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Full text of "Das Manichäische Religionssystem nach den Quellen neu untersucht und entwikelt"

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deligionsſyſtem 


uterſucht und entwikelt 


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. Theologie an der Univerfität 
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Manichaͤiſche Religionsſyſtem 


nach den Quellen neu unterſucht und entwikelt 


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von 


Dr. Ferdinand Chriſtian Baur 


ordentlichem Profeſſor der evang. Theologie an der unlverſtät 
zu Tuͤbingen. 





Tübingen, 
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1831. 








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Nanichaͤiſche Religionsſyſtem 


nach denn Quellen neu unterſucht and entwikelt 


Dr. Ferdinand Ehriftion Baur 


nbentliheme Profeſſor der evang. Theologie an der Unlverfirie 
zu Tübingen. 








Tübingen, 
erlag von ©. F. Oſiander. 


1831 


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Das 


ganichaͤiſche Religionsſhſtem 


nach den Quellen neu unterſucht und entwikelt 
von 


Dr. Ferdinand Chriſtian Baur 


ordentlichem Profeſſor der evang. Theologie an der Univerſitaͤt 
zu Tuͤbingen. 


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Tübingen, 
Verlag von ©. F. Dfltander 


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1831. 


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Tübingen, gedrudt bei Hopfer de l'Orme. 


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Vorrede. 





Indem ich die gegenwärtige Schrift dem Publicum 
übergebe, habe ich nach demjenigen, was im Cingange 
derfelben, in der allgemeinen Vorerinnerung, über das 
Berhältnig diefe? neuen Unterfuhung und Darftellung 
des Manichäifchen Lehrbegriffs zu den Werfen der 
Vorgänger gefagt ift, zur Rechtfertigung ihrer Erz 
fheinung nur weniged hinzufügen. 

Die Aufgabe der vorliegenden Unterfuchung glaubte 
ih als eine dreifache auffaffen zu müffen. 

Bor allem mußte e8 um eine urkundliche Darlegung 
der hiftorifch gegebenen Elemente zu thun feyn, aus 
welchen das ganze Syſtem zu conftruiren if. Nicht 
nur um jeden Schein der Willführ zu vermeiden, 
fondern auch um der Darftellung felbft ein frifcheres 
Leben zu geben, find überall, ungeachtet dadurch der. 
Umfang der Schrift nicht unbedeutend erweitert wurde, 
die Hauptftellen, die die hiftorifche Baſis der Unter: 
fuhung bilden, in ihrem Zufammenhange mitgetheilt 
worden. Go erleichternd gerade in dieſem Theile der 
Unterfuchung die Arbeiten der Vorgänger feyn mußten. 

%* 


fo wird doc niemand, wie ich hoffe, ein durchgän: 
giges felbftftändiges Quellenſtudium, und eine umfaf: 
fendere und durchgreifendere Benüzung der wichtigften 
Beweisftellen vermiffen. 

Die ſchwierigſte Aufgabe einer folchen Unterfuchung 
ift immer die Entwiflung des innern Zufammenhangs 
der einzelnen Theile des Syſtems, die getreue und 
lebendige Auffaffung der dad Ganze beherrfchenden or; 
ganifchen dee. Der Hiftorifer muß ſich immer auch 
wieder über den hiftorifch gegebenen Stoff ftellen, und 
die Grundanficht, Die er vom Ganzen gewinnt, ift 
zulezt durch Momente bedingt, die über die Sphäre 
des fpeciellen Gegenſtandes feiner Unterfuhung weit 
hinaudliegen. Sn diefer Hinficht hauptfächlich fchien 
ed mir nothwendig, in die Beziehungen forgfältiger 


e 


einzugehen, die ver Manichäismus theils zu dem chrifts 


lichen Gnoſticismus, theild zu den Religionen des 
Alterthums überhaupt unverkennbar hat. Sch geftehe 
ed gerne, daß der Berfuh, ein Syſtem, wie das 
Manihäifche ift, in feinen lezten und höchſten Prin- 


cipien aufzufaffen, auf gemiße Puncte führt, in Ans 


fehung welcher das entfcheidende Urtheil mehr oder 
minder nur der individuellen Anficht und Geiſtesrich⸗ 
tung des darftellenden Hiftoriferd angehören zu müffen 
feheint. Gleichwohl glaubte ich auch folche Puncte um 
fo weniger unerörtert laſſen zu dürfen, je häufiger fie 
fonft entweder mit völligem Stillfchweigen übergangen, 
oder wenigftend nur flüchtig berührt werden, wäre es 
auch nur, um die Grenzpuncte zu bezeichnen, Die ber 


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— V — 


ſtreng hiſtoriſchen Unterſuchung durch Die Ratur der 
Sache geſtekt ſind. 

In engem Zſammenhange mit dem ſo eben Ber 
merften flieht, was ich ald einen dritten Theil der ger 
fammten Aufgabe betrachtete, Die genauere Nachweiſung 
der biftorifhen Genefis des Manichäifchen Syſte 
Was in diefer Beziehung noch zu leiften iſt, mag die 
einfache Bemerkung zeigen, daß in dem ganzen Jahr⸗ 
hundert, dad nunmehr feit der Erfeheinung des geifts, 
vollen und inhaltöreichen Beaufobre’fchen Werkes über: 
die Manichäer nächitens verfloffen ift, Fein Verſuch 
gemacht wurde, Dad Manichäifche Syſtem aus dem 
ſeitdem erweiterten Gefichtöfreis des orientalifchen Re⸗ 
ligionögebietö, welchem es nad) Urfprung und Snhalt 
angehört, zu betrachten. Es genügt mir, wenn die 
hier gegebenen, auch bei dem jezigen Stande unferer 
Kenntniß des höhern Drientd immer noch dürftigen 
Andeutungen der Beachtung beſſer ausgerüfteter und 
- weiter fehender Forſcher nicht unwerth erfcheinen. 

Der ganze Gang der vorliegenden Unterfuchung 
rüft den Manichäismus immer mehr aus dem engen 
Kreife der chriftlihen Sectengeſchichte in Die weitere 
und freiere Sphäre der alten Religionsgefchichte hin: 
über. Nur von diefem Gefichtöpunct aus fann das 
Manichäifche Religionsfpftem in feiner wahren Bedeu⸗ 
tung erfcheinen: für die hriftliche Kirchen s und Dog: 
men⸗Geſchichte bleibt ihm demungeachtet biefelbe Wich⸗ 
tigkeit. Um dieſe Seite um ſo weniger unbeachtet zu 
laſſen, glaubte ich in dieſer Darſtellung auch der in 


mancher Hinficht fehr anziehenden Polemik ver chrift: 
Vichen Gegner etwas mehr Raum geflatten zu dürfen, 
ald ihr gewöhnlich gegdnnt wird. 

Das Studium der Hiftorifchen Theologie hat in der 
neueren Zeit durch die Leiſtungen und Anregungen 
trefflicher Männer einen fo erfreulichen Aufſchwung 
genommen, und ift zugleich Durch die großartige Wen: 
dung, die die neuere Theologie überhaupt characterifirt, 
in eine fo lebendige und fruchtbare Beziehung zur Dog⸗ 
matik als Wiffenfchaft gefezt worden, Daß jeder neue 
Beitrag, auf dem weiten, der Forſchung noch offen 
liegenden Felde, fhon darum eine nicht unfreundliche 
Aufnahme fich verfprechen zu dürfen fcheint. Möge 
der gegenwärtige, eben fo fehr einer Cardinalhäreſe des 
Chriſtenthums, als einer. Hauptform ber alten Reli⸗ 
gion gewidmete, es wenigftend nicht verfennen laffen, 
daß er aus eben dieſem Intereſſe für ſolche Studien 
hervorgegangen ift, und die Aufmerffamfeit, die ihm 
etwa-zu Theil wird, zu vielen lichtvollen und gründ⸗ 
lichen Belehrungen Beranlaffung geben ! 


ueberſicht des Inhalts." 


Erſter Abſchnitt. 
ausemeine Vorerinnerung. 
Die beiden Prineipien und die: beiben Reiche Zip 


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Das Werhaͤltniß des Danihätemng sum. ‚Onopiekemid —* 

zum Chriſtenthum im Allgemeipen... * 
Die bisherigen. Bearbeitungen des Mini, gehrbegeif $ 
Die Quellen nad) ihrem verfchledenen Character . , ⸗ 5 
Der Dualisuund des. Mani, Spitems in Hinßgt ir, * 

Principien . 1 
Die Natur, and. bie gfenrdafen ber beißen Yrincyieh * „B 
Das Eihtreih een 
Das Reich der Finſterniß — J Da UF 
Das Verhältniß der beiden Reiche . che ‚25 
Einwendungen bei Gegner gegen den Manich. Duaiening 30 
Beurthell ung ded Manich. Begriffs des Boͤſen em ". * 3% 


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3Zweiter Abſchnẽtt. | wa 


Der Kampf Den beiden Princpien und die 
Weltſchoͤpfung. 

vantheiſtiſcher Character des ——— orte — 
Der Anfang des Kampfs der beiden Yrinciplen 2 
" Die Gottheit in der Entwillung des Kampfe, die Seele, 

der 1 11,72.) 
Der Spiritns ptns neh 
Der Jesus paibilis 0 Ne TA 


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Fünfter Abſchnitt. 


Das Verhaͤltniß des Manichaismus zum Hei⸗ 
denthum, Judenthum und Chriſtenthum: vie. 
urfprünglichen Elemente, aus welchen er 
hervorgegangen ift. 


I. Das DVerhättniß zum Heldentium . » .. 334 
Fauſtus und Auguſtin hieruͤber — 


Beurtheilung ihrer Anfihtn . . 338 
1. Der Manich. Dualismus hat einen volytheiſtiſchen 
Character 339 
2. faßt die Aufgabe der Religlon, 1— ‚wie der Yolptpeis- 
mug . . . . . . 345 . 
3. bat eine ſymboliſch⸗ wotbiſche Form . 348 
4. fließt fih an die edleren Formen des heidniſchen 
Cultus an ee ee. 31 
u. Das Verhaͤltniß zum Judenthum. .. .336 
Allgemeines Urtheil uͤber die Religion des A. x. oo 
Hauptbefhuldigungen gegen das A. T.. 358 
1. Es ſtellt einen unwuͤrdigen Begriff der Gottheit auf — 
2. enthaͤlt viele anſtoͤßige Geſeze und Beiſpiele 360 
3. lehrt feine Sindenvergebung Pe 1.7 | 
4. verheißt ein finnlihes SU, - . - “ee 363 
Anerkennung einer Urreligion im U. X. - 0.364 
1. Das Verhaͤltniß zum Chriftentfum . - 368 
Bebereinftimmung des Mani. mit dem Sprifen- 
thum und Gegenfaz gegen dbafielbe - : - « — 
Manes der Parallet . . ee ee. 39 
Der. Nationalismus er Mani er ee. 378 
Der Doferismus | a . 356 


Allgem. Bemerkung über die Oppofition der Manlch. 
gegen das Chriſtentuuun4o02 


Die Geneſis des Manichaͤismus .. 404 
Der Manichaͤismus feine Combination des Zoroaſtris 
mus und des Chriſtenthums ee 


Das Verhaͤltniß des Manich. zum Zoroaſtrismus . a4135 
1. Der dualiſtiſche Grundcharacter der beiden Re⸗ 
ligionsſyſtennn. —, 


— XI — 


2. Die Verſchledenheit Ihrer Weltenfibt - 
3. Shre Abweichung in zwei practifchen Vorſchriften 
Manes ein Neuerer und Häretifeer - .  . 


Das Verhältnig des Mani. zum VBuddhalemud . 


Seine Webereinftimmung mit demfelben 
1. in Hinfiht ded Gegenſazes zwifchen Geiſt und 
Materie .  . oe... 
a. in Hinfiht der Lehre von der Weltentftehung . 
3,2 = ss 82 s: = Entwiflung des 
Weltlaunf - 
4. ⸗ 2 = ⸗ dem Weltende 
5.⸗ : der Sittenlehre. 
Beſtaͤtigung des gewonnenen Reſultats durch Verglel 
chung der morgenlaͤnd. und abendl. Berichte uͤber 
Manes .. 
Die morgenlandiſchen ee ee. 
Die abendländifchen .. 
Der Magier Simon als Repraͤſentant des Gnuoſticis⸗ 
mus in ſeiner Beziehung zum Manichaͤlsmus. 
Weitere Zuruͤkfuͤhrung der auf den Magier Simon 
uͤbergetragenen Ideen ee... 
Schlußbemerkungenn. 0. 


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Erſter Abſchnitt. 


Allgemeine Vorerinnerung. 
Die beiden Principien und, die beiden Reiche. 


Der Manichaͤismus ift, wie der Gnoſticismus, unftrei: 
tig eine der merkwuͤrdigſten Erfcheinungen auf dem Gebiete 
der älteften chriftlichen Religionsgefchichte, in gewißer Hin 
ſicht fogar noch von höherem Intereſſe ald der Gnoflicis- 
mus. E8 handelt fich bei diefen beiden ihrem inneren Cha= 
tacter nad) fo homogenen, und, wie gewöhnlich gefchieht, 
mehr nur.mit Rüdficht auf gewiße äußere Verhältniffe unter: 
fhiedenen Erfcheinungen nicht blos um eine, auf eine einzelne 
Seite des Chriſtenthums, ein einzelnes Dogma des dırift- 
lichen Lehrbegriffs fich beziehende Differenz, um eine hä= 
retifche Meinung im gewöhnlichen Sinne, fondern um ei: 
nen ind Große und Allgemeine gehenden MWiderfpruch, eine 
im Ganzen divergirende Geiftesrichtung. Die Berührung . 
der beiden Syſteme mit dem Chriftenthum ift eine fo auf: 
ferwefentliche und dußerlihe, daß wir auf einen vom 
Standpunct des Chriſtenthums völlig verfchiedenen geftellt 
werden; es fteht hier nicht Dogma gegen Dogma, ſon⸗ 
dern Religionsſyſtem gegen Religionsfoftem, und wir tre⸗ 
ten aus dem fpeciellen Gebiete der chriftlichen Religions⸗ 
gefchichte in das der allgemeinen Religionsgefchichte hinuͤ⸗ 
ber. Das Religionsſyſtem, das hier zwar in mannigfa= . 
he äußere Berührung mit dem Chriſtenthum kommt, aber 
bet aller Befreundung im Einzelnen einen fehr tiefgehens 

Baur's Manich. RI, Syftem, 4 


den Gegenfaz gegen daffelbe bildet, ift, wenn wir.das We⸗ 
fentlihe vom minder MWefentlichen fcheiden und auf vie 
allgemeinen Principien zurüfgehen, das heidnifche, fofern 
wir ihm den Character einer Naturreligion beilegen müffen, 
“welcher. der ethifche Character des Chriftenthums noch fremd 
tft. Treffen in diefer gemeinfamen Richtung der Gnoſticismus 
und Manichäisinus völlig mit einander zufammen, fo unter: 
fcheidet fich dagegen der leztere vom erftern durch eine mit 
größerer Confequenz verfuchte Durchführung des aufgeftell- 
ten Princips, und, was die unmittelbare Folge hievon ift, 
einen noch. ſchaͤrferen Gegenſaz gegen das Chriſtenthum. 
Wie ſchon in den alten Religionen der vorherrſchende Po⸗ 
lytheismus auf einer gewißen Stufe in den Dualismus 


uͤberging, ſo traͤgt auch der Gnoſticismus im Allgemeinen 


ein mehr polytheiſtiſches Gepraͤge an. ſich, während ber 
Manichäismus feiner ganzen Geftaltung nad) dualiftifch 
if. Im Zufammenhang damit fteht die Mannigfaltigkeit 
der Formen, in welchen ſich der Gnofticismus in einer 


Reihe von Secten auf verfchiedene Weife modificirte und 


individualifirte; der Manichäismus dagegen behauptet aud) 
in diefer Beziehung den firengeren Character der Einheit. 
Was den Manichaͤismus vom Gnofticiömus unters 
ſcheidet, kann nur dazu dienen, das fpeculative und reli⸗ 
gidfe Intereſſe einer fo eigenthümlichen Erfcheinung zu ers 


hoͤhen. Er hat daher auch, feitvem die Gefchichte der- 


hriftlichen Theologie Gegenftand eines tiefer eindriugenden 

Quellenſtudiums und einer geiftoolleren Behandlung gewor⸗ 

den ift, die Aufmerkfamkeit mehrerer ausgezeichneter For⸗ 

{her auf. fich gezogen, unter. welchen befonders Beaufobre, 

und Mosheim durd) forgfältige Sammlung Imd Ordnung; 

der zerftreuten Materialien eine Bahn gebrochen T), auf 
| 





1). Beausöbre Histoire critique de Manichee et du Mani- 
cheisme. Amsterdam. T. 1. 1734. T. II. 1739. 


t 


— 3 — 


welcher jeder nachfolgende Bearbeiter nur mit Dank gegen 
feine Vorgänger weiter ftreben Tann, Nur hat Beaufobre 
über einer gewiſſen einfeitigen apologetifchen Tendenz und 
dem Beſtreben, nicht blos das Verwandtere, fondern auch 
das nur in entfernterer Beziehung zum Gegeunſtand feiner 
Aufgabe Stehende in den Kreis feiner Darftellung zu zies 
hen, da8 Characteriftifche und Individuelle des Manichaͤ⸗ 
ismus nicht felten verwiſcht, wenigftend nicht gehörig ins 
Licht gefezt, und die Ueberficht des Zufammenhangs er: 
ſchwert, und freieren Combinationen nicht immer die nd=: 
thige Hiftorifche Begründung zu geben gewußt. Unter den 
ältern Bearbeitungen ift, da Walch 2) fich darauf befchränf: 


te, die Refultate der Vorgänger mit verftändigem Ur⸗ 


theile zu benüzen, und bei feinem atomiftifch zerftücelnden 
und aneinanderreihenden Verfahren feiner Darftellung we⸗ 
der Leben einzuhauchen noch Farbe zu geben vermochte, 
unftreitig der Mosheim’fchen in Hinficht der Kritik und 
Treue und der lichtoollen und umfaffenden Behandlung 
verBorzug zuzuerkennen. DäsUrtheil, das Gieſeler (Theol. 
Stud. und Kit. I. 3. ©. 599) über Mosheim fällt, er 
habe fich in der Entwidlung des Manichäifchen Lehrbegriffs 
iu fehr mit der Aufferlichen Zufammenftellung des Mythus 
begnuͤgt, ohne zugleich die innere Geneſis nachzuweiſen, 
möchte großentheils auch noch auf feine Nachfolger in der 
neneſten Zeit feine Anwendung finden. Laͤßt doch felbft 
die Neanber’fche Darftelung (Allg. Gefch. der chriſtl. Relig. 
und Kirche 1.2. ©. 815— 859) bei allen Borzügen, die das 
treffliche Werk auch in dem hieher gehdrigen Abfchnitte 
auszeichnen, gerade in ſolchen Puncten, die die durchgrei⸗ 
fende genetifche Entwiflung betreffen, da und dort noch 


Mosheim De rebus Christianorum ante Constantinum M. 
Commentarii. Helmst. 1753- 
2) Chr. W. F. Wald Entwurf.einer volftändigen.Hlftorte der Ke⸗ 
zereien u. ſ. w. Ch. I. Leipzig 1762. ©. 685. f. 
1.. 


Manches zu winfchen übrig. Neben den neueften, nur eine 
allgemeine Weberficht gebenden und nur einzelne Punfte bez 
fonder& hervorhebenden Schriften von Reichlin-Melldegg und 
Megnern 3) ift der Beirrag bemerfenswerth, welchen Gie⸗ 
feler in den Theol, Studien und Kritiken (herandg. von Ul- 
mann und Umbreit I. 3. Hamb. 4828. S. 599) zur Beur⸗ 
theilurig ſowohl diefer beiden Schriften, als aud) der Ne⸗ 
ander’fchen Darftellung Mani's und der Manichäer gegeben 
‚bat. Es find hier mehrere fehr fchäzbare Bemerkungen nie= 
dergelegt,, die bei einer neuen Unterfuchung befondere Auf- 
merkfamfeit verdienen. Im Allgemeinen fcheint mir, wenn 
ich die bisherigen Bearbeitungen mit den Quellen, aus wel: 
chen unfere Kenntniß des Manichäifchen Syſtems zu ſchoͤ⸗ 
pfen ift, und mit dem fo bedeutenden Erfolge der Beſtre⸗ 
bungen vergleiche, durch welche uns in. der langen Zeit 
‚ feit Beaufobre und Mosheim der-Bli in den alten und 
neuen Orient immer mehr erweitert und aufgehellt wor⸗ 
den ift, theild in Hinficht der Auffaffung des. ganzen 
- Spftemd und einzelner’ in das Ganze befonderd eingrei= 
fender Momente, theild befonderd auch in. Hinficht. des 
Verhältniffes, in das der Manichaͤismus auf der einen Geis 
te zum Chriftenthyum, auf der andern zu den Religionsfy- 
ſtemen des Orients zu feßen ift, noch ein weites Feld für 
neue Forfchungen offen zu ſtehen, und manche wichtige 
Frage noch nicht fo erörtert und entfchieden zu feyn, daß 
ein neuer Verfuch, zu weiterer Aufhellung des bisher nöch 
mehr oder minder dunkel Gebliebenen etwas beizutragen, als 





3) Die. Theologie des Magiers Manes und ihr Urfprung. Aus 
den Quelfen bearbeitet von K. A. Reichlin-Melldegg. ßrtf. 
a. M. 1825. 

Manichaeorum indulgentias cum brevi totius Manichae- : 
ismi adumbratione e fontibus descripsit A.F. V.de > Wog- „- 
nern. Lips. 1827. 


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ein uͤberfluͤſſiges und zweckloſes Unternehmen angeſehen 
werden muͤßte. 

Was zuerſt die Quellen betrifft, fo ift feit Beaufobre 
von dem Verhältmiß der von zwei Seiten uns zugefommes 
nen Berichte über Mani's Leben und Lehre, der orientalis 
fhen und vecidentalifchen, vielfach die Nede gewefen, und . 
nach Beauſobre's Vorgang die Meinung ziemlich gewbhns 
lich geworden, bei der bedeutenden Verfchiedenheit. zwifchen 
beiden falle das Uebergewicht der Glaubwürdigkeit fehr 
entfchieden auf die Seite der Orientalen. Auch Neander 
0. a. D. ©. 815. gibt Beaufodre darin Recht, Daß ders 
felbe die abendländifchen Nachrichten, deren Unhaltbarkeit 
er gut bewiefen, ganz verworfen und fich. nur an die ori⸗ 
‚ entalifchen gehalten habe. Wie weit diefe Behauptung in 
der Beziehung, in welder fie Neander zunaͤchſt geltend 
macht, in Beziehung auf die Gefchichte des Etifter& der 
Secte wirklich gegründet ift, wird an einem andern Orte 
noch in Betracht kommen; bier fcheint mir jedoch die Be: 
merfung nicht überflüffig zu feyn, daß jehes Mißtrauen 
gegen die Glaubwuͤrdigkeit der vecidentalifchen Quellen: Fei- 
neöwegs auch auf die in ihnen enthaltene Darftellung der 
Manichäifchen Lehre ausgedehnt werden darf. Theils 
kann in Diefer Beziehung, da die Drientalen über die Leh⸗ 
se Mani’s im Grunde nichts von Bedeutung mittheilen, 
von einer Vergleichung nidt wohl die Rede ſeyn; theild 
haben wir nad)“ der ganzen Beichaffenheit der occidentali⸗ 
fhen Quellen, foweit fie die Lehre Mani's betreffen, kei⸗ 
ne gegründete Urfache, ihre Treue‘ in Zweifel zu ziehen. 
Selbft wenn die Acten der Difputation, die der Biſchof 
‚ Archelaus von Kaskar in Mefopotamien mit Manes ge: 
halten haben fol *), wie Neander a. a. D. behauptet, 


4) Acta Disputationis S. Archelai Cascharorum in Mesopo- 
tamia Episcopi cum Manete haeresiarcha. Galland. Bibl. 
Vet. Pair. Tom. Ill. &. 569 f. Nach Phot. Bibl. cod. 85. 


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noch fo ‚‚offenbar eine übel zufammenhängende, ziemlich 
mährchenhaft ausfehende Erzählung enthalten,“ fo dürfte 
doch hierans in Anfehung des dogmatifchen Theil Fein 
‚befonders nachtheiliger Schluß gezogen werden. Meben - 
dieſen Acten find die Hauptfchriftfteller, die wir aus'der 
nicht unbedeutenden Zahl der Gegner, die gegen den Ma- 
nichäifchen Lehrbegriff gefchrieben haben, noch benüßen koͤn⸗ 
‚nen, Epiphanins (Adv.haer. LXVI.), der mit den Arten 
beinahe durchaus übereinftimmt, und uns einen wichtigen 
Theil derfelben, den Bericht, welchen der von Manes ab⸗ 
teiinnig gewordene Schüler deffelben, Turbo, dem Arche⸗ 
laus über Mani's Lehre erftattete, in dem griechifchen Texte 
‚erhalten hatz Titus, Bifchof von Boftra, in feinen drei noch 
vorhandenen Büchern gegen die Manichäer 5); Alerander 





j » 
Ed. I. Belk. ©. 65. hatte Heraklion, Biſchof von Chalcedon, 
der ein Werk von zwanzig Büchern gegen die Manichäer 
ſchrieb Gut Zeit des Kalferd Anaftafius), In demſelben auch 
ein Verzeichniß der früheren Schriftiteller gegen Mani's Irr⸗ 
lehrte gegeben, in welhem ein gewißer Hegemonius als Ver⸗ 
foffer der Acten ber, Disputation des Archelaus voranftund 

(6 Tag’ Agzehaov ngög Mayızpiov üvrikoyios Kyoygaıyas). 
5) Gall. Bibl. T. V. ©. 269. f. Ueber die Quelle, die Titus 
von Boſtra feiner Widerlegung der Manichaͤiſchen Lehre zu 
Grunde legte, bemerkte Heraklian nach Photius a, 4. 9.: 
”Edots u6v xar& Marıyaiov ygapsı, Eyguye Ö2 ualloy xuri 
zo» " Aöddav ovyyoauparav. Daffelbe fey dem Diodorus von 
Tarſus begegnet, Der ein Werk von 25 Büchern gegen bie 
Manichder ſchrieb, de dia usv zur nowav Bußkiov Enık ols- 
10 uiv To Tov Murızalov füv sbayydlıov dvargineıw, ou 
Tuyzaysı Ö8 &xeivov, all Üvargsnier To Uno "Aödda yeyoau- 
kEvov, 0 xuAsitas uödıov (nach Marc. 4, 21.). Addas wird 
unter den drei erſten Schuͤlern Mani's genannt, Inden Acta 
Disput. Arch. c. 53., von Eyrill von Jeruſ. Catech. VI. 31., 
Epiphan. Haer. LXVI. 5., Theodoret Fab, haer. 1,26. — 


V, 


— 


— 1 


von Lycopolis in einer HeinenISchrift *), und bffonders 

- Auguftin in einer Reihe größtenrheild gegen africanifche 
Manichäer gerichteter Schriften 7). So find es demnach, 
wenn wir die wenigen, übrigens nicht unwichtigen Frag⸗ 
mente aus Briefen. Mani's felbft, die uns theils in den 
Merken Auguflind, theils -in einer Pariſer Handfchrift 
(vergl. Fabric. Bibl. gr. Vol. VOL. S. 315.) erhalten find, 
unsnehmen, nur polemifche Schriftfieller, aus deren ziem⸗ 
lich unzufammenhängenden, fummarifchen, nur für denZweck 
der Beftreitung mitgetheilten Angaben das Manichäifche 
Spftem feinem innern Organismus nad) zu reconftruiren iſt. 
Doch macht uns der bedeutendfte unter diefen Polemikern, Aus 


Titus ſchrieb, wie wir aus IL. 26. fehen, kurze Seit nach 
der Negierung des Kaiſers Jullan. 
6) Gall. Bibl. T. IV. S. 73 f. Man vergl. über Ihn Fabr. 
Bibl, graec. Ed. Harl. 1801. Vol. VI. ©, 323. f. Er wird 
gewöhnlih Biſchof von Lycopolis genannt, in feiner Schrift 
ſelbſt erfcheint er, wie Beaufobre gut- gezeigt hat T. KR 
S 236., al ein heidnifcher Philofoph, der vom Chriftenthum 
eine hoͤchſt nuͤchterne Anfiht hat, wie 3. B. aus c. 1.24: 
zu fehen iſt. Daß er, wie der Titel feiner Schrift fast, 
(Alex. Lycopol. qui ex gentibus ad Manichaei opiniones 
_ eonversus fuerat) einige Seit Mantchder war, iſt nach dem 
Inhalt feiner Schrift nicht zu glauben. 
7) Die Hauptichriften Auguftin’s gegen die Manichder find: 
Contra Epistolam Manichaei, quam vocant fundament, 
Contra Faustum Manichaeum Libri XXXIII. » 
.Contra Fortunatum quendam Manichacorum. presbyte- 
rum Disput. Let. 

Contra Adimantum Manichaei discipulum. 

De Actis cum Felice Manichaeo L. J. et II, 
Contra Secundinum Manichaeum, 

De natura boni. 
- De duabus anımabus. - 

De utilitate credendi, | - 
De haeres. XLVI. 


— 6 — 

noch fo „offenbar eine uͤbel zuſammenhaͤngende, ziemlich 
maͤhrchenhaft ausſehende Erzaͤhlung enthalten,“ ſo duͤrfte 
doch hieraus in Anſehung des dogmatiſchen Theils kein 
beſonders nachtheiliger Schluß gezogen werden. Neben 
dieſen Acten find die Hauptſchriftſteller, die wir aus der 
nicht unbedeutenden Zahl der Gegner, die gegen den Ma⸗ 
nichaͤiſchen Lehrbegriff geſchrieben haben, noch benuͤtzen koͤn⸗ 
nen, Epiphanius (Adv.haer. LXVI.), der mit den Acten 
beinahe durchaus uͤbereinſtimmt, und uns einen wichtigen 
Theil derſelben, den Bericht, welchen der von Manes ab⸗ 
truͤnnig gewordene Schuͤler deſſelben, Turbo, dem Arche⸗ 
laus uͤber Mani's Lehre erſtattete, in dem griechiſchen Texte 
erhalten hat; Titus‘, Bifchof von Boftra, in feinen drei noch 
vorhandenen Büchern gegen die Manichäer 5); Alexander 





Ed. I. Belkk. ©. 65. hatte Heraklian, Biſchof von Chalcẽdon, 
der ein Werk von zwanzig Buͤchern gegen die Manichaͤer 
ſchrieb Gur, Zeit des Kaiſers Anaſtaſius), in demſelben auch 
ein Verzeihniß der früheren Schriftſteller gegen Mani's Irr⸗ 
lehre gegeben, in welchem ein gewißer Hegemonius als Ver⸗ 
faſſer der Acten ber. Disputation des Archelaus voranftund 
-(6 Tag "Agzeldou 10öS Mayızpiov üyuhoylas evoyoaıwas). 


5) Gall. Bibl. T. V. ©. 269. f. Ueber die Quelle, die Titus 
von Boſtra feiner Widerlegung der Manichälfhen Lehre zu 
Grunde legte, bemerkte Heraklian nach Photius a. 4. O.: 
”Edots uiy xar& Mavıyaiov ygapsıy, Eyouys Ö2 uallov xuri 
züv " Addov ouyyonuusıov. Daflelbe fey dem Divdorus von 
Tarſus begegnet, der ein Werk von 25 Büchern gegen bie 
Manichder ſchrieb , 03 dih us» rõv NET Außen Ente ois- 
To ir TO 10v Muyıyalov tar sloyyikor GvaToeneıy, ou 
zuyzaycı Ö8 &xsivov, alle vargsnieı ıo Uno "Adda yeyonu- 
kivov, 0 xalsitaı wödıov (nach Marc. 4, 21.). Addas wird 
unter den drei erfien Schülern Mani's genannt, in den Acta 
Disput. Arch. c. 53., von Eyrill von Jeruſ. Catech. VI. 31., 

- . @piphan, Haer. LXVI. 5., Theodoret Fab. haer. 1,26. — 


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son Lycopolis in einer FleinenISchrift 6), und befonders 
Auguſtin in einer Reihe größtenrheild gegen africanifche 
Manichder gerichteter Schriften 7). So find ed demnach, 
wenn wir die wenigen, übrigens nicht unwichtigen Frage 
mente aus Briefen. Mani's felbft, die und theils in den 
Werfen. Auguftins, theild -in einer Parifer Handfchrift 
(vergl. Fabric. Bibl. gr. Vol. VII. ©. 315.) erhalten find, 
ausnehmen, nur polemifche Schriftfteller, aus deren ziem⸗ 
lich unzufammenhängenden, fummarifchen, nur für denZweck 
der Beftreitung mitgetheilten Angaben das Manichätfche 
Syſtem feinem innern Organismus nach zu reconftruiren ift. 
Doch macht uns der bedeutendfte unter diefen Polemifern, Aus 


Titus fchrieb, wie wir aus IL. 26. fehen, kurze Seit nad 
ber Meglerung des Kaiſers Jullan. 

6) Gall. Bibl. T. IV. ©, 73 f. Man vergl. über ihn Fabr. 
Bibl, graec. Ed. Harl. 1801. Vol. VII. G. 323. f. Er wird 
gewöhnlich Biſchof von Lycopolis genannt, in feiner Schrift 
ſelbſt erfcheint er, wie Beauſobre gut- gezeigt hat T. KR 

S236., als ein heidniſcher Philofoph, der vom Chriftenthum 
‚eine hoͤchſt nuͤchterne Anfiht hat, wie 3. B. aus c. 1.24. 
zu fehen iſt. Daß er, wie ber Titel feiner Schrift fagt, 
(Alex. Lycopol. qui ex gentibus ad Manichaei opiniones 
conversus fuerat) einige Seit Manichaͤer war, iſt nad dem 

Inhalt feiner Schrift nicht zu glauben. | 
7) Die Hauptfchriften Auguftin’s gegen die Manichder find: 

Contra Epistolam Manichaei, quam vocant fundament, 
Contra Faustum Manichaeum Libri XXXUI. » 
„Contra Fortunatum quendam Manichaeorum presbyte- 
rum Disput. Let. 

Contra Adimantum Manichaei discipulum., 

De Actis cum Felice Manichaeo L. J. et II, 
Contra Secundinum Manichaeum, 

De natura boni. 
- De duabus animabus. - 

De utilitate credendi, | - 
De haeres. XLVI. 


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- 6 — | 

noch fo „‚offenbar eine übel zufammenhängende, ziemlich 
mährchenhaft ausfehende Erzählung enthalten,“ fo dürfte 
doch hieraus in Anfehung des dogmatifchen Theild Fein 
‚befonderd nachtheiliger Schluß gezogen werben. Neben - 
dieſen Acten find die Hauptfchriftfteller, die wir aus'der 
nicht unbebeutenden Zahl der Gegner, die gegen den Ma- 
nichäifchen Lehrbegriff gefchrieben haben, noch benüßen koͤn⸗ 
nen, Epiphanins (Adv.haer. LXVI.), der mit den Acten 
beinahe durchaus übereinftimmt, und uns einen wichtigen 
Theil derfelben, ven Bericht, welchen der von Manes ab⸗ 
trünnig gewordene Schüler deffelben, Turbo, dem Arche: 
laus über Mani's Lehre erflattete, in dem griechifchen Texte 
erhalten hat; Titus, Bifchof von Boftra, in feinen drei noch 
vorhandenen Büchern gegen die Manichäer 5); Alexander 





Ed. I. Belk. ©. 65. hatte Heraflian, Viſchof von Chalckdon, 
ber ein Werk von zwanzig Büchern gegen die Manichaͤer 
ſchrieb Gur Zeit des Kaiſers Anaſtaſius), in demſelben auch 
ein Verzeihniß der früheren Schriftſteller gegen Mani's Irr⸗ 
lehre gegeben, in welchem ein gewißer Hegemonius als Ver⸗ 
faſſer der Acten der Disputation des Archelaus voranſtund 
-(6 Tag "Agzelaov 7r0ög Mayıygiov ayukoylas Evaygayas). 


5) Gall. Bibl. T. V. ©. 269. f. Ueber die Quelle, die Titus 
von Boſtra feiner Widerlegung der Manihälfhen Lehre zu 
Grunde legte, bemerkte Heraklian nach Photius a. 4. 9.: 
”Edots utv xur& Marıyaiav ygapsır, Eygays ÖE uullov xuri 
10 " Addov ovyyonuusıov. Daffelbe fey dem Diodorus von 
Tarſus begegnet, der ein Werk von 25 Büchern gegen die 
Manichder fehrieb, 9: dıa er av nowrew Aıßliav ink ole- 
zuı uiv To Tov Morızalov für slayyslıov Avargineı, ou 
zuyqavsı 68 Eneivov, all üvargeneı 10 Uno "Aöda yeygau- 
uEvov, 0 xuAsizeı uodıov (nad) Marc. 4, 21.). Addas wird 
unter den drei erſten Schuͤlern Mani's genannt, in den Acta. 
Disput. Arch. c. 53., von Eyrill von Jeruſ. Catech. VI. 31., 
Epiphan. Haer. LXVI. 5., Theodoret Fab. haer. 1,26. — 


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son Lycopolis in einer Heinen Schrift 6), und 6Afonders 
Auguſtin in einer Reihe größtencheild gegen africanifche 
Manichder gerichteter Schriften 9). Co find es demnach, 
wenn wir die wenigen, übrigens nicht unwichtigen Frage 
mente aus Briefen. Mani’ felbft, die uns theils in den 
Merken. Auguftins, theild in einer Pariſer Handfchrift 
(vergl. Fabric. Bibl. gr. Vol. VII. S. 315.) erhalten find, 
unsnehmen, nur polemifche Schriftfteller, aus deren ziem⸗ 
lich unzufammenhängenden, fummarifchen, nur fiir denZweck 
der Beftreitung mitgetheilten Angaben das Manichäifche 
Syſtem feinem innern Organismus nach zu reconftruiren ift. 
Doch macht uns der bedeutendfte unter Diefen Polemitern, Yus 


Titus fchrieb, wie wir aus II. 26. fehen, Eurze Beit nach 
der Regierung des Kaiſers Jullan. 

6) Gall. Bibl. T. IV. S. 73 f. Man vergl. über ihn Fabr. 
Bib], graec. Ed. Harl. 1801. Vol. VIL G. 323. f. Er wird 
gewöhnlich Biſchof von Lycopolis genannt, in feiner Schrift 
ſelbſt erfheint er, wie Beauſobre gut- gezeigt hat T. RK 

S 236., aß ein heidniſcher Philofoph, der vom Chriftenthum 
eine hoͤchſt nüchterne Anfiht hat, wie z. B. aus c. 1.24 
zu fehen iſt. Daß er, wie der Titel feiner Schrift fagt, 
(Alex. Lycopol. qui ex gentibus ad Manichaei opiniones 
conversus fuerat) einige Zeit Manichaͤer war, iſt nah dem 

Inhalt feiner Schrift nicht zu glauben. 

7) Die Hauptfchriften Auguftin’s gegen bie Manichder find: 
Contra Epistolam Manichaei, quam vocant fundament, 
Contra Faustum Manichaeum Libri XXXIII. » 

Contra Fortunatum quendam Manichacorum presbyte- 

rum Disput. I. et I. 

Contra Adimantum Manichaei discipulum, 
De Actis cum Felice Manichaeo L. I, et I, 
Contra Secundinum Manichaeum, 
De natura boni. - 

- De duabus animabus. - 
De utilitate credendi, | - 
De haeres. XLVI, 


—8— 

a Br j F 

guſtin, Veſſ en Schriften wir, Air unſere Kenntniß der Manichaͤi⸗ 

ſchen Lehre fo vieles verdanken, zugleid) mit den Darftel- 

lungen, welche die afrifanifhen Manichaͤer, geiftvolle und 

gewandte Wertheidiger des Manichäifchen Lehrbegriffs, 

wie Fauſtus, Secundinus, Adimantus, Fortunatus, dem⸗ 

felben gegeben haben, meiftend mit ihren eigenen Worten 

befannt 8). Da wir Eeinen. Grund haben, anzunehmen, 
diefe Anhänger Mani’d haben fi von dem Syſtem und 

dem wahren Sinne des Meifterd entfernt, fo duͤrfen wir; 
uns ohne Bedenken an fie wenden, um das Bild, das wir 

und von Mani’s Spftem zu. entwerfen fuchen, fo viel mög 
lig zu vervolftändigen. Wergleichen wir die angegebenen 

Schriften unter einander, fo zeigt fi) uns in Hinficht der. 

Farbe und Geftalt, die fie dem Manichäifchen Syftem in ih⸗ 

rer Darſtellung geben, eine nicht unintereſſante Verſchie⸗ 

denheit, nach welcher wir fie e in zwei Claſſen theilen koͤn⸗ 

nen. Die Schriftſteller der einen Claſſe geben uns das 

Manichaͤiſche Syſtem in einer mehr. concreten Form, in 

einer lebendigern und reichern mythifchen Geftaltung und 





8) Es gehört hieher befonders, was Auguftin in feinen Buͤ⸗ 
ern gegen Fauſtus aus den Schriften dieſes Manichaͤers 
mittheilt. Auguftin fagt felbft L- I. e. 1.: Faustus fuit 

. gente Afer , civitate Milevitanus, eloquio suavis, ingenio 

" enllidus, secta Manichaeus ac per hoc nefando errore 
perversus. Noveram ipse hominem , quemadmodum com- 
mermoriwi in libris confessionum mearum. Hic quoddam 
volumen edidit adversus rectam christianamque fidem et 
catholicam veritatem. ' Quod cum venisset in manus no- 
stras, lectumque esset. a fratribus, desideraverunt, et 
jure carltatis, per quam eis servimus, flagitaverunt, 
ut ei responderemus. — Oommodum autem arbitror , sub 
ejus nomine verba ejus poncere , et sub meo responsionem 

. meam. Fauftus war Bifchof der Manichäer Confess. V.3. Auch 
die Epistola Secundini ad Augustinum (vor Anguſtins Gegen 
ſchrift) iſt ein fchäßbarer Heberreft der Schriften der Manichaͤer. 


— 





N 
— 9 — 


Aus fuͤhrung, waͤhrend die der andern die mythiſche Huͤlle und 
Form mehr abſtreifen, und mehr nur den abſtracten Be⸗ 
griff, die logiſche Seite des Syſtems herauskehren. Meh⸗ 
rere Mittelglieder, die bei jenen ihre eigene Stelle im Sy⸗ 
ſtem einnehmen, fehlen bei dieſen ganz, oder ſie ſind, bei⸗ 
nahe kaum mehr erkennbar, in den Hintergrund zuruͤkgetre⸗ 
ten. Am meiſten divergiren in dieſer Beziehung der Ver⸗ 
faſſer der Acten und Alexander von Lycopolis, jener durch 
die mehr concrete, dieſer durch die mehr abſtracte Darftels 
lung des Syſtems. Syn die Mitte zwifchen beide fallen 
Auguſtin und Titus von Boſtra, und zwar fo, daß jener 
ebenfo nahe an die Acten, als dieſer an Alexander fich ans 
ſchließt. Was bei den erftern 3. B. der Urchon, der prin- 
ceps tenebrarum oder der Satan iſt, ift bei den leztern die 
aller Perfönlichkeit beinche vollig entkleidete Hyle; was dort 
ein reger rüftiger Kampf iſt, ift hier eine bloße Mifchung 
verichiedenartiger Kräfte und Subſtanzen. Da nun, wie 
ans allem erhellt und auch ausdruͤcklich bezeugt wird 9), 
das Manichäifche Syſtem eine fehr reiche mythiſche Aus: 
ftattung hatte, fo würden wir fehr Unrecht thun, gerade 
derjenigen Darftellung den Vorzug zu geben, in welcher 
dad Concrete dem Abftracten fo viel möglicd) untergeordnet 
ift, oder da, wo auf der einen Geite eine bloße Kraft, auf 
der andern eine goncrete perfonliche Geftalt erfcheint, eine 
reelle, Durch Verwerfung der einen oder der andern Anga⸗ 
be oder=die bloße Zufammenftellung beider zu loͤſende Vers 
fhiedenheit anzunehmen: vielmehr kann die Aufgabe nur 
diefe feyn, das Concrete und Abftracte, das Mythiſche 
und Logifche, dad Bild und den Begriff flet? jo auf eins 





9) So nennt 5. B. Auguſtin Contra Faust. XXI. 9, die Manl: 
hälfhe Lehre eine fabula longissima, Titus von Boitral. 14, 
fagt von Manes: uudolorei - Toy nomtaov u Öapuyav 
pidor. 


⸗ 


— 10 — 


‚ander zu beziehen, daß dad Eine in dem Andern ſich aus⸗ 
gleicht und. beide Formen ‘der Darftellung neben einander 
beſtehen koͤnnen, indem fie nur auf eine aus der Indivi⸗ 
bualität des Schriftftellers herruͤhrende Verfchiedenheit des 
Standpunkts zurüfzuführen find.. 
| Treten wir dem Syſteme des Manes felbft näher, fo 
läßt fich nicht verfennen, daß es fich von Feiner Seite näher 
an das Zorvaftrifhe Neligionsfnftem anfchließt, als in 
feinem Dualismus. Wie die Zorvaftrifche Lehre den durch 
alles fich Hindurchziehenden phyfifchen und ethifchen Gegenfaz 
des Fichten und Dunkeln, des Guten und Böfen in den 
‚beiden einander. entgegengefezten Wefen, dem guten Ormuzd 
und dem böfen Ahriman guffaßte, fo ftellte auch Manes dieſel⸗ 
be Zweiheit der Principien an die Spize feines Syſtems. 
Nach Epiphanius (Adv. haer. LXVI, 14.) fing eine der 
Hauptfchriften des Maned, das aus 22. Biichern beftehende 
Werk, dad er Mvornoıe nannte 19), mit den Worten: an: 
’Hv Beoc xel van, pas xc. 0XOTOG, nyadov za xu- 
xov, TOiG a0 &r0wg kvavriae, Ws ara undev Eru- ' 
xoıvovv daregov Yareow. Duo principia doceo, fagt 
der Manichder Zauftus bei Auguſtin Contra Faust. XI, 1. 
Deum et Hylen —vim omnem maleficam Hylae assi- . 
gnamus, .et beneficam Deo, ut congruit, In diefem 
Dualismus blieb Manes (fo weit wir hier den Gegenfaz der 
beiden Principien blos im Allgemeinen betrachten) der 
- Religionslehre, in welcher er ald Perfer erzogen war, ganz 
getreu ; Reichlin-Meldegg aber will ihn zugleich hierin zum 
Reformator feiner vaterländifchen Religion machen, indem 
fi) die Zoroaftrifche Lehre von der der Magier dadurch 
- unterfchieden habe, daß, während die leztere eine uran- 
fängliche Zweiheit fezte, die erftere von der Einheit aus- 


10) Man vergl. hierüber, wie überhaupt über die Schriften 
Mani's, Fahr. Bibl. gr. a. a. 9, &, 3ıı f. 


- 11 — 
ging, der anfangslofen Zeit, Zeruane akerene, aus welcher 
erſt die beiden Grundweſen auf gleiche Weiſe hervorgegan⸗ 
gen ſeyen. Allein es beruht dieſe Meinung auf ſehr unbe⸗ 
gruͤndeten Vorausſezungen. Es laͤßt ſich weder beweiſen, 
daß zwiſchen der Lehre der Magier und der Zoroaſtriſchen 
ein ſolcher Unterſchied ſtatt fand, noch ſouſt annehmen, 
daß die alte perſiſche Lehre uͤberhaupt jemals eine andere 


war, als eine dualiſtiſche. Damascius IIcol aoywv in 





Wolf's Anecd. Gr. III. S. 259. fagt, indem er ſich dabei 
auf Endemus, einen Schüler des Ariftoteles, beruft, ganz 
allgemein: die Magier und die gefammten Arier (nv To 


"Aosiov yevog) nennen theild Raum (vgl. Herod. I. 131.) 


theild Zeit das intelligible Al, das Eine Ungetheilte, aus 
welchem der gute Gott und der böfe Dämon als befondere 
Weſen hervorgingen, oder vor ihnen noch nad) Einigen 
Licht und Finſterniß. Ariftoteles, der nad) Diogenes von 


Saörte De vit. philos. prooem. 6. den Ormuzd und Abs 


riman den guten und böfen Dämon nannte, rechnet (Me- 
taph. XIV, 4.) die Magier zu denjenigen, welche yavvr- 
oc@v EWTov Goıorov, ein vollfommenftes Urmwefen, als 
Erzeuger aller Dinge , annehmen. Wahrfcheinlich ift die⸗ 
ſes Urwefen daffelbe Princip, das in den Zendfchriften Ze= 
mane akerene heißt, und Ariſtoteles nennt es @gıorov, 

wie es auch in den Zendſchriften (vergl. Zendav. von Kleu⸗ 
ir Th. IL ©. 576) das in Herrlichkeit verfchlungene 
Weſen genannt wird. Dagegen laͤßt ſich durch hiſtoriſche 
Zeugniſſe nicht beweiſen auch Bruder, auf deſſen Geſchich⸗ 
we der Philoſophie ſich Reichlin-Meldegg beruft, hat dieß 
nicht dargethan, ja nicht einmal darzuthun, die Abſicht ge⸗ 
habt 21), daß die Lehre der Magier ſich von der Zoro⸗ 





11) Es iſt nicht ganz richtig, „wenn Neihlin- Meldegg ©. 5o 
fast, Bruder führe Beweisſtellen aus den griechiſchen und 
arabiſchen Schriftſtellern an, um zu beweiſen, daß die Ma⸗ 


— 


— 12 —_ 


aftrifchen durch einen frengern Dualismus unterſchieden 
‚babe. Finden wir auch die Lehre der Magier ſchlechthin als 
eine dualiftifche bezeichnet, fo Fünnen wir Doch Daraus noch 
nicht den vorausgefeßten Unterfchied folgern, wie 3. 2. 
Plutarch (De Is. et Os. c.46.), ob ihm gleich Zoroafter gar 
nicht unbekannt ift, doch von feiner und der Magier Lehre 
ſchlechthin als einer dualiftifhen, den Gegenfaz eines gu⸗ 
ten und boͤſen Princips aufftellenden, ſpricht. Es ſcheint 
mir aber überhaupt der Meinung, daß Zoroafter über den 
ältern Gegenfaz der beiden Prineipien ein höheres Ein- 
heitöprincip gefezt habe, Fein ganz vichtiger Begriff des 
Ieztern zu Grunde zu liegen. Bon diefem höchften Prinz 
cip der Zoroaftrifchen Lehre, Zeruane aferene, ift nur in 
fehr wenigen Stellen des Zendaveſta die Rede, und es er⸗ 
ſcheint Feinesweg& ald ein in demfelben Sinne reales Prin- 
tip, wie Ormuzd und Ahriman. Im Vendidad (Zendav. Th. 
11.©. 379.) ſpricht Ormuzd zu Ahriman: „Ahriman, Va⸗ 
gier vor Zoroaſter dem abſoluten Dualiſm, d. h. einer unab⸗ 
haͤngigen gleichewigen Zweiheit anhingen. Bruder ſagt vlel⸗ 
mehr ©. 175.: Nisi futilia et incertissima plane sunt 
omnia, quae. de primorum Magorum sententia Arabes 
referunt, us sunt leves et in fingendo audaces, non ali- 
der nobis haec difficultas tolli posse videtur, guam ut 
statuamus, Magos de summo Deo more gentium barba- 
rarum non disseruisse, et cum Oromasden ejus emana- 
tionem putaverint,, en ad Oromasden retulisse, quae pa- 
"tria religie Mithrae adscribebat, Zoroastrem vero hanc 
confusionem sustulisse , aperteque, qua ratione tum bonus 
tum malus daemon ortus sit ex summo omnium rerum 
parente , seu, quod refert Laertius (Fit. Pyth.), guomodo 
dii hi geniti fuerint, explicuisse , sicque philosophicum 
principiorum divinorum systema condidisse. Subductis 
ftaque omnibus rationibus nobis tutissimum videtur, de 
veterum Magorum Zoroastre vetustiorum systemate mo- 
Sestam fatert ignoraniiam. 





— 13 — 


ter des böfen Gefezes, das in Herrlichkeit verfchlungene 
Mefen, Zernane aferene, hat dich gefchaffen ; durch feine 
Größe find aud) die Anſchaspands geworden, die reinen Ges 
ſchoͤpfe, heiligen Könige.’ ine andere Stelle diefer Art 
ift Zendav. Th. I. ©. 126., wo das Feuer der Grund der 
Einigung zwiſchen Ormuzd und dem in Herrlichkeit ver- 
fhlungnen Wefen genannt, demnady Ormuzd von Zeruane 
alerene unterfchieden wird. Allein wenn Zeruane aferene 
der Sthöpfer des Ormuzd und Ahriman genannt wird, und 
beide auf gleiche Weife aus demfelben Hervorgegangen feyn 
foffen , fo ift Dieß nach dem Geifte Diefer Lehre doch wohl 
nur ber mythiſche, poetifch perfoniftcirende Ausdruf, um 
beide einander entgegengefezte Wefen, Ormuzd ung. Ahriman, 
als gleich ewige mit gleichem Rechte das Prädicat eines an⸗ 
fangslofen Seyns anfprechende Principien zu bezeichnen. 
Durdy- die Beziehung auf die unendliche, grenzenlofe Zeit 
fol nicht ſowohl die Abhängigkeit beider von einem höhern 
Princip, als vielmehr nur die Unabhängigkeit des einen von, 
dem andern behauptet werden, und es ift vollig daſſelbe, 
wenn die griechifchen Schriftfteller von der Lehre Mani's 
den Ausdruf gebrauchen, er habe dvo aozas avapyovs 
gelehrt 12). 


12) Pofitiver wäre der Begriff des Zeruane aferene zu nehmen, 
wein es mit Bohlen (Das alte Indien Thl. I. Königeb. 1830. 
©. 135.) nad dem Sangfrit Sarvam akaranam als bad un: 
geſchaffene All erklärt wird. Diefe Erklärung entnimmt, wie 
Bohlen bemerkt, Dem Zendavefta die atheiftifhe Idee von ei⸗ 
ner grenzenlofen Zeit als erftem Princip, welche aus dem 
Zendbuͤchern felbft nicht hervorgeht, fondern von Anquetil nur 
als Vermuthung angenommen wurde. Aber and fo bleibt der 
Begriff des Servan akerene fo unbeſtimmt, daß dadurch ei⸗ 
gentlih nur der den beiden entgegengefezten Wefen gemein 
ſchaftliche Begriff des Ungefchaffenen als abitracte Idee über 
fie geſtellt iſt. Was Theodor, ohne. Zweifel der Felannte . 


— 14 — 


Von der Natur und den Eigenfchaften der beiden Prin- 
-cipien, wie fie in Mani's Epfteme gedacht. wurden, finden 
wir Befchreibungen, die und vielfach an die Vorftellungen 
und die Sprache des Zendavefta erinnern. Licht und Fin: 
fterniß find auch hier die Grundanfchauungen, und die. bei- 
den Grundwefen werden ald Herrfcher. zweier Reiche dar⸗ 
geftellt, die, wie fie felbft, durchaus einander entgegengefezt 
find. Das gute Prineip ift das reinfte intelligible Licht, 
deffen materieller Reflex das finnlich wahrnehmbare ift, wie 
Titus von Boftra fagt (L. J. c. 29.): Oeov Eorı pas ai-. 
cFnToV Önuovoynum, aurog ÖL pwg av Ein vontovu 0Ux 
aiodnTov — autos 0 Feog dorı pws voeoov. Eben fo 
fagt Plutar (de Is. et. Os. c. 42.) 'Nooualnv Zowevar 
guwrb nelıora Twv aiodntwv; er fey 2x ‚ToVv xadı- 
ewrarov gwrog (c. 47.). Vergl. Auguftin Contra Faust. 
L.XX, 7.: Discrevistis lucem, qua cernimus, ab ea 
‚Ince, gua intelligimus. Der gute Gott ift der Vater des 
Lichts (Iucis beatissimae pater Xug. De nat. boni c.42.)5 
fein Wefen ift lauterer Lichtglanz, Wahrheit und Heilig: 
feit, Größe und Herrlichkeit, Weberfluß und. Geligfeit. 
Aecht zoroaftrifch fchildert Manes felbft in der Epistola Fun- 
damenti in der claſſiſchen Stelle bei Auguftin (Contra Epist. 
Manich. c. 7.) die VBolfommenheit des görtlichen Weſens: 
In exordio fuerunt duae substantiae a se divisae: lumi- 
. nis quidem imperium tenebat Deus pater in sua sancta 
stirpe perpeluus, in virlute magnificus, natura ipsa 
verus, aeternilalepropria semper exsultans, conlinens 
apud se sapientiam et sensus vilales, per quos eliam 





Bifchof von Mopsveftla, bei Phot. Bibl. Cod. 87. Ed. 
Bekh. ©. 63. von Zarades oder Zoroafter fagt, daß er zo 
ui&gov Ilegoov Öoyua eienyyomto nepi ou Zogovunu, 09 üg- 
ænybv nuvıny sioayeı, 09 »ab Tügnv xalei, »al or oneiöw), 
iva dem 107 “ Oguioday, Erexsv Exeivoy xal Tov Zaraviuv , bes 


weist keinen reelferen Begriff dieſes Principe. 


—— — ee gg" 


— 15 — 


duodecim membra Inminis sui comprehendit, regni vi- 
delicet proprii divitias affluentes. In unoguoque au- 
tem membrorum ejus sunt .recondita millia innumera- 
bilium et immensorum thesaurorum, Ipse vero pater,. 
in sua laude praecıpuus, magniltudine incomprehensibi- 
lis, copulata habet sibi beata et gloriosa secula, neque 
numero neque prolixitate aestiimanda, cum quibus idem 
sanctus atque illustris pater .et genitor degit, nullo in 
regnis ejus insignibus aut indigente aut infirmo con= 
stituto. Ita autem fundata sunt ejusdem splendidissima 
regna supra .lucidam et bealam, terram, üt a nullo 
unguam aut moveri aut conculi possint 13.) Obgleich 
das Licht, das: ald die Subftanz des göttlichen Wefens 
gebacht wurde,, nur ein intelligibles, von dem materiellen 
völlig verfchiedenes feyn follte, worauf die Manidyder mit 
allem Nachdruck drangen, fo gehört es doch zum Eigen- 
thämlichen des Manichäifchen Syſtems die abftracte Idee 
immer wieder unter der Form einer Anſchauung aufzufaſ⸗ 
ſen 14). Daher iſt nicht nur das den Sinnen erſcheinende 





13) Es ließe ſich leicht aus den Beſchreibungen, die der Zenda⸗ 
veſta von dem Weſen Ormuzds gibt, eine Reihe gleichlau⸗ 
tender Praͤdicate und Ausdruͤcke zuſammenſtellen. Vgl. z. B. 
Zendav. Th. II. S. 376 f. 

14) Auguſtin macht deswegen (Contra Faust. XX, 7) den Manicha⸗ 
ern den Vorwurf, der Begriff ihres hoͤchſten Lichtprinzips ſey 
uͤberhaupt nur ein ſinnlicher, nur eine aus der ſinnlichen Wahr⸗ 

nehmung abſtrahirte, durch die Phantaſie geſteigerte Vorſtel⸗ 

lung: De pairis secreto lumine quid vobis dicam, nisi 
'quia lumen cogitare non potestis, nisi Yuale videre con- 
suestis? Hoc enimconspicuum, et omni carni, non tan- 
tum hominum , verum etiam bestiarum et vermiculorum 
notissimum lumen intuentes, ex illo conceptam corde 
phantasiam in immensum soletis augere, ei eam. lucem‘ 
dicere, ubi Deus paier habitat cum regnicolis suis. 
Quando enim discrevistis lucem, qua cernimus, ab ea luce, 


— 16 — 


Licht das Hauptſymbol des göttlichen Weſens, fondern ' 
man dachte ſich daffelbe auch unter der Geftalt eines durch 
bie ganze Natur ausgedehnten menfchlichen Leibes, deſſen 
Glieder fich überall darftellen, wo ſich eine befondere Mani⸗ 
feftation des göttlichen Lichtweſens zu erfennen gibt. Bei 
Auguftin wenigftend fchrt der Ausdruf membra Dei zur 
Bezeichnung der in ber materiellen Natur ſich äußernden 
göttlichen Kräfte immer wieder. Da nun hier von zwölf, eine 
gewiſſe Einheit bildenden Gliedern (dieß fcheint mir in dem 
Ausdruk comprehendit zu liegen) die Rede ift, in weldyen 
das göttliche Lichtweſen, als die Quelle der Intelligenz und 
der Lebenskraft fih offenbart, mittheilt: und wie durch Or⸗ 
gane und Candle verbreitet, fo trage ich Fein Bedenken, 
fie von zwölf, den zwoͤlf Zeichen des Thierkreiſes entſpre⸗ 
chenden, Lichtregionen zu verftehen. In der engften Ver⸗ 
bindung fcheinen mir mit diefen daodecim membra‘ lami- 
nis die beata et gloriosa secula zu ftehen, die erhabenen . 
Aeonen, mit welchen der heilige und herrliche Vater und. 
Erzeuger zufammenlebt. Sie werden zwar hier neque nu- 
mero neque prolizitate aestimanda genannt (was wohl 
nur überhaupt die Unenplichkeit ihres Weſens und die zahl- 
Iofe Menge der in ihnen enthaltenen Lichtgeifter. bezeich- 
ven foll); aber auch nach einer andern Stelle bei Auguftin, 
in welcher derfelbe und ein Fragment aus dem erhabenen 
- Hymmus ober Canticum amatorium mittheilt, in wel: 
chem der große König der Zeiten gepriefen wird, Fam 
ihnen die Zmodlfzahl zu. An non recordaris, fagt Au⸗ 
guftin (Contra Fapst. XV, 5.), amatorium cunticum tuum, 
ubi describis maximum regnantem regem, sceptrige- 
rum perennem , Moreis coronis cinctum et facie ruti- 
lan- 





qua intelligimus, ‚cum aliud nihil unquam putaveritis 
esse, intelligere veritatem, nisi formas corporeas cogi- 
tare? 


— 17 — 


lantem ? — Sequeris cantando, et adjungis duodecim 
secula floribus convestita et canoribus plena, et in fa- 
ciem patris flores suos jaclantia : ubi et ipsos duodecim 
magnos quosdam deos profileris, ternos per quatuor 
tracius, quibus ille unus circumcingitur. Quem quo- 
modo immensum Jfaciatis, quem sic circumdatum dici- 
tis, nunguam invenire potuistis? Adjungis eliam innu- 
merabiles regnicolas, et deorum agmina et angelorum 


cohories, quae omnia non condidisse dicis Deum, sed 


de sua substantia genuisse. Ita convinceris innumera- 
‚ biles Deos colere. Es ift Har, daß die zwölf großen Goͤt⸗ 
fir, von welchen je drei eine der vier Himmelsgegenden ein 
nehmen, die zwölf Zeichen des den Himmel umgebenden 
Thierfreifes find. Jener Eine, welchen fie umguͤrten, ift 
der Umfreis des Himmeld, 0 xuxAog rag ToV oVEaVvoV, 
welchen fchon nad) Herodot 1, 131. die alten Perſer Zeus 
nannten, d. h. als das höchfte göttliche Weſen verehrten. 
Ohne Zweifel ift es eben diefe Beziehung auf die vier Him⸗ 
melögegenden , wegen welcher der Manichäifche Gott in 
den Anathematismen, die Eotelier in den Patres Apost. Ed, 
11. Vol. 1. ©. 543. aus einer Parifer Handfchrift befannt 
gemacht hat, 0 Tergaungoownog nero Tov uey&dovg ges 
nannt wird. Secula werden die Götter oder Aeonen 6 
nannıt, da an ihre Zwdlfzahl nicht blos das gewöhnliche 


aus zwoͤlf Monathen beftehende Sonnenjahr, fondern auch. 


das große Weltjahr geknüpft ift, in deffen Verlauf fich der 
lange Kampf der beiden Grundwefen entwidelt, die gott- 
geichaffene Himmelswälzung, wie diefe große Peridde in 
den Zendbrichern (3. B. Th. IL ©. 103.) genannt wird, 
Sie ift auch nad) der Zendlehre in vier Perioden je von 
dreitaufend Jahren fo getheilt, daß in der erften und zwei⸗ 
ten Ormuzd vorzugsweife thätig, Ahrimans Macht nod) 
gebunden ift, in der dritten die Wirkungen beider gemifcht 
find, in der vierten Ahriman das Mebergewicht hat, jedoch 
Baur’3 Mani. RI. Syft. 2 


— 


Dj 

— 18 — 

ſo, daß er ebendadurch am Ende der Periode zur Unmacht 
herabſinkt und der Vater des Bhfen von den Geſchoͤpfen ge⸗ 
ſchieden wird (Zendav. Th. LU. ©. 58f.). Nach der Zwölf: 
zahl der Himmelözeichen und der Vierzahl der Himmeld- . 
regionen ift die Grundzahl Drei, die ſchon der griechifche 
Gefchichtfchreiber Theopompos kannte, wie wir aus Plu⸗ 
tarch fehen De Is. et Os. c. 47: Osonounos gynoı xara 
Toug uayovg Ava u8gog Teioyikıe Ern ToV u2v xoaTeiv, 
ròv Ö2 xoareiodaı av Fewv, aAle ÖL Toioyikıe ua-. 
yeodaı zur nolsusiv xal avakveıy ‚ca Tov Erigov Tov 
Ereoov. So oft nun eines diefer Säcula des großen Welt: 
jahrs abgelaufen ift, legt der ihm vorftehende Neon nadf 
der ſchoͤnen Manichäifchen Dichtung einen aus Blumen ges 
wundenen Kranz, ein Symbol des Zeitcyklus, aufdas Haupt 
des ewigen Königs, ded Alten der Zage '?). Die erfte 
Stelle in dem glanzvollen Lichtreich nehmen diefe Aeonen ein, 
das Lichtreich felbft aber ift nad) der obigen Stelle gegrün- 
det über der lichten feligen ‚Erde. Titus von Boftre . 
nimmt davon (1.18.) Veranlaffung, Manes die Inconſe⸗ 
quenz vorzuwerfen, daß er eine Erde vor der Schöpfung - 
annehme: I’ övoualovoı Tov ayadoi- neiav dt Taurıw 
a TS Önuiovoyias; nooAaußaveı öN rap wvTois Ta . 
OVOLaTE TWV nouyuaTwv TıV yEveoıy" nolv yag Ouoko- 


15) Zu vergleichen iſt hier der Hochzeithymnugs in den Acta’ 
Thomae, welhen Thilo ©. 126 fehr glüdlih aus dem Mas 
nichälfhen Canticum amatorium erläutert hat, $. 7: Öwdexe 
sic" Toy agıduov (vgl; Ta Ödexudvo Lwöın in den Excerpta - 
Theodot. Thilo a. FD. ©. 145.) ol Eungpoodev avıns (der 
x007 Tov poros, der gnoftifhen Sophia » Ahamoth als der 
Braut des Erlöfers) üUrmmosrouvres, zo avın Uroxsiuevos, 
T0ov 0xonov zul 10 Heuua Eis Tov vuupıov Eyovzss, iva ÖL 
rou Heruaros avrov Puriodmor, xuL sig ı0v alıya aly our 
B0ovraı etc. | 


—⸗ 19 — 


yıjoaı Toy Heov nenomxivar, Atysı eivar 6 yalerurara 
navels To undernw yeyeynuevor. In yao ei niv EYEVETO, 
nv, ei d2 um yawvouzvn vnngge, Tuvayevnrog nv To dem" 
yns o Tiva xoelav eye 6 Üeös, yn um xxonutvos; 
"Avahoyiorws yıv Heov ovoucke, oliv Tavınv eineiv 
yeyovivaı, 0002 yap olov Tv n06 Önuuovoyiag naprv- | 
enoas Tavrn To yeviodaı. Wir fehen ſchon an diefem 
Beifpiele deutlich, wie wenig fo oft die Kirchenlehrer fich 
in die verfinnlichende Darftellungsweife des Manes binein- 
finden fonnten oder wollten. Offenbar follte dieſe Lichterde 
nur eine Veranfchaulichung der Idee des Lichtreichs ſeyn, 
dad man ſich gleichfam nicht ohne feften Grund ımd Bo⸗ 
den denken konnte. Sie fällt mit dem Kichtreiche.felbft und 
dem Herrfcher veffelben immer wieder in Einen Begriff zu⸗ 
fammen. Daher Eonnte in der Unterredung Auguftins mit 
dem Manichaͤer Selir (De Actis cum Felice Manich. Lib. L.), 
wo Auguftin (c. 17.) dem Manichäer die Trage vorlegt: 
Terra ista lucida et beata, quam dixit Manichaeus, 
supra quam fundata erant regna Dei, ab ipso Deo fa- 
cla erat, an genita de illo erat, an coaeterna illi erat ? 
die Antwort zulest nur diefe feyn: est illi coaeterna. Gott 
it nicht der Vater, fondern der Bewohner diefer Erde und 
es find daher, wie Auguftin hieraus folgert res ambae in- 
genitae et terra et pater: immo tres sunt, ſezt Selir 
hinzu, pater ingenitus, terra ingenita et aör ingenitus, 
aber dieſes Ganze ift doch Eine Subſtanz (Vgl. Aug. 
Contra Epist. Manich. c. 24.). Damit hängt zuſam⸗ 
men, daß die Manichder, wie aus dem Folgenden weiter. 
erhellen wird, die Gottheit nicht als ein menſchlich⸗perſon⸗ 
liches Weſen gedacht wiffen wollten, ob fie gleich in ihrer 
Darſteilung nach menfchlicher Weife handelnd erfcheint. 
Dem Lichtreich gegenüber fteht das Reich der Finfter- 
niß, dem Vater des Lichts der Fuͤrſt der Finfterniß, wie 
jener von den feligen Aeonen und Lichtgenien umgeben ift, 
. 2 .. 


— 202 — 


fo herrfcht diefer in der Mitte des Volkes der Sinfterniß,, 

der gens ienebrarum. Mit diefem bei Auguftin gewöhn- 
lich vorfommenden Ausdruck werden aud) in den Zendfchriften 
die Dämonen oder Dews des Ahriman bezeichnet, welchem 
überhaupt der Manichäifche Fuͤrſt der Finfterniß ganz nach⸗ 
gebildet erfcheint, folange wir blos feine mythifche Geftal- 
tung und Umgebung betrachten 7°). Eine tiefer liegende 
Derfchiedenheit fpricht fich aber ſchon darin aus, daß die⸗ 
fem. Dämon auch der Name van, Materie, gegeben wird. 
Es iſt dieß nicht etwa, wie man denken Fünnte, eine pla= 
tonifirende Modiftcation, fondern es greift, - wie ſich im 
Solgenden zeigen wird, in das Innere des Syſtems tief 
ein, und es läßt fi) daher auch nicht zweifeln, daß dieſer 
Name von Manes felbft dem böfen Princip gegeben wurde, 
wie ohmedies gefagt wird, von Titus, 5. Alex. von Lyc. c. 2. 
Sauftus bey Aug. XX,3.: Bonis omnibus principium 
fateor Deum, contrarüs vero Hylen, sic enim. mali: 
principium ac naturam theologus noster appellat. Den- 
Vebergang von dem unlebendigen Begriff einer formlofen 
Hyle zu der Vorftellung eines Reichs der Finſterniß, deffen 
Mächte in fletem innern Krieg und Aufruhr begriffen find, 

macht die Definition, die Alerander von Lycopolis von ders. 
felden gibt, fie fey 7 Zu ixaorw Twv Ovrwv fraxrog xivn- 
aus. Daher verftehe Manes unter der Hyle nicht wie Plato 

Tv navra yıwouevnv, öT av Aufn nowötnte xalb Oyrue, 

de 6 navdeyn zei unteoe zei Tıdnu xahei, xaı AptoTo=. 
TeAng TO OToLyelov, neot 6 TO Eidog zei 7 oréionoig, all 

äregov rı naga ravra. Alexander fezt noch folgende Schildes 

rung derbeiden Reiche hinzu: ovvreragdau To DdEw Övvausıg 

eripas olov vnno8tidag ayadag Rao0ag , xai. en 


16) Bol. Aug. C. Faust. XX, 14: BRegnanti cuncta ser- 
vierunt , concionantem cuncta secula sunt, wie aud Ah⸗ 
riman feine Dews -verfammelt und anredet. ©. Zendav. 

Th. I. ©. 61. f. 


j 
vAn Opoiwg navag xuxas' To Ö2 Amungov zei TO gas 
xal TO &vw , NEVTE TEVTa 0VV Tu eu eivaı, TO auvdgov 
öd xal TO 0%0T0g xal TO xarw oVv 147 vn , eivar Ö2 xal 
den ogefeıs, alla xai Tavtag ayadag xl ri Vin önoi- 
ws, alla naoas xaxas. So muß auch nach Aleranders 
abſtracter Auffaffungsweife die Hyle durchaus als etwas 
pofitived und lebendiges gedacht werden. Den anfchaulich- 
fien Begriff von der Befchaffenheit des Reich der Zinfters 
niß gibt uns Manes felbft in feiner Epist. fundam., in wel- 
cher er unmittelbar nach der oben angeführten das LKichtreich 
befchreibenden Stelle fo fortfuhr: Juxta unam vero par- 
tern ac latus illustris illius ac sanctae terrae erat tene- 
brarum terra profunda et immensa magnitudine, in 
‚qua habitabant ignea corpora, genera scilicet peslifera. 
Hic infinitae tenebrae ex eadem manantes natura in- 
eestimabiles cum proprüs fetibus, ullra quas erant 
equae coenosae ac turbidae cum suis inhabilatoribus , 
quarum interius venti horribiles ac vehementes cum suo 
principe ac genitoribus. Rursum regio. ignea ac cor- 
ruptibilis 17) sum suis ducibus et nationibus. Pari more 
introrsum gens caliginis ac fumi plena, in qua mora- 
batur immanis princeps omnium et dux, habens circa 
se innumerabiles principes, quorum omnium ipse erat 
mens et origo, haeque fuerunt naturae guingue lerrae 
pestiferae. In der Schrift De haeres. c. 46. gibt Augus 
fin diefe fünf Elemente nur in etwas anderer Ordnung fo 
an: Quingue elementa, quae genuerunt principes pro- 
_ prios, genti tribuunt tenebrarum, eaque elementa his 
nominibus nuncupant, Jjumum, tenebras, ignem, aquam, 
ventum. In Jumo nata animalia bipedia, unde homi- 
nes ducere originem censent, ın tenebris serpentia in 
igne quadrupedia, in aquis natatilia, in vento volali- 





17) Das ort tft bier nicht paſſiv, fondern activ zu nehmen. 


A| 


— 22 — 


lia.. Der ludida terra ſteht demnach eine terra. pestifera 
entgegen mit fünf Elementen oder Regionen. Die erfte Res 
gion ift die des dichteſten Dunfeld 12), die zweite die des 
träben Schlammes, die dritte die der heftigen Winde, die 
vierte Die deszerflörenden Feuers, die fünfte die des finftern 
Rauchs. Jede diefer fünf Regionen hat ihre eigene Bes 
wohner, die fünfte, über die Erde diefes Reichs der Fin⸗ 
fterniß am meiften erhöht, die Region des Rauch, if 


der Siz des Zürften des gefammten gräßlichen Volks. In 


diefen Regionen (Contra Ep. Manich. c. 18. nennt fie Au⸗ 
guftin guinque antra gentis tenebrarum cum suis habi- 
tatoribus) und ihren Bewohnern ift eine gewiffe aufitei: 
gende Stufenfolge. Auf der unterften Stufe in der der 
fatanifchen Erde nächften Region find die Friechenden Thie⸗ 
re, auf diefe folgen die im Waſſer und in der Luft leben- 

gen: die vierfüßigen Thiere gehören der vierten Region 
an 19), Die Bewohner der fünften Region find, wie der 


> 





18) Mosbeim a.a. D. ©.762. will unter den tenebrae infinitae 
der erften Region die terra pestifera felbit verftehen. Id 
non modo docent animalia terrena et serpentia, quae ex 
tenebris gignuntur,, verum etiam res ipsa exira contro- 
'versiam ponit, Nisi enim tenebrarum nomine terram in- 
iellexit Manes , terrgam ex elementis excclusit. — Fatuns 
erat sine dubio homo, sed minus fatyus, quam ut tene- 
bras proprie dictas inter corpora et elementa ponere 
‚posset, Allein die Erde tft, wie im Lichtreich, die Bafis des 
Ganzen, und wird daher nicht als befondere Region gezählt. 
Die tenebrae bilden fo gut als der fumus eine eigene Re⸗ 
gion, für welche, obgleih das Ganze in Finſterniß gehuͤllt 
iſt, das dichtefte Dunkel characteriſtiſch iſt. 

19) Die Urfache, warum dieſe in die feurige Megion gefezt find, 
gibt Aug. contra Epist. «fund, c. 32. an: hanc rationem 
solent reddere, quod quadrupedes edaces sunt, et in 
concubitum multum ferveant. Ebendaſelbſt wird über die 
bipedes ber fünften Negion bemerkt: Bipedes in fumo 


» 1 


€ — 23 — 


Fuͤrſt des ganzen Reichs ſelbſt, zweifuͤßig, wie wir aus 
Auguſtin (Contra Faust. XXI, 14.) ſehen: Alli principi 
non tantum sui generis, id est, bipedes, sed etiam cun- 
cta animalia ceterorum generum subdita erant et. ad 
nutum ejus convertebantur, Jaciendo, quod jussisset, 
gredendo, quod suassisset. Man vgl. auch Aug. Contra 
Fpist. fund..c. 31. wo die ganze Folge der Regionen und 
ihrer Bewohner fo angegeben iſt: Novimns tenebras, aquas, 
ventos, ignem, fumum, novimus“eliam animalia ser- 
pentia, natanlia, volantia, quadrupedia, bipedia. Was 
die bipedes betrifft, zu welchen der Fürft der Finfterniß 
felbft gehört, fo ift bemerfenswerth, daß auch im Zendas 
vefta die Dews Ahrimand zweifüßige Schlangen genannt 
werden. Zendav. Ch. 1. 94. Der Erzdew Afchmogh na: 
mentlich. (im Grunde nur eine andere Geftalt Ahrimans 
felb) heißt die alte Höllenfchlange mit zwei Füßen. Zens 
dav. Ih. II. ©. 325. . Die Mannigfaltigfeit der Geſchoͤpfe, 
die die verfchiedenen Regionen bevoͤlkern, erweft ein fehr 
lebensvolles Bild diefes duͤſtern Reichs, es herrfcht in ihm . 
fogar eine fehr fruchtbare Productivität. "iv yao note fagt 
Manes bey Titus von Boftra 1.12., Ore 7 VAn Nraxteı, xal 
iyevva, xai nv&avero, xal dıerelsı noAlag nooßeAlo- 
uesn ÖSvvausıs. Auguſt. Contra Faust. XX1, 10: Etiam 
prolis fecunditas suppetebat, nam et conjugia tribuunt 
üs. Es hat hier Überhaupt alles durd) Zeugung und Fortpflan- 
zung, durch Entwidlung aus einem Keime entftehende, mit 
Einem Worte alles. materielle Leben feinen Siz und Ur: 
fprung 20), Auf der andern Seite wird uns zugleich auc) 





cum ab eis quaeritur , quare ordinaverit, respondent A 
elatum et superbum esse bipedum genus: hinc enim ho- 
mines originem trahere dicunt, et quoniam fumus glo- 
bosus et quasi Iumidus in auras erigitur , superbis_ esse 
similem, non absurde attenderunt. 

20) Infofern kann man den Manichäifchen Fuͤrſten ber Finſter⸗ 


/ 


* 


die zerftbrende Macht des Boͤſen vor Augen geſtellt, wenn 
geſagt wird, daß die Geſchoͤpfe der Hyle in ſteter Zwietracht 
ſich gegenſeitig anfielen und aufrieben (HjArvvov xai xare- 
Göο»' oi 2E avıng aAlnlovs, dewwa xal Jahena diaridEr- 
eg, Titus a. a. D.c. 16.) ?T). Bei der durchgehenden Ana⸗ 
logie der beiden Reiche ſollte man auch bei dem Lichtreich 
eine entſprechende Unterſcheidung nach Regionen und Ele⸗ 
menten erwarten, dagegen iſt in der obigen Stelle bei Aus 





niß mit dem aus der Tiefe Leben hervorbringenden Hades 
der Griechen vergleihen, und an die einfahe Wahrnehmung 
erinnern, daß die Keime des Lebens fih nur im Dunfeln 
„ entwideln, es wirkt aber hier fchon der Manichaͤiſche Be⸗ — 
griff der Materie ein, nach welchem eine ſolche durch Fort= 
pflanzung fich dußernde Lebensfüle nur Gigenfhaft der uns 
zeinen Materie if. Doh war auch diefe Anficht den Gries 

chen nicht ganz fremd. Auf der heiligen Infel Delos durfte 
nicht blos niemand fterben, fonderm auh niemand gedoren . 
werden. „So zeigte, bemerkt K. O. Müller Dorier Abth. I. 
©. 315. mit Recht, der auf dem Gilande geborne Gott Apols 
Ion (der vorzugsweife der Reine und Fledenlofe, &yvos Feoc, 
hieß und wie fein anderer das Dunkel des Hades haßte) 
feine Abneigung vor der gebärenden Fülle der Natur, die 
mit gleigper Luft am Produciren Wüftes und Unreines, gie 
Reines und Schönes fhafft, und wendet fih von ihr ale et⸗ 
was Befleckendem ab.“ Vgl. S. 302. 

21) Auch Simplicius bemerkt dieß in dem Comment. in Epict. 
Enehir. in der Polemik gegen die Dualiſten, unter welchen 
er die Manichaͤer meint, ob er ſie gleich nicht namentlich 
nennt, Edit. Salm. S. 166.: xol ra nevıs Tor xuxov auela, 
wg Ayıga tıva Tnoridernı zur Ötvögn zul Lau nAdrrovam 
inet zegbaia xui ivuögen uayöuera üsl, al Uno ToV neyra- 
köpyov mag avroig Eadıdusva, waitoı äpsogru nuvro AE- 
yoyım Exeva, 5 xal za nowın ayadı. Der. TEVTEUORPOS 

iſt wohl der Fürft der Finfterniß, fofern die fünf Regionen 
feines Reichs nur verſchiedene Formen feines Wefens find. 


. 


— 2 — 


guſtin neben dem pater ingenitus und der terra ingenila 
nur nod) aer ingenitus genannt, wir werden aber den Ge: 
genfaz gegen die Elemente der Hyle an einem andern Orte, 

in dem Urmenfchen,, hervortreten fehen. 
Die Befchreibung der beiden Reiche zeigt, daß das eine 
im Guten völlig daffelbe feyn follte, was das andere im 
Boſen ift, bas eine fo unabhängig und felbftftändig, fo ans 
fangslos und ewig, wie das andere. Dabei brachte es aber 
doch der an fich negative Begriff des Boͤſen, fo pofitiv er 
auch hier aufgefaßt ift, von felbft mit fih, daß von Anz 
fang an ein fichtbared Uebergewicht auf die Seite des Gus 
ten gelegt wurde. Mit Recht bemerkt daher Alerander von 
ycopolis (c. 2.): Övo-aoyas Eridero - ayado Ö: nAsiov 
zov Feov vneoßaileımn. xaxo ımv vAnv. Eben dahin ges 
hört die dfterd aufgeworfene Frage: ob das böfe Princip nes 
| ben. fo vielen andern Namen (zoyat, Hier, naturae, sub- 
| stantiae, principia) aud) den Namen Gott mit dem Gus 
ten gemein habe. Schon bey Plutarch finden wir (De Is. 
- et Os. c. 46. wo davon die Rede ift, daß viele Weiſe, weil 
das Bute nicht die Urfache des Bdfen feyn koͤnne, das Boͤſe 
als eigenes Princip neben das Gute geftellt haben) diefe 
doppelte Form des Dualifmus bemerkt: vouilovos yap oi 
ulv Heovg eivaı ÖVo, xaudanıeg avrırkyvoug, Tov ulv Aya- 
Hov, Tov Ö2 pavkwy Ömmivoyor ol d2 Tov ulv Auki- 
yova Veov, Tov Ö2 Ereoov daiuova xaAovon. Zu den lez= 
tern rechnet Plutarch den Magier Zorvafter. Auch die Mas 
nichaͤer wollten die Materie lieber Dämon ald Gott genannt 
wien. Bey Auguftin (Contra Faust. XX1, 1.) ants , 
wortet Zauftus auf die Frage: Unus Deus est an duo ?fehr 
beſtimmt: plane unus. — Nunguam in nostris assertio- 
nibus' duorum deorum auditum est nomen. — Est qui- 
dem quod duo principia confilemur, sed unum ex his 
Deum vocamus, alterum Hylen, aut ut communiter 
et usilute dixerim ‚ daemonem. — Quoproplter inepla 





* 
— 24 — + 


die zerftdrende Macht des Böfen vor Augen geftellt, wenn 
gefagt wird, daß die Gefchöpfe der Hyle in fleter Zwietracht 
ſich gegenfeitig anfielen und aufrieben (;Auvvov xai xare- 
od1ov oi &E auıng aAlnAovg, Ösiıva xat Jahena barıFEv- 
reg, Titus a. a. D.c. 16.) 27). Bei der durchgehenden Ana: 
logie der beiden Reiche follte man auch bei dem Lichtreich 
eine entfprechende LUnterfcheidung nach Negionen und Ele: 
menten erwarten, dagegen ift in der obigen Stelle bei Au: 





niß mit dem aus ber Tiefe Leben hervorbringenden Hades 
der Griechen vergleiheng, und an bie einfahe Wahrnehmung 
erinnern, daß bie Keime des Lebens fih nur im Dunkeln 

„ entwideln, es wirkt aber hier fhon der Manichaͤiſche Be⸗ j 
griff der Materie ein, nach welhem eine folhe durch Fort: 
pflanzung fih dußernde Xebensfülle nur Eigenfhaft der uns 
reinen Materie iſt. Doh war auch diefe Anfiht den Gries 

chen nicht ganz fremd. Auf der Heiligen Infel Delos durfte 
nicht blos niemand fierben, fondern® auch niemand gedoren : 
werden. „So zeigte, bemerkt K. O. Müller Dorier Abth. 1. 
©. 315. mit Recht, der auf dem Eilande geborne Gott Apols 
Ion (der vorzugsweife der Reine und Fledenlofe, &yvos Yeoc, 
hieß und wie Fein anderer das Dunkel des Hades hafte) 
‚feine Abneigung vor der gebärenden Fuͤlle der Natur, die 
mit gleicher Luft am Produciren Wüftes und Unreines, gie 
Deines und Schönes fhafft, und wendet fih von ihr als et⸗ 
was Befleckendem ab.“ Vgl. S. 302. 

21) Auch Simplicius bemerkt dieß in dem Comment. in Fpiet. 
Enehir. in der Polemik gegen die Dualiſten, unter welchen 
er die Manichaͤer meint, ob er ſie gleich nicht namentlich 
nennt, Edit. Salm. ©. 166.: xai ia nevıs Tor xauxov tauela, 
ag Ayıga Tıya inoriderroı zul Ösvögu zul wu nAdrıovam 
önei zyegbaia xui Evvöga uayopero del, za) Ind Tov nerro- 
uöpyov nag avıorg Eodıöusa, zuiroı äpdugru nuvra Ai- 
yon Exeiva, 05 xl ı& nowe Kyadı. Der TEVTRUOEPOS 

iſt wohl der Fürft der Finfterniß, fofern die fünf Regionen 
feines Reiche nur verfchledene Formen feines Wefens find. 


. 


— 23 — 


guſtin neben dem pater ingenitus und ber terra ingenita 


nur noch aer ingenitus genannt, wir werden aber den Ge⸗ 
genfaz gegen die Elemente der Hyle an einem andern Orte, 
in dem Urmenfchen,, hervortreten fehen. 
Die Befchreibung der beiden Reiche zeigt, Daß das eine 
im Guten voͤllig daffelbe feyn follte, was dad andere im 
Boͤſen ift, das eine fo unabhängig und felbftftändig, fo ans 
fangslos und ewig, wie das andere. Dabei brachte es aber 
doch der an fich negative Begriff des Boͤſen, fo poſitiv er 
auch hier aufgefaßt ift, von felbft mit fi), daß von Anz 
fang an ein fichtbares Uebergewicht auf die Seite des Gu⸗ 
ten gelegt wurde. Mit Recht bemerkt daher Alerander von 
tyeopolis (0. 2.): dvo-a@pyas Eridero - ayadan di nAsiov 
zov Feov vneoßarleım 7. xaxo vv VA. Eben dahin ge⸗ 
hört Die dfters aufgeworfene Frage: ob das boͤſe Princip ne⸗ 
ben fo vielen andern Namen (zoyat, bikaı, naturae, sub- 
stantiae, principia ) audy den Namen Gott mit dem Gus 
ten gemein habe. Schon bey Plutarch finden wir (De Is. 
et Os. c. 46. wo davon die Rede ift, daß viele Meife, weil 
das Gute nicht die Urfache des Boͤſen feyn Fünne, das Boͤſe 
ald eigenes Princip neben das Gute geftellt haben) diefe 
doppelte Form des Dualifmus bemerft: vouifovor yap oi 
ulv Heovg eivaı Vo, xadaneo avrırkyvovg, Tov ußV aya- 
Hov, Tov Ö2 Yaviwv Önuiovpyor ol ÖL TV u Auki- 
yova "eov, Tov Ö2 Ereoov daiuova xahovoı. Zu den lez⸗ 
tern rechnet Plutarch den Magier Zorvafter. Auch die Mas 
nichaͤer wollten die Materie lieber Dämon als Gott genannt 
wien. Bey Auguftin (Contra Faust. XXI, 1.) ants , 
wortet Fauſtus auf die Trage: Unus Deus est an duo ?fehr 
beſtimmt: plane unus. — Nunguam in nostris assertio- 
nibus’ duorum deorum auditum est nomen. — Est qui- 
dem quod duo principia confilemur , sed unum ex his 
Deum vocamus, alterum Hylen, aut ut communiter 
et usilule dixerim, daemonem. — Quapropter inepla 
| 


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1% 


— 26 — 


haec et viribus 'satis effoeta argumentatio est, ut, quia 
de re respondere mihi. non possis, de solis nominibus 
confles invidiam, Nam nec diffiteor, etiam interdum 


. nos adversam naluram nuncupare Deum, sed non hoc 


secundum nostram fidem, verum juxta praesumtum 
jam in eam nomen a cultoribus suis ‚ gui eam impru- 
denter existimant Deum. Es handelte ſich zwar allers 


dings dabei, wie Auguftin felbft bemerkt (0.3.), non de no- 


mine, sed de opere, aber bei der Weigerung , dem böfen 
Princip ebenfo den Namen Gott zu geben wie dem guten, 
lag doch das Zugeftändniß einer von Anfang an ftattfindens 
den entfchiedeneren Unterordnung des einen unter das ans 
dere im Hintergrunde. Der aus dem Polytheifmus hervors 
gehende Dualifmus bleibt feinem eigentlichen Charakter nur 
dann getreu, wenn er beide Principien ald Götter neben ei⸗ 


nander ftellt, betrachtet er, wenn audy nur dem Namen 


nach), zwar das eine als Gott, das andere ald Dümon, fo 
iſt er ſchon im Begriff, in Den abfoluten Monotheiſmus uͤber⸗ 


zugehen. 
Wie ſich den Manichaͤern auch die abſtracte Idee im⸗ 


mer wieder zur raͤumlichen Anſchauung geſtaltete, ſo ſtell⸗ 
ten ſie auch das urſpruͤngliche Verhaͤltniß der beiden Reiche 


zu einander ſehr anſchaulich unter dem Bilde einer unendli⸗ 
chen Lichtflaͤche dar, in welche ſich auf einer der vier Sei⸗ 
ten ein dunkler Keil hineindyängt. Nach Auguftin (Contra 
Faust. IV, 2,) befchrieben fie die. terram luminis ex una 
parte a lerra gentis tenebrarum lanquam cuneo coarcta- 
to discissam. Obgleid),. wie Manes felbft fagt in der Epist. 
fund. bey Auguftin (Contra Ep. Manich. c. 15.), auch die 
finftere Erde ins Unermeßliche. fi) ausdehnte, fo wurde fie 
doc) von der Lichterde an Umfang weit überragt. "Consti- 
tuebam , fagt Auguftin von ſich als Manichder (Confess. V, 

10.) ex adverso sibi duas moles, utramque infinitam, 

sed malam angustius ‚ bonam grandius. — 2 ‚magis 


[2 nn Pa 2 .. -. ..- 


pius mihi videbar, si te, Deus meus, cui confitentur 
ex me miserationes tuae, vel ex ceteris partibus infini- 
ium crederem, quamvis ex una, qua tibi moles: mali 
opponebatur , cogerer finitum (fo ift unftreitig flatt infini- 
tum zu lefen) fateri. So wurde das Webergewicht, das 
das Lichtreich dem Reiche der Finfterniß gegenüber doch ims 
mer wieder behauptete, aud) hier wieder fichtbar. Beſtimm⸗ 
ter gibt Simplicius in dem Commentar, in Epict. Enchir. 
©. 165. ‚ mit welchem neben Titus 1,7. Theodoret Haer.fab. 1, 
%. ganz übereinftimmt, die Vorftellung der Manichäer an: 
fie theilen dad, was vor der Schöpfung der Welt war, 
ebenfo wie man die Erde zu theilen pflegt: die oͤſtlichen, 
weftlichen und nördlichen Theile theilen fie dem guten Prin- 
cip zu, bie füdlichen dem böfen 22). Hiedurdy wird erläu- 
tert, was Manes in der Epist. fund. (nach) Yuguftins Ge⸗ 
genfchrift c. 15.) fagte: Jurta unam partem ac latus il- 
Iustris ıllius ac sanctae terrae erat tenebrarum terra 
profunda et immensa magnitudine, Die Angabe des’ 
Eimplicius, daß jene Seite die vierte Weltgegend war, 
beftätigt im Allgemeinen Auguſtin in einer Stelle feiner 
gegen die Ep, fund. gerichteten Schrift (c. 20.) , in welcher 
er ausführlich über diefe Manichäifche Vorftellung ſpricht und 
fie noch aus einem andern für und bemerfenswerthen Ge⸗ 
ſichtspunct betrachtet: Descendamus ad eorum sensus, 
et quaeramus ab eis, juxta quam partem et juxta quod 
latus , 'sicat Manichaeus dicit, illustris illius ac sanctae 





22) Auch nach dem Zendaveſta im Bundeheih (Th. III. €. 62.), 
we Ahrimans erfter Angriff auf das Lichtreih beſchrieben 
wird, lief Ahriman von Süden ads, Gegen Süden in 
Mittag verheerte er die Erde ganz, alles uͤberzog Schwärze, 
wie Nacht.“ Es iſt dies jedoch wenigftens Feine conftante 
Vorſtellung der Zendbuͤcher, da nah andern Stellen (ſ. Th. I. 
S. 94. 15 Th. I. ©. 375.) Ahriman und feine Dews von 
Rorden kommen. .—. | 


N 


— 28 — 


terrae erat tenebrarum terra? — Quodhbet eligant, ib 


lud certe manifestum est, non dicı unum latus, nisi uti 
est et alterum latus. Ubi autem vel tria vel plura 
sunt latera, aut figurae ambitus intelligitur undigue ter- 
minatus, aut si ex aliqua parte in immensum patet, 
ex üs tamen, guae latera dicuntur, necesse .est finia- 
tur.- Dicant ergo ex alio latere, vel ex aliis lateribus 
quid adjungebatur terrae lucis, si ex uno latere erat 
gens tenebrarum? Non dicunt. Sed cum premuntur, 
ut dicant, infinita dicunt esse alia latera terrae ıllius, . 
quam lucis vocant, id est per infinita spatia distendi et 
nullo fine cohiberi.. Nec intelligunt jam non esse latera. 
— Tunc enim essent latera, si finibus suis terminaren- 
tur. — Quaero utrum et Ipsa terra tenebrarum unum 


latus habıterit et cetera infinita , sicut terra lucis? Non 


illa credunt , timent enim, ne Deo videatur aequalis. Di- 
cunt ergo illam per profundam inmensam, et per lon- 
gum sursum versus, aut supra illam spatia infinitae ina- 
nitatis afırmant. Et ne ipsa vel simplum, terra au- 
tem luminis duplum tenere videatur, angustant eam « 
‘duobus etiam lateribus. Tanguam si unus panis in qua- 
dras gquatuor decussatim formetur, in gnibus tres sunt 
candidae, una nigra :modo de tribus candidis tolle distin. _ 
ctionem et fac illas et sursum versus ei deorsum ver- 
sus et undigue retro infinitas: sic ab’ eis esse creditur . 
terra lucis. — Quam foeda figura lucis apparet, tan- 
quam fissa ungula, nigro quodam cuneo subter arctato,' 
illac tantum finita, qua fiaditur, hians etiam et patens . 
desuper interposito inani, quidquid a superficie terrae 

tenebrarum sursum versus immensum est! Yuguftin bes 
nuͤzt diefe Manichäifche Vorflellung, um, wozu fie auch 
recht gut taugt, die finnliche Vorftellungsweife der Mani, 
hier zu tadeln. Sie geftatten der Phantafie gie fo zügel: 
Iofe Freiheit, daß ſich ihnen alles Weberfinnliche und Geis: 


fige zum Sinnlichen und" Körperlichen geftalte (nataram 
incorpoream et spiritalem cogitando potius segui vel 
non audent vel nondum valent), fie fennen jenes geiftige 
Vermögen der Wahrheit nicht, das fich den finnlichen Bil: 
dern, Die fich als Wahrheit geltend machen wollen, mit als 
ler Kraft widerſeze (c. 18); Ouocunque se verterint, ne- 
cesse est, ut suorum phantasmalum miseria coarctati, 
in scissuras, aut gbruptas praecisiones et juncturas aut 
fissuras turpissimas incidant, quas non dicam de incom- 
mutabili natura Dei, sed de omni natura incorporea, 
quamvis mutabıli, sicuti est anima, miserrimum est cre- 
dere. Ei tamen si non possem me altendere ad superio- 
.ra, neque cogitaliones meas a falsis imaginationibus, 
gquas per sensus corporeos memoria fixas gero, in liber- 
iatem ac sinceritafem nalurae spiritalis evolvere: quan- 
to melius humani corporis forma Deum cogitarem, 
gaam illum nigrum cuneum:scissurae inferiori ejus afe 
figerem, superioremque vastissimam lazilatem, non in- 
veniers unde oppilarem:, sic immensa inanitate patentem 
et hiantem relinguerem ? Ouid ista opinione foedius? 
. Quid tenebrosius hoc errore diei aut fingi potuit? Mod): 
ten ſich auch die Manichäer mit gutem Grunde darauf be⸗ 
rufen, daB folche Vorftellungen nur bildliche Bedeutung 
haben ; der überwiegende Hang zur bildlihen Verfinnlis 
hung des Weberfinnlichen gibt ſich uns doch hier als eine 
fehr characteriftifche Cigenthämlichkeit des Manichaͤiſmus 
. zu erkennen. 
| Es kann nicht unzwekmaͤſig ſeyn, nachdem wir die bei⸗ 
| den Principien in ihrem abſoluten Gegenſaz betrachtet ha⸗ 
ben, auf die Gruͤnde kurze Ruͤkſicht zu nehmen, durd) welche 
die dad Manichäifche Syſtem beftreitenden Kirchenlehrer die 
innere Unhaltbarkeit feines Dualifimus aufzudecken gefucht 
haben. . Titus von Boftra und Auguftin namentlich haben 
diefe Seite des Syſtems durch fcharffinnige Einwendungen 


— 33 — 

zwei Principien geben? Es gehoͤrt doch zum Begriff eines 
Princips, daß es aͤlter iſt, als alles, und alles beherrſcht. 
Sind aber zwei Weſen gleichzeitig und auf gleiche Weiſe 
anfangslos, ſo wird dadurch bei beiden der Begriff des Pri⸗ 
mars, und ſofern beide einander entgegengeſezt und im Streit 
mit einander begriffen ſind, der Begriff eines beherrſchen⸗ 
den Princips (der zoyn oder des apyeıv) aufgehoben. Wie 
kann ed den natürlichen Begriffen zufolge ald möglich ges 
dacht werden, daß zwei in Hinficht der Eubftanz einander 
entgegengefezte Wefen eriftiren, da ja’docd) vor allem beide 
den Namen Eubftanz mit einander gemein haben? Sofern 
alfo beide eine Subſtanz find, find fie einander nicht ent=. _ 
gegengefezt, fondern gleih. Dann find aber beide leben 
dige Weſen und auf gleiche Weife anfangslos. Wo der Na⸗ 
me und der Begriff derfelbe ift, wie Fann da die Subſtanz 
eine durchaus entgegengefezte feyn, da ja Doch der Name 
die Sache bezeichnet? Eine folche Identitaͤt laͤßt Feine Ver⸗ 
fchiedenheit des Welens zu. Nun fagen zwar allerdings . 
die Manichäer (c. 9.): Das Eine ey das Gute, das 
Andere das Bdfe, aber nur indem fie ſich die Eigenfchaften vor 
der Subftanz denken. : Denn wenn die Subftanz bei beiden _ 
denſelben Nameır hat und daher auch diefelbe ift, fo Tann 
der Gegenfaz ſich nur auf die Eigenfchaften beziehen. Sb 
man gleidy bei Gott nicht von Eigenfchaften reden follte, 
fo geht doch dem Begriff nad) dad Eeyn dem So⸗ feyn 
voran, Das Seyn aber ift zu verftehen, wenn man fagt, es 
fey ein Wefen ein lebendiges und anfangslofes. Die Sub: 
ftanz felbft berührt demnach der Gegenfaz nicht, fondern 
es verhält fi damit immer nur fo, wie fich an demfelben 
Körper dad Weiße und Schwarze, in derfelben Seele Tu: ' 
gend und Laſter entgegenftehen. Iſt jedes der beiden 
Grundwefen ein lebendiges und anfangslofes , fo kann doc) 
bei Gort das Anfangslofe feines Seyns nur etwas Gutes 
ſeyn, wie läßt fi) aber annehmen, daß daffelbe der Sache 

md - 


— 3 — 


und dem Namen nad) bei Gott gut, bei dem boͤſen Grunds 
weſen das Gegentheil ift? Es ift durchaus unmöglich, daß 
ein Anfangslofes einem Anfangsloſen entgegengefeze iſt. 
Märe ein folches Wefen, fo dürfte es in Feiner Beziehung 
daffelbe feyn, was das entgegengefezte ift, bamit ein abfos 
Inter Gegerifaz zwifchen beiden beftünde, ein abfoluter Ges 
genfaz kann aber nicht feyn, wo zugleich eine Gemeinfchaft 
iſt: 70 09 rw Ovrı oVx Evavıiov, ei ÖE To 0v To Ovıı 
savtwg 0u0A0y0V , Ev TO xal uovov aindüg OV, Tolg 
2006 Tov eivaı &pyov c.10. Aus allem diefem folgt daher, 
daß das Bbfe, da es als ein fubftantiell exiſtirendes We⸗ 
fen das fubftantiele Seyn mit dem Guten gemein hat und 
daher nichts fubftantiell boſes ſeyn kann, nur ald Accidens 
md Eigenichaft eines Andern zu denfen ift, oder es iſt ſei⸗ 
nem Weſen nad) nichts pofitives, fondern nur etwas nega⸗ 
tives, indem alles, was an ihm pofitives iſt, nothwendig 
auf Die Seite ded Guten fällt (zugw ayadı, iva ua 
loy Noög To eugnuov evoeßüg dir To Ovrws 0v Aya- 
Vov xal Tovvaryriov Ülxmraı TO undauws 09 c. 9.). 
Eben dies ift es, was Auguftin in feiner Polemik ges 
gen die Manichder durchaus geltend macht, und worauf er 
von verfchiedenen Seiten immer wieder zuräffommt ; alles, 
was ift, ift, fofern es ift, als etwas feyendes und pofitis 
ves, gut, das Boͤſe ift feiner Natur nach nichts pofitives, 
fondern nur das Negative. Es iſt Daher immer nur am 
Guten, dad Unvollfommene am Vollkommenen, das das 
Gute Bermindernde und Verderbende, an ſich ift e8 nichts: 
Gott‘ der abfolut Seyende ift ebendaher auch der Inbegriff 
alles Guten. Auguftin bemerkt (Contra epist. Manich. 
e. 32,) gegen die Manichäifche Vorftellung von dem Reiche 
der Hinfterniß, daß daffelbe immer noch beffer erfcheine, als 
nad) dem Manichäifchen Begriffe vom Boͤſen gedacht wer⸗ 
den dürfe, und fährt dann (c. 33.) fort: Sed illo genere 
magıs urgendi sunt, ut intelligant, sı possunt, quam 
Baur’ Mani. RL Syſtem. 3 


were in Catholica dicatur, omnium nainrarum esse 


anctorem Deum, guo de genere superius agebam ,„ cum: 


dicerem: Fitupero tecum pestem, caecitatem, coenosilatern 
tarbidam, horribilem vehementiam, corruptibilitatem, im- 
manitatem.principum et his similia,: Lauda tu mecum 
speciem, distinctionem, ordinationem, pacem , unitatem 
formarum , membrorum congruentias et numerosas pa- 
rilitates, vitalia spiramenta et nutrimenta, iemperamen- 
tum salutis,. regimen et moderamen animae Jamulatus- 


que corporum , similitudinem concordiamque parlıum in. 


singulis naturis, vel quae habitant vel quae habitabantur 
ei ceiera hujusmodi, Sic enim intelligent, si tamen sine 


pertinacia velint attendere, jam et bona et mala se. 


miscere, cum loquantur de illa terra, ubi solum et 


summum malum fuisse crediderunt, itaque, si tollan- 
tur illa, quae mala enumerata sunt,: bona illa, quas 


laudata sunt, sine ulla vituperatione remanere, si @U- 
tem bona illa tollantur, nullam remanere naturam, 
ex quo Jam videt, qui potest videre, omnem naturam, 
ın quantum nalura est, bonam esse. — ‚Animadvertite 
etiam, qui recie vultis judicare, illum quoque princi- 


pem immanem: cui si auferalur immanilas, attendile, _ 


quanta landabilia remanebunt: compago corporis, 
membrorum, atque inde congruenlia, formae unüas 


et pax contenlarum inier se parlium, animae regentis 
ae vegelanlis, famulantisque et vegelati corporis or- 


do et dispositio. Quae omnia bona si auferaniur, et 
si quae forte minus enumeravi, nulla prorsus natura 
subsistit. Sed fortasse dicelis, illa mala de talıbus na-, 
turis non posse auferri et ideo naturalia debere accipi, 
Non nunc quaeriur , quid possit, vel non possit au- 
ferri: sed certe non parvum lumen est ad intelligen- 
dum, omnes naturas, in quanlum naturae sunt, bonas 
esse, quod sine illis malis cogitari bona illa possint: 


— 35 — 


sine bonis autem illis nulla natura cogitari potest. — 
Hoc errore ılle nos non decipiat, nec coecos faciat ad 
considerar:das, naturarum species, cum quaedam in eis 
ita deprehendit, ut omni ex parte cogat displicere, 
quod omni ex parte reprehendere non potest, atque 
hoc modo animum ad aeguum judicium componentes, 
guaeramus jam, unde sint cum illis bonis mala, quae 
me quoque improbaturum dicebam 23). Quod facılius 
videbimus, si in unum nomen poluerimus cuncta con- 
ferre. Ouis enim dubitet, totum illud, quod dicitur 
malum;, nihil esse aliud, quam corruptionem? Possunt 
quidem alis atque alüs vocabulis alia atque alia mala 
‚nominari, sed quod omnium rerum malum sit, in qui- 
bus mali aliguid animadverti potest, corruptio.— Quod 
sd nor invenitur in rebus malum, nisi corruplio, et 
corruptio non est nalura, nulla utique natura malum 
est. Sed si hoc forte intelligere non valelis, illud at- 
tendite, quod omne, quod corrumpitur, bono aligao 
minuitur, gquia si non corrumperetur, incorrupium 
essei, si vero eliam non possel. omnino corrumpi, in- 
eorruptibile esset. Necesse autem. est, ut, sive incorrup- 
io, sive incorruplibilitas, bonum sit, si malum est 
corruptio. Sed nunc de natura incorruptibili nulla . 
ganestio est, de his agitur, qude possunt corrumpi, 





35) Lingefähr in demfelben Sinne bemerkt Titus 1.3: Manes 
und feine Anhänger haben den Begriff des Böfen auf eine 
sanz unnatürlihe Weiſe ausgedehnt. ZAziora zav Önwmoveyn- 
party, ualkov zul oysdov anarıa |yoyov ovösva xar& 16 
Bindas Exöszousvu dısßarov nanı 66 Tavıe TO00EINovy Toy 
piv xgü0ıw Tüv bvarılay, &s gYaoı, xuxov ıs xol üyadoi 
zatauyevodusvor, Tav ds uovosön xuxiay KORTELTTÖVTEE,, Ob 
ouixtov Toys En avrols 18 nürıa, zo Tu umdanüg and 
ag00sr0v285. Ggf. I. 34. Epiph, Haer. LXVI. 17. 

3.. 





. 
. 
\ 
und 36 . LU] . 


quae dum non corrumpuntur, incorrupla dici possunt, 
incorruptibilia non possunt. Illud enim solum incor- 

ruptibile proprie dicitur, guod non tantum non cor- 
rumpitür, sed etiam nulla ex parte corrumpi potöst. 
Incorrupta ergo quaecungue sunt, et tamen corrumpi 
possunt, cum corrumpi coeperint, eo ipso bono minu- 
unlur, quo incorrupta erant, et magno quidem bono ⸗ 
quia magnum malum est corruptio, et quamdiu if eis 


augeri corruptio potest, tam diu habent bonum, quo’ 


minuantur. : Quapropter naturae illae, guas in tene- 
brarum terra fuisse confingit, aut poterant corrumpt, 


aut non poterant, Si non pelerant, incorruptibiles 


erant, quo bono superius nihil est. Si poterant, aut 


corrumpebantur, aut nor corrumpebantur, Si non’ 


corrumpebantur, incorruptae erant , quod videmus sine 
. magna laude dici non posse, Si autem corrumpeban-. . 


tur, minuebantur illo tam magno bono, Si minneban- - 


tur bono, habebant bonum, quo minuerentur, . Quod_ 


si habebant bonum, non erant naturae illae summum. 


malum, et omnis Manichaei fabula falsa est. Weber 


denfelben der Manichäifchen Lehre entgegengefezten Begriff 


1 


des Boͤſen fpricht Auguftin Contra Secund. Manich. o. 10, 


16. (Malum esse defectum substantiae, guia' bonam 


est, esse substantiam). De natura boni c. 3. sg. Mit . 


Recht bemerkt daher Auguftin gegen Manes, er habe bie‘ 


ganze Unterſuchung über das Boͤſe auf verkehrte Weiſe un⸗ 


ternommen, indem er, ftatt vor allem "zu fragen, was: das % 


Boͤſe fen, fogleih mit der Frage begonnen habe, ‚woher ° 


es fomme. Praepropere ac praepostere quaesivit, unde 
essel, quod primo non quaesierat, quid esset. Et ideo 


nullo modo poterant quaerenti occurrere nisi vana. 
phantusmato, quibus difficile animus carnalibus sensi- - 


bus multum pasiug exuitur. Contra ep. Man. c. 56. cfr. . 
De nat, boni c. A Da nun nad Auguftin das Boſe nur “ 


— 37 — 


als Verderbniß des an ſich Guten gedacht werden kann, 
‚fo beantwortet er die Srage: unde est ista corruptio, 
quod quasi generale malum rerum bonarum sed ta- 
men corruptibilium esse comperimus? einfad) aber tief: 
finnig mit den Worten: ex eo, quod hae naturae, quae. 
corrumpi possunt, non de.Deo genitae, sed ab eo de 
nihilo factae sunt, was im Gegenfaz gegen die Manichaͤi⸗ 
{he Vorſtellung der ftärkfte Ausdruk für die Negativität 
des Böfen ift, denn nach dem chriftlichen Glauben müße 
man überzeugt feyn, non esse contrarıum Deo, qui 
summe est, nisi quod omnino non est, Contra Secund, 
Manich. c. 10. j 
Je Elarer aber‘ auch ſchon einer einfachen Speculation 
die Unhaltbarfeit eines folchen Begriffs des Boͤſen, wie der 
dem Manichäifchen Syſtem zu Grunde liegende ift, fich er- 
geben muß, um fo weniger ſcheint erklärt werden zu koͤn⸗ 
nen, wie Manes ihn aufftellen und in fein Syſtem auf: 
nehmen Fonnte. Die bloße Antwort, daß er diefen Be: 
griff nur beöwegen ſich aneignete, weil er ihn in bem 30: 
roaftrifchen Religionsſyſtem als einen gegebenen vorfand, 
kann hier nicht genügen, da wir fein Syſtem doch immer 
als eine felbftthätige, lebendige Reproduction der überliefer- 
ten in dem Glauben feiner Nation fanctionirten Lehre betrach⸗ 
ten müßen, und die Frage wohl auch allgemeiner fo gewen⸗ 
det werben koͤnnte: wie überhaupt irgend ein Religionsſy⸗ 
ſtem von einem der natürlichen und nothwendigen Idee der 
Gottheit fo widerftreitenden Begriff des Bofen ausgehen 
Inne? Eben fo wenig kann wohl mit einigem Grunde in 
Zweifel gezogen werden, ob jener Begriff wirklich in der⸗ 
felben Strenge, in welcher er von den Kirchenlehrern be- 
flritten wird, ihm zuzuſchreiben fey. Jeder Verfuch einer 
‚gewißen Apologie.wird daher einzig nur darauf aufmerkſam 
machen koͤnnen, wie gleichwohl auch hier, wie gewohnlid) 
bei großen Irrthuͤmern, eine unbewußte und unmwillführliche 


Anerkennung der Wahrheit fich nicht verbirgt. ° Es zeigt dies 
- die, wie ſchon bemerkt worden ift, von. Anfang an zugeger 
bene und in ber weitern Entwillung des Syſtems immer 
fihtbarer hervortretende Unterordnung. des böfen Principe . 
unter das gute. : Vorzüglich aber: Eommt auch der fo 
unverfennbare poetifche und mythiſche Character des Sy⸗ 
ſtems gerade in demjenigen Theile, von welchem hier die 
Rede ift, in Betracht. Das Poſitive, das uns hier mit fo 
frifhen und lebendigen Farben vor Augen tritt, erfcheint 
doch ebendeöwegen aud) wieder als ein bloßes Bild, das 
feine fefte Realität gewinnen Tann. Manes felbft ftellt ja 
das finftere Reich des Boͤfen mit feinen verfchiedenen Bes | 
wohnern und dem Fürften beffelben zugleich unter ben ab- 
flracten Begriff der Hyle, und wenn nun aud) diefe, wie 
Alexander von Lycopolis geltend macht, durchaus nur als 

&TaxTog xivnorg gedacht werden darf, fo ift Doch auch von 
biefer zur Platonifchen Hyle, die zulezt nichtd weiter ift, 
als eine dem gbttlichen Wirken auf Feine Weife widerftres 
bende Receptivität für alle möglichen Formen, Fein fo großer 
Schritt. Wie die Hyle als bloße Neceptivität jeder Selbfts 
ftändigfeit ermangelnd zulezt etwas rein’ negatives wird, 
eben das nihilum, de guo, wie Auguſtin fagt, alles geſchaf⸗ 
fen ift, was nur die negative Beſtimmung enthält, die 
Melt fey nicht aus dem Wefen Gottes. gefchaffen und eben⸗ 
beöwegen eine unvollfommene,-endliche, fo bildet dagegen 
berfelbe Begriff der Hyle, fobald er pofitiver genommen 
wird, den Uebergang zu der Idee eines abjolut böfen Prin⸗ 
cips. Wenn man nun aber ach Auguftin zufolge erft von - 
dem quid est? auf das unde est? übergeht, und die negative 
Natur des Bbfen, der corruptio, wie Auguftin fie nennt, 
auf ein urfprüngliches nihilum, das allein der Gegenfaz 
gegen Gott, den Inbegriff alles Seyns feyn kann, zuruͤk⸗ 
führt, fo fühlt doch der fpeculirende Geift fich fehr natuͤr⸗ 
lich immer wieder getrieben, auch nad) der Urfache biefes 


— 39 — | | 
nihilam felbft zu fragen : aud) das Nichts, das Negative 
fcheint .eine pofitive Urfache haben zu muͤſſen, ein Princip, 
das nicht in Gott, fondern nur außer Gott gefezt werden 
kann. Uber der ewige Eirfel, in welchem die Speculatiom 
bier immer umbhergetrieben wird, befteht eben darin, daß 
man entweder nicht über dad Nichts hinauskommt, oder, 
wenn man darüber hinausgehen will, in ein Poſitives über: 
geht, das als ein Seyendes und Reales nicht ald etwas von 
Gott unabhängiges gedacht werden kann. Jeder Verſuch, 
es als ein von dem göttlichen Seyn unabhängiges, dems 
felben abfolut entgegengefeztes Seyn aufzufaffen, erzeugt 
mr eitle in fich nichtige, wahrer Realität ermangelnde 
Geftalten, welchen nur die Dichtung der Phantafie Leben 
und Realität verleiht. In der That unterfcheidet ſich da⸗ 
ber der Manichäifche Dualismus von jedem andern eine 
Hyle von Gott unterfcheidenden Syſtem nur dadurch, daß 
e8 dem Begriff der Hyle eine poetifche und mythifche Ges 
faltung gibt, die in dem Grade verfchwindet und ſich aufs 
Idst, je mehr die Hyle ald das genommen wird, was fie 
außer Gott allein feyn, als das durchaus Formlofe und 
Unfelbftftändige, und in lezter Beziehung ald das Nichts, aus 
welchem Gott alles gefchaffen hat. Eben deswegen mäffen 
wir vom Manichäifchen Syftem aus, wenn wir es in feis 
ner eigentlichen Genefid begreifen wollen, immer wieder 
auf den Begriff der Hyle, womit ald dem eigentlichen Aus- 
druk Manes felbft fein abfolut böfes Princip bezeichnet, 
zurüfgehen, und -dem Hange zur mythifeh = bildlichen Vers 
finnlichung,, welchem fid) Manes in der ganzen Eonftrucz 
tion feines Syſtems fo gerne hingab, ſcheint das dunkle 
Bewußtfeyn zu Grunde zu liegen, daß, fobald einmal ir- 
gend ein Princip außer Gott angenommen wird, feine 
Realität nur eine fcheinbare feyn ‚Tann, womit zugleich 
auch) an jeden Beurtheiler die Forderung gemacht wird, 
ein ſolches Syftem nicht blos als ein philofophiiches Sy⸗ 


— 4 — 


ſtem nach der logiſchen Strenge des Begriffs, ſondern zu⸗ 
gleich als ein mythiſches Poem aufzufaſſen, und die mythi⸗ 
ſchen Geſtalten deſſelben genetiſch vor ſich entſtehen und wie⸗ 

derum verſchwinden zu laflen: 


/ 


Zweiter Abſqnitt. 





Der Kampf der beiden Principien und bie 
Weltfhöpfung. 


Mit den beiden Principien und dem großen Gegenfaz, 

| welchen fie in fich ſchließen, ift in dem Manichätfchen Sy: 

ſtem unmittelbar alles Seyende gegeben. Denn dieſes Sys 
ſtem kennt Feine Schöpfung im eigentlichen Sinn, fondern 
nur eine Mifchung, vermdge welcher Die beiden einander 
entgegengefezten Principien fich gegenfeitig fo durchdringen, 
daß daraus als die Mitte des Gegenfages die beftehende 
MWeltorbnung hervorgeht. Das Lichtreich, in welchem der 
Beherricher deſſelben wohnt, ift von ihm nicht gefchaffen, 
fondern gleich ewig mit ihm, und wenn er auch Pater, 
Erzeuger oder Schhpfer genannt wird, fo ift doch damit 
nur die Gleichheit der Natur, die zwifchen ihm und feinem 
Reiche ftatt findet, bezeichner. In der Unterredung mit 
Anguſtin fagt der Manichder Felix (1. 17.): Et qui gene- 
ravit, et quos generavit, et ubi posita sunt omnia, ae- 
qualia sunt.— Et pater, qui generavit lucis ‚fılios, et 
aer et ipsa terra et ipsi filii una substantia sunt, et 
aequalia sunt omnia. Wäre in dem Lichtreich etwas ent⸗ 
flandenes und gefchaffenes, fo würde ihm nicht mehr der 
Character des Abfoluten beigelegt werden Finnen. Quod 
nascitur finem habet, quod innatum est, finem non ha- 
bet. — Et ego dico, quia, quomodo Deus aeternus est 
‚ et faclura apud illum nulla est, totum aelernum est, ' 
Daſſelbe muß auch von dem Reiche der Finfterniß gelten, 


—— 43 — 

es ift wie das Meich bed Lichts ewig, ‚aber auch zu- 
glei), wie es der Begriff der Materie mit ſich bringt, 
die Sphäre des. im MWechfel des Entftehend und Verge⸗ 
hens fich bewegenden materiellen Lebens. Simplicius hat 

in der obigen Stelle den hierin liegenden Widerfpruch kurz 
perährt. Die Verwerfung des gewöhnlichen Schoͤpfungs⸗ 
Begriffs bedingt den a Character des Mani⸗ 
chäifchen Syſtems. Zur nähern Beftimmung deſſelben bes 
merkt Giefeler in den Stud. und Krit. 1.3. ©. 600.: da wir 
die beiden Urreiche von ihren Beherrfchern unterfchieden, 
nicht von ihnen hervorgebracht, fondern mit ihnen gleic) ewig, 
in denfelben von Anfang an viele aus den beiden Principien 
audgefloßene Einzelweſen, und biefe wie die von ihnen be⸗ 
wohnte zerra gleihen Wefend mit dem Beherrfcher finden 
(nach den ſchon angeführten Stellen in den Actis cum Fel. 
‘Man. und der Ep. fund.), ſo folge aus diefem, daß den 
Manichaͤern nicht alles aus Gott ausgefloffen, und noch wes 
niger Gott felbft war.. Allein dabei begreift man noch nicht, 
was denn aus Gott audgefloffen feyn foll, was nicht, und 
wiefern nicht alles Gott felbft war? Was das Leztere 
betrift, fo unterfcheider zwar das Syſtem einen pater in- 
genitus, eine terra ingenitus, einen aer ingenilus, und es 
iſt von Lichtſoͤhnen die Rede, die der Vater erzeugt habe, 

aber es wird zugleich ſehr beftimmt geſagt: Aoc totum 
una substantia est. — Hoc quod est Deus pater, hoc 
sunt filü ipsius, hoc et illa terra. Hoc unum sunt 
omnes. Es iſt demnad) eine völlige Fdentität der Sub: 
flanz und des Wefens, und wenn der Name des Pantheis- 
mus mit Recht angewandt wird, wo alles, was zum gött- 
lichen Reiche gehört auch göttlichen Weſens ift, alles Eine 
Subftanz und Modification derfelben Subftanz ift, fo ift 
bad Manichäifche Syſtem mit Recht ein pantheiftifches zu 
nennen, Daß Manes gleihwohl von dem göttlichen Reiche 
oder der Lichterde und den Bewohnern derfelben den pers 


N / 


— 3 — 


fönlich gedachten Gott unterfcheidet, kommt hier nicht befonders 
in Betracht, da der ohnedies nicht in vollem Sinne pers 
fönliche Gott .felbft nur als eine einzelne Geftaltung der 
Einen Subftanz, die da8 eigentliche göttliche Princip ift, 
und unter verfchiedenen Geſichtspuncten, ald Subſtanz, 
als göttliches Reich mit einem perfdnlichen Herrfcher, ald In⸗ 
begriff einer Vielheit vom Einzelwefen aufgefaßt werden 
kann, zu denken ift, der Pantheismus aber, wenn auch die 
Selbftftändigkeit, doch die Individualitaͤt des Lebens nicht aus⸗ 
ſchließt. Was aber das Erftere, das Ausfließen der Eins 
zelweſen aus Gott betrifft, fo ift dies nicht blos theilweife, 
wie Giefeler. behauptet, fondern ſchlechthin zu verneinen. 
‚Ein Emaniren, durd weldyes etwas, das zuvor nicht 
war, erft geworden wäre, kann das Manichäifhe Syſtem 
nicht annehmen, da alles was zum Lichtreich gehdrt, auf 
gleiche Weife ewig feyn fol. Coaeterna sunt illi, quid- 
quid Deus generavit a. a. O. Es ift daher nur der hds 
here Grad des individuellen Lebens, wodurch ſich der Bas 
ter des Lichts von den Söhnen des Lichts, der Zeugende 
von dem Gezeugten unterfcheidet 7) Alles Werden und 
Emaniren fällt eigentlich erft in die Sphäre, in welcher 
die beiden entgegengefezten Principien ſich gegenfeitig bez 
rühren, aber auch innerhalb diefer Sphäre felbft kann von 


1) Es verfteht fih von felbit, daß der behauptete Pantheids u 


mus nur foweit gelten kann, als er. mit dem dualiſtiſchen 
Charakter des Syſtems vereinbar if. Ob auch im Reihe 
ber Finfterniß die dazu gehörenden Einzelwefen ebenfo ewig. 
find, wie die des Lichtreihes, muß nach den ©. 23. anges 
führten Stellen zweifelhaft feyn. Das Reich der Finfterniß 
iſt das Reich der materiellen Erzeugung und Entftehung, 
es trägt in demfelben Verhältniß, in welhem das Lichtreich 
den Charakter der Einheit hat, den Charakter der Vielheit 
an fih, wie aus dem Folgenden fih ergeben wird, aber ſchwer 
ift ed gerade hier das Mythiſche von dem elgentlichen Be⸗ 
griff ſtreng zu ſchelden. 


u 
— 
Schhpfung. und Entflehung nur infofern die Rebe ſeyn, 
fofern das abfolute Seyn auf der einen wie auf der andern 
Seite beſchraͤnkt und modificirt wird. Aus dem abfolut 
Guten und abfolut Böfen wird dad Endliche, in welchem Gu⸗ 
tes und Boͤſes gemifcht tft, ald Modiftcation des unendli= 
chen Seyns anf jeder Geite des abfoluten Gegenfates. 
Mas daher Titus von Boftra 1. 18. aus Veranlaffung ber 
Idee einer Lichterde allgemein ſagt: ngoAeupover on 
rag” alroig Ta Övouara Tav noayucTov ımv yEveaı, 
d. b. die Manichder gebrauchen Benennungen, die Gegens 
flände der geſchaffenen Welt bezeichnen, ehe nod) eine ge⸗ 
fchaffene Welt gefezt ift, iſt in dieſem Syſtem ganz natuͤr⸗ 
lich. Die gefchaffene endliche Welt kann nichts in. fid) be= . 
greifen, was nicht fubftanztell zuvor fchon exiſtirt, da das 
reale endliche Seyn nur eine Modification des idealen und 
abfoluten ift, alles nur durch Miſchung der Ertreme fein 
Dafeyn erhält, wie im Pantheismns alles Endliche und - 
Individuelle nur eine’ Modification der Einen abfoluten 
Subftanz if. - Je felbftftändiger dad dem guten Princip 
entgegenftehende gedacht wird, deſto weniger kann Dad end- 
liche Seyn anders als durch Mifchung der Extreme entftehen, 
je unfelbftftändiger dagegen jenes Princip ift, deito noth- 
wendiger wird zulezt die bloß receptive paßive Materie nur 
als die Schranke des Seyns genommen werden Fonnen, ale 
das differenzirende Princip, Durd) welches die Eine Eub- 
ftanz fic) immer wieder zu einer beftimmtern endlichen Form | 
des Seyns modificirt. 
Nach der ſo eben gemachten Unterſcheidung wird in 
den gnoſtiſchen Syſtemen der Uebergang vom Abſoluten 
zum Endlichen bald mehr dualiſtiſch, bald mehr pan⸗ 
theiſtiſch aufgefaßt. Um dieſen Uebergang naͤher zu mo⸗ 
tiviren und das große Raͤthſel zu löfen, wodurd) das Ab⸗ 
folute, beſtimmt werden mag, fi) aus der Fülle und Un- 
endlichleit des Seyns in die Endlichkeit dahin zu geben 


und fid) in der werbenden und gewordnen Welt einem leis 
tenden Zuftande zu unterwerfen, wird die Urfache bald in 
das eine bald in das andere Princip gefezt. Iſt das goͤtt⸗ 
- fihe Princip die abfolute Quelle alles Seyns und Lebens 
im hoͤchſten Sinn, die Materie nur dad Todte, Negative 
Weſenloſe, fo kann auch in diefer Beziehung alle Thätigkeit 
nur von jenem, dem Göttlichen, ausgehen. Die auf diefen 
, Standpunet ſich ftellenden Syſteme laffen daher in dem 
göttlichen] Lichtreich, in der Welt der Aeonen, eine unregels 
mäßige Affection entftehen, die entweder unmittelbar und 
mit freierer Neigung, wie im Ophitifchen Syftem, oder, wie 
im PBalentinianifchen unwillführlicher und auf weiterem 
Ummege (indem bie entftehende Begierde zunächft zu einer 
das Lichtreicd) verwirrenden, Die Einheit mit dem Abfoluten 
aufldfenden Sehnfucht wird) göttliche Lichtkeime mit der 
Hyle in Verbindung; bringt. Wie aud) diefe Syſteme fich 
wenden mögen, die lezte und eigentliche Urfache liegt den⸗ 
noch in einem dunklen, nicht weiter erflärbaren Hange, der 
von der Hoͤhe des göttlichen Lebens in die Tiefe, vom Volls 


fommenen zum Unvollfommenen, Endlichen hinabzieht. 


Dagegen nehmen diejenigen Syſteme, die dem. göttlichen 
Princip. auf. der andern, Seite ein ebenfo ſelbſtſtaͤndiges 
und thätiges entgegenfeßen, eine ebenfo unbegreifliche ver 
Natur des Böfen widerftreitende Begierde an, ſich ‚in. die 
Höhe zu erheben und fich mit dem Lichten und Guten zu 
vermifchen. Auf diefe Weife geht daher auch in dem Mas 


nichäifchen Syitem der eigentliche Anfang zur Mifchung. 


der beiden Principien und zur Weltfchöpfung von ber 
Hyle und dem Beherrſcher derfelben aus. Die Manichäi- 
ſche Schrift, auf die fih Titus von Boftra beruft (I. 16.), 
enthielt darüber Folgendes: die Mächte der Finfterniß ge: 
rierhen in dem Streit, in welchem fie mit einander begrif: 
fen waren, und in wilder Wuth fich umherjagten uud auf: 
fraßen (indem die einen verfolgten, die anderu flohen (Theod. 


40 


wendungen find gewiß fehr wahr umd treffend, bie Inconſe⸗ 
quenz aber, bie fie rägen, hängt aufs engſte zufammen 
mit der Grundvorausfezung, von welcher das Manichäifche 
Syſtem ausgeht, mit bem pofitiven Begriff des Boͤſen. 
Wurde einmal dad dem Guten entgegengefezte Princip mit 
Cigenfchaften gefezt, die c8 mir dem Guten theilt, fo war 
ſchon dadurch die Möglichkeit begründet, ihm felbft auch 
eine auf das Gute gehende. Richtung beizulegen. Es ofs 
fenbart fich darin eben fo fehr die-im.höchften Sinne abſo⸗ 
Inte Narlır. und der unbedingte Werth des Guten, als die 
Negativitaͤt des Boͤſen, daß dieſes bei aller Heftigkeit des 
Haßes, von welchem es gegen dad Gute entflammt ift, doch 
von dem Guten nicht laffen kann, weil es ja feiner Natur 
nach Immer nur am Guten feyn kann. Das Zoxonftrifche 
Spftem ſcheint zwar darin dem Character ded Dualismus 
getreuier zu bleiben, daß .ed feinen Ahriman als einen aud) 
nicht won der geringften Kiebe zum Guten berährten, von 
einer blinden Zerftörungöwuth erfüllten, vem Ormuzd durchaus 
- widerftrebenden Sein, befcyreibt, auf der andern Seite 
liegt aber eben in der größern Inconſequenz des Manichäi- 
fchen:- Spftemd. eine tiefere Anerkennung der doch immer 
wiege ſich aufdringenden Wahrheit. Zudem aber muß man 
fich.hier immer sergegenmwärtigen, was denn eigentlid) Manes 
zu erflären beabfichrigte? Es ift die in der beftehenden Welt . 
vorhandene Diifchung des Guten und-Bdfen. Da biefe Mi⸗ 
ſchung eine Verunreinigung der Natur des Guten ift, fo 
konnte das gute Princip nicht felbft die Veranlaffung dazu 
geben: es fonnte fich nur nothgedrungen ihr hingeben« 
Hätte fid) das böfe Princip nur abftoßend ‚gegen das Gute 
verhalten:, ſo wäre es nie zu einer Mifchung gefommen. 
Aber auch der bloße auf Zerſtbrung gerichtete Angriff des 
, Böfen reichte noch nicht hin, eine fo innige in das Innerſte 
eingreifehde Durchdringung der beiden Principien, wie fie 
in der Welt erfcheint, zu erflären. Der fo vielfad) verfchlun- 
| gene 


gene Kampf, wie ihn das Manichäifche Syſtem darſtellt, 
fcheint vielmehr. ſeinen lezten Erflärungsgrund nur darin 
zu finden, daß in dem Haſſe des Böfen gegen das Gute 
auch wieder eine Liebe und Begierde nach dem Guten verborgen 
ift, vermoͤge welcher das Böfe nicht umbin Fann, von dem 
Guten angezogen zu werden und es mit aller Macht bey fich 
feſtzuhalten. Bol. Augüftin De nat. bani. c. 42: Gens 
ienebrarum lucem ab. initio dilexit, quam etsi violen- 
ier possidere tamen voluit non exstinguere. Eben da: 
raus geht dann aber auch hervor, daß die Annahme von 
zwei einander abfolut entgegengefezten Principien, die fic) 
gleichwohl miit einander verbinden ſollen, einen inneren Wis 
derſpruch in ſich fließt. In dem Puncte, in welchem 
fie ſich berähren, um ſich zu verbinden, koͤnnen fie nicht zu⸗ 
gleich fchlechehin einander entgegengefezt- feyns ſobald in 
dem Boͤſen etwas Dem Guten verwandtes ift, hört der ab⸗ 
ſolute Gegenfag auf: Alexander von Lycopolis wirft baher 
e. 8 mit Recht die Frage auf: noregov uövor 6 Seoeĩ xab 
y um eiolv doyal, n Tı Eiegov ürkoheirei, 0. TovTwy 
loriv &9 uEow; Ei u8V yao und&v dorıw, Auızra Tavte 
inokeirreran noög küra" xalug yop — * ri, tv To 
nxod uixonũ;, dei Tı eivaı dv ueoy, Onug Taüre ovvötn. | 
Gibt es aber ein Drittes zwiſchen beiden, wodurch Beide, 
das Gute und das Böfe, vermittelt werden, fo kann das 
Bhfe nur als die ſtete Negation des Guten gedacht tier: 
beri. Es iſt immer nur ein Minus der Realität des Guten, 
erſcheint nur am Guten, ift aber an und fir fidy nichts/ 
ober pofitio gebacht hur eine Perfoniflcation der das Gute 
son Grad zu Grad verderbenden und vermindernden Vegas 
tivitaͤt, wie der sördaftrifche Ahriman. 

Je näher e8 zum Angriff und zur felndlichen Beruͤh⸗ 
rung der beiden Principien kommt, deſto mehr ſerſcheint 
die Gottheit i in derjenigen Beſchraͤnkung, die der Gegenſaz, 
in welchen ſie geſtellt iſt, nothwendig mit-fich Bringt Sie 

D anı'5 Manig. RI. Syſtem. 


wendungen find gewiß fehr wahr und treffend, bie Inconſe⸗ 
quenz aber, bie fie rügen, hängt aufs engſte zufammen 
mit der Grumdvorausfezung, von welcher das Manichäifche 
Spftem undgeht, mit dem pofitiven Begriff des Boͤſen. 
Wurde einmal das dem Guten entgegengefezte Princip mit 
Cigenfchaften gefezt, die c8 mit dem Guten theilt, fo war 
ſchon dadurch die Moͤglichkeit begruͤndet, ihm ſelbſt auch 
eine auf das Gute gehende Richtung beizulegen. Es ofs 
fenbart ſi ch darin eben ſo ſehr die iim hoͤchſten Sinne abſo⸗ 
Inte Natur und der unbedingte Werth des Guten, als die 
Negativitaͤt des Boͤſen, daß diefes bei aller Heftigkeit des 
Haßes, von welchem ed gegen das Gute entflammt ift, doch 
. von dem Guten nicht laſſen kann, weil es ja feiner Natur 
nach immer nur am Guten feyn kann. Das Zoroaftrifche 
Syſtem fcheint zwar darin bem Character des Dualismus 
getreuer zu bleiben, daß es ſeinen Ahriman als einen auch 
nicht von der geringſten Liebe zum Guten beruͤhrten, von 
einer blinden Zerſtdrungswuth erfüllten, dem Ormuzd durchaus 
widerſtrebenden Feind beſchreibt, auf der andern Seite 
liegt aber eben in der groͤßern Inconſequenz des Manichaͤi⸗ 
ſchen Syftems. eine tiefere Anerkennung der Doch immer 
wiecdt fich aufpringenden Wahrheit. Zudem aber muß man 
fich.hier Immer sergegenwärtigen, was denn eigentlich Manes 
zu erflären beabſichtigte? Es ift die in der beſtehenden Welt 
vorhandene Miſchung des Guten und Böfen. Da diefe Mi: 
ſchung eine Verunreinigung der Natur des Guten ift, fo 
konnte das gute Princip nicht felbft die Veranlaffung dazu - 
geben: es Tonnte fich) nur nothgedrungen ihr hingeben- 
Hätte fi) das böfe Princip nur abfloßend ‚gegen das Gute 
verhalten, ſo wäre es nie zu einer Mifchung gefommen. 
Aber auch der bloße auf Zerflbrung gerichtete Angriff des 
Boͤſen veichte noch nicht hin, eine fo innige in das Innerſte 
eingreifehnde Durchdringung der beiden Princivien, wie fie 
in der Welt erfcheint, zu erflären: Der vr vielfach verſchlun⸗ 
gene 


gene Kampf, wie ihn dad Manichäifche Syſtem darſtellt, 
ſcheint vielmehr. ſeinen lezten Erklaͤrungsgrund nur darin 
zu finden, daß in dem Haſſe des Boͤſen gegen das Gute 
auch wieder eine Liebe und Begierde nach dem Guten verborgen 
iſt, vermoͤge welcher das Boͤſe nicht umhin kann, von dem 
Guten angezogen zu werden und es mit aller Macht bey ſich 
feſtzuhalten. Vgl. Auguſtin De nat. beni. c. 42: Gens 
ienebrarum lucem ab initio dilexit, quam etsi violen- 
ter possidere tamen voluit non exstinguere. Eben da- 
sand geht dann aber aud) hervor, daß die Annahme von 
zwei einander abfolut entgegerigefezten Principien, die fid) 
gleichwohl mit einander verbinden follen, einen- inneren Wi⸗ 
berſpruch in ſich ſchließt. In dem Puncte, in welchem 
fle ſich beruͤhren, um fich zu verbinden, koͤnnen fie nicht zu⸗ 
gleich fchlechrhin einander entgegengefezt ſeyn: fobald in 
dem Boͤſen etwas Dem Guten vermandtes ift, hört der abs 
folute Gegenfaz auf: Alexander von Lycopolis wirft baher 
c. 8. mit Recht die Frage auf: noregovy uövor 6 ‚Heös za 
7 un eiolv doyal, n Ti Eregov ürtolsinei, 0. Tovrwds 
loriv Ev ufow; Ei udv yao und£v dorw, auıria Taüte 
vnoAsineraı No0g avra" xahwg yap Akyerat, ori, va To 
rxod uıydn, dei tı eivaı Ev uloy, Onwg Taure avvötn, 
Gibt es aber ein Drittes zwifchen beiden, wodurch beide, 
das Gute und das Böfe, vermittelt werden, fo Fatitt daB 
Boſſe nur als die flete Negation des Guten gedacht wer⸗ 
den. Es iſt immer nur ein Minus der Realitaͤt des Guten, 
efcheint iur am Guten, iſt aber an und filr fidy nichts, 
ober poſitiv gedacht hur eine Perſonification der das Gute 
von Grad zu Grab verderbenden und verminbernden Vegas 
tivitaͤt, wie der zoroaſtriſche Ahriman. 

Je naͤher es zum Angtiff und zur feind lichen Beruͤh⸗ 
rung der beiden Principien kommt, deſto mehr erſcheint 
die Gottheit in derjenigen Beſchraͤnkung, die der Gegenſaz, 
in welchen fie gefteht iſt, nothwendig mit.fid bringt. Ste 

B anr' 3 Mani. RI. Syſtem. 4 


‘ 
— 50. — " / 


iſt einem Verhaͤngniß unterworfen, das auch über fie wals 
tet, und muß fi in Folge deſſelben in einen leidenden 
Zuftand dahingeben, welchem fie ſich nicht entziehen kann, 
wenn bie fichtbare Weltordnung fich entwideln foll. Sie 
fieht zwar den ‚bevorftehenden Kampf voraus, aber fie 
Tann ihn nicht. abwenden, und fo wenig auch ihrer Macht 
der Sieg fehlen kann, fo tief dringt Doch der Kampf felpft 
in das. Kichtreih ein. Er fbewirkt eine Erſchuͤtterung, die, 
den Gegnern: des Manes der dee der Feſtigkeit und Si⸗ 
cherheit ber Grundlage, auf welcher das Lichtreich ruhen foll, 
fehr zu widerfireiten fcheint. Cum dicat: [Manichaeus, bes 
merkt Evodius De fide contra Manich. c. 11., Deum 
omnibus bonis abundantem, nullo in regnis ejus insi- 
gnibus indigente {aut infirmo constituto, ila etiam 
fundata ejusdem splendidissima secula, ut a nullo un- 
quam concuti vel moveri possint, in alio loco paulo 
post subjungit et dieit (in verfelben Ep. fund.): „Lucis 
vero beatissimae pater sciens labem magnam ac vasli- 
tatem, quae in tenebris surgeret, adversus sua sancta 
impendere secula, nisi aligquod eximium ac praeclarum 
. virtute polens numen opponat, quo superet simul ac 
destruat stirpem lenebrarum, qua exstincta quies lucis 
incolis pararetur.“ Certe ergo a nullo unguam concuti 
vel moveri potuerunt regna Dei Manichaei. Si enim 
potuerunt, mentitus est dicendo, non posse regna illa 
ab aliquo concuti. Et si concussa sunt necessilate, aut 
timore, non erit Deus, qui sic concuti potuit. Nam 
videmus Deum lManichaei secundum eundem Mani- 
. chaeum malo necessitatis pressum, cum labes ac vasti- 
tas adversus secula impenderet, aliudque, quod faceret , 
non haberet, partem suam ad pugnam dedisse, ut vel 
hoc modo quietem lucis incolis compararet. Es liegt das 
rin allerdings ein gewißer Widerfpruch, fofern. das göttliche 
Weſen auf der einen Seite mit allen Eigenſchaften abſolu⸗ 


— 51 — 


er Macht und Vollkommenheit, auf der andern aber in ei⸗ 
nem leidenden Zuſtand, in welchem es ſich erſt mit Anſtren⸗ 
gung und Noth zum Siege hindurcharbeiten muß, darge⸗ 
ſtellt wird. Leidend aber mußte die Gottheit nothwendig 
erſcheinen, ſobald die ganze Entwiklung der Welt aus dem 
Geſichtspunct eines Kampfes entgegengeſezter Maͤchte be⸗ 
trachtet werden ſollte. Es haͤngt auch hier alles an der Vor⸗ 
ſtellung des einmal geſezten Kampfs und wenn man das 
Manichaͤiſche Syſtem tadelt, daß es die Gottheit nach ei⸗ 
nem Theile ihres Weſens einem leidenden Zuſtande unters 
wirft, ſo kann mit demſelben Rechte ihm auch ſchon dies 
entgegengehalten werden, daß es eine kaͤmpfende Gottheit 
annimmt, vder was daſſelbe iſt, einen Gegenſaz und eine 
Niſchung der beiden Grundweſen. Wird einmal eine Dua⸗ 
lität der Grundweſen, wie fie dad Manichaͤiſche Syſtem 
beftimmt, an die Spize geftellt, fo geht daraus ganz nes 
tärlich die Fabel hervor, die, wie Auguftin Contra Faust, 
AÄXVUI, 9. das in ihr.der reinen Idee ber Gottheit 
Widerftreitende nach den drei Hauptmomenten ber gans 
zen Weltentwidlung fehr treffend bezeichnet, habet in ca» 
pite bellum Dei, in medio contaminationem Dei, in fi- 
ne damnationem Dei, oder wie er fich XIII, 6. ausdruͤckt: 
fabula illa longa et vana , puerile Iudibrium et muliebrejo- 
camentum et anıculare deliramentum, continens initiim 


"trancum; et medium putridum,, et finem ruinosum. 


Die von der Hyle angegriffene und in ihrem eigenen 
Reiche bedrohte Gottheit geht nun auch von ihrer Seite in 
Thaͤtigkeit über, um der auf fie gefchehenen Einwirkung 
eine Gegenwirfung entgegenzufezen. Es wurde, ſagt Ti⸗ 
tus von Boſtra I, 20., eine duvauıg Tov dyadod ausges 
ſandt, ovxerı güs aladnrov, all ws &V gain, 700- 
'BoAn vov Hsod, eine aud dem Weſen Gottes emanirende 
Kraft. Manes felbft nannte fie, wie Titus 1,29. bemerkt, 
die allgemeine Seele oder Weltfeele (yuyn anavioy). Epis 

4 


— 5b — 


phanius {Haer. LXVI, 24.) und Wlerander von Lycopolis 
(c. 3.) geben ihr daher fchlechthin den Namen yuyn. ‚Bei 
dem Angriff der Hyle, fagt der Leztere, fey Gott über ihre 
Beftrafung mit fic) zu Rathe gegangen. Da er aber. nichts 
hatte, womit er fie firafen fonnte, weil im Haufe Gottes 
nichts Boͤſes ift, rensyal ovv rıvo düven, Tav Up muy 
xahovusvıv wuynv, nk Tv vAnv, N TIg avın dia naons 
nyIjostar Eosadaı yag ig VAng Havarov "Tov uer« 
TevTe more TAG Övvauswg Tavrng ywowouov. Sn Augu⸗ 
ftind concreterer Darftelung witd ſogleich der erfie Menfch 
als wohlgewappneter Känipfer von dem Beherrſcher des 
Richtreich8 den Mächten der Finfterniß entgegengeftellt. Doc) 
fpricht auch Auguftin (De vera relig. c. 9.) von einer ani- 
ma bona, bie Gott nad) den Manichdern als einen Theil 
feiner Subftanz von fich ausgehen ließ: Gentem tenebra. 
rum quodam tempore adversus Deum rebellasse, Deum 
antem, cum aliud, quod faceret, non haberet, et, guomodo 
aliter. posset hosti resistere, non inveniret, necessitale 
oppressum misisse huc animam bonam, et quandam 
particulam suae subsiantiae, cujus commixlione atgque 
miseria hostem temperalum esse somniäant et mundum 
Jabricatum. In den Acten der Disputation ded Archelaus 
endlich werden beide Darftellungen,, die concretere Auguſtins 
und die abſtractere des Titus und Alexander, dadurch ver⸗ 
einigt, daß der erſte Menſch als ein Erzeugniß der aus 
Gott emanirten Kraft, die hier zugleich den Namen Mutter 
des Lebens erhaͤlt, beſchrieben wird. Als der gute Vater 
ſah, fo ſtellt Mani's Schüler Turbo die Lehre deſſelben (c.7.) 
bar, daß die Finfterniß in feine Erde eingedrungen, Tieß er 
eine Kraft aus ſich ausgehen, die die Mutter des Lebens 
heißt, und dieſe ließ den .erften Meenfchen hervorgehen, die - 
fünf Elemente, Wind, Licht, Waller, Feuer, Materie. 
Mit diefen angethan, flieg er wie zum Kriege gerüftet her⸗ 
ab, und Fämpfte mit der Finfterniß. Die Mutter des Les: - 


— 533 — 


bens, Sie unter den übrigen Schriftſtellern wenigſtens Sim⸗ 
plicius (Comment. in Epict. Ench. ©. 487.) noch ers 
wähnt, iſt diefelbe goͤttliche Kraft, die Titus und Alerans 
der zunaͤchſt aus Gott emaniren laffen, fie ift mit diefem 
Namen nur ausdruksvoller als die göttliche Eigenfchaft bes 
zeichnet, die alle Fülle des Lebens in fich fchließt, und in 
der im Kampfe der beiden Principien fich entwidelnden 
Welt fich ald das höchfle Princip des Lebens offenbart *). 
Die unmittelbare Anfchauung der auf diefe Weife fich ges 
ftaltenden Welt ift der erfte Menfch , deffen Begriff wir zus 
nächft feitzuhalten haben. Daß er ber Nepräfentant des 
Lichtreichs iſt, fofern dieſes dem Reiche der Finfterniß 
zum Kampfe entgegentritt, erhellt aus den fünf Elementen, 
die fein Wefen ausmachen, oder ihm, da er ja vor dem 
Reiche des Lichts gleichfam als Kämpfer und Vorfechter 
gegen den Feind ins Feld geftellt wird, zur MWaffenrilftung 
dienen. Sie find die reinen Elemente, die als Gegenfaz 
vollfommen den fünf Elementen entfprechen, die die verfchies 
denen Regionen des Reiches der Sinfterniß bilden. Aus 
guftin fagt hierüber. (Contra Faustum II, 3.): Profer- 
fs mobis ex armario vestro nescio quem primum 
hominem, qui ad gentem tehebrarum debellandam 
de lucis genie descendit, armatum aquis suis, con- 
4 Ohne Zweifel iſt die unmo za» olom bei Epiphanius a. a. 
e. 24. daffelbe Princip. Nur ftellt Epiphanius die Sache et⸗ 
was verwirrt dar: pol (Mavıyaios) zyv umge Toy Ole 
 guyzwpnoacay Övvanır idiav EE ovgavov arsldEiv zig'To aid 
yaı ruy doyövıov xor dmoovkjon A abıav }r eilnpacıı . 
üyader Övvauıy. Bovlsını yuo Asysıy Orı Nokeuioacns al 





Goyul zur Eovaicı tov Heov Tov Lüvıa, za) ueyalm xal ana» 
zakmnıoy Nonayevuı na avıov Övvauıy, 7 ul yıyıv 090- 
patsı. Der Raub der Seele Kann nicht, wie Epiphanius hier 

es daritellt, der Herabkunft der Weltmutter, der wine Ta . 
öluv,. vorangegangen, fondern erft auf fie gefolgt ſeyn. 


⸗ 





— — 


tra inimioorum aguas, et igne sad:contra: inimicorum 
ignem, et ventis suis contra inimicoram ventos. -'Cur 
non ergo ‘et faiho suo .contra inimicorum Jumum: ‚et 
tenebris: suis contra inimicartım: tenebras, ‚ sed-contra 
fümum'aere, ut dicilis, armabätur , et contra 'tenebras 
luce? An) yeia mala sunt fumus t tenebrae, non ea 
potuit habore bonitas ejus? Bona.erga sunt illa tria 
aqua, ventüs, ignis. Cur ergo ea potuit habere malitia 
‚gentis adversae? Hic respondetis. Sed aqua illa gentis 
tenebrarum mala- ‚grat guam vero primus homo alttu- 
lit,. bona:erat, et ventus ıllins malus, hujus autem bo- 
nus, Ita et hijus ignis bonus contra malum ignem illius 
dimicavit:- Chr ergo et contra malum fumum non po- 
‚tuit afferre fumum bonum? An in fumo vestra menda- 
cia tanquum Jumus ipse evanescunt alque. deficiunt ? 
Certe primus: homo vester contra naturam conirariam 
bellum gessit, Cur quingue illis elementis, quue in con- 
traria gente confingitis, unum allatum est de divinis 
regnis :corirarium, lux contra tenebras? Cetera enim 
guatuor.nen: sunt contraria. Nam nec aer fumo est coh- 
trarius R multo. minus aquae aqua, et ventus vento, et 
ignisigni, Vgl. De haeres. XLVI. T, VI. p10.: Onin- 
que elementis malis debellandis alia quinque elementa 
de regno et substantia Dei missa esse et in ılla ‚Pugna 
Jeisse permizta : fumo atrq, tenebris lacem, igni malo 
ignem bonum, aquae malae aguam bonam, vento malo 
ventum. bonum, Nach Auguftin (Contra Faust, XI, 3.) 
nannte ihn Manes factum de substantia Dei, id ipsum 
existeniem , quod Deus est, membra sua vel vestimenla 
sua, vel arma sua, id est, quinque elemenla, cum et 
ipsa nihil aliud essent, quam substantia Dei, in tene, 
brarum gente mersisse etc. 5). Weber die Art des Kam⸗ 





5) Diefe Entgegenftelung der Elemente der beiden Meiche 
ſezt dieſe felbft mehr Ind Licht, wie namentlich erſt durch 


pfes .erfehen wir aus der guerft genannten Stelle Auguftins 
wenigftens foniel, daß er mehr mit Lift ald Gewalt ges 
führt wurde. Jam vero. illa sacrilega .deliramenta@guis 
eudiat, quod primum hominem vestrum dicilis :secun- 
dum hostium voluntatem, quo eos caperet, elementa, 
guae portabat, mutasse atque verlisse, ut regnum, quod 
dicitis, falsitatis, in sua natura manens, non fallaciter 
dimicaret, et substantia veritatis mulabilis appareret, 
ut ‚falleret? ?_— Hunc primum hominem, quem lauda- 
dis, quia mutabilibus et ‚mendacibus formis cum adversa 
gente pugnavit, si verum dicitis, non imitamini, si au- 
lem: imilamini , el vosmentimini. — Manichaeus annun- ' 
ciat primam hominem non terrenum,. nescio quibus fal- 
kacibus elementis guingue vestitum. Vgl. Contra Faust: 
V,4.: Manichaei, qui cereditis in falsum et falla- 
cem falsi et.fallacis hominis filium, cum et ipsum De- 
um genlis adversae tumultu perterritum membra sua 
misisse crucianda nec postea tota purganda .docetis, vi. 
detis, guam.silis alieni a vita aeterna.— Primum hominem 
vestrum cum suis hostibus, in suae naturae veritate ma- 
nentibus, mutabili fallacia dimicasse praedicatis. Der 
Urmenfch erfchien demnach täufchend in vielfach) wechfelnder 
Geftalt, um die Mächte der Sinfterniß zu reizen und anzu⸗ 
Ioden, daß fie mit ihrer ganzen Macht über ihn herfielen, 
eben dadurd) aber an ihm ihre Wuth ſtillten. Simplicius 
(Comm. in Ep. Ench. ©. 16%.) erläutert daher diefen 
Kampf treffend durch das Beifpiel eines Feldherrn, der 
beim Angriff der Feinde ihnen einen Theil feines Heeres 
preisgibt um das übrige zu retten (eos uson &avroüxal uE- 


den Gegenfaz gegen aer Ear wird, was unter fumus zu 
verftehen ft. Daß. In den Acta Disp. Arch. ftatt der In 
. der fünften Stelle genannten YAn vielmehr zu leſen iſt ano» 
laſſen, wie Beaufobre Tom. II. ©. 308. und Mosheim 
©. 791 bemerken ,. die Anguftin’fchen Stellen nicht bezweifeln 


An, Tüg yuyagovaag, dc yaoı * Eppuwe.rh xaxnd« Dorep 
aroarnyog, nolsulwr Eniövrov u£gog avroig Tod oixelov 
oroßrov nooieras, iva To Aoınöor dirawon). In derfel: 
ben Beziehung Tonnte der Urmenfch auch mit einem magis 
ſchen Khder verglichen werben, mit welchem ber- Fuͤrſt der 
Finſterniß gefangen wurde. So beſchreibt Titus von Bo⸗ 
fire I, 12. die göttliche Kraft, die in feiner Darſtellung zu⸗ 
gleich die Stelle des erften Dienfchen vertritt. Der Gute 
fandte eine Kraft aus, welcher er auch nach feinem Gut: 
dunken einen Namen gab (vieleicht meint Titus eben ben 
bei Auguftin worfommenden Namen des Urmenfchen) ‚„ um 
die Orenze zu bewachen, in der That aber um fie ald Köder 
zu] gebrauchen, damit die Hyle gegen ihren Willen zur 
Befinnung kaͤme (guvlakovoav udv öndev Tovg boovs, To 

Sands Ötlsap Eoousvnv eig axovoıov ra Yin awgoovio» 
uöv 6), was dann auch gefchah. Als die Hyle die ausge- 
fandte Kraft ſah, ergriff fie, wie aus Liebe, ein Verlangen 
nach ihr, und in, der Heftigkeit ihres Drangs nahm und 
verfchlang flefie, und wurde fo gewißermaßen wie ein Thier 
gebunden, Sie bebienen fi) auch diefer Vergleichung ; die 


6) Noch weiter in dieſe bildliche Darftelung bei Theodoret Haer. 
Ffab. 1.26. ausgeführt: Da Gott Fein Feuer hatte, um Blize 
und Donnerfelle zu Thleudern, fein Waffer, um eine Sünde 
fluth zu fenden, ebenfowenig Eiſen oder fonft Waffen, traf 
er gegen ben drohenden Angriff der Hole folgende Vorkeh⸗ 
tung: noigav Tıva Tov Ywrös Außav, 00» Te Özlsap zu) 
&ynısoov ch Yin mroooensuys' moooxeusm Ö8 duelen zur m0o 
avıo orpmdeion, xurenıs To neupdtv xl mooosdcdn al 
waddreg u ‚negisnagn adyn. °Evısvdev Gräynacshval 
yaoı zov Hsov Önmovgynaas zöv »donert za Ö& Tov xoouov 
uEon obs aviov Ayovaw Alld ing Vins eva noniuare, 
Eönwoveynos dt, dakvonı adıys 199 OVoraoıy Bovindsls, 
zo) eig sign üyaysıv 1& uayöuere, ots zurı Agayd za 
zd üvangadiv ıj VAy Pas &sudsgüoaı. 


Hyle fey von her ausgefanbten Kraft, wie durch einen mas 
gifchen Geſang, eingefchläfert worden. Es geſchah nun auf 
diefe Weiſe eine Mifchung und gegenfeitige Durchdringung 
der verfchlungenen Kraft des Guten und der verfchlingens 
den Hyle, und fo wurde aus beiden dieſes Weltall gebilder, 
von dem Guten. nemlich), denn das boͤſe Prineip fab bie 
Entftehung der Welt nicht voraus. Daher kommt es nun, 
wie fie fagen, daß das Eine gut, das Andere böfe ift, ins 
dem jene Mifchung und Vereinigung der beiden Principien 
fi) Durch den Gegenfaz der Dinge, die hier find. offenbart. 
— Nachdem fo der gute Gott die Hyle überliftet hatte (oo- 
gırausvos v9 Uhnv), wurde er Weltfchöpfes, nicht: aus 
Verlangen nach der Schöpfung der Welt, da fie ihm ja 
widerftrebt, fondern vielmehr wegen des Aufruhr des boͤ⸗ 
fen Princips, welches er zur Beſinnung bringen wollte, 
aber doch war es ihm nicht möglich, das Gift des 'bhfen 
Princips aus.den Dingen der Erfcheinungswelt herauszunchs 
men, es bleibt zuruͤck und äußert fich in der unter den Mens 
ſchen ftattfindenden Ungleichheit, indem der eine reich, der 
andere arm, ber eine angefehen der andere unangefehen ift, 
Bol. c. 23.: Manes behauptet, Gott habe durch das boͤſe 
Princip das Allerungebührlichfte gelitten, und er wagt noch 
hinzuzuſezen, daß bie von Gottgefandte Kraft die Hyle, wie 
ein Thier, magifch eingefchläfert habe, wobei er nicht nur gegen 
ale Wahrfcheinlichkeir Extreme in feiner Rede mifcht, und 
von Natur Unvereinbares ans Liebe zu feiner Dichtung vereis 
nigt, fondern auch das gerade Gegentheil non demjenigen, was 
ee ſelbſt will, gefchehen läßt, indem er annimmt, Gott 
habe aus jenen beiden das Weltall gebildet. In den Acten 
des Archelaus (c. 23.) wird dem Manes feldft folgendes 
Gleichniß zur Erläuterung feiner Lehre von ber Weltſchoͤ⸗ 
pfung in den Mund gelegt: Der Arge gleicht einem Lowen, 
der die Heerde eines guten Hirten anfallen will. Als der 
Hirte es ſah, grub er eine große Grube, und nahm von feis 


“ 


| — 58 — 


ner Heerde einen Bock, und warf ihn in die Grube. Der 
kdwe lief ˖mit heftiger Gier, um den Bock zu verſchlingen, 
zu der Grube heran, fiel aber in ſie und konnte nicht mehr 
aus ihr herauskommen. So hatte der Hirte ihn mit Klug⸗ 
heit in der Grube gefangen, und indem er ihm den mit ihm 
in der Grube befindlichen Bock preisgab, die Heerde geret⸗ 
tet. Der Arge hatte dadurch ſeine Kraft verloren, indem 
der. Löwe nichts mehr unternehmen konnte.Alle Seelen 
"werden gerettet und auch das Verlorengegangene wird einft 
feiner Heerde wieder zugeführt werben. Mit Recht bemerkt 
Neander (J. 2. ©. 830.), died Gleichniß trage ganz das Ges 
präge ber Wechtheit, ſey wenigſtens im Geifte des Mani⸗ 
chaͤtsmus 7), unmoͤglich aber koͤnnen die Worte des lateini⸗ 





m Analog ift das in ben Zendſchriften fü oft vorlommende 
Bild des vor dem Wolfe erzitternden Schafs. Im Buche 
Bundeheſch Zendav. Th. III. ©. 113. wird von der Erde geſagt, 
fie werde in ber lezten Kataſtrophe, wenn durch Ahriman's 
Uebermacht die gegenwärtige Welterdnung fich auflöst, wie 
.. Frank feyn, gleih dem Schaf, das mit Zittern und Zagen 
yor dem Wolfe niederfält. Die Manichder wandten auch 
bie nenteftamentlihe Gleichnißrede, in welcher Jeſus feine 
Juͤnger mit Schafen vergleiht, die er mitten unter die 
Wölfe fende (Matth. 10, 16), auf ihre Xehre von der MWelt- 
fhöpfung oder der Vermifhung der Seele mit der Materie 
an: Sciendum est, ſagt Fortunatus in feiner Unterredung 
mit Anguſtin, quod now inimioa mente Salvator noster 
agnos suos, id est discipulos suos, in medio luporum di- 
rigere voluit,, nisi esset aliqua contrarietas , Equae in 
similitidine luporum eam deponeret, ubi et discipulos 
suos miserat: ut quae forte medio luporum animae pos- 
sent decipi, ad propriam substantiam revocarentur. Hinc 
ergg apparet antiquilas temporum nostrorum , quam re- 
petimus, et annorum nostrorum, ante mundi constitu- 
tionem hoc more missas esse animas contra contrariam 
naluram, ut eundem sua passione subjicientes , vicloria 


ſchen Textes (im welchem wir biefen Theil der Acten allein . 
noch) haben): pastor apprehensumpro prudentia sna in 
cavea contlusit (leonem) atque hoedum, gui cum ipso 

fuerit ( fuerat)) in fovea, incolumem conservayit, richtig 
| feyn, und den Sinn enthalten, in welchem auch Neander 
fie ‚nimmt, daß ed nemlich dem Hirten gelungen fey, ben 
Bock hinaufzuziehen, während nur der Loͤwe in. der Grube - 
eingefchloffen gehalten veurbe. 3). Auch im Folgenden wird: 
vorausgefezt, daß der Bol, wie ed die Natur der 
Sache erfordert, in der Gewalt des Löwen geblieben fey. 
Ridiculum jam istud est, fagt Archelaus, si agnum, quem 
retinebat in sinibus, pastor extimescens leonis ingres- 
sum, projecil eum devorandum, et dicitur quia in aeter- 
num servabif eum. — Deus Satanae anımam tradidit , wo⸗ 
gegen Manes nur dies geltend macht, daß bie prelögeges 
bene Seele nicht auf immer verloren fey. Daffelbe erhellt 
aus ber hieher gehörigen Stelle ded Epiphanius (Adv. haer. 
LXVI. 44.), in welcher zuerft die Sinconfequenz, mit welcher 
Manes die Seele bald verfchlungen, bald gefangen werden 
läßt, getadelt, und dann weiter bemerft wird: Manes fa: 
ge, die Seele werde von der obern oder göttlichen Kraft mit 
freiem Willen wie eine Lockſpeiſe hingegeben, gleich einem 
Bode, der in eine Grube geworfen werde, um das wilde 
Thier zu fangen, das dadurch geloft heranfomme und ben 
Bock ergreife, dadurch aber felbft gefangen werde. Wenn 
nun aber der gute Gott den Bock hingibt, und fo zwar das 
wilde Thier fängt, fo wird Doch gewiß der Bock .verfchluns 


Deo redderetur. Was hier von den animae gefagt ft, 
gilt auch von der Weltſeele überhaupt. Die Manichder nah: 
men die Gleichnißworte Jeſu als einen Beweis für ihren 
Dualismus. 
5 Wahrſcheinlich iſt in dem corrupten Text vor incolumem 
etwas ausgefallen und vielleicht fo au leſen: Roedum — pro- 
jiriens grogem incı cons. 


— 60 — 
gen ‚ und Gott fügt ſich dadurch Schaden zu, indem ver ei⸗ 
nen Theil feines Weſens als Speife dem Thier hinwirft. 
Er bezwingt es nicht durch feine Macht und nach feinem ei- 
genen freien Willen, fondern nimmt zu allerlei Fünftlichen 
Mitteln feine Zuflucht, um des Thierd mächtig zu werben. 
Wenn daher die Gottheit die Seele gefandt hat, um durch 
die Seele die Mächte der Finfterniß zufangen und zu feffeln, 
fo. hat fie ihren Zweck nicht fo, wie fie wollte, erreicht, 
indem. ja die göttliche Kraft, die fangen und feffeln follte, 
felbft gefangen und gefeffelt worden ift. — Damit iſt aud) 
ſchon der Erfolg des Kampfs, welchen der mit den reinen 
Elementen gewappnete Urmenfch zu beftehen hatte, angege- 
. ben. Ansführlicher befchreiben ihn’ die Ucten der Disputa⸗ 
tion des Archelaus (c. 7.) fo: Die Fürften der Finfterniß 
tämpften ihm entgegen, und verfchlangen einen Theil feiner 
Ruͤſtung, unter welcher die Seele zu verſtehen iſt (egayov 
EX rTũc — œuroũ, ö &otw N won). Damals 
wurde der erfte Menſch hart niedergebrifft von der Finſter⸗ 
niß, und wenn nicht der Vater ſein Flehen erhoͤrt und eine 
andere von ihm ausgegangene Kraft, die der lebendige 
Geiſt heißt, ihm geſandt, und ihm die Rechte nach unten 
hinabgereicht und ihn aus der Finſterniß in die Hoͤhe ge⸗ 
hoben haͤtte, ſo waͤre der erſte Menſch in Gefahr geweſen, 
unten feſtgehalten zu werden. Seitdem ließ er nun unten 
die Seele zuruͤck, Daher kommt es, daß die Manichaͤer, 
menn fie einander begegnen, fich die Nechte reichen, zum 
Zeichen, daß fie aus der. Finfterniß erlöst find, denn im 
Sinftern, fagt Manes, feyen alle Härefen (alle von feiner 
Lehre abweichenden Secten). Damals ſchuf der lebendige Geift 
die Welt, wozu er drei andere Kräfte mitbrachte. Er 
ſtieg hinab, führte die Fürften herauf und befeftigte fie 
am Firmament, das ihr Leib ift, Die Ephäre. Wiederum 
ſchuf damals der lebendige Geiſt die leuchtenden Lichter, 
die die Ueberbleibſel der Seele ſind, und ließ ſie ſo das Fir⸗ 





— 61 — 


mament umkreiſen. ind binwiederum fchuf er vie Erbe 
nach acht Geftalten ?). 

