetzen^);  oder  end- 
lich sollen  sie  dieselbe,  als  nicht  mehr  cum  irdisch^n  Le« 
ben  Jesu  gehörig,  in  ihren  Schriften,  die  nur  der  Beschrei- 
bung dieses  Lebens  gewidmet  waren,  fibergangen  haben  ^« 
Allein  anm  Leben  Jesu,  und  zwar  namentlich  zu  dem  räth- 
selhafifen,    wie  er  es  nach  der  ROckkehr  aus  dem  Grabe 


2}  ScHKiCKSKBUiisBRt  Ubcr  den  Urspr.  u.  a,  f.    S«  19. 
S)  Olshiuskh,  S.  595  f. 

4)  Selbst  Fritzschb  j  ermattet  am  Schlüsse  seines  Geschäfts, 
schreibt  in  Mattb.  p.  835 :  Matthaeus  Jesu  in  codam  abitum 
non  commemoravitf  quippe  nemini  ignotum. 

5)  Michabus,  a.  a.  0.     S.  352. 

6)  Die  Abhandlung :  warum  haben  nicht  sUe  BTangelisten  die 
Himmelfahrt  Jesu  ausdrüekllch  miterzählt?  in  Fultt^s  Maga- 
zin, 8,  S.  67. 


684  ItDritCer  Absohnitt. 

JefiShrt  haben  soll,  gehörte  die  Himmelfahrt  so  nothwen- 
ig  als  Scblafspankt)  dafs  dieselbe,  gleichviel,  ob  allgemdii 
bekannt  oder  nicht,  ob  wichtig  oder  anwichtig,  schon  un 
des  fisth^tldchen  Interesses  willen,  das  auch  der  ungebil- 
dete Schriftsteller  hat,  seiner  Erzählung  einen  Schlafs  ea 
geben,  von  jedem  Evangelienschreiber,  der  von  derselbea 
wufste,  am  Ende  seines  Berichts,  wenn  anch  noch  so  saoi* 
marisch,  erwähnt  werden  mufste,  um  den  sonderbaren  Cin- 
druck  zu  vermeiden,  welchen  das  erste ,  und  noch  mehr 
das  vierte  Evangelium,  als  in*s  Unbestimmte  auslaufende 
Erzählungen,  machen.  Daher  sollen  nun  der  erste  ond 
der  vierte  Evangelist  einen  Bericht  über  die  Himmelfahrt 
Jesu  auch  gar  nicht  für  möglich  gehalten  haben,  indem 
die  Augenzeugen,  so  lange  sie  ihm  auch  nachsahen',  doch 
nur  sein  Emporschweben  auf  der  Wolke,  nicht  aber  sei- 
nen Eingang  in  den  Himmel  und  sein  Platznehmen  sar 
Rechten  Gottes  haben  mit  ansehen  können  ^.  Allein  in 
der  Vorstellungs weise  der  alten  Welt,  welcher  der  Him- 
mel näher  war  als  uns,  galt  ein  Auffahren  in  die  Wolken 
schon  für  eine  wirkliche  Himmelfahrt,  wie  wir  an  den 
Erzählungen  von  Roroulus  und  Elias  sehen« 

Das  hienach  unläugbare  Nichtwissen  der  genannten 
Evangelien  um  dte  Himmelfahrt  nun  aber  mit  der  neueren 
Kritik  des  ersten  Evangeliums  diesem  als  Zeichen  nicht 
'apostolischen  Ursprungs  zum  Vorwarf  zu  machen  ®),  ist 
hier  um  so  weniger  am  Ort,  da  das  fragliche'  Ereignif« 
nicht  blofs  durch  das  Stillschweigen  zweier  Evangelisten, 
sondern  auch  durch  die  Nichtübereinstimmung  derer,  die 
es  berichten ,  verdächtig  wird.  Markus  stimmt  nicht  mit 
Lukas,  ja  dieser  nicht  mit  sich  selbst  ttberein.  Nach  dem 
Berichte  des  erster^n  hat  es  den  Anschein,  als  hätte  Je- 
sus unmittelbar  von  dem  Mahle,  bei  welchem  er  den  £il- 


,7)  Die  zuletzt  angeführte«  Abb.  de»  FLxrr'schen  Magazins. 
8)  SCHASCKSMBUK&ER;   a.   a.   0.  S.  19  f. 


Ffinftes.  RapiteL    ^.142«  ,685 

fen  ernchieD)  also  von  einem  Hanse  in  Jerngalem  ans,  sich 
in  den  Himmel  erhoben  j  denn  das  civaxeiftivoig  —  icpave-^ 
Qio&rf  ^"*  wveldiae  —  xal  elnev  — .  *0  ftev  iv  KvQiog^  fiezoc 
to  XaXijaai  avtoigj  äveXtlqO'Tj  x.  t.  A.  hängt  unmittelbar 
sosampen,  und  es  läfst  sich  hier  nur  mit  Gewalt  eine 
OrlsverSnderang  and  Zwischenzeit  einschieben  ^»  Frei- 
lich ist  eine  Himmelfahrt  vom  Zimmer  aas  nicht  gut  sich 
Torsostellen,  daher  Ijifst  sie  Lukas  im  Freien  vor  sich  ge- 
hen«  Die  Differenz  in  der  Ortsangabe ,  dafs  er  im  £van« 
geliam  Jesum  mit  den  Jüngern  h'wg  elg  Br^^aviav  hinausge-« 
hen  läTst,  in  den  Acten  aber  die  Scene  auf  das  oQog  %d 
xaXöfiiyov  iXaiwva  verlegt,  kann  dem  Lukas  nicht  als  Wi- 
dersjirnch  angerechnet  werden,  da  Bethanien  am  Olberge 
lag;  wohl  aber  die  bedeutende  Abweichung  in  der  Zeitan- 
gabe, dafs  in  seinem  Evangelium,  wie  bei  Markus,  es  den 
Anschein  bat,  als  wäre  die  Himmelfahrt  noch  am  nämli** 
eben  Tage  mit  der  Auferstehung  erfolgt:  wogegen  in  der 
A.  G.  (ausdrücklich  bemerkt  ist,  dafs  beide  £rfolge  dui^ch 
eine  Frist  von  40  Tagen  getrennt  gewesen.  £s  ist  schon 
angemerkt  worden,  dafs  die  letztere  Zeitbestimmung  dem 
Lukas  in  der  Zwischenzeit  zwischen  der  Abfassung  des 
Evangeliums  und  der  A.  G.  zugekommen  sein  mufs.  Von 
je  mehreren  Erscheinungen  des  Auferstandenen  man  sich 
erzählte,  and  an  je  verschiedenere  Orte  man  sie  verlegte : 
desto  weniger  reichte  fernerhin  die  kurze  Frist  eines  Tags 
für  den  Wandel  des  Auferstandenen  auf  der  Erde  zu  ^^) ; 
dafs  aber  die  nothwendig  gewordene  längere  Zeit  gerade 
auf  40  Tage  festgesetzt  wurde,  hatte  in  der  Rolle  seinen 
Grund ,    welche    bekanntlich  diese  Zahl   in  der  jüdischen 


9)  Wie  z.  B.  KuiNÖL  thut,  p.  208  f.    217. 

10)  Endlich  fand  man  ^a  selbst  die  40  Tage  nicht  mehr  genügend, 
und  verlängerte  den  irdischen  Wandel  des  Auferstandenen 
auf  18  Monate,  wie  Irenäus  adv.  haeres.  1,  SO.  von  den  Ophi- 
ten,  2,  3.  von  den  Vaientinianern  berichtet. 


685  Dritter  Absehnitt 

and  bereits  auch  in  der  ohristUehen  Bege  spielte.  Wie 
das  Volk  Israä  40  Jahre  in  der  Wfiste,  Moses  40  Tage 
auf  dem  Sinai  gewesen  war,  er  and  Elias  40  Tage  ge- 
fastet, und  Jesns  selbst  vor  der  Versochnng  so  lange  in 
der  Wfiste  ohne  Nahmng  sieh  aufgehalten  hatte;  wie 
alle  diese  geheimnirsvollen  Mittelenstfinde  und  Darchgangs- 
perioden  durch  die  Zahl  40  bestimmt  waren:  so  bot  «ie 
sieh  gauE  besonders  auch  cur  Bestimmung  der  mysteridsea 
Zwisclienseit  zwischen  Jesu  Auferstehung  und  Himmelfahrt 

dar  "). 

Was  die  Schilderung  des  Vorgangs  selber  betrifft^  so 
könnte    man   das   Schweigen   des   Markos  und  Lukas  isi 
Evangelium  von  Wolke  und  Engeln  lediglich  der  KOrse  ih- 
rer Erefihlungen  zuschreiben   wollen ;    doch  da  Lukas  asi 
Schlüsse  seines   Evangeliums    das    Verhalten    der  JOnger, 
wie  sie  dem  in  den  Himmel  entrückten  Jesus  fubfsllige  Vereh- 
rung gebracht,  und  mit  grofser  Freude  sich  nach  der  Stadt 
Burilckbegeben  haben,  umsffindlich  genug  ersfihlt:  *iso  wflr- 
de  er  ohne  Zweifel  die  ihnen  durch  Engel  su  Theil  ge- 
wordene Kunde  als  ufichsten  firund  ihrer  Freude  bemerk- 
lich gemacht   haben,  wenn  er  schon  bei  Abfassung  seiner 
ersten  Schrift  etwas  von  derselben  gewufst  hfitte;  es  scheint 
sich  hiernach  vielmehr  dieser  Zug  alimXhlig  in  der  Überliefe- 
rung ausgebildet  zu  haben ,  um  auch  diesem  letalen  Punkte 
des  Lebens  Jesu  seine  Ehre  anzuthnn,    und  das  unsullor. 
liehe  menschliche  Zeugnifs  Ober  seine  Erhebung  in   den 
Bimmel  durch  zweier  himmlijschen  /engen  Mond  bekrlf- 
tigt  werden  zu  lassen.     Endlich  auch  in  der  Angabe  aber 
die  Rfickkehr  der  Jünger  und  was  sie  nach  derselben  vor- 
genommen, findet  eine  Discrepanz  der  Berichte  statt.    Db- 
gerechnet  nfimlich ,  dafs  man  nach  dem  Schlüsse  des  Mar- 
kus: ixeivoi  di  i^ekdineg  ix^Qv^ar  x.  r.JL,  glauben  könnte: 


11)  Die  Rücksicht!  auf  eine  Dsnielische  Rechnung  bei  Pitirs, 
ex«  Handb.  3,  b,  S«  923«  scheint  pir  xu  kttnstlicli« 


Ffinftes  KapIteL    $.  142i  687 

die  Jfinger  seien  onmittelbar  von  dem  Sehanspiel  der  Hirn« 
melfahrt  sor  VerkQndigong  in  alle  Welt  ansgegangen,  was 
doch  vielleicht  nar  ein  Sehein  ist,  der  ans  der  Kflrse  nnd 
Abgebroehenbeit   des    Sohlasses    am  zweiten   £vangeliam 
entateht :    bestimmt  Lukas  den  Aufenthalt  der  Jünger-  von 
der    Himmelfahrt    bis    zum    Pfingstfest    in    seinen    beiden 
Schriften  auf  verschiedene  Weise*    Nach  dem  Schlüsse  des 
£vAngeliums   nämlich  waren  die  zurOckgekehrten  Jünger 
dianavtog  ev  Tfp  ieQip^  alvövreg  xal  euXoySvrsg  tov  d-eov: 
nach    dem  Eingang  der  A.  G.  O)  13  f.)  dagegen  ccvißr}aav 
^tg  vnefHJfOVj  a  ^aav  xarafiivovTeg  —  ftQogxaQtSQÖvzeg  o^o— 
O-v/nadov  Tij    TtQogsvxfi*     Diese   Abweichung  könnte    man 
durch    die   Bemerkung  ausgleichen   wollen,    dafs   Ja    der 
Aufenthalt    im    Tempel  den    im   oberen   Stockwerk  eines 
Hauses  nicht  ausschliefse :  aber,  zum  Zv^ecke  gemeinsamer 
Andacht  die  meiste  Zeit  im  Tempel  sein  (diefs  sagt  docb 
wohl  das  diaTtavzdg')  y    und,   zu  eben   dem    Ende  gewöhn- 
lich   im    oberen    Stockwerk    sich    aufhalten    CxaTafievov-^ 
Tsg")  schlierst  einander  ans.     Man  kann  in  dieser  Differenz 
ein  Forr schreiten  der   christlichen   Selbststfindigkeit   erbli- 
cken.    Zunächst  fand  man  kein  Arges  darin,    die  Junge«, 
nach  der  Rückkehr  von  Jesu   Himmelfahrt  im  alren  Natio- 
nalheiiigthum  ihre  andächtigen  Zusammenkünfte  halten  zu         | 
lassen ;  bald  aber  erschien  diefs  zu  Jüdisch  y  und  sie  mufs-        / 
ten  zu  dem  Ende  ein  eigenes  vnf()(()Ov  beziehen:    von  dem       / 
Jüdischen    Tempel    trennte   sich  der  christliche  Versamm-      I 
lungssaal.  j    * 

Wie  hienach  diejenigen ,    welche  von  einer  Himmel-   / 
fahrt  Jesu  wofsten ,   diese  In  Bezug  auf  die  näheren  Um-  / 
stände  sich  keineswegs  auf  dieselbe  Weise  vorstellten :   so/ 
nu(s   es    überhaupt  vom  letzten  Schlüsse  des  Lebens  Jesa 
zweierlei  Vorstell ungs weisen  gegeben  haben,  indem  die  Einen 
diesen  Sclilufs  als  eine  sichtbare  Himmelfahrt  dachten,    die 
Andern   nicht  *^).       Wenn   Matthäus  Jesum   vor  Gerirht 

12)  Hierüber  vgl.  betonde|rt  Aamon,   Aicensus  J«  C.    in   cofhun 


688  *       Dritter  Absehnitt 

seine  Erhebung  znr  Rechten  der  göttlichen  Kraft  Torber- 
sagen  (26,  64.) ,    und  nach  seiner  Auferstehang  ihn  ver»i- 
chern  läfet ,  dafs  ihm  nun  naoa  i^uaia  evÖQav(i)  xai  ini  yijs  ge- 
geben sei  (28)  IS.) ,  dennoch  aber  von  einer  sichtbaren  Him- 
melfahrt  nichts   hat,    vielmehr   Jesu   die   Versicherung  ia 
den  Mund  legt:  iyco  fte9^  vfiwv  elfu  ndaag  rag  ^fnBQctg er^ig 
tijg   avvisXdag  zä   altovog  (V.  20.)  :  so  liegt  hier  offienbar 
die    Vorstellung    eu   Grande ,    dafs    Jesus ,   ohne   Zweifd 
schon  bei  der  Auferstehung ,    unsichtbar  zum  Vater  aufge- 
stiegen ,    sugieioh   unsichtbar   immer  Um  die  Seinigea  sei, 
und   aus   dieser    Verborgenheit  heraus > sich,    so   oft  er  es 
nöthigfinde,  in  Christop hanieen  offenbare;  auch  der  Verfas- 
ser des   vierten   Evangeliums  und  die  fibrigen  N.  T.iichea 
Schriftsteiler  setzen  nur  das  voraus,  was  nach  dem  messia- 
nischen:  xa(}s  iy,  de^iaiv  ^ö,  Ps,  110,  1.  vorausgesetzt  wer- 
den   mufste,    dafs   Jesus  sich  zur  Rechten  Gottes  erhoben 
habe,  ohne  über  das  Wie  etwas  su  bestimmen,  oder  sich 
i  die  Auffahrt  dabin  als  eine  sichtbare  vorzustellen.     Doch 
4  mufste  es    der   urchristlichen   Phantasie  sehr  nahe  liegen, 
,  diese    Erhebung  auch   zum  glänzenden  Schauspiele  aussu- 
malen.     Liefs  man  den  Messias  Jesus^an  einem  so  erfaabe- 
1  nen  Zielt)  angekommen  sein :   so  wollte  man  ihm  auch  auf 
dem  Wege  dahin  gleichsam  nachsehen.  Erwartete  man  seine 
einstige  Wiederkunft  vom  Himmel  nach  Daniel  als  aichtbs- 
res  Herabliommen  in  den  Wolken :    so   ergab   es  sich  von 
I   selbst,  seinen  Hingang  zum  Himmel  als  sichtbares  Aufstei- 
!    gen  auf  einer    Wolke    vorzustellen ,   und   wenn  Lukas  die 
beiden  Weifsgekleideten,  welche  nach  der  Wegnahme  Jesa 
>  zu  den  Jüngern  traten,  sagen  läfst:  öiog  6  ^Ir^osgy  6  arc- 
yl7]q)&€lg  acp  i^iuiv  elg  tov  BQavdv,svüjg  ilevoeraif  6v  TQonar 
,)i&€daaa9^e  aviov  noQevofievov  eig  %6v  eQccvov  (A.^-  l^il«): 


historia  bibUca.  In  s^  oputc.  nov.  p.  43  ff. ;  l^uch  KiiSKt, 
bibl.  Theol.  i,  S.  83  ff.  de  Wsttb,  kürze  Ansleg.  des  £vaB|. 
Mattb.,  S.  247. 


FdMtltmM  Kapital.    S*  142.  C8SI 

«»»fliivtf  vß%ti  AtfflTBii»  bakebn»»^  om  die  ti^nesi«'  der  Vor« 
sMilmig  V9n  der  HimmelfahrtÜMAi^ti haben;  fadem  nänheb 
gMolikMea  wttrderiv^Ie  Jesu.i^reidtl  Tool  Uimuel  n^lo* 
^erk^atmeaffinlr  «6  med  er  Wjohl  aticb>  ilahia  gegkingea 
sein  *^.  .  I  .  .  ./•  4       i,  v>-         -..;  ..i\     v'; 

fieben  diesem  flaoptmomente  treten  die  A.  T.lichen 
Vorgänge,  welche  die  Himmelfahrt  Jesu  an  der  H'n weg- 
nähme des  Henoch  (I.  Mos.  5,  24.  vgl.  Sir«  44,  16.  49, 
16.  Uebr.  II,  5.)  and  besonders  an  der  Himmelfahrt  des 
£lia  (2.  Kön.  2,  11.  vgl.  Sir.  48,  9.  1.  Macc.  2,  58 )  hat, 
•anüflit  den  griechischen  und  römischen  Apotheosen  eine« 
Herakles  and  Romains,  in  den  Hintergrund  Eurdck.  Ob 
von  den  letsteren  die  Verfasser  des  sweiten  und  dritten 
firangeliums  Kunde  hatten ,  steht  dahin ;  die  Notis  Ton 
Henoch  ist  eu  unbestimmt;  bei  Elia  aber  eignete  sich  der 
Flammenwagen  mit  den  Fenerrossen  für  den  milderen  üeist 
Chris li  nicht,  statt  dessen  die  Wolke  aus  der  späteren 
Darsteliang  der  Wegnahme  des  Moses  genommen  eu  sein 
scheinen  nannte,  wenn  diese  nur  sonst  nicht  au  Tcrschie- 
den  wäre  ^^).  Nur  £in  Zug  in  der  firsählung  der  A«  6. 
erklärt  sich  vielleicht  aus  der  Geschichte  des  Elias*  Als 
nämlioh  dieser  vor  seiner  Hinwegnabme  von  seinem  Die- 
ner Elisa  gebeten  wurde,  ihm  sein  nvetifda  in  verdoppeN 
tem  Maafse  zurüekaBulassen :  knfipfte  der  Prophet  die  Ge- 
währung dieses  Wunsches  an  die  Bedingung:  iav  *lör^g  fie 
dvalafißaydfievov  ano  aa,  xaliscct.  ooi  &tQ)a'  xal  iäv  firj^  a  ^rj  - 


13)  So  auch  Hisiy  L.  J.  ^.  150. 

14)  Joseph.  Antiq.  4>  8^  48.  beisst  es  von  Moses :  r/fag  at^riSto^ 
Cnf^  avrS  füirroi  atpari^tra*  uarä  rtro^  ^d^oyyo^^  er  habe  aber 
absiditiich  geschrieben ,  er  sei  gestorben ,  damit  man  nicht 
seiner  TrefFUchkeit  wegen  behaupten  möchte  ^  er  haha  sich 
91^0«  XQ  dttor  begeben»  Fuilo  aber^  de  Vita  Mosis^  Opp.  ed« 
Mangey,  VoL  2>  p.  179,  iässt  bloss  die  Seele  des  Moses 
sich  in  den  Himmel  erheben. 


I(M      '.  Dritter  Abtchsitt.' 

fhf^a&  (V.  9.  f.  LXX05  woran«  «rheUen  kl^nnto,  wwLVwm 
LnkM  (A.  6.  1,  0«)  auf  Aas  ßlereinmv  ovrcSy  i7ti^^9vj  Ge- 
wicht legt,  weil  nftoilich  gemäfs  dem  ¥ergattgemit  BUaa  4ieb 
erftyrdevt  wsa  werden  sehien ,  wean  die  SebAler  den  Gm* 
4es  Meistert  bekommen  sollten* 


1       t     .    ».    ■ 

•       *  '         t  .1 

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.    i  r  .\  ..' 


Sohlarsabhandloi^g.    $,  143.  001 


Schlussabhandlung. 


Die   dogmatische    Bedeutung  des 
Lebens  Jesu.  « 

S.    143. 

Nothwendiger  Übergang  der  Kritik  in  das  Dognia. 

Dorch  die  £rgebaiMe  der  biifaerigea  UntersaiAiing  Ut 

BiiDy  %vie  es  Bcl^eliit*,  Alles  ^  \^aa.der  Cbiitt  toq  sejunei^t  Je* 

MU9  glaubt,  rerniobtet,  alle  Ermantermigeo,  die  ,er  aus  die- 

§em  (glauben  scJböpft,  siod  ik«i  eaUqgaO)  f|Ue  l^röa^iii^en 

ge;raubt«    Der  on^odliclie  Scbata  von  Wahrbeit  qnd  JUeben^ 

sßm  weichen  seit  achuehn  Jabrhanderten  die  Meoschheit 

sich  grofsgeoährt,  scheint  biemit  ver.wfistet,  das  |£rhaben- 

^te  in   den  Staub  gestürj^t,  (fott  seine  Gnade.  ^  dem  JAe^^ 

scbeO'Seine  Würde  genonimaoy  dat  fiai^  «wischen  UjpBi* 

met  und   £rde  cerrissen  su  sein«     Mit  Abscjbeu  wendet 

aiob   Ton  so  angeheurem  Frevel  di^  Frömmigkeit  ab^  und 

ans.  der  unendlichen  Selbatgewi^i^heit  Vires  tilanfoens  heraus 

tbvt  sie  den  Macbtiipri^ch :  ein^  freche  Kritik  n^^ge  versa« 

ehea^  was  sie.wpUe,  dennoch  bleibe  AUes^   w,as  von  Chri« 

stp  die  Sohrift  aussage  u|od  die  Kirchs,  glaube^  CMfig  vfi^bi^ 

und  dttrfe  kein  Jo^a  davon  failea  gelassen  weirden.    So  er- 

giebtsich  am  Schliisse  der  Kritik  vobJesu  liekiefipg^s^icb^ 

ßim  Aufgäbet,  das  kritiacb  VMoi<^(|te(A»  <^guiftti«cb  wieder- 

-hertnaiailen»  >.•,.'.         :-t.-: 

Diese  Aufgabe  scheint  BunSobst  tuvr.  «fie.fjorderuag 
dea  61fiub%en.An  den  Kritiker  su.seiA».  jedem>d4fser  bei« 
den  Ihr  sieb  aber  sieh  nicbt  w  «teilen;  4er  Q|j(nbig^  ab 
•ekher,  scheint  ea,  .bedarf  keiner  AViederhersteilung  4^  - 

44* 


692  Schlüfsabhandlang.    S^^IIS. 

Glüubetiii,  well  dieser  io  ibm  durch  keine  Kritik  remieh- 
tet  >vorden  ist;  der  Kritiker  als  solcher  nicht,  weil  er  di^ 
se  Vernichtung  ertra«><'ii  kann.  So  geffinnt  es  das  Anse- 
hen, als  ob  dier  Kritijter,  wenn  er  aus  dem  Brande ,  dea 
seine  Kritik  angerichtet ,  doch  das  Dogma  noch  retten  will, 
fflr  seinen  Standtpnnkc  etwas  unwahres  unternfihme,  ao- 
fern  er,  was  ihm  selbst  kein  Kleinod  ist,  aus  AeeomoM- 
dation  an  den  Glauben  als  solches  behandelt ;  in  Besog  auf 
den  Standpunkt  des  Gläubigen  aber  etwas  Überflffssiges, 
indem  er  sich  mit  der  Rettung  von  etwas  bemdht ,  was  f&r 
den,' welchem  es  angehört,  ^ar  nicht  gefthrdet  ist. 

Dennoch  verhält  es  steh  bei  näherer  Betrachtung  au* 
den^     Wenn  gle?eh  nicht  ehtwickeh',  sä^ist  doch  an  sieh 
in  jiedte ^-Glauben,  dei^  rioeh'  nicht  Winsen  Ist,  der  Zwei- 
fel iUitgeibtet^  der  gUnbigite  Christ  hat  düch  die  Kridk  ak 
verborgenlDD  Rest  dtsü  Onglaübens  ,    oder  besser  als'  »legati- 
ven  Keim  des  Wissens,   in  sich',   und'  ttlil*'äiis  dessen  b^ 
ständiger  Niederhaltnng  geht  ihm  der  Giarube  hervor,    der 
also  auch  in  ihm  wesentiieh   ein    wiederhergestellter  ist. 
'Ebenso  aber,  wie  der  Gläubige  an  sieh  Zweifler  oder  Kii- 
"tlkc^,  ist  aueb  «mgekbhrt^  der  Kt^iker  an  sich  der  GläH- 
higK  '  Sofern  ^r  sieh  nämlich  voin  Naturalisten  und  Pi^ 
'geist  kihterscheidet,  sofWn  ^eine  Krldk  im  Geiste  des-  neun» 
zehnten  Jahrhunderts  wuri^elt  ^  ^  unil  iiieht  in  frfihereiir :  ist 
er  mit  Achtung  vor  Jed^r  Relf^iöhei^Olk,*  und  nasMutÜeh 
des  Inhalts  der  höebsten  Rellgioti ,  der  ehriMlieben,  Als  ftleii- 
tisch  mit' der  htfehsttephilosophtsclMi  Wahrheit  sieh  h^- 
wufsi,  uiMi  wird  also^  aatehdem  ei* im* Verlaufe  der  Krisik 
durchs^äs.  iitti^''A&  S^tli'des  Uiitt^riehteds'  seiner  Übersee» 
'gang  vom  chHstUvihM'  S«M^M(5ht9glii«beti  heroi^gekebrt  bi^ 
das  Bedürfnifs  ffihlen,  nun  ebenso  auch  die  Seit»  der  Idee- 
tität  zu  i^rem  R^hte  bu  bringen.  >     ^ '  •  li 

-  Zunte'hst,  indem  unsre  RHtik  »war  in  aller  AusfMh 
liehkeit  völUbogen  worden,  aber  nunmehr  an  dem  BewuCi^ 
sein  yorabergeglnngen  iie,   fällt  sie  *  denselben    wieder  snr 


S.«bliif8abbaii4y«nf;*'    S«    144.  6M 

BifIfWchbeit  'des  Dii«ntwiokeIUfi  Zweifels  Kusßt^meny  g^f^en 
iprelehen  sich  das  glaubige  ßewafstseiji  mit  einfi«i  ^ebenso 
ebfacben  Veto  kehrt ,  nnd  nach  ZaiNlekHeisang  desselben 
tltti'Geglanbte  in  anrerkttmoierter  Fülle  wieder  ausbreitet. 
Indem  aber  hiemit  die  Kritik  nar  t>eseitigt)  nkht  aberwun- 
den ist,  wird  das  Geglaobte  nieht  wahrhaft  vermittelt,  son« 
dern  bleibt  In  selnet*  Unmittelbarkeit  Scheint  so  j  indeoi 
gmgen  diese  Dnmittelbarkeit  abermals  die  Kritik  sieh  kebf 
Ten  mnfs,  der  eben  vollendete  Proeefs  sich  bh  wiederholen, 
«nrt'  wir  flum  Anfang  der  Cntersachnng  storttekgeworfen 
so  «ein:  so  tbnt  rieb  doehsngleioh  eine  Oifierens  hervor, 
«i^lehe  die  i  Sache  weiter  fiibrt.  Bisher  war  Gegenstand 
der  Kritik  der  christliehe  Inhatt^  wie  er  in  den  evange- 
l'Vchen  Urkondan  als  Geschichte  Jesu  vorliegt:  nnn  dieser 
durch  den  ZweifSsl  in  Anspruch  genommen  ist,  reflectirt  er 
sieh  in  sich ,  sucht  eine  Freistiltte  im  Innern  der)  GlXubi« 
gen,  wo  er  aber  nicht  als  blofse  Geschichte,  sondern  als 
in  steh  reflectirte  Geschichte,  d*  h.  als  Rekenntnlfs  und 
Doi^a,  vorhanden  ist.  Erwacht  daher  allerdings  auch  ge« 
gen  das  in  seiner  Unmittelbarkeit  aoftretende  Dogma,  wie 
gegen  fede  Unmittelbarkeit,  die  Kritik  als  Negativitfit  nnd 
Streben  nach  Vermittläng:  so  Ist  diese  doch  nicht  mehr, 
wie  bisher,  historische,  sondern  dogmatische  Kritik,  nnd 
erst  doMh  beide  hindorehgegangen,  Ist  der  Glaube  wahr* 
haft  vermltteU ,  oder  £um  Wissen  geworden. 