Faffen wir nun den in allen diefen Stellen ausgedruͤk⸗ 
ten kosmogoniſchen Begriff beftimmter auf, fo ift vor als 
lem daran zu erinnern, daß die Weltfchöpfung im Manichaͤi⸗ 
{hen Syſtem nichtd anders feyn kann, als die gegenfeitige 
Beichräntung der einander entgegenwirkenden Grundfräfte. 
Die Ertreme treffen von beiden Geiten in einer Mitte 
zufannmen, die für beide Theile Maas gebend if. Das 
abfolftt Gute und das abfolut, Boͤſe binden und begrenzen fich 
gegenfeitig, und es entiteht ein harmonifches Verhälts 
niß, im welchem fich die Gegenfäze fo ausgleichen, wie 
dies die beftehende MWeltordnung wahrnehmen läßt. Diefe 
Veſchraͤnlung und Begrenzung liegt fuͤr das gute Princip 
in der nothwendigen nicht aufzuhebenden Schranke, die 
ihn das Bbfe vermoͤge feiner ſelbſtſtaͤndigen vom Guten 
wabhängigen Wirkſamkeit fezt, in Beziehung auf das 
Bbſe wird fie, da das Boͤſe die rohe blind wirkende Kraft, 
die' regellofe Bewegung (&raxvos xivnois) tft, als bie 
wider feine Natur gleichfam durch magifche Mittel bewirkte 
Bändigung und Befänftigung dargeftellt. Das Gute of- 
fenbart die Superiorität, die ihm feiner Natur nach zufommt= 
und daher auch im Manichäifchen Syſtem nie ganz! ver 
fannt werden Tann, dadurch), daß es fie) von felbft der 





9) Die ganze Schilderung des Kampfs des Urmenfhen mit dem 
Fuͤrſten ber Finſterniß bat einige Züge, die an die Vorftellung 
erinnern, bie mehrere ältere Kirchenlehrer, namentlich 
Gregor von Nyſſa und Gregor der Große von der Erloͤſung 
ats einem Kampfe des Erlöfers mt dem Satan hatten. Der 
Leib des Erlöfers dient zur Lockſpeiſe, der Satan fällt über 
ihn her, wird aber getäufht und kann feinen Raub nicht 
feftgalten. Vgl. Greg. von Nyffa Or. cat. c. 15. Gregor 
des Großen Mor. AXXII. auch Joh. von Damafc. De orth. 
fide III. 2. 


N 


— 62 — 


dusch ben uranfänglichen Gegenfaz bedingten Beſchraͤnkung 
fuͤgt und unterwirft, und auch fuͤr das Boͤſe das Maasgeben⸗ 
de und Zielſetzende Princip iſt. Treffend bezeichnet daher 
Titus von Boftra in der obigen Stelle 1,12. die vom Guten 
ausgehende Kraft, deren Wirkfamkeit bildlich ald eine das 
Bdoſe magifch bewältigende und befänftigende dargeftellt 
wird 19), durch den eigentlichen Ausbruf, fie werde gefandt als 
die. divanıg gpvAakovoo TolVg 0p01G. Diefes ‚Begrenzen, 
diefed Mans und Ziel Sezen ift Das Wefentliche der Mani: 
chaͤiſchen Kosmogonie *1). Sie kann aber zugleich noch aus 


10) Deswegen wurde das böfe Princip auch mit einem Sift, 
das gute mit einem Begengift verglihen Aug. Contra Faust. 
XX.-L 13. 16.: Redordamini verba Fausti de Deo tan- 
: quasi. de antidoto, et Hyle tanquam veneno. Eoce plus 

nuocet vestrum antidotum » quam venenum. ’ 

11) Es tft im Grunde daſſelbe Verhaͤltniß, in welches Ylato 
ben demlurgiſch orbnenden Gott zit der: Materie feste. 
Der. "Stoff der Weltfhöpfung: iſt ‚gegeben, und Gott kann 

‘. mir das Gegebene ordnen. Bel. Aug. Confess. XII. 30. 

Suni quidam , quibus displicent opera tun bona, ei mulia 

eorum dicunt te fecisse necessitate compulsum, sicut fa 

bricas coelorum et compositiones siderum, et haec non 
de tuo, sed jam fwisse alibi creata et aliunde‘, quae tu 
..  cowtraheres et compaginares alque coniexeres, cum de 

.  ‚hostibup victis mundans moenia molireris, ui ea constrw- 
ctione devicti , adversus te iterum rebellare non possent; 
Alia vero nec fecisse te, nec omnino compegisse; sicut 
omnes curnes et minutissima quaeque animantia ei quid- 
quid radicibus terram tenet, sed hostilem mentem naiu- 
ramque aliam ne abs te conditam tibique contrariam in 
inferioribus mundi locis ista gignere atque formare. Der 
Unterfhied ift nur, daß nad Manes der ſchon vorhandene 
Stoff zugleich als ein pofitives boͤſes Princip gedacht wurde. 
Manichaeus duas dicit esse naturas, unam bonam et al- 
ieram malam: bonam quae fecit mundum, malam de 

f qua füctus est mundus. Good. De fide c. 49. 


Ä 


8 — 


verfchiedenen andern Gefichtöpuncten betrachtet werben. 
Sofern die Weltſchoͤpfung nach jeder Anficht ein Uebergang 
vom an fi) Seyenden, unwandelbar in ſich Beſtehenden 
zum Wandelbaren der Erfcheinung ift, wird auch: hier die 
aus Gott emanirende Fosmogonifche Potenz , deren concres 
tes Bild der Urmenfch ift, als eine täufchende ; mit dem 
Wechſel mannigfaltiger Formen und Geftalten fpielende dar⸗ 
geftellt. Das find die mutabilesr et mendaces formae, in 
welchen der Urmenfch die ihn befleidenden, wie mit einen 
Körper umgebenden Elemente. dem Wolfe der Finfterniß ers 
fheinen läßt Er gleicht auf diefe Weife der indiſchen 
Main, die der Grund des -fihtbaren Daſeyns der Welt 
ift, und dem ewigen Ernſte des Brahma gegenüber:als bie 
täufchende Göttin des Scheins und der Erfcheinung ven 
göttlichen Lichtftrahl, der in dieſe nichtige Sinnenwelt 
hereinfällt , in taufend bunten Refleren fich abfplegeln läßt, 
oder dem aͤgyptiſchen Proteus, der, ehe er gebändigt wird, 
in alle möglichen Formen und Geftalten ſich verwandelt. 
Sp will die in die Erfcheinung heraustretende Sinnenwelt, 
ehe fie fih in die Beftimmtheit und Befchränktheit der ein⸗ 
zelnen Formen gleichfam hineinbannen laͤßt, fich - zuvor 
in der ganzen Mannigfaltigkeit ihrer fchönen; aber truͤgeri⸗ 
fhen Geftalten zeigen und durd) den Reiz und Wechfel derjel- 
ben eben fo fie feftzuhalten, auffordern, ald dem Fefthaltenden 
widerftreben und entfliehen. In diefem Sinne täufcht auch 
jener Urmenfc) die Mächte der Finfterniß durch den Wechfel 


; feiner Scheingeflalten, ehe er von ihnen ergriffen und gefan- 


gen gehalten wird. Menn wir die beiden Principien zundchft 
dynamiſch als die beiden einander entgegenwirfenden und 
ſich gegenfeitig befchränfenden Grundfräfte genommen ha⸗ 
ben, fo verhalten fie fich auch, als die beiden Elemente eis 
ned ‚organischen Ganzen, wie Seele und Leib zu einander. 
Ausdruͤklich wird die göttliche Kraft, die die Gottheit ſendet, 


der Wirkſamkeit des böfen Princips zu begegnen, oder die 


— 64 — 


stavostria, die Gefammtheit ber Elemente, mit welchen 
der erfte Menfh zum Kampfe ausgeräfter ift, wuyn ges 
nannt. Es iſt die belebende, bildende, ordnende Weltfees 
le, die ſich mit der Diaterie, wie. ble Seele mit dem Leibe, 
organifch vermifcht, und alle Theile derfelben bis ind In⸗ 
nerfte und Tieffte durchdringt. Im Gegenfaz gegen bie 
Weltfeele wird das Reich der. Finfterniß mit feinem Be- 
herrſcher mit dem eigentlichen Namen Materie oder Hyle 
genannt. In materieller Beziehung flellt fich uns derfelbe 
Segenfaz, der durch Die beiden organifchen Elemente Seele und 
Leib gebildet wird, in dem Gegenfaz der reinen und unreinen 
Elemente dar. Die Elemente, in die fich der Urmenfc) hält, 
find, aus dem Lichtreich Fammend, durchaus rein und gut, 
* aber die ihnen entjprechenden Elentente des finftern Reichs 
truͤben und vernnreinigen die reine und gute Schbpfung durch 
ihren verberblichen Einfluß. Es ift Dies diejenige Seite des 
Gegenfages, die der Weltanficht des Zendaveſta am meis 
ften ſich annaͤhert, während jene andere, die Dad eine Princip 
ala Seele und das andere als Materie ſich vermifchen und 
beide fich gegenfeitig durchdringen läßr, der Zendlehre fremd 
ift, 72). Wird der Gegenfaz der beiden fich mifchenden und 
gegenfeitig. burchbringenben Principien auf beftimmte Ob: 
. jecte 


12) Sur Beftätigung bes Obigen erinnere ich an bie Stelle im 
Bundehefh Zendav. Th. LIE. 57.: „Der Grundarge erhob 
fih und näherte fih dem Licht, Wie er nun Ormuzd's Licht 
erbiidte,, ſo wollte er das Licht verſchlingen, aber durch deſ⸗ 
fen Schöne, Glanz, Erhabenheit, geblendet, ftärzt er von 
ſelbſt in feine vorige dide Finſterniß zuruͤck.“ Don. einer 
wirklihen Merfhlingung des Lichtes durch Ahriman ift im 
Zendavefta nirgends die Mede. Daher iſt auch Ahriman nur 
von Haß gegen bad Licht erfüllt, der Manichaͤiſche Fürft der 
Sinfterniß aber hat in dem Haß zugleich eine Liebe zum Licht 
und wird von demfelben angezogen. Bon dieſem Berhältniß 

. wird unten weiter bie Mede ſeyn. — Was der Urmenfch der. 


-6—- 

jecte der Erfcheinungswelt bezogen, fo geftaltet fi) von 
dieſem Geſichtspunct aus das Firmament mit feinen Him⸗ 
melskoͤrpern zu der Sphaͤre, an welcher die gefangen ge⸗ 
haltenen Mächte der Finſterniß befeſtigt und gefeſſelt 
find. Zwv nvevue, ſagt der Verfaſſer der Acta c.7., &x- 
rios TOV. x00U0V - xl. Avı eyxe ToVg &pyovrag xal 
‚EOTEgEWOEV Ev TW OTEGEWuETL, ö Eorıv alrav Ooua. EB 
ift fein Grund vorhanden, mit Mosheim &.820. ſtatt ow=- 
pa zu leien dwue. Bei. Epiphanius a. a. O. c. 32, 
finden wir fogar die Vorftelung des am Firmament aus: 
gefpannten Leibs der Dämonen weiter fo ausgemahlt: are- 
oduua deguare eivaı twv deyovrwv, — oravoovodaı wurd 
&vor &v To noAw, xarargsyew, zal Ovvvepsw, zur doyav 
etc. Auch nad) Auguftin find die Fürften der Finfternig am 
Firmamente feftgebunden (Contra Faust. VI, 8.): Dicunt isti 
‚vanilogui et mentis seductores in illa pugna, quando 
primus eorum homo tenebrarum gentem elementis fal- 
lacibus irritavit, ulriusque sexzus principibus ibıdem 
caplis, cum ex eis mundus construeretur, plerosque 
eorum in coelestibus fabricis colligatos. — In ipsa 
structura mundi eosdem principes tenebrarum ıla per 
omnes contextiones a summis usque ad ima collıga- 





Hyle entgegenfest , wird gewöhntih yuzrh genannt. Wie fic 
aber zu diefer yuzi) der Inbegriff der dem Urmenfhen beis 
gelegten reinen Elemente verhält, wiefern demnach biefe 
materiell zu denfen find, laͤßt fih nicht genau beftimmen, 
da es eigentlich immer nur der Gegenfaz zwifchen Gelft und 
Materie ift, um welchen es ſich handelt,. und dem Geifte 
nur, fofern er das Lichtprinzip iſt, ein materielles Schema 
gegeben wird. Wahrfcheinlich find Die mevzs voron YEyzn, 
» de in den Anathematismen bei Coteller J. &.543.-erwähnt 

find, die fünf reinen Lichtelemente des Urmenfcen. 

13) Dder Eorovowoer, wie Routh, der neuefte Herausgeber der 
Acta Reliq. sacrae. T.IV. Ox. 1818. ©. 155. vorzieht. 


Baur!E Mani. Ri. Syn. | 5 


— 66 —. 


tos diennt, ut, quanto quique amplius haberent com- 
mixti boni, tanto sublimius collocari merereniur 3%), 





14) Es ift bemerkenswerth, wie bier Manes altorientaliſche, 
namentlich perſiſche Traditionen in die mythiſche Form ſei⸗ 
ner Kosmogonie verflochten hat. Im Buche Hiob 38, 31. 
erſcheint der 95, der Thor, unter welchem die alten 
Ueberſezer faſt einſtimmig den Orion der Griechen verſtehen, 
gleichfalls als Sternbild und zwar gefeſſelt. Die Benen⸗ 
nung mag, bemerkt umbreit zu Hiob 9, 9., von einer 
alten mpthlichen Anſchauung herrühren, nah der biefes 
Sternbild als ein zur Strafe an den Himmel angefeffelter, 
gegen Gott fih übermäthig empörender, darum thörichter 
: Held betrachtet wurde. Die Perfer faben In dem Sternbild, 
das die Griechen Orion nannten, den Nimrod, welhen fhon 
die LXX. Gen. 10, 8. als yiyag bezeichneten. Man vgl. 
Geſenius zu Jef. 13, 10. wo DY’OI in der Mehrzahl, 
KRieſen ald Sterne, die am Himmel leuchten, erwähnt wer- 
den, und befonders Michaelis Suppl. ad lex. hebr. ©. 1319. 

f. Michaelis führt aus dem Chronicon Paschale. ©, 36, 
folgende ganz hieher gehörige Stelle an: "Eyemidn dE xab 
los &u Ing ul tov Mu > Xovs Övonarı, 0arıg eyöyrnos 
zov Næodo, rivovto , Toy uv Baßvkoviay, xtioayra, 09 A8- 

| yovan 06 Migocı anodenderra , zul yevöpevor &v roĩę Korpoıg 
TOV oVguvov, OyLma xuhovow "Sgiovo. Ovrog 6 Neßgod 
nowrog xursösıte naoı' Impia Eis Boworw. Dies maht den - 
Uebergang zu der Worftellung von der dämonifchen origo 
carnium, auf welhe wir in det weitern Entwidlung ber 
Manichaͤiſchen Lehre bald kommen werden. Ebenſo Eennt 
auch Homer.den Orion als Niefen (Od. XI, 572) und als 
Sternbild (II. XVII, 485). Sicher liegt auch der dgppti- 
ſchen ſchon von Pindar (f: Fragm. 61. Ed. Boeckh.. vgl. 
Diod. 1. 86 ) berührten Sage, daß die fämmtlichen Götter 
einft, als fie von Typhon verfolgt wurden, niht Menſchen⸗ 
geſtalten, ſondern Thiergeſtalten angenommen haben, die⸗ 
ſelbe Vorſtellung zu Grunde. ‘Denn die döe, in deren Geſtalt 
fie ſich Hälften, find die Thiere am Himmel/ die Geſtirne. Die 





- 9 — 


Dagegen wird aber auch wieder nicht blos von den Mäche 
ten der Finſterniß, fondern von Chriftus felbft gefagt, daß 
er in den Geftirnen des Himmels feſtgehalten werde. 
Nor erubescitis, cum vos eommentitium Christum ve- 
strum, filium commentitii primi hominis vestri,non sub 
stellae testihcatione ponalis, sed in stellis omnibus col- 
ligatum esse ditatis, quia videlicet principibus tenebra- 
rum commixium esse creditis in illo bello, quo ipse 
. primus homo vesier cum tenebrarum.gente pugnavit, 
ut de ipsis principibus tenebrarum tali commixtione 
caplis mundus fabricaretur (Aug. Contra Faust. II,5.). 
Se reiner und heller in den leuchtenden Himmelskoͤrpern der 
Glanz der Lichtwelt ſich abſpiegelt, deſto unmittelbarer 
und ſichtbarer iſt der Antheil, welchen der gute Gott an die⸗— 
ſem Theile der Weltfchöpfung hat, je mehr aber auch fchon 
in der lichten Sternenwelt Dunkel fid) ausbreitet, defto 
mehr hat der Einfluß Raum gewonnen, der von den Daͤmo⸗ 
nen außgegangen, es ift hier gleichfam das Gebiet, das ihr 
ausgedehnter Leib einnimmt. Daher find Sonne und Mond 
die-reinften Reflexe der in der fihtbaren Sinnenwelt ſich ab⸗ 
fpiegelnden Eosmogonifchen Kraft, die übrigen Geſtirne aber 
haben eine gemifchtere Natur. Ooov ano ns wikewg 
oVölv 79 Aromov nenovdös — yeyovevar Yhov xol 
ask noWrov To ÖR Ev uerpig yeyovög xuxig, Kotegerg 
xu Toy oVpavov ovunavra ,fagt Alex. von Lyc. c. 3., oder 
wie Siniplicius a, a. O. ©. 167. ſich ausbräft: Sonne und 
Mond find zig Tov ayadov uoigag, die Übrigen Geftirne 





Geſtalten find bald göttliher bald dämonifher Art, immer . 
aber ift es entweder eine Jagd (Drion und Nimrod find 
ja die Jäger vor dem Herrn), oder ein Kampf (wie in Typhon, 
dem Götterfeind, der auch etpmologifh der Diw, Dew, 
Ahriman, der princeps tenebrarum ift), was fih in der 
Phantaſie des- alterthums am geſirnten Himmel verewigt 
hat. 
5.. 


- 
⸗ 


⸗ 


Ts Tod xcexoſũ moipas. Iſt die Welt und das Firmament 

inöbefondere aus den gebänbigten und gefeffelten Mächten 
der Sinfterniß- bereitet worden, fo iſt dagegen auch Chri⸗ 
ſtus, wie Auguſtin Contra Faust. XX, 11. fagt, per so- 
lem lunamgue distentus. Sat fi) von der einen Seite 
bie eine der beiden Grundfräfte materiell in dem Weltall aus⸗ 
gedehnt, fo ift fie von der andern durch die die Materie durch⸗ 
dringende Weltfeele gebunden und feftgehalten werden, wäh: . 


rend auch die Weltfeele felbft wie in Banden gehalten wird. 


Hier find ed die gefangenen Leiber des Volkes der Finſter⸗ 
niß, dort die überwältigren Glieder Gottes, aus welchen 
Alles geworden if. Vos primum hominem cum quingue 
elementis belligerantem et spiritum potentem de cap- 
tivis corporibus gentis tenebrarum, an polius de mem- 
bris Dei vestri vietis atque subjectis mundum fabri- 
cantem creditis. Aug. Contra Faust. XX,9. | 
Ehe wir die Idee der in der Materie gebundnen Welt⸗ 
feele weiter verfolgen, muß bier noch eine andere kosmo⸗ 
gonifche Potenz ded Manichäifchen Syſtems Furz berührt 
werden. Der spiritus potens in der zulezt angeführten 
Stelle Auguftins ift derfelbe Geift, der in den Acten der 
Difputarion des Archelaus das Loy nıvevua genannt wird. 


. Er hebt den unterliegenden Urmenfchen, welchem er auf 


deßen Flehen vom Vater zur Hülfe gefandt wird, : wieder 
empor, und wirb, indem er die Dämonen am Firmamente. 
befeftigt, der Weltfchöpfer. Daher heißt eben diefe Po- 
tenz bei Alexander: von Lycopolis c. 3. die demiurgifche 
Kraft. Als nemlich die Seele mit der Materie vermifcht 
und durch diefe Mifchung in einen leidensvollen Zuftand 
verfezt war, erbarmte ſich Gott derfelben und fandte eine 
andere Kraft, die demiurgifche (voregav duvanır, nV 
rusisg xaAovuev Önusoveyov). Als diefe. Fam und die 
Weltſchoͤpfung unternahm, fonderte fie von der Materie 


jene erftere Kraft ab, was durch die Mifchung am wenig: 


ſten geträbt worden war, wurde Som und Mond, das, 
wobei fich die Elemente der Mifchung gleichmäßig verhiels 
ten, die Sterne und der gefammte Himmel, derjenige 
scheil der Materie, aud welchem Sonne und Mond aus⸗ 
gefondert waren, wurde aus der Welt entfernt, und es 
wurde daraus jened Feuer, das zwar brennt, aber dunkel 
und lichtlos ift, und der Nacht gleicht. In den Elemen- 
ten, den Gewächfen und Thieren, wie fie in diefer Welt find, 
bewegt fich die mit der Materie gemifchte Kraft in unglei- 
em Verhaͤltniß. Ebendeswegen ift die Welt geworden, 
und in ihr Eonne und Mond für das Entftehen und Ver: 
gehen, indem fie ſtets die göttliche Kraft von der Materie 
ausfondern und zu Gott hinüberfenden. — Es ift gewiß 
eine unrichtige VBorftelung, unter dieſer deminrgifchen 
Kraft oder dem lebendigen Geift mit Beaufobre (T. U, ©. 
359.) und Andern eine befondere Emanation, einen der un= 
tergeordngten Aeonen zu verftehen. WBergleichen wir die 
drei Schriftfteller, Titus von Boftra, Alerander von Ly⸗ 
copolis und den Verfaffer der Acten; fo fehen wir, daß hier 
immer. nur an eine‘ und biefelbe aus Gott emanirte . 
Kraft und an verfchiebene Beziehungen ihrer; Wirkſamkeit 
zu benfen if. Titus von Boftra fpricht nur von Einer 
Ivvauız, Alexander von Xycopolis unterfcheidet zwei o 
vausız, die Öivanıs, die er ;wegen ihrer Mifchung mit 
der Materie die yuyn nennt, und jene andere, die bemiur- 
gifche, der Verfaffer der Acten, der am meiften trennt und | 
ind Einzelne geht, fezt in die Mitte diefer beiden övvanuzıs 
noch den Urmenfchen. Wenn wir nun den Urmenfchen für 
nichts anderes halten Fonnen, ald nur für die concrete An- 
fhauung der als Weltfeele mir der Materie fid) mifchenden 
göttlichen Kraft, fo läßt ſich leicht zeigen, daß aud) jene 
beiden dvvausıs im Grunde nur Eine Kraft find. Die 
Thätigfeit, die der zweiten uveug oder dem lebendigen 
Geift zugefchrieben wird, befteht ja nur im Ausſcheiden und 


- 


- m — 


Ausfondern, in der Hülfe, die ‚dem Urmenfchen geleis 
fiet wird, ‚damit er im Kampfe mit ber Macht der Fin: 
fterhiß nicht völlig unterliege, alfo überhaupt in der Vor⸗ 
forge, daß in der Mifchung der entgegengefezten Ele⸗ 
mente nicht das eine Element ein zu einfeiriged Ueberge⸗ 
wicht erhalte, die Mifchung eine gleichmäßige fey. Aber 
ebendies ift daffelbe, was Titus von Boftra ald Wirkfam- 
feit der von dem guten Gott ausgehenden Kraft bezeichnet, 
wenn er fagt, fie habe, um dem Angriff des Boͤſen zu be⸗ 
gegnen, die Beſtimmung gehabt, gviarrav TOVg 0E0UE. 
Indem die aus Gott emanirende Kraft ſich mit dem ent⸗ 
gegengeſezten Princip miſcht, muß (dies iſt das in der Na⸗ 
tur des Gegenſatzes liegende Geſez) auch die Miſchung eine 
beſtimmte Grenze haben. Es iſt daher hier immer nur 
eine und dieſelbe kosmogoniſche Kraft, aber es ſind in ihr 
zwei verſchiedene Beziehungen zu unterſcheiden, je nachdem 
ſie ſich paßiv oder activ verhaͤlt. Sofern ſie von Gott 


ausgehend der Miſchung ſich unterwirft, gebunden und bes 


ſchraͤnkt wird, iſt fie Die wuyr, die in der Materie zwar 
wirkende aber von ihr gefangen gehaltene Weltſeele, fos 
fern fie aber der Mifchung eine beftimmte Grenze fezt, 
nad) den verfchiebenen Graden der Miſchung den einzelnen 
Weſen ihre Stelle und Ordnung im Weltganzen anweist, 
in diefer Beziehung bemiurgifch thätig fich äußert, ift fie der 
spiritus potens, das Lwv Avedug, der in der Gebundenheit, 
in der Paßivität der wuyn ſtets active Geift. Xreffend 
bezeichnet daher Alexander von Lycopolis c. 19. die eine 
der beiden Grundfräfte ald die duvauıg Önuiovpy ‚un, die 
andere aldi die nadnrızy uallov (ws xalas vr 
&yeıw noös Tiw UAv xepavvvoda). Don diefem ‚Ges 
fihtöpunet aus, wenn wir die Demiurgifche Thätigfeit des 


Geiſtes als eine ausſcheidende und trennende, ald eine mans: 


gebende und ordnende nehmen, läßt fi) wohl auch leicht ers 
Hären, was wir unter den drei Öuvausıs zu verftehen has 
. . 4 


mn - 


ben, mit welchen nad) den Acta der Geiſt, als er die Welt 
ſchuf, herabkam. Die Erläuterung gibt Alexander in ber 
obigen Stelle c. 3, nach ‚welcher die zweite göttliche duve- 
ps, die demiurgifche, in dreifacher Beziehung thätig war, 
je nachdem fie nach der gefchehenen Mifehung auf der ei⸗ 
nen Seite das Reinſte (Sonne und Mond), auf der 
andern das Unreinfte (das lichtlofe Feuer) ausfonderte), 
und. zwifchen beiden ein Mittleres (70 &v uergie yeyovcs 
x0e22ir) beftehen ließ, . d. b. die eine Öuvauıs war auf 
vreifache Weife thätig, fofern es in der Mifchung der he: 
terogenen Elemente, aus welchen die geordnete Welt bes 
fieht, brei Grade der Miſchung, ein Unterftes, Mittleres 
und Höchites gibt. Vgl. Alerander von Lyc. c. 19., und 
die oben ©. 23. angeführte Stelle Ang. Conf. XIII, 30.13). 

Eine eigene Modification der Manichäifchen Lehre won 
ber in der Materie gebundenen Weltfeele.ift die Vorftelung 
bes Jesus palibilis. Die Hauptitelle hierüber ift bei Auguftin 
Contra Faust. XX, 2, wo der Manichier Fauftus fich 
zum Glauben an Gott in der dreifachen Beziehung ald Va⸗ 
ter, Sohn und Geift befennt, und hierauf über den. Geift 
ſich fo erklärt: Spiritus sancti, qui est majestas tertia, ae- 
ris hanc omnem ambitum sedem [atemur ac diversorium, 
cujus ex viribus ac spiritali profusione terram quoque 
concipientem gignere palibilem Jesum, qui est vita ac 
salus hominum , omni suspensus ex ligno. . In andern 
Stellen wird von Chriftus gefagt, daß er in der ganzen 


. 15) Die Behauptung Gieſeler's Stud. und Krit.I, 3. ©. 610, 
der spiritus vivens fey aus Gen. 1, 2. entnommen, finde 
ich nicht wahrfheintih, da in diefer Stelle der Geiſt weder 
vivens noch potens genannt wird. Ueberdies war diefe 
Stelle den Manichdern wegen der finnlihen Vorftellung , die 

fie ihnen zu enthalten fehlen, fehr anftößig. Rabidi ferimi- - 
ni in id quod scriptum est: spiritus Dei ferebatur super 
aquam, fagt Evod. De fide c. 36. Auch in den Acta Thomae 
findet fih das Lo» wrevuu $. 7. vgl. Thilo &- 151: 


Natur gefeffelt und gebunden ſey. Zsta sacrilega delira- 
menta vos cogunt, fagt Auguftin (Contra Faust. II, 5.), 
non solum in coelo, atque in omnibus stellis,: sed eti- 
am in terra, atgue in omnibus, quae nascuntur in ea, 
confizum et .coolligatum atque concretum Christum di- 
cere, non jam salvatorem vestrum, sed a vobis salvan- 
dum, cum eum manducatis atque ructatis., — Adhuc 
licet exiguas sordidasgue reliquias ejus (ligati Christi) 
in stercoribus remanere conienditis, ut in alis atque 
aliis rerum corporalium formis iterum atque iterum 
implexae implicataegue toneantur. Ueberall fey der Sohn 
Gottes gebunden in vinculis omnium ierrenorum et in 
succis omnium herbarum et in putredine omnium car- 
nium, et: in corruplione omnium eiborum. Beaufobre 
T. II.S. 554. und Mosheim S. 796. haben wohl mit Recht 
hemerft, Auguftin fcheine es hier mit den Namen Chriftus 
und Jefus nicht genau genug genommen zu haben, er habe den 
Namen Ehriftus gefezt, wo er ſich des Namens Jeſus nad) 
dem Sinn -der Manichder hätte bedienen follen. Man 
kann fich dafuͤr auch auf die Stelle Contra Faust. XX, Il. 
berufen, wo fi Auguftin zu der Frage veranlaßt fieht: 
Postremo dicite nobis, quot Christos esse dicatis? 
Aliusne est, quem de. spiritu sancto concipiens terra 
patibilem gignit, omni non solum suspensus ex ligno, 
sed etiam jacens in herba, et alius ille, quem Judaei 
crucifixerant sub Pontio Pilato, et tertius ille per 
solem lunamque disientus? An unus aique idem ex 
'quadam sui parte ligatus in arboribus, ex quadam ve- 
ro liber,eidem ligatae captaeque subveniens? Es war 
Allerdings nicht ein und verfelbe Chriftus, da die Mani⸗ 
hier nad dem Vorgange der Gnoftifer zwifchen Chriftus 
und Jeſus ftrenger unterfchieden, als fonft von den Ortho- 
doren zu gefchehen pflegte. Wenn nun aber gleich die Ma⸗ 
nichder mit dem Namen Chriſtus einen ganz andern Begriff 


verbanden, ald mit dem Namen Jeſus, mit jenem den Ber - 
griff der Erlöfung, mit diefem den Begriff des Leidens, 
fo wäre doc) möglich, daß fie auch von einem an den Him⸗ 
mel gebundenen und angefeffelten und infofern leidenden 
Chriſtus ſprachen. Chrijtus hat zwar als Erldfer feinen 
Siz in Sonne und Mond, er ift aber doc) zugleich), wie 
ia überhaupt die aus Gott heraudgetretene in der Melt 
wirffame göttliche Kraft auf der einen Seite eine gebundes 
ne, auf der andern eine freithätige ift, nach dem Ausdruk 
Auguftind per solem lunumgue distentus. Es find wohl 
auch bier in dem Verhaͤltniße der Activitaͤt und Paßivitaͤt 
verfchiedene Grade zu unterfcheiden. Dan fprach zwar von 
einem confizus et colligatus Christus, bezeichnete aber 
damit nur den geringften. Grad der Gebundenheit, welchen 
die göttliche Meltfeele in den reinen Lichtlörpern, Sonne 
und Mond, bat, we aber die von der Materie verfehlungene 
Weltſeele ſich erft noch auf der tiefften Stufe der Ert 
niebrigung befindet. fih mit Mühe und Norh aus 
dem Dunkel und den Banden der Materie emporarbeiten 
muß, Da ift der Jesus patibilis an feiner eigentlichften 
Stelle 1%). Nach der obigen Erklärung des Manichders 
Sauftus empfängt die Erde den Jesus patibilis durch den 
Einfluß des heiligen Geiftes, deſſen Siz und Wirkungs⸗ 
freiö der ganze Luftkreis iſt. Es iſt nemlich in der Natur 
ein fleter Laͤuterungsproceß. Durch die Einwirkung des 
Lichts und der Wärme von oben entwickeln fi) aus der in 
die Tiefe binabverfchlungenen Weltfeele einzelne Theile, die 
in die Höhe ftreben,. in die in dem Erdreich haftenden 
Wurzeln uͤbergehen und in Pflanzen und Bäumen an das 
Licht hervordringen. Vgl, Muguftin De moribus Manich, 


' 16) Daher vergleicht Alexander von Lyc. co. 12. die mit der 
Materie vermifhte Kraft mit Athleten: Zdes wzInva Toy 
Oövyayır ın vAn ara Tovs KdAmTas, Tovg iv.o avunisxsodas 
zarayayılousvous tous Ayıınalovs, Iva xgurjoace zoV xax0Us 
neo Muro Tov elvaı. 





\ — 74 — 
C. 15. Ouoniam, inquit (Manichacus), membrum Dei 


malorum substantiae commixtum est, ul eam refrenaret, 
atque a summo furore comprüneret (sic enim dicitis) 
de) commixla ulraque natura, id est, boni et mali, 
mundus est fabricatus. Pars antem ill divina ex omni 
. parte mundi quolidie purgatur et in sua regna resu- 
mitur: sed haec per terram exhalans et: ad coelum 
iendens incurrit in stirpes, quoniam radicibus ierrae 
affıguntur, atgue: la omnes herbas et arbusia omnia 
‚fecundat et vegetat. Daffelbe ift der Fall, wenn die von 
ben Bandender Materie ſich losmachenden und in die reine Luft 
ſich erhebenden reinern Theile der Weltfeele einen Niederfchlag 
fallen laffen, welcher adhuc adversi generis maculas 
poriat, per aeslus atgue'calores particulatim descen- 
dit, atque arboribus ceterisque plantationibus ac satis 
omnibus miscetur, wie Manes felbft fagt in dem fieben- 
ten Buche: feineö Thesaurus bei Auguftin De nat. boni c. 
44. In diefem Sinne konnten daher die Manichäer nad) Evo: 
dius De fide c. 3%. fagen: Christum (oder, wie wohl die 
Manichäer felbfe ich) ausprädten, Jesum) quotidie nasci, 
gaotidie mori, und zwar nicht ‚in denen, gui credunt, 
et pro nomine ipsius tribulaliones mortemqgue patiun- 
iur. Non, inguiunt, sed in cucurbitis, et in porris, N 
et in portulaca et in ceteris hujusmodi rebus. Ge: 
‚boren wird alfo der Jesus. patibilis täglid in jeder 
. Pflanze, bie aus dem dunklen Schooße der Erde ihren 
Keim hervortreibt, er leidet, fofern die emporftrebende See⸗ 
le doch ſtets in jeder einzelnen Pflanze in den engen Ban- 
‚den der Materie feftgehalten, an die materielle Form gleich- 
fam angeheftet ift, er flirbt, wenn die Pflanze felbit hin⸗ 
welkt und ſich aufldst. Die Manichaͤer bezogen zwar die 
Leiden Chrifti auch auf die Leiden der menfchlichen Seele, 
fie fprachen vor einer crucis ejus mystica fixio, qua no- 
sirae animae passionis monstrantur vulnera, wie Sau: 


Ed 


Br; 


— 5-— 


fius bei Auguſtin XXXII, 7. fagt, und es ift allerdings 
(vgl. Giefeler Stud. und Krit. LI S. 609.) dem Wefen 
nad) Fein Unterfchied zwiſchen den menſchlichen Seelen und 
dem Jesus patibilis, aber doch wurde dieſer vorzugsweiſe 
in der in ber Pflanzenwelt-fid) emporarbeitenden Seele ans 
gefhaut. Iſt ed daher ald allgemeine Lehre des Manichaͤi⸗ 
fhen Syſtems anzufehen, daß die MWeltfeele in der Mate⸗ 
rie gebunden. und in einem leidenden Zuftande feftgehalten 
ift, fo ift in dem Jesus patibilis nur die Stufe firirt, auf 


welcher fie fi) und in den alltäglichften Erſcheinungen 


der uns umgebenden Natur darſtellt. Ohne Zweifel empfahl 
ſich dieſe Vorſtellung den Manichaͤern um ſo mehr, weil 
fie ihnen Gelegenheit gab, ſich an die chriſtliche Termino⸗ 
logie anzufchließen. Der am Holze hängende Jeſus ver 
Chriften hat fein eigentliches Urbild in der in jedem Stam⸗ 
me der Gewaͤchſe und Bäume feftgehefteten Seele. Omnes 
arbores crucem ipsius (Jesu) esse 'dieitis, Contra Faust. 
XX1,9. Daher wird er mit dem bezeichnendften Praͤdi⸗ 
cate suspensus in ligno genannt. And wie die Chriften 
‚in ibhrem-leidenden und fterbenden Jeſus das Heil und Les 
ben der Welt fehen, fo nennt auch der Manichder feinen 
Jesus patibilis, wie Zauftas in der obigen Stelle fagt, vita 
ac salus hominum , ohne Zweifel, weil nur die Pflanzen- 
welt dem Manichder die Nahrung bot, die ihn nicht vers 


— 


\ 


unreinigte, vielmehr feine Reinigung und Erldſung befdr⸗ 


derte. Die chriſtlichen Benennungen und Begriffe ſind je⸗ 
doch hier bloße Nebenſache, wie wielleicht auch ſchon dar⸗ 
aus gefchloffen werden darf, daß die Vorftellung bes Jesus 
patibilis ſich nur in den Schriften Auguftins findet, viels 
leicht nur eine von ˖den africanifchen Manichäern angenonts 
mene war: doch enrfpricht dem Jesus patibilis gewiſſer⸗ 
maßen die duvauıg nadnrırı bey Alexander von Lycopo⸗ 
lis. Die Häupflehre des Syftems bleibt daher, allgemein 
gefaßt, nur diefe, daB, um des Manes eigene Worte bei 


, . B ⸗ 760 — 


Auguſtin De nat. boni c. 44. 'zu gebrauchen, die. vitalis 
substantia des feligen Vaters fih in imptis retinaculis, 
et, angustüs atque angoribus befindet, oder die vıva 
anima membris principum tenebrarum tenetur, oder 
wie Alerander von Lycopolis c. 4. mit einem den Ueber⸗ 
gang bildenden Ausdruck ſagt: pw dvvauıw Tv Veiav 
Evnousodear, Eveoravgwodaı m vAn. Aber eben hierin 
zeigt fich und der Manichäifche Pantheismus von einer 
neuen Seite. So weit die Vermifchung der beiden Prin= 
cipien, ded Geiftes und der Materie, geht, lebt in der ma⸗ 
teriellen Natur noch etwas Goͤttliches. Selbſt auf der un: 
terften Stufe des phyſiſchen Lebens, ſogar nody in den 
Steinen, äußert ſich die göttliche Weltfeele, wie wir aus Titus 
von Boftra 1, 35. ſehen: Ovx aiayuveras (6 Mavng) zei 
zovg Aldovg dyvywadeı Aywv, xal Ta navıe Euyuya, 
Kal Ta das Aryuya eionyovuevog, ag an Exeivng Ön 
zn Tod ayadov Övvauewg Erı xal Ev Aifoıg xareyo- 
 uevns. Tooovrov xaraysı TO nap avrav Tıuausvov 
sig Ußgw Te xai arehsıov, bors Tıjv gboıw Tod ayadov 
xcet Ev Aidoig ayuyoıs yaozeıy neneönodar — xal 
noisital Texumngıor zus tov MIWy xal Twv — wv- 
ns Tov Ev wege xrunov Aidov Te xal baßdov, WonEE 
. $va0I00V YwWvng avrav nWnors diaxgvoas. Vgl. Epiph. 
LXVI, 3. Dnoi (Mavng) & OTı naoaı ai yuyal loai 
eicı, xal 7 uia Ev ünacı Tuyyavsı, dv Te avdgwnoLg 
xal xurvegn, xal In00l xai nerewoig xat bwoıg nTmvoig 
Te xol "varkioıs, xyiwdnkpıg TE xal Ev anzguaoı yevvn- 
narwv, &v Evloıg TE xab Ev Toig alkoıg naoıv ögMrToic. 
Deswegen erläutert der Manichder Fauftus bei Auguflin 
XX, 2. die Mantchäifche Vorftellung des Jesus patibilis 
durch die hriftliche Lehre vom Abendmahl: Nobis circa 
_ universa el vobis similiter erga panem et calicem par 
religio est, quamvis eorum acerrime oderitis auctores, . 


| ano 

Wo in der Natur bad Kichtprinctp ſich in höherem Gras 
de äußert, wie 3. 3. in dem ſchoͤnen Glanze und dem 
Wohlgeruch der Blumen und Früchte Aug. De mor. Ma- 
nich. c.16., befonders aber in dem Samen der Gewächfe und 
Thiere thut ſich vorzugsweiſe der Jedus patibilis fund. 

Seele und Materie, eine gute und böfe Grundkraft, 
deren entgegengefezte Wirkſamkeit ſich in der Mitte bes 
Gegenſatzes begegnet und ausgleicht, ein boppeltes auf 
beiden Seiten umgefehrtes Verhältniß der Thaͤtigkeit und 
des Leidens, dies find die Factoren, aus weldyen das Mas 
nichäifche Syſtem den Organismus der Welt. conftruirt. - 
Es kann hier noch die Trage entfliehen, warum es ge⸗ 
rade die Vorftellung eined Urmenſchen ift, die hier zur 
MWeltanfchauung erhoben wird? Darauf kann zundächft nur 
geantwortet werben, daß dies zum poetiſch⸗ mythifchen 
Character des Syſtems gehdrt. Wie In der Anſchau⸗ 
ung der alten Voͤlker das Weltall ſich gerne zum: großen 
von dem ghttlichen Geifte befeelten und Durchdrungenen Na⸗ 
turleibe geftaltet , wie ſchon die Phantafie der homerifchen 
Welt und des alten Drientd am weiten Sternenhimmel 
Rieſenkoͤrper fi) ausdehnen fah, fo fchwebte auch dem Urs 
heber des Manichäifchen Syſtem daffelbe Bild vor, wozu 
die vorherrfchende Idee eines Kampfes um fo mehr Vers 
anlaffung geben konnte. Der Urmenſch iſt ja der erfte 
Kämpfer, der mit allen Waffen (der. nevoniie) zum Kam⸗ 
pfe ausgerüfter ift. Mir Recht fchließt Mosheim S. 792. 
aus den Worten Auguftirid De nat. boni c. 46. wo der Urs 
menfch als der magnus ılle, qui gloriosus apparuit, bes 
zeichnet wird, daß er in Niefengeftalt gedacht wurde. 
Aber auch feinem Gegenfämpfer, dem Fürften der Finſter⸗ 
niß, dem zweifüßigen Dämon (Auguftin Contra Faust. 
XX,14.) wurde diefelbe Geftalt zugefchrieben 77). Dies 


17) Auch der zoroaftrifhe Ahriman hat nah dem Vendidad 
Zendav. Th. I. ©, 375. einen weit ausgeſtrekten Körper. 





— 78 — , 
war alfo auch die Geftalt, in welcher man die am Him⸗ 
melöfirmamente gebundenen Mächte der Finfterniß erblifs 
te, und wie beide Principien fich mifchten, fo floß auch 
am geftirnten Himmel, dem urfpränglichen Schauplaz des 
großen Kampfes, der unterliegende Urmenfch mit dem gefeſſel⸗ 
ten Fuͤrſten der Finfterniß in Eine Vorſtellung zufammen, die 
Vorftellung eined aus verfchiebenartigen Beflandtheilen befte- 
benden menfchlichen Riefenleibs *3). Es ift hier die oben 
S. 68. aus Auguftin angeführte Stelle zu vergleichen, wo 
von der Welt gefagt wird, fie fen eben ſowohl aus den 
. caplıva corpora gentis tenebrarum als aus den membra 
Dei victa atque subjecta gebildet. Dabei verdient bemerkt 
zu werden, daß Manes die Gottheit felbft nicht i in menſch⸗ 
licher Geftalt gedacht wiſſen wollte. Es fcheint dies we= _ 
nigftend aus Auguftins Worten Confess. V , 10. gefchloffen 
. werben zu dürfen. Magis pius mihi videbar, fagt Au⸗ 
guftin von- fich als Anhänger des Manichäifchen Syſtems, 
si te, Deus meus — infinitum crederem, quam si ex 
omnibus partibus in corporis humanı Jorma le opinarer 
finiri. Auf dem höchften Standbpuncte, in der Idee Gottes 
ald des Abfoluten, wollte demnach Manes das Anthropo- 
morphifche, fo viel möglich, ausſchließen. Um fo mehr 
aber fcheint er, nachdem er diefe Grenze gezogen, auf dem 
untergeordneten Gebiete, in feinen Borftellungen über Kos⸗ 
mogonie und die Geftalt des Weltalls, der Phantafie und 


18) Vgl. Mosheim S. 767., wo bemerkt wird, nad) Photius 
Bibl. cod. 85. habe Manes ein befondered Buch über bie 
Niefen, mv Tiyériciovy Pißlov, gefchrieben. Agebat sine 
dubio, fezt Mosheim hinzu, in illo de principe daemo- 
num, ejusque satellitibus atque ministris, atque ea , quae 
de gigantım cum Diis bello veteres referunt, ad pugnam 

boni malique principü trahebat. Bol, Titus von Boftra 
l. 36., wo neben den nooßolor, uazaı, uvdonorin der Ma⸗ 
nichaͤer auch zıyortouazgias genannt werden. 


1 
x 


« 
der npthifch = bilblichen Anfchauungsweife Einfluß geftattet 
zu haben. Es Fann hier nody eine Reihe von Geitalten 
aufgeführt werden, die, bem Bilde des Urmenfchen ver⸗ 
wandte, ben Beweis felbit darzubieten fcheinen, baß Manes 
ſolchen Borftellungen nur bilvliche Bedeutung geben wollte. 
Es gehdrt hieher der Omophoros, oder Atlas der Manichäer, 
der unten die Erbe auf feinen Echuftern trägt und wenn er 
mübe ift, alle dreißig Jahre, die laſttragende Echulter wech⸗ 
felt, was die Urfache ver Erdbeben ift. Acta disp. Arch. c.7. 
Er gleicht der Echildfröte, auf deren Rüden nad) dem 
indifchen Mythus Wilchnu die aus der Tiefe des Urs 
meerö emporgehobene Erde legt, damit fie ven ihr, jo lan 
ge fie befteht, getragen werde (Rhode über rel. Bild. 
Myth. u. Philof. der Hindus II, ©. 136.). Dem Omo⸗ 
phorus , der unter die Laft der Welt trägt, fteht der foges 
nannte Spienditenens gegenüber, der die Belt von oben 
haͤlt. Wir Fennen ihn (außer, baß aud) in den Anathemati- 
ſem bey Gotelier ein peryoxaroyos genannt wird) nur aus 
Auguftin, der ihn an einigen Stellen mit dem Manichaͤi⸗ 
ſchen Atlas zufammennennt, wie 3. B. Contra Faustum 
XV,5;: Ostende nobis moechos tuos, Splenditenentem 
ponderalorem, et Atlantem laturarium 19). Illum 
enim dicis capita elementorum tenere, mundumgque sub- 
stinere, istum autem genu fixo, scapulis validis (c. 7. 
wirb noch hinzugeſezt bracchiis utrinque secas fulcien- 
tem) subbajulare tantam molem, utigue ne ille deficiat. 


. Contra Faust. XV, 7. nennt ihn Auguſtin Splenditenen- 


ten magnum, sex vultus et ora ferentem, micantemgue 
Inmine. Es ift demnach der glanzvolle Elementargenius, 
der alle Elemente und Kräfte der Natur in ihren Epizen 
zuſammenhaͤlt, nicht unähnlich den vielföpfigen Srphifchen 
Urweſen (namentlicy dem Phanes, der auch fchon dem Na⸗ 


19) Latwrarius iſt fo viel als bajulus. 


— 78 — , 
war alfo auch die Geftaft, in welcher man die am Hims 
melsfirmamente gebundenen Mächte der Finfterniß erblik⸗ 
te, und wie beide Principien fi) miſchten, fo floß auch 
am geftirnten Himmel, dem urfprünglichen Schauplaz des 
großen Kampfes, der unterliegende Urmenfch mit dem gefeffel: 
ten Fürften der Finfterniß in Eine Vorftellung zufammen, die 
Vorftellung eines aus verfchiedenartigen Beftandtheilen befte= 
benden menfchlichen Riefenleibs *3). Es ift hier die oben 
S. 68. aus Auguftin angeführte Stelle zu vergleichen, wo 
von der Melt gefagt wird, fie fey eben fowohl aus den 
cantiva corpora gentis tenebrarum ald aus den membra 
Dei victa atque subjecta gebildet. Dabei verdient bemerkt 
zu werden, daß Manes die Gottheit felbft nicht in menfch- 
licher Geftalt gedacht wiffen wollte. Es fcheint dies wes | 
nigftend aus Auguftind Worten Confess. V , 10. gefchloffen 
_ werben zu duͤrfen. Magis pius mihi videbar, fagt Au⸗ 
guftin von ſich ald Anhänger des Manichäifchen Syſtems, 
si te, Deus meus — infinitum crederem, quam si ex 
omnibus partibus in corporis humani forma ie opinarer 
finiri,. Auf dem höchften Standpuncte, in der dee Gottes 
ald des Abfoluten, wollte demnach Manes das Anthropo- 
morphifche, fo viel moͤglich, ausſchließen. Um fo mehr 
‘aber feheint er, nachdem er diefe Grenze gezogen, auf dem 
untergeordneten Gebiete, in feinen Vorftellungen über Kos⸗ 
mogonie und die Geftalt des Weltals, der Phantafie und 


18) Vgl. Mosheim ©. 767., wo bemerkt wird, nach Photius 
Bibl. cod. 85. habe Manes ein beſonderes Buch über die 
Niefen, nv Tiyarısor Pißhov, gefhrieben. Agebat sine 
dubio, fezt Mosheim hinzu, in illo de principe daemo- 
num, ejusque satellitibus atque ministris, atque ea, quae 

. de gigantum cum Diis bello veteres referunt, ad pugnam 

!boni malique principii trahebat. Bol. Titus von Boftra 

l. 36., wo neben den nooßolai, uayaı, uvdonorins der Ma⸗ 

nichder aud yızarronazios genannt werben. 


1 
% 


\ 


der mythifch = bildlichen Anfchauungsweife Einfluß geftattet 
zu haben. Es kann hier noch eine Reihe von Geftalten 
aufgeführt werden, die, dem Bilde des Urmenfchen vers 
wandt, den Beweis felbft Darzubieten fcheinen, daß Manes 
ſolchen Borftellungen nur bildliche Bedeutung geben wollte. 
Es gebört hieher der Omophoros, oder Atlas der Manichder, 
der unten Die Erde auf feinen Schultern trägt und wenn er 
müde if, alle dreißig Jahre, bie lafttragende Schulter wech: 
felt, was die Urſache ver Erdbeben ift. Acta disp. Arch, c.7. 
Er gleicht ter Schildkroͤte, auf deren Rüden nach dem 
inpixhen Mythus Wiſchnu die aus der Tiefe des Urs 
meerd empergehobene Erte legt, damit fie ven ihr, fo lans 
ge Ke beſtebt, getragen werte (Rhede über rel. Bild. 
Mit. u. Pbiloſ. der Hintus I, E. 136.1. Tem Emo: 
phorad, ber unıer bie Yait Der Welt trägt, ſteht der ſege⸗ 
nannte Spienditenens gegenüber, ber Lie Welt ven eben 
hält. Wir fennen ibn (außer, daß auch in ten Anarbemari- 
fem ben Entelier ein gey;oxaroyo; genannt wirt) nur aus 
Auguftin, ter ibn an einigen Erellen mir dem Manichäi- 
ſchen Atlas zujammennennt, wie ;. 3. Costra Faustum 
XV,S.: Ostende nobıs moechos tuos, Splenditenentem 
ponderatorem, et Atlantem latararıum 19. Illum 
enim dıcıs capita elementorum tenere. mundumgue sub- 
siinere, istam aulem genu fixo, scapulis velidis (7. 
wird mob binzugeiest bracchiis utringue seeas fulcien- 
tem) subbejulare tantam molem. utique ne ille defwiet. 
Cantza Faust. XV, 7. nennt ihn Yuguftın Spiemdsenes. 
fer marnum. seI oltus ei ora ferentem, zeicaniemngme 
Inmine. Es iit Demnach ter glanzvolle e 

der alle Elemente und Kräfte der Natur ie Gew Amer 

sufammenhälr, nicht unihn!ih den vielfopige Aueh, 

Unmeien (namentlich dem Phanes, der ach 





19) Lævrarius iſt ſo viel als bajuls. 


— 78 — , 
war alſo auch die Geſtalt, in welcher man die am Him⸗ 
melsfirmamente gebundenen Mächte der Finſterniß erblik⸗ 
te, und wie beide Principien ſich miſchten, ſo floß auch 
am geſtirnten Himmel, dem urſpruͤnglichen Schauplaz des 
großen Kampfes, der unterliegende Urmenſch mit dem gefeſſel⸗ 
ten Fuͤrſten der Finſterniß in Eine Vorſtellung zuſammen, die 
Vorſtellung eines aus verſchiedenartigen Beſtandtheilen beſte⸗ 
henden menſchlichen Rieſenleibs "3). Es iſt hier die oben 
S. 68. aus Auguſtin angefuͤhrte Stelle zu vergleichen, wo 
von der Welt geſagt wird, fie ſey eben ſowohl aus den 
. eäptiva corpora gentis tenebrarum als aus den membra 
Dei victa atque subjecta gebildet. Dabei verdient bemerkt 
zu werden, daß Manes die Gottheit felbft nicht in menſch⸗ 
licher Geftalt gedacht wiffen-wollte. Es fcheint dies wes 
nigftend aus Auguftins Worten Confess. V, 10. gefchloffen 
_ werden zu bürfen. JMagis pius mihi videbar, fagt Au⸗ 
guftin von ſich ald Anhänger des Manichäifchen Syftems, 
si te, Deus meus — infinitum crederem, quam si ex 
omnibus partibus in corporis humani forma te opinarer 
finiri. Auf dem höchften Standpuncte, in der Idee Gottes 
ald des Abfoluten, wollte demnach Manes das Anthropo- 
morphifche, fo viel moͤglich, ausfchliefen. Um fo mehr 
aber feheint er, nachdem er diefe Grenze gezogen, auf dem 
untergeordneten Gebiete, in feinen Vorftellungen über Kos⸗ 
mogonie und die Geftalt des Weltalls, der Phantafie und 


18) Vgl. Mosheim S. 767., wo bemerkt wird, nach Photius 
Bibl. cod. 85. habe Manes ein befondered Buch über die 
Niefen, Tv Tıyarısıor BißLov, gefchrieben. Agebat sine 
dubio, fest Mosheim hinzu, in illo de principe daemo- 
num, ejusque satellitibus atque ministris, atque ea, quae 
de gigantum cum Diis bello veteres referunt, ad pugnam 

"boni malique principii trahebat. Vgl. Titus von Boftra 
1. 36., wo neben den ngoßolal, uayaı, uudonoie der Ma: 
nichaͤer auch zıyarzouazgias genannt werden. 


‘ 
L) 


— 


« 
der mythiſch⸗ bildlichen Anſchauungsweiſe Einfluß geftattet 


zu haben. Es kann hier noch eine Reihe von Geftalten 


aufgeführt werden, die, bem Bilde des Lrmenfchen vers 
wandt, den Beweis felbft Darzubieten fcheinen, daß Manes 
folhen Vorftellungen nur bildlidye Bedeutung geben: wollte, 
Es gehört hieher der Omophoros, oder Atlas der Manichäer, 
der unten die Erde auf feinen Schultern trägt und wenn er 
müde ift, alle dreißig Jahre, die lafttragende Schulter wech⸗ 
felt, was die Urfache der Erdbeben ift. Acta disp. Arch. c.7. 
Er gleiht der Schilöfrbte, auf deren Rüden nad) dem 
indifhen Mythus Wiſchnu die aus der Tiefe des Urs 
meers emporgehobene .Erde legt, damit fie von ihr, ſo lan⸗ 
ge fie beiteht, getragen werbe (Rhode über rel. Bild. 
Myth. u. Philof. der Hindus II, ©. 136.. Dem Omos 
phorus, der unter. die Laft der Welt trägt, fteht der foges 
nannte Splenditenens gegenüber, ver die Welt von oben 
hält. Wir Fennen ihn (außer, daß auch in den Anathematis 
fem bey Cotelier ein peryoxaroyos genannt wird) nur aus 
Auguftin, der ihn an einigen Stellen mit dem Manichaͤi⸗ 


ſchen Atlas zufammennennt, wie 3. B. Contra Faustum 


XV,3S:: Ostende nobis moechos tuos , Splenditenentem 
ponderatörem, et Atlantem laturarınm 1°). Illum 
enim dicis capita elementorum tenere, mundumque sub- 
stinere, istum autem genu fixo, scapulis validis (c. 7. 
wird noch hinzugefezt dracchiis utringue secus fulcien- 
tem) subbajulare tantam molem, utique ne ille deficiat. 
Contra Faust. XV, 7. nennt ihn Auguftin Splenditenen- 
tem magnum, sex vultus et ora ferentem, micantemgue 
Inmine. Es ift demnad) der glanzvolle Elementargenius, 
der alle Elemente und Kräfte der Natur in ihren Spizen 
zufammenhält, nicht unähnlich den vielkoͤpfigen Orphifchen 
Urwefen (namentlid) dem Phanes, der auch ſchon dem Na⸗ 


= 


19) Latuwrarius iſt fo viel als bajulus. 


men nad) dem Splenditenens zu vergleichen ift (f. Creu⸗ 
zer Symb. u. Morh. Bd. IL ©. 505.) , oder dem homeri⸗ 
ſchen Proteus,.der ja, wie fein Name fagt, aud) die Prin- 
eipien und Elemente alles Seyenden in fid) vereinigt. In 
einer andern Stelle Contra Faust. XX, 9. wird er nicht 
blos mit feinem Antipoden Atlas, fondern aud) mit dem. 
Urmenſchen und dem fchöpferifchen, Weltgeift zufammenge- 
ſtellt: Vos primum hominem cum quinque elementis 
belligerantem, et. spiritum potentem de. caplivis corpo- 
ribus .gentis ienebrarum, an potius de membris Dei 
. vestri viclis aique subjeclis mundum fabricaniem, 
et splenditenentem, reliquias eorumdem wmembrorum 
Dei vestri in manu habentem, et celera omnia capta, 
oppressa, inguinata plangeniem, ei Atlaniem maximum 
subter humeris suis cam eo ferentem, ne lotum ille fali- 
gatus abjiciat, alque ila fabula vestra velut in tapete 
theatrico ad ilius ultimi globi catastolium. pervenire 
non possit — eredilis et colitis.. Vgl. c. 10. Apud vos 
alius expugnat gentem tenebrarum, alius ex ea capta 
‚fabricat mundum, alius desuper suspendit, alius subter 
" portat,. alius rotas ignium, venlorum et aquarum in imo 
versat, alius in eoelo circumiens radiis suis eliam de 
cloacis membra Dei vestri colligit. Et quis numeret 
omnia omnium deorum vestrorum officia fabulosa ? 
Bemerkenswerth ift befonders das in der erftern Stelle an= 
gedeutete Verhältniß des Splenditenens zum Urmenfchen. 
Wird der Urmenfh, wenn er im Kampfe mit den Maͤch⸗ 
ten der Finfterniß unterliegt, und feine Glieder geraubt 
werden, in die. Vielheit der endlichen Welt aufgelöst, fo 
ift: e8 dagegen der Splenditenens, der in dem Rerlor- 
nen und Geraubten die Einheit der Subftanz erhält und 
rettet, der Pallas gleich, die in dem Mythus von Za⸗ 
greus Tode, an welchen hier, wie wir nachher fehen werden, 
wohl ı erinnert werben darf, das Herz wenigſtens des Zer- 
| ftüfels 


— 81 — 


ſtaͤkelten dem Vater Zeus uͤberbringt. Mit noch andern 
Weſen derſelben Art macht und Auguſtin Contra Faust, 
XV, 6. befannt, wo er Neben dem ſceptertragenden, herr: 
fhenden König, und den ihn umgebenden Schaaren der 
Götter, und dem Splenditenens, weiter nennt alterum re- 


gem, honoris angelorum exercitibus circumdatum, et 


alterum adamantein heroem belligerum, dextra hastam 
ienentem, sinistra clypeum, et alterum gloriosum re- 
gem, tres rotas impellentem, ignis, agquae et venti, 
et maximum Atlantem. — Haec et alia mille porten- 
ia tu facie ad faciem 'vidisti. Diefe mythifchen Geftal- 
ten erinnern und zum Theil an die kaͤmpfenden, wohlge- 
räfteten Kichthelden des Zendaveſta, wir Fünnen und unter 


ihnen im Allgemeinen, nach der Analogie der beiden Welt⸗ 


träger, von welchen der eine oben, der andere unten das 
Weltall hält, welthiitende Genien denken, die da und bort 
die Mächte der Finſterniß abwehren, und die kosmiſche 
Ordnung aufrecht erhalten, wir kennen fle aber fonft, da 
ed an weiteren Angaben fehlt, nicht näher, und fie moͤgen 
und hier nur zum Beweife dienen, wie wenig dad Mani 
chäifche Syſtem eine ‚mannigfaltige mythiſche Ausſchmuͤ⸗ 
kung verſchmaͤhte, und wie ſehr daher auch bei einer rich⸗ 
tigen Auffaſſung deſſelben darauf zu ſehen iſt, das Mythiſche 
als das zu nehmen, wofuͤr es ſich an ſo vielen Stellen ſo 
unverkennbar ſelbſt gibt, als bloßes Bild und dichteriſche 
Einkleidung der davon zu unterſcheidenden philoſophiſchen 
and religidfen Ideen. 

Woran wir fo eben erinnert würden, die nahe Beruͤh⸗ 
rung, in welche die Manichäifche Kosmogonie mit fo man⸗ 
chen Mythen der alten Völker kommt, entging den Mas 
nichäern felbft nicht, und fie unterließen nicht, diefe Ueber: 
einflimmung zur allgemeineren Empfehlung ihres Syſtems 
zu benuͤzen. Wir fehen dies aus Aleranders von Lycopo⸗ 
lid Schrift gegen die Manichder e. 5., wo dieſer Schrift⸗ 

Baur's Manich. Ri. Syftem, 


* 


I 


— Ba — 


ſteller bemerkt: „die Gebildeteren und mit helleniſcher Lite⸗ 
ratur Bekannteren unter ihnen erinnern uns an dad Eigene, 
indem fie dem nach der Myſterienlehre von den Titanen 
- zerrißenen Dionyfos die Deutung geben, er ftelle-die in 
der Materie vertheilte göttliche Kraft dar: ebeufo berufen 
fie fi) auf die Dichter, die die Gigantomachie befungen 
haben, zum Beweife dafür, daß auch dieſen die Erhebung 
der Materie gegen Gott nicht. unbekannt geblieben iſt.“ In 
der That greift,. von diefer Seite betrachtet, die Manichäi- 
fihe Kosmogonie in den allgemeinen Naturpantheismus der 
alten Völker, und ihre dadurch ‚bedingte Anſicht von dem 
Verhältniß des Unendlichen zum Endlichen, der Gottheit 
zur Welt, fo entidhieden ein, daß ed mir ganz am Drte zu 
ſeyn fcheint, dieſen Zufammenhang hier Eurz ins Auge zu 
foffen. Schon in den indifchen Vedas findet ſich unter an⸗ 
dern Vorftellungen über die Schöpfung, oder das Hervor⸗ 
gehen der endlichen getheilten Welt aus dem Einen Abſolu⸗ 
‚ten, aud) die Anficht von einer Theilung des höchten Ur- 
weſens durch die Götter, die die verfchiedenen einzelnen 
Theile des Univerfums repräfentiren. Die Schdpfung 
wird als eine Dpferhandlung dargeftellt, die die Götter und 
Halbgoͤtter und die heiligen Weifen an dem. im allgemeinen 
Opfer vergegenwärtigten Weltgeift vollzogen. Das von ihnen 
‚geopferte Wefen wurde in viele Theile getheilt. Sein 
Mund wurde zum Priefter, fein Arm zum Krieger, fein 
‚Schenkel zum Landbauer, fein Fuß zum Sflaven. Der 
Mund wurde hervorgebradht aus feinem Gemüthe, Die 
Sonne fprang aus feinen Augen, Luft und Othem gingen 
aus feinem Ohr und das Feuer aus feinem Munde aus, der 
Himmel aus feinem Haupt, die Erde aus feinem Fuße, 
der Raum aus feinem Ohr. : Diefed Opfer wird ferner 
nach demfelben Bilde, nad) weldyem in den Agyptifchen, 
vorderaſiatiſchen und griechifchen Mythen die Fosmogoniz - 
ſche Thaͤtigkeit der Gottlfeiten fo oft mit einem Weben und 


| — 8 — 
.Spinneit verglichen wird, als ein Gewebe befchrieben, das ges 
woben wird mit Fäden auf jeder Seite, und auögeftreft durch 
- die Anfirengung von hundert und Einem Gott, das die 
Väter, welche woben und bildeten, Zettel und Einfchlag 
machten, auöbreiteten und in diefer Welt und im Himmel 
‚entfalteten. ©. Asiat. Research. Vol. VIl. ©. 257. Bopp 
Eonjug. ſyſtem der Sanskr. Spr. ©. 276. Die Götter, 
‚bie das Eine Urweſen, deſſen verfthiedene Theile und Kräf- 

te fie darftellen, opfern oder theilen, erfcheinen hier zwar 
nicht als feindliche Mächte in einem feindlichen Gegenfaz, 
aber es wird doch auch hier, indem die Einheit in die Viel: 
beit getrennt wird, in welcher die getheilte endliche Welt 
fi) offenbart, einem Zuftande der Befchränfung und des 
Leivend unterworfen, und wie in dem Manichäifchen Sy⸗ 
flem der gute Gott im Beginne des Fosmogonifchen Kam: 
pfes den Urmenfchen mit feinen Elementen aus ſich her- 
vorgehen laͤßt, fo geftaltet fi) auch in der Weltanſchau⸗ 
ung der Vedas dad hoͤchſte Urweſen zu einem in menſch⸗ 
licher Form gedachten Prototyp, deſſen einzelne Glieder die 
verſchiedenen Elemente und Beſtandtheile des Weltganzen 
ſind. Mit Recht muß in dieſem Zuſammenhange vorzuͤg⸗ 
lich die Zoroaſtriſche Lehre als die vaterlaͤndiſche Haupt: 
quelle ver Manichäifchen unfere Aufmerffamfeit auf fic) ziehen. 
Wie Ormuzd und Ahriman den beiden Manichäifchen Prin- 
eipien vollfommen entfprechen, fo hat auch ihr Kampf die= 
felbe fosmogonifche Bedeutung, wie ſchon eine Furze Ver: 
gleichung zeigen Kann. Nach dem Buche Bundehefch, wo 
diefer Kampf. am ausführlicyften gefchildert wird, ſchuf 
Drmuzd in den erften dreitaufend Fahren den Himmel und 
fein Vol (d. h. die ideale Lichtwelt). Ahriman fort und 
fort auf. Böfes finnend, zum MWiderftand des Guten, war 
‚ noch unbefümmert um das, was vorging: ˖ Ahriman wußte 
nicht, wad Ormuzd wußte. Endlich erhob fich der Grunds 
arge und näherte fi) dem Lichte. Wie er nun Ormuzds 

6.. 


4 


. 4 — 84 — 
Licht erblikte, ſo wollte er, der immer nur barguf denkt, 
alles zu fchlagen und zu zerftören, dad Licht verfchlingen,, 
aber, durch deffen Schöne, Glanz, Erhabenheit geblendet 
ftürzte er von felbft in feine ewige, dichte Finfterniß zurüf, 
und zeugte ein großes Heer von Dews und Darudis zur 

—Plage der Welt 79). Ormuzd, der alles weiß, erhob fich, 





19) Es iſt fhon oben ©. 64. Anm. 12. angedeutet worden, 
‚wie fih in diefem Puncte die Kosmogonte des Bundeheſch 
zur Manichaͤiſchen verhält. Indeß beweist ein aus den 
- Schriften des Gnoftiters Baſilides erhaltenes Fragment, 
daß Manes für feine Kosmogonie, beinahe ganz in derfelben 
Form, wie fie oben ©. 45. nad) Titus von Boftra angegeben 
worden iſt, eine perfifhe Quelle vor fi gehabt haben muß, 
Sn den. Acta disp. Arch. bemerkt Archelaus c. 55. zum 
Schlufe: Manes fey nicht der erfte Urheber diefer ruchlofen 
Irrlehre, er habe fie nur in gewißen Gegenden befannt ge- 
macht und verbreitet. Non ex Mane originem mali huzus 
manasse, sed ab alio, et ante multum temporis a barbaro 
quodam (Scythlanus, welchen wir fpäter ale VBorlaufer Ma: 
ni's näher Eennen lernen werden) exorta, in silentio ha- 
bita, ab isto vero ignote latentia, veluti propria ejus 
esse prolata, deleto conscriptoris titulo, sicut superius 
-exposui (c. 52.). Nun fährt Urchelaus weiter fort: Fuit 
 praedicator apud Persas etiam Basilides quidam anti- 
quior , non longe post nostrorum. Apostolorum tempora, 
qui et ipse, Cum esset versutus, et vidisset, quod eo tem- 
pore jam essent ommia praeoccupata, dualitatem istam 
voluit affırmare, quae etiam apud Scythianum erat. Hier: 
auf führt Arhelaus aus dem dreizehnten Buch der Tra- 
ctatus des Bafllides folgende Stelle an: Desine ab inani 
et curiosa varietate: requiramus autem magis , quae de 
bonis et malis etiam barbari inquisierunt, ei in quas 

opiniones de his omnibus pervenerum. Quidam enim ho- 
rum dixerun: „ initia omnium duo esse, ‚quibus bona et 
mala associnverunt, ipsa dicentes esse ingenita, id est, 
in principüs lucem fwisse ac tenebras, quae ex semet 


N 


ſah Ahrimans Voͤlk, ein gräßlich ſchrekliches, deffen Haud) 
nur Faͤulniß, Bosheit, der Schöpfung unwerth. Ahriman 





_ ipsis erami, non quae esse dicebantur. Haco cum apud 
semet ipsa esseni, propriam unumquodque eorum vitam 
agebat, quam vellet, et qualis sibi competeret , omnibus 
enim amicum est, quod est proprium, et nihil sibi ipsum 
malum videtur. Postquam autem nd alterutrum agnitio- 
nem uterque pervenit, ei tenebrae oontemplatae'sunt Iu- 
cem, tanguam melioris rei sumta concupiscentia, inse- 
ctabantur ea commisceri. Bafilides gibt hier die. Lehre 
der Yerfer, unter welchen Ihn Archelaus als Dualiften auf: 
treten läßt. Es iſt fuͤr den Zweck, fuͤr welchen hier das 
Fragment des Baſilides angeführt worden fit, gleichgültig, 
ob der Verfaſſer deffelben gerade der Gnoſtiker Baſilides iſt. 
Ich kann jedoh den Gründen nicht beiftimmen, mit welchen 
Gieſeler Eürzlichin den Theol. Stud. und Krit. Jahrg. 1830 , 2tes 
Heft ©. 397. die ‚Zbentität bezweifeln wollte. Antiquior 
kann nach dem ganzen Zufammenhang, wie er fon ange= 
geben worden ift, nur In Beziehung auf den Manes gefagt 
ſeyn, und läßt fi ganz gut mit praedicator verbinden, ob 
es gleich nicht -unmittelbar bei diefem Worte fteht. Daß 

. Bafilides ald guidam bezeichnet fft, ungeachtet er ſchon 
c. 38. neben Balentinian und Marckon vorfam, kann ich 
nicht fo unpaffend finden, wie Giefeler meint. Sollen ein⸗ 
mal folbe Gründe etwas entfheiden,, fo koͤnnte man eben 
fo gut fragen, warum Scythianus ald barbarus guidam 

“aufgeführt wird, da doch Eurz zuvor (ec. 51. f.) ausführlich 
von ihm die Rede war. In jedem Fall’ können ſolche Bes 
denflichfeiten der großen Unwahrſcheinlichkeit nicht das Gleich⸗ 
gewicht halten, daB es einen dltern und jüngern Baſilides 
gab , welche beide beinahe um diefelbe Zeit auftraten. (denn 
auch von dem befannten Gnojtifer Baſilides, der In der etz 
ften Hälfte des zweiten Jahrhunderts lebte, Tann ganz gut 
gefagt werden, er fey non longe post nostrorum Aposto- 
lorum tempora gewefen), und fih auf diefelbe Weiſe als 
Dualiften bekannt machten. Eher Eönnte man fih an dem 


⸗ 


⸗ 


Licht erblifte, fo wollte er, der immer nur barguf denkt, 
alles zu ſchlagen und zu zerſtoͤren, das Licht verſchlingen, 
aber, durch deſſen Schöne, Glanz, Erhabenheit geblendet 
ftärzte er von felbft in feine ewige, dichte Finfterniß zuruͤk, 


und zeugte ein großes Heer von Dews und Darudis zur 


Plage der Welt "?). Ormuzd, der alles weiß, erhob fich, 





19) Es iſt fhon oben ©. 64. Anm. 12. angedeutet worden, 
‚wie fi in diefem Puncte die Kosmogonie des Bundeheſch 
zur Manihälfhen verhält. Indeß beweist ein aus ben 

- Schriften des Gnoſtikers Baſilides erhaltenes Fragment, 
daß Manes für feine Kosmogonte, beinahe ganz in derfeiben 
Form, wie fie oben ©. 45. nad) Titus von Boftra angegeben 
worden iſt, eine perfifhe Quelle vor fih gehabt haben muß, 
Sn den. Acta disp. Arch. bemerft Archelaus c. 55. zum 
Schluſſe: Manes fey nicht der erfte Urheber diefer ruchlofen 
Irrlehre, er habe fie nur In gewißen Gegenden befannt ge- 
macht und verbreitet. Non ex Mane originem mali huzus 
manasse, sed ab alio, et ante multum temporis a barbaro 
quodam (Scythianus, welchen wir fpäter als Vorläufer Ma- 
ni's näher Eennen lernen werden) exorta, in silentio ha- 
bita, ab isto vero ignote latentia, veluti propria ejus 
esse prolata, deleto conscriptoris tütulo, sicut superius 
-exrposui (c. 52.). Nun fährt Archelaus welter fort: Fuit 
 praedicator apud Persas.etiam Basilides quidum anti- 
quior , non longe post nostrorum Apostolorum tempora, 
qui et ipse, cum esset versutus, et vidisset, quod eo tem- 
pore jam essent omnmia praeoccupata, dualitatem_istam 
voluit affirmare, quae etiam apud Scythianum erat. Hier: 
auf führt Archelaus aus dem dreizehnten Buch der Tra- 
ctatus des Bafllides folgende Stelle an: Desine ab inani 
et curiosa varietate: requiramus autem magis, quae de 
bonis et malis etiam barbari inquisierunt, et in quas 

ppiniones de his omnibus pervenerunt. Quidam enim ho- 
rum dixerunf ,„ initin omnium duo esse, quibus bona et 
mala associaverunt, ipsa dicentes esse ingenita, id est, 
in principüs lucem fwisse ac tenebras, quae ex semet 


N 


ſah Ahrimans Voͤlk, ein gräßlich ſchrekliches, deffen Hauch 
nur Faͤulniß, Bosheit, der Schöpfung unwerth. Ahriman 





ipsis erami, non quae esse dicehantur. Haco cum apud 
semet ipsa esseni, propriam unumquodque eorum vitam 
agebat, yuam vellet, et qualis sibi competeret „ omnibus 
enim amicum est, quod est proprium, et nihil sibi ipsum 
malum videtur. Postquam autem ad alterutrum agnitio- 
nem uterque pervenli, et tenebrae contemplatae'sunt lu- 
cem, tanquam melioris rei sumta concupiscentia, inse- 
ctabantur ea commisceri. Bafilives gibt hier die. Lehre 
der Perfer, unter welchen Ihn Archelaus als Dualiften aufs 
treten laßt. & iſt für den Zweck, für weldhen bier das 
Fragment des Bafilides angeführt worden fit, gleichgültig, 
ob der Verfaſſer deffelben gerade der Gnoſtiker Bafilides iſt. 
Ich kann jedoh den Gründen nicht beiftimmen, mit welchen 
Gieſeler fürzlich in den Theol. Stud. und Krit. Jahrg. 1830 , 2tes 
Heft ©. 397. die Identitaͤt bezweifeln wollte. Antiquior 
kann nad) dem ganzen Zufammenhang, wie er fhon ange⸗ 
geben worden fft, nur in Beziehung auf den Manes gefagt 
ſeyn, und läßt fih ganz gut mit praedicator verbinden, ob 
es gleich nicht ‚unmittelbar bei diefem Worte fteht. Daß 
Bafilides ald guidam bezeichnet iſt, ungeachtet er fchon 
c. 38. neben Valentinian und Marckon vorfam, kann ich 
nicht fo unpaffend finden, wie Giefeler meint. Sollen ein⸗ 
mal ſolche Gründe etwas entſcheiden, fo Fünnte man eben 
fo gut fragen, warum Scythianus als barbarus  quidam 
“aufgeführt wird, da doch kurz zuvor (ec. 51. f.) ausfuͤhrlich 
von Ihm bie Rede war. In jedem Fall Eünnen folhe Bes 
denflichfeiten der großen Unwahrfcheintichfeit nicht das Gleich⸗ 
gewicht halten, daß es einen Altern und jüngern Baſilides 
gab , welche beide beinahe um diefelbe Zeit auftraten. (denn 
auch von dem befannten Gnoftifer Baſilides, der In der ers 
ften Hälfte des zweiten Jahrhunderts lebte, kann ganz gut 
gefagt werden, er fey non longe post nostrorum Aposto- 
lorum tempora gewefen), und fih auf dieſelbe Weiſe als 
Dualiften bekannt machten. Eher könnte man fih an dem 


/ 
' 


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— 86 — 


erblikte Ormuzds Volk in Horrlichkeit, der Schoͤpfung 
werth. Ormuzd, der wußte, wie zulezt Ahrimans Werk 
enden wuͤrde, bot ihm Frieden an, aber Ahriman verwarf 
jeden Freundſchaftsbund. Ormuzd ſprach nun uͤber Ahri⸗ 
man das lebendige Honover, d. h. er ſprach: das iſt Or⸗ 
muzds Wille, und Ahriman ſchauderte, bebte und ſank be⸗ 
taͤubt und aller Kraft beraubt in der Mitte ſeiner Dews 
in feine ſchwarze Wohnung, in die Tiefe des Duzakhs, zu⸗ 
sit, wo er während des ganzen zweiten Zeitraums wie 
gefeßelt lag. . In diefer Zeit, da der Boͤſe wie todt war, 
ſchuf Ormuzd feine Wefen, den Himmel, dann. Waffer, 
Erde, Bäume, Thiere, Menfchen. : Einen Zeitraum von 
drei Fahrtaufenden mußte Ahriman gefettet liegen, und wie 
er fo gebunden lag, fprach jeder. der Dews zu ihm: Auf 
und mit mir! Ich will diefen Ormuzd und die Amfchad- 
pands in diefer Welt beftürmen. Ahriman überfah feine 
Heere, und wie außer fich vor Freude fprang er aus dem 
Kleinmuth, der ihn bis jezt gefangen hielt. “Er ftellte fich 
vors Licht, fah den Himmel, drang in denfelben hinein, 
fprang dann wieder in Schlangengeftalt vom Himmel auf 
bie Erde, durchfuhr hier die Bäume), den Stier, Kaios 
morts, das Feuer. Unter Fliegengeftalt durchftreifte er 
alles Gefchaffene, gegen Süden verheerte er die Erde ganz, 
alles überzog Schwärze wie Nacht. Darnach ſchikte er die 
freßenden - Kharfefterd auf die Erde, die Gift haben, wie 
Schlangen, Sceorpionen, Kroͤten u. |. w. Auch in das 


u Auftreten des Baſilides bei den Verfern ſtoßen. Darüber 
vgl. man Zacagni zu der genannten Stelle der Acta und 
Neander Gnoft. Syſt. ©. 31. Iſt übrigendg der am Schluße 
der Acta genannte Bafilides Eine Perfon mit dem ung bis⸗ 
ber allein bekannten Gnoftifer dieſes Namens, wie wohl 
nicht zu zweifeln ift, fo bleibt, was Giefeler a. a. D. auf's 
neue gegen Neaͤndet beftreitet, um fo wahrfcheinlicher, feine 

dem Manichaͤiſchen Dualismas fi nähernde Lehrmeife. 


Teuer drang er fodann, und ließ ſchwarzen Rauchdampf 
Daraus. auffteigen, umb mit einem: Heere von Dews erhob 
er fich gegen den Sternenhimmel:. neunzig Tage und neuns 
zig Nächte durdy flanden des Himmels Izeds im Kampf 
mit Ahriman und allen Dews in der. Welt: fie ftürzten 
ihn entkräfter in den Abgrund, den Duzakh: der Himmel 


half den Izeds. Aber aus dem Abgrund flieg er wieder 


auf die Erde. Der Feind des Guten mifchte fich in Alles, 
zeigte ſich in Allem , fuchte Boͤſes zu fchaffen droben und 
drunten. — Eine genauere, einzelne Momente in ihrer Folge 
und gegenfeitiger Beziehung unterfcheidende Schilderung, 
dieſes Kampfs findet ſich in den Zendfchriften nicht, ein 
Hauptgegenftand deffelben ift jedoch der Urftier. Ormuzd 
hat in lihn bei der Schöpfung alle Keime‘ des organifchen 
Lebens gelegt. In diefer Bedeutung wird: der Urftier in 
den Zendfchriften fehr oft erwähnt, und z. B. in dein Buche 
Vispered Zendav. Th. Il. ©; 240. angerufen und gepries 
fen als der erhabene Stier, durch den alles Kraut und 
Gewaͤchs im Ueberfluß gedeiht, als der reingeborene Stier, 
von dem der reine Menſch das Leben hat. Als Ahriman 
beim Anfange des dritten Zeitraums auf Die Erde Fam, 
fchikte er zwei Dews, um den Stier zu plagen, und ſchlug 
ihn endlich felbft durch fein Gift, daß er flarb. Sterbend 
fagte der Stier: Siehe, was geſchehen muß für die Thiere, 
die noch werden follen, mein Wille ift, fie vor dem Boͤſen 
zu ſchuͤzen. Gein Tod war alfo norhwendig für die Ents 
willung des Xhierlebend. Daher wurde der Same des 
Lichts und der Stärfe, die im Stier war, von den Izeds 
dem Mondhimmel übergeben, wo er durch das Licht des 
Monde geläutert wurde, der deöwegen der Bewahrer des 
Stierfamend genannt wird. Daraus bildete Ormuzd einen 
wohlgebauten Koͤrper, belebte ihn und aus ihm wurden 
zwei andere Stiefe männlichen und weiblichen Geſchlechts, 
aus diefem Urpaar entwidelten ſich die zweihundert zwei 


PR 


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m — 


und achtig reine Thierarten der Erde. Zendas. Th. U. ©. 
72. Nach andern Stellen ging nicht blos die Thierwelt, 
fondern aud) die Pflanzenwelt aus dem Stier hervor, die 
Bäyme, Getreidearten u. ſ. w. Es fcheinen aber hieräber 
zwei Borftellungen gewefen zu feyn, nad). der einen ging 
das ganze organifche Leben aus dem Stier hervor, nach 
der andern entwickelte fich Das ganze Pflanzenreich mit den 
Bäumen aus einem Urbaume. Das Wichtigfte aber, wor⸗ 
über Feine Verfchiedenheit der Meinung flattfindet, iſt, 
daß auch der Menfh aus dem Urſtier feinen Urfprung 
nahm. Als nemlich Ahriman den Stier toͤdtete, ging aus 
ſeiner rechten Schulter hervor Kaiomorts, der Urmenſch, 
und aus ſeiner linken Schulter, Goſcherun, die Seele des 
Stiers, daher der Genius des animaliſchen Lebens, der 
Erhalter der Thiere, die Seele der Thierwelt. Als Kaio⸗ 
morts aus dem Urſtier bervorgegangen war, ſuchte Ahri⸗ 
man auch ihn zu toͤdten, und in ihm das ganze Geſchlecht 
zu verderben. Dreißig Jahre widerſtand Kaiomorts, dann 
erlag er den Angriffen des Dews und ſtarb. Aber die Fol⸗ 
ge war auch jezt nur diefe, daß. fich die Reihe ver einzele 
nen Geſchlechter entwidelte. Aus Kaiomorts von der. Sons 
ne gereinigtem Saamen ließ Ormuzd nad) vierzig Jahren 
eine Pflanze hervorwachfen', die in fünfzehn Jahren wie ein 
Baum in die Höhe wuchs, und fünfzehn Sprößlinge trieb. 
Diefer Baum. hatte die Geftalt eines Mannes und. eines 
Weibs in ihrer Bereinigung, und trug zehen Menfchenpaare 
als Fruͤchte. Unter diefen waren Meſchia und Meſchia⸗ 
ne (d. h. der Menfch und die Menfchin), die Stamm: 
eltern des ganzen Menfchengefchlechts. Wie Ahriman 
aud) gegen diefe feine feindliche Wirkſamkeit fortfezte, durch 
die Verführung zum Suͤndenfall, gehört nicht mehr hieher. 
Die Zoroaftrifche Kosmogonie ſtimmt, wie wir hieraus fe 
het, mit der Manichäifchen ganz darin zufammen, daß 
auch fie der "eigentlichen Weltſchdpfung eine reine, lichte 


OL 89 — 

Schopfung (eine terra Incida). vorangehen- kaͤßt. Ahris 
mans entgegengelezte Wirkſamkeit verberbt, berunreinigt, 
verdunkelt fie, aber ebendaburch: entfteht die gegenwaͤrtige 
Meltordnung, worin das Gute dem Böfen mit gleichem 
Schritte zur Seite geht. Iſt Ormuzd, der Reine und Gute, das 
Princip des Lebens, Ahriman, der Todſchwangere, das Prinz 
cip des Todes, ſo kann aus dem Gegenfage des Lebens 
und des Todes nur ein Mittleres, d. h. ein endliches, den 
Keim des Todes in fich tragendes Leben entftehen. Abria 

man ift, dem Ormuzd gegenüber, das Princip der Endlich« 
feir, das das reine vollfommene Seyn und Leben durch 
ftete Negation Differenzirende Princip, wodurch das Eine 
Seyn ein getheiltes wird, die Einheit in die Vielheit fich 
auflöst. Der von Ahriman beabfichtigte Tod, durch welz 
chen er die ganze Schöpfung Ormuzds verfchlingen will, 
gelingt immer nur fo weit, daß aus dem Tode ein mehr 
vereinzeltes Leben, eine neue Lebensentwiklung hervorgeht, _ 
Das Leben ſinkt von Stufe zu Stufe herab, und gewinnt 
dadurch zwar an Extenfion, verliert aber um fo mehr an 
intenfiver Realität. Die "Differenzirung, deren Princip 
Ahriman.ift, geht immer weiter, der Zwiefpalt durchdringt 
Alles, der bekannte Saz der altgriechiſchen Philoſophie, daß 
der Streit der Vater der Dinge ſey, bewährt ſich an Ahris 
man vollfommen „ fofern der einmal gefezt® Gegenfaz durch 
alles Einzelne hindurchgeht, und dadurch erſt alles Einzelne 
ins. Dafeyn kommt. Es fleht Daher mit dem. Girundbegriff 
des Eosmogonifchen Streits im engften Zufammenbhang,- 
daß die Zendlehre immer non einer die Vielheit im fich 
fchließenden Einheit ausgeht. Wie fich das reine Lichtwefen 
Ormuzds in dem Himmelsheere der reinen Feruers reflectirt, _ 
fo drüfen die Schusgeifter der verfchiedenen Elemehte und 
Naturreiche die Begriffs-Einheit aus, aus welcher erft dag 
in der Anſchauung ſich darſtellende getheilte Seyn der ein⸗ 
zelnen Weſen in allmaͤliger Folge ſich entwickelt. Daher 


N 


\ 


haben alle Berge ihre Einheit in Albordi, dem Nabel der 
Berge, der Himmelsburg, dem Berge ber Zeiten, 
um welchen die Himmelöfterne laufen, alle Wafler in Ard⸗ 
viſur, Dem Urwaffer, der jungfräulichen Tochter Ormuzds, 
die von Ormuzds Thron alle Gewäffer ſtroͤmen läßt, alle 
Sterne in der Sonne, deren höchfte Sphäre alle andere 
einfchließt,. alle Pflanzen und Bäume in Hom, der von. 
dem Schuzgeift Amerbad an den Quell Ardoifur gepflanzt, 
in zehntaufend fruchtbaren Baumarten und Heilpflanzen 
auffproßte, alle Thiere im Urftier, alle Menfchen in Kaio⸗ 
morts. Diefes Herabfteigen von dem Höhern zum Niedern, 
von der Einheit zur Vielheit, ift eben der die Realität des 
Guten immer mehr mindernde Streit, und die Urfache 
ift dad im Ahriman gefezte Princip der Negativität, ber 
Endlichkeit, oder ded Todes, wie am fichtbarften der kos⸗ 
mogonifche Urftier zeigt, ber von Ahriman getddtet, als bie 
Einheit ded animalifchen Lebens, ebendadurch die Mannig: 
faltigteit der Gefchlechter aus ſich hervorgehen läßt. Wie 
auf diefe Weife die Einheit in die Vielheit, in die Man- 
nigfaltigfeit des Lebens, ſich aufldst, fo wird nad) Manes 
die von dem guten Gott ausgefandte Kraft von der Mate- 


rie verfchlungen, und indem fie allen einzelnen Erzeugnif- 


fen einverleibt wird, ing Unendliche getheilt. Nur darin 
fcheint die Zorvaftrifche Kosmogonie von der Manichaifchen 
abzumweichen, daß fie nicht ebenfo,: wie diefe in dem Urmen- 
fhen, einen Kämpfer gegen Ahriman aufftellt, in welchem 
der ganze Kampf zwifchen den beiden Principien zur con- 
ereten Anfchauung eines Individuums wird, Allein in ges 


‚ wiffem Sinne nimmt doch der Urftier der Zendlehre diefelbe 


Stelle ein, die in der Manichäifchen Kosmogonie dem Ur: . 
menfchen gegeben if. Er ift zwar nicht in demfelben. ho- 
ben Sinne, wie der Urmenfch, die Einheit des von dem 
guten Gott ausgehenden Weltlebens, aber doch die Ein- 
heit des organifchen oder wenigſtens animalifchen Lebens, 


der vorzäglichfte Gegenfland des von Ahriman gegen bie 
gauze Schöpfung Ormuzds gerichteten Angriffd , im Gruns 
de der Mittelpunct des ganzen Kampfed. Noch näher 
fcyeint fi mir aber die Beziehung zwifchen dem Manis 
chäifchen Urmenfchen und dem Zoroaftrifchen Urftier nachs 
weifen zu laffen , wenn wir auch den Stier des Mithrass 
opferö hinzunehmen. Daß der Schluͤſſel yır Deutung des 
merkwürdigen Symbold , das die befannten Mithraſmo⸗ 
numente darftellen, nur in der Sage der Zendfchriften vom 
Urftier zu fuchen ift, läßt fich nicht wohl bezweifeln. Hier 
wie dort wirb ein Stier gewaltfam getddtet, nur ift freilich 
in den Zendfchriften der Mörder des Stierd Ahriman, der 
Feind ded Ormuzds, auf den Mirhrasmonumenten iſt es 
der dem guten Ormuzd fo nahe verwandte Mithras. Doch 
fällt und auch auf diefen fogleich die nach der Wunde des 
Stierd gerichtete Ahrimaniſche Schlange auf. Ein ebenfo 
Ahrimaniſches Thier ift der den Stier feiner Zeugungsfraft 
beraubende Scorpion. Es ift auf den völligen Untergang 
des Stiers abgefehen. Daß nun aber hier der eigentliche 
Todtfchläger des Stierd nicht der boͤſe Ahriman, fondern 
der gute Mithras ift, läßt ſich nur daraus erklären, daß, 
was auf der einen Seite Tod und. Untergang tft, auf der 
andern auch wieder die Bedingung einer neuen Lebensent⸗ 
willang ifl. Der arge Fürft der Finfterniß, der Die ganze 
Schdpfung ded guten Gottes mit Einem Male verfchlingen 
will, wird, indem feinem vernichtenden Streben die noths 
wendige, durd) das Geſez des Gegenſazes vorgefchriebene 
Grenze gefezt wird, zur Materie, aus welcher die Melt des 
getheilten endlichen Seynd hervorgeht. In dem Begriffe 
der Hyle, welchen fchon Manes felbft mit dem Begriffe 
des Fürften der Finfterniß und feines Reichs gleichbeveus 
tend nahm, if der firenge Begriff des abfolut böfen Prins 
cips gemildert, und zu einem vermittelnden geworden, und 


der Hyle in dieſem Sinne entſpricht die in derſelben ver⸗ 


mittelnden Bedeutung aus dem guten. Gott herborgegangene, 
die Materie durchdringende göttliche Kraft. Daſſelbe Ver- 
hältniß nun, daß zwifchen ber Ar und der Asia Öuvauız 
fartfindet, fcheint mir auch zwifchen Mithras und feinem 
Stier angenommen werden zu müßen. Kosmogonifche Be⸗ 
deutung verräth ja ſchon die ganze Umgebung, der Ort der 
Scene, die Grottg, an deren Eingang die Handlung vorgeht. 
Ueber die Bedeutung. diefed Symbols gibt und Porphyrius, 
De antro Nymph. c..6., Auskunft. Nach Eubulus, auf 
welchen ſich Porphyrius beruft, fol ſchon Zorvafter eine 
Mithrasgrotte, als Bild der Welt, eingerichtet haben. IZow. 
Ta udv, ws Em Eußovios, Zwgoaargov evtogvis onn- ' 
Aoiov Ev Toig' hnoiov 00801 eng Ilsgaidos —— 
xœ Anyxg Ex0V — eis TIUN® Tod navrwv 
nomTon xgi maroüs ‚Midgov eixbva Epovrog .euro 
Tov onndaiov roũ »00u0D, 0v 0 Midgas Eimuoigynos 
tov ÖR Evrog xara Ovuf£tgovg ENOITAOLgG ovußol« 
gso0vrwy TWV x00uızwu Groyeiwv za xAuucrov, Auch 
in den griechifhen Mythen kommen mehrere kosmiſche 
Grotten diefer Art. vor, wie z. B. die Grotten, in welchen 
Zeus und Dionyfps erzogen werben, bie Grotten, in welchen 
Nymphen weben, Odyss. XIII, 107. , das Geflüft der Eilei- 
thyia Od. XIX,188. Die Grotte ift, wie das Ei, das Bild des 
in fi) abgeſchloßenen Weltganzen. Die Scene der Welt: 
fhöpfung ftelen uns demnad) die Mithrasmonumente dar, 
und wir fehen hier gute und boͤſe Gefchöpfe, Sonne und 
Mond, die leuchtenden Geftirne, bie himmlifche Welt und 
die irdifche. Der Stier geftaltet fich zu einem Symbol der 
Materie überhaupt. Er trägt nicht blos die Keime des 
organifchen Lebens in fih, fondern ift überhaupt der In⸗ 
begriff der materiellen Elemente, aus weldyen alles gewor⸗ 
den tft, und Mithras ift der die Materie durchdringende, 
für den Zwek der Weltſchoͤpfung fich unterwerfende Geift. 

An die Ente des ſtrengen, aufs Höchfte gefteigerten Gegen: 


— 93 — 
ſatzes eines guten und boͤſen Princips, des Ormuzds und 
Ahrimans, tritt der untergeordnete, mildere, vermittelnde 
zwiſchen Geiſt und Materie, einem thaͤtigen und leidenden 
Princip, einem die Form gebenden und einem die Form 
empfangenden. Das eine der beiden Principien iſt nicht 
mehr das feindlich entgegenwirkende, es iſt nur das be⸗ 
ſtimmunssloſe und receptive. So definirt auch Prophyrius 
De antro Nymph. c. 6. den Stier des Mithras, indem er 
fagt: "Enoyeitaı Tavgw wg al 6 Tavgog Önpioveyög av 
0 Midgas xai yevioewg Öeonorng. Wie Mithras fchon 
in der Befchreibung des Zendavefta der thätigfte, geiftigfte, 
am meiften energiſche Ized ift, fo ift er nun bier der 
ſchoͤpferiſche, die Materie bildende Geift ſelbſt, und der 
- Dolch, welchen er in den Zendfchriften ald Waffe gegen 
Ahriman und feine Dämonen führt, ift nun das Symbol 
feiner die Materie burchdringenden und beftimmenden 
Kraft 27), derfelben göttlichen Kraft, die nach Manes 





’ 

20) Die befte Erläuterung diefes Symbols in dem obigen Sinne 
gibt Philo’s A6yos Tousis. Mel. Quis rerum divin. Her. 
Vol. I. ©. 506. Ed. Mang. Atuntot nv 0Wv ai dVo püosıg , 

- Ns t Yuiv vov koyıouov, xa) Uneg nuas Tov Heiov Acyov, 
öruno d8 obocı, nugie Alm zeuvovow. O'te yüg Helios 
Aoyog za &v 17 piosı dıeils, xal Öıeveıus narıa, 6 Te Nuss 
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| \ 


N, 


94 _— 


von der Hyle verfchlungen ber Grund aller Bildung und Erzeu⸗ 

gung bis ind Einzelnfte wird. Sie tritt mit der fie verſchlin⸗ 
genden oder der von ihr Durchdrungenen Materie vermittelnd 
zwifchen die beiden Extreme, wie nach ber Zoroaftrifchen Lehre 
Mithras mit feinem Stiere in der Mitte zwifchenDrmuzd und 
Ahriman fteht, weswegen ihn nach Plutarch De Is. et Os. 
46, die Perfer Meoirng nannten, ” Exaksı (Zwooaorgıg) 
zov udv Roouatıv, raw Ö"Agsınavıov xal n0008Ypei- 
vero, Tov ulv Eoıxevar gurl ualıora Tv alodntuv, 
zov Ö Eunalıy oxory zul ayvoig, ufoov $ augyoiw Tov 
Midgmp eivar' dw xal.Midonv Ilkooaı rov Meoitnv 
. ovouabovos. Verfolgen wir diefelbe alterthämliche kosmo⸗ 
gonifche Anficht von dem Verhältmiß des Geiftes zur Ma⸗ 
terie, der Gottheit zur Welt, weiter, fo müßen hier 
die beiden fo nahe verwandten Mythen, der aͤgyytiſche 
von Oſiris und Typhon, und ber griechifche von Zagreus 
oder Dionyſos, und den Zitanen, ihre Stelle finden. Sn 
dem leztern haben, wie oben bemerft worden ift, die Ma: 
nichäer felbft die Grundidee ihrer Lehre ausgedrüft gefun= 
den: gewiß nicht mit Unrecht. Dionyfos = Zagreus, der von 
Zeus flammende junge Gott, ift der Gott. der im bunten 
Sarbenfpiel erfcheinenden Sinnenwelt, feine Zerftüflung 





usvs iſt demnach das die Einheit in die Vielheit auflöfende 
Princip der Differenz. Ebr. IV, ı2. wird der göttlihe Xo- 
gos, obgleich in einem andern Sinne, mit einer uazaıge ver- 
glichen. Gleichbedeutend mit dem A0yos tousüs iſt der Ao- 
yos als opayis De profugis Vol. I. ©. 547. Teyivntor 6 
x00u0S, »al Nuvıag Um aitiov Tivög yeyovev' 6 ÖL ToV Nol- 

‚ oivrog Aöyos levrög dorıv 4 ogpayls, 7 rar Övrov Exaore 
Kiuoppwraı' nag 6v xal Telsıoy Tols Yırousvors EE Keys Ta. 
. g0xolovdei To Eidos ws Edxuaysiov xal eixv TeAsiov Aoyov. 
Er bildet die formloſe Materie, und drüdt allem Einzelnen, 
das aus ihr Ind Dafeyn kommt, feine beftimmte Form auf. 


— 95 — 


durd) die Titanen iſt ein Bild theild der Bereinzelung, in 
welche alle Theile der Welt aus ihrer urfpränglichen Ein⸗ 
heit auseinander gegangen, theild der Unordnung, des Wis 
derſtreits, der Disharmonie, die, wie mit feindlicher Ges 
walt, in dad harmoniſche Weltganze eingegriffen und das 
Eine wie in Stüfe zerriffen hat, obgleich freilich die hoͤ⸗ 
here Einheit (in der dad noch ſchlagende Herz des Zagreus 
rettenden Pallad und in dem die zerftreuten Glieder des zer⸗ 
fleifchten Leibs fammelnden und auf feinem heiligen Berge 
begrabenden Apollon) nie zu Grunde gehen fann. Statt 
einer ind Einzelne gehenden Erörterung genüge hier folgende 
Stelle bei Plutard) De Ei ap. Delph. c. 9.: „Wir hören 
von den Theologen in Proſa und Poefte, daß Gott zwar 
ſeiner Natur nach unvergaͤnglich und ewig iſt, aber ver⸗ 
moͤge eines vom Schikſal beſtimmten Willens und Geſezes 
Veraͤnderungen ſeines Weſens unterliegt. — Die Umaͤnde⸗ 
rung und Umbildung des göttlichen Weſens in Luft, Waſ⸗ 
fer und Erde und Geftirne und Pflanzen und Thiere nens 
nen fie, in Hinficht des leidenden Zuftanded und der Ums _ 
wandlung, ſymboliſch eine Zerftäflung und Zerglieverung, 
Gott aber heißen fie in dieſer Beziehung Dionyfos und Zas 
greus und Nyktelis und Iſodaites.“ Der Mythus von Oſiris 
und Typhon iſt zwar ſeinem naͤchſten Sinne nach nur auf die, 
wie mit feindlich zerſtdrender Gewalt, erfolgende Veraͤnderung 
zu beziehen, die das Naturleben in ſeinem jaͤhrlichen Verlaufe 
erlöidet, aber das gewöhnliche Sonnenjahr iſt ja in der 
Anficht der alten Völker. fo oft nur der Reflex des großen 
in der befteheriden Welt ſich entwickelnden Weltjahrs, und 
in Dfiris und Typhon wiederholt fi) der Gegenfaz des 
Ormuzd und Ahriman fo Elar, daß wir auch bei jenem 
Mythus zugleich eine höhere und allgemeinere Bedeutung 
vorausfezen Dürfen. Zum Belege dafür berufe id) mich auch 
hier auf die Auctorität Plutarchs, der in feiner merkwuͤr⸗ 
digen Schrift De Iside et Osiride vorzüglich Den Zwek hat, 


— 56 — \ 
die tieferen in dem Äägnptifchen Mythus enthaltenen philoſo⸗ 
phiſchen Ideen hervorzuheben. Nachdem er hieruͤber ver⸗ 


ſchiedene Meinungen angeführt, ſtellt er (c. 45.) die Be- 
hauptung auf,-man muͤſſe vielmehr alle zufammennehmen, 


Typhon fei nicht das Eine oder das Andere, fondern es ge= 


höre ihm alled an, was die Natur Schädliches und Verderb: 
liches hat, es koͤnne überhaupt nur die Naturanficht bie 
richtige feyn, die nicht blos von Einem Princip, fondern von 
einer Dualität von Principien ausgehe. Es fey eine alte 
son Theologen und Gefezgebern auf Dichter und Philofo- 
phen herabgefommene Meinung , die zwar in ihrem Urfprung 
herrenlos ſey, aber unausweichlich zum Glauben zwinge, 
micht blos in Reden und Sagen, ſondern auch in Weihen 
und Opfern bei Barbaren und Hellenen überall verbreitet 


ſey, daß diefes All nicht, ohne einen lenkenden Verftand oder 


Steuermann, nur vom Zufall bewegt wird, daß es aber 


‚auch nicht Ein Verftand ift, der ed wie mit Steuerrudern 


ober leitenden Zuͤgeln beherrfcht und regiert, fondern vielfach 
ift Gutes und Böfes gemifcht. Ja, es ift, um es Eurz zu 
fagen, nichts in der Natur ungemifcht, und es ift nicht blos 
Einer, der aus zwei Fäffern mit verderbender Mifchung 


die Dinge und austheilr, fondern aus zwei entgegengefez-' 


ten Anfängen und aus zwei widerftrebenden Kräften, in: 
dem die eine rechts in gerader Richtung geht, die andere 
auf entgegengefezte Weife fi) kruͤmmt und wender, ift das 
Leben gemifcht, und die Welt, wenn auch nicht die ganze, 
doch die irdifche und fublunarifche, ungleich und mannigfa- 
cher Art geworden und vielfachen Veränderungen unterworfen. 
Denn, wenn alles aus einer Urfache entfliehen muß, die 
Urfache des Böfen aber das Gute nicht feyn Fann, fo muß 
in der Natur ein eigenes Princip, wie des Guten, fo auch 
des Böfen feyn. Das fey die Meinung der meiften und 
einſichtsvollſten Weifen, fie nehmen entweder geraͤdezu zwei 
Götter an, .oder nennen den einen, den guten, Gott, ben 
andern 


— 9 — 
andern Dämon, wie der Magier Zoroafter, der den Einen 
Dromazed uud den Andern Areimanios, und den Mittlern 
zwifchen beiden Mithras nannte. Eben fo nehmen die 
Chaldaͤer zwei Gutes wirkende und zwei Boͤſes wirkende Plane- 
tengdtter an, und drei mittlere. Denfelben Gegenfaz ftel- 
len die Hellenen in Zeus und Hades, in Aphrodite und Ares 
auf. Auch die Philofophen bekennen ſich zu diefem 
Dualiömus, wie Herakleitos, Empedofled, die Pythago⸗ 
reer, Anaragorad, Ariſtoteles, namentlic) auch Platon, 
der in feinen Geſezen unverhüllt lehre, die Welt werde 
nicht von Einer Seele bewegt, fondern wenigitens von 
zwei. Deswegen wirfe die eine das Gute, die andere, 
ihr entgegengefezte, bringe das Entgegengefezte hervor. Er 
läßt aber auch noch eine dritte mittlere Natur zu, die nicht, 
wie Einige glauben, ganz ohne Leben, ohne Vernunft und 
eigene Bewegung, fondern mit jenen beiden verwandt fey, 
doch aber der beffern immer anhänge und nachitrebe. Mit 
diefer Weltanficht ſtimmt die Theologie der Aegyprier aufs 
Genauefte überein. Die Aegyptier leiten nemlicd) die Ent: 
fiehung und Zufammenfezung diefer Welt von ganz entges 
gengefezten Kräften ab, die aber nicht von gleicher Macht 
find. Das gute Princip hat zwar die Oberhand, aber den⸗ 
noch kann das Boͤſe nicht gänzlicd) vernichtet werben, weil 
es mit dem Körper fowohl als mit der Seele des Weltalls 
zu feft verbunden ift, und beftändig gegen das. Gute ſtrei⸗ 
tet. Bei der Seele nun wird die Vernunft und der Ber: 
ftand, ald der Urheber und Herr alles des Beften, Oſiris 
genannt, und alles Geordnete, Beltimmte und Gefunde 
bei der Erde, beim Winde, Waffer, Himmel und bei den 
Sternen, in Unfehung der Jahreszeiten, der Witterung und 
des Kreislaufes, heißt Ausfluß und fichtbares Bild des 
Oſiris, Typhon hingegen bedeutet alles Leidenfchaftliche, 
Ungeftüme, Unvernünftige und Thorichte der Seele, und 
bei Eörperlichen Dingen nennt man das Tadelhafte, Unges 
Baur's Mani. Ri. Syſtem. 7 


\ j (1) 


— 8 — 
funde und Unordentliche in Anſehung der Jahreszeiten, der 
üblen Witterung, der Sonnen: und Mondsfinfterniffe, Ty⸗ 
phons Streifzüge und Verheerungen. 

Ich habe abfichtlich diefe inhaltöreiche Stelle der Plus 
tarchifchen Schrift hier etwas ausführlicher dargelegt, weil 
- fie recht gut dazu dienen kann, und ben engen Zufammen- 
hang des Manichäismus mit der alterthämlichen Weltan- 
fiht überhaupt näher zu rüden. Auch dem ägpptifchen 
Mythus war fie. keineswegs fremd, und wenn Ofiris und 
Typhon den beiden Manichäifchen Prineipien entfprechen, 
fo ift auch der Urmenfch, deffen göttliche Glieder fo. befiegt 
unb preiögegeben find, daß der Spienditenens nur die 
Ueberrefte in der Hand hält, und, der Iſis gleich, laut bes 
klagt, daß alles Lebrige geraubt, überwältigt und entweiht 
fey, dem von Typhon unterdrüften und zerſtuͤckelten Leib 
des Oſiris vbllig analog. Vgl. die S. 80. angeführte. Au⸗ 
guft. Stelle. 

Eben diefe Auguftin’ ſche Stelle, in welcher von mem- 
bris Dei victis et subjectis die Rede ift, zeigt und am Ein⸗ 
fachiten die genaue Webereinftimmung der Manichäifchen fa- 
bula , wie Auguftin die Manichäifche Kosmogonie nicht ohne 
Grund nennt, mit den ägyptifchen und griechifchen Mythen, 

mit welchen fie hier zufammengeftellt worden ift. Halten wir 
und dagegen an eine andere Form der Darftellung der Ma⸗ 
nichäifchen Lehre, nach welcher die Seele von der Materie 
geraubt und gefangen gehalten wird, fo bietet fich uns zur 
Parallele jene Elaffe alter Mythen dar, nad) welchen bald 
diefed bald jenes weibliche Wefen durch Raub und Entfuͤh⸗ 
rung in eine mehr oder minder unfreiwillige Gefangenfchaft 
geräth. Auch diefe Mythen haben eine höhere hieher ge⸗ 
hörige Fosmifche Bedeutung: fie find jenen andern, die und 
die Unterdrücdung und Zerftädelung eines Oſiris und Dio⸗ 
nyſos vor Augen ftellen, völlig parallel: die geraubten, in 
einen leidensvollen Zuſtand verſezten Gbttinnen. oder Halb⸗ 


gdttinmen find ein Bild der durch Abfall von einem höhern 
and reinern Seyn entflanbenen zeitlichen Welt. Da id) da⸗ 
rauf an einem andern Ort zuruͤkkommen werde, ſo iſt hier 
nur noch ein Blick auf den dem Manichaismus zur Seite 
gehenden Gnoſticismus zu werfen, und in dieſem kurz die 
Stelle nächzuweifen ; auf welcher wir und in der bisher ge⸗ 
gebenen Entwicklung des Manichaͤiſchen Syſtems befinden. 
Vergleichen wir die gnoſtiſchen Syſteme mit dem Manichaͤi⸗ 
ſchen, ſo finden wir zwar in dem leztern keinen Demiurg, 
wie in jenen; im Grunde aber trägt in gewißen Sinne der 
gute Gott der Manichaͤer felbft den Chärakter des gnoſtiſchen 
Demiurg an fich,, da der Dualismus bed Syſtems ihn, wie den 
Zoroaſtriſchen Ormuzd, als ein ziemlich unmaͤchtiges Weſen 
erſcheinen laͤßt, das durch alle Vorkehrungen nicht verhin⸗ 
dern kann/ daß fein Reich durch fremdartige und feindliche 
Eingriffe geftdrt und verunreinigt wird. Bleiben wir äber 
nicht blos bei diefer untergeordneten und einfeitigen Anſicht 
der Mänichäifchen Gottheit fteheit ; fo nimmt mie groͤßerem 
Recht der Urmenfch,der in die Mitte des Kampfs der beiden ent⸗ 
gegengeſezten Grundweſen heraustritt, die Stelle des gno⸗ 
ſtiſchen Demiurg ein. Der Demiurg iſt der Repraͤſentant, 
oder eigentlich die Perſonification der zeitlichen Weltordnung 
er faͤllt mit der Schoͤpfung, die ſein Werk iſt, ſelbſt zu⸗ 
ſamimen. Wie nun nach Manes die fichtbare Welt aus der 
Vermiſchung der Seele mif der Hyle, oder auf ber einen 
Seite aus den Gliebern des ünterliegendeh Urmenfchen, 
auf der andern aus den Kbrpern der gebundeiten Mächte 
der Fitifterniß fich bildete, fü hat auch der SHtiäftifche Des 
miurg dieſelbe Doppelnatur, und je nachdem der Charakter 
der einzelnen Syſteme mehr oder minder dualiſtiſch iſt, neigt 
auch er ſich bald mehr auf bie eine, bald mehr auf Die ati: 
dere Seite, indem er entweder, wie nach Baftlides und Va: 
lentinus, üur das bewußtloſe Organ der göttlichen Ideen ift, 
öder, wie nady Marcion und den Ophiten, ſich mit einer 
Ts 


gewißen Selbftfiänbigkeit von ‚dem Ghttlichen hinwegwen⸗ 
bet. Aber auch da, wo er, wie im DValentinianifchen Sys 
fiem, am Hoͤchſten geftellt wird, ift er nur das ſchwache 
Analogan des Goͤttlichen, zwifchen dem -Gbdttlichen und Mas 
teriellen mitten. inne ſtehend; je negativer der Begriff der 
Hyle genacht.ift,. defto mehr erfcheint .auch der Demiurg nur 
als das⸗von Ber höchften Volffommenheit durch eine Reihe 
von Stufen.herabgefommene Unvollfommene, ohne pofitiven 
Zufaz des Bdfen. . Wie ferner nach, Manes die fihtbare 
Welt nur vermittelft eines Kampfes ins Dafeyn kommt, 
der filr die von dem guten Gott. ausgehenden Emanationen eis 
nen leidensvollen Zuftand zur Folge hat, fo ift auch in den 
gnoftifchen Syſtemen der Demiurg das Erzeugniß der So⸗ 
phia oder der Achamoth, nachdem diefe, als xarw aoıpie, 
dem Göttlichenentfremdet und außerhalb des Pleroma umber- 
irrend, alle Qualen eines unfeligen Dafeyns erduldet hat ="), 
die befonders von den Valentinianern und Ophiten mit fehr 
: lebhaften Farben gefchildert wurden. . Vgl. Neander Gnoft. 
Syſt. S. 117. f. 233. f- Auch in den Syſtemen der Va⸗ 
lentinianer und Ophiten ift, was hier noch bemerft werden 
mag, von. einem Urmenfchhen die Rede, in welchem Gott 
fih offenbarte, .er fleht jedod) in Feiner Beziehung zum 
Demiurg, außer fofern er das Urbild iſt, nach weldyem der 
Demiurg unbewußt den erſten Menfchen feines Reiches 
bildete. Vgl. Neander Gnoſt. Syſt. S. 102. 149. 173. 
234. 264. nu 

Wir müffen hier, nachdem wir den Kampf ber beiden 
Principien in den erften Momenten feiner Entwillung näher 
betrachtet haben, auf eine ſchon oben berührte Frage wieder 
zurüffommen, und die diefem Kampfe zu Grunde liegende Idee 
der Gottheit nody in Erwägung ziehen. Es iſt dieß derje- 
nige Punft des ganzen Syſtems, gegen weldyen die ftärf: 


20) Nihtunpaffend erinnert Matter Histoire critique du Gnosti- 
eisme T. II. Paris 1828. ©. 29. dabei an die Leiden der Iſis. 


= 101 — 


\ 


fien Angriffe der Gegner gerichtet find: fie find einftimmig 
der Meinung, daß ein folder Kampf eine fich felbft aufhe⸗ 
bende dee der Gottheit in fich ſchließe, die Gottheit einem 
ihres Wefens völlig unwuͤrdigen Schickſal unterwerfe. Faſ⸗ 
fen wir vorerit die. Einwärfe der Gegner näher ins Auge. 
Die wichtigften und allgemeinften Momente bat Auguftim 
mit gewohnttrseSchaͤrfe in folgender Stelle zufammenges 
faßt: Praeclaram exclusionem bellicae necessitatis in 
Deo vestro invenistis contra illud, quod vobis propo- 
nitar, at respondeatis, quid factura erat in Deo gens 
tenebrarum, si cum ea pugnare noluisset: quam si di- 
xeritis aliguid fuisse noeituram, fatebimini corruptibi- 
lem et violabilem: si autem dixerilis, quod ei no- 
cere non possel, quaeretur a vobis: cur ergo pugna- 
vit? cur subsianliam suam corrumpendam alque vio- 
landam et ad peccala omnia cogendam hostibus tradi- 
dit? Contra istam ergo complexionem nunguam exire 
potuislis. Magnum aliquid vobis et tutum invenisse vi 
demini, ut respondeatis dicentes: magna est iniquilas 
'appelere aliena, cui Deus iniquitati praebuisset assen- 
sum, si eam gentem, quae hoc ausa_ fuerat, expugnare . 
noluisset, Haberet ista responsio qualemcungue justi- 
tiae colorem, sisaltem in ips&bello natura Dei vestri 
se integram impollutamgus servasset, et permixta' ho- 
stilibus membris nihil iniquitatis vel coacta vel seducta 
fecisseı. Cum ergo tantis facinoribus et flagitüs eam 
caplivam consentire dicatis, cum denique ab illa impie- 
tate immani, qua eliam lumini sancle, cujus porlio est, 
exlilit inimica, nec tolam perhibeatis posse purgari, 
unde illi merito retribuere creditis horrendi illins globi 
aeterna supplicia : quanto salius erat, inimicum hostem: 
in sua iniquitate relinguere inania molienlem, quam 
tradere partem Dei, cujus vires hauriret, cujus deco- 
rem corruplum suae iniquilali sociaret, quis non videat ? 


— 112 — 
\ | 

Quis tanta obstinatione caecetur, ut non sentiat, non 
atiendat, quunto minore iniquitate gens tenebrarum 
frustra naluram Invaders gongretur alielam, quam 
Deus invadendam et ad iniquitatem cogendam, et ad 
poenam ex. aligua etiam parte damnandam_ traderet 
suam? Hogcine tandem est iniquitali consentire noluis- 
se, ei tam ingentem iniquitalem sine ullg Mcessitate fe- 
cisse? An erat necessitas, quod ipsum IManichaeum 
dicere non puduit, et pos pudelld — Abigite igitur et 
expellite a cordibus vestris et a fide vestra etiam ipsam 
pngngm. Contra Secund. Manich. c. 20. Vgl. Contra 
Faust. XXI, 22.: Quanto melius Deus vester ex aeter- 
nitate versatus esset in tenebris, quam aeternam sibi et 
cognatam lucem mersisset in tenebras? — Infelix, si per- 
furbatus, crudelis, si securus hoc fecit. — Si parti suae 
fatarum tantum. malum timebat, etiam ipsum occupave- 
rant himonis tenebrae: si autem hoc futurum nesciebat , 
" ignorantiae tenebris caeoabatur, St autem hoc parti suae 
faturum sciebat, et non timebat, pejores sunt tenebrae tan- 
'tae crudelitatis, quamvel ignorantiae veltimoris. — Sed 
non: accusamug: praesciebat, timebat, dolebat, sed, quid 
faceret, non habebat. Quanto melius -motu animi, lıbera 
voluntate, uteretur polius, guam contra. voluntatem ad 
contenebrandam lucem suam inevifabili necessitate pre- 
meretur. — Evigilate et dieite nobis, guomodo vincit tene- 
bras, quem vincjt necessitas ? Haec jam erat apıd illum 
hostis major, a qua viclus eljussus cum minore pugnavit, 
Evodius De fide c. 18. geht, wie Auguſtin in der erſtern Stelle 
von der Frage aus: Ouid factura erat Deg gens tenebra- 
rum, si nollet cum illa pugnare? -— Simihi dicitur : Nihil:: 
quaero, cur hodie ejus pars, hoc est, Dei, in calamita- 
tibus, in pressuris, in captivitate, in subjectione sit con- 
stituta, ut tam turpiter etiam 'liberetur, et nec sic libe- 
rari tola possit, vel ipse pater ut luctum habeat memo- 


— 103 — 


rabse parlis sune casa, quem Inctum Manichuens un 
fheri poterat, sed, ut ostenderet, preescientiam se kabere 
cogilatiorum principum ienebrarem, et ut monstrarel, 

zchil se limere, propterea pugahvit.“ Cai ego dixi: 

neminem limere, quare non vidı Inctum sıbı unminen- 
tem de partis suae infelicılate, quem hodie patitur? — 
Magna praecscientia, vel polius inscenlia et misera ın- 
formitas koc est toltum, quod neminem timebat,. — Item 
dictım est a quodam: „Nihil ei poterat facere gens te 
nebrarum, sed .ipse voluıt patı rem malam circa fines 
suos, et misit, qui eam debellaret.“ Cui ego dixi: Si 
ua est, ut dicis, ipse polius incenitur malus, qui rem 
vicınam, nihil ei nocentem, delere voluit, Et sicaut ma- 
lus in illam, sic crudelis in suam, aut ignarus futurae 
calamıtatıs ejus. Cum enim putat, rem bonam se posse 
perficere, ut in regno Imali, quod ei non nocebat, re- 
gionem suam exienderet, prius non praevidit infeliei- 
talem, quae mcemoralam partem ejus quolidie premit. 
In diefer Polemik waren auch platonifche Philofophen mit 
ben chriftlichen Theologen ganz einverftanden. Simplicius 
‚hat in dem Comment. in Epict. Enchir. ©. 164. den Mas 
ichäifchen Dualismus von derfelben Eeite fehr treffend bes 
firitten,, indem er das Ungereimte der Behauptung zu zei⸗ 
gen fuchte: ro dvo 7 nAtiovag Glwg ToV ivöc Tag noWrag 
Atyeıy apyas. „Die, weldye zwei Principien ded Ganzen 
annehmen , dad Gute und das Böfe, werden gezwungen, 
auch dad Gute, das fie Gott nennen, nicht für die Urſache 
von Allem zu halten, fie Fünnen nicht mit Recht einen Als 
berrfcher preifen , noch ihm die höchfte und die das Ganze 
umfaffende Macht zufchreiben, fondern nur die Hälfte der 
gefammten Macht und auch diefe kaum, fie fünnen nicht 
glauben, daß derjenige, ber die Quelle ded Guten und bed 


— 194 — 


Lichts genannt wird, alles gut mache und im Licht verftäre. 
Wie viel der Gottheit Unwuͤrdiges folgt nothwendig aus 
ihrer Behauptung ?. Einen furchtſamen Gott führen fie ein, 
dem das Voͤſe, das feinen Grenzen. naht, und in dad In⸗ 
nere feines Reichs einzudringen broht, Beforgniße ‚erregt, 
und wegen. diefer Furcht gibt er ungerechter Weife und ohne 
Nuzen Theile und Glieder feines eigenen Weſens, Seelen, 
Die, wie fie fagen, zuvor nicht gefündigt haben, bem Boͤ⸗ 
- fen preis, um das Uebrige des Guten zu retten, wie ein 
Feldherr, wenn die Feinde heranrüden, ihnen einen Theil 
feines eigenen Heeres hingibt, um das Uebrige zu: retten. 
Denn dieß ift der Sinn ihrer Behauptung, wenn fie fie 
auch gleich nicht mit denfelben Worten ausdruͤcken. Derie, 
nige. aber, der, wie fie fagen, die Seele preisgab, oder 
preisgeben ließ, wußte entweder nicht, oder bedachte nicht, 
was die Seelen, dem Böfen preisgegeben, leiden würden, 
daß fie durch Uebel aller Art geplagt werden, ob fie gleich 
zuvor nicht gefündigt haben und Theile Gottes find. Und 
die Gottlofen (ſolche find aber fchon diejenigen, die zwei 
Principien,, ein gutes und ein böfes, nicht annehmen) fol= 
len‘ niemald zum Guten zurüffehren, fondern ftetS an das 
Boͤſe gefettet bleiben: fo bleibt nun Gott, da er einen Theil 
feines Wefens verliert, felbft unvollfommen, und erfcheint 
thöricht, da er, was zu feinem Vortheil dient, nicht einzu: 
fehen im Stande war, und die Natur des Boͤſen nicht er⸗ 
fannte. Denn wie hätte das Boͤſe in das Neich des Gu⸗ 
ten eindringen koͤnnen, ba beide von Ewigkeit her gefchie- 
ben und in ihren Naturen gefondert find, — da das Licht 
Kicht bleibt und die Natur der Finfterniß nicht annehmen 
fann? Wie follte es etwas anders feyn, als Feigheit, Un⸗ 
gerechtigfeit, Unverftand, die Seele dem Boͤſen preidzuge: 
ben, und feitvem ſich damit zu ſchaffen zu machen, fie wie⸗ 
der zuruͤkzurufen, ohne daß dies jemals vollfommen gelingt, 
da einige Seelen auf immer im Boͤſen bleiben? Und dies 


— 105 — 


fol die Gottheit nicht einmal vorhergewußt häben. — Um 
wie viel beffer wäre es geweſen, das Boͤſe ſich durch fich 
ſelbſt aufreiben zu laffen, als daß das Gute mit dem Bhfen 
ſich vermifchte, ohne jemals die Oberhand gewinten zu 
Tonnen?“ Dies und Nehnliches: ift e8, woran auch die uͤbri⸗ 
gen Schriftfteller wiederholt erinnern, wie 3. B. Titus von 
Boftra (1. 25.) die Frage aufiirft: Was denn das Boͤſe 
dem Guten hätte ſchaden Tonnen, wenn bie Hyle für fich 
geblieben wäre, und nichtd gehabt hätte, dem fie ihre Un⸗ 
ordnung hätte aufbringen koͤnnen? Zu vernichten das Gute 
hätte fie ja Doch keineswegs vermocht. Härte fie aber einen 
Angriff auf das fremde Gebiet unternommen , fo hätte der 
unvernünftige Andrang auf andere Weife (als durch Vermi⸗ 
ſchung des Guten mit dem Boͤſen vermittelft eines Kampfes) 
vereitelt werden ſollen. Alexander von Lycopolis meint fogar 
(c. 12), was freilich der einfachfte Weg gewefen wäre, des 
unfeligen Dualismus 108 zu werden, es wäre der Gottheit 
weit würdiger gewefen,, die Hyle mit Einem Male, mit dem 
erften Gedanken des Seyenden, zu vernichten. — Die Mani⸗ 
chäer fezen Neid und Eiferficcht in das göttliche Wefen, da 
doc) alles Böfe dem göttlichen Chor fremd fey, fie Taffen 
die Gottheit feindliche Vorkehrungen gegen die Hyle 1refs 
fen, weil fie eine Begierde nad) dem Guten gehabt habe. — 
Es begeg:tet ung hier, wie wir fehen, immer wieder berfels 
be Haupteinwurf, daß die Gottheit der Manichäer, wenn 
ed ihr auch nicht gerade an Allwiffenheit fehlte 22), den bes 


22) Ohne Grund legt Mosheim das Hauptgewicht auf. den 
Mangel an Allwiſſenheit ©. 801.: Praeclare intelligebat 
Manes, Deum imbecillem et infirmum judicatum iri, si 
malum principium ipso invito et renitente animas et coe- 
lestem materiam rapuisse doceret, inhumanum vero et 
crudelem, si traderet, voluntate ipsius tot secula inno- 
centes animas affligi et cum prava materia colluctari: 
igitur, ut ex his difficuliatibus eluctaretur, inscium fü- 


— 106 — 


vorftchenden gampf vorauszuſehen, Body wenigſtens die 
Macht und Weisheit nicht hatte, die ungluͤcklichen Folgen 
deſſelben abzuwenden, daß ſie demnach nur als ein beſchraͤnk⸗ 
tes und unmaͤchtiges Weſen erſcheint, das, wofern es nur 
Sache ſeiner freien Wahl geweſen waͤre, einen ſolchen Kampf 
zu ſeinem eigenen Beſten weit beſſer unterlaſſen haͤtte. Es laͤßt 
ſich mit Recht erwarten, daß die Manichaͤer Einwuͤrfe, die 
ihrer Idee der Gottheit alle Wahrheit abzuſprechen drohten , 
nicht unberuͤckſi ichtigt laſſen konnten. Sie geben vor allem 
die Vorausſezung nicht zu, daß die Gottheit zu dem Kampf 
gezwungen worden ſey, und ihn nur, um groͤßerer Gefahr zu 
begegnen, unternommen habe. Da das Reich des Boͤſen 
dem Reich des Guten nicht ſchaden konnte, fo war es völ- 
lig freier Entfchluß der Gottheit, daß fie fich mit der Madıt 
der Finfterniß in einen Kampf einließ. ‚Cum eis dicitur, 
fagt Evodius De fide c. 35, quid factura erat Deo gens 
tenebrarum, si nollet-cum illa pugnare, dicunt: nihil 
‚feri potuit incorruptibili. Non enim, si quis, verbi 
gratia, sphacram vitream solidam. unguibus lacerare 
voluerit, aliquid ei unguam facıet saevitia unguium 
suorum. In demfelben Sinne fagt Fortunatus in der zweiten 
Unterredung mit Auguſtin: Quaeritur a nobis, si Deo 
malum nocere non possit, quare huc anima missa fue- 
rit, aut qua ratione mundo permixta sit? — Cur ani- 
mam direxit, nulla cogente se necessitate? — Non ne- 
cessitati| facimus subditum esse Deum, sed voluntarie 
misisse animam. Diefe Antwort kann, wie von felbft er- 
Helle‘, nicht hinlaͤnglich befriedigen. Sezen wir auch den 
mildeften? Begriff des böfen Princips voraus, nehmen wir 
> ed nur ald eine, äroxros van, wie Alexander von Lycopo⸗ 


— — 


furoruꝶ eum faciebat. Vaol. ©. 273. Einer roten Ausflucht 
wollte und Fonnte fich Manes nicht bedienen. Es find hierüber 
Wegnern's richtige Gegenbemerkungen S. 23. zu vergleichen. 


lis es nennt, als ein auf fich befchränftes, nicht gerade 
durch einen feindlichen Angriff das Reich des Guten bes 
fehdendes Reich, fo liegt doch ſchon in dem bloßen Das 
ſeyn eines ſolchen Neich außer der Gottheit für bie 
Gottheit die Nothwendigkeit, die Unvolllommenheit außer 
ihr durch die Vollkommenheit ihres Weſens aufzuheben, 
die Unordnung in Ordnung, die Finfterniß in Licht zu 
verwandeln. Der Kampf ift auch von .diefer Seite aus 
betrachtet unvermeidlich, wofern nicht die Schöpfung ber 
Melt der Gottheit. ſchlechthig unmöglih, die Materie 
nicht blos eine nie vdllig aufzubebende, fondern auch eine 
jede göttliche Thätigfeit hemmende Schranke feyn fol, und 
die Weltſchopfung kann daher, da die Gottheit, als das 
Princip des Guten, ihre Thaͤtigkeit nur darauf richten Tann, 
das Boͤſe außer fich fo viel möglich zu befchränfen und zu⸗ 
ruͤckzudraͤngen, nicht auf einen freien, von jeder äußern bes 
flimmenden Urſache unabhängigen Entfhluß zuruͤckgefuͤhrt 
werden, Eben dies ift es, was die Manichder in ihrer in 
der obigen Stelle Auguſtins enthaltenen Antwort felbft zu: 
gaben, wenn fie fagten, die Gottheit habe dem Kampfe 
nicht ausweichen Tonnen, weil fie durch die Unterlaffung 
deffelben ihre Zuftimmung zu dem böfen Beginnen der Mate: 
rie gegeben hätte 2°), oder fie mußte, was baffelbe ift, in 


23) May vgl. was Secundings in feinem Schreiben an Augu⸗ 
‚ ftin fast: Ouia Deus totus justitia est, ultimum qutem fa- 
cinus est, invadere aliena, adhoc vera cum uenerit con- 
iraria natura, ille quidam nihil poterat pati , quia prae- 
‚ scius eral, visus fwisset facinori consensisse , nisi pu- 
gnasset „ et ideo magnam opposuit venienti virtutem, wii 
justitia ipsius nulla pollueretur sacrilegii consensione. 
Ita enim homo justus finitus est, ut nec ipse peccet ali- 
quando , nec aliquando consentiat peccatori. Aber Ses 
eundinus gefteht auch das Unzureichende folder Antworten: 
Excedit enim divina ratio mortaliyum peciora: wi puto 


den Kampf deswegen eingehen, um das bbſe Printip we⸗ 
nigftens zu befchränfen, und ihm das durch feine Natur 
beftimmte Ziel zu fezen, naturae contrariae modum im- 
ponere, wie Fortunatus bie Srage Auguſtins: sc Deo nihil 
. noceri poterat, cur huc animas misit ? beantwortet. Wenn 
ed auf diefe Weife den Manichdern unmoͤglich war, in An⸗ 
fehung des göttlichen Willensacts der Weltfhbpfung, mit 
ihrer Idee der Gottheit den Begriff eines fidy rein durch 
fich felbft beftimmenden Weſens zu vereinigen (obgleich 
freilich diefe die Gottheit beftimmende Nothwendigkeit nicht 
als eine phufifche , fondern nur ald eine moralifcdye gedacht 
werden Tann), fo fonnten fie noch weniger die von den Geg: 
nern mit noch größerem Nachdruck ihnen entgegengehaltene 
Einwendung von fid) zuruͤckweiſen, daß die Gottheit durd) 
die Welrfhöpfung in einen ihres Weſens unmwilrdigen "Zu: 
fland verfezt worden fey. Die gefchaffene Welt kann zwar 
nur eine endliche feyn, in welcher Gutes und Boͤſes ge- 
mifcht iſt, für den Manichder aber lag in dem Begriff der 
Enndlichkeit der Welt die befondere Schwierigkeit, daß in 
ihr die Gottheit felbft der Endlichkeit fich unterwerfen mußte, 
und durch eine unreine böfe Materie befledt wurde. Die 
Wahrheit dieſes Einmwurfes Fonnte nicht geldugnet werden, 
aber eben fo wenig Tonnten ihn die Manichder unbeant: 
wortet laffen. Die einzige Antwort, durch die fie ihre 
dee der Gottheit dagegen rechtfertigen konnten, lag in der 
Behauptung, das göttliche Mefen fey nur in einer beftimm- 
ten, daß reine und abfolute Eeyn Gottes nicht berührenden 
Beziehung endlich geworden, ober der endlich gewordene 

von der Materie beflefte Theil des göttlichen Wefens gehöre 
eigentlid) nicht zum göttlichen Wefen felbft. Die Manichäer 








. hoc ipsum, cur sint dune natwrae, aut quare pugnave- 
rit, qui nihil poterat pati. 


prüfen. dies fo aus: Gott habe nur in feiner Wengremyung, 
an den Ääußerften Enden feines Reichs Boͤſes erlitten (vo- 
nit pati rem malam circa fines suos, wie es in.berobigen . 
Stelle des Evodius heißt ), ober er habe fich vor dem Anblick des 
leidend geworbenen, der Materie preisgegebenen Theils feis 
nes Weſens wie. mit einem. Schleier verhällt, fo Daß dieſer 
Theil des göttlichen Wefens für Gott eigentlich:nicht eriflirt. 
Deus eorum, cum membra sua mersit in tenebras, velum 
conira se.posuit, non enim, quod fecit, vidit ,.quia bo- 
num est, sed.noluit videre, quia malum est. Aug. Con- 
tra Faust, XX1I, 12. Past amissam partem in luctu 
est (Deus), sicut [Manichaeus idem dicit. Velum : oon- 
tra se.habet, quod dolorem ejus temperet, ne corruptio- 
nem partis suae videat. Hodie enim divina, quam com- 
memorat, substantia subjacet genti lenebrarum , ut lu- 
tum figulo. Evod. De fide c. 13. Darin Liegt diefelbe 
Antwort, die der Pantheismus fletö der gewöhnlichen Eins 
wendung, daß er Gott und Welt auf eine die Würde des 
göttlichen Weſens aufhebende Weiſe identificire, entgegen 
gehalten hat, daß die einzelne Modiftcation der göttlichen 
Subſtanz mit der von ihr völlig verfchiedenen göttlichen Sub⸗ 
ſtanz felbft nicht verwechfelt werben dürfe, daß bie nur der 
Erſcheinungswelt angehörenden Modificationen des göttlichen 
Mefens im abfoluren Weſen der Gottheit verfchwinden, für 
das abfolute Bewußtſeyn der Gottheit gar nicht vorhanden 
feyen. Da aber aud) fo die Schwierigkeit nicht voͤllig geho⸗ 
ben ift, und. was die Gegner immer wiederholten, nicht 
wohl in Zweifel gezogen werden kann, daß die Manichder 
eine die göttliche Subftanz befledende Vermiſchung mit der 
Materie annehmen, fo ift in lezter Beziehung die Rechtfer= 
tigung der Manichäifchen Idee der Gottheit, oder die Ma⸗ 
nichäifche Theodicee, nur in der endlichen Entwillung des 
großen Kampfes zu fuchen. In diefer Hinficht mag man 





‚Dritter, Üöremin 


. 


.* Pi Piul BED EPG . Bar « 


Seele und Leib, die Erfchaffung des erften 
Menfchen, die Sünde. 


Die Weltfhdpfung befteht nach Manes darin, daß 
die von Gott ausgehende allgemeine Seele ſich mir der Ma: 
terie vermifchte. Das der Materie entgegenftehende Prin- 
eip wird feinem wefentlichen Begriff nach als wuyn bezeich⸗ 
net. Indem die youyn der Materie ſich mittheilt, ſich von 
ihr fefleln und gefangennehmen, ſich in fie herabziehen 
läßt, geht aus digfer Vereinigung das Weltganze als ein 
aus Seele und Leib beftehender Organismus hervor, der 
fich in concreter Anfchauung gleichfam ald menfchliches In—⸗ 
dividuum darftellt. Was nun aber von der Einen Seele, 
der allgemeinen Weltfeele gilt, gilt auch von den einzelnen 
Seelen und den menfchlichen Seelen insbefondere. Auch 
fie find aus einem urfprünglichen reinern und vollkomm⸗ 
nern Zuftand in diefe zeitliche Weltordnung herabgefommen 
und ihr einverleibt worden. Dicunt etiam nonnullas ani- 
mas, quas volunt esse de substantia Dei et ejusdem 
omnino nalurae, quae non sponte peccaverint, sed a 
‘ gente tenebrarum, quam mali naturam dicunt, ad 
quam debellandam non ultro, sed patris imperio de- 
scenderunt, superatae et oppressae sint affıgi in aeter- 
num glo o horribili ienebrarum. Xuguft. De nat. boni, 
c. 42. Der Inbegriff diefer Seelen ift eben jene wuyn 
die die Mächte der Zinfterniß raubten, ald der Urmenſch 
ihnen zum Kampf entgegengeftellt wurde, oder die mit der 

Ma: 


— 143 — 


Materie gemifchte göttliche Kraft. Wie der Urmenfch uns 
terliegt, fo werben. aud) fie in demſelben Kampfe, zu wels 
chem fie, wie jener, von Gott herabgefendet wurden, von den 
feindlichen Mächten überwältigt. Es ift demnach eine uns 
freiwillige Gefangenſchaft, in die fie fich dahingeben mußten, 
aber nach andern Stellen ſtellte Manes diefes Schickſal der 
- Seelen aud) wieder ald einen freiwilligen Abfall dar. Aus 
guftin fagt in derfelben Stelle: An ıllae anımae, gquas in 
globo tenebrarum in aeternum configit , non erant inco- 
lae lucis, de quibus aperte dicit, quod errare se a prio- 
ri Incida sua natura passae sint, ubi et nolens coactus 
est dicere, libera eas voluntate peccasse. — Propterea 
damnantur animae lucis, quia dilexerunt tenebras. Yus 
guftin meint eine Gtelle in Mani's Epistola fundamenti , 

in welcher nad) Evodius De fide c. 5. Manes von Seelen 
ſprach, quue mundi amore errare se a priorij lucida sul 
ralura passae sunt, alque inımicae lumini sancto exti- 
terunt, apertegue in perniciem sanctorum elemeniorum 
se armarunt, et igneo spirilui obsecutae sunt. Et quia 
“a malo superari se passae sunt, in eadem mali stirpe 
perseverabunt, pacifica ılla terra et regionibus immor- 
talıbus sibimet interdictis. Quod ideo illis eveniet, quia 
ua iniguis operibus se obstrinzerunt, ut a vita et liber- 
$ate Iucis abalienarentur. Ob diefer Abfall ein freiwilli⸗ 
ger oder unfreiwilliger war, wollen wir hier auf fich beruhen 
lafien, da ed und blos um den Hauptfaz zu thun ift, daß, 
wie die Seele überhaupt, fo die einzelnen Seelen ald In⸗ 
dividuen, vermittelft deffelben Kampfes, der der fichtbas 
sen Weltordnung ihr Dafeyn gab, aus dem Lichtreid) herabs 
gefommen find. Vgl. Aug. Contra Fortunat, Disp.1.: Di- 
citis, bellum gestum esse a Deo ante constitutionem 
mundi, in quo bello nos , id est, animas — commixtas 
esse omni malo et morti implicitas, asseritis. Wie aber 
Manes alles Piychifche als einen Ausfluß des eichtreiches 

Baur’ s Mania. RI. Syſt. 


4 


—-4- 


betrachtete, fo ließ er dagegen alles Leibliche aus dem Reiche 
der Hyle, oder des Fuͤrſten der Finfterniß, ſtammen. Omnia 
corpora ex tenebrarum gente esse, dicitis, hält Auguſtin 
dem Manichder Fauflus XX, IL entgegen. Vgl. XX, 22.: 
Manichaei corpora humana opificium dicunt esse gen- 
tis tenebrarum et carceres, quibus victus inchusus est 
Deus. Da die gens tenebrarum mit ber Hyle identiſch 
iſt, fo kann diefer Lehrfaz des Manichäifchen Syſtems nicht 
befremden. Der Gegenfaz ded guten und böfen Principe 
muß immer auch wieder als der Gegenfaz zwifchen Geift 
und Materie, Seele und Leib, genommen werden. Augus, 
ftin wendet zwar in ber erftern Stelle gegen jenen Saz ein, 
es fey eine Inconſequenz der Manichder, alles Körperliche 
aus dem Reiche der Finfterniß abzuleiten, da fie ja auch 
die gbrtliche Subſtanz ſich nicht anders als koͤrperlich den⸗ 
ken koͤnnen, allein es wird hieraus nur um fo gewißer, daß 
die Manichaͤer, wenn ſie koͤrperliche und materielle Begriffe 
auf das goͤttliche Weſen und das reine Lichtreich uͤbertru⸗ 
gen, ſie nicht eigentlich und woͤrtlich genommen wiſſen woll⸗ 
ten, ſondern einen bildlichen Sinn mit ihnen verbanden, 
indem ja der menſchliche Geiſt, ſo lange er an dieſe Koͤrper⸗ 
welt gebunden iſt, ſich auch das Geiſtige und Intelligible 
nur unter Formen denken kann, die, von der Koͤrperwelt genom⸗ 
men, von der bildenden, Geiſtiges und Materielles verbinden⸗ 
den Phantaſie als Huͤlle des Geiſtigen gebraucht werden. Da 
alles Koͤrperliche aus der Hyle ſtammt, ſo wurde das Reich 
der Finſterniß, auch ehe es ſich noch mit dem Lichtreich ver⸗ 
miſchte, als der Siz des animaliſchen Lebens gedacht. Es 
iſt reich an Geſchoͤpfen aller Art, die ſich in uͤppiger Frucht⸗ 
barkeit fortpflanzen (©. oben ©. 23.). Während das Licht: 
reich nur in Emanaͤtionen, die wie Kichtfirahlen von ihm 
ausgehen, ſich mittheilt und offenbart, erzeugt ſich Dagegen 
in dem Reiche der Finfterniß durch gefchlechtliche Vermi⸗ 
fung neued Leben. Daß ed eine Dunlität der Gefchlechter, 


. 15 —_ 


"en männliche und ein weibliches, gibt, daß beide vereinigt 
durch Zeugung fich fortpflanzen, ift eine diefem Reiche eis 


genthämliche Ordnung der Natur. Deum, fecisse et con- 


janzisse masculum et feminam, Manichaei negando 
damnant, — ipsi opinantur et praedicant, diabolum 
‚fecisse et conjunxisse masculum et feminam. Aug. Con- 
tra Faustun X1X, 29. Wie uun aber das durd) ges 


fchlechtliche Vermiſchung und Zeugung ſich fortpflanzende 


koͤrperliche Leben aus dem Reiche der Finfterniß ſich auch. 


der durch die Mifchung der beiden Reiche gewordenen 
zeitlichen Weltordnung mittheilte, darüber hatte die Ma- 
nichäifche Lehre einen eigenen Mythus, in welchem die 
origo carnium auf folgende Weife erklärt wurde: Dicunt 
isti vanılogni et menlis seductores in illa pugna, quando 
* primus homo eorum tenebrarum gentem elementis fallaci- 
. bus irritavit, utriusgue sexus principibus ididem caplis, 
cum ex eis mundus construeretur, plerosgue eorum in 
coelestibus fabricis colligatos, ın quibus erant etiam 
feminae: aliguae praegnantes: quae, cum coelum rotari 
coepisset, eandem vertiginem ferre non valenies, con- 
ceptus suos abortu excussisse, eosdemqgue abortivos foe- 
tus et masculos et feminas de coelo in terram cecidisse, 


vixisse, crevisse, concubuisse, genuisse. Hinc esse di- 


cunt originem carnium omnium, quae moventur in ter- 
ra, in aqua, in aere. Ergo si de coelo est origo car- 
nium etc. — Quid tam insanum dici potest, fezt Augu⸗ 
fin Hinzu, quam conceptus ‚Jactos ante vitae eommix- 
tionem tanto vivaciores fuisse, ut et abortivi, et de 
coelo in terram ruentes viverent, commixta aulem vita, 
nisi tempore maturo editi, vivere non possint, et si 
de paulo alliori loco cadant, continuo moriantur ? Uti- 
que, si regnum vilae conira regnum mortis belligeravit, y 
commizta vila vivaciores facere debuit, non corrupli- 
biliores. Aug. Contra Faust. VI. 8. Zu vergleichen ift Damit 
8.. 


\ 


un 


betrachtete, fo ließ er dagegen alles Leibliche aus dem Neiche 
der Hyle, oder des Fürften der Finfterniß, ſtammen. Omnia 
corpora ex tenebrarum gente esse; dicitis, hält Auguſtin 
dem Manichder Fauftus XX, II. entgegen. Vgl. XX, 22.: 
Manichaei corpora humana opificitum dicunt esse gen- 
tis tenebrarum et carceres, quibus victus inchusus est 
Deus. Da die gens tenebrarum mit der Hyle identifcd) 
iſt, fo kann diefer Lehrfaz des Manichäifchen Syſtems nicht 
befremden. Der Gegenfaz des guten und böfen Princips 
muß immer auch wieder ald der Gegenfaz zwifchen Geift 
und Materie, Seele und Leib, genommen werden. Augus, 
fin wendet zwar in der erftern Stelle gegen jenen Saz ein, 
es fey eine Inconſequenz der Manichaͤer, alies Körperliche 
aus dem Reiche der Finfterniß abzuleiten, da fie ja auch 
die göttliche Subſtanz fich nicht anders als koͤrperlich den⸗ 
ken fonnen , allein.eö wird. hieraus nur um fo gewißer, daß 
die Manichäer, wenn fie koͤrperliche und. materielle Begriffe 
auf das göttliche Wefen und das reine Lichtreich übertrus 
gen, fie nicht eigentlich und woͤrtlich genommen wiffen woll⸗ 
ten, fondern einen bildlichen Sinn mit ihnen verbanden, 
indem ja der menfchliche Geift, fo lange er an diefe Körper= 
welt gebunden tft, ſich auch das Geiftige und Intelligible 
nur unter Formen denken kann, die, von der Körpermweltgenomz 
men, von der bildenden, Geiftiges und Materielles verbinden- 
den Phantafie ald Hille des Geiftigen gebrauchtwerden. Da 
alles Körperliche aus der Hyle flammt, fo wurde das Reich 
der Finfterniß, auch ehe es fich noch mit dem Lichtreich vers 
mifchte, als der Siz des animalifchen. Lebens gedacht. Es 
ift reich an Gefchdpfen aller Art, die fich in uͤppiger Frucht: 
barkeit fortpflanzen (©. oben ©. 23.). Während das Licht: 
reich nur in Emanationen , die wie Kichtftrahlen von ihm 
ausgehen, ſich mittheilt und offenbart, erzeugt fic) Dagegen 
in dem Reiche der Finfterniß durch gefchlechtliche Vermi⸗ 
ſchung neues Leben. Daß es eine Dualität der Gefchlechter, 


— 15 — 


ein maͤnnliches und ein weibliches, gibt, daß beide bereinigt 
durch Zeugung ſich fortpflanzen, ift eine diefem Neiche eis 
genrhiämliche Drdnung der Natur. Deum fecisse et con- 
jJunxzisse masculum et feminam,. Manichaei negando 
damnant, — ipsi opinantur et praedicant, diabolum 


‚fecisse et conjunxisse masculum et feminam. Yug. Con- 


tra Faustum XIX, 29. Wie uun aber dad durch ges 
ſchlechtliche Vermifchung und Zeugung fi) fortpflanzende 


förperliche Leben aus dem Reiche der Finfterniß ſich auch. 


der durch die Mifchung der beiden Neiche gewordenen 
zeitlichen Weltorbnung mittheilte, darüber hatte die Ma⸗ 
nichäifche Lehre einen eigenen Mythus, in welchen die 
origo carnium auf folgende Weife erklärt wurde; Dicunt 
isti vanilogki et mentis seductores in illa pugna, quando 
primus homo eorum tenebrarum gentem elementis fallaci- 
bus irritavit, utriusque sexus principibus.ibidem captis, 
cum ex eis mundus construeretur , plerosque eorum in 
coelestibus fabricis colligatos, ın quibus erant etiam 
‚feminae: aliguae praegnantes: quae, cum coelum rotari 
coepisset, eandem verliginem ‚ferre non valentes, con- 
ceptus suös aborlu excussisse, eosdemque abortivos_foe- 
tus et masculos et feminas de coelo in terram cecidisse, 


vixisse, crevisse, concubuisse, genuisse. Hinc esse di- 
cunt originem carnium omnium, guae moventur in ier-. 


ra, in aqua, in aere. Ergo si de coelo est origo car- 
nium etc. — Quid iam insanum dici potest, fezt Augu⸗ 
ftin Hinzu, guam conceptus factos ante vitae eommix- 
tionem tanto vivaciores fuisse, ut et abortivi ‚et de 
coelo in terram ruentes viverent, commixta autem vita, 
nisi tempore maturo editi, vivere non possint, et si 
de paulo altiori loco cadant, continuo moriantur ? Uti- 
que, si regnum vilae contra regnum mortis belligeravit, , 
commizta vila vivaciores facere debuit, non corrupti- 
biliores. Aug. Contra Faust. VI. 8. Zu vergleichen ift Damit 
8.. 


\ 


— 116 — 

XXI, 12.: Itane in illa gente non erat sanitas corporum, 
'in qua et nasci et crescere et gignere el ita perdurare 
potuerunt illa animalia „ut quibusdam .eorum gravidis, 
sicut desipiunt, 'captis, et. in 'coelo colligalis, nec sal- 
tem pleni temporis, sed abortivi foetus de iam excelso 
in ierram cadentes, et vivere potuerint el creseere, et 
ista carnium, guae nunc sunt, innumerabilia genera 


propagare? *) Der Manichäiiche Mythus hat eine gewiße 





1) Auguftin fährt unmittelbar nach den obigen Worten fort : 
;aut copia ibi non brat, ubi arbores. non tantum in aquis 
et ventis, sed etiam in igne et fumo et nasci. potuerunt, 
et tänta fecunditate ditari, ut ex earum fructibus sui 
cujusque 'generis animalia gignerentur, et ‚earum arbo- 
rum feracitate nutrita atque pasta conservarentur, quo- 
vum saginae laetitiam prolis quoque fecunditas testare- 
tur, maxime- ubi nullus labor agriculiurae, 'nec intem- 

. peries.esset ‚nestatis et hiemis, neque enim.sol ibi cir- 
cumibat, us alternantibus temporibus anni transcurre- 
rent? Proinde perpetua fertilitas erat arborum,. quidus 
“ elementum et alimentum sui generis sicut gignendis af- 
Fuerat „ ia foetandis perpetuo suppetebat, et fructus 
nunquam. deesse faciebat. _ Auguftin beftreitet hiemit den 
Manichaͤiſchen Begriff. des Reichs der Sinfterniß, das zu le’ 
bensvoll gedacht werde, als daß ed noch einen firengen Ge- 
genfaz gegen das Reich des guten Gottes bilden koͤnne. Da⸗ 
bin gehört auch die DVorftellung, daß die Thiere aus den 
Früchten der Bäume entftanden feyn follten, wovon Augu⸗ 
ftin auch VI, 8. noch genauer fpriht: Zpsa prima corpora 
ex arboribus. ibidem natis, tanguam vermiculis, opinan- 
dur exorta, ipsas autem ‚arbores.exx quinque illis elemen- 

etis. Proinde si animalium corpora primam originem 
habent ex _arboribus, secundam de coelo, quid causae 

est, ut immundiora, quam fructus arborum, existimentur? 

Es ſcheint hier die oben S. 88. aud dem Buche Bundehefch 
erwähnte perfifhe Vorſtellung zu Grunde liegen, nad) wels 
her Ormuzd eine Planzewachfen ließ, die, zum Baume ges 


- 17 — 


Hehnlichfeit mit dem Platonifchen, nach welchem es unter 
den Seelen, die dem Zuge der Götter folgen, auch folche gibt, 
die beim Umfchwunge des Himmelsgewoͤlbs unvermögenb 
find, fi) auf dem aͤußerſten Himmelsrande zu halten, und 
daher aus Mangel an Kraft zur Erde niederfinfen. Wie 
die Seelen durch einen Abfall aus der höhern Welt herabge- 
kommen feyn follten, jo ließ Manes auch das forperliche Leben - 
‚auf analoge Weife, obgleich aus entgegengefeztem Urfprung, 
“durch einen Fall vom Himmel, entftehen. Mit den vom 
Himmel herabgefallenen Leibern der Dämonen wurde nun 
auch die dem Reiche der Finfterniß eigenthuͤmliche gefchlechts 
liche Zortpflanzung in der gefchaffenen Welt einheimifdy. 
So ſtammt, obgleich die Art der Herabkunft diefelbe 
ift, jedes der beiden Elemente des organifchen Lebens aus 
einem der beiden entgegengefezten Meiche, die Seele aus 
dem, LXichtreich, der Leib aus dem Reiche der Finfterviß. 
Wie entftund aber der aus der Vereinigung jener beiden 
Elemente beftehende Menſch? Es war dies ein Hauptges 
genfland der Epistola fundamenti, wie wir aus Auguſtins 
Schrift gegen dieſen Brief c. 12. ſehen. De eo, dilectissi- 
‚me frater, ſchrieb Manes an den Freund, :an welchen der 
Brief, gerichtet ift, audisti, de quo mihi significasti, die. 
cens: nosse le cupere, eujusmodi.est nativitas Adae 
et Evae, utrum verbo sint prolati, an, progeniti ex 
corpore. Respondebitur tibi, ut congruit. Nam de his 
a plerisque in varüs scripturis relationibusque dissimili 





worden, unter ihren Sprößlingen die erften Menfchenpaare 

trug. Nur war die Pfianze felbtt aus dem Samen bes Ur⸗ 
menfchen Kaiomorts, und diefer felbft aus dem Urftier ents 
ftanden. Manes aber läßt, wie es ſcheint, das organiihe , 
Leben in ftetem Zufammenhang ganz von unten herauf ſich 
entwideln, aus den Elementen die Bäume, aus den Baͤu⸗ 
men bie Thiere, und unter diefen auch die principes tenebra- 
rum, foweit fie ass koͤrperliche Weſen betrachtet werden Löhnen. 


- 116 — 
modo insertum atque commemoratum est. ÜOuaprop- 
ter, ut veritas istins rei sese habet, ab universis fere 
gentibus ignoratur, et ab omnibus, qui etiam de hoc 
dia multumgue disputaverunt. Si enim illis super 
Adae et Evae generatione provenisset manifeste cog- 
noscere, nunquam corruplioni et morti subjacerent. 
(Die Frage hatte große Wichtigkeit, weil fie mit der Mani⸗ 
chaͤiſchen Hauptlehre, daß bie Fortpflanzung des Lebens 
durch Zeugung der Seele einen immer neuen Kerker bereite, 
aufs engſte zuſammenhaͤngt). Necessario ergo plara sunt 
ante commemoranda, ut ad illud mysterium sine ulla 
possit dubitatione et ambiguitate perveniri. Unde, si 
tibi videtur, ausculta prius, quae fuerint ante constitu- 
tionem mundi, et quo pacto sit proelium agitatum, 
ut possis luminis sejungere naturam ac tenebrarum. 
Manes geht daher, um jene Frage zu beantworten, auf die 
erften Principien feines Syſtems zurüf. Bei diefen bleibt 
Auguſtin in feiner. Gegenfchrift gegen die Epist, fund. fte- 
ben, wir lernen daher die Manichäifche Anficht von der 
Erfhaffung des erſten Menfchen erft aus einer andern 
Schrift Auguftind näher kennen, aus der Schrift De na- 
tura boni c. 46., wo fie Auguftin aus der Epistola funda- 
menti in ihrem Zufammenhange mittheilt. A guibusdam 
principibus geptis tenebrarum, bemerkt Auguftin, sic di- 
cunt Adam primum hominem creatum, ut lumen, ab 
eis ne fugeret, teneretur. In epistola enim, quam fun- 
damenti appellant, quomodo princeps tenebrarum, 
quem patrem primi hominis inducunt, ad ceteros, so- 
cios suos, tenebrarum principes locutus fuerit et egerit, 
ita scripsit Manichaeus: „Iniquis igitur commentis 
ad eos, qui aderant, ait: Quid vobis videtur maximum 
hoc lumen, guod oritur?: Intuemini, quemadmodum 
polum movet, concutit plurimas potestates. Quaprop- 
ter mihi vos potius aeguum est, id, quod in vestris vi- 


ribus habetis luminis, praerogare: sic quippe illius mag- 
ni, qui gloriosus apparuit, imaginem fingam, per quam 
regnare poterimus, tenebrarum .aliguando conversatio- 
ne liberati. Hoc audientes, ac diu secum deliberantes 
justissimum putaverunt, id, quod postulabatur, prae- 
bere. Nec enim fidebant, se idem lamen jugiter retentu- 
ros, unde melius rati sunt, principi suo id offerre, ne- 


.  quaquam desperantes, eodem se paclo regnaturos. Quo 


igitur modo lumen illud, quod habebant, praebuerint, 
considerandum est. Nam hoc etiam omnibus divinis 
scripturis drcanisgue coelestibus adspersum est: sapi- 
entibus vero, quomodo sit datum, scire, minime 
est. difficile: nam coram aperteque cognoscitur 
ab eo, qui vere ac fidelitur intueri voluerit. 
Quoniam eorum, qui convenerant, erat freguentia pro- 
miscua, Scilicet feminarum ac masculoram, impulit 
eos, ul inter se cotrent, ın quo coitu alii seminarunt, 
aliae gravidae efJectae sunt. Erant autem partus üs, 
qui genuerant, similes, vires plurimas parentum uti 
primi ꝰ) obtinentes. Hoc sumens eorum princeps uti 
praecipuum donum gavisus est. Et sicuti etiam nunc 
‚fieri videmus corporum formaticem naturam mali inde 
vires sumentem figurare, ita:elidm ante dictus prin- ' 
ceps sodalium prolem accipiens :habentem parenlum 
sensus, prudentiam, lucem simul secum in generatione 
procreatam comedit, ac plerisque viribus sumtis ex 
istiusmodi esca, in qua non modo inerat fortitudo, sed 
multo magis astutiae et pravi sensus ex fera genito- 
rum genle, propriam ad se conjugem evocavil, ex ea, 





2) Zu primi fupplirt Mosheim ©. 805., was 'eine ganz fals 
fhe Anſicht gibt, Rominis. Primi tft auf partus zu bezie⸗ 
ben. : Als die erften Sprößlinge ihrer Eltern trugen fie um 
ſo mehr die volle Kraft derfelben: in -fich. 


— 


qua ipse erat, stirpe manantem., el facto cum eo coitu 
serminavit, ut ceteri, abundantiam malorum, quae de- 
voraverat, nonnihil etiam ipse adjiciens ex sua cogi- 
tatione ao. virtute, ul essel sensus ejus omnium, quae 
profuderat, formator atque descriptor, cujus cempar 
excipiebat haec, ut semen consuevit oulta optime terra 
peroipere. In eadem enim construebantur et contexe- 
bantur omnium imagines, coelesttum ac terrestrium 
virtutum, ut pleni videlicet orbis id, quod formabatur, 
similitudinem obtineret *. Die Berichte, bie wir bei den 
andern Hauptfchriftftellern hierüber finden, werben in dem 
Gange der folgenden Unterfuhung von felbft ihre Stelle 
erhalten. Sie flimmen mit dem Inhalte ded wichtigen 
Fragments aus Mani's Briefe, das wir Auguſtin verban- 
fen, in der Hauptfache vollfommen überein, und weichen 
nur davon ab, daß fie den erften Menfchen nicht auf die 
bier befchriebene Weiſe von dem Fürften der Finfterniß mit 
feiner Gattin erzeugt werden laffen. 

Ehe wir die wahren Ideen Mani's über die Entſte⸗ 
hung des Menfchen aus den vorliegenden Quellen zu er: 
heben fuchen, muß hier eine Zrage in Erwägung gezogen 
werden, die zuerft Mosheim Comment. de rebus Christ. 
ante Oonst.M. S. 806. erhoben hat. Noch Beaufobre läßt 
in feiner Darftellung des Manichäifchen Syſtems ohne Be- 
denken die Schöpfung der Welt mit allem, was zu ihr ges 
‚hört, der Bildung des Menfchen vorangehen. Dagegen 
glaubte Mosheim die Bildung des Menfchen an den Anfang 
ded zweiten Acts des Kampfs der beiden Principien fo 
ftellen zu miffen, daß ihr zwar der erfte Hauptact, ber 
Kampf mit dem Urmenfchen, vorangeht, die eigentliche 
Schöpfung der Welt aber ihr erft nachfolgt, und fie felbft 
völlig gleichzeitig ift mit der Erfcheinung des lebendigen 
Geiftes, mit welcher nady Mosheim der zweite Hauptact 
des Kampfs beginnt. Pro verto poni potest, fagt Moss 


— 1231 — 


heim zum Begründung feiner Anficht, primos homines fa- 
ctos esse, anteguam vicloria polirelur spirilus vivens, 
inter ipsa novi belli initia: ex qua conseguitur, exii- 
- tisse ‘eos, alterum saltim eorum, Adamum, antequam 
hic terrarum orbis crearetur, quem a spiritu vivente 
post debellatum tenebrarum regem demum formatum 
esse, constat. Novum hoc est: omnes enim, qui de his 
rebus scripserunt, quos quidem ipse tractavi, terram 
nostram, ex Manetis senientia, humano gener$ anti- 
quiorem esse, tradunt, atque hominem terrae causa ge- 
nitum esse, arbitrantur. Ei habent illi aucterem sen- 
tentiae suae non contemnendum, Turbonem in Actis 
disputationis Archelai c.7., ut taceam alios, quibus uti 
possunt. Sed certissime falluntur, si fides ipsi Maneti 
‘ Raberi potest. Homo prior est orbe nostra: et genera- 
tio hominis sine dubio causa est conditi orbis nastri, 
cujus quidem fabricationem non imperasset Deus, 
nisi callidus hostis homine generando consilia ejus in- 
verlisset, alque animas, quas Deus brevi recuperare 
. volehat, curpori, tanguam custodiae, inclusisset. Dex 
Mosheim'fchen Anficht folgte unter den Aeltern Wald) Hiſt. 
der Kezereien Ch, J. ©. 755,, unter den Neuern Wegnern 
©. 32., beide jedoch, ohne in eine Unterfuchung diefer Sache 
einzugehen. Neander hat zwar bie frühere Conftructionss 
weife, nach welcher der Menſch fpäter als die uͤbrige Natur 
gefchaffen wäre, in feiner Darftellung vorgezogen, aber mit 
ſchwankendem Urtheil. Leider feyen in den auf und ges 
fommenen Bruchftüfen Mani's, an welche man fich in ber 
Darftellung feines Syſtems am ficherften halte, zu große 
Luͤcken, um aus feinen eigenen Worten die Streitfrage ent⸗ 
fcheiden zu koͤnnen. Auffallend ift, daß Gieſeler ſowohl in 
dem Lehrbud) der Kirchengefchichte, ald auch in den genannten 
Fririfchen Erörterungen über die neneften Bearbeitungen der 

Manichäifchen Lehre diefen nicht unmwichtigen Punct gar nicht 


-_ 


— 122 - 


berührt hat. Mir fcheint, wenn man fich in den allgemei- 
nen Geſichtspunct, aus welchem die Manichäifche Kosmos 
gonie aufzufaflen ift, richtig hineinverfezt, die Entfcheidung 
nicht fo ſchwierig. Mosheim legt das Hauptgewicht dar⸗ 
auf, daß die Erjchaffung ded Menfchen ganz in den erften 
Moment der Erfcyeinung des lebendigen Geifts gefezt wers 
de. Das maxzımum lumen, auf weldyes der Fürft der 
Finſterniß in der Epist. fund. bei Yuguftin feine Dämonen 
hinweiſe ſei der spiritus vivens in dem Augenblik, als 
diefer erft im Begriff war, zur Erneuerung des Kampfes 
vom Himmel herabzufteigen. Ebenſo werde nad) Titus 
von Boftra, in der Vorrede zum dritten Buch, der Menfch 
gebildet ToV Yavevrog nowrov Ent Tv Avrowaw Tas 
vuxñe, TS Yvoas noWrov avoıyeiong. Mit welchem 
Rechte wird aber die Erfcheinung des lebendigen Geiftes von 
feiner demiurgifchen Thätigfeit fo getrennt, daß zwiſchen 
beide die Erfchaffung des Menfchen hineinfallen kann? 
Nach der gegebenen Entwiflung ift ja die Thaͤtigkeit diefes 
Geiftes, fofern fie demiurgiſch ift, nur eine fondernde, 
ordnende und begrenzende, was aber gefondert, georbnet 
und begrenzt wird, kommt unmittelbar dadurch zu Stande, 


daß der Urmenfch auf der einen Seite dem Angriffe des 


Sürften der Finfterniß unterliegt, auf der andern aber dem 


vernichtenden Beginnen beffelben das angemeßene Ziel ges 
fezt wird. Man wuͤrde gewiß den wahren Character ber 
Manichäifchen Kosmogonie verfennen, wenn man an fi) 
getrennt denken wollte, was nur die mpthifch = bildliche 
Darſtellung nad) ihrer perfonificirenden, in einer Reihe von 
Handlungen entfaltenden Weife trennt und auseinanderhält. 
So fällt Daher auch hier, was ale eine Succeßion verfchie= 
bener Momente erfcheint, die Erfcheinung des Urmenfchen, 
fein Rampf und fein Unterliegen, die Sendung des Geiz: 
ſtes zu feiner Hülfe, und alles, was der Thätigfeit deſſel⸗ 
ben zugefchrieben wird, an ſich betrachtet in Einen Begriff 


— 123 _ 


zufammen, ed tft nur der Act der Vermiſchung der entges 
gengefezten Principien, wobei nothwendig jedem biefer beis 
den eine beftimmte Grenze gefezt werben muß. Wird diefe 
Anficht ſchon durch eine richtige Würdigung der dem Mas 
nichaͤismus eigenthämlichen Darftelungsform geboten, fo 
fann den ausdräflichen Zengnißen mehrerer Schriftfteller, 
die die Bildung des Menfchen erft nach der Weltfchhpfung 
folgen laſſen, um fo weniger die Beweiskraft abgefprochen 
werben. Mosheim felbft bemerft, daß die früher gewöhns 
liche Eonftructionsweife fi) mit Recht auf die Acten des 
Archelaus flüzen kͤnne. Wie man auch die Worte Alckan⸗ 
ders von Lycopolis c. A. von dem aus der Sonne herabs 
leuchtenden Menfchenbilde verfiehen mag, erfchaffen wird 
doch auch bier der Menſch erft, nachdem die Sonne ihre 
Stelle im Weltfyftem eingenommen bat. Bei Titus von 
Boftra wird zwar der Menſch gebildet, fobald der Geift zur 
Huͤlfe der wuyn, oder des Urmenfchen, erfcheint, und die Lichtz 
pforte fich Öffnet, aber er wird gebildet Zul ung yng, bie 
Erde ift demnach ſchon vorhanden, und man kann nicht mit 
Mosheim fagen, dad Dafeyn der Erde werde von diefem 
Schriftfteller eben durdy die vorangehenden Worte geläugs 
net. Unbegreifllih bliebe, wie alle diefe Schriftfteller , 
die Richtigkeit der Mosheim'ſchen Anficht vorausgefezt, 
zu einer bie natürliche Ordnung fo fehr verkehrenden Dars 
ftellung follten gefommen feyn, während alles, was für die 
Mosheim’fhe Anficht geltend gemacht wird, ſich ohne 
Schwierigkeit als unhaltbar nachweifen läßt. Die Berus 
fung auf die Auctorität Mani's felbft fällt nach den fo eben 
gemachten Bemerkungen von felbft hinweg: Titus von Bo⸗ 
ſtra fpricht, wie ebenfalls fchon bemerkt ift, vielmehr für das 
Gegentheil: noch weniger aber Fann man mit Neander ©. 
839. auf die Worte Aleranderd von Lycopolis c. 23. ein 
Gewicht legen: "Ev yAim Tv eixova Empaodeı Adyovow 
05 Ey8vero zur altoVg ano Tg npög Tip ulm Ügegov 


F 


— 124 — 


‚duaxgioeng. Diefe Worte verfteht Neander fo, tie wenn 
Alexander dem Manichäifchen Syflem ven Vorwurf der In⸗ 
eonfequenz machen wollte, daß nemlich Mani die Sonde: 
rung ‚der von ber Materie unafficirten Seele, oder des Son⸗ 
nengeiftes, von dem Uebrigen erſt nad) der Menfchenbildung 
‚habe vor fich gehen laffen, während er doch ven Men 
ſchen felbft nad) dem in der Sonne erfchienenen Bilde ge; 
bildet werden laffe. Allein, abgefehen davon, daß Alexan⸗ 
ber einen fo handgreiflihen Widerfpruch ftärfer wiirde her- 
vorgehoben haben, kann vgegov nady dem Zuſammen⸗ 
bang nicht wohl auf die, Menfchenbildung, fondern nur 
darauf bezogen werden, daß unmittelbar vorher von der 
Vermiſchung der Feir Övvanıs mit der van die Rede ift. 
Erft nachher (üsegov), nachdem biefed gefchehen war, fen 
die Sonne von der Materie auögefondert worden. Endlich 
darf wohl aud) noch daran erinnert werben, daß ein fol- 
ches geoov nooregoV, ‚die Erfchaffung des Menfchen vor 
der Erfchaffung der Erde, die doc) allein ald der Wohnſiz 
des Menfchen gedacht werben kann, nichr gerade im Geifte 
des Manichäifchen Syſtems liegt, das doc) felbft im Rei⸗ 
che der Hyle die verſchiedenen Naturwefen in einer be= 
ftimmten, ihrer Natur angemeflenen Ordnung vom Untern 
zum Obern auffteigend aufeinander folgen läßt. Uebrigens 
ift die Entfcheidung diefer Streitfrage auch deswegen nicht 
gleichgültig, weil fie mit der Trage Über den Zwek der 
Weltſchoͤpfung nach dem Manichäifchen Spftem in Verbin⸗ 
dung gefezt wird. Mosheim und diejenigen, die feiner 
Anſicht folgen, nehmen an, die Erde und bie Welt über: 
haupt fey um des Menfchen willen gefchaffen worben. 
Nach der Erfchaffung des Menfchen, der Einferkerung ber 
Lichtfeelen in feinen Leib, der Miſchung der beiden einan= 
der entgegengefezten Elemente ber beiden Reiche, fey Gott 
nicht anders übrig geblieben, als eine aus der lichten und 
finftern Erde gemifchte mittlere zu fehnffen, zum Wohnplaz 


J 


— 135 — 


für den Menſchen, und um die Seelen aus der Körperwelt zur. 
reinen Lichterde zuräfzuführen. Daher habe auf Gottes 
Befehl der lebendige Geift diefes Weltall gebildet, indem 
er der Sonne, dem Monde, den Geflirnen und dem Ues 
brigen feine Stelle anwied. Mosh. a. a. O. ©. 817.) 
Diefg Auffaffungsweife. trennt, wie fchon gezeigt iſt, ges 
— was offenbar zuſammengehoͤrt, was aber die Haupt⸗ 
ſache iſt, eine ſolche teleologiſche Weltanſicht widerſtreitet 
uͤberhaupt dem Geiſte des Manichaͤiſchen Syſtems. Die 
Schoͤpfung iſt ja in dieſem Syſtem nichts anders, als die 
Miſchung entgegengeſezter Principien, von dem guten Prin⸗ 
cip geht aber nicht einmal der Anfang der Miſchung aus, 
da die felbftrhätige Hyle vielmehr das gute Princip angreift. 
Die ſchoͤpferiſche Thätigfeit der Gottheit befteht daher nur 
darin, daß dem bdfen Princip das durch das Gefez des 
Gegenſazes geforderte Gleichgewicht entgegengefezt wird. 
Nachdem einmal der Kampf begonnen hat, geht allerdings 
die ganze Wirkfamkeit des guten Princips dahin, das mit 
dem Boͤſen Vermifchte von dem verunreinigenden Einfluß deſ⸗ 
felben wieder zu befreien, daß aber fir dieſen Zweck die Melt 
gefchaffen worden, Tann, wenn man auch eine größere 
Trennung der verfchiedenen einzelnen Schhpfungsmomente 
zugeben wollte, al& der Natur der Sache nad) zugegeben 
werden darf, auch fchon deswegen nicht behauptet werden, 
weil diefer Kampf in feiner weitern Entwicklung keinen an 
dern Character an fich tragen kann, als in feinem erften 
Beginne. Hatte er in feinem Beginne feinen Grund nicht 
in einer teleologifhen Thätigkeit ber Gottheit, fo koͤnnen 
auch nicht in feinem Verlauf Zwekbegriffe dad leitende, 
das Ganze beherrfchende Princip gewefen feyn, man müßte 
fonft, wenn das Leztere gelten foll, auch ſchon den erſten 





3) Vol. Wegnern S. 37. 41.: Spiritus vivens divino jussu 
in hominis commodum mumdum creavi. 