0leses  sweite  Stadium ,  welches  der  Glaobe  se  dorob- 
Janfen  hat,  mUfste  eigentlich  ebenso,  wie  das  erste,  Ge- 
genstand eines  eigenen  Werkes  sein :  hier  soU  es  nur  in 
seinen  Gnindsttgen  verxeicbnet  werden ,  nm  die  historische 
Kritik  nicht  ohne  AuMicht  auf  Ihr  letstes  Ziel  abrabrechen^ 
welches  erst  jenseits  der  dogmatlscben  liegt. 

S.    144. 

Die  Christelogic  des  orthodoxen  Systems. 
Der  dogmatische  Gehalt  des  Lebens  Jesu  in  seiner  I5n-' 


690  ilchi«ftakliaBdlaiig.    §.  144; 

fof^mift,  d«&i  Ohrttttn  tloh  fftr  »ie  densdben  l^ngah^ 
indem  ev  eine  Tedesarl  •rdoidete',  aiif  w«lebe  das  Oeeets 
den  flaeh  gelegt  h«t  fGal.  S,  13.).  Nvo  haben  wir  nkbt 
ü^hr  du«'  Unnidgliche  au  leisten ,  da&  wir  alle  Fordenm- 
fren  de«  Oe«eteee  erfMleii  raOCston  (GaK  S,  10  f.)  —  eiae 
Attf^be,  welebe  det*  ErMiruag'iaofolge  kein  Meosoli  Idat 
iRömi  1^  I8-*S,  3a)  9  «einer  sttndigen  Nator  nach  keiiwr 
JOsen  kana  <Rkm.'5,  11  ff.)»  nad  welche  den,  der  sie  aa 
l4«en  strebt  >  ndr  immer  tiefer  in  dta  «neeligften  Kaoipf 
lait  «teil  selbet  itarwiekelt  (Rdm.  7,  7  ff.) :  sendem  wer  aa 
Chrietum  glanbf,  der  Teredlinendeit  Kraft;  seines  Todes  var- 
traut,  dar  fot  roii  Gott  begnadigt ;  niefat  darch  Werke  aad 
«algene  Leistangea>  sondern  umsonst  dareh  die  freie  Gaa- 
de  Oottes  wird  der  Mensch,  der  sieh  iiir  hingiebt,  rorGoft 
'gereeht,  wodvrcb  ragleiefa  alle  Selbsterhebiing  aasgescfalos- 
sen  ist  CRöm.  Sy  Sl  ff.)*  Indem  das  mesaisehe  Gesets,  dem 
er  ailt  Christ  gestoHben  ist,  de»  Gläubigen  nieht  oMbr 
verbinden  kann  (Rom.  7,  1  ff.),  indem  namentlich  durah 
das  ewige  und  rollgflltlge  Opfer  Cbrtid  der  JCldtsche  Opfer- 
und  Priesterdieast  aufgehoben  ist  tHebrO^  ist  die  Sehai- 
dewand  gefallen^  welche  Juden  und  Helden  trennte:  diese, 
sonst  fern  und*  fremd  der  Tbeokratie ,  gottrerlassen  und 
lieffnnngslos  in  der  Welt,  ^nd  «ur  Theiinahme  an  dem 
neuen  GottesSunde  herbeigerufiBn,  und  ihnen  freier  Zutritt 
aum  väterlichen  Gott  verschafft  Worden ;  so  dala  nonnehr 
die  beiden,  sonst  feindlich  getrennten  Theile  der  Mensch- 
lieit  in  Frieden  miteinander  Glieder  am  Leibe  Christi,  am 
geistigen  Bau  seiner  Gemeinde  sind  (Eph.  2,  llff.)*  Jmier 
rechtferdgetide  Glaube  an  den  Tod  Christi  aber  ist  we- 
sentlich augleich  ein  geistiges  mit  ihm  Sterben,  nlmlick 
ein  Absterben  der  Sflnde,  und  wie  Christus  aus  dem  Tode 
au  neuem  unsterblichem  Leben  ntrferstatiden  ist:  se  sdl 
auch  der  an  ihn  Gläubige  aus  dem  Tod  der  Sünde  nn  e^ 
nem  neuen  Leben  der  Gerechtigkeit  und  Heiligkeit  aufer- 
stehen, den  alten  Menschen  abthun,  und  einea  neuen  an- 


«tolveii  (ftom.  6j  1  ffO*    Dmu  steht  ihm  Christor  selbst  mit 
peinefD  f]retste' bei}' weleber  diejenigen,  die  er  beseelt,  mit 
g^stigem  Streben  erfOHt^  und  innner  mehr  von  der  Kneeht«- 
sohaft  der  Sünde  frei  macht  (Rom.  8,  1  ff.)«    Ja  nicht  blols 
|relstig  Jetat,  sondern  elftst  aneh  leiblich,  weirden  iliejenigen, 
in  welchen  der  Geist  Chrtsti  Wohnt,  dnrch  ihn  belebt,  in^ 
dem  Gott  durch  Christum  am  Ende  dieses  Weltlanfs  ihns 
-Leiber  anferweoken  wird,   wie  er  den  Leib  Christi  anfer^ 
weckt  hat  (Rom.  8»  HO«    Christus,  den  die  Bande  desTo« 
-des  and  der  Unterwelt  nicht  halten  konnten  (A.  G.  2,  S4.>^ 
bat  beide  auch   für   uns  besiegt ,  nnd  den  Gläubigen  di^ 
Furcht  Tor  diesen   höchsten   Mächten  der  Endlichkeit  be- 
»ommen  (Rom.  8,  38  f.    1.  Kor.   15,  55  ff.    Hehr.  2,  14  f.). 
Seine  Auferweckung,  wie  sie  seinem  Tod  erst  die  rersöh- 
nende  Kraft  verleiht  (R5m.  4,  25.),  so  ist  sie  zugleich  die 
Bllrgaohaft  unsrer  eigenen  kfinftigen  Auferstehung,  unsres 
Antheils  an  Christo  in  einem  kfinftigen  Leben,  in  seinem 
mesaianlschen  Reithe,  eu  dessen  Seligkeit  er  bei  seiner  Wie- 
derkunft alle   die  Seinigen   eitiführen  wird  (1.  Kor.  15.)* 
laswiseben  at>er  dflrfen  wir  uns  getrösten,  an  ihm  einen 
Fürsprecher   bei  Gott  au   haben,  der  aus  eigener  Erfah* 
rung  Y0n  der  Schwäche  und  Gebrechlichkeit  der  Menschen- 
natur, die  er  selbst  angeaogen  hatte,  und  in  der  er  in  al- 
len Sttteken  rersocht  wurde,  doch  ohne  Sflnde,  weifs,  wie 
vieler  Nachsicht   nnd  Nachhfilfe  wir  bedörfen    ( Hehr.  % 
17  f.    4,  15  f.). 

Den  Relrhthuro  dessen,  was  der  Glaube  an  Christo 
bette,  in  bestimmte  Formeln  r.usammeneufassen,  war  sei- 
nen Anhängern  schon  frOhe  Bedörfnifs.  Sie  priefsen  ihh 
als  XQigog  6  ctnM&avaipj  fiällov  Si  xal  iyfQO^eig^  og  xal 
i'ciy  ir  if^i$  tS  ^eS,  og  ttai  hxvyyjayu  vniQ  rjmv  (Röiä. 
8,  34.);  oder  genauer  hieft  er  Y.  X,  6  xvQtog,  yevofierog  ix 
cntQfiatog  Javld  xaia  aaQxa^  oQia&elg  viog  O-fS  iv  diW-- 
jt/«i  xvnu  nrevfta  «ycwaJw^v  *^  dvctcdoewg  vfxQuv  (ttßat.  1, 
3  f.),  und  afa  das  optohoymkvwg  ftiya  ri'^g  Mvo^ßeiag  fivgrj-^ 


AiMohliei^M  w  die  T«0£foriB«l  CMküh^^  ]9.>,  w«t 
ül^  durch  di#  ZiuaaimengteUaDg  von  Vater,  Sohn  «id  Gebt 
glexch^aia  «i|&  Facliwerk. darbot,  nm  den  iiMea Giaabmi  Im 
iiftMelba  ainaoordnea,  bUd^ta  fieli  in  der  Kirobe  der  er- 
Mgesi  Jahrhanderte  die  aogenntiate.  r<gr«2a  jMet  an«,  welcke 
in  Terscttiedeoeo  Formei^,:  bald  Mmmaiisober,  bald  a^afUii^ 
lieber,  popuUrer  oder  aübtiler»  aiobr  bei  den  vereahiedenett 
Vütern  flauet  ^)  ^  «nd  naob  ih^er  popniftren  Form  endli^ 
im  eogenaniitan  apostoiitch^a  Symbol  aar  Rohe  kaa^  wal* 
ebes,  In  der  Gestalt,  in,  ipeldb^er  ea  aoeh  von  der  evaage- 
litehen  Kirche  ao^enooifaen  VFordeo  ist,  im  aweiten^  aaa» 
fOhriichsteii,  Artikel  vom  Seba  folgende  Glaubeasm« 
hervorhebt:  et  Ccredo')  in  Jesum  ChriOuwij  ßUum 
CDtsi  patris")  unicum  y  Dominum  #os/raai;  qm 
est  de  spiriiu  $ancto^  nßtua  ex  Maria  viii^ine\ 
Pontio  PHatQ,  crucifixuey  m^rtum  et  sepultue^  deeeendü  ed 
imferna;  feriia  die  reeurrejnt  a  mwims^  aseemdit  ad 
{of,  9edei  ad  dextram  Dei  pafris  ammipoieniiei  imde 
twrue  est'i  Judicare  vivos  et  mortuos. 

JNebea  dieser  volkumürsigeu  form  des  GUubaasbekenni» 
aisses  in  Bezog  aof  Christom  .gieng  aber  augleioh  die  Aus- 
bildung einer  schfirferen  theologischen  Fassung  desselben 
her,  veranlafät  durch  die  Differeaaen  und  Streitigkeiten, 
welche  sich  frOhaeitig  über  einaelne  Punkte  desselben  her- 
vorthaten.  Das  Grundthema  des  christlichen  Glaubens,  das: 
o  koyog  occji^  iyiveiOt  oder :  ^edg  iq^dv€Q(u&jj  iv  oox^  war 
von  allen  Seiten  geerdet,  indem  bald  die  Gottheit,  bald 
die  Menschheit,  bald  die  yrahre  Veroinigoog  beider  in  Aa- 


1)  Iren.  Mih,  hacr.  1,  10.     Tertüll.  de  prscscr.   htcr.  15,   «dr. 
Frax.  Uf    de  vuiaad.  virg.  1.    Oi:^*de^  priacipp.  piroocm.  4. 


S«hliirsab>aiicrfiiii'g.    S«  tiä  609 

spraeh  genoiiiiim»  wurde«    Ül^tßgMifwtkTjVfelehej  wie 
die  Eblooiteni  die  Gottheit,  oder,  wie  die  doketisehen  'Quo- 
•tiker,  die  Mentefaheit  Christi  ciurehiiis  anfhobi^n  ^,  Schlot- 
ten sich  zu  äntaehieden  von  der  ehristlichen  Gemeinschaft 
ans,,  welche  ihrerseits  den  Grnndsata  festhielt:   dal^  edH 
liv  /aeahrp^  ^sS  ts  xccl  oty9(mnuiv  dut  ISiag  nQog  IxcctiQug 
olxeic%7p:og  etg  fiUav  xcA  bpiovöiav  zag  äftq>oriQs^  atn^aya-^ 
yttVf  aral  ♦«ijJ  14h  naqot^am  tov  av^Qconov^  av^Qwnoig  d^ 
jvfoQlaai  toy  ^«ov  *)•    Aber  wenn  etwa.blofs  die  Vollstfin- 
di^keit   der   einen   oder  andern   Nator  gelMagnet   wurde  ^ 
wenn  Arios  wohl  ein  gtfttHches,  abergeschaffenefs'  und  dein 
höchsten   Gott  untergeordnetes  Wesen  in  Christo  Mensch 
geworden  sein  liefs  ^),  wenn  derselbe  Christo  twar  einen 
mensehlichen  L^lb  ensehrieb,'  in  Welebem  aber  die  Stelle 
der  Seele  eben  Jenes  bQhere  Weseii  eingenommen  habe  ^), 
nad  ApoUtnaHs  ausser  dem  Leib  'auch  Aoch  die  Seele  Jesu 
wahrhaft  menschlieh  s^in,  nnd  nur  an  die  Stelle .  des  drit- 
ten Prinoips  Im  Menschen,  des  vSg^   das  göttliche  'Wesen 
treten  liefs  ^) :  so  konnte  solchen  Ansichten  schon  eher  ein 
Sehetn   des  GhrSstllchert  gegeben  werden.     Dennoch    wies 
da*  Bewufstseln  der  Kirche  sowohl  die  arianische  Vorstel- 
long  von  einem  in  Jesu  Mensch  g^wordnen  Dntlsrgott  ne- 
ben andern  minder  wesentlichen   Gründen  auch  defswegen 
Borflck,  weil  auf  diese  Weise  in  Christb  nicht  das  anschaa- 
kare   Ebenbild    der   Gottheit  erschienen   wäre  ^);*  als   die 
arlanisoh  •apoilinaristlsche  rön  elrier  der  menschlichen  tpvx^ 
oder  des  menschlichen   vSg   ermangelnden    Menschen natur 
Christi  unter  Andrem   aus  dem'branne,    weil  nur  diircri 
die  Vereinigung  mit  einer  ganzen   tind'voffstfindtgen  Men- 


2)  s.  MÖKSCHBR^s  Dogmenges€h«^herstisgeg*.vonC)tLiJf^  1^  §«  78* 

3)  Iren.  adv.  haer.  3,  18,  7.         * 

4)  s.  MUnschkr,  ^.  69  ff.  '/ 

5)  Ebendas.  ^.  79*  Aiun«  2. 

6)  Ebcndas.  Anm.  5« 

7)  Ebenda«.  S.  235.  ' 


700  l^ebl«r9^a|>JiMJi.4iiing.   i4  lUi 

fcbenQttfUiK  ^ieMiJiaojbt  a(k»i|  9*h^efi  k^k^  erltet 

ppcb  ^  gönnte  fiioht  hloi^g  d|e  «ine  o4er  andere  Seite 
im  .Wesen  Chrjiti  BurfichgesleUl;).  aoodem  anch  in  Rewmg 
auf  ibre.Vereioigaiig.  ie  ihi|i,  nnd  swar  wieder  aof  en^e- 
gtpngesetel«  WeUe^  gefehlt  werden.  \Pie  andächt^  B^aK- 
sferong.Viejier  gluubt^  das  «neogeschlonfsne  Band  mwiacbea 
HiioiDel  und  Erde  nicht  eng  genug  aoeieben  en  können: 
ifnCMfto,  if^oll ten  819  Gottheit  und  Menschheit  nicht  mehr 
unterscheiden^  ^nd  erfcatintQQ  in  ihro,  wie  er  als  Eine  Per- 
son erschienen. war,  a^ich  nur  ^ine  Natpr,  die  des  fleiseh- 
gewordeijue^  Gottessobnes/  an  ')•  Der  Besonnenheit  Ande* 
rer  vf  ar,  eine  solche  Veraüsehung  des  tiiStt^cben  und  Mensch- 
liehen  ^ristöffig,  es  sch^  ihnen  A^yelhaft,  an  sagen,  dafi 
ein^  menschliche  Mpt^^^f.  Got^  geboren  habe:  nur  den  Men- 
schen, haha  9V^  geboren»  freichen  sich  der  S^n  Gottieä  som 
Teippel  ifiqserwKblt  hatte,  ^nd  es  seien  in  Christo  s^^Fei  Na- 
turell Bwar  der  Verehrung  ni^ch  verknOpft,  aber  dem  We- 
sen nach  noq^  imiaer  verschieden  *^  Der  Kirche  schien 
auf  beide  ,  Weise  das  Mysterium  der  Mensch werdnng  ge- 
£fihrdet :  wurdefi.  be|f{e  Natqren  bleibend  getrennt  gehalten, 
MO  war  die  Yei^eliifgung  ,das  Göttlichen  und  MenschÜchea, 
der  inpe^ftfi  .Leben^punht  des  Christenthoms,  seratört;  wur- 
de eine  V^^rn^ts^hung  eingenommen ,  so  war  keine  won  bei- 
den Natareii  alf  solche  jciner  Vereinigung  mit  der  nnden 
ffihig,  somit  gleichfalls  keine  wahre  Einheit  beider  erreicfat. 
Beide  Meinungen  wurden  daher,  die  leti|tere  in  Eatyehes, 
für  die  erstere  nicht  ebenso  mit  Recht  Nestorins,  ver^ 
dämmt,   und   facbd^m   schon   im  nicänischen  Symbol  dis 


8)  Gregor.  Na^.  Or.  51.   p.  74o.   B.   (bei  Muhsckbr,    S.  275.)- 

Mai  otdl^fTaf 

9)  hl  MÜKSCiiBii,  §.  soff.  , 
10)  Ebendus. 


.  SblUiir«ab&kndi:alifig.    $i  i%ti  S«| 

walii«0  Gotthieh  Cbritti  fe^gin^  wordtn**war^ niinfiiehr 
Im  cbalcedonabsUohen  avoh  .»«Enei  wahre  and  y«llstifiii(|^ 
MenseMiek^  »mI  die  Vereiuigung:  beider  Mataren-Sn'  Ejlnei* 
naeertreniiteo  Piwwoa^  fistgestelk;^)..  Uiid  «I^  sieb  »spater 
Aber  cten  -  Willen"  in  •ChnSsto,  tine-  äbnlithe  'Difbrena  iber- 
voralelltei  ^vle  Aber  sefbe'  Katbrr  so  wbrde  auf  diesisibe 
Weise- enteehiedea,  dafs  in  'Cbrieto  ak^AemvGdttflieiltr^h^ 
Bwei  nntersebledene  Witten  ^  aber  nicbt  oheins  ^  <  amd4m 
der  meaaiobliehe.defli  gdtdioben  aieh  unterordnend^  Bßmh 
nehmen  saien  ^^).  •'  .  [ 

Den  StMitigbeÜeb  Aber  das  Sein  und  WeaeaChHatl 
gegenüber  gieeg  die  Entwioklang  der  andern  Selte^  '*d«jr 
Lehre  von  seinem  Thun.  und  Wirken,  vorhtil^toittrtig 
atUl  ond  friedliehver  aieh.  Die  umfasaehdale^Anichaaifilg 
davaa  war  .die,  dafa  der  Sölin  Gottes  dureb  'Annahme  der 


11)  —  fta  3tai  rdr  mhor  Sfiöloystr   vt6t^  n^y  ^n^t&r   Ij'fiiS'r  !r.  X» 
cvjutpJriü^  Siiarrtg  luSttiimto'fi9^ ,  xikuov  tir  avror'  h  ^fdrtjrk^ 

wtp  lue^l  sar/a  v^r  ifidtnta  ^  Mttl  S/iotiator  vor  wror.  j^^Sr  lUtt^ 
TifT  urS^tmäTjif ,  'Mojft  fsidriß  Sfiotor  ^fiiw  x^^U  m/itt^lmi*  m^ 
alwvwt  fiM¥  i»  tS  nar^os  yivv^^fifra  tfctra  Ttjv  ^  ^f4At^^  ^  M 
l0X^riar  ä'^  jfSy.  ^/i/it^wK  roy  avror  dl  ^f$a9,  yaV  iiß.s^y>',^^tii*' 
^ov  atartj^Cay  lir  Ma^ütf  t^s  naf>^4v8  t^9  &toTdMa  »crra  r^r  ar« 
^^tanÖTtira y^ira  na^  top  avxov  ^^igov^  vloy ,  ^^^9^,^ ^f^Qvo^f^^ 
in  Svo  fpof^vtr  aavyx^TWi ,  aT^^nxwf,  aSiatff/^Tuty  ax^ooi^jtifs  yym^ 

iytac^y^  -^ttt^o/tirijs  ik  fAÜlloy  T$4  »^«^TjyTOf  jj^^^«  fj^t^f,  nuX 
§h  ^r  n^thtanor  Mti^  /äay  v%d%a9%y  outw^x^V**  ^*  *^  ^^^ 
n^datana  ifit^^d^tyor  ifj  ^t^d/itpor^'  ilJt  ipm  aai  vpr^'^adrSp 
vloy  xai  fioyoyty^ ,  9tQy  Idyoy ,  «if^ior  V.  X» 
12)  Die  6te  bkumenische  Synode. xu  Canttsntlnopel  setste  feft: 
SJo  tpvatxa  ^tX^^ttra  S^  vfitvartia^  —  alt  indf»4¥9ih  t6  iy^^hi" 
mroy  aurS  ^iXrjfiU  —  *n\  ^otuoo6/i9yv¥  tf  <^#/y  Wuti"  Mal 
nuyo9§yti  ^tX^fiat*.  ^   .     .*    >     . 


fW  S#bl«r8:»khäiiilt«n«.    S.  IM. 

Mentehenrntar  «eM.  geh«iUgt  und  Tei^eHtlicht  habe»), 
wdbei   oMiebtttch  die  Evdieilang  der  Uoelierliliokkeit  her- 
WMgehAen  wurde  ^^  y  i  und  in  f  emflthlioher  Weise  Uhtit 
•men   dtefa  VWhftitnib  üo^k  so,  Gott  hebe  dveh  den  n- 
vorkemflMnden  Liebetbeweb ,    der  fai  der  Sendiui|r  söeei 
(i^ohnee  liege,    die  Menseben  anfs  InrftfUgste  sor  Gc^fBidie- 
fbe  erweckt  *f).    An  dieser  Ehien  greisen  Wirknog  <lee  Er- 
eebeiaens  Christi  wurden  aber  rach  Mnseina  Seiten  hsr* 
JVeKgeboben :  4iof  seine  beilsame  Lehre  ^  sein  «fiabenee  Bsi- 
spiel  anfaerksam  gemacht  '^ ,   besonders  aber  suif  den  ge- 
;wldtsamea  Tod,  den  er  erduldet  hatte ,  Gewicht  gelegt 
'Der  Begriff  der  SteÜTertretang,  der  schon  im  N.  T.  gege- 
,ben.  wür.y  «Hardc:  weiter  ansgefahrtx  der  Tod  Jeso  bald 
als  ein  Lösegeld  betrachtet,  welohee  er  dem. Teufel  Ar  die 
^uroh  diei  Sande   seiner  Gewalt  verfaltene  Mentehheit  ge- 
geben habe,  bald  sollte  Gott  dadurch  die  Schnld  abgetra* 
geil,  und  er  in  den  Stand  gesetzt  worden  sein,  unbeaeha« 
det  seiner  Wahrhaftigkeit. die  der  Sfinde  gedrohten  Srra- 
Jen  der  Jtf  ensehheit  «i  erlaasen,  weil  Christus  sie  auf  sich 
genommen  hatte  *^    Diese  letetere  Vorstellung  wurde  durch 
Ähsblh  in  eeiner  Schrift:  Cur  Deua  h^mo^^  bu  der  bekann- 
ten Satisfäctionstheorie  ausgebildet,  dareh  welche  svgleich 
hie  Lehre' Vdn  dem  Erlösungsgeschäft  Christi  mit  der  roa 
-seiner  Person  In  die  engste  Verbindung  gesetat  wurde.  Der 

''  IS)  ÄthSiiäSi    de    incam.  54:     avrof  ertjy^QtSntftrir  ^  Xra  ^ftfjg  ^»o- 

"      '  "noitj&cS/ify.     Hilar.   Pictiv.   fle  trin.  2,  24:    humani  genen's 

eansä  Dm  filiui  nätus  ex  fütgine  est  —  ui  homo  fadns  ex 

.vifgin0,naitträm  in  se  carnis  "aeeiperetf  peryae  hn^  admix- 

V  .      üb/ii»  s6eiti9Mm  ianctificaium   im  eo  wmverei  gearmris  hamam 

^  jcorpat^  exuiärSt,    Aitdere  Xatsemngen  4er  Art   s.  bei  Mui- 

SCHKR,    §.  97«    Anin.  lOw  , 

^  1$)  t.  ebcttd.  Sw  431.         .        . 

16)  Ehendst*  $^  96.  .         .  .    .    u  . 
^    17)  £bendas.  §.  97. 