— 136 — 


Anfang und Anlaß des Kampfes teleologiſch auffaffen und 
aus der .Abficht der Gottheit erflären kͤnnen, das Reich 
des Guten durch Ueberwindung bes Bdfen zu verherrlichen - 
und um fo mehr zu befeftigen.. Man Fann- allerdings die 
endliche Entwiflung des Kampfes aus diefem Gefichtöpunf- 
te betrachten, aber nad) der dualiftifchen Weltanficht fann 
ein folches Refultar nicht von Anfang beabfichtigt f 

ift nicht die Urfache beffelben, fondern es ergibt ſich blos 
als natürliche Folge, da, fo ftreng der Gegenfaz feyn folls 
te, die negative Natur des Boͤſen es gleichwohl fo mit fich 
brachte, daß eine gewiße Superiorität, Die im Verlaufe des 
Kampfes mehr und mehr zum Vorfchein kommt, auf die 
Seite des Guten gelegt wurde. Der Kampf felbft hat weder 
in einer Zulaffung noch in einer abfichtlichen Veranftaltung 
der Gottheit feinen Grund und Urfprung, fondern die Gott: 
heit -ift nur durch das Gefez des Gegenfazes in denfelben 
hineingezogen, und nur der Gegenfaz ift es, vermdge deſ⸗ 
fen die ganze gefchaffene Welt ind Dafeyn kommt. Nicht 
um den Sieg des Guten möglich) zu machen oder zu be⸗ 
fördern, wurde fie gefchaffen, fondern nur deswegen, weil 
die Thätigkeit des guten und böfen Princips ſich nur in 
einem Mittlern und Gemifchten begegnen, daher nur in eis 
ner endlichen, aus heterogenen Elementen beftehenden Welt 
ſich ausgleichen Eonnte %). Die Welt um des Menfchen 


4) Sene teleologiihe Weltanſicht iſt auch der Zoroaſtriſchen 
Lehre fremd, welcher fie gleichwohl Rhode aufdringen wollte. 
Nach Rhode (Die heilige Sage des Zendvolks S. 201.) ſoll 

die ganze Koͤrperwelt nur deswegen geſchaffen ſeyn, damit 

in ihr die Feruers durch Ueberwindung des Boͤſen ſich ver⸗ 
herrlichen ſollen. Dabei werde das Daſeyn der Geiſterwelt 
unabhaͤngig von der Suͤnde vorausgeſezt, und nur die Ver⸗ 
koͤrperung derſelben, in der irdiſchen Welt, als nothwendig 
dargeſtellt, um das Boͤſe zu uͤberwinden und die Suͤnde 
aus zutilgen. Allein nah dem wahren Sinne der Zoroaſtri⸗ 


willen gefchaffen werben zu laffen 5), iſt überdies mit den 
Grundlehren des Manichäifchen Spitems um fo unvereins 
barer, da der Menfch gerade nad) der Seite feines Weſens, 
nach welcher er ber gefchaffenen fichtbaren Welt angehört, 
nicht vom guten Gott, fondern von dem Fürften ber Zins 
fterniß gefchaffen ift. Weit gefehlt alfo, daß Gott durch 
die Schöpfung der Welt die Befreiung ber Lichtſeele aus 
dem materiellen Leibe befbrbert hätte, hätte er vielmehr 
dadurch, daß er dem Menfchen nad) diefer Seite feines 
Weſens in der gefchaffenen materiellen Welt eine fefte und 
fichere Bafis gab, nur ihre Gefangenfchaft um.fo dauern⸗ 
der und allfeitiger begründet, und das Werk des Fuͤrſten der 
Sinfterniß fortgeſezt. Wendet man ein, die gefchaffene 
fichtbare Welt fey auch in diefem Syſteme aus dem Ges 
fihtöpunct eines Uebungsorts für die freie firtliche Kraft 
des Menfchen zu betrachten, fo müßte auch die Erfchafs 
fung des Menfchen felbft, die Vereinigung ber Lichtſeele 
mit einem materiellen Leibe unter denſelben ethiſchen Ge⸗ 
ſichtspunct geſtellt werden koͤnnen. Allein diefer Anſicht 


ſchen Lehre iſt Ahriman in Beziehung auf die Koͤrperwelt 
das Princip der Endlichkeit. Die geſchaffene ſichtbare Welt 
iſt eine endliche, wie ſich die Koͤrperwelt uns darſtellt, weil 
Ahriman die reine Schoͤpfung des Ormuzd verunreinigt und 
verdunkelt, dem Guten uͤberall das Boͤſe zur Seite geſezt 
hat. Man kann daher nicht ſagen, die Koͤrperwelt ſey 
deswegen geſchaffen, um den Ahriman zu uͤberwinden, ſie 
iſt ja das gemeinſame Product des Ormuzd und Ahriman, 
und inſofern nur deswegen geſchaffen, weil aus der entge⸗ 
gengefezten Wirkſamkeit diefer beiden Grundwefen feine an⸗ 
dere fihtbare Welt hervorgehen konnte, ald nur eine endliche, 
eine folhe, wie die Körperwelt fft. 
5) Vgl. MWegnern ©. 41. Terram hominis potissimum causa 
Deus fingi jusserat , ut omnino lucis paries amissas in- 
primis vero hominis animam servaret. 


\ 


— 130 — 


navit. Weltſchoͤpfer iſt demnach Gott nur ſoweit, als 
es die Vermiſchung des Guten und Boͤſen, oder der noth⸗ 
wendige Gegenſaz, zulaͤßt, fo, daß alles Boͤſe in dem weiten 
Umfang, in welchem der Manichaͤismus dieſen Begriff 
nahm, alſo alles Materielle von ſeiner ſchoͤpferiſchen 
Thaͤtigkeit ausgeſchloſſen iſt. Um jedoch wenigſtens dem 
Ausdruk nach Gott als Weltſchoͤpfer ſoviel möglid) an⸗ 
zuerkennen, wird dem guten Princip der thaͤtige Antheil 
bey der Weltſchoͤpfung, dem boͤſen der leidende zugeſchrie⸗ 
ben, wie z. B. bei Evod. De fide c. 49.: Manichueus 
duas dieif, ovee naturas, unam bonam et alteram ma- 
lam: bonam, quae fecit.mundum, malam, de qua 
factus est mundas. Diefen Auddruk geſtattet das Syſtem, 
ſofern ja das ſelbſtthaͤtige Princip des Boͤſen immer auch 
wieder als die bloße Hyle genommen werden kann, welcher 
gegenuͤber Gott .der ordnende und ſondernde Geiſt iſt. In 
dieſer Beziehung. konnte auch geſagt werden, die Welt ſey 
auf Gottes Befepl gefchaffen worden, wie ber Manichäer For: 
tunatus bei Auguftin Disp. J. ſich ausdruͤkt: Constat, non esse 
unam subslanfiam , ‚licet ex anius jussione ad eandem 
compositionem mundi hujus. et faciem venerint (universa, 
quae facta sunt). Gehen wir aber auf den erſten Anfang 
zuruͤk, fo üft e8 immer nur der Gegenfaz, in welchem fich 
alles mit einer Nothwendigfeit entwilelt, die die freie 
teleologifche Willensthätigkeit. ausfchließt, und die Frage 
nach einem Zweke der Weltfchöpfung immer nur dahin be: 
antworten läßt: weil einmal das Eine ift, fo muß nothwen⸗ 
dig aud) das Andere feyn, in ber einmal gefchaffenen Welt 
kann allerdings der gute Gott nur dad Beſte wollen und 
wirfen, aber daß eine gefchaffene endfiche Welt ift, ift nicht 
ein freier Act des Willens, fordern nur eine Folge ber 
Nothwendigkeit, des Gegenfazes, in welchen das gute 
Princip wie das böfe hineingeftellt if. Nam Deus vester, 
o Manichaei, labe ac vastitate impendente pressus est, 


— 181 — 


non lıbera. voluntate processit ad pugnam, sed necessi- 
tate compulsus est. Nec praestare aliquid voluit, sed 
resistere conabatur, Evod. De fide c. 31. 

Wenden wir und nun zur Manichäifchen Lehre von der 
Entftehung und der Natur. des Menfchen felbft, fo ift wohl 
licht zu zweifeln, daß in dem obigen von Auguſtin mitges 
theilten Mythus folgende Hauptideen enthalten find: 

1. Sn dem Menfchen concentrirt ſich die in der Materie 
verbreitete Weltſeele. 

2. Der Leib des Menſchen 'ift nur als ein Kerker anzu⸗ 
ſehen, der die Seele durch die geſchlechtliche Fortpflan⸗ 
zung immer tiefer in die Bande der Materie verſtri⸗ 
ken will. 

5, Der Menſch iſt zwar ein Erzeugniß des Fuͤrſten der 
Finſterniß, aber es reflectirt ſich in ihm zugleich als 
einem Mikrokosmus das ganze Weltall. 

4. Daß die Lichtſeele des Menſchen eine Concentration 
"der in der Materie zerſtreuten Lichttheile iſt, iſt in dem 
obigen. Mythus dadurch ausgedruͤkt, daß der Fuͤrſt ber 
Finſterniß ſeine Genoßen, die uͤbrigen Daͤmonen, uͤberredet, 
die von jedem derſelben geraubten Theile ihm zu uͤberlaſſen, 
um ſie vereinigt in dem Weſen niederzulegen, das er mit 
ſeiner Gattin erzeugte, dem Menſchen. Die Daͤmonen ſelbſt 
verſtanden ſich dazu um ſo leichter, da ſie ſelbſt einſahen, 
die Lichttheile ſeyen vereinzelt weit weniger feſtzuhalten, 
als in Einen Punct vereinigt. Die ins Einzele gehende 
mythiſche Ausfuͤhrung, die wir in der Auguſtiniſchen Stel⸗ 
le aus der Epistola fundamenti leſen, finden wir zwar 
bei feinem der übrigen Echriftfteller, aber die Hauptidee 
fetbft, die dabei zu Grunde liegt,’ ift auch Yon ihnen hers - 
vorgehoben. Nad) den Acta disp. Arch. e. 7: bringt, nad): 


dem bie Welt gefchaffen ift, die Materie Die Gewächfe der . 


Erde aus ſich hervor. Als diefe, in welche Bereits bie von 
der Materie verfchlungenen Lichttheile Äbergegangen waren, 


— 132 — 


von einigen Archonten geraubt waren, berief ?) ber Fuͤrſt 
der Archonten die vornehmften alle, und nahm von jedem 
derfelben die Kraft (dem göttlichen Kichtrheil) , die er hatte, 
und bildete daraus den Menfchen. Noch) deutlicher ift diefe 


‚ . See 0.10, auögedräft, wo der Archon die übrigen Archons 


ten mir den Worten anredet: fommt, und gebt mir von dem 
Lichte, dad wir genommen haben, und wir wollen einen Men⸗ 
[hen machen nach unferm Bilde, und fo fehuf er den Men- 
fhen. In dem Manichäifchen Fragment bei Titus von 
Boftra in der-Vorrede ‚zum dritten Buch. 8) iſt zwar der 
Ausdruf weniger. klar, aber ed wird doch im Ganzen aud) 
hier daſſelbe geſagt: Excxtoę auzwv, Twv ng VAng ap- 
xovrwv — ax zarantuwag tiv Ev Eavra Övvanıy 
Euöopwoev Exvröv eig Impaur tie Yuyng al niunne 
eniaaev — xl nAooua aurov (daS. gemeinſame Gebil⸗ 
de der ſaͤmmtlichen Archonten) Zori nourov 0 Adan. 
Selbſt Alexander von Lycopolis hat in feinem Furzen Abriß 
der Manichäifchen Lehre auf diefelbe Idee fehr beftimmt hinge- 
wiefen c..&.. Tip VAnv nomoaı Tov Kvdownov 2K auıııg 
xata Tıw da naons avıng Tg Övvauswocs ulkıw, Eyov- 
Te xal avrov-Tı Tg wuyig' .noAv uevror [ovußeßAn- 
oFaı TO Eldog Eis TO nAeiov Tı napa ta alla Ionta 
Coa ıns Övvauswg tig Feing ToV Avdgwnov ueraoyeiv. 
Der Menſch zeichnet fich dadurd) vor den übrigen Ge: 
{höpfen aus, daß ihm die mit der Materit bermifchte 
goͤttliche Kraft in höherem Maaße mitgetheilt ift. Dabei 


7) Das Subject zu &xulsos iſt eigentlich %An, es muß aber an 

Ihrer Stelle bier der erfte der Archonten gedacht werden. 

8) Titus führt es mit ben Morten an: Brot moög Atlıy wr- 
nv Enzivog (Manes) A ETegög TIg zuv an änsivov, ‚Enıyga- 
yas tò xepalaior negl rjg Avdganivmng nowtonactiag. — — Yu 
I, 20, berührt Titus einen Theil des Myrhus mit den Wor- 

ten: mpoßoliv tob Heou Henomusrn 7000x100% iv &s Eolon 
opux di nal aaranlıı; al zois Jülaıg Öuvdusoı daviusı (j VAn)., 


“ 


‚Darf aber auch die eigenthuͤmliche Idee nicht überfehen wers 
den, durd) welche Manes dieſe Stellung bes. Menfchen 
in feinem Syſtem motivirte. Mosheim wurde bei feiner‘ 
Anficht von dem Verhältniß der: Bildung ded Menfchen zur 
Weltſchoͤpfung hauptſaͤchlich durch den Gedanken geleiter, 
die Bildung ded Menfchen werde in der Manichäifchen 
Kosmogonie ald eine Reaction des böfen Princips gegen 
das gute dargeftellt. Diefer Gefichtöpunet ift unftreitig 
der richtige. Auguftin macht darauf in der. obigen Stelle 
gleich anfangs mit den Worten aufinerffam: die Furften 
der Finfterniß haben den Menfchen gefchaffen, um das Licht 
bei fich feftzuhalten, damit es ihnen nicht entfliehe. Ebenſo 
wird in dem Manichäifchen. Fragment bei Titus von Bo⸗ 
fira bemerkt: da die Archonten erfannten, wenn ber pldzs 
lich zu ihnen hberabgefallene Lichtftrahl von ihnen wieder 
genommen wirde, wuͤrde fchneller Tod ihr Loos feyn, fo 
‚hielten fie die Seele in Leibern feft. Diefer Gefichtäpunet 
geht aber nicht verloren, wenn wir, wie es die natürliche | 
Drdnung erfordert, die Schöpfung des Menfchen erft auf die 
Schoͤpfung der Welt: folgen laffen, vielmehr geftaltet ſich 
das Ganze, wie ed feheiut, nur um fo. fommetrifcher, wenn 
wir die verfchiedenen einzelnen Momente der Manichdi- . 
{chen Welt - und Menfchenbildung weniger trennen, fondern 
mehr in Einen Moment zufammendrängen. Gleichzeitig 
mit dem Unterliegen des Urmenfchen, oder ber Vermifchung 
der yuyn mit der din aͤußert fich die demiurgifche Thä- 
tigkeit des Geiftes, indem er dem zu weiten Vordrin⸗ 
gen des finftern Princips ein Ziel fezt, nad) dem verfchie: 
denen Grade der Mifhung verfchiedene Regionen fcheidet, 
vorzüglich aber dadurch, daß er die mit der Materie am 
wenigften in Berührung gekommenen fLichttheile zu ſam⸗ 
meln und in Einen Punct zu concentriren fucht, wodurch 
namentlich die. Sonne die höchfte Stelle im kosmiſch ge= 
"orbneten Weltall erhält. Aber in demfelben Moment, in 


— 14 — 


welchem der demiurgiſche Geiſt auf dieſe Weiſe einwirkt, 
ſammelt / nun auch von ſeiner Seite der Fuͤrſt der Finſter⸗ 
niß die geraubten und in der Materie zerſtreuten Licht⸗ 
theile in. einem ſie vereinigenden Mittelpunct, und das 
Product dieſer concentrirenden Thaͤtigkeit iſt wie dort die 
Sonne, ſo hier der Menſch, jene das Hoͤchſte in der 
himmliſchen Region, dieſer in der irdiſchen, beide in 
ein Verhaͤltniß zu einander geſezt, das, wie wir in der 
Folge ſehen werden, in den organiſchen Zuſammenhang 
des Manichaͤiſchen Syſtems noch weiter eingreift. 

Indem die Mächte der Finſterniß ihr ganzes Bemuͤ⸗ 
hen darauf richteten, Die geraubten mit ber Materie vermifch- 
ten Lichttheile, die ihnen jeden Augenblik wieder zu ent: 
fliehen drohten, und in dem Grade weniger in ihrer Ge: 
walt bleiben Fonnten, je mehr der demiurgifche Geift feine 
anziehende Kraft in der Sonne concentrirte, und in biefer, 
wie in einem Körper, firirte, mußten fie vor allem auf 
ein Mittel bedacht, feyn, das ihnen den Beſiz des Lichtes, 
das nun einmal von ihnen erblikt und ergriffen ein ſo 
großer Gegenſtand ihrer Begierde geworden war, ſo viel 
moͤglich ſicherte. Dieſes Mittel ſollte der menſchliche Leib 
ſeyn. Wie die Pythagoreiſch⸗platoniſche, oder ſogenannte 
Orphiſche, aus den alten Religionsſyſtemen des Orients 
gefloßene Lehre ſich die Verbindung der himmliſchen See⸗ 
le mit dem irdiſchen Leib nur aus einer geheimen, die Seele 
ergreifenden Luſt und Neigung erklaͤren konnte, die ſie ihre 
goͤttliche Abkunft und Natur auf unbegreifliche Weiſe ver⸗ 
geſſen laͤßt, und zur untern Welt, zur materiellen Exiſtenz 
und zur Geburt ins Fleiſch hinzieht, ſo betrachtete auch 
Manes den menſchlichen Leib als eine Lokſpeiſe für die 
Lichtfeele. Die Hauptftelle hierüber enthält das Manichäi- 
fche Fragment bei Titus von Boftra, IH. Vorr.: "Exaorog 
avrov, TÖV tig VAnS Gpyovrwv, OV T00N0V nooEInouer, 
rijs YEvouevng Xwnoewg Evexev, xal TOV pavivrog noW- 


— 135 — 


rov Ent zıw Avrowory ng wuyns, tijç Üüpag npirov 
@voıyeiong, Un Exninkews axum xarantuypag viv Eu 
avru Övvauıy, Euoppnoev Euvrov eig Inpaue Tg yv- 
us, aa niumue avrov Enkaaev Ent Trg yig, Tod (muß 
wohl heißen ov) dvoanoonaorwg £yeıy Iwayauoe Tag ıyv- 
zag xaraxnhAovusvag' zei nAaour avrWw Eorı noWToV 
0 Adan, Ogyavov Erd vuiag xal Öflsap av avwdev 
vvxũv, zei unyayına ToV avrag Eis Owuara dunin- 
rev. Bol. I, 20. Aoyog Erepog xarayeiaorög Lori 
tov Mavevrog, wg ol tig VAng aiodavousvor, OTi Xu- 
xö5 GNOADUVTAL, OVTElinzavnoavTo TS OMQXOg TMV 
xeTaoxevnv ÖEOuoVv u£yıorov Teig wuyais' wore ÖMAov 
xara Tov avrov Aoyov, Eug &v dxeivor TV 0a0xa X0- 
Enynoworv, Ewg ön Tovrov ai ıyuyai ToV ayadod Ev. 
oysdnoovras. Die Seelen find zwar durd) die das Licht⸗ 
reich angreifende feindliche Gewalt des Archon geraubt und 
mit der Materie vermifcht worden, aber die fie hinabzie- 
hende, und in die Materie immer tiefer verfenfende Gewalt 
wird auch wieder in fie felbft gelegt, und der von dem Fürften 
der Finfterniß gebildete irdifche Menfchenleib wird der maͤchti⸗ 
ge Reiz und Zauber, der fie hier unten fefthält, und nicht frei 
werden läßt. Wird aber das leibliche Leben aus dem Geſichts⸗ 
punct eines die Seelen anziehenden und feffelnnen Zaubers 
betrachtet, fo ift ed. ganz confequent, diefen Gefichtspunet 
auch auf die Fortpflanzung bes leiblichen Lebens durch 
Zeugung überzutragen. Die Fortpflanzung durch Zeugung 
ift dem leiblichen Leben eigenthuͤmlich, fie ſcheint daher, 
wie biefes felbft, nur den Zwek haben zu Eünnen, die Seele, 
wenn fie im Begriff ift, aus dem bisher von ihr bewohn⸗ 
ten Leib zu entfliehen, aufs neue feftzuhalten und ihr 
einen neuen Kerker zu bereiten. Ebendeswegen ift, was 
der obige Mythus uͤber die Entſtehung des erſten Menſchen 
meldet, nicht blos als ein zufaͤlliger Nebenzug deſſelben an⸗ 


— .136 — 
zufehen. Wie das leibliche Lehen durch Zeugung ſich 
fortpflanze, fo find die Dämonen, als Urheber des mas 
teriellen leiblichen Lebens , in die Dualität: der Geſchlech⸗ 
ter getheilt, und die Art und Weife, wie der erfte Menfch 
dur) fie ind Dafeyn kommt, beftimmt typiſch das 
Naturgefez, das in ber ganzen Sphäre des leiblichen Le⸗ 
bens walter 9). Mit Recht bemerkt. Neander ©, 839. 
‚die Worte Mani's: etiam nunc fieri videmus corpo- 
rum formaticem naturam mali inde vires sumentem 
Agurare, ſcheinen wichtig als ein Winf, der auf das ſym⸗ 
bolifche Verftändniß der ganzen Erzählung hinweife. Manes 
deutet in diefen Worten auf eine fich gleich bleibende Ord⸗ 
nung der Natur hin, die ſich bei der Erzeugung jedes einzelnen 
Menfchen immer aufs neue wiederholt, und es ift dem- 
nach hier, wie ed die Weiſe des Mythus ift, das beharr- 
liche Seyn der ihren Gefezen folgenden Natur als ein Act 
“ frei handelnder Wefen aufgefaßt, und typifdy an den An- 
fang des fich entwilelnden Naturlebens geftellt. In der 
angeführten Stelle ift zwar der Ausdruf etwas unvollftän- 
dig, doch, glaube ic), werden die Worte am richtigften fo 
genommen: Mie der Fürft der Finfterniß alle geiftigen 
Kräfte, die feine Genoßen befaßen, und ihrem Erzeugniß 
mitgetheilt hatten, in ſich aufnahm, um ed dem von ihm 





9) Ebendaher kann ber. Trieb der Zeugung und Fortpflanzung 
als ein durchaus materieller und fleifchliher nur daͤmoniſchen 
Urfprungs feyn, wie Manes In den Acta c. 14. auf folgende 
Weiſe zeigt: Cum quis vestrum carnalibus aliisque cibis fue- 
rit satiatus, tunc ei concupiscentiae oboritur incitatio, 
et ita generandi filii fructus augetur, et non ex virtute 
aliqua, nec ex philosophia, nec ex alio ullo intellectu, 
sed ex sola ciborum satietate et libidine et fornicatione, 
Betrachte man daher, qguomodo generentur hominum filii, 
invenietis nom esse Dominum hominis cresiorem — sed 
sola malitia talem eum protulit. 


erzeugten Weſen mitzutheiten, fo verfährt überhaupt die 
Natur, oder die Hyle,. das böfe Princip. Wenn fie Lei⸗ 
ber erzeugt, bildet fie ein Weſen, das von dem Erzeugen- 
den die Kräfte deffelben empfängt, und in fic) aufnimmt. 
Das ſcheint mir ſowohl aus den nachfolgenden Worten: 
‚ia etium ante dictus princeps etc., als auch aus den vor= 
hergehenden: erant parlus iię, gui genuerant, similes , 
klar zu erhellen. Daß der Erzeugte das vollkommene Ebenbild 
des Erzeugenden iſt, iſt der Hauptgedanke, und darauf kommt 
‚es auch hauptſaͤchlich an, wenn der neu erzeugte Leib fort 
und fort derfelbe Kerker der Seele ſeyn fol. Wenn daher 
der materielle Leib das Werk des Fürften der Finfternig iſt, 
ſo kann die Manichaͤiſche Lehre auch die Erzeugung, die 
das materielle Leben fortpflanzt, nur als etwas Daͤmoni⸗ 
ſches betrachten. In dieſer Eigenſchaft, als Urheber 
der Zeugung, hat der Fuͤrſt der Finſterniß den Na- 
men Saklas. Go nennt jhn Auguftin De haeres. c. 46. 
in einer die bisher entwifelten Ideen weiter beſtaͤtigenden 
Stelle: Adam et Evam ex parentibus prineipibus fumi 
‚ asserunt natos,cum paler eorum nomine Saclas sociorum 
suorum felus omnium devorasset, et quidquid inde 
"commixtum divinae substantiae ceperat, cum uxore con- 
'cumbens in carne prolis tamguam tenacissimo vinculo, 
colligasset. Denfelben Namen finden wir bei Theodoret 
Fah. haer. c.26. und in den Anathematifmen bei Eotelier 
in den Patres Apost, Ed. II. V. J. ©. 543., wo zugleich die 
dem Namen eigenthümliche Bedeutung angegeben it: 
. Avadsnariiw tov Angwöy Mavsvros widov, vo 
‚Pnat un Oouoıov uw dianenhaodaı vno Tod FeoV Tov 
TOWTOV avFEWNOoV, TOUTEOTE rov 'Adau, alla Uno Toü 
Zaxıa,Tov TI NopVeiag KoYOvVTag, xal Tag Neßoo6 19), 





10) Die Nebrod erfheint bier ald Gattin des Fürften der . 
Finſterniß, weil Nimrod, deſſen weibliche Geſtalt fie iſt, 


A 
a a 


38 — 


sw eiyaı nV ulm nal, vedeodaı ror "deu PN Tv 
Evar xl Tov u Inguönogyov zruodnven, tw Ö8 
Eyvxov, xl tıv udv Evav vnö ung abevınng Reyond- 
vng napdevov uerahaßeiv bung, zov 'Adau Ö2 Uno tig. 
Evas anakkaynvaı ing Ümowornros. Nach Epiphanius 


Baer. XXV1, 10, follen auch die von demfelben beſchrie⸗ 


benen Gnoftifer den zweiten ihrer fieben Archonten Sakläs 
genannt haben, als Koxavra tng nogveiag. Dhne Zweifel 
war der Name fonft gebräuchlich, und wurde deswegen erft 
auf den Manichäifchen Archon übergetragen 11). 

3. Der Menfch ift, wie wir gefehen haben, von! dem 
Fuͤrſten der Finfterniß erzeugt: ebendaher ift er auch “. 
feinem Bilde gefhaffen. Die Stelle Gen. J. .26. 2 
wandte Manes auf den Archon an, nad) den Acta * 


das Fleiſcheſſen eingeführt haben ſoll (ſ. oben S. 66). Sie 
iſt, wie Saklas, eine Perſonification der Materie. 

11) Was der obige Manichaͤiſche Mythus von dem daͤmoniſchen 
Urfprung des erfien Menſchen fagt, iſt in der Hauptfache 
ganz gleichlautend mit der Befchuldigung der fchandlichen 
Merbrehen, die die Manichaer des Mittelalters in ihren 
nächtlihen Zufammenkänften begangen haben follten. ©. 
Gesta Synodi Aurelian. a. 1017. in D’Achery Spicileg. 
T. 1. ©. 604. f. Manft S. Conc. Coll. T. XIX. ©. 376. 
Shmid Myſtic. des Mittelalt. ©. 409. Glefeler Lehrb. der 
8. ©. II. 1. ©. 327. Offenbar wurde dabei nur, was die 
Manihäifhe Lehre den Damonen zufhrieb, In der Volks⸗ 

ſage auf die Belenner diefer Lehre felbft übergetragen. Die: 
felben Berhuldigungen wurden auch ſchon dem Alteften Chri⸗ 
fien gemadt. ©. Tertull. Apolog. c. 7. Minuc. Fel. 
Octav. c, 9, Orig. Contra Cels. VI. c. 40. Alle diefe 
Sagen find immer nur eine weitere Ausführung deſſen, 
was fhon die Alten mit ihren Ovsozsıa deinva und Oildıno- 

- deior ulferg (f. Athenag. Apol. c. 4.) ald den Inbegriff al: 
led Schändlihen und Ruchloſen, aller Werke der Finſter⸗ 
niß, bezeichnen wollten. 


— 139 — | 
Arch, c.10.: Ilsoi ö2 Tov dan, nws Exriodn, Atyaı 
ovrwug Or 6 einuw, Ötvrs, xal noımowuev Kvdownov 
xaT Eixöva NUETEgaV, ze 2° Guolworv,r za” nv Eido- 
uev uogpnv, aoywv dotıv, 0 Einwv Taig ETEpoıg oyov- 
ouv, öri deüre, Ögrs uni Ex Tov gwrög, od EAafousv, 
xal nomowpev AVIEWNOVv Hate Tv NusTeoev To 
Goyövrwv uogprv, za nv eidouev, G Er) noWrog 
avdownos, xal ourwg Exrıos lv Kvdgwnov, Bol. Epis 
phan. Haer. LXVI, 76.1 Onot ö2 0 aurag Mavng &iw 
var Nuag NOOgES GEyovrwv, xel UNO Tov Koyovruv 
yeyovorac. Ebenfo bildete nad) Titus von Boſtra in der 
Vorrede zum dritten Buch jeder der Archonten ein wiunue 
feiner eigenen Geftalt, und diefes rAcoua wurde Adam. Auf 
der andern Seite follte aber Adam aud) wieder das Bild 
des Urmenfchen an fich tragen, Auch dies wird in den fü 
eben genaunten Acten gefagt ©. 7.: xarsoxevaoe TOV &V- 
Vocrıov, FoV xara iv lütav TOU nautov AvdoWnov 
" Exeivov, x Eönos tv wuynw kv euro. Diefelbe Vorz 
ftellung drifte Manes felhft in der Epist, fund. nad) dem 
aus Auguftin angeführten Fragmente aus. Ouid vodis 
videtur, laͤßt Manes den Fürften der Finfterniß zu feinen 
Genoßen fagen, maximum hoc lumen, quodı oritur? In- 
tuemini, guemadmodum polum movet, concutit pluri- 
mas potesiates. Gie follen ihm ihre Lichttheile überlafs 
fen: sic gnippe illius magni, qui gloriosus apparuit, 
imaginem fingam : — fo wurde der erfte Meufc) gebilpet, 
Daß diefer Große, der in glänzender Kichtgeftalt erfchien, 
der Urmenſch war, leidet wohl einen Zweifel, unter dem 
mazinum lumen aber vwilt Mosheim ©. 804, den spiritus 
vivens verftehen in dem Moment, ald diefer den Kampf 
erneuerte. Der Zufammenhang geftattet aber nicht wohl, 
bier zwei verfchiedene Subjecte anzunehmen, Den Worten: 
maximum lumen, quod oritur, entſprechen genau bie nach⸗ 


— 142 — 
ſaz enthalten, welchen Alexander unmittelbar barauf wieders 
holt mit den Morten ausbräft: Ev in eixova Ew- 
eaodaı Akyovoı nenoinze Ö2 7 YAn paolv Tov Avdow- 
sov. Wir haben demnach hier drei Vorftellungen, die mit 
einander zu vereinigen find: der Menfch ift nach dem Bil: 
de des Archon gefchaffen, aber auch nad) dem Bilde des 
Urmenfchen, und dad Bild des leztern hat feinen Siz in 
der Sonne. Daß. das Bild ded Archon auch wieder das 
Bild ded Urmenfchen feyn fol, Tann am meiften befreims 
den, es iſt aber doch ſchon in der bisherigen Darſtellung eini⸗ 
ges enthalten, das zur Ausgleichung dieſer beiden Vorſtellun⸗ 
gen dienen kann. Wir haben fchon früher gefehen, daß fich 
Manes den Zürften der Finfterniß in menfchenähnlicher Ge: 
ftalt dachre, und wenn es auf der einen Seite die Dämonen 
find, deren Leiber am Himmelöfirmament angeheftet und aus- 
geipannt erfeinen, fo find es auf der andern auch wieder 





"ment Zuſammenhang in die Stelle bringen zu wollen. Es 
ſcheint hier der Argumentation Alexanders, von deſſen 
Echarfſinn wie und auch nah dem übrigen Inhalt feiner 
Schrift keine fehr hohe Worftellung niahen Finnen, an Bin: 
digkeit zu fehlen. Er will fagen, das Urbild koͤnne weder 
von der Hein Öbvanıc no von der Önwovgyırı aitix abge 
leitet werden, jene fey nur zur Vermiſchung mit der vn, 
biefe zur Rettung jener beitimmt gewefen, warum nun aber 
nicht gleichwohl die eine oder die andere die Quelle des 
»Nurbilds und fomit der zixdr in der Sonne fern Eonnte, hat 
Alexander nicht motivirt. Was er In den beiden Sägen: & 
ai de — zul moog Hklov— ſcheinbar zur Begründung feiner 
“ Argumentation hinzuſezt, fol wohl nur den Gedanken aus: 
drüden: ein weiterer Fall laſſe fih gar nicht denfen, da nur 
biefe beiden Kräfte in einem näheren Verhaͤltniß zur Sonne 
ſtehen. Sie müßten alfo eigentlich, was Alexander fih nicht 
Wil denken können, das wogudeıyuu oder Agrerunov der 
' dio enthalten. 


— 143 — 


die Glieder Gottes, die man hier uͤberwaͤltigt ſieht. Ge⸗ 
wiß duͤrfen wir auch ſchon darin eine tiefere Bedeutung fin⸗ 
den, daß Manes die erſte aus Gott zum Kampfe gegen 
das Reich der Finſterniß hervorgegangene Emanation ge⸗ 
rade den Urmenſchen nannte. Es liegt ſchon dabei der Ge⸗ 
danke zu Grunde, daß die menſchliche Geſtalt es iſt, in 
welcher ſich das Goͤttliche und das Daͤmoniſche, das gute 
und das boͤſe Princip, begegnen und ſich wie in einem Mitt⸗ 
lern ausgleichen. Wie das Reich der Finſterniß, indem 
es ſich von Stufe zu Stufe, von einer Region zur andern, 
immer hoͤher hebt, zulezt in ſeinem menſchlich geſtalte⸗ 
ten Beherrſcher ſeinen hoͤchſten Gipfel erreicht, ſo will ſich 
auch das ihm entgegenſtehende Lichtreich in menſchlicher 
Form aleichſam verkoͤrpetn. Der Urmenſch wird die aus Gott 
emanirende göttliche Kraft genannt, ſofern in ihr ſchon die 
Beſtimmung und Neigung gedacht iſt, ſich mit der Materie 
zu vermiſchen, und mit dem Reiche der Finſterniß in Eine 
concrete aus heterogenen Elementen beſtehende Form zu⸗ 
ſammenzüfließen. Die menſchliche Form iſt nad) dieſer Anſicht 
zwar: die edelſte und vollkommenſte, das Univerſum ſelbſt 
ſtellt ſich am wuͤrdigſten in ihr im concreter Anſchauung dar, 
aber auch fie gehert in dag Reich der endlichen und bes - 
ſchraͤnkten Formen, fie bildet den Uebergang in die mate⸗ 
rielle Welt, weil Feine conerete Zorm ohne die Materie ges 
dacht werden kann, die durch fie geformt und begrenzt wird. 
Iſt die Materie, wie Manes fie nahm, das Dämonifche, 
fo liegt auch ſchon in der Form, da Form und Materie 
correlate Begriffe find, die endliche Welt, in welcher das 
Beftimmungslofe der Materie ein Beſtimmtes werden muß, 
die Melt der materiellen Formen ift, ein gewißer daͤmoni⸗ 
fcher Zug zur Materie. Die an fic) farb» und koͤrperloſe 
dee Fann in der endlichen Welt, an welche die menfchlidhe 
Anfchauungsweife gebunden ift, nur in beffimmter Form 
und Geftalt erfcheinen, und der güttliche Urmenfch nimmt, 


{bald er durch Die gebffnete orte (ri7e PCR mowrow 
Groiyeiong Tit. DI. Vorr.) bie erfte Schwelle der Sinnen: 
welt betritt, diefelbe Geſtalt an, die fein Gegner, der Be⸗ 
herrfcher der Materie, an fi) trägt. Dabei dürfen wir uns 
tur daran wieder erinnern, daß die Manichder in Hinficht 
der dee der Gottheit alles Anthropomorphifche verwar⸗ 
fen ??) und von dem reinen Urlicht, in das fie das Weſen 
der Gottheit ſezten, eine Beſchreibung machten, die den 
Con⸗ 





15 Daher wollten ſie nichts davon wiſen, daß der Menſch 
nach dem Bilde Gottes geſchaffen fey. IIlam maxime quae- 
stionem solent Manichnei. loguacüter agitare et insultare 
nobis, quod hominem credamus factum ad imaginem et 
similitudinem Dei. Attendunt enim Figurım cörporis 
nostri et infeliciter quaerunt, utrum habeat Deus na- 
'res, et dentes et barbam et membra etiam interiora, 

‚. etioeiera, quae in nobis sunt necessaria. In Deo autem 

' 'talia ridiculum est, immo impium, credere,, ed ideo ne- 
gant, hominem factum esse ad! imaginem et similitndinem. 
Auguſt De Genesi contra Manich. I, 27. Um. fo mehr 
Eonnten fie daher die Geitalt des Urmenfchen von der Gott: 
heit trennen. In den Acta c. 14. beftreitet Manes diefelbe 
Vorſtellung ‚mit folgendem Grunde: Quomodo omnes, qui 
eo (Deo) generaii sumus, similes ei sumus? Immo vero 
e contrario plurimae nobis sunt formae, diversi vultus 
Ferentes effigiem. — Quod si non sumus similes in sig- 
naculo, sed est in nobis differentia, quomodo non pro- 
datur principum nos et materine esse facturam: secun- 
dum enim ipsorum formam et similitudinem et imagi- 

nem eliam nos existimus formae diversae, Es ſcheint 
demnach eine tiefere Bedeutung zu haben, daß dem Archon 
ftets mithandelnde Dämonen beigegeben find. Die Materie, 
als das alle Formen in fi aufnehmende Subftrat, und als 
das der Form erft ihre Realltaͤt gebende Princip iſt ber 
göttlichen Einheit gegenüber auch das Priucip der Vielheit 
und der Differenz, 


Contraſt der conereten Form mit ber über jede Form erhaz 
benen dee recht abfichtlich hervorheben follte. Iſt der ans 
gegebene Gefichtöpunct der richtige, fo ift eben damit die 
eigene Vorftellung erflärt, daß das Bild, nad) welchem 
der erfie Menfch gefchaffen wurde, eben fowohl das Bild 
des Archon ald des Urmenfchen iſt. Daß aber das Ieztere, 
wie Alerander von Lycopolis behauptet, in der Sonne feie 
nen Eiz hatte, in diefer fichtbar war, als der Archon den 
Menfchen bildete, ift eine Modification, deren Erklärung 
nicht fehr fehwierig zu ſeyn ſcheint. Als nemlich der der 
miurgifche Geiſt, fobald der Urmenſch unterlag, die reines 
ven Theile des mit der Materie vermifchten Lichts von den 
unreineren fonderte, fammelte er, was dad Weſen ded Urs 
menfchen noch am reinften darftellte, in der Sonne. Wir 
muͤſſen uns auch hier die Thaͤtigkeit des deminrgifchen Gei⸗ 
fted und die Thätigfeit des Archon in gegenfeitiger Bezie⸗ 
bung denken: wie der Archon die geraubten Fichtelemente, 
um fie feftzuhalten, in dem von ihm gebildeten Meyfchen 
copcentrirte, fo concentrirte aud) der demiurgifche Geiſt, 
was von dem reinen Licht des Urmenſchen noch zu retten 
war, in der Sonne: daher war es die Sonne, die das eis 
gentliche Wefen des Urmenfchen noch im fich darftellte, 
und dem Archon das Bild zur Anfchauung brachre, nach 
welchem er den Menfchen bildete. Wiefern diefe aus der 
Sonne herableuchtende Kichtgeftalt des Urmenfchen auch mit 
Ehriftus identiſch war, wollen wir hier noch dahingeftellt 
feyn laffen, von felbft aber wird fih uns, wenn wir 
dad bisher Erörterte zufammennehmen, hieraus das 
Verftändniß der Worte ergeben, mit welchen das obige 
Sragment der Epist. fund. fließt: in eadem, nemlih 
- in der Öatten des Archon, fofern der Archon in ihren 
Schooß alle Keime des werdenden Menfchen niederlegte, 
 construebantur et contexebantur omnium imagines, coe- 
lestium ac ierrenarum virtutum, ut pleni videlicet 
Bra nr’ 8 Manich. RI. Syſtem. | 40 | 


— 


a 


5 
— Fre 


«cbald er Bun die gebffnete Pforte (em Mear — EX 
dvoryeiong Tit. DIE Vorr.) die erſte Schwelle ver Sinnen⸗ 
welt betritt, dieſelbe Geſtalt ar, die fein Gegner, ber Bes 
berrfcher der Materie, an ſich traͤgt. Dabei duͤrfen wir uns 
nur daran wieder erinnern, daß die Manichaͤer in Hinficht 
der Idee der Gottheit alles Anthropomorphiſche verwar⸗ 
fen ??) und von dem reinen Urlicht, Ir das fie das Weſen 


F ‚der Gottheit Testen, eine Veſchtelbung machten, die den 


Con⸗ 





1) Daher walten fie he davon viſen, baß der Menſch 
nach dem Bilde Gottes gefchaffen fe. Ilam maxime quae- 
tionen solant Manichaei. loquaciter .agitare et insultare 
.ı wobis, quod. hominem. erodamus factum ad imaginem et 
"" similitidinem Dei. Mtöndunt onim figtrim cörporis 
nd bt infelichter Yünerunt, utrum habent Deus na- 
{ "yes, et dentes et barbam et membra eilum Inierlora, 
;:  et!delehei z guae in nobis sunt hecessaria. In.Deo autem 
tatlin widichbum dst, immo impium, credere , ab. ideo ne- 
" gant, hominem factum jsse ad maginem srsimiliindinem. 

. .Wuguflv, De Genesi contra Manich. I, 27. Um. fo mehr 
Lonnten ſie baher bie Geſtalt bes Urmenfchen von der Gott⸗ 
... helt tgenpen.,. In ben Acta c. 14. beſtreitet Manes diefelbe 
Borfteliung ‚mit folgendem, Grunde: Quomodo onines, qui 

eo ( * generati SUIMUS , aimile⸗ ei sumäs? Immo vero 

e contrario plurimae nobis sun: Formae, diversi vultus 
Fferentes effigiem. — Quod si non sumus similes in sig- 
natulo, sed est in nobis differentia, quomodo non pro- 
batar princkpum nos et muteride esse farturam: secun- 
dum enim ipsorum forma ei ‚similitudinem ei imagi- 
nem eliam nos existimus formae diverses, Es ſcheint 
demnach eine tiefere Bedeutung zu haben, daß dem Archon 
ſtets mithandelnde Daͤmonen beigegeben find. Die Materie, 
als das alle Formen In ſich aufnehmende Subſtrat, und als 
das det Form erſt ihre Nealität gebende Princip iſt der 
göttlichen Einheit gegenüber eng das priuxip der Vielheit 
und der Differeng 


Contraſt der conereten Form mit ber über jede Form erha⸗ 
benen Idee recht abfichtlich hervorheben follte. Iſt der ans 
gegebene Gefichtöpunet der richtige, fo ift eben damit die 
eigene Vorftellung erklärt, daß das Bild, nach welchem 
der erſte Menfch gefchaffen wurde, eben fowohl das Bild 
des Archon ald ded Urmenfchen iſt. Daß aber das leztere, 
wie Alexander von Lycopolis behauptet, in der Sonne feie 
nen Eiz hatte, in diefer fihtbar war, ald der Archon den 
Menfchen bildete, ift eine Modification, deren Erflärung 
nicht fehr ſchwierig zu feyn fcheint. Als nemlich der der 
miurgifche Geiſt, fobald der Urmenfch unterlag, die reines 
ven Theile des mit der Materie vermifchten Lichts von den 
unreineren fonderte, fammelte er, was dad Weſen des Urs 
menfchen noch am reinften darftellte, in der Sonne. Wir 
muͤſſen uns auch hier die Thätigkeit des demiurgifchen Geis 
ſtes und die Thätigfeit des Archon in gegenfeitiger Bezie⸗ 
bung denfen: wie der Archon die geraubten Lichtelemente, 
um fie feitzuhalten, in dem von ihm gebildeten Menfchen 
eoncentrirte, fo concentrirte auch der demiurgifche Geift, 
was von dem reinen Kicht des Urmenfchen noch zu retten 
war, inder Sonne: daher war ed die Sonne, die daß ei- 
gentliche Wefen des Urmenfchen noch in fich darftellte, 
und dem Archon dad Bild zur Anfchauung brachte, nad) 
welchem er den Menfchen bildete. Wiefern diefe aus der 
Sonne herableuchtende Kichtgeftalt des Urmenfchen auch mit 
Chriſtus identiſch war, wollen wir hier noch dahingeftellt 
feyn laffen, von felbft aber wird fih uns, wenn wir 
das bisher Erdrterte zufammennehmen, hieraus das 
Verftändniß der Morte ergeben, mir welchen das obige 
Sragment der Epist. fund. fchließt: in eadem, nemlih 
in der Gatten des Archon, fofern der Archon in ihren 
Schooß alle Keime des werdenden Menfchen niederlegte, 
 construebantur et coniexebantur omnium imagines, coe- 
lestium ac ierrenarum virtutum, ut pleni videlicet 
Banrs Manich. RI. Syſtem. 40 


— 4b — 


orbis ıd, quod formabatur, similitudinem obtineret. Der 
Menfch follte zu einem Mikrokosmus gebildet werden, alle 
himmliſchen und irdifchen Kräfte, alles, was die Welt in 
ihrem ganzen Umfange im Guten und Boͤſen in fich be= 
greift, in einem Abbilde, ald eine Welt im Kleinen, in ſich 
darftellen. Hiemit vollendet fid) die Mänichäifche Melt: 
conftruction. So unendlid) weit die Extreme auseinander 
fiegen, die hier in Einem Mittelpunete zufammentreffen fol- 
len, fo eng ſchließt ſich das Ganze ab, fo heterogen die Ele— 
‚mente find, fo feftverbunden erfcheinen fie jezt, und fo vieles 
die weite Sphäre in fid) begreift, fo fehlt dod) von allem im 
Bildenichtd. Das Band aber, Durch. welches die einen fo ſchar— 
fen Gegenfaz bildenden, ſich gegenfeitig ausfchließenden Ele⸗ 
mente zuerft fo vereinigt wurden, daß fie eine bleibende Form 
gewinnen fonnten, ift die menfchlidye Geftalt, die dem Fuͤr— 
fien der Finfterniß ebenfo eigenthämlid) ift, wie dem aus 
dem LKichtreich flammenden Urmenſchen. Wie durd) die 
Vermifchung beider fi) das Weltall zum Riefenleib geftal- 
tete, in welchem die goͤttliche Weltſeele von den Maͤchten der 
Finſterniß gehalten wird, fo iſt es in der weitern Eutwif: 
lung des kosmiſchen Organismus der Menſch, in welchem 
die Vereinigung der beiden heterogenen Elemente um fo in- 
tenfiver wurde, je mehr die Ephäre derfelben an Ertenfion 
‚verlor. So feindlid) und fchroff der urſpruͤngliche Gegen 
faz ift, fo innig Haben fie ſich num gegenfeitig durchdrungen, 
und der menſchliche Leib iſt der kraͤftigſte Zauber, das maͤch⸗ 
tigſte Band (deoiiös uEyıoros Titus von Boſtra J 20.), für 
die Lichtſelle. Indem auf dieſe Weiſe Manes die ganze 
Weltentwiklung aus dem Geſichtspunct einer immer groͤ⸗ 
Bern Zuſammenziehung und innigern Vereinigung eines urz 
ſpruͤnglichen Gegenfazes aufſaßte, flellte fid ihm von 
felbft der Menſch, das dußerfte Glied der ganzen Reihe, 
ald der Punct, in welchem von beiden Seiten alle Strah⸗ 
len zufammenlaufen, ald Mikrokosmus dar. Eben dieß 


fcheint auch der in den Acta c. 8. auögefprochene (Übrigens _ 
in diefer Stelle ganz ifolirt ftehende) Saz zu Tagen: zo yap 
wur TOVTo x00u0G xahtitar NOS TOV ueyav x0ouov. 
So auffallend die meiften Säze der Manichaͤiſchen Lehre 
son der Entftehung und Natur des Menfchen lauten, fo er⸗ 
hält doch alles ſogleich ein anderes Ausſehen, ſobald wir 
nicht vergeſſen, daß Manes das Reich der Finſterniß immer 
wieder mit der Materie in Einem Begriff aufgehen ließ. Was 
er lehrt, iſt im Weſentlichen nichts anderes, als was ſchon 
die aͤlteſte Anſicht des Orients über das Verhaͤltniß des 
Geiftes und der Materie war.. Die Materie ift ein von dem 
Geiſte wefentlich verfchiedenes Princip. Die Gottheit kann 
daher, ald reiner Geift, in Feine unmittelbare Berührung mit 


der Materie Fommen. Mo. diefe dunliftifche, auf den Ger , 


genfaz von Geift und Materie zurüfgehende Weltanficht 
fi) ausfpridht, kann Gott: wie an der Schöpfung der Welt, 
fo auch an-der Bildung des Menfchen nur ein befchränfter 
Antheil zugefchrieben werden. Auch bei Plato ift daher, 
nad) der im Timaͤus dargelegten Anſicht von dem Verhälts 
niß Gottes zur Welt, der höchfte Gott Weltfchöpfer, nur 
ſofern er das Göttliche im Menfchen, die Seele, mittheilt, 
den Göttern aber, die zwifchen Gott und der Materie auf 
derfelben untergeordneten und vermittelnden Stufe ftehen, 
die bei den Gnoftifern der Demiurg einnimmt, überläßt er 
ed, adavaru Fynrov nooovgaivarv, Tim. ©, 44. Aus 
eben diefem Grunde Fonnte der platonifirende, überall dem 
firengen Gegenfaz zwifchen Geift und Materie, oder Ver: 
nunft und Sinnlichkeit, fefthaltende Alerandriner Philo in 
der Stelle Gen. 1,26, 27., fo wenig ald Manes, Worte der 
Gottheit anerkennen. Er findet es (De profugis Ed. Mang. 
Vol. L ©. 556.) fehr bemerfenöwerth , daß Mofes in 
feinem Philofophem über die Weltſchoͤpfung zwar alles an⸗ 
dere von Gott geſchaffen werden laͤßt, beim Menſchen aber 
ſo ſpricht, wie wenn Gott noch andere als Gehuͤlfen bei ſei⸗ 
10.. 


v — 148 — 


ner Bildung gehabt Härte. Der Vluralis nomomueEv zeige 
ja eine Mehrheit an. „Es unterredet ſich nemlich der Vater 
des AU mit feinen Kräften, weldyen er den fterblicyen Theil 
unferer Seele zu bilden überließ, indem fie dabei feine Kunft 
nachahmten , während er feldft das Verninftiga in uns bil- 
dete, weil er für recht hielt, daß von dem SHerrfcher das 
Herrfchende in der Seele, dad Dienende aber von den Dies 
nern gebildet werde. Er bediente fid) aber dazu feiner Kräfte 
nicht blos des ©efagten wegen, fondern auch weil die 
Seele des Menfchen allein Borftellungen des Boͤſen und 
Guten in fi aufnehmen und'den einen oder andern folgen 
follte. Er hielt e& daher für nothwendig, die -Entftehung 
des Boͤſen andern Weltfchöpfern zuzutheilen, fich aber al: 
lein‘ die des Guten vorzubehalten, Deßwegen heißt es auch 
gleich nachher, wie von Einem, Gott ſchuf den Menfchen. 
Der Schöpfer nemlid) des wahrhaften Menfchen,, welcher 
der reinfte Geift ift, ift nur Gott, der. gewöhnliche, mit 
Sinnlichkeit gemifchte Menfch aber ift von der Mehrheit 
geſchaffen.“ gl. De mundi opific. ©. 17.: „Der Menſch 
gehört der gemifchten Natur an, da er Entgegengefeztes in 
fi zulaͤßt, Verſtand und Unverfland, Befonnenheit und 
Leidenſchaftlichkeit, Tapferkeit und Feigheit, Gerechtigkeit 
und Ungerechtigfeit, und überhaupt Gutes und DBofes, 
Schönes und Häfßliches, Tugend und Laſter. Deswegen 
fam es nur Gott, dem Vater des Al, ganz befonders zu, 
dad Gute an ihm allein zu fchaffen, wegen feiner Verwandt⸗ 
{haft mit ihm*, das Indifferente war ihm wenigftens nicht 
fremd, weil es an der ihm verhaßten Schlechtigfeit Feinen 
Theil hat, das Gemifchte aber Fam ihm theils zu, theils 
‚nicht zu, es Fam ihm zu wegen der damit vermifchten bef- 
fern Ideen, nicht zu Fam e8 ihm wegen des Entgegenge- 
fezten und Echledhten. Darum heißt e& blos bei der Schoͤ⸗ 
pfung des Menfchen in der Mehrheit: „laſſet und einen 
Menfchen, machen”, um damit anzuzeigen, daß Gott an- 


. — 149 — 

dere als Gchülfen Dazu genommen, damit Gott, der Allherr⸗ 
ſcher, allein als Urheber der untadelhaften Gefinnungen und 
Handlungen des vollfommenen Menfchen angefehen werde, 
der entgegengefezten aber andere der Lntergeorbneten. 
"Ede yag avaitıov eivaı XgX0U 709 nerega Toig &xyO- 
vos’ xcexov dd narie zal-n ara Kaxıav Evepysıa. 
Diefe Platonifc) = philonifchen Ideen Tonnen und den beften 
Begriff Davon geben , wie fidy aus dem einfachen Gegenfaz 
von .Geift und Materie die Manichäifhe Lehre von ber 
Schöpfung entwickeln mochte. Die untergeordneten Kräfte, 
die das von Gott, dem.Uxheber des Geiſtigen, nicht Ges 
fchaffene hervorbringen, alfo dad Sinnliche- und Materielle, 
find auch ſchon bei Philo: die Urheber des Büfen. Es 
wurde zur Vollendung des Gegenſazes nur noc) erfordert, 
fie mit der Materie fo zufammenzudenfen, daß fie nicht 
mehr mitwirkende Kräfte der Gotrheit (dvvausıg ovvepyos), 
wie fie Nhilo nennt, find, fondern nur die in der Materie 
wirkende, der Gottheit entgegengefezte, Kraft bezeichnen. 
Halten wir den Begriff der. Materie im Gegenfaz gegen 
den Geift bei Manes gehörig feft, fo kann uns der Fürft 
der Sinfterniß, auch fofern er. Schopfer des Menfchen ift, 
nur ald Perfonification der Materie gelten. Ebendamit ift 
aber auch der ganze Manichäifche Mythus über die Schd- 
pfung des Menfchen in dem genetifchen Keim, au& welchem 
er fich entwidelte, aufgefaßt.. Denn daran kann Doch wohl 
nach der gegebenen Entwiflung nicht. gezweifelt werden, daß 
die Form, in welcher die Manichäifche Lehre namentlich) in 
dem Auguftinifchen Fragment. aus der Epist. fund. dargelegt 
ift, nur als mythifche Einkleidung anzufehen ift. 

Obgleich die dem Manichäismus zu Grunde liegende 
Anficht von dem Verhältniß des Geifted und der Materie 
feit alter Zeit im Drient einheimiſch war, und aus diefer 
Duelle erft zu den Griechen gefommen ift, fo ift doc) hier 
der Punct, wo die Manichätfche Lehre von der Zoroaftris 


. — 8 — 


ner Bildung gehabt hätte. Der Pluralis NOmOwLEv zeige 
ja eine Mehrheit an. „Es unterredet fich nemlich der Vater 
des AU mit feinen Kräften, weldyen er den fterblicyen Theil 
unferer Seele zu bilden überließ, indem fie dabei feine Kunft 
nachahmten , während er felbft das Verninfrige in und bil- 
dete, weil er für recht hielt, daß von dem Herrſcher das 
Herrfchende in der Seele, das Dienende aber von den Die- 
nern gebildet werde. Er bediente ſich aber dazu feiner Kräfte 
nicht blos: des Geſagten wegen, fondern auch weil die 
Seele des Menfchen allein Vorftellungen des Boͤſen und 
Guten in fi aufnehmen und.den einen oder andern folgen 
follte. Er hielt es daher für nothwendig, die Entftehung 
des Boͤſen andern Weltfchöpfern zuzutheilen, fich aber al- 
lein‘ die des Guten vorzubehalten. Deßwegen heißt e8 aud) 
gleich nachher, wie von Einem, Gott ſchuf den Menfchen. 
Der Schöpfer nemlid des wahrhaften Menfchen , welcher 
der reinfte Geiſt ift, ift nur Gott, der. gewöhnliche, mit 
Sinnlichkeit gemifchte Menfch aber ift von der Mehrheit 
geſchaffen.“ Vgl. De mundi opific. S. 17.: „Der Menſch 
gehoͤrt der gemiſchten Natur an, da er Entgegengeſeztes in 
ſich zulaͤßt, Verſtand und Unverſtand, Beſonnenheit und 
Leidenſchaftlichkeit, Tapferkeit und Feigheit, Gerechtigkeit 
und Ungerechtigkeit, und überhaupt Gutes und Boͤſes, 
Schönes und Häßliches, Tugend und Laſter. Deswegen 
kam es nur Gott, dem Vater des AU, ganz befonders zu, 
das Gute an ihm allein zu fchaffen, wegen feiner VBerwandts 
fhaft mit ihm, das Indifferente war ihm wenigftens nicht 
fremd, weil es an der ihm verhaßten Schlechtigfeit Feinen 
Theil hat, dad Gemifchte aber Fam ihm theild zu, theils 
‚nicht zu, ed Fam ihm zu wegen der damit vermifchten bef- 
fern Jdeen, nicht zu Fam es ihm wegen des Entgegenge- 
fezten und Echlechten. Darum heißt es blos bei der Schoͤ— 
pfung des Menfchen in der Mehrheit: ‚‚Iaffet uns einen 
Menſchen machen‘, um damit anzuzeigen, daß Gott ans 


— 149 — 

dere als Gehälfen dazu genommen, damit Gott, der Allherr⸗ 
feher, allein al& Urheber der untadelhaften Gefinnungen und 
Handlungen ded volllommenen Menſchen angefehen werde, 
der entgegengefezten aber andere der Untergeorbneten. 
"Ede yag avaitıov eivar XaxgU 709 natipe Toig &xY0- 
voıg’ xxòv ÖL 7) xerie xal:n xara Kaxıav Evepysa.‘ 
Diefe Platonifd) = philonifchen Ideen fonnen und den beften 
Begriff davon geben, wie fid) aus dem einfachen Gegenfaz 
von Geiſt und Materie bie Manichäifche Lehre von der 
Schöpfung entwickeln mochte. Die untergeordneten Kräfte, 
die das von Gott, dem .Uxheber des Geiſtigen, nicht Ges 
fchaffene hervorbringen, alfo das Sinnliche und Materielle, 
find auch ſchon bei Philo die Urheber des Boͤſen. Es 
wurde zur Vollendung des -Gegenfazed nur noch erfordert, 
fie mit der Materie fo zufammenzudenfen, daß fie nicht 
mehr mitwirkende Kräfte der Gotrheit (dvuvausıg ovvsoyor), 
wie fie Nhilo nennt, find, fondern nur die in der Materie 
wirfende, der Gottheit entgegengefezte, Kraft bezeichnen, 
Halten wir den Begriff der. Materie im Gegenfaz gegen 
den Geift bei Manes gehörig feft, fo kann uns der Fürft 
der Sinfterniß, aud) fofern er Schöpfer des Menſchen ift, 
nur als Perfoniftcation der Materie gelten. Ebendamit ift 
aber auch der ganze Manichätfche Mythus Über die Schoͤ⸗ 
pfung des Menfchen in dem genetifchen Keim, aus welchem 
er fich entwieelte, aufgefaßt. Denn daran kann doch wohl 
nach der gegebenen Entwillung nicht. gezweifelt werden, daß 
die Form, in welcher die Manichäifche Lehre namentlich in 
dem Auguftinifchen Fragment aus der Epist. fund. dargelegt 
ift, nur als mythiſche Einkleidung anzufehen ift. 

Obgleich die dem Manichdismus zu Grunde liegende 
Anficht von dem Verhältniß des Geifted und der Materie 
feit alter Zeit im Drient einheimifd) war, und aus dieſer 
Quelle erft zu den Griechen gekommen ift, fo ift doch hier 
der Punct, wo die Manichäifche Lehre von der Zoroaftris 


{chen fich entfchieden trennt. ‚Denn wie nad) ber Ieztern 
das Reich des Ahriman nicht. geradezu die Materie iſt, fo 
ift auch der Menfch nicht das Geſchoͤpf Ahrimans, und die 
gefchlechtliche Fortpflanzung des leiblichen Lebens wird im 
Zendavefta keineswegs als daͤmoniſche Erfindung, wie von 
Manes, betrachtet. Es haͤngt dies jedoch mit einer tiefer 
eingreifenden Differenz der beiden Lehrbegriffe zuſammen, 
von welcher noch an einem andern Orte die Rede ſeyn wird. 
Zwiſchen den gnoſtiſchen Syſtemen und dem Manichaͤiſchen 


macht auch hier den Hauptunterſchied der gnoſtiſche De⸗ 


miurg, der, wie von Anfang an als vermittelndes Princip 
zwiſchen Gott und die Materie geſtellt, darum auch der 
Schöpfer des Menſchen iſt. Die Gnoftifer ſchloſſen ſich 
in dieſer Beziehung ganz nahe an die Platoniſch-philoni⸗ 
fche Anfiht an. Wie es unter den einzelnen Gnoftifern in 
der Lehre von der Weltfchdpfung Baſilides war, mit wel- 
chem Manes am meiften zufammenftimmte, fo wares in der . 
Lehre von der Bildung des Menfchen Saturnin, der diefelbe 
auf ähnliche Weiſe wie Manes dar ſtellte 14), 


1) Man vgl. ren. ‚Contra haer. 1. 24. Eplph. Haeres. 
XXI, 1. . Die von dem umbelannten Vater gefchaffenen En⸗ 
gel waren von der höchften Kraft fehr entfernt. Sieben der= 
feiben haben die Welt gefhaffen. Jeder berfelben erhielt 
zwar feinen beftimmten Anthell an der Welt, fie vereinig- 

ten fih aber zur gemeinfchaftlihen Bildung des Menfhen 
nach dem Bilde des von oben zu ihnen herabgefallenen Lichts, 
. Dadfie es aber in feiner blos momentanen Erſcheinung nicht 
feſthalten konnten, wollten fie ein Bild deſſelben entwerfen, 
und bildeten daher den Menſchen aus heftiger Begierde nad) 
dem von oben herab ihnen erfchlenenen und plözlich wiederum 
entfchwundenen Lichte. Saturnin benüzte gleichfalls für feine 
Vorftellung die Stelle Gen. I, 26. : Noujonusy dr Ig0mo0v zur 
. einova' zul u Ouolncıw,mit Weglaffung des dazu nicht paf: 
fenden Wortes uersgov. Als der Menſch gebildet war, wa 


— 151 — 


Wie die Schoͤpfung des Menſchen mit der Schoͤpfung 
der Welt in engem m Zuſammenhang ſteht, ſo ſcheint in die⸗ 





"ren die Engel zu ſchwach, ihr Werk zu xellenden, der Menſch 
lag auf dem Boden, und kruͤmmte ſich wie ein kriechender 
Wurm, unvermögend, fi aufzurichten und irgend etwas zu 
thun, bie der hoͤchſte Herrſcher ihn erblickend und feiner ſich 
erbarmend, weil er fein eigenes Bild war, ihm einen Licht: 
funfen feiner Kraft zufandte, durch welchen er den Menfchen 
aufrichtete und beiebte. Diefer Lichtfunfen tft die Seele des 
Menfhen. So ftellte Saturnin die Menfhenfchöpfung ziem: 
"lich übereinftimmend mit Maned, obgleich auch wieder ab: 
weichend von ihm, dar. Auch nad Manes foll (f. oben & 
138.) der Menfch urfprünglich thlerähnlich gewefen ſeyn. Doc 
Kann dies nah dem Manichäifhen Mythus S. 118. f. nicht 
von einem fo mangelhaften Zuftand, wie Saturnin annahm, 
verftanden werden. Es iſt wohl nur auf den Zufammenhang 
des Menfhen mit der Thierwelt und auf das Succeffive fel: _ 
ner Entwillung zu beziehen. Was von der Eva gefagt iſt, 
ſcheint daſſelbe, was Saturnin vom erften Menfchen .fagte. 
Daß fie &yuyos war, iſt wohl mit Mosheim, S. 809. daraus 
zu erklären, daß die Dämonen die ganze geraubte Lichtmaffe 
fhon dem Adam mitgetheilt hatten. Es fheint mir jedoch 
zweifelhaft, ob, was bei Theodoret und In den Anathematie= - 
men von der Schöpfung Adams und der Eva gefagt iſt, für 
ächt manichälfd gehalten werden darf. Daß die Lichttochter, 
die nach Theodoret Joel genannt wurde, der von ben Dä- 
monen gebildeten Eva Licht und Leben mittheilte, ſcheint, 
wie noch anderes, in das Manihälfhe Siem nicht echt 
— zu paffen. Auch die Lehre der Ophiten enthielt einige über: 
- einftimmende Züge. Saldabaoth, der Demiurg, theilte dem 
von feinen fehs Engeln gebildeten Menfhen, der anfangs 
ohne. Seete auf der Erde froh, den Lebensgeift mit, ent= 
bloͤßte ſich aber Dadurch felbft des güttlihen Lichts. So con: 
centrirte fih dag Licht der ganzen Schöpfung in dem Men- 
fben , der nicht das Bild Jaldabaoths, fondern das Bild des 
hoͤchſten Menſchen, des ewigen Gottes felbft, darfiellte. Ne⸗ 


4 


* 


ſelbe Entwiklungsreihe auch noch der Fall des Menſchen zu 
gehoͤren, ja mit dieſem erſt die Manichaͤiſche Schoͤpfungs⸗ 
geſchichte ſich zu ſchließen. Schwierig aber iſt es, ſich hier⸗ 
Luͤber eine beſtimmtere Vorſtellung zu bilden, es fehlt an ge⸗ 
naueren Angaben, und zweifelhaft bleibt beſonders, was 
Manes von ſeinem Syſtem aus daruͤber lehrte, und was 
er etwa blos aus Veranlaſſung der Moſaiſchen Erzaͤhlung 
in daſſelbe aufnahm. Unter den verſchiedenen Angaben, 


die 


wir Über die Manichäifche Lehre von-dem Fall des er: 


ſten Menfchen vergleichen Tonnen, fcheint mir folgende 


“ander Gnoft. Syſt. S. 235. f. Dad Bemerkenswertheite bey 
der Vergleichung der gnoftifhen und manihälfhen Vorſtel⸗ 


Br S 


lungen von der Schöpfung des Menfhen fcheint mir immer 


bies zu feyn, daß, wie in den gnoftifhen Syftemen der De= 
miurg nur der Durchgangspunct für das in den Menſchen 
übergehende Lichtprineip iſt, fo auch Manes baffelbe von 
feinen Daͤmonen und dem Fuͤrſten bderfelben lehrte, 
worin die Superlorität des Menfchen über diefe Nor: 


ſteher der ‚materiellen Welt, von welhen er nur den Leib 


als Vehikel des Gelftes erhält, ſehr Far ausgefprocen iſt. 
Durch diefe Vermittlung follte der Menſch das lichte Prin- 


cip feiner Natur erhalten, weil er als einzelnes gefchaffenes 


Weſen duch den allgemeinen Fosmifhen Zufammenhang bes 
dingt iſt, aber nur in ihm iſt auch der Punct, in welhem 
ber von Stufe zu Stufe herabfteigende, die verfchledenen For: 


men des materiellen Lebens durchlaufende Geift fi zuerſt wieder 


— 


fixirt und zur Ruͤkkehr nach oben zuruͤkwendet. Es iſt da, 
her auch für den zorvaftrifhen Ahriman ſehr bezeichnend und 
den. gnoftifhen und manichäffhen Worftellungen von dem 
Verhältnip des Menfhen zum Demiurg und Arhon ganz 
entfprechend, daß derfelbe in feinem Kampfe mit Ormuzd 


- über nichts fofehr erbebt, als über den Anblick des reinen 


Menfhen (Bendav. Th. III. ©. 61.), Zoroaſters Insbefondere 
(th. 11. ©. 375.). So erfhrift der Demiurg vor dem Men: 
fhen, der doch fein eigenes Gebilde iſt, In der Ahnung des 
Höhern In ihm (Neander Gnoft. Syft. ©. 236.). 


Stelle am ficherften den Geſichtspunct zu bezeichnen, aus 
welchem Manes denfelben in feinem Syfteme betrachtet wiſ⸗ 
fen wollte: Talis apud vos, hält Yuguftin De moribus 
Manich. c. 19. den Manichaͤern entgegen, opinio de Adam 
et Eva: longa fabula est, sed ex ea id attingum, quod 
in praesentia satis est. Adam dicilis sic a parentibus 
suis genitum, abortivis illis principibus tenebrarum, 
ut maximam partem lucis haberet in anima et perexi- 
guam genlis adversae. Qui cum sancte viveret propter 
exsuperantem copiam boni, commixiam tamen in eo 
fuisse adversam illam partem, ut ad concubitum de- 
clinaretur : ita eum lapsum esse atgne peccasse, sed 
vixisse posta sanctiorem. Obgleich der Fürft der Sinfters 
niß alles Böfe feiner Natur dem von ihm gebildeten Men 
fchen eingepflanzt hatte, fo hatte doch die göttliche Lichtna⸗ 
tur feiner Seele in ihm weit daß Uebergewidht. Aus dem 
reinen Urquell der göttlihen Subftanz ausgefloffen, hatte 
die Seele Kraft genug, den Leib, in welchem fie wohnte, fo 
wie es ihre Beſtimmung war, nad ihrem Willen zu regies 
ren. Prima anima, guae a Deo luminis manavit, ac- 
cepit fabricam istam corporis, ut eam freno suo rege- . 
ret, wie Manes felbft fagt in dem Schreiben an die Jungs 
frau Menod), bey Auguftin Op. imperf. contra Iul. L. III, 
172. 1°), Auch Manes nahm daher an, Daß der gefchaf- 
fene Menfch, je näher feinem Urfprung, um fo mehr feiner 
eigentlichen Beftimmung entſprach, und in einem Zuftand 
von Vollfommenheit fi) befand, in welchem bie Seele 
über den Leib, das obere Princip über dad untere, das ent⸗ 
fchiedene Hebergewicht hatte. Die Seele des erften Mens 
fchen hatte wegen ihres unmittelbaren Urfprungs aus der 


15) Augujtin bemerkt zwar gegen den Pelagianer Sultan, der ſich auf 
diefes Schreiben Mani's beruft, eg fen Ihm ganz unbefannt, es 
Tann aber dies nicht wohl ald Beweis gegen feine Aechtheit 
gelten. 


— 114 — 


göttlichen Subſtanz eine Reinheit, die die Seelen der. fol- 
genden Menfchen nicht mehr in demfelben. Grade hatten.- 
In illa ad Patricium epistola 16) quasi de primo fa- 
ctam flore substantiae meliorem dieit (Manichaeus pri- 
mam animam) secutis, führt Julian an bei Aug. a.a.D.c. 
186. Wäre aber der Menſch fortdauernd in diefem Zuftande ge⸗ 
blieben, fo wäre die Abſicht, die der Fuͤrſt der Finfterniß 
bey feiner. Erichaffung hatte, vereitelt worden. Die reine 
Seele hätte fid) im Tode aus dem Leibe wieder emporge- 
ſchwungen und der Gewalt des Dämon entriffen. War da- 
her urſpruͤnglich der menfchliche Xeib von dem Dämon gez 
bildet worden, um die plözliche Ruͤkkehr der. Kichtfeele in 
das Kichtreich zu verhindern, fo mußte ein zweites Mittel 
gewählt werden, um fie bleibend in der. materiellen Welt 
feftzuhalten. Diefes Mitrel follte die gefchlechtliche Fort: 
pflanzung feyn, und wie der erfte Menſch auf Diefem Wege 
durch die Dämonen fein Dafeyn erhielt, fo. mußte aud) das 
von ihnen gefchaffene menfchliche Leben in die Dualität der 
Geſchlechter fid) theilen,. und dem Naturgefez der gefchlecht= 
lichen Fortpflanzung unterworfen werden. Aud) die Theilung 
des Einen Menfchen in die Doppelheit des Gefchlechts ift 
ein Werk der Dämonen, wie ſchon oben S. 115. gezeigt 
worden ift. Man vgl. auch Aug. Contra Faust. XXIX, 2, 
Vos masculum et jeminam non Dei,. sed diaboli opera 
esse, praedicatis. Es hat daher alle WahrfcheinlichFeit , 
daß in der Manichäifchen Gefchichte der erften Menfchen, 
die ja nad Auguftin eine Jonga fabula war, indem 
Manes aud) hier die verfchiedenen einzelnen Momente 
der fortfchreitenden Entwiflung genau unterfchied und her— 
vorhob, die Erſchafſung des Weibs ein neuer Wendepunct 
war, und fo kurz die Angabe ift, die wir hierüber in den 
Acta disp. Arch. c. 10. finden: ovrws £&xtioe Tov 





4 
-36)-D5, wie vermuthet worden iſt, diefe Ep. ad Patr, bie: 
felbe tft mit der Ep. fund. fft zweifelhaft. 


— 155 — 


avdownov, vıv Ö2 Evav Onoing öxrıoav, Öövreg alt 


dx ung Enıdvuiag avrwv no0g To Eanarnoaı rov ’Adau,. 


zul dir Tovrwv yEyovev n nAaoıg Tod %00u0V, &% Tng 
roũ apyovrog Önuioveyieg, fo läßt fie fich doch mit der 
zuerft angeführten Stelle Auguftins in einen fehr erwiünfch- 
ten Zufammenhang bringen. Wie der menfchliche Leib 
der Köder war, der die Seele anzog und gefangen nahm, 
fo folgte auf diefen erften Betrug der Dämonen ein zweiter 
durch die Erfchaffung des Weibes, der nur den Zwek hatte, in 
dem zuerft gefchafjenen Menfchen die ſchlummernde Begier⸗ 
de zu weken und ihn zu verführen. Am beften kann uns 
die Manichäifche Vorftellung erläutern, was PhiloDe mun- 
di opif. Ed. Mang. V. 1. ©. 36. zur Erklärung des Falls 
des erften Menfchen fagt: „der erſte Menſch hatte zwar alle 
Bollfommenheiten, wie aber alles Gefchaffene wandelbar ift, 
ging auch mit ihm bald eine Veränderung vor. Der Ans 
fang aber des fchuldbehafteten Lebens Fam vom Weibe. So⸗ 


lange der Menfch allein war, glich er der gefchaffenen Welt 


und Gott, und drüfte die Charactere beider Naturen in fich 
aus, fo weit es einem fterblichen Organismus möglich ift. 
Als aber aud) das Weib gefchaffen war, und er die verwandte 
Geftalt erblidte, freute er ſich des Anblicks, ebenfo ergriff 
auch das Weib eine freudige Empfindung, da Fein anderes 
Weſen äymlicher war. Da fie ſich nun nahte, gefellte fich 
auch Eros zu ihnen, und vereinigte fie als die zwei getrennren 
Hälften eines Wefens, und pflanzre ihnen die Begierde ein, 
fi) zur Erzeugung eines gleichen Weſens zu verbinden. 
Diefe Begierde aber erzeugte die Förperliche Luſt, die der 
Anfang der Sünden und Uebertretungen ift, wodurch fie 


das fterbliche und unglüfliche Leben mit dem unfterblichen _ 


und glüflichen vertaufchten.”’ So war auch nad) Philo das 


Meib die Verfüihrerin des erften Menfchen, nur erfcheint,. 


was Philo ald natürliche Solge darftellte, bei Manes als 
abfichtliche Veranftaltung der Dämonen’, die das Weib zur 


. “ a Un 4 
ee 


⸗ 


— 156 — 


Verführung: des erften Menfchen erfchufen. Das Werfen der 
erften Sünde aber wird von beiden in diefelbe finnliche Be⸗ 
gierde gefezt. Die Zrudvuiar, die die Dämonen in das 
Weib legten, noös:To Ekanarıjonı rov "döau, hatten die 
Folge, daß er, wie Auguſtin fagt, ad concubitum decli- 
narelur: ita eum lapsum .esse, atque peccasse. Diefe 
erſte Sünde mußte nad) Mani's Anſicht in doppelter De: 
ziehung fehr entfcheidend und folgenreich feyn.. Nicht nur 
hatte durch fie indem Menfchen, in welchen bisher die aus 
Gott ausgefloffene Lichtſeele die Zuͤgel der Herrfchaft führte, 
der materielle finnliche Trieb die Oberhand gewonnen, fon 
dern e8 wurde nun dadurch auch der Anfang gemacht, Die 
Seele in jedem neuen Wefen, in welchem der Menfch fein 
Geſchlecht fortpflanzt, in einen neuen Kerker einzufchließen. 
Wie Leiber aus. Leiber entftehen, fo theilt ſich auch jedem 
neu erzeugten Wefen ein Theil der. göttlichen Lichtfubftang 
mit. Sicut animae gignuntur ab animabus, ſchreibt Ma⸗ 
nes an die Jungfrau Menöch bey Aug. Op. imperf. contra 
Iul. II, 172., ita figmentum corporis a corporis natura 
digeritur, — anima de anima, caro de carne. Der Pe⸗ 
Ingianer Julianus mathte es Auguftin zum Vorwurf, den 
Manichdern hierin beizuftimmen. Cognoscis, bemerkt Ju- 
lion, der fich auf diefen Brief gegen Auguftin beruft, quo- 
modo signatissime Manichaeus traducem confirmet ani- 
marum: — repetendo inculcat dogmatis sui esse pro- 
prium, iraducem animarum putare, quod etiam' per sı- 
militudinem generantium corporum approbare conatur, 
(Bgl. U, 178.: Impietatem, — qua credis, ita esse ani- 
marum traducem, ın Tertulliani olim et [Manichaei 
profanitate damnatam, sicut est corporis tradux). Aus 


* 


guftin felbft gibt Contra duas epist. Pelag. IV, 4. als Lehre 


ber Manichder an: animam bonam, partem scilicet Dei, 
: pro meritis inguinationis suae per cibos et potum, in 
quibas anlea colligata est, venire in hominem, alque 


— 197 — 


ila per concubitum etiam carnis vinculo colligari. Wie 
weit wir jedoch dem Manes gerade einen materiellen Tra⸗ 
ducianismus zuzufchreiben haben, hängt von der allgemeis 
neren Stage ab: ob er mit der Lichtnatur der Seele und 
mit dem Wefen der Gottheit felbft den Begriff einer mates. 
rielen Lichtfubftang verband. Sein Traducianismus be⸗ 
zeichnete zunachft nur das enge Zufammenfeyn von Geele 
und Leib in Hinficht der Fortpflanzung, und das Hauptmo⸗ 
ment lag für fein Syſtem nur darin, daß fid) mit der Fort⸗ 
pflanzung des leiblichen Lebens in der Succeffion der Ges 
fchlechter, die urfpränglicy in dem erſten Menfchen noch 
ungetheilte Eine Seele immer mehr individualifirte, in im= 
mer weiterem Umfange in die Materie vertheilte, aber da= 
durch aud) auf eine Weife fich in ihr feftfezte, die die Lostrens 
nung aus ihr und die endliche Ratkehr unendlich erſchwert 
und verzoͤgert. | | 
Iſt dies die Bedeutung, die der Fall des erften Mens 
ſchen im Manichäifchen Syftem hatte, und wie mir fcheint, 
allein haben Eonnte, fo Fonnte die Mofaifche Erzählung nur 
eine fehr untergeordnete Wichtigkeit für Manes und feine 
Anhänger haben. Nach der Anficht, die Manes vom alten 
Zeftament hatte, ift nicht glaublich, daß er aus dem Sins 
halt der Geneſis wefentliche Momente in die Eonftruction 
feines Syſtems aufnahm. Ich kann daher diefem Theile 
der Neander'fchen Darftellung nicht ganz beiftinnmen. „Den 
- Mächten der Finfterniß mußte, wie Neander (S. 840.) fagt, al- 
les darauf anfommen, daß es ihnen gelinge, die überlegene 
Lichtnatur des Menfchen zu unterdrüfen, und im Zuftande der 
Bewußtlofigkeit zu erhalten. Sie luden den Menfchen ein, 
von allen Bäumen des Paradiefes zu effen, das heißt, alle irdi⸗ 
fche Luft zu genießen, nur wollten fie ihn davon zurüfhalten, 
von dem Baume des Erfenntniffes des Guten und Böfen zu 
effen, das heißt, zum Bewußtfeyn des Gegenfazes zwifchen 
Licht und Finfterniß , zwifchen dem Göttlichen und Ungöfts 


— 158. - 


lichen in feiner eigenen Natur und in der ganzen Welt zu 
gelangen. Uber ein: Engel des Lichts oder vielleicht der 
Sonnengeift felbft, veranlaßte den Menfchen das Ge⸗ 
bot zu übertreten, das heißt, er führte ihn zu jenem Be⸗ 
wußtſeyn, das die Mächte der Finfterniß ihm vorenthalten 
wollten, und ficherte ihm dadurch den Eieg Über diefelben zu. 
— Da nun wieder dad Lichtreich über die Mächte der Fin: 
fterniß gefiegt hatte, fo wandten die leztern ein anderes 
Mittel an, um die zum Bewußtſeyn ihrer felbft gelangte 
Lichtnatur gefangen zu nehmen, und fie von der Verbin: 
dung mit ihrem Urquell loszureißen. Sie verleitete den 
erften Menfchen durch die ihm zugefellte Eva, ſich dem fleifch- 
lichen Triebe hinzugeben, dadurch feiner Lichtnatur untreu 
zu werden, und fich zum Knecht einer fremden Gewalt zu 
machen. Davon war nun die Folge, daß die Seele, welche 
in ihrer urfprünglichen Kraft in das Lichtreid) ſich erheben 
ſollte, dur) die Fortpflanzung ſich zertheilte, und von 
Neuem in materielle Körper gebannt wurde, daß die Mächte 
der Finfterniß das, was fie bei der Erzeugung des erften 
Menfchen gethan hatten, immerfort wiederholen konnten.“ 
Diefer Erfolg ftimmt ſchon mit der Vorausfezung nicht ganz 
gut zufammen, von welcher Neander gerade hier ausgeht, Daß 
auch nach dem Manichäifchen Syſtem die Mächte der Fin- 
fterniß unwillkuͤhrlich einem höheren Gefeze dienen, und fid) 
felbft dur) ihre Machinationen gegen das Lichtreid, Ver: 
derben bereiten. Die Verherrlihung des Lichtreichs ift 
zwar allerdings dad lezte Ende der ganzen Entwillung, 
das die Dämonen nicht hintertreiben Fonnen, aber folange _ 
erft noch die jezige Weltordnung im Werden begriffen ift, 
_gelingt foweit den Dämonen wirklich ihre Abſicht: yeyovev - 
fi nAdoıg roũ x00Nov dx TAG TOD &gxovrog Önuiovoyiag. 
Acta disp. Arch. c. 10. Es ift daher nicht nöthig, in der 
Gefchichte des Suͤndenfalls ein Factum voranszufezen, dad . 
die Abſicht der Dämonen 'vereitelte, und deswegen anzu⸗ 


— 159 — 
nehmen, daß es ihnen vor allem darum zu, thun war, ben 
Menſchen im Zuftand der Bemwußtlofigkeit zu erhalten. Das 
mit flreitet aber. auch, was mir der Hayptgrund gegen Ne⸗ 
anders Anficht zu feyn fcheint, die.beftimmte Angabe Au⸗ 
guftind, daß fich die Manichder den erften Menfchen ur: 
fpränglic) in einem höhern Zuftande von Vollkommenheit 
dachten. Wie follten fie demnach zugleic) einen Zuftand der 
Bewußtlofigfeit vorausgefezt, und eine Thatfache für noth⸗ 
wendig gehalten haben, durch die er fich erft des Gegenſazes 
zwifchen Licht und Finfterniß bewußt wurde? Hatte Adam, 
wie Auguftin fagt, maximam partem lucis in anima et 
perexiguam gentis adversae, war die Seele nad) Mani's 
eigenem Ausdruck facta de primae flore substantiae, ſo 
mußte ihr dody aud) ein um fo Flareres Bewußtſeyn ihrer 
Lichtnatur inmwohnen. Woher die Furcht der Dämonen, 
die Seele möchte ihnen jeden Augenblick entfliehen, wenn 
fie nicht Liebe zum Licht, Abfcheu vor der Finfterniß hatte? 
Aus diefem Grunde Fann idy nicht glauben, daß das Ver⸗ 
bot von dem Baume der Erfenntniß des Guten und, Böfen 
zu .effen, und die Uebertretung deffelben integrirende Mo- 
mente in der Manichäifchen Gefchichte des Falls des erften 
Menſchen waren. Die Erklärungen der Manichäer über die 
Mofaifche Geſchichte des Falld machen es vielmehr fehr 
wahrfcheinlich, daß fie ihr Feine hiftorifche Wahrheit zu= 
fhrieben. Sie fcheinen fie, wie Philo und aus demfelben 
Grunde, weil fie die erfte Sünde nicht in die Uebertretung 
eines pofiriven Gebotes fezten , größtentheild allegorifch ge= 
nommen zu haben. Welche Deutung fie dem Paradies ga: 
ben, fehen wir aus den Acten c. 10.: „Das Paradies wird 
die Welt genannt. Die Bäume in demfelben find die Ge⸗ 
genftände der Begierde, und anderes, was Die Gedanken der 
Menfchen verführt. Der Baum im Paradiefe aber, durch 
deſſen Frucht fie zur Kenntniß des Guten fommen, ift Je⸗ 
ſus, die Erfenntniß deſſelben, die in ber Welt iſt. Wer 


% 


— 6 — 


davon nimmt, unterſcheidet das Gute und das Boͤſe.“ Das 
Paradies war ihnen alſo ein Bild der Welt überhaupt *7), 
da die Welt zwar voll finnlicher Reize ift, aber gleichwohl der 
Menfch in der Welt eine Klare Erkenntniß des Guten und 
Boͤſen hat. Diele Erkenntniß ift dem Menfchen von Jeſus 
mitgetheilt, oder, wie es hier wohl richtiger heißen ſollte, 
von Chriftus 18). Die Einwendungen, die die Manichäer 
gegen die Mofaifche Erzählung in Hinficht des von Gott 
gegebenen Verbots erhoben, lernen wir zum Theil wenig⸗ 
ſtens aus dem Manichäifchen Fragment bei Titus von Bo⸗ 
fira in der Vorrede zum dritten Buche kennen: „Wie gab 
- denn Gott dem Adam ein Gebot? Es Fonnte nur der eine 
oder andere Fall feyn: entweder wußte er, daß er es über- 
treten werde, und gab es nicht blos vergeblidy, fondern wurde 
auch Urheber der Uebertretung, oder man muß fagen: er 
wußte es nicht, und muß. daher annehmen, daß Gott von 
Unnviſſenheit befangen ifl. Daher Fonne das Gebot nur ge- 

geben feyn. zum Nachtheil der Menfchen, von dem böfen 
Mefen und feinem andern, und der Menſch habe zu feinen 
größten Nuzen und zu feiner Befreiung den Rath der 

Schlange 


17) So deutete auch ſchon Clemens von Alex. Strom. V. 11. 
©. 690. Ed. Pott dag Paradies: ITugwösıoos zul x00uog 
elvo Öbvaroı, & & nepuxev ta &x Önmovoyias ünurıa' &v ToV- 
19 xal 6 Aoyos Nrönoer 18 zul dxugropognoe augE zeröusvog, 
zul TOVG YEVOaUEVOUS TNg KENoTOTNTog avrov ELwonoinoey Enel 
und: ayeu tov Eilov eig yraoıy Auiv Apixımı. 

18) Der Manichaͤer Agapius, aus deffen: Schriften Photius 

Bibl. cod. 179. einiges mitthellt, nannte in derfelben Be- 
ziehung Chriſtus. Photius fagt von ihm Ed. Bekk. ©. 124. 
To &v nagmdsioy puröv Tüv Kg10rov eivas Tegmroloyei. Man 
vgl. auch ler. von Lyc. c. 4. Xquoròoy sivus voiv, 6v — na- 
gxozeaduı yyavır. 


— 161 — 


Schlange befolgt, die Manes filr einen Engel des guten Gots 
tes ertläre. Denn er war blind, ald er aber die verbotene 
Frucht genoß, erkannte er, daß er nakt war, er bediente. 
ſich der gefundenen Bedeckung, und kam zur Erfenntniß des 
Guten und Böfen, und hatte fo den größten Nuzen davon, 
daß er das Gebot feines hinterliftigen Schoͤpfers uͤbertrat.“ 
Hier fcheint zwar die factifche Realität der Mofaifchen Erz 
zählung anerkannt zu ſeyn, nur mit der von dem Manichäis 
fhen Syſtem gebotenen Modification, daß die handelnden 
Derfonen geändert, an die Stelle Gottes der Fürft der Fins 
. — flerniß, an die Stelle der Schlange ein LKichtengel gefezt 
wurde. Ich zweifle jedoch ehr, ob diefe Darftellung für 
die urfprüngliche gehalten werden Tann. Entweder ift bie 
factiſche Realität der Mofaifchen Erzählung im Sinne der 
Manichaͤer nur: hypothetiſch zu verſtehen, ſo daß nur ge⸗ 
ſagt werden ſoll: wenn auch ein ſolches Gebot wirklich ges 
geben worden ſeyn ſollte, fo koͤnnte es doch nur von dem 
Fuͤrſten der Finſterniß gegeben, die Uebertretung deſſelben 
nicht von einer Schlange, nur von einem Lichtengel gera⸗ 
then worden ſeyn, wenn Adam blind war, durch die Ueber⸗ 
tretung aber zur Erkenntniß kam, ſo koͤnnte ja fein Fall nur 
zu ſeinem groͤßten Nuzen gedient haben; oder wir muͤſſen 
annehmen, daß die Manichaͤer in gewißen Darſtellungen ſich 
auch mehr an die Moſaiſche Erzaͤhlung anſchloſſen, und in 
dieſer Beziehung von dem urſpruͤnglichen Sinne Mani's et⸗ 
was abwichen. Auch aus den Auguſtiniſchen Stellen, die 
hier noch verglichen werden koͤnnen, moͤchte ich ſchließen, daß 
die Manichaͤer ſich mehr nur polemiſch uͤber die Moſaiſche 
Erzählung des Falls ausgeſprochen haben. An execidit tibi, 
erwiedert Auguſtin dem Manichaͤer Fauſtus I. fin., guem- 
admodum solealıs vituperare Deum, qui homini pruecep- 
tum in paradiso dedit, et laudare serpenlem, quod ei 
per suum consiliam oculos aperuit?— Ita huic serpenti 
sunt amici, ut cum praeslilisse potius, quam nocuisse 
Baur's Manich. RI. Syſt. al 


— 102 — 


contendaunt xxn, 49. Die Schlange erklaͤrten fie fuͤr Chris 
ſtus. Christum fuisse affırmant, quem dicit nostra SCTI- 
ptura serpentem, a quo illuminatos eos qsserunt, nempe 
Adam et Evpam !%). Aug. De haer. c. 46. cfr. Contra 
Faust. XV, 9. Die Wirkungen, die die Schlange gehabt 
haben follte, konnten fie in jedem Fall nur Chriſtus zu⸗ 
ſchreiben, dem zur Erleuchtung der Menſchen wirlenden 
Lichtgeiſt. 
| Nach dem Keſultat der bisherigen Unterſuchung ſcheinen 
die Elemente, aus welchen die Manichaͤiſche Lehre von der 
Natur des Menſchen zu conſtruiren iſt, ziemlich klar und ein⸗ 
fach vor ung zu liegen. Demungeachtet ſtellen ſich uns, ſo⸗ 
bald wir alles, was hier zu beruͤkſichtigen ift, auf einen be= 
flimmten dogmatiſchen Begriff und Ausdruk bringen wollen, 
hier größere Schwierigkeiten, ald in irgend einem andern 
Theile des Manichäifchen Syſtems entgegen. Sch rechne 
dahin vor allem den den Manichäern gewoͤhnlich zugefchrie= 
benen Lehrſaz, daß der Menſch zwei Seelen habe, eine gute 
und eine böfe. In die meiften neuern Darftellungen des 
Manichäifchen Syſtems ift diefer Sa; ohne Bedenken auf: 
genommen worden, fragen wir aber, mit welchem Grunde 
er als Manichäifches Dogma betrachtet werde, in welchem 
engern Zufammenhang er mit den Principien des Manichaͤi⸗ 
fhen Syſtems ftehe,, welchen Begriff wir mit der böfen 
Seele neben der guten zu verbinden haben, fo find die Ant- 
worten auf biefe Fragen höchft unbefriedigend, und die Un- 
terfuchung fcheint hier noch richt auf den Punct fortgeführt 
zu jeyn, von welchem aus fi) allein ein helleres Kicht 


19) So nahmen auch die Ophiten die Schlange: Ayern Eavrov 
aba Agıorov ö mag ovrois ügpıs. — ”Anodıöoncı ÖL xul 
ovror o "Ogiruı »aholuevor Tovrw ryy n&CEY yvaoıy, A8yoy- 


rsg, OT ovrog aoyn yEyovs YVO0EWE Toig rFEWnoLg. Epiph. 
Haer. XXXVII. 2. 3. 


— 103 — 
über den innern Zufammenhang des Syſtems verbreiten 
kann. Einige Belege mögen diefe Behauptung rechtfertis 
gen. Der in der Darftellung des Manichdifchen Syſtems 
fo ausführliche Beauſobre begnügt fich hier, ohne weitere 
Erörterung feine Anficht in die Worte zufammenzufaffen 
AT.O. S. 420.): La substance celeste lui (dem Mens 
fchen) fournit Tame raisonnable: la substance materi.- 
elle lui fournit la chair, et avec la chair les passions 
vicieuses, dont elle est la source. -Ainsi ’homme est 
anıme de deux ames opposees comme.:les substances, 
d’ou elles tirent leur origine. L’une est naturellement 
bonne, mais d’une bonte muable, parce qu’elle est sus- 
ceptible des impressions de la matiere, avec lagquelle 
“elle est unie. Wie raſch wird aber hier aus der Duns 
lität der Subftanzen fogleich die Zweiheit der Seelen ges 
folgert! Mosheim will, fogar ©. 814. die Natur der boͤ⸗ 
fen Seele dahin beftimmen, fie fey portio fumi] sen mali 
aetheris, quae per universam maleriam füsa est, et ex 
ea in omnia corpora humana transfunditur „ bemerkt 
aber dabei zugleich, die Lehre ver Manichäer über die dop⸗ 
pelte Seele fey im Ganzen fehr unklar, fie fcheinen mit 
ihrem Stifter hierüber felbft nicht im Reinen gewefen zu 
feyn, und deswegen ihr Dogma in fchwanfenden und taͤu⸗ 
fehenden Formeln ausgebrüft zu haben. Walch (Hift..ver 
Kez. Th. J. ©. 756.) ift ohnedies bei Dem naften Saze 
ſtehen geblieben: der Menfch beftehe aus dDre® heilen, 
und habe neben einem Körper, der nichts als bloße Mate⸗ 
rie ift, zwei Seelen. Unter den Neuern hat zwar Nean⸗ 
der in feiner Darftellung von zwei Seelen im Sinne ber 
Mamchäer zu reden vermieden, Dagegen aber aud) ſich dar⸗ 
über nicht weiter erklärt, wiefern) diefe den Manichdern _ 
gewöhnlich beigelegte Behauptung fir richtig oder unrichtig 
zu halten ift. Auf der andern Seite haben Giefeler Lehrb. 
der Kirchengefch. I. Bd. 2teXusg. ©. 223. und Wegnern ©: 77. 
| 11.. 


— i64 — 


die Zweiheit der Seelen aufs neue ſehr beſtimmt als Ma⸗ 
nichaͤiſchen Lehrſaz aufgeſtellt. Der Leztere ſagt S. 85.: 
Manes opinatus est, non unam animam, ab uno eodem- 
que auctore profectam, i. e., Deo ’bono, quippe qui sit 
natura simplex, neque ullam diversarum partium ‘con- 
 janctionem admittat, in homine esse posse, sed, ut duo 
diversa sibigue contraria princiyia in universa natura, 
ita in homine duas diversas sibique contrarias animas 
necessario credendas esse, peccalum vero lum fıeri, 
quando animae malae cupiditates contra animae bonae 
voluntatem cerlantes eam devincant. | | 
Wenn der Manichäifche Dualismus ſich fchon mit der 
nothwendigen Idee der Einheit der Welt fo wenig ver: 
‚einigen läßt, daß nur daraus das dem Manichäismus eige: 
ne Beftreben zu erklären ift, das eine der beiden Principien 

dem andern fo viel möglich wieder unterzuordnen, fo iſt 
gewiß die Aufgabe, Die Zweiheit der Seelen mit der Einheit 
des menfchlichen Wefens und der Einheit des Bewußtſeyns 
zufammenzudenfen, nur um fo ſchwieriger, da die Einheit 
des individuellen Lebens am wenigften einen ſolchen Gegen 
faz der Principien zulaffen zu: Fonnen fcheint. Um fo vor: 
fihtiger müffen wir aber ebendeswegen feyn, den Mani: 
chäern einen Lehrſaz zuzufchreiben, welcher, fo wie er ge: 
woͤhnlich lautet, einen innern Widerfpruch in ſich 'ſchließt. 
Fragen wir vor allem nad) der Quelle, aus welcher die 
Manichaͤiſche Vorftellung , die hier zu ımterfuchen ift, ges 
{höpft wird, jo muß fchon Dies auffallen, daß im Grunde 
nur Auguſtin als Gewährsmann für fie angeführt werden 
kann. Die Übrigen Schriftfteller, die hier in Betracht kom⸗ 
men konnen, ſchweigen entweder ganz davon, oder fr re: 
den wenigſtens nicht von einer Zweiheit der Seelen, fon- 
dern nur einer Zweiheit der Naturen im Menfchen und einer 
in Folge derfelben in der Einen Eeele liegenden Berfchieden- 
heit der Richtungen, wie namentlid) Titus von Boftra LI, 6.: 


— 165 — 


Ol ix roũ Maverrog nugävras dvo püasız nᷣuiy Ovoag 
dvavriag aneltyyay, Tw nord uv MMag tvövpeiodas 
pavke, adkore Ö2 dyadd, 1. 23.: Tov- aus gunov eivas 
uEV TO Owua Tng xaxias, eivaı ÖE TmV wuynV.ToV aya- 
ÜVov, elite uovosödn, eite avyxsusvnv &x ToV. Evavriov, 
Es ift in jedem Falle eine und diefelbe Seele, wenn fie 
auch gleid) ein ihr fremdarriges Element in ſich aufgenons 
men hat c.27.: Iwuev xara ryv Exeivov (Mavevrog) wev- 
Öoloyiav, eiye xai ToVTo Akysıy Enıyeigoin, wg xal 7 YU- 
yn ToV avFonnov ovveornxev EE ayadoüv xal xuxov, 
ovyi To udv Aoyıorıxov aurıs zart’ Exeivov avadereoy 
To ayadı@, TO d° eiöyıorov ei ın xaxie; Uber and) 
Auguſtin beruft fich dabei nicht auf ausdräffiche Stellen in 
Schriften Mani's und der Manichder, fondern er trägt 
jene Lehre nur auf eine durd) feine eigene Vorftellung von 
der Sache vermittelte Weife vor. Duas simul animas 
in uno homine esse delirant', unam malam, alteram 
bonam, de suis principlis diversis emanantes. Op. 
imperf. contra Iul. II. 172. Am meiften har wohl 
die eigene Schrift, die Auguftin Aber diefen Gegenſtand 
fehried (De duabus animabus contra Manichaeos), dazu 
beigetragen, die Lehre der Manichäer hierüber in dieſer 
Form als einen Hauptfaz ihres Syſtems in Umlauf zu brin⸗ 
gen. Aber auch hier ſucht man vergebens-einen beftimmtern 
dogmatifchen Begriff. Was Auguftin hierüber ſagt, und 
was er den Manichdern in diefer Beziehung entgegenhält, 
erhellt hinlänglich aus den Anfangsworten der kleinen Schrift, 
in welchen Auguftin auf feine Manichäifche Verirrung zuräfblis 
Fend fich fo äußert: Animarum illa duo genera, gnibus ita 
singulas naturas propriasgue tribuerunt, ut alterum de 
ipsa Dei esse substantia, alterius vero Deum nec con- 
ditorem quidem velint accipi, si mecum sobrie diligen- 
terque considerassem, mente in Deum supplici et pia, 


— 164 — 


die Zweiheit der Seelen aufs neue ſehr beſtimmt als Ma⸗ 
nichaͤiſchen Lehrſaz aufgeſtellt. Der Leztere ſagt S. 85.: 
Manes opinatus est, non unam animam, ab uno eodem- 
que auctore profectam, i. e., Deo bono, guippe qui sit 
natura simplex, neque ullam diversarum partium 'con- 
 janctionem admilttat, in homine esse posse, sed, ut duo 
 diversa sibigue contraria principia in universa nalura, 
ita in homine duas diversas sibigue contrarias animas 
necessario credendas esse, peccalum vero lum fieri, 
quando animae malae cupiditates contra animae bonae 
voluntatem cerltantes eam devincant. | 
Wenn der Manichäifche Dualismus ſich ſchon mit der 
nothmendigen Idee der Einheit der Welt fo wenig ver: 
einigen läßt, daß nur daraus das dem Manichäismus eige⸗ 
ne Beſtreben zu erklären ift, das eine der beiden Principien 
dem andern fo viel möglich wicder unterzuordnen, fo ift 
gewiß Die Aufgabe, die Zweiheit der Seelen mit der Einheit 
des menfchlichen Wefens und der Einheit ded Bewußtſeyns 
zufammenzudenten, nur um fo fehwieriger, da die Einheit 
des indiniduellen Lebens am wenigften einen folchen Gegen 
faz der Principien zulaffen zu koͤnnen ſcheint. Am fo vor⸗ 
fichtiger müffen wir aber ebendeswegen feyn, den Mani: 
chäern einen Lehrſaz zuzufchreiben, welcher, fo wie er ges 
wohnlid) lautet, einen innern Widerſpruch in fich 'ſchließt. 
Fragen wir vor allem nach der Quelle," aus weldyer die 
Manichaͤiſche Vorftellung , die bier zu unterſuchen ift, ges 
ſchoͤpft wird, ſo muß ſchon dies auffallen, daß im Grunde 
nur Auguſtin als Gewaͤhrsmann für fie angeführt werden 
kann. Die uͤbrigen Schriftſteller, die hier in Betracht kom⸗ 
men konnen, ſchweigen entweder ganz davon, oder fr re- 
den wenigſtens nicht von einer Zweiheit der Eeelen, fon- 
dern nur einer Zweiheit der Naturen im Menfchen und einer 
in Folge derfelben in der Einen Eeele liegenden Verſchieden⸗ 
heit der Richtungen, wie namentlich Titus von Boftra 11, 6.: 


— 165 — 


Ol dx roũ Mavevrog naupüvres dVo güosıs nuiv oVoag 
dvavriag aneliyyauv, Tu note ulv nnas Evdvnsiodas 
pavıa, allore ö2 ayada. 1. 23.: Tov- avdewnov elves 
AV TO Owue Tg xaxias, eivar dE TNV wuyD, ToV aya- 
VoV, eite uovosıön, eite avyreuevnv Ex TWV. Evavriov. 
Es ift in jedem Falle eine und diefelbe Seele, wenn fie 
auch gleic) ein ihr fremdartiges Element in fid) aufgenom⸗ 
men hat c.27.: Fwuev xara rnv Exeivov {Mavevrog) yev- 
Ödoloyiav, siye xai TOVTo Akysıy Enıyeipoin, wg xal n wo 
yn ToV avFomnov ovveornxev E£ ayadov xal xXaxoV, 
ovyi To ulv Aoyıorızov aurıg zart £xelvov avadertoy 
To ayadıo, Tö ö° alöyıorov ein zn xaxie; Uber auch 
Auguſtin beruft ſich dabei nicht auf ausdräfliche Stellen in 
Schriften Mani's und der Manichder, fondern er trägt 
jene Lehre nur auf eine durch feine eigene Vorftellung von 
der Sache vermittelte Weife vor. Duas simul animas 
in uno homine esse delirant', unam malam, alieram 
bonam, de suis principüs diversis emanantes. Op. 
imperf. contra Iul. IM. 172. Am meiften hat wohl 
die eigene Schrift, die Auguftin Aber diefen Gegenſtand 
ſchrieb De duabus animabus contra Manichaeos) , dazu 
beigetragen , die Lehre der Manichder hierüber in dieſer 
Form ald einen Hauptfaz ihres Syftems in Umlauf zu brin⸗ 
gen. Aber auch hier ſucht man vergebens-einen beftimmtern 
dogmatifchen Begriffe. Was Auguftin hierüber fagt, und 
was er den Manichdern in diefer Beziehung entgegenhält, 
erhellt hinlaͤnglich aus den Anfangsworten der kleinen Schrift, 
in welchen Auguftin auf feine Manichäifche Verirrung zuräfblis 
Fend fich fo’ äußert: Animarum illa duo genera, gnibus ita 
singulas naturas propriasgue tribuerunt, ut alterum de 
ipsa Dei esse substantia, alterius vero Deum nec con- 
ditorem quidem velint accipi, si mecum sobrie diligen- 
terque considerassem, mente in Deum supplici et pia, 


— 166 — 

fortasse mihi satagenti apparuisset, nullam esse qua- 
lemlibet vitam, quae non eo ipso, quo vila est, et in 
‚guantum omnino vita est, ad summum vitae fontem 
principiumgue pertineat, quod nihil aliud, quam sum- 
mum et solum, verumgnue Deum possumus confiteri :- 
quapropter illas animas, quae a. Manichaeis. vocan- 
tur malae, aut carere vito, el.animas non esse, ne- 
que quidquam velle sen nolle, appetere vel fugere, 
aut si viverent, ul et animae esse possent, et aliquid ' 
: tale agere, quale illi opinantur, nullo modo eas, nisi 
vita vivere: ac si Christum dixisse constaret, ut con- 
stat: ego sum vita, nıhil esse caussae, cur non omnes 
animas, cum animae nisi vivendo esse non possint, 
per 'Christum, id est, per vilam creatas et conditas fa- 
ieremur. Was hier Auguftin zur Widerlegung jener Lehe 
re bemerkt, bezeichnet zugleich am richtigften den Geſichts⸗ 
sunst, aus welchem wir fie überhaupt aufzufaffen und zu 
beurtheilen haben. Denn gewiß kommt es hier mehr als in 
einem andern Theile des Manichäifchen Syſtems darauf 
an, die Prineipien und den Geift deffelben vor Augen zu 
haben, um nicht. aus der Form der Darftellung , in wel: 
eher. und. die Gegner die Manichäifche Lehre wiedergeben , 
unmittelbar dogmatifche Begriffe abzuleiten. 

Nach Mani's Lehre ift die Menfchenfeele ein Theil der 
allgemeinen Weltfeele. Da aber der Menfch vor der übri: 
gen Schöpfung fi fi dadurd), auszeichnet, daß er die mit 
der Materie vermiſchten, durch die ganze Natur verbreite— 
ten Lichttheile concentrirter und intenſiver in ſich enthaͤlt, 
ſo beſteht das eigenthuͤmliche Weſen der in ihm. mit einem 
materiellen Leibe verbundenen Seele darin, daß ſie ihrer 
Lichtmaterie und ihrer Abkunft aus der göttlichen Sub: 
ftanz ſich bewußt iſt. Daß die. Manichäifche Kehre dies 
als den wefentlichen Vorzug der menfchlichen Seele be— 
trachtete, ſehen wir aus Mani's Schreiben an die Jung⸗ 


| = 197 — 

frau Menoch (Aug. Op. imperf. contra, Jul. L.172.), 
wo er. diefelbe mit den Worten anredet: Gratia tibi et 
salus a Deo nostro, qui est revera verus Deus, tribua- 
tur, ipsegue tuam mentem illustret, et justitiam tuam 
tibimet, revelet, quia es divinae stirpis fructus. — Per 
quos .et ta .splendida reddita es, agnoscendo, qualiter 
prius ‚ueris „. ex quo genere animarum emanaveris, 
qguod est confusum omnibus corporibus et saporibus, et 
speciebus variüis cohaeret. Im Bewußtfeyn ihrer Licht: 
natur kann die Seele nur das Gute und Göttliche denken’ 
und wollen, aber gleichwohl wirft in ihr ein entgegenge- 
feztes Princip. Die Materie har fih im Menfchen zum 
menfchlichen Leibe geftaltet, der Leib aber ift das Fleifch, 
in welchem als wirkendes Princip die Begierde wohnt: 
Nam sicut animae, fährt Manes in derfelben Stelle fort, 
gignuntur animabus, ita figmentum corporis a corporis 
natura digeritur. Quod ergo nascitur de eadem, caro 
est, quod de spiritu, spiritus est. Spiritum aulem ani- 

mam intellige, anima de anima, caro de carne.— Ra- | 
dix enim, ait scriplura, omnium malorum. concupis- 
centia. — Caro enim adversatur spiritui, quia fıilia 
concupiscentiae est, et spiriltus carni, quia fılius ani- 
mae est. Quare vide, quam stulti sint, -qui dicunt, 
hoc figmentum a Deo bono esse conditum, quod certi 
" sunt, a’ spiritu concupiscentiae gigni. Nicht ‚von zwei 
Seelen fprady demnach Manes, einer guten und einer boͤſen, 
fondern nur von dem Gegenfaz zwifchen Eeele und Leib, 
oder Geift und Fleiſch, das Weſen des Fleifches aber fezte 
er in die concupiscentia , oder die Begierde, die der jeder 
einzelnen Sünde vorangehende finnliche Reiz, das Formelle 
der Sünde ift. Was man gewoͤhnlich die böfe Seele des 
Manichaͤiſchen Syſtems nennt, ift die concupiscentia, ber 
der Materie inwohnende boͤſe Geifl. Sie ift ein felbftchäs 
tiges. Princip, wie ja Manes überhaupt dem felbfichärigen 


* x 
ei RER 


— 168 — 


guten. Princip ein ebenſo ſelbſtthaͤtiges boſes Princip zur 
Seite ſtellte. Quam concupiscentiam non vitium sub- 
stanliae bonae, sed malam vult esse substantiam (Ma- 
nichaeus).: Aug. Op. imperf. J. c. Da aber das felbft- 
thätige boͤſe Princip, ‚feinem eigentlichen Begriff nad), die 
Materie ober die Hyle ift, fo ift die Hauptfrage, im wel⸗ 
che es ſich handelt, wiefern die concupiscentia als Ei⸗ 
genſchaft der Materie zu denken iſt, ob ſie ausſchließlich 
nur in dieſe und den aus ihr gebildeten materiellen Leib 
geſezt werden muß, oder ob in gewißer Beziehung doch 
auch die an fich gute Seele ſelbſt von ihr beruͤhrt werden 
kann? Es iſt dies der Punct, wo in der Darſtellung des 
Manichaͤiſchen Syſtems gewoͤhnlich die Anſicht am meiſten 
ſchwankt. Indem man' die Zweiheit der Seelen vorausſezt, 
glaubt man der guten Seele nur das Gute, der boͤſen nur 
Das Boͤſe zufchreiben zu Fünnen, fieht fich dann aber doch 
wieder gendthigt, um hei dem Begriff der Sünde die Ein- 
. beit des Subjects nicht aufgeben zu müffen, aud) in der 
guten eine gewiße Neigung zum Bbdfen anzunehmen, wos 
durch der vorausgeſezte firenge Gegenfaz der beiden Seelen 
nothwendig wieder aufgehoben wird. Wie inconfequent 
amd haltungsloß erfcheint hier namentlidy die Darftellung 
Mosheims, wenn wir die Hauptfäze derfelben S. 313 — 17. 
zufammenftellen: Anima mala a malorum principe ve- 
nit, et sedes est omnium commotionum, affectuum, li- 
bidinum, desideriorum, quibus distrahuntur et agitan- 
tur homines. Bona enim anima, lucis et divinae na- 
tura6 filia, nec commoveri nec externum aliquid et in 
sensus incurrens appelere potest, — Bona anima, quia 
coelestis est originis, et omnia coelestia exuere et mu- 
'tare naluram nequeunt,, sancla est, bona, jusla, ne- 
que in ipao corporc sanctilatem suam deponit. Debi- 
hteri gtidem potest illa, aut naturalis ejus vis et po- 
testas par corpus, cui implicate est, et malam animam,' 


— 19 — 


quam vicinam habet, imnedirt: at corrumpi, vitiari, li. 
bidines et desideria concipere nullo modo potest, Ouae- 
cungue igitur flagitia et crimina fiunt ab hominibus, 
ea omnia ad malam pertinent animam et corpas, alque 
bona anima invita, dissentiente, reluctante, ecommitiun- 
tur. — At certo quodam modo peccata.omnia ‚pravas 
atgue vitiosae animae ad bonam animam_ pertinent. 
Jussa enim haec est, libidines et motus animae malig- 
nae comprimere, atque eam sibi subjicere, «tgue huio 
mandato divino per nalivam suam virlulem oblempe- 
rare potest. Quare hoc gum offcium negligit atqua 
dominari sinit malae animee libidinem , non ipsa mo. 
do infirmatur, verum -etiam culpam contrahit, atque 
cerla ratione per aniımam malam, quam continere de. 
bebat, delinquit. — Haec..ipsa, quae de animae bonae 
officio, de poenitenfia, de utilitate paenitentiae doce. 
bat IManes, demonstrani etiam, eum ron intelligent. 
am modo, verum e&liam volunlatem, commotiones es 
affeetus huic animae tribnisse, tametsi omnem cupidi- 
tatem, desiderium et motum ejicere ex ea videatur. 
Mach diefer Anficht bliebe zwifchen den beiden Seelen, der 
guten und der böfen, nur noch der Unterſchied, daß die 
gute aus Schwachheit,, die böfe dus Vorfaz findigt, jene 
die Suͤnde blos zuläßt, diefe wirklich thut. Iſt aber. die 
gute Seele ihrer Natur nad) gut, des Guten ſich bes 
wußt und nermögend es zu thun, fo-tft nothwendig auch 
ſchon die bloße Zulaſſung des Böfen ein wirkliches Thun, 
der Gegenfaz. der guten und der boͤſen Seele gleicht ſich 
beinahe voͤllig aus, und man begreift nicht, warum das 
Boͤſe der boͤſen Seele zugeſchrieben werden ſoll, wenn doch 
die eigentliche Schuld, die Unterlaſſung des Guten und die 
Zulaffung- des Boͤſen nur das Werk der guten Seele iſt. 
Einen ſolchen Mangel an innerer Conſiſtenz hatte das Mas 
nichdifche Syſtem nicht; wenn wir nichts Wefentlicheö übers, 


— 270 — 

ſehen. Vor allem ſcheint mir Haben beachtesı werden zu 
mäfen, daß Manes die Lichtſeele zwar ihrem. innern We⸗ 
fen: nach für gut, aber nicht für unwandelbar gut- hält, 
fondern fie felbft durch finnliche Reize, durch die ‚concn- 
piscentia.-afficirt - werden..läßt. .. Auch dies .fagr Manes 
felbft in dem genannten Briefe. bei Yug. Op. & Japı 1, 186.: 

Operae ‚pretium est, adveriere, quia prima anima, 
quae u Deo Jaminis manavit ,:.accepit. fabricam istam 
corporis, uteam freno sua regeret. Vonit mandatum, 
peccatum revixit, quod videbatur captivum,invenit ar- 
ticulos‘ suos diabolus, materiam concupiscentiae in eam 
. seduxit, et per illam occidit, ‚Lex quidem sancta, sed 
sancla sanclae, ei mandatum et justum et bonum, sed 
justae et benae. Die urſpruͤnglich reine Lichtſeele ift fich 
zwar des Guten bewußt, und bie Ende ſcheint daher 
gebunden zu' ſeyn, aber das Bewußtſeyn des Guten, das 
der Seele gegebene göttliche Gebot, ſchließt die Macht der 
Suͤnde nicht aus, der Teufel weiß ‘dennoch eine Stelle zu - 
finden, in welcher die Sünde eindringen kann, indem er ber 
Seele den Reiz zur Sünde: nahe legt, gleichfam in fie hin⸗ 
einbringt, und fie dadurdy ihrer Meinheit beraubt. Das 
Geſez ift allerdings heilig, um aber in feiner Heiligkeit ans 
erkannt zu werden, muß bie Seele felbft rein’ und heilig 
ſeyn, dem finnlichen Reize widerftehen. Ungeachtet ihrer 
Lichtnatur ift demnach die Eeele fo befchaffen, daß fie der 
Verführung zur Sinde, ber concupiscentia ‚unterliegen 
kann. So verftund. auch Auguſtin Die angeführten ‚Worte 
Mani's: (Manichaeus) non hoc de homine, sed de anima 
bona dicit, quam Dei partem atque naluram universo 
mundo, et omnibus, quae in. eo sunt, opinatur esse 
permixtam, in homine autem per concupiscentiam de- 
eipi. Nur unter diefer Vorausſezung fonnten daher auch 
die Manichaͤer in ihrem Syſtem von Sünvenvergebung 
und Neue reden. Sie. läugneten nicht, daß es eine Suͤn⸗ 


- 171 — 


denvergebung gebe, daß die Reue für den Menſchen heils 
fam und nothwendig fey (Aug. De duab. an. c. 12.), aber 
beides konnten fie. doch nur von der. Seele behaupten, ſo⸗ 
fern fie ungeachtet. .ihrer Kichtnatur von der Suͤnde berührt 
werden Tann, und den finnlichen Neize unterliegt. In 
diefem Sinne fagten fie auch fhon von Adam, eum lap 
sum esse, .alque peccasse,. sed vixisse postea sanctio- 
rem. Aug. De mor. Manich. o. 19. Mitgetheilt aber 
wird die. concupiscentia der Seele nur durdy die Vermitts 
lung des materiellen Leibs, zu.deffen Wefen urfprünglich 
die concupiseentia gehört. Sicut .auctor animarım De: 
us, fagt Manes in dem Briefe an die Menoch a. aD. 
c. 174., ita corporum auclor per concupiscentium diabo- 

Ins est, ut in viscatorio diabpli ner concupiscentiam mu- 
lieris. (der Leib-ift gleichfam ein viscatorium diaboli, ein 
delsro, ein Mittel der Verführung , ‚fofern das Weib den 
erften Menfchen durch die Geftalt.ihres Leibs zur Suͤnde 
verleitete). Unde diabolus anenpasur non animas, sed 
corpora, sive per visum, sive per lactum , sive. per 
anditum, sive per odoratum,'sive per gustam, Tolle 
denique malignae hujus slirpis.radicem, et siatim te 
ipsam spiritalem contemplaris. Wäre die Seele rein für 
ſich, fo Konnte der Teufel -Teinen Einfluß auf fie haben, 
weil fie aber.mit einem materiellen Leibe verbunden ift, ers 
dffnet jeder Sinn der Sünde einen Zugang in die Seele, 


und die Seele wird unter dem Einfluße der Sinnlichkeit 


zur Sünde verführt. Die Simmlichfeit gibt alfo. zwar. den 
materiellen Reiz und Anlaß, die eigentliche Urheberin der 
Sünde aber ift, indem fie die concupiscentia in fid) aufs 
nimmt, und, fi von ihr verführen läßt, doc) nur die 
Seele ſelbſt. Das Manichäifhe Syſtem entfernt ſich in 
biefer Beziehung von ‚der gewöhnlichen Anficht nicht, um 
fo mehr aber fragt ſich, worin wir noch das Eigenthuͤmliche 
befielben zu fuchen haben? ES liegt allerdings in ber Des 


hauptung Wani'&t eöncupiscentiam. rom vitium subrtan- 
tiae bonae, sed malam: esse substantiam, &. oben &. 168, 


Bol. Aug. Op. imp. II, 196.  Spiritum: coneupiscentiae 
Manichaei substantiam dicunt esse malam,.non vilium 


substantiae bonae,:quo 'caro coßcuniscit adversus spi- 


rıtam. Aber auch biefer Saz kann nur in bedingtem Sins 
ne genonmmen werben. Zur concnpiscentia wird das ber 
Materie Inwohnende doch ‘nur, fofern es in.die Seele 
aufgenommen wird. Dies verfennt Die Manichäifche Lehre 
wicht, aber auf der andern‘ ‚Seite foll die. eoncnpiscentia 


doch wieder die bhfe Subſtanz ſeyn. Daher Tann die Auds 


gleichung der beiden Säze nur auf demfelbern Wege vers 
ſucht werden, auf welchem äberhaupt im Manichäifchen 
Syſtem der pofitive Begriff des Boͤſen mit dem -Begriffe 


bes Guten ſich auögleichen fäßt. Der Manichäismus will 


feiner ganzen Tendenz nad) das Boͤſe in feiner tiefften ins 
nerften Wurzel auffeffen. : Daher iſt ihm das Bbfe nicht 
blos das Negative des Guten, fondern ein felbftthätiges 


Princip. Nirgends aber zeigt ſich dieſer dualiſtiſche Cha⸗ 


raeter des Syſtems in einer ernſtern Bedeutung, als in der 
Lehre vom ethiſchen Bbſen, oder von der Suͤnde. Ya, wie 
die Manichaͤer den Menſchen als den Mikrokosmus betrach⸗ 
teten, in welchem die entgegengeſezten Principien in ihrer 
intenſivſten Staͤrke vereinigt ſind, ſo iſt das im Menſchen 
zur ethiſchen That werdende Boͤſe der eigentliche Punct, 
von welchem die ganze Conſtruction ihres Syſtems aus⸗ 


geht. Der im Bewußtſeyn des Menfchen fich ausfprechene 


de Gegenſaz des Guten und Bhfen fol auf feine legte Wur⸗ 
zel zurüfgeführt werden. Iſt die Eeele von Natur gut 


und rein, fo ift die Suͤnde die Verdunklung und Verunreis 
nigung der an fich- reinen: Lichtnatur, die nur daraus zu 
erklaͤren iſt, daß ein frembartiges Element in die Seele - 

fich eindraͤngt. Diefes der Seele frembartige Element iſt 


ber materielle Leib, und jede Suͤnde hat ihren Grund und 


| 
{ 


J 


* 


Anlaß in einem im Leibe liegenden materiellen Reiz. Sind 
aber die beiden Principien, Seele und Leib, Geiſt und 


Materie, fo entgegengeſezter Natur, wie kann die Seele ihre 


reine Lichtnatur durch den materiellen Leib beflefen Laffen ? 
Dies fcheint eine Selbftthärigkeit ber Materie vorauszufes - 


. zen, bei welcher die Seele ſich leidendb verhalten muß, und 


eine gleichfam dämpnifche Gewalt auf fie ausgeuͤbt wird. 


- Wie fon die urfprüngliche Verbindung der Seele mit eis 


nem Menfchenleib nur darin ihren Grund haben zu koͤnnen 
fheint, daß der Leib gleich einer Lokſpeiſe die Seele zu fich 
herabzog, fo kann auch die Entftehung jeder einzelnen Sins 


be nur aud dem MUebergewicht des Einflußes erflärt wers 


den, mit welchem der Leib auf die Seele einwirkt. Aber 
biefe Ueberwältigung der Seele durch den materiellen Leib 


iſt doch immer nur eine fcheinbar erzwungene, die felbfts 
ſtaͤndige reine Fichtfeele Fonnte ihr nimmermehr unterlies 


[ 


gen, wenn nicht in der Seele felbft eine gewiße Neigung 
verborgen wäre, die fie dem Einfluffe der Materie zugängs 
lich machte, eine Schwäche, die fie abhält, dem zu wis 
derftreben,, was doch ihrer innern Natur fremd und entges 
gengefezt ift.- Je unbegreiflicher aber diefe der Natur ber 
Seele fo fremdartige Neigung, diefe ihr inwohnende Schwäs 
he ift, um fo mehr fieht fid) der forfehende Geift getrieben, 


den lezten Grund davon nicht in der Seele felbft, die ja 
goͤttlicher Natur ift, fondern außerhalb derfelben zu fuchen. 
Iſt die Neigung, die der Seele zum Materiellen hinzieht, 
eine Schwädje, die die Selbftthätigkeit der Seele hemmt 


und laͤhmt, fo fcheint dieſes Negative wieder einen pofitiven 
Grund haben zu müffen, der in der Seele fo wenig als in 
Gott, dem Urquell aller Seelen liegen kann 20), fondern 


20) Daher die von den Manichaͤern Immer wiederholte, den 
Hauptpunct ihres Syſtems ausdrüdende Inftanz: woher bie. 
Suͤnde? Unde ipsa peccata , et omnino unde malum? si 
ab homine, unde homo? Si ab angelo, unde angelus? 





- a 
— 14 — 
wur anf. ein abfoluerbifes- Princip zuräfgeführt werben zu | 
koͤnner ſcheint. Es aſt daher nicht anders, als wenn ber 
Menf eine doppelte Seeke haͤtte, eine gute und eine 
böfe, und der Materie in dem mit der Seele verbuhbenen 
Leibe eine die Seele ‚zwingende magifche und daͤmoniſche 
Gewalt. inwohnte. - Allein es ift Dies; doch immer nur 
eine. Vorftellung, die zu feinem beftimmten dogmatiſchen 
Begriff. erhiden werben. kann. Wie ber Begriff eines ab- 
folut. böfen Principe der Idee der Gottheit gegenäber.nicht 
fefigehalten werden kann, fondern unwillführlidy mehr und 
mehr zu dem Begriff einer Materie herabgeftimmt werden 
muß ‚ die. der. Gottheit als paßives Organ dient, fo ver- 
haͤlt es ſich auch mit, demi felbfithätigen Princip, das in 
den materiellen Leib gefezt und gewöhnlich die böfe Seele 
genannt wird. Das Materielle ift nur der Reiz und Anlaß, 
was dabei Selbftthätiges, der guten Seele Widerftrebendes 
ift, kann feinen lezten Grund nur in einer Richtung und 
Neigung der Seele felbft haben, und jeder Verfuch, darüber 
hinauszugehen, und den der Seeleinwohnende Keinfan einen 
. aufferhalb der Seele liegenden Punct anzufnüpfen, erfcheint 
and .ald das zwar bedeutungsvolle, aber nie zum Ziele 
führende Beitreben, das. Böfe in der ganzen Unbegreif⸗ 
lichkeit feines Weſens, in feiner tiefften Wurzel, ig einem 
Anfangspunet aufzufaflen,, der nur aufferhalb der Seele, 
in einem ihrer Natur heterogenen Princip, gefucht werden 
zu koͤnnen fcheint. . Der Urfprung des Boͤſen liegt daher 
aud) nad) dem Manichäifchen Syſtem, wenn es genetifch 
betrachtet wird, in dem unerflärlichen Band, das Seele 


Quos ex Deo esse, cum dicitur,, quamvis recte vereque 
dicatur, videtur iamen imperitis et minus valentibus 
acriter res abditas intueri, quasi per quamdam catenam 
ad Deum mala et peccata connecti. Hac quaestione 
slli regnare se putant, quasi vero interrogare sit 
. scire. Yug.De duabus anim, o, 8. Bel. Kit. II. ı. 


— 19 — 


und Leib verbindet, aber eben beöwegen in der Seele einen 
Anknuͤpfungspunct vorausſezt, in welchem die Materie zur 
Sinnlichkeit, und die Sinnlichkeit zur Sünde ſich geftaltet. 
Die böfe Seele der Manichaͤer hat daher im Grunde, nur, 
eine bilvliche Bedeutung, in welcher ſich der tiefe erhifche 
Geift, der dem Manichäifchen Syftem wie dem altperfifchen 
eigen ift, ausfpricht, und wenn fchon Zenophon in feiner 
den Achten Geift des Orients athmenden Cyropädie den 
Perfer Arafpas (VI. 1,41.) fagen läßt: dvo vayag &yw. 
wuyas‘ — 00 yap ön uie ya 0Voa aua ayadın te dor 
zei xaxı, Dvd au xaAuv Te xal wioyowv Egvuv Loc, 
zei tavra aua Bovistai te xaı ov Povisrar noatrev, 
alla ÖnAovorı dvo E&0Tov wurd, zei Otav udv 7 ayadr 
xgarn, va zahe noaTTereL, Otav .ö2 7) NOVNOG, T& Gi= 
oypa Eruysgeitan: fo fehen wir hieraus, fowohl wie nahe 
jene Vorftelung ſchon dem altyerfifchen Religionsſyſtem 
lag, als aud) wie wenig wir fie geradezu als eigentlichen 
dogmatifchen Begriff nehmen koͤnnen. Denn 'dies liegt 
body in der Zenophontifchen Stelle Elar vor Augen, daß die 
doppelte Seele, die böfe neben der guten, ihren Urfprung 
nur der Unbegreiflichfeit des Urfprungs des Böfen aus ber 
einfachen Natur der Seele verdankt. Der Manichäifche 
Gegenſaz der guten und der böfen Seele tft mit Einem 
Morte nicht verfchieden von dem neuteftamentlichen zwi= 
fchen Geift und Fleiſch, und nicht mit verdrehender Wille 
führ (wie Wegnern ©. 84. behauptet), fondern mit vollen 
Recht Fonnte auch Manes die Auctorität ded Apofteld Paus 
Ius für fich geltend machen in dem Schreiben an die Mes: 
noch a. a. O. c. 177.: Cum animo nolente coeunt et 
secretis pudoribus gerunt, quo tempore odio habent 
Incem, uti ne manifestentur opera eorum. Cujus rei . 
gratia ait apostolus: Non est volentis, ut subaudiatur, 
hoc opus. Sive enim bonum geramus, non est carnis, 
quia manifesta sunt opera carnis, quae sunt fornicatio 


r 


ei 
‚ete., sive malum eramus, non est aniinae, .yuia frao- 
ins spiritus pax, gaudium est. Denique clamat et ad 
Romanos apostolus: Non bonum, gquöd volo, ago, sed 
malum operor, quod exhorreo. Videtis vocem animae 
contumacis, conira concupiscentiam defendentem. li- 
bertatem animae. Dolebat enim, guia: peccatum, id 
'est, diabolus operaretur in se omnem concupiscentiam, 
Legalis auctöritas indicat malum ejus, cum’omnes 
ejus usus vituperat, quos caro miralur et laudal: om- 
nis enim amariltudo concupiscentiae suavis est animae, 
per guam natrilur anima et ad vigorem aclitur. De- 
nique coercenlis se ab omni usu concupiscentiae ani- 
mus vigilat, ditatur et crescit, per usum autem concu- 
piscentiae consuevit decrescere. Wenn die Seele bei al: 
lem beffern Bewußtfeyn, das ihr inwohnt, dennoch ei⸗ 
‚ne unmwillführlich und unmwiderftehlich zur Materie fie hin 
ziebende Luft in fich findet, eine gegen das Gute reagirens 
de Macht, fo fcheint die Eine Seele gleichfam in zwei Sub: 
jecte getheilt zu feyn, immer aber ift es nur der Gegenfaz 
des Geiftes und des Zleifches, und denfelben Begriff, wels - 
chen wir bei dem: Apoftel Paulus mit dem Ausdruke Fleifch 
verbinden mäflen, dachte ſich auch Manes, wenn er das 
Charafteriftifche des Fleifches in die concupiscentia fezte, 
die nur auf dem Puncte entfpringen kann, wo Geift und 
Materie ſich berühren, und mitten im Gegenfaz ein Mittles 
res fich findet, in welchem fich beide befreunden, der Geift 
dem Einfluße der Materie. fi dfinet, die Materie vom 
Geifte eine gewiße felbftthätige Wirkſamkeit, den spiritus 
concupiscentiae, ſich aneignet. Will man demnach das 
Eigenthuͤmliche der Manichäifchen Lehre durch die gute und 
böfe Seele bezeichnen, fo ift hiemit nur dualiftifch ausge 
drüft, was die vom Dualismus fich weiter entfernenden 
Gnoftiler trihotomifch weüue, wuyn und YAn nannten. 
Die böfe Seele neben der guten koͤnnen die Manichder auch 
| kon 


k 


7 177 


ſchon deswegen nur uneigentlich genommen haben, da ja 
ſonſt im Manichaͤiſchen Syſtem der Gegenſaz gegen die 
vn ſchlechthin die wuyn ift 2%). 

Nach dieſer Darftellung verliert freilich ſehr vieles, 
was Auguſtin in der Schrift De duabus animabus zur Bes 
. flreitung der Manichäifchen Lehre vorträgt, feine wahre 
Bedeutung, darüber kann man fich aber nicht. wundern, da 
Auguſtin einen Begriff vorausfezt, welchen die Manichder 
nicht hattet, wenigftens nicht in der Form hatten, in wel: 
cher ihn Auguftin feiner Polemik zu Grunde legte. Bei 
genauerer Betrachtung zeigt fich fogar eine Uebereinftim- 
mung der Auguftinifchen Lehre. von der Natur des Men: 
fchen und der Sünde mit der Manichäifchen,, die merkwuͤr⸗ 
dig genug ift, um hier noch hervorgehoben zu werden, um: 





21) Man vergleihe mit dem Obigen noch folgende Stelle Au: 
guſtin's De haeres. 46.: Peccatorum originem non libero 
arbiütrio voluntatis, sed substantiae tribuunt gentis ad- 
versae: quam dogmatizantes esse hominibus mixtam, om- 
nem carnem non Dei, sed malae mentis perhibent esse 
opificium, quam a contrario principio Deo coaeternam 
esse aiunt. Carnalem coniupiscentiam, qua Caro con- 
Cupiscit adversus spiritum, non ex vitiata in primo ko- 
mine natura nobis inesse infirmitatem, sed substantiam 
volunt esse conirariam, sic nobis adhaerentem, ut quando 
liberamur atque purgamur, separetur a nobts, et in sua 
natura etiam ipsa immortaliter vivat. Easque duas ani- 
snas, vel duas mentes, unam bonam, alteram malam, in 
uno homine inter se habere conflictum, quando caro con- ' 
cupiscit adversus spiritum , et spiritus adversus carnem, 
Hier fagt Augufiin ſelbſt ftatt: dune animae milder und rich: 
tiger: dune mentes. Duas mentes, zwei entgegengefezte gef: 
: flige Richtungen, hat der Menſch wegen des Conflicts zwi⸗ 
fhen Geift und Fleiſch, diefer Conflict felbft aber hat feinen 
Grund darin, daß das Fleiſch oder der Leib der böfen Eubs 
ſtanz angehört. | 
Baur's Mani. RE. Syft. 12 


— 178 — 


ſo mehr, da erſt neueſtens hieruͤber verſchieden geurtheilt 
worden iſt. Wegnern, der dieſe für eine richtige Wuͤrdi⸗ 
gung der Manichaͤiſchen Lehre nicht unwichtige Frage zuerſt 
zur Sprache brachte (©. 86.), iſt der Meinung (S. 89.): Mani- 
chaeos ‚saliem quodammodo peccatum originale, nisi 
in thesi, tumen in praxi docuisse. In singulis enim hu- 
jus dogmatis partibus Augustini sententiam cum Ma- 
nichaeorum opinione congrnere, nemo negare potest, 
praesertim quum propagationem animae per traducem, 
‚et primi hominis peccalum ex concupiscenlia orlum et 
exinde emnes homines depravans 'speclaverit. . Die be= 
deutendere Abweichung Auguſtins vom Manichäifchen Dog⸗ 
ma fen nur diefe, daß der erfie Menſch nad) Augujtin vor 
der Sünde Freiheit des Willens gehabt habe, .nad) den Ma⸗ 
‚nichäern aber nicht. Diefe Vergleichung des Manichäifchen 
Syſtems mit dem Auguftinifchen in der Lehre von dem pec- 
" catum originis findet Gieſeler Theol. Stud. und Krit. a. a. O. 
. &. 626. nicht ganz befriedigend. Manes habe die moralifchen 
Verhaͤltniſſe des Menfchen in phufifche verwandelt. Durch 
den Suͤndenfall fey nach Auguftin die moralifche Natur des 
Menfchen felbft verderbt worden, und habe fich in viefer 
Verderbniß auf die Nachkommen fortgepflanzt, nach Ma- 
nes fey bie gute Seele Feines Verderbniffes fähig geweſen, 
und durch den Suͤndenfall konnte blos die phyſiſche Kraft 
derſelben in dem Verhaͤltniſſe zur bbfen Seele geſchwaͤcht 
worden ſeyn. Es ſey durchaus nicht anzunehmen, daß die 
Manichaͤer auf irgend eine Weiſe eine Erbſuͤnde, eine von 
dem Suͤndenfall der Lichtſeele anklebende moraliſche Ver⸗ 
derbniß gelehrt haben, die ſchaͤdlichen Folgen der Suͤnde 
konnte Manes blos phyſiſch auffaſſen, und in der Zerſpal⸗ 
tung der Lichtſeele und in der daraus hervorgehenden Ue⸗ 
bermacht der Hyle uͤber dieſelbe finden. Ich kann dieſer 
Anſicht nicht beiſtimmen, wenn ich nun aber gleich mit Weg⸗ 
nern glaube, daß die nahe Verwandtſchaft der Auguſtini⸗ 


— 


— 179 — 
ſchen und Manichaͤiſchen Lehre in Hinſicht der Erbfünde 

nicht wohl geläugnet werden kann, fo. befriedige mich doch 
die von Wegnern gegebene Parallele nicht, Auguſtin ſelbſt 
wollte allerdings davon nichtä wiflen, er behauptete viels 
mehr im Streite mit den. Pelagianern, diefe feyen mit den 
Manichdern darin ganz einverflanden, daß fie, wie die 
Manichder, Feine Erbfünde annehmen. Contra duas epist. 
Pelag. IV, 4: In eo sane, quod dicunt per Adam mor- 
iem ad nos transisse, non crimina, non habent (Pe- 
lagiani) adversarios IManichaeos: quia nec ipsi ad. 
struunt originale peccatum ex homine primo,prius puro, 
et reclo corpore ac spirilu, et postea per arbitrium lıbe, 


rum depravalo, deinceps in omnes transisse cum morte 


et Iransıre peccalum:' sed carnem dicunt ab initio ma. 
lam de malo corpore et a spiritu et cum malo spiritu 
creatam: animam vero bonam, partem: scilicet Dei, 
pro meritis inguinalionis suae per cibos et potum, ir 
quibus antea colligata est, venire in hominem, atque 
ita per concubitum eliam carnis vinculo colligari. Aec 
per hoc Manichaei consentiunt Pelagianis, non crimen 
primi hominis transisse in genus humanum, neque per 
carnem, quam nunquam fuisse dicunt bonam, neque 
per animam, quam perhibent cum merilis inguinamen- 
iorum suorum, quibus polluta est ante carnem, venire 
in hominis carnem. Diefe Stelle kann uns ohne Zweifel 
auf das Richtige leiten. Auguſtin legt dad Hauptgewichr 
darauf, daß die Manichder die Natur des Menfchen als 
eine von Anfang an böfe, nicht aber als eine erit boͤſe ges 
wordene betrachteten, daß’ fie behaupteten, das Fleifch, 
oder der Leib des Menfchen, fey an und für fich boͤſe, die 
Seele des Menfchen fey fchon, ehe fie in den menſchlichen 
Leib kam, in den Speifen und Getränken, mit welchen fie 
in den Leib überging,, in einem Zuftande der Beflekung ges 
weien; es fehlte alfo ihrer Anficht von der Erbfünde, was 
12.. 
* 


h 


— 178 — 


ſo mehr, da erſt neueſtens hieruͤber verſchieden geurtheilt 
worden iſt. Wegnern, der dieſe für eine richtige Wuͤrdi⸗ 
gung der Manichaͤiſchen Lehre nicht unwichtige Frage zuerſt 
zur Sprache brachte (©. 86.), ift der Meinung (S. 89.): Mani- 
chaeos saltem quodammodo peccatum originale, nisi 
in thesi, tamen in praxi docaisse. In singulis enim hu- 
jas dogmatis partibus Augustini sententiam cum Ma- 
nichaeorum opinione congruere, nemo negare potest, 
praesertim quum propagationem animae per traducem, 
‚et prüni hominis peccatum ex concupiscenlia ortum et 
exinde emnes homines depravans speclaverit.. Die be: 
deutendere Abweichung Auguftins vom Manichäifchen Dog⸗ 
ma fey nur diefe, daß der erfte Menfch nach Augujtin vor 
der Sünde Freiheit des Willens gehabt habe, .nad) den Ma: 
nichaͤern aber nicht. Diefe Vergleichung des Manichäifchen 
Syſtems mit dem Auguftinifchen in der Lehre vor Dem pec- 
" catum originis findet Gieſeler Theol. Stud. und Krit. a. a. O. 
S. 626. nicht ganz befriedigend. Manes habe die moralifchen 
Verhältniffe des Menfchen in phyſiſche verwandelt. Durch 
den Suͤndenfall fey nad) Yuguftin die moralifche Natur des 
Menfchen felbft verderbt worden, und habe fich in viefer 
Verderbniß auf die Nachkommen fortgepflanzt, nad) Ma: 
nes fen Die gute Seele Feines Verderbniffes fähig gewefen, 
und durch den Suͤndenfall konnte blos die phyſiſche Kraft 
derſelben in dem Verhaͤltniſſe zur böfen Seele geſchwaͤcht 
worden ſeyn. Es fey durchaus nicht anzunehmen, daß die 
Manichaͤer auf irgend eine Weife eine Erbfünde, eine von 
dem Sündenfall der Lichtfeele anklebende moralifche Ver: 
derbniß gelehrt haben, die fchädlichen Folgen der Sünde 
fonnte Manes blos phyſiſch auffaffen, und in der Zerfpal: 
tung.der Lichtfeele und in der Daraus heroorgehenden Ue⸗ 
bermacht der Hyle über diefelbe finden. Sc kann diefer 
Anſicht nicht beiftimmen, wenn ich nun aber gleich mit Weg: 
nern glaube, daß die nahe Verwandtfchaft der Auguſtini⸗ 


1 — 
fhen und Manichdifchen Lehre in Hinſicht der Erbfilude 

nicht wohl geläugnet werben kann, fo. befriedige mich doch 
die von MWegnern gegebene Parallele nicht, Auguſtin ſelbſt 
wollte allerdings davon nicht& willen, er behauptete viels 
mehr im Streite mit den Pelagianern, diefe jeyen mit den 
Manichdern darin ganz einverftanden, daß fie, wie die 
Manichder, Feine Erbfünde annehmen. Contra duas epist. 
Pelag. IV, 4: ‚In eo sane, quod dicunt per Adam mor.- 
iem ad nos transisse, non crimina, non habent (Pe- 
lagiani) adversarios IManichaeos: quia nec ipsi ad. 
struunt originale peccatum ex homine primo,prius puro, 
et recto corpore ac spirilu, et postea per arbitrium libe, 
rum depravalto, deinceps in omnes transisse cum morte 
et Iransire peccatum:' sed carnem dicunt ab initio me- 
lam de malo corpore et a spirilu.el cum malo spiritu 
creatam: animam vero bonam, partem. scilicet Dei, 
pro meritis inquinalionis suae per cibos et potum, in 
quibus antea colligata est, venire in hominem, atque 
ita per concubitum eliam carnis vinculo colligari. Aec 
per hoc Manichaei consentiunt Pelagianis, non crimen 
primi hominis transısse in genus humanum, neque per 
carnem, quam nunquam. fuisse dicunt bonam, neque 
per animam, quam perhibent cum merilis inguinamen- 
iorum suorum, quibus polluta est ante carnem, venire 
in hominis carnem. Dieſe Stelle kann uns ohne Zweifel 
auf das Richtige leiten. Auguſtin legt dad Hauptgewicht 
darauf, daß die Manichder die Natur des Menfchen als 
eine von Anfang an böfe, nicht aber als eine erft böfe ges 
wordene betrachteten, daß” fie behaupteten, das Fleifch, 
oder ber Leib des Menfchen, fey an und für fich böfe, die 
Seele des Menſchen fey fchon, ehe fie in den menfchlichen 
Leib kam, in den Speifen und Getränken, mit welchen fie 
in den Leib überging, in einem Zuftande der Beflekung ges 
weien; es fehlte alfo ihrer Anficht von der Erbfünde, was 

12.. 
“ 


Anguſtin als einen weſentlichen Beſtandtheil ber. feinigen 
anſah, die Annahme eines urſpruͤnglich reinen und voll⸗ 
kommenen Zuſtandes der Menſchematur, aus welchem erſt 
der Uebergang in den Zuſtand der Verdorbenheit erfolgte. 
Ebendeswegen haben auch die Manichaͤer keine Fortpflan⸗ 
zung der Schuld des erſten Menſchen auf ſeine Nachkom⸗ 
men annehmen koͤnnen, weil es feinen Zeitpunct gab, in 
welchem der erſte Menſch ſich dieſe Schuld erſt zuzog. Al⸗ 
lein bei näherer Betrachtung erſcheint der Unterſchied der 
beiden Vorftellüngen nicht fehr bedeutend. Auch bie Mani: 
chaͤer nahmen einen Zuftand der Verborbenheit der menſch⸗ 

lichen Natur an, und wenn ſie auch den Anfangspunct 
deſſelben weiter ruͤkwaͤrts ſezten, ſo laſſen doch auch ſie 
dieſen Zuſtand mit einem beſtimmten Zeitpunct beginnen. 
Es iſt jener Zeitpunct, in welchem die Seele wie durch 
eine Lokſpeiſe fich verführen ließ, in den menſchlichen Leib 
einzugehen. War fie auch, wie die Nuguftinifche Stelle 
veritanden werden "Tann, zuvor [don durch die Vermi⸗ 
- (hung mit der Materie befleft (namentlidy ald die in den 
Pflanzen der Erde eingefchloßene Weltfeele), fo ift doch. 
dabei eigentlich nur an die Gnölichkeit der menſchlichen 
Seele zu denken, und die der menfchlichen Seele eigen: 
thiimliche Beflekung durch die Materie hat ihren Grund 
und Urfprung nur in der Verbindung derfelben mit einem 
menſchlichen Leib. Dies ift die dem Anfange des menfchlichen 
Dafeyns gleichzeitige, daſſelbe erſt conftituirende Urfünde, 
dazu Fam dann aber nod) jene ſchon in die Ephäre des. menſch⸗ 
lichen Lebens fallende Sünde, die dem biblifchen Suͤndenfalle 
zundchft entfpricht, die gefchlechtliche Bermifchung, die jedoch 
eigentlich nur die Fortfezung jener erften Sünde ift, und diefe 
zu einer in fteter Folge, in der Succeßion des menſchlichen 
Geſchlechts, fich fortpflanzenden machte. Kann auch nad) 
der Auguftinifchen Lehre das Subject der Erbfünde nur die 
Seele ſeyn, ſo ſtimmt in der That die Manichaͤiſche darin 


— 181 — 


mit jhr überein, daß auch fie eine Veränderung annahm, durch 
welche die Seele ihre urfprüngliche Reinheit verlor, und in den 
Zuftand einer fortdauernden Verunreinigung Überging. Die 
Behauptung Giefelerd, daß nad) Manes die gute Seele kei⸗ 
nes Verderbniffes fähig war, daß die Manichäer auf Feine 
Weiſe eine Erbfünde,. eine der Lichtfeele anklebende moralis 
ſche Verderbniß gelehrt haben, kann ich mach der obigen 
Unterſuchung nicht für. richtig halten, , da dies ebenfofehr 
dem. innern Zufammenhang ded Spftems. ald beftimmten 
Zeugniffen widerftreitet. Durch den Suͤndenfall ift Feined- 
wegs blos die phufiiche Kraft der Kichtfeele in dem Der: 
haͤltniß zur böfen. Seele geſchwaͤcht worden (Mas übrigens 
doch immer auch als, ein deteriorirter Zuſtand anzuſehen 
waͤre), vielmehr. konnte ja dieſer jogenannte Suͤndenfall, 
der darin beſtund, daß ſi ch Adam zur Fortpflanzung ſeines 
Geſchlechtes verleiten ließ, nur Deswegen erfolgen, weil die 
Seele ſich zuvor. vom materiellen Leibe ‚hatte. gefangen neh⸗ 
men laffen. Der dabei vorauszuſezende unbegreifliche Hang, 
der die Seele zum. leiblichen Daſeyn hinzog iſt der eigents 
liche Sindenfall des Manichäifchen Syſtems, und fofern 
dieſer Abfall ins Leibliche Dafeyn fich, bei,der Zeugung, jebed 
neuen Menfchenlebens wiederholt, pflanzt fich der dabei zu 
‚Grunde liegende ſinnliche Hang als Erbfünde fort. Im 
der finnlichen Luft, die den Menfchen zur Zeugung treibt, 
‚Außert fi) der urfprüngliche verborgene Keim ber ber 
‚Seele anhaftenden Unvollkommenheit und Verdorbenheit >?). 

Bas der Auguftinifchen Lehre noch Unterfcheidendes bleibt, 
iſt demnach nur dieß, daß Auguſtin nicht ſchon den Leib 


22) Die beiden Theorien treffen noch näher zuſammen, wenn 
wir noch dazu nehmen, daß auch Anguftin befonders hervor⸗ 

hob, durch die finntiche Luft bei der Zeugung, die concupis- 
. centia, pflanze fih die Erbfünde fort, in diefer Luft dußere 
=" fi demnach die Erbſuͤnde ganz befonderd. Man vgl. MWig: 
*gers Auguſt. und Pelag. Berl. 1821. ©. 100. f. 


an und für ſich färbbfe hielt, Daher auch nicht ſchon das Ein, 
‚gehen der Seele in den Leib für den Suͤndenfall erklären 
konnte, der Suͤndenfall war ihm daher nur ein fpäterer 
Act, und zwar die Mebertretung ‚eines pofitiven göttlichen 
Gebots ,„ aber auch diefer erfte Act der Sünde hätte 
ja ohne eine urfpränglih in der Natur des Menfchen 
vorhandene Difpofition, eine anfangs noch ſchlummernde 
finnliche Begierde, nicht entitehen Fonnen. Auguftin hebt in 
ber ‚obigen Stelle insbefondere auch noch dies hervor, 
nach den Manichdern, wie nach ben Pelagianern, non cri- 
men primi hominis transisse in genus humanum. Aber 
auch Manes konnte, wie Auguftin, fagen, daß in der 
Seele des erften Menfchen alle Menfchenfeelen gefündigt 
haben, daß jede berfelben mit einer ihr anhaftenden Echuld 
ins Daſeyn trete, und wenn auch Auguftin fi) die Erb: 
fände mit dem ſtrengen Begriff der Imputation gedacht wifs 
fen wollte, fo iſt es doch immer nur eine folche Suͤnde, 
‚deren Urfprung weit hinter das individuelle Bewußtfenn 
jedes einzelnen Menfchen zuräffält. Sa, nad) dem Mani: 
chäifchen Begriffe der Erbfiinde ftellte fich in gewißem Ein- 
vie die Identität der Urfünde jedes einzelnen Menfchen mit 
ber Urfünde des erften Menfchen noch beftimmter dar, fo: 
fern jede Seele mit derfelben finnlichen Luft, derfelben Nei⸗ 
gung zum leiblichen Leben, ind Dafeyn tritt, die ſchon die 
Seele des erften Menfchen in die leibliche Hülle herabgezo⸗ 
gen hat, und wenn die moralifche Krankhaftigkeit, in wel: 
he Auguftin das Wefen der Erbfiinde fezte, gleichſam wie 
ein phyſiſcher Zuſtand der Seele durch die Zeugung fortge- 
pflanzt werden foll, fo fcheint die Idee eines foldyen Traducia⸗ 
nismus mit feinem Syftem beffer zu harmoniren, ald mit dem 
Manichäifchen, das nad ber einmal gefchehenen Vermi⸗ 
ſchung des Geiftes mit der Materie eine fo enge Beziehung 
beider auf einander annimmt. Wie man aber auch: über 
einzelne Puncte urtheilen mag, bie bemerkenswertheſte 


J » 
und wefentlichfte Uebereinſtimmung ber beiden Syſteme lege 
in jedem Tale darin, DaBgManes, wie Auguftin, um das 
ethifche Böfe in feinem vollen Sinne aufzufaffen, nicht 
blos bei der Erfcheinung der Sünde in einzelnen fündhafs 
ten Handlungen ftehen bleiben zu dürfen. glaubte, fondern 
auf den tiefer liegenden, jeder Erſcheinung vorangehenden 
Grund, die in. der menfchlichen Natur verborgene Wurzel, 
zurüfgehen wollte. So kamen beide auf die Voransfezung 
einer ſchon urfprünglich vor jeder That böfen concupis- 
cenlia. Omne enim peccatum, fagt Manes in dem Briefe 
an die Menoch a.a. O. c.187., anteguam fiat, non est, et 
post factum memoria sola ejus operis, non ipsa species 
'manet, malum autem concupiscentiae, guia naturale 
est, antequum fiat, est, quum fit, augetur, post fac- 
tum et videtur et'permanet.. Daher fah Manes nach 
demfelben Briefe, wie Yuguftin, die in der Kirche. herre 
fhende Sitte der Kindertaufe ald einen Beweis dafür an, 
daß die Chriften felbft eine urfprüngliche Beflefung der 
menſchlichen Natur durch die That anerkennen. His ver- 
bis interrogandi mihi sunt: si omne male actuale est, 
 anteguam malım quispiam agat, quare accipit puri- 
ficationem aäquae, cum nullam malum egerit per se? 
Aut si necdum egit, et purificandus est, licet (oder 
liquet) .eos naturaliter malae stirpis pullutationem 
ostendere, illos ipsos, quos amentia non sinit intelligere, 
neque, quae dicant, neque, de quibus affırmant. Zwar 
findet nun auch hier wieder eine gewiſſe Differenz ftatt, 
indem die Manichäer das Boͤſe im Menfchen, um es auf feine 
tiefer liegende Wurzel zu verfolgen, in gewiffem Sinne 
als etwas Subftantielles zur menfchlichen Natur Gehdriges 
betrachteten, Auguftin aber ‚mit der -Erbfünde nur den 
Begriff eines zufälligen Uebel verband. /Manichaei car- 
nis concupiscentiam non tonquam accidens. vitium, sed 
tanguam naturam ab aeternitate malam vituperant: Pe- 


, 


— 18 — 
» 

lagiani eum tangugm nallum vitiam, sed naturale sit bo- 
num, insaper laudant: Catliplica utrosque redarguit, 
Manichaeis dicens, non natura, sed vitium est, Pela&ia- 
nis dicens, non a patre, sed ex mundo est, ut eam .velut 
malam valetudinem sanari utrigue permittant, desinen- 
do illi tanguam ınsanabilem oredere, isti tanguam lau- 
dabilem praedicare. . Contra duas epist. Pelag. I, 2. 
(Bol. oben Anm. 24.). Allein wie Julian dem Auguftin Uns 
recht that, ‚wenn er ihn in der Lehre von der Erbfiinde 
des Manichaͤismus befchuldigte, fo hat man gewoͤhnlich 
auch vom Manichäidmus einen unrichtigen Begriff, wenn 
man ohne ‚nähere Beftimmung behauptet, er habe in der 
conenpiscentia ein fubitantielles Bdfe der menfchlichen Natur 
angenommen. Es kann dies doch nur infofern gelten, ſo⸗ 
fern die Manichder den Leib oder das Fleifch, wie die Ma⸗ 
terie, nach der weiten Ausdehnung, die fie dem Begriffe 
des Boͤſen gaben, für das bbfe Princip hielten, kommt 
es aber, wenn von Sünde und Erbfünde die Rede ift, dar: 
auf an, wie weit die Seele, das nothwendige Subject der 
Sünde, vom Bbien berührt umd befleft worden tft, fo 
fonnten aud) die Manichaͤer die concupiscentia nur für 
ein accidens vitium halten, -fie ift ja erft durd) das Zu⸗ 
ſammenſeyn der Seele mit dem Leibe in der Seele gewekt 
worden, und nur fofern der Grund und Anlaß der die Seele 
verunreinigenden concupiscentia in der Materie oder dem 
Leibe liegt, ift fie, wie dieſe felbft, ein natürliches und 
‚fubftantielles "Uebel. So trifft allerdings wieder, wie 
Julian meinte, die Manichäifche Lehre mit der Auguftinifchen 
zuſammen, aber der Begriff beider ift richtiger beftimmt. 

Nach Manes, wie nach Auguftin, ift die urfpriünglich 
. reine Natur des Menfchen durch' die Sünde befleft worden, 
wie weit aber dieſe Beflekung fich erftreft, betrifft die 
Frage von der Freiheit, die hier noch zu unterfuchen ift: 
ob die Manichäifche Lehre die Freiheit des Willens bes 


— 85 — 


haupte oder laͤugne? Auch :diefer Theil der Manichaͤtfchen 
Anthropologie gehdrt unter. diejenigen Puncte ;:"Aber-‘wels 
3 che: große: Verfchiedenheit der Meinung herrſchte Die Ge: 
Iehrten , ‘die den Manichäifchen -Lehrbegräf: unterfücht has 
ben; wiberfprechen ſich geradezu. Mosheim Comment. &; 
842: f.- md. MWaldy Hifl. der Kezer. Th. J. S. 768. Ges 
haupton ſehr beftimmt,: Manes und feine Schäfer haben 
die ˖ Freiheit des Willens gelaͤugnet, Beaufobre' TR: I. S. 
433. f. Dagegen und Wegnern S. 90. nehmen dus Gegentheil 
an, Gieſeler a. a. O. S. 628. ſchwankt gewiſſermaßen 
zwiſchen beiden entgegengeſezten Anſichten, Neander end⸗ 
lich, deſſen: Darſtellung überhaupt die Manichaͤiſche Ans 
thropologie nicht nad) allen Seiten in ihr volles’ Licht ſezt, 
hat dieſe für die richtige Auffaſſung des Syſtems im Gans 
. zen nicht unwichtige Lehre gar nicht berührt. Es Iaffen 
fi) allerdings ſowohl für Die Behauptung als für die Laͤug⸗ 
nung der Sreiheit.fcheinbar gleich fprechende‘ Stellen anfuͤh⸗ 
ven, wo «ber auf dieſe Weife bald das Eine bald das An⸗ 
dere als: Lehrfaz aufgeftelt wird, kann um ſo gewißer nur 
die Anficht ‘gelten, die mit dem ganzen Geifte des Sy: 
ſtems zufammenftimmt. Es kommt daher hier nur dar: 
auf an, einen blos fcheinbaren Widerfpruch nicht filr 
einen voirflichen zu nehmen, und wie fo oft gefchehen ift, 
bei Begriffen, welche, wie die Begriffe Freiheit und Suͤnde 
von fo verfehiedener Seite genommen werden koͤnnen, Merfs 
male nieht wilfführlich zu trennen, die nothwendig zufams 
mengehoͤren, was ſtete Verwirrung und Unklarhoeit zur dol: 

ge haben muß. 

| Schon nad) allem: demjenigen, was fi ch uns uͤber die 
Manichaͤiſche Lehre von der Suͤnde ergeben hat, laͤßt ſich 
nicht annehmen, daß Manes die Freiheit des Willens laͤug⸗ 
nen wollte. Iſt die Suͤnde die eigene That der Seele, iſt 
ed Schuld der Eeele, wenn fie der finnlichen Luft in ſich 
Raum gibt, fo muß fie auch frei ſeyn. Dig Gegner der 


— 186 — 

Mauichaͤer behaupten daher mit Mecht, die Erllärung- die 
Manes von der Entſtehung der Suͤnde gebe, ſeze offen⸗ 
bar die Freiheit des Willens voraus. Ipse eliam;,.. ſagt 
Evodius De fide c. 5., non potuit nisi fateri ani- 
mas eliam, quas dicit ad Dei .substantiam ‚pertinere- 
propriu voluntate peccare, mit Berufung auf zwei Stels 
len aus Manies Schriften ſelbſt, vom welchen bie eine aus 
dem zweiten. Buche deö Thesaurus, die andereiauß.ber’Epi- 
stola fundamenti genommen ift, nach welchen Manes die 
Seelen fid) mit eigener freier Neigung für das Gute joder 
Boͤſe entfcheiden läßt. Die leztere diefer beiden Stellen tft 
ſchon &. 113. angeführt worden, die.erftere macht für den⸗ 
felben Zweck Auguftin gegen den Manichder Felix De actis 
cum Fel. Manich. II, 5. geltend: Audi, quemadmiodum 
Manichaeus ipse confessus tamen esse liberum arbı- 
trinm, in ihesauro vestro, cui tale nomen ad decipien- 
dos homines indidislis, certe sic loguitur, quod et tu 
ipse cognoscis: „Hi vere, qui negligentia sua a labe 
praedictorum :spiriluum purgari se mınime permiserint, 
et mandalis divinis ex integro parum obltemperaverint, 
legemqgue sibi a Deo liberatore datam plenius servare 
noluerint, neque, ut decebat, sese gubernaverint“ ‚etc. 
Vides, in his verbis confirmalnm esse, etiam a nesciente, 
quid loqueretur, liberum ‚arbitriam. Qui enim servare 
legem non vuli, in potestate ejus est, si velit. Non 
enim dixit, non potuerint, sed noluerint: hoc certe, quod 
nolunt servare legem, non a gente lenebrarum cogun- 
fur: si enim coguntur, non nolunt, sed non possunt; 
si autem nolunt, non ntigae coguntur, ut non faciant, 
. sed voluntate sua nolunt. Hoc ergo, quod in eorum 
voluntate est, ut nolint, peccatum est certe sine alı- 
qua necessitate gentis tenebrarum. Hoc agnosce esse pec- 
catum sine necessitate genlis tenebrarum, et inde vides, 
unde venianf amnes cnlpae, unde merita culparum, unde, 


I 


-14- 


distributiones poenarum ?3), Was Auguftin hier, obwohl 
mit Recht, aus den Worten Mani's folgert, ſpricht mit Has 
ven Worten ‚der Manichder Secundinus aus, indem er in 
feiner Epist. ad August. der Seele das Vermögen zuſchreibt, 
Tugend oder Laſter zu wählen. In medio (spirituum) po- 
sita est anima, cul a prindipio nalura. sua. dedit victo- 
riam. Haec si ana cum spirita. virtulem fecerjt, ha- 
bebit cum eo vilam perpetuam, illudque possidebit re. 
gnum, ad quod dominus noster inyital, si vero a spiritu 
vitiorum incipiat trahi et consentiat, ac per consensum 
poenitudinem gerat, habebit harum sordium indulgen- 
tiae fonlem. Carnis enim commixtione ducilur, non 
propria volnntate, At si, cum se ipsam cognoveri; ; 
consentiat malo, el non se armel contra inimicum., 
voluntate sua peccavit. Quam si iterum pudeat. errasse, } 
paratum inveniet misericordiarum auctorem. Non enim 
punilur , quia peccavit, sed quia de peccato non dolnit, 
Die. Seele fündigt entweder unwilllährlid) und bewußtlos, 
oder mit Abfiche nnd. Bewußtſeyn, immer aber findet von 
ihrer Seite eine gewiße Zuftimmung flatt, und es fteht das 
ber auch in ihrer Macht, fid) von dem Andrang des Boͤſen 
uͤberwaͤltigen zu laffen, oder nicht, ‚fie hat von Natur das 
Vermögen, aber das Bbfe zu fliegen. Wo Freiheit und eis 
gene Selbftbeflimmung iſt, ift auch. Zurechnung, und je Has 
ser fich die Seele ihrer Freiheit und Kraft zum Guten bes 
wußt iſt, defto höher ift der Grad ihrer Zurechnungsfaͤhig⸗ 
feit. Daher beftimmten die Mamichder den Begriff der 


23) In demfelben Iufammenhang führt Auguftin (wie Evoblus 
a. a. D.) für denfelben Zweck auch noch eine Stelle aus ei⸗ 

ner von den Manlchaͤern fehr gefhäzten Schrift, den von efs 

nem gewißen Lucius verfaßten Actus, an: Etenim speciom 
figmenta, et osientatio simulata et conctio visibilium nec 
quidem ex propria natura procedumt, sed ex co homine, 
qui per se ipsum! deierior factus est per seducttenem, 


Ende hauptſichuich nach den "Orade des‘ Bewußtſeyns, 
mit Welchen man ſuͤndigt. Zd" esse'pecchtans:animue, bes 
hauptet der Manichaͤer Fortunatus bey MAuͤguſtin im der Diss - 
‚put. I. ödnträ Fort., fipost'commonitiondm'suluatohis no- 
stri,.BE'sanam dbetrinem efus a tontreria:'et: inimica 
sur’ vtinpe se ‚segregtoerit animæ, et ‘parieridus se .ador- 
neihs, \nliter non pös$e 'mbstantiae mas reddi.‘ Dictum 
est ehe „si nön ventssom et locutusveis fwissem, pecca: 
Kim‘ non haberent , nunc vero, -quia:Weni bilocksus sum, 
&t nölaerunt mihi credere,- veniam de 'peacato 'non ha- 
bebant.“ Unde patet, recle poenitentiam e.we datam post 
äddentuin: salvatoris- sic. (d. h. weit. Chriſtus gekommen 
iſt, kann Ihre Suͤnde nicht als eine nicht zurechnungsfaͤhige 
angefehen werden, fie Fam daher nur durch Rene vergeben wer⸗ 
de, eine bewußtlos geſchehene Suͤnde bedarf auch Feiner 
Vergebung). Hierin liegt doch deutlich Die Behauptung, 
daß die Seele mit Dein Bewußtſeyn deſſen, wozu fie be⸗ 
ſtimmt iſt, auch die: Kraft bat, ſich dafür zu entfcheibeh. 
Fragen Wir nach den Gtuͤnden der entgegengeſezten Mei⸗— 
ung, die-dem Manichätfehen Spftem die Idee der Willens: 
‚freiheit abſpricht, jo werden fie in Stellen gefunden, : in 

welchen. auch wieder: behauptet wird, daß der Menfch ge⸗ 
zwungen und unfreiwillig ſuͤndige, daß es eine Freiheit des 
Willens ‘deswegen nicht gebe konne, : weil: Freiheit des 
Willens auch Freiheit zum -Bdfen in ſich ſchließe, und ſo⸗ 
mit Gott als Urheber der Willensfreiheit auch Urheber. des 
Bbſen feyn müßte. Manes ſelbſt ſagt in dem Briefe an 
die Jungfrau Menoch bei Aug. Op. imp, III. 187.: Videsne, 
Göncupiscentiam mali esse originem, per guam miserae 
qnumae libidini serviunt. „ non sponte ‚, . quia hoc jest, 
‚gmod.. nolente animo gerimus solum,. Die Hauptftelle 
hieruͤber iſt aber i in der Pisput. II. contra Fortunatum, wo 
Auguſtin die Trage abfwirft: Si manifestum est , pecca- 
tunt non esse, ubi non est liberum voluntatis arbitrium, 


— 189 


volo andırs; animæ, quam dicitir dut partem, aut vir- 
tutem, aut sermonem, aut aliud quodlibet Dei, quid 
mali fecerit, ut a.Deo puniatur, aut poenitentiam agat 
peccati, aut veniam mereamur, cum :nihil ipsa pecca- 
verit? Darauf erwiedert Fortunatus: De substantiis pro- 
posui, quod bonorum Deus tantummodo creator, ultor 
vero malorum: habealur, eo,.quod mala ex ipso non 
'sint. Merito ergo hoc sentio, st ulcisci Deum mala, 
guia ex ipso non sunt. Celörum, si ex ipso essent, aut 
daret licentiam peccandi, guod dicis überum arbitrium 
dedisse Deum, consensor jam inveniebatur delicti mei, 
eo, quod auetor delicli mei ..esset: aut ignorans, quid fu- 
turus etem, delingueret, quem ipse non se dignum in- 
stitueret.. Hoc 'ergo propositum est a me, et guod in. 
terrogo nunc, utrum Deus mala instituerit, necne, et 
utrum ipse finem malorum instituerit? Etenim, quae ab 
ipso diximas' fucta esse, ut opifice Deo, uti .ab ipso 
creata et genita, incorruptibilia haberi, his rebus appa- 
ret, et fıdes evangelica docet. Haec ego et proposui, 
quae sunt credulitatis nostrae, et quae a ie possunt in 
ista professione nostra firmari, ita tamen, ut non desit 
auctoritas fidei christianae, Ei quia nullo genere recie 
me credere ostendere possum, nisi eandem fidem scrip- 
turarum auctorilate firmaverim, id est ergo, quod insi- 
nuavi, qnod dixi. Aut si mala auctore Deo in hun 
dum pervenerunt, hoc ipse dicere dignare. Aut si re- 
cte creditur, mala ex Deo non esse, hoc eliam prae- 
sentium contemplatio prosequi debet et suscipere, De 
substantis dixi, non de peccalo, quod in nobis versa- 
tar. Si enim originem non haberetl, quod cogitamus 
delicta facere, non cogeremur, ad peccatum venire, vel 
ad delictum. Nam guia inviti peccamus, et cogimur a 
coniraria et inimica nobis substantia, ideirco seguimur 
scienliam rerum. (ua scientia admonila anima et me- 


morine,prietinse reddita; ; Pesagnoscit, e⸗ ez quo ‚0 'originem 
Irahat ‚ in gno malo verseiur, quibus bonis iterum emen- 
dans, quod nolens: pecoquit, possil. per emendalionem 
delictorum suorum, bonorum operum.gratia, merilum 
sibi reconciliationıs apud Deum collocare , auclore sal- 
vatore nostro, qui nos docet et bona exercere et mala 
fugere ?*). — Haoc nos dicimus, quod a contraria na- 
‚iura anıma cogatur delinguere, cui nen vis esse radı- 
cem , nisi hoc tantum, quod in nobis malum versatur, 
cam constet exceptis nostris corporibus mala in omni 
mundo versari. Was jedoch hauptſaͤchlich gegen die Vor: 
ausfezung eingewendet wird, das Manichäifche Syſtem 
Iehre die Sreiheit des Willens, ift die von demfelben auf: 
geftellte Idee der Unveränderlichkeit der Natur der Seele. 
Wie Sort: feiner Natur nad) nichts Boͤſes wollen oder thun 
kann, fo kann aud) die von. Gott ausgefloffene Lichtfeele 
das nothwendige Gefez ihrer Natur nicht verläugnen. In 
der Disput. IL contra Fort. behauptet Fortunatus, guod 
nihil mali ex, se proferat Deus omnipotens, et quod, 
quae sua sunt, incorrupta maneant; uno ex.fonte in- 
violabili orta et genita, celera vero, quae in hoc mundo 
versantur coniraria, non ex Deo manare, nec principi 
Deo paruisse in hoc seculo, i. e., gquod non ex ipso ori- 
ginem trahant;: Daraus zieht nun Mosheim a. a. DO. ©. 





24) Es folgen hier noch die Worte: propositum est enim no- 
bis, quod non ab aliqua contraria natura, sed sua 
sponte homo aut justitine serviat, aut peccatis se ob- 
noxium faciat, cum nulla existente coniraria gente, si 
sols versuiur anima in corpore constituta, cui Deus, 
us dicis, liberum arbitrium dedit, sine peccato esset, nec 
peccatis se obnoxium faceret. Es muß aber entweder In 
diefen Worten ein Fehler feyn, oder zu prop. est nobis iſt 
noch hinzuzudenken «a te, fo daß der zweite Sa; cum nulla 
esc. die Widerlegung des vorangehenden iſt. 


— ag — 


842. die Folgerung, daß Manes und feine Schäfer der 
Seele fein liberum arbitrium, kein Vermögen, entiveder das 
Gute oder Boͤſe zu wählen, beilegen konnten. Die Eeele 
konne ihrer Natur zufolge nur die Eine unwandelbare Rich⸗ 
tung auf das Gute haben. Wenn daher gleichwohl die Mas 
nichäer bisweilen fo reden, ald ob die Seele mit freiem 
Willen fündige, felbft in die finnliche Luſt einwillige, fo 
reden fie nur uneigentlich fo: anima divinae naturae fi- 
lia malum velle ac probare nullo modo potest, et ve- 
rus propterea ejus consensus non est. Dicitur vero ani- 
ma consentire flagitiis malae animae, quando lumen 
suum ita obscurari a carne et mala anima sinit , vires. 
que suas la frangi, et debilitari, ut illis non resistat; 
consentit, quando superari et cogi se a malo animo pa- 
titar, ut non prohibeat, quae detesiatur. "Allein eine 
fotche Weberwindung der Seele kann doch, wie fchon oben 
bemerkt wurde, nicht gedacht werden, ohne daß die Seele 
felbft in ihrer innern Kraft und Widerftandsfähigkeit nach⸗ 
(äßt, und infofern wenigſtens felbft zum Boͤſen ihre Eins 
willigung gibt 25). Ein pofitives Uebergewicht des Böfen 


25) Auguftin bemerkt, um zu beweifen, daß bie Sünde nicht 
aus der Vorausfegung einer abfolut böfen Subftanz, fondern 
nur aus einem Innern Hange.der Seele erflätt werden Fünne, 
gan; gut Contra Secund. c. 19: Unde illa consensio ma- 
la in ea natura, quam bonam esse concedis et praedi- 
cas? Quidquid enim patitur , ut consentint malo, non 
utique pateretur, nisi pali posset. QPuaero ergo, unde 
habeat ipsum pati posse? — Sicut enim in ligno, nnte- 
quam frangätur; inest fraugilitas, quae nisi inesset, frangi 
omninö non posset, — Sic quaero in isia natura unde sit 
qunelam vel fragilitas, vel flexibilitas? — unde corrupti- 
bilitas, etiam antequam corruptor accederet ? Vgl. c. 13. 14. 
Allein alles dies trifft die Manichder nicht: je klarer diefe‘ 
Saͤze find, defto unwahrfcheinliher wird nur die Ihnen auf: 
gebürdete Inconfequenz. 


j, 


— 192 — 


über die in der Natur. der ‚Seele liegenden Kräfte des Gu⸗ 
ten würde Das urfprüngliche Verhältniß der beiden Princi⸗ 
pien völlig verrüden und die Natur der Lichtfeele aufheben. 
Auch Mosheim nimmt daher Doch wieder an, daß die Seele 
aus Trägheit und Nachläßigkeit ſuͤndigt, wenn fie nemlich 
ihr Licht nicht gebraucht, um Die Regungen und Begierden 
bes Koͤrpers und der böfen Seele zurüfzubrängen. . Was 
heißt aber dieß anders, als zugeben, daß die. Seele mit 
freiem Willen fündigt, daß fie felbft die Urheberin der Sünde 
ift 26)2 Wollte man den fcheinbaren Widerfpruch der bei= 
ben . Behauptungen, von welchen die eine der Geele die 
MWillensfreiheit abfpricht, die andere zugefteht, nicht auf 
diefe Weife Idfen, fo kaͤme allerdings zulezt die Manichaͤi⸗ 
{che Lehre auf das hinaus, was’ Auguſtin De actis cum 
Fel Mauich. Il, 8. den Manichäern entgegenhält: Secun- 
dum vos nulla peccata sunt. Gens enim tenebrarum 
non ‚peccat, quia suam naturam facit. Natura lucis 
non peccat, guia quod facit, facere cogitur.  Nullum 
ergo invenis peccalum, quod damnet Deus, nallum ın- 
venis peccatum, quod poenitentia ‚possit sanari, si au- 
tem poenitentia est, et culpa est, si culpa est et vo- 
\ lun- 


26) Welcher verwirrende Widerfpruh es iſt, auf der einen 
Seite der Seele die Freiheit des Willens abzufpredhen und 
doch auf der andern die Sünde aus einer Nachlaͤßigkeit der 
Seele abzuleiten, fällt am meiften auf bey Wald ©. 768.: 

„Da die gute Seele ihrer Natur nah gut, die böfe aber 
ihrer Natur nad böfe iſt, fo folget einmal, daß feine Ein- 
beit des Willens ftatt habe, hernach, daß es im eigentlichen 
Sinn keine Sünde gebe. Doch fit ed gewiß, daß die Mae- 
nichäer die Nachläßigkeit der guten Seele, den Bewegungen 
bes Körpers und der böfen Seele zu widerftehen, vor Sünde 
gehalten. Sie fündigt nur Unterlaffungs- und Feine Bege⸗ 
bungsfünden.” 





\ 


— 193 — 


luntas est, si voluntos in peccando est, natura non est, 
quae cogat. Daß aber die Seele das Subject der Suͤnde 
. fey, haben die Manichder nicht geläugnet, ſondern immer 
vorausgeſezt. 


Bringen wir die Reſultate unſerer Unterfuchung über 
die Lehre von der Zweiheit der Seelen und der Freiheit des 
Willens, welche leztere mit jener im Grunde zufammen: 
fällt, und nur eine andere Seite deffelben Gegenftandes ift, 
in einen foviel möglich vollftändigen Zufammenhang, fo 
ſcheint der Manichäifche Lehrbegriff nur auf folgende Weife 
gedacht werden zu koͤnnen: 


1. Was die menſchliche Seele auf eigenthuͤmliche Weiſe 
unterſcheidet, iſt das Bewußtſeyn ihrer Lichtnatur. Je kla⸗ 
rer dieſes Bewußtſeyn in der Seele iſt, deſto mehr erhebt 
fie ſich über die übrige ihr verwandte Schöpfung. Im Bes 
wußtfeyn ihrer Lichtnatur kann die Seele nur fo wirken und 
fi) äußern, wie es ihrer Natur gemäß ift, aber mit dieſem 
Bewußtfeyn ift ihr zugleich auch dad Vermögen gegeben, 
jedem ihre Wirkfamkeit hemmenden Einfluß zu widerftehen. 
Darin befteht ihre Freiheit, fie ift frei, weil fie durch Feine 
äußere Macht gezwungen werden kann, fich anders zu be⸗ 
flimmen, als e8 ihrer Natur gemäß ift. Diefe Zreiheit 
ift allerdings zunächft eine äußere, Unabhängigkeit von aͤuße⸗ 
tem Zwang, fie fezt aber eine innere GSelbftbeftimmung 
voraus, vermoͤge welcher die Seele fich felbft fo beftimmt ,- 
wie ed eine in ihrer Natur liegende Nothwendigkeit mit fich 
bringt. Ich fehe nicht ein, warum, wie Giefeler a. a. O. 
S. 628. behaupter, den Manichdern Freiheit in diefem 
Sinne, ald moralifche Selbftbeftimmung der Lichtfeele, un 
denkbar gewefen feyn foll, und warum fie auch hier mora= 
lifche Verhältniße in phyſiſche verwandelt haben follen. 
Der Menſch war auch ihnen ein freies moralifches We⸗ 
fen, fofern er mit Selbftbewußtfeyn der innern Rich⸗ 

Baur’ 8 Manicy. Rl. Syſtem. 43 


7 


— 192 — 
über die in der Natur. der Seele liegenden Kräfte des Gu⸗ 
ten würde Das urfprüngliche Verhältniß der beiden Princi⸗ 
pien völlig verrüden und Die Natur der Lichtfeele aufheben. 
Auch Mosheim nimmt daher doc) wieder an, daß die Seele 
aus Trägheit und Nachläßigkfeit ſuͤndigt, wenn fie nemlich 
ihr Licht nicht gebraucht, um die. Regungen und Begierden 
bes Kbrperd und der böfen Seele zurüfzubrängen. . Was 
heißt aber dieß anders, ald zugeben, daß bie. Seele mit 
freiem Willen fündigt, daß fie felbft die Urheberin. der Sünde 
ift 2°)2 Mollte man den fcheinbaren Widerfpruch der bei⸗ 
ben Behauptungen, von welchen die eine der Seele Die 
Willensfreiheit abfpricht, die andere zugefieht, nicht auf 
diefe MWeife Idfen, fo kaͤme allerdings zulezt die Manichäi- 
{che Lehre auf das hinaus, was Auguſtin De actis cum 
Fel Manich. II, 8. den Manichdern entgegenhält: Secun- 
dum vos nulla peccata sunt. Gens enim tenebrarum 
non ‚peccat, quia suam naluram facit. ‘Natura lucis 
non peccat, quia quod facit, facere cogitur. Nullum 
ergo invenis peccalum, quod damnet Deus, nullum in- 
venis peccatum, quod poenilentia possit sanari, si au- 
tem poenitentia est, et culpa est, si culpa est et vo- 

lun- 





26) Welher verwirrende Widerfpruh es iſt, auf der einen 
Seite der Seele die Freiheit des Willens abzufprehen und 
doch auf der andern die Sünde aus einer Nachlaͤßigkeit der 
Seele abzuleiten, fällt am meiften auf bey Wald ©. 768.: 
„Da die gute Seele ihrer Natur nah gut, die böfe aber 
ihrer Natur nach böfe ift, fo folget einmal, daß feine Ein- 
heit des Willens ftatt habe, hernach, Daß es im eigentlichen 
Sinn keine Sünde gebe. Doc iſt es gewiß, daß die Ma- 
nichäer die Nachläpigkeit der guten Seele, den Bewegungen 
bes Körpers und der böfen Seele zu widerftehen, vor Sünde 
gebalten. Sie fündigt nur Unterlaffungs- und feine Bege⸗ 
bungsfünden.’ 


N 


— 198 — 
luntas est, si voluntas in peccando est, natura non est, 
quae cogat. Daß aber die Seele das Subject der Suͤnde 
. fey, haben die Manichder nicht geläugnet, ſondern immer 
vorausgeſezt. 
Bringen wir die Reſultate unſerer Unterſuchung uͤber 
die Lehre von der Zweiheit der Seelen und der Freiheit des 


Willens, welche leztere mit jener im Grunde zuſammen⸗- 


faͤllt, und nur eine andere Seite deſſelben Gegenſtandes iſt, 
in einen ſoviel moͤglich vollſtaͤndigen Zuſammenhang, ſo 
ſcheint der Manichaͤiſche Lehrbegriff nur auf folgende Weiſe 
gedacht werden zu koͤnnen: 


1. Was die menſchliche Seele auf ahenthämliche Weiſe 
unterſcheidet, iſt das Bewußtſeyn ihrer Lichtnatur. Je kla⸗ 
rer dieſes Bewußtſeyn in der Seele iſt, deſto mehr erhebt 
fie ſich über die übrige ihr verwandte Schoͤpfung. Im Bes 
wußtfeyn ihrer Lichtnatur kann die Seele nur fo wirfen und 
fich äußern, wie es ihrer Natur gemäß ift, aber mit dieſem 
Bewußtſeyn ift ihr zugleich auch das Vermögen gegeben, 
jedem ihre Wirkſamkeit hemmenden Einfluß zu widerftehen. 
Darin befteht ihre Freiheit, fie ift frei, weil fie durch Feine 
äußere Macht gezwungen werden kann, fich anders zu be: 
ſtimmen, ald ed ihrer Natur gemäß ift. Diefe Freiheit 
ift allerdings zundchft eine äußere, Unabhängigkeit von aͤuße⸗ 
tem Zwang, fie fezt aber eine innere Selbſtbeſtimmung 


voraus, vermdge welcher die Seele fich felbft fo beſtimmt, 


wie es eine in ihrer Natur liegende Nothwendigkeit mit ſich 
bringt. Sch fehe nicht ein, warum, wie. Siefeler a. a. ©. 
©. 628. behauptet, den Manichdern Freiheit in diefem 
Sinne, als moralifche Selbftbeftimmung der Lichtfeele, un⸗ 
denkbar gewefen feyn foll, und warum fie auch hier mora⸗ 
lifche Verhaͤltniße in phyſiſche verwandelt haben follen. 


Der Menſch war auch ihnen ein freies moralifches Wer 


fen, fofern er mit Selbftbewußtfeyn der innern Rich⸗ 
Baur’ 8 Mani. RI. Syftem. 413 


= 


tung feiner Natur folge und diefer gemäß .fich ſelbſt 
beſtimmt. 27). 

| 2. Je näher noch die Seele ihrem. Urſprung ift, deſto 
heller iſt in ihr das Bewußtſeyn ihrer Lichtnatur. Man 
vgl. die obigen Stellen, beſonders die Stelle aus der Disp. 
11. contra Fort., in welcher von einem urſpruͤnglichen Be⸗ 
wußtſeyn die Rede iſt, das die Seele wiederum in ſich er⸗ 
neuen muß: anima memoriae pristinae reddila re- 
cognoscit, ex quo originem trahat. 


3 Obgleich es zum Weſen der Seele gehoͤrt, daß ſie 





27) Schlechthin aufgehoben wuͤrde im Manichaͤismus die mo⸗ 
raliſche Freiheit nur, wenn in dieſem Syſteme die Gottheit 
ſelbſt nicht als eine mit Selbſtbewußtſeyn und Freiheit ſich 

beſtimmende Intelligenz, ſondern nur als eine phyſiſch wir- 
tende Saufalltät gedacht werden fönnte. Dann gälte, was Au⸗ 

- guftin Contra Faust. XXII, 22. ſagt: Ziberzatem voluntatis 
las particulas habuisse dicere non potestis, quam 10- 

. tus Deus ipse non kabuit. Allein zu diefer Annahme find 
wir durch die bisherige Entwiklung wenigſtens nicht berech= 

tigt. Auguſtin felbit bezieht diefe Behauptung auf den feind⸗ 
lichen Angriff des böfen Principe, welhem die Gottheit nur 
dadurch begegnen kann, daß fie jene Schelle ihres Weſens 
preisgibt. Sort felbft habe daher Feine Freiheit, quia, si eas 
non müteret in peccatum , totus a tenebrarum gente per- 
vasus peccare cogeretur,, quod si cogi non possit, pec- 
cavit, Cum eas eo misit, ubi cogi possent. Aber auch bier 
bürfen wir nicht an einen phufiihen Zwang denken. Ob⸗ 
gleih Gott die Seelen fendet, fo wird doc dadurch nicht 
ausgefchloffen, daß in Ihnen felbft, wie Manes ausdruͤcklich 
behauptete, die Neigung lag, fi mit der Materie zu ver: 
binden. Die Frage über das Verhaͤltniß der Freiheit und 

Nothwendigkeit ift für das Manihälfhe Syſtem nicht ſchwie⸗ 

"tiger als für jedes andere, das auf einen jenfeits des empi⸗ 
rifhen Bewußtſeyns Legenden Suftand der Präeriftenz zu: 
rüfgeht, und bie Seelen als Tpelle ber göttlichen Subftans 
betrachtet. 


— 195 — 


ſich ihrer Lichtnatur bewußt iſt, ſo kann es doch geſchehen, 
daß ihr lichtes Bewußtſeyn ſich periodiſch verdunkelt, und 
in demſelben Grade, in welchem dieſes entſchwindet, ent⸗ 
ſchwindet ihr auch ihre Freiheit. Sie kann ſich nicht mehr 
ſo beſtimmen, wie es ihrer Natur gemaͤs iſt, ſondern es 
erhebt ſich eine ihr entgegengeſezte Natur, die fie gegen 
ihren Willen zwingt, in das einzuwilligen, was ihrer Na⸗ 
tur zuwider iſt. Es iſt dies eine Folge der Verbindung der 
Seele mit einem matfriellen Leibe, woraus ſich die ſinnliche 
Luſt erzeugt, die Quelle aller Suͤnde. In dem Zuſtande 
der Suͤnde gleicht die Seele einem Gebundenen, Gefange⸗ 
nen, ſeiner Freiheit Beraubten. Betrachtet man ſie fuͤr ſich, 
fo iſt es voͤllig undenkbar, wie die reine, lichte, ihrer goͤtt⸗ 
lichen Natur ſich bewußte Seele in einen ſolchen Zuſtand 
der Verdunklung und Gebundenheit gerathen Tann, es 
fcheint vergeblich, den Erflärungsgrund in ihr felbft zu fus 
chen, man kann es fich nicht anders denken, ald ob eine 
dunkle, feindlich widerftrebende Gewalt gegen die Seele ſich 
erhebt, und doch objectivirt fich in diefer contraria et ini- 


mica nobis subsiantia oder nalura nur das ‚unbegreifliche - . 


Etwas, das gleichwohl in der Seele felbft liegt, zwar als 
unfichtbarer, verborgener Punct, aber doch mit ver Möglich- 
feit, ihr ganzes Weſen mit Dunfel zu überziehen. Eben⸗ 
beöwegen, weil e8 ald eine der Seele fremdartige, ihr widers 
ftreitende Macht erfcheint,, ftellt ed ſich in der. Betrachtung 
gleihfam aus der Seele heraus, und ihr entgegen, als etz 
was, worin die Seele ihr eigenes Wefen nicht erkennen kann, 
worin ihr gleichfam ein anderes, von ihr verfchiedenes Sub: 
ject, eine andere Seele, ‚gegenüber tritt. Was der befannte 
homerifche Ausdruck: Exov aexovrı ye Hvuo einfach, aber 
finnvoll fagt, um den bei einer wider befferes Willen und 
Gewiſſen befchloffenen Handlung nothwendig ftattfindenden 
innern Kampf des Gemuͤths mit fich felbft zu bezeichnen, 
dies und nichts anders foll mit dem Manichäifchen Saze: 
.. N 13.» 


— 196 — 


daß der Menſch, weil ja, wie Auguſtin ſagt, die natura 
Iucis non peccat, nicht freiwillig, fondern gezwungen und. 
gegen feinen Willen fündigt, gefagt feyn. Es ift nad) den 
obigen Stellen ein cogi ei trahi, aber doch wieder ein con- 
⸗entire, und, jened cogi et frahi. hat feinen legten Grund 
doch nur in dem consentire, weil die Seele als das felbit- 
thätige Princip - eigentlic) nie gezwungen werden kann, 
und auch nach der Manichaͤiſchen Lehre nie aufhoͤrt, das 
Subject der Suͤnde zu ſeyn. Iſt dieſe Anſicht, wie ich 
nicht zweifle, die richtige, ſo kann ich die Art, wie Weg⸗ 
nern die Streitfrage über das Manichaͤiſche liberum arbi- 
trium lost, nicht ganz genügend finden. Werfteht man, 
fagt Wegnern ©. 92., unter demfelben das Vermögen, fü 
oder anders zu handeln, Gutes oder Böfes zu thun, fo wuͤr⸗ 
den die Manichder gar fehr proteftiren, wenn man ihnen 
ein folches arbitrium zuſchreiben würde. Liberum arbi- 
irium ergo non est mera eligendi facultas, sed potius 
hominis est polestas, ea, quae ralio vera ac jusla cog- 
novil, sequendi. et perficiendi, est igitur licentia, non 
malum aut bonum, sed solum bonum eligendi, quum 
is, qui cupiditalum vi agitur, liberum se esse nullo 
modo dicere possit, sed concupiscentia captus lenea- 
tur. Eumque, quam nunc diıximus, libertatem Mani- 
chaei quoque animae vindicarunt. Haben wir aber bei 
ber Beftimmung des wahren Character der Manichäifchen 
Lehre nicht blos auf das zu fehen, was die Manichder wort: 
ich und buchftäblic) Iehrren , fondern auch auf das, was fie 
nad) der Eonfequenz ihres Syſtems, wenn aud) ftillfchweiz 
gend, doch nothwendig vorausſezen mußten, fo werden wir 
fagen mäffen, der von der Begierde Beherrfchte fey zwar 
allerdings ein Gezwungener und Gebundener, aber doch 
‚nur ein folcher, der fich felbft zwingen und binden ließ. 

Bon einem consentire neben einem cogi et trahi Fünnte 
auf Feine Weife die Rede ſeyn, wenn nicht die Seele, fos 


\ 


mn 


fehr es auch ihrer Natur. gemäß ift, fi nur auf das Gute zu 
richten, auch das Vermögen hätte, dem Euntgegengeſezten 
in fih Raum zu geben, das Boͤſe in ſich aufzunehmen, 
ſomit fih für das Eine wie für das Andere zu beftimmen. 
Ausdruͤklich mochten immerhin die Manichder. ein liberum 
arbitrium in dDiefem Sinne, als eine licentia peccandi, nicht 
anerkennen, aber. nur darum, weil fie ſich pſychologiſch 
die Entftehung der Sünde aus der einfachen und reinen 
Lichtnatur der Seele nicht erklären konnten, da fie fie aber: 
‚ doch) wieder in die Seele felbft verfezten,, fo war ed, wie 
ſie dadurd) felbft erflärten, fo zu fagen, nur eine pſychologi⸗ 
ſche Slufion, die ihnen jenes in der Seele verborgene, uns 
hegreifliche, ihr fremdartige Etwas aus der Seele heraudftellte, 
gleichfam al& das falfche Gegenbild der wahren Seele, oder 
al& den böfen, dunklen Genius, der dem guten Lichtgenius, 
der die Seele führt, ald Gegner gegenüber fleht. 

4. Much die reine Kichtfeele hat demnach, wie auch in 
ver Natur überall dem Kichte der Schatten zur Seite geht, 
ihre Schattenfeite, fie kann der Uebermacht der Finfterniß 
nicht widerftehen, mit welcher gleichfam ein böfer Feind ihr 
den lichten Tag des Bewußtſeyns raubt und in dunkle 
Nacht verkehrt, und fie aus dem Zuftande der Freiheit in 
einen Zuftand der Gebundenheit hinabdrüft. Aber auf ber 
andern Seite, darauf drang die Manichäifche Lehre mit 
allem Nachdruk, bleibt der Seele auch in diefem Zuftande - 
der Verdunflung und Gebundenheit doch ſtets ein Lichtftrafl 
ded Bewußtſeyns ihrer Lichtnarur, und darin zugleich die 
Bedingung der Möglichkeit einer Befreiung aus den Ban 
den, in welcher fie die Sünde gefangen hält. Ebenda⸗ 
durch, daß die Manichäifche Lehre die Sünde nur als et: 
was Unfreiwilliges, al einen der Eeele wie von einer frem⸗ 
den Macht zugefügten Zwang, ald einen ihrer Natur wider: 
ftreitenden Zuftand betrachten Fann, wird aufs beftimmte- 
fle anerfannt, daß auch die von der Suͤnde übermältigte 


— 198 — 


Seele dennoch das Bewußtſeyn ihrer wahren Natur und 
Beſtimmung fefthält, wenn es auch noch nicht Träftig ge- 
ung ift, die fie umflrifenden Bande fogleich zu zerreißen. 
Es bedarf nur einer Anregung, um das urfprüngliche vers 
dunkelte Bewußtſeyn wieder zu erneuern und in feinem vol: 
len Kichte hervortreten zu laſſen. Nam quia inviti pec- 
camus, heißt ed in der obigen Stelle, et cogimur a 
tontraria et inimica nobis substantia, idcirco seguimur 
scientiam rerum (beöwegen fuchen wir eine Tlare Kennt: 
niß unferer ganzen Lage zu gewinnen und aus ihr wieder 
herauszufommen). Qua scientia admonita, et memoriae 
pristinae reddita recognoscit, ex quo .originem trahat 
etc. ©. oben S. 190. Daher wurde von den Manichäern 
das Strafbare der Sünde nicht fowohl in den Act der 
Sünde felbft, zu welcher ja die Seele wie mit einer unwi⸗ 
derftehlichen Gewalt hingezogen wird, als vielmehr in den 
Mangel des Schmerzes über die Sünde gefezt (non pu- 
nitur, quia peccavit, sed quia de peccato non doluit. 
©. oben ©. 187.), indem fie babei mit Recht vorausfezen 
zu dürfen glaubten, die Seele Fhnne ihre wahre Natur - 
nicht wohl fo fehr verläugnen, daß fie nicht, was Sünde 
tft, ald Sünde anerkennen und verabfchenen müßte. Iſt 
diefes urfprüngliche, nie völlig‘ verſchwindende und verdun⸗ 
felte Bewußtfenn der Seele wiedererwekt, fo erfcheint fie 
dann aud wieder in ihrem wahrhaft göttlichen Urfprung 
und in dem Zuftande der Sreiheit, in welchem fie ihrer Na⸗ 
tur gemäs nur im Guten lebt. Negasti (erwiedert Fortuna 
tu8 in der Disp. L. auf die Behauptung Auguſtins: animam 
videmus et peccatrioem esse, ef in aerumna versari, 
et veritatem quaerere, et liberatore indigere: haec mu- 
tatio animae ostendit mihi, quod anima non sit Deus, 
nam si anıma substantia Dei est, substantia Dei errat 
etc.), animam ex Deo esse, quamdiu peccalis ac vilüs 
et mundanis rebus deseruit et errore ducitur, quod 


- — 199 — 


fieri non potest, ut aut Deus hoc paltigtur, aut sub- 
stantia ejus. Est enim Deus incorruptibilis, et sul 
stantia ejus immaculata .est et sancta. Hic vero güaeri- 
ritur a nobis, utram anima ex Deo sit necne. Quod 
nos fatemur et ostendimus ex Salvatoris adventu, ex 
iptius sancla praedicatione, ex ipsias electione, dum 
animis miseretur, et secundum ejas arbitrinm anima ve- 
nisse dicitur, ut eandem de morte liberaret et perduceret 
eam ad aeternam gloriam,et restituerel patri. Wenn dies 
zu geichehen beginnt, dann ift, wie Fortunatus nachher fagt, 
anima memoriae pristinae reddita. Auguftin hält dem 
Manichder die Paulinifche Stelle entgegen: eramus natu- 
raliter filu irae. Darauf fagt Zortunatus: si secundum 
animam dicisset Apostolas, quod simus naturaliter 
flii irae, alienata esset anima ore Apostoli a Deo. Et 
hoc modo tu ratione ostendis, quod anima non sit Dei, 
guia naturaliter, inquit Apostolus, sumus irae filü. 
Si vero, secundum quod lege tenebatar, idem Apostolus 
ex seminel Abrahne, ut ipse contestatar , descendens: 
constat eum corporaliter dicisse, nos fuisse filios irae, 
sicut et ceteros.  Animae vero substantia ostendil, 
quod sit ex Deo, et animam alıter non posse reconei_ 
ltari Deo, nisi per magistrum, qui est Christus Jesus. 
Hieraus erhellt dann auch, um auf das Obige zuruͤkzukom⸗ 
men, die eigentliche Differenz der Auguflinifchen und Mani- 
chaͤiſchen Lehre von der Erbfünde, fo weit fie durch die Lehre 
von der Freiheit des Willens beflimmt wird. ine die 
menfchlihe Natur in foldyem Grade. durchdringende Verdor⸗ 
benheir, daß dem natürlichen Menfchen, wie Auguftin in 
feinem fpätern Syftem den Pelagianern gegenüber behaup⸗ 
tete, alle befiere Erfenntniß, alle Kraft zum Guten und 
alle Freiheit fehlt, Ichrten die Manichder nicht , vielmehr 
mußte nach ihrer Anfıcht auch in dem verdunfelten Bewußt- 
feyn fletö fo viel Licht zurüfbleiben, daß der Menſch bei 


— 20 — J 


der erſten Anregung ſich zu dem urſpruͤnglichen reinen Be⸗ 
wußtſeyn ſeiner Natur und ſeiner urſpruͤnglichen Freiheit 


wieder erheben kann. Der Seele. bleibt ſtets in ihrer Nas 


tur der Sieg gefichert. A principio natura sua vicloriam 
dedit animae, voie.Secundinus in der Epist. ad Ang. fagt. 

Im Allgemeinen find ed, wenn wir auf dad Ganze 
zuräfblifen, und die Manichäifche Lehre mit der gewöhns 


lichen, von ‚ven chriftlichen Lehrern vorgetragenen nach den 


a 


allgemeinften Beziehungen vergleichen, zwei Hauptpuncte, 
die wir zu beachten haben, um den eigenthümlichen Cha⸗ 
vacter des Manichäifchen Syſtems richtig aufzufaflen: 
4) die weite Ausdehnung, die Dem Begriff des Boͤſen gege- 
ben wird, 2) die damit zufammenhängende Gewohnheit, 
aud) das dem ethifchen Gebiete nicht Angehoͤrende als ein 
Lebendige, Perſoͤnliches und GSelbftthätiges darzuftellen. 
Mas das Erftere betrifft, fo ift es dem Manichäisınus, wie 
wir fchon früher gefehen haben, durchaus eigen, den Men: 
{eben als Glied des Fosmifchen Ganzen fo zu betrachten, 
daß er vollfommen im Kleinen ift, was die Welt im Gro⸗ 
Ben in fich enthält, und ebenfo auch feine Natur nichts in 


ſich haben kann, wovon nicht die Elemente und Keime in 


ber allgemeinen Natur der Dinge liegen. Aud) das Boͤſe, 


das in dem. Bewußtfenn des Menfchen fic) ausfpricht, muß 


daher feine Wurzel aufferhalb des. Menfchen haben. Hoc 
nos dicimus, fagt $ortunatus in der Disp. IL, quda 
contraria natura anima cogatur delinquere, cui non vis 
esse radicem, nisi hoc tantum, quod in nobis malum 
versatur, cum constat exceptis nostriscorporibus mala in 
omni mundo versari. Non ista in corporibus solum habe- 
mus, in toto mundo versantur, et quae nominibus va- 
lent bona 28), mala radix haeret. Nam dixit dignatio 


28) So fcheint diefer Saz gelefen werben zu müffen: bie 
gewöhnliche Lesart: non ista, quae in corp. — versantur, 
et nominibus velent etc. gibt keinen Sinn. 


— 20 70 — 


tua 2°), quod haec sit radix malorum, cupiditas, quue 
in nostris corporibus versatur, cum, quando'non est 
cupiditas mali ex nostris corporibus, ex principali illa_ 
conitrarta natura versatur in toto mundo. „Apostolus 
etenim nominavit id radicem esse malorum, cupidita. 
tem, non unum malum, quam dixisti radicem omnium 
malorum. Cupiditas vero non uno modo intelligitur, 
quaum dixisti radicem esse omnium malorum, guäsi quae 
in corporibus nostris solum versetur, cum constet, hoc, 
quod in nobis versatur malum, ex auctore mali descen- 
dere, et portiunculam esse mali hanc radicem, quam 
fu esse dicis, ut non sit ipsa radiæ, sed portiuncula 
mali, ejus mali, quod ubique versatur,. Ouam radi. 


cem et arborem malam Dominus noster appellavit, 


nunguam fructus bonos afferentem, quam non plan- 
iavit pater suus, ac merito eradicari et in ignem 
mitti. Bgl. audy die S. 170. amgeführte Stelle. Sp ftrebt 
der Manichäifche Dualismus jede in einer einzelnen Sphäs 
re gegebene Erfcheinung in ihrem Zufammenhang mit feis 
nen allgemeinen Principien zu begreifen. Wird aber dem 
Begriff des Bhfen eine fo große Ausdehnung gegeben, bie 
Wurzel des Boͤſen im Menfchen außerhalb des Menfchen 
gefucht, fo muß, da dad Boͤſe im Menfchen als ein felbfts 
thaͤtiges, ethiſches erfcheint, ein ebenfo ſelbſtthaͤtiges Boͤſe 
außerhalb des Menſchen angenommen werden. Darum ge⸗ 
ſtaltet ſich nun, was in dem menſchlichen Leibe und in der 
Materie nur als Reiz und Anlaß liegt, zu einem ſelbſt⸗ 





29) Auguſtin hatte zuvor geſagt: Radicem radicis quaerere 
non possum. At si est aliud malum, cujus radix non 
est cupiditas, non erit omnium malorum radix cupidi- 
as. Si autem verum est, omnium malorum radicem 
esse cupiditatem, frusira aliud aliquod mali genus quae- “ 
rimus. 


tätigen Princip, zu einer boͤſen Enkiianz von. welcher die 
der guten Seele fich entgegenftellende böfe Seele, der spiri- 
tus concnpiscentiae, auögeht. Die Manichaͤer benäzten 
dafür die apoftolifhe Stelle: quod non solum esset lucta- 
tio contra carnem ei sanguinem, sod et. contra. principes 
ei polestates, et spiritalia neguitiae, et dominationem . 
tenebrarum. Si ergo, fezt Fortunatus Disp. II. hinzu ‚ 
utrobigque mala versantur et neguitiag habentur, jam 
non solum est malum in nostris corporibus ‚sed ın lolo 
“ mundo, ubi videntur versari animae, quue sub coelo 
isto versantur et implicatae untl. 


\ 








Vierter Abſchnitt. 





Chriftus und die Erlöfung, die Zurüfführung der 
Seelen. aus der materiellen Welt und ihr endliches 


Schikſal. 


Die aus der goͤttlichen Lichtſubſtanz emanirte Seele hat 
ſich mit der Materie vermiſcht, und durch alle Theile der 
Natur verbreitet. Als Jesus hatibilis feufzt fie im ties 
fen Schooße der Erde, und in allen Gewächfen, in wel⸗ 
chen ſie an den Boden der Endlichkeit angeheftet iſt, über 
das düftere Dunkel, in das fie hinabgeftoßen ift, über die 
engen Bande, in welchen fie fefigehalten wird; in der Viel- 
heit der individuellen Menfchenfeelen, in die fie fich getheilt 
hat, fühlt fie in dem materiellen Leibe, in welchen fie, 
wie in einen Kerker, eingefchloffen ift, die Uebermacht des 
böfen Princips, und den Schmerz der Sünde, zu weldyer fie, 
im Widerfpruch mit ihrer reinen Lichtnatur, fich hingezogen 
fieht. Ueberall, wo fie in der gefchaffenen materiellen, 
endlichen Welt fich befindet, ift Dunkel, Gefangenſchaft, 
feindliche Gewalt ihr Loos. Uber alles dies ift nur bie 


Eine Seite der Fosmifchen Entwillung, des durch alles hin⸗ 


durchgehenden großen Kampfes der beiden Principien, es 
ift nur der Webergang von der Kichtwelt zu der fich ihr ent= 
gegenftellenden Schattenwelt, und der ganze Weltlauf bliebe 
einfeitig, unvollendet, wie in der Mitte unterbrochen und 
abgefchnitten, wenn es nicht auf diefelbe Weife auch wies 
der einen Uebergang von der Schattenweit zur Lichtwelt 





» 


— 204 —: 


gäbe. Das mit der Materie VBermifchte muß wieder von 
ihr audgefchieden, das Gebundene befreit, dad Gefangene 
erlöst werden, eine allgemeine Läuterung alles pfnchifche 
Reben, fo viel möglich, zu feiner urfpränglichen Reinheit 
zurüfführen. Jpsam partem naturae‘ Dei ubique per- 
mixtam in coelis, in terris, sub terris, in omnibus cor- 
poribus siccis et humidis, in omnibus carnibus, in om- 
ribus seminibus arborumy, herbarum‘, hominum, .ani- 
malium — figalam, oppressam, pollutam solvi, libe- 
rari, purgarique dicunt, non solum per discursus so- 
lis et lunae et virtutes lucis, verum etiam per electos 
snos. Aug. De nat. boni c. 44. Die Weltſchoͤpfung kann 
nicht ohne eine Erldfung ſeyn, wie die Seelen in einen 
Zuftand der Knechtſchaft und Noth herabgefunten find, fo 
muß es. auch einen Befreier geben, der der leidenden 
und ringenden Seele beifteht. Dicitis — Deum — misisse 
hanc virtutem, de cujus commixtione cum malo et tene- 
brarum, gente mundus sit fabricatus. Hine esse, guod 
hic animae bonae laborant, serviunt, errant, corrum- 
puntur, ut necessarium haberent liberatorem, qui eas 
ab errore purgaret, et a servitute liberaret. Aug. Con- 
tra Fortunat. I. Dies tft im Allgemeinen der Inhalt 
des noch übrigen vielumfaffenden Theild der Manicyäifchen 
Lehre. | 

Wie das Manichäifche Syſtem die Schöpfung der Welt 
durch befondere göttliche Kräfte erfolgen Idßt, durch eine 
dvvanız nadnrızn und eine duvauıs Inuwveyırn, wenn 
wir fie mit den allgemeinften Ausdruͤken bezeichnen wollen, 
fo fteht auch dem allgemeinen Läuterungsproceß, welchem 
das ganze Naturleben unterworfen ift, eine eigene Lichtpo⸗ 
ten; vor, die denfelben nach einem beftimmten Gefeze lei: 
tet, und es erhellt fogleidy auch, in welchem Verhältniß 
diefe dritte göttliche Potenz zu den beiden andern fteht. 
Wenn in der övvauıs nadmrırn die göttliche Subftanz 





— 205 — 


ſich nach Einer Seite ihres Weſens in die Endlichkeit der 

geſchaffenen Welt dahingibt, ſich dadurch ſelbſt einem lei⸗ 

denden Zuſtand unterwirft, wenn die duvanıg Önwoveyızn 

die Grenze beſtimmt, bis zu welcher die Miſchung der bei⸗ 

den entgegengeſezten Principien, woraus die geſchaffene 

endliche Welt hervorgeht, ſich erſtreken darf, ſo iſt es die 

dritte Potenz, die wir im Allgemeinen die erloͤſende nen⸗ 

nen koͤnnen, welche das durch die duvanıs nadsnrıxn gleich⸗ 

fam Verfehlte wieder gut machen, das durch fie gefezte 
leidende DVerhältniß wieder aufheben will. Stellt ſich in 

ber öwvauıg nadntırn ein gewißes Webergewicht des duns _ 
Felen Princips über das lichte, in der diwauıs Önuoveyı- 

x, ein fo viel möglich wiederhergeftelltes Gleichgewicht der 

Principien dar, fo fol fi) dagegen durch die dritte Potenz 

das Uebergewicht wieder auf die Seite der lichten Prin⸗ 

eips neigen. Bei Alerander von Lyeopolis, der die beiden 

erftern Kräfte als die duvanıs nadnrırn und die duvanıg 

Önuiovgynvn bezeichnet, heißt die dritte Kraft die duvanız. 

int TO gwrosidig Tov nAiov zadeixovon. c. #. 


Die nähere Betrachtung diefer dritten Kraft, der erlds 
fenden Potenz, führt und auf die Manichäifche Chriftolos 
sie und Trinitätslehre. Dabei müffen wir jedoch vor allen 
die Bemerkung voranfchifen, daß wir uns den richtigen 
Gefichtöpunet verrüfen würden, wenn wir uns durch die 
von den Manichaͤern felbft gewählte, und in den Darftels 
lungen der Manichdifchen Lehre herkoͤmmliche chriftliche Ter⸗ 
minologie verleiten laffen wollten, der Manichäifchen Tri⸗ 
nitätölehre vhllig diefelbe Stellung zu geben, die die hrift- 
liche Lehre von dem Eohne Gottes und dem heiligen Geift 
in dem chriftlichen Syſteme bat, oder ed wohl als eine 
Aufgabe des. Gefchichtfchreibers anzufehen, den Beweis zu 
führen, daß die Manichäer in .diefem Puncte wenigfiend 
von der damaligen Orthodorie im Grunde gar nicht oder 


x 
@- 


— 106 — 


nur wenig abgewichen feyen 7). Die Manichaiſche Lehre 
hat allerdings eine Eeite, die die chriſtliche ſehr nahe bes 
rührt, aber aus Gründen, von welchen im Folgenden: weis 
ter die Rede feyn wird, fcheint mir eine; getreue Darftels 
lung. derfelben vorzüglich darauf bedacht ſeyn zu mäffen, 
ihren urfpränglichen. Character von dem chriftlich modificir⸗ 
ten ſo viel moͤglich zu unterſcheiden. 

Schon Manes ſelbſt ſcheint ſich gerne der Sprache der 

chriſtlichen Trinitaͤtslehre bedient zu haben. Seine Epi- 
stola fundamenti enthält wenigftens die berfelben angepaßte 
Begruͤßungsformel: Pax Dei invisibilis et veritatis no- 
kitia sit cum fratribus ‚suis et sarissimis, qui. man- 
datis coelestibus credunt pariter ae deserviunt: sed et 
dextera luminis tueatur et eripiat vos ab omni incur- 
sione maligna.et a laqueo mundi, pietas vero sancti 
spiritus intima vestri pectoris adaperiat, ut Ipsis oculis 
- videatis animas vestras. Yug. De actis cum Fel. Manich. 
1,16. Am beftimmteften erflärte fich der africanifche Ma⸗ 
nichäer Fauſtus über die Zrinitätslehre ald ein Dogma des 
Manichäifchen Lehrbegriffs bei Auguftin Contra Faust.XX, 
1.. Nos patris quidem Dei omnipotentis et Christi filü 
ejus, et spiritus sancli unum idemque sub triplici ap- 
pellatione colimus numen, sed patrem quidem ipsum 
Incem incolere summam ac principalem, quam Paulus 
alias inaccessibllem vocat: Fıliam vero in hac secunda 
ac visibili luce consistere, qui quoniam sit et ipse ge- 
minns, ut eum „Apostolus novit, Christam dicens esse 
Dei virlutem et Dei sapientiam virtutem quidem ejus 
1) Wie namentlich Beaufobre auf feine Darftelung : der. Ma⸗ 
nihälfhen Trinftätsiehre mit der Bemerkung übergeht: On 
vient de voir, que les Manichdens n’ dioient pas aussi 
“.. heretiques, qu' on le pense, sur -Particle des attributs 
. divins. On ne sera pas fachd de les trower orthodoxes, 

en a peu pres, swr celui de la trinitd, T. I. ©. 517. 


— 207 — 


in sole habitare credimus, sapientiam vero in lana: 
nec non et spifitus sancti, qui est majestas tertia, ae- 
ris hunc omnem ambitum sedem fatemur ac diversori- 
um, cujus ex viribus ac spiritali profusione terram 
quoque concipientem gignere patibilem Jesum, qui est 
vita ac salus hominum, omni suspensus ex ligno. 
Zu demſelben Glauben befennt ſich der Manichder Fortuna⸗ 
tus bei Auguftin in der Disp. I.: His rebus credimus et 
haec est ratio fidei nostrae, et pro viribus animi nostri 
mandatis ejus oblemperare, unam fidem sectantes hu- 
jus trinitalis, patris et filü et spiritus sancti. Der heis 
lige Geift fcheint nur aus Ruͤkſicht auf die chriftliche Lehre 
in die Manichäifche gefommen, und nach dem Character 
derfelben in die Luft gefezt worden zu feyn. In dem Spftes 
me felbft hat er Feine weitere Bedeutung, und darf auch mit 
dem Lov nvevum, oder spiritus potens, wie die duvanıc 
Önpiovoyızr font genannt wird, nicht verwechfelt werden, da 
er, wenn er mit diefer zufammenflele, nicht wohl die dritte 
Stelle der göttlichen Trias einnehmen koͤnnte. Wirhaben es 
daher nur mit dem Manichäifchen Chriftus zu thun. Zur 
genaueren Beſtimmung des Begriffs beffelben gehdrt zus 
nächft die Srage, in welchem Berhältniß er theild zu dem 
erſten Menfchen, theils zu dem demiurgifchen Geift ftehe, 
worauf hier um fo mehr Rüfficht zu nehmen ift, da gerade 
hierüber Neander und Giefeler abweichende Meinungen aufs 
geftellt haben. Neander fagt über den Manichäifchen Chris 
ſtus (1,2, ©. 832.): „Ohngefaͤhr was das Zoroaftrifche 
Syſtem von dem Mithras als dem Genius (Ized) der Eons 
ne lehrte, übertrug Mani anf feinen Chriftus, — die von 
der. Sonne und dem Monde aus wirkende reine Eeele. Wie 
er diefe Seele von dem Urmenfchen abflammen ließ, fo Deus 
‚tete er dahin den biblifchen Namen „Menſchenſohn“ (vios 
avdgwnov), und wie er bie reine, freie, in der Sonne 
thronende Seele — und bie ihr verivandte, durch die ganze 


— 208 — 


Natur verbreitete, durch die Vermiſchung mit der Materi 
getruͤbte, gefangene Seele von einander unterſchied, ſo un⸗ 
terſchied er daher auch einen uͤber alle Beruͤhrung mit der 
Materie erhabenen, keinem Leiden unterworfenen und einen 
in der Materie gleichſam gekreuzigten leidenden Menſchen⸗ 
ſohn.“ Gieſeler dagegen (Theol. Stud. und Krit. 1, 3. 
©. 611.) bezweifelt diefe Ableitung des Manichäifchen Cyhri⸗ 
ſtus von dem erften Menſchen, die eben jo wenig von eis 
nem frühern Bearbeiter angenommen, als in den Quellen 
oder Durch den Zufammenhang des Syſtems angedeutet fey: 
Der erfie Menfch, als aus der Mutter des Lebens ausge⸗ 
floßen, ftehe ſchon auf einer niedern Stufe: die von ihm 
quögegangenen Emanationen feyen einer Vermifchung mit 
der Finfterniß fähig. Eben deßhalb würde es aber inconfequent 
gewefen jeyn, den vorzüglichften Neon Chriftus von dem 
‚ erften Menfchen abftammen zu laffen. Chriftus heiße aus: 
druͤklich Sohn Gottes," weil aus demfelben unmittelbar 
auögefloffen, daher fey Ehriftus jeder Vermifchung mit der 
Materie unfähig, er koͤnne alfo nicht Sohn des erften Men; 
ſchen ſeyn, der von feinem Wefen fchon fo viele Lichtfun- 
fen der Vermifchung mit der Materie preiögab. Unge⸗ 
achtet diefer ‚Gründe feheint mir leicht gezeigt werden zu 
fonnen, daß die Neanderfche Meinung mit geringer Modi⸗ 
fication die einzig richtige ift. Der Manichäifche Chriftus 
hat allerdings fein Dafeyn aus dem erften Menfchen, nur 
duͤrfen wir ihn nicht für eine von ihm ausgegangene Ema- 
nation, einen von ihm Abflammenden und infofern auch 
unter ihm fiehenden Aeon halten. Daß CEhriftus feinen 
Siz in. Sonne und Mond hat, ift unbezweifelte Lehre der 
Manichder. Bringen wir nun damit in Verbindung, was 
die Manichäer über die Erfchaffung von Sonne und Mond 
lehrten, fo wird der Manichäifche Begriff von Chriftus fo- 
gleid) Har. Alexander von Lycopolis fagt c. 3. ausdrüflich: 
als die demiurgifche Kraft kam, und die Welt fchuf, fon: 
derte 


derte fie zuerft von der Materie aus, was bei. der Vermi⸗ 
{chung jener andern / zuvor gefendeten göttlichen Kraft mit 
der Materie von diefer am wenigften berührt und afficirt 
worden war, und bildete daraus Sonne.und Mond. Erins 
nern wir und nun aus der obigen Darftellung, daß die mir 
der Materie fich vermifchende göttliche Kraft bei Alexander 
baffelbe ift, was fonft der Manichäifche Urmenfd genannt 
wird, daß die Lichtfubftanz des Urmenſchen und die dunk⸗ 
len Leiber der Fürften der Finfterniß die Elemente find, aus 
‚welchen die Welt nach ihrer doppelten Seite, der lichten 
und der dunfeln, befteht, fo kann mit Recht gefagt werden, 
der mit Sonne und Mond zufammengedadhte Chriſtus fey 
die in dem unterliegenden, von den Mächten.der Finfterniß 
überwältigren Urmenfchen zurüfgebliebene. reine Lichtſub⸗ 
ftanz. In den Acten der Difp. des Archel. c. 7. wird ber 
Yusdruf gebraucht, Sonne und Mond feyen aus ben keinyar- | 
va ng yuzis geſchaffen worden (ro Lor nreöun EXTLOS 
TovVc Fwornoas, & &orı tue wuyng keiyave, Kal ovruc To 
orepfour xvxAevoaı). Wird, der Materie gegenüber, bag 
eigentliche Wefen des Urmenfchen ald wuyn, ald Weltfeele, 
bezeichnet, fo ift Chriſtus die reine, von dem Einfluße der 
Materie nicht getrübte Seele, die reine Lichtſubſtanz der 
Weltſeele. Unterſcheidet man von der wur als das reinſte 
und geiftigfte Element derfelben den voög, fo kann es ung nicht 
befremden, bei dem Platoniker Alerander von Lycopolis (o.4,) 
die Angabe zu finden, nach dem Manichdern fey Chriftus 
der vovg. In benijenigen Xheile der gefchaffenen Weir, 
in welchem das Dunkel vor dem. Licht, das materielle Le⸗ 
ben vor dem pfochifchen weit vorherrfcht, ftellt fich uns der 
Leib der Weltfeele dar, im ber reinen Sonne aber, die ja, 
nad) der allgemeinen Anſicht der Alten, das weltregierende 
Geftirn ift, thront der koͤnigliche, nach. göttlichem Gefez 
den Weltlauf Ienfende Verftand. So betrachter fteht Chri- 
ſtus in jehr naher Beziehung zum Urmenfchen, er ft das 
Baur’s Mani. RI. Syſt. oo 44 


— * 
O 





— 319 — 


wahrhaft Gdtiliche / an ſich Seyende in dem Urmenſchen, 
oder der ideale. Urmenſch, im Gegenſaz gegen den der Er⸗ 
ſcheinungswelt angehdrenden Theil deſſelben, und die Eins 
wendung Gieſelers, daß das Wefen des Urmenfchen: fchon 
zu fehr von der Materie berührt fey, ald daß der der Ver⸗ 
mifhung mit.der Materie unfähige Ehriftas aus ihm ab- 
ſtamme, beruht. auf der unrichtigen Vorausſezung, daß 
das ganze Weſen des Urmenfchen, und zwar durchaus in dem: 
ſelben Grade, der Vermifehung-mit der. Materie preisgegeben 
worden ſey, da doch die Schriftfteller felbft nerfchiedene Grade 
der Mifchung unterfcheiden. Ebendeswegen bedarf aud) die 
Behauptung, Chriftus fey als Eohn Gottes wamittelbar aus 
Gott ausgefloßen, einer gewißen Befchränfung. Die Mani: 
chäer befannten allerdings, wie Fauftus bei Auguftin Contra 
Faust. XX, 2, vgl. V. 3. verfichert, daß Chriftus der Sohn 
Gottes fey, aber fie behaupteten zugleich, Jeſus Chriftus fey 
der Sohn de& Urmenſchen. Fe Faust.1l, 3.4.: Primi ho- 
minis filium credi vultis ominum Jesum Christum. Bgl. 
V, 4. Aus der göttlichen Subſtanz ausgefloffen war demnach 
Ehriftus nur, fofern der Urmenſch, wie- fie fagten, de sub- 
stantia Dei war, id ipse existens, quod Deus, a.a O. 
XI, 3., oder, fofern die in dem Urmenfchen aus Gott ema⸗ 
nirten reinen Lichtwefen, Sonne und Mond, Theile der 
göttlichen Kichtfubftang waren. Vgl. Aug. Contra Faust. 
V,11. De duak. an. c. 6. Chriftus konnte in diefer Be⸗ 
ziehung ebenfogut Menfchenfohn als Gottesfohn genannt 
werden ?). Wie der Urmenſch der Sphäre der werdenden 
und gewordenen Welt angehört, fo bezieht fid) auch Chri⸗ 
2) Die Unterfheidung eines vios dv&gamov anadig und viös 
ardgumov Eunadns, die Neander ©. 833. bem Manes zu: 
fhreibt , finde ich wenigſtens In diefer Form In den Quellen 
nicht begründet. Wgl. Giefeler ©. 611. Es fcheint fogar, 
die Manichder haben fih nicht einmal Chriftus als völlig 
nass und von dem Kampfe auf Feine Weiſe afficktt gen 
dat. S. oben ©. 67. 73. 





ſtus nach dem Manichäifchen: Begriff nicht auf innere Ver⸗ 
bältniffe des gottlichen Weſens, fonbern nur. auf dad Vers 
haͤltniß Gottes zur Welt: er trat mit der Welt erſt ins 
Dafeyn, weswegen der Manichäer Secundinus in der Epist. 
ad August. Chriſtus das verbum- nennt, nalum a consti. 
-tutione mundi, cum mundum fabricaret (Deus). Aus 
eben diefer Stelle erhellt, daß die Manichaͤer auf ihren 
Chriftus auch den Begriff des gättlichen Logos übertrugen , 
wie fie aud).die Weltfeele bisweilen mit dem Ausdruke ser- 
mo Dei bezeishneten (Sermonem Dei ligatum esse in 


gente tenebrarum. — Asserityr vel virtus. Dei,. vel pars 


aligua, vel sermo Dei posse commutari, violari, cor- 
rumpi, ligari. Disp. I. 11. contra Fortun.). Der eigeus 
thämliche Ausdruf aber, mit welchem die Manichaͤer Chris 
ftus als den Sohn Gottes bezeichneten, war dertera lu: 
minis (vgl. die S. 206. aus der Ep. fund. angeführte 
Stelle Mani's), defix rov gw@ds (wie in dem Briefe des 
Manes an Marcellus in den Acten der Difp. ded Arch. d. 3.) 3). 
Daß diefe Bezeichnung wie Giefeler a. a. O. ©. 610. bes 
hauptet, zine Traveſtirung bed neuteflamentlichen Dogma 
von dem Sizen Chrifti zur- Rechten Gottes fey, finde ich 
unwahrſcheinlich, weil ich überhaupt die Ueberzeugung habe, 
daß das Manichäifche Syſtem weit weniger, ald gewbhns 
lich angenommen wird, einen urfpränglich chriftlichen Cha⸗ 
racter gehabt habe. Ich möchte jenen Ausdruk Lieber auf 

die Weltanfchauung beziehen, die Plutarch De Is. et Os. 
c. 32. den Aegyptiern zufchreibt, die aber wohl überhaupt 
ald eine orientalifhe angefehen werden darf: diyuarıoı 





3) Manes wuͤnſcht hier dem Marcellus: 4 dskıa rov pröc dın- 
monde 0E UNO TOV EVEOTENTos Mlyog OPNGDU, wu Tay OYu- 
NTOUNTOY MUTOV, Ku Meyiöny TOU mOyngoV, — Leber die 
auch in den Acta Thomae c. 45. Jeſu gegebene Denen; 
nung q̊ dafıa vo poros ſ. Thilo &. 195. 

| 14.. 


a‘ 


edo:' dineoteh: Bchaiis ; autem Annas eındanı aoeirame. 
Bekitum:"patrem; Ävo' idem .essä ); gaod'etiam sub: virtu-; 
tür, quas 6b neuglenrünn:;ennidm !:tramsformäl in puv. 
rvrum et Birdinum; intemeratam simälitadinem; :: Ülltur: 
adtem his" tunynam proprüis'arnie;\atque.per was vam 
complet vbluntatom. Haramıvers vißintum  divinaremy 
Abi gunegue alaorimte ac fueilitaterel:,quod. vugitaxe- 
rant, momento 'effeient ‚eujan): plörde‘ sunt Juridae: 
rüber: Ilagte:vein ‚ratio .popossertt, ut: mascnlin.appa.. 
yehrt- eacderk: sanctae: virtütes ,\ıllico etiam suam..effi-. 
den - virginam: puloherrimarum hæabitu demonstrant. 
Rürstis cumud feminas ventum fuorit postponontes spe- 
etey virginum, Puerorum inveshum speciem ostendunt.. 
Hoc auteni wvieo decoro illarum ardor .ac concupiscen- 
Ha: erescit, atgae hoe modo vinculum pessimarum co- 
gitatipnum varum rolvitu vivaque anima, qnae eo- 
Andein :membris tonebatur, hæo occasione laxuta eva. 
dit er so‘ purisimo aeri-miscetur,. ubi. penitus ablu- 
tue animae ascendunt ad lucidus naves, quae sibi ad 
Bvectationem ‚ 'algtıe ad suae 'palriae transfreiationem: 
 sänt praeparatae, : Id vero, quod adhuc adversi. gend 
Pa maoulas portat, per aestus atque calores. particu» 
Jatim descerdit, atque arboribus .veterisgue pluntationi. 
bus ac: satis omnibus miscelur., et caloribus diversis 
infteitar. Et'quo.pacto ex ista magna et clarissima, 
nuvi ‚fgurae ‚puerorum ac virginum contrarüs appar 
rent potestatibus, quae in coelis degunt, quaeque ig- 
neam habent naturam, atque ex. isto adspectan decoro 
vilae pars,.quae in earundem membris habetur, laxata 
deducitur per calores in terram: eodem modo etiam 
ia altissima "virtus, quae in navi vitalium aquarum 
habitat, in similitudine pueroram.ac virginum: sancta- 
ram per suos.angelos apparet his potestatibus, querum. 





natura frigrla set; atque humida ,. guaegue in eoelis or. 
dinatae.sunt, eguidem his; quas feminae sont. in: ipeig,,: 
forma : puerorums'"apparet,:::mäasoulis.:.vera virginum. 
Hac vero: mutatione et diverntate. divinarum persona: 
rum ac '‚pulsherrimarum humidas frigidasquie ‚stirpie: 
prinoipes masculi sive feminae soluuntur, atque id’, quod, 
in ipsis est! vitale; fugiti ‚quad wora resederit laxatum;; 
deducitar in trvum per frigone,:ei.eunotis terrae gene; 
ribus admiscetur.*.?) — :Quie::hoo-ferat, fezt Auguſtin 
binzu, quis: hoc eredat, non’ dieo, la esse,'sed wel Kol 
potuisse? Eece, qui docentem timont anathematizard 


Manichaoum, et non timent oredero hacc facientem et 


haec patientem Deum, 
Demungenchtet möchte dieſe * abentheuerlich fheinende 
Vorſtellung fogleich eine andere Geftalt gewinnen, fobald 


‚wir und nur, wozu mir die Beranlaffung fehr nahe zu Lies 


gen ſcheint, entichließen koͤnnen, fg aus dem Gefichtspunet 


eines Platoniſchen Mythus zu betrachten. Der Mythus 


ſoll, um vor allem ſeine Hauptidee ins Auge zu faſſen, 
erklaͤren, wie bie von der Materie verſchlungene Lichtſeele 
aus den Banden derſelben wieder befreit wird. Indem die 
die Lichtſeele feſthaltende Materie in dem Fuͤrſten der Fin⸗ 
ſterniß als perſoͤnliches Weſen genommen wird, iſt Dadurch 
die Grundform geſezt, die der ganzen Vorſtellung den Cha⸗ 
racter einer mythiſchen Handlung gibt. Der geraubten Licht⸗ 
feele bleibt auch :;in den Banden, die fie in der untern, mas 
teriellen Welt zuruͤkhalten, ein. mehr oder minder fchlums 
merndes Bewußtſeyn ihrer Abkunft. E8 regt fich ſtets der 
in ihrer Natur. liegende Trieb, ſich nach oben zu erheben’ 





7) Diefelbe Stelle gilt mit. benfelben Worten Evodius De fide 
ec. 14-16. Man vgl. ferner bey Auguſtin die Disp, II. mit 
dem Mani. Feür o. 7. Contra Faust, XX, 6. De hae- 
ros. 00 4% : 


> 


⸗ 


4 





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N birgt rc nei Bchweiß 
iſt der u Negen⸗ Datei Haetr Mach Cyeill vor 1: erte. 
ſalem ᷣwie evrverſichert Cotii VE, SU}; im ven &chrife 
ten Dee! Manichaͤer geleſen· Der Regen Vehnupten die Ma⸗ 
wichderstönefiehe aus. er eeibentchuft · der Reber: Sie: was 
gen: neshlich zb ſagen / am \ Lünen zuind Achbies: Ineng⸗ 
* miele (hmm: Süngling‘®);>Respiehk woe ihn- 
2 Petsdieiz SBPEIET m 
8) Der: —— aka ben me hrert —8** | 
nr DER: Mach den Auguſtinſſchen Gteiten: erſchienen die. Licht» 
: . geftaltep der Sonne theils in maͤnnlicher thelis in weiblicher 
Befalt x... wie auch bie ‚ Dämonen theils maͤnnlichen, theils 
mweiplihen Geſchlechts find. &B. ist, wie Auguſtin De haer, 
©. 46. ſagt, eine transfiguraflo ihasculoris in feminas 
und fonäidriim in masculos;, “oder bie Manlchaͤer behaup⸗ 
. teten nach ben Acta &. Fell dly ‚t posttum (in sole) Deum 
. viPlitee.suins converteno In mascıllos, ad irritandum con- 
eupiscensius dnemonmms feminarum , ei eosiiem.rursus con- 
‚vartere. in feminas, .ad irritandum epnenpiscontigs dae- 
vonm masculorum. Nach den Aeta disn. Arch. o. 8. 
iſt,as eine Eiptiungfrau, die. and, wieder die Seftalt eiues ’ 
Fe fhönep Säuglinge auhimppt, um .in den. Dämgnen beider 
Gecchlechter bie eidenfiaft ber Zebe zu weten. Cyrill da⸗ 
gegen fpricht nur von einer ſchonen Himmels jungfrau und 
einem Be llebenden fönen Süngling, ohne Den leztern als 
Dämon zu bejeichneny aber gleichwobl Tan‘ dieſer Juͤngling 
miur der am. Himmel gefeſſelte Archon ſeyn. Die Darſtellung 
Evrills enthaͤlt noch einen Bug, aus welchem zu ſehen iſt, 
wie · Manes das ganze Natuxleben aus dem. Geſichts punct 
ſeines Dualismus -auffaßte. ‚Der Geſchlechtstrich ber Tiere 
iſt derſelbe Trieb, ber die D Dämonen gegen bie ſchoͤnen Licht⸗ 
| geftalten. des Himmels entſlammt. Kurtò ıov Toy — 
5. —R ‚naıgbv zoUs ns. aioxoũs — xciols —— 
J teiv nagdtvov x Tv vea»loxo») “al Xoro 109 TOU ætiuũ- 
vroę — uavihdũs — latagixν in ungern. "zu ar 
" . pe Yelysir Yaoi, zoy 8 — —_ Tore Ylyganıcı —— 
2 — var Marızalen Klo; Tre Als —EDRR re 





— 221 — 


er verfolge‘fie; und aus den: Schweißtropfen, die ihm ente 
firomen;, entftehe der Regen ?). "Damit hängt zuſammen, 
daß die Manichaͤer auch Donner und Blitz nicht fir Wir⸗ 
kungen Gottes, fondern des Dämon hielten 2°); So ſezt 
ber Läuterungsproceß, durch welchen das Licht vom der. 
Materie wieder auögefchieden werden fol, die ganze Natur 
in Bewegung. Wie Plato die Seele, wenn der Anblick 
der Schönheit fie ergreift, imd die Empfindungen der Liebe 
in ihr welt, in Schweiß und ungewohnte Hiße, in Unruhe 
und Geiftessverwirrung gerathen laͤßt, ſo gleicht auch der 





9 Von derſelben Vorſielluns ſpricht Titus von Boſtra n, 32. 
um den Widerſpruch zu tadeln, in welchen Manes mit ſich 
ſelbſt gerathe, wenn er den Regen fuͤr etwas ueberflaſſiges 
erfläte: ” Ad ou» Exsivog i laxvoos lavro zu) Gös —2 — 
gas UL), 23777" ic auxlay TOVg ano yns xconoðs ‚du — 
ye düsovopitrous, oy növv Hayualsı nal Teig ToVs d8 ou 
Beovs megerriosıs elvas Aeyoy x ToV dgzövrun n5 Vin 
dowtörtey moös Tas ToV &yadod Övvausis’ nal ovrw N xan- 
pörzom eärzos alrovg Eiyas Buogıköuers, zo nagelxoy al- 
Toy, DS: avrög OlSTOL. 


10) Died liegt in Cyrills Worten in ber angefiheten &telle: 
Poovız 6 Heos, xab nayıes Toduoue, xuxsivor (die Mani⸗ 
hier) Alnopnuovow üuıganıeı 6 Heos, aud mayııs eis yiv 
dnınlivousv, xaxsivor ep oVgEFar Tag Övapnuous !Fyougs 
yıoooas. Die übrigen Schriftfteller erwähnen hievon nichts, 
aber von Priscillian, deffen Serte den Manichäismus im 
Dechdent weiter verbreitete, fagt Drofius In dem Commo- 
nit. ad August. in Auguſt. Werfen T. VII. ©. 432. (der 
Benedict. Ausg.): Dicit esse virginem quandam lucem, 
quam Deus volens dare pluviam hominibus, principi 
humidorum ostendat , qui, dum eam apprehendere cupit, 
Ccommotus consudet, at pluviam faciat, et destitulus ab 
ea mugiiu suo tonltrua concitet. Dies paßt ganz zum In⸗ 
halt des obigen Mythus. 


Menſchen. der ans anſtrrcgumgeſhwizt. un feier Bchweiß 
iſt der «Regen: Davon hacte Guch Cyrillvon: Feru⸗ 
ſalemwie evr verſichert (Goch. VI, 3}; ir: ven Schrif⸗ 
ten Dee: Manichaͤer geleſen. Der. Regen ; Behnupten die Ma⸗ 
wichier .söntfteht aus der. Leidenſchaft der Kieberr: te: wa⸗ 
gen nerulich ziu Jagen ,; am Himmel ſey : eine ſchoͤre Junge 
Fran mig ‚eine; ſchonen Juͤnglig —X Be: wies wor. m, 





ı Jr le eine. Bert: un, 


% 5 Der.. Mmothus het, —— ‚win: ſehen, mehrere Weriatie 
neg. Mach den Auguſtin'ſchen Stellen. erſchienen die Licht 
. geſtalten der Sonne theils in maͤnnlicher thells iu weiblicher 


RER 


c. i6. ſagt, eine —— masculorum in feminas 
und Jemtnarum in masculos, oder die Mantdder behaup- 


>. teten nach ben Acta e. Fe: 1l:7.: posizum (in sole) Deum 


virtstes.suns convertere in masculos , ad’ trritandum con- 
eupiacentius dnemonam feminarum, et eosdem.rursus con- 


‚vertere. in feminas, ed irritandum concupiscentias dae- 


j . MOHN masculorum. Nach den Acta disn. Arch, o. 8. 


—8 
I. 


‚if es eine Sichtinngfrau, bie and) wieder die Geftalt eines 


ſchoͤnen Juͤnglings annimmt, um in den Dämonen beider 
Geſchlechter bie Leidenſchaft der Liebe zu weken. Cyrill da⸗ 
gegen ſpricht nur von einer ſchoͤnen Himmelsjungfrau und 


einem Be lebenden: ſchoͤnen Juͤngling, ohne ben leztern als 


Dämon zu bezeichnenz aber gleichwobl kann dieſer Juͤngling 
nur der am Himmel gefeſſelte Archon ſeyn. Die Darſtellung 
Cyrills enthaͤlt noch einen Zug, aus welchem zu ſehen iſt, 


‚wie -Manes dad ganze Naturleben aus dem. Geſichts punct 


ſeines Dualismus auffaßte. Der Geſchlechtstricb der Thiere 
iſt derſelbe Trieb, der die Daͤmonen gegen die ſchoͤnen Licht⸗ 
geſtalten des Himmels entflammt. Kork ı0v ıov xounkav 


3 —R —D zoUg ns gioxgüs endlos xongobs Eysıy 
Cem nogdEvov ao Tov ye0l0x0>) xcꝭ 01a Tov TOU zei 


yo5 xco⸗ navımdös avıoy Enirgegeiw 77 ———— ru Tv 
pöv Yalyam paoi, tor di Erırgigeiw. — Tovıa yeyganıas &v 
"rolg Tüv Mavızalav Blßloıs; Tavıa Aust: Ävepvaıer. 


er verfolge’fie; und aus den Soyweißtropfen, die ihin ent⸗ 
firmen; entſtehe der Regen 9%). " Damit hängt: zufammen, 
daß die Manichaͤer auch Donner und Blitz nicht fir Mile 
Fungen Gottes, fondern "des Dämon hielten 20);: So ſezt 
der Laͤuterungsproceß, dutch welchen das Licht von der 
Materie wieder ausgeſchirben werden ſoll, die ganze Natur 
in Bewegung. Wie Plato die Seele, ‚wenn der Anblick 
der Schbnheit fie ergreift, imd die Empfindungen der Liebe 
in ihr weit; "in-Schwelß nud ungewohnte Hitze, in Unruhe 
und Geiftesverwirrung gerathen bt, fo ‚gleicht. auch der 





9 Con derſelben Vorſiellung fpriät its von Boſtra I, 32. 
um ben, Miderfpruch zu tadeln, In welchen Maned mit ſich 
ſelbſt gerathe, wenn er den Regen für etwas ueberfäffiges 
erfläte: ” Ag oiv &xsivos Tazugüs kavro zu @ös —2 TEN 
% —R& ig —R& roðg ano ns zugnobs , dın —X 
— ——— dy nöyv Havuaksı nal’ Tui zoVs 88 Om 
Beöus megıreioeıg elvas AEyavy al To dgzövrun ın5 ing 
dguzuörtoy' mög Tag TU ayadov dvvduss: nal ovro Ön xap- 
— ——— abrovs elvas Brogızöues zo TagpElx0y al- 
TAY, WE: AVTOG OLSTAL. 


10) Dies liegt in Cyrills Worten in der augefahrten Stelle: 
Boovrã 6 Beos, al navıes Tosuousr, auxslvoı (die Mani⸗ 
chäer) Aluopnuovow aorganıs 6 Yeog, xab Müryzes eis yıv 
inınlivousv, xüxsivor sp Oolgay0y Tas Övopnuous !Eyovgs 
yAnccas. Die übrigen Schriftfteller erwähnen hievon nichts, 
aber von Priscillian, deffen Serte den Manihälsmus im 
Occident weiter verbreitete, fagt Drofius in dem Commo- 
nit. ad August. in Auguft. Werfen T. VIII. ©. 432. (der 
Benedict. Ausg.) : Dicit esse virginem quandam lucem, 
quam Deus volens dare pluviam hominibus, principi 
"'humidorum ostendat , qui, dum eam apprehendere cupit, 
commotus consudet, at pluviam faciat, et destitulus ab 
ea mugitu suo tonitrua concitet. Dies paßt ganz zum ne 
halt des obigen Mpthus. 


— 1 — 
siefenhafte Dämon, in welchern Manes die ganze materielle 
his zum. Wahnſin un Bewegten. Die „Erfeinungen der Nas 
tur, in welchen ſich das in ihrem Junern waltende. Leben 
mit dem wächtigften Eindrucke offenbart, wurden in der al: 
led perfonificirenden Anſicht Mani’s Zuſtaͤnde eines nach 
menſchlicher Weiſe gedachten großen Individuums. Der 
ganze. gaͤhrungsvolle Kampf der im Innern der Natur ein⸗ 
ander entgegenwirkenden Kräfte, welchen Manes auf diefe 
Weiſe ſchildert, foll den mächtigen Drang veranfchaulichen, 
mit welchem die im tiefen Schooße der Erde verfchloffenen 
Kichtelemente ſich emporarbeiten, um and Licht hervorzu⸗ 
dringen. Der Dämon will fidy zwar der fchbnen Kichtgeftalten, 
die fih feinem Anblick darftelen, bemächtigen, aber fein 
Beginnen Tann bier nur vereitelt werben. Die leidenſchaft⸗ 
liche Unruhe und Bewegung, in-die er verfezt wird, wird 
gerade das Mittel, die Bande, die die Seele bei-ihm feft: 
halten, zu. Idfen. Die Hize.der Leidenſchaft, bie ihn durch: 
dringt, wird. zur auflöfenben Wärme. Die. reinften Theile 
der gefangenen MWeltfeele fchweben leicht und flüchtig zum 
Aether empor, umd was noch die ‚Schlafen‘. der‘ unreinen 
Materie an ſich trägt (guod adhuc adversi .generis macu- 
las portat) fällt in dem warmen befruchtenden: Regen, der 
aus dem Schweiße des Archon entfteht, zur Erde nieder, 
und indem diefer in die Erde eindringt, entwikeln fich unter 
feinem Einfluß die gebundenen Lichtkeime, und freben in den 
Gewaͤchſen der Erde zur lichten Oberwelt empor Vgl. Au: 
guft. De mor. Manich, e. 15.: Pars illa divina (das 
membrum Dei malorum substantiae commi:ctum) ex 
omni parte mundi quotidie purgalur et in sua regna 
resumitur, sed haec per terram exhalans et ad coelum 
iendens incurrit in stirpes, quoniam radicibus terrae 
aſſiguntur, atque ita omnes herbas et arbusta: omnia 
' fecundat et vegetat. (&. vben die Lehre von dem Jesus 


— 223 — 
patibilis.) Auf den weitern Fortgang dieſes Ausſcheidungs⸗ 
proceſſes werden wir nachher zuruͤkkommen. 

Beny der Betrachtung ber einzelnen Zuͤge bes Mythus | 
wollen wir zuerſt einen Blid auf die in Sonne und Mond 
erfcheinenden Lichtgeftalten von Juͤnglingen und Sungfrauen 
werfen. Sch weiß nicht, ob hier nicht vielleicht vor. allem . 
fon daran erinnert: werden darf, daß auch nach dem Zens 
daveſta die Lichtgenien im Kampfe mit den Dämonen. bisweis 
len verſchiedene wechfelnde Geftalten annehmen, wie 3. B. 
Zafchter (der Sirius), indem er den Dew Epeofcho befämpft, 
ſich zehen Nächte mit dem Glanzkörper eines Juͤnglings, 
eined Stiers, eines Pferds vereinigte. Zendav. Th. I. 
©. 1. fe Vgl. Über den Fed Behram Zend. Th. U. 
©. 272. f. Wir fehen wenigftens auch hieraus, wie fich 
in der Phantafie des Drientalen die vom Himmel herab 
wirkenden Lichtfräfte zu lebendigen Weſen verfchiebener Art 
geftalteten. . Eine andere ſich mehr annähernde Parallele 
fiheint mir die eigene Vorftellung der Oßener darzubieten, 
mit welcher und Epiphanius Haer. XIX, 4. bekannt macht. 
Elxai, der um die Zeit Trajans in der Secte auftrat (Ep. 
a. 0.9. c.1.), befchrieb Ehriftus als eine coloffale, zwifchen 
Himmel und Erde ftehende, unfichtbare menfchliche Geftalt 
und ebenfo den heiligen Geift, der Chriftus zur Seite, in, 
weiblicher Geftalt, gleich einer Bildfäule fich über die Wok 
fen erhebe, und zwifchen zwei Bergen ſtehe. Vgl. Epiph. 
Haer. XXX, 17. Nach Photius Bibl cod. 114. fand ſich 
in den apofsyphifchen JTegiodor "AnooroAwv, bie einem 
gewißen Lucius zugefchrieben und von den Manichäern (f. 
oben ©. 187.) gebraudyt wurden, unter andern ſeltſamen 
Vorſtellungen auch dieſe: Xoıorov - yayıpaı = ueyıorov, 
üore tiv xogvgrv die E00 Örs ueygıg ovpavov. Man 
dachte fich alfo Chriftus und den heiligen Geift in maͤnnli⸗ 
cher und weiblicher Riefengeftalt, ebenſo zwifchen Himmel 
und Erde fchwebend und diefen ganzen Zwifchenraum gleich: 


— 226 — 


vivas, xat dv ons MAov zal vehımıy Tvals yarkasasy 

Jar vaig phogeis, as ınv dvvanıy Heiav ig vAnc 
anoywoiiovsug xal niolg ToV Heov Napasteunovrag. 
Unter ihrem -Einfluße entfteht .und vergeht alles in diefer 
einem fleten Wechfel unterworfenen Welt, fie find die Vers 
mittler, die dad Sichtbare an das Unfichtbare, das Zeitlis 
che an das Ewige anfnüpfen, in ihnen ruht das Band, 
durch welches allem, was in diefer untern Welt den Keim 
eines höhern Daſeyns in ſich trägt, fein Zufammenhang mit 
der reinen Lichtwelt .gefichert bleibt... Daher ift ihre Haupt⸗ 
wirffanffeir eine reinigende und läuterude, eine zurüffüh- 
‚rende und hinaufleitende. Sie find uͤberhaupt die er⸗ 
habenften Organe, deren fich die Gottheit bedient, um in. 
der Erfcheinungswelt alles nad) ihrem Willen zu. vollens 
den (utitur his tanquum proprüs armis, atque per eas 
suam compiet. voluntatem: beatus pater), der reinfte Ab⸗ 
glanz des. göttlichen Lichtweſens (sciatis, hunc eundem no- 
sirum -bealum patrem- idem hoc esse, quod suae virtu- 
tes), bie. wirkſamſten Kräfte (altissimae virtutes). Bemer⸗ 
kenswerth iſt dabei auch die Beziehung, in welcher fie zu. 
den reinen Elementen Feuer und Waller gefezt finds Das. 
Kleinere der. beiden Lichtfchiffe, der Mond, wird ausdruͤk⸗ 
lich die ravis. vitalium. aguarum genannt. Es wirkt auf 
die feuchte und kalte Natur der Dämonen, wie dad andere, . 
das Schiff ver Sonne, auf. Diejenigen, die feuriger Natur 
find. Bei dem einen fenff fidy der befreite Lichtftoff durch 
Wärme in bie Erde, bei dein andern Durch Kälte (deducitur 
per calores in terram — per frigora).: Das Element der. 
Sonne iſt das reine Feuer, das Element des Mondes das 
veine Waffer, wie Auguftin De haeres. c. 46. fagt: Naves 
(lunam et solem) de substantia Dei pura perhibent fa- 
bricatas, — Naves autem illas, id est, duo coeli lumi- 
. naria, ‘a disiinguunt, ut lunam dicant factam ex 
ugua bona, solem vero ex igne bono. Der Mond wur⸗ 


| 
\ 





N 


- 227 — 


de wegen feines blaffen, der feuchten Nacht angehbrenben 
Lichts im Alterthum häufig in naher Verwandtſchaft mit 
der Natur des Waſſers gedacht. Es war dies fchon eine 
indifche Vorftellung. Im Jadſchur-Veda findet ſich die 
Stelle (f. Majer Brahmaismus Leipz. 1818. ©. 40.): 
„Wie in der Sonne die Lebenswärme, fo wurde im Monde 
hervorgebracht das Lebenswafler (die vitales aquae bei 
Mani in der obigen Stelle), aus ihm die Feuchte, der Res 
gen und die Fruchtbarkeit, und daher ift er der König des 
Pflanzenreichs.“ Wegen feines Einfluffes auf das Pflans 
zenleben, auf Wachsthum und Grüne wird: der Mond 
auch im Zendavefta gepriefen. „Wenn Mondlicht fanft 
erwärmt (wird in dem dem Monde gewidmeten Neäfch Zen⸗ 
dav. Th. IL. ©. 110. gefagt), wachfen Bäume mit Golds 
frucht, und Grüne breitet fich über die Erde mir Mannigs 
faltigfeit. Mit dem Monde, fen er jung oder vollendet, zei⸗ 
gen fich alle Zeugungen. Er ift der Schdpfer des Grünen, 
des Meberfluffes, der Gefundheit, macht licht den Weg’ 
zur Hervorbringung lebendiger Wefen‘ 11). Zugleich wird 
ihm im Sinne Mani's eine reinigende Kraft zugefchrieben. 
Als der Urftier ftarb, und feinen Samen auf die Erde fals 
len ließ, übergaben ihn Izeds des Himmels dem Monde, 
der ihn bewahrte und reinigte, Zendav. Th. HI. ©. 72. 
In vielen Stellen der Zendfchriften wird der Mond deswe⸗ 
gen der Beſchuͤzer bes Stierfamend genannt. Nehmen wir 
nnn hier noch hinzu, daß auch die reine heilige Luft in 
dem heiligen @eift, in welchem fie perfonificirt wurde, 
in dem Manichäifchen Spftem ihre befondere Bedeutung 
erhielt, fo werden wix hier fehr beftimmt an die hohe Vers 
ehrung erinnert, die ſchon die alten Perfer den reinen Ele- 





11) Bgl. Plut. De Is. et Os.c. 41.:T79 osAıyıv Yorıuov To pas xad 
d/g0n1010v &yovony suusyn za yovals Lucy za purav sivoı Bla 
ornotos. In der Sonne walte dagegen die Kraft des Feuers. 

| 15.. 


— 116 — 

vévu, zal dv avro MAıov zul oem Tals yavkoscıy 
dal taig pdopeis, as vv Övvanıw Heiav rag VAng 
anoywoiLoveus :xul note Tov Hebv napaniunovrag. 
Unter ihrem -Einfluße entſteht und vergeht alles in biefer 
einem fteten Wechfel unterworfenen Welt, fie find die Vers 
mittler, die das Sichtbare an das Unfichtbare, das Zeitli= 
che an das Ewige anknüpfen, in ihnen ruht das Band, 
durch welches allem, was in dieſer untern Welt den Keim 
eined hoͤhern Daſeyns in ſich trägt, fein Zufainmenhang mit 
der reinen Lichtwelt ‚gefichert bleibt..: Daher ift ihre Haupt: 
wirkſanikeit eine reinigende und laͤuternde, eine zurüffüh- 
rende und hinaufleitende. Sie find ‚überhaupt. die er⸗ 
habenften Organe, deren ſich die Gottheit bedient, um in- 
der Erfcheinungswelt alles nach ihrem Willen zu. vollen: 
den (ufitur his tanguam preprüs armis, atque per eas 
suam compiet. voluntatem: beatus pater), der reinſte Ab⸗ 
glanz des göttlichen Lichtweſens (sciatis, hunc 'eundem no- 
sirum boatum patrem-idem hoc esse, quod suae virtu- 
tes), bie wirkfamften Kräfte (altissimae virtutes). Bemer⸗ 
kenswerth iſt dabei auch die Beziehung, in welcher fie zu. 
den reinen Elementen Feuer und Wafler gefezt finds Das 
Kleinere der. beiden Lichtichiffe, der Mond, wird ausdruͤk⸗ 
lic) die navis vitalium aguarum genannt. Es wirft auf 
die feuchte und Ealte Natur der Dämonen, wie Das andere, 
Das Schiff der Sonne, auf. diejenigen, die feuriger Natur 
find. Bei dem einen ſenkt fid) der befreite Lichtftoff durch 
Wärme in die Erde, bei dem andern durch Kälte (deducitur 
per calores in terram -—- per frigora).: Das Element ber... 
Sonne iſt das reine Feuer, das Element des Mondes das 
reine Waffer, wie Auguſtin De haeres.. c. 46. fagt: Naves 
(lunam et solem) de substantia Dei pura perhibent fa- 
bricatas, — Naves autem illas, id est, duo .coeli lumi- 
naria, ‘ta distinguunt, ut lunam_ dicant factam ex 
aqua bona, solem vero ex igne bono. Der Mond wurs 


N 


— 2— 27: — 


de wegen ſeines blaſſen, der feuchten Nacht angehdrenden 
Lichts im Alterthum haͤufig in naher Verwandtſchaft mit 
der Natur des Waſſers gedacht. Es war dies ſchon eine 
indiſche Vorſtellung. Im Jadſchur-Veda findet ſich die 
Stelle (ſ. Majer Brahmaismus Leipz. 1818. S. 40.): 
„Wie in der Sonne die Lebenswaͤrme, ſo wurde im Monde 
hervorgebracht das Lebenswaſſer (die vitales aquae bei 
Mani in ber obigen Stelle), aus ihm die Feuchte, der Res 
gen und die Fruchtbarkeit, und daher ift er der König des 
Pflanzenreichs.“ Wegen feines Einfluffes auf bad Plans 
zenleben, auf Wachsthum und Grüne wird: der Mond 
auch im Zendavefta gepriefen. „Wenn Monplicht fanft 
erwärmt (wird in dem dem Monde gewidmeten Neäfch Zen⸗ 
dav. Th. IL ©. 110. gefagt), wachſen Bäume mit Golds 
frucht, und Grüne breitet fich über die Erde mir Mannigs 


faltigkeit. Mit dem Monde, ſey er jung oder vollendet, zeis - - 


gen fich alle Zeugungen. Er ift ver Schdpfer des Grünen, 
des Ueberfluffes, der Gefundheit, macht licht den Meg’ 
zur Hervorbringung lebendiger Weſen“ 12). Zugleich wird 
ihm im Sinne Mani's eine reinigende Kraft zugefchrieben. 
ALS der Urftier farb, und feinen Samen auf die Erde fals - 
len ließ, übergaben ihn Izeds des Himmels dem Monde, 
der ihn bewahrte und reinigte, Zendav. Th. HI. ©. 72. 
In vielen Stellen der Zendfchriften wird ber Mond deswe⸗ 
gen der Beſchuͤzer des Stierfamend genannt. Nehmen wir 
nnn bier noch hinzu, daß auch die reine heilige Luft in 
dem heiligen @eift, in welchem fie perfonificirt wurde, 
in dem Manichäifchen Syſtem ihre befondere Bedeutung 
erhielt, fo werden wir hier fehr beftimmt an bie hohe Vers 
ehrung erinnert, die ſchon die alten Perfer den reinen Ele- 





11) Bgl. Plut. De Is. et Os.c. 41. ;T79 oeAıynv Yorıuov To ps xad 

dyg0n1010v &yovoay evusvn xal yovais bo» zei puroy eivaı Pla | 

010801. In der Sonne walte dagegen die Kraft des Feuers. 
| | 15.. | 


u 24 > — 


ſam phoſiſch ausfuͤllend, wie die von‘ Sonne und Mond 
herabwirfenven , theils männlichen theils weiblichen, Mani⸗ 
chaͤiſchen Lichtgeftalten denfelden Raum mit ihrer Anzies 
hungskraft durchdringen ſollten. Es fteht hier noch eine maͤnn⸗ 
liche Geſtalt neben einer weiblichen, es. tritt aber auch die 
weibliche fo hervor, Daß die männliche entweder ganz zuruͤktritt, 
oder nur ald Modification ber weiblichen erfcheint. In ven 
Acten der Difp. des Arch. c. 8 iſt es eine ſchoͤne, wohl, 
geſchmuͤkte Jungfrau (nagFEvog tig vpeie zexoounusvn), 
welche suudavn navv ovAiiw ruyepsi.toug @oyovras, Toüg 
'& io Oregeanaerı Und roũ Lüvrog mveuuarog dvevey- 
vexras zal Oravgundevrag » Yawvouevn ÖE Toig &gpgeoı 
ImAsıa evuopgyos, Teig Ö2 Önksinıg verving veäng zb 
dnıdvuntos. Diefe napdevog ift ohne Zweifel nicht ver: 
fhieden von ber napd&vog Tod garog, die c 11. etz 
wähnt wird, und von der agoevırn nagdEvog, welche die 
Manichder nach Theodoret Fab. haer. I, 26. und nad 
den Anathematismen bei Cotelier (Patr. Ap. I. ©. 543.) 
eine Tochter des Lichts, oder auch Joel, nannten, und 
don welcher fie fagten, daß fie der Eva Leben und Licht 
'mitgetheilt habe. Was Thilo Acta Thom. &. 150. gegen 
die Identitaͤt einwendet, fcheint mir von feiner Bedeu⸗ 
tung zu feyn, darin aber. ſtimme ich Thilo ganz bei, daß 
diefe Lichtjungfrau die größte Aehnlichkeit mit der Acha⸗ 
morh der Gnoftifer hat, weswegen bei Epiphanius Haer. 
LXV, 9. die Manichaͤiſche Lichtjungfrau geradezu 7 vopie 
n GvaFev Tov ayaFov Heov genannt und von diefer das⸗ 
felbe prädieirt wird, was die Acta jener beilegen: " Egaaxe 
ö2 mal (ö Mavns) ori 9 dogien kvwsev Tov Aya- 
Hov Heov ABovAsvousvn Tv wurnv tiv Ev. anacı dia- 
 xudslocv (es muß bier, wie Thilo S. 131. richtig bemerkt, 
ovvadooibsw oder ein Ähnliches Zeitwort fupplirt werden) 
— slvaı yag yyoıw avrög xal ol an avrov Mavıyaioı 
tiv wuynv u£oog Yeov, xal ar avrov anoonaodsicev, 
&v 


— 225 — 


iv aiyuahwoig apyoysay Tug avrıxaulvig apyis Te 
xai Ölöng xaraßefinodas &v To. Goyaaıy. - H nom - 
qnuevn copia TOVg YWoTnpas Tovzoug xaredero 39 
ovpavo, mAıov ve zul aeAnvnv xal 6 Garen, ungavım Tav-. 
znv Zoyavausvn dia rev Öwdexa aroıysiwv. Die Haupt⸗ 

ſtelle aber, aus welcdyer wir die Lichtjungfrau näher fennen 
lernen, findet fich in den apofrpphifchen Acta Thomae,. 
die viel Manichäifches enthalten, und unter die von dem. 
Manichäern befonderd gebrauchten Schriften gehörten 
(Thilo ©. 81. 122. f.). Hier wird (a 6. ©. 13.) die 
x00n Tov gwrög wegen ihrer himmlifch ſchoͤnen Geftalt 
gepriefen. Ihre beiden Hände weifen aufiben Chor .der felis 
gen Aeonen bin, ihre Finger auf die Thore der Stabt (das 
himmlifche Zerufalem). Es umgeben fie die Freunde des 
Bräutigams (des Erldfers), an der Zahl fieben, die fie ſich 
felbft erwählt "hat, und ihre Brautgefpielinnen find fieben, die 
vor ihr tanzen, zwoͤlf aber find an der Zahl, ‚die vor ihr 
dienen, den Blik auf den Bräutigam gerichtet, bamit fie 
durch feinen Anblif erleuchtet werden und: mit ihm am 
Hochzeitmale Theil nehmen. Man vgl. hierüber die Bes. 
merfungen Thilo's S. 135 f. - Da ic) fpäter noch einmal 
auf dieſe Lichtiungfrau zuräffommen werde, fo feze ich bier 
blos noch hinzu, daß fie mir im Allgemeinen die Vorſtehe⸗ 
rin und Regentin der geſchaffenen ſichtbaren Welt zu ſeyn 
ſcheint, und dieſe ſelbſt nach verſchiedenen Beziehungen i in ſich 
repraͤſentirt. 

So erſcheinen uns auch hier Sonne und Mond mit den 
Lichtgeſtalten, in welchen ſie ſich darſtellen, als die Vorſte⸗ 
her und Regenten dieſer ſichtbaren Weltordnung, ganz der 
Wuͤrde gemaͤs, die man dieſen glaͤnzendſten und einflußreich⸗ 
ſten, bald der obern bald der untern Welt zugewandten 
Lichtweſen in der alten Religion uͤberall einzuraͤumen pfleg⸗ 
te. Im dieſer Beziehung ſagt Alexander von Lycopolis, um 
ihren Wirfungsfreis zu bezeichnen c. 3: ròu x00uo» zsyo- 

. Baur’d Mani. RI. Syſt. 415 


— 165 — 
vtvœs, nal ev avro nAoy xal velrynv Talk yayloaoıy 
dar raig pheopeis, ası ınv Svvanıy Heiav zung Ving 
anoywoisoveug :»ul otg Tov Üebv napenlunovrag. 
Unter ihrem -Einfluße entfteht und vergeht alles in biefer 
einem fteten Wechfel unterworfenen Welt, fie find die Vers 
mittler, die das Sichtbare an das Unſichtbare, das Zeitli⸗ 
che an das Ewige anknüpfen, in ihnen ruht das Band, 
durch welches allem, "was im diefer untern Welt den Keim 
eines hoͤhern Daſeyns in fich trägt, fein Zufainmenhang mit 
der reinen Lichtwelt ‚gefichert bleibt... Daher ift ihre Haupt: 
wirffanffeit eine veinigende unb läuternde, eine zuruͤkfuͤh⸗ 
rende und hinaufleitende. Sie find ‚überhaupt. Die er⸗ 
habenſten Organe, deren fich die Gottheit bedient, um in. 
der ‚Erfcheinungswelt alles nach ihrem Willen zu. vollen= 
den (utitur his tanguam proprüs armis, atque.per eas 
suam compiet. voluntatem: beatus pater), der reinfte Ab⸗ 
glanz des göttlichen Lichtweſens (sciatis, hunc eundem no- 
strum beaium patrem-idem hoc esse, guod suae virtu- 
tes), die wirkfamften Kräfte (altissimae virtutes). Bemer⸗ 
kenswerth iſt dabei auch die Beziehung, in welcher fie zu. 
den reinen Elementen Feuer und Waſſer gefezt find Das 
Kleinere der. beiden Lichtfchiffe, der Mond, wird ausdruͤk⸗ 
lich die navis vitalium. aquarum genannt. Es wirft auf 
die feuchte und Ealte Natur der Dämonen, wie das andere, . 
das Schiff der Sonne, auf diejenigen, die feuriger Natur 
find. Bei dem einen fenff fich der befreite Lichtftoff durch 
Wärme in die Erde, bei dem andern durch Kaͤlte (dedncitur 
per calores in. terram - per frigora).: Das Element der... 
Sonne iſt das reine Feuer, das Element des Mondes das 
reine Waffer, wie Auguftin De haeres.. c. 46. fagt: Naves 
(lunam et solem) de substantia Dei pura perhibent fa- 
bricalas. — Naves autem ullas, id est, duo .coeli lumi- 
naria, ‘ia disiinguunt, ut lunam dicant factam ex 
uqua bona, solem vero ex igne bono. Der Mond wur⸗ 


- 227 — 


de wegen feines blaffen, der feuchten Nacht angehdrenden 
Lichts im Alterthum haͤufig in naher Verwandtſchaft mit 
der Natur des Waſſers gedacht. Es war dies ſchon eine 
indiſche Vorſtellung. Im Jadſchur-Veda findet ſich die 
Stelle (ſ. Majer Brahmaismus Leipz. 1818. S. 40.): 
„Wie in der Sonne die Lebenswaͤrme, ſo wurde im Monde 
hervorgebracht das Lebenswaſſer (die vitales aquae bei 
Mani in der obigen Stelle), aus ihm bie Feuchte, der Res 
gen und die Fruchtbarkeit, und daher ift er der König des 
Pflanzenreichs.“ Wegen feines Einfluffes auf das Pflan⸗ 
zenleben, auf Wachsthum und Grüne wird: der Mond 
auch im Zendaveſta gepriefen. „Wenn Mondlicht fanft 
erwärmt (wird in bem bem Monde gewidmeten Neaͤſch Zen⸗ 
dav. Th. IL ©. 110. gefagt), wachen Bäume mit Gold⸗ 
frucht, und Grüne breitet fich über die Erde mir Mannigs 

faltigfeit. Mit dem Monde, fey er jung oder vollendet, zei⸗ 
gen fich alle Zeugungen. Er ift der Schdpfer des’ Grünen, 
des Weberfluffes, der Gefundheit, macht licht den Weg’ 
zur Hervorbringung lebendiger Wefen‘ 11). Zugleich wird 
ihm im Sinne Mani's eine reinigende Kraft zugefchrieben. 
ALS der Urftier ftarb, und feinen Samen auf die Erve fals - 
len ließ, übergaben ihn Izeds des Himmeld dem Monde, 
der ihn bewahrte und reinigte, Zendav. Th. HI. ©. 72, 
In vielen Stellen der Zendfchriften wird ber Mond destbes 
gen der Befchlizer des GStierfamens genannt. Nehmen wir 
ann bier noch hinzu, daß auch die reine heilige Luft in 
dem heiligen Geift, im welchem fie perfonificirt wurde, 
in dem Manichäifchen Syſtem ihre befondere Bedeutung 
erhielt, fo werden wix hier fehr beftimmt an die hohe Ver: 
ehrung erinnert, die fchon die alten Perfer den reinen Ele⸗ 





11) Bst. Plut. De Is. et Os.c. 41.: 179 aeAıjyıv Yorıuov 10 pagxal 
byg0n010» Eyovaay elusyn au yovais [mv zul purav eivaı Blo- 
0m9801. In der Sonne walte dagegen bie Kraft des Feuers. 

| 15.. 


— 238 — — 


menten der Natur erwieſen. In den Elementen, dem gu⸗ 
ten oder reinen Feuer, dem reinen Waſſer, der reinen Luft, 
ftelit fi) das Naturleben von feiner geifligften Seite dar, 
im ihnen-fpiegelt ſich die Lichtnatur der Gottheit in ihrem 
Bilde ab, fie find das immateriellfte Subftrat bes alles durch⸗ 
dringenden und belebenden göttlichen Geiftes. Bon ihnen:ers 
wartete man, wie fo viele an fie gerichteten Gebete und Hym⸗ 
nen der indifchen und perfifchen Religionsfchriften bezeugen, 
in den alten Religionen alle Förderung des phyſiſchen und gei= 
fligen Lebens, alle Kraft, die den Menfchen höher hob, und ihn 
im Bewußtfepn feiner.überfinnlichen Natur der Gottheit näher 
brachte. In diefem Sinne waren fie daher auch dem Mas 
ned, wenn er in Sonne und Mond, die zufammen die zwei⸗ 
te Perfon der Manichäifchen Trinität ausmachten, oder in 
Chriftus, das Heuer und das Wafler, und in dem heiligen 
Geiſte, der dritten Perfon, die Luft perfonificirte,- und diefe 
‚ beiden göttlichen Perfonen als die unmittelbarftien Organe 
und Repräfentanten des im reinften Lichte thronenden Va⸗ 
ters des Lichtes betrachtete, die Lichtkräfte, durch deren Wirk⸗ 
ſamkeit alled in der Materie gefangen gehaltene geiftige 
Leben zum Lichtreich wieder zuräfgebracht werden foll- 
te. Es liegt demnach aud) hier die Anficht zu Grunde, die 
Servius ad Virg. Georg. 11,388. mit Beziehung auf die 
in den alten Myſterien gebräuchlichen Reinigungsarten in 
den Worten ausdrüft: Omnis purgatio per aquas, aut 
per ignem fit, aut per aerem. 

Nehmen wir endlich auch noch darauf Rüfficht, daß 
Sonne und Mond ald Kichtfchiffe, als lucidae naves, vor⸗ 
geftellt wurben, fo läßt ſich auch hier nicht verfennen, wie 
fih im Manichdismus der Character der alterthiimlichen 
Anfchauungsweife ausdräft. Götter wurden häufig in 
Schiffen fahrend vorgeftelt, namentlich in Aegypten 12). 


12) Plutarch De Is. et Os. c. 84.: Hlıov zo oem olx 
. &guacıy, dLMG woloıg özijuacs zpausrous nepınleiv. Vgl. c. 41. 


0 — 


Es gab Fefte, bei welchen ein heiliges Schiff (von einem 
navigium auratum im Gultus des thebaifchen Zeus Amıs - 
mon fpridht Curtius IV, 7.) mit dem Gbtterbilde von Pries 
ftern getragen wurde. Ein Lichtfchiff, an Das hier erins 
nert werben darf, war aud) das berühmte, Die Erbe umkrei⸗ 
fende Argofchiff der Griechen, fhon dem Namen nad). Die 
Argo war die Reuchtende, ein Symbol.des durch das Dunkel 
der Welt, durch alle das Menfchenleben ringsumher bebros 
henben Gefahren mit goͤttlicher Kraft hindurchleitenden 
Lichtprincips. In welcher Bedeutung wir jedochdie Maniz 
chaͤiſchen Kichtfchiffe zu nehmen haben, erflärt ung Manes 
felbft am beften in den Worten der oben angefihrten Stels 
le, in weldyen er fagt, daß die penitus ablatae animae 
adscendunt ‘ad luctdas naves, quae sibi ad evectalio- 
nem atque ad suae patriae transfreiationem sunt prae- 
paratae. Die Beftimmung alfo, die Sonne und Mond 
nath der Anfiht Mani's haben, die gereinigten Seelen in 
das LKichtreich hinuͤber zu führen, dies war ed, was die 
Beranlaffung gab, fie ald Kichtfchiffe darzuftellen *3). Sind 
fie aber Schiffe, fo mußte auch die Welt, aus welcher fie 





13) Ueber die Sonne hatten bie Manichder nach Auguſtin Con- 
tra Faust. XX, 6. noch die eigene Vorftellung: vos ewm 
(solem) triangulum perhibetis, id est, per quandam tri- 
angulam coeli fenestram lucem istam mundo \terrisgue 
radiare. — Nescio, quam navim per foramen triangu- 
lum micantem atque lucentem — adoretis. Worauf fi 
dies bezieht, iſt mir nicht bekannt. Auch Mosheim's Erin- 
nerung an den Mithras romiaoıos der Perfer (S. 781.) macht 
die Sache nicht deutliher. Da die Manichder überhaupt 
fovtel Aftronomifhes In ihre Syftem aufnahmen, (libri eorum 
pleni sunt, fagt Auguſtin Confess. V,7. , longissimis fabu- 
lis de coelo et sideribus, et sole et luna, fo dürfen wir 
und nicht wundern, baf und manches nur fehr fragmentarifch 
befannt iſt. 


— 230 — 
die Seelen hinuͤberfuͤhren ſollen, als ein Ocean gedacht 
werden, auf welchem die in der Fahrt durch das Leben bes 
griffenen Seelen unftet umherirren, bis fie durch die rets 
tenden Schiffe an die glüflichen Ufer des ewigen Lichts 
reich8 gebracht werden, in das Vaterland, in das fie, 
wie durch Stuͤrme verfchlagen, nach langer Irrfahrt zuruͤk⸗ 
fommen, wie Maned durch den Ausdruk patriae trans- 
‚fretatio andeutet, Es iſt auch dies eine Acht alterthuͤm⸗ 
liche Vorftellung, die nach meiner -Weberzeugung mehreren 
alten Sagen, namentlich auch der biblifchen Tradition von 
der zerfidrenden Sündfluth und ber rettenden Arche, zu Grun⸗ 
de liegt. Insbeſondere finder fich diefe Vorftellung in ei⸗ 
nem orientalifchen Neligionsfoftem , mit welchem der Mas 
nichaͤismus, wie wir fpäter noch fehen werden, eine auf: 
fallende Verwandtichaft zeigt. Bei den Buddhaiften ift es, 
wie Schmidt in den Forfchungen im Gebiete der ältern rel. 
‚pol. und lit. VBildungdgefchichte der Voͤlker Mittelafiens 
Petersb. 1824. ©. 182. bemerkt, fehr gewöhnlich, die dem 
beftändigen Wechfel, dem Ortfchilang, unterworfene Welt 
mit einem flärmifchen, beftändig wogenden Meer zu ver- 
‚gleichen. Wer das Ufer dieſes Ortfchilang- Meeres erreicht 
bat, ift für immer in Sicherheit, weswegen in den buddhai⸗ 
ſtiſchen Büchern alle dahin führenden Mitrel und Mittler 
Hinüberführer genannt werden. Wie ſehr diefe dee 
ſchon feit alter Zeit dem religidfen Geifte des Orients 
fih) empfahl, mögen uns hier noch die Eßener bezeu- 
‘gen, bei welchen wir fie in Verbindung mit einer, Welt 
anficht finden, die mit der Manichäifchen ganz überein: 
flimmt. Nach Joſephus (B. J.II.8, 41.) hatten fie die 
Meinung, daß bie Leiber vergänglich und ihr Stoff nicht 
bleibend ift, daß aber die Seelen unfterblich auf ewig dau⸗ 
ern, und aus dem feinften Aerher hervorgegangen von den 
Leibern gleichſam wie von Zaͤunen umflochten find, da 
fie durch einen natürlichen Trieb von ihnen angezogen wor⸗ 


— al — 


den find, daß fie aber alddann, wenn fie aus den-fleifchlichen 
Banden entlaffen und gleichfam von einer langen Sklaverei 
befreit worden find, ſich freuen und in die Höhe emporgehos 
ben werden. Den Guten nun, fagen fie, indem fie den⸗ 
felben Glauben haben, wie die Griechen, ftehe ein Leben 
jenfeitd ded Meeres bevor, und ein Dit, der weder durch 
Regen und Schnee noch durdy Hize beläftigt werde, wo 
ſtets vom Meere her fanft Eühlender Wind wehe. Nach 
derſelben Meinung, ſezt Joſephus hinzu, feheinen mir die 
Griechen den Eodlen unter ihnen, die fie Herven und 
Halbgötter nennen, die Inſeln der Seligen gugefchrieben 
zu haben. Syn der That fezt die fo verbreitete Sage von 
den 97001 vaxapwv die Idee einer ähnlichen transfreta- 
tio voraus, die bald finnlicher bald idealer gedacht wurde, 
bei den Eßenern aber, die die Seelen nach dem Tode in 
den lichten Aether emporſchweben ließen, die Befreiung 
aus den Banden der Materie ächt manichaͤiſch als das 
2008 des Seligen betrachteten, nur eine bildliche Bedeutung 
gehabt haben kann 1%), Auch im chriftlichen Alterthum 
bediente man fid) diefer bildlichen Vergleihung gerne. Ge 
vergleiht, um nur dieſes Beifpiel "hier anzuführen, 
Pfeudoclemend in dem den KHomilien voranftehenden . 
Briefe des Clemens an Sacobus c. 14. die chriftliche Kir⸗ 
che mit einem großen. Schiffe, das durch einen gewaltis 
gen Sturm Männer aus allen Orten fährt, die alle in der 
Einer Stadt ded guten Königreihs wohnen wollen. Ihr 
Herr ift Gott, ihr Steuermann Chriftus, das Schiffsvolk 
die Gemeinde der Brüder, dad Meer die Welt, die Stür- 
me find die Verfuchungen, die brandenden Sluthen die Verfol⸗ 
gungen und Gefahren. Die Schiffenden haben alle le Noth 
14) In demſelben Sinne nannten die Aegpyptier den Ruheort 


ber bei Oſiris Beſtatteten OgKos ayadar Plut. De Is, et 
Ös. c. 20» Z 





gu erwarten, ba fie ein großes und ſtuͤrmiſches Meer durch⸗ 
ſchwimmen muͤſſen, die Welt. Uber durch Gebet und Eis . 
nigfeit gelingt ed ihnen, in ben Hafen ber Ruhe einzulaus 
fen, wo die Friedensſtadt eines großen Konigs iſt. — Dar 
ber die befannte, fo vielfach gebrauchte Vergleichung der 
chriſtlichen Kirche mit der Arche der Fluth. 

Wir haben biöher den Manichäifchen Läuterungspros 
ceß nur nach feiner allgemeinften Seite betrachtet, nach 
den beiden aͤußerſten Puncten, zwifchen welche bie ganze 
Bewegung fällt. Sie geht aus von Sonne und Mond, 
‚und erfireft fich auf die dußerften Puncte der materiellen 
Welt, wo noch Licht und Materie mit einander gemifcht 
find. Indem diefer ganze Zwifchenraum von ber göttlichen 

- Anziehungskraft, mit welcher Sonne und Mond auf alle . 
durch ‚die ganze materielle Welt zerftreuten Fichtelemente 
einwirken, burchdrungen wird, erfolgt eine allgemeine durch 
das ganze Naturleben hindurchgehende Bewegung, durch 
welche alle Theile der Weltfeele fich in die Höhe heben, und 
fi) aus den Banden, die fie in der dunkeln Tiefe feft: 

ı halten, and Licht emporarbeiten, bis fie endlich als geläus 
gerte, von allem Schmuze ber Materie reingewafchene Sees 

len (als ablutae animae) die Lichtſchiffe befteigen,, die be⸗ 
reit ftehen, fie an die Ufer des Heimathlandes hinuͤberzu⸗ 
führen. Die auf biefe Weife alles Göttliche, dem Lichte 
Berwandte, aus der materiellen Welt an fich ziehende, und 
in Einen Vereinigungspuncet fammelnde Kraft wirkt von 
der Sonne und dem. Monde aus, es ift aber derfelbe Chri⸗ 
ſtus, der in diefen beiden Geftalten für den Zwek der Er: 
ldſung thätig if. Wie die alte Religion die Sonne als 
männliche, den Mond als weibliche Gottheit vorziftellen 
pflegte, wie einzelne chriftliche Secten dem männlichen Ehri= 
ftus den heiligen’ Geift ald weibliches Wefen zur Rede ftel- 
len (f. oben S. 223.) fo nimmt aud) der Manichaͤiſche Chris 
ſtus in der Sonne gleichfam einen männlichen, in dem. 


— 23 — 


Monde einen weiblichen Character an. Christum esse, 
fagt Fauftus bei Auguftin Contra Faust, XX.2., Dei vir- 
futem et sapientiam : virtutem quidem ejus in sole ha- 
bitare credimus,. sapientiam vero in luna, Es ift ders 
felbe Unterfchieb, wie zwifchen bem göttlichen Logos und 
der göttlichen Sophia, fofern bei diefen beiden Begriffen 
auch fon die Verſchiedenheit der grammatiſchen Wortform 
dem Begriffe ſelbſt eine gewiſſe Modification gibt 73). 
"Sollte aber der Manichäifche Chriftus im Manichdi: 
fhen Syſtem diefelbe Bedeutung haben, die Chriftus im 
Chriſtenthum hat, fo mußte der eigentliche Gegenftand und 
Mittelpunct feiner Wirkfamfeit und Sendung der Menfch 
feyn. Die Manichäifche Lehre behauptet daher, wie bie 
hriftliche, daß der Menſch nur durch Chriftus erlöst, mit 
Gott geeinigt und zum göttlichen Reich zurifgeführt wer⸗ 
den kann. Nur der Ankunft bed Erlöferd verdankt der 
Menſch, fagt der Manichäer Fortunatus Disp. II., kanc 
scientiam rerum, quâ possit änima, ac si divino fonte 
lota de sordibus et vitiis tam mundi guam corporis, 
in quibus eadem anima versatur, regno Dei, unde 
progressa est, repraesentari. Derfelbe fagt Disp. 1.: 
Et nostra professio ipsa est, quod incorruptibilis sit 
Deus, quod lucidus, — quod nihil ex sese corruptibile 
proferaf, nec tenehras, nec daemones, nec satanam, 
nec aliguid adversum in regno ejus reperiri possit. 
Sul aulem similem salvatorem direzisse, verbum na. 
ium a constitulione mundi, cum mundum fabricaret, 
post mundi fabricam inter homines venisse, dignas si- 





15) Ziemlich analog fagt Plutarch unmittelbar nach den S. 227. 
angeführten Worten: Aoyov E coros Eoıxe xl voplas Tu vis 

 aehnvns, 7% Ö8 Adlon nayyoıs uno las al vous Trsguıvo- 
pero. Die Sonne wirkt mit männlicher Kraft und Stärke, 
der Mond mit fanfterem verborgenem Einfluß. 


bi animas elegisse sanctac sune voluntati, mandatis 
suis coelestibus sanctificatas, fide ac ratione imbutas 
coelestium rerum: ipso ductore hinc iterum easdem ani- 
mus ad. regnum. Dei reversuras esse, secundum san- , 
ctam ipsius pollicitationem, qui dizit: ego sum vila, 
veritas et janua, el: nemo polest ad patrem perveni- 
re, nisi per me. His rebus nos credimus, quia aliae 


: sunt animae, id est, alio modo ante non poterunt ad 


regnum Dei reverti, nisi ipsum repererint veritatem, 
viam et januam. Ipse enim dixit: qui me vidit, vidit 
et patrem meum, et: qui in me crediderit, mortem non 
gustabit in aelternum, sed transitum faciet de morte 


: ad vitam et in judicium non veniet. His rebus credi- 


mus et haec est ratio fidei nostrae, et pro viribus ani- 


: mi nostri mandatis ejus obtemperare, unam fidem 


seciantes hujus trinitalis, patris et filii et spiritus san- 
cti. So chriſtlich alles dieß lautet, fo ift Doch hier der Punct, 
wo ſich der Manichäismus vom Chriftenthum aufs ent⸗ 
fhiedenfte trennt, und jo genau er fich fonft an chriftliche 
Wegriffe und Ausdräfen anzufchließen fucht, fo wenig fcheut 
er fi) hier, die große Divergenz hervortreten zu laffen, 
indem er von einer menfchlichen Geburt und Erfcheinung 
des Erlöfers nichts willen will. Gekommen fey zwar allers 
dings Chriftus, behauptet die Manichäifche Lehre, und 
aus dem Schooße des Vaters herabgeftiegen, daß er aber 
von einem Weibe geboren worden, fey auf Feine Weife zu 
glauben. Absit, laſſen die Acta disp. Arch. c. 47. den 
Manes felbft fagen, ut Dominum nostrum Jesum Chri- 
stum per naturalia pudenda mulieris descendisse confi- 
iear, ipse enim testimonium dat, guia de sinibus patris 
descendit 1°). — Sunt innumera testimonia hujusce- 


10) Nur de coelo, ex Deo follte Chriſtus gekommen ſeyn, 
wie 3 B. Fortunatus fagt Disp. L: Saluatorem Christum 


. modi, quae indicant, eum.venisse, el non natum esse. 
Es iſt dieß. der Manichaͤiſche Doketismus, welcher, wie 
wir an einem andern Orte noch weiter ſehen werden, die 
ganze hiſtoriſche Realitaͤt der Erſcheinung Chriſti aufhob. 
Hier beſchraͤnken wir uns blos auf die Frage, was der Ma⸗ 


nichaͤismus Poſitives an die Stelle ſezte, oder, was er unter 


der Sendung und Ankunft Chriſti auf der Erde verſtanden 
habe, wenn doch Chriſtus nicht wirklich als Menſch gebo⸗ 
“ren ſeyn ſollte? Darauf iſt jedoch ſchwer zu antworten: 
wir find über diefen Theil der Manichäifchen Lehre nur 
fehr wenig unterrichtet, indem uns die Polemik gegen die 
Manichder zwar ausführlich meldet, was fie in der chrifts 
lichen Lehre von Chriſtus verworfen, was fie aber felbft 
geglaubt haben, mit Stillfchweigen übergeht. Unter den 
Stellen, die einige Auskunft hierüber zu geben fcheinen, moͤch⸗ 
te folgende beachtet zu werden verdienen: Mihi pium 
videtur dicere, fagt Manes in den Acten c. 80. zu feinem 
Gegner Archelaud, quod nihil eguerit filius Dei in eo, 
quod, adventus ejus procuratur ad terras, neque opus 
habuerit columba, neque baptısmate, negue malre, ne- 
que fratribus, fortassse neque patre, gui ei secundum 
te fuit Joseph; sed totus ille ipse descendens, semet ip- 
sum, in quocumque voluit, transformavit in hominem, 
eo paclo, quo Paulus dicit, quia habitu repertus est ut 
homo. Cujus igitur rei indıguerit is, qui semet ipsum in 
omnia transformarit, ostende. Quando enim voluit, hunc 
hominem rursum transformavit in speciem solis ac vul- 
tum. Es ift erit fehr natürlich, bei diefer Stelle an die 
menfchlichen Geftalten zu denken, in welchen Chriftus nad) 
dem Obigen in Sonne und Mond erfcheint. Wie durch diefe 
Geftalten in den Dämonen die Begierde des Lichts gewekt 





decredimus de coelo venisse, Fauſtus XXIII, 2. : Vestrum est, 
Maria accipere filium Dei, nostrum ex Deo. 


= 


— 


- — 236 — 


wird, um dadurch die Zweke zu realiſiren, fuͤr welche Chri⸗ 
ſtus als Erldſer thaͤtig ſeyn ſoll, ſo laͤßt ſich Chriſtus von 


Zeit zu Zeit in menſchlicher Geſtalt in die Menſchenwelt 


herab, um den Menſchen ein ſichtbares Bild ſeines We⸗ 
ſens vor Augen zu ſtellen, und wenn er den von ihm be⸗ 
zwekten Eindruk auf ſie gemacht, das Bewußtſeyn der Licht⸗ 
natur in ihnen wieder erwekt hat, kehrt er zur Sonne zu⸗ 
ruͤk, und wandelt ſich wieder in die Geſtalt der Sonne um. 
So leuchtete ja auch fchon bei ber Schöpfung des Mens 
{chen eine Menfchengeftalt aus der Sonne herab. Sie war 
damald dad Bild, nach welchem der Menſch gefchaffen 
wurde, aber ed fcheint nun nur ein analoges Verhaͤltniß zu 
feyn, wenn daffelbe aufd neue fichtbar wird, um dem 
Menfchen das Urbild feines Wefens, die ideale Geftalt, 
nad) welcher er urfprünglich gebildet worden ift, vor die 
Seele treten zu laffen. Mit einem materiellen, aus Fleifch 
und Blut beftehenden Leib Eonnte ſich zwar Chriftus nicht 
verbinden, daß er aber mit der finnlichen Scheinform eines 
menfchlichen Leibes, einer leichten, ihn befchattenden Hülle 
fih) umgab *7), iſt eine Vorflelung, die Manes aus den 





17) Od yagp ovolag Yyaro onpxös, (fagt Manes felbft In der 
Epist. ad Zebenam Fabric. Bibl, gr. T. VII. ©, 315.) 
| FAR Öuowmuarzı za) oxnuarı ouoxòöc —RX Daher ver⸗ 
gleicht, was zur Erläuterung dienen kann, Fauſtus XXIX, 1. 
bie Erſcheinung Chriftt mit Engelserfheinungen: IZZud qui- 
dem, quod saepe affirmare soletis, necessario eum esse 
natum, quod alias hominibus videri aut loqui non pos- 
set, ridiculum est, cum multoties, ut jam probatum a 
nosiris est, angeli et visi hominibus et locuti esse mon- 
sirentur. Am nächften fteht dem Mantchäifhen Doketismus 
der Marcionitifhe, aber auch bei diefem iſt ung die pofitive 
Seite beinahe ganz unbefannt. Doc ließ auch der Marcionite 
Apelles Chriſtus In einer gleihen Hülle, wie die Engel, er: 
fheinen. Xertulllan fagt De praescr. haer. c. 51. von 


— 257 — 


ſeinem Syſtem ſo nahe verwandten Religionen des Orients 
aller Wahrſcheinlichkeit nach ſich aneignete. Dabei bleibt 
nun freilich zweifelhaft, ob Manes ſchon nach ſeinem ur⸗ 
ſpruͤnglichen Syſtem eine zu einer beſtimmten Zeit erfolgte, 
auf eigenthuͤmliche Weiſe Epoche machende Manifeſtation 
Chriſti, oder des Sonnengeiſtes, unter den Menſchen an⸗ 
nahm, oder ob er eine ſolche hoͤhere Offenbarung als hiſto⸗ 
riſche Thatſache nur in Folge des beſondern Verhaͤltniſſes, 
in das er ſein Syſtem zum Chriſtenthum ſezte, auch in 
feinem Chriſtus erkannte? Es läßt ſich daruͤber, da Ma⸗ 
nes und noch mehr ſeine Anhaͤnger ſich in ‚manchem am. 
das Chriſtenthum blos accommodirten, nicht mit. Sicher. 
beit entfcheiden, wir mögen aber das Eine oder. dad Ans 
dere ald das wahrfcheinlichere annehmen, fo muͤſſen wir 
doch gewiß, um uns uͤber die Art und Weiſe, wie er ſich 
ſeinen Chriſtus auf die Menſchen einwirkend dachte, eine 
beſtimmtere Vorſtellung bilden zu fhnnen, davon auögehen, 
daß Chriſtus, wie Alerander von Lycopolis c. 4. f. vers 
ſichert, nach der Lehre der Manichaͤer der vovg iſt, womit 
zu verbinden ift, was Fauſtus in der obigen Etelle Augus 
ſtins fagt, Chriftus fey die göttliche Kraft und Weisheit, 
ald Kraft wohne er in der Sonne, ald Weisheit im Mons. 
de. Er ift der Licht und Sonnengeift, der alle. Lichtele⸗ 
mente aus der Materie an ſich zieht, aber er iſt auch der 
Geiſt, der als höheres Princip in dem Menſchen wirkt, 





Apelles: Christum neque in phantasmate dicit fulsse, si= 
cut Marcion, neque in substantia veri corporis, ul eväs- 
gelium docet, sed in eo, quod e superioribus partibus 
descenderet, ipso descensu sideream sibi carnem et ae- 
ream contexuisse, unb De carne Chr. c. 6. beinahe gleich⸗ 
lautend mit Fauſtus Worten: utique proponunt, non esse 
mirandum corpus sine nativilale, cum et apud nos an- 
gelis licuerit nulla uteri opera in carnem processisse. — 
Carnem Christi ad exemplum proponunt angelorum. 


— 2338 — 
und ihm die richtige Erkenntniß alles deſſen gibt, was ihn 
über die materielle Welt erheben kann. Alles, was ber voVc 
als das Höchfte geiftige Princip im Menfcheh wirft, ift auch 
als eine Wirkung Chriſti anzufehen, der auf diefelbe Weife, 
wie außerhalb des Menfchen, in ber ganzen Natur, -fo 


auch im Menfchen felbft die Ausfcheidung bes Lichts aus 


der Materie, die Erldfung ber gefangenen Lichtfeele, den’ 
Sieg des guten Princips über das Boͤſe in immer höherem 
Grade vollbringen wil. Wenn Alerander von Lycopolis 
c. 4. fügt: der Menfch fey ein Bild der göttlichen Kraft, 
Chriſtus aber fey der Geift, und als er einft von oben her⸗ 
ablam, habe er einen fehr großen Theil jener Kraft befreit, 
und zu Gott zurüfgeführt (ayıxousvov more ano Tov 
vu Tonov nAeiorov rn Övvansnz; TaUrng nos TovV 
Heov Askvxever); fo ift hier, was Chriftus in Beziehung 
auf den Menfchen und was er in Beziehung auf die Ratur 
als Erldfer wirft, auf denſelben Ausdruf gebracht. Die 
Befreiung der mit der Materie vermifchten göttlichen Kraft 
iſt hier wie dort der Ziel feiner Thaͤtigkeit. Dafür wirkt. 
er, was den Menfchen betrift, in dem göttlichen Geift, in 
dem vove, ber in ihm dad Bewußtſeyn feiner göttlichen 
Natur und Abkunft lebendig erhält, und ihn ſtets nach oben 
steht, dafür, wenn er in außerordentlichen äußern Erfdyei- 
nungen dad fchlummernde Bewußtſeyn mit mächtigeren 
Eindtuͤken wieder zu erweken fucht 13). 





8) @8 iſt zw bedauren, daß folgende Stelle Aleranders von 
Lyc. c. 24. nicht mehr Licht gewährt: Tor Xousrov ovös yı- 
- vuonovreg, UL Xpioroy aULoy NE000YOoPEVOVLEG, Tn TIEOS TO 
ß oroıysioy ueralnwes Erepov omumıvousvov ayıl ToV xUgimg 
regt avıov Vreimuusvov sroayovres (Inden fie dadurch, daß 
fie. ihn mit dem zweiten Princip, alfo der Materie, zufam- 
mennehmen, eine andere Bedeutung ftatt der eigentlichen . 
einführen) voiw zlval paoıy.-' Ei uiv To 'yrworov za To 


Das Dunkel, das über dem fo eben berährten Puncte 
liegt, läßt auch über einen andern mit bemfelben zufams 








yıyyöoxov za) iv ooplav arroy Alyorzes Suöpune, olzaxg Toig 
00 109 Euximcıav negL avrıov Atyovoı ÖLataTzöusvor ovra Ye 
Glsvorraı ng oUx 799 Asyousıne nalmay ümacay 010- 
oluy Exßullovoy (wie können: fie bie ganze alte Geſchichte, 
die von Chriſtus erzählt wird, verwerfen); Ei ds dmiyam. 
Toy xura was Asyovas xal ray Kuder Ensiowrıoy xaub' 
ovußaıvorsov, oxomnonue. Ob yag Ön Tauıng mgoloıdusvos 
175 Öötns, nıdavoy ualıora Adyovaı ‚mp 7a LG Em ie 
elodntınjg Övvansug dungögwaelang arıoy Ensiocprscdar 
ei 08 vobs coru 6 Agıorös zur adrolg, olro ye Eoras ze 
our zu ovx Eoraı gi ur vüg Eneweldeiv Tüv voin ⸗ 
ovdEno doriv, ei ys vous dom xar ‚ebroig ö > Kouorös, dla 
ui Orr avıo Inssocgyeran Ö vous, ovzog, oiy uhr or? 
evzobg Eoras 6 vorc Eatı pe xal oux Zorıy dy To avıa 
zoovo 6 Xgiorös. Ei Ö8 zur avzav nv — aigeoıy 
ö vous zur” adroVg Eorıv 1a Ovra nurıa, Enel 1W Uny 
äydommov imoriderrui xul iaöygovov üs eine To Ich, zul 
voĩv xul Öl covzov 209 mgüror 1ov Agıoröv inoriderzai' "eban, 
er ys Ta navıa zur” avroug &orıy Ö Xgiorög vote av, Ge‘ 
dorıy 1a nayıe za 4 Vln ev Toy Ovıov xl alch Bye 
10 ovoa. Es fcheint, Alexander befchreibe bier eine Mani 
chaͤiſche Anfiht, nach welcher Chriſtus kommen folte, wenn 
im Menfhen der Verſtand ſich zu entwideln beginnt, Er: 
folte fommen, behaupteten die Vertheidiger biefer Meinung, . 
ungefähr im fiebenten Jahr, wenn bie Einnlidfeit ansges 
bildet ift. Ob ſich gleich in dem vous nur das im Menſchen 
liegende geiſtige Princip entwickelt, ſo konnte doch, ſofern 
mit dem vous ein. neues Princip, In dem Menſchen zu wir⸗ 
ken beginnt, Chriſtus als Miyhnmtos sad um uhr Eneı- 
TLOYTWYV KU oyußaworruy dargeftelft werden. Alexander fpricht 
yon mehren unter den Manichaͤern herrſchenden Anſichten, 
dab Chriſtus nach einer Anſicht als der im Menſchen ſich 
entwidelnde Verſtand ober Geiſt, der gleichſam als neues 


— 349 — 

en wenig Licht ermärten, de das 

in dad Manes ſich ſelbſt zu Chriſtus, oder dem gbttlichen Liche 
geiſte, als der Quelle ſeiner Offenbarung, ſezte. Manes hielt 
fich, wie von ſelbſt klar iſt, für den Interpreten ber ghtte 
lichen Wahrheit, und wie vor ihm Zorvafter und nach ihm 
Muhamed fuchte auch. Manes. die Beglaubigung feiner Leh⸗ 
‚re nur in ber Vortrefflichkeit ihres Inhalts, nicht in düfs 
fern Beweifen ihrer Goͤttlichkeit. Bey den Schriftftellern, 
die bier zu beräffichtigen find , findet fich fo wenig als in 
den Fragmenten aus den Schriften Mani's felbft irgend 
etwas, das auf eine andere Meinung führen Fonnte. Als 
Worte des Lebens und der feligmadyenden Wahrheit wollte 
Manes feine Lehre betrachtet wiflen, wie wir aus bem 
Anfange feiner Epistola fandamenti fehen: Haec sunt sa- 
lubria verba ex perenni ac. vivo fonte, guae qui au- 
dierit, et üsdem primum crediderit ‚ deinde, gquae insi- 
nuala sunt, custodierit, nunguam erit morli obnoxius , 
verum aeterna et gloriosa vita fruetur, Nam profecto 
beatus est judicandus, qui hac divina instructus cogni- 
tione fuerit, per quam liberatus in sempiterna, vita ma- 
nebit.: Acta cum Fel. Manich. I, 1. Die ächt Zoroaſtri⸗ 
fhe Idee des Lebens ift es, womit auch Manes den goͤtt⸗ 
lichen Character feiner Lehre bezeichnen wollte. Darauf 
. weist. auch die Auffchrift Hin, die einige der Hauptfchrifs 
ten Mani's gehabt haben follen. Das ihm beigelegte Evan- 
gelium (70 &yıov evayyelıov, wie ed vom Eyrill von 
Serufalem Oat. VI, 22. und von Andern genannt wird), 
hieß. auch zo Luüv evayyeiıov (f. die Unathemat. bei Co: 
telier Patr. Ap. I. ©. 544.). Eine andere Ifeiner Schriften 
hieß Onoavgös (Epiph.LXVI, 13.) oder Onoavoos Laons 

(ie 


Printip von außen mit der Sinntichkeit fich verbindet, ge⸗ 
nonmen wurde, Dürfen wie doch wohl nach Alexanders, freis 
lich nicht ſehr Haren, Worten vorausfezen. ' 





BE 241 — 


(ſ. Cotel. a. a. O.) 19). Wie die heiligen Urkunden der 
Zoroaftrifchen Lehre das lebendige Wort d. i. Zendaveſta 
genannt wurden, fo follten demnach auch die Schriften, die 
die von Maned geoffenbarte Lehre enthielten, . dad Wort 
des Lebens feyn. Vgl. Zendav. von Kleufer Th. IL ©. 42. 
fe Wie aber Manes diefe Offenbarung erhalten zu haben 
behauptete, darüber finden wir in den Quellen, an welche 
wir hier gewiefen find, nichts. Spätere Manichaͤer ſtell⸗ 
ten den Manes in Eine Reihe mit Zorvafter, Buddha, Chris 
ſtus, und behaupteten, es fey in diefen allen ein und ders 
felbe höhere Geift erfchienen, die Lehren diefer vier Reli- 
gionsftifter fegen nur verfchiedene Dffenbarungsformen ei= 
ner und derfelben Lehre 20). Nach) den vorliegenden Quel- 
len find wir jedoch nicht berechtigt, diefe Behauptung ge⸗ 
radezu Manes felbft zuzufchreiben (wie ſich uns auch in 
der Folge weiter ergeben wird), obgleich auf der andern . 
Seite nicht zu läugnen ift, daß Manes, wenn er feine 
Lehre für eine göttliche Offenbarung gehalten wiffen wollte, 
aud) eine höhere Einwirkung des Kichtgeiftes, der ihm das 
Princip der Offenbarung und die Quelle aller höhern reli= 
gidfen Erfenntniß war, in fich vorausfezen mußte. Er 
fonnte in fich nur ein Organ des ihn erleuchtenden Kicht- 





19) Der Name follte ohne Zweifel daffelbe ausdräden, mag 
unfere hriftlihen Schapfäftlein mit Ihrem beſcheldenern Titel 
ſagen wollen. BR 

20) Man vgl. die Anathematismen {in I. Tollii Insign, Itin, 
Ital. Traj. 1696., nach welchen die Nebertretenden abſchwoͤ⸗ 
ren mußten (©. 134-): 109 Zogaday zul Bovöay xal Toy 
Xgwrov xal ov Mavızaiov Eva xal Toy avıovy eva: Da⸗ 
mit iſt zu verbinden, was In den Anathematismen bei Ce= 
telier a. a. D. ©. 543. gefagt wird: "Avadenariio Zage- 
öm, 0v 6 Mans Heov Elsye od ,avıov Yareyıa rag ”In- 
dois x Nioouis, za NAov ünsxültı. 

Baur s Manich. RI, Syſtem. 16 


1 


a — 


geiſtes ſehen, fo daß. er auf untergeorbneter Stufe daſſelbe 


war, was Chriſtus, der Lichtgeiſt, auf der hoͤchſten war, 
als Mittler zwiſchen Gott und den Menſchen. Beachtens⸗ 
werth ſcheinen mir in dieſer Hinſicht die Worte des Secun⸗ 
dinus in der Epist. ad Aug. zu ſeyn, in welcher der Ma⸗ 
nichder, indem er Auguftin ed zum Vorwurf macht, daß 
er aus einem Freunde der Manichäifchen Lehre ein Gegner 


derſelben geworden fey, unter anderem fagt: In medium - 


solis ac lunae inventus es accusajor. Quis igitur tibi 
patronus erit ante justum trıbunal judicis, cum et de 
sermone et de opere coeperis te teste convinci? JPersa, 


quem incusasti, non aderit. Hoc excepto, quis te flen- . 


tem consolabitur? Quis Punicum =!) salvabit? Conso- 


latorem igitur , fagt Auguftin in feiner Antwort c.,es 


salvatorem, Manichaeo excepto, nullum esse posse di- 
zisti. Als medius solis et lunae d. h. ald der zu Sonne 
und Mond, den zur Lichtwelt hinübertragenden Lichtſchif⸗ 
fein führende Mittler wurde alfo Manes von feinen Ver: 
ehrern betrachtet. Durch ihn allein war das Heil zu ge⸗ 
winnen, das die Seele aus dem trüben, unfeligen Dafeyn 
der gegenwärtigen Welt erlöfen, und mit dem göttlichen 
Troſte der Xichtwelt erfreuen Eonnte 22). 

21) Secundinus, der fih felbft Romani hominis ingenium 
zuſchreibt, hatte zuvor den vom Manihäismus abgefallenen 
Auguftin ermahnt: Muta, quaeso, sententiam, depone Pu- 
nicae gentis perfidiam, et recessionem tuam ad veritatem, 
quae per timorem facta est, converte. Daher ber obige 
Ausdrud. 

22) Ueber einiges, was hier noch In Betracht kommen könnte, 
wird im Folgenden noch die Rede feyn. Mit NRüffiht auf 
das Folgende bemerfe ich hier nur noch über bie Inder obigen 
Stelle audgefprohene Manichaͤiſche Weltanfiht, dab auch in 
den Glementinifchen Homilien das Verhaͤltniß der künftigen 
Welt zur gegenwärtigen aus: dem Gefihtspunct eines auf 


1 


I [a 


\ 


Da nach der Manichäifchen Lehre die der Seele ine 


wohnende göttliche Kraft zwar gebunden, aber nicht vdllig 


unterdräft werden kann, fo bedarf ed auch Feiner Wieders 


herftellung der verlornen Kraft zum Guten, fondern e8 


fommt nur darauf an, Daß die bereitd vorhandene Kraft 
aufs neue geweft und zum Bewußtſeyn des Menfchen ge: 
bracht wird. Auch die Thätigkeit des Erldfers kann daher 
nur darauf gerichtet feyn, in dem Menfchen das urfprüng= 
liche Bewußtfeyn feiner. höhern Natur wieder hervorzurus 
fen, und mit dem Gefühl des Zuftandes der Kinechtfchaft, 
in welchem er fich befindet, eine Sehnfudyt nad) Befreiung 
aus demfelben anzuregen, wodurd von felbft die gebundes 
ne Kraft des Menfchen zu ihrer vollen Wirkſamkeit gelangt. 
Es gibt eine scientia, wie Fortunatus bei Yuguftin Disp. 
II. fagt, vermdge welcher admonita anima et pristinae 
memoriae reddita recognoscil, ex quo originem trahat, 
in quo malo versetur, qguibus bonis iterum emendans, 
quod nolens peccavit, possit per emendationem delicto- 
rum suorum, bonorum operum gralia, meritum sibi re- 
conciliationis apud Deum collocare, und zwar gefchieht 
dieß, wie Fortunatus hinzufezt, auctore Salvatorenostro, 
qui nos docet, et bona exercere et mala fugere. Chris 





das Here folgenden consolari betrachtet wird. Hom. II, 26. 
wird von Adam ald dem wahren Propheten gefagt: O0" ds dv 
viois WröEWnwy OP nTElny Eupvrov yurns WÖiav Eyom, (N 


; 


ng Gs ügom rov wuellovros alsvog Tag Ünidus kmviow 


Toy alrov viov TpOOnYogsvorv "Aßel, 6, Avev KONG Aupt- 
Bolius, nevhog FEoumysüstu' evdeiv yap Tois avrov vioie 
napeysı Todg Elanarwusvovg KÖEPOoVS avıay, Wyevi) Mil- 
zois iv Ta ueldovu alamı Tv napuxımoıy UnLogvoluevog. — 
Daher bie hohe Bedeutung des consolamentum bei den Ma: 
nichaͤern des Mittelalters, der Taufe, als der Weihe für 
die Eünftige Welt. | 
\ 16». 


Ta — 
ſtus, der Erldfer, wirft daher vorzugsweife als Lehrer. In⸗ 
halt feiner Lehre aber konnte natürlich nichts’ anders ſeyn, 
als alled dasjenige, was dem Menfhen die Aufforderung 
nahe legt, fich von den Banden der Materie Inszureißen , 
die finnlichen Triebe zu unterdruͤcken, und ein reines, geiftiz 
geö Leben zu führen. Daher legtewfie das Hauptgewicht 
" auf die chriftlicde Eittenlehre, und zwar auf diejenigen 
Gebote, die dem Menfchen Entfagung und Eelbftverläug- 
nung, Verachtung aller Außern Güter zur Pflicht machen. Der 
Manichder Fauftus fprichr fich hierüber gegen Auguftin auf 
folgende Weife aus (Contra Faust. V, 1.): Accipis evange- 
lium ? Tu me interrogas, utrum accipiam, in quo id ip- 
sum accipere apparet, guia, quae jubet , observo. An 
ego de te quaerere debeo, utrum accipias, in quo nulla 
accipientlis evangelium videntur indicia? Ego patrem 
dimisi et matrem, uxorem, filios et celera, guae evan- 
gelum jubet, et interrogas, utrum accipiam evange- 
lium? Nisi adhuc nescis, quid sit, quod evangelium 
nuncupatur. Est enim nihil aliud, quam praedicatio 
et mandatum Christi. Ego argentum et aurum rejeci, 
et aes in zonis habere destiti, quotidiano contentus ci. 
bo, nec de crastino curans, nec unde venter implea- 
iur aut corpus operiatur, solicitudinem gerens, et quae-" 
ris a me, ulrum accıpiam evangelium? Vides in me 
Christi beatitudines illas, quae evangelium faciunt, et 
interrogas, ulrum illud accipiam ? Vides pauperem, vi- 
des mitem, vides pacificum, puro corde lugentem, esu- 
rientem , sitientem ?3), persecutiones et odia sustinen- 
tem propter justitiam, et dubitas, ulrum accipiam evan- 
gelium? Non ergo jam mirum est, loannem Baptistam, 
viso lesu et ejus auditis operibus, quaerere adhuc, utrum 


23) Justitiam , bemerkt Auguftin nachher, Faustus in scriptis 
suis non addidit, credo , ne sibi deesse videretur, si enm 
se adhuc esurire ac sitire faleretur. 


\ 


— 245 —. 


ipse esset Christus, cui digne et merito Iesus nec digna- 
fus quidem est renunciare, quod ipse esset, sed opera 
rursus eadem ılli, quae jam dudum audierat, reman- 
davit. Caeci vident, surdi audiunt, mortui resurgunt 
eic. Quod ego quogue circa te non immerito fecerim, 
si perroganti, utrum accipiam, evangelium, dixerot 
Omnia mea dimisi, patrem, uxorem, filios, aurum, 
argentum, manducare, bibere, delicias, voluptates: 
hoc tibi ad interrogata satis responsum puta, et beatum 
te futurum, si in me non fueris scandalizatus. Sed non, 
inquis, accipere evangelium hoc solum est, si, quod prae- 
cepit, facias, sed ut eliam credas omnibus, quae ın eo- 
dem scripta sunt, quorum primum est illud, quia sit 
natus Deus. Sed nec item est solum illud evangelium 
accipere, ut credas, quia natus est lesus, sed ut fa- 
cias eliam, quod praecepit. Ac si me idcirco evange- 
lium non accipere pulas, guia generationem praeler- 
mitlo, nec lu ergo accipis, et multo magis non accipis, 
quia praecepta contemnis. Ac per hoc interim pares 
sımus, donec discutiamus et partes: aut si tıbi non 
praejudicat praeceptorum ista contemptio ad profitten- 
dum, quod accıpias evangelium, mihi quare. ad hoc 
praejudicet genealogia damnata? Quod si evangelium: 
accipere in duobus his constat, ut dieis, genealogias 
credere et servare mandata , quid: ergo imperfectus im- 
perfectum judicat? Uterque nostrum eget alteruıro. 
Sin, quod certius est, accıpere'evangelium in sola ob- 
servalione constat coelestium mandatorym, dupliciı mo» 
do ımprobus es, qui, ut dici solet, desertor arguas. 
militem, Et tamen, age, ponamus, guia ita vis, duo, 
haec partes esse fidei perfectae, quarum una quidem 
constet in verbo, fateri Christum natum , altera vero 
in opere, quod est observatio praeceptorum. Vide er- 
g0, quam arduam ego et difficiliorem mihi partem ele- 


‘ 


. — 246 — 


gerim in vide, quam levissimam el: faciliorem. Nec 
immerito plebs ad te conflait, a me refugit, nesciens 
utique, quia regnum Dei non sit in verbo, sed in vir- 
tute. Ouid ergo est, quod me lacessis, si difficiliorem 
ingressus fidei partem, tibi ut infirmo reliqui facilio- 
rem? Sed ego ad tribuendam, inquis, salutem animis 
haneè partem fidei efficaciorem puto ac magis idoneam, 
‚guam tu religuisti, id est, Christum fateri natum. Age 
ergo, ipsum enndem interrogemus Christum, et unde 
potissimum nobis salutis oriatur occasio, ex ejus ore 
discamus. OQuis hominum intrabit in regnum tuum 
Christe?.Oui fecerit, inquis, voluntatem patris mei» 
qui in coelis est. Non dizit: qui me professus fuerit 
natım. Etalibi ad discipulos: Ite, docete omnes gen- 
tes, baptizantes eos in nomine patris et filü et spiritus 
sancti, et docentes eos servare Omnia, quae mandavi 
vobis. Non dixit: docentes eos, guia sum natus, sed 
ut mandata conservent. Item alibi: Amici mei eritis, 
si feceritis, quus praecipio vobis. Non dizit: si natum 
me credideritis. Hursum: Si .feceritis mandata mea, 
manebitis in mea caritate, Et alia multa. Nec non 
et in monte cum doceret: Beati pauperes (spiritu) di- 
cens: beali mites, beati pacifici, beati puro corde, 
beati, qui lugent, beati qui esuriunt, beali, qui perse- 
cutionem patiuntur propter justitiam, nusquam dixit: 
beati, qui me confessi ‚fuerint natum, Et in discre- 
tione agnorum ab hoedis ın judieio dicturum se dicit 
üs, qui ad dexteram erunt: Esurivi et cibastis me, 
sitivı et polastis me, et cetera.: propterea percipite 
regnum: non dixit: quia nalum me credidistis, reg- 
num percipite. Nec non et diviti quaerenti vitam aeter- 
nam: Fade, inguit, vende omnia, guae habes, et ge- 
quere me. Non dizit: crede me nalum, ut in aeternum 
vivas. Ecce igitur portioni meae, quam mihi de ge- 


297 — | 
mina, ut vultis, fide delegi, ubique regnum, vita, 
beatitudo promilttitur, vestrae vero nusguam. „Aut do” 
cete, sicuti scriptum est, beatum esse, regnumve per- 
cepturum, aut aeternam habiturum vitam, qui eum con- 
‚fessus fuerit natum ex femina. Interim, tametsi et haec 
pars est fidei, beatitudinem non habet. Cum vero eam 
nec partem fidei habere probaverimus, quid fiet? Nem- 
pe eritis vos inanes, quod et ipsum utique monstrabitur. 
Sed interim hoc salis nobis est ad propositum, quia 
portio haec nostra beatitudinibus coronata sit. Cui ta- 
men et accedit et illa alia beatitudo, ex confessione . 
quoque sermonis, qua Jesum confitemur esse Christum? 
‚filium Dei vivi, quod aegue ipse ore suo testatur. Je- 
sus dicens ad Petrum: Beatus es Simon Barjona, 
quia non tibi hoccaro etsanguisrevelavit, sedpater meus, 
qui in coelis est. Quapropter non jam, ut putabatıs, 
unam, sed duas easdemgue ratas fidei partes tenemus, 
et in utraque pariter beati appellamur a Christo, quia 
alteram earum operibus exercentes, alteram sine blas- 
phemia praedicamus. Ich habe diefe Stelle abfichtlicy in 
ihrem ganzen Zufammenhange dargelegt, weil ſich in ihr der 
Geift des Manichäismus und des Manichäifchen Ehriften- 
thums fehr characteriftifch zu erkennen gibt. Wie alle Sy: 
ine urfprüngliche, zw Be 
Bundene ımd. beichränfte, nicht aber ve u 
derherzuftellenve Kraft” zum Guten und Görtlichen zufchreis 
ben, dem Chriftenthbum nur die Entwiflung und richtige 
Leitung diefer Kraft durch practifche Kehren und Vorfchrif: 
ten übrig laffen, nicht aber die Mittheilung eines völlig neus 
en und eigenthümlichen Lebensprincips, die Schöpfung eis 
nes neuen Menfchen, wobei e8 vor allem auf die glaubensvolle 
Annahme und Aneignung des von Gott Dargebotenen an⸗ 
fommt, ald das Merk deffelben anfehen Fönnen, fo ftellte 
fi) auch der Manichäismus ganz auf diefe Seite des füge: 






| 


— 248 — 


nannten Pelagianiſchen Chriſtenthums, welchem die Haupt⸗ 
ſache das Thun, das Glauben Nebenſache, Chriſtus nur 
Kehrer, nicht Eildſer im höchften Sinn iſt. Se entſchiede— 
ner aber die Manichäer die urfprüngliche Quelle deſſen, 
was ihnen die Hauprfache des Chriftenthums war , ‚schon 
in dad dem Menfchen inwohnende Bewußtfeyn, oder in die 
Vernunfterfenntniß, fegen mußten, deſto zweifelhafter muß 
und auch von diefer Seite werden, welche Bedeutung auch 
nur im Beziehung auf die Äußere Realität der Offene 
barung, nicht im Beziehung auf die ohnedied geläugnete 
biftorifche Realität der Perfon Chrifti, die Scheingeftalten 
haben follten, in welchen fie den Lichrgeift Chriftus zur Be— 
lehrung der, Menfchen-von der Sonne herabjchweben ließen. 
Mie es ſich aber auch damit verhalten mag, welchen 
Antheil fie auch einer befondern, zu einer beftimmten Zeit 
gefchehenen äußern Offenbarung dabei zufchreiben mochten, 
die practifhen Lehren und Vorſchriften, von deren Befol— 
gung fie das Heil des Menſchen abhängig machten, zum 
Bewußtfeyn des Menfchen zu bringen und allgemein bes 
kannt zu machen, alled, was den ethifchen Theil der Mas 
nichäifchen Heildordnung ausmacht, wurde von ihnen in 
” ihren fogenannten drei signacula zufammengefaßt, die und“ 
Auguſtin De moribus Manich. c. 10. nennt: Fideamus tria 
üla signacula,- quae in vestris moribus magna laude 
ac praedicatione jactatis. Ouae sunt tandem ista sig- 
nacula? Oris certe et manuum et sinus. Ut ore et 


» manibus et sinu castus et innocens sit homo. Den Nas 


men signaculum gebrauchten die Manichäer ohne Zweifel 
deswegen, weil jede der drei Claffen der auf diefe Weife uns 
terfchiedenen Gebote einen beftimmten Theil des menfchliz 
hen Körpers bezeichnet, in Anfehung defien die gegebenen 
Gebote beobachtet werden follten. Was fie unter den einzel- 
nen Ausdräfen verſtunden, erklaͤrt Auguftin, indem er in 
der angeführten Stelle im Sinne der Manichäer weiter fagt: 


5 u £ — 


— 29 — 


Ounm os nomino, omnes sensus, qui sunt in capite, 
intelligi volo, quum autem manum, omnem operatio- 
nem, quum sinum, omnem libidinem seminalem. 
Das signaculum oris hatte nad) diefer Angabe einen. 
weiten Umfang. Es empfahl Reinheit in Gedanfen und 
Morten, dazu gehdrte namentlich Enthultung von allen Re⸗ 
den, die nad) der Manichäifchen Lehre als blasphemifch 
angefehen werden mußten. Ad oris signaculam dicitis 
pertinere, ſagt Auguſtin De mor. Manich. c. 11., ab omni 
continere blasphemia. Vorzuͤglich aber betraf es die firens 
ge Manichäifche Lebensweiſe in Hinficht alles deffen,; was. 
mit dem Munde genoffen wird. Der Manichäer mußte 
fi) aller materiellen Nahrungsmittel enthalten, vie die 
finnlichen Triebe des Leibs, flatt fie, wie es Pflicht ift, zu 
unterdrüfen und zu tödten, nur nähren und entzünden. Um 
das Fleiſch, den Siz der böfen Begierden, nicht gegen den 
Geift zu reizen, war vor allem der Genuß des Fleifches 
aufs ftrengfte verboten, . Alles Fleifh war nad) der Ans 
ſicht der Manichaͤer unrein, unreiner, als irgend etwas an⸗ 
deres, es ſtammt von dem Fuͤrſten der Finſterniß, ver . 
als der Daͤmon des materiellen und animaliſchen Lebens 
ihm den ganzen Inbegriff der boͤſen oder ſinnlichen Luͤſte 
eingepflanzt hat. Zwar iſt in jedem aus Fleiſch und Blut 
beſtehenden Koͤrper auch ein Theil der Lichtſeele, wenn 
aber im Tode die Seele entflieht, ſo iſt, was zuruͤk⸗ 
bleibt, eine durchaus unreine und verunreinigende Maſſe. 
Vgl. Auguſtin De moribus Manich. c. 15.: Car- 
nes de ipsis sordibus dicitis esse concrelas. Fugit enim 
aliquid partis illius divinae, ut. perhibelis ‚ dum fruges 
ei poma carpunlur, fugit cum affliguntur, vel terendo 
vel molendo vel coquendo, vel etiam mordendo atque 
mandendo. Fugit etiam in omnibus motibus animalium, 
vel cum gestiunt, vel cum exercentur, vel cum labo- 
rant, vel cum omnino aliquid operantur. Fugit eliam 


— 250 — 


in ipsa gniele nostra, dum in corpore illa, quae ap- 
pellatur, digestio interiore calore conficitur. Atque 
ita tot occasionibus divina fugiente natura, quiddam 
' sordidissimum remanet, unde per concubitum caro far- 
metur. Anima tamen boni generis, quoniam quamvis 
plurimum, non tamen totum bonum, memoratis illis 
motibus evolat. OQuocirca cum unima etiam carnem 
deseruerit, nimias sordes reliquas ‚fieri, et ideo eorum, 
gui vescuntur carnibus, animam coinguinari. Daher 
Yebten die Manichäer von Feld- und Gartenfrüchten, be= 
ſonders folhen, welche wie die Melonen, ihre Lieblings- 
fpeife, durch Geruch und Farbe ihre Lichtſubſtanz beurfun- 
deten. Auch Del genoßen fie wegen der in ihm enthal= 
tenen Lichttheile häufig. Aug. De mor. Man. c. 13. 
15. 16. 2%). Sie konnten allerdings, nad) ihrer Anficht 
von der Materie, auch diefe Nahrungsmitrel nicht für völ- 
Jig rein halten, und Auguftin bemerkt (Contra Faust. VI, 
6. nicht ohme Grund: Mirum est, quod ita se dicunt 
immundas omnes carnes e#islimare, et ob hoc abeis ab- 
slinere, quasi aliquid existiment esse mundum, non so- 
lum escarum, sed omnium creaturarum. Nam et ipsa 
olera et poma et omnes fruges et lotam terram et coe- 
lum commixtione gentis tenebrarum perhibent inguina- 
ta. Die natürliche Antwort darauf liegt in demjenigen, 
was Auguftin als frommen Wunſch hinzufest: Utinam 
ergo et in ceteris cibis errori suo congruerent, atque 
ab is, quae immunda dicunt, omnibus abstinendo, fame 
potius morerentur, quam tales blasphemias pertinaciter 





24) De thesauris Dei melonem putatis aureum esse. — Bona 
vria simul ubi fuerint, id est color bonus, et odor et, 
sapor ibi esse majorem boni partem putatis. — Man’ 
vgl. außer Beaufobre T. II. ©. 765. f. Moshelm ©. 849. 
f. auch Thilo Acta Thomae ©, 159. 


— 251 — 


loquerentur, nam se corrigere algue emendare nolen- 
tibus hoc esse utilius, quis non intelligat? Wollten fie dies 
fen gutgemeinten Rath nicht befolgen, fo müßten fie ſich 
mit relativer Reinheit begnügen 23). Eben fo ftreng, wie 
der Genuß des Fleifches, waren den Manichaͤern alle geis 
ftigen Getränfe verboten. Auch fie fchienen ihnen nur die 
Reinheit des Geiftes zu trüben und die Sinnlichkeit auf: 
zuregen, weswegen fie den Wein, um feine dämonifche 
Natur zu bezeichnen, fogar die Galle des Fürften der Fin: 
fterniß nannten. Aug. De mor. Man. c.16. Ueber Anderes, 
was fonft noch zur frengen Lebensweife der Manichder ges 
hörte, vgl. man Mosheim Comment. ©. 851. f. 26), 
Es war natürlich, daß fie fich, wie ſchon zur Zeit Augufting 
in Afrifa, mandye Milderungen erlaubten, aber demunges 
achtet hielten fie fich für berechtigt, fich vorzugsweiſe als 
die Hungernden und Diürftenden des Evangeliums zu betrach- 
ten, und die fie characterifirende Bläße des Geſichts (me: 
gen welcher fievon Auguftin De. util. cred. c. 18. exsangues 
corporibus, sed crassi mentibus genannt werden) als das 


25) Weber einen dabei unvermeldlihen MWiderfpruh f. Ang. 
Contra Faust. VL 4.: Cur pomum non decerpitis, 
cum decerpto tam multas plagas doloresque ingeratis 
(nemlich in praeparandis escis, cum coquitur, cum man- 
ditur etc.) ?. 

26) Alles ſinnlich Angenehme füllte dem Manichder als unrein 
und fündhaft verboten feyn. Doc unterfchieden fie die gei⸗ 
ftige, aͤſthetiſche Luſt von der finnlihen, körperlihen. Die 
Mufit gewährte Ihnen ein hHimmlifhes Vergnügen- Dulcedo 
musica, quam de divinisregnis venisse contenditis , no- 
bis mortuarum carnium sordibus exhibetur et teımpore 
arefactis, et attritione tenualis et tortione distentis. Aug. 
De mor. Man. c. 16. Auch ben dfthetifhen Genuß, wels 
chen die Anfhauung fchöner Bilder gewährt, konnen die Mas 
nichäer nach der orlentallfhen Sage von Mani's Ertenk (f. 
unten) nicht verdammt haben. 


— 250 — 


in ipsa gniele noctra, dum in corpore illa, quae ap- 
pellatur, digestio interiore calore conficitur. Atque 
ita tot occasionibus divina fugiente natura, quiddam 
sordidissimum remanet, unde per concubitum caro for- 
metur. Anima tamen boni generis, quoniam quamvis 
plurimum, non tamen totum bonum, memoratis illis 
motibus evolat. OQuocirca cum anima etiam carnem 
deseruerit, nimias sordes reliquas fieri, et ideo eorum, 
qui vescuntur carnibus, animam coinguinari. Daher 
lebten die Manichäer von Feld- und Gartenfrüchten, be= 
ſonders ſolchen, welche wie die Melonen, ihre Lieblings- 
fpeife, durch) Geruch und Farbe ihre Lichtſubſtanz beurfun= 
deten. Auch Del genoßen fie wegen ver in ihm enthal= 
tenen Lichttheile häufig. Aug. De mor. Man. c. 13. 
35. 16. ?*). Sie konnten allerdings, nad) ihrer Anficht 
von der Materie, auch diefe Nahrungsmittel nicht für vdl⸗ 
Jig rein halten, und Auguftin bemerkt (Contra Faust. v1, 
6.) nicht ohne Grund: Mirum est, guod ita se dicunt 
immundas omnes carnes existimare, etob hoc abeis ab- 
slinere, quasi aliquid existiment esse mundum, non so- 
lum escarum, sed omnium crealurarum. Nam et ipsa 
olera et poma et omnes fruges et lolam terram et coe- 
lum commixtione gentis tenebrarum perhibent inguina- 
ta. Die natürliche Antwort darauf liegt in demjenigen, 
was Auguftin als frommen Wunſch hinzufezt: Utinam 
ergo et in ceteris cibis errori suo congruerent, atque 
ab is, gquae immunda dicunt, omnibus abstinendo, fame 
potius morerentur, quam tales blasphemias pertinaciter 





24) De thesauris Dei melonem putatis aureum esse. — Bo“: 
iria simul ubi fuerint, id est color bonus, et odor 
sapor , ibi esse majorem boni partem putatis. — Mor 
vgl. außer Beaufobre T. II. ©. 765. fe Mosheim ©. 

f, auch Thilo Acta Thomae ©. 159, 


— 3 — v et psal. 

Manichäer 

loguerentur, nam se corrigere er =". vie heili- 
tibus hoc esse utilius, quis non meer das ganze Na⸗ 
fen gutgemeinten Rath nicht beister: - re dad Menfchen- 
mit relativer Reinheit begnäger *_ * "ch diefelbe Suͤn⸗ 
der Genuß des Sleifches, warer m "tehen verlezt wird, 
fligen Getränfe verboten. Br m’: Theilen der Natur, 
Reinheit des Geiftes zu trren m :cbt, der Menfch mit 
zuregen, weswegen fie der ®r nen muß. Denfelben 
Natur zu bezeichnen, fogar Te: =7' 1eder Verlegung feines 
fterniß nannten. Aug. Dems; Wu Die Pflanze, der Baum. 
was fonft noch zur firemarr. x dvivere, ut vitam, quae 
hörte, vgl. man Moseer » dolere, cum laeduntar, 
Es war natürlich, daß ar orum quemquam posse 
in Afrita, mandye Mürr--" Yu0od agrum etiam spinis 
achtet hielten fie ib ri : we haeres, c.46. 27), Mer 





die Hungernden und Dar:-- der eine Frucht von einem 
ten, und die fie ara- VUebertreter des signacu- 
gen welcher fievem Auc: !e mor. Man. c. 17. Sa 
corporibns, sed era. Verlezung des Pflanzenle= 
erbrechen eines Menfchen- 
25) Ueber einen :. nad) Mani’8 Lehre viele 
Contra Fau:‘ in Thiere und Pflanzen 
cum decerpic Auguftin gegen Fauftus 
(nemlich in >. 
ditur eic.,. 3. iſt fogar jede Bewegung 
26) Wles . ‚end verbunden: Ei’zıs ne- 
und für. :i 6 Xıy0W Tiv zeige, Blun- 
nn Et tõr ÜVIEWTTOY UL Tv 
Du tay as Tüv Sonerau b. h. 
33 die in dem Menſchen und 


odoret Haer. fab. I,26.. 
ο, %00 70 VÖwg, x) T)v 


— 


„. 
— 250 — 


in ipsa qniele nostra, dum in corpore illa, quae ap- 
pellatur, digestio interiore calore confieitur. Atque 
ita tot occasionibus divina fugiente natura, quiddam 
sordidissimum remanet, unde per concubilum caro far- 
metur. Anima tamen boni generis, quoniam quamvis 
plurimum, non tamen totum bonum , memoratis illis 
motibus evolat. OQuocirca cum anima etiam carnem 
deseruerit, nimias sordes reliquas fieri, et ideo eorum, 
gui vescuntur carnibus, ‚animam coinguinarı. Daher 
Yebten die Manichaͤer von Feld- und Gartenfrüchten, be= 
fonderd folchen, welche wie die Melonen, ihre Lieblings- 
fpeife, durch Geruch und Farbe ihre Lichtſubſtanz beurfun: 
deten. Auch Del genoßen fie wegen der in ihm enthal⸗ 
tenen Lichttheile haͤufig. Aug. De mor. Man. c. 13. 
15. 16. 20). Sie Fonnten allerdings, nad) ihrer Anficht 


‘von der Materie, aud) diefe Nahrungsmitrel nicht für voͤl⸗ 
Yig rein halten, und Auguſtin bemerft (Contra Faust. VI, 


6.) nicht ohne Grund: Mirum est, quod ita se dicunt 
immundas omnes carnes existimare, etob hoc abeis ab- 
slinere, quasi aliquid existiment esse mundum, non so- 
lum escarım, sed omnium creaturarım. Nam et ipsa 
olera ei poma et omnes fruges et totam terram et coe- 


lum commixtione gentis tenebrarum perhibent inquina- 


ta. Die natürliche Antwort darauf liegt in demjenigen, 
was Auguftin ald frommen Wunſch hinzuſezt: Utinam 
ergo et in ceteris cibis errori suo congruerent, atque 
ab is, quae immunda dicunt, omnibus abstinendo, fame 
potius morerentur, quam tales blasphemias pertinaciter 





24) De thesauris Dei melonem putatis aureum esse. — Bona 
iria simul ubi fuerint, id est color bonus, ei odor et 
sapor , ibi esse majorem boni partem putatis. — Man’ 
vgl. außer Beaufobre T. II. ©. 765. f. Moshelm ©. 849. 
f auch Thilo Acta Thomae ©, 159. 


— 251 — 


loquerentur, nam. se corrigere alque emendare nolen- 
tibus hoc esse utilius, quis non intelligat? Wollten fie dies 
fen gutgemeinten Rath nicht befolgen, fo müßten fie ſich 
mit relativer Reinheit begnügen 25). Eben fo ftreng, wie 
der Genuß des Fleifches, waren den Manichdern alle geis 
ftigen Getränfe verboten. Auch fie fehienen ihnen nur die 
Reinheit des Geiftes zu trüben und die Sinnlichkeit auf: 
zuregen, weöwegen fie den Wein, um feine dämonifche 
Natur zu bezeichnen, fogar die Galle des Fürften der Fin- 
ſterniß nannten. Aug. Demor. Man. c.16. Ueber Anderes, 
was fonft noch zur ſtrengen Lebensweife der Manichaͤer ges 
hörte, vgl. man Mosheim Comment. ©. 851. f. 26), 
Es war natürlich, daß fie fich, wie ſchon zur Zeit Auguftins 
in Afrifa, manche Milderungen erlaubten, aber demunges 
achret hielten fie fi) fiir berechtigt, ſich vorzugsweife als 
die Hungernden und Dürftenden des Evangeliums zu betrach- 
ten, und die fie characterifirende Bläße des Gefichts (mes 
gen welcher fievon Auguftin De. util. cred. c. 18. exsangues 
corporibus, sed crassi mentibus genannt werden) al& das 


25) Weber einen dabei unvermeidliben MWiderfpruh f. Aug. 
Contra Faust. VL 4.: Cur pomum non decerpitis, 
cum decerpto tam multas plagas doloresque ingeratis 
(nemlich in praeparandis escis, cum coquitur, cum man- 
ditur etc.)? Bu 

26) Alles finnlih Angenehme follte dem Manichder als unrein 
und fündhaft verboten feyn. Doch unterfchieden fie die gel: 
ſtige, äfthetifche Luft von der ſinnlichen, körperlichen. Die 
Mufit gewährte Ihnen ein himmlifhes Vergnügen- Dulcedo. 
musica, quam de diviniswegnis venisse contenditis, no- 
bis mortuarum carnium sordibus exhibetur et teınpore 
arefactis , et attritione tenuatis et tortione distentis. Aug. 
De mor. Man. c. 16. Auch den dftyetifhen Genuß, wels 
hen die Anfhauung ſchoͤner Bilder gewährt, Eönnen die Mas 
nichaͤer nad) der orlentalifhen Sage von Mani's Ertenk (f. 
unten) nicht verdammt haben, 


— 250° — 


in ipsa quiele nosira, dum in corpore illa, guae ap- 
pellatur, digestio interiore calore conficitur. Atque 
ita 1ot occasionibus divina fugiente natura, quiddam 
' sordidissimum remanet, unde per concubilum caro for- 
metur. Anima tamen boni generis, quoniam quamvis 
plurimum, non tamen totum bonum , memoratis illis 
motibus evolat. Ouocirca cum anima etiam carnem 
deseruerit, nimias sordes reliquas fieri, et ideo eorum, 
qui vescuntur carnibus, animam coinguinari. Daher 
febten die Manichäer von Feld- und Gartenfrüchten, be⸗ 
fonders folchen, welche wie die Melonen, ihre Lieblings- 
fpeife, durch Geruch und Farbe ihre Lichtſubſtanz beurfun= 
deten. Auch Del genoßen fie wegen der in ihm enthal= 
tenen Lichttheile häufig. Aug. De mor. Man. c. 13. 
15. 16. ?*). Sie fonnten allerdings, nad) ihrer Anficht 
von der Materie, aud) diefe Nahrungsmitref nicht für vdl⸗ 
Jig rein halten, und Auguftin bemerft (Contra Faust. VI, 
6,) nicht ohne Grund: Mirum est, quod ita se dicunt 
immundas omnes carnes enistimare, etob hoc abeis ab- 
siinere, quasi aliquid existiment esse mundum, non so- 
lum escarum, sed omnium creaturarım. Nam et ipsa 
olera et poma et omnes fruges et lotam terram et coe- 
lum commixtione gentis tenebrarum perhibent inquina- 
ta. Die natürliche Antwort darauf liegt in demjenigen, 
was Auguftin ald frommen Wunſch hinzufest: Utinam 
ergo ei in ceteris cibis errori suo congruerent, atque 
ab is, quae immunda dicunt, omnibus abstinendo, fame 
polius morerentur, quam tales blasphemias pertinaciter 





24) De thesauris Dei melonem putatis aureum esse. — Bona 
iria simul ubi fuerint, id est color bonus, et odor et 
sapor , ibi esse majzorem boni partem putatis. — Man’ 
vgl. aufer Beaufobre T. IT. ©. 765. f. Mosheim ©. 849. 
f. aud Thilo Acta Thomas ©, 159. 