8*blar8tfc4i«n4Iiiii;.    $.  144.  70S 

Sfensefa  ist. Gott voUständigm  GdbOTMa  sobnlilig;  der  SttiH 
<ler  aber  —  and  diaTt  nad  alle  MeiMchen  -**  enteieht  Gott 
die  eeheidige  li^8tang   ond.Bhre.    Daiiion  6ott  eine  B^ 
l^ldigiing  «einer  fihre^  verni^ge  seiner  fiorediti^tit  nicht 
flnlilen  kann:  so  mafs  antfreder  der  Slensoh  freiMri|li^  6ait 
^ierfer^heny  was  Gottes  ist',   ja  tur  iSanngthnong  ihm 
Hoöh  iBsKr^ leisten^  als«r  Ihm  entsogen  bat,  oder  mtifs  Gott 
^kem  Bf  enaohen  «ait  Gewalt  nehmen,  waa  des  Mensehen  ist^ 
d*  h«  die  iGbkksel^beit ,  eu  der  er  gesehafifen  ist,  Ihm  enr 
Strafe '«n^adsMen*    Jenes  am  than  ist  der  Menseh  nieht  iai 
Stande^  ^dami  da  er  alles  tjate,  was« er  th^n  kann,    Gtkt 
schuldig* ist^ '  nhr  nicht  in.  8#nde  z«  irerüdten ,   so  kann  er 
nlebto  Gutes  ^brig  haben,  um  durch  diesen  Üb^rschufs 'ril^ 
lN^[»ngaia  Sitode  zu  deckaUr    J>afs  andrerseits  Gott  dunth 
ewigli  Strafen-  sich  GanngthufHtg  «iMBrsobaffe,  dagegen  ist  sei- 
ne. unreHfi(d««rllehe  Ckite,*  krafr  welcher  er  den  eur  Sel^ 
keit  beatinimten  Mensehen  auch  wirklich  feu  dieser  ftihrefi 
will.     Uiefs  kwnn  abetf  t  Term^ge  der  göttlichen  Crerechtigw 
keit  nscbt  geschehen,    wenli   nl^h«  Genugthuung  fUr  den 
Menschen  geleistet,  and  naoh  Maafsgabe  dessen,  was  Gott 
entsBo^en  worden  ist,  ihm  etwas  gegeben  wird,  das  grdfse)^ 
ist^  als  Alles  ausser  Gott«    Diefs  aber  Ist  nur  Gott  selbst^ 
fnd:da  andrerfoitH'filr  den  Menschen  nnr  der  Mensch  ge* 
nngthun  kann:  .sd^murs  es  ein  Gottmenseh  sein,    der  diö 
Gani^thaang  leistet    Diese^  kdnn  nfiher  nicht  in  thätigenä 
Gehorsam^  iq  sflndlosem  Leben,  bestehen',  weit  diefs  Jedes 
vernünftige  Wesen  Gatt  für  si^  selbst  schon  ««huldig  ist^ 
aber  den  Tod,   dar  SOndan  Sold,  auf  sieh  su  nehmen,  isk 
der  SandioSe  nicht  schuldig  ,i  »ad  besteht  also  cUe  Genüge 
thuung  ffir  die  Sfinde  der  Menschen  im  Tod  des  Gottmen« 
sehen  t  dessen  Belohnung)  yjreü  er  als  Eins  mit  Gott  nicht 
sf^hst  helehnt  werden  |u4ii^,  .der  Menschheit  au  Gute  kommt. 
Dieses  altlürcUlche  Lehrsystem  Ober  die  Person:  und 
ThAtigkeit  Christi  gieng  auch  in  die  BekenntniOwchriften 
der  lutherischen  Kirche  ttbör,  und  wurde  r6n  den  Theo- 


lo^eti  dtrsetMn  'nQob  kOoMiSeh»  lUMgehHdet  ^).  fife  P*- 
•011  Ctu^bii  b#tr#fEBDd  warde  ao  der  Vereinügniiit  der  giiA- 
JichM  und  flfenadklioben  Nälfar  in  Kioer  Peraod  festgeU* 
ten:  lü  Acte  derselben,  der  ^rnkio  permmtÜBy  welche  mik 
der  EnpflbifeirB  «uammeniMly  .war  es  die  göttUelie  NaMr 
de»  Sohne«  tiottet,  welche  die  menschliche^  aar  Sialieil  Ih» 
rer  Perei^nUehkek  anfnahm;  der  Zilatand.dda  Veretaigl» 
yeins,  die  ünio  pers^nalü fi^lltb  weder  eine  weeentUehe^ 
nocb  «Qch,  ^ioe  bloCs  aeeideatelie  y  adeh  keiae  layedacfaei 
i^er  moraittehe)'  Bm  wehjgeflen  eine  nor  verbale  ,  sondern 
ioine  r^^e.nndiAbematArliciie»  fhrdr  Dauer  nacii:  aber  etae 
ewige  Verein^iang  sein.  ViBivttflge  dieaer  nVerbiadung  aul 
der  güitfiebim  komaiefi  d^  nefMehlieheh  -Matitr  gewisM 
eigenthiifliliehe  Vorsilge  «n^  namdnUich )  was  anntelut  ek 
Mangel  ersch^nt,,  für  ftich  nnfiebidnlieh  mk  mkk ,  «nd  aar 
in  der  Vereinigung  mit  der  gtSttlicb^  Matnr  Peredolicfc* 
Jieit  an  h»h^n ;  ferner  S#ndloslgketl>  «nd  die  Mti^iellkei^ 
nicht  au ,  sterbeo.  Oeok  autaer  diesen  eigeiittiaadiche% 
bat  die  meaiphliche  Natur  Gbriati  in  ihrer  -  Vereinigung 
pit  der.gtfttlielian  auch  gewisse*  vou  dieser  geüeheoe  Vor* 
adge.  Ua^  V^Jl^&Itiiirs  der  beiden  ^atnren  ist  aimlldi 
picht  ein.tf^dl^nnd  äas^etiiAbt^s  y  soadern.eitte  gegenseitig 
ge  DavQhdrifkpiug^  M8gif^Qi}atg.y.  niclktifbe  Verbiadaog 
sweier  aqsatiMoeeiigiiiebntc^  ^etier^'  seedern  wie  von  Eener 
lind  Metall;  ioi  :glabenden  fiseui  oder  me  imMenaeheo 
yon  Leib  ft^  ^9ßU*  <  l^e^  *'€alnmuni9  mUmtmtm  üuesert 
sich  als  €OtfmHnicatio  idie$fUaUm^  bvalt  welcher  diemenseb^ 
Jicbe  fiatuf  #6  den  Vorsftg^  dei*  göttliolien>  die  gSttKebe 
ju^  den  di^iErifisuilg' betreffende l^'^ü^S'^^^^  ^^  m«iscb- 


18)  vgl.  F^rtii.'  Cbncofi.,  Epit.  und  »ol.  decl.  Vlü.  p.Mß05  tf.  und 
761  ff.' ek<  •  H^iBt.  GmumU)  deduabus  liafuris  in  Cfaristo  fi- 
beUtw^tund  loci  the^L,  loc;'B>!de  filiö,  Gcmum»,  IL  Ih.  1, 
p.  64Qii;..'Ce4<'  1615«X  :  Qu^^tudT)  tbeol«  didict.  poL  F.  > 
«•  ^\..H^f^*^  W^w*i>J^ibL  Dogm.  i^  64  ff:,  »d  .  . . 


J8johlnr«abhBndliiiiig.    $.  141*  705 

Ilob^A  Thril  stÜBiEt«     Dknmi  V^Aäiuüh  spricht  sich  in 
«ieo  pr^p^nkiombus  pen^naBbma  «nd  idiamtüicis  aas;  jenes 
Sätsjo,  in  w^lobefi  das  Convi^etem  der  einen  Matitr,  d.  h. 
.ili«  eiae  Katur)  sofern  sie  in  der  Person  Christi  (gegriffen 
iaft^  .voa  dem  de^  andern  prfldidrt  wird,  ivie  1*  äor.  15^ 
47 1    der^weite.  Adam  ist  der  Sobn.  dea  Höobsten ;  dieses 
Sfitse  j  in  weichen  theils  Bestimmungen  der  einen  oder  an- 
dern   Matur    auf  die  ganae  Person   Cgenus  idiomatkutn)  y 
tbeila  Thätigkeiten  der  ganaeii   Person  auf  die  eine  oder 
andere  Matur  Cß^nus  apotelesmaiic^m)^  theiis  endlieh  Attri- 
bute der  einen  Matnr  auf  die  andre  fibergetragen  werden, 
'W4i^  aber  Hör  Vonr  der  göttlichen  auf  die  menschlichei^nicht 
mngefaehrt ,  mb'gÜch  ist  (igenUs  auchemaiicum)l 
-  In  der  Bewej;nng  8ein<^  Person  mit  ihren  zwei  Na« 

^ureki  durch  die  verschiedenen  Momente  des  Erlösnngs* 
werlis  hat  Christus  nach  dem  ian  PhiL  2,  6  ff.  aiischfiefsen« 
den  AusdrociL  der  Uogmiitilier  einen  zweifachen  Zustand, 
glidum  txinaäüianü  und  exaltatioms^  durcbiaufen.  So- 
fern seine  menschliche  Natur  in  ihrer  Vereinigung  mit  der^ 
gttttHcfaen  gleich  bei  der  fimpffingnifs  in  den  Mitbesitz  gött- 
lleher  Eigenschaften  kam,  airar  Von  diesen  während  seines 
ttrdeniebens  keinen  zusammenMngenden  Gebrauch  mach- 
te j  so  wird  dieses  irdische  Leben  Jesu  bis  'zum  Tod  und 
Begrkbnife  als  ein  Stand  der  Erniedrigung  mit  rerschie- 
'deneh  Stationeik  betrachtet,  wogegen  mit  der  Auferstehung, 
oder  schon  mit  der  Höllenfahrt,  der  Stand  der  Erhöhung 
eintrat,  welcher  mit  der  sesWo  ad  dextram  pairi$  selu6 
VoUendung  erreichte« 

Was  das  Werk  Christi  betrifft,  so  schreibt  ihm  die 
Dogmatik  unserer,  iiirche  ein  dreifaches  Amt  zu;  Als  Pro- 
phet hat  er  die  höchste  Wabrhett,  den  göttlichen  Erlösnpg»- 
ratbscblufs,  unter  Bekriftigung.dnrcb  Wunder,  der  Mensch* 
beit  geoffenbart,  und  ist  fttr  deren  Verkündigung  noch 
immer  besorgt;.  9M  Hoberpriester  bat  er. theils  in  seineia 
unstrfiflichen  Wandel  das  Gesetz  an  nnsrer  Statt  erfüllt 
Dü$LA€nJ$m  21t$AvJl.  II,  Band.  45 


700  4&obiartAbhkncl(ang.    $•  Id. 

iohedientia  oofuNt)  9  tlMls  hi  Mhiem  Leiden  wnA  To4  «tte 
Sirafe  getragen  ,  die  'mM' gebilhvte  .C^bediettiii  /wem«), 
tind  vevtrirt  lun  nim  foptvihrend  bt&  dem  Veter;  «ie  Ki- 
nig  eBdlicb  negiert  &p  die  Welt  ond  inebe^endere  die  Klr- 
.  che^  welehe  er  aot  den  Kftmpfcin  deif  firdesor  HerrUehkck 
des  lliuoieis  filhrMft,Hiiiid  duvch  Aaflntdiiuig  iuhI  Web- 
l^rieht  voUeadeH  wird. 

$.145. 

Bestreitung  der  liircliUclien  Lelire  von  Christo* 

In  der  Lehre  von  der  Person  Cjiristi  giengen  ecboa 
die  Reformtrten  nicht  so  weit  wie  die  LfUtheraoer  nut^  lo- 
dem  sie  deren  letzte,  kühnste  Folgerang  ans  der  Vereini- 
gung des  Göttlichen  und  Mensehlichen  in  ibr|  die  cpffuH«»- 
nicatie  idiomatuvij  nicht  «ugahen.  Die  Intberisoben  Uog- 
inatiker  selbst  iie;fsen  die  Eigenschaften  der  menschlichaa 
Matnr  sich  nicht  an  die  gStUfche,  und  toj9  dieser  wen^ 
.steris  nicht  alle  Eigenschaften ,  wie  s.  &  nicht  die  Ewig- 
keit', an  die  menschliche  sich  mittheilen .  0 ;  was  die  Re- 
formirten  su  der  Einwendung  veranlalste;  die  MiCtheilu«g 
der  Eigenscha^en  mfis«e  eine  gegenseitige  und  yoUstlndiip 
sei^i,  oder  aei  sie  gar  keine;  übrigens  werde  auch  acjiaa 
durch  die  bloCi  elnseit^e  MittbeÜjung  von  Eigenschaften  ei- 
ner unendlichen  Natur  an  eine  endliche  diese,  nicht  nsipder 
in  ihrem  Wesen  aJi^fgej^oben,  als  jene,  wenn  sie  von.  die- 
ser Eigenschaften  annehmen  mfifste  ^.  Wenn  sich  luege- 
gen  die  lutherischen  Uogmatiker  dadurch  ;zu,  decken  suicl^ 
.ten,  dafa  sie,  die  eine  IHatfir  die  Eigenschaften  der  andern 
nur  so   we|t  mithesitf^en  liefs^n,    $ai  per  sttßm  inJMem 


i)  %*  die  de<n  lecos  de  pers. '  ef  ofiic.  €br.'  angekSngte  OrsHo 

beiiQpaiuu»,  a^  a.sO^    p.  710  ff. 
2)  s.  GmtfAA»,  U.  th^l^  p.'685ir4    MAJiasslaKai  itostkut.  tytiib. 


Söhlur9:aiKbanciliiiig..:-§w:M5.  707 

pt^st^t  »o  war  biednrch  die  eammunicaiw  idioMaium  in 
Aar  Thtt  aofgehoken,  wie  'sie  denn  mmck  selbst  von  den 
optfi#doKen  Üogmatfkera  naeli  Reinhard  fast  dorohans  auf- 
gegeben worden  fiit* 

?      Aber  auoli  die  einfache  Warael  diesea  verwiclielten 
Mlcftiientaasebe«,  die  Vereinigung  der  g(Maicfaen  nnd  mensch« 
liebe*  Katar  SU  Einei^  Person,  traf  der  Widerspruch.  Schon 
die  Secinisner  Ifiogneten  sie,  weil  awei  Natnren,  deren  Je- 
de fib*  sieb  schon  eine  Person  ansmaehe,  eomal  wei}n  ih- 
nen  eoentgegengesetste  Eigenschaften  snIconuBen,  wie  hier 
die  eiiiennsterblichy  die  andere  sterblieh,  die  eine  anfangs- 
lee^    die  andere  ratstanden  sein  solle,  sich  nicht  an  einer 
.Pevaon  Tcreinigen  können  ^)^  nnd  ihnen  stimi^ien  die  Ra- 
tlooftUaten   bei,    indem  sie  noch   besonders  hervorheben, 
.tbeile  dafs  die  iurchliehen  Foraiein,  durch  welche  Jene  Ver- 
einignog  bestin»t  werden  solle,  fast  dävehans  nur  vernei- 
nend .seien,  und  die  Sache  nicht  ansehaalich  machen,  theils 
dafs  an  eineib  Christus,  der  mit  Hilfe  einer  einwohnenden 
göttlichen  Biatnr/dem  Bösen  widerstanden   und  sich  ohne 
Sttnde  erbaltefi  bAtte,    der  von  solcher  Hälfe  verlassene 
MeiAch  i&ein  wahrhaftes  Vorbild  haben  könnte  *)•. 


3)  RsxKHAiiD,  Vorles.  Über  dis  Dogm«,  S.  354.  GemKst  dem  ven 
den  ReformirkeA .  gegen  die  Lutheraner  geltend  gemachten 
Grundsatie ;  nuUa  natura  in  se,  ipsam  recpit  contradictoria. 
Fi.Ai«cic,  Gesch..  des  protest.  Lehrb.  Bd.  VI.  S.  782. 

4)  Faustt  SocxHi  de  Christi  natura  disputstio.  Opp.  Bibl.  Fr. 
Fol.  1 ,  p.  784.  Cstech.  Racor.  Q.  96  ff.  VgL  MAüHsmiKK, 
instit.  symb.  $.96.  Ao^h  Spikoza,  ep«  21.  ad  Oldenbarg. 
Opp.  ed.  GfnVnBiiy  p.  556,  sagt:  qaod  quatdam  ecci$sitt$  his 
addant ,  quod  Dmu  naturam  fmmanam  msrnrnpswit,  moaui  ex- 
presse  y  me^  quid  dicantj  nesdrey  imoy  ui  venuß  faiear  y  non 
minus  absurde  mihi  lotfui  videntWy  quam  si  quis  mihi  diceret^. 
quod  drculus  naturam,  quadrati  indueriU 

5)  Ci^l^HK)  Briefe  Über  den  RationalitmiM,  S.  378  ff.    'W'tesciiKi. 
Dia^  Inst,  theol.  ^.  128.    BRSTScmiBznBR  y  Handb.  der  Dogm« 

45  • 


708  SobUrtabhaadUng.    $•  14S, 

Dai  Watentliche  and  Baltbare  der  rationaKstUabcfi 
KnwOrfe  gegen  diese  Lehre  hat  am  achlrfsten  Schlkikr« 
ItACHBR  sasammengestellt,  ond  aaoh  bierin,  wie  in  fielen 
Stocken,  die  negative  Kritik  des  kirchlichen  Dogaa  ntm 
Abschlafg  gefilhrt  *).  Vor  Allem  findet  er  bedenldieli,  dala 
durch  den  Aoadruck :  göttliche  und  mensehliehe  Notar,  Uatl- 
lichee  und  Menschliches  unter  Eine  Kategorie  gestellt  wer- 
de, und  zwar  unter  die  Kategorie  ron  Natur,  was  doeh 
wesentlich  nur  ein  beschränktes,  im  Gegensatz  bq[rt£EB»es 
Sein  bedeute.  Dann  aber,  statt  daCi  sonst  Eine  Natur  vie- 
len Einzelwesen  oder  Personen  gemeinsam  sei,  solle  hier 
umgekehrt  Eine  Person  an  zwei  versehiedeuen  Naturea 
Theil  haben.  Sei  nun  Person  eiiM  stetige  Lebenseiiiheit, 
Natur  aber  der  Inbegriflf  ron  Gesetzen,  nach  welchen  die 
LebensznstSnde  sieh  verlaufen ;  so  sei  nicht  zu  begreifen, 
wie  zwei  durchaus  Forsehiedene  Sjrsteme  von  Lebenssnatte- 
den  in  Einen  Mittelpunkt  zusammenlaufen  kduiien.  Besoo* 
ders  klar  wird  nach  Schle^brmacher  diese  Dndeokbarkeit 
in  der  Behauptung  eines  zweifachen  Willens  in  Cbrisrn, 
welchem  man  folgeriohd^  auch  einen  doppelten  Vorstand 
zur  Seite  stellen  mafste,  wobei  dann,  wie  Vorstand  und 
Wille  die  Persl^nlichkelt  constituiren,  die  Zerspaltang  Chri- 


%  $•  137  ff. ;  auch  Kakt,  Relig.  innerhalb  der  Greazea  der 
bloiten  Vernunft,  2tes  Stück,  2ter  AbtchM  b.). 
6)  Glaubenslehre,  2,  ^^.  96—98.  —  Indem  Ich  diese  Schlbikr- 
MACHBa^sche  Kritik  alt  vollkommen  berechtigt  anerkenne,  »tei- 
le ich  mich  in  directen  Widerspruch  nnt  dem  Urtheii  von 
RosBincaANZ,  welcher  (Jahrb.  fUr  wiss.  Kritik«  1851.  Dec 
S.  935—41.)  „seinen  Unwillen  nicht  zurückhalten  kann  über 
die  theologisch  seichte  und  .philelogisch  kleinlichte  Manier, 
mit  welcher  ScMLSisaMACittii  in  diesem  Lehrstück  das  ifaupt- 
dogma  des  christlichen  Glaubens  von '  der  Menschwerdung 
Gottes  zu  untergraben  sucht/<  Die  Verwechslung,  auf  wel- 
cher dieses  Untheii  beruht,  wird  sich  weiter  unten  von  seib^ 
aufdecken. 


SeblDr^ffkfaandlQog.  j^.  )4S.'  709 

s4i-te'lnrei  PlBrtföneii  entoehieden  wMt^  Zvrar  tollen  die 
bttid^tt  Wnien  iiAiner  dsstelbe  wolU»ti :  ^  ulleiit  theils  gü^bt 
dtefb  fuiy  momlische,  nicht  pertMliebe  Kinhelt,  theils  ist 
es  ^ON  gSttlithem  and  menseblicti^»  Willen  nicht  ehioiiil 
m&iflieh,  indem  ein  medscMicber  Wille,  der  wesentlich  nar 
EiBselnes  and  eines  nm  des  andern  willen  will,  mit  einem 
gdttliohen,  dessen  Gegenstand  das  Oanse  in  seiner  Ent« 
wkililong  ist,  so  wenig  das  Gleiche  wollen  kann,  als  ein 
diacarslyer  menschlicher  Verstand  mit  dem  intaitiven  gatt^ 
Uftlien  cbsselbe  denken ;  woraus  eugleich  von  selbst  her»  ' 
Tot*gebt,  dafs  eine  Mittheilong  der  Eigenschaften  swtsohen 
dete  beiden  Matoren  sieh  nicht  annehm^i  läftt. 

Eiifeor  Sfanlieh^n  Kritik  entgieng  aoeh  die  Lehre  von 
der  ThStIgkeit  Christi  nicht,     ^bgeseheu  von  dem,  was  in- 
fermeUer  Hinsiebt  gegen  die  ISintheliang  derselben  In  die 
drM  Amter  eingewendet  wurde,  waren  es  Im  prophetisohod  ' 
hauptslcbliefa  die  Begriffe  von  Offenbarung  and  Wandelt, 
die  man  in  Anspruch  nahm,   weil  sie  weder  objectiv  mit 
richttgen  VoreteUungen  Fon  Sott  und  Welt  in  ihrem  gegen^ 
seitlgen  Verbültnlfs,  noch  subjeetiv  mit  dmi  Gesetzen  des 
menschlichen  ErkenntnUsvermtfgens  sieh  an  vertragen  schie- 
nen.   Unmdglich  könne  der  vollkommene  Gott  eine  l^atur 
gesehaffBU  baben^  die  von  Zeit  so  Zeit  einer  ansserordent» 
liehen  Nachhälfe  des  Schöpfers  bedürfte,  noch  Insbesonde- 
re eine  menschliche  Naluf,  die  Hiebt  durch  Entfaltung  ih- 
rer mitgegebenen  Anlagen  ihre  Bestimmung  su  erreicbeo 
vermöchte;  unmöglich  könne  der  Unverftnderliche  bald  auf 
diese,  bald  auf  jene  Welse,  das  einemal  mittelbar,  das  an» 
dremal  unmittelbar,  auf  die  Welt  einwirken,  sondern*  Im« 
mer  nur  auf  die  gleiche,  nimlich  an  sich  und  auf  das  Gänse 
unmittelbar,  ffir  uns  aber  und  auf  das  Einselne  mittelbar. 
Eine  Unterbrechung  des    Naturausammenhangs    und  der 
Entwicklung  der  Itfenschbeit  durch  unmittelbares  Eingrei- 
fen Gottes  ansunebmen,  hielse  allem  vernfinfrigen  Denken 
entsagen;  im  einseinen  Fall  aber  sei  eine  Offenbarung  und 


710  Soliltirsabl^lioillaiif»    {.IIS. 

WfUy  oni  «toher  sa  sein»  dafs  gewbae  Erscbeioiuigffn  mtkt 
aas  im  KräfitM  itr  Mftw  wd  den  Anlagen  da^  igptdi 
lichen^Geiatefl  ber?orgega»gen  seien,  »ine  voHstlndiy  K  mmuti 
ftifa  Fon.dieaen,  and  wie  weit  ai^  reichen^  erfordent 
de  I  deren  der  Menacb  sidi  nicht  rfijl>nien  kaifn  0« 

Doch  dep  .Hapf^ratofi  wiirde  an  dooi  hobeoprie 
lieben  Amt^  Jesu,  an  der  Lebre  von  der  Versöhn  nag ,  go- 
nonmen«,  Znnftchst.wares  die  antfairopopathische  F£rlMui|^ 
-welohe  dem  Verhitltnlfs  Gottes  sor  Sünde  der  Heoeefaen 
im  Anselaiisehen  System  gegeben  war,  was.  fiinwfirfe  her- 
Torrnfen  mar*^e«<  Wie!  es-  dem  Mel«ach0^  wohl  jnatehey 
Beleldigiiogen  ohde  Rache  ca  verzeihen:  so,  meinte  Sdcih, 
fcÜpne  anob  6o^t  ohne  Qenugtbuqpg  die  ßeleidlg«Agea , 
welche  «hm  die  MeASchen  dnreh  ihre  Sftndepi  anfttgeat 
vergeben  "><  DhBW^  £inwnrf  wurde'  von  Hugo  Gaenns 
dovob  die  Wendung  i>eseftigt,  dars  nicht  glelchsaia  in  Fol- 
g»  peretfnliober  Beleidlgntfg,  sondern  vm  die  Ordaoag  dar 
moralischen  Welt  unverietat  mitarbol^i  oder;  vernrilge 
seiner  ß$Hiiim  rectai^y  Gott  die  Sünden  nicht,  ohae  6e- 
imgchnung  vergeben  ktfnne  *)•  Indefs^  die  Nothwendlgkait 
einer -Oeniigthaang.aQeb  eagegeben,  sohitn»  doch  der  T/^ 
Jeafl»i)eine).ao(phe  nicht  aeia  Btikönnon*  , Wühlend  Aks£l«^ 
and  noefa  e^t^cbi^d^iier  TüOHAA  von  A^jilino':^^,  von  aioer 
mtiiafaeri^i  mtpTNihiMm^^  spratohen^  llngnete  Socur,  data 
C^iAatUf^itnob  nur  glejohviei  Strafe  getragen  bebe,  als  die 
Meo«{}be(r  verdient  hfttteo;.  denn  die  Mäaaoben  b£Uen,  je- 
-»{TK  ,  "fr   '•  '  ^  , 

7>  ^^ot^y  truct.  tfceol.;  poUt.  e.  6.  p>  ,133.   ed.  GnüiS&aR ,  und 

ep«  23.  fld  Oldenburg.  ,p.  (58  f.    Briefe  über  den  Bat.,  4ter, 

5ter,  6ter^  12ter«    Wb^schiidir,  §^.  11.  13.   ScBLiianMACKsmy 

Si  14.  4^.   . 
S1  Praclect.  thcol.  c.  15. 
9)  In  dem  Werk :  defetitlo'  fidei  cithl  dif  satisfaetione  Glir.  idr. 

W*  Sociifum.  - 

I«)  Summa,  F.  3.  Q.  4«.  A.  ß.  ., 


dei^^elnveloes  .^ea  evrjgi^n  Tod,. verdUent^  folgUeii  bitten 
ebensoviele  Stellvertreter  als  Säoder  den  ewigen  Tod  er« 
leiden  mflieen  s  wogegen  noo  der  eloeige   Cbrittae   blofs 
^^  B^itlioben  Tod^   aberdiefs  abi  Eingang  snr  bdeheten 
H^rrltcJikeity  e|!dai|deft  bab^^  pnd  «war  nioht  mU  »einer 
gftttlioiien  Natur  ^daCi  maq  ^agen  könnte^  dieae^  Leiden 
babe  iinendli<(ben  Wertb,  sondern  mit  seiner  mensoblioben* 
Wei^n  bieg^ea  sebon  frdber  dorn  Thoha^j  gegenüber  Duns 
ScoTUS  ^%  nnd  nnn  wieder  cwiseben  den  Ortbodoxen  and 
deii  Socinianern  GaoTius  dild  die  Arminianer  den  Ausweg 
ergriffen,    an  aii;b  zyirtLr  sei,  Cbristi  Verdienet  endlicb  ge- 
weseo,  wie  das  Subjeet  desselben,  seine  mensobJiebe  Na- 
tnr^  und  dah^v  snr  Ganugtbnn#ig  fOr  die  Sünden  dar  Welt 
nnxareicbend,  aber  Gott  bab^  es  aus  freier  Gnade  für  en- 
reicbcnd  aeceptirt :    so   folgte  ans  der  Einrüumiing,.  dals 
Gott  mit  uneulfingUcber  Gei^ogthunng  sich  begnügen,    also 
einen  Theil  der  Schvld  obne  Genagtbunog  vergeben  kän* 
ne,   noth wendig,   dafs  er   aueb   die  ganee  so  an  ?ergebei> 
im  Stande  sein  müsse»    Doch  ancb  abgesehen  yon  ^llen, 
diesep  o^heren  .Bestimmungen  wurd^  die  Gruodv.orsCellung 
^Ibst^  .dafs :  Jemand  für  Andejpe  S^nd^/i^trafen  anf  sich 
nehmen  könne,  als.  eine  vobe^^Vb^ertragung  niedrigerjep;  Vei« 
hältnifse  auf  höhere  angegriffen«    Sittliche  VerschnldnngenL 
seien   keipe  transmissibeln  Vorbindilchkeiteii ,  .es  verhalt^ 
sich  mit  ihnen  nicht,   wie  mit  Geldschulden^   wo  f^  den» 
GUubiger  gleichgültig  ist,  wer  sie  beeahlt,  wenn  sie  nur 
filHirbaupt   besahlt  werden;   der  Sündenstrafe  sei  es  viel« 
mehr  wesentlich,  eben  nur  Ober  den  verhängt  an  werden, 
der  sieh  ihrer  sebnldig  gemacht  bat  ^^*    Kann  bienach  der 
sogenannte  leidende  Gehorsam.  Christi  kein  stellvertreten- 
der gewesen  sein ;  so  noch  weniger  der  thätige,  da  er  die- 


lt) Comm.  in  Sentt.  L.  3.  Dist.  19. 

U)  8.  autter  SociM  Jbetonders  üiat,  Belig.  ianerhalb  d^r    Gren- 
zen der  biotten  Veraunft,  2tet  Stück,    litt-  Abschn.y  c). 


712  SehUfff^fchtendliiiig.    $1  !lM; 

sen  als  Mensch  fiSr  tfch  selbst  schon  zil'  leisten  MibiilAg 
witr  *•). 