— 251 — 


‚loguerentur, nam se corrigere atque emendare nolen- 
tibus hoc esse utlilius, quis non intelligat? Wollten fie dies 
fen gutgemeinten Rath nicht befolgen, fo müßten fie fi) 
mit relativer Reinheit begnügen 25). Eben fo ftreng, wie 
der Genuß des Fleifches, waren dei Manichäern alle geis 
ftigen Getränfe verboten. Auch fie fchienen ihnen nur die 
Reinheit des Geiftes zu trüben und die Sinnlichkeit auf- 
zuregen, weöwegen fie den Wein, um feine dämonifche 
Natur zu bezeichnen, fogar die alle des Fürften der Fin⸗ 
fterniß nannten. Aug. De mor. Man. c.16. Ueber Anderes, 
was fonft noch zur firengen Lebensweife der Manichäer ges 
hörte, vgl. man Mosheim Comment. ©. 851. f. 26), 
Es war natürlich, daß fie fich, wie ſchon zur Zeit Auguſtins 
in Afrika, manche Milderungen erlaubten, aber demunges 
achret hielten fie fich für berechtigt, ſich vorzugsweiſe als 
die Hungernden und Dürftenden des Evangeliums zu betrach- 
ten, und die fie characterifirende Bläße des Gefichts (mes 
gen welcher fievon Auguftin De. util. cred. c. 18. exsangues 
corporibus, sed crassi mentibus genannt werden) al& das 


25) Weber einen dabei unvermeldliben Widerſpruch f. Aug. 
Contra Faust. VI, 4.: (ur pomum non decerpitis, 
cum decerpto tam multas plagas doloresque ingeratis 
(nemlich in praeparandis escis, cum coquilur, cum man- 
ditur etc.)? 

26) Alles finnlih Angenehme fölte dem Manichder als unrein 
und ſuͤndhaft verboten ſeyn. Doch unterſchieden fie die gei⸗ 
ſtige, aͤſhetiſche Luſt von der ſinnlichen, koͤrperlichen. Die 
Muſik gewährte ihnen ein himmliſches Vergnuͤgen. Dulcedo 
musica, quam de diviniswegnis venisse contenditis, no- 
bis mortuarum carnium sordibus exhibetur et teınpore 
arefactis „et attritione tenuntis et tortione distentis. Aug. 
De mor. Man. c. 16. Auch den dfthetifhen Genuß, wels 


chen die Anfhauung fchöner Bilder gewährt, Eünnen die Ma= 


nichaͤer nach der orientalifhen Sage von Mani's Ertenk (f. 
unten) nicht verdammt haben. - 


— 252 — 


achte Kriterium eines Bekenners des Evangeliums zur Schau 


zu tragen. 


Das zweite signäculam, das signacalum manuum 


verbot den Manichdern nach Auguſtin De mor. Man. c.17., 


Thiere zu todten, und Pflanzen auszureißen, jede Verle⸗ 


zung des Thier= und Pflanzen⸗Lebens, es begriff aber oh⸗ 
ne Zweifel, wie Mosheim S. 853. richtig bemerkt, alle 


Handlungen in fidy, die nicht zum 'erften und dritten sig- 
naculum gerechnet wurden, und den Manichäern deswegen 
nicht erlaubt waren, weil fie den Menſchen in bie Verhälts 
niffe des. materiellen irdifchen Lebens auf eine der Mani- 


häifchen Weltanficht widerftreitende Weife verftriften. Wir - 
werden im Folgenden einige Handlungen Fennen lernen, die 


in dieſer Beziehung zum ‚zweiten signaculum zu vedynen 
find. Was aber die Tödtung der Thiere und die Verle- 
zung des Pflanzenlebend betrifft, fo fieht man beim erften 
Anblif nicht fogleih, auf welchem Grunde das Manichäi- 
fche Verbot beruht. Enthielt.die ganze Thier= und Pflan= 
zenwelt. gebundene Theile der Xichtfeele, fo Fonnten ja dies 
fe, follte man denken, durch das Toͤdten der Thiere und 
dad Ausreißen der Pflanzen auf dem einfachften Wege aus 
ihren Banden befreit werden. Auguftin unterläßt nicht, 
den Manichäern diefe Inconfequenz vorzuräfen (a: a. O.): 


Anima namgue illa, quam rationalem inesse arboribus 


arbitramini, arbore excisa, vinculo solvitur, vos enim 
hoc dicitis, et eo quidem vinculo, in quo magna mise- 
ria nulla utilitate tenebatur. Nam et revolutionem 
hominis in arborem notum est vos, id est auctorem 
ipsum vestrum, pro ingenti poena, non lamen pro sum- 
ma minilari, et num. potest in arbore anima fieri, ut 
in homine, sapientior ? — Quamobrem, qui arborem 


_ dejicit, anımam nihil in sapientia proficientem de illo 


corpore liberat. Itaque vos homines sancli, vos, in- 


guam, potissimum excidere arbores deberetis, et ea- 


— 213 — 


rum animas, ab illo vinculo exutas, orationıbus et psal- 
mis ad meliora perducere. Allein für die Manichäer 
fam bier ein anderes Moment in Betracht, die heilis 
ge Scheue, mit welcher nad) ihrer Anficht Das ganze Na⸗ 
turleben zu behandeln war. ft es Sünde das Menfchen- 
leben zu verlegen, fo ift es dem Weſen nach diefelbe Sins 
de, wenn dad Thier- oder Pflanzenleben verlezt wird, 
da in Thieren und Pflanzen, in allen Theilen der Natur, 
diefelbe Seele, wie im Menfchen, lebt, ber Menfch mit 
der ganzen Natur fich verwandt fühlen muß. Denfelben 
Schmerz, welchen der Menſch bei jeder Verlegung feines 
Lebens empfinder, empfindet auch die Pflanze, der Baum. 
Herbas atque arbores sic putant vivere, ut vitam, guae 
illis inest, et sentire‘credant, et dolere, cum laeduntur, 
nec aliguid inde sine cruciatu eorum quemguam posse 
vellere aut carpere. Propter quod agrum etiam spinis 
purgare, nefas habent. Aug. De haeres. c.46. 27). Mer 
mit Vorfaz auch nur ein Blatt oder eine Frucht von einem 
Baume abbrach, machte fid) als Webertreter des signacu: 
lum ſchwerer Strafe feyuldig. De mor. Man. c. 17. Sa 
jede Handlung diefer Art, jede Verlezung des Pflanzenles 


bens, war im Grunde von dem Verbrechen eines Menfchens 


mords nicht verfchievden, da ja nah Mani's Lehre viele 
Menfchenfeelen das Loos traf, in Thiere und Pflanzen 
überzugehen. A vobis, bemerkt Auguftin gegen Fauftus 





27) Nach den Acta disp. Arch. c. 9 iſt fogar jede Bewegung 
- mit einer Verlezung des Naturlebend verbunden: Zi rs ne 
gınarei zuual, Blanısı Tv yiv, zul d xıvow Tv zeige, Blun- 

zeı Toy atga , Eneıön 6 010 yuyn dom Tav Avdgunay xal Tav 
Luow xal Tüv nersiwuv, zu Twy iyIVav zal ray Eonsrau b. h. 


in der Luft iſt diefelbe Weltfeele, die in dem Menfchen und _ 


in allen Geſchoͤpfen iſt. Vol. Theodoret Haer. fab. I, 26., 
NAYTa oultorou Spyyza xab To TUE, x0L TO —7* „ xob 2v 
apa, nal TO Pvra al = OTTEQUTO. 


— 


— 24 — 


XVI, 28., quisquis vulserit spicas, non ex traditione 
Christi, qui hane innocentiam vocat, sed ex traditione 
‚Manichaei homicida deputatur. Daher erfchien ihnen der 
Aderbau als Urſache zahllofer Gewaltthaten gegen das Le— 
ben der Menfchenfeelen. Agriculturam, ‚quae omnium 
arliım est innocenlissima, tanguam plurium homici- 
diorum ream accusant, De haer, c. 46. Bgl. De mor. 
Manich. c. 17. und Titus von Boſtra II, 36.: gain ö’ iv 
6 Mavns, ws ond? Poiv euaeßtg agoosı nagaßepin- 
oda tig yis, bie wi) zer navu zaradovkoiodeu do- 
&eiev 7 npög Tod ayao neugdelse ayuyj. Wie fie 
bei diefer Strenge ihres signaculum gleichwohl die Sorge 
für die nothwendigfien Beduͤrfniſſe des Lebens für erlaubt 
halten fonnten, wird ſich in der Folge zeigen. Was von. 
der Verlezung des Pflanzenlebens gilt, gilt auch von der Vers 
lezung des Thierlebens. Auch in den Thieren verfündigte man 
ſich, wie Titus von Boftra II, 35. bemerkt, gegen die alles 
belebende göttliche Weltfeele. Doch galt, Thiere zu tödten, 
für ein größeres Vergehen, ald alles, was gegen Pflanzen 
veräbt werben kann. Majus nefas putatis animalia 
quam stirpes caedere. De mor. Manich. 0.17. Daher 
wurde die Heiligkeit dieſes Verbots von Manes noch durch 
die eigene Vorftelung motivirt, die wir in eben dieſer 
Stelle Yuguftind finden. Non deest homini callido ad- 
versus indoctos in naturae obscurilate perfugium. - Coe- 
lestes enim, ait, principes, qui de gente tenebrarum capti 
atque vincti a conditore mundi in ülis ordinati sunt 
locis, sua guisgue possidet in terra animalia, de suo 
seilicet genere ac stirpe venientia: qui peremptores eo- 
ram reos tenent, nec de hoc mundo exire permittunt, 
poenisque illos, quibus possunt, et cruciatibus atterunt. 
. Die Thiere ftammten, wie wir oben gefehen haben, von ben 
Dämonen. Animalia, heißt es bei Auguſtin weiter, guae 
in terris sunt et in. aquis, de illo genere principum per 


— 255 — 


successionem prolis et operationem concubitus veniunt, 
cum ad illos abortivos fetus revocatur origo nascen- 
tium. Mer alfo Thiere toͤdtet, greift in dad Reich der 
Dämonen auf eine Weife ein, die ihn nad) dem Gefeze Ber 
Gerechtigkeit in die Gewalt der Dämonen dahingibt. Dies 
‚ beruht auf einer Vergeltungs-Idee und einer Anficht von 
dent Verhältniß der beiden Welten , der jezigen und der kuͤnf⸗ 
tigen, bie ficher in dem Manichäifchen Syſtem eine noch 
allgemeinere Anwendung fand. Es fcheint mir mwenigfteng 
dadurch am beften aufgeklärt zu werden, was Turbo in den 
Acta disp. Arch. c. 9. als Manichäifche Lehre vorträgt: 
‚‚Benn einer in diefer Welt reich ift, fo muß er, wenn er 
den Leib verläßt, in den Leib eines Armen umgefezt wers 
den und bettelnd umbergehen, bis er in die ewige Strafe 
eingeht. Da diefer Leib den Archonten und der Materie 
gehört, fo muß der, der einen Perfen- Baum pflanzt, viele 
Leiber fo lange Durchwandern, bis der Baum zufammenges 
fallen ift. Wenn einer ein Haus baut, fo wird er in Leiber 
aller Art getheilt werden.’ ad) derfelben ſtrengen Vergel⸗ 
tungs = dee wird unmittelbar vorher gefagt: „Die Schnit⸗ 
ter, welche Getreide abfchneiden, gleichen den Archonten, die 
von Anfang anin der Finfterniß waren, da fie einen Theil der 
Maffenrüftung des erften Menfchen verfchlangen. Deöwegen 
müßen fie in Heu, oder in Phafolen, oder in Gerfte, oder in 
Gartengewächfe übergehen, um abgefchnitten und abges 
mäht zu werden. Und wenn einer Brod ißt, muß auch 
er Brod werden und verzehrt werden. Wer einen Vogel 
tödtet, muß ein Vogel, wer eine Maus tödtet, felbft eine 
Maus werden.’ Diefe ganze Etelle ift uns hier deswegen 
befonderd merfwürdig, weil wir aus ihr den allgemeinen 
Grund erfeben Fönnen, auf welchem das Verbot aller zum 
zweiten signaculum gerechneten Handlungen beruht. Aus 
welchem anderm Grunde follte ed für den Manichder Sünde 
feyn, Bäume zu pflanzen und Häufer zu bauen, als des⸗ 





— 20-00. 5 
wegen, weil er fich Dadurd) in eine Welt einbuͤrgern zu wols = 
len fcheint, in welcher er nicht zu Haufe feyn darf, weil 
er nicht für fi e beftimmt iſt? Die er, wenn er Thiere-tbds 
tet, fi an einem fremden Eigenthum verfündigt, fo be⸗ . 
geht er einen ähnlichen Eingriff in ein fremdes Cigenthume, 
wenn er dieſe materielle Welt, an welcher der Dämon ſo 
‚ großen Antheil hat, und aus welcher ber gute Gott Ale . 

zu feiner Natur gehörenden Lichtelemente fort und fort zus . 
2 durch Handlungen, durch die er ſich in ihr heis .. 
mifch machen will, Als die feinige betrachtet und behans 
dei. Wir fommen dadurch auf den. allgemeinen Manichaͤi⸗ 
ſchen Lebensgrundſaz, daß der Menſch als aͤchter Verehrer des 
guten Gottes in dieſer Welt kein Eigenthum haben darf. Ar⸗ 
muth ſoll fein Loos ſeyn, er ſoll ſich aller äußern Güter bege⸗ 

ben, hungern und dürften, weil ja aud) das Reich ded guten - 
Gottes nicht von biefer Welt if. Wir erinnern uns hier, 
‚wie ſich der Manichäer Fauftus in der oben. angeführten 
Stelle über die Merkmale der ächt evangelifchen Lebens- 
weife äußerte. ine bemerfenswerthe Parallele zu diefer 
‚ Manichäifchen Anficht von dem Verhältniß der Armuth und 
des Reichthums zu der jezigen und Fünftigen Welt bieten 
und die Clementinifhen Homilien dar. Auch in dieſen 
beruht jene Anficht auf einem dualiftifchen Grunde, nur tritt 
“an bie Stelle des abisluten Manihäifchen Dualiömusd der - 
Dualismus der Syzygien. Nach der Lehre der Clementinen 
iſt es Grundgeſez des Univerſums, daß auf jeder Stufe der ſich 
entwickelnden Weltordnung ein Doppeltes ſich findet, ein 
Rechtes und ein Linkes, ein Maͤnnliches und ein Weibli⸗ 
ches. Auf der erften Stufe ging das beffere Glied des 
Paares dem fchlechteren der Entftehung nad) voran, wie 
zuerſt der Himmel gefchaffen wurde, dann die Erbe, der 
Tag, dann bie Nacht, das Kicht, dann das Feuer, die 
Sonne, dann der Mond, Adam, dan Eva. Aber vom 
Menſchen an wurde die Ordnung der Paare umgekehrt und 
u dad 


das Schlechte zum Erften gemacht, dad Gute zum Zweiten, 
wie zuerft Kain geboren wurde, hierauf erft Abel (Hom. 
11,15. f. vgl. XIX, 12). Die größte Syzygie aber, die alle 
übrigen in. fich begreift, ift die des Fürften diefer Welt, 
oder bed Teufels auf der einen, und des SHerrfchers der 
zufünftigen Welt oder Chrifti, des Sohnes Gottes (II, 
19. 20.), auf der andern Seite, d. h. des guten und bü- 
fen Principe. Indem nun fo in den Glementinen der abs 
folute Manichäifche Dualismus als ein blos untergeordne⸗ 
ter erfcheint, und die Entftehung des Boͤſen auf eine Weiſe 
erklärt wird, bei welcher weder Gott Urheber des. Boſen, 
noch das Boͤſe ein abfolutes ift (es ift zwar. ſchon mit der 
erften Entftehung ein Boͤſes, aber nur durch eigene That, 
und hicht in jeder Hinficht ein Boͤſes Hom. XIX, 12.), 
trift die Lehre der Clementinen mit der Manichäifchen darin 
zufammen, daß fie, wie Diefe, die eigentlidhe Herrſchaft 
über die gegenwärtige Welt dem boͤſen Princip überträgt, 
woraus fich über dad Verhältniß des Guten und Boͤſen zur 
gegenwärtigen und zukünftigen Welt eine der oben erwaͤhn⸗ 
ten Manichäifchen Anficht ‚beinahe völlig gleichlautende ers 
gab, wiewir diefelbe Hom. XV, 7. dargelegt finden. „Der 
Prophet der Wahrheit lehrte, daß ber Allſchoͤpfer Gott, 
zwei Weſen, einem guten und einem boͤſen, zwei Reiche zu⸗ 
theilte. Dem boͤſen gab er die Herrſchaft der gegenwaͤrti⸗ 
gen Welt mit dem Geſez, daß es die Unrechtthuenden be⸗ 
ſtrafen duͤrfe, dem guten die kuͤnftige ewige Welt. Jeden 
Menſchen aber laͤßt Gott mit ſeinem Willen waͤhlen, was 
er will, entweder das gegenwaͤrtige Boͤſe, oder das zukuͤnf⸗ 
tige Gute. Diejenigen, welche ſich die gegenwaͤrtige Welt 
waͤhlen, duͤrfen reich werden, ſich wohl ſeyn laſſen und 
was ſie koͤnnen, genießen, denn an dem Guten der kuͤnfti⸗ 
gen Welt haben ſie keinen Theil. Die aber, die ſich fuͤr 
die zukuͤnftige Welt entſchieden haben, duͤrfen in der ge⸗ 
genwaͤrtigen, einem fremden Herrſcher gehoͤrenden Welt 
Baur's Manich. Ri. Syſt. 47 


2 — 


nichts als das Ihrige betrachten, auffer Waller und Brod 
(nach XH, 6. auch nod) Oliven und Kohl, die Manichäifchen 
Speifen), und auch diefen "Lebensunterhalt muͤßen fie ſich 
mit Schweiß erwerben, weil Feiner ſich felbft das Leben 
nehmen darf. Ebenfo dürfen fie auch ein einziges Klei⸗ 
dungsſtuͤk haben (vgl. XII, 6.), weil ed nicht erlaubt ift, 
ſich nakt zu zeigen vor dem allfehenden Himmel.” Welchen 
Einfluß der Verfaffer der Elementinen diefer Anſicht auf 
das Leben geben wollte, erhellt aus der darauf gegründe- 
ten Rechtfertigung des hriftlichen Gebots, Unrecht lieber 
zu leiden, ald zu thun. Da nemlid) die, welche fid) die fünfti- 
ge Welt erwählt haben,. in der gegenwärtigen Welt, in wel- 
cher fie mit den Bbfen zufammen find, doch vieles zu ge⸗ 

‚ nießen haben, Leben und Licht, Brod und Wäffer und an- 
deres, während doc die Kinder der gegenwärtigen Welt 
-. Seinen Theil an der Fünftigen haben werden, fo fcheinen 
dieſe fehr in Nachtheil zu kommen, und die Unrecht Leiden- 
den find eigentlich die Unrecht Tihuenden. Hom. XV, 8. 
Die Kinder der Fünftigen Welt find in der jezigen in dem 
ihnen verbotenen Reiche eines dem ihrigen feindlichen Ko⸗ 
nigs, fie haben alfo das Leben verwirkt, und werden ge= 
linde behandelt , wenn fie mit einer leichtern, nicht toͤdtli⸗ 
chen Strafe davon kommen (c..6.). Daher darf der From: 
‘me fich für Beleidigungen nicht rächen, theild weil, ftrenge 
genommen, jeder Beſiz für ihn Sünde ift, und deswegen, 
wer ihm ein irdifches Gurt nimmt, ihn auch von einer 
Schnld befreit, theild weil ed eine gnädige Verordnung 
Gottes iſt, daß die Frommen überhaupt ihre Vergehungen 
durch irdifche Leiden büßen, und fo der Etrafe in der kuͤnf⸗ 
tigen Welt enthoben werden (c.9.). Co ftreng ift dem⸗ 
nad) die Forderung , daß fich die Frommen nur als die Ar- 
men in diefer Welt zu betrachten haben, wer daher in Die 
fer Welt reich ift, Fan, wie die Manichäifche Lehre nad) 
der obigen Stelle lautet, in der Fünftigen nur arm feyn, 


— 248 — 


und da er das Seinige ſchon genoßen, aber ebendeswegen 
den wahren Gott nicht verehrt hat, nur Strafe leiden. 
Ziemlich nahe kommen dieſer Anſicht auch die apokryphiſchen 
Acta Thomae in dem Abſchnitt ($. 17—29.), in welchem _ 
der von Sefus verkaufte Apoftel Thomas die ihm von dem 
Könige Gundaphoros zur Erbauung eines Palaftes überge- 
bene Geldfumme an die Armen vertheilt, um dafür dem 
Könige den Befiz eines himmlifchen Palaftes zu erwerben: 
nur ift bier zugleich die Verzichtleiftung auf Geld und 
Gut in diefer Welt, um der Fünftigen willen, durch die hrifts 
liche Rüffiht auf Arme und Leidende motivirt. Sicher hat - 
die erwähnte Anficht aud) das Ihrige dazu beigetragen, ver - 
freiwilligen Aufopferung ded Vermögens zum Beften der 
Armen den großen Einfluß auf die Seligkeit der Fünftigen 
Melt zuzufchreiben, welchen man ihr fchon fo frühe im 
chriftlichen Alterthum zufchrieb. Die mit dem Manidydiss 
mus hierin fo genau übereinftimmende Lehre der Clementi⸗ 
nen hat wahrfcheinlich ihre nächte Quelle in der freiwilligen 
Armuth der Eßener, dieſe jelbft aber weifen in manchen 
auf den hoͤhern Orient zuräf. | 

Das dritte signaculum, das signaculum sinus macht 
den Manichaͤern Keuſchheit und Enthaltung von der Ehe 
zur Pflicht. Konnte ſchon die Geſchlechtsluſt an und fuͤr 
ſich von den Manichaͤern nur als ſinnlicher, fleiſchlicher 
Trieb verworfen werden, ſo mußte ihnen die Fortpflanzung 
des Geſchlechts, wie ſchon die Anſicht von dem Suͤnden⸗ 
fall des erſten Menſchen beweist, als größte Suͤnde ers 
ſcheinen, weil fie nur die Folge hat, Daß die Kichtfeele im⸗ 
mer tiefer in die Bande der Materie und des Fleiſches 
verftrift wird. Non concumbunt, ne nodis carneis ar- 
ctias implicetur et sordidius inguinetur (Deus). Aug. 
Contra Faust. VI, 3. vgl. XXI, 30. Es war, wie auch 
Alerander von Lyc. c. 4. meldet, Grundfaz: aneyeodas 
yauay xal aggodıclwv xal texvonoriag, iva un Enı- 

17.. 


— 260 — 


nAsiov 7 Öivanız dvorxyon rn Vin xara vv Tov yEvong- 
dindoyw. Doch galt Ehelofigkeit, wenigftens nad) der Er⸗ 
Härung, die Fauſtus XXX, 4. gibt; nicht allgemein’ und 
ımbedingte, ald Gefez: Demens profecto ille, non tantum 
stultus, putandus est, qui id existimet lege privata pro- 
hiberi posse, quod sit publica concessum: dico autem 
hoc ipsum,.nubere. (uapropter et nos hortamur qui- 
dem volenies, ul permaneant (sc. virgines), non tamen 
cogimus invitas, ut accedant. Novimus enim, quantum 
voluntas, quantum ei naturae ipsius vis eliam conira 
legem publicam valeal ‚: nedum adversus privalam , cui 
respondere sit liberum: nolo. Biigitur hoc modo virgi- 
nes facere, sine crimine,esi, exlra.culpam sumus et nes, 
Wie aber gleihwohl auch im ehelichen Leben das signacu- 
lum feine Bedeutung noch behaupten follte, erhellt aus 
Auguſtins gerechten Tadel Contra Faust. XV, 7. Yuguftin 
zeigt hier, wie fehr die Manichder gegen die fämmtlichen 
Gebote des Decalogus fid) verfüntigen. Tu doctrina daemo: 
niaca didicisti inimicos deputare.parentes tuos, quod te 
per concubitum in carne ligaverint, et hoc modo utigue 
Deo tuo immundas compedes imposuerint. Hinc etiam 
consequens praeceptum, quod est: non moechaberis, ita 
violatis, ut hoc maxinie in conjugio detestemini, quod 
‚Ali procreantar, ac sic auditores vestros, dum cavent, 
ne feminae, quibus miscentur, concipiant, eliam uxo- 
rum adulteros faciatis, Ducunt enim eas, ex lege ma- 
trimonit tabulis proclamantibus, liberorum procrean- 
dorum causa, ex vestra lege metuentes, ne particualam 
Dei sui sordibus carnis afficiant, ad explendam tan- 
tum libidinem feminis impudica conjunctione miscentur. 
Filios autem inviti suscipiunt, propter quod solum con- 
Jaugia copulanda sunt. Quomodo ergo non prohibes nu- 
bere, quod de te tanto ante praedixit Apostolus (1 Qim. 
4, 3.), guando id conaris auferre de nuptiis, unde sunt 


„— 261 — 


'nüptiae., Quo ablato mariti erunt turpiter amalores, 
meretrices uxores,, thalamı fornices , soceri lenones. — 
Nec ideo vos dicatis, bemerkt daher Auguftin Contra Faust. 
XXX, 6, non prohibere (nuptias), quia multos vestros 
auditores, in hoc obedire nolentes, vel non valentes, 
salva amicitia toleratis. Illud enim habetis in doctrina 
vestri erroris, hoc in necessitate societatis. ®gl. De mor. 
Manich. c. 18. De haeres. c.' 46. Aud) Titus von Bo: 
ftra berührt Died IL, 33.: Tv naudoyoviav vPeikovres Tag 
nifeıs avrois avev ye Tavrng ovußaivev 28), ÖovAoi ye 
Ovreg TIIg avayzaiag diadoyng no0og Heov vevouoredn- 
ueyng, all 0V Tg Mdovig, &yFool ye Ta navre TNg 
aAmFovg xal yunoias aperns xal ms evosßeiag Ovreg, 
WOTLEE RITIWUEVOLTO &EILWOV TOV TÜV avFpWTLaV yEvovg Kal 
PovAousvor avrev mov Orimaı Tov ÖEOuoV Tng puous. 

Die Manichäifche Lehre mußre, wie alle zum zweiten 
und dritten signaculum gehdrenden Gebote beweifen, ih⸗ 
rer ganzen Tendenz nad) dahin ftreben, alle Bande, bie 
den Menfchen mit der materiellen Welt verfnüpfen, aufzus 
heben. ft die Marerie das boͤſe Prineip, fo ift jede Be⸗ 
rührung mit der Materie, alles, was zur Förderung des 
fdrperlichen Lebens dient, was es erhält und fortpflanzt, 
Sünde, Fortfezung jener Urfünde, die die dem Lichte ents 
ftammende göttliche Seele zuerft in die Verbindung mit eis 
nem materiellen Körper gebracht hat. Es ergab ſich dies 
als nothwendige Folgerung aus dem Dualismus ded Sy⸗ 
ſtems, aber ebenfo mußte auch durch die Lehre von der all: 
gemeinen Verbreitung der Weltfeele durch die Materie dem 





28) Es muß hier, wie Basnage bemerkt, Halavoı ausgefallen 
feyn, aber auch das folgende dovAo. koͤnnte Anftoß erregen, 
da der Sinn ein dem folgenden &x900s gleichlautendes Wort 
zu erfordern fcheint, man nehme aber den Saz fo: da fie doch 
Knechte der von Gott geordneten dad. nicht Knechte der 70. 
feyn follten, fie, bien. f. m. 


— 262 — 


Menſchen jede zur Subfiftenz feines Lebens nothwendige 
Einwirkung auf die materielle Melt abgefihnitten werben. 
Es ift Sünde, ſich durch die unreine Materie zu verunreis 
nigen, und materielle finnliche Triebe zu naͤhren, aber auch 
das Leben der Seele in irgend einem Naturwefen zu fldren 
und zu verlezen, glaubte der Manichdismus nur für uner⸗ 
laubt und fündhaft halten zu fonnen. Se unnatürlicher 
‘aber und im ſich widerftreitender ein folder Rigorismus erz 
ſcheinen mußte, je unmittelbarer er außer dem Einen Grunds 
gefühl der Seele, der Sehnfucht, in die Heimath zurüfzus 
kehren, alle Thärigkeit des geiftigen und phyſiſchen Lebens 
aufhob, defto mehr drang ſich die Nöthigung auf, die 
Strenge deſſelben wieder herabzuftimmen und Milderuns 
gen einzuführen, die die Manicpäifche Sittenlehre der Nas 
tur des Menfchen und der Wirklichkeit des Lebens näher 
dringen konnten. Es geſchah dies theild durch die Manis 
‚häifche Kehre von der Buße und ihre Sundenvergebung be= 
wirkende Kraft, theild durch die Trennung der Manichaͤi⸗ 
schen Kirche in die beiden Glaffen der Auditores und Electi. 
Die Buße hatte eine wichtige Bedeutung im Syſtem der 
Manichder, ald nothwendiges Gegengewicht gegen die uͤber⸗ 
fpannte: Strenge der firtlichen Zorderungen. Je unvermeids 
licher die Sändewar, wenn jede, felbft jede zur Erhaltung des 
phyſiſchen Lebens nothiwendige, Berührung mit der materiel« 
len Welt, jede darauf fich beziehende finnliche Begierde für 
fündhaft erflärt werden mußte, defto weniger konnte, wo— 
‚fern nicht die Hoffnung einer endlichen Erlöfung völlig auf- 
‚gegeben werden follte, ein Mittel entbehrt werden, welchem 
man eine die Schuld der Sünde tilgende Kraft zufchreis 
ben zu dürfen glaubte. Ein foldyes Mittel konnten die Mas 
nichäer Feineswegs in der Gilndenvergebung bewirkenden 
Kraft des Todes Jeſu finden,” da fie weder die Realitär 
dieſes Todes anerkannten, noch überhaupt das Chriftens 
thum in eine fo nahe Beziehung zu ihrem Syſtem fezten, 


d I 


" 263 — 


demungeachtet hatte die Lehre von der Sündenvergebung im 
Manichäifchen Syſtem nicht nur eine fehr wichtige Bedeu⸗ 
tung 29) fondern_auch eine gewiffe Analogie mit dem Chris 
ftenthum. Wie der Tod Jeſu von den Lehrern der chriftlis 
hen Kirche bald vorzugsweife auf die der actuellen Sünde 
vorangehende Erbfünde, auf die in der menfchlichen Nas 
tur liegende unfreiwillige Sündhaftigfeit, bezogen wurde, {0 | 
rechtfertigten auch die Manichäer ihre Eündenvergebung 
durd) dad Unfreiwillige der Sünde. Si a spiritu vitiorum, 
fagt der Manichaͤer Secundinus in feiner Epist. ad Au- 
gust. in der hieher gehdrenden Hauptftelle, incipiat trahi 
(anima) et consenliat, ac post consensum poenitudinem 
gerat, habebit harım sordium indulgentiae fontem: 
carnis enim commixlione ducitur, non propria volun- 
tate. Der Seele wird demnach die Sünde nicht zugeredh: 
net, weil fie, ungeachtet fie ihre Zuftimmung dazu geben 
muß, doch wegen der außer ihr liegenden, gleichfam noͤthi⸗ 
genden Veranlaffang nicht als Urheberin derfelben angeſe⸗ 
hen wird. Die auf die Suͤnde folgende Neue gilt ald Bes 
weis dafür, daß die Sünde nicht die freiwillige That der 
Seele war. Aber auch wenn der Seele ein beftimmterer - 
Antheil an einer gewiffen Suͤnde zuzufchreiben tft, wenn fie 
mit Bewußtfeyn und voller Willenöfreiheit gefündigt hat, 
wird dadurch die Vergebung ihrer Sünde nicht unmdglid) 
gemacht. At si, fährt daher Secundinus fort, cum se 
ipsam cognoverit, consentiat malo, et non se armet 
contra inimicum, voluntate sua peccavit. Quam si 
iterum pudeat errasse, paralum: inveniet misericordia- 
rum auctorem. Auch in. diefem Sale hat daher die Neue 


29) Vgl. Aug. De duab. anim. c. 12.: Maxime urgentur 
auctoritate christiana: nunquam enim negaverunt, dari 
veniam peccntorum, cum fuerit ad Deum quisque con- 
versus, nunquam dixerunt, ut alia multa, quod scrip- 
iuris divinis hoc quispiam corrupior inseruerit, 


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— 264 —— 


Kraft genug, die durch die begangene Suͤnde auf der Seele 
liegende Schuld wieder aufzuheben. Damit haͤngt ſodaun 
der allgemeine Grundſaz enge zuſammen, welchen Secuns 
dinus in den unmittelbar darauf folgenden Worten aus— 
fpriht: non enim punitur, quia peccavit, sed quia de 
peccate non, doluit. Auch die mit Bewußtſeyn und Abs 
ſicht begangene Suͤnde ift, wenn auch an ſich Sünde, doch 
zurechnungsfähige Suͤnde nur, fofern die die gefchehene That 
bereuende Anerkennung der Suͤnde nicht nachfolgt. Diefe in 
der Reue gegebene Möglichkeit der Suͤndenvergebung nicht bes 
nuͤzt, und ebendadurd) eine. der Lichtnatur der Seele widers 
ftreitende Luft an der Sünde gezeige zu haben, ift das eigentlich 
Strafbare der Siinde. Atsi cum eo peccato, fezt daher Se⸗ 
cundinus noch hinzu, sine venia recedat, tunc virgini stul- 
tae comparabitur, tunc heres erit sinistrae manus, tunc 
a Domino pelletur ex convivio nuptiarum, nigrarum 
causa vestinm,ubi fletuseritet stridor dentium, ibigue cum 
diabolo ad ignem originis ipsins, Mir wiffen zwar nicht 
näher, wie die Manichäer den Begriff der Reue oder Buße 
beſtimmten, welche Forderungen fie dabei machten, im All 
gemeinen aber fällt von felbft in die Augen, daß die Leich⸗ 
tigfeit, mit welcher fie Suͤndenvergebung gewährten, gleis | 
chen Schritt hielt mit der Strenge ihrer ſittlichen Gebote. 
So wenig aber die Vergebung, der Sünden, indem fie 
nur an die Bedingung der Reue oder Buße geknüpft wurde, 
erfchwert werben follte, ald Grundfaz galt e8 deswegen doch, 
. baß bie durch die drei signacula verbotenen Handlungen mit 
einer‘ höhern Stufe von Vollkommenheit nicht vereinbar 
ſeyen. Indem man aber diefe höhere Stufe ald eine nur 
Wenigen zugängliche Region betrachtete, follte ein auch blos 
fi) annäherndes fittliches Verhalten doch immerhin auch 
noch ald eine gewiße, nur untergeordnete, Stufe von Voll⸗ 
Tommenheit gelten. Um den Begriff der Vollkommenheit 
auf der einen Seite aufs hoͤchſte zu fpannen, auf der andern- 


— 265 — 


aber ihm doch eine fo viel möglich weite Ausdehnung zu 
geben, unterfchied man auf diefelbe Weife; wie in der chriſtli⸗ 
chen Kirche frühzeitig genug zu gefchehen pflegte, eine dop⸗ 
pelte Tugend, eine Tugend der Vollfomminern und eine 
Tugend der Unvollfommnern, und fo tief auch diefe unter 
jener ftehen mochte, der Name der Tugend Fam doch auch 
ihr zu, und fie war wenigftend der erfte Schritt zu jener, 
Die Eintheilung der Manichäifchen Kirche in die beiden 
Glaffen der Auditores und Electi hatdaher eine mitden Mas 
nichäifchen Dualismus und dem durch dieſen bedingten Ri— 
gorismus der Sittenlehre fehr enge zufammenhängende Bea 
deutung. Im Allgemeinen war das Verhältniß zwiſthen den 
Electi und Auditores ein ähnliches, wie zwifchen wen Fi- 
deles und Catechumeni in der chriftlichen Kirche, weswe⸗ 
gen auch eben diefe Namen von den Schriftftellern :biswels 
len auf jene übertragen werden, wie 3. B. von Auguſtin 
De mor. ecoles. cath. c. 35. Acta disp. Arch. c. 9.. Der 
eigentlich Manichäifche Unterfchied aber zwifchen den Electe 
und Auditores beftund darin, daß während jene fich weit 
über die gewöhnliche Sphäre des Lebens erhoben; viefe 
derfelben fo nahe ald möglich blieben. Bei den Auditores 
trat das Eigenthuͤmliche der Manichäifchen Lebensweiſe noch 
wenig hervor, fo menig, daß Nuguftin, wie er gegen Fau⸗ 
ſtus XX, 23. äußert, in ihnen eher Heiden als Manichäer 
fehen will. Cum auditores vestri et uzores habeant, et 
fllios quamvis inviti suscipiant, eisgue patrimonia cor.. 
gerant vel cusiodiant, carne vescantur, vinum bihant; 
lavent, metant, vindemient, negotientnr, honores pub- 
licos administrent, vobiscum eos tamen, non cum gen- 
tibus compulatis, cum facta eorum gentibus videantur 
similiora, quam vobis, Vgl. Auguft. Epist. CCXXXVU. 
ad Deuterium: Auditores, gui appellantur apud eos, et 
carnıbus vescuntur, et agros colunt, et si woluerint, 
uxzores habent, quorum nihil faciunt, gui - vocantur. 


— 264 — 


Kraft genug, die durch die begangene Suͤnde auf der Seele 
liegende Schuld wieder aufzuheben. Damit haͤngt ſodaun 
ber allgemeine Grundſaz enge zuſammen, welchen Secuns 
dinus in den unmittelbar darauf folgenden Worten aus: 
ſpricht: non enim punitur, quia peccavit, sed quia de 
peccato non. doluit. Auch die mit Bewußtfeyn und Abs 
ficht begangene Stunde ift, wenn auch an ſich Sünde, doch 
zurechnungsfähige Suͤnde nur, fofern die die gefchehene That 
berenende Anerkennung der Siinde nicht nachfolgt. Diefe in 
der Reue gegebene Möglichkeit der Suͤndenvergebung nicht bes 
nözt, und ebendadurd eine der Lichtnatur der Seele widers 
freitende Luft an der Sünde gezeige zu haben, ift das eigentlich 
Strafbare der Sünde, Atsi cum eo peccato, fezt daher Se= 
cundinus noch hinzu, sine venia recedat, tunc virgini stul- 
tae comparabitur, tunc heres erit sinistrae manus, tuno 
a Domino pelletur ex convivio nuptiarum, nigrarum 
causa vestium, ubi fletus erit et stridor dentium, ibigue cum 
diabolo ad ignem originis ipsius. Wir wiffen zwar nicht 
näher, wie die Manichaͤer den Begriff der Reue oder Buße 
beſtimmten, weldye Forderungen fie dabei machten, im Als 
gemeinen aber faͤllt von felbft in die Augen, daß die Leich⸗ 
tigkeit, mit welder fie Sundenvergebung gewährten, gleis 
den Schritt hielt mit der Strenge ihrer ſittlichen Gebote. 
So wenig aber die Vergebung, der Suͤnden, indem fie 
nur an die Bedingung der Reue oder Buße geknüpft wurde, 
erſchwert werden follte, ald Grundfaz galt e8 deswegen Doch, 
daß bie durch die drei signacnla verbotenen Handlungen mir 
einer‘ höhern Stufe von Vollfommenheit nicht vereinbar 
feyen. Indem man aber diefe höhere Stufe ald eine nur 
Wenigen zugängliche Region betrachtete, follte ein auch blos 
fi) annäherndes fittliches Verhalten doch immerhin aud) 
noch als eine gewiße, nur untergeordnete, Stufe von Volle 
Tommenheit gelten. Um den Begriff der Vollkommenheit 
auf der einen Seite aufs höchfte zu fpannen, auf der andern- 


aber ihm doch eine fo viel möglich weite Ausdehnung zu 
geben, unterfchied man auf diefelbe Weiſe, wie in der chriſtli⸗ 
chen Kirche frühzeitig genug zu gefchehen pflegte, einie'dop% 
pelte Tugend, “eine Tugend der Vollkommnern und eine 
Tugend der Unvollfommmern, und fo tief auch diefe unter 
jener ftehen mochte, der Name der Tugend Fam doch auch 
ihr zu, und fie war wenigftens der erfte Schritt zu jener 
Die Eintheilung der Manichäifchen Kirche in die beiden 
Claſſen der Auditores und Electi hatdaher eine mitdem Ma⸗ 
nichäifchen Dualismus und dem durd) diefen bedingten Ri— 
gorismus der Sittenlehre fehr enge zufammenhängende Be⸗ 
deutung. Im Allgemeinen war das Verhältniß zwiſchen den 
Electi und Auditores ein ähnliches, wie zwifchen wen Fe- 
deles und Catechumeni in der chriftlichen ‚Kirche; weswe⸗ 
gen auch eben dieſe Namen von den Schriftſtellern biswei⸗ 
len auf jene übertragen werden, wie 3. B. von Auguſtin 
De mor. eccles. cath. c. 35. Acta disp. Arch. c. O. Der 
eigentlich Manichäifche Unterfchied aber zwifchen den Electt 
und Auditores beftund darin, daß während jene fich weit 
über die gewöhnliche Sphäre des Lebens erhoben; dieſe 
derfelben fo nahe ald möglich blieben. Beiden Auditores 
trat das Eigenthuͤmliche der Manichäifchen Lebensweife noch 
wenig hervor, fo menig, daß Auguftin, wie er gegen Faus 
ſtus XX, 23. äußert, in ihnen eher Heiden. als Mantchäer 
fehen will. Cum auditores vestri et uzores habeant, et 
filios guamvis inviti suscipiant, eisgue patrimonia' con!. 
gerant vel cusiodiant, carne vescantur, vinum bihant; 
lavent, metant, vindemient, negotientnr, homores pub: 
licos administrent, vobiscum eos tamen, non cum gen- 
tibus computatis, cum facta eorum gentibus videantur 
similiora, quam vobis,. Vgl. Auguſt. Epist. COXXXVII. 
ad Deuterium: Auditores, gui appellantur apud eos, et 
carnıbus vescuntur, ei agros colunt, et si woluerint, 
uxzores habent, quorum nihil faciunt, qui vocantur 


— 2166 — 


Electi. Daß die-Auditores ſich fogar des Fleifchgenuffes 
nicht enthalten. durften, wird wiederholt bezeugt, von. Fau⸗ 
ſtus ſelbſt XXX. 1.: Nos quidem solum in plebe sacer- 
dotale.hominum. genus censemus a carnibus ‚abstinere 
debere. So fehr aber. bey diefer Elaffe von Menfchen bie 
Manichäifche Sittenlehre ihre Strenge noch zuruͤkhielt, fo 
waren fie doch nach der Anficht des Manichaͤismus ſchon 
dadurch, daß fie fi) zu den Grundfäzen deffelben bekann⸗ 
ten, in eine höhere Sphäre des Lebens eingetreten, und 
ſtunden der Vollkommenheit der Blecti weit näher, als alle 
andern die nicht zu ihrer Secte gehoͤrten. Aber eben der 
Zuſammenhang mit den Eleeti iſt e8, der den Auditores 
noch in ‚einer andern Beziehung eine ganz eigenthuͤmliche 
Michtigfeit gibt. Selbſt für die Electi wäre die Stufe der 
Vollkommenheit, auf welcher fie ftunden, ein unerreichba= 
res Ideal geblieben, wenn fie ſich nicht auf die Verdienfte 
der” Anditores um fie hätten ſtuͤzen Fonnen, Handlungen, 
die fuͤr die Subſiſtenz des Lebens zwar norhwendig, aber 
gleichwohl nach der Strenge ‚der Manichaͤiſchen Grund— 
fäge unerlaubt waren, mußten, foweit fie mit der Heilige 
keit der Eleeti fidy nicht vereinigen ließen, von |den Audi- 
tores: übernommen werben. Da felbft die zum Genuße bes 
ſtimmten Baum⸗ und Gartens Früchte, ohne eine Verfüns 
digung am allgemeinen Naturleben zu begehen, nicht einges 
fammelt werden fonnten, fo waren ed die Auditores, die die 
Electi mit allen ndthigen Lebensmitteln verfehen mußten. Po- 
ma: ipsi non decerpitis, herbamgue non vellitis, sed ta- 
men ab anditoribus vestris decerpi et evelli atgue afferri 
vobis jubetis. Aug. De mor. Manich. c. 17. Es war dies 
für die Anditores eine heilige Pflicht der Pietät, deren Vers 
ſaͤumniß ſchwere Strafe nad) ſich z0g. Si quis non prae- 
stiterit. Electis.ejus, fagt Turbo von den Schllern des Mas 
nes in den Acta disp. Arch. c. 9., alimenta (der griechi⸗ 
fehe. est: bey Epiphanius fezt dafür evosßeav) poenis sub- 


— 26 — 


detar gehennae (bei Epiph. xoAuodnoeraı eig Tagıyeyaag 
i. e. per multas generationes, poenas expendet), et 
transformatur in Catechumenorum corpora,:usque m 
faciat misericordias multas (Ey. svosßeiag noAläc) , 
propterea, si quid oplimum est in escis, offerunt ind 
Electis, Die Auditores ließen e8 daran fo wenig fehlen, 
daß für die Electi aus dem Ueberfluß der ihnen gebrachten 
Lebensmittel, die nur von ihnen verzehrt werden durften, 
nicht felten eine Verlegenheit entſtund, welcher fie nicht 
abhelfen Fonnten, ohne fid) neue Vorwürfe von ihren Gegs 
nern zuzuziehen, wie wir von Aug. De mor. Manich. c. 16. 
hören: Quod ea, quae vobis quasi purganda offeruntur 
adepulas,:nefas putatis, si quis alius praeter Electos ad 
cibandum teligerit, quantae turpiludinis et aliguando 
sceleris plenum est? Siquidem saepe tam multa dan- 
iur, nt consumi facile a pancis non possint. Et quo- 
niam sacrilegium putatur, vel aliis dare, quod. redun- 
dat, vel certe abjicere, in magnas contrudımini crudi- 
tates, totum, quod datum est, quasi purgare cupientes. 
Jam vero distenti, et prope crepantes, eos, gui sub ve- 
stra disciplina sunt, pueros ad devoranda religua cru- 
deli dominatione compellitlis, ita ut cuidam sit Romae 
objectum, quod miseros parvulos cogendo ad vescen- 
dum talı superstitione necaverit. Ouod non crederem; 
nisi scirem, quantum nefas esse arbitremini, vel aliis 
haec dare, qui electi non sunt, vel certe projicienda 
curare. Unde illa vescendi necessitas restat, quae ad 
turpissimam),crudelitatem paene quolidie , aliguando ta- 
men potest et usque ad homicidium pervenire. 

Die Manichäifche Kirche im engern Sinne bildeten die 
Electi, die Primates Manichaeorum, voie fie Auguftin 
Contra Adim. c. 15, nennt, in welchen fi) das: Manichaͤi⸗ 
ſche Leben in feiner ganzen Reinheit und Volllommenheit 
darftellen folte. Was den Auditores erlaubt war, Fonnte - 


— 268 — 


ihnen nicht mehr erlaubt ſeyn. Durften ohne Zweifel auch 
fie in gewißen Faͤllen fuͤtr unfreiwillige Suͤnden Verge⸗ 
bung · hoffen, fo wurde doch an fie die Forderung, von 
Sünden rein zu feyn, in ihrer ganzen Strenge gemacht. 
Auditores, vocantur, ſagt Auguftin Contra lit, Petil. II. 
19.,:quod videlicet tanguam meliora et majora prae- 
cepta,observare non possint, quae observantur ab eis, 
quos Electorum nomine discernendos et honorandos pu- 
dant, — Bgl. De haeres. c. 46.: Electi Manichaeorum 
sanclius vivunt et excellentius Auditoribus suis. Nam 
his duabus professionibus, hoc est, Electorum et Au- 
ditorum, ecelesiam suam constare volnerunt. &ie find, 
wie fie. Manes felbft nennt in der Epist. fundam. bey 
Evodius De fide c. 4., die sancta ecclesia, die electi in 
eadem constituti, coelestium praeceptorum observatores, 
oder, wie fie nad) Theodoret Fab. haer. I, 26. auch ge= 
nannt wurden, die Volllommenen, ol xarouuevor Tersıor 
ag’ dvroig (die Perfeoti der Manichder des Mittelal— 
ters). ‚Sie ſtunden hoch, ber der niedern Sphäre des ge- 
wöhnlichen menfchlichen. Lebens, hatten alle Bande, die 
den Menfchen mit diefer materiellen Welr verfniipfen, fo viel 
an· ihnen war, abgeftreift, um nur das geiftige Leben in 
ſich zu nähren und zu pflegen, und ſich mit ungetheiltem 
Sinne. der reinen Lichtwelt zuzuwenden. Alles, was dem 
irdiſchen ‚Leben nad) der gewoͤhnlichen Anficht des Menfchen 
einen Werth und Reiz gibt, hatte für fie Feine Bedeutung, 
ſelbſt die naͤchſten Verhältniße der Blutsverwandſchaft war 
ren fuͤr ſie nicht mehr vorhanden (man vgl. die Worte des 
Fauſtus V, I.: Ego patrem dimisi et matrem etc. ſ. oben 
©. 244.) , weil auch fie auf der unveinen Gemeinfchaft des 
Fleiſches beruhten, fie lebten ohne Ehe, ohne Geld und 
Gut, ohne. fich weder durch irgend eine finnliche Luft zu 
erfreuen, noch ihre Hände burch ein, weltliches Gefchäft zu 
entweihen, ald die Armen der Welt in völliger Entfagung 


— 269 — 


alles deſſen, was den Menſchen verunreinigt, und ihn 

mit irgend einer in ber kuͤnftigen Melt abzubuͤßenden Schuld 
belaſtet. Qe einov vuiv noö.öliyov, fagt in dieſer Bes 
ziehung Turbo in den Acta disp. Arch. c. 9., & tie’ der 
oitsı Hegiodmostar oVrwg Euv eig ungavımw dicow 
Balın, PAndmosrar xai avrög, N guoaoag Ypvpadn- 
oeteL, 7 OnTnOag &gToV Öntndmoeran xal dk ToüTto 
onsionrav avtoig Epyov noımoen Diefe dem reinen Mas 
nichäer zur Pflicht gemachte Verläugnung aller auf das 
irdifche Leben fid) beziehenden Neigungen war es, was ben 
Auguſtin, wie er felbft gefteht De’ utilitate:credendi ad 
Honoratum contra Manich. c. L., fo lange er fich zur· Secte 
der Manichder hielt, nicht über den Kreis der Auditares 
hinausfommen ließ: Non vereor, ne me arbitreris: in» 
habitatum lumine, cum vitge hujus mundi eram im: 
plicatus, tenebrosam spam gerens,. de pulchritudine 
uzxoris, de pompa divitiarum, de ınanilate honorum, 
ceterisque noxüs et perniciosis voluptatibus, Haec enim 
omnia, quod te non latet, cum: studiose illos audirem, 
cupere et 'sperare non desistebam, Neque hoc. eo= 
rum döctrinae tribuo. Fateor enim et. illos sedulo mo- 
nere, ut ista caveantur. . Dad signaculum manuum 
mußte von ihnen fo heilig gehalten werben, daß fie. fich 
fogar in Anfehung der norhwendigften Lebensbenärfniße 
vor jedem. werfthätigen Gebrauch der Hände fcheuten: Um 
fi daher audy bei folchen an ſich unerlaubten Handlungen, 
die zwar die „Auditores verrichteten, die aber doch zum Bes 
ften der Electi gefchahen, vor jedem Antheil an einer Sünde 
zu verwahren ,. erflärten fie bei jeder Speife, die fie genofs 
fen, daß fie an allem, was. zu ihrer Herbeifchaffung ges 
ſchehen mußte, feinen Theil haben. Wenn ſie Brod, effen 
wollen, bemerkt daher Zurbo in feiner- Schilderung der 
Manichäifchen Lebensweife in den Acta disp. Arch. c. 9, 
beten fie zuerft md reden dad Brod fo an: „Ich habe dich 


- 


MR 2 372 — 


zemrag libidinem creat, quod haud scio, utrum divi- 
nitati‘. ejus:.conveniat.‘. Si vero, cum .credimus et ad 
meliorem pas convertimur statum, tunc formamur a 
Deo; A aut fare Christo placet,, ei ejus apostolis et nobis, 
„rofects et;movos nos facit Deus et honeste facit ac 
pure; quo. ‚gaid. consenianeum, quidve conveniens ma- 
. gis..sanelnp. ejus ac venerabili majestati ? Quod sı el 
von aucigrisatem Pauli: non. spernitis, ex ipso vobis 
guomnam „et,quando et. guemadmodum Deus hominem 
fagigt,.ostendemus, Es werben nun die Stellen. Ephef. 
Au El. 3,;9. Gal. 3, 27.. 1. Cor. 4,25, Gal.1, 
3- angeführt, unb erdrtert. "Ergo tunc fit, fagt Sauftus 
in. Veziehung auf Gal. 4, 27., homo a Deo ‚ cum ft 
aunus,.@x: altis, non cum ex uno divisus est in multa. 
Divisit ante. nes primusortus, id esi, corporalis, se- 
sundus adungt. änfelligibilis ac divinus: eogue rectissime 
nor hunc.guidem corporis naturae adscribendum pu- 
tabimus,.ölam. : vero supernae majestati. — Vides ergo 
ubigug ‚eum in hac altera nativitate nostra spiritali 
duntazat asseverantem 'nos.a. Deo ‚formari ‚„ non in 
priori. illa obscoena ac. Propndiosa ‚ quae nos nihilo 
praestanbins .negue mundius gnimalibus ceteris in ute- 
ro maerno ooncepit et: formavit et genuit. Qua de 
re animaduertere si volueritis, invenielis hac in. parte 
nos non tam professione a vobis distare, quam intel. 
lectu. Si quidem vobis placuerit, hoc veteri et exte- 
riori homini ac terreno tribuere, ut sit a Deo forma- 
tus, nos .vero ‚contra coelesti hoc dederimus et inte- 
riori ac novo .homini deferamus, neque id temere 
aut praesumlive , sed a Christo .discentes, et ejus apo- 
stolis,. qui primi eadem in mundo docnisse monstrantur. 
Mer follten diefe Wiedergebprnen, geiftig von Gott Gefchaf- 
fenen feyn , wenn nicht die Electi, vie Glieder der reinen, 
gottgeweihten Gemeinde? ... - . Se 


03 — 


Je größer aber, wie wir hieraus fehen, der Abſtand 
ber duditores von den Electi ift, deſto wahrfcheinlicher - 
möchte feyn, daB ber Webertritt aus dem Stande der Au— 
ditores in den Stand der Electi (denn aus jenen follten 
ja diefe ihren fteten Zuwachs erhalten) eine eigenthiämlis 
che Äußere religidfe. Bedeutung hatte. Es -fcheint daher 
bier am fchiflichften feine Stelle im Zufammenhang des 
Syſtems zu finden, was gewöhnlich über die Taufe der 
Manichäer vorgebracht wird. Allein wir wiffen darüber fo 
wenig Sicheres, daß im Grunde Faum davon die Mede 
feyn kann. Gewiß ift, daß die Manichäer der chriftlichen 
MWaffertaufe Feinen Werth und Nuzen zufchrieben, ob fie 
aber demungeachtet eine analoge, die Aufnahme aus den 
Auditores unter die Electi ertheilende heilige Handlung 
im Gebrauch hatten, ift nicht ganz entſchieden. Mosheim 
hat ©. 889. die Meinung fehr zuverfichtlich aufgeftellt, die 
Manichder haben zwar die Waffertaufe für uͤberfluͤßig und 
unwirffam gehalten, aber dennoch diefelbe, und zwar im 
Weſentlichen nad) dem Fatholifchen Ritus, nicht allen 
Electi, fondern nur denen, die ed verlangten, ertheilt. 
Es beruht aber diefe ſchon innerlich übel zufammenhängens 
de Anficht,wie Giefeler (Theol. Stud. u. Krit. I, 3. S. 621.) 
und Neander (Kirchengefch. I, 2. ©. 855.) gezeigt haben, 
auf Stellen, die eine foldye Folgerung nicht geftatten. Gie⸗ 
feler felbft ftelt ©. 620. die Stelle bei Auguftin De mor, 
eccl. cath. c. 35. als diejenige voran, die am meiften für 
die VBorausfezung einer Taufe bei den Manichäern zu fprechen 
fcheine. Quid calumniamini, ruft bier Auguflin den Mas 
nichäern zu, guod ‚fideles ac Jam baptismate renovati, 
procreare filios, et agros ac domos pecuniamgue ullam 
possidere non debeant? Permitiit hoc Paulus, nam, 
quod negari non potest, fidelibus scripsit I. Cor. 9. 11 etc. 
Quid obstrepitis pertinacia tantae veritati? Quid lucem 
scripturarum vanis umbris obnubilare. conamini? No- 


Baur’s Manich. RI. Syſt. Be 18 


— 274 — 


lite jam dicere, catechumenis licere uti conjugibns, 
‚fidelibus autem non licere, catechumenis licere habe- 
re pecuniam, fidelibus autem non licere. Nam et multi 
sunt, qui uluntur, languam non ulenles. Et illo sacro- 
sancto lavacro inchoalur innovatio novi hominis, ut 
proficiendo perficiatur, in alüs eitius, in aliis tardius. 
Aus diefer Stelle fließt Giefeler, daß: auch. bei den Ma— 
nichdern die Aufnahme unter die Electi durd) eine Taufe 
geſchah, die als Wiedergeburt, und folglich auch als alle 
früheren Sünden tilgend betrachter wurde. Mir fcheint 
dies jedoch nicht mit Sicherheit. gefchloffen werden zu koͤn⸗ 
nen, Die Manichaͤer konnten vollfommen gut den Fatholis 
ſchen Chriften enrgegenhalten: für die Glaubigen, durch die 
Taufe Wiedergebornen, ſchicke es fich.nicht, Kinder zu zeus 
gen und Hab‘ und Gut zu befizen, wenn auch bei den 
Manichäern ſelbſt die Sitte nicht war, vermittelft des 
Taufritus in deh Stand der Wiedergebornen überzutreten. 
Die Fideles fonnen auch blos aus Aecommodation zum 
chriſtlichen Sprachgebraudy als renovati baptismate bez 
zeichnet ſeyn, wie ja auch nachher unter dem sacrosan- 
ctam lavacrum nur die chriftliche Taufe verftanden werden 
Tann. Eher fonnte man fich durch folgende Stelle Augu— 
fins berechtigt glauben, bei den Manichäern den Gebrauch 
der Taufe vorauszufezen ; De moribus vestris, fagt Auguſtin 
in der Disp. I. contra Fortunat., plene scire possunt, qui 
electi vestri sunt. _Nostis autem, me non electum ve- 
strum, sed auditorem fuisse. Itaque quamvis et ora- 
tioni vestrae interfuerim, ut. interrogasti, ulrum sepa- 
ratim vobiscum habeatis aliguam orationem, Deus so- 
las potest nosse,.etvos. Ego tamen in oratione, in 
qua interfui, nihil turpe vidi, sed solum contra fidem 
animadverli, guam postea didici et probavi, quod con- 
ira solem’ facilis orationem. Praeter hoc in alia ora- 
tione vestra nihil novi comperi, Quisquis autem vobis 





— 29 — 


opponit quaestionem aliguam de moribus, electis vestris 
opponat. Quid autem inter vos ugülis, qui electi estis, - 
ega scire non possum. Nam et eucharistiam, atıdivi v 
vobis saepe, quod accipiatis, tempus autem accipiendi 
cum me lateret, guid accöiplalis unde nosse potuiꝰ Es 
iſt hier davon die Rede, wie weit die Sitten und Gebraͤu⸗ 
che der Manichaͤer mit den chriſtlichen uͤbereinſtimmen. 
Da mm Auguſtin, um in Hinſicht der Uebereinſtimmung 
fo viel als möglich zuzugeben, ſich ſogar auf das Abend: 
mahl beruft, als eine bei den Manichaͤern ſtattfindende 
chriſtliche Feier, ſo ſcheint um ſo weniger in Anſehung der 
Taufe eine dem Auguſtin bekannte Abweichung von der 
chriſtlichen Sitte angenommen werden zu duͤrfen. Ebenſo 
ſpricht der Manichaͤer Felix bei Augliftin De actis cum Fel, 
1,19. von Taufe imd Abendmahl ald. gemeinfchaftlicheit 
Gebräuchen der Manichäer und Chriften ; Si adversarius 
aullus contra Deum est, ut yüid baptizatı sumus? Üt 
guid eucharistid, ul guid christianitas, si contra Deum 
nihil est? Dagegen fcheint eine andere von Gtefeler nicht 
berüffichtigte Stelle bei Auguſtin Contra lib, Petil, II, 17. 
die Meinung zu beguͤnſtigen, die Manichäer haben gar Feis 
ne Taufe gehabt: Quod ei placet de illorum (Manichae: 
orum) baptismo dicat et scribat (Petilianüs) nesciens, 
aui neseire se fingens, non illie ita appellari calechu: 
imenos, tanquum baptismus quandogue eis debeatür, sed 
eos hoc vocari, qui etium auditores vocantur, yuod videlicet 
tanquam meliora ei majora prascepla bbservure hön 
pössini, quae observantur ab eis, guos eleclorum no- 
mine discernendos &i honorandos pütant. Waren bie 
Katechumenen oder „Auditöres der Manichder nicht zur 
Taufe beftimme, ſo kann bei den Manichäern überhaupt 
feine Taufe flattgefunden haben. Wielleicht wollte aber : 
Auguſtin tur dies ſagen: die Taufe iſt es Nicht, wor⸗ 
nach bei den Manichaͤern der Begriff der Katechumenen 
18.. 


ge 
. D am .. 
ee, 


— 26 — 


oder Auditores beſtimmt wird, ſondern das weſentlich Unter⸗ 
ſcheidende zwiſchen dieſen und den Electi find die Gebote, 
die von denEinen beobachtet werden, von den Andern nicht. 
Es kann deöwegen doch bei den Manichdern ein gewißer 
Taufritus eingeführt gewefen feyn, mur hatte die Taufe 
eine weit geringere Bedeutung, und fie galt nicht als eine 
religidfe Handlung, die bei jedem einzelnen der Anditores 
in einer beftimmten Zeit zu vollziehen war, fofern nichr, 


wie in der Fatholifchen Kirche die Katechumenen unmittels 


bar mit der Beftimmung, einft Fideles zu werden, gedacht 
wurden, auch bei den Manichdern alle Auditores in der 
Regel Blecti wurden. Im Ganzen aber läßt die Vergleis 
dung der hier dargelegten Stellen fehr zweifelhaft, ob die 
Manichäer eine Taufe hatten. Nehmen wir noch dazu, 
daß die Taufe, die die Manichäer etwa hatten, in Feinem 
Galle eine Waffertaufe war, fo wiflen wir noch weniger, 
welche Vorftellung wir uns von der Taufe der Manichaͤer 
machen follen. Aug. De haeres, c. 46.: Baplismum in 
aqua nihil' cuiquam perhibent salutis afferre: nec quem- 
gaam eorum, quos decipiunt, baplizandum putant (das 
Leztere bezieht fi) in jedem Fall mur auf die Aufnahme 
unter die Anditores). Contra duas epist. Pelagian. II, 2.: 
Manichaei lavacrum regenerationis, id est, aquam ip- - 
sam, dicunt, esse superfluam, nec protlesse aliguid, pro- 
Jano corde tontendunt. IV. 4.: Quid eis (Pelagianis) 
prodest, baptismum omnibus aetatibus necessarium 
confiteri, quod Manichaei dicunt in omni aetate super- 
flaum. Webrigens ſcheinen doch auf der andern Seite eben 
biefe Stellen, indem fie die Manichaͤiſche Verwerfung der 
Taufe ausbräflic auf die Taufe ald Waffertaufe- beziehen, 
am fo mehr die Vorausſezung offen zu laffen, die Taufe 
babe doch nur in anderer Form und auf andere Weife 
eine Bedeutung für die Manichder gehabt. In diefer 
Beziehung macht Giefeler a. a. O. ©. 622. auf die von 


— 277 — 


Turibius, dem Biſchof von Aſtorga (Epist. ad Idac. et 
Cepon. unter Leo's des Großen Briefen) gemeldete Nach⸗ 
richt aufmerkſam, daß die Manichaͤer, gemaͤs den von ih: 
nen verehrten Acta Thomae, mit Del taufen, eine Angabe, 
die durch die num in Thilo's Ausgabe näher bekannt ge- 
wordene apokryphiſche Echrift felbft vollfommen beftätigt ift, 
indem, wie hier 9 26. fx S. 42. f. erzählt wird, der König 
Gundaphoros nebft feinem Bruder das Eigel der Taufe des 
Nachts, bei dem Glanze vieler angezündeter Lichter, Dadurch 
eınpfängt, daß der Apoftel Del auf ihre Häupter ausgießt, 
und fie unter Segenswünfchen damit falbt. Ich flimme 
‚ganz der Meinung Giefeler’8 bei, daß.das Waller, wenn 
ed die Hauptfache gewefen wäre, bier nicht wohl, wie 
Thilo glaubt, mit Stillfchweigen übergangen feyn Tann, 
fondern vielmehr das wirklich. erwähnte und bedeutung svoll 
gebrauchte Oel die Stelle deſſelben vertritt, nur ſcheint mir 
der Schluß aus den Acta Thomae auf die bei den Mani⸗ 
chäern herrfchenden Vorftellungen und Gebräuche nicht zu 
weit ausgedehnt werden zu dürfen. Es mag allerdings aud) 
durch diefe, Manichäifchen Geift verrathenden, Acta, das Vor: 
handenfeyn eines Zaufritus bei den Manichäern etwas 
wahrfcheinlicher werden, ob aber der Gebrauch. des Oels 
dabei allgemein vorausgefezt werden darf, möchte id) be⸗ 
zweifeln. Empfahl fi) auch den Manichdern das Del als 
finnvolleres Symbol 3°) ſo kann doch aud) das Del für fie 





30) Eine Reinigung dur, Waffer, die aquae vizales, nehmen 
die Manichder wenigftens im Monde an. Doch ſehen wir 


auch aus einer von Giefeler nicht erwähnten Stelle der Acta 


Arch. c. 10. daß die Manichäer wirklich vom Del aud einen 
ſymboliſch- religiöfen Gebrauh machten. Manes befahl fels 
nen Electi, und nur diefen: &&v mavonode dodiovres, euye- 
0% zul Bülkere En Tg xepaijc Eaıov Eiwgxıoutvov Drouaos 


nollois ngös Ormpıyuov Ts niorews Tavın. Ta Ö8 örö- 


— 


—* 


j 6 


— 8 — 


nur die Bedeutung eines an ſich gleichguͤltigen, nicht gerade 
nothwendigen Zeichens gehabt haben. Es darf hier wohl 
uͤberbaupt noch daran erinnert werden, daß Auguſtin, der 
uns auch hier hauptſaͤchlich als Gewaͤhrsmann gelten muß, 
wie aus allem erhellt, von dem Vorhandenſeyn und der 
Beſchaffenheit der Manichaͤiſchen Taufe ſelbſt keine naͤhere 
Kenntniß hatte. Die Mauichaͤiſche Taufe kann, da die Au- 
ditores, wie wir beftimmt wiſſen, nicht getauft wurden (mach 
der obigen Stelle aus Aug. De haer.) nur bei der Aufnahme 
unter die Eleeti ftattgefunden haben, über alles aber, was 
im Kreife der Eleeti vorging, war auch Auguftin, wie er 
felbft in der oben aus der Disp. I. contra Fortun. angeführs 
ten Stelle verfichert, nicht genauer unterrichtet, weil es 
die Manichder felbft nur als ein efoterifches Geheimniß bes 
handelten. Wir kdnnen daher nicht annehmen, daß Augu⸗ 
ſtin felbft genau wußte, wie es fid mit der Manichaͤiſchen 
Taufe verhielt. Da er jedoch den Manichaͤern nirgends den 
Vorwurf macht, daß fie Feine Taufe haben, vielmehr Die Taufe 
bei ihnen vorauszufezen fcheint, fo haben wir, alles zuſammen⸗ 
genommen, feinen Grund zu bezweifeln, daß dieManichder wirk⸗ 
lich einen der chriftlichen Taufe entfprechenden Gebraud) gehabt 
haben, Er fand bei der Aufnahme unter die Electi ald Ein= 
weihungsritus ftatt, und kann daher nur ein Act gewefen 
ſeyn, der dem ‚Aufzunehmenden durch Vergebung feiner 
Sünden die Heinheit ertheilen follte, ohne dieman der Geſell⸗ 
{haft dieſer Vollkommenen nicht einverleibt werden konnte. 
In dieſer Beziehung war der Ritus der chriſtlichen Taufe 
analog, was feine Form und Materie betrift, fo wiſſen 
wir hierüber nichts Sicheres. Statt des Waſſers mag we⸗ 
nigftend an manchen Orten Del zum Symbol gedient has 





uora nor obx Epayepusm. Geweihted Del war alfo ein Sym= 
bot der Stärkung des Glaubens. Ebenſo konnte es aud bei 
der Taufe gebraucht werden. 


— 279 — 


ben, aber eben ſo gut laͤßt ſich denken, daß der Act, an 
welchen die ſuͤndentilgende Wirkung der ganzen Handlung 
ſich zunaͤchſt anknuͤpfen ſollte, wie bei den Manichaͤern des 
Mittelalters, eine bloße Handauflegung war. Gilt uͤber⸗ 
haupt von den Manichaͤern des Mittelalters irgend ein 
Schluß ruͤkwaͤrts auf die alten Manichaͤer, fo kann da⸗ 
durch nur das fo eben Gefagte beftätigt werden. Die Ma⸗ 
nichäer des Mittelalters hatten eine Taufe, die vermittelft 
einer Handauflegung die vollfommenfte Suͤndenvergebung 
ertheilte (daS fogenannte consolamentum) und den auf 
diefe Weife Getauften zu einem Zlectus madıte. Vgl. Gie⸗ 
feler a. 0.9. ©. 624. und Lehrb. der Kirchengefch. 2r Bd. 
2e Abth. 2e Ausg. S. 489, Wir haben keinen Grund hier- 
in eine bedeutende Differenz zwifchen den ältern und fpätern 
Manichäern anzunehmen, und der Taufritus der Leztern 
fann nur als Beweis gegen die ohnedies nicht fehr wahr: 
fcheinliche Vermuthung Giefeler’8 gelten, daß der Mani: 
chaͤismus des Mittelalters fi zum Theil aus den Schrif— 
ten Auguſtins reproducirt habe 37). 

Ob unter den Manichäifchen Electi, wie Gieſeler (Theol. 
Stud. und Krit. a. a. O. ©. 623.) behauptet, eine Wies 
verholung ihrer Sünden tilgenden Taufe in Uebung war, 
ob damit vielleicht die den Manichäern-zugefchriebene Feier 
des Euchariftie zufammenhing, laͤßt fich nicht beftimmen. 


31) Was Cyrill von Serufalem Cat. VI, 33. über bie Taufe 
der Manichder fagt: od Tolum Ent avdguy zul yuramuy TO 
Avıoov adrav dinynoacdar, ov ToAun eineiv, lvı Eußanıove 
zes 77 ioyada didoacı Tois aHhloıs, fheint mir feine Beach⸗ 
tung zu verdienen, da Cyrill offenbar die den Manichaͤern 
in Beziehung auf das Abendmahl gemachten Befchuldigungen, 
von welchen nachher die Rede feyn wird, auf die Taufe 
überträgt. — Man vgl. über die Taufe der Manichaͤer die 
von Touttee zu der genannten Stelle Cyrills gegebenen Nach⸗ 

weiſungen. 


— a 


Ueber die Eudjariftie ber Manichäer wiſſen wir ebenfo we⸗ 
nig, ald:über ihre Taufe, da Auguftin in der obigen Stelle 
zwar von einer Feier der Euchariftie bei den Zlecti fpricht, 
über Zeit und Materie aber nichts anzugeben weiß. Schon 
dadurch iſt die Befchuldigung der Abſcheu erregenden Ges 
Bräuche widerlegt, bie Die Manichaͤer, wie Auguftin in anz 
dern Stellen behauptet, mit den Euchariftie verbunden 
haben.follen. Qua occasiöne, wird De haeres. c. 46. ges 
fagt, nachdem zuvor von den Kichtfchiffen die Rede war, 
vel potius exsecrabilis superstilionis guadam necessitate ı 
coguntur electi eoram, velut eucharistiam conspersam 
cum semine humano sumere, ut eliam inde, sicut ae aliis 
eibis, quos sumunt, substantia divina purgetur.— Divi- 
nas enim virtutes, quantum possunt, imitari se putant, 
ut purgent Dei sui partem: quam profecto sicut in om- 
nibus corporibus coelestibus et terresiribus, atque in om- 
nium rerum seminibüs, ita et in hominis semine, teneri 
existimant inguinatam. Ac per hoc seguitur eos, uf sic 
eam eliam de semine humano quemadmodum ae alüs 
‚serninibus, guae in alimentis sumunt, debeant manducando 
purgare. — Auguftin fagt aber dabei felbft: sed hoc se face- 
‚re negant,et alios nescio quos sub Manichaeorum nomine 
‚facere affırmant. Vgl. De nat. boni. 0.47. Auch De mor. 
‚Manich. c. 19. fpricht Auguſtin von einem bloßen Verdacht. 
Es ift allerdings fehr glaublic), daß gnoftifche und Manichaͤi⸗ 
{che Lehren ſchaͤndliche Verirrungen diefer Art nicht felten zur 
Folge gehabt haben (man vgl. befonders die fo manche, aus dem 
populären Kreife des Lebens entnommenen Ziige enthaltende 
Kezergeſchichte des Epiphanius Haeres. XXVI, 4. 5. 9. 11.), 
nur find wir nicht berechtigt, jene Sirte bei den Manichaͤern 
als dffentlich fanctionirte vorauszufezen 92). 


32) Weber das hier noch zu beräffihtigende Verhaͤltniß der 
Manichaͤlſchen Taufe und Euchariſtie zu den Gebraͤuchen der 
Mithras⸗ Myferien vgl. man den folgenden Abſchnitt. 





— 351 — 


Im Allgemeinen yerhalten fic) die Electi und „Audito- 
res auf diefelbe Weife zu einandet, wie die Guoſtiker pneus 
matifche und pſychiſche Menfchen zu unterfcheiden pflege 
ten, und wie auf der dritten Stufe die hylifchen ftunden, 
fo bildeten nach) der Manichäifchen Unficht dieſe Klaffe alle, 
die ſich außerhalb der Gefellihaft der Manichder befanden, 
und nod) ganz der materiellen Welt angehörten. So ſtreng 
und confequent fonft der Manichäismus feine dualiftifche 
MWeltanficht durchzuführen bemüht ift, fo war er doch hier 
wenigftens, um nicht die fittlid) = religidfe Aufgabe des Lebens 
als ein unldsbares Räthfel erfcheinen zu laſſen, gendbthigt, 
zwifchen Geift und Materie ein Vermittelndes einzufchieben, 
und einen allmäligen Uebergang von dem einen der beiden 
entgegengefezten Principien zum andern anzunehmen. 

Um jedoch der innern Conftruction des Manichäifchen 
Syſtems fo viel moͤglich zu folgen, müffen wir die Stellung, 
die die Eleeti in dem ganzen Organismus der Welt und 
. bed Menfchenlebend einnehmen follten, nod) genauer ind Auge 
faffen. Das höchfte Gefez, das der ganzen Weltentwiklung 
zu Grunde liegt, ift die Läuterung der Kichtfeele von- der 
Befledung der Materie. Ulle Theile der Kichtfeele, die die 
Materie verfchlungen und mit fi) vermifcht hat, muͤſſen 
auch wieder von derfsiben ausgefchieden, und dahin zuräf- 
gebracht werden, von wo fie ausgegangen find. Auch das 
Leben des Menfchen hat Feine höhere fitrlid) =religidfe Auf: 
gabe. Wie der Menfch überhaupt ein Mifrofosmos-ift, fo 
reflectirt fi in ihm auch der ganze Plan und Zwek des 
Weltlaufs in einer engern, aber um fo intenfivern Sphäre, 
und wo das Menschenleben felbft fich wieder in einen engern 
Kreis zufammenzieht, in weldyem die göttlihe Wahrheit, 
die hoͤchſte Idee der Welt und des Menfchenlebens, wie 
durch Mani's Offenbarung gefchehen ift, zum helleren Bes -. 
wußtfeyn kommt, bildet die auf dem Grunde der erkannten 
Wahrheit vereinigte Geſellſchaft einen Brennpunct, in wels 


— 262 — 


chem ſich die zerſtreuten Lichtſtrahlen ſammeln, um von 
Stufe zu Stufe dem endlichen Ziele der ganzen zum Urlicht 
emporſtrebenden Weltordnung naͤher zu kommen. Dies iſt 
die Hohe Bedeutung, die die Manichaͤiſche Kirche im ganz 
zen Weltfoftem hat, fie ift mitten im der fie umgebenden, 
durch die Uebermacht der Materie verdunfelten, im Argen 
liegenden Welt der Eine lichte Punct, von welchem aus das 
lichte Prineip das entgegenftehende finftere in immer großes 
tem Umfange überwinden, und der göttliche Weltplan fich 
realifiren muß, ans welchem Bewußtfeyn bei den Manichaͤ⸗ 
ern die fo heutlich ſich anfündigende Tendenz hervorging, 
ihre Lehre zu verbreiten, und ihrer Gefellfchaft eine immer 
größere Ausdehnung und Bedeutung zu verfhaffen. Was 
aber die Manichaͤiſche Kirche im Verhaͤltniß zur Welt ift, 
iſt dann wieder der engere Kreis der Electi im Verhaͤlt⸗ 
niß zu.dem weiteren Vereine der Auditores, und was in 
diefem noch vielfach fich theilt und außeinandergeht, con⸗ 
centrirt ſich in jenem erft zum inhaltsreichen Einheitöpunet. 
Sa den Electi laufen alle aus dem ganzen Umfange der 
untern, materiellen Welt fich fammelnden Kichtftrahlen zus 
fammen, in ihnen gelangt die ſtets ſich emporarbeitende 
Kichtfeele zum vollfommenen Bewußtſeyn ihrer Kichtnatur, 
und zu der Kraft, fih von dem Einfluß der Materie vdllig 
loszumachen. Wie aber das geiftige md lichte Princip im 
den ‚Blectis felbft den hoͤchſten Punct feiner Entwillung in 
der Sphäre diefer Welt erreicht hat, fo foll g8 von ihnen 
aus auch auf die mit den Zlecti fo nahe zufammenhängen- 
de Claffe der Auditores einwirken, und bei diefen diefelbe 
Entwiklung des Geiſtes und Lichtes fdrdern, Es ift und 
zwar die eigentlich geiftige Seite des Verhaͤltniſſes der 
Electi zu den Anditores beinahe ganz unbefannt 33), doch 





33) Worauf fih die Angabe Neanders S. 852. gründet, den Audi- 
tores feyen bie Schriften Mani’s zwar vorgelefen, die Lehre 
ı\ N 
’ 


— 283 — - Zn 


weifen einige Spuren auf ein wahrhaft priefterliches, prie⸗ 
fterliche Segnungen ertheilendes Verhältniß hin. Die 
Electi waren ed, die den Auditores in manchen Fällen 
Vergebung der Sünden ertheilten, um fie auf eine höhere 
Stufe fledenlofer Reinheit emporzubheben. Da die Audi- 
tores für die Electi felbft die an und für ſich zwar file 
fündlic) gehaltenen, aber zur Erhaltung des Lebens noth- 
wendigen Gefchäfte verſahen, fo war es natürlich, daß fich 
die von der Electi den Auditores ertheilte Suͤndenverge⸗ 
bung vor allem darauf bezog. Es ift ſchon oben ©. 269. 
eine Stelle aus den Acta disp. Arch. angeführt worden, 
nad) welcher die Electi filr die Auditores, die ihnen Nahs _ 
rungsmittel brachten, zu beten pflegten. Auch nach Aus 
guftin war unmittelbar mit der Darbringung der Lebens- 
mittel die Vergebung der dabei begangenen findlichen 
Handlungen verbunden, die den Auditores durch die Nach⸗ 
fiht der Electi ertheilt wurde, Cum decerpsit auditor 
vester (cucurbitas viventes) reus factus est, vestra in 
dulgentia liberandus, ug. Contra Faust. Vl, 4. Der 
Grund davon lag in der Nothwendigfeit der Handlung, 
weil nur dadurch dad Leben ber Electi erhalten und die 
Befreiung der in den Gewaͤchſen und Früchten gebundenen 
Lichtſeele vermittelft ihres Genuffes bewirkt werden konnte. 
Suis anditoribus, fagt daher Auguſtin De haeres. c. 46. 
von den Manichaͤern, ideo haec (was nicht ohne eine Ver: 
fündigung gegen das Naturleben gefchehen kounte) arbitran- 
ur ignosci, gula praebent inde alimenta electis suis. 


— — 


deſſelben in ihrer ſymboliſch⸗moſtiſchen Einkleidung ihnen vorge⸗ 
tragen worden, aber uͤber den innern Sinn derſelben haben ſie 
keinen Aufſchluß erhalten, iſt mir nicht bekaunt. Die Voraus⸗ 
ſezung, daß Mani's Schriften einen gewißen Innern, nur von . 
den Electis verftandenen Sinn enthalten haben, feheint mir 
fehr zweifelhaft. Was wärden wir, bei diefer Vorausſezung über 
Mani's wahres Syitem noch zu behaupten wagen koͤnnen? 


y . 





14 


Contra Faust, XXX, 5.: Auditoribus vestris, quos 
Hanguam dislinctos a genere sacerdolum dizisti, haec 
_(carnes) edenda congeditis. — Neque enim conceditur 
secundum veniam, nisi peccatum: hoc vos de omni 
carnium cibo sentitis: hoc et ipsi ab haeresi vestra di- 
dieistis, et vestros auditores docetis: sed illis quod sit 
ignoscendum, propier quod vobis necessaria ministrant, 
ut dixi, conceditis, non dicentes, non esse peccalum, 
ed peccantibus veniam largientes. Man vgl. auch De 
inor. Manich. c. 17, Si generalem cognationem omni- 
um esse corporum dicitis, arbores quoque ad eandem 
principum öffensionem (f. die S. 254. angeführte Stelle) 
procul dubio pertinebunt, quibus parcere, non est man- 
datum auditoribus. Reditur ergo ad illud invalidum, 
ea, quae in slirpibus auditores laedunt, expiari per 
fructus, guos ad ecclesiam vestram ferunt. Dictum 
‚est enim hoc modo, eos, qui in macello laniant anima- 
lia, carnesgue vendilant, si vestri auditores sint, sua- 
que lucra comparalis frugibus vobis conferant, caedem 
illam Quotidianam sibi licere contemnere, et quid- 
quid in ea peccali est, vestris epulis aboleri. Aus 
dieſen leztern Worten darf nicht gefchloffen werben, die 
Electi haben die Auditores auch für die Tödtung der 
Thiere entfündigt, fondern Auguftin will nur die Unhalt⸗ 
barkeit des Grundes, mit welchem die Manichaͤer die Ver— 
lezung des Naturlebens in den Pflanzen rechtfertigten, durch 
die Eonfequenz darthun, daß mit demfelben Grunde auch 
die Tddtung- der Thiere gerechtfertigt werden fünnte, wos 
fern nur der daraus gezogene Gewinn auf Anfchaffung von 
Srüchten für die Electi verwendet wirde. Klar aber ift 
auch hier ausgefprochen, ‚daß die den „Auditores ertheilte 
Sündenvergebung darin ihren Grund hatte, daß die Fruͤch⸗ 
te, wegen weldyer fie entfühdigt werden mußten, für die eis , 


— 285 


gentliche ecelesia beftimmt waren 3%). Ohne Zweifel hatte 
jedoch das. Verhältniß, in welchem hienach die Auditores 
zu den Electi flunden, eine nod) weitere Ausdehnung, und 
die Auditores erhielten wohl aud) für andere für fündlich 
gehaltenen Handlungen, die Feine fo nahe Beziehung auf die 
Electi felbft hatten, von ihnen Sündenvergebung. Ziehen wir 
hierin Betracht was Auguftin Epist. LXXIV, an den Bi⸗ 
ſchof Deuterius fchreibt: Ipsi auditores ante electos ge- 
nua Jigunt, ut eis manus supplicibus imponantur , non 
a solis presbyteris, vel episcopis, aut diaconibus eorum, 
sed a quibuslibet electis, fo erfcheinen uns hier uͤber⸗ 
haupt, den Auditores gegenüber, die Electi als Wefen hoͤ⸗ 
herer Art, durch deren Mittheilung jenen alle geiftigen 
Segnungen zufließen. Sie waren, wie fie denn auch wirf- 
lic) von Fauftus felbft in der obigen Stelle ein sacerdotale 





34) Wegnern hat in dem zweiten Theile der Schrift über die 
Manichäer, welher De indulgentiis, sive peccatorum re- 
missionibus, quas Manichnei exercuere, handelt, aus eis 
nigen Stellen des Syrers Ephraem in dem Hymnus adv, 
haeret. II, die $olgerung gezogen, bie Manichder haben jene 
Sündenvergebung , die anfangs blos von den Zlecti den Au- 
ditores für die gebrachten Früchte ertheilt wurde, ſpaͤter 
auch katholiſchen Chriſten angeboten, und der Verheißung 
Chriſti Matth. 18, 18. In Beziehung auf fih eine fehr übers 
triebene Auslegung gegeben. Es feyen demnach hier die er= - 
ften Anfänge des fpäter In der Fatholifhen Kirche fo gewoͤhn⸗ 
lich gewordenen Indulgenzenverkaufg wahrzunehmen ‚nur 
mit dem Unterfhied, daß fih die Manichäer für ihre Ins 
dulgenzen, nicht Geld, fondern Lebensmittel geben ließen. 
Es wird jedoch diefes Nefultat durch die gegründeten Gegens 
bemerfungen Giefelerd Stud. und Krit. J, 3. ©. 615. fehr 
befchränft. Man vgl. auh was D. v. E. In der Haller 
A. L. 3. 1829. ar. 221. ©. 481. f. in der Anzeige der Weg⸗ 
nern'ſchen Schrift hierüber bemerkt Hat. , 


Er: 


— 286 — 


hominum genus genannt werben, ein wahrhaft priefterliz 
des Geſchiecht, und wir duͤrfen wohl mit Recht die Be— 
griffe, mit welchen im Orient das Verhaͤltniß der Prieſter⸗ 
caſte zu den untergeordneten Caſten gedacht wurde, auch auf 
das Verhaͤltniß der Llecti zu den Auditores übertragen. 
Sie waren, wie Neander ©. 852. fie treffend bezeichnet, 
die Braminen der Manichder. Wie in dem Organismus 
des indifchen Caſtenſyſtems nur die Braminen es find, im 
welchen die übrige von ihnen abhängige Menfchheit zu ih— 
rem geiftigen und religidfen Bewußtfeyn kommt, fo war es 
auch hier auf analoge Weiſe. Auf der einen Seite hatte 
nun zwar, wie aus dem Bisherigen hervorgeht, das geiftiz 
ge Leben, in das die „Auditores aufgenommen waren, fein 


‚ Prineip in den Zleeti , auf der andern Seite waren aber 


auch die Auditores felbft die Organe, durch welches den 
Eleeti das in ihnen ſich concentrirende Licht Zuftrömte, 
nur kehrte auch hier wieder der Manichaͤismus feine mate⸗ 
rialiſtiſche Seite recht auffallend Heraus. Judem die Au- 


‚ ditores die Fruͤchte, die den Zlecti zur Nahrung dienen 


foltten, pfläften, und die Electi fie genoßen, wurden da— 
durch die in denfelben gebundenen Kichetheile frei, die nach 
der Wanderung durch verſchiedene Körper nun endlich zur 
Raͤkkehr in das Kichtreich reifen Menfchenfeelen. Von den 
Electi aus Fonnten fie, da fich biefe der fleifchlichen Merz 
miſchung, wodurch, bie Seele immer aufs Neue mit den Bars 
den der Materie umfchlungen werden, völlig enthielren, 
ihren Weg nur nad) oben nehmen 3%), So wichtig ift der 
Punct, welchen der in dem ganzen Näturleben ſtets forte 





+35) Was daher nicht dieſen Weg nahm, wurde von ſeiner Laͤu⸗ 
terungsbahn wie verfhlagen, weswegen Auguſtin De mor. 
Manich. & 25. ſagt: animalia cibum capiunt, qune si 
ceoncumbunt, ligant in carne divinium iiud membrum , 
& a certo suö. itinere aversum atqus impellitun errori- 


bus aerumnisgqus Implicant. 


— 287 — ur 


gehende Läuterungsproceß in den Electi erreicht, aber auch 
die Auditores find ein nothwendiges Glied in demſelben, 
da ohne fie den Electi der materielle Stoff fehlen würde, 
aus welchem durd) fie Die göttliche Lichtfubftanz ausgefchies 
den werden foll.. Vgl. Auguftin De haeres. c. 46,: /psam 
boni a malo purgationem ac liberationem non solum 
per totum mundum et de omnibus ejus elemeniis vir- 
iutem Dei facere dicunt, verum etiam electos saos per 
alimenta, quae sumunt, et eis quippe alimentis, sicuti 
universo mundo, Dei substantiam' perhibent esse com- 
mixtam, quum purgari pulant in electis: suis eo gene- 
re vitae, quo vivunt electi Manichaeorum velut san- 
ctius et excellentibus auditoribus suis. — Praebent ali- 
menta electis suis, ut divina illa substantia in eorum 
venire purgala impelret eis veniam ‚„ gquorum -traditur 
oblatione purganda. — Contra Faust. V, 10.: Si melioris 
meriti' sunt (auditores) in melones et cucumeres, vel 
in alios aliquos cibos veniunt, guos vos manducaturi 
estis, ut vestris ructalibus cito purgenlur. — O beata 
olera, ruft daher Auguftin a. a. O. VI,6. aus, quibus et 
manu evulsis et ferro concisis et igne crucialis, et den- 
te contritis, concessum est tamen, ut ad vestrorum in- 
testinorum aras viva perveniant, et o misera pecora, 
gquae cum citius de corpore suo exeunt, in vestra cor- * 
pora intrare non possunt. Nach der Manichäifchen An⸗ 
ſicht konnte, wie es fcheint, alles, was in das Lichtreich 
gelangen follte, feinen Weg nur durch die Electi nehmen, 
weswegen Auguſtin a. a. O. die Frage macht: Cur, si carni- 
bus vesci non vulltis,non ipsa anımalia, Deo vestro ob- 
lata, mactatis, ut animae illae, guas non solum puta- 
tis humanas, sed ita divinas, ut ipsa Dei membra esse 
credalis, a carcere dimittantur, et ne ıterum redeant, 
vestris orationibus commendentur? An amplius eas 
adjuvalis ventre quam mente, et illa potius Dei natura 


.. Y ‘ u _ . 
ie 


— 


— 288 — 


salvatur, quae vestris visceribus exhalari meruerit, 
qnam guae vesiris precibus commendari? Propterea 
ergo ventri vesiro pecora non sacrificgtis, quia ea viva 
absumere non polestis, ul eorum animas intercessione 
vestri stomachi liberetis. Auguftin ftellt diefe Reinigung 
als eine in dem gewöhnlichen Verlaufe des organifchen Les 
bens auf. rein phyſiſchem Wege erfolgende Veränderung 
dar. Deum vertrum ligatum atque pollutum vos eden- 
do purgare perhibetis. Vos saltem vobis mundi vide- 
remini, gnorum venlribus (vgl. XV, 8. den Ausdruf of 
‚fieium ventris electorum) mereiur ille purgari. Contra 
Faust. XXXI, 4.36), Doc) wird in andern Stellen von 
. ö Augu⸗ 


36) $m geraden Gegenſaz zu der Pflicht, die bie Audizores ges 
gen die Electi zu bedbachten hatten, in Hinfiht ber ‚Nahe 
rungsmittel, mit welchen fie fie verfahen, um dadurch die 
Befreiung der Lichtſeele zu bewirken, fteht bie Ihnen ſchuld- 
gegebene Inhumanität gegen Arme, bie nicht zu Ihrer. Secte 
gehörten. Hinc est, fagt Aug. De mor. Manich. c. 15., 
quod mendicanti homini, qui Manichaeus non sit, pa- 
nem, vel aliquid frugum , vel aguam ipsam, quae om- 
nibus vilis est, dari prohibetis, ne membrum Dei, quod 
his rebus admixtum est, suis peccatis sordidatum a re- 
ditu impediat. C. 16. (uae cum ita sint, etiam panem 
mendicanti dare prohibetis: censetis tamen propter mise- 
ricordiam, vel potius propter invidiam nummos dari, 
Quid hic prius arguam, crudelitatem an vecordiam? 
Daffelbe bezeugen auch andere Scriftiteller. Athanaſius 
Hist. Arian. ad Monach. c.’61.: ugi Mayıyaloıs Eltos 
olx Zorır, Alla nal dySgdv dor, map” alrols zo deeiv nd- 
vnra, Theodoret Haer. fab. 1. 26.: Tiv d8 eis rols wm 
zug yerouerıw dußdklovcs Yılardgumiar, zus Uns alvas. 
Aiyovses Segansiav. Die Manihder wurden gegen biefen 
Vorwurf oͤfters in Schu; genommen, namentlich von Beats 
ſobre Hist. de Manich. II. ©, 787. Thilo Acta Thom. 
©. 157. Allein das Gebot felbft hängt mit den Grundiehren 


— 289 


Auguſtin ſelbſt auch wieder ben Gebet und dem religibſen 
Sinne der Manichder ein Antheil an diefer Reinigung zu⸗ 
geſchrieben, wie 3. B. De mor. Manich. c: I5.: Cidi de 
frugibus et pomis paraninr, si ad sanctos, id est ad 
Manitchaeos veniant, per eorum Castitatem, et oralio- 
nem el psalmos, quidquid in eis est luculentum, purgatur, 
id esi, ex omni parte perficitur, ul ad regna propria 
sine ulla sordium difficultate referatur. Ohne Zweifel 
hatten die Zlecti von ihrer Beftimmung, das Naturleben, 
oder die Seelen, Durch die Nahrungsmittel, die fie genoßen, 
zu reinigen und zu ldutern, den bei Auguftin De haeres, 
c. 46. vorfommenden Namen Catharistae. Der Name 
wäre zwar nad) Auguſtin zunächft nur auf die ©. 280. ers 
wähnte ſchaͤndliche Sitte zu beziehen: Sequitur eos, ut 
sic eam (Dei partem) de semine humano, quemadmo- 
dum de aliis seminibus, quae in alimentis sumunt, de- 
beant manducando purgare. Unde etiam Catharistae 
appellanlur, quasi purgatores, idnta eam: pur&antes 
diligentia, ut se nec ab hac tam horrenda cibi turpita- 
dine abslineant. E . hat aber died ganz den Anfchein eis 
ner Misdeutung. Der Name ift für die allgemeine Beftims 
mung, die die Electi hatten, fo paffend, daß er wohl eine 
ebenfo allgemeine Bedeutung hatte, als der ihm entfprechens 
de und mit ihm zufammenhängende Name Katharer, wels 
chen die Manichaͤer des Mittelalters führten. Die Reiniz 
genden mußten doc) felbft aud) die Neinen ſeyn. Nach 
dem Mönche Ekbert (Serm. adv. Cath. err. I.) fiammten die 
Katharer von Schuͤlern Mani's, die ehemald Catharistae, 
d. h. purgatores, hießen. Der Name bezeichnete ‚aber die 
Electi Überhaupt, im Gegenfaze gegen die Credentes ©. 


des Syſtems fo genau zufammen, daß es nicht wohl in Zwei⸗ 
fel gezogen werden kann, wenn aud gleich bie Praris des 
Lebens es vielfach gemildert haben mag (vgl. Mosheim Com- 
ment. ©, 858.). 2 | | 

BaursManig. Ri. Syſten. | 49 


— 290 m 
Gieſeler Lehrb. der Kirchengefch 2r DB. 2e Weh. 2e —* 
© 486, 37). 

Verfolgen. wir dieſen fortgeßenben Säuterungäproceß, 
nachdem wir gefehen haben, wie die beiden Claſſen der 
Marichäifchen Gemeinde, die Auditores und Electi, als 
organijche Glieder in denfelben eingreifen, weiter, ſo ift Die 
nächte Station, zu welcher wir gelangen, in Sonne und 
Mond, von beren von oben herab wirkender Thaͤtigkeit zur 








2 Ueber das Derhältnig der Auditores und Electi mögen 
. bier noch die Worte ftehen, in welhen Auguftin über feine 
Manichaͤiſche Periode fih auf folgende Weile ausſpricht (Con- 
.. fesa. IV, 1..)5 Per idem tempus amnorum novem, ab 
.  wndevicesimo anno aetatis mene usque ad duodetricesi- 
mum seducebamur et seducebamus, falsi atque Fallentes, 
in varüs cupiditatibus, et palam per doctrinas, quas li- 
’berales vocant, occulte autem falso nomine religionis, 
kit superbi, ibi süperstitiosi, ubique vani ac popularis 
"gloriae sectanies inanitatem , usque ad tkeutricos plau- 
sus et conientiosa certamina ei agonem coronarum fot- 
nearum, st spectaculorum nugas ;2 intemperantiam Üi- 
‚bidinum. Illac autem purgari nos ab istis sordibus ex- 
‚petentes, cum eis, qui appellantur electi et sancti, afe- 
rebamus escas , de quibus nobis in officina aqualiculi sui 
fabricarent angelos et deos, per quos liberaremur, et 
sectaber ista atque fıciebam cum amicis meis, per me 
"ac mecum deceptis. Da es zum Begriff eines Auditor 
nicht gerade gehörte, daß er unter die Zlecti aufgenommen 
“werden mußte, und da die Manichder, wie wir an dem Bei: 
fpiel Uuguftind, der neun Jahre unter den Auditores blieb, 
ſehen, mit ber Aufnahme unter die Electi es nicht zu leicht 
nahmen, fo waren ohne Zweifel die Knaben, die die Zlecti 
. ber Manichder bei ſich hatten, um von Ihnen in der Mani: 
chuiſchen disciplina erzogen zu werden (man vgl. die ©. 267. 
aus Aug. angeführte Stelle) vorzugsweife dazu beitimmt, 
‚eine fihere Pflanzſchule zur fteten Ergänzung der Manichäls 
Then Gemeinde der Zlecti ‚u ſeyn. 


— 291 — 


Erldſung der gefangenen Lichtſeele ſchon fruͤher die Rede war. 
Sonne und Mond, oder der in dieſen beiden herrlichſten 
Lichtweſen thronende Chriſtus, leiten jenen ganzen Pro⸗ 
ceß von dem unterſten Puncte an, wo zuerſt in dem 
in der Materie verſchloßenen und- gebundenen Lichtkeim 
der Trieb fich regt, in die Höhe zu ftreben, bis zu dem 
entgegengefezten hoͤchſte. Auch was die Auditores und 
Electi in ihrem Theile dazu mitwirken, Tann nur unter 
fteter Einwirkung des in Chriftus wohnenden Lichtgeiftes. 
vollbracht werden, ja es ift eigentlid nur der alle Kräfte 
des Naturlebens erregende und bewegende, zum Heile der 
Menfchen, oder zur Erlöfung der in dem Menfchen, wie in 
allen Wefen der Natur, gebundenen Lichtfeele erfchienene 
Ehriftus, der auch in den Electi, als feinen Organen, alles 
wirft, was den Sieg des Fichtes über die Finfterniß, des 
Geiftes über die Materie, fdrdert, und die endliche Vollen⸗ 
dung des ganzen, alles in Licht verflärenden Werkes herbei⸗ 
führt. Nur tritt feine Wirkfamfeit nach den verfchiedenen 
Stufen, die zu durchlaufen find, und nad) der verfchiedenen 
Befchaffenheit der Organe, durdy welche er wirft, je weis: 
ter das ganze Werk fortfchreitet, um fo reiner und unmittels 
barer hervor. Was zuerft nur die dunkle Regung bewußts 
los wirfender, von der Anziehungskraft des Lichtes bewegter 
Naturfräfte ift, wird unter dem fortgehenden, aber potenzirten 
Einfluß. deffelben Princips zur beftimmten, mit Elarem Bes 
wußtfeyn verbundenen, von freier Willensthätigkeit geleiteten 
Sehnſucht nad) der durch Chriftus bedingten Erldfung. 
Hat aber die Seele fid) auch über diefe Stufe emporgears 
beitet, und rein und geläutert den Banden des materi- 
ellen Lebens ſich völlig entfchwungen, fo kommt fie nun 
erft in die unmittelbare Obhut und Leitung des göttlichen 
Kichtgeiftes, Chriftus,.. um von ihm, wie er fchon bis⸗ 
her ihr entfernterer Führer war,. in feiner Nähe vollends 
in das felige Kichtreich hinübergebracht zu werden. - Wie 
| 19. 


- — 4942 — 


nun Chriftus, der Eridfer, für dieſen Zwek vorzugsweiſe 
von jenem Zeitpunct an, in welchem die Seele aus dem 
Leibe ver Electi heraustritt, thaͤtig iſt, daruͤber gibt uns 
eine. aus den Acta disp. Arch. hier einzuruͤckende Stelle 
Auffhluß. „Als der lebendige Vater, ‚jagt der Berichter⸗ 
flatter Turbo c.3., die Seele im Leibe gedruͤkt ſah, ſchikte 
. ex, mitleidig und barmherzig, feinen geliebten Eohn zur Ret⸗ 
tung der Seele: aus diefem Grunde, und des Omophoros 
wegen fandte er ihn. Der Sohn Fam, und verwandelte ſich 
in Menfchengeftalt, und erfchien den Menſchen ald Menfch, 
ob ‚er gleich nicht Menfch war; und die Menfchen meinten, 
er fey geboren. Da er nun kam, ſchuf er die Welt für 


den Zwek der. Errettung der Seelen, und richtete eine Mas 


ſchine ein, die aus zwoͤlf Eimern beftehend, fi) innerhalb 
ber Sphäre bewegt, und die Eeelen der Eterbenden her: 
aufſchoͤpft. Hierauf ninmt fie das. große Himmelölicht 
mit feinen Strahlen , und. reinigt fie und gibt fie dann dem 
Monde hinüber, wodurd) die von uns fo genannte Monds⸗ 
fcheibe erfüllt wird. Denn Schiffe, oder Fahrzeuge zur Ue⸗ 
berfahrt , fagt er (Manes), - fenen die zwei Himmelslich- 
ter. Wenn nun der Mond angefällt ift, fezt er fie in das 
Gebiet der Sonne hinüber, worauf er, von feiner Laft er: 
leichtert, in den Zuftand des abnehmenden Lichtes über- 
geht. Und fo füllt ſich das Fahrzeug und entledigt ſich wie- 
. der feiner Laſt, indem die Seelen von den Eimern geſchoͤpft 
werden, bis ed. den ihm beftimmten ‘Theil der Seelen ret= 
ter.‘ Die Stelle enthält mehrere nicht unmwichtige Zuge. 
Vors erfte darf hier, mir Ruͤkſicht auf die obige Unterfus 


Kung, darauf aufmerkſam gemacht werden, in welchen. 
Einne von Chriftus, oder dem Eohn Gotted, gefagt wird, 
daß er zum Heile der Eeelen gefendet fey. Er ift für Dies. 
fen Zwek von Gott gefender, fofern er bei der Weltſchoͤ— 


pfung..die Natur fo ordnet und einrichtet, daß der Seele 


ein Ruͤkweg in das Lichtreich offen ſteht. Es ift fehon früs. 


werd 


1 


/ 
— 29 — 
her bemerkt worden, daß Chriſtus den dem Urmenfchen 
von Gott zur Huͤlfe gefendeten lebendigen Geift, oder die des 
miurgiſche Kraft, wenigftens von Einer Seite, fehr nahe 
berührt. Diefe Bemerkung beftätigt die gegenwärtige Stelle. 
Wie von der deminrgifhen Potenz nad) der obigen Erklaͤ⸗ 
rung der Stelle des Titus von Boſtra in der Vorrede 
zum dritten Buch geſagt wird, daß fie zuerft ent zw 
Avrowowv Tng.poyns erſchien, fo ift hier Chriftus, der Er: 
löfer, als Weltfchöpfer und Weltordner dargeftellt. Es bat 
nicht nur Feine Schwierigkeit, fondern wird fogar Durch die 
Natur der Sache gefordert, ſich diefe beiden Fichtpotenzen 
fehr nahe zufammenzudenfen; Beider Beftreben geht da= 
hin, was in dem Urmenfchen der: Materie anheimgefallen, 
die HAıßouevn & To owmerı wuyn, aus dem tiefen 
Falle wieder zu erheben und zum Lichtreich emporzu⸗ 
ziehen. Dafür wirken beide ſchon durch ihre demiurgifche 
Thätigkeit bei der erften Einrichtung des Weltalls: es iſt 
im Grunde ein und daffelbe Wefen , der Unterfchied ift nur, 
daB Chriftus fodenn vorzugsweife in Sonne und Mond 
-thronend gedacht wird, um das fehon bei der Weltſchoͤ⸗ 
pfung zum Beften der Lichrfeele begonnene Werk in feinem 
Fortgang zu fördern. Als Erlöfer wird demnach Chriftus 
gefendet, fchon fofern er Weltfchöpfer ift, und die Welt⸗ 
ſchoͤpfung durch die Zwecke der Erlofung bedingt ift. Wahr⸗ 
ſcheinlich ift Daher auch unter der Mienfchengeftalr-, in wel⸗ 
her Ehriftus nach der obigen Stelle der Acta den Menfchen 
als Menfch erfchien, nichts anders zu verftehen, als Die nad) 
Alexander von Lyeopolid urſpruͤnglich, bei der Welt- und 
Menfchen = Schöpfung, in der Sonne fidhtbare Menfchenges 
ftalt. Nur in diefem Sinn kann Chriftus gleichzeitig mit 
der Önuioveyia, wie e8 die Acta darftellen, den Menfchen 
als Menſch erſchienen feyn 33). In jedem alle zeigt und 


38) Epiphanius freilich Haer. LXVT. 50. beſchuldigt bier den 
Häretiter des gröbften Widert- ad. Wie denn der unter 





24 — 


die Zufammenftellung ber beiden Zwecke der. Sendung Chris. 
fi, daß nemlich Chriftus zur. Rettung der Seele, und des 
Omophoros wegen gekommen fey, den: phyſiſchen Gefichtäs 
punct, von welchem aus hier dad Erlbfungsgeichäft Chriſti 
betrachtet wird. Es ift damit zu. verbinden, was, c. 7. gefagt 
wird. „Da der Omophoros, der unten die Erbe trägt, uns 
tes feiner Laft beinahe erliegt, und ungeduldig Erpbeben 
erregt, ſo fandte deswegen der gute Bater feinen Sohn 
aus feinem Schooße in das Herz der Erde und indie unters 
ften Theile derfelben, damit er dem Omophoros die gehd- 
rige Zurechtweifung gebe (Onwg aurw rw ng007x0v0«» 
enıriniav do). Es ift hier offenbar die chriftliche Lehre 
von der Höllenfahrt Chrifti, fofern diefe den Außerften 
Punct bejeichnet, auf welchen fi) das Erlöfungsgefchäft 
Chriſti erfirefte, dem Manichäifchen Spftem angepaßt. 
. Wie Ehriftus zum Schreden des Fürften der Unterwelt fich 
zeigte, fo bedrohte er nad) Manes den Omophoros, damit 
dieſer nicht vor der ‚Zeit bie verhaßte Laſt abſchuͤttle, und 
dad Weltall der Aufldfung preis gebe. Chriftus wirft dem: 
nach auch bier für das Beſtehen ber. Fosmifchen Ordnung, 
am dadurd die Möglichkeit der Heilsordnung zu begruͤn⸗ 
den. Er fleigr in das Herz der Erde herab, ohne Zweifel, 
‚fofern der Jesus. patibilis in das Innerſte der Erde ein- 
‚bringt, aber ebendaburdy als Weltfeele dad AU der Dinge 
zufammenhält, und allem entgegenwirkt, was durch ein 
Mebergewicht der Kräfte auf der einen Seite eine die Zwecke 
der MWeltordnung unterbrehende Aufldfung herbeiführen 
würde. Um nun aber auf das, um was es und eigentlich 
zu thun ift, zuruͤkzukommen, ſo iſt hier zundchft derjenige 
Moment in dem weitern Fortgange des Erlöfungswerks zu 


dem Kalfer Ziberius aufgetretene Erldfer zur Hervorbrin- 
gung der fchon fo lange vorhandenen Geftirne habe kommen 
tönnen ! 


— 295 — 


firiren, in welchem die Seelen der Sterbenden ſich aus 
der Unterwelt erheben, und von Chriſtus ˖der hoͤhern Res 
gion zugeführt werden. Es fallt uns felbft in die Augen, 
daß die aus zwoͤlf Schöpfeimern beftehende,. an der Him⸗ 
melöfphäre.in ftetem Umlaufe fich umherbewegende Mafchis 
ne, die nach der ihr von Chriftus gegebenen Beftimmung 
die Seelen in fid) aufnehmen, gleichfam heraufpumpen 
und oben abfezen fol, der Thierfreis. mit feinen. zwölf Hims 
melszeichen ift, an welchen auf ähnliche-Weife auch. ſchon 
die alte Religion die Wanderung der Seelen aus der obern 
Melt in die untere, und. aus der untern in. die obere ges 
knuͤpft hat. Au raw Öwdere.: Ludinv 7 Odog Teig wu- 
Yais viveraı &ig TNV warn, adroc: Öt.kal zig TV 
yevedıv gmaw INetov nv. aurım yiyveodaı xadodov. 
‚Clemens son Alex. Strom. V, 14. : Die Zodiacalbahn: tft auch 
die Seelenbahn, und wie nach: Manes Chriftus, ald. Eonne, 
in coelo circumiens radiis suis membra ‚Dei colligit 
(Aug. Contra Faust. XXI, 8.), per discursus solis.et Iu- 
nae (Aug. De nat. boni.c. 44.), fo ift es. nad) der alten 
Moyfterienlehre Dionyſos, der Vater Liber, der in Jah⸗ 
reöfrift die doppelte Bahn mandelt, den Weg des Wins 
ters, und den ded Sommers, nad) den füdlichen Zeichen, 
und von da nach den ndrölichen zuruͤk, fo wie die Solſti⸗ 
tien Weg: und: Ruͤkweg beftimmen, ‚und. diefelbige: Bahn 
andy den Seelen vorzeichnet zum! Hinabfteigen in die Ge⸗ 
burt, und zur Ruͤkkehr aus derſelben, durch die zwei Tho⸗ 
re, durch welche die Seelen ein- und ausgehen‘, das Mens 
fhenthor im Zeichen des Krebfes, und . die Götterpforte, 
oder das ſuͤdliche Thor, im Zeichen des. Steinboks (guia 
per illum [capricornum] animae in propriae immortalı- 
latıs sedem et in Deorum numerum revertuntur. Mas 
erobius. In somn. Scip. I, 12.), auch darum Liber ges 
nannt, weil er die Seelen nach vollbradyter Wanderung 
von dem Umtreiben und Kreislaufe (xuxAog) befreit. ©. 


— 24 — 


die Zuſammenſtellung der beiden Zwecke der Sendung Chri- 
fti, daß nemlich Ehriftus zur Rettung der Seele, und ‚des 
Omophoros wegen gefommen fey, den phyſiſchen Geſichts⸗ 
punct, von welchem aus hier das Erlöfungsgefchäft Chrifti 
betrachtet wird. Es ift damit zu verbinden, was. c. 7. gefagt 
wird. „Da der DOmophoros, der unten die Erde trägt, un⸗ 
tee feiner Laſt beinahe erliegt, und ungeduldig. Erdbeben 
erregt, fo fandte deswegen der gute Vater feinen Sohn 
aus feinem Schooße in das Herz der Erdeund indie unters 
fien Theile derfelben, damit er dem Omophoros die gehd⸗ 
rige Zurechtweifung gebe (önug ira riw ngooıjxovae» 
Zrıriniav 89). Es iſt hier offenbar die chriftliche Lehre 
von der Höllenfahrt Chrifti, fofern diefe den Außerften 
Punct bejeichnet, ‚auf, welchen ſich das Erlöfungsgefhäft 
Chrifti erftrefte, ‚dem Manichäifchen Syſtem angepaßt. 
Wie Chriftus zum Schreden des Fuͤrſten der Unterwelt ſich 
zeigte, fo bedrohte er nad) Manes den Omophoros, damit 
biefer nicht vor der ‚Zeit die verhaßte Laft abſchuͤttle, und 
das Weltall der Auflöfung preis ‚gebe... Chriftus wirkt dem⸗ 
nach auch hier für das Beſtehen der. fosmifchen Ordnung, 
um dadurch die Möglichfeit der Heilsordnung zu begriins 
den. Er fteige in dad Herz ber Erde herab, ohne Zweifel, 
fofern der Jesus. patibilis in das Innerſte der Erde eins 
dringt, aber ebendadurch als Weltfeele das AU der Dinge 
zufammenhält, und allem entgegenwirkt, was durch eim 
Uebergewicht der Kräfte auf der einen Seite eine die Zwede 
der. Meltordnung unterbrechende Aufldſung herbeiführen 
mirde, Um nun aber auf das, um was es uns eigentlich 
zu thun ift, zurüfzufommen , fo ift.hier zunächft derjenige 
Moment in dem weirern Fortgange des Erlöfungswerks zu 





dem Kaiſer Ziberius aufgetretene Erldfer zur Hervorbrin- 
gung der fon fo lange vorhandenen Geſtirne Habe kommen 
tdunen ĩ 


— 295 — 


firiren, in welchem die Seelen der Sterbenden ſich aus 
der Unterwelt erheben, und von Chriftus.der hoͤhern Nes 
gion zugeführt werden. Es fällt uns ſelbſt in die Augen, 
daß die aus zwölf Schöpfeimern beftehende,. an der Him⸗ 
melöfphäre.in ftetem Umlaufe fich umherbewegende Mafchis 
ne, die nad) der ihr von Chriftus gegebenen Beſtimmung 
die Seelen in fi aufnehmen, gleichfam heraufpumpen 
und oben abfezen fol, der Thierfreis.mit feinen. zwölf Hims 
melszeichen ift, an welchen auf aͤhnliche Weiſe auch. ſchon 
die alte Religion die Wanderung der Seelen aus der. obern 
Melt in die untere, und. aus der untern in. die ‚obere ges 
knuͤpft hat. dıa Twv Öwdera.: Swdinv 7 6ö0g Teig wu- 
Yais viverai &ig TV varnuw, adroc: Öt.xal zig TV 
yveoiv pnou IDerwv nv avıım yiyveodaı xadodov. 
Clemens son Aler. Strom. V, 14. - Die Zodiacalbahn tft auch 
die Seelenbahn, und wie nah Manes Chriftus, als Eonne, 
in coelo circumiens radis suis membra ‚Dei colligit 
(Aug. Contra Faust. XXI, 8.), per discursus solis.et Iu- 
nae (Aug. De nat. boni.c. 44.) , fo ift es nach der ‚alten 
Moyfterienlehre Dionyſos, der Vater Liber, der in Jah⸗ 
reöfrift die doppelte Bahn wandelt, den Weg des Wins 
ters, und den des Sommers, nad) den. füblichen Zeichen, 
und von da nach den ndrölidyen zurüf, fo wie die. Solſti⸗ 
tien Weg: und:-Riüfweg beſtimmen, ‚und. diefelbige: Bahn 
auch den. Seelen vorzeichnet. zum! Hinabfteigen in die Ges 
burt, und zur Ruͤkkehr aus derfelben, durch die zwei Tho⸗ 
re, durch welche die Seelen ein- und ausgehen‘, das Mens 
fhenthor im Zeichen des Krebfes, und. die Götterpforte, 
oder das fildliche Thor, im Zeichen des Steinboks (quia 
per illım [capricornum] animae in propriae immortalı- 
latıs sedem et in Deorum numerum revertuntur. Mas 
crobius. In somn. Scip. I, 12.) , aud) darum Liber ges 
nannt, weil er die Seelen nad) vollbrachter Wanderung 
von dem Umtseiben und Kreislaufe (xuxAog) befreit. ©. 


_ 466 — 


Verfaſſung ihr Vorbild in der koamiſchen Ordnung, und die 
zwoͤlf die Manichäifche Kirche leitenden Magistri *°). reprke | 
ſentiren nicht die Apoſtel, ſondern die .zwblf. Zeichen :des 
Thierfreifes. An diefe fchließen fie ſich, indem fie daffelbe 
Merk fördern, in diefelbe Stufenleiter, auf. weicher die See 
len aufwärts fleigen, als lebendige Glieder eingreifen. aufs 
engfte an, wie ſich die hierarchia terrestris- an. die. hier- 
archia coelestis anſchließt, und wie an der Spize der 
zwoͤlf Magisiri ein dreizehnter als: Oberhaupt fteht, ſo ha⸗ 
ben jene zwoͤlf Aeonen, in welchen wir ſchon oben die 
zwoͤlf Zeichen des Thierkreiſes erkannt haben, die beata 
et gloriosa secula, die der. felige Vater des LKichtreichd 
mit ſich verbunden hat, die er gleichfam als zwoͤlf Glieder 
feines großen Lichtfbrpers am Firmamente ausbreitet (ſ. oben 
‚. &. 16) in Chriftus ihren primogenitus omnium luminum 
rex (5, 214.). Manes und feine Schüler mögen allerdings, 
um. fid) dem Chriftenthyum zu accommobdiren, der Zwblfzahl 
ihrer :Magıstri fehr gerne auch eine Beziehung auf die 
Zwoͤlfzahl der Apoſtel gegeben haben, aber fie fahen dann aud) 
bei: den. Apofteln den Reflex deffelben Vorbilds, das ihnen 
in ihren..Magistri vorfchwebte. Begegnet uns doc) felbft 
im hriftlichen Alterchum diefe typifche. Deutung der Apps 
fiel. In den. Clementinen Homil. IL, 23: werden Chriſtus 
and Johannes der Täufer (nuspoßenrısng) mit Sonne 
and Mond parallelifirt, und jenem die zwölf. Apoftel als 
- Bepräfentanten der zwoͤlf Monate des Sonnenjahrs,: dieſem 
dreißig Männer nach der Zahl der Monatsrage beigegeben 
(Worep zur Kugim.yeyovasır .öwdex arootolet, TWv Tov 
vaiov ÖWdex« unvav. pEoovss TöVv agıdu0v, Wodvrwg 


“ 40) Nach den Acta disp. Arch. ec. 10. "hatte Manes damals 

nur fieben Zlecti. Es ftreitet dies in feinem Fall mit der 

Auguſtin'ſchen Angabe. Man vgl. über bie etwas waßgere 
Stelle der Acta Moshelm S. 899. 





— 299 — 


x euro | "Ioevvn] eiooyoı Evögeg yayovaoıy Tquaxovre, 
’v umvıeioy Tg oeAnvng ananımgovvreg Aoyom: Bol. 
ecognit. S. Clem. IV, 35.: Unus est verus Propheta, 
jus nos duodecim Apostoli verba praedicamus : ipse 
ıim est annus Dei acceptus, nos Apostolos habens 
ıodecim menses. Die Apoftel fchienen einen dieſen zwoͤlf 
ührern des Jahrs (dwösxe xußeopviraı heißen fie in den 
.cta disp. Arch. c.11. Epiph. LXVI,21.) analogen Einfluß 
af das menfchliche Leben zu haben. Oi ’Anooroioı, heißt 
in den Excerpta ex scr, Theod. c. 259., usreredinoav 
ig dexadvo Lwdioıs' Ws yao Un dxeivwv N YEvaaıg 
I|ıxeitar, 'OVrwg . Uno Tav "Anootolwv Avaykvvnoıd. 
gl. Neander Gnoſt. Syſt. S. 139. *?). ' Weniger fcheint 
eilic) die Beziehung der zwei und fiebenzig Bifchdfe, 
ie in der Manichäifchen Kirchenverfaffung auf die zwölf 
agistri folgten, auf die zwei und fiebenzig oder fiebenzig 
tinger Jeſuͤ in Zweifel gezogen werden zu fbnnen. Es 
reitet aber dies in feinem Falle mit der in Anfehung der 
Magistri wahrfcheinlid) gefundenen Beziehung, da die ſpaͤ⸗ 
ern Manichäer (ſchwerlich erlebte Manes' felbft eine fo 
yeite Verbreitung feiner Geſellſchaft) bei der. Normalzahl 
rer Bifchdfe aus Ruͤkſicht auf die Chriften einen chriſtli⸗ 
yen Typus vor Augen gehabt haben konnen, wie fie.aud) 
ei. den Magistri aus demfelben Grunde den chriftlichen 
kypus dem jurfpränglichen vorgezogen haben: mögen. - Al- 
sin felbft audy bei den’ zwei und fiebenzig Bifchöfen der 
Nanichäer fcheint mir die aftronomifche Beziehung dieſer 


41) Ohne Zweifel trug auch dieſe fchon früher vorhandene Anficht 
neben der Rükfiht auf Ef. 61, 1. 2. dazu bey, das Lehr- 
amt Jeſu, wie häufig geihah, auf Ein Jahr zu fezen. Die 
Balentinianer wenigftens, die nach ren. II, 20. 22. auch nur 
Gin Jahr annahmen, hatten Feinen andern Grund. Auch fie ſag⸗ 

‚ ten c.21.: duodecim apostoli propter hocelecti sunt, ut per 
eosnumeraus duodecim aconum sigeificetur. Das Leiden Chriſti 
follte im zwölften Monat das Leiden des zwölften Aeon feyn c. 20. 


— 300 — 

Zahl ſo nahe zu liegen, daß ſie wohl kaum zurukgewieſen 
werden kann. Repraͤſentiren die zwölf Magiströ die zwilf 
Zeichen des Thierfreifes , fo kommt in Betracht, daß man 
diefe Zeichen felbt wieder in Grade zu theilen pflegte, 
Disdor unterfcheidet II, 31. in dein aftronomifchen Spftem 
der Ehaldder von den ziobrf den Thierkreis bildenden 3eis F, 
hen vier and zwanzig andere Geftirne,. die jenen’ zu 
Seite ftehen. Schon hieraus erhellt, daß jedes Zeichen in F 
drei Theile getheilt, oder nach der perfonficirenden An⸗ 
ficht, durch drei Genien repräfentirt war,; aber noch deut: 
. Sicher geht died aus der Angabe Diodors c. 30. hervor, daß 
von den dreißig (offenbar find es nach c; 31. eigentlich 
ſechs und dreißig) fogenannten Rathsgoͤttern alle zehen 
Tage einer, als Bote der Geftirne, von den Obern zu den 
AUntern, und ein anderer von den Untern:zu ben Obern 
geſchikt werde. Es waren demnach drei Genien, die 
jeden Monat nach der Zahl der Grade, in die der Zeichen 
getheilt waren, kamen. Im Ganzen waren es alſo ſechs 
und dreißig, dieſelbe Zahl doppelt genommen gibt zwei und 
Hebenzig. Nehmen wir nun an, daß jedem ber zwoͤlf Ma- 
gistri. zunächft zwei Biſchofe ald Erzbiſchoͤfe zur Seite ſtan⸗ 
den, .. jeder diefer Erzbiſchofe felbft wieder zwei Biſchdfe 
unter: fi) batte, fo waren es neben den zwölf /Magistri 
zwei und fiebenzig Bifchöfe, und die Manichäifche Kirche 
harte, indem fie fih, in ihren Erzbifchhfen und Biſchoͤfen, 
ihren Presbytern und Diaconen an die Organifation der 
chriſtlichen Kirche anſchloß, doch zugleich in der Normalzahl 
der Masgistri und der Bifchdfe ihren eigenthämlichen aftros 
nomiſch⸗ typiſchen Character. Auf der andern Seite lie⸗ 
Ben aber dieſe Zahlen ſelbſt wieder ebenfo leicht eine chriſt⸗ 
liche. Beziehung zu *2). 





42) Dieſe Ueberein mnmnng tann nicht defremden ‚ wenn wir 
„auf bie entferutern, des Imdlfzaht der Apoftel und der Zahl 


= 


— 301 — 
Sind die bisher gegebenen Eroͤrterungen gegruͤndet, ſo 
ann auch darüber kein Zweifel ſeyn, wer jener tertius 


der 72. oder 70. Juͤnger zu Grunde liegenden Anläße zurüf 
: gehen. Hatte Jeſus bei der Zwölfzahl feiner. Apoftel die 
zwölf Stamme des Israelitiſchen Wolkd vor Augen, fo war 
ia diefe Zwoͤlfzahl felbft, wie mir wenigfteng ſehr wahrſchein⸗ 
lich ift, der Verfaſſung des aͤgyptiſchen Staats nachgebildet, 
wo Seſoſtris nach Diodor I, 54. dad Land in ſechs und drei: 
fig Namen gethellt hatte, eine Zahl, weldher offenbar die 
Eintheilung des Thierkreifes in ſechs und dreißig Grade ent= 
fpriht. Nach den zwölf Seihen des Thierkreiſes ſelbſt, 
ftellte dad Land, das als heiliges Götterland mit feinen hei⸗ 
ligen Thieren die Wohnungen der himmlifhen Thiere, den 
ganzen Thierkreis dee Himmels, in fich reflectiren follte, eine 
Dodelardie dar. Die Zahl fiebenzig kommt Häufig als Nor⸗ 
malzahl gemeinfchaftlich beratender und handelnder Colles 
gien vor, wie 3. DB. bei den fiebenzig Aelteſten Israels TI. 
Mof. 24,9. IV. Mof. 11, 16. 25., nah deren Vorbild 
auch das große Synedrium aus fiebenzig Mitgliedern ohne 
den Präfidenten beftund. Eigentlich aber follen es, was 
eine bier ſehr bemerkenswerthe Variante iſt, zwei und 
fiebenzig gewefen feyn. Diefelbe Variante Eehrt in der Sage 
von der Entftehung der Alerandrinifhen Ueberfezung des A. 
T. wieder. Woher gerade die Zahl zwei und fiebenzig, 
wenn fie nicht eine beftimmte Beziehung hat? Diefe Be: 
ziehung kann aber doch nur darin gefunden werden, daß zwei 
und fiebenzig das Doppelte von ſechs und dreißig, und ſo⸗ 
mit au die Grundzahl diefer beiden Zahlen die Zwoͤlfzahl 
des Thierkreifes iſt. Da nun die Götter, die bie Negenten 
des Thierkreifes find, als ein zu gemeinfhaftliher Bera⸗ 
thung verbundener Götterverein gedacht wurden (nah Dio⸗ 
dor 11, 30, hießen ia bei den Chaldaͤern die Sterngenien ‚ 
die mit den zwölf Götterregenten, ſechs und dreißig an der 
Zahl, dem Thierkreis vorftehen, Yeol fovAnioı, berathende 
Götter, nah Arnobius Adv. gentes III, 40. wurden die Con- 
sentes ober Complices der Etrusler, zwölf an ber Zahl, 


) 


— 302 — 


decimus oder princeps iſt, durch welchen bie zwblf tagi- 
stri ſelbſt wieder zur Einheit verbunden wurden. Er kam 
nur der Repräfentant der Sonne, oder des Sonnengeiſtes 
Chriſtus ſeyn, der alle zuſammen nad) ihren verfchiebes 


. nen Ordnungen, wie Glieder Eines Körpers, mit ſeinem Geifte 





für die summi Jovis consiliarli ac 'principes gehalten, 
nah Martian. Cap. De nupt phil. I. S. 11. Baf. 1532, 
nannte man fie aud) Senatores Deorum), fo wurden fie auch 
"dad Vorbild für jedes gemeinfchaftlih berathende und hen 
deinde Collegium, und es folte daher die Zahl der Mit: 
glieder die dabei vorſchwebende Beziehung ausdrüfen, Auch 
die 72 Ueberfezer des U. T. bildeten ein dem juͤdiſchen Spy: 
nedrium analoges Kollegium. Nah der Meinung der Yu: 
den gab ed 70 oder 72 Sprachen In der Welt (vgl. 3. B. 
(Srot. ad I. Cor. 14, 10.) ohne Zweifel, weil man ebenfp 
viele Voͤlker zählte, jedes Wolf aber hatte nach der bekann⸗ 
ten Stelle V. Mof. 32, 8. in ber Ueberfejung der LXX. 
einen eigenen Engel ober Damon zum Vorfieher. Diefe 72 
- Dämonen waren urfprünglich eben die den zwölf Goͤtterre⸗ 
genten ihrer Normalzahl zufolge beigegebenen Unterregenten. 
Als Typhon dem Leben des Offris nachftellte, waren es nad 
Ylut. De Is. et Os..c. 13. zwei und fiebenzig Verfchworne, 
mit welchen er fih verband. Es begegnet uns auch hier wie: 
der diefelbe Zahl In derfelben Beziehung. Oſiris Tod fft 
ein jaͤhrlich im Laufe der Sonne durch den Thierkreis ſich 
wiederhoiendes Ereigniß. Nach diefen Data iſt es mir fehr 
wahrſcheinlich, daß auch die 72 Biſchoͤfe der Manichder, wie 
ja die Manichaͤer überhaupt die Natur. fehr gerne typiſch auf: 
fapten, eine ſolche Beziehung hatten. Ste follten mit den 
12 Magistri ein gemeinfchaftlich berathendes Collegium bilden 
und das Ganze leiten, nah dem Vorbilde der zwölf Genien 
des Thierkreifes, die In den Acta disp. Arch. c. 11. Epiph. 
31. dwdexe xußegriras genannt werden. — Bemerkenswerth 
Ab, wie die beiden Sahlen 12 und 70 auch II. Mof. ı5, 27. 
An ben ı2 Wafferbrunnen umd 70 Palmbdumen zu Elim, wo 
"fi die Israeliten Iagerten, zufammen vorkommen. 





— 33 — 


regiert. In der Manichaͤiſchen Kirche konnte dieſe Stelle 
niemand einnehmen, als Manes ſelbſt. Er wurde fortan 
auch nach ſeinem Tode als das ideale Haupt der Gemeinde 
an der Spize der zwoͤlf Magistri, als der den Sonnengeiſt 
ſelbſt repraͤſentirende Lehrer, als medius solis et lunae, wie 
er ſich uns nun erſt in dieſem Zuſammenhange nach ſei⸗ 
nem vollen Begriffe darſtellt, gedacht. Es hat alle Wahr: 
ſcheinlichkeit, daß diefe Etelle, in weldyer ja Manes felbft 
nur einen Höhern repräfentirte, durch feinen aus der Ge⸗ 
meinde gewählten Repräfentanten Mani's befest war. 
Schon die hohe Achtung vor dem großen Lehrer der Wahr⸗ 
heit fchien zu erfordern, daß feine Etelle Fein anderer auch 
nur ald Stellvertreter einnahm. Es ſcheint mir jedoch auch 
ein’ pofitiver Beweis dafür in dem Fefte zu liegen, das bei 
den Manichdern bema hieß, und von ihnen jährlich zum 
Andenken an den Märtyrertod ihres Meifters gefeiert wurs 
de. Auguſtin fagt Contra epist. fund. c.8.: Cum saepe 
a vobis quaererem illo tempore, quo vos audiebam, , 
guae causa esse, quod Pascha Domini nulla, inter- 
dum a paucis tepidissima celebritate frequentaretur, nul- 
lis vigilüs, nullo proliziore jejunio indicto auditorıbus 
vestris, nullo denique festiviore apparatu, cum vestrum 
'bema, ıd est, diem, quo Manichaeus occisus est, quin- 
gue gradibus instructo tribunali et pretiosis linteis ad- 
ornato ac in promiu posito et objecto adorantibus,, 
magnis honoribus prosequamini, hoc ergo cum quae- 
Terem , respondebatur, ejus diem passionis celebran- 
dum esse, qui vere passus est: Christum autem, qui 
nalus non esset, neque veram sed simulatam tarnem 
humanis oculis ostendisset, non pertulisse, sed fin- 
xisse passionem. Das Feft wurde bema (Anua d.h. sug- 
gestus, tribunal, cathedra) genannt, weil es zum Anz 
denken an dem göttlichen Xehrer gefeiert wurde: daß er 
noch immer ald der die Gemeinde regierende, an der Spize 


‘ — 
— 304 — 

des Ganzen ſtehende Lehrer, deſſen Stelle Fein Anderer ein⸗ 
nehmen durfte, gedacht werde, ſollte der prächtig 'gefchmül- 
te, mit koſtbaren Tuͤchern verhuͤllte, aber. Irer ſtehende 
Lehrſtuhl (das. tribunal, wie Anguftin den Ausdruk bema 
erklärt) ſymboliſch verfinnlichen.. Die. fünf, Stufen, die 
zu. dem Lehrftuhl hinaufführten, hält Neander für ein Sym⸗ 
bot der fünf reinen Elemente. Man ficht, aber nicht, 
welche Bedeutung die fünf Elemente hier ‚haben. follen, 
außer etwa, fofern ihnen fünf Regionen. und Abftufungen 
des Lichtreichd entfprachen. Die, Bedeutung dieſer fünf 
Stufen ergiebt fi) nach meiner Anficht Klar aus der obi— 
gen Stelle Auguftin’$ De haeres.,, in welcher Auguftin 
die Stufen der Manichäifchen Hierarchie - fo angibt: die 
Magistri weihen die Bifhdfe, die Bifhdfe die Presbys 
ter, die Bifchhfe felbft haben nody Diaconen zur Seite, 
die Uebrigen find Bleeti. Hier haben wir deutlich) die fünf 
Stufen, die zu der cathedra des Einen höchften Lehrers 
binaufführten, der als medius solis et lunae, das Haupt 
des ganzen fichtbaren Körpers war, und zwifchen der ſicht⸗ 
baren und unfichtbaren Welt vermittelnd fund. Das bema 
wurde, wie wir aus der angeführten Stelle fehen, im Fruͤh⸗ 
jahr, zur Zeit des chriftlichen Dfterfeftes gefeiert. Noch 
beftimmter fagt Auguftin Contra Faust. XVII, 5., daß es 
im Monat Merz fehr feftlich begangen wurde (illo enim 
mense bema vestrum cum magna pielale celebratis). 
Es Tann dies den hiftorifhen Grund haben, daß in dieſer 
Zeit Manes ald Märtyrer farb. Man wird aber leicht 
verfucht, wenigftens neben der hiftorifchen Weranlaffung 
auch nod) eine aftronomifche Beziehung zu vermuthen, und 
es ließe ſich wohl denken, daß den Manichäern der 
Zeitpunkt, in weldem die Sonne ihre Bahn durch den 
Thierkreis, und ihr im Laufe des Sonnenjahrs zu volle 
bringendes Laͤuterungsgeſchaͤft auf neue begann, ein bes 

ſon⸗ 


— 305 — 


ſonders heiliger, das Andenken an ihren Meiſter ſehr be⸗ 
deutungsvoll erweckender war *2). 
Vom Zodiacalkreis aus werden die Seelen von der 





43) Bei den Manichaͤern des Mittelalters begegnet uns jener 
Dreizehnte, der Manes ſelbſt war, unter dem Namen Pon- 
zifex, wie er jezt vielleicht nur im Gegenſaz gegen den Papſt 


der katholiſchen Kirche genannt wurde. Unter den Mani-⸗ 


chaͤern, die im J. 1030. in Monteforte bei Turin entdekt 
wurden, ſprach ſich einer derſelben, Girard, vor dem Erz⸗ 
biſchof von Mailand, Heribert, fo aus: Pontificem habe- 
mus non illum Romanum, sed alium, qui quotidie per 
orbem terrarum fratres nostros visitat dispersos, et quando 
Deus illum nobis ministrat,. tunc peccatorum nostrorum 
venia summa cum devotione donutur. S. Landulphi Hist. 
Mediol. L. II, 27. in Murat. Thes. script. Ital. T. IV. 
S: 89. Diefer Manihälfhe Pontifex ift allerdings nicht, 
wie Schmid (Myſticismus des Mittelalt. ©. 444.) will, 
ein: wahrhaft menfchliher Papſt, der alle jene neuen Mants 
chäerfecten im geheimen regierte, aber auch nicht, wie Gie⸗ 
feler (Lehrb. der Kirchengeſchichte II. 2. S. 331.) behauptet, 
der heilige Geift, der durch Handauflegung mitgetheilt wurs 
de, fondern Fein anderer, als eben jener, deffen Repraͤ⸗ 
fentant Manes war, nemlih Chriftus ale die die Erde ums; 
Ereifende Sonne, wie die Worte: quotidie per orbem ter- 
rarum fratres visitat, deutlich fagen. Das ift jener coelo 
circumiens, qui radüs suis membra Dei colligit, wie 
Auguſtin (f. oben ©. 80.) den Manichaͤiſchen Chriſtus nennt. 
Auch fpärer noch hatten die Manichder des Mittelalters eine 
wohlorganifirte Hierarchie, die fih Immer wieder auf bie 
Fuͤnfzahl zuräfführen laͤßt. S. Gief. Lehrb. der 8. ©. II. 
2. ©. 553. fe Welche Bedeutung bei den Manichdern die 
Fuͤnfzahl hatte, fehen wir auch aus Ihrer Eintheilung der Seele: 
ing Ö2 wuyns dor T& Övöuata Tavıa, vous, Evyoin, PgUM- 
os, &s$uumoıs, Aoyıouos. Acta disp. Arch, 9. Vielleicht 
hatte dieſe Eintheilung eine naͤher hieher gehoͤrige Bedeutung. 
Chriftus wenigſtens wurde auch vous genannt. 
Baur’8 Mani. RI. Syit. 20 


2% 


_ 306. —' 


ie, 


. fi 


Sonne, nachdem fie fie mit ihren Strahlen gereinigt hat, | 


an den Mond hinübergegeben. Nach den Acta disp. Arch. 
kpdnnte ed leicht ſcheinen, die Eeeleh kommen zuerft in die 
Sonne, und von diefer erft in den Mond. Schon die oben 


- angeführten Worte (za Tavrag 6 wEyag guorio Taig 


axricı Anfav nadapileı, zei ueradiöwor rı oeAnvn) tonn⸗ 


ten diefe "Meinung begänftigen, noch mehr aber Fonnte man 


fie in den nachfolgenden Worten finden, nach welchen der 
Mond die Seelen, die er führt, unmittelbar an die Aeo⸗ 
nen des Vaters, in den Ort der Geligfeit, hinüberzugeben 
ſcheint. Es ift dies jedoch nur eine Ungenauigfeit des 


Ausdrufs, die ſich in der überhaupt nicht fehr geordneten . 


. Darftellung der Acta auch fonft oͤfters zeigt. Daß die 
Sonne die Seelen, ehe fie in den Mond fommen, mit ih: 


‚ ven Strahlen nimmt und reinigt, iftInoch nicht von dem 


Aufenthalt der Seelen in der Sonne felbft zu verftehen, 
fondern nur von dem Reinigungsgefchäft, das die Eonne 
auf dem ganzen Wege der Seelen fortfezt. Dagegen koͤn⸗ 


nen wohl die Worte: 7 aeAnvn ustaenogdusve eig any-- 


Awrnv, nur von der Ueberfahrt in die Region der Eonne 


verftanden werden. In jedem Fall aber wird, was fchon 


der natürliche Gang erfordert, durch die Stellen aus Epi- 
shanius und Alerander von Lycopolis, die nachher zu er= 
währen find, außer Zweifel gefezt. Der Mond, zu welchem 
wir daher uns wenden müßen, nimmt auf dem von Sta⸗ 
tion zu Station fortgehenden Wege der Seelen zum Licht: 
reich eine fehr wichtige Stelle ein. Wie Manes überhaupt 
auffallende Naturerfcheinungen , deren natürliche Urfachen 
zu erklären, er als eine Aufgabe feines die Natur der Dinge 
enthüllenden Syſtems betrachtete, mit den religiofen Ideen 
und Anfchauungen deffelben finnreich zu verweben wußte, 


fo gab ihm aud) der regelmäßige Mechfel des abnehmen . 


den und zunehmenden Monds Veranlaffung zu einem ſchoͤnen 
Phantafiefpiel, das er für fein Syſtem fehr glüdlich bes 


nüzte. „Daß ed in ber Natur eine das Ghtrliche aus der 
Materie zur Spnne emporziehende Kraft gebe, bemerkt 
Alexander von Lycopolis c. #., liege nad) Manes aud) eiz 
nem Blinden an den Erfcheinungen Des Monde Flar vor 
Augen. Bei der Zunahme feines Lichts nehme der Mond 
die aus der Materie ausgefchiedene göttliche Kraft in ſich 
auf, und fülle fih damit an, wenn er angefüllt fey, ents 
fende er fie.bei der Abnahme feines Lichts zur Epnne, die 
Sonne zu Gott. Habe die Sonne dies gerhan, fo nehme 
fie dann wieder die von dem aufs neue erfüllten Monde zu 
ihr hinuͤberwandernden Seelen auf, und laffe fie auf diefelbe 
Meife von felbft zu Gott gehen, Dies fey fort und fort 
ihr Geſchaͤft.“ Ebenfo befchreibt Epiphanius Haeres. LXVI, 
9. die Vorftelung Mani's: „Aus den zwölf Zeichen des 
Thierfreifes (die die Griechen ororyeig nennen), laffe 
Manes die Seelen der geftorbenen Menfchen, und der uͤbri⸗ 
gen lebenden Wefen in lichter Seftalt emporfchweben, Dann 
gelangen fie zu dem Fahrzeug. Schiffe nemlich follen 
Sonne und Mond feyn, Das Fleinere Schiff führe Die 
Laſt fünfzehen Tage, fo lange der Mond fidy füllr, vom 
fuͤnfzehnten Tage an feze es fie in das größere Schiff, die 
Sonne, ab, Die Sonne aber, das große Schiff, führe fie 
zum Aeon des Lebens und zum Drt der Seligen hinuͤber. 
Sp bewirken Sonne und Mond die Ueberfahrt der Seelen,” 
Vgl. Theodoret Haer. fab. I, 26. Die Vorſtellung Mas 
ni's trägt ganz das Glepräge der orientalifchen Phantafie an 
fih. In den Mythen der Griechen und Aegyptier finder 
fi), fo viel mir wenigftens bekannt ift, nichts analoges, 
and) aus den Zenpbächern wüßte ich nichts zur Parallele 
dienendes anzuführen, Dagegen bürfte fich vielleicht in Dem 
Ideenkreiſe der Indier eine nicht unwahrſcheinliche Quelle 
der eigenen Anſicht Mani's, fowohl von dem Wechfel des 
Monde, als auch der Beflimmung, die Sonne und Mond 
haben follen, nachweilen laſſen. In ben durch Anquetil 
20.. 


— 300 — 


bekannt gewordenen Upaniſads (in dem vierzehnten bey 
* Anquetil) wird über Sonne und Mond, und insbefondere den 
Wechſel des Monds, in Beziehung auf das Schickſal der 
Seelen nad) dem Tode, Folgendes gelehrt (nad) Rhode Leber 
religibſe Bildung, Mythologie und Ppilofophie der Hindus, 
Leipz · 1827. II. Bd. ©. 386.) 2 „Die Sonne ift das All, 
ans ihr find Jahre, Monate, Tage und Zeiträume her 
vorgegangen, fie hat zwei Wege, einer iſt am nördlichen 
Himmel, und dauert ſechs Monate, der audere iſt am fiide 
lichen Himmel, und dauert aud) fehs Monate. Wer, blos 
des künftigen Lohns wegen, ftrenge Buͤßungen und Hands 
kungen der Wohlthaͤtigkeit übt, geht, nachdem ergeftorben 
ift, auf dem Wege der ſechs füdlichen Monate zum Monde; 
wo er (von Fünftigen Geburten) nicht befreit wird. Denn 
iſt im Monde die Zeit des Lohnes feiner guten Werke vol: 
lendet, fo muß er zuruͤk zur Welt des Lohns des Böfen 
(das er begangen hat), zur Hölle, Der Mond bringt in 
der Welt der Seelen Tag und Nachr hervor. Fünfzehn 
Tage, in welchen das Kicht des Mondes zunimmt, bilden 
die Nacht in der Welt der Seelen, denn in den Tagen, in 
welchen das Licht des Mondes zunimmt, hat er fein Antliz 
in der Welt der Kbrper (d. i. gegen die Erde gewendet), 
Fuͤnfzehn Tage, in welchen das Ficht des Mondes abnimmt, 
find der Tag der Welt der Seelen, denn er wendet fein 
Antliz zu der Welt der Seelen. Wer aber firenge Buͤßung 
und Unterdrüfung aller Sinnlichfeit ohne Ruͤkſicht auf Ber 
lohnung vollbringe, und mit rechtem Glauben auf dem 
Wege der Erfennmiß des Geiftes ſich in Berrachrungen vers 
fenkt, der geht auf dem Wege der ſechs Monate, in wel— 
den die Sonne im nördlichen Himmelsſtrich ift, und ges 
langt zur Sonne. Diefe Sonne, welche eine Form der 
‚Seeleift, ift dad Haus aller Seelen, wer zu ihr gelangt, 
tehrt nicht wieder zu der Welt des Bhfen zurüc.” Nach 
einer andern Stelle der Upanifads ift die Sonne noch nicht 


ſelbſt das Ziel der wandernden Seelen, fondern nur ber 
Durchgangspunct zu demfelben. „Wer ſich aller Opferhands 
lungen bewußt ift, geht, wie in dem dreißigften Upanifad 
bey Anquetil gefagt wird, wenn er in den ſechs Monaten : 
ftirbt , in welchen die Sonne, auf der nördlichen Seite ift, 
zur Welt der Sonne, und von da zu den reinen Welten, - 
wenn er aber in den ſechs Monaten ftirbt, in weldyen 
die Sonne auf der füdlichen Seite iſt, gelangt er zur Welt 
des Monde, wer aber auf beide Wege gar eine Ruͤkſicht 
nimmt, der wird. befreit (von ferneren Geburten), und ges 
langt zur Welt Brahm's.“ Auch hier erfcheinen Sonne und 
Mond als die Stufen, auf welchen die Seele fidy zu dem 
Drte der ihr beftimmten Seligfeit erhebt. Der Mond ift 
eine noch untergeordnete Stufe, die Sonne ift die höchfte, 
oder die unmittelbar zum Höchften fiihrende. Da die Seelen 
im Monde noch nicht für die reine Welt reif find, fo kann 
aud) dem Wechfel feines. Lichts nicht die Bedeutung geges 
ben feyn, die er beiManes hat, doch begegnet und aud) hier 
wenigftens die Vorftelung, an die fich die eigentlid) Mas 
nichäifche fehr leichte anfnäpfen Fonnte, daß er als zuneh⸗ 
mender Mond in der Periode, in welcher er nach Manes 
Die von der Erde herauffommenden Seelen in ftch aufnimmt, 
der dieffeitigen, materiellen Welr, ald abnehmender, wenn 
er nad) Manes die Seelen wieder abgiebt,, der jenfeitigen, 
geiftigen zugefehrt ift: er vermittelt auch. fo einen gewißen 
Verkehr zwifcyen beiden Welten. Die Gegner Mani’s 
fonnten ſich natürlidy auch hier in feine lebendige Phan⸗ 
tafie nicht hineinfinden. Epiphanius meint (LXVI, 23. 
92.) in den neunhundert dreißig Sahren, die bis zu Adams 
Tod verfloßen,, in welcher langen Zeit nur Eine Menfchen- 
feele, die Seele Abels, die Welt verließ, haben Sonne und 
Mond doch auch fehon ihren Lauf am Himmel gemadt, 
wie aber dieß möglich gewefen fey, wie die Mondsſcheibe 
ſich füllen, abe und zunehmen konnte, wenn es noch fo= 


⸗ 


— 30 — 


ſehr an Seelen zur Ueberfahrt fehlte?-Da natuͤrlich nur 
Manichder- Seelen das Mondsſchiff befteigen Fonnen, fo 
würde die Sache, nach Epiphanius Anficht, wenigftens weit 
glaublicher feyn, wenn die Einrichtung getroffen wäre, daß 
die Manichder immer nur in den fünfzehn erften Tagen des 
Monats färben, nicht aber erft nachher, nachdem das 
Mondsſchiff bereitd abgegangen. - Fand Epiphanius die 
Hauptfchwierigfeir darin , wie ſchon im Anfange der Welt, 
bei der geringen Zahl fterbender Menfchen, der jezige Wech— 
fel des Mondslichts ftattfinden- konnte, fo Fonnte ſich das 
gegen -Zitus von Boftra (I, 30.) die auch jezt noch fortdaus 
ernde Regelmäßigfeit derfelben Erfcheinung nicht erklären, 
da doc, nachdem fchon fo viele Menfchenfeelen aus der 
Welt gegangen, auch der Lichtfkoff der Melt fich fehr bedeu— 
tend vermindert haben muͤße. „Seit derMond zunimmt und 
abnimmt, fährt Gott fort, allmälig das zu feinem Weſen 
Gehörende zurüfzuziehen, umd doch iſt eine fo lange Zeit 
verfloſſen, ohne daß das Menfchengefchlecht in der Zahl 
der Lebenden abgenommen, noch fonft ein Geſchlecht der 
'erfäßigen Thiere eine Verminderung erlitten har, fondern 
ı zelmäßig erfolgt Geburt und Tod. Ja, das Menſchen— 
geſchlecht hat vielmehr fogar nocd) zugenommen. Wie kann 
jener Wahnfinnige glauben, die göttlihe Kraft, die nach 
feinem eitlen Vorgeben mit dem boͤſen Princip gemifcht 
worden feyn foll, werde allmälig entzogen, da doch, alles 
in der Welt noch ganz in derfelben Ordnung ift, daffelbe 
ift dem Tage, baffelbe der Nacht geblieben, es hat weder 
dad Licht abgenommen, nod) das Dunkel zugenommen, 
Sonne und Mond haben noc) denfelben Lauf, und die ur 
ſpruͤngliche Einrichtung befteht noch immer.” Alexander von 
Lycopolis ftieß fi) (o. 2.) hauptſaͤchlich an dem Gedan⸗ 
ken, wie es wohl zur Zeit der großen Fluth, unter Deucas 
fion und Phoroneus, gegangen, als die ganze Welt ihr 
Grab in dem Waſſer fand, und mit Einem Male ſoviel 


— 311 — 


Lichtftoff ausgefchieden wurde, ob auch damals der Mond 
nur alle fünfzehn Tage feine Scheibe erfüllt habe? Es 
müße doc) zwifchen dem Eutſtehen und Vergehen auf der 
Erde, und dem Zupehmen und Abnehmen des Mondes 


eine gewiße Proportion ftartfinden. Auch Died machte dems - | 


felben Echriftfteller Bedenken, wo während der Kichtab: 
nahme ded Mondes die Seelen der in diefer Zeit‘ fterbenden 
Menfchen bleiben, bis der einer entwölferten Stadt gleichende 
Mond eine neue Monpdscolonie in fich aufnehmen koͤnne. 
Es müße doch, fen es in irgend einem Theile der Erde, 
oder in den Wolfen, oder fonft irgendwo, einen Verſamm⸗ 
lungsort für die Seelen geben, wo fie fi zur Auswan⸗ 
derung in den Mond bereit halten fünnen. Solche und an⸗ 
dere Bedenflichkeiten waren ohne Zweifel aud) dem Scharf: 
fine Mani’s nicht entgangen, wer mag es ihm aber vers 
argen, daß er demungeachtet das ſchoͤne Bild feiner Phanz 
tafie nicht felbft zerftoren wollte! Mie vieles hätte er mit 
derfelben Strenge verwerfen müßen, wie arm auögeftatter 
wäre fein ganzes Syſtem erfchienen, wenn er, alles nur 
mit dem Furzen Mansftabe eines nüchternen Verſtandes 
prüfend, den großartigen Anfchauungen feiner Phantafie 
fogleidy da8 DVerdammungsurtheil hätte fprechen wollen! 
Der Aufenthalt der Seelen im Monde kann immer 
nur folange dauern, bis fi) der Mond nad) fünfzehn Ta⸗ 
gen mit einer neuen Zahl geläuterter Seelen fülln Der 
Mond ift nur ein Durchgangspunct für die Seelen, aber 
aud) diefe Zeit, die die Seelen im Monde zubringen, ift 
nur zur fortgehenden Reinigung und Läuterung derfelben 
beftimmt.. Der von Manes zur Bezeichnung des Mondes 
gebrauchte Ausdruk, indem er ihn die navis vitalium 
aguarum nannte, läßt vermuthen, daß er fi) das dem 
Monde eigenthümliche reine, lautere, heilige Lebenswaſ⸗ 
fer ald dad Mittel dachte, durch welches: die Reinigung 
der Seelen im Monde vorzugsweife fortgefezt werden 


\ — 312 — 


follte 2*). Ueber den Webergang der Seelen aus bem 
Monde zur Sonne, und ihren Aufenthalt in dieſer wird 
und nichts beftimmtereö gemeldet. Auch die Sonne follte 
nur ein Durchgangspunet feyn, da ja Manes felbft im 
fiebenten Buche feines Thesaurus bey Aug. De nat. boni 
o. 44. Sonne und Mond auf gleiche Weiſe die Lichtſchiffe 
nannte, guae ad evectalionem animarum, alque ad 
‘snae patriae transfretationem sunt praeparalae. In 
ihr war ed ohne Zweifel, nad) dem Obigen, das reine, hei— 
lige Elementarfeuer, das die Läuterung der Seelen vollenz 
det. Ueber das Ziel der Wanderung der Seelen fährt 
der Bericht ded Turbo in der angeführten Stelle fo fort: 
„An dem Wefen ded guten Waterd hat jede Seele und 
jedes fid) bewegende lebende Weſen Theil. Der Mond 
(oder vielmehr die Sonne) gibt die Seelen, mit welchen 
das Schiff befrachtet ift, an bie Aconen des Vaters hin- 
uͤber, und fie kommen jezt zur volltommenen Luft. Diefe 
Luft ift eine Kichtfäule, da fie voll ift von gereinigten 
Seelen. Auf diefe Weife werden die Seelen gerettet”. 
Epiphanius nennt a. a. D. co. 9. das endliche Ziel der. 
Seelen den Xeon ded Lebens (TOv z7g lung aimve, al 
Haxagwv 20g0v), oder den Xeon der Geligen (kaxdgam 
aimo 0.22). "Ang ehsog #5) wird in den Acta der 


44) Val. oben ©. 227. 

45) So heißt es im griechlſchen Tert der Acta bei Epiphantus, 
der Iateinifhe Tert hat die fonderbare Variante: vir per- 
Fectus. So nahe bie Vermuthung legt, der Ueberſezet habe 
arg mit @hg verwechſelt, fo könnte man ſich doch auch für 
die Lesart ävng auf etwas berufen. Photius fagt in der Bibl. 
od. 179. von dem Manichder Agaplus: Ieployei dE zul rau 
don, xiova abröv zul üvdgaumor &yuvov. Dachte man fih 
vielleicht die Sellgen, die Yeonen des Vaters In dem Yeon 
des Lebens als Cinheit, unter dem Bilde des wiederherges 
Kelten num vollendeten Urmenfgen? 


— 313 — 


Aufenthaltsort der Seelen genannt, ohne Zweifel, weil hier, 
in dem reinen, lichten Aether die Wanderung der Seelen 
ein, Ende hat, nur die zur Vollendung gekommenen, volls . 
fommen geläuterten hier wohnen. In demfelben Sinne 
heißt diefer Aerher auch arvAog Ywrog, weil er im Gegens 
faz gegen den langen Weg der Wanderung der Ort der 
Ruhe und des Stillſtandes ift, welchen die Seelen gleich 
einer feftftehenden Säule nidyt mehr verlaffen. Was Gles 
mens von Alerandrien Strom. II, 11. von dem wahren Gnos _ 
ftifer fagt, daß fein höchftes Ziel nur ein über jede Veraͤn⸗ 
derung erhabener, jedem Wechfel entnonmmener Zuftand der 
Ruhe ſeyn koͤnne, finder auch auf den Manichder feine Ans 
wendung: 7 niorig, 7 Te yvwoıg tag aAnFeies (eine folche, 
die yvworg Tov Ilegaxırrov Acta c. 10., fchrieben fich ja 
auch die Manichder zu) esi xara Ta avra xal woavrwg 
xeraoxevabovos Tnv Ehouevnv avrag Wuynv' Guyyeveig- 
Ö2 T0 wevdei ueraßaoıs, Extoonn xal anooTacıs, WO- 
NEO TO YVYWOTIXD 1QEUIE al Avanavaıg xab EIonvn. 
Daher bezeichneten die Simonianer, wie Clemend in eben 
diefer Stelle bemerkt, den Gott, weldhen fie ‚verehrten, 
als den Stehenden (Eora sg), und ihr ganzes Beftreben ging 
dahin, ihm gleich zu werden. So find nun aud) nad) Mas 
ni's Lehre die Seelen der Vollendeten, wenn fie zu dem _ 
orvRog gwrcs gelangt find, in die regna splendidissima, 
aufgenommen, welche, wie Maned in.feiner Ep. fund. fagt, 
ita fundata sunt super lucidam et beatam terram, ut 
nullo unguam aut moveri aut conculi possint, in bie: 
regna pacifica, die vita et libertas sanctae lucis, die 
beatitudo et gloria terrae sanctae. Das aber, waß fie 
dahin brachte, tft nur die ihnen durdy Maned geoffenbarte 
richtige Erfenntniß, die wahre! Gnofis. Ovrws Tas wv- 
xas, tags did nAiov xal ng oekıvng dtanopFusvdtei-. 
005, Eni TWv Ev yvwası Akysı Tng avrov yvödaıoloyiag 
Tavrag xudapFeiodg zarakiovodeı tig Sanopdusi- . 


% 


\ — 3a — 


follte 4%). Ueber den Uebergang der Seelen aus dem 
Monde zur Sonne, und ihren Aufenthalt in diefer wird 
uns nichts beftimmieres gemeldet. Auch die Sonne follte 
"nur ‚ein Durchgangspunet feyn, da-ja Manes felbjt im 
fiebenten Buche feines Thesaurus bey Aug. De nat, boni 
o. 44. Sonne und Mond auf gleiche Weife die Lichtfchiffe- - 
nannte, guae ad eveclalionem animarum, algue ad 
‘snae patriae transfretationem sunt praeparatae. In 
ihr war ed ohne Zweifel, nach dem Dbigen, das reine, hei— 
- lige Elementarfeuer, das die Läuterung der Seelen vollen- 
det. Ueber das Ziel der Wanderung der Seelen fährt 
der Bericht des Turbo in der angeführten Stelle fo fort: 
„An dem Wefen des guten Vaterd hat jede Seele und 
jedes fi) bewegende lebende Wefen Theil. Der Mond 
(oder vielmehr die Sonne) gibt die Seelen, mit welchen 
das Schiff befrachtet ift, am bie Aconen des Waters hin— 
«über, und fie kommen jezt zur volfommenen Luft. Diefe 
Luft iſt eine Lichtfäule, da, fie voll ift von gereinigten 
Seelen. Auf diefe Weife werden die Seelen gerettet‘. 
Epiphanius nennt a. a. O. o. 9. das endliche Ziel der. 
Seelen den Aeon ded Lebens (TOV tig kung eiave, xzal 
naxagwv 2ügov), oder den Aeon der Seligen (nazdgam 
‘ alive 0.22). "Ang tehsog #5) wird in den Acta der 


44) Bol. oben ©, 227. 

45) So heißt es im griedifhen Tert der Acta bei Epiphanius, 
der latelnlſche Tert hat die fonderbare Varlante: vir par 
Fectus. So nahe bie Vermuthung liegt, ber Ueberfezer Habe 
aͤrze mit Kg verwechfelt, fo Fönnte man ſich doch aud für 
Die Lesart Arne auf etwas berufen. Photlus fagt in der Bibl. 
cod. 179. von dem Manichder Agaplus: IepAoyer dE zul zov 
dega , niova abrov nal &ydgamov &urür. Dachte man ſich 
vielleiht die Seligen, die Yeonen des Waters In dem Neon 
des Lebens als Einheit, unter dem Bilde des wiederherges 
ſtellten nun vollendeten Urmenfgen? 


— 33 — 


Aufenthaltsort der Seelen genannt, ohne Zweifel, weil hier, 
in dem reinen, lichten Aether die Wanderung der Seelen 
ein Ende hat, nur die zur Vollendung gefommenen, volls . 
kommen geläuterten hier wohnen. In demfelben Sinne 
heißt diefer Aether auch arvAog puròo, weil er im Gegens 
faz gegen den langen Weg der Wanderung der Drt der 
Ruhe und des Stillftandes ift, welchen die Seelen gleich 
einer feftftehenden Säule nicht mehr verlaffen. Was Cles 
mens von Alerandrien Strom. II, 11. von dem wahren Gnos 
ftifer fagt, daß fein höchftes Ziel nur ein Über jede Veraͤn⸗ 
derung erhabener, jedem Wechfel entnonrmener Zuftand ver 
Ruhe ſeyn koͤnne, findet auch auf den Manichder feine Ans 
wendung: nniorig, n Te yvwoıs Tg aln$eies (fine folche, 
die yvworg Tov Ilegaxırrov Acta c. 10., fchrieben fich ja 
auch die Manichäer zu) ee xara ra avra xal woaurwe 
xaraoxsvabovoı nv Ehouevnv avrag yuymv' guyyeveiß. | 
oe Tw wevdei nstaßeaıg, Extgomn za anöoraang, ©0- 
NEO TO YVYWOTIXW 1QEUIE xal avanavaıs xab EIONVN. 
Daher bezeichneten die Simonianer, wie Clemend in eben 
diefer Stelle bemerkt, den Gott, welchen fie ‚verehrten, 
als den Stehenden (“Eora cs), und ihr ganzes Beſtreben ging 
dahin, ihm gleic) zu werden. So find nun auch nad) Mas 
ni's Lehre die Seelen der Vollendeten, wenn fie zu dem _ 
orvAog gwrlg gelangt find, in die regna splendidissima 
aufgenommen, welche, wie Manes in- feiner Ep. fund. fagt, 
ita fundata sunt super luc:idam et beatam lerram, ut 
nullo unguam aut moveri aut concuti possint, in die 
regna pacifica, die vita et libertas sanctae lucis, die 
beatitudo et gloria terrae sanctae. Dad aber, was fie 
dahin brachte, ift nur die ihnen durch Manes geoffenbarte 
richtige Erfenntniß, die wahre! Gnofis. Ovurwg Tas wv- 
as, tac did nliov xal Tig oekjvng dtanogdusuhei- 
cas ‚eni Tuv Ev yvaceı Akyaı Tag avrov yuöaıoloyiag 
Tevrag xadapdeivag xarakiovaoda, ig danogdusi- . 





3,5 


ouc rairne Tig mag’ aurh umdonoiies. Epiph- a. a. 
D. 0.9. Die Seligfeit des Lichtreichs felbft ſchilderten die 
Manichäer mit fehr lebhaften Farben, wie wenigftens aus 
‚der Andeutung zu fchließen ift, die Auguftin Contra Faust. 
XV, 6. in einer Stelle.gibt, in weldyer neben ftarfen Aeu— 
Berungen gegen den mythifchen Polytheismus der Mani— 
hier auch Folgendes fich findet: Plena es, fo redet Au- 
guftin die Manichaea congregatio fallax an, inebridta 
es, ingurgitala es jabuloso sacrilegio. Digeras ali- 
‚guando, quod exhalas, et te jam obruere talibus desi- 
nas: interim canta, quod cantas, et inspice, si potes, 
dedecus fornicationis inae. Invitavit enim te doctrina 
daemoniorum mendaciloguorum ad fictas domos ange- 
lorum, ubi flat aura salubris, et ad campos, ubi sca- 
-ient aromata, cujus .arbores et montes, maria et flu- 
mina dulce nectar fluunt per cuncta secula. Et 
eredidisti et finzisti haec in corde tuo, ubi vanis 
recordationibus Inzuriata et dissoluta jacleris. 
Cum enim quaedam talia dicantar de ineffabili af- 
luentia spiritualiam deliciarum, utigue in aenig- 
mate dicuntur, ita ul noverit animus, qui talibus ex- 
ercetur, esse alind, quod ibi quaerendum et intelligen- 
dum sit. Die Manichäer aber nehmen alles finnlid) und 
wörtlih. Quid ergo facit affectus tuus desiderüs car- 
nalibus sordidus, in campis et montibus numerosis, et 
coronis floreis, et scatentibus aromatibus? Si non sunt 
aenigmala rationis, phantasmata sunt cogitationis, aut 
vecordia furoris. Auguftin "hebt hier Züge einer ächt Ma= 
nichaͤiſchen Dichtung hervor, bie um fo merkwuͤrdiger find, 
da fie ſich ganz auf die Idee des Canticum amatorium, 
des Liebes⸗ oder Hochzeithymnus beziehen, der aus diefer Stelle 
ſchon fräher erwähnt worden ift. Ohne Zweifel ift in dem⸗ 
felben der ewige, fceptertragende König mit dem röthlidy 
glänzenden Angeficht, welchem die Yeonen, die Vorſteher 
\ 


— 35 — 


der abgelaufenen Zeiten, Blumenfränze zuwerfen, als die. 
Hauptperfon einer Scene gefchildert, in welcher, wenn nicht 
er felbft, doc) Ehriftus, der Erlöfer, ald Bräutigam die 
endlich aus der Materie völlig erlöste, gereinigt und geläus 
tert zur Lichtwelt zurüffehrende Weltfeele als feine Braut 
empfängt. Es ift ſchon früher bemerkt worden, daß die 
Acta Thomae ($.6.) einen ähnlichen Hochzeithymmnus enthals 
ten, zu deffen Erläuterung Thilo den Manichäifchen vers 
glichen hat. Der Hymnus in den Acta Thom. befingt die 
Lichtiungfrau, oder die Sophia = Achamoth, die fich mit Chris 
ftus, dem Erlöfer, als ihrem Bräutigam verbindet. Thilo 
findet e8 (S. 122.) nicht wahrfcheinlicd) , daß der Verfaffer der 
Acta Thom. an die Vermählung Chrifti mit der Kirche ge: 
dadıt habe. In der Hauptſache ſcheint mir jedoch Fein Un 
terfchied zu feyn, ob die Braut des Erlöfers als Weltfeele, 
oder als Kirche gedacht wird. Vom Manichäifchen Stand» 
punct aus koͤnnen ja nur die ächten Glieder der Manichaͤ⸗ 
ifchen Gemeinde die Organe ſeyn, durch welche die gerei- 
nigte und geläuterte Weltfeele zum Lichtreich zuruͤkkehrt. 
Als Einheit aller durch die Manichäifche Wahrheit erleuch- 
teten Seelen kehrt die Weltfeele als Braut zurüf, und die 
Manichier felbft feheinen das Bild nicht verſchmaͤht zu ha⸗ 
ben, das die Kirche ald Braut Chriftus, dem Erlöfer, zuge: 
fellt. Wenigſtens bedient ſich deffelben Fauftus bei Augu⸗ 
fin XV, 1. auf eine Weife, nad) welcher es den Manis 
häern nicht fremd gewefen zu feyn feheint: Ouia Ecclesia 
nostra, sponsa Christi, pauperior quidem ei nupta, sed 
diviti, contenta sit bonis mariti sui, humilinm amato- 
rum dedignatur opes. ud) nad) Auguftins Anrede a. a. 
D. möchte dies vorauszufezen feyn: Jam mihi ad te 
est sermo, Manichaea congregalio fallux et fallacüs in- 
voluta : itane multinuba tot elementis, vel potius mere- 
irix prostituta daemonüs, et sacrilegis vanitalibus im- 
praegnata audes matrimonium catholicum Domini tui 


— 36 — . 


erimine impadieitiae lacerare, Beſchuldigten die Maniz 
chaͤer die Fatholifche Kirche, daß fie nicht die wahre Braut 
des Erldſers fey, fo wollten fie dagegen ihre Kirche als ſolche 
geltend machen. Wenn daher die Seelen, deren Einheit die 


mit dem Erldſer vermählte Kirche bilder, in das Kichtreich 


guräffommen, gelangen fie in felige Gefilde, in welchen Wohl⸗ 
gerüche duften, eine balfamifche Luft weht, Bäume und Berge, 
Meere und Zläffe von füßem Neftar fließen, und ihre Se— 
ligkeit fein Ende nimmt, in einen, Ort der Luft und Freude, 
wie fich die Alten, und insbefondere die Eßener, nad) der 


"obigen Stelle, ihre Infeln der Seligen dachten. Zu ben gez 


lehrten Nachweifungen, die Thilo (&. 123. f.) Aber die bild⸗ 
liche Vorftellung der Gnoftiter von der Ehe bed Erlöferd mit 
der Sophia» Achamoth, und von der kuͤnftigen Seligkeit der 
Seelen als einer Bermählungsfeier gegeben hat, trage ic) noch 
die Stelle der Elementinen Hom. III, 26. nad, inwelcher vor 


‘der wahren, oder männlichen Prophetie gefagt wird, daß 


fie &yvos, xaitagovs, Öoiovg &yand — yanov von- 
zeisı — eig ayveiev. navrag &ycı — Tovg reisioug al- 


"zav oygayiteı, xai Tov Tg dvanavoeus Aöyov dxpei- 


va, Önt& npopnrevs, oagi Adyıı — Baoıleiav Feod 
avwveyüg xerayy&iksı, nAovrov ovgavıov umwüs — das 
gegen von der falfchen, oder weiblichen , daß fie Poayeinıg 
ndovaig Tod Aoyıonod zw doyiv UnoovAuoa Tovg nA. 
ovag eis Hoıysiav &ysı, xal oüros tod nehlovrog xa- 
107 orcoioxe yungpior vöugn yag dorıw 6 näs Av. 
Üownog, önor” &v Tov almFoug mgogpirov Azuao Aöyw 
ahmdeias oreıgöusvag qzurileras röv voov. di’ 6 ivög 


\ növov TOD Tag AAnoeiac AIOENTOV &xovev dei &ido- 


a, du ö rag” Eregov onagelg Aöyog, uoryeiag &y- 
ame Iafuv, ws Uno vuupiov zig Baoıksiag avroü 
!xßahlerer. So gewöhnlid war es demnad), die durch 
die wahre Erfenntniß geweihte und geläuterte Seele ald eine 
Braut des himmliſchen Braͤutigams zu betrachten. 