In  Betreff  des  könfgticheil^  Amtes  Christi  trst  lÜe  Heff* 
nang  sof  seine  einstige  Wiederkanft  zntä  Gericht  im  Be- 
v^afstseirt  der  Gemeinde  in  dem  Maafse  Eurfick,  als  die  An- 
«foht  von  "einer  -gleich  nach  dem  Tode  Jedes'  Einzelnen  toH- 
gtHndig  eintretenden  Verbreitung  erstarkte,  wodorch  jener 
allgemeine  Gerichtsact  als  (iberSassig  erscheinen  murste  '^. 

f.    146« 

Die  Christologie  de«  Rationtlismat. 
"An  die  Stelle  des  kirchlichen  Dogma  von  ChrtstoSi 
seiner  Person  und  seiner  Wirksamkeit,  welches  sie  als  in 
sich  widersprechendes,  nutsloses,  ja  der  wahren  morali- 
^ sehen  Religiosität  sehfidliches  verwarfen,  seteten  nun  die 
RAtioHfllisten  eine  Lehre  ,  welche,  mit  Vermeidong  jener 
Widersprffehe ,  Jesum  doch  noch  als  eine  In  gewissesi 
Sinne  gdttliohe  Erscheinung  festhalten,  ja,  recht  erwogm^ 
ihn  weit  erhabener  hinstellen,  nnd  dabei  die  hrüftigstea 
Antriebe  en  praktischer  Frömmigkeit  enthalten  sollte  0« 

Ein  göttlicher  Gesandter ,  ein  besonderer  Liebling  nnd 
Pflegling  der  Gottheit,  sollte  Jesus  bleiben ,  sofern  er 
durch  die  Veranstaltung  der  Vorsehung  mit  einem  ansge- 
seichneten  Maafse  geistiger  VorsKge  ausgeröstet,  nnter  ein 
Volk  und  in  ein  Zeitalter  versetst,  und  sein  Lebensgang  so 
geleitet  wurde,  wie  es  seiner  Entwicklung  cn  dem,  was 
er  werden  sollte,  am  günstigsten  war;  sofern  namentlich 
gerade  diejenige  Todesart '  über  ihn  herbeigeführt  wurde, 
welche  die  Wiederbelebung,  von  der  das  Gedeihen  seines 
ganBto  Werkes  abhieng,  möglich,  and  Dmstände,  welche 


15)  TÖW.KK»,  der  thätige  Gehorsam  Christi  untersucht.  1768« 
14)  Wroschkidir,  §.   199. 
1)  Vgl.  iiher  das  Kol^cndc  besonders  die  Briefe  über  den  IUI, 
S.  572  If.    Ws^CHKoSR,  §§.  128.  135.  140. 


9Ml«riibhiittdt«ik|f.    f/^^  71» 

^itocT^be'  wii^kllcb  machten.     61aat>t  liienilt,   änt  deine  na« 
f Orfi^c^' Be^hbnng'  nnd  seine  finsseren  Schickiale  gesehen, 
die- rationalUtisebe  VorstelldngVbn  Christo  binterder  br-' 
tfhodoten  nleht  wesentlich  EardclKeubieiben,  indem  er  auch 
Ar   dei^^  erhabeliste^  MenscJi  Ist,   der  fb  anffil-deii  lebte, 
#ttt'  fleiros,  in   dessen  Sdhicks&kn  sich  die  Vorsehahg  im 
li5ühaten  Grade  TerherrÜchte :  so  glaobt  sie,  wenn  anf  die 
Innere   Bntwicklang   and    ttAe   Tbätig&ieit  Jesa  gesehen 
witäy  die  kirchliche  Lehre  wesentlich  ra  fiberbfeten.   Wah- 
rend der  Jiirobiiohe  Christas  ein  onfireies  Antomat  sei,  des* 
scn    Menschheit'  als  tödtes  Organ  des   CMtÜIefaed  steh  ver- 
halte, sittlich  rollkommen  handle,   weil  sie  nicht  sündigen 
kSnne,  nnd  ebenderswegen  weder  sittliches  Verdienst  haben, 
itoch'  Gegenstand  der  Aohtnng  and  Verehrung  sein  könne : 
Imble  nach  rationalistischer  Ansteht  die  Gottheit  in  Jesam 
.  nnr  die  natürlichen  Bedingongen  dessen,  was  er  werden  soll- 
te,   gelegt,'  dafs  er  es  aber  wirklich  wurde,   sei  das  Re- 
saltat  seiner  freien   Selbstthitigkelt  gewesen.    Seine  be- 
wunderungswürdige Weisheit  habe  er  sich  dorch  Bweckmft- 
fsige  Anwendung  seiner  VersfandeskrSfte  und  gewissenhaf- 
te Benützung  der  ihm  su  Gebot  stehenden  Hülfsmittel,  sei- 
ne sittliche  GrÖfse  durch  eifrige  Ausbildung  seiner  morali- 
schen Anlagen,  Besthmung  seiner  sinnlichen  Neigungen  und 
Lefdenschaften,  Ond  carte  Folgsamkeit  gegen  die  Stimme  sei- 
niRS  Gewissens ,   erworben ,   und  eben  nur  hierauf  beruhe 
das  Erhabene  seiner  Persünlichkeit ,  da|i  Ermunternde  sei- 
nes Vorbildes. 

Die  Thitigkeit  Jesu  anlangend ,  hat  er  sich  um  die 
Menschheit  vor  Allem  dadurch  verdient  gemacht,  dafs  er 
ihr  eine  Religionslehre  mitthellte ,  welcher  um  ihrer  Rein- 
heit und  Trefflichkeit  willen  mit  Recht  elhe  gewisse  gött- 
liche Kraft  und  Würde  eugeschrieben  wird,  nnd  dafs  er 
diese  durch  das  glinsende  Betspiel  seines  eigenen  WaodeU 
auf  die  wirksamete  Weise  erlAnterte  und  bekriftigle.  Die- 
ses prophetische  Amt  Clirlsti  ist  bei  Socinianem ,  und  Ra- 


sie,  tiÜßß  An^erfi^  .  <lall[;^)l|tt|üQh  i^fm  die|,Kiiaobenlelire 
djQ^  b(^9Ppiri^^rUc^ii.4>liite, begreift«  imoier  wieder. ■■• 
rBßkfiXhref^s  ,^er,  MOgenajQfite.  thueade  .Gebofaaai.  hat  Ite 
ot|iiel^iiQr,ab  fieU|^«4}  W^tb$  ab^r  a,«^  der  Tod  J«n 
spljll^dffl.^^o'eii^erg^opAf^iir  darob  Vec^MtUang  darBet- 
s^miQg  bfjiri/rJl^eQj  eotveder;  ao^^dafs  er  als  Beaiegeluagsei- 
i^r  |iebre|..aad  VorbUd  fiaCpigforfider  PJEUcbterfOUiaiig,  den 
Tyfgei|de2|G^  l^elel^,  od^r  ao^,  daia  er  al«  Beweit  der  Liebe 
Gotlßs  i^Aßn.  A^nsobeii^.  «einer  Geneigfibeit^  den  Crebat- 
sctrt^a,,aja  Kef!gebea|  ^9j$  aittlic^ben  Mntb  erhebe '> 

We^n  ChriBtat   nicht  •  mehr  gewesen  Ut  und  gediao 
hat,  «^8  diese  rationaiistisehe  Lj^te  ihn  sein  und  tlian  UUU: 
SD  sieht  mi^n  nioht,  wie  die  Frömmigkeit  dasn  kommt ,  ihn 
^a  ih^ip  besondern  Gegenstand  an  machen ,   und  die  Dag- 
oistik,  .eigene  Sätse  fiber  ihn  aufcnsteUen*    Wirkiieh  haben 
daher  opnseqnente  Rationalisten  erklärt  |  ifas  «die  orthodoxe 
Oogmatik  Christologie  nenne ^  trete  im  ratioaalistisciien  87- 
steifi. gar  .nicht  i^is  ein  integrirender  Theil  desselben  anf|da 
dieses  System  awar  ans  einer  Religion  bestehe ,  die  Christas 
gelehrt  habe ,  nicht  aber  ans  einer ,  deren  Object  er  selbst 
wäre.    Ueüse  Christologie  Messiasiehre :  so  sei  diese  nor 
eine  Hälfsiehre  für  die  Juden  gewesen ;   aber  auch  Isi  ed- 
leren Sinn^  als  Lehre  von  dem  Leben  ^   den  Thaten  und 
Schicksalen  Jesu  a|s  göttliehi^n  Gesaydteni  gehöre  sie  nicht 
^am  Glaubenssystem)  da  allgeineine  religiöse  Wahrheiten 
ioit  den  Vorstellungen  über  die  Person  dessen,  der  sieao- 
erst  ansgesprochen,  ebensowenig  ansammenhängen,  als  msa 
in  dem  System  der  LsiBNiz-WoLFlschen,  oder  KAKTischeo, 
oder  F|CHTB*schen  und  ScHBLUNo'schen  Philosophie  als  phi- 
losophische Sätse  dasjenige  aufstelle,    was  man  von  der 
Persönlichkeit  ihrer  Urheber  au  halten  bebe.  Nur  nur  Be- 


t)  i«  die  verschiedenen  Antichlen  bei  BiiCTSCMaBiDiK  ^  Dogsi«  ly 
S.  353,  systematische  EatwicUuag,  ^.  107« 


ligisMgtfi^Uehtov  Äiobi  «OTil«%im  kfone  4at  die  PersoA' 
m»i  Wi0kmjakeißJmtm  Iktw&teade  gehttren^  und  der  Rt^ 
Ii]H[iM8lUm  Dui  entweder 'als  getfobiohtUchie  fiinl^itong  vor«' 
MigiMciilelit )  ödieik*  aU  cmlidterfiderNeeh^pag  beigegeben 
vinivden')*  'Hifaieob  hfitte-/  >dmn  Bkkkb  tv-  seftaen  Linea* 
»•ntea  dU  GlirUblogiemUi  sdbstflifcändigen  Hmiptibetl  der 
üh>ga^ak.a«fg«Hobrti ,  «ad  ^tie  d«r^  Anthiie^l^e  als  Dn- 
tevaftdi^ilani^  beigegeben.  ^  . .  I  'w^ 

Illenit  tritti  nirn  aber  der  lUtieiialfiliiits  in  ofiFeneD' 

W^ideretrett  nifdem  clirasüichen  Glaaben,  iitfdem  erdasje^ 

itigä,   wae  dieeem  der  Müteiponkt  nnd  fiek^tein  iet,    die 

(jfiHve  vett  Cfadstlis.,  in  den  Hintorgmnd  eu  rtteken.  Ja 

alle  der  Dognattlc  an  verbannen  eüehi.    Ebeadaait  allfei^ 

Ut  auch  ctte^UdsaliagUehkek  des  ratiöiiali^tifeM^hen  Systeme 

aaleeliieden>y  weil  es  das  niebt  leistet,  was  jede  Glanbens- 

lefare  leisten  seil:  dem  Olaidi^,  der  ihr  Oegenstsfnd  ist^ 

antfieh  den  adäquaten  *  Ansdmafc  nn  geben,  nnd  ihta  awei-r 

«ans  mit  -  der  Wissenschaft  In  ein  *^  sei  er  poMtiyes ,   oder 

negatives  —  IWhkltnifs  en  seteen.  -Hier  nun  ist  Ober  dem 

Besf^eben ,  dM  Olänben  mit  der  Wisseneehsfl  In  Einklang 

an  bringen,  der  Ansdrnck  desselben  verk4lmniert  9  denn  ein 

Cbristtts,  nur  als  ausgeKeiebneter  Menseh,  maebt  zwar  dem 

Begreifen  keine   Sebwierigkeit ,   abeip  ist  nicht  derjenige, 

aa  welchen  die  Kirche  glaubt 

-    -  .,  $.147. 

Eiae^lektitdie  Christologie.    Soioitasaucaitii. 

Beide  UbelstX^de  tu  verraefden,   iind  die  Lehre  von 

Christo  ohne  B^^intrfldhtlgnng  des  Glaubens  so  an  fassen, 

dafs  die    Wissenschaft   ihr  nicht  den  Krieg  an  eHilXren 

braucht  ^) ,  ist  nun  das  fie*treben  desjenigen'  Theologen  ge« 


5)  ROM»,  brifefe,  S.  56.  A05  fil  ' 

1)  ScHLEiBitftuciiBii  >    Über  »eine   Glabbcntlcfere ,   an  Dr.  LiJorb. 
Zweites  Sendschreiben.    Studisit,  2,  i,  S.  461  S. 


TIA'  St^hlsfsAbluiil4i«ti|K.    f.  14T.  ' 

wtBeni  ^Haiobdhp  eineMrite  4b'iMiiktMtKrl(tfi;  «Im 
lifiiiiiiifl  gegen  die  Kircheniehr«  HAileUUldig  fai  etek  u%e* 
nonunea  ,  Ja  noeh  getobirft  |  endMrteUs  aber  dooh  necii 
das  Wesentliche  des  positiv  ohiRtolJichen  Gehalleay  der  dem 
Bationalismns Ferloren gegangta- war ,  feiitmlialteo  »miiishl 
liat,  und  daher  Vielen  In  der  letsten  Zrft  der  R^ter  ans 
der  Enge  des'  SnpranatnraÜsalni  nnd  der  Leere  des-BnCi#- 
nalismns  geworden  ist  Jene  Vereinfachung  des  Glaubens 
bringt  ScH^uaaiilcHBft  dadurch «n  Stande,  dafser  weder  pro- 
testantisch roa  der  Schrlftlefare ,  noch  auch  batboliadi  von 
den  Bestisiarangen  der  Kirche  ävsgehit|  da  er  anf  beide 
Weise  einen  bestioMnt  entwickelten  Inhalt  JieJLOBiBMwi  würde, 
der,  in  früheren  JAbrhunderten  entstanden,  ndt  der  heuti- 
gen Wissenschaft  sieh  notbwendig  verwickeln  oiafste: 
dern  er  geht  Fom  christlichen  Bewofiitsein,  von  der  ianc 
Erfahrung  aus ,  die  Jeder  iber  das  ^  was  er  aoi  Cliriste»- 
thoin  hat,  in  sich  selber  macht,  und  bekeaiait  so  einen 
Stoff,  der  als  Geflihltes  du  minder  Bestimmtes  ist,  dem 
daher  .doreh  dialektische  Entwicklung  leicbler  eine  Form 
gegeben. werden  kann,  welche  den  Forderungen  der  Wie* 
senschaft  genugthut 

Als  Glied  der  christlichen  Gemeinde  —  dtcTs  Ist  der 
Aasgangspunkt  4er  SeuLBiREMACHsa'schen  Christologie  ^  — 
bin  ich  mir  der  Aufhebung  meiner  SttndbaMgkeit  nüd  der 
Mittheilung  schlechthiniger  Vollkommenheit  bewnfst,  d«  h. 
ich  fahle  in  dieser  Gemeinschaft  die  EinflQsse  eines  afind- 
losen  nnd  vellkommenen  Prin4)ips  auf  mich.  Diese  Einflasae 
ktf  nnen  von  der  christlichen  Gemeinschaft  nicht  In  der  Art 
ausgehen,  dafs  die  Wechselwirkung  ihrer  Mitglieder  sin 
hervorbrficbte ;  denn  In  Jedem  einnelnen  von  dieaen  ist 
Sfinde  nnd  Cnvollkommenheit  gesetst,  nnd  das  Znsamme»* 
wirken  von  Unreinen  hat  nie  etwas  Reines  sum  Resul- 
tate.   Sondern  der^Einflufs  eines  solchen  muTs  es   sein. 


2)  Glaubenslehre,  1,  ^^  92-^105« 


»ohlorsabhamUHBg.    %  W.  717 

der  (dMübtik  j«ne  Sandbslgbelt  nad  VollkdAflienhtrt  ab 
persönliche  Eigtnsefaiiften  he^ah  ^  «od  «ndarotheiU  «oiit  d«r 
•hristUehan  GMieinsdiiift  ia  einen  VerhAltaifs  steht,  ver- 
»dge  deesea  dieie  £igen$ehaftefi  top  Ihm  sieb  Ihr  ndttbet« 
len  kfoneto :  d.  b^  <^  ^^^  dieser  Mittheilang  die  ehristliebe 
Semeüwehsftels  eolebe  nieht  TorbandeD  gewesen  sefn  kmn, 
ihr  8tifi»r  war.  Was  wir  in  «ns  als  Christen  bewirkt 
finden,  daraoa  scbiiefsen  wir,  wie  immer  von  der  Wirkung 
auf  die  Ursache  geschlossen  wird,  auf  die  Wirksamkeit 
Cliristi  zarOek,  nrid  aus  setner  Wirksamkeit  aaf  seine 
Person ,  welche  die  Fähigkeit  gehabt  haben  mnfs  j  solches 
na  bewirlLen* 

Mäher  ist  nun,  was  wir  in  der  efaristliehen  Gemein» 
Schaft  in  uns  finden,  eine  Kräftigung  des  6ottesbew|irstoein8 
in  seinem  Verbältnifs  cum  sisnlicben  |  d.  h.  wir  finden  es 
uns  erleichtert,  die  Übermacht  der  Sinnlichkeit  in  uns  an 
brechen,  alle  EindHIcke,  die  wir  empfangen ^  anfdas  re- 
iigiöse  Geftthl  au  beziehen  j  ond  hinwiederum  alle  Tbätig« 
kalten  ans  demselben  herrorgehen  zu  lassen.  Kach  dem 
Obigen  ist  diels  die  Wirkung  Christi  auf  uns,  welcher  die 
Kräftigkeit  seines  Gottesbewufstseins  uns  mittheilt ,  von  der 
Knechtschaft  der  Sinnlichkeit  und  Sande  uns  befreit,  und 
hiemit  der  Erläser  bt  In  dem  Gef äbi  des  gekräfifcigten  6ot< 
tesbewnlstselns ,  welches  der  Christ  In  der  GeoMinschafit 
mit  seinem  Krläser  hat,  werden  die  flenunungen  seines 
natfirlichen  und  geselligen  Lebens  nicht  zugleich  als  Hem- 
mungen des  Gottesbewufstseins  empfunden ;  sie  unterbre« 
eben  nicht  die  Seligkeit,  welche  er  in  seinem  innersten  re* 
llgiOsen  Leben  geniefst;  was  man  sonst  Übel  and  gdttllcke 
Strafen  nennt,  ist  es  fiDr  ihn  nicht,  u^d  Insofern  es  Chri« 
stns  ist ,  der  ihn  durch  Aufnahme  In  die  Gemeinsebaft  sei- 
ner Seligkeit  hievon  befreit,  kommt  diesem  neben  der  er- 
läsenden auch  die  versähnende  Thätigkeit  au.  —»  Hienaeh 
allein  ist  denn  auch  die  kirchliche  Lehre  ron  dem  dreifa- 
chen Amte  Christi  zu  Terstehen*    Prophet  ist  »^  sofern  er 


718  B^hlohubkWndfvdig.    t  M7. 

» 

:  ■{dfH  aiHlimv'  M  Aweh  daf  Wort,  dorok  SMbstiftfitol. 

\l«iig  iberhaopt)  diä  Mea«chiMit  an  ikli  sleken  konnte:  to 

dafs  der  B*ii|irgeg0n0taiNl  -seiner  Lclwe  eben'  sein«  Penea 

war;   Heherpirteüw  und  «tigleieh  Opior  iat-er^  «ofem  er, 

der  Stedbiee,  ans  dessen  Daseiii  stoh^daher  aneh  kein  UM 

.  entwkkeln   konnte,  In  die   CSemeinsehdfr  dos    aAndliebea 

.Lebens  der  Menschheit  eintrat,  nnd  die  In  deaaseffteir  er- 

sengten  Obel  auf  sich  nahm,  nta  sofort  uns  in  die  yeaela* 

aoliafit  aeines  sOndlosen  und  seligen  Lebens  aofsunehoMn, 

'  d.  h« ,   Sünde  «nd  Übel  auoh  in  nnd  fftr  Uns  anfsubeben, 

«ttd  ans  ^wr  iCktt  rein  darsilstellen ;  K^nig  eMileh  iat  er, 

sofern  er  diese  Segnungen  eben  in  Form  eines  Oemeinwe- 

aana,  dessen  Hanp't  er  ist ,  an  die  Mensehheit  bringt« 

Aas  dieseni  nan ,   was  Christas  wirkt,   ergiebt  aiek, 

waa  er  gewesen  ist«    Verdanken   wir  ihm  die  imnier  stei* 

.  gende  Krltft^gong  nnsreif  Gotteibewofstseins :  so  äntfa  dle& 

.  in  üim  in  fbsointer  Krffftigbeit  gewesen  sein*,   so  dafs  es, 

-  oder  Gott  in  Form  des  Beworstseins ,  das^  allein  Wirksaase 

f  in  ihm  war:,   nnd  diefs  ist  der  Sinn  des  kANsblfehen  Ans* 

dradu,  dnfs  Gott  in  Christa  Metastefi^  geworden  lat.     Wirbt 

.ütnwt  Cfiristns  in  nns  die  ittnuer  ToUsttfndfgere  fil>erwia- 

jdnng.der  Slonlietikeit :    eo   mnfs  diese  in  ihm  acbleebcfaia 

.ifibecw^ndeni  gewesen  sein,    in  •keinem  Angenbllck  aeines 

:  Lebens  kanh  das  sinnliohe  Bewnrstsein  dem  Gottesbewnrst* 

>  sein   den  Sfog  streitig  gemacht ,   nie  ein  Schwanken  nnd 

-Kampf  in  ilun  slatfgeAinden  haben,   cL  fa.'-die  nienschÜebe 

•  Matnr  inibm:  war  nnsfftidlichi  and  swar'in  dem  strenge* 
-ren  Sinn,  da(a  er,  rermtfge  des  wesentlichen  Übei*gewichts 
«  der  höheren  Krüfte  in  ihm  ftber  die  niedei^en,    nnndgÜeh 

•  iailndigen  konnte*    Ist  er  dnrch  diese  Eigenthflmlichkeit  sei« 

•  nes  Wesens  das  Urbild,  >  welchem  seine  Gemeinde  sich  im- 

•  -ner  nnr  anndbern,  nie  Aber  dänselbe  hlnauskomdton  kann : 
!  so  mnfa  -ew  doch  *—  sonst  könnte  «wischen  ihm*  nnd  ans 
'  kein^  wahrhafte  Gemeinschaft  stattfinden  —  nnter  den  ge- 

wdbnliehen  Bedtngengen  des  menseh&chen  Lebena  sich  ent- 


Sehl^r»äbhaiidldrig.    §.  lit.  ^71^ 

Wickelt^  bsbeni  ilai  GH^tldRche -rnttf«  in  il^tti  iröl(kotDmett  ge* 
sobichtlich  geworden  seln^  jeder  seiner  ges^mchtllch^n  Mö« 
mentiB  engleioh  das  Drbildlicbe  f n  id^h  getragen  liab'eh'^y  und 
dlefe  ist  der  eigdfltlldie  SInif  derfcitbUichen^^ofmeiV  dafa 
die  g&ttitcbe  und  nreniebliche  Natnr  ih  ihm  ea  £iner  Pi^* 
aoB  vereinige  gei^esen  aeien.  \ 

Nur  so  v?eit  l^fst  sich  die  Lehre  von  Christo  ans  der 
Inneren  Erfatirnng  fies  Christen  ableiten,  nnd  so  ^ek  t?i« 
derstr^^tet  sie,  nach  Schleisrmacher ,  auch  der-  Wismn« 
scbaft  nicht: .  was  im  Jiirchliclien  Opgma  dariSbei*  ibliiaiis- 
geht,  —  und  gerade  das  ist  es,  was  die  Wissenschaft  an« 
fechten  mnfs,  —  wie  namentlich  die  fibernatCIriicb^  Eraea« 
gung  Jesu  und  seine  Wnnder,  i^ucb  die  That^achen  dar 
Auferstehung  und  Himmelfahrt,  so  wie  die  Vorhersagun« 
gen  von  seiner  Wiederliunft  sum  (iericbt;,  i^nnen  nicht 
als  eigentliche  Bestan^theile  der  l^ebre  von  Christo  aufge- 
stellt werden.  Denn  derjenige,  yon  dessea  Einwirkung 
ons  alle  Kräftigung  unsres  Gottesbewnistseins  kommt,  kaaa 
Christus  gewesen  sein  ,  auch  wenn  er  nicht  leiblich  aufer- 
stand und^in  den  Himiiiel  sich  erhob  n.  &•  f.:  so  dafa  wir 
diese  Thatsachen  nioht  defswegen  glauben,  weil  si0  in.im- 
.  serer  inneren  Erfahrung  mi^esetat  wären,  sondern  nur  weil 
sie  in  der  Schrift  stehen,  also  nijcht  sowohliinf  religiöse 
und  dogmatische ,  als  vielmehr  nur  auf  historische  Weise* 

•  Oewlfii  ist  diese  Cbristolögie  aine  sehr  sehSne  Ent- 

wieklang,  und  in  ihr,  wie  wir  später  s^ben  werden,   das 

'M^lglichsCe  geleistet,  um  die  Vereinigung  des  Göttlichen  und 

•  Monsehlicben  in  Christo  als  einem  Individuum  anschaulich 

sn  machen  ');    allein  wenn  dieselbe  Beides,    sowohl  daa 

Glauben  unverkUrst^  als  die  Wissenschaft  nnverletac  »a  er- 


3)  Auch  hier  befinde  ich  mich  im  Gegensatz  gegen  Ros^mauivz, 
welcher  ■•  a.  O.  die  ScHLSiSiiMACHBii'tche  Christologie  eine 
gequälte  Enfwicklnng  nennt. 


halten  i»e^t;  so  mnfs  .g«f«fl , werden,  dafs  sie-^ich  ia  Abi- 

Der  Widerstreit  mit  der  Wisscmschaft  J^nQpft  sich  w- 
nftcbst  an  die  Formell  in  Qhristns  sei  dM  Drbildiielie  an« 
gL^i^h  |[e0ehicb.tiich  g()wefem  Oajs.drierf^  ein  gefthrlicber 
Punkt  sei  y  ist  ScHLEiERMACHjSR*n  selbfl  oioht  entgaogaa. 
Kaum  hat  er  den  beseichneten  Sata  aufgestellt ,  bo  sagt  er 
sich  aaeh  schon,  wie  schwer  es  sa  denken  ist^  da(s  d«j 
UrUldlicfae  in  einem  geschichtlichen  Einzelwesen  ToUstlo* 
lUg  cnr  Wirklichkeit  gekommen  sein  sollte ,  da  wir  das 
Urbild  Sonst  nie  in  einer  einzelnen  Erscheiniing ,  sondern 
nur  in  etneäi  gansen  Kreise  Fon  solchen  j  die  sich  gegen- 
seitig ergänzen ,  Terwirklicht  finden«  Zwar  soll  nun  die 
DrbilfUicbkeit  Christi  keineswegs  auf  die  tausenderlei  Be- 
eiehnngen  des  menschlichen  Lebens  sich  erstrecken,  so  dafs 
er  auch  fär  alles  Wissen,  oder  alle  Kunsü  und  Geschick- 
liohkeit ,  die  sieh  ia  der  menschlichen  Gesellschaft  entvrik« 
kelt,  urbHdltch  sein  mölste,  sondern  nur  fBr  das  Grebiet 
4en  Gottesbewufstseins :  allein  diefs  ändert,  wie  Scbmid 
mit  Recht  bemerkt,,  nichts,  da  auch  das  Gottes bewofatsein 
in  seiner  Entwicklung  und  Erscheinung  den  Bedingungen 
der  Endlichkeit  und  Unvollkommenheit  unterworfen  i^t, 
und  wenn  auch  nur  in  diesem  Gebiete  daar  Ideal  in  einer 
einzelnen  historischen  Person  als  wirklich  anerkannt  wer- 
den soll ,  diefs  nicht  geschehen  kann ,  ohne  die  Gesetze 
der  Natur  durch  Annahme  eines  Wn^dara  an  darchbre- 
cben*  Doch  diefs  schreckt  3cuL^i£KMACHER*n  keineaw«^ 
zurflck,  sondern  eben  Mer^  meint  er,  sei  der  einzige  Ort, 
wo  die  chris(jÜi9he  GUubenslehre  dem  Wunder  in  sich  Raun 
^oP 

4)  Diess  ist  auch  bereits  in  den  namhaftesten  Beurtlieilungta 
des  ScNLPTRiiHACMBR^schen  Syttems  zum  Bewnsttsein  gekom- 
men, \^4f^tiAw^*j  Ub^r  ScuLBiKiiMACHaJt  8  GUubentlehre;  H. 
SciufiDy  über  Scml.  GUubensL  S.  263  ff.;  Baim,  die  christL 
Gnosis,  S.  626  ff«,  und  die  angef*  Reeetos.  roa  RiotaMuusz. 


SchlnfsAbhandlujig.    $•  147.  721 

geben  mOsse,  iodem  die  Entstebnng  der  Person  Chrixti 
Dar  als  Resultat  ^inet  sehöpferjeeben  göttlichen  ActH  be- 
griffen werden  könne.  Zwar  soll  non  das  Wanderbare 
nar  aof  den  ersten  Eintritt  Cbristi  in  die  Reihe  dm  Dat^ 
seienden  beschrXnkt  werden ,  und  seine  ganee  weitere  Ent- 
wicklung allen  Bedingungen  des  endlicben  Daseins  unter- 
worfen gewesen  sein:  aber  diefs  ZugestXndnirs  kann  den 
Rifsy  der  durch  Jene  Behauptung  in  die  ganse  wissen- 
schaftliche Weltansicht  gemacht  ist,  nicht  heilen,  und  am 
wenigsten  können  vage  Analogleen  etwas  helfen ,  wie  die  : 
so  gut  es  noch  jetst  möglich  sei,  da(s  Materie  sich  balle 
und  im  unendlichen  Raum  au  rotiren  beginne ,  müsse  die 
Wissenschaft  auch  einräumen,  es  gebe  eine  Erscheinung 
im  Gebiet  des  geistigen  Lebens,  die  wir  eben  so  nur  als 
reinen  Anfang  einer  höheren  geistigen  Lebensentwicklung 
erklüren  können  ^)« 

Znmai  man  durch  diese  Vergleichung  an  das  erinnert 
wird,  was  Braniss  besonders  geltend  gemacht  bat ,  dafs  es 
den  Gosetzen  aller  Entwicklung  zuwider  wäre,  den  An- 
fangspunkt einer  Reihe  als  ein  Gröfstes  zur  denken,  und 
also  hier  in  Christo,  dem  Stifter  des  Gesammtlebens,  daa 
die  Kräftigung  des  Gottesbewufstseins  aum  Zwecke  bat,' 
die  Kräftigkeit  desselben  als  sebiechthinige  torzustelleu, 
was  doch  nur  das  unendliche  Ziel  dw  Entfaltung  des  von 
ihm  gestifteten  Gesammtlebens  ist.  Zwar  giebtanch  ScffLEiza« 
XACBKR  in  gewissem  Sinn  eine  Perfectibilität  des  Christen* 
tbums  zu:  aber  nicht  iiber  das  Wesen  Cbristi  hinaus,  son« 
dern  nur  über  seine  Erscheinung.  U«  b«,  die  Bedingtheit 
und  UnvoUkommenbeit  der  Verhältnisse  '  'hristi,  der  Spra« 
ch.e, ,  in  welcher  er  sich  ausdrückte,  der  N«ti<inalität,  inner- 
halb deren  er  stand,  habe  auch  sein  Denken  und  Thun 
afficirt,  aber  nur  die  Aussenseite:  der  innere  Kern  der- 
selben  sei  dennoch  wahrhaft  urbildllch  g^  n}|»n,  und  wenn 


5)  Im  2ten  Sendtcbretben. 

Das  L$btn  Jsm  2ts  Avfl.  2.  Ba^  46 


72)  Schlnrsabbandlang.    $.  147* 

nun   die   Christenheit  in  ihrer  Fertentwieidiin|r  fn  Lehre 
und    Leben  immer  mehr  Jene  temporellen  nnd  nationalei 
Schranken  niederwerfe,  in  welchen  Jesn  Tbnn  nad  Aedea 
sieh  bewegte :  so  sei  diers  liein  Hinaasgehen  aber  Chriatoa, 
sondern   nar  eine  um  so  vollständigere  Darlegung  aeiass 
Inneren  Wefens.    Allein,  wie Scbmio grfiadlieh naebgewie* 
sen   hat,   ein  gesehicbtliches  Individuum  ist  eben  nor  du^ 
was  von  ihm  erscheint,  sein  inneres  Wesen  wird  in  aeinea 
RedeAnnd  Handlnngea  erliaiint,  au  seiner  EigenthOmlieh- 
.    luit  gehört  die  Bedingtheit  dnreh  Zeit  -  and  Vollisverfaftlt- 
nisse  mit,  nnd  was  hioter  dieser  £ischeinung  ala  An  sieh 
anrücküegt,  ist  nicht  das  Wesen  dieses  Lidividauna,  son- 
dern die  allgemeine  menschliche  Natur  überhaupt,  welaba 
in  den  Einaelnen?  durch  Indivtdualitfit,  Zeit  und  Umatfiade 
beschränkt,  aar  Wirklichkeit  kommt.    Über  die  geaehicbt- 
liche  Erscheinung  Christi   hinausgehen  ,   heUst  also  nicht 
enm  Wesen   Christi   sich   erheben,   sondern  aar  Idee  der 
Menschheit  Oberhaupt ,    und    wenn   es  Christas  noch  sein 
soll,   dessen  Wesen   sich   darstellt»    wenn    auit   Wegwar» 
fang  des    Temporellen  und  Nationalen    das   Wesentliche 
aas  seiner  Lehre  nnd  seinem  Leben  fortgebildet  wird:   aa 
könnte  es  nicht  schwer  fallen,   durch  ähnliche  Abstraetian 
auch  einen  Sokrates  als  denjenigen  daraostellen,  über  wal* 
eben  in  dieser  Weise  nicht  hinausgegangen  werden  könne. 
Wie  aber  weder  überhaupt  ein  Individuum,  noch  ina» 
besondre  ein  geschichtlicher  Anfangspunkt  augleioh  orbild- 
iich.  sein  kann :   sq  will  auch,  Christum  bestimmt  ala  Men- 
schen geCslst,   die   nrbildliehe  Entwicklung  und  Beachaf« 
fenheic,    welche   ihm  ScHLaiKUMACHER  anschreibt,  mit  den 
tiesetaen   des   menschlichen   Daseins  sich  nicht  vertagen. 
Die  Unsündlichkeit,  als   Unmöglichkeit  des  Sfindigens  ge« 
fafst,    wie  sie  in   Christo  gewesen  sein  soll,   ist  eine  mit 
der  menschlichen    Natur  gane   unvereinbare   Eigenschaft 
da  dem  Menschen  vermöge  seiner  von  sinnlichen  wie  ?er- 
nanftigen  Antrieben  bewegten  Freiheit  die  Jdöglichkeit  des 


SchUfsabhaadivng.    $.147.  723 

Sfln^en^  wesentlich  ist*  Und  wenn  Christas  sogar  von 
aUem  innem  Kampfe  von  jeder  Schwankung  des  geistigen  ' 
Lebens  ewischen  Ont  and  B^se,  firei  gewesen  sein  ^oii: 
ad  kfonte  er  Tollends  kein  Mensch  wie  wir  gewesen  sein, 
da  die  Weohsalwirkling ,  in  welcher  bei'm  Meufioheni 
sowohl  die  innere  Geisteskraft  ttberhanpt  mit  der  auf  sie 
•fanwlrkenden  Aussenwelt^  als  insbesondere  die  höhere ,  re- 
ttgiSesittliche  Kraft  mit  der  sinnlichen  GeistesthKtigkek 
atehty   nothwendig  als  Kampf  eot  £rscheinung  kommt  ^ 

So  wenig  aber  aaf  dieser  Seite  der  Wissenschaft  >  so 
wenig  thnt  die  in  Rede  stehende  Christoiogie  aaf  der  an« 
dem  Seite  dem  Glaoben  genug.  Um  Ton  denjenigen  Punkten 
absasehen  ^  wo  sie  fOr  die  kirchliohen  Bestimmungen  wenig* 
stens  annehmliche  Surrogate  na  bieten  weifs»  ttbet  welche 
sich  Jedooh  gleichftills  streiten  lieTse»  ob  sie  Völligen  Er- 
satz gewähren  ^  ^  tritt  diefs  am  schreiendsten  in  der  Be» 
haoptung  herror^  die  Thatsachen  der  Auferstahnng  nnd 
Blmmelfaiirt  gehören  nicht  wesentlich  aum  chrisUiohen 
Glauben*  Während  doch  der  Glaube  an  die  AuferstelMing 
Christi  der  Grundstein  ist,  ohne  welchen  die  christliche 
Gemeinde  sich  nicht  hätte  aufbauen  können  ^  auch  Jetst 
noch  der  christliche  Festcyclos^  die  äussere  Darstellang 
den  ehristliehen  BewulstseiiU ,  keine  tödtlichere  VerstOm- 
melung  erleiden  könnte,  als  wenn  aus  demselben  das  Oster» 
fest  aasgebrochen  wirde;  fiberhaupt  im  Glauben  der  Ge* 
meinde  der  gestorbene  Christus  nicht  sein  könnte,  was 
er  ist  ^  wenn  er  nicht  sugleich  der  Wiedererstandene 
wäre. 

Zeigt  steh  an  der  ScHLltlRMAcaKR'sohen  Lehre  von  der 
Person  und  den  Zuständen  Christi  besonders  ihre  doppelte 
Ckmdänglichkeit,  in  fieeug  auf  Kirehenglauben  und  WiSi» 
sensekaft :  so  wird  aus  der  Lehre  von  der  Wirksamkeit  Chri» 


l  6)  Scuxu),  s«  s«  O. 
7)  Vgl.  RotuncBAHS,  a.  s.  0.    S.  935  it. 

46 


724  SoKlttröabhandlong.    §•  147. 

8«{  erlieiten,  daßi^  um  dem  ersteren  nar  so  weit  genug  ra 
than  ,  ab  hier  geschfetit^  öio  solcher  Widersprach  gege^ 
die  Oritndsfitse  der  letsteren  gar  nicht  nöthig^  sondern  et« 
leichteres  Verfahren  möglich  War.  Kfimlich  blofs  auf  den 
Rtickschlars  yon  der  innern  Erfahrung  des  Chrigten,  ala  dor 
Wirkung,  auf  die  Person  Christi,  als  die  Orsaohe,  gegrtn* 
det,  steht  die  ScHLBiSRMACHBR's<^he  Christologie  anf  sebwa- 
chen  Fofsen,  indem  nicht  bewiesen  werden  kann,  <ia£i 
jene  innere  Erfahrung  nur  dann  sich  erklären  lasse,  wenn 
ein  solcher  Christas  wirklich  gelebt  hat.  ScHLEiSRMACHEä 
selbst  bat  den  Ausweg  bemerkt,  dafs  man  Ja  sagen  köiia» 
te,  nur  veranlafst  dnrob  Jesu  relative  Vortrefflichkeit  balie 
die  Gemeinde  ein  Ideal  absoluter  Vollkommenheit  entwor« 
fen,  und  aof  den  historischen  Christas  übergetragen,  aas 
welchem  sie  nun  fortwährend  ihr  Oottesbewafstsein  stlrke 
nnd  nett  belebe:'  doch  diesen  Ausweg  soll  die  Bemerksng 
abschneiden,  die  sfindhafte  Menschheit  habe  vermöge  des 
Zosammenliangs  von  Willen  und  Verstand  gar  nicht  das 
Vermögen,  ein  fleckenloses  UrbHd  bu  erzeugen.  AUeiOy 
wie  treffend  bemerkt  worden  ist,  wenn  ScuLEiBaMACBsa 
ffir  die  Entstehung  seines  wirklichen  Christus  ein  Wunder 
postullrt:  so  könnten  ja  wir  ffir  die  Entstehung  des  Ideais 
Ton  einem  Christus  in  der  menschlichen  Seele  dasselbe 
Recht  in  Anspruch  nehmen  ^.  Indefs,  es  bt  gar  nicht 
einmal  wahr,  da(s  die  sündhafte  menschliehe  Katur 
firseugoag  eines  sUadiosen  Urbilds  nnffibig  ist.  Wird 
ter  diesem  Ideal  nar  die  .allgemeine  VorsteUung  verstan« 
den :  so  ist  vielmehr  mit  dem  Bewafstsein  der  DnvoUkom» 
menheit  nnd  Sflndhafttgkeit  die  Vorstellung  des  Vollkonn 
menen  and  Sündlosen  ebenso  noth wendig  gegeben,  wie 
mit  dem  der  Endlichkeit  die  des  Unendlichen,  indem  iieido 
VorsteUnngen  sich  gegenseitig  bejlingen^  die  ^e  oluie  dia 
andere  gar  nicht  möglich  ist.    Ist  aber  die  concreto  Aas- 


8)  Baur  ,  a.  a.  O.    S.  665. 


Sohlursabhandlang.    f«  14S,  7S5 

filhniQi;  des  Bildet  mit  den  einselnan  Zügen  gemtiiit:  fo 
kan^  ttian  sogeheni  daft  einem  sündhaften  In<)i?idauin  und 
Zeitalter  diese  Ausmalung  nicht  fleciLenlos  gelingen  liann; 
allein  desaen  ist  ein  Solches  Zeitalter ,  weil  es  selbst  nicht 
darüber  hinaoa  is^  a&eh  nIcKt  bewnfst,  und  wenn  das 
Sild  aar  sUaBaabaft  ansgefahrt  ist^  und  der  Beleoohtung 
maab  i4el  Spielraum  läfst;  so  kann  es  leicht  auch  ?on  ei- 
ner späteren 9  scharfsichtiger  gewordenen  Zeit,  so  lange 
aie  den  gat^  Willen  der  gfinstigsten  Beleuchtung  hat,  noch 
ala  fleclienlos  betrachtet  werden. 

Hiemit* sehen  wir,  was  an  dem  Vorwurf  ist,  der 
ScHLKiERMACHSa'n  SO  Ungehalten  machte,  dafii  sein  Chri« 
atas  kein  hlstc^scher,  sondern  ein  idealer  sei:  er  ist  un* 
gerecht ,  .wenn  auf  die  Meinung  Schleikrmachkr's  gesehen 
wird,  denn  er  glaubte  steif  ^nd  fest,  der  Christus,  wie 
er  ihn  oonstruirte,  habe  wirklich  so  gelebt;  aber  gerecht 
iat  er  einerseits  In  Bezug  auf  den  geschichtlichen  fhatbe- 
atand>  weil  ein  solcher  Christus  immer  nur  in  der  Idee 
Torhanden  gewesen  ist,  ia  welchem  Sinn  freilich  dem 
liirchlichen  System  derselbe  Ycnrwurf  noch  stärker  gemacht 
werden  mOfste,  weil  sein  Christos  noch  Tiel  weniger  exi- 
atirt  haben  kana;  gerecht  endlich  rfick sichtlich  der  Con- 
a^umia  des  Systems,  ind»m,  um  das  an  bewirken,  waa 
ScHLaiSRMACHER  ihn  bewirken  läfst,  kein  anderer  Christus 
afithig,  und  nach  den  ScuLEiKRiuciiER^ sehen  Orundsätaen 
über  das  Verhältnifs  Gottes  aur  Welt,  des  Übernatfir|iohen 
eum  Natfirlichen,  auch  kein  andrer  möglich  ist,  als  ein 
idealer  —  und  in  diesem  Sinne  trifft  der  Vorwurf  die 
ScHLEiERMAcuER'sche  Glaubenslehre  specifisch,  da  nach  den 
Prämissen  derKircheniehre  allerdings  ein  histmriseher  Chri- 
stus sowohl  mdglicb  als  nothwendig  war. 

S.     148. 

Die  Christologie ,   tymboliich  gewendet.     KA?iT.    db  Wbttb. 
Ist  hiemit  der  Versuch  gescheitert,  das  Urbildliche 


TM  gehlnrsabhandloiig«    $.  148. 


in  Qkfitt6  mit  dem  GeteUehtlioben 
•cbeiden  sioh  diese  beiden  Elemente ,  das  letelere  fUlt  ab 
natfirliches  Retidaam  s«  Boden,  das  erstöre  aber  steigt  ab 
reines  Sablimat  in  den  Äther  der  Ideenwelt  eoipor.  Ge- 
schiohtlioh  kann  Jesus  nichts  Anderes  gewesen  aein,  ak 
eine  awar  sehr  anigeaeiehnete,  aber  daron  dooh  der  Jk- 
sehrXnktheit  alias  Cndliehen  unterworAme  Per85aliehkell: 
vermSge  dieser  ansgeaeiohneten  Persöniiehkeit  aber  regle 
er  das  rellgi5se  Oeffihl  so  mtchtlg  an,  dafs  dieaea  in  ihm 
ein  Ideal  der  Frömmigkeit  inerkannte;  wie  denn  über- 
haupt eine  historische  Thatsache  oder  Person  nur  dadorA 
Grundlage  ^er  positiven  Religion  werdend  kann»  daCs  sie 
In  die  Sphäre  des  Idealen  erhoben  wird  ^)« 

Schon  Spinoza  hatte  diese  Unterscheidung  ge»aeht  in 
der  Behauptung,  den  historischen  Christas  au  kennen ,  aei 
enr  Seligkeit  nicht  notbwendig,  wohl  al>er  den  idealee, 
dia  ewige  Weisheit  Gottes  nflmitch ,  weidie  doli  in  allen 
Dingen,  Im  Besondem  im  menschlichen  Gemllth^  nnd  al- 
lerdings in  ansgeaeichnetem  Grad  in  Jesu  Christo  geoffen- 
'  hart  habe,  nnd  welche  allein  den  Menschen  [»elehre^  was 
wahr  nnd  falsch»  gut  und  böse  sei  ^. 

Auch  nach  KaWr  darf  es  nicht  cor  Bedingung  der 
Seliglieit  gemacht  werden,  dafs  man  glaube,  es  habe  rfn« 
mal  einen  Mensehen  gegeben ,  der  durch  seine  Hddigkeit 
und  sein  Verdienst  sowohl  für  sich  als  auch  ftr  alle  an- 
dern genoggetban  habe;    denn  daron  sage  nns  die  Vor- 


1}  So  dctooBj  ft.  ••  O«    S.  367. 

2)  Ep.  21.  sd  Oldenburg.  Opp*  ad.  Cra^aaa,  p.  556t  —  dim, 
mi  st^aimn  non  eiss  cmninö  n$oest0^  Ckritiam  seeattdam  cor- 
nem  nöscere ;  sed  de  aiUemo  iüo  ßlia  Dd^  A.  s«  IM  atienm 
gapieniiay  quae  sese  in  omnibus  rebus  y  ei  maxime  in  mente 
Imümana^  et  omnium  m^ime  in  Christo  Jesu  manifestmoitj 
kmg0  /älter  sentieitdum.  Nam  nemo  ahsque  hae  ad  siahan  &m- 
titudiais  potest  peroenirey  utpote  quae  sola  docei  ^  quid 
et  faisamy  bomxm  ei  malam  «t>. 


Sohlnrsabhandloag.    f.  14&  727 

nanft  nichts;  wohl  aber  sei  es  allgemeine Menscbenpflicht, 
KU  dem  Ideal  der  moralischen  Vollkommenheit,  welches  in 
der  Vernunft  liege,  sich  sn  erheben,  und  durch  dessen 
Vorhaltung  sich  sittlich  krfiftigen  su  lassen :  nnr  ea  diesem 
moralischen,  nicht  zn  jenem  historischen  Glauben  sei  der 
Mensch  verpflichtet  ^. 

Auf  dieses  Ideal  sacht  nun  Kant  die  elnselnen  Zfige 
der  biblischen  und  kirchlichen  Lehre  yon  Christo    Qm£a« 
deaten.    Die  Menschheit  oder  das  vernünftige  Weltwesen 
überhaupt  in  seiner  ganzen  sittlichen  Vollkommenheit  ist 
es  allein,    was  eine  Welt  znm  Gegenstande  des  ^göttlichen 
Rathschlusses  und  cum  Zweck  der  Schöpfung  machen  kann; 
diese  Idee  der  gottwohlgeffflligen   Menschheit  ist  in   Gott 
Ton  Ewigkeit  her,   sie  geht  von  seinem  Wesen  aus,  und 
ist  insofern  kein  erschaffenes  Ding,  sondern  sein  eingebor- 
ner  Sohn,  das  Wort,  durch  welches,  d.  h.  um  dessen  wil- 
len, Alles  gemacht  ist^  in  welchem  Gott  die  Welt  geliebt 
hat.    Sofern  von  dieser  Idee  der  moralischen  Vollkommen- 
heit der  Mensch  nicht  selbst  der  Urheber  ist,  sondern  sie 
in  ihm  Platz  genommen  hat,  ohne  dafs  man  begriflEe,  wie 
seine  Natur  fttr  sie  habe  empffingllch  sein  können :  so  läfst 
sieb  sagen  ^   daSk  Jenes  Drbild  vom  Himmel  zu  uns  herab« 
gekömmta  sei,   da(s  es  die  Menschheit  angenommen  habe, 
und  diese  Vereinigung  mit  uns   kann   als  ein  Stand  der 
Erniedrigung  des  Sohnes  Gottes  angesehen  werden.    Die- 
ses Ideal  der  moralischen  Vollkommenheit,   wie  sie  in  ei- 
nem  von  Bedürfnissen    und  Neigungen  abhängigen  Welt- 
wesen möglich  ist,  können  wir  uns  nicht  anders  vorstel-^ 
len,  als  in  Form  eines  Menschen,  und  zwar,  weil  wir  uns 
von  der  S^firke  einer  Kraft,    und  so   auch- der  sittlichen 
I  Gesinnung,  keinen  Begriff  machen  können,  als  wenn  wir 
sie  mit  Hindernissen  ringend,  und  unter  den  grölsten  An- 


5)  Religion  innerhalb  der  Gränzen  der  bloss^cn  Vernunft^  drillet 
Stück,  ite  Ablbl.  VIL 


79a  *     Sohlarsabhandlong.    {•  1«B. 

feebtuogeii  dennoch  tfbarwindend  *nn8  TersteOen,  rinei  tnl- 
oben  Meoschen,  der  nicht  allein  alleMensehenpflichtselbat 
ansBottben,  nnd  durch  Lehre  und  Beispiel  das  Gate  ia 
grÖfstmögHohem  Umfang  nm  sich  her  anaenbreiten,  aondflna 
ancby  obgleich  durch  die  stärksten  Anlockungen  Tersncbt, 
dennoch  alle  Leiden  bis  enm  schmfthlichsten  Tode  nai  den 
Weltbesten  willen  nu  (Iherhehmen  bereitwillig  wfire. 

Diese  Idee  hat  ihre  Realitlt  in  practischer  ßesiehang 
Tollstlndig  in  sieh  selbst,  nnd  es  bedarf  keines  Bdispiela 
in  der  Erfahrung ,  nm  dieselbe  cum  verbindenden  Vorluid 
fifr  uns  «u  machen,  da  sie  als  solches  schon  in  naaerer 
Vernunft  liegt.  Auch  bleibt  dieses  Urbild  wesentlioh  nur 
in  der  Vernunft,  weil  ihm  kein  Beispiel  in  der  Soaseren 
Erfahrung  adXqnat  sein  kann,  als  welche  das  Innere  der 
Gesinnung  nicht  aufdeckt,  sondern  darauf  nur  mit  sehwan- 
kender  OewlTsheit  schliefsen  llfst.  Da  jedoch  dieaem  Ur- 
bilde  alle  Mensches  gemifs  sein  sollten,  nnd  folgiieh  es 
auch  können  mttssens  so  bleibt  immer  möglich,  dafs  in 
der  Erfahrung  ein  Mensch  vorkomme,  der  durch  Lehre, 
Lebenswaadel  und  lieiden  das  Beispiel  eines  gottwohlge- 
üKlligen  Manschen  gebe;  doch  auch  in  dieser  Erscfaeinnag 
des  Oottmenschen  wäre  nicht  eigentlich  das,  was  von  ihm 
in  die  Sinne  fXUt,  oder  durch  Erfahrung  erkannt  werden 
kann,  Object  des  seligmachenden  Glaubens,  sondern  das 
in  unsrer  Vernunft  liegende  Urbild,  welches  wir  jener  Er- 
scheinung unterlegten,  weil  wir  sie  demselben  gemfiCi  fin- 
den, aber  freilich  immer  nur  in  soweit,  als  diefs  in  tas- 
serer  Erfahrung  erkannt  werden  kann.  WeU  wir  alle, 
obwohl  vnatörlich  ereeugte  Menschen ,  uns  verbunden  ood 
daher  im  Stande  fühlen^  selbst  solche  Beispiele  abaugeben : 
so  haben  wir  keine  Ursache,  in  jenem  musterhaften  Men- 
schen einen  übernatörlich  eraengten  su  erbliclien ;  eben- 
sowenig hat  er  zu  seiner  Beglaabigong  Wunder  nöthig, 
sondern  neben  dem  moralischen  Glauben  an  die  Idee  ist 
nur  noch  die  historische  Wahrnebfluing  erforderlich,  dafs 


Sishtofsabbaadlung.    $.148.  7S9 

seia  iiebenswandel  ihr  gemlls  «ei,   um  ibo  a)»  Beispiel 
derealbea  zu  b^lanbigen.. 

Derjenige  nun,  welcher  sieh  einer  solcbea  moraliscben 
Gesinnung  bewnfst  üt,  dafs  er  gegrfindete3  Vertrauen  auf 
•ich  setzen  kann,  er  wilrde  unter  ähnlichen  Yertsnohungen 
und  .Leiden,  wie  sie  an  dem  Ur bilde  der  Menschheit  als 
Probierstein  seiner  moralischen  Gesinnung  vorgestellt  wer- 
den, diesem  unwandelbar  anhfingig  und  in  treuer  Nachfol- 
ge ähnlich  bleiben,  ein  solcher  Mensch   allein  ist  befugt, 
sich   für  einen  Gegenstend  des  göttlichen   WoUgsfallens 
EU   halten.     Um  zu    solcher  Gesinnung  sich   zu  erheben, 
mufs  der  Mensch  yom  Bösen  ausgeben,  den  alten  Mensehen 
ausziehen,  sein  Fleisch  kreuzigen ;  eine  Umänderung,  wel- 
che wesentlich   mit  einer  Reibe  .Ton  Schmerisen   und  Lei- 
den verbunden  ist.    Diese  hat  der  alte  Mensch  als  Strafen 
verdient:  sie  treffen  aber  den  neuen,  indem  der  Wiederge- 
borene, der  sie  auf  sich  nimmt,  nur  noch  physisch,  seinem 
empirischen   Charakter  nach,   Als  Sinnen wesen,  der  alte 
bleibt,  moralisch  aber,  als  intelligibles  Wesen,  in  seiner 
veränderten  Gesinnung,    ein  neuer  Mensch  geworden  ist. 
Sofern    er  nun  in  der  Sinnesänderung  die  Gesinnung  des 
Sohnes  Gottes  in  sich  aufgenommen  hat,  so  kann,  was  ei- 
gentlich ein  Stellvertreten  des  alten  Menschen  für  den  neuen 
ist,  als  Stellvertretung  des  Sohnes  Gottes,  wenn  man  die 
Idee  personificirt ,   vorgestellt  und  gesagt   werden,   dieser 
selbst  trage  ffir  den  Menschen ,  für  alle ,  die  an  ihn  prak- 
tisch glauben,   als  Stellvertreter  die  Sfindenschuld,  thue 
durch  Leiden  und   Tod  der  höchsten  Oereehtigkeit  als  Er- 
löser genug,  und  mache  als  Sachverwalter ,  da(s  sie  hoffen 
können,  vor  dem  Richter  als  gerechtfertigt  zu  erseheipen, 
indem  das  Leiden ,  -  welches  der  neue  Mensch ,   indem  er 
dem  alten  abstirbt,  im  Lieben  fortwährend  ttbernebmen  mufs, 
an  dem  Repräsentanten  der  Menschheit  als  ein  fttr   allemal 
erlittener  Tod  vorgestellt  wird  *). 

4)  s.  s.  O.  »e%  Stück,  Iter  Absclm.  Stet  Sittck,  IteAbthlg. 


78»  SehloTiabhiiiidliing.    $.148. 

Aaeh  RAnr/wie  SbHLViSRiiicasR)  dessen  (Sirlgtolegie 
Überhaupt  in  mancben  Besiehnngen  an  die  KANTisohe  er- 
innert *))  kommt  in  der  Aneignung  der  liireliiichen  Clvi« 
stologie  nor  bis  sam  Tod  Christi:  Ton  seiner 'Aoferstebang 
nnd  Himmelfahrt  aber  sagt  er,  sie  liSnnen  snr  ReUgka 
Innerhalb  der  Grenzen  der  blofsen  Vemonft  nicht  beoitit 
werden ,  weil  sie  auf  Materialität  aller  Weltwesen  führea 
wflrden.  Wie  er  indefs  auf  der  andern  Seite  diese  Tliat- 
saehen  doch  wieder  als  Symbole  von  Yemunftideen,  aU 
Bilder  des  Eingangs  in  den  Site  der  Seligkeit,  d.  lu  in  & 
Cremeinschaft  mit  allen  Guten,  gelten  Ifilst:  se  hat  neeh 
bestimmter  Tikftiiunk  erklärt,  ohne  die  Anferstehnng  wfir- 
de  die  Geschichte  Jesu  sich  in  ein  widriges  Ende  verlie- 
ren ,  das  Auge  sich  mit  Wehmath  und  Widerwillen  too 
einer  Begebenheit  abwenden ,  in  welcher  das  Mnster  <kr 
Menschheit  als  Opfer  unheiliger  Wuth  fiele,  nnd  die 
Scene  sich  mit  seinem  ebenso  anschuldigen,  als  sebmereE- 
chen  Tod  beschldfse;  es  müsse  der  Ausgang  dieser  Gesehith- 
te  mit  der  Erfällung  der  Erwartung  gekrönt  sein,  au  wel« 
eher  sich  die  moralisehe  Betrachtung  eines  jeden  nnwider- 
stehlich  hingesogen  ftthle:  mit  dem  Übergang  in  eine  ver- 
geltende Unsterblichkeit^.   • 

Auf  ähnliche  Weise  schrieb  t)S  Wbttb,  wie  jeder 
Geschichte,  und  insbesondere  der  Religtonsgeschichte,  so 
auch  der  evangelischen ,  einen  Symbolischen ,  Idealen  Ciia- 
rakter  au,  vermöge  dessen  sie  Ausdruck  nnd  Abbild  des 
menschlichen  Geistes  und  seiner  Thätigkeiten  sei.  IKe  Ge- 
schichte von  der  wunderbaren  Eraeugung  Jesu  stelle  dea 
göttlichen  Ursprung  der  Religion  dar;  die  Eraähinngea 
von  s(rinen  Wunderthaten.  die  selbstständige  Kjrafk  des 
Menschengeistes  und  die  erhabene  Lehre  des  geistigen 
Selbstvertrauens;    seine   Auferstehung   sei    das  Bild  des 


5)  Wie  diett  Biv%  nachweist,   christl.  Gnosis,  S.  660  it. 