— 37 — 


\ 

Ehe aber die Seelen an den Ort der Seligkeit gelangen , 
haben fie einelange Bahnder Wanderung zu durchlaufen. Die 
Kehre von der Metempfschofe nahm, wie aus dem Bis- 
herigen von felbft hervorgeht, eine wichtige Stelle in Mas 
ni's Syſtem ein. Wir’haben hier zunächft nur die Glaffe 
von Seelen in's Auge gefaßt, die nad) vollbrachter Wande⸗ 
rung daß erfehnte Ziel erreicht. Wir müßen aber nad; Mas 
ni's Lehre drei Claffen von Seelen, und ein dreifaches 
Schikſal der Seelen unterfcheiden. Animas mortuorum 
gibt Auguftin Contra Faust. XX, 21. ald Manichäifche 
Lehre an, malas minusve purgatas aut in revolutiones, 
aut in graviores aliquas poenas, bonas autem in naves 
imponi, et in coelo navigantes tronsire hinc in illud 
phantasma terrae luminis, pro qua pugnando perierant. 
Bon dem Manichaͤer Agapius fagt Photius, indem er aus 
deffen ausfuͤhrlichem Werfe über die Manichäifche Lehre in 
der Bibl. cod. 179, Einiges mittheilt: xgarvveı xai rag us- 
TEuwvyWOeg, TOVg EV ES &x00v agerng Eimiaxoreg 
eis Heov avalvmv, Tovg ÖL eig &x00V xaxiag zvoL di- 
dovg ul OXOTW" ToUg ÖR MEowg ug NoMTevg@uevong, 
nahiv eis Onuore xarayav. Durd) die erfte und zweite Claſſe 
find die Endpuncte bezeichnet. Das Loos der der einen oder der 
andern Seite angehödrenden Eeelen ift, da das Manichaͤi⸗ 
ſche Syftem nad) feinem Dualismus in der Fünftigen Welt 
nur Gute und Boͤſe unterfcheiden Fann, entweder Seligfeit 
oder Verdammniß. Zur dritten Elaffe gehören alle in ih⸗ 
ver Wanderung noch begriffenen Seelen, die bei der-endli- 
chen Entfcheidung ihres Schikſals der einen oder der andern 
der beiden vorangehenden Elaffen anheimfallen werden. Ges 
hen wir von den Zlecti, deren Seelen allein der trdifchen 
Wanderung enthoben, den übrigen Seelen einen Durchgang 
zum Lichtreich zu geben beftimmt find, rüfmwärts zu den Au- 
ditores, fo haben diefe zwar nad) jenen die nächfte Hoffs 
nung, fi) am Ziele der Wanderung zu fehen, doc) find 


— 38 — 


auch fie noch zu weitern Wanderungen veruttheilt. Ihre 
Seelen koͤnnen nad) dem Tode im glüffichften Falle entwe⸗ 
der in den Leib eines Menfchen eingehen, der ein Electus 
wird, oder fie gehen in Pflanzen uud Bäume über, deren 
Früchte von den Zleoti genoffen werden, Onid fallitis 
anditores vestros, entgegnet Auguftin dem Fauftus V, 10., 
gui cum guis uxoribus et filiis el familüs et domibus et 
agris vobis seriunt ;'si quisquis ista omnia non dimi- 
serit, non accipit Evangelinm? Sed quia eis non re_ 
surreclionem, sed‘ revolulionem ad islam morlalitatem 
Ppromillitis, ut rursus nascantur et vita electorum ve- 
..strorum vivant, lam vana el inepta et sacrilega, quam 
vos vivitis, quando valde laudamini, aut si melioris 
merili sint, in melones et cucumeres, vel in alios aliquos 
eibos veniant, guos vos munducaluri estis, ut vestris 
ruclalibus purgentur, merito eos a mandalis evangeli- 
* eis alienatis, Vgl. De haeres. c. 46.: Arimas auditorum 
suorum in elecios revolvi arbitrantur, aut feliciore 
compendi6 in escas  electorum suorum, ut jam inde 
Purgatae in nulla corpora revertantur. Die Seelen al= 
fer derer aber, die nicht auf der Stufe der Auditores fte= 
ben, wandern theils in Thierleiber, theils in ſolche Ges 
wächfe der Erde, die nach der Manichäifchen Anfiht nur 
eine untergeordnete Stelle im Pflanzenleben einnehmen. 
Ceteras autem animas, fezt Yuguftin nad) den zuvor ans 
geführten Worten hinzu, ef in pecora redire putant, et 
in omnia, quae radicibus fixa sunt, atque aluntur in 
terra. . Die in Xhierleiber eingefchloffenen Seelen bewegten 
fih, da Manes die Thierwelt unter die Pflanzenwelt fezte, 
noch in dem unterften Kreifeder Wanderungsbahn, und mußten 
fid) aus diefemerft in die höhere Sphäre des Pflanzen: und 
Menfchenlebens erheben. Contra: Ad. I2.: Quia de animis 
Pecorum nimis sunt isti solliciti, cum enim sint hominum 
animae rationales, revolvi tamen eas in pecora existi- 


on — 319 — 
mant, clausa sibi esse arbitrantur regna coelorum, si 
pecorum animis clausa esse consentiant. Ob die Mani: 
chäer im Kreife der Thierwelt felbft nach den verfchiedenen 
Arten der Thiere verfchiedene Grade der Wanderungen uns 
terfchieden (wie wir 3. B. in den Geſezen Manu's einen 
folhen Unterfchied gemacht finden ), tft ungewiß *6). Nach 
Auguftin fcheinen fie die Sphäre der Wanderung nicht auf 
gar zu Kleine Thiere ausgedehnt zu haben. Negant usque 
adminutissima animantia revolvi animas humanas posse, 
— Fehementer urgentur,, cur in vulpeculam revolvi ani- 
ma humana possit, et non possit in mustelam, cum ca- 
tulus vulpeculae fortasse etiam minor sit, quam magna« 
muslela, — Übi termigum constituant, non inveniunt. 
Contra Adimant. c. 12. #7), Im Allgemeinen mußte bie 


46) Wenig Auskunft gibt hierüber, was Turbo in den Acta - 
c. 9. fagt: dom ÖdE Uuiv xal Tovro, mag nerayyiberus 9 wu 
2 eis nevıe oouora (der Iateinifhe Text hat blos: in alia 
quoque corpora). IIgwrov xa$ogiterws uıxo09 TI Um avıng, 
era yerayyilstas eig xuvög, 7 &s xoumdov, 7 Eis Erigou 
kuov omua. ”Eiv Öd 7 nepovsvavia wuyn, eis xehepuv 00- 
va uerapsgsren. Dad Wort xelepar iſt völlig unbekannt. Die 
Inteinifhe Weberfezung hat: anima in elephantiacorum, 
corpora transfunditur , was offenbar unrichtig iſt. D. v. C. 
in der Anzeige der Wegnern’fhen Schrift in der H. U 2. 
3. 1829. ©. 482. ſchlaͤgt vor, ftatt des finnlofen »elepar zu 
leſen »eAvgüv, d. h. die Seele des Mörderd wird in den 
die meiften und fefteften materiellen Theile an fih tragens 


den Leib von Schaaithieren hinuͤbergegoſſen. Kerupn heißt 


zwar gewöhnlih nur Hülfe, Schaale, doch fheint es nach ber 
Analogie des Iateinifhen test beides, fohohl Schaale als 
Schaalthier, bedeuten zu koͤnnen. 

47) Vielleicht bezieht fih darauf der In dem griechifhen Terte 
der Acta bey Epiphanius einigemal von der Manichaͤiſchen 
Seelenwanderung gebrauchte Ausdruk werayyiscodnı, wo⸗ 


— 320 — 


für die Wanderung der Seelen beſtimmte Sphäre ſich ſo⸗ 
weit erſtrecken, ald der Menſch in dem Leben der Natur ein 
dem feinigen verwandres erfennen fonnte. Denn eben dies 
ift e8 ja, worauf, wie überall, fo auch im Manichaͤismus, 
ber Glaube an eine Seelenwanderung beruhte. Iſt derfelbe 
Geift, der im Menſchen zum Bewußtſeyn kommt, durch 
die ganze Natur als Weltfeele verbreitet, haben auch Thiere 
und Pflanzen, wie der Menſch, nur in verfchiedenen Abſtu⸗ 
fungen, aber dody dem Weſen nad) diefelbe, einer Empfinz 
dung fähige, vernünftige Seele, fo kann der Menfch in allen 
Formen des Pflanzen und Thierlebens nur Uebergangs- 
formen zu der Stufe des Lebens, auf welcher er felbft fteht, 
exbliden, und die Idee der Seelenwanderung ift fo betrach⸗ 
tet, ihrem abftracteften Begriffe nach, nur ‚die durch alle 
Formen des Lebens, ald gegenfeitig verwandte, in ſtetem Zus 
fammenhang in einander übergehende Erfcheinungen, bins 
durdylaufende Identitaͤt des Bewußtfeyns. Verbindet fich 
mit diefer Anſicht von der durchgängigen Gleichartigfeit 
und Verwandtfchaft des Naturlebens der ftrenge Begriff eis 
ner vergeltenden Gerechtigkeit (inöbefondere der in den Acta 
Disp. Arch. c. 9. ziemlich deutlich ausgefprocdhene Grund- 
faz, daß jede durch irgend eine Verfündigung gegen das 
allgemeine Naturleben in diefem entftandene Lüfe durd) das 
eigene Leben deffen, ber fich auf diefe Weife verfündigte, 
wieber ergänzt werden muß), fo ift Dadurch der Ruͤkgang 
der Seelen von den hoͤhern vollkommnern Stufen des Le— 
bens 


mit geſagt zu ſeyn ſcheint, daß der Körper ein gewißes Maas 

für die Seele haben müße. Mol. was Auguftin De haeres. 

©. 58. über die Metangismonitae fagt, dicentgs, sic esse 

in patre filium, quomodo vas in vase, quasi duo cor- 

pora carnaliter opinantes ita, ut filius intret in patrem, 

danguam vas minus in vas majus. Der Ausdrut Ift eben. 
fo ſinnlich, wie das obige Bild von den Schoͤpfelmern. 





— 321 — 
bens zu den niedern und unvollkommnern motivirt, und es 
ſtellt ſich in der ganzen Sphaͤre des Naturlebens ein ſtetes, 
ſich vielfach durchkreuzendes Hinaufſteigen und Hinabſtei⸗ 
gen der Seelen dar. Im Allgemeinen aber kann jedes 
Syſtem, das vom Gegenſaze des Geiſtes und der Materie 
ausgehend das Weſen der Suͤnde in die Befledung des 
Geiftes durch die Materie fezt, diefem materialiftifchen Bes 
griff nur dann getreu bleiben, wenn e8 die Suͤnde ebenſo 
materialiftifch, wie die Entftehung derfelben gedacht wird, 
aud) wieder getilgt werden läßt, wie einen Flecken, ver 
durch Anwendung verfchiedener dußerer Mittel mit der 
zeit allmälig wieder verfchwindet. Jede Stufe des Lebens, 
die die der Reinigung bedürftige Seele durchwandert, jede 
Form der Körperwelt, in die fie ſich einhuͤllt, foll von der 
ihr anbaftenden AUnreinigkeit etwas hinwegnehmen, bis 
endlich alle Spuren derfelben getilgt find, und die Seele 
gereinigt und geläutert, nad) abgebüßter Schuld, die urs 
fprängliche Schönheit ihrer Geftalt ſich wiederhergeftellt hat. 
Den. Tod Eonnte Manes nur als eine Befreiung der 
Seele aus dem Kerker des Körpers , fomit ald eine Wohls 
that, betrachten, aber doc) follte der Urheber ver Dämon 
feyn. In den Acta disp. Arch. c. 8. ift von einem Archon 
Hegıouog die Rede, der, von der feine Begierde erregenden 
Lichtjungfrau getäufcht, Peft über die ganze Erde verbreitet, 
um die Menfchen zu tödten. Er tödtet fie, indem er die 
Wurzeln, mit welchen die Menfchen in der Erde feftftehen, 
abfchneidet. Dabei erfolgt eine Erfcyätterung der Erde, bei 
welcher fic) auch der Omophoros bewegt. Manes fcheint, 
fo viel hieraus zu fchließen ift, den Archon in Beziehung 
auf den Tod ald einen das Menfchengefchlecht, wie ein Ge: 
- treidefeld, abmähenden, von der Wurzel abfchneidenden Daͤ⸗ 
mon vorgeftellt zu haben. Daß er den Zod als ein vom 
Fuͤrſten der Finfterniß herruͤhrendes Uebel betrachtete, bezeu⸗ 
gen auch andere Schriftfteller,, die ihn deßhalb eines Wir 
Baur’ Mani. RI. Syſt. 21 


— 322 — - 
‘ 
u 


derſpruchs befchäfdigen. Titus von Boſtra benseist IE, EM: 
gegen die Manichder, daß der natürliche Tod fein Uebel 
fey, Geburt und Tod feyen von Gott zum Gefez der Natur 
gemacht worden. — Wie denn die Manichder den Tod ein 
Uebel nennen fonnen, da er doch nad) der Behauptung: ih⸗ 
res Stifterd die Seele von der Materie losmache? Manes 
hätte, meint Epiphanius Haer. LXVI, 52., den von ihm 
getadelten Tod eher Leben nennen follen, weil ja durch ihn 
die Seelen aus ‚den Körpern befreit werden. Wenn die 
Archonten die Seele im Körper, wie in einem Kerker, feft- 
halten zu muͤſſen glauben, fo werde ber Archon nie die 
Entlaffung der von ihm feftgehaltenen Seele aus dem Koͤr⸗ 
per bewirken. Es ſcheint allerdings nicht confequent, wenn 
das materielle Leben überhaupt von daͤmoniſchem Urfprung 
abgeleitet wird, aud) das, was demfelben entgegenwirkt, 
fiir Dämonifch zu halten. Indeß dringt fich Doch, wenn man 
ſich auch auf einen höhern Standpunct geftellt hat, im⸗ 
mer wieder das empirifche Bemußtfeyn des Uebeld auf, und 
Manes konnte infofern hier den Zorvaftrifchen Begriff des 
Ahriman, der ganz befonders ald Urheber des Todes ges 
fchildert wird, beibehalten. Es darf aber hier nicht uͤber⸗ 
fehen werden, daß in Mani’ Syſtem manches zwar eine 
unmittelbare Wirkung des Fürften- der Finfterniß ift, aber 
doch gegen feine Abficht zum endlihen Siege des Lichtprin= 
cips beiträgt. In derfelben leidenfchaftlichen Erregung, im 
“welcher der Dämon Krankheit und Tod dem Menfchenge- | 
ſchlecht fendet, huͤllt er ja auch die Erde in dunkle Wolfen, | 
beren befrudhtender Erguß die Lichtfeime aus dem Schooße 
der Erde fi) entwickeln läßt. 
Ueber die Manichäifche Efchatologie haben wir, was fie 
im Ganzen betrifft, nur noch die unflare, wie es fcheint, - 
zum Theil verdorbene Stelle der Acta disp. Arch. e. 1. 
(nach Epiph. Haer. LXVI, 31.) vor und. Ich hebe hier 
nur einige Säze heraus: „Zulezt wenn der Alte fein Bild 





— 323 — 


fichtbar macht, wirft der Omophoros die Erde hinweg, und 
fo bricht nun das große Feuer hervor, und verzehrt die ganze 
Welt. Nach der Verbrennung der ganzen Welt erfolgt die 
Miederherftellung der zwei Naturen, die Archonten wohnen 
unten in ihrem Reich, der Vater oben, nachdem er das 
Seinige wieder erhalten hat.‘ Epiphanius wiederholt Diefe 
Säze c. 58. in folgenden Worten: gaoxeı, Orı &Aevostas 
0 nosoßvrng, rail deikeı avrov Trv eixova in’ doyatwmy 
Tov nusEWV, xul. TOTE Ö ‚Rpogpogos; eidwg avrou To ngö- 
V0N0V, apa Tv yıv, xal 0VTWE TO vg TO aiwvıov 
xatadanava nv yv.— Kal rore, pol, uera Tavıe 
N UNOXETROTAOIG TWv ÖVo pVaewv Eni ruurò Eis TO AQ- 
zerunov nagelevoerar. Meber den ngsoßvrns läßt fich 
nichtö beftimmteresfagen. "Sin derfelben Stelle der Acta 
wird ein mosoßvrng Teirog genannt, der in dem großen 
Schiffe feinen Siz hat, womit zu vergleichen iſt, was 
Evodius De fide c.17. fagt: Beatus pater, qui naves 
lucidas habet diversoria, quem tertium legatum appel. 
latis etc.*8). Ob der ngeoßvurng nad) diefer Stelle als le- 
gatus, oder wie der lateinifche Text der Acta überfezt, als 
senior zu nehmen ift, laffe ich dahingeftellt. Iſt der 
srosoßvrng, wie auch Mosheim (S. 882) Elar zu ſeyn fcheint, 
Gott, fo darf vielleicht an das obige canticum amatorium 
der Manichder erinnert werden, nach welchem bie den eivis 


48) Man vol. über den nosoßurng olros Thilo Acta Thom. 
- ©. 195. Thilo Halt ihn für den Urmenfhen, der als der 
Dritte nad dem guten Gott und der Mutter des Lebens Se- 
nior heiße, weil von ihm alle Seelen abftammen. Nah 
Evodius und den Acta iſt der mo. ro. Chriſtus, nur fragt fich, 
wer der zweite ift? Analog iſt vielleicht bei den Bogomilen , 
daß fie fih 70V arten ur Ws yegovıa Auduyeveor, zov de 
vi» as Unyriem don, 10 Ö3 nveuue To ayıov Ws Asıo- 

‘ eooonoy venviav vorftellten, Giefeler Lehrb. der K. G. II. 


2. ©. 597. 
21.. 


— 324 — 


gen Vater der Zeiten umgebenden Aeonen fein Haupt mit 
Blumenfränzen umwinden. Haben fie ihm alle ihre Kränze 
aufgefezt, fo ift dann vielleicht der Zeitpunet, in welchem 
der Omophoros das Angeficht des Vaters erblilt, und an 
der Zahl der Kränze erkennt, daß die dem Weltlauf bes 
ftimmte Zeit abgelaufen fey, und daß er ſich feiner Laſt 
entledigen dürfe. Die Erde, ihres Stuͤzpuncts beraubt, 
bringt nun alle Elemente in Aufruhr, und jenes Feuer, 
das der demiurgifche Geift bei der Weltichöpfung ale 
den verderblichften Theil der gemifchten Maffe von dem 
fosmifch geordneten Ganzen ausgefchieden, ergreift pie 
Erde, um alles Moaterielle zu verbrennen, wie auch Alexan⸗ 
der von Lycopolis c. 3. angiebt: anoywgiodeiong axgı- 
Pos tus Heing Övvauswg, TO Em nVp pacı Ovunsoov, 
{avro Te xal TO aAlo Ovunav, Or &v Ainntut Tag 
VAng, ovyxaragpieksıy *7), hat die ganze materielle Welt, 





49) Es heißt in den Acta noch: Tore Ös tavın — — 
6 üvöguas (der lat. Tert hat szatuta dies) 297. Ai de 
ngoßolal nu, 6 ’Inoovs, 6 & To uınga nloig, xai f 
untno vs bung, zul oi Öwdexan xußegvia, xad 7 naggevos 
roð poròs, xal 6 ngsoßürns 6 Teltos, 6 &r To usyalo nAoie, 
»ol To Low mveuua, xul To TEigog TOV ueyulov MUgög, zul 
To Teiyos TOoU üveuov, Kal TOV Ö8g0g, zul ToV Ubaros, zul To 
EowFev mugög, Tov [üvros, MrEOS TOV uIxE0OV PWornon oixov- 
Oi, äxqus üv To nug xaravaluon Toy x00u09 0A0V, &y To- 
oois nord Ereow, av ovx Fundor Tiv nooormza,. Es fcheint 
hier die Vorftellung ausgedrüft: Sm Beginne des Weltbrands 
haben fih alle mit der Erde in Verbindung ftehenden gättli- 
hen Emanatlonen und Genien völlig von der Erde zurüfge- 
zogen, und im Monde verfammelt, um von hier aus dem . 
Schaufpiele des Weltbrands zuzufehen. Unter ihnen find 
auch die Schusgeifter, bie gleihfam als Scheidewand, oder 
Mauer, die böfen zerftörenden Clemente von der guten 
Schöpfung trennen. Nur dies kann unter dem zeiyog zov 


— 335 — 


wie fie entfianden ift, auch wieder ein Ende genommen, ſo 
kehrt alles wieder in den urfpränglichen Zuftand zuruͤk, in wels 
chem es vor der Weltfchöpfung war. Die beiden Principien, 
die fi) in der gefchaffenen Welt mir einander vermifcht 
haben, ftehen nun wieder in firengem Gegenfaz einander 
‚gegenäber. Wie Gott ſchon in dem ganzen Verlaufe des 
Kampfes dem Gegner immer mehr Land abgewann (xadn- 
raı Feos, fagt Titus von Boftra 1, 3L., xara röv Me- 
vevra Öl aiwvog ueTarEpwv yupara, xai xate Ppayd 
reooyovvvov Badın tıva — ro Pados avanımooi yW- 
narı, OFev avexııpev 7 van), fo hat er nun am Ende 
deffelben den in das Gebiet des Lichtreichs eingefallenen 
Feind völlig aus demfelben zurüfgedrängt, und es von als 
lem fremdartigen Einfluffe gereinigt. Der Zürft der Fin⸗ 
fterniß ift nun wieder auf fi, und auf fein eigenes Reich 
befchränft. Allein als eine völlige anoxaraoraaız der beis 
den Grundweſen kann jener endliche Zuftand der Dinge 
doch nicht gedacht werden. Wie fchon von Anfang an das 
Berhältniß der beiden Principien Fein vollkommenes Gleich⸗ 
gewicht war, fo geigt fih, je mehr der Kampf feinem 
Ende naht, aud) das Uebergewicht immer mehr auf die 
Seite des guten Principe. Schon dies dient zur Verherts 
lihung des Lichtreichs, daß ſich feine unerfchütterliche Fe⸗ 
ftigfeit in ihrem vollen Kicht offenbart, aber es foll ja auch 
am Ende des Kampfes nicht blos das angegriffene Gebiet 


u. m. u. ſ. w. verftanden werden.. ©. oben ©. 31, 8 ligt 
daher die Vorftellung zu Grunde, der Weltuntergang er⸗ 
fotge, wenn alles, was bie Kräfte und Elemente der Natur 
im Gleichgewicht hält, gleichfam als Scheidewand der Ge⸗ 
genfäze aufgeftelft iſt, hhnweggenommen wird, oder er wird, 
wie in mehreren alten Sagen, namentlich auch der zoroaſtri⸗ 
chen (befonders der nordifhen In der Edda), als ein allges 
meiner Aufruhr der Elemente der Natur dargeftellt- 


wieber erobert, fondern auch auf dem fremden Gebiete eine 
neue Ordnung der Dinge gegrändet werben. Auguſtim mes 
nigftens fchildert Contra Faust. X,3. den Gott der Manichäer 
nicht blos als einen das Seinige wiebererlangenden Sieger, 
ſondern auch ald einen in Fremdes eingreifenden Eroberer : 
Non concupiscere aliena, certe a suo Deo non possel 
discere (Faustus). Ille quippe, si non concupil aliena, 
quare super terram tenebrarum, ubi nunguam fuerunt, 
nova secula construit? — Quare inimico victo super 
alienam terram. crescere voluit regnum suum, cum 
prius contentus suis finibus plena felicitate vixis- 
set 5°)? Aber auch das böfe Princip fieht. fi) am Ende 
des Kampfes nicht mehr in demfelben Zuftande, in wel: 


50) Auch Titus von Boftra ſieht I, 30. in dem Ende des Kampfe 
einen Sieg des guten Principe, nimmt aber davon Meran: 
laſſung, die fchon früher. erwähnte Einwendung zu wieder: 
holen. „Zulezt wird Gott die Oberhand über die Materie 
- gewinnen, und fie zu einer fih felbft verbrennenden Erd⸗ 
mafle mahen. Warum hat er dies nicht gleich anfangs ge- 
than? Wollte oder Eonnte er es niht? Wollte er nicht, wird er 
nun nachher wollen, aus Reue oder befferer Erfenntnig? 
Hätte nicht das gute Princhn das böfe gleich anfangs völlig 
vernichten follen, wenn es konnte? Wenn es aber nicht konn⸗ 
te, fo erhebt fih gegen den Schöpfer bie Gefahr der Un- 
macht. Wie wird er es nachher Eönnen? Grhält er eine 
Kraft, die er nicht hatte? Sind beide einander entgegenge> 
fezten Wefen anfangslog, fo iſt Feines von beiden einer Ver: 
mehrung oder Werminderung faͤhig.“ — Was Alexander von 
Lyc. c. 18. von einer völligen Auflöfung der Materie und 
c. 5. von einem fich felbft aufzehrenden Weltfeuer fagt, iſt 
ein Mißverſtaͤndniß, oder wenigftend eine einfeltige Anficht, 
die jedoch bei Alex. immer wiederkehrt. Mol. c. 4.: anol- 
Avodaı iv Tin, dor Heov döyua. Als den Tod der Hyle 
fedt nemlich Alexander die Trennung der Seele von ihr an 
- 3. ’ 


— 327 — . 
/ . 
chem es im Anfang war. In demfelben Verhältniß, in 
welchem ber Kampf die Herrlichkeit des Lichtreichs ins Kicht 
fest, und in der ganzen Fülle feiner Realität und Vollkom⸗ 
menheit erfcheinen läßt, muß fich der Fürft des Reichs der 
Sinfterniß der der Natur ded Boͤſen eigenen Negativität 
bewußt werden. Wenn Manes in der Epist. fund. bei Aug. 
De nat. boni c. 44, den Fürften der Sinfterniß bei ver 
Schöpfung des Menfchen fagen läßt: Illius magni, qui 
gloriosus apparuit, imaginem fingam, per quam regna- 
re poterimus, tenebrarum aliquando conversatione li- 
berati, fo muß, da es ihm nicht gelingt, fich im fteten 
Befiz des ergriffenen Lichts zu behaupten, an die Stelle 
des Gefühls der Macht und der Herrfchaft das gerade ent⸗ 
gegengefezte, das Gefühl der Schwäche und Unmacht, tres 
ten. Konnte der Befiz des zuvor nicht gefannten Lichts 
nur dazu dienen, den Gegenfaz des Guten und Boͤſen zum 
Bewußtfeyn zu bringen, fo muß nun der Verluft eines 
Guts, durch das er, wie-ja dad Boͤſe nur am Guten 
feyn Tann, der Negativität feiner Natur einen pofitiven 
Haltpunct zu geben hofften, ihn der ganzen Nichtigkeit 
feines Wefens dahingeben. Das Böfe erfcheint, je mehr es 
mit der pofitiven Natur des Guten verglichen wird, um fo 
mehr als das, was ed if, ald Das Negative. Auf der andern 
Seite aber ift jene anoxaraotaoıs aud) deswegen feine 
vollkommene, weil es felbft dem guten Gott nicht vollkom⸗ 
men gelingt, alle geraubten Lichtfräfte aus der Materie 
wieder am ſich zu ziehen, und mit dem Lichtreich zu verei⸗ 
nigen. Es bleibt immer nod) etwas zuräf, worüber das 
Reich der Finfterniß feine Macht behauptet. Es find dies 
jene Seelen, die felbft die lange Wanderung nicht von den 
Schlafen der Materie reinigen Tonnte, die daher, wenn 
alles Uebrige gereinigt und geläutert zum Lichtreich zurüfz 
ehrt, nur dem Reiche der Finfterniß anheimfallen koͤnnen, 
jene Seelen, welche, wie Manes felbft fagt in der Epist. 


— 328 — 


fundam. bey Evodius De ſide e.S., mundi amore errare 
se a priore lucida sua natura passae sunt, atque ini- 
micae lumini sancto extilerunt, aperteque in pernieiem 
sanctorum elemenlorum se armarunt, el igneo spiritwi 
oböeculae sunt. Infesta eliam persecutione sua sanclam 
echiksiam, alque electos in eadem constitutos, coelestiume 
praeceptoram observatores, afflixerunt: a beatitudine 
et gloria terrae sanciae arcentur, Ei quia a malo se 
. superari passae sunt, in eadem mali slirpe persevera- 
bunt,.pacifica illa terra et regionibus immortalibus, 
sibimet interdictis. Ouod ideo üllis eveniet, guia ita 
iniguis operibus se obstrinzerunt, ut a vita et libertate 
sanctae lucis alienarentur. Non igitur polerunt reci- 
pi in regna illa pacifica, sed configentur in praedicto 
horribili globo, cui.eliam necesse est custodiam ad- 
'hiberi. Unde adhaerebunt his rebus animae eaedem, 
quas dilexerunt, relictae in eodem tenebrarum globo, 
suis meritis id sibi conguirentes. Neque enim futura 
haec :cognoscere staduerunt, atque ab hisdem, cum tem. 
pus dabatur, se segregarunt. Da das Bbdfe in der Natur 
des Menfchen, der materielle Leib, ein fubftantielles Boſe ift, 
fo kann es nie geheilt, föndern nur ausgeſchieden werden, aber 
es gibt auch Seelen, die durch die ihnen daher anhaftende 
Unreinigfeit fo befleft find, daß fie Feine Gemeinfhaft mit 
dem Kichtreich haben funnen. Nec in nobis sanatum hoc vi- 
tiam (der Kampf des Geiftes und Fleifches), sicnt nos di- 
oimus, nunguam futuram (dicunt Manichaei), sed a 
nobis sejunctam atque seclusam substantiam istam mali, 
finito isto seculo, post conflagrationem mundi, in globo 
quodam, tanguam in carcere sempiterno, esse vicluram. 
Cui globo, affırmant, accessurum semper et adhaesu- 
surum quasi, coopertorium algue leclorium ex anima- 
bus, natura quidem bonis, sed tamen quae non po- 
tnerant a naturae malae conlagione purgari. De haer. 


c. 46, Das ift jene Awdog, die nad) ben’ Acta disp, 
Arch. c. 11. Epiph. Haer. LXVI, 3l. usta roũ YEov 
eiwvos zum WBorfchein kommt, önug naoa ai. yvyol. 
Tov auaprwiumv Öbedwarv eig aiava, Auch Titus von 
Boftra gebraucht I, 31. von diefer nach der Verbrennung 
der Welt zurüfbleibenden, zum Aufenthaltsort der böfen 
Seelen beftimmten Erdmaffe benfelben Ausdruk: Avrög 
(Mevng) Ouokoysi &v ij Puh TavTag (Tag auaprn- 
00005 wuyas) Zunaynosodeı aue rn xarig. Es iſt 
dies ein Punct, welchen nicht leicht ein Gegner des Mas 
nichäifhen Syſtems unberährt läßt. Schien es mit richs 
tigen Begriffen von der Gottheit zu flreiten, daß die reine 
Natur Gottes durch die Vermifhung mit der Materie bes 
fleft, das hoͤchſte Wefen einem leidenden Zuftande unters 
worfen wird, fb mußte noch mehr die Behauptung die 
Vernunft empdren, daß ein Theil des göttlichen Wefens 
ewiger Unfeligfeit preiögegeben werbe. Ei u2v avv Tioov- 
ow, fagt Titus von Boſtra in der fo eben genannten 
Stelle, ai qæornoaoos „wuyeh xal Wvgiaug EveyYeidas 
xoxoĩe & To Bio dixnv, —* Enknpehnoev, eugeö ngeres 
0 "eos cnv Eavror yvaıv TIuwg@ovusvog* 0V Ti om Yen 
vorro aransreqav ; Befonderd kommt Auguftin auf diefe 
mit den Grundideen des Syſtems fo genau zufammenhäns 
gende Einwendung immer wieder zurüf, wie 3.3. Contra 
Secund. Manich. “ 20.: Car: 'pugnavit (Deus): ? Cur subh- 
stanliam suam _corrumpendam atque violandam et ad 
peccata omnia cogendam hostibus tradidit? Contra 
istam complerionem nunguam exire potuistis, Mag- 
num aliquid vobis et tutum invenisse videmini, ut re- 
spondeatis: Magna est iniquitas, appetere aliena, cui 
Deus iniquitati praebuisset assensum, si eam geniem, 
quae hoc ausa fuerat, expugnare noluisset. Haberet 
ista responsio qualemcungue justitiae colorem, si sal- 
tem in ipso bello natura vestri Dei se integram ünpol. 





Fünfter Abſchnitt. 





Daß Verhaltniß des Manichaäismus zum Heidenthum, 
Judenthum und Chriſtenthum: die urſprünglichen Ele⸗ 
mente, aus welchen er hervorgegangen iſt. 


Die bisherige Darſtellung ſollte die einzelnen Ideen 
und Lehren, die den weſentlichen Inhalt des Manichäifchen 
Syſtems ausmachen, und den Innern Zufammenhang, der 
fie zu einem wohlgeordneten, in fich gefchloßenen Ganzen 
verbindet, fo viel möglich ins Licht fezgen. Menden wir und 
nun von der Unterfuchung des Einzelnen zu der Betrachs 
tung des Allgemeineren, fo mäffen wir, um den eigenthimli: 
chen Character des Syſtems aufzufaffen, und die Stelle, die 
es in der Gefchichte der alten Religionen einnimmt, richtig 
zu bezeichnen, das Verhälmiß in Erwägung ziehen, in 
welchem es zum Heidenthbum, Judenthum und Chriftens 
thum ſteht. Mit jeder diefer drei Religionen fam der 
Manichaͤismus in eine nähere Berührung, die Unterfuchung 
diefed DVerhältniffes wird und daher immer wieder einen 
neuen Gefichtöpunet zeigen, von welchem aus er zu be= 
trachten ift, um einen tiefern Blik in feine innere und 
äußere Geftaltung zu werfen, und befonders die Frage, aus 
welchen Elementen er hervorgegangen ift, zur nähern Ent⸗ 
fheidung zu bringen. 

IL Das Verhältniß des Manihdismus zum Heiden- 
thum. M 

Die Frage, in welchem Verhältniß der Manichdismus 
zum Heidenthum ftehe, wird bei Auguſtin Contra Faust, 


— 335 — 


L. XX. zum beſondern Gegenſtaud der Unterredung zwi⸗ 
ſchen Auguſtin und ſeinem Gegner Fauſtus gemacht. Wir 
gehen daher mit Recht von den Anſichten aus, die hier 
von beiden Seiten aufgeſtellt werden. Da Auguſtin von 
der Manichaͤiſchen Verehrung der Sonne Veranlaſſung ge⸗ 
nommen hatte, die Manichaͤer Heiden zu nennen, ſo haͤlt 
es Fauſtus fuͤr zwekmaͤßig, zu unterſuchen, wer von beiden, 
die Manichaͤer, oder die Chriſten, dieſen Namen mit groͤ⸗ 
ßerm Rechte verdiene, und zu zeigen, daß die Manichaͤi⸗ 
ſche Religion mit dem Heidenthum nichts gemein habe. 
Dieſe Behauptung beweist Fauſtus durch folgende Haupt⸗ 
ſaͤze c. 3.u.4.: Pagani bona.et mala, teira et splendi- 
da, perpetua et caduca, mutabilia et certa, corporalia 
et divina, unum habere principium dogmatizant. His 
ego valde contiraria senlio, qui bonis omnibus princi- 
pium: fateor Deum, contrariis vero Hylen: sic enim 
mali.principium ac naturam theologus noster appellat. 
Nam Pagani aris, delubris, viclimis, atgue incenso 
Deum colendum putant. Ego ab his quoque multum 
diversus incedo, qui ipsum me, si modo sim dignus, 
rationabile Dei templum puto vivum vivae majestalis, 
simulacrum Christum fillium ejus accipio, aram mentem 
bonis arlibus et disciplinis imbutam, honores quogue . 
divinos ac sacrificia in solis orationibus et ipsis puris 
ac sipplicibus pono, Quomodo ergo schisma sum Pa- 
ganorum? Dagegen kehrt der Manichder die Befchuldis 
gung des Heidenthumd gegen die Chriften. Die Chriften . 
haben bei ihrer Trennung von den Heiden vor allem die 
Meinung von der Monarchie mit ſich herübergenommen, 
indem fie glauben, daß alles von Gott fein Dafeyn babe, 
an die Stelle der Opfer haben fie ihre Agapen gefezt, an 
die Stelle der Idole die Märtyrer, die fie auf ähnliche 
Meife verehrens die Schatten der Geftorbenen fühnen fie 
mit Wein und Speifen, die feftlichen Tage der Hei: 


\ 





2 4 . ——— I vi 
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| "Sinfer Algen. m 3J— 
n — J Zu ——— 


Das Berfäfnig des Man chaisnmus zum ar Heidenipum, 
Judenthum und Ehriftenthum sale urfpränglichen Eile 
mente, aus welchen er hervorgegangen iſt. 


Die bisherige Darſtellung ſollte die einzelnen Ideen 
und Lehren, die den weſentlichen Inhalt des Manichätfchen 
Syſtems ausmachen, und den Innern Zuſammenhang, ber 
fie zu einem wohlgeordneten, in ſich gefchloßenen Ganzen 
verbindet, fo viel möglich ins Licht fezen. Wenden wir ins 
nun von der Unterfuchung des Einzelnen zu der Betrachs 
tung des Aligemeineren, fo muͤſſen wir, um den eigenthilmfts 


chen Character des Syſtems aufzufaflen, und die Stelle, die 


es in der Gefchichte der alten Meligionen einnimmt, richtig 


zu bezeichnen, das Verhälmiß in Erwägung ziehen, tn 


welchem ed zum Heidenthum, Judenthum und Chriftens 
thum ſteht. Mit jeder diefer drei Religionen Fam der 


Manichaͤismus in eine nähere Berührung, die Unterfuchung 


dieſes Verhältniffes wird und daher immer wieder einen 


neuen Gefichtspunct zeigen, von welchem aus er zu be= 


trachten ift, um einen tiefern Blik in feine innere und 
äußere Geftaltung zu werfen, und befonders die Frage, aus 
welchen Elementen er hervorgegangen ift, zur nähern Ent: 
fheidung zu bringen. | 

L Das Verhältniß bed Manichaͤismus zum Heiden⸗ 
thum. 

Die Frage, in welchem Verhaͤltniß der Manichaͤismus 
zum Heidenthum ſtehe, wird bei Auguſtin Contra Faust. 


⸗ 


— 335 — 


L. XX. zum beſondern Gegenſtaud der Unterredung zwi⸗ 
ſchen Auguſtin und ſeinem Gegner Fauſtus gemacht. Wir 
gehen daher mit Recht von den Anſichten aus, die hier 
von beiden Seiten aufgeſtellt werden. Da Auguſtin von 
der Manichaͤiſchen Verehrung der Sonne Veranlaſſung ge⸗ 
nommen hatte, die Manichaͤer Heiden zu nennen, ſo haͤlt 
es Fauſtus fuͤr zwekmaͤßig, zu unterſuchen, wer von beiden, 
die Manichaͤer, oder die Chriſten, dieſen Namen mit groͤ⸗ 
Berm Rechte verdiene, und zu zeigen, daß die Manichäis 
ſche Religion mit dem Heidenthum nichtd gemein habe. 
Diefe Behauptung beweist Fauſtus durch folgende Haupt⸗ 
fäze c.3.u.4.: Pagani bona.et mala, teira et splendi- 
da, perpelua et caduca, mulabilia et certa, corporalia 
et divina, unum habere principium dogmatizant, His 
ego valde contraria sentio, gui bonis omnibus princi- 
pium fateor Deum, contrariis vero Hylen: sic enim 
mali.principium ac naluram theologus noster appellat. 
Nam Pagani aris, delubris, viclimis, atque incenso 
Deum colendum pulant. Ego ab his quoque multum 
diversus incedo, qui ipsum me, si modo sim dignus, 
ralionabile Dei templum puto vivum vivae majestalis, 
simulacrum Christum filium ejus accipio, aram meniem 
bonis arlibus et disciplinis imbutam, honores quogue . 
divinos ac sacrıfıcia in solis orationibus et ipsis puris 
ac sipplicibus pono, Quomodo ergo schisma sum Pa- 
ganorum? Dagegen kehrt der Manichder die Beſchuldi⸗ 
gung des Heidenthums gegen bie Chriften. Die Ehriften 
haben bei ihrer Trennung von den Heiden vor allem bie 
Meinung von der Monarchie mit ſich herübergenommen, 
indem fie glauben, daß alles von Gott fein Dafeyn habe, 
an die Stelle der Opfer haben fie ihre Agapen gefezt, an 
die Stelle der Idole die Märtyrer, die fie auf ähnliche 
Meife verehren: die Schatten der Geftorbenen fühnen fie 
mit Wein und Speifen, die feftlichen Tage der Heiz 


38 — 

* der Chriſten, ſuche man aber den Eimer 
darin, ob man Einen Gott verehre, oder mehrere, To Ti 

de diefe Differenz bie Heiden von den Chriften, und es 
feyen auch wieder nur zwei Secten, wenn man bie Märie 
häer zu den Heiden, die Juden zu den Chriften rechne. 
Auch darin treffen die Manichder mit den Heiden’ zuſam⸗ 
men, daß fie, wie diefe, eine anfangslofe, von Gott undb- 
hängige Hyle annehmen, nur entfernen fie fi) darin wieder 





viel weiter von der Wahrheit, daß fie, ohne zu wiffen, daß 


die Hyle ihrem eigentlichen Begriff nad) nur die formloſe, 
jeder Form fähige Materie ift, fie das Volk der Finfterniß 
nennen, und it ihr nicht blos fünf verfchiedene Gattungen 
von Körperfornien, fondern auch einen ſie bildenden Geiſt 
allnehmen. 


Beurtheilen wir nun, was hier von beiden Seiten uͤber 
das Verhaͤltniß des Manichaͤismus zum Heidenthum geſagt 
iſt, von einem allgemeineren Standpunct aus, ſo darf wohl 


mit Recht die Behauptung vorangeſtellt werden, daß dieſes 
Verhaͤltniß im Ganzen daſſelbe ſey, in welchem ſchon die 


Zoroaſtriſche Religion zu den uͤbrigen Religionen der alten 
heidniſchen Welt ſtund. Die von Fauſtus hervorgehobenen 
einzelnen Puncte, die Dualitaͤt der Principien, und die 
Reinheit des Cultus, mit Verbannung aller ſonſt im Hei⸗ 
denthum hergebrachten Formen und Inſtitute, der Tem⸗ 
pel, Altaͤre und Idole, der Opfer und Prieſteraͤmter, legen 
uns die Erinnerung an alles dasjenige, was die Zoroaſtri⸗ 


ſche Religion von den übrigen heidniſchen Religionen auf 


eigenthuͤmliche Weife unterfchied, fehr nahe. Wie aber dieſe 
Religion bei allen Vorzügen, die fie über das gewöhnliche: 
KHeidenthum hoben, doch ihrem ganzen Character nach, aus 
der Sphäre des Heibenthuind nicht heraustrat, fo werden: 


air auch über den Manichäismus in feinem Verhältmiß: 


zum Heidenthum kein, anderes Urtheil fällen Tonnen. Es 


— 89 — 
fommen dabei, was das Einzelne betrifft, tawiichis 
folgende Puncte in Betracht: 


4. Der Manichaͤiſche Dualismus het, ungeachtet ſei⸗ 
ner Annäherung an ben Monotheismus, einen polytheiftis 


fchen Character. Iſt es dem Polytheismus eigen, die eins 


zelnen Erfcheinungen nur auf ihre einzelnen Urfachen zue 
rüßzuführen, ohne fie in einer alles umfaflenden Einheit 
zu verfnäpfen, Kräfte für fich wirken zu Iaffen, die nuy in 
ihrer Abhängigkeit von einer höhern Gaufalität betrachtet 


werden follten, fo fpricht fich auch in dem Dualismus dafs 


felbe Unvermögen aus, auf eine abfolute Einheit zuräfzus 
gehen, nur thut fich im Dualismus das Streben nach Eins 
heit immer. zugleich Dadurch wieder fund, daß es Ein hoͤch⸗ 
fter Gegenfaz ift, unter welchem alles begriffen if. Was 


im Polgtheismus noch eine mehr oder minder regellofe 


Mannigfaltigkeit wirkender Kräfte ift, ift im Dualismus 


der. Gegenfaz ber beiden Grundfräfte, des Guten ’und Bbs 


fen, und wenn nun der Monotheismus die lezte Aufs 
gabe, die er zu Ibfen hat, eben darin finden zu müffen 
glaubt, daß er auch dad dem Begriffe des höchften Gottes 


ſchlechthin widerſtreitende Boͤſe unter einen Geſichtspunct 


ſtellt, von welchem aus ſeine Vereinbarkeit mit der Ein⸗ 


heit des Princips ſich zeigt, ſo meint der Dualismus we⸗ 


nigſtens im Begriff des Boͤſen die Grenze zu finden, die 
die nach Einheit ſtrebende Vernunft, oder der im Dualis⸗ 
mus noch immer in der Sphaͤre des Verſtandes ſich bewe⸗ 
gende Geiſt, nicht uͤberſchreiten kann. Daher hat es die 
ganze Polemik gegen den Dualismus mit der Rechtferti⸗ 
gung der Anficht zu thun, daß das Bhfe ſich erklaͤren laſſe, 
ohne eine Subftanz des Boͤſen voraudzufezen, Daß das 
Boͤſe nichts für fich feyendes fey, fondern immer nur an 
feinem Gegenfaz, am Guten und Volllommenen, ſich zeige, 
daß die Welt ein organifches Ganze bilde, in welchem als 
22.. 


— 


— 849 — 
les Einzelne in der Idee ber gbtrlichen Weicheit begender 
ſey, daß auf das phyſiſche Boſe der eigentliche Begricſ hab 
Bdſen nicht angewendet werben duͤrfe, daB ethiſche Bdoſe 
aber ſeinen Grund’in der Freiheit des Menſchen habe, oh⸗ 
ne weldye auch der Werth des ſittlich Guten, der Unters 
ſchied zwiſchen Tugend und Lafter, Hinwegfallen muͤßte. 
. Dies find die Size, die neben Auguſtin vorzuͤglich Titus 
. von -Boftra in feinem ganzen zweiten Buch gegen die Das - 
nichäer fehr befriedigend erdrtert. So fehsfich: aber ber 
. Dualismus auf der einen Seite über den gewöhnlichen Pos 
Istheismus zu erheben fcheint, fo fteht er. ihm auf-der ans 
dern Seite im Ganzen weit näher, ald dem Monotheismus. 
Auch ſchon der Polytheismus fchließt immer einen gewißen 
Dualismus in fich; in der Natur, deren Kräfte und Ers 
fcheinungen er zu perfönlichen Weſen geftaltet, ſtellt fich 
ein Gegenfaz anziehender und abfkoßender, zuſammenwir⸗ 
Tender und entgegenwirfender Kräfte dar, und wenn wir 
die Gotterwelt, in die er und einführt, näher betrachten, 
fo fehen wir ja auch hier die Weltordnung, in deren Sphäs 
re fih das Leben der Götter bewegt, in Streit und Krieg 
fich entwideln, der’ Etreit if der Vater der Dinge, der 
alles ins Dafeyn bringt, Götter ftehen Goͤttern entgegen, 
bie einen müffen befiegt werben, die andern den Sieg ges 
winnen, damit der göttliche Rathſchluß zur Vollendung 
fomme, es find die gewaltigen Kämpfe der Titanen und 
Siganten,. die zuvor beentigt ſeyn müffen,, ehe der walten: 
de Zeus das Scepter der Allmacht über den befchwichtigten 
Aufruhr der Elemente ſchwingen kann. Nicht felten’ wer. 
den auch fchon im gewöhnlichen Polytheismus einzelne We: 

‚ fen zu Repräfentanten alles deffen gemacht, was in regels 
mäßig wiederkehrenden Erfcheinungen der Natur, und im 
Leben des Menfchen felbft den conftanten Character eines | 
feindlich wirkenden Princips an fich trägt: es ift der Goͤt⸗ | 

ı  terfeinb Typhon, ber in. den feligen Chor der Götter 





— — 


Haß und Zwietracht mifcht, dem guten Oſtris das Leben 
raubt,' und Äberall, wo entweder der geordnete Gang des 
Naturlebens eine Hemmung und Stdrung zu erleiden fcheint, 
oder in der Natur des Menfchen titaniſche, das rechte Maas 
überfchreitende Triebe hervorbrechen, feinen feindlichen Ein: 
fluß äußert. -- Das dem Gegenfaz des Ormuzd und Ahri⸗ 
man: fo nahe verwandte feindliche Goͤnerpaar ‘her aͤgypti⸗ 
ſchen Religion, der gute Sfirts und der boͤſe Typhon, kann 
uns zum Beifpiel davon dienen, wie leicht der Molgtheids 
mus in eine dualiftifche Form übergeht: Ja; nehmen’ wir 
felbft die fo polytheiftifch geftaltete griechifche Religion, 
auf welcher andern Grundlage beruht das ‚ganze, fo viels 
fach gegliederte Gbtterſyſtem, ald auf’ dem: Gegenſaz des 
Chaos und des Eros,. von welchen beiven Princtpien das 
Ehaos die noch. formlofe Materie ift, die alles erſt ins Das 
ſeyn bringt, aber zugleid) auch die boͤſen, verberblichen 
Kraͤfte in fich fchließt, während der Eros, als nad geiftige 
das Ehaps bewegende Princip, den Keimenthält, aus wels 
ehem. dureh) eine Neihe von Eutwillungen die intelligente, 
Gottheit Hervorgeht? Es ift demnach auch hiot der Gegen⸗ 
faz zwiſchen Geiſt und Materie, der: ſich nur von einer ans 
dern Seite darſtellt, als im Manichaͤiſchen Syſtem, und wir 
Faimen daher dem Manichäer, wie aus .allem dieſem er⸗ 
heilt, nicht Recht geben, wenn er feinen Dualismus gels 
tend macht, um feine Religionsform' als ine vom: Polye 
theiömus: wefentlich verfchiedene zu bezeichnen... Was fir 
den Manichäismus characteriſtiſch Bleibt, iſt nur die 
Schärfe des Glegenfazes, welchen: er-, hierin ganz. an bie 
Zoroaſtriſche Religion fich anfchließend,, an. die. Epize ftellt, 
der firenge Gegenfaz des. Guten und Böfen, der im Mani: 
chäismus noc) überdies mir dem: Gegenfaz. zwifchen Geift 
and Materie beinahe vollig zufammenfält. Diefelbe Ans 
fiht ergibt fid) uns, wenn ‚wir noch einen: Blik auf dad 
Verhälmiß des Manichäismus zum Gnoſticismus werfen, 


u" Ze w 
wozu wir bier vyllkommen berechtigt find, da auch den Game. 

ſticismus ‚eine ächt. polptheiftifche Seite hat, die vor ale ' 

ind Auge ;gefaßt werden muß, wenn feine ganze Erfchels 
ung und Stellung. in der alten Religionsgefchichte aus 
dem richtigen Gefichtöpuncte gewürdigt werden fol. Die. 
in.mehrfacher Beziehung für Die genauere Kenntniß des nos 
ſticismus ſo merkwürdigen Clementinifchen Homilien zeich« 
nen ſich auch durch Die eigene Anficht. aus, daß fie. den ge⸗ 
wöhnlichen Gnoſticismus, zu deſſen Repräfentanten bier 

der Magier Simon. gemacht .ift, als eine den wahren 
Monotheismus aufhebende polytheiftifche Lehre darſtellen. 
Wie Petrus: die Lehre von der Monarchie Gottes als die 
Eine. Grundwahrheit vorträgt.,.. von, welcher das. ganze 
Heil des Menfchen abhängt, fo.ift. der Magier Simon 
der Verfechter: des Polytheismus, der die Quelle alles Irr⸗ 
thums und. aller fittlichen Verkehrtheit iſt. Nicht nur wird 
ihm geradezu die Behauptung in. Mund gelegt...daß es 
‚mehrere Götter gebe: (deiv Heovg vouissıv Homil; II, 38.), 
fondern es iſt vorzuͤglich eben die die gnoſtiſchen Syſteme 
characteriſirende Lehre vom Demiurg, an welcher die ge⸗ 
naue Uebereinſtimmung des vom Magier Simon repraͤſen⸗ 
tirten Gnoſticismus mir dem heidgifchen Polytheismus in 
diefer Darftelung fich zu erkennen gibt. Indem der ‚Des 
miurg ald ein unvollfommenes, befchränftes, neränderlis 
- des, menfchlichen :Leidenfchaften ‚und. Begierden unterwor⸗ 
fenes Wefen. befchrieben wird, das nur endliche und. unvolls 
kommene Gefchdpfe hervorbringt, nur der Gerechtigkeit eis 
nes Gefezgebers, nicht aber der Güte des höchften Gottes 
fähig ift, wird. er in allen diefen Beziehungen von: dem 
höchften Gott. unterfchieden, und dem Polytheismus auf 
doppelte Weife Raum gegeben, fomwohl. fchon dadurch, 
daß neben dem höchften Gott ein Untergott als Weltſchoͤ⸗ 
pfer aufgeftellt wird, als auch durch das ganze Gepräge 
ber ihm beigelegten Eigenfchaften, die ihn auf die Stufe > 





— 33 — 


der nur fir den Polytheismus fich eignenden Götterwefen 
herabfezgen. Eigen ift den auch dad Judenthum in den 
Kreis ihres Synkretismus hereinziehenden Gnoftifern bie 
Identificirung des Weltſchoͤpfers mit dem Judengott, in 
der That aber ift, wenn wir davon abfehen, der Demiurg der 
wahre. Repräfentant des in den Gnofticismus. herüberreis 
chenden heidnifchen Polytheismus, wofür wir ihn mit um 
fo größerem Rechte nehmen dürfen, da er ja felbft nur als 
einzelnes Glied in einer Reihe gleichartiger Wefen erfcheint, 
die theild über ihm, ald Aeonen, zu dem höchften Gotte hin⸗ 
auffteigen, theild unter ihm ftehen, ald Dämonen, als Bes 
herrfcher und Götter der verfchiedenen heidnifchen Voͤlker. 
Mas das Leztere betrift, fo legen die ‚Glementinen dem 
Magier Simon die gnoftifche Vorſtellung bei: nad) der 
Zahl,der Sfraeliten, die nad) Aegypten zogen, habe der hoͤch⸗ 
fte Gott fiebenzig Völker durch ebenfoniele Spradyen be⸗ 
grenzt, feinem Sohn, der der Herr ‚heißt, und Himmel und 
Erde gefchaffen hat, ‚die Hebräer ald Antheil gegeben und 
ihn zum Gott der Götter gefezt, die die übrigen Voͤlker zu 
ihrem Antheil erhielten, und ihnen ebenfo Gefeze gaben, wie 
der Sohn, ald der. höchfte Herrfcher, den Hebruͤern das Ge: 
fez gab. Hom. XVIN, 4. Nach einer andern Darftellung 
der guoflifchen Lehre. des Magiers, die Hom. III, 2, gege= 
ben wird, hat der von dem Meltfchöpfer verfchiedene höch- 
fte, unbekannte, im Unnennbaren wohnende Gott der Götter, 
zwei, Gdtter gefandt, von- welchen der eine die Welt ‚ges 
ſchaffen, der andere das Gefez gegeben. hat. In dieſer 
Lehre fieht nun aber der den Magier beftreitende Petrus 
nichts anders, al8 einen Verfuch des die Menfchen fletS vom 
Monotheismus abziehenden Feindes, die Völker, die ge⸗ 
rade im. Begriffe waren, von ihren irdifchen Gdzenbildern 
die Ueberzeugung zu gewinnen, daß fie Feine Götter find, - 
in einen neuen, noch fchlimmern Polytheismus zu verſtricken 
(önws, Eav navowssaserig zaurwnoludsoumvias, Erägwg, 


x 


pi ‘ 344 _ | | . , 
Biel yeipov xerrò Fig Tod Deov uövapyias ya 1.2 


‘Tii91covres; Hom. II, 3). Hiedurth iſt wohl die Uns | 
ficht hinlänglich begründet, daß der Gnoſticismus ein acht 


. polytheiſtiſches Element in ſich hat, ja in gewiſſem Simne 


nur eine neue, mehr vergeiſtigte Form des alten Polytheis⸗ 
mus iſt. Stellen wir nun ben noch fo polytheiſtiſch erfäjeis 
'nenden Gnoſticismus dem Manichdismus gegenüber‘, Bi. 


ſcheint diefer gerade das aus ſich entfernt zu haben, was 


jenem vorzuͤglich feinen polytheiſtiſchen Character gibt, die 

Lehre von Demiurg, wie nahe ſich aber beide demungeach⸗ 
pr fiehen, wird fogleich Har. Der gnoftifche Demiurg 
fällt ja, wie oben gezeigt wurde, nad) einer Seite feines 
Weſens, init dem böfen Princip fIbft zuſammen, und es 
AR diefelbe Beſchraͤnktheit der Anficht; die den Gnoftiler 


bei einem von. dem höchften Gotte verfchtedenen Weltfchbs 


fer feſthaͤlt, und den Manichder die Schbpfung der mate⸗ 
Helen Melt dem. böfen Princip zufchreiben heißt ;i daſſelbe 
Auvermdgen‘, ſich "Aber den Gegenfäz zur Einheit deſſelben 
!gu erheben. Der Manichaͤismus kann demnach, auch Yon Dies 
fer Seite betrachtet, feine Berwandtfchaft mit dem Polytheis⸗ 
pas nicht verläignen. Die Clerkentinen , die dem gnoſti⸗ 
ſchen Polytheismus auf eine fo eigenthuͤmliche Welle Bes 
-freiten , find hauptſaͤchlich ebendeöwegen eine fo merkvfrs 
Sige Erfcheinung, weil fie auf ber:einen Seite ˖ ſelbſt ein 
Erzeugniß der gnoftifchen Weltanficht und Geiſtesrichtung 
:find (wie insbeſondere die Lehre von der Natur Gottes, und 
won den Syzygien beweist), auf der andern Seite aber eben 
die Probleme , die der gewöhnliche Gnoſticismus als eine 
untböbare- Aufgabe betrachtet, von einem höhern Stand: 
punct aus zu löfen verfuchen, indem fie den Weltſchoͤpfer 
mit dem hoͤchſten Gott ausgleichen, Begriffe, die jenem 
einen innern Miderfpruch in fich zu fchließen fcheinen , wie 
die Begriffe der Gerechtigkeit und der Güte, vereinigen, 
und die Entftiehung des Bbien anf eine die Lehre von ber 





3 = 
Monarchie Gottes nicht beeinirächtigende Weife zu erklaͤren 
ſuchen. Es find daher, wenn wir auch den Manichaͤis⸗ 
mus zum Gebiet des Gnofticisinns im weitern Sinne rechs 
nen, drei verfchiedene Formen, in welchen fich das eigens . 
thuͤmliche Wefen des Gnoſticismus ausgebildet har, die po= 
Intheiftifche Form des: gewoͤhnlichen Gnoſticismus, bie dus 
aliſtiſche des Manichaͤismus, und die monotheiftifche des 
Syſtems der Clementinen. Auch das leztere hat affenbar 
denfelben hiftorifch » fpecukitiven, naturphilofophifchen, oder 
theofophifchen Character, in welchen wir überhaupr das 
eigenthämliche, mit der alten Naturreligion zufammenhäns 
gende Weſen des Gnoſticismus ſezen mäffen. Daß übrtz 
gens der Manichäifche Dualismus, fo wenig feine Vers 
wandfchaft mit dem Polytheismus verkannt werden kann, 
doch weit‘ weniger, ats der gewöhnliche Gnoſticismus geneigt 
ift, ſich polytheiftifch auszubreiten, fehen wir aus feiner 
Aeonenlehre, die ſich im Sanzen ſo viel möglich an bie 
hröftliche Lehre von der Trinität anzufchließen ſucht, fomit 
nur das fefthalten wi, was auch das Chriſtenthum in ſei⸗ 
ner Lehre von der Trinttaͤt als ein Acht religidſes Moment 
im Polytheismus anerkennt, die zur Vermittlung der Gott⸗ 
heit mit der Welt und dem Menſthen nothwendige Idee eis 
ned Sohns Gottes, und eines gottlichen Geiſtes, nur macht 
ſich zugleich der Polytheismus dadurch wieder geltend, daft 
die Manichätfche Trinität vorzugsweiſe gerade an diejenigen 
Naturweſen geknupft fl, die die vorzuͤglichſten Gegenftän; 
de der Verehrung in ber alten Ralurreligion wire, a0. 
Sonne und Mond.  ° " 
2. Der Manichaͤismus faßte die hoͤchſte Auftabe der _ 
Religion auf diefelbe Weife anf, ‘wie der heidniſche Poly⸗ 
theismus, oder die alte Naturreligion. Das Eigenthuͤm⸗ 
liche der alten Naturreligion befteht in diefer Beziehung, 
um es kurz anzudeuten, darin, daß dem auf diefer Stufe 
der religidfen Entwillung ſtehenden Menfchen fein eigenes 


Leben toch mit bem Lehen de iuſam⸗ 
menfloß „. ‚die es ihm wicht. —88 machte⸗ 5% in · dem 
innern Mittelpuncte ſeines Selbſts, als ein nthifches Mer 
ſen, in ſeiner wahren ‚Iydisipnalicät - und, Perſonlichkeit zu 
ergreifen. Sein religidſes Bewußtſeyn wax · voch ein durch 
ſein Naturbewußtſeyn vermitteltes und verhůlltes, uud es 
iaßt ſch daher, was der Apoſteſ Paulus,Ik Eon 3.7. fr, 
zur „Characteriftit detz religidſen Standpunsts, der. Juden 
fagt, daß die Dede, weile, Mofes über ſein vom schauen 
der Gottheit ftrahlendes Angeſicht warf, weil die Iſraeliten 
den blendenden Glanz —— nicht ertragen konnten, ein 
Symbol alles deſſen war, was die Ffraeliten nicht zum Has 
ten Berftändniß des auf Cl td. hinweiſenden X. T. kom⸗ 
men hieß, alſo ein Sombol ihres durch. den, Buchſtaben 
noch⸗ wie mit einer Decke, perhuͤllten religidſen Bapwötfenns, 
auch, u heidniſche "Melt anwenden. ‚Der geheimnißs 
vofle, Si leier, welchen die Iſis über bie, Natur. geworfen 
hatte, jener von ſterblichen Händen nicht bigmegzuzichende 
Schleier, der den Menſchen das, öhrpliche nur in den dun⸗ 
fein Bildern ‚und Spmbpfen der Natur, in den raͤthſelhaf⸗ 
ten, Geftalten, der himmliſchen und 
nen ließ, lag noch ganz auf dom religidſen Bewußtſeyn. Nur 
in. ber außern Natur, nicht in der, Tiefe der eigenen, Bruft’fah 
und fuhlte der Menſch ber alten Religion das Göttliche, in den 
ihn mit mächtigen Eindruß ergreifenden Erfejeinungen und 
Veränderungen des Naturlebens, in dem Leiden und Sterben, 
in, ben Wiedererwachen und Wie dererſtehn der Naturgdtter, 
in ihrem wechſelnden Gange von der obern Welt zur uns 
,pou; der.untern ; E12 obern, bewegte fi ihm fein 
„seligidfes Reben, ‚uud hatte für ihn eben, nur in 
diefer, ‚Vermittlung feine, wahre, fein Gefühl ergreifende 
Bedentung. Wie enge in dieſer Hinſicht der Manichaͤis⸗ 
mus mit ber alten Naturreligion zuſammenhaͤngt, wie ſehr 
Vaud hier der Menſch nach der religidfen Seite feines We⸗ 































u — | . 


fens nur alg ein einzelnes, in ben kosmiſchen Organismus 
verflochtened Glied erfcheint, darf hier nach allem bishe⸗ 
gen nicht weiter auseinandergefezt werden. . Ich bemerfe 
daher hier nur, wie fich dieſe Naturſeite der Religion in 


den eigenen Erklärungen der Manichder über daß Eigens 
thuͤmliche ihrer. Lehre zu erkennen gibt. . Venit Mani. 


chaeus, fo fpricht. ſich hieruͤber der Manichder Selir in: des 
erſten Unterredung mit. Auguftin. c. 9, aus, et. per suam 
praedicationem. docuit ngs inilium, medium et finem ") s, 


docuit nos de fabrica mundi,.quare facta est, et unde. 


Jacta est, et qui fecerunt: docuit nos, quare dies. et 
quare noꝝ ‚docuit: nos de Cursy: solis et lunae, quiu hoo 
in Paulo non audivimus, nec in ceterorum Apostolo- 


rum scriptaris,,hoc crediumus, quia ipse est Paracletus. 


Mas Yuguflin ‚zur Rechtfertigung: des Chriſtenthums gegen 
dieſe Anſicht bemerkt, gilt uͤberhaupt gegen eine ſalche Unterord⸗ 
nung der Religion unter die Naturſpeculation. Non legitur in 
Evangelia;D)ominum dixisse: Mitio vobisFaracletum, ‚qui 
vos doceat.de cursu solisetlunae: Christianos enim facere 
volebat, nan mathematicos. Sufficit autem, ul homines de 
his. rebus,. quantum in schola . didicerunt, .noverint 
propter humanos usus, Christus. autem venturum Para. 


cleium dizit,. qui induoat in omnem verilatem: sed non 


ibi ait: initiam, medium et ‚finem, non ait: solis. et lu- 
nae.cursus.. Aut sı putas, hanc doctrinam ad illam veri; 
tatem perlinere, quam per. spiritum vanctam Shrigtus 





A 


1) So begeiähnet der Mankhder bie Hauytmoment⸗ feiner. Res 
ligionslehre, da der Gegenftand der Religion, das. Seyn und 
Leben der Gottheit, ganz au bie: Form einer zeitlichen Ent⸗ 
wiklung geknuͤpft iſt. Daher druͤkt ſich Felix bey. Auguſtin 
II, 1. über die Wichtigkeit, die Maͤni's Ep. fund. hatte, 
mit den Worten aus: Ita epistola fundamenti est, quod 
ei sanctitas tun bene'scit, quod et ego diri, gie ipsa 
coniinet initium ,. medien. et Fmom. 


— 2 ” 225 
promliit; ‚interrogo #8, quot uni stell I ep 


»iritum illum, de quo dicis, ad guem' 

Ita, gude ego dice ad disciplinam, ad. —— chri- 
stlanam non perlinere, oporlet, ut rehtinchäß: Ef respon- 
deas miki-—- tanguam homo, gui-aobepisti:spirisemi, qui 
introdacit in omnem verilaterh, ut dieis, yaba ‚al: poam 
dertlatem: pertinet, seire-ista mundana.it:v..; '; 

8,” Die der alten Naturreltgien‘ BIRNEN 
—* Kor hat and) der Mnihäismis: noch nicht abs. | 
gelegt. Welche reiche ſymbolifch⸗mythiſche Ausſtartung Ma⸗ 
nes ſeinem Religions ſyſtem gegeben hat, hat die Darſtel⸗ 
fung deſſelben gezeigt. Es begegnet uns eine: Reihe von 
Geſtalten, welchen wohl Manes felbft nur eine bildliche Bes 
deutung beilegen wollte. Wofär hätte er den die Erbe I 
feinen Schultern fiäzenden Omophoros, ben fR’'po: 
haltenden Splenditenens, den mit Speer und - * 7 
waffneten Kämpfer, den die Mäder des Feuerd, des Wafs 
ſetrs und der Luft umdrehenden Elementargeiſt, wofdr 
hätte er' diefe und andere Weſen "halten Ehnnen, abs’ für bloße 
Gebilde der Phantafle? Der Manichaͤismus Hat ein ge: 
wißes poetifhes Gepraͤge, das ihm Manes, wie im Bes 
wußtſeyn, daß die Freiheit der Phantafie auch auf dem 
Gebiete der Religion nicht zu ſehr beſchraͤnkt werden duͤrfe, 
gegeben zu haben ſcheint. Ich erinnere‘ hler nur an das 
Cantioam amatorium , das, fo viel wir urtheilen koͤnnen, 
ganz den fühtlgen Getft des Orients athmete. Aber auch 
da, wo fi Manes der Mitwirkung der Thantafle zur Bil⸗ 
dung fetnes Syſtems nicht :ebenfo bewußteſehn mochte, 
koͤnnen wir doch die Form, in welche fo viele: feiner Ideen 

gefteider find, . nur für eine bildliche derfelben Art halten, 
wie überhaupt diejenige iſt, die zum Character der alten 
Naturreligion gehbrt. Es find großentheils Borftellungen, 
bei weichen wir zwifchen Inhalt-und Form, Idee und Bild 
wohl unterfcheiden muͤſſen, weil die ganze Darſtellung fo 









‚vieles an fich trägt, was nur bildliche Bebentung haben 
kann, . und fich von felbft nur ald Hülle und Reflex der 
eigentlichen Idee, die dadurch ausgedruͤkt werben ſoll, 
darſtellt. So untrennbar auch eine ſolche bildliche Dar⸗ 
ſtellungsweiſe dem Darſtellenden mit der dogmatiſchen Idee 
ſelbſt zuſammenfließen mochte, ſo ſcheint doch immer auch 
wieder das Bewußtſeyn hervorzudaͤmmern, die bildliche 
Form ſey nur ein ſubjectives Beduͤrfniß, und duͤrfe 
dem eigentlichen dogmatiſchen Gehalt der ganzen Vorſtel⸗ 
lung nicht gleichgeſtellt werden. Wenn Manes das boͤſe 
Princip bald als die Hyle, bald als den Fuͤrſten der Fin⸗ 
ſterniß darſtellt, wie ſollen wir dieſe beiden Vorſtellungen 
vereinigen, wofern wir nicht in der einen den eigentlichen 
Ausdruck, in der andern den mehr uneigentlichen, bildlichen, 
die mythiſche Form der erſtern, anerkennen? Welche Vor⸗ 
ſtellung ſollen wir uns von dem ganzen Verlaufe des Kam⸗ 
pfes, in welchem beide Principien mit einander begriffen 
find, machen, wenn wir nicht fo vieles zu der Formiredhs 
nen dürfen, die dem Alterthum, deſſen Geift auflManes 
fo ſichtbar einwirfte, bei der Darftellung religiöfer Ideen 
überhaupt eigen zu feyn pflegte? Darauf ift jedoch in ber 
gegebenen Entwidlung wiederholt aufmerkffam gemacht wors 
den. Was gegen bdiefe Unficht noch eingewendet werben koͤnn⸗ 
te, wäre nur, daß Manes eben dies vorzäglich für ſich 
geltend machte, die reine, unverhuͤllte Wahrheit vorgetras 
gen zu haben. Fallunt te, ruft Auguſtin Contra Faust. 
XV, 5. der Manichder:Serte zu, mala daemonia, quae 
tecum scortantur, ut concipias mendacia, et parias phan- 
tasmata. Cur ergo non respuas diptychium veri Dei, 
tuis membranis inimicum, quibus tot falsos Deos ada. 
masti mente vagabunda per figmenla cogitationum Ina- 
rum, quibus omnia mendacia poelica graviora et ho- 
nestiora reperirenlur, vel hoc certe, quod apud poetas 
neminem decipit ipsa professio falsitatis, in libris au- 


— 2 — | 5 
om tnintanta fallaciarıım tarba pueriles et series dui: 


"as, nomine verilalis illecias, miserabililes'durrumpit 


errorihus? -- .Annon recordaris 'amatoriitme casiticam 
inum ,.ahi describis maximum regnantium: regens, scop- 
trigerum, perennem, floreis coronis einctum etifaoie ru- 
tilantemꝰ +— Neque.enim potes dicere hoc aligua my. 


stica sipnifwaltione ita dietum, vel ita demonstratum, ' 


sum .tibi praecipue laudarıi Mänichaeus uon:ob aliud 
soleat, nisi quod remotis figurarum integumentis ipse 
&bi veritatem nudam,et propriam loqueretur. Proprie 
igifur-canias Deum, regem sceptrigerum,, floribus coro- 
natum. —. Tu voro praecipue Manichaeum.. ob hoc 
praedicas, guod non. ad talia dicenda, sed potins ad sol- 


nenda ultimus venerit, ut, et fijguris antiguorum apertis, 


et suis narrationibus ac dispulationibus evidenti luce 
prolatis, .nallo se occuliaret. aenigmate. _Addis etiam 
praesumtionis hujus oausam, quod videlicet antiqui, ut 
Jıguras hajusmodi vel viderent, vel agerent, vel dice- 
rent, sciebant eum postea venturum, per‘ quem chıncta 
manifesiarentur, iste autem, qui sciret post se nemi- 

nem>affuturum, sententias suas nullis allegorieis amba- 


| gibus iezerü., Es .ift jedoch leicht zu fehen, daß dadurch, 
was über die fombolifch-mythifche Form des Manichäis- 


mus gefagt worden ift, keineswegs ausgefchloffen wird. 
Eben dies liegt ja fchon im Begriff der mythifchen Darftels 


lungsweiſe, daß fie nicht ſowohl Sache der Reflexion, als viels 


mehr des Beduͤrfniſſes ift, wir dürfen daher auch die firene 
ge Unterfcheidung zwifchen der Idee und der Form, die wir 
auf unferm Standpunct zu machen genöthigt find, bei Manes 
felbft nicht auf diefelbe Weife vorauszufezen. Das Ber: 
dienft aber, die reine unverhällte Wahrheit vorgetragen zu 
haben, fchrieb er fich in jedem alle in anderer Desiehung 
als Parallet. zu. 


v 





— 351 — 


4. In Anſehung des’ Cultus ſcheint der Manichaͤis⸗ 
mus am meiſten von der gewoͤhnlichen Sitte des Heiden⸗ 
thums abzuweichen. Tempel, Altaͤre, Idole, Opfer, Prie⸗ 
ſterthuͤmer waren: bei den Manichaͤern nicht im Gebrauch. 
Allein auch die alte Religion hatte gewiße edlere, von der 
herrſchenden Sinnlichkeit des Heidenthums freier gebliebene 
Formen, und es ſtellt ſich und hier nur Die reinere Weiſe 
der Gottesverehrung dar, die ſchon die alten Perſer, wie 
fie und Herodot I, 131. f. beſchreibt, auszeichnete, und von. 
welcher Neuere fie treffend die Puritaner des alten Orients 
genannt haben. Thiere zu fshlachten, und der Gottheit 
als angenehmes Opfer darzubringen, mußte den Manichäs 
ern, nach ihren Begriffen von. der Umverlezlichkeit des Thier⸗ 
lebend, und danm dämonifchen Urfprung der Tıhierleiber, der 
größte Gräuel feyn. Auch ſchon die alten Perfer hatten, 
wie e8 fcheint, Feine eigentlichen Opfer, obgleich Thiere zu 
ſchlachten, und ihr Zleifch zu effen, wie wir aus Herodot 
1,132. fehen, nicht unerlaubt war. Die Manichäer folgten. 
in der Verwerfung der Thieropfer jener uralten Sitte des. 
reineren Heidenthums, welder 3. B. auch Pythagoras 
folgte, wenn er auf dem Altare der Frommen zu Delos, 
der auch der aͤlteſte genannt wird, dem Apollon nur un⸗ 
blutige Opfer darbrachte, Gaben von Erdfruͤchten, und Kuchen, 
nad) Porphyrius De abstin. ab esu animal. II, 23. Wo kein 
Spfercultus ift, find auch Feine Priefterinftitute: doc) mas 
ven die Electi der Manicyäer, ald Mittler zwifchen der uns 
ter ihnen ſtehenden Menfchheit und der obern Lichtwelt, den 
Prieftercaften des Alterthums analog. Den Haß gegen 
die Idole theilten die Manichder ganz mit den alten Pers 
fern, die den Idolencultus anderer Völker nicht felten mit 
einer gewißen Bilderftärmerei verfolgten. Vgl. Herod. IH, 
37. Es gehörte auch diefe Verwerfung des Idolencultus 
zu jener reinern Religiofität des heidnifchen Alterthums, die 
und da und bort ‚begegnet, umd in ihrer Verbreitung ind 


2 


— 35 — 


atBbendland deſonders an den Namen des Pythagoras ges 
Indpfe iſt. Von den religibſen Einrichtungen des puthages 
seifhen Numa fagt Pater in dem Lehen befielben. o. 8.4 
"Eorı. öl xal za nepl. ter. agedgun a “Lay, VonoFernug- 
Te navıdaaoıy adsıpa Tuv Ivdayögov doynazum 
durs zug neivo; auodnrov 9 nadmrörv s aögavoy. ö3 zal 
Adngarov Kal vonröv vnelaufavev alvan To. ngdiron , 

wu ovrog d1exwävoer, avdgwnosidn xud-  Soopopgpov > 
x0ova Beov Punaiovs vouilsıv, ovd Im ag avroig 
odre”; yoantov, ovre niuarov eidog Heov.noorepov, AR 
dv tæterov Eßdounxovra Toig npwrog Eren vRoüg udv. 
olxodonovpevos xcel xahlundag leocg lorõvres — 
oudv uooyo⸗ noıovusvor ÖLsrelovv, os ovre 0010V 
&pojooiv' ta Peitiove Toig zeigoow, our Egpante- 
Fa ÜHeov dvvarov allg, n vonoaı. In diefem Sihne 
ſollte auch dem Manichaͤer der mit anbächtigem Sinne, 
mit dem Lichte der Vernunft, zur Gottheit ſich erhebende 
Menfch der geiftige Tempel ſeyn, in welchem der Unficht: 
bare auf wuͤrdige Weife verehrt wird, das lebendige Bild 
der göttlichen Majeftät nur der Sohn Gottes, der Altar 
die reinen Beftrebungen geweihte Seele, und das einfadye 
Gebet das zur Ehre der Gottheit dienende, ihr wohlgefälli« 
ge Opfer. Die Stelle bed Opferdienftd mußte fchon dem 
alten Verfer, dem Verehrer der Zoroaftrifchen Religion, um 
fo mehr das fromme, zu Feiner Zeit bei Tag und bei Nacht 
unterlaffene Gebet vertreten. Daher der hohe Werth, wels 
chen auch die Manichder dem, an die Sonne gerichteten, ihs 
tem Laufe folgenden Gebete beilegten. Ad gyrum solis, 
fagt Auguftin Contra Faust. XX,5., vestra oratio eircum- 
volvitur, d. b., wie Auguftin De haeres. c. 45. die Mani⸗ 
chaͤiſche Sitte des Gebets genauer befchreibt, orationes fa- 
ciunt ad solem per diem, quagua versum circumit, ad 
lunam per noctem, si apparet, si autem non apparet, 


ad Aguiloniam partem, qua sol cum occiderit, ad 
orien- 


— 353 — 


orientem revertilur, stant orantes. Es waren beſtaͤn⸗ 
dige, nach den verſchiedenen Sonnenſtaͤnden angeordnete Ho⸗ 
ren, wie ſolche ſchon bei den Magiern der Perſer, um durch 
das auf Erden im Gebete nachgeſprochene Wort des Or⸗ 
muzd zu jeder Zeit, bei Zag und bei Nacht, den Ahrimani⸗ 
{hen Einfluß abzuwehren, im Gebrauch waren, und fos 
dann nach diefem Vorgang nur chriſtlich modificirt, auch 
in den chriftlichen Eultus eingeführt wnrden. Auguſtin, der 
ald Manichäifcher Auditor felbft an folchen Gebeten Theil 
nahm, wußte an ihnen nichts zu tadeln, als daß fie gegen 
die Sonne gerichtet waren. Ego lamen in oratione, in 
qua interfui, nihil turpe geri vidi, sed solum contra 
‚Jıdem animadverti, quum postea didicı et probavi, quod 
contra solem facitis orationem, Praeter hoc in -alia 
oratione vestra nıhilnovi comperi. Disp. I. contra Fortun. 
Es Fann nicht befremden, daß diefe gegen Sonne und Mond - 
gerichteten Gebete auch als eine Anbetung der Sonne. und 
des Monde angefehen wurden. Ungeachtet des milden Nuss 
druks in der fo eben ‚angeführten Stelle macht doch Augu⸗ 
flin den Manichäern diefen Vorwurf. Contra Faust. XVII, 
5.: In hac parte etiam vos imitamini gentes, nisi quod 
cum eis laeidiora duo luminaria, cetera vero sidera 
non cum eis adoratis. ®gl. IX, 2.: Quid, nisi oleastrum 
gentium sapit, adorare solem et lunam? Fauſtus felbfl 
will XX, J. nidt den Schein haben, divinorum, quod 
‚absit, luminum erubescere culturam, Kine eigentliche 
Anbetung diefer beiden Geftirne wor es wohl nicht, da ſich 
das gegen fie gerichtete Gchet nur auf den in ihnen thro⸗ 
nenden LKichtgeift bezogen haben kann, und da fie Sonne 
und Mond nur ald die zum feligen Lichtreiche führenden 
Mittler betrachteten. Wichtig fagt daher Mlerander von 
Lycopolis c. 9.: Truwos ualıora Tov NAıov za TV 08- 
Ammv ovy wg Ükovg, al wg 000», di nv dorı npög 
zov Heov &pıxedat. Wie im täglichen Gebet, ſo wurde 
Bauı’3 Mani, Ri. Syſt. 23 


— : 7 ee 


die Sonne von den Manichäern auch vorzugsweife am Sonn⸗ 
tage verehrt (worin die, quem dicunt so ;wolem colitis Aug: ’ 
0.0. O. XVII, 8.), vielleicht .nur, um ſich auch hierfn-an die 
Ehriften im aͤußern Cultus mehr anfchließen zu koͤnnen >), 
Sonſt ift über den Cultus der Manichder nichts befannt, was 
in einem nähern: Zufanmmenhange mit dem heidnifchen Cultus 
fände, nur möchte ich hier noch die Ihnen zugefchriebene 
Beier der Euchariftie erwähnen, die ficher nicht‘ die chriftlis 
de Euchariftie war. Neander glaubt &. 866., daß fie die 
Zeier des Abendmahls nad) ihrer myftifchen Naturphilofo- 
phie recht gut deuten Fonnten, und in den Früchten der Na⸗ 
tur den in der Natur gefreuzigten Menfchenfohn darſtellten. 
Sch will dies nicht beftreiten, in jedem Falle aber glaube 
ich ‚muß dabei an die fogenannte Darund = Feier der Pars 
fen gedacht werden, die eine auffallende Aehnlichkeit mit 
der .chriftlichen Abendmahlsfeier gehabt. zu haben fcheint. 
Rhode (die heilige Sage des Zendoolfs ©. 510.) nennt fie 
die: Geier des gefegneten Brods und des gefegneten Kelchs, 
zum Andenken und zur Ehre Homs des Stifters (oder viel- 
mehr des Symbols) der Ormuzdreligion, und zur Ehre 
Dahmans (ded perfonificirten Segens, der durch diefe Re⸗ 
Kgion den Menfchen wird). Es wurden dabei einige Fleine 
.ungefänerte Brode feierlich gefegnet, und von dem Prieſter 
unter Gebet genoßen, fodann etwas geweihter und gefegne= 
“ter Homfaft aus ‘dem heiligen Kelch (Havan) getrunfen. 
Ohne Zweifel ift es eben diefe, oder wenigftens eine ihr fehr 
ähnliche Geier, die in den Mithrad- Myfterien. begangen 
den Kirchenlehrern als daͤmoniſches Abbild der chriſtlichen 
Abendmahlöfeier erſchien. Vgl. Juſtin d. M. Apol. I, 68.: 
VOneo zei Ev Toig Tov Midoa uvorngioıs —— 


2) Doch unterſchieden fie ſich auch hier dadurch von den Chri- 
ſien, daß fie den Sonntag durch Faſten feierten. ©. Mos⸗ 
heim ©. 838. 





_ 355 — 


yeveodaı piumoanevoi oi ovngol dœinoveg ört yap 
&orog xal worngiov vbaTög rireraı Ev Taig rov uvov- 
uevav Telstaig ver Enuloywv Toy, 7 Enioraode, ij 
"uadeiv övvaods. Xertull. De praescr. haer. c. 40.: 
Mithras celebrat et panis oblationem, et imaginem re. 

surreclionis inducit. War die Euchariftie der Manichder 
vielleicht der von Zeit zu Zeit mit befonderen Feierlichkei⸗ 
ten verbundene Genuß der Früchte,” aus welchen die 
Kichrfeele erlöst werden follte? "Sehr natürlich ift gewiß die 
Annahme, daß die fo gerne den Formen des Chriſtenthums 
ſich anbequemenden Manichaͤer eine folche Geremonie beibes 
hielten, und fie ihrem Religionsſyſteme aneigneten. Hoͤchſt 
wahrſcheinlich gibt uns dieſelbe Vorausſezung auch den be⸗ 
ſten Aufſchluß uͤber die Manichaͤiſche Taufe, da Tertullian 

unmittelbar vor ben angeführten Worten ſagt: /psas quo- 
que res sacramentorum divinorum in idolorum myste- 
riis aemulatur (diabolus). Tingit et ipse quosdam, uti- 
que credentes et fideles suos: 3) expiationem_ delicto= 
rum de lavacro repromittit, et si adhuc memini Mithrae, 
signat illic in frontibus milites suos. Es kann un& fo= 
mit auch dies zur Veftätigung des obigen Urtheild dienen, 





3) Auch diefe Ausdrüfe verdienen Beachtung. Die ftrenge Un⸗ 
terfheidung zwifchen Efoterifern und Eroterifern, oder Electi 
und Auditores, wie fie bei den Manichäern hießen, fand 
auch fchon in dem Eultus der Mithrasmpfterien ftatt. Bey 
den Katharern, oder Manichdern des Mittelalters, bießen- 
Credentes illi, qui seculariter viventes, in fide tamen il- 
lorum (perfectorum) se salvari sperabant. ©, Giefeler’s.- 
Lehrb. der Kircheng. II. 2. ©. 504. Auch was Tertullian noch 
hinzufezt, ift dem Manichaͤlsmus nicht fremd: Sub gladio 
(der Mithrasdolch, ſ. oben ©. 93. das Symbol das Kampfes) 
redimit coronam (Mithras). Quid quod et summum Pon- 
tificem (ſ. oben ©. 305.) nuptiis statuit? Habet et virgi- 
nes et continentes. 

" 33. 0 


— 3 — 


das A. Te ausſprach, ſollte nach feiner Anſicht in dem 
ganzen Charakter der altteſtamentlichen Religionsverfaſſung 
hinlaͤnglich begruͤndet ſeyn. Eine Religion, die in ihren 
Geboten. und Verheißungen, in ihren Lehren und Vorſtel— 
lungen, in ihrer ganzen Weltanficht, auf einem ganz: anz 
bern Standpunet ſtund, ald die Manichaͤiſche Lehre, konnte 
nicht die Offenbarung des wahren Gottes, nur das Werk 
daͤmoniſcher Luͤge ſeyn. Die Hauptbeſchuldigungen, die 
Manes der altteſtamentlichen Religion machte, laſſen ſich 
in folgende Puncte zuſammenfaſſen: 

1. Das A. T. ſtellt einen fo ſinnlichen, unſittlichen, 
uͤberhaupt unwuͤrdigen Begriff der Gottheit auf, daß der 
Gott des A. T. unmoͤglich der wahre Gott ſeyn kann. Pu- 
doris corruplor Hebraeorum Deus, fagt Fauſtus XV, 
1., diptychio lapideo suo aurum vobis promittit et ar- 
gentum, veniris saturitalem, et terram Chananaeorum, 
Hi vos. delectaverunt tam sordidi gquaestus, ut libeat 
peccare post Christum, ut sitis ingrati tam immensis 
dotibus ejus, Haec vos illieiunt, ut in Hebraeorum de- 
pereatis :Deo post nuptias Christi. Discite ergo jam 
nunc eliam, falli vos et decipi falsis promissionibus 
ejus, Pauper est, egens est, nec ea quidem praestare 
polest, quae promiltit, nam'si suae propriae conjugi, 
dico aulem, synagogae, nihil horum praestat, guae 
pollicelur , et quidem morem gerenti sibi per omnia, 
et servienli summissius, quam ancilla, vobis praestare 
quid poterit, alienis ab se, et mandalorum suorum 
detrectantibus jugum superba cervice? Hebraeorum 
‚Dei et: nostra admodum diversa conditio est, quia 
nec ipse, guae promittit, implere potest, el nös ea 
fastidimus accipere. Superbos nos adversus blandi- 
tias, ejus Christi, liberalitas fecit. Vorzüglich, waren 
es die erften Gapitel der Genefis, und mehrere fehr 
anthropopathifch lautende Stellen der Moſaiſchen 


— 39 — 


Schriften, die den Manichdern vielfachen Stoff zu der 
Beichuldigung darboten, die Verfaſſer der altteftamentlis 
chen Schriften haben die unmwürdigften Vorſtellungen von 
der Gottheit gehabt. Sane fieri potuit, ul, quemadmo- 
dum de Deo impudenter tanta finzerunt, nunc enim 
ın tenebris ex aeterno versaium dicentes, et postea. 
miratum, cum vidisset lucem, nunc ignarum futuri, 
ut praeceplum illud, quod non esset servaturus Adam, 
ei mandaret ‚,nunc et improvidum , ut eum latenlem 
in angulo paradisi, post nuditatem cognitam, videre non 
posset, nunc et invidum ac timentem, ne, si guslaret 
homo suus de ligno vitae, in aelernum videret, nune 
alias ei appetentem sanguinis atque adipis ex omni ge- 
nere sacrificiorum, zelantemgue, si et aliis eadem of- 
ferentur, ut sibi, et nunc irascentem in alienes, nunc et 
in suoss nunc perimentem millia hominum..ob levia 
quidem aut nulla commissa, nunc eliam comminans 
tem, venturum se fore cum gladio et parciturum ne- 
mini, non justo, non peccatori, fieri, inguam, potuil, 
ut et de Dei hominibus mentirentur, qui de Deo ipso. 
tanta protervitate mentiti sunt. Fauſtus bei Aug. XXI, 
4. Vgl. Epiphan, Haer. LXVI, 70. Wiefern diefer Vor⸗ 
wurf nur die Schriftfteller trifft, werden ‘wir nachher fes 
ben. Hier. koͤnnen wir zu dem Vorwurf, daß das X. T. 
foviele unmwärdige Vorftellangen von der ‚Gottheit enthals 
te, auch die Läfterung rechnen, bie bie Manichder im 
A. T. gegen Chriftus audgefprochen fanden. Auf bie 
Frage: Quare Moysen non accipitis? erwiedert Fauſtus 
(XIV, 1): _Amoris pietatisgue causa, qua colimus . 
Christum. Quis enim irreligiosus adeo est, ul eum 
libenter aspiciat, ‚qui suo maledixerit patri? Oua- 
propter et nos Moysen, quamguam. humanorum nulli 
unguam divinorumque pepercerit blasphemando, plus 
tamen hinc exsecramur, quod Christum filium Dei, 


— 368 — 


die: moralifchen Eigenfchaften: nicht zu haben, die bie 
nothwendigen Erforderniffe-eines wahren Propheten ſeyn muͤſ⸗ 
fens  Exempla tantum vitae honestae et prudentiam et 
virtutem in prophelis quaerimus, guorum: nihil in Ju. 
daeorum fuisse valibus, guia te non latuerit, sentio, 
Fauſtus erinnert an die Stelle Matrh. 7, 16. Quapropter 
haec. striclim interim et castigale ad, interrogationem 
inam responderim, guia quaeris, cur non ‚accipiamus 
prophetas: alioguin nihil eos de Christo prophetasse, 
abunde jam parentum nostrorum libris ostensum_ est. 
Ego vero illud adjiciam, quia si Hebraei vates Chri- 
"tum scienles et praedicantes tam flagitiose vixerunt, 
jure et in.ipsos dici poterit, id gnod Paulus de gentium 
sapientibus contestatur Rom.I,21. Fides ergo non esse 
magnum, magna cognovisse, nisi ex eorum vixeris dig- 


nitate. Vgl. die obige ©. 357. aus den Acta c. 10. auge 
führte Stelle. 


u. 


I. Das Verhaltniß des Manichaismus jum Chri 


ſtenthum. 

Mit dem Heidenthum und Judenthum wollten die Ma⸗ 
nichaͤer keine Gemeinſchaft haben, in einem ganz andern 
Verhaͤltniß aber ſollte ihre Lehre zum Chriſtenthum ſte⸗ 
hen. So wenig ſie in jenen beiden Religionen eine naͤhere 
Verwandtſchaft mit ihrer Lehre anerkennen wollten, ſo 
groß ſollte dagegen die Uebereinſtimmung derſelben mit dem 
Chriſtenthum ſeyn. Im Manichaͤismus, wie im Chriſten⸗ 
thum, war ja die ganze Erlöfung und Heilsordnung an 
Ehriftus, ald Mittler zwifchen Gott und der Welt, geknüpft, 
Manes felbft nannte ſich in allen feinen Briefen einen 
Apoftel Jeſu Chriſti (omnes ejus epistolae ita exordi- 
untur: Manichaeus Apostolus Jesu Christi. Aug. Contra 
Faust. Epist. XI, 4, pgl. Contra Epist. fund. c. 5. 6.), 
und wenn die Manichder den.Chriften den Vorwurf mach- 
ten, daßz fie noch zu ſehr Anhänger des Heidenthums und 

Juden⸗ 


— 369 — a 
Judenthums, oder Halbchriſten, wie Fauſtus bey Ang. J 1. 


ſie nennt, ſeyen, wollten ſie ſelbſt nur um ſo eifrigere und 


wahrere Verehrer des Chriſtenthums ſeyn. Aber ebenda⸗ 
mit iſt dann auch ſogleich angedeutet, was den Manichaͤis⸗ 
mus wiederum in einen gewißen Gegenſaz zum Chriſten⸗ 
thum brachte, und was der Gegenſtand des langen und hef⸗ 
tigen Streits war, welchen die Lehrer der chriſtlichen Kir⸗ 
che mit den Haͤuptern der Manichaͤiſchen Secte uͤber das 
katholiſche und Manichaͤiſche Chriſtenthum fuͤhrten. Das 
Chriſtenthum der katholiſchen Kirche ſchien den Manichaͤern 
auf einer Stufe zu ſtehen, auf welcher es von der von 
ihnen aufgefaßten Idee noch ſehr entfernt war, der Mani⸗ 


chaͤismus ſollte erſt dem Chriſtenthum ſeine Vollendung ge⸗ 


ben, und die vollkommene Darſtellung ſeiner Idee ſeyn. In⸗ 
dem wir nun dieſes Verhaͤltniß des Manichaͤismus zum Chri⸗ 
ſtenthum naͤher unterſuchen, ſtellt es ſich uns vor allem in 
der bekannten Behauptung Mani's dar, er ſey nicht blos 
ein Apoſtel Jeſu Chriſti, ſondern der von Jeſus verheißene 
Paraklet. In welchem Sinne ſich Manes ſo nannte, zeigt 
am beſten die Parallele, die ſich in dieſer Beziehung, wie 


ſchon Mosheim ©. 748. richtig bemerkt hat, zwiſchen Ma⸗ 


nes und⸗Muhamed ziehen läßt *). Beide ſezten zwar die 
Lehre, die fie aufftellten, dem Chriftenthum entgegen, fie 
erkannten aber zugleidy in demfelben ein ihrer Lehre ganz 


verwandtes und bomogenes Element, ihre Lehre follte da⸗ 





4) Nur fcheint die gewöhnliche, auch von Neander 1.2. ©, 821. 
wiederholte Angabe, Muhamed felbit habe von- fih behaupe 
tet, daß et der von Chriſtus verheißene Paraklet fen, nicht 


richtig zu feyn. Erſt feine Anhänger bezogen die Verheißung 


= 


des Paraklets auf ihn, um dadurch feine Verfiherung, daß 
- ein prophetifches Verhaͤltniß zwifhen dem Islam und Chri⸗ 
ſtenthum ſtattfinde, zu befeſtigen. Vol. die Abhandlung uͤber 
das Verhaͤltniß des Islams zum Evangelium in der Lbeol. 
Quartalſchrift Tuͤb. 1830. 1. ©. 13. 
Banr’sManig.RL.CH. 24 


+ 


ww 


_ 30 — , 


her erſt das Aechte und Unaͤchte im Chriſtenthum ſcheiben, | 


demfelben zu feinem Verſtaͤndniß helfen, und ihm feine 
wahre Reinheit. und Vollendung gebet.. Da nun in den‘ 
Schriften des N. T. felbft, in den von ber Sendung bed 
Paraklets redenden Stellen, ein Zeitpunct bezeichnet ift, in 
welchem erft die Wahrheit des Chriſtenthums in ihrem vol- 
len Lichte hervortreten follte, fo galt eben dies als eine von 


dem Chriftenthum felbft anerfannte Beltätigung der Anficht, 


die man von dem Verhältniß jener Lehren zum Chriſtenthum 
aufftellen zu müffen glaubte, und es follte daher auch der 
einft Fommende, zur wahren Erfennmiß führende Paraflet 
des N. T. in der Perfon jener. Religionöftifter erfchienen 
ſeyn. Daß fid) auf diefem Wege die Vorftelung von der 


Identitaͤt Mani's mit dem Parafler bildete, liegt nicht un⸗ 


deutlich in der erften Unterredung Auguftins mit dem Ma- 


nichäer Selir c. 1., wo Felix auf die. Aufforderung Augu⸗ 
find: [Manichaeum proba nobis, apostolum esse Chri- 
sti, erwiedert: Et sanclitas tua mihi probet, quod in 
Evangelio scriptum est, Christo dicente: „Fado ad pa- 
irem, et mitto vobis sanctum paracletum, qui'vos in- 
ducat in omnem veritatem,“ Hoc tu extra scripturam 
istam, proba, esse scripiuram spiritus sancli, quod Chri- 
stus promisit, ubi omnis veritas reperiatur, EI si inve- 
nero veritatem in aliis codicibus, qui ad Manichaeum non 
perlinent, et Christus illos tradidit: sio enim dictum est 
a Christo, guia spiritus sanctus, paracletus, ipse in 
omnem veritalem inducet: secundum Christi serrmonem 
ego scripturam Manichaei recuso. ®gl. Contra Ep. fund. 


‘0. 9.: Fortasse dicas mihi: Quando ergo venit a Domi- 


no promissus paracletus? Hic ergo, si non haberem 
aliud, quod crederem, facilius eum adhuc venturum, ex- 
spectarem, quam per IManichaeum venisse concederem. 
Daher bemühte ſich Auguſtin, vor. allem darzuthun, daß die 
Verheißung der Parallets wirklich an den Juͤngern Jeſu 


in Erfüllung. gegangen fey, wogegen der Manichaͤer im⸗ 
mer wieder Darauf beflund: Jr ipsis apostolis unum 
quaero, qui me doceat de initio, de medio .et de fine. 
Quia sanctitas tua hoc dicit, quod apostoli. ipsi accepe- 
runt spiritum sanclum, paracletum iterum dico, de 
‘apostolis ipsis, quem volueris, doceat me, guod me 
Manichaeus docuit,. aut ıpsius doctrinam evacuet de 
duodecim, quem volueris. Disp. I. cumFel. c. 6. Manes 
kann fich daher, indem er die Ankündigung des Paraklete 
auf feine Perfon bezog, unter demfelben nur einen zur Vols 
lendung der Wahrheit auftretenden menfchlichen Lehrer ges 
dacht haben. Man hat ihm aber dfterö auch die Behaups 
tung beigelegt, er habe fih als Paraflet für den heiligen 
Geiſt felbft ausgegeben. Schon Eufebius fagt von Manes 


H.E. VII,31. geradezu, er ſey aufgetreten, Tov naepaxin- | 


ToV, Xol rò TO nvevum Ayıov, GUTöG Eavrov Ava-. 
xnovrrov, und YAuguftin weiß fich Contra Ep. fund. c. 6, 
die Gewohnheit Manis, fi) in allen feinen Briefen , 
nur Apoftel Chrifti, nicht aber. des Paraklets, zu nennen, 
nur daraus zu erklären, daß er fich felbft für den Paraklet 
hielt. Quid hoc esse causae arbitramur, nisi quia illa 
superbia, mater omnium haereticorum, impulit homi- 
nem, ut non missum se a pgracleto vellet videri, sed 
ita susceptum, ul ipse paraßletus diceretur.. Sicut Jesus 
Christus homo non a Dei filio, id est, virtute et sapi- | 
entia Dei, per quem facta sunt omnia, missus ests sed 
ita susceplus secundum catholicam fidem, ut ipse esset 
Dei filius, id est, in illo ipso Dei sapientia sanandis pec- 
toribus appareret , sic se ille voluit a spiritu sancio, 
quem Christus promisit, videri esse susceplum, ut cum 
jam audiamus Manichaeum spiritum sanclum, intelli- 
. gamus apostolum Jesu Christi, id est, missum a Jesu 
Christo, qui eum se missurum esse promisit. Singu. 
laris audacia ista et ineffabile sacrilegium. Vgl. c. 8.: 
24... 


- Mm —- . 


Quod cum a nobis guaeritur (warum Manes in den 


Eingangsworten feiner Briefe nicht den heiligen Geift ges 


nannt habe), respondetis utigue,, Manichaeo apostole 
nominato, spiritum sanclum paracletam nomınari, quia 
‚ in ıpso venire dignatus est. Es wird aber durch eben 

dieſe eine bloße Bofgerung enthaltende Stelle nur um 
fo gewiſſer, was fich ohnedies nicht bezweifeln läßt, daß 
die Kirchenlehrer nur durch die von ihnen angenommene 
Identitaͤt des Paraklets und des heiligen Geiſtes verans 
laßt wurden, bei Manes, da er fic) einmal Paraklet nann⸗ 
te, das Vorgeben vorauszufezen, er fey der heilige Geift, 
oder die conerete, leibhaftige iErfcheinung deffelben. Vgl. 
Epiph. Haer. LXVI, 61. Dieje Vorausfezung ift ebeno 
grundlos, ald jene andere von Eufebius a. a. DO. und eini⸗ 
gen: andern Schriftftellern,, 3. 2. Theodoret Fab. haer. I, 26. 
damit verbundene, er habe ſich für Chriftus ausgegeben. 
Wie follte das Eine oder das Andere fi) denken laffen? 
Glaubte Auguftin Contra Ep. fund.. c. 8., den Manichäern 
entgegenhalten zu dürfen: Quare exhorreatis, cum dicit 
catholica ecclesia, eum, in quo venit divina sapientia, 
natum esse de virgine, cum vos eum, in quo spiritum 
sarctum venisse praedicalis, natum de femina, viro mix- 
ta, nihil horreatis? ſo ‚gürfen wir wohl dem Haͤretiker 
ſelbſt ſo viele Conſequenz frauen, daß er fid) eines fo 
bandgreiflichen Widerfpruchs nicht fehuldig machte). Was 


5) Evodiuß De fide c. 24. nennt den h. Geiſt den Genius deg 
Manes In einer der obigen Auguftinifhen fehr ähnlichen, al- 
lerlei Sonfeguenzen enthaltenden Stelle: Gerte ipsum Ma- 
nichaeum de patre atque de mutre natum fuisse, non 
negabunt, cujus animam secundum suum errorem 

BDeum esse omnipotentem , similiter non negubunt, qui se 
mira superbia assumtum & genio suo, hoc est, a spirüu 
sancto esse gloriatur. Et utique Si genius est spiritus 


sancti , et ipse spirilus sunctus, et ipse Deus omnipa- _ 


r 


L 


-Mm- 


demnach Maned, wenn er fc) felbft nicht blos einen Apo⸗ 
ftel Jeſu Chrifti, fondern den; von Chriftus verheißenen Pas 





tens ut spiritus samcius qui iamen. Manichaeus carnem 
habuit , in qua si coinquinatus. est spiritus sanctus, aut 
ejus anima genia spirilus sancti, coinquinabilem Deum 
colunt. Was das Vorgeben betrifft, Manes fey Chriftus (fchon 
Eufebius fagt a. a. D. wentgftens :-zg10r0r alröv uogpulsoder 
ereigiro , vgl..oben ©. 241. f.), ſo mögen ſich dies zwar fpäfere 
Manichaͤer erlaubt haben, gewiß aber nicht die Manichder zur 
Zeit Auguftine. Nur aus polemifher Suht, Sonfequenzen zu 
machen, fagt Auguftin in der obigen Stelle Contra Ep. fund. 
ce. 8.: Quid aliud suspicer, nescio, nisi quia isie. Mani- 
chaeus, qui per Christi nomen ad imperitorum animos 
aditum quaerit, pro Christo isto ipso se coli. voluit ? 
Hoc unde gonjiciam, breviter dicam. Auguſtin ſpricht 
dann in ber ſchon früher ©. 303. angefuͤhrten Stelle von 
der Manichaͤiſchen Feier des bema, die mit dem chriſtlichen 
Paſchafeſt zuſammentraf, und fährt fort: OQuis non suspice- 
Zur, qui diligenter atienderit „ ideo negari a. Manichaso, 
Christum natum esse de femina, et humanum corpus ha- 
buisse, ne passio ejus, quod totius jam orbis festissimum 
tempus est, ab eis, qui sibi credidissent, celebraretur , 
et non tanta devotione diem mortis sune desiderata so- 
lennitas honoraret? Hoc enim nobis (Auguftin ſpricht von. 
fih als Mianihder) erat in illu bematis celebritate gna- 
tisstmum, quod per Pascha frequentabatur, quoniam ve= 
hementius desiderabamus illum diem festum, substräcto 
alio , qui: solebat esse dulcissimus. Die Manicyder- festen 
ihr bema dem chriftlichen Paſchafeſt entgegen, und ſahen 
gerne in der allgemeinen Feftlichkeit der Zeit eine auf: die 
Codtenfeier ihres Meifters zurüffallende Werherrlihung. Daß 
aber dabei die Abficht zu Grunde lag, Manes an die Stelle 
Chriſti zu fezen, fo daß Manes für daffelbe gehalten wor= 
den wäre, was Chriftus nach der Lehre der Manichder war, 
widerlegt eben diefe Stelle, da ja die Manichaͤer Manes von 
Chriſtus ebendadurd unterfchleden, daß er wahrhaft gelitten 
abe. Um; was Auguftin in der obigen Stelle von dem Ma⸗ 


N 





— 


⁊ 


— 34 — 


⸗ 


anet nannte, damit allein ſagen vote‘, war nur \ 
daß er der Vollender deſſen fey, was ihm tm —* 


der katholiſchen Kirche noch unvollendet und auf halbem 
Wege ſtehen geblieben zu ſeyn ſchien. Dieſe höhere Vol⸗ 


lendung aber ſollte dem Chriſtenthum gerade durch dasjeni⸗ 


ge gegeben werden, was den eigenthämlichften Inhalt feiner 
Lehre ausmachte, durch den Dualismus, auf welchen er. 


‚alles zuruͤkfuͤhrte, und durch die aus demfelben für die Leh⸗ 
te von ber Heilsordnung abgeleiteten fittlichen Grundſaͤze. 
Der Gegenſaz des guten und bbfen Principd, und die durch 

. bie Mifchung der beiden Principien durchaus bedingte Bes 


fchaffenheit der Welt mußte dem Menfchen zuvor befannt 


feyn,, wenn er zur Erfenntniß feines Heild gelangen follte. 
Venit Manichaeus cum praedicatione sua, fagt der Ma⸗ 
nichaͤer Felix in feiner Unterredung mit Auguftin’ 6. 9., et 
- suscepimus eum, secundum quod Christus dixit: Mitto 
vobis spiritum sanctum : et Paulus venit et dizit, gnia 
et ipse ventarus est (in ber Stelle I. Cor. 43, 9.): cum . 
.'venerit, quod perfectum est, abolebuntur ea, quae ex 


parte dicta sunt ©), et posiea nemo venit, ideo susce- 





nichäiſchen bema ſagt, richtig aufzufaſſen, iſt nicht zu uͤber⸗ 
ſehen, daß das chriſtliche Paſcha, mit welchem die Manichaͤer 


ihr Bema paralleliſirten, nicht die Auferſtehungs⸗ ſondern 


die Leidens⸗Feier Chriſti iſt (ſ. Rheinwald Kirchliche Archaͤol. 
©. 176.). Die Manichaͤiſche Anſicht kann alſo nur dieſe ge⸗ 
weſen ſeyn: Wenn die chriſtliche Leidens⸗ und Todes: Feier 
SEinn und Bedeutung haben, ſomit einem wirklich Geſtor⸗ 
benen gelten ſoll, fo ſey dabei nicht an Chriſtus, der ja 
nicht wirklich geſtorben, ſondern an Manes zu denken: ejus 
diem passionis celebrandum esse, qui vere passus est. 


Nur in Beziehung auf Manes fey das hriftlihe Para ein ' 


wahres Paſcha, und fodann auch beffelbe, was ihr bema war. 


6) ** auf dieſe Stene berief na Manes befondere Eoivp. 


pimus Manichaeum. Et quia venit Manichaeus, et per 
suam praedicationem docuit nos initium, medium ei fi- 
nem etc. (f. oben ©. 347.). Dieſe über die Natur der 
Dinge gegebenen Auffchlüffe waren die heilbringenden, aus 
der ewigen Quelle deö Lebens gefloßenen Worte, die Mas 
nes in dem Eingange feiner Epist. fund. anfündigte. ©. oben 
©.240. Was daher in den Schriften des N. T. mit dem 
von Manes aufgeftellten Dualismus auf irgend eine MWeife 
uͤbereinzuſtimmen fchien, wurde unter die ächteften Beſtand⸗ 
theile der evangelifchen Lehre gerechnet, und Maned und 
feine Anhänger bemizten Stellen, wie Matth. 7, 18. 13, 24. 
Joh. 1,5. 8,44, 14, 30. H.Cor. 4, 4. (vgl. Epiph. Haer. 
LXVI, 67-69.), und befonders auch diejenigen, in welchen 
der Apoftel Paulus von dem Gegenfaze zwifchen Geift und 
Fleiſch ſpricht, fehr gerne zur Enipfehlung ihrer Lehren und 
Grundfäze. Da fie aber in den Schriften des N. T. fo 
vieles fanden, was die Manichäifche Lehre nicht nur nicht 
beftätigte, fondern in offenbarem MWiderfpruche mit ihr 
ftund, jo fonnten fie, der Vorausſezung zufolge, daß die 
urfprüngliche Lehre des Chriſtenthums von der Manichaͤi⸗ 
ſchen nicht verſchieden ſey, in allen Stellen dieſer Art nur 
eine Entſtellung und Verfaͤlſchung des aͤchten Chriſtenthums 
ſehen. Sie ſtellten daher den Grundſaz auf, daß die ſchrift⸗ 
lichen Urkunden des Chriſtenthums nicht unbedingt ange⸗ 
nommen werden duͤrfen, ſondern vor allem gepruͤft werden 
muͤſſe, was in ihnen zum aͤchten Inhalt des Chriſtenthums 
gehoͤre. Als aͤchter Inhalt des Chriſtenthums konnte aber 
nur das gelten, was den Character der Manichaͤiſchen Leh⸗ 
re an ſich trug, daher mußte nach dieſem Kriterium .ohne 
Bedenken alles, was damit nicht zuſammenſtimmte, vers 
woifen werden, weil dad urfpringliche Chriftenihum fich 
felbft nicht widerfprechen Eonnte. Me quidem, fagt der 
Manichäer Faustus XVIH,3., Manichaea fides reddit 
fulum,' quae principio. mihi non cunclis, quae ex salva- 





- 1 -.  . 

toris nomine scripta legunlur, passim eredere persmanit, 
sed probare, si sint eadem vera, sisana, si incorrapta, 
esse enim permulla zizania, guae in contagium boni se- 
minis scripturis jere omnibus noctivagus guidam semi- 
nator insperserit, ideircogue me,ne hie terraerit ser- 
mo, guamvis reverendi nominis praeferat inscriptio- 
nem, quia probare mihi adhuc ex proposito licet, 

utrumne et hic inlerdiani satoris et boni sit, an no- ' 
cturni illius et pessimi. Bgl. XXXIU,3.: Nec immerito 
nos ad hujusmodi scripturas, tam inconsonanles et va- 
rias, nunquam sane sine judicio ac ralione aures afferi- 
mus, sed contemplantes omnia, et cum aliis alia con- 
‚ferentes, perpendimus, utrum eorum quidgue a Christo 
dici potuerit necne. lMulla enim a majoriıbus vestris 
eloguiis Domini nostri inserla verba sunt, guae no- 
mine signala ipsius, cum ejus fide non congruant. Daß 
nad) diefem Grundfaze der Mebereinftimmung der Schrift 
mit fich felbft ald ächter Inhalt des Chriſtenthums nur das 
anerkannt werden Fonnte, was insbefondere der Würde 
Chriſti, wie fie nah Manichäifchen Begriffen gedacht wer- 
den mußte, feinen Eintrag that, zeigt Fauftus in folgender 
‚Stelle XXX, 7.: : De Testamento novo ‚sola acci- 
pienites ea, quae in honorem et laudem filii majestatis 
vel ab ipso dicla comperimus, vel ab ejus aposlolis, 
sed jam perfectis ac fidelibus, dissimulavimus celera, 
quae aut simpliciter tunc et ignoranter a rudibus dicta, 
aut oblique et maligne ab inimicis objecta, aut impru- 
denter a scriptoribus affırmata sunt, et posteris tradita: 
dico autem hoc ipsum: nalum ex ‚femina turpiter , cir- 
cumcisum Jadaice, sacrificasse gentiliter F Baptizatum 
humiliter, circumductum a diabolo per deserta, et ab 
eo tenlatum quam misserrime. His igitur exceptis, 
et si quid ei ab scriptoribus ex Testamento veteri falsa 
sub testificatione injectum est, credimus cetera, praeci- 


pue crucis ejas mysticam fixionem, qua nostrae ani- 
mae passionis monstrantur vulnera, tum praecepta sa- 
lutaria ejus, tum parabolas, cunclumque sermonem 
deiicum, qui maxime duarım praeferens nalurarım. 
discretionem, ipsius esse, non venit in dubiam 7). — 
Ouid ergo peregrinam hoc, aut quid mirum est, si et 
ego de Testamento novo purissima quaeque legens et 
meae saluti convenientia ea praetermitto, quae a 
vestris majoribus inducta J[allaciter et majestatem ıipsius 
et graliam decolorant. Je mehr in diefem Sinne das 
. Chriftenthum feiner urfpränglidden Würde zurüfgegeben 
würde, defto mehr follte e8 dadurd) von allen, ihm aus dem 
Heidenthum und Judenthum anhängenden, fremdartigen Zus 
fäzen gereinigt, und in feiner Selbftftändigkeit und. Eigen? 
thuͤmlichkeit aufgeftellt werden. Daher war Manes,. als 
Paraklet, der Vollender der wahren Religion, auf welchen 
fein Anderer mehr kommen fonnte. Sn ihm und durd) feis 
ne Lehre ging erft über alles, was die frühere Zeit, fo weit 
fie Wahrheit enthielt, doc) wenigftens fo häufig in Symbo⸗ 
len und Allegorien verhält hatte, das wahre Kicht und 
das volle Bewußtfeyn auf. Tr praecipue, fagt Auguftin 
XV,6. zu Fauftus, MManichaeum ob hoc praedicas, 
quod non ad talia (Symbole und Allegorien) dicenda, 
sed potius ad solvenda ullimus venerit, ut et figuris an- 
tiquorum apertis, et suis narrationibus ac disputationt- 
bus evidenti luci prolatis, nullo se occultaret aenigmate. 
Addis etiam praesumtionis hujus causam, quod videlicet 
antiqui, ut figuras hujusmodi vel viderent, vel agerent, 





7) Diefe Hochſchaͤzung der Bergrede (denn dieſe iſt doch wohl 
in dem obigen Sufammenhange unter bem cunctus sermo 
deificus zu verftehen) bezog fi hauptſaͤchlich auf die Stelle 
Matth. 7, 18., In welcher bie Mantchder ihren Dualismus 
klar ausgeſprochen fanden. 


* 


- 36ñ6 0 


toris nomine scripta legunlur, passim eredere persmasit, 
sed probare, si sin! eadem vera, sisana, siincorrapta, 
esse enim permulla zizania, quae in contagium boni se- 
minis scripturis jere omnibus noctivagus guidam semi- 
nator insperserit, ideircogue me. ne hie terraerit_ser- 
mo, guamvis reverendi nominis praeferat inscriptio- 
nem, quia probare mihi adhuc ex proposito licet, 

utrumne et hic interdiani satoris et boni sit, an no- 
eturni illius ef pessimi. Vgl. XXXIH,3.: Nec immerito 
nos ad hujusmodi scripturas, tam inconsonanles et va- 
rias, nunguam sane sine judicio ac ralione aures afferi- 
mus, sed contemplantes omnia, et cum aliis alia con- 
‚ferentes, perpendimus, utrum eorum quidgue a Christo 
dici potuerit necne. Mulla enim a majoribus vestris 
eloguiis Domini nostri inserta verba sunt, gqguae no- 
mine signala ipsius, cum ejus fide non congruant. Daß 
nach diefem Grundfaze der Uebereinftimmung der Schrift 
mit fich felbft ald Achter Inhalt des Chriftenthums nur das 
anerkannt werden Fonnte, was insbefondere der Würde 
Chriſti, wie fie nach Manichäifchen Begriffen gedacht wer: 
den mußte, feinen Eintrag that, zeigt Fauftus in folgender 
‚Stelle XXXIU, 7.: : De Testamento novo sola acci- 
pientes ea, quae in honorem et laudem filii majestatis 
vel ab ipso dicla comperimus, vel ab ejus apostolis, 
sed jam perfectis ac fidelibus, dissimulavimus cetera, 
quae aut simpliciter tunc et ignoranter a rudibus dicta, 
aut oblique et maligne ab inimicis objecta, aut impru- 
denter a scriptoribus affırmata sunt, et posteris tradıla: 
dico autem hoc ipsum: natum ex femina turpiter , cir- 
cumcisum Jadaice , sacrificasse gentililer F Baptizatum 
humiliter, circumductum a diabolo per deserta, et ab 
eo tentatum quam misserrime. HFlis igitur exceptis, 
et si quid ei ab scriptoribus ex Teslamento veteri falsa 
sub testificatione injectum est, credimus celera, praeci- 


pue crucis ejus mysticam fixionem, gua nostrae ani- 
mae passionis monstrantäür vulnera, tum praecepia sa- 
lutaria ejus, tum parabolas, cunctumque sermonem 
deificum, :qui maxime duarum praeferens nalurarım 
discretionem, ipsius esse, non venit in dubiam 7). — 
Quid ergo peregrinam hoc, atıt quid mirum est, si et 
ego de Testamento novo purissima quaeque legens et 
meae saluti convenientia ea praetermitto, quae a 
vestrismajoribus inducta fallaciler et majestätem ipsius 
et graliam decolorant. Je mehr in diefem Sinne das 
Chriſtenthum feiner urfpränglihen Würde zurüfgegeben 
wiirde, defto mehr follte e8 dadurd) von allen, ihm aus dem 
Heidenthum und Judenthum anhängenden, fremdartigen Zus 
fäzen gereinigt, und in feiner Selbftftändigfeit und. Eigen? 
thuͤmlichkeit aufgeftellt werden. Daher war Manes, als 
Paraflet, der Vollender der wahren Religion, auf welchen 
fein Anderer mehr kommen fonnte. In ihm und durd) feis 
ne Lehre ging erft über alles, was die frühere Zeit, fo weit 
fie Wahrheit enthielt, doch wenigftens fo häufig in Symbo⸗ 
len und Allegorien verhilft hatte, das wahre Kicht und 
das volle Bewußtſeyn auf. Tr praecipue, fagt Auguftin 
XV,6. zu Fauftus, Manichaeum ob hoc praedicas, 
quod non ad talia (Symbole und Allegorien) dicenda, 
sed potius ad solvenda ultimus venerit, ut et figuris an- 
tiquorum apertis, et suis narrationibus ac disputationt- 
bus evidenti luci prolatis, nullo se occultaret aenigmate. 
Addis etiam praesumtionts hujus causam, quod videlicet 
antigai, ut figuras hujusmodi vel viderent, vel agerent, 





7) Diefe Hochſchaͤzung der Bergrede (denn diefe iſt doch wohl 
in dem obigen Sufammenhange unter dem cunctus sermo 
deificus zu verftehen) bezog fih hauptſaͤchlich auf die Stelle 
Matth. 7, 18., In welcher die Mantchder ihren Dualismus 
Bar ansgefprochen fanden. 


. ur . rer 


— 378. — 
vel diosrent, sciebant istum pottos ventarsumy me. 
quem cuncta manifestarentar, ille autem, qui seimet,... 
post se neminem affuinrum, enlentias suas nullis. 
goricis ambagibus teneret 8). ... . 

Es ift fchon-in den angeführten Stellen Aiemlich ORG, : 
lic) auögefprochen, wodurch die Mauichder. ein folches Wars 
fahren - mit -den fchriftlichen Urkunden bes Chriſtenthums 
- begründeten. Sie machten es als ein Recht der Dernunft 
geltend, zu prüfen, was ald Wahrheit anerkannt werben : 
folks... Nuv.die dad Kriterlim ver Wahrheit in Tech Tras, 
gende, oder die durch die Manichäifche Lehre erleuchtere,. 
durch den Paraklet in die Wahrheit eingeweihte Vernunft 
follte beftimmen koͤnnen, was als Achter Inhalt des Chris 
ſtenthums anzufehen fey. Nobis paracletus, ex novo Te- 
siamento promissus, perinde docet, quid ex eodem ac- 
cipere debeamus, et quid repudiare. Faustus XXXIL, 6. 
Siee rechrfertigten aber ihr Verfahren den Chriſten gegens 
über noch durch befondere Gründer | 

4, Sie behanpteten,. in Beziehung auf das N. T. 
nichtö anders zu thun, als was fich die Ehriften felbft ges 
gen das A. Te erlauben. Darauf beruft ſich Fauſtus 
XXXU, 1. fe Er wirft die Frage auf; Ob aus der 
Annahme des Evangeliums folge, daß man alles in dem⸗ 
felben Enthaltene glauben mäffe? Auch die Chriften glauben 
ja deswegen, weil fie Dad A. T. annehmen, nicht alles, 
was in demfelben gefchrieben ift, Außer den Weiffaguns 
gen, bie den Juden einen kuͤnftigen König verkindigten, 
welchen die Chriften für Jeſus halten, und einigen Vor⸗ 


8) Mit diefer Behauptung ber Manichaͤet fteht allerdings, wie 


Auguftin mit Recht bemerkt, die bei Manes fo vorherr⸗ 
fchende ſymboliſch⸗ mutbiihe Darftellungsweife in einem ges 
wißen Widerfpruch, Allein außer dem fchon oben S.350, Bes 
mierkten kommt noch in Betracht, daß die von Manes offen 
gelehrte Wahrheit aud als der Schlüflel feiner eigenen Als 
fegorien und Spmbole angefehen werben muß. 
) 


un | 8 
ſchriften für das bärgerliche Leben, dergleichen die Gebote 
des Decalogus find: du follft nicht todten, nicht ehebrechen, 
verwerfen die Chriften alles Uebriger Warum fich alſo nicht 
auch die Manichäer in Anfehung des N. T. nur an den 
reinften Inhalt defielben halten dirfen? An si patris Te- 
stamentum habet aliqua, in quibus parum debeat au- 
diri: patris enim esse vultis judaicam legem, cujus 
novimus,. quam multa vobis horrorem, quam multa pu- 
dorem faciant, ut, quantum ad anımum, jamdudum 
ipsi judicaveritis, eam non esse sinceram: guamvis pa- 
ter. ipse, ut creditis, digito suo eam vobis, partim Moy- 

ses scripserit, fldelis et integer > solius filii putatis Te- 
Stamentum non potuisse corrumpi, solum non :habere 
aliguid, quod ex se debeat improbari ? — :Desinite jam 
proinde id a nobis exigere in Testamenlo novo, quod 
vos non servatis in veteri. — Liceat tanlundem et no: 
bis in Testamento novo per paracletum, quantum vobis 
in veteri licere oslenditis per Jesum. . | 
2. Sie hielten die Schriften des N. T. nicht fuͤr 
Werke der unmittelbaren Juͤnger Jeſu, oder nahmen wenig⸗ 
ſtens an, fie ſeyen, wenn auch von aͤchten Juͤngern Jeſu 
verfaßt, doch von judaiſirenden Schriftſtellern o verfaͤlſcht 
worden, daß fie ohne die ſtrengſte Scheidung des Aechten 
und Unächten nicht ald Urkunden des Chriftenthums ange⸗ 
fehen werden koͤnnen. Diefer Angriff auf die Authentie 
und Sintegrität der Schriften des N. T. traf zunächft und 
in feiner ganzen Stärke die Evangelien, bei welchen ihnen 
ſchon die Ueberfchrift (xara Mar9. etc.) den Haren Bes 
weis an die Hand zu geben fchien, daß fie nicht von den 
Sängern Jeſu felbft, deren Namen fie führen, verfaßt 
feyen. Fauftus fagt XXXII, 2. vom Teftamente des Sohnes: 
Nec ab ipso (filio) scriptum conslat, nec ah ejus apo- 
stolis, sed longo post tempore a quibusdam incerti no- 
minis viris, gni, ne sibi non haberetur fides scribenti- 


— 30 — 
bus, qnae nescirent, partim apostolorum nomina, par 
tim eorum, qui apostolos secuti viderentur,' scriplorum 
suorum 'frontibus indiderunt, asseverantes , secundum 
eos se scripsisse, quae scripserint. Quo magis mihi vider 

- iur injuria ‘gravi affecisse discipulos Christi,- quia, qua 
dissona iidem et repugnantia sıbi seriberent, ea refer- 
‚rent ad ipsos, et secundam eos haec scribere se prof 
terentur Evangelia, quae tantis sint referta erroribus, 
tantis contrarietatibus narrationum simul ac sentenlie- 
rum, ut nec sibi prorsus, nec inter se ipsa eonvenianl, 
Qnid ergo aliud est, quam calumniari bonos,et Christidis 
cipulorum concordem coetum in crimen devocare discor- 
diae? Quae quia nos legentes animadvertimus cordis ob- 
tutu sanissimo, aequissimum judicavimus, utilibus accepfüs 
ex üsdem, id est, üs, quae el fidem nostram aedificent, 
et Christi Domini atque ejas patris omnipotentis Deipro- 
pagent gloriam, cetera repudiare, quae nec ipsorum ma- 
jestati, nec fidei nostrae conveniant. Bgl. XXXIL,3.: Mal. 
ta a majoribus vestris eloquiis Domini nostri inserta ver- 
ba sunt, gnae nomine signata ipsius cum ejus fide non 
eongruani. praeserlim quia, ut jam saepe probatım 
a nobis e:*, nec ab ipso haec sunt, nec ab apostolis 
ejus, sed mulla post eorum assumtionem a nescio qui- 
bus, et ıpsis inler se non concordantibus semijudaeis 
per ‘famas opinionesgue comperta sunt, qui tamen om: 
' nia eadem in aposiolorum Domini conferentes nemi- 
na, vel eorum, qui secuti apostolos viderentar, errores 
ac mendacia sua secundum eos se scripsisse mentiti 
sunt. Vgl. XVII, J. Wenn fie daher auch namentlich in 
den Reden Jeſu noch etwas Aechtes vorausfezten, und in 
diefer Beziehung, um des Evangeliums willen, die Evange⸗ 
lien völlig zu verwerfen, nicht den Schein haben wollten, 
fo waren ihnen doch die Schriften im Ganzen unäcdhte und 
untergeſchobene. Die Apoſtelgeſchichte verwarfen ſie gera⸗ 





* 


— 381 — | \ 


dezu, weil fie die Thatſache erzählte, durch welche nach 
dem chriftlichen Glauben die Verheißung des Paraklets 
ſchon vor Manes in Erfüllung gegangen war, Aug. Con- 


tra Adim. c. 17. Das mildefte Urtheil erfuhren die Pau⸗ 


linifchen Briefe, deren Inhalt in vielen Stellen die Mani⸗ 
chaͤer befonderd anfpredhen mußte. Da fie aber aud) 
bier auf fehr vieles fließen, was mit ihrem Syſteme nicht 
in Einklang zu bringen war, fo hatten fie aud) hier die 
Auskunft bereit, die Briefe enthalten auch Nicht = paulis 
niſches, wenn man nicht etwa lieber in Paulus felbft noch 
manches Ungeläuterte, noch. vom Judenthum ihm Anhaften⸗ 
be, vorauöfezen wolle. So äußert fich wenigftens Fauftus 
XIL, L.: Quia vobis ita placet, qui nunguam sine sto- 
macho auditis, aliguid esse in apostolo cauponatum, 
ne hoc quidem nobis sciatis esse contrarium. Siquidem 
haec vetus videatur esse et antigua opinio Pauli de Je- 
su, cum eum et ipse David filium putaret (Rom. 1,3.), 
ut ceteri, quod tamen ubi falsum didicit, interpolat et 
infirmat, seribensque ad Corinthios: Nos, inguit, ne- 
minem novimus. secundum carnem etc. U. Cor. 5, 16.— 
Quod si ita est, quid ergo et nos indignum facimus, si 
novam ei meliorem Pauli tenentes confessionem, vete- 
‚rem illam ac deteriorem projiccamus? — Verumla. 
men, si ejus est et prior illa sententia, nunc emendala 
est, sin as non est Paulum inemendatum dixisse aliguid 
‚unguam, ipsius non est. Daß fie diefen legten Fall ſofters 
annahmen, verfichert Auguftin Contra Faust. XXXII, 6. 
Ouid vobis, faciam, quos contra teslimonıa scriplura- 
rum ita obsurdefecit iniguilas, ut quidquid adversum 
vos inde prolatum fuerit, non esse dictum ab apostolo, 
sed a nescio quo fulsario sub ejus nomine scriptum esse, 
dicere audealis? Diefer Betrug, der überhaupt an ben 
Schriften des N. X. ausgeuͤbt worden feyn follte, bezwek⸗ 
te nichts anders, als die Vermiſchung des Judenthuws mit 


— 
aa: 
x 


a — 


der Urkunden bed Chriſtenthums, zum Chriſtenthum fezten. 
Sie wollten zwar das Chriftenthum Teineswegs verwerfen, 
den Glauben an Chriftus nicht aufheben, Chriſtus follte 
auch nad) ihrer Weberzeugung; dad Princip der religibfen 
Erfenntniß feyn, was fie aber ald Wahrheit im Chriften- 
thum anerkannten, wa fie in Anſehung der Perfon Chriſti 
- glaubten, und ald Inhalt feiner Lehren annahmen, be: 
ftimmten fie durchaus nur nach der Idee, die fie ſich nah 
den Grundfäzen ihres Dualismus über dad Wefen des 
Chriſtenthums gebildet hatten. Da aber die Quelle diefer 
Idee die Lehre Mani’ war, fo fcheinen fie an die Stolle 
der in den Schriften und. in der Lehre des N. ZT. verwor: 
fenen äußern Auctoritaͤt nur eine andere dußere Auctorität 
‚gelegt zu haben, bei welcher diefelbe Frage, die fie in An⸗ 
fehung der Schriften des N. T. erhoben, wiederfehrte, 
welchen: Glauben. fie verdiene? Diefe Einwendung berührt 
Auguftin Contra Faust, XI, 4.: Manichaeus vester 
apostolum Christi se dicit. — Huic vos de Christo quare 
credıdistis ? Quemnam ltestem. vobis sui apostolatus al- 
dazxit? Nomenque ıpsum Christı— cur iste invasit, cur 
usurpavit, qui prophetis Hebraeis vos velat credere? 
Ne diceretur ei: Mentiris, protulerit vobis aliguos pro- 
phetas, secundum asserlionem suam Christum praenun- 
ciantes: quid facıelis ei, qui — negue ipsis, neque illi 
credere voluerit? Allein Manes felbft ſcheint Dod) , wie 
fhon bemerkt worden ift, obgleich freilich gerade hierüber 
Teine beftimmteren Zeugnifle vorhanden find, den Glauben 
an feine Lehre nicht auf aͤußere Beweife zur Beglaubigung 
feiner göttlicyen Sendung, fondern nur auf ihre reinere, 
der Vernunft einleuchtende Wahrheit geftüßt zu haben. In⸗ 
bein er ſich Apoftel Jeſu Chrifti nannte, berief er fich dafür 
nur auf die heilbringenden, aus der ewigen Quelle des Le⸗ 
bens gefloffenen Worte, die er mitzutheilen hatte. Geine 
Lehre ſollte die wahre ſeyn, weil fie Fragen beantiwortete, 


« 


bie die nad) Wahrheit forſchende, die fpeculirende Vernunft 
nicht unbeantwortet laffen Eonnte, Beduͤrfniße befriedigte, 
die tief in der Natur des menſchlichen Geiftes gegründet 
zu feyn fchienen. Es ift daher Doch eigentlich immer nur 
die Auctorität der Vernunft, die Manes und feine Schuͤler 
der Außern Auctorität der in den Urfunden des Chriftens 
thums enthaltenen Lehre entgegenfezten, und die fie zu bes 
rechtigen fchien, mit demfelben Selbftvertrauen,, das allen 
rationaliftifchen Gegnern des Chriftenthums eigen ift, auf 
. die Chriften, ald Anhänger eines blinden Auctoritätöglaus 
bens, herabzufehen, der ihnen eine Verachtung des göttlichen 
Gefchentes der Vernunft zu feyn fchien. Ti, qui temere 
omnia credis, hält der Manichder Fauſtus, zur Chrenrets 
tung der Vernunft, Auguftin entgegen XVII, 3., gui na- 
turae benehcium, rationem, ex hominibus damnas, cui, 
inter verum falsumque judicare, religie est, cuique, bo- 
num a contrario separare, non minus formidini est, 
quam infantibus lamiae, quid facturus eris, cum te 
in capitali hujus (Matth. 5, 18.) angustiam necessitas 
coget? Was Auguftin von allen Häretikern behauptet (De utili- 
tate credendi c. 15.), daß fie zwar zum Glauben an Chriftus 
auffordern, aber es dabei für unwuͤrdig erflären, ohne Vers 
nunft zu glauben, gilt vorzugsweife von den Manichdern, 
von welchen Auguftin in derfelben Schrift (c. 1.) fagt, daß 
fie saorilege ac temere invehantur in eos, qui calholicae 
fidei auctoritutem sequentes, anleguam illud verum, 
quod pura mente conspicilur, intueri queant, credendo 
praemuniuntur, et. illuminaturo praeparantur Deo, No- 
sti enim, Honorate, non aliam,ob causam nos in tales 
homines incidisse, nisi quod se dicebant, terribili aucto- 
ritate. separata, mira et simplici ratione eos, qui se au- 
dire vellent, introducturos ad Beum, et errore omni lı- 
beraturos. Quid enim me albıd cogebal, annos fere 
novem sprela religione, guae mihi puerulo a parenlibus 
Baurs Manich. RI. Syſt. 26 


— 386 —' 


insita erat, homines illos segui. ur "Wellgbhten'unndire; 
nisi quod nos. superstitione teneff,'et ide: ndbie ante 
ralionem imperari dicerent, se aulem .nullum premere 
ud fidem, nis prius discussa.:ei enodata veritate? 
"Onis non his pollicitationibus illiceretur, :praesertim ado- 
lescenlis animus eupidus veri, etiam .nonnullarasm in 
schola doctorum hominum disputationibus. superbms et 
.garrolus (man vgl., was Auguftin De duab. anm, e, 9. 
Aber feine damalige Vorliebe für den Manichaͤisnus fagt), 
guulem me tune. illi. invenerunt, spernentem scilicet 
guasi: aniles fehnlas, et ab eis :promissum aperlum et 
sinceram vernm ienere atque haurire cupieniem? Sed 
quae rursum ralio revocabat, ne:apud eos penilus hae- 
rerem, ul mo in ıllo gradu, guem vocant andilorum, 
tenerem, ut hajns mundi spem atque negotia non dimit- 
terem, nisi quod: ipsus: guoque animadveriebam, plus in 
refellendis allis disertos et copiosos' esse, quam in suis 
probandis lrmos es certos manere??). Bgl. c.9.: Pro- 
fitentur hoc omnes:haerelici (sequi’viam calholicae dis- 
ciplinae), negare non possunt, sed ita, ut eis, quos ülle- 
‚ elant, ralionem'-se de obscutissimis rebus polliceantur 
reddituros, 'eognue Catholicam maxime, criminanlur, 
quod illis, qui ad eam veniant, praecipitur, ut credant, 
se antem non jugum credendi imponere, sed docendi 
fontem aperire, gloriantur. Ouid, inguis, diei potuit, 
quod ad eorum toudem magis pertineret? Non ia est, 
Hoc enim faciunt, nullo robore praediti, sed ut ali- 
quam concilient multitudinem nomine rationis, Qua 
promissa naturaliter anima gaudet humana, nec vires 





9) Von dem hohen Selbftvertrauen, mit welchem die Mani⸗ 
chaͤer fih für die vom acht ber Vernunft Erieuchteten hiel⸗ 
ten, zeugt auch, was ſie non einem folhen, ‚ver von .ihrer 
Secte wieder.abfiel, zu jagen pflegten: lumen ‚per illum 
transitum Ffecit. Aug. De ut. ered. 4. 


is . 


— 387 — 


sus valelundinemgue cönsiderunf.,'sanorum escas appe. 
teudo, quae male commiltuntur, nisi valentibus, irruit 
in. venena fallentium: Nam vera religio, nisi credan- 
tor, quae quisque postea, si se bene gesserit; dignusque 
fuerit,. asseguatur utque percipiat, omnino sine guodam 
gravi aucloritatis imperio' iniri recte nullo pacto po- 
tect. Was Auguftin. diefen Häretifern gegemiber in der 
genannten. Schrift De wilitate credendi über das Beduͤrf⸗ 
niß ded:Menfchen (oder der Menichen;: wie fie gewöhnlich 
find), fih in Sachen der Religion auf eine ‘gegebene Aus 
ctoritaͤt zu ſtuͤzen, bemerkt, ift: größtentheilö fehr treffend 
und richtig: Noch tiefer faßt Auguflin. die Frage, um 
die es fich hier handelt, in der kurzen Erinnerung auf; 
mit ‚welcher er die. lange! Verhandlung. mit dem Manis 
chaͤer Fauſtus L. XAXXUL.fchleßt : Si: qyuası ratione move- 
mini,.primam cogitatisy ‚yulnam sitis ,.qgualn: minus ido- 
nei ad naluram, non divam Dei, sed anımae vestrae 
comprehendendam ‚' sane:' guemadmodam.velle aut vo. 
Inisse vos dieitis cdertissima' ratione, ınon vanıssıma 
credulitate: quod cum: mimme poßuerilis ‘(sine dubio 
enim, yaamdiu tales-estis,. nullo modo poteritis), illud 
sallem;, quod omni. kamanae menti:est maturaliter in- 
situm, si modo id penversae opinionis.pravilale non 
iurbetur, Dei naturam atyue :substariiiam .incommuta. 
bilein :omnino incorrupsibilem .cogitale vel credite, et 
Manichaei continuo uon eritis, ut aliguando. et Catho- 
lici esse possitis. So mag es: denn. allerdings auch bei 
diefen Häretifern eine Verkennung der natürlichen Unzu⸗ 
länglichEeit der Vernunft, wie fie erft mit dem Chriften- 
thum in dem Menfchen wem Bewußtſeyn kommt, gewefen 
feyn, was fie mit eine do hohen Vertrauen auf Das nas 
türliche Licht erfuͤllte, aber eben deswegen wird uns aud) 
biefe ganze Erfcheinung weit begreiflicher, wenn wir, was 
fid) uns immer Elarer herausſtellt, dabei in Erwägung zie⸗ 
hen, daß diefe fogenannten Häretiler, wie fo manche an: 
25.. 


— 390 — 


' dia sunt, post fidem supervacua, gaia ante quldem 
eis credere non poleramus, nunc vero ex superfluo 
eredimns. B7 
Schon durch die abſprechenden Urtheile, die die Manis 
chaͤer über die Authentie und Integrität der neuteftamentlis 
hen Schriften fällten , mußte den Vertheidigern des katho⸗ 
fifchen Chriftentyums das hiftorifche. Fundament deſſelben 
vollig untergraben fcheinen. Gleichwohl waren die Maniz 
chäer damit noch nicht zufrieden, und glaubten ihr Wer, 
die Conftruction eines Manichäifchen Chriftenthyums, nur 
zur Hälfte vollendet zu haben, wenn fie nicht noch einen 
weiteren Schritt gethan hätten. Bey allen Zweifeln, durch 
welche die Glaubwürdigkeit der neuteſtamentlichen Schrif- 
ten erfchättert war, hätten doc) immerhin nod) die Haupt⸗ 
tbatfachen der Gefchichte Sein in ihrer 'hiftorifchen Bahr 
heit anerkannt werden Tonnen. Darum follte nun auch 
diefe Seite des Chriſtenthums nicht unangefocdhten blei— 
ben, und was fchon der Nationalismus der Manichäer 
in Bezichung auf die Schriften unternommen hatte, ihr 
Doferismusd in Anfehung der Gefhichte Jeſu vollenden. 
Wie die Gnoſtiker ſprachen aud) die Manichäer, nur , 
wie überhaupt, fo auch hier, noch entfchiedener und durch) 
greifender, als jene, dem Leben Jeſu alle objective Rea⸗ 
lität ab, feine ganze Erfcheinung follte bloßer Schein ge= 
weien ſeyn. Daß ſchon Manes felbft diefe doketiſche An⸗ 
ſicht von der Gefchichte Jeſu harte, fehen wir aus den 
und erhaltenen Bruchftüfen feiner Briefe (f. Fabric. Bibl. 
Ed. Harl. Vol. VII. p. 315. f. ), die gerade davon handeln. 
„Die einfadye und wahre Natur des Lichts (fchreibt Manes 
an einen gewißen Zebenas) ift Eine, und feine Wirkſamkeit 
eine und diefelbe. Denn dad Kicht leuchtete in der Finſter— 
niß, und, die Finſterniß nahm es nicht an. Es beruͤhrte 
das Weſen des Fleiſches nicht, ſondern umgab ſich nur 
mit einem Schattenbilde des Fleiſches, damit es nicht durch 


— 391 — 


dad Weſen des Fleiſches überwältigt, leidensfaͤhig und ver 
gaͤnglich gemacht werde, indem die Finſterniß feine Lichte 
wirkſamkeit aufheben wuͤrde. Wie litt es nun, da weder 
die Finſterniß Gewalt uͤber daſſelbe hatte, noch ſeine Wirk⸗ 
ſamkeit verdunkelt wurde?“ „Der Sohn des ewigen Lichts, 
heißt es in dem Fragment des Briefs an den Seythianus, 
offenbarte fein eigenthuͤmliches Weſen auf dem Berge, er 
harte nicht zwei Naturen, fondern Eine im Eichtbaren und 
Unſichtbaren.“ In dem Brief an den Earacenen Kudarus 
berief fi) Manes für feinen Dofetismus auf Joh. 8, 59. 
„Als die Juden einft Chriftus fteinigen und ihre frevelhafte 
Kuͤhnheit durd) die That Außern wollten, zeigte der Eohn 
des höchiten Fichts feine Natur, er ging mitten durch fie 
bindurd), ohne gefehen zu werden, denn die immatertelle 
Geftalt, die die Geftalt des Fleiſches bildlich darjtelite, war 
nicht fichtbar , Fonnte auf Feine Weile angetafter werden, 
weil die Materie. mit dem Immateriellen Feine Gemeinjchaft 
hat, wenn aud) eine Geftalt des Sleifches gefehen wurde.‘ 
Am flärkiten ſprach ſich Manes in dem Briefe an Odas 
gegen die chriftliche Kehre von Chriftus aus: ‚Wenn die 
Galilder von zwei Naturen reden, die Chriſtus haben foll- 
fo brechen wir in ein lautes Gelächter darüber aus, daB 
fie nicht wien, daß die Natur des Lichts fidy nicht mit ei⸗ 
ner andern Natur, mit der Materie, vermifcht, fondern 
rein ift, und ſich mit einer andern Natur nicht zur Einheit 
verbinden kann, wenn aud) eine ſolche Vereinigung ſtatt⸗ 
zufinden feheint. Der Name Chriftus ift eine misbraͤuch⸗ 
lihe Benennung, die weder eine Urt noch eine Natur bes 
zeichnet. Das höchfte Licht zeigte, mit feinem eigenen We⸗ 
ſen vereinigt, in den materiellen Körpern einen Körper, 
an und für ſich ift er (Chriftus) durchaus nur Eine Natur.” 
Schon hierqus erhellt, daß die Manichder im der: ganzen 
Erfcheinung Jeſu nur eine Scheingeftalt fehen konnten, 
doch hatte auch dieſer Doketismus, was die einzelnen Mo⸗ 


— 390 — 


' lia sunt, post fidem supervacua ‚ guia ante gquidem 
eis credere non poleramus, nunc vero ex superfiao 
credimns. 
Schon durch die abfprechenden Urtheile, bie die Mani⸗ 
chaͤer über die Authentie und Integrität der neuteftamentlts 
hen Schriften fällten , mußte den Vertheidigern des katho⸗ 
lifchen Chriſtenthums das hiftorifche. Fundament deſſelben 
völlig untergraben ſcheinen. Gleichwohl waren die Manis 
chaͤer damit noch nicht zufrieden, und glaubten ihr Werk, . 
die Conftruction eines Manichäifchen Chriftentyums, nur 
zur Hälfte vollendet zu haben, wenn fie nicht noch einen 
weiteren Schritt gethan hätten. Bey allen Zweifeln, durch 
welche die Glaubwürdigkeit der neuteftamentlichen Schrif⸗ 
ten erfchättert war, hätten doc) immerhin noch die Haupt⸗ 
tbatfachen der Geſchichte Jeſu in ihrer 'biftorifchen Wahre 
beit anerfannt werden koͤnnen. Darum follte nun auch 
diefe cite des Chriftenthyums nicht unangefochten bleiz 
ben, und was fchon der Nationalismus der Manichder 
in Beziehung auf die Schriften unternommen hatte, ihr 
Dokerismus in Anfehung der Geſchichte Jefu vollenden. 
Wie die Gnoftiter fprachen aud) die Manichäer, nur, 
wie überhaupt, fo auch hier, noch entfchiedener und durch⸗ 
greifender, ald jene, dem Leben Jeſu alle objertive Rea⸗ 
lität ab, feine ganze Erſcheinung follte bloßer Schein ges 
weien ſeyn. Daß ſchon Manes felbit diefe dofetifche Anz 
fiht. von der Gefchichte Jeſu hatte, fehen wir aus ben 
und erhaltenen Bruchftüfen feiner Briefe (ſ. Fabric. Bibl. 
‚Ed. Harl. Vol. VII. p. 315. f. ), die gerade davon handeln. 
„Die einfache und wahre Natur des Lichts (fchreibt Manes 


an einen gewißen Zebenas) ift Eine, und feine Wirkſamkeit 


eine und diefelbe. Denn das Licht: leuchtete in der Finfters 
niß, und, die Finfterniß nahm es nicht an. Es berüßrte 
dad Weſen des Fleifches nicht, fondern umgab fich nur 
mit einem Schattenbilde des Sleifches, damit es nicht Durch 


— 390 — 


| j ' . . 4 
lia sunt, post fidem supervacua, guia ante quidom 
eis credere non poteramus, nunc vero ex saperfluo 


credimns. 


Schon durd) die abfprechenden Urtheile, die die Mani⸗ 
häer über die Authentie und Integrität der neuteftamentli= 
hen Schriften fällten , mußte den Vertheidigern des katho⸗ 
lifchen Chriſtenthums das hiftorifche. Fundament deflelben 
völlig untergraben fcheinen. Gleichwohl waren die Maniz 
chäer damit noch nicht zufrieden, und glaubten ihr Werk, 
die Conftruction eines Manichäifchen Chriftentyums, nur 
zur Hälfte vollendet zu haben, wenn fie nicht noch einen 
weiteren Schritt gethan hätten. Bey allen Zweifeln, durch 
welche die Glaubwürdigkeit der neuteftamentlihen Schrif- 
ten erfchüttert war, hätten doc) immerhin noch die Haupt⸗ 
tbatfachen der Geſchichte Sefu in ihrer hiſtoriſchen Wahr⸗ 
heit anerkannt werden Formen. Darum follte nun auch 
diefe Seite des Chriſtenthums nicht unangefocdhten blei— 
ben, und was fchon der Nationalismus der Manichäer 
in Bezichung auf die Schriften unternommen hatte, ihr 
Doferismus in Anfehung der Geſchichte Jeſu vollenden. 

Wie die Gnoftiter ſprachen auch die Manichäer, nur, 
wie überhaupt, fo auch hier, noch entfchiedener und durch⸗ 
greifender, als jene, dent Leben Jeſu alle objective Rea⸗ 
lität ab, feine ganze Erſcheinung follte bloßer Schein ge= 
weſen feyn. Daß ſchon Manes ſelbſt diefe dofetifche An= 
fiht von der Gefchichte Jeſu hatte, fehen wir aus den 
uns erhaltenen Bruchftüfen feiner Briefe (ſ. Fabric. Bibl. 
Ed. Harl. Vol. VII. p. 315. f. ), die gerade davon handeln. 
„Die einfache und wahre Natur des Lichts (fchreibt Manes 
an einen gewißen Zebenas ) ift Eine, und feine Wirffamfeit 
eine und dieſelbe. Denn das Kicht leuchtete in der Finfter- 
niß, and, die Finfterniß nahm es nicht an. Es berührte 
dad Weſen des Fleifches nicht, fondern umgab fi) nur 
mit einem Schattenbilde des Fleiſches, damit ed nicht durch 


— 391 — 


dad Weſen des Fleiſches uͤberwaͤltigt, leidensfaͤhig und ver 
gaͤnglich gemacht werde, indem die Finfterniß feine Lichte 
wirffamfeit aufheben wirde. Wie litt e8 nun, da weder 
die Finfterniß Gewalt über daffelbe hatte, nod) feine Wirk⸗ 
ſamkeit verdunfelt wurde 7° „Der Eohn des ewigen Lichts, 
heißt eö in dem Fragment des Briefs an den Scythiannd, 
offenbarte fein eigenthuͤmliches Weſen auf dem Berge, er 
hatte nicht zwei Naturen, ſondern Eine im Sichtbaren und 
Unſichtbaren.“ In dem Brief an den Saracenen Kudarus 
berief fi) Manes für feinen Doketismus auf Joh. 8, 59. 
„Als die Juden einft Chriftus fleinigen und ihre frevelhafte 
Kuͤhnheit durch die That dufern wollten, zeigte der Sohn 
des höchften Lichts feine Natur, er ging mitten durd) fie 
hindurch, ohne gefehen zu werden, denn die immatertelle 
Geftalt, die die Geftalt des Fleiſches bildlich) darjtelite, war 
nicht fichtbar, konnte auf Feine Weiſe angetafter werden, 
weil die Materie. mit dem Immateriellen feine Gemeinichaft 
hat, wenn aud) eine Geftalt-des Sleifches gefehen wurde.‘ 
Am ftärkiten ſprach ji) Manes in dem Briefe an Odas 
gegen die chriftliche Lehre von Chriftus aus: ‚Wenn die 
Galilder von zwei Naturen reden, die Ehriftus haben foll- 
fo brechen wir in ein lantes Gelächter daruͤber aus, daB 
fie nicht wiffen,, daß die Natur des Lichts fidy nicht mit ei⸗ 
ner andern Natur, mit der Materie, vermifcht, fondern 
rein ift, und fich mit einer andern Natur nicht zur Einheit 
verbinden kann, wenn aud) eine ſolche Vereinigung ſtatt⸗ 
zufinden feheint. Der Name Chriftus ift eine misbraͤuch⸗ 
lihe Benennung, die weder eine Art noch eine Natur bes 
zeichnet. Das höchfte Licht zeigte, mit feinem eigenen Wes 
ſen vereinigt, in den materiellen Körpern einen Körper, 
an und für ſich ift er (Chriftus) durchaus nur Eine Natur. 
Schon hiergus erhellt, daß die Manichäer im der ganzen 
Erfheinung Jeſu nur eine Scheingeftalt fehen konnten, 
doch hatte auch Diefer;Dofertömus , was die einzelnen Mo: 


—  — - 
mente ber Geſchichte Jeſu betrifft, noch gewiße Srade. 
Am anftopigften mußte ihnen die Vorftellung eines. .auf 
menſchliche Weife gebornen Erldfers feyn. Die Geburt in’ 
fleifhlicye Leben war nad) ihrer Anſicht etwas fo Materielles 
und Unbeiliged, daß fie felbft die von den Gnoftilern aus 
genommene Scheingeburt mit ihrer Idee des Erldfers nicht 
vereinigen zu fonnen glaubten. Absit, laffen die Acta disp. 
Arch. c. 47. den Manes fagen, ut Dominum nosirum 
Jesum Christum per naturalia pudenda mulieris descen- 
disse confitear. Das Unwuͤrdige diefer Vorftellung, ex 
utero nalum credere Deum, et Deum Christianorum, 
wie Fauftus bei Yug. IL, 1. fid) ausdräft, ift ein Haupt: 
gegenftand der Polemik des Fauſtus gegen den chriftlichen 
Lehrbegriff. Die Manichäer beriefen fich außer dem fchon 
erwähnten allgemeinen Grund für ihre Behauptung, daß 
Chriſtus nicht geboren fey, audy auf mehrere befondere, . 
aus dem N. T. felbft genommene Gründe, daß Jeſus ſich 
felbft Feine menfchlihe Geburt beigelegt, vielmehr erklärt 
babe, er ſey nicht von dieſer Welt, gefendet, nicht geboren, 
vom Vater auögegangen, vom Himmel herabgefommen , 
feine Mutter und feine Brüder feyen nur die, die den Willen 
feines Vaters chun (Matth. 12, 50.). Die Evangeliften, 
die feine Geburt und Genealogie melden, haben, wie fie 
felbft fagen, Jeſum erft lange nach feiner vorgeblichen Ge: 
burt kennen gelernt, die beiden Genealogien bei Matthäus 
und Lucas laffen fich nicht mit einander vereinigen, Mars 
cus und Johannes erwähnen im Aufange ihrer Evanges 
lien nicht8 von tiner Geburt, Marcus nenne Jeſus Chri- 
ſtus, gleichſam um den Matthäus zu tadeln, der ihn den 
Sohn Davids nennt, den Sohn Gottes, Johannes das 
ewige Wort, das bei Gott ‘war, u. f. w. Fauſtus bei Aug. 
DI, I. VO, 1. XXIU, 1 f. Evod. De fide c. 25. 
Acta disp. Arch. c. 47. Nur um die ftreitenden Anfich- 
ten fo. viel möglich auszugleichen, und um fich.mit dem 


Gegner in einer vermittelnden Vorftellung vereinigen zu 
koͤnnen, will Fauſtus XXIX, 1. eine Scheingeburt zugeben. 
Vos pro certo puerperium fisse ereditis, et utero mu- 
liebri, portatum. Aut si ita non est, falemini et vos, 
quia hoc etiam imagınarie sit faclum , ut viderelur na- 
tus, et omnis nobis erit profligala contentio. Wie wes 
nig dies ernftlich gemeint war, zeigt die Antwort Augus 
ſtins c. 3.: Verumtamen quaero ab eis, si nostra con- 
tentio lerminatur, cum hoc dixerimus, cur hoc ipsi non 
dicunt: cur ipsi morlem non veram, sed imaginariam 
Christi affırmant: natıvitalem autem non saltem talem, 
sed prorsus nullam dicere delegerant? — An quia mor- 
iem simulare, honestum est, nalivilalem autem eltiam. 
simulare, turpe est? Die Snoftifer legten, indem fie eine 
wirkliche Geburt Ehrifti nicht zugaben, um fo mehr Ges 
wicht auf die Taufe am Jordan. Die Manichder wollren 
fid) zwar zu einem durdy die Taufe gewordenen Sohn Got⸗ 
tes noch eher verftehen,, ald zu einem von der Maria ges 
bormen. Nos guamvis de hac sentenlid nemo prorsus de- 
‚ jiciat, ex Deo accipiendi filium Dei, tamen ut mul- 
tum imprudentiae concedamus, ut adigamtır et falsis 
credere, ex Jordane nobis erit factus Jesus Dei filius, 
quum natus ex utero mulieris, erflärt Fauftus XXIU, 3. 
ie entfchieden fie aber auch die Taufe Chrifti verwarfen, 
erhellt aus eben diefer Stelle. Nach XXXIU, 7. ift auch 
Die Taufe eine der Hoheit des Sohnes unwuͤrdige Ernie- 
drigung, und Manes felbft behauptet in den Acta disp. 

Arch. c. 50., daß der Sohn Gottes für felne Ankunft auf 
der Erde weder Taube noch Taufe nöthig hatte, fo wenig 
ald Mutter und Brüder. Mit der Läugnung der Geburt 
fiel auch alles Andere hinweg, was dem Leben Ehrifti die 
Bedeutung eines wirklichen Menfchenlebens geben konnte. 