6)  Ctatur  des  christl.  protestantischen  Lehrbegrifft,  3y  S.  1^. 


SehItir«ftbliaodltiag.    f  t«.  9Sl 

Siegs  der  Wftbrliefty  dM  Viinriobdo  des  kfiitMg  m  toU- 
endenden  Tflamphs  des  Gvten  Aber  das  Bdaej^dne  ffia-' 
Melfahrt  das  Symbol  der  ewigen  HerrUchkeit  dei»  Religion. 
Die  reiigidfen  Ornndideen ,  welohe  Jesus  ia  seinei^  Lelire 
MMg^eaprodien ,  drOolLen  sich  ebenso  klar  fit  «einer  Q^ 
eotdohte  ans.  Sie  bt  Ansdmok  der  Begeisterung^  in  dem 
■lathirollen  Wirken  Jesu  und  der  ^egrekben  Gewalt  sei- 
ner ISrseheinung ;  der  Resignation ,  in  seiiiem  Kanpf  ndt 
der  Boslieit  der  Menschen ,  der  WehMUtli  srtner  warnen- 
den Reden,  und  Tor  Allen  in  seinen  Tode;  Christas  an 
Krens  ist  das  Bild  der  durch  Auibpfei^ng  gelfiuterten 
Menschheit:  wir  sollen  uns  alle  nit  ihn  krenzigeri,  un 
ndt  ihm  SU  neuen  Leben  auf  anstehen.  Endlich  die  Idee 
der  Andacht  ist  der  Omndton  der  C^chiohte  Jesu,  indem 
Jeder  Monent  seines  Lebens  dem  Gedanken  an  seinen  himm- 
lischen Vater  gewidmet  ist  ^. 

Besonders  klar  hatte  schon  Mher  Hoasv  'dieso  sym- 
l»oltsche  Ansicht  von  der  Oeschiehte  Jesu' ausgesprochen. 
Ob  Alles,  was  ron  Christo  eralhlt  wird,  sagt  er,  genau  so 
als  Geschichte  ?orgefallen  Ist ,  das  kann  uns  jef»t  siemlich 
gleichgflltig  sein,  auch  können  wir  es  nicht  mehr  ansmit- 
teln.  Ja,  wenn  wir  es  uns  gestehen  woUesi  so  ist  dem 
gebildeten  Theil  der  Zeitgenossen  dasjenige ,  was  den  alt- 
gllnblgen  Christen  heilige  Geschichte  war,  nur  noch  Fabel: 
die  Ersählungen  von  Chrlstf  flbematffrlicher  Oelrart ,  von 
seinen  Wundem,  seiner  Auferstehung  und  Himmelfkhrt, 
mfissen ,  als  den  Gesetsen  unsres  ErkenntttRsrermögens 
widersprechend,  rerworfen  werdta.  Aber  mau  fasse  sie 
nur  nicht  mehr  blofs  rerständlg,  als  Oescfatdite,  sondern 
ndt  Geftthl  und  Phantasie,  als  Dichtun^^,  auf:  so  wird 
man  finden,  dafs  nichts  In  diesen  BraXhlungen  willkUhr- 
Uch  gemacht  ist,  sondern  Alles  seine  Anknttpfangspnnkte 


7)  Religion  und  Theologie,  2ter  Abschnitt,  Ktp.  3.    Vgl.  bibL 
Oogmatik,  $.  355;  kircbliche,  $.  641t 


saa  JiBdiittrMbiiAfldifimg.  $:  iia 

ift.^  fliiS«^  ofad  GMtvavvrandteii.dea  iiensdbllolm  O^ 
mMier^at^  V<m  dlMCM  Stanilpoiikt  aas  betracbCat,  IKat 
akh  ktt  die  Oesi^hiehte  Chiif  ti  Alles  anknüpfen  f  was  filr 
das  l-eiigifoe  Vertranen  wiebtig,  fttr  den  reinen  Sina  bek- 
bend,  ftr  diu  sarte  OsfaU  ansiebend  ist.  Es  ist  jene 
fiesobiobe  eine  hellig  scböne  Diobtnng  des  ellgemeiaen 
Bf edicbengesehleebts ,  in  der  stob  alle  BedQrfbiaee 
relinUsen  Triebs  vereinigen)  und  dieCi  ist  eben  die 
fibre  «nd  4ät  stärkste  Bev^is  fät  die  aUgwneioe  Gültig- 
keit des  Christentbnou.  Die  Geschiebte  des  EFaageliaau 
ist  im 'Grunde  die  Geschichte  der  idealisch  gedaehcea  alt 
gemeinen  Meo'scbennatar^  und  seigt  uns  in  dem  Leben  des 
Eiifeigen^  wa^'der  Menseh  sein  soUy  und  mit  ihm  Terbne- 
deh  dorcb  Befolgung  seiner  Lehre  nnd  eeines  Belspidi 
wirklich  werdeli  kann«  Oabei  wird  nicht  geUngnet ,  dafi 
dem  Paulas,  Johannes |  Matthfins  nnd  Lukas  da^  That- 
sache  udd  gewisse  Geschichte  war,  was  uns  jetat  aar  noch 
als  heilige  Kchtung  erscheinen  kann.  Aber  es  war  ihnen 
auf  ihreiori  Standpunkt  aus  eben  dem  Innern  Grande  heili- 
ge Thstsaehe  und  Oeschiehte,  ans  welchem  es  ans  jetnt  anf 
iinserem  Sl^ndpunkt  heilige  Mjthe  und  Dichtnng  ist.  Hut 
die  Ansichten  sind  verschieden:  die  menschliche  Nator, 
nnd  in  ihr  der  religiöse  Trieb,  bleibt  immer  derselbe.  Jene 
Männer  bedurften  in  ihrer  Welt,  surBele^ngderreligi5sea 
nnd  moralischen  Anlagen  in  den  Menschen  ihrer  Zeit,  Ge- 
schichten nnd  Thatsachen,  deren  innersten  Kern  aber  Ideen 
bildeten :  uns  sind  die  Thatsachen  veraltet  nnd  swetfelfaaft 
geworden  9  nnd  nur  noch  um  der  cum  Grunde  liegeadea 
Ideen  willen  die  Eraählungen  davon  ein  Gegenstand  der 
Verehrung  ^. 

Diese  Ansicht  traf  aunftchst  von  Seiten  des  kircblichen 
Bewnfstseins  der  Vorffurf ,    dafs  sie  statt  des  Reiebtlnusi 


8)  Ideen  über  Mythologie  u.  s.  w.  in  Hsracx^s  neuem  MagasiAi 
6,  S.  454  ff.    vgL  Hsaxs's  Museum,  ^  S.  455.^ 


SohlafsftbbiihiilliiBf,    %.  US.'.  7SS: 

5ttlicher  Realität,  wie  sie  der  Glaube  in  der  Gesoblchte 
Christi  findet,  eine  Sammlung  leerer  Ideen  and  Ideale  an- 
erschiebe,  etatt  ein  trostreiches  Sein  eu  gewähren,  es 
>eiak  firückenden  Sollen  bewenden  lasse.  Für  die  Gewifs- 
leit^  da(s  Gott  sieh  einmal  wirklich  mit  der  mensclichen 
^atur  vereinigt  hat,  bietet  die  Anmahnang  sohlechten  £r- 
fktSf  dafs  der  Mensch  göttlichen 'Sinnes  werden  solle;  fdr 
lie  ßeruhigang,  welche  dem  Gläubigen  die  durch  Chri- 
.tarn  Tollbrachte  Erlösung  gewährt,  ist  ihm  die  Veran- 
»chaalichung  der  Pflicht  kein  Äquivalent,  sich  selbst  von 
1er  Sünde  loszumachen.  Aus  der  versöhnten  Welt,  in 
welche  ihn  das  Christenthum  versetzt,  wird  der  Mensch 
iiurch  diese  Ansicht  in  eine  anversöhnte  zurückgeworfen^ 
aas  einer  seligen  in  eine  unselige;  denn  wo  die  Versöh- 
nung erst  zu  vollbringeo ,  die  Seligkeit  erst  zu  erringen 
ist,  da  ist  vor  der  Hand  noch  Feindschaft  nnd  Dnselig- 
keit*  Und  zwar  ist  die  Hoffnung  ,  ans  dieser  je  ganz,  her« 
auszokommen ,  nach  den  Principien  dieser  Ansicht,  welche 
zur  Idee  nar  eine  anendliche  Annäherung  kennt ,  eine 
täuschende.;  denn  das  nur  im  endlosen  Progrefs  za  Errei* 
ehende  ist  in  der  That  ein  Unerreichbares. 

Doch  nicht  allein  der  Glaube,   sondern  auch  die  Wis« 
senschaft  in  ihrer  neuesten  Entwicklung  hat  diesen  Stand« 
punkt  anzareichend  befunden.    Sie  hat  erkannt,  dafs,  die 
Ideen  zum  blofsen  Sollen  machen,  dem  kein  Sein  entspre- 
che, sie  aofbeben  heifse:  wie  das  Unendliche  als  bleiben* 
des  Jenseits  des  Endlichen  festhalten,  es  verendlichen ;  sie 
hat  begriffen,   dafs  das  Unendliche  im  Setzen    und  Wie« 
deranfheben  des  Endlichen  sich  selbst  erhält,   die  Idee  in 
der  Gesammtheit  ihrer  Erscheinungen   sich  verwirklicht, 
dafs   nichts  werden  kann,  was  nicht  an  s(<^h  6chon  Ist: 
also  auch  vom.  Menschen  sich  nicht  verlangen  läfst,  sich 
mit  Gott  zu   versöhnen  and  göttlichen  Sinnes  zu  werden, 
wenn  diese  Versöhnpng   und   Vereinigung  nieht   an  sich 
a^hon  voUbjfaoht  ist.   . 


714  S«hliirsabhatt4Iong.   S«  14S» 

I.    149. 

Die  specuHitive  Chrittologie. 

Sobon  Kant  hatte  gesagt,  dat  gnte  Prineip  sei  nldit 
Uob  ca  einer  gewissen  Zeit,  sondern  yom  Ursprang  des 
menschlichen  Geschlechts  an  onsichtbarerweiae  rom  Bis- 
mel  is  die  Menschheit  herabgekommen ,  und  Schbluho 
•teilte  den  Sats  auf:  die  Menschwerdong  Gottes  ist  eine 
Henichwerdung  von  Ewigkeit  ')•  Aber  während  der  er» 
stere  unter  jenem  Ansdrack  nor  die  moralische  Anlage 
Tcrstanden  hatte,  welche  mit  ihrem  Ideal  und  ihrem  Sollen 
Ton  Jeher  dem  Menschen  eingepBanst  gewesen  sei:  Terstand 
der  letstere  nnter  dem  menscbgewordenen  Sohn  Gottes  das 
Endliche  selbst,  wie  es  im  Menschen  com  Bewnüstsein 
kommt,  and  in  seinem  Unterschied  ?on  dem  Unendliches, 
mit  dem  es  doch  Eins  ist,  als  ein  leidender  and  den  ¥er« 
hältnissen  der  Zeit  unterworfener  Gott  erscheint. 

In  der  neaesten  Philosophie  ist  diefs  weiter  so  ausge- 
führt worden  ^*  Wenn  Gott  als  Geist  ausgesprochen  wird, 
so  liegt  darin,  da  auch  der  Mensch  Geist  ist,  bereits,  dafs 
beide  an  sich  nicht  yerschieden  sind«  Nfiher  ist  in  der 
ErlLonntnils  Gottes  als  Geistes,  da  der  Geist  wesentlich  diels 
ist,  in  der  Unterscheidung  seiner  ?en  sich  identisch  mit 
sich  EU  bleiben,  im  Andern  seiner  sich  selbst  su  haben, 
dieCs  enthalten,  dafs  Gott  nicht  als  sprödes  Unendliche  aus- 
ser  und  fiber  dem  Endlichen  verharrt,  sondern  in  dassel- 
be eingebt,  die  Endlichkeit,  die  Natur  und  den  mensch- 
liehen  Geist ,  nur  als  seine  EntSusserung  setzt,  aus  der  er 
ebenso  ewig  wieder  in  die  Einheit  mit  sich  selbst  sarfick* 


.  1)  Vorlesunges  über  die  Methode  des  academiscbea  Studinn, 

S.  192. 
^)  Hsftsx.*»  Phifiiomenologie  des  Geistes,  S.  561  ff. ;  desselben  Vor- 
lesimgen  Über  die  PMlos.  der  Rellg.  2,  S.  254  ff.    MAmoi- 
jcaitty  Gvitndlebrea  der  (cbriith  Dogmatik^  S.  S74ff^    Rom- 
muss,  fincykiopidie  der  theoL  WUteoschaftes,  a  38&  i4Sil 


Schinfsabhandlang.    $.  14f.  7SS 

kebrt.  So  wenig  der  Menioh  aU  Uo&  eniUieheP  and  an 
leiner  Endlichkeit  feathaltender  Geist  Wahrheit  hat:  so 
t¥eni^  bat  Gott  als  blofs  nnendlichery  in  seiner  Unendlich« 
keit  sich  ahschliefsender  Geist  Wirklichkeit;  sondern  wirk- 
licher Geist  ist  der  unendliche  nnr,  wenn  er  cn  endlichen 
Beiatern  sich  erschliefst:  'wie  der  endliche  Geist  nur  dann 
wahrer  ist,  wenn  er  in  den  nnendiSchen  sich  vertieft* 
Daa  w^ahre  und  wirkliche  Dasein  des  Geistes  also  ist  we« 
der  Gott  fflr  sich,  noch  der  ^Mensch  fär  sich,  sondern  der 
Gottmensch;  weder  allein  seine  Unendlichkeit,  noch  allein 
seine  Endlichkeit,  sondern  die  Bewegang  des  Sichhinge« 
bena  und  Znrficknehmens  zwischen  beiden,  welche  von 
göitlicber  Seite  Offenbarung,  von  menschlicher  Religion  ist* 
Sind  Gott  und  Mensch  an  sich  Eins,  und  i^t  die  Re« 
ii^on  die  menschliche  Seite,  das  werdende  Bewufstsein 
dieser  Einheit:  so  mu(s  diese  in  der  Religion  für'  den 
Menseben  werden,  in  ihm  sum  Bewufiitsein  ußd  cur  Wirk« 
lichkeit  kommen*  Freilich,  so  lange  der  Mensch  sich  selbst 
noch  nicht  als  Geist  weils,  kann  er  auch  Gott  noch  nicht 
als  Menschen  wissen;  ist  er  noch  natfirllcher  Geist,  so 
wird  er  die  Natur  vergöttern ;  als  gesetslicber  Geist,  der 
seine  Natürlichkeit  nur  erst  anf  ftusseriiche  Weise  bemei« 
Stert,  wird  er  Gott  ais.Gesetsgeber  sich  gegenüberstellen; 
aber  sind  nur  einmal  im  Gedrfinge  der  Weltg^chichte  bei« 
de,  fene  Natürlichkeit  ihres  Verderbens,  diese  Gesetslich« 
keit  ihres  Unglücks,  inne  geworden :  so  wird  sowohl  jene 
das  Bedürfnifs  empfinden,  einen  Gott  eu  haben,  der  sie 
über  sich  erhebe,  ab  diese  einen,  der  sich  c«  ihr  hernn* 
terlasse.  ist  die  Menschheit  einmal  reif  dasn,  die  Wahr» 
heit,  daCi  Gott  Mensch,  der  Mensch  göttlichen  Geschlech« 
tes  ist,  als  ihre  Religion  sn  haben:  so  muCi,  da  die  Reli« 
gion  die  Form  ist,  in  welcher  die  Wahrheit  für  das  ge« 
meine  Bewnfstsein  wird ,  jene  Wahrheit  unf  eine  gemein« 
verständliche  Weise,  als  sinnliche  Gewifsheit,  erscheinen^ 
d«  h*  es  mnfs  ein  menschliches  Individuum  auftreten^  wel* 


7S6  Sohlar^abhandlang.    $.  U9. 

ehe»  als  der  gegenwärtige  Gott  gewafst  wir<L    Sofern  Ae- 
aer  Gottmenseh  das  jenseitige   göttliche    Weaen    and  das 
diesseitige  mensoblicke  Selbst  in  £ins  sasammenschlie&ti 
kana  von  ibm  gesagt  werden ,   dafs  er  den  göttlichen  Geist 
EOm  Vater,   ond   eine   menschliche '  Bf otter   babe;    aofera 
ae^in  Selbst  sieh  nicht  in  sich,  sondern  in  die  absolnte  Sabataas 
reflebtirt,  nichts  fAr  sich,   sondern  nor  fftr  Gott  aein  will, 
ist  er  der   Sündlose  und  Vollkommene;  als    Mensch  toh 
göttlichem  Wesen  ist  er  die   Macht  über  die  Natnr  ond 
WnndertbXter ;  aber  als  Gott  in  menschlicher  Frachetnvng 
ist  er  Fon  der   Natur  abhängig,   ihren  Bedflrfniaaen  aad 
Leiden  nnterworfen ,  befindet  sich  im  Stande  der  Emiedri- 
gong.    Wird  er  der  Natur  aach  den  leisten  Tribot  beaab- 
len  mfisseh?   Hebt  die  Thatsache,    dafs  die   meoachliebe 
Natnr  dem  Tod  verfällt ,   nicht  die  Meinung  wied^  av^ 
dafs  sie  an  sich  Eins    mit   der  göttlichen  sei?   Nein:    der 
Gottmensch   stirbt,   nnd  aeigt  dadurch,   dafa  ea  Gott  mit 
seiner  Menschwerdung    Ernst   ist;    dafs  er  an  den  anter- 
sten    Tiefen    der    Endlichkeit    herabzusteigen    nicht    Ter> 
schmfffat,    weil  er  auch  aus  diesen  den  Rückweg  an  sieh 
an  finden  weifs ,   auch  in  der  völligsten  BntXussening  mit 
•ich  identisch  au  bleiben  vermag.     Näher ,  sofern  der  Getl- 
menseh   als  der  in   seine '  Unendlichkeit  reflebtirte   Gmst 
den    Menschen   als  an  ihrer  Endlichkeit  festhaltenden  ge> 
gen  Abersteht ;   ist  biemit  ein  Gegensata  nnd  Kampf  geaetat, 
und   der  Tod   des  Gottmenschen  als  gewaltsamer,  darck 
der  Sonder  Hinde,  bestimmt,   wodurch  an  der  physischen 
Noth  noch   die   moralische   der  Schmach   nnd  Beschuldi- 
gung des  Verbrechens  kommt;    Findet  so  Gott  den  Weg 
vom  (fimmel  bis  anm  Grabe:    so  mnfs  f&r  den  Menseben 
anch  aus  dem  Grabe  der  Weg  zum  Himmel  zu  finden  sein; 
daa  Sterben  des  Lebensffirsten  ist  das  Letten  des  Sterbli- 
chen.   Schon  durch  ^ein   Eingehen  in  die  Welt  als  Gott- 
mensch aeigte   sich  Gott   mit  der  Welt  versöhnt:   näMr 
aber,    indem  er   aterbend  seine  Natarliebfceit    abstoreifke, 


i^\gtd  er  ^li  W^p  Wie  er  die  Versöbnong^  evrlf  so  Stan- 
de bringt,    nfiinR^h  durch  EoeffiisserQfig  snr  NatQrliehkeit 
ähtt'-Wiederaufhebang  derselben  identisch  mit  sieh  sa  blei- 
ben.    Insoferki  der  Tod  des  Gottnensehen  nur  Aäfhebiing 
seiner   Entäassening  and   Niedrigkeit  ist,    ist  er  in  der 
'IThift 'Erhöhung  und  Rdckkehr  sa  Gott,   und  so  folgt  auf 
•deAr'Tod  wesenUlM^  die  Aufarstehung  and  Himoielfahrt* ' 
.*  '   'Indeln  der'Gettmensoh,  welober  während  seines  Le- 
bern« den  mit  ihm  Lebenden  ginnlieh  als  ein  Andrer  gegen- 
ilb'erstlind,  durofa  den  Tod  ihren  Sinnen  entnomnien  wird^ 
'gc'htf  er  in  Ihre  Vorstellung  and  Evinnerang  ein-,    wirdee« 
'Wt'iile  in  ihm  gesetete  Einheit  des  Göttlichen  nndiMenseb- 
'llch'en  'attgerajeines  Bewofstsein,  und  die  Gemeinde  mnlk  die 
Bfornente  selnesi  Lebens)  welehe  er  Aueserlich  darchlief,   in 
•ich  auf  geistige  W^lse  wiederholen»    Im  MatArlleben  eich 
-echort  vorfindend,  müfii  der  GlMblgOi  ifrie  Christot,  dem 
AaAlnlleben  —  a|ier'  nur  imierllekf  wie  er  iusemnlloh  «» 
•terben,  geistig,  wie  Chrietas  leiUleh,  sieh kretieigen  und 
begraben  lassen,   «m'dtireh  Anfoebang  der  NatOritohkeit 
mit  sich  ab  Oetet  identl^eh  ca  sein,  and  an  Christi  Selig« 
*  kett  und  Herrlichkeit  Antlieil  sa  bekommen« 
'  '**  .  •    '■ 

$.150. 
Letztes    Eileausa. 
Hiemit  scheint  auf  höhere  W^eise ,  ans  dem  Begriffe 
Gottes  und  des  Menschen   in  ihrem  gegenseitigen  Verhält- 
'  nir«  heraus,  die  Walirheit  der  kifehlichen  Vorstellung  vou 
Christus   bestätigt,    und  so  cum  orthodoxen  Standpunkte, 
wiewohl  auf  umgekehrtem  Wege,   surllekgelenkt  ma  sein; 
wie  nämlich  dt  rt  aus   der  Richtigkeit  der  evangelischen 
Geschichte  die  Wahrheit  der  kirchlichen  Begrifi'e  von  Chri- 
sto deducirt  wurde:   so  hier  aus  der  Wahrheit  dir  Begrif- 
fe die  Richtlglieit  der  Historie.    Das  Vernünftige  ist  aneh 
wirkÜlch,  die  Idee  nicht  ein  KANTisches  Sollen  blofs,    son« 
dern  ebenso  ein  Sein ;  als  Vernoaf lidee  nachgewiesen  al< 
OasLebmJ9SU  2ieAiifl.  IL  Jiand.  47 


736  SehlnrtabhaadlDnf.    $..1M- 

•o  «nTt  fite  Mee  der  Blnhek  dar  g5Ctl|«lieii  und 
«heu  Natar  aneh  ein  get€li|otiClieheft  Oeeeio  haben.  Die 
Binhek  Clottet  mit  den  Menaeben,  sagt  daher  HAaHim^ 
KB  0^  iai  in  der  Persen  Jesa  OhHatf  oflhobar  and  wirk' 
lioh  ala  ein  Geachehenneia ;  iaihia  war,  nach  Ro8B1Ikraiiz% 
die  f[ftltUehe  Macht  Ober  die  Nator  eoneentrirt ,  er  Iseaata 
nieht  ahdera  wirken^  alt.  wanderbar,  aUd  das  Woaderthaa, 
was ana  befremdet^  war  iba»  nfttArlieh ;  «eine  Aeferstehaag, 
aagl  CevRikDi  '^,  Ist  die  aethwendige  Felipe  der  Vellendang 
aeiaer  Pen((niiofaiKeil/  and  darf  ao  wen{|f  befreiaden,  daCi 
ea  ¥iehnebrbefifeaidea  aiOfatet  wenn  aia  nicht  erfotft  wire. 
Ulbiti  aiad  denn  dnreh  dieae  Oedaetioa  die  Wider- 
apfttoiie  geidtly  welebe  an  der  Urehlicbei^  Lehre  wmu  der 
.  Peraen  and  IlTirkaaiaiielt  Cbriati  aieh  heraaagastelle  ha- 
llen 7  -  Maa  darf  aar  lait  deaa  Tadel ,  welchen  gegen  iBe 
ScHLSfBRifAeHaaVehe  ^^tMl  der  kircAliobeii  Chriatelegie 
Roi3Binuuira  ia  aefaer  ileeenaioB  aaigeafBroebea  liat,  datfe« 
niga  rerfteiehen,  waa  der  letetete  In  seiner  Enejidopidieaa 
die  S^ile  aatat:  ao  wird  man  finden  ^  dafa  dareh  düe  allge- 
aiefaea  Sitae  mea  EInheia  der  gdttUefaen  aad  menBehliehea 
Ifatar  die  Braelielnanf  einer  Person,  in  weidier  diese 
Einheit  aaff  ansaebliersende  Weise  Indiriduell  rorbaadea 
gew<^sii  wtre,  nieht  Im  Mindesten  denkbarer  wird*  Weea 
loh  BÜr  danken  kann,  defs  der  gdttliebe  Oeist  in  seiner 
Satiastaraag  and  Emledrl^rung  der  aaeasebfieliey  and  der 
BMnsolilioh^  in  seiner  Einkehr  in  sieh  and  Rrhebani^  über 
sbdi  der  gdtäiehe  ist  t  so  kann  ieh  mir  defswegen  noch  nieht 
vorstellen,  wie  göttliche  und  menschliche  Natar  die  rerschie- 
.  denen  and  doch  rerbnnd^en  Bestandtheile  einer  geschieht- 
liehen  Perr-^  ^  ansgemaoht  habea  kdnnea ;  wenn  ich  den 
Geist,  der  Menschheit  in  seiner  Einheit  mit  dem  göttlichen 


1)  Dogmatik,  §.  326. 

J)  U:iicy1(lopädif;  8.  fßO. 

3)  Selbstbewusstsein  und  Offenbarung ,    8.  295  f. 


SobUrsalihaiidlang.    $•  150.  789 

im  Verlauf  der  Weltgeschichte  Iminer  roUstSndlger  ab  die 
Macht  über  die  Natar  «ich  bethätigen  sehe:    ao  ist  die(s 
etwas  gans  Anderes ,  als  einen  eineelnen  Menschen  für  ein* 
seine  wiilkOhrliehe  Handlangen  mit  solcher  Macht  ansge* 
rüstet  m  denken ;  Tollends  ans  der  Wahrheit,  dafs  die  auf- 
gehobene Natürlichkeit  das  Auferstehen  des  Geistes  sei,  wird 
die  leibliche  Auferstehung  eines  Individuums  niemals  folgen. 
Hiemit  wären  wir  also  wieder  auf  den  KANTischen 
Standpunkt  suriickgesunken ,    den  wir  selbst  ungenllgend 
befanden  haben ;  denn  wenn  der  Idee  keine  Wirklichkeit 
sakommt,  so  ist  sie  leeres  Sollen  und  Ideal.    Aber  heben 
wir    denn   alle  Wirklichkeit  der  Idee  auf?    Keineswegs^; 
sondern   nur   diejenige,   welche  ans  den  Prämissen  nicht 
folgt.  Wenn  der  Idee  der  Einheit  von  gSttlicher  und  mensch- 
licher Natur  Realität  angeschrieben  wird,  heifst  diefs  so- 
viel, dafs  sie  einmal  in  eineni  Individuum,  wie  vprher  und 
hernach  nicht  mehr,  wirklich  geworden  sein  messet   Das 
ist  Ja  gar  nicht  die  Art ,  wie  die  Idee  sich  realislrt,  in  Ein 
Exelnplar  ihre  ganse  FOlle  aussusohlltten ,  und.  gegen  alle 
andern  su  geizen ;  in  jenem  Einen  sich  vollständig,  in  allen 
fibrigen  aber  immer  nur  unvollständig  abandrflcl^n  :    son- 
dern in  einer  Manchfaltigkeit  von   Exemplaren,    die  sich 
gegenseitig  ergänaen ,  im  Wechsel  sich  setzender  und  wie- 
deranfhebender  Individuen ,   liebt  sie  ihren  Reichthum  aus- 
sobreiten.     und  das  soll   keine   wahre  Wirklichkeit   der 
Idee  sein  ?  die  Idee  der  Einheit  von  göttlicher  und  mensch- 
licher  Natur  wäre  nicht  vielmehr  in  unendlich  häherem 
Sinn  eine  reale,   wenn  ich  die  ganze  Menschheit  als  ihre 
Verwirklichung  begreife,  als   wenn   ich  einen    einseinen 
Menschen  als   solche   aussondere?    Eine   Menschwerdung 
Gottes  von   Ewigkeit  nicht  eine  wahrere ,  als  eine  in  ei- 
nem abgesehlossenen  Punkte  der  Zeit? 