Das Hoͤchſte, was der Manicyder annimmt, ift, wie Fau⸗ 
ſtus XXVI, 1. ſagt: Ab initio, sumta hominis similitu: 


dine, omnes humanae conditionis simulavis'affectus. Nur 
zum Schein hatte er einen Körper, zum Schein gefchah 
alles, was er that und litt, fein Koͤrver war nicht vers 
mundbar und fterblid). Contra Faust. XIV, 1. fg. XVL 
11. Vgl. die obigen Fragmente aus Manes Briefen, und Ti⸗ 
tus von Boftra III, 19. Auch der Tod Jeſu und das mit 
demfelben verbundene. Leiden Jeſu war nichts als Schein. 
Nos specie tenus passum confilemur, nec vere morlunm, 
fagt Fauftus XXIX, 1., was Auguftin o. 2. weiter fo er- 
Härt: Sed illud est, quod magiae simile dicimini: assere- 
re, quod passionem mortemgne ejus specie. tenus fa- 
ctam et fallaciter dicllis adumbratam, ut mori videre- 
tur, qui non moriebatur. Chriſtus war nur simnlator 
carnis et mortis et vulnerum et cicatricum XVI, 11. 
Alles, wasfid) auf fein Leiden und feinen Tod bezog, ge: 
ſchah nur mit täufchendem Schein XIV, 11. Denn, wie 
Manes felbft in dem zweiten Fragment des Briefs an. 
Zebenas (Fabr. B. G. Vol. VII. p. 316.) fast, die einfache 
Natur ftirbinicht, und ein Echatten des Fleifches wird 
nicht gefreuzigt. Er hatte Daher ſtets diefelbe Natur und 
Wirkſamkeit des Fichts, die durd) das Schattenbild des 
Sleifches, das feine Natur nicht überwältigen Fonnte, 
nichts litt. Auch diefes Scheinleiden war eine Veran⸗ 
ftaltung des Fürften der Finfterniß, wie wenigitens 
Eerundinus in der Epist. ad August. es darftellt; Jllud 
vero, quam audacter molitus sit (pessimus), non igno- 
ras, ut Domino, optimum semen seminanli, ılle zizania 
miscuerit, el tanto pastori Scariotem rapuerit, et ut ad 
ullimum crucis supplicum venirelur, in perniciem ip- 
sius scribas pharisaeosque accenderit, ut Barrabam di- 
millere clamarent, et Jesum cruc figerent. Evasimus 
igitur , fezt Secundinus hinzu, guia spirilalem secuti su- 
mus salvatorem: nam illius tantum eruperit audacia, 
ut, sinoster Dominus carnalis foret, omnis nostra fuisset 


— 395 — 


2 spes amputata. Nach einem bei Evodius De fide c. 28. 
BE aus Mani's Epist. fund. erhaltenen Fragmente aber hatte 
Eder Fuͤrſt der Finfterniß das Leiden Jeſu nur zu feinem eis 
a7 genen Verderben veranftaltet. Denn obgleich Jeſus zu lei⸗ 
Zden ſchien, fo war ed doch der Fuͤrſt der Binfterniß , ber 
22 mit feinen Genoffen alles litt. /nimicus quippe, fagt Mas 
ei ned, qui eundem salvatorem, justorum patrem, crucifi- 
Bu zisse se speravit, ipse est crucifixus, quo tempore aliud 
€ aclum est, atque aliud ostensum. Princeps itaque te- 
” nebrarum affızus est cruci, idemque spineam coronam 
f porlavit cum suis sociis, el vestem coccineam habuit, 
= acelum eliam et fel bibit, quod quidam Dominum po- 
m tasse arbitrati sunt, alque omnia, quae hic suslinere 
Ü visus est, tenebrarum ducibus irrogata sunt, qui clavis 
u eliam et lancea vulnerati sunt. Dhne Zweifel haben wir 
m bier nur eine poetifche Schilderung der vernichtenden Fols 
» gen, die das Leiden Jeſu, indem es die Erlöfung der Kicht- 
w fcele aus der Gewalt der Finfterniß bewirkte, fir den Für- 
ſten des Reichs der Finfterniß herbeiführte. Obgleich nem: 
« lich das Leiden Chrifti nur ein Echeinleiden war, fo hatte 
Res doch einen reellen Zwek, fofern es durch die Anfchau- 
ung, die es gab, dazu diente, das Leiden, welchem -die - 
Lichtſeele in der materiellen Welt unterworfen ift, und bie 
:  Erlöfung welcher fie entgegenftreben fol, im Menfchen zum 
Bewußtſeyn zu bringen. Hoc ergo sentimus, gibt der 
Manichaͤer Fortunatus in der Disp. I. mit Auguftin als 
Manichäifche Anfiht vom Todesleiden Sefu an, de nobis, 
quod et de Christe, qni cum in forma Dei esset consti- - 
tutus, factas est subditus usque ad mortem, ut simili- 
tudinem ahimarum nostrarum ostenderet. Et quemad.-. 
modum in se mortis similitudinem ostendit, ei se a pa- 
ire esse de medio morluorum resuscilatum, eo modo 
sentimus ei de animabus nostris futurum, quod per ip- 
sum poterimus ab hac morte liberari, quae aut aliena 


\ 


\ _ Sg6. — — > 
est a Deo; aut si propria Dei, et .misericordie ajı 
sat, et liberatoris nomen et opera liberantis. D 
die myſtiſche Kreuzigung Chriſti Ceracis Christi m 
fixio), von welcher Fauſtus ſpricht XXXII, 7., als von 
Symbol, durch welches die Leiden und Wunden ı 
Seele dargeſtellt werden. So lange die Seelen in 
materiellen, leiblichen Leben ſich befinden, ſind ſie in 
Zuftande leidensvoller Erniedrigung, der die ihrer Li 
tur fich bewußte Seele tief verwundet, und fie gle 
dem Tode preiszugeben ſcheint, fie find in den Leib 
fie an die Materie bindet, wie gefreuzigt. Wie nu 
Todesleiden und der Kreuzestod den leidenden Zufta 
Seele darftellt, fo bringr die auf den Tod folgende 
ſtehung Chriſti jenen Zuftand der Seele zur Anſchauu 
weldyem fie fich im Tode des Leibes erhebt, wenn f 
allem fich losreißt, was fie bisher in der materiellen 
dem Reiche der Sinfterniß, feftgehalten hat. Der Tı 
Leibes ift, wie die Trennung der Seele vom Leibe, ſi 


‚ die Auferftehung der Seele zum Leben. Der Zwek, d 


bedeutungsvolle Idee zum lebendigen Bewußtfeyn des 
fben zu bringen, und ihm in einem anfchaulichen Bil 
das Gemuͤth zu flellen, war dem Manichaͤer wichtig g 
um dem Tode Jeſu, auch als einem biegen Scheintode, 
Werth beizulegen,, welchen fie einer Scheingeburr nid 
legen zu koͤnnen glaubten. Vgl. Aug. Contra Faust. 2 
11.: Hinc est, quod — mors Christi visa sit ve 


 lax et simulata praedicanda, et non eliam nati 


Mortem quinpe tanguam separationem animae, ic 
rulurae Dei vestri a corpare inimicorum ejus ‚bo 
a figmento diaboli, praedicatis atque laudatis, aı 
hoc rem: dignam fuisse gredidistis, guam Christus, 
non mariens,.lamen mortem simulans, commen: 
In nativitate autem, quia non solvi y sed ligari F 
Deu verlrum ereditis, hanc nec saltem fallaciter 


— 397 — 


ztum Christum credere voluistis. In biefem Sinne 
ite der Tod und die Auferftehung Chrifti als ein bie 
ıptidee des ganzen Manichäifchen Syſtems fehr aus: 
svoll bezeichnended Symbol betrachtet werden, und Mas 
ſelbſt fcheint Diefe ſymboliſche Bedeutung heruorgehoben zu 
en, wie Alexander von Lycopolis c. 24. meldet: Zig 
ıyua — rw Heiav Övvauın Eveotamguadai TUN, 
avrov(Xgıoror) Unonzuevneevan To nadnue roũro 
jvow, Sonto advvarov Övrog &xsivov roßro ori 
r nadelo) , önep avrög Ö Mevızaiog Öengerrrerai 
» FOL rovrov diönoxwv, orı 7 Bein Mvanıs &ig 
vlnv xaraxexıntar, za nahiv anoywnpei' ToonoV 
) avarkarrovon. An ſich zwar ift ed unmbglich, daß 
ſtus leider, aber fein ‘Leiden ift ein Bild des an dem 
zesſtamme der Materie gleichſam angehefteten Geiſtes, 
Auferſtehung ein Bild des von den Banden der Materie 
iten.Geiftes. Die Manichder fcheinen ſich dieſes Sym⸗ 
‚ um die Uebereinſtimmung ihrer Lehre von Chriſtus 
der hriftlichen darzuthun, gerne bedient zu haben, da 
Tlerander auch fchon e. 4. in feiner Darftellung der 
ichäifchen Lehrbegriffs hernorhebt: Xgurov aivaı 
, 0v ön xal &gızöusvov NOTE NO TOU- Evan Tonov 
JToV TE TNE Öuvonewg TEUTNS NO0G | ToV Ieov As- 
ver, zul ön xal To TeAsvraiov dbaoravgwdivre | 
coytoFaı yyvwow Tomde Toony* xal Tv Övvanıy 
Heiav Evnguoodeı, veorauguodaı 11 van. Die 
der dee Ehrifti gegebene höhere Erfenntniß reflectirt 
concentrirt fi) in dem Bilde feines Kreuzes. Fanden 
Manichaͤer ein wirkliches Leiden und Sterben der Idee 
ti unwuͤrdig, fo wollte dagegen Alexander audy fon 
ſolche ſymboliſche Behandlung der Idee Chriſti, als des 
3, unangemeſſen finden. To æde as nrgayuarog Eni- 
v, bemerkt er c. 24. zur Beurtheilung der. Manichaͤi⸗ 
Lehre vom Kreuzestode Chriſti, To nadnnarı vna- 


— 


N — 396. — — | .- 
est a Deo, aut si propria Dei, et. misericordie ajus 
sat, et liberatoris nomen et opera liberantis..: Dei 
die myſtiſche Kreuzigung Ehrifti (eraucis Christi yi 
fixio), von welcher Zauftus fpricht XXXII, 7., abs von d 
Symbol; durch welches die Leiden und Wunden um 
Seele dargeftellt werden. So lange die Seelen in di 
materiellen , leiblichen Leben fich befinden , find fie in ei 
Zuftande leidensvoller Erniedrigung, der die ihrer Lid 
tur fich bewußte Seele tief verwundet, ud fie gleid 
dem Tode preiszugeben fcheint, fie find in den Leibe, 
fie an die Materie bindet, wie gekreuzigt. Wie nun 
Todesleiden und der Kreuzeötod den leidenden Zuftan! 
Seele darftellt, fo bringr die auf den Tod folgende 4 
ftehung Ehrifti jenen Zuſtand der Seele zur Anfchauung 
welchem fie ſich im Tode des Leibes erhebt, wenn fie 
allem ſich losreißt, was fie bisher in der materiellen U 
dem Reiche der Finfterniß, feftgehalten hat. Der Tod 
Leibes ift, wie die Trennung der Seele vom Leibe, To 
die Auferftehung der Seele zum Leben. Der Zwek, die 
bedeutungsvolle Idee zum lebendigen Bewußtfenn des I 
{den zu bringen, und ihm in einem anfchaulicyen Bilde 
das Gemith zu ftellen, war dem Manichäer wichtig ge 
um dem Tode Jeſu, auch als einem biegen Scheintode, e 


Werth beizulegen, welchen fie einer Scheingeburr nicht 


legen zu Fonnen glaubten, Vgl. Aug. Contra Faust. X 
1.: Hinc est, quod — mors Christi visa sit vel 


laæx et simulata praedicanda, et non etiam nativ 


Mortem quinpe tanguam separationem animae, id 
ralurae Dei vestri a corpare inimicorum ejus, hoc 
a figmento diaboli, praedicatis atque laudatis, ao. 
hoc rem dignam ‚fuisse gredidistis, quam Christus, 
non mariens,.lamen mortem simulans, commendo 
In nativitate autem, quia non solvi, sed ligari pe 
Deum verlrum ereditis, hanc nec saltem fallaciter i 


tum Christum credere voluistis. In biefem Sinne 
te der Tod und die Auferftehung Chriſti als ein die 
iptidee des ganzen Manichäifchen Spftems fehr aus; 
svoll bezeichnendes Symbol betrachtet werben , und Mas 
ſelbſt fcheint diefe ſymboliſche Bedeutung hervorgehoben zu 
n, wie Alerander von Xycopolis c. 24. meldet: Zig 
uyua — Tv Heiav Övvanıy eveoremguadai 47 AL y 
avrov( Xoıoröv) Unonzusvnxevan To nadnue roũro 
vow, wearteg advvarov Soros EXEIVOV TOUTO NOLEIY 
e nadelv) , önsp avrög Ö Mavıaiog Öıangerrrerai 
» gi rovrov didaoxwv, orı 7 Fein divauus eig 
SAm xaraxexinter, xal mahiv anoympei: ToonoV 
ı avandlarrovon. An fich ‚zwar ift e8 unmoͤglich, daß 
tus leidet, aber ſein Leiden iſt ein Bild des an dem 
zesftamme der Materie‘ gleichfam angehefteten Geiſtes, 
Auferſtehung ein Bild des von den Banden der Materie 
iten Geiſtes. Die Manichaͤer ſcheinen ſich dieſes Sym⸗ 
um die Uebereinſtimmung ihrer Lehre von Chriſtus 
yer chriſtlichen darzuthun, gerne bedient zu haben, da 
Ilerander auch ſchon e. 4. in feiner Darftellung ver 
ichaͤiſchen Xehrbegriffs hervorhebt: Xguorov aivar 
, 09 61 xal Agızousvov note ano TOU Av Tonov 
mov TE TG Övvauewg TavTng nOOS TOV Feov 1c- 
‚wi, xal ÖN xal To Televraiov evaotevowdevre 
oyLoFaı yvoow Tomde Toönw" xel tiv divanıy 
Heiav Evnguoodeı, veorauguodaı 11 van. Die 
ver Idee Chrifti gegebene höhere Erkenniniß reflectirt 
:oncentrirt ſich in dem Bilde feines Kreuzes. Fanden 
Ranichder ein wirkliched Leiden und Sterben der dee 
ti unwuͤrdig, fo wollte dagegen Alexander auch fchon 
olche fombolifche Behandlung der Idee Chrifti, ald des 
, unangemeffen finden. To d2 eis ngayuarog Eni- 
„ bemerkt er c. 24. zur Beurtheilung der. Manichaͤi⸗ 
Lehre vom Kreuzestode Chriſti, To nednuarı vna- 


= 0 - 


Def die Natur des einen Princips durch das andere pr 
imd verbunfelt wird, fo waͤrde .eine reale Vereinigung der 
beiden Principien, wie fie in dem menfchgeworbemen „-mit_ 
einem materiellen Leibe erfchienenen, im Fleiſche gebornen 
Chriſtus gedacht werden muß, die in Ehriftus gefezte Idee 
wieder aufheben. Chriſtus wäre nicht das über alle malt 
rielle Beſlekung erhabene Ideal, wenn er die unreine menſch⸗ 
liche Natur mit denen theilte, deren Erlbſer ſeyn ſoll. Wie 
denmach in dem kirchlichen Syſtem die zum Begriff des Er⸗ 
Idfers nothwendig gehoͤrende Reinheit feines Weſens durch 
feine unfuͤndliche Geburt bedingt iſt, fo iſt fie in dem gno⸗ 
ſtiſch⸗ manichäifchen Syftem dadurch bedingt, daß ber Ers 
Idfer gar: nicht als Menſch geboren iſt. Der Dofetismus 
geht ganz aus dem eigenthämlichen Verhälmiß hervor, in 
welches dieſes Syſtem die beiden Begriffe, Geiſt und Mares 
tie, zu einander fegt, und ihrem Weſen nach beflimmt. Kann 
es die Natur des Geiftes nicht ohne die Eigenfchaft. fich dens 
ken, durch. die Materie befleft und verynreinigt zu werden, 
. . glaubt ed, mit der Materie nur den Begriff des an ſich Uns 
seinen und Boͤſen verbinden zu muͤſſen, fo würde ihm auch 
die Idee des Erloͤſers völlig verloren gehen muͤſſen, wenn 
der Erldfer mit der Materie in irgend eine unmittelbare Bes 
sährung kommen würde. Ueber die DVerfchiebenheit der 
chriſtlichen Anficht in der Auffaffung der beiden Grundbe: 
griffe, um welche ed fich bier handelt, und ihres gegens 
feitigen VBerhältniffes gibt Evodius De fide c. 24, die rich- 
tige Andeutung: Ineoinguinabilis subsiantia non ideo 
‚non coinguinatur, quia nihil attingit, sed guia perma- 
net in sua mundilia, qualecungue sit, quid altigerit. 
Sicut corpus invulnerabile aut impenetrabile numquid 
lud dicimus, guod non percutitur ferro, sed potius, 
quod eliam, cum percatilur, non penetratur? Et ideo 
. magis probatur filins Dei non posse de sanguine femi- 





— 401. — 


nae coinguinari, qula per feminam natus est, quam si 
non per feminam nascerelur, et membra illa devitasset, 
viderelur enim judicasse, posse se inde pollui, et minus 
a nobis incoinquinabılis diceretur. Daß nun aber das gno⸗ 
ſtiſch⸗ manichaͤiſche Syſtem, ob es gleich feinem Erldſer Feine 
andere Realitaͤt geben kann, und ihn wenigſtens in der 
Sinnenwelt nur in einer Scheingeſtalt erſcheinen laſſen muß, 
es doch nicht vorzieht, auf die andere Seite zu treten, und 
in Jeſus einen bloßen Menſchen zu ſehen, darin koͤnnen wir 
gewiß nur ein höheres religidfes Intereſſe erkennen. Es 
fol wenigftens auch fo bie Idee eines Erlöfers feftgehalten 
werden, der, ob er gleich nicht in die eigentliche Sphäre der 
menſchlichen Natur und des Menfchenlebens eintreten kann, 
doch der Menfchheit als ihr höchftes Ideal ebenfo angehört, . 
wie er die Gottheit als ihr reinftes Bild repräfentirt, und 
da nun in diefem Syſtem der Geift und das Ideale das 
wahrhaft Seyenbe, die Materie aber, fofern fie, ald das 
Böfe, der Gottheit und. dem Erldfer gegenäberfteht „ eigent- 
li) Das Nichtfeyende ift, fo ift dierScheingeftalt, in wel⸗ 
cher e8 den Erlöfer erfcheinen läßt, der Reflex der Idee des 
Erlöfers, fofern fi) diefe in ihrer objectiven Wahrheit als 
das Gemeinfame des Bewußtſeyns darftellt. Damit der 
Idee. die objective Nealität nicht völlig zu fehlen ſcheint, 
muß fie fi) dußerlidy objectiviren, damit aber der Erldfer 
felbft mit der Materie in Feine Berührung kommt, kann 

fid) die Idee wenigftend in. Feiner materiellen Erſcheinung 

objectiren : diefes Mittlere nun, das von der objectinen, mac, 
teriellen Realität der dußernErfcheinungswelt ebenfo ent: 
fernt ift, als von der fubjectiven Realität der blos in die 
innere Sphäre des Bewußtſeyns eingefchloffenen Idee, iſt 
dad Bild, der bildliche Reflex , welchen die Idee, als einen 
Abglanz ihres innern Weſens in die Außenwelt herausfal- 
len läßt, jene Scheingeftalt, in welcher den doketiſchen Gno⸗ 
ftifern und Manichäern die Idee des Erldfers, wie fie ſich 

Baur's Manich. Ri. Syſtem. 26 


- 


daß bie Natur des einen Princips durch das audaʒ 


und verdunkelt wird, ſo werde eine reale Vexrei 

beiden Princivien, mie fie. in dem menſchgeworden 
einem materiellen Leibe erfchienenen, im Zleifchery 
Chriftus. gedacht werden’ muß, bie in Chriſtus gefq 
wieder aufheben. Chriſtus wäre nicht das uͤber al 
rielle Beflefung erhabene Ideal, wenn er Die unreimg 
liche Natur mit Denen theilte, deren Erlbfer ſeyn 69 
benmacy'in dem Firchlichen Syſtem die zum Begriff 
Idferd norhwendig gehbrende Reinheit jeines Weſes 
feine unfändliche Geburt bedingt ift, fo ift fie in d 
ſtiſch⸗ manichdifchen Syſtem dadurch bedingt, daß 
Idfer gar nicht als Menſch geboren iſt. Der Da 
geht ganz aus dem eigenthuͤmlichen Verhaͤltniß ia 
welches dieſes Syſtem Die beiden Begriffe, Geiſt nf 
tie, zu einander fezt, und ihrem Wefen nach beſtimm 
es die Natur des Geifted nicht ohne die Eigenfchaftf 
ken, burch: die Materie befleft und verunreinigt gg; 
. .. glaubt es, mit der Materie nur den Begriff des: 

seinen und Boͤſen verbinden zu müffen, fo würde. ih 
die Idee des Erldferd völlig verloren gehen muͤſſen 
der Erlbſer mit der Materie in irgend eine unmitrelbs 
sährung kommen würde. Ueber die Verſchiedenh 
chriſtlichen Anficht in der Auffaffung der beiden G— 
griffe, um welche ed ſich bier handelt, und ihres 
feitigen. VBerhältniffes gibt Evodius De fide c. 24. d 
tige Andeutung: Jncoinquinabilis substantia noı 
‚aon coinguinatur, guia nihil allingit, sed gnia p 
net in sua mundilia, qualecungue sit, quid ali 
Sieut corpus invulnerabile aut impenelrabile nu. 
illud dieimus, quod non percutitur ferro, sed ! 
quod etiam, cum percutitur, non penetratur? ' 


. magis probatur filius Dei non posse de sanguir 


he 


— 10 — 


tönen im eeligidfen Bewußtſeyn barftellte, auch äußerlich 
vor die Anfchauung treten follte. Uebrigens fommen bier 
allerdings auch noch die aͤußern Momente in Betracht, die 
die Gnoftifer und Manichaͤer um fd mehr beſtimmen muß- 


- gen, die Idee bes in Chriſtus erfchienenen Erldfers, fey es 
. andy nur in diefer Form, feftzuhalten,, ihr Beſtreben, ſich 


at bie chriftliche Kirche aud) äußerlich anzufchließen,, und 
ver Zufammenhang mit den orientalifhen Religionsfofte: 
men, von welchen fie ausgingen, und in welchen fie eine 
ähnlicye Idee bereits vorfanden. 
So groß der Gegenfaz ift, welchen der Manichdismire 
durch feinen Nationalismus und Dofetismus gegen das auf 
einer feften, hiftorifd) gegebenen Baſis ruhende Chriften- 


: tham bildet, fo fehr der erhobene Widerſpruch noch in's 


Bage und Ercentrifche geht, fo fehen wir hier Doch zugleich 
den Anfangspunct der achtung&mwerthen gegen das. Chriften- 
thum der Fatholifchen Kirche proteftirenden Oppofition, die 


ſich in den fpätern Manichdern und Katharern, und in ans 


dern mit den alten Manichdern in naͤherem oder entfern- 
terem Zufammenhand ftehenden Secten durch das Mittel: 
alter Hindurchzieht. Der Widerfpruch galt immer einer An- 
fiht, die das Aeußere über das Innere, den Buchflaben 
über den Geift, erheben, und Formen fanctioniren wollte, 
in welchen das Achte, lebendige Chriftenthum untergehen zu 
mußen fchien, todte, materielle, einen blinden Auctoritaͤts⸗ 
glauben begründende Formen, bie das Chriftenthum in Eine 
Klaſſe mit dem Judenthum und Heidenthum zurüfzumerfen 
brobten. Mas fchon Fauftus Auguſtin entgegenhält: sacri- 
fieia (paganerum) verlistis ın agapes, idola in marty- 
res, quos votis similibus colitis, defunctorum umbras vı- 
nB Blatalis et dapibus, solennes gentium dies cum ipsis 
celebratis, ut calendas et solstitia (XX, 4.)., wurde bald 
zu dem ftehenden Thema erweitert, das allen von den haͤre⸗ 
tifchen. Secten gegen die e katholiſche Kirche erhobenen Vor⸗ 





— 403 — 


wuͤrfen zu Grunde lag. Wie aber das Chriſtenthum der 
katholiſchen Kirche ſich immer mehr verkoͤrperte, und in tod⸗ 
ten, materiellen Formen erſtarrte, ſo wurde dagegen die Op⸗ 
poſition der Haͤretiker mehr und mehr beſonnener und nuͤch⸗ 
terner: ſie lenkte allmaͤlig von jener ausſchweifenden Excen⸗ 
tricitaͤt, die das Hiſtoriſche in bloßen Schein zu verkehren 
wagte, auf jenen Punct zuruͤk, von welchem aus allein das 
innere religidſe Gefuͤhl gegen das Uebergewicht aͤußerer Au⸗ 
etorttäten und Formen, der Geiſt gegen den Buchſtaben, feine 
echte mit Erfolg geltend machen konnte, und an die Stelle 
jener den. Buchftaben und Inhalt der Schrift vodllig unters 
grabenden Willführtrat zulezt, obgleich die Tendenz im Allge⸗ 
meinen biefelbe blieb, bas Feſthalten ver Schrift im Gegenſaz 
gegen daß läftige Zoch menfchlicher Traditionen. Blifen wir 
von demfelben Puncte aus, von welchen ans ſich uns in 
vorwärtd gehender Richtung der fo eben berährte Zuſam⸗ 
menhang zeigt, auch ruͤkwaͤrts, fo ift mohl kaum zu laͤug⸗ 
nen, daß der bei ven Manichaͤern characteriftifche Wider⸗ 
wille gegen aͤußere Formen, wenigftens gegen alles, was 
mit dem Soolencultus des Heidenthums Aehnlichkeit hatte, 
mit dem an den alten. Perfern gerühmten Yuritanismus in 
natürlicher Verwandfchaft ftund, und wenn wir auf der eis 
nen Seite das Fatholifche Ehriftenthbun des Mittelalters 
immer mehr in die Sinnlichkeit des Heidenthums verfinfen, 
auf der andern den Manichätsmus Auf eine reinere, vom 
Außern, abgbrtifchen Formen unabhängigere Religiofi tät. hie. 
wirken fehen, fo fehen wirft der That bier in ber Hr: 
chen Kirche Verbältniffe ſich wiederholen, wie ſchon im der 
alten Melt. ftattfanden. Die Zorvaftrifche Religion, die, N 
sem Geift und Charakter nad) ber alten Religion der Hebrae : 
verwandt, auf das fpätere Judenthum fo bedeutend eine 
wirfte, und ſchon auf diefem Wege auch auf das Chriſten⸗ 
thum ihren Einfluß erftrefte, zeigt fich uns auch im Dias 
nichaͤismus und in den verfchievenen Beziehungen, in wels 
26.. 









_ 10 — 


chnen im religidſen Bewußtſeyn darftellte, auch äußerlich 
vor die Anſchauung treten ſollte. Uebrigens kommen hier 
allerdings auch noch die aͤußern Momente in Betracht, die 
die Gnoſtiker und Manichaͤer um fd mehr beſtimmen muß⸗ 


- gen, die Idee des in Chriſtus erfchienenen Erldfers, fey es 
auch nur in diefer Form, feſtzuhalten, ihr Beſtreben, fich 


an bie chriftliche Kirche aud) äußerlich anzufchließen,, und 
ver Zufammenhang mit den orientalifchen Religionsſyſte⸗ 
men, von welchen fie ausgingen, und in welchen fie eine 
ähnlicye Idee bereitö vorfanden. 
So groß der Gegenfaz ift, welchen der Manichaismus 
durch feinen Rativnalismus und Doketismus gegen das auf 
einer feften, biftorifdy gegebenen Baſis ruhende Chriften- 


thum bildet, fo fehr der erhobene MWiderfpruch noch in's 


Bage und Ercentrifche geht, fo fehen wir hier Doch zugleich 
den Anfangöpunct der achtung&mwerthen gegen das Chriſten⸗ 
thum der Fatholifchen Kirche proteftirenden Oppofition, Die 


ſich in den fpätern Manichdern und Katharern, und in ans 


dern mit den alten Manichäern in naͤherem oder entfern- 
terem Zufammenhand ftehenden Serten durch das Mittel: 
alter hHindurchzieht. Der MWiderfpruch galt immer einer An⸗ 
fiht, die das Aeußere über das innere, den Buchftaben 
über den Geift, erheben, und Formen fanctioniren wollte, 
in welchen das Achte, lebendige Chriftenthum untergehen zu 
mäßen ſchien, todte, materielle, einen blinden Auctoritätö- 
glauben begründende Formen, die das Chriftenthum in Eine 
Klaffe mit dem Judenthum und Heidenthum zuruͤkzuwerfen 
drohten. Was fchon Fauftus Auguftin entgegenhält: sacri- 
ficiu (paganerum) verlistis in agapes, idola in marty- 
res, quos votis similibus colitis, defunctorum umbras vi- 
%B platatis et dapibus, solennes gentium dies cum ipsis 
celebratis, ut calendas et solstitia (XX, 4.)., wurde bald 
zu dem ftehenden Thema erweitert, das allen von den häre- 
tifchen. Secten gegen die e latholiſche Kirche erhobenen Vor⸗ 


— 403 — 


würfen zu Grunde lag. Wie aber das Ehriftenthum der 

katholiſchen Kirche fich immer mehr verkörperte, und in tod⸗ 
ten, materiellen Formen erftarrte, fo wurde dagegen die. Ops 
pofition der Häretifer mehr und mehr befonnener und nuͤch⸗ 
terner: fie lenfte allmdlig von jener ausfchweifenden Excen⸗ 
tricität, die das ‚Hiftorifche in bloßen Schein zu verkehren 
wagte, auf jenen Punct zuräf, von welchem aus allein das 
innere religidfe Gefühl gegen das Uebergewicht äußerer Au⸗ 
etorttäten und Formen, der Geift gegen den Buchftaben, feine 
echte mit Erfolg geltend machen konnte, und an die Stelle 
jener den. Buchftaben und Inhalt der Schrift völlig unters 
grabenden Willtührtrat zulezt, obgleich Die Tendenz im Allge⸗ 
meinen biefelbe blieb, das Zeithalten ber Schrift im Gegenſaz 
gegen dad läftige Zoch menſchlicher Traditionen. Blifen wir 
von demfelben Puncte ans, von welchem ans fi) uns in 
vorwärts gehender Richtung der fo eben berührte Zuſam⸗ 
menhang zeigt, auch rüfwärts, fo ift mohl kaum zu laͤug⸗ 
nen, daß der bei den Manichdern characteriftifche Wider⸗ 
wille gegen aͤußere Formen, wenigftensd gegen alles, was 
mit dem Idolencultus des Heidenthums Aehnlichkeit hatte, 
mit dem an den alten. Perfern gerühmten Puritanismus In 
natürlicher Verwandfchaft ftund, und wenn wir auf der eis 
nen Seite das katholiſche Ehriftentbun des Mittelalters 
immer mehr in die Sinnlichkeit des Heldenthums verfinfen, 
auf der andern den Manichaͤismus Auf eine reinere, vom 
äußern, abgoͤttiſchen Formen unabhängigere Religioficät bie. 
wirken fehen, fo fehen wirft der That hier in der chrifike: 
chen Kirche DVerhältniffe ſich wiederholen, wie fchon in ber 
alten Welt ſtattfanden. Die Zorvaftrifche Religion , die, ie. 
zen Geift und Charakter nach ber alten Religion der Hebrke | 
verwandt, auf dad fpätere Judenthum fo bedeutend eine 
wirfte, und ſchon auf diefem Wege aud) auf bad Chriftene 
thum ihren Einfluß erftrefte, zeigt fich uns auch im Ma⸗ 
nichäismus und in den verfchievenen Beziehungen, in wels 

26.. 





yey av Xauorov, nollis Zorev auaihiag, 6a dei 
dicxv xal yvacıy Tav Ovroy z0U Aöyov Ovrog Una 
Dem heidniſchen Philoſophen fchien- fi) denmach, m 
ih den Sinn diefer Worte richtig verftehe, Der: gottlih 
Logos, "das Princip der Ertenntuiß,. nicht einmal im Bi 
vermenfchlichen zu. biirfen. ne 

So löste ſich im Manichdismus, der ſich uns 
bier, wie wir ihn überhaupt nehmen muͤſſen, als Die Stei 
rung und Vollendung des Gnoſticismus darſtellt, das gar 
Leben Jeſu in eine Reihe täufchender Scheinformen ai 
Se mehr eine fo phantaftifche Vorftellung, Die wir wen 
ftens in der Geſtalt, in welcher fie auf und gekommen ij 
nicht einmal auf einen beftimmten Begriff bringen fhnm, 
unferer Denkweiſe widerftrebt, deſto mehr bringt ſich m 
dabei noch die Frage auf, welches religidfe. Intereſſe fie fü 
die Snoftifer und Manichaͤer haben konnte? Waͤre es nit 
wofern ſie ſich veranlaßt ſahen, ſich uͤber das Verdi 1 
ihrer Lehre zur chriftlichen in einer- beſtimmten Anſicht an 
zufprechen, weit natürlicher gewefen, entweder mit da 
Neuplatonikern, mit Porphyr und Andern, Jeſum für ein 
menfchlichen, nur von feinen Verehrern zum Gott erhobene 
Weiſen zu erklären, oder wenn ihnen diefe Worftellug 
nicht genügte, einen in der Wirklichkeit erfhienenen, in m 
menſchlichen Natur verförperten göttlihen Aeon in ih 
anzuerkennen? Diefer leztern Annahme ftellt fich zwar 
gleich die beſtimmte Behauptung Mani's entgegen: m 
27 0Vv0ie TOV Ywrog Erigg oV uiyvuraı vVAn (j. daß ok 
©. 391. angeführte Fragment aus dem Briefe an im 
Odas). Allein eine Vereinigung und Vermifchung ie 
beiden einander entgegengefezten Principien oder Natur 
nahm ja doch das Manichäifche Syſtem an, es beruht 
darauf die ganze Lehre von der Weltſchoͤpfung und ta 
Natur des Menfchen. Wären beide Naturen an ſich m 
| vereinbar, ihr Gegenfaz feiner Vermittlung faͤhig, ſo wuͤrde 

















— 899 — 
daraus die nothwendige Folgerung hervorgehen; saß: auch bie 
‚in ben Begriffe der Weltſchoͤpfung angenommene Vereini⸗ 
gung und Vermiſchung Feine wirkliche, fondern eine: blos 
fcheinbare:ift, daß auf dieſelbe Weiſe, wie ſich das Leben 
Jeſu in bloßen Schein auflöst, fo die ganze gefchaffene Welt 
nur ein- Gewebe der Main, ein Gebilde täufchender- ima⸗ 
ginärer Formen, oder, um den obigen Ausdruk Auguftin’s 
zu gebrauchen, ein ‚Agmentum diaboli ift.. : Gemiß . hat 
das gnoſtiſch⸗manichaͤiſche Syſtem eine Seite, die dieſer 
Weltanſicht nicht zu ferne ligt, wenn wir bei ber: Betrach⸗ 
. tung der innern ‚Conftruction . diefes Syſtems und.. feiner 
verfchiedenen Modificationen darauf achten, wie ber abſo⸗ 
Iute Gegenfaz, von ‚welchem es ausgeht, ihm unter ‚der 
Hand wieder verſchwindet, und. die. ald das Reale. gefezte 
Materie zußezt, der abfoluten Intelligenz und Kichtfubftang 
der Gottheit gegenüber, mur zu dem un. 0v, bem paıwvous- 
vor, bein Negativen des Pofitiven, herabfinkt, oder nur zu 
dem unbegreiflihen Etwas, das in die abfolute Einheit des 
goͤttlichen Weſens als differenzirendes Princip fid) eindringt, 
und die Einheit in die Vielheit der Formen theilt, die.die 
Sphäre des endlichen Bewußtſeyns ausfüllen. Allein diefe 
MWeltanficht blift doc im Gnoſticismus und Manichdiss 
mus immer nur ald flüchtige, Teichthinfchwebende dee, wie 
aus dem Hintergrunde, hervor, und wir find nicht- berech= 
tigt, fo wie die Syfteme vor uns liegen, fie‘ geradezu: in 
diefem Einne zu deuten und aufzufaffen. Was daher Ehris 
ftus im Gnofticismus und Manichaͤismus zu einer bloßen. 
Echeingeftalt macht, und überhaupt dem Doketismus zu 
Grunde ligt, ift nicht die abfolute Unvereinbarfeit der beis 
den Principien oder Naturen, fondern nur ihre relative 
Unvereinbarkeit in Beziehung auf die Idee, Die in der Pers 
fon Chrifti zur Anſchauung fommen fol. Da nemlid) die 
beiden Principien, Geiſt und Marerie, Licht und Zinfter: 
niß, Gutes und Boͤſes, nicht vereinigt werben koͤnnen, ohne 


— 394 — N 


dine, omnes kumanae conditionis simalavit affectus. Nu 
zum Schein hatte er einen Körper, zum Schein geichah 
alles, was er thar und litt, fein Korper war nicht vers 
wundbar und fterblid). Contra Faust. XIV, 1. fg. XVL 
11. Bol. die obigen Fragmente aus Manes Briefen, und Tis 
tus von Boſtra IU, 19, Auch der Zod Jeſu und das mit 
demfelben verbundene Leiden Jeſu war nichts als Schein. 
Nos specie tenus passum confilemur, nec vere morlunm, 
fagt Fauſtus XXIX, 1., was Auguftin o. 2. weiter fo er: 
flärt: Sed illud est, quod magiae simile dicimini: assere- 
re, quod passionem morlemgne ejus specie. tenus fa- 
ctam et fallaciter dicilis adumbralam, ut mori videre- 
tur, qui non moriebatur. Chriſtus war nur semnlator 
carnis el mortis et vulnerum et cicalricum XVI, 11. 
Alles, wasfid) auf fein Leiden und feinen Tod bezog, ge: 
fhah nur mir täufchendem Schein XIV, 11. Denn, wie 
Manes felbft in dem zweiten Fragment des Briefs an . 
Zebenas (Fabr. B. G. Vol. VII. p. 316.) fagt, die einfache 
Natur flirbenicht, und ein Echatten des Fleifches wird 
nicht gefreuzigt. Er hatte daher ſtets diefelbe Natur und 
Mirkfamkeit des Lichts, die durd) das Schattenbild des 
Fleiſches, das feine Natur nicht überwältigen Fonnte, 
nichts litt. Auch diefes Scheinleiden war eine Veran⸗ 
ftaltung des Fürften der Finfterniß, wie wenigftens 
Secundinus in der Epist. ad August. es darftellt: Jllud 
vero, guam audacter molitus sit (pessimus), non igno- 
ras, ut Domino, oplimum semen seminanli, ılle zizania 
miscuerit, el tanto pastori Scariotem rapuerit, et ut ad 
ullimum crucis supplicium venirelur, in perniciem ip- 
sius scribas pharisaeosque accenderit, ut Barrabam di- 
mitiere clamarent, et Jesum cruc fiıgerent. Evasimus 
igülur , fezt Secundinus hinzu, quiu spirilalem seculi su- 
mus salvatorem: nam illius tanlum eruperit audacia, 
ut, sinoster Dominus carnalis foret, omnis nostra fuisset 





Des amputata, Nach einem: bei Evodius De fide c. 38. 
zus Mani's Epist. fund. erhaltenen Fragmente aber hatte 
3er Fürft der Sinfterniß das Leiden Jeſu nur zu feinem eis 
zenen Verderben veranſtaltet. Denn obgleich Jeſus zu lei⸗ 
en ſchien, fo war ed doch der Fuͤrſt der Finſterniß, der 
mit feinen Genoffen alles litt. /nimicus guippe, fagt Mas 
nes, qui eundem salvatorem, justorum patrem, crucif- 
xisse se speravil, ipse est crucifixus, quo tempore alind 
aclum est, alque aliud ostensum. Princeps ilaque te- 
zıebrarum affızas est cruci, idemgue spineam coronam 
porlavit cum suis sociis, et vestem coccineam habuit, 
acelıum eliam et fel bibit, quod quidam Dominum po- 
Zasse arbitrati sunt, algue omnia, quae hic suslinere 
visus est, tenebrarum ducibus irrogata sunt, gui clavis 
etiam et lancea vulnerati sunt, Dhne Zweifel haben wir 
hier nur eine poetifche Schilderung der vernichtenden Fol: 
gen, die das Leiden Jeſu, indem es die Erlöfung der Licht⸗ 
feele aus der Gewalt der Finfterniß bewirkte, fiir den Für: 
flen des Reichs der Finfterniß-herbeiführte. Obgleich nem⸗ 
lich dad Leiden Ehrifti nur ein Echeinleiden war, fo hatte 
es doch einen reellen Zwek, fofern es durch die Anſchau⸗ 
ung, die es gab, dazu diente, das Leiden, weldyem -die - 
Lichtfeele in der materiellen Welt unterworfen ift, und bie 
Erlöfung ‚ welcher fie entgegenftreben fol, im Menfchen zum 
Bewußtſeyn zu bringen. Hoc ergo sentimus, gibt der 
Manichäer Fortunatus in der Disp. I mit Auguftin als 
Manichäijche Unficht vom Todesleiden Jeſu an, de nobis, 
quod et de Christo, qni cum: in forma Dei esset consti- - 
tulus, factus est subditus usgue ad mortem, ut simili- 
tudinem animarum nostrarum ostenderet. Et quemad-. 
modum in se mortis similitudinem ostendit, et se a pa- 
ire esse de medio morluorum resuscitatum, eo modo 
sentimus et de animabus nostris futurum, quod per ip- 
sum poterimus ab hac. morte liberari, quae aut aliena 


\ 


: die Auferftehung der Seele zum Leben. Der Zwek, diefe fi 


lax et simulatq praedicanda, et non etiam nativitas. 









\ 36 


est a Deo, aut si propria Dei, et.misericordia ejus 


‚gi 
sat, et liberatoris nomen et opera liberantis. Das Hi 
die myſtiſche Kreuzigung Chriſti (eracis Christi myıi $ 
‚Fıxio), von weldyer Fauftus fpriht XXXII, T., abs von eine, ), 


Eymbol; durch weldyes die Leiden und Wunden unf 
Seele dargeftellt werden. So lange die Seelen in bie 
materiellen , leiblidyen Leben ſich befinden , find fie in ei 
Zuftande leidensooller Erniedrigung, der die ihrer Lichtu 
tur ſich bewußte Seele tief verwundet, und fie gleichlen 
dem Tode preiszugeben fcheint, fie find in dein Leibe, M 
fie an die Materie bindet, wiegefreuzigt. Wie nun da 
Todesleiden und der Kreuzeötod den leidenden Zuftand de 
Seele darftellt, fo bringr die auf den Tod folgende Aufers 
ftehung Chrifti jenen Zuftand der Seele zur Anfchauung, af 
welchem fie fich im Tode des Leibes erhebt, wenn fie vonf- 
alleın fic) losreißt, was fie bisher in der materiellen Welt, 
dem Reiche der Finfterniß, feftgehalten hat. Der Zod de 
Leibes ift, wie die Trennung der Seele vom Leibe „ To aud 


bedeutungsvolle Idee zum lebendigen Bewußtſeyn des Diens 
fen zu bringen, und ihm in einem anfchaulichen Bilde vor 
das Gemüth zu flellen, war dem Manichaͤer wichtig genug, 
um dem Tode Sefu, auch ald einem bleßen Scheintode, einen 
Merth beizulegen,, welchen fie einer Scheingeburr nicht beis 
legen zu Fonnen glaubten. Vgl. Aug. Contra Faust. XXX, 
41.: Hinc est, quod — mors Christi visa sit vel fal 


Mortem quinpe languam separalionem animae, id est, 
rulurae Dei vestri a corpare inimicorum ejus, hoc ed, 
a figmento diaboli, praedicatis alque laudatis, ac per 
hoc rem dignam fuisse credidistis, quam Christus, etsi 
non moeriens,. lamen mortem simulans, commendarel, 
In nativitate autem, quia non solvi, sed ligari potins 
Deum vesirum credıtis, hanc nec saltem fallaciter ima: 


— 397 — 


1 


um Christam credere voluistis. In biefem Sinne 
e der Tod umd die Auferitehung Chrifli als ein vie 
'tidee ded ganzen Manichdifchen Syſtems fehr aus: 
vol bezeichnendes Symbol betrachtet werden, und Mas 
Ibft fcheint Diefe ſymboliſche Bedeutung hervorgehoben zu 
', wie Alexander von Lycopolis c. 24. meldet: Eis 
ıyua — rw Heiav Övvanıy everremguadas mn, 
vrov( Xgıorov) Unonsuevnrivan To 'nadnue Tovco 
oıw, Wareg advvarov Övrog &xeivov TOVTo oliv 
nadelv) , önsp avrög Ö Mavıyaios dungerrerai 
gl rovrov didaoxwv, orı n ein divapıs &ig 
Anv xatüxexintar, zei nalıv anoywgei® ToonoV 
avankarrovon. An fich zwar ift ed unmöglich, daß 
u8 leidet‘, aber fein Leiden ift ein Bild des an dem 
esſtamme der Materie gleichfam angehefteteh Geiftes, 
Yuferftehung ein Bild des von den Banden der Materie 
en Geiftes. Die Manichäer fcheinen fich diefes Sym⸗ 
um die Uebereinftimmung ihrer Lehre von Chriftus 
r hriftlichen darzuthun, gerne bedient zu haben, da 
erander auch fchon ec. 4. in feiner Darftellung ver 
häifchen Lehrbegriffs hervorhebt: Kgusröv eivaı 
0v dN xal dyıXousvov NOTE aNO TOV- Avw TOnoV 
09 TE rijß Övvauewg Tavıng no0g ToV Feov As- 
ıı, x ÖN xai To TeAevraov. avaoraevowdrre 
1goFaı yvwow Towde Tony xel ıyv Öwauıy 
hsiev Zvnguooder, Eveoravgwodeı ıy van. Die 
r Idee Chrifti gegebene höhere Erkeuntniß reflectirt 
ncentrirt fid) in dem Bilde feines Kreuzes. Fanden 
anichaͤer ein wirkliches Leiden und Sterben der Idee 

unwuͤrdig, fo wollte dagegen Alexander auch fchon 
(he fombolifche Behandlung der Idee Chrifti, als des 
unangemeffen finden. To d2 ag nouyuarog Eni- 

bemerkt er c. 24. zur Beurtheilung ber. Manichaͤi⸗ 
ehre vom Kreuzestode Chriſti, To nad'nuarı vna- 


F 
daß die Natar des ac Vice Dub amp 
und verbunfelt wird , fo wuͤrde .eine Iyale Wereisigung. be. . 
beiden Principien, mie fie in dem —— — 
einem materiellen Leibe erſchienenen, im Fleiſthe gebarnen 
Chriſtus gedacht werden muß, bie ih Chriſtus geſezte Ider 
wieder aufheben. Chriſtns wäre nicht pas uͤber alle meits 
rielle Beflekung erhabene Ideal, wenn er die unreine menfch 
liche Natur mit benen teilte, deren Eribfer ſeyn ſoll. Wie 
denmach in dem Firchlichen Syſtem die zum Begriff des Ers 
Idferd norhwendig gehbrende Reinheit feines Weſens durch 
feine unfuͤndliche Geburt bedingt ift, fo iſt ſie in dem gno- 
ſtiſch⸗ manichdifchen Syſtem dadurch bedingt, daß ber. Er: 
Idfer. gar: nicht ald Menſch geboren ift.- Der. Doketismus 
geht ganz aus dem eigenthämlichen Verhaͤltniß hervor, in 
welches diefes Syſtem die beiden Begriffe, Geiſt and Mate⸗ 
tie, zu einander fezt, und ihrem Weſen nach beftinnmt. Kann 
es die Natur des Geiftes nicht ohne die Eigenfchaft ſich den⸗ 
ken, durch: die Materie befleft und verynreinigt zu erben, 

glaubt ed, mit der Materie nur den Begriff des an fich Uns 
seinen. und Bfen verbinden zu müffen, fo würde ihm auch 
die Idee des Erldſers völlig verloren gehen muͤſſen, wenn 
ber Erldfer mit der Materie in irgend eine unmittelbare Bes 
sührung kommen würde. Ueber die Verfchiedenheit ver 
chriſtlichen Anficht in der Auffaffung der beiden Grundbe⸗ 
‚griffe, um welche ed ſich bier handelt, und ihres gegen; 
feitigen Berhältniffes gibt Evodius De fide c. 24. die richs 
tige Andeutung: Incoinguinabilis subslantia non ideo 
‚aon coinguinalur, quia nihil altingit, sed guia Pperma- 
net in sua munditia, qualecungue sit, quid attigerit. 
Sieuf corpus invulnerabile aut impenetrabile aumquid 
lud dicimus, quod non perculitur ferro, sed potius, 
quod eliam, cum percutitur, non penetratur? Et ideo 
. Magis probatür filius Dei non posse de sanguine JSemi- 
nae - 





nae coinquinari; qula per feminam natus est, quam si 
non per feminam nasceretur, et membra illa devitasset, 
viderelur enim judicasse, posse se inde pollui, et minus 
a nobis incoinquinabilis diceretur. Daß nun aber das gno⸗ 
ſtiſch⸗ manichaͤiſche Syftem, ob 28 gleich feinem Erldſer Feine 
andere Realität geben kann, und ihn wenigftens in der 
Einnenwelt nur in einer Scheingeftalt erfcheinen laflen muß, 


es doc) nicht vorzieht, auf die andere Eeite zu treten, und 


in Jeſus einen bloßen Menfchen zu fehen, darin Fonnen wir 
gewiß nur ein höheres religidfes Intereſſe erkennen. Es 
fol wenigftend auch fo die Idee eines .Erlöfers feftgehalten 
werden, ber, ob er gleich nicht in die eigentliche Sphäre der 
menſchlichen Natur und des Menfchenlebens eintreten kann, 
doch der Menfchheit ald ihr höchftes Ideal ebenfo angehört, _ 
wie er die Gottheit als ihr reinftes Bild veprafentirt, und 
da num in diefem Syſtem der Geift und das Ideale das 
wahrhaft Seyende, die Materie aber, fofern fie, als das 
Boͤſe, der Gottheit und dem Erldfer gegenüberfteht, eigent: 
li) das Nichtfeyende ift, fo tft dierScheingeftalt, in wels 
cher es den Erlöfer erfcheinen läßt, der Nefler der Idee des 
Erlöfers,, fofern fi) dDiefe in ihrer objectiven Wahrheit als 
das Gemeinfame des Bewußtſeyns darftellt. Damit der 
Idee die objective Realität nicht völlig zu fehlen ſcheint, 
muß. fie ſich aͤußerlich objeetiviren, Damit aber der Erlöfer 
felbft. mit der Materie in Feine Berührung kommt, Tann 

fid) die Idee wenigftend in. Feiner materiellen Erſcheinung 

objectiren: diefes Mittlere nun, das von der objectinen, mas, 
teriellen Realität der aͤußern Erſcheinungswelt ebenfo ent: 
fernt ift, ald von der fubjectiven Nealität der blos in die 
innere Sphäre ded Bewußtſeyns eingefchloffenen dee, ift 
dad Bild, der bildliche Reflex , welchen die Idee, als einen 
Abglanz ihres innern Weſens in die Außenwelt herausfal- 
len läßt, jene Scheingeftalt, in welcher den dofetifchen Gno⸗ 
flifern und Manichäern die Idee des Erldfers, wie fie fich 

Baur's Mani. RI, Syſtem. 26 


Se 


u — 


ihnen im religibfen Bewußtſeyn barftellte, andy. äußerlich 
vor die Anfchaunng treten follte. Uebrigens kommen hier 
allerdings auch noch die äußern Momente in Betracht, die 
die Gnoftifer und Manichaͤer um fd mehr.beftimmen muß- 


- ten, die dee des in Chriſtus erfchienenen Erloͤſers, fey ed 
. andy nur in diefer Form, feitzuhalten , ihr Beſtreben, fich 


an die chriftliche Kirche aud) äußerlich anzufchließen, und 
ver Zuſammenhang mit den orientalifhen Religionsſyſte⸗ 
men, von welchen fie ausgingen, und in welchen fie eine 
ähnliche Idee bereits vorfanden. 

So groß der Gegenfaz ift, welchen der Manichaͤismus 
burch feinen Rationalismus und Doketismus gegen das auf 
einer feften, biftorifch gegebenen Bafis ruhende Chriften- 


: tham bildet, fo fehr der erhobene Widerfpruch noch in's 


Bage und Ercentrifche geht, fo fehen wir hier doch zugleich 
den Anfangspunct der achtungswerthen gegen das. Chriften- 
thum der Fatholifchen Kirche proteftirenden Oppofition, die 


ſich in den ſpaͤtern Manichdern und Katharern, und in an: 


bern mit den alten Manichdern in näberem oder entferne 
terem Zufammenhand ftehenden Secten durch das Mittel: 
alter Hindurcdhzieht. Der Widerfpruch galt immer einer An⸗ 
fit, die das Aeußere über das innere, den Buchftaben 
über den Geift, erheben, und Formen fanctioniren wollte, 
in welchen das Achte, lebendige Ehriftenthum untergehen zu 
müßen fchien, todte, materielle, einen blinden Auctoritaͤts⸗ 
glauben begründende Formen, die das Chriftenthum in Eine 
Klaffe mit dem Judenthum und Heidenthum zurüfzumerfen 
drohten. Was fchon Fauftus Auguſtin entgegenhaͤlt: sacri- 
Ficia (paganerum) vertistis in agapes, idola in marty- 
res, quos votis similibus colitis, defunctorum umbras vi- 
nD Blatalıs et dapibus, solennes gentium dies cum ipsis 
celebratis, nt calendas et solstitia (XX, 4.)., wurde bald 
zu dem ftehenden Thema erweitert, das allen von den häre= 
tifchen. Secten gegen die katholiſche Kicche erhobenen Vor⸗ 


— 403 — 


wuͤrfen zu Grunde lag. Wie aber das Chriſtenthum der 
katholiſchen Kirche ſich immer mehr verkoͤrperte, und in tod⸗ 
ten, materiellen Formen erſtarrte, ſo wurde dagegen die Op⸗ 
poſition der Haͤretiker mehr und mehr beſonnener und nuͤch⸗ 
terner: ſie lenkte allmaͤlig von jener ausſchweifenden Excen⸗ 
tricitaͤt, die das Hiſtoriſche in bloßen Schein zu verkehren 
wagte, auf jenen Punct zuruͤk, von welchem aus allein das 
innere religidfe Gefühl gegen das Uebergewicht aͤußerer Aus 
etorttäten und Formen, der Geiſt gegen den Buchftaben, feine 
Rechte mit Erfolg geltend machen konnte, und an die Stelle 
jener den Buchſtaben und Inhalt der Schrift voͤllig unters 
grabenden Willführtrat zulezt, obgleich Die Tendenz im Allge⸗ 
meinen biefelbe blieb, das Feſthalten der Schrift im Gegenfaz 
gegen dad läftige Joch menſchlicher Traditionen. Blifen wir 
von demfelben Puncte aus, von welchem ans ſich uns ia 
vorwärtd gehender Richtung der fo eben berührte Zuſam⸗ 
menhang zeigt, auch ruͤkwaͤrts, fo ift wohl kaum zu laͤug⸗ 
nen, daß der bei den Manichdern characteriftifche Wider⸗ 
wille gegen aͤußere Formen, wenigftens gegen alles, was 
mit dem Idolencultus des Heidenthums Aehnlichkeit hatte, 
mit dem an den alten. Perfern gerähmten Yuritanismus in 
natürlicher Verwandfchaft ftund, und wenn wir auf der eis 
nen Seite das katholiſche Ehriftentbum des Mittelalters 
immer mehr in die Sinnlichkeit des Heidenthums verfinfen, 
auf der andern den Manichätsmus auf eine veinere, von 
äußern, abgörtifchen Formen unabhängigere Religiofität bie: 
wirken fehen, fo fehen wirt der That hier in ber Grüße: 
chen Kirche Verhaͤltniſſe ſich wiederholen, wie ſchon in der 
alten Welt ſtattfanden. Die Zoroaftrifche Religion, die, Ua 
sen Geift und Charakter nach der alten Religion der Hebrace 
verwandt, auf das ſpaͤtere Judenthum fo bedeutend eitze 
wirkte, und ſchon auf dieſem Wege auch auf das Chriftene 
thum ihren Einfluß erſtrekte, zeigt ſich uns auch im Ma⸗ 
nichaismus und in den verſchiedenen Beziehungen, in wel⸗ 
26.. 





2 404 _ 


chen er zum Chriftenthum fund, in ber hohen Bedentung, 
die fie im Gebiete ver alten Religionsgefchichte behauptet :-- fie 
esfcheint und auf dem Standpuncte welthiftorifcher Betrach⸗ 
tung als eines jener wichtigen Glieder, die, die vorchriſtliche 
Welt mit der chriſtlichen vermittelnd, in den Zuſammen⸗ 
hang des Ganzen ſo tief eingreifen, und in dem vielfach 
verſchlungenen Gewebe wie Lichtfaͤden durch die Reihe der 
Jahrhunderte ſich hindurchziehen. 

Die Unterſuchung des Verhaͤltniſſes des Manichaͤtsmus 
zum Heidenthum, Judenthum und Chriſtenthum hat ge⸗ 
zeigt, daß derſelbe mit jeder dieſer drei Religionsformen 
in gewiſſem Sinne verwandt iſt, aber auch wieder von jeder 
mehr oder minder abweicht. Mm geringften iſt die Beruͤh⸗ 
rung mit dem Judenthum, doch erfennt der Manichaͤismus 
auch in diefem ein aus uralter Offenbarung erhaltenes rei= 
nered Element. Der fcharfe Gegenfaz, in welchen fidy:der 
Manichäismus felbft zum Heidenthum fezte, Eonnte fi) nur 
auf die finnlichere Eeite deffelben beziehen, auf den ges 
wöhnlichen Polytheismus und Soolencultus, im. Ganzen 
aber trägt der Manichäigmus den Geift und Character der 
alten Naturreligion entfchieden an’ fih. . Mit dem Chri⸗ 
ſtenthum wallte er ebenfo nahe befreundet ſeyn, ald er dent 
Heidenthum ferne zu ftehen behauptete, was aber als aͤch⸗ 
ter: Inhalt des Ehriftenthums gelten follte, war nur die dem 
Manichaͤismus eigene, in die Sprache des. Chriſtenthums 
gekleidete Form ‚der alten Naturreligion. An die biöherige: 
Usiterfuchung ſchließt fi) nun ſehr natürlid) noch die Frage 
an; worin wir,’ wenn wir den" Manichäismud , wie er uns 
ftreitig ‚verdient, als eine neue und originelle Erſcheinung 
auf- dem Gebiete der alten Neligionsgefchichte betrachten, 
das‘ Eigenthuͤmliche deffelben zu fuchen haben, und aus wel: 
chen urſpruͤnglichen Elementen, wenn wir ihn genetifch ers 
flären wollen, er hervorgegangen ift? Es begegnet ung bier 
die gewühnliche auch von den neueſten Hiftorifern, Neander 





405 — . En | 


and Giefeler, beibehaltene Meinung, das Eigenthimliche 


bed Manichäismus beftehe in einer Combination der Zoroaſtri⸗ 
[hen Religion und der chriftlichen. Man erinnert an die 
Verhältniffe, unter welchen Mani auftrat, gerade in der Zeit, 
in welcher unter der neuen Dynaftie der Saffaniden mit dem 
alten Reiche der Perfer auch die alte Religion: Zoroaſters 


einen neuen Aufſchwung nahm, „Die neue Macht: erhals 


‚ tende, und allen bisher gedulderen Religionen fidy feindfelig 
entgegenftellende zoroaſtriſche Religion, fo ftellt Neander 
(Allgem Gef). der chriftl. Rel. und Kirche 1, 2. ©. 820.) 
die Entftchung ded Manichäismus dar, gerieth jezt auch 


‚mit dem Chriftenthum, das fich unter der Herrichaft. der 


Parther ungeftört hatte verbreiten Fünnen, in Kampf. Un⸗ 
ter folchen Umftänden Ffonnte in einem Manne- von leben 
digem Fiihnerem Geifle, wie Mani , leicht der Gedanke fich 
bilden, die Einheit zwifchen dem nach. feiner Meinung von 
- allem Fremdartigen gereinigten Chriſtenthum und der reis 
nen Lehre Zoroafterd darzuthun, dadurdy den eigentlichen 
Inhalt der chriftlichen Ideen erft Flar zu machen, und zus 
gleich die Verbreitung des Chriftenthums im perfifchen 
Reiche zu befördern, er wollte als von Gott berufener und 
erleuchteter Reformator des Chriſtenthums und des Parfids 
mus zugleich angefehen ſeyn.“ Dabet wird gewöhnlich auch 
noc) auf den Vorgang der in Eyrien aufgetretenen Guv⸗ 
ftifer, mit deren ähnlichen Verſuchen Manes befannt feyn 


fonnte, Gewicht gelegt. „Da das guoftifche Chriſtenthum, 


bemerkt in diefer Beziehung Gieſeler (Lehrb. der Kirchen⸗ 
gefh. 1. Bd. ©. 221.), fo viele Berährungspuncte mit der 
Lehre Zoroaſters darbot, fo lag ed den perfifchen Chriften, 
unter welchen der Gnoſticismus fchert länger. verbreitet war, 
nahe, das Chriftenthum nach. enger mit der Zendlehre zu 


verbinden.” Daß Manes feine Lehre in eine fehr nahe 


Verbindung mir der chriftlichen brachte, die Uebereinſtim⸗ 
mung beider abfichtlich hervorhob, und fo viel moͤglich durch⸗ 


So 


— 40 — 


| sufähren fuchte, liegt am Tage. Aber ine ganz andere 
Frage ift, ob feine Abſicht urfpränglich dahin ging, und 
ob dies fo fehr als feine eigentliche Tendenz anzufehen iſt, 
daß wir den eigenthämlichen Inhalt und Eharacter feines 
Syſtems nur unter diefer Vorausfezung genügend erklären 
fünnen. Dies ift ed, worin ich von der gewöhnlichen Meis 
"nung abgehen zu mäßen glaube. Die Darftellung des Sys 
ſtems, in welcher ich alles Fremdartige foviel möglich aus⸗ 
zufcheiden fuchte, hat, wie ich hoffe, gezeigt, daß es Fein 
wefentliches Element enthält, das feinen Urfprung nur im 
Chriſtenthum haͤtte, alles, was es Chriftliches an ſich trägt, 
erfcheint vielmehr nur ald etwas aͤußerlich Aufgetragenes, 
mit den Principien felbft in feinem innern nothwendigen Zus 
fammenbang Stehendes, als etwas durch bloße Accommoda⸗ 
tion Angeeignetes, vollkommen aus dem Beſtreben Erklaͤr⸗ 
bares, dem bereits vollendeten Syſtem nach außen eine 
groͤßere Vielſeitigkeit zu geben, und ſeine Lehren und Grund⸗ 
ſaͤze, an deren Verbreitung Manes nach der Idee ſeines 
Verufes ſehr viel gelegen war, von einer Seite darzuſtellen, 
von welcher ſie ſich auch Chriſten empfehlen konnten. Selbſt 
die Lehre von Chriſtus kann keine Einwendung gegen dieſe 
Anſicht begruͤnden: es iſt auch hier nur der Name, der 
aus dem Chriſtenthum genommen iſt. Sn allen alten Re⸗ 
ligionen findet ſich ein Gott und die Welt vermittelndes, und 
infofern Chriftus analoges höheres Weſen. In den indi⸗ 
(hen Religionen haben inöbefondere die periodifchen Er- 
fcheinungen und Verlörperungen Buddha's und Wifchnu’s 
die Beftimmung, der Welt einen NRegenten zu geben, der 
ihr eine beftimmte Periode hindurch vorfteht, und, wenn die 
Welt im Argen liegt, und die Macht des Böfen ein zu 
großes Uebergewicht gewinnen will, dafuͤr forgt, Daß die Welt 
‚nicht dem völligen Untergang preiögegeben wird, fondern dem 
Endlichen ſtets ſein Zuſammenhang mit dem Unendlicyen 
geſichert bleibt: in der perſiſchen Religion iſt Mithras der 





— 497 u 
Mittler, der in diefer untern, ganz in ben Gegenfaz bed Lichts 
und des Dunkels hineingeftellten Sphäre die Stelle des Or⸗ 
muzd vertritt, und die die Welt gefährdenden Mächte forg 
und fort befämpft, und als unbefiegliche Eonne den Lauf 
der Zeiten und die Lichtbahn nad) oben immer auf's neue 
eröffnetz in der aͤgyptiſchen und griechifchen Religion nehs 
men Dfirid und Dionyfos diefelbe Stelle ein. Und wie Mas 
ned dad die untere und die obere Welt vermittelnde, die 
Nüffehr der leidenden Lichtfeelen bewirfende und leitende 
Mittelmefen vorzugsweife in die Sonne fezte und als Ges 
nius und Lichtgeiſt der Sonne betrachtete, fo flunden je 
auch die meiften der fo eben genannten Götterwefen in, einer 
fehr nahen Beziehung zur Sonne, wie namentlich Mithras, 
Oſiris und Dionyfos. Sie find Sonnengdtter und Jahres⸗ 
führer, und als ſolche auf ähnliche Weife, wie nach Manes 
die aus den Banden des Leib erldsten, zur Ruͤkkehr reifen 
Seelen in die nähere Obhut Chrifti Eommen, zugleich Bes 
herrfcher der Unterwelr, die über die Abgefchiedenen mit 
mildem Scepter walten, und es ihnen an nichts fehlen laſ—⸗ 
fen, was zu ihrem Frieden und zur Vollendung ihres Laufs 
dient. Ein Wefen derfelben Arc ift der Manichäifche Chris 
ſtus 1°), der mit dem Ehriflus des Chriftenthums nichts 





10) Der Manichaͤiſche Chriſtus und der perfiihe Mithras ber 
rühren fih in der Beziehung zur Sonne. Strabo fagt XV, 
3. von ben Perfern: rıusoı us YAıov, 0v aalovaı  Misgme 
Dürfte angenommen werden, daß der Natalis invicti Solis 
(wie auch Mithras Häufig genannt wurde) Die DBeranlaffung 
gab, das Geburtefeft Chriſti auf den 25. Dec. zu ſezen, ſo 

“wäre bier Chriſtus auf analoge Weiſe fubftituirk worden, 
wie in Mani's Syftem die Sonne die Stelle Chriſtleverttat. 
Auch die ſibylliniſchen Orakel fegen Chriftus In die Sonne 
nah Buch III. ©. 460. in der Ausg. von Serv. Gallaͤus: 

-Kal tor? an?” Mehioıo Heos neuys Bacılma, 
"05 Rüoay yalay male noliuplo KxDio. 


— 406 — 


als den Namen gemein hat, und es ſtimmt daher auch da⸗ 
mit ganz zuſammen, was Manes ſelbſt in dem Brief an 
den Odas über den Namen Chriſtus ſagt: nᷣ 62 rov Xousrov 
noooNYogie Ovou& Eotı XarayomoTıxov ovTe eidovg, ours 
ovoies vraeyov onuavrıxov (Fabr. Bibl. gr. VU. ©. 316). 
Der Name hatte für ihn Feine befondere Bedeutung, er ges 
brauchte ihn blos als eine hergebrachte Bezeichnung , mit 
welcher er einen ganz andern Begriff verband, ald Die Chris 
ſten mit derfelben zu verbinden gewohnt waren. Alle Übrigen 
Lehren des Manichäifchen Syſtems enthalten ohnedies — fo 
ſcheinbar aud) allerdings die Uebereinſtimmung, befonders 
in denjenigen Kehren ift, die den Gegenfaz des Geiftes und 





Die Ausleger erinnern dabei an die Stelle Pf. 19, 5., Aber 
weiche fih in den Eclogae ex script. Proph. Opp. Clem. 
Al. Ed. Pott. ©. 1002. die Bemerkung findet: ”Ev a Alla 
2dsto TO oxivoue ubrov' Evio ulV 00V Pool, 10 aWue ToV 
xzupiov & Ta nA avıov Anorideodar, gs “ Eguoyerng apa 
Ös Aeyovoıy 0L U8v TO OxNr0og oUvrov" ol 08 TV TOP TEUOTOW 
Exxinoiov. Auch das Leztere trifft mit der Manichaͤiſchen Vor⸗ 
ftelung zufammen. Was die Wirkfamfeit betrifft, die der 
Manichaͤiſche Chriftus dur feine Anziehungskraft von der 
Sonne herab äußert, fo möge hier noch zur Parallele bie 
Stelle der Glementinen Hom. XVII, 10. bemerkt”werben, 
nad welcher die Seelen der Guten in den Schoos Gottes 
getragen werden, wie Gebirgsnebel von der Sonne angezo= 
gen werden. Die ganze Stelle hat ein ht Manichaͤiſches Ge: 
präge: Tov masıayodsy üneipov vobs utv ıjv ustovolay rruv- 
Twy üyunvsovonı ai yuyal To nv Eyovomw xy zwoLodaoLr 
rou OmunTog, za Toy eig avıov sugedaow noFov Eyovanı, 
Eis ròy MUToU xoAmov PEgovsar' &s &v ysıuavı Ügag Oi Aruol 
Tov .ooWy ano .Tuy Tov MAiov üxılvwy Elnousvor Peporımı 

" MOOS “davaroı. Nah Hom. II, 17. fol, wenn zulezt 
der wahre Chriſtus erfcheint, ainriov Ywuros Avazeilunros, 
zoyıe ve Tov OxorovVs dpa yırdoden. 





des Sleifches, des Göttlichen und Natirkichen im Menfchen 
betreffen — nichts, was als ein eigentlidy chriftliches Ele⸗ 
ment anzufehen wäre: fie flehen mit den Principien des 
Syſtems in’ einem fo natärlichen Zufammenhang, daß wir 
nicht nörhig haben, fie aus einer andern Quelle abzuleiten. 
Wollte man fich hier etwa noch auf die Lehre von der Vers 
gebung der Sünden berufen, die auch im Manichäismus, 
wie im Chriftenthum, große Bedeutung hat, und ſich mit 
der oben gegebenen Nachweifung nicht begnügen zu koͤnnen 
glauben, nad) welcher, fie ſich aus der Strenge der Manichäi- 
ſchen Sittenlehre vorkfelbft ergeben mußte, fo erinnere ich - 
hier nod) an die Zendbuͤcher, in deren Religion auch diefe 
Lehre bereitö ihre Stelle gefunden hat. Auch der Ormuzd⸗ 
diener bittet um Vergebung der Sünden, felbft der Sünden 
des Gedankens. Vgl. Zendav. Th. IL. ©. 124. 148. Neh⸗ 
men wir endlich) noch dazu, wie wenig der Manichäifche 
Dofetismus vom hiftorifchen Chriftenthum irgend etwas 
Reelles ftehen ließ, wie wenig ebendeswegen, was den dus 
Berliden Cultus betrifft, die auf den Thatfachen des Chri⸗ 
ftenthums beruhenden chriftlichen Fefte von den Manichsern 
gefeiert werden konnten, daß felbft die fcheinbar chriftlichen 
Gebräuche, die Feier des Sonntags und der Sacramente, 
Taufe und Abendmal, nicht blos eine andere Bedeutung, 
fondern auch eine fehr verfchiedene äußere Form hatten; fo 
iſt in der That ſchwer zu fagen, worin denn eigentlid) die 
voraudgefeßte Verſchmelzung des Chriftentbums und des 
Parfismus beftanden haben ol, wenn fie in Anfehung des 
Chriſtenthums etwas mehr gemefen feyn foll, als eine blos 
Außerliche Aneignung chriftlicher Namen und Förmen. Ich 
Tann daher auch die von den Kirchenlehrern gegen die Ma- 
nichäer fo oft wiederholte Befhuldigung, daß das Ma- 
nichäifhe Scheinchriſtenthum nur darauf berechnet gewefen 
fey, Anhänger ihrer Secte zu gewinnen, in der Haupts 
fache nicht unwahr und ungerecht finden, wenn wir nur 


— 410 — 


nicht überall einen aus böfer Abſicht gefloffenen Betrug vor⸗ 
ausfezen. Vgl. Aug. Contra Faust. XVI, 10.: os, ut 
seducatis et decipiatis idiotas,imperfectosgue Christianos, 
 paganismum vos fingitis detestari, — Vester potius er | 
ror paganismo similis ; quandoguidem nec Christum 
colitis, sed sub Christi nomine nescio quid, quod nobis 
mentiendo finzisti. XXII, 13.: Christum fatentur De 
um, et hanc in laqueo suo velut escam dalcissimam po- 
nunt, qua Christo deditos capiant. G. 16.: Insanas. et 
sacrilegas fabulas suas christiani nominis pallio ve 
lare contendunt, Bgl. Titus von Boſtra in der Worrede 
zum dritten Buch: Ouodosig xaxuv opalspwv uadr- 
noarwv Tıv nE00Fnanv TWv kavrov nlaouarwv TRREN- 
PoAkeı (0 Mavns),naoa d2 Xgioriavgis ta Kowsrueran 
ÖNFEV ueTiwv. za nıFavorntı OVöuaTog Te Xoıcroü xel 
ÖNHETWV TIIS yoayns Frrueixeiag Supaaeı — enatn yiyve- 
rei. Da fie einmal die Ueberzeugung hatten, daß ihre Lehre mit 
ber chriftlichen im Wefentlichen Eins fey, fo galt ihnen die Ac⸗ 
commodation an das Chriftliche nun ald dad Mittel, der Wahr: 
heit leichteren Eingang zu verfchaffen. Auf einen tiefer liegen: 
den Grund, ein ſchon urſpruͤnglich in die Conſtruction des 
Spftems aufgenommenes chriftliches Element, läßt uns 
diefe chriftliche Außenfeite keineswegs fchließen. So wenig, 
wie aus dem Bisherigen erhellt, die innere Befchaffenheit 
des Manichäifchen Syſtems die gewöhnliche Meinung über 
die Entftehung deffelben wahrfcheinlich machen Farm, fo 
wenig wird fie durch dasjenige beftätigt, was uns aus der 
Lebensgefchichte Mani’d bekannt if. Man ftüzt jene Mei: 
nung hauptfächlih auf die Angabe, Manes fey, obwohl 
ald Magier geboren, in männlichen Sahren zum Chriftens 
thum übergetreten und Presbyter einer chriftlichen Gemeinde 
zu Ehvaz oder Ahvaz, der Hauptftadt der perfifchen Pros 
vinz Huzitis (f. Beaufobre T. L ©. 158.) geworden. Als 
Chriſt fen er demnach) auf den Gedanken 'gefommen, das 


— 41 — 


Chriſtenthum mit der Zoroaſtriſchen Religion, zu welcher 


er ſich fruͤher bekannte, ſo zu verbinden, wie wir dieſe Idee 
in ſeinem Syſtem ausgefuͤhrt ſehen. Allein welche Glaub⸗ 
wuͤrdigkeit kann wohl eine Nachricht verdienen, deren Ge⸗ 
waͤhrsmann doch, wie es ſcheint, nur der erſt im 13. Jahrh. 
lebende ſyriſche Schriftſteller Abulpharagius iſt, der auch 
ſonſt uͤber Manes offenbar Irriges behauptet? Alle 
aͤltern Schtiftſteller wiſſen nichts davon, weswegen ich kei⸗ 
neswegs mit Neander (S. 818.) fuͤr das auf alle Faͤlle 
Wahrſcheinlichſte halten kann, daß Manes ſpaͤter von der 
Zoroaſtriſchen Religion zum Chriſtenthum uͤbertrat. Si⸗ 
cher haͤtten ſeine aͤlteſten Gegner es nicht unterlaſſen, ihm 
auch ſeinen Abfall vom Chriſtenthum zum Vorwurf zu ma⸗ 
chen, wenn er wirklich jemals Chriſt geweſen waͤre. Davon 


wird aber nicht nur nichts geſagt, vielmehr ſogar das Ge⸗ 
gentheil nicht undeutlich behauptet. Schon Cyrill von Je⸗ 


ruſalem verſichert, wenn auch in rhetoriſchem Tone, doch 
deswegen nicht gerade, wie Beauſobre annimmt (T.1. ©. 
85.), hyperboliſch unwahr (Catech. VI, 21.):z Qux Eorıv 
ano Xgworievwv 0 Mavns, un yEvarto: oböè xara ToV 
Ziuwve EEsßAyIn Tg Exzinoieg oVre aurög, ovre ol 
po evrov Ördaoxovres (feine Vorgänger Schthianus und 
Zerebinthus). Auch von Scythianus fagt Eyrill c. 2; 
Ovd2v xoıwöv ovre noös "Tavdcıauov, aure npög Xor 
orıavıouov xsxrnusvas. Bei Anguftin erwiedert der Ma⸗ 
nichäer Felix in der erften Unterredung mit Auguſtin c. 8. in 
Beziehung auf die den Manichäern fo oft entgegengehals 
tene apoftolifche Stelle L Tim. A, A.: Manichaeus non 
a fide recessit, sicut dicit Paulus, sicut ceteri reces- 
serunt a fide quasi in sectam suam: Manichaeus autem 
a nulla secta recessit, ut dicatur, guia a ‚ide recessit. 
Diefe Behauptung beftätige Auguſtin in feiner Antwort, 


indem er jene Stelle in dem von Felir angenommenen Sins 


ne, wenn auch nicht auf Manes felbft, doch wenigftens auf 












auf alle biejenigen angewendet wifen will, die durch Me 
ned zum Abfall vom chriftlicden Glauben verleitet 

feyen. Breviter respondeo: ut secundam tuum. in 
clumaccipiam, quod dixisli: „recedent a fide“, guia- na 
recedunt a fide, nisi illi, qui fuerunt in alıqua fidej 
Manichaeus autem non fuit in aligua fide, a gua 
cesserit, sed in qua fuil, in ea permansit, hoc tea 
ierrogo, utrum IManichaeus, vel polius doctrina 
moniorum mandaciloquorum, guae fuit in Maniches, 
nullos Christianos catholicos seduxerit, uf recederel 
a fide? Damit ftimmen die übrigen Schriftfteller, vie fi 
über dad Verhaͤltniß Mani's zum Chriſtenthum erkläre, 
vollkommen überein, der Verfaffer der Acta disp. Arch. m 
Epiphanius. Nach der Erzählung der Acta (c. 58. f)) 
wurde Manes erft, nachdem er bereitd den Anfang gemacht 
hatte, durd) die Schüler, die er ausjandte, feine Lehre z 
verbreiten, mit den Echriften der Chriften befannt. Al 
fie zuruͤkkamen, fanden fie ihren Meifter in Gefaͤngniß. Er 
war in die Ungnade des perfifhen Königs gefallen, da a 
das eitle Verſprechen gethan hatte, den tddlich Fraufen 
Sohn deffelben wiederherzuftellen. Eie erzählten ihm nım 
aud), was fie auf ihrer Miffionsreife Unangenehmes zu er 
fahren hatten, daß fie nemlich überall, wohin fie Famen, 
wegen der hohen Verehrung, in weldyer der Chriftenname 
ftehe, nur Verwuͤnſchungen hören mußten. Manes gabik 
nen hierauf Geld, und befahl ihnen die fimmtlichen Schrik 
ten, in welchen das Gefez der Chriften enthalten wäre, an 
zufaufen. Als fie mit diefen Schriften zurüffamen , fing 
der ſchlane Mann an, alle Stellen, die er für feine Zweiheit 
benäzen konnte, aufzufuchen, und die Beweife für feine 
Lehre aus den Schriften der Chriften zu nehmen, indem 
er Einiges tadelte, Anderes änderte, und zum Schein den 
Namen Chriftus aufnahm, damit feine Schüler, wenn 
fie diefen heiligen und göttlichen Namen verfündigten, nichts 


Le se Een er 8 


48 _ 


ehr zu leiden hätten. Und dba er nun in diefen Schriften ‘ 
ıch die Verheißung des Paraflet fand, fo bezog er die⸗ 
Ibe auf fich, ohne darauf zu achten, daß der Paraklet nach 
efen Schriften, ſchon folange die Apoftel noch lebten, ge: 
mmen war. Hierauf fandte er feine Schüler aufs neue 
18, um feine Lehre in der neuen Form, die er ihr gegeben. 
ıtte, überall mit aller Zuverficht zu verfindigen. Als der 
erfiiche König dies erfahren hatte, machte er Anftalt, an 
ım die verdiente Strafe zu vollziehen 11). Manes, der 
von Kunde erhielt, fand jedoch Gelegenheit, die Wächter 
ined Gefängnißes zu beftechen, und in die Burg Arabion 
s entfliehen, von wo aus er fodann nad) Karchar oder 
'askar in Mefopotamien zu der in den Acta erzählten Vers 
andlung mit dem Bifchof Archelaus Fam 1). Won dies 
m Bericht weicht Epiphanius Haer. LXVI, 5. in der 
Jauptangabe, um die ed und zu thun ift, in Hinficht des 
eitpuncts, in welchem Manes mit den Schriften der Chris 
en befannt geworden feyn foll, nur darin ab, daß er den 
Ranes noch) vor feiner Gefangenmehmung feine Schüler zur 
Infaufung diefer Schriften ausfenden laßt. Sm Uebrigen 


— — — — 


11) Daß der Kduig Manes deswegen zur Strafe ziehen wollte, 
weit er jezt feine Irrlehren aüter dem Namen Chriftt ver- 
breiten ließ‘, wie Beaufoßre T..1 ©. 87. annimmt, iſt eine 

Vorausſezung, zu welcher der Text nicht berechtigt. Die Wille 
kuͤhrlickkeiten, die ſich Beauſobre öfters auch in Veziehung 
auf die Lebensgeſchichte Mani's ‚erlaubt bat, rägt mit ges - 
rehtem Tadel Mosheim ©. 758. 

12) Ueber diefes Meligionsgefpräc, Zeit und Ort, und die ans 
geblich U vorhandenen Verhandlungen deffelben, Die Acta 
disp. Arch. cum Manete, vgL man die Unterfuhungen Za⸗ 
cagni's, des erften Herausgebers dieſer Acta in der Pracf. 
ad Collect. Monum. Vet. Rom, 1698. und die Nachtraͤge von 
Gallandi Bibl, Vet. Patr. T. IV. © XLV, f. und von 
Nouth Bel. Sacrae T. IV. S. 133. und ©. 282. f. 


— 44 — 


aber harmonirt der Bericht bed Epiphanius ganz mit da 
Acten, obgleich Epiphanius, wie mehrere eigene Angabo 
und Zufäze fchließen laſſen, nicht blos die Acten zu f 
Duelle gehabt zu haben fcheint. Auch nah Epiphanin 
hatte Manes ſchon damals die Erfahrung gemacht, da 
feine Lehre, wenn er fie dem Volf vortrug, feinen Glaube 
fand. Da er nun ſchon von den h. Schriften ber Chrikaf 
gehört hatte, die in Judaͤa und in der ganzen Welt im Um 
lauf feyen, von dem Gefez, den Propheten, ben Evang 
lien und apoftolifhen Echriften, fo fandte er drei feim 
Ssünger, diefelben, die-auch die Acten nennen, den The 
mas, Hermas und Addas nach Serufalem,; um fie y 
faufen, in der Abficht, den Ehriftus: und Ehriften - Namen 
zur Täufchung der Menſchen zu misbrauchen. Mon diefe 
Sendung kamen die Jünger nad) Epiphanius zuräf, als 
ihr Lehrer im Gefängniß war, und nun gefchah es and 
nad) des Epiphanius Erzählung, daB Manes Pie überbrad» 
ten Bücher forgfältig durchlas , und die entftellte Wahrheit 
mit feiner Srrlehre nermifchte, fo wie.er etwas fcheinber 
Verwandtes und Aehnliches fand (v0dc mov supe mgoown0r 
Aoyov ‚7 »Anjow Övvausvnv anorektiv OuOIwun To il 
roũ goovnuarog) — Alles dieß zufammengenommen und 
mit dem Refultate zufammengeftellt, das fich aus der Be⸗ 
trachtung des Syſtems ſelbſt und ſeines Verhaͤltniſſes zum 
Chriſtenthum ergibt, begruͤndet, wie ich glaube, hinlaͤnglich 
die Annahme, daß Manes nicht vom Chriſtentyum aus, 
auf fein Syſtem gekommen ?3), vielmehr erſt von feinen 






13) Das Extrem dieſer Anfiht ift es, wenn Paulus Heibel. 
Jahrb. d. Lit. 1826. S. 949. behauptet: „„@riftlihe Be 
griffe jener Seit, wo auch die Biſchoͤfe und Priefter dad Bil 
ſchon oft allzufubftanzartig in (der ou) dem Zleifche ſuch 
ten, das Gute, wie einen von der priefterlihen &Sacı« 
mentsertheilung abhängigen geheimen Gnadenausfluß aus dem 
guten Gott befchrieben, ſcheinen auf ihn gewirkt, ihn zum 


— 1 


Syſteme aus auch das Chriſtenthum in den Kreis deſſelben 
gezogen hat, um es mit einer chriftlichen Außenfeite Chris 
ften zugänglicher zu machen, Ind es in einem fie anziehen- 
den Lichte darzuftellen. | 
Indem wir nun ausgejend von der gewöhnlichen Mei⸗ 
nung, Chriſtenthum und Zoroaftrismus feyen die beiden in= 
:tegrirenden Elemente des Manichäifchen Syſtems geweſen, 
. in Anfehung des erftern auf die fo eben aufgeftellte Behaup⸗ 
tung geführt worden find, ift die natürliche Folge davon, 
daß wir, um dem Urfprung des Syſtems näher zu kom⸗ 
men und einen tiefern Blik in die innere Genefis deffelben 
werfen zu fünnen, nun nur um fo ftärfer von der einen 





Verſuch einer Vereinigung bes Zoroaſtriſchen mit dem Chrift- 
lichen feiner, Seit veranlaßt zu haben.“ Unter der Auffchrift:, 
De?’ influence des Gnostiques sur les sectes uscelico - 
speculatives des Manichdens ei des Priscillianistes hat Mat: 
ter in der Histoire critique du Gnosticisme T. II. ©. 
351 — 376. eine kurze Darftellung des Manichaͤiſchen Syſtems 
(größtentheild nah Neander, jedoch mit mehreren Ungenaus 
igkeiten) gegeben, und die gewöhnliche Anficht wiederholt: 
die Quellen, aus welchen Manes ſchoͤpfte, ſeyen inconte- 
stablement le. zoronstrisme, tel, que de son temps il do- 
minait: en Perse, le christianisme, tel, qu'il lui fut en- 
seignd, et le gnosticisme, tel, qu’ il se montrait purtout 
dans la socidt6 chretienne (©. 355.). Ich habe mich aber 
vergebens nach beftimmteren Nachweiſungen des Einfluffes der 
Gnoſtiker auf Mani's Syftem umgefehen, fie müßten nur 
darin zu fuchenfeyn, daß an die Nähe Syriens, an Gnoftifer, 
wie Bardefanes und Marcion erinnert, und Scythlanus ©. 
352, kabbaliste ou gnostique judaisant ©. 393, gnostique 
egyptien genannt wird, Daß Maned, wie das Chriften: 
thum überhaupt, fo auch gnoſtiſche Seftaltungen deſſelben 
kannte, iſt wohl möglich, ihnen aber einen Einfluß auf die 
Entftehung feines Syſtems zuzufchreiben, koͤnnen wir und 
nicht veranlaßt fehen. 


Seite auf die andere hinübergetrieben werden. Unläugber 
verhält es fich) mit dem Zoroaftrismus und feiner. Beziehung 
zum Manichaismus ganz anders, ald mit dem Chriften: 
thum. Der Manidydismus (die fabula persica, wie Aus 
guftin Contra Secund. c. 2. ihn nennt) kann den «Boden 
nicht verläugnen, aus welchem er hervorgewachfen ift. Mit 
feiner tiefften Wurzel geht er in den Zorvaftrismus zuräd, 
und ed waren daher fchon in der Darftellung feiner einzelnen 
Lehren Hinweifungen auf den Zufammenhang mit der alten 
Zandesreligion, in welcher Manes ald Perfer geboren um) 
erzogen war, nothwendig. Der Dualismus ‘der Principien, 
der Gegenfaz des Lichts und der Finfterniß, der große und 
lange Kampf, in welchem fi) die Weltfhöpfung und der 
ganze Verlauf der zeitlichen Weltordnung entwickelt, if 
die aus der Zoroaftrifhen Religipn genommene weſentliche 
Grundlage des Manichäifchen Syſtems. Vergleichen wir 
aber beide Lehrfpfteme genauer, fo dringt ih uns bald die 
Weberzeugung auf, daß es nur die Grumdlage ift, Die der 
Manichäismus mit dem Zorvaftrismus theilt, auf der ge | 
gebenen Grundlage aber ein in wefentliden Puncten und 
in der ganzen MWeltanficht abweichendes Syſtem aufgeführt 
bat. Ich fehe ed ald eine nicht unwichtige Aufgabe diefer 
Unterfuhung an, die Differenz ber Manichäifchen und 30: 
roaftrifchen Lehre ſchaͤrfer als bisher gefchehen ift, ins Auge 
zu faffen. Sie läßt fi, wie ich glaube, auf folgende Haupt: 
puncte zuräcdführen 

1. Dualiftifch ift der Grundcharacter der beiden Re: 
ligionsfpfteme 1%), auch der Begriff der beiden einander ent: 


gegen: 


14) Daß Manes in Beziehung auf die Zoroaſtriſche Lehre nicht 
ald Wiederherfteller des Dualismus der alten Magierlehre 
betrachtet werden kann iſt fhon oben ©. 10, gezeigt worden. 
Die Behauptung Reichlin-Meldegg's hat Matter in 


47 — 


gegengefezten Principien wird im Allgemeinen auf diefelbe 
Weiſe beftimmt, aber es zeigt ſich auch fogleid), daß der 
Gegenſatz im Manichäifchen Spftem weit tiefer geht, und 
auf beftimmtere philofophifche Begriffe gebracht ift, als im 
Zorvaftrifchen. Es ift der Gegenfaz des Guten und Böfen, 
welchen beide Epfteme an die Spize ftellen, was aber dem 
Zoroaſtriſchen Syſtem zunaͤchſt nur der Gegenfaz zwifchen 
Licht und Finfterniß ift,-ift dem Manichäifchen zugleid) der 
Gegenfaz zwifchen Geift und Materie. Nach der Zoroaftrifchen - 
Lehre hat der Gegenfaz, in welchen alles hineingeſtellt ift, 
ber nie raftende Kampf zwifchen Ormuzd und Ahriman, für 
die gefchaffene Welt, die das gemeinfame Product beider ift, 
die Folge, daß jedes Geſchoͤpf in irgend einem Mangel ode 
Uebel, welchem es unterworfen ift, ein Abzeichen der Endlichs 
feit, deren Princip Ahrimanift, an fid) trägt. Daß das reine 
Feuer, Ormuzd's erftgefchaffener Sohn, durch düftern, haͤß⸗ 
lichen Rauch beflekt iſt, daß in Bahmans zahlreichem Volke 
jedes gute und nuͤzliche Thier in demſelben Kreiſe der Schoͤ⸗ 
pfung, welchem es ſelbſt angehoͤrt, einen Feind und Wider⸗ 
part hat, der nur auf ſein Verderben ſinnt, daß das ſcheue 
Schaf vor dem grimmigen Wolf erzittert, daß der heilſa⸗ 
men Pflanze die giftige zur Seite ſteht, alles dies, und 
was dahin gehört, iſt Ahrimans Werk, der fid) in Ormuzds 
reine und lichte Schöpfung mit feinem finftern, Unheil ftifs 
tenden Einfluß eindrängt und einmifcht. Allein nach der 





die Eritifhe Gefh. des Gnoſt. aufgenommen, wo S. 358. vom 
Dualismus Mani’ gefagt wird: ZZ difföre essentielle- 
ment de la doctrine de Zoroustre, ou se trouve le pere 
inconnu,. Pétre infini eic. Bl. ©; 373,: Mands parat 
avoir pröfere les anciennes croyances des mages, qui 
8’ érniont conserv6s dans plusieurs regions de T’ancien 
empire de Perse, mulgre la r&forme de Zoroastre. Wels 
tere Beweife für diefe Behauptung babe ich nicht gefunden, 
Baur’s Manich. Ri. Syſt. 27 


> ! 


— 18 — Zu 


Manichäifchen Lehre hat das Uebel ber Welt einen welt 
tiefern Grund: es find nicht blos einzelne Thiere und Thier⸗ 
arten, die ald ahrimanifche Schöpfung der guten Schbpfung 
entgegenftehen, fondern die ganze thierifche Schbpfung ift 
von dem Fürften der Finfterniß hervorgebracht, das Bdſe 
befteht nicht bIp8 in einem dem Guten und Vollkommenen 
anhaftenden Merkmal der Unvollfommenheit und Endlichkeit, 
die ganze materielle, aus Eorperlichen Wefen beftehende Welt, 
ſelbſt der. Leib des Menfchen, ift aus einem bdfen, unreinen 
Stoff gefchaffen, ein Werk der Finfterniß. Ebendarum 
weiß die Zoroaftrifche Kosmogonie von einem Raube, wie 
derjenige ift, aus welchem die Manichäifche die Echbpfung 
der Melt erklärt, nichts. Zwar wird aud) nach der Zoro- 
aftrifchen Lehre die Schöpfung der Welt. Dadurd) vollendet, 
dag Ahriman in das Kichtreich ımd in die von Ormuzd ge⸗ 
fchaffene reine Welt mit dem Heere feiner Dämonen feind- 
lich einbricht, aber diefer Angriff hat doch nur die Folge, 
daß das Vollfommene ein Unvollfommenes wird, das Gute 
mit dem Böfen fich mifcht, der Fuͤlle des Lebens der zerftd- 
rende Keim ded Todes fich einyjlanzt, überhaupt zu dem 
Pofitiven, dad Ormuzd hervorgebracht hat, Ahriman das 
Negative, ald das Seinige, hinzu thut, und auf diefe Weife 
aus der gemeinfamen Thätigfeit beider, der Wirkung und 
Gegenwirfung, die jezige Welt, wie fie ift, mit allen ihren 
Uebeln, Mängeln und Unvollfommenheiten hervorgeht: nach 
Manes dagegen gehört das ganze materielle Subftrat der Welt 
dem böfen Princip an, das Boͤſe iſt nicht blos ein Accidens, 
fondern die Eubflanz der gefchaffenen materiellen Welt, und 
die Weltfhöpfung felbft ift daher nichts anders, als die Ver- 
bindung des Geifted mit der Materie, welde, da die ur- 
fprüngliche Tendenz zu diefer Verbindung nicht in dem 
Geifte, fondern nur in der Materie liegen zu Fonnerf fcheint, 
das Licht nicht die FSinfterniß, wohl aber die Finfterniß dag 
Licht fucht, nur ald eine an dem Kichtreiche veräbte Gewalt: 





that, oder als ein Raub gedacht werden kann, durch welchen 
der Geiſt, oder die Lichtfeele, in die Gefangenfchäft der Ma⸗ 
terie gefallen ift, und je tiefer und unaufldslicyer die eins 
mal ber finftern Materie anheimgefallene göttliche Lichtſub⸗ 
ftanz in die Bande derfelben hineingezogen und verftrikt ift, 
defto vollftändiger tft der Act der Weltſchoͤpfung realifirr, 
Alles dreht fich hier um die beiden Begriffe, Geift und Ma: 
terie: je vielfeitiger und Durchgreifender die Vermiſchung 
diefer beiden Principien gedacht wird, um fo befriedigender 
ift der Begriff der Weleſchopfung aufgefaßt , weichen dieſes 
Soſtem aufſtellt *5). 


15) Am meiſten naͤhert ſich der Manichaͤiſchen Idee der Ver⸗ 
miſchung der beiden Principien, nach welcher beide ſich dy⸗ 
namiſch und organiſch durchdringen, das eine ein ebenſo po⸗ 

ſitives und ſubſtanzielles Element der Miſchung iſt, wie das 
‚andere, was Plutarch De Is. et Os. c. 46. von Zoroaſter 

. Sagt: edidufe 1a yiv evaraie Hey xul yapıorıpım, Cr 

| dnoreönare zul oxvdgumE' — "Opoyps 
nahoruime , &v Okudı Tv Adnv Kraxalovyruı xul TOy Gxdroy- 
eita uilavıss aluarı Auxov opaysvıos Eis TUMOov Krılıoy dm 
pigovaı xaL dintovai' xul Zu TWy gurwv voulsovas Ta nv 
Tov —R Heov, th d TOV xuxoV Öuinovos eivas, Daß 


Plutarchs Oucuu die Hompflanze ber Zendſchriften iſt, bei 
griechiſchen und lateiniſchen Schriftſtellern fonft aumuos und 
amomum genannt, leidet Feinen Zweifel (f. Anquetil im Anh, 
zum Zendav. I, 1. S. 121.). Ihr Saft war bei den Parfen 
das heiligſte Symbol des Lebensprincipg, er Durftedaher beinahe _ 
bei keiner reltsiöfen Ceremonie fehlen. Was konnte daher die 
Miſchung des Safts der dem Ormuzd gewelhten Pflanze mit 
dem Blute des ahrimanifhen Wolfe anders bedeuten, al 
die Vermifchung der beiden entgegengefezten Principien, des 
‚ren Nefultat die jezt beftehende Welt iſt? Vgl. Kleufer Anh, 
zum Zendav. II, 2. S. 83. Eben dieß iſt ohne Zweifel die 
osnoutio des Hormisdas und des Satanas, von welder 
Theodor in feiner Schrift über die Lehre ber perfifhen Ma⸗ 
27.. 


— 420 — om 


2. Eine folche Verfchiedenheit in Unfehung der Prine 
eipien: mußte dem ganzen Syſtem eine andere. Richtung 
geben, eine wefentlich verfchiedene Weltanficht begränden. 
Der Zoroaftrifche Ormuzdverehrer muß allerdings mit allen 
geiftigen und Forperlichen Kräften ftetS wachen und kaͤmpfen 
gegen die ahrimaniſchen Maͤchte der Finſterniß, Reinheit in 
Gedanken, Worten und Werken, iſt die hoͤchſte Aufgabe ſei⸗ 
nes der Verherrlichung des Ormuzd geweihten Lebens, mit 
aͤngſtlicher Sorgfalt muß er ſich auch vor allem huͤten, was 
ihm durch aͤußere Beruͤhrung eine ahrimaniſche Beflekung 
zuziehen kann. Aber bei allem dieſem ſieht er ſich doch in 
Ormuzd's heitere, freudenreiche Welt geſtellt, ein friſches, 
zur kraͤftigen That aufgeregtes Gefuͤhl durchdringt ihn, und 
laͤßt ihn gerne weilen in Ormuzd's lichter Schoͤpfung, die 
ihm Geſundheit und Wohlfahrt, eine Fuͤlle geiſtiger und leib⸗ 
licher Guͤter verleiht, nur im Hinterhalt lauert der Arge, 
der die Welt mit ſeinem vergiftenden Einfluß erfuͤllen will, 
aber in die Mitte des Lebens hervorzubrechen, und den hellen 
Tag in finſtere Nacht zu verkehren, geſtattet ihm Ormuzd's 
wachſames Auge und kraͤftiger Arm nimmermehr. Gegen 
dieſe heitere, in den Zendbuͤchern ſich ausſprechende, Lebens⸗ 
anſicht bildet die duͤſtere, ſchwermuͤthige Lebensanſicht des 
Manichaͤers einen auffallenden Contraſt. Wie Gott ſelbſt 
an einer Welt, deren materielle Beſtandtheile der Fuͤrſt der 
Finſterniß gibt, keine Freude haben und nichts mit ihr zu 
thun haben will. (ròôvy“ Feov un Eyeıv u£oog us! evrov rũ 
x00uov, und2 yaigeıy Er. avrw. Acta disp. Arch. c. 11.), 
ſo kann auch dem Manichäer die Welt, in weldyer er wider 
feinen Willen iſt, nur in einem trüben Lichte erfcheinen. 


gie ſprach, nad Phot. Bibl. cod. 81. Auch das dxpepsıy 
za dintew eis Tonov aynlıpv ſcheint bie Idee anzudeuten, 
was in der Welt vom guten Princip fit, ſey dem boͤſen gleich⸗ 
ſam als Raub preisgegeben. - 


— 





— pi — 


Der Beind, welchen der Ormuzbbiener nur aus ber Ferne 


fürchtet, hat den Manichäer mit aller Macht ergriffen, von 
allen Seiten umfaßt, und in den eigenen Leib, mit welchem 
er in diefer Welt umherwandelt, wie in einen finftern Ker⸗ 
fer, ald Gefangenen verftoßen. In diefem Zuftande einer 


beengenden Gefangenfchaft ift nur das Bewußtſeyn der 
Lichtwelt, von welcher er ausgegangen ift, der freundliche. 


Lichtſtrahl, der in die finftere Nacht feines Dafeyns hinein- 
fällt, und mit allen Schmerzen der Sehnfucht harrt er dem 
Tage entgegen, der ihn einft aus feinen Banden erlöfen und 


feiner Heimath zuführen wird: fo lange er aber hier weilt, 


fieht er in allem, was ihn mit der materiellen Welt in Bes 
rührung bringt, felbft in der Befriedigung der nothwendig- 
_ fen Bedärfniffe zur Erhaltung feines Lebens, nur eine Be: 
feftigung der Bande, die ihn an fein Dafeyn Fetten, eine 
Schuld, die feit feinem Eintritt in diefe Welt auf ihm las 
ftet. Beide Religionsſyſteme ftellen zwifchen die. hüchfte 
Gottheit auf der einen, und die Welt und den Menfchen auf 
der andern Seite einen Mittler mit der Beſtimmung, bie 
Welt und den Menfchen dem endlichen Ziele zuzuführen. 
Aber Die Bedeutung und Wirkſamkeit der beiden Mittler if 


nicht ganz diefelbe. Der Zorvaftrifche Mithras ift mit fo’ 


vielen andern auf Ormuzd's Seite ftreitenden Lichrgenien einer 
der rüftigften Kämpfer gegen die daͤmoniſchen Mächte, damit 
das Licht über die Finfterniß, Ormuzd über Ahriman,. den 
Sieg gewinne; der Mittler des Manichäifchen Syſtems, ber 
in Sonne und Mond thronende Kichtgeift, ift höher geftellt, 
was die Zorvaftrifche Lehre mehr unter mehrere gleichartige 
Weſen vertheilt,, ift in ihm mehr concentrirt, und feine ei: 


gentliche Aufgabe ift, alles der Lichtwelt Verwandte an fid). 


zu ziehen, die in die Materie zerftreuten Kichttheile zu ſam⸗ 
meln und mit dem Lichtreiche zu vereinigen, dad Geraubte 
wieder zu gewinnen. Mythiſch betrachtet ift die MWeltfchds 
pfurig und die ganze Entwillung des Welllaufs ein Raub, 


an 


— 2 —— 

welchen der eine verdbt, der andere beſtraft, wobei. wa⸗ 
auf der einen Seite genommen, auf der andern wieber u 
ruͤckgenommen wird (dia To EE agzis asavRjade æiö⸗ 
Uno rov apyovrwv, xal yeviadaı avro Miviv. Tovrov 
yapıy neuneı (Fe0g) xal vlg 17.4 abıov ınv ug avron, 
x NuEgav, dia TWVv GWOTNQWV TOUTwV, mnis xal asAıung, 
up av 6los 0 x00u0g xal naoa nxriox apnateras. Acta 
disp. Arch. c. 11.). Nach der phyſiſchen Betrachtung tft 
ed eine ftete Wechſelwirkung anziehender und abftoßender 
Kräfte: Licht und Finfterniß, Geift und Materie, haſſen und 
fliehen fich fletö, aber dDemungeachtet kann doch das Eine 
nicht ohne das Andere feyn, fie ziehen fi) an und vermis 
ſchen ſich, fobald aber die Vereinigung und Vermifchung 
gefchehen ift, erfolgt auch wieder die Trennung, fie ftoßen 
fi) ab, und jedes der beiden Prineipien zieht fich in feine 
eigene Natur zurüf, es ift eine flete Ausdehnung und Zus 
fammenziehung. Don diefer Seite betrachtet nähern ſich 
beide Spfteme am meiften, das Eigenthuͤmliche des Manis 
chaͤismus bleibt aber auch dabei immer dies, daß er eine 
weit innigere und tiefer gehende Durchdringung der beiden 
Principien und Grundfräfte annimmt, ald der Zorvaftriss 
mus. Am auffallendften zeigt fih die Verfchiedenheit der 
beiden Spfteme in der Lehre von dem Schickſal der Seelen 
nach dem Tode. Der Manichaͤismus läßt nad) feiner An⸗ 
ſicht von dem Verhältniß des Geiſtes und der Materie, da 
die Vereinigung und Vermifchung der beiden Principien für 
den Geift eine Beflefung und Verunreinigung zur Folge hat, 
die Seele erft nad) langer Wanderung durch verfchiedene 
Körper der Thier= und Pflanzenwelt zu ihrer urfpränglichen 
Reinheit wieder gelangen. Dem Zoroaſtrismus ift die Idee 
der Metempfychofe fremd. Da diefer nicht von dem Gegens 
faz zwiſchen Geift und Materie ausgeht, fo Fennt er auch 
feine durch die bloße Verbindung des Geiftes mit der Mas 
terie, oder ber Seele mit dem Leib, entftandene, erft allmälig 


— 43 — 


wieder abzuwaſchende Schuld und unreinheit. Der Gegen⸗ 
ſaz ſeiner beiden Principien, des Lichtes und der Finſter⸗ 
niß, iſt ihm in Beziehung auf die Seelen nur der ethiſche 
Gegenſaz des Guten und Boͤſen. Die Seelen der Guten, 
‚die Ormuzd's durch Zordaſter geoffenbartes Geſetz liebten und 
uͤbten, kommen unmittelbar nach dem Tode in Ormuzd's 
ſeliges Lichtreich, die Seelen der Boͤſen, die gegen Ormuzd 
ſuͤndigten und die Finſterniß in ſich herrſchen ließen, fallen 
Ahrimans finſterm Reiche anheim. In den Kreis der Mithras⸗ 
myſterien gehoͤrte allerdings auch die Idee der Seelenwande⸗ 
rung, allein in dieſe sacra wurde bei ihrer Verpflanzung in 
Die weftlichen Länder mandjyes aufgenommen, was wir nicht 
mit Sicherheit auf perfifchen und zoroaftrifchen Urfprung zus 
rüfführen dürfen, was ſich nur wegen einer gewiffen Ver⸗ 
wandtfchaft an fie anfnipfte. Porphyrius indeß (De abstin: 
ab esu animal. IV. c. 16.) fihreibt nad) dem Zeugniß des 
Eubulus, der eine “Iorooie Tov Mido« in vielen Büchern 
ſchrieb, einem Theile der perfi ſchen Magier die Lehre von 
der Metempſychoſe zu: Joyue nayrım Eori Twv nEWTWY,. 
Tv uersuwiywow eivan. Es erhellt jedod) aus eben biefen 
Morten zugleich, daß diefe Lehre Feine allgemein angenom⸗ 
mene war, und nicht zur eigentlichen Landesreligion gehörte. 
In den Zendbüchern wenigftend zeigt fich uns Feine Spur 
derfelben, und fie konnte auch, wie ed fcheint, in diefem 
Syſtem nicht wohl eine Stelle finden 16), Dagegen begegnet 


16) J.J Schmidt lieber die Verwandtſchaft der gnoftifch = theos 
fophifchen Lehren mit den Religionsſyſtemen des Orients, 
vorzüglich des Budhaismus. Leipzig 1828. ©. 7. madıt dem 
Zoroaſtrismus wegen des Mangels der Lehre von ber Geelen- 
wanderung den Vorwurf der Beſchraͤnktheit. In Einer Hin 
fiht mag dies allerdings richtig ſeyn, aber auf der andern 
Seite ift nicht zu überfehen, wie damit gerabe der. Haupt⸗ 

vorzug bes Zoroaſtrismus, feine edlere fittliche Tendenz, das 


! 


uns in der Lehre diefer Religionsurfunden vom jenfektigen 
Zuſtand eine Vorftellung, die befonderd geeignet iſt, ben, 
“ chargeteriftifhen Unterfchied des Zoroaſtrisinus und Mani⸗ 
chaͤismus ins Licht zu fezen. An die Stelle der Lehre von 
der Metempſychoſe tritt in den Zendbuͤchern die Lehre von 
der Auferſtehung. Da nemlich nach der Zoroaſtriſchen Lehre 
der Begriff des boͤſen Princips nicht mit dem Begriff der 
Materie zuſammenfaͤllt, der Leib nicht das Product des Fuͤr⸗ 
ſten der Finſterniß iſt, alles Geſchaffene immer nur theil⸗ 
weiſe und in einem gewiſſen Grade von Ahrimans verderb⸗ 
lichem, das Gepraͤge der Endlichkeit aufdruͤkenden Einfluſſe 
beruͤhrt und beflekt iſt, ſo kommt es nun auch hier nur dar⸗ 
auf an, das von Ahriman herruͤhrende Erbuͤbel auszufchel: 
ben, die durch Ihn dem Leibe eingepflanzte Sterblichfeit und 
Endlichkeit wieder aufzuheben. Es ift nur ein Accidens zu 
entfernen, nicht die ganze Subftanz zu verwerfen. Wie die 
Erde durch das Feuer der lezten Kataftrophe von ihren 
Schlaken gereinigt, und von allen Uebeln befreit, ihre ur: 
fprängliche Geftalt wieder erhält, fo wird auch der Leib in 
erneuter Schoͤnheit einft auferftehen. Der Manichäismus 
aber verſchmaͤht auch einen verflärten Leib, und es gilt ihm 
gerade in Beziehung auf die Nuferftehungslehre der Saz in 
feiner Strenge, daß Chriſtus, als Erlöfer der Seele, nicht 
bes Leibs gefommen ift (venisse ad animas, non ad com 
pora, liberandas. Aug. De haer. c, 46.), > 

3. Aus dem flrengen Dualismus, welchen die Mani: 
häifche Lehre in Beziehung auf die beiden Prineipien, Geift 
und Materie aufftellt, floßen zwei practifche Vorfchriften, 
bie die Manichäifche Lebensanficht und Lebensweife von der 
Zoroaſtriſchen fehr haracterifch unterfcheiden. Die Manichäis 
ſchen Verbote, Fleiſch zu effen, und in der Ehe zu leben, 





Beftreben, den Menſchen in feinem ethiſchen Character auf: 
sufaflen, zufammenhängt. 


| . 425 N 

kennt die Zoroaftrifche Lehre nicht. Mas das erftere betrifft, 
ſo zeigt und bie Heroboteifche Beſchreibung der altperfifchen 
Opfer (1, 132.), daß dem Verehrer des Ormuzd fein relis 
gidfed Gefez unterfagte, Thiere zu fchlachten, und ihr Fleiſch 
zu genießen. Diefelbe Beſchreibung gibt in der -Hauptfache 
der Zendavefta Th. IL. ©. 172. , aus welchem, wie aus He= 
rodot, zu erfehen ift, baß die Perfer Opfer, wie fie bei den 

Griehen, Hebräern und andern Voͤlkern im Gebraud) wa⸗ 
ren, nicht hatten, ed wurde vom Opferthier nichts der Gott: 
heit geweiht und verbrannt, fondern, fo wie e8 vom .Pries 
fler unter den vorgefchriebenen Geremonien gefchlachtet war, 
nahm es der Eigenthümer zu feinem eigenen Gebrauche mit 
fi). Die Opferhandlung erfcheint demnach nur ald die re= 
ligibſe Weihe des Genuffes, für welchen das Fleifch des ges 
ſchlachteten Opferthierd beftimmt tft, und es zeigt ſich und 
hier eine Seite der alten Opfer, die Überhaupt bei der Trage 
nad) den Anläffen nnd Urſachen, aus welchen die Opfer ents 
ftanden find, genauere Beräffichtigung verdiente, Es liegt 
dabei allerdings die Idee zu Grunde, daß, Thiere zu ſchlach⸗ 
ten, um ihr Zleifch zu effen, eine Verfündigung gegen die _ 
Heiligkeit des Naturlebens ift, es wird aber dieß mit der 
Nothwendigkeit des Beduͤrfniſſes dadurch ausgeglichen, daß 
die Gottheit felbft die Weihe und Genehmigung der Hands 
Jung geben follte, fofern ja diefelbe Handlung, die dad Nas 
turleben verlezt, auch wieder zur Erhaltung ded Naturlebens 
in den Individuen dient, Diefer leztere vermittelnde Ges 
danfe ſcheint wenigſtens bei den indiſchen Opfern mit Recht 
vorausgeſezt werden zu duͤrfen 18). Mag nun aber and) die 
bei den perfifchen Opfern ftattfindende Geremonie noch auf. 
etwas der Manichäifchen Idee urfpränglicy Verwandtes hins 
weifen, fo war dod) bei den Perſern, Thiere zu fchlachten und 





- 37) Man vgl. meine Myth. und Symb. ober De. Naturrel, des 
Alterth. II. 2. S. 288. fg. 


und in der Lehre diefer Neligionsurkunden vom Jenfeltigen 
Zuſtand eine Vorftelfung, die befonderd geeignet tft, ben 
“ hargeteriftifchen Unterfchied bes Zoroaſtrismus und Mani⸗ 
chaͤismus ins Licht zu ſezen. An die Stelle der Lehre von 

der Metempſychoſe tritt in den Zendbuͤchern bie Lehre von 
der Auferftehung. Da nemlic) nad) der Zoroaftrifchen Lehre 
der Begriff des böfen Princips nicht mit dem Begriff ber 
Materie zufammenfällt, der Leib nicht das Product des Fuͤr⸗ 
ften der Sinfterniß ift, alles Gefchaffene immer nur -theils 
weife und in einem gewiffen Grade von Ahrimans verberb: _ 
lichem, das Gepräge der Endlicyfeir aufdruͤkenden Einfluffe 
berührt und befleft ift, fo fommt ed nun auch hier nur dar: 
auf an, das von Ahriman herrührende Erbübel auszufchel: 
ben, die durch ihn dem Leibe eingepflanzte Sterblichfeit und 
Endlichkeit wieber aufzuheben. Es ift nur ein Accidens zu 
entfernen, nicht die ganze Subftanz zu verwerfen. Wie die 
Erde durch das Feuer der lezten Kataftrophe von ihren 
Schlafen gereinigt, und von allen Uebeln befreit, ihre ur: 
ſpruͤngliche Geftalt wieder erhält, fo wird auch der Leib in 
erneuter Schbuheit einft anferftehen. Der Manichaͤismus 
aber verfchmäht auch einen verflärten Leib, und es gilt ihm 
gerade in Beziehung auf die Auferftehungslehre der Saz in 
feiner Strenge, daß Chriftus, als Erlöfer der Seele, nicht 
bes Leibs gefommen ift (venisse ad animas, non ad pom 
pora, liberandas. Yug. De haer. c, 46.). 

3. Aus dem firengen Dualismus, welchen die Mani- 
häifche Lehre in Beziehung auf die beiden Prineipien, Geift 
und Materie aufftellt, floßen zwei practifhe Vorfchriften, 
bie die Manichäifche Lebensanſicht und Lebensweiſe von der 
Zoroaſtriſchen ſehr characteriſch unterſcheiden. Die Manichaͤi⸗ 
ſchen Verbote, Fleiſch zu eſſen, und in der Ehe zu leben, 





Beſtreben, den Menſchen in ſeinem ethiſchen Charaeter auf⸗ 
zufaſſen, zuſammenhaͤngt. 


— | 

kennt die Zoroaftrifche Lehre nicht. Was das erftere betrifft, 
fo zeigt uns bie Heroboteifche Befchreibung der altperfifchen 
Opfer (1, 132.), daß dem Verehrer des Ormuzd Fein relis 
gidfes Gefez unterfagte, Thiere zu fchlachten, und ihr Fleiſch 
zu genießen, Diefelbe Befchreibung gibt in der -Hauptfache 
der Zendaveſta Th. II. ©. 172., aus welchem, wie aus He⸗ 
rodot, zu erfehen ift, daß die Perſer Opfer, wie fie beiden 

Griechen, Hebräern und andern Völkern Im Gebraud) was 
ven, nicht hatten, ed wurde vom Opferthier nicht der Gottz 
heit geweiht und verbrannt, fondern, fo wie e8 vom .Pries 
fter unter ven vorgefchriebenen Ceremonien gefchlachtet war, 
nahm +8 der Eigenthämer zu feinem eigenen Gebrauche mit 
fi. Die Opferhbandlung erfcheint bemnach nur als die re= 
ligibfe Weihe des Genuſſes, für welchen das Fleiſch des ges 
ſchlachteten Opferthiers beftimmt tft, und es zeigt fid) un 
hier eine Seite ber alten Opfer, die überhaupt bei der Trage . 
nad) den Anläffen und Urfachen, aus welchen die Opfer ents 
ftanden find, genauere Beräffichtigung verdiente, Es liege 
dabei allerdings die Idee zu Grunde, daß, Thiere zu fchlachs 
ten, um ihr Fleiſch zu effen, eine Berfündigung gegen die 
Heiligkeit des Naturlebens ift, es wird aber dieß mit der 
Nothwendigkeit des Beduͤrfniſſes dadurch ausgeglichen, daß 
die Gottheit felbft die Weihe und Genehmigung der Hands 
Jung geben follte, fofern ja diefelbe Handlung, die das Nas 
turleben verlegt, auch wieder zur Erhaltung des Naturlebens 
in den Individuen dient, Diefer leztere vermittelnde Ges 
danfe ſcheint wenigſtens bei den indiſchen Opfern mit Recht 
vorausgeſezt werden zu duͤrfen 18). Mag nun aber auch die 
bei den perfifchen Opfern fattfindende Geremonie noch auf. 
etwas der Manichäifchen Idee urfpränglicy Verwandtes hin⸗ 
weifen, ſo war doch bei den Perfern, Thiere zu ſchlachten und 





17) Man vgl. meine Myth. und Spmb. oder Be. Naturrel. des 
Alterth. II. 2. ©. 288. fg. 


ihr Fleiſch zu effen, herrfchende Gewohnheit, und das Zar 
ftrifche Geſez befchränft fie nur dadurch, daß es auf ähulide E, 
Weiſe, wie das Mofaifche, einen Unterfchied zwiſchen veinen F 
und unreinen Thieren macht. Manes trat ebenbeiwes 
gen, indem er es ſchlechthin für unerlaubt erflärte, Thiere za 
ſchlachten, wegen der Verwandtſchaft der Menſchenwelt mt 
der Thierwelt, und das Fleifch der gefdhlachteten Thiere p 
genießen, weil der Fleiſchgenuß durchaus verunreinigend if, 
der feit alter Zeit herrſchenden Anficht und Sitte entgegen !®) 
Noch größer ift der Widerſpruch, in welhen das Mantchii 
fche Verbot der Ehe mit der ganzen Welt: und Lebensanfigt 
des Zendavefla kommen mußte. Nach der Zoroaſtriſchen 
Lehre wird Ormuzd durch nichts mehr verherrlicht, als durch 
die freie und ungehemmte Entwiklung des Naturlebens über: 
haupt und des animalifchen Lebens insbeſondere. „Wem 
Waſſer ftrömt, fo fchildert der ſchoͤne Jeſcht Farvardin Ins 
bavefta Th. II. ©. 216. f. die Zoroaftrifche dee des Lebens, 
ſich ausgießt überfließend, und Leben mit fidy trägt, wenn 
aus der Erde im Ueberfluß Bäume hervorwachfen, die durd 
fid) felbft belchen, wenn Wind bläst in der weiten Welt und 
Leben mit fih führt, wenn Weibchen Kinder haben, wenn 
Leben und Zeugung glüflicy fortgeht, wenn der Menſch in 
Größe. lebt für und für, Heerden großer Zahl ihm Epeife 
geben, wenn der Herr des Haufes mit Luft fieht Laufen große 
Heerden, wenn Eonne und Mond und Eterne ihre Bahn 
gehen, fo ift dieß, Damit ‚die Feruers (die Licht: und Lebens: 
genien, die geiftigen Principien alles Seyns) in Glanz und 
Glorie ſchimmern.“ Se fröhlicher die Gefchlecyter der reis 


—r — —— — — 


18) Porphyrius a. a. O. rechnet zwar dieſelben Magier, wel⸗ 
hen er das Dogma von der Metempſychoſe sufchreibt, zu 
benen, die Thiere zu ſchlachten und ihr Fleiſch zu effen, 
für unerlaubt hielten. Es gilt aber auch in diefer Bezie⸗ 
hung das zuvor Bemerkte. 











N 
® 
z 


41 
— 27 — 
nen Thierwelt gedeihen, in je größerer Zahl ſie ſich fortpflan⸗ 


zen, deſto vollkommener wird Ormuzds Gefez erfüllt, deſto 


herrlicher ſpiegelt ſich in der irdiſchen Schoͤpfung die lebens⸗ 


m dolle Fülle feines Lichtreichs ab, weswegen es ſogar als ein 


* 
x 


großes Verdienſt angeſehen wurde, eine große Zahl zahmer 


und wilder Thiere zu naͤhren. Zendav. Th. II, ©. 178. Da⸗ 


se her nun die hohe Wichtigkeit der Ehe, deren Fruchtbarkeit 
„ng dem Perfer, wie dem alten Hebräer, als hoͤchſtes Lebensgluͤk 


9 1: JM 


galt: er ‚betrachtete fie, wie ſchon Herodot I. 136 bemerkt, 


als einen Segen, durdy welchen fi) Ormuzd an ihm vers 


herrlichte. Kinder mußte der Perfer haben, weil fie deu Weg 
über die Bruͤke (Tſchinevad, die zwifchen Erde und Himmel, 
vom Gipfel ded Albordi aus, zum Siz der Seligen führt) 
leicht machen. Unfähigkeit zur Zeugung aber und Kinderlos 
figteit rührt von Ahriman her. Zendav. Th. J. ©. 69. Daß: 
dieſe Lebensanficht auch noch fpäter die herrfchende unter dem 
Derfern war, fehen wir daraus, daß in den Verfolgungen, 
die im perfifchen Reich über die Chriften ergiengen , diefen 


insbefondere aud) dies zum Vorwurf gemacht wird, daß fie 


den Menfchen, zu heurathen und Kinder zu zeugen, verbies 


ten. In der Proclamation, welche der perfifche Feldherr und 


Statthalter Mihr Nerfeh, um die Mitte des fünften Fahre 
hunderte, an die Chriften in Armenien erließ, wird gefagt: 
„Glaubt nicht euren Führen, welche ihr Nazarener nennt, 
denn fie find arge Schelme, fie lehren euch mit Worten und 
hun in ihren Handlungen das Gegentheil. Sie fagen, 
Fleiſch effen, ift Feine Sünde, und doch effen fie Fein Fleifch ; 
fie ſagen, es ziemt, eine Frau zu nehmen, und dod) wollen 
fie eine rau nicht einmal anfehen. — Sie halten es für 
unwuͤrdig, Menfchen zu erzeugen, und preifen die Unfruchts 
barkeit. Wenn ihr ihnen folgt, wird das Ende der Melt 
bald kommen.“ Neander Gefch. der hriftl. Rel. und Kirche 
I. 4. ©. 227. Erregte ſchon das Chriftenthum durch folche, 
doch immer nur in Einzelnen, ſich zeigende Erfcheinungen, 
















fo großen Anftoß, fo ift leicht zu erachten, welchen eg 

faz hierin die firengen Grundfäze des Manichaͤismus | 
die perfifche Lebensanſicht bilden mußten, und es gilt a 
in diefer Beziehung, was Auguſtin Contra Secund. c.. 
bemerkt: Displicet: „crescite et mulliplicamini“, ne. 
vestri: multiplicentur ergastula. — Omnis feminae 
cunditas dura est Dei calamitas, nn 

Kann es uns befremden, wenn Manes bei einer an 
ſchon, in Hinſicht der Princtpien, fehr bedeutenden, Die gan 
Melt- und Lebensanficht verändernden, daher auch in de 
äußern Rebensverhältniffe tief eingreifenden Abweichung ma 
der durch den Glauben der Väter fanctionirten Religion fs] 
nen Volfsgenoffen als Neuerer und Häretifer erfchien?. Di 
abendländifchen Berichte enthalten hierüber nichts: es vom, 
wie fie erzählen, nur eine zufällige Ungnade des Königs, di 
ihn traf, und ihm das befannte unglüfliche Lebensende ei‘ 
309. Der Eohn des Königs war nad) den Acta disp. Arch 
c. 53. erfrankt, um fein Leben beforgt, fezte der Khnig eim 
anfehnliche Belohnung für den aus, der ihn wieder herftellenl 
würde. Auf diefeö meldete fi) Manes, und machte ſich am 
heiſchig, den Juͤngling zu heilen. Der König nahm ihn 
fehr wohhvollend auf, allein die Folge von allem, was Me 
ned mit dem Füngling vornahm, war, daß er imter feinen 
Händen ftarb, und die Schuld feines Todes nun auf Ma— 
nes fiel. Der König ließ ihn dafür ins Gefängniß werfen, 
und mit fehweren Fifengewichten belaften. Als der König 
erfuhr, was Maned dur die Schiiler, die er ausfandte, 
unternahm, befchloß er, ihn mit dem Tode zu beftrafen. 
Manes entfagg jedody auf die fchon angegebene Weiſe. Der 
von Manes beſtochene Gefängnißwächter mußte fiir feine 
Schuld fogleich mit dem Leben buͤßen. Manes felbft wurde 
uͤberall aufgefucht, zulezt ergriffen und vor den König ge: 
fährt, welcher, über Manes höchft aufgebracht, einen zwei. 
fahen Tod an ihm beftrafen wollte, den Tod feines Sohnd 


18 


und den Tod des Befängnißwächtere. Deswegen wurbe er 
geſchunden, der geſchundene Leib, den Vogeln zum Raub, vor 
“dem Thore der Stadt aufgehängt, und (um aus Einer Pers 


j ſon gleichfam zwei zu machen) bie abgezogene Haur mit 


11 


[, 5 a — r „we T7. 


Kräutern wieder ausgefüllt. Von einer Beziehung der Strafe 
auf die Lehre und Grundfäze Mani’s findet ſich hier nichts, 
Eben fo wenig läßt die kurze Andeutung, die Alerander von 
Lycopolis c.2. von Mani’d Leben und Lebensende gibt, auf 
eine andere, als eine reinperfonliche Urfache der Foniglichen 
Ungnade ſchließen: Manes habe unter der Regierung des 
Kaiſers Balerign, gelebt und mit dem Verferfönig Sapor 
einen Feldzug.gemacht, und weil er bei diefem in Ungnade 
fiel, das Xeben verloren ( N000x20000@VT« de Te rovrꝙ 
anoAwAsver) 19). Die morgenlaͤndiſchen Berichte dagegen 


laſſen, ob ſie gleich in manchem mit den griechiſchen uͤber⸗ 


einſtimmen, Manes als Haͤretiker fliehen, und zulezt mit 
dem Tode beſtraft werden. Nachdem Manes einige Zeit 
Aufſehen erregt, und ſich fuͤr einen Propheten ausgegeben 
hatte, ſammelte er Schuͤler um ſich, die ſich der Zoroaſtri⸗ 
ſchen Religion, zu welcher ſich die Perſer bekannten, und 
ihren Gebraͤuchen widerſezten. Dieſe Neuerung erregte Un⸗ 
ruhen, und Schapur wollte Manes beſtrafen. Allein Manes, 
der erfuhr, daß man ihn aufſuche, ergrif die Flucht, und 
zog ſich nach Turkeſtan zuruͤck, wo er bis zum Tode Schapur's 
blieb. Unter deſſen Nachfolger Hormuzd kehrte er zuruͤk, 





19) Cyrill von Jeruſalem, der im Uebrigeg den Acta folgt, 
fagt fogar, wie wenn er der gerausfejun® daß ein religid- 

. ſes Intereffe zu Mani's Schikfal mitgewirkt habe, wieder⸗ 
fprehen wollte (Catech, VI, 25.): „er Sey Ind Gefängniß 
geworfen worden, ov du To megi almHeiog . &.eykaı Tov Pa- 
oulia, od dir 16 xareltomı zu .siöwla, Alla da TO — 


yeronodaı, ualkoy ÖE, zu dei T GlmdEs sineiv, Old TO P0- 
yevoal. M 


⸗ 
























ſo großen Anſtoß, fo i 
faz hierin die ftrengen 
die perſiſche Lebensan 
in dieſer Beziehung, was 
bemerkt: Displicet: 
vestri: mulliplicentur 
oundilas dura est Dei 
Kann ed und befrem 
ſchon, in Hinficht der P 
Welt⸗ und Lebensanfich! 
Außern Lebensverhaͤltniſſe t 
der durch den Glauben der Bi 
nen Volksgenoſſen ald Ri 
abendländifchen Berichte ei 
wie fie erzählen, nur eine 

ihn traf, und ihm das b 
309. Der Eohn des 
6. 53. erfrankt, um fe 
anfehnlicye Belohnung 
wuͤrde. Auf dieſes meld 
heifchig, den Zugn zu 
ſehr wohlwollend auf, alle 
nes mir dem Juͤugling vo 
Händen farb, und die Sch) 
nes fiel. Der Kdnig ließ 
und mit ſchweren Fifengen 
erfuhr, was Manes dur 
unternahm, befchloß er, 
Manes entlang jedoch auf 
von Manes beftochene Gefängnigw>s ' 
Schuld ſogleich mit dem Leben bilfg en 
überall aufgefucht, zulezt ergriffen u? 
führt, welcher, Aber Manes hoͤchſt aut 
fachen Tod an ihm beftrafen wolle ⸗ ver 




















vBorgang behauptet wird. In 

Wahrſcheinlichkeit daflr, daß 
und feines Abfalls von der 
n Haß feiner Landsleute und 
150g, und deöwegen, nicht aber 
‚Schriftftellern angegebenen 
‚ode beftraft wurde. Ueber ven 
ſenheit der fo großes Aufſehen erre= 

wird nichts Veftimmteres gemels 
Thiere zu tbdten, und ihr Fleiſch 
ben, wenigſtens nad) Herbelot 
gehbrt die Angabe, die Ans 
hannt worden, welcher Name 
fol (ſ. Herbelot a. a. D.). 
hneten die Perfer nad) Mirk⸗ 
aniden bei De Sacy a.a. O. 












menigftens dies gemein, 
d ihr Fleiſch zu effen, für 
a. O. S. 354. Mit den 
Anhänger Mani’s und 
\ n, fofern auch die Sad⸗ 

in ver ng ber Lehre von der Auf⸗ 
len Wideriwillen gegen das Materielle, - 

e zeigten. " 

©. sie fi) aus der Unterfuchung ihres 
Hen ergibt, fo vieles enthielt, 

vı werden kann, ihr fogar eitte 
enejteht mit Recht die Frage, wo 
svonftrifchen fo bedeutend abs 

uficht zu fuchen haben? Ein 

n> deö Orients ſcheint mir 

nt zweifelhaft zu laffen, 

28 ö 









fo großen Anſtoß, fo iſt leicht zu erachten, welchen Gegm 

faz hierin die firengen Grundfäze des Manichaͤismus | 
die. perfifche Lebensanficht bilden mußten, und es gilt « 
in diefer Beziehung, was Yuguftin Contra Secund. «.. 
bemerkt: Displicet: „crescite et multiplicamini“, ne. 

vestri: multiplicentur ergastula. — ÖOmnis feminae fı 
cundilas dura est Dei calamilas, u 

Kann ed uns befremden, wenn Manes bei einer an fl 
ſchon, in Hinficht der Principien, fehr bedeutenden, Die gampf 
Welt⸗ und Lebensanficht verändernden, daher auch in de 
Außern Rebensverhältniffe tief eingreifenden Abweichung mm 
ber durch den Glauben der Väter fanctionirten Religion ff 
nen Volfögenoffen ald Neuerer und Häretifer erfchien?. Di 
abenbländifchen Berichte enthalten hierüber nichtö: es wa, 
wie fie erzählen, nur eine zufällige Ungnade des Königs, ik 
ihn traf, und ihm das befannte ungläfliche Lebensende zu 
309. Der Eohn des Königs war nad) den Acta disp. Arch 
c. 53. erkrankt, um fein Leben beforgt, fezte der König eim 
anſehnliche Belohnung für den aus, ber ihn wieder Herflelaf 
würde. Auf diefes meldete ſich Manes, und machte fich am 
heifhig, den Füngling zu heilen. Der König nahm ihn 
fehr wohlwollend auf, allein die Folge von allem, was Me: 
nes mit dem Jüngling vornahm, war, daß er inter feinem | 
Händen farb, und die Schuld feines Todes nun auf Ms 
nes fiel. Der König ließ ihn dafür ins Gefängniß werfen, 
und mit fehweren Fifengewichten belaften. Als der Kdnig 
erfuhr, was Manes durch die Schliler, die er ausfandte, 
unternahm, befchloß er, ihn mit dem Tode zu beftrafen. 
Manes entlang jedoch auf die fchon angegebene Weife. Der 
von Manes beflochene Gefängnißwächter mußte fiir feine 
Schuld ſogleich mit dem Leben buͤßen. Manes felbft wurde 
siberall aufgefucht, zulezt ergriffen und vor den König ge: 
führt, welcher, uͤber Manes hoͤchſt aufgebracht, einen zwei⸗ 
fachen Tod an ihm beſtrafen wollte, den Tod feines Sohns 


e | — 4229 — 


"und den Tod des Gefängnißwächtere. Deswegen wurde er 
H gefchunden, der gefchundene Leib, den Vögeln zum Raub, vor 


yı 


24 


dem Thore ber Stadt aufgehängt, und (um aus Einer Pers 
fon gleichfam zwei zu machen) die abgezogene Haut mit 
Kräutern wieder ausgefüllt. Von einer Beziehung der Strafe 
auf die Lehre und Grundfäze Mani’s findet ſich hier nichts. 
Eben fo wenig läßt die Furze Audeutung,, die Alerander von 
Lycopolis .c.2. von Mani's Leben und Lebensende gibt, auf 
‚eine andere, ald eine reinperfonliche Urfache der koͤniglichen 
Ungnade fihließen: Manes habe unter der Regierung des 
Kaiferg Balerign, gelebt und mit dem Perferfünig Sapor 
einen Feldzug gemacht, und weil.er bei diefem in Ungnade 
fiel, dad Lehen ‚verloren (ngooxgodeavra dE Ti. Tovrg 
aroAwäAtveı) 29). Die morgenländifchen Berichte dagegen 


. laffen, ob fie.gleich in. manchem mit den griechifchen. übera 


einftimmen, Manes ald Häretifer fliehen, und zulezt mit | 
dem Tode beftraft werden. Nachdem Manes einige Zeit 
Aufiehen erregt, und ſich für einen Propheten ausgegeben 
hatte, fammelte er Schüler um ſich, die fich der Zorvaftris 
ſchen Religion, zu weldyer fid) die Perfer befannten, und 
ihren Gebräschen widerfezten. Diefe Neuerung erregte Uns 
ruhen, und Schapur wollte Manes beftrafen. Allein Manes, 
der erfuhr, daß man ihn aufſuche, ergrif die Flucht, und 
309 ſich nad) Turfeftan zurüd‘, wb er bis zum Tode Schapur's 
blieb. Unter deffen Nachfolger Hormuzd kehrte er zurüß, 





19) Cyrill von Jeruſalem, ber im Uebrigeg den Acta folgt, 
fagt fogar,, wie wenn er der Borausfezung, daß ein religiö- 

... fe8 Intereſſe zu Mani's Schikſal mitgewirkt habe, wieder⸗ 
fprehen wollte (Catech, VI, 25.): „er ſey ind Gefängniß 
geworfen worden, od dus zb megl dimdeiag .eldykaı röv Pa- 
oılia, od dir zb xareltonı tu eidwla, Alla dia To — 
wevonoder, unlloy di, ei de T aAmdEs sineiv, O1 TO 0- 
vEvoni. | 


7 
1 


and wußte diefen für feine Sache zu geininnen. Demmpal 
achtet war der Haß gegen Manes fo groß, baß ihm Km 
muzd ein feftes Schloß in Chufiftan zu feiner Sicherhet 
einräumte. S. Herbelor Bibl. Orient. Par. 1697. &. s48.f, 
nad) Chondemir. Wie Mirkhond in der Gefchichte der Sk: 
faniden (De Sacy Memoires sur diverses antiquites dekl 
Perse Par. 1693. ©. 289 und 294. f.) nah Maffudi md 
det, hatte Schapur anfangs Mani’dLehren angenoinnten’ 29), 
und erft nachher fie wieder verlaffen, und Manes als Neuere 
verfolgt, worauf diefer nach Hinduſtan ſich flüchtete, nd | 
fodann. von Kafchmir aus nad) Zurkeftan und Chatai fid 
begab, und erft unter Hormuzd’8 Nachfolger Bahram nad 
Perfien zuruͤkkam. Manes hoffte nun auch in Perfien die 
felbe guͤnſtige Aufnahme zu finden, die er in den dftlichen 
Ländern, in welchen er fid) bisher aufhielt, gefunden hatte. 
Er forderte daher ven Schach Bahram auf, feine Sendung 
anzuerkennen und feine Lehre anzunehmen. Bahram hörte 
. anfangs feine Neden dem Anfchein nad) mit Wohlgefallen, 

fo daß Manes fi) vollfommen ficher glaubte, und feine Schi: 
ler fi) um ihn verfammelten. Allein Bahram ließ Hierauf 
die Gelehrten feines Reichs Fommen, und befahl ihnen, mit 
Manes eine Unterredung über die Dogmen, die er [ehrte, 
zu halten. Manes konnte ihnen nicht antworten, und wurde 
feines Irithums überwiefen. Da feine Gottlofigfeit und 











20) Auch Mirkhond erwähnt, Indem er von Mani foricht, des 
Paraklet, für welchen er fi) ausgegeben habe, mit deu Wor⸗ 
ten (nah De Sacy's Ueberfesung a. a. D. ©. 294.): On lit 
dans quelques’livres d’histoire, que Mani nyani oui dire, 
que Jesus avoit adresse ces \paroles ü ses disciples: 
Après moi viendra le Paraclet, et vous devez enseig- 
ner a vos enfans, qu' {ls seront obliges, de le swivre ei 
de s’attacher a lui,‘* ıl s’imagina, que c’dtoit Tui-meme, 

qui dtoit designed sous le nom de Paraclet, tandis que 
c’est un des noms de Dlahomet. . 


— 431 — 
fe Falſchheit ſeiner Lehre allgemein bekannt war, forderte 
nan ihn zu einem Widerruf ſeiner Irrlehren auf, als er 
tiefen: ausſchlug, befahl Bahram, daß er geſchunden und 
eine Haut an dem Thore von Dſchondiſchapur ?*) aufge⸗ 
aͤngt würde ” Es ift allerdings nicht zu läugnen, daß 





21) Derſelbe Name kommt in den Acta Thomae ale indiſcher 
Koͤnigsname vor ($. 2. Paokeusg Fowöapogos)..&, Thilo 
©. 113. 


22) So berichten bie orfentatifchen und oceldentaliſchen Schrift⸗ 
ſteller einftimmig das Lebendende Mani's. Die Deeidentalen, 
wie 5. B. Cyrill von Serufalem Catech. VI, 30.' (man vol. 
Touttee's Bemerkung zu diefer Stelle) erinnern öfterd, daß 
bei den Verfern überhaupt graufame Todesitrafen fehr ges 
woͤhnlich gewefen feyen. Eigen ift aber doch bei Mani, daß 
er nicht blos, wie auch fonft gefhehen mochte (man vgl, 

Herod. V, 25. und Brisson. De reg. Pers, prineip. L. II. 

S. 262.) gefhunden, fondern aud die abgezogene Haut, 

wie Archelaus fagt, mit Kräutern angefüllt, oder, wie Pho⸗ 
tius in der Geſchichte der Mani. ©. 357. und Socrates in 
der Kirchengeſch. 1, 22. noch genauer angeben, gleich einem 

Schlauch aufgeblafen, und mit Spreu ausgeftopft, fodann 
aber vor dem Thore d. h. am dffentlichften Orte der Stadt 
aufgehängt wurde (Tijs xaxiorng yvayıns Öozreiov To drpum 
Yulaxov Öixmy ago Tav Vl0V Snen, 97 Cyrill a. a. O.). Es 
legt wohl klar vor Augen, daß dadurch der eitle Eigenduͤn⸗ 
kel und die leere Aufgeblaſenheit des nenerungsfüchtigen Ke⸗ 
zerd Anſchaulich dargeftellt werden follte, jene xerodokie, 
die auch nach dem Urtheil der Vaͤter der riftlihen Kirche 
die ftets fruchtbare Mutter der Härefen iſt. Eine merkwuͤr⸗ 
dige Parallele gibt aber dazu fhon aus alter Zeit der von 
Apollon gefhundene Marfyas, denn auch von diefem ſagt 
Herodot VII, 26. &v 15 (adrn ın &yoon ım Kelaıysor) 6 10V 
Sılyvov Mogoven Auxog &v 1 Mulsı Ayaxgkunras Toy UNO. 
Dovyar- Aöyog ya uno ’ Anchkewog Exdapersu Avaxgruacdt- 
vor. Nemlich auch Marfyas war ein Kezer, weil er die An⸗ 


| 42 — . 
die beiden Berichte nicht unbedeutend von einamber-ah 
weichen, doch dürfen wir in bemjenigen, worin fie nicht zus 
fammenftimmen, nicht gerade einen wirklichen MWiderfprad 
annehmen: es läßt fi) zum Theil wenigftens das Eine gar 
wohl neben dem Andern denken, ‚und bie beiderfeitigen Bes 


richte ftehen im Ganzen nicht fo ‚weit auseinander, wie ge⸗ 
. wöhnlidh 


maßung hatte, fih mit Apollon in den bekannten Meitkreit 
einzulaffen‘, und mit der plumpen Flöte, mit welcher er ge 
gen die Either des Gottes auftrat, nur feine leere Aufge 
biafenheit zur Schau ftellte. Deswegen fah man im Alter 
thum in feiner Gerichte ein Beiſpiel des beftraften Leber: 
muths (f. Wieland’s Attiſches Muf.I. 2. ©. 330.), und fe 
Bild wurde In den Städten auf dem Forum aufgeftelt, um 
ale Symbol einer bürgerlich freien Verfaffung (f. Servius ad ' 
Virg. Aep. III, 20. IV, 58. Ereuzer inden Studien Bb. II.) 

- zugleich zur Warnung zu dienen vor jener Ußgıs, oder feld | 

. füchtigen Neuerungsluft , die in den alten Republiken die al: 
: gemeine Sreipeit und Gleichheit ebenfo oft in Gefahr brach⸗ 
te, als fie die Einheit und den Frieden der chriftlichen Kirche 
ſtoͤrte. Daß die an Manes vollzogene Todesſtrafe feit alter 
Zett eine eigenthümliche fymbolifhe Vedeufung haben ſollte, 
darf wohl auch daraus geſchloſſen werden, daß ſie beſonders 
in ſolchen, Fällen angewandt wurde, die vor das Forum ber 
Magier gehörten, demnach vorzugswelfe aus dem religiöfen 
Gefihtspunet betrachtet wurden. Ein aͤhnliches Beiſpiel er: 
zäblt Procopius De bello Pers I, 5, von dem: perfifchen 
König Pacurlus: IIoxovgiog Bœcixiov niv To — X 
oxov Ts aNıo TTETTOLNUEVOG , Kol ayugov Eunimouusvog , 0L0v 
ünixpeuooev Eni Ötvögov Tivög dymlov,. und jwar, weil die 
Magier den armenifhen König Arſaces, deſſen Feldherrt 
und vertrauter Natbgeber Baſicius war, zareyyacay & 1 
zug Onovöds zal Tovg Ogxoug Yöımmasvaı. Es war eine aus 
religiöfen Ruͤkſichten fanctionirte Todesftrafe, die Die irrell⸗ 
gidfe Willkuͤhr und Nichtigkeit eines gegen das Göttliche fid 
auflehnenden Sinne veranſchaulichen ſollte. 





wöhnlich nach Beauſobre's Vorgang behäuptet wird. In 
jedem Falle ift alle innere Wahrſcheinlichkeit dafür, daß 
Mans wegen feiner Frrlehren und feines Abfalls von der 
Zorvaftrifchen Religion ſich den Haß feiner Landsleute und 
der Magier insbefondere zuzog, und deswegen, nicht aber 
wegen der von den griechifchen Schriftftellern angegebenen 
Urſache, zulezt mit dem Tode beftraft wurde. Ueber den 
Inhalt und die VBefchaffenheit der fo großes Auffehen erre- 
genden Irrlehren Mani's wird nichts Beſtimmteres gemels 
det, doch wird das Verbot, Thiere zu toͤdten, und ihr Fleifch 
zu effen, befonders hervorgehoben, wenigftens nad) Herbelot 
Bibl. Or. ©. 548. Ebendahin gehört die Angabe, die Ans 
hänger Mani’s feyen Zendifs genannt worden, welcher Name 
ſoviel als Sadducäer bedeuten fol (ſ. Herbelot a. a. D.). 

Mit demfelben Nanten: bezeichneten die Perſer nach Mirk⸗ 
hond (ſ. die Geſchichte der Saſſaniden bei De Sacy a. a. O. 
S. 363.) die ebenſo verhaßte Secte Mazdak's. Dieſer durch 
Einfuͤhrung der freieſten Geſchlechtsgemeinſchaft beruͤchtig⸗ 
te Haͤretiker hatte mit Manes wenigſtens dies gemein, 
daß auch er, Thiere zu todten, und ihr Fleiſch zu eſſen, für 
unerlaubt erflärte. De Sacy a. a. O. ©. 354. Mit den 
Sadducdern kounten demnach die Anhänger Mani’s und 
Mazdak's zufammengeftellt werden, fofern auch die Sad⸗ 
ducaͤer, wenigftend in der Verwerfung ber Lehre von der Auf⸗ 
erftehung, einen gewißen Widermwillen gegen dad Materielle, 
Khrperliche und Fleifhlihe zeigten. 

Da Mani’d Lehre, wie fich aud der Unterfuchung ihres 
Verhaͤltnißes zur Zoroaſtriſchen ergibt, fo vieles enthielt, 
was aus dieſer nicht erklärt werden kann, ihr fogar ent⸗ 
fchieden entgegengefeztwar, fo entiteht mit Hecht die Frage, wo 
wir Die Quelle einer von der Zoroaftrifchen fo bedeutend ab⸗ 
weichenden Welt: und Lebens⸗Anſicht zu ſuchen haben? Ein 
Blik auf die alten Religionsfpfteme des Orients fcheimt mir 
. die Beantwortung dieſer Frage nicht zweifelhaft zu laſſen, 
Baur’s Manich. RI. Syſt. 28 


es 


— 44 — | | 
und ich glaube. mit gutem ‚Grunde die aus ber. gangen In 
terfuchung gewonnene Weberzeugung ausſprechen zu Ehnnen, 
daß der Manichaͤismus in demfelben Verhaͤltniß, in. weis 
chem er fi) von her Zoroaftrifchen Lehre gmtferug,;.fich der 
indifchen, namentlich buddhaiſtiſchen Religionslehre. nähert. 
Hat man den Manichdismus bisher nach der gewdhnlichen 
Anficht ald eine Combination des Zorvaſtrismus uud bei 
Ehriftenthums genommen, indem. man babei nur. auf aͤuſ⸗ 
ſere außerweſentliche Beruͤhrungspuncte ſah, fo moͤchte ic 
vielmehr nach der. ganzen innern Geſtaltung des Spftems 
in demfelben einen Verſuch ſehen, den Zorvaftrismus mit 
dem Budohaismus zu verfhmelzen, oder nach Mani’d 
Sinne, jenen durch diefen zu reformiren. Die Anficht, die 
man dem Maned gewöhnlich nur in Beziehung auf das 
Eyriftenthum ‚zufehreibt, mußte er nothiwendig auch von 
dem Zoroaftrifchen Religionsſyſtem haben, es fchien ihm 
in ber Form, in- welcher ed das in Perſien berrfchende 
geroorden wer, auf einer untergeordneten Stufe zu ſtehen, 
einer noch. unausgebilbeten, ungeläuterten Anficht anzuge 
hören, über welche man ſich nothwendig erheben muͤſſe, 
wenn ber demfelben zu Grunde liegende Dualismus in fei- 
ner. ganzen Strenge und Conſequenz follte durchgeführt werden. 
Eine einfache Darlegung der hauptſaͤchlichſten Ideen und Leh⸗ 
sen, in welchen der Buddhaismus mit dem Manichäismus 
zufammentrifft, wird die aufgeftellte Behauptung, fo weit fie 
vor allem aus dem innern Verhältniß der beiden Religions: 
ſpyſteme zu begründen ift, wie ich hoffe, rechtfertigen. 
4 Wenn Manes über den Zorvaftrifchen, auf Den Ge: 
genfaz des Guten und Boͤſen befchränften Dualismus da: 
durch hinausging, daß er ald hoͤchſte Principien den Geift 
und die Marerie fezte, fo ftellte er fi) auf denfelben Stand⸗ 
punct, ber ber indifchen Religionslehre eigenthuͤmlich ift. 
So verſchieden auch ihre Formen find, die ihr zu Grunde 
liegende Weltanficht ift durch den vorherrfchenden Gegenfa; 


- 


























[2 


— 435 _ 


des Geifted und der Materie durchaus bedingt, fey ed nun, 
daß die Materie nur als der dem Geifte inwohnende uner⸗ 


klaͤrbare Hang, ſich in realen Formen zu objectiviren, und 


zur Materie zu verkörpern, ober als ein dem Geifte gegen: 
überftehendes felbftftändiges reales Princip genommen wird. 
Aus der erftern Anficht ift der idealiftifche Pantheismus der 
DVedalehre.gefloffen , die dad Princip der realen, materiellen 
Welt in die Main fezt, die ald Schein und Taͤuſchung den 
alles hervorbringenden Brahma umgibt, der mit der Maia 
fpielend ?3), in ihren ‚bunten, wefenlofen Geftalten ſich felbft 
anſchaut und abfpiegelt. Es ift früher bemerft worden, wie 
diefe die Sinnenwelt für. Schein und Zäufchung erflärende 
Anſicht, an die ſich im griechifchen Alterthum fo viele An: 
Fänge finden, in der Manichäifchen Kosmogonie durchſchim⸗ 
mert. Selbftftändiger ftellt der Buddhaismus die Materie 
dem Geifte gegenüber. Es gibt. nach der Lehre deſſelben 





23) Mol. Bohlen das alte Indien mit befonderer Ruͤkſicht auf 
Aegypten. Königeb. 1830 Th. I. ©. 160. Treffeud erinnert 

Bohlen bei diefem demiurgifhen Spiel, das aud) In den grie- 
hifhen Mythen von Dionyfog = Zagreus und der Perfephone . 
fehr bedeutfam ſich zeigt, an die Schilderung der Weisheit 
in den Proverbien: daß die Weisheit ald Kind bes Jehova, 
von ihm ausgeftrömt und geboren, mit ihm als fein Werk⸗ 
meifter den Himmel fhuf, und vor feinem Angeſichte ſpielte. 
8, 22— 31. — Auch in Beziehung auf den Gnofticismue iſt 
die Weisheit des A. T. und der Apokryphen des U. T. ein 
vermittelndes Glied, das für die Geneſis des Gnoſticismus 
noch mehr beachtet werden dürfte, als bisher gefhehen ift. 
Die Art und Weife, wie die Sophla nah dem Buche der 
Weisheit (man vgl. beſonders c. 10.) In die Menfchenge: 
fhichte eingreift, als Princip der theofratifhen Entwillung, 
und in fletem Kampf mit einer widerftrebenden Macht er- 
Scheint, tft ganz analog dem Verhaͤltniß, in welchem bie gno- 
ſtiſche Sophia-Achamoth zur Materie und der fih entwileln: 
den materiellen Belt fteht. 

28.. 


436 — 

einen mit Weltenſtoffen angefüllten ewigen Raum, im wel⸗ 
chem nad) ewigen, unabänderlidien Gefezen die Welten ents 
ftehen und vergehen. Das belebende, die Materie burchbrins 
gende Princip ift der Geift, der zwar an und für fich im fteter 
* iſt, ſich aber in unzaͤhligen Formen durch die Ma⸗ 
terie individualiſirt. Der Gegenſaz zwiſchen dem Geiſt und 
der Materie ift zwar allerdings in der buddhaiſtiſchen Lehre 
nicht fo ſtreng gedacht, wie in ber Manichäifchen, wir duͤr⸗ 
fen aber dabei nicht vergeffen, daß der Manichaͤismus ſei⸗ 
nen Zufammenhang mit dem perfifhen Dualismus nicht 
verläugnen kann. Er trägt daher auf den Gegenfaz zii: 
{chen Geift und Materie den Gegenfaz zwifhen Ormuzd 
und Ahriman über, während ber Buddhaismus die unends 
lich feine und unfichtbar gedachte Materie gewißermaßen 
vergeiftigt, und jenen Gegenfaz durd) die Maia vermittelt 
werden läßt, unter deren beftändig täufchenden Gaufelfpiel 
fi die Welt der Erfcheinungen aus den feinen Partifeln 
des Raumes, oder dem leeren Raum, dem Nichts, dem. ur: 
fpringlichen Zuftand alles Borhandenen, bildet. Stellt der 
Buddhaismus die beiden fich durchdringenden Principien, 
Geift und Materie, wie Mann und Frau, neben einander, 
fo ftellt fie Dagegen der Manichaͤismus, wie zwei feindliche, 
ſich gegenfeitig befehdende Herricher einander entgegen. Laſ⸗ 
fen wir aber diefe befondern Modificationen fallen, in wels 
chen beide Syſteme noch die Farbe ihres Urfprungs an fich 
tragen, fo ftellen beide Syfteme Geift und Materie, als ihre 
hoͤchſten und allgemeinften Principien, an ihre Spize. J. J. 
Schmidt Geſchichte der Oftmongolen und ihres Fürftenhau- 
fes u. ſ. w. aus dem Mongol. überfezt. Petersburg 1S29, 
©. 302. Bohlen dad alte Indien a.0.D. S. 323. f. Rhode 
über religidfe Bildung, Mythol. und. Philof. der Hindus, 

Leipz. 1827. Th. I. ©. 381, f. 
2. Der Manichaͤismus läßr einen aus dem Fichtreich 
in dad Reich der Finfterniß fallenden Lichtſtrahl den erften 





Anlaß zur Weltfchöpfung oder zur Vermiſchung der beiden 
Prineipien werden, und die Melt felbft geht aus der tief⸗ 
ften gegenfeitigen Durchdringung der beiden Principien, der 
Vermiſchung des Lichts, oder der Lichtfeele „ mit der Date: 
rie, hervor. Auch ber Buddhaismus fezt an die Spize al- 
ler zeitlichen Weltentwiklung ein Lichtreich, oder einen Lichts 
traum, die Region des zweiten Dhjana ?*), ober des Lichs 
tes, die den periodifchen MWeltzerflörungen nicht unterliegt, 
und aus drei Ubtheilungen befteht, nemlich aus der des 
Lichtes überhaupt, aus der des unendlichen Lichtes, und aus 
der des allervollfommften, über jeden Begriff hellen Lichtes. 
Schmidt Gefch. der Oftmong. ©. 303. - Sobald die erfte 
Entwiflung beginnt, entfteht eine Anzahl Lichtwefen, bie 
fi) vermehrend und allmälig ausartend.niedere Gattungen 
erzeugen, bis zulezt diefe Eörperliche Welt: entfteht, und 
durch immer tieferes Sinken und ftete Berminderung des 
Lichrftoffes die Materie immer grober und die Finfterniß im: 
mer finfterer wird. Der Bubdhaismus verfährt aud) hier, 
da er die Materie fo viel möglich verflächtigt, und zum 





24) Ein Sandtritwort, das ttefe Innere Selbſtbeſchauung bedeus 
tet. Es gibt auch einen dritten und vierten Dhiana nebft 
noch einigen andern, lauter Reiche vollendeter Seligkeit mit 
verfchledenen Abftufungen. Noch weiter über dieſe zur zweis 
ten Welt gehörenden Regionen hinaus find diejenigen der er: 
ften oder fogenannten farb= und geftaltlofen Welt, durchaus 
unfichtbar, ganz unförperlich, und ganz ohne Zeit und Raum. 
Die drei Welten find nemith 1. die ber allerboͤchſten farb’ 
und geftaltiofen Wefen, 2. die der farbigen oder eine Geſtalt 
babenden Weſen, 3. die Melt des Geläftes und des Gaufel- 
fpield der Erſcheinungen, mit ſechs MWefengattungen , drei 
guten und drei verworfenen Naturen. Bon der zweiten Welt 
ift e8 nur die Region des erften Dhjana, bie Zerftörungen 


und Auflöfungen unterworfen iſt. Schmidt Geh. der ‚Ol: 


mong. ©. 303. 


‘ 


u | 
— 48 — 


feinften Subſtrat des Geiſtes macht, Aiche d valaltſcſh 
wie der Manichaͤismus, aber beide Syſteine nehrinen doch 
in dem mit der Materie ſich vermiſchenden und in dieſelbe 
übergehenden Kichtprineip eine ftete Abnahme und Veidiuul⸗ 
lung an. Die Vorſtellung eines auf das Lichtreich geſche⸗ 
henen Angriffs, und eines an demſelben veruͤbten RünbB, 
ging natuͤrlich ganz aus dem Weſen des Manichaͤiſchen 
Dualismus hervor; Doch nimmt auch der Bubbhuifentud 
eine analoge Erſchuͤtterung des Lichtreichs an. Aus der den 
periodiſchen Zerſtbrungen nicht unterworfenen Region des 
zweiten Dhjana weht zur Zeit einer neuen Weltentſtehung 
ein heftiger Wind herab, der die Megion des erften Dhjana 
bildet. Aus diefer Region des erfien Dhjana erzeugt fich 
alsdann ebenfalls durch. einen unterwärfs wehenden Sturm⸗ 
wind die darauf folgende Region der Geifteremanationen. 
Diefe erzeugt unter: Sturmwind eine dritte Region, und 
auf die nemliche Art werden noch mehrere Regionen für 
immer geringere Geifter: gebildet, bis die Sturmwinde bie 
umterften Gegenden des leeren Raums erreichen und das 
ſelbſt die Luftanhäufung bilden, die das Princip der mas 
teriellen Welt wird. Schmidt Gefch. der Oftmong. S. 302. 
Ueber die Verwandtichaft der gnoftifch -theofophifchen Leh⸗ 
sen mit den Religionsfpftemen des Orients, vorzüglich des 
Buddhaismus. ©. 9. f. Es ift klar, daß diefe buddhaiſti⸗ 
hen Sturmwinde diefelbe die Schöpfung bewirkende, durch 
die ganze gefchaffene Welt hindurchgehende, nicht weiter er⸗ 
Härbare feindliche Gewalt find, wie im Manichäismus der 
Kampf der beiden Principien, nur mit dem Unterfchied, daß 
diefe Gewalt im Buddhaismus als eine rein phyfifche ers 
fcheint, im Manichdismus aber, da diefer feine höchften 
Principien als perſoͤnlich handelnde Wefen darftellt, als 
eine mit Abficht unternommene Handling. Vollkommen 
aber ſtimmt der Buddhaismus mit dem Manichäismus dark 
in überein, daß er den Vegriff des Uebels ebenfo beſtimmt, 


— 19 — 

wie diefer, auffaßt, und die ganze Entftchutig alles Bor: 
handenen als das Urübel betrachter. Schmidt Ab. d. Verw. 
©. 8. Die Entwillung des leeren Raums, bie num entſtan⸗ 
bene Materie, ift das Uebel der Jirtinſchii, oder des Weltalls 
in feinen innern und äußern Be;iehungen, aus welchem ber 
Drtfchilang, oder Sansara, d. i. der beftändige Wechfel nach 
unabänderlichen Gefezen entftanden ift, nachbem biefe durch 
jenes Uebel begründet waren, wobei nun auch der früher uns 
entwikelte Keim des Guten und Bhfen ſich entwikeln, und in 
Wirkung und Gegenwirfung ſich einander entgegenftellen 
konnke. Schmidt Forfchungen u. ſ. w. &. 4182. Es ift diefe 
Uebereinftimmung um fo merfwiärdiger, de ſich in diefer 
Hinficht der Buddhaismus vom Brahmanismus ebenfo unter⸗ 
fcheidet, wie der Manichäismus vom Zorvaftrismus. Denn 
wie im Zoroaſtrismus Ormuzd, ber gute Gott, der eigentliche 
Meltichdpfer ift, und die Welt, auch die materielle, fo weit 
fie gut ift, eine Emanation des Lichtreichs, fo finden wir 
im Brahmanismus, wie Schmidt über die erw. ©. 6. dieſes 
Verhältmiß richtig bezeichner, vom Urfprung des in der Mater 
tie liegenden Bhfen felbft infofern nichts, ald die Materie fo 
gut ihren Urfprung in Brahma hat, als alled Uebrige, und 
zu feiner ſcheinbaren Sutegrität in der Zerfezung zu gehören 
fcheint, e8 fen denn, daß das erfte Verlangen: Brahma's und 
deffen Hingebung an die Täufchung als erfte Schuld, oder 
ald Urfprung des Uebels, in verborgener Idee gedacht wird. 

3. Wie nad) beiden Spftemen die Welt entfteht, indem 
ein göttlicher Lichtftrahl in ‚die untern Regionen herabfällt, 
der Geift die Materie durchdringt, fo ift Dadurch in beiden 
Syſtemen die ganze Entwiflung des Weltlaufd auf gleiche 
Meife bedingt. Alles Lichte und Geiftige arbeitet fich aus den 
untern Regionen, in die ed herabgekommen iſt, wieder in Die 
höhern hinauf. Daher gleicht der Buddhaismus aud) darin 
dem Manichaͤismus, daß er einie allmälige Vergeiftigung der 
lebenden Wefen annimmt, die durch ftufenweife Beförderung 


u zes 


in- hoͤhere Gehurten, bis zu ben köchfen @eifieregfien ie 
auf, das Weltgebaͤude entvblkert. Schmiht ac m Ki: ei 
Der Buddhaismus betrachtet das ganze geitliche, beit gefihap 
fenen Wels: angehbrende Leben aus den-Giefichtäpsdtntrch 
ned. Buß =.und Laͤuterungsproceſſes. Da, bie, Seiſten: und) 
«einen. gewißen Abfall, durch Luͤſternheit nach, Ichifcher@peiß 
(Schmidt. Geſch. der. Oftmong: S. 5.: Wohlen S. 324.), in 
die materielle Welt, die vom ewigen Schikſal zu beflänbigen 
-  Berkörperungen beſtimmt ift, berabgefanten ſind⸗ fo; Ahunen 

fie nur durch den Kreislauf der Metempſychoſe aus Dem: Bits 
den der wandelbaren Materie wiederum befreit werben? Die 
dem Zoroaſtrismus fremdartige,, dem Buddhaismus aber, 
wie dem Brahmanismus eigenthümliche, und fa-tief-tmfie 
eingreifenbe:-Behre von der Metempſychoſe darf. mit: Mecht 
als einer der. auffallendften Beweiſe des wahren Verhaͤltniſ⸗ 
fe8, In welchem der Manichaͤismus zu den indifchen Wells 
gionsſyſtemen fteht, angefehen werden 28). Die Wanberung 
ber Seelen durch verfchiedene: Korper ift aber: ferner nah 
dem Buddhaisſsmus, wie nad) dem Manichaͤismus, nur der 
“ äußere Weg, auf welchem bie Seelen dahin wieder zuräßs 
kehren Eünnen, woher fie herabgefommen find, der. innere 
Meg ift das höhere innere Wiſſen, die Gnoſis, bie ven 
den Buddhaiſten Dhjana genannt, und von ihnen aufs hoͤch⸗ 
ſte geſchaͤzt wird. Ihr höchiter Grad befteht in der Erkennt: 
niß, daß alles.Vorhandene eitel, nichtig umd leer und ein 
Spiel der die Sinne umgaufelnden Taͤuſchung if. Co 
mußte das in beiden Syſtemen angenommene Verhaͤltniß 
zwifchen Geift und Materie die Lehre zur Folge haben, daß 
dad wahre Heil des Menſchen nur in völliger Losreißung 
vom Materiellen und Sinnlicyen, in Unterdräfung und 
Ertoͤdtung aller Triebe und Vegierben beftebe. Doch wuͤrde 


25) Auch Wanderung in Chiere nimmt ber Buddhaismns an. 
Bohlen a. a. O. ©. 327.. no 





— Mt 


auch jene Gnoſis in Verbindung mit der ihr entſprechenden 
Aſceſe den Menſchen ſeinem endlichen Ziele nicht zufuͤhren 
koͤnnen, wenn nicht feine ganze Heilsordnung, und der Laͤu⸗ 
terungsproceß, durch welchen er in feinem ganzen zeitlichen 
Leben hindurch gehen muß, vor einer höhern Macht geleitet 
wuͤrde. Im diefer Beziehung fcheint zwar zunaͤchſt zwifchen 
beiden Syſtemen eine nicht unbedeutende Verſchiedenheit 
ftattzufinden, dod) trage ich, fein Bedenken, was die GStels 
lung der beiden Mittler und Erlöfer im Allgemeinen betrifft, 
den Manichäifchen Chriftus mit Buddha in Parallele zu 
fezen. Wie der Manichäifche Chriſtus hatte ja auch Buddha 
vor allem die Hauptbeftimmung, die wahre Erfenntniß nicht 
in Vergeffenheis gerathen zu laffen, und die Empfänglichkeit 
dafür zu erhalten. Er wurde Miederherfteller und Fuͤhrer 
der Geſchoͤpfe durch die Gebote, die er als Lehrer gab, oder 
dadurch, daß. er das Rad der drei großen Hauptlehren in 
Bewegung fezte. Schmidt über die Verw. ©. 12. Forſchungen 
©. 169. Zwar wurde Buddha als Menfch geboren, aber 
feine Geburt war nur eine Scheingeburt. Seine Mutter war 
die Main, die als Gattin ded Sudhodana (des Königs von 
Magadha, dem heutigen Behar), damald noch unbeflefte 
Jungfrau, daher die Reine genannt, den Gautama oder 
Buddha, der fich in der Geftalt eines fünffarbigen Strahls 
in ihren Mutterleib herabgefenft hatte, aus der.rechten Eeite 
an das Licht brachte. Er war eine Emanation der Gotts 
heit, wie aber alles, was durch die Maia aus der allein 
wahrhaft fegenden Gottheit heraustritt, Feine wahre Realis 
tät bat, fo gefchehen alle Verfürperungen oder Menſchwer⸗ 
dungen Buddha’ unter der Hülle der Maia (mongolifch 
Shubilghan). Wie die Menfchwerdung, fo ift auch die 
ganze Wirkſamkeit Buddha's nur doferifh. Denn alle Bud: 
dha's haben den Feind, d. i. bie Materie und ihre die Sinne 
berüfenden Geftaltungen , befiegt, und beherrfchen fie nun 
nach Willkuͤhr. Sie find Herren der Maia, oder der fid) in 


— — | u! 


in: höhere Geburten, bis zu ben köchfen @eiferregftinen hi 
auf, das Weltgebaͤude entvoͤlkert. Schmiht ac m Kir Ma 
Der Buddhaismus betrachtet das gange zeitliche, Dei geſcha⸗ 
feinen Welt. angehdrende Leben aus dem -Gefichtägmdigte. ek 
ned: Buß s.und ‚Länterungsprocefied.. De, bie, Cheiften und) 
einen. gewißen Abfall, durch Luͤſternheit nach Iehifcheri@peik 
(Schmidt Befdy. der Oftmong: S. 5. Wohlen S. 324.), in 
die materielle Welt, :dvie vom ewigen Schikſal zu beftaͤndigen 
-  Berlörperungen befiimmt ift, herabgeſanken finds fo; Fhnmen 

fie nur durch den Kreislauf der Meterupforbefe aus Dem; Bam 
den ber waundelbaren Materie wiederum befreit werden? Die 
dem Zoroaſtrismus fremdartige, dem Bubbhaisımus. aber, 
wie dem Brahmanismus eigenthümliche, und fa tief in ſie 
eingreifenbe:Behre von der Metempſychoſe darf: mit Hecht 
als einer der. auffallendften Beweiſe des wahren. Werhaͤltniſ⸗ 
fe8, in welchem der Manichäismus zu ben indifchen Reli⸗ 
gionsfoftemen fteht, angefehen werben 23). Die Wanberung 
ber Seelen durch verfchiebene: Koͤrper ift aber: ferner nad) 
dem Buddhaismud, wie nad) dem Manichaͤismus, nur der 
“äußere Weg, auf welchem die Seelen dahin wieder zuräß 
kehren koͤnnen, woher fie herabgefommen find, der. innere 
Meg ift das höhere innere Wiffen, die Gnoſis, die ven 
den Buddhaiſten Dhjana genannt, und von ihnen aufs hoͤch⸗ 
fe gefchägt wird. Ihr höchfter Grad befteht in der Erkennt: 
niß, daß alles-Vorhandene eitel, nichtig und .leer und ein 
Spiel der die Sinne umgaufelnden Täufhung iſt. So 
mußte das in beiden Syſtemen angenommene Verbältniß 
zwifchen Geift und Materie die Lehre zur Folge haben, daß 
dad wahre Heil des Menfchen nur in völliger Losreißung 
vom Materiellen und Sinnlichen, in Unterdruͤkung und 
Ertödtung aller Triebe und Begierden beſtehe. Doch wuͤrde 


25) Auch Wanderung in Thiere nimmt der Bubbhalsnme an. 
Bohlen a. a. D. ©. 327. oo. on 





auch jene Gnoſis in. Verbindung mit der ihr. entfprechenden 
Afcefe den Menſchen feinem endlichen Ziele nicht zuführen 
koͤnnen, wenn nicht feine ganze Heildordnung, und der Läus 
terungsproceß, durch welchen er in feinem ganzen zeitlichen 
Leben hindurch gehen muß, vor einer höhern Macht geleitet 
wuͤrde. Im diefer Beziehung fcheint zwar zunächft zwifchen 
beiden Syſtemen eine nicht unbedeutende Verſchiedenheit 
ftattzufinden, doc) trage ich, fein Bedenken, was die Stel⸗ 
lung der beiden Mittler und Erlöfer im Allgemeinen: betrifft, 
ben Manichäifchen Chriftus mit Buddha in Parallele zu 
fezen. Wie der Manichäifche Chriftus hatte ja auch. Buddha 
vor allem die Hauptbeitimmung, die wahre Erfenntniß nicht 
in Vergeſſenheit gerathen zu laffen, und.die Empfänglicyfeit 
dafür zu erhalten. Er wurde Miederherfteller und Fuͤhrer 
der Gefchbpfe durch Die Gebote, die er ald Lehrer gab, oder 
dadurch, daß er das Rad der drei großen Hauptlehren in 
Bewegung fezte. Schmidt über die Verw. ©. 12. Forfchungen 
©. 169. Zar wurde Buddha als Menſch geboren, aber 
feine Geburt war nur eine Scheingeburt. Seine Mutter war 
die Maia, die ald Gattin des Sudhodana (des Königs von 
Magadha, dem heutigen Behar), damald noch unbeflefte 
Sungfrau, daher die Reine genannt, den Gautama oder 
Buddha, der ſich in der Geftalt eines fünfferbigen Strahls 
in ihren Mutterleib herabgefenft hatte, aus der.rechten Seite 
an das Licht brachte. Er war eine Emanation der Gotts 
heit, wie aber alles, was durch die Mata aus der allein 
wahrhaft fegenden Gottheit heraustritt, Feine wahre Realis 
tät hat, fo gefchehen alle Verfürperungen oder Menſchwer⸗ 
dungen Buddha’s unter der Hülle der Main (mongoliſch 
Chubilghan). Wie die Menfchwerdung, fo ift auch die 
ganze Wirkfamkeit Buddha's nur doferifh. Denn alle Bud- 
dha's haben den Feind, d. i. die Materie und ihre die Sinne 
beruͤkenden Geftaltungen , befiegt, und beherrfchen fie num 
nach Willkuͤhr. Sie ſind Herren der Maia, oder der ſich in 





in. höhere Geburten, bis zu ben sbchen. Bchfirrregfuhen hi 
Auf, das Weltgebaͤude entuhlkert. Geimiht;a: m Ki: Mic 
Der Buddhaismus betrachtet das ganze. zeiliche, Dei: gefihaf 
fenen Welt, angehdrende Leben: au dem⸗Geſichts paatr ek 
ned Buß s:und ‚Länterungsprocefied.- De, die. Seaiſten: und) 
einen gewißen Abfall, durch Lüfteruheis nach Iebifcheri@äpeik 
¶ Schmidt Geſch. der. Oftmong. S. 5. Wohlen S. 324.) in 
die materielle Welt, die vom ewigen Schikſal zu beftaͤndigen 
Berkorperungen beſtimmt iſt, herabgeſunken ſind⸗ ſo Fhunen 

fie nur durch den Kreislauf der Metempſychoſe aus Dam: Bine 
den der wandelbaren Materie wiederum befreit werden? Die 
dem Zoroaſtrismus fremdartige, dem Bubbhaismus. aber, 
wie dem Brahmanismus eigenthümliche, und fa tief in ſie 
eingreifenbe: Behre. von der Metempſychoſe darf. mir: Hecht 
als einer der. auffallendften Beweiſe des wahren Werhäitsiß 
ſes, In weldyem der Manichäismus zu ben indiſchen Reli⸗ 
gionsfgftemen fteht, angefehen werden 28). Die Wanderung 
ber Seelen durch verfchiebene: Kdtper ift aber. ferner nad 
dem Buddhaismus, wie nad) dem Manichdismuß, nur der 
“ äußere Weg, auf welchem die Seelen dahin wieder zuruͤl⸗ 
fehren koͤnnen, woher fie herabgefommen find, der innere 
Meg ift das höhere innere Wiſſen, die Gnoſis, Die ven 
ben Buddhatften Dhjana genannt, und von ihnen aufs hoͤch⸗ 
fte gefchäzt wird. Ihr höchfter Grad befteht in der Erkennt: 
niß, daß alles-Vorhandene eitel, nichtig und leer und ein 
Spiel der die Sinne umgaufelnden Täufchung iſt. So 
mußte das in beiden Syſtemen angenommene Verhaͤltniß 
zwifchen Geift und Materie die Lehre zur Folge haben, daß 
dad wahre Heil des Menfchen nur in völliger Losreißung 
vom Materiellen und Sinnlichen, in Unterdräfung und 
Ertödtung aller Triebe und Begierden beſtehe. Doch wuͤrde 


25) Auch Wanderung in Chiere nimmt der Buddhalemus an. 
Bohlen a. a. O. S. 327. at 





auch. jene Gnoſis in. Verbindung mit der ihr entfprechenden 
Afcefe den. Menfchen feinem. endlichen Ziele nicht zuführen 
fonnen, wenn nicht feine: ganze Heildordnung, und der Laͤu⸗ 
terungsproceß, durch weldyen er in feinem ganzen zeitlichen 
Leben hindurch gehen muß, vor einer höhern Macht :geleitet 
wuͤrde. In diefer Beziehung fcheint zwar zunächft zwifchen 
beiden Syſtemen eine nicht ‚unbedeutende Verſchiedenheit 
ftattzufinden,, doch trage-ich, fein Bedenken, was die Gtels 
lung der beiden Mittler und Erlöfer im. Allgemeinen. betrifft, 
den Manichaͤiſchen Chriftus mit Buddha in Parallele zu 
fezen. Wie der Manichäifche Chriftus hatte ja auch Buddha 
vor allem die Hauptbeitimmung, die wahre Erfenntniß nicht 
in Vergeffenheis gerathen zu laffen, und.die Empfaͤnglichkeit 
dafür zu erhalten. Er wurde Miederherfteller und Zührer 
der Gefchöpfe durch Die Gebpte, die. er ald Lehrer gab, oder 
dadurch, daß. er das Rad. der drei großen Hauptlehren in 
Bewegung ſezte. Schmidt über die Verw. S. 12. Forfchungen 
S. 169. Zwar wurde Buddha als Menſch geboren, aber 
ſeine Geburt war nur eine Scheingeburt. Seine Mutter war 
die Maia, die als Gattin des Sudhodana (des Königs von 
Magadha, dem heutigen Behar), damals noch unbeflekte 
Jungfrau, daher die Reine genannt, den Gautama oder 
Buddha, der ſich in der Geſtalt eines fuͤnffarbigen Strahls 
in ihren Mutterleib herabgeſenkt hatte, aus der.rechten Seite 
an das Licht brachte. Er. war eine Emanation der Gott⸗ 
beit, wie ‚aber alles, was durch die Maia aus der allein 
wahrhaft fegenden Gottheit beraustritt, Feine wahre Nealis 
tät hat, fo gefchehen alle Verfürperungen oder Menfchtvers 
dungen Buddha's unter der Hülle der Main (mongoliſch 
Shubilghan). Wie die Menfhwerdung, fo ift auch die 
ganze Wirkfamkeit Buddha's nur dokeriſch. Denn alle Bud- 
dha's haben den Feind, d. i. die Materie und ihre die Sinne 
berüfenden Geſtaltungen, befiegt,- und beherrfchen fie nun 
nach Willkuͤhr. Sie find Herren der Maia, oder der fid) in 





Feine Häufer, fie tragen Kleider von Baiuuunde⸗ ah 

frächte, und trinfen Waſſer mit ven Danben, ME Wie 
weder Ehe noch Kinderzeugung, wie'%te jeytgen 
Es gibt aber. unter den Indern ſolche, die den Ga 
Butta's folgen, welchen fie wegen ſeiner großen Heillglket ſ 
als Gott verehren.“ In einer audern Stel‘ Sera: ALL 
fagt.Elemens daffelbe von den Seuvol det: Juber, Vie oh 
Zweifel die Sarmanen ber erſtern Stelle ſinb. Die Vrah 

manen effen nichts Lebendiges, und trinken keinen Wei: 
einige nehmen zwar täglich, wie wir, Nahrung zu ſich, & 

nige von ihnen aber, wie Alerander Polyhiftor in fein 
Indika fagt, nur alle drei Tage : fie verachten den Tod we 
halten das Leben für nichts, denn fie glauben an eine 9% 
lingenefie. Diejenigen unter den Indern, welche Zen 
genannt werben, gehen das ganze Leben naft, fie befleißige 
fid) der Wahrheit, und erforfchen die Zukunft, und verehre 
eine gewiße Pyramide, unter welcher, wie ſie glauben, die 

Gebeine eines Gottes liegen 3%). Weber die Gymnoſophi⸗ 


ſten 


ſchieden, das ber Brachmanen und das der Gaxrmanern. 
Tois ds Tuquẽvus Tots gay &vriuorsarovs "Tloßlovg mal 
(Meyaodiyns) Ovouateodar, Lüvras dv raig Vlaıs Arno pil- 
Ay xaul apnav üygler,. do9nng 6’ Eye and glom 
devdolam, aypodıclar zupls nal oivov, Barmanen heiße 
fie d.t. srammmas, Heilige. Die Bndbhiften felbit nennen fid 
Samander, d. I. samänas, bie Gleichbleibenden. S. Bel 
ien a. a. O. ©. 319. Eben diefem leztern Namen fcheint I. 
Siemens das gleihlautende Seuvor fuhbftituirt zu haben, Bot 
len ſteht fogar nicht an, die Abftinenten unser dem Indern 
bey Herodot III, 100., deren Lebensweiſe das Achte Vorbild 
der Manichäifchen iſt: ovre xreivovsıw ovösy Euyuyor, ovı 
zı oneloovos, ovıs oixlag voulfovas dxryodas, für Buddhiſten 
zu halten, 
30) Ueber die Neliquien bes Buddha ſ. Rhode I, ®. 416. 










fen, noch die fogenannten ZSeuvos haben Weiber, weil fie 
dies für naturs und gefezwidrig halten, deswegen bleiben 
fie keuſch. Es gibt aud) Weiber, die ald Jungfrauen leben 
(nepFevevovoı za Zeuvar, buddhaiftifche Nonnen). Daß 
fich bei den SSndern fowohl die Brachmanen, ald die Sas 
mander des Sleifchgenuffes enthielten, und ihn ald unerlaubt 
und irreligids betrachteten, bezeugt unter den alten Echrifte 
ſtellern auch Porphyrius De abstin. ab esu anim. IV. 1737), 
Uebrigens zeigt die Vergleichung mit dem Manichaͤismus 
auch bier eine gewiße Modification der Anficht. Der relis 
gidfe Abfcheu, mit welchem der Manichäismus die Forte 
pflanzung des Geſchlechts in der Ehe, und den Genuß des 
Sleifches verwirft und ſchlechthin verbietet, fpricht fich im 
Buddhaismus wenigſtens nicht in demfelben Grade aus: 
wir dürfen aber auch bier nur wieder daran erinnern, daß ber 
Manichaͤismus, vermöge feines Zufammenhanges mit dem 
Zoroaſtrismus, die Materie nicht blos ale das Nichtieyende 
und Nichtige, fondern ald dad Dämonifche und Boͤſe bes 
trachtet. Das Gemeinfame aber diefer aus den Neligionds 
foftemen Indiens ftammenden Anſicht mußte im Allgemeis 
nen diefelbe Lebensweife zur Folge haben. 