Das  ist  der  SchlQssei  der  gansen  Christologie,  dab  als 
Subject  der  Prädicate ,  weiche  die  Kirche  Christo  beilegt, 
statt  eines  Individuums  eine  Idee,  aber  eine  reale,   nicht 

47* 


..  ^^ 


74b  SSfohlttrsWilliaiidlang/  $1  150. 

KANTi'i^' fiiii^irkliche,  gesetzt  wird.  In  einem  Indiiridii 
ein'em  Oo'^fmbnscFien,  gedacht,' widersprechen,  eich  die  Ei- 
geiischafieii  nnd  Fiinctioneh,  welche  die  Kirchenlehre  Cliri- 
stey'zaschreibt:  in  der  Idee  der  Gattung  stimqieQ  sie  susaa- 
meri«  bie  Menschheit  ist  die  Vereinigung  der  beiden  Natu- 
ren, derinehsclige wordene  Gott,  der  zur  Endlichkeit  ent- 
wässerte oinendtiche  j  und  der  seiner  Unendlichkeit  sich  er- 
innernde eheliche  Geist ;  sie  ist  das  Kind  der  sichtbaren  Mat- 
ter tind  aes  unsichtbaren  Taters :  des  Geistes  and  der  Na- 
tur ;  sie  ist  der  WunderthSter :  sofern  im  Verlauf  der  Nen* 
sehen s;e8cKtchCe<}er  Geist  sich  immer  vollständiger  der  Natur, 
idf  Menscßen  Wie  ausser  demselben ,  bemfichtigt ,  diese  ihm 
gegendbVr^'ztm  machtlosen  Material  seiner  Thätigkeit  her- 
'untergetzt'wirlt  ;^  sie  ^«t  der  UnsOndliche:  sofern  der  Gang 
ihber'  G^ncwicUlähg  ein  tadelloser  ist,  die  Veronreinigung 
imirber  iiiir  aiai  liidividauai  klebt,  in  der  Gattung  aber  and 
threr 'Ge^chtctite  aliJTgehoben  ist ;  sie  ist  der  Sterbende,  Auf- 
erst^Kehde  und  gen  Himmel  Fahrende:  sofern  ihr  aas  der 
NegJitionr  iHrör'Natarlichkeit  immer  höheres  geistiges  Le- 
-'ben,  aus  der  Aufhebung  ihrer  Endlichkeit  als  personll- 
($hen^  natiohaten  und  weltlichen  Geistes  ihre  Einigkeit  mit 
dem  unerfdifcfien  Geiste  des  Himmels  hervorgeht.  Durch 
den  Glauben'  an  diesen  Christus,  namentlich  an  seinen  Tod 
und  seine  Auferstehung,  wird  der  Mensch  vor  Gott:  d.b. 
gerecht  durch  die  Belebung  der  Idee  der  Menschheit  in  sich, 
namentlich  nach  dem  Momente,  dafs  die  Negation  der  Na- 
tOrlichkelt  und  iSinnlichkeit,  welche  selbst  schon  Negation 
des  Geistes  (st,  also  die  Negation  der  Negation,  der 
einzige  Weg  ipum  wahren  geistigen  Leben  für  den  Men- 
schen sei,  wird  auch  der  Einzelne  dis'gottmensclüichaa 
Lebens  der  Gattung  theilhaftig. 

Plefs  allein  ist  der  absolute  Inhalt  der  Chrlstologie : 
dafs  derselbe  an  die  Person  und  Geschichte  eines  Einsal- 
nen  geknüpft  erscheint-,  hat  nur  den  subjectiven  Grund, 
da(s  dieses  Individuum  durch  seine  Persönlichkeit  and  seine 


Schlarfabhandlnng.    §.    150.  741 

Schicksale  Anliirs  wurde,  Jenen  Inhalt  In  das  allgemein« 
BewnfKtsein  so  erheben,  und  da(a  die  Gelstesstafe  der  aK 
tan  Welt,  and  des  Volks  vielleicht  su  jeder  Zeit,  die  Idee  der 
Menschheit  nur  in  der  ooncreten  Figar  eitiea  Individuams 
anKUschanen  Termag.  In  einer  Zeit  der  tiefsten  Zerrissen« 
lieft,  der  höchsten  leiblichen  und  geiatigen  JNoth,  Tersinkt 
ein  reines ,  als  göttlicher  Gesandter  verehrtes  Individaum 
In  Leiden  und  Tod ,  und  bildet  sich  in  Kurzem  der  Glaube 
en  seine  Wiederbelebung :  da  mufste  federn  das  /tra '  re$ 
agitmr  einfallen,  und  Ghi^stus  als  derjenige  erscheinen, 
welcher,  wie  Clemens  von  Alexandrien  in  etwas  anderem 
Sinne  sagt ,  xo  Sqü/äcc  t^g  ävd'QtanottjTOS  vnexQlvezo.  War 
in  seinem  Leiden  die  Süssere  Moth,  welche  die  Mensch* 
fielt  bedrfickte,  concentrirt,  upd  die  innere  abgebildet:  so 
lag  in  seiner  Wiederbelebung  der  Trost  ^  dafs  in  aolobem 
Leiden  der  Geist  sich  nicht  verliere,  sondern  erhalte, 
dnrch  die  Negation  der  NatOrlicbkeit  sich  nicht  verneine, 
sondern  in  höherer  Weise  affirmire.  Hätte  Gott  seinen  Pro«^ 
pheten  ,  Ja  seinen  Liebling  und  Sohn ,  in  solches  Elend  da- 
hingegeben  um  der  Sfinde  der  Menschen  willen:  so  war 
auch  diese  insserste  Grftnce  der  Endlichkeit  als  Mmnent 
ioi  göttlichen  Leben  erkannt,  and  lernte  der  von  Noth  und 
Sünde  damiedergedröckte  Mensch  sich  in  die  göttliche 
Freiheit  aufgenommen  fühlen.  —  Wie  der  Gott  des  Plato 
auf  die  Ideen  hinschauend  die  Welt  bildete:  so  bat  der 
Gemeinde ,  indem  sie,  veranlafst  durch  die  Person  und 
Schicksale  Jesu,  das  Bild  ihres  Christus  entwarf,  unbe» 
wufst  die  Idee  der  Menschheit  in  ihrem  VerhAltnifs  sur 
Gottheit  vorgeschwebt« 

Die  Wissenschaft  unsrer  Zeit  aber  kann  das  Bewnfst* 
sein  nicht  Iffnger  mehr  unterdrOckeii ,  dafs  die  Beziehung 
auf  ein  Individuum  nur  aur  seit*  und  volksroäfsigen  Form 
dieser  Lehre  gehört.  Schlriermacber  hat  gare  recht  ge- 
habt, wenn  er  sagte,  es  ahne  ihm,  dafs  bei  der  speeulati* 
ven  Ansicht  ffir  die  geschichtliche  Person  des  Erlösers 
DmiUb€nJ$m  Ü^Jkfß  U.  Band.  48 


74i  Sahlufsabbandlaiig.    $•  150. 

niebt  viel  mehr^  ab  bei  der  ebionitiscben,  übrigbleibe*). 
Die  sinntiobe  Geschichte  des  Indi vldaums ,  sagt  II£GS^  ist 
i.iir  der  Aasgangspankt  für^den  Geist.  lodern  der  Glaabe 
von  der  sinnlichen  Weise  anfängt,  hat  er  eine  seitliche 
tiescbicbte  vor  sich;  was  er  für  wahr  hält,  ist  fiassere, 
gewöhnliche  Begebenheit,  and  die  Beglanbigiing  ist  die 
historische,  juristische  Weise ,  ein  Faetum  dorch  sinnliebe 
Gewirsheit  and  moralische  Zaverläfsigkeit  der  Zeugen  ra 
constatiren.  Indem  nun  aber  der  Geist  von  diesem  Äqs^ 
seren  Veranlassung  nimmt ,  die  Idee  der  mit  Gott  einiges 
Menschheit  sich  sam  Bewurstsein  sa  briDgen ,  ond  nan  bk 
jener  Geschichte  die  Bewegavg  dieser  Idee  ansebaat :  hat 
Mich  der  Gegenstand  vollkommen  verwandelt,  ist  aas  ei- 
tlem sinnlich  empirischen  aa  einem  geistigen  and  gdttiieben 
l^e worden,  der  nicht  mehr  in  der  Geschichte,  sondern  in 
der  Philosophie  seine  Beglaubignng  hat.  Darob  dieses 
Uinausgeben  über  die  sinnliche  Geschichte  cor  absolaten 
wird  Jene  als  das  Wesentliche  aufgehoben ,  cam  Unterge- 
ordneten herabgesetit,  über  welchem  die  geistige  Wahrheit 
aof  eigenem  Boden  steht,  sam  fernen  Traumbilde,  das  nor 
nock  in  der  Vergangenheit,  and  nicht,  wie  die  Idee,  in  dem 
sich  schlechthin  gegenwärtigen  Geiste  vorhanden  ist  ^> 
Schon  LDTHsa  bat  die  leiblichen  Wunder  gegen  die  geistU- 
ehen^als  die  rechten  hohen  Mirakel,  herabgesetst :  and  wir 
aollten  ans  für  einige  Krankenheilungen  in  Galilfia  auf  hö- 
here Weise  interessiren  können ,  als  für  die  Wander  des 
G^n^ttthslebens  and  der  Weltgeschichte,  für  die  in's  Un- 
glaubliche steigende  Gewalt  des  Menschen  über  die  Na- 
tur ,  für  die  anwiderstehliche  Macht  der  Idee,  welcher  noch 
so  grofse  Massen  des  Ideenlosen  keinen  dauernden  Wider- 
stand entgegenausetseu  vermögen?  uns  sollten  vereinseice, 
ihrer  Materie  nach  anbedei|tende  Begebnisse  mehr  sein,  als 


4)  Zweitei  Sendschreiben. 

3)  Vorlesungen  über  die  Philosophie  der  Religion  2,  S.  263  ff- 


Sehlnrtab^andlnng.    $•  151,  743 

das    nnirerselbte  Geschehen ,    einzig  deftwegen ,  well  wir 
bei  dieaem  die  Natttrlichkeit  des  Hergangs,  wenn  nicht  be- 
gr^feti )  doch  voraasseteen ,  bei  jenen  aber  das  Gegentheil  ? 
l>as  wäre  dem  besseren  Bewofstsein  unserer  Zeit  in^s  Ange» 
sieht  widersprochen,  welches ScntRiBRMACHRR  richtig  ond  ab- 
aehliefAend  so  ansgedrfickt  hat:  aus  dem  Interesse  der  f  r(>m«  ' 
migkeit  könne  nie  mehr  das  BedUrfnifs  entstehen ,  eine  Thut- 
aache  so   aufeofassen ,    dafs  durch  ihre  Abhfingigkeit   von 
Gott  ihr  Bedingtsein  dorch  den  Natursnsamioenhang  aofge« 
hoben  wHrde,  da  wir  fiber  die  Meinong  hinaosseien,  als  ob 
die  göttliche  Allmacht  sich  gröfser  zeigte  i»'  der  Dnterbre* 
ebnrtg  des  Matarzasammenhangs ,    als  in  dem  geordneten 
Verlaof  desselben  *).     Ebenso,   wenn  wir  das  Menschwer- 
den, Sterben  und  W iederanferstehen ,  das:   duplex  fiegatw 
affirmaty  als  den  eWigen  Kreislauf,  den  endlos  sich  wieder*  . 
holenden  Pulsschlag  des  göttlichen  Lebens  wissen  :  vias  kann 
an  einem  einzelnen  Factum,    welches  diesen  Procefs  dazu 
biofs  sinnlich  darstellt ,  no^h  besonders  gelegen  sein  ?    Zur 
Idee  im  Factum,   zw  Gattung  im   Individuum,  will  unsre 
.  Zelt  in  der  Christologie  geführt  sein :  eine  Dogmatik ,  wei- 
che im  Locus  von   Christo   bei  ihm  als  Individuum  stehen 
bleibt,  ist  keine  Dogmatik,  sondern  eine  Predigt. 

Aber  eben  die  Predigt,  wie  diese  sieh  dann  zur  Dog- 
OMtik  verhalten  solle,  und  wie  überhaupt  noch  eine  Wirk- 
samkeit des  Geistlichen  in  der  Gemeinde  möglieh  sei,  wenn 
die  Dogmatik  Jene  Gestalt  angenommen,  ist  die  bedenkliehe 
Frage ,  die  sich  uns  hier  schliefsUch  noch  entgegenstellt. 

S.    15L 

VerhältnSss  der  kritisch  -  speculativen  Theologie  lar  Kirche. 

ScHLEiERMACBER  hat  gcsBgt,   Wenn  er  sich  die  in»mer  ' 

mehr  herannahende  Krisis  in  der  Theologie   denl<e;    und 

stelle  sich  vor,   er  müftote  dann  z irischen  einem  von  beiden 


6)  Glaubenslehre,  1,  $.  47. 

48 


744  Sjß.hlarsabhundUng.    S.  13t. 

wflhleni    entweder  die  cbrlstltehe  Crgesehiebte   wie  jede 
gemeine  Geschichte  der  Kritik  preiftsegeben  •  oder  seinen 
fvinaben  ron  der  Specaletfen  sp  Ldipn  xu  neKmen :   so  wtrde 
er  fttr  sich  allein  cwer  das  LetEtere  wXhlen ;  betrachte  er  sieb 
aber  in  der  Gemeinde,  und  Tersfiglich  als  Lehrer  derselben! 
so  werde  er  von  dieser  Seite  fori  ond  aof  die  entgeg^ngem&tmhi 
hinllbergesogf'a.     Denn  der  Begriff  der  Idee  Gottes  nnd  des 
Menscheni  auf  welchem  nach  der  specnlativen  Ansicht  die 
Wahrheit   des  christlichen   Glaubens    berahe,  sei   freilich 
ein  kösiliches  Kleinod,   aber  nar  Wenige  kdnnen    es   li^ 
sitsen,  ond  ein  solcher  Privtleglrter  wolle  er  nicht  sein  io 
der  Gemeinde,  dafs   er  onter  Tausenden  den  Grand  des 
Glaubens  allein  hatte*    Hier  kdnne  ihm  nur  wohl  sein  In 
der  völligen  Gleichheit,  in  dem  Bewnfstsein,  dafs  wir  alle 
aof  dieselbe  Weise  von  dem  Einen  nehmen ,   und  dasselbe 
en  Ihm  haben«    Und  als   WortfAhrer  und  Lehrer  in  der 
Gemeinde  könnte  er  sieh  doch  unmöglich  die  Aufgabe  stel- 
len. Alt  und  Jung  ohne  Unterschied  den  Begriff  der  Idee 
Itbttes  ond  des  Menschen   beisubrlngen :  vielmehr  mSlste 
er  ihren  Ghiulien  als  einen  grundlosen  in  Anspruch  nah« 
men,  nnd  könnte  ihn  nnch  nur  als  einen  solchen  stärken 
nnd  befestigen  wollen*    Indem  so  in  der  gemeinsamen  An- 
gelegenheit der  Religion  eine  unfibersteigliche  Kluft  befe« 
stigt  werde,    bedrohe  uns   die  specnlative  Theologis  sait 
einem  Gegensatas  voil  esoterischer  und  exoterischer  Lehre, 
welcher  den  Äusserungen  Christi,  es  sollen  AUe  von  Gott 
gelehrt  sein,  gar  nicht  gemöls  sei:   die  Wissenden  liaben 
allein  den  Grund  des  Glaubens,  die  Nichtwissenden  haben 
nur  den   Glauben,   und  erhalten  ihn  nur   auf  dem  Wegs 
der  Überlieferung*    Lasse  hingegen  die  ebionitische  Ansicht 
nur  wenig   von  Christo  Übrig,   so  sei  diefs  Wenige  doch 
Allen  gleich  cugäitglich  nnd  erreichbar  |  und  wir  bleiben 
dabei  bewahrt  vor  Jeder»  immer  doch  ins  Römische  bin* 
fiberspielenden,   Hierarchie  der  Specnlation  0*    Hier  l<t 

7)  Im  zweiten  Sendschreiben  Über  seine  Glaobenslebre. 


,     Schfurtabhandlang.    f.  151.    "  74S 

auf  geMldeCe  Weite  dasjenige  ansgesproehen,  wa«  oiaa 
Jetct  voQ  Vieten,  nor  in  ihrer  Art  ungebildet,  mu  h#ren  be* 
kommt,  dafii  der  specolative  and  «ogleich  luritische  Theo» 
log  der  Oemeinde  gegenttber  iium  Ligner  werde*  Der 
wirkUoho  ThatbeetandUt  hiebe!  dieser*  Die  Oemeinde  be^ 
sieht  die  kirehUohe  Cbristologie  aof  ein  sii  gewisser  Zeit 
gesobichtHoh  dagewesenes IndIWduam:  der  specalatlTo  Theo- 
log auf  eine  Idee  9  die  nur  in  der  Gesammtheit  der  Indi-^ 
Tiduen  sam  Dasetn  gelangt;  der  Gemeindelgelten  dieerao* 
goKscben  firsAhlnngen  als  Gescbiehte :  dem  kritischen  Theo* 
logen  guten  Tbeils  nur  alsj  Mythe»  Soll  er  sieh  nun  der 
tieowinde  uittheMen,  so  stehen  ihm  vier  Wege  oflFenr 

^  £rstlieh  der  sohon  in  dto  obigen  Äusserungen  Schlki* 
XRMACHBR*s  abgeocbotttene  Verbuch,  die  'Gemeinde  geradean 
auf  seinen  Standpunkt  sn  erheben,  das  Gesehiehtliche  auoh 
för  sie  in  Ideen  aufanlösen  —  ein  Versueh,  der  nothwejt* 
dig  feiilseblagen  mnfi,  weil  der  Gemeinde  alle  Plrämissea 
fehlen,  dureh  welehe  In  dem  Theolegen  seine  speeolatlTO 
Ansieht  vermittelt  worden  ist;  den  ebendefswegen  nur  ein 
flbatiscb  gewordener  AufklArungstrleb  maehed  kllnnie. 

Der  s weite,  entgegengesetstte  Ausweg  wflre^  sich  durch* 
aus  auf  den  Standpunkt  der  C^meinde  au  versetsen,  und 
fOr  die  kiroktiehe  Mitlheltung  sieh  aus  der  Sphftro  des 
Begriffs  gans  in  die  Region  der  trolksthamln^u  VorsteK 
lung  herabsniassen«  Hie^tr  Ausweg  wird  gew(fhnlieh  mi 
roh  gefafst  und  beurtkeilt.  Die  DilTerens  ewiseheü  Atuk 
Theolegen  nnd  der  Gemeinde  wird  fftr  eine  totale  augese» 
hen:  er  rnttiste,  OMint  man,  aui  die  Frage,  ob  er  an  die 
Vesehichte  Christi  glaube,  eigentlioh  nein  sagen,  sage  aber 
Ja,,  nnd  diels  sei  eine  Lfige.  Allerdings,  wenn  bei'm  gei^t- 
liehen  Vertrag  und  Ünterrtoht  das  Interesse  ein  geschieht»» 
Hchea  wftre,  verhieite  es  sieh  sot  nun  aber  Ist  das  Intern 
e§9e  ein  religiöses,  es  ist  wesentlich  Religion,  waa  hier 
mitgt^lietlt  wird,  erscheinend  In  Form  von  Geschichte,  nnd 
da  kann,  wer'  awar  au   die  Gesehicbte  als  seif  he   niebl 


746  SchlaT^abhi^i^dlnng*    $.  151. 

glaubt ,  docb  das  Religiöse  in  ihr  ebensogat  aner4Mne% 
vie  wer  aueh  die  Gesohielite  als  solebe  anniaiait;  ee  iat 
iiur  eia  Untersobied  der  Form,  Ton  welehem  der  lohak 
unberührt  , bleibt.  Defswegen  ist  es  ungebildet,  ee  eehlecht- 
weg  Lüge  ze  nennen,  wenn  ein  Geistlicher  s.  B*  voo  der 
^uferstehuf^g  Christi  predigt,  indeiii  er.  diese  «war  alt 
einsBolaes  sinnliches  Paetam  nioht  fOr  wirklich,  aber  deeh 
die  Ansohaaang  des  geistigen  Lebensprocesses,  welche  darin 
liegt,  far  wahr  hält.  Näher  jedoch  ist  diese  IdeodUU  des 
Iiiha(ts  nor  ffir  denjenigen  vorhanden,  welcher  Inhalt  oad 
Form  der  Religion  ea  unterscheiden  weifs,  d.  h.  ffir  dea 
Theologen,  nicht  aber  ffir  die  Gemeinde,  so  weleber  er 
spricht:  diene  kann  sich  keinen  Glauben  an  die  dogmati- 
sehe  Wahrheit  c  B.  der  Auferstehung  Christi  denken,  eh» 
ne  Uberceu^nng  Tt>n  ihrer  historischen  WirkUchkett ,  und 
kommt  sie  dahinter,  dafs  der  Geistliehe  die  letstere  nicht 
annimmt,  und  doch  noch  von  Auferstehung  predigt,  se 
mufs  er  ihr  als  Lflgner  erscheinen,  wodurch  das  ganse 
Verhftltnifs  i^wischen  ihm  iMnd  der  Gemeinde  c^rrlsaen  ist. 
So  ffii^.aicb  cw^r  keiai  LOgoer,  aber  der  GeaieiiUA 
als  solcher  erscLeine|i4  'uad  sieh  dessen  bewnfst,  aOfste 
der  Geistliche,  wenn  er  demqnerachtet  an  der  Geaseinde 
In  der  Focm  ihres.  Beyi^ufstsems  cu  reden  fortfihrt,  am 
Ende  doch  auch  sich  felhst  als  Lügner  erscheinen,  urd  sfiht 
sich  somit  auf  den  dritten,  verewelfelten  Ausweg  hinge- 
trieben,  den  geistlichen  Stand  zu  verlassen»  £s  hftife  aiehrs, 
£ü  sagen,  er  solle  nur  von  der  Kanael  herab,  und  statt  des- 
sen auf  den  Katheder  steigen,  ,wo  er  vor  solchen,  die  cLia 
Wissen  bestimmt  sind,  seine  wissenschafdiobe  Ansicht  nicht 
Buracksnhalten  brauche;  denn  wenn  derjenige ,  welchen 
der  Gang  seiner  Bildung  nöthigte,  die  geistliche  Praxis  sof- 
sn^^ben,  nnn  viele  solche  heraneubilden  bekftme,  die  durch 
Ihn  eur  geistlichen  Praxis  unfähig  würden,  so  wäre  die(s 
aus  Übel  ilur  ärger  gemacht.  Dennoch  könnte  es  andrer- 
aeits  uiciit  gut   für  die  Kirche  gesorgt  beifseu,   wenn  sUa 


Sohlorsftbhandlung.    $.  15L  747* 

dfejenigen,  welche  der  Kritik  und  Speeulatton  bis  sii  den 
oben  dargelegten  Ergebnissen  in  sich  Raum  rerstatten,  ans 
iJirem   Lehrstande  heraustreten   sollten.    Denn   da   wllrdit 
aicfi   bald  kein  Ueistlicher  liiehr  mit  solchen  Forschnngea 
abgeben  wollen,  wenn  er  dadurch  Gefahr  liefe,  auf  Resu« 
täte   geführt  au  werden,  welche  ihn  nöthigten,   ans  deoi 
geistlichen   Stande  sn  treten ;   die  Kritik  ond  Philosophie 
i^tik*de  Eig(*nthnai  der  Nichttheologen  werden,  den  Theolo- 
gen aber  bliebe  nnr  der  Glanbe,   vrelcher   dann  den  An- 
griHen   der   kritischen   und   speculatlveii   Laien  unmöglich 
in  die  Lfinge  widerstehen  könnte.    Doch  der  mögliche  Er- 
folg hat  da,  wo  es  Wahrheit  gilt,  kein  Gewicht,  und  sö 
aoU    das  eben  Gesagte  nicht  gesagt  sein.     Das   aber  bleibt 
doch,   wenn   wir  auf  die  Sache  selbut  sehen,    dafs,   wen 
seine  theologischen  Studien   auf  einen  Standpunkt  gaftthrt 
haben,   ajif  welchem  er  glauben  muls,    hinter  die  \Vahr« 
heit  gekommen,   in  das  innerste  Mysterium  der  Theologier 
eingedrungen  au  sein,  der  sich  nicht  (reneigt  oder  verpflich-' 
tet  fühlen  kann ,  nun  gerade   die  Taeologie  au  quittiren, 
dafs  diefs  vielmehr  fBr  einen  solchen  eine  unnatürliche  Zu- 
muthung,  {a  geratleau  unmöglich  sein  muf«. 

Er  Wird  also  nach  einem  andern  Auswege  suchen, 
und  als  solcher  bietet  sich  ein  vierter,  der,  wie  die  ewi^i 
ersten  einseitig,  der  dritte  nnr  eine  negative  Vermittlung 
war,  so  eine  positive  Vermittlung  swischen  den  beiden 
Exri-emen,  dem  Bewufstsein  des  Theologen  und  der  Ge- 
meinde, ist.  Er  wird  sich  in  seiner  MittheÜung  an  die 
Gemeinde  awar  in  den  Formen  der  pbpulftren  Vorstellung 
halten,  aber  so,  dafs  er  bei  jeder  Gelegenheit  den  geistigen 
Inhalt,  der  ihm  die  einaige  Wahrheit  der  Sache  Ist,  durch« 
scheinen  IXist,  und  so  die,  wenn  gleich  nur  als  unendli- 
cher Progreis  au  denkende,  Aufiösnng  Jener  Formen  auch 
im  Bewufstsein  der  Gemeinde  vorbereitet.  Er  wird  also, 
um  bei  dem  gewühlten  Beispiel  su  bleiben,  am  Osterfeste 
«war  von  dem  sinnlichen  Pactum  dei*  Auferstehung  Clui- 


748  SebUrfabhandlang.    S«  UV 

tÜ  avagtheoi  aber  ab  dl«  HaapteMhe  Janet  ade 
BegratMQwerdea   ond  Aafersteben   henrorheban , 
aohoa  der  Apostel  dringt.    Diesan  Gang  nimmt  dgaotiick 
|ader  Predigt,  auch  der  rachtg Iftabigsle,  aa  oft  er  ama  dar 
evangelltohen  Perikopa,  fiber  welohe  er  predigt,  eine  Ma- 
ral alaht :  anch  darin  iit  der  Übergang  Ton  etwaa  laiiar 
Heb  Hktorff ohem  an  ekiam  Inneren,  tieistlgeii»  TorhaadaiL 
Freilldi  Ut  der  Unterschied  nicht  ao  llbersehen ,  daCs  dar 
ortbodoKO  Prediger  die   eogenannte  Moral  deifaatak  aaf 
die  Historie  selnee  Textes  baut ,  daTs  dieae  als  gaaehiehtli- 
oho  Grandlage  liegen  bleibt:  wogegen  bei  dem  spaealati* 
van  Prediger  der  fibergang  ?on  der  biblischen  Gesehiehia 
oder  kirchlichen  Lehre  an  der  Wahriielt,  die  er  daraaa  ab- 
leitet, die  negative  Bedeutung  einer  Aafhebung  Ton  faiier 
hat.    Genau  betrachtet  jedoch  fehlt  auch   Im  fiberganga 
des  orthodoxen  Predigers  vom  evangelischen  Texte  nur  Nnta- 
anwendung  dieses  negative  Moment  nicht;    indem  er  van 
der  Geschichte  anr  Lehre  fortschreitet,  sagt  er  daaüt  wa- 
nigitens  so  viel :   mit  der  Geschichte  Ist  es  nicht  getfaan, 
sie  ist  die  Wahrheit  noch  nicht,   sie  mnfs  van  dn«r  vor* 
gangenen  anr  gegenwftrtlgen ,   von  einem  euch  firemdca, 
insseren  Goschehen  cu  eurer  eigensten  inneren  That  wer- 
den  2  so  dals  ea  sich  mit  diesem  fibergang  auf  ähnliehe  Wel* 
Mm  verhfiit,   wie  mit  den  Beweisen  (är  das  Dasein  Gottes, 
wo  das  weltliche  Dasein,  von  welchem  ausgegangen  wird, 
anch  scheinbar  anm  Grunde  liegen  bleibt,  in  der  That  aber 
ala  das  wahre  Sein  negirt,  und  aum  Absoluten  anfgebobea 
wird.     Immcurhln  indessen  bleibt  ea  noch  ein  merklicher 
Unterschied ,  ob  ich  sage :  da  und  aofem  diefs  geschehen 
ist^  biibt  ihr  das  au  thun  und  euch  dessen  au  getrösten ,  ^ 
oder:   diefs  ist  awar  erafihh  als  einmal  gisscheben,  das 
Wahre  aber  ist,  dafs  es  immer  so  geschieht,  und  auch  sa 
und  durch  euch  geschehen  soll.    Wenigstens  wird  dieCe* 
opeinde  beides  nicht  fOr  dasselbe  nehmen,  und  es  kehrt 
aomit,  bei  allem  Hehr  oder  Minder,  welches  das  mehr  oder 


8ehlar««bli«Adiiajig.    S.  15K  749 

weniger  telbitthltige  VerbUtnifii  das  Gebtlldieii  sar  krtti- 
sehen  Theologie,  neblit  der  Verschiedenheit  In  ^ev  Bildangs- 
stufe  derGemelnde,  hereinhringt,  dennoch  anch  hier  dietiefahr 
snrflck,  da(s  sie  hinter  diese  Di£Ferens  kommen  and  der  Predi- 
ger Ihr,  und  dadurch  aaoh  sich  selbst,  als  LQgner  erscheine. 