Ich kann nicht unterlaffen, bier noch der merkwürdigen 
Secte der Jainas kurz zu erwähnen, die im eigentlichen 


81) Auch von den Samandern, die Porphyrius von ber 
Brahmanen⸗Caſte als freiwillig Sufammentretende unters 
fcheidet, gelten wohl die Worte: OAwms Huysır duyizyov zgopis, 
loov xal m doyarn dxadagoie Ts xub Gosßein verouioraı. 
An die Manichäifhe Weltentfagung erinnert und bie 
Schilderung der Lebensweiſe der Samander bey Porph. a. 
0. D.: av aıyuurov Eiloravıas, aons 6 Wing ovoing' 
Anußoveı oroAhy ovse nos yuvaixa, obrs ngög Try, & TÜ- 
01 xswrnwuevog, dmorgopgr A Tıva Aöyov Ers Nolouuevog, % Tu 
roös avıov YAms vonitor. Man vgl. biemit, was der Mas 
nichäer Fauftus in der obigen Stelle S. 244. von fi fagt. 

Baur's Manich. RI, Syſtem. 29 





_ 40 — 


Sinne weber dem Brahmanismus nöd) Buibbhhliinns an 
gehoͤrend, obwohl beiden verwandt, in Hinſicht des Ver⸗ 
haͤltniſſes dieſer beiden Neligionsformen Die Aufmerkſam⸗ 
keit der indiſchen Alterthumsforſcher ſchon dfters anf ſich 
zog, hier aber uns einige den Manichdismus mit dem 
Buddhaismus näher vermittelnde Beruͤhrungspuncte datzu⸗ 
Bieten ſcheint. Der Gegenſaz, welchen die Jainas zwiſchen 
Geiſt und Materie annehmen, trägt beinahe ganz den Ma; 
nichäifchen Character an ſich. Es herrfcht nach ihrer Ans 
fiht im ganzen Univerfum ein durchgreifender Dualis- 
mus von Materie und Seele, die ald Weltfeele in allen 
fühlenden Mefen verbreitet ift. Die MWeltfeele an fich if 
immer vollfommen, und hat einen natürlichen Trieb nad) 
oben, wohin fie von der Tugend getrieben wird, allein- fie 
wird beftändig von den Klammern der Materie und dem 
Lafter, welches als Eubitanz in derfelben verbreitet Liegt, 
feftgehalten, und muß diefe auf alle Weife zu überwinden 
fuchen. Das Hauptziel ihres Streben ift, wie bei den In; 
dern überhaupt, endliche Freiheit des Geiſtes und Gluͤkſelig⸗ 
keit, und die Mittel, die dahin fuͤhren, ſind Beherrſchung 
aller aus der Materie kommenden Leidenſchaften und Sin⸗ 
neseindruͤke, ſtrenge, die Materie ertoͤdtende Bußuͤbungen, 
beſonders aber auch eine aͤngſtliche, uͤbertriebene Schonung 
gegen die Thiere, auch bis zu den kleinſten Inſecten herab. 
Was Auguſtin von den Manichaͤern verlangt, wenn ſie 
ihre Grundſaͤze mit aller Conſequenz befolgen? wollten 
(non parcere pediculis et pilicibus et cimicibus, et tan- 
tas ab eis molestias sine ulla caedis eorum licentia susti- 
nere. Contra Adimant. c. 19.), fand bei den Jainas wirt: 
lich ftatt. Bemerkenswerth find befonders nod) folgende Zi: 
ge: Sie zerfallen im Allgemeinen in die Hörenden, als Laien, 
und die Strebenden, als Priefter. Die Leztern ftehen alle 
unter einem Oberpriefter. Die ganze Secte theilt fich in eine . 
firengere und, freiere Partei. Sie verehren befonders ihre 





= 7 — 


24 älteften Lehrer Tirthakaras, Reinmäch er, die fi 
durch ein ftrenges Leben felbft vergdttert hatten. Dargeftellt 
werden biefe Heiligen ald coloffale Statuen, 'ohne Beklei⸗ 
bung , weil ihr heiligfter Grad Naktheit verlangt, wie deren’ 
einft 72 in einer Gallerie an dem Haupterte ihres Cultus 
zu Balligota in Maifore, nahe bei Seringapatnam, zufants 
menftanden. Man vergleiche oben S. 300. f. &. Bohlen a. 
a. O. Th. J. S. 352. f. Sie nennen ſich nicht blos Jainas 
nach ihrem erſten Lehrer J Jina (ſi iegreich), fondern aud) Sy⸗ 
auras: bezeichnet ſie dieſer leztere Name vielleicht als Son⸗ 
nenanbeter? Da ſie wahrſcheinlich in den erſten chriſtlichen 
Jahrhunderten vom Buddhaismus, als dieſer in Indien 
unterdruͤkt wurde, ausgingen (Bohlen a. a. DO; ©. 357.), ſo 
ließe ſich wohl denken, daß gerade dieſe Secte beſonders es 
war , in welcher der Buddhaismus zur Geflaltung des Mas 
nichäifchen Syſtems mitwirkte. | | 
Ich glaube die in fo vielen einzelnen Puncten nach⸗ 
gewieſene uebereinſtimmung der beiden verglichenen Sy⸗ 
ſteme iſt ſo groß, daß der Schluß aus. ihrer innern Vers 
wandtfchaft auf ein äußeres Verhaͤltniß der Abhaͤngigkeit 
des einen vom andern wohl nicht zu gewagt iſt. Wir koͤn⸗ 
nen aber noch weiter gehen, und das aus innern Gruͤnden 
wahrſcheinlich Gewordene auch auf äußere Zeugniffe ſtuͤzen, 
und gerade dieſer fuͤr die Geneſis des Manichäifchen Sy: 
ſtems fo wichtige Punct ift es, in weldjem die fo oft einer 
nicht auszugleichenden Disharmonie befchuldigten morgen: 
ländifhen und abendländifchen Berichte, richtig aufge: 
faßt, auf eine überrafchende Weiſe zufammenftimmen. J 
Es iſt ſchon bemerkt worden, daß nach den morgen⸗ 
laͤndiſchen Schriftſtellern Mani, als er ſich wegen ſeiner 
Neuerungen in Perſien nicht mehr ſicher ſah, ſich nach Hin⸗ 
duſtan und in die nordöftlich von Hinduſtan gelegenen Laͤn⸗ 
der, nach Turkeſtan und Khatai (das nördliche China), bes 
gab, Es find dies im Allgemeinen die Länder, in welchen 
29.. 


n V... 


der Buddhaismus im verfchiedenen Barmen ſchon feft. alter 
Seit die herrſchende Religion geworden war, und es äſt wohl 
nicht zu zweifeln, daß Manes fid) diefe Länder zu feinem 
Yufenthalt hauptfächlich deswegen wählte, weil er bier feis 
nen Zwek, ald Meformator und NReligiondflifter aufzutre⸗ 
ten, am ficherften zu erreichen glaubte, ſey ed nun, Daß 
er fchon während eines früheren Aufenthaltes mit dem in 
diefen Ländern herrfchenden Religionsſyſtem befannt gewor⸗ 
den war, oder fie jezt erſt mit der. Hoffnung betrat, mit 
dem Spftem, das er fih auf eigenthümliche Weife gebils 
det hatte, Eingang zu finden, und es in Das Leben ber Voͤl⸗ 
fer einzuführen. Daß er fich in diefer Hoffnung nicht taͤuſch⸗ 
te, daß er hier uͤberall weit leichter, als es ihm in Perſien 
gelang, für feine religidfen Ideen einen Anknuͤpfungs⸗ 
punct fand, wird von den morgenländifchen Geſchichtſchrei⸗ 
bern ausdrüflicy gemeldet. Dabei erzählen fie noch Folgen⸗ 
des, was theild an fich, theils in Beziehung auf das fo 
eben Bemerkte nicht ohne Intereſſe ift: Als Mani Iange 
Zeit die dftlich gelegenen Länder durchwanderte, bemerfte er 
in einem Gebürge eine große Höhle, die in ihrem Innern 
eine ſchoͤne Fläche, eine herrliche Luft und friihe Waſſer⸗ 
quellen hatte. Sie hatte nur einen einzigen Eingang. 
Sn. diefe IHöhle brachte Mani, ohne daß jemand davon 
wußte, fo viele Lebensmittel, als er nöthig zu haben glaub- 
te, um davon ein volles Jahr leben zu konnen. Hierauf 
ſagte er feinen Schülern, daß er fi in Himmel erheben 
muͤſſe und dafelbft ein Fahr verweilen werde. Nach Ber: 
fluß diefes Jahres werde er wieder auf der Erbe erfcheiz 
nen, und ihnen die Gefeze bringen, die er von Gott erhal: 
ten werde. Am Unfange des zweiten Jahrs nach feinem 
Verſchwinden follen fie an dem bezeichneten Orte bei der 
Höhle ihn erwarten. Nachdem Manes dies gefagt hatte, 
entzog er ſich dem Anblik der Menfchen, und verbarg fich in‘ 
der Höhle, wo er ein volles Jahr damit befchäftigt war, 





— 48 — 


Bilder von außerordentlicher Schonheit in eine Tafel eins 
zugraben. 32) Es iſt dies die Tafel, die man in der Folge 
Ertenfi- Mani nannte. Als die beſtimmte Zeit verfloſſen 
war, erſchien er in einiger Entfernung von der Hoͤhle, in 
welcher er bisher verborgen gelebt hatte, und hielt in der Hand 
eine Tafel mit' eingegrabenen Bildern‘; auf die man die 
Worte anwenden konnte : „die Folge der Jahrhunderte bringt 
taufend Bilder, aber fie verfchwinden ſchnell wieder, hicht 
Eines dauert längere Zeit, ald das Bild, das wir fehen, 
wenn wir in einen Spiegel blifen. Als man die Bilder 
ber Zafel allgemein bewunderte, erklaͤrte Mani, daß er fie 
vom Himmel gebracht habe, ald Wuriderzeichen zur Veſtaͤti⸗ 
gung feiner Lehre. Es gelang ihm, dadurch die Bewohner 
jenes Landes zur Annahme feiner Religion zu bewegen. De 
Saey a: a. O. ©. 294. fe Herbelot Bibl. Or. ©. 548. Es 
kann gewiß nicht für zufällig. gehalten werben, daß eine 
Höhle ähnlicher Art auch dem Zoroafter zugefchrieben und 
als Mittel der Einführung feiner neuen Religion erwähnt 
wird. Porphyrius meldet: in der fehon- früher theilmeife ans 
geführten Stelle De Antro Nymph. o, 6. nad) Eubulus, Zo⸗ 
roaſter habe in den Perfien benachbarten Gebirgen eine nas 
kuͤrliche blumen⸗ und auellenreiche Höhle de dem Auſchdpfer und 





32) Sculpter des figures extraordinsires sur une plancha 
fagt Mirkhond nah. De Sacy, .obgleih auch nah Mirkhoud 

a. a. O. ©. 289 294. Manes fein großes Talent im Mah⸗ 
ten hatte- — Selbſt nach die afrikaniſchen Manichaͤer ſchei⸗ 
nen auf ein ſchoͤnes und glänzendes Aeußere der Schriften 
ihres Meifters befondern Werth gelegt au haben, weswegen 
Auguſtin Contra “Faust. XIII, 6. von codices multi tam 
grandes et tam pretiost ſpricht und Ihnen'c. 18. den Math 
sit: Incendise omnes illas membranas elegantesque tok- 
:turas, decoris pelllbus. excaequatas, ws nec res superfine- 
vos oneret, e& Deus vester inde solvatur,, qui Kanquam 
pooma seruili ehiam in codice ligatus. tenetur. 


— 494. — 
4 


Dater Mithrad geweiht, Die Hoͤhle trug nemlich da 
Bild der’von Mithras geſchaffenen Welt an: ſich, indem 
fie in ihrem Innern in ſymmetriſchen Entfernungen die kos⸗ 
mifchen Körper und Klimate ſymboliſch darftellte. Nach Zoe 
roafter fey es überhaupt gewöhnlich geworden, Höhlen und 
Kläfte, natürliche oder durd) Kunft gebildete, zu Myſterien 
zu gebrauchen. Porphyr beruft fi auf diefe Zoroaftrifche 
Höhle zum Beweiſe dafür, daß die alten Theologen Hoͤh⸗ 
len für ein Symbol der Welt und der in dee Welt wirken 
den Kräfte gehalten haben: fie haben Höhlen im Ganzen 
und nach ihren einzelnen Theilen als heilige Symbole ber 
Melt betrachtet. Auch die Höhle Mani's tft wohl nach der 
Befchreibung, die von ihr gegeben wird, und nach dem gans 
zen Character der Erzählung nicht ald eine gewöhnliche 
Höhle anzufehen. Die Fosmifche Höhle, in welcher Zoroas 
fier das ganze Weltall darzuftellen wußte, fol ihn zugleich 
als Urheber des Religionsſyſtems bezeichnen, das wir unter 
feinem Namen kennen. Da nemlid) die Religionsſyſteme der 
Alten die Natur der Dinge zu ihrem Hauptgegenftand. ha= 
ben, und eine Darftellung des ganzen Weltſyſtems zu geben 
verfuchen, fo find die Höhlen, deren Bewohner und Inhaber 
die Religionsftifter find, nicht fowohl Symbole der Melt 
überhaupt, als vielmehr der Welt oder des Weltſyſtems, 
wie ed. in ihrem Geifte gedacht und in ihrem Religions: 
fofteme conftruirt wurde. In ber Befchreibung der Höhle 
Mani's iſt die Eosmifche Bedeutung, die fie wahrfcheinlich, 
wie die Zoroaftrifche, hatte, nicht mehr deutlid) ausge: 
dräft, aber gleichwohl Eennt die Sage Mani als Meifter 
in der Kunft, die kosmiſchen Verhältniffe aͤußerlich. dar- 
zuftellen. Mani hatte, wie alle Orientalen von ihm ruͤhmen, 
ein ungemeined Talent zum zeichnen und Mahlen. Ein 
Kreis, welchen ex mit freier Hand in noch fo großem Um: 
fange 309, war, wenn er nachher mit dem Zirkel gemeffen 
wurde, volllommen richtig. So entwarf er nun auch eine 


— 45 


Erdkugel mit allen ihren Kreifen und Abtheilungen. De 
Sacy und Herbelot a. a. D. Ohne Zweifel hatten aud) die 
fhönen Bilder des Ertenki⸗Mani nichts anders, als ſolche 
auf die religidſe Kosmologie ſich beziehende Gegenſtaͤnde zu 
ihrem Inhalt. Ein eigener Zug in der Erzählung von Mas 
ni's Höhle ift fein gerade ein nolles Jahr dauernder Aufente 
halt in ihr. Es liegt hier fehr nahe, Mani mit einem aus 
dern Religionsftifter des Alterthums zufammenzuftellen, von 
welchem ung Herobot eine gleichlautende, zur Erläuterung 
Dienende Sage aufbewahrt hat. Der Gefchichtfchreiber fpricht 
IV, 94. f. von dem Glauben der Geten an Unſterblichkeit. 
„Sie glauben nicht, daß fie fterben, fondern der Abgeſchie⸗ 
dene gehe zu dem Geift Zamolxis. Einige von ihnen halten 
denfelben fiir eimerlei mit dem Gebeleizis. — Wie id) aber 
von den Hellenen gehört habe, die am Hellespontos und am 
Pontos wohnen, fo war diefer Zamolris ein Menſch und 
dienete als Knecht zu Samos, und zwar dem Pythagoras, 
Mneſarchos Sohne. Hier wurde er frei gemacht, und ere 
warb ſich große Schäze, und mit diefen Fehrte er zuruͤck in 
feine Heimath, Und weil die Thraker eine fo fchlechte 
und rohe Lebensart führten, fo baute fich diefer Zamolxis, 
der die jonifche Lebensweife kannte, und mildere Sitten, 
als die thrafifchen, weil er mit den Hellenen umgegangen, 
und mit einem der erfien Weifen der Hellenen, dem Pytha⸗ 
goras, einen Saal, wo er die erfien der Bürger bewirthete, 
und beim Mahle lehrte er fie, daß weder er felbft, noch feine 
Gäfte, nad) ihre Nachkommen auf ewige Zeiten jemals fters 
ben würden, fondern fie würden an einen Ort kommen, wo 
es ihnen, wohl feyn würde, immer und ewig. Während er 
aber das Befagte that, und alfo ſprach, ließ er fich eine 
Wohnung machen unter der Erde, und wie feine Wohnung 
fertig war, verſchwand er unter ben Thrafern, und flieg 
hinab in feine Wohnung unter ber Erde, und lebte daſelbſt 
drei Jahre, fie aber beilagten und bejammerten ihn, wie 


= 
einen Tobten. Aber im sierten Jahr erfehlen er noteder une 
ter den Thrakern, und fo glaubten fie an das, was ihnen 
Zamolris gefagt. So habe er es geinacht, fagen fie.’ „Mas 
«mich betrifft,“ ſezt der Gefchichrfchreiber nach feiner Meife 
mit tiefem Blik in die Natur folder Sagen hinzu, ‚fo will 
ich zwar Aber ihn und über die Wohnung inter der Erde 
gerade nicht unglaubig ſeyn, ich habe aber auch Feine rech⸗ 
ten Glauben barın. Doc) feheint mir, daß biefer — 
viele Jahre vor dem Pythagoras gelebt habe.’ 
nun einen Menſchen Zamolxris gegeben haben, oder 8 mag 
eine Volksgottheit der Geten ſeyn genug von ihm,“ Die 
Aehnlichkeit beider Sagen liegt am Tage. Beide reden von 
einem eine beflimmte Zeit dauernden Aufenthalt an einem 
berborgenen unterirbifchen Orte (Hellanicus von Lesbos, der 
gleichfalls des Zamolris Erwähnung that, fprach, von Hoh⸗ 
Ten und’ Groffen, in welchen er den Beten die Weihen ges 
zeigt habe, nach dem Etymol. magn. #.'v: Z&uoA&lg): beide 
Religionsftifter erwaͤhlten ſich diefen Aufenthalt, um da 
durch dem Shhalt ihrer Lehre eine höhere Beginubigung zu 
"ertheilen. Wir kdnnen aber diefen unterirdiſchen Aufenthalt 
“der beiden Religionsftifter, von welchem bie Sagen reden, 
nicht hiftorifch, fondern nur mythifch verftehen. Die Höhle 
ift ein Symbol’ des in ſich abgefchloffenen Weltganzen, aber 
ebenſo gut auch ein Bild ber Erde, ſofern diefe ihren: Bewoh⸗ 
“nern nur einen bumpfen, dunkeln, hbhlenartigen Aufent⸗ 
haltsort gewährt »»), Man’ beachte befonderd die Bezie⸗ 
Hung, die der Aufenthalt in der Höhle auf den Glauben 
am unſterblichkeit haben folte. Im Gegenfaz gegen das 
herrliche, felige Leben, dad Zamolxis nad) dem Tode verhieß, 
und dad ja auch den Hanptinhalt der Lehre Mani's aus⸗ 
macht, konnte das gegenwärtige irdiſche Leben nur wie ein 
Zuſtand erfcheineni, in welchen der Menſch, wie in eine 





33) Man vgl. 3:10. den piatonifgen Mothus ka Phkbena Si f. 


— 457 — 


Höhle eingeſchloſſen lebt, oder, nach dem von Mani ſo oft 
gebrauchten Bilde, einem in einem finſtern Kerker Gefangen⸗ 
gehaltenen gleicht. Vielleicht liegt auch dem Vorgeben, das 
bie perſiſche Sage Mani zuſchreibt, daß er ſich in ben Him⸗ 
mel erheben werde, nichts anders zu Grunde, als der von 
ihm ausgefprochene und gefehrte Glaube, daB der Menſch 
nad) dem Tode zu Gott gehe, und feinen irdifchen Aufent⸗ 
halt mit einem himmliſchen vertaufchen werde, und nur bie 
Wendung, bie der ganzen Sage gegeben ift, um Manes als 
einen das Volk verführenden und tänfchenden Betruͤger dar⸗ 
zuftellen, hat auch diefem Theile der Enge die Abficht eines 
Betrugs untergelegt. Was uns aber auf das Obige, wos 
von wir ausgegangen find‘, wieder zurukfuͤhrt, iſt die hiſto⸗ 
riſche Bedeutung des getiſthen Religionsſtifters Zamolxis: 
Die Geten waren Nachbarn der in Europa und Aſien fo weit 
verbreiteten Schthen, und es zeigen ſich uns bei allen jenen 
zur Zeit Herodots den Nordoften Europa‘ bewohnenden 
Voͤlkern die deutlichften Spuren eines aus dem höhern Afien 
fiammenden religidfen Glaubens 3*). Es gehört dahin vor 
allem der Glaube an Unfterblichkeit, der die Geten fo aus⸗ 
zeichnete, daß Herodot fie deswegen die Trras ddweri- 
Lovrag nennt, und der damit fo enge verbundene Glaube 
an Seelemwanderung, derfelbe Glaube, der in den Religionen 
bed Orients, beſonders der brahmanifchen und buddhaiſti⸗ 
ſchen fo bedeutungsyoll hervormitt. Wenn wir aud nicht 
geneigt feyn koͤnnen, den getifchen oder fenthifchen Zamels 
xis für den uns befannren Buddha zu halten, - fo verdient 
wo) alle Aufmerkſamkeit, daß er, wie Buddha, ſowohl Gott 


34) Wie deutlich kuͤndigt ſich, um nur dies Eine zu beruͤhren, 
jener wunderbare Ariſteas bei Herodot IV, 13. f. als einen 
MWiedergebornen nah dem Glauben der von Indien andges 
gangenen Lehre an? Man f. hierüber witter Vordaue 
enrop. Vollkergeſch. Ber 1820. &: a/u. fe: : 


46 — 


einen Todten. Aber tim vierten Fahr erfchlen er wieder in: 
ter den Thrafern, und fo glaubten fie au das, was ihhnen 
Zamolxis gefagt. So habe er es gemacht, fagen fie.” „Was 
mich betrifft,” fezt der Gefchichtfchreiber nach feiner Weiſe 
mit: tiefem Blik in die Natur folcher Sagen binzu, „ſo will 
ich zwar ber ihn und Über die Wohnung 'unter' ber Erde 
gerade nicht unglaubig ſeyn, ich habe aber auch Keinen rech⸗ 
ten Glauben daran. Doch feheint mir, daß diefer Zamotris 
viele Fahre dor dem Pythagoras gelebt habe.’ Es mag 
nun einen Menſchen Zamolxis gegeben haben, oder es mag 
eine Volksgottheit der Geten feyn: genug von ihm.” Die 
Aehnlichkeit beider Sagen legt am Tage. Beide reden von 
einem eine beflimmte Zeit dauernden Aufenthalt an einem 
‚berborgenen unterirbifchen Orte (Hellanicus von Lesbos, der 
gleichfalls des Zamolxis Erwähnung that, ſprach von Hdh⸗ 
len und Grotten, in welchen er den Geten die Meihen ges 
zeigt habe, nach dem Etymol. magn. s. v. ZauoA&ıg) : beide 
Religionsftifter erwaͤhlten ſich diefen Aufenthalt, um das 
durch dem Inhalt ihrer Lehre eine höhere Beglaubigung zu 
ertheilen. Wir koͤnnen aber diefen unterirdifhen Aufenthalt 
der beiden Religionsftifter, von welchem die Sagen reden, 
nicht hiftorifch, fondern nur mythifch verftehen. Die Höhle 
ift ein Symbol des in fich abgefchloffenen Weltganzen, aber 
ebenfo gut aud) ein Bild der Erde, fofern diefe ihren Bewoh—⸗ 
‚nern nur einen dumpfen, dunkeln, hbhlenartigen Aufent: 
‚ haltsort gewährt 3). Man beachte befonderd Die Bezie⸗ 
hung, die der Aufenthalt in der Höhle auf den Glauben 
an Unfterblichfeit haben follte. Im Gegenfaz gegen das 
herrliche, felige Leben, dad Zamolris nad) dem Tode verhieß, 
und das ja auch den Hauptinhalt der Lehre Mani's aus: 
macht, konnte dad gegenwärtige irbifche Leben nur wie ein 
Zuftand erfcheinen, in welchem der Menſch, wie in eine 


33) Man vol. z. B. den platonifhen Mpthus im Phaͤdon ©. 61. f. 





_ 457 — 


Höhle eingefchloffen lebt, oder, nad) dem von Matt‘ fo oft 
gebrauchten Bilde, einem in einem finftern Kerfer Gefangen 
gehaltenen gleicht. Vielleicht Itegt aud) dem Vorgeben, das 
bie perfifche Sage Mani zufchreibt, daß er fich in den Him⸗ 
mel erheben werde, nichts anders zu Grunde, als der von 
ihm ausgefpruchene und gefehrte Glaube, daß der Menſch 
nad) dem Tode zu Gott gehe, und feinen irdifchen Aufent⸗ 
halt mit einem himmliſchen vertaufchen werde, und nur die 
Mendung, die der ganzen Sage gegeben ift, um Manes als 
einen das Volk verführenden und tänfchenden Betruͤger dar⸗ 
zuftellen, hat auch diefem Theile der Sage die Abſicht eines 
Betrugs untergelegt. Was uns aber auf dad Obige, wo⸗ 
von wir ausgegangen find‘, wieder zuruͤkfuͤhrt, iſt die hiſto⸗ 
riſche Bedeutung des getiſthen Religionsſtifters Zamolxis 
Die Geten waren Nachbarn der in Europa und Aſien fo weit 
verbreiteten Seythen, und es zeigen ſich uns bei allen jenen 
zur Zeit Herodots den Nordoſten Europa's bewohnenden 
Voͤlkern die deutlichſten Spuren eines aus dem höhern Aſien 
ſtammenden religidfen Glaubens 3%). Es gehört dahin vor 
allem der Glaube an Unfterblichfeit, der die Geten fo aus⸗ 
zeichnete, daß Herodot fie deöwegen die Trac adevari- 
Lovrag nennt, und der damit fo enge verbundene Glaube 
an Seelemwanderung, derfelbe Glaube, der in den Religionen 
des Orients, befonders der brahmanifchen und buddhaiſti⸗ 
fohen fo bedeutungsvoll hervortritt. Wenn wir auch nicht 
geneigt feyn Ebnnen, den getifchen oder feythifchen Zamels 
xis für den und befannren Buddha zu halten, fo verdient 
wood) alle Aufmerkfamteit, daß er, wie Buddha, ſowohl Gott 


34) Wie deutlich kuͤndigt ſich, um nur dies Eine zu heräßren, 
jener wunderbare Ariſteas bei Herodot IV, 13. f. als einen 
Wiedergebornen nach dem Glauben ber von Indien ausge⸗ 
Bangenen Lehre an? Man f. hierüber Alter Vorhaue 
enrop. Volkergeſch. Bert 1820. &: 27. fe: 


— 48 — 


als auch ein auf der Erbe erichienener Religionalehrer u 
Religionsftifter iſt, und diefelbe Lehre, Die bie Grundlehee 
des Buddhaismus iſt, zum Hauptinhalt feiner. Religin 
macht. . Eine dem und bekannten Buddha ſehr mahe ds 
wandte Geſtalt, einen Vorläufer deſſelben, werden wir dei 
wohl mit Recht in ihm fehen dürfen, uud. infofexk mag. de 
her auch die Vergleichung der beiden gleichlautenden ia 
und den Manes betreffenden Sagen nicht ohne ein. für des 
Zwef unferer Unterfuchung beachtenswerthes Moment fee 
Herodot hat gewiß fehr richtig geurtheilt, wenn er ihn fir 
weit. älter, ald Pythagoras, erflärte. Der Samier. Pytha— 
goras, befien Sklave Zamolrid gewefen feyn ſoll, erfcheist 
auch hier, wie er und fo oft begegnet, nur als der mythiſch 
idealifirte Träger der in die weſtlichen Länder verpflangten 
ächt orientalifchen Lehre von einem dem. irdifchen ‚Leben vor 
angehenden und nachfolgenden höheren Seyn, welchem ge 
genuͤber dad gegenwärtige irdifche Leben nur ein traumarts 
ges, dem Aufenthalt in einem dumpfen, duͤſtern, -unterirds 
{hen Kerker vergleichbares Daſeyn ift, oder nach Mirk 
hond's fehonem, auf Mani's Bilder angewandten Spruch, 
ein, wenn auch verführerifches und reizendes, doch an ſich 
eitles und nichtiges Bild. 

Indem wir nun zu den abendlaͤndiſchen Zeugniſſen und 
Berichten über den Urfprung der Manichaͤiſchen Lehre über 
gehen, wollen wir hier fogleich die merkwürdige Angabe vor 
anftellen, die fich in den die Manichaͤiſche Lehre betreffen: 
den Anathematismen findet. ©. Galland. Bibl. T. IL p 
6II. Vetera monumenta ad haeresim Manichaeorum 
pertinentia I. Qualiter oporteat a Manichaeorum hae- 
resi ad sanctam Dei ecclesiam accedentes scriptis erro- 
rem abjurare. Hier wird dem den Manichäifchen Zrrs 
thum Abſchwoͤrenden folgende weitere Abſchwoͤrungsformel 
vorgefchrieben: " Avadzueriiw Ö2 xai xaradeuariiw Za- 
eaönv zus Boddav, za Sxudsavov, Toug. neo Mavı- 


yaluoy' yeyotorag. : &5 kann feinem Zweifel unterworfon 
geyn, daß unter. den beiden zufanmmengenannten Vorgäns 
gern Mani’s, Zarades und Bodda, nur die beiden befannten 
Meligionsftifter , -Zorvafter und Buddha, verſtanden werben 
Abnnen, und es ift demnach hier mit Flaren Worten auöger 
Kprochen, was. fich. uns ald das Refultat unferer: bisherigen 
Alnterfuchung:ergeben hat, daß der Zoroaſtrismus und Bud 
Dhaismus die. Eleinente find, auf welche dad Manichsifche 
Religionsſyſtem zuräfzuführen iſt. Der Dritte, der ‚neben 
Barades und Buddha noch genannt ift, Schthianus, führt 
Ans zu der in den. Acta disp. Arch, enthaltenen Erzählung 
zuruͤk. Archelaus fchließt feine. Unterredung mit Manes das 
mit, daß er der .verfammelten: Menge. nod) mittheilt,,. was 
er über Mani und. feine Lehre von einem ‚ber Begleiter ges 
hoͤrt zu haben verjichert. Cap. Sk. f. Manes fey nicht der eigent⸗ 
fiche Urheber der Lehre, die er vortrage, fondern ein-gewißer 
Scythianus aus Scythien, der jur Zeit der Apoftel der Ur- 
heber und Stifter diefer Secte war, und die Lehre von ber 
Zweiheit der Principien zu verbreiten anfing, die er, wie alle 
Anhaͤnger viefes Dogma’s, von Pythagoras ſich angeeignet 
habe. Keiner aber war noch in der Durchfährung. des. Dua⸗ 
-Jismusd.fo weit gegangen, wie biefer Schthianus, Seiner 
Herkunft nach war er ein Saracene:s zur Frau hatte er eine 
Gefangene "aus .der obern Thebais, die ihn bewog, dem 
Aufenthalt in ben Wuͤſten Aegypten vorzuziehen, wo er mit 
der Weisheit der Aegyptier bekannt. wurde. Ein -glüfliches 
Talent, auögebteitete Kenntniffe ,. großes Verwoͤgen waren 
Die Vorzüge ,: bie ihn auszeichneten. Sein Schiller war:ein 
gewißer Terebinthus, der für ihn vier Bücher fchrieb, das 
erfte nannte er das Buch der Myſterien, das zweite das der 
Gapitel, das ‚dritte das Evangelium‘, und das lezte unter 
allen den Schazkaften. Nachdem fie einige. Zeit zuſammen⸗ 
gewohnt hatten, beſchloß Scythianus nach Judaͤa zu: ges 
hen, um fidy mit ben dortigen Lehrern zu unterreden, er 











u _ 


ſtard aber pldzlich, che er feinen Entſchluß ausfähren tm] 
Sein Schüler Terebinthus flüchtete fi) nach 

wo. er fi) in großen Ruf zu bringen wußte, indem erwel- 
gab, er fey mit aller Weisheit der Aegyptier vertraut, if . 
heiße nicht Terebinthus, fondern Budda: eine. 
habe ihn geboren und ein Engel auf: Bergen erzogen. G 
gewißer Prophet Parcus, und. Labbacus,.. der Sohn Wil. 
Mithras (nad) Epiphanius Haer. LXVI, 8, waren ii 
perfiihe Priefter des Mithras), beſchuldigten ihn der Ligß 
und er hatte täglich mit Ihnen lebhaften Streit, Tieß f 
aber nicht abhalten, .-vor ihnen feine Vorträge gu halten ie 
Dad, was vor ber Schöpfung war, äber Die Sphäre, m 
die beiden Lichter, aber ‘auch darüber, wohin und wie W 
Seelen aud dem Leben ſcheiden, und wie fie. wiederum ı 
Koͤrper zuräffehren, und über viel Anderes dergleichen mi 
noch Schlimmeres, daß fich ein. Krieg gegen Gott erhoben, m 
die Principien im Streit mit einander begriffen feyen, Dir 
alle& dies wollte er für einen. Propheten gehalten werba,l. 
ba er aber heftigen Widerſpruch fand, begab er % 
mit feinen vier Büchern zu einer Witwe, Die er allein f 
fi) gewonnen hatte..." Bald darauf hatte er ein tragifchel 
Ende. Als er eines Morgens, gewißer magifcher Gebräng 
wegen (burch die er den Sieg über feine Gegner zu erlangı 
hoffte nad) Epiph. Haer. LXVI, 3.), einen hohen Eike 
erftiegen hatte, fließ ihn. der gerechte Gott ploͤzlich durch & 
nen Engel in die Tiefe hinab. Den eutſeelten Leib heflat 
tete aus Mitleiden die Wittwe, in deren Hände nun alle, 
was Terebinthus aus Aegypten gebracht hatte, als reihe‘ 
Erbfchaft Fam, Um. nicht allein zu feyn, nahm fie einn 
ald Sklaven gelauften Knaben von fieben Jahren, Korb 
eins mit Namen, zu fih, welchem fie die Freiheit gab, | 
Unterricht ertheilen ließ. Als der Knabe zwBdlf Jahre al 
war, ftarb die Witwe, und. hinterließ ihm ihr ganzes Bes 
mögen; mis welchen er nun auch die vier von Scythiam 





— 41 — u 
erfaßten Bücher erhielt. Sobald er feine. Gebieterin bes 
attet hatte, begab er ſich in bie Hauptftadt des perfiichen 
eichs, wo er ftatt des Namens Corbicius den Namen Mas 
es annahm, fich mit der Religion des Landes genau bekannt 
achte, aber noch weit forgfältiger ſich mit demjenigen 
sfchäftigte, was er in den genannten vier Büchern fand, die 
ie er nun überfezt und mit feinen eigenen Ideen bereichert, 
rit feinem Namen verſah und. für fein Werk auögab. 33). 
m alles dieß wußten die: drei Schuͤler, die er hatte, Tho⸗ 
108, Addas und Hermas, die er, um feine Lehre zu vers 
reiten und Anhänger zu erhalten, auf die fchon früher ans 
egebene Weife ausfandte. 

Die Haupttendenz diefer Erzählung geht, wie leicht zu 
ehen ift, dahin, die Lehre Mani's als eine nicht erft von 
Rani herrührende, fondern durch ihn nur verbreitere und 
nodificirte, ihrem wefentlichen Inhalte nad) aber. aus Altes 
er Zeit von Hand zu Hand überlieferte darzuftellen. Die 
igentlichen: Urheber derfelben follen Schthianus und Tere⸗ 
inthus ſeyn, unmdglich aber koͤnnen wir diefe beiden Vor⸗ 
Hänger Mani's für hiftorifche Perfonen halten: ſchon der 
fallende Anachronismus, den Scythianus in das Zeitz 
ter der Apoftel zu fezen, und doch ſchon kurze Zeit nach⸗ 


35) Daher haben die Hauptſchriften Mani's diefelben Titel. 
Wie ihre Wierzahl der heiligen Vierzahl der Vedas analog 
ift, fo drüft der Titel der einzelnen Schriften immer wies 
der denfelben Begriff eines heiligen Religlonsbuchs aus. CE 
Fönnte daher Leicht der Bweifeltentftiehen, ob wir aus den 
verfhledenen Titeln und Benennungen auf ebenfo viele dem 
Manes beizulegende Schriften fchließen dürfen. Mas aus 
diefen Schriften Mani's uns mitgetheilt iſt, ift nur das 
Sragment aus dem Thesaurus bei Aug. De nat. boni c. 44. 
und der Anfang der Myſterien bei Epiph. LXVI, ı3. und 
Titus von Boftta I. 5. S. oben ©. 10,118 &.215. Die Kir: 
henlehrer hatten offenbar keine genaue Kenntniß der ſaͤmmt⸗ 
hen Schriften, deren Verfaſſer Manes ſeyn follte. 





— 464 — 
Namen bekannten Baume verſtehen, ſofern der Baum ca E 
dem Gotte Tir geweihtes heiliges Symbol mar, der Get 
gleichfam felbft in dem Baume wohnend gedacht murbe iM 
Tir heißt. bei den Drientalen der Planet Mercur G. 3a 
dav. III. S. 66. Hammer Heidelb. Jahrb. 4823, S. 8 
Aber auch Buddha wird mit dem Planeten. Mercur identik 
eirt. S. Bohlen das alte Indien Th 1. ©. 313, % 
kann mir daher die in der obigen Erzählung Yorausgefet 
Sfdantirät.der beiden Namen Terebinthus und -Bubbha mu 
daraus ‚erklären, daß. das Wort Terebinthus überhaupt ein 
bieratifhe Bedeutung hatte, ein Heiligthum des Buddha, 
einen Diener des Gottes, einen von ihm gleichfam bewohnte 
Menſchen, oder wohl auch eine Verkörperung des Gott 
bedeutete. 37). Der plözliche Tod des Terebinthus- Bub 
dha gleicht dem plözlichen Verfchwinden einer nur auf hy 
Zeit in ber Sinnenwelt erfchienenen Gottheit, im Mund 
der Gegner aber hat ed die Sage in bad Gegentheil wer 
wandelt, in einen von ber firafenden Gottheit verfügten 
Act der Gerechtigkeit. Ebenfo fchnell fchied Scythianus aus 
dem Leben. Ueber die Art feines Todes fchmeigen die Acta 
Eprill von Serufalem aber (Catech. VI, 22.) laͤßt ihn eben 
fo fterben, wie den Terebinthus (voow Havaruaag 6 zu- 
105 Enavoe rw Aoıuwön xaraotaoıy, womit Photius 
zufammenftinmmt, der ebenfalld von einem nuxoog Favaro; 
fpricht). Das Ansführlichere gibt Epiphanius Haer. LXVI, 
3. Als Scythianus gehört hatte, daß nad) der Lehre dei 
Geſezes und der Propheten nur Ein höchfter Gott und Welt: 
fchöpfer fey, beichloß er nach Jeruſalem zu reifen. So—⸗ 
bald er dafelbft angefommen war, fing er an mit den Pred 
bytern, die daſelbſt nach dem Geſez Moſis und der Pro 
pheten 





37) Inſofern koͤnnte auch das chaldaͤiſche —XRXX (Zerebintte) 
mit dem Namen Bubdha zufammenbhängen. 





— 465 — 


pheten lebten, zu disputiren.33),,Wie koͤnnet ihr Einen Gott 
behaupten, fagte er zu ihnen, der Tag und Nacht, Fleiſch 
und Seele, Trofenes und Feuchtes, Himmel und Erde ,- 

‚Licht und Finfterniß gefchaffen hat?’ So offenbar fie ihm 
die Wahrheit darlegten, fo ſchamlos beharrte er in feinem 
Widerſpruch. Als er aber nichts ausrichtere, wollte er, 
ald ein Meifter in der Zauberei, welche verderbliche Kunft 
. er aus indifcher und ägnptifcher Weisheit erlernt hatte, eine 
magifche Erfcheinung hervorbringen. Es mislang ihm aber 
aud) died, und er flürzte von dem Gipfel des Haufes, auf 
welchen er ſich für feinen Zwek begeben hatte, jaͤhlings her⸗ 
ab, und gab den Geiſt auf. Es iſt dies, wie auch Epi- 
phanius ausdruͤklich bemerkt, völlig daſſelbe Lebensende, 
dad nachher den Zerebinthus traf. Wie ferner Schthianus 
mit den Preöbytern in Serufalem , fo disputirte Terebinthus 
mit den Prieftern des Mithras über die. Zweiheit der Prin- 
cipien (wobei übrigens nicht zu begreifen ift, wie perfifche 
Prieſter, felbft Dualiften, den Dualismus des Terebinthus 
beftreiten konnten). Beide Perfonen fpielen vollig dieſelbe 
Rolle, die nur deswegen auf zwei Perfonen vertheilt ift, 
um die neue Religion fogleich in ihrem erſten Keime mit den 
beiden Hauptreligionen der Länder, in welchen fie auftritt, 
der jüdifchen (die hier zugleich auch für die chriftliche gilt), 
und der perfiihen in einen ihre Verwerflichkeit offenbaren- 
den Conflict kommen zu laffen. . Ebenfo fol auch an 
den genannten vier Büchern Zerebinthus neben Scythi⸗ 
anus einen gewißen Antheil gehabt haben. Auch der 
Name Scythianus kann daher. nur eine mit den beiden 
andern Namen übereinftimmende Bebeutung haben. Scy⸗ 
thianus hieß fo, nach den Acta, als geborner Scythe. Wir 





38) Epiphanius, der auch hier zwar mit den Acta im Ganzen 
übereinftimmt, aber doch auch wieder mandes Eigene hat, 
läßt den Scythianus wirklich nach Jeruſalem kommen. 


Baur’d Mani. Rt. Syſt. 30 


—— 7 * 











a — 


het feines Nachfolger Manes auftreten gu Enfiew, meß.m 
die hiftorifche Wahrheitder Erzählung fehr verbächtig 
Einen Hiftorifchen Character trägt: die: Erzählung, ſo 
fie lautet, ihrer ganzen. Befchaffenheit nach nicht. an 
verfuchen wir aber, fo weit ed mbglich iſt, Das 
und Unbiftorifche zu ſcheiden, fo feheint das Ergebuiß 
ohne Wichtigfeit für den Zwek umferer Unterfuchung-; 
feyn. Die Vergleichung der beiden vorgeblichen Lehrer 
nes und der Schilfale, die. fie gehabt haben ſollen, 
mich kaum zweifeln, daß beide eigentlich nur Eine Yırfa 
find, wer aber diefe Eine Perfon iſt, ſagt uns wohl de 
von Terebinthus in der Folge angenommene Name Bubık 
deutlich genug. Daß wir an feinen. andern: Budbha zu ber 
fen haben, ald an den befannten Religiongsftifter ; beiwatt 
der merkwuͤrdige characteriftifhe Zug der Sage, Terehie 
thus habe, indem er den Namen Buddha annahm, zuglad 
vorgegeben, er fen von einer Jungfrau geboren 36). Bil 
den Namen Zerebinthus betrifft, fo flimmt auch Neande 
S. 816; der fhon von Hyde, Bochart und Beauſobre (T.l 
©. 54;) gemachten Bemerkung bey, das. griechifche Wat 
repeßıvdog fey vieleicht nur Ueberſezung des chaldäifce 
ROM, durch welches in den Targum's dad hebräifche MN 
wiedergegeben, das die Alerandriner reger dog überfegen . 
Es ſey ganz natürlich, daß der Begleiter des Scythiauus, 
da er feinen Namen von. einem Baume hatte, welchen di 
Griehen regeßıydog nannten, ald er nad) Babylonie 
fam, nad) der Sprache des Landes fi) Butema oder Bu: 
tam nannte; woraus fodann das gräcifirte Buddas entſtan⸗ 





39) Diefe für den Buddhaismus characteriftifhe Idee hat 
ſchon Hieronymus Contra Jovin. I. 26. hervorgehoben: Apud 
Gymnosophistas Indiae quasi per manus hujus opinio- 

nis auctoritas traditur , quod Buddam principem dog- 
'mäatis corum e latere suo virgo generavit, 


— 263. — 
den ſey. Ich kann ſchon den Uebergang der erſtern Form 


‚ in die leztere nicht fehr natürlich finden, aber wie zufällig 


wr- 


Be } 


wäre dann aͤuch die Veranlaffung gewefen, daß anf Teres 
binthus die ſo characteriftifche Sage von der Geburt Bud⸗ 
dha's übergetragen wurde? Iſt es erlaubt, an die Stelle 
einer Vermurhung eine andere zu fezen, fo möchte ich den 


, Namen Buddha voranftellend mir die Sache lieber fo erklaͤ⸗ 


ren: das dem griechifchen Wort zegeßırdog entſprechende 
hebraͤiſche ON hängt offenbar mit IN Gott zufammen. 


- Der mit diefem Worte benannte Baum ſollte wohl dadurd) 


als ein Symbol des Ghrtlichen bezeichnet werden. In den 


| älteften Sagen des A. T. wird die Terebinthe nicht felten 
auf eine Weife erwähnt, die auf eine uralte religidfe Heis 


ligkeit diefes Baumes fchließen läßt, wie 3. B. Gen. 35, 4, 


Sof. 24, 26, Jud. 9, 6. Die Verehrung gewißer Pflanzen 
und Baumarten gehörte überhaupt zur religibfen Sitte des 
fruͤheſten Alterthums, befonders im Orient. Vgl. Rhode II. 


&. 313. Es mag daher nicht unmwahrfcheinlich feyn, daß 


° die Terebinthe ein altes auch dem Buddha geweihtes Syms 
bol war, wozu fie auch durch ihre hohe Geftalt, ihre ims 
mergrünen Blätter und ihr edles Harz (unfer Zerpentin) 
* Horzugäweife geeignet war. Die mit einem andern Worte 


dfteröd zufammengefezte Wortform um dog oder Buy og, auch 
ivc , verwandt mit dem in orientalifchen Städte- und Laͤn⸗ 
dernamen fo oft vorfommenden hand, kend, weldye For⸗ 


“men auch übergehen in die verwandten certa, cirta, kert, 
hat dreliche Bedeutung, und zwar häufig zugleich eine hies 


ratiſche, fo daß fie befonders einen einer Gottheit geweihten 
Ort oder ein Heiligtum überhaupt bezeichnet. Daher ift 
das Labyrinth der Ort der Anvonı, Höhlengänge, Korinth 
ift der dem Koros, dem alten Sonnengotte, Tiryns der dem 
Zir oder Herafled geweihte heilige Ort. Vgl. Welder die 
aͤſchyl. Tril. Prom. S. 212. In diefem Sinne möchte ich 
daher auch das Wort rep&dımdog von dem unter Diefem 






— 464 — 
Namen bekannten Baume verſtehen, ſofern der Baum ca 
dem Gotte Tir geweihtes heiliges Symbol mar, ber Get 
gleichfam felbft in dem Baume wohnend gedacht wurk. 
Tir heißt. bei. den Drientalen der Planet Mercur &. 3uF 
dav. II. ©. 66. Hammer Heidelb. Jahrb. 1825. ©, %. 
Aber auch Buddha wird mit dem Planeten. Mercur iventik 
eirt. ©. Bohlen das alte Indien Th 1. ©. 3413. % 
Tann mir daher die in der obigen. Erzählung voraudgefet 
Sfdantität.der beiden Namen Terebinthus und Buddha mu 
daraus :erflären, daß. das Wort. Terebinthus überhaupt ein 
bieratifche Bedeutung hatte, ein Heiligthum des Buddha, 
einen Diener des Gottes, einen von ihm gleichfam bewohnte 
Menſchen, oder wohl auch eine Verkoͤrperung bes Got 
bedeutete. 37). Der plözliche Tod des Terebinthus-Bub 
dha gleicht dem pldzlichen Verſchwinden einer nur auf fr 
Zeit in der Sinnenwelt erfchienenen Gottheit, im Mund 
der Gegner aber hat ed die Sage in dad Gegentheil wer 
wandelt, in einen von ber ftrafenden Gottheit verfügte 
Act der Gerechtigkeit. Ebenſo fchnell ſchied Scythianus aus 
dem Leben. Ueber die Art feines Todes fchweigen die Acu 
Eprill von Serufalem aber (Catech. V1, 22.) laͤßt ihn eben 
fo fterben, wie den Terebinthus (v0ow Favarwaag 6 zu 
E10g Enavoe Tv Aoıuwön xaraotaoıy, womit Photius 
zufammenftimmt, der ebenfald von einem’ nuxeos Havaro; | 
fpricht). Das Ansführlichere gibt Epiphanius Haer. LXVL |. 
3. Als Scythianus gehört hatte, daß nach der Lehre dei 
Gefezes und der Propheten nur Ein höchfter Gott und Welt: 
ſchoͤpfer ſey, beichloß er nach Serufalem zu reifen. So⸗ 
bald er dafelbft angefommen war, fing er an mit den Prei 
bytern, die daſelbſt nach dem Geſez Moſis und der Pro 
Pheten 





37) Infofern könnte auch das chaldaͤiſche —XRXXX Cerebinthe) 
mit dem Namen Buddha zuſammenhaͤngen. 





465 — 


‚  pheten lebten, zu disputiren.?2), Wie koͤnnet ihr Einen Gott 
behaupten, fagte er zu ihnen, der Tag und Nacht, Fleifch 
und Seele, Trokenes und Feuchtes, Himmel und Erde ,- 
„Licht und Finfterniß gefchaffen hat?’ So offenbar fie ihm 
die Wahrheit darlegten, fo ſchamlos beharrte er in feinem 
Widerſpruch. Als er aber nichtd außrichtete, wollte er, 
ald ein Meifter in der Zauberei, welche verderbliche Kunft 

. er aus indifcher und aͤgyptiſcher Weisheit erlernt hatte, eine 
magifche Erfcheinung hervorbringen. Es mislang ihm aber 
aud) dies, und er ftürzte von dem Gipfel des Haufes, auf 
welchen er fich für feinen Zwek begeben hatte, jählings her⸗ 
ab, und gab den Geiſt auf. Es iſt dies, wie aud Epi⸗ 
phanius ausdruͤklich bemerkt, völlig daſſelbe Lebensende, 
das nachher den Terebinthus traf. Wie ferner Scythianus 
mit den Presbytern in Jeruſalem, fo Disputirte Terebinthus 
mit den Prieſtern des Mithras über die Zweiheit der Prin⸗ 
eipien (wobei übrigens nicht zu begreifen ift, vote perfifche 
Prieſter, felbft Dualiften, den Dualismus des Zerebinthug. 
beftreiten Fonnten). Beide Perfonen fpielen vollig dieſelbe 
Nolle, die nur deöwegen auf zwei Perfonen vertheilt ift, 
um die neue Religion fogleih in ihrem erſten Keime mit den 
beiden Hauptreligionen der Länder, in welchen fie auftritt, 
der juͤdiſchen (die hier zugleich auch für die chriftliche gilt), 
und der perfiichen in einen ihre Verwerflichkeit offenbaren- 
den Conflict kommen zu laffen. . Ebenfo ſoll auh an 
den genannten vier Büchern Xerebinthus neben Schthis 
anus einen gewißen Antheil gehabt Haben. Auch der 
Name Scythianus kann daher nur eine mit den beiden 
andern Namen uͤbereinſtimmende Bedeutung haben. Scy⸗ 
thianus hieß fo, nach den Acta, als geborner Scythe. Wir 





38) Epiphanius, der auch bier war mit den Acta im Ganzen 
übereinftimmt, aber doch auch wieder mandes Eigene hat, 
läßt den Scythianus wirklich nach Jeruſalem kommen. 


Baur’d Manich. RI. Syſt. 30 


1 


haben aber hier unter den Eeythen / naqh der bekannten wei⸗ 
ten Bedeutung dieſes Worts bey den Alten an die mittelaſia⸗ 
tiſchen Vdlker zu denken, bei welchen ber Anddhaismus fruhe 


Eingang fand. Saracene wird er zuglekh; noch genannt, 


entweder als Drientale ſchlechthin, oder als orientaliſcher 

Handelsmann 39), wie ihn Epiphaniud a. a. D.c hf. 

befchreibt „ wobei wir und Yan den nadyWitters Unterſuchun⸗ 

gen (in der Erdfunde und Vorhalle) fo bedeutenden Handels: 

verkehr der mittelafiatifhen, dem Buddhaismus anhängen: 
den Bdlker erinnern mdgen. Eofehr daher aud) ‚die Er: 
zaͤhlung in ihrer jezigen Geftalt ihren urfpriinglichen hifte: 
riſchen Grund verbirgt, ein Iufammenhang des Manichaͤis⸗ 
mus mit dem Buddhaismus, eine Abkunft des erftern aus 
dem leztern iſt dennoch als Thatfache der Weberlieferung un 
verfennbar ausgefprochen. Es Tann nicht ohne befondere 
Bedeutung feyn, daß in der Gefchichte Mani's umd des 
Urfprungs feiner Lehre der Name Buddha uns immer wie 
der begegnet. Die Schüler Mani’s hießen nad) den Acta 
Thomas, Addas und Hermas, aber Eyrill von Jerufalem 
Catech.VI, 31. fezt an die Stelle des Addas einen Buddas 
nad) einer Lesart, die durch Photius und Perrus Siculus 
beftätigt wird (f. Beaufobre T. I. ©. 63. und Touttee zu 
der Stelle Eyr.) Ebenfo nennen die Anathematismen bey 
Eotelier in den Patres Apost. T.I. & 539. neben Thomas, dem 
Verfaſſer des Evangeliums der Manichaͤer, einen Buddas. 
. Unter den Fragmenten der Briefe Mani's findet fich auch 
„seines aus einem Briefe an einen gewißen Odas, weldyer 
Name ebenfalls für gleichbedeutend mit dem Namen Buddha 
genommen wird (Fabrie, Bibl. gr. T. VII. &.316.). Auf 


’ 








39) Diefe Bedeutung hatte der Name Saracene. Eufebius ber 
„merkt in feinen Comment. zu @f. 13, 20. bie hier genann: 
ten Araber feyen bie jezigen Saracenen, ci rap’ Auir xu- 
dodueros Zapaxıpvol, of tüs spaymerslag moioluswor .ete. 


— 47 — | 


denfelben Zuſammenhang weist fo manche abgeriffene, da 
und dort vorkommende Notiz hin, wie 3. B. der Sprer 
Ephraem die Irrlehre Mani's aus Indien ableitete ( As- 
semanni Bibl. Orient. T. E ©. 122.), Suidas und Ge: 
drenus den Manes fogar zu einem gebornen Brachmanen 
machten. Der Name Mani (Juwel) felbft, hat Fürzlich 
Bohlen (das alte Indien Th. I. ©. 374.) bemerkt, ift ein 
in Indien fehr häufiger Name *0). Derfelbe Forſcher glaubt 
auf diefe Weife auch über. die drei Schüler des Häretifers, 
. Addas oder Buddas, Thomas und Hermas, von welchen 
Mani den erften nach Syrien, den zweiten nad) Indien, den 
dritten nad) Aegypten fandte (Theodoret. Fab. haer. I, 26.) 
ein willkommenes Licht geben zu koͤnnen: „alle drei gehen 
ohne allen Zweifel auf eine und diefelbe Perfon, den indi⸗ 
fhen Buddhas, deffen Rolle in Aegypten bekanntlich Her⸗ 
mas übernimmt, und der und in Indien unter dem Namen 
Tamas, dialectifch auch) Gautamas und Dharmas verſtuͤm⸗ 
melt, begegnet.’ 

Es ift in der obigen Erzählung noch etwas enthalten, 
was wir hier nicht ganz unbeachtet laffen kͤnnen. So uns 
bedeutend an ſich ift, was von Scythianus gefagt wird, 
daß er eine Gefangene aus der obern Thebais, nad) Epi⸗ 
phanius aus der Stadt Hypfela, zur Frau hatte, fo bedeut⸗ 
fam fcheine doc) diefer Nebenzug der Sage zu feyn, wenn 





40) Ueber die verfchledenen alten und neuen Ableitungen des 
Namens Manes (wobei die Gegner natürlih am liebften an . 
uonia dachten) oder Manihäus vol. Epiph. Haer. LXVI. 1. 

(von einem babyloniſchen Wort, das oxevog bedeute) Eyril - 
von Jeruſ. Cat. VI, 24. (von einem perſiſchen Wort, das 
foviel als das griechiſche OruAla fey) Auguft. De haer. c. 46. 
Contra Faust. XIX, 22. Beauſobre T. I. S. 69. f. Pau⸗ 

(us Heidelb. Jahrb. 1826. S. 942. (von 229 Mani chai 
Austheiler des Lebens). Er 


8 — 


wir ihn weiter verfolgen, und in feinen —— 
hang hineinſtellen. Epiphanius weiß genaner, daß fie zwar 
von großer Schoͤnheit, aber von verdorbenen Sitten war, 
daß fie Schthianus, von ihrer Schoͤnheit bezaubert, ans 
einem öffentlichen Haufe, in welchem fie als feile Dirne war, 
zu ſich nahm, in Freiheit ſezte und heirathete. Dieſe Frau 
bringt den Vorlaͤufer des Manichäismus: in nahe Verbin⸗ 
dung mit dem Vorlaͤufer des Gnoſticismus, dem berächtigten 
Magier Simon, über welchen und Epiphanius Haer. XXI, 2 
Folgendes mittheilt: „„Er verband ſich mit einer umherſchwei⸗ 
fenden Frau, die Helena hieß, und aus der Stadt Tyrus 
ſtammte, und lebte mit ihr in unzuͤchtiger Luſt zuſammen. 
Seinen Schuͤlern brachte er den fabelhaften Glauben bei, er 
ſey die große Kraft Gottes, feine unzächtige Frau aber wagte 
er den heiligen Geift zu nennen, und ihrer. wegen fey er 
vom Himmel herabgefommen. „„In jedem Himmel, fagte 
er, nahm ich eine andere Geftalt an, nach der Geftalt der 
Bewohner jedes Himmels, um meinen Engeln verborgen zu 
bleiben, und. zu der "Evvora herabzufommen, welche: eben 
die Helena ift, die auch Prunikos und der heilige Geift Heißt, 
durch welchem ich die Engel geſchaffen habe, die Engel aber 
haben die Welt und den Menfchen geſchaffen““ Diefe He 
lena fey diefelbe, wegen welcher die Troer und Hellenen mit 
einander in Streit famen. Als jene Kraft vom Himmel her: 
abfam, nahm fie eine andere Geftalt an, und die Dichter 
rebeten davon nur allegorifh. Denn diefe vom Himmel 
herabgefommene Kraft, ‚die Prunifos, von andern Häretis 
kern Varbero oder Barbelo, genannt wird, entzündete in 
ihnen, als fie ihre Schönheit fahen, ein heftiges Verlangen 
nad) ihr. Sie war aber deöwegen gefandt, um die Archon⸗ 
ten, die diefe Welt gefchaffen hatten, zu berauben. Eben 
diefe Engel. geriethen wegen ihr in Krieg. Sie felbft litt nichts, 
war aber die Urſache, daß fie fich gegenfeitig ermordeten, 
wegen der Begierde, die fie ihnen: nach ihr einflößte. Sie 





hielten fie feft, daß fie nicht in die Hoͤhe fich erheben und zu⸗ 
ruͤkkehren konnte, und es verband fich jeder mit ihr, indem 
fie alle mögliche weibliche Körper annahın, und von den 
weiblichen Körpern in verfchiedene Körper der menfchlichen und 
thierifchen Natur und in andere Wefen Überging, damit fie 
durch das, was fie felbft gegenfeitig. fich tödtend thaten, 
durch Vergießung des Bluts, ſich felbft verminderten, und 
fie ſelbſt, auf diefe Weife ihre Kraft fanimelnd, wiederum 
in den Himmel ſich auffchwingen koͤnnte. Dieſelbe, die 
ſchon zur Zeit der Hellenen uno Troer war, und urſpruͤng⸗ 
lich fchon, ehe die Welt gefchaffen wurde, hatte auch nach 
der Weltſchoͤpfung durch die unfichtbaren.-Geifter ganz das 
Gleiche gethan. „„Sie ift ed, fagte er, die.jezt mit mir iſt, 
und wegen diefer bin ich herabgefommen, und fie erwartete 
meine Erfcheinung. Denn fie ift die’ Zyvo, die bei. Ho⸗ 
mer Helena heißt, und deswegen mußte Homer in feiner 
Schilderung von ihr fagen, daß fie auf einem Thurme ftehe, 
und den Hellenen den Angriff der Phryger durch eine Fakel 
offenbare. Er bezeichnete nemlich durch die Fakel die Offen- 
barung des von oben herab gefommenen Lichts.’ Ebenſo 
fagte auch der Zauberer (Simon) von dem aus Holz ge⸗ 
zimmerten Pferde bei Homer, das die Griechen abfichtlich 
gemacht glauben, ed bedeute die Unwiffenheit der Völker, 
und als die Phryger ed hineinzogen, hatten fie fich dad ei= 
gene Verberben hergezogen, So ziehen auch die Völfer, d. 
h. die Menfchen ohne die Erfenntniß, die er ihnen gebe, 
wegen ihrer Unwiffenheit, fich da8;Verderben zu. Auch von 
der Athene, fagte er, fie fen diefelbe, die von ihnen” Ev- 
vorz genannt werde, indem er die Worte des Apoſtels 
Paulus auf fie anwandte: Ziehet an den Harnifch des Glau⸗ 
bens und den Helm des Heild, und die Schienen und das 
Schwerdt und den Schild. Alles died fey eine myſtiſche 
Darftellung der Geftalt der Athene. Deswegen nannte er 
die Frau, die er aus Tyrus mit fi) genommen hatte, mit 


- 479 — 
demfelben Namen, wie die alte Helena, und trag auf fie alle 
mögliche Namen äber, ven Namen” Ewoww, Athene, He 
lena und andere, und wegen biefer wollte er herabgefommen 
feyn. Auf fie beziehe fih and, was im Evangelium ges 
fchrieben ift von dem irrenden Schaf. . Auch ein Bild, das 
ihn felbft darftellen follte, gab er feinen Schälern, und ließ 
fi) von ihnen in der Geftalt des ens verehren, ein andes 
res Bild ftellte die Seftalt der Athene dar, das feine As 
hänger gleichfalld verehrten.” Was Epiphanius über den 
Lehrbegriff des Magiers mittheile, enthält befonders fols 
gende für und beachtenswerthe Lehren: Er nahm verfchie: 
dene Claffen höherer Geifter an, und verfchiedene Himmel, 
und in jedes Himmeldfirmament fezte er eine beftimmte 
Elaffe von Engeln (dvvausıs), weldyen er eigene barbarifche 
Namen gab. Diefe Welt, lehrte er, fey geichaffen von boͤ⸗ 
fen Geiftern, ald unvollfommenes Werk (Tov av Tov- 
rov ano cpywv xal Ekovomay ti; xuaxias 89 EAarra- 
nerı xarsoxevaouezvov). Dem Fleiſche ftehe nur Verderben 
und Untergang bevor, der Seele aber. eine Reinigung , wo⸗ 
fern fie nemlich durdy feine Gnofis auf.den Weg der myſti⸗ 
ſchen Heildordnung geleitet werde. Das Gefez leitete er nicht 
von Gott, fondern von einer linken Potenz (agsorega öuva- 
uıs) ab. Auch die Propheten gehdren nicht dem guten Gott 
an, fondern bald diefer, bald jener Potenz, und wie es ihm 
gut duͤnkte, theilte er der einen Potenz das Gefez, einer an- 
dern den David, einer andern den Eſaias, wiederum einer 
andern den Ezechiel zu, und fo führte er jeden Propheten auf 
eine eigene Potenz zurüf. Alle aber leitete er von einer lin⸗ 
fen außerhalb des Pleroma befindlichen Potenz ab. Alle, 
die an das A. T. glauben, feyen dem Tod anheimgefallen,“ 
So weit Epiphanius. Sn der Hauptfache flimmen mit feis 
ner Darftellung der Perfon und der Lehre des Magiers Eis 
mon bie jedenfalls vormanichäifchen Elementinifchen Ho⸗ 
milien ganz überein. Er war ein geborner Samariter , in 


— 41 —. 


Alexandrien gebildet, und beſonders in der Magie ſehr ſtark. 
In eitler Einbildung wollte er fuͤr eine Kraft des hoͤchſten 
Rangs gehalten ſeyn, und ſelbſt hoͤher ſtehen, als Gott, der 
Weltſchoͤpfer. Bisweilen gab er vor, Chriſtus zu ſeyn, 
und nannte ſich den Stehenden, mit welcher Benennung er 
fid) als denjenigen bezeichnen wollte, der immer ftehen bleis 
“ ben werde, und die Urfache des Verderbens und des Falleng, 
den Leib, nicht habe. Den Gott, der die Welt gefchaffen, 
hielt er nicht für den höchften, und glaubte Feine Auferſte⸗ 
bung der Todten. Jeruſalem läugnete er, und fezte dafür 
den Berg Sarizim an die Stelle. Statt des wahren Chri⸗ 
ſtus kuͤndigte er fi) an, und erflärte das Gefez nad) eige- 
ner Willkuͤhr allegorifh. Einen ganz eigenen Zuſammen⸗ 
bang nehmen die Clementinen zwifchen dem Magier Simon 
und dem Täufer Johannes an. Wie Chriftus nac)-der 
Zahl der zwölf Monate der Sonne zwölf Apoſtel hatte, fo 
hatte Johannes mit Ruͤkſicht auf den Mond dreißig die Herr: 
fhaft führende Männer, und in diefer Zahl war auch eine 
Frau mit Namen Helena. Der naͤchſte und angefehenite 
nach Johannes war Simon. Nach Ermordung des Täuferd 
Johannes nahm feine Stelle, während Simon fid) in Ae⸗ 
gupten auf die Magie legte, zuerft Dofitheus ein, als aber 
diefer zur Einficht fam, daß nicht er der Stehende fey, mußte 
er dem Magier weichen. Simm zog nun mit ber Helena 
umber, und fagte von ihr, fie ſey aus den oberften Himmeln 
in die Welt herabgefommen, als die Herrin, als die All: 
mutter Subflanz und Weisheit, wegen biefer, behauptete 
er, haben Hellenen. und Barbaren geftritten, durch ein 
Phantafiebild der Wahrheit getäufcht. Denn die wahre He- 
lena war damald bei dem höchften Gott. So wandte er 
griehifche Mythen allegorifch an. Homil. II, 2, f. Es ift 
bier alles zufammengeftellt, was fich bei Epiphanius und in 
den Clementinen über den Magier Simon Bemerkendwerthes 
findet, da es mit demjenigen, um was ed und hier zunächft 


& 





zu thun iſt, fehr enge zufammenhängts: nn — — 
gleich in die Augen fallen, daß die eier 
fehriebene Frau diefelbe Geftalt iſt, wie Sie Heleüna vA 
Magierd Simon. Die eine, wie die aubere, wirk-Kelbidike 
Gefangene, balb eine Hure genannt. - Yhrer eigeutläiken 
Bedeutung nad) aber ift diefe mythiſche Bari Die. un: Br 
obern Welt berabgelommene, in der Marerie gef‘ 
tene Weltſeele. Es tft voͤllig dieſelbe —— — |. 
welcher bei Manes überall die Mebe iſt. Mie Mans war 
den Seelen fagte, fie feyen Schafe unter Wolfe geſaudt, 
fo wird hier die in die Materie: dahingegebene, gleichfam in 
eine ode Wuͤſte verftoßene Weltfeele das irrende ober verlos 
rene Schaf des Evangeliumd genannt. Es geht: aber der 
Begriff.der Gefangenfchaft in den Begriff ber Unyucht über, 
fofern Die gbreliche Seele, von der Materie berührt, auch 
durch fie vermpreinigt wird, und einer Welt anheimge⸗ 
. fallen ift, die nad Manes das Erzeugniß Unzucht treiben 
der Dämonen ift. Da fie einmal mit der materiellen Welt 
fi) verbunden hat, fo muß-fie auch die Repraͤſentantin ber: 
felben feyn, und in demfelben Sinne, in welchem in der 
Apokalypſe die dem Chriſtenthum feindliche Welt die babylo⸗ 
nifche Hure genannt wird, wird hier die Welt im weiteften 
Sinn, fofern fie ald dad von Gott abgewandte, für fi 
feyende Reale nur das Nichtige ift, mit demfelben Bilde 
der Unreinheit und Verdorbenheit bezeichnet. In dem Nas 
men rauuntwp oVDia, oogie, Ayıov nvevue (als weib- 
liches Wefen gedacht f. oben S. 223.) erfcheint fie deutlich 
als Weltfeele. Der Name "Evo (gleichbedeutend mit 
der Evdvunosg der Valentinianer) draft volllommen den 
Begriff der indifhen Maia aus, fofern die Mais die eigents 
liche Idee ift, mittelft welcher das Urweſen alles erfchuf, 
ald ed durch Contemplation das Nichtfeyn zum Seyn ges 
ftaltete, weswegen fie befonders als Mutter höherer Wer 




















— 493 — 


fen betrachtet wird *T). Nach den Acta co. 9. hatte die 
Meltfeele bei den Manichdern verfhiedene Namen: vovg, 
Evvoiu, goovnoıg, Evdvunoıg, Aoyıowog. Weber die Na: 
men Iloovvıxös und Baofniw vgl. Beaufobre T. II. ©. 
326. Nitzſch Theol. Studien Leipz. 1816. ©. 42. 56. Thilo 
Acta Thom. ©. 133. Neander Gnoft. Syſt. S. 257. Der 
Grundbegriff ift durchaus berfelbe, welchen die Gnoftiker 
mit ihrer Sophia: Adyamoth verbanden, die ſchon mit der 
Manichäifchen Weltfeele zufammengeftellt worden ift, und 
es find ganz diefelben. gnoftifc) = manichäifchen Lehren non 
der aus dem göttlichen Weſen herabgefommenen Seele, der 
fie zurüfführenden Kraft, der Unreinheit des Fleiſches, der 


‚Reinigung der Seelen durch) Wanderung, die aud) in dem 


Lehrbegriff des Magierd Simon die wefentlichen. find. Was 
aber die Perfon ded Magiers Simon felbft betrifft, welchem 
wir wegen feines Berhältniffes zu Scythianus und Terebins 
thus⸗Buddha nod) einige Aufmerkſamkeit ſchenken miffen, 
fo kommt fon, was er nach der Apoft. Geſch. 8, 9. 10. 
von fic) ausgab, er fey ueyacg Tıg, oder in Övvauıg ToV 
9800 7) xahouusvn ueyalı, der buddhaiftifchen Vorftellung 
eines aus der Lichtwelt fich herabfenfenden und verkoͤrpern⸗ 
den Lichtftrahle fehr nahe. Man beachte aber weiter fols 
gende Züge: Nach den Elementinen hieß der Vater. Simons 
Antonins, feine Mutter Rachel, in den Recognitionen aber 
II, 14. werden ihm die Worte in den Mund gelegt; ne pu- 
tetis, quod generis vestri homo sim, ego negue magus 
sum, neque amator Lunae (Lıma wird in den Recogn. - 
die Helena oder Sein genannt f. 0. 8,), neque Antonü 


‚filius. Ante enim, quam mater mea Rachel conveniret 








41) Bohlen das alte Indien Th. I. ©. 312., wo and die aus 
‘oh. Lydus De mens. S. 236. Ed. Roether hieher gehörige 


Stelle angeführt iſt: Main‘ ı zu ayuavsi nsxpuuusve sis To 
dupavis npoayovan. 


Der 
⸗ RN “ = ; 
— 5 

cum eo, adhue virgo concepit me, did suo0t.iu PRARIAE; 
mea, vel parvum esse vel magnktny' XC —* 
homines apparere. Humana de me ipso:meslitee: ui; 
Auch Simon wollte alfo-, wie Tereblutpasr — 
einer Jungfrau Geborner ſeyn. Die Wunbert 
(vgl. Recogn. II, 15. f. Hom. H, 82.). ——— — 
keit mit dem buddhaiſtiſchen Riti Chubilghau But 
Forſchungen S. 175. 241. Das Ende Simors ſoll rin Atigrk- 
meinen baffelbe gewefen feyn, wie bad deB: Serthcuus ih: 
Terebinthus⸗Buddha. WIE er ſich in Rom vor ber verfam 
melten Menge durch feine magifche Kunft fliegend in die Lüfte 
erhob‘, um in den Himmel zu gelangen, flärzte er plbzkd 
herab, und lag mit zerbrochenen Bliedern- auf dem Boden 
Constit. ‚Äpost. VI,9% Der Magier Simon: gilt bei da 
Kirchenlehrern allgemein als Stammvater aller gnoſtiſche 
Härefen, als pater omnium haereticorum „:wie ihn Joel 
naͤus (IM. praef.) nennt. Aber ebendeöiwegen vonsbe rd E 
prototypiſches Wefen, das zum Träger alles deſſen gemadt E 1 
. wurde, was man als mefentlichen Inbegriff Der gefammtn 
Gnoſis betrachtete. Vgl. Krabbe über den Urfprung mh 
den Inhalt der apoft. Eonftit. Hamburg 1829. ©. 184-f 
Die Hauptaqnelle für unfere Kenntniß der Lehren des Ms 
giers find die Elementinen. Wir würden aber fehr irren 
wenn wir den hier gefchilderten Magier Simon vollig iden 
tifch mit der aus der Appftelgeichichte bekannten hiſtoriſchen 
Derfon nehmen wollten. Die Lehrfäge, die ihm in den Ele 
. mentinen,. dem ihn beftreitenden Simon Petrus gegenuͤben, 
in Mund gelegt werben, laffen fi) ohne Muͤhe als Lehrfäg: B 
der auf ihn folgenden Gnoftifer nachweifen, und. der. Bes 
. faffer der Clementinen gibt felbft den deutlichften Wink, daß 
er den Magier als ideales, prototppifches Wefen behandelte, | 
wenn er ben Petrus Hom, XV], 21. weinend- und feufzend 
vor dem verfammelten Volk fagen läßt: „Wäre es doch 
mit Simon genug der verfuchenden Reden wider Gott! aber 




















mies werden nach des Herrn Wort falfche Apoftel und Secten 
end. Herrfchfüchtige kommen, welche, wie ich vermuthe, von 
Simon ausgehend ihm helfen werben, wider Gott zu reden.“ 
wDiefe Aeußerung bat der Verfafler offenbar im Blik auf die 
SGnoſtiker der folgenden Zeit dem Magier in den Mund ges 
elest. Sa, Simon ift nicht blos das ideale Vorbild der Gnos 
„flifer geworden, fondern wie er fich felbft nad) der Apoftels 
wSefchichte die große Kraft Gottes nannte, fo ift auch diefer 
wBegriff idealifch weiter ausgebildet worden. Er felbft ift 
wbie hoͤchſte aus Gott emanirte, die Welt zu Gott zurüffühs 
zirende Kraft, und die Gattin, die ihm zur Seite ſteht, ift 
zidie zwar auch aus Gott emantrte, aber mit der Materie 
wivermifchte Seele, die durch jene andere göttliche Emanation 
. erft wieder befreit werden muß. So ftellen fidy uns in dem 
w Magier Simon und feiner Gattin Helena, wie in Scythias 
unus und der mit ihm verbundenen Frau die beiden gbrtlichen 
Emanationen dar, auf deren Verhältniß ſich die gnoftifch« 
„ manichäifche Meltentwillung bezieht. 
, Drientalifche, insbeſondere indifch = buddhaiftifche Re⸗ 
‚ ligions-Fdeen blifen hier überall durch. Selbſt die bildliche 
‚ Vorftellung, welche die den beiden Vorläufern des Gnoſti⸗ 
‚ cismus und Manichäismus beigefellten Gattinnen ausdruͤ⸗ 
‚ ten, ſcheint den religiofen Sagen des Buddhaismus nicht 
fremd zu feyn. So heilig im Buddhaismus das ehelofe Les 
; ben if, fo har doch Buddha felbft nicht blos eine Gattin, 
ſondern auch, wie Kriſchna, eine ungemein große Zahl von 
Beiſchlaͤferinnen. Rhode uͤber relig. Bildung, Myth. und 
| Phil. der Hindus Th. J. S. 279. Die große Zahl der Ge⸗ 
liebten Kriſchna's und ſein Verhaͤltniß zu ihnen, wird in 
den indiſchen Religionsſchriften ſelbſt bildlich genommen: fie 
ſollen nur die durch die Maia in der Mannigfaltigkeit der 
realen Formen erſcheinende Sinnenwelt darſtellen (Rhode 
a. a. O. Ih. II. ©. 178.). Welchen andern Sinn koͤnnte 
diefelbe Sage. in Beziehung auf Buddha haben, wenn auch 












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gfeic ‚(per er fo Anpig wuchernbe 2yndas en ara 
lichen. Sinn verhält hat? Anders als bildlich⸗ — | 
folche Sagen nicht genommen werben: Zbie: u 
ftellung eines Raubs begegnet uns in der — ei u 
Kampfe Buddhas mit den Aſſuras, der in Bubbha 
ſchichte eine nicht unwichtige Stelle ein mnt. Als A 
nach feinem Tode mit feinen Begteitern die Erbe ve 
um feinen Wohnftz auf den Gipfel bed Mern gu "Wii 
vertrieb er die alten Bewohner. Kuͤr dieſe vie Mern WE 
triebenen Nats (Geiſter), die Aſſuras, bildete Sich num di 
neue Welt unter dem Wem , die Aſſura⸗Welt. . Aber Yu 
dha raubte nun aud) dem Aſſura⸗Konig feine fchbne Tod 
es entſtund ein heftiger, anfangs für Buddha unglüfike 
Krieg, aber der AffuraeKbnig wurde befiegt und unter m 
Mern zu bleiben gezwungen. Rhode aa. O. Th. I. &M 
Buddha gewann hier wohl nur wieder, was der feindlih 
Aſſura⸗Konig zuvor geraubt und ſich angeeignet hat, % 
goͤttliche Weltſeele, die durch Buddha wieder zuruͤkgeft 
werden ſoll. In der Sage der Brahmanen iſt es Brahm 
ſelbſt, der einen Theil der geſchaffenen Welt (die unter 
Welt) entwendet, und fi) dafuͤr den ſtrengſten Büßımyak 
unterwerfen muß. Rhode Th. II. ©. 63. Ich fuͤhre aid 
dies, was ſeiner Natur nad) feine beftimmtere Yrachweifum 
außer. durch die einfache Combination, zuläßt, nicht ine 
Abfiht an, um darauf irgend ein befonderes Gewicht p 
legen, demungeachtet fcheinen mir aud) ſolche Züge nik 
uͤberſehen werden zu dürfen. 

Eine eigene Erfcheinung -ift es, daß der Magier Sim 
feine Helena für Die Helena des trojanifhen Kriegs erklärt, 
und demnach) auch in diefer diefelbe Idee ausgedruͤkt fan, 
bie er feiner Helena beilegte. Man Formte ſehr geneig 
ſeyn, hierin nur eine willfährliche Deutung des Magiers zu 
fehen. Naben wir aber den Magier Simon in’ den Clemen⸗ 
tinen und bei Epiphanius nicht blos für das Individuun 








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Bes . 
per Apoftelgefchichte, fondern für eine die Gnoſtiker übers 
haupt repräfentirende Gollectivperfon zu halten, fo kann 
ch jene Idee nicht blos eine zufaͤllige individuelle Meinung 
u, fie muß einen tiefern reellen Grund haben, und wir 
zgfönnen fie nur ald eine allgemeinere, dem Gnofticismus 
EAberhaupt eigenthämliche Anficht nehmen. In der That 
Ä zufbeint mir hierin eine dee ausgefprochen zu feyn, in wels 
r her der Gnoſticismus den urfpränglichen Siun des höhern 
m mythiſchen Alterthums ſehr richtig aufgefaßt hat. Was der 
Magier von dem Scheinbild der Helena, dem eidwäAorv “Eid- 
— geſagt haben ſoll, hat, wie bekannt iſt, auch der alte 
ichter Stefihorus aud Himera geſagt. Er hatte, wie 
„ zplato im Phadrus (©. 243.) erzählt, die Helena gefchmäht, 
xals Urſache bes troiſchen Kriegs und ſo vieler Uebel. Da 
gr jer nun der Augen beraubt wurde, dichtete er ſogleich ſeine 
bekannte Palinodie: „Unwahr iſt dieſe Rede, denn nie be⸗ 
u fliegft du die zierlichen Schiffe, noch kamſt du je zur Feſte 
son Iroja, und wurde hierauf wieder fehend. Es war das 
- ber nad) Steſichorus nur dad Schattenbild der Helena, um 
das unter den Trojanern, aus Unkunde der wahren, folcher 
a, Streit entftund, wie Plato De Rep. IV. ©. 586. fagt, 
wo er mit diefem Beifpiel den Saz erläutert, daß Schatten« 
bilder der wahren Luft Thoren fo oft wahnfinnige Leiden 
* ſchaften zu ſich einflößen und der Gegenſtand heftigen Strei⸗ 
ie tes werden. Derfelben Sage von der Helena folgte Euris 
pides in feiner Tragoͤdie dieſes Namens, indem er nur den 
F Namen der Helena den Preis des Kriegs zwiſchen den Hel⸗ 
lenen und Troern werden läßt (v. 32. f.), während die He: 
* lena ſelbſt in einer Wolke von Hermes nach Aegypten, wie 
auch ſchon Herodot weiß und II, 113. ausführlich erzaͤhlt, 
in das Haus des Proteus gebracht wird. (Man vgl. ferner 
die von Heindorf und Aft zum Phädr. a. a. D. citirten 
Stellen, wozu auch noch Sextus Empir. L. VII. 180. 
255. f. gehört). Weber ben Begriff, welchen wir mit dem 





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nad) feinem Tode mit feinen Begteireen? die Erbe se 
um feinen Wohnfiz auf dem Gipfel des Mern zu "Uhl 
vertrieb er die alten Bewohner. Fuͤr dieſe yore: Mes 
telebenen Nats (Geiſter), die Affuras, bildete ſach nun di 
neue Welt unter dem Meru, die Uffuras Welt. Aber Aue 
dha raubte nun auch dem AffnrasKbnig feine ſchoͤne Tod 
es entſtund ein heftiger, anfangs fir Buddha ungläft 
Krieg, aber. ver Affura-König wurde befiegr und unter m 
Mern zu bleiben gezwungen. Rhode aa. O. CTh. I. S. M 
Buddha gewann hier wohl nur wieder, was der feimik 
Aflura- König zuvor geraubt und ſich angeeignet hat, % 
göttliche Weltfeele, die durch Buddha wieder zuräfgefl 
werben. foll. In der Eage der Brahmanen iſt es Brahm 
felöft, der einen Theil der gefchaffenen Welt (die une 
Welt) entwendet, und fich dafuͤr den ftrengfien Buͤßunge 
unterwerfen muß. Rhode Th. II. ©. 63. Ich fuͤhre aid 
dies, was feiner Natur nach feine beftimmtere Nachweiſumn 
außer durch die einfache Combination, zuläßt, nicht inte 
Abficht an, um Darauf irgend ein befonderes Gewicht y 
legen, demungeachtet fcheinen mir aud) ſolche Zuge nik 
äberfeheri werden zu dürfen. 

Eine eigene Erfcheinung-ift es, daß der Magier Sim 
feine Helena für Die Helena des trojanifhen Kriegs erflärt, 
und demnach aud) in diefer diefelbe Idee ausgedruͤkt fand, 
bie er feiner Helena beilegte. Man Fonnte ſehr geneig 
feyn, hierin nur eine willfährliche Deutung des Magiers zu 
fehen. Haben wir aber den Magier Simon: in’ den Clemer⸗ 
tinen und bei Epiphanius nicht blos für das Individnun 
















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>». Ber Apoflelgefchichte, fondern für eine die Gnoſtiker übers 
Achaupt repräfentirende Collectinperfon zu halten, fo kann 
ch jene Idee nicht blos eine zufaͤllige individuelle Meinung 
FIGUR fie muß einen tiefern reellern Grund haben, und wir 
gönnen fie nur als eine allgemeinere, dem Gnofticismus 
Eaͤberhaupt eigenthuͤmliche Auſicht nehmen. In der That 
zufbeint mir hierin eine dee ausgefprochen zu feyn, in wels 
„her der Gnoſticismus den urfprünglichen Siun des höhern 
eg mythiſchen Alterthums fehr richtig aufgefaßt hat. Was der 
Magier von dem Scheinbild der Helena, dem eidwAorv " Eid- 
Ba: gefagt haben fol, bat, wie befannt ift, auch der alte 
ichter Stefichorus aus Himera gefagt. Er hatte, wie 

p ‚Plato im Phaͤdrus (©. 243.) erzählt, die Helena geſchmaͤht, 
nwals Urſache des troiſchen Kriegs und ſo vieler Uebel. Da 
ng> ‚er nun der Augen beraubt wurde, dichtete er fogleich feine 
befannte Palinodie: „Unwahr ift diefe Rede, denn nie bes 

T ſtiegſt du die zierlichen Schiffe, noch kamſt du je zur Feſte 
von Troja,“ und wurde hierauf wieder ſehend. Es war da⸗ 
her nach Steſichorus nur das Schattenbild der Helena, um 
Das unter den Trojanern, aus Unkunde der wahren, ſolcher 
Streit entftund, wie Plato De Rep. IV. ©. 586. fagt, 
wo er mit diefem Beifpiel den Saz erläutert, daß Schattens 

. Hilder der wahren Luft Thoren fo oft wahnfinnige Leiden⸗ 
* ſchaften zu ſich einflößen und der Gegenſtand heftigen Strei⸗ 
tes werden. Derſelben Sage von der Helena folgte Euri⸗ 
85 pides in feiner Tragddie diefed Namens, indem er nur den 
Namen der Helena den Preis des Kriegs zwilchen den Hel⸗ 
lenen und Troern werden läßt (v. 32. f.), während die He⸗ 
lena felbft in einer Wolfe von Hermes nach Aegypten, wie, 
auch ſchon Herodot weiß und II, 143. ausführlich erzählt, 
in dad Haus des Proteus gebracht wird. (Man vgl. ferner 
die von Heindorf und Aft zum Phaͤdr. a. a. O. citirten 
Stellen, wozu auch noch Sextus Empir. L. VII. 180. 
255. f. gehoͤrt). Ueber den Begriff, welchen wir mit dem 





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ſchichte eine nicht unwichtige Stelle einnimut. Als PRE 
nad) feinem Tode mit ‚feinen Begkeitern: Die Erbe % 
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neue Welt unter dem Mern, die Uffuras Welt. Aber DW 
dha raubte nun aud) dem Aſſura⸗Koͤnig feine ſchoͤne T 

es entſtund ein heftiger, anfangs für Buddha unglä 
Krieg, aber der Aſſura⸗-Koͤnig wurbe beftegr und unter im 
Mern zu bleiben gezwungen. Rhode a. a. 8. Th. L & M 
Buddha gewann hier wohl nur wieder, was der feindih 
Aſſura⸗Kdbnig zuvor geraubt und ſich angeeignet hat, i 
göttliche Weltſeele, die durch Buddha wieder zurdkaetimn ' 
werben. ſoll. In der Sage ber Brahmanen iſt es Brahm 
ſelbſt, der einen Theil der geſchaffenen Welt (die umert 
Welt) entwendet, und fi) dafiir den firengfien Bäßımyak 
unterwerfen muß. Rhode Th. II. ©. 65. Ich filhre aid 
dies, was feiner Natur nad)- Feine beftimmtere Yrachweifum 
außer durch die einfache Combination, zuläßt, nicht inte 
Abfiht an, um darauf irgend ein befonderes Gewicht y 
legen, demungeachtet fcheinen mir auch folche Zäge nid 
überfeher werden zu dürfen. 

Eine eigene Erfcheinung-ift es, daß der Magier Sinm 

feine Helena für Die Helena bes trojanifchen Kriegs erflärt, 
‚und demnady auch in diefer diefelbe Idee ausgedräft fand, 
bie er feiner Helena beilegte. Man koͤnnte ſehr geneig 
feyn, hierin nur eine willfährliche Deutung des Magiers zu 
fehen. Naben wir aber den Magier Simon in’ den Glemex 
tinen und bei Epiphanius nicht blos für das Individnun 















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» „ per Apoftelgefchichte, fondern für eine die Gnöftifer übers 
Guheupt repräfentivende Collectivperfon zu halten, fo kann 
SAuch jene Idee nicht blos eine zufaͤllige individuelle Meinung 
en, fi fie muß einen tiefern reellern Grund haben, und wir 
gönnen fie nur als eine allgemeinere, dem Gnofticismus 
Feen eigenthiämliche Anficht nehmen. In der That 
cheint mir hierin eine Idee auögefprochen zu feyn, in wels 
ber der Gnoſticismus den urfprünglichen Siun des höhern 
fm mpthifchen Alterthums fehr richtig aufgefaßt hat. Was der 
Magier von dem Scheinbild der Helena, dem eidwAov “ EAg- 
Ber7° gefagt haben foll, hat, wie befannt ift, auch der alte 
ichter Stefichorus aus Himera gefagt. Er hatte, wie 
Plato im Phaͤdrus (S. 243.) erzählt, die Helena gefchmäht, 

_ yale Urfache des troifchen Kriegs und fo vieler Uebel. Da 
‚er nun ber Augen beraubt wurde, dichtete er fogleich feine 
befannte Palinodie: „Unwahr iſt diefe Rede, denn nie bes 
uayfiegft du die zierlichen Schiffe, noch Famft du je zur Feſte 

BE son Troja,‘ und wurde hierauf wieder fehend. Es war das 

- ber nad) Stefichorus nur dad Schattenbild der Helena, um 
das unter den Trojanern, aus Unfunde der wahren, folcher 
Streit entftund, wie Plato De Rep. IV. ©. 586. fagt, 
wo er mit diefem Beifpiel den Saz erläutert, daß Schatten⸗ 
bilder der wahren Luſt Thoren ſo oft wahnſinnige Leiden⸗ 
* ſchaften zu ſich einflͤßen und der Gegenſtand heftigen Strei⸗ 
tes werden. Derſelben Sage von der Helena folgte Euri⸗ 
pides in feiner Tragoͤdie dieſes Namens, indem er nur den 
Namen der Helena den Preis ded Kriegs zwifchen den Hel⸗ 
‚ Venen und Troern werden läßt (v. 32. f.), während bie He: 
lena felbft in einer Wolfe von Hermes nad) Aegypten, wie. 
auch fchon Herodot weiß und II, 113. ausführlich erzählt, 
in dad Haus des Proteus gebracht wird. (Man vgl. ferner 
die von Heindorf und Aft zum Phädr. a. a. O. citirten 
Stellen, wozu auch noch Sextus Empir. L. VII. 180. 
255. f. gehört). Weber den Begriff, welchen wir mit dem 





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gleich (päter der fo uͤppig wuchernde Mythas den pen 
lichen. Sinn verhuͤllt hat? Anders als bildlich, EAnnen def 
ſolche Sagen nicht genommen werden. Die: bilbliche Web 
ftellung eines Raubs begegnet uns. in der Sage von ben 
Kampfe Bubbhas mit den Aſſuras, der in Buddhas Gel 
ſchichte eine nicht unwichtige Stelle einnimmt. Als Butok 
nach feinem Tode mit feinen Begleitern: Die Erbe verlich 
um feinen MWohnftz auf dem’ Gipfel des Mern zu neh 
Vertrieb er bie. alten Bewohner. Fuͤr dieſe yore: Merun wen 
triebenen Nats (GBeifter) „. Die Affuras, bildete ſich nun efm 
neue Welt unter dem Mer ,. die Affuras Welt. Aber Babdı 
dha raubte nun auch dem Affurasfibnig feine ſchoͤne Tochtei 


es entſtund ein heftiger, anfangs für Buddha unglüflice 


Krieg, aber. ver Aſſura⸗-Koͤnig wurde beſiegt und unter den 
Reru.zu bleiben gezwungen. :Ahobe a.a. D. Ch. L S. 301. 
Buddha gewann hier wohl nur wieder, was der feindliche 
Aſſura⸗Koͤnig zuvor geraubt und ſich angeeignet hat, di 
göttliche Weltſeele, die durch Buddha wieder zuruͤkgefuͤhr 
werden foll. In der Eage ber Brahmanen ift es Brahma 
felbft., der einen ‘Theil der gefchaffenen Welt (Die unterfe 
Welt) entwendet, und fi dafuͤr den ſtrengſten Buͤßungen 
unterwerfen muß. Rhode Th. II. S. 63. Ich führe alles 
dies, was feiner Natur nach keine beftimmtere Nachweiſung, 
außer durch die einfache Combination, zuläßt, nicht in der 
Abficht an, um darauf irgend ein befonderes Gewicht: zu 
legen, demungeachtet fcheinen mir auch ſolche Zuge nict 
uͤberſehen werden zu dürfen. 

Eine eigene Erfcheinung -ift es, daß der Magier Simm 
feine Helena für Die Helena des trojanifchen Kriegs erklärte, 
und demnach auch in diefer biefelbe Idee ausgedräft fand, 
bie er feiner Helena beilegte. Man koͤnnte fehr geneigt 
feyn, hierin nur eine wilffährliche Deutung des Magiers zu 
fehen. Haben wir aber den Magier Simon’ in’ den Elemens 
tinen und bei Epiphanius wicht blos für das Individuum 


der Apoftelgefchichte, ſondern für eine die Gnoſtiker übers 
haupt repräfentirende Collectivperſon zu halten, fo kann 
auch jene Idee nicht blos eine zufällige individuelle Meinung 
. feyn, fie muß einen tiefern reellern Grund haben, und wir 
koͤnnen fie nur als eine allgemeinere, dem Gnofticismus 
überhaupt eigenthämliche Anſicht nehmen. In der That 
ſcheint mir hierin eine Idee auögefprochen zu feyn, in wels 
cher der Gnoſticismus den urfpränglichen Siun des höhern 
mythiſchen Alterthums fehr richtig aufgefaßt hat. Was der 
Magier von dem Scheinbild der Helena, dem eidwAor “ EAd- 
vns gefagt haben foll, hat, wie befannt ift, aud) der alte 
Dichter Stefihorus aus Himera gefagt. Er hatte, wie 
Plato im Phädrus (S. 243.) erzählt, die Helena geſchmaͤht, 
ald Urfache des troifchen Kriegs und fo vieler Uebel. Da 
er nun der-Augen beraubt wurde, dichtete er fogleich feine 
befannte Palinodie: „Unwahr iſt diefe Rede, denn nie bes 
ftiegft du die zierlichen Schiffe, noch kamſt du je zur Zefte 
von Troja,‘ und wurde hierauf wieder fehend. Es war das 
her nad) Stefidorus nur das Schattenbild der Helena, um 
das unter den Trojanern, aus Unkunde der wahren, folcher 
Streit entftund, wie Plato De Rep. IV. ©. 586. fagt, 
wo er mit diefem Beifpiel den Saz erläutert, daß Schatten⸗ 
bilder der wahren Luft Thoren fo oft wahnfinnige Leiden- 
fchaften zu ſich einflößen und der Gegenftand heftigen Streis 
tes werden. Derfelben Sage von der Helena folgte Euris 
pides in feiner Tragddie diefed Namens, indem er nur den 
Namen der Helena den Preis des Kriegs zwifchen den Hel⸗ 
lenen und Troern werden läßt (v. 32. f.), während die He⸗ 
lena felbft in einer Wolfe von Hermes nad) Aegypten, wie. 
auch ſchon Herodot weiß und II, 443. ausfuͤhrlich erzählt, 
in dad Haus des Proteus gebracht wird. (Man vgl. ferner 
die von Heindorf und Aft zum Phädr. a. a. D. citirten 
Stellen, wozu auh noch Sextus Empir. L. VII. 180. 
255. f. gehört). Ueber ven Begriff, welchen wir mit bem 


&50%0» der Helena zu verbinden haben, alle un6 ben 
ften Aufſchluß Euſtathius zu der Stelle der Odyſſee IV; M.J 
Oi us "Ounoov dia To eig aalaer llnyogsiodhezy 
Aoreuu⸗ Oelnvaiar Avgunov ıuv —E dnckaoamm, 
ws dx roũ xara asinvıv xöduov nsoölgan,; zul wur 
52 &vw apnayıpaı avınv duvdsvsarro, innödd.E ink 
vnv al Tov dig nvvodnoev Boviak. Homer: vergleqt 
in der genannten Stelle der Odyſſee bie Helena mit ber Urt 
mis. Wie num bie Artemis, eine aeiıyaia eu gmmog, wi 
aus ber Mondwelt herabgekommen, felbft eine Perfonifs] 

tion der fublunarifchen Welt ift, fo gilt daſſelbe auch ver 
der Helena, die ja fchon ihrem Namen nach die Monde 
frau ift. Sie ftelt in fi) die fublunarifche Welt, die Wel 
der finnlichen Erfcheinung dar: da nun aber Diefe nach de 
höhern Anficht des Alterthums ein zwar fchbnes, aber bed 
nur nichtiged Scheinbild ift, fo ift auch die Helena nur cu 
eidorov. KHerabgefommen aber ift fie als Scheinbild in 
diefe Welt des Scheind nur wie durd) eine feindliche Ge 
walt, die fie raubte und entführte, und fo muß fie num 
gleich einer Gefangenen in ber Welt, wie in einer umlager 
ten Stadt weilen, bis die Zeit der Befreiung oder NRükteh 
fommt und Zeus Wille vollender ift. Diefer Zeitpunct akt 
tritt nicht eher ein, al& bis der in dem homerifchen Eye 
fo ſchonungslos wüthende Krieg die Edelften hHinmweggeraft, 
und zahlloſe Seelen dem Leben entſendet hat. Sie ſelbſt hat 
durch ihr taͤuſchendes Bild den maͤnnermordenden Krieg er 
regt, nur um ſie (ro nepıuayntov sdwioy , wie Platt 
De Rep. a. a. D. fie nennt, ) ftreiten die mit der Blindheit 
diefer Scheinwelt gefchlagenen Völker, um fie bei ſich zu 
haben, und bei fich feitzuhalten, aber aud) hier wird, wie 
in dem obigen Manichäifchen Mythus, was der erregen 
Sehnfucht ein Mittel des Fefthaltens feyn foll, der Weg. 
auf weldyem das vergeblich Erftrebte entfchwindet. Je mehr 
bie Seelen aus dem Leben und biefer zeitlichen Welt wis 








der entſchwinden, der Kichtgeift entflieht, oder wie Euripi⸗ 
des Hel. v. 39. ſich ausdräft, die Mutter Erde von der zu 
großen Menge der Menfchen erleichtert iſt, deſto mehr if 
dadurch der hier unten gehaltenen Göttin der Zeitpunct der 
Ruͤkkehr herbeigeführt. Es iſt Zeus Wille vollendet ( Arög 
Ereleisto Povin), da fie nur für eing beftimmte Periode 
hier unten feyn fol. Wie dad &ıöwAov herabgekommen iſt, 
fo geht es auch wieder zuruͤk, eis aideg oiyeras vepeing 
&yalua Eurip. Hel. 1219. Was nach) diefer Anficht ein 
bloßes sidwAov der Helena tft, ift auf der andern Geite 
doc) wieder die Helena felbit, und von der Helena felbft 
wird daffelbe gefagt, wie von ihrem Bilde. Daran müs 
Ben wir und erinnern, um, was Herodot von dem Nufents 
halt der Helena in dem Haufe ded Proteus fagt, richtig zu 
verftehen. Die Helena wird auch hier wider ihren Willen 
eine beſtimmte Zeit zuruͤkgehalten. Der aͤgyptiſche Proteus 
aber iſt, ob ihn gleich Herodot ganz als menſchlichen Koͤnig 
darſtellt, doch ebenſo gut eine reinmythiſchel Geſtalt, wie 
die übrigen, die in dieſer fogenannten aͤlteſten Koͤnigsge⸗ 
fehichte der Aegyptier vor ihm und zundchft nach ihm find, 
fein anderer, als der homerifche Protend, Das Eymbol der 
in alle mögliche Sormen ſich verwandelnden Erfcheinungss 
welt, woraus nun von felbft erhellt, was der Mythus fa- 
gen will: die Helena fey, während ihr Bild die um Ilion 
- Streitenden umfchwebte, in dem Haufe des Proteus gewefen. 
Das Haus des Proteus ift eben die Sinnenwelt felbft in der 
- ganzen Mannigfaltigkeit ihrer Formen, und fie felbft, die 
Bewohnerin diefes Haufes, fällt mit ihr im Begriff zuſam⸗ 
men. Ebenſo deutet ſich nun auch dies von felbft, daB die 
Helena nicht blos ald Geraubte und Entführte, ald Gefans 
gene und Feftgehaltene, fondern auch als verführerifche 
Buhlerin geichildert wird. Haben wir einmal ihren Grund: 
begriff richtig aufgefaßt, und in ihr daffelbe Wefen erkannt, 
wie in der gnoftifch= manichäifchen Lichtiungfrau, oder der 


0 


Simonianifchen Helena, fo vereinigen ſich alle einzelne Züge F 
leicht und ungefucht zu Einem Ganzen. Daffelbe Schau 
fpiel aber, das die Jlias in ihrer Helena. vor. uns auffährt, 
wiederhohlt fih uns in den Hauptgeftalten der Odyſſee. Die 
Nüffehr der Heroen von Ilion ftellt denfelben Lebenskampf 
dar, wie der Streit um Ilion. Audy) hier ringt eine in bie 
arge, feindliche Welt gleichfam hinausgeworfene goͤttliche 
Kraft, um aus dieſer Welt wieder erldsſt zu werden und „auf⸗ 
zuathmen vom Drangfal.” Der mit Stumm und Wogen, mit 
allen Elementen raftlos kaͤmpfende, felbft in die Unterwelt 
binabgeführte, in den Banden der materiellen Sinnenwelt | 
gefangene, einen ganzen Eyclus von Leiden durchlaufende, | 
vielduldende Odyſſeus ift ein wahres Gegenbild des aus der 
Sphäre des Phyſiſchen in das Erhifche hinäbergetragenen 
Manichäifchen Jesus patibilis, während die andere Eeitt 
feines Wefens, die von luͤſternen Freiern umſchwaͤrmte und 
umlagerte, aber das helle Licht der Befonnenheit, der Athene 
gleich, ſtets in ſich bewahrende Penelope Die edlere Geftalt 
der Helena in fid) darftellt, bis endlich die Heimkehr des 
Helden zum lieben Lande der Väter (yilnv zig uargida 
yœiv , die Manichaͤiſche Iransfretatio patriae), ven io 
vielfach verfchlungenen Schikſalsknoten ldet, die Gefangene 
befreit, die Getrennten vereinigt, und der vom Lebens- und 
Todesbogen gefchnellte Pfeil *2) durch die Dehre der zwölf 

Streit⸗ 





42) Der Pfeil iſt ein altes Symbol der durch das Leben der 
Wanderung ſiegreich hindurchdringenden Seele. Man vgl. 
Herod. IV, 81. (foviele Menſchen, ſoviele Pfeilfpizen find 
in dem Schikſalskeſſel). Nichts andere bedeutet der Hyper⸗ 
boreer Abaris, der Pfellfabrer, welchen Plato Charmid. 
©. 158. mit Zamolxis zufammennennt. Wenn Gott die Seele 
entfendet , fendet er fie wie einen abgefchoffenen Pfeil, ber 
die Räume ber Welt durchdringen fol. Die Dehre der zwölf 
Streitärte, die der Odvſſeuspfeil durchfiegt, entfprechen den 
zwölf Manihälfhen Aeonen oder Secula. 


\ 


—— 4 — 

Etreitärte fiegreich zum Ziele hindurchbringt. Es liegt hier 
uͤberall dieſelbe Weltanficht zu Grunde, und es ift nicht blos 
willführliche allegorifche Deutung heidnifcher Deythen, wenn 
die Gnoftifer in ihnen ſolche Hauptideen ihrer Syfteme wie: 
derfanden, fondern fie hatten dazu volles Recht. Sie begegnet 
und immer wieder in fo vielen einzelnen zerſtreuten Bruch- 
ftlfen, in welchen wir fie oft nur fehr unvollſtaͤndig wieder 
erkennen konnen. Wollten wir das Bild der Buhlerin in 
dem obigen Siume weiter verfolgen, fo dürfte auch die juͤ⸗ 
difche Helena Rachab, die nach der jüdischen. Volksſage in der 
ganzen Zeit, im welcher die Sfraeliten in der Wuͤſte unftet 
umberirrten, Unzucht getrieben haben foll (ſ. Meufchen zu 
Matth. 4, 23.), und nach der Sage im Buche Fofua 2, 1. f. 
in dem jüdifchen Ilion Jericho mit den feindlichen Kunds 
fhaftern ebenfo verkehrt, wie die griechifche- in dem troi⸗ 
fchen, mit dem rothen Seil, wie mit dem Faden der Ariadne, 
die Nettung fichert, und in der befehdeten und umlagerten 
Stadt fo lange weilt, bis diefe in der vom Schiffal beſtimm⸗ 
ten Zeit, beim fiebenten Pofaunenfchall (der zoyarın oal- 
suy&, dem Symbol des fiebenten oder lezten Jahrtauſends, 
der Vollendung der großen Weltwoche), zufammenftürzt, 
und fie, die Bewohnerin, mit denen vereinigt wird, zu wel⸗ 
chen fie. eigentlich gehört, — es dirften die ägpprifchen Kö 
nigötdchter, Die mir dem Lohneihrer Unzucht Pyramiden Eym- 
bole des Kosmos) erbauen (Herod. II, 426. vgl. 424.), nicht 
unbeachtet bleiben. Auch an die ganz verwandte Bedeutung, 
die die mythifche Idee eines Raubs in dem befannten My: 
thus von der Demeter:Perfephone und in den analogen My⸗ 
then hat, begnuͤge id) mich , hier blos zu erinnern. 

Die mehreren Forfchern zur Ueberzeugung gewordene Anz 
ficht, daß die Religionsſyſteme des höhern Orients, insbeſon⸗ 
dere die indifchen, auf die Erfcheinungen, die fid) und in den 
erften Jahrhunderten unferer Zeitrechnung auf dem Gebiete 
der chriftlichen Religionsgefchichre zeigen, einen naͤhern Ein⸗ 

Baur’s Manich. RI. Syſt. 51 


a — \ 


fluß gehabt haben, "findet noch immer, ſo vieles auch j* 
fe zul ſprechen ſcheint, von manchen Seiten Wiberfpzud. 
Neueftens hat auch Biefeler (Theol. Stub. und Krit Jahrg. - 
1830. 26 -Seft; ©1878.) aus Veratilafuig der ſchon oben 
‚genannten Abhandlaug Schmidts über" die Verwandtſchaft 
der guofifchthenfophifchen Lehren mit den Religious ſyſtemen 
des Orients, vorgäglich des Bubbhaiäpus, fich gegen bie 
Vorausſezung eines folchen Einfluffes Aklärk, und die Mei- 
nung ausgeſprochen/ „die Gnofis laſſe ſich bollkonmen be⸗ 
greifen, wenn man ſie als eine durch das Hinzutreten des 
Chriſtenthums veranlaßte neue Entwiklung des philoniſchen 
platonismus betrachte, welche in Syrien noch durch Dem per⸗ 
fiſchen Dualismus modiſicirt wurde. Wir Einen’ Die Geueſis 
‚ber gnoſtiſchen Idern aus ben bezeichneten Wurzeln zu deutlich 
verfolgen, als daß wir uns gendthigt fehen ſollten, eine Aus 
berlich gar nicht nachzuweiſende Abhaͤngigkeit von Indien *°) 
anzunehmen, aus welcher denn doch immer nur.einige ihrer 
Lehren ſich herleiten laſſen wärben, während die übrigen diefer 
Ableitung auf. das entfchiebenfte widerſtreben.“ Wollte man 
aud) diefer Behauptung in Beziehung auf den Gnoſticismus 
vollkommen beiftimmen, fo verhält es ſich doch der Natur der 
Sache nach mit. dem Manichaͤismus ganz anders, der zwar 
in ſeinem Fortgang in den weſtlichen Laͤndern ſich ſehr weit 
verbreitet hat, in feinem Urſprung aber ganz dem höhern 
Orient angehdrt. Aber auch, was den Gnofticismus betrifft, 
ſcheint e8 mir fehr zweifelhaft, ob der philonifche Platoniss 





43) So allgemein kann biefe Behauptung in keinem Falle 
gelten, da von dem Guoſtiker Bardeſanes wenigſtens Yor- 
phytius De abst. ab esu anim. IV, 17. aus druͤklich mel 
det, daß er mit Judern Umgang gehabt habe: Bapdsourng 

He Baßvlmıog En) zuv mariger jur yayovas wol dir 
wurde vol megl Aanddauy (vgl, über biefen Namen Boh- 
len I. ©. 73.) weneupirog ’Indois ngös vov Kolouge. . 


483 


mus uns nicht auf einen zu befchränften Stanbpunet ſtellt, 
um die große Sphaͤre der gnoſtiſchen Syſteme und Ideen ge⸗ 
hoͤrig zu uͤberſchauen, und in die ſo reiche Eigenthuͤmlichkeit 
des hier ſich entfaltenden Lebens einen tiefern Blik zu werfen. 
Gerade in dieſer Beziehung ſcheint mir das Verhaͤltniß des 
Gnoſticismus zum Manichaͤismus, der auf der einen Seite 
unter jenen Gefichtöpunet nicht geſtellt werden kann, auf 
der andern aber doch feiner Natur nach dem Gnoſticismus 
fo nahe verwandt ift, höchft Beachtenswerth zu feyn, und 
bie Weberzeugung fehr nahe gelegt zu werden, daß diefe 
Einwirkung, die und im Manichaͤismus am naͤchſten und 
unmittelbarften entgegentritt, auch ſchon im Gnoſticismus, 
‚wenn auch auf andre mehr mittelbare Weife ftattgefunden hat. 
Hauptfächlich auch in diefer Abficht habe ich, wiederhohlt auf 
die Berührungspunete aufmerkſam zu ‚machen gefucht, die 
der Manichdäismus mit den Lehren der Gnoſtiker und insbeſon⸗ 
dere mit der Lehre der Glementinen darbietet, welche leztern 
mir für eine umfaffende Beurtheilung der ganzen Erfcheis 
nung des Gnoſticismus, in welchen fie als ein eigenes hoͤchſt 
wichtiges Glied eingreifen, noch nicht. genug gewürdigt zu 
feyn ſcheinen. Die ganze ‚bier niebergelegte eigenthilmliche 
Weltanſi ht 22), der dem Menicpäifchen fo ähnliche Emanas 





44) Sur Vetgleichung mit der Monichaiſden Lehre Hier nur 
noch einige Andeutungen: Gott ift das glänjendfte Licht, ges 
gen welches felbft die Sonne Finfterniß tft. Hom. XVII, 7. 
Das Princip ſeiner nah außen gerichteten Wirkſamkeit iſt 
de mit ihm verbundene Seele, die als Monas duch zur 
Dyas wird, Indem fie fich ftetd ausdehnt.und gufammenzieht: 
&xtelvsıaı An’ avtov, üs zeig Önmioupjovon To nur — 
ia ovon ım ylvar, Övsc.torw' aurd zyüg Enıacıy xal ov- 
oroliw  novac dvug elvaı voulkereı Hom. XVI, 12.). In 
dem ganzen Umfang der gefhaffenen Welt herricht dad Ge⸗ 
fe; des Gegenſazes (der Spzogien): alles, obwohl von dem 
Einen Gott ausgehend, thellt ſich in Entgegengefeztes (Hsös 
31.. 


— 482 — 


tisnius und Dualismus , die Idee ineß in —— 
Zeitraͤumen, in einer immer nee Son ‚Kin ben fieber 


/ 2 hr ie ‚= 
al, av abrög harüe wo) baren dal ae dh a 
ängev) in Himmel und. Erbe, Tag and Nadt,. Lit uub 
Zeuer, Sonne und Mond, Leben und. Tod, Maͤnnliches ab 
Welbliches, .(b ägow ölas Aljdnc, 4 Onlaıe *3. X 
Hom. II, 27.), Rechtes und Linkes II. 15. Mech genauere 
dem Manichaͤiſchen Dualismus bie Lehre der Eblo ‚nie 
fie Epiphanius gibt Haer. XXX, 16.: dio zwas ovrıoracı 
de Ho Tetayuerous ‚Eva nv elvor Zgsoröy va 0: os 
dıaßolov, nal Toy piy xeurò⸗ Adyovoı vov uEllovrog ale- 
vor — -Toy aÄmEov. Tor ds Ösaßolov Tovzoy nem 

= reden Tor aller du npootays Önder zo TEYTONgETO- 

2... go. Wie nad Manes das Feuer das daͤmoniſche Element 
ift (on ben abgefallenen Seelen Tagte Manes in ber Ep. 
fund. ſſ. oben S. 113.) daß fie igmeo spirizui obsocusae 
sunt), fo tit.ed auch nad den Clementinen bie Natur ber Di: 

monen. Hom. IX, 9. Die Seelen, iprem Weſen nach Licht 
(XI, 9.), find. mit bem Hauche Gottes umkleidet, aus Gott 

- ausgefloffen,. deſſelben Wefens mit Gott (XVI, 16. III, 20.) 
und fchren in Gott wieder zuräl (XVII, 10.). Die reine 
‚Seele des nah dem Bilde Sottes gefhaffenen Urmenſchen 
: erfheint, um ihre Ruͤkkehr zu fördern, wiederholt unter den 
Menſchen. Es tft ber Geiſt Adam's ober Chriſti (der goͤtt⸗ 
Uliche Meuſchengeiſt), ber von Jufang an mit veränderten 
Namen und Geftalten die Weltperloben durchläuft (T0v aisva 
zodzeı), bis er zur beftimmten Seit, um feiner Muͤhſale willen 
mit Gottes Erbarmen gefalbt, die ewige Ruhe findet II, 

19. 20. Die gegenwärtige Welt verhält fih zur Fünftigen, 
wie bie Frau zum Manne (bie Kinder, die jene ald Mutter 
gebiert , nimmt dieſer als die feinigen auf), wie Ungewißheit 
zur Erkenntniß, wie Muühfeligkeit zur Ruhe. — Bey ber Er: 
wähnung biefer Beruͤhrungspuncte mit dem Manichaͤismus 
Tann ich nicht umhin, bier noch eine Parallele zu der Mani 

chaͤlſchen Idee von der Mutter bes Lebens in ihrem Ver⸗ 
haͤltniß zu dem Urmenſchen anzuführen. Es iſt das von Nitzſch 





Säulen der Welt Hom. XVII, 13.) ſich verkdrpernden 
goͤttlichen Propheten und Religionsſtifters, ſolche und ſo viele 





in den Theol. Studien Leipzig 1816. zum Gegenſtand einer 
eigenen Unterſuchung gemachte Theologumen von ber Mut: 
terihaft des wedun ayıov, nach dem bekannten Fragment 
aus dem Evangelium xa9°" “ Eßoulovs bei Origenes (in Ich. 
fe Nitzſch a. a. O. ©. 13.), wo der Soter fagt: aprı Außs 
us N uitno uov, 10 üyıoy nveoua, dv ν Tom mov, 
xal üneveyxi us &is To 0005 utya Oußoe. Nitzſch vermu⸗ 
thet &. 20. mit Recht, daß diefes Evangelium den Ebloni⸗ 
tifhen Sudenchriften angehörte. Die mweiblihe Natur bes 
nyitua äyıov tann gewiß nur aus der Jbentität des mveuun 
ayıov mit der oopia erklärt werben. Nah den Ebloniten 
war das Princip der göttlichen Wirkſamkett die vopia oder 
das nveuun. Man vgl. die Elementinifhen Homtlien XVI, 
12.2 eis Eory 6 m arov oopla sinam Ffonjonuer ürdgn- 
or. "Hı dE 0opie Wonep Iöln einer, alrög de ovvigaı- 
or Yarcı ds yuyı 19 Heu. Den von Gott gebildeten . 
Menihen, Adam⸗Chriſtus, ließ die Wetshelt hervorgehen, 
auf dieſelbe Weiſe, wie nach Manes der Urmenſch aus der 
Mutter des Lebens hervorgeht (yrovız Toy ayasor narspm 
z6 0xörog dv V adrod Emideönumxös, ngoßaller d aurov 
Sivauır, Asyousvnv umdon ing banis, us adıv mooßeßln- 
Evan 109 noüTor üydogounoy. Acta disp. Arch. o. 7.). Der 
Inhalt des Fragmente felbft fcheint mir die Verklärung Chriftt 
als einen Typus desjenigen Moments darzuftellen, im wel 
dem der von ber Macht der Finfterniß hartbedrängte und nie- 
bergedrüfte Erlöfer durch die Hulfe des nysuun ayıoy aus ſei⸗ 
ner tiefen Ernledrigung wieder emvorgehohen wird. Es iſt der: 
felbe Moment, in welhem nach Manes das Law uweuun dem Ur: 
menſchen sur Hülfe herabgefandt wurde, und ihm die Mechte 
reichte (didwxev atın dekıay, zul üyıveyaey tu TOV Ox0Toug 
Acta a. a. O.). Nach Irenaͤus I, 14, nahm der Valentinianer 
Marcus die Verklaͤrung Chriſti auf dem Berge, auf welchen 
Ehriſtus nah dem fechsten Wochentage hinaufgeſtiegen ſeyn 


.. . ® r' 
@- " s “ ' an " 





- 6 


itetgertmee Ze Sy welſen auf eine Duelle bin, die —* 
ben Quelle, ans welcher der Manichätemus gefloffen, weng⸗ 
ſtens fehr nahe zu liegen. fcheint, und es kaͤme hier nur darauf 
am, die dazwiſchen liegenden Mittelglieber, Die jene urſprůng⸗ 
liche Weltanficht der moſaiſch⸗ jůdiſchen naher gebracht haben, 
genauer zu Aforſchen #5), Die in eben dieſen Homilien zwar 
durchaus beftrittene, aber gleichwohl den in ihnen vorgetrage⸗ 
nen Gnofticiömus fo nahe berührende Lehre bes Magier Si: 
mon #7) bieret ohnedies, wie fchon gezeigt worden iſt, ſo vie 
les dar, was in der engen Sphäre bes jädifch = chriſtlichen 
Religiondgebiets: und. bed. philoniſchen Platonismus nicht 
befriedigend auf feinen Urfprung zuräfgefährt werden kam. 


: foßte, um am ficbenten auf idm gu bleiben, als Typus Der Eye- 
den bes Weltlaufs (ſ. Maffnet zu Iren. a. a. O.). Dieichon oben 
‚erwähnte eblonitiſche Borftellung.; nach weicher dem männlichen 
Edriſtus das mreüne äyıor, als weihlihes Wefen, zur Seite fteht, 
iſt aur als elue Mobdifcation derſelben das mrstua äyıoy, as 
. welblipes Weſen, als Mutter dos Lebens, als Weltſeele (ur 
heißt je bie vopks In den Hom. a. a. O.) alß ſchoͤpferiſche 
und bitbende Kraft anffaflenden Idee anyufehen. Die ganze Bor: 
ſtelung gehdst ſichtbat einer Sphäre an, in welcher bie Natur: 
aufiht über das Ehriſtliche noch fehr Das Uebergewicht hatte. 
45) Die namentlich Fleiſch und Nahrungsmittel aus dem Thlers 
seid zu geniefen, als etwas wiberuatürlihes, mas den Men- 
Then in bie Gewalt det Dimpnen dahineibt/ unterſagt wird, 
Hom. YA, 15, 19, Die @he iſt zwar erlaubt, ja fie wird 
fogar beſonders empfohlen, aber gieichſam nur als das ges 
» zingere Nebel zur Verhuͤtung dee moprela, der größten aller 
Sünden nad ber Idololatrie, betgachtet. II, 68, 
46) Einen Beitrag dazu gibt meine Abhandlung De Ebioni- 
tarım origine et dortrina ab Essenis repetenda ( Tub. 
Oſtexprogx. 1831.). 
AT) Mit Recht hat ſchon Wolf in feinem Manichaeismus ante 
Manichaeos Hamb. 1707. ©. 175. unter den chriſtlichen Mor: 
laͤufern den Magier Simon porangefteit. 





— 487 — 

Ja, waͤre es auch nur der mit dem Weſen des Gnoſticis-· 
mus fo enge zufammenhängende Doketismus, um welchen . 
es fich hier handelt, wer Tann bie innere Verwandtfchaft 
mit der den indifchen Religionsſyſtemen zu Grunde liegen: 
den Weltanficht verfennen, und wie auffallend tragen auch 
ſchon die philonifchen Theophanien dad Gepräge derfelben 
. on fi) (Neander Gnoft. Syft. ©. 23. )? Verſchiedenhei⸗ 
ten, wie folche überall ſtatifinden, wo religidfe Ideen und 
Anfichten auf vielfach verfchlungenen Wegen, unter dem 
Einfluß einer lebhaft bewegten Zeit, fich mittheilen und ver- 
breiten, durch verfchiedene Mittelglieder hindurchgehen, und 
mit neuen Elementen fich verbinden, follen hier keineswegs 
überfehen werben, aber ebenfo einfeitig und ber Natur der 
Sache widerftreitend wäre ed, nur bei den Differenzen 
ftehen zu bleiben, und um diefer willen von der Einheit 
und Uebereinftimmung , die fi dem Blik in die weitere 
Ferne darbietet, Feine Kenntniß nehmen zu wollen. Zeigt 
fi) uns fchon in der vorchriſtlichen Zeit, wenn die Nefuls 
tate einer Reihe von Forſchungen nicht ſchlechthin geläug- 
net werden follen, ein weit innigerer, vielfeitigerer und 
weiter zuräfgehender Zufammenhang bes religidfen Lebens 
der alten Voͤlker, als man bei der Befchränftheit des fri- 
yern Standpuncrd ahnen konnte, wie follte ein folcher 
Einfluß in Beziehung auf diejenige Zeit in Zweifel gezo- 
gen werben, die ganz bie Tendenz hatte, das Alterthiim- 
liche wieder hervorzurufen, dad Zerftreute zu concentriren, 
und was als bloße Weberlieferung mitgetheilt war, auf 
feine Quelle zuräfzuführen, und zum hellern Bewußtſeyn 
zu erheben? 

Welche Stelle der Manichaͤismus, ſeinem allgemeinen 
Geiſt und Character nach betrachtet, in der Geſchichte der 
Religionen einnimmt, bedarf nach allem Bisherigen keiner 
weiteren Erdrterungen mehr. Er ſteht ganz auf jener merk⸗ 
würdigen Grenzfcheide, Die die vorchriftliche Welt von der 





: , 6 = t 
Änıtetgeorbnete Zölge *Fyivelfen anf eine Duelle hin, biebetfek 
ben Quelle, and welcher der Manichätsmue gefloffen, a 
ſtens fehr nahe zu liegen. ſcheint, und es Fäme hier nur darauf 
an, bie dazwiſchen Hegenden Mittelglieder, Die jene urfprüng- 
liche Weltanſicht der, moſaiſch⸗ jůdiſchen näher gebracht haben, . 
genauer zu erforſchen *°). ‚Die in eben biefen Homilien zwar 
durchaus beftristene, aber gleichwohl den in ihnen vorgetrage⸗ 
men Gnoſticismus fo nahe berührende Lehre bes Magier Si 
mon #7) bieret ohnedies, wie fchon gezeigt worden iſt, ſo vie⸗ 
les dar, was in der engen Sphäre bes jüdifch = chriftlichen 
Neligionsgebiets und. des. philoniſchen Platonismus nidt 
befriedigend auf feinen Urfprung zuräfgeführt werden Fann. 


foßte, um am Hcbenten auf ihm zu bleiben, als Typus ber Eye: 
: den bes Weltiaufs (ſ. Maſſuet zu Iren. a. a. O.). Die ſchon oben 
erwähnte ebienitiſche Borftellung,, nach welcher dem männlichen 
Ebdriſtus das mreüne.äyser, als welbliches Weſen, zur Seite fteht, 
iſt aur als eine Modiſication derſelben das rreiua äyıor, as 
wveibliches Weſen, als Mutter des Lebens, als Weltfeelegyuri 
beißt je bie vopku in den Gem. a. a. O.) al ſchoͤpferiſche 
und biibende Kraft auffaſſenden Idee anzuſe hen. Die ganze Bor: 
ſtellung gehört ſichtbat einer Sphäre an, in welcher die Natur 
anſcht über das Chriſtliche noch fehr das Uebergewicht hatte. 

45) Wie namentlich Flelſch und Nahrungsmittel aus dem Thiers 
seid zu geniefen, alß etwas wibernatürliäes, was Den ‘ten 
ſchen in bie Gewalt der Dämpnen dahlnoibt, unterfagt wird, 
Hom. YA, 15, 19, Die Ehe iſt zwar erlaubt, ja fie wird 
ſogar befonders empfohlen, aber gleihfem nur ald das ges 

- zingere Hebel zur Verhuͤtung bee mogvela, der größten aller 
Sünden nad ber Idololatrie, betrachtet. III, 68, 

46) Einen Beitrag dazu gibt meine Abhandlung De Ebioni- 
tarım origine et dortrina ab Essenis repetenda (Xüb, 
Oſtexprogx. 1831,). “ 

AT) Mit Recht hat ſchon Wolf in feinem Manichaeismus ante 
Manichaeos Hamb. 1707. ©. 175. unter den chriftlihen Vor— 
Iäufern den Magier Simon porangefteit. 





— 487 — 

Ja, waͤre es auch nur der mit dem Weſen des Gnoſticis⸗ 
mus fo enge zufammenhängende Doketismus, um welchen . 
ed fich hier handelt, wer: kann die innere Verwandtfchaft 
mit der den indifchen Religionsfoftemen zu Grunde Liegen: 
den Weltanficht verfennen, und wie auffallend tragen auch 
ſchon die philonifchen Theophanien das Gepräge derfelben 
. an fi (Neander Gnoft. Syſt. S. 23. )? Verſchiedenhei⸗ 
ten, wie folche überall ftatifinden , wo religidfe Ideen und 
Anfichten auf vielfach verfchlungenen Wegen, unter dem 
Einfluß einer lebhaft bewegten Zeit, fich mittheilen und ver- 
breiten, durch verſchiedene Mittelglieper hindurchgehen, und 
mit neuen Elementen fid) verbinden, follen hier keineswegs 
überfehen werben, aber ebenfo einfeitig und ber Natur ber 
Sache widerftreitend wäre ed, nur bei den Differenzen 
ftehen zu bleiben, und um diefer willen von der Einheit 
und Uebereinſtimmung, die fi) dem Blik in die weitere 
Ferne darbietet, Feine Kenntniß nehmen zu wollen. Zeigt 
fi) uns fchon in der vorchriftlichen Zeit, wenn die Nefuls 
tate einer. Reihe vom Forſchungen nicht ſchlechthin gelaͤug⸗ 
net werden follen, ein weit innigerer, vielfeitigerer und 
weiter zuräfgehender Zuſammenhang bes religidfen Lebens 
der alten Voͤlker, als man bei der Befchränftheit des fruͤ— 
bern Standpunerd ahnen Tonnte, wie follte ein folcher 
Einfluß in Beziehung auf diejenige Zeit in Zweifel gezo- 
gen werben, die ganz die Tendenz hatte, das Alterthilm- 
liche wieder hervorzurufen, das Zerfireute zu concentriren, 
und was ald bloße Weberlieferung mitgetheilt war, auf 
feine Quelle zurüfzuführen, und zum hellern Bewußtſeyn 
zu erheben? 

Welche Stelle der Manichäismus, feinem allgemeinen 
Geift und Character nad) betrachtet, in der Gefchichte der 
Religionen einnimmt, bedarf nad) allem Bisherigen Feiner 
weiteren Erdrterungen mehr. Er fleht ganz auf jener merf- 
wärdigen Grenzfcheide, die die vorchriftliche Welt von der . 


— 488 — 


hriftlichen, die alte Zeit von der neuen, immer. entſchee⸗ 
dener trennte. Was von dem neuerwekten Platonisnng 
gilt, kann mit demſelben Rechte auch. vom Manichaͤismus 
behauptet werben. Der eine wie der andere erfcheint uud, 
dem Chriftenthum gegenüber, als ein großartiger Verſuch, 

- in welchem der der vorchriftlichen Welt eigenthuͤmliche Rs 
furgeift der Religion auf den Hauptpuncten feines großen 
Gebietö, hier auf griechifchem’ Boden, dort im fernen alters 
thuͤmlichen Drient, feine legten Kräfte fammelte,. um fi 
dem durch das Chriſtenthum hervorgerufenen Geift in eis 
nem auf Leben und Tod gewagten Kampfe entgegenzuftel: 
len. Hier war es die, griechifche Philofophie, die alles, was 
fie Wahres und Schönes erzeugt hatte, auf Einem Puncte 
vereinigte, bort die alte Weisheit des fernen Orienrs, die 
“mit ihren großartigen. Naturanfchauungen und glänzenden 
PhantafiezGebilden den Geift des Menfchen aufs neue 
‚blenden und feffeln wollte. Der große Gegeufaz zwiſchen 
Geiſt und Materie, über welchen das religivfe ‚Leben ver 
alten Welt nie binauszufommen vermochte, und der eben: 
daher über der Speculation nie den wahren innern Mittel: 
punct der Religion finden ließ, ift durchaus die Sphäre, 
in welcher fi) auch der Manichäismus bewegt. Indem 
er aber, in diefen Gegenfaz hineingeftellt, feine hoͤchſte 
Aufgabe nur darin fand, die beiden einander entgegengefez- 
‚ten Principien gegenfeitig zu vermitteln und auszugleichen, 
“ die beftehende Welt ald das gemeinfame Product der bei: 
den hoͤchſten Factoren darzuftelen, vom Geifte zur Mate: 
rie, von der Materie zum Geift einen Webergang zu ge 
winnen, wurde ihm der Geift zur Materie und die Mate: 
rie zum Geiſt. Der Manichäismys hat, wie die gegebene 
Darftellung zeigt, eine materialiftifche Tendenz, die auf ein: 
zelnen Puncten des Syſtems mit einem auffallenden Weber 
gewicht hervortriet, und ſich am deutlichften in der von 
ben Gegnern mit Recht geltend gemachten and Yon ben 























Manichdern nie vbllig abzumeifenben . Behauptung zu ers 
Fennen gibt, daß der Geift von der Materie befleft und 
verunreinigt werden koͤnne. Dies ſezt einen koͤrperlichen ma⸗ 
terialiſtiſchen Begriff von dem Weſen der Gottheit voraus, 
der mit der dee eines reinen Geiftes fid) nicht vereinigen 
ließ, und Auguftin konnte mit gutem Grunde den Manis 
chäern entgegenhalten (Contra Secund. c. 20.): Quid in- 
corporeum intelligere poteritis, qui Deum incorruptibi- 
lem nondum creditis? Demungeadhtet würde man dad 
Manichäifche Syſtem fehr einfeitig beurtheilen, wenn man 
den eigentlichen Character des Syſtems nur nad) diefer ma⸗ 
terialiftifchen Seite beftimmen, und behaupten wollte, es 
habe das reingeiflige Seyn völlig aufgehoben, die Gott⸗ 
heit nur ald materielle8 Princip genommen und die mora⸗ 
liſchen Verhältniffe durchaus in phyſiſche verwandelt. Faſ⸗ 
fen wir diefe Anficht in ihrer Spize auf, fo handelt ed 
fid) immer nur um. die Frage: ob, was Maned von der 
Gottheit Körperliches ausfagte, vor allem jenes Licht, in das 
er das Weſen der Gottheit fezte, eigentlicd) oder uneigents 
lic) zu nehmen ift? Da Manes und feine Schüler fehr bes 
ſtimmt erklaͤrten, daß dad Licht, in welchem die Gottheit 
thront, über das finnlidye, materielle, unendlich erhaben, _ 
nur das intelligible Licht fey, fo ift Mar, daß fie die 
Gortheit nur uneigentlich als Lichtwefen darftellten. Das 
Licht follte nur die bildliche Anfchauungdform feyn, unter 
welcher die Gottheit aufzufaffen ift, wenn wir einen bes 
flimmten und lebendigen Begriff ihres geiftigen Weſens ers 
halten wollen. Ebenſowenig darf daher auch den aus dem 
Mefen der Gottheit audgefloffenen Lichtfeelen eine materielle 
Lichtnatur zugefchrieben werden, und es ift auf feinem Pun⸗ 
cte des Syſtems zu vergeflen, daß das Licht, das das 
Weſen der göttlichen Meltfeele ift, nur fombolifche Bedeu⸗ 
tung haben ſoll. Auf der andern Seite kann aber auch 
nicht” geläugnet werden, daß eben diefe durch dad ganze 


* 


— 493 — 


nichaͤismus aus dem Gefichtöpunet eines. außerhalb bes 
Menſchen vorgehenden ‚Kampfes aufgefaßt. "Der Kampf, 
in welchem die beiden dad Mefen des Menfchen conftituis 
renden entgegengefezten Principien ſtets begriffen find, fol 
ja vollfommen berfelbe Kampf feyn, welchem das ganze 
Univerfum vermöge des Gegenfazes ber Principien unter: 
worfen ift, der fich hier nur in ber Sphäre eines indivi⸗ 
duellen Lebens reflectirt und concentrirt. Aber eben dadurch 
erhält nun das religidfe Bewußtfeyn, wie es durch bie 
Manichäifche Weltanficht beftimmt wird, einen Character, 
der wenigftend von dem Character des chriſtlich⸗ religidfen 
Bewußtſeyns wefentlich verfchieden ift. Während das Chri- 
ftenthum das religidfe Bewußtfeyn des Menfchen nur auf 
den innerften Mittelpuner jedes individuellen Lebens rich: 
tet, und „in ben Gegenfaz, in welchem fid) das religibfe 
Leben bewegt, nichts aufnehmen läßt, was ihm eine an 
dere als rein ethifche Bedeutung gibt, oder die Thatſa⸗ 
chen deffelben in Momente eines außerhalb des Mienfchen 
erfolgenden Entwiflungsprocefies verwandelt, ruͤkt dage⸗ 
gen der Manichaͤismus das religidfe Bewußtſeyn aus fei: 
nem eigentlichen Mictelpunet in eine Sphäre hinein, in 
welcher dad Individuelle in dem Allgemeinen aufgeht, 
der Gegenfaz zwifchen Sünde und Gnade, Fleiſch und 
Geift, zum Gegenſaz zwifchen Geift und Materie, Licht 
und Finfterniß wird, und in dem endlichen individuellen 
Geift, der der Erlöfung theilhaftig werden fol, reflectirt 
fi) nur ber allgemeine Weltgeift, der in den verfchiedenen 
Formen des Naturlebens ebenfofehr, als in der Reihe der 
Epochen der. Weltgefchichte durch die mannigfaltigften Ges 
genfäze hindurchgeht, um durch die Vermittlung aller und 
die ftetd fortgehende Entwillung des ganzen Weltlaufs die 
über alle Gegenfäze erhabene Reinheit des Bewußtſeyns 
zu gewinnen, die das endliche Ziel des Kampfes des Geis 
fies mit der Materie ift. Je weniger diefe rein fpeculas 


























— 19 — 


tive Richtung der chriſtlichen Theologie, wie die Geſchichte 
derſelben bis auf die neueſte Zeit zeigt, jemals fremd ge⸗ 
worden iſt, oder uͤberhaupt jemals vdllig fremd wird wer⸗ 
den koͤnnen, da ja die Aufgabe vielmehr nur dieſe iſt, den 
ethiſchen Geiſt des Chriſtenthums nicht aufzuopfern, ſon⸗ 
dern die beiden Elemente einer aͤcht chriſtlichen ſpeculati⸗ 
ven Theologie in das angemeſſene Verhaͤltniß zu einander 
zu ſezen, deſto mehr wird auch ſtets dem Manichaͤismus 
die hiſtoriſche Bedeutung geſichert bleiben, die er nicht blos 
in der Geſchichte der alten Religionen, ſondern auch in 
der Geſchichte der chriſtlichen Theologie als eine beiden 
Gebieten auf gleiche Weiſe angehdrende eigenthuͤmliche 
Erſcheinung anſprechen kann. 






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. .479. Auferftehung 306. 
—X 97. 459 465. 471 429 Ei RE helfen gegen bi 
anich. 7. * ſpricht von ſich 


—— sie Mani. 26. 78. 165. 274. 
Agapius — r ee 20 ſ. iexi —8 
riman Io, f. 17. 46. 49. 64. 67. 3. 101. 
En f- 89. 127. 152. 322. 417 136. f. Fe von RP bfnde 
Atuoutia 419. Bu „18. 199. 
Alerbau 25% B. 
Alexander von Lyc. 6. 9. 38. 326. 
> 396. erläutert: 1a. 238. f. Bahram 430. 
Aesanber Do Polvh. 44 Sarhelo Sn 
mutter rdeſanes 482. 
A. T., Bert des böfen Principe Bafilides 94. f. 9 
356. 470. läftert Chriftum 359. Beaufohre helirtheilt 3. 5. 163, 185. 
Ggf. gegen das Evang. 360. iſt naeh 413. 433. 
verfälfcht 3 a 303. 373. 
Anropomorshiämus 19. 78. 14% dr Patch? 377. 
vgl. 358. 364- ſchneiduug 360. 

Aupis 442. Di höfe der M. 299. 
"Anoxaraoracıg 323. Böfes, Begriff 30. a8, 172. 200, 
Apoftel 298. au 335 338. 418. mythifche Geftal: 
Arche 2 8 deſſ. 38.f. Urfprung des 


230. 
Archon 9. 128 feine Gattin 143. Sen in der Seele 175. 
*) Was aus der Anbattsäserfi iht zu erfehen ist, iſt hier größten 


theils äbergangen. 
”*) Beider S. 319. anfänrten Stelle der Acta hat auch ſchon Gems 


Ier Sint. in Baumgartens Unterf, Theol. Streitigk. Bb. I. ©, 
‚91. am xslupog Hebacht, 


— 45 — 


Bogomilen 323. Decalogus 366. 
Bok, bildlich 58, Delos 24. " 
Vrachmanen 447. Demiurg 99. 150. 152. 344. 
Brahma 435. 446. 476. ugl. 439. Dextera luminis 211. , 
Braminen 286. Dhiana 437. f. 
Sraut, Bräutigam 315. f. Diodor von Tarſus 6. 
Dun oda 21,006. dl. . 448. 459. Dionyfos 295. 407. ſ. Zagreus. 

467.4 Dofetismus 235. f. 388. 390. f. 
—E nf. 434 f. 398.f. 442. 487: f. feine Be: 

deutung 401. 
€. Dolch, bildlich, 93- 


Canticum amatorium der M. eg arı Dig 221. 

16. 18. 314. 323. 348. - Dualismus, Doppelte Form 25. 
Caſtenſyſtem 236. 445. f. Inconfequenz 49. 109. Wie: 
Catechumeni 265. 270. 276. fern der Manich. ein abfoluter 
Catharistae Katharer 289. vgl. 37. fe — 256. f. Inh. Ueberſ. 


gehie 296. 300. Avvansız , bie brei höchften 204f. 


Chaos 3 E. 
—* Ältefte 138. Halbchriften 
368. in Perfien 427. — 484. 
hrs in den Geſtirnen 67. 71. Edda 
der Lichtgeift 162. 214. f. 237. Ehe, Ehelofi gkeit 259. f. 424. £ 
291.—207.—223. — iftderyovs 447. 
209. 237.305. Sohn Gottes zıo. Electi j ihre Lebensweiſe 268. f. 
Erlöfer der Menfchen 233. f. find die Wiedergebornen 270, f. 
nicht geboren 234. 392. f. Sen: _ Priefter 285. f. Inh. | 
dung 292. leitet den ganıen Lau⸗ Siementargeif 348. vgl, 79. 
terungsproceß 291. f. tft nicht Elemente, fünf der M. zı.f. 52 nf. 
ber Chriftus des Chrift. 407.— _ 64. f: Ihre Heiligkeit 227. r 
Verklärung Chrifti 485. Engel 150. f. 236. 468. 470. 
Shubilggen aa: 474. * Eyyoıu 68, 
Clement. Homilien 231. 242. 298. Epiphanius 6. 53. 280. 414: 
342. 364. 408. 470. f. 483. Epist. fund. 117. 154. 347. 


Clemens von Al. 313. 447. Ephraem 285. 467. 
Concupiscentia 167.f. 183.218.f, Srhftinde 178. f. 199. 
Consentes 301. eraier ’ ten Kampf 61. feine aber 
Consolamentum 243. 279% 
Credentes 289. . En 203. 243- \ 
Eultus der M. 351. Eros 155. 341. 

Ertenfi Mani 251. 453. 455. 

D. Eſſener 230. 259. 


Dimen der, ſ. Archon, Finſter⸗ Eubulus 92, 423. 453. 
niß. 1. Archon, Finſt Euchariſtie 279. 354. 
Daͤmonen am Firmament 63. f. Eudemus 11. 
142. Urheber des leiblichen ge, Eva 151. 
bens 136. f. 154.25, —2ıg. — Evangelium 240. 362. 383. 392.. 


302. 484. F. 
Danaiden 296- 
Darunsfeier 354. Babel, die. Manid, 21. 98. 416. 


Decane 296. . Zabeln, heidniſche 337. 


— 16 — | 


8 der Mani. 8. 271.335. gung durch die r . 387. 
Kaufen | 27 8 Tag durt Materie 329. 387 


392. ttes 16. 68. 98. 10% 
eruerd 126. 426. a: 286. u 

euer 22. 226. 312. 417. bämo- Gnofis, die wahre, 313. 440. 
nifches Element 484. Gnoſticismus 44._99. 150, 281. 


Fideles 265. 274- 342. f. 356. verfchiebene Kormen | 
Finfterniß, Fuͤrſt derſ. 20. fein def. 345. feine Anficht über das 
Reich der Siz des mater. und mythiſche Wltertgum a77. f 
animal. Lebens 23. 114. 116. feine Genefid 82. f. 
ſeine Geftalt 23. 77. 142. ift der das Gute, das Poſitive 33. feine | 
Hades der Griehen 24. Angriff Wirkſamkeit 62. 
auf dag Kichtaeih 45. f. ift_ die Gpmuofophiften 447. 
Hyle 64. erzeugt den, Menſchen 9 
134. ift die perfonificirte Natur “ 
222. feine endliche Unmacht 327. Häretifer, ihre Neigung zum Re 
leidet ftatt Jeſu 395. - tionalismus 385. f. ihre Oppe: 
Fleiſch, origo carnium 115. uns ſition go2.f. 
rein 249. Zleifchgenuß verboten Härefen, ihre Quelle, 431. 
424. 446. Hegemonius 6. 
Korm im Ggſ. gegen die Mate: Heiden 335. 
rie 143. Helena 468. 476. f. 
Freiheit 182. f. 194. 330. f. aklian 6. 
Sünfiahl 30. f. - dot 351. 425. 427. 427. 
Be ermas 414. 467. 
G. * —— die Manic 30%. 
i e, 452. . . 2. 
Gebet 289. 332. leufahrt Chr. 294. 
Geiſt, der lebendige, 60. 68. 485. Homer 195. 469. 
feinedemiurgifche Thätigfeit 122. Horen 353. 
nd zu eheiftue 205 —* ormu dam. 
weibliche Natur 485. der Geiſt Kyle 20. 38. 46. 57. 91. 338. 
Adams und Chrifti 484, able 20, 3 nn 37. 91. 338 
Geiſt und Fleiſch 175. f. "Se 
Geiſt und Materie 114, 341. 382. See 449. 


“400. 417.f. 435 450. f. 488. f. Jericho 481. 
Genien, welthuͤtende 81. erufalem 47T. 
Gens tenebrarum 20. 114. Jeſus, fein Lehramt 209. f. Chri⸗ 


Geſez, dreifahes, 366. , ſtus. — 159. — Jesus patibilis 
Geten 4585. 71. 203. 204. 408. 
Gewebe, bildlich, 83. udulgengen 285. 
@iefeler , beurteilt 42.. 71. 85: Inſeln der Seligen 231. 316. 
110. 121. 141. 163. 178. 185. Foel 151. . 
207. f. 211. 213. 273. f. 305. Johannes, der Täufer 298. 471. 


405. uden 335. 346. 
Gottheit, nicht menſchlich perſoͤn- Julian, ber Delag. 153. 156. 18}. 
lich 19. 78. 144. beſchraͤnkt Durch 53-15 
den Gegenfaz 49. f. 101f. wie ig 
fern ihr die Weltihöpfung zu: Staiomortd 88. 
fommt 129. f. ihre Verunreinis Kasfar 5. 413. 


Khatai 430. 431. Manichder, Ihre Lebensweiſe 249. f- 
Kindertaufe 183. - u 269. ihre Inhumanität 288. 
Kirche, als Schiff 231. die Mani. afrik. Mani. 8. 
21. ige Vorbild 298. ald Braut Manic. des Mittelalters 138. 243- 
: , 8. 279. 289. -305. 355.402. 
Knaben, der Mani. 290. 200 n 
Körperwelt 126. förperliches - Les Manihäiemug, Inh. — liebt 
ben, fein Urfprung 115, die Veranfhaulihung und das 
Kohl 242. Mythiſche 15. 19. 26. f. 38. f. 
Kosmogonie, die Manich., ihr 77. 81. 114. 149. 200. f. 212. 
Hauptbegriff: 6r., indilhe 82. 348. f. feine materialiftifhe 
zoroaftr.. 83. ägnpt. und: griech. Tendenz 488. f. fein eigentlicher 
94. ‚Tosmog. Kraft 70. Character 490%, 
Kreujigung Chrifti, mpftifh 74. Marcion 99. 236. f. 356. 


396. Marcus, der Gnoſt. 485 
Krieg, troj. 477. ' Marſyas 431. 
Kriſchna 475 Märtuıer 335. | 
aterie 20. 143. fe 147.173. 399: 
f L. he 133, 
Läuterungsproceß 204. 221. 230. elonen 259. J 
281. 200. ß 20 30% Menfeh, der erfte, 52. Art ſeines 
Reib f. Inhalt. Kampfs 55. unterligt 60. 212. 


Licht , feine Natur 390. Lichtprin⸗ feine Scheingeftalten 63.— 77- 
cip 14. fein Begriff 15. 488. 29. 139. f. 209. | ntftehung des 
ı: Lichterde 19. 26. 44. 89. X ht: Menfhen 117. f. 120. f. 134. 
ſeele 131. 217. ſ. Seele. Licht- 139 ſein Bild in der Sonne 
föhne a2. vichthelden gı. Licht: 190. 145. 293. Bild des Ax⸗ 
geftalten 218., 223. Lichtſchiffe Kon 145. Milrotosmos 146. 
228. 306. Lihtjungfrau 219. 315- 172. 200. 281. doppelter 
321. Lichtftrahl 133. 150. 436. enfch 271. menfchliche Seftalf 


473. dreifaches Licht 437. 143. Menfchenfohn 207. 210. 
Lucius 187. 223. Meſchia 88- | 
Luft 207. 227. 312. Metempfychofe, 317. 422. 440. 
Metangismonitae 320. 
M. Mirkhoͤnd 430. 


Manier 11. 353: 416. 423 426. Mithras 91. f. 207. 354 406. 
132. 11. 353. 410. 423. 426. g21. 423. 454. aba. A6B» 
Magistri 298. Mittler 94. 421. 441. 

Mais 63. 435._472. 475. Monas und Dyas 483. 

Panes, feine Schriften, 10. 133. Mond, fein Beat Ki 306. 
240. 283. 390. 453. 461. feine Aufenth⸗ sort er Seelen 311. 
Lebensgeſch. 410. 428. 452. fein nn za a0 
Tod 304. feine Schüler 414. Monotheismus 339. fr 


361. 467. fein Verhältniß zu Mofes 147. 357. feine Deke 346. 


Chriſtus 240. 371- Apoftel Chr. Mosheim beurth. 3. 105. 120 
368. der Pataklet 369. 430. 139. 163. 168. 185. 273. 

Haupt der Gemeinde 303. grün: Muhamed 240. 369. 

det den Glauben an feine Lehre Muſik 251. 

auf ihre Innere Wahrheit 384. Mutter des Lebens 52. f. 486. 
urſpr. dee feines Spftemd 405. Myſterien 82. 228. 295. 354- f. 
benuͤzt alte Traditionen 66. 423: Ä . 


Baur’: Mani. Rl. Syſt. 32 
[3 . 


— 496 — 
18 der Manich. 8. 271. 335. gung durch die . 887. 
Fauſtu⸗ Be | ai manken. m 


— 126. 426. 
feuer 22. 226. 312. 417. daͤmo⸗ an MR wahre, 313. 440. 
nifhes Element 484. — 3 —— 

Fideles 265. ER se 42. f. 356. verichieben: 

Sinfterniß, Zirft deef. 20. fein 55 a Anficht über des 
Neich der Sig des mater. und muthiihe lterthum !azz, f 
animal. ebene 23. 114. 116. feine Genefis 482. f. 
feine Geftalt 23. 77. 142. ift der das Gute, En om tive 33. feine 
Habes der Griehen 2 Angriff  Mirkfamteit 
auf das Lichtaeich 45. f. ift_ die Gommsfophiken * 

Hyle 63. erzeugt den Menfcen 
134. it bie — — Natur 
222. feine endliche Unmacht 327. ee —* — Be 
ieiet ftatt Jeſu 395. 115. m ms 385. f. 
Origo‘ carntum 
2 Ssteifägenu verboten et, ihre once, 431 


Sehen 
sum im Cl. gegen bie Mate au nf. 


get, —— 194, 330.f N s: Mi En nor. ar. 
6. —— Die Denise. 
äh, 37-108: wol g. 
N ah, sit, 472. 
Sn 7 sm ggg. Dom 55 Pan 419 


re bemiusitge — — pt a2. ren 353. 
3. 145. 205. 213. fein Vet: da 419. 

Hin zu Chriftus 293. ber jormiedas 419. 

weile Pazat 295. Der Ga on 

wei atur 4 . 38. 46. 57. 9. 

Adams und Chrifti 484 — » 2 “ "r 91. 3 
Geift und Kleiih 175. f- I 
Geift und Materie 114 341. 382. Ei 449. 


em Wer 9. 





° 400. g17.f. 435 450. fe 488. f. 
@enien „ meittdtende 81. u 
Gens tenebrarum 20. 114. 
Selen, reitaies, 366. 


Seten 
Gencher Tnns, # 
Giefeler , beurtgeilt a2. 71. 85 Snieln der Seh 
110. 121. 141. 163. 178. 185. Ki i5t. 
21 f. zıı. 213. 273. f. 305. Johannes, ber 


n 335. 

aut, nicht menfhlich verfön: —— 1 
lich 19. 78. 144. befhränft durch 8; 
den Gegenfaz 49. f. zo1f. wie: are 
fern ie die aheirfädufung zu: Laiomorts 88. :?&, 5 
fommt 129. f. ihre Verunreiniz Kaslar 5. 4 n 












D2 





2 


— 46 — 


mſtus der Manich. 8. 271. 335. ing dun Meter, 
— 126. 426. ie Be Se —— 


286. 
uer 22. Er 312. 417. damo⸗ Sn, die wahre, 313. 440. 


nifhes Element 434. ee 44.99. 150, 281. 
Fideles 265. 274. 356, verfhiedene Formen 
Sinkerni , rt derf. 20. fein dr * e Anfi ee 

Reich der Siz des mater, und mpthiiche Illterthum !g7z. 


animal. Lebens 23. 114. 116. feine Genefis AB2. 

feine Geftalt 23. 77. 142. ift der das Gute, das Pofitive 33. feine 

Habes der Griechen 24. Angriff MWirkfamfeit 62, 

auf das Lichtaeich a5. f. it die Gpmmofophiiten rg 

‚Hple 63. erzeugt den Menſchen 

134. {ft die — Natur 

222. feine endliche Unmacht 327. Häretiter, Pi Ray zum Ne 

leidet ftatt Jeſu 395. Kanalisnme 385. fo ihre Oppe 
Sleifh,. origo carnium 115. uns 

un 2% Sleifhgenuß Verßoten He en, re, —* a3. 


sem im Sf. gegen bie Mate Selen Fr 


A e In a 476. f. 
i 82. I fe 
gi fan 93 Ein, 313 425. 427. 427. 
. ie 298. ie Manic. 304 
ae a 452. f. vgl, 92. 
jeufal IE. 294. 
note, oe 472. m 354. Hompflanje 
En , der Iebeı ige, 60. 68 68. 485. ner Dt: tan u } 


ei edemturgtkbeghätigteit ie joren 353. 

3. 145. 205. 213. fein Ken Sermistas 419. 
Hilimip zu Chriftus 293. der Hormu 429. 
ER 
wei atur 4 e 91. 338. 
Adams und Chrifti 484. Hole 20. 38. 46 % «57. 91. 338 

Geift und Flelſch 175. f. e 

Geiſt und Materie 114 341. 382. Jainas 449. 
"400. 417.f. 435 25 f. 488. f. Jericho ar 
Genten, melthitende 8 erufalem 47: 


Gens tenebrarum 20. "n4 er fen "lehren 20 . 1. Chr 
Geſez, dreifaches, 366. , ſtus. — 159. a an 
Geten 455. TI. 203. 294. 408. 

8 bildlich, 83. ndulgenen 25 


Giefeler, beurtgeilt az. F. 71. 85, Inſein der Selkyen 231. 316. 
1Io. 121. 141. 163. 178. 185. a 151. 
207. f. 211. 213. 273. f. 305. Johannes, der geäufer 298. an. 
Gktheit nicht menſchlich perfön- u 3 —E 6. 13 
= Zulian, . 153. 156. 18}. 
li 19. 78. 144. befchränkt durch 33.15 
den Gegenfaz 49. f. 1o1f. wie: . 
fern ihr die Weltihöpfung zu: Kaiomorts 88. 
Eommt 129. f. ihre Verunrelniz Kaslar 5. 413. 





Khatai 430, 43 I. 
Kindertaufe 183. 
Kirche, als Schiff 231. die Manich. 


Manichaͤer, ihre Lebenswei 2249. f. 


269. ihre Inhumanitaͤt 288. 
afrik. Manich. 8. 


282. ihr Vorbild 298, als Braut Manich. des Mittelalters 138. 243. 


315. 
- Knaben, der Manich. 290, us: 
Körperwelt 126. Eörperlicheg . ge: Manichaͤismus, ſ. Inh. — liebt 


ben, fein Urfprung 115, 


Kohl 242. | 
Kosmogonie, die Manich., ihr 


Hauptbegriff: 61., indiſche ‚82. 
zoroaſtr. 83. aͤgypt. und griech. 
94. kosmog. Kraft 70. 


Krieg, troj. 477. 
Ktriſchna 475; 


268. 279. 289. 305. 355..402. 


die Veranfchaulihung und das 
Mythiihe-15. 79. 26. f. 38. f. 
77. 81. 114. 149. 200 f. 212. 
348. f. feine materialiftifche 
Tendenz 488. f. fein eigentlicher 
Character 490, | 


Kreuzigung Chriſti, myſtiſch 74. Porcion 99. 236. f. 356. 
39 


arcus, der Gnoſt. 485. 


Marſyas 431. 
Märtyrer: 335. 


Materie 20. 143. fe 147.173. 399. 
f !. Bl dak 433. 31T | 
Lauterungsproceß 204. 221. 230, Melonen 250, - . 
281. —* ß 204. 2 3 Menſch, der erite, 32. Art feines 
Leib f. Inhalt. Kampfs 55. unterligt 60. 212. 
Licht, feine Natur 390. Lichtprin- feine Scheingeftalten 63.— 77. 
cip 14. fein Begriff 15. 488. 99. 139. f. 209. Entitehung des 
& Lichterde 19. 26. 44. 89. eiht- Menfchen 117. fe 120.f._134. 


feele 131. 217. f. Seele. Licht: 
fühne 42. Lichthelden gı. Licht: 
geftalten 218. 223. Lichtſchiffe 
228. 306. Lichtjungfrau 219. 315. 
321. Lichtftrahl 133. 150, 436, 
473. dreifaches Licht 437. 


139. fein Bild in der Sonne 
140. 145. 293. Bild des Ar- 
bon 145. Mikrokosmos 146. 
172. 200. 281. doppelter 
Menfh 271. menfchliche Seftalt 


143. Menfchenfohn. 207. 210, 

Meſchia 88. 

Metempfychofe. 317. 422. 440. 

Metangismonitae 320, 

Mirkhond 430. 

Mithras 91. fe 207. 354. 406, 
421. 423. 454. 460. 465. 

Mittler 94. 421. 441. 

Wonas und Dyas 483. 

Mond, fein Wechſel 206. 304. 
Aufenthaltsort der Seelen 311. 


Lucius 187. 223. 
£uft 207. 227. 312, 


M. 
Magier IT. 353. 416. 423. 426. 
432. 


Magistri 298. 
Main 63. 435. 472. 475. 
Manes, feine Schriften, 10. 133. 
240. 283. 390. 453, 461. (ee 226. 478 
ebendgefch. 410. 428. 452, fein „220. 478. 
Tod 354. feine Sail er 414. Monotheismus 339. f. _ 
361. 467. fein Verhältniß zu Woſes 147. 357. feine Deke 346. 
Ehriſtus 240. 371. Apoftel Chr. Mosheim beurth. 3. 105, 120 
368. der Paraklet 369. 430. 139. 163. 168.185. 273. 
Haupt der Gemeinde 303. grün: Muhamed 240. 369. 
bet den Glauben an feine Lehre Mufik 251. 
auf ihre Innere Wahrheit 384. Mutter des Lebens 52. f. 486. 
urſpr. Idee feines Spftems 405. Mopiterien 82. 228. 295. 354 f. 
benuͤzt alte Traditionen 66. 423. “ 


Baur's Manich. RI. Syſt. 32 


— 959 


" Mothen_ 94 f. Renisäitte BG — 62. 117, 147. 218. 456, 
118. f. 215. f. Wefen des Mp- 


‚sus 136. 218. Sarontems, ‚pöllouifsen, 482 |, 
N. J 95. 352. 419. 
ol mus 339. Y 
Naturen in Chriftus 301. Pontike fex Be 
Naturleben, feine Heiligleit 253. Yorpbpr 92. 423. 426. 454. 48% 
a66. 283. f. 425. 446. Pofaunenihalk, der fiebente, 481, 
Naturreligion 345. 490. 55 323. 
Nazarener 427. Prischlian 221. 


Neander, beurth, 3.121. 124-157. ro; ‚een 357. 366, 47%. 
185. 207. 210. 282, 304 405. dyroleus 69, 177, * 


PN Prunifog 468. 4 23: 
Prolemäus, der Gnoft. 367. 
% De ve cct 3 9 f. Pıranas 445. 
Meuplatonifer 4 Vaplatonis Voramiden 481. 

‚muß 488. thagoras 351. 459. 
Nimrod 66. 137. a 
Nirwana 444 x 
Numa 352, Quellen, morgen... und abend, 

O. Über Manes 428. f. 451.f. 
Odas 466. R. 
Sdyſſeus 48% Rachab 481. 
Del 1350. 27 · Rachel 475. 
en 20: 1294. 331 —2 — 296. 301. 

mophoros 79. 2 . aub 418. 476. 481. 

Opfer 82. 01.335. 351. 425.446. Nauch 22, 

Sphiten 45. 99. 151. 162. Raum, 436. 

Drion 66. Negen 220, 

Ormuid 10. 17. 83. 99. 420. Regionen 22. 304. 437. 
Drphifche Lehrẽ 134. —— — 255. 
Drtichilang 230. 439. Neue 170. 198. 263. 


Oi nis 94 97. 98. 296. 302. 341» Niefen 66. 77% 
Ruhe 313. 444. 


ofener 223. ©. 
uns 2. Saclas 137. 138. 
allas = Säule 313. die fieben 434. 
Yantekiu a, 76. 109. 435. Sadducher 433. 
Varatlet fe Manes. Sanfara, 439. 
Paradies 159. Saracenen 466. 
vaſchahfeſt 373. Sarmanen 447. 
riacchen 366. Satanas 419. 
nenn 248, Saturnin 150. 
Penelope 480. Schaf, bildlih, 58. 470. 472. 
Perfecti 268. 270. Schapur 429. 
Verfer 227. 351. 403. 425. 431. Schaifaften, thesaurus 240, 461, 
Petrus 332. 474 Shildfröte 79. 
Dei Me 480% Schisma 330. 


flanzenleben 252. Schlange 91. 161. 
— 8. 147. 155. 159. Schöpfeimer 295. 


. | — Soo — 
Shöpfungebegrif im Mani. 42. Suͤndfluth 230 262° 910. 
1. 12 Er 


Vie 5. oh . J Steſichorus 477. 

Scythianus 411. 459. 465. * Stier 92. 

Gesten 336. Soneerhum 301. 
ecula 17. 298. Shzpygien 257. 483. 

Seele 1. fe Abfall ber re j 2 
113. 117. 134. 440. ihre Licht: u 
Hafıır a. —— f. 170. — — 355. Jeſu 393. 
190. 193. 484; Zweiheit der See: Terebinth Fi * Pr 
len 162. f. die böfe Seele 175. f Theodi RN PR 405. 
197. die Läuterung und Ruͤkkehr * ev ad Mi 29 
der Seelen 291. ihre Wanderun: heodor von Mopsv. 13. 419. 
gen 295. f. 305. f. 317. drei Thiere 22. 116. am Himmel 46. 


laffen der Seelen 317. . 301. Thierwelt 318. 417, Toͤd⸗ 

Seite, die rechte und linke 212. tuns Thiere 252. f. 284. 

470. 484. | 25. 440, 
Siebenzig, Bedeutung diefer Zahl Thiertrzis 16. 295. ‚ 

301. 343. 43. 414. 467. 
Signaculum 248. Tirthakaras 451. 
Simplicius 24. 27. 103. Titus von Boſtra 6. 9. 30. 329. 
Simon, der Magier 342. 468. f. Sohn 396 | 

6 en Fradutclaniemud 157. 382 
Sipenier 8 Trinitaͤtslehre, Manich. 205. 228. 


Sonne und Mond 67. 69. f. 209. 345. 
225.232. 290. 484.1. eichtfchiffe. Zugend, doppelte 265. 
Sonne das Feuer 246, 312. auf Furf eftan 436 
00° . ig 
aa der Seelen zos. Son. Zyphon 67- 94: 97. 3M- 
Sonntag 354. ' 
Sophia: Ahamoth 18. 100. 315. Upanifads 308. 
435: 471. 485. | Urmenſch |. Menic. 
Spiel demiurgifches 435. Urreligion und Uroffenb. 364. 
Splenditenens 79. 337. Urftier 87. 227. 
Sünde, die erſte 156. Wefen der Urübel 439. 
Suͤnde 172. 198. 263, 321. V. 
Suͤndenfall. Moſ. Geſch. 157. nach Valentin und fein Spſtem 82. 
Manes 152. 181. 43* 445. 461- 
Sündenvergebung 170. 262. 279. Vedas 82..435. 445. 46I. 
233. dog. Verdammniß 331." | 


=) Die vier dem Scythianus zugefchriebenen Religionsbücher hat 
auch ſchon Affemanni Bibı. Orient. T. I. Romae ı719. ©, ı22. mit 
den vier Vedas der Indier, mit welchen fie ald Schriften Mani’s 
oben ©, 461. zufammengeftellt worden find, verglichen: „Verosimile 
est, quatuor libros ab ipso relictos eosdem esse cum illis, quos Brachmani 
jactant a Brahma fuisse conscriptos: par enim utrorumque numerus etidem 
argumentum‘‘ mit der allgemeinen Bemerkung: „utcunque res se habue- 
rit, compertum est ab Europaeis viris doctissimis, Brachmanas cum Ma- 
nichaeis in multis convenire, — Credibile est, hominem, qui Graeco- 
rum linguam et literas summo studio ediscere sategisset, Brachmanum 
et Gymnosophistarum sectas explorarc haudquaquam neglexisse.‘ 


“ 


/ 


— od — .. FR 


jun 255. N Weltiahe 17. 
MWeltfeele 51, Mu 
Dermnft, Teiler the Aukorität 378, — ei ? 29 * 


385- te Unzulänglichteit 387, u en a8. 
Fr Be 
Wufer 226. Zu. : Wunder 388... 
Waffertaufe 273: 276. 
Beaneen — 163. 178. 185. 4. 


1064 21 ¶Eenophon 175: 
ib, Celdafun i 
Reisheit f. Sophi 4 * Be 

— — 367. 339 


arades f. Boroafter. 
Be * figmentum diaboli Zagreng Sr 435. > 
399. Welten, drei gar ie ge: Zamolris 455- 480. 
inftige 


re und 
endits 433. 


It 
Weltall die Riefenleib 146. eruane aferene IT. 13. 
Weltanfiht, die teleol, 125. f Die Zeugung 114. 135. 427. 
Mani. 242: 255. 281. 399. Zordaſter 25. 92..240. 419. 433. 
soroaftr- 420. f. die der Ele: 


Javefta 241. 





ur ve Religion To a. 
mentinen 256. 483. ib m 
Weltbrand 324. 329 ehte 
MWeltgegenden 27. Lehren 8 422. 434 
MWeltentwiflung,. Hauptmomente _ Einfluß 40: 
nach dem Manich. 81. Swölfzapl —* 18 300. 


Drudfehlern 





Seite Lin. ſtatt iſt zu leſen 
10. 20 xowalv xomameiv 
23 6 suassisset — 
422 t. ingenitus + ;genita 

0 14 lateiniſchen —— 
145 .3L Gatten Gattin 

185 25 verſchiedener Seite —— Seiten 

231 26 Einert Einen 

235.33 Maria de Maria 

2a7l 12 ihr ihnen 

279 24 de dr 

360 18 ascenscionis ascensionis 


420 30 Magie Magier. 








— a 
J 
Vergeltung 255. 320-1 Weltjahe 1. 0° 
erlirperun 2 Weltfeele St. 209 
Vernunft, re” Autorität 378, —— * * 


885. Ihre Uuzulanglichteit 387, zuifmede ar, F 
W. 


Wolf 58: 2 
Waſſer 226. 311, £ —— Fe est 
Maflertaufe 273. 276. 
— 163. 178. 185. &. 

2285 * 

PR Crksafung, 155. Renophon 75 
Sein 5 
Mein jarabes f. Sorvafter« 


251. 4 
Welt, ein figmentum diaboli Zagreus 94: 435. 
399. Welten, drei 437. die ge moltig 455. 480.: 
jenwärtige und die Fünftige Bendaveita 241% 
endiks 433- 


‚Melt 484, 
Weltall als Niefenleib 146: eruane aferene 11. 13. 
Weitanſicht, die teleol. 125. f die Zeugung 114. 135. 427; 
Manich. 242. 255. 281. 399. Zoroniter 25. 92- 240. 419. 453. 
jorvaftr. 420. f. Die der Ele " 459. feine Neligion 10. 48. 83. 





mentinen 256. 483. 38. 415. ihr DVerhältniß zur 
Weltbrand 324. 329. ehre de Magier 11, 416. ie 
Weltgegenden 27. Kehren. 409, 422. 434- f. ir 


Weltentwiklung Hauptmomente _ Einfluß 403. 


mad) dem Manich. 81. Bwölfzahl 16. 18, 300. 





Druckfehler. 


Seite Lin. ſtatt iſt zu leſen 
10. 20 aowoDr Komuveir 
3 6 suassisset suasisset 
42.82 t. ingenitus  , t. ingenita 

140 14 late iniſchen lateiniſche 
145 ‚31 Gatten Gattin 
185 25 verichiedenen Geite verfhiedenen Seiten 

231 26 Einer  ° Einen 
235.33 Maria de Maria 

al 12 ihr ihnen 

279 24 des San de 

360 18 ascenscionis ascensionis 


420 30 Magie Magier. 














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REFERENCE DEPARTMENT 


This book is under no eircumstances to be 
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