Von  hieraus  kann  dann  der  Geistliche  sich  wieder  ge- 
trieben finden^  entweder  dfrect  mit  der  Sprache  heraussnge« 
ben,  and  das  Volk  an  seloen fiegriffen  erheben  an  wollen; 
oder,  da  diefs  nothwendig  mifsglficken  mnfs,  sich  behntsam 
gnna  .an  die  Vorstellongswelse  der  Gemeinde  ansuschibie« 
gen ;  oder  endlich,  sofern  er  anch  hier  sich  leicht  yerrftth, 
am  Ende  doch  ans  der  Geistlichkeit  an  treten.  ^ 

Hiemit  ist  die  Schwierigkeit  eingestanden,  welche  die 
krltl^ehspecnlatiye  Ansicht  in  der  Theologie  fllr  das  Verhfilt* 
nirs  des  Geistlichen  cur  Gemeinde  mit  sich  führt;  die  Collislon 
dargelegt.  In  welche  der  Tbeolog  gerftth,  wenn  es  sich  fragt, 
was  nun  f  flr  ihn,  sofern  er  auf  solche  Ansichten  gekommen, 
welter  au  thnn  sei?  und  geselgt,  wie  unsere  Zeit  bierdber 
noch  nicht  sur  sicberb  Entscheidung  gekommen  Ist.  Aber  die- 
se Collislon  Ist  nicht  durch  den  Ffirwits  eines  Einaelnen  ge« 
macht,  sondern  durch  den  Gang  der  Zeit  und  die  Entwick- 
lung der  christlichen  Theologie  nothwendig  betbeigefttbrt ; 
sie  kommt  an  das  Ihdividunm  heran,  und  bemfichtigt  sieh  sei- 
ner, ohne  dals  ^s  sich  Ihrer  erwehren  könnte.  Oder  ?ielqiehr^ 
es  kann  diels  mit  leichter  Mühe,  wenn  es  sich  nämlich  des  Stu- 
direns und  Denkens  enthält,  oder,  wenn  dieses  nicht,  doch 
des  freien  Redens  und  Schreibens.  Und  deren  glebt  es  schon 
genug  in  unserer  Zeit,  und  man  brauchte  sich  nicht  au  bemfl- 
lien,  ihrer  Immer  mehrere  au  machen  durch  Verunglimpfung 
derer,  welche  sich  im  Geiste  der  fbrtgeschrittenen  Wissen- 
schaft Ternehmen  lassen.  Aber  auch  deren  giebt  es  noch^ 
welche  nnerachtet  solcher  Anfechtungen  doch  frei  bekennen, 
was  nicht  mehr  yerborgen  werden  kann  —  und  die  Zeit  wird 
lehren,  ob  mit  diesen  oder  mit  Jenen  der  Kirche^  der  Mensch- 
heit, ^r  Wahrheit,  besser  gedient  Ist. 


•Utaa 


,         R  e  g  i  8  t  e.  r 

der  erifiuterten  evaogelisohen  Abschnitte. 


(Die  vömisdic  Ziffer  bedeutet  deüBAad,  die  arabische  die  SeiteBxakL> 


M  L  t  t  h  aus.       , 

9i  9-13 

I,  605-61». 

/       14-17 

I,  410  f.  612  f. 

1,1-17    1, 143-l6t.  197-207. 

18.  19. 

23-26    II,  134-141- 

i8-25  I>  168-197.  207—233. 

155  f.  172-174. 

aa  t                     I,  183     I9a. 

20—22 

II,  95-104. 

aS                          I,  232  -233. 

27-31 

ir,  66-70. 

2,1-23                    I,  2S3-288- 

32-34 

1,  756  ff.  11,  7. 

22.23                   1,311-324.. 

.    35 

1,484. 

Z)  U                         I,  357-368. 

36-38 

1,  655  £. 

2-12    1,368-379.405-414. 

10,  1-4 

I,  614-631. 

g  iJ-17                 I,  420.  44^.    ' 

j      5.  6 

I,  563-569. 

4?t— 11      ■     '       1,448-482. 

'V7-42 

I,  653-658. 

-  12.                            I,  403  f. 

•     23 

^         I,  521.  523  t 

13-17        1^483.  501.  530  f. 

llf  1 

I,   654.747. 

i%^%%                I,  58a-590. 

a-6 

I,' 380-386- 

23             .1,  483  ff- 

7-19 

I,  410  t 

24                          11,6.89. 

20-24 

1,6581 

5-7                       1,635—653. 

25-30 

1,659. 

5,  l7                            I,  557  ff. 

12,  i— 8 

I,  555.  714 1  11,123. 

6,  1-18                           I,  555. 

9-15 

I,  555.  II,  123-131. 

8,  1-4                      11,  53-59. 

14 

u,  3751t 

5-13                 n,  104—123. 

15— ai 

I,  533. 

14.  15                           U,  51; 

a2-46 

I,  756-761. 

16                                  U,  6. 

38,  39 

11,2-5. 

19.  20                           I,  345. ' 

39.  40 

II,  336-338, 

21.  22                           I,  589. 

43-45 

II,  8-ia 

18.  23-27          U,  175-182. 

•46-50 

I,  761-766. 

28-34             U,  t8.  26-41. 

13,  1-53 

1,  660-663. 

9,1-8                       11,  69-94. 

54-53 

1,  501-506. 

B^giMeri 


Wf 


14^^  i 

3- 
13- 

22- 
34- 
36 
15,   I- 

21- 
29- 

1#,    1- 

5- 

'     i3- 

21- 

27. 

17,  I- 

.     U 

22 

24 

i8,  I 

21 

19>  1 

,2- 

13 

16 

27 

20,  1 
'   l7- 

20 
29- 

21,  1- 
12. 
J4 
lA 
23 
28 
33 
45. 

22,  1 


2  Hy  12  f« 

12  I^  4l4-4t9. 

-21  U,  199—2244 

-33  U,  182-192. 

35  I>  5l5. 
U,  94  f- 

20  1,557  ff.  696* 

-28  I,  503  f.  H,  48* 

-39  •            Wj  199-205. 

-4  I.  759-7(51. 

12  '          11,  201.   215. 

-20  .1,  519  ff. 

-23  •     ,      11,  305-313. 

28  I,  521.     il,  351. 

-13  .          11,  254-276. 

I,  622^ 

-21  :              11,  41-48. 

ll,.8. 

23  U,  305  ff.» 

-27  11,  195-199 

-20  1,631-685.766-771. 

-35  1>  665. ' 

11,  277  f. 

12  »•           I,  635-637. 

-15  1,771  f. 

-i.26  i;  537.  673. 

-3Q  I,  548-554. 

-16  .                   1,  665  f. 

-19  ..               11,  305  ff. 

—28  I,  767—769- 

■34  ">  62-70. 

It  11,  283-302. 

13  I,  772-779. 

-17  U,  298-300.  375. 

22  11,  237-253. 

-27  I,  408  f.  687. 

-32  I,  666. 

-44  I,  673. 

46  11,  375  f. 

■14  1,677-681. 


i»,  15-46 
t3,  1^36 

37 
24»  1— Bl.' 

25,  14-30 

26,  1.  2. 
.    3-5 

6-13 

.  14—16 

17-^19 

.  20-29 

.    30—35- 

.    36-46 

47—56 

'  57-68 

.'  69--73^ 

27,  1   .    •  . 
.-.  2         r 
.    3—10. 

It— 31 
32-50. 
50-54 
»57-61 
62-66 

28,  4—10 

-    16.  l7 
18-20 


^  I,687-«W; 

I,  l^-^i98. 

h  499^ 

25,  1-13*  il— 46. 

U,  343-J73. 

I,8«6-^609- 

11,303«; 

''•      '11,  376. 

I,  779-800." 

II,  380-396. 
1           11,  35^-402. 

u,  402-442. 

'  '    lli  438  f. 

11, 443 -434*  471  f. 

11,  472-480.- 

11,  4»o-490. 

U,  499^^%. 

,!»  u    :z  /'AI,  485. 

11,  512. 

''  II,  *W-5l2. 

11,  512-528. 

56.56.     Il,5i^-555. 

11, 956-^567. 

11,676-584. 

28,  4.    11-^13.    11, 

684-592. 

11,  S92-612. 

U,  612-631. 

.  VLy  665  ff. 


Markus. 

1,  2-6  I,  370^373.  405-409. 
4^  ff* 
9—11  I,  430—448. 

12.  13.  I,  448-48a. 

14.  15  1^364.  403  f.  483. 530. 
16-20  I,  583-590. 

21-28  U,  22-^4 

29-32  U,  51. 

32.  33  I,  751. 


79t 


Regliter» 


40-43 
3-ia 

8 

13-17 

i8-aa 
«3-a8 

6 
13—19 

30 
%U  31 

aa-30 
4i  t— 34 
35-4i 

5,  i-ao. 

.    2i-t73. 

7-13 

l4-t6 

17— !19 

30-44 

45-53 

54-56 

7,  l-M 
^4-30 
3i-37 

8,  1-9 
10-13 
14.  15. 
l6-at 

aa-a6 

27-30 
31  C 

9,  I 
a-l3 
14-29 


I^  533.  lif  6.  34- 

U,  54-59. 

I,  751. 

11,90-94. 

U,«A-Ö9. 

L  605-613. 

I>  410.  613  f. 

Ii  519.  555  ff.  714 1 

lli  133-131. 

H,  375. 

Ii  614-633. 

I,  751. 

-35         1,761-766. 

I,  756ff. 

1,663  f. 

U,  i75-tÖ3. 

lly  36-^41. 

35-43  11,134-141» 

154-174. 

U,  .95-104. 

It  501-508. 

I,  653-^657. 

U,  .13  f. 

h  414-419. 

U,  199-331. 

u,  183-193. 

11,95. 

I,  696  f. 

l,  564  U  U,  40*  105. 

11,  70-77. 

U,  199-305. 

I,  759*  11,  4  f. 

U,  215. 

U,  301. 

U,  70-77. 

I,  535-535. 

*     11,  3050: 

n,  353.  368. 

U,  354-376. 

U,  41 -.48. 


9»  iO-33  11,  305  C 

33-50  1,  644^  681  IT.  7661. 


AO,  1 
2—12 
13-16 
17-27 
28—31 
33-54 
35-45 
46-53 

11,  1-11 


U,  277» 

I,  6^-687. 

I,  771  f. 

I,  537.  673C 

I,  548f. 

II,  305  C 
h  767-769. 

U,  61—70. 
U,  383—303. 


13-14.  20-26  11,  237— 3S3. 


15-17 
18.  19 
27-33 

12,  1—12 
13-40 

13,  1-37 

14,  1.  3 
3-9 
10.  11 
13-16 
17-31 
23-15 
26-31. 
33-43 
43-53 
53-65 
66-73 

15,  1-30 
21-37.40.41 
38.  39 
43-47 

16,  1-8 
9-14 
15-18 
19«  20 


l,  772—779. 

11,  375. 

I,  4081687. 

I,  673. 

I,  687-693. 

II,  343-373. 

11,377. 

1,779—800. 

11,  380-396. 

U,  396-403. 

U,  426-435. 

u,  437-443. 

11,  435  f. 
II,  443-454- 
11,  472-480. 
11,  480—490. 
U,  490-491 
U,  512-537. 
U,  $38-555. 
U,  «S-567. 
U,  B76-584. 
U,  592-61^ 
U,  613 -631. 
U,  668-676. 
U,  676-690. 


Lukas. 
1,  5-35  I,  115-143 


Register. 


1,26-38  I, 

168-197.207-221. 

8,  19-21 

39-56 

"  I,  233-240. 

22-25 

57-80 

I,  116-142. 

26—39 

a,  i-s 

i,  241-251.  311  ff. 

40-42. 

6— ao 

I,  251-264. 

154- 

21 

I,  263  f. 

43-48 

aa-38.  40       I,  300-311,    | 

9,  1-6 

24 

1,345. 

7-^ 

39 

I,  311^324. 

10—17 

41-52 

1,325-341.346. 

18-21 

3,  1 

1,  357-368. 

22 

2-l8  1,368-379.405-413. 

27 

19.  20 

I,  414-419. 

28-36 

21.  22 

i,  425-448. 

37—43 

23 

I,  357-368. 

44.45 

24-38  1,153-167. 197-207* 

46—50 

4,  i-iS 

I,  448-482. 

61-56 

14.  15 

1,483. 

57-62 

16-30 

I,  501-508. 

10,  1.  17 

31-37 

U,  22-26. 

2-12 

38.  39 

U,  51. 

13—15 

5,  1-11 

I,  595-603. 

22-24 

12-14 

U,  54-^gi; 

25-29 

18^26 

w,  90-94. 

30-37 

20 

U,  84-89. 

38-42 

27-32 

I,  605-612. 

11,  1-4 

33-39 

I,  410  t  612  f. 

5-8 

6,  1-5 

I,  555  ff.  714  ff. 

9-13 

6-J9 

U,  123-131. 

14-32 

11 

U,  375. 

24—26 

12-16 

I,  614-632. 

27.  28 

20-49 

I,  635-653. 

29.  30 

7,  1-10 

U,  105-123. 

35-36 

11-17  U,  141-143.156-158. 

37-52 

164-166.   172-174. 

53.  54 

18-23 

I,  380-^386.  402  f. 

12,  1 

24-35 

1,  410  f. 

16-21 

36-50 

I,  779-800. 

22-34 

8,4-15 

I,  664  f. 

35-48 

16-18 

1,644. 

49-59 

753 

I,  761-766. 

n,  176-182. 

U,  26-41. 

.  49-56  11,  134—141. 

4-156.  164.  172-174. 

"*  u,  95—104. 

I,  653-657. 

11,  12  f.  vgl.  517. 

U,  199—221. 

1,525  ff. 

U,  306  ff. 

U,  353. 

P,  254-276. 

11,  41— 5ü. 

U,  3050: 

31,681-683.766-772. 

I,  570  ff. 

1,  589. 

I,  632—634. 

1,  663-657. 

I,  658C 

I,  659. 

1,  691-693. 

1,666. 

l,797-8oa 

1,649  f. 

1,666. 

I,  652. 

I,  756  ff. 

ii,a-io. 

I,  764-766. 

U,  336-338. 

1,  645  f.  651. 

I,  694-698. 

U,  375. 

I,  751. 

1,  666. 

1,  651  f. 

U,  346. 

I,  760  f. 


IM 


R  e  g  i  •  t  e  r. 


1%  1-5  1 
6-9'  ' 
10-17 

id-ai 

03-27 
ad«  SB9  ' 
31-33  : 
34.  35 

14»  1-6. 
7-11 
l6-a4 

15,  1-3!» 

i6,  1-13 
14-31 

17,6 
11 
13—19 

ao-37 
iö».i-^ 

9-14 

15-17 
i8-a7 
31-34 
35-43 

19,  1-14! 

Il-t7 

tlÖ-40 

43-44 

45-46 

ao,  1-8 
9—16 
17-19 
00—44 
45-47 

Ol,  5-36 

92,  1.  a. 
3-6 

■     7-13 ' 
44—20 


u,  aöf. 

U,  251-053. 

U,  129* 

I,  664^* 

I,  652. 
I,  568. 

II,  375. 
1,499. 

U,  i2Öf. 

I,  694-69Ö. 

1,  677-6ÖI. 

I,  667. 

1,  667-67a 

I,  67Q-673. 

iU  252. 

U,  278. 

11,  59-61. 

11,  343  ff. 

I,  666. 

I,  666. 

I,  771  f. 

I.  537  f.  673. 

U,  305  ff. 

11,  62-70. 

1,  613  f. 

I,  673-677. 

II,  283—302. 
II,  344«  360  ff. 

I,  772-779. 

I,  408  f. 
I,  673. 

II,  375  f. 
I,  687-690. 

I,  694. 

U,  343—368. 

U,  376. 

11,  380  ff. 

M,  396-402. 

11, 402  f.  416  ff.  437 

-442. 


22,  21  -23' 

(  U,  426-4U 

34-38  1, 769t  U,  423-4^. 

.433  f. 

'39-46 

U,  443-472. 

47-53 

U,  472-43U. 

54-62 

11,  490-4^3. 

63-71 

11,  480-45H. 

33,  1-25 

11,  512 -52\ 

26-49 

11,  528-555. 

44.  45 

U,  556-567. 

50-56 

11,  576-©4 

04,  1-13 

.  11,  592-61 L 

13-49 

11,  612-631. 

16.  31.  39 

-42  U,  631-647. 

05-37.  32.45  t      U,  66af. 

47-49 

11,  668-676. 

50-53 

11,  676-690. 

Job 

a  n  n  e  8. 

1,  14 

I,  195.  444  ^. 

l5.  27.  30 

1,388«. 

19-30.  36 

r,  379-409. 

09.  35  f. 

1.386— 388.398  t 

u,  319  c 

3t.  33 

I,  374-379. 

32-34   ' 

I,  425-44Ä. 

37-52 

I,  583-595. 

2,  1 

1,485. 

2-11 

u,  021-13:. 

12 

I,  485.  500. 

13-17 

I,  772-779. 

18-23 

U,  330-336. 

33-35 

I,  537.  700- 

3,  1-31 

I,  700-713. 

32-36 

I,  390-395. 

4,1-3 

I,  492. 

4-43 

I,  573-581. 

36 

1,  526C 

43-45 

I,  726—729.  733. 

46-54      - 

U,  105-123. 

Register. 


755 


5,  t 

I,  509  t 

10,  40-42 

I,  4^6. 

2-16 

11,  87  f.  131-134. 

41 

11,3. 

16.  i8 

11,  376  t 

11,  1-44 

n,  143-174. 

17-47 

.1,  714-718, 

45-53 

U,  378-380. 

6,  1-13 

u,  199-221. 

54 

I,  486.  492. 

14.  15 

I,  527.  550. 

58-57 

11,  299*  377  ff. 

16-25 

n,  182-192. 

12,  1-8 

1,  779  ff. 

26-71 

I,  718-721. 

9-19 

U,  283-302. 

62 

I,  543. 

20—30 

U,  461-472. 

64.  70. 

71         11,  384-389. 

31-36 

U,  306. 

68.  69 

I,  528.  624. 

37-43 

I,  701. 

7,  1 

1,  486.  492. 

44-50 

I,  723-726. 

a-9 

I>  223.  496.     ' 

13,  1.  2. 

U,  402-416* 

10—13 

I,  753. 

3-20 

11,  416-425. 

14.  15 

I,  347. 

10.  18. 21- 

-38     11,425-436. 

16-38 

I,  721  f. 

20 

1,  729  f. 

19  f. 

11,  376. 

23-26 

U,  427  ff. 

31 

11,  1  ff. 

14-17    U,  456-460.  467-472. 

33-36 

I,  721  f. 

14, 18  ff.  16, 16  ff.  U,339  f.  675  f. 

39 

i,  737  f. 

14,  31 

I,  730— 7S3. 

40-46 

I,  753.. 

15,  1-5 

I,  723. 

41.  42 

I,  321. 

17,5 

I,  543. 

47-53 

1,700«: 

18,  1—11 

U,  472-480. 

8,  i-ll 

I,  793-800. 

12-27 

11,  480-498. 

12-59 

1,  721  f. 

28-40 

U,  512-523. 

28 

11,  312. 

19,  1-16 

11,  525-528. 

,48  f* 

11,  6. 

17-30 

11,  528-555. 

57 

I,  512. 

31-37 

11,  563-576. 

58 

h  542. 

38-42 

11,  576-584. 

59 

11,  376. 

20,  1—18 

•11,  592-607. 

9,  1-3 

11,  85-89. 

19—29 

11,  612-631. 

4-41 

Jö,  77-84. 

21-23 

11,  671  -676. 

10,  1-21 

I,  722  f. 

21,  1-14  I, 

603^-605.  11,  192 

17  f. 

11,  313.^ 

-195. 

22-29 

I,  723  f. 

15-19 

I,  626  f.  U,  634f. 

30-39 

I,  539.  753.  U,  376. 

20-23 

1,627.    11,370  f. 

7M 


Druckfehler  und   Verbesserungen 
im  Bweiten  Band. 


S«tle    LinU 


27 
S5 

54 
BS 
99 
122 
127 
127 
129 
141 
144 
150 
151 
167 
172, 
186 
208 
212 
2iS 
219 
2k9 
265 
267 
269 
272 
282 
289 
300 
519 
528 
555 
545 
545 
375 
576 
402 
418 
456 
462 
476 


22 

4 
15 
25 

29 
22 

18 

1  d*  Amiu 

9 

3 

9 
11 
26 
12 

5  d.  Anrn. 
28  imd  29 
52 
10  und  11 

6 
12 

2 

5 
27 

7 

5  d.  Anal. 

2 
10 

5  d*  Amn. 
28 
15 
80 
25 
11 

5 
19 

4 
15 
24. 
12 

5  d.  Anrn, 


statt 

Wenigstca 

luschreiben 

tthrigen 

unser  tcheidea 

emtticli 

NaVmaan 

evangeiichea 

Lastthier 
Math'äut 

indes    . . 

entscheideatlea 

wie 

OLtHAUSBK^ichea 
beaeicbaet« 
TtSr  und  S 
wenigstea 
Geriienbrode 
tchlechweg 
himmlicher 
Vorfall  . 

lacüe 
tainen 
(12,  1.  12. 
tln  ort 

Beaiehung    . 
wirlkh 
Gegentatt 
evaDgelichea 
die  hestimmtca 

rechfertigte 

SCHLBIMACHIR 

▼erlassen 
mttheUt 
J.  12, 
Greitea 


xa  lesen 

Wenigstens 

zuschrieben 

Übrigen 

unterscheiden 

ernstlich 

Nafe'man 

eYaageliscbaa 

mal 
HausUiier 

Matthäus 

indess 

entscbeideadtlen 

wenn 

OLSNAUsan'scba 
bezeichnet? 
rtSr  und  S 
•  wenigstens 
Gerstenbrota 
schlechtweg 
bimmlischer 
VorfaUs 
wa/tftoTili 
tacies 
seinen 
(12,  1.  12.) 

Beziehung 

wirkHcb 

Gegensatz 

erangelischen 

die  ihm  bestiaunlcB 

^iHiöioaTo* 

rechtfertigte 

SCM1.BllRMAaiXm 

yeranlassen 
mittheilt 
Job.  12, 
Greise« 


737 


Seite 

Linie 

•tili 

SQ  leten 

481 

15 

and 

und 

512 

Sd.  An». 

ab 

•d                    .    . 

518 

54 

sodem 

•ondem 

528 
530 

8 
19 

*^ 

»*^/? 

547 

8t  . 

ihnen 

nach  ihnen 

548 

19 

Heroiiana 

Heroismus 

549 

15 

Aufruf 

Ausruf 

556 

15 

ETangeUtlen 

ETangellen 

564 

16 

ScHLIIlRIIACim 

ScmBCKBimumeim 

566 

7 

namenUoIi 

567 

58 

hXIte 

bitten 

579 
579 

8t 
84 

Sr^'^^^ 

^9^y^ 

600 
605 

88 
19 

Verrherlidkiing 

^erherrUcbung 

635 

85 

Anpruch     . 

Anspruch 

637 

10 

datty 

dasa 

640 

81 

immentam 

immentuai 

648 

10 

wirktioh 

wieder 

669 

7 

W« 

KvöU 

^5 
690 

8 
5 

Apotel 

ilita 

Apostel 
EÜa 

691 

0 

Standepunkl 

Stasdpunkl 

693 

80 

herorgekehrt 

hervorgekehrt 

698 

8Qiid80 

aaMQ\ 

ca^tA 

72* 

58 

derselben 

desselben 

755 

5 

mensclicben 

menschlichen 

740 

ilaiul25 

vor  Gott :  d.  h.  gerecht  —  tot  Gott  gerecht 

d«  h* 

X 

SS.  1,  69  und  175  sollte ,  statt  auf  S.  75  des  ersten  Bandes  y  auf 
SS.  97  und  98  verwiesen  sein. 

S.  155  I4a*  10  sollte  es  statt:  Kervensystem^  Nerven •  und  Mus* 

kelsystem  beissen. 

•  ■ 

S.  558  ist  nach:  ^tf^ht  in  der  That  nur^'  einsuschieben :  „entwe- 
der m  die  noch  nicht  vollendete  Brseheinung  Jesu 
(nt  Wim  I.  d.  St.),  oder<<  — 

S.  540  Lim  36  ist  statt  nBrnBiehung'«  ^  y^Bttcksieht««  lu  seilen  • 
ebendaselbst  Lfau  53  statt  jyUUn^^yat,^^  —  »»ErfUllt- 
werden**. 

S.  553  Lin.  27  nacb  «,auf  den*^  Üinzusehieben :  vorangehenden 
14ten  und  den—.  Al^muf  S.  595  I^  I  oad  2  statt 
des  Punkts  ein  Commai  «6d  UM  der  Worte:  „In- 
dets  «—  deuten  <*  die  Worte  t  «,und  wenn  er  in  iepem 
früheren  Verse  die  Verkfind^;ung  des   Evangdioms 


738 

I 

Jy^  Sin  T?  oUttui^n  als  etwas  binslelle,  iß%    deai  riJtPi 
•  '    i  tetfa^Wrangeoen  w^fdk^:'  so  müsse  er  dmes  als  noa 

weitiOi^lfernt  gedacht  habe««  ladess  eine  Auabreitufie 
des  k^angeiiiims  in  der  rtotsidiiett  Wdt  kann  Je»i 
jl^on  .fiir  die  nächtttn  40  Jabre  gehoffl  Itabeia  ,  «im 
eme«4<4che  auch  wir]|licJ^  TornehmHch  durcJk  Paolus 
I  erfolgt,  ist;  die  awribliclip  Ntfthigu^  «ber  ^  j^cru 
auf  die'  angegebene  Weise   umzudeuten,'^ 

S.  376  Lin*  3  atatt  ^^kaum  mefar^  su  lasen :    >>nar  noch^^. 

S.^  479  L.  ^  statt., )^  ibmfs'^  -^  »s^W  Hohenpriester^'. 


14  D  A^,  ^1h  boekowbd 


^OM 


